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DIE SLflVEN,
Ein ÜRVOLK EÜROPRS.
VON MARTIN iUMKOVlC
SECHSTE RUS5RBE.
Mit einer Karte als Beilage.
WIEN 1911.
IN KOMMISSION BEI DER K. K. UNIVERSITATS-BUCHHANDLUNG GEORG SZELINSKI, WIEN.
DRUCK VON HEINRICH SLOVAK IN KREMSIER
ALLE ftüTORRECHTE VORBEHALTEN.
P M7 Zz-t Ifll
Vorwort zur fünften Ausgabe.
Dieses Werk', das nun durch vier Ausgaben den Titel: „Wann wurde Mitteleuropa von den Slaven besiedelt!"
führte, erscheint diesmal bereits unter einer neuen, prägnanteren Inhaltskennzeichnung, \ve!chen Wechsel die enormen Fortschritte der Forschung von selbst diktierten.
Ich ahnte seinerzeit \vohl, daß die lakonische Beant\\ ortung jener rhetorischen Frage damit noch lange nicht beweiskräftig genug sein wird; es handelte sich daher darum, ob die entscheidende Ant- wort noch ich selbst herzeizuführen im Stande sein werde, oder aber jemand anderer. Fin gütiges Geschick sowie sonstige günstige Vor- bedingungen wollten es, daß dies mir selbst bis zu einer gewissen, das Schlußresultat bereits klar andeutenden Grenze vorbehalten blieb. —
Die bisher gangbaren Ansichten über die Urgeschichte der Sla- ven und ihre kulturelle Inferiorität werden sich nun. wenn auch un- gerne oder auf Umw egen, den hier dargelegten, diametral abwei- chenden Anschauungen anpassen müssen, zumal da ohne System.- zwang und ohne gekünstelte Hypothesen nur jene Faktoren zur Be- weisführung ans Licht gezogen \\urden, welche den Werdegang der vorgeschichtlicjien Kultur auf einfache und für die aligemeine Erkenntnis leicht faßliche Art aufzuhellen vermögen, und diesen Vor- zug der Darlegung werden mir weder die Kritik noch meine wissen- schaftlichen Gegner auf die Dauer streitig machen können. Das Wissen sei allgemeines Gut und die Wahrheit sei überall, so unan- genehm es auch mitunter ist, sie zu vernehmen, obenan in der Wis- senschaft! — Welche erstaunlichen Fortschritte machen die Technik und die Medizin; kaum vergeht ein Tag, an dem nicht ein Triumph auf diesem Gebiete zu verzeichnen wäre. Aber in unsere Ur- geschichte kommt kein Licht, weil man das Liclit mit papierenen Dogmen, leeren Zitaten und Phra- sen verdunkelt! — Während nun die Maschine selbst die Ar- beit versagt, wenn ein Konstruktionsfehler vorliegt, und der Tod den
Fehlgriff des Mediziners schonungslos demonstriert, tappt man auf diesem Gebiete weiter in der Finsternis herum, lediglich weil der Mut mangelt einen liebgewordenen Wahn zu zerstören, nachdem sich derselbe seinem Wesen nach nicht selbst zerstören kann.
Die volkskundlichen und toponomischen Forschungen führen nämlich zu einer immer klarer werdenden Erkenntnis einer uralten europäischen Kultur, von deren Höhe die meisten berufenen Kenner noch keine Ahnung fiaben. imd nicht ohne Furcht und Neid mag man der Morgenröte der reinen kulturgeschichtlichen Untersuchungser- gebnisse entgegensehen. — Das Streben, mit feineren und zu\ erläs- sigeren Mitteln die bisherigen ethnographischen Hypothesen zu über- prüfen; auf Basis sprachlicher und naturgemäßer Analyse unsere Vorstellungen auf das primitive Denken zurückzuführen; mit kon- kreter, realer Logik über unsere komplizierten Formen hinweg die Uranfänge zu erkennen. — das ist meiner Erfahrung nach das einzig brauchbare Rüstzeug zur Lösung des Problems über unsere Ver- gangenheit. In dieser positiven Wissenschaft darf daher nur unsere Sinnenwclt. welche die Begriffe von Zeit. Raum und Kausalität er- faßt und umgrenzt, ein Machtwort sprechen, nicht aber Phantasie. Mystik und ein Chorus frommer Wünsche! — Möge nun das vor- liegende Werk zu diesem klärenden Fortschritte das Seinige bei- tragen !
Kremsier, im November 1909.
Vorwort zur sechsten Musgabe.
Das ernste, erfreuliche Interesse, welches der letzten Ausgabe dieses Werkes in allen Schichten der gebildeten Welt zuteil wurde, erheischte abermals eine weitere Auflage, die nun nebst der gründ- lichen Überprüfung und Berichtigung der alten Materie auch wieder zahlreiche wichtige, ja geradezu überraschende neue Forschungs- ergebnisse bringt.
Die topononiische Wissenschaft kommt zu keiner Ruhepause mehr, seit die komparative Philologie dieses Feld ins Arbeitspro- gramm aufgenommen, denn die räumliche Erweiterung des sprach- lichen Gesichtskreises bringt mit jedem Tage neue Impulse wie neue Klärungen mit sich und steuert unentwegt einer kosmopoliti- scheren Auffassung der Urzustände zu.
Einsichtsvoll und gerne gebe ich es zu, daß so mancher Begriff im Buche noch lange nicht die bleibende Deutung aufweist, aber demgegenüber steht fest, daß er hiemit wenigstens schon seinem Heimatsbezirke nahegebracht wurde. Doch dies sind Nabensächlich- keiten, denn wollte ich die Früchte der Forschung innner erst dann abstoßen, bis sie alle die Edelreife aufweisen, so könnte oder würde dieses Werk, das ja nur durch ausschließliche Selbstbildung, Selbst- erfahrung und Selbstkorrektur immer vielgestaltiger, sachlicher und überzeugender wurde, überhaupt niemals erschienen sein. Aber ge- rade dadurch, daß wir uns bestreben mühevoll, vorsichtig und stufen- weise die Urbedeutung der alten wie modernen Begriffe zu ergrün- den und rücksichtslos dem direkten Lichte auszusetzen, wird zu- gleich die Grundmauer der sprachlichen Urgeschichte freigelegt und der Pfad zur endlichen nüchternen Erkenntnis der gemeinsamen Sprachenwiege verbreitert.
Es befremdet wohl, daß gerade nichtakademische Kreise so lebhaft für die Erkenntnis der historischen Tatsachen der Altslaven eintreten, doch die Erklärung liegt nahe. — .lede Geisteswissenschaft
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entw ickclt sich umso erfreulicher, je intensiver im edlen Wettkampfe das Gute vom Besseren verdrängt wird; nur dort, wo der Geist der Autorität am Throne sitzt, herrscht der Stillstand. Gerade die Slavi- stik aber, die eigentlich auf eine einzige Autorität aufgebaut ist, welche schon vor etwa einem halben Jahrhunderte alle altslavische Kultur und Geschichte souverän aberkannte, lehrt noch heute die nämlichen falschen Grundsätze; ja es wurde ein förmlicher Ring ge- schlossen. \\'elcher diese morschen Dogmen noch weiterhin konser- vieren \\ ill. Aber gerade dieser erstarrten Wissenschaft nicht länger zu glauben, den alten Götzen der Autorität nicht mehr zu opfern, die freie Forschungstätigkeit nicht weiter lähmen zu lassen, das zu erreichen sei der Hauptzweck dieses Buches!
Kremsier, am Neujahrstage 1911.
Einleitung.
Die erste und w iclitigste Unternehnning, um die eingangs ge- stellte Behauptung, daß die Slaven in Europa ein Urvolk sind, über- haupt einer sachlich-ernsten Lösung zuführen zu können, muß das rücksichtslose Zertrümmern der von der Wissenschaft und Partei- Politik über den Forschungsweg gelegten Schlagbäume sein, ganz unbekümmert darum, in \\clchen Akadeniiepalast oder in welche politische Kannegießerbude auch die Splitter einfallen mögen. — Das eine läßt sich längst mit Bestimmtheit sagen : solange My- then, Märchen und Irrwische als historische Be- weis e g e 1 1 e n. i s t j e d e p o s i t i v e A r b e i t a u s g c s c li 1 o s- sen;solange man an die Völker wanderungglauben 11 n d d i e E i n \v a n d e r u n g d e r S 1 a V e n i n d i e s e Z e i t V e r- legen ^\ird, ist eine erfolgreiche Forschung nach der ethnographischen Urgeschichte Europas ganz undenkbar und aussichtslos: so lange man nicht allen Ernstes dem Studium der europäischen Ur- sprache, d. h. den Elementen unserer Sprachen, na- türlich näher treten wird, gelangt die Forschung ü b e r u n s e r e früheste Kultur niemals auf festen. gew'achsenen Boden.
Und mit dieser Zertrümmerung habe ich hier energisch be- gonnen, denn ich habe eingesehen, daß die gangbaren Erzählungen über unsere Vergangenheit einer radikalen Nachprüfung absolut
nicht standhalten können, und daß namentlich die bisherige Negation der Erkenntnis des Autochthonismus der Slaven zu den größten Irrtümern oder wissenschaftlichen Fälschungen aller Zeiten gerechnet werden niu ß.'' )
Das Rühren an den bisherigen Fundamenten der wissenschaft- lichen Ordnung hat gewiss große, ia tiefeinschneidende Konsequen- zen zur Folge, denn nur mit bangem Schrecken wird man an die Revision der Ur- und Kulturgeschichte, der Anthropologie, der My- thologie, der Sprachwissenschaften u. s. w. schreiten, was wieder die sozialen, kulturellen und politischen Ansichten mächtig beein- fiußen dürfte. Es wäre daher zu wünschen, daß sich diese radikale Richtigstellung, sobald der tote Punkt überwunden ist. langsam und bedächtig vollziehe, damit in der Hast nicht Wertvolles zugleich mit Wertlosem über den Haufen geworfen werde. Zu bedenken ist das eine, nachdem die Sache einmal im Rollen ist : je g r ö ß e r d i e Q e w a 1 1. m i t d e r d i e W a h r h e i t z u r ü c k g e h a 1 1 e n w i r d, umso \- er heer ender wird sie losbrechen, sobald einmal die Ketten springen!
Diese Zurückhaltung hatte aber für den Fortschritt im allge- meinen einen unberechenbaren Schaden, denn Jahrhunderte lang wurde uns eine Wissenschaft gewaltsam aufgedrungen, die kein wahres Wort enthielt, und ganze Bibliotheken wurden damit an- gefüllt, die nun bestenfalls für die Geschichte menschlicher Irrtümer einen Studienwert behalten; hingegen können wir nur mehr in trost- loser Entsagung \ermuten, welche sprachlichen und volkstümlichen Schätze bereits verloren gegangen sein müssen, wenn wir den raschen Zeitflug betrachten, der unsere Sitten, Gebräuche, Trachten, Dialekte u. a. schonungslos hinwegfegt, und wie viel nuiß erst in jenen Zeit-
"■) Eine sanfte Auiriittlnng bleibt hier ohne allen Effekt. — Als Pro- fessor Dr. Niederle i. J. 1907 (Cesky casopis bist. p. 181) in einer Kritik gegen mich schrieb, daß kein i<Vernünftigerii heute mehr an die Einwaii- üerung der Slaven glaube, inid daß ich um diese Anerkennung ganz um- sonst kämpfe, da rührte sich nichts, und man blieb stillschweigend xunver- niinftigK, ebenso wie die Lehrbücher der Geschichte sonach ruhig ihre be- wußten — Lügen weiterbeibehalten. Es beweist dies nur. daß ein Katheder- spruch hiezu noch lange nicht genügt, sondern daß demselben erst viele klare, überzeugende Beweise vorangehen oder nachfolgen müssen, bis man allgemein daran glauben wird.
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laufen für immer entschwunden sein, die jenseits des grauen Nebels unserer Vermutung liegen!
Es ist daher ein Gebot von allgemeiner sprach- und kulturgeschichtlicher Bedeutung noch rasch jenes aus dem Dämmerlichte zu retten, was schon die folgende Nacht für alle Zeiten mit dem Dunkel zu bedecken droht. In diesem Sinne soll Alles. — nationaler Partikularismus muß hier vollends ausgeschaltet werden, — die Arbeit einsetzen, denn der Verlust dieses abstrakten Stammkapitales mehrt sich mit jedem weichenden Tage, erschwert die Forschungen und dezimiert die Belege zur tieferen Erkenntnis unserer wahren Vergangenheit.
Die Arbeit, welche bevorsteht, ist enorm, weil unerwartet viel- seitig, aber wertvoll, bildend, erfrischend wie auch politisch nivellie- rend; sie erhebt den Menschen zu einer höheren, kosmopoliti- scheren, den Geist veredelnden Weltanschauung; sie erzeugt jene sittliche, ideale Toleranz gegen Andersprachiges und Andergläubiges, deren Mangel wir heute so empfindlich verspüren; sie erweckt ein geläuterteres Gefühl für die Erkenntnis der Relationen der Natur- kräfte zu der kulturellen Entwicklung der Völker; sie erzieht über- dies eine Generation, welche ein gerechteres Urteil und einen rich- tigeren Blick für die Beobachtung der Gegenwart wie auch der Ver- gangenheit gewinnt, und bereitet hiemit auch für die Wissenschalt einen ansehnlichen Stab von nüchternen Archäologen, Ethnographen, Kulturhistorikern u. drgl. vor, denn jede Gegend, jeder Ort, jeder Name verdient und bietet dem kundigen Beobachter ein unverhofft reichliches Studienmaterial ; man muß nur einmal den Anfang machen!*)
*) Welclie Daten vorwiegend gesammelt werden sollen, hiefiir finden sich im Buchtexte zahlreiche Anhaltspunkte; im besonderen wäre aber Nachstehendes zu beobachten und gewissenhaft tnederzuschreiben :
a) alle topischen Namen, u. z. in allen ihren Hauptvarianten von der bekannten ältesten Form her. Wenn auch der Name oft gleich- zeitig die gesamte Geschichte des damit belegten Objektes erschöpft, so ist dies doch nicht gleichgültig, da darin vergessene und sprachlich wertvolle Begriffe verborgen sein können, daher überall nicht nur die Wohnsitze. Gebirge, Gewässer u. drgl. zu beobachten, sondern auch die ortsüblichen Namen von Rieden. Fluren. Öden. .Äckern. Wiesen, Hutweiden, Waldpar- zellen Waldblößen, Weingärten. Partien von Höhen und Gebirgen, dann
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Welche mächtigen Sprach- und KulturSchätze noch im Volks- tiime brach hegen, wird der Leser wohl schon aus diesem Buche entnehmen. — Ich selbst habe meine Forschungen zum großen Teile auf die s!o\-cnische Sprache basiert, nachdem viele Mo- mente dafür sprechen, daß die Slovenen gewissermaßen als die Kronzeugen der sprachlichen Urgeschichte in Europa anzusehen sind; ich habe hiebei in erster Linie der Entstehung, dann B e- d e u t u n g der topographischen Namen meine Aufmerksamkeit gc- widmet; ich habe weiters im allgemeinen verglichen, was in unserer ältesten Geschichte natürlich. Wahrheit oder Dichtung i s t, und glaube, daß jeder andere Forscher unter ähnlichen Prä- missen, ja selbst bei wechselnder Sprachbasis, meine Schlußfolgerungen ganz oder doch zum großen Teile bestätigt finden wird. —
Um aber überzeugend zu wirken, war es eine Grundbedingung vorerst jene sprachlichen, kulturellen und ge- schichtlichen Welträtsel zu lösen, welche das aus- schließliche Hindernis bilden, daß die allerdings fast schon ver- steinerten Glaubenssätze in Bezug auf ihre Richtigkeit nicht wieder einer fundamentalen Nachprüfung unterzogen werden können. Die urteilsträge Masse der Menschheit will und muß daher zu einer derartigen geistigen Bewegung aufgerüttelt werden, damit sie ihre erstarrten Ansichten endlich einer Revision unterziehen läßt, und bezieht sich diese auf folgende Hauptpunkte:
Moräste. Quellen, u. s. w. anzuführen sind unter jjleiclizuitiRer Beifügung. <ib der Name der Natur des Objektes, falls er verständlich ist, im allgemei- neii entspricht;
b) eine gedrängte Geschichte der Ansiedlung. der Kirche, Kapelle. Burg, Ruine, des Meierhofes, der ältesten Qehäude: Nennung der Adels- geschlechter, welche dort wohnten; erwähnenswerte Kunstgegenstände, hervorragende Grabdenkmäler; alte Aufschriften: Oeburts-, Wirkungs- oder Werdeort berühmter oder erwähnenswerter Personen; kurzweg alles geschichtlich Interessante ;
c) erwähnenswerte Naturschönheiten: Lager von Naturschätzen (Erze, Marmor, Ton. Bausteine, Erdöl u. ä.); Bergwerke: Steinbrüche. Erd- und Felshöhlen: alte Töpfereien und Färbereien; historische oder seltene Bäume. Baumriesen ;
d) Anführung von Stellen alter (jräber. Grabhügel. Opferstätten, Richtplätze; Fundorte prähistorischer Gegenstände mit besonderer Beach- tung etwaiger Inschriften auf den Fundnbjekten. wobei die Belehrung dir
a) es gibt nur eine europäische Ursprache: deren Elemente sind zum Teile noch gut erkennbar und den heutigen slavischen Idiomen form- und sinnverwandter als den romanischen und ger- manischen ;
b) die ältesten schriftlichen Denkmäler in Europa — die Runen — sind slavischen Ursprungs in modern sprachlichem Sinne; deren Inhalt ist noch heute, — soweit sie eben entziffert sind — , vor allem dem Slaven verständlich ;
c) der weitgrösste Teil der älteren topischen Namen ist, sofern diese später nicht einer etymologiewidi igen Metamorphose unterlagen, nur auf slavischer Sprachbasis naüirlich erklärbar. Die Haupt- motive für die topische Namengebung bilden jedoch die Grenz- determinationen, denn der Mensch steht zu seinem Mitmenschen stets im gegenseitigen Nachbarverhältnisse ;
Minderijebildeten über dun \\ issenschaftlichen Wert der Gräberfunde nicht aulierachtgelassen werden soll; desgleichen sollen die gesetzlichen Bestim- mungen über Schatzfunde dem Volke zum eigenen Vorteile bekannt ge- macht werden;
e) Anführung aller jener Punkte, die seinerzeit für die Verteidigung der betreffenden Gegend dienten, tunlichst unter Beigabe einer Skizze;
f) Allgemeines über die Verteilung der Dorffluren daselbst. Auffäl- liges und Abweichendes im Vergleiche zu den Nachbargemeinden; Kata- sterskizze als Beilage;
g) Aufzeichnung von ungewöhnlichen oder sprachlich auffälligen Be- nennungen für die Teile des Wohnhauses und der Wirtschaftsgebäude, der Hausgeräte wie der agrarischen, gewerblichen und Handwerker-Nomen- klatur; Benennung der Kleidungsstücke und Teile derselben bei den Trach- ten, falls sie lokal von der Allgemeinheit abweichen;
h) Aufzeichnung von Ortssagen und deren Varianten; lokal bekannte Mythen, Märchen, Legenden und volkstümliche Erzählungen; abergläubi- sche Ansichten und Gebräuche bei Geburten. Hochzeiten, Todesfällen; orts- übliche Gebräuche zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten; Erklärungen verschiedener Himrnelserscheinungen, der Irrlichter, Hausgeister, Hexen; Traditionelles über das Jus primae noctis, die Probenächte, sowie Ge- heimmittel und sonstiges Geheimwissen;
i) Anführung nicht allgemeiner Sprüche, Redensarten, Vergleiche, Redefiguren, Schmähausdrücke; Begriffe ungeklärter Herkunft und Bedeu- tung;
d) die Slavert können in Europa keine Einwanderer sein, da es eine Völker»>anderung im landläufigen Sinne nie gab; wenn jemand in Europa autochthon ist, so sind es in erster Linie die Slaven ;
e) gab es niemals Nomaden nach den heutigen Begriffen sondern nur eine oscillierende. die fahreszeit ausnützende Herden- wanderung innerhalb des Kalenderjahres ;
f) die älteste Verfassung ist eine patriarchalisch-allodale ; die Wehrpflicht ist seit der Urzeit eine allgemeine: sie ging aus dem Streben nach persönlicher Sicherheit und ungestörtem Wirtschafls- betrieb automatisch hervor; dies setzte eine allgemeine Sicherung in der Form einer tunlichst technisch verstärkten Grenzverteidigung voraus: in diese Zeit reichen auch die Keime des ältesten Adels- und Burgenwesens ;
g) die Urreligion kennt nur erst Menschen als Götter: die Urhoheit des sozial gegliederten Menschen war sein Gemeinde- ältester, zugleich physischer Beschützer der Gemeinde ; alle weiteren
j) Aufzeichnung der noch bekannten oder gebräuchlichen Hausarznei- mittel, Heilpflanzen und sonstiger pharmakopöischer Details; Nennung der verschiedenen Krankheiten: Sjmpathiekuren u. s. -w.
Aus dem so gewonnenen Materiale lietien sich unter Führung wissen- schaftlicher Gesellschaften sodann äußerst wertvolle Sammelwerke und Monographien verfassen.
Tief bedauerlich ist jedoch gerade die österreichische Rückständig- keit in der wissenschaftlich geführten Völkerkunde. Gerade Österreich, der völkerbunteste Intelligenzstaat, hätte es in erster Linie notwendig, fun- damentale Ursprungsfragen zu beantworten, denn eben darin findet der kulturell so beschämende und wirtschaftlich destruktive Nationalitätenstreit seine Hauptnahrung, weil man sich gegenseitig in Bezug auf die historische Entwicklung nicht kennt, daher auch nicht achtet, denn je gründlicher die Bildung, desto gröner die Toleranz! — Es gab wohl eine Zeit, wo Öster- reich zu den führenden Mächten für Sprachen- und Völkerkunde zählte und seine Pioniere weltumspannende Forschung betrieben. .Auf diesen Ge- bieten, die einst förmlich zur Dom.äne österreichischer Gelehrten gehörten, haben wir jedoch selbst abdiziert, und brachten es glücklich dahin, daß wir noch heute keine einzige Lehrkanzel für Ethnologie besitzen, daher die Weiterforschung dieses Studiumgebietes lieber den gelegentlich auftauchen- den und dabei billigeren Privatforschern überlassen, oder aber den wissen- schaftlichen Effekt aus dem .Auslande beziehen, wo man unsere komplizierte Volkspsyche am wenigsten gründlich zu erfassen vermag.
Erhöhungen ins Transzedente basieren auf der progressiven mili- tärisch-sozialen Standesentwicklung ; der Nomenklatur dieser Rich- tung gehören auch die meisten Vor- und Zunamen an;
h) die Verteilung der Gemeindefluren muß, — wenigstens in Mitteleuropa —. schon vor dem Inszenetreten der Römer stattge- funden haben ;
i) Sprache und Rasse stehen in keinem unbedingten Zusam- menhange ; die Rassenlehre, basiert auf Sprache oder Religion, ist daher eine Absurdität;
j) die verschiedenen als Fälschungen stigmatisierten Kultur- denkmäler, wie: die „barbarischen" Münzen, viele Runeninschriften, die Königinhofer Handschrift u. a. sind keine Falsifikate, sondern wurden lediglich durch die Vermutung und Suggestion, daß die Slaven älterer Kuliurenuuiaiionen entbehren, logisch zu solchen gemacht ;
k) die Kultur, welche sich fast ausschließlich an die gemäßigte Zone hält, wechselt augenscheinlich, in Aeonen fühlbar, ihre Boden- ständigkeit nach dem Diktate der Präcessionsrliythmen der Erde.
Mit diesen Leitmotiven in xoraus \-ertraut möge nun der Leser zur Selbstorientiening über den Buchinhait schreiten, \vobei es aber, falls jemandem der Begriff «Slaven« im Titel nicht zuspricht, auch ganz gleichgültig ist dafür nach bisheriger Qe^vohnheit Germanen, Kelten, Markomanen, Basken, Wenden. Barbaren u. drgl. einzusetzen, denn: pro captu lectoris habent sua fata libelli, oder anders gesagt: derjenige, der etwas glauben soll, was er nicht glauben v. i 1 1. bleibt der Enttäuschte!
Allgemeines über die Entstehung der topischen Namen.
A 1 s M a u p t b c \\ e i s, daß die Slaven ein europäisches Urvolk — also keine Zuwanderer sind, müssen vor allem die Orts- namen in Europa angesehen werden, denn sie alle zeigen et.ymologisch nur noch im sla\-ischen Sprachschatze das an, was sie eben selbst sind oderdarstellen. — Allerdings obwalten über die Entstehung wie Bedeutung topischer Namen noch heute Ansichten, die geradezu ans Lächerliche streifen. Und schließlich ist dies nicht einmal verwunder- lich! Es fehlt auf allen Linien die Selbsterkenntnis für das Unmög- liche und Unnatürliche; über so manche geschichtliche Begebenheit stolpert schon die Logik; es entscheiden auch nicht immer die Mittel blanker objektiver Wissenschaft, sondern entweder eine unfehlbare Kapazität, der subjektive Fanatismus oder ein kritikloses Urteil. Wenn jemand allen Ernstes schreibt: Vindobona bedeute «Die Gutes Verheißende«; Graz habe den Namen nach den «Grazieni' erhalten: Znaim (böhm. Znojmo) stamme vom slav. Zeitworte Kznojim« (= ich schwitze); das romantische Felsgelände Ross- trappe im Harz habe den Namen nach den Hufspuren des reitenden Odin erhalten; M ö d 1 i n g bedeute «die Sprechende«; Slaven sei gleichbedeutend mit «Sklaven«*) und ungezählte Erklärungen dieser
') Der Begriff .Sklave« taucht erst im späten Mittelalter auf, daher es wahrscheinlich ist, dan irgendwo eine kleine vSlaven« sich nennende Gruppe, — denn einen allgemeinen Namen gab es früher nicht — , in Leib-
Art. so muß man dies umsomehr bedauern, je höher als Autorität der Erklärer eingeschätzt wird, denn es befinden sich genug Hoch- schulprofessoren darunter, die ungeprüft oder unbewußt solche unlo- gische und dabei sinnlose Deutungen aufstellen beziehungsweise gut- heißen. Und auch dieses ist eine natürliche Folge, denn demjenigen, der ewig von demselben Standpunkte aus forscht, ergeht es gar leicht, wie dem Verirrten im großen Walde: er sucht nervös den Ausweg und läuft dabei im Kreise herum; würde er aber das für solche Fälle bewährte Hilfsmittel anwenden, einen hohen Baum er- klimmen und sich einmal über die Baumwipfel hinweg orientieren, so könnte er den Blick für das Große, Weite und Richtige weit sicherer gewinnen.*)
eiffenschaft k'erict luid :uui die beiden Bedeutuns;en eine Diffusion einjiin- gen, daher gerade umsekehrt aus dem Begriff »Slave« erst nSklave« her- vorgegatiKen sein konnte, sofern da überhaupt eine Wortverwandtschaft obwaltet. — Dies beweisen auch die vielen Ortsnamen mit der Qrundsiibe i'Slav». und Sklaven gründen naturgeinäü keine Ansiedlungen. denn dann sind eben keine Sklaven. — Dasselbe gilt für die «servin der Römer, welchem Begriffe Leute, die sich «Serbin nannten und bei den Römern im Hausdienste standen, die Grundlage gegeben haben mochten. — Solche ge- neralisierende Namen ohne Vollberechtigung gibt es ja auch heute; so ist jeder ambulante Südfriichtenhändler ein nQottscheer (kocevar)«. wenn er auch aus Hamburg stammt; der Drahtbinder heißt stets «Slovak». wenn dessen Wiege auch in Amerika stand u. a. m.
'') Daß ernste Forscher in allerjüngster Zeit noch Ortsnamen entste- hen lassen, wie: «Clirastova» sei ein Ort, wo nur Krätzige wohnen, (krasta = Kr.Ttze). »Oenäsch« (= genäschige Leute), »SalinciH (= Spaß- macher), iiKominw (= Leute, welche schon Kamine kennen), »Zec« (= wo ein Hase aufsprang), nOschatzn, wo sich jemand an seine Liebe mit «o Schatz» anbiederte u. s. w. ist geradezu unverständlich, denn es wäre doch schon an der Zeit mit diesem etvmologischen Stumpfsinn endlich zu brechen. — In neuester Zeit sucht in diesem Sitme Guido von List, dem zuliebe eine eigene Bücherei behufs leichterer Veröffentlichung seiner «epo- chemachenden Forschungsergebnisse« gegründet wurde. Schule zu machen. Ihm ist laut Broschüre Nro. 4 »Die Namen der Völkerstämme Qermaniens und deren Deutung» (Wien 1909) alles a r i o-g e r m a n i s c h. Hiezu fol- gende Proben: «Pest» (ung. Stadt), lat. Pestum, das irrtümlich aus dem altslavischen »pesti» (richtig: pecse-Ofen) abgeleitet wird, aber aus dem ario-germanischen «bastarn« entstanden ist und sich in »basth» und englisch in »besth» ~ Pest — abgeschliffen hat. »Bas« ist ein Unternehmer (z. B. niederländisch: «Slaapbas». einer der Unterstand zum Schlafen gibt), »tarn»
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Wer daher zur Erklärung eines topographischen Namens, wozu ich auch alle Volksnanien zähle, schreitet, muß sich vor allem darüber klar werden, welches die älteste noch erhaltene Namensiorm war. da diese meist noch natürlicher aussieht und weniger Gelegenheit hatte irgendwie verballhornt zu werden; hat er nun mit seinem ver- fügbaren Sprachschatze das namengebende Wort erkannt, so ist jetzt noch die eigene Besichtigung der Lokalität not%\endig. um zu vergleichen, ob der früher sprachlich festgestellte Begriff in einem sichtbaren oder natürlichen Zusammenhange mit den tatsäch- lichen lokalen Verhältnissen steht; dies ist aber oft mit großen Schwierigkeiten verbunden, weil einerseits der Ort im Laufe der Zeiten seine ehmals namengebenden Bedingungen durch die ge- änderten Verhältnisse eingebüßt haben konnte, andererseits haben die topischen Namen mit den sprachlich bekannten Lautreflexen ge- brochen, sobald sie in eine andere Sprache übernommen wurden, sich daher etymologisch schwer nach rückwärts verfolgen lassen.
Beispielsweise kann die Entstehung des Namens «Zips«, — heute im Magyarischen schon in «Szepes« umgewandelt — , niemand mehr deuten, der nicht weiß, daß er stufenweise in seinen Metamor- phosen nach rückwärts verfolgt «Zttbtz, Zueptzer, Zuppetz« ge-
= Renntier; also »'Bastarn« = R e u n t i e r h ä 1 1 e r (p. 87).» — Den di- rekten Impuls zu dieser Deutung scheint dem Forscher die aus einem Tu- mulus bei Ödenburg herrührende Vase mit Renntierfiguren gegeben zu haben, denn dies sei »ein Beweis, daß in den Tiefebenen Ungarns in vorhi- storischer Zeit das Renntier heimisch war« (p. 87). — «Ofen» mit seinem »Blocksberg» war eine Opferstätte und daher ein »Ofen«. Nun zerfällt aber der römisch scheinende aber urgermanische Name »Akinkumb« in drei Ur- worte, u. z. »ak» = hervorkommen aus dem Sonnenfeuer, »ing« (ink) die Abkömmlinge (z. B. die Karol-ing-er = die von Karl abstanunenden Män- ner) und «kumb« = Hügel, Berg, also: der Berg der .Abkömmlinge des Sonne nfeuer, somit der .Armanen, welche ihr Leben dem Ursyr — Gott — dargeboten, geweiht haben (p. 89).« — »Steinamanger«, das noch seinen urariogermanischen Namen »Sabaria» führt, den auch die Rö- mer unverändert übernommen hatten, erweist sich als ein Urort, denn «sax = Sonne, »bar« = Leben, «ria» — entstanden, d. h.: durch die Qott- sonne ist dort Lehen entstände n» (p. 88).« — Es ist wohl kaum denkbar, dan jemand von der «Quido-List-Qemeinde» diese »esoterische» .Akrobaten-Ftymologie ernst nimmt, aber diese »Forschungsergebnisse» sind umso lesenswerter, weil sie durch ihre handgreifliche Uiuiatürlichkeit nur die Krkenntnis der wahren Sachlage beschleunigen können.
schrieben wurde, sonach einst «ziipa« oder »zupica«. welchen Be- griff schon jeder Slave kennt, gelautet haben muß. — Die Entstehung des Namens xSaatz« wird erst klar, wenn man die Et3'mologie der slavischen Namensform xZatec« kennt, denn xsad, satu bedeutet im Slavischen Grenze, "Sadovecx = Grenzstein, «saditi = Grenz- steine setzen; daraus kann man nun mit Sicherheit schließen, daß die verballhornten Namen «Saaz. Satz« richtig einst »Sadec, Satec« gelautet haben müssen, und deuten die vielen Namen «Novosad, Novosady, Neusatz« auf eine Lokalität, wo eine befestigte Grenze war oder eine Grenzregulierung vorgenommen wurde. (Vergl. den Artikel «Novi«.) Einer neuen Anpflanzung wegen, wie man modern «novosad« übersetzt, wird jedoch eine schon beste- hende Ansiedlung nicht ihren Namen wechseln! —
L'm weiter den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem grundlegenden Worte und der LokaUtät herstellen zu können, ist es auch notwendig, daß der Forscher in allen Reichen der NaturA\'issenschaft bewandert sei, daß er große Vertrautheit mit den folkloristischen und kultu- rellen Verhältnissen sowie den geschichtlichen Begebenheiten der Umgebung habe, sowie vor al- lem ein praktisch geübtes Auge für das Erkennen der Bodenplastik in militärischer Hinsicht be- sitze, und alle diese Hilfsmittel organisch in eine R e 1 a t i o n b r i n g e ; j a, e r m u ß s i c h o f t d e r M ü h e u n t e r- ziehen mit dem Spaten tief in die Erde zu graben. um die BeAxeise durch heraufgeholte Kulturresi- duen zu erbringen, daß die Lokalität einst w i r k- lichdas\\"ar. wasderen Namebesagt. — Nurmitdie- sem Rüstzeuge, sozusagen mit einer praktischen Etymologie und der Autopsie, ist es möglich schwierigere topographische Namen mit der un- verkennbaren Richtigkeit zu deuten.
Man erreicht allenthalben mit dem Studium der Wurzelfornien beim grünen Tische auch manch richtiges Resultat, aber die weit überwiegende Zahl läßt sich auf diese Weise nicht zutreffend erklären; überdies begehen die Theoretiker bei solchen Untersu- chungen meist den gewichtigen Fehler, daß sie in dem Worte Fein-
Iieiten suchen, die ein natürlich gegebener Name eben nie besitzen kann; nebstbci vergessen sie größtenteils ganz darauf, daß die geo- graphische Phisiognomik doch mit der Benennung der Lokalität selbst in irgendeiner Relation stehen müsse. —
Der Hauptfehler aber, welcher in dieser Richtung, namentlich bei den ethnographischen Namen, gemacht wird, ist der, daß derlei Namen inferiorer Natur gleich mit den superioren glei- chen Klanges zusammengeschweißt werden. So findet man z. B. Kroaten und Serben in Böhmen. Polen. Deutschland und Ruß- land, und sagt, daß dies Bruchteile der Kroaten und Serben im Süden seien, und dieses ist eben grundfalsch; dies sind lediglich Be- zeichnungen, die aus der Sprache des Bodens hervorgegangen sind und unter gleichen Vorbedingungen in der Natur gleich lauten, daher darin kein organischer ethnographischer Zusammen- hang im kleinen gesucht werden darf. — Wenn sich z. B. die Kroaten und Serben heute befehden, weil jeder für sich ein eigenes Volk zu sein glaubt, so ist dies ganz irrig und lediglich durch Sprachgelehrte (Miklosich) hervorgerufen worden, welche hypothetisch eine eigene kroatische, serbische wie sogar eine eigene bosnische Sprache (Jagic) vielleicht in gutem Glauben und unbewußt der Auffassung und der Folgen aufstellten, wo es doch so natürlich ist, daß alle, trotz Religions- und Schriftunterschieden, derselbe Volks- und Sprachstamm sin d.*) Hingegen gibt es Wenden. Veneter, Vinidi in Europa und gab es solche in Kleinasien; das Grundwort des Volksnamens ist überall das slavi- sche )>ven. vin« (= Grenze), aber die zugehörige Sprache gebrau- chen letztere wohl schon seit Tausenden von Jahren nicht mehr.
") Dem Nichtkciincr des Kroatischen und Serbischen gelten infolge der Entscheidungen Miklosich's beide Sprachen als verschieden, und herrscht diese Ansicht selbst in hochgebildeten Kreisen vor. weil man es nicht zu fassen vermag, daß eine solche »Autorität der Wissenschaft« aus einer Sprache gleich zwei machen konnte, wenn sie in verschiede- nen Schriittypen dargestellt wird: und doch hält dies ja auch niemand für zwei verschiedene Sprachen, wenn er das Nibelungenlied einmal k u r r e ii t, das anderemal latein geschrieben sieht! — Es ist heute ganz unerklärlich, wie ein so handgreiflicher Irrtum derart gedankenlos übernommen werden und wieso er sich obendrauf bis heute in der Oelehrtenwelt erhalten konnte!
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Alle topographischen Namen haben eine ganz natürliche, das Gebiet, auf das sich der Name bezieht, charakterisierende und kurz beschreibende Bedeutung; man suche daher in der Ortsnomenklatur nichts weiter, als die rein praktischen und natürlichen Gründe für die Naniengebung. weshalb es begreiflich ist. daß äußerlich gleiche Objekte gleichlautende oder (jleiches bedeutende Namen tragen, und sind es erst die Geographen, welche lokale Namen auf ausgedehnte Gebiete erweiterten. Diese Behauptung bedarf keines Kommentars, und kann man die L'rcntstehung solcher Namen ja heute in analoger Weise beobachten. Für die verschiedensten Teile seines Grundes hat der Bauer praktische Namen, um verständlich über die Feldar- beiten im eigenen Bereiche disponieren zu können. Ich führe hier nur einige konkrete Beispiele an, z. B.: Heute wird die Wiese «bei den Eichen«, "bei den alten Gräbern«, «die nasse Wiese« usw. ge- mäht; der Hirt treibt heute «in die Erlen«, «in die Rodung«, «in die L'mzäumung«. «zum Moraste« usw. ursprünglich kennt diese Ried- namen nur der betreffende Besitzer selbst; mit der Zeit nimmt sie c'.ber vielleicht auch der hinzukommende Nachbar aus gleichen Grün- den an und so pflanzt sich die Bezeichnung weiter fort, bis der Name allgemein wird und schließlich im Kataster wie auf der Karte auf- taucht, womit dessen Unsterblichkeit nahezu besiegelt ist; und doch hat nur der erste Namengeber die natürliche Namenberechtigung gehabt eine Lokalität z. B. «bei den alten Gräbern« zu kennzeichnen, obschon längst keine äußeren Anzeichen für diese Benennung mehr sprechen.*)
Man soll aber auch in diesen Namen keine tiefsinnigen, mj-tho- logischen, symbolischen oder genealogischen Deutungen suchen, sondern denke stets an die primitivste Natürlichkeit, an die «histo- rische« Sprache des Bodens, denn die Summe aller topischen Namen ist nichts weiter, als die zutreffendste und idealste Kultur- und Militärgeographie unserer Erdober- fläche. Das ist die nackte Tatsache der embrionalen Entstehung der topischen Namen und brachten es später mehr oder weniger
") Auf slavischeni Gebiete kann man bei oft vorkommenden Flur- namen, wie: u mrtvich. u grobliu, u zabiteho u. ;i. beim Mangel aller äuße- ren Belege mit unfehlbarer Sicherheit annehmen, daß dort tatsächlich ein- stens jemand beerdigt W'Urde. und bringen Nachgrabungen, wenn es sich nicht schon um Raubgräber handelt, immer zugleich den Beweis hiefiir.
nur Zufälligkeiten mit sich, daß der eine Name für weitere Kreise unbekannt blieb, indes sich der andere auf Gegenden, Provinzen. Reiche und Weltteile*) ausdehnte, ohne deshalb als Generalname zutreffend zu sein. Konkrete Anschauungen und unbeeinflußte physi- sche Beobachtung, nicht aber abstrakte Reflexionen entscheiden daher in der Namengebung. Deshalb ist auch die Erklärung der Entstehung und Deutung eines topographi- schen Namens nur dann als reell und gesichert an- zunehmen, wenn sie jeder Methode der Prüfung standhält.
Wie erwähnt sind aber die Motive der topographischen Namen meist primitivster Natur und kann diesbezüglich nicht genug zur Vorsicht und Rigorosität gemahnt werden, da es sogar weniger schwer ist, die Fiktion bei der Erklärung eines ungewöhnlichen Namens zu nichte zu machen, als das Richtige bei jenem Namen zu treffen, wo die Selbstverständlichkeit jede weitere N a c li p r ü f u n g f ü r überflüssig hält. Es
*) Die Kiariegung der Namen für unsere Weltteile ist schon deshalb doppelt schwer, weil sie ein unjrewöhnlich hohes Alter haben müssen, ehe sie die progressive Bewertung eines so groiien Landmassivs erreichen konnten. — So bedeutet z. B. »Asia« vom Standpunkte des Russen: das fremde Gebiet, denn er nennt den Fremden, den Kichtrussen »asei, asejka. asov« und kommt der Ortsname «Asia« (= Orenzort) am Ufer des Schwarzen Meeres auch etlichemal vor. Was also dem Russen als fremd galt, also jenseits einer gewissen Grenze lag. hiefür hatte er den Kollektiv- namen «Asiaii. — Wir kennzeichnen ja auch heute nichtasiatische Gebiete, deren Gebräuche unseren Kulturbegriffen nicht entsprechen, als H.\sien« oder iiHalbasienii. aber nicht etwa xAfrikan oder «AustralienK. welche in der Kultur doch weit rückständiger sind. — «Amerika« hat augenscheinlich den Namen von wAmeric». wie die Indianer das O r e n z g e b i r g e zwi- schen der Moskitoküste und dem Nikaraguasee benennen, und soll in der Maya-Sprache jener Name tatsächlich die Bedeutung von Grenze. Grenzland haben. Aber auch unsere Namen Amur, Ammer. Omar u.a. deuten auf dasselbe, denn »omariti» (mar = Grenze) muß einst gleichbe- deutend mit »abgegrenzt, Grenze« gewesen sein, da «omara« dem Slo- venen noch heute der abgesperrte Raum, der Kasten ist. — Dieser Grenz- begriff muß also bei den Indianern schon vor «.Amerigo« Vespuci sehr gangbar gewesen sein, daher die Ansicht, daß von letzterem der Name «Amerika« stamme, der nebstbei Amerika gar nicht entdeckte, keine Be- rechtigung hat.
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mögen daher alle Forscher nach Ortnamen, wenn sie die Sache ernst nehmen, vom Grundsatze ausgehen, daß eine Auslegung ohne Selbstbesichtigung oder Selbstüberprüfung der Lokalität, sowie ohne stete Rücksichtnahme auf die einstigen Vorsorgen des gesicherten Wirt- schaftsbetriebes in den meisten Fällen fraglich bleiben muß. Die Forschung dieser Art im Zimmer ist allerdings die bequemere, aber nicht die — zuverlässigere!
Die topographischen Namen sind erfahrungsgemäß keinen tie- fen Änderungen unter\vorfen, da sie zumeist nur an eine andere Sprache angepaßt oder aber übersetzt wurden. Diese Anpassungen sind jedoch schon dadurch allein, wenn nur ein Laut vertauscht, ausgeworfen oder eingeschoben wurde, von solchem Einflüsse, daß der wahre Name oft schwer oder gar nicht mehr erkannt werden kann, namentlich wenn nur eine Leseart zu Gebote steht.*)
Die Ursprache hatte einst auch nicht den Vokalreichtum der modernen Sprachen, was man den Idiomen der heutigen Naturvölker noch immer ansieht. Die ältesten Begriffe waren daher alle konso- nantenreich und sehr v o k a 1 a r m. Die Vokalophilie ist erst eine Errungenschaft der Kultur, namentlich bedingt durch den Ver- kehr mit anderen Völkern, welche die ihnen schwerfälligen Silben der Nachbarsprache durch Vokaleinschiebungen abtönten. Jene Sprachen, welche viel Mitlaute haben, sind daher die älteren und dabei an Kasus wie Verbalformen reicheren, als die Dependenzspra- chen. Darauf basieren daher die vielen, infolge Anpassung schwer oder gar nicht mehr etymologisch erkennbaren Ortsnamen im Latei- nischen, Französischen, Deutschen usw. — Dasselbe gilt aber auch betreffs der Übersetzung derselben. Übersetzungen nahmen fast ausschließlich die Deutschen vor, — denn die sonstigen Sprachen spielen dabei keine fühlbare Rolle, — und begann dieser Prozeß in- tensiv mit dem Beginne des 12. Jahrhundertes, also in der Zeit der
") Die bekannte Erdsenkung xMacochax (Mähren) hat die Volksety- mologie zur -StiefmutterK gemacht; die Volksphantasie trat noch ergänzend mit einer etj mologischen Sage hinzu, und so blieb es bis heute. — Geht man aber der Sprache der Natur nach, so kommt man zu dem überraschend richtigen Schluße. daß der Name ursprünglich als «maciha« gelautet haben muß, denn »maciK heißt: senken, nachgeben, und so nannte man richtigerweise die Stelle, die sich gesenkt hat.
— le- ersten tcihveisen Gernianisierung der von den Slaveii bewohnten Gebietsteile; daß aber diese Namen nicht später von den Slaven übersetzt wurden, wie man allenthalben behauptet, wissen wir da- raus, daß uns die ursprünglichen Namen aus den Zeiten vor der Übersetzung ja zumeist in alten Urkunden, in den Erd- und Sal- büchern, sowie Urbarien erhalten sind. Die Anpassung an die sla- vischen Namen deutscherseits führte auch nicht mehr zu so schwie- rigem Erkennen des Originalnamens, wie bei den römischen, weil dies etwa 1000 Jahre später geschah und die primären Namen im Volksgedächtnisse leichter die Kontinuität aufrechthielten.
Anpassungen führten jedoch in ungezählten Fällen später zu irrigen Namensauslegungen, woran freilich nur unser unkla- res und unmethodisches Denken und Schließen schuld ist, weil ^^'ir die Scheingründe mit den Ver- nunftsgründen allzu wenig in Einklang bringen; man glaube daher nie. wenn die Sache sprachlich noch so klipp und klar zu sein scheint, daß je ein Ortsname so unmotiviert kam. wie etwa, um sich eines volkstümlichen Spruches zu bedienen, — die Fliege in den Milchnapf!
So ist z. B. KQastein« dahin erklärt worden, daß viele Gäste die heißen Quellen besuchen. Die Auslegung ist gewiß naheliegend aber an sich widersinnig, denn Qastein mußte eher, als Q ä st e doch eigene Bewohner, daher auch einen eigenen Namen haben. Zudem ist Gastein durchaus nicht die Bezeichnung für den Ort mit den heißen Quellen sondern für die v e r t e i d i g u n g s f ä- h i g e Gegend daselbst (slav. H o s t i n ; alte Form : G a s t u n a). Der richtige Name für das Bad Gastein ist HToplice« (slav. warme Quellen) und hat sich dieser Name daselbst ja auch in der Verball- hornung »Tobelrisse" noch erhalten.
Abgesehen davon, daß auch in dieser Hinsicht ein gewisser Rechtszustand beachtet und die Sicherung der sprachlichen Zuge- hörigkeit niemals ausgeschaltet m erden sollte, müßten die hi- storischen Namen von amts wegen geschützt und von niemanden m u t \\ i II i g geändert werden, ^\" e i I sie eben den Ort natürlich charakterisieren. — Im Namen selbst steckt zuglech auch immer die älteste Geschichte des Ortes, welche sich damit oft auch zugleich erschöpft. —
\V. V. Humboldt hat schon vor etw a einem Jahrhunderte die Erkenntnis ausgesprochen, daß «durch die Ortsnamen, die ältesten und dauerndstenDenkmäler. eine längst vergangene Nation gleichsam selbst ihre eigenen Schicksale erzählt und es fragt sich nur, ob ihre Stimme uns verständlich bleibt«. — Doch diese Stimme erkennen wir nun; will man aber dieses Erkennen heute gewaltsam oder durch Überhören unterdrücken, so ist dies doch nur ein müssiger Kampf um Zeitgew inn, denn die Wahrheit, die ja ein ewiges Leben vor sich hat. gelangt schließlich doch zum unbestrittenen Siege, und erhalten alle die vorbereitenden Arbeiten, welche einst als Wahngebilde von Phantasten ausgeschrien wurden, sodann automatisch ihren vorent- haltenen Wert. — Es wäre daher Sache der Qemeindevorstehungen dahin zu arbeiten, dal.i jeder Ort seinen historischen Namen auch tatsächlich führe und wäre dies im beson- deren bei jenen Namen geboten, welche die Ortsbewohner einem billigen Witze der Nachbarn deshalb aussetzen, weil irgendein be- schränkter Amtmann einer Patrimonialherrschaft einst dabei geist- reich erscheinen wollte, und Namen wie: Affentai, Eselsdorf, Qau- nersdorf, Lausheim. Ochsenburg. Viehdorf u. ä. konstruirte, nachdem sich diese Namensformen nur durch die Sucht, die \' o r h a n- denen s 1 a v i s c h e n N a m e n tunlichst dem Deutschen anzupassen, e n t \v i c k e 1 1 habe n.*)
Allerdings ist es heute noch in vielen Fällen schwer wissen- schaftlich den wahren Urnanien festzustellen;**) es müssen aber vor allem der klare Blick und die logische Denkart in diesem For-
") Sonderbarerweise Reniigt in deutschen Oebieten der unsiunlRSte eine Na m e. in slavisclien Ländern müssen aber hingegen stets zwei liis drei Namen die Konfusion in Evidenz erhalten.
"*) Es ist z. B. bisher nicht möglich in bestimmter Weise den Namen Slaven« sprachlich zu klären. Höchstwahrscheinlich ist es. daß das Wur- zelwort «slovic gleichbedeutend ist mit «Grenze«, und daß den Analogien entsprechend «slovan. slovak, slavan« ein Hoheitsbegrifi für den B e- Schützer der Grenze, den S c h ii t z h e r r n, den Anführer im Kampfe ist, aber die heutigen sprachlichen Belege sind von ihrer Urbe- deutung schon bis zur Unkenntlichkeit abgewichen. Nur der Slovene hat in »slovo» (= Abschied. Trennung) und «odsloviti« (— die Heimat verlassen, über die Grenze gehen) noch Begriffe organisch verwandter Richtung im Gebrauche, doch genügt dieses Material noch nicht zu einem abschließen- den Urteile.
schungszw eige obenan stehen, denn alle Büchergelehrsamkeit muß hier als Phantom zusammenbrechen, wenn sie nicht durch natürliche, unvoreingenommene Beobachtung gestützt wird.*)
Auch mufj allgemein ge^var^t werden bei der Erforschung unserer Ur- und Kulturgeschichte der Mythologie welches Feld einzuräumen; gut 99% derselben sind später zugetragener Flitter und dichterische Erweiterungen, die sich in die natürliche Vorstel- lung des Urmenschen gar nicht einfügen lassen: namentlich hat jene mit topischen Namen nichts zu tun und kann man rundw eg alle Aus- legungen dieser Pro\enienz für xcrfehlt erklären. So hat sich z. B. Dr. von Peez**) ein Gebiet zurechtgelegt, aus dessen topographi- schen Namenseinzelheiten man sich mnemotechnisch die germani- sche Mythologie leicht merken könnte. Er sagt (pag. 89): « . . . die Verbindung mit so vielen bedeutungsvollen Qötternamen findet sich doch nur hier an der Grenze von Niederösterreich und Mähren und zumeist in einem kleinen Berglande zwischen der March und dem Marchfelde. der Thaya und dem Qöllersbach. Hier liegen Hollabrunu (Holla). Völlabrunn. Pohlsbnmn. Pohlsdorf und Balderndorf (Pohl. Beiname Balders); sodann in unmittelbarer Nähe Hadersdorf und Hadres. an den blinden Hödur gemahnend, welcher Baldern unfrei- willig erschoß: ferner Misteldorf als Erinnerung an die Waffe, womit dies geschah: endlich Wultendorf (W'odensdorf?). Erasbrunn. d. i. Brunn der Era (Freia. Holla). Ketlasbrunn (Qötzelsbrunn). Hagendorf.
") Der \\ erdesaiiff zu den vorliegenden Erfahrungen war gleichfalls bedeutenden Schwankungen und Täuschungen unterworfen, denn ursprüng- lich hing ich gläubig an den Alltagserklärungen, wie ich sie hörte; als ich mich aber überzeugte, daß in dieser Hinsicht keine Logik herrschte, wurde ich Anhänger der Keltomanen: doch der tiefere Einblick in diese Hypothese überzeugte mich von dem sprachlichen Irrtum, denn die vermeintlichen keltischen Namen hatten stets eine slavische Wurzel; nun irrte ich noch dahin, daß ich nicht immer auf das natürliche Bild beim Namen eines jeden Terrainobiektes drang, was aber schließlich nach vielen Ver- gleichen und Beobachtungen auch zu den festen hier dargelegten Grund- sätzen führte. Ich hatte als Offizier hiezu reichliche Gelegenheit, da ich außer den eigenen Reisen jährlich anläßlich der Manöver durch ein Viertel- jahrhundert stets andere Gegenden der Monarchie kennen lernte, und so vielfach an Ort und Stelle die Relation zwischen Namen und Namenbe- rechtigung selbst überprüfen konnte.
"") Dr. A. v. Peez. Erlebt — Erwandert. \\ ien 190i.
Eiizersfeld (Riesenfeld), alles mythologische Namen, die, auf einem kleinen Bezirke gehäuft, von großer Heiligkeit des Ortes und wahr- scheinlich von großen geschichtlichen Ereignissen reden. Es ist auf deutschem Boden keine Stätte bekannt, wo die alten deutschen Götter noch so deutlich erkennbar auf ihre Enkel herabblicken«. — Nun so poetisch geht die Namengebung eben nicht vor, denn die primitiven Urbewohner werden sich hiebei gewiß nicht einer so kombinierten Phantasterei bedient und noch weniger die entfernteren Nachbarn gefragt haben, wie sie sich zu diesem mythologischen Nanienzyklus stellen.")
'■') Dr. Peez bringt für seine Beweisführung mitunter vollends unhalt- bare Dinge, so. z. B. (p. 7.3): alle Städte in Böhmen sind von Deutschen gegrimdet worden, .abgesehen davon, daß sich der Name selbst mit dem Ursprung einer Ansiedlung zugleich bildet, ist diese Beleuchtung schon ety- mologisch nicht haltbar; überdies ist der Begriff «Stadt» nur eine formelle Differenzierung, denn eine Ansiedlung wird erst z u r S t a d t c r h o li e n und nie — seltenste Fälle ausgenommen — gleich als Stadt gegründet. — Die Städte entstehen aus größer gewordenen .Ansiedlungen; an der Entstehung und Kultur des Ortes ändert aber die Erhebung zur Stadt absolut nichts, ebenso wie ein Neugeadelter ia deshalb keine Umwertung in anthropologischer oder morphologischer Hinsicht erfährt, wenn er sich noch so verändert gebärdet. Dieses häufige Hervorheben von Städtegriin- dungen ist nur eine unbedachte leoninische Anmaßung; den Gefühlen der gerechten Anerkennung würde es eher entsprechen jene hervorzuheben, welche die erste Ansiedlungen bewußt oder unbewußt in einer für die Fort- entwicklung günstigen Lage anlegten, gleichgültig ob es Deutsche oder Slaven waren, denn Bäume setzen und Obst pflücken ist doch zweierlei! — Und zu alledem sagt Peez (p. 71): »Wie es kam. daß in dem durch seine zentrale Lage und den Gürtel seiner Berge so überaus wichtigen Böhmer; so wenig Spuren deutscher Ansiedlungen aus früher Zeit sich finden, ist scliwer zu sagen. Wahrscheinlich wurden sie durch Kriege und iimere Ver- folgung zerstört oder unkenntlich gemacht. Nach «Franken« oder «Sach- sen» genannte Orte sind noch nicht nachgewiesen. Ganz flüchtig taucht in der Kriegsgeschichte von 1866 ein Frankenwald (Branka-Wald) bei Nachod an den nach Olatz führenden Pässen auf etz.» — Qriuidlicher konnten seine .Ansichten von Niemand entwertet werden, als er dies hier selbst besorgt. Die vermuteten deutschen Ansiedlungen Sind nie dagewesen; und der »Frankenwald» ist eben eine »Branka.- (branka = Wehr), d. h. ein Punkt, wo man sich am günstigsten zur W e h r e setzen konnte (z. B. Blockhaus. Wachhaus. Tor), wie ansonst an ähnlich beschaffenen Qebirgsspässen; und trotz dieser ureinfachen Erklärung müssen die «Franken« die Wahrheit verschleiern!
nie Gegenwart macht gerne aus allem Politik, d. h. wir können uns dieses Einflusses auf die Wissenschaft infolge der permanent wirkenden Eindrücke des modernen Völkerlebens schwer erwehren, daher bei der künstlichen und hochtrabenden Auslegung zumeist auch nicht die Forschung sondern ein bestimmter Wunsch der treibende Faktor ist. — Die objektive, nüchterne Untersuchung ergibt aber eine gründliche Enttäuschung, ebenso wie sich die Be- geisterung des Theaterbesuchers rapid legt, wenn er sich die Deko- rationen vom Zuschauerräume aus zum Schluße auch auf der Bühne ansieht. — Täuschen wir uns doch nicht damit, daß wir je unsere Urgeschichte auf künstlichen Stützen für die Dauer aufbauen werden! Wenn aber etwas logisch klar der Natürlichkeit wider- spricht, so ist es Sache der Mandatare der Wissenschaft den Dunst- kreis panegyrischer Vorspiegelungen zu durchleuchten und den an- gedichteten Ruhmesflitter der Wahrheit zuliebe zu beseitigen. Die Wissenschaft ist ein großes Freigut, die nur offene Beweisführung verträgt; würde daher jedermann den Mut haben auf diesem ernsten Forschungsgebiete die persönlichen Rücksichten und das Pa- godentum abzustreifen, so wären wir über das Märchenhafte unserer Urgeschichte schon längst hinaus und stünden bereits auf gewachse- nem Boden. — Der richtige Weg hiebei ist nur der in- duktive, d. h. die Folgerung vom Besondern zum Allgemeinen, vom Bekannten auf das Unbekannte. \ o 111 Lebenden auf das Abgestorbene!
W enn nun in Europa die meisten ethnographischen, sowie viele Gebirgs- und Flußnamen im Altertume, wenn im allgemeinen in Europa die meisten Ortsnamen slavischen Ursprungs sind, so müssen sie w c; h 1 von S 1 a v e n herrühren, denn es konnten doch ii ii in ö g 1 i c h S 1 a v c n, wenn sie erst zur Zeit der sogenannten «Völkerwanderung« h i c li c r vorgedrungen wären. Jahrhunderte voraus ir- gendwelchen Einfluß auf die N a m e n g e b u n g g ■ ü b t haben; und wenn so \' i c 1 e Völker s 1 a v i s c h e M a ui e n tragen, so müssen ja doch eher S 1 a v e n da g e w e s e n sein, um die Gelegenheit zu haben, i e in a n d e n einen Namen zu geben; wenn sie aber später gekommen wären, so hätten sie schon festgelegte Namen \ o r- gefunden und würde wohl niemand eine neue Na-
in c n ji c b 11 n K beachtet haben, ebensowenig wie R ö- m e r und Deutsche in d i es e r Hinsicht wesentlich etwas änderten noch ändern i<onnten; ja man muß ge- radezu staunen, wie rein sich die Originalbegriffe oft erhalten haben, daher man sie gerade deshalb nicht erkannte, weil der Glaube an die reine Erhaltung bei den vielen fremden Einflüssen nicht ein- leuchtete.
Wo sind überdies die Millionen Menschen hingekommen, die von den Römern unterjocht wurden, zumal diese so staatsklug waren und jedem Volke Religion. Sprache und Sitte beließen? Wie kommt es. daß nach dem Sinken der weströmischen Macht auf ein- mal Millionen von Slaven Europa in ungezählten Ansiedlungen be- wohnen, und doch gab es auf diesem Gebiete, so lange römische Macht gebot keine derartigen Vernichtungsschlachten, daß man an ein förmliches Ausrotten der früher dort ansäßigen Völker denken könnte und daß diese Völker sofort und so massenhaft durch Slaven ersetzt worden wären!
Sollte übrigens eine so großartige Umwälzung, daß auf ein- mal Millionen bodenständiger Menschen durch ebensoviel zugewan- derte Slaven abgelöst worden wären, stattgefunden haben, so konnte sich, abgesehen davon, daß ja dadurch ein halber Weltteil irgendwo menschenleer geworden wäre, die Sache wohl nicht so unbemerkt abwickeln, daß es die römischen und griechischen Schrift- steller, welche sonst ganz belanglose Vorgänge verzeichneten, gar nicht wahrgenommen hätten, denn unter den Völkern, die in der ver- meintlichen großen Völkerwanderung genannt werden, findet man, wie die dermal ige Geschichte behauptet, verhältnismäßig sehr wenig Slaven.
Wenn man daher so viele geographische Namen in den ver- schiedensten Gegenden mit slavischem \\ urzelworte aus vorchrist- licher Zeit kennt, welche die vollkommen zutreffende Charakteristik und die lokale Übereinstimmung mit dem damit belegten Objekte offen dartun, so kann dies, selbst bei krassesten Vorurteilen — bei \' i e 1 e n Tausenden von Namen doch keine bloße Zu- fälligkeit sein.
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Die gesamten Beispiele und Erklärungen in diesem Buche sind daher durchaus nicht vom Verfasser konstruiert, erfunden oder erdichtet worden, denn die Beweise sind ja einerseits in den Spra- chen niedergelegt, anderseits — und das ist das weit wichtigere — stehen sie draußen, für jedermann sichtbar, im offenen Lande! Alle diese Namen sprechen aber eine fast aus- sctiließlich nur dem Slaven verständliche Sprache aus altersgrauer Zeit! —
li
Etymologie der topischen Mamen.
Die sprachwissenschaftliche Durchforschung der topographi- schen Namen ergibt das interessante und bisher fast gar nicht be- achtete Resultat, daß sich die weit überwiegende Zahl dieser Namen auf das S 1 a v i s c h e zurückführen läßt und nur in diesem Sprach- zweige eine Erklärung mit entsprechendem, natürlichem Sinne ergibt. — Die nichtslavischen Namen dieses Gebietes be- zeichnen, soweit sie auch erforscht und gedeutet sind, zumeist se- kundäre Ansiedlungen auf einer bereits früher verteilten Oenieinde- flur. welche aber im besonderen erst nach der politischen Besitzer- greifung der slavischen Gebiete durch die Deutschen. Franzosen. Italiener. Rumänen. Magyaren. Osmanen usw. und die darauf er- folgte Dcslavisierung ins Leben gerufen \\urden. Diese dürften hie und da nichtslavische Namen haben, w as man rechtlich so lange zu- geben muß. bis nicht alle Namen durchforscht und ob ihrer Entste- hung und Bedeutimg geklärt sind. Aui Grund reichlicher Erfahrungen kann ich aber bereits an dieser Stelle eröffnen, daß auch von den Namen dieser Art bei weiterer Forschung recht wenige verbleiben dürften, denen man diese Entstehung dauernd zuer- kennen wird, wenn hiebei mit besonderer Vorsicht und bei voller Aus- schaltung der vorgefaßten Meinungen vorgegangen wird. — So ist die .Ansicht des malerischen Felsentales »Rosstrappe« im Harzge- birge (siehe Figur l) doch bezeichnend für das zerklüftete Felsgebiet (slav. rozdrapa): wo es ein «Slatina« gibt, dort ist eine -Mineralwasserguelle; wo ein »TopliccM ist. dort findet sich
aucli eine warme Quelle vor, mag man nun den Originalnamen auch in: Dobl, Tobe!, Tobelrisse, Teplitz u. drgl. entstellen, und las- sen sich diese Beispiele in die Tausende fortsetzen.*)
Die Namen slavischen Ursprungs lassen sich aber nicht nur durch die deutschen Gebiete Österreichs und Deutschlands, was \a ohnehin nicht geleugnet wird, sondern auch in der Schweiz, Italien, Spanien, Frankreich, Niederlande, Dänemark usw. nahezu untrüglich verfolgen; daß aber die östlichen und sonstigen südlichen Gebiete Europas zum großen Teile leicht erkennbare slavische Namen bc sitzen, bedarf nur einer vorübergehenden Erwähnung.**)
Es wäre auf jeden Fall vom hohen Interesse für die Wissen- schaft, zumal für die Ur- und Kulturgeschichte, festzustellen, welches die äußersten Grenzen der topographischen Namen slavischer Ge- nesis sind, da man heute nur mehr auf diese Weise ernstlich ergrün- den könnte, wie weit die einstige Besiedlungszone der Slaven, die zweifellos weit größer war als die heutige, gereicht habe; doch auch diesem Streben setzen die allgemein oder sporadisch durchdringenden Reste der einstigen A 1 1 g e in e i n s p r a c li e, der Ursprache, eine U n c n d 1 ic li- k c i t s g r e n z e.
*) Es ijibt wohl auch Ortsnamen, die gleich oder ähnlich geschrieben sind, welche aber der erwähnten VnraussetzunR enthehren, weil sich irgend- eine weniger bekannte Originaiform diesem, etymologisch bekannteren Na- men anpaßte. —
") Auf diese Art findet auch so mancher unlogische oder unverständ- liche Orts- und Familienname erst seine .Aufklärung. So haben die böhmi- schen und mährischen Dinastengeschlechter geradezu modemäßig im XIII. .lahrhunderte ihre Namen zu germanisieren begonnen, von denen sich noch urkundlich manche auf die slavische Urform riickverfolgen lassen. Der slo- venische Lradel ist z. B. fast ganz verschwiinden, weil er schon in jener Zeit seine Namen konventierte, aus welcher bereits vergleichende Urkunden fehlen: so wurden die iiTurjaski» zu «.Auersperg», die xOstroverhar» zu «Schärienberg»: die Grafen «Zidanicii (Radkersburg) sind wahrscheinlich in irgend\\'elche «Mauerberg, Mauerburg« transponiert worden; die Herren von »Prueschenki' hießen einst wohl »Prezniku und nennen sich heute viel- leicht: HLauer, Lauerer« (preza slov. Lauer); die auf slovenischem Gebiete hervorgegangenen Adelsgeschlechter: Schinkowitz, Lugaster, Osterwitz, Garrach, Jabornegg, Katzianer u. ä. sind in der slovenischen Geschichte so gut wie unbekannt; die Ktymologie allein deutet noch auf deren sprach- liche Zugehörigkeit.
Es kann sich daher hier in erster Linie nur darum handehi. zu beweisen, daß es slavische Ortsnamen schon lange vor Beginn un- serer Zeitrechnung gegeben habe, daher im Nachstehenden haupt- sächlich solche Begriffe etymologisch erklärt werden, die in den ältesten Schriften erwähnt, also älter sind, als die dermalige Zeitan- nahme der Slaveneinwanderung. Selbstredend folgen aber weiter auch jene Namen, über welche sich keine älteren schriftlichen Be- weise erhalten haben, um zu zeigen, daß alle ethnographischen wie topischen Namen nach demselben Plane konstruiert sind, und die älteren wie die jüngeren im breitesten Sinne nur in der slavischen Sprache ihre natürliche Deutung finden; es müssen sonach jene Me nschen, welche die älteren Namen gaben, dieselbe Sprache gesprochen haben als jene, wel- che den jüngeren Namen ihre sprachliche Basis \' e r 1 i e h e n, d. h. die junge r e n Namen sind ebenso alt, wie die älteren, nur fehlen noch die konkreten Be- lege für diese Feststellung.
Nachdem es einstweilen noch nicht angeht, alle topischen Na- men et\\ a schon in alphabetischer Ordnung und sprachlich gesichtet anzureihen, obschon hiemit bereits der Grundstein für ein künftiges Monumentalwerk, ein «Allgemeines etymologisches Ortsnamenlexi- kon« gelegt erscheint, weil dies einstweilen zu viele Wiederholungen und Hinweise erfordern würde, so werden hier die wichtigsten zur Erklärung herangezogenen Objekte nach der praktischen Verwer- tung in kurzen Monographien, die sich aber jede für sich noch außerordentlich erweitern lassen, etymologisch besprochen und zunächst, wenn auch eine genaue sachliche und technische Scheidung ausgeschlossen ist, umsomehr als die konstant wirkende Diffusion im Entwicklungsgange dieser Begriffe nicht rückgängig gemacht werden kann, in folgende Begriffsgruppen ge- schieden:
A) Sicherung d c r \\ e i d c p I ä t z e ;
B) S i c h c r 1! II g der G e b i e t s g r e n z e n. G r e n z b e- griffe;
C) III i 1 i t ä r i s c h e S c Im t z o r g a n i s a t i o n der U r- \- ö 1 k 0 r. T o p i s c h e Namen \- e r t e i d i g u n g s t e c h n i- !> c h e n Ursprungs;
D) sonstige t o p i s c h e Namen.
A. Sicherung der Weideplätze.
Ein unerwartet erfolgreiches wissenschaftliches Resultat ergab die Untersuchung der überaus zahlreichen Benennungen für die Si- cherungsvorsorgen, die der Urmensch zur Wahrung der persönlichen Freiheit und zum Schutze seiner Existenzbedingungen gebrauchte, denn die Organisation der Lebens- und Besitzverteidigung bildet offenkundig den Uranfang unserer ältesten Verfassungsform. —
Die Völkergeschichte bezeichnet die ältesten Bewohner ihrem Lebensunterhalte und Gewerbe nach als Jäger-, Fischer- und Hirten Völker, die ein nomadisierendes Leben führten, also kein seßhaf- tes Volk \\ aren. Die nähere Beobachtung und Über- prüfung dieser Behauptung bestätigt sich aber durchaus nicht. Weshalb soll z. B. ein Fischer, der am Meeres- ufer einen günstigen Fischfangplatz gefunden, nicht daselbst ständig ansäßig bleiben, denn schließlich ergänzt sich ja der Fischstand durch Zuzug und natürliche Vermehrung, und weshalb soll der Mensch ungeschickter sein als das Tier, welches einen günstigen Lagerplatz mit Vorliebe immer von neuem aufsucht. Es gibt ja noch heute pri- mitive Ansiedlungen genug, die lediglich im Fischfange und Fisch- handel ihre Existenzbedingungen finden, wobei sie noch mit vielfa- cher Konkurrenz zu rechnen haben; sie wechseln den Fangplat?, wenn dies der Erfolg heischt, ansonsten kehren sie aber stets in ihr ständiges Heim zurück. -- Dasselbe gilt für die Jagd. Man suchte einen Platz auf, wo viel Jagdwild festgestellt wurde, und ließ sicii dort nieder. Sollte da etwa die Familie mitgezogen sein? Gewiß nicht, weil dies schon für den Jagderfolg an sich nachteilig wäre. Auch ist dies durch die Selbsterhaltung begründet, denn geht der nomadisierende Jäger immer unstät herum, so stößt er dabei unwill-
kiirlich auf andere .lägersippcn, Nvas zu einem Streite führen muß. und die Geschichte spricht ja von Jagd Völkern und nicht von einzelnen Jägerfamilien. Schließlich wird der Mensch wohl auch die primitivsten Verpflegsvorsorgen, wie sie etwa der Hamster hat. für jene Zeit, wo die Fischerei oder die Jagd erfolglos ist (See- und Schneestürme, strenger Winter. Überschwemmungen), nicht verabsäumt haben; oder sollte er zu dieser Zeit auch herum- gewandert sein? — für so unpraktisch und gegen sich selbst rück- sichtslos dürfen \\\v wohl auch den Urmenschen nicht halten! — Man findet auch meist an eine m Platze die Knochen der unter- s c h i e d 1 i c h s t e n T i e r c (z. B. Pi^edmost in Mähren, Paris u. a.). da der Jäger die Beute immer \\ ieder auf dieselbe Stelle, d. i. zu seiner Hütte und Familie brachte. — Dasselbe beweisen ia auch die Kiökkenmöddinger, die mitunter 300 m langen und bis 3 m hohen Küchenabfallhaufen oder Kulturschuttlager, welche auf größere und langandauernde Ansiedlungen daselbst schließen lassen und bereits auf hygienische Vorsorge deuten, nachdem die Abfälle nur an e i n e m bestimmten Platze abgelagert wurden.
Sicherlich ist es aber ein unbedingter Irrtum. ^\ cnn die Geschichte auch die Hirtenvölker als Nomaden bezeichnet. Justinus schreibt z. B. : «Die Skythen ließen ihre Herden ohne Aufsicht von Ort zu Ort ziehen, ohne zu fürchten sie zu verlieren, weil der Dieb- stahl strenge bestraft wurde» — wobei es eben gar nicht heißt, daß sie selbst mitgezogen sind, denn dann wäre ja das Verlieren und Stehlen der Herde unisoniehr ausgeschlossen gewesen. Es ergibt sich daraus von selbst die Erklärung, daß der Bewegungsraum für die Herden natürlich abgegrenzt war, denn andernfalls wären sie wohl nicht so sorglos gew esen. da sich das Vieh in unbegrenzten Räumen doch leicht verläuft.*) Die Sache ist eben anders. Es ist richtig, daß die H i r t e n \' o 1 k e r «Nomaden« waren, aber nur i 11 n e r h ;i 1 b e i n c s K a 1 e n d e r j a h r e s ; s i e z o g e n i m F r ü ii- jähre \' o n ihre n W i u t e r s i t z e n mit den Herde n a u f die nächsten Weideplätze und trieben sie. nach- dem diese abgegrast oder i ii f o I g e d e r S o n n e n g I ii t
') Um Zugehöiigkeitsstreite zu vermeiden, wurden die Tiere ver- schiedenfarbig gekennzeichnet und geschieht dies bei gemeinschaftlichen Weideplätzen noch heute.
a u s g c d o r r t waren. ^\■ c i t e r in die höheren, kühleren Regionen, also auf die G e b i r g s- und A 1 p e n w e 1 d e ii. kehrten aber gegen den Herbst wieder zu ihren S t a m ni q u a r t i e r e n zurück. Wir haben a I s o u n t e r dem Nomadisieren der H i r t e n \' ö 1 k e r nur einen j ä li r I i c h e n T u r n u s \' e r k e h r, nicht aber einen dau- ernden Domizilwechsel zu verstehen. Und Nomaden solcher Art gibt es in Gebirgsgegenden unverändert auch heute; die obersteierische Almwirtschaft ist z. B. anfangs Mai auf den Nieder- almen, im Juli und August auf der Hochalm, dann wieder Niederalm. worauf um Mitte Oktober die Heimkehr erfolgt; die Herdenbesitzer von Trebinje und Stolac in der Herzegovina ziehen im Frühjahre allmählig mit ihren Herden bis auf die höchsten Alpenweiden der Prenj planina und bis zum Q)uellgebiete der Narenta, kehren aber uu Herbste langsam in ihre ständigen Wohnsitze d. i. in die wärmeren Niederungen zurück, wo nach der Regenperiode (September — Okto- ber) der Graswuchs von neuem ansetzt, so daß die Herden durch die günstige Ausnützung der klimatischen Verhältnisse fast ununter- brochen Qrünfutter genießen können. — Schließlich ist die Benüt- zung der Alpenw eiden und Sennereien in Tirol, Salzburg, Schweiz, Italien, Norwegen u. a. auch nichts weiter als ein partielles Nomadi- sieren, denn auch auf dem Balkan ziehen ja nicht die ganzen Fami- lien, sondern nur die hiezu unbedingt notwendigen, oft sogar nur weiblichen Mitglieder mit den Herden, für welche bereits vielfach in den angestammten Weidegebieten auch stabile Unterkünfte er- richtet sind. *)
Die Benützung solcher allgemeiner Weideplätze, welche z. B. im Annexionsgebiete Staatsgut (praedium; sind.**) führte aber oft
') Die Zigeuner führe man als Beispiel für Nomaden auch nicht an. denn abgesehen von den seßhaften, wandern nur solche herum, die Ihren Unterhalt als ambulante Schmiede. Kesselflicker, dann Wahrsager u. s. \v. fristen wollen, was ja auch nur in der besseren Jahreszeit zutrifft.
*') Ähnliche Verhältnisse obwalten auch heute auf der skandina- vischen Halbinsel. — Anläßlich der Unionstrennung zwischen Schweden und Norwegen wurden Staatsverträge abgeschlossen, w obei unter den f ii n t Konventionen eine auch die Bestimmungen über die R e n n t i e rw e i d e- rechte der nomadisierenden Lappländer enthält. Hienach
zu größeren Streitigkeiten und erbitterten Kämpfen, weil sich lu- stimnite Bewohner in einem gewissen Räume durch jahrhunderte- lange Benützung verjährte Nutzungsrechte erworben haben, daher fremde Eindringlinge mit Gewalt fernhielten. So haben die steten Kämpfe der Montenegriner, Albanesen, Türken fast durchwegs diese Entstehung, denn das Weiderecht ist für jene Gegenden, wo es nur kargen anderen Erwerb gibt, von den ältesten Zeiten her eine heikle und wichtige, zumeist sogar eine Lebensfrage. Die Furcht vor der Verdrängung von der nährenden Scholle zwang den Hirtenvölkern eine konstante Kampfbereitschaft auf, daher gerade diese Völker- schaften einen auffallend kriegerischen Charakter aufweisen. *) — Aus obigem G r u ti d e ist ihre W e i d e z o n e mit einem b c w u n d e r u n g s w ii r d i g e 11. aber doch ganz natürli- chen Verständnis vertcidigugsfähig gemacht, — was später näher beleuchtet wird, — so daß auch schon diese Tat- sache untrüglich dagegen spricht, daß die Hirtenvölker je iiNomaden» waren, ganz abgesehen davon, daß ein planloses Herumtreiben der Herden ja zu unvermeidlichen Zusammenstößen, sowie in Gegenden führen könnte, wo durch einen anderen «Nomaden« die Triften be- reits abgegrast waren, — alles wohleinleuchtende Gründe, daß die «Nomaden« der jetzigen G e s c h i c h t s w e r k e nur noch in ein Märchenbuch gehören.
Aus diesem Grunde entwickelte sich in jeder Gemeinde, welche einen kommunalen Weideplatz besaß oder auf einem neutralen Bo-
haben die Lappen beider Staaten das Recht, mit ihren Renntieren sich im andern Staate während bestimmter Monate auch ohne EinwiiligunR der Grundbesitzer aufzuhalten. Es handelt sich also überall nur um eine jiihr- llche Wanderzeit mit den Herden, und nicht um ein Verlassen der ständigen Wohnsitze.
*) Qrimm hält die alten Deutschen für Hirtenvölker, die stes bewaffnet auftraten, was auch Tacitus an den Germanen beobachtete, als er schrieb: nihil autem neque publicae neque privatae rei nisi armati agunt. — Diese Verhältnisse haben sich bis heute wesentlich modernisiert, weil das Waffentratcen nur mehr an besondere Bedingungen geknüpft ist: dafür tritt aber der Cernogorze, Arnaute. .Mbanese noch immer ständig be- waffnet auf und steht gerade der Slovene noch heute im berechtigten Rufe, daß ihm die Rauflust angeboren sei. weil er so manche Arbeit unter Waffen verrichten mußte, so lange die Osinaneneinfälle an der Tagesordnung waren. - -
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den verjährte Weidegerechtsame genoß, ein natürliches Bcdürinis. daß eine geeignete Person der Gemeinde mit der Vertretung und Wahrung aller Rechte und Pflichten der Gemeinde, worunter die der Verteidigung einstens die wichtigste gewesen sein mochte, turnusartig durch ialh\eise Wahl betraut wurde. Es kann daher gar nicht überraschen, daß die Begriffe für die mächtigsten Per- sonen wie für die höchsten Gottheiten der primitiven liirtenverfassung entstammen, %\eil der Älteste einer Gemeinde die weltliche und geistliche Obrigkeit zugleich repräsen- tierte; nach der Trennung der Funktionen ging aber der gangbare Name auf diesen oder jenen Teil über, oder erhielten sich auch ge- meinsam.
Die Verteidigungspunkte hatten je nach ihrer Lage, Beschaffen- heit und technischer Vorbereitung entsprechende Benennungen, dij so verschiedenartig Nxaren, daß es heute undenkbar ist. die hiefür maßgebenden, gewiß sehr subtilen Unterschiede, auch nur annähernd festlegen zu können; aber aus diesen Namen ging eben die Bezeich- nung für den Rechtsvertreter und Verteidiger der Gemeinde hervor, die sich in den meisten gangbaren Namen auf diese Weise noch heute erklären, weil nach rückwärts verfolgen läßt. Demnach stand der zupa der «zupan«, der carina der «carx. der pasa der xPaschaK (harampasa heißt noch heute in einigen Gebieten Dalmatiens der Dorfälteste), usw. vor.
So finden wir auf dem Wege einfach natürlicher Betrachtun;.: die Urform unserer heutigen Staatsverfassungen wieder, wobei nur der Unterschied besteht, daß mittlerweile Gemeinden zu Staaten wurden und daß folgerichtig z. B. der C a r nicht mehr der Vertreter einer Gemeinde sondern solcher eines Reiches ist, da sich die Ver- größerung und Vermehrung der Gemeinden und dementsprechend die Würde des Ältesten derselben in gleichem Verhältnisse entwickelte, als mehrere Gemeinden dasselbe Oberhaupt, was namentlich in be- drängter Zeit oft geschah und auch noch wiederholt geschichtlich belegt erscheint, wählten oder anerkannten.
An die älteste Form der politischen \'erfassung erinnern nur noch die Namen «pasa« und «zupa». obwohl deren Zus.Tmmenhang mit der Organisation der Hirtengemeinden auch kaum mehr fühlbar ist. —
Pasa war ursprünglich die Bezeichnung für den Beobachtungs- punkt. von w eleheni aus man die Herde beaufsichtigte und im \veitc- ren Sinne sicherte. Die Grundbedeutung steckt in den Begriffen «paziti« (= achtgeben) und «pasti" {— auf das Weidevieh achtgeben), deren geringe lautliche Differenzierung sich in der Praxis dadurch ausgebildet hat. daß man das Achtgeben entweder im allgemei- nen oder speziellen Sinne kennzeichnen wollte. — Weitere Namens- fornicn dieses Stammes sind: pazka, pazar. bazar. basca. Unter «bazaric versteht man den Marktplatz, d. i. den Raum auf weichem man sich versammelt, wo Beratungen stattfinden, also sozusagen der -Alarmplatzii für die Bewohner einer grölkren Ansiedlung. «Bazam ist sonach gar kein türkisches Wort, daher auch die Ortsnamen: Novi pazar. Vir pazar. Pasarovic. Pazariste. Passeier u. ä. nicht von den Türken herrühren. — Die Etymologie dieses Begriffes lehrt also, daß so benannte Lokalitäten schon sprachlich kennzeichneten, dal3 man sich beim feindlichen Angriffe hier einzufinden und zu verteidigen habe; es hat daher auch jede älteste Stadt in der Mitte einen größe- ren Platz, den Ring, denn hier konnte man sich gut verteidigen, w eil nur in den paar einmündenden Gassen der Feind abzuwehren war. Paß nebstbei hier auch die Verkaufslokale waren, ist ja selbstver- Ntändlich. — Gleichen Ursprungs ist auch der Gattungsbegriff »Paß^i, also die gefährliche Übergangsstelle im Gebirge, auf die man a u f- passen muß. Das beigegebene Bild der Stadt Passau aus d. J. 16-44 ztigt überdies, wie sorgfältig man hier an der Grenze diese Pas- sage, weil die Donauinsel den feindlichen Uferwechsel begünstigt, sicherte. - »Basca« ist dem Kroaten der Garten, d. i. das E i n g e- friedete, und scheint diese Substantivbildung origineller zu sein, als »pasa«, denn die ältesten Goldmünzen weisen auch die Aufschrift '<pasca« d. i. Pascha, der Verwalter eines «Paschalik« (jetzt = türkische Provinz) auf, worin auch der Hoheitsname dieses Grund- wortes enthalten ist. — Auch der Name des ersten geschicht- lichen Fürsten der Polen «Piast« ist ursprünglich wohl nur der Holieitsname des Ältesten einer kleineren oder größeren Ge- meinde. Die Polen gebrauchen auch noch heute die organisch ver- wandten Begriffe »piastow ac« für pflegen, warten, verwal- t e n, wie auch für c h i k a n i c r e n, quälen; »piastun« ist sowohl der strenge Wärter, der 0 u ä 1 c r. wie auch der Kinder-
Wärter. «PastviskO)« wurde in den älteren Urkunden oft als i'Piastviskox geschrieben.
Unter «bacina« versteht der Kroate heute eine Sennerei: dem Cechen ist aber xbastaic schon: Bollwerk. Turm. Bastei, dem Slovenen nbastijaii, dem Franzosen «Bastion«. ~ Die Wallachen in Mähren kennen auch «baca« (bafa = Vater) als Hoheitsame. welcher sich als Deminutiv «hatjuska« (Väterchen) auch irn Russischen er- halten hat.
Ansonsten gilt «pasa« heute bei den Slaveii im allgemeinen als ucr Flurname für den Hutweideboden.*)
Ortsnamen dieser Genesis sind: Pasina. Pasicina. Paschendorf, Pasterze. Baska. Backa. Bazany. Waschka u. ä. — Von den ethno- graphischen Namen gehören hieher: Bastarni. ein schon von Plinhis und Mela erwähntes Volk in Ostgalizien; die Baschkiren sowie die Basker, um welch letztere sich die Wissenschaft betreffs deren sprachlicher Zugehörigkeit an meisten ereiferte. Die Etymologie sagt aber nun geradezu deutlich, daß die Basken nichts weiter als die naturgemäß berufenen Wächter der Pyrenäenpässe, also jene Be- wohner Spaniens sind, denen der Grenzschutz gegen Einfälle von Norden her oblag, d. h. so benannte man im allgemeinen jene Personen, welche den Grenzdienst direkte versahen. — Im Süd- slavischen heißt der .Aufscher, der Wachmann auch noch heute «paznik.« —
') Das Pascha-Fest der Juden ist meines Erachteiis urspriiiiKlich nichts weiter als der Abschiedschniaus der mit den Herden über den Som- mer fortziehenden Hirten einer Gemeinde, denn Ostern gilt auch in den .Alpenliindern als der Beginn der offiziellen Weidezeit und wird noch jetzt der aufgenommene Qemeindeliirt angewiesen, sich am Ostermontage anzu- melden. — Das Laubliiittenfest hingegen war die Feier der Rückkehr der Herden im Herbste, welche gleichfalls mit einem Schmause begangen wurde; die tatsächlich erbauten Hütten hatten wohl nur die Bestimmung für die Cberwinterung der Herde. — Daß das Laubhiittenfest. welches gegen Ende Oktober geeifert wurde, ein Erntefest gewesen wäre, ist entschieden un- richtig, weil im südlichen Klima iede Ernte im Vergleiche zu unseren \er- hältnissen in Mitteleuropa mindestens einen Monat früher stattfindet; man begeht aber ein Erntefest eben am Schhiße der Ernte und nicht 2 — 3 Monate später. — in den .^Ipengegenden werden sowohl der .Auf- als auch der Abtrieb der Herden durch ein Gelage gefeiert.
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Meiner Behauptung, daß das Baskische ein Rest jener Siavcn sei. welche einst die iberische Halbinsel bewohnten, stellt man die Hypothese entgegen, daß dies eine keltische Sprache sei, was schließlich auch richtig ist, denn das Keltische ist ebenso auch Slavisch, \\oriiber später noch gesprochen wird. Es dreht sich der- malen noch alles in einem planlosen Rundlauf um das unauffind- bare Keltisch, welches von den Kabinettsgelehrten als ein willkom- mener Universaltopf angesehen wird, in den man kurzweg alle sprachlichen Rätsel w irft.
Tatsache ist, daß die älteren topographischen Namen sowohl auf baskischem Gebiete, wie auf der iberischen Halbinsel überhaupt relativ slavische Grundwörter aufweisen. Dieses ist bei dem Cha- rakter des Wohngebietes der Basken besonders einleuchtend, denn sie wurden als isolierte Gebirgsbewohner von der Ronianisierung nicht so intensiv betroffen, weil das Gebirge stets eine natürliche Wehr der Entnationalisierimg bildet, da der Verkehr erschwert ist; der Gebirgsbewohner wahrt daher auch seine hergebrachten Sitten und Gebräuche besser, hängt also an seinem Volkstume zäher, als der Ebenebewohner, wo der gemischte Verkehr eine Anpassung an das Fremde schon aus Erwerbsgründen fördert.
Es fällt aber auch auf, daß gerade die ältesten Gebrauchs- vvörter konkreter Natur im Baskischen mit den slavischen — und unter diesen zumeist mit den slovenischen — die engste sprachliche Verwandschaft zur Schau tragen.*) — Ich kann dermalen wohl nicht von spruchreifen Forschungsergebnissen auf diesem Gebiete spre- chen, da es meine Verhältnisse nicht zuließen an Ort und Stelle den Kontakt zu bewirken, aber ich fand beim Studium der baskischen Sprache immerhin Beispiele genug, welche meiner Behauptung eine
*) Darauf hat zuerst Joh. Topolovsek in seinen Werke: Die basko- siavische Spracheinheit (Wien 1894) die wissenschaftliche Welt aufmerksam gemacht. — Wie es sich nun herausstellt sind die Behauptungen dieses Sprecliforschers ganz begründet, und wirkt es geradezu abstoßend, wenn man sich nur an einen kleinen Teil jener Orgien erinnert, welche die nOe- lehrten« seinerzeit veranstalteten, um Topolovsek als einen Phantasten und Ignoranten zu stempeln. Zum Glücke ist es dem unerschrockenen Forscher noch beschieden den starken Einschlag der Skrupellosigkeit des Zunffgelehrtentums in eigener Sache aufgedeckt zu sehen. —
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unleugbare Berechtigung verleihen. Man vergleiche auOer den im Texte sporadisch vorkommenden Hinweisen noch folgende baskische Wörter:
Bandera, baldera = Fahne; slov. bandera = Kirchenfahne (vergleiche auch Banner, Banderium); bazka = Weideplatz; slav. pasa, pasca, pastvo, pastvisko etc. (= Weideplatz; lat. pascua); behia — Weidevieh, Kuh; slov. beka = Schaf, bekati, böhm. beceti = blocken; bola = Beule, Kugel; slov. bula = Beule, das Ge- schwellte; bular = Zitze, weibliche Brust, (vergl. bola). Bei den sla- vischen Türken ist nbulan = Frau, Mutter, Säugerin; im Deutschen. Buhle (Geliebte) und »Fulla« der nordischen Mythologie in der Auf- fassung: Amme, Kinderfrau; bask. cepois = Holzprügel; slov. cep; choko = Winkel; slov. kot; derna = Handfläche; slov. dm = Zucken in der Hand. (Vergl. auch den deutschen Vulgärausdruck : Dern, Tern = Schlag mit der flachen Hand); err -= Ende, Spitze; slov. rt = Spitze; ezcura = Eiche; slov. sura = Korkeiche; gar = Flamme; slav. zar = Flamme, Glut; bask. garabia = Krahn, Hacken; slov. grabiti = erfassen; bask. gori = brennen; slov. goreti = brennen; bask. goritu, gorizen = in Liebe brennen, küssen; slov. goreti (za koga) = begeistert (für jemand), schwärmerisch lieben; gora = gegen die Höhe, auf der Höhe; slov. gor, gori = hinauf; bask. gorena = hoher Berg, slov. gorenje, Gorenjsko = Gebirgsgegend; bask. goierritar = Gebirgsbewohner; slov. goricar = Bergbe- wohner; gorhain, gorhaindu = Reiz zum Ekel. Brechreiz; slov. gorki = bitter, etwas zum Brechen Reizendes; heya gora = ein Klageruf (interjeckt.); slov. oj gorie = ach weh!; kukudatz = das Gackern der Henne nach gelegtem Ei; slov. kokodajsk; leka = Hülse. Schote: slov. leca = Linse (bot.); liska = Moor, Sumpf; im Slovenischen be- zeichnet man damit durchwegs Wassertiere und Sumpfpflanzen; bask. liskar = Streit; slov. liskati = sich im Streite schlagen, sich ohrfeigen; menast = metallen; slov. menast, medinast — erzen; menina = Geschmeide; palanka = Stange, Stab; slov. planka = Zaunpfahl; phuncella = Jungfrau; slov. punca = Mädchen; phone- tisch ähnlich klingend auch deutscher Vulgärausdruck in verächt- lichem Sinne als HFunze« und xProfunzK*); bask. poistarika = Bach-
°) Die Lausitzer Wendinneii bezahlten als Heiratsabgabe an den Gutsherrn einst das »Punzengeld». ein Ausdruck, den sich die Sprachfor- scher bis nun nicht erkUiren konnten.
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Stelze; slov. pastarica; picher = Wassertopf; slov. — pisker; pikarda = scheckig; slov. pikast = gesprengelt, punktiert; pot, poz = lustig sein, küssen; slov. bozati = liebkosen, streicheln; daj poc = Handkuß der Kinder; senar == der Ehemann; slov. zenar, ist aber in der Bedeutung Ehemann (einer der sich eine Frau — zena ge- nommen) nicht mehr im praktischen Gebrauche, obschon es eine genauere Determination bietet, als «nioz«, das nur einen Mann ohne Standesangabe bezeichnet; sopa, slov. soba = Zimmer. Kabine; zama. sama = Last. Bürde; slov. saraar = Tragtier; samariti - ein Tragtier führen. — MSamaritern ist wohl auch desselben Ur- sprungs und wird in der Bibl. Geschichte stets mit einem seitwärts stehenden Tragtiere abgebildet; Sa um weg ist sonach ein Sla- vismus und bezeichnet einen Weg, auf dem man Lasten nur t r a- gend fortbringen kann (auch Grenz weg); zamarra = Bluse, hochgeschlossenes Kleid; böhm. camara — hochgeschlossener Rock, geltend als Nationalkleid. Der Slovene kennt nur den Begriff «camer« für den Aufseher einer Herde (tamor!) und für eine Mütze aus Schaf- wollstoff. Es scheint, daß es sich hier um ein besseres, repräsenta- tives Kleid aus feinerem Wollstoffe, also um ein Festkleid handelt, dessen Qualität dem jetzigen Samt ähnelte, mit dem es auch sprach- lich verwandt sein dürfte; zanko = Franse; slov. zanka = Masche. Schlinge (am Schlüsse einer Näh-, Knüpf- oder Webearbeit); zapi = Stück Leinen; slov. capa = Fetzen, Stück fadenscheinigen Leinens; zapata ^ Schuh; zapatu = schwer gehen; slov. copata = Flecht- schuh. Patsche; copati = schleppend gehen, im Kote marschieren; copak = einer mit defekter Beschuhung u. s. w.
Das Baskische ist sicherlich durch die beiden romanischen Nach- barn (Franzosen und Spanier), vielleicht teilweise auch durch die ungenaue Darstellung der Aussprache, — nachdem die vorhandenen Sprach- und Wörterbücher nicht von Verfassern baskischer Mutter- sprache stammen, — auffällig, ia unnatürlich mit Aokalen überfüllt, daher der etymologische Kern eines Begriffes zumeist schwier aus- zulösen ist. Immerhin müssen aber die wenigen Beispiele bereits jedermann stützig machen, ob denn dies alles reine Zufälligkei- ten seien.*)
*) Ais Kuriosität sei erwiihnt. daß das Metropfilitankapitel von Pam- plona bereits im ]7. Jahrhunderte das Baskische als die Sprache des
Diese unerwünschte Klärung und Festigung der spracliiichen Zugehörigkeit des Baskischen steht aber nicht vereinzelt da. Auch die plötzliche Entdeckung des Sanskrit übte seinerzeit einen unan- genehmen Druck auf die konservative Wissenschaft aus. als die zerstreuten Sprachelemente der verschiedensten Zungen auf einmal in den neu ausgegrabenen V e d e n wieder ihre Blutsverwandten er- kannten; als es überdies feststand, daß die Hindudialekte dieselbe Grundlage haben, wie die liauptsprachen Europas, da kam doch zun 7 eile der absurde Gegensatz zwischen Vernunft und Logik in Kon- kurs, daß die Sprachen nicht einer gemeinsamen Quelle entstammen. Leider differenzierte sich diese plötzliche divinatorische Erkenntnis sehr bald wieder zur trägen, unelastischen Masse, und der erste Effekt dieser denkwürdigen Entdeckung ist längst verpufft und wieder in scholastische Rubrikenfächer einge- kapselt ; es bleibt daher nichts übrig, als den Kampf wieder in einer anderen Front zu beginnen.
Zupa. Dieser Name ist in den verschiedensten Varianten w eit \ erbreitet, gilt aber heute nur mehr als Gattungsname für die G e- m ein de oder Pfarre im allgemeinen; deren Vertreter war der Kzupan«, dessen Funktion ebenso einem kleinen Orte wie einer ganzen Provinz gelten konnte.
Diesbezügliche Ortsnamen deuten auf das Vorhandensein be- festigter Punkte, wie Zips. Zupanec (isoHerter Felskegel mit einer Burg in der Slovakei), 2 u p a n j a c (Bosnien, das alte Delmi- nium) u. a. — Im Mittelater wird häufig eine «civitas Ziup« erwähnt.
Der Begriff «zupan« (auch xzupnikx, welcher Beiname heute luir mehr dem «Pfarrer« beigelegt wird) hat seine Entstehung zwei- fellos schon in der bukolischen Urzeit. Es geht dies daraus hervor, daß der Vertreter einer Hutweidegemeinde in etlichen Gegenden Untersteiermarks und Oberkrains. dann im \'enetianischen noch immer «zupan« heißt und ist dies wohl noch der letzte Originalrest der ältesten Gemeindeorganisation.')- Da ich die Verhältnisse aus
Paradieses erkliirt hat und reklamierte J. B. Erro in seinem Buche: El mundo primitivo (1814) von neuem die allgemeine Zuerkennung dieser These. —
") In SalzsewinnuniiSKegfiideii war »/.upaii» k'leichliedeiiteiid mit »iSalzrichter».
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meiner Heimat kenne, will ich dieselben, wie ich sie gesehen und erfahren, an dieser Stelle veröffentlichen, nachdem sie wohl verdie- nen noch der Vergessenheit entrissen zu werden. — Hat die Ge- meinde eine eigene Hutw eide. so besorgt die wirtschaftlichen Angelegenheiten der »zupanic, dessen Funktion nur ein Jahr dauert und im regelmäßigen Turnus alle Mitglieder des Weidegerechtsames passiert. Der nzupan« nimmt den Gemeindehirt auf. beaufsichtigt die Zahl des Weideviehes, damit nicht jemand ungebührlich oder abnor- mal viel Vieh der Weide zuführe, er vereinbart den Pachtschilling für die Weidemieter, vergibt die Mistnutzung, weist die Robot zu, falls auf der Hutweide welche Arbeiten nötig werden (Grabenreim- gung. Instandhaltung des Zaunes u. ä.). und zahlt die Grundsteuern. Um Allerheiligen wird nun die usosecka«. d. i. die Zusammenkunft aller das Weiderecht besitzenden Nachbarn (sosed) in Gegenwart des Gemeindehirten abgehalten; der xzupan«. welcher auch für eine entsprechende Bewirtung zu sorgen hat, legt die Jahresrechnung über sein Gebahren vor; der Gemeindehirt erhält an Ort und Stelle den vereinbarten Hüterlohn in Zerealien. mitunter auch einiges Geld, die Berechnung basiert sich hiebei auf die Zahl des erwachsenen Weideviehes; sodann werden noch Vorschläge. Klagen oder sonstige die Sache betreffenden Angelegenheiten besprochen, worauf die Funktion für das folgende Jahr dem an die Reihe kommenden über- geben wird.
B. Sicherung der Gebietsgrenzen. Qrenzbegriffe.
Die Sicherung der Grenze und die Hintanhaitung des Über- schreitens derselben in feindseliger Absicht erforderte naturgemäß seit den Urzeiten entsprechende militärische und technische Vorkeh- rungen, die bereits bei der Gemeinde begannen und dann im Einig- keitsfallc auch über ein großes Gebiet einheitlich durchgeführt und ergänzt wurden, daher sich diese Vorsorgen mosaik- artig über alle Gebiete Europas wie auch weiter hinaus ziehen. Es ist festgestellt, daß sich einst jede Gemeinde auch unabhängig für sich sicherte und hatte dieselbe einen genau ausgearbeiteten Mobilisierungsplan, ähnlich wie heute jede Armee und jeder kleinste Armeeteil. Es wird daher kaum irgendeine Ge- meinde geben, die nicht ihren eigenen Versammlungspunkt für sich hatte, wo sie sich zur Wehre setzte, denn sie konnte ja gele- gentlich auch von ihrem nächsten Nachbar überfallen werden, und bestätigt uns dies nicht nur der selbstverständliche Selbsterhaltungs- trieb, sondern auch der Umstand, daß sich solche Vorsorgen vielfach ja bis heute erhalten haben, sowie daß sie überall in den Ortsnamen sprachlich nachweisbar sind. Solche Punkte waren: Die Kirche oder der Friedhof mit der Umfassungsmauer, der Dorfplatz, ein eigener Wallgraben, ein festes Gebäude (Schloß, Hof, Schüttkasten), eine Schanze, eine Bach- wie Fhißlinie oder eine verteidigungsfähig her- gerichtete Hohe, wenn die Bodenplastik dies ermöglichte. —
Von der Zeit der ersten Nachrichten an, daß ein feindlicher Einfall drohe, wurde die Grenze beobachtet und bewacht, der Ver- teidignngspunkt verstärkt und verproviantiert, die Habe in Sicher-
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heit gebraclit und so der Feind erwartet.*) Wurde man hier jjeschla- gen, so zog man sieh zum nächsten verteidigungsiahigen Punkte oder Abschnitte zurück, und so ging es a\ eiter. bis man entweder selbst oder mit fremder Hih'e siegte und den Feind wieder vertrieb, oder aber unterlag. — Diese Tatsache bestätigt nebst Xenophon und Pohenus besonders Amiamis Victor, welcher bei der Beschreibung des Feldzuges des Kaisers Gratianus gegen die Goten (378 n. Chr.) schreibt : xD i e s e B a r b a r e n zogen sich von einer Höhe zur anderen zurück, \\ o die Legionen deren B e f e- s t i g u n ge n i m rn er v o n neue m erst ü r m e n m u ß t c n«.
Nach altem Brauche wurde an den Grenzen auch stets ein ge- wisser Streifen Landes als neutrale Zone belassen, die unbebaut und unbesiedelt blieb, analog \\ie schon die Anrainer zwischen zwei Ackerparzellen einen schmalen Grenzstreifen (Rain) gewohnheits- mäßig freilassen, damit sich die Besitzungen nicht unmittelbar be- rühren; dieser Rain bleibt auch unproduktiv, wird also weder ge- mäht noch abgegrast. Der Slovene nennt einen solchen Grenzstrei- fen sprachlich vollkommen zutreffend in der Diminutivform «mcjica)! (= kleine Grenze) daher dessen «meia« (= große Grenze) einen größeren Streifen voraussetzt, der namentlich in jenem Falle so be-
') Eine solche Mobilisieruiigsdisposition hat sich in meiner Hciniats- genieinde traditionell noch recht gut erhalten und ich gebe sie hier wieder, wenn dem Leser auch die lokalen Verhältnisse unbekannt sind. Bei der ersten Alarmnachricht wurden von der .Abendämmerung bis zum Tagesanbrüche alle Zugänge an der Qemeindegrenze, da es ein gebirgiges Terrain ist. besetzt gehalten und waren hiezu die Häuser, welchen dieser Dienst zukam, vorherbestimmt; der Rest der waffenfähigen Männer begab sich auf den Tabor und vervollständigte hier noch die Vorsorgen; tagsüber war ein Beobachtungsposten auf dem Kirchturme etabliert; einzelne Frauen begaben sich zur Versehung des Saniariterdienstes auch auf den Tabor: die Kinder, Qreise, hrauen mit Mutterpilichten und erwachsene Mädchen wurden aber in das Kolos-Clebirge gesendet, wo jeder wohlhabendere Orts- bewohner einen Weingarten mit einem mehr weniger primitiven Wohnhause besaß; dahin wurde auch die wertvollere bewegliche Habe, sowie das Vieh gebracht, soweit letzteres eben nicht zur Verproviantierung des Tabor abgegeben wurde. Die Waffen wurden instandgesetzt und verteilt, die Signalstationen aktiviert, Verhaue an bestimmten Punkten angelegt, Brücken unterbrochen, Stege weggeräumt und Hinterhalte an verschie- densten Stellen gelegt, wie dies der Verteidigungsrat, an dessen Spitze der Bürgermeister stand, je nach der vermutlichen Eulbruchstelle ad hoc be- stimmte.
nanrit wird, w enn er bereits mit Gestrüpp bewachsen ist. Tatsächlich haben die üenieindegrenzen in manchen Gegenden noch heute einen unnötig breiten, meist von Dorngestrüpp überwucherten Grenzstrei- fen, welchen niemand kultiviert, weil der Boden eben niemand gehört, abgesehen von der Notwendigkeit einer wurzelfesten peren- nierenden Grenzflora, damit sich die Grenze etwa im Winter oder bei einer Überschwemmung nicht verwische.
Der Verletzung der Grenze im kleinen war schon in der pa- triarchalischen Verfassung eine strenge Strafe zugedacht, sie galt als Sakrileg, und fand nach dem Volksglauben noch nach dem Tode
keine volle Sühne, denn z. B. die «Grenzsteinrücker» müssen sich bei mondhellen Nächten wieder am Tatorte einfinden, um ihr Ver- brechen gutzumachen.
Um nun die Grenze auch für den Fremden unzweifelhaft kenn- bar zu machen, brachte man daselbst verschiedene Kennzeichen. wie: künstliche Grenzhügel (Hotterhaufen) oder auffallende Grenz- steine, oft mit bildlicher oder schriftlicher Warnung an. Von den
letzteren sind die interessantesten die bildlichen, w ie sie ziem- licli zahlreich, namentlich auf norddeutschem Gebiete vorgefunden und auch \on der Wissenschaft als Bildwerke aus a 1 1 s 1 a v i- scher Zeit w iderspruchslos anerkannt wurden. So zeigt uns Fig. 3 eine seit Menschengedenken als Grenzstein zw ischen den Dörfern Mosgau und Groß-Herzogswalde in Westpreußen geltende Statue aus röthchem Granit von 126 cm Höhe. Die Skulptur zeigt an, daß man je nach Art der Grenzverletzung entsprechende Gegenmaßregeln ergreifen werde, denn die Attribute sind: ein Dreschflegel oder Knüttel zum Zurücktreiben von unbewaffneten Menschen, dann von Tieren, welche etwa hirtenlos die Grenze überschreiten; ein Schwert, um einzelne Menschen, welche in feindseliger Absicht kommen, ab- zuwehren; ein Hom, um das Signal zu geben, daß größere Gefahr der Gemeinde drohe. Selbst die Flanke stellt eine Figur (Figur .3b) dar. die die Arme ausgebreitet hält, wie zur Warnung: «nur bis hieher!«*)
*) Ober das Alter und die Bestininiung dieser Steine herrschen die einfältigsten und unnatürlichsten Meinungen. So sagt Dr. Weigel im Auf- satze: »Bilderwerke aus altslavischer Zeit« (im Archiv für Anthropologie. Berlin 1892), daß diese Skulpturen schon deshalb slavisch seien, weil u u r die Slaven eine so primitive Kultur hatten, keine Schrift besaßen, keine eigenen Münzen kannten, nichts vom Qolde, Silber und Bronze wußten u. drgl. — Um die Ein\\ anderung der Slaven im 5. oder 6. Jahrhunderte n. Chr. stimmend zu machen, meint er. in jenen Gegenden saßen zuvor die hochkultivierten Ger- manen .dann kam die triste Zeit der Völkerwanderung, und nachdem es die bei dieser Gelegenheit eingedrungenen Slaven zu keiner nennenswerten Kultur brachten, trat die Regcrmanisierung ein. — Eine Polemik über diese ethnographischen Zauberkünste wird wohl niemand erwarten, denn wer soll dann allen diesen Fundorten slavische Namen gegeben haben, wenn sowohl zuvor als auch nachher die Germanen es waren, welche einzig die hohe Kultur repräsentierten und es sozusagen nur auf eine Probe an- kommen ließen, ob sich die Slaven kulturell bewähren werden oder nicht, weshalb haben sie da selbst keinerlei sprachlic h-k u I- turellen Einfluß geübt! — Erwähnenswert ist auch die Hypothese, daß die Grenzsteine ursprünglich slavische Götzenbilder waren und erst später die profane Verwendung fanden. Ich behaupte hingegen, daß die Figur selbst ein »granit, granic«. d. i. ein Grenzstein von allem Anfange war, und daraus erst der Gattungsname für den Stein, aus dem die Figur bestand. — Granit — wurde, denn der w iderstandsfähigste Stein war eben
Ein anderer Grenzstein wurde bei Kegnitz nächst Bamberg gefunden (siehe Fig. 4.) Der Stein ist HO cm hoch, weist aber nicht die früheren Attribute auf. Auf der Rückseite (Fig. 4b) ist jedoch eine Ellipse mit mehreren regelmäßig gruppierten, wagrechten Fur-
Fis. 4 b)
chen ausgemeißelt, welche die imaginäre Umfriedung der Grenze in der Form von Absperrlatten anzeigen sollen.
gerade für den Grenzstein geeignet. Ja man bezweifelt sogar, ob die Skulptur mangels von Kisen bei den Slaven nicht mit harten Steinen ausge- führt wurde; darüber gibt wohl die Härteskala in jeder Mineralogie einen klaren .Aufschluß, abgesehen davon daß ja die Figuren selbst Schwerter tragen, das Eisen also zweifellos bekannt und im Gebrauche gewesen sein muß. denn Schwerter aus Holz kennen wir bis jetzt nur als Surrogat bei den — Kinderspielen.
