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Full text of "Der islamische Orient; Berichte und Forschungen"

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V. I 



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( 



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MARTIN HÄRTMÄNN 



DER 



1 ISLAMISCHE ORIEl 



BERICHTE UND FORSCHUNGE 



Band I 



BERLIN 

WOLF PEISER VERLAG 

1905 



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3v 



Inhalt des ersten Bandes 



N 



i 



Seite 

Islam und ArabiBch 1 — 22 

Der heilige Bar8i8& 23^28 

Schoa und Tundecher 29—31 

Die angebliche «ira des Ibn Ishäq 32 — 34 

Orientalische Umschriften 35 — 40 

^ China und der Islam 41—68 

Zwei islamische Kanton-Drucke (Mit 2 Tafeln) 69—81 

Strassen durch Asien 82 — 102 

^ Zentralasiatisches aus Stambul • 103-146 

MeSreb der weise Narr und fromme Ketzer. Ein zentral- 
asiatisches Volksbuch 147—194 

Ein fieiligeustaat im Islam: Das Ende der Gaghataiden und 
^ die Herrschaft der Chojas in KaSgarien 195—374 



J. 



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MARTIN HÄRTMANN 



DER 



ISLAMISCHE ORIENT 



BERICHTE UND FORSCHUNGEN 



ISLAM UND ARABISCH — DER HEILIGE BARSTSÄ — 

SCHOA UND TÜNDSCHER — DIE ANGEBLICHE SlRA DES 

IBN ISHÄQ — ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN 



BERLIN 
WOLF PEISER VERLAG 

1899 Digitizedby Google 



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Islam und Arabisch. 

Jeder actio folgt eine reactio. Vor nahezu di'ei 
Jahren glaubten die Griechen die Zeit gekommen, dem 
Barbaren, der sie Jahrhunderte lang im Herzen des eigenen 
Landes planmässig gemisshandelt hatte und von dessen 
blutiger Laune einem grossen Teile der Stammesgenossen 
jeden Augenblick das Schicksal der armenischen Mit- 
christen drohte, einen vernichtenden Schlag zu versetzen. 
Neben den nationalen Gegensätzen ging der Religions- 
hass her: auf den Gefilden Thessaliens rangen in Griechen- 
tum und Türkentum zugleich Christentimi und Islam. 
Nicht das reine Christentum, nicht der reine Islam. 
Nein, Zerrbilder von beiden. 

Der Schlag ging fehl. Man hatte sich über sich 
selbst und den Gegner getäuscht. Der Gegenschlag 
blieb nicht aus. Die Lektion, die der unbedachte An- 
greifer als Lohn davontrug, war eine unverhältnissmässig 
geringfügige. Sofort fielen von denen, die sich zur Haus- 
polizei in Europa berufen glauben, einige dem Sieger 
in den Arm. So war der bedauernswerte unschuldige 
Türke um jeden Erfolg des ruhmreichen Feldzuges ge- 
bracht, so hatten die "allzeit siegreichen" Schaaren um 
nichts ihr Blut für die heilige Sache des Islams und 
die sich angeblich damit deckende Herrschaft des Hauses 
Osnian vergossen? 

Als ich im Oktober 1897 mit dem reichen und an- 
gesehenen Oberschech eines bedeutenden Beduinen- 
stanmies der Libyschen Wüste vor dem Thore des gast- 
lichen Leuchtturms von EFamäjid (etwa 80 Kilometer 
südwestlich Alexandrien) sass, wurde dieser Mann nicht 
müde, das Ansehen des Sultans, des Beherrschers der 

1 
1 



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2 ISLAM UND ARABISCH. 

Gläubigen, zu feiern, der durch Gottes Gnade, die ihm 
vordem erteilten weisen Katscliläge Bismareks und 
die Freundschaft des Deutschen Kaisers so glänzende 
Erfolge erreicht habe. Nicht wenige von denen, die 
so sprechen, wissen ganz gut, dass es mit dem Gesamt- 
ergebnisse des Krieges nicht eben glänzend bestellt ist. 
Alle aber wissen, dass der Schutzherr des Islams, der 
Herrscher des osmanischen Reiches, entscheidende Siege 
über die ungläubigen Feinde davongetragen hat. 

Jene Siege haben auf die Muslims der ganzen Welt 
einen Ungeheuern Eindruck gemacht Tief, sehr tief 
geht die Erregung der Geister in allen islamischen 
Ländern. Im Innersten Afrikas spürten die Reisenden 
die Wellenkreise, welche die seltsamen Ereignisse in 
dem stagnierenden Becken ,islamische Welt^ hervorge* 
rufen. Jene Erregung ist durch bekannte Ereignisse 
der neuesten Zeit noch genährt worden <). 

Aus dem 16. imd 17. Jahrhundert haben wir Karten 
von Afrika, die dicht mit Namen bedeckt sind. Am Anfang 
dieses Jahrhunderts zeigte die Karte von Afrika einen 
schwarz imirissenen weissen Fleck, aus dem zwei oder drei 
Zipfel durch schüchterne Legenden als ein wenig be- 
kannt hervortreten. Wie kam das? Die wilden Weissen 
hatten so brutal unsinnig gegen die harmlosen Schwarzen 
gewütet, dass diese sich endlich ermannten, das freche 
Gesindel hinaustrieben und es nicht wieder hineinb'essen. 

In ähnlicher Lage wie damals die Schwarzen 
Afrikas glauben sich beut die Muslims. Die Hälfte 



*) Einer der besten Kenner des islamischen Orients schreibt 
mir: Jch muss die Hoffnnng hinzufügen, dass die Berührungen 
Deutschlands mit der Islam&age sich anders gestalten, als die 
Reise des Kaisers in den Orient zu befürchten Anlass giebt. Die 
panislamische Partei, welche namentlich seit dem Krieg mit 
Griechenland sich heftig rührt und bis in Niederl. Ostindien Un- 
heil stiftet, hat jene Reise in mannigfacher Weise ausgebeutet. 
Der grosse Fürst der öarman hat dem Fürsten der Fürsten ehr- 
erbietig gehuldigt und auf seine Unterstützung und Hülfe kann 
dieser unter allen Umständen rechnen: so heisst es in allen 
orientalischen Zungen*. 



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ISLAM UND ARABISCH. a 

von ihnen ist politisch von chriailichen Stftaten abhängig, 
die andere. Hälfte ist wirUchafUieh den KuUnrmftchten 
tribulftr und sieht die politische Abhängigkeit als sicheres 
Los in nicht weiter Feme heraufsteigen, Sie müssten 
sämtlich sich selbst verächtlich sein, gingen sie diesem 
Lose ohne einen Versuch der Abwehr entgegen. 

Leicht ist sie freilich nicht, die Abwehr. Die bösen 
Franken sitzen überall fest, ganz fest, ja, sie suchen 
sich auszudehnen. ZuweUen leuchtet den Gläubigen 
ein Hoffiiungstrahl, wie die Schläge, die sich an die 
Namen Hicks und Gordon knüpfen. Aber schliesslich 
dringen sie doch vor und ein, jene Ungläubigen, mit 
ihren Geld- und Machtmitteln. Ein unerforschliches Ge- 
heimniss! Wie kann Gott solches wollen? 

Der eine meiner beiden Begleiter in der Libyschen 
Wüste im Herbst 1897, der Beduine Mugäwir, klagte 
mir oft dieses Leid: ,Die Ungläubigen leben in Ueber- 
fluss, wir darben; sie herrschen, wir dienen'; aber er hatte 
gleich den Trost: ,im Jenseits gemessen vm die herr- 
lichsten Paradieseswonnen, jene schmoren im HöUen- 
feuert So spricht die Unschuld aus der Wüste, und 
bei dem grösseren Theile der Landbevölkerung mag's 
nicht viel anders sein. Anders der Städter in Egypten. 
tEgypten den Egyptem^ ,'raus mit den fremden Tyi'annen* 
— neben diesen von geschickten Demagogen immer 
wieder von Neuem in die Menge geworfenen und gierig 
von ihr aufgenommenen Worten geht ein Handeln, 
das sein Analogen in andern islamischen Ländern hat 
und die aufinerksamste Beobachtung derer heischt, die 
in politischen Beziehungen zu islamischen Ländern stehen, 
ja, der gesamten nichtislamischen Eulturwelt. Denn 
kommt es je zu einem kräftigen islamischen Staatsge- 
bilde, so wird es in ganz anderer Weise ,Expansion^ 
treiben als die christlichen Staaten, in denen diese 
Aeusserung nur Exponent des nationalen Lebens ist. 
Dem Islam ist Expansion nicht ein Beliebiges, nein, sie 
ist ihm Pflicht, gehört zu seinem Wesen. Ein islamischer 
Staat, der diese Seite des religiösen Lebens erfolgreich 



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4 ISLAM UND ARABISCH. 

vertritt, würde wie ein Magnet wirken und Alles, was noch 
lebenskräftig ist in islamischen Landen, an «ich ziehn. 

Der Vorgang, der die Aufmerksamkeit der gesamten 
nichtislamischen Welt verdient, ist vorzugsweise ein 
innerlicher. Der Gedanke bricht sich Bahn : ,so geht's 
nicht weiter und das einzige Mittel, die Ungläubigen 
wirksam zu bekämpfen, ist die Aneignung ihrer Kampf- 
mittel, zunächst ihrer Wissenschaften und Fertigkeiten; 
die Gläubigen müssen dazu eine geistige Wiedergeburt 
durchmachen; mit dem alten tawakkaltu ^alalläh ist es 
nichts; es ist zu lernen: hilf Dir selbst, so wird Dir Gott 
helfen*. Diese Gesinnung findet in mancherlei That- 
sachen Ausdruck. Nur auf eine dieser Bethätigimgen 
soll hier eingegangen werden. 

In den arabischen Presserzeugnissen des letzten 
Jahres ist mit Vorliebe von annahda, der Erhebung, 
dem Aufschwung die Rede. Man meint damit die ge- 
steigerte litterarische Thätigkeit und die Empfänglichkeit 
der Massen dafür, die seit etwa Anfang 1897 ein höchst 
wesentliches Merkmal der arabischen Welt sind. Vor 
etwa zwei Jahren wuchs die Nachfrage nach arabisch 
geschwärztem Papier ganz erheblich, sie ist immer noch 
in der Zunahme begriffen, und sie wird im zwanzigsten 
Jahrhundert Masse annehmen, von denen man sich jetzt 
nichts träumen lässt. 

Das scharfe Auge Muhammad 'Alls erkannte zuerst 
im islamischen Orient, welche Bedeutung der Typen- 
druck fiir die Entwicklung eines Landes habe und wie 
sogar die nur dem Tagesbedürfnis Rechnung tragende 
Seite der Druckthätigkeit als wirksame Hilfe des Regier- 
geschäftes verwandt werden könne. Am 20. November 1828 
erschien auf seinen Befehl No. 1 des Regierungsblattes 
alwaqä'z aimisnja, einer Art MoniteurEgyptien. Langsam, 
sehr langsam folgten weitere Erzeugnisse der Tagespresse 
in Egypten und andern arabischen Ländern i). Be- 

^) Das Genauere darüber siehe in meinen : ,The Arabic Press 
of Egypt* und ,Die' Zeitungen und Zeitschriften in arabischer 
Sprache^ in ,Encyklop&die des Islams*, Probeheft. 



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ISLAM UND ARABISCH. 5 

trächtlicher wurde die Produktion erst, als die Syrer die 
Sache in die Hand nahmen. Durch die amerikanischen 
Missionare mit dem Yankeetum^ durch die Väter der 
Societas Jesu mit den schlausten Elementen des alten 
Kontinents in Berührung gebracht, sah der geriebene Be- 
wohner der östlichen Mittelmeerküste bald, wo Barthel 
den Most holt, und dass mit der Aneignung des in jenen 
beiden Welten mit so viel Erfolg verwandten Mittels zur 
Erreichung mannigfachster Ziele auch ihm allerlei schöne 
Sachen winkten: Macht und Geld und obendrein Ruhm 
und Ansehn allerorten als ,Kulturbeförderer*. Da die 
von Gott ihm bestellte Obrigkeit seine vortrefflichen Be- 
strebungen sehr ungern sah und ihn in jeder Weise 
durch alberne imd niedrige Quängeleien zu behindern 
suchte, so zog er aus. In Egypten fand er den Boden, 
wo er sich b'tterarisch*joumalistisch ausleben konnte. 
Nur an Einem fehlte es: an der Nachfrage. Federn 
waren genug da zum Schreiben, auch ganz tüchtige, 
und sie machten viel Papier schwarz. Aber Augen 
waren nicht da, das Geschriebene zu lesen, das schwarze 
Papier setzte sich nicht in weisses Silber um. 

„Geht man durch die Strassen Kairos, so sieht 
man, wie Gemüshändler, Olverkäufer, Spezerist und 
Grosskaufmann sich um die Zeitungen und die Bücher 
reissen, die ihrem Geschmack und ihren Bedürfnissen 
entsprechen oder auch nur ihren Unterhaltungstrieb be- 
friedigen. Das zeigt sich am deutlichsten, wenn etwas 
vorgeht, was die Gemüter erregt und veranlasst, Partei 
zu ergreifen. Dann will sogar jeder Kutscher, Esel- 
treiber und Pförtner seine Zeitung lesen oder doch einen 
hören, der sie vorliest So wars im letzten griechischen 
Elriege; da haben wirs selbst erlebt und mit eigenen 
Augen gesehen, wie die Droschkenkutscher und andere 
Leute der imtersten Stände sich drängten, um eine 
Zeitung zu lesen oder zuzuhören, wenn sie vorgelesen 
wurde. Wie anders Stands mit dem Arabischlesen in 
Kairo vor zwanzig und einigen Jahren, wo man die 
Zeitungen wie Seife anpries, überhaupt nur zwei oder 



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6 ISLAH UND ARABISCH. 

drei existierteiL und selbst dafür nicht einmal genug Leser 
waren! Heut vergeht keine Woche^ wo nicht eiae neue 
Zeitung oder Zeitschrift herauskommt, gar nicht ku 
sprechen von den Werken über die verschiedensten 
Gegenstände, die beständig erscheinen« Und aU das 
verkauft sich, freilich mit verschieden grossem Absatz, 
je nachdem es dem Geschmack und den Bedürfhissen 
des Publikums entspricht". So äussert sich ein Mann, 
der mit den Pressverhältnissen Egyptens gründlich ver- 
traut ist, Herr öirgi Zaidän, in einem lesenswerten 
Artikel seines Elhiläl ,Wer Arabisch schreibt und liest* 
(Jahrgang 7 No. 13 S. 394 f.) ^). 