Ein ganz eigenartiger Grenzstein ist jener von Husiatyn in Qalizien.") Es ist dies eine Steinsäule von 27 mm Höhe und einer quadratischen Basis von 34 cm Seitenlänge; sie ist hier (Fig. 5 u. 6) sowohl von einer Ecke als auch mit ihren vier Fronten in eine Ebene gelegt dargestellt. Die vier Figuren stecken unter einem einzigen Hute und zeigen wohl damit an. daß sich hier im gefährlichen Grenz- gebiete (Qalizien und Podolien) einst vier Älteste oder Führer von Gemeinden zur gemeinschaftlichen Abwehr des Feindes vereinigt haben, und war jener mit dem Schwerte und Pferde versehene der fallweise Oberbefehlshaber. — In der zweiten Etage sind zwei männ- liche und zwei weibliche Figuren zu sehen, welche einen Reigen
') Man Klaubt in slavischen Kreisen, es sei dies ein Standbild des Kriessgottes xSvantevid«. (d. i. Allesseher. Weltseher), also eines ver- doppelten Janus. welcher in Arcona auf Rügen verehrt wurde und dort auch seinen Tempel hatte. — Tatsächlich ist hier die Allegorie der F. i n i k- k e i t sehr geistreich erfaßt, denn die vier verschiedenen Per- sonen sehen alles, haben aber nur ein Qedankenzen- trum. Wir finden darin auch die Erklärung des gangbaren Spruches: «sie stecken alle unter einer Decke (einem Hute)«, wie dies hier der Fall ist, und kennen diese Redensart fast alle Sprachen. — Deutsche Forscher glau- ben hingegen, daß die drei Etagen die U n t er w e 1 1. die Welt und den Himmel bedeuten, was man rundweg als eine ganz unmotivierte Ideali- sierung ablehnen muß. — Ich halte die Bildwerke dieser Kategorie lediglich als äußere Zeichen geschlossener Bündnisse, die zur Erhöhung des Wertes mitunter auch in Tempeln oder Gotteshäusern aufbewahrt wurden, um einen sakralen Charakter zu erhalten. Die vielen mehrköpfigen Statuen sind daher nur als Einigkeitsallegorien zu nehmen, ob sie nun an einer wichtigen Orenz- scheide (z. B. der oft vorkommende xDreimarksteina ) oder in einem Tempel stehen, genau so wie wir Bildstöcke haben, die am Felde, im Weingarten, auf der Brücke aber ebensogut außen und innen an der Kirchenwand oder gar in dem Altar stehen. Der als »Triglavn bekannte Berg ist daher kein D r e i k 0 p f. denn er hat, wie die beeigegebene Figur 7 zeigt, gar nicht drei Kuppen, sondern deutet hiemit an, daß er an dem Vereinigungspunkte dreier Landesgrenzen steht, was tatsächlich stimmt. — Stellen, wo drei Grenzen zusammentreffen, kennzeichnen die Slaven auch als: trojica, troicno (Trocnovo); möglicherweise ist auch iiTroja« dieses Ur- sprungs. — Das katholische Dreifaltigkeitsprinzip hat daher schon seiner bildlichen Darstellung nach bereits in der T r i g 1 a v-Statue sein \orbild, ebenso \\\e die dreiköpfige Steinfigur des indischen T r i m u r t i etymolo- gisch auch nichts weiter ist, als die Vereinigung von drei Fürsten oder Stamniesältesten an einer Grenze (»tri» und »mor, mur») behufs einheit- lichen \'orgehens bei feindlichen Anlässen, also ein Dreibund der uralten Politik.
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— vielleicht aus Freude über die Einigung — aufführen. Die unter- sten Figuren sind entweder diejenigen der Führer, welche sich später ausgezeichnet haben, oder die Nachfolger der oberen — wobei schon der vierte fehlt — , denn sie machen den Eindruck einer späteren und reiferen Arbeit. — Alles dies sind jedoch suggerierte Vernni- tungen; am naheliegendsten ist aber die Annahme, daß dies ein (j r e n z s t e i n am Zusammestoßpunkte von vier Grenzgebieten ist. und bringt jede Seite den Beherrscher des betreffenden Gebietes zur Darstellung; es ist dies also ein nViermarkstein«.
Weshalb man aber die erwähnten (irenzsteine, die lediglich einen w a r n e n de n G r e n z w ä c h t e r darstellen sollen, deshalb den Slaven zuschreibt, weil die Skulpturen so ungemein roh und pri- mitiv aussehen, ist unerklärlich, denn diese Denkmäler sind augen- scheinlich uralt und mindestens für diesen Zweck hätten sicher auch die klassischen Griechen keine Aphrodite aus parischem Marmor bei Praxiteles bestellt!
In die Kategorie der Grenzsteine gehören auch die sogenannten iiBabaii-Steine, die zahlreich in Rußland gefunden werden. Unter «Baba« versteht man vor allem flöhen an Grenzpunkten, daher auch Ortschaften, die am Fuße solcher liegen, xPodbabait lauten*), denn ansonsten gilt «babox als der alte Vater, Großvater, Fa- milienälteste, dann Kommandant an solchen Grenzgebie- ten. Weil er große Gewalt hatte, war er auch gefürchtet, und kam so zur Bewertung als D roh ge s p e n s t. woraus im Deutschen nWa- wau, Wauwau« wurde, daher er auch in drohender Pose dar- gestellt erscheint. Im Slovenischen gebraucht man «bavec, havc» {= Schreckgespenst), im Griechischen „ßac^io" (bau-bau — rufen), im Russischen nbavunx für den diesen darstellenden Stein, das Grenz- zeichen, auch als «baba-jagaK bekannt; dieses ist aber wieder nur eine Verballhornung von «babjak« und Kvabja«, worunter man jenen Grenzstein versteht, der heute als ein Findling oder e r r a t i- scherBlock bezeichnet wird. — Nun ist aber die landläufige Er- klärung, daß diese Blöcke schon in der Eiszeit vom Norden her
*) Ansonst: Babel. Bab-el Mandeb, Babylon. Babyloni. Wawel u. ii. — In; lu'ichsteii l'mkreisc der Stadt Briinti gibt es z. B. vier »Baba»-Höhen. die niöKÜcherweise eiiust die äutferster Punkte der Briinner Verteidigungs- zone bildeten.
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herabgeschoben worden seien, auch falsch, da schon die \orstenung mangelt, wie solche Monolithe die Gebirgswälle übersetzten. Die Tatsache ist eben anders: zur Markierung einer wichtigen Grenze brachten sich die Bewohner große, in fern gelegenen Fundorten ge- brochene Steine von geringem Verwitterungsvermögen. Solche Ko- losse konnte nun auch niemand leichterdings umstellen und noch weniger unauffällig ersetzen, weil der Transport eines zweiten gleichartigen Steines oder das Zertrümmern wie das Entfernen doch nicht leicht unbeachtet vorgenommen werden konnte. Geht man aber dem Fundorte solcher Grenzsteine nach, so wird man finden, daß sie tatsächlich oftmals weit hergeschafft und überdies häufig mit irgend- welchen primitiven Skulpturen versehen wurden, damit sie für je- dermann leicht erkennbar sind, und destoweniger umgewechselt werden konnten.*)
Die Baba-Steine**) tragen mitunter auch die Aufschrift «Balbal». was man als Götze auslegte, das aber eigentlich den Grenz- wächter oder Grenzverteidiger bezeichnet, denn «balvau)' gilt noch heute dem Slaven als auffallender Felsblock, aber auch zugleich — in erw eiteter Bedeutung — als G ö t z e.
") Einen solchen KKindllnK» iaiid man bei Teschen und verfaßte sofort sein curriculutn vitae dahin lautend, er sei in der Eiszeit von Schweden hergewandert und sei hier am Olsa-Uier zum. Stillstande icekommen. Wie er die Höhen nahm und in der Olsa, die doch selbst geKcn Norden füeDt. weiter kam. darüber zerbrach man sich sar nicht den Kopf; er wanderte eben, allen Naturaresetzen entgegen, flußaufwärts und bisweilen auch auf trockenem Wese — bericauf! Daß es aber viel näher solche Gesteine gibt, wie hier in den Beskiden. wo sich verschiedenfarbige sTeschenite« in Einzelausbriichen der Kreideiormationen vorfinden, diese Erklärung wäre selbstredend zu einfach gewesen!
'*) Es gibt aber auch iiBaba»-Steine. die tatsächlich mit einer »baba« (— altes Weib. Hebamme) im Zusammenhange stehen und nur durch den Qleichklang zu irrigen Erklärungen führten. Skulpturen dieser Kategorie welche entweder Frauengestalten in Gravidität oder geradezu den natür- lichen Qehurtsakt drastisch darstellen, dürften einst keinen anderen Zweck gehabt haben, als bildlich anzuzeigen, wo eine Hebamme w ohnt. war also auch ein Zunft- und Gewerbezeichen, w ie wir analoge noch heute genug besitzen, und ähnliche z B. im alten Pompeji als typische Orientierungsobjekte für Freudenhäuser bei den Ausgrabungen \i>rfinden. — Alles weitere Fabu- lieren über jene Steine kami wohl als gründlich verfehlt angesehen werden, wie z. B. daß dies (jöttinnen weiblicher Eruchtbarkeit seien, denn der Zu-
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Orenz. Steine oder auch nur V\' e g \\ e i s e r sind überdies die sogenannten Rinne n-. Schale n-, Opfer- und Zeichen- steine, welche namentlich in Qebirgs- und steinigen Gegenden nicht unhäiifig angetroffen werden. Sie erhielten einst gewisse künst- liche Einkerbungen, sei es nun in Fo.rm von Rinnen, eckigen oder runden Ausnehniungen, damit sie sich äußerlich in Bezug auf ihre spezielle Bestimmung von sonstigen Steinblöcken und Felsen der Umgebuns^ abheben und hiemit Irrungen für die Besitzer oder die Säimicr ausschließen; es sind dies wohl die ältesten, aber auch die unverwüstlichsten Methoden und Beispiele von W e g- und Q re n z- m a r k i e r u n g e n. Daß es geradezu lächerlich ist, solche Steine als rituelle Objekte prähistorischer Provenienz anzusehen, zeigt der Umstand am besten, daß es oft naturgewachsene Monolithe sind, die mitunter auch sehr weit von menschlichen Ansiedlungen, i m m e r aber an Wegen oder Grenzlinien liegen. Die Zahl de r eingegrabenen Linien oder Löcher mag auch, da der Naturstein doch nicht immer gerade auf der natürlichen Grenze oder mitten im Wege stehen kann, konventionell, ähnlich wie unsere Hydrantentafeln, in den damals gangbaren Längenmaßen angegeben haben, wie w eit hic- von und nach welcher Seite z. B. die wahre Grenze läuft, wofür uns heute allerdings noch die synchronistische Denkmethode man- gelt, was sich aber bei Vergleich mehrerer solcher Punkte doch viel- leicht wieder festlegen lassen dürfte. — In der Schweiz gibt es längst uralter Saumpfade eine Anzahl von »Zeichensteinen«, und wer diese noch weiter für Opfer- u. K u 1 1 u s s t e i n e hält, der dürfte doch bald mit seiner Phantasterei allein dastehen.*)
sammenhang zwischen diesem Pirnienscliilde, wobei meist auch ein Kiik! am Arme gehalten wird, scheint mit der heutigen Kennzeichnung ciiiei Hebammenwohnung — dem Muttergottesbildnis mit dem Erlöser am Arme — orgainsch durchaus noch nicht ganz unterbrochen zu sein. Einmal dierite liiezu ein roh gemeißelter Stein, ein andermal eine käuflich erhaltbare Broiizefigur; nnißte aus irgend einem Grunde c'as Gewerbe unterbrochen werden, so wurde natürlich auch wieder das Firmazeichen entfernt. — Die ganz kleinen Figurchen dieser Art können aber auch Devotionalien gewesen sein, um eine glückliche Entbindung bei höheren Gewalten zu erflehen.
) Ein massiver Monolith liegt auch nördlich von Velehrad (Mähren), der im Volksmunde als «Königstisch» (krälnv stftl) bekannt ist, weil an- geblich dort ein Ffemyslide eine Mahlzeit gehalten habe. — Tatsächlich ist es ein Grenzstein, der auch noch heute die Gemeindegrenze markiert, wovon man sich leichterdings auch in jeder Spezialkarte überzeugen kann.
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Auf dem Kamine des Gebirgszuges von «Malavas« im iranze- sischen Departement Haut-Loire fand man drei solche Schalensteinc die aber das Voli< noch als «Martinsteine )i (mar = Grenze), also heute unverstanden aber etymologisch richtig als Grenzsteine kennzeichnet. Einen Pietätswert haben diese Steine. — man wall- fahrtet ja noch immer dahin — . allerdings dadurch erhalten, daß an solchen Punkten oft auch angesehene Persönlichkeiten bestattet wurden, denn die alten Völker begruben ihre Toten mit Vorliebe ent\\eder auf aussichtsreichen Höhen oder aber an Wegen und na- mentlich an Kommunikationskreuzungen, weil der Tote dadurch einerseits nicht so leicht dem Gedächtnis der Epigonen entschwand, andererseits erhielt aber die Grabstelle und hiemit auch die G r e n z e dadurch von selbst einen exterritorialen und zugleich sakralen Cha- rakter. Daß der gemeinsame Weg naturgemäß an der Grenze lief, ist selbstverständlich, denn auf diese Art gab jeder Besitzer nur die Hälfte des nötigen Grundes dazu, und ist dieses bei Gemein- dewegen ja auch heute nicht anders. —
Eine ähnliche Doppelbestimmung hatten die «Menhir'sii. die Gräber an einer Grenzzone (menjati = wechseln; menjik = Grenzstein); menih. Mönch hieß nun der Kommandant an einem solchen Qrenzverteidigungspunkte; und die Stelle, wo ein solcher bestattet wurde, hieß sodann «menhirK oder ähnlich klingend.') Eine derartige Wahrheit noch weiterhin zu begründen ist allerdings schwer, wenn die auf der Kombination aufgebauten klaren Tatsachen keinen Glauben finden, denn dann niüssten wir schließlich auch glau- ben, daß unsere Urahnen nur verreist sind, weil wir sie mit eigenen Augen nicht sterben gesehen haben.
') All dieser Stelle sei auch dem Besrriiie i-cronilecli" w issciiscliait- lich iiiihergetreten. Alan behauptet, daß die mit Steinen belegten alten Grabt r in Kngland deshalb so genannt werden. \\ eil dies im Keltischen »Kreis- steine» (crom = Kreis, lech = Stein) bedeute. Abgesehen davon, daß die.se
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ni(j Krfaliriiiii;- lehrt nun. dal.' auch die Volks- und (icKcndnanicn ziun tcrößtcn Teile so lauten, wie in der Sprache der betreffenden Be- wohner die (irenze gekennzeichnet wurde, denn der Nachbar ist eben jener, der jenseits einer bestimmten Grenze wohnt, was aber auch wieder auf Reziprozität beruht, so daß jeder den Nachbarcha- rakter trägt, daher es dort W e n d e n. Winden gibt, wo die Tirenze w\'en, \inii lautete: L i ni n o n e s gab es bei Klini«. M e d i. Moder bei mned«, Markonianen bei «mar. markr, K r a i n, Lkrajne bei «Krajn, S a m n i t e r. S a in I a n d hei Ksani. zani»; es gibt ein Oderberg, Sachsenberg in der reinen Ebene, weil die Orenze dort als «breg. Berg« bezeichnet wurde u. a. ni, — Die
RtNniulogie ganz w illkiirlicli. ohne welche spracliliche Basis, aufffestelh wurde, ist die Schlichtung auch meist nicht in der Kreisfurm. — und wo ja, dort war es eben ein vorbereiteter Kampfplatz. — sondern sogar in über- wiegenden Fällen in der J I -Form vorgenommen. Statt aber nun den uiichtsliegenden. allerdings slavischen Begriff «groblje. u groblieh« (= bei den Gräbern) zur Erklärung heranzuziehen, stellt man lieber eine falsche Qrabsteiuschlichtung her. um eine aus der Luft gegriffene Etymologie äußerlich zu rechtfertigen, denn darüber bestand nie ein Zweifel, daß dies alte Gräber seien. Nun beschreibt aber Prof. Trojanovic (Belgrad) auch einen solchen «cromlechn, der in Westserbien beim Dorfe «Votniak» lAodnjak) auf dem Hügel «Kicerak« entdeckt wurde. Daselbst befindet sicli ein im Kongiomeratboden geebneter, dominierender Höhenplatz, der von drei Seiten her schwer zugänglich ist: auf der vierten Seite aber, wo das Nahen zur Plattform leichter ist, befindet sich auf etwa 100 Schritte zuvor ein iicromlech«. d. h. eine Art Zwinger, gebildet durch auf die Spitze ge- stellte und im Halbkreise angeordnete Steine, um solcherart den Zugang auch von dieser Seite abzusperren oder dem Gegner doch den Angriff aus dieser Richtung zu erschweren. — Das Ganze war sonach eine für die \'erteidigung technisch vorbereitete Stelle, und wurden daselbst nebstbei auch die im Kampfe Gefallen bestattet.
Der genannte Forscher ist jedoch der Ansicht, daß von der Thronhöhe aus der Fürst und die Stammesältesten den Funktionen des heidnischen Priesters zugesehen haben, denn sie konnten das bei dem sogenannten Opfer- steine stattfindende Ritual von dort aus noch gut beobachten. Dies alles ist eine unmotivierte Annahme, die nebstbei auch durch die Praxis unhaltbar ist. deini bei allen gottesdienstlichen Handlungen gilt die ProportioTi. daß je höher jemand im Range steht, desto näher befindet sich sein Platz am Altare oder beim, gotesdienstlichen Funktionär, da dies natursächiich zur Ehrung von Hoheitspersonen gehört.
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ürenze \\ar deshalb seit altersher entv\ eder durch mehr oder we- niger markante Grenzzeichen, oder durch schwächere oder stärkere Schutz- und Wehrbauten festgelegt, hatte in völkerrechtlicher Auf- fassung eine ungewöhnlich hohe Respektsbedeutung und bildete die Passierung derselben unter gewissen Vorbedingungen stets mehr oder weniger nachdrückliche Staats- und Kampfaktionen, was sich bis heute nicht im geringsten geändert hat.*)
') Die Etymologie der Ortsnamen wäre auch bei Grenzreguiierungen der Staaten zu berücksichtigen, denn man will doch überall in objektiver Weise jene Linie als Grenze wissen, die seit undenklichen Zeiten als solche galt und dies besagen eben am klarsten die topischen Namen daselbst.
Grenzbegriffe.
Med, Mej, Meh, Meza, Mza, Mzane, Meissen. Misa, Mah. Mak
sind durchw egs WurzclsilbLn für die ßczcichminK : ^ i r e n z e. U f e r. Nachbargebiet. — Dem Kroaten ist »meda« = Grenze, «nie- diti" = begrenzen. )iniedil<)i — Markstein; dem Slovenen ist «mek« = das Fiiißufer. «meja« = die Grenze, «niejas = der Nachbar (auch «medas»); dem Russen ist »meza« ~ Grenze, (jrenzstein. «mezak« =der Nachbar, «meza« (alte Form) = die Grenze; nachdem sich die Kämpfe zumeist im Grenzgebiete abspielen, ist dem Südslaven «mejdan» = Kampfplatz; «mehaia. inahala«. Mehadija (an der Czernia!) ^ der Stadtteil (der verteidignngsfähige); «mehaia« ist auch zugleich die Bezeichnung für eine Gruppe freiwilliger Kämpfer. Freischärler (zurVerteidigung der Grenze); im Lateinischen hat «me- diusw die Bedeutung: das in der Mitte gelegene, das neutrale Gebiet; im Oskischen ist «medix*) = Älteste, das Oberhaupt eines Städte- bundes, daher auch die Familie »Medici«. Alle Orte der Form: Meda Mede. Medeba, Medelpad, Medem. Medevi (woraus die Slaven das anklingende «medved« (= Bär) machten, daher auch «Medovo selo» zu «Medvedovo selo« und im deutschen dementsprechend zu «Bären- tal« wurde). Mediasch. Media (Medier). Medina. Mcdinc. Mediolanum. u. a., welche alle auf eine Küstenlandschaft. einen Fluß, ein Grenz- gebiet oder einen befestigten Platz deuten. Dem Araber ist «medina» überhaupt der Begriff für die \ ertcidigungsfähigc Stadt, daher es in zusanmiengesetzten Ortsnamen wie: Medina del Campo. M. de Rio- seco u. a. auch wiederholt \(irkomint. — Sehr zahlreich sind die
*/ Das «\« in lateinischen, aus dem Slavisclien stammenden BeKriffen ist normal das Zeichen für die Transkription des slavischen «c«; medix — iiicdic. —
topischen Bezeichniinjifn: na niedi d. i. a ii d e r ü r e n z e. In dieser Hinsicht ist namentlich die im Rheine, \on einem toten Arme ge- bildete Insel «Namedy« charakteristisch. —
Der «Slavist'i Miklosich machte sich in seiner Schrift «Die sla- vischen Ortsnamen« (p. 72) über jene lustig, die in den topischen Namen s 1 a v i s c h e Wurzeln entdeckt haben wollten, indem er meinte : Bei gutem Willen kann man selbst Mekka und M e- d i n a ohne viel Scharfsinn für s 1 a v i s c h erklären! — Die Wirkung des ironisch gemeinten Ausspruches nimmt bereits reflexive Formen an: es gehörte aber immerhin auch einiger Scharfsinn dazu zu be- weisen, daß der «gute Wille« ein berechtigter ist, denn sonderbarer- weise haben sow ohl Mekka wie Medina uralte Forts (Haram), beide Städte lagen an der Grenze, und Mohamed selbst war ursprünglich, soweit man der Geschichte glauben darf, doch nur Befehlshaber einer kriegerischen Frciscliar oder Gemeinde. —
In das gleiche Sprachgebiet sind noch einzureihen: «mec« = Schwert, also die Waffe der O r e n zverteidiger: «mekteb« ist die türkische Mi 1 i t ä rakademie; «medschllSH sind die Räte in einem türkischen Kollegium, sowie die Ortsnamen: Melk, Molk, Mödling. Mettnitz, Metz, Mettau, Meten vrh, Metkovic, Mi^tne, Metalka- Sattel, Messina, Messene. Messala, Mesen, Messenhaus, Medziskala, Medjugorje. Mezzolombardo, Le Mession (bei Metz). Mies u, ä., welche alle mehr w eniger noch heute an Landes- oder Provinz- grenzen stehen oder eine hervorragende Rolle in der Grenzsicherung eines Terainabschnittes spielen. — Ein altslavischer Gott hieß bei den Redariern «Mita»; etymologisch ist der Name gleichbedeutend mit Grenzverteidiger.
Die Formen: Melk, Mödling u. s. w. sind z. B. heute schon arg verballhornt, denn w ir wissen, daß Melk i. J. 831 noch «Medelicha«. geschrieben wurde; es bieten aber auch beide auf ihren erhöhten Felskuppen zweifellos sehr günstige Beobachtungspunkte.*)
*) Die laiKlUiufiue Aiisleuuiiu'. daß Melk wie MödliiiK nach dem go- tischen \'erl)uni MiiatliljaM« (~ sprechen) die »Sprechende. üeschwätzigCh bedeute, kann, weil ganz unnatürlich, für alle Zeiten fallen gelassen werden. — Melk selbst kann nebstbei auch ein Paralellnanie sein, der aus «Mel« (vergl. Melnik) hervorgegangen ist. —
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Gegen die slavische Etymologie, die zum grolkMi Teile, wenn auch ohne richtige Erklärung, bisweilen schon zugegeben wird, führt man vor allem an. daß etliche Flüße auch den Namen »Melk« tragen doch dies ist nichts Verwunderliches, denn das Gewässer wurde behufs leichterer Orientierung so benannt, weil es an einem wichti- gen Landesverteidigimgspunkte vorüberfloß, und zeigen die Analo- gien, daß die Flüsse meist nur sekundäre, militärisch wichtigen Ter- rainpunkten entnommene Bezeichnungen führen, je nachdem sie die- selben berühren, begrenzen oder verstärken.
Der Hoheitsname hat sich als «maitre« (= Lehrer, Leiter) noch im Französischen erhalten; in anderen Formen wurde er zu Per- sonennamen, wie: Metellus. Metelko. Meduna. Mcdardus. Medea. Medusa, Methusalem (Hebr. der Gewappnete). Methusala (Hebr. Mann mit dem Geschossel). Mezihoräk (= Qrenzbeobachter) u. a. —
Unter »met, mete, metei meteh, meta» versteht man im allge- meinen kegelförmige Aufwürfe an der Grenze; das Kroatische ume- teriz« ist die Grenz schanze (auch Hinterhalt). — Die thessali- schen Klöster «Meteora« haben daher nicht den Namen von «Meteor«, sondern nach den eingentümlichen. kegelförmigen Felsmassivs, welche aus der Ebene direkte über 700 m emporragen und auf die man teihxeise nur mittels Stricken und Leitern gelangen kann; sie dienten einmal lediglich als günstige Qrenzverteidigungspunkte. — Hieher gehören sonach auch die alten Provinznamen: Moesia, Ma- kedonia, Messenia. — Auf den vielen «Messbergen« wurde demnach auch nicht zuerst eine Messe gelesen, sondern profaner Grenz- wachdienst versehen. — Desselben Ursprungs ist auch der Pro- vinzname «Meklenburg« (früher «Melchenburg«). welches hiennt nur eine Qrenzgegend anzeigt: die Burg selbst hieß i. .1. 973 noch « Willi- grad« (d. i. Veligrad, Belgrad). —
Ein weiterer engverwandter Grenzbegriff ist «meteh«. wie er bei den Balkanslaven gebraucht wird; Namen dieses Ursprungs sind ziemlich häufig und bildet gerade «Metohija« (Metehija, mit dem Pa- lalellnamen Gacko) die Grenze zwischen der Herzegovina und Montenegro; ein \\eiteres «MetehijaK. die südöstliche Grenze Ser- biens u. ä.
Eine \\ ichtige verteidigungsfähige Lokalität erhielt mit der Zeit überhaupt statt des Eigen — den Gattungsnamen «mesto. miasto«,
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was seinerzeit als Lagerplatz, Versammlungsstelle der Bewohner eines Gebietes galt, heute aber schon die Qualifikation einer Stadt, d. i. eines größeren Ortes bezeichnet; dementsprechend ist «mestys, mestecko« der Gattungsbegriff für weniger bedeutende Punkte dieser Art an einer Grenzzone.
Raj. Alle topischen Namen, wie Raj, Rajec. Rajach. Raisko, Rajbrot, Rajnkovec. Reich. Reichau, Reichers, Raichenau. Reichen- berg. Reichub, Reichenhag u. ä. haben «rajx als Wurzel, welches im Slavischen heute dem Paradiesesgarten gleichkommt, eigent- lich aber das Jenseits d. i. das Territorhim jenseits der Grenze bezeichnen will. Wir wissen dies nicht nur aus dem Begriffe «rajniu, d. i. der Verstorbene, der ins Jenseits abgegangen ist. aus der Re- densart «V raj iti« = die Grenze überschreiten, sondern erinnert daran das deutsche xRain» = die F e 1 d g r e n z e. sowie die vielen Ortsnamen «Rann", welche alle an natürlichen Grenzlinien, nament- lich an Flüssen liegen und früher als «Rayn. Rain. Rein« geschrieben wurden. «Rajhradn (Kloster in Mähren) ist sonach ein Grenzverteidi- gungspunkl; «Reichstätten« ist keine reiche Stätte, sondern ein Grenzhügel in Niederösterreich, wie auch «Reichenberg« kein reicher Berg ist, sondern gab der aussichtsreiche Jeschkenberg als wichtiges Grenzobjekt augenscheinlich der Ansiedelung den Namen.
«Raja« hat am Balkan heute noch die Bedeutung «Hirte«. d. h. der Nachbar wurde von den Türken so benannt; in Indien ist jedoch der «Raja« schon bis zur Königswürde vorgerückt, wo er sonach einst als Hoheitsname für den Kommandanten der Grenz- sicherung angew endet wurde. Im indischen Epos Rigveda hat «raja« auch schon den Gottcharakter. J{bendaselbst wird auch eines, früheren mächtigen Grenzvolksstanuns erwähnt, der den Namen «Rajbar« (raj-var) führte. Bewohner an solchen Grenzpunkten nannte man : R a i t z e n, R a j c i, Ratzen. Dieses Ursprungs ist auch der Vorname «Rainer«, in der Heutigen Form als Anrainer.
Vin. Dieses Wurzelwort liegt ungewöhnlich vielen topischen und ethnographischen Namen zugrunde und deutet auf eine an einer Grenzlinie hergerichtete Verteidig ungsstellung. KVin« ist im Slavischen in dieser Bedeutung, namentlich im Russi- schen als»BtHb«(" Gürtel, Grenze) erkennbar, dann im Lateinischen
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als iifiniS" (— Grenze), »vindicare« (= rächen): im Französischen «vindicte. vindicatif» (— strafende Gerechtigkeit), deutsch: \\ inden. d. L ü b e r \v i n d e n und Feind, welche Begriffe an Überfälle und Kämpfe an der Grenze anspielen. Hiezu gehören vor allem: Wien (röm. Vindomina. \ indobona). Windisch (röni. Vindonissa in der Schweiz) sowie alle Zusammensetzuntien mit diesem Bestim- niungsworte. wie: -Biichl. -Dorf. -Garsten, -Oratz, -Landsberg, -Matrei u. v. a..; dann: Vinaf. Vinarje. Vinje. Vino, Vinica, Vinkovce. Na vinice, Vinograd, Vinohrady (= Fiefestigung an der Grenze). Wienau, Vindorf, Vinti, Windpassing (Beobachtungspunkt an der Grenze), Weinleiten, Wiener-Neustadt (an der ungarischen Grenze). dann die Volksnamen: Winden (Vinidi. Vindi) und Vindelicii. — «Vi- nodolM (im kroatischen Küstenlande ist daher kein «vallis vinaria». wie es im Mittelalter übersetzt wurde, sondern ein Grenzgebiet ur- alten Datums, denn dort befand sich schon die Römerfeste A s s e- sia. Auch besaß )A''inodol)i schon ein eigenes Gesetzbuch, von dem ein Exemplar v. J. 1280, in kroatischer Sprache verfaßt, vorgefunden wurde. — Wenn die Taucher die sagenhafte Wendenstadt »Vineta«. welche von der Küste Usedoms ins Meer gesunken sein soll, erfolg- los suchen^ so wird dies erklärlich, nachdem dieser Name ja mög- licherweise einst nur ein G r e n z g e b i e t oder ein G r e n z s i c h e- rungsobjekt bezeichnet haben mag. — Der «Wendengletschern in der Schweiz bildet die Grenze zwischen den Kantonen Uri, Bern und Unterwald; desgleichen hat das deutsche: Wende, wenden doch nur die Bedeutung des S i c h ii m k e h r e n s an einem bcstinnn- ten Punkte.
Eine weitere Klärung bringen die topischen Namen mit der Wur- zelsilbe Kven«. die viel ausgesprochener diese Etymologie stützen. Im Slovenischen bedeutet «ventati, ventiti, ventovati. ventanje, ven- tavecx abwehren, entgegentreten, Abwehr. Vertei- diger; das lateinische «venio« gebraucht man auch für: feindlich kommen, heranrücken: die französischen Begriffe «veneur« (= Jäger, xvengeur» (= Rächer), «vendre« (sich verteidigen) sprechen eine noch präzisere Deutung in diesem Sinne aus. Die Wenden, Veneti, Venedi sind daher die Grenzbewohner im allgemeinen, das «Hohe Venn, Venedig, Vendee, \'enosa (röm. Venusium), Weimar (früher Vinar), Venusberg (ein solcher hieß früher Veensberg). Ventia. Venta« u. ä. sind sonach Grenzgebiete und Zufluchtsorte. — Den
Schlesien! sind uFeinesleutei'. auch »Venusleuteii sagenhafte Be- wohner von alten Qöttersitzen, Anhöhen und Felskuppen, die den Umwohnern in Not und Gefahr beistehen. — In dieser ihrer Beschäf- tigung liegt aber auch versteckt die Etymologie ihrer hiezu geeigne- ten Aufenthaltsorte, denn sie wohnen angeblich am «Fenesstein« (bei Pitarn wie bei Schwarzwasser), in der »Fenshöhe« (bei Messendorf) u. ä.. denn es fällt auf. daß die Nachbarorte selbst schon, sprachlich als Qrenzorte gekennzeichnet sind, und waren die xFenesleute« eben die Grenzwächter, welche den Umwohnern «in Not und Gefahr« bei- standen. — Die Küstenbewohner «Phönizier« sind gleichbedeutend mit «Veneti« und täuscht uns nur der angelernte Gebrauch der grie- chischen Namensform. Etymologisch dasselbe sind die von Homer erwähnten »"Ei-stok in Paphlagonien.
Es kann dem Kenner der Lage von Wien auch gar nicht ent- gehen, daß die Stadt einerseits tatsächlich an einer natürlichen Grenze liegt und war dieselbe andererseits dadurch gefährdert. daß der Gegner von Norden her gerade hier infolge der vielen Inselbil- dungen leicht und gedeckt einen Uferwechsel bewerkstelligen konnte.
Wenn aber auch jedes Geschichtsbuch sagt, daß Wien ur- sprünglich eine keltische Ansiedehmg war, so hat meine Deutung dieses Namens früher doch zu großer Skepsis sowie zu allerlei Be- schuldigungen, wie: ich betreibe lediglich Slavomanie. Phantasterei u. drgl. Anlaß gegeben, daher ich mich verpflichtet fühle noch einige Orientierungsdaten zuzufügen, denn daß Wien einst s 1 a v i s c h war, ist außer den Lokalnamen: Wieden, Am Tabor, Leopoldsberg u. s. w. und den sonstigen Ortsnamen Niederösterreichs auch durch einige Kultusnotizen ersichtlich. Gerade diese zeigen uns deutlich an. daß die W i n d e n (Slovenen) aUmahlig vom Norden gegen den Süden verdrängt wurden, bezw. sich sprachlich mit den Deutschen assimi- liert haben, denn der russische Chronist Nestor (11. Jahrh.). erzählt z. B. daß die Merowinger den Krönugseid auf ein «slavonisches« Evangelium leisteten. .'Ms Zar Peter in Rheims weilte (im Jahre 1717), zeigte man ihm daselbst dieses hochbewertete Buch, welcher sofort die Sprachzugehörigkeit des Inhaltes erkannte.
Aus der Vorrede der Übersetzung von Durandus's «Rationale divinorum officiorum«. welche i. J. 1384 Herzog Albrecht mit dem Zopfe anfertigen ließ (der Codex befindet sich in der Hofbibliothek in
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Wien), ersitlit man auch, daß um diese Zeit in Wien der Gottes- dienst noch in der siovenischen Sprache abgehalten wurde. Die betreffende Stelle besagt, daß, «zum drittenmale (zimi erstenmale lateinisch, zum zweiten griechisch, d. i. altslavisch, deutsch noch gar nicht) die Messe in w i n d i s c h e r Sprache ab- gehalten wird wegen der Allgemeinheit und der großen VerbreitungdlcserSp räche, «denn keine andere Sprache ist so weit verbreitet als diese Sprache, die man die w i n d i s c h e nennt«.*)
Das Kapuzinerkloster in Wien ver\\ahrt unter anderem einen Beutel, der aus dem Anfang des 11. Jahrhundertes stammt; auf die- sem befindet sich folgende altslovenische Aufschrift: Boze uscedri ny i blagoslovi ny i prosveti lice svoje na ny i omi — (Herr belohne ihn und segne ihn und lasse dein Antlitz leuchten auf ihn . . .). — Dieser Beutel (bursa) bildete aber einst einen Teil der ungari- schen Kroninsignien und w urde vom Kaiser Ferdinand III. dem ge- nannten Kloster geschenkt.**)
Die Bürger von Laibach und Krainburg stifteten i. J. 1495 ein Beneficium in Aachen und hielten daselbst einen siovenischen Pre- diger, wohin jährliche Heiltumsfahrten unternommen wurden, weil die Slovenen sogar dort aus einer früheren Zeit noch eigene Gnaden- objekte gehabt haben mußten.***)
") Wortlaut in der Handschrift (Nr. 27(i5 und .ün-45): Daraus ist auch zu sagen, umh wie das Amlit der Messe in dreyerhande Sprache wird be- dangen nach des heiligen Römischen Stuls Verliengnus und Willen, wissen- leichen: chriechisch, lateinisch und windisch, und warumh in Ebraischer Zungen cain Mess gesprochen wirt, sind das doch das Ampi der Messe Ebraischcn angevangen ist oder wart. Dar zu ist zersprechen, das drei gelehrte Sprachen ausgennninien seint in den dicz wirdig Ampt be- gangen wirt in Bezaichnunge der heiligen Drifalticheit mit der und in der CS wird begangen . . : dann: Zu dem dritenmahl die Messe begangen in windischer Sprach durch Sache der Braittunge und Oemaihait. waii kain ainige Sprach an ir selber ist. so weit geteilet, als die man windische nennet . .
"") Den alten Schriftstellern (wie z. B Lud. Gebliardi). welche sagen, daß der erste ungarische Monarch seinen neuen Staat nach slavischen Mustern geformt hatte, kann man daher durchaus nicht widersprechen.
**') Daß sich die Slovenen noch im 15. .Jahrhunderte für Aachen be- geisterten, rührt daher, weil sie jedenfalls durch irgendwelche religiöse oder kulturelle Bande an ihre einstigen Wohnsitze daselbst erinnert wurden.
Die obige Notiz im «Rationalei' bedarf daher vor allem keines näheren Kommentars; nebstbei dürfte sie aber auch jene Urteile etwas alterieren, die meine Erklärung kurzerhand als «lächerlich^ abtun wollten.
Alte Urkunden bcw eisen überdieß auch, daß um das Jahr 1000 n. Chr. z. B. um Kremsmünster noch »windisch» gesprochen wurde.*) Noch frappanter ist die Beschreibung Wiens seitens des Histo- rikers Bonfini (um 1450). welcher die Stadt folgend schildert: Wien gehört gewiß unter die schönsten Städte der Barbaren. Wien's ganzes Gebiet ist ein ungeheurer, herrlicher Garten, mit schönen Rebenhügeln und Obstgärten bekrönt etz.; und dann: die Stadtmauer hat wohl über 20(10 Schritte und doppelte Wälle, damit das grobe Geschütz ihnen desto w eniger Abbruch tue. Rings um die Wälle ist ein schöner Spaziergang; auch sieht man dort viel schöne Türme, einige ganz von Quadern und viereckig, andere aus gebrannten Ziegeln mit schönen Gittern und Fenstern geziert und mit eisernen Pförtlein versehen. Die Schußlöcher stehen 30 Schuhe hoch und fassen jedes Geschütz. In den Gräbern sind mehrere Quellen und es ist
denn Aachen's älteste Naniensformeii sind slavisch. Daß die Sprache des Unterjochten immer naturnotwendige Konzessionen seitens des Eroberers genießt, hieiiir gibt es noch viel ältere Beweise. So zeigt uns das Tonpris- menarchiv von Ninive dasselbe Verhältnis. Dieses hat uns eine Menge Bitten, Litaneien, Psalmen und Rituale in zweisprachiger Abfassung erhal- ten, denn die assyrischen Priester mußten sich beim Gottesdienste auch der alten «heiligen» Sprache der Sumerier. d. i. jener Sprache bedienen, welche den Ureinwohnern verständlich war.
') Siehe: Strnadt. die Geburt des Landes ob der Enns. p. 1-4 u. \S; Mon. boic. XI. Iii6: Kümmel. Die Anfänge deutschen Lebens in Österreich, p. I6i1 — 163. — So ist es auch erklärlich, daß in der von seinem Schüler Eugippius um 511 n. Chr. verfaßten Biographie des hl. Severin einer mön- chischen Niederlassung «ad vineas« erwähnt wird, die man in die Nähe des heidnischen Qötterbergcs nächst Göttweig verlegt und als «bei den Wein- bergen« übersetzt hat: die naturgemäße Translation ist wohl «an der Grenze«. — Es sei hier auch folgende Kuriosität Wien's erwähnt. — Eür die Besucher des Stephansturmes befand sich früher im Eintrittsraume fol- gende in Stein gehauene Orientierung in slovenischer Sprache: Listie za sv. Stefana nahod . . . 'd. i. Karten für den Aufgang auf den Stephansturni . . .) Seit etwa 3(1 Jahren ist dieselbe entfernt. — Es war jedenfalls einst ein praktisches Bedürfnis eine solche Belehrung anzubringen und für die \\'ien besuchenden Engländer oder .Amerikaner hat man sicherlich nicht gerade den slovenischen Text gewühlt.
Iticlit sie schnell und ringsum mit Wasser zu füllen. Neben den Stadt- toren stehen große viereckige Türme, haltbar gegen den wütendsten Angriff ctz. — Wir werden sonach die gangbare Bedeutung des Be- griffes "Barbareni' auch mit der Zeit zu Besserem umwerten, zumal w ir wiederholt hören, daß die hochgebildeten Griechen, die dies auch nicht ohne weiche Vorbilder und Vorbereitung geworden sind, ihre Kenntnisse doch auch von da und dort, also auch von den «Barbaren >< übernommen haben mußten. —
Es ist hier auch der Platz dahin zu weisen, daß das Nieder- reißen der einstigen Bedeutung und Ausdehnung der Wenden — Slaven erst in neuester Zeit systematisch eingesetzt hat, namentlich seit die bewußte oder unbewußte Fälschung der (jeschichtslehrbü- cher allgemeine Oberhand erhielt, denn die ältesten Schriftsteller, die noch vom (lifte nationaler Gehässigkeit nicht betäubt waren, er- zählen mit ungetrübtem Freimute über die Slaven alles das, was sie eben diesbezüglich wußten, sahen oder hörten, mochte es nun günstig oder ungünstig auslauten. So schreibt Ludwig Gebhardi in seiner «Ge- schichte aller Wendisch-Slavischen Staaten» (Halle 1790), obschon man aus verschiedenen kritischen Bemerkungen durchaus auf keine slavenfreundliche Tendenz desselben schließen kann, in der «Vor- rede« folgendes: »In den Jahrbüchern der Welt findet sich keine Völkerschaft, welche so sehr die Aufmerksamkeit der Weltweisen auf sich ziehet, als diejenige, die man bald die wendische, bald die s 1 a V i s c h e Nation nennet. Denn diese bewohnt oder beherrscht jetzt die Hälfte von Europa und Asien, und schon im 17. Jahrhundert gab der Regent eines Teiles derselben (Fedor. Großfürst der Russen) nicht durch ein fürchterliches Heer, sondern durch einige Hundert Abenteuer, seinem Reiche eine solche Ausdehnung, daß es weit größer ward, als eine derer ältesten Monarchien, die von unseren Vorfahren Herrschaften der ganzen Welt genannt, und deren zahlreiche Erobe- rer fast als übernatürliche Menschen bew undert zu werden pflegen. Die Urheber dieser furchtbaren Nation machten keine Entwürfe zur Errichtiuig großer Staaten, sondern dachten nur auf Zerstörung blü- hender Staaten, oder auf Befriedigung ihrer Leidenschaften, ver- nichteten gewöhnlich durch Eigenwillen und fehlerhaft» Regiments- • erf-ss'-ngen die Vorteile, die sich ihnen ungesucht darboten, und gelargten dennoch zu der beträglichen Größe, die bei ihrr-n Nach- kommen noch immer 'm \\"?chshnne begriffen ist. P'e Nachrichten.
die von dieser Nation vorhanden sind, fangen mit ihrer Kindiieit an. und werden nicht nur für den Geschichtsschreiber der Nation, sondern für jeden, der sich über Entstehung menschlicher Größe durch Tat- handhmgen beiehren will, so wichtig, daß man schon lange hätte auf eine vollständige, allgemeine Geschichte aller Wenden denken müssen, die aber bis jetzt noch immer fehlt«. -- In der goldenen Bulle V. J. 1356, welche als deutsches Reichsgrundgesetz gelten sollte, verlangt Kaiser Karl IV.. daß jeder Kurfürst die wendische Sprache fertig reden müsse, in der Absicht selbe zur herrschenden Staats- sprache zu machen. — Von Kaiser Otto I. (936) erzählt V^'idukind. daß er die romanische und slavische Sprache zu sprechen vermochte. — Man entnimmt diesem allem, daß wendisch damals noch die ei- gentliche Volkssprache war, daß man aber in Hofkreisen lateinisch sprach, ähnlich wie man noch im Anfange des 19. Jahrhundertes das Deutsche mied und nur das Französische als hoffähige Sprache an- wendete. —
Van. Im Deutschen gibt es viele Ortsnamen in der Form: Wanzen. W a n z e n a u W a n z 1 e b e n u. ä., welche etymologisch mit der zoologischen Wanze nichts zu schaffen haben, denn das Grundwort "van« (Wand) kennzeichnet eine Grenze, «wandern« = die heimatliche Grenze überschreiten; «vanati, vantati. vancati. vancati» im Slavischen: hüten, achtgeben, aufmerken; es waren dies sonach ursprünglich Beobachtungspunkte an irgendeiner Grenzzone. — Sonstige topische Namen dieser Wur- zel sind: Wan (türkisches Vilajet und Zitadelle), Wang. Wanau. Wa- nitz, Wank(n\-, Wanowitz, Wansch. Wantsch. Wantschen. Vanca. Vantacic, Vandans u. ä. —
Dei' lioheitsbegriff war xVan«, \\ ie er sich im Holländischen als Attribut bei vielen Personennamen noch erhalten hat. — Die «Wa- nen« der Edda sind lediglich die gefürchteten Grenznachbarn, die «Riesen, die von Osten kamen, die Weltordnung stark erschütterten und etliche Äsen stürzten«. — Als feindliche Grenznach- barn sind auch die «Vandalen« anzusehen. — Die Völkergeschichte sagt zwar, daß sie ein g e r m a n i s c h e s Volk waren, das im J. 439 das Vandalenreich in Afrika gründete, deren Name aber mit dem Jahre 534 wieder völlig erlöscht, als deren König Gelimer dem o.st- römischen Feldherrn Belizar unterlag. — Nun wissen wir aber, daß der hi. Ruppcrt noch i. .1. 705 den «Vandalen« predigte; es heißt näm-
lieh: transcenosque nionte altissimo, mons Durus (— Tauern) appe- lato. praedicavit Wandalis («nach Passieren des sehr hohen Durus-Qebirges predigte er den Wandalen«), worunter man die heutigen S 1 o v e n e n zu verstehen meint, als die Bewohner süd- wärts jenes genau bekannten Gebirges. Die eine oder die andere ge- schichtliche Feststellung muß sonach falsch sein; wahrscheinlich ist aber dies die erstere, denn niemand wird jemandem predigen, der seit 170 Jahren nicht ist! —
Helmold («Chronika Slavorum«) schrieb i. J. 1172: «An der Grenze Polens kommt man zu einem sehr ausgedehnten slavischen Lande, nämlich zu denen, die voralters Wandalen, jetzt aber W i n i t h e n oder W i n u 1 c r genannt werden. Die ersten derselben sind die Ponieranen, deren Wohnsitze sich bis an die Oder er- strecken«. Die «Wandalen« Afrikas und jene Pommerns sind daher offenkundig zwei lokal verschiedene Volksstämme, wobei sich noch die Frage aufwirft, wer die ersteren — ein ganzes \'olk — nach Afrika überschiffte, denn dies ist doch keine so einfache Prozedur, daß man sich darüber keine Vorstellung weiter zu machen brauchen müßte. — Herbord («Leben des Bischofs Otto von Bamberg«) er- zählt um das Jahr 1200 ergänzend: «Der polnische Herzog Boleslaus (1102 — 1139) habe die Pommern, weil sie Heiden waren, entweder auszurotten oder aber zum Christentume zu bekehren versucht. Die Pommern setzten jedoch im Vertrauen auf ihre Kräfte und weil sie Städte und am Eingange ihres Landes sehr viele durch Natur und Kunst befestigte Burgen hatten, bewaffneten Widerstand entgegen; doch sie wurden besiegt, und ihre Stadt Stettin, die von allen Seiten von Sumpf und Wasser umgeben war. daher als uneinnehmbar galt, wurde durch Benützung der Eisfläche erobert. Der Herzog führte nun 8000 Mann mit Weib und Kind nach seinem Lande und siedelte sie an den gefährlichen Qrenzpunkten in Städten und Burgen an. damit sie sein Land schützen und mit seinen Feinden, den auswärtigen Völ- kern, Krieg führen.« — Nun, hiemit hätten diese P o m m e r n-V a n- d a 1 e n wohl nur eine fiktive Transferierung durchgemacht, denn sie verteidigten bestenfalls nun die nominell polnische Grenze, die aber eben früher ihre eigene war. Sehr fraglich ist es aber, daß ein Eroberer je so unvorsichtig war und die Verteidigung seines Landes einem eben unterworfenen, daher völlig unverläßlichen Volksstamme überantwortet hätte, den man vor allem selbst bewachen muß. In
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dieser Schilderung ist sonach entweder der Kriejjsziig oder die dis- ponierte Ansiedlung historisch nicht haltbar! — Auffallend ist es aber, daß hier durchwegs \'olksnamen vorkommen, die alle etymo- logisch die Grenze bezeichnen, wie «pol, van, vin. mor (d. i. «Po- morzanix = die an der Grenze Wohnenden).*)
Alle mythologischen wie auch sagenhaften Daten über die iiWanengötter«, die polnische Königstochter KWanda« (wahrschein- lich ist dies aber ursprünglich ein männlicher Name), den Quaden- fürsten Vannius (Vana) u. a. müssen in Bezug auf ihre Entstehung auf eine sehr prosaische Basis rückgeschoben werden. Eigennamen, wie: Vanek. Wannieck. Vanicek, Vanino u. ä. deuten auf Familien, denen die Grenzverteidigung oblag, oder die an der Grenze wohn- ten; der einzelne Verteidiger hieß «Fant« (Vant), wie man noch heute einen erwachsenen Burschen benennt. —
Überdies erzählt Krantz in «Wandalia« (Hanau 1619). daß die Slaven mit dem alten Namen «Vandali« hießen und daß dieser Name wieder In Folge Änderung des Stammvokales mit «Wenden« iden- tisch sei. sowie daß der einflußreichste Mann bei den Wandalen «Winus« genannt \\ urde. —
Vag, Waag. Auch dieses sind Bezeichnungen für bewachte Grenzgebiete. Der Slovene sagt noch immer: «na vagi« (= an der Grenze), dem Russen ist «vagän« der starke Bauern- bursche, der zum Soldaten Geeignete; dem Deutschen ist «Va- gant« und «Vagabund« derjenige, welcher leichtlebig ins fremde Gebiet zieht; ein «vager« Begriff ist ein solcher, der nicht genau begrenzt ist; die «Wagsteine« sind prähistorische Grenzzei- chen gewesen. Das deutsche : Wacht, Wache sind schon vor- geschrittene Begriffe für die Sicherung der Grenzgebiete, daher die vielen: Wach- und Wacht berge. Das durch die Waag (Slova- kei) geteilte Gebiet wird «Povahi« (— Waaggegend, Qrenzgegendi genannt, und fällt auch durch die vielen grenz- und verteidigungs- technischen Ortsnamen auf. — Sonstige Namen dieses Stammes sind:
*) Auch die chinesische Mauer ist nichts weiter als etymologisch die Qrenzmauer und heißt auch im Chinesischen «Wan-li-cang-cenK« d. i. die Qrenzmauer von 10 000 Li Länge. — Ein Tor bei Peking weist .«osar Ii;schritten in sechs Sprachen auf u. z. in erster Linie in Sanskrit, ein Beweis, daß die Chinesen einst nicht so exklusiv waren, wie heute, oder daß ein anderes Volk damals das regierende war.
Wachau (an der Donau, bei Leipzig u. a.). \'acha (bei Weimar), Wachtl, Wagrein, Wagram. Wagna, Wagendorr, Wagstadt. Wagrien (der von den alten Wenden bewohnte Teil von Hoistin) u. a.
Klin, KHni, Na klinah, Kien, Chlen, dein, Clin, Hlinsko u. ä. deu- ten auf Grenzlinien, denn im Altslavischen, namentlich Altböh- mischen, gilt «klinv noch als Grenzpflock, Eckstück. G r e n z f e 1 d, dann als Grenzstreifen im allgemeinen. Das Grundwort ist «klenitix (= abschließen), wovon noch der Begriff xklenot«, der im Deutschen zu dem sinnlosen nKleinod" wurde, für etwas Umschließendes (z. B. Spange, Ring, Halskette, Dia- dem) im Böhmischen noch heute gebraucht wird. Ansonst wenden die Slovenen z. B. «vkleniti» (= in Spangen schließen), xzakleniti« (— einschließen), «oklenitix (= umschließen) u. a. an, die alle den Begriff des Schließen s, Abschließen s, Abgrenzens in sich bergen. — Auf Basis des Begriffes «skleniti" (= abschließen) bildeten sich auch die Ortsnamen Sklenov, Sklenau, Sklen, Skleny, Sklennä u. ä., welche sonach auf eine einstige vorbereitete Grenz- sicherung schließen lassen und meist auch noch Beweise hiefür durch Schlösser oder Ruinen daselbst erbringen.
Jablonka, Jablanje, Jablonany, Jablonov, Jablone, Jablunkau, Jablanica, Gablitz, Gabel. Qablonz u. ä. haben mit der landläufigen Deutung »Apfelgegend» (iablan = Apfelbaum) nichts zu schaffen und weisen auf Punkte, welche einst technisch verstärkt oder in eine Verteidigungszone einbezogen waren. Das reine Grundwort konnte einstweilen nicht gefunden werden; nur die Russen gebrauchen noch ein organisch verwandtes als «gabjunn (= der Schanzkorb). Tatsäch- lich haben aber alle Lokalitäten dieses Klanges irgendwelche äußere Anzeichen, daß sie einst fortifikatorisch verwertet wurden. — So ist «Gabelax im Südslavischen der Ort, wo der Zoll eingehoben wurde, d. i. der Punkt, den man zu diesem Zwecke absperrbar machte; dem Polen ist es heute der Zoll, die Steuer selbst, also der Punkt an der Grenze; Jablunkau (Schlesien) ist umgeben von «Kostkövx und gilt in alten Aufzeichnungen stets als Grenzfestung; am Jablunkau-Passe befand sich eine Reihe von Schanzen, die noch heute mehr weniger erhalten sind; Pläne aus dem Jahre 1680 führen noch an: Große, Kleine, Alte und Ochsen-Schantz, von denen na- mentlich xStari sanacK (Alte Schanze) sehr alten Ursprungs sein
muß, denn hier an der Grenze von Schlesien und Ungarn war die günstigste Einbruchsteile von Osten her. — Jablanica (Herze- govina) ist eine wichtige Talsperre, welche zur osmanischen Zeit (ebenso wie heute) militärisch besetzt war; Jablonica hieß eine Redoute der alten Festung Bosnisch-Novi; J a b 1 a n j e (Untersteier- mark) besaß einst eine größere Schanze, denn eine Urkunde v. J. 1502 besagt, daß sich bei «Gablanach» auf dem Pettauer-Felde ein «Tabor« befand. — Ähnlich ist es bei Gabel und Gab Ion z in Nordböhmen: bei dem ersteren gibt der L ä m b e r g (= Grenzberg), bei dem letzteren der aussichtsreiche S c h w a r z b r u n n («Schwarz« hier falsch aus «cerny» statt «cirny» übertragen) als einstige tech- nisch hergerichtete Sperre. — Hieher ist etymologisch vielleicht auch das kriegerische Hirtenvolk der Japoden, mit seinen Felskastellen, einzureihen. Hiezu gehören auch die mit «H« beginnenden topischen Namen, wie: Havel. Habelschwerdt u. ä., wobei «hav« in der Bedeu- tung : K ü s t e n w a 1 1. D ü n e n s c h a n z e, Nehrung, die das offene Meer absperren, daher Hafen, noch bekannt ist.*) Das «Ha- velland« war einst vermöge seiner sehr geschütztenGrenzen ein großes Bollwerk gegen feindliche Angriffe.
Augenscheinlich gehören hieher auch die vielen: Habr, Gaber. Qabernik, Gaberje u. ä., sowie die zahlreichen «Havranna Skala«, die fast immer an Punkten stehen, die noch heute irgendeine Grenze bilden. —
Hiezu gehören weiters die Namen: Absberg. Absdorf, Absbach, Abstetten, Abstall, Abtsdorf. Habstein. Kaps. C h a p f i s. C h a p f a s u. ä. Es sind dies augenscheinlich Orte, wo der Älteste bereits hohegerichtsherrlicheRech- t e innehatte, denn solche Punkte haben immer feste Objekte und sind diesen, da es sich hier zugleich um Aburteilung größerer Ver- brechen handelte, auch Kerkertürme beigegeben.*) die natürlich mit den Aussichtstürmen der Schlösser und Burgen identisch waren. Der Älteste, der Kommandant, der Qerichtsherr hieß in diesem Falle: Abt. o p a t (slav.). c a p u t {= Haupt), k a p i t a n (slav.).
*) Ähnliche Verhältnisse hat auch der beiestiste Hafen L e H a \ r e de G r a c e (gradec = kleine Festung) in Frankreich. —
') Man gebraucht deshalb auch die Redewendung: in den Turin ge- worfen werden.
Diese Etymologie gibt auch Klärung über den Namen «Habs- burg«. Auf der Höhe Wülpelsberg, auf welcher die Habs- burg steht, befand sich in vordenklicher Zeit ein Aussichtsturm zur Beobachtung und Sicherung gegen feindliche Anschläge. Später er- baute sich der mit dem Schutze jener Gegend Betraute eine Burg beim Turme selbst, womit die Höhe eine verstärkte Verteidigungs- fähigkeit erhielt. Als das Ansehen des Verteidigungskommandanten dieser Höhe wuchs und ihm die Sicherung des ganzen Kantones Aargau oblag, befand sich daselbst auch das Zentralgericht dieses Kantons. Der älteste Bauteil der Habsburg ist tatsächlich der große Turm mit einer Etage tief unter der Erde und drei weiteren oberir- dischen.
Der Begriff xhaps« ist nämlich bei den Balkanslaven noch heute in vollem Gebrauche für Kerker, Haft. Der Slovene ver- steht unter »hapati« : haschen, schnappen, züchtigen (na- mentlich der Kinder); der Ceche gebraucht xkapsa« (= Sack, Abge- schlossenes); litauisch: «kapt« (= faßt ihn!); deutsch: xboppimeh- men; lat, «captuSK. — Sonderbarerweise heißt auch der Kerker, in welchem Christus gefangen gehalten wurde, wie dies jedermann in Jerusalem gezeigt wird, »Habs el Messiach.K
Slavische Ortsnamen der Wurzel «hapsn sind ins Deutsche oft als «Amtmannsdorf« übertragen worden, und zeigen somit selbst- tätig an, daß an solchen Punkten ein Gericht höherer Instanz war; so besaß der Überlieferung nach der Amtmann in Apace (richtiger xHapacje«, deutsch: Amtmannsdorf auf dem Pet- tauer-Felde) sogar das jus g 1 a d i i. — Ein solcher Funktionär mußte deshalb ein festes Objekt als Gefängnis zur Verfügung haben und ist überall ein solches auch noch jetzt nachweisbar, doch nennt es z. B. der Slovene heute nur mehr icstogx, woraus wahrscheinlich auch das deutsche «Stockhaus« wurde, denn für die Verabreichung der Stockprügel bedurfte man keines eigenen festen Gebäudes. Auf- fallend ist es, daß sich an der Drann (Untersteiermark) zwei angren- zende Ortschaften mit nur einem «stog« befinden, wovon aber eine «Apcja vesu (deutsch A m t m a n n sdo rf), die andere >iSto- govce« lautet. — Eine analoge Bildung hat der Stadtname »Stock- holm«; es ist dies wohl der »stog» auf dem »holm», der heutige »Schloßberg«. Jedenfalls ist die Übereinstimmung sonderbar, daß »zamek« im Böliniischen und Polnischen, »zamok» im Russischen.
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«kliiic« im Südslavischen, «Schloß« (ahd. chisa) im Deutschen stets sowohl das Schloß als Bauwerk wie das Schloß als Türsperre bezeichnen, also immer homonyme Begriffe sind, was doch keine Zufälligkeit sein kann, \veil eben die Burgen und Schlösser vor allem als absperrbarer Zufluchtsort bei feindlichen In- vasionen galten, und nur nebstbei auch Qefängnis- platze waren, d. h. bei den Leuten erhielt später der Charakter des Gefängnisses mehr Beachtung als der wahre Urzweck des Bauwerkes.
Die Deutung «Habichtsburg« ist daher eine verunglückte Aus- legung des etymologisch unverstandenen Namens «Habsburg«.
Gran, Granica, Hranice. In einigen Gegenden Mitteleuropas ist die einstige Organisation der Landesverteidigung noch historisch nachweisbar, ja seit der Auflösung der österreichischen Militär- grenze, die lediglich diesem Zwecke diente, ist kaum ein Menschen- alter vergangen. — Alle den feindlichen Einfällen besonders günstige und exponierte Gebiete wurden einst streng be^^acht und diente hiezu ein besonders organisierter Grenzwachdienst. Diese Grenz- punkte hießen «gran« (russ., poln.), «hranice« (böhm,). «granica» (südsl.) und bedeuten im Prinzipe nicht die Grenze im buchstäb- lichen Sinne, sondern die Bewach u n g derselben, denn das verbum : h r a n i t i drückt nicht so sehr das «grenzen, angrenzen« aus, als das: behüten, betreuen, verwahren; wohl bedeutet aber : g r a- n a, hrana die Kante, den Rand; nachdem aber die schärfere Bewachung vor allem die Grenze erforderte, flössen die Begriffe in einen Wert zusammen. Das deutsche Grenze (Gränze) ist ein Slavismus, der aber, wie man allgemein, wenn auch fälschlich glaubt, durch das Wort «Mark« paralysiert wurde. — Das Grundwort «grau« ist in sehr vielen topischen Namen enthalten, wie: Gran (Stadt mit dem 66 m hohen Festunsgberg). Gran (Grenzfluß), Granada. sowie die vielen: Granica, Granitz, Granville, Granollers, Gransee, Granz. Grant, Granikos (Grenzfluß in Kleinasien), Gränzing, Gränzendorf, Gron (im Polnischen), Grensberg. Grenzdörfel, Grein, Kranzberg, Kranzbüchl, Kramnach, Hranice, na Hranicku (Gegend von Mähr.- Weisskirchen) u. ä.*)
~) »Kranz« ist auch die Schmückung der Umfassung eines Gegen- standes, wofür aber die Slaven das Qrenzwort «ven. vin« mehr in Anspruch nehmen, wie: venec, vinek (= Kranz) aber auch als «kranceli« (Slovenen) gebrauchen.
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Hiezu zählt auch das äußerlich reindeutsche, wenn auch sinn- lose )<(jrun\\ald)<, d. i. »grönn (grün) und "val» (= Wall, s. «Bal- kan»), sowie die alte sächsische Qrenzveste "Qrona, Grana», über deren eigentliche Lage man noch heute im Zweifel ist. Andere Boll- werke ähnlicher Art heißen z. B. im Deutschen: Gronau (älteste Form tcronuaM), Grünau, Deutsch Crone, Krahnenberg, Kranichberg u. ä.
Auf diese Art findet auch der «keltische« (Jott (j ra n u s seine Erklärung; es war dies bei den Slaven einst der Befehlshaber einer zu verteidigenden Grenzzone. Jener Gott soll auch der Stadt Aachen den alten Namen Aquae Grani gegeben haben; dieses ist aber gleichfalls unrichtig, denn hiemit sind lediglich die an der Grenze gelegenen Heilquellen bezeichnet.*)
Der Hoheitsname für den Befehlshaber eines solchen Punktes der Grenzverteidigung fehlt ja auch nicht; es war dies jedenfalls einst der »gran« oder «grand«. welcher Ausdruck sich aber in diesem Sinne mir in den romanischen Sprachen erhalten hat. Der Südslave kennt nur mehr die Bezeichnung «granicar« für den Grenz wachten der Deutsche: Grenadier, richtig «Granadier«, der zur Verteidi- gung auch die «Granate« gebrauchte.
Die Abgabe an der Grenze benannte man dementsprechend »krön, krona. corona. Krone«, woraus später ein bestimmter, noch heute gangbarer Münzbegriff wurde. — Die Mauerkrone galt schon bei den Römern als äußeres Sinnbild der Bürgers, d. i des Verteidigers der — krenelierten — Grenzschutzmauer.
Mar, Mark. Alle Namen wie: Steiermark, Dänemark, Mark von Ritten, Mark Brandenburg u. ä. deuten ähnlich wie gran. granica auf ein Grenzgebiet, w elches verteidigungsfähig hergerichtet war. Die einstige Windische Mark ist das heutige Krain, wobei jeder Name dasselbe besagt, ebenso wie «Mark« Brandenburg (Branibor) nur eine Tautologie ist. — Das Grundwort ist das russische «mar» in der Bedeutung : pyramidenförmiger Berg, Steinhau- fen, und ist «mar. mark«, sowie das heutige »Markt« nichts weiter als die Bezeichnung für eine Grenzverteidig unshöhe. ei-
*) Aachen führt auch den franz. Namen .Aix-la Chapelle. der aber slavisch ist und stammt «Chapelle« von «kopeli« = Bad. Tatsächlich be- sitzt Aachen berühmte heiße Quellen.
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neu Ci r e n z h ü g e 1, und scheint solchen ein höherer Rang aus den vorzeitUchen Pflichten der Landesverteidigung anzuhaften. *)
Im «KeltischenK bezeichnet «marunii den Wegweiser, das Qrenz- orientierungszeichen.
Hiemit klärt sich auch der Name nMähren« sowie der etno- graphische Begriff xMarkomannemi auf. — Die March war stets eine natürliche Barriere gegen feindliche Einfälle; den Fluß selbst nennen die alten Schriftsteller: Marus, Margus, Margis, also: Grenzfluß, und spricht die Etymologie dafür, daß die ursprüng- liche Namensform Mara, Marava, war, und daß das Gebiet, welches die March durchfließt, als Marava ausgesprochen wurde, denn das ganze Land, namentlich aber die Marchlinie, bilden einen geschlossenen «limes moravicus».**)
Daß Karl d. Gr. die «Ostmark« gegründet hätte, hat durchaus keine Glaubensberechtigung, nachdem die Grenznamen sprachlich viel älter sind; bestenfalls hat er eine Revision der vorhandenen Vorsorgen veranlaßt, denn gerade der Marchlinie entlang gibt es eine Unmenge noch heute sichtbarer sowie etymologisch als s 1 a- visch erkennbarer Verteidigungspunkte.
Ähnliche Verhältnisse obwalten aber auch beim Landstriche icMarchic in der Schweiz, welcher stets als Grenzlinie zwischen dem germanischen Gebiete und Rätien galt. — Ebenso ist die englische Stadt «March» auf einem pyramidenförmigen isolierten Hügel erbaut, und die belgische Stadt «Marche« ist eine gute verteidigungsfähige Höhe, die ehemals ohnehin Festung war. — An der Morava (Serbien) lag zu Römerzeiten: Horreum Margi (= mara hora, d. L Grenzberg).
Die Tab. Pentingeriana verzeichnet auch eine Station «Namarc« in der Gegend des heutigen Melk. — Man erklärt sich diesen Namen als durch einen Schreibfehler entstanden, damit wohl die römische Gründung motivierter sei. und sollte derselbe etwa richtig «Admuros«
") So wundert man sich, weshalb das in diesem Buclie auch alige- bildete iVlaria Neustift das Markrecht hat. nbschon es nicht 100 Einwohner zählt; aber der Frager erhiilt sofort dahin Bescheid, daß dieses Recht bjutip: erworben wurde, weil sich die Neustifter stets auf ihrem Tabor helden- mütig verteidigten, d. h. die Tatsache ging der Formalität lange voraus.
**) Vergl. A. Srba: Limes moravicus — Olmiitz 1908. Abdruck des «Casop. Viast. muzea olomuckeho».
oder KAdniaiiros« lauten, was schon deshalb abzuweisen ist, weil die Römer sicherlich anstrebten eher die vorgefundenen Namen der eigenen Sprache näher zu bringen, statt sie zu entfremden. Man be- denkt eben nie, daß zu Römerzeiten hier auch schon Ansiedlungen mit festgelegter Nomenklatur waren, denn wo steckten dann die Ein- wohner, mit denen die Römer Krieg führten, wenn letztere erst alle Ortschaften gründeten und gleich mit Garnisonen versahen! — Diese unlogische Auslegung ist weiter unhaltbar und bietet nur auf Basis der slavischen Etymologie die natürliche Erklärung ima mare«. auf dem Qrenzberge, d. i. auf dem heutigen Stiftsfelsen, oder doch auf einer ähnlichen Erhebung im dortigen Gebiete. *)
Aus den Begriffen «mar, mark» gingen auch die Personennamen: Maria. Marian, Marius, Markus, Markwart u. ä. hervor, bedeuteten sonach im Anfange den an einem Grenzpunkte Wohnen- den oder den mit der Bewachung der Grenze Be- trauten. — Als Hoheitsname hat sich «mar« (= Herr) im Syri- schen, »marquis« im Französischen und «Markgrafw im Ileutschen erhalten.
Hieher gehören auch alle Namen mit dem «o« in der Stamm- silbe, wie: Mor, Mohra, Mora, Mori, Morava, Morini, Morea, Morinje. Morlak, Muora (Mur), Muorica (Mürz), Morgeti, Morgentia u. ä.; es sind dies Orte, Flüsse, Volksstämme, welche an einer natürlichen Grenze liegen, eine solche bilden oder bewohnen.
Dieser Etymologie gehört wohl auch der Berg «MoriaK (bei Jerusalem) an, der angeblich mit Mordstätte gleichbedeutend sein soll. Da aber meines Wissens nur der Slave den Begriff xmorija» (= Mord im großem Stille) tatsächlich kennt, scheint es sich hier um einen sprachlichen Mißgriff bei der Deutung dieses Namens auf slavischer oder ursprachlicher Basis, jedoch schon bei Verlust der Kontinuität, zu handeln. Erst dieser Etymologisierung ist daher wahr- scheinlich die Opferlegende Abraham — Isaak zuzuschreiben, ebenso wie wir eine Menge Burg- und Ortsnamen kennen, deren Entste- hung durch posthume, meist gründlich verunglückte etymologische Sagen zu erklären gesucht wird. — Diese Auslegung führte weiter
") Auf diese Weise wird das «keltischCK: Marabudum, welches son- derbarerweise zwischen «Hradlsf« und nStradonitzii liegt, auch etymologisch verständlicher.
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auch zur Behauptung, daß hier Menschenopfer dargebracht wurden; dem ist jedoch entgegenzustellen, dal3 die Alten auch den Unterschied gefühlt haben werden, w onach sie eine Opferstätte nicht als »Mordstätte« identifiziert haben, nachdem die erstere doch stets einen sakralen Charakter hatte.
Die Naniensformen wechseln eben je nach der Zeit, Sprech- gewohnheit und nach dem Grade fremder Beeinflussimgen eines Sprachgebietes. Im Deutschen schrieb man früher iiMarenx, heute «Mähren«; man schrieb es auch «Möhren», aber im Slavischen bheb der Name «Morava« unverändert. Daß «Morava« ein Grenzge- biet bezeichnet, ersieht man auch daraus, daß man sagt: «na Mo- rave« also a n Mähren, auf Mähren und nicht «v Morave« (= in Mähren), wie im Deutschen, wo sich das sprachliche Feingefühl bei der Übertragung nicht mehr geltend machte. — Das slavische «more, mofe, morje« (= Meer) ist also nichts weiter, als das Grenzge- biet, das Ende des Festlandes. — Die slavische Todes- göttin «Morana« ist nur die Personifikation des fremden Gebietes, des Jenseits, denn alle Religionen lehren, daß der Geist, die Seele des Menschen nach dem Verlassen des Körpers eine Reise in eine fremde Region antrete. — Das in alten Büchern so oft er- \\ ahnte «Morenland« ist sonach das Grenzland oder ein am Meere gelegenes Gebiet im allgemeinen. — Die Südslaven gebrau- chen auch «mrgulja. margulia« für den Grenzstreifen, den nie- mand bebaut. — Die deutsche Anpassung lautet meist als: Mauer. Mauerbach u. ä. — »Mauern« zeigt noch heute Spuren einer alten Qrenzveste Vorarlbergs.
Lim (firenzfluß), Limbach, Limberg, Limburg, Limbus, Limuz, Limbarska gora, Lima, Limercje, Limerick, Limagne, Limoges u. ä.
deuten alle auf daselbst befindliche Grenz Verteidigungs- vorsorgen, doch ist das Grundwort «lim« nur mehr im übertra- genen Sinne den Slaven bekannt. Die Cechen und Polen gebrauchen noch «limec« und «limecek« für den Endbesatz des Kragens, der Henidmanschette oder des Frauenrockes, sonach auch hier in der Bedeutung : äußerster Rand. G r e n z s t ü c k. — Im Lateini- schen ist aber der jedenfalls einst von den Slaven übernommene Be- griff «limes« sowie «limbus» (= Gürtel. Umgebung. Saum) in der Urbedeutung noch erhalten gebheben.
Derselben Etymologie sind aber auch alle Ortsnamen mit »e« in der Qrundsilbe, wie: Lemberg, Lembach, Lehmdorf, Lehmstätten. Lemsitz, Lemove u. ä., denn «lem« (= Saum am Kleide), Kpodlenm (der untere Saum am Frauenkleide), «lemiti« (= säumen), »oblemo- vat)i (= passepoilieren, abgrenzen) ^\■ird im nämlichen Sinne ge- braucht. Einen ver\\ andten Begriff haben die Cechen auch noch in »ünati« = das Haar, die Federn \\' e c h s e 1 n (bei Tieren). Dasselbe bedeutet aber auch das deutsche «Linie«, wie es z. B. der Wiener für jene Zone gebraucht, wo man die Verzehrungssteuer zahlen, also den früheren Festungsgürtel überschreiten muß. — Alle topischen Namen wie: Lein, Leine, Leiningen u. ä. wurden in älterer Zeit als «Lin« geschrieben.
Einen mehr weniger ausgeprägten Sicherungsgürtel findet man in Europa. — sowie auch weiter hinaus — . überall, und ist die Frage der Limes-Forschung gerade dadurch auf eine falsche Basis gestellt worden, weil man voreingenommen glaubte, daß es nur einen zu- sammenhängenden Limes «germanicus« und «raeticus« gäbe und daß diese selbstverständlich nur von den Römern herrühren können. Solche Limes gibt es aber auch anderswo und könnte man ebenso von einem Limes moravicus. styriacus, carniolicus. pannoni- cus, hispanicus u. a. sprechen.
Die slavische Etymologie überzeugt uns daher, daß dies keine römischen, sondern ausschließlich vorrömische, also a 1 1 s 1 a v i- s c h c Sicherheitsvorkehrungen waren, denn Fortifikationen baut nicht der Angreifer sondern der Verteidiger, d. i. derjenige, welcher ein Gebiet bereits innehat und es auch weiter für sich erhalten will. Wie soll man den Umstand sonst aufklären, daß die avarischen Slaven, die Hunnenknechte. und was man da Albernes darüber liest, die zu jener Zeit sicherlich verwischten oder verfallenen Defensivvorsorgen so feinsinnig und technisch richtig er- kannt imd determiniert hätten, denn da müssen sie die heutige Ge- lehrsamkeit, welche noch im.mer für die Limes keine echte Klärung findet, weit übertroffen haben!
Es scheint, daß alle Ansicdlungen des Namens: Lind. Lindau. Linz, welches letztere die Römer als «Lentia« benannten, auch dieses Ursprungs sind. An Flüssen gelegene Städte, wie: Wien, Graz, Mar- burg, Klagenfurt nennen noch innncr den Stadtteil längs jenes FlulJ-
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uferbereichcs. der für eine Landung, also Grenzübersetzung beson- ders wichtig ist. die iil.end);, Lände«; es entwickelte sich daher dort eine Ansiedlung, wo das Terrain einen Einfall begünstigte, weil dieses paralysiert werden mußte.
Kam, Kamen, Kamitz, Kametz, Kamnice, Kamenica, Kamno, Komno, Kamyk u. ä. bedeuten nicht direkte einen Stein oder steinige Gegend (slav. kamen = Stein), sondern eine auf einem Felsen, Felsvorsprunge oder überhaupt aus Steinen hergestellte Beobachtung s- oder Verteidigungsstel- lung, von wo aus man irgend ein Grenzgebiet bewachen konnte. So liegt dem ehemaligen Schlosse Lembach (Limbus bei Marburg) Kamca (Kamnica, deutsch Gams) mit einem vorspringen- dem Felsen als Ergänzung der Sperre des Drautales gegenüber. Ebenso ist Kamen der einzig richtige Punkt, der Ratopolje und das gegen Livno führende Tal bei Mostar zugleich gut beobachten konnte; Kamen bei Mostarsko blato ist ein weit in den See vor- springender Felsen, der für den ersten Moment diesem Zwecke nicht zu entsprechen scheint, nachdem weit höhere Terrainpunkte benachbart sind; und doch ist dies richtig, denn nur von diesem zentral- und im Niveau des Sees gelegenen Punkte ist es möglich, die Vorgänge längs der stark gerippten Gebirgshänge, die den See begleiten, zu beobachten. Kamen ergänzt bei Doboj die Beobach- tungszone dieser einst starken Veste. und ähnlich sind die Verhält- nisse bei allen in Österreich an Hunderte zählenden topischen Namen dieses Grundwortes. — Die Wurzel ist jedenfalls «kam«, aber in diesem Sinne nicht mehr gebräuchlich: hingegen kennt der Russe noch iikama, kajma« für Grenze, Rand, Umfassung (Kama als Grenzfluß); dem Türken ist »kaim» der Wächter, «kainiakam« der Kreisvorsteher. Es scheint, daß die biblischen Namen Cham, Kain auch schon auf Hoheitsbegriffe oder angesehene Geschlechts- namen deuten.
Hieher gehören auch die zahlreichen Ortsnamen, wie: Como See mit den anwohnenden «Camunen«. Komar, Camera ager am Meeresufer im alten Lukanien, Komarno, Komarovice, Komno (Alm). Komofany u. a. — Daß diese Namen mit «komar« (= Gelse), wenn sie auch oft als G e 1 s e n b e r g. G e 1 s e n k i r c h e n, u. ä. übersetzt wurden, in etymologischer Hinsicht nichts gemein haben, sei nur
als Beispiel erwähnt, wie oberflächlich man deutscherseits bei der Translation der Ortsnamen vorging. — Überdies sind die topischen, meist Höhen kennzeichnenden Namen, wie: Hum, Hom, Hamm, Cham, Um. Umac, Uman, Homberg, Homburg, Chumetz, Kumitz u. ä. hier einzureihen. Unter «hum, hom, holm» versteht der Slave eine mäßig hohe Kuppe mit meist sanftem Oberteile; solche Höhen befinden sich immer in der Nähe von Ansiedlungen, da sie ja durch- wegs zur Verteigung ausgenützt wurden. Die Ägypter bezeichneten die «Ummani« als einen Teil der xKatan« (= kriegerischer) Völker. Aus dem 15. Jahrhunderte v. Chr. hinterließ Thutmosis III. ein geo- graphisches Werk mit 119 topographischen Namen; darunter befindet sich auch «Hum«. — Polyhistor nennt als Stammvater der Äthiopier in der babylonischen Genealogie den "Hum«, welchen Begriff wir im lateinischen als «homoic (uhumanus«) und namentlich im Südslavi- schen als xkum« (= Pate) wiederfinden. Alle diese Gattungsbegriffe zielen auf die Kennzeichnung von Stammes- und Ortsältesten hinaus, denn sie hatten Pate n-Pflichten im Großen, d. h. ihnen oblag der Schutz ihrer Gemeinde; im Lateinischen wurde jedoch der «kum« zum «comes« und später zu «Kommandant«; sein Befehlsbereich hieß «Komen« und «Commune«.
Gebiete mit mehreren «HuniB-Stellen erhielten dann die Kollek- tivbezeichnung: Pohumje, Predhumje, Zahumje. Augenscheinlich ge- hören auch alle Namen mit dem eingeschobenen «1« hieher, wie: Holm. Kulm, Chelm, Chlum, Chlumetz u. ä. denn dem Slovenen ist «hum« und «holm« identisch. — «Olmütz», welches noch im Mittel- alter als «Holomous, Golomac« u. ä. geschrieben wurde, bedeutet sonach die G e g e n d mit befestigten, verteidigungs- fähigen Hügeln. —
Vermutlich gehören hieher alle Ortsnamen der Form: Kon, Konice. Konjice. Konskau, Konjski potok, Konopist, Kounov, Kanna, Cannae, Kanäle (Kanavlje), Kuna, Kuncice, Hana. Hanau, Hannover, Hunkovice, Hundsdorf u. a. — Der Ceche versteht unter «hon« die Jagd, unter «honiti« weiden, auf das Vieh achtgeben. Der Ho- heitsbegriff ist «hanak«; sein "Wohngebäude xhan« (jetzt Gemeinde- gasthof) oder «konak«, womit man noch heute bei den Balkanslaven die Residenz, das Schloß des Höchsten in einer Stadt, d. i. des Fürsten, Königs oder Regierungsvertreters versteht. — Im Tatari-
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sehen w urde der Höchste aueh «Chan« genannt. — In Ungarn nannte man früher den slovakischen Pandur auch «hanak«; es war dies also auch ein Q r e n z \v ä c h t e r, Q r e n z v e r t e i d i g e r.
Die Namen: Konjsko vrclo, Konjski vrh, Koniski potok u. ä. sind ziemlich häufig, haben aber mit «konix (— Pferd) nichts zu schaffen. Das griechische «HippokreneH (— Pferdequelle) ist augenscheinlich nur eine wörtliche Übersetzung des urslavischen nKonisko vrelo« in jener Zeit, als man unter «konj>i nur mehr die Bedeutung «Pferd« kannte. —
Kraj. Krajova, Krajina, Ukrajna, Uckermark u. ä. sind in Ur- sprung und Bedeutung dasselbe wie: gran. — Unter «kraj« ver- stehen die Slaven die Gegend im allgemeinen, aber auch den Rand, die Grenze; dem Slovenen ist »okraj« = Bezirk, d. i. die Gegend, die einst einem \'erteidigungsoberkommandanten un- terstellt war. und wer die Peripherie eines Bezirkes abgeht, wird immer finden, daß sich diese fortifikatorisch zusammenschließt. Im Großen hat sich daran bis heute auch nichts geändert, denn einstens sorgten schon die kleinen politischen Einheiten als: Gemeiden. Be- zirke. Gaue für die Sicherung, heute besorgt dies der Staat, indem er an der Grenze und an den einbruchgünstigen Punkten Brücken- köpfe. Forts. Festungen und befestigte Lager erbaut.
Der Hoheitsname war «krainik«. wie solcher im slovakischen Gebiete (z. B. bei Munkacs) einst gebräuchlich war. — Daß sich zwi- schen «gran« und kraj« nur in der Aussprache eine äußere Differen- zierung ergeben hat, ohne die Bedeuttmg zu verändern, ersieht man daraus, daß der Untersteirer den Krainer «KrajncK, der letztere aber sich selbst xkranc« (granc) benennt. Grenzberge heissen mit- unter KkrajecK, woraus im Deutschen «Kreuzberg« wurde. —
Auffallend reich an solchen Namen ist z. B. die heutige Schweiz. So gibt es dort viele «KraiH-Lokalitäten. z. B. Kraiburg (im Inntale). dann den Grenzpaß G re in a (La Greina in den Graubündner Alpen) sowie Grajische Alpen. — Desselben Ursprungs ist auch das oberösterreichische Grein (mit der hochgelegenen «GreinburgH) und dem benachbarten Kreuzen, wozu auch Greiz in Deutsch- land zählt.
Russen. Es ist eine allgemein verbreitete, wissenschaftlich aus- gesprochene Ansicht, es hätten die Russen ihren Volksnamen von
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den wRiiodsen« (= Ruderern) erhalten, welche i. J. 891 n. Chr. in der Schlacht bei Löven geschlagen, sich an die Küsten des baltischen Meeres flüchteten und daselbst eine neue Heimat gründeten. Dieses, sowie eine zweite Erklärung, die Bezeichnung stamme von dem Gründer der russischen Monarchie, Rurik, gehört vollends in das Reich der Sage, denn schon Tacitus nennt die Russen iiRoxolaniic Der Name: Russe, Ross, Rosia (= Russland) scheint jedoch ursprünglich eine verteidigungsfähige Grenzgegend bezeichnet zu haben, und heißen Schutzbauten primitiver Natur, namentlich aus unbehauenen Steinen, noch heute: Rustika. — Es zeigen auch die Namen, wie: Rog, Roh, Rogatec, Rohitsch. Vi du Roc, Rocca, Roc- cetta, Rozau, Rogersdorf, Roguzno, Rohle, Rohlau, Rohow, Rokytno, Roketnitz u. a. ä. auf Ansiedlungen an einer Grenzlinie, und nament- lich auf solche an einer scharfen Ecke (rog, roh = Ecke, Moni), im Italienischen, wie Portugiesischen «rocca« in der Bedeutung T u r m, Grenzbeobachtungspunkt, im Griechischen : Qojt, Qoyjios — Riß, Spalte, scharfe Trennung), und im figürlichen Sinne: K ra f t, S t ä rk e, M a c h t in der russischen Sprache selbst.*) — Die Kommandanten solcher Punkte hießen dem- gemäß sodann: Rok. Rog. Rogovolod. Rohas, Rosman, Roskar (Ro- segger!) u. ä. — «Rozna dolina« ist daher kein «Rosental«, sondern eine Tallinie, welche zugleich eine Gebiets- oder Verteidigungsgrenze bildet. Selbstredend stehen auch die Ortsnamen: Rosenberg, Rosen- burg, Rosenau, Rossegg, Rosenbüchl weder mit Rose noch mit Ross in irgendwelchem sprachlichen Zusammenhange. — Vermut-
*) Ich habe früher daran gehalten, daß «Rus« identisch sei mit blond. Tatsächlich sind die Russen vorwiegend blond, oft rot, in manchen Gegen- den sogar flachsblond; in der Umgebung von Mii.sk gibt PS auffallenl viele Albinos. — So berechtigt nun diese Deutung wäre, so ist sie doch unzu- treffend und unnatürlich, wenn auch noch der Name HWeiCrussenx (Bjelo- rusi) dazukommt, da dieser nur eine falsche deutsche Übertragung ist. denn »Bjelorusi" sind lediglich die Bewohner an vorbereiteten Qrenzschutz- punkten. — Die landläufige Behauptung, daß nur die Germanen blond waren, ist einseitig und unbegründet; Tatsache ist. daß bei den Nordslaven die blonde Haarfarbe noch heute, trotz vieler Kreuzungen, stark vertreten ist; die SInvenen und Cechen werden zum grössten Teile blond geboren und erst mit dem Eintritte der Pubertät dunkelfarbiger. — Im Spreewalde findet noch letzt jährlich der Haarmarkt statt; die Wendinnen verkaufen dort ihr blondes, reiches Haar — das gesuchteste und schönste, weiches käuflich zu erwerben ist — um einen ziemlich hohen Preis (60 — 100 JV\ark).
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lieh ist auch «Riisalka«. die russische Wald- und Wassernymphe, nichts weiter als die Erhebung von Töchtern und Frauen der Hoheits- personen zu bevorzugten Wesen, was mit der Zeit, wie bei Vilen. Walkyren. Weissen Frauen u. a. zur mythologischen Bewertung der- selben führte.
Riva (d. iiRcif). Ribno (d. »Reifen»). Rifnik. Reifnig, Reifenegg, Rif (gebirgiger Küstenstrich Marokkos). Riphaci (\'olk des Alter- tums). Ribe. Ribera, Ribnica (d. »Reifnitz«). Riviera, Rivoli, Ripa, Ripuarü (rheinische Franken) u. ä. bezeichnen durchwegs gesicherte Qrenzorte oder Grenzgebiete, die alle ><rip)i und xriv« zur Grundlage haben und gebrauchen die Slaven «rivat« für: sich von jemandem befreien, «ripat« für: spähen, blinzeln; den Verteidiger der Grenze benannte man sonach : r i v a c (slov.), f i v n a c (cech.), r i v o 1 a. Rivale u. s. w. — Die heutigen topischen Namen, wie: Ribno. Ribje. Ribia glava (Bergname) haben mit «riban (= Fisch) nichts gemein und \\urden nur mit der Zeit im Volksmunde zu einem ety- mologisch bekannteren Begriffe umgewandelt, daher auch selten als «Fisch« ins Deutsche übertragen. — Der sagenumwobene Berg »Rip« (Böhmen), von wo aus Cech bei seiner Ankunft das neue Land ge- segnet haben soll, war sonach ein zur Sicherung dienender, weiten Fernblick gewährender Grenzberg, und geht dessen Zweck eben schon aus der Lage hervor.
Hiemit sprachlich und organisch verwandt sind auch die topi- schen Namen mit dem u. o und a in der Wurzelsilbe, wie:
Rubico (Grenzfluß zwischen Italien und Gallia cisalpina). R u b i (rechter Nebenfluß des Kongo). R u b i (Ruvo di Puglia, Stadt mit antiken Gräberschätzen), R u w e r (Zufluß der Mosel). R ü b e 1 a n d (Grenzdorf im Harz). Rübenau (Dorf an der böhm. -sächsischen Grenze), Rubis (Grenzberg im Jura), dann: Rubija, Rüben. R ü b e n, R u b 1 j e, R u b 1 a n d, R u b 1 y n. R u b r i n. R u p a, R u p e. Rupert, Ruppersdorf, Rob, Robans. Robbe i. Ro- besch, Robiden Berg, Robitz, Roppitz. Ropica. Rop- cze, Roperce, Ropki u. ä. stehen alle im organischen Zusam- menhange mit «rub« (altrussisch = Grenze), «rob« (slov. Saum. Rand, Bergrücken), und sind dies wohl Grenzpunkte gew esen. welche von Natur aus die Abwehr feindlicher Einfälle begünstigen. Jene Per- sonen, die den Grenzdienst versahen, nannte man «rob« (im
Slavischcn jetzt iii der Ik-dLiitiiiv^ S k I a \- c, aiicli K' ä ii b c r, w clclics letztere docli wieder xrohn zum Stamme liat; die \ erw aiidscliait reicht auch ins Lateinische, demi Mroburi^ galt nicht mir als Stärke, Festigkeit, Stützpunkt, sonde rn auch in der Be- dcuttmg »exercitus» (Kerntruppen). Das Geldstück, das an der Grenze als Zoll erlegt werden mußte, wurde demnach nrubl" benannt. — Unter »rubiti« versteht derSloveiie noch heute: plündern, ausrauben, pfänden; hingegen ist «rubisko" dem Cechen die Rodung, ver- mutlich jene im Grenzverteidiguiigsgcbicte, denn niemand wird sich in einem bedeckten Terrain, namentlich Walde, \erteidigen wollen.
Hiezu gehören auch die tnpischen Namen der Form: R a b, R a a b. R a b n i t z, R a b e n s t e i n, Rabe n g e b i r g e. R a b e n a. R a V e n n a u. ä. w eiche aus « robn durch den einfachen \'okalw echsel hervorgingen und gleichfalls auf einen befestigen (irenzininkt oder an eine natürliche (j r e n z 1 i n i e deuten. Begriffe dieses An- klanges haben wir noch heute in «Rabatten (" der Saum mancher Kleidungsstücke, das Randbeet) sowie in »Rabattsteinn, dem Bord- steine beim Straßeupflaster. Der einschlägige Mohe'tsname war: Rabbi, Rabbiner, Rabban, der sich bei den Israeliten in der Bedeu- tung "der Wissende« bis heute erhalten hat — Zweifel können über diese Etymologie umsoweniger auftauchen, als in den Urkunden des Mittelalters verw andte Namen meist im Lokativ angewendet w erden, wie: an der Grenze, auf der Grenze, als: na robii, im R a b, am Raab, — also noch im Maskulinum, welches Geschlecht auch der slavische Begriff hat. — Der Begriff MobotaH rührt also augen- scheinlich von Arbeiten fiir den Grenzschutz her. —
Fine verwandte Form ist auch «ravno, ro\no», das im Slavi- schen heute wohl eben, flach bedeutet, aber bei den topischen Namen dieser Art nicht zutrifft, da dies meist Höhenpunkte sind, die einst mit einem »rov», d. i. Graben, Wall u. drgl. versehen waren.
Rama, Roma. Auch diese Namenskategorie deutet auf b c f e s- 1 1 g t e G r e n z p u n k t e. obschon die russische Sprache allein noch den veralteten Begriff «rama« in der Bedeutung: Grenze, Ein- fassung mehr kennt; hingegen versteht sie unter «ranio« — die M a c h t, d i e K r a f t, unter «roman« den M a u c r b o c k (als Kampf- mittel). Aber auch der Gri'.ehe \erstai,d ui.ter ..yt.;«/;« die Lei- besstärke; 'roniaii« nannte man sonach i-.den kiäft'gen Mami. jeder
Kampffähige n. Die Franzosen verstehen unter «rame« die Äste, mit denen man ein Gartenbeet begrenzt; der deutsche hat ncch den Regriff «Rahmen« für die schützende Ein- oder Umfassung eines Gegenstandes. Der französische Begriff «ramasser« (- durch- prügeln, einen Gegner in die Hand bekommen), der lat. «ramus» {= die Kante), der italienische »rammantare« (beschützen), der böh- mische /ramus« (= Lärm, Streit) stehen zum Qrundworte im organi- nischen Zusammenhange. Dem Slovenen bedeutet Kromati« auf eine geheiligte Stätte pilgern: auf der Perkunust-Statue von Rjetra steht aber noch als Epitheton «en romauK d. i. ein Führer. B e s c h ü t- z e r. FI e 1 d. — Es scheint daher, daß die vielen topischen wie ethno- graphischen Namen dieser Basis angehören, wie : Rama (altes König- reich in Bosnien, wobei der Rama-Fluß die Grenze bildete). Rom. Romagna (Grenzstrich in Italien wie Griechenland). Romania (Rumä- nien), dann die vielen: Ramberg. Rambach. Ramath. Rambla. Ran?- bel (Rämbel). Romanshorn. Romanow ka. Romeno. Römerstadt. Ram- sau. Ranmiersdorf u. a.. welche meist Grenzorte oder Höhen sind, die einst \'erteidigungsz\\ecken dienten. — »Roman. Romanze» ist daher ursprünglich die Erzählung von Heldentaten (im Grenzkampfe) und gilt die Romania p 1 a n i n a (Bosnien) noch heute als die Hochburg einer längst entschwundenen Heldenzeit, die aber in der Wirklichkeit einer Räuber-Romantik eher ähnlich gewesen sein mag.
Del, Djel, Delos, Delle, Dehli (Delhi), Deli, Delitzsch, Delme u. ä.
bezeichnen durchwegs befestigte oder verteidigungsfähige Grenz- höhen oder wichtige Küstenpunkte. Das Grundwort ist das altslavische »diel» (= Berg), welcher Begriff aber augenschein- lich nur dann angewendet wurde, wenn er an der Grenze oder Küste lag. Andere Namensformen sind. »Djal» und «Dzial», wobei sich schon die polnische Aussprache bemerkbar macht. Unter »deliti, djelitii« ver- stehen alle Slaven: trennen, scheiden, abgrenzen: auch das Franzö- sische xdelier« bezeichnet: lösen, lostrennen: das lateinische «delio» schreitet in verwandter Bedeutung zu : unbrauchbar mache n, zerstören — w eiter. —
Die alten sorbischen »Delezen». waren sonach etymologisch die Grenzbewohner: ihre Hauptfestung war »Delx». das noch heute Festungsmauern und Wachtürme aufweist. — Die »Delavare« sind ein .ludianerstanun am Flusse und der Stadt gleichen Namens
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(Delavar ~ befestigte Grenze. Grenzfestung). — «Deli« sind häufige Namen von befestigten Küstenorten wie in Asien, auf Timor, Su- matra u. a. — i'Deli« hieß auch das tolle, zerstörungssüchtige Kriegs- i\orps der Türken.
Prag, Praga, Praha u. ä. sind seinerzeitige Sicherungspunkte und Befestigungen an einer natürlichen Grenze (wie z. B. am Flusse), um dem Gegner den Uferwechsel zu verwehren. Im Altsla- vischen hat iiprag« noch die Bedeutung \on: Grenze (limes); im ähnlichen Sinne wird dieser Begriff aber heute noch in Redens- arten wie: du darfst nicht meine Schwelle (präg) übertreten — angewendet.
Verwandte Namen finden sich oft in Grenzgebieten, wie z. B. am Jablunkau-Fasse: Prazenkova und Prazenkova gora (= Grenz- berge); dann: Praschberg, Praschka, Prase, Prasin u. ä. Daß npragn (russ. «porogii) als Ortsname auf keine Stromschnelle deutet, ersieht man daraus, daß laut einer Urkunde v. J. 925 als «Pragan eine Alpen- weide (an der Grenze von Kärnten und Tirol) bezeichnet wird; ebensowenig liegen Prag bei Hutturm, bei Stuttgart und ein solches in Baden an irgendw eichen Flüssen mit Stromschnellen, hiefür aber an natürlichen Grenzen.
Die (jrenze zwischen Siebenbürgen und Rumänien bildet eine Strecke die nPrachova« (Fluß). — Eine Gegend in Untersteiermark hieß i. J. 1365 «an der Prach«, die noch heute die Bezirksgrenze bildet. In Böhmen liegt ein P r a c h o w a an der Bezirksgrenze von Gr. Bittesch. —
Miniaturen der chinesischen Mauer, welche einst doch die künst- liche Grenzwehr bildete und auch, im Chinesischen «Van» (= Grenze) heißt, finden sich auch an anderen Punkten. Ein bemerkenswertes Gebiet führt B. Jelinck in seinem Werke: Über Schutz- und Wehr- bauten (Prag, 1885 p. 12) an. wo es heißt: »Wenn man aus dem Dorfe P r a c h o V (bei Jicin) auf dem Fahrwege, welcher zu den P r a c h o- ■ er Felsen und weiter gegen Lhota pafezskä führt, fort- schreitet, bemerkt man zu beiden Seiten Wälle, die sowohl durch ihre Länge wie auch durch ihre eigentümliche Lage und Richtung auf- fallen und mit dem Ausdrucke «v sancich« (sanac = Schanze) be- nannt werden. Es sind dies Doppelwälle, welche nebeneinander, w ic durch einen Graben getrennt, fortlaufen. Stellenweise bilden sie
Bastionen von 38 ni Höhe. Dieselben begiinien bei dem Jägerliause hinter Prachov, ^vo sie sich an Felsen anlehnen, und ziehen sich sodann im w eiten. gegen Süden geneigten, über 760 m langen Bogen gegen das Dorf und von da weiter gegen N. \V. in den Wald B u k o- V i n a. wo sich selbe abermals an 340 m deutlich erkennbar an Felsen hinziehen. \'cr!olgt man diese Spur durch die Waldfhir xnad Kory- tanama« weiter, so gelangt man zu »MoravskoH. von wo sich die Wälle mit Gräben, getrennt durch einen breiten Zwischenraum, wieder von der Anhöhe zum Bergfuße hinabziehen. Es ist wahr- scheinlich, daß diese Wälle mit den vorerwähnten V'erschanzungen zusammenhängen.« Hicbei ist noch erwähnenswert, daß diese Fest- stellung auch durch die topische Etymologie kräftigst unterstützt wird, denn außer «Prachov. Bukovina. Saiiac. Moravsko« befindet sich in den Prachover Felsen ein abgesonderter hochgelegener Platz, namens «Stary Hradek« (Alte Befestigung), wo auch ein uralter Friedhof festgestellt wurde. In derselben Gegend liegen auch die Ruinen der Veste Pafez (Vares!) im Nordwesten; am westlichen Ende der genannten Felsen stand einst die Burg Brada (Broda): im Südwesten beim Dorfe Ober-Lochov (Loka) findet sich wiede»- eine Höhe, namens Hradistka (Verschanzungen) vor.*) — Es muß sonach dieses Gebiet einst eine w ichtige Grenze gebildet haben, daher es auch zu einem verschanzten Lager — im modernen Sinne — teclmisch hergerichtet w urde.
Jan. — Alle topischen und sonstigen Eigennamen dieses Stam- mes weisen im allgemeinen auf eine Grenzsicherung. «Jann bedeutet im Slovenischen einen Grenzstreifen, aber auch Zank. Streit. Kampf. Der römische Kriegsgott Janus. mit zwei oder auch vier Gesichtern dargestellt, ist w ohl ursprünglich der Name des Chefs einer Grenzgegend gew escn. der dieselbe nach allen Rich- tungen beobachten mußte; den Beobachtungsdienst selbst be- sorgten die J a n i t s c h a r c n, w eiche heute als eine rein osmanische Institution angesehen w erden. — Nach der .Auffassung in der ältesten Zeit hatte die Mißachtung der Grenze einen sakralen Charakter.
") Der Leser niösrc sich fallweise bei jenen topischen Begriffen, deren Krkläriiiig iitch nicht voraussing. mit Kilfe des am Schlüsse beigegebenen »Verzeichnisses« die etymologische Orientierung holen.
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denn iedc ältere Religion hat die Grenze einer sehiitzeiideii (iottheit zugewiesen. — Der Monat Jänner ist sonach nicht ganz nniiioti- viert der Qrenzmonat des Jahres.
Die vielen Ortsnamen, wie: Jana (Grenzfluß), Janöw, J a- n i n a, auch J a n i a, J a n i c a, J a n k o v, J a n o w i t z, J a n t r a (Grenzfluß), Janiculus (am rechten Tiberufer) u. a. sowie alle in der Wurzel als »jam, jon. junn lautenden Eigennamen sind augen- scheinlich dieses Ursprungs.
Vielfach wurden Ortsnamen dieser Art zu «Jäu", wie Jena, \\ e n i g e n i e n a («ven» und «jan« also zwei Grenzbegriffe), J e- n i s s e i. J e n b a c h, J e n k o u. a. —
Die «Hansa» (Jan = Hans) war augenscheinlich nur ein Bund zur Verteidigung jenes Küstenstriches, welcher besonders den Handel begiinstigte. —
Littau. Litija, Leitha. Alle Namen dieser Wurzel deuten auf G r e n z V e r t e i d i g u n g s p u n k t e hin, und hat sich der sprach- liche Beweis hiefür am deutlichsten im Lateinischen erhalten, wo «litus« = Grenze, Ufer, Küste (ital. »lido«), "lituus» = der Be- obachter, Signalgeber, nlis. litis« = Streit, Kampf — bedeutet; «Lito- rale» kennzeichnet ebenso ein Küstengebiet, wie «Lydien«. — Im Slavischen herrscht mehr die Form idjut. Ijud« vor, worunter man heute das V o I k, selbst versteht, früher aber damit die Verteidiger (des Volkes) kennzeichnete; die Cecheii gebrauchen jedoch noch inmicr die Form «lid« (= Volk). —
Die Namensformen «Leiten« und «Leuthen« sind sonach ety- mologisch gleichwertig; «W e i n 1 e i t c n ist eine Verteidigungs- vorsorge an der Grenze; Leiromischl (Litomysle) ist ein Grenzpunkt an einer Bergnase; der Älteste und Führer einer solchen \erteidigungsgemeinde hieß folgerichtig «Leiter«; ein slavischer Ho- heitsname dieser Genesis hat sich nicht erhalten, denn z. B. Ljudovik (~ ^■olksrufer) ist bereits zum allgemeinen Taufnamen geworden.
Don, Donau, Dunaj, Donec, Dunajec, Donawitz u. ä. sind Flüsse und Ansiedlungen, welche zur \erineidung von Grenzüber- schreitungen befestigt d. h verteidigungsfähig vorbereitet waren. Das Grundwort ist in seiner primären Bedeutung nicht mehr gebräuchlich; die deutsche Namensform ist bereits «Zaun« (eine ge- sicherte Stelle); im Englischen bedeutet «tovn« schon eine b e f e-
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stigte Stadt. — Der Ort wDonau« (Böhmen) heißt ansonst auch »Hajek« (= Sicherungspuiikt).
Jeder Fliil^ bildet einen natürlichen Qrenzwall; von den meisten wissen wir aber noch, daß sie an jenen Stellen, ^velche für einen Uferwechsel günstig schienen, technisch verstärkt waren. Auffallend ist es, daß die Donau weder im Oberlaufe (Bregc und Brigach) noch (im Altertume) im Unterlaufe (Ister) als Donau benannt wurde. weil die anwohnenden Völker die Grenze, die der Fluß bildet, längs des langen Laufes verschieden bezeichneten.
Der Hoheitsname ist doch wohl «don« (auch «dorn«), ^vie er sich bei den romanischen Völkern sowie slavischen Istrianern er- halten hat (lat. dominus = Herr). Der deutsche Gott Donar, auch T h u n a r, ist also in seiner Ursprünglichkeit der Befehlshaber einer »Donii-Gegend gewesen, und sind auch die Berge des Namens: Donnersberg. Donatiberg u. ä. nichts weiter, als befestigte oder in einen Verteidigungsbezirk einbezogene Höhen. — Im Festungsbau versteht man unter «donion«. welches irisch noch immer »befestigter Ort« bedeutet, den höchsten für die Verteidigung hergerichteten turmartigen Bau. —
Ein weiterer Hoheitnanie ist «Dynast« (griech. der Mächtige, der Vornehme): d r !■ co = sich in den Krieg begeben, d. i. jener, welcher einst den «dun« (kelt. Berg), die Grenzhühen. die befestigte Grenze verteidigte, denn die wichtigeren Grenzlinien führen stets entweder längs eines Gewässers oder aber über die höchsten Teile eines Gebirges. —
Selbstredend gehören auch alle Namen mit dem anlautenden )(T)( hieher. wie: Tuner See. Tunis, Tungusen, Tum. Tom. Toman. Tomi, Tomsk, Tonale, Tondern, Tönsberg (Norwegen, mit alten Burgresten), Tonna (Gräfentonna) u. a. sowie Dom, Dombe. Doni- basle. Dombrau. Domazlice, Dommitzch (wendisch noch: Duminac), Domnau, Domanovo. Domanovic*) u. a. ni. —
') Domanovic, ein Weiler an der Strecke Mostar — Stolac — Mctkovic in der Herzegowina, wurde im Jahre 1878 sofort militärisch besetzt, und blieb es liis heute als wichtiger Punkt einer Etappenlinie: als solcher jjajt CT aber auch schon in früheren Zeiten.
In den russischen «BilinenH (= Geschehenes, d. i. epische Erzählungen) sind KDon» und «Dunaj« (auch »Voljga)-) noch Namen von Melden, die nach der falschen Xolksetymologie ihrer Verdienste w egen in die benannten Pliisse \er\\andelt wurden, um so unsterblich und unvergessen zu bleiben.
Kreis. Kres, Krii, Gric. — Ein kreisftirniig abjccschlossenes Ver- waltuiigsgebiet nennt der Slavc noch «okres«, d. i. Bezirk, Kreis. Ks war dies aucii einst so. nur war die Periptierie eines solchen Ge- hietes, weil sie ziiglcicli eine Grenze gegen mehr weniger feind- lich gesinnte Nachbarn bildete, auch entsprechend verteidigungsfällig hergerichtet. Die Ortsnamen: Kresevo. Kfesan, Kresice. Kreslice. Kresbach. Kressenbrunn u. ä. deuten sonach darauf, daß sie als Qrenzorte zugleich für den Kampf vorbereitete Plätze waren, denn der Slave versteht unter «kresanie. kresati« Kampf, Ge- plänkel, sich prügeln. — Der sprachlichen Metamorphose wie lokalen Aussprache zufolge wurde aus «kres« auch xkrs" und «krst», sowie ikfiz« und «gricx (= niederer Hügel), daher die so häufigen Höhennamen Krstac. Kfiz. Kfizeva gora, u. ä. — Der Begriff «ki'izK (= Kreuz) kam sonach erst dadurch zur heutigen Bedeutung, daß auf einem als «Kfiz. Kreuz. Krst" benannten Kampfplatze ein Erinne- rungszeichen errichtet vurde, bezw. daß die technische Vorsorgen daselbst so benannt wurden, daher auch so viele Orte dieser Ge- nesis zugleich Kapellen. Kirchen. Burgen, Ruinen. Klöster, Meier- höfc. Friedhöfe sind. — Ein typisches Beispiel, daß «Kreuzx aus kkfizK wurde und nicht umgekehrt, bietet der Name der Burg »Kreu- zenstein» (bei Wien), weicher Name in der ältesten erhaltenen Ur- kunde (um das Jahr 1100 n. Chr.) noch «Grizanestein» lautet, hier also nicht ai'S »krajx hervorgegangen sein kann. Nachdem «tinj« (= Umfriedung) im Deutschen meist zu «Stein" transformiert wurde, bedeutet sonach dieser Name soviel als «Grenzsicherungshöhe», und war dies w ahrscheinlich dereinst, als die Donau noch näher an jener Höhe vorüberfloß, vollends berechtigt.
Es fällt nun auf. daß unsere heutige politische Einteilung nur Begriffe kennt, die etymologisch auf eine gewisse Abrundung des Gebietes weisen, wie: »kres. okres« ~ Kreis, Kreiseinteilung; «Be- zirk« ist ein durch »cirkcv» (lat. circus. circum) abgegrenztes Gebiet, wobei die einzelnen Verteidigungspunkte jene slavischen Namen führ- ten, von denen heute «cirkev« schon nur mehr als K i r c h e (mit Um- fassungsmauer) gebraucht wird; der Franzose hat hiefür das «Arron- üissement«.
Zam. Sam. Dieses Wurzelwort liegt außerordentlich vielen Grenz- und \" e r t c i d i g u n g s p u n k t e n zu Grunde, wobei augenscheinlich «zam« die ursprünglichere Sprech- und Schreibweise
ist. — Die Kontinuität der Bedeutung hat sich im Slavischen in »za- niek. zamok« (= Schloß. Burg, sowie: Schloß. Sperre), im Deut- schen in «Saum, Säumer, umsäumen« erhalten. — Alle Namen dieser Richtung zeigen einen deutlichen Zusammenhang mit Q r e n z e, B e- festigung. Absperrung, was durch Verbindungen mit ähn- lichen, sachlich verwandten Begriffen noch weiter bestätigt wird, wie z. B. bei Sambor. Samobor, Szomfcor, Saumburg u. a. Als Ho- heitsname galt xSamoi', d. i. der Kommandant eines solchen Platzes, womit sich auch der sagenhafte oder unklare Ursprung des slavi- schen Königs iiSamO)! von selbst dahin berichtigt, daß dies eben ein Gattungsbegriff der Slaven für Herrscher, Befehlshaber war; sie werden wohl mehrere Fürsten gehabt haben, d'e sie «samOH (oder Kzamo») nannten, aber die Geschichte hat uns nur die Existenz des einen übermittelt, daher derselbe gleich als Eigenname aufge- faßt wurde.
Hiemit erhalten wir auch eine Klärung für folgende der älteren Geschichte angehörende Namen, als: Zama, Same, Samos, Somo- thrake. Samaria, Samarobriva, Samnium, Samniter, Zamora u a. Weiter gehören hieher: Same (-~ das Volk der Lappen), Samojedi. Samhara {~ das Küstengebiet von Erythräa, Afrika). Samland (der Küstenstrich an der Ostsee). Samoa. Samogitien (Rußland). Samsun (Stadt am Schwarzen Meere). Zamostie (russ. Festung), Samokow (bulgarisch, einst befestigte Stadt), Samotschin (Stadt in Preußen), Zamach, Zamanje, Zamasco. Zainarsk (hier ist also keine Präposition «za« zu suchen!). Zambana, Zarnberg (deutsche Analogie: Schaum- burg). Zamek, Zamez, Zamky, Zamost. Zamrsk, Zams, Zamserberg, Samberg, Samechov, Samaden, Saming, Samone. Samotin, Samsin, am Sand u. a.; wahrscheinlich gehören hieher auch alle nüt »n« ge- schriebenen Namen, wie: San, Sann, Sana, Sanov, Sandec, Sany, Sanok, Sand. Sandau u. s. w. — Den Südslaven wie Osmanen ist »Sandzak« gleichbedeutend mit Grenzgebiet. Das Kloster, w elches den Ursprung meist einem einstigen Verteidigungsplatze ver- dankt, nennt der Südslave «samostan«. Sonstige Hoheitsnamen dürf- ten auch «Samuel. Samson« sowie vor allem «San« gewesen sein, woraus sich sodann richtigerweise «sanctus« (= heilig) bildete, denn der höchste im Staate gilt überall als eine geheiligte Person. Eine nähere Beleuchtung für diese Etymologie gibt auch der deutsche Begriff «Samtgenieindci'. worunter man die \erbindung mehrerer
(lemciiiden zu einem geineinschaftlichtii Zwecke, ohne Aufhebung der Flurverfassung, versteht, also in erster Linie wohl zu Verteidi- gungszwecken und zur nachdrücklicheren Abwehr eines gemein- schaftlichen Feindes.
Hiemit sprachlich innig verwandt sind ferner:
Sem, Semit, Semil, Semur. Semipalatinsk, Sempione (ital. Sini- plon-Palj), Semendria (Smederevo). Semlin IZemun), Semoy, Sem- pach, Semien (abess. Provinz), Semirjecensk (ist kein «Siebenstrom- land«, da es geradezu zwischen zwei Seen liegt), Sentis (Gebirgs- stock). Senne, Seine, Sienica. Zenica, Sienna u. a. die durchwegs Namen für ürenzp unkte sind, doch gebrauchen die Slaven das Grundwort «sem, zem« heute nicht mehr in diesem, sondern nur im übertragenen Sinne. «Zemlja« ist das Land im allgemeinen; «zem- lian« der Landsmann, der Nachbar; «zemstvo« ein sich selbst verwaltender Kreis in Rußland; «zeman« ist der Älteste, der Mächtigste in der altslavischen Verfassung; iiSemernik«. wie der «SemmeringK in alten Urkunden, z. B. 1221 als «Mons Semernik«. geschrieben erscheint, ist sonach sowohl sprachlich wie auch geo- graphisch der Qrenzberg. und wird in südlichen Ländern oft auch als Cemer. Cemerno, Ceniernik ausgesprochen und geschrieben vor- gefunden. —
Desgleichen haben andere Sprachen diesen Stamm in gleicher Bedeutung, wie: «serni« lat. halb; «Semmel« im deutschen, «ze- mlja« im Slavischen, das geteilte Gebäck; «senor« im Spanischen, «signore« im Italienischen für Herr, Gebieter: «senatus« die gesetzgebandc Körperschaft in Rom; «Semuai« griech. die Ehr- würdigen; «Semperfreie« im altdeutschen Rechte die Fürsten imd freien Herren, welche für die Grenzsicherung verantwortlich waren; «Zenith« ist der Scheitel-, Durchschnitts- oder Grenzpunkt; «Semaphor« ist nach dem Griechischen der Zei- chenträger, aber das Zeichen selbst ist eben das Grenz- zeichen der Station. — «Sem« (der Sintflutsage und der biblischen Völkertafel) war sonach ein H o h e i t s n a m e der Semiten, also der Bewohner jenseits der Grenze eines anderen Volkes; desgleichen sind die gallischen Semnoni oder Senones etymologisch die Nachbarn, die Anrainer, — Ob es tatsächlich eine Königin Semiramis gab, ist sehr zweifelhaft; augenscheinlich war dies
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nur der Name einer Grenzstadt {useiii« und «raiii«). die eine Zitadelle, namens «Vanw, mit noch heute sichtbaren krenelierten Mauern hatte imd tatsächlich an der Grenze (am Ufer des Tigris) lag. —
Berg, Breg. Heute \crsteht man danmter zumeist nur Boden- erhebungen; ursprünglich scheint man aber damit Qrenzpunkte bezeichnet zu haben und gelten als solche namentlich die Fluß- ufer, die der Slave gleichfalls «breg. bfeh» nennt, daher auch die vielen Flußnamen wie: Brege, Brigach, Bregava. Pregel u. a. welche eine Grenze bildeten, ebenso wie die Ortschaften: Breg, Bregenz. Bregana. Bi^ehor. Bfehy. Briga. Brigidau. Prekär u. a. auf ein G r e n z- gebiet anspielen. Das häufige: Pobrez, Pobrezje ist sonach eine Qrenzgegend im allgemeinen. Die Ortsnamen Breg. Brezice u. ä. wurden daher folgerichtig vielfach im Deutschen in: Rann. Rain, Rein«, übertragen. (Siehe Artikel: Raj.) Daß diese Etymologie richtig ist. ersieht man auch daraus, daß es Orte «Berg. Bergen, Bergenthal)' u. ä. gibt, die gar keine Höhen aufweisen.
Weitere Ortsnamen dieser Richtung sind z. B. Pressburg. Pressberg (Prassberg). Presa, Preschkau. Preska, Preserje, Pressano u. ä.. die hiemit Grenzpunkte festlegen, welche für die Be- obachtung oder Verteidigung technisch vorbereitet waren. Jemand der auf einem solchen Punkte Wache hielt, hieß «prezam (Lauerer), der Punkt selbst «preza« (— Lauerstätte. Hinterhalt), »prezati« ( = scharf beobachten, lauern). — Hieher gehören daher vor allem alle mit dem anlautenden »B« geschriebenen Namensformen, wie: Breza. Brezina. Brescia (mit einer Zitadelle), Brzesc (Brest-Litovsk), Brest. La Bresse. Bresslau. Bfeclava, Brezovice, Bfeznice. Brzezany. Bfezolupy. Nabrezina (Grenzgegend mit drei Wallringen, gradisce, Castellieri genannt, und reichen prähistorischen Funden) w v. a. —
Die bisherige Annahme, daß z B. Brezina als Ortsname von «brezax (= Birke) stamme, daher eine Birkengegend bezeichne, hat sich als unberechtigt erw lesen und verführte vielfach zur etymo- logisch trügenden Schreibweise. — In deutschen Gegenden gibt es vielfach Höhen des Namens: Kanzel. Kanzelberg. Predigtstuhl; diese ungewöhnlichen Bezeichnungen sind der unrichtigen Übersetzung des slavischen «prezuica« (= Lauerstätte), welches aber als «priz- nica. priznik« auch Kanzel bedeutet, hervorgegangen. Hieher gc-
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hören auclit die Namen: Frzno, Przcnka. l^rznica. Moiitp re i s u. ä. (Siehe Abbildung des Schlosses Montpieis in StLitrniark.)
In der Herzegowina gebraucht man noch den Begriff »briga» als ürenziinie; z. B. an der Grenze der Bezirke iMostar-Stoiac legt man den Höhen nebst dem Eigen- auch den (iattungsnamen «briga« bei. Liings des Bf)dcnsees wohnten einst die HrigantlL-r; ilnc
Montpreis in Steiermarlc
Hurgen waren Brigo banne (Breunlinge) und B r i g a n t i u ui !Bregciiz); das Gebiet bildete eine Grenzgrafschaft: der Grenz- Wächter war der Brigadier (jetzt General: in Frankreich Gefreiter) und B r i g a n d. welch letzterer allerdings heute schon zur Bedeutung Räuber herabsank; «briga« bedeute im Mittellatei- nischen Streit, eine »brigue« ist dem Franzosen eine Rotte (von Gleichgesinnten). — Dem Slovenen ist «briga« — Sorge; im Kel- tischen bedeutete es aber noch: Ufer, (jrenze: «brig» war gleichbe- deutend mit «Jäger«. —
Reka, Rjeka. — Der S'ave versteht heute darunter den Fluß oder ein Gebiet nut mehreren Wasserlinien, doch ent- spricht dies augenscheinlicli nicht der Urbedeutung, denn man muß damit einst eine natürliche Grenzzone, die zur Verteidigung ge- eignet war, bezeichnet haben, nachdem es viele Ortlichkeitcn dieses Namens gibt, die überhaupt an keinem Fluße liegen. Sprachliche Be- weise hiefür haben wir im Slovenischen, wo «rega« : Einschnitt, S p a 1 1 e, G r an z z e i c h e n. im Kroatischen das Bedroh e n kenn- zeichnet; namentlich hat sich aber das Grundwort im Lateinischen in rego (= beherrschen), regio (= Grenze), regnum (= Herrscher, Leiter) erhalten. Das Lateinische «rex« hat aber auch Analogien im Slavischen als «rek« (cech. = Held), und «Recke« im Deutschen. «Reguläre« Truppen waren sonach einst dieOrenzsicherungs- t r u p p e n, «Regent« war der Kommandant, «Regatta« der Wett- kampf derselben (heute nur mehr beim Rudersporte).
Bezügliche topische Namen sind: Regen. Regensburg. Regen- stein, Regenstauf, Regnitz, Regau, Regersdorf, Regnersdorf, Recica. Reka (= Fiume), Cerna feka (eine Höhe), Retz, Reckovice, Rehost. Crnorecje, Rekawinkel (mit zwei Grenzbegriffen: «reka« und «vin«) Reggio (Regium) u. a. Desgleichen kennzeichnen die vielen Orts- und Riednamen: Zarzycze. Zarjec, Zeretse (1250), Zarjeco. Sareitz, Za.r- zitz u. a. nicht so sehr die Gegend hinterdemFlußi («Zarjecje«) sondern jene hinterderGrenze, sowie auch «Porecje, Porjeka Pörtschach (das entstellte «Porjecje«) nur die Gegend an und nächst einer Grenze andeuten; desgleichen ist «Meseritsch« («Mezirjecje«) das Gebiet zwischen zwei Grenzen, wobei man bei allen die Wahrnehmung macht, daß his\\eilen tatsächlich ein ein Fluß da ist. aber ebensooft auch nicht.
Loka, Lotika, Liika, Lug, Loz, Loznica, Loosdorf, Lausanne, Laak, Lukovec, Lugeum u ä. bezeichnen einen mehr oder weniger gesicherten G r e n z p u n k t. Unter «lociti, locilo« versteht der Slo- vene: sich trennen, die Trennung, das Schisma; lok = Bogen (als Waffe); lokav = hinterlistig; logar = der Hüter, Heger; «Loge, Loggia« wie «locus« deuten im Romanischen auf einen abge- grenzten Raum; «luka« ist der Hafen, d. h. wo die Schiffe geschützt sind; «loka«. «louka« ist im weiteren Sinne als Wiese. Anger ja auch ein gesicherter Ort. d. h. jene abge- schlossene, umzäumte Grasnutzungsfläche, die man vorerst mähen.
also liiclit dem W cidexiuli überlassen will. "Loki» ist sonach der Kän)pfer an der (iienze. in anderer [''oini aueli als: i^Lukas. Lucia».
Weitere Klärungen hr'r^t anch das i^riecliisclie „k('.-/OL:' (= Lager, Hinterhalt, Abteilung Infanterie), ,,lii-/ciy6g^ (= Kom- mandant von 100, bc' den Persern von 24 Mann), „Ao^ßw" (= im Hinterhalte liegen, deutseh: locken). Anch die Herzegovztn nennen das Lager i'ulog«, die S'o\-encn nloz, loza« wie «loka« ( = Zuflnchtsstätte).*)
Wie imbeholfen einzelne Forscher noch hernmtappen, weil sie, wie auch die meisten wissenschaftlichen (Jescllschaften, die jeder Kontakt mit dem Slavischen gleich konvnlsivisch macht, diese ganz natürlichen Forschnngsresnitate iiartnäckig ignorieren, ersehe der objektive Leser an dieser Stelle, an welcher alle die hiezn nötigen Verstiindnisprämissen bereits vorausgeschickt sind. Prof. S. Troja- novic (Belgrad) erzählt in den Mitteilungen der Wiener Anthrop. Ges. ( 1909, in. u. IV. Heft), er habe einen Schalenstein knapp a m Wege beim Dorfe Lozani (Serbien) — in der Nähe des Berges A'ojiiiciic und des Hügels »Bandera« (Vandera) — gefunden, auf dem sich 56 künstliche Vertiefungen befinden. Er glaubt mm, daß dies (Ipfersteine oder überhaupt religiöse Objekte seien, wundert sich aber doch auch, daß ein ganz ähnlicher Stein, wie in Serbien bei »Lozane«, auch in Frankreich beim sprachlich gleichstanmügen (^rte «Losere» gefunden wurde, und scheint dies mit dem deutschen Begriffe «Los« in Zu.sammenhang zu bringen. — Ich hoffe damit doch einige konstant Ungläubige zum Nachdenken aufzurütteln, ob wer einen g e w a c li s e n e n Felsen längs eines (1 r e n z w e g e s mit
') Rrw'iihiicnswL'rt ist hier das Zusaninieiitreffcii einer auffallenden interllniiualen Kongruenz, denn sowie das sIcAenische «loka, loica« Klcichbe- deutcnd ist mit dem Kriecliischen »Ar;^ot,v iK'deutct dieses zujtleich auf die (icbiirt; aber der Slovene bezeichnet mit »loza» ledi.s^lich die Nachge- burt: den Bo»>-n nennt dieser «lok». der (irieche »IvyoS" (das BIck- same'; »J.t'j'f« ist dem (jriechen: der Sehende, der Seharfsehende, der Luchs, dem Sl(>\enen ist »lue« (-- Licht, im allicemeinen): »^lyiTtü« (= biegen, riMKcn, werfen), slov. ilueali» (= werfen, ringen) u. s. w^ — Es zeigen so- rraeh die gleichen Wiirzelbegriffe in den zwei äußerlich giundverschiedenen StJrachen noch sehr deutliehe Spuren ihrer einstigen geir.eir.scliaiüehen (je- nesis auch hinsichtlich der Bedeutung,
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kleinen künstÜLhcn luid auffällig gnippierten \ertiefunger. versehen wird, um dort das Opferblut aufzufangen, oder aber um hiemit eine schw er verwischbare O r e n z m a r k i e r u n g ersichthch zu machen !
Celle, Zell. Zcllnitz. Celje (Cilli). Schelleberg. Schelletau, Schel- lenburg Schelleschitz, Celo, Vrh Celo, Cele Kul?, Czeladna. Monte Celio, Celovec (Klagenfurt). Zill. Ziller. Slll. Sillein u. ii. weisen auf feste, gut \- e r t e i d 1 g u n g s f ä h i g e G r e n z p u n k t e. Das Grundwort ist das slavische Hcel» (= kräftig, stählern) wie auch: cel ~ Ziel, Endziel. Grenze. Z o 1 1 s t a 1 1 o n. Verw andte Re- griffe sind noch: celesn (= der Tüchtige, der Hervorragende); celad. ccled (= die Waffenfähigen, die Angehörigen einer Verteidigungsge- meinde); celada (slov. der Helm); celka (russisch der Roßschweif, die Fahne =" als Attribute des Kriegers); celo (= Spitze, der steile Gipfel eines Berges); das italienische «ce'la" ist die Vorratskammer (in einem Verteidigungsraume); celjni (russ. das Stück Lard, welches unbebaut ble'bt. also jenes an der Grenze) u. ä.
Auf diesem L'mw cge gelangt man endlich zur Klärung des viel- umstrittenen Namens «Celti»; es waren dies sonach jene Bewohner. die ihre Verteidigungs Vorsorgen an den Grenzen: «ctlo. seloK. und die sich als Kämpfer und Verteidiger nceled. celadx nannten oder von den Nachbarn so genannt wurden. Dem Russen gilt noch heute als Kselö« nur jene Ansiedlung. die eine Kirche aufweist, also einen festen Kernpunkt für die Verteidigung besitzt. — Hiemit ist wohl auch die sprachliche Zugehörigkeit dieses den Gelehrten so rätselhaften \'olkes sowie die ungewöhnliche Verbreitung dessel- ben klarer geworden, und ist es nun geradezu zw eifellos. d a ß a I 1 e s jene, dem der keltische Stempel aufgedrückt wird, eine slavische Grundlage hat. abgesehen davon, daß ja auch alle Gebirge. Gewässer und A n s i e d 1 u n g e n j e- n e r Gebiete, die den v K e 1 1 e n « als \\' o h n s i t z e zuge- schrieben werden. Namen führen, für welche nur die s 1 a v i s c h e n Sprachen eine natürliche und sinn- gemäße Deutung kenne n.*)
") Typisch für die Deukmethode der Gescliichtskritiker ist jedenfalls die Fixierung des Zeitpunktes für die KInwanderung der Slaven. Man sagte sich: i. J. 451 werden die Markomannen zum ietztenmaie genannt; i. .1. 493 ziehen aber schon die Meruler über das slavische Oebiet. daher der logische SchluR : in der Zwischenzeit müssen die Slaven e i n g e-
t:s ist heute w ohi schon eine Notwendigkeit das s 1 a \- i s c h e Gebiet zu betreten, wenn man seine Bedürfnisse nach VergröBc- rung des Sprachwissens befriedigen w iil. und es ist sicherlich eine große Unterlassung, mag sie mm der Unkenntnis, Antipathie oder Gleichgültigkeit entstammen, wenn man bei der Forschung n a ch den U r b c w o h n e r n Europas dies noch immer nicht berücksichtigt; diese Einseitigkeit hatte bedauerlicher- weise nur den einen Erfolg, daß man bisher eigentlich keine Ge- schichte der Slaven schreiben konnte, weil sich stets das Kelten- t u m in die Quere legte und der Begriff «k e 1 1 i s c h« allein jeden Geschichtsschreiber, w ie die Schlange den Vogel, hypnotisierte. E s ist und bleibt daher unverständlich, warum die zünftige «Historie« den ungeheuren Qu eilen wert der prähistorischen, s o ax" i e nun auch der o n o m a- stischen Forschungen noch i ni ni e r nicht anerken- nen und verwerten will!
Man versuche es nur einmal das Keltische mit dem slavischen Sprachschatze zu vergleichen und man wird überrascht sein über die Identität und Verwandtschaft der Begriffe; das künstlich aufgebaute, oft nur in Bezug auf die Begriffsbedeutung dem Gefühle oder der Ver- mutung nähergebrachte «Keltisch« ist lediglich ein Slavisch, welches im Sinne der heutigen Auffassung den Titel jener Volks- stämme darstellt, aus deren Summe sich eben bis heute durch die Wissenschaft der Qesammtbegriff «Slaven« gestaltet hat. — Die K'eltomanie hat aber mit ihrer intensiven Einsetzung aller Kräfte eigentlich selbst und unbewußt die Erkenntnis an den Tag gefördert, daß wir das Keltische mit dem Slavischen zu iden- tifizieren haben, nachdem die Ähnlichkeit und organische Ver- wandtschaft umso schärfer hervortreten, je mehr Vergleiche ange- stellt werden. Unser ganzer Streit und die w issenschaftliche Kontra- diktion ist. gleich dem Nebel in der Sonne, in jenem Momente zer- ronnen, wo man e r k e n n t n i s \^ o 1 1 zugibt, daß alles als kel- tisch Angesehene nichts weiter als Slavisch im
wandert sein! Sonderbar: wer in der (jescliichte unter dem heute Kang- baren Namen nicht existiert, der war nie! Und diese Folgerung setzte deni- entsprecliend voraus, daß die iVlarknmannen zugleich Gelten waren, daher am Papiere eigentlich die Rechnung stimmt; sonstige Erfahrungs- und Beweisgründe sind dabei wertlos!
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li e u t i K c n a 1 1 g e in c i n l n S i n n e. d a Ij »K e 1 1 i s c h« ii ii d «S I a V 1 s c li« identische Begriffe sind. Nur auf die- sem 1 d e n t i t ä t s z u g e s t ä n d n i s s e haben die bisheri- gen w i s s e n s c h a 1 1 1 i c h t n Arbeiten auf keltischer (1 r u n d 1 a g e einen S e 1 b s t k o s t e n \\ e r t : andernfalls i s t d i e V (■) 1 1 i g e D e s t r u k t i o n und Vergessenheit ihr unaufhaltbares Los!
Die (jtschichtsschreibuug hat auch den Szenenwechsel, wo- nach die Kelten schon die Wcltbi.hne verlassen hätten, als die Sla- ven auftreten, sehr plump arrangiert, denn w ie können dann die Sla- ven nahezu die gleiche Sprache sprechen, als die Kelten, wenn beide niemals im Kontakte waren! Auch wäre es schade um die Drucker- schwärze, wenn ich heute etwa noch weitere sprachvergleichcndL Beispiele anführen wollte, wie ich es bisher getan!
Der Hoheitsbegriff hat sich im Slovenischen noch in «nacelnik (= Vorsteher) erhalten. Aus der Bezeichnung für die Verte-diger scheint auch der Begriff «Zeloten« hervorgegangen zu sein, worunter man heute einen Fanatiker versteht, einst aber hiemit auch rücksichtslose Kämpfer. Revolutionäre belegt haben mag. — Der primäre Begriff für den Ältesten einer Celten- Qemeindc w ar aber wohl « 'le^iDBiK'b, clovek«, welches heute schon nur mehr den Menschen im allgemeinen, als höheres Wesen im Vergleiche zn den übrigen Geschöpfen, hervorhebt.
Trak, Trakien, Tragin. Tragöss, Tragwein («trak« und «viu ) Trasdorf, Traa (Drau). Trausnitz. Trakostjan, Drak, Draga, Dragalj, Dragotus. Drachenburg. Drachenfels. Draxl, Drazence, Drace u. ä. sind Ansiedlungen sow ie Verteidigungspunkte an der (i r c n z c. denn trak = Band. Orenzstrich; draga = Engpaß. Schlucht; draka = Kampfplatz. Rauferei; drace. dracjc ^ Dorngestrüpp, das auf der Grenzlinie wuchert. - Im weiteren Sinne gehört hieher: der Dra- c h e, früher meist als «track» geschrieben, d i das feindselige Tier, dann : böses Weib, endlich der Feind im aiigemeinen ; «trach« nannte man auch die ersten (jeschütze (tiauptbüchsen) Von Personennamen kennen wir vor allem den strengen Gesetzgeber «Drakon«, dessen Name wahrscheinlich erst später als Typus einer Person, welche ungewöhnlich strenge im Dienste der Grenzvcrt.i- digung auftrat, auftauchte. .Ansonst konnnt in der ältesten Geschichte
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der Slaven «Drog« als Fiirstentitel ^viederholt vor. — Alte MiiHbctte heißen noch immer «draga, draha«, aber nur dann, wenn sie zugleich eine Flur- oder Gemeindegrenze bilden ; der Wächter hieß augenscheinlicli «Dragoner«; die Knechte, Avelche den Gutsherrn zu begleiten und zu beschützen hatten, nannte man «Draben« oder «Tra- banten«. —
Pol, Polen. Die mit der Wurzel «pol« gebildeten topischen Na- men gehören gleichfalls zur Gruppe der Grenzbezeichnun- gen, denn «Pol« ist an sich die Grenze, «pol« = die Hälfte, also das Geteilte; im Russischen galt jedoch «pol« im altem Gebrauche noch vollkommen als : O r e n z e. R a n d, U f e r, K ü s t e. Vergleiche auch: nolvg — Staat, ^ o l s ii n <; = Krieg, der Kampf mit dem Nachbar. —
Der Volksname der Polen deutet sonach durchaus nicht auf die E b e n e b e w o li n e r (polje = Ebene, Feld), wenn sie auch zu- meist mindergebirgige Gebiete bewohnen, aber andere, wie Pol- lauer Berge, Pollau, P ö II a u (in den alten Urkunden meist als «polan« geschrieben) P ö 1 s, P ö 1 1 e r b e r g, P ö 1 1 b e r g u. a. sind geradezu Namen für Höhen in Gebirgsländern. Eine Grenz- weil Küstenstadt ist auch Pola (slav. Pulj). bei Mela: Pola; Polom ist ein häufiger Name von Grenzbergen u. s. w. Die an den Grenzen aufgeführten Schutzbauten hießen früher auch «Polgraben«, sowie xPaligrabenK. — Die russische Grenzwehr (Landwehr) nennt man iioch im.mcr «opolcenie« (von »opolcat« — sich zum Kampfe ausrüsten, und «opiot« = Schutzmauer, Umzäunung, Grenzschutz). — Im Inn- und Pustertalc waren einst die ein- zelnen Verteidigungsabschnitte in «Oblate« (auch «Obleien») einge- teilt und war diesen zur weiteren Unterscheidung noch der spezielle Ortsname beigefügt, wie: Oblai Rietz, Oblay zu Bercliach, Oblat Vierschach, Oblat im Gartisch u. a.*) — Jene Gruppe, die unter einem Kommando einen solchen Abschnitt zu sichern beziehungs- weise zu verteidigen hatte, bildete einen «polk«, d. i. nach der heu-
*)Daßdieserart jene Gemeinden bezeichnet wurden, welche der Pfarr- kirche Oblaten Zinsen mußten, wie dies einige Etymologen behaupten, dieses ist an sich widersinnig, da mitunter dort überhaupt keine Kirche war, daher völlig unhaltbar. — Boguphalus, der älteste polnische Qeschicht- schreiher, sagt auch, daß der Name »Polen« vom Q r e n zschlosse «Polan« stamme, was in bezug auf die Etymologie zweifellos richtig ist. —
tigeii militärischen Auffassimg ein Regiment, woraus das deut- sche iiVolk« hervorging, und sonach ursprünglich ungefähr dem Ter- ritorium eines Ergänzungsbezirkes für ein Infanterieregiment von heute entsprach. Diese geradezu famihäre Zusammengehörigkeit er- hielt sich in der ehemaligen Militärgrenze bis zum letzten Bestands- tage und ist dem Kroaten der Begriff npuk» immer gleichwertig sowohl für «Regiment» wie auch «Volk». — Der Konmiandant hieß nun »polkovnik, pukovnik» oder «plukovnik« (cech. auch «pluchaf»'; deutsch: Blücher) oder: Polzer. Oppolzer, Apfoltern (dann »Abfai- tern«) im Dentschen,Polak, Pukovic, Bukovic. Vukovic, Boikovic u. ä. im Slavischen.
Als Hoheitsbegriff dieser Richtung ist uns bisher nur mehr aus der griechischen Mythologie der Name «Apollo, ApoUon» (ursprüng- lich daher wahrscheinlich in der Form »Opolo») bekannt; doch auch über diesen wissen wir, daß er als Beschützer bürgerlicher und staatlicher Ordnung galt, sowie daß er frevelhafte Übergriffe — mit seinem ferntreffenden Bogen — zu rächen pflegte: nichtsdestoweni- ger kommt dieser Name aber auch auf den antiken Patera-Figuren wiederholt in Verbindung mit slavischen Texten (vergl. Fig. 21 der gelösten Rimenschriften) und in der Bedeutung: Ratgeber. Be- schützer vor. Sonstige Personennamen sind: Apolonia. A p- p o 1 i II a r i s sow ie die Ortsnamen : Opolan, Opolany, Opla- d e n. O p o c 11 o, O p o c n i c e, O p p e I n. O p 1 o t n i c a, O b a 1 i. A p u I i e n u. ä. — Die Abgabe, die bei der Passierung der Grenze zu entrichten war. nannte man aus gleichem Grunde: obol, obolos. Ein »pol» sprachlich und sachhch verwandter Begriff ist auch: Balkan. Die Bezeichnung für die große Halbinsel galt ursprüng- Hch wohl nur kleineren Gebietsteilen, entwickelte sich aber später zu dem Gesamtnamen, der im allgemeinen auch den Teilen ent- spricht. — Das Grundwort ist »v a 1» (Wall. Palisade, vallum, vallus) in der Bedeutung eines durch Gräben und Palisaden ver- stärkten Verteidigungsplatzes. Dieser Begriff kann noch bis in die Zeit der Hirtenverfassung zurückverfolgt werden. denn »balka» bedeutet im Russischen noch heute Schaf, und »vlah« ist im Altslavischen gleichbedeutend mit H i r t. Damit aber der Hirt seine Herde schütze, wurde durch entsprechende künstliche Korrek- tur die Bodenplastik diesem Zwecke dienstbar gemacht, d. h. durch Aushebung von Hindernisgräben ein Materialw all geschaffen, in den
sodann Palisaden eingebaut wurden. Der Ceche, Pole. Russe ge- brauchen den Begriff iivai« in diesem \\ ie auch im erweiterten Sinne, namentlich der Ceche, als «valka« (= Krieg), «valciti, baljkati« (= kämpfen, «balgen«); «val«. Wall« ~ der technisch verstärkte Kampl- platz. daher auch «Validus« = stark, mächtig; «Invalide« = schwach, nicht kampffähig. — In «Valjevo« warfen die Serben i. J. 1909 wieder neue «Wälle« auf; «Zavalje« ist ein altes türkisches (!) Sperriort im kroatischen Plitvica-Distrikte; «Zavala« ist eine alte Burg mit Kula in der Herzegowina u. a. —
Eine besondere Art von solchen Wällen sind die S c h 1 a c k e n- wälle, wo das aufgeworfene Material noch durch einen Brand- prozeß verschlackt wurde; in Schottland fand man sogar an ver- schiedenen Punkten verglaste Wälle, die für die seinerzeitige Kriegführung gewiß unzerstörbar waren.
Jenes Gebiet, welches viele solche Verteidigungsvorsorgen hatte, nannte man daher W a 1 1 a c h e i, die Bew ohner V 1 a h i (Lahi), \' 1 a s i, V 1 a s i, Wallachen. Die W a 1 1 a c h e i (an der Donau) besaß z. B. schon zu Römerzeiten eine dreifache Zone alter Wall- und Wehrbauten. — Hiefür ist jedoch der verwandte Begriff «vlaciti (slov.). BOJOHiiTB {russ.)« weiter vorhanden, denn er bedeutet: \erbindungsgräben ziehen, in die Länge ziehen. — Im Okkupations- gebiete gibt es viele Höhen, namens: Volinje. Volinjak. Volujak, Vo- losko. Volkovina, auf denen uralte Schanzenreste noch heute sichtbar sind, und die zum Teile i. J. 1878 erneuert wurden. — Im Polnischen versteht man unter «wola« einen Freigrund.
Die Ortsnamen dieser Basis sind ungemein zahlreich und dabei formverschieden, wie: Vale. Valy. Wall. Valc. Wahl. Wahlen. Wald. Waldegg, Waldeck. Waidenstein. Walkenstein. Wals (Heide). Wall- ste. Walowice, Walowa Qöra, Wallstein, Walch, Walchen, Baljke. Balkow . Balkovina, Balkovci, Bai, Baiin. Balki, Balta. Volin. Voiyne. Wolhynien, Falkenberg, Falkenau, Falknow u. a.. sowie die Perso- nennamen, welche den Chefs solcher Verteidigungspunkte einst bei- gelegt wurden, wie: Vali, (die erste Sultansfrau heißt: Valide). Wal- tar (Waltarilied), Walther, Falco, Falk. Bolko. Baldas. Bälden Bal- tazar. Volk. Vuk (d. i. Wolf), Valkun (Valhunus) u. a m. Hieher ge- hört auch der Volksname «V o I s c i« (Italien)*) und «Volci« (Gallien).
') Hier sei eine alkemeiii bekannte Sage etymologisch beleuchtet. — Die römische Wölfin, welche Jas ausgesetzte Zwillingspaar Ronmius und
Dagh, Daker, Dacier. Unter «dac, daca« versteht der Sloveiie den Grenzzoll. die Accise, die Steuer; «dacar« ist der Q renzzoileinnehnier; «dagh« ist dem Osmanen der Berg, na- mentlich ein solcher an der Grenze; iidaggii ist dem Holländer das tndstücii des Taues usw. — Diese Beispiele zeigen an, daß die alten Dakar von ihren Nachbarn eben als Grenzbewohner angesehen wurden. Wenn man daher die ^\ ilde Felsschlucht »Dazio grande» in der Schweiz (Tessin) als »großer Zoll« übersetzt, so ist dies nicht vollkommen richtig, sondern soll nach der Urbedeutung «große Grenze« lauten, — Dieser Etymologie sind daher augen- scheinlich die Ortsnamen: Dachau, Dachy, Dachstein, Dachberg, Dachenberg. Dachsberg, Dacice, Dahany. Tacha, Tachau, Tachöw, Taggenbrunn, Takern, Takacovo (1436 noch «Takac«) u. ä. — Mo- heitsbegriffe sind z. B. D a g a n (ein semitischer Gott), dann Dag- mar, Dagobert, Dank wart u. a. als Personennamen.
Remus in der Schilfwildnis des Tiberufers gesiiugt und sich durch diese freiwillige Übernahme der JVlutterpflichten mittelbar um die Gründung der Stadt Rom und die Weltgeschichte verdient gemacht hat. ist heute noch das populärste \\'ahrzeichen der ew igen Stadt. Zum Gedächtnis an die Amme des Zwillingspaares werden bis heute auf städtische Kosten lebende Wolfe in einem Käfig zur Schau gehalten. — Die wissenschaftliche Forschung pflegt aber selbst vor den ehrwürdigsten Sagen keinen Halt zu machen. Abgesehen davon, daß sich der Oemeinderat von Rom alle diese Futter- auslagen ersparen könnte, wissen wir auch, daß an der kapitolinischen Wolfsgruppe die Zwillinge eine spatere Zufügung sind, daß die Beine der Wölfin im 10. Jahrhundert n. Chr. angeflickt wurden und daß nur ihr Kopf und ein Rumpfteil unverfälschte antike .Arbeit aus vorchristlicher Zeit dar- stellen. Der Archäologe Pericle Ducati aus Bologna hat nun festgestellt, daß die Geschichte von der säugenden Wölfin auch keine römische Originalsage ist, sondern daß sie von den «Etruskernn übernommen wurde, wenn man auch sonst von der ungewöhnlichen Appetitlosigkeit dieses gefräßigen Raubtieres ganz absieht. Der Ursprung der Sage ist nun augenscheinlich folgender: die «Volsci, Volci», ein Urvolk Italiens, strebten, ebenso wie andere, die etymologische Erklärung ihres Namens an; nachdem aber «Volci» im Slavischen, der Sprache der Urbewohner Italiens, gleichbedeutend ist mit «Wölfe» (volk = Wolf), mußte man nun auch an die Formulierung einer dies beglaubigenden Sage denken, welche dann ebenso ernst genommen wurde, wie etwa der Bär für Berlin. — Die naive Erklärungskunst macht das Unmöglichste möglich, aber die exakte Wissenschaft darf sich dadurch nicht beirren lassen!
Dana, Dane, Danje, Danek, Danndorf, Dankowitz, Danz, Danzig, Danzlau, Dannenberg, Tanzenberg u. ä. sind Orte an einer Grenze, d. h. an einer Stelle, wo man eine Abgabe entrichten mußte, denn «dani^ bedeutet in allen slavischen Sprachen Steuer, Tribut; im Russischen hat sich sogar die veraltete Form «cornaja dann (= Grenzsteuer) erhalten. — Bei diesem Grundworte ist besonders der Name "Dänemark« bemerkenswert. Dieses Land benennen die Sla- ven noch immer als «Dansko« (= Grenzland), während die Deut- schen noch «mark« hinzufügten, also eine Tautologie konstruierten, da sie das Grundwort wohl noch verstanden aber nicht für genügend prägnant ansahen. Desgleichen bekräftigen diese Etymologie auch die "Danevirke, Danevorke« (= G r e n zfo rt i f i k at ion e n, d.i. dan. vir und bor), die als alte G r e n z w ä 1 1 e. w eiche schon i. J. 808 die Dänen gegen die Deutschen aufgeführt haben sollen, seit jeher angesehen werden; der Etymologie nach sind aber diese Werke wohl noch weit älter. — Als Personennamen sind namentlich: Dan. Danaos. Dana e, Daniel bekannt, von denen der erstere als der mythische Ahnherr der an der Nordg r e n z e Palästinas w ohnenden Juden gilt. Die D a n a e r (= Bew ohner von Argolis) waren sonach richtigerweise auch die Nachbarn der Athener.
Stairi, Stein. Die nach vielen Hunderten zählenden topischen Namen dieser Kathegorie sind sonderbarerweise nicht deutschen Ursprungs, sondern haben zum Qrundworte das slavische: «stan. sten. stena« d. i. Wand. Grenze. In vielen Fällen hat man im deutschen Gebrauche gleich die Übersetzung zugefügt, daher die zahlreichen Orts- und Riednamen : S t e i n \v a n d. — Solche Punkte liegen ausschließlich an mehr oder weniger wichtigen Grenzli- nien und w urden je nach ihrer Qualität auch zur Qrenzverteidigung ausgenützt. Mit dem deutschen Begriffe xStein» decken sie s'ch in vielen Fällen nicht, da der Name auch in nicht steinigem Gebiete, ja in der reinen Fbcne (wie z. B. Freistein), vorkommt. — Die Grenze bildet eben eine gewisse Wand, daher man dort auch Halt machen muß; aus diesem Grunde gelten die Ortsnamen: Stan, Stani, Stanov, Stanovisko. Stanoviste. Standorf. Stanestie, Stanik. Stanetinci, Stann, Stanislau. Stanislovice, Stanosina, Stanköw, Stain. Steinz. Stenitz. Steiniiz u, ä. als dieser Etymologie angehörig. Die Haltsteile heißt daher auch «stanice. stancija« im Slavischen.
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Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht der alte norddeutsche Ort «Vadstena« (= die verschanzte Grenze), wo auch der «gernia- iiische« Runenbrakteat gefunden wurde, der aber auch slavi- schen Text auKveist; es sprechen sonach sowohl die prähistori- schen Funde w ie die topische Etymologie für die slavische Vorver- gangenheit. — Daß eines Steines wegen ein Ort je den Namen erhalten hätte, ist auch logisch ausgeschlossen. — Am deutlichsten drückt dieser Etymologie die «Kavkazkaja stjena« den Stempel auf. denn das ist die mit Toren und Türmen versehene lange Grenz- mauer, welche einst von den Persern gegen die Chazaren aufge- führt wurde, und die sich vom Kaspischen bis zum Schwarzen Meere über Berge und Täler hinzieht.
Bog, Boha. Bug. In diesen Namen ist der slavische Hoheitsbe- griff: bog, buh (= Gott) enthalten und ist derselbe aus der primä- ren Bedeutung von Grenz Verteidiger, Held, der Höch- ste hervorgegangen. In der Bewertung vGrenze« kennt das Grund- wort heute nur mehr die baskische Sprache, denn sie gebraucht noch Mbuka« für: Ende, Grenze, «bukaera« für: Grenzgebiet. Im Südslavischen ist «buga, bugarx = Held, Vorsteher, Kbugariia« = Heldenlied; «bogati» = folgen. Befehlen (des nbog«) ent- sprechen; die Cechen. Polen, Russen. Mongolen verstehen noch heute unter: bohatyr, bohater, bogatir, bagadir den Held, den Höch- sten. Da der Kommandant an einem Qrenzverteidigungspunkte alle feindlichen Anschläge überblicken also auch abwehren mußte, wurde dem iibogK auch die Eigenschaft des A 1 1 s e h e n s und A 1 1 w i s- sens zugeschrieben. Die Ländernamen «Bugariia« (Bulgarien) »Böh- men« (Bohemia) «Bukovina. Buchara« sind sonach ebenso als Grenzgebiete im großen aufzufassen, wie die Ortsnamen B o- g e n, B o g e n a u, B o h o v a. B o h u n i c e, B u c h 1 o v. Buch- berg. B u k o \- o, V u k o V o, B ü c h 1 u. ä. im kleinen, haben daher namentlich mit Buche (bot.) nichts zu schaffen. — Übrigens ist es augenscheinlich, daß «bog« mit «puk, viik. volk. Volk« organisch verwandt ist. —
Anta. Alle auf dieser Begriffsbasis gebildeten einfachen adtr zusammengesetzten Ortsnamen deuten auf ein Grenzgebiet hin. denn «anta« ist dem Balkanslaven, namentlich dem Syrmier, die Be- zeichnung fürOrenzzeichen. Orenzhaufen. Auch das grie- chische «anti« deutet auf das Gegenüberliegende. Namen
dieser (lenesis sind sonach: Aiitipater, Antiochus, Antigoiics. Anti- machos, Antilochiis. Antaxerxcs u a. w eiche auch mit ihrem (jriind- worte nur noch das Bestimmungswort ergänzen, also durchwegs besagen, daß dies ursprünglich (i r e n z v e r t e i d i g u n g s 1\ o m- m a n d a n t e n waren. Die heute gebräuchlichen Namen sind vor allem: Anton und Andreas, sowie die vielen: Ondra, Ondruch, On- drus, Ondfejnik (Qrenzberg zwischen Mähren und Schles'en), Onta- rio, Andromeda, Andalusien u. a. —
»Andres, Andreas« hat in dem griechischen ^civdosg" = die Männer, die Waffenfähigen noch seine Urbedeutung für den Verteidiger (der Grenze). Die Hafenstadt «Antivarin heißt im Südslavischen noch immer nur «Bar«; in Kleinasien erwähnt .Mela auch den Volksstamm der «Antibarani«. — Diese Etymologie klärt uns auch den Volksnamen der «Anten« auf, die den alten Schriftstellern als ein großes Volk Westrußlands bekannt waren. Ebenso sind die «Anden« (Kordilleren) ein ausgesprochenes Qrenzge- birge. Der Hoheitsname war «Andel, Angel«, d. i Beschützer, dem man zum Überfluße noch «strazec, strazan, varuh« u. ä. in jener Zeit beifügte, als man die Urbedeutung von «andel» nicht mehr kannte. Die verworfenen Engel der Bibel waren sonach jene (Irenz- und Landesverteidiger, die nicht ihre Pflicht taten oder gar Verrat übten. —
Nov, Novi (Kroatien, Dalmatien, Herzegovina, Bosnien), N o- V i c i (Mähren), N o v s k a (Kroatien), E r c e g Novi (Castelnuovo), Noya (Spanien), Noyon, Nyons (Frankreich), N o v a r a, N o- vellara (Italien) sowie die zahlreichen römischen Namen N o v i- o d u n u m für: N e v e r s, N e u v y und S o i s o n s (in Frankreich), Neuenburg mit dem Schlosse Chaumont (Hum!). Nyon in der Schweiz ; dann N o v i o m a g u s (für N i m w e g e n. N e u m a g e n, Speyer. L i s i e u x) sind durchwegs Festungen oder gut verteidi- gungsfähige Punkte mit Burgen, Ruinen oder Mauerresten; ja bei Novi im kroatischen Küstenlande steht seit undenklichen Zeiten eine Burgruine, L o p a r genannt, auf der Stelle eines römischen Festungswerkes, zum Schutze der Straße nach Seina. — Es scheint, daß hiemit in erster Linie befestigte Qrenzpunkte gekennzeichnet wurden, und hieß der Befehlshaber eines solchen etwa «novak«, was im Slavischen zu einem überaus häufigen Familiennamen wurde: der Verteidiger war der «novic. novinec».
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w orunter wir lieute den zum Soldaten geeigneten Mann, den R e- kruten verstehen; die Abgabe an der Grenze nennte man «novac. novcic (= Kreuzer). — Das Grundwort dürfte im Originale «noi. nuj« gelautet haben, hat daher mit »nov« (d. neu) nichts zu schaffen und sind die Namen: Novigrad. Neuern, Neuenburg. Neuenahr (mit Ruine auf dem hohen Basaltkcgel) nur spätere, an geläufigere Begriffe sich anschmiegende Assimilierungen.
Ein Rest des alten Begriffes hat sich augenscheinlich in der Fortifikationswissenschaft als «noyau« (franz. Kernpunkt einer Fe- stung) erhalten, welches eben jene Stelle bezeichnet, wo es für den Angreifer am schwersten wird dem Verteidiger beizukommen, also
^j. \ die u r s p r ü n g 1 i c h e natürlich und künstlich verstärkte Steile. — ^ Dem Slovenen ist wnoja, nuja« = Not, Plage, also möglicher-
^ty/^ff weise «noj. nuj« jenen Platz andeutet, welchen man in der Not, bei feindlicher Bedrängnis aufsucht, also gleichsam Zufluchtsor t.')
^/+''f^***f^ Asberg, Assling, Assang, Assach, Asch. Aschach u. ä. haben
nasK zur Basis, womit man den verteidigungsfähigen Punkt bezw. den Befehlshaber desselben benannte. Die «AsenK sind die Götter der germanischen Mythologie, die Beschützer der Menschen. Die Slaven kennen diesen Begriff nicht mehr, außer in der Form «at« sowie «ot« ~ der Vater, das Höchste; hingegen ist «asan» den Türken der Begriff für einen hohen Würdenträger. Bei den Semiten war der Königsname: Assar, Assarhadon. Sa'rr.?r"s:-v gangbar; einen hohen Wüstengeist nannten sie nAsaseix; sie kann- ten auch die n.^scherax. die Göttin Astarte, welche sonach den weiblichen Hoheitsnamen von «as« repräsentierte. Die HAsanen«. ein tatarisches Volk, nennen ihre Häuptlinge «As«; kAsk ist auch im Kartenspiel die höchstbewertete Karte. Dem Südslaven, wie Os- manen und Araber ist «ask, a.skar, asker« derSoldat, dasMili- tä r, also die Stütze des «as«. -- Die Burg, avo die «Äsen« wohnten, hieß der Edda zufolge «Asgard« (Asgrad. analog, \\-ie «Stargard« statt Stargrad). «Asier, Asiarchn waren bei den Griechen Begriffe für be- stimmte Funktionäre; «Asia« ist wie «Azowh identisch mit Grenz- gebiet, welches «Asch sichern. — Die Münze, welche ein solcher prägen ließ, hieß »as« u. s. w. —
') Bei Mostar ist eine keselförmise isolierte Bergspitze mit altem IVlauerwerk. die «Nnvi» heißt. Siegal' augenscheinlich, da sie einen weiten Ausblick fcestattet. mehr als vorgeschobener Wachpunkt, denn die Berg- spitze bietet mir etwa .' — 4 Kämpfern Raum für die Verteidigung.
In Nicleii Namen macht sich aber schon der Llbcrgana des «s« in "t" und "d» bemerkbar, wie bci:Atter, Attcs, Attnang.Atzgersdorf, Attendorf, Athen, daim: Adamsberg, Adamsthai, Adamy, Adau'.oxo, Adamierz, Adaniövka, Adamusa, Admont (Adamimt), Ada Kaleh, Ädda. Aden, Adalia. Adal, Adar u. ä und sind dies alles befe- stigte Punkte, denen ein »ata» (Vater des lallenden Kindes) «atamanii (Führer der Kasaken) cder nada, pdam« vorstand. — Dies alles berechtigt zur Annahme, daß «Adanix ursprünglich nur als Ältester oder Führer einer bestimmten Gemeinde oder Hir- tenkonföderation anzusehen ist. also als erster im sociale;', sicherlich aber nicht als erster Mensch der Erde i m arithmetischen Sinne. Aus der «GeneslsK müssen \\ir aber auch schließen, daß diese Gemeinden schon damals intensiv Ackerbau betrieben, denn gerade die Nebenumstände in der Schilderimg der Bibel deuten dahin, daß es zu «Adam's Zeiten« bereits eine relativ hohe Kultur gab. Kain, als der älteste Sohn, war der erste Ackerbauer, Abel, der jüngere war unlogischerweise erst Vieh- züchter; Kain bediente sich zu seiner Arbeit bereits metallener Ge- rätschaften, war also schon in agrartechnischer Hinsicht dem heu- tigen Bosnier weit voraus, der sich noch immer mit dem Holzpfluge begnügt, — denn Tubalkain war als dessen Zeitgenosse schon Schmied von Profession. Wozu nun ein Schmied, wenn Kain kein Latifundienbesitzer war und sonst wohl mit einem Pfluge auskam; eines Pfluges wegen entsteht aber noch kein Schmiedehandwerk!
— Woher nahm übrigens der Schmied das Eisen, welches man ja in der Natur nicht gediegen vorfindet — ausgenommen IVleteore-sen
— und dazu benötigt man wieder der Werkzeuge, welche die Här- tung zu Stahl voraussetzen usw., alles in wörtlicher Auffassung unhaltbare Hypothesen, welche innerhalb eines Menschenalters, imd noch dazu des ersten, eine derart sprunghafte Kulturhöhe an- nehmen, die heute erst ein geringer Teil der Erdbewohner überholt hat. —
Überdies spricht verschiedenes dafür, daß «Adam« nur ein Ho- heitsname ist*), der nach dem Vergessen der ursprünglichen Be-
') Die Legende von der Erschafiuns: des Menschen aus der Adams- rippe geleffentllch eines tiefen Schlafes ist wohl nur ein späterer Apiilog auf den etymologischen F.rkjiininssdrang des Namens »Adam«, denn altslovenisch w ie russisch heißt »atani, atama« = Schlaf, Schlafsucht, das tiefe Atmen.
Wertung einen ähnlichen Charal<ter annahm, wie etwa heute bei den Serben der Hauspatron. d. i. jener Heilige, dessen Namen der Stammvater einer bestimmten Familie trug. »Adam» ist aber ei- gentlich nur ein Geschlechtsname, daher die angeführte nahezu 1000- jährige Lebensdauer ähnlich zu nehmen ist. wie die heutigen Namen der Dynastengeschlechter, bei denen man ebensogut z. B. noch heute sagt: Die Habsburger leben schon, historisch festgestellt, an 900 Jahre, und wird dabei niemand in Zweifel geraten, wie dies aufzu- fassen sei.
Die in der Bibel sowie bei den alten Griechen oft erwähnte Bezeichnung der Stammesväter zeigt offen den einstigen Ahnherrn- kultus, dessen Torsos ja in den heutigen Patronymicis der Russen. Serben und orthodoxen Juden noch sichtbar sind. — Dasselbe sind bei den Römern die Geschlechter der Fabier. Scipionen u. s. w.. daher jeder dieses Stammes auch den Ahnherrnnamen führte, wodurch sich äußerlich die Staniinvaterlinien ausprägten, ähnlich wie beim heutigen Adel die Verbindung mehrerer Namen gebräuchlich ist um Filiationen und Zweiglinien bereits äußerlich zu kennzeichnen.
Man nuiß stes die heutigen Verhältnisse den einstigen gleich- halten und nicht glauben, daß sich die Denk- und Ausdrucksweise seither sachlich wesentlich geändert hat. — Überdies wissen wir. daß die Beduinen (Bduis) in Arabien auch noch heute ihre Ge- schlechter auf gleiche Art zählen, sowie daß Kain «eine von den Töchtern des Landes« heiratete, die doch dessen Schwester ge- wesen sein mußte, w enn es dazumal nur erst e i n e F a m i 1 i e gege- ben hatte. — Der Hagiograph schrieb eben in natürlicher, für seine Zeit verständlicher Weise, w ährend w i r alles unnatürlich auffassen und uns über den einfachsten modus dicendi den Kopf zer- brechen, als ob alles Alte auch im modernen Sinne gekünstelt sein müßte!
Weiters gehören aber sachlich zu «as« auch alle Namen mit der Wurzel «os». wie: Ost. Ostia. Oskar (askar = Krieger). Osci. Osiris. Osman. Osma. Oskol. Ossa (Fluß und Gebirge). Osek (Osseg). Osor. Osora. Ossiach, Osowiec, Osning, Ostjaken (nennen sich selbst As - Jak (= Uferbewohner). Ostrov, Ostrog. Ostrich. Österreich (Ostariha). Osuna, Oswald u. a.
Die March bildete einst, wie auch heute, eine w ichtige Grenze: diese zu sichern, daher möglichst stark zu befestigen, war die natür-
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liehe Folge; die xMark« (= Grenze) erhielt viele Wälle (ost. ostrog), daher das Gebiet auch den Namen «Ostmark« wie auch «Österreich« («ost« u. «raj«) führt; beide Namen deuten sonach sprachlich auf ein Grenzgebiet, das technisch gegen feindliche Ei nf alle gut gesichert war. Längs dieser Grenzlinie befinden sich auch etliche «Ostrau«. — Übrigens schrieb man früher auch nicht etwa «Ostgothi» sondern «Ostrogothi« wie z. B. Krantz in «Wandalia« (1619).
DalJ die Insel im Sla\ischen «ostrov« lautet, ist deshalb be- grihidet. weil Inseln, namentlich solche in Flüssen, den feindlichen Überwechsel erleichtern, daher zumeist auch verteidigungsfähig her- gerichtet waren. Man kann einen größeren Flufi am ehesten an solchen Stellen forcieren, wo Inselbildungen vorhanden sind; sind aber diese technisch verstärkt, so wird das Bestreben des Gegners wesentlich erschwert oder gar \ereitelt. So lange die Donau bei Wien in vielen Armen floß, war die Stadt vom Norden her stets in Gefahr; aus gleichen iMotiven übersetzte Napoleon i. J. 1809 die Donau unter Benützung der Insel Lob au; aus demselben Grunde waren die Inseln bei Kostajnica. Slaxonisch Hrod. Passau u. a. schon von a!t:rsher befestigt
Der lioheitsname war wahrscheinlich «ostar, ostara, cStr«. («ost« = Schärfe. Strenge), daher die Mythen von der Frühlings- göttin «Ostara« recht prosaischer Natur zu sein scheinen, und ist dieses mutmaßlich im Originale überhaupt ein männlicher Name. — Analog wurde auch «üstri vrh« zu «Osterberg« und auf d'ese sonder- bare Art mit dem Osterfeste in Zusammenhang gebracht. — Die «osteria« (= Gasthaus) w ar einst nur der Versammlungs- ort, wie auch noch heute in den Dörfern im Gemeindcwirtsh''usc die Ratssitzungen abgehalten werden, daher dieser Begriff nur cii.c Analogie zu «gospoda. gostilnica. hostinec, viit u. ä. bildet —
C. Militärische Schutzorganisation der (Jrvölker. Topische Namen verteidigungstechnischen Ursprungs.
Diese Gruppe umfaßt ausschließlich die topononiisch erkannten und erklärten Begriffe der einstigen V e r t e i d i g u n g s v o r so r- g e n, deren Anzahl jedoch so unerwartet groß ist, daß wir uns die- selben am besten veranschaulichen können, wenn wir ganz Europa mit einem kleinmaschigen Netze bedecken, denn wir können dann an jeder Maschenknüpfung einen solchen Verteidigungspunkt anneh- men und auch finden, da solche Vorsorgen einstens eben aügeniein gew csen sein mußten.
Gleich der erste oder einzelne Ansiedler sicherte sich schon durch Ausnutzung des Geländes (Wasser, Felsen) oder künstliche Schutzmittel (Palisaden, Mauern, Wälle, Gräben), so lange er und dessen Herde unter Dach war; war letztere auf der Weide, so be- obachtete er dieselbe und die Umgebung von einem hiezu günstigen Punkte. — Vermehrten sich die Ansiedler, so wurde für den Schutz gemeinsam gesorgt, einem hiezu besonders Fähigen diese Aufgabe übertragen, imd das Entsprechende vorbereitet. Gestattete das Ter- rain einen natürlichen Schutz, so wurde dieser voll ausgenützt, nötigenfalls noch ergänzt und verstärkt; gestattete es diesen nicht (Ebene, Wald, wenig Übersicht), so wurden künstliche schutz- technische Vorsorgen inszeniert. Es gibt daher auch keine isolirte Höhe in der Ebene, an der nicht eine einst oder jetzt wichtige Stadt liegen w ürde, so wie es auch nicht vorkommt oder wenigstens vor etw a hundert Jahren nicht vorkam, daß eine namhaftere Ansiedlung ungeschützt irgendwo gelegen wäre.
Solche Sicheruiigsstätten erkennen wir noch ! eute, da sie ent- weder noch sichtbar sind oder dies durch Denkmäler, Schriften oder Traditionen bestätigt wird; in anderen Fällen bringen ausgegrabene Kulturesiduen die Beweise über die einstige Bestimmung; bei den allermeisten ist es aber nur mehr der Name, welcher durch Analogien in Sprache und Kultur unsere Vermutung glaubwürdig legalisiert.
Daß Verteidigungs-Vorsorgen einst, ebenso wie heute sehr n<.t- wendig waren, ist einleuchtend, denn Übergriffe aus vitalen Inte- ressen auf den fremden Besitz, namentlich wenn er der Qualität wegen besonders begehrenswert war, haben mit dem Beginne des nienschiichen Kulturstrebens eingesetzt und werden fortdauern, so lange der Erdball Menschen beherbergen w ird.*) Was jedoch jenseits dieser ersten Kuiturregung liegt, ist nicht Sache dieses Forschungs- gebietes, denn hier ist die Sprechfähi gkeit, die Spra- che des Menschen, bereits Grundbedingung.
Die Besitz- und Orenzstreitigkeiten beginnen mit der Morgen- röte der Geschichte, — denn schon der erste Brudermord ist wohl nur auf eine ökonomische Differenz zurückzuführen — , und solche Differenzen ziehen sich ohne Unterbrechung und bei vermehrter Intensität bis heute fort. Oft wurde mit Friedensgerichten versucht, aber stets mit ephemerem Erfolge, denn wenn der eine nicht einver- standen ist, so muß doch wieder der Kampf entscheiden; und die fried- liche Beilegung des Weiderechtstreites zwischen Abraham und Lot, mit dem Links- und Rechtsgehen, wie sie die Bibel schildert, ist doch eine seltene Ausnahme, durch welche nur die Regel bestätigt wird.
In jener grauen Vorzeit, als die Verteidigung der nährenden Scholle sowie der Habe nicht in militärischen Händen lag. mußte sich jeder selbst der feindlichen Übergriffe erw'ehren und da der Einzelne hiezu zu schwach war, organisierten die Gemeinden unter- einander die nötigen defensiven Vorkehrungen; die älteste Verfassung ist daher auch die allodale, als die praktischeste und gerechteste gewesen, denn jederlebtefreiundunabhängigaufsei-
") Im Paralipomenon (II, 14) wird z. B. folgende Ansprache des israelitischen Königs Asa an sein Volk angeführt: «Bauen wir diese Städte, sichern wir sie mit Umfassungsmauern, befestigen wir sie mit Türmen. Toren und Schlössern, damit unser Besitz im Falle des Krieges unversehrt verbleibe usw.« —
i.er Hufe, aber der Besitz war Gemeindeland und den Schutz besorgten die Genieindeangehörigen unterLeitungihresÄ'.testenselbst. daher das Interesse des Einzelnen durch den Grundzug der Zusammengehörigkeit nur noch erhöht wurde, hingegen der Fleiß, der Khrgeiz und der Nutz- effekt der Arbeit dem Einzelindividuum zugute kam. Das heute an- gestrebte Ideal einer sozialdemokratischen Verfassung ist daher keine Unmöglichkeit oder Utopie, denn sie bestand schon in \\irk- lichkeit, allerdings unter anderen Prämissen. —
Darin gipfelt aber auch der immense Kulturfortschritt der allo- dalen Verfassung vor der feudalen, weil bei letzterer alles Streben lahmgelegt wurde, denn der Hörige besaß weder eine persönliche Freiheit noch nannte er sonst etwas sein Eigen: erwarb er etwas, so w urde ihm dies vom Gutsherrn kurzerhand abgenommen. So erklä- ren sich die traurigen Verhältnisse mit der Kulturstagnation im Mit- telalter; so die Rückkehr der Balkanvölker zur völligen Kulturlosig- keit nach der l'nterjochung durch die Osmanen, welche den «raja«. den eingeborenen M i r t e n. den unterworfenen Nachbar, wie ein Tier behandelten und ihm kaum das Dürftigste beließen, so daß jtdes Streben sich das Leben schöner und besser zu gestalten, bald ersterben mußte.*)
°) Übrigens mag über die Willkür und die Übergriffe auch so manches in eine Fassung gebracht worden sein, die der Wirklichkeit gar nicht ent- sprach, d. h. man hob einmal die Licht-, ein andermal aber wieder mehr die Schattenseite hervor. So behauptet und glaubt man allgemein, daß das ursprüngliche Lehenswesen z. B. in Österreich nicht existiere und doch ist dem nicht so. — In meiner Heimat — Untersteiermark — hat sich das- selbe in der patriarchalischen Form, wie es eben normal gewesen sein mochte, sporadisch bis heute erhalten. Der wohlhabende Grundbesitzer bindet einige ärmere Familien, welche über kein Ackerland verfügen, unter gegenseitig willensfreier Vereinbarung an sich, indem er jeder ein Stück Acker zuweist, denselben mit der gewünschten Frucht bestellt und die Ernte der betreffenden Familie seinerzeit selbst heimführt; hiefür sind diese Familien verpflichtet jede Wirtschaftsarbeit in erster Lnie bei ihm zu ver- richten, wozu das Dreschen, Mühen. Einführen der Kornfrüchte u ä. gehört. Wiihrend dies die Arbeit der Männer ist. müssen die arbeitsfähigen weib- lichen Mitglieder beim Hecheln des Flachses, beim Spinnen, bei der großen Wäsche u. ä. Hausarbeiten mithelfen. Ansonsten wird der Taglohn nach ortsüblichen Einheiten bezahlt: vom ausgedroschenen Getreide erhält der so verpflichtete Drescher überdies jeden zwölften Metzen: nebstbei er-
Nach der tristen Erfahnitiü mit der Feudaiverfassuiig sind wir daher heute wieder zur aliodaitn riickgekehrt, d. h. der Grund und Boden gehört dem Staate und steht zur ausschließlichen Benützung gegen gewisse Abgaben dem Einzelnen frei; für die Sicherheit des Bodens und der Habe ist aber jeder Mann zur Heeresfolge (Wehr- pflicht) verpflichtet; es hat sich sonach die Urverfassung als die beste, gerechteste, natürlichste und für den Fortschritt als die gün- stigste erwiesen, und so erklärt sich die hohe alte Kultur, die uns die Ausgrabungen bieten, im Vergleiche zum Mittelalter; so erhalten w'ir auch das Verständnis dafür, daß fast jedem männlichen Skelette oder Brandgrabe Waffen bei- gegeben sind, denn dies waren nicht Vertreter einer besonderen Kriegerkaste, sondern jeder Mann war verfassungsgemäß ein Krie- ger, wie dieses Verhältnis ja heute in Montenegro. Albanien. Maze- donien noch unverändert fortbesteht.
Abgesehen davon, daß in den angeführten Verhältnissen ge- wisse soziologische Grundlagen der prähistorischen Epoche mensch- licher Kulturentwicklung offengelegt werden, muß hier auch noch
wächst für den Grundbesitzer noch die Verpflichtung, falls ein langer oder strenger Winter eintritt. Vorschüsse in Geld und Naturalien zur Erhaltung der Familie auf Rechnung des nächsten Jahres zu bieten. — Dieses keines- wegs drückende sondern geradezu die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse sichernde Vertragsverhältnis hat das Gute, daß einerseits der Arbeitsgeber stets verpflichtete Arbeiter auch in der ärgsten Leutenot für die Feldar- beit zur Verfügung hat, und daß andererseits der Arbeitnehmer das ganze .lahr hindurch eine solide Reserve hat. also ernster Nahrungssorgen ent- hoben ist.
Dieses Verhältnis gilt aber stets nur für ein Jahr; war man gegen- seitig zufrieden, so wird der Akkord mündlich bei der Schlußbilanz erneu- ert: ansonsten erlischt das Lehensverhältnis zum mindesten für das nächste Kalenderjahr. Diese Vertragsfreiheit schließt daher alle Nachteile und Ve- xationen bestmöglichst aus. Hiebei spielte auch der etymologisch mißver- standene Begriff »likov, likova. likovina« eine besondere Rolle; er be- zeichnet die Abrechnung beim Abschluß des einjährigen Lehen svertrages. Daß dies das deutsche Wort «Leihkauf» wäre, ist eine widersinnige Be- hauptung, denn ein natürlich Denkender wird ein solch unlogisches Wort, wie ; etwas zum Leihen kaufen — doch niemals konstruieren. — Der "likovii (likati = ausebnen, ausgleichen, lika = Ausgleich, Abgren- zung) ist daher nur die offizielle Bilanz über die gegenseitigen Dienst- leistungen im verwichenen Vertragsjahre.
eine andere Seite dieser m\\ erdenden« Wissenschaft berührt werden, um dein Leser die Detaildeutungen verständlicher zu machen.
Es fällt hier bald arf und vurde dies aucli bereits angedeutet. daß gewisse Begriffe des idyllischen Hirtenlebens organisch eng ver- wandt sind mit jenen der Sicherungsvorsorgen, d h d a ß B e n e n- nungen der Hirtenorganisation heute gleichlau- tend sind mit solchen für V e r t e i d i g u n g s m a ß n a h- m e n. So gähnend nun diese Kluft zu sein scheint, so natürlich ist die oft wiederkehrende Hom.onymität der Begriffe, und werden hiefür in der Folge noch zahlreiche überzeugende Beweise der primären Sicherungsvorsorgen erbracht, denn darin steckt auch das bisher unbeachtete Wesen der Verbreiterung und Bereicherung der Sprache selbst, sowie das Kriterium des Kulturfortschrittes des Menschen, weil dessen Sprachelemente in gleichem Verhältnisse zunehmen, als die kulturelle Notwendigkeit hiezu Anlaß gibt. Die Geschichte der Begriffsbildung und Begriffsentwicklung ist daher zugleich auch die reellste. \- erläßlichste Kulturgeschichte unserer Vorzeit*)
Die defensiven \'orsorgen zerfielen in zwei liauptgrupp:n u. z. in den p a s s i v e n T e i 1, den Beobachtungs- und Signaldienst, dann in den aktiven, d. i. in den eigentlichen Verteidigungsdienst, nb- schon auch hier eine reinliche Sche'dung ausgeschlossen ist. — £s ist heute für den einstigen Verteidigungsdienst selbst ziemlich gleich- gültig, ob die Einteilung und Rangordnung dieser technischen Be- griffe hier so oder so getroffen w ird, denn die Hauptsache bleibt immer die pragmatische Darstellung derselben; es ist übrigens auch wahrscheinlich, daß solche Vorsorgen je nach Erkenntnis und Notwendigkeit einmal eine Widmungsänderung erfahren mußten, daher hier wesentlich verstärkt, dort aber auch rrfgelassen wurden, n i c h t s d c s t o w eniger erhielt sich jedoch der ein- mal berechtigt gewesene Name. Der Grundzug einer dauernden Seßhaftigkeit setzte naturgemäß Palliativmittel voraus, um die Sicherheit des Lebens und den tunlichst ungestörten Wirt- schaftsbetrieb zu gewährleisten, und gipfelten diese in der allgemci-
') Zur Weckung und Krforschuiiii dieses Wisscnszweises ist in Prankreich eine eigene «Commission d'Otude des enceintes prehlstoriques et fortifications anhistoriques» tätig; bei uns hingegen werden solche Be- strebungen mitunter gerade von wissersehafiHchcn Kreisen niedergedrückt!
neu Verteidigiiiigspilicht der angestammten Scholle, d. i. in der Orga- nisation der Bc\\aeliijng des privaten wie gemeindlichen Besitzes. um ihn bei feindlichen Störungen nicht unvorbereitet preisgeben zu müssen. Solche Vorsorgen bestanden in S i g na 1 s t a t i o ii e n und W a c h h ä u s e r n, dann mehr oder w eniger festen \ e r t e i d i- g u n g s p u n k t e n. wenn erstere nicht ohnehin mit letzteren ver- einigt waren. Bei ersteren handelte es sich um p h o n i s c h e s Auf- merksammachen auf die drohende (iefahr durch Zurufe oder Lärm- schlagen, w ie z. B. Abschieden von Mörsern in späterer Zeit, dann um optische Signale, wie Rauch- und Feuerzeichen; bei den zweiten um die B e w a c h u n g irgendeines hiezu günstigen Punk- tes. Verständigung der Umwohner, nötigenfalls auch um provisori- sches Halten jenes Punktes bis zum Eintreffen einer Verstärkung; bei letzteren um eine feste vorbereitete Stelle, wo man sicii bei feindlicher Gefahr zur Abw ehr versammelte und die Vertei- digung je nach den verfügbaren Kraftpotenzen führte.
An sich unlogisch ist es aber, wenn lum fortgesetzt erzählt wird. daB der Hauptteil aller vorhandenen alten Befest'gungen und Städtegründungen in Europa ausschliefilich den Römern und Deut- schen zuzuschreiben sei. da schon die römischen Schriftsteller dies selbst entwerten, wenn sie z. B. \ün den schwierigen und verlust- reichen Kämpfen in Rätien erzählen, ehe die vielen Burgen und Städte daselbst eingenommen werden konnten; diese konnten aber doch nur \on den Stammbewohnern herrühren, denn sonst wäre ja nichts zur Einnahme oder Zerstörung da gewesen. Auch Horatius bestätigt dies in einer Ode (Buch IV. H). indem er sagt: «Milite nam tuo Drusus Oenaunos, implacidum genus. Breunosque \eloces et arces Alpibus impositas tremendis dejecit . . .» (Mit deiner — des Augustus — Heeresiuacht warf Prusus das w ilde \'olk der Oe- nauner. sow ie die behenden Brenner und deren auf den furchtbarsten Eelsgipfeln angebrachte Burgen nieder).
Dr. Planta schreibt in seinem Werke xDas alte Rätien>< (Berlin 1872) folgend: «Darunter sind wohl unzweifelhaft nur Zufluchtstätten zu verstehen, wie solche sowohl bei italischen wie keltischen Völ- kern üblich waren, nämlich große Plätze, die \on einem, aus Erde, Steinen oder gefällten Bäumen bestehenden Wall nebst Oraben um- schlossen w aren und in welche sich die Bevölkerung der Umgegend bei kriegerischen wie räuberischen Überfällen flüchtete, um sich
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hier gegen den Feind sicher zu stellen. Dafi man sich mit besonderer Vorliebe imter dem Schutze einer solchen Burg. d. h. in ihrer un- mittelbaren Nähe ansiedelte, ist leicht begreiflich, und ohne Zw eifel war dies auch eine Hauptveranlassung zur Entstehung sogenannter Städte, so daß man sich unter den rätischen und vindelicischeii iiStädten« zum Teil auch nur mit einer Burg versehene Orte dentcen kann.') Übrigens %\aren diese Burgen stets auf .Anhöhen, wo sich solche befanden, oder an sonst unzugänglichen Stellen gebaut. Dem- nach dürfen \\ ir annehmen, daß sie sich im gebirgigen Rätien überall auf .Anhöhen befanden. Über .Anzahl. Namen und Lage dieser Städte und Burgen in Rätien und Vindelicien geben uns die Geschichtschrei- ber wenig Auskunft. Indes spricht die Natur der Sache dafür, daß solche Vesten vorzugsweise an den Grenzen, d. h da, wo die Gefahr der feindhchen Einfälle am größten war, wie an wichtigen Verkehrspunkten, wo die Bevölkerung sich rasch sammeln konnte, errichtet wurden. Von Helvetien ist uns bekannt, daß sowohl an der Rheingrenze als im Innern, besoders an Taleingängen, keltische Bur- gen sich befanden". Dann: «Fast alle von Ptolemäus angefühlten Namen sind unzweifelhaft keltischen Ursprungs. Schon die fremdartigen Laute verraten ihre nichtrömische Herkunft. Ebenso sind die in einer Anzahl jener Namen enthaltenen Silben, wie: mag. dun. dur, car, brig — anerkannt keltische Wurzelwörter, und endlich treffen wir einige dieser Namen auch in anderen keltischen Ländern, als: Medullum (Steiermark). Brigantium (Bregenz). Ebro- durum**) (Gallien) sowie in Helvetien«. — Dieser an sich ganz natür- lichen Erklärung ist nichts w eiter beizufügen, und sind die erwähn- ten Wurzelwörter wie Burgnamen tatsächlich «keltische, d. h. s 1 a- V i s c h.
\^'ie zahlreich, allgemein, sorgfältig und taktisch richtig nun diese \'orkehrungen stets angelegt waren, ersehen wir aus den noch unzweideutig erhaltenen topischen Namen dieser Richtung, d h. aus den Vergleichen der bezüglichen Lokalitäten in der Natur, für die
') HStatiiy« lieiüt aber im Slavischen. namentlich Böhmischen aucli: fest, tapfer, tiichtig.
"") Die Wurzel ist ndch uMiiekIprt: >e\\er> bedeutet aber im Sen'iti- schen noch heute: jenseitiges Land, Orenzland. Die slavische Form ist daher wahrscheinlich: Ivan, iviiik, l\anicica u. ä., die ja meist Orenztreblrgen oder <lrenzpunkten beic:elei;t sind.
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wohl niemand im Stande ist eine bessere Lösung der Anlage zu fin- den. — Nachstehend sollen diese Vorsorgen einzeln besprochen, ety- mologisch gekennzeichnet und da und dort auch illustrativ bekräf- tigt werden, ^\obei sich aber der Leser unentwegt vor Augen halten wolle, daß diese Qruppieniiigen mehr der Übersichtlichkeit des Bu- ches als der sachlichen Trennung der Begriffe dienen sollen, denn es steht außer Zweifel, daß sich sowohl die Namen für die Grenz- sichennig. sowie für die Wach- und Verteidigungsobjekte sprachlich wie technisch ineinander schieben, daher bestinnnte Trennungsmerk- malc nur bedingungsweise Geltung haben.
Vigo, Vigil, Wiegen, Wigstein, Wigstadti, Vikno, Wiköw, Wiklek. Vykleky, Wiklefskirche, Viskov. Visarie i'. ä. sind augenscheinlich technisch verstärkte und bewachte Zufluchtsorte in Grenzgebieten gewesen, von wo aus die Wache ihre Schutzbefohlenen mittels Stimme alarmierte, denn das Grundwort ist das slavische xvik« <= Zuruf, Alarmgeschrei), das im Kussischen als «viklik« dasselbe bezeichnet; «vikar, ist sonach gleichbedeutend mit Wächter d. i. derjenige, w elchem das Aufmerksammachen, der Schutz obliegt. Namentlich besitzt die lateinische Sprache eine Menge orga- nisch verwandter Begriffe, wie: «vigilia« (= die Runde, welche sich durch Zurufe selbst kontroliert und wach erhält), »vicus« (= Dorf, der Ort. wo man sich auf ein Alarmsignal versammelt). «vicinuSK (= der Nachbar), «vicis« (= der Wechsel, die Grenze, da solche Fürsorgen doch hauptsächlich an Grenzzonen lagen), «Jupiter Vice- linus" (~ Jup der Wachsame) u. s. w . —
Das älteste und naheliegendste Mittel für die Alarmierung der zum Schutze Anvertrauten war sonach die menschliche Stimme, und hat dementsprechend die slavische Sprache in «vik« auch noch die ursprüngliche, das Lateinische aber schon nur mehr die kulturell erweiterte Bedeutung des grundlegenden Begriffes. — Von diesem primitivsten aber niemals versagenden Verständigungs- mittel machen alle Naturvölker noch heute ausgiebigen Gebrauch; sie rufen ihren Nachbarn Warnungen und Direktiven in einer Weise zu, die auch jener Unberufene meist nicht versteht, welcher sonst derselben Sprache vollkommen mächtig ist. — Die feindlich ge- sinnten Bewohner Bosniens und der Herzegovina bereiteten in den Jahren 1878 und 1882 den öst -ung. Truppen dadurch \\e\e Schwierig-
keiten. daß sie von erhöhten Punkten alle Bewegungen derselben verrieten tmd dadurch die Operationen wesentlich verzögerten.
Qrmada. Nach dem heutigen Sprachgebrauche der Slovenen ist dies ein Haufen Brennmaterial, welches bei besonderen Anläßen. z. B. als Johannesfeuer, angezündet wird. Früher verstand man da- runter das auf übersichtlichen Höhen bereitgehaltene Holz und Reisig, welches bei feindlicher Gefahr als Feuer- oder Rauchsignal ver- wendet wurde.*) Damit man auf das Zeichen auch aufmerksam w erde, wurden früher phonische Signale zugefügt, später, nach Erfindung des Schießpulvers, auch Pöllerschüße abgefeuert. Um dies bei jedem Wetter zu ermöglichen, mußte daselbst auch eine Hütte erbaut sein, in welcher die Wache Unterkunft fand und wo auch das Unterzünd- und Schießmaterial verwahrt wurde. —
Dieses Sicherungs- und Verständigungsmittel ist uralt, denn Herodot fand es bei den Griechen (481 v. Ch.), Xenophon bei den Karduchen, Caesar bei den Galliern und i. J. 1878 bedienten sich derselben auch die österreichischen Okkupationstruppen in Bosnien; auf den Trajanssäulen in Rom sind solche Feuersignalposten der Skythen abgebildet; die Indianer kennen ebenso diese Feuerpost, wie sie zur Zeit der Türkeneinfälle in ganz Mitteleuropa organisiert war. Ein ausgesprochen klassisches und dabei großzügiges Bei- spiel enthält Aeschylos Tragödie «Agamemnon« (I. Akt, 3. Szene), in welcher Klji:ämnestra ausführlich beschreibt, wie ihr Agamemnon binnen einer Nacht den Fall Troia"s signalisierte, da dies jeden- falls vorbesprochen oder vorerprott war. wie aufmerksam dij V.'achen waren etc., denn sie erzählt auf die Frage, welcher Bote so behende gewesen sein konnte, folgendes:
«Hephästos. er. der hellen Glanz vom Ida schickt — Von Feu'r zu Feuer flog hieher die Flammenpost. Der Ida selbst sandte sie dem Hermesfels"*) Auf Lemnos zu; vom Eiland nahm den vollen Strahl
*) Als neueste Kinrichtuiig zur Anwendung von Rauchsignalen gelten die R au ch k u ge 1 ö f e n. welche die Österreicher im Jahre 1908 und 1909 an der serbischen und montenegrinischen Grenze zur Anwendung brachten. "') Im Namen selbst liegt auch schon das Grundwort >'Krni. germ>. sonach hatte die Lokalität die ihrer Bestimmung entsprechende Benennunv: auch schon bei den Griechen: übrigens galt Hermes als der Götterbote, d.h. er war ursprünglich der Höchste auf einer solchen Feuersignalstation.
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Sodann der zcusgeweihte Athosgipfel auf.
Froh prasselt auf die Fichte, \\eithin überglänzt
Forthüpfend nun den Meeresriicken das W anderfeu'r
Und wirft sein golden Tageslicht Makistos zu.
Der Späher auf der Warte dorten säumet nicht
Nachlässig oder schlafend seines Botenamtes,
Und fern gegen Furipus Brandung fliegt der Strahl
Der Fackel, ruft die Wächter auf Messapion.
Da flammt es auf zur Antwort — dürre Heide lag
Dort längst bereit geschichtet: veiter geht der Ruf.
Und gleich dem Licht der klaren Mondessichcl eilt
Das Feuer unumwölket, noch erstickt von Dampf.
Von Asopos Triften zu Kithärons Fels. alKvo
Den nächsten Posten in der Flamnienkctt' er weckt.
Nicht weigert sich der Weiterfördernng des Lichts
Die Wache, größre Lohe noch wird angeschürt.
Daß längs das Sees Qorgopis blitzt der Widerschein,
An Aegiplanktos Bergeskuppe landend, dort
Die Wärter antreibt, nicht zu säumen ihrer Pflicht.
Die sparen nicht der Lohe, prasselnd steigt empor
Die mächtige Feuergarbe, die der saronschen Bucht
Vorklipp erleuchtet und noch weit herüberstrahlt.
Bis daß die letzte Warte, die vor unsrer Stadt
Noch blieb, erreicht ist, Arachnäons Felsenturm.
Nun endlich zu des Atreushauses Zinnen eilt
Die Flamme her. die von des Idas Feuern stammt. —
So ward der Fackelläufer Ordnung aufgestellt.
So schwang von Hand zu Händen stets die Fackel sich.
Doch Zwei, der Erst" und Letzte, siegten in dem Lauf.
Ein sichres Zeugnis wolltest du; ich gab es dir.
Mein Gatte selber sandf es mir \'on Troja her.» —
Diese «grmada's«. deutsch auch «Kreid-« und «GereutfeueDi ge- nannt, weisen ein unregelmäßiges Netz auf. dessen Maschen je eine solche Kgrmada« bildete: \'on dieser konnten 2 — .3 andere das Signal abnehmen und waren die Punkte im Terrain derartig vorteilhaft ausgesucht, daß es z. B. möglich war einen Türkeneinfall im Räume von der Kulpa bis an die weststeirische Grenze an einem Tage, d. h. in einer Nacht zu avisieren.
In Steiermark war dieser Signaldienst schon im Mittelalter von den Landständen aus organisiert. So wird i. J. 1480 einer «Germada am Skorlyn« (Untersteiermark) erwähnt; überdies weiß man auch, daß zu den tüchtigsten Organisatoren dieser Art Johann Adam Baron Weisersheim gehörte, welcher von 1662—1664 die Leitung dieses Sicherungdienstes versah und die «Ormadas« im Lande zu inspizieren hatte. —
Pas Grundwort ist wohl Kgrnix. welches heute im Sloveni- sehen nur mehr Busch. Gestrüpp bezeichnet, das aber einst die Grenze selbst, die ja meist durch ein Gestrüpp kennbar war. andeutete. Man sieht dies daraus, daß die vielen Ortschaften wie z. B. Grni, Grmovje. Germans, Crveni grm. Crnigmi u. ä. stets an einem Grenzgebiete hegen. —
Der Leiter einer solchen Signalstation selbst, die mit der Zeit ebensogut zu einer Burg oder zu einem starken Tahor erweitert worden sein konnte, hieß nun: ger, geros, german, geront, Herr. Heros, Herkul, Herman, Hermes, gerob, gerhab (= Vormund) u. ä. Das lateinische «gero« bedeutet: führen, kämpfen, «Hera« ist identisch mit: Beherrscherin. Götter mutter; «herec« ist im Böhmischen der Heldendarsteller; «Herzog« = der A n- führen — Die Eigennamen : Herg, Herta, Herakles, Heraklea, Her- culanum, Hermdorf, Hermanitz (sehr oft im böhmischen Gebiete). Gera, Oerasdorf, Gersdorf, Germersheim, Germating (Germadnik) u. ä. sind daher Begriffe, denen die Hoheitsbezeichnung «ger, Herr etci(. zugrunde liegt. Der Name «Herkul. Herkle« wiederholt sich öfter auf den etruskischen Fundobiekten, die slavische Texte in Runenschrift enthalten; ebenso «Eris«. das nur die nichtaspirierte Form darstellt, und bei den Griechen den S t r e i t d. i. Kampf perso- nifizierte; «Frka» (germ. Herche) war der Sage nach die erste Ge- mahlin Attilas's; «Erinnyen« waren die Rächerinnen des Frevels u. a.
Diese Deutung gibt auch einigen Aufschluß, warum der Name «Germanen« von den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung bis zum 16. Jahrhunderte nicht mehr erwähnt w ird. denn er hatte früher mir eine krieg Stechnische Bedeutung. Erst als man sich zu Beginn der Reformationszeit für die alten Klassiker zu interessieren begonnen, da entdeckte man in Tacitus" «Germania«, daß zu jener Zeit auf dem Gebiete, das nun die Deutschen bewohnen, die «Ger- manen« saßen, es müssen dieselben daher auch Deutsche gewe-
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sen sein, was aber ebenso ein Trujischliiil sein i\ann. weil die Wand- lungen dieses Volkes und Namens durch etwa zwölr Jahrhunderte jeder Kontrolle entbehren. — Daß Slaven einst in dem (iebiete «Ger- mania" des Tacitus saßen, beweist eben dieser sowie sonstige to- pische Namen. Ob aber die Slaven schon zu jenen Zeiten durch die Deutschen Acrdrängt waren, oder erst später, ist irrele\ant und für das Alter der Slaven in Europa nur insofern wichtig, daß sie umso älter sind, je früher sie verdrängt wurden, denn ihre Spuren haben sie für jeden Fall unauslöschlich durch die Namengabe für die Q e- birge. Flüsse undAn Siedlungen jener Gegendan Ort und Stelle aufgedrückt und nicht etwa von ihren heu- tigen Wohnsitzen aus. —
Tacitus hat sonach durch seine Schrift später eine Phantasie angeregt, die jeder logischen Basis entbehrte, umsomehr als er gar keine Anhaltspunkte für die dort gangbare Sprache angibt, ja nicht einmal den Originalnamen irgend eines germanischen Gottes nennen kann. — Und mit der müßigen Eventualität, die Slaven waren zur Römerzeit bereits verdrängt, kamen aber etwa im 2. — 5. Jahrhim- dcrtj wieder, werden wir uns doch nicht befassen wollen, denn ein Volk, welches ein so großes Gebiet bewohnt, wandert nicht herum, wie ein wandernder Cirkus, um nur \'orstellungen zu geben! Es ist also zweifellos, daß die Geschichtschreibung in Folge der ver- worrenen etrographischen Nomenklatur den Slaven auf der Welt- bühne einen \ iel zu kargen und bescheidenen Anteil zugemessen hat, daher wir an so viel Stellen unserer Völker und Kulturgeschichte vor Rätseln stehen bleiben müssen. — Für jeden Fall ist es daher fraglich, ob die «GermanenK vor Christus schon mit dem ethnographischen Begriffe ndeutsch» von heute identifiziert werden dürfen. — Es sei aber auch gleich hier der Volksname «Deutsche« erklärt. — Der Südslave nennt einen Fremden, d. h. jenen, dessen W'ohnsitz nicht in seinem, ihm bekannten Gebiete liegt «tuj. tujc. tujec«. auch »ptuji«; das fremde Gebiet «tuje. tujina, tujcina»; der südwestliche Kroate nennt den Deutschen «tudesak» (von «tugj« = fremd), woraus sich auch das italienische «todesco, tedesci« bildete. — Dies bestätigen auch die altsprachlichen deutschen Formen, denn im Althochdeut- schen schrieb mau «diutisc«, im Altsächsischen «thiudisc», im Alt- niederländischen «duitschx, denn alle diese Formen klingen auf «tujc« aus, und war der so Bezeichnete dem Sla\-en durchaus nicht gerade
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der Deutsche im heutigen Sinne, sondern der jenseits einer gewissen Grenze Wohnende im allgemeinen. Der Slovene sagt dementsprechend, wenn er nordw ärts nach Pettau geht, «grem na Ptui« (ich gehe auf Pettau) und nicht »vx Ptui (in die Stadt Pettau). weil ihm die richtige Etymologie noch traditioneil unbewußt anhängt. — Der Hoheitsname war «Tuisco«; dieser galt als der Sohn des Kriegsgottes Tiu. der auch den Beinamen «Wodan« bildet, und gilt der deutschen Genesismythe zufolge als Stanun- vater der «TeutonenH: tatsächlich hieß aber der Stammälteste so und ist dies gleichbedeutend mit : Beschützer. Verteidiger. (^■ergl. auch das lat. tueor — beschützen, verteidigen).*)
Cic. Dieser urmilitärische Begriff, der offenkundig ai ch die Grundform für das deutsche Erbwort «Schütze« bildet, ist gleich- bedeutend mit dem deutschen : Krieger, Schildknappe. Rei- sige. O r e n z w ä c h t e r. Man muß dieses aus einer Stelle der alten slovenischen \'olksdichtung schließen, wo der Held Raubar zur Abwehr der Krain bedrohenden Türken seine Kampfgehilfen zu- sammenruft, denn:
«auf den Ruf des Herrn erschienen achtzehn Tschitschen, die ihm dienen.**)
\\'eitere Formen gleicher Bewertung sind wohl auch «2izka« und »Siska«, und hieß der Fremde, d. i. der die jenseitige Grenze Bewachende, darnach der «cizy« (Königinhofer - Handschrift noch »cnzy«) der Fremde, analog wie der »cic« in der Herzegowina xcush, im Türkischen schon «caus« (= Unteroffizier) lautet. Grenz- punkte, die durch Kcice« bewacht und daher entsprechend verteidi-
') Lange fehlte auch die Entscheidung, ob es richtiger sei «teutsch« oder «deutsch« zu schreiben. Qrinim endete diesen Streit damit, daß er ent- schied, «teuts'ch« sei niedersiichsisch. «deutsch« aber hochdeutsch, daher das letztere auch das richtigere sei — wie die Etymologie zeigt, ein sprachlich unrichtiges SchluBwort.
**) Diese Übersetzung rührt von A. (Iriin her. der sie in seinem Buche «Volkslieder in Kvaiii« in dieser Fassung bietet. Der Originaltext lautet etwas prägnanter:
«Glas guspodov hlapce klice
Osemnaiste svoie c i c e . . .« «Tschitscheui- nannte man die abgehärteten, kriegerischen Bewohner jenes Teiles von Kraiii. wo schon der Karst beginnt.
gungsfähig hergerichtet w aren. hießen nun : Ciccvo, Tschitsehen- boden, Cicovice, Cicöw, Cizek, Cizice, Zizkov, 2izin, Zizovec u. ä.
VAn organisch verwandter Begriff ist der ziemUch häufige Name «Cihadlo, 2ihadlO)( für Höhenpunitte, weiche eine gute Be- obachtung gewährten. Die Slaven tcennen genug stamnigieiche De- terininatioiien wie: cigati, cihati (= lauern, auslugen), cigar, cigavec (= Spion), cihan, cil^an, cigan {~ Ruhestörer, Vagabund, Zigeuner), imd gehören hieher auch die deutschen topischen Namen, wie: Sieg, Siegdorf, Siegersberg, Siegersdorf u. ä., und wurde so durch die sprachliche Metamorphose der Urbegriff Kcigar». d. i. der K ä ni- p f e r im allgemeinen zum «Siegenc. also dem e r f o 1 g r e i c he n Kämpfer. — Die Slovenen suchten einst den günstigsten Aussichts- puni\t auf dem Bacher-Gebirge, um einen Aussichtsturm zu erbauen; es stellte sich schließlich heraus, daß der Punkt, der schon seit un- denklicher Zeit den Namen «Zigert« führt, hiezu am entsprechend- sten sei. — Behufs Alarmierung der Umwohner benützte man höl- zerne Sprachrohre, wie solche in Ostschlesien noch heute von Hir- ten gebraucht und "fujarax (vojara?) genannt werden. Überdies \\'urden Feuer- oder Rauchzeichen gegeben, später auch Polier und Haubitzen abgefeuert, i
Pozor (Poser, Posur), Pozofice, Prozor, bezeichnen einen Hö- hepunkt mit einem weiten Ausblicke; z. B. der spitze Kegel nächst der Qleinalm (Steiermark) heißt: Posur. (Pozor, pozorovati slav. ~- achtgeben, beobachten). Hiezu gehört auch «Pozork«, wel- ches im Deutschen zu «Posruckx. ja sogar «Bocksruck« wurde.
Motrice, Modriach (neben Herzogberg), Modra (neben Vele- hrad). Media (bei Buchiovitz), Modric, Mödritz, Modi'ice, Möder- bruck u. ä. bezeichnen einen B e o b a c h t u n g s p u n k t (motriti slav. — beobachten). In der Nähe solcher Punkte findet man immer weitere Lokalnamen, die auf sonstige Verteidigungsniaßnahmen schließen lassen.
Der Hoheitsname dieses Stammes hat sich in »modern (= weise), «modrc, modrijan» f~ der Weise, der Überlegende) im Slo- \cnischen erhalten.
Patfin, Patriasdorf, Patras, Petrin, Petersdorf, Peterwald u. ä. überhaupt mit «Peter« zusanmienhängende Ortsnamen deuten auf Pimkte. welche zur Beobachtung dienten. Das Grundwort ist anscheinend: pr.trati. patriti. opatfiti (— forschen, achtgeben, sorgen).
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wie es im Cechischen noch im Gebrauche steht. Der Neraiiiw ortliche für ein solches Sicherungsgebiet war der: p a t r. wie der Slave noch heute icpater« ausspricht, woraus sich dann »Patron«, als Be- schützer einer Gemeinde, und «Patriarch« als Verweser einer Kir- chengemeinde und «Patricier« als regierende Partei bildeten. Die Sicherungswache hieß in diesem Falle: Patrouille, das zu si- chernde Gebiet: patria. und die Gemeindezugehörigen wurden zu: Patrioten.
Im Slovenischen nennt man ein Holz-, namentlich Bretter- gerüst: pctra, petre. und bezieht sich dieses möglicherweise auf eine bezügliche \'orrichtung für den Beobachtungsposten in Wald- gegenden, un! vom erhöhten Standpunkte die Umgebung besser zu iiberblicken. Der Ceche gebraucht jedoch noch «patre« für Stock- w e r k, also erhöhte Aussicht. — Daß nachher aus «patr« allgemein »Peter« wurde, ist wohl nur kirchlichen Einflüssen zuzuschreiben, denn der Mensch inkliniert bei unverständlich gew ordenen Begriffen später naturgemäß zu solchen, die ihm fallweise näher oder geläufi- ger sind. —
Eine gleiche Entstehung hat auch der Name: Petersburg. — Das Volk nennt die Stadt: Piter. nach irgendeinem Pimkte. der zur Beobachtung der Meeresseite sowie der Festung Kronstadt diente, denn im Litauischen bedeutet «pitrieti. spitrieti«: etwas mit großer Aufmerksamkeit beobachten. — Würde der Stadtname ausschließlich nur von Peter d. Q. stammen, so hätte sich das Volk wohl den Namen «Pjotr« zurechtgelegt. — In Obersteier- mark gebrauchte man früher »Pitter» für: Wächter. Wachmann. Amtsdiener.
Oglej. Pogied u. ä. bedeuten im Slavischen : .A u s b 1 i c k. F e r n- sicht ((>gledati slav. ~ sich umsehen; pogledati = ansehen) und sind I1nhenpu;ikte. welche in mehrfacher Richtung einen günstigen Rundblick gewähren. Sic liegen meist auf niederen, aber für diesen Zw eck günstigen Erhebungen, w ie Oglej (Aquileja) zur Beobach- tung des Okra-Passes; Pohledy an der Sazawa; Pohled bei Metz: Pogied in Untersteiermark; von hier aus beobachtete man das Dranntal bei Gonobitz. indes das gegenüberliegende P 1 a n- k e n s t e i n die aktive \'erteidigung besorgte, sich aber dabei selbst keinen günstigen Ausblick verschaffen konnte: Pogledak befin- det sich senkrecht auf der Längenaxe des Ne\esinjsko polje (Herze-
gowina) mit dem üc>jenbeobachtmigspunktc K 1 c n i. während die eigentliche A'erteidigung O r a d und 0 r a d i n a mit einem relativ beschränkten Ausblick führen müssen.
Alle diese Posten hatten einen halbpermanenten Bau. damit die Beobachter und Wächter gegen die Wcttcrunbill geschützt seien. Der Dienst erstreckte sich zumeist nur vom Frühjahre bis zum Spät- herbste: im Winter war dies unnötig, da in dieser Jahreszeit erfah- rungsgemäß keine feindlichen Einfälle zu befürchten waren.
Gledavac (bei Metkovic; glcdati sla\'. sehen, beobachten) be- findet sich in der Umgebung von Ciradina. Kostjela. Oabela. Carda- cina. Vranja. Norinska kula. welche alle etymologisch auf Fortifika- tionen deuten. — Andere Formen dieses Stammes sind: Ogled, Ogladnica. F^otzlethöhe (rozhled. razgled = Aussicht).
Pandurica nennt oder nannte man einen H e o b a c li t u n g s- posten auf einer gut übersichtlichen Höhe, welchen Dienst «Pan- durenx (pandur slav. = Wächter) versahen. Das österreichische Pandurenkorps besorgte einst die Bewachung der südöstlichen Lan- desgrenze. Am Balkan heißt der Wachmann häufig noch: Pandur.
Strn ist die Wurzel häufiger Ortsnamen, wie: Sternberg. Stern- feld. Sternthal u. ä. — Das Grundwort ist entweder «strem. streti» (= beobachten) oder «strniti (= sich versammeln, zusammenrotten): Lokalitäten dieser Namensform sind daher entweder Beobach- tung s p u n k t e oder bestimmte Alarmplätze bei Feindesge- fahr gewesen, und weisen solche noch heute Kirchen. Burgen oder I^uinen auf. — Die Siaven. namentlich Slovcnen. nennen heute sol- che Punkte meist «Strmec« d. i. die steile Höhe, da man sich zum erwähnten Zwecke begreiflicherweise gute Übersicht bietende und \or allem schwer einnehmharc Höhen auswählte.
Devin, Divin, Devina. Podivin u. ä. sind B e o b a c h t u n g s punkte. — Das Orundwort ist: divati (= beobachten), dev, div (— der alles Sehende, Qott). Devin, Divin kommt als topischer Name in allen alten Weltteilen häufig vor und scheint überall auf eine Bo- denplastik zu deuten, welche die Beobachtung feindlicher Anschläge begünstigt. «Devinn (Böhmen) ist in der Chronik Kosmas erwähnt als: oppiduni natura loci firmum, cui inditum est nomen Diew in. — w ar sonach schon zu Beginn des 12. Jahrhundertes kein bloßer B e- o b a c h t u n g s p u n k t mehr, sondern schon ein fester \'ertei-
digun^splatz. — Auch der älteste Name von \elehrad (iMälireii) lautete: Devin. — «Magdeburgi hieß früher KÖevin», denn man glaubte, daß dem Namen «devan (slaw = Mädchen) zum Stanune diene, daher nn Deutschen das Auftreten von so vielen Maidberg, Maidburg, weil auf Basis der falschen Etymologie auch eine dcni- entsprechende Übersetzung folgte, — Auf gleicher Prämisse ent- stand auch die völlig mißglückte Sage des cechischen Chronisten Hajek (16, Jahrhundert!) vom «Böhmischen Mägdekriege«, der von der Burg Devin aus in Szene gesetzt ^vurdc, was auch den Stoif zw einem Heldengedichte K. E. Eberts bot, — Dieser Übersetzungs- fehler zog noch weitere Kreise, denn auch die vielen «divci skala«, die zu : M ä g d e s p r u n g, J u n g f e r n s p r u n g. M ä d c h e n f e 1- s e n u, ä, übertragen \\ urden, sind nichts weiter als hohe, mitunter vorspringende, namentlich an Gewässern, wo eine gedeckte Annä- herung auf Wasserfahrzeugen möglich ist, für den Ausblick gewählte günstige Punkte, also: Auslugfelsen. — Die zahlreichen dieser falschen Etymologie angepaßten Sagen über Jungfrauen, welche sich bei der Verfolgung von einein solchen Felsen herabstürzten, sind daher nichts weiter als Sagen und haben nur den einen realen Wert, daß jener Felsen eben einmal ein Aussichtspunkt war und deshalb «devin. divin« u. ä. hieß.')
Ortsnamen dieses Stammes sind überdies alle: Theben. — So erwähnt der Minnesänger «der Freudenleere« (13. Jahrh.) in dem Schwanke: Die Wiener Meerfahrt — des Burggrafen von Devin d. i. Theben (an der Einmündung der March in die Donau). Dies war aber auch bereits i. J. 864 eine Feste, und wurde schon da- mals. — was gewiß sehr beachtenswert ist — . der Name auf Grund des slavischen Sprachschatzes ausgelegt, denn die Annal. fuld. Ru- dolf! sagen schon: Civitas quae lingua gentis illius Do vi na. id est puella dicitur (das Gebiet, welches in der Sprache dieses Volkes D o V i n a. d. i, Mädchen genannt wird), — In der Herzegowina gibt es ein «Djevojacko greblie«, von dem man sagt, es seien dies vornehmlich J u n g f r a u e n g r ä b e r; tatsächlich sind dies Gräber
") So hcilU jener Felsen der alten Burg Qösting (bei Graz), vnn dem sich Anna v. Oösting in die Mur gestürzt haben soll, der »Jungfernsprung«. Tatsache ist es aber, daß dieser Punkt für die N'este die günstigste Beob- achtung des engen Felsentales und der Zugänge von nordwärts b;it, und daher idevin- hieß, was erst posthum zur Bildung der Sage führte.
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der Gefallenen auf einem a u s s i c h t s r e i c li e n K a tn p f p 1 a t z c. denn die Nachbarlokalitäten militärischen W ertes heißen auch "Pan- durica« und «Svatovsko greblje«. — Die ägyptische Stadt Theben, die «Hunderttorige«. wurde hingegen von den Ptolemäern als Dios- polis (Qottesstadt) ins (irichische übertragen, \\'eil man in »dev, div« — Gott vermutete (deus. d e n g), daher die Übersetzung wieder auf einen slavischen Begriff im weiteren Sinne basiert er- scheint. — Desgleichen ist das böotische Theben, nachdem es zerstört wurde, wieder zu «Thivae« geworden, das identisch ist mit jener Höhe, auf w elcher die Burg Kadmeia stand.
Hieher gehören auch: Deva (Spanien), Deva (Ungarn), Deville (Frankreich, Devizes (England), Devol (Fluß und Ort in Albanien). Devolny (Gebirge in Frankreich), Dew e-Bojun (Höhe in Armenien, 1877 von den Küssen erstürmt), Diva (Insel in Indien), Divaca (Öster- reich). Dives (Fluß und Grt in Frankreich); Deutz hieß römisch «Divitio« und hatte ein starkes Kastell zwecks Beobachtung und Sicherung der Rheinbrücke bei Köln, Dibio (auch Diviodunum der Römer, ein befestigter Platz der Lingonen, jetzt Dijon, Frankreich); Dibon (alte Moabiterstadt); Divonne (Schloß in aussichtsreicher Lage in Frankreich); Divodurum (wurde fälschlich in «QötterburgK über- setzt, jetzt Metz), Dixak (Aussichtsberg bei Pfibram) u. ä. — Son- stige Formen sind noch; Tepa (zwei Brückenbeobachtungspunkte in Mostar). Tepina (Beobachtungshöhe über das Drannfeld, Untersteier- mark, 1490 Depina), Under der Tephen (1381, Steiermark), Tiwer (jetzt Tüffer, mit dem hohen ruinengekrönten Bergkegel). Teuffen- bach (alte Formen: Tivfen, Tewfen, Tewbach), Tywein (Diwein). sowie alle Tivoli (Tibur, Divolje) u. ä. — Der Hoheitsname ist: div. d c V, w elcher vielfach zu «Divis« wurde.*) womit der Bewohner an einer solchen Stelle bezw. der Kommandant oder Älteste eines sol- chen wichtigen Punktes belegt wurde. — Eine analoge Bewertung hat daher auch der Gott «Tivac« (^ Divac), der einzige, der angeb- lich von allen «germanischen« Stämmen verehrt und namentlich am Niederrheine hochgehalten w urde. — Dem Slovenen ist «Tivra« — der Wauwau, der Strafende, mit dessen Berufung man den Kin- dern droht, falls sie unfolgsam sind. In England gilt «devon. devon-
") Die Familie der «SternbergeK führte früher den Namen Divis vun Divisov: ..Sternber;;« bedeutet aber etymologisch auch dasselbe, ist al.so nur ein Parallelname.
shire« noch iiiiiner als Adelstitel. — Im Persischen ist ndev, div« die Bezeichnung für den bösen üeist (Zendavesta: devas, deutsch: ieufel, diwi. tuifel: rom. diable. diavolo). — In der Türkei heißt der Staatsrat «divan«, das ist die das Wohl des Landes beobach- tende Körperschaft. In Indien ist «devan« der erste Minister, der Kanzler. — Das russische Igor-Lied kennt den «Div« als Vogel, sagt aber von ihm. daß er den Polovcern zuruft sehr wachsam zu sein, da er eben von der Vogelperspekti\e über die gegenseitige Si- tuation besser orientiert ist.
Ich habe mich bei diesem Artikel nicht ohne Absicht geogra- phisch ungewöhnlich verbreitet, denn ich will hitmit zeigen, wie wenig Berechtigung wir haben. \on scharfbegrenzten Sprachkasten zu sprechen, und wirft der Sprachenhaß nur einen tiefen Schatten auf de Kenntnisse unserer X'ergangenheit und Kulturentwicklung.
Vir, Vyr, Virje. Virovitica, Fürth, Furt. Fürstenberg, Fürsten- feld, Württemberg (früher \\ irtemberg geschrieben) u. ä. sind ur- sprünglich W a c h s t e 1 1 e n gew esen, die später zu festen Vertei- digungspunkten wurden. — Das Grundwort ist jedenfalls «vir« (= Wachpunkt: 'in Lateinischen der Mann, Kämpfer — auf einem solchen Punkte), doch ist der Begriff in diesem Sinne im Slavischen nicht mehr gebräuchlich; hingegen kennt der Slovene noch «vireti« (= mit unverwandten Augen ansehen, spähen) und Kvirostovati» (= wachen, überwachen), der Kroate «viriti« (= überblicken), der Ceche wveirati» {= große Augen machen).*) — Im Keltischen bedeutet »vr» soviel als M a n n. »ver« = der Starke, der Mächtige.
Der Holieitsname lautete wohl: «viros, virost« oder ähnlich. geriet aber im Slavischen außer Kurs, hingegen hat er sich im Deut- schen «Fürst)' erhalten. Ansonsten haben jedoch die slavischen Spra- chen die primären Bedeutungen dieses Stammes, welche mit den
~) Folgerichtiir ist «vyrn der Uhu, der im Finsteren sieht, daher auch alkemein als Symbol der Oelehrsamkeit gilt, da er eben ins Unbe- kannte (Finstere) zu sehen vermaR. — Aus einer alten poetischen Sage der deutschen Kolonie in »Sette Comuni» (nördlich Viceaza) ist noch zu hören, daß »Wirt« = Tyrann war. denn die betreffende Stelle sagt: Wir sind Deutsche; unsere \ ater kamen von den Bergen (jenseits des Tirol) und flüchteten aus ihren Landen, um nicht unter einem schroffen und grimmigen Wirten zu bleiben (im Originale: «Biar sain teutsche; unzare vetere kamen aber vun auporz. un inkangen vun iarn lentorn. zwa net sianan untargaberft anenie schroffen un grinuiiegen hiarte-
Hoheitsnanien organisch verknüpft sind, vielfach beibehalten, so: »vira« (= üeidstrafe für einen Mord, die also nur ein vir, Fürst verhängen konnte), »biric« (~ (lerichtsdiener. Scherge, auch Herold, also ein Hilfsorgan des Fürsten; «birosx (= Rinderhirt, ein Begriff, der noch aus der Hirtenorganisation datiert); iibirt, virt. Wirt« (= dem die Obsorge der Gemeinde oblag); «birka« umfaßte anschei- nend alle Pflichten an den Gemeindeältesten. und ist heute identisch mit K e r b h ol z, auf \\ elchcm sonach die Abgaben verzeichnet \\ ur- den. —
Vid. Viilim (bei Melnik), Vidin, Viden, Videm, Vidak, Vidov, Vidce, Vidomina (Wien). Vitina. Vitanje, Wittingau. Montevideo, Vit- kov (Wigstadtl), Vizina, Vizovice, Vicence, Vicov, Vice, Vicice u. ä. sind günstige B e o b a c h t u n g s p u n k t e, denn \' i d ist = Aus- sicht, V i d e t i = sehen. Solche Punkte weisen für die Ausspähung der feindlichen Anschläge günstige Höhen auf. die zumeist noch heute aus einer uralten Zeit Schlösser. Burgen. Klöster und Ruinen tragen.
Ks ist z\\eifellos. daß die Urbedeutung auch die eines g e- sicherten Weideplatzes ist. denn das deutsche »Weide« ist wohl aus Hvid" hervorgegangen, »vidula« ist die Hirtenquerpfeife (lat. vidula). xvidalicei' ist zum deutschen «Fiedel« (im Slavischen O u c r- pfcife bedeutend) geworden; »N'idem« ist der Gemeinde- oder Pfarrpfründegrund.
Die Ortsnamen dieser Gruppe besagen sonach nichts weiter, als daß sich die Bewohner daselbst durch «vid« — Vorkehrungen gegen feindliche Anschläge sicherten, wobei sich die Bedeutung dem progressiven Kulturfortschritte und Ausbaue des Punktes sprachlich weiter anschmiegte.
So hieß Weiz (in Steiermark) i. J. 12-10 noch immer: «an der Wides« (vides = Aussichtspunkt), wogegen die Kirche daselbst schon i. J. 1188 »am Tabor« genannt wird, also die passive und aktive Verteidigungsvorsorge stehen bereits paralell nebeneinander, wie das ja bei jeder Burg der Fall war. wo das erstere der Wart- turm, das letztere die Ringmauern besorgten. — Windenau (bei Mar- burg a/n.). slov. Vidnjava. stand an der Stelle, die man noch heute «Staro mesto« (Beobachtungspunkt an der Nase des Bacher-Qeb ) nennt, und wo bereits viele prähistorische Funde gemacht wurden. — Ähnlich ist es bei Wien, wo W i e d e n. Am Tabor, Hohe Warte, Leopoldsberg die gleiche, sich gegenseitig ergänzende Rolle spielen.
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Javor. Javorje, Javorik. Javornik, Javorovy, ,|a\vor6\v, Jauern. Jauernigg, Jauerbiirg u. ä. btzeichnen einen Höhenpunkt, \\ elcher als B e o b a c h t u n g s- oder A 1 a rni s t a t i o n gegen feindhche Einfälle diente (jav, iaxiti = melden, zurufen, mitteilen). Die bishe- rige Etymologie, als würden diese Namen von njavor« (Ahorn. Ahorngegend) stammen, hat sich als ganz unzutreffend erwiesen. nachdem eine so benannte Gegend oft gar keinen Ahornbestand auf- wcist. hingegen dies in sehr vielen Fällen ein Gebirgszug oder eine Höhe mit vorzüglichem Fernblicke wie: Javorina. Javornik, Javorik. Javorowi. oder ein Ort mit Verteidigungsanlagen (ßurg. Schloß) ist, wie Jauer, Jauernigg. Jaworöw u. a.
Zdar (heute meist in der Form Mstam) sind jene Höheniiunkte. welche einst für die Bewachung der Gegend entsprechend eingerich- tet waren; das Grundwort ist das altslav. zdati = warten, e r- warten, beobachten, das auch noch in der Königinhofer Handschrift im verwandten Sinne vorkommt. — Ortsnamen dieses Stammes sind: Stara gora (also fälschlich: Altenberg), Sedlo Stare (Altsattel), Star trg, Stargard (Stargrad). Staric, Starse, Starovo. Zdarov. Zdarec. Zdarka. Zdarac. Starzingerberg. Sterzing u. a.