Was führte diese seltsame Wandlung herbei? Zai- 
dän hat folgende Antwort (S. 393): „Vielleicht sind die 
Ursache die fränkischen Begehrlichkeiten, die die Mus- 
lims im Innern Asiens und Afrikas erfahren haben, so 
dass sie aus Notwehr dazu schritten, sich zusammen- 
zuthun und gemeinsam vorzugehen; mm konnten sie 
kein besseres Bindemittel finden als diese edle Sprache.** 

Sicher hat Zaidän im allgemeinen das Richtige ge- 
troffen. Will der Islam den Versuchen, ihm immer 
mehr Landgebiet zu entreissen und in dem entrissenen 
immer festeren Boden zu gewinnen, wirksamen Wider- 
stand entgegensetzen, so müssen seine Bekenner vor 
allem das Wort beherzigen: Einigkeit macht stark. 
Solche Einigkeit herzustellen, ist ein Gemeinsames not- 
wendig, ein Mittelpunkt, um den zu kreisen alle ge- 
bracht werden. Dass das Sultanat des Hauses Osman 
einen solchen Mittelpimkt abgeben könne, ist völlig aus- 
geschlossen. 'Abdalhamid geniesst in der sunnitischen 
Welt ein sehr grosses Ansehen, und wird auch gewiss 
von vielen seine Bezeichnung als Emir almu'minin 
oder gar als Chalifat Allah, der von Gott bestimmte 
Stellvertreter des Propheten, als grober Unfug empfunden, 

^) Den allgemeinen ^schöngeistigen Aufschwung* {annahda 
eTeddjye) erkennt auch der sonst recht nüchterne Schech Ibrahim 
Elj&zi^i in einer Notiz „Die arabischen Zeitungen in Amerika" 
an (EddijÄ* Jahrg. 1 No. 16 vom 30. 4. 99, S. 502 f.). 



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ISLAM UND ARABISCH. ^ 

80 ist er doch gegenwärtig der anerkannte Schutzherr 
des Islams y um so mehr, als seine Sendboten fast in 
allen Teilen der islamischen Welt die Belebnng des re- 
ligiösen Qef&hls und vor allem seine Verehrung als 
Schützer der Religion eifrig betreiben*). Aber der Is- 
lam ist in seinem innersten Wesen demokratisch, und 
selbst die kräftigsten Leiter grosser Bewegungen in ihm 
haben nicht wegen ihrer Person, sondern als Exponenten 
einer Idee den Mittelpunkt gebildet. Der Sultan kann 
als reiner Vertreter der islamischen Idee nicht gelten. 7 
Er ist erst Türke, dann Muslim. Die Muslims seines 
Reiches sollen sich in erster Linie als Osmanlis fUhlen. 
Davon wollen die, die nicht Türken von Geburt sind, 
natürlich nichts wissen, und auch den Muslims anderer 
Länder kann der türkische, in vielen Dingen mit dem 
strengen Islam in schroffem Widerspruch stehende Cha- 
rakter der türkischen Regierungswirtschaft nicht ver- 
borgen bleiben. Zudem hat der Türke keine Freunde: 
im türkischen Reiche hassen ihn die Chidsten und die 
nichttürkischen Muslims in gleichem Grade als das 
Element, das jedem wirklichen Fortschritt selbst abhold 
ist und alle Bemühungen der Vorwärtsstrebenden zu 
vereiteln weiss, vor allem aber jede Regung nationalen 
Denkens mit unerhörter Härte und Grausamkeit zu Boden 
schlägt^). Nein^ Stambul kann und wird nie eine 

1) Einige Litteratar über die islamische Mission und die / 
Stellang des Sultans im Islam s. Doutt^, Bolletin Bibliographique V 
de rislam Maghribin (Oran 1899) 1, 35—45. 

*) Die Kurden haben eine nicht unbeti^htliche nationale 
Litteratur (s. meinen Artikel: ,Zur kurdischen Litteratar* in der 
Wiener Zeitschrift f. Kunde des Morgenlandes 12, 102 ff.). Es 
daif von dieser in der Türkei nichts gedruckt werden; was im Aus- 
land davon gedruckt wird, darf unter den Kurden nicht verbreitet 
werden. Das Kurdische darf in den Schulen nicht gelehrt werden. 
Schriftliche Übersetzung des Quj'&ns in das Kurdische ist verboten, 
natürlich nicht aus religiösen Gründen (es giebt zahlreiche Über- 
setzungen in das Türkische, Persische, Qbadostani, von denen 
einige gedruckt sind), sondern nur aus politischen Bedenken, die 
freilich samt den daraus entspringenden Massregelungen, wie alle 
dergleichen thOrichten und barbarischen Rückständigkeiten, hin- 



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8 ISLAM UND ARABISCH. 

lebendige, die grossen Massen des gesamten Islams durch- 
dringende Macht bilden. Um die aufzurühren, muss 
eine andere Saite angeschlagen werden. Das Band 
glaubt man gefunden zu haben in der Begeisteining für 
die 'arabtje, die altarabische Sprache. 

Es giebt sicher im islamischen Orient eine ganze 
Anzahl Köpfe, in denen sich die Zukunft so spiegelt: 
die Muslims der ganzen Welt werden zu einer solchen 
Eenntniss der arabischen Schriftsprache gelangen, dass 
alle verständnisvoll den Worten lauschen, die von einer 
Zentralstelle ausgehn, und allen Kommandos, die von 
dort gegeben werden, sofort nachkommen; dann kann's 
losgehn. Namentlich in Indien ist die Bewegimg für 
Aneignung des Arabischen beti'ächtlich. Zaidän be- 
richtet (S. 394): „Unsere Brüder in Indien und Persien 
sind dabei, die 'Arabije zu Ansehn zu bringen und ihr 
einen festen Grund zu legen durch Errichtung von 
Schulen und Anspornen der Jugend zu ihrem Studium. 
Wie bedeutend diese Bewegung ist, bemerkten wir erst, 
als wir im vorigen Jahr zahlreiche Briefe aus ver- 
schiedenen Distrikten Indiens erhielten, in denen man 
sich bei uns Rats erholte über die arabischen Bücher, 
die am besten dem Untemcht in den Schulen zu Grunde 
zu legen seien. Ja sogar einer der grössten islamischen 
Vereine hat sich bei uns nach den Unterrichtsbedingungen 
im Dar el 'ulüm^) erkundigt, da man eine Anzahl junger 
Leute zur Ausbildung im Unterricht des Arabischen nach 
Kairo schicken will, die dann in den heimischen Schulen 
das Lehramt versehen sollen. Deutlich genug spricht 
übrigens schon die Ali;, wie beständig in den dortigen 
Zeitungen und von Rednern in öffentlichen Ver- 



fällig sind. Bekannt ist die Verachtung, welche der Türke fiir 
den Araber hegt; charakteristisch für sie ist der schöne Spruch: 

siktir araJb feUäh d. h (unübersetzbar roh), arabischer 

Bauer! Das Wort kennt man gut im arabischen Lande. 