Es ist logisch richtig, daß es z. B. einen Namen nAltendorf« auch ursprünglich nicht geben kann, da niemand eine erste Ansiedlung als «alt», sondern doch viel eher als «Neudorf« benennen wird; eben- so ist ein «Alteuberg« ganz undenkbar, da man ja doch die Berge in derselben Gegend nicht in Bezug auf die geologische Entstehung skalieren kann.
Pas Urwort ist augenscheinlich »zdar. zdjar« (= abgebrann- tes Waldstück), um Aussicht für die Beobachtung der Umgebung zu gewinnen, wie es im Böhmischen und Sorbischen (zdzar) noch erhalten ist und in Mitteleuropa überaus häufig vorkommt. Im Hoch- schwab-Zuge liegen z. B. die Staritzen-Alpen; sie gelten als die schönsten Alpenweiden von Steiermark. Der älteste einer solchen Gemeinde hieß daher folgerichtig «zdar, starost, starosta«; in Pom- mern wird eine Gemeinde noch immer «Starostci« (sprich: Schta- rostei) benannt; unter «schtarost« x'erstand man daselbst den Schloß- oder Gutsherrn, und nachdem diese mitunter sehr unbeliebt waren, gilt noch heute der Spruch, »hei is schtarostisch« in der Bedeutung: der ist eigensinnig, unerbittlich, w ie ein »schtarost«.
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.Mis, A^islik, Alislowitz, .Missiitz, Mysliborice. A\istek, Myslik, Myslin, iMiseno (Cap), Miszkolcz ii. ä. sind üegenden und Ansiedlun- jjcn an liülienauslauicn. Gebirgsnasen, Talöffnungen (mys, mis = Vorgebirge. Bergnase), und waren naturgemäß in erster Linie für den B c o b a c h t u n g s-, dann auch \'erteidigungsdienst ausgenützt. Die diesen Dienst \ erselienden h'eßen miiyslivec«. wie der Ceche noch heute den auf Anstand (ieheiiuen. also läge r. benennt. — Dem Küssen bedeutet : ni i s e c. in i s i k noch heute: i\leines Vor- gebirge. Hergnasc.
Kuk, Kukiis. Kukau, Kukuksberg. KuHena, Kuklenberg, Koke. Kochein. Kckane. Kokorina, Kokofin u ä hczOichnen Auslugs- punkte. — Das ürundwort ist "kuk. kukati« = gucken, auslugen. — Am Balkan gibt ls eine grolle Zahl von Höhen mit vorzi'glicher Fernsicht, die Kuk. Orlov kuk. Kukin u. ä. lauten. — Der Höhepunkt, welcher die beste Umsicht über die Umgebung von Znaim gewährt, heißt: Kuketaj. — (X'ergl. die beigegebene Abbildung von Cocheini aus dem .1. IbAb. wo icdc Höhe befestigt erscheint.)
V, ahischcin'ich sind auch viele mit nHcch« zusammengesetzte Ortsnamen d eses Ursprungs, denn z. B. «Hochwaldn liabeu die Cechen nicht in xV'soke val« übersetzt, sondern gebrauchen den ungefähr ursprüngüchei; Namen "Hukxal" (statt i'Kuk\-al«).
Sveta g:^ra, Svatä hora. Alle topischen Namen d'eses Ursprungs (deutsch «Heiligenbergi ) sind ursprünglich mil'tärisehe Beobach- tungspunkte gewesen, denn das Grundwort ist «zvedeti« (in Erfahrung bringen, erkundigen) woraus der Hoheitsname: svetnik = Ratgeber, dann auch Heiliger wurde. — Die Russen ge- brauchen "svjedat". die Slovenen nzvedct'« für: erfahren, »zveden« = der Erfahrene. -~ Augenscheinlich ist auch «svet» (die Welt) einst gleichbedeutend mit Grenze gewesen, denn man sagt z. B. unter den Slovenen: grem v svet = ich gehe in die Fremde, d. h. ich überschreite die Grenze. — Es gibt wohl keinen Ort dieses Namens, welcher nicht an oder auf einer gute Aussicht wie auch günstige Verteidigung bietenden Höhe liegen würde. Bei manchen Ortsnamen ist noch der Name nicht mit iisvet« (= heilig) identifiziert, wie z. B. Sveca gora. (in Obersteiermark einmal in iiLichtmessberg« über- setzt). Svitavka. Svctina. Svct'uje. Zwetkofzen i' ä. — Die «Heilig- keit« der Lokalität hat sich allmählich aus sich selbst entwickelt, weil der Punkt durch die Kämpfe daselbst und die Begräbnisstätte
der Vorfall ren zum (jcgenstande besonderer Verehrung; wurde; die traditionelle Pietät machte sie jedoch zu W a 1 1 f a h r s o r t e n. seit der militärische Charakter derselben verblaßte.'')
Wahrscheinlich gehören hieher auch alle Namen, wie: Svetia, Zwettl, II. ä., welche, da man «s\etel" für »lichte nahm, sodann als Liechtental, Liechtenort, Lichtenwald in's Deutsche übertragtn w urden.
Analog hat das Stift Zw e 1 1 1, slavisch. i'S\ etia« seinen ur- sprünglichen Namen bis heute erhalten, während dessen künstlicher Name "Liechtentalic längst wieder außer Kurs ist, und sind dies le- diglich etymologische Spielereien, die in den allermeisten Fällen als \ollkommen mißglückt gekennzeichnet werden müssen.
So behandelt J. v. Zahn im III. Bande seiner i.Styriaca« (Graz 1905) unter dem Titel: nPoetische Ortsnamen und andere» ein ähnli- ches Thema, legt aber der Entstehung derselben folgenden, wesent- lich verschiedenen Ursprung zugrunde. Er schreibt: »Wenn ein Grundherr an der Stätte, die ihm vor allen anderen lieb und an das Herz gewachsen war, eine Gründung vollzog, dann pflegte er aus dem Borne warmer Empfindung einen Namen hervorzusuchen, um ihn seiner Gründung beizulegen, gleichzeitig als Ausdruck seiner väterlichen Liebe und auch als Empfehlung der Stiftung an kom- mende Geschlechter. Dieser allgemeine Vorgang findet seine be- sondere Anw endung bei dem naturfreudigen Orden der Zisterzienser, w elchcr seine Niederlassungen in Frankreich : L i c h t c n t a 1, G o I- d e n t a 1. G M t c n t a i. G u t L- n b r n n n. H c 1 1 b r o n. ( j ii t e n f e 1 d, L i e b e n f c I d, l. i c h t e n o r t etz nannte». Ich kann aber nicht umhin, die gewiß gutgemeinte und durch den äußeren Schein sugge- rierte Ansicht des Verfassers rauh zerstören zu müssen, da dies meine Erkenntnis sowie die mangelnde Natürlichkeit dieser Ent- stehung erheischen. - Diese Namen sind durchaus nicht aus dem •Hnrne warmer Empfindung« hervorgegangen, sondern sind na- türlich begründete, bereits \- d r g e f u n d e n e s 1 a v i- s c h e N a m e n gewesen, w eiche die D e u t s c h e n übe r-
") In der HcrzeK"\\ii'a gjl)t es ein «Svatovsko iirreblje». welches die Sage und VolkFetyn-oloKle dahin erklürt. es seien dies Oräher eines ^ crun- .rliickten Hiichzeitszuges; tatsiichlich ist es ein Beoliaelitungspunkt. auf dem es einst 7i\ einem Mutigen Gefechte gekommen sein muß. daher auch die meisten (irabstcinc dasclhst mit militiirischcn Figuren verziert sind.
it*
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setzten oder^anz ohne Rücksicht auf die neue Be- deutung anpaßten, wobei sie es allerdings nicht versäumten hoch- und wohlklingende Namen zu konstruieren.
\\ ie man aus den erwähnten Beispielen ersieht, fassen solclic unnatürliche Namensbildungen zumeist keine tiefen Wurzeln und holen w ir uns in jenen Fällen, wo die Namensänderung ge^\ altsam geschah, die Urform aus den vergilbten Urkunden wieder hervor. Wenn man daher heute vielfach von Slavisierung der Ortsnamen hört, so ist dies dadurch begründet, daß man die slavische Urform des Namens wieder anwenden und dem w a h r e n. h i s t o r i s c h e n N a m e n z u m R e c h t e v e r h e 1 f e n will; von Neubildungen ist also hier keine Rede, sofern es sich nicht iini vereinzelte geschichtswidrige Zwangsformen handelt.*)
Caga, Cakov, Cakowitz, Cakaturn (= Wartturm), Saggau, Sa- chendorf. Cekau Cekov, Cekanitz, Cekyii. Segne u. ä. stanmien alle von cakati, cekati ~ abwarten, auf Anstand sein, acht- geben, sind somit auch günstige Beobachtungspunkte, die, w enn sie von Natur aus nicht genügend günstig waren, künstliche Ergän- zungen erhielten. Alle die Türme bei Kirchen und Schlössern hatten ursprünglich wohl nur diesen Zweck, daher es auch kein altes Schloß ohne einen ausgesprochenen, etwaige andere Türme überragenden Turmbau gibt: dasselbe gilt für die Kirchen, welche, wenn sie in d e r K b e n e s t a n d e n, h ö h e r e T ü r m c h a 1 1 e n. a 1 s s o I c h c. welche ohnehin auf einer übersichtlichen H () h e angelegt waren. — In cechischen Gebieten findet man noch häufig Flurnamen «na cekarne«. Die Hoheitsnamen sind: Diakon^, nachdem die Griechen das slavische »c« nur zerlegt darstellen konn- ten, dann "zak. djak. dijak» — der Studierende, der Acht- gebende; »djak« (russ.) der Schriftkundige, früher: der Geistliche.
Laver, Lavis, Laverone, Lavrovce, Lavranovo, Lovrana, LoSer, Loferstein. Loretto (slav. Lovreto) u. ä. schein c n f ü r H i n t e r-
~) Was die Deiitsclien vor etwa acht .lahrhuiiderteii taten, das wie- Lcrholen heute die Magyaren, indem sie alle nichtmagyarischen topogra- phischen Namen übersetzen, verunstalten oder ihrer Sprache anpassen, was aber durchaus nicht hindert, daß einst bei geänderten ethnographischen i'der politischen Verhältnissen die ursprünglichen und natürlichen Na- i'jeii aus alten Büchern wieder hervorgeholt werden kömien. Die Geschichte kann uns auch in dieser Hinsicht als Lehrmeisterin dienen!
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halte, also f ii i- \' er steckte Beobachtung oder über- haupt Ü b e r 1 i s t u II g des Gegners geeignete Terrainpunktc ge- wesen zu sein. Das Grundwort ist bereits schwer erkennbar. niiiB aber entweder «iavi' (slovcnisch z. B. 1 a v r a. 1 a v r a t i = L a u e r. lauern), oder «lov« (= Jagd. Anstand) zur Basis haben. — Der russische Begriff «lavraK für Kloster bestätigt dies, wenn man die Entstehung der Klöster, wie dies später geschildert wird, allge- mein in Relation bringt. Eine endgültige Klärung wird wohl durch weitergetragene Forschungen erbracht werden. — Das berühmteste aller Klöster auf dem Berge Athos liegt auf dem höchsten Gipfel und heißt St. L a V r a (Laura).
Lesno, Lesaiiy, Leskovec, Lestno, Lisno, Lisen, Lisky, Lsteni u. ä. bezeichnen Gegenden, wo sich einst Zufluchtsstätten oder vor- bereitete Kampfpl;:tze befanden. Das Grundwort ist «les. Ijeh. iis. lis)'. worunter der Slave im allgemeinen etwas mit dem Kampfe Zusanmienhängendes versteht, wie z. B. »liskati« {= raufen), «lisitiii (" berauben). «lezaK (= das Lager) u. ä. — Verwandt ist auch das lat. >ilisi< ('- Kampf), wie das griechische >?.t]aT}>gt (= Räuber. Kämpfer im Guerilla Kriege).
Der Kommandant eines solchen Platzes hieß nun «IjehK (Plural: lesi, wie dies die Grüneberger Handschrift aufw eist), w ar also nichts weiter als der .Älteste einer Verteidigungsgemeinde der Urverfassung. In späterer Folge wnirden solche Ämter von einem höheren Führer (Lehensherr) bestimmten Personen (Lehensträgern) zugewiesen, d. h. der Betreffende versah die Sicherung des ihm zum Schutze an- vertrauten Gebietes, analog wie auch z. B. der Sicherungsdienst in der bestandenen Militärgrenze organisiert war. —
Straza ist ein Wach|X)Sten. zumeist auf einer Höhe mit guter und weiter Aussicht, von wo aus man bei feindlichen Anlässen auf phonetischem Wege, also durch laute, nur den Eingeweihten ver- ständliche Zurufe, oder auch durch Feuer- und Rauchzeichen, den Umwohnern die drohende Gefahr ankündigte. Die Wache hatte eine Schutzhütte und w ar diese auch insoweit verteidigungsfähig gemacht (Zw inger. Schießscharten), um den Posten wenigstens so lange hal- ten zu können, bis die nächsten Ortsbewohner eintrafen. — Der Name xStraza« kommt in Mittel- und Südeuropa überaus häufig vor. und sind alle mit «Strassx zusammengesetzten Namen dieser Prove- nienz; so: Strassberg. Strassburg. Strassengel. Strassgang. Strasser-
perg, zu Strasy, Strassnitz, Hochstrass (bei Mödling. Deutschlands- berg u. a.). Strosen. Stragut (in Deutschland vom altsorb. straza. straga) u. a.
Sonderbar ist es aber, daß z. H. der Name «Strassengciii. der ii. steirischen Urkunden v. .1. S60. 890. 982. 98-1. 1051 u. s. f. stets in der Form «StrazinolaK angeführt erscheint, nie ins Deutsche über- tragen \\urde, wjilirend bei «Strassgang«. das i. J. 1030 urkundlich als »Strazcan« vorkommt, auch noch zugefügt wird, daß dies eigentlich der Name der Befestigung auf der Höhe sei; der Name mu ß dalier schon von den slavischen Vorbewohnern herrühren.
Karaula ist ein gemauerter, \iereckiger Bau für eine Wache, welche sich darin auf kurze Zeit verteidigen konnte. — Auf dem Balkan sind solche Objekte noch sehr häufig, aber nunmehr schon meist als Ruinen anzutreffen. — Bei den Russen heißt die Wache selbst "karaul".
Kula ist ein hoher, solider, mit Schießscharten \ersehener, mit- imter krenelierter Run dbau, welcher augenscheinlich, da er für eine Wache nicht eingerichtet ist. nur als vorgeschobenes ülied eines fe- steren Verteidigungsplatzes galt oder als Aussichtspunkt diente. — Solche Kulas gibt es in großer Zahl am Balkan; aber auch sonst findet man solche Türme, wie z. B. bei der alten Veste Straitiberg. (richtiger »Stranberg«), welcher «Kulatina» genannt wird. (Siehe Ab- bildung von Stramoerg in Mähren). Mit der Höhe mußte hier so w eit gegangen werden, damit vom Turme ans keine toten Räume für die Beobachtung verbleiben. — Im Tatarischen ist nkola« = Vor- werk, im Arabischen = Turm.
Buda, Budua. Budine, Btiilkov, Budejovice. Bude^ko, Btidisiii (Bautzen), Baude, Bautsch u. ii. haben »bud. buda. budka (= Hirtcn- liütte), budiste« zur Grundlage und weisen eine analoge Bildung wie «chod, koc, koca« auf. Im Deutschen ist die Fornt buode (mhd.). b u d e (nhd.) bekannt (vergl. auch b u w e n, b u o v e n für baue n). — Es mag ja nun der ursprüngliche Begriff aus »bus« (bos, bovis), also einer Weidetriftbenennung her\orgegangen sein, nachdem man sich am Weideplatze auch eine Hütte (Bude) zum Schutze der Hirten wie des Pferchs erbaute. Augenscheinlich war aber dieser Unterstand an einem solchen Punkte, von wo aus man die Herde beobachten wie auch durch entsprechende Wachsamkeit rechtzeitig
in Sicherheit brin;fcn konnic, daher solche Stellen mit der Zeit ver- teidigiingsfähig gemacht wurden, denn xbuditi« heißt im Slavischen: erwecken, aufwecken, »bdcti. bditi«, litt, budeti: wach sein. Wache halten (jetzt : bei den Kranken), litt, b u d r u s s : wach- sam. Nebstbei sind solche Punkte stets auf Höhen, gekrönt mit Kirchen. Schlössern. Burgen. Ruinen, alten Friedhöfen, wie Budisin (Bautzen), Buda (-Pest). Biidua, Büdingen, Budwitz u. ä.
Das \olk der 15 ud in er, welche Hcrodot in das heut'ge Ruli- land oder in das nördliche Griechenland verlegt und sie im beson- deren als blondhaarig bezeichnet, bilden sonach nur ein Analogen zu den G o 1 1 s c h e e r n in Krain.
Der Hoheitsname hat sich anscheinend in «Buddha« konzen- triert; sonderbar ist es jedenfalls, daß «buddha« m Sanskrit, welcher Sprache der Name ja zugeschrieben wird, »der F.rweckte« (wohl rich- tiger «der Weckende«) bedeutet.
Strehov, Strehau, Strechwic (heute Strettweg), Streckelberg (auf Usedom), dann die slavischen Formen Cresno. Cresnjovec u, ä.. welche in Folge dieser äußeren Form auch irrig als «Kirschdorf, Kirschbad« ins Deutsche übertragen wurden, sind Terrainpunkte, wo ein Schutzdach, F I u g d a c h für die Wache oder die Beobach- tungsposten vorbereitet war, denn «strecha, stresno« (= Dach) deu- tet auf diese Etymologie. (Hiezu Abbildung von Strtchau in Steier- mark.) «Strezit» heißt im Böhmischen übrigens auch: hütten. Wache halten, daher Strachov und Strechov, wie Strazov und Stfezov, indentisch sind.
Suh, Sucliä, Suchaii. Suchen, Suchodol, Siihdol. Suchohrdly (d. Zuckerhaiidl). Suchor, Siichov. Snkdol. Sukowate. Suky, Zug, Ziiki, Zukovo u. ä. sind Punkte, wo sich eine Laube, d. i. «suhta. suhta« befand, welche dem «suh, suk, sok« (= altsl. Krieger, suhi = kriegerisch) für die Beobachtung des Feindes Schutz im Kampfe wie gegen Ungewitter bot. Im Russischen bezeichnet «suchotnik«*) noch heute den Pfleger. Fürsorger, ^\ ie als solcher einst \\ohl der Älteste einer solchen Gemeinde gegolten liat; überdies erzählen die russischen «Bilinen« \'iel vom Helden «Suhan«.
*) Über mehrfachen Wunsch habe ich Begriffe russischer Sprache mit lateinischer Schrift w icücriresiebeii. nni das Lesen zu erleichtern.
Der im Regierungsbezirke Düsseldorf gelegene mit pracht\olIer Fernsicht ausgestattete «Heiligenbergx geiiürt zur Stadt KSüchteln».
Hiclicr sind aucii alle Namen des Grundwortes «sok. sokoh« ein- zureihen, wie; Sokai. Sokale. Sokol. Sokolovac, Sokolec. Sokoli, Sokoinitz. SokoJow. Sokolowka u. ä. Der heutige slavische Hsokol«. d. i. der den Turnsport geselHg Betreibende, hat ursprünglich mit dem Falk c n (slaw sokol) gar nichts zu schaffen, und ist das Abzeichen
Kitt. 11. Strechau in Steiermark.
der F a 1 k e n f e d e r erst dieser späteren Ft>iiK)logle zuzuschreiben. Die 1 sukoli. sokolix waren sonach einst die \'erteidiger, die Soldaten, die sich zum Kampfe ensprechend vorübten. Eine orga- nische Verwandschaft ist aber doch vorhanden: der auf Posten ste- hende mußte wie ein Falke die Umgebung beobachten, mußte also s e h r g u t e Augen haben. Die Volkslieder und Heldengedichte der Sla\en im allgemeinen, dann der Südslax'cn und Russen im beson- deren, welche den Geliebten oder Helden stets einen Falken nennen, müssen daher aus jener Zeit herrühren, als der rein militä-
risclie ßciiriff «sokolM nocli im praktischen (jebraiiclic war und H L' 1 d. k r ä f t i IC e r M a n n. s t a 1 1 1 i c li e r K r i e k c r bczeichnctf^.
Okrog, Okrühlik, Okroulilä, Okruglitz, Krungl, (Iruiidlsee ii. a.
iKinit man nKula« artige Wachtiirmt in Mitteleuropa. Bei Syraciis liief.-l im Altertume ein soiclier Turm: Akrai^os (Okrn^; nkrog. okro- gel ="- rund). Interessant ist es liier zn zeigen, wie \iei LuftstöBc man zuvor machen kann, ehe itian zur richtigen Etymologie eines Ortsnamens gelangt; es sei dies an dem Namen »Grimdlseen vorge- zeigt, w ie ich selbst erst auf dem Um\vege über die ältesten Namens- formen (II88 Chrungilsee, \30() Chrungelsee. 1386 Krungelsee) auf nkrunkeljn (~ Abstockung) kam. imd von dieser erst auf die obige, hoffentlich bleibende Erklärung, wenn ich mir stets auch die Leitidee \-or den Augen hielt, daß die älteste erhaltene Na ni e n s- f o r m i m m c r d e r L' r f o r m am ä li n 1 i c h s t e n i s t u n d d a ß die V e r b a 1 Ih o r n ti n g e n in dem Maße z u n e h ni e n. i e g e r i n g e I' der Einfluß des n a m e n g e b e n d e n \' o 1 k s- s t a m ni e s w i r d. ^\■eil mich das im deutschen (Gebrauche übliche Einschieben des «n« beirrte.*) Auch Krieglach (Obersteiermark) hieß i. J. 1148 noch «Chnigelahe«; hier hat sich also der Originalname noch w enig geändert.
") Die neiituiie des Namens "(jriiiidlsce» wurde bereits vielseitic: versucht; \v;ihret'd aber die meisten ob ihrer sprachlichen Entgleisung kei- ner Erörterung wert erscheinen, erfordert die des Universitätsprofessnrs Dr. Strekelj in Graz (im «Casopisu der historischen Gesellschaft für Utiter- stcierniark p. S6 19041 doch der Erw ;ihnuns;. Der Erklärer erkannte ohne- w eiters. daH der Name slavischen Ursprungs sein müsse und deutet ihn aus dem Altslovenischen »kraglo« (= rund) als »kraglo iezeroK (— runder See). Nachdem aber gerade dieser tiickischerweise obiger Definition nicht entspricht, denn er ist ungefähr 6 km lang und 1 km breit, meint der Aus- leger, daß die Slovenen der alten Zeit bei solchen Dingen nicht mit dem Zirkel umgingen. .Aber gerade diese Rechtfertigung der Auslegung, daP unsere Altvorderen, mögen sie auch welch' Stanmies immer gewesen sein, einen so verdorbenen Blick für die Natur gehabt hätten, fordert zur Er- wiederung heraus, denn die Erfahrung lehrt das gerade Gegenteil: unsere Ahnen hatten, ie weiter die Stufe nach rückwärts geht, ein umso ungetrüb- teres .Auge, denn das beweist uns eben ihre gesamte impressionistische Namensgebung. — Es schwebt mir bei dieser Behauptung die allgemein herrschende Ansicht vor. daß der Indianer ein besseres physisches Auge besitze, als die Kulturmenschen. Dies ist aber ein Trugschluß, entstanden dadurch, daß der Wilde alles mit der Seele ansieht, d. h. seine Psyche ist derart, daß sie alle Zerstreuung. Belastung und Ermüdung des Gehirns aus-
Pec, Petschke. Pece, Pecen, Petschen, Peckau (1050 Pecah), Pecica, Pecnek. Pecendorf, Pötzleinsdorf, Pecjak, Pesjak, Bec(VVien), Becic, Becice (bei Tabor). Becva, Beczarka, Beckeiigrund ii. ä. sind alte V\ a c h s t a n d t) r t e (pec. pcCa — IJewacluinsi, Sorgsainkeit) und kommen meist als ergänzende Vorsorgen bei festeren Verteidi- i,Mingspunkten vor.
Nun wird es auch klarer, weshalb Wien \erschiedene Namen führt, denn es handelt sich dabei nur darum, w e 1 c h e ni Sich e- r u n g s g e b i e t e der Name e ii t n o m m e n w u r d e ; dem Ce- chen ist es: Viden. dem Romanen Vienna. Vienne. dem Deutschen Wien, dem Magyaren: Ik'cs, dem Slovenen: Duna.i.
Bistrica. [dieses ist ein auffallend häufiger Name \'ou Flüssen. Bächen. Ortschaften wie auch Höhen. — Man wäre wohl geneigt darin das Wort «bister« (~ rasch) festzustellen und diese Eigenschaft schnell fließenden Gewässern als äußeres Merkmal beizulegen, doch ist dem nicht so. Jedes fließende Gewässer hat nahezu die glei- chen Grundbedingungen: im Oberlaufe, also in der Gebirgsgegend, fließt es rascher, in der Ebene angekommen, langsamer, müßte also naturgemäß wiederholt den Namen wechseln. Es gibt aber auch Hö- hen, welche: Bistrica, Na bistriin. Bystro u. ä. lauten und kein Was- ser bezeichnen können, weil sich dort kein Bach oder Fluß vorfindet, oder der Wasserlauf selbst eine abweichende Benennung hat. Das
schließt, sobald die Aufmerksatukcit auf einen bestimniteii (jcvjcnstand se- richtet ist, daher auch die staimciid iiatiirliche und unbeeinflußte, daher bessere Beobachtunic. Der Oebildete kann aber dabei nicht so leicht alle beeiin'luRenden Kebenunistände ausschalten, und kann ich, cestiitzt auf n:eine tinipiric in dieser Hinsicht wohl offenbaren, welche Energie und welches physische Exerzitium dazu notwendig ist, um nur ein JVloment einem einzigen Oegenstande die ganze Aufmerksamkeit zu widmen, wenn im Gehirne zugleich die verschiedenartigsten Eindrücke, Ideen und Spiegel- bilder Platz genommen haben.
Obrigens glaube ich, daß niati auch heute von iedem Bewohner der Umgebung des Orundelsees, dem man die Anerkennung desselben als eines runden suggerieren wollte, in ehrenrühriger Weise abgefertigt werden würde, denn die sehr ungleichen Dimensionen lassen sich in diesem Falle bereits von den Randkommunikationen erkennen und die geologischen Verhältnisse gestatteten in den letzten tausend .lahren sicherlich auch keine andere Gestaltung. Es erhielt daher der See den Namen erst vom Orte K r u n g I, wo sich ein R u n d t u r m zur Beobachtung einst befunden haben wird.
(jrundwort ist liier wohl «bisterM, jedoch in der Bedeutung: scharf sehen, gut beobachten, und sind dies sonach jene Höhe- punkte in Grenzgebieten, welche eine sehr gute Beobachtung der Umgebung gestatten, und die als nBistricaic (Feistritz, Viustricz, Vustritz u, ä.) gangbaren Gewässer erhielten diesen typischen Namen nur deshalb, weil sie bei solchen wichtigen Punkten entspringen oder vorüberfließen.
Daß «hnsii und «bistern in der Urzeit noch identisch waren, ist leicht verständlich, denn der Hirt beobachtete eben seine Herde von einem hiezu günstigen Punkte. — Die Ce- chen haben auch noch das Originalwort «bister« in «vystraha« ( — Warnung) im Gebrauche; es waren dies eben Punkte, von wo aus man die Bewohner w a rn t e. und gibt es Namensformen dieser Gat- tung in alten Urkunden zur Genüge: so schreibt eine steirische Ur- kunde vom Jahre 1154: Wiztraha. Wiztra curtis, eine andere: Wit- rach, Wizdrach u. s. w.. welche zeigen, daß dies zu jener Zeit auch schon technisch verstärkte Beobachtungshöhen waren — Die wech- selnde Aussprache von «y« als »i» und «u« brachte es mit sich, daß xBistrica« in alten Urkunden wiederholt als «Bustricus. Bustriciusx u. ä. wiedergegeben erscheint, daher auch die Ortsnamen: Bosak, Busak. Busovaca, Busento u. ä. hieher gehören. — Überdies zeigt das lat, «vis« (= Kraft, Gewalt), daß Höhenpunkte, wie: Visa, Visina, ^'isarje u. ä. einst vorbereitete Kampfplätze waren.
Sot, Sodnja ves, Sodinja ves, Söding. Södingberg, Sooden, So- den u. ä. bezeichnen W a c h p u n k t e meist an Oebirgskomimmi- kationen (sot = Gebirgsweg) oder Talengen und Schluchten (= so- teska). Der Befehlshaber über eine so bewachte Gegend war der «sodni. sotnik, sodnik», heute gleichbedeutend mit Richter, Hauptmann; der Feld- oder Flurwächter heißt im Slovenischen noch liLUtc i'sotar«. Das dalmatinische «Sutomore« ist sonach etymo- logisch : die bewachte Grenze, und befindet sich daselbst auch der vorgeschobene vorzügliche Beobachtungspunkt «SpicaK, dessen Erwerbung begreiflicherweise einen Hauptwunsch der Monte- I cgriner bildet.
.Aber auch im lateinischen «soter, socius, sodalis« (= Kamerad. Waffengenosse) ist derselbe Stamm vorhanden, wie im griechischen iaMTiO" (= Retter, Beschützer) urd » rr c'/ 1' o « (= retten, erlösen).
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Die Hsotnija« (— Kompagnie, Kameradschaft) ist also urspriing- lich eine Gruppe von Kampffähigen, von Waffengenossen gewesen und ist es noch heute. Daß «sotnik, stotnik« = Hauptmann, d. i. Be- fehlshaber von 100 Mann ist. scheint sonach erst eine spätere Anpas- sung zu sein, denn der Kichtcr. der z. B. «sodnik« heißt, hat mit der Zahl lÜO schon nichts n;ehr zu tun; übrigens bedeutete im Altslavi- schen «sotnja» eine Zunft, Innung — ohne Rücksicht auf die Zahl.
Schottland (Scotia) ist sonach wohl nur als ein von Ksot'sx ver- teidigtes Nachbarland und ist »Scotia» nur die latinisierte Form, ana- log w ic man das slavische »sola« im Lateinischen zu »scola» machte.
Car, Carigrad (Konstantinopel), Carii^i, Carevic, Careva gomiia, Carevo polje, Carina, Carine u. ä. deuten durchwegs auf einen ein- stigen verteidigungsfähigen Terrainpunkt hin, d. h. es war hier eine genau bestimmte Stelle, wo man sich bei feindlicher Bedrohung zum Kampfe entgegenstellte; dies war selbstredend zugleich die Grenze, daher auch die Slaven unter «cara» den Qrenzstrich verstehen. Der Kommandant über eine oder mehrere Gemeinden zum Schutz- zwecke hieß nun xcar»; die Abgaben, die er hiefür erhielt, nannte man »carina», noch heute in der Bedeutung Abgabe, Zoll; der Vcrteidigungspr.nkt selbst hieß so oder ähnlich, wie die oben ange- führten Ortsnamen; nur die russische Sprache kennt noch den in die Urverfassung reichenden Begriff »carina» in der Bedeutung: Ein- friedung, H ü r d e.*) Seine Frau hieß folgerichtig »cara», wird aber in dieser Form nur mehr im Hebräischen als »Sara» gebraucht in der Bedeutung bezw. Übersetzung : angeseheneFrau. Für- stin. — Im Baskischen ist nzar» = der Älteste, der Alte, der Ehr- würdige. — Der Beginn des Namens »caDi als Ältester einer Ge- meinde verliert sich bereits im Nebel der vorhistorischen Zeit, denn die Ägypter bezeichneten mit «Zar» schon den Kommandanten einer Festung (z. B. Tyrus), und im Kymbrischen ist »car» auch schon identisch mit Festung. Sie kannten auch eine Stadt am Meere, namens »Zar«, und verzeichneten als Eigentümlichkeit derselben, daß man ihr Süßwasser mittels Schiffen zuführen müsse, was bei »Zara» einst zutreffend war, wenn die vorhandenen Zisternen über den Sommer nicht ausreichten. — Sonstige topographische Namen glei-
") Bei den Guaiichen (Kanarische Inseln) bedeutet »carinasK — Flechtwerk; den Berbervölkern ist »carian» dasselbe, also natürlicherweise einen eingefriedeten Platz andeutend.
chcn Ursprungs scheinen im deutschen »Saar« (Fhil3. der an einem Grenzgebiete vorbeifließt) und die mit diesem Begriffe zusammen- gesetzten Ortsnamen zu sein; dasselbe gilt für «Saraievon (Bosna Sarai = Verteidigungsplatz. Festung an der Bosna), Saragossa, Sarn- thein, Saarbrücken, Sardes, Sarai (Rußland) u. ä.. und scheint das Grundwort «car. sar« im innigen organischen Zusammenhange mit «cardal<. certak", welches mehr als Diminutivum anzusehen ist, zu stehen. (Vergleiche den Artikel wcartak« und «cir«.)
Die Verteidiger eines solchen befestigten Platzes hießen nun iiSaraceni" oder ähnlich, \\as ja natürlich ist, denn hieß z. B. die auf 60 km sich erstreckende, mit Forts reich besäte Grenze gegen die Kirgisen (Rußland) die «Zarizin'sclie Linie«, so hatten die Ver- teidiger derselben eben auch zur Kennzeichnung einen dementspre- chenden Namen, analog wie der Kommandant eines «ccrtak« zu «Ser- dar« wurde.
Die wunderlichste Blüte völkererzeugender Ftymologie ist wohl die Entdeckung, daß einige Täler in der Schweiz und in Süd- frankreich dereinst von arabischen Sarazenen besiedelt wurden, weil dies untrüglich einige Pässe, V e r t e i d i g u n g s- und Beobachtungspunkte durch ihren Namen w ie : «Sara- zenenstein. Pierre au.\ Sarassins. La jMotte des Sarrasins. \'i Sarra- zin. La Came aux Sarrazins u. ä. beweisen.
Der Ethnograph B. Reber erzählt (fi. u. 7. Heft der Mitt. der geogr. Gesellschaft 1907, Wien), daß sich in jenen Gegenden \iele mit sonderbaren Zeichen versehene Steine befinden, die augenscheinlich einst als Marksteine oder W e g w e i s e r dienten. Diese Deu- tung ist vollkommen zutreffend; sie lagen eben an der Grenze (= cara. kleine Grenze = carica) und die Bewohner, die diese Gren- ze zu sichern hatten, waren eben überall die «Sarazenen«. Bis daher widersteht Reber tapfer den Lockungen der gangbaren Ortsnamen- etymologie, die unter «Sarazenen« ausschließlich arabische Emi- granten sieht; aber zum Schlufic stellt er fest, daß die Anwesenheit der Sarazenen — nämlich der arabischen — im Alpengebiete doch eine historische Tatsache bleibt. Es zeigt uns dies, welche dämonische Kraft ein Name ausüben kann, der sich in unse- rem Gehirne w ährend der Studienzeit eingenistet hat, denn wir kön- nen ims davon ebensowenig trennen, daß die Sarazenen auch noch wo anders sein konnten, chne Araber zu sein, wie wir anderer-
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SL'its nicht begreifen \\f)llen. dal' zwei grundverschiedeMC Volksstäni- mc oline fühlbaren Sprachkontakt doch denselben Namen führen kön- nen, w eil wir die allgemeine ii r s p r a c h 1 1 c h c Bedeutung des (iriindwortes nicht anerkennen oder berücksichtigen wollen.
libenso ist über die Herkunft und Bedeutung des Begriffes »car« schon das Verschiedenste wie auch Unglaublichste geschrieben wor- den. Als Beispiel, w ie weit die vorstehende Auslegung und die An- sicht des Hr. lionegger auseinandergehen, folge hier des letzteren Meinung über dieses Thema: «Die Moskowiter sind keine Slaven. Her beste Beweis dafür ist der Name ihrer Herrscher (!). Kein Volk der Welt hat je seinen Fürsten mit einem Fremdworte benannt, aus dem Worte C z a r aber konnten die vereinten I5cmühimgen aller panslavistischen Philologen kein slavisches machen. Es ist ein un- zweifelhaft tatarisches, asiatisch wie die Sitten und (jcbräuchc am Hofe \on Moskau«.
Der Anlaut «c« wurde jedoch zugleich oder unter bestimmten X'erhältnissen auch als «k« ausgesprochen, daher wir auch sehr viele Namen in der Form: Kar. K a r a. K a r n. C a r n u n t u m. Kara Otok, Kara üjorgjevic, Kara Mustapha u. a. besitzen. Sie kennzeichnen im allgemeinen fortifikatorische Orenzpunkte. wie z. B. im Grusinischen: Tor. Engpaß. — «Kara« bedeutet dem Sla\en im allgemeinen eine Strafe Ikarati = strafen. \erw eisen), bei den Südslaven überdies: Pranger. Ortsnamen dieser Art deu- ten daher zugleich auch auf einstige R i c h t p 1 ä t z e, und solche Personennamen auf a n g e s c h e n e, mit hohen S t r a f r e c h- t e n b c t r a u t e \' e r t r e t e r \" o n (i e m e i n d e n o d e r B e z i r- k e n. — Der erste serbische Fürst Kara (Ijorgjevic ist also durchaus nicht der «schwarze Georg«, sondern ein Glied jener Fa- milie, welche im Volke besondere Ämter innehatte, darunter auch mit «kara«-Rechten der slavischen Verfassung ausgestattet war. Das türkische «kara» (= schw arz) ist daher hier unrichtig ausgelegt wor- den; hingegen übersetzten die Osmanen «Montenegro« auch in »Ka- radagh«, also ebenso falsch in »Schwarzer Berg«, wie alle übrigen Sprachen, weil sie die falsche Namensauslegung bereits vorgefunden hatten.
Der Älteste einer solchen Gemeinde und deren (jcrichtsherr hielJ bei den Slaven «kralj«, in der alten Form noch «Charal«, woraus dann der Name «Karl« hervorging; die Gemeinde, der ein solcher
vorstand, sowie dessen Sitz, hieikn nun: kralie\o. kraliestvo. krai- .ie\'ina.
Übersetzt wurde «kralj» als «König» ins Deutselie. was iedocli unkonsequent ist. da letzteres »hon. kon« zum Stannne hat. daher auch die Übertragung von »Kralovice» in »Karolinental» richtig. »Kräiovc Hradec. Krälovo pole» in »Königgratz, Königsfeld» hin- gegen etymologisch falsch, w cnn auch in der Bedeutung identisch ist.
Die Neger in Afrika nennen auch die Sunniie von Hütten, die einem Häuptling unterstehen: K i" a 1 (K r a a 1).
Aus der bukolischen Zeit stammt noch der (lebrauch bei den Cechen, daß zu Pfingsten, wenn das Vieh zum erstenmale auf die Trift geführt wird, ein Hirtenkönig (krälicek) und eine Köni- gin (krälovna) gewählt werden; wahrscheinlich ist aber dies der Rest der jährlichen Wahl des Verw alters für die Gemeindehutw eide. ähnlich wie dies beim Artikel «Zupa» geschildert wurde. — .Au^ Analogien ist es daher berechtigt zu schließen, daß sich vom primi- tiven Ciemeindeältesten die Würde eines «kralj». wie »Karl», zum höheren Oerichtsherrn und im Slavischen speziell zum Könige erhöhte. — Bei den Hebräern war »kara» der Thoraleser. daher gew issermaßen der Gelehrte und geistige Leiter der Gemeinde. — Sonstige Namen dieses Stammes sind weiter: Harrau, Karava. Garrach, Gariak, Garac, Haraberg, Harachsthal, Karberg u. ä. Die bekannte alte Adelsfamilie «Harrach» finden wir in alten Urkunden sowohl in Bayern, als auch Gberösterrcich. Steiermark, Kroatien (hier in der Form «Garac»), die untereinander ursprünglich gar nicht verw andt waren, denn Inhaber hoher Gerichtspri\ilegicn hießen eben da und dort gleich, und überall, wo sich solche Ortsnamen erhalten haben, finden wir auch Burgen. Ruinen oder verteidigungsfähige Hö- hen, über deren einstige Bestinmiung oft nur mehr eine dunkle Volks- tradition Kunde gibt.
Diese bei den Forschungen aufgefallenen Daten juristischer Rich- tung wurden hier nur deshalb erwähnt, weil sie iminerhin kleine Beiträge für das ältesteGerichts-undGefängniswesen liefern. Ansonst ist jedoch «kar. kara«, ebenso wie «kor. gora. hora« nur ein G r e n z b e g r i f f, daher die alten Namen, wie: Karnische Alpen. Camiolia. Carantania. Carnuntum, Koralpe (an der Grenze von Steiermark unk Kärnten) u. ä. nur wieder verteidigungsfähig herge- richtete Grenzgebiete kennzeichnen: es haben daher die Ortsnamen:
Karlin, Karlovice, Karadagh, Charbin, Charachata (alte Fcstungsstadt Asiens) u. ä. augenscheinlich den gleichen Ursprung. Auch die häu- figen Namen «Kartschowin« — heute in der Bedeutung Rodung. Aufwurf — sind daher nichts weiter als D ä m m e an Grenzlinien, wobei allerdings mitunter Wälder gerodet werden mußten, um das Kampffeld zu lichten. — Im «Keltischen« bedeutete «kar« : die Höhe, dasHaupt. und war «kara« eben der Wachhabende, der V e r t c i d i g u n g s k o ni m a n d a n t ; «karaul« ist die W a c h e selbst, «karaula« das W a c h h a u s, der W a c h t u r rn, die W a r t e.*)
Cir. Darunter verstellt der Russe noch heute die Grenze: «cirkaz, cerkaz»' ist ihm der (j r e n z w ä c li t e r. — Wir erhalten hiedurch auch eine Erklärung für das slavische: «cirkva, cirkevK = Kirche, wie das lateinische »circus«, denn dies sind ursprünglich feste, verteidigungsfähige Punkte zur Qrenzverteidigung, also kreis- förmig hergerichtete Kampfplätze gewesen. Die älteren Kirchen weisen noch heute feste Umfassungsmauern auf. — Im Altböhmischen hieß der Nachtwächter noch: cerklif, cirklir. —
Hiezu gehören die Ortsnamen: Tschirm (vergl. auch das deut- sche Kschirmen« !), Cierliezko (neue Form: Tirlitzko). Cire, Cirkno. Cirknik. 2irec. 2irje, Zirovo, Zirovisce. Cerma, Cernä, Cerna gora, Cerno morje («Schwarzes Meer«), Circhov (Qrenzberg zwischen Böhmen und Bayern), Zernitz (Grenzort am Inn, Schweiz), Cernuce, Cernovice u. a. Die \ielen mit «crn, cerny« u. s, w. zusammenge- setzten Ortsnamen haben daher mit «schwarz« nichts zu tun, sondern sind einstige für den Kampf vorgesorgte Grenzverteidigungspunkte, und v.erden \\ ahrscheinlich überall die Phi-siognomie der Lokalität oder die Tradition und Lokalgeschichte dies bestätigen.
Besonders bemerkenswert sind in dieser Hinsicht «Crna gora« (Steiermark) und der F:uß «Cerna« im alten Dakien. — Wie die bei- gegebene Illustration zeigt, gewährt der relativ niedrige Berg einen ungewöhnlich günstigen und weiten Ausblick nach allen Seiten.
") Das angehängte «aul» bezeichnet für sich den verteidigungsfähigen Vorraum bei Kirchen und größeren Obiekten, was wir noch heute als «aula» benennen. Die Vorriiume der Hituser am Balkan, namentlich die türkischen, sind stets mit einer «avliia» versehen, die auch Schienscharten (jetzt Guck- löcher), Maschikulis u. drgl. aufweisen. Dem Kasaken ist eine Summe von solchen Obiekten der 'aul". d. i. das Dorf.
w elchcr sich vom Kircliturme aus begreiflicherweise noch wesentlich hebt; die Knppe selbst bildet ein Konglonieratfelsen, der allseits na- hezu senkrecht geböscht ist; gegen Osten ist überdies ein tiefer Ein- schnitt, an den sich wieder ein schmaler Bergrücken mit beiderseits steilen Hängen anschließt; und dieser Kamm führt heute den sprach- lich ganz unverständlichen Namen: Form in, was wohl richtig: bormin, borminje (= Verteidigungsplatz) lauten sollte.*)
Es wird kaum welche Punkte geben, die eine durch die Natur selbst so günstig kombinierte Verteidigungsstellung nach zwei Fron- ten mit derart schwer zugänglichen natürlichen Flügelstützpunktcn hätten, als hier. (Die beigebene Abbildung stellt nur den Tabor-Berg dar, wie derselbe im 17. Jahrhunderte aussah.)
iiCrna gora« war sonach ursprünglich ein bewachtes Grenz- gebiet, somit die Übersetzungen in «Schwarze Berge, Montenegro. Karadagh« vollkommen falsch sind. Die Slovenen benennen nach einem bisher nicht erklärlichen Sprachgebrauche den Landsturm als «crna vojska«. Nun \\ ird auch dieser Begriff klar, denn man sagte damit, dies ist jenes Aufgebot, welches vor allem die Grenze zu sichern hat, also nicht das eigene Land verläßt. Dieses wird weiter durch das polnische icczern« erhärtet, denn darunter verstand man jene Irregulären, meist Bauern, welche allenthalben den Kasaken als Kämpfer zu Fuß heisprangen. Der historische und ety- mologisch richtige Begriff der Slaven für den Landsturm ist sonach: c a r n a oder cirna vojska. Die Russen nannten früher die Ab- gabe für die Grenzverteidigimg auch: cornaja d a n.
Besonders auffallend ist aber der Name des Flußes «Cerna«, den schon lierodot (44S v. Chr.) nennt, und welcher Name daher ein ehrwürdiges Alter haben muß, denn die Römer übersetzten ihn auch schon in «Aqua nigra«, weil in jener Zeit die richtige Etymologie dieses slavischen Namens gleichfalls schon verwischt gewesen sein muß. — Dieses «Cerna«, w elches auf Votivsteinen, Ziegeln, auf der Tab. Peutingeriana, dann bei Ptolemäus, Ulpianus, also im 2. und .3.
') So erklärte man »Cerna liora« in Mähren, ein Schloß auf einem mächtigen Konglonieratfelsen, dahin, daß der Nadelwald (Schwarzwald), der die Höhe schmückt, namengebend gewesen sei. Wie mir aber der Be- sitzer (Oraf August Fries) mitteilte, ist obige Erklärung richtig, denn der Felsen war früher kahl und bestehe die Anpflanzung erst seit dem .Tahre 1863, indes dieser Name schon viele Jahrhunderte urkundlich bekannt ist.
Kl-
Jalii'luinderte u. Chr. wiederholt zu lesen ist, war seit jeher in spraeli- licher Hinsicht den schw indsiichtiRen Behauptungen der Antiauto- chthonisten höchst ungefügig, ob dasselbe nun als «Statio Tsiernen". als «Dicrnax oder uTiernax geschrieben erscheint.*) — Man sagte sich: Daß dieser Name zvar slavisch klingt, ist zweifellos, aber man müßte zuvor beweisen, daß dort je Slaven wohnten. Das ist eine höchst absurde Vorbedingung! — Der slavische Name kann noch da sein und ist noch da, wenn schon seit Jahrtausenden die Slaven daselbst das Feld geräumt haben und die topographischen Sprach- fragmente sind doch das reellste Leitfossil für die Erforschung frühe- rer ethnographischer Positionen. — Auf Sizilien gibt es slavische Namen in Fülle und deshalb dürfen sie nicht slavLsch sein, weil wir einstweilen historisch das Vorhandensein der Slaven dort nicht nach- weisen können! —
Der Fluß «Tierna« bildete sonach die Grenze der »Statio Tsiernen, colonia Zernensiimi, municipium Dierna. res publica Dierna'« und ist dieser Ortsname %\ahrscheinlich identisch nut der heutigen rumänischen Militärstation »Cernavoda» (daher «.Aqua nigra«) an der unteren Donau. Hiebei wäre es auch falsch etwa zu glauben, dali "vodaii hier wie in Ortsnamen: Velika \oda, Bele vode, Suha voda. Dobra voda u. ä. etwa »Wasser« kennzeichnet, denn darin ist ledig- lich das Grundwort «vod, voditi« (= Führer, führen) enthalten, womit man festlegen wollte, daß sich hier der Kommandant der Grenze, oder jener eines Abschnittes derselben aufhält, daselbst sonach irgendeine Kommandozentrale postiert ist. — Ortsnamen wurden eben einst ge- nau so wie heute in gewissenlosester \Veise übersetzt, venmstaltet und neukonstruiert, und wäre es schon vom kulturhistorischen Stand- punkte notw endig, diesem Unfug, soweit er wenigstens die Jetztzeit betrifft, endlich eine entschiedene Grenze zu setzen und die Namen auf einen einzigen, d. i. den historischen zu reduzieren. Würde man damit nicht große Konfusionen bei der Bahn, Post und .sonstigen Ämtern beseitigen und sich selbst die Arbeit erleichtern? Wenn nützt dies etwas, wenn man: Gorica, Gorizia, Goritzen und
") -Man .sieht au.s den alten Naniensfnrmen. daß ncir» das (jrinidwurt \\ar. und daß der Nanie spitter in »CernaK überging, weil der Betriff «cir.' mit der Zeit seine Bedeutung einbüßte, d. h. weil das ähnlich lautende Kcern« bekannter war. Vielleicht ist .Cynis. ebenso wie «Sirn der daraus •gewordene Hoheitsname.
üörz schreibt, denn der IJrnanie ist und bleibt docli iigorica» (— iiie- derei" Berg), und erscheint trotz dieser Entstelhingcn die angepaßte Naniensform der betreffenden Sprache doch fortan als ein Fremd- ling! )
Hielier gehören auch die folgenden Namen:
Cartak, Cardak, Cerdak, Cardaci ist ein stärkerer Wachposten an einem Grenz- oder Gebirgswege oder an einem Passe, mit "der Bestimmung den vordringenden Gegner \\ enigstens so lange auf- zuhalten, bis eine l'nterstiitzung eintreffen kann. Als Unterkunft diente gewöhnlich ein auf vier Pfeilern ruhendes Blockhaus (siehe beigegebene Skizze), welches 15 — 20 Mann als Besatzung aufnehmen konnte. Es war nach Tunlichkeit auf einem solchen Terrainpunkte erbaut, wo dem Gegner nur die Passage knapp beim Blockhause zur \'erfügung war. Die Leiter wurde nötigenfalls eingezogen. Damit der Gegner nicht etwa die Säulen absäge, konnte man auch durch den Boden, der mit Schußlöchern versehen w'ar. schießen. Das [~>urchgangstor w urde selbstredend geschlossen oder verrammelt. — Solche Cartak's gab es bis in die jüngste Zeit an der österreichischen Miiitärgenze. Einzelne Höhen in Nordbosnien und in Kroatien führen diesen Namen, weil daselbst eimal ein solches Blockhaus stand.
Betreffs der Etymologie dieses Wortes kann nur gesagt werden, daß die allgemeine Ansicht, «cartak" sei türkischen Ursprungs, unbedingt falsch ist. «Cardak» bedeutet heute im Russischen : Dachstube, Raum unter dem Dache. Erker; certa = die Grenzlinie, daher ein «Blockhaus an der Grenze«; der jenseits der Grenze Woh- nende, galt als P e i n d; der Ceche gebraucht noch immer den Begriff «cert«. allerdings heute nicht mehr für den physischen, sondern für den «höllischen« Feind. — Derselben Wurzel sind auch im Latei- nischen: certus = entschieden, entschlossen, certamen = Streit, certo = kämpfen, streiten. Ob nun «certak« (wie man früher schrieb) oder «cardak« richtig ist, erscheint nebensächlich, denn auf jeden Fall ist dies ein Blockhaus zur Grenzw ehr, aber kein türkisches Wort, denn
*) Hingesren war zu lesen, daß man in Deutschland slavische Orts- namen auszumiirzen beabsichtigt und bereits einifre umgewandelt hat; so z. B. Onrczenka in i'Qorschau»; Stanislawken in «Bergwalde«; Czer- winsk in «Schmentau» u. a. ni. Daß alle neuen Namen nun rein »deutsch» klingen würden, wird doch niemand behaupten, und wozu einen wertvollen Köder auswerfen, um dann einen Weißfisch zu ziehen!
z. B. die ObersteircT \v frdcn nicht erst die Türken gefragt haben, w ie jene ein solches fortifikatorisches Objekt benennen, abgesehen davon, daß die ersten »cartak^s« ja gar nicht gegen die Osmanen errichtet waren. — Bekannt waren sie aber auch schon den alten Dakiern. den die haiberhabenen Arbeiten an der Trajanssäule (114 n. Chr.) in Rom zeigen als Verteidigungs - Schutzbauten derselben gleichfalls solche Blockhäuser.
S= Wachzinimer. l' ~ Palisaden. Z = Leiter. K = Tor.
Kig. 13. Kin Cartak in Obersteiermark im .(ahre 16.iO.
Eine Schilderung der Sicherungsniaßnahinen und Alarmbestini- mungen für die österreichische Militärgrenze aus dem Jahre 1816 sagt: xUnsererseits sind außer den Festungen an der trockenen Grenze sowohl als auch am linken Saveufer Wachthäuser. welche man «Csardaken« nennt, in gewissen bald größeren bald geringeren Entfernungen von einander aufgestellt, doch so. daß ein jedes Wacht- haus seine beiden Nachbare stets im Auge habe, oder wenigstens, wo dies in Gebirgen nicht tunlich ist. kein Fleck unbewacht bleibe. Sie stehen teils zur leichteren Beobachtung wegen der häufigen und
stark Ncrhcercndcii Aiistrttiingen der Save auf mehreren Cichen- pfählen. Pie wachthabenden ürenzer bleibtn da eine ganze Woche lang, und müssen sich selbst verkosten. Es treten oft Fälle ein, wo man zu den Csardakcn nicht anders als auf Nachen hinschwimmen kann. Die Schuldigkeit der Kordonswache ist genau darauf zu sehen, daß auBcr den uRastelln-Tagen (Markttage), welche zum Verkehr mit den Türken bestimmt sind, kein Mensch, sei er Christ. Türk oder .lüde, aus Bosnien herbeikommen. — Dann weiter: «Piir den Fall eines feindlichen Einbruches sind in der ganzen Grenze die zweck- mäßigsten Anstalten getroffen. Mögen die Muselmänner wo immerhin einfallen, so ist die ganze Grenze höchstens in 4 Stunden in Alarm gesetzt und bereit, dort wo es nötig ist, zu operieren. Bei einer jeden, an der Haupstraße längs der Grenze liegenden Offiziersstation sind sogenannte Alarmstangen. mit Stroh umwickelt, aufgestellt, und da- neben steht beständig ein Mörser, w elcher in einem Nu geladen und losgebrannt werden kann. — Im Fall des Türkeneinbruches geben daher zuerst die Csardaken Feuer, in der nächsten Station w ird die Alarmstange angezündet und der Mörser losgebrannt. Die nächsten Stationen tun das Nämliche und so geht der Lärm in der ganzen Grenze mit der größten Schnelligkeit los. Jeder dienstbare Grenzer begibt sich nun bewaffnet und in seiner Montur zur nächsten Offi- ziersstation. Ordonnanzen benachrichtigen das Regimentskommando, dieses die Brigade und so ist die ganze Grenze in möglichst kurzer Zeit schlagfertig und im Aufstände». — In ähnlicher Weise w ird dies auch in den sonstigen Gegenden \'orbereitet gew esen sein.
Ein etymologisch sonderbarer Ortsname ist Podcetrtek (deutscli: Hörberg) in Untersteierniark. Dem deutschen Namen nach zu schließen, nannte man den isolierten Berg zuerst: gora (= Berg); als später am Fuße des Berges eine Ansiedlung entstand, die sich auf dem Felsberge mit einem «certak, cartak» sicherte, hieß diese »Pod- certak«; nachdem mit der Zeit dieser Name unverständlich wurde, machte man. da in der Nachbarschaft auch ein «Podsreda» (Mont- preis) existierte, ein Podcetrtek (= U n t e r-Donncrstag) daraus.
Der Kommandant eines «cartak» hieß sinngemäß ursprünglich wohl i'cart. cert". und galt dies dereinst als Hoheitsname für den Befehlshaber eines festen Platzes, wie man dies auch dem Römer- steine von Videm (Untersteiermark) entnehmen kann, der wohl \on den Ruinen der Stadt Nevioduiuim, jetzt »Duncj» bei Gurkfeld, her-
rührt. Dif Aufschrift lautet: »Invicto Tcu Charto Nuviod. Suiiiiii. . was wohl als: dem iinbezw iingcncn Ootte Cart, dem Höchsten von Nev.K übersetzt w erden muß. — Ansonst heißt ein solcher Funktionär nicht nur bei den Balkansla\en. sondern auch hei den Türken. Persern so wie allen mittelasiatischen Völkern «serdar« (richtiger »cerdar«. ) und «cerikas« {= Cerkez; im Spanischen: «dela Gerda« als läufiger Famiüenname) in der Bedeutung: Häuptling. Feldherr.
Wahrscheinlich ist der deutsche Begriff «Scharwache» auch dieses Ursprungs.
Ansonsten konniien oft noch Namen wie: c e r t o \- kamen, c e r t o V a s k a 1 a für : Grenzstein, ürenzfels. c e r t o v a b r a z d a für: Grenzwail (nicht «Teuf eisfurche) u. ä. vor.
Palanka. Diesen Namen führen viele hölzerne Blockhäuser auf dem Balkan, deren Verteidigungsstärke ursprünglich feste Palisaden- hindernisse bildeten. Der Südslave versteht unter «palanka. planka« den Zaun pfähl, den Eichenpfosten in einer Holzumfriedung; im Russischen ist »Palanka« schon zum Begriffe: Befestigimg. Pfahl- werk, ein durch Palisaden gesicherter Ort geworden («paija = Pfahl). Ortschaften wie: Pal, Pale, Paiievdol, Lom-Palanka, Palcic, Palitz. Palic. Palovic. Plankcnstein, Plankenwart, Plankstadt. Blankenbnrg u. ä. sind dieses Ursprungs — Diente zur Sicherung einer Ansiedlimg ein derartiges Verteidigungsobjekt, ein Bau aus: pal, pala, palka (das deutsche «Pfahl« ist dasselbe), so wurde daraus der Name: palat. palac, palat a, palaca, palas. Palast, also ein festes Ob- jekt, in welchem auch der Verteidigungskommandant: Pallas, P a- 1 a d i n d. i. in der «Pfalz« w ohnte.
Der älteste geschichtliche Name dieser Art ist der «Mons Pa- latinus«, der zugleich als der älteste Teil, als die Uransiedlung Roms gilt. Die einstige starke Uinwalhmg aus mächtigen Tuffblöcken hat sich zum Teile bis heute erhalten.
Die griechische «Phalanx« hat ursprünglich wohl nur vom Kampfe hinter den Palisaden ihren Namen erhalten, ebenso wie die deutschen Begriffe p I ä n k e 1 n. P 1 ä n k 1 e r dieses Ursprnngs sind.*)
Tur, Tuf, Turje, Turan. Türingen, Türken, Tauris. Taurisker. Tour, am Thiiry (Wien). Dornau u. ä. haben alle «tur. dur, tor, dor«
*) Es ist aller wahrscheinlich, daß «pal» luit »pnl« or^^anisch ver- \\:iiKlt ist. üeiiii solche NOrkehruiiRen befanden sich cbcu an der Grenze.
zur ( Jni!idlay.X' und weisen auf l'inikte, die diiivli 1' ii i in e. Tore. [' in f r i e d ii n ^ e ii, k r e i s f ö r ni i k' ji e i ü li r t e M a u e r n und dr'.il. ;^csieliert waren. Diese oder wenigstens eine or^aniseh \ei'- w andte Bedeutung haben alle Begriffe dieser Wurzel in den meisten Spraehcn. In den scinit'sehen Spraehen ist «tur« = Berg. Gebirge, die V e rle id i gu n gs f ä h i g g e ni a e h t e Höhe; die gleiche Bewertung hat es auch im Keltischen. IMe romanischen Sprachen ge- brauchen «turris, tiieor (beschützen), tnnr, torre« ; griechisch »n'^rrft,-« and )ir('ppos« (befestigtes Hans, [5urg). Der Siovenc kennt: «tori.sce« (~ Kampfplatz), »tiircatix (= wettkämpfen), «turkati« (= bedrängen), «turlatix (= durchbohren, «turatin (~ sich balgen), «duriw (= Türe), womit auch die innige ^■erw andtschaft mit dem deutschen «T ü r« hergestellt ist, und war der erhöhte Platz «am Thury« in Wien so- nach einst lediglich ein wichtiges Stadttor. Die »Hohen Tauern» nennt der Slovene heute «Visoki Turi«, die man aber i. J. 705 n. Chr. r.och als «Mons Durus« bezeichnete. Derselben Bedeutung ist das deutsche «turnenic (~ kämpfen, sich zum Kampfe stärken), wie das französische «tour» (= der Platz zwischen zwei Mauern oder längs einer Mauer), «tourneeK (= Rundreise), dann das lateinische iidurus« (= Festes, Andauerndes), denn was fest ist. d a u e r t. d. h. hält sich lange.
Unter »Türken«, — früher oft auch «'I'orken« geschrieben — . Iiabcn wir durchaus nicht die Osn'.anen von Heute zu verstehen, die erst im Mittelalter Kuropa betraten, denn das von ihnen dermalen bewohnte Gebiet hieß schon so vor Christi Geburt, wie dies eine Stelle aus Melas Schriften (I. 116) beweist: «Budini Geionion urbem ligneam habitant; iuxta Thyssagetae Tu reaeqtie \'astas Silvas oc- cupant alunturque venando.«
Bei den römischen Schriftstellern findet man noch die T a u r i- n e r (in Piemont) und T u r i a in Spanien. Plinius sagt auch: »Carni. ciuondam T a u r i s c i, tunc Norici«, was nur beweist, dali man von den Wohnsitzen der damaligen Völkerschaften nur \age geogra- phische Kenntnisse hatte oder daß die Volksnamen keine festen waren, daher umso verschiedener aufgefaßt wurden, je \'ielfacher die namenbietenden Momente waren. — Die Stadt Z ü r i c h nächst dem Turgau hieß im Altertume «Turiacum«, wobei es auffällt, daß das anlautende «t« seit den älteren Zeiten u. z. in der Richtung \on Süden gegen Norden, \-ielfach in »z» überging. Die italienische
Stadt Djrrachiuin dürfte ursprünglich auch /rurjak« gelautet habcji. — Hiezu gehören auch der Provinzname T y r o 1. dann Schloß T y- rol, Tyrol (Böhmen), im Tyrol (Gegend im Steiermark), T y r- ra. Tyrii (Schlesien), Tyraw a (Oalizien). Tyrnau u. ä.
Der Hoheitsbegriff dieses Stammes hat sich in der nordischen Mythologie als Qottname "Tyr» (auch »Thor«), sowie ansonst als MTyrann» erhalten, worunter man ursprünglich eine königliche Per- son meinte, im modernen Sinne aber einen gewalttätigen Herrscher \'ersteht. — Aber schon in der vorrönüschen Zeit galt «turan« als Kennzeichnung für einen hervorragenden Mann, für einen Heros, wie dies aus den Runenaufschriften verschiedener alter Fundobjekte hervorgeht, und hat sich derselbe in der Form: Tur. Turk. Turek. Thür. Türk, Taurer u. ä.. je nachdem er für die Ältesten und Führer einst angewendet m urde. auch in zahlreichen Familiennamen erhalten.
Der Gott «Thor« gilt auch als \\ a g c n 1 e n k e r. der das Ein- spannen der Rinder einführte und deshalb das altgermanische Attri- but «valdi kiola« erhielt. Doch dieses «altgcrmanischex Wort ist eben das rcinslavische «Wagenlenker«, denn «vlada. vladati« bedeutet: lenken, regieren, und «kola« = Wagen. Räder, obschon dieses wieder nur eine mißglückte Übersetzung für das homonyme «kolox in der Bedeutung Kreis ist. «valdi kola« daher eigentlich einen K r e i s v o rs t e h e r in der Urverfassung bezeichnet haben nuiß. — Solche sprachlich-chemische Reinigung wird der germani- schen Mythologie noch manche Enttäuschung und Überraschung brin- gen, wenn es einmal zur gründlichen Prüfung der Grundelemente kommt.
xTur« bedeutet im Slavischen heute nur mehr den A u e r o c h s, also das Sym.bol der Stärke, und wurden in diesem Sinne topi- sche Namen auch ins Deutsche übersetzt (z. B. «Turjak« in «Auers- perg«), ein Beweis, daß die Translation erst in jener vorgerückten Zeit vorgenommen \\ urde. als man die primäre Bedeutimg von «tur« nicht mehr kannte.
Ähnlich ist es mit den Namen: Tor. Im Tor. T o r f c 1 d. Torka. Torovo. Thorn. Torstätten. Thörl, Dor. Dor- nau. Dorisce u. ä.. welchem «tor« zugrundeliegt. «Tor« heißen bei den Balkanslaven jene Weideplätze, welche mobil umzäunt sind. d. h. die Herde wird in einem mit geflochtenen Hürden umgrenz-
teri Weideraunie eiiiKeschlossen gehalten; nach der Abgrasung der einen Stelle werden die Zaunteile w ieder w eiter umgestellt. Es ge- schieht dies beluifs Erspaning einer permanenten Aufsicht in jenen üegenden, \\o sonst Feldschäden schwer hintanzuhalten wären. In solchen (legenden entstanden aber gleichfalls S c h u t z h ii 1 1 e n für die Hirten, — denn die Herde war ja dadurch vor Raub nicht sicher — . die mit der Zeit zu festen Aussichtsobickten w urdcn. welche wir als )it u r n. T u r m. t o u r, t u r r i s. t o r r c. T o r« kennen, und w ei- che Bauw erke auch Aiisiedlungen. w ie : T o u r s. T u r n i s e. 1" u r n am Hart, T u r n a, 1" u r n a u. T u r n i t z, T ü r n i t z u. ä. einen bleibenden Namen gegeben haben. — Der sukzessive Übergang die- ses Begriffes vom bukolischen ins fortifikatorische Gebiet ist hier noch recht anschaulich; desgleichen ist es augenscheinlich, daß der primäre Begriff den Slaven angehörte, weil er in dieser Fassung noch heute nur ihnen verständlich ist.
Grad, Oradina. Qradiste, Qradiska, Grades, üratz, Grätz, Grade, Hrad, Hradek, Hradisko, Hradiste und ähnliche sind überaus zahl- reiche mehr oder w eniger schwer ersteigbare Höhen, auf welchen sich die Kampffähigen sammelten, sobald feindliche Gefahr signalisiert war. - In den meisten Fällen scheinen dies zu- gleich Friedhöfe gew csen zu sein, den »grad, hrad« bedeutet das «Umfriedete)!, daher auch der deutsche Begriff kaum von «Friede«, sondern vom «umfrieden» stammt. — Solche Plätze sind, abgesehen von den bis nun erhaltenen Namen, meist darnach leicht zu erkennen, daß auf dem höchsten Punkte oft noch jetzt Steinschutt liegt, denn «gradina« bedeutet auch: Ruine, Schutthaufen, weil sich die Bezeichnung in der Bedeutimg dementsprechend metamorpho- sierte, als das benannte Objekt auch einer Änderung unterlag; überdies ergeben (jrabungen an solchen Stellen in den meisten Fällen Funde aus prähistorischer Zeit.
Böhmen hat viele Himderte diesen Namen tragender Lokali- täten; das gleiche ist aber auch in allen sonstigen Provinzen Öster- reichs wie am Balkan der Fall.*') — Der slavische Name i'hradek«
') In dieser Hinsicht k'ibt das Werk: »Über Schutz- und Wehrbauten aus der vorgeschichtlichen und älteren geschichtlichen Zeit« (Prag 1885) viim Konservator Bretislav Jelinek geradezu überraschend stimmenden und meine Forschungsergebnisse voll hestütigcnden .Aufschluß. Der Ver- fasser ziihlt mit zu den Wenigen, die bisher den Mut hatten, auf Basis ihrer eigenen Forschungsresultate die Slaven offen als Autochthone zu er- klären.
wurde mitiiiiter \crballhonit in. f: r d b c r g. H a r d e g K. "lirad« zu: Hart, Hartberg. Stargard u. ä. -- Der 6ft ni hohe felsige Verteidigungsplatz bei Syrakus hieß bei den üriechen: A c h r a d i ii a (ohradina); die zwei damals bekannten Steinbrüche (Latoniia) in der Nähe lieferten wohl die Steine, um damit von der Höhe die etwa anlandenden feindlichen Ruderschiffe zu beschädigen oder fernzu- halten. — Sonstige Namensformen sind noch: Cirotschke (bei Querfurt). O r o d i s t e. Hradisfany (woraus »Radelstein« wurde). 0 rod no u. s. w. Im polnischen Gebiete wird es meist als: G r 6 d. G r u d. G r u d e k u. ä. geschrieben.
Jene Punkte, die eine Tal-, Fluß- oder Paßsperre bilden, füiuen oft den Namen «pregrada« (= Absperrimg). Pregratten, Prä- garten u. ä.
Bemerkenswert ist noch der Begriff iiVinohrady«. der sonach etymologisch gleichbedeutend ist mit G r e n z f e s t u ng («vinK und «hrad«). Man versteht im Slavischen darunter auch den Wein- garten — die u m f r i e d e t e Rcbenanpflanzung - aber sprachlich kann nur die ersterwähnte Erklärung die richtige sein, weil es auch «Weingarten« und «Vinohrady« in Gegenden gibt, wie z. B. Ober- stcicrmark, Oberösterreich, wo es in historischer Zeit mit Rücksicht auf das Klima nie eine Weinpflanzung gegeben haben konnte. Des- selben Ursprungs ist «FinniandK und wahrscheinlich auch «Winland-^ auf Labrador, wo in historischer Zeit gewiss kein Weinbau war.*)
') Eine itanz neuartine AusleguiiK des Namens «Graz« bringt Guido List in der Broschüre: Die Namen der Völkerstiimnie Germaniens und deren Deutuns (Wien 19(i9). indem er sagt (p. 6(i): »Aber auch in dem Gebiete der heutigen Steiermark, welches durch seinen Namen »Styria« und sein uraltes Wappen sicli als ein ariogermanisches Urland erweist, erhebt der Slave seine raubliisterne Hand nach urheiligem germanisch-deutschem f:rb- besitz. hl erster Linie handelt es sich um die Hauptstadt Graz an der deut- schen Mur wie oben in Böhmen an der deutschen Moldau um die Haupt- stadt Prag, auf deren deutschen Namen und deutschen Ursprung wir noch eingehend zurückkommen werden. Der in Graz verstümmelte deutsche Name lautet: Creuz und war i. J. 17.35 noch unvergessen. Die heutige Namensform ist einfach durch lautliche Abschleifung aus Kreuz entstan- den und hat mit dem slavischen «gradec« gar keinen Zusammenhang. Aber unsere h^irschcr der alten Schule, die keinen Begriff von einer Ur- sprache haben und über das Althochdeutsche nicht hinauskonnten, verwie- sen jeden unverständlichen Ortsnamen aus Bequemlichkeit entweder in das Slavische oder Keltische, um so seiner los zu werden und nicht sagen
Bor. Die Ortsnamen dieses Stammes bezeichnen eine Höhe, welche einst als Verteidigungspunkt diente («bor« slav. Kampf, «boritiii = kämpfen). Alle Ürtlichkeiten wie: Bor. Borac, Borak. B o r 0 V o. B o r a 11. B o h r a u. B o r k i. B o r c k, B o f e ti c e. B o r g o, B o r i e. B o r o v u i c a. B o r o \- .1 e. B o r o \- c a. Bor o- \' a n. Bor ö \'. B o r o w a. B o r o w Ina. B o r o w i e c. Bor y. 15 (> r >■ s 1 a w . B « r sehe n. H o c h b o r r e, M o c h b o r n. V o- r a II, \ o r d e r n b c r g ii. ä. sind dieser Abstammung.*) — Die erste Fixierung dieser nun so einfacli scheinenden Erklärung war außer- ordentlich schwierig, da die sonstigen gleichlautenden Begriffe, als:
/.u iiiiisseii. dal.'i sie uiifiiMi;^' wiircii, ihn zu erklären. Welch" traurige Folgen sie damit heraufbeschworen das bedarf wahrlich keiner besonderen Kr- wahiiu'ig. Auch die modernen Koiiversations-Lexika. wie Brockhaus, Meyer usw.. schreiben unkritisch den verderblichen Unsinn der slavischen .Ab- stammung von Graz und vieler anderer Ortsnamen nach; und gerade deren Redaktionen hatten die nationale Pflicht, derartigen Wahnsinn nicht unkritisch ins Volk zu tragen. — Es würde für sich ein Buch allein füllen, die h'luO-, Berg-, Flur- und Ortsnamen der schönen deutschen Steiermark auf ihren ausnahmslos a r i o-g ermanischen Namens Ur- sprung zurückzuführen usw.« Der Kepochemachende» Etymologe erzählt auch. daf:i «Creutz« die mundartliche Bildung aus »Krajan« ist und Kreid- feuer (.Alarmzeichen) bedeutet; nun ist aber «kraian« erst recht slavisch. denn es bezeichnet den (1 r e n z n a c h b a r. auch Lands m a n n, und die nKreidfeiier« sind eben teuersignale an der bedrohten Grenze. — Mit dieser Beweisart kommt Guido List auf keinen grünenden Zweig, es wäre denn, dal! er hiemit lediglich eine andere .Art von .Auslegung der »Freiheit in dei Forschung» einführen ■:.'ill. — Das zur Deutung angekündigte »Prag« bildet gleichfalls eine Überraschung, denn es sei nicht slavischen Ursprungs, sondern ein aus Urzeiten herüberragender ariogermanischer Urort, namens Parhaag», entstanden aus «par» = Wald, Park, und «haag« = e i n- '„beschlossen, sonach : der heilige Bannwald des Halga- Uoms (Heiligtums!) — Es seien hier noch einige etymologische Geistes- blitze angeführt, wie: Kikinda - ein kindergebender Ort, eine Zeug u n g s s t ä 1 1 e : Krems = Stätte eingeschlossener Ver- mehrung; Wien ="- Männer des freudigen (iewinnes; Lai- bacli ^- \' (1 m Sonnenfeuer umstrahltes Gesetz; .Agram (Za- greb ) = die von der Sonne aus der Erde Her \orge brach- ten: Volci = Wissenskeim usw. — Gutmütigkeit kann man den Mit- gliedern der Guido-List-Gesellschaft gewiß nicht absprechen, wenn sie solche «\\ issenschaft» geduldig ertragen.
'■) Auch Burgund lautet in den ältesten Nameiiifornien micli: B o r- ringja (Saxo Gramat.). — Barkau (bei Lübeck) hieß i. J. I..^I6 noch: B o r e o w e.
bor - Föhrcnwald, vor = Überfuhr, borovnica = Heidebeergegend, irreführend waren oder doch zur Vorsicht mahnten. Erst als an ver- schiedenen Punkten Europas festgestellt wurde, daß sich einzelne Namen in solchem Terrain vorfinden, wo von Föhren, Fähren oder Meidelbeeren nie die Rede sein konnte, dabei aber stets Burgen. Ruinen, Friedhöfe u. drgl. vorfindbar waren, konnte endlich die Deu- tung offen ausgesprochen werden, und dürften die Nachprüfungen allerorts dasselbe Resultat ergeben.
\iele Namen dieser Richtung gibt es aber auch in der Form; Orel, Orlik (meist \orHk ausgesprochen), Orlow, Orlovac. Orlinka, Orlamünde. Arlberg u. ä. — Während im Südslavischen und Roma- nischen das anlautende kB« sprachgebräuchlich verloren ging, nahm es in den sonstigen Gebieten bisweilen infolge der gangbaren alten Schreib\\ eise (b und v als — u) gleichfalls die abgeschliffene Form an. —
In dieser Bedeutung ist aber «bor« auch schon in der ältesten angelsächsischen Sprache bekannt, in welcher: Borhoe, Borgh, Borge, Byrig identisch ist mit dem deutschen Burg, ursprüng- lich einen geschützten, zur Zuflucht vor feindlichen Angriffen dienenden Platz bezeichnend. An der Spitze einer solchen Gemeinde stand der «portgerefa« (= Burggraf). — In der Verfassung Englands nach der Eroberung durch die Normannen hießen diese Verteidigungs- bezirkskommandanten, die unmittelbar dem Könige unterstellt \\aren, «borough«. und erkennt darin der Slave sofort sein «porok« (Slovene) «poruka« (Russe), das auch im Deutschen richtig zu «Bürgen, d. i. der Verantwortliche wurde : «Bürger« sind daher anfänglich d i e .Ältesten oder die Mitkämpfer solcher Gemeinden gewesen.
Des Stanmies «bor« sind auch die Formen »port. porta. portus, Pforte«, also Punkte, wo man Schutz sucht oder Einlaß heischt, sei dies nun ein Hafen oder sonstiger sicherer Bau (Tor). — Die slove- nischen Fischer an der Adria nennen jene kleine Buchten, die ihren Fahrzeugen bei stürmischer See Schutz bieten, «portic«, und ist die bekannte Burg «Malepartus« in dem 7ierepos «Reineke Fuchs« nichts weiter als der befestigteSchutzort sowie die «Hohe Pforte« — diehöchste Staatsgewalt.
Als Vorsorgen für die \'erteidigung entstanden auf hiezu gün- stigen Punkten einfache Schutzhütten und Deckungen: diese wurden aümählig verstärkt, mit krenellierten Mauern versehen, schwer zu-
yänglich gemacht und schließlich zu festen Burgen und Schlössern ausgebaut, welche oft mit mehrfachen Ringmauern umgeben waren; für die Lebensbedürfnisse (Wasser. Proviant, Munition) wurde der- art vorgesorgt, daß man für einige Zeit auch ohne Verbindung mit auswärts die Verteidigung führen konnte.
Der ursprüngliche Wach- und Beobachtungsdienst wurde mit der Zeit permanent; der Älteste der Gemeinde oder des Schutzbe- zirkes nahm schließlich sein Quartier ständig im Verteidigungsbau, und auf diese natürliche Art bildete sich das Burgenwesen auf den durch die Bodenplastik begünstigten Funkten in ganz Kuropa aus. Das ist die komprimierte Geschichte der Entstehung und Entw icklung der Ritterburgen und des Adels, sowie der allmähligen Umwandlung der patriarchisch-allodalen \'erfassnng in die feudale.
Hiemit finden auch Ortsnamen, wie: Maribor (Marburg), Straßburg. Ratbor. Chotebof, Branibor (Brandenburg), S i e g e r s b u r g u. s. w. endgültige Erklärung.
Ebenso sind die heutigen \'ornamcn. wie: B o r c s. Boris, B o r u t. B o i" i t a, B o f i v o j, B o r o j e, B o r i s I a v u. a. einst nur die verschiedenförmigen Berufsnamen für die Ältesten einer solchen Gemeinde gew esen, und ist der heutige Adelsgrad i<Baron« (= Frei- herr) wohl nur einer vorausgegangenen Form «boro, boron«, so^\ ie die Bezeichnung für die Verteidiger selbst als: «bortasi, portasi« (z. B. in der Gegend von W. Meseritsch) zuzuschreiben. — Auch die Basken gebrauchen «borii in gleicher Weise wie: «borma» = Mauer- werk, «bortchav = Kraft, wborroka» = Kampf, das Ringen.
Eine weitere Spezialität sind die Tief-, Moos- und Was- serburgen, bei welchen ein Wasserlauf als Annäherungshindernis verwertet w urde, wenn in der Nähe keine oder keine günstige Höhe für eine Verteidigungsanlage vorhanden war. — Die Kastelle in Ungarn gehören fast durchwegs in diese Kategorie.*) (Hiezu Abbil- dimg der Wasserburg Fe ist ritz in Steiermark.)
'') Der Etymologie wie der BedeutunK nach mit »hör, vor» verwandt sind auch das französische: Fort (Feste), force (Macht), das lateinische Kfortls« (kräftig), «fortitudo» (Tapferkeit), das italienische «forza« (Kraft) und andere stamm- und sinniihnliche Begriffe.
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Trojaburgen. Im nördlichen Europa gibt es zahlreiche labyrin- thische Steinsetzungen, welchen die Wissenschaft die sonderlichsten Entstehungen und Verwertungen zuschreibt, wie, daß dies Zauber- stätten, prähistorische Observatorien (obschon sie verschieden orien- tiert sind) oder Plätze für heilige Tänze nackter Jünglinge und Jung- frauen seien. Mir ist zwar keine solche «Trojaburg» von Augenschein bekannt, (siehe Abbildung), aber ich halte dieses Steinarrangement lediglich für einen Sammel- und Qrenzverteidigungsplatz, welcher
Fig. 15. Grundriß einer Trojaburg.
deshalb so angelegt war, um für die eigene Rettung einen Vorsprung zu haben, wenn einmal der Gegner nicht mehr gehalten werden konnte.*) Es handelte sich dabei um die Erreichung eines Vorteiles für die letzte Verteidigung, denn der Kundige war darin wohlorien-
') Das griechische i'jQooQ" bedeutet auch: versammelt, ver- eint. — Die Etymolosie ist noch unklar, doch kann die griechische Spra- che bei den Namen auf slavischem Boden nicht allein entscheidend gewesen sein. —
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tiert, indes der fremde Eindringling in den verworrenen, eingeschnit- tenen und mit «erratischen« Blöcken begrenzten Gängen in eine höchst gefährliche Situation und dabei beim Handgemenge zum Nach- teile kam. da er von allen Seiten bedroht war. Es sind diese sonach nichts weiter, als die Uridee der Labyrinthe, deren wir mehrere aus dem Altertume kennen, die ja auch nur Verteidigungszwecken dien- ten, und scheint es, daß die Irrgänge lediglich den Zweck hatten, den Verfolgern den Weg zu erschweren und den Geschlagenen Zeit- gewinn zu bringen, denn solche Trojaburgen liegen, ebenso wie die Labyrinthe, fast durchwegs in der Nähe von Meeren, Seen oder Ge- wässern; es handelte sich daher bei diesem Baue vielleicht weniger um den hartnäckigen Widerstand selbst als um den dadurch gesi- cherten Rückzug und die Pesorientierung des Gegners. *)
Viele Orte dieses Namens liefen aber auf verteidigungsfähigen Punkten, so: Troja (am Idaberge). Troja (Italien, auf einer .Anhöhe). Trojan (Bulgarien, auf einem Balkanpasse). Troja (bei Prag). Troia- novice (am Radhost), Trojana (Krain) u. a.**)
Obri. Oherdcrf Oherklee Oberhöhe. Oberfeld, Obereck, Obern- dorf, Oberstdorf, Obernan, Obora, Obris. Obfistvi, Obrh, Obrsje, Obrovac, Obrlln u. a. deuten auf eine v e r t e i d i g u n g s f ä h i g c oder technisch \' e r s t ä r k t e H ö h e, wobei «bor« die Wurzel zu bilden scheint und sich zum Sammelbegriffe «obora« entwickelte. — Unter »Obri« sind die Verteidiger zu verstehen, wozu be- greiflicherweise die größten und stärksten Männer herangezogen wurden, daher der Slave unter «obr« stets einen starken Mann. Riesen versteht. Die Hoheitsbegriffe waren «Obrist« (Oberst), wobei die Bedeutung des Großen, des Riesen später vom p h y s i- schenzumsocialen Standpunkte umgewertet wurde. Die Vor- steherin eines Klosters wurde folgerichtig zur «Oberin«.
Die alten Deutschen benannten Leute von hohem Wuchs als «Hünen« (Hewn. Hennen im Nibelungenliede), woraus in jenen Spra-
*) Das intensive Bestreben von heute, genaue Zeichnungen von Fe- stungen fremder Staaten zu erreichen, hat den gleichen Zweck; wo sie stehen, wissen wir ia, aber die Orientierung im Innern, wie namentlich das Kennen der Schwächepunkte, ist zunächst erwünscht.
**) Dr. Hörnes kam dieser .Auffassung (HUrgeschichte der bildenden Kunst in Europa) auch am nächsten, denn ihm scheint es. daß die «Troja- burgen« den Umrissen mehrfacher Ringwälle gleichen.
chen, die keinen Umlaut kennen, «Hunnen« wurde; die als Hünen- gräber bezeichneten alten Grabstätten sind daher nichts weiter als Gräber hervorragender Männer, die einst im Kampfe gefallen sind, und da man Helden gewöhnlich dort begrub, wo sie zusanunenbra- chen, erklärt sich der Umstand urnsoleichter, weshalb solche Hünen- gräber meist nur Einzelskelette enthalten. Der Begriff «obr«, der latinisiert zu «Avar« wurde, ist sonach gleichwertig mit «Hüne«, wo- bei wieder das slavische «hon« (Jagd), kon (König, Kunig) den sprach- lichen Zusammenhang vermittelt.
Der vermeintlich deutsche Ursprung von «ober« wird auch da- durch entwertet, daß in Bosnien, Montenegro und Nordalbanien einst bei größerer Gefahr aus den einzelnen «knez« (den Kommandanten einer «knezina«) ein «obor-knez«, also ein starkerFührer, d. h. der Fähigste als Oberbefehlshaber gewählt wurde.
Die geschichtliche Behauptung, es hätten erst die Avaren ihr «Dienstvolk« — die Slaven, nach Westeuropa gebracht, ist daher eine völlig unbegründete, und hat nur den Zweck und die sehr durch- sichtige Tendenz, sie in dem Momente, als deren Existenz schon nicht mehr geleugnet werden konnte, wenigstens als inferior hinzu- stellen.*) Die «Obri« (Avaren), «Hunnen« wie «Slaven« sind Teile desselben slavischen Volkes, und sind die Namensunterschiede le- diglich als differenzierende Gattungsbegriffe anzusehen, was ja auch aus alten Schriften hervorgeht. — So schreibt Porphyrogenetes noch i. J. 949« «Sclavi, qui et Abari nuncupati«, dann an anderer Stelle: «Sclavi sive Abari« und «Abari sive Hunni«.
Schon die ganze Geschichte der Völkerwanderung ist, wie sie heute dargestellt wird, eine vom Grunde aus mißglückte, kritiklose und einseitige Schilderung einer Zeitepoche, die es in Wirklichkeit solcherart nicht gegeben, wo anscheinend ein und dasselbe Volk unter verschiedenen Namen geschichtliche Aktionen ausgeführt hat, von denen es selbst keine Ahnung haben mochte. Wir wissen ja
*) Auch der Name xAttiia« klingt slavisch und scheint so viel als »Väterchenn zu bedeuten; zum mindesten klingt aber der Name eines der Söhne Attilas, Dengesic. slavisch. — Als kleiner Beweis für die Oberfläch- lichkeit diene der Umstand, daß die zeitgenössischen Geschichts- schreiber Attilas nicht einmal bestimmt sagen können, in welchem Jahre und wo die in ganz Europa gefürchtete «Geißel Gottes« gestor- ben ist.
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auch, daß bis zur Zeit des Äneas Silvias (geb. 1405, gest. 1464) in der damaligen Wissenschaft von der sogenannten \ölker\vanderung nichts bekannt war und fiel es keinem Geschichtsschreiber oder Chro- nisten bei zu verneinen, daß die Slaven von altersher jene Gegenden bewohnten, welche sie auch heute innehaben, oder daß sie ausgerot- tet worden wären. Äneas Silvius mutmaßte aber, da er sich gleich- falls die ethnographische Situation in Europa nicht erklären konnte, es müssen im V. oder VI. Jahrhunderte unter den damaligen Völker- schaften große Unruhen geherrscht haben, was ein Wandern einzel- ner Stämme von Ort zu Ort verursachte, und auf diese Weise seien die Slaven in ihre heutigen Wohnsitze ge- langt. — Weil es ein P a p s t gesagt, mußte die Sache auch richtig sein, und hat sich bis heute fast niemand die Mühe genonunen, über das Unlogische und Unnatürliche der Behauptung nachzudenken.
So lange man daher nicht den Mut aufbringt, eine ganze Reihe scheinbar gelehrter Traditionen als das anzusehen, was sie wirklich sind, d. i. als ein Gewebe von Selbsttäuschung und flacherLüge; so lange man sich ruhig dazu versteht, unlogische Angaben ohne Rücksicht auf den Charakter ihrer Quelle auch nur zum Teile zu glauben, so lange wird sich auch die Geschichte von der sogenannten Völkerwanderung aus der willkürlichen Verwirrung, in der sie durch «berühmte h Autoritäten künstlich erhalten wird, nicht loslösen.
Für die sprachliche Klassifikation der Völker sowie die Schei- dung der ethnographischen Namen soll aber ebensowenig wie für die Axiome der beliebten Wandertheorien eine Autorität maßge- bend sein. Die einzig rettende Methode im Labyrinthe der falschen Differenzienmg der Volksnamen kann doch nur die allgemeine natürlicheVergleichung sein, und diese sagt uns umgekehrt daß gerade an der Seßhaftigkeit der Ureinwohner- schaft so lange zu halten sei, bis aus den unzweideutigsten Quellen oder durch nüchterne Kombination die überzeugenden Be- weise des Gegenteiles einmal für jede einzelne Frage und einmal im Zusammenhange möglichst vieler solcher Fragen an den Tag ge- bracht werden.
Zur Verwirrung führten aber eben die verschiedenen Namen für die gleichen Volks- und Sprachstämme und in die- sem falschen Netze sitzen w ir bis heute in starrer Unbeholfenheit ge-
fangen. So kann z. B. heute in Krain jedermann leicht Folgendes fest- stellen, wenn er einzelne Personen um ihre Nationalität fragt: der erste sagt, daß er ein xKrainer» sei, der zweite, er ist ein «QorenjCK (wenn er zufälligerweise in Oberkrain geboren ist), der dritte stellt sich als »Slovene» vor und alle drei benennt ein hinzugekommener Deutsche als «Windische«; und doch können alle aus demselben Dorfe, ja auch Brüder sein. Lediglich solche äußerliche Widersprüche sind es, die zu den unreinen Zeug- nissen führten, als ob einzelne Völkerschaften, deren Paralellnamen zufällig außer Kurs kamen, ausgewandert wären, weil deren Name seit einer gewissen Zeit verstummt ist. — Hiebei haben aber im subjektiven Sinne trotzdem alle eine richtige Antwort gegeben, denn die Unterschiede haben nur darin ihren Grund, daß der einfache Mann eine beschränktere Grenze für seine geographischen, nationalen oder politischen Definitionen zieht als der gebildete. In genau der- selben Lage waren aber die einstigen Geographen auch, die uns derartiges Material lieferten: auch bei ihnen regulierte die Erkennt- nis der geschilderten Sachlage lediglich der eigene größere oder geringere Gesichtskreis, die eigene Selbsterfahrung sowie der Grad der kritischen Behandlung der niedergeschriebenen Materie.
So kann es vorkommen, daß verschiedene Schriftsteller ein und dasselbe Volk verschieden benennen, und ist dafür der Beweis heute geradeso erbringlich, wie von ehedem; wer würde z. B. in 1000 Jahren, wenn alle sonstigen Behelfe verloren gingen, daraus klug werden, falls er eine Zeitung von heute fände, die von «Cechen« spricht, und eine zweite dasselbe von den «Böhmen« erzählt, daß beide gleiches bezeichnen?
Wenn alles dies heute bewußt geschieht, weshalb soll es einst nicht in erhöhtem Maße auch unbewußt geschehen sein! — Solcher Art können daher die Quellen sein, aus denen wir unsere Geschichte schöpfen, und solche sollen nicht ungeprüft zum Dogma erhoben werden; von solchen Kannegießereien und Willkürlichkeiten hängen dann unsere Überlieferungen ab und gelten nachher als Mark- steine der Wissenschaft!
Über die Hunnen sind wir überdies gewohnt stets zu lesen, daß sie die ärgsten Barbaren waren, die sich ihr Genußfleisch auf dem
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Sattel mürbe ritten,*) klein von Gestalt, häßlich u. drgl. aussahen, — also durchwegs abträgliche Beschreibungen — , und sollen dabei Hünen, Riesen genannt worden sein, da dies im Deutschen doch synonyme Begriffe sind!
Es ist eigentümlich, daß die Geschichte über die Hunnen le- diglich jenen schriftstellernden Zeitgenossen Attilas Daten entnahm, die über ihn und seine Scharen nur das Gräulichste zu erzählen w ußten, während andere, wie Priscus, der die Verhältnisse wesent- lich lichtvoller schildert, unberücksichtigt blieben. Tatsache ist, daß uns da Vorfälle geschildert werden, die sich niemals mit der Kritik und Logik werden vereinbaren lassen. Wie ist es z. B. erklärlich, daß ein solcher Barbar par excellence, wie Attila, die Burgunder- türstin Kriemhilde zur Gattin erhält, daß das Hochzeitsfest in Wien durch 17 Tage gefeiert wird, daß die Burgunder den Hof Attilas be- suchen, dessen Residenz große Paläste bildeten, daß er um Honoria, die byzantinische Kaiserstochter werben läßt, trotzdem die Ge- schichte erzählt, Attila habe wenig Kriegsglück gehabt, sei aus Italien unverrichteter Dinge zurückgekehrt, ist i. J. 451 auf den Catalauni- schen Feldern fast vernichtet worden, indes er allgemein gefürchtet war. ihm der Kaiser von Byzanz den jährlichen Geldtribut namhaft erhöhen mußte u. a. — alles ein Beweis, daß man es hier mit einem Qeschichtsirrtum oder einer Geschichtsfälschung plumpster Art zu tun hat. Überdies hat es stets Standesunterschiede gegeben, und doch kann sich niemand dermalen bei modernen sozialen Ansichten etwa eine ernste Brautwerbung eines besiegten Indianerhäuptlings bei einer europäischen Herrscherfamilie vorstellen. War aber Attila ein solcher Wüstling, wie ihn die Geschichte hinstellt, so hätte er sich eine ausgewählte Braut wohl mit Gewalt geholt oder hätte selbe rauben lassen; etikettmäßige Brautwerbungen sind aber in diesem Milieu ganz undenkbar.
") Diese RehaiirtnBg: enthält an sich etwas ganz Unmögliches, deini auf unResatteltem Pferde reibt das aufgelegte Fleisch sehr bald das Pferd auf: hinsresren ist doch niemand so dumm, daß er sich auf den Sattel Fieisch- stiicke (am Fnde noch mit' unausgelösten Knochen!) aufbinden wird, um seli si auffftritten zu werden: wer praktische Erfahrungen im Reiten liat, weilt schon, wie bald die geringste Falte der Bekleidung Schmerzen und offene Wunden er/engt: und da macht auch der »Hunnen keine Ausnahme; trotzdem wird so ein Nonsens weiter in genauer Evidenz gehalten!
Gibt man auch zu, daß manches nur eine Sage sein mag, so ist es befremdend, daß gerade die Sage schöne Worte und humane Handlungen für einen «Barbaren« findet, da sich dies, wenn es nur annähernd so arg gewesen wäre, im Volksmunde und in der Sage nur noch dunkler gestaltet hätte. —
Es fällt weiter auf, daß die Geschichte erzählt, nach dem Tode Attila's habe dessen jüngster Sohn Irnak (Ende des 5. Jahrh.) die hunnischen Horden wieder nach den Wolga-Steppen zurückgeführt, wo sie unter anderen Nomadenvölkern aufgingen. — Es ist allerdings so am einfachsten ein Volk von der Völkertafel auszuwischen, aber der Natürlichkeit entspricht dies nicht. Daß je ein ganzes Volk auf einmal aufgebrochen wäre, um sich neue Wohnsitze, zu suchen, ist nicht denkbar, denn die Sache ist viel zu gewagt und ist kein Grund, daß ein Volk als solches jenen Boden verläßt, von dem es sich bisher ernährt hat, weil es in der Geschichte auch kein Pendant dafür gibt.*) Hingegen hat jederzeit der Popula- tionsüberschuß, der in der Heimat keinen Lebensunterhalt finden kann, nach auswärts gravitiert und spielt sich in der Jetztzeit die größte Völkerwanderung ab, ohne daß die Geschichte dieselbe ver- zeichnet, denn die Auswanderungen aus Europa und Asien nach Amerika berechtigen vollkommen zum Gebrauche dieses Begriffes, und gibt es in Amerika bereits geschlossene Provinzen, die von Deutschen, Cechen, Kroaten, Slovenen u. a. bewohnt werden; und diese Völkerwanderung geschieht nur einzeln, oder familienweise, aber doch nicht nach Art der Heuschreckei «(fkwärme!
Auch ist es nahezu ausgeschlossen, daß ein Noniadenvolk. welches doch nur ein bestimmtes Maximum von hidividuen ernähren kann, so ohneweiters noch ein neues Volk in Kost übernehmen könnte. Wäre aber der Fall eingetreten, daß die Hunnen, nachdem sie kurz vorher angeblich nahezu vernichtet wurden, plötzlich wieder erobernd auftraten, so mußten sie die ansäßigen Bewohner vorerst besiegen, und dies war auch einstens nicht so einfach, denn alle Ge- genden weisen ganz hervorragende Verteidigungsvorsorgen arif, und standen die Hirtenvölker sozusagen immer unter Waffen; waren nun die Hunnen siegreich, so gingen die Stammbewohner zu Grunde, war
*) Der Auszug der Juden aus ÄRjpten hatte wnhl wesentlich andere Gründe, ganz abgesehen von sonstigen historischen Unrichtigkeiten, die dabei unter dem Titel «Geschichte« figurieren.
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es umgekehrt, so gelangten die Hunnen überhaupt nicht in ein frem- des Gebiet. Auf diese Art Vollmer zu eskamotieren ist im gewissen wissenschaftUchen Dilemma ja willkommen, aber es fragt sich, ob auf die Dauer für solche Taschenspielerkünste Gläubige zu finden sein werden.
Wir kennen aber eine andere Quelle, die über die Existenz der Hunnen noch im 8 Jahrh. Aufschluß gibt; es ist dies der i. J. 735 verstorbene englische Kirchenschriftsteller Beda, welcher (Hist. Eccl. I.) schreibt, daß die erste Spur von den Slaven im nördlichen Deutschland anzutreffen ist; er nennt sie «Hunnen« und läßt sie in der Nachbarschaft der Dänen, Sachsen und Rugier wohnen. — Die- ses ist weit glaubwürdiger und ist die ganze Geschichte über die Hunnen kurz dahin zu präzisieren, • — wenn dies überhaupt nicht eine ganz andere Völkergruppe war, wie es ja zugleich viele von einander ganz unabhängige Volksstämme von Wenden, Kroaten, Serben u. a. gab unb gibt — daß diese mit bewaffneter Macht von ihren Sitzen aus Raubzüge gegen Südosten (Byzanz), Süden (Österreich und Italien) sowie gegen Westen (Gallien) unternahmen, ähnlich wie die Osmanen durch Jahrhunderte gegen Westen und Nordwesten zu häufige Einfälle ausführten, wobei es sich im Prinzipe weniger um Ländererwerb als vielmehr um Raub von beweglichem Gute han- delte. — Übrigens erfahren wir noch Positiveres durch den Ge- schichtsschreiber Widukind (10. Jahrh.), welcher erzählt, daß König Heinrich I. an die Unterjochung der Sorben schreiten mußte, weil sie ihn als beständig;" Verbündete der Hunnen gefährlich zu werden begannen. Nachdem er vorerst die Unruhen in Deutschland gestillt, schloß er mit den Hunnen einen neunjährigen Waffenstill- stand, griff dann die Heveler (an der Havel) an und nahm darauf deren Hauptstadt Brennabor (Brandenburg) ein u. s. f. — Es gab also im 10. Jahrhunderte im nördlichen Europa noch immer «Hunnen«, mit denen Bündnisse zu schließen es deutsche Könige nicht unter ihrer Würde hielten!
Man muß immer genau unterscheiden, was ein Einzelner als Autorität ohne Begründung behauptet, oder was jemand bei logi- schem Gedanken- und naturgesetzlichem Aufbau herausgefunden hat. So fragt Wimmer («Die Runenschrift«, Berlin 1887), der die Runen- schrift lediglich als eine Schrift «nordischer« Völker bezeichnet, «was denn mit den Völkern geschehen sein mag, die im Völkerwanderungs-
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kämpfe unterlagen? So lange man nicht zu beantworten vermag, wo die vielen Millionen von Menschen hingekommen sind, ist die Völ- kerwanderungstheorie nur ein Mittel, wie man einen Knoten zerhaut, den man sonst zu lösen nicht imstande ist; man führt einfach ein neues Volk vor, sobald man sich größere Kulturveränderungen nicht zu erklären vermag, und dabei verwischen sich Dichtung und Ge- schichte!» — Letztere lehrt aber gerade, daß kein Volk infolge einer Niederlage dauernd oder spurlos zu Grunde gegangen ist, sondern daß es nach einer entsprechenden Erholungszeit erst recht seine la- tenten Kräfte, wenn auch unter veränderten Äußerlichkeiten, an die Oberfläche kommen läßt. Die einstigen Slaven besitzen z. B. im Russenreiche noch immer den besitzmächtgsten Staat der Welt als Urbestand; das kleine Griechenland des Perikles hat nach 2000 Jahren wieder ein neues Griechenland geboren: das i. J. 13S9 vernichtete Serbien ist heute wieder ein bemerkenswerter Machtfaktor, und Frankreich steht finanziell heute weit höher als vor dem Jahre 1871!
Jur, Jura, Juran, Jurov, Jurköw, Jurköwka, Jufinka, Jurcici, Jurjevice, Jurdani, Jurjevsk, Jordan, Jordanöw u. ä. sind Namen von Höhen und Punkten, welche für die Verteidigung von Natur aus günstig gestaltet sind. Die historische Entwicklung d'eser Deter- mination ist die analoge wie bei sonstigen Benennungen deser Art. Das russische «jur» bezeichnet noch einen besitzlosen Gras- anger, einen freien Platz; «jurt« ist das Gesamtgebiet eines Stammes. Der Vorstand einer solchen Gemeinde, war der: Juri, Juraj, Gjuro, Jifi, Jörg u. ä., der in derselben auch das Recht sprach und die Verteidigung leitete, w^ie auch der hl. Georg als Krieger und Bekämpfer des Feindes (des Drachens) dargestellt wird. — Gang- bare Ausdrücke dieser Wurzel haben sich noch erhalten in: jus (Recht), Jury (franz. und engl.) als rechtsprechende Kommission; für die Verteidigung und den Kampf hat der Balkanslave noch: juris = Sturm ; j u r i s i t i = stürmen (im Kampfe), j u r n i t i = angreifen, j u r i t i = treiben u. ä. Tatsächlich sind so benannte Orte meist Festungen oder befestigte Städte, oder ansonst stark gebaute Klöster, Burgen, Wallgräben u. drgl. — Ein ausgesprochener Hoheits- begriff dieses Stammes ist «York«, der im Englischen dem Titel eines Herzogs gleichkommt.
Stepen, Stefan. Auf dem Balkan heißen sehr viele Burgruinen, — erhaltene Burg gibt es daselbst meines Wissens keine einzige — ,
Stepen. Stiepangrad u. ä. — Dieser Name hat ursprünglich mit dem gleichnamigen Heiligen nichts zu tun. sondern so bezeichnete man eben einen Punkt, der rings herum eine Brustwehr (griech. a T ecpävT]) hatte, bezw. rings herum dicht umschlossen war (griechisch arefio = dicht umgeben). Der Kommandant eines sol- chen Punktes hieß sodann: Stepan. Stefan. Stipo. Die Slaven haben eine Menge sinnverwandter Begriffe gleicher Wurzel und sind Orts- namen, wie: Stefanau. Stefansberg, Stebno. Stibno. Stibnik u. ä. weder dem griechischen noch auch dem kirchlichen Einflüsse zuzu- schreiben. —
Gaj, Gaisberg, Gaisruck, Gairach, Geiselberg, Haj, Hajov, Hajen, u. a. gehören auch in die Gruppen der Verteidigungsvorsorgen. Im Altsiovenischen wie im modernen Gebrauche ist «gaj«, ein einge- friedeter lichter Wald, (im Deutschen desselben Stammes: Hain), eben so im Russischen; im Cechischen ist «haiiti« = vertei- digen, wehren. Es waren dies zur Verteidigung günstige, daher auch eingefriedete Terainpunkte, zumeist auf Höhen. Jene Personen, welche hiebei den Wachdienst versahen, nannte man «haiduk«, eine Bezeichnung, die zuerst den Grenzsoldaten, später auch der unga- rischen Infanterie beigelegt wurde, aber später die berechtigte Be- wertung «Räuber, Plünderer« annahm. Darin liegt auch die Erklärung für «Heiden«, die feindlich gesinnten Grenznachbarn, und hatte dieser Name sonach mit Religionsunterschieden ursprüng- lich nichts zu schaffen. Es zeigen daher topische Namen, wie: Hei- delberg (Stadt und viele Bergkuppen), Heiden schanze, Hei- demauer, Heidenkirchhof, Heidenschaft, Heideck. H a i d i n u. ä.. welche stets auch prähistorische Funde aufweisen, vor allem an, daß sie uralte Zufluchsteätten waren.
«Hai« ist im Harz die Benennung für eine ausgeschlagene Stelle im Walde, was auch dem obigen Zwecke am besten entspricht. — Ein häufiger Höhennam.e ist «Heuberg«, dessen Grundwort «haj« ist. und haben solche Punkte oft einen ausgesprochen felsigen Charakter, eigneten sich daher niemals zur Heukultur. — Ansonsten wurde ein Berg mit einem «gaj« im Deutschen zumeist zu «Geisberg, Gaisberg«. Der zugehörige Hoheitsname ist augenscheinlich «Kaiser«, d. i. wer die Untergebenen schützt. So ist es auch erklärlich, weshalb wir so viel Träger des Familiennamens Kaiser. Kajzar, Hajzar. Gajsar u. ä. haben, denn dies sind Nachkommen von Personen, welche einst in der patrialchalischen Verfassung diesen Funktionsnamen führten.
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Njegos, Njegus, Negau, Negova'), Negonje, Negers, Nechutin, Nechanice, Negoi (Berg). Negotin u. ä. sind oder waren einst für Verteidigungszweci^e ausgenützte Punkte. Das Grundwort ist im Slovenischen noch erhalten in «negovati« = h e- gen, schützen. — Der Ahnherr der montenegrischen Fürsten- familie hatte das Prädii<at «Njegus«. d. i. der Herrscher; ebenso ist derselbe Gattungsname in Abessinien im Gebrauche, wo «Negus« = König bedeutet. Die Deutung der «altgermanischen« Göttin N e- halenia als «Hilfreichnahende« ist daher ganz zutreffend, sowie ihre Attribute: ein Hund und zwei Körbe, womit sie anzeigt, daß sie den Wachhabenden Proviant herbeischafft ; es war dies möglicherweise die Frau des Befehlshabers, welcher nach den heutigen Vornamen zu schließen. Njegos. Njegovan. Neko. N i k 0. N i k o 1 a. Nikita u. a. genannt wurde, die sich bei krie- gerischen Ereignissen auch nach Tunlichkcit mitbetätigte, und schließ- lich auch jede Frauensperson, die den Kampf passiv förderte.
Längs des Neckar gibt es außerordentlich viele Burgen und verteidigungsfähige Punkte; der Umstand, daß der Fluß zahlreiche solche Stellen berührt, führte auch bei ihm. wie in vielen Analogien- fällen, zu dieser charakterisierenden Benennung, d. i. das Wasser, das längs der Burgen fließt, sonach die Grenze bildet.
Ceta, Cetinje, Zeta, Zetce, Zice. Zezz, Mons Cetius, Zec planina, See, Sice, Setnik, Setzdorf, Sette communi**) u. ä. zeigen an, daß sich dort feste, verteidigungsfähige Positionen befinden. Dem Slaven ist «ceta» eine Abteilung Bewaff neter, «ceta r« ist der Führer einer solchen Gruppe, «setnik« = Hauptmann (Komman- dant von 100 Mann); das franz. «citc« bezeichnet die befestigte Altstadt, das englische C i t e den ältesten, d. i. einst befestigten Stadtteil Londons; das italienische «c i 1 1 ä« ist die. mit Mauern um- gebene Stadt (cito = lat sicher") «citnyen» ~ der Bürger. Vertei- .digcr. «eitleren« — rniin, K'tii ii i/nm Kampfe) u. s. w. -- Eine Vor- burg oder der kleine vorpfelc^te 'l'eti einer Festling führte vielfach den Namen: Zitadelle Aus «cctiM« wu'üe c'-is slovcni'sche «cesar« und das lateinische «caesarx.'
') Hier wurden auch die bekannten bri)nzenen »Negauer Helme» (26 Stück) i. J. 1811 ausgegraben. Von denen tragen zwei eine bisher un- gelöste, wie man meist annimmt »etruskische« Umschrift.
") Daß »Sette« hier »Sieben« bedeuten würde, ist sehr unwahr- scheinlich.
Spy, Na spy, Spichern, Spiessberg, Spitz, Spica, Spezzia, Spino, Spiny, Spinnelsdorf, Spinnliof, Zbenice, Spesov u. ä. sind günstige V e r t e i d i g u n g s p u n k t e, welche für eine bestimmte Gegend zugleicli als Beobachtung s- und Alarmplatz galten, ähn- lich oder gleich, wie ja dies beim Militär noch heute in jeder Station sofort ins Klare gebracht werden muß. Verwandte Begriffe sind: «spinatii (= eine Gegend versperren, absperren, lat. impe- dire iter, locum), «nasipn = Wall, Aufwurf; unter «spytix versteht man erforschen, also: beobachten, spähen, nachspü- r e n, daher auch jene Punkte, wo es sich zugleich um die Ausfor- schung des Gegners, also um das Aviso zur Ralliierung handelte, als Spita, Spita I (wo man heute nur noch Kranke beobachtet), Spittelberg, Spytinov u. a. benannt wurden. *)
Analog gehören hiezu alle wSpuz« und wissen wir, daß „ct/to i"" auch im Griechischen Auge bedeutet, aber ein «scythischesu Wort sein soll.