') Diese Anstalt ist in erster Linie Seminar zur Ausbildung 
von Lehrern des Arabischen; es wird nur aufgenommen, wer die 
Azhar absolvirt hat. 

8 



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ISLAM UND ARABISCH. 9 

Sammlungen auf das Band hingewiesen wird, das sie 
mit ihren Brüdern in Egypten und Syrien verbindet". 

Bemerkenswert ist, dass man sich auch in Stam- 
bul der Erkenntnis nicht verschlossen hat, ein wie 
ausgezeichneter Bindekitt die arabische Sprache sei 
und ein wie sehr geeignetes Mittel, für den Islam im 
tüi'kischen Sinne, d. h. für einen mit Türkenweltherr- 
schaft sich deckenden Panislamismus, Stimmung zu 
machen. Die in Stambul erscheinende türkische illu- 
strierte Zeitschrift Ma'lQmät erscheint zugleich in einer 
arabischen Ausgabe, die in einer grossen Menge von 
Exemplaren in die nichttürkischen Länder des Islams 
geworfen wird. Die Holländer z. B. haben beständig 
mit den Gefahren der Aufreizung durch dieses gefähr- 
liche Organ zu kämpfen, und die niederländische Re- 
gierung musste endlich energische Massregeln gegen 
das schlimme Treiben ergreifen 9 . 

In den arabisch ' sprechenden Ländern erhofft 
man von der Verbreitung der 'Arabije anderen 
Gewinn: 1) Hebung des religiösen Lebens, 2) Stär- 
kung des nationalen Gedankens, 3) allgemeinen 
kulturellen Fortschritt. Es ist klar, dass nur die 
Kenntnis der 'Arabije weiteren Kreisen die Möglichkeit 
verschafft, sich aus den Quellen über die Grundlagen 
der Religion zu unterrichten oder doch die Werke zu 
lesen, in denen das Gebäude von Dogmatik und Recht 
gelehrt wird, das heut als das allein auf jenen Grund- 
lagen aufzubauende gilt. Jeder Muslim soll sich über 
den Islam unterrichten können, d. h. in Wirklichkeit, 
soll im Stande sein, die hässliche Speise in sich auf- 
zunehmen, die heut allenthalben als Darstellung des 
Islams umgeht, oft untermischt mit hetzerischen Aus- 



*) S. den injialtreichen Eigenbericht der Vossischen Zeitung 
aus Amsterdam in No 419 vom 8. Sept. 1898. Über die Intrigen 
des türkischen Konsuls in Batavia s. auch van Oordt, De Neder- 
landsche Eoopman in de Landen van den Islam, Leiden 1899, 
n. 31. 



9 



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10 ISLAM UND ARABISCH. 

fällen gegen die Andersgläubigen. Der arabische 
Muslim hat aber noch seinen Sonderstolz : gehört doch 
seiner Nation der Mann an, der die wahre Religion ge- 
bracht hat. Diesen Stolz hat die Tendenz des Islams 
zur Intemationalität ^) nie ganz beseitigen können und 
er wirkt mächtig noch heut im Araber. Die Kenntnis 
der 'Arablje soll diesen Stolz heben und kräftigen, sie 
soll in die herrlichen Schätze der alten Litteratur ein- 
führen und die Seelen mit der Begeisterung für die 
Werke erfüllen, in denen die Ahnen ihre freilich oft 
zweifelhaften Gedanken und E!mpfindungen ausgespro- 
chen haben. Allgemein kulturell wichtig erscheint die 
*Arabije als Vermittlerin des Verständnisses der älteren 
philosophischen und historischen Litteratur der Araber 
einerseits ^), andererseits als das geeignetste Mittel, die 
Errungenschaften der Ungläubigen in Wissenschaft und 
Litteratur wiederzugeben, kurz^ das fränkische Geistes- 
leben zugängig zu machen. 

Wie weit diese Vorstellungen von dem Wert der 
'Arablje berechtigt sind, soll zunächst nicht untersucht 
werden. Es sei vielmehr auf eine Parallele und auf 
eine höchst bemerkenswerte Begleiterscheinung hin- 
gewiesen. 

Der Eifer, mit welchem die 'Arabije und ihre Ur-. 
künden heut in der islamischen Welt studiert werden, 
lässt sich etwa vergleichen mit der Begeisterung, welche 
Europa durchdrang, als am Anfang des 15. Jahrhun- 
derts das klassische Altertum wieder aufzuleben begann. 
Namentlich die altgriechischen Studien bieten hier eine 
Parallele. In den letzten Zeiten des oströmischen Rei- 
ches war in Griechenland selbst, wie in den andeni 
Provinzen die Zahl derer doch nur gering, die als 
wirkliche Kenner des Altgriechischen gelten konnten. 

') Türkisch tritt sie so auf: bende müsUm sende müalim d- 
hcmdü UUäh. 

') Diese wird beständig eifrig studiert. Namentlich nach Ibn 
Ghaldüns Muqaddime ist eine Nachfrage, die kaum durch immer 
neue Drucke be&iedigt werden kann. 

10 



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ISLAM UND ARABISCH. 1] 

Gerade so wars vor einem halben Jahrhundert^ ja^ 
noch vor dreissig Jahren in den Ländern arabischer 
Zunge. Der Unterschied ist nur, dass jene Griechen 
(Laskaris, Bessarion u. A.) in die Kulturstätten des 
Auslandes flüchten mussten, während im arabischen 
Lande selbst die Entwickltmg zum Bessern sich vollzog. 
Die Begleiterscheinung, die unsere Aufmerksamkeit 
erregt, und die sich in gewissem Grade auch bei der 
eben herangezogenen Bewegung des Mittelalters fand, 
ist das Verschwinden der religiösen und nationalen 
Gegensätze in der Vereinigung zu den Studienzielen. 
Der Spruch, der so lange die östliche Welt beherrscht 
hat: eTarabije lä iatanas^ary die arabische Schrift- 
sprache wird nicht verchristelt i), gilt längst nicht 
mehr. Es ist oben darauf hingewiesen, dass die christ- 
lichen Syrer sich dem kulturellen Einfluss der fränki- 
schen Missionssendlinge besonders zugängig zeigten. 
Es ist aufs Höchste anzuerkennen, dass sie nicht zu 
Affen der Franken wurden, sondern dass sie ihrem 
heimischen. Wesen und ihrer Sprache treu blieben und 
nur in dem Betriebe sich mit fränkischem Geiste 
zu durchdringen trachteten*). Mit bewundernswerter 
Energie') und seltenem Geschick drangen sie in die 
Gebiete ein, die ihnen Jahrhunderte lang verschlossen 
waren, und denen sie fremd, fast ratlos gegenüber- 

') Goldziher konstatierte 1873: «es herrscht hier (in Damaskus) 
der Grundsatz: ätarabve Um taUmassar* (ZMG 28, 167). Christ- 
liche Kenner der 'Arab^e waren rare Vögel; vgL mein Referat 
fiber den Diwan des Bischofs Öarmänüs Farhät (gest. 1732) DLZ 
1896 Sp. 136 f. 

') Das Hauptverdienst gebührt dabei allerdings der ältesten 
Generation der amerikanischen Missionare, Männern wie Eli 
Smith und Cornelius van Dyk, welche, um kr&ftig wirken zu 
können, sich Yollst&ndig in das Wesen der Syrer einlebten. Die 
später kommenden Jesuiten konntens dann nicht anders halten, 
wollten sie Einfluss gewinnen. 

*) Der Christ, der bei einem islamischen Gelehrten in die 
Schule gehen wollte, konnte das bis in die vierziger Jahre des 
Jahrhunderts nur heimlich thun, sollten Meister und Jünger nicht 
geschädigt werden. 



11 



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12 ISLAM UND ARABISCH. 

standen. Es dauerte nicht lange, so waren sie ihren 
islamischen Landesgenossen weit voraus. Man trifft 
auf 100 Christen mit mittlerer arabistischer Bildung in 
Syrien vielleicht zwanzig Muslims *), und sogar in der 
höchsten Stufe der Sprachkenntnis werden die Christen 
den Muslims nicht nachstehen 2). Aber selbst in Egyp- 
ten, wo doch die arabischen Wissenschaften in der 
Azhar-Schule einen so bedeutenden Mittelpunkt hatten, 
wirkten die Syrer höchst belebend auf das Studium der 
*Arabije. Ihre Zeitungen und Zeitschriften, ihre Thä- 
tigkeit im Buchdruck wirkten wie ein Ferment in der 
faulen Masse der Egypter 3). 

Ich nehme in Aussicht, in diesen Heften der Ent- 
wicklung der modernen arabischen Litteratur Uesondere 
Aufmerksamkeit zu schenken. Hier sei nur bemerkt, 
dass gegenwärtig in Syrien und Egypten eine beträcht- 
liche Zahl von Männern lebt, die litterarisch thätig sind, 
und dass diese Thätigkeit vorwiegend unter dem Banne 
der 'Arabije steht. Nicht, dass man sich auf philolo- 
gisch-schönwissenschaftliche Gegenstände beschränkte. 



^) Es ist das eine sehr auffällige Thatsache. Die Erklärung 
ist wohl, dass die Christen den Charakter des Aramäers bewahrt 
haben, während in der islamischen Bevölkerung der arabische 
Charakter überwiegt. 

') Natürlich ist hier nur der klägliche, rein äusserliche Be- 
trieb der sprachlichen Dinge mit seiner Lust an Spitzfindigkeiten, 
nukat, Kleinigkeitskrämereien gemeint. Allein den syrischen 
Christen gebührt das Verdienst, sich in erspriesslicher Weise 
auch um die anderen semitischen Sprachen zu kümmern und zu 
sprachwissenschaftlicher Behandlung wenigstens den Ansatz zu 
machen (ich nenne den verst. Clemens Daud und Gabr Dümit; 
von Muslims kenne ich nur Schech Tähir Elgezä'iri in Damaskus, 
der sich mit Sprach- imd Schriftgeschichte beschäftigt). 

*) Zimächst nur der Muslims. Die Kopten und Juden hink- 
ten später dürftig nach. Es ist merkwürdig, dass diese Elemente 
der Bevölkenmg Egyptens intellektuell den Muslims femer stehen 
als diese den Syrern, dass dagegen menschlich alle Konfessions- 
angehörigen Egyptens sich verbunden fühlen gegenüber den 
Syrern. Der freche Syrer ist eben auch dem ihm geistig nahe 
stehenden ägyptischen Muslim verhasst. 



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ISLAM UND ARABISCH. 13 

nein, man behandelt mit Vorliebe historische und natur- 
wissenschaftliche Dinge. Aber in allen diesen Äusse- 
rungen wird auf die Form sorgfältig Rücksicht genommen. 
Wer sie nicht beherrscht, wird nicht zur Mitarbeit zu- 
gelassen, und wer diese Form nicht versteht, der 
kann überhaupt von all den schönen Dingen nicht 
Kenntnis nehmen, die da gelehrt werden. Das giebt 
nun wieder Anlass zum Studium eben dieser Form, 
und so wird direkt und indirekt durch die immer sich 
steigernde Druckthätigkeit die Kenntnis der *Arabije 
gehoben. 

Mit grossem Eifer wird die so geschaffene Auf- 
nahmefähigkeit weiterer Bereise für Druckerzeugnisse 
besserer Gattung von der streng islamischen Partei 
ausgebeutet. Es isl; kein Zweifel, dass diese Partei auf 
die Hebung des religiösen Lebens hinarbeitet. Es soll 
Bewegung in die Massen gebracht werden, sie sollen 
erwärmt werden für die Sache des Islams. Und es ist 
bereits einige Bewegung da. Immer mehr Stimmen 
werden laut, die sich zu den brennenden Fragen des 
Tages äussern: Wie hat sich der Islam zu der Zivili- 
sation der modernen Kulturwelt zu stellen? Wie ver- 
hält sich das, was heut in den Kreisen der Herrschen- 
den als Islam angesehen wird, zu dem, was nach den 
ältesten Urkunden als Islam anzusehen ist^)? 

Es kommt alles darauf an, diese neue grosse Be- 
wegung von Anfang an richtig zu leiten, damit sie zum 
Heile der Muslims selbst ausschlage und zugleich die 
Gefahren beseitige, die den Franken von einem Aus- 



') Aus den jüngsten Behandlungen dieser Fragen hebe ich 
heraus einen Artikel in der islamischen Zeitschrift almausität 
(Richtung des dlmu'a^ad) 1 No. 12 (vom 15. Dulhigge 1316), wo 
auf einen anderen Artikel von Lutfl Efendl Essaijid in No. 8 der- 
selben Zeitschrift bezug genommen ist. Die Schrift tat&fg ed(ft- 
jcme d'islän^e *älä nawänm dmeden^e^ d. h. die Anpassung 
der islamischen Religion an die Gesetze der Zivilisation, von 
Muhammed Fend Wagd! kenne ich nur aus Elhil&l 7 No. 15 
S. 478. " 



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14 ISLAM UND ARABISCH, 

bruch des islamischen Fanatismus drohen'). Es ist tu 
verhüten, dass die Partei der Altorthodoxen allein in dem 
neuen Reiche herrsche, das Fleiss und Intelligenz auf- 
zurichten bemüht sind, etwa nur noch in Gemeinschaft 
eines charakterlosen Litteratentums, das dem Gelüst 
der Menge schmeichelt imd neben seichtem Tagesge- 
schwätz dürftige Brocken einer Scheinwissenschaft bietet 
Der litterarischen Produktion, welche spezifisch islamisch 
ist, muss die Richtung gegeben werden, die im Interesse 
des Islams selbst wie in dem der gesamten Eultur- 
menschheit zu wünschen ist: die Richtung auf eine 
Reform. 