Noricum, Noreja, Narislier, Narona. Auch diese Namen deuten auf eine verteidigungstechnische Vorsorge, denn «nora» bedeutet im Slavischen: Versteck, Schlupfwinkel, Höhle, Asyl, Lager; «norje» = bergig, steil gelegen; imorovit" — aufpassen, lauern; man nannte daher die Bewohner jener Gegenden, welche sich bei feindlicher Be- drohung auf «nora, norje« sicherten, als «Norici, Narisci« u. ä. — Die Hauptstadt der Noriker soll «Norejax gewesen sein, deren Lage man sowohl bei Neumarkt (Steiermark) wie bei Friesach (Kärnten) ver- mutet; die genaue Stelle ist aber nicht bekannt, weil es eben viele solche «noreia« gab, daher wir auch nicht wissen, wo die Römer i. J. 113 V. Chr. von den norischen Tauriskern geschlagen wurden, da dies augenscheinlich nur ein Gattungsbegriff für einen Vertei- digungspunkt im allgemeinen war.
Auf Sardinien gibt es an tausend feste Rundtürme aus prähi- storischer Zeit, die man «nuragho« nennt. Die Archaeologen meinen, daß dies sonderbare Königspaläste seien; dieses ist mit Rücksicht auf die Bauart und die unbequeme Unterkunft völlig ausgeschlossen;
**) Desselben Ursprungs sind wahrscheinlich auch die sonderbaren Namen xSpinnerin am Kreuz« (bei Wien und Wiener-Neustadt), welcher Höhenpunkt einmal «na spi« oder «na spini» gelautet haben wird und später im Erklarungsbedürfnis in der bekannten Sage seine unnatürliche Deutung fand. —
es waren dies lediglich Wach- oder VerteidigungsoLjekte. Beim Fort Opus (Dalmatien) steht die «Norinska kulax, welche die Passage zwischen der Narenta und dem dort auslaufenden Gebirgsrücken ab- zusperren hatte.
Brana, Branka, Branky, Branzoll, Vransko, Vranduk u. ä. sind im besonderen jene h r a d i s k o, g r a d, g r a d i n a u. s. w., die ein Tal an der schmälsten Stelle verteidigen sollen. — Frain bei Znaim, Branky bei Troppau, Vranduk an der Bosna sind in dieser Hinsicht Muster einer künstlich verstärkten Naturtalsperre. Man findet daher auch an solchen Punkten meist Burgen oder Rui- nen, oft erinnert aber an solche nur mehr ein Steinhaufen, eine Orts- sage oder volkstümliche Frzählung. Alle Objekte dieser Namensform deuten schon nach ihrer äußeren Beschaffenheit und Lage auf einen fortifikatorisch ausgenützten Punkt der ältesten Landesverteidigung hin (bran = Verteidigung, branik = Verteidigungsmauer, Hüftmauer). Man vergleiche nur den B r a n k Ja-Wald bei Nächod (1866), den natürlichen Zwinger Branzevci bei Töplitz in Krain. P r a n c k in Obersteiermark und die natürlich feste Stellung am B r a n y s z- k o, dem Passe aus der Zips nach Eperies, wo sich am 5. Februar 1849 ein blutiges Gefecht abspielte, weil die Österreicher die unge- mein günstige Verteidigungsstellung daselbst sofort erkannten.
Sonstige Namensformen gleichen Ursprungs sind oft schon stark entstellt. Dazu gehören z. B. Franken, Frankstadt (bra- niste — und nicht Frenstät), Frankfurt, Frankenberg, Frauenberg, Frauenburg (Obersteiermark, mit röm. Bau- resten), Franzdorf (Krain), Frohndorf, Frohnleiten, B r a u n b e r g u. ä — So gab es bei Schönstein in Steiermark eine Ruine, namens Frauenburg, welche aber das Volk »Tabor« nennt; die daran liegende Besitzung heißt noch Braunberg, aber jene Ergänzung des «tabom, weiche einst brana, branka hieß, ist der heutigen Kenntnis entschw-unden, d. h. deckt sich mit dem Namen Braunberg, woraus in der Urkunde ein F r a u e n b u r g w urde, — Im Polnischen ist die Form xbron, Broni, Borania (Barania)« ge- bräuchlich, das aber im Deutschen oft «Frohne, Frohndienst« war, daher ursprünglich der Verteidigungsdienst und bestand in persönli- cher Mittätigkeit oder in Deputaten (Beistellung von Nahrungsmit- teln, Baumaterial, Fuhrwerken u. drgl.). ist daher dasselbe wie i< Robot».
Das Grundwort xbran« hat sich im deutschen Gebrauche meist zu Brand, Brandeis, Brandstatt. Brandberg u. ä. ver- wandelt. hat sonach mit nbrennen« i\einen direkten Zusammenhang. Am aufiälügsten ist dies z. B. nordösthch von Olmütz der Fall, wo sich zwischen zwei KWachhübelnn und mehreren «Wachbergen« unter dem Namen «Bran« ein gut verteidigungsfähiger Längen- rüciven befindet, dem eine tiefe Schlucht («Tiefer Grund«) vorliegt. In weiterer Umgebung heißen aber ähnliche Punkte schon: Brand. Im Brand u. ä. — Die Ältesten solcher Punkte hießen sonach: Branko. Brankovic, Vranec, Franz, Franko (Franken). Brandtner, Brandstätter usw. — Wahrscheinlich gehören auch alle Namen mit dem «e« in der Wurzelsilbe, wie: Brenner, B r e n n o, B r e n t a u. ä. hieher.
Vrat, Vrata, Vratno, Vratlo. Fratting u. ä. sind Namen für t o r- ähnliche Sperren, welche vielfach zum Schutze von Gebirgspässen. Sattelgegenden und Talengen dienten, denn dem Slaven ist im allge- meinen Sprachgebrauche «vrata« (w ie auch «brana«) großesTor.
Mir, Mirna, Miröw, Mirov, Mirovice, Miröschau, Miroslava, Mlrotin u. ä. deuten auf einen Verteidigungspunkt, welcher durch eine Mauer begrenzt und später zugleich auch Friedhof war. — «Mir« ist im Slovenischen noch heute Mauer (namentlich Trockenmauer). Umfriedung, Hmirje« = Mauerwerk, auch Ruine, «m irodvor« = Friedhof (also eingefaßter Hof).*) — Im R u s s i s ch e n bedeutet «mir« bereits die Gemeinde, Bauerngemeinde, auch Gemeindeversammlung, also jene Korporation, welche schon für sich eine Verteidigungs-Organi- sation besaß; «mirski« = weltlich (zu einer Bauerngemeinde ge- hörig), »mirscina« = Gemeindegut. — Der Gemeindeälteste hieß nun wohl «mir«, welchen Begriff aber heute nur mehr die Türkei in der Bedeutung Fürst, Aufseher (auch «emir«) kennt, indes er sich mi Deutschen zu Mair, Maier (Gutsverwalter) umgebildet zu haben scheint. Im Tatarischen ist «mirza« = Anführer. Den Zoll, die Abgabe nennt der Kroate noch «mirija«.
Krem. Kreml, Krems Kremberg. Kremsdorf. Kremen. Kfemeni, Kremsegg. Kremnitz, Kfemenac. Kremenc u. ä. sind v e r t e i d i-
') hl Laibach heiBt noch heute jener Teil, der einst das Standlager (das befestigte) der Römer bildete: mir je.
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giingsfähig hergerichtete Punkte. Das ürundwort ist das siavische xkrem» in der Bedeutung : derbeste, festeste Teil. Hkrenil« = die Zitadelle. Burg in befestigten Orten (der Kern in alten russischen Städten), «kremen« = dasFeste, dieKraft — Tat- sächlich haben alle so benannte Orte eine günstige verteidigungs- fähige Höhe, oder waren noch in historischer Zeit befestigt.
Die alte, starke Festung und einstige Hauptstadt des Car's von Kachetien (Kaukasus) «Qremi», schrieben die Russen immer «Krini« oder »Krimii, welches sonach auch »krem, kreml» zur Basis hat. — Im Tatarischen ist die Form >'krim" (= Festung) auch noch erhalten; verwandt ist auch unser «CriminalK. d. i. Festungshaft.
Die Stadt K r e m s i e r (Mähren) ist dieses Ursprungs und bezeichnet sonach in der slavischen Form Kromefiz — richtiger «Kremefiste« — den festesten Platz in jener Gegend, und bildete der Barbar a-B e r g (varvar) daselbst wohl den Kern desselben. — Hieher gehören auch alle Ortsnamen mit dem anlautenden xC«, wie: Crema. Cremeo (Schweiz mit imposanten Ruinen), Gremien (Frankreich), Creme na, welche alle fortifikatorischen Charakter haben. — Unter «creme« versteht man heute die vornehmste Gesell- schaft, also vermutlich einst die Höchsten in einem solchen Orte, «Gremium« die ausgewählte Körperschaft, «cremailere« und crene- aux» (krenelieren) sind fortifikatorisch-technische Begriffe.
Teschen, Tesanj, Tesice, Teschnowitz, Tessin, Tesinja, Tesino (Castello), Tesov, Tesswitz, Tisnov, Tissa (Theiss), Ticino, Tisno- vice, Tisek, Tisens, Tischtin u. ä. deuten auf technische Vorkehrungen bei e n g e n Terrainpunkten, Talverengungen, Engpässen, Schluchten. Das Grundwort ist «tes« = Enge, «tesno« =eng, «soteska« = Eng- paß, das Zusammengeschobene. Eine lokale Besichtigung wird wahr- scheinlich allerorts feststellen, daß die mit diesen Namen belegte Terrainplastik auch obiger Etymologie entspricht.
Kljuc deutet auf Sperren von Fluß- und Taldefiles. — Im Deut- schen gebraucht man die Form : Klause, ahd. c I u s a, welche der- selben Abstammung ist, denn kljucat, zakljucat bedeutet: abschließen, absperren; der moderne Begriff ist auch Sperre, lat. claustrum. — Die vielen Orte namens C h i u s a (in Italien) liegen alle an den Mündungen von Entgtälern; manche hievon hießen ehedem: Clusium; Klausenburg's ältester Name ist: C 1 u s, u.
Das sich die Urbewohner von Südeuropa, wo diese Namen und Verteidigungspunkte hauptsächlich vorkommen, von den Römern oder Deutschen den Namen geholt hätten, ist schon deshalb ausge- schlossen, weil xkljucK dem Slaven für alle Begriffe des Sperrens als Grundwort gilt.
Darin steckt auch augenscheinlich der Ursprung der Klöster. Es waren dies einst jene Gebirgs-, Tal-, Paß- und Flußs p e r r e n, welche einen wichtigen Teil der Landes- und Qrenzverteidigung bil- deten, daher die älteren Klöster auch stets eine dementsprechende Anlage haben. Um ihrem Zwecke zu entsprechen, wurden sie tech- nisch verstärkt, mit \ erteidigungsmauern umgeben und mit perma- nenter Besatzung versehen. Besorgte die Bewachung einer solchen Klause nur e i n Mann, so war dies der Klausner oder E i n s i e d- 1 e r, waren es deren mehrere, so war es eine MordOH (xReihex). Die Einseitigkeit des Lebens, die Abgeschlossenheit, welche sich für die Besatzung eines fortifikatorischen Werkes naturgemäß ergibt, for- derte ein eigenes Reguläre, welches besonders das Verlassen des Klosters erschwerte, zu strenger Einhaltung der Hausordnung ver- pflichtete, zu besonderen Lebensregeln, ja zur Askese führte, denn man mußte für den Fall der feindlichen Einschließung mit allen men- schlichen Eventualitäten rechnen. — Die Beschäftigungslosigl-eit zwang zum Ergreifen verschiedener Nebenberufe, denn die Verteidi- gung und der Kampf, welche ja von .Äbten und Prioren. wie dies die Geschichte der meisten alten Klöster erzählt, oft sehr energisch und heldenmütig geführt wurden, war doch keine alltägliche Be- schäftigung. — Der Älteste hieß Prior, der Vorgesetzte, oder «quar- dian«, der Leiter des Wachdienstes.
Ortsnamen wie : Klötze, C 1 o t z i n, K • ü t z. K 1 ü t z o w u. ä. in heute reindeutschen Gebieten sind dieses Ursprungs. — Hieher gehören auch die Namen K 1 i s (Befestigung bei Saloniki), K 1 i s u r a (in Bulgarien), K 1 i s t i c a (Herzegow Ina; ein Fluß, der bei der Burg- ruine Borak entspringt) u. a. und sind dies wahrscheinlich durch Lautwechsel (xux zu xyx) aus xkljucx gebildete Namensformen für VerteidigungspunktebeiFelsdefiles (Vergl. auch das griechische //.ü: lat. clavis, ital. chiusa — Schlüssel).
Melje, Meinik, Melinje. Melm. Mpla, Maia Strara, Mala Breza. Mala Gera, Male, Malinje u. ä. zeugen durchw egs auf eine verteidi- gungsfähig vorbereitete Anhöhe. Im Slavischen bedeutet xmelx noch
heute eine abschüssige Stelle, während das Hebräische Hinella« (vergl. Bücher der Könige III., 9) darunter direkte eine Feste, eine Burg versteht. Überdies kennt der Slave den Be- griff »nialik» "" Götze, Feind, Teufel, sowie »maletin = brandschat- zen, herumvagieren. «Maleventum« war daher ursprünglich ein Si- cherungspunkt an der Grenze. — Alle Lokalitäten der Form: JVlelnik, Melling, Melos, Melk, Melbourne («mel» und »bom), Melkart-Säulen (Gibraltar*) u. a. sind zugleich immer steile Höhen mit einstigen oder noch heute bestehenden Schutzbauten. — Ver- gleiche noch: «Malepartus» (Raubhöhle des Reineke Fuchs), «Mala- bam («mal« und «var«) ein indobritischer Küstenstrich, bewohnt von den «dravidischen« M a 1 a b a r c n, «Malaga (Spanien mit der Zita- delle), iiMalakov (die wichtigste Bastion Sebastopols), «Malchen«, auch «Melibokus« (Gipfel des Odenwaldes), «Malta« (früher «Melite«) u. a. m. —
Ris. Dieser Begriff, der bei den Slovenen noch heute in der Bedeutung Zauberkreis, Kreis, den niemand Unberu- fener betreten darf, gebraucht wird, bezeichnete ursprünglich wohl den behufs Verteidigung abgeschlossenen Platz, doch kennen ihn nur mehr die Cechen als «fise«, d. i. in der Bedeutung der Staat, mithin als ein größeres, genau umgrenztes Gemeinwesen; dem Russen hingegen ist «riznica« bereits die Schatzkammer, d. i. der Raum, wo er bei Feindesgefahr seine wertvollere Habe sichert, also auf dem gemeinsamen Kampfplätze. — Als Hoheitsname gebrauchen die Slovenen in einigen Gegenden noch »ris, risan« für die Kennzeichnung eines bärenstarken Mannes, wofür aber der Deutsche auch den Begriff «Riese« besitzt.
Ortsnamen dieses Stammes sind: Risano, Rise Starä Riste, Risola, Rizan, Riese, Riesenberg, Riesenburg, Riesach, Ryzany u. ä. — Auf der «Reisscheibe« — emem Felskopf am Wallen-See — wurden noch ziemlich sichere Spuren einer alten Veste entdeckt.
Var, Varda, Warta, Warthe, Wartestein, Wartenberg u. ä. weisen auf einen für die Verteidigung hergerichteten T e r r a i n p u 11 k t. In der Urzeit bezeichnete «var, varda, vardisce« wohl nocli den günstigen Aussichtspunkt für die Beobachtung dei
") Mela bezeichnet Gibraltar noch als: Skala Hannibalis. («skala« slav. K c 1 se n).
weidenden Herden, denn manche Begriffe, wie z. B. das slovenische: varuh (= Hüter), vardevati (= Vieh hüten, beaufsichtigen), varde- vavec (= Schafhirt) haben die bukolische Urbedeutung noch immer nicht völüg eingebüßt. — Auf der ägyptischen Una-Aufschrift finden sich Kuar« und «uart«, welche bereits, wie die Ägyptologen meinen, auf eine große Stadt, große Festung deuten.
Dieser Stamm dient ungezählten topischen Namen als Grund- lage und treffen wir gerade ungewöhnlich viele typische Beispiele aus der Zeit vor dem Beginne unserer jetzigen Zeitrechnung.
So erwähnt Mela (III. 15): \ardulli. una gens hinc ad Py- rennaei iugi promunturiuni pertinens cludit Hispanias; dann: \arum flumina utraque ab Alpibus delapsa. sed V a r u m quia Italiam finit aliquanto notius (III, 72); Varus flumen (II, 74); Vardei (Ardei) in Dalniatien; Varini werden von Plinius und Tacitus wie- derholt angeführt. Es fällt hiebei auf, daß so viele Flüsse, wie: W a r t h e, V a r d a r, W a r t b a c h u. ä. diesen Namen führen, trotz- dem der organische Zusammenhang scheinbar dabei nicht vorhanden ist; und doch ist dem so: die Flüsse bildeten entweder selbst eine 0 r e n zverteidigungslinie oder erhielten diese Namen, weil sie an verteidigungsfähigen Objekten, die man ja mit Vorliebe an natürliche Annäherungshindernisse anschmiegt, vorüberflossen.
Die «Pharisäerw der Bibel waren nur die Bewohner einer durch «varn gesicherten Gegend; desgleichen die «VarjagH (Waräger) in Rußland. — Die befestigte Grenzstadt «VenccH (Südfrankreich) hieß bei den Römern «Ventia» und zugleich auch «Var«. also: Festung anderOrenze. — Im Slovenischen heißt KvarcenK — behutsam. Kvarati« — beobachten, «varvati« aber schon beschützen; auch im Althochdeutschen bedeutet «wara« noch: Acht. Auf- merksamkeit; im Polnischen «obwarowacx befestigen.
Hieher gehören auch die meisten Namen von der Form: «v a r. bar« und xpam («v, b« und «pii wechseln fortgesetzt, namentlich im Anlaute), wie : T e m e s v a r. V u k o v a r. P e t e r w a r d e i n. V a r- na, Varazdin. Bar, Barice. Barmen. Bari. Parma, P a r i s, P a r i z 1 j e. dann F a h r n. Fahren. G a i n f a h r n u. v. ä.
So muß Paris selbst eine uralte bewachte oder befe- stigte Ansiedlung gewesen sein, denn bei den jüngsten Ausgra- bungen für die Stadtbahn hat man eingenartige Altertümer an den
Tag gefördert. — Die tieferen Schichten lieferten ungewöhnlich grob gearbeitete Messer aus Kiesel, daneben lag ein vollkommen erhal- tener Mamniutzahn. sowie der Backenzahn eines Rhinozeros. — Aber auch schon vor 40 Jahren wurden diverse Werkzeuge des stein- zeitlichen Menschen, dann Knochen des Mammut, Rhinozeros, der Urform des Rindes. Pferdes, Hirsches, Renntieres und Nilpferdes ge- funden, was den sicheren Schluß zuläßt, daß der Mensch schon vor ungezählten Jahrtausenden an der Stelle, auf der jezt Paris steht, ständig gewohnt haben muß.*)
Der Hoheitsbegriff hat sich als «far« (= Pfarrer), Kfara« (= Pfarre) bei den Slovenen noch fast unverändert erhalten;**) die iifara« ist heute die Gemeinde im kirchlichen Sinne und ist der «far« nunmehr der Seelenhirt seiner Gemeinde. Einstens war er jedoch die weltliche und kirchliche Autorität unter einem für seine Qemeindeinsaßen, was ja heute vielfach (z. B. in Montenegro) noch fortbesteht, und ist schließlich ja jetzt in den meisten Fällen G e- m e i n d e und Pfarre ein katastral sich deckender Begriff. — Im Spätlateinischen ist «paroch« — der Pfarrer, «parochia» — die Pfarre, im Slovenischen der Wohnsitz derselben «farov« {= Pfarrhof). Ein häufiger, sprachlich verwandter Familienname ist «Baruch«, den aber auch schon das alte Testament erwähnt. —
Die Ägypter nannten ihren Ältesten, welcher die Gemeinde gegen feindliche Angriffe zu sichern hatte, «pharao«, und kam dieser litel nach Vereinigung größerer Territorien in gleichem Fortschreiten des Ansehens sogar der heutigen Königswürde gleich. — Im Bulgari-
*) Unter Paris (ursprünglich vielleicht «varis, varesic lautend) ist ausenscheinlich ein geschlossenes Gemeinwesen zu verstehen, wie es sich noch in England erhalten hat. denn z. B. London selbst war bis zum Jahre 1888 noch in lauter «Parishes» (= Kirchspiele, Pfarren) eingeteilt.
**) Man sprach und schrieb einst «varn, denn im althochdeutschen Alphabete ist das »f« noch unbekannt; die Schreibweise ufar» dürften die Siaven erst angenommen haben, als sich die deutsche Form, nachdem die .Amtierung durch Jahrhunderte deutsch war. einbürgerte. — Die Bezeich- nung «far« war noch im 17. Jahrhunderte (ebenso wie «Pfaff«) eine ehrende für den Priester; seither hat jedoch eine Umwertung ins Verrächtliche platzgegriffen und \\'ird überdies allgemein, aber fälschlich, als Germa- nismus angesehen. — Die häufigen Flurnamen: Pfarrberg, Pfarrvviese. Pfarrgrund u. a. haben alle «var. far« zur Grundlage, und befand oder befindet sich der betreffende Boden nur zufälligervxeise einmal im kirch- hchen Besitze.
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sehen. Albanischen und Rumänischen bedeutet «fara» = Stamm. Sippe, d. i. die Korporation eines unter gemeinsamen Schutze ste- henden Gemeinwesens. In gleicher Bedeutung stand xfara« auch bei den Longobarden und Römern. — Dieser Qegendname, der sich z. B. auffaleiid oft auf Kreta wiederholt, ist fast überall in der Nähe der größeren Ansiedlungen in mehr oder weniger entstellten Formen zu finden, und ging im Deutschen allmählig in die Form und Bedeutung "Warte« über, weshalb der böhmische Begriff »varta« (für Wache) durchaus nicht als Germanismus angesehen werden darf.
Der Begriff "varx hat die Umwertung vom bukolischen zum militärischen Grade frühzeitig erfahren, denn die Namen ersterer Richtung sind heute nur mehr äußerst selten etymologisch feststell- bar, hingegen jene letzterer überaus zahlreich. So bedeutet «faro« im Italienischen den Wachturm (Leuchtturm) am Meere, und sind alle xfaro« (als Ortsnamen) entweder übersichtliche und befe- stigte Punkte, Vorgebirge, Häfen oder Gewässer, die an solchen vorbeifließen.
In «var« haben wir einen Begriff, welcher schon dem Urwort- schatze des Menschen angehört haben muß, umsomehr als er auch in fast alle Sprachen in ähnlicher Form und gleicher Bedeutung auf- genommen erscheint; z. B. deutsch: Warte, w arten (in der Be- deutung pflegen). Sternwarte; franz. garder, ital. guarda, guardare u. s. w. — So gelangt man zwanglos zu Ur- und Grundbegrüffen. — Allerdings haben dabei die S 1 a v i s t e n selbst den großen Fehler begangen, daß sie solche Urformen, die sich mit den heutigen sla- vischen meist noch vollkommen decken, bedingungslos als solche deutschen Ursprungs kennzeichneten, w as die des Slavischen un- kundigen Forscher gerne und überzeugtermaßen glaubten, weil es iadieSlavenselbstsagten. So wurde namentlich Mikiosicli dafür der «große Slave« und der «Unsterbliche« benannt, weil er alle slavischen KulturAvorter als d e u t s c h e L e h n- u n d F r e m d- wörter erklärte. Dieser nun so schwer gutzumachende Fehler war aber nur deshalb möglich, weil diese Auslegung die sympati- scheste war und der Erklärer als große Autorität umso ernster gc- rommen werden musste. —
Eine spezielle Erörterung verdient der Begriff «Barbar«, wel- cher ursprünglich «varvar« gelautet haben mag, denn in älteren Schriften findet sich noch häufig diese Schreibweise vor; so wird z.
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B. in einem Briefe des Kaisers Leopold I. (169Ü) noch der «varva- ri sehen türi<ischen Tyrannei« Erwähnung getan. «Barbaren» waren sonach ursprünglich die bodenständigen, gegen fremde Be- lästigungen sich sichernden Bewohner, welche durch die Griechen wie Römer dadurch in einen minderen Ruf gerieten, daß diese alle ihre Feinde und namentlich jene, deren Sprache sie nicht verstanden, darunter besonders die Szythen und Germanen so benannten. Daß ursprünglich der Begriff «Barbar« nicht das Odium der heutigen Auf- fassung trug, ersieht man aus verschiedenen älteren Anwendungen dieses Begriffes. — nphor, Sohn des Isokrates, erzählt z. B., daß die Barbaren älter sind als die Griechen, und daß diese von jenen alle Künste und Kenntnisse erhielten. — Venantius Fortunatus, Ende des 6. Jahrh. Bischof zu Poitiers, schrieb einen Brief an einen gewissen Flavus, worin er diesen auffordert, ihm entweder lateinisch oder in einer anderen Sprache zu antworten; wenn er etwa nicht lateinisch schreiben wolle, könne er ja z. B. mit «barbarischen Runen« auf Molztafeln oder auf einem glatten Holzstabe schreiben.*) Fortu- natus wollte damit andeuten, daß ihm einerseits diese Schrift auch geläufig sei, andererseits wollte der Bischof sicherlich auch nicht unter «barbarisch« andeuten, daß damit eine Schrift der Ungebilde- ten und Rohlinge gemeint sei, da er ihn damit nur beleidigt hätte. — Ebenso spricht er auch von «interpres barbarus« (= der Dolmetsch für das Barbarische), «barbara carmina» (= barbarische Lieder, also: Volkslieder), wozu er noch «leudos« (= Volk, Leute, Ijudi) beifügt; «barbarus karpa« (= barbarische Harfe) u. a., also alles Kennzeich- nungen der S t a m m b e w o h n e r im Vergleiche zu den eingewan- derten und herrschenden Römern. Tacitus erwähnt auch, daß der berühmte «germanische« Markomannenkönig Marobod (marovod = Qrenzverteidigungs-Kommandant) ebenso wie der Chattenfürst Ad- gandester Briefe an den römischen Senat geschrieben haben, und wunden sich gar nicht darüber; daß diese unbedingt lateinisch ge- schrieben waren, ist zu bezweifeln, denn es gab eben auch «inter- pretes barbaros« ! Als Hoheitsname kommt außer «far« (= Pfarrer. Priester) meines Wissens nur «Barbe« vor, welcher Begriff in den französisch-v.aldensischen Gemeinden des 15. Jahrhundertes iden- tisch war mit: Vorsteher, Meister. — «Baraba« nennt sich noch heute
') Daß diese «barbarische« Sprache in Runenschrift offenkundig die slavische war, wird im IV. Abschnitte dargelegt.
ein Hirtenvolk im Gouvernement Tomsk; jene Männer, die als Qrenz- wächter verwendet wurden, nannte man «baraba«, was aber mit der Zeit die Bedeutung Wegelagerer, Plünderer, Rauf- bold annahm, da diese Anstellung wahrscheinlich auch zu privaten Exkursen ausgenützt wurde.
Chod, Choden, Hotinje, Hotzenplotz, Hoce (alte Schreibweise »Chotse«), Hodose, Chocznia. Kot, Kodanj, Koce, Kocno u. ä. deuten auf befestigte Plätze. Der X'orstand einer solchen Gemeinde, die er zu b e s c h ü t z e n hatte (altslav. »hodati« = verwalten. Pro- kurator sein, ein bevorstehendes Unglück verhütten; cech. «chovati« = pflegen, beschützen; russisch «kotorä« = Feindschaft, Fehde) war chod, chot (heute böhmisch in der Bedeutung Ehemann. Ehe- weib), das aber bei den Deutschen zu «Gott«, bei den Osmanen zu hodza (= Priester) wurde. — Nestor erzählt überdies, daß «Hoca« ein altrussischer Götze war, dem Großfürst Vladimir einen Tempel erbaut haben soll. — «Koc, koca, kuca, chata« ist ursprünglich eine Hirtenhütte; «hoch, hosi« bedeutet noch heute im Cechischen einen Hirten oder Knaben, «kocovatix ist gleichbedeutend mit nomadisieren. — Während nun das deutsche «Götze« auch nur eine spracheigentümliche Anpassung an «choc. hoca. hodza« u. ä. ist, bedeutet aber «gocah, kocak« im Tatarischen noch immer den tapferen Krieger, bezw. den Ort, wo tapfere Männer wohnen, also fester Punkt, Fortifikation. — Im Chinesischen ist «kücik« = wohnen. — Im ältesten Denkmale der indischen Literatur, dem «Rigveda«, in welchem die Sprache noch älter ist als das klas- sische Sanskrit, heißen die Priester noch allgemein «chotar«. Im Indischen ist «kotval« heute der oberste Polizeibeamte (vergl. «Hoch- wald« und Gottwald«); «cote« selbst gilt dort als die befestigte Höhe, das Fort. — Der Übergang von der Hirtengemeinde zu einer namhaften Verteidigungsgruppe ist hier leicht organisch zu verfolgen, denn «chotar. kotar, kotor« (franz. «Cote d'or)« ist ur- sprünglich die von einem «chod« geleitete Gemeinde, welche aber durch Vereinigung von mehreren Gemeiden zu einer Kreis- oder Bezirksvereinigung führte, die im Südslavischen noch immer «kotor« lautet, und war der Verteidigungschef eben der noch heute an das Militärische anspielende Bezirkshauptmann; im 15. Jahrhunderte ver- stand man im Böhmischen unter «chod« noch den Grenz Wäch- ter; ein Erd- oder Steinaufwurf zur Kennzeichnung einer Grenze
heilit im neutschcii noch heute liotterhauien (= (jrenzhügel). — «Hody» (= Kirchweifest) ist anscheinend nur mehr der Reflex der einstigen Versamnilungspfiicht auf dem Qemeindesammelplatze zu gewissen Zeiten bchiifs Kontroie oder Waffenübung, analog wie in der bestandenen Militärgrenze militärische Übungen an Sonntagen stattfanden, um die Leute nicht in ihren Wirtschaftsarbeiten zu ver- kürzen.
Die Namen «Kotor» für Ansiedlungen kommen in Europa überaus häufig vor, sind aber auch in anderen Erdteilen reichlich zu finden. Wir wissen z. B. daß Island einst politisch in 39 «Godarde« (Bezirke) eingeteilt war, welchen als Ältester je ein «Oode« (God. Göd = Pate) vorstand.
Von den topischen Namen seien hier noch besonders erwähnt: Goti (Volksname). Gotha, Gottes. Göttingen (das slav. Hotinje), Qo- tenburg (mit Bohas-Län). Gotaland, Godula. Kottlas. Kot (z. B. Kot- Alpe, die zu W i n k 1 e r-Alpe übersetzt w urde. w eil «kot« später die Bedeutung Winkel, Ecke, Grenze annahm). Kottbus. Koccvje (Gottschee). Kocubej. Kosiibi. Kocno. Chodi (ein Volk in Böhmen, das die Einbruchstcllen von bayerischer Seite her zu bewachen hatte), Chodcr. Chodavendikjar (Türkei). Chodschar-Saleh (Dorf in Afgha- nistan). Chodshent (Turkestan). Chodziesen (Kolmar in Posen). Chot- zen, Chotebof. Chotina. Chotiesiny. Cottage (eine Gruppe von liirten- hütten, jetzt Villen) u. a. m. — Hieher gehört \\ohl auch der vielum- strittene Name "Quadiw.
Den vielfachen Erfahrungen zufolge entspricht das «Qu« in der lateinischen Transkription andersprachiger Wörter dem «H» oder )cCh)( (z. B. Haloze w urde «Qualose« geschrieben), wofür die Grie- chen wieder durchw^egs ein «K« setzten. Die «Quadi« (Tacitus) und »Äoi'ädot« (Strabon) sind demnach nichts weiter als die Chodi der slovakischen Aussprache («chuodi, kuodi«) in der schriftlichen An- passung. — Tacitus erzählt auch, daß sie im Gebiete der March und Gran, also als Nachbarn der heutigen Slovakei, w ohnten. und zu jener Zeit den König Vannius (Vana) als Herrscher hatten; sie nuißten daher schon damals eine alte und vorgeschrittene Kultur gehabt haben, wenn ihr Gemeindeältester bereits namentlich und in der Königs würde den Römern bekannt wurde. — Die jetzige Ge- schichte weiß über die Quaden zu erzählen, daß sie ein mächtiges «germanisches« Volk waren, die oft in das römische Gebiet einfielen.
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aber im 4. Jahrhunderte n. Ch. aus der Geschiehte verschwinden. — Selbstredend sind sie nicht verschwunden und auch nicht «in den Bayern aufgegangen», wie man dies vermutet, sondern ihr Volks- name wurde im Namen «Slovaken« oder «Mährer, Moravani« zu- sammengefaßt, als man einmal die geographischen Begriffe zu gene- ralisieren begann.
Prokopins (De bello gothico I. 7) nennt Qothen und Slaven noch nebeneinander; desgleichen führt der König von Schweden den Titel: »König der Gothen und Wenden».
Hiehcr gehören auch: Kacin, Kacji vrh. Kaczmary, Katschitz, Katzenberg, Katzendorf. Katzenelenbogen u. ä. sow ie alle scheinbar «kozaii (= Ziege) zur Wurzel habenden Ortsnamen, wie: Kozje, Kozji vrh, Kozlöw, Kozarki, Kozjak, Kozina, dann Kosor, Kosel, Ko- sice, Kosovo, Kositz, Kosice usw. Sie alle kennzeichnen einen schutz- fähig hergerichteten Platz und läßt sich diese Behauptung auch sprachgebräuchlich festlegen, denn die «Katze« ist bei den alten Festungsanlagen immer eine wichtige, meist vorgeschobene Bastei (oder ein T u r m) wie z. B. in Rotenburg a. T., in Soest, in Passau. in Würzburg u. a. — Das eigentliche Grundwort ist wahrscheinlich das slavische «kac« = steiler Abfall, steile Höhe, denn es gibt eine Menge von Begriffen dieses Stammes, die alle in ver- teidigungstechnischer Hinsicht mit jenem organisch zusammenhängen, wie: kacaga (= Überfall, Wegelagerer), kazarma (= Kaserne), kaz- jonka. kazna (= Pulverkammer. Waffenplatz), kat (= Scharfrichter), kazak. meist als «kozak» ausgesprochen, als Bezeichnung für den Verteidiger. Krieger, auch freier Mann, stattliche Gestalt. — In der «Choden« — Tragödie spielt auch ein «Kozina« die Hauptrolle. — Die Begriffe «chod, kot, kat. kac. kaz« stehen im sprachlichen Zusammenhange mit dem nachfolgenden «kost«.
Kost, Kostel, Kostelec, Kostelka, Kostelany, Kosten, Kosten, Kastav, Host, Hosti, Hostice, Hostyn (d. Hochstein), Hostivaf, Hostyn. Gastein, Gösting u. v. a. weisen auf gut v e r t e i d i g u n g s f ä h i g e Punkte, die anscheinend auch zumeist als Friedhöfe dienten. — An manchen Stellen dürfte «kostel« eine Art vorgeschobener Befe- stigung gewesen sein, um dem Gegner schon vor der Erreichung des eigentlichen Angriffspunktes Verluste beizubringen, ihn zur Zersplit- terung zu nötigen oder Zeit zu gewinnen, damit die Zentrale Muße
habe ihre Verteidigungsvorsorgen zu vervollständigen, sich zu ver- proviantieren usw. — Bei den Katarakten von Brekovica (Bosnien) durchbricht die Una gewaltsam das vorgelagerte Felsmassiv; dicht daran ist die Kuppe K o s t e 1 (kroat. Kosteo), welche einst als Ergän- zungsglied der anschließenden Qrenzveste Brekovica bildete. — K o s t e I bei Lundenburg scheint als Abwehr gegen den feindlichen Uferwechsel der Thaya gedient zu haben; daneben ist die Höhe: Podivin. — Ein häufiger Name ist auch «KostajnicaK. Auf einer Insel der Una befindet sich ein Kastell zur Beobachtung der beiden Flußufer, daher: Bosnisch- und K roa t i sc h-Kostajnica. Daß K o s t a j n i c a einen fortifikatorischen Sicherungspunkt bezeichnet, ersieht man auch daraus, daß in einem Falle (Krain) der Name in nLandstraß« ins Deutsche übertragen wurde, also als: Wache an der Grenz e.*)
»Kosteljeii bedeutet im Slavischen: die Knochenstelle, d. i. den Friedhof, welcher überall verteidigungsfähig hergerichtet war; die Cechen verstehen heute unter nkostel«: Kirche. — Daß »kost, koste!)! erst vom lateinischen «castellumx herrühre, ist deshalb un- möglich, weil ganz Europa diesen Namen unter ausschließlich slavi- scher Namensumgebung kennt, hingegen niemand weiß, daß der Name tatsächhch Höhenbefestigungen beigelegt ist. weil die Urform «kost, kostel. kostelje» ihre einstige Bedeutung einge- büßt hat. Es ist geradezu sicher, daß die Römer hievon ihr »castellum« bildeten, denn in Mitteleuropa war früher lateinisch die Amts- sprache; war aber Kcastellum« ein ursprüglich lateinisches Wort, so hätte es ja nicht seine Kontinuität eingebüßt, denn Konstanz, ein doch geschichtlich vielgenannter Ort, ist bis zum 15. Jahrhunderte immer nur als «Kostencz, Costnitz« verzeichnet und niemals als «Castellum«. — Auch hätten die später gekommenen Slaven. wenn sie den Begriff «Castellum« irgendwo übernommen hätten, denselben nur sporadisch gebraucht, so ist er aber überall und inmitten von sonst reinslavischen Verteidigungsbegriffen anzutreffen, als: Kost (Böhmen), Hostyn (Mähren), Konstanz (Baden), Costa (Ti- rol). Castagna (Istrien), Kastanica (Griechenland), K o s t r e i- nitz (Steiermark), Kosten (Posen). Quastala (Italien). Ca-
') Loka (= Grenze) wurde oft zu: ionk, lank, lang — und hier zu »land« — der Straße wegen, wie man »straza« eben phonetisch nieder- schrieb, um ein (janffbares deutsches Wort zu erhalten.
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s t i 1 i e 11 (Spanien). Kastenholz (Siebenbürgen, früher Kostolatz). Uhosti (Burgberg bei Kadan, also beim «Kost«); Kostolany vrh (Slovakei); Castallische Quelle (Griechenland); ober der letzteren befindet sich ein Felsberg mit einer Kapelle;*) der durchaus der Mythologie zugeschriebene und bekannte Aussichts- punkt xRadhost« (in Mähren) gehört auch dieser Etymologie an; dort stand kein Tempel des slavischen Gottes «Radegost» sondern ein »Wachobjektii auf dem »rat«, von wo eine weitreichende Beob- achtung sowie eine erhöhte Möglichkeit war dem Gegner das Vor- dringen zu verwehren, falls er der Tallinie ausweichen sollte; es würde in dieser auffällig ausgeprägten, geschlossenen Verteidigungs- zone sonst der unbesetzte Höhenrücken eine Lücke gebildet haben, welche alle sonstigen Maßregeln illusorisch gemacht hätte. — Ähn- liche Verhältnisse sind bei Hosteradice (Mähren) und R a d- hostovice (Böhmen).
*) Die Lösung der Wasserfrage ist stets ein Wertmesser für die absolute Widerstandskraft einer Fortifikation. — Da nun die einstigen Burgen und Tabor's zumeist auf Bergkiippen, ja sehr oft auf hohen Fels- kegeln standen, mußte für eine sichere Wasserversorgung gleichfalls vor- bedacht werden. — Die hohe Veste Wurmberg (Steiermark) besaß z. B. nebst einer großen Zisterne im Haupthofe noch innerhalb der Umfassungs- mauern einen 72 m tiefen, in Felsen gehauenen Brunnen; die Burg Rosenau (Siebenbürgen) hatte sogar einen solchen von 152 m, der daher durch den ganzen Juraielskegel ausgestenuut war. — Mit der Unterbrechung der Wasserversorgung konnte der Belagerer hier also nicht rechnen und zeigen diese technisch äußerst schwierigen Bohrungen nur allzudeutlich, wie ernst man die Sache der Verteidigung genommen. — Hingegen war z. B. die sonst sehr starke Burg Sniolenik (Slovakei) in der Sommerzeit bald überwunden, weil der Fels nicht bis zur eigentlichen wasserführenden Schichte durch- bohrt war, der Wassermangel daher selbst den grimmigsten Feind der Besatzung bildete. Befand sich jedoch eine nahe Quelle oder ein Wasser- lauf außerhalb der \erteidigungsz(>ne, so wurde ein unterirdischer Gang hiezu hergestellt und an der Schöpfstelle ein starkes Verteidigungsobjekt (z. B. bei der Burg Hissar in Serbien der Wasserturm) erbaut, oder wurde aber die Quelle, wie beim Tabor Maria Neustift, von außen vermauert und maskiert. In Deutschland, wie auch anderswo, fand man auch bei den Wäl- len. Schanzen u. drgl. Spuren von Brunnen. — Große moderne Städte, die stundenweit ihren Wasserbedarf herleiten lassen z. B. Wien, sind daher gegen feindliche Bedrohungen schon aus diesem Grunde sehr empfindlich, wenn nicht zugleich für den Tiefquellwasserbezug im engeren Weichbilde vorgesorgt ist; desgleichen wird schon der Wasserfrage wegen niemand große Festungen in wasserarmen Gebieten (z. B. Karst) anlegen.
Desselben Ursprungs wie Kcastelluin» ist auch Kcastrumic (= Heerlager), welclies doch zumeist befestigt und stets gesichert war. — Als Hoheitsname ist Castrin, Castiraot bekannt ; so be- nannte man nämlich die griechischen Kommandanten jüdischer Städte in vorchristlicher Zeit; ansonst hieß der Gemeindeälteste «Kosta», wie man im Siidslavischen den Namen Constans, Con- sta n t i n u. ä. gebraucht. Überdies nannte man die Kommandanten solcher Zufluchtsorte auch; «gos«, woraus dann «gost, gospod, ho- spodaf, gosudar, kostelnik, Castellan, custos, hospes« — wurde. Im Böhmischen wurde sprachanalog «gos« zu kHush, woraus hervor- geht, daß z. B. «Hussit» nicht speziell den Anfänger des Reforma- toren Johannes Mus bezeichnete, sondern dies war längst vorher der Name jener, denen der Schutz irgendeines Verteidigungspunktes oblag, daher "husit, husar.*) huissieri' den Krieger, den Wa- che haltenden, den Hütter im allgemeinen andeutet. Nach- dem aber die Gans (gos. hus) auch zur Ergänzung des Wachdienstes herangezogen wurde, fungiert dieser "Vogel zugleich als Attribut der Wachsamkeit (z. B. bei allen Darstellungen des Radegast). — Das «Huss-Ausläuten». daß früherer Zeit in vielen österreichischen Städ- ten meist um 9 Uhr abends stattfand, galt später als Gebetstunde zur Abwehr der Hussiten. war aber ursprünglich nichts weiter, als das phonische Zeichen, daß die Bürger jetzt zur Ruhe gehen, dafür beginne aber der Dienst der Nachtwache für die hiezu Bestimmten, ähnlich wie jetzt der Dienst der Feuerwehr angetreten wird. — Ebenso ist es unwahrscheinlich, daß alle die vielen, als «Hussiten- schanzen« bezeichneten Wälle wirklich den historischen Hussiten zuzuschreiben sind. —
Tabor nannte man jene feste Verteidigungspunkte, die nebst der naturbegünstigsten Lage auch eine weite, feste Mauer und für den äußersten Kampf innen noch einen soliden Bau zur Hinterlegung von Waffen, Proviant und sonstigen Bedürfnissen, sowie zur Pflege der Verwundeten hatten. — Ortsbezeichnungen dieser Art sind sehr häufig; der Berg Tabor ist schon aus der Biblischen Geschichte bekannt, auf dem
*) Man behauptet zwar, daß Husar vom niagjarischen «husz» (= zwanzig) stamme d. I. jeder zwanzigste mußte Soldat oder Reiter sein, aber diese Deutung ist ganz unhaltbar, wenn man weiß, daß doch in den Urzeiten jeder junge Mann dem Waffendienste obliegen mußte. —
tatsächlichlich wiederholt Lager waren; im II. Bezirke Wien^ gibt es ein «Am Tabor», welches m.utmaßlich ein alter Verteidigungs- punkt gegen eine feindliche Landung an der Donau war; in Böhmen und Kroatien gibt es zahlreiche Punkte dieses Namens; in Nord- ungarn ein T a b o r i s k o; in den Alpenländern dienten die auf Berg- kuppen erbauten Kirchen und Kapellen als «Tabor'sii oder stehen auf einstigen Tabor-Plätzen. und ist es sicher, daß diese zugleich auch Friedhöfe waren, um unter einem mit der väterlichen Scholle auch die Begräbnisstätte der \'orfahren zu verteidigen. — (Siehe Abbildung des Tabor Feldbach in Steiermark.)
Baden, Badnje, Badia, Badorf, Waadt, Vada u. ä. deuten auf verteidigungstechnische Punkte, die durch Verschan- zungen oder künstliche Wassergräben verstärkt waren, denn «bada« ist im Südslavischen der Graben, die Verschanzung; «ba- dati)i hn Cechischen s p ä li c n. im Kroatischen leise gehen; «vadle« ist dem Slovenen der Strohwisch als Qrenz- zeichen, dem Russen «badoviak« der Qrenzbaum; imter xvaditi se« versteht der Slovene (wie der Böhme noch in der Grüne- berger Handschrift): zanken, streiten. Die Kroaten gebrau- chen auch den Begriff «bede, bedenm für den Grenzwall. — Es handelt sich hier aller Wahrscheinlichkeit nach um technische Vorkehrungen an Grenzzonen (z. B. Pedenionte a. d. Brenta), wobei es auffällt, daß solche Vorkehrungen vielfach an Punkten mit heißen Quellen vorkonnnen; liingegen kommen aber wieder viele Orte gleicher Namenswurzel vor, die keine heißen Quellen besitzen, sowie viele, die letztere wohl aufw eisen, aber einen anderen Namen führen.*) — Mazedonien weist allein an 30 Namen «Banja, Badnja« auf, welche stets Orte mit warmen aber auch kalten Quellen be- zeichnen; es scheint daher, daß sich die alten Völker solche Quellen, die sie zur Kuren benutzten. \or unberufenen Belästigungen be- sonders sicherten.
'■') So hieß Baden bei Wien unter Mark Aurel noch «Aquae Panno- nicae»; Baden (Baden) «Aquae Aureliae«, weiches Bad angeblich unter Hadrian (nicht unter «AureliuSH) gegründet wurde; wahrscheinlicher ist es aber, daß die Römer nur das slavische »vrela voda« (= heißes Wasser) oder »vrelo« (= heiße Ouellc) in aquae »Aureliae« anpaßten (vergl. auch .Aachen).
Der Hoheitsuarne ist anscheinend: «batja, batjuska, Vater« und Kvatesic (= Seher). —
Klad. Ortsnamen dieser Wurzel, wie: Klada, Kladan, Kladje, Kladno, Kladrub, Kladsko (Glatz), Klattau u. ä. deuten auf einen Kamp f- oder W a f i e n p I a t z. — Organisch verwandte Begriffe slavischer Provenienz sind noch: «kiatin (südsl. = schlagen, töten), «kladbisce« (russ. = Friedhof), «kladara« (kroat. = Blockhaus), iikladka" (russ. = Mauerwerk), «kladovna« (russ. = alter Kirchen- platz), «kladisce (russ. ^ Gemeindeversammlung), «kladenecK (russ. — Schwert), «kladivo« (allgemein slav. = Hammer, Axt), «klatiti, klatezH (slov. vagabundieren, Strauchritter), xzaklad« (slov. = der gesicherte Schatz). — Eine analoge Bedeutung hat aber die gleiche Wurzel auch in anderen Sprachen, wie z. B. "klad« (schottisch =^ Friedhof, irisch — Graben, keltisch ~ Hacke), «gladium« (lat. = Schwert), «gladiator« (der Kämpfer, namentlich der berufsmäßige), «clades« (lat. = Kriegsunglück), «clathri« (lat. = Schutzvorrich- tung, Gitter) u. s. w. — Diese Beispiele zeigen, daß das gleiche Wort in allen Teilen Europas in gleichem Sinne angewendet wurde und noch heute angewendet wird, wenn auch die Origialbedeutung nicht mehr prägnant hervortritt.
Jasen, .Jasy, Jasno, Jasnik, Jasenka, Jasenica, Jasionka, Jasna gora, Jasne pole, Jastrebci, JastrzQbie, Jesec. Jeschin, Jeseni, Jese- nice u. ä., wobei in der Aussprache vor den vokalischen Anlaut ein «i« bezw. "JH gesetzt wurde. So naheliegend es ist, hier «jasen» (= Esche) als etymologische Grundlage anzusehen, erwies sich bei wei- terer Forschung doch, daß diese Deutung falsch ist, denn solche Lokalitäten weisen oft gar keinen Eschenwuchs auf; an vielen Stel- len dieses Namens gibt es überhaupt nur Nadelholz imd ist es un- bedingt ausgeschlossen, daß etwa die Forstkultur dort den Wechsel geschaffen hätte. Das mährisch-schlesische «Gesenke« (richtig: Ja- senik, Jesenik, früher «Gesenik« geschrieben) ist daher nur ein Ge- birge mit vielen für die Sicherung und Verteidigung günstigen Punkten an Einbruchsteilen. Überdies ge- brauchen die sibirischen Völker noch den Begriff «jasak« für den Zoll, Tribut, den die Fremden der Behörde zu entrichten haben, sobald sie deren Gebiet betreten; es ist dies sonach wieder eine mit der Grenze im Zusammenhange stehende Namensgruppe.
Das ürundwort ist offenkundig «jaz, jez» {= Wehr, Damm). — Der Pole nennt heute den Adeligen «jasni panH, also: Schutzherr (nicht aber blonder oder heiterer Herr!).
Sol. Sohl, Soline, Solonka, Solta, Soltystvo, Solcano, Solce, Solan. Soll, Sölk, Sölling, Zoll, Zola, Zolldorf, Zollfeld, Zollern, Zoll- nern, Zotkiew, Zotnöwka, Zöllnel u. ä. sind verteidigungsfähig vor- bereitete, an der Grenze gelegene Punkte, deren Wachmannschaft mit dem heutigen Begriffe i<Soldat« und «Zöllnern identifiziert er- scheint.
Der sprachliche Stamm ist in allen diesen Namen das slavische Mzol, zolii, dessen Existenz sich bei den Polen und namentlich Slo- venen bis heute in verwandter Bedeutung erhalten hat, denn erste- rem ist «zolnierzu = Soldat, letzterem «zold« = Krieg, «zol- ner, zolnir« = Soldat, »zoliti« = lärmen, Alarm schlagen. Eine anklingende Deutung hat auch das lateinische Msolidex (= sicher), xsolidoM (= befestigen), «soldus, solidusM (= fest, reell, ge- diegen), daher die von den Römern her bekannte Münze «solidus« nichts weiter ist, als der heutige hZoII«, den man an der Grenze entrichten muß oder «Sold«, d. i. der Beitrag zu den Qrenzbe- w achungskosten. Der Hoheitsname hat sich in «Sultan« (= höchster Befehlshaber) und xZoltanii (magyarischer Vorname) erhalten.
Veles, Velez, Velehrad, Velja, Vellach, Bjelina, Beljak (Villach), Bilovice, Bell potok. Belgrad, Belovar, Belotin, Bela. Bilek, Bilsko, Biala, Bilin, Vill, Villa, Vilovo. Villce, Viletta, Vilenjak, Vils, FUz, Filzmoos u. ä. deuten auf verteidigungsfähig hergerichtete Punkte, die man ihrer Festigkeit wegen «vel« (= Superlativ von einer Ei- genschaft) nannte; der Kommandant, der das Recht hatte zu be- fehlen, d. i. «veleti«, hieß dann: Vele, Velar, Belar, Vilar, Vilem (Wilhelm), Veles, Velpan u. ä. — In der türkischen Verwaltung ist iiVilajet« gleichbedeutend mit Provinz. Die Frau oder die Töchter eines solchen Befehlshabers nannte man dann «vila«, worunter die slavische Mythologie die Berg-, Wald- und W a s s e r n y m- p h e n, d. h. hervorragend schöne Mädchengestalten versteht, wo- bei in der Wirklichkeit mitunter mehr der Respekt als die Schön- heitsgründe, analog wie heute, maßgebend waren. Die Wohnung, das Haus des Höchsten nannte man aus gleichem Grunde «villa». also: besseres und isoliertes Gebäude, wovon sich der Name auch
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noch im Begriffe W e i 1 e r ei-lialten hat. Die germanische Sybille «Veleda«. die angeblich vom hohen Turme aus prophezeite, war in der Wirklichkeit augenscheinlich ein Mann von Rang, der auf einem liochgelegenen Punkte wohnte und von dort aus die ihm Un- terstellten sicherte und leitete.
Ves. Darunter versteht der Slovene heute das Dorf im all- gemeinen (auch in der falschen Form Kvas« gebräuchlich), d. i. die Gemeinde, welche einst auf eine eigene Sicherung gegen feindliche Einfälle bedacht war. Der Älteste einer solchen Gemeinde war der )iBes« (die Form «Ves» hat sich, wenigstens in den Schriften, nicht erhalten); seine Frau war die «Vesna», welche die Dichter später zur Friihlingsgüttin avancieren Hel3en; die Bewohner eines größeren Gebietsteiles, welcher sich mit »ves» sicherte, hießen dann i(Bessi)i ; «PesoglavM ist daher nicht ein »Hundskopf», sondern das M a u p t, der Älteste mehrerer «Ves« =^ Gemeinden. Ob die «Pe- soglavci« je einen Hundskopf im Banner führten, ist kaum zu beweisen, und ist dies gesichert, so geschah es eben auf Basis der falschen Etymologie, wie sich der Volksmund unverständliche Be- griffe selbst ohne tiefere Begründung zurechtlegt. Die Umwertung des Begriffes «bes« in Teufel, der «Böse« (!) geschah auf dem- selben Wege, wie dies bei «cert, cart« dargelegt wurde: bei den eigenen Leuten war der «Bes« der Führer, der Beschützer, beim Gegner der Feind, der Böse; nachdem den ersteren der fremde «Bes« auch ein Feind war. nahm mit der Zeit der Begriff all- gemein die Personifikation des feindlich gesinnten Prinzipes, also des widerwärtigen Nachbars an, von dem nur Nachteiliges, B ö s e s zu erwarten sei.
Der Begriff «ves« ist im Slavischen von der Bedeutung «Dorf« ganz absorbiert worden; hingegen hat die magyarische Sprache, welche überaus reich an slavischen Wörtern ist, noch die Form Mvesz« für Not, «veszely« für Gefahr rein erhalten; allerdings besitzen die Slaven dieses Grundwort auch im verwandten Ge- brauche, aber eben in der äußerlich veränderten Form «bes«. Im «Keltischen« hat «vas« noch die Bedeutung: Turm.
Die zahlreichen Grte des Namens: Ves, Vesca, Vescc. Veselä, Veseii, Veselka, Veste (deutsch «Feste«), Vestin, Veznice, Vezky, Vezenice, Vas, Vasja ves, Vassach, Vsetin, Wassie, Wasendorf,
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Wasseno, Wasser, Wasserau, Wasgora, Wassersuppen (Tautologie von )ivaS)i und «zupa«), Wassertlieuer («vaSK und «turK), Wasylöw. Waszkoutz, Wes. Wesce. Wesselä, Wessely, Wesetz, Weska. Wcs- kau, Wesselitz. Wessnitz ^cech. Form von «vesu ist auch «ver::ce»). Westetz, Westendorf, Fessnach u. v. a. lassen ihre Etymologie aus diesen Beispielen leiclit erkennen.
Ansonsten gehören hieher nebst den KBeskidemi, d. i. das Qrenzgebirge gegen Ungarn, auf dem die Übergänge durch «ves« gesichert waren, noch: Bessarabien, die römische Provinz «Bessicai' (im nordöstlichen Thrakien), Besermjanen (tatarisches Volk in Ruß- land), Fes (arab. Fas, Provinz in Afrika), Wessen (Tschuden in Ruß- land), Wessex (angelsächsisches Reich), Kap Wessel (Südaustra- lien) u. a. — Als Hoheitsname haben sich KVezim (türk. Würdenträ- ger), Vesta (die Göttin des Hauses), Vestalinnen (die das Feuer am Mons Palatinus b e \\ a c h t e n, Feuerbereitschaft hielten), Bessos (pers. Satrapenname, der auch als Gattungsbegriff galt), «vescovin (der Bischof, jetzt der kirchliche Leiter eines Bistums) erhalten. Daß es sich hier um eine Verteidigungsvorsorge handelt, ersieht man aus den ins Deutsche übergegangenen Begriffen: Fest, Feste (Veste). Festung, namentlich aber aus dem Böhmischen «veza» (= Turm).
Tribus, Tribun. Es gibt eine ungewöhnlich hohe Zahl von Lokalitäten, deren Namenswurzel aus «tri, tre, trib, treb, trez« u. ä. besteht, die alle auf einen Verteidigungspunkt oder vor- bereiteten Kampfplatz anspielen, wobei jedoch der eigent- liche und grundlegende Begriff in seiner Urform nicht mehr klar er- kennbar ist. — Alle alten Formen, wie das altslavische «trizna« (= Kampf, Gefecht), «trizniste« (= Kampfplatz), das slovenische «dre- zatix (- lauern, aufpassen), Kdregati" (= stoßen, anspornen), «trib- IjatJK (hin- und herstoßen), das lateinische »Tribun« (= Befehls- haber, Ältester eines Tribus), welches im Slavischen wieder als «Trifun« gebräuchlich ist, dann das deutsche «Treffen« (= Ge- fecht), «treten« (= unterdrücken), «trischaken« (= prügeln, nieder- kämpfen), «tribulieren« (= quälen, bedrängen) u. a. zeigen alle eine interlinguale Verwandtschaft sowohl in Bezug auf Form wie Be- deutung. — Die Berechtigung, dieses Grundwort als slavisch der Genesis nach hinzustellen, geben aber eben wieder die Ortsna-
nien. denn zahlreiche solche Punkte befinden sich inmitten von sonst untrüglich slavischen Lokalnanien, können daher nicht fremden Ur- sprungs sein, abgesehen von dem Umstände, daß vielen davon noch historische Beweise der slavischen Provenienz anhängen. Ob nun die Punkte: Trebinje (röm. Terbunia, Travunia), Trencin (alt. Tricin), Trient (Trento), Trifcls. Trbovije (Trifail), Tring, Trikkala, Trivia, Triptis (alte Sorbenburg), Triplis, Tirnovo, Trnovo, Tersat, Trst (Triest), Tresternitz u. ä. oder: Drezno, Dreznica, Drcnovik, Dren- sko rebro, Dervent. Derbent, Drbalov, Drbalovice u. ä. lauten, fast überall zeigen d'e Bodenplastik oder wenigstens die Überlieferung wie auch die Erdfunde daselbst, daß sich hier irgendein wichtiges Kampfobjekt befunden hat, denn davon rühren ja noch die Begriffe «trdnjava« (slav. Festung) her, sowie das lat. «Tribunal« (= der erhöhte Richterplatz), daher man im Deutschen auch noch immer sagt, daß ein Verbrecher «auf die Festung« kommt, wenn dies ansonst auch nur ein einfaches Gefangenhaus ist.
Die Flüsse: Drin, Drina, Drinovaca, Trent, Drava (Drau), Dravnja (Drann, Dränn, Tränn), Trefen, Traisen u. a. haben daher diesen Namen, weil sie längst einer Linie mit solchen festen Punkten flössen und diese noch natürlich verstärkten, also eine Grenze bildeten. Die Abgabe, die man beim Passieren entrichten mußte, nannte man demnach «Tribut«. Daß der Begriff «trebiti« — roden, abstocken zugleich bedeutet, zeigt nur auf den natürlichen Zu- sammenhang des auserwählten Kampfplatzes mit dem vorgefun- denen Urterrain, welches zu diesem Behufe erst hergerichtet und wenn bewaldet, vorerst abgeholzt werden mußte.*)
Brück, Prugg. Namen dieser Form befinden sich zumeist in Gegenden, wo heute eine Brücke vorhanden ist; es kommen aber auch Zusammensetzungen, wie Moderbruck, Mohenbruck, Brücken- berg vor, wo es sich vorerst um keine Brücke handelt. Es drehte sich hier im Anfange nur um eine Verteidigungsvorsorge bei einem günstigen Grenz- oder Uferwechselpunkte oder einem sonstigen Zugange, denn die Bewohner mußten stets darauf bedacht sein, daß
*) Bacmeister glaubt (Alemannische Wanderungen, Stuttgart 1867, p. 87), daß vtrebir« altirisch sei. und klug bedeute. Dieses soll auch die Etymologie der Treviri (Urbs Treviorum) sein! Er setzt deshalb zu. daß manche gallische Volksnamen, echt gallisch, etwas prahleri- sche Prädikate in sich schließen. — Recht hat jedoch keiner!
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ihre Brücken, Furten, Viadukte auch der Gegner benutzen wird, man mußte daher auch in dieser Hinsicht vorbereitet sein. Alle Pruk, P r u c h a, B r u c k u. ä. sind daher im allgemeinen als Brücken- köpfe ältesten Systems anzusehen, und ging daraus erst der Be- griff «Brücken für das Objekt selbst, welches gesichert wurde, her- vor. Normal waren das a m oder nächst dem Ufer aufgeworfene Dämme, denn im Russischen ist «prudka« = Damm, pruzit, pru- dit = a u f d ä m m e n, anschwellen, pruzenie = das D ä m- men, brukat, bruhat = werfen, aufwerfen. — War ein sol- cher Terrainpunkt von größerer strategischer Bedeutung, weil er sozusagen für den Gegner ein Einfallstor bildete, so war auch die Sicherung eine verstärkte, daher sich an solchen Stellen meist auch feste Burgen, Schlösser oder Ruinen vorfinden, wie z. B.: Brück a. L., Brück a. M., Klosterbruck, Waidbruck, Bruckhausen u. a. — Im Deutschen findet sich oft die Form «Brühl« für «bruhla« vor; z. B. die Vorder- und Hinter-Brühl w-aren wohl einst nur ergänzende Fortifikationen der Veste Mödling (bei Wien).
Most, Mosty. — Analog wie «Brück« ursprünglich nicht die Brücke selbst bezeichnete, bedeutete einst auch »most« nur einen Übergang im Terrain, der verteidigungsfähig hergerichtet war. Daß dies zumeist eine Brücke oder ein Viadukt war, ist wohl nahe- liegend; aber ebenso gibt es z. B. bei Teschen wie am nahen Jablun- kau-Passe je ein M o s t y, wo sich kein Bedürfnis nach einer Brücke je einstellen konnte, da beide Orte auf der Höhe liegen. Mosty bei Jablunkau weist noch heute zahlreiche Schanzen auf. denn es sperrte den Grenzübergang gegen Ungarn ab.
In etymologischer Hinsicht erscheint der Begriff schon sehr verschwommen; der Stamm ist aber jedenfalls «moz« = das Mark, die Stärke, im Böhmischen «moc«; der Verteidiger eines solchen «most« \\ar der «moz« = der kräftige Mann, der Starke, xmozik. muzik« (= der starke Bauersmann. Die «Moschen« dien- ten nach Herodot im Heere des Xerxes und stammten aus der Um- gebung des Schwarzen Meeres.
Augenscheinlich benannte man einst «most» jenen Übergangs- punkt, der für den Kampf technisch vorbereitet, also verstärkt war.
Namen dieser Genesis sind daher vor allem die vielen:
Moos, Moosbach, Moosburg, Mooskirchen, Moosleithen, Mozole, Mozirje, Mostenice, Mossa, Mössl, Mosel, Mosel, Moszczenica, Moskva, Moskau, Moser, Mosern u. a. —
Hieher ist auch der Name «Mostarx einzureihen. — Der Name der herzegowinischen Hauptstadt w ird zumeist als «most star» (= alte Brücke) ausgelegt, \vas jedoch ein Nonsens ist, denn bis zum Jahre 1884 bestand nur diese einzige Brücke, und es wird doch nie- mand eine einzelne Brücke vom Neubaue an als «alte Brücke« be- zeichnet haben. — Mostar liegt zwischen dem Podvelez und Hum eingeengt und muß diesen Engpaß jedermann, der vom Meere ins Land oder umgekehrt gelangen will, passieren, denn es gibt weder für den Kaufmann mit den Tragtieren, noch für den Eroberer einen anderen gebahnten Weg. An diesem Defile zum Meere entstand auch natürlichermaßen eine Ansiedlung und wurden die Bewohner bei der vom Meere bis Konjica einzigen Brücke über die Narenta als iiMostarji« (= Ansiedler an der Brücke) benannt, woselbst sich aber behufs Verwehrung des Uferwechsels Verteidigungsobjekte befanden, denn die beiden heute noch vorhandenen Brückenvertei- digungstürme sind eben nichts weiter als ein Brückenkopf alten Systems.
Zenjak, Dzenjak, Senarka, Senjak, Senica, Sienica u. ä. be- zeichnen alle einen technisch mehr oder weniger vorbereiteten Kampfplatz, und hat im Kroatischen «dzeniak« noch heute diese Bedeutung. Die deutsche Namensform lautet heute äußerlich meist als : S c h ö n n i a k, S c h ö n n e g g, S c h ö n s e e. — Es ist auf- fallend, daß i. J. 1878 bei der Okkupation von Bosnien und der Her- zegowina sofort alle Ortschaften namens: Zenica, Senica, S j e n i c a militärisch besetzt wurden, da sie jedenfalls durch ihre Lage einen erhöhten taktischen Wert aufwiesen. ^ Auf dem )(2enjaki( (Hügel in Untersteiermark) wurden im Jahre 1811 die berühmten 26 Negauer Bronzehelme ausgegraben, von denen zwei «etruskische» Inschriften tragen. — Die Etymologie zeigt nun, daß hier auf dem 317 m hohen Berge einst eine Verteidigungsstellung war, und daß es hier Kämpfe gab, ersieht man eben daraus, weil die Gefallenen samt ihrer Rüstung am Kampfplatze bestattet wurden. Eine weitere Bestätigung, daß es sich hier um verteidigungstech- nische Vorsorgen handelt, ersieht man auch daraus, daß man vor dem 17. Jahrhunderte diese Gegend noch in den Urbarien als «an
der Voyt« verzeichnet findet und verstehen die Slovenen unter MVOid)i den Dorfältesten, den Führer des «voj«. d. i, des Kampfes, der Verteidigung, woraus das deutsche «Vogt« hervor- ging. «An der voyt« bedeutet sonach den Kampfplatz, a u f oder a n dem auch der Leiter der Verteidigung, der Qemeindeälteste, wohnte.
Der Hoheitsname war «zen. zenin, zenih«, welches noch seine Spuren in «gens, Qendarme, Genie« zurückgelassen hat und im Deutschen heute den häufigen Famieliennamen «Schön« bildet, denn «zenem« heißt im Slovenischen auch heute: führen. — Aus «2en- jak« wurde oft ein «Schönacker», was wieder zur Rückübersetzung «Lepa njiva« (= schöner Acker) führte.
Ortschaften dieses Namens sind wohl durchwegs gute Über- sicht gewährende Punkte, wie z. B. die Burg Schenna (Tirol), Schön- stein (Steiermark) u. ä.
Lcpa. Loba, Lobau, Lobnitz. Lobenstein, Lobenwein, Leoben, Lecpo'dsau, Leopoldskirchen, Lupa, Ljubno, Ljubecno, Ljubinje, Ljubuski, Lublin, Lübbenau u. a. sind vorbereitete Kampfplätze, meist mit einer Wachhütte versehen. Das Grundwort ist lopati. lupati (= schlagen, prügeln); die Begriffe für die Kämpfenden auf solchen Punkten waren «lopez, lupez. lopov«. welche aber heute nur mehr im schlechten Sinne d. i. für Räuber und Wege- lagerer gebraucht werden. "Lopa« bezeichnet überdies nicht nur den Verteidigungsplatz selbst, sondern auch das daselbst befindliche W a c h h a u s (deutsch : Laube), welches ursprünglich wohl eine pri- mitive, auf einer Seite der leichteren Beobachtung wegen offen gelassene Hütte war. aus der sich aber mit der Zeit auch Burgen, Kapel'en, Kirchen, ja Festungen entwickelten.
Der hl. Leopold führt gewiß nicht ganz i-nbegründet eine Kirche als Attribut, und ist z. B. der Leopoldsberg bei Wien tatsäch- lich ein uralter Bcobachtungs- und Verteidigungspunkt, der ja auch i. J. 1683 bei der Türkenbelagerung eine besondere Rolle spielte, denn dies bestätigen auch die von der Leogesellschaft veranstal- teten Ausgrabungen. Man hat auf dem Verbindungsrücken zwischen dem Leopoldsberg und Kahlenberg die Reste einer «kelti- schen« Ansiedlung gefunden. Durch Schlackenfunde ver- anlaßt, wurden die Nachforschungen daselbst fortgesetzt, welche etwa 25 Bronze- und Eisenstücke von Werkzeugbestandteilen, fer-
iicr ein 20 cn\ langes, vierkantiges Stilet mit Hirschliorngrl'f, dann Bronzeknöpfe und eine silberne keltische Münze mit Vergoldungs- spuren, einen lorbeerbekränzten Manneskopf darstellend, zu Tage förderten. Weiters fand man Hüttenanwurf mit dem Abdrucke von Flcchtwerk. Alle Gegenstände lagen nur etwa einen halben Meter tief unter der schwarzgefärbten Erdoberfläche. An der Fundstätte lagen auch Knochen und Zähne von Tieren, dann Bruchstücke von sehr hart und gut gebrannten, bereits auf der Drehscheibe ver- fertigten Tongefäßen; überdies wurden mehrere Bronzeringe aus- gegraben, die als Halsschmuckringe angesehen werden. — Die Zeit, welcher diese Funde angehören, kann mit Sicherheit nicht angege- ben werden, aber alle Anzeichen sprechen dafür, daß man es eben mit Überresten einer ukeltischen» Ansiedlung zu tun habe.
Strat, Straden, Stradonitz, Stradov, Stradom, Stradomka, Stra- dioten, Strath, Stratdorf, Stratos u. ä. sind Namen für bewachte und verteidigungsfähig hergerichtete Terrain- punk t c. — Das Grundwort ist «strad« (oder «strat«). Die Russen nannten «strad» — den Kampfplatz, «stradalec« — den Kämpfer; heute versteht man darunter nur mehr den Hungernden, den an Entbehrungen Gewohnten, womit sich schließlich ruch der Be- griff Soldat deckt. Am vollständigsten hat dieses Grundwort im Griechischen Wurzel gefasst, denn : Strategie, arQattyfj^ia, (Kriegs- list). (TTgareyng (Feldherr) u. s. w . sind für uns nur mehr rein- griechische Begriffe. Die vielen topischen Namen in Nordeurcpa zeigen aber, daß das Wurzelwort nicht altgriechischen, sondern slavischen Ursprungs sein muß.*) — «Stradone« (im dalmatinischen
~) Die Kritik hat mir den Vorwurf gemacht, daß ich altgriecliische Begriffe im Slavischen nicht als Gräzismen anerkannt habe. Nun fällt aber die Sache, ob die Slaven von den Griechen Wörter genommen haben oder umgekehrt, zu Ungunsten der Griechen aus, und führe ich außer der Tat- sache, daß sich im heutigen Griechenland viele Ortschaften zweifellos slavischen Namens vorfinden, und den sonst zerstreut im Buche vorkom- menden Bedenken für die gegenteilige Ansicht noch folgendes an, was uns Plinius (Hist. nat.) erzählt: Das Schuhmachen habe Boöthius erfunden; wer denkt dabei nicht an «bot« (böhmisch und französisch: Stiefel), bucar, obucar (kroat. Schuhmacher); die Wahrsagung stamme von einem ge- wissen )<Car»; dem Slaven ist aber «car« — Zauberei, carnik = Zauberer; die Töpferei habe Choröbus erfunden; dem Slaven ist «crep» = Topf; das Ptliigen mit Ochsen begann Buzyges; dem Bosnier ist «busak, busak» =
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Küstengebiete) erinnert an die militärischen Sieherungspunkte, an den «Strand«, daher auch der Qrenzgürtel mit »Strand «-hatte rien versehen wird.
Rat. Dieses Grundwort kennzeichnet im Altslavischcn, wie auch heute noch im Russischen n. Südslavischen: Krieg, Kampf, Streit; «ratnikii ist der Kämpfer, Krieger; «ratisce» — der Kampfplatz. Günstige Kampfplätze waren naturgemäß zunächst die Höhenkuppen, die meist durch Zusammensetzungen, wie: O s t r i rat, Dugi rat, Goli rat, Stonski rat u. ä. näher gekenn- zeichnet wurden. — Topische Namen dieser Genesis sind überaus zahlreich; es seien daher hier nur einige typische erwähnt, wie: Rath, Rathen, Rattenberg, Ratzenberg, Ratit, Rat- hausberg, Radno (deutsch «Rückenstein«), R a d e 1 s t e i n, Radgona, Radomirje, Racice, Rataj u. a. — Ein etymo- logisch zweifelhafter Name ist jener des Dorfes «Kranichsfeld« auf dem Pettauer Felde, der im Slovenischen «Race« (richtiger «Racje«) lautet und sonach einen vorbereiteten Kampfplatz be- zeichnen muß. Dies trifft aber auch in vollem Maße zu, denn das heutige umfangreiche Schloß ist noch immer von einem tiefbreiten Graben umgeben, der nötigenfalls durch Ablassung der höher lie- genden Teiche sofort mit Wasser gefüllt werden konnte; hieher zogen sich also die Umwohner zurück, wenn ernste Gefahr drohte und die inferioren Verteidigungspunkte bereits preisgegeben werden mußten.
In vielen Fällen wurde das «a« der Stammsilbe zu «ä« und «e« (analog wie «gradec« zu «Grätz«, «granica«, zu «Gränze, Grenze« wurde).
Der Hoheitsname ist: Rat, slav. rada, radni (der die Ver- teidigung Leitende, der Ratgeber, jetzt: Gemeinderat). — In Form
Ochs; der Kampf mit Knütteln hieß bei den Griechen »phalangaH; der slovenische Bauernbursche rächt eine derbe Verbaiiniurie noch immer mit der «plankax (= Zaunpfahl) u. a. Die landläufige .Ansicht, dies seien ein- fache Zufälligkeiten, wird aber doch durch die Masse der Beispiele allmählig erschüttert. So weiß der Grieche für »Salamis« keine naturgemäße sprach- liche Deutung; hingegen gebraucht der Russe »salma« für: schmale Meer- enge, Bucht; «salmas« ist ihm der Hirtenälteste, also der primitive Hoheits- name, wie er sich weiter in den Personennamen: Sahn, Salomon, Solman (Soliman), Salmanassar u. ä. erhalten iiat.
und Bedeutung verwandt mit «rat« (= Kampf) ist das deutsche «Radau IC (= Streit).
Der Erbauer der Habsburg, Oraf K a t b o d, («Bischof Werner gab das Geld, Graf Ratbod hat sie hingestellt«) war sonach etymo- logisch einst lediglich der Funktionsname des Verteidigungskom- niandanten, des Kampfleiters («rat« und «vod«) daselbst, und heißt der Hauptturm jener Burg auch der «Rattod-Turm«, d. h. dort hielt sich der jeweilige Kommandant auf.
Spas, Kommt am Balkan wie in Galizien oftmals vor und deu- tet einen Sicherungspunkt an, denn «spas«, «spasiti« heißt im Südslavischen : Rettung, retten, sich in Gewahrsam bringen. — Eine solche Höhe befindet sich z. B. nordwestlich Bosnisch- Kostajnica. einer Gegend, die überaus zahlreiche Siche- rungspunktc, namentlich mehrere Karaula's aufweist. —
Boj, Voj. Unter dieser Bezeichnung versteht der Slave Zug, Korps, Heer; «vojna, vojska« — Krieg, Militär; «vojak, vojin« = Soldat, Kämpfer; «bojisce, bojiste» = Kampf- platz, Verteidigungsplatz; «vodej, vodnik, voditi« = Führer, führen; «vojvod« = der Führer größerer Ab- teilungen, und führte dieses zum Begriffe «veliki vojvod« (= Großwoiwode), wenn er Oberfeldherr war, d. h. mehrere Ver- teidigungsbezirke unter seinem Kommando vereinigte, daher auch die Titulatur «Großwoiwodschaft« einigen Provinzen (z. B. Serbien, Siebenbürgen) zukam.
Jene Punkte, welche als Kampfplätze in voraus in Aus- sicht genommen waren, führten auch diese charakterisierende Na- men, wie : Bojan, Bojanovice, Bojanowitz, Bojanowo, Boitzenburg, Bojiste, Bojar y, Bojenice, Bojöwka, V o j k o V, V o 3 n o, V o j s k o V o j n i k. V o j s } a v i c e, W o j t e- schitz, Wojtitz u. ä. — Derselben Entstehung sind nun auch die alten Namen: Boji, Bojuvari (bei welchem schon «boj« und Kvar« zusammengeschmolzen erscheint), womit auch die Etymolo- gie dieses Volksnamens näher beleuchtet erscheint. Überdies ge- hören hieher: «bojar« = der Kämpfer, der Adelige, der Führer im Kampfe, und «vojvod« in der Bedeutung : Heer- führer, Herzog. — Daß es einst Herzogswahlen gab, bei welchen noch ein Bauer gewählt wurde, wissen wir von Unrest.
einem kärntnischen Geschichtsschreiber, welcher erzählt, daß es in Kärnten um 820, d. i. nach dem Einfalle der «Hewn« {= Hunnen) keinen Herrn und keinen Herzog gab. Und nun \vählte das Volk «und nanien für ainen gemamen man von paurn geschlac'it. den machten sy zum herrn und hertzoge im Land Quarantano«. — Die Hauptfunktion desselben war sonach offenkundig die Leitung der Landesverteidigung, damit ein einheitlicher Vorgang gewährleistet sei. also durchaus kein pflichtenloser Ehrentitel!
Bod, Vod. — Alle Ortsnamen der Form: Bode. Bodenbach. Bodensee, Bodisch. Böding (vodnik), Voda, Woditz. Voderad. Wod- iia, Vodice. Wödling u. ä. zeigen, daß an dieser Stelle die Ortsver- teidigung einem Führer oblag, der als «vod, vodnik, vodej" be- nannt wurde. — Während dies bis heute im Slavischen dieselbe Bedeutung beibehielt, bildete sich im Deutschen daraus der Name für die höchste «urgermanische« Gottheit, den «Wodk, Wode. Wo- den, Wodan, Wuotan. Othin«. — Daß dieser Name aus dem Slavi- schen hervorgegangen ist. ersieht man nicht nur daraus, daß die alten slavischen Pommern. Slovinzen u. a. auch eine Gottheit dieses Namens hatten, sondern ist der Umstand besonders bemerkenswert, daß die alten Bücher ja die Funktion des Wodan als Führer, B e- fehlshaber noch ausdrücklich anführen. Masch («Die gottes- dienstlichen Altertümer der Obotritten«. Berlin 1771) sagt p. 64: «Der Name «Woda« ist ein altes scythisches Wort, und heißt so viel als ein Anführer, sonderlich im Kriege oder bei einer Versammlung einer Menge Volkes. Dieser Name, der eigentlich ein A m t s n a m e ist. ist so allgemein geworden, daß wie sich dieser An- führer den Namen Othin gegeben, der Name W o d a in Meklen- burg geblieben, und ihm nach seiner Vergötterung beigelegt wor- den«. — Diese Ans'cht ist noch natürlich, und entspricht auch sach- lich der etymologischen Entv icklung. — Im Deutschen schrieb man diesen Begriff im 18. Jahrhunderte oft als «Waidu« oder «Waidawut«. kannte aber noch die richtige Etymologie, denn Hartknoch (um 1750) fügt hinzu : dieser Götze war ein Gott des Krieges, welcher durch seine kluge Führung den Sieg \- e r- sch äfft«.
Dieser Hoheitsname scheint übrigens sehr \erbreitet gewesen zu sein, denn z. B. die ChlapanezI auf Yukatan nennen ihren Stamm- \"ater auch «Wodan».
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Nem, Nim. — Diesen beiden Begriffen liegt die Kennzeichnung von Verteidigungspunkten zur Grundlage, doch ist das Wurzelwort »neniK nur mehr im «Keltischen» als: eingefriedeter Platz nachweisbar; die «Keltenn nannten überdies jene Gebäude, die mit eichenen Palisaden inngeben waren: nemet; desgleichen hat das lateinische «nemus» die Bedeutung von: Hain, Einfriedung. — Hin- gegen deuten topische Namen zahlreich darauf hin. daß einen solchen Namen nur jene Lokalitäten führten, die auch einen verteidgungs- fähig hergerichteten Punkt besaßen. So war N e m i (im Albanerge- birge nächst Rom) ein altes Kastell auf einem Felsvorsprunge; Ne- man s u s (jetzt N i m e s) war der befestigte Hauptort der keltischen «Volcae«; Nim bürg hat alte Wälle und Festungstore; N i m- wegen war eine alte Festung der Bataver; Nemours (lat. N e- m u s) ist ein altes Schloß in Frankreich; so lautet auch eine alge- rische Stadt, die lange den Korsaren als Zufluchtsort diente. Die meisten (Jrte Ungarns, welche uNemet« lauten oder deren Namen dieses Attribut führt, besitzen meist noch heute Kastelle. Ansonsten finden sich folgende Ortsnamen sehr häufig: Nemiz. Nemanice, Ncm- cice, Nemetitz, Nemschen, Nemojan. Nemska Vas, Niemcy, Niem- tschau, Niemica, Niemen u. ä. — Als ethnographischer Name ist iiNemeti" bekannt für einen gallischen Volksstamm; überdies be- zeichnen die Slaven wie Magyaren den Deutschen als: Nemec. Ne- met. — Unter «nem, nemec, nemcik u. ä. verstand der Slave einst den Feind, den Gegner ohne Rücksicht auf die Nation oder Sprache, und bezeugt dies nicht nur der alte italienische Begriff »nemici«, sondern auch das lateinische »inimicus» und das franzö- sische «ennemi«, worunter man den Feind im allgemeinen zu verstehen hat, sondern es läßt sich derselbe Schluß auch aus ein- zelnen Stellen der Königinhofer Handschrift ziehen, wo es z. B. heißt: xVezdy nam süsiede niemci« — d. h. immer sind uns die Nachbarn feindlich gesinnt, denn die Deutschen können damit nicht direkte gemeint sein, da die Cechen wie die Mährer doch zum mindesten längs der langen Ortsgrenze wie auch gegen Norden und Süden wieder Slaven zu Nachbarn hatten.*) Auch der Russe verstand früher unter «NjemecK lediglich den Fremden,
*) -Aus dem ganzen Zusammenhange dieses Teiles der Handschrift geht klar hervor, daß Hniemci« hier nur im allgemeinen Sinne als »Feinde« aufzufa.ssen ist, denn wojite der Dichter speziell feindlich gesinnte Nachbarn
den Ausländer, den N i c h t r u s s e n. Ebenso dürfte das la- teinische xnemoK (= kein Mensch) einst jenen beigelegt worden sein, die man als:keinervonunsererArtoderSprache. kein Freund — kennzeichnen wollte ; von gleichem Werte ist überdies auch das griechische «Nemesis«, das jedoch schon den Homeriden nur mehr als Abstraktion derRachefürerlittene Unbill, als das feindliche Schicksal angesehen wurde.
Als Hoheitsbegriffe kennen wir: Nimrod und Neman ja. Ersterer galt als ein uralter Machthaber, der sich besonders durch Bau befestigter Städte, wie: Ninive, Resen, Kalach hervortat, und werden überhaupt alle großen Ruinen Mesopotamiens als von ihm aufgeführte Bauten bezeichnet. «Nimrod«. auch «Nimrud« war so- nach nur ein Gattungsbegriff für den H er r s c h e r, wie dies auch bei «Nemanja« oder «Nemanic«*) der Fall ist, denn so hießen die ältesten Fürsten Serbiens. —
Taras. Im Südslavischen bezeichnet «taras« einen E r d w a 1 1, ein Bollwerk, eine Bastei, und bildet eine solche daher eine T e r a s s e. Das russische «tarasa« ist ein P f a h 1 w e r k. — Tara ist ein Grenzfluß; Taras. Tarasp. Tarancon. Tarascon. T a r a z o n a, T a r d e s, T a r a n t o u. ä. sind Städte. Kastelle, Aus- sichtstürme u. drgl.
Kopanina. Ist ein sehr häufiger Name für A u f w ü r f e zu Ver- teidigungszwecken (kopati = graben, aufwerfen). In manchen Ge- genden, z B. an der Strecke Teschen — Friedeck. hat fast jede Höhe einen schanzenartigen Aufwurf.
Lombardei. Gegenden, welche durch Bewässerungsanlagen fruchtbar gemacht werden, nennt man auf dem Balkan «lumbarda« : «lumbati« bedeutet sonach: Gräben ziehen. Schutzdämme machen. Diese technischen Arbeiten hatten aber einst vor allem einen militäri- schen Zweck, denn sie dienten zur Deckung im Kampfe sowie zir Erschwerung der Annäherung des Gegners, denn «lumbardati« heißt im Südslavischen zugleich :beschießen, aus einerDeckung schießen; «lumbarda« ist : schweres Geschütz, also so'.-
hervorheben, so hätte er bezügliche Voiksnamen angeführt. Überdies hätte sich Hanka als Fälscher wohl sicher verleiten lassen den Begriff »niemci», der immer mit kleinem .Anfangsbuchstaben dargestellt erscheint, groß zu schreiben, umsomehr als Hanka selbst xniemciK als xDeutscheK übersetzte. '') »Nemanic« wurde in der deutschen Übersetzung zu KHabenichts« (z. B. Walter von Habenichts), was nach der heutigen Sprachauffassung wohl zutreffend, aber sprachhistorisch doch unrichtig ist. —
ches in Festungen und Forts. — In Gebieten, welche über wenig Übersichtspunkte verfügen und wo das Steinmaterial zu Schutzbau- ten mangelt, wie eben z. B. in der Lombardei, behalf man sich bei der Verteidigung durch Anlage von Gräben, deren Material dann zu Schutzdeckungen verwertet wurde.
Hausberg, Unter diesem Namen versteht man allgemein prä- historische, heidnischer Gottesverehrung gewidmete Stätten, weiche zu diesem Zwecke ein Haus oder eine Burg gehabt haben sollen, und wurden bei Nachgrabungen tatsächlich vielfach Scherben von Freihandgefäßen, Bronzegegenstände und allerlei sonstige Kultur- belege gefunden. Im allgemeinen waren aber die «Hausberge« nur vorbereitete Alarm- und Kampfplätze der einzelnen Ansiedlungen; die bezüglichen Höhen wurden zu diesem Zwecke entsprechend her- gerichtet und namentlich mit Erdwällen und Gräben versehen, sowie oft steil abgeböscht.
Der Name nHauS" hat aber hier mit einem Wohn bau we- niger zu schaffen, sondern das Wurzelwort ist «kavs« (spr. xkaus«), wie es noch der Slovene in der Bedeutung Rauferei, Kampf gebraucht, denn die Redensart: danes gremo na kavs (— wir gehen heute auf den Kampfplatz, d. h. heute ist angesagte Rauferei) hat sich noch vollgültig erhalten.
Der Kommandant einer solchen Zufluchtsstätte einer Gemeinde hieß mm: Kavc, Kautz, Kavcic, Kaucic, Kavas (türk. Schutzsoldat), Kavaler (Ritter, auch Erdwerk, kleine Bastion), Kafka u. ä. — Solche Punkte heißen oft auch «Galgenberg« und befinden sich mitunter bei ganz inferioren Ortschaften, wo es nie eine höhere Gerichtsbarkeit gegeben haben mag, die aber immer zugleich die günstigste Vertei- digungslokalität bildeten, denn «Oalgen« ist augenscheinlich nur eine Verstümmelung von «kavke, kauke«, wie der Slovene noch heute den Galgen nennt; hingegen ist es wahrscheinlich, daß man den Alarmplatz gelegentlich auch zugleich als Richtstätte benützte.
Die vielen Ortsnamen, wie : Haus, Hausbach, Hauslei- ten, Hautzenberg, Hautzendorf, Hausmoos, Kaut- z e n, K a u t h, K a u k a, K a v c e, K a v a c, K a v c i c e u. a. sind dieses Ursprungs. Hieher gehören auch der Gebirgsname Kaukaz (Kavkaz), sowie der alte Volksname »Cauci« des Tacitus, bezeich- net sonach Gegenden, in denen sich die Bewohner auf »kauke, kavke» bei feindlichen Bedrohungen verteidigten.
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Die Summe aller hier erklärten Begriffe gibt nun das Schluß- urteil, daß die Namen sämtlicher dieser Sicherungsvorsorgen und Verteidigungspunkte, also der Schlösser, Burgen, Türme. Wälle. Schanzen u. drgl., sowie der Kommandanten über diese, — des Adels im patriarchalischen Sinne — , etymologisch als s 1 a v^ i s c h — in moderner Auffassung — erscheinen, somit alle samt und sonders einer Zeit entstammen, die vor dem römischen und germa- nischen Kinflusse liegt, denn die Nomenklaturen dieser Richtung weisen gar keine fremdsprachige Störung auf, und haben die Deut- schen, die doch so manche Benennung umwarfen, in dieser Hinsicht alles nahezu unverändert übernommen, weil sie die Bedeutung nicht mehr erfaßten, die Spuren oft nicht mehr vorfanden, oder richtiger, seinerzeit noch kein Bedürfnis zur Änderung empfanden.
Es wird allenthalben auch unnatürlich erscheinen, wie so es möglich ist. daß es überall so zahlreiche Benennungen für die ein- stige Landesverteidigung in der Natur gibt, und trotzdem ist dies sehr naheliegend. Es ist hiemit der Beweis erbracht, daß einst schon jedes Dorf für sich sorgte, damit es nicht überfallen werde; daß aber jeder Marktflecken und namentlich jede Stadt noch im Mittela'tcr befestigt war. das wissen wir doch aus den Ortschroni- ken. Erst die Bildung größerer Länderkomplexe zu Staaten, sowie die Einführung stehender Heere machte die Sicherheitsvorsorgen im Inneren überflüssiger. — bis etwa auf das Zentrum des Staates, die Metropole — . dafür wurden aber an der Peripherie des Landes umso stärkere feste Plätze angelegt. — Allerdings dürfen wir nicht annehmen, daß in der prähistorischen Zeit der gesamte Siehe rungsdienst in Permanenz war, sondern daß eben alle wichtigen Punkte bereits sprachlich- militärisch vorbestimmt waren, die gegebenenfalls zu beobach- ten oder zu besetzen sind, welche Familie, welches Dorf diese oder jene Partie in Obhut erhält; ansonst wurde die Besetzung erst ad hoc durchgeführt, wenn einmal Alarmnachrichten kamen. Daß vor- bereitete feste Punkte trotzdem oft überfallen, durch Verrat oder List genommen wurden, zeigt eben, daß in einem Falle dieser Dienst sehr gewissenhaft, in einem anderen aber auch äußerst nachlässig betrieben wurde.
Wer einige militärische Kenntnisse besitzt, wird sich sagen müssen, daß dies ja auch heute nicht wesentlich anders ist. Wird ein
Gebiet niilitärisch besetzt, so läßt man die Umgebung durch vorge- schobene Posten, durch Feldwachen, mobile oder stehende Patrouil- len beobachten, um rechtzeitig über die Anmarschrichtung des Geg- ners unterrichtet zu sein und darnach die Dispositionen treffen zu können. Genau dasselbe zeigt aber auch hier die Topoomie an, und würde ein moderner Verteidiger daran kaum etwas Wesentliches ändern. — Überdies hat heute auch jede Garnison in der ständigen Stationswache eine Vorsorge mit gleicher Aufgabe, wie in prähi- storischer Zeit, denn auch diese beobachtet und bewacht die Um- gebung, alarmiert die Besatzung und verteidigt den Posten, bis die Unterstützung kommt, sei dies nun ein offener Platz oder eine Fe- stung ; es wacht daher kontinuierlich mindestens eine P e r so n.
Auf diese Art werden auch manche Namen, wie sie z. B. Cae- sar und Tacitus anführen, verständlicher und wissen wir nun, was wir unter : Brannovici, Morini, Limnones, Nemeti, Va- rini. Fenni, Veneti, Triboci, Treviri, Bellovaci u. a. etymologisch zu verstehen haben. Überdies erzählen uns aber auch beide in mehr oder weniger ausführlicher Weise, wie ausgeprägt der technische Sinn für die Landesverteidigung bei den erwähnten Völ- kerschaften war, und beweist dies nur wieder, wie berechtigt es ist, die allgemeine Genesis der topischen Namen dieser Tendenz zu- zuschreiben.
Die Studien ergaben überdies das Resultat, daß diese auf Auto- psie und Nachgrabungen begründete topographische Etymologie auch heute in militärischer (zum Teile auch touristischer) Hinsicht, namentlich in unbewohnten Gegenden, wie im Hochgebirge oder besonders im Karstgebiete, ganz willkommene Angaben bie- ten kann, vorausgesetzt, daß man eine Militärkarte besitzt. Liest man diese, so möchte man oft gerne wissen, wie es an einem er- wünschten Punkte in Bezug auf Hilfsquellen und taktische Verhält- nisse aussehen mag und gibt in vielen Fällen schon der Name jener Gegend eine reelle Andeutung. — So ist es dem Kommandanten eines Nachrichtendetachements im Karstgebiete sehr wissenswert, ob er an einem zu passierenden Punkte z. B. Futter für Pferde und Tragtiere finden werde, ob genügend Wasser vorhanden sei u. drgl. — Liest er in der Karte z. B. «Pasina livada«, so sagt ihm der Name, daß es dort eine fette Weide gibt; überdies ist daselbst
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Baumwiichs; die Sttlle muß konstantes Wasser haben, denn «livadaii deutet auf eine bewässerte Weide. Weist die Karte eine nlokva« (= hervortretendes Grundwasser) auf, so kann man ausnahmslos überzeugt sein, daß man dort Wasser, wenn auch kein hygienisch zum Trinken geeignetes, finden wird. — Wer eine Höhe naniens: Straza, Straznica, Pandurica, Grmada, Pogledak, Oglej, Ogladnica, Ogrodzon, Grad, Gradina, Straßburg. Straßberg, Tabor, Vesely. Kljuc, Brana und drgl. zu besetzen oder anzugreifen hat, kann in voraus überzeugt sein, daß dies ein Punkt ist, welcher nicht nur sehr gute Übersicht bietet, sondern der auch schwer einzu- nehmen ist. denn die Naturvölker suchten sich für ihre Sicherheit die günstigsten Beobachtungs- und Verteidigungspunkte aus, und wir können mit absolut er Bestimmtheit solche Punkte als die taktisch wichtigsten in einem ge- wissenUmkreiseansehen, dennunsereälteste Ge- schichte ist einmal ausschließlich Kriegsge- schichte, daher folgerichtig unsere älteste Ter- rain-Nomenklatur nur solche kriegstechnischen Ursprungs sein kann.
Kenntnise dieser Art können im Ernstfalle immerhin einen mo- mentanen taktischen Vorteil bieten und ist z. B. für die Balkanländer, wo die topographischen Begriffe noch sprachlich rein erhalten sind, hiezu nicht mehr als die Bedeutung von etwa hundert einschlägigen Begriffen wissenswert und einige Kenntnis des Karstcharakters: auf Basis der dargebotenen Etymologien kann aber dieser Vorteil nun fast auf ganz Europa ausgedehnt werden. —
Man kann daher eine Karte, welche auch nichts weiter als die Orts-, Gegend- oder Riednamen enthält, namentlich in Bezug auf die militär-t aktische Bewertung ziemlich sicher lesen, ohne das Terrain zu kennen; allerdings gehören sprachwissenschaftliche Vor- kenntnisse dazu, die dermalen noch vollkommen fehlen.*)
*) Meinen Kameraden von der Truppe kann ich eröffnen, daß mir diese Kenntnisse wiederholt. — allerdings mangels ernster Gelegenheit nur bei Friedensiibungen — , sehr zu statten kamen, denn sie üben eine sehr verläßliche und reelle Suggestion auf die taktischen Maßnahmen aus und verleihen eine erhöhte Sicherheit beim Auftreten in einer völlig frem- den Gegend. Ich hatte selbst wiederholt praktische Gelegenheit nach-
Beilade zur TexUeile 20^.
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K.u.k. militär-geographisches Institut.
VervielfäiufiiniS vorbelialien
Die Naturvölker haben sonach ihren für die Sicherung und Verteidigung gewählten Plätzen je nach Art der Ver%vertungs- eignung immer auch das sprachliche Stigma aufgedrückt. Die topo- nomische Sprache verheimlicht uns daher nichts und weshalb sollen w ir nun nicht jenes, was den Einheimischen zweckdienlich ist, auch für uns verw'erten, nachdem wir einmal hinter ihre offenen Geheim- nisse gekommen sind!*)
Als demonstratives und beweiskräftigstes Mittel für diese I3e- hauptungcn diene die am Schluße eingefügte Karte eines Teiles des Waaggebietes in der Siovakei, welche zeigt, wie zahlreich die Na- men für Beobachtungs- und Verteidig ungs punkte sind und wie sich diese gerade an den natürlichen Grenzen häufen, denn da folgen die bereits etymologisch bekannten Namen, wie: Straz, Straznica, Bor. Vidin, Tabor, Breznica. Vah, Tur u. ä. in konstanter, wenn auch unregelmäßiger Folge. Doch so ist es überall, nur lassen sich alle hier ersichtlichen topischen Namen in Bezug auf ihre Etymologie, wenn sie auch subjektiv bereits ge- klärt scheinen, aus Gründen der noch nötigen Verbreiterung der Nachprüfung dermalen noch nicht in bestinunter Weise aussprechen.
In diesem Sinne kann aber nun jeder Interessent auch weiteren, entlegeneren Bew eisen nachgehen und namentlich jene Gebiete ety- mologisch überprüfen, deren Lage und Physiognomie er genau kennt.
zuweisen, daß die Naturtaktik der rein papierenen immer weit voraus ist, und beweisen dies auch alle Kriege der Qroßstaaten gegen kleine Natur- völker, denn letztere unterliegen nie der gegnerischen Kriegskunst, s 1 1 n d c r n schlimmstenfalls nur der 0 b e r- ni acht.
*) Als vor Jahren eine neue Festung angelegt wurde, erforderten die Kalkulationen, wo die Forts anzulegen seien, begreiflicherweise eine ge- raume Zeit, bis das Schlußwort gesprochen werden konnte; aber siehe da; alle für die Anlage von Werken endgültig bestimmten Höhepunkte führen liereits seit altcrsher verteidigungstechnische Namen, deren Lage noch den heuligen Distanzen imd den modernen .Ansprüchen zusagt, was jedoch nie- mand beachtete und auch nicht beachtet hätte, wenn man die Bedeutung der topischen Namen auch erkannt hätte, weil man die Naturtaktik unserer Altvorderen stets für inferior anzusehen gewohnt ist. Erwähnenswert ist aber noch der Umstand, daß ein solcher durch den Namen prädestinierter Punkt ursprimglich unberücksichtigt blieb; doch später zeigte es sich, daß es vorteilhaft wäre auch diesen in den Festungsgürtel einzubeziehen, was auch nachträglich durchgeführt wurde
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So wird der Nachforschende in der nördhchsten Provinz Dänemarks viele gleiche Namen wie in der beigeschlossenen Karte finden und dabei erfahren, daß auch dort die namengebenden Bedingungen die gleichen sind. Das Gebiet heißt z. B. Vendsyssel (ven); dasselbe ist vom übrigen Festlande durch den L i m-Fjord getrennt; dort sind auch: Grenen (gran, das nördlichste Kap). Vors Aa und Borgum (bor), Vaar (var), Lökken (loka, Uferort). Mose, Mosbierg (moz. breg). Brönderslev (bron. bran). Veslös (ves) u. a. m.
Widmet man z B. den topischen Namen der Insel Korfu. wie diese von Thukydides, Xenophon und Diodoros angegeben werden, einige Beachtung, so gelangt man abermals zu gleichem Resultate, wie folgende Beispiele bezeugen. xAkraja« (= okraj) mit einer Stein- säule, \\ eiche zugleich den Grenzstein des Hera-Heiligtums bil- dete; Garitsa, Gasturi. Hrais, Kardak (= Cardak; Tem- pel mit Quelle), K y 1 1 e n e (Berg mit «kula^s«), Leukas (= loka, luka), Wese, Pylos, Pylides (Hafen und Berg), Venitsa. Vido u. s. w. — Ebenso finden sich an der Nordküste Afrikas, auf Cypern, im einsti- gen Phönizien wie auch in Kleinasien eine Menge topischer Namen vor, deren Ftymologie uns bereits aus europäischen Analogien be- kannt ist. Nun liegt die Vermutung nahe, daß durch unbeabsichtigte, daher ganz zufällige Laut- und Silbenkombinationen ja auch solche Begriffe Zustandekommen müssen; dies ist gewiß zutreffend, aber es handelt sich nun in der Hauptsache darum, was denn solche «Zu- fälligkeitsbegriffex gegenständlich bezeichnen: doch da stellt es s'ch heraus, daß sie auch hier gleichen Terrainobjekten beigelegt sind, wie in Europa. — H. A. Hamaker hat in seinen Werke KMiscellanea Phoenicia« (Leyden 1828) wohl alle Namen jener Gegend als phö- n i z i s c h erklärt, d. h. semitisch ausgelegt; aber die beigefügte Kennzeichnung der Lokalität hat sachlich ihre volle Berechtigung nach unserem Sinne; z. B. : C i rn a («mons Zeugitanae, cornu, Vertex montisiO ist ein Grenzberg; (vergl. «cir, cerna); Cote, Cotta, Cotte (Kextremum Africae occidentalis Promontorium«) ist auch eine E c k e, G r e n z e; als wichtiger Punkt — Kote — auch in der Kartographie bekannt (vergl. «chod, koU); Babba (xporta, mons angustus«), also eine schmale, leicht absperrbare Stelle (vergl. xbaba«); Maxala, Maxula, Mascula war eine befe- stigte numidische Stadt (vergl. «mahalax); der gleiche Name kommt aber in Untersteiermark als «Makole« (deutsch «Maxan«) in nahezu
gleichen Formen vor und hatte dort hn Vereine mit der Burg Statten- berg das Dranntal abzusperren; Burca war auch eine befestigte numidische Stadt (verg!. »bor. bur»); Misna, Missua (»urbs Zeugitanae, vicina promontorio Mercurii«) war eine Grenzstadt (vergl. iimisii); Pha ra (befestigte Stadt zwischen Uttica und Thap- sus) war sonach ein abgeschlossener Ort, Festung (ver- gleiche xvar, faraic); Rusadir («Promontorium, oppidum et portus Mauretaniaex). R u s a c u s, R u s c i n o n a, R u s c o n i a, R u s c o- n i u m, R u s i c a d e, R u s i c i b a r u. a. ä. sind durchwegs Namen von Vorgebirgen in den eingangs erwähnten Gebieten (vergl. «ros, rus, rog. roz«); Ataburium (mons Tabor); Succabar (und Z u c h a b a) («municipium Mauretaniaex) war eine befestigte Stadt (vergl. «suh« und «var»); Zetha («Promontorium regionis Syrticae») also Grenzgebiet (vergl. «ceta« sowie «cir, sir« be- treffend die Syrte) u. v. a.*) — Desgleichen tragen die ältesten Burganlagen in Amerika Namen, die sich jenen in Europa etymolo- gisch anschmiegen.
Ebenso sind die Behauptungen der Etymologen, daß Ortsna- men, wie: «Gajovci. Markovice. Vidin« u. ä. so lauten, weil sie einst Hauskommunionen — zadruga — waren, denen ein «Gaj. Marko, Vid« u. s. w. vorstand, vollends hinfällig, denn es waren dies ledig- lich Orte, wo ein Z u f 1 u c h t s p u n k t (gaj). G r e n z p u n k t (mar, mark). Übersichtspunkt (vid) diesn Ortsnamen suggerierte. Wer aber die Oberaufsicht darüber hatte, der erhielt darnach seinen F u n k t i o n s n a m e n. denn vorerst war die be- zügliche Lokalität da und dann stellte sich erst das Bedürfnis ein. jemandem die nun sich ergeben- den Pflichten zu ü b e r a n t \\- o r t e n.
Der Funktionsname deckte sich aber in den seltensten Fällen mit dem Personen- oder Familiennamen, und ist es ja heute auch nicht Sitte, die Regierenden etwa mit den Familiennamen zu nennen, sondern es genügt doch vollkommen, wenn man sagt: unser Kai- ser, euer König u. drgl. Diese irrige Ansicht über die Entstehung der Ortsnamen datiert namentlich seit der Schrift des Slavisten Mi-
') Der mecklenburgische Geschichtsschreiber Latomus, der sein Werk i. J. 1610 vollendete, erzählt traditionell, daß einstens auch in Afrika im ägyptischen Heere wendisch gesprochen wurde.
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klosich: «Die Bildung der Ortsnamen aus Personennamen im Slavi- schen« her, denn gerade das Umgekehrte der darin aufge- stellten Behauptungen ist das richtige, und ist der Irrtum leicht be- w lesen, \vie: "Brdjani« sind merkwürdigerweise immer dort, wo es (.in i(brdO)i (= Berg) gibt, anzutreffen; der Berg bildete sich aber doch nicht erst, als die «Brdjani« dort festen Fuß faßten! — «Stu- dencani« sind die Bewohner bei einem «studeneoi (Quelle, Brunnen); soll hier die Quelle erst später entstanden sein, als die «Studencani« schon da Maren. — denn jede Ansiedlung setzt die Erledigung der Wasserfrage voraus: gewiß nicht, denn der Name sagt ja: die Be- wohner bei der Quelle! — Ist eine «zupa« einmal da. dann stellt sich von selbst auch das Bedürfnis ein. einen «zupan« zu wäh- len; so lange eine Gemeinde keine Kirche hat. erhält sie auch kei- nen Pfarrer u. s. w.
Hingegen sind die einst gebräuchlichen Funktionsnamen und Hoheitsbegriffe später zu Vor- und Familiennamen geworden; es ist daher der Ursprung der letzteren, wie dies ja aus den vorausgegan- genen Erklärungen ersichtlich ist. in seiner A\ehrheit ein sehr vor- uehiiier.
Die fortschreitende Ausprägung und Vervollkommnung des Landesverteidigungswesens zeitigte aber auch stufenweise Adels- detcrminationen. deren soziale Gradation stets mit der Größe und Wichtigkeit des Kommandobereiches einherging; war jedoch dij Fi nktion nur eine fiktive, so traten noch w eitere Titel und Prädikate hinzu. Im Prinzipe findet man daher bei jedem Volke, also auch beim primitivsten, eine Art Adel, nur treten die Rangabstufungen luid Standessezessioiien in den produktiveren Gegenden früher und präg- nanter hervor, und haben mehr Beiwerk von Formalitäten, als in den ressourcenarmen, wo die patriarchalischen Sitten keine beson- ders fühlbare Differenz erung aufkonnnen lassen.
Es ist vohl kein Zweifel, daß das Erforschen und die graphi- sche Darstellung des alten Verte'digungsnetzes in jeder Provinz sehr willkommene Resultate ergeben würde, da wir dadurch einen grc- ßen Schritt zur Erkenntnis der ältesten Landesgeschichte nach vor- wärts tun könnten und auf diese Weise über so manches ein Licht
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käme, was jetzt noch als Sage oder Mythe im Umlaufe ist Auch sind noch Behelfe genug vorhanden, denn es bieten hiezu die grie- chischen wie römischen Schriftsteller, das babylonische Tonpris- menarchiv, die alt'ndischen Epen, wie namentlich die Geschichte des Alten Testamentes, worunter besonders die Bücher der Könige, Pa- ralipomenon und das Buch Esdras, ganz hervorragende Beweise; ja letztere erzählen ziffermäßig von jedem israelitischen Könige, welcher um die Festigung seines Reiches einigermaßen besorgt war, wie viel Städte und offene Orte er von neuem befestigt habe, wie viel Türme und Wachhäuser er errichtete oder instandsetzte, wie viel Zisternen er baute u. ä. — Die Römer erbauten zum Schutze Rhätiens von Norden den »limes rhäticus«, einen langen Grenz- wall. der noch jetzt in seinen Spuren besteht: so sagt heute die Geschichte. — Die Etymologie hingegen sowie die Volkserzählung berichtigen aber diese Aussage dahin, daß dies eine Mauer unbe- kannten Ursprungs sei und KTeufelsmauer« genannt wurde. Nun entstand aber dieser Name überall dort, wo sich eine Grenz- mauer befand, und da «certa« — Grenze, «cert« — Teufel. Feind bedeutet, wurde diese s 1 a v i s c h e Form ncertov zid, cer- tov valx zur: T e u f e 1 s m a u e r statt zur: G r c n z m a u e r. Laut der wNotitia Dignatorum«, einer Art römischen Staatskalenders um das Jahr 400 n. Chr. führte der «Herzog von Rhät'en» (dux Rhätiae) ein gemaltes Wappenschild mit 10 rhätischen Kastellen, was also beweist, daß die Wappeneinführung nicht erst im Mittelalter er- folgte. — Die Namen der vielen Wach- und Signaltürme,*) dann der zahlreichen Kastelle und Standlager haben äußerlich wohl die lateinische Form aber die sprachliche Bedeutung ist im Lateinischen unbewertet; es muß daher die erste Anlage auch noch in die vor- römische Zeit rückdatiert werden, denn die ältesten Kastelle heißen z. B. — den späteren Inschriften nach — «Pföring« und »Kösching«, also den Analogien entsprechend «Bornik« und «Kocnik«, deren sprachliche und sachliche Bewertung wir bereits kennen.
Ähnlich war es beispielsweise auch in Mösien und Dacien. Der Donau-Limes zog sich von Taurunum, Tricornium, Margum, Vimi-
*) Vegetius (De re milit. III. 5) erzählt, daß von diesen Türmen bei der Nacht durch Feuer, beim Tag durch Aufrichten und Senken eines Bret- tes signalisiert wurde; es war dies sonach eine Art Festungssignaldienst, wie er zum Teile noch heute besteht.
naciuni, Dierna, Zerna, Drobetae u. s. \v. also an Lokalitäten, deren lateinische Interpretation ent\\eder erfolg- oder aber sinnlos ist. deren slavische Bedeutung aber fast durchwegs leicht erkennbar ist, da sie zugleich der Naturlage entspricht. — Einen ähnlichen »Limes.« bildete der serbische xMoravax-Fluß. welcher dem ganzen Laufe nach mit Wachtürmen, Schanzen, Kastellen und Standlagern besät war, von den Römern aber obendrauf als «Margusic, also wieder als Grenzfluß bezeichnet \\urde.