Ich weiss wohl, dass ich mich hier in Widerspruch 
mit einem Verdikt setze, das heut von guten Kennern 
des Islams gefällt wird: der Islam kann nicht re- 
formiert werden. Genau so behauptete man am Ende 
des fünfzehnten Jahrhunderts in Europa. Jeder sah 
die Schäden, niemand wollte glauben, dass eineBesserung 
möglich sei, bis das Mönchlein von Wittenberg kam. 
Gerade heut sind die Bedingungen für eine Durch- 
säuerung des Islams mit neuen Ideen günstiger denn je. 
Die Hälfte aller Muslims lebt unter der Herrschaft von 
Nichtmuslims und wenn diese nur ein wenig ihr eigenes 
Interesse kennen, werden sie jenen Bestrebungen in 
jeder Weise Vorschub leisten. So werden sich alle 
fähigen Elemente, alle, die in jener Richtung thätig sein, 
sich einer neuen Lehre anschliessen wollen, in die 
Länder ziehen, wo sie Fi'eiheit zu finden sicher sind, 
während in der Türkei, in Marokko, in Persien der 
fanatische Altislam Heimstätten haben wird, bis auch 



^) Es ist mit diesen Gefahren nicht zu schlimm. Auch die 
Moslims haben gelernt und werden immer mehr lernen, dass 
wilde Putsche das schlechteste Mittel sind, um etwas zu erreichen. 
Die Reaktion folgt nur um so prompter. Je ürger es die Hetzer 
treiben, desto schärfer wird ihnen auf die Finger gesehen, und, 
wenn nOtig, geklopft. Den Muslims die Uebung ihrer Religion 
erschweren, ihnen das Schreiben und Reden darüber verbieten 
wollen, wird nur einer verblendeten Regierung einfallen. 



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ISLAM UNP AB.ABISCH. 15 

hier das fremde Ferment iioaiifhaltsam und sicher 
wirkend eindringt. 

Wie man eine Reform des Islams sich vorsustdlen 
hat^ welche Gedanken in der Dogmatik und in der 
Rechtslehre zum Durohbruch kommen müssen, damit 
die Muslims zu voUgiltigen Mitarbeitern an dem Kultur- 
werke werden, kann hier nicht erörtert werden. Auch 
ist fraglich, ob die Behandlung von Einzel&agen in 
dieser Richtung Wert hat Grossen Bewegungen lässt 
sich nicht die Bahn vorschreiben. Nur ein Gedanke 
sei hier ausgesprochen. 

Seit Jahrhunderten, ja, fast solange sie besteht^ ist die 
islamische Wissenschaft deduktiv. Kaum hatten einige 
kräftige Geister Formeln gefunden^ imter die sich die im 
Qur'än und in der Tradition zu findenden Einzelthatsachen 
bringen liessen> da war schon das System fertig und wehe 
dem, der sich davon zu emanzipieren strebte und selbstän- 
dig forschei^ aufzutreten wagte. Die ,Irrlehren'. wurden 
immer glücklich unterdrückt, m. a. W. die Pseudo- 
wisseiuichaft, die nichts kann, als an alle Einzelthat- 
sachen den Massstab eines a priori feststehenden Prin- 
zips legen und sich am grössten dünkt, wenn sie auch 
für das kleinste Thatsächlein ein Feld in der fertigen 
grossen Schablone gefunden hat, siegte auf der ganzen 
Linie. Heut findet man in der islamischen Welt nur 
den blöden Schulkram, der in der ,Univer8ität Elazhar^)' 
(die universitas litterarum besteht hier in der Tyrannei von 
einigen Handbüchern der „arabischen Wissenschaften", 



') Die Bezeichnung der Schale in Kairo als Universit&t, die 
aus den Reisehandbüchern (s. z. B. Meyers Aegypten ' S. 173) 
stammt, wurde kürzlich in dem höchst beachtenswerten Artikel . 
Snouck Hurgroi^jes ZDMO 53 abgefertigt (8. 146). Man 
thut den Hörern unserer üniversit&ten bitteres Unrecht, wenn 
man ihnen die Jungen vergleicht, die in den Hallen der berühmten 
Moschee von Kairo herumliegen und zum grössten Teil faulenzen. 
Es sei übrigens hier erwähnt, dass seit etwa drei Jahren in der 
Azhar-Moschee Kurse für Rechnen und Geographie eingerichtet 
sind. Es war auch der Unterricht in Geschichte in Aussicht ge- 
nommen, eingeführt soll er noch nicht sein. 

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16 ISLAM UND ARABISCH. 

die dort mit Ausschluss der wichtigsten wie z. B. 
gelehrt werden *)) seine Orgien feiert. Fort damit! So 
sollen nicht bloss die rufen, die von Staats wegen dort etwas 
zu sagen haben — das würde wenig nützen — sondern 
die, die dort lernen; sie sollen sich vom neuen Geist 
durchdringen lassen, sie sollen die Lehrer schaffen, die 
sie brauchen, die die neue Zeit braucht. Freilich die 
Methode, die allein Früchte zu zeitigen vermag, werden 
sie nicht auf einmal lernen, aber sie werden sie lernen, 
wenn sie nur den richtigen Weg nehmen. Es hilft 
ihnen nichts: sie müssen dazu bei den verruchten Un- 
gläubigen in die Schule gehen. An sich steht dem 
durchaus kein Gebot des Islams entgegen, im Gegen- 
teil, man liest alsHadit: „lernet jede Wissenschaft, die 
ihr lernen könnt^j". Auch das Reisen zu Studienzwecken 
ist im Islam immer gesehätzt worden, und der Aufent- 
halt in den Ländern Andersgläubiger ist keineswegs 
verpönt. Also kommt nur, ihr lernbegierigen Muslims, 
und seht den Wissenschaftsbetrieb bei uns an, lernt 
vor allem, dass die Grundlage jedes wissenschaftlichen 
Fortschritts das synthetische Arbeiten ist, das sich von 
allen anerzogenen Vorstellungen so vollkommen, als es 
irgend möglich ist, frei zu machen und die That- 
sachen nur in dem Lichte anderer Thatsachen zu 
sehen und daraus zu verstehen sucht. Mit einem 
Wort: lernt die historisch - kritische Betrachtung auf 
Qur^än und Sunna anwenden. Ihr verachtet uns, dass 
wir eure Schulweisheit nur aus Büchern kennen, und 



*) Sehr bezeichnend ist, was mir ein befreundeter Muslim er- 
zählte : ,80 oft ich in der Azhar in den Makamen Elharlris las, hatte 
ich ein böses Gewissen: ich that etwas, was ausserhalb dem Plane 
des Unterrichts lag; von der Sprache, von den wichtigsten Litte- 
raturdenkmälem bekommen die Azhar-Schüler nichts zu hören, 
ja, die Beschäftigung damit ist dort verpönt'.' 

*) Ich kann den Spruch aus den bekannten Werken nicht 
belegen ; mit ihm verteidigte sich Soliman Al-Haraüri in der Vor- 
rede zu seiner Übersetzung von Lhomonds französischer Gramma- 
tik (Paris 1857) wegen dieses Unternehmens, fdr das er den Tadel 
der Glaubensgenossen fürchtete. 



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ISLAM UND ARABISCH. 17 

meint, euch erBchliesse sich der wahre Geist, wenn der 
Buchstabe durch den Mund des Lehrers^ der ihn selbst 
vom Lehrer empfangen, gewissermassen geheiligt zu 
euch hemiedersteige. Wer von euch kennt denn die 
geschichtlichen Verhältnisse, unter denen die grossen 
Traditionssammlxmgen entstanden sind? Wer von euch 
weiss denn, dass diese Sammlungen nicht Zeugnisse 
für Worte und Handlungen des Propheten sind, sondern 
lediglich ZiCugnisse für das, was gewisse religiös-poli- 
tische Parteien als Worte und Handlungen des Pro- 
pheten zur Anerkennung zu bringen ein Interesse hatten? 
Wer von euch ist denn imstande, das Werkchen, das 
als allererstes versuchte. Regeln über die Interpretation 
der Rechtsquellen aufzustellen, eine Art Methodologie 
des Rechts zu schaffen, die ehrwürdige risäle des Imäm 
Essäff i in kritischer Weise zu erklären? 

Der neue Geist wird kommen, muss kommen. 
Mag er in den Tempel am Darb elgedid einziehn oder 
nicht, die künftigen Schülergenerationen der islamischen 
Jugend werden zum grösseren Teil von ihm beherrscht 
sein, durch sie wird er die islamische Welt erobern. 

„Was dann kommt, ist kein Islam mehr." Was 
in den Ländern der Reformation kam, sollte kein Christen- 
tum mehr sein. Man hatte recht und unrecht. Es 
war nicht das Christentum, das vordem allein als solches 
galt, und artete bald in etwas aus, was ebenso wenig 
Christentum war, wie jenes. Es ist auch gleich. Ge- 
wonnen wurde bei der Wandlung eine ungeheure geistige 
Erhebung. Unzählige Kräfte, die vorher unter einem 
Banne schmachteten, wurden ausgelöst. Was aus dem 
Islam wird, wenn ihm die Sturmglocke des Islä^i, der 
reformatio, dröhnt, kann uns gleich sein und sollte 
jedem Muslim gleich sein, der erst Mensch, dann Muslim 
ist. Wie's auch kommen mag, sicher ist, auch hier 
wird eine ungeheure Bewegung und Erhebung der 
Geister stattfinden, auch hier werden unzählige Kräfte, 
und die besten, die heut vom Zwang der Schule in 
Fesseln gehalten sind, ausgelöst werden. 



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18 ISLAM UND ARABISCH. 

Auch in anderer Beziehung ist die Bewegung, die 
heut die Geister ergriffen, so zu leiten, dass Fesseln 
gesprengt, Vorurteile beseitigt, neue Bahnen geschaffen 
werden. Es ist oben nachgewiesen, wie man auf 
sprachlichem Gebiete im Begriffe ist, den unseligen 
Zwiespalt, der zwischen Sprech- und Schreibsprache in 
arabischen Ländern seit der ältesten Zeit herrscht, in 
der Weise zu verewigen und zu vertiefen, dass die 
Schreibsprache sich immer ausschliesslicher in die 
Zwangsjacke steckt, die ihr von den Pedanten der 
ersten Jahrhimderte des Islams angethan worden ist*). 
Damit steht in Zusammenhang die Zähigkeit, mit welcher 
man in der Litteratur an den hergebrachten Schablonen 
festhält. Abgesehen von einzelnen rühmlichen Ausnahmen 
herrscht hier immer noch die Quaside als die höchste 
Äusserung der Fähigkeit, rein litterarisch zu arbeiten 2). 
Es ist seltsam, dass man die höchst bemerkenswerten 



^) Es liegt nahe, die Entwicklung der neugriechischen 
Litteratur heranzuziehen. Dort siegten die Pedanten nicht so 
vollkommen, wie bei den Arabern, was Besseres kam aber doch 
nicht heraus. In Griechenland hat in allerjüngster Zeit die 
Richtung einen energischen Ausdruck gefunden, welche, haupt- 
sächlich aus deutschen Einflüssen heraus, den Wert des rein 
Volkstümlichen erkannt hat: s. die Anzeige der neuen Zeitschrift 
*H TexvTi in DLZ 1899 Sp. 622 f. Auch die Araber sollen nur 
fleissig bei den Meistern Deutschlands in die Schule gehen, sie 
werden dann zur gleichen Erkenntnis und zu einem wertvollen 
Fortschritt in der Geistesbildung gelangen. 

*) Sehr charakteristisch für die Ideen, von denen das litte- 
rarisch angehauchte Publikum beherrscht ist, sind die naiven, 
man könnte glauben, zum Scherz gestellton Fragen «eines 
Abonnenten*, die in EddijS* 1 No. 17 (vom 15. 5. 99) von der 
Redaktion d. h. Schech Ibrahim Eljäzigl treuherzig beantwortet 
werden (S. 629 ff.). Frage 4 ist: ,Muss der, der litterarisch hervor- 
ragen wül, selbst dichterisch th'ätig sein und in der Poesie 
Gutes leisten?' Er wird beruhigt: ,er brauche sich nicht mit 
der Poesie abzuquälen' {an ju'änija essCr). Lehrreich sind auch 
die Ausführungen des Ahmed Elkääif in der Frauenzeitschrift 
Anis algalis 2 No. 3 (31. 3. 99) S. 96 ff. und die Klagen der 
Redaktion 2 No. 4 (30. 4. 99) S. 161 f. Es geht daraus hervor, 
wie gering man im grossen Publikum über die hergebrachte 
Schablonendichterei denkt, zugleich aber, wie seltsam unfähig 



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ISLAM UND ARABISCH. 19 

Erzeugnisse, welche die arabische Litteratur im vierten 
bis sechsten Jahrhundert auf dem Gebiete der Poesie 
hervorgebracht hat, imd die von der Quaside weit ab 
liegen, heut gar nicht beachtet, nicht zu kennen scheint 
und nicht kennen will^). Jeder, der mit weiterem 
Blicke die Geschichte der arabischen Dichtung übersieht, 
weiss, dass ich die Gedichtarten des Muwassah und 
des Zagal meine, die zum Teil von wirklichen Dichtern, 
nicht bloss von Poetastern gepflegt wurden zu einer Zeit, 
wo die Quasidenmacherei lediglich Handwerk geworden 
war. Dass sie* Handwerk auch heut ist, mit ganz ver- 
schwindenden Ausnahmen, ist kein Geheimnis. Die 
Poesie kann zu einer Neublüte nur gelangen, wenn 
sie sich aus den Fesseln der Quaside befreit Aber 
sie darf nicht bei einem Schritte stehn bleiben. Sie 
muss zugleich das Gewand der 'Arabije abstreifen, sie 
muss sich der Volksaprache zuwenden, wie es einst 
das Zagal gethan hat. Was dabei zu erreichen ist, 
zeigt der Diwan des sprach- und formgewaltigen Ibn 
Quzmän (gfest. 555 d. H.)^). Auch dann keine Be- 
schränkung. Die moderne Poesie im volkstümlichen 
Kleide lasse sich nicht von Neuem einengen, binde sich 
nicht an die Formen, die für das Zagal, die arabische 
Vulgärdichtung par excellence, sich finden, sondern 
schaffe frei, ungebunden von welcher existierenden Technik 
auch immer. Sind nur Dichter da, so finden sich 
schon die Formen. 