Wo immer man nun eine solche Forschungsarbeit einsetzt, überall findet man dieselben Prämissen und dieselben Resultate.
Über die heutigen Burgen in Siebenbürgen schreibt z. B. Ackner:*) «Wir finden die deutschen Burgen durchaus, wo es nur sein konnte, auf den Oipfeln hoher Berge und hauptsächlich auf den Vorgebirgen und am Fuße der südlichen und östlichen Q re n z- a 1 p e n gegen die Moldau und Wallachei, dem eigentlichen Lande der Sachsen, welche in früheren Zeiten zur Beschützung der durch die wilden Völkerstürme höchstgefährdeten und stets bedrohten Landesstriche und Engpässe berufen waren.
Von den deutschen Burgen Siebenbürgens können wir leicht, wenn wir die zum Teile mit Türmen, Bastionen und Wassergräben stark befestigten Kirchen-Kastelle mitzählen, über 300 nachweisen, von welchen einige noch sehr gut erhalten, andere in Schutt und Trümmer gelegt sind; ^\ eitere, von denen nur noch spärliche Über- bleibsel von Mauerwerk und Wällen sich zeigen, und noch andere endlich, von welchen auf mehreren zu Schlössern sehr geeigneten Burgkuppen und mit Wald dicht bewachsenen Berghöhen nur die Benennung der Burg noch übrig geblieben ist.« Dann weiter: «Die deutschen Burgen sind nicht von Adeligen erbaut; Bürger waren es. die sie erbauten. Kein Ritter hauste in ihnen, sie umfaßten keinen Ahnensall adeliger Geschlechter ; ihre Trümmer erinnern nicht an den Stolz und die Macht der Feudalherrschaft; um ihre Habe besorgte Bürger und Landleute bauten in emsigen Fleiße und mit großen Aufopferungen diese Schlösser, um in ihnen in Tagen der Not und Gefahr Zuflucht und Schutz zu finden. Sie fanden ihn, und diese
') Römische Altertümer in Siebenbürgen. — Jahrbuch der Central- kunimission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale. J. 1856.
Burgen gewährten oft später, bei drangsalvollen Zeiten selbst frem- den Nationen ein sicheres Asyl.
Von diesen Bergschlussern beherrschten sie die Umgegend und den ganzen Landesstrich, und nachdem sie nach und nach an Zahl zunahmen, an Kraft erstarkten, behaupteten sie mutig sich auch im Flachlande. Blühende Städte, Marktflecken, Dörfer erhoben sich; die Städte wurden mit Alauern, Türmen und Außenwerken umgeben, die Märkte und Dörfer durch, um ihre Bethäuser und Kirchen ange- legte Kastelle gesichert. Die Burgen und Kastelle bestanden meist aus einer oft doppelten, nicht selten dreifachen Ringmauer und waren mit hohen Türmen, starken Basteien. Wassergräben. Fallgittern und Aufziehbrücken versehen.
Unsere Bauernkastelle und Bürgerburgen waren nicht nur in strategischer Hinsicht für die damaligen Zeiten sehr stark und zweck- mäßig zur Überwachung und Sicherstellung dieser südöstlichen Landesstrecke Siebenbürgens gegen feindliche Anfälle und Streif- züge, welchen sie. ^\ ie gesagt, am meisten ausgesetzt waren, ange- legt, sondern auch im Innern mit vielen kleinen Wohnkammern, ge- wölbten Kellerräumen zu einer zahlreichen, möglichst bequemen Auf- nahm; gebrechlicher, alter und schwacher, dann wehrloser und un- mündiger Familienmitglieder eingerichtet. Diese Burgfesten standen früher unter strenger Hut und Bewachung bürgerlicher, sich ab- wechselnder Zehentschaften. Die kleinen Hütten. Gewölbe und Kä- sten in diesen Burgen ^\aren fortwährend, selbst in friedlich schei- nenden Zeitiäufen, im Falle eines plötzlichen Überfalles und uner- warteter feindlicher Belagerung verproviantiert, und die Bastionen und Türme mit Gewehren, Waffenrüstungen und Kriegsmunition ver- sehen. Wasserbehälter und tiefe, unzerstörbare Zisternen und Brun- nen mit frischem gesunden Trinkwasser. Roß- und Handmühlen u drgl. Unentbehrliches fehlten dabei nie».
Alle diese Angaben und Beobachtungen sind vollkommen zu- treffend, jedoch nicht nur für Siebenbürgen allein, sondern eigentlich für die ganze feste Erdoberfläche und mit sehr ge\\altiger \'ordatie- rung.*)
*) Allgemein wird behauptet, daß Siebenbürgen von den sieben Haupt- burgen des Landes den Namen habe; dies ist jedoch dahin richtigzustellen. daß »Sieben« nur eine Anpassung des ürenzwassers xCibin« an das deutsche ist. wo sich auf dem scheinbar geborstenen Felsenberge die feste Grenzburg
Betrachten wir z. II die Wurzelsilbe xiSH vom allgemeinen toponomischen Standpunkte, so fehlt vorerst die Erklärung, wie so es möglich ist, daß sich Ortsnamen dieser Begriffsbasis über alle Weltteile erstrecken, und müssen für den ersten Augenblick bezwei- feln, daß das namengebende Motiv überall dasselbe gewesen sein konnte; und doch ergibt die sprachliche Destillation das Resultat, daß i(isi( im Urbeginne nur einen gesicherten ni solierten« Platz be- zeichnet haben konnte, unbekümmert darum, ob nun die Namens- form:
I s, I s 1 e, I s o 1 a, I s c h i a, I s k a v a s, I s e 1 Berg, I s 1 y, I s 1 e \\ o r t h, I s 1 i m j e, I s V e 1 i. I s 1 a y, I s k e r, I s c h 1, Isclima, Izevskoje, Isaak, Isabella (Insel), Isakca, I s a 1 a, I s a r, I s c r, I s e, I s s e t. I s a u r i e n, I s c h i m, I s s o s. I s s u m, I s s y, I s t r i e n. I s t r e s, Isonzo, Islam (Ortschaf- ten in Dalmatien), Isthmos u. ä. lautete, denn das Grundwort "is« läßt sich durch alle Sprachen dahin verfolgen, daß es sich überall selbst zu der Urbedeutung eines Sicherungsbegriffes re- duziert; z. B : im Swanetischen ist niskar« = ein zentral gelegener Punkt; im Grusinischen ist «is» = Tor, «is-kar« = Engpaß; jener Teil von Tiflis, der die eigentliche Burg auf dem linken, felsigen und abschüssigen Kura-Ufer bildet, heißt daher auch «Isnin; im Osseti- schen ist "istakx bereits: Friedhof; im Hebräischen ist «esrax = Hilfe, iilsraelx = Helfer; im Slavischen bedeutet Histiti« = sichern, schützen; >ils« ist ein häufiger Familienname im Böhmischen, dessen Bedeutung man aber erst aus dem Hebräischen deduzieren kann, wo es icMann«, also einen Wehrfähigen, Kräftigen bedeu- tet, was auch dem griechischen v i'^ « (= Körperkraft) organisch entspricht. «Is« ist eine befestigte Stadt am Euphrat; «Iseranx war ein Alpenpaß; «isba« nannte man den Qerichtssaal des Car's in der alten Zeit; «ispan« — Richter, Gespann im Magyarischen; iiispravnikK = Kreisvorsteher im Russischen; Jesum nennt der
Mons Cibinii, welche anscheinend mit dem i. J. 1327 genannten sächsischen icWinsbergK identisch ist. befand. — Ebenso ist der Ansatz der «deutschen» Burgen Siebenbürgens viel älter, was ja die Namen, wie: Kronstadt (gron — Grenze). Rosenau. Törzburg. Branis. Rakovvitz (auch Tsetatye, vergl. Cedad in Italien). Budislav. Negoj, Mehburg u. a. bezeugen, deren Etymo- logie bereits an anderer Stelle behandelt erscheint. — Im Slavischen heißt Siebenbürgen tatsächlich «Sibinju.
Koran «Isa«, die Siidslaven «Isusk und dürfte dies ursprünglich der Holieitsbegriff für den Ältesten oder Führer einer Gemeinde gewe- sen sein; ja «Esus. Hesus« hieß ein keltischer Gott, dem man angeb- lich Menschenopfer darbrachte, was sich aber sonach nur auf eine führende Persönlichkeit zurückleiten läßt, ebenso wie bei Je- sus Christus, sonach der erstere Name nur ein Funktionsbegriff gewesen sein kann, analog wie man König Karl, Cäsar Augu- stus. V o j V o d e Ghika u. ä. gebraucht.
Überdies gibt es eine Menge von Höhen. Städten und Burgen, die »His» (z. B. Stadt bei Bagdad früher »Is«), «liisar« (viele Hoch- burgen oder aussichtsreiche Höhen in Serbien, dann russische Stadt und Provinz in Zentralasien), xHissarlik« (türk. = Burg; Höhe in der Skamander-Ebene, wo Troja lag) u. a. — Die moderne Ono- mastik sagt nun, dies bedeut ■ tatsächlich Burg, festesSchloß. Feste — aber nur im Arabisch-Türkischen. Für die heutigen Ver- hältnisse ist dies allerdings zutreffend, aber der ursprünglichere Be- griff ist augenscheinlich doch «his«, wie der Slovene noch heute ein kleines Häuschen für den Wächter im Weingarten benennt, das begreiflicherweise nur auf dem Punkte mit der besten Aussicht an- gelegt wird; hingegen ist ihm »hisa« (= bozja) bereits das Gottes- haus, die Kirche, der irdische Sitz Gottes. — Nach- dem aber solche Sicherungspunkte doch nur wieder an Grenzli- nien notwendig waren, dürften die vielen Flußnamen, wie: Hist.r (bezw. Ister), Ise, Isar, Isere, Isle, Isonzo, Isker, Issel, Isly, Iza, sowie: Esk, Esla, Essel, Este u. ä. einst zugleich Qrenzbegriffe ge- wesen sein. — «Isthmus« ist daher auch jener Punkt, der für die Verteidigung am günstigsten ist, weil die Landenge eine Konzei trie- rung der Kräfte nur begünstigt.
Die Erkenntnis, daß sich wurzelgleiche Begriffe mit organisch verwandter Grundbedeutung sonach durch eine endlose Zahl von äußerlich scharf getrennten Sprachen weiterziehen und verfolgen lassen, wurde nun an zahlreichen Beispielen entweder klargelegt oder doch, als einer tieferen Beachtung wert, angedeutet.
Soweit dieses ursprachlich niihtärisch-soziale Wissensgebiet nun durchforscht ist. — eigentüch ist aber dies alles noch im Be- ginnen — , bietet es ein ungewöhnlich lehrreiches Bild, wie geschickt der Mensch der Vorzeit in der Ausnutzung der Bodenplastik für die eigene Wohlfahrt war und wie natürlich er die Wahl des günstigsten und wichtigsten Punktes traf; die Fortifikationsw issenschaft findet hier durchwegs mustergültige Beispiele, die selbstredend eine re- trospektive Auffassung der einstigen Kampfmittel voraussetzen. — Diese so richtige Fürwahl der Beobachtungs- und Verteidigungs- punkte ist allerdings für den Naturmenschen nichts Schwieriges oder Bewunderungswürdiges, der in seiner näheren Heimat sozusagen jeden Stein kennt, aber überraschen muß uns unbedingt die uner- wartet vielseitige und gediegene Vorsorge für den Schutz der eige- nen Scholle, ein weiteres, sehr gewichtiges Zeichen, daß die Hirten- völker keine Nomaden waren, denn gerade bei diesen erscheint in ganz Europa das \'erteidigungssystem am vollkommensten ent- wickelt, sowie daß unsere Gegenden in dieser Hinsicht einst ebenso militärisch organisiert waren, wie heute Montenegro, hatten da- her eine weit empfindlichere Wehrpflicht, als es die moderne ist. — Es Avar dies eine überzeugte, auf Selbst- erhaltung basierte und gewissermaßen berufliche Lebenspflicht des Mannes, welche ideal und ernst aufgefaßt wurde, denn dieses ist wohl auch die Zeit, welche uns nicht nur die uralte Kultur, sondern auch die herrlichen Heldengesänge und die epische Volksdichtung schuf, für welche dem modernen Dichter nicht nur die Inspiration, sondern vor allem das reale Milieu fehlt.
Für Zw eifler dieser Aufschlüsse wurden aber auch Ansichten anderer Schriftsteller u. z. solcher verschiedener Zeiten, Nationen und Stände hier mehrfach angeführt, falls gerade mir als Offizier der Vorwurf krankhafter Standespanegyrik gemacht werden sollte, damit die Überzeugung umso nachdrücklicher sei, daß die ältesten Staatengebilde tatsächlich rein militärisch organisiert gewesen sein müssen. — Als handgreiflichster Beweis diene wieder Montenegro, das noch heute allgemein als ein patriarchalisch regiertes, den Ur- verhältnissen nicht allzu ferne stehendes Land gilt, denn gerade hier ist jeder Mann ein Krieger vom 18. — 62. Lebensjahre, und fühlt eben darin seinen höchsten Stolz und Ehrgeiz, sozusagen die eigentliche Urmission des Mannes. So w' a r es aber einst allgemein!
Wir befinden uns heute allerdings schon stark im Abstiege von diesem Bewußtsein, weil die Kultur eine Arbeitsteilung heischte, aber die allgemeine Wehrpflicht ist und bleibt der altbewährte, schöne, auf Selbsterhaltung und Freiheit basierte Zug jeder nicht sklavisch fühlenden Gesellschaft. Und sonderbar: gerade das kleine, in dieser Hinsicht mustergültige Monte- negro hat bisher noch niemand erobert, obschon es an Aspiranten hiezu im Laufe der Zeiten gewiß nie mangelte!
Die im 20. Jahrhunderte intensiv hervortretende antimilitäri- sche Strömung zeigt jedoch nur das gänzliche Verkennen der staats- erhaltenden Prämissen sowie der sozialökonomischen Präventiv- Notwendigkeiten, obschon uns die Völkergeschichte unwiderleglich zeigt, daß der Aufschwung eines Staates sowie dessen Verfall stets Hand in Hand mit dem Aufschwünge und dem Verfalle der Wehr- macht desselben geht, daher jeder umsichtige Staatsmann seit jeher seine politischen Konjunkturen mit Erfolg nur auf die militäri- schen Potenzen aufbaute. Einen großgewordenen Staat ohne Kampf und Krieg kennt die Geschichte nicht, und ist die Idee vom e \\ i- gen Frieden nur eine Ausgeburt jener logisch Unmündigen, die im naiven Glauben leben, als ob es je zur Einstellung von Realin- jurien zwischen Einzelindividuen kommen könnte.
In der Verteidigung seiner Scholle hat sich demnach für den kampffähigen Mann seit dem Dämmerlichte der menschlichen Kultur bis heute nichts geändert; früher war er freiwillig Krie- ger aus Selbsterhaltungsgründen, jetzt ist er's wehrgesetzmäßig aus Staatsnotwendigkeiten, u. müßte sich abermals freiwillig selbst schützen, falls es je wieder zu dem bedauerlichen Kultur- rückschlage käme, daß der bewaffnete Staats- schutz als entbehrlich angesehen werden und je- der Einzelne Mieder auf die Selb st wehr angewie- sen sein sollte.
Das idealste Resultat aller Friedensbestrebungen kann daher nur die stete Kampfbereitschaft sein, denn wie das Einzelindividuum unterliegt, wenn es unvorbereitet angegriffen wird, kann auch ein ganzes Volk oder selbst ein großer Staat unterliegen. — Die alte
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Kultur- und die einstige auf Selbstverteidigung basierte soziale Or- ganisation zeigen uns daher empirisch klar jene Situation an, welche uns einzig den ersehnten Friedenszustand hn edelsten Sinne ge- währleistet; ja, von den ältesten Zeiten her fehlte es doch nie an Sehern, die unentwegt an die Lebensregel der Völker: Si vis pacem, para bellum — erinnerten, und die sich auch in der Königinhofer Handschrift widerspiegelt, wo der Elbefürst seinen Edlen und Ge- treuen rät : >(W eise i s t's des Kriegs gewärtig zu sein — i m F r i e d c n!« d'V mire \äiku mi'idro zdäti» )
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D) Sonstige topische Namen.
Man glaubte bis heute, daß die breite Grundlage der Ortsna- menmotive namentlich Tiere, Pflanzen und Mineralien, dann Rodun- gen geboten hätten, doch ist diese Ansicht als eine äußerlich trü- gerische zu nehmen, seitdem sich die bestimmte Tendenz des Natur- menschen hervorhebt, daß ihm v o m Urbe ginne an die Si- cherung seiner physischen wie materiellen Exi- stenz stets die Hauptsache, das Um und. Auf seiner Lebenssorge war. Die nicht dieser Impression zuzuschreiben- den Ortsnamen sind daher relativ sehr spärlich und werden wahr- scheinlich noch spärlicher, je weiter die etymologische Entkernung der topischen Begriffe gedeihen wird.
Nachstehend seien einige Ortsnaniengruppen angeführt, welche mit mehr oder weniger Sicherheit nicht zu den bereits vorausgesen- deten eingereiht werden können.
a) Namen für Rodungslokalitäten.
Wo jemand einen Wald ausrodet, sich daselbst eine Hütte baut cdLr einen Weideplatz, Acker oder Weingarten anlegt, dort ist er eben der erste Bewohner gewesen, denn hat er sich wo ständig nie- dergelassen, so niulltc er in einem mäßigen Umkreise für seine Be- dürfnisse Vorsorgen. Hat nun diese Ansiedlnng nach der hier vorge- nonmienen Rodung den Namen, so muß dieser Ansiedler ein S 1 a V e g e \\ e s e n sein, wenn der topographische Begriff des B e s i c d lu n g s g c h i e t e s ein zweifellos
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slavischer oder nur dem Slaven verständlicher i s t. Nachdem aber in ganz Mitteleuropa — und auch viel weiter hin- aus — fast ausschließlich slavische Ortsnamen vorkommeri, so müs- sen die ersten Ansiedler Siaven ge^\■esen sein, da ja Europa seit der historischen Zeit, wie wir es der Völkergeschichte doch zweifellos entnehmen können, stets mehr oder minder dicht bewohnt war Da aber alle Namen dieser Kategorie nur eine rein lokale Bedeutung haben, kennen selbst die gangbarsten Bezeichrumgen für Rodungen, wie: lisa, laz, plesa u. a. im großzügigen Sinne keinen dauernden Wert behalten, denn wird später die Rodung zum Walde, so verliert sich allmählig auch der bezügliche Name, weil ihm hiemit zugleich die Qebrauchsgelegenheit benommen wurde. — Dem Namengeber handelte es sich aber dabei auch nicht um die Fixierung der AbStockung selbst, sondern um den dadurch gewonnenen Nutzungsplatz, den er sich nun auch dauernd sichern wollte. I m Sprachgebrauche fließen daher viele Rodungs- namen mit s o Ic h e n von V e r t e i d i g u n g s- oder Siehe- r u n g s p u n k t e n zusammen, weil gerade diesem Zweckeoftdas Roden \orausgehen mußte, daher hier gleichfalls sehr häufig homonyme Begriffe \' o r \\ a 1 1 e n.
b) Namen orographischer Richtung.
Die Bodenerhebungen stimmen zumeist auch, da sie in erster Linie für Verteidigungszwecke günstig sind mit der No- menklatur der letzteren überein. So können z. B.: Vrh, Verhole, \'efovice, Vergorac, Werchow, Vrhbosna, Vrhpolje, Verzeje u. ä. sowohl eine Höhe, eine Ansiedlung, aber auch eine technisch vor- bereitete Vorsorge für die \'erteidigung auf einer Bodenerhebung andeuten, die aber auch schon zum Teile unter dem Wurzelworte «vir« näher gekennzeichnet wurden. Ausgesprochene Höhennamen ohne defensiven Charakter sind selten, und können hiefür einstweilen nur folgende zwei Beispiele angeführt werden.
Podirac. In Frankreich trägt ein Berg, welcher die Eigentüm- lichkeit hat. daß er immer niederer wird, seit undenklichen Zeiten diesen Namen, und führte diese Wahrnehmung wohl einst die Um-
wohncr dazu ihn xPodirac« (slav. i'podirati se », verb. durat. = lang- sam einstürzen) zu benennen. Erst vor kurzem gelang es einem kühnen Forscher der Sache auf den Grund zu kommen. Er ließ die trichterförmige Kuppe öffnen und entdeckte darunter eine große 90 m tiefe Höhle. Die Bergkuppe muß einmal aus irgendeinem Grunde eingebrochen sein, wobei sie sich ober der Höhle verkeilt hat; Teile davon stürzten allmählig in die Höhle, die Atmosphärilien sorgten von außen für die Nachfüllung mit Erosionsmaterial und so kam der Berg zu diesem vollkommen berechtigten Namen schon in jener Zeit, als dort noch Slaven gewohnt haben mußten.
Dhnniki, Dimnice. So bezeichnet man die erst vor wenigen Jahren bei Markovscina (nächst Triest) entdeckten, sehr sehenswür- digen Grotten. — Hätte man ehedem der toponomischen Etymologie die verdiente reelle Bedeutung zuerkannt, so wäre diese Entdeckung schon längst geschehen. In slovenischer Bedeutung sind nämlich iidimniki« — die Rauch röhren; es sind dies jene bei warmer Temperatur die kalte Grottenluft durchlassenden Felsspalte, welche den Umwohnern auffielen, weil die Gegend zu gewissen Zeiten den Eindruck vieler Kamine machte. Es hätte sonach der Name selbst dahinführen können, daß diese Luftsäulen unterirdischen Hohlräumen entstammen müssen.
c) Namen hydrographischer Richtung.
Viele Nanien dieser Gruppe bieten dem Weiterforschenden ein ungemein weites Feld, wie und wann dieselben enstanden sein mögen, weil sie meist kunsttechnischen Ursprungs sind. —
Suez (slav. svez, — Verbindung) klingt im ersten Momente in Bezug auf die slavische Bedeutung unglaublich, aber die Geschichte selbst zeigt, daß dem doch so ist. — Im 14. Jahrh. v. Chr. war der 112 km breite Isthmus von Suez bereits durchstochen und wurde später wiederholt, da er stets versandete, ausgebaggert. — Nachdem aber diese immense Arbeitsleistung doch nur zum Zwecke der Schif- fahrt inszeniert worden sein kann, hat es große Berechtigung an- zunehmen, daß der erste bekannte Durchstich noch gar nicht der erste ist, denn die Ägypter waren doch kein so ausgeprägtes Handelsvolk ^\'ie etwa die Phönizier; es ist somit wahrschein-
h.^h, daß sich dieses Bedürfnis bereits den letzteren (richtiger: Ve- netier) aufdrängte, daher auch der s 1 a v i s c h e Name für die Ver- bindung des Mittelländischen Meeres mit dem Roten.*) — Daß Afrika zur Zeit des Königs Ncchao (610 — 595 v. Chr.) umschifft wurde, ist einer gravierten Inschrift aus jener Zeit zu entnehmen, also das erstemal offiziell bestätigt, daß damals der Schifffartskanal von Suez bereits benützt wurde.
Pferov, Prerau gibt es in Mähren. Böhmen. Deutschland usw . Die Etymologie deutet auf einen Wasserkanal. Bei Prerau in Mähren war dies w ahrscheinlich ein quer durch das Becva-Tal gezogener Damm mit tiefem Graben zu Verteidigungszwecken. Die Becva wurde hier zur Verstärkung des auf einer mäßigen Höhe (heute noch Schloß) befindlichen Hauptpiuiktes für die Abwehr feind- licher Angriffe einbezogen. Es fällt hier besonders auf, daß im be- nachbarten Predmost (= vorgeschobenes Werk) massenhaft Reste der verschiedenartigsten prähistorischen Tiere, darunter sehr zahl- reich jene des Mammut gefunden wurden, daher es wahrscheinlich ist. daß diese Küchenabfallhaufen von den einstigen Kanalgräbern, namentlich aber von den Wachen und Verteidigern stammen.
Bei Prerovec (nächst Troppau) scheint es. daß die technische Verstärkung der «Straznica« dadurch bewirkt wurde, daß man das Vorbrechen des Clegpers aus dem Stettiner Walde durch einen sta- ken Damm (mit entsprechendem Graben) erschweren wollte.
Perekop. Die 7 km breite Landenge, welche die Halbinsel Krim m t dem Fcstlande verbindet, muß schon einmal durchstochci worden sein, denn dies besagt der Name «Durchstich-Kanal«. Die Verbindung der Karkinit-Bai mit dem Azov"schen Meere ist schon lange projektiert, aber es blieb bis nun beim Projekte. In einer weit hinter rns gelegenen Zeit muß aber der Durchstich schon vorgenom- men worden sein, weil in der augenscheinlichen Trace des Kanals jetzt noch an 30 Salzseen liegen, und die Stadt «Perekop« daselbst erhielt doch nur deshalb diesen Namen, weil sie eben an einem Schiffahrtskanale entstand.
') Aus dem »Buche der KönigCK ist auch zu entnehmen. daP Könis: Ezechias (um 700 v. Chr.) einen Berg durchbohren ließ, um durch denselben die Wasserleitung zu führen; es ist dies der erste historisch besrlaubiste Tunnelbau. — Die tecl nischen Künste w aren caher einst gar nicht so iiu'erv . \\en;i man derartig großangelegte Arbeiten ausführte.
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Provüka. Am schmälsten Teile der Landzunge Akte auf Chal- kidike liel' angeblich Xerxes einen Kanal graben, damit seine Flotten nicht genötigt seien, den Berg Athos zu umschiffen. Di^ stellenweise noch heute mit Schilf bewachsene Kanaltrace heißt noch immer «provüka». bei den dortigen Bewohnern in der Bedeutung: Durch- stich. Nun ist aber dies auch ein slavisches Wort, welches auf etwas Durchgezogenes. Traciertes (provleci = durch- ziehen) hinw eist und so etwas baut man nicht erst, wenn man das einmalige Umschiffen eines Berges ersparen soll, denn der Kanalbau und das Umschiffen eines Vorgebirges stehen doch sicherlich im \er- kchrten Zeitverhältnis.
Stagno. Von Interesse ist hier der Umstand, daß die \3 km breite Landenge der Halbinsel Sabioncello einst auch schon durch- stochen gewesen sein konnte, denn an den beiden Isthmusenden be- finden sich die beiden Sicherungs- und Verteidigungspunkte »Stagno piccolo« und «Stagno grande«. Während nun das slavische »stan« (hier «Ston«) einen Hafen. Zufluchtsort für Schiffe, auch Schutz- hütte bezeichnet, deutet das romanische stagnum, stagno in seiner Bedeutung schon auf ein : k ü n s tl i c h angelegtes B a s- s i n. einen Kanal.
Ich kenne zwar diese Gegend nicht vom Augenscheine, aber ausgeschlossen ist es nicht, daß auch hier schon einmal die Unter- brechung einer Seestraße zwischen dem nördlichen und südlichen Dalmatien beseitigt war, die aber später wieder versandete oder mit der Zeit sich verschüttete, so daß dermalen dieser Umstand ohne fremde Inspiration nicht mehr näher beachtet w ird.*)
Jezero (= See) kommt als Ortsname in verschiedensten, leicht erkennbaren Formen als: Jezera, Jezerni, Jezernice, Jczirko, Ozero. u. ä. vor. In den meisten so lautenden Gegenden ist aber heute der Name nicht zutreffend, da der zugehörige See bereits lange, mitunter seit undenklichen Zeiten, fehlt, wenn dieses die Bodenformation oft auch rechtfertigt oder geologisch bestätigt. So gibt es auf dem
') Es ist bekannt, daß die Durchstechung des Isthmus von Stagno schon die Republik Ragusa und später auch der Marschall Marmont planten; momentan trägt sich auch das österreichische Marinekonimando mit dieser Idee um. Wie man sieht, sind unsere prähistorischen Väter, die den Kanal von Suez. Perekop. Athos u. a. angelegt haben, uns in dieser Beziehung doch bedeutend vorausgewesen!
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Pettauer Felde ein «5v. Stefan ob jezeru« (deutsch ist der Name gar nicht im Gebrauche). Diese Benennung könnte nur in jener Zeit ent- standen sein, als das Pannonische Meer mit seiner großen Bucht bei Pettau-Marburg zu weichen begonnen. Nun hat aber Kaiser Octa- vian bereits im Jahre 35 v. Chr. Pettau. die große pannonische Stadt, zerstört, nachdem er zuvor, weil er die Verproviantierung der Ver- teidiger nicht rationell verhindern konnte, alle Waldungen der Um- gebung niederbrennen ließ. Hier war damals und schon Tausende von Jahren vorher unmöglich ein See. "Sv. Stefan ob jezeru« liegt aber auf derselben Ebene im Niveau etwas höher, es nniß daher dort der Seecharakter umso eher geschwunden sein. Überdies kann dort auch zu jener Zeit kein lokaler See gewesen sein, nachdem sich in der Nähe von Pulsgau die .Marmorsteinbrüche befanden, woher alle römischen Steine Pettau's ihre Provenienz haben, dort die rö- mische Poststraße führte, und diese, falls der See auch umgangen wurde, dann bei Pragerhof erst wieder in ein Seegebiet gekommen sein mußte, da jene Gegend noch heute sehr durchweicht und moorig ist. — Die Berechtigung zur slavischen Benennung eines Sees, der seit mindestens 2000 Jahren nicht existiert, kann doch nur derjenige gehabt haben, der ihn gesehen hat! — Übrigens ist im benachbarten Dranntale dasselbe Analogen mit «Sv. Andraz ob jezeru« zu finden, wo ein rechtschaffener See nie gewesen sein konnte.
Man kann sich dies anders nicht logisch erklären, als mit der Vordatierung der Slavenexistenz in Mitteleuropa, oder, was einzig und allein richtig ist, daß «jezero« ursprünglich nicht See sondern «jez« bedeutete, wie heute: Abgrenzung, Stauung, d. h. Grenze im allgemeinen. «Sv. Stefan« und «Sv. Andraz ob jezerun sind so- nach Kirchen am Grenz wall, an der Grenzlinie, und be- zeichnet der überaus häufige Ortsname «ujezd« eben den gesi- cherten, eingefriedeten oder umwallten Punkt, also eine technisch hergerichtete Lokalität.*) — Der Rückschluß, daß sich dort, wo der Ortsname «jezero« existiert, einst tatsächlich ein See befunden hat, kann daher richtig aber ebensogut falsch sein. wenn nur eine etymologische Begriffsannäherung vorliegt.
*) Die Verwandtschaftsbegriffe gingen gleichfalls aus Hoheitsnamen hervor, wie z. B.: »uiec». der Kommandant eines »ujezd». heute = Onkel; »otec» (— Vater) ist derjenige, der jemand beschützt (oteti = retten) u. s. w.
Brod (= Furt), Brodek (=kleine Furt). Vergleiche noch: Böhmisch-, Bosnisch-, Serbisch-, Slavonisch-, Ungarisch- Brod, Brodau, Brody, Brotkowitz, Qrossenbrode, Prode, Prodenöw, Pro- tivin u. ä. — xBrod» kennzeichnet aber eigentüch in den seltensten Fällen die Furt selbst, sondern lediglich jene Stelle, welche für einen Uferwechsel sehr günstig ist, also keine Schnellen, Felszacken oder seichte Stellen, sondern einen ruhigen Charakter, wenn möglich Inselbildungen aufweist. — So bildete bei Slavonisch-Brod die mäch- tige Save wohl zu keiner Zeit eine durchgängige Furt, wohl aber einen günstigen Punkt für den Uferwechsel in Form von Über- fuhr (brod = Fähre). Nachdem aber an solchen Stellen die Gefahr des feindlichen Einbruches auch am wahrscheinlichsten ist, so wur- den diese besonders beobachtet oder gar befestigt, daher an vielen Punkten dieses Namens Festungen, Forts. Verteidigungstürme oder Ruinen von solchen anzutreffen sid. — Da «protitin — sich wehren, verteidigen, entgegenstellen, xoproda« im Slovenischen noch heute den Mitkämpfer, Waffengefähr- ten andeutet, (z. B. Protivin = ein Verteidigungspunkt an dsr G re n z e) ist es auch erklärlich, daß wir oftmals ein «Brod« finden, wo es gar kein nennenswertes Gewässer gibt, sich also um eine Furt niemand Sorgen macht, sondern wo es sich lediglich um eine Stelle handelt, die man nötigenfalls zum Widerstände ausgewählt hat. — Der Hoheitsname ist «Prot«, wie die Russen den Prior, S u p e r i o r eines Klosters benennen.*)
Slatina. Ein überaus häufiger Name für Lokalitäten, wo ein Säuerling oder überhaupt ein Wasser mit mineralischen Sub- stanzen entspringt; die Grundsilbe ist hsoI« (= Salz).**)
') Miklosich erklärte diesen Stamm als von den Magyaren entlehnt, wonach er klein bedeuten soll. — Man macht fortgesetzt die Erfahrung, daß die Slavisten mit Vorliebe slavische Begriffe als Fremd- und Lehn- wörter erklären, wenn sie nur den ungefähr gleichen Stamm in irgendeiner anderen, d. h. nichtsiavischen Sprache entdeckt haben. — Allerdings hätten die bisherigen Forscher auf diesem Gebiete nicht so viel geirrt, wenn sie der praktischen f:ntstehung. konkreter Begriffe nähergetreten wären; doch konnte mit Rücksicht auf die geschilderte ungeahnte militärische Urorgani- sation naheliegenderweise zu dieser Erkenntnis am ehesten ein Offizier ge- langen.
'") Es sei hier ein interessantes Beispiel angeführt, wie man den Ge- genbeweis erbringen kann, daß ein Name tatsächlich in der Natur begrün- det und nicht aus der Phantasie geholt ist. Ich fand im Okkupationsgebiete
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Kissingen hieß im J. 15-44 nocli «Kiseclvü» (slav. kiseljiia = Sauerwasser), bedeutet sonach eine Quelle mit Sauerwasser), oder ein Wasser mit Beigabe von salzigen Substanzen im allgemeinen. Deutsche Anpassung meist in der Form: iiüieshübel«.
Toplice heißen jene Lokalitäten, wo sich warme Quellen (toplo = warm) befinden. — Dieser Name ist ebenfalls sehr häufig. wenn auch vielfach entstellt, wie z. B.: Tobelrisse (Qastein), Tobl- bad (bei Graz), Tepl (in Böhmen). Töplitz (in den verschiedenen Provinzen); Römerbad (bei Cilii) am Toplitzbache hieß früher "To- plice n u. ä.*)
d) Namen botanischer, zoologischer und
geologischer Richtung.
In \erhältnismäßig verschwindend kleiner Zahl treten topische Namen botanischer, zoologischer und geologischer
eine Ansiedlung. die »Siatina« genannt wird, konnte aber jahrelang daselbst keinen Säuerling finden, und wußten mir die Landesbewohner diesbezüglich auch keinen Bescheid zu geben. Doch ich benutzte jede Gelegenheit, um herauszufinden, ob der Name hier doch nicht natürlich begründet ist. End- lich fand ich in einem Kukuruzfelde eine ergiebige schwefelhaltige, kalte Quelle, welciie sich bereits nach vier Metern eigenen Abflußes in einen Süßwasserbach ergießt. — Die Auffindung war erschwert, weil sich die Quelle in einem bebauten Acker befand; anderseits ist der Bevölkerung die Bedeutung für den Begriff «siatina« bereits entschwunden, denn sie nennen eine schwefelhaltige Quelle in jener Gegend heute «smrdelj« (= übelrie- chendes Wasser); aber diese Quelle kannten die Umwohner sehr gut, denn sie benützen das Wasser, da es radiumhältig zu sein scheint, äußerlich zur Heilung von allerlei Hautausschlägen und innerlich gegen Gicht sowie als Purgativ — angeblich allseitig mit großem Erfolge. — Ich machte gele- gentlich Kreise, welche dies interessieren müßte, aufmerksam auf diesen Naturkurort für Qichtleidende. aber — wenigstens bis heute — war mein menschenfreundliches Bestreben erfolglos.
") Anläßlich des Baues der Südbahn ersuchte der damalige Besitzer die Bahnverwaltung um eine Haltestelle mit dem imposanteren Namen kRö- inerbad» statt des gangbaren «Toplice". was ihm auch gewährt wurde, weil die Quelle angeblich zuerst von den Römern (?) benützt. wurde. Es gibt aber vereinzelt auch Namen dieser Form, ohne daß sich daselbst eine warme Quelle vorfinden würde; es sind dies jene Namen, die sich durch ungenaue Aussprache oder Wiedergabe, dann durch den Rotazismus lautlich ver- wandter Buchstaben aus «dob« entwickelt haben.
Richtung auf. was naheliegend ist, nachdem sich das naniengebende Obiei<t leicht verändert oder auch gänzlich verwischt.
Die Pflanze übt als die hervorragendste Bedeckung der Erdrinde wohl einen nennenswerten Einfluß auf die Namengebung aus, denn um einen Terrainpunkt näher kennzeichnen zu wollen, na- metlich beim Fehlen sonstiger typischer Merkmale, sagt man: dort bei der großen Eiche, beim Birken w aide, am Erlen- bache. beimSchilfteicheu. ä.. w obei es sich aber doch nur um Riednamen, also um Terraintc'le inferiorer Natur handelt.
Wird so ein Gebiet ausnahmsweise einmal zum Wohnorte, so wird der alte Name in seiner bisherigen Bedeutung umgewertet. Es gibt z. B. ungezählte: Dob, Dobrava. Dober dol, Dobro selo, Dub. Dubina. Dubrovnik (Ragusa) u. ä.. welche im Prinzipe anzeigen, daß es sich hier um einen Eichenwald (dob, dub = Eiche) handelt; viele solche Ortsnamen wurden aber später in sinnlosen Neubildungen, als: Qutenhaag, Gutendorf, Gutenberg, Gutenfeld, Gu- tenbiichl. Gutenstein u. ä. ins Deutsche übertragen, wobei bereits das slavische "dobro« (= gut) fälschlich als Grundwort (und nicht i-dob. dubx) angesehen wurde.
Zahlreiche Lokalitäten dieser Art führen jedoch zum berech- tigten Schluße. daß sie zugleich Verteidigungspunkte waren, denn zum großen Teile haben sie Schlösser, Ruinen, Kirchen, Friedhöfe oder alte Gräber auf dominierenden Punkten, oder falls sie ganz in der Ebene liegen, feste Bauten, Aufwürfe u. drgl. — Bei diesen Namen (wie: Gutenstein, Gutental u. ä) ist sonach der ab- strakte Begriff «gut" statt des konkreten «günstig gelegen" aus "doberii deduziert worden, daher man darunter lediglich für die Ver- teidigung gute, günstige, feste Plätze zu verstehen hat, ja den lüchovischen Wenden waren die Begriffe g u t und tapfer noch identisch (= dibre).
Analoges läßt sich über die Ortsnamen: Nußdorf. Nußbaum. Oresje. Orahovac. Orehovo u. s. w. sagen. Man möchte kurzweg glauben, daß der Name daher rühre, w eil sich daselbst Nußbäume (sla\'. oreh. orah) vorfanden. Hingegen kommen solche Namen auch in Gebieten vor. wo der erwähnte Baum gar nicht gedeiht.*) —
'') Man behauptet allsjeniein. daß die Wallnuß erst im Mittelalter aus Asien nach Europa gebracht wurde; dieses ist unbedingt unrichtig, denn
Augenscheinlich ist hier das Grundwort: «vor. bor», oder «hora«. wie z. B. das griechische »loQctoj'- (= beobachten) auch zu dieser Deutung leni^t.
Andere Ortsnamen äußerlich botanischen Ursprungs wurden an sonstigen Stellen crörtet und ihrer wahren Entstehung näher- gebracht.
Ortsnamen zoologischen Ursprungs können begreiflicher- weise, falls sie überhaupt vorkommen, auch nicht zahlreich sein, nachdem die Tiere eine zu labile Bodenständigkeit haben, deshalb das Kriterium, d. i. der konstant gleich wirkende Eindruck, für die Namengebung mangelt. Namen, welche an die Riesensäugetiere oder an die jetzt in den Tropen lebende Fauna erinnern würden, sind bisher auch keine wahrgenommen worden; die toponomischen An- spielungen an die Saurierzeit sind lediglich täuschende Qieichklänge. die bestenfalls mit ähnlichen Ortssagen im losen Zusammenhange stehen, aber keine realen Beweise bieten.
Bei der Etymologie der Namen dieser Richtung ist besondere Vorsicht nötig, da unter den bekannten Grundbegriffen leicht solche mit phonetischem Gleichklang aber mit wesentlich anderer, für die Lokalität sprechenderer Bedeutung verborgen sein können. — So gibt es Höhen, die «Srnjak» (= Rehberg) lauten; diese Namensentstehung ist aber ganz unnatürlich, und muß der Name wohl als «Zmiak« (= Beobachtungspunkt) oder «Cernjak« (= Grenzpunkt) aufgefasst w^erden.
man findet in den prähistorischen Erdhöhlen in N-jderösterreich und Mähren oft abgebrannte Nußkerne, welche einst als Beleuchtungskörper gedient haben mußten. Tatsächlich brennt ein getrockneter Nußkern, auf die Spitze gestellt, an 12 — 15 Minuten, und dieses Beleuchtungsmaterial werden sich die Leute von damals wohl nicht aus Asien haben bringen lassen. Über- dies ist die Wallnuß ein Waldbaum, welcher am Balkan noch 700 m hoch vorkommt. — Unter dieser Voraussetzung ist es aber erst recht ausgeschlos- sen, daß man etwa einem Orte, der schon ein «Dorf« war, eines jungen Nußbaumes wegen nun einen neuen Namen beigelegt hätte.
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Ortsnamen geologischen Ursprungs kommen w chl vor. sind aber doch verhältnismäl.^ig selten. Vereinzelt sind z. B. die Namen für Eisenerzlager, wie: 2elezniki (zelezo = Eisen), Eisenberg, Eisenkappel u. ä.; ebenso kommen: Srebrenica (srebro = Silber), Mramori (= Marmor) u. ä. vor, obschon die Etymologie auch hier nicht immer mit der Natur stimmt, da sicherlich in einzelnen Fällen Wortformtäuschungen vorliegen, denn die Ortsnamen schmiegen sich den bekannteren Qebrauchswörtern leicht an, ohne daß hiebei der geologischen Berechtigung Rechnung getragen würde. — Son- derbar ist es, daß der Slave die Gegenden mit Asphaltlagern «pakljina« benennt, somit darunter etwas Gebranntes versteht, obschon die wissenschaftliche Theorie über die Entstehung des As- phaltes noch nicht klargelegt ist, wenn sie auch zu gleicher Ansicht neigt. —
Hypothese über die Zeit der Verteilung der Dorffluren.
Einen Arhaltspiinkt für das nnunterbrochene Bewohnen des- selben Gebietes durch dieselben Bewohner seit der vorrö- niischen Zeit gibt uns auch das Studium des Zeitpunktes der Ver- teilung der Dorffluren.
Schon in meiner etymologisch-kulturhistorischen Studie: i'Die Ortsnamen des Oberen Pettauerfeldes« (Marburg a./D. 1902) deutete ich auf den augenscheinhchen Zeitirrtum hin, daß die Dorffiuren Untersteiermarks in der karolingischen Zeit ihre bis heute gültigen Gemarkungen erhalten hätten, denn es hat den motivierten Anschein, daß die \erteilung des Genieindereales nach den heutigen Umrissen längst vor dem Eindringen der Römer stattgefunden haben m ü s s e. Ich kann für diese fSehauptuug wohl nur ein typisches Beispiel an- führen, da ich mich eigenhend mit den Studien der Dorffluren nicht befassen konnte; es wurde aber ebenso in anderen Gegenden, na- mentlich in Oberitalien, der Beweis erbracht, daß seit zwei Jahr- tausenden die grofkn Heeresstraßen ihre Trace nicht w esentlich ver- ändert, ja, daß sich sogar die Feldwege der römischen Zenturiation bis heute nahezu unverändert erhalten haben. Ob sich aber jener Zeitabschnitt auch schon mit der Entstehung und Fiurverteilung zugleich deckt, bleibt weiterhin fraglich; für jeden Fall ist aber die gangbare Ansicht, daß die Vernichtung der bestandenen Flurvertei- lungen den «Stürmen der Völkerw anderungx zuzuschreiben sei, da- durch \'öllig unhaltbar geworden.
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Wie aus der beiliegend, p Skizze zu ersehen ist, isanii die rö- niische Straße, welche von Windiseh-Feistritz in Untersteitrniark (an den römischen Mannorbriihen vorbei) gegen Haidin (damals Poetovio) führte, \on Schikola bis Pettaii getreu verfolgt werden, d. h, die 1 racc dtr heutigen, die beiden erwähnten Ortschaften ver- bindenden Landstraße deckt sich vollkommen mit der einstigen rö- mischen Poststraße. Ich behaupte mm, daß z. F3. die Gemeinden Pongerzen und Unter-Jabling bei der Verteilung des Bodens nicht relativ so kleine Teile, Ober-Jabling aber gar nur einige Quadrat- meter jenseits der römischen Straße zugemessen erhalten hätten, wenn diese Kommunikation zur Zeit der Verteilung schon bestanden hättj, während aber die Fluren von Drasendcrf und Micheldorf an der berannten Straße enden, bei denen uns die Skizze auf den ersten Blck ze'gt. daß ts später aufgeteilte, aus dem arrondieiten Fiur- besitze von Zirkowitz herausgeschnittene Partien sind; nun ist es aber bekannt, daß der ganze nördlich der Schikola-Haidiner-Straße gelegene Teil em.st zum Domin rm der Herrschaft Studenitz gehörte, und später, wie die Tradition behauptet, von den Inwohnern von Zirkowitz riickerworben wurde. Bei der ersten Abtrennung war also die römische Poststraße schon maßgebend, da die Einwande- rung der Deutschen mit ihrem «deutschen Rechten in diese Gegend ältestcns in der karolingischen Zeit stattfand; ansonsten ist es aber wahrscheinlich, daß der Block von Zirkovitz nördlich der römischen Straße, che er Dominialgrund wurde, auch an die drei Gemeinden Zirkow itz, Drascndorf und Micheldorf, analog wie bei den sonstigen Gemeinden, in der Längenrichtung des bezüglichen Besitzes, also gleichfalls unbekümmert um die rcnüsche Straßenanlage, auslief.
Es ist daher mit Berechtigung anzunehmen, daß die heutige Flurcintcilung schon vor dem Eindringen der Römer die gleichen Konturen hatte, und daß derselbe Volksstamm ununterbrochen darauf gewohnt haben mußte, weil es höchst unwahrscheinlich ist, daß bei einer späteren \'erdrängung des Stammbewohncrs, oder bei einem größeren Ipterkalare der Bebauung dieses Bodens die Straßenzüge für die Besitzgrenzen nicht maßgebend gewesen wären, zumal es sich darunter um Geringfügigkeiten handelt; hingegen folgen die G e m e i n d c w e g e überall genau den F 1 u r g r e n- zen Überdies ist es bekannt, daß die römischen Heeresstraßen ziemlich breit waren und daß entlang derselben vielfach die Bc-
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slattung der Toten erfolgte; es ist daher die Annahme begründet, daß die Bildung und Verteilung der Dorffluren früher stattgefunden hat, als die römische Straße bestand, daßdaherdieheutigensla- vischen Bewohner daselbst — die Slo\'enen — un- unterbrochen diesen Bodöii innegehabt haben mußten.
Sollte man etwa bezweifeln, daß der genannte alte Straßenzug der richtige sei, so braucht dagegen nur erwähnt zu werden, daß niemand in der weiten 500 km' umfassenden, fast einem Tische gleichen Ebene eine den Lisieren der Dorfflur folgenden Straßentrace — möge es nun welches Volk immer gewesen sein — angelegt hätte, da dies nach der Flurskizze eine mäanderartige, die Straßen- entwicklung unsinnig verlängernde Linie ergeben hätte, und eine römische Poststraße führte doch bestimmt von Süden her (Rom) nach Pcttau.
Es ist daher ausgeschlossen, daß erst im Mittelalter — nament- lich in Mitteleuropa — die DorSfluren die heutigen Konturen erhalten hätten, sondern augenscheinlich schon weit in vorrömischer Zeit.
IV.
Zur Sprache der alten, ungelösten Inschriften.
Vergleicht man die Slaven von heute, die noch immer dem Ein- flüsse einer fremden Sprache auffallend leicht unterliegen, weil sie sich sprachlich schnell akkomodieren, so begreift man es wohl, wieso unter den verschiedenen slavischen Gruppen die Deutschen, Magy- aren, Italiener, Osmanen dort die Hegemonie an sich gerissen haben konnten, wo sie selbst noch heute in Minorität sind. Aber so muß es schon im Altertume gewesen sein, denn die Gemeinsprache der Völ- ker Mitteleuropas vor Beginn einer höheren, sprachlich, staatlich und sozial differenzierten Kulturstufe war wohl die slavische. denn es ist unter der unleugbaren Weichheit und Anpassungsfähig- keit der Slaven geradezu undenkbar, daß die Slaven Europa je be- völkert hätten, wenn sie sich erst von einem kleinen Kerne im fremd- sprachigen Milieu aus entwickelt hätten, denn sie spielten bis jetzt im Kampfe zwischen Krug und Stein stets den weicheren Teil: den Krug. — Ziemlich sicher ist es daher, daß ein slavischer Block einst den massiven Grundstock der landwirtschaftlichen, gewerblichen und industriellen Bevölkerung (z. B. Bergbau. Metallbearbeitung, Kera- mik) bildete, die notwendige Basis, auf welche sodann erst die fort- schreitende Kultur scheinbar fremde Reiser aufpfropfte. Wir besitzen hiefür auch sehr moderne Analogien. Mit der Okkupation Bosniens und der Herzegowina wurden die Österreicher bezw. Ungarn zu Re- gierenden daselbst; das Deutsche wurde zur \'er\\altungssprache.
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obschon die Beamten selbst zumeist Slaven waren oder wenigstens slavisch kennen mußten. Die Stammbewohner sind auch ausschließ- lich Slaven, nennen sich aber selbst Türken, Kroaten. Serben oder Katholiken, in seltensten Fällen Bosnier oder lierzegovzen; die mitt- lerweile naturalisierten Österreicher oder Magyaren nennen sich auch weiter so, da sie sich noch durchaus nicht etwa als Bosnier fühlen, worunter der Eingewanderte — der Nomade par excellence — stets nur den Eingeborenen versteht. Wer daher dieses ethno- graphische Sammelsurium nicht selbst näher kennt, wird auch aus den Zeitungen, die doch stets mit bestimmten Vorkenntnissen des Lesers rechnen, auch dermalen nicht klug, umsomehr als auch noch religiöse Unterschiede die ethnographischen weiter verwirren. — Was soll man nun glauben, w er hier lebte, wenn man nach etwa tau- send Jahren den heutigen israelitischen Friedhof oder den der Spa- niolen in Sarajevo tief verschüttet entdecken würde? Das Nahelie- gendste wäre die Annahme, daß hier einst die Israeliten herrschten! Man kann aber ebensogut mit dem Spaten auf Friedhöfe mit deut- schen, kroatischen, serbischen, italienischen Qrabschriften stoßen; da setzt nun gewöhnlich der grundfalsche Schluß der Gelehrten ein: hier herrschte oder lebte zuerst dieses Volk, dann w a n d c r t e e s a u s o d e r \\ u r d e d u r c h e i n a n d e r e s V e r- n i c ii t e t ; nun folgte in ähnlicher Weise ein drittes, und s f) e n t \\ i c k e 1 1 sich aus eitel Trugschlüssen und Phantasicgebilden der völlig verschobene Plan für eine Völkerwanderung, obschon diese Volks- stännnc alle ruhig mit- und nebeneinander lebten, dieselbe Sprache im Verkehre gebrauchten, nur setzten sie ihren Toten spezielle Ge- dächtniszeichen in der ihnen sympathischeren Sprache und Schrift. Das ist auch die Wurzel aller Unstimmigkeiten und Unverständ- lichkeiten der älteren Phase unserer Völkergeschichte! Daher kommt es auch, daß wir uns darüber wundern, unter den Schriften römi- scher Provenienz eine Menge solcher anzutreffen, die nicht lateini- sche Schriftzeichen aufw eisen, oder wenn ja, keine lateinische Inter- pretation zulassen. Es sind dies die Münzen, Grabsteine, die Kultus- und Gebrauchsgegenstände der Bauern. Gewerbetreibenden. Indu- striellen u. ä. an den verschiedensten Orten aus einer Zeit, als die Stammbewohner selbst wohl in Majorität, aber nicht zugleich die Regierenden waren. Ähnliche \erhältnisse finden wir ebenso noch
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heute genug. In Österreich-Ungarn ist die Kegierungssprache deutsch bezw. magyarisch, obschon die Slaven nummerisch in Majorität sind, ja die mihtärische Dienstsprache ist in beiden Gebieten die deutsche; nichtsdestoweniger sind aber z. B. die Orabschriften in allen gang- baren Sprachen des Reiches gehalten, und wird es niemandem ein- fallen, dieses etwa zu verbieten.*)
Wie kommt es aber, daß wir so viele alte Schriften mit noto- risch lateinischen, griechischen oder diesen ähnlichen Zeichen auch nicht lesen und lösen kennen, indes wir die Hieroglyphen und Keil- schriften längst entziffert haben! — Die Antwort ist sehr leicht: w e i! wir uns an jedes einzelne Schriftzeichen ängstlich anklammern, nie mit L a u t u m s c li r e i b u n- g e n r c c h n c n. a 1 1 e s a n d a s K I a s s i s c h e a n p a s s c n w o 1- 1 e n und niemals dabei das S 1 a v i s c h e in den Kalkül z i e h e n.**)
Aber gerade das letztere muß einmal eine ganz außerordent- liche Rolle gespielt haben, wenn es doch einem großen Teil der Erd- oberfläche den Stempel slmucs uralten Daseins in den Namen der Terraindetails aufgedrückt hat und gerade dieses sogenannte s 1 a- \ische, augenscheinlich europäische Urvolk soll gar keine Schrift besessen, daher absolut keine schriftlichen Denk- mäler zurückgelassen haben? Hier liegt eben jene falsche Hypothese vor, von der Gotha so treffend sagt, daß sie, sobald sie sich befestigt und allgemeine Annahme findet, zu einem Glaubensbekenntnis wird, woran niemand mehr zw eifelt und welches dann auch niemand w ei- ter untersuchen darf. Und doch wird eine rücksichtslose Nachprü- fung in dieser Richtung erst wieder ein Licht in jenes dunkle Gebiet bringen, und ich will damit rationell den Anfang machen, wobei ich damit rechne, daß sich im großen Forscherkreise der Welt doch etliche natürlich und hell denkende Köpfe finden werden, welche diese Anregungen weiter verfolgen dürften.
") Daß man einst so gemiitsroh gewesen wäre und der bodenständi- gen Zivilbevölkerung nicht eine Qrabschrift in der eigenen Muttersprache gegönnt hätte, ist überhaupt undenkbar. Erst die neueste »Kulturzeit» hat dies zuwegegebracht und haben sich einige Stadtgemeinden Österreichs in dieser Hinsicht bereits eine fragliche Berühmtheit erworben.
**) Dem Russen wird z. B. das sonst geläufige Wort «Sei» (= Kohl- suppe) völlig fremd und unleserlich, wenn er es auf einmal als «schfschi« dargestellt findet.
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Die Objekte dieser Nachprüfung sind: Aufschriften auf alten Münzen, die Gravierungen auf ausgegrabenen prähistorischen Schmuckgegenständen und Waffen, die Grab- und sonstigen Inschrif- ten aus der vorrömischen Zeit, die man gewöhnlich als Runen, rhä- tische, keltische, oskische, etruskische u. drgl. Schriften bona fide klassifiziert hat.
Es ist nämlich völlig undenkbar, daß die Slaven keine eigene Schrift gehabt hätten, da es in der Natur eines jeden Volkes, zumal mit einer solchen Kultur, wie man sie gerade an den Gegenständen der Grabstätten vorfindet, liegt, allgemein oder relativ Wichtiges in irgendeiner Weise festzuhalten, umsomehr als doch einzelne India- nerstärnme, die Urbewohner von Celebes, Java, Äthiopien, der Philip- pinen u. a. ihre eigene Schrift besitzen, ohne in kultureller Hinsicht je eine nennenswerte Rolle in der historischen Zeit gespielt zu haben. — Die Slaven hatten in alter Zeit jedensfalls eine, heute als «Runen» benannte Schrift, welche derart eingebürgert gewesen sein muß. daß selbst die christlichen Missionäre, um Lehrbüchern bei den Sla- ven Eingang zu verschaffen, ohneweiters auch deren Schriftzeichen aimahmen. Am treuesten scheint dies durch den dalmatinischen Prie- ster liieronymus im 3. Jahrhunderte geschehen zu sein, von dem das glagolitische oder hieronymische Alphabet (Bukivica, Bukvica) der slavischen Kirchenbücher herrühren soll, während sich Cyrill und Method im 9. Jahrhunderte mehr an die griechische Schrift lehnten, wenn dies nicht umgekehrt der Fall war. d. h. diese längst vorhan- dene Schrift von den Griechen selbst weitergebildet worden ist, denn die ältesten griechischen Schrifttexte, wie sie z. B. auf Melos, in Korinth u. a. vorgefunden wurden, sind den primitiven Runen weit ähnlicher, als dem heutigen griechischen Alphabete. —
Wir wissen aber auch schon von Strabo, daß die Bewohner Massiüa's mit Kgriechischen« Zeichen schrieben. Desgleichen er- zählt Caesar (De bello gallico), daß »im Lager der Helvetier mit griechischen Lettern geschriebene Tafeln vorgefunden wurdenK. Wären diese Texte tatsächlich griechisch gewesen, so hätte sie Caesar oder jemand aus dessen Umgebung gelesen, so war ihnen aber woh! die Schrift äußeriich bekannt nicht aber der Inhalt, welcher jedenfalls der den Römern unverständlichen «gallischenx Sprache an- gehörte. Zum Vergleiche folgt hier die Reproduktion einer solchen Schriit. w ic sie auf einem Steine im Departement Dröme in Frank-
reich (jetzt in Avignon) gefunden wurde. Der Text ist absolut nicht griechisch, ist aber auch sonst noch nicht verläßhch oder glaub- würdig entziffert worden. — Mein Entzifferungsversuch gelang ety- mologisch einstweilen erst für die erste Zeile, welche i<se gomaros« d. i. : dieses Grab, dieser Grabstein — lautet.*) Das französische «cc« ist bekannt; «gom« ist der Stamm für Hügel, Erdaufwurf, wie z. B. slov. »gomiiaii (= Grabhügel), griech. > y/ö^ta > (- Wall, Grabmal), slav. »hom. hum« (= Hügel), altfranz. «coma« (= Schlafsucht, also schon auf die Ruhe im Grabe anspielend), slov. xgomaritii« (= hocken, auf Vieren gehen). Die obige Schrift kann sonach auch als: Hier liegt, hier hockt, hier schläft . . . gelesen werden. — Obschon man nun erst zwei Wörter kennt, entnimmt man, abgesehen von der Stein- form selbst, doch schon daraus, daß es sich hier um eine Grabschrift handelt. Welcher Sprache im heutigen Sinne diese jedoch angehört, ist nach den dürftigen Anhaltspunkten noch schwer zu sagen, zumal die technische Wortscheidung fehlt, man daher die Suffixe nicht kennt, die. wenn sich auch sonst inferioren Wert haben, doch die Sprachzweige äußerlich charakterisieren. Es scheint aber, daß in diesem Schriftdenkmale bereits die Abschwenkung der französischen Sprache von der primären Allgemeinsprache eine fertige Tatsache bildet.**)
Auch hier bleibt die leidige Ursprungsfrage so lange offen, bis man nicht die Erkenntnis rücksichtslos ausspricht, daß alle Schriften der alten Welt auch nur eines Ursprungs sind, und scheinen da gerade die «Runen», als diejenigen primitivster Form und als eine Art vereinfachter Bilderschrift, für den ersten Ansatz zur sichtbaren Wiedergabe der menschlichen Laute grundlegend gewesen zu sein. — Es ist daher als sicher anzunehmen, daß die älteste Schrift der Slaven identisch ist mit der sogenannten Runenschrift, was auch schon die Etymologie des Begriffes «Runen erklärt, denn der Stamm hiezu ist wohl «ritin (= eingraben, einmeißeln), woraus dann
*) Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß «ros« schon nicht mehr zu Hgoma« gehört.
•') Auffallend ist es. daß die sogenannten Bogumilengräber auf dem Balkan zumeist mit: c| C £ (= hier) beginnen, sowie daß die zwei letzten Buchstaben vollkommen in der Form ienen des Avignon-Qrabsteines glei- chen, sonach diese hzv rillische» Schrift einst über ganz Europa verbreitet gewesen sein muß.
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das deutsche «Rinne« [^ rijna) hervorging, denn wir Ivennen der- malen tatsächlich nur Runenschriften auf Stein und Aletall. da sich solche auf Wachstafeln oder weniger dauerhaftem Mcterial selbst- redend nicht erhalten konnten. Der Wechsel von «Rine« zu «Rune« ist in der konstant labilen Lesung des «y« sowohl a.s «i« wie als »u« begründet, ganz abgesehen da\ on. daß «rujem. ruti« z. B. im Slovenischen auch ausreißen, eine Vertiefung machen
OY-A/\-A
bedeutet. — Nebstbei ist es aber nahezu sicher, daß der Begriff «rune« überhaupt nur für jene Schriftzeichen eingewendet wurde, die eingeritzt waren; die sonstigen nannte man wieder an, dcrs. w'ie: care, crke (= Striche). pisu:enky (=, Schriitzeichen). bukva (= Buchstabe) u. s. w. — M a n d a r f d a h e r d f e R u n e n auch nicht als eine exotische oder gänzlich f r e in- dc Schrift bezeichnen, sondern sie nur als die Ur- sprung s f o r m e n unserer gangbarsten Schriften ansehen.
Die ganz überraschende Behauptung, daß die Runensciirift sla vischen Ursprungs sei, soll aber nun gew issermaßen h o m ö-
I
opa tisch behandelt werden, ehe zur Lesung einiger Runeudenk- inäler selbst geschritten werden kann, und möge hiezu vor allem die iiEddaic dienen. Diese enthält Götter- und Heldenlieder, welche man teils als «nordisch» teils als »gemeingermanischx teils als «deutsch« erklärt. Sie war ursprünglich wohl nur ein Lehrbuch, was ja die Kapitel xWas Lodfafner lernte«, die Schöpfungsmythe und «Wodan's Runenkunde« dartun, denn Edda, — richtig Ueda, Veda — deutet an, daß dies ursprünglich ein Lehrbuch (= «Das Wißen«) war und nicht — «die Großmutter«, wie die Germanisten den Buchtitel etymologisieren.
Von hervorragender Bedeutung für die sprachliche Zugehörig- keit der Runen ist überdies der Abschnitt «Runatals thättr Odhins« (= Wodan's Runenkunde), denn es wird darin in einem Gedichte die Beschreibung einer jeden Rune in Bezug auf ihre Bedeutung gegeben. Merkwürdigerweise haben aber diese Runen gegenständlich genau dieselben Namensbegriffe sowie dieselbe Reihenfolge, wie das altslavische Alphabet, die «Azbuka«, denn diese hat für jeden Buchstaben, ähnlich wie im Griechischen, einen Begriff fest- gelegt, in dessen Nennung der betreffende Buchstabe den Anlaut bildet, und scheint dies ein mnemotechnischer Lernbehelf in der Schule gewesen zu sein, denn das Gedicht klingt auch nachstehend aus:
Heil ihm, der es lehrt.
Heil ihm, der es lernt.
Das Heil, all ihr Hörer,
Nehmt euch zu Nutz!*) Die «Edda« kennt im Ganzen 18 Runen.**) Vom ersten Buch- staben heißt es:
Hilfreich zu helfen verheißt dir das Eine In Streit und in Jammer und jeglicher Not.
*) Die Daten aus der «Edda« sind der deutschen Ausgabe Hans v. Wolzogen's entnommen.
**) Das vollkommenste altslavische Alphabet hat bereits 43 Buch- staben, zeigt also auf eine ungewöhnlich hohe Entwicklung in der Sprach- und namentlich Schriftpflege. So viel Buch- staben hatte das »altslavische« .Alphabet schon ungefähr im 10. Jahrhun- derte; welche Zeit mag aber von der Bildung der 18 Buchstaben bis zu 43 dazwischen liegen!
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Dies ist der erste Buchstabe »az«, worunter Gott, der höchste Beschützer des Menschen gemeint ist. «Äsen» sind der Edda zufolge Q ö 1 1 e r.*)
Die zweite Strophe lautet:
Ein Anderes lernt ich, das Leute gebrauchen. Die Ärzte zu werden wünschen.
Es ist dies der zw eite Buchstabe des Alphabetes, namens wbukix (= das Buch);
die dritte Strophe:
Ein Drittes kenn' ich, das kommt mir zu gut Als Fessel für meine Feinde; Dem Widerstreite verstumpf ich das Schwert, Ihm hilft keine Wehr und keine Waffe.
Dies ist der dritte Buchstabe: »vedi« (= das Wissen, die überzeugende rhetorische Kraft);
die vierte:
Ein Viertes noch weiß ich, wenn man mir wirft
Die Arm und die Beine in Bande;
Alsbald ich es singe, sobald kann ich fort,
Vom Fuße fällt mir die Fessel.
Der Haft von den Händen herab.
Wer denkt dabei nicht sofort an den vierten Buchstaben «gw, der «glagolii genannt wird; und dieses bedeutet Gesang, was die Cechen am besten wissen, die ihre Gesangsvereine als »Hlahol« be- nennen.
Die fünfte Strophe:
"Ein Fünftes erfuhr ich: wenn fröhlichen Flugs Ein Geschoß auf die Scharen daherfliegt. Wie stark es auch zuckt, ich zwing es zu stehn. Ergreif ich es blos mit dem Blicke«.
finden.
*) Weiteres ist in dieser Hinsicht heim Artikel »Asberg. Adam« zu
Dies ist der fünfte Buchstabe: «dobro« (= tapfer, mutig, vor- sichtig).
Die sechste Strophe:
KÜin Sechstes ist mein, wenn ein Mann mich sehrt
Alit wilden Baumes Wurzel;
Nicht mich versehrt, den Mann verzehrt.
Das Verderben, mit dem er mir drohte«.
Es ist dies nj, je» als «jed» (auch «jet«), das «Gift« bedeutet, und ist dieses auch heute noch der sechste Buchstabe des russischen Alphabetes, der aber zwei verschiedene Zeichen führt.
Die weiteren Strophen folgen augenscheinlich nicht der arith- metischen Reihenfolge, was ja natürlich ist, da dieses Alphabetpoöm eben nur 18 Buchstaben besingt, die Azbuka selbst aber 40 Laute zählt. Überdies wissen wir ja heute nicht mehr verläßlich die syn- chronistische Bedeutung der einzelnen Buchstabenbegriffe, da sich diese (wie z. B. iidobrox) im Wandel der Zeiten organisch verschob.
Man behauptet überdies ziemlich allgemein, daß die Runen- schrift eine Geheimschrift war, weil «runo« gleichbedeutend sei mit Geheimnis, denn das deutsche «raunen« bedeute: Ge- heimnisse zuflüstern, welche Ansicht allerdings nur richtig w äre, wenn «raunen« Geheimnisse verhüllen bezeichnen würde. Diese Etymologie ist aber hier zweifach widerlegbar. — Als Geheimnisse können die Runen allerdings auch angesehen werden u. z. vor allem für den Analphabeten, genau so wie die heutige Schrift einem solchen ein Geheimnis ist; überdies bildeten die Runen wohl auch seit jener Zeit, als man sie nicht mehr zu lesen verstand, und dieses währt bis heute, ein allgemeines Geheimnis. — In ganz analoger Weise entwickelte sich im Slavischen der Be- griff; carodej, carodelnik, carodelec, carovnik, d. i. derjenige, der «care« {= Striche) macht, mithin schreiben kann, was aber heute schon der Bedeutung: Zauberer, Zauber- künstler gleichkommt. Was er schrieb, verstand der des Lesens Unkundige einst natürlich nicht, daher solche Zeichengruppen für den Analphabeten eine geheime oder apokryphe Bewertung annehmen mußten.
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Andererseits kann aber eine öffentlich verwertete Schrift keine Geheimnisse enthalten, die man in Bronze, Eisen, Stein und Holz mühsam einmeißelt oder in gebrannten Ton eingräbt und so der Welt offen darbietet, wie z. B. auf \\'affen, Schmuckstücken, Weihobiekten und sogar Naturfelsblöcken längs einer für den allge- meinen Verkehr bestimmten Kommunikation. — Die sogenannten «B u c h e ns t ab ex waren sonach auch keine geschnitzten Einzel- runen oder Typen, sondern enthielten einen gedankengemäß ge- ordneten Text größeren oder kleineren Umfanges, also zwecks Fixie- rung von Gedanken, die man erhalten oder jemand anderem mitteilen will, waren also eine primitive Form von Briefen. Daß man daher solche beschriebene wBuchenstäbex wahllos hin- geworfen und daraus geweissagt hätte, ist daher schon im Prinzipe nicht ernst zu nehmen und ist das sogenannte «Stäben« der Runen nur eine etymologische Entgleisung, u. z. ein «sdobit«, wie es der Slovene statt «zdolbit« (= ausmeißeln) im Jargon noch heute ge- braucht, denn die Runen wurden eben in hartes Material mühsam eingegraben, daher wir in der «Edda« selbst vielfach Stellen dieser Anspielung finden, wie: «Urredner ritzte, Urgötter gruben, Asenhaupt schnitt sie ein«, dann: «Weißt du zu ritzen, weißt du zu raten« usw.*) Daß es aber einst auch Leute gab, die auf diese Weise ihre Zukunft erfahren wollten, das soll hiemit durchaus nicht in
*) Die «EddaK ist auch sonst vom hervorragendem Interesse für die slavische Urgeschichte; leider hat sich meines Wissens bisher kein Forscher slavischer Provenienz gefunden, den die Sirenentöne xYggdrasil« (richtig «Ustrasil«), xSkogul» (richtig xSkokal«). «Modhix (richtig «moc) u. a., die auch richtig als: «Schreclxfuß, Sprungfertig» und «Mut« (eigentlich «Kraft») ins Deutsche übertragen wurden, herangelockt hätten, denn diese, sowie namentlich die poetische Runensignierung kann unbedingt nur jemand be- werkstelligt haben, der sehr gut slavisch verstand. — Auch der Stein, mit dem sich Freya schmückte, war der «brisingamen« (= Bern- stein), also «brizen kamen«, d. i. der Uferstein, der Stein, der am Meeres- ufer gefunden wird, denn das slavische «kamen« ist dabei schon gar nicht wegzuleugnen.
Guido V. List hat auch dieses Gebiet in «Das Geheimnis der Runen« — «aufgeklärt«. Beispielsweise löst er «Yggdrasil« in die drei Wurzel- wörte «ig, dra, sil« auf, welche folgende dreistufige Bedeutung haben sollen, L Ich, das Heil im Urf>'r zeugend. 2. Kampfträger des Gesetzes, 3. Ver- Dichtungsschreckensziel. — Ich glaube, daß dieses Beispiel vollkommen ge- nügt, sich darüber ein abschließendes Urteil zu bilden.
Zweifel gezogen werden, denn zwischen den Enthusiasten für die Wünschelrute, das Kartenaufschlagen und das Zahlenlotto von Einst und Heute dürfte gleichfalls kaum ein wesentlicher Unterschied fest- gestellt werden, wenn wir uns auch heute noch so aufgeklärt und unsere «gute alte Zeit» für noch so beschränkt halten!
Die älteste Schrift mögen die Runen auch deshalb gewesen sein, weil sie dem Steinmetz oder Graveur infolge ihres eckigen Cha- rakters für die Einmeißelung am willkommensten waren, daher jene Schriften, welche nur noch eckige Runen gebrauchen, älter sind als jene mit Bogenteilen; doch umging der Graveur auch diese Schwierigkeiten, indem er solche Buchstaben einfach nur punktierte, wie dies z, B. auf den Bronzehelmen von Negau zu sehen ist.
Im Grundzuge der Runen liegt wohl schon die Anlage für die heutigen lateinischen Schriftzeichen, welche sich möglicherweise in Italien entwickelt haben und schon von jenen Völkern stammen, die vor den historischen Römern dieses Gebiet bewohnten, denn Titinus (ap. Festum) erzählt uns, daß jene o b s k i s c h und v o 1- skisch redeten, nachdem sie lateinisch nicht kannten («qui Obsce et Volsce fabulantur. nam Latine nesciunt«). — Überdies sagt auch die Geschichte, daß die Römer fremdsprachige Völker vor- fanden, und wenn deren topische Namen s 1 a v i s c h waren, wer soll dann sonst dort gewohnt haben als — S 1 a v e n !*)
Die Sage erzählt wohl, daß Kadmus von den Phöniziern (Ve- neti!) die Schriftzeichen zu den Griechen brachte; letztere präpa- rierten diese nun ihrem Geschmacke zu, wie die Slaven ihre Glago- lica und Cirilica. und unterscheiden sich diese Alphabete mit ihren äußeren Abweichungen fast ebensowenig oder ebensoweit vonein- ander, wie etwa eine heute moderne sezessionistische Schrift von der normalen Fraktur- oder Lateinschrift: überdies ist die Einhaltung derselben Grundform bei den meisten Buchstaben in den verschie- denen Alphabeten nicht unschwer zu erkennen. — Es scheint auch,
*) In Unteritalien gibt es noch heute ein größeres Gebiet, wo sich eine der kroatischen sehr ähnliche Sprache noch gut erhalten hat; es sind dies wohl die letzten Reste jener Sprache in Italien, die einst aligemein verbreitet war und durch die romanische bis heute nicht vollends verdrängt oder aufgesogen werden konnte. — Auch die bleiernen römischen Schleuder- geschosse tragen lateinische aber auch Runeninschriften, je nachdem sie jüngeren oder älteren Erzeugungsdatums sind.
daß in einer bestimmten Vorzeit das Schreibtn nicht gar so rar war. wie man allgemein annimmt, und w er weiß, ob es zu jeder Zeit so viel Analphabeten gab. wie heute; wenigstens weisen die Papyrus- funde dahin, daß man im alten Ägypten selbst beim Verkaufe einer Kuh eine Bescheinigung, einen kurzen schriftlichen Vertrag ausstellte, wir daher heute trotz alledem noch immer nicht im tintcnklecksend- sten Zeitalter zu leben scheinen. Alles dieses lenkt aber zur Berichtigung unserer dermaligen Ansichten dahin, daß wir uns a 1 1 m ä h 1 i g werden dazu herbei- lassen müssen in Hinkunft mit einer höheren Span- nung der K u 1 1 u r e m a n a t i o n e n der S 1 a \' c n in v o r- d e n k 1 i c h e r Z e i t z u rechnen.
Betrachten wir nun vor allem jene alten M ü n z e n. w eiche bisher gar nicht entzifferte oder unnatürlich ausgelegte Texte tragen. Die Münze bezweckt die Erleichterung des Qüterwechsels. repräsentiert daher überall eine festgesetzte W'erteinheit im Tausch- handel und wird aus diesem Grund seit dem Uranfange auch mit ir- gend einem konventionellen Wertzeichen signiert gewesen sein, um vor Benachteiligung zu bewahren. Daß der Höchste, welcher Münzen herstellen ließ, auch sein Kopfbild, seine Attribute, eine Gottheit, eine Idealgestalt und drgl. darauf zur Darstellung bringen ließ, ist ja naheliegend und natürlich, und haben sich die Münzen (wie Brak- teate) seit dem Uranfange bis heute wesentlich ebenso wenig ge- ändert — was übrigens die Funde beweisen. — als der Hauptzweck der Münze selbst, die doch den Tauschhandel. — denn jeder Kauf ist ja nur der Umtausch einer Ware gegen eine äquivalente Münze — , erleichtern soll.
Vor allem seien jene Goldmünzen erw ahnt, w eiche das unga- rische «Museum Hedervari« verwahrt, und die C. Michael ä Wiczai i. J. 1814 beschrieb mit der Schlußklassifikation, sie seien »barba- rische«, nachdem die Lesung der Aufschrift absolut nicht gelingen wollte. — Im J. 1838 versuchte Franz Bozcek in der Zeitschrift «Moravia« (Brunn) eine neue Lösimg derselben und kam zum Resul- tete. daß dies «slavische Goldmünzen, wahrscheinlich aus der Zeit des großmährischen Reiches seien«. Er entdeckte in der Schrift das
Wort »pegnazeii (cech. und poln. = (ield) und nalini an, nachdem die Münzen den mazedonischen gleichen, daß sie durch Cyrili und Method nach Mähren gekommen seien, oder von diesen hier nach jenem Muster ueitergeprägt wurden, sowie daß die griechi- schen Buchstaben darauf einen slavischen Text darstellen.*)
CiriMY
. Wie die P'iguren zeigen, ist die Aufschrift auf Fig. J9 LErNV und HZ oder Z3, bei Fig. 20 LIEELW und EZ oder ZE.
CHE
Boczek vereinigte nun beide Teile zu einem Worte, und erhielt daraus «pegnazex, wozu er allerdings eine Reparatur vorausgehen ließ, indem er den Anlaut E um 90" nach rechts drehte und das erwünschte \~\ erhielt. — R. Forrer (Jahrbuch der (jesellschaft für
') Henri de la Tour, Atlas des monnaies gauioises, kam der Sache bereits weit näher, indem er diese Münzen als k e 1 1 i s c h-r h ii t i s c h e
bezeichnete, ohne auch die Schrift entziffert zu haben.
lothringische Cu.schichte etz.. 1902) glaubt hingegen, es sei dies ein bedeutungsloses Monogramm. Wieder andere schrieben die Schrift dem rätorömischen Geschlechte Caecina zu. und sei auf der Münze der Name ihres Oberhauptes Ciecinnos, Ciecinus eingeprägt. — An- derseits stellten jedoch Cohen und Babylon fest, daß es bis Ende des 1. Jahrh. kein so vornehmes, für das römische Münzwesen maßge- bendes Geschlecht xCaecina» gegeben habe, sondern es sei eher «Caecilia« zu lesen, aus welchem Qeschlechte ein römischer Münz- meister, namens Anlus Caecilius (um 189 v. Chr.) existiert habe usw., — durchwegs bestgemeinte Vermutungen, die phonetisch der Sache auch nahe kamen, aber jeder natürlichen oder motivierten Basis fernestehen, denn die rätselhafte Inschrift ist kurz gesagt s 1 a v i s c h (wenn man will, auch kelto-rhätisch!) und heißt «en cekin« (= ein Goldstück), wie der Slovene (als «zecchinox auch der Italiener) noch heute jede Goldmünze im allgemeinen benennt. Die phonetische Lesung ist bei Fig. 19 etwa: cegnj, bei Fig. 20: ciekinj. In den mir vorliegenden Darstellungen sind die Schlußlaute recht un- deutlich und entweder von den Originalen ungenau kopiert oder dort selbst schon schwer leserlich.*)
Geht man nun der Etymologie des Begriffes «cekin« nach, so kommt man auf das slavische «sekati" (= schlagen, hauen, hacken), daher auch ital. «zecca« (— Münzpräge), deutsch icZeche« (= Berg- baugesellschaft), und benannte man einst jene aus Gold, — mag dies nun Berg- oder Waschgold gewesen sein — , zu Münzen geschla- genen Stücke (man sagt noch immer: Münzen schlagen) «se- kin, cekin«; daß «ex und «s« in den slavischen Schriften oft wech- seln, ist jedermann, der die slavischen Alphabete kennt, genügend bekannt. — Es hat daher auch keines dieser alten Münzexemplare
*) Eine solche Originalmiinze konnte ich bisher leider weder käuflich erwerben noch leihweise zu Studienzwecken erhalten: alle Angaben sind daher nur auf Abbildungen jener Münzen aufgebaut. — Die Lesung des kCk (oder xg«) als «k» darf weiter nicht irritieren, denn auch der Lateiner kannte kein xk«, umschrieb es daher mit «c«. — Aber auch später machte man keinen genauen Unterschied zwischen iic« und xkn. — Die älteste deutsche Miinzaufschrift (um das Jahr 1170) lautet: Marcgrave Otto (vfin Brandenburg), während zu gleicher Zeit sein Nachbar und Kollege von Köpenick, der Wendenfürst. seinen Münzen slavische Aufschrift gab: .lAKZA COPTNIK CNE. (Jaksa Koptnik knez), wobei gleichfalls «c/ wie vk» regellos als «k» angewendet \\erden.
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dasselbe Gewicht, die gleiche Stärke, noch auch äußerlich eine kon- sequent gleiche Aufschrift, weil sie einzeln und fallweise, je nach Einlauf des Qoldnietails, erzeugt wurden. — Eine solche Münze ist daher schon sprachlich nichts weiter als ein Stück geschlage- nes Gold, also »ein Goldstück«, und gibt es irgendwo eine Münze mit der Aufschrift «en cckinn. die nicht aus Gold ist. dann ist diese eher als Falsifikat anzusehen.
Übrigens mußte bei der Entzifferung gleich von vornherein der Umstand besonders auffallen, daß auf jeder Münze das »tn« g e- t r e n u t steht und sich in einer anderen Lcselage präsentiert, als das folgende «cckinH.
Nun wird es auch leichter den widerlichen Streit, den etliche Professoren, infolge mangelhafter Weitsicht wie Überprüfung, mit den 18 Goldmünzen des Böhmischen Nationalmuseums vom Zaune gebrochen haben, wobei schließlich der arme Wenzel Hanka wieder als Falsifikator herhalten mußte, im Interesse der Wahrheit und der skrupellos geraubten Ehre des Genannten beizulegen.
Diese Goldmünzen (siehe Fig. 21) erwarb Hanka, der ja seiner- zeit diesbezüglich eine vielseitige Korrespondenz führte, von einem Taglöhner aus Tfemosna, 2'A Stunden Gehweges südwestlich von Leitomischl, auf welche letzterer beim Ausgraben eines Baumstrun- kes gestoßen ist, für das böhmische Nationalmuseum.
Den Streit entfachte jedoch namentlich die Auslegung der Auf- schrift auf der zweiten Seite: PACTHCA. welche Hanka (bezw. Boczek) allerdings griechisch als «Rastisa« las und daraus dedu- zierte, es seien Prägungen des großmährischen Fürsten «Rastislav«. — Nun würde es von großer Unvorsichtigkeit, ja Beschränktheit eines Fälschers zeigen, der die eine Seite der Münze damit b3- schreibt («en cekin«), was er selbst nicht lesen und deuten kann, da
er direkt Gefahr läuft als Schwindler entlarvt zu werden, sobald je- mand mit einer positiven Lesung der Schrift auftritt, denn der Be- griff «pegnaze« Itann erst gelesen werden, wenn man auf allen Mün- zen das Q zu PI umlegt, und solche «Druckfehler« wird auch ein prähistorischer Münzwardcin nicht derart konsequent gemacht ha- ben, daß er jedesmal die Stanze gleich beim ersten Buchstaben mit dem gleichen falschen verwechselte oder jedesmal auf die n ä m- liehe Seite verdrehte.
Ich behaupte aber, daß die vermeintliche Schrift »Rastica« fol- gerichtig ebenso lateinische Schriftzeichen habe, wie «en cekin». und als «pasca. pasa« zu lesen sei. — Der beigeprägte behelmte Kopf ist der eines konkreten oder idealisierten Herrschers oder Heerfüh- rers eines Slavenvolkes, vermutlich am Balkan, denn die Ähnlich- keit mit den mazedonischen Münzen, die Einmengung griechi- scher Buchstaben, und der slavische Hoheitsbegriff »pasa« (siehe Artikel: Pasa), wie dort der Statthalter eines "Pascalik« noch heute genannt wird, berechtigen ernstlich zu dieser Deutung.*) — Was hier die Etymologie betrifft, so stimmt diese auch, denn der Südslave sagt ja zum eingefriedeten Weideplatz. Garten ja nicht )ipasai<. son-
') Vergleicht man eine mazedonische Münze (siehe Fig. 22), so sieht man. daß die allegorischen Figuren der slavischen JV\ünzen derber als diese sind, ohschon die Darstellunt; dieselbe ist. Der fjattungsname des Herr-
s jtn
Sehers Ist hier auch beigegeben, und ist «Basileos«. wobei ja auch dasselbe Grundwort »pas. bas» wie hei «Pasa» vorliegt, vermutlich bereits ein aus dem Slavischen übernommener, was darauf schließen läßt, dal; die Prä- gung der slavischen Goldmünzen weit älter ist als jene der mazedonischen.
dem «basca, pasca» (latein. pasciia), daher auch einst analog de; Hohcitsnaine ausgesprochen \\ urde. '')
Im Ans-hlusse will ich, da die Sache doch nicht gleichgültig ist. noch einige Argumente, die für die Fälschung Hankas sprechen sollen und ungeprüft ins Land gerufen werden, natürlich aufklären und entwerten.
Man sagt: weshalb hat Hanka nicht sofort den Fundort ge- nannt; wie kommt es, daß der Pfarrer des Fundortes darüber nichts erfuhr! — Das sind Spitzfindigkeiten, die hier mehr als naiv sind. — Wer verrät denn gerne einen Platz, wo Münzen thesauriert sind, ehe man überzeugtermaßen die letzte ausgehoben! — Man vermutet in der Nähe vielleicht noch einen weiteren Fund, wozu noch einen Mitwisser! — Weshalb muß es der Pfarrer wissen? — Wer kennt das Mißtrauen unseres Landvolkes nicht, wie geheimnisvoll es vor- geht, — zu eigenem Schaden — , w enn es einen Schatzfund gemacht, weil ihm die Fundgesetze leider unbekannt sind, und glaubt, es werde ihm alles vom Fiscus abgenommen werden! — Es wird weiter bezweifelt, wieso Manka auf einmal zu 18 gleichen Münzen kommt, ohne daß er deshalb etwas ausplaudert; doch auch das ist begreiflich: Hanka wollte wieder im Stillen alle diese seltenen Münzen, die der Finder möglicherweise ja schon zum Teile verschleudert hat. für das Museum gewinnen; vielleicht wäre dies aus den Musealrechnun- gen über Ankäufe noch zu entnehmen! — Daß man den Münzenver- vielfältiger Wilhelm Killian als Betrugsgenossen Hanka's heranzieht, ist nicht recht begründet, denn es handelt sich ja hier nicht um die Zahl der Münzen, sondern um die erste Münze, die aber wohl als echt angenommen werden muß, ob sie nun dem oder jenem gehörte. denn s o b a I d m a n von Falsifikaten spricht, muß man auch das Bestehen eines Originales zugeben! — Überdies hat dieses Konsortium ja auch nicht Flunderte von solchen Münzen etwa aus falschem Golde oder aus reiner Gewinnsucht ge- prägt; und der nationalen Eitelkeit kann dies gleich sein, ob man nun 1 oder 18 solcher Münzen besitzt. — Schließlich könnten dann
') Die Anhäufung von Buchstaben für «sc» mag einst dem Schreiber die Kleichen Schwierigkeiten gebiiten haben, wie etwa heute dem Deutschen oder Franzosen, denn für diesen Doppellaut haben die einzigen Russen ein einheitliches Zeichen.
die Münzen im ungarischen Museum auch Fälschungen sein, aber dazu war ein Hanka doch noch zu jung ! Übrigens können doch nicht alle Menschen, welche alte Münzen finden, zugleich Münzenfabri- kanten sein, denn gar so einfach ist die Sache doch nicht!
Weiters wird behauptet, die Herrscher des großmährischen Reiches prägten keine Münzen ( !) und daraus deduziert, daß Hanka's Münzen deshalb gemeine Nachahmungen sein müssen; die Mün- zen sind aber eben nicht vom großmährischen Rei- che, sondern vielleicht 1000 Jahre früher geprägt, können daher keine Falsifikate Hanka-Kilian's sein! Hanka beging gerade selbst unbewußt den Fehler, daß er sie einer Zeit zuschrieb, — eigentlich tat dies Boczek — . die — angeblich — keine eigenen Münzen besaß, wodurch er sich eben verdächtig machte, denn des- sen Lesung «Rastica« ist lediglich eine selbst suggerierte.
Vielleicht wäre es doch korrekter noch einmal, wenigstens auf diese Anregung hin. die Sache zu überprüfen, als alles gewissenlos als eine Fälschung zu stigmatisieren, was die historischen Grund- sätze der Slaveneinwanderung zu erschüttern droht.*)
Sprechen wir nun einmal über die ganze häßliche Affaire die völlig ungeschminkte und nackte Wahrheit aus: Sobald ernste Be- weise des Autochthonismus der Slaven auftauchen, rückt auch schon die Hermandad der Wissenschaft heran, gebietet «Halt« und nimmt die neuen Belege sofort unter ihren Verschluß, w'orauf die Sache wieder bis zum nächsten Anstoße ruht. Ob dabei wirkliche Unwis- senheit oder aber lediglich Mißgunst und Augurentum die Oberhand , haben, darüber herrscht keine volle Klarheit; der Schein sagt aber, daß sich beide ungefähr die Wage halten. Symptomatisch ist es für jeden Fall, daß sich gerade die sla vischen V e r t r e t e r d e r W i s s e n s c !i a f t j e d e r K 1 ä r u n g a u f d i e- s e m Gebiete am energischesten in den Weg s t e I- 1 e n.**) —
") In letzter Zeit hat sich Josef Smolik in der Broschüre: Zlate mince s domelym opisem "Pegnaze» (Prag 1906) wieder bemüht die ganz unmo- tixierten Verdächtigungen gegen Hanka weiter wachzuerhalten.
'"~) In verwichener Zeit stellten sich verschiedene Hochschulprofes- soren gegen mich und beanständeten namentlich meine Berufstellung, wel- che angeblich nicht darnach angetan sei, auf wissenschaftlichem Gebiete Ersprießliches zu leisten. Diese Kritiker übersehen, daß auf den verschie-
Es gibt weiter auch Goldmünzen, welche die Aufschrift kBIATh und kBIATECii tragen. Diese Texte wurden gleich anfangs richtig gelesen und gedeutet, denn «biti, bijati« bedeutet im Slavischen wie- der das Schlagen, die obigen Schriften «biat« und Kbiatec» also das Geschlagene, die Münze. — Ob sich nun dieses Schla- gen darauf bezog, daß die Münze bestimmte Zeichen einge schla- gen erhielt oder daß sie geschlagen wurde, um eine erwün- schte, für den Gebrauch handliche Form — rund oder oval — anzu- nehm.en, ist nicht von tieferer Bedeutung; auffallend ist es aber, daß nicht nur die hier erwähnten Alünzen etymologisch etwas G e- schlagenes. Festes bedeuten, sondern daß dasselbe auch bei ):soldus« der Fall ist, sowie daß der deutsche Begriff )(Münze« (lat. munitus = fest, ital. moneta, monetäre = prägen, schlagen) dieselbe Grundbedeutung hat. Überdies bedeutet das russische «denj- gix (= Geld) auch dasselbe, und hat sich sogar im Deutschen der innig verwandte Begriff ><d e n g e 1 n« erhalten.
Daß aber ein Fürst je xpegnazex auf seine Geldstücke prägen ließ, ist höchst unwahrscheinlich, denn «peniz« bedeutet, wie es die Cechcn und Polen gebrauchen, das Strafgeld, d. i. den Betrag, welcher fallweise für eine strafbare Handlung als Sühne auferlegt wurde, nachdem in der ältesten Zeit meist Geldstrafen verhängt wurden. Dem Russen ist die Geldstrafe xpenja«, dem Lateiner xpo- enax sowie «Pönalex. Hatte aber die Münze nur den Zweck des Strafgeldes und nicht den des Kaufmittels, dann ist sie an sich ein Pasquill auf die Aufschrift, weil ja der Bestrafte zuvor eine solche Münze erst hätte eingehändigt erhalten müssen, — sie erhielt aber diesen Namen eben erst aus der Praxis! — Ebenso ist «dollarn, woraus «Taler« wurde, etymologisch die Schuld für eine Sache (im Lateinischen «dolum«), und gebraucht der Russe noch «dolja« (= bestimmte Abgabe), der Slovene «dolg« (= Schuld im allgemei- nen). Es haben aber auch andere Münzsorten die gleiche sprachliche Bedeutung; so ist der slovenische Begriff «vinar« (= Heller) aus Hvina« (= die Schuld, auch: Grenze) hervorgegangen; die russische
densten Wissensgebieten, namentlich aber bei geographischen Forschungen. die Offiziere meist die ersten Pioniere wie auch Opfer waren und darf ihnen eine gewisse Vielseitigkeit und vor allem die Fähigkeit der Beobach- tung mit offenem, durch Politik und Parteilichkeit nicht getrübtem Auge billigerweise nicht abgesprochen werden.
Silbermünze «grivenka, ii:nvenikn ist ein Reugeld. S ü h n g e 1 d, denn im slovenischen Jargon hat sich das Grundwort «grivati« { = bereuen), «grivengaii (= Reue) in diesem Sinne noch voll erhalten, und war diese Münzsorte wohl auch bei den übrigen Slaven im Um- laufe; so hatte z. B. Wenzel der Heilige jährlich «300 hriven sti'ibra" (300 solche Silbermünzen) als Tribut ans Deutsche Reich zu zahlen.*)
Im allgemeinen zeigen aber die Münzbenennungeu. und nament- lich die Münzeinheiten, auch etymologisch an, daß sie vor allem als Zoll an der Grenze galten, denn dieses ist z. B bei den Mün- zen: Mark. Kreuzer (kraj). vinar, metal, obolus u, ä. unverkennbar.
Erwähnenswert ist noch der «wissenschaftlichen Terminus «Rc- genbogenschüsselchen« für die ältesten Goldmünzen. Ein deutscher Numismatiker glaubte in den Einprägungen und Eindrücken die Ähn- lichkeit mit einem Regenbogen. — tatsächlich ist eine Ähnlichkeit eher mit dem Halbmonde herzustellen — . gefunden zu haben, und prägte nun diese skurile Determination selbst weiter aus, welche sodann unbedacht übernommen wurde, denn Münzen dieser Spezies weisen noch keine Schrift auf. Solche Münzen wurden aber in den verschiedensten Gegenden und oft in großen Mengen an e i n e r Stelle thesauriert gefunden (z. B. bei Bodenbach in Böhmen ein Schatz im Werte von ungefähr 120.000 K). — Wahrscheinlich sind aber die «Regenbogenschüsselchen« nur ein Kleider- und Pferdegeschirr- Schmuck gewesen, wie solchen ja auch der Balkanslave auf sei- ner «torba« (Unihängledertasche), dann auf dem Zaum- und Sattel- zeuge reichlich anbringt, und in ähnlicher Weise auch der Slovake, Russe, Litauer u. a. verwendet. Die Eindrücke auf den Zierbuckeln können zum Teile auch von zufälligen mechanischen Schlägen her- rühren, sind sonach bei dieser Entstehung ganz bedeutungslos. — Dr. Basanovic fand in Südwestrußland wie auf dem Balkan eine Menge solcher knopfartiger Zierrate, denen noch Seide oder Leder- stückchen anhingen; ob darunter auch solche von Gold waren, ist mir nicht bekannt. — Daß dieser Schmuck nur bei den Reicheren aus Gold bestand, ist naheliegend; bei den Ärmeren mußte hingegen
*) Ansonst gilt im Altslavischen «grivria« als Halsband, Spange, d. i. als Frauenschmuck durch Anreihuiig mehrerer solcher Münzen auf einem Faden.
Silber, Bronze. Messing oder Zinn genügen, und sind Funde dieser Art aus den ältesten Nekropolen genug bekannt.*)
Das Vorfinden von Münzen gleicher Prägung an den verschie- densten Punkten beweist aber zur Genüge, daß es einst sehr bedeu- tende Handelsverbindungen gab, daß der Bergbau blühte, daß die Schrift allgemein verbreitet war, und daß die Träger dieser Kultur, die ihre Münzen mit slavischen Texten versahen, doch nur S 1 a v e n gewesen sein konnten. — Es fällt überdies auf, daß sich solche Mün- zen meist an Punkten vorfinden, wo sich sozial höher gestellte Per- sonen aufgehalten haben mußten, also auf Verteidigungsplätzen, Burgbergen, alten Wachpunkten, die noch heute un\'erkennbar sla- vische Namen urrnilitärischer Provenienz tragen, wie: Bodenbach (\od, vodnik), liradiste (wiederholt), Stradonice, Straznica u. ä.'*)
Ansonst möge in dieser Sache die Numismatik im Vereine mit der Sprachwissenschaft weitere Klärung bringen.
*) Die Verwendung solcher Schmuckstücke aus Edelmetall mag früher bei eingetretenem Geldmangel auch Versatzzwecken gedient haben. Ich ent- sinne mich hiebei einer der ältesten Jugenderinnerungen. Die Männer trugen in IJntersteiermark einst an der Veste große, enganeinandergereihte halb- kugelförmige Silberknöpfe. Da sah ich einmal in einem Qasthause, wie ein Mann, augenscheinlich schon in Weinlaune, den obersten Knopf von seiner \\'e.ste abriß und ihn dem Wirte zuwarf mit den Worten: «Noch eine Maß!« — Setzte jener Zecher diese Prozedur so fort, so hat er jedenfalls auch alles «bis auf den letzten Knopf« vertrunken, daher diese Redensart einst wört- lich und bildlich vollkommen berechtigt war.
"') Unter Reserve gebe ich auch meine Ansicht über die sechs ge- stielten Kugeln (bei Fig. 21) frei, die in der Zahl 6 oder 3 auch bei einzelnen «Regenbogenschüsselchenx vorkommen; vielleicht führt die brei- tere Kenntnis derselben doch zu einer positiven Klarung. Ich glaube, daß wir hier das Urbild unserer Adelskronen zu suchen haben. Türkischer- seits wissen wir es noch genau, daß der R o ß s c h w e i f seinerzeit den höchsten militärischen Würdenträgern als äußeres Rang-, wie auch Feld- zeichen galt. Es bestand aus einem von einem vergoldeten Halbmonde her- abwallenden Pferdeschweife, der an einer Stange mit aufgesetzter goldener Kugel getragen wurde. Der Pferdeschweif war jedoch durch Seiden- oder Wolliäden ersetzt, welche entweder wirr herabhingen oder zu einer Quaste \ercinigt waren; die Verlängerung derselben führte dann vermutlich zu Standarten. Wimpeln und Fahnen. — Die goldene Kugel war hohl und ent-
über die Sprachzugeliörigkeit der bisher ungelösten Schriften in Runen, lateinischen, griechischen und altslavischen Zeichen läßt sich aber auch schon ein positives, wenn auch noch kein allgemeines Schlußurteil fällen, denn man kann denselben sprachlichen Text schließlich in jeder Schrift niederschreiben, nur mangeln oft hiezu die erforderlichen Buchstaben, die man daher durch ähnlich bewertete
hielt Steinchen oder jVietallstiicke, w eiche beim Tragen schellenartiges Ge- räusch verursachten und lediglich den Zweck hatten aufmerksam zu machen, daC ein Hoher nahe und daß man den Platz freihalten müsse. — Der Höchste, der Sultan, hatte als Rangszeichen sechs RoBschweiie. die ihm entweder vorangetragen oder im Kriege vor dessen Zelte aufgesteckt wurden; andere hohe Militärs hatten sodann absteigend drei, zwei und ein solches Feldzeichen. Dieses Altrihut wurde nun vermutlich auch auf den Münzen ersichtlich gemacht, und sind die sechs gestielten Kugeln eben die sechs RoBschweiie, das Sjmbol oder Wappen des Prägeherrn dieser Münzen in einer Zeit, die ungefähr 1000 Jahre vor Mohamed liegt. —
Der Anachronismus, der sich hier einstellt, nachdem die Osmanen erst im 1-1. Jahrhunderte n. Chr. in Europa festen Fuß faßten, die erwähnten Münzen aber etliche Jahrhunderte v o r Chr. geprägt scheinen, ist bald auf- geklärt, denn es ist doch naheliegend, daß die Türken als Regierende ihre Münzen nicht mit s 1 a v i s c h e n Texten werden versehen haben. — In der vorchristlichen Zeit wohnten aber als Herrschende die Slaven in Jer jetzigen europcüschen Türkei. Der Grundstock der Bevölkerung besteht da- selbst ja noch immer aus Slaven und bilden die Türken, namentlich solche vom mongolischen Typus, nur einen sehr kleinen Bruchteil der Qesamtbe- völkerung. Den Einfluß über die Slaven gewannen aber später die Osmanen durch die Religion sowie die politisch kluge Organisation einer wohlge- schulten Kriegsmacht und der Gründung des ersten stehenden Heeres, wobei sie den übertritt der Christen zum Islam durch allerlei \'orrechte beschleunigten, die erbliche Dienstpflicht der Soldaten aber mit Einkünften einzelner Dörfer in den neueroberten Gebieten belohnten. Daß sie anfäng- lich dabei die Sprache, Sitten und Gebräuche der Stair.mbewohner schonten und manches übernahmen, um die Slaven rascher für sich zu gewinnen, ist wohl naheliegend. Auf diese Art kamen nun auch die urslavischen Feld- zeichen, sowie das südslavische Wappen — der Halbmond mit dem Sterne — auf einmal in das türkische Milieu. — Die ganze Nomenklatur politischer Richtung ist im Türkischen offenkundig auf das Slavische aufgebaut, ia das Slavische muß in der ersten Zeit als zweite Staatssprache gegolten haben, denn es gibt eine Menge Urkunden aus den Jahren von 1-421 — 1566. die in slavischer Sprache verfaßt sind, und zugleich cen «Turga.'.» (= Sul- tanssiegel) als Zeichen des Originaldokumentes tragen (z. B. in den Archi- ven von Ragusa).
n ÜLin iicücbenen Alphabete ersetzt oder unischreibt.*) — Nachste- hende Beispiele zeigen jedoch klar, daß es weiterhin unmöglich wird die Behauptung zu verteidigen, daß die alten Slaven keine Schrift gekannt oder besessen und deshalb auch keine schriftlichen Denkmäler aus ihrer Urzeit zurückgelassen hätten. Die Gegenbeweise sind entschie- den da, und wenn darunter Steine sind, die seit dem Jahre 79 n. Chr. imter harter Lavadecke in Herculanum und Pompeji ruhten, so war es w enigstens durcli ungefähr 1900 Jahre nicht möglich, daß sie etwa schon ein antiker Hanka gefälscht hätte, denn die Geschichte von heute sagt, daß die Slaven vier Jahrhunderte später kamen, und überdies in Süditalien nie waren. Hof- fentlich werden die folgenden Beweise die Klärung dieses Geschichts- und Gelehrtenirrtums besiegeln.
Es ist aber sicherlich nicht leicht heute den Schrifttext auch einer bekannten Sprache zu entziffern, wie sie vor etwa zweitausend Jahren gesprochen und geschrieben wurde, da man nicht mehr den Artikulationsmodus und die schriftliche Darsteilungsmethode der Aussprache von Einst nachprüfen kann, und bilden namentlich die Zischlaute und die Sibillanten dabei die größten Lösungsschwierig- keiten. Wir müssen uns daher bei den Entziffern n- genandie, wenn auch nicht ganz klare Buchstabie- rung derLautfolge im kleinen einerseits, anderer- seits aber an den logischen Inhalt im großen an- lehnen, denn auch unsere ältesten Vorfahren werden auf einem bestimmten Objekte nur das aufgeschrieben haben, was mit diesem organisch zusammenhängt, wie ich dieses auch an Ortsnamen in tausend Beispielen nachgewiesen habe, denn das entscheidende Machtwort spricht dabei doch immer die Impression!
') Die böhmischen Urkunden und Werke sind durch mehrere Jahr- hunderte hindurch in Kurrent und Fraktur dargestellt. — Bis zum Jahre 1848 gab es in Untersteiermark etliche Volksschulen, in denen die Schüler wohl slovenischen Text schrieben, aber nur in Kurrentschrift, nachdem der Lehrer die lateinische Schrift nicht kannte und nebstbei die Sprache der Schüler nicht beherrschte — die richtigste Methode aus einer Sprache ein Kauderwälsch zu m. achen und der Jugend die Schule zu verleiden!
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Es sei aber hieniit keineswegs behauptet, daß alle vorgefunde- nen Runendenkmäler s 1 a v i s c h e Texte haben müssen, denn ebenso wie wir mit der lateinischen Schrift Lateinisch, Deutsch. Französisch, Magyarisch u. s. w. schreiben, können auch die Runen verschiedenen Sprachen zugleich als Schrift gedient haben. Wir ken- nen doch epigraphische Runenschriften von Rhätien, Skandinavien, Ungarn, Etrurien, Griechenland, Phrygien, Äthiopien, Amerika (Mis- sissippital) u. a., wissen aber nicht, welcher Sprache sie zuzuschrei- ben sind, so lange uns die sprachliche Qesamtdeutung der mühsam entzifferten Einzellaute ein Rätsel bleibt. — Ich kann daher auch in den folgenden Beispielen keine in jeder Richtung unanfechtbare Le- sungen bieten, wohl aber etwas, was durch den Inhalt wie das zugehörige Objekt oder Bild selbstals natür- lich begründet oder doch naheliegend erscheint.
Etruskische Runeninschriften.
I. Bei Perugia (alt: Perusia in Italien) wurde ein marmorner, etwa 1 m hoher und noch etwas breiterer Sarkophag gefunden, in dem mutmaßlich einst eine hohe Persönlichkeit beigesetzt wurde. Auf einer Breitseite befindet sich in Relief eine nackte männliche Figur, welche von fünf Kriegern römischer Tracht gemartert, d. h. lebendig zerstückelt wird. Die sprechende Szene klärt oberhalb noch die Aufschrift «Mutjina krul» — auf, was als «Marterung der KönigSK (oder «des Königs") zu übersetzen ist, denn «muciti« bedeutet im Slavischen noch heute martern, quälen, und xkral, krul» ist: König, Anführer. — Tatsächlich spielt sich in der Geschichte Perusia's eine ähnliche Episode ab, denn im Perusinischen Kriege habe Oktavian am 15. März 40 v. Chr. nach der Kapitulation der Stadt vierhundert vornehme Perusiner, und darunter wohl auch den König, d. h. die Führer, martervoll hinrichten lassen; es ist daher nicht ausgeschlossen, ob diese Darstellung nicht direkte an jenes Ereignis anspielt (siehe Fig. 23), denn die Stammeinwohner Perusia's dürften damals noch nicht latinisiert gewesen sein.
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Die Schrift selbst ist offeni<undig von rechts nach links zu lesen, was daraus erleuchtet, daß alle nichtsymetrischen Schriftzeichen nach links gekehrt erscheinen und den Eindruck machen, als hätte der Graveur hier eine Schriftvorlage zuerst abgedrückt und dann gleich das Negativum ausgemeißelt.*)
II. Auf etrurischem Gebiete wurden zahlreiche Urnen ausge- graben, welche Runenschriften aufweisen. Eine solche zeigt Fig. 24. Sie ist mit der Aufschrift «lacnemi« (= dem Hungrigen) versehen und dokumentiert damit, daß die Urne nicht zur Aufnahme der Asche selbst, sondern als ein Gefäß zum Aufbewahren der Wegzehrung für den Toten diente, sowie meist auch ein weiteres Gefäß für Getränke, dann ein solches für Salben und die Grablampe beigegeben war.
') Umgekehrte Inschriften kommen auch später vor. So besitzt Viska (bei Boskowitz in Mähren) uralte Glocken mit Inschriften, die lange nie- mand enträtseln konnte. Endlich gelang dies dem H. Sloväk (Kremsier). der als Buchdrucker darauf verfiel, es könne die Schrift ein Negativum sein, was dann sofort die Klärung brachte, denn ein solcher Text lautet z. B.: svata marja. matko bozi . . . Der Glockengießer hat den von einem Mön- che erhaltenen U idmungstext aus Unwissenheit verkehrt angebracht, oder lag dies schon in der bestimmten Absicht des Mönches, um die Widmung mystischer erscheinen zu lassen. —
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Auch diese Aufschrift, die der Slovene heute als «lacnemun ausdrüclten würde, zeigt, als hätte der Töpfer sein Modell in den weichen Ton als Negativum eingepreßt, und sowohl Fig. 23 wie 24 lassen die Vermutung aufkommen, daß die Lesung möglicherweise vom Innenstandpunkte, vom Toten ausgehend, gedacht war, oder man schrieb und las in der ältesten Zeit aligemein von rechts nach links. —
Fig. 2i.
III. Beim Dorfe Novi nächst Rocchetta (im alten Etrurien) wurde ein Grenzstein mit einer Aufschrift gefunden (Fig. 25). die auch von rechts nach links zu lesen ist. da namentlich die e, m und n- Laute verkehrt gestellt sind, und «mezu ne munjus« d. h. «ändere nicht die Grenze», oder: «versetze nicht den Grenzstein« besagen will (meza = Grenze, ne = nicht, mungati = mangen, hin- undherschieben). — Für jeden Fall entspricht diese Lesung auch praktisch dem Zwecke und der Absicht desjenigen, der auf ei- nem Grenzsteine eine Warnung anbringen will, welche aber heute nur mehr der Slave versteht, und eine Warnung kann doch nur dem gelten oder gegolten haben, der sie befolgen oder beachten soll, und dabei auch des Lesens kundig ist. —
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Dieser Grenzstein \\urde an einem Punkte ausgegraben, der noch heute in der Grenzlinie zweier Besitzungen liegt.*)
IV. In Italien sind viele antike Metalltassen mit Gravierungen gefunden worden, welche auf der Innenfläche altklassische Mytho-
logiemotive aufweisen, zugleich aber Aufschriften enthalten, die so- wohl lateinische und griechische Qötternamen als auch reinslavische Begriffe wiedergeben. Figur 26 zeigt z. B. vier Personen, die als:
') iiRocchettaii bedeutet im Slavischen: kleine Grenze.
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Laran, Turan, Menrva, Apul — in Runenschrift näher- gekenntzeichnet sind. Die Namen «Menrvax (Minerva) und «Apul« (Apollo) sind allgemein bekannt; «Turan« ist gleichfalls beim Artikel «tur« etymologisch erklärt; «Laran« ist jedoch im Slavischen gleich- bedeutend mit Beschützer, wird aber heute nur mehr für einsn solchen von wertvollen Schriften, also in der Bedeutung Archivar gebraucht. Im Lateinischen sind die «Lares« die Schutzgeister; im Keltischen ist «lar« gleichbedeutend mit Burg und galt auch im Griechischen als identisch (z. B. bei Larissa) mit Akropolis; im
Fio-, 26.
Etruskischen hatte «lar« jedoch die Bedeutung: Herr, Fürst. Herrscher. — Der zugehörige Name ist hier nächst jeder Figur angebracht.
Fig. 21 zeigt gleichfalls drei männliche und eine weibliche Per- son, die mit «Apulu« und «Zemla« beschrieben sind; ein weiterer Name, der sich noch sonst wiederholt vorfindet, ist nicht lösbar, d. h. nicht verständlich (vuvluis?); der vierten, sitzenden Gestalt ist kein Name zugefügt. — Neu ist hier der Begriff «Zemla« (slav. Erde, die fremde Erde, die Grenze) für die Frauengestalt; es scheint jedoch, daß dies die ursprüngliche Form der mythologischen «Semele« — die zu Staub Gewordene — war, wobei der Slave eine überraschende etymologische Übereinstimmung wahrnimmt, denn «zmeljem« (= ich mache zu Staube) «semleti«. rechtfertigt tatsäch-
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lieh den sagenhaften Untergang der »Seniele», denn sie wurde von den Blitzen des Zeus zu Staub verzehrt. — Man muß daraus schüe- ßen, daß die griechische Sage bereits ein posthumer etymologischer
Erklärungsversuch des Namens iiZemla« ist, denn dieser selbst ^\ar in Anbeginne nur der weibliche Hoheitsname des «Sem, Zem«. Es scheint also, daß die griechischen Theogenetiker aus den vorgefun- denen Hoheitsnamen der Urbevölkerung unter Mitwirkung der un- verstandenen sprachlichen Basis ihren Olymp konstruierten, ebenso wie sich der gleiche Vorgang später bei den Germanen nachweisen läßt. —
Fig. 2S zeigt den «Herme« und die «Menerva» iiMenrka« und den Genius oder Engel «Lazax'eku«.
Fig. 29 die
Letzterer Begriff ist wieder slaviscli und bedeutet ulaza«. welcher auch in vielen anderen Verbindungen vorkommt, V e rk ü n- d e r. Ü b e r b r i n g e r, S p i o n, «vijek« = R a t, B e s c h 1 u ß, E n t- scheidung. sonach ist xlazavekun = Überbringer einer Botschaft, Verkünder eines Beschlusses o. ä. und ist in allen bekannten Darstellungen als eine Jugendgestalt mit Flü- geln zu sehen (Verg. Hermes = Qötterbote.)
Fig. 28.
Fi!?. 29.
Fig. 30. stellt Gestalten dar, die — von links nach rechts — als : E r i s, M e n r k a, H e r k u 1, E r i s beschrieben sind. —
Hier fällt besonders der Name «Herkiil» auf, der aber schon beim Artikel »Ormadax behandelt wurde.
Die römische Schwurformal: «me Hercle« (mehercle) ist daher nur die Anführung eines Mächtigen, eines Schützenden, kann aber sonach nicht als reinrömisch anerkannt werden, denn die Form »HecicK weist auch ein etruskischer Skarabäus (Kamee aus Karneol) auf (s. Fig. 31). Die Figur des Herakles ist hier an dem Felle des Kithäronischen Löwen erkennbar; er schlägt mit der Keule den Kyknos, den berüchtigten Wegelagerer nieder; dieses er- fahren wir aus der beigesetzten Schrift «kukneii, was aber auch die Heraklesmythe bestätigt. —
Alle diese Momente lassen den Rückscliaiß zu, daß die ange- führten Namen nicht zufällig mit dem Slavischen zusannnenhän-
gen können, d. h. sie zeigen.daß sie älter sind, als die Zeit der Kultur- b!üte der Griechen und Römer, denn in letzterem Falle hätte man die griechische oder lateinische Schrift angewendet, und gewiß nicht die Runen. Sind also diese Tassen etrurischen Ursprungs, so wohn- ten schon weit früher, als die Römer mächtig geworden sind, S'aven
in Etrurien, und da die bildlichen Darstellungen eine hohe Kunstfer- tigkeit aufweisen, müssen diese Bewohner zugleich eine hohe Kultur besessen haben; ansonst ist es ganz unerklärlich, wie reinslavische
— d. h. einzig nur dem heutigen Slavcn verständliche Begriffe hier eingegraben w orden sein konnten, denn alles Unverständ- liche kann und darf man doch nicht konstant als Fälschung brandmarke n.*) So haben w ir bis jetzt nur
') In der alten, dem IX. Jahrhundert entstaninienden Enzyklopädie xMater verborum« soll auch Hanka zum Schlasworte: «Venus« (dea libi- dinis. cytherea) ein «lada« zugefügt haben, woraus deduziert wurde, daß «Lada» ein gefälschter Originalbegriff für die Liebesgöttin sei.
den griechischen xApolI« gekannt, sehen aber jetzt, daß es schon vor der Bildung der griechischen Theogonie bei den Slaven einen »Apul« in menschlicher Fassung gab, daher er in erstere bereits als fertiger Gott aufgenommen worden sein mußte. Wir wissen auch, daß «keltische« Völkerschaften in vorrömischer Zeit apolloähnliche Darstellungen kannten, denen sie jedoch einen «barbarischen«. Na- men, wie: Belenus. Grannus u. a. beilegten, wobei sich aber wieder der «Zufall« einstellt, daß der Slave als der einzige das klärende Ver- ständnis auch für alle diese Götternamen in seinem Sprachschatze besitzt und daß diese Etymologie zugleich organisch und logisch da- mit im Einklänge steht. — Bemerkenswert ist es überdies, daß alle diese Schriften — ausgenommen den Skarabäus — noch von rechts nach links zu lesen sind, ein weiterer Beweis, daß die Fundobjekte noch nicht unter römischen oder griechischen Kultureinfiusse standen, aber ebenso wenig von den «eingewanderten« Slaven herrühren können, denn diese werden sich bei ihrem vermeintlichen Barbaren- tum, da man sie doch nur als Hilfsvölker und Gepäckträger der Hünen anerkennt, nicht sofort eine eigene Schrift zurechtgelegt und gleich ohne Vorentwicklung eine derartige kulturelle Selbständig- keit geschaffen haben, daß sie alle vorgefundenen Bildungsmittel unbeachtet gelassen hätten. Übrigens rühren viele dieser Funde aus jenen etrurischen Städten her. die von den Römern zerstört wurden, also sicherlich bis zu ihrer Auffindung ohne Unterbrechung vergraben lagen, sonach Fälschungen ausgeschlossen erscheinen. —
V. Eine — angeblich — etruskische Kamee*) (Fig. 32) trägt die Inschrift «sihan, cikan, cihan« neben einer darauf ausgeschnittenen
Ol) nun Hanka das Wort zugesetzt hat oder nicht, ist für die Sache gleich- gültig, da nutzlos, denn trotzdem steht es fest, daß alle Slaven «ladai. für Liebe, Oeiiebte, Verlobte seit undenklichen Zeiten gebrauchen. Dies ersieht man aus den uralten russischen wie südslavischen Volkslie- dern, wo sich der Refrain: «Oj lado. Did Lado« (= o Geliebte) immer wie- deri'olt und sich in.' Igor-Epos (»Slovo o polku Igorevje«), das aus dem 12. Jahrhunderte schon als Schrift rtammt. auch im nämlichen Sinne als: Geliebter. \'erehrer, Gatte, vorfindet. — Die Slaven gebrauchen auch für die Bezeichnung Verlobungsanzeige »Lada«, sowie zum Teile für alles Herzige den Begriff «ladno«. Desselben Ursprungs ist im Englischen die «Lady«, d. i. jene Dair.e. der man ihres Ranges wegen Achtung zollen muß.
') Vergl. das slavische: kamen (-- Stein).
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Bettlerfigur. Die Slaven verstehen unter »cigati, cihati" — auf etwas warten, lauern, also hier : auf Almosen. Der be- sonders aufdringliche Bettelcharakter verschaffte sonach den Z ig e u- nern, welche von den Slaven ja als «cigan, cikan« bezeichnet werden, diesen berechtigten Namen, der sich seine vermutliche Ur- form sonach im Slavischen bis heute reinerhalten hat. — Ebenso ist es aber möglich, daß hier xsiganx vorliegt, wie der Slovene aen schwer Atmenden, den Astmatischen nennt, und wofür auch der Deutsche den Begriff «siech« hat, denn zu betteln pflegt nur jener, der nicht arbeitsfähig ist. Der so gravierte Stein kann sonach einst auch irgendeinem Wohltäter der leidenden Menschheit gew idmet worden sein.
Die Schrift geht hier schon von links nach rechts, ist also augen- scheinlich jünger, als jene der vorangehenden Beispiele, ja die Buch- staben weisen nahezu schon die lateinische Majuskelschrift auf, was also rückschließen läßt, daß sich die Runen nicht aus der lateinischen Schrift gebildet haben, sondern daß dies offenkundig umgekehrt der Fall war. —
Rhä tische Runeninschriften.
Im Jahre 1838 wurde im Zimrnertale (Südtirol) eine kupferne Situla ausgegraben. Dieselbe hat einen soliden Henkel, eine rund- ausgebogene, oben bauchig erweiterte Platte, deren Enden durch eine Reihe von genieteten Nägeln über einander befestigt sind, und eine zweite ähliche, den Boden bildende Platte. Das Gefäß weist eine längere Runeninschrift auf. die zum Teile schon auf dem Henkel, zum Teile aber auf dem oberen Deckelrande in Blei eingegraben ist
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(siehe Fig. 33). Aui dein Henkel steht: Lavisenieli. — Nachdem auf den Oefäßhenkehi erfahrungsgemäß der Erzeugungsort, der Erzeuger oder der Spender ersichtlich gemacht wird, denn in manchen Ge- genden werden z. B. die Tonkrüge noch heute mit dem Namen des Erzeugungsortes, oder wenn sie fest bestellt sind selbst mit dem Namen des künftigen Besitzers versehen, lese ich hier unbedingt den Ortsnamen «Lavis«, denn »Lavis« ist tatsächlich die größte Ort- schaft nächst der Fundstelle. Die weitere Schrift lautet: bugu nu gihiave velpanu del na vinuh ali na kusenku tiri nape d. i. Gott und dem führenden Oberherrn ein Gefäß auf Wein oder als Kost- probe ... ; die Lesung «tiri nape« ist unsicher daher auch für eine A'errnutung zu entfernt. Die Situla ist sonach anscheinend eine Wid-
/ Rand'
Fi=:. 33.
nuiiig der Bewohner \on Lavis an eine hohe Standesperson. «Gihi- ave« ist vermutlich desselben Stammes, wie das französische «gu- iderx (~ führen), wofür die vielen slavischen Verteidigungspunkte wie: Qicin (Jicin), Kicer, Kicerka u. a. Zeugnis geben, daß das Grund- wort einst auch den Slaven geläufig war. — Das wichtigste und prägnanteste Wort in der ganzen Widnumgsaufschrift ist jedoch «velpanu» (dritte Zeile), über dessen Bedeutung dem Slaven wohl kein Zw cifel nahetreten kann. —
Die meisten Runenschriften erhöhen leider infolge des Mangels der organischen \\ortscheidungen in der Darstellung auch die Lö- sungsschwierigkeiten und mahnt auch dieser Umstand zur steten Vorsicht bei den Deutungsversuchen.*)
') Wie falsche Trennungs- und Darstelluiiffsarten irreführen können. zeige folgendes Beispiel. — Vor etlichen .Jahren brachte eine große Tages- zeitung die Notiz, der Türke wende hiufig den fatalistischen Spruch «neb o>-sse« an. Die gesamte üelehrtenwelt müßte dieser Darstellung ratlos ge-
Germanische Runeninschriften.
I. Auf der bei Freilaubersheim ausgegrabenen Kleiderspange befindet sich auf der Innenseite eine Runeninschrift, von der bisher nur die letzte Zeile gelöst ist, da sie für den Slaven keinerlei tieferes Studium erfordert ; sie lautet : B o z o v r a e t r u n a, d. h. Bozo ritzte die Runen ein. — Es ist dies selbstredend eine Art Dokument, wer die vorausgehende Widmung in die Spange gravierte, ähnlich \\ie auch der Maler, Bildhauer oder Erzgießer zu seinem Namen an irgend- einer Schlußstelle noch sein «pinxit, sculpsit« oder «fecitn am ferti- gen Werke anbringt.
Die Germanisten kamen nun sonderbarerweise zu gleicher Translation des Textes, nur mit dem Unterschiede in der Behauptung, daß dieser deutsch sei, was man aber deshalb bezweifeln nuiß, w eil iivraet" der altslavische Aorist von xvriti« (eingraben, einritzen) ist, und wenn auch das einfache Verbum «riti« identisch und phonisch gleichlautend ist mit dem altdeutschen »ritan« (= ritzen), so ist aber hier die Zusammensetzung mit "v« (slav. = in, hinein), einer aus- schließlich slavischen Präposition, doch für die deutsche Provenienz unhaltbar, und wird darüber, wenn einmal der übrige Textteil ent- ziffert ist, das maßgebende Schlußwort für jene fallen, welche sich zur slavischen Texterläuterung dermalen noch skeptisch verhalten.
)iBozO)i (von )(bog)i oder «voz» = der Führende, voziti = führen) ist wahrscheinlich gleichbedeutend mit I^ r i e s t e r, der die Spange gravierte und weihte, denn ebenso wie die Waffen der Männer wurden einst die Gürtel, Spangen und sonstiger Schmuck der Frauen zuvor geweiht, che sie zur ernsten Vcrvertung kommen sollten; sie galten als wertvoller Familienbesitz und wurden schon als eine Art Devotionalien erworben, wofür noch heute bei .Kirch- w^eihfesten und berühmten Gnadenorten genug Analogien zu finden sind. — Überdies galten die Priester und Mönche beim Landvolke
geniiberstehen, denn der Spruch ist vor allem gar nicht türkisch, sondern rein slav i seh, welchen aber der slavisch sprechende Türke in der Form »ne boj se» (= fürchte dich nicht) tatsächlich oft gebraucht. — Ich hätte in jener exotischen Schreibvveise auch niemals die Sprachzugehörigkeit und die Bedeutung erkannt, wenn ich beim Lesen jenes Artikels nicht zugleich festgestellt hätte, daß der Verfasser in dem Irrtume lebt, der Moham- medaner im Reichslande spreche türkisch, was aber eben nicht zutrifft.
seit vielen Jahrhunderten bis in die jüngste Zeit als die einzigen IC Schrift-Gelehrten».
Wäre aber nun «bozo vraet runa« — deutsch, dann stamint die Schrift aus einer Zeit, als deutsch und slavisch noch identisch war, doch da ist es w ieder sonderbar, daß sich hiebei die slavischen Formen, — trotz aller Unterdrückung des Slavischen — , gramatisch unverändert richtig bis heute erhalten haben, während im Deutschen dies absolut nicht zutreffend oder nachweisbar ist. Angenommen jedoch den Fall, daß die Deutschen wirklich einmal so sprachen : wie kommt es nun, daß die im 5. Jahrhun- derte einwandernden Slaven schon genau so spre- chen, wie es auf der erwähnten Spange steht, nach- dem sie ja nicht deutsch sprachen! — Rührt aber die Schrift aus der Zeit nach der Einwanderung d e r S 1 a V e n her, dann ist sie u m s o m e h r slavisch, als sich das Deutsche zu dieser Zeit mit der slavi- schen Sprache doch nicht mehr deckte; haben aber die Slaven das Deutsche aus dieser Zeit übernom- men. dann gäbe es heute kein Slavisch, und dieses läßt sich doch auch nicht wegleugnen!
Nun ist aber ein analoger Schlußpassus in anderer Form, aber gleicher Bedeutung auch auf anderen »germanischen« Runendenkmä- lern zu lesen, wie z. B. auf dem Stein von Varnum: »runoh varitu« = . . . hat die Runen geritzt; ein andermal, wie z. B. auf dem Steine (Grabsteine?) von Tune auf der einen Seite: «vorah to runotc" = derBeschützer(Priester!)hatdiesgeritzt; auf der anderen Seite : iivoduride» = Meisterritzer (analog un- serem: Schriftenmalermeister). Einen ähnlichen Text haben auch die Maeshover Inschriften, wo zu lesen ist: »pisar*) (oder: tisar; tesati = meißeln) runar» = Runenschreiber, Runenmeißler. Bei allen die- sen Beispielen wird aber die deutsche Sprache — im heutigen Sinne — doch schwerlich ihre Paternität nachweisen!
II. In Pommern wurde ein kleiner Tonkopf gefunden, der unten mit einem kurzen fünfseitigen Prisma endet; auf jeder Seite ist ein Buchstabe eingekerbt; überdies auch ein solcher am Scheitel. Man
') Plsatl - schreiben. — Im .Assyrischen heißt der beschrie- bene Tonzylinder auch «pisanu», d. i. das Geschriebene.
weiß nun nicht, wo man zu lesen beginnen soll, um einen Sinn heraus- zubekommen; beginnt man aber bei ~| (g), liest nun ringsherum, so erhält man das Wort "glavnu" oder iiglavny«, wodurch man sofort orientiert ist, denn die Kopffigur stellt jedenfalls das vor, was die Schrift sagt : das Oberhaupt, den Führer oder irgendeine die Hauptrolle spielende Person, analog wie wir uns die Fäusten von
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Herrschern, von großen Feldherrn, Dichtern, Musikern usw. anschaf- fen. — Einen ergänzenden Wink für die slavische Lesung dieser Runen gibt uns auch der Umstand, daß der Tonkopf in jenem Pom- mern gefunden wurde, welches bis vor mäßiger Zeitfrist noch ganz slavisch war.*) Der Tonkopf befindet sich jetzt in Berlin.
") Zur obigen Lösiiiiy und Erklärung führte mich H. Sloväk In Krem- sier, ein hervorragender Archiiologe. welcher auch an den Fortschritten dieses Werkes stets das lebhafteste Interesse bekundet hat, wofür Ihm an <lleser Stelle aufrichtig gedankt sei.
Slavische Runentnschriften.
Unicr Jicsem litcl WLicicn jene Cenkmäier mit Runenschriiten zusammengefaßt, deren Provenienz man bisher den Slaven beließ, bezw. deren Lesung zu i<einen sprachlichen Zweifeln führte. Hiezr j;ehörcn:
I. Auf dem Smrcnik, einem der liöchsten Punkte des Kremnitzer- Gebirges in der Slovakei wurde i. J. 1861 durch Paul Krizko auf Grund von märchenhaften Erzählungen der Unnvohner ein etwa 15 langer Stein mit der in der Abbildung (Fig. 35) ersichtlichen Schrift entdeckt. Eine glaubwürdige Entzifferung des Textes gelang bis jetzt niemandem, wenigstens so weit dies bekannt wurde. —
Mein Versuch den Text zu erklären, gab folgendes Resultat: «rubi chury kryje mugila«, d. h. «Die Grenze des Berges bedeckt das Grab«, was tatsächlich stimmt, denn dort läuft die Komitätsgrenze und dort übersetzt auch der Weg. welcher Kremnitz mit Neusohl in der kürzesten Linie verbindet, das Gebirge. Ob sich daselbst auch ein Grab befand, ist heute schwer zu entscheiden, da sich nach dem Bekanntwerden des Schriftfundes sofort habsüchtige Leute fanden, welche den Stein von der ursprünglichen Stelle verschoben und dort herumgruben. — Die Begriffe: rub, hora, kryti, mugila — sind jedem Slaven bekannt. — Das äußerste Zeichen rechts ist augenscheinlich
ein «s«. doch ist die Bedeutung einstweilen niclit bekannt; niögliciier- weise gehört es aber noch zu «niugila« also: nnigilas. Als höchstes oberstes Zeichen ist ein Kreuz angebracht, worüber ein Zweifel be- steht, ob es eine sakrale Bedeutung hat. oder ob es die Kreuzungs- richtung der Grenze mit dem Karrenwege andeutet. Für jeden Fall ist dieser Stein in erster Linie ein (j r e n z s t e i n, und damit dieser pietätvoll behandelt, also nicht verrückt werde, diente er allenthal- ben zugleich als (irabstein für eine daselbst oder auf dem nahen Velestur. Hradek oder der Divci skala im Kampfe gefallenen Krieger, denn alle diese uns schon bekannten Namen zeigen an, daß sich auf diesem, mit einer ungewöhnlich weiten Aussicht nach allen Seiten gewährenden Punkte, einst ein w ichtiger Wach- oder Verteidigungs- posten befimden haben muß. — Ebensogut ist es aber möglich, daß hier überhaupt kein Grab war. sondern daß der Stein ausschließlich als Grenzstein diente, denn der Slovene \'ersteht unter «muga« auch die Grenzlinie, den Grenzstreifen für sich, daher die Inschrift auch als: "die Kante (die Krete, die Kanmilinie) des Gebir- ges deckt der Grenzstreifen« gelesen w erden kann, zumal dies auch heute noch zutrifft.
Diese Inschrift konnte noch \on niemandem als eine Fälschimg erklärt werden, weil liiezu bisher die \'orhedini,fimg der ersten Lö- simg fehlte.
II. Auf dem höchsten Pimkte des Kremnitzer-Gebirges, «Velesturn genannt, w urdc vier .lahre später eine Kuneninschrift auf einem Fels- blocke, gleichfalls von Paul Krizko entdeckt, wozu ihm sagenhafte Erzählungen der Bauern den Impuls gaben.*) Die beigegebene Figur .36 zeigt die Inschrift selbst, die schon Krizko lautlich richtig unter Zuhilfenahme \oii Kollär"s iiStaroitalija Slavjanska» (Wien, 1853), welches Werk die verschiedenen italischen Kunenalphabete enthält, entzifferte, jedoch zum großen Teile unrichtig deutete. Der Text lau- tet: «Prjechach silian od morane zrumich kremenitju te turu i vsia grada i bje gode po turu dvjestje te osemdst« — d. h. «Es kam der Silleiner von der Grenze, zerstörte Kremnitz und Tur, sowie alle Burgen und alle befestigten Punkte im Turgebiete an ZSÜ.«
') Krizko fand bei dieser Gelegenheit auch noch auf einem schiefer- taiclartisen Bruchstücke eine Runenschrift, die aber weiter textlich nicht von BedeutunK ist. weil erst üas fehlende Stück eine ;.,'laubwiirdige Lesun.ic ermöKlichen könnte.
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Dieser zur Oey:Lnd vollkomnien passende geschichtliche Text ist vor allem deshalb \on hohem wissenschaftlichen Werte, weil er umfangreich ist. daher die meisten Laute des Alphabets enthält und
überdies für etliche meiner längst vorausgegangenen etymologischen Begriffserklärungen, wie: inorana, tur, god — die Bestätigung er- bringt, daß dieselben schon in jener Zeit richtig ausgelegt w urden, als mir diese Inschrift noch völlig unbekannt war.
Der obige Text bildet für das Verständnis des Slaven sonach keine besonderen Schwierigkeiten, nanienthch wenn er folgendes weiß :
Kprjechacli" ist der Aorist von «jehati« (= kommen, marschie- len) mit der Präposition "pri« (— zu. bei), welche aber z. B. der Slovene als npr«, also mit dem stummen «e« in gewöhnlicher Rede gebraucht ;
«Silian» ist der Machthaber, der Herr von Sillein an der Waag. Ganz ähnliche, ja lautlich sich nahezu deckende Texte kann man im Slovenischen vom »Celjan«, d. i. dem »Cillier«, dem Grafen von Cilli, in den alten Chroniken lesen. Sillein befindet sich am linken VVaagufer, also nicht im Tur-Komitate;
wKremenitju, turu, grada, niorana, god« (unter «Chodw) sind im II. Abschnitte etymologisch erklärt;
«tC'i bedeutet dem Slo\-enen wie Kroaten «und«, welche Par- tikel sonach auch bei den Slovaken früher im Gebrauche war;
«bje« ist offenkundig ein Schreibfehler, wobei eben das «Sk ausgefallen ist. was aus dem (jesamttexte: «i vsia grada i vsje («b» wird zugleich als «v« ausgesprochen) gode« deutlich hervorgeht.*)
") Die beiKegebene Karte bietet hiezu eine nähere geographische Ori- entierung über den Zug des nSilian» von Sillein über Turöcz-Szt. JVlarton nach Kreninitz. Sie zeigt weiter, wo sich der Runenstein befindet (7 km ONO von Kreninitz); überdies soll sie beweisen, daß die militär-technischen Vorsorgen der Bewohner dieses Gebietes zwecks ihrer Sicherheit sehr be- deutend waren, denn gerade die Erwähnung dieses konkreten, wenn auch geschichtlich nicht näher aufgezeichneten Vorfalles, drängt uns doppelt die Bestätigung auf. wie außerordentlich gerüstet unsere Altvorderen gegen gegnerische Einfälle waren. — Das große Brandschatzungsgebiet ist hier nur im Maße 1 : 200.000 dargestellt, daher die «godi» zuiu großen Teile nicht ersichtlich gemacht sind; immerhin zeigen aber die zahlreichen ver- teidigungstechnischen Namen, die hier r o t unterstrichen sind, deutlich, daß es hier viele größere und noch mehr kleine befestigte Punkte gab, welche im erwähnten Gebiete ganz gut die für den ersten Augenblick über- raschende Zahl von 2N) erreichen konnten, da schon auf der Generalkarte des Turocz-Stz. Marton Komitates alleiti an 80 solche Punkte festgestellt sind. Dem ist aber weiters zuzufügen, daß abgesehen von der noch aus- ständigen etjinologischen Entkernung der übrigen auf der Karte erwähnten Ortsnamen, zahlreiche ergänzende Belege namentlich die Katastralmappen bieten.
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Der Konsequenz halber wurde auch dieses slavische Runen- ütnknial gleich \\ ieder als eine Fälschung bezeichnet, ja sogar schon i. J. 1865 von mißgünstigen Gegnern zerkratzt, was jedoch den wissenschaftlichen Teil nicht weiter stört, da rechtzeitig mehrere (jypsabklatsche angefertigt wurden.
Für die Fälschung spricht nichts, gegen dieselbe Folgendes;
a) Der Entdecker Paul Krizko wurde erst durch Erzählimgen der Bauern, daß es auf dem Veiestur nicht geheuer sei, daß dort gcheinmisvolle Zeichen eingegraben seien, daß man dieser Stelle ausweichen müsse u. ä.. auf die Schrift aufmerksam gemacht;
b) ist dieses unzutreffend, dann ist es \v idersinnig, wenn Krizko die Schrift selbst eingeritzt hätte, daß er dann nicht weiß, was sie besagt, denn er las sie wohl lautlich richtig, aber seine Erklärung derselben ist unrichtig, da er folgenden Te.xt ermittelte: «Es kam der Silian vom Norden, zerstörte Krenmitz und Tur und alle Bur- gen; es war dies 280 Jahre nach dem Tun«, wobei namentlich der den Zeitpunkt ergänzende Satz weder dem Texte entspricht, noch sonst etwas besagt. Es ist aber doch anzunehmen, daß der Fälscher einer so umständlichen Arbeit etwas aufschreibt, was er vor allem selbst versteht, denn es wird doch niemand eine sinnlose Kratzerei auf einem \ier Stunden Gehweges entfernten. 1266 ni hoch im Ge- birge befindlichen Felsen vornehmen;
c) will jemand Moderner etwas aus eigenem oder nationalem Ehrgeiz in historischer Hinsicht fälschen, so wird er wohl einen Text wählen, der einen Forschungseffekt bilden soll; diese Inschrift erzählt uns allerdings ein lokales Ereignis, läfit uns aber in Bezug auf die handelnde Person, namentlich aber betreffs des Zeitpunktes vollkommen im Unklaren; ja, der Entdecker rechnete autosuggestiv damit, daß die Zahl 280 eine Jahreszahl sein müsse;
d) den Fälschungscharakter vernichtet aber vollends der Um- stand, daß im Texte Begriffe, wie: morana. god. tur — vorkommen, deren Bedeutung der Fälscher selbst nicht versteht, die aber jetzt durch diese toponomischen Klärungen, welche übrigens der Kenntnis dieser Felsinschrift weit \ orausgegangen sind, zeigen, daß sie in dieses Milieu voilkonmien passen, beziehungsweise gerade dadurch deren richtige Etymologisierung bestätigt wird.
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Für jeden Fall ist es bedaiierücli, daß alle diese Auf- und In- S(.-hriften, -• es ist die Existenz vieler weiterer im Lande bei<annt — . keine für die Vorgeschichte selbst orientierende Daten bieten; im- merhin ist aber ihre Existenz allein ein l<räftiger Beweis der hohen Kultur wie der intensiven militär-politischen Vorsorgen der Altsla- \en jener (legend, denn w ahrscheinlich ist es, da auf dem Velestur jedenfalls ein wichtiger, ständiger Wachposten etabliert war, daß die Felsinschrift daselbst die Diensthabenden wie auch die Vorüber- gehenden stets an die Yv'achsamkeit und die gewissenhafte Pflicht- erfüllung erinnern sollte, damit sich das einstige Unglück, das der «Silian« über diese Gegend brachte, nicht ^\iederhole.
III. Einen ununistcißlichen Beweis, daß auch die nordischen Slaven die Runenschrift kannten und anwendeten, bieten die soge- nannten, jetzt im Museum zu Neu-Strelitz aufbewahrten «gottes- dicnstlichen Altertümer der Obotriten zu Rhetra«. — Wie aber alle Belege für das historische Alter der Slaven gewohnheitsmäßig vor- erst als Falsifikate erklärt zu werden pflegen, so war es auch hier: man will herausgefunden haben, daß sie Fälschungen eines Qelb- gießers von Neu-Strelitz selbst seien. Doch diese Verdächtigung ist nicht nur unbegründet, sondern geradezu albern, wenn schon nicht boshaft, was leicht bewiesen werden kann, denn:
a) ist bis jetzt nirgends etwas annähernd Gleiches gefunden worden, und zum Falsifikate gehört doch ein Original;
b) ist es bekannt, wo und unter weichen Verhältnissen der Fund in der Zeit von 1687 — 97 gemacht wurde, wie ebenso, daß er erst i. .1. 1769 aus der Dunkelheit gezogen und über Anregung des Herzogs Carl von Mecklenburg-Strelitz endlich einer wissenschaft- lichen Beachtung teilhaftig wurde;
c) wird sich kein Gelbgießer dazu hergeben etwa 50 verschie- dene Figuren, noch dazu fast jede mit einer anderen Metallnüschung, nach den oberflächlichen Beschreibungen der mittelalterlichen Schrift- steller, wie: Saxo, Helmold, Adam v. Bremen u. a. zu modellieren und zu gießen, sodann durch den Edelrost zersetzen imd schließlich auf gut Glück zu vergraben, ganz abgesehen von der kostspieligen künstlerischen Leistung;
d) handelt es sich bei jeder Fälschung doch um die Frage, wer hiebei ein ix)siti\'es Interesse hat, denn wollte jemand \or etwa 150
Jahren die Kcniitiüs von der alten Kultur der Slaven verbreiten und beweisen, daß die Slaven im Norden auch die Runenschrift ge- brauchten, so mußte er doch die Runen der südlichen Slaven kennen, um das Märchen glaubwürdig zu machen; damit wäre aber indirekt bewiesen, daß \\ enigstens die Slaven im Süden die Runen anwen- deten. Übrigens besaß man zu dieser Zeit noch eine hohe Meinung von der siavischen Kultur, wie die zeitgenössischen Schriftsteller beweisen, es war daher damals kein zwingender Grund, den Nimbus durch Pälschungen zu erhöhen. — Oder soll ein Gelbgießer nur mit divinatorischer Eingebung oder gar zufällig Runeninschriften auf den Bronzefiguren augebracht haben, die nun sonderbarerweise den spä- ter ausgegrabenen Fundstücken mit etruskischen Runen sehr ähn- lich und textlich nur dem Slaven verständlich sind? Woher hatte nun der Mann diese Wissenschaft, denn bis heute glaubt niemand, ja nicht einmal irgendeine s 1 a v i s c h e Akademie daran, daß die Ru- nen je eine slavische Schrift waren! Und trotzdem weisen die Sta- tuetten, die mit starker Patina überzogen sind und wohl viele Hun- derte \"on Jahren in der Erde lagen, zum dargestellten Gegenstande immer die richtigen textlichen Kommentare in Runenschrift auf;
e) wen schließlich diese Vernunftsgründe nicht überzeugen, der sei auf Dietmar v. A^erseburg (geb. 975) ver\\'iesen, der selbst als Domkapitular erzählt, daß er Götzen zu Rhetra. welche mit Runenschriften versehen waren, mit eigenen Augen gesehen habe, und diese Angabe kann doch keine Phantasterei gewesen sein, da Götzen solcher Art daher sicherlich \'orhanden waren, sonach we- nigstens im Laufe der verwichenen 1000 Jahre nicht gefälscht, son- dern höchstens vervielfältigt worden sein konnten. — Von den ver- schiedenen «Götzen zu Rhetra« wird zum Beweise hier «Radegast (Radegost, Ridegast)«, wie diese Statue allgemein gekennzeichnet wird, dargestellt (Fig. 37). Die Vorderansicht zeigt eine Menschen- gestalt nüt einem Löwenkopf; auf diesem sitzt eine Gans: auf der Brust ist ein S t i e r k o p f dargestellt. Auf der Vorderseite finden sich wohl Schriftzeichen vor. die aber einen bis auf «cern . .« nicht mehr verläßlich lesbaren Text aufweisen; hingegen sind auf der Rückseite (Fig. 37b) deutlich von oben nach unten zu lesen: »Radegast, Beibog (Belbocg*) und «Rjetra«. also etwa in der Be-
*) kQk schrieb man früher am SchluBe eines Wortes ziemlich allge- mein als KCg«; z. B. Krinnewecg» (= Rennweg i. J. 1259).
deutiing : K r i c y s li e r r, Überführe r. B e s e h ü t z e r. Diese drei Qottnanien sind älinlieh aufzufassen, \\ ic etw a Zeus oder Jupiter, deren einheitiieher Person die verschiedensten Funktionen, wie:
Donnerer, Beherrscher der Welt, Beschützer der staatlichen Ord- nung, Schirnier des Rechtes u. a. übertrafen waren.
Man nimmt meist an, daß diese Statuetten den alten Wenden als Feldzeichen dienten. Diese Verwendungsart hat jedoch, wenig- stens in unserem heutigen Sinne, w enig Wahrscheinlichkeit für sich.
da die Figuren kaum 20 cm Höhe erreiehteu, uud hatten die Aus- uehinungen am Boden w ahrscheinlich nur den Zweck des Erzerspar- nisses. Hingegen ist es glaubwürdiger, daß sie eine Art Devotionalien oder Talismane waren, welche man im Kampfe mit sich trug, die aber dann an einer hervorragenden Kultusstätte, vernuitlich in einer
Art Schatzkanmier. anaUig wie dies z. B. in Maria Zell, Lourdes. Czenstochau, Kazanj u. a. der Fall ist, aufbewahrt wurden. — Hiebei fällt es auf, daß es sich hier schon durchwegs um symboHsierte Dar- stellungen der Eigenschaften von Hoheitspersonen handelt und nicht mehr um das menschliche Original selbst, was nur beweist, daß zwisclien der Zeit des irdischen Wandels des Originals und dessen
bürgerlich-kriegerischer Benennung bis zu dessen Qottwerdung, ja bis zur völligen Transsubstantation in attributive Symbole eine sehr bedeutende Epoche liegen muß. Hingegen haben andere «Radegast«- Figuren derselben Sammhuig noch menschliche Gesichtszüge; ja ein anderer »Radegast«. wie ihn Saxo Grammaticus bildlich über- liefert hat. Aveist \\ohl auch die Attribute des Stierkopfes und der Gans auf, zeigt aber sonst eine proportionierte kräftige Mannes- gestalt, die überdies mit einer Hellebarde ausgerüstet ist (Fig. 38).''0
Die erwähnten wGötzennamen« beglaubigen von neuem die vorausgeschickte Entstehung der Hoheitsbegriffe, denn die «Götzen « von Rhetra geben uns nur Wiederholungen von längst bekannten Namen der alten militärischen Hierarchie, wie: vod. vodia. \odaka. heibog. cernibog, mita, svantc\'iti u. ä. —
Es ist hier wühl nicht der Platz für eine ausführliche Bespre- chung der Altertümer zu Rhetra, innnerhin sei aber an dieser Stelle Folgendes zur Klärung der gangbaren Ansichten über jene nieder- gelegt. — Vor allem ist der Begriff «Rhetra« (auch «Rethra«), wo- runter man ausschließlich eine Stadt N-erstehen will, richtigzustellen, denn dem anlautenden R folgt kein stummes «h>< (als Rune) sondern ein halbtönendes «j« (bezw. «i«), denn auf einer anderen Figur der- selben Provenienz ist noch die Schreibweise «Rietra« angewendet, ein Beweis, daß die Entstehung der Figuren gar nicht aus gleicher Zeit und von gleicher Hand stammen muß, sondern daß sie nur eine Sammlung verschiedener Weihobiekte bilden.**) Aber auch Tiethmar v. Merseburg (t 975) wie Adam v. Bremen (t 1076) schreiben den Namen schon nicht mehr phonisch richtig; ja. sie wußten damals schon nicht mehr, daß die Aufschrift «Rhetra« auf den Statuen eine Hoheitsperson oder (jottheit bezeichne. Hingegen erzählt aber Tieth- mar, daß im Gau der «Redarier« eine Burg, namens «Ridegast« ge- standen sei, was jedoch wieder zeigt, daß dies zuerst nur eine Kenn- zeichnung für einen Verteidigungspunkt bezw, dessen Befehlshaber
'■) Dieses Bild findet sich aber schein in Conrad Butlui's «Chrnneken der Sassen aus dem .lalne ll.l?; wolier sie wieder dieser hatte, weiß man weiter nicht.
**) Die Schreibweise »Rhetra« eiitstamnu nur der falschen Lesung des altslavischen Schriftzeichens «H«. das aber niclit als «li» sondern als «i« galt. —
war. später aber zum ansscliließlichen Oottesbegriffe imigewertct wurde. Hiezu bildet aber gerade der Name »Rjetrax ein .Analogoii. Es gab einst bestimmt eine als Zufluchtsstätte hergerichtete Höhe und Ansiedlung in jener Gegend, die «Rjetra hieß, denn daselbst be- finden sich tatsächlich noch immer der »Rhetrerberg« sowie die Wälle der «Rhetrerberge». — Übrigens gebrauchen wir fortifika- torische Begriffe dieses Stammes noch heute, denn imser «redan« (= sägeartiges Befestigungswerk), xredoute« (= Schreckschanze) und «reduit« (= enger befestigter Raum) sind in jeder Hinsicht ver- wandte technische Bezeichnungen. Die «Redarieri- waren sonach die Wächter und Verteidiger solcher Punkte, und versteht der Südslave unter «redarx noch immer den Schutz- oder Wach- mann. Der höchste Befehlshaber wurde aber mit der Zeit zum Heroen «Rjetra« (= Befreier. Erlöser. Retter), wodurch es klar wird, weshalb «Rjetraic auf den genannten Skulpturen fortgesetzt mit anderen zweifellos slavischen Qötzennamen vermischt vor- kommt, es sonachindiesem Milieu absolutkcinOrts- n a m e sein k a n n.")
Daß sonach die Slaven in Süden wie Norden die Runenschrift kannten und sich derselben bedienten, darüber kann kein Zweifel mehr bestehen, und zeugen hiefür. wenn man schon den alten Schrift- stellern, wie z. B. Adam von Bremen, nicht glauben will, doch die noch sichtbaren Rimendenkmäler. dennesgehtdochnicht weiter an alle diese Belege immer kurzweg und ausschließlich als Fälschungen zu brandmarken, um sie unter dieser Prämisse als B c w c i s o b i e k t e dauernd fernhalten zu wollen! —
') In inilit;irjscher Hinsicht erw iihnensw ert ist noch das Attribut der Oans. die allen narstelhmiten des -Radegast« bcigeKeben ist — Die (laus ist außerordenthch empfindlich jjetcen ungewohnte nächtliche Geräusche und gibt ihre Empfindungen durch ein andauernd bedächtiges, jedoch mit der fortschreitenden Gefahr zunehmendes Gackern kund. Es scheint nun. daß dieser \ogel einst den \\achdienst in Eortifikationen gegen nächtliche Über- fälle ergänzen mußte, nachdem der Mensch hiezu doch nicht vollkommen verläßlich ist. der Hund jedoch seinen Dienst zu lärmend besorgt. Die Gänse, welche das Kapitolium durch ihr Geschnatter vor dem iJberfalle durch die Gallier retteten, dürften daher eine bewußte Ergänzung des Festungswach- dienstes in Rom gebildet haben. — Ob sich sonstwo in der Kriegsgeschichte eine ähnliche Bestätigung vorfindet, ist nur bisher nicht aufgefallen.
Man saRt überdies, dal.i zum mindesten die Schrift bei den Rhetra-Statuetten eine spätere Zutat sei, weil sie sich so gut leser- hch erhalten habe; doch auch dieses ist natürlich erklärbar, denn der Graveur oder Runenschneider hat sich zur Anbringung der Schrift eben die glattesten Stellen ausgesucht, da es sich dort leichter graviert, wie über Falten; solche Stellen unterliegen aber auch we- niger der Oxydation, da sie meist stärker gehalten sind als die ein- oder ausspringenden Flächenteile; es ist sonach auch die Annahme für die teilweise Fälschung nicht begründet. —
Die Riiiienalphabetdenkmäler.
Man glaubt allen Ernstes, daß viele Runendenkmäler lediglich Runenalphabete darstellen, welche man daher nach ihren Anfang- lauten als «fudark« kennzeichnete. Nun ist aber diese Annahme an sich höchst unnatürlich, denn daß jemand einen Grabstein zur Fibel machen A\ird, oder daß man auf Münzen, wie auf den sogenannten Brakteaten vor Tiörkö und Vadstena, — eigentlich sind diese schon als Frauenschmuckmünzen anzusehen — , auf denen im Mittcischilde auch eine heraldische Figur angebracht ist. ein Alphabet einge- graben haben wird, ist auch höchst unwahrscheinlich. Übrigens ent- wciret sich «fudark« als Alphabet-.Analogon durch «Wodan"s Runen- kunde« der Edda selbst, denn keine Sprache hat zwei grundver- schiedene Alphabete in denselben Schriftzeichen; außerdem werden in einem Alphabete von 16 oder 18 Buchstaben nicht z. B. zwei «a«-Laute aufgenommen sein, wie hier; jedoch am beweiskräf- tigsten ist die Lesung dieser Aufschrift selbst, die ohne spitzfindige Lautänderungen auf dem Brakteat vom Tjörkö besagt: uvudjar y hnias«, also: Führer und Fürs t.*) - - Es ist kaum anzunehmen,
') Ich fühle wohl, daß der Leser gerne an dieser Stelle behufs Nach- prüfung der gebotenen Runentexte die nötigen Runenalpliabete beigegeben finden würde, doch ist dieses, abgesehen von der Verteuerung des Werkes und dem Umstände, daß ja Faulmann («Das Buch der Schrift»), Kollär, W. Orimm, Wimnier, Frisch u. a. eine melirw eniger entsprechende Orientierung bieten, schwer durchzuführen, da die Runen ebenso von jedermann indivi- duell angewendet wurden, wie sich ja auch unsere Handschriften bei glei- chem Texte niemals gleichen, es daher auch eine Anzahl von Buchstaben- formen gibt, die für die bildliche Darstellung sehr viele Tabellen erheischen würden. —
dal.-l it iMünzen mit der Absicht und dem Nebeiiz\\ ecke geprägt wur- den, um auf diesem Wege die Schriftkunde zu popularisieren, denn jeder Münzherr hat bis jetzt auf seinen Münzen ausnahmslos nur entweder seinen Namen, seinen Titel, sein Bild, sein ^^'appen, eine Allegorie oder die Wertzifier der Münze ersichtlich gemacht, abge- sehen davon, daß sich einst die Münzen schließlich auch in den Qeld- säcken der Reichen vereinigten, die meisten Menschen sonach kul- turell davon nichts haben konnten.
Es handelte sich hier durchaus nicht darum, gleich alle Runen- denkmäler mit Hast und üew alt entziffern zu wollen, vielmehr soll hiemit nur wieder der Beweis erhärtet werden, daß die Slavcp u n m ö g 1 i c h E i n w a n d e r e r s i n d. Allerdings wollte ich nebst- bei hiemit den Runenschrift-Interessenten den Wink geben, es mit der Enträtselung auch einmal auf slavischer Sprachbasis zu versuchen, zumal alle Exkurse in andere Sprachgebiete bisher negativ endeten.
Dichtung und Wahrheit in der Wissenschaft.
In der w isscnscliaftUchen Deutiiiii;' vieler NaturvorKäii^fe findet man oftmals eine Interpretation, die sich nur durch die konstant ur- teillose, Ktdani<enträge Nachbetung konsolidieren konnte, welche aber schon einer einfachen, ungezwungenen und ungekünstelten Nach- |irüfung sofort weicht, wie der Morgennebel der Sonne. — Nachste- hend werden einige solche, schon zu Axiomen gewordene Satzungen erwähnt, um paralelle Beweise vorzuführen, daß auf die nämliche Art, Mie die Vorstellungen von der alten Barbarei, der Entstehung der Rassen, der Keligionssysteme, der Pfahlbauten u. a. eine ab- schliefknde Erklärung gefunden haben, die aller logischen Naturvor- gänge spottet, auch die geschichtlichen Konklusionen über die V ö 1 k c r w andern n g. das Auftreten der S 1 a- \' e n auf de r W c 1 1 b ü h n e. ja die g a n z e c t li n o g r a p h i- s c h e Wissenschaft des Altertums zum großen T e i- 1 e n i c h t s w e i t e r a 1 s P h a n t a s i cg c b i 1 d c s i n d, w e I c h e w o li 1 D i c h t e r n a 1 1 e E h r e m a c h e n. a b e r h e i d e r S u c h e nach der Wahrheit schonungslos ausgeschaltet w e r d c n m ii s s e n.
So dürfen wir uns schon einmal in Bezug auf. unsere Kultur- fortschritte nicht \'on einem Orößenwahne befangen lassen, denn der Einfluß der Kultur auf die Massen ist. namnitlicli in ethischer Bezie-
hung. kein so tiefgreifender, daß wir von profunder Umwertung der Erziehungserfolge sprechen konnten, und obwaltet in den ärmsten Klassen, dann in den von Kulturzentren entfernten Gegenden noch heute ein Zustand, der von dem vorgeschichtlichen gar so wesentlich nicht abweichen kann: ja der natürliche Kunstsinn, der dem urwüch- sigen Bewohner innewohnt, ist entschieden im Rückschritte, weil sein Bedarf durch die billigere Massenerzeugung der Stadt weniger mühevoll wettgemacht werden kann. — Betrachten wir uns nur den in der Einöde wohnenden Herzegowzen oder Albanen ärmster Ka- tegorie! — Alle Kulturgegenstände, die wir in alten Gräbern finden, besitzt er auch; die vitalen Bedürfnisse als: Milch und Fleisch bieten ihm die paar Ziegen und Schafe; in einer Karstdoline wachsen auch einige Krautköpfe — sein Gemüse — , die meist der Überwinterung im Freien Trotz bieten; aus der Wolle seiner Haustiere erzeugt er sich selbst seine Kleidung und färbt sie mit echten, sehr haltbaren Naturfarben; die Kleider sind im Sommer, den Wärmegesetzen ent- sprechend, fast durchwegs weiß und meist tadellos rein gehalten: von einem Nacktgehen ist keine Rede; die Bekleidung richtet sich ganz nach der Jahreszeit und dem Klima; daß er dabei praktischer und hygienischer vorgeht, als der Kultumiensch, darüber ist kein Zweifel, denn er bleibt dabei gesund, weil er sich konstant der Natur anzupassen trachtet. Er genießt keine schädlichen Getränke, lebt sehr mäßig; kennt weder Diebstahl noch geschlechtliche Ausschweifun- gen; er baut sich selbst seine Hütte und erzeugt sich selbst seine Hausgeräte;*) sogar sein Musikinstrument ist samt Besaitung meist sein eigenes Fabrikat. Er besitzt hohen Familiensinn; bei Krankhei- ten bedarf er weder des Arztes noch der Apotheke, und seine Haus- arzneimittel sind durch viele Jahrhunderte wohlerprobt, wenn sie auch dem Ferncsteliendcn wie Roßkuren aussehen.'*) — Er kennt
') Ks mangelt uns heute meist die VorstelluiiK, wie ieniand aus einem Handstücke Syenit, Jadeit, Nephrit oder Eklogit eine Axt mit der Aus- nehinung für die Handhabe ohne mechanische Hilfsmittel herstellen könnte: diese \'orstellung ist aber deshalb eine falsche, weil wir dem Urmenschen keinen Hausverstand und praktischen Sinn zumuten, daher glauben, daß er keine niechanisch-technischen Vorteile kannte, was eben ein Trugschluß ist. "") So wird z. B. der Scharlach bei Landleuten folgend behandelt: seknetener Töpierton wird teisartig ausgewalkt und das fiebernde Kind in denselben eingepackt. Hat die Hitze den Teig hart getrocknet, so wieder- holt man die Prncedur. bis das Fiber aufhört. Nach drei Tagen wird angeb-
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keine Frömmelei; sein Gebet ist äulierst l\urz: Totscliläse oder ]V\or- de sind eine jjroße Seitenlieit tmd gehen meist aus religiösem Fana- tismus cder den Begriffen über die Blutrache, nie aber aus der Hab- gier oder Aikoholwirkung hervor. — Kretins sind eine grofk Selten- heit, ebenso Krüppel; allerdings stoßt das Naturleben alle jene Ob- jekte vom Leben aus. welche den nötigen Widerstand nicht auf- weisen können. — Und dieses alles ohne Schule! Und doch ist der Naturmensch mit einem großen Mausverstande begabt und besitzt einen Stolz und ein Selbstbe%\ußtsein. die aber durchaus in keinem Mißverhältnisse zu seiner Situation stehen, denn er ist einmal ein freier Mann seiner Berge und fühlt sich stets als Krieger, daher auch seine große Liebe zu schönen, prunkhaft verzierten Waffen, da er außer Ffause stets in voller Manneswürde, also reich bewaffnet, auftritt. — Und welcher bewunderungswürdige Naturkunstsinn ist in diesem Volke geborgen, Axas uns in beschämender Weise dessen Er- zeugnisse an herrlichen Spitzen, schöngemusterten Teppichen, feinen Schafwollgew eben (bez)*) und stilvollen, der klassischen Ornamen- tik gar nicht nachstehenden Muster bei Einlegearbeiten dartun, denn alles dies ist aus dem kräftigen Natursinne für Schönheit, Ebenmaß und Zartheit ohne Fachschulen, Wanderlehrer, Museen und Aus- stellungen hervorgegangen. — Der Urmensch kannte auch die Schrift, also lesen und schreiben, wie uns die alten Steine und Funde \on Metallgegenständen beweisen; wir kennen wohl die Hierogly- phen und die Tonbibliothek von Babylon, sind aber heute leider noch
lieh jedes Kind gesund ohne weitere Folffeerscheinuiisen, die den Scharlach zu begleiten pflegen. Vielleicht steckt in dieser Heilmethode doch etwas, worin dieselbe der modernen voraus ist; zum mindesten ist dies ein ver- kürztes Verfahren bei gleichem Schlußerfolge.
*) Unter Bez-Qeweben versteht man die zarten, durchsichtigen üe- webe aus Schafwolle, oft mit Seidenfäden durchzogen, welche aus der Haus- industrie am Balkan hervorgehen. Der Name »bez« ist alt und sachlich wie sprachlich mit »Byssos« der Alten identisch, worunter man kostbare Ge- webe verstand; die römischen Damen übenützten es zu Festkleidern und Haarnetzen, es mußte also sehr zart und durchsichtig gewesen sein. — Der Slovene keinu noch die «bize». die aus der Hausleinwand erzeugte w'eiße, weite Hose mit Fransen. (Bez, vez slav. = Gewebe, Gebundenes.) — Ob bei den alten Bjssos-Gew eben auch Muschelseide verwendet wurde, ist weiter gegenstandslos, denn es handelt sich stets nur um die technisch fertigen Gewebe.
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nicht so weit den Inhalt dieses uns Znnächsthegendcn voll enträtselt zu \\'issen.
f:s jribt nocli heute \'ölkerschaften. die nur noch den Tausch- handel kennen. Hingegen erzählt schon Moses, daß es bereits zu .Abrahams Zeiten GeFd und Münzen gab. Der jüdische Geschichts- schreiber Josephus behauptet sogar, dalJ es Geld schon vor der Sint- flut gegeben, und war Kain der erste Bergmann; er war an Eisen und Kupfer reich, und sein Enkel Tubal-Kain habe ihm Rüstungen und allerlei Waffen erzeugt; letzteren nennt Moses deshalb auch schon einen Meister in allerlei Erz- und Eisenerzeugnissen.
Man behauptet auch, daß der Urmensch äußerst abergläubisch war; auch dieses erscheint nicht stichhältig, denn der Urmensch, der alles natürlich sieht, erlangt bald die Erklärung über etwas, was ihm die jahrelange Beobachtung ununterbrochen vor die Augen stellt. Ich erwähne hier nur die \'orkehrungen des Naturmenschen gegen Blitzschlag, der nicht erst eines Prokop Divis oder Benjamin Franklin bedurfte, um sich einen Blitzableiter zu konstruieren; man pflanzte sich einfach zu seiner Behausung eine Pappel, Linde. Fichte. Tanne, Lärche oder Eiche (niemals eine Buche, weil es in diese er- fahrungsgemäß nicht einschlägt), damit der Blitz durch die höhere Spitzenwirkung von der Hütte abgelenkt werde. Noch in meinen Knabenjahren hörte ich bisweilen die Kritik, ein Bauernhaus, das nicht einmal einen hohen Baum als Blitzschutz besitze, gelte als vcrw ahrlost und minderwertig. — Die eigentliche Anregung zur Kon- stiuktion von künstlichen Blitzschutzvorrichtungen dürfen sich die zwei erwähnten Erfinder wohl auch aus der Beobachtung der kon- kreten Maßnahmen des Naturmenschen geholt haben.*) Und heute? Der Wert des natürlichen Blitzschutzes durch Bäume hat seine tra- ditionelle Unterbrechung erfahren und die künstlichen Blitzableiter schafft man sich nicht an; bestenfalls wird gebetet, wenn ein schwe- res Gewitter losbricht. — Was leisten wir aber heute in der »aufge-
') BiitzschiitzvorrichtunKeii gebrauchten aber auch schon üie Ägypter ]5(M) .lahre v. Chr., deiui wie die Tcmpelauischriit von Kdfu (Oberägypten), sowie sonstige Pjlonen- und Obeliskeiiinschriften bestätigen, brachte man Blitzableitungsstangen neben und Kupferspitzen auf den Obelisken an. um so die Skulpturen vor der Zerstörung durch Blitzschlag zu schützen. — Ebenso kannten den Blitzableiter die Irider und die Juden, wie lic ' ■ Schriften erzählen.
klärten« Zeit an Aberglauben, Kurpfuscherei, (lesundbeten? Die Wünschelrute geht noch herum, wie im finstersten Mittelalter; die Weissagung, Ciieiromantie. Sterndeuterei und das Kartenaufschla- gen soll noch für so manchen Charlatan eine eintragliche Erwerbs- quelle bilden! — Wenn unsere Vorfahren heute aufstünden und nur die Vcrw ertung des W e 1 1 e r 1 ä u t e n s und W e 1 1 c r- Schießens beobachten könnten ! Ihnen w aren dies noch phonische Signale für die Umwohner, wenn ein feindlicher Einfall drohte; heute soll aber irgendein verrosteter Mörser mit aufgesetztem Schall- trichter Wunder Nvirken und den Hagelwolken Halt gebieten, w enn es auch naheliegend ist, daß die ganze Artillerie der Welt kaum im Stande ist, einem hohen Wolkenzuge auch nur eine mikrometrische Derivation zu geben. Und solche Ansichten über Naturvorgänge und Naturkräftc tragen heute ernsten Charakter in den Köpfen der «de- bildeten«, und verdunmien das sonst natürlich denkende Landvolk.
Der Aberglaube steht ursächlich mit dem Elend der ärmsten Volksschichten, welche sich stets eine Umwälzung zu Besserem auf mystschem W(.ge erhoffen, im organischen Zusanmienhange; der Naturmensch bedurfte jedoch dieser latenten Erlösung nicht, da er materiell allzeit glücklicher situiert und dabei weniger verwöhnt war, deim er besaß vor allem seine eigene Hütte und eigenen Boden, war also frei und unabhängig, und bot ihm die Natur im Anschluße an sein eigenes Zutun auch unentw egt das notwendige, wenn auch äußerst bescheidene Existenzminimimi.
Fragen wir uns nun auch, ob heute wohl ein Prozent dar ganzen lebenden Menschheit die Zusammensetzung der Bronze, die Gewinnung des Eisens, die Herstellung des Glases kennt; die eiser- nen Pflugscharen, die man aus dem Laibacher Moor ausgegraben, zeigen einen unvergleichlichen Fortschritt gegen den heutigen Bauer in der Herzegowina, der noch jetzt kein Stück Eisen am Pfluge oder Wagen kennt; die in den verschiedenen Nekropolen vorgefundenen Qürtelschießen und Situlae mit Reliefarbeiten sind weit kunstvoller, als sie auf dem Balkan heute von den einheimischen Gold- und Silberschmieden erzeugt werden können. Wie viel Arzneipflanzen kannte ein jedes Bauernweib noch vor einem Menschenalter, die heute nicht mehr ein zünftiger Pharmaceut kennt; die (jeologie ist oft in Verlegenheit ein Gestein bestinmiter Struktur zu determinieren.
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aber ein alter Winzer weiß hiefür sehr dctailHerte Unterschiede und nennt alle Abstufungen der Gesteine seines Weingartens mit zu- treffenden, altererbten Namen, die aber leider schwinden, weil die Theorie auf allen Linien die Praxis verdrängt. — Auf Morinje. einem unheimlich öden Weidegebiete in der Herzegowina, findet man alte Gräbergruppen, mit &) — 70 Ein-Block-Qrabsteinen in sol- chen Dimensionen. dalJ jede Erklärung mangelt, wie diese Kolosse hieher geschafft N\urden, da es keinen Fahrweg gibt, und wer sich hier begraben ließ, da nach allen Weltrichtungen hinaus viele Kilo- meter weit keine Ansiedlung anzutreffen ist. .A^ber die Erklärung hiefür ist eben die, daß sie aus jener Zeit stammen, als die Gegend noch nicht so abgeholzt und kahl, daher begehrenswerter war.*) Der grimmigste Feind des Waldes war wohl der Bergbau, und eben diese wichtige Kulturregung trug zugleich den Keim des eigenen Verder- bens in sich, nachdem für die Feuerung der Schmelzöfen ledigl-ch Holzkohle benützt wurde, daher man mit den Öfen wanderte, sobald in einem ge%\issen Umkreise das Heizmaterial aufgebracht ^\■ar; die Steinkohlenfeuerung im Montanbetriebe ist aber noch eine relativ junge Errungenschaft; überdies dachte hernach niemand an eine ra- tionelle Wiederaufforstung, daher solche Gebiete zum nunmehrigen Karstbilde werden mußten.
Auffallend ist es auch, daß die meisten montanistischen Fach- begriffe sowie die zahlreichen Daten über den Bergbau, so schwierig auch derselbe ist. ein ehrwürdiges Alter aufweisen.
Man stößt in Obersteiermark, Salzburg, Kärnten und Tirol auf ungezählte alte Bergbaue. In den Mitterbergalpen bei Bischofshofcn sind reiche Kupfererzfundorte vorhanden, ^\•o inan noch auf alte Stollen kam. Auf den außen sichtbaren Halden hat man festgestellt.
'~) Die Ansicht, daß auf diese \\ eise die nBora« (richtiger «Bura«) ent- stand, ist eine landläuiii;e Fabel, denn sie wird schon bei Homer als der scharfe Nordwind '5 n o / a i.- erwähnt, welcher aus dem unvermeidiiciien Ausgleiche der Luft in der Alpenzone mit der Seeluft hervorgeht. — In den waldlosen Ebenen Nordasiens herrscht gleichfalls der gefürchtete kalte Wind, Kburian« genannt. — .Iciies Morinje wurde aber einstens als Grenzgebiet auch gut gesichert, denn dies beweisen eben die niilitär- technischen Namen : Pandurica. Djevojacko-. Svatovsko grebije u. a. da- selbst: an diesen Punkten fanden einst blutige Künipfe statt, aus welcliem Grunde auch die Grab-Monolithe zum groMen Teile Skulpturen kriegerischer Richtung zur Schau tragen.
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daß hier der Bergbau auf einer Höhe vun 15UU ni betrieben wurde; außerdem öffnete man hier viele Gruben, deren Verhaue nicht einjjc- stiirzt sind, in denen man noch die Schlögel- und Eisenarbeit ersehen kann. In diesen Verhauen hat man nicht nur vom Gestein mit Kraft abgesonderte Erzkhimpen gefunden, sondern auch eine Anzahl von Kienfackehi. Holzbühnenbestandteile, hölzerne Tröge, kupferne und bronzene Schlögel, w eiche von den einstigen Bergleuten herrühren. Es sind sogar Steingeräte zum Vorschein gekommen, die zum Auf- bereiten der Erze gebraucht \vurden. — In der Nähe der Gruben sowohl wie auch entfernt, in der Mitte des Waldes, stößt man auf Ruinen von Schmelzöfen: auf einem Platze fand man einen ganz wohlerhaltenen Schmelzherd. — In den hohen Tauern kamen, als ein Gletscher teilweise abschmolz, an der Stelle Ruinen von Knap- penhäusern und alten Bergwerkstollen zum Vorscheine.
Die außerordentlich reichen Funde an Gold-. Bronze- und Eisen- gegenständen aus der prähistorischen Zeit bestätigen daher direkte, daß der Bergbau einst ganz bedeutend gewesen sein muß. daß die Kenntnisse der Metallmischimgen (Bronze), die Zubereitung der Roh- stoffe, die technische Gew andtheit und Vielseitigkeit in den Mustern. die Modellierkunst (z. B. Strettweger Opferwagen. Nordendorfer Schmuck) auf einer hohen Stufe standen.*)
Das sattbekaiintc Bezweifeln, als hätten die alten Bewohner unseres Erdteiles — ausgenommen die Griechen und Römer — keine eigene rechtschaffene Kultur besessen, ist eine natürliche Ungerech- tigkeit, denn jede Kultur ist. sobald sie diesen Namen trägt, nichts
■) Eine vermutlich mehrere Tausend Jahre alte, im (iräherielde zu Watsch (Krain) gefundene Schußverletzung zeigt uns bereits die einstige geniale Erfindungsgabe in der Konstruktion wirksamer und gefährUcher Waffen. Dort wurde ein Oberschenkelknochen ausgegraben, in welchem auf 2'5 cm eine dreikantige, mit grüner Patina bedeckte Bronzepfeilspitze einge- keilt war. Das Projektil, rückwärts mit einer runden Öse, anscheinend zum Mineinstecken des l^ieilschaftes versehen, durchschlug glatt die Knochen- rinde und ragt in die Markhöhle hinein. Das glatte, nicht splitternde Durch- schneiden des Knochens zeigt einerseits von der großen Durchschlagskraft und der enormen .Anfangsgeschwindigkeit, andererseits aber auch von einer der modernen Präzisionsarbeit ebenlnirtigen .Ausführung, denn die Spitze ist haarscharf und nirgends deformiert oder scl;artig. weil das Geschoß s c li o n nach .Art unserer S t a h 1 b r o n z c gehärtet w a r.
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weiter als eine Sammlung des Kulturschuttes aus allen Zeiten und Welten, welche umsobesser ausfällt, je größer die Auswahl und je rigoroser die \\ ahl ^\ar.
Es darf uns daher nicht befremden, daß z. B. die alten Völker des Alpengebietes in der Gewinnung des Eisens sehr bewandert waren, wenn wir lesen, das selbst bei afrikanischen Negerstämnien eine eigene Eisenindustrie vorgefunden wurde, die es auch verste- hen in primitiven, kegelartigen Lehmgebilden das Brauneisenerz zweckentsprechend zur Schmelze zu bringen. Desgleichen ist es fest- gestellt, daß die Herstellung des Eisens zu Stahl schon längst vor unserer Zeitrechnung bekannt war, und wenn (nach der Genesis) Tubalkain als der Stammvater der Schmiede gilt, so muß doch der Bergbau und die Kenntnis eines wenigstens primitiven Hochofen- betriebes unbedingt w eit \orausgegangen sein.
Es ist aber auch Tatsache, daß viele Schriftsteller die Slaveii als die ältesten Bergleute in Europa bezeichneten, und bringe ich hier nur jene Stellen an, die schon Jan Kollär in seinen «Erklärungen zu SIävy dcera« (1S32) älteren deutschen Schriftstellern entnommen hat. So sagt Henze (Gesch. des Fränkischen Kreises, p. 96): «Früh- zeitig legten sich die Slaven auf den Bergbau. Die ergiebigen unga- rischen Bergwerke wurden von ihnen erfunden, die böhmischen er- hoben sich jedenfalls sehr bald, und unsere Voraltcrs in ausnehmen- der Blüte gestandenen Bergwerke stanniien wahrscheinlich \on ihnen her. Weil die Sla\ en die ersten waren, welche sich mit dem Bergbau vorzüglich beschäftigen, sind noch so viele slavische Wör- ter im Bergbau gebräuchlich, als: Flötz. Kuks, Kies. Kipricht. Schacht. Schwaden. Kobalt, Schicht. Seiffen. Späth. Stollen. Meiler u. s. w.K — Herder (Ideen. T. IV. 1792, p. 37) sagt: «In Deutschland trieben die Slaven den Bergbau, verstanden das Schmelzen und (jießen der Metalle«. — Adelung (Vorw. zu Thanis böhm. Lex. Prag 178S, p. 5) schreibt: «Wir finden den Bergbau, die Handlung und ■nanche mechanische Arbeiten bei den Slaven sehr frühe im (jange i'.nd zwar früher als in dem mittleren und nördlichen Deutschlande, welches sich nicht schämen darf, manches in diesem Stücke \on den Böhmen erlernt zu haben. In dem südlichen Deutschland ist der Bergbau unstreitig ein Überbleibsel der römischen Kultur; allein in dem mittleren und nördlichen ist er allein Ansehen nach ein Ab-
köiiimling der Slavisclien« — Isis (18X2, Heft 5. p. 1) führt an: »Cie Slavcn taten sich sehr frühzeitig im Berg- und Hüttenwesen hervom.
Diese Urteile deutscherseits, die meist nicht weiter diircli ein- leuchtende Beweise fundiert sind, seien nastehend als berechtig dar- gelegt. Vor allem haben alle Oebirge Europas, sow eit sich deren Ety- mologie verfolgen läßt, slavisclien Ursprung und sind gerade jene Gegenden, welche einst Berg- und Hüttenwerke hatten, umso reicher an slavischen Namen topographischer Richtung. Man vergleiche nur die erzführenden Gebirge in Siebenbürgen, Nordungarn, Schlesisn, Böhmen, Steiermark. Tirol, Schweiz, Pyrenäen. Apeninnen u. s. w.
— Einen weiteren, sehr massiven Beleg gibt die Prüfung, ob die bergtechnischen Begriffe, wie sie zuvor angeführt wurden, tatsächlich slavischer Genesis sind, w as aber zutrifft, denn der Slave hat für jeden Begriff den lautlich verwandten w e i t k ü r z e r e n, daher pri- mären Ausdruck, wohingegen der römische und deutsche im Wege der Übernahme und Anpassung länger geworden ist imd meist schon durch imgewöhnlichen Klang das Stigma des Fremden an sich trägt.
— So wurde aus dem Slavischen »cad» (= verdorbene Luft) das vom Plinius II. (Historia naturalis 1. XXXIV) erwähnte «cadniium« im Deutschen zu iSchwaden«; der scharlachfarbene Traubenkobalt heifit bei Plinius »brotrytis" ; der Slave nennt den roten Farbstoff "broc«: «Scharsach" ist dem Deutschen der weiche Stahl, dem Sla- ven «zarica« d. i. das Eisen aus der Rotglühhitze, aber auch »Schar- lachic; das «cassiteron« gilt schon Homer als Helnmietall; der Kroate nennt aber den Helm "kacida«; auch die Käferfaniilie «Cassidae« hat diesen Ursprung, nachdem sie sich mit ihrem unverhältnismäßig großen Halsschilde den Kopf vollkommen deckt: «kok, kolk« (spr. kuk) bedeutet dem Slaven «einen Teil des erzhaltigen Berges, d. i. den ideeilen Anteil an einem Bergwerke, im Deutschen als «Kuks« benannt: zik, deutsch «Schicht«, zeigt eine schwache Erz- oder Kohlenmächtigkeit an: «scoria« (bei Plinius) bedeutet Schlacke; im Slavischen bezeichnet dies die K r u s t e. welche sich an der er- starrenden Schlacke bildet: sip (= Geschiebe) d. Seifen u. s. w., alles Begriffe, denen besonders ein sprachlich gebildeter Bergtech- niker nähere Beachtung widmen könnte.
Es fällt auch auf. daß das Rasieren schon eine sehr alte Sitta ist. luid scheint es schon in uralten Zeiten Mode gewesen zu sein, die
(iesichtsliaare zu entfernen. Die Marniorstatuc des babylonischen Königs David, der nm das Jahr 4500 v. Ch. zu Adab regierte, stellt denselben glattrasiert dar, indes die Könige um das Jahr 3000 v. Chr. schon mit gekräuseltem Barte dargestellt erscheinen. Es muß also zu jener Zeit schon der Stahl bekannt gewesen sein, wenn die Haare damals, wie dies zum Teile bei den Orientalen noch heute, nicht auf chemisch-mechanischen Wege entfernt wurden, wogegen aber dessen Ausrüstung mit dem Schwerte spricht.
Es gibt überdies eine Menge anderer Dinge, die sich dem unbe- einflußt beobachtenden Laien oft wesentlich anders bieten, als sie wissenschaftlich erklärt werden. Ich führe hier nur meine Ansicht über die Pfahlbauten an, die ich bei den Studien der Bodenbe- schaffenheit in verschiedenen Gegenden gewonnen, und glaube, daß man der P f a h 1 z e i t eine bei weitem nicht zukommende Bedeutung seitens der Archäologen zumißt, weil man hauptsächlich die Moor- f u n d e eingehend studiert, nicht aber die Möglichkeiten und Prämis- sen, w i e diese Gegenstände dahin gelangt sein konnten. Sobald man aber in einem Moore eiserne Pflugscharen, Bronzeschmuck, kera- mische Produkte, Zerealien, Hopfen u. ä. findet, muß man annehmen daß die «Pfahlbauern« seßhafte Leute waren, die unmöglich auf dem Wasser gelebt haben konnten, und halte ich folgende Hypothese für w'eit natürlicher. Wohnte jemand an einem See oder im Inunda- tionsgebiete, so erbaute er sich seine Wohn- und Wirtschaftsge- bäude derart, daß er dem Hochwasserstande zugleich Rechntmg trug, also auf Pfählen; und diese erhielten später, durch die ^'er- änderungen des Wasserspiegels, erst den Schein von Wasserbauten.
Daß der Mensch direkte auf dem See gewohnt und dort den schwierigen Pilotenschlag ausgeführt hätte, ist sehr unwahrschein- lich, denn schließlich mußte er seine Herden, also seinen Lebensnerv, doch auf dem Festlande hab cn. und die sogennanten «Pfahlbauern« w^aren, wie die Funde aufweisen, sowohl Ackerbauer als Viehzüchter. Daß ^\•ir aber heute die Phähle unter dem Wasser finden, hat einen ganz anderen Grund. Alle Seen mit Pfahlbauten sind von Bergen umgeben; der Wasserspiegel des Sees steigt aber allmählich, wenn ein natürlicher Abfluß nicht vorhanden ist. weil die Erosionsprodukte der Atmos- phärilien, das Alluvium, den Boden des Sees stetig heben: der Mensch mußte daher öfter mit seiner Hütte bergwärts weichen und
sich eine neue Unterkunft schaffen. Bei allen Naturvölkern be- obachtet man aber, daß sie das Material der alten Wohnstätte aus Aberglauben wie aus praktischen Gründen (z. B. Wanzen) nicht mehr zum Neubaue verwerten; so z. B. in der Herzegowina; entsteht ein Hausbrand, so wird — auf dem Lande — gar nicht gelöscht; die Ruine bleibt, wie sie aus dem Feuer hervorging, und der Besitzer siedelt sich nahe davon von neuem an; daher stammen auch am Balkan die auffallend vielen Hausruinen. Wo das Baumaterial teuer ist, findet es allerdings wieder Verwertung; hier wird es aber nie- mand beifailen. die festgekitteten Bausteine lösen zu w ollen, da sich ja neue Bausteine im unangenehmen Überflusse daneben befinden. ebesow enig wie jemand in einer holzreichen Gegend etwa einen tief im Seegrunde steckenden Pfahl ausgraben wird, da er sich einen besseren Ersatz .w eit müheloser im nahen Walde verschaffen kann. Auf diese Weise ist auch der Ihnstand erklärlich, daß sich im Lac de Chalain (Jura) der Wasserspiegel bereits 3 m über den Pfahl- bauten befindet. Im Laibacher Moore sind Einbäume ausgegraben worden, die über 4 m tief lagen; wie soll nun ein 120 m- unn'assender horizcntal liegender Kahn anders so tief gelangen, da er doch sicher als Wasserfahrzeug diente, als daß er seinerzeit im Wasser gesunken und später durch die Veränderung der Wasserstandsverhältnisse so hoch mit Torf und Moor überdeckt wurde.
Der verstorbene bos. herz. Berghauptmann W. Radimsky brachte in den «Wissenschaftlichen Mitteilungen« des Landesnuiseums in Sarajevo unbewusst für diese meine Behauptungen auch durch einen konkreten Fund die orientierende Bestätigung. Er schreibt: "Im Jahre 1890 war bei Ruznici, unterhalb Ripac (Bosnien), ein Kalktuff- katarakt, wie solche in der Una häufig vorkonnnen, durchbrochen worden, wodurch bei Ripac ein um 15 m tieferer Wasserstand er- zielt und den häufigen Überschw emmungen der Ufergclände ein Ziel gesetzt wurde. Durch diese Melioration verloren aber die Mühlenbe- sitzer von Ripac einen Teil ihrer Wasserkraft, und um diese wieder zu heben, gingen sie daran, einige trockenliegende Katarakte ober- halb ihrer Mühlen zu durchstechen, wobei unter einer stellenweise bis 1 m mächtigen Tuffschichte ein Pfahlbau entdeckt wurde. Es scheint, daß wir es in Ripac nüt einem der seltenen alten Flu B- pfahlbaudörfer zu tun haben, denn es sind nicht nur die Pfahl- köpfe, sondern an einzelnen Stellen auch die Plattformen, jedoch
nur bei sehr niedrigem Wasserstande, über dem Flußspiegel siclitbar. Der Wasserstand muß also in alter Zeit niedriger gewesen sein als heute und eine Anschwellung des Una- wassers bei Ripac zu einem förmlichen See dürfte damals kaum be- standen haben. Aber später, als sich das Flußbett hob, st'eg arch das umliegende Inundationsterrain in gleichem Maße, weil auch der Fluß sein Bett wechselte, wie eben Grabungen gezeigt haben. Der Pfahlbaugrund weist nämlich an einer Stelle oben eine 15 m starke Schichte von Lehm und Erde, darunter etwa 50 cm Flußgerölle und Kalktuff, die ^^•ieder auf einer 50 cm starken Kult\irschichte lagern und erst unter dieser ist fester Untergrund. An einer zw eit;n Stelle lag unter dem 50 cm starken Kalktuffe schon die Kulturschichte und darunter der gewachsene Boden. Die schwarze Kultursch'chte be- stand aus Holzkohle, Asche und Schlamm; die große Masse der Holz- kohlenstücke deutet dahin, daß das einstige Pfahldorf durch Feuer zugrunde gegangen sei. Die Pfähle sind unten zugespitzt; sie be- stehen ausschließlich aus Eichenholz von 10 — 30 cm Durchmesser und sind in unregelmässiger Abständen von 0-5 — _' m einge- rannnt. Auch die an mehreren Stellen noch erhaltenen Plattformen sind aus gespaltenen Eichenstämmen hergestellt. In der Kultur- schichte, sowie in den unteren Partien des Tuffes kommen zwischen den Pfählen massenhaft Tongefäßscherhen. Hirschgeweihe, Eber- zähne und Tierknochen \or.
Man muß sich nun fragen, w ie man sich die Pfahlbauten und die Funde daselbst zu erklären habe. Die Antw ort ist sehr einfach und die Deutung jedermann sofort einleuchtend. Das vermeintliche F I u ß- pfahlbaudorf findet man an der Una heute in ganz gleicher Weise; es sind dies die Mühlen und auch Kaufläden (ducani), welche die dortigen Bewohner auf Pfählen in den Fluß hineinbauen; die Fuß- böden sind aus Eichenbohlen, damit sie nicht so leicht nachgeben und vom Wasser nicht so bald angegriffen werden; nunmt heute ein Hochwasser die Mühlen und Verkaufsbuden, welche übrigens als Wohnstätte gar nicht dienen, fort, so bleiben dieselben Pfähle und Plattformen zurück, und wir haben ein prähistorisches P f a h I d o r f ni o d c r n e r E n t s t e h u n g, w omit sofort der phan- tastische Nimbus, den die Gelehrten der Pfahlbauzeit zugedichtet haben, in reale Prosa übergeht. — Der Wechsel der Kulturschichte, welche hier direkte auf gewachsenem Boden liegt, ist eben der
Wanderung des Flußbettes der Una zuzuschreiben und ist dasselbe bei ailtm Flüssen der Fall, denen die Uferforiiiation eine seitliche Bewegungsfreiheit gestattet. — Ähnlich sind die Verhältnisse bei S e e p f a h I b a u d ö r f e rn. Da es hier keine Mühlen gibt, können die Pfähle entw eder von Uferschutzbauten. Anlegerainpen für Kähne und Boote, Hütten für Reservevorräte herrühren. DalJ aber die \\ ohnstätten selbst auf dem Wasser gewesen wären, ist höchst un- wahrscheinlich, sondern die Häuser standen aufkrhalb des Wasser- bereiches, und zwar so hoch auf Pfählen, als es empirisch der höchste Wasserstand bei Regenperioden oder Wolkenbrüchen diktiert hat. Sf)lche \'orsorgen waren in jenen Gegenden, wo Ansicdlungen in Inundationsgebieten lagen, somit natürlich begründet, und findet man z. B. bei Bosnisch-Novi noch heute genug solcher Bauten.*) — Daß wir an einem Punkte hohe Schichten \'on Kohlenresten und Asche finden, obschon jedermann die Asche notw endigerw eise entfernt, ehe er ein Feuer anmacht, damit der noch schwache Brand nicht durch die Asche erstickt wird, dies verursacht das Wasser, das alle leichte- ren Gegenstände an das Ufer u. z. inmier gegen eine Bucht zutreibt — und dort finden w ir ja auch stets die Pfähle. Die Knochen der ver- zehrten oder verendeten Tiere sind aus hj'gienischen Gründen, die Hirschgeweihe und Fberzähne, soweit sie nicht \'erwendung fanden, als wertlos ins Wasser geworfen worden; dasselbe geschah mit den Scherben zertrümmerter Gefäße, um FuBverletzungen zu vermeiden, daher man so selten einen g e b r lc h I i c h e n Gegenstand in ganzem Zustande auffindet; trifft man aber solche an. so können sie ebenso durch Kinder dahingelangt sein, die sich wohl seit den prähistorischen Zeiten nicht geändert haben werden und nach wie vor alle zur Himd befindlichen Gegenstände ins Wasser zu werfen pflegen. —
Weshalb wundern wir uns überhaupt über die Fntstehung großer Scherbenfunde? — Jeder Bauer besitzt ein Gestrüpp oder eine son- stige Stelle, wohin er alle wertlos gewordenen Hartgegenstände wie: Porzellan-, Topf- und Glasscherben, alte Messer, Sicheln und Blech- abfälle, zahndefekte Kämme, Knochen u. ä. schafft oder vergräbt,
") Brismt es der Zufall, dal.i man daselbst zur Zeit des Hnchwassers tiittrifft. So kann man auch durch die (lassen \<m Novi in etwa 10 m langen Kanoes (Kinbauni-Kähnen) fahren und so die »mSrchenhafte» Ptahlzeit ver- trecenv iirtiict sehen.
damit sich iiieniand daran \'erletzcn i\önne. Ein Müller wirft sie selbstredend ins Wasser, der Karstbewohner in eine Höhle (><ra- sovnjaw). der Gebirgler in eine Schlucht. Dasselbe geschieht mit einem Tierkadaver: der Bauer vergräbt ihn. der Müller läßt ihn weiter- schwimmen, der Karstbewohner wirft ihn in die Höhle und der Ge- birgler in einen Wasserriß oder in eine Schlucht. So ist die Erklärung da, w eshalb so unterschiedliche Tierknochen in einer Höhle beisam- men sind, denn nicht d e r M e n s c li hat darin dauernd ge- wohnt, sondern seine Abfälle hat erdort deponiert, weil das Bewohnen von Höhlen auf die Dauer für jedes Nackthaut- Wesen gesundheitsschädlich wird. — So ein Abfallshaufen, z. B. bei einer großen Stadt, wie Wien, wird einst ein Dorado für die Alter- tumsforscher werden, wenn unsere Gegend wieder einmal eine Eis- periode passiert hat. — Sonderbarerw"eise bekämpfen mich aber auch die Archäologen, die doch erfreut sein könnten, daß sie endlich ihre Berge von ausgegrabenen Scherben jemand Bestimmten zuschreiben können, und daß gerade durch meine Entdeckungen auf dieses Gebiet einiges Licht kommt. Der schönste Topf, die kunstvollste Situla, die seltenste Münze hat keinen Vollwert, wenn man deren Erzeuger oder ersten Besitzer nicht kennt. Die Scherben sind in Egypten. in Spanien. Ungarn, Mecklenburg, Rußland u. s. w. die gleichen; die Fundstellen haben slavische Namen; die gleiche Ornamentik findet man noch heute bei den Slaven; wo haben wir also die zu suchen, welche jene Scherben erzeugten tmd gebrauchten?
Eine wie wesentliche und notwendige Ergänzung hiebei die Etymologie gerade für die Archäologie bietet, ersieht man aus folgen- dem Beispiele. Konservator A. Rzehak zeigte i. J. 1909 der Wiener Anthropoligischen Gesellschaft an. «daß im Walde bei Wedrowitz (Mähren) im Lößboden mehrere flaschenförmige, bis 35 m tiefe, im Volksnuuide Nskryse« bezeichnete Höhlungen vorhanden seien, die wohl kaum in die prähistorische Zeit zurückweichen«. — Hiemit wurde die Sache abgetan, obschon sie mit dieser kurzen Schilderung in der Hauptsache noch gar nicht erledigt ist, denn nun drängt sich unvermittelt die Frage auf, welchen Zweck diese künstlichen, verti- kalen Erdröhren hatten, und was man mit «skryse« besagen will. Der Berichterstatter - anscheinend ein Ceche — konnte sich diesen Begriff doch gut erklären, denn er bedeutet ihm: Versteck, Schlupf-
•2i<i)
Winkel.'-) — Die Lokalität im Xcreiric mit der Sprachw isseiischaft sagt uns hiemit unwiderleglich, daß diese Erdröhren dereinst zu irgendeinem S i c h e r u n g s z w ec k e ausgehoben wurden, u. z. entweder als Depot für Feidirüchte, wenn die oberirdischen Baulich- keiten gelegentlich nicht ausreichten, was noch jetzt mit Wasser- rüben. Alöhren, Erdäpfeln u. drgl. in vielen Gegenden geschieht, oder als Versteck bei feindlichen Einfällen sowohl für die bewegliche Habe als auch für die Menschen, nachdem man darin auch Brand- stellen vorfindet: die Kampffähigen stellten sich dem Feinde ent- gegen, ihre Familienmitglieder brachten sie hingegen in einem solchen ^'erstecke unter und verdeckten in unauffälliger Weise die Einlaßöffnimg auf die Gefahrdauer. Nicht ausgeschlossen ist es über- dies, da die Tiefe auffällt, daß man bei feindlichen Einbrüchen an voraussichtlichen Annäherungspunkten solche Fallen anlegte, um den Gegner automatisch hineinfallen zu lassen, von wo er sich mit Rücksicht auf das ungünstige Profil der Grube — das einer Flasche — einzeln schwer retten konnte; es waren dies sonach eine Art von Wolfsgruben, wie man sie auch heute nulitärischerseits in der Zone der Hindernisse anzulegen pflegt.
Jene Gruben nun, welche unten Brandstellen aufw eisen und ke- ramische Reste ältester Provenienz enthalten, sind jedenfalls auch uralt, also vermutlich prähistorisch; es kann aber der Anthropologie doch auch nicht gleichgültig sein zu erfahren, wer diese Gruben her- gestellt und in denselben fallweise gewohnt hat: doch nur der- jenige, der sie ihrer Bestimmung gemäß auch b e-
) In der böhmischen AiKsgabe der »Bücher der Könige v. .1. 1869 ist diese Verw endung ausdrücklicli und mit gleichen Begriffen dargestellt, denn es heißt (I. 13:16): «Coz kdyz videll muzi izraelsti, zeby byli postaveni v üzkosti, s k r y 1 i se V iesk\nich a v s k r y s i c h, v skaläch take a v doupa- tech i v cisternach«. (Als die JVlänner Israels sahen, daß sie bedriingt werden, versteckten sie sich in Qrotlen. Erdlöchern sowie Felsen, Baumhöhlen nnd Zisternen). — übrigens haben die Böhmen auch den Begriff »skrinei«. also ein abschließbares Möbelstück, das et>in()logisch als »Kasten« ( = kost), »Spind« (= spina). "omara» (= Abschließung) überall etwas andeu- tet, was die Sicherheit der Aufbewahrung voraussetzt. Dasselbe Wort gebrauchen aber auch schon Sallust. Horaz u. a. in gleicher Bedeutung als »scrinium«. doch versagt hier bereits die Etymologie, ein Beweis, daß es für das Lateinische schon ein Lehnwort war. — Im Althochdeutschen lau- tete das heutige «Schrein» noch «sciini«. —
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n a n n t h a t. a 1 s o '.x' i e d e r — d e r S 1 a \' c ! Solche Momente sind es. die, wenn irgend etwas, den Forscher verläßlich über das Gebiet der Kulturgeschichte auf jenes der Völkergeschichte hinüber- führen.
Daß einmal eine l'feransiedlung durch eine Klenientarkata- strophe (Wolkenbruch, Torrenten, Erdrutschung, Erdbeben) zu- grunde ging und dabei alle Gegenstände des Hauses sofort oder mit der Zeit in den See gelangten, ist auch natürlich, da dies ja heute ebenso zutrifft; aber eingerammte Pfähle bleiben in den meisten Fällen stehen, da sie dem Wasser eine geringe Querschnittsbelastung bieten; außerdem werden die Pfähle später nur noch mehr fixiert, wenn neues Alluvium hinzukommt. — Andererseits sind Seen ganz verschwunden oder zu Mooren geworden, w enn der See einen ober- irdischen .Abfluß hatte und sich dieser durch die Eroslen ein immer tieferes Rinnsal schaffte oder sich der Seeboden durch stetig zukom- mendes Seifenmaterial hob, so daß der Seewasserspiegel naturgemäß sinken mußte und auf diese Art auch der See selbst mit der Zeit verschw and. Es müßte daher in verschwundenen Seen d e r K u 1 1 u r g r a d d e r F u n d s t ü c k e gegen die Mitte zu — . bei noch bestehenden Seen aber abnehmen: ob dies auch zutrifft oder überhaupt beobachtet wurde, ist mir nicht bekannt.*) Limnographische Beobachtungen, Untersuchugen über die Sedimentation und die Wandlugen des zugeführten Alluviums, sowie Notizen über die kulturellen Veränderungen der Uferobjekte geben jedoch reichliche positive Daten. Es ist nämlich längst bekannt, daß z. B. die Seen in Trockengebieten Westsibiriens. Turkestans und in den amerikanischen Felsengebirgcn an Abzehrung zugrundegehen. Ebenso ist in den niederschlagsreichen Tiefebenen und Mittelgebir- gen, z. B. in der Mark, deren Zahl im Abnehmen, ja in Thüringen sind im Laufe der letzten Menschcnalter ohne welchen Kultureingriff viele Seen, darunter der recht beträchtliche Schwanensee. gänzlich verschw unden. In Tirol sind innerhalb eines Jahrhunderts nicht we- niger als 118 Seen eingetrocknet. Nach August von Böhm hat sich in
') Es gibt allerdings noch heute Pfahlbauten, die ganz im Meere liegen (z. B. an der Insel Celebes); ob dies der Raubtiere, Giftschlangen, Springfluten, aus hygienischen Gründen oder ungünstiger Festlandsboden- verluiltnisse wegen geschieht, ist schwer zu entscheiden, wenn man lie lokal-maßgebenden Gründe nicht durch Augenschein Kennt.
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hundert Jahren die Zahl der kleinen Hochseen im Gebiete der Ost- alpen, vom Splügen an betrachtet, von 3278 auf 2466 verringert. Ein gleiches gilt auch von den Mochseen des Riesengebirges, «Teiche k genannt, denjenigen des Bö^mer^\aldes und den «Meeraugen« der Tatra. Es handelt sich also hier lediglich um eine geophysikalisch; Erscheinung, bei der alle früher angeführten natürlichen Vorgänge zusammenwirken.
Es mutet auch d'c Behauptung inmier eigentümlich an. daf] die vorgeschichtlichen Kulturepochen in eine eigene Stein-, Bronze- und Eisenzeit gruppiert werden, und dies daraus deduziert wird, weil man an e i n e r Stelle die Spuren aller dreier zusammenfindet. Es ist ja selbstverständlich, daß es einst ausschließlich Steinwaffen gegeben hat, aber diese Zeit wurde in dieser Gegend früher, in der zweiten später, in der dritten noch bis heute nicht von der Metallzeit abge- löst. Liegen aber Werkzeuge aus Stein, Bronze und Eisen in einem gemeinsamen Grabhügel oder in einem Kjökkenmöddinger beisam- men, so standen sie bereits im gleichzeitigen Gebrauche. Weshalb soll nicht jemand eine Steinwaffe gebrauchen, indes der Nachbar eine solche aus Eisen besitzt? Der Dampfpflug arbeitet heute neben dem Holzpfluge; es gibt noch genug Leute, die Zündhölz- chen aber zugleich auch Stahl, Schwannn und Feuerstein in der Tasche tragen, um sich im Falle des Naßwerdens der Streichhölzer noch immer ein Feuer beschaffen zu können. In derselben Gesell- schaft trägt einer eine goldene, der andere eine silberne, der dritte eine Nickeluhr; die eine Dame einen echten, die andere einen fal- schen Schmuck; armen Leuten genügt ein Trauring von versilber- tem Blech, dem Reichen nur ein goldener; ein Hirte trägt noch in der Kürbisflasche sein Getränk mit, der andere schon im Tonkruge; der primitivere ist der erste, aber dabei der praktischere, weil sein Be- hältnis weniger gebrechlich ist; der erstere kann dabei sogar der vermögendere sein, aber dies diktiert ihm die Sparsamkeit. In alten Gräbern findet man oft nichts, als paar Tonscherben, w enn es arme Leute waren, und die Gegend selbst kulturarm ist; in reichen Ge- genden werden hingegen die wertvollsten Funde gemacht. — All dies hängt und hieng zu allen Zeiten vom Vermögen, dem Ge- schmacke und den praktischen Anschauungen ab. Es ist gar kein Zweifel, daß der arme Bosnier seine Egge, die er sich ad hoc aus einem Querholz konstruiert, in das er einige frische Äste steckt.
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gerne durch eine eiserne substituieren würde, aber diese kostet eben — Geld! — Die Tlieorie braucht für jedes Ding eine eigene numme- rierte Schublade, die Praxis macht aber die Theorie auf allen Linien zuschanden!
Wenn w ir den richtigen Blick für die Urzeit gewinnen wollen, so müssen w ir den bedenklichen Mangel an Widerstandskraft gegen die Wahngebilde des Aberglaubens endlich erkennen und alle die sku- rilen Vorstellungen abstreifen, als ob sich der Mensch seither phy- sisch, biologisch oder sozial geändert und es (.inst nur Menschen- drolmen gegeben hätte, die arbeitslos vegetierten, Mythologien kon- struierten, Mystik betrieben, auf Bärenhäuten liegend pokulierten und lediglich als Helden Balladenstoffe boten. — Die Urzeit des Kul- turmenschen ^\'ar ebenso abwechslungsreich und im allgemeinen nicht anders, als die Gegenwart. Die wilde Rebe gibt keinen genieß- baren Wein, sie muß gepflegt werden, und diese Pflege erfordert eine harte, verständnisvolle Arbeit; und doch wird des Weines seit der Dämmerung der Geschichte oftmals Erwähnung getan, und des- halb haben fast alle Sprachen für diesen Begriff dieselbe Sprach- wurzel, ein Zeichen, daß wir es mit einem uralten, offenkundig von einer Zentrale ausgegangenen Worte zu tun haben. Die schönen Bronze- und Eisenwaffen, die Reliefarbeiten und Schmuckgegen- stände, alle die Objekte der Keramik in den Gräbern erforderten die- selbe Arbeit wie heute, ehe aus den Rohprodukten ein solcher Ge- genstand hervorging. Es muß einst auch ganz bedeutende Handels- verbindungen gegeben haben, denn z. B. der Bernstein ist überall als Grabschmuck zu finden, und die Fundorte desselben sind doch sehr rar; auch einer Vergnügungsfahrt wegen hätte wohl niemand den Isthmus bei Suez oder auf der Halbinsel Krim durchstochen; und die allgemeine Landes- und Küstenbefestigung, die bewunderungs- würdig organisiert war, läßt doch in bestimmter Weise darauf schlie- ßen, daß man feste Wohnsitze hatte und sie auch nicht ohne äußer- ste Gegeuw ehr preiszugeben willens wai'.
Diese Etymologie führt uns überdies dahin, daß man auch die Entstehung der etnographischen Begriffe den allgemeinen Gesetzen des unbeeinflußten historischen Geschehens unterwerfen nuiß, wodurch die Prärogative der differenzierten Abstanniiung von selbst in Brüche geht. — So hat die Rassenlehre einen Kurs eingeschlagen, der schon \'oni Standpunkte des nüchternen Den.kens niemals zum
ersehnten Hafen führen kann, denn während sich die objektive Wissenschaft mühsam tastend fortbewegt und sichere Merkmale gar nicht laut anzugeben wagt, stürmt der Chorus mit inhaltslosem Geschrei über die wissenschaftlichen Bedenken skrupellos hin- weg und setzt mit dem R a s s e n k a m p f c ein. ohne welchen festen Boden hiezu zu haben. Wenn nicht alles trügt und der gesunde Ver- stand in zw ölfter Stunde nicht die Oberhand gew innt, so gehen wir nach den glückhch beendeten Religionskriegen der noch zersetzen- deren und blutigeren Ära der Rassenkämpfe entgegen, weil wir einer gewalttätigen Fseudo-Wissenschaft nur einen zaghaft kombahischen Widerstand entgegensetzen.
Es ist doch jedem denkenden Laien unfaßbar, ^\■ie die Anthropologie nach einigen alten Schädeln schon genau begrenzte Gesetze für Rassen und Sprachen aufsteilen konnte, wo w ir doch alle \\issen, w eiche Differenzierungen es schon in einer Familie in Bezug auf Schädelbau, Typus, Größe, Haut- und Haarfarbe geben kann, und welche Unterschiede sich diesbezüglich schon dem Be- obachter der Bewohner eines einzigen Dorfes ergeben, wo fast nur \on einer Inzucht gesprochen werden kann. — Wie unbedacht, ja ge- radezu unglaublich gewissenlos oft Behauptungen aufgestellt w erden, deren Entstehung in der Folgezeit oft schwer kontrolierbar ist, uiid wie Rassengeschichte xgemacht« wird, zeige folgende Tat- sache. — Dr. Biedermann schrieb in seiner Abhandlung kDIc Serben- ansiedlinigen in Steiermark« (p. 3.3): idmmerhin ist es jedoch richtig, daß in der Pfarre Haidin (bei Pettau) ein Menschenschlag wahrgenommen wird, der vom Typus der einheimischen Slovenen merklich abweicht, indem dessen Repräsentanten durch ihre kleinen schwarzen und geschlitzten Augen, durch aufgeworfene Lip- pen, eine plattgedrückte Nase und stark vortretende Backenknochen, häufig auch durch schwarzes, gekraustes Haar sich von ihrer Um- gebung abheben.« — Es berührt eigenartig, wieso ein ernster Forscher etw as als Tatsache hinstellen konnte, was er selbst u n- möglich wahrgenommen hat. oder wie er eine so bedenkli- che Mitteilung ungeprüft in einer wissenschaftlicher Publikation darzulegen imstande war. denn es nuißte ihm auffallen, daß somit Hajd'n das Dorado für alle Anthropologen wäre, weil hier geradezu die w c i ß g e w o r d e n e n Äthiopier wohnen müßten. — Es ist gewiß kein Zweifel. daR sich hier einzelne Vertreter finden, die
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vom Äußeren des Gros der Bewohner in dieser oder jener Hinsicht abweiclien; wer sich aber die Mühe nimmt und sich den Typus der Pfarrinsaßen von Haidin griindhch ansieht, w as man am besten sum- marisch und unauffäüiii sonntags anläßlich des Kirchenganges der Bevölkerung abtun kann, der wird sich unbedingt sagen müssen, daß die R a s s e n a b w c i c Im n g e n hier in gleichem M a ß e \- o r 1 i e g e n. w 1 c in jede ni a u deren Orte. — Nim wie kam Biedermann zu dieser sonderbaren Entdeckung? — Ihm schwebte lediglich der Ortsname "Haidin«. als aus «Heiden» her- vorgegangen, vor. und nur diese Prämisse hat ihm d;n Schluß sug- geriert, die Haidiner zum Teile als Abkönmilinge von gefangenen Türken (Mongolen), also «Heiden«, anzusehen. Nun stinnnt aber dies in der Praxis auch nicht, denn die türkischen Soldaten waren zum großen Teile ohnedies auch Slaven. ja die Garde, die Janitscharen. ist größtenteils aus importierten Slavenkindern ergänzt worden. — woher also eine ausgesprochene R a s s e n d i ff e r e n z!*) — Oberdies haben die Slovenen in ihrem seinerzeit berechtigten Hasse gegen die Osmanen es kaum zugelassen, daß sich ein g e f a n- gener Türke mitten unter ihnen nach dem mohammedanischen Muster etwa auch einen Harem gründet, oder ihm schw erlich eine Gnadenfrist gewährt an eine Famihenrestauration zu denken, w eiche noch heute unter sich keinen israelitischen Krämer auf die Dauer dulden, wenn er nicht in entsprechender Frist den Weg zum Tauf- becken findet: und die paar Türkenkinder, welche bei einem ungün- stigen Gefechtsverlaufe zurückgelassen werden mußten, und die spä- ter als «natus in Saracenis« ganz vereinzelt in Taufmatriken aufge- nonmien erscheinen, oder die von \'ergewaltigungen herrühren, kön- nen doch nicht in der Folge \c)n derartigem Einfhiße gewesen sein, daß sie gerade den Typus der «Haidiner« merklich beeinflußt hätten.
Desgleichen brachte die Kraniologie in die L'rgeschichte des Menschen eine heillose \'erwirrung und hat selbst nüchterne For-
") Aus verschiedenen Quellen wie Überlieferungen geht überdies her- vor. daR sich z. B. die Slovenen mit dem Oesiner leicht verständigten. In den meisten Füllen waren die Räuber daher nur slavische. der Türkei unterstehende Bewohner jenseits der Savegreiize. mag man sie heute nun als Raitzen, Serben. Bosnier u. drgl. liczeichneii. Ihre Haiipttendenz war Menschenraub, infolge Leutemit, nnd die Geraubten können nur wieder Slaven gewesen sein!
zweifelhafte Abdruck eines Meiischenfiißes festgestellt. *) Professor E. Stasi behauptet Beweise gewonnen zu haben, daß in den Erd- höhen der Provinz Terra d' Otranto schon zur Zeit der Riesen- säugetiere in Italien Menschen gelebt haben.
Auch der Begriff «Drache« muß von einer homogenen Sprache ausgegangen sein, da in Europa alle Sprachen diese Tierfamilien in der ungefähren Form «drak« kennen, während z. B. die slove- iiische Sprache nebstbei mehrere Spezies unterscheidet; außer «drak« als allgemeine Bezeichnung für ein feindlich gesinntes Wesen, kennt sie noch den «zmaj«. d. i. jenen Drachen, der in Berghöhlen wohnt und bisweilen, wenn er böse wird, den Berg erschüttert; es ist darin wohl die primäre Erklärung des Erdbebens enthalten; sie kennt den «ses«, den Drachen, der dem Menschen nur das Blut aussaugt; den «pozoj«, ein Drachenungeheuer, den «molavar« einen Drachen mit Schlangengestalt, und vielleicht noch andere, die mir nicht bekannt geworden sind.
Die Wahrnehmung, daß ein \olk so viele Unterscheidungen eines Tieres kennt, ein anderes aber nur einen Ausdruck hiefür hat, welcher obendrauf dem ersteren eigen ist. läßt vermuten, daß eben diese Sprache die Unterschiede aus eigener Beobachtung seit un- denklichen Zeiten Kennt und in Kontinuität erhält.
Das erste bekannte und illustrierte Werk über die Drachen («Schlangenbuch« von Konrad Qesncrn) ist bereits im Jahre 1589 in Zürich gedruckt erschienen, also zu einer Zeit, als die Geologie noch keine Ahnung von einer Saurierzeit hate, und doch sind die verschiedenen Typen dieser «Trakken«, \\\e sie dort genannt wer- den, den Spezies der später ausgegrabenen und rückkonstruierten Saurier und fliegender Reptilien im allgemeinen ähnlich dargestellt. Der Verfasser meint auch, daß sie »allerorten diese schlimme Erde unsicher machen, besonders aber India und Morenland, aber auch im lieben Alpengebirge sind sie anzutreffen, wo sie sich am Ein-
') Ich gebe hier Gelesenes wieder, obsehon mir eine natürliche Er- klärunsr, wieso der versteinerte Abdruck eines Menschenfußes zustande kommen kann, mangelt. Hat der Fuß im weichen Boden einen .'\bdruck hin- terlassen, so ebnet sieh die Plastik aus. wenn der Boden wieder einmal er- weicht ist. Daß ein Mensch stehend zum Petreiakte werden könnte, ist mir nicht einleuchtend: es mögen da wohl sonstige täuschende Zufälligkeiten vorliegen!
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gange von südwärte gelegenen Höhlen zu sonnen pflegen«. Tat- sächlich ist dies auch eine typische Eigenschaft der Krokodile und Eidechsen, was sonach wohl der ganzen Sippe eigentümlich war.
DalJ sich daher solche Sagen und Schilderungen so ad hoc. ohne welche vorbildliche Anregung entwickelt hätten, daran ist nicht zu glauben.
Was einst Natur war. daraus wird heute Kunst, und noch diese Kunst wird schließlich zur Künstelei herabgedrückt; uns gelten noch immer Phantasie und strenge Forschung als Gegensätze schärf- ster Art und trotzdem machen wir immer wieder die Erfahrung, daß die Phantasie Dinge denkt, die der Forscher später staunend in der Wirklichkeit, in der Natur entdeckt, denn j e d e P h a n t a s i e- tätigkeit hat auch ihr tiefinnerliches Gesetz.
Prüfen \\ir einmal einige Sagen in Bezug auf ihre natürliche Entw icklung. — So glaubt man allgemein, daß man in eine Wiege, in welcher ein Kind gestorben ist, kein zweites mehr hineinlegen dürfe, da sodann auch dieses wieder sterbe. Das ist aber ur- sprünglich kein Aberglaube, sondern die nüchterne Prophy- la.xis gegen weitere Erkrankungen, nachdem das Kind ja an Schar- lach. Masern. Typhus. Meningitis u. drgl. gestorben sein kann. Man setzt bei uns daher die Wiege außer Gebrauch. Dem Naturmenschen ist aber dieses nicht genug, sondern er stellt die Wiege selbst auf das Grab (z. B. in manchen Gegenden der Herzegowina), indem er hiemit in rigoroser Weise und doch unbewußt den Gegenstand der Ansteckung entfernt, aber auch zugleich das Grab symbolisch schmückt, wie es natürlicher, s i n n \' o 1 1 c r und zutref- fender nicht der kostbarste Grabstein \ermag. — DieserAberglaube enthält sonach eine sehr wich- tige hygienische Maßregel, verdient also jene Be- zeichnung durchaus nicht. — Ein weiteres Beispiel bietet uns die fast bei allen Völkern verbreitete Werwolf- und Vampyr- sage (bei den Slaven: vukodlak = Wolfshaar). — Der Werwolf (Mannwolf), meist der verstorbene Mann, sucht nachts am liebsten sein Todeshaus auf und pflegt dort geschlechtlichen Verkehr mit seiner Frau, und zwar m e r k w ü r d i g e r \\- e i s e nur dann, wenn sie s c h ö n und jung ist. — Während w i r darüber nicht lange nachgrübeln und es ohneweiters als einen müßigen Volks-
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jilaiihcn hiniiehincn, die Gelehrten dies allenthalben auf die Tollw iit basieren, erklärt sich der Montenegriner in seinem geraden und freien Sinne die Sache sehr natürlich, denn er weiß, daß junge, schöne Witwen, welche die Frucht eines Liebes\'erhältnisses vor der Welt beschönigen w ollen, mit Entsetzen zu verbreiten trachten, daß nächtens der Selige zu ihnen komme und sie beschlafe. Wäh- rend nun die einen den Popen holen, die andern Dornpfähle bereit halten, um den Werwolf zu durchbohren, lachen die dritten als die wissenden Unwissenden still über die weibliche Schlauheit und Erfindungsgabe in Verlegenheisnioinenten. — Der Name selbst wird wohl dadurch entstanden sein, daß sich der Geliebte ein Wolfsfell über den Kopf stülpte, um beim Verlassen des Hauses unter dem Schutze dieser N'ernuminnmg nicht erkannt zu A\erden.
Dieser Aberglaube ist daher auf ein frühzeitiges Witwcntum berechnet, was namentlich in jenen Ländern, wo das Heiraten der Witwen verpönt oder nicht gebräuchlich ist, enstanden sein dürfte, um auf diese Weise dem \'erzichte jugendlicher Witwen auf jeden weiteren geschlechtlichen Verkehr einen motivierten Ausweg vor- zubereiten, nachdem unmoralischer Wandel einer strengen Kritik und oft sehr harter Dorfiustiz unterworfen war. Wenn nun der Kultur- mensch diesen Aberglauben rundweg negiert, ohne zu wissen, daß demselben eine reale Basis zugrundeiiegt, so kennt hingegen der Naturmensch die wahre Entstehung und glaubt doch an den Wer- wolf, da ihm die Möglichkeit des vereinzelten Erscheinens eines sol- chen nicht ganz ausgeschlossen erscheint. - Ungefähr so sind alle un- sere Sagen, Märchen Mythen und volksgläubigen Erzählungen zu neh- men; sie alle haben einen sehr prosaischen Kern, den aber poetische/ Flirter mehr oder weniger in das Dunkel verdrängt hat.
Es fällt überdies auch auf, daß sich die gleichen, an sicli sehr ungewöhnlichen Sagen auf den verschiedensten Punkten vorfinden. — So ist die Lenorensage der Bevölkerung Istriens in ähnlicher Fas- sung bekannt, wie wir sie aus Bürgers Ballade kennen. Auf dem Bacher-Gebirge (Steiermark) erzählen die alten Leute noch Sagen, die sich mit denen über Achilles. Ale.xander d. Gr., die Kirke und die HcsperJden-.Äpfel vollkommen decken. — Die Sage vom hölzer- nen Pferde in Troja existiert auch bei Dobrunj (nächst Pribcj im Sandschak Novipazar); die Rolle der Helena spielt auch hier eine
Königin gleichen Namens, u. z. Elena, die Gemahlin des Königs Brankovic. — Ebenso suchen die Serben einen Nibelungenhort, d. i. den Goldschatz des Königs Radovan u. ä. — Wer kann nun etwas Bestimmtes darüber sagen, wo die Wiege dieser Erzählungen stand, und wie dieselben in so isolierte, heute äußerst kulturarme Gegenden gelangten! — Eine reinliche Scheidung solcher origineller Vorstel- lungen ist heute ein aussichtsloses Wagnis; die ziemlich gleich- lautende Form in den verschiedensten \\'eit von einander entfernten Gegenden ist aber immerhin ein Wink, daß sie einem ähnlichen wahren Vorkommisse entstammen, wobei sich aber das Gebiet ihrer heutigen Verbreitung durchaus nicht mit dem der Entstehung zu decken braucht. Ein ähnlicher Vorgang spielt sich gleichfalls bei der Entstehung und Entwicklung der Gottesbegriffe ab. — Wenn man erwägt, was alles dem Urmenschen in Bezug auf die Bildung des Kultusgebietes und der religiösen Vorstellungen zugemutet wird, und wie ureinfach und natürlich die Entwicklung in der Wirklichkeit war, so müssen wir uns unserer Unbeholfenheit im objektiven Kriti- zismus ernstlich schämen, denn erst diese toponomischen Forschun- gen mußten das völlig unerwartete Resultat bringen, daß der Ur- mensch kein Heide im heutigen Sinne, sondern ein natürlicher M o- n o t h e i s t war. so\\ ie daß die großen Götterwelten nichts weiter als irdische, erst später durch Fhantasiegebilde konstruierte erdentrückte Hoheitsfamilien sind, und herrscht bis heute in dieser Hinsicht noch keine Läuterung oder Konsequenz. So nennen wir die katholische Religion trotz Marienkult, Jleiligenanbetung und Engelverehrung eine monistische; weshalb aber die ägyptische, griechische oder römische eine polytheistische, deren Hinmiel sogar weniger bevölkert ist. und wobei doch alle nur einen ober- sten Gott verehren! — Betet nicht der strenggläubige Katholik mit- unter bei Zahnschmerz zum hl Antonius und nicht direkte zu Gott, ebenso wie der römische Kaufmann zu Mercur und nicht zu Jupiter flehte, wenn es sich um ein wichtiges Geschäft handelte! — Die Re- ligionen sind sich daher im P r i n z i p e alle gleich, weil sie den ifleichen Entwickhmgsgang hinter sich haben, und sind in allen die Nebengottheiten lediglich nur Gehilfen und sozusagen Spezialrefe- renten der Hauptgottheit. Wir dürfen daher auch in dieser Hinsicht ebensowenig von tiefgehenden Dissonanzen sprechen, wie w ir takt-
voll die religiösen Gefühle des Einzelnen als subjektiven Glauben gegenseitig nicht verletzen sollen.*)
Allerdings haben die meisten Religionsgebäude auch viel Künst- liches und Aufgedrungenes später hinzuerhaiten. So wissen wir ja, daß die germanische Mythologie lediglich von J. Grimm und Simrock aufgebaut wurde, wobei es besonders auffält, daß kein römischer oder griechischer Schriftsteller noch irgendeines germanischen Qöt- ternamens erwähnt. — Grimm w ar bei dieser Arbeit mehr von idealer Begeisterung als vom ernsten Forschertriebe geleitet, und sind seine bezüglichen Aufstellungen lediglich eine geistreiche Kompilation aus verschiedenen, kritisch ungeprüften Volkssprüchen und Gebräuchen, die aber allen, von der fremden Kultur unberührt gebliebenen sla- vischen Völkerschaften gleichfalls u. z. meist viel genauer bekannt sind; und ebenso hat Simrock einen geschlossenen deutschen Olymp nach eigener Phantasie aufgestellt, wozu ihm bestenfalls etliche zer- streute Daten über heidnische Feste und Opfer eine fragwürdige Basis bieten konnten.
Wie schon gelegentlich Beispiele angeführt wurden, hat die germanische Mythologie entweder die slavische zur Grundlage, oder ist sie zum mindestens von der letzteren wesentlich beeinflußt w^or- den. So erzählen Saxo Grammaticus um 1200 n. Ch. (Hist. danica) sowie spätere Schriftsteller im allgemeinen, daß Odin's Ankunft in Dänemark ungefähr auf 50 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung angesetzt wird; daß er sich schon in seinem Leben für einen Gott ausgegeben; daß dies der «Othinx sei, der unter den Dänen und Mecklenburgern als "Woden«. d. i. der Heerführer genannt wurde; daß sich derselbe wohl nicht lange in diesen Gegenden auf- gehalten habe, hatte aber dennoch auf die \\'endische Götterlehre
■') Daß eüie Religion mehr, die andere weniger Anhang und Ver- breitung gefunden oder ganz in Konkurs kam. das hing von der Qualität ihrer sittlichen Werte und der vorausblickenden gün- stigen Lösung sozialer Fragen ab. welche die Zukunft unaus- Irleiblich und gebieterisch zur Entscheidung bringen muß. So hat z. B. der Religionsstifter JVlohamnied nicht klug vorausgesehen, daß die durch die religiösen Satzungen zurückgesetzte, sklavisch gehaltene Frau einmal eine soziale Gleichwertigkeit mit dem Manne erreichen könnte, was nun zu einer Kraftmessung zwischen dem Konservatismus der Religion und dem Zeit- geiste führen und mit einer das Ansehen der Religion schädigenden nach- tuiglichen Berichtigung des Koran endigen muß.
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einen ^^roßen Einfluß, da er nicht nur dem »Radegast« den Ursprung gegeben, sondern noch eine andere sarinatische Gottheit mit nach Alecklenburg brachte und dann selbst Götze wurde etz. *)
Es gab wohl einige Heiidentcende, welche freimütig zugaben. daß die germanische Mythologie nicht mit deutsch identi- fiziert werden dürfe, denn bis zur Hälfte des Mittelalters ist nicht die geringste Spur einer deutschen Götterlehre zu finden, und habe ich an anderer Stelle selbst genügend glaubwürdig nachgewiesen, daß die Edda selbst zum großen Teile von jemand verfaßt A\urde, der slavisch kannte, obschon derselbe den slavisch-etymologischen Ein- schlag für mehrere Jahrhunderte gut \'er\\ischte, wenn auch nicht für — alle Zeiten!
So schreiben deutsche Forscher, wie Golther, Schönbach u. a.. von denen z. B. der erstgenannte meint: «Mehr als die Hälfte des durch J. Grimm zum Aufbaue der germanischen Mythologie ange- häuften Materiales ist hiezu unverwendbar, weil es einem späteren und jüngeren Zeitalter entnommen, für diese Epoche daher ana- chronistisch ist. Und noch mehr: vieles darunter ist überhaupt nicht deutsch, weil zum Teile die heidnischen Gebräuche von den christlichen verdrängt wurden, zum Teile haben sich aber Mythen alter nordischer Völker als solche deutschen Ursprungs eingereiht. Bei der Untersuchung mythologischer Quellen ist es Hauptsache, sich der unzutreffenden und unbrauchbaren Beweise zu erwehremc
Schönbach geht noch weiter**): xJene sozusagen naive Freude zu suchen und zusammenzusetzen, welche seinerzeit J. Grimm fühlte, ist heute zum großen Teile schon geschwunden und mußte einer nüchternen Kritik Platz machen. Wir ersehen bereits, daß der germa- nische Himmel nicht viele Bewohner besitzt und wissen, daß die üppig wuchernde Mythologie der nordischen Völker und Inseln die ziemlich ärmliche Kenntnis über die germanische Qötterwelt ergänzen mußte: wir sind jetzt überzeugt, daß unsere dem Namen nach bekannten Gottheiten nicht genügend umschrieben sind, wir erkennen nicht mehr ihre Gesichtszüge, dürfen daher auch nicht als Wahrheit aus- legen, was uns die christlichen Epigonen im Volksglauben zurück- ließen«.
') Diese Daten enthiiit auch noch das i. J. 1771 in Berlin gedruckte Werk: Masch. Die gottesdienstlichen Altertümer der Ohotriten. — ") Zeitschrift des deutschen und österr. Alpenvereines. 190(1
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Der (jclelirte M. Koch schrieb sogar darüber sclioii vor einem vollen halben Jahrhunderte ): »(Jenaii besehen erscheint die ger- manische Alle-Welt-Taufe als der größere Übelstand, teils wegen seines zähen Festhaltens und teils deshalb, weil er, begünstigt von großen Gelehrten, tief in die Anschauung des Volkes eingedrungen ist. Findet aber ein Mißbrauch aus Irrtum statt, so hat ihm das bes- sere Wissen zu steuern. Die meisten haben sich in die germanische Anschauung so tief hineingearbeitet, daß sie d e r T r c n n u n g v o n ihr das ü e h a r r e n im I r r t u m c \' o r z i t h e n « .
Was diese Forscher behaupten, ist sicherlich richtig, nur ist da eine Zeitmetathesis eingedrungen, die vor allem richtiggestellt werden muß. denn nicht so sehr die Einflüsse der christlichen Zeit sind diejenigen, w eiche am w irksamsten für den Aufbau der germa- nischen Mythologie w aren, sondern zum größten Teile die U r v e r- fassuiig des bodenständigen Volkes aus der Ur- zeit. — derSlaven; aber diesen Namen hiebei offen genannt zu hören, dazu hatte noch niemand weder Mut noch Überzeugung! **)
Eine analoge Entstehung wie die germanische Mythologie hat auch de griechische, von der wir ja gleichfalls wissen, daß sie von Hesicd rnd den Homeriden zusammengetragen wurde und in wel- cher sich die antike Thegonie noch urzuständlich wiederspiegelt. Die Basis für die Herkunft der Götter sind den Griechen die Heroen, jene männlichen Ideale von hoher physischer Kraft wie auch geisti- ger Überlegenheit, welche ihre Mitmenschen beschützten oder verteidigten; sie erfreuten sich daher bei Lebzeiten einer ho- hen sozialen Achtung und w urden nach ihrem Tode, nachdem die Er- innerung an ihre gesellschaftliche Stellung rege blieb, zu Kuitusob- jekten, zu Halbgöttern und schließlich auch zu Göttern, analog wie man ja noch heute Menschen zu Heiligen macht. Ihre Familien- mitglieder erfreuten sich naturgemäß gleichfalls einer erhöhten Be- achtung und genossen unter solchen \'erhältnissen analoge religiöse V'erehrung, weil man sie als Förderer und Gehilfen der Verdienste
*) Mathias Koch, t'bcr die ähcste Bevölkerunsc Österreichs und Ba^'- enis. — Leipzig 1856.
''") Gewisse Kreise wollen heute ihr U r g e r ni a n e ii t u m dadurch dokumentieren, daß sie zum «.Allvater Wodan» beten: es berührt dies etwas sonderbar, daß sie sich gerade an jenen Gott wenden, dessen slavische KReinkultur« noch am deutlichsten nachweisbar ist!
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des Heroen ansehen mußte, so daß schließlich aus einer angesehenen irdisch-realistischen Familie eine geschlossene Qötterfamilie her- vorging.
Bei den Griechen beginnt die Transsubstantlation histori- scher Personen, wie Ahnherrn. Stifter und Gründer von Städten. Volksführer, heldenmütiger Verteidiger des \'aterlandes eigentlich erst nach der späthomerischen Zeit, indem solche unmittelbar nach ihrem Tode, oft auch schon bei Lebzeiten, formell zu göttlichen Eh- ren erhoben wurden. Die vorzeitige Diffusion der irdischen Ver- ehrung eines Menschen in eine überirdische unterlag in letzterem Falle einem verkürzten Prozesse.
Die Grenze zwischen hochgestellten Menschen und Göttern ist immer verschwommen gewesen und umso verschwommener ge- worden, je weiter sich die Zeit von ihrer Existenz entfernte. Die mythischen .Ahnherrn der einzelnen \'olksstämme sind da- her in ihrer Ursprünglichkeit lediglich prosaische Gemeinde- älteste, und die Forschung zeigt uns auch die fortschreitende Um- w andlung dieser Funktionen vom Realen und Demokrati- schen zum Theokratischen und Mystischen, aber durchaus nicht umgekehrt oder ohne diese Ent- wickln n g s p h a s e. — Wie z. B. «boh, bog« (= Gott) vom Qe- meindeältesten progressiv zu Gott w erden kann, ist auch heute leicht zu beweisen. Wird der Vorsteher einer Gemeinde dann Älte- ster einer Gemeindegruppe, einer Provinz oder noch größerer Ge- bietsteile, so kennt ihn der größte Teil der Bewohner gar nicht: hatte er obendrauf Gelegenheit sich im Kampfe um den Schutz des ihm anvertrauten Gebietes auszuzeichnen, so bilden sich um ihn Sagenkreise und legendäre Vorstellungen, die ihn schließlich als hö- heres Wesen, begabt mit den besten Eigenschaften des Geistes und Willens, als Träger übermenschlicher Stärke und übernatürlicher Gewalt darstellen, und weil er für die Mehrheit nie sichtbar ist, wird er mit der Zeit zu einer transzedenten Größe, was sich bereits mit dem gangbaren Gottesbegriffe im allgemeinen deckt. Tatsächlich ist auch in allen nicht römisch-katholischen Staaten die höchste kirch- liche Würde zugleich in der Person des Herrschers vereinigt. — Man frage aber nur einmal einen primitiven Gebirgler, der nie sein Weichbild verlassen, wie er sich einen Kaiser oder den Papst vor- stellt, und ist da wohl jener Soldat typisch, der vor der Kaiserin
Anna deshalb nicht präsentierte, weil sie keine Krone auf dem Kopfe trug; ja bei den Chinesen ist es geradezu Vorschrift, daß sich der Herrscher keinem zeigen darf; ist es daher ein Wunder, wenn dieser dann als 0 e i s t u n d (lo 1 1 — weil für jedermann unsichtbar — angesehen wird!
Daß solche in liohem Ansehen stehende Personen sodann auch nicht gewöhnlichen Todes sterben können, sondern auf einem son- stigen Umwege der Erde entrückt werden, ist ja naheliegend, weil der Volksglaube dies ja gar nicht fassen will, daß eine solche Qlanz- gestalt der banale Tod erfassen könnte. So kommt es, daß Religions- stifter, Nationalhelden, weise Herrscher, als konstant fortlebend an- gesehen werden, oder daß man gar nicht glaubt, daß sich der Be- treffende im designierten Grabe befinde, wie z. B. Elias, Christus, Mohammed, Alarich. Atilla, Barbarossa, Kaiser Josef II. u. a.
So haben auch die Götter des griechischen Olymps ansonst eine sehr prosaische Entstehung. Der Olympos ist ein G r e n z g e- b i r g e, was ja auch der ursprachliche, noch heute bei den Slaven gebräuchliche Begriff »lim« (Grenze), «olim, olinije» (Grenzgebiet) bezeugt. Die Grenze zwischen Thessalien und Makedonien, d. h. die Pässe, mußten militärisch bewacht werden. Der Kommandant eines Teiles dieser Linie war der K r o n o s (gran, gron ~ Grenze), eines anderen Teiles Uranos (Vranos, brana, vrana = Verteidigungs- stelle), eines dritten Zeus i&nnc, deus. dev, div, divimis, dien u. s. w.), der Beobachter feindlicher Vorgänge.*) So ist es auch erklärlich, daß Kronos den Uranos entthronte und dieser wieder vom eigenen Sohne Zeus um die Herrschaft gebracht wurde; es sind dies wohl nur Kämpfe um die höchste Kommandostelle und Gewalt in jenem Grenzgebiete, welches zum Schlüsse auch zum Göttersitze einer solchen Heroenfamilie wurde, was die Epiker und die Volks- dichter dann noch poetisch ausprägten und erweiterten.
Diese Deutungen werden wohl als ungeheuerlich angesehen werden, denn schon die Verquickung mit dem Slavischen allein gilt als ein Kriterium des Unmöglichen. Doch wird sich dagegen nicht mehr viel ausrichten lassen, denn es tritt immer klarer und entschiedener der Grundzug hervor, wonach alle G ö 1 1 e r w e 1-
'') Der Olj-mp heißt jetzt xLachaH. was wieder zeiet. daß ein dorti- ger Punkt einst auch »Loka« geheißen haben nuiß.
t e n in jener Zeit zu keimen begonnen haben, als n o c h d i e U r s p r a c h e m a ß g e b e n d \\ a r. u n d K a m p f u n d Krieg noch das eigentliche Lebenselement uns er r e r Vorfahren ausmachten. Man muß daher bei dieser Beweisführung wieder die sozial-militärischen Urzustände in eine logisch-harmonische und genetische Wechselwirkung mit der Sprach- wissenschaft bringen, denn niemand gebraucht für ein b e k a n n t e s Objekt ein unbekanntes oder unverstandenes Wort.
Betrachtet man in diesem logischen Sinne auch kurz die Kos- mogonic der Edda, so wird man sofort zugeben müssen, daß dieser Qalimathias nicht der Gedankensphäre eines natürlich den- kenden Menschen entstammen kann, sondern nur die künst- liche Verballhornung einer vorgefundenen Naturreligion ist. in wel- cher man die noch zum Teil erkannten Begriffsbedeutungen sprach- lich falsch interpretierte, und auf dieser fehlerhaften Etymologie einen planlosen Bau ausführte. — Es diene zum Beweise hiezn nur folgender Auszug aus der germanischen Weltschöpfungsmythe: Das Weltall ist ein mächtiger Baum, die W e 1 1 e s c h e KAskr Ygg- drasil«; in ihrem Gezweige weidet der Windgott Odin sein Roß (ein Pferd auf einem Baume!), sowie auch die Ziege «Heidrun«. — Die MAsenx (= Götter) schufen im Uranfange aus zwei Bäumen das erste JVlenschenpaar. den Askr und die Embla. Die Erde heißt Midgard; sie ist von der großen Midgardschlange umschlossen und gegen Anfälle der Riesen und Einbrüche des IVleeres durch Wälle geschützt. Die Kuh Andumia speist die Meerriesen: aus ihr geht «Buri« hervor, der den «Bor« und die «Vestla« zu Kindern hat etz. Die Begriffe: «Äsen. Buri. Bor. Vestla« sind schon an anderer Stelle erklärt; «Midgard« ist ein Q r e n z v e r t e id i g u n g s- p u n k t (mid-grad) und mit solchen ist die ganze Grenze «umschlun- gen«; die Wälle ergänzen noch diese Erklärung. — Die Welt- esche "Askr Yggdrasil« ist jedoch etymologisch der gefürch- tete Krieger, der Held, also kein Baum. Die slavischen Balkanvölker wie die Osmanen. Perser u. ä. verstehen unter «asker« = Krieger. Armee. Militär überhaupt, denen ein «as« vor- steht; «Yggdrasil« ist ein mäßig verändertes slavisches Wort (ustra- sil. ustrasljiv!) in der Bedeutung: derFurchterregende, der Gefürchtet e. oder der Beschützer, der Wachhabende (ustrazil). also der mächtigste Befehlshaber über irgendein größeres
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Gebiet. Wieso aber der Zuschneider der Edda'scheri Kosrnogonie zum Eschenba 11 me kam. ist auch nicht schwer zu verfolgen, denn «jasenn ist eben in allen slavischen Sprachen der Begriff für die Esche, und die große fürchterliche (Yggdrasil) Esche wurde in seiner falschen Translation zur W c i t e s c h e, statt zur obersten Schutz — ( = s t r a z a) Person. Jener K o m- P i 1 a t o r ni u i.i sonach noch ganz annehmbare Kennt- nisse des Slavischen besessen haben, da er außer dem Be- griffe )Asciii' nrch noch «jascn« kannte, welcher Begriff in den ver- schiedenen Dialekten noch heute ohne Fräiotation gehraucht \\ ird.*)
Alle mythischen Erzählungen entpuppen sich schließlich als solcherart entstanden; allerdings erleidet dabei, wenn man sie der poetischen Zutaten entkleidet, die holde Sagenwelt, die gefestigte Überlieferung und das in der Jugend Angelernte eine derbe, empfind- liche Störung. Namentlich \\eicht man der %\issenschaftlichen .Auf- iollung religiöser Forschungsfragen gerne aus, da solche dann meist nicht kritisch sondern g e f ü h 1 s g em ä ß aufgefaßt w erden, da- her es eben kommt, daß sich Glaube und Wissenschaft heute noch immer schroff entgegenstehen und sich gegenseitig ihre Fundamente i rtergrat-en, statt die Khift gemeinschaftlich zu überbrücken. Jeder Schritt aber, der das Wissen und Glauben der Wahrheit naher bringt, vermindert den Abstand zwischen beiden und führt uns zu dem, was wir bis nun noch nicht kennen : zur reinen, n a t ü r 1 i- chen Offenbarung! — Allerdings muß aber auch der Theologe den Tatsachenbeweis der Wissenschaft rückhaltslos anerkennen und
*) Um überzeugender zu wirken, sei noch folgendes aus der Edda angeführt: der von iihodrn (chod, chodar) getötete Bai der wird von dessen Bruder «bous« (Saxo nbothn, altdänisch «vali». »all« — isländisch) gerächt. Diese Exekutoren der Blutrache sind uns etymologisch durch- wegs schon bekannte Namen (bos. vod. vali), welche uns überdies den äußerst wichtigen Fingerzeig geben, daß die Darstellung von Stierköpfen (als Sj-mbol der menschlichen Stärke) in der reich vor- gefundenen alten Skulptur (z. B. Mithras, hl. Lukas u. a.) schon in der Zeit nach der falschen E t j.- m o I o g i e von b u s, bos, t u r, t o r. etz. hervorgegangen sein müssen, denn zur Zeit des ungetrübten Verständnisses wird niemand seinen Herrscher oder Befehlshaber mit dem beleidigenden Ochsenkopfsymbol haben ungestraft »ehren« wollen. — Der isländische Ase «Vidarx bedeutet im Nordischen soviel als Beobachter, aber erst die s I a v i s c h e Etymologie sagt, daß diese Deutung richtig ist.
darf dabei nie den roten Faden verlieren, daß die Hauptaufgabe der Religion doch dieErziehungderMenschheitz urMoral ist und dies bleiben wird; bedient sich dieselbe hiezu sol- cher Mittel, w-elche mit dem Glauben allein auch die Beweisführung erschöpfen, so kann dies jedermann willkommen oder doch gleich- gültig sein, nachdem der subjektive Glaube ja weiter niemanden^ einen Schaden zufügen kann; nimmt aber die Religion zur Stütze ihrer Lehren jene Momente hinzu, deren Glaubwürdigkeit durch die Hilfsmittel der Spekulation, als: Bewußtsein, Erkenntnis und Über- zeugung erschüttert werden kann, so entsteht der unvermeidliche Zusaiimienstoß der Meinungen, wobei alternierend einmal die Wis- senschaft, ein andermal die Religion den Rückzug antreten muss. — So lange sich also die Religion auf die anerkannten moralischen Grundgesetze der menschlichen Lebensbetätigung und deren Gel- tendm.achung basiert, — denn sie war ja tatsächlich überall der erste Träger der Wissenschaft — , sind Differenzen ausgeschlossen; so- bald sie aber kosmische Vorgänge lediglich der Diktatur des Glau- bens unterwirft, bilden sich dort scharfe Gegensätze, wo die indi- viduelle oder fremde überzeugende Logik zu anderen Schlüssen ge- langte. — Prinzipielle Kollektivideen sind daher auf diesem Gebiete ausgeschlossen, denn sowohl von enem, dem die Religion eine wert- volle Sache ist, wie von jenem, der ihr feindlich gegenübersteht, ist. — sofern sie nicht umhin können sich gegenseitig zu beunruhi- gen — . eine vorurteilslose Überprüfung nicht zu erwarten; wer aber indifferent ist. der weicht dem Thema überhaupt aus prakti- schen Gründen aus. Es machen daher die äußerste Rechte wie die äußerste Linke hier gemeinsame Sache: sie diskreditieren beide den wahren Wert der Religion.
Die dargelegte Entstehung der Gottesbegriffe zeigt uns jedoch klar, daß jede Religion in ihrem Beginne nur ein Produkt natürlicher Vorgänge ist: sie zeigt uns aber andererseits auch, wie jede Religion allmählig ihre Objekte der \'erehrung dem i r d I s c h-p rofanen Milieu entzog, mit der Zeit Ranz auf das mystische, substanzlose Gebiet ab- schwenkte und solcherart behufs Ausschaltung der Möglichkeit c in e r Nachkontrolle alle Grenzen f ii r Z c i t u n d R a u m entfernte.
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Es gibt beim primitiven Volke eben keine Vorstellung, die nicht einen ursächlichen, naturgemäßen, auf logischer Gedanken- arbeit fußenden Anfang hätte, und Avird es einem Helldenkenden nie- mals einfallen, auf die Dauer Sagen, Mythen und Legenden lediglich als Produkte spielender Phantasie anzusehen, wenn sich auch der wahre Kern infolge \icler brriter Umhüllungen gut verborgen erhält; aber die höchste Humanität, das profundeste Wis- sen, dieidealsteK' eligion ruh tdoch inderErkennt- n i s und 'Verbreitung der reinsten Wahrheit!
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Schlusswort.
Es ist uineniieidlicli. daß in einer so uiiifaii^reichen s j n t h e- ti sehen Arbeit, zu w elelier wohl viele, aber meist verwitterte Bausteine zugetragen werden mußten, nicht nur da und dort Irrtü- mer und falsche Fundierungen unterlaufen, sondern auch ebenso un- vorhergesehene Mißdeutungen Eingang finden können; der große Bereich des in Erwägung gezogenen Stoffes erheischt daher noch eine intensive Detailarbeit, denn die endgültige und überzeugende Klä- rung so manches toponomischen Begriffes und so mancher land- läufiger Erklärung weit entrückter Vorgänge wird sich dem Einzel- nen erst anschaulich ergeben, wenn allseits und überall Vergleiche angestellt und Überprüfungen auf Basis dieser Grundgesetze vorge- nommen werden. — Wir befinden uns aber hier erst im Beginne des Hebens einer total verfahrenen und vernachlässigten Wissenschaft, welche bisher nur als falsche Münze im Parteigetriebe kursierte oder lediglich als politische Vogelscheuche in Dienst gestellt war.*)
*) Man verKleiche einmal die Broschüre des Münchner Utnversitäts- professnrs Dr. Sepp: nAnsiedlunK KriesfsijefanKener Slaven oder Sklaven in Altbayern und hre letzten Spuren: (München 1897). welche Slaven nur als Sklaven und Kriegsgefangene kennt, die man «gnadenhalber in den wertlosen Sumpfgebieten ansiedelte, zu den wilden Tieren in eine Bergwildnis verpflanzte und sie dort ihrem Schicksale überließ.« — Was nützt die äußerste Konzentration der Bücherweisheit, w enn bei der Verwer- tung derselben die Objektivität, die Logik wie auch das Oedächtnis vol- Itnds versagen, denn an anderer Stelle sagt w ieder Dr. Sepp, daß von den Slaven Hunderte von Ortsnamen in Bayern herrühren und daß der deutsche Adel deshal!i so viel slavische Namen führt, weil er sich den Namen nach
Alles bisher Gesagte ist daher nur eine wissenschaitliehe Klein- arbeit, der eigentUch die Forschung nach der Urgeschichte der Sla- ven nur zur Folie dient, die aber doch den Leser leicht zu dem vor- eiligen Urteile bewegt, als ob es sich hier nur um eine Liebhaberei oder Qlorifizierung des Slavischen im allgemeinen gehandelt hätte, und wurde mir in dieser Hinsicht viel schweres Unrecht getan. Ich muß daher dem Leser, welcher den Grund und Schluß so mancher dieser Detailbehauptungen nicht sofort zu erkennen vermag, dadurch entgegenkommen, daß ich nun alle diese kleinen Lichter in einem großen Reflektor vereinige und zeige, mit welchem m ä c h- t i g e n L i c h t e f f e k t e sie nun alle zusammen das bis- herige Dunkel unserer historischen L e b e n s g e - h e i ni n i s s e überstrahlen.
den eroberten slavischen Burgen und Besitzen beigelegt hat. Merkwürdige Leute — diese S 1 a v e n-S k 1 a v e nl — Wohin sie kommen, überall gaben sie neue Namen aus ihrem Schilf und Moor, und das Herrenvolk beugt sich dieser .Anmaßung geradezu sklavisch; der Adel nimmt ihnen ihre Burgen und Latifundien weg und legt sich den bezüglichen Besitznamen bei: aber diese Besitzung konnten doch nur wertlose Filze und Sümpfe ge- wesen sein! — Ja man überläßt die »Sklaven« ihrem Schicksale unter den wilden Tieren, aber im Orte »Taufkirchen» soll man sie summarisch zum Christentum präpariert haben; wozu also diese übertriebene Sorge für deren Seelenheit! — Mit dem kleinen Maßstab der Gehässigkeit und Parteilichkeit läßt sich die große Welt doch nicht messen, und man kommt da bald mit der Wissenschaft bald mit der Wahrheit in Konflikt, und bald mit beiden zugleich! — Doch hiemit ist die Sache noch nicht abgetan. Dr. Sepp kannte vermutlich jene Stelle des Pseudo-Maurikios. augenscheinlich eine .Art arabischen Münchhausens, welcher berichtet, daß bei den entsetz- 'ichen .lagden auf die Slaven diese schließlich auf die Idee kamen «sich bei urplötzlichen Überfällen ins Wasser zu stürzen und viele Stunden lang, aus Schilfrohren atmend, die Räuber zu täuschen». Während nun Dr. Sepp vorsichtig genug ist diese Quelle nicht anzuführen, glaubt Professor J. Peisker (Graz) allen Ernstes daran, denn in dem Vorberichte zum Werke; »Neue Grundlagen der slavischen .Altertumskunde» (1910) fügt er hinzu: »So wurde er (der Slave) zu einem elenden .Amphibium. Diese Slavenjagden. bei denen es ungleich mehr Tote als Gefangene gab, sind
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Es läßt sich die Tatsache nicht abltuüiieii. daß die Spracliior- schung bisher sehr einseitig arbeitete, weil die Forscher meist die erforderlichen Sprachkenntnisse nicht besaßen, und namentlich die sla vischen Sprachen fast gar nicht in den Kal- kül zogen; was aber diese Adepten als Dogma hinstellten, das führte die späteren Forscher zum Irrtume, denn diese setzten wieder ihre Studien dort ein, \\o sie bereits ein geläutertes Gebiet vorzu- finden glaubten. Und darin steckt der Hauptteil unserer geschicht- lichen Irrtümer, daß wir ein Volk immer erst die Weltbühne betreten lassen, sobald dessen geschriebene Geschichte beginnt, — ein Fehler vergleichbar mit dem, \\"ie wir auch alle einst im naiven Kindersinne glaubten, daß die Sonne unmittelbar hinter dem nächsten Gebirge unseres Horizontes aus dem Ozean steige. In der Ent- wicklung eines Volkes, welches plötzlich agierend auftritt, muß aber eine, nicht einmal annähernd in Zahlen bestimmbare vorberei- tende Zeit vorangegangen sein, und daran denkt man oftmals nicht.
— Und gerade für das hohe, ehrwürdige Alter der Slaven in Europa
uralt etc.« — Man sieht, daß selbst die größte Unnatiirlichkeit Professoren nicht vor Gehässigkeit zurückhält, wenn dies nur bei Herabsetzung der Kultur der Slaven seinen Zweck erfüllt! — Kaim sich Prof. Peisker die Situ- ation Norstellen, daß ein Mann viele Stunden lang unter Wasser liegt und nur aus Schilfrohren atmet? Der Aniphibien-Slave wird urplötzlich überfallen, wirft sich platt auf den Rücken in den Sumpf, schneidet oder bricht sich ein Schilfrohr ab, bohrt sich das Diaphragma an den Knoten- punkten sauber aus. — natürlich alles unter Wasser! — sucht sich beim Überfalle nur iene Sumpfstelle aus, die eine bestimmte Tiefe hat, sinkt im Sumpfe nicht weiter ein. als das Schilfrohr lang ist und atmet so
— stundenlang! Bei alledem sind aber die Räuber so einfältig, daß sie nicht wissen, wo er liegt, zumal das Schilfrohr heraussteckt, oder sind plötzlich so human ihn weiter nicht in seinem Elemente zu belästigen. — Das ungekündigte Werk soll auch folgende, tatsächlich vollkommen neue Grundlage für die Ermittlung der Slavenwiege bringen: »Die Slaven haben keinen Ausdruck für Buche aber einen für den Horubaum; daher lag ihre Wiege außerhalb der Buchenregion, Linie Königsberg-Odessa, und innerhalb der Hornbaumgrenze, welche im weiten Bogen die Pripjat- Sümpfc — Poliesje — umspannt». Diese Idee ist jedenfalls noch nicht da gewesen, sowie man auch hier das erstemal hört: »Der Sumpf bildet keinen Kriegsschauplatz, daher die slavische Kriegsuntüchtigkeit und keine Schlacht- ordnung!» — Auch das ist neu. daß die Slaven als Soldaten nichts taugen!
— Nach alledem müßte der letzte Slave doch schon längst nur mehr in einem Panoptikum zu sehen sein!
selbst sprechen verschiedene lebende wie tote Zeugen, und ist der wichtigste lebende Zeuge vor allem die Sprache, denn die Summe so vieler ethno- und topographischer Namen in Europa allein mit ihrem s 1 a v i s c h e n, d. h. dem S 1 a v e n sachlich \' e r s t ä n d 1 i c h e n W u r z e 1 w o r t e spricht wohl beredt darili'. daß die slavische Sprache als eine Art Grundsprache angenommen werden m u ß. Aber diese Grundsprache kann ebensogut mit einem anderen Namen belegt werden, wie man ja bis heute dafür auch «indogermanischK im wei- teren Sinne aber ebensowenig prägnant anwendete, sofern die Be- nennung «ursprachlichic dermalen noch nicht für opportum gehalten wird, denn man kann sich bei der wissenschaftlichen Terminologie nur an jene Begriffe halten, die den Gegenstand mit Rücksicht auf die heutigen Verhältnisse in gehaltvollster Weise umgrenzen.*) Tat- sächlich müssen Kenner der slavischen Sprache zugeben, daß ein- zelne Sprachzweige dem Altsla vischen, das man aber wissen- schaftlich noch als A 1 1 s lo v e n i sc h, wie auch A 1 1 b u 1 g a- r i s c h näher kennzeichnet, umso ähnlicher erscheinen, je ältere Sprachproben zu dessen \'ergleiche verwendet werden.
Andererseits ist es aber selbstverständlich, daß alle im Buche angeführten Naniensbildungen nicht als slavische im heutigen politischen Sinne aufzufassen sind, aber die Mehrzahl derselben
*) Die vergleichende SpracliforscliuiiR fiilirt auch zu der Hypothese, als wenn die s I o v e n i s c h e Sprache, w eiche vnu den Spracheelehrten ohnehin als die Grundsprache der großen slavischen V'ölkerfaniilie ange- schen wird, mit diesem alten Wortschatze die meiste Identität oder doch Verwandschaft hätte. Diese hat sich in ihrer vermutlichen Urspriinghchkeit erstaunlich unbeeinflußt erhalten. Die etymologische Sclireibweise ist durchaus beibehalten und diese ist zugleich phonetisch. Die 0 r a m- ni a t i k bietet nahezu keine Ausspracheregeln; es gibt keine Akcente, keine Diphtonge und keine Doppellaute. Viele Begriffe konkreter Richtung ent- halten noch heute keine Vollvokale, w. z. B. crn, drn, krt. krst, prt, prst. rt. rz. u. a. und bieten diese mit ihrem beihabenden stummen e, das ja allen Konsonanten (ausgenommen h und k) naturgemäß anhaftet, noch lange keine so zungenschwierige .Aussprache, wie etwa die deutschen Begriffe: nichts. Pflicht, pfropfst, stampfst u. ä., sowie in: ank erst, stolp e r s t ja die gleich- lautenden Silben auch vorkommen, daher die landläufigen Ansichten, daß die slavischen Sprachen hart seien, schon bei diesen wenigen Vergleichen wesentlich entwertet erscheinen, und behauptet dies wohl tuu^ derjenige, welcher keine solche Sprache gründlich kennt.
I
gehört eben zum U r v o r s c h a t z e des präliistorischeii f^ewohners unseres Weltteiles, und eben der Umstand, daß sich diese S p r a c li e 1 e m e n t e gerade bei den S 1 a v e n in Form und Bedeutung nahezu unverändert erhalten ha- ben, eröffnet uns ein neues Feld für die Lösung dieses Rätsels, daß es nämlich zwischen den verschiedensten Sprachen unleugbar latente Beziehungen gibt, die sich ohne Unter- brechung um den ganzen Erdball zu spannen scheinen,
Darin ist wohl auch die erstaunliche Aufnahnisfähigkeit des Slaven für andere Sprachen natürlich begründet, denn er besitzt nicht nur einen vielfältigen, sondern vor allem einen von der Urform noch wenig abweichenden Qrundwortbestand, welclier Vorzug ihn eben befähigt, das Wesen einer jeden anderen Sprache rascher und gründlicher zu erfassen, daher die Slaven auch dem Gebiete der Sprachforschung trotz mancher Ungunst der Verhältnisse so Hervor- ragendes geleistet haben. Die slavischen Sprachen weisen nämlich einen erstaunlichen Reichtuiu an Formen und Begriffen in einer Skala auf, für die uns heute bereits die Erkenntnis der subtilen Be- deutungsunterschiede mangelt. Namentlich sind die konkreten Be- griffe, wie dies schon aus den Benennungen der Grenzzonen, der \\'ach- und Verteidigungspunkte hervorleuchtet, ungemein zahlreich, indes die abstrakten Wortformen nicht so vielseitig sind, wenn sie auch dem normalen Bedarfe vollauf genügen.*)
'~ Es füllt auch auf, daß z. B. die Slovenen noch alte Begriffe für Kleidungsstücke kennen, die schon längst mit dem Schwinden der Trachten alle praktische Anwendung verloren haben, aber man findet dieselben in anderen Sprachen u. z. modernisiert, wieder; so »zupanc«, ein iirnielloses Kleid, als ,1 o p p e im Deutschen, als «jupon« im Französischen, als Schlaf- rock (zupan) im Böhmischen und Russischen; «niohaj« war ein schwarzes weibliches Oberkleid mit breitem grünen Saume (ähnlich der Schlesierinnen- Tracht). als »moiiair» im Englischen; «rüb, robaca«, ein Kleidungsstück mit einem Saume (statt auslaufender Fransen), als »robe« im Französischen; »bregese«, eine Kniehose aus starkem Hausleinen, als «breechesii (Reithose) im Englischen; «burnus", ein Schutzkleid gegen Wind und strenge Kälte (bura), ist auch den Arabern und Marokkanern bekannt; «godeze« erwähnt Lichtenstein (in »Prauendank» ) als »ein windisch wibes kleit»; heute unbe- kannt, aber anscheinend ein Miederkleid und im Französischen als »cottes», oben enge, unten weite Kleider des Mittelalters, erhalten. —
Es kann aber eine Sprache, die einfach und natürlich geblieben ist, auch nur unter der Voraussetzung einfach und natürlich geblie- ben sein, wenn sie von fremdwärts unbeeinflußt war und ihr die Gelegenheit mangelte ihre Originalität einzubüßen; jede andere Er- klärung ist prinzipiell anfechtbar, nachdem eine Sprache im er- weiterten Gebrauche — vielleicht Gewaltmittel ausgenommen — niemals kompendiöser sondern nur stetig breiter wird.
So kommt es auch, daß die konkreten Begriffe, je weiter man zur Urzeit, die sich begreiflicherweise noch wenig mit Abstrakt- heiten befaßte, zurückgeht, in allen Sprachen nahezu gleichlautend sind, und fließen alle jene Begriffe, die dem Urmenschen augenschein- lich bekannt gewesen sein mußten, je weiter man in die Urver- hältnisse dringt, umso konzentrischer zusammen.
Wir wissen allerdings nichts Exaktes darüber, welche Wand- lungen die Begriffe von der Grenze der historischen Zeit bis zu den Uranfängen der Sprachmechanik durchgemacht haben, ob und inwie- weit sie verblaßt, verschwommen oder entstellt sind, verfügen aber immerhin über genug Anhaltspunkte für das Erkennen der Urform, denn sind wir nur einmal bei einem einsilbigen Worte angelangt, so berechtigt dies zur Annahme, daß diesem nicht mehr viel Schlacken anhängen können, denn schließlich erschöpfen sich die Lautperniu- tationen einfacher Silben immer noch eher als die Reihe jener Ob- jekte, die der Urmensch zu benennen hatte.
Die eingehende Untersuchung ergibt aber eben, daß jene Ge- genstände, welche seit der ältesten Zeit vorhanden waren, fast durchwegs einsilbige Bezeichnungen aufweisen — soweit wir deren Urform kennen — . indes die der späteren Epoche entstam- menden nahezu imer zwei- oder mehrsilbig sind — Es ist doch un- denkbar, daß die Menschen im Urzustände, sobald sie der Sprache mächtig waren, für jene Objekte oder konkreten Handlungen, mit denen sie in unvermeidlicher Berührung standen oder die ihnen auf- fallen mußten, keine Ausdrücke gehabt hätten, wie: Sonne, Mond. Erde. Wasser, Stein, Baum, Zaum, Wein, Beere, Salz, Drache, Ochs. Tag. Nacht, Licht, Wunde, Grab, arbeiten, flechten, melken u. a.: aber gerade diese sind noch heute als Wurzelwörter fast durchwegs einsilbig, wie die vielen Hoheitsbegriffe, als: as. ot, car, chod, grau, knez, Ijeh u. s. w. und gerade diese haben zumeist in allen indoeuro- päischen Sprachen dieselbe Grundform und die-
selbe Bedeutung im allgemeinen behalten, ein sprechender Beweis, daß sie alle von einer Zen- trale, einer Sprachquelle und einem Sprach- schatze ausgegangen sind, daher man die Syn- glosse, d. h. den gemeinsamen Ursprung der ein zelnen Sprachgruppen durchaus nicht als ein Phantasiegebilde hinstellen darf. Es erscheint uns dies wohl anfangs rätselhaft, aber wie alle Dinge so lenkt auch dieses unentwegt auf eine monistische Lösung hinaus, denn die Vereinigung der Empirie und Spekulation, d i. der sinnlichen Er- fahrung und des logischen Denkens neigt auch bei dieser Frage zur Naturphilosophie der Einheit des Ursprungs.*)
Die erstaunlichen Fortschritte in der Naturkenntnis des ver- wichenen Jahrhunderts haben die Entwicklungsgänge aller Lebe- wesen, die Stammes- und Schöpfungsgeschichte, ja selbst die Re- ligion auf eine monistische Basis geleitet, und liegt nicht das geringste Bedenken vor, weshalb die Sprache nicht auch den gleichen Naturgesetzen folgen sollte, denn auch für die Entstehung dieser gibt es nur einen einheitlichen und natürlichen Anfang, und ist das Intermezzo der Sprachenverwirrung beim Turmbaue von Babel hiefür gewiß sehr lehrreich, denn es zeigt uns nur. daß das ursprüngliche Sichverstehen lang- sam verloren ging, je entfernter die Heimat der daselbst beschäftigten Arbeiter lag.
Man beginnt in neuester Zeit dieser Erkenntnis auch schon mehrseitig nälierzutreten. So sagt z. B. Dr. Täuber (Zürich) in einem
'■) Man vergleiche einmal nur voriiberKehend die Sprache der asyrisch- babj'lonischen Mythen und Epen aus den keilinschriftlichen Tonarchiven su- merischer Provenienz; auch diese diskreditieren durchaus nicht obige Be- hauptung. So ist dort »Bein schon ein Gott, in der Urverfassung noch Chef eines Verteidigungspunktes; «bili» Kleider, Zeug; im Slavischen: Leinen- kleider, Wasche (bilidlo, belidlo = VVäschebleiche im Cechischen); «sibia« = Hirtenstab; im Slavischen: Hirtenrute, Kinderrute; «suba, subat« = Kleid; im Slavischen: zubun, subun = Frauenkleid, suba = Pelz, Winter- kleid: »itku» = weben (tkati = weben); Kutulati» = Kuhhirt; im Cechischen ütuina = Schutzhütte, (vermutlich; Hirtenhütte); »ultima Thule», daher: letzte Schutzhijtte u. s. w. — Eine weitere Vergleichung jener Texte unter Beobachtung der Synglosse dürfte aber noch beweiskräftigere Klärungen bringen.
Aufsatze: «Die Ursprache und ihre EntNxicklung.» (.ülobus, 1910) ganz analog: «Die Frage nach den Anfängen der menschlichen Sprache ist eines jener Probleme, die wie die Schöpfungsgeschichte, die Ab- stammungslehre, die Flugversuche seit langem die Sinne der den- kenden Menschheit gefangen hielten. Erst nahm man angesichts des unentwirrbar scheinenden Rätsels göttlichen Ursprung an, später stellten die Philosophen verschiedene Theorien auf, wobei die zum Vergleich herangezogenen sprachlichen Äußerungen von Tieren und Kindern, Oefiihlslaute und Schallnachahmungen eine große Rolle spielten. Es scheint mir indessen noch einen anderen Weg zu geben, der rascher und praktischer zum Ziele führt: abstrahieren wir aus einem genügend durchforschten Sprachstamme nur das Wesentlich- ste, d. h. streifen ^\■ir, wie aus den etymologischen Wörterbüchern zu ersehen, in erster Linie die zur Differenzierung der Begriffe die- nenden Formen und Laute ab und behalten die bloße W n r z e 1. d e n Kern, und versuchen wir dann noch einen Schritt weiter zu gehen, indem wird die auf diese Weise verbleibenden Wurzel- wörter neuerdings auf gemeinsame Sprachelemente und Begriffe untersuchen.« Dann: «Wenn alle Sprachen und Sprachfamilien auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgehen, so können wir mit irgend- einer von ihnen die Untersuchung anfangen, und wir müssen überall zum gleichem Endresultate kommen)i. — Dr. Täuber fügt nun etliche Tabellen an und geht dabei z. B. folgend vor: er fand den Wortkern «bar« (identisch mit «var«) für Unterschlupf. Höhle, sagt aber nicht, daß das Slavische diese Wurzel in \cr\\andter Bedeu- tung — als S c h u t z p u n k t — kennt, hingegen legitimiert er eine Menge davon abgeleiteter Begriffe, wobei es besonders auffällt, daß er alle möglichen Sprachen in Betracht zieht, aber die slavische, welche die einfachste Form in der Urbedeutung kennt, mit keiner Silbe erwähnt, obschon seine Deduktionen dadurch, sowie durch die Anführung der nachgeborenen, organisch verwandten Begriffe, wie: Barre (Schranke), Barrierre. Barrikade, Barreau, Barrage {= Wegmaut). Warte usw., noch weit überzeugender wirken müßten. — Unsere landläufige Erziehung zur Nichtbeachtung des Slavischen hat eben zur Folge, daß die sprachwissenschaftliche Forschung nie über den toten Punkt hinauskommt; macht man aber einmal darauf aufmerksam, so wird man sofort zum Phantasten. Nörgler oder Hetzer gestempelt.
Was jedoch den allgemeinen Grundsatz betrifft, so ist dieser leicht faßlich, denn der Mensch benennt die Oegenstände immer nach dem Eindrucke, den sie auf ihn machen, und diese Empfin- dung und Wahrnehmung ist allerorts nahezu die gleiche. Aber diese Ursprache hat bei der Weiterverbreitung Änderungen erfahren, welche mit der Entfermmg wuchsen; und dieses kann uns nicht befremden, da wir ja noch heute wahrnehmen, daß sich schon in zwei benachbarten Dörfern geringe Wortunterschiede finden; welche Differenzen ergeben sich aber bereits zwischen gleichspra- chigen Bewohnern, die ein größerer Gebirgszug trennt! Welche Wandlungen sind in den Sprachen im Laufe der historischen Zeit vorsichgegangen, w eiche die Wissenschaft noch festgestellt hat. und was geschah erst in den Zeiträumen, die sich der Nachprüfung ent- ziehen!*)
Und trotz allem ergeben die etymologischen wie auch phoni- schen Vergleiche der verschiedenen Sprachen miteinander frappie- rende Verwandtschaften und Qleichklänge; wer sich da einer be- sonderen Mühe unterzieht, wird unerwartete Harmonie finden und
') Walter v. d. VogeKveide hat vor sieben Jahrluinderten auch in deutscher Sprache ;<eschrieben. aber dieses Geschriebene versteht heute niemand mehr ohne besondere Vorbereitung; oder versteht etwa der heutige Italiener als direkter Nachkomme des Römers noch den Cicero? — Die modernen Bestrebungen, ein einheitliches sprachliches Verständigungsmittel — eine Kunstsprache (wie z. B. Volapiik, Esperanto) — zu schaffen, können nur auf vorübergehenden Erfolg rechnen, denn alle lebendige Rede verändert sich beständig im Gebrauche, und ist es eine Täuschung an die Erhaltung einer dauernden Originalität zu glauben. — Wozu konstruiert man aber neue Spraclien. wo wir ja nur wieder der Urform unserer Idiome näherzurücken brauchen, und da besitzen \\lr bereits eine allen sympathi- sche, organisch verwandte Gemeinsprache I — Man findet die eigene Sprache zu schwerfällig und will dafür eine einfachere neue! Ja. wer zwingt denn den Polen ein «o» zu schreiben, das als «u» ausgesprochen wird, und den Russen ein geschriebenes »e« als »jox auszusprechen; schreib er gleich den Laut, welchen die Aussprache erheischt! — Werfen wir den unnatürlichen Sprachenflitter ab, zu dem es ja schließlich doch kommen muf'. und der Drang nach der Vereinfachung wird sich von selbst einstellen! — Die ge- waltsame Verbreitung einer Kunstsprache bedeutet aber zugleich die Ver- kümmerung und MiChandlung des natürlichen Sprachgefühls, die Ertötung des Geistes der Sprache seihst und einen bedauerlichen Kulturrückschritt im allgemeinen. —
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schließlich den Eindruck gewinnen, daß wir eigentlich gar kein Recht haben so viel von Latinismen, Slavismen, Germanismen, Gal- lizismen u. ä. zu sprechen, denn dieses sind nicht entlehnte, son- dern lediglich in der fremden Form gangbar ge- wordene Begriffe. N\"eil die gleichen eigenen be- reitscineandere verwandte Bewertungerhielten. Hier einige Beispiele. — Strabo er\\'ähnt die «Büro!« in der heutigen Slovakei; daraus ist der deutsche Begriff «BauerK gewor- den, der dem Slaven als urdeutsches Wort gilt; der Lausitzer Wende gebraucht aber noch immer die Originalform «burw für Bauer. Die erwähnten xBuroi« (Peutinger Tafel. 3. Jahrh.) sind aber die Bewohner einer gut befestigten Gegend, welchen ein «bor« (bour) vorstand, und ist dasselbe auch im «Burzenland« (Siebenbür- gen) der Fall, wo der Älteste «borec« (bourec) gelautet haben mag. Desgleichen gebraucht man auch an der ostafrikanischen Küste, in Hinterindien, in Australien, bei den Samojeden «bur, borgi« für den Berg. d. i. den für die\'erteidigung geeigneten oder hie zu vorbereiteten. — Der Irländer nennt den Alpdruck «phuka«; dem Slaven ist aber dies der: vuk, vlk, vukodlak(= Vam- pyr). — «Mec« ist dem Slovenen. Magyaren. Türken. Perser u. a. das Schwert, dem Deutschen nur mehr das «Messe r«. der Bre- neserin (bei Ragusa) die dolchartige Haarnadel. — Wegen meiner Deutung von «Suez« werden sicherlich gegen mich Pfeile abgeschossen, ehe die Skeptiker die Lektüre des Buches beendet haben werden; ich kann aber vielleicht beruhigend wirken, wenn ich anführe, daß das anklingende französische «suite« auch Ver- bindung bedeutet; ebenso ist das deutsche «schweißen« nur das Verbinden zweier Eisenstücke.*) — Jeder reinsprechende Slo-
°) Zur weiteren Beruhigung möge noch folgendes beitragen. Vor etlichen Jahren wurden in Rsyten zwei Qrabkaitunern geöffnet, die mit Ein- richtungsstücken. Bettzeug und sonstigem Hausrat eines altägyptischen Inge- nieurs vollgefüllt waren. Die Papyrusrollen, welche die Beschreibung hiezu bieten, nennen das dort hinterlegte flache Brot «pogace». oder «fokaccieH. wie dies jetzt in Turin, wo die Funde im Museum aufgestellt sind, in italie- nischer Anpassung gekennzeichnet ist. — Welcher Slave kennt nicht dieses Gebäck niederer Form, das aber als Mehlspeise slavischen Ursprungs unter ► Pogatscherln« oder «Poganzen« auch dem Deutschen bekannt ist! — Ob nun dieser Begriff in Fgypten vor etwa 400r) — 6000 Jahren ein heimischer oder ein importierter war. ist gegenstandslos: Tatsache ist. daß er nur hei den Sla\en allgemein im praktischen Oebraiiche steht. —
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vene entsetzt sich, wenn jemand für das deutsche »Mehl« etwa «melJK gebraucht, weil er dies für einen unverzeihhchen Germanis- mus hält; daß er aber für mahlen »meljemii sagt und mit «meljn das fein gebröckelte Gestein, das Steinmehl sprach- lich korrekt anwendet, das fühlt er nicht mehr. — Das slovenische Ktrebuhii (= Bauch) hat sich im Französischen «trcbucher« (= vor- gewichtig sein) in Form und Bedeutung nahezu unverändert erhalten. — Unter besonderer Reserve sei hier der Begriff «Lungensucht» an- geführt, an dem doch niemand zum Zweifler wird, als ob er nicht urdeutsch wäre. Es mag ja sein, aber die Etymologie wie die Logik erschüttern dies doch, denn «Lungensucht» ist an sich ein sinnloses Wort, indes das slavische Hlonsucha« sprachlich das aussagt, was die Krankheit äußerlich charakterisiert, d. i. d a s E i n- trocknen der Brust, die Brustdarre (lona = Brust, suh, susa = trocken, Darre, Trockenheit). Ist es aber nicht rätsel- haft, daß der Pole (in benachbarten Gebieten auch derCeche), eindeutschesWortinGebrauchnimmt, das erst in seiner Sprache etymologisch sowie sachlich richtig und verständlich wird! — Dasselbe gilt für «zagruta». Es kennzeichnet dies das laute Schreien und An- spornen der kämpfenden Araber seitens ihrer Weiber und Mädchen in der entscheidenden Phase des Kampfes, um sie zur Standhaftigkeit aufzumuntern. — Dies soll aber ein semitisches Wort sein und ungefähr: aufschreien, aus voller Brust schreien — bedeuten. Es mag dies ja ganz zutreffend sein, aber nach der sprach- lichen Morphologie ist dies nur dem Slaven, namentlich dem Slove- nen verständlich, denn diesem bedeutet Hzahruti» eben: aus vol- ler Brust plötzlich aufschreien (grud = Brust).
Diese Beispiele, die sich endlos fortspinnen lassen, führen zu dem Schluße, daß die Ursprache eine gewisse typische Gesetzmäßigkeit aufweist, d. h. jedermann hat im Urzustände, ähnlich wie sich die Anfangsstadien desSprechensfastaller Kindergleichen, von dem- selben Gegenstände denselben Eindruck, benennt ihndaherunbeeinflußtüberallgleichoderähnlich.
Ob die höhere Differenzierungsstufe des Kehlkopfes — also der Sprache — beim Menschen sofort eintrat oder erst das Resultat einer weiteren Entwicklung war, ist hier gleichgültig; es
hat aber die \\ ahrscheinlichkeit unbedingt für sich, daß die ersten Laute zu B e g r i f f s 11 e n n u n g e n o n d ni a t o p ö i s c h e r Na- tur w u r d e n und als solche an allen Punkten nahezu die gleichen waren. Und so erklären wir inis, weshalb die Be- griffe bar. bor. mar, var. log. sem u. s. \\ . in ganz Europa — und auch viel weiter hinaus, ja die Sprachen der Indianer nicht völlig ausgeschlossen — verbreitet sind und merkwürdigerweise überall un- gefähr dasselbe bezeichnen. — Die heutigen Abstände ergaben sich eben erst durch den gesteigerten \erkehr. durch ungenaues Erfassen. Hören und Aussprechen, wie zum Teile auch durch die Wissenschaft.
Die Sprache des Urvolkes, die Natursprache, hatte in ihrem Kindesalter allerdings einen beschränkten Wortschatz, wie ja auch das hinterlassene Inventar mit verhältnismäßig wenigen Begriffen erschöpft ist. Aber diese wenigen Urbegrifte zogen weitere Kreise. \' e r I o r c n dabei das ursprüngliche Aussehen wie die Bedeutung in dem Maße, als sie sich im Gebrauche von ihrem Stammboden entfern- ten, ahn lichdem Stein e. derins Meergeworfen, eine Kreisbewegung h e r \- o r r u f t, die sich in immer schwächeren Wellen in der Unendlichkeit des Meeres verliert, so daß schließlich der Erreger dieserBewegungnichtmehrerkanntoderbeachtet w i r d.*)
Obendrauf differenzierte sich die Natursprache durch die Wis- senschaft, welche die einfach-natürliche Rede sozusagen verfeinern wollte, was bei mäßigen Vorteilen sehr viele Nachteile hervorbrachte, denn durch die scholastische Behandlung haben die Sprachen viele Entstellungen erfahren. Schnörkel und Bizarrereien angenommen, die ihnen nicht nur die ästhetische Einfachheit raubten, sondern ge- radezu für die allgemeine Bildung nachteilig wurden, zumal heute
*) Hiezu luir paar recht drastisetie Beispiele. — In Niederösterreich (namentlich Wien) nennt man einen, dessen Äußerem man eine gewisse, meist ironisch zu nehmende Anerkennung zollen will, «Fex«: südlich des Semmering, also im benachbarten Steiermark, ist »VexH aber der krop- fige Cretin. — Dem Slovenen sind »gegei« die engen, kurzen Hosen; der Träger solcher heißt dann »gegec. gigec»; im Deutschen wurde daraus schon der ver;ichtliche Begriff «Geck«, der nur mehr allgemein auf das .Äußere anspielt, wiihrend das Diminutivum hievon in der Form »Giegerl» schon wieder eine weniger bedenkliche Charakteristik ergibt. — Der Sio-
jedermann genuR WichtiKcrcs zu lernen hat, als diffizile Akzente, zarte Aussprachenuanzen und sinnlose Dehnimgszeichen, die wir ja doch mangels von Phonogrammen aus der Vorzeit niemals als je be- stehend kontroiieren können. Es hatten daher jene Sprachen sozu- sagen ein fragliches Glück, w eiche wissenschaftlich wenig begünstigt waren, denn sie erhielten sich dadurch ihre Natürlichkeit imd Ur- sprünglichkeit.
Viele solcher Auswüchse in Sprache luid Schrift bilden aber heute ein unbedachtes Bildungshindernis und könnten Dei einigen' einsichtsvollen Nachdenken kurzweg beseitigt werden, wodurch die freigewordene Lernzeit von der Jugend auf reellerem Gebiete ver- wertet werden könnte.*)
vene versteht unter »zapomiüti« — sich etwas merken, der Ceelie unter «zapomenouti» — vergessen, also genau die Extreme; tnid doch ist da ein inniger Zusamnienhan'.;, denn der eine meint: vergiß nicht dir es zu merken, der andere : m e r k es dir, um es nicht zu v e r- ff essen! — Fast alle Slaven verstehen unter »brak« — die Vereini- gung, die Ehe; das deutsche »Brakwasser« deutet jedoch schon nur mehr die Vereinigung des Süßwassers mit dem salzigen an, d. i. den Beginn der seichten Stelle wo das Schiff zum iiWrackii kommt, bezw. w i r d. — Die lebende Sprache ist eben eine elastische Eeder und kein starrer Eisenklumpen I
') Daß die Sprachen \ iel wertlosen Kram mit sich führen, welcher etymologisch wie historisch an sich unrichtig, in der Praxis aber ein Ballast ist, ersieht man am besten an der französischen Sprache, die sich doch jahr- hundertelang besonderer Bevorzugung erfreute. Die Begriffe sind oft gren- zenlos verballhornt; die Aussprache stellt die Schreibweise geradezu auf den Kopf; die Syntax wird immer komplizierter; und in welchem Mißverhältnis stehen die französich Lernenden und die französisch Erlernenden! — Ebenso könnten die Russen ihre Halbvokale ausmärzen, die vier i-Laute auf einen reduzieren, und brauchen bei dieser Reinigung nichts weiter, als ihre z y r i 1 1 i s c h e Schrift in einem prunkvollen Reliquienschrank zu deponieren, und eben jetzt, gelegentlich des Neuaufbaues des Volksschul- wesens, die lateinische einzuführen. — Die ietzige Schrift ist vor allem für die Russen ein Kultur- und Verkehrsimpediment schwerwiegender Art; daß sie je die lateinische verdrängen wird, ist nicht vorauszusehen, und wäre es auch nicht wünschenswert, da sie für die Praxis zu wenig deutlich und zu viel überflüssige Laute hat. Die Serben sind, trotz derselben Schrift, schon weit besser daran, weil sie die unnötigen Laute längst abgestoßen haben, hingegen sind die Albanesen radikaler, denn diese sind in jüngster Zeit bestrebt, die zy rillische Schrift ganz gegen die lateinische auszuwechseln; t a t s ;i c h I i c h weisen auch die Völker mit z \- r i II i s c h e r
Die Wahrheit zu hören ist meist unangenehm; das Altge- wohnte auf einmal aufzugeben, fällt schwer; man wirft sich daher über die Kausalität einer althergebrachten Sache auch niemals gerne selbst eine Frage auf; aber die Sprache wollen auch an- dere lernen, denn sie ist doch ausschließlich eii. \' e r k e h r s-, V e r s t ä n d i g u n g s- und B i 1 d u n g s m i 1 1 e 1. nicht aber der Spielplatz für Schultheoreme mit dem falschen Schein der NotAxendigkeit!
Es handelt sich nun auch um die hypothetische Erklärung, daß der Mensch im Tertiär nicht nur gelebt haben, sondern auch schon sprachbegabt, ja sogar relativ kunstverständig gewesen sein muß, \\'ieso er die Glazialzeiten überdauert hat. so^\ie daß die glei- chenSprachelementeaufeinersogroßenZonedas- selbe Objekt bezeichnen und daß sich schließlich auch das gleiche Kulturbewußtsein überall gel- te ndmacht.
Dies alles ist auf Basis der Präzession der Erde erklärlich. — Daß der Neigungswinkel der Erdachse gegen die Ebene der Erdbahn nicht konstant ist. gilt als erwiesen; die Anziehungskraft des Mon- des wie auch der Sonne auf die äquatoriale Anschwellungszone bringt es mit sich, wie dermalen die Hypothese sagt, daß in einem Zeiträume von 25.000 Jahren, dem man aber ruhigen Gewissens noch mindestens eine Null anhängen kann, die beiden Hemisphären das Perihelium und
Schrift trotz Schulen die meisten Analphabeten auf. was wohl zu denken gibt! In ähnlicher Weise mögen die Deutschen ihre undeutliche Kurrentschrift für immer hinterlegen und dieser noch die großen Anfangsbuchstaben beischließen, denn kommen alle anderen Sprachen ohne diesen hohen Respekt vor den Substantiven aus. und sind die Deutschen bis Luther damit ausgekommen, so wird es heute wohl auch gehen. Vielleicht genügt noch ein Anlauf zum phonetischen System, wie er schon vor etlichen Jahren partiell gemacht wurde, damit der deutsche Schüler von der Volks- schule bis zur Matura nicht mehr so viel kostbare Zeit lediglich für diese scholastische Kleinkriimerei verliert. — In neuester Zeit haben sogar schon etliche einsichtsvolle Redaktionen politischer Zeitschriften, nachdem ja wis- senschaftliche Werke bereits seit langem die Kurrenttypen gänzlich meiden, die Lateinschrift eingeführt, denn heute kennt z. B. in Ungarn die iüngere deutschsprechende Generation nicht mehr die Kurrentschrift, da sie in der Schule nicht mehr gelehrt wird; ebenso lassen die immer größere Verbrei- tung nehmenden Schreibmaschinen diese Typen fast gänzlich unbeachtet.
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das Aphclium \ollends w echseln.*) Dali dies schon niindestcns ein- mal der Fall ge\\esen sein muß, darüber glaubt die Wissenschaft allen Zweifels enthoben zu sein, weil in der tropischen Zone, wie z. B. in Afrika, in den Kordilleren, die Vergletscherung und die Eis- zeit in den f:rdschichtcn ebenso vorhanden und nachgewiesen er- scheinen, wie in der gcmäß.gten Zone. Die Kälteperioden, die man daher in allen Formationen der Erde zu erkennen meint, sind durch diePräzessionsrhythmen in den großen, turnusartig wiederkehrenden Zeiträumen vollkomiiK-n begründet. Es ist daher ziemlich sicher, daß der Mensch schon die Tertiärzeit unserer Erdgeschichte miterlebt. daß er die Epoche zwischen dem Tertiär und Diluvium, d. i. die Zeit eines geschlossenen Präzessionsturnusses der Erde, überdauert hat. weil er der für ihn gefährlichen Eiszeit unbewußt auswich und so samt der Fauna wie Flora um die Erde wanderte.
Dieser Umstand bietet uns aber weitere wichtige Klärungen. Vor allem ersieht man daraus, daß es tatsächlich eine Völkerwan- derung, aber im großen Stile, u. z. eine automatische gab, gibt und aus zweierlei Gründen geben muß, denn erstens: weicht der Mensch vernunftgemäß der heranrückenden Eiszeit aus, wandert daher stets mit dem angewöhnten Klima weiter; zweitens: kann er ohne Fühl- barwerden klimatischer Einflüsse auch nicht immer auf demselben Erdflecke sitzen, weil sowohl die mechanischen wie chemischen Wirkungen der Atmosphärilien in Gemeinschaft mit den Flüssen und Meeren, dann die vulkanischen \v\c tektonischen Erdbeben den trok- kenen Teil der Erdkruste konstant umformen. Der Mensch kann da- her aus diesen Gründen auch bei bestem Willen nicht stabil bleiben. was sich allerdings mit Rücksicht auf die großen Zeiträume für den Einzelnen oder mehrere Generationen nicht fühlbar macht, da Ka- tastrophen, die einen sofortigen Besiedlungswechsel diktieren, schließ- lich doch eine Seltenheit sind.
Daß jedoch die Erdoberfläche in einer gewissen Zeit ihre Fest- landskonturen völlig ändern muß. kann man aber doch schon aus
') In den 6000 Jahren der Geschichte ist noch keine entschiedene Änderun,ac wahrgenommen worden. Man glaubt wohl, daß die Wärme jetzt gegen Norden vorrücke, weil man festgestellt, daß die Oletscher in Riick- hildung seien; manche Wandervögel, welche vor Dezennien noch den Süden aufsuchten, nicht mehr fortziehen u. a., doch sind dies nur Momente, welche noch zu keinem positiven Schluße berechtigen.
den Beobachtungen weniger Menschenalter ersehen, denn wir wis- sen z. B., daß sich die Küste Hollands sowie die Westküste Grön- lands gegenwärtig senkt, indes sich die ganze skandinavische Halb- insel binnen 100 Jahren bereits um einen Meter gehoben hat. Es kön- nen sogar massenhafte Namen von Städten und Ortschaften aufge- zählt werden, die an historisch genau zu bestimmenden Tagen in den Meereswogen der Nordseeküste ihren Untergang gefunden haben. — Durch das Erdbeben i. J. 1750 in Südamerika wurde die Küste von Chile gleich um 8 m gehoben; das Erdbeben i. J. 1861 in Grie- chenland verursachte eine sehr fühlbare Senkung der Küste von Achaja. — Man sucht Vineta knapp an der Küste, ist aber enttäuscht, daß von dem großen Steinlager am Vineta-Riffe auch nicht ein ein- ziges Stück die Spur eines menschlichen Eingriffes aufweist, weil man immer annimmt, daß die Reste noch knapp am Ufer liegen müs- sen. Gab es aber eine solche Stadt, so können deren Trümmer nun schon kilometerweit von der heutigen Küste entfernt liegen, umso- mehr als wir wissen, daß sich an der fraglichen Stelle erst i. J. 1872 das Meer das Vorw erk Damerow auf Usedom wieder als Opfer holte.
Überdies macht auch das Seifenmaterial der Flüsse das Durch- zugland immer niederer, erhöht aber damit den Boden im Mündungs- gebiete; die Höhen werden daher immer abgetragen, die Tiefen hin- gegen eingeebnet; das Alluvium bildet im Meere selbst neue Inseln und Berge, das freigewordene Wasser dringt aber dafür wieder in das entstandene Festlandsvakuum, ein Beweis, daß der geotektoni- sche Prozeß in Permanenz ist.
Es ist daher auch gar keine Sage im allgemeinen, wenn ein ägyptischer Priester Solon erzählt habe, daß es einst im Atlantischen Ozean eine Insel, .Atlantis (auch Lemuria) genannt, von der Größe Asiens gab, die aber in Folge eines Erdbebens verschwunden sei. Das letztere ist wohl kaum wörtlich zu nehmen, sondern sie senkte sich allmählig, das Meer überflutete schließlich die ganze Land- masse, die Gebirge bildeten noch Inseln, aber anderswo wurde hie- für wieder ein Festland frei. Ein solcher durchgängiger Wechsel der festen wie flüssigen Erdoberfläche bildet sonach ein eigentliches geologisches Zeitalter nach unserer derzeitigen wissenschaftlichen 1 erniinologie, die aber in großzügiger Auffassung doch wieder un- haltbar ist, weil der Glaube an die Schichtenpermanenz der Erdrinde u'crade dadurch wieder seine Stütze \'erliert.
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Die gleiche Beobachtung gibt uns auch einen natürliclien Auf- schluß über die Sintflut. Die traditionellen Erzählungen des Menschen knüpfen sich unbedingt an natürliche Vorgänge, d. h. an einen sich unerwartet eingestellten, oder noch nicht erhofften Pestlandsverlust durch Wassereinbruch in größerem Stile; ja. die Biblische Geschichte sagt doch selbst, daß Oott den Menschen noch 120 Jahre Besserungs- frist zuvor gab. w as dahin auszulegen ist, daß man das Gefühl hatte, in dieser Zeit müsse die Katastrophe in einer bestimmten Gegend eintreten, aber die Menschen glaubten eben nicht daran, daß diese Berechnung eine richtige sei, wie ja schheßlich der Bauer seine Bachbrücke auch nicht früher für gefährlich, daher reparatursbedürf- tig erkennt, bis sie nicht unter dem Fuhrwerke selbst einstürzt.
Die Mythe von der Sintflut zieht sich daher durch alle Zonen, weil schließlich der Mensch überall den verderblichen Einfluß des Wasserelementes auf seine Existenz am eigenen Leibe erfahren koinite. — Aus diesem Grunde ist auch die Forschung nach der Lage des Paradieses eine erfolglose und müssige, weil der eigentliche Schauplatz unserer traditionellen Schöpfungsgeschichte wohl schon längst umgeformt und momentan gerade auch vom Meere bedeckt sein kann.
Daß aber die Eiszonen auch nicht stabil sind und sein können, das beweisen die Kohlenlager sowohl am Südpol, wie dies bei der Expedition des englischen Leutnants Shackleton (1907 — 1909) fest- gestellt wurde, als auch am Nordostkap Asiens, also am nördlichen Eismeere, wo sich beim Dorfe Dudinskoje vorzügliche Glanzkohle in reichen Mengen und am Tage liegend vorfindet. Wie kommt nun dorthin ein Lager von Kohlen ältester Formation, wo es ja fast keinen Baumwuchs gibt? — ein Beweis, daß es aber einst hier bei einem weit milderen Klima einen sehr üppigen Baumw uchs gegeben haben muß. —
Gerade die Kohlenlager sprechen aber beweiskräftig gegen die wissenschaftlich festgelegte Schichtenpermanenz der Erde, denn z. B. durch Mittel- und Untersteiermark zieht sich augenscheinlich ein ununterbrochenes Lager von Schwarz- und Braunkohle. Daß dies vermoderte Pflanzensubstanzen sind, ist zweifellos, denn man gräbt oft noch Holzstrünke heraus, deren Struktur am meisten dem Holze der Esche oder Edelkastanie ähnelt, aus denen man sogar noch Mö- bel zu erzeugen \ersuchte. Diese Bäume müssen aber einmal frei
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gewachsen sein, und doch sind heute schon ganze üebirgszüge, wie: Posruck. Bachern, Sanntaler Alpen auf diese einst lebende Flora auf- gesetzt; ja die Kreideformation, die doch als älter gilt wie das Neogen (jüngere Braunkohlenzeit), sitzt an der steirisch-krainischen Grenze in mächtigem Massiv auf dem Kohlenbecken von Trifal- Hrastnik auf. ein Argument, durch \\ elches die gegenwärtige An- nahme der geologischen Formationen erschüttert werden dürfte.
Als weiterer Be\\ eis für die turnusartige Wanderung des Polar- eises wird auch die wahrgenommene Veränderung der Lage der ma- gnetischen Pole angesehen, denn es wird allen Ernstes angeführt, daß sich zwischen einer Messung im J. 1700 und einer solchen i. J. 1895 für die Nordpolgegend bereits eine nennenswerte Divergenz er- geben hat. Ebenso w urde eine geänderte Lage am Südpole festge- stellt. Doch brauchen wir uns gar nicht an solche Angaben, die mangels von Nachkontrolle auch auf falsche Prämissen gestellt sein können, zu halten, da ja noch handgreiflichere Beweise zur Verfü- gung stehen. — Schon an vielen Stellen wurden Funde aus der älteren und jüngeren Steinzeit gehoben, w obei es aber stets auffiel, daß beide Fundlagen tote, kulturlose, oft bis drei Meter mächtige geologische Sedimente tren- nen. — Die Erklärung hiefür ist wohl die, daß die ersten Kultur- residuen von Menschen herrühren, welche aus klimatischen oder sonstigen Gründen ihre Wohnstätte aufgeben mussten, daher ein Kul- turinterkalare eintrat. Ja, dieses Bild läßt sich sogar noch weit klarer darstellen. — Bei Grabungen künstlicher Aufwürfe wurde wiederholt bemerkt. — so jüngst auf Guinea und dem Bismarck-Archipel — , daß der Spaten aus der Erde Objekte fördert, die auf frühere Be- wohner mit weit höherer Kultur schließen lassen, weil die heutigen Insulaner eigentlich die Steinzeit noch nicht völlig hinter sich haben. - In Troja, Pergamon, Babylon u. a. wurden mehrere, äußerlich wesentlich verschiedene Kulturschichten über- einander festgestellt. Dieser Beweis würde übrigens als geschlossen anzusehen sein, wenn man z. B. am Südpole, den nicht wie den Nord- pol ein tiefes Meer, sondern ein durchschnittlich 3100 m hohes Tafel- land umgibt, bei Tiefgrabungen auf Original-Kulturreste, wie: Topf- scherben. Steinwaffen, Bernstein- oder Bronzeschmuck u. drgl. stoßen w ürde. denn diese können doch nur von einstigen Bewohnern V o r der Eiszeit daselbst herrühren, da der Mensch dieses Gebiet unter dem momentanen Klima doch nicht mehr bew ohnt hsbcn krnn.
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Die Erklärung für diese Kuitiirschichten ist eben folgende: es rotiert mit der Präzession auch die Kultur, deren Höhepunkt sich ausschließlich an die gemäßigte Zone hält. Nachdem aber diese Zone einmal jeden Punkt der Erdoberfläche passiert, sind dieselben Funde, wie es z. B. Sphynxe in Ägypten. Babylon und Sibirien gibt, die- selben Sprachelemente sowie dieselben topischen Namen überall zu finden. Löst jedoch einmal die tropische oder kalte Zone einen sol- chen Punkt ab. so tritt eine Kulturebbc ein, denn das heiße Klima hat. ebenso wie die Polarzoncn. für höheren üeistesflug keine Schöpfungskraft; sie bringt auch keine tiefen Denker, Forscher. Dichter oder Musiker hervor. Auf die reiche Kulturschichte setzt sich daher alternierend stets wieder eine kulturarme auf, und so \\ än- dert die Kultur in Hausse und Baisse äonenperiodisch im Kreislaufe um den Erdball.
Hatte aber der Mensch schon in den früheren geologischen Epo- chen eine solche Kultur, wie sie ja beweiskräftig tief in der Erde ein- gelagert ist, so muß er die Sprache schon in einer weit früheren Zeit besessen haben, denn man kann ohne Sprache niemand etwas mit- teilen, \\ eil selbst die schriftliche Übermittlung nur durch die Sprache festgelegte Begriffe voraussetzt, um Dagewesenes und wieder Ver- schwundenes durch die Schrift überliefern zu können. Es ist daher schon aus diesem Grunde die viel bestrittene und doch richtige An- nalime. daß der Mensch als sprachbegabtes Wesen schon mit dem Beginne der Quartärzeit anzusetzen sei. dahin zu erweitern, daß er zum mindesten schon im Anfange des Tertiärs — im Sinne der heu- tigen geologischen Nomenklatur — auch sprechfähig war. denn dies beweisen eben die Namen und im allgemeinen richti- gen Vorstellungen über einzelne Saurier, dann die KenntnissevonVulkanen. fürwelchedemQuartär- menschen augenscheinlich jedes Paradigma in ganz Zentrale uropa mangelte, sowie schließlich auch die in unberührten Tertiärschichten vorge- fundenen, weit überdie Anfangsstadien der Übung reichenden Zeichnungen und manuellen Fertig- keiten.
Alle diese Beispiele, Hypothesen und Belege rechtfertigen aber wohl zur Genüge die schonungslose Bekämpfung eines offenkundig
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gioßen geschichtlichen Irrtums, da sie zeigen, daß der verläßlichste Führer in die Urzeit des Menschengeschlechtes wohl nur unsere Sprache sein Itann. und bildet die Summe jener Begriffe, die der Mensch einst seinen Ansiedlungen und Zufluchtstätten, Bergen und Flüssen, Tieren, Pflanzen und Mineralien, Hoheitspersonen und Qott- heit'.-n beigelegt hat. dessen Ursprachschatz, welcher zugleich dessen Urgeschichte repräsentiert. Jenes Volk aber, das auf ürund dieses noch heute besitzenden Sprachschatzes schon die Urbenennung jener Objekte und namentlich der noch innehabenden oder schon ver- lorenen Terrainpositionen durchzuführen die Gelegenheit hatte, kann nicht eingewandert, sondern auf diesem Boden nur ein Urvolk sein Man braucht sich daher auch gar nicht zu wundern, wenn man so viele prähistorische Funde macht, die slavischen Kunstcharai<ter tragen, oder alte Schriften findet, die slavische Texte verbergen. Die Erklärung hiefür geht vor allem aus Analogien hervor, denn der- selbe Prozeß, der sich in Mexiko und Peru mit den Azteken und den hochkultivierten Inka's abspielte, und der sich uns heute wieder in Amerika bietet, wo die autochthone indianische Urbevölkerung mit ihrer mäßigen Kultur durch die Zuwanderer fremder Weltteile ver- schwindet, vollzog sich seit Jahrtausenden in gleicher Art an der slavischen Urbevölkerung Europas. Diese Ureinwohner oder richtiger, diese Träger jener alten Kultur, sinddaherdurchaus nicht zugewandert, sondern sie sind, soweit eben deren Kulturwiderstand nicht ausreichte, ledig- lich a u f g e s o g e n w o r d e n. So, aber nur so sind die zahlreichen «altslavischen« Sprach- und Kulturreste in einem so großen geo- graphischen Räume logisch natürlich erklärbar! —
Es ist einmal Tatsache, daß wir bereits mit Strahlen nach allen Richtungen feste Körper durchleuchten; das Licht des Auges späht tausendfach verstärkt in unendliche Himmelsgefilde hinaus; aber d en Schatten, de rauf unsere rVergangenheitliegt. s i n d w i r n i c h t i m s t a n d e z u d u r c h d r i n g e n. ^ Soll daher diese wichtige Frage gelöst werden, so muß vor allem die Qelehr- tenwelt den untrüglich vorhandenen Widerspruch gewisser Natur- gesetze zu den derzeitigen Ansichten zugeben, die starren Satzungen ihrer despotischen Doktrin entkleiden und die Gesamtforschung dem Geiste natürlicher, s c h r a n k e n 1 o s e r W a h r h e i t unter- werfe n. —
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Alles Wissen ist dtni \\ eseii nach nichts weiter als die Offen- barung individueller Beobachtungen und Erfahrungen; und sind diese richtig und abgeklärt, so werden sie, unbekümmert darum. wer sie verkündet hat, auch ihren Wert finden und behalten! — Und solche Erfahrungen verkünde ich hier; sie sind zum großen Teile Ergebnisse einer neuartigen Forschung, denn den Autochthonismus der Slaven haben schon andere vermutet aber mit unzulänglichen Be- legen gestützt;*) die Völkerwanderung haben schon manche als ein iVlärchen erkannt, sie aber nicht vom Kerne gelöst; über Nomaden- völker spricht man von jedem Katheder, aber nicht vom Turnusver- kehre derselben; man vermutet in den alten Inschriften jede Sprache, nur nicht die slavische; man forscht unseren Volks-, Hoheits- und Goitesbegriffen nach, indem man ihre Erklärung in der Mythologie. Sage und Mystik sucht, indes sie sich jedem offenen Auge sichtbar auf dem gewachsenen Boden darbieten u. s. w. —
Die mit dem Titel dieses Buches zur Beweisleistung ühernoni- mene Pflicht erscheint hiemit nach allen Seiten und, soweit die menschliche Denk- und Urteilskraft reicht, gewissenhaft erfüllt, denn wer jemand in die Wüste des Zweifels führt, muß ihm auch den Weg in ein Kanaan \\ eisen. —
Immerhin mag aber bereits morgen jemand mit der Entdeckung kommen, daß dies noch immer nicht die erste Etappe der Kulturema- nationen sei; trotzdem haben wir vorläufig doch reichlich genug Arbeit unsere wissenschaftlichen Verirrungen gründlich zu berich- tigen und uns wenigstens bis zu dieser geklärten Phase unserer Ge- nesis nachsinnend durchzuarbeiten.
Mögen nun diese Forschungsresultate als ein ernster Beitrag zur Klärung und Erweiterung unserer ältesten kulturellen wie sprachlichen Regungen aufgenommen werden; mögen sie aber auch beitragen zur großzügigeren Auffassung des der Dezentralisierung immer mehr verfallenden organischen Monismus sowie zur Erkennt- nis der überall und ewiggleich wirkenden Naturgesetze!
") Oelehrte und Forscher, von welchen die Slaven als AutocI-thone in Furopa erkannt wurden, w aren außer den Slaven M. v. Kalina, Jan Kol- lär, Alois Sembera, Dr. H. Wankel. P. Karl Sicha, H. Schulz, Alfons Müllner. Bi'etlslav Jelinek, Dr. J. W'oldfich u. a. auch viele Deutsche von bestem Klange in der Wissenschaft, wie: .Aug. Schlüzer (1771). Dav. Popp (1820). Aug. Wersebe (1S26), Heinrich Schulz (1826). J. H. Müller (IS-lfl). O. A Sten- zel (185.3), Viktor Jacobi (1856, J. Landau (1862) u. a.
28-
Um jedoch alle Mißdeutungen tunlichst zu zerstreuen, zumal sich meine wissenschaftlichen Gegner zumeist an dem Begriffe «sla- vischx stoßen, sei die Summe und der Effekt der verschiedenen Be- weiselemente hier am Schlüsse noch in verdichteter Form wiederge- geben: In den slavischen Sprachen finden wir heute noch fast alle schon im ältesten Gebrauche gestandenen Begriffe in derselben oder wenigstens organisch verwandten Form und Bedeutung wieder, in den übrigen jedoch nnr mehr oder weniger zahlreiche und prägnante Fragmente hievon, was sonach untrüglich beweist, daß die slavischen Sprachen aus dem Urquell und nicht erst aus einem sekundären Re- servoir schöpften, da sie sonst unmöglich die Urbedeutung der unbe- kannten Urbegriffe hätten wieder richtig erfassen können, es daher unbedingt ausgeschlossen ist, daß die Slaven überhaupt oder gar am Ausgange des Altertums nach Europa eingewandert wären. Jedem objektiv Denkenden wird es aber unter Zusammenfassung aller ge- botenen Beweismittel doch einleuchten müssen, daß es sich hier hauptsächlich um die Feststellung der gemeinsamen Verständigungs- sprache in einer gewissen Urkulturzeit handelt, die aber eben an die heutige slavische Sprache mehr anklingt und mit ihr eine weit nähere Verwandschaft aufweist, als alle die übrigen, daher die Anwendung des Begriffes «slavisch« zweifellos eine relative Berechtigung hat. — Dieser Gesichtspunkt ist es, der unentwegt den essentiellen Grund- zug des ganzen Buches bildet, daher auch den Titel desselben: «Die Slaven, ein Urvolk Europas» logisch begründet.
Daß aber dieser Erkenntnisweg kein unrichtiger oder phanta- stischer ist, ersehen wir doch daraus, daß sich nun die Antwort auf so manche Frage, die uns bis nun ein Rätsel war, von selbst beant- wortet, denn wir erkennen nun die Ursprungseindrücke für die Bil- dung der Orts- und Personennamen; wir sehen vor uns die einstige soziale Organisation mit dem demokratischen Adel an der Spitze, der später die Basis für die Theogonien bildet; wir fühlen allmählig das Verständnis für die Einheit der Sprachen; die Erdgeschichte zeigt uns sogar, wie wir die Völkerwanderung und die damit verbundene Kulturrotation aufzufassen haben; ja uns projiziert sich nun das na- türliche, wenn auch stark in Oran gehaltene Spiegelbild der wahren, vnii! homo sapiens bereits beherrschten Urzeit.
Alphabetisches Verzeichnis
öer im Texte etymologisch erklärten Begriffe.
Ot=iO
Anmerkung: Um im •Verzeichnisse< nicht wieder alle Ortsnamen erwähnen zu müssen, sind solche zusammengesetzter F'orm hier nicht durchwegs aufge- nommen worden, da sie beim Stammworte, wie z. B. Adamsberg bei >Adam'< (S. 105). .Mooskirchen bei »Moos« (S. 197) im Texte leicht zu finden sind.
Seite
Al)sbach 68
Abtsdorf 68
Ada Kaleli 105
Adal 105
Adam 105
Adamöwka 105
Adda 105
Aden 105
Admont 105
Akraja 210
Amerika 14
.■\nitmannsdorf 69
Andalusien 103
Anden 103
Andreas 103
Andromeda 103
Anta 102
Antibarani 103
Antivari 103
Anton 103
Apcja ves 103
Apollo 98
Apulien 98
As 10-1
Äsen 10-1
Asker 10-1
Ask Yggdrasil 244
Atabariuni 211
Seite
Athen 105
Attendorf 105
Atter 105
Attnang 105
.Atzgersdorf 105
Auersperg 25
aul 146
Aula 146
Avaren 163
Baba 48
Babel 48
babo 48
Babyiom 48
Babylon 48
Baden 190
Bai 99
Baldas 99
Balder 99
Baljke 98
Balkan 98
Balta 99
Baltazar 99
balvan 50
Bar 178
Bärental 55
Bafice 178
Barmen 178
Seite
Baschkiren 35
Basken 35
ßastarni 35
basta 33
Baska 35
baita 35
hastija 35
bazar 33
Bazany 35
Bautsch 13-1
bavec ^S
Beckengrund 135
Bec 139
Becva 139
Belar 192
[?ellovaci 270
Berg 90
Bes 193
Beserianen 19-1
Beskiden 19-4
l^essi 193
Blankenburg 152
Bod 202
Bodenbach 202
Böding 202
Bodisch 202
Bog 102
Bogenaii 1112
Boha 102
■)öhtnen 102
Boitzenburg 201
Boj 201
Boian 201
bojar 201
Bniiste 201
Bojuvari 201
Bolko 99
Bor 157
Borak 157
Boris 159
Bofita 159
Borki 157
Borovlje 157
Borowiec 157
Borut 159
Seite
Boryslav 157
Bosak 140
Brada Sl
Brana 173
Brandberg 174
Brandeis 17-1
Brandenburg 159
Biandstatt 17-4
Branka 19
Brankovic I7-t
Branky 173
Brannovici 207
Branzoll 173
Braunberg 173
Breg 90
Bregava 90
Bregenz 90
Brenner 17-1
Brenta 174
Brescia 90
Bresse La 90
Breslau 90
Brest 90
Breza 90
Briga 90
Brigidau 90
brisingamen 244
Brod 227
Brody 227
Broni 173
Brotkowitz 227
Brück 195
Briickenberg 195
Brühl 196
Buchara 102
Buchberg 102
Buda 134
Buddha 136
Budapest 136
Budecko 134
Büdingen 136
Budisin 134
Budua 134
Budwitz 136
Bug 102
Seite
Bühel 102
Buhlov 102
Bukovina 102
Bulgarien 102
Burca 211
Biisak HO
Buseiito 140
Biisovaca 14(l
Caesar 171
Car 141
Carantania 144
Careva gomila 141
Carigrad 141
carina 141
Carniolia 144
Carnuntum 144
Castagna 185
Castallische Quelle .... 186
castellum 185
Castilieii 185
Castirant 188
Cauci 205
Celje 94
Celle 94
Celovec 94
Celti 94
Cerda 152
cerdar 152
Cernjak 171
Ceta 171
cetar 171
Cetinie 171
Cetius Mons 171
Cham 76
Chapelle Ais le 71
Charachata 146
Charbin 146
Chelm 77
Chlen 67
Chluni 77
Chocznia 182
Chod 182
Chodi 183
Cliodziesen 183
Seite
chDtar 182
Chotebof 159
Chotzen 183
Chumetz 77
cihan 146
Circhov 146
Cire 146
cirkev 146
Cirknik 146
Cirna 210
Chitziii 176
eins 175
Constantin 188
Costa 185
Cote 210
Cottage 183
Crema 175
Cremona 173
Crna gora 174
crnnilcch 52
Caga 132
Cakov 1.32
cara 243
cardak 149
carna vojska 147
Carnuce 14(i
cartak 149
Cekan 132
cekarne, na 132
Cekov 1.32
Cele kula 94
Celn 94
Cerkcz 1?2
Cernia 146
Cerna 146
Cernovice 146
cert 151
certa 149
ccrtov zid 213
Oetar 171
Cic 120
Cicovice 120
Cir 146
Cizek 120
— 360
Seite
coriiaja dan 1-17
Criia gora 146
Czeladiia 94
Dachau lÜO
Dachstein 100
Dacier 100
Dacice . . 100
Dagan 100
Dagh 100
Dasniar 100
DaKobert 100
Dan lOI
Dana 101
Danek 101
Dänemark 101
Del 82
Delavare 82
Deli 82
Dehne S2
denjgi 253
Derbent 195
Deva 125
Devin 125
Devizes 125
Devol 125
Devolns'- 125
Deve-Bojun 125
Dibon 125
Dimmiki 22.^
Diva 125
Divaca 125
Dives 125
Divina 125
Divonne 125
dob 229
Dob! 25
Dober dol 229
Dobrava 229
dobro 229
Dobro selo 229
dolar 253
doiia 253
Dom ..,.,.,,. 86
Ddnianovic 86
Seite
Domazlice 86
Dombasle 86
Donibrau 86
Dommitscli 86
Don 82
Donau 82
Donec 82
Dorisce 154
Dornau 154
Drachenburi": 96
Drag 96
Dragali 96
Drava (Drau) 195
Dravnja (Drann) 195
Drazence 96
Dreimarkstein 46
Drenovik 195
Dreznica 195
Drin 195
Dub 229
Dubrovnik 229
Dunaj 82
Dzenjak 197
Edda , . 241
Esla , .... 217
esra 216
Essel 217
Esus 217
Este 217
Fahrn 178
Falco 99
Falk 99
Falkenau 99
Falknöw 99
Fant 66
Fenesleute 60
Fenni 207
Fenshöhe 60
Fes 194
Fessnach 194
Feste 194
Filz 192
Formin 14"
Seite
Franken .,,,,,,. 173
Fraiikenwald , 19
Franz 17-4
Frauenburg ..,,,,, 173
Frohndorf 173
Fürth 6C
Fiirstenberg 66
Qabel 67
Qaber , . . . 68
Oabernik , . 68
gabiuii 67
Qablanach 68
Qablonz 67
Ciainfahrn .,,,.,. 178
Oairach 170
Qaishera 170
Oai 170
Qajovci 170
Oajsar 170
Qaritsa 210
Qastein 184
Qasturi 210
Qeiselberg 170
Qeisberg 170
ger IIS
Gera 118
Qennanen ..,,,., 119
Qermating 118
Qermersheim 118
gerob 118
geront 118
Qieshübel 228
Oleiii 67
Qlin 67
Qodarde 183
Qode 183
Oolomac 77
Qösting 124
Gotaland 183
Gotha 183
Qoti 183
Gott 18.3
Qöttingen 183
Gottschee ia3
Seite
Grad 155
gradina 155
Qradiska 155
Grado . 155
Grajische Alpen 78
Gran 70
Granada 70
granicar 71
Granikos 70
Qranollers 70
Gransec 70
Grant 70
Granus 70
Granville 70
Granz , . 70
(jränzendorf 70
Graz 70
Grein 70
Greiz 78
Grenadier 71
Orenen 210
Gric 86
grivna , , . . 254
Grizanestein 87
Grod 156
Gronau 71
Grossenbrode 227
Grot.schke 1-56
Grud 156
Grünau 71
Grundlsee 131
Gninwald 71
Gutenstein 229
Habelschwerdt 68
Habr 68
Habsburg 69
Habs el Messiach 69
Habstein 68
Haidin 170
Hai 170
Hajov 170
Haizar 170
Han 77
haiiak 77
Seite
Hanau 77
Hannover 77
Hansa SS
Haraberg 144
Harrach 144
Haus 225
Hausberge 225
Hausleithen 225
Hautzenberg 225
liav 68
Havel 68
Havranna Skala 68
Heideck 170
Heidelberg 170
Heiden 170
Heidenmauer 17ii
Heidenschaft 170
Hera 118
Herakiea 118
Herche 118
Hercuianum 118
Herg 118
Herkul HS
Herman 118
Hermdorf 118
Hermes 118
Heros 118
Herta 118
Heuberg 170
Hippnkrene 78
His 217
Hissarlik 217
Hister . 217
hisa 217
Hlinsko 67
Hnchborn 157
Hnce 182
Hodoäe 18
hodza 182
Hohenbruck 195
Hohe Venn 59
liolm 77
Hani 77
Homberg 77
Horreum Margi 72
Seite
Host 184
Hosteradice 186
Hostivaf 184
Hostice 184
Hostinie 182
Hotzenplotz 182
Hrad 155
Hradisko 155
hrana 70
Hranice 70
Hum 77
Hundsdorf 77
Munkowitz 77
HiMHien 166
Is 216
Isa 217
Isaak 216
Isabella 216
Isakca 216
isar 217
isba 216
Ischia 216
Ischl 216
Ischma 216
Ise 216
Iset Berg 216
Iskar 216
Isker 216
Isle 216
Isly 216
Isni 216
Isola 216
Isonzo 217
Israel . . . , 216
Issos 216
Ister 216
Isthmos 216
Istrien 216
Is 216
Iska vas 216
Izevskoje 216
Iz Veli 216
Seite
Jablanica 68
.lablunkau 67
Jan 84
Janica 85
Janiculum 85
.lankov 85
Janow 85
Japodeti 68
Jasen 191
.lasna gora 191
Jastrebci 191
Jasy 191
.lauer 128
.lavor 128
.lavorina (Ahornbrunn) . . . 128
Jena 85
Jenissei 85
Jesen 191
Jesus 217
Jesec 191
jez 226
Jezero 225
Jungferiisprung 124
Jur 169
Jura 169
Jurdani 169
Jury 169
Kacin 184
Kacji vrh 184
Kafka 205
Kaiser 175
Kam 76
Kania 76
Kamen 76
Kanäle 77
Kanna 77
Kanzeiberg 87
kapitan 68
kapsa 69
kara 143
Karadagh 143
Kara Qjorgievic 143
karaula 134
Karavlahen 143
Seite
Karlin 146
Karlovice 146
Karnische Alpen 144
Karolinenta! 144
Kastanica 185
Kastenholz 185
Katze 184
Katzenherg 184
Kaukasus 205
Kautli 205
Kavaler 205
Kavas 205
Kavcic 205
Kissingen 228
Klad 191
Kladan 191
Kladrub 191
Kiattau 191
Klause 175
Kien 67
klenot 67
Klini 67
Klistica 176
Klisura 176
Kiiuc 175
Klosterbruck 196
Klötze 176
Kochern 130
Koca 182
Kocevje 183
Kocubej 183
Kodani 182
Koke 130
Kokorina 1.-..0
Koniar 76
Komarova 76
Komofany 76
Kon n
Königgrätz 144
Konjice 77
Konjski potok 77
Konstanz 185
Kopanina 204
Koralpe 144
Kosel 185
364 —
Seite
Kosice 1S5
Kosor 185
Kosovo 185
Kost 185
Kostajiiica 185
Kostel 185
Kostreinitz 185
Kosice 185
Kosubi 183
Kot 182
Kottbus 183
Kozarki 18-1
Kozina 184
Kozie 184
Kozlöw 184
Krain 53
Kraj 53
Krajina 78
Kral 144
Kralove hradec 144
Kralüv stül 51
Kranenberg 71
Kranichberg 71
Kranzberg 70
Kremberg 174
Kreml 174
Krems 174
Krenisier 175
Kreis 87
Kres 87
Kresiice 87
Kressenbrunn 87
Kresevo 87
Kreuzen 78
Kreuzer 254
Krungl 138
Kuhn 77
Kuk 130
Kukuksberg 130
Kula 134
Kuna 77
Kuncice 77
Kyllene 210
Seite
Laak 92
Ladan 262
Lämberg 68
Lausanne 92
Lavis 132
Lavra 132
Lavrovce 132
Lehmbach 75
Leine 75
Leiningen 75
Leitha 85
Lemove 75
Lentia 75
Leoben 198
Leopoldsberg 198
Lesany 133
Lesno 133
Leukas 210
Leuthen 85
Lichtenwald 131
Lim 74
Litnagne 74
Limbarska gora 74
Limburg 74
limec 74
Lim-Fjord 210
Limnones 53
Limoge 74
Linie 75
Lisefi 133
Liäno 133
Litija 85
livada 208
Ljubinje 198
Liubiio 198
Ljubuski 198
Ljiidovik 85
Loba 198
Lobenstein 198
Lobnitz 198
Lokd 92
Lökken 210
lokva 308
Lombardei 204
Loosdorf 92
365 —
Seite
Lopa 198
lopez 198
lopov I9S
Loretto 1.32
Louka 92
Lovrana 132
Loz 92
Lublin 198
Lübbenau 198
Lus: 92
Lugeuin 92
Luka 92
lunibarda 204
Lupa 198
Macocha 15
Mädclienfelsen 124
.Majrdeburs 124
tiialiala 55
Mähren 72
Mak 55
Mala 176
Malakov 177
.Mala Strana 176
Male 176
Malepartus 177
Malinje 176
Malta 177
Mar ,53
Manche 72
Margus 72
Maria ... 73
Maribor 159
Marius 73
Mark .53
Markomanen 53
Markus 73
Martinsteine ^2
marun 72
Marus 72
.Mauer '4
.Maxau 210
Medardus 57
Medea 57
Medebor 55
Seite
.Medi si
Medici 55
Mcdina 55
.Medjugorje 56
Medovo selo .55
-Meduna 57
.Medusa 57
.Mcdvedü\o selo .... 55
Medziskäla 56
Mehadia 55
ii:ehala .... .... 55
Meissen 55
nieja 42
niejdan 55
Mekka 56
.Meklenburg 57
Melbourne 177
Melibokus 177
Melinie 176
Melje '76
.Melk 57
.Melling 177
Melnik 177
Melüs 177
nienhir 52
.Mese 210
Messala 56
.Messbergen 57
Messena 36
jMessina . . .... 56
nietal 56
Metalka Sattel 56
Metellus 57
Meten vrh 56
Meteora 57
Methusalem 57
.Metkovic 56
Metohija 57
Mettau 56
.Metz 56
nieza 55
Mezzolonibardü . . . . 56
nieza . . 55
.Mir in
itiirie ... 174
— 366 —
Seite
Mirntiil 17-4
Mirovice - 17-1
Mis 130
Misenum (Kap) 13(1
Mislik 130
Misiia 211
Mistek 130
Mita 56
Möderbruck 195
Modla 121
Mndra 121
Mödritz 121
Moesia 57
Mönch 52
Montpreis 91
Mor 73
Mi)rava 73
Morenland 1^
Morgentia 1^
Mnri /3
Moschen 196
Moos 197
Mose 210
Mosel 197
Moskva 197
Most 196
Mostar 197
Moszczenica . . .... 197
Mozirje 197
Mozole 197
Mur 73
Miliz 73
muzik 196
Myslibofice 130
.Mysliii 130
Mza 55
Nabrezina
Namare
Namedy
Narisker
Narona .
Nechanice
Nechutin
Neffaii
90
171
171
Seite
Negoi 171
.Negotii! . 171
Neko 171
Nerti 203
Nenianic 204
Nemcice 203
Nemec 203
Nemeti 203
Nemojan 203
Nemours 203
Nemska vas 203
Neuenahr 104
Neuern 104
Neusatz 11
Neuvy 103
Niemen 203
Niemtschau 203
Nikita 171
Niko 171
Nimburg 203
Ninirod 204
Njegovan 171
Njegus .... .... 171
Noreja 172
Norikum 172
Nov 103
Novi 103
Novici 103
Novigrad 104
Novipazar 33
Novosad 11
Noya 103
Nussdorf 229
Ohalj 98
Oberdorf 162
Oberlin 162
Oberst 162
Oblat 162
Obol. 93
Obora 162
Obrovac 162
Obrsje 162
Oderberg 53
Oglej 122
Seite
OkroK 138
OkiUKÜtz 138
Olmiitz n
Ondra 11)3
Oiidfejnik 1(13
Ontaiiü 103
Oplotiiica 98
Opociio 9S
Opolan 98
üppeln 98
nproda 221
Orahovac 229
Orel 158
Oresje 229
Orlamiiiide 158
Orlik 158
Orlow 158
Osci 10(1
Osek liKi
Osiris 1(1(1
Oskar 1(16
Oskol lOh
Osman Kid
Osning 1(16
Osora 106
Osowiec 106
Ossa 106
Ossiach 106
Ost 106
Üsterreich 106
Ostia 106
OstroK 106
Ostrov 106
Osuna 106
otec 226
Ozero 225
Pakliiiia 231
Pal 152
Palanka 152
Pandurica \2?i
Paris 178
Parma 178
Pasarovic l^
Pascha 35
Seite
Pass i?.
Passeier 33
Pasterze ....... 35
Pastvisko ?tT<
patria , 121
Patriasdorf 121
Patfin 121
Patrouille !21
pa/ar ii
paziiik 35
Pecen 1.59
Peckau 139
Pec 139
peiiiz 253
Perekop 22A
Pesjak I.?9
Pesoslav 103
Petersdorf 121
Petrin 121
Phara 211
Phönizier ....... 60
Piast 2>?>
Plankstadt 152
Plankenwort 152
Pobrezje 90
Podbaba 48
Podcetrtek 151
l^idirac 222
Podivin i23
PoKled 122
Pohunie 66
Pol 97
Polen 97
Polgraben . . .... 97
Pöllaii 97
Poloni 97
Pols 97
r^oniniern 65
Pötzleinsdorf 1.59
Pozin- 97
Prachherg 83
Prachov 84
Prag 83
Prägarten ITS
Prasin 83
368
Seite
Prazeiikova . . .... 83
Predigtstuhl 90
Predniost 22A
Pregel 9Ü
Pregratten 156
Prerau 22-1
Pressano 90
Pressburg 90
Preza 90
Prode 227
Protivin 227
Provlika 225
Prozor 97
Priicha 196
Priik , , . , 196
Prziio 91
Pylos 210
Quadi 183
Uua.slallu 183
Raab 81
Rab 81
RaC-e ,, ... 200
Radelstein 200
Radgona 200
Radno 20(1
Radliiist 186
Rain .58
Raj 58
Rajin-ad 58
Rania 81
Ranusau 81
Rann 58
Rat 200
Ratbod , . . . 201
Rathausberg 200
Ratzen 200
Reich 58
Rein 58
Rccica 92
Regau 92
Regen 92
Regersdorf 92
Reggio , 92
^eite
Reifenegg 92
Reka 92
Ribe , . $0
Ribna glava SO
Rilmica SO
Riese 177
Ritnik SO
Ripa SO
Ripuarii 80
Ris !77
Risano , , . 177
Riste Stara 177
Riva 80
Rivale SO
Riviera , , SO
Rivoli SO
Rizan 177
Rob , , . SO
Robidenberg 80
Rocca 79
Rog , . . . 79
Rogatec 79
Rogovolod 79
Roguzno 79
Roh 79
Rohas ....,.,,, 79
Rohlau 79
Rok 79
Roma 82
Roniagna 82
Rörnerstadt S2
Ropcze 80
Rosrnan 79
Ross 79
Rasstrappe 23
Ro.skar 79
Rotzlethöhe 123
Rozau 79
Riibeland 80
Rubi SO
Rubico SO
Rune 243
Rupa SO
Rusalka 79
Russen 7S
— 369 —
oaaz . . .
Saarhriickoii
^achsenberg
Sadec . .
Sarn . .
Sainaria
Same
Saiiiliara
Samniter
Samo
Sainojeclen
Sanios
San , .
Sana
Sand, am
Sandschak
Saracenen
Saragossa
Sarajevo
Sardes
Schelleberg
Schelleschitz
Schenna
Schön
Schönsec
Seine
Sem . .
Semele .
Semit
Semlin
Semoy
Senarka
Senica
Sentis
Sette communi
Setzdorf
Sice .
Sienna
Sklen
Siatina
Slaven
Söding
Sodnja vas
S^>oJeii .
Seile
II
\A2 53 11 , 8/ 53 53 53 53 53 53 53
142 142
142 142 94 94 198 198
89 262 89 89 89 197 197 89 171 171 171 89 67 23 17 140 140 140
Seite
Sokal 137
Sokdl 137
Sokolnitz 137
Sohl 192
Sol 192
Sülliiig 192
Solonka 192
Sot 192
Spas 201
Spfiäov 172
Spezzia 172
Spichern 172
Spiessberg 172
Spitz 172
Spy, na 172
Srebrenica 231
Srnjak 230
Stagno 225
Stain 101
Stan 101
Stanislau 101
Stara gora 128
Stargard 128
Starzinger Berg 128
Stebno 169
Stefan 169
Stein 101
Steinwand 101
Stepan 169
Stibnik 169
Stjepangrad 169
Stockholm 69
Stfechov 136
Strechwitz 136
Streckelb-rg 136
Straden 199
Stradonitz 199
Stragut 134
Strand 200
Strass 133
Strassengel 133
Strasnitz 134
Straia 133
Strossen 134
24
Seile
Suez 223
Suh . . . 136
Suhdol 136
Sukdol 136
Sukovate 136
Sultan 192
Svata gora 130
Sveca 130
Sveta gora 130
Svetina 130
Svitavka 130
Syrte 211
Tabor 188
Taborisko 188
Tachau 100
Takaiievn .100
Taler 253
Tanzeiibere .... 101
Tara 20-1
tarasa 204
Tarascon .... 20-1
Tarazona ...... 204
Tardes 20-1
i'auris 132
Taurisker . 152
Ternesvar 178
Tepa 125
Tepina ... ... 125
Teplitz 25
Teschen 175
Teschnowitz 175
Tessin 175
TeSanj 175
Teufelsmauer 213
Teuffenbach 125
Theben 124
Ticino 175
Tissa 175
Tisnovice 175
Tivac 125
Tivoli 125
Tiwer 125
Tobelrisse 25
Seite
Tobl 25
Tom 86
Tomsk 86
Tniiale 86
Tonsberg 86
tor 154
Torfeld 154
Torka 154
Torstätten 154
Tragöss 96
Trak 96
Trakien 96
Trakostjan 96
Trasdorf 96
Trausnitz 96
Trebinie 195
Trefen 195
Trencin 193
Tresternitz ...... 195
Treviri 195
Triboci 207
Tribun 194
Tribunal 195
Tribus 194
Tribut 195
Tricnt 195
Triest 195
Trifail 193
Trifun 194
Triglav 46
Trikkala 195
Trimurti 46
Triptis 195
Tiivia 195
trizna 194
Trnovo 195
Troja 162
Trojaburgen 161
Trojanovice 162
Troicno 46
Trojica 46
Trsat 193
Trst . .■ 195
Tum 86
Seite
l'uilis 86
Tunnersee 86
Tiir 152
Tuian 262
Tiiringen 152
Türken 152
Turn am Hart 155
Turnau 155
Turniäe 155
Türnitz .... .... 155
Tyrann 15-4
Tyrol 154
Uckermark 78
ujec 226
ujezd 226
Ukrajna 78
Um 77
Uman ■ . . 11
Vaar 210
Vadstena 162
Va? 66
Vagabund 66
Vagant 66
Valjevo 99
Valkun 99
Van 64
Vanca 64
Vandalen 64
Vanek 66
Vanicek 66
Vanino 66
Vantacic 64
Var 177
Varda 177
Vardar 178
Varus 178
Vassach 193
Vel 192
Veleda 193
Velehrad 192
Veles 192
Velja 192
Seite
Velpan 192
Ven 12
Vendsyssel 210
Venedi 59
Venedig 59
Venitsa 210
Vennsleute 59
Venosa 59
Ventia 59
Venusberg 59
Ves 193
Vesca 193
vescovi 194
Veselä 193
Vesna 194
vesnice 194
Vesta 194
Vestalin 194
Veste 194
Vestin 193
Vezir 194
veza 194
Vezky 193
Veznice 193
Vicov 127
Vicice .. 127
Vid 127
Vidce 1^7
Videm 127
Videii 127
Vidin 211
Vido 210
Vidomina 127
Vigil 115
Vigo 115
Vila 192
Vilajcl 192
Vilar 192
Vilenjak 192
Viletta 192
Viiice 192
Vill 192
Villach 192
Vils . . . . .... 192
24*
372
Seite
Vin 58
vinar 253
Viiidelicii 59
Vineta 59
Viiije 59
Vinkovci 59
Vinodol 59
Viiiohrad\' 59
Vir 126
Virje 126
Virovitica 126
Virpazar 33
Visarje 115
ViSkov 115
Vitina 127
Vizina 127
Vizovice 127
Vlahi 99
Vlasi 99
vod 202
Voda 202
Voderad 202
vodnik 202
Vogt 198
void 198
Vojkov 201
Vojnik 201
Vojsko 201
vojvod 201
Voie 99
Volinje 99
Volk 99
Volkovina 99
Volosko 99
Volsci 99
Vnlujak 99
Vorau 157
Vorderiiberg 157
Vors Aa 210
Vranduk 173
Vransko 173
Vrat 174
\'rata 174
\ratIo 174
Seite
Vsetin 193
Vuk 99
Vukovar ... .... 178
Waad 178
Waag 66
Wachau 67
Wachtel 67
Wagendorf 67
Wagrein 67
Wagstadt 67
Waidbruck 196
Waidu 202
Walch 99
Waldeck 99
Waidenstein 99
Wall 99
Wallachci . 99
Wallsee 99
Walowiec 99
Waltar 99
Wan 64
Wanda 66
Wanen 64
Wang 64
Wanitz 64
Wanzen 64
Warta 177
Wartenstein 178
Waschka 35
Wasendorf 193
Wasgora 193
Wasser 193
Wassie 193
Wasylöw 194
Wawel 48
Weimar .... 59
Weinleiten 59
Wenden 53
Wenigeniena 85
Wes 194
Wesce 194
Wcsselv ^^i
Seite
VVesse 19-4
Wessnitz 19-1
Wieden 6t)
Wiegen 115
Wien 59
Wigstadtl 115
Wikiek 115
Wikf'nv 115
Willielm 19i
Willigrad 57
Winden 53
Wittingau 127
Woda 202
Wodan 202
Wödling 202
Wojteschitz 201
Wolhynien 99
Wolöwa gora 99
Württemberg 126
York K,0
Zam 53
Zama 88
Zamek 69
Zainostje 88
Zams 88
Zavaia 99
Zdarec 128
Zec planina 171
Zeche 248
Zell 94
Zeloten 93
Seite
Zemla 262
Zenica 197
Zcrnitz 146
Zetce 171
Zetta 171
Zice 171
Zill 94
Zips 10
Zola 192
Zollfeld 192
Zölnel 192
Zuchaba 211
Zug 136
Zürich 153
Zwetkofzen 130
Zwettl 131
Zambcrg 88
Zatec 11
2dar 128
Zelezniki 231
Zenjak 197
Zigert 121
Zihadio 121
Zirec 146
Zirovisce 146
Zizka 1211
?.izkov 121
Zolkiew 192
2uki 1.^6
zupa 39
Ziipanjac 39
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D Ztuücovic, Martin IUI Die Slaven
Z85
1911
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UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
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