man ist, das erlösende Wort zu finden. Nur zwei Litteratur- 
gattungen, die ans dem alten Kreise heraustreten, haben sich gut 
eingeführt und sind seit etwa 1870 durch originale Leistungen 
vertreten: das Drama und der Roman (natürlich nicht die Sorte 
'*Antar und Benl Hiläl). 

') Als einzige Ausnahme, die mir vorgekommen ist, nenne 
ich den in Paris lebenden Syrer Halil Grauem (chcUil ghänim). 
Bei einem Besuch im April 99 fuhr er heftig gegen die verrottete 
Poetasterei los und rühmte die freieren Formen des tausth. Ihm 
war Bizqallsh HassOn (s. mein MuwaSSah 78) wohlbekannt. 

*) S. mein Referat über die Petersburger Phototypie DLZ 
1896 No. 41 Sp. 1287 ff. 

2* 
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20 ISLAM UND ARABISCH. 

Aber nicht bloss die Poesie, auch die Prosa muss 
sich durchaus von dem Zwange der 'Arabrje eman- 
zipieren, und hier nicht nur auf schöngeistigem, sondern 
auch auf wissenschaftlichem Gebiete. Wodurch gewann 
der Wissenschafkbetrieb seit dem 17. Jahrhundert in 
Deutschland seine enorme Ausdehnung? Dadurch, dass 
die Gelehrten anfingen, in einer auch den unteren 
Schichten des Volkes verständlichen Sprache zuschreiben. 
Will man aufrichtig, dass auch die unteren Ellassen der 
arabischen Bevölkerung mit dem WissensstoflT vertraut 
werden, der zur besseren Gestaltung nicht bloss ihres 
geistigen und moralischen, sondern auch ihres äusser- 
lichen Lebens erforderlich ist, so muss für die Dar- 
reichung dieses Wissensstoffes eine Form gewählt wer- 
den, die leicht fasslich ist und zugleich scharf und klar 
die springenden Punkte hervortreten lässt. Es ist durch- 
aus anzuerkennen, dass die wackeren Männer, die wissen- 
schaftliche Lehrbücher schufen, Franken wie Syrer, oft in 
gemeinsamer Arbeit, bei Wahl der zahlreichen Termini, 
die arabisch wiederzugeben waren, fast durchgängig 
einen vollkommenen Takt bewiesen haben ; die Schwierig- 
keit, einfache und doch gut deckende arabische Gegen- 
werte zu finden, ist oft höchst glücklich überwunden 
Aber gieb ein solches Lehrbuch dem in die Hand, der 
nicht durch lange Schulung mit der sogenannten *Arabije 
von heutzutage vertraut ist, er wird es nicht verstehn. 
Hier thut Wandel dringend not. 

Und nun ein weiterer energischer Schritt. Man 
gebe dem Volke, was man ihm geben soll und will, 
nicht bloss in seiner Sprache, sondern auch in einer 
Schrift, die ihn jeden Zweifels über den Sinn dessen, 
was ihm vorliegt, überhebt. Die arabische Schrift mit 
ihrer Vokallosigkeit ist ein höchst mangelhaftes Mittel 
der Darstellung. Der Mangel wird einigermassen gut 
gemacht bei Dai*stellung schriftarabischer Redeweise 
durch das Feststehn der Regeln in bezug auf die 
Aussprache, und selbst da giebt es unzählige Fälle, 
wo dasselbe Schriftbild verschiedenen korrekten Rede- 



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ISLAM UND ARABISCH, 21 

weisen entsprechen kann« Die Sprechsprache hat ihre 
Regehl genau wie die Schreibsprache. Aber hier hat 
die Darstellung weit grössere Schwierigkeiten. Soll rein 
phonetisch geschrieben werden? soll bis zu einem ge- 
wissen Grade der sonst üblichen Schreibweise Rechnung 
getragen werden (finnär oder ß annär)? Diese Schwierig- 
keiten werden vermieden, wenn man sich entschliesst, 
für die Sprechsprache Darstellung durch lateinische Schrift 
anzuwenden. Die grossen Vorteile für die Bevölkerung, 
wenn sie an diese Schrift, sei es allein, sei es neben 
der arabischen, gewöhnt wird, liegen auf der Hand*). 



*) Vgl. meinen Aufsatz : ,Die gam'yjet ta*lyni kull wilid masr 
(Gesellschaft für den Unterricht der ägyptischen Jugend)' in 
Zeitechr. f. Assyr. 13, 277 ff. Es ist dort versäumt, das Malte- 
sische heranzuziehen, das ein klassisches Beispiel der Verwendung 
lateinischer Schrift für arabische Sprechsprache ist. Einen höchst 
wichtigen Beleg für die Tendenz, lateinische Schrift anstatt der 
bisher allein üblichen arabischen für andere Sprachen des Orients 
anzuwenden, kann ich jetzt aus der allemeuesten Zeit und aus 
einem uns Deutsche direkt berührenden Kreise beibringen : Aus 
Deutschostafrika gelangen seit 1896 in zunehmender 
Menge Suwaheli-Briefe in lateinischer Schrift nach 
Europa. Ich sah selbst im Mai 1899 eine Anzahl solcher, meist 
ans Däressaläm, verschiedenen Datums, in denen der Fortschritt 
nicht zu verkennen war (so bei Sollmän Ben Nasr, dessen letzte 
Schreiben von Ende 98 vorteilhaft gegen die ersten Versuche 
von 96 abstechen). Es wurde mir versichert, die Muslims dort 
seien stolz, wenn sie mit fränkischer Schrift schreiben können 
und die einheimischen Diener benutzen freie Augenblicke, um 
sich gegenseitig die deutsche Schreibkunst beizubringen; obwohl 
diese Leute fest an ihrer Religion hängen, sei nie irgend ein 
Bedenken gegen die neue Übung aufgetaucht. Mit der Korrekt- 
heit steht es natürlich verschieden und neben wassdam und 
mtthibbiha finden sich toslam und muhibika. Mit Sicherheit ist 
vorauszusehn, dass die Regierung Erlasse in der Landessprache 
nicht mehr in arabischer, sondern in lateinischer Schrift publizieren 
und dass das Nachrichtenbedürfnis durch periodische Blätter in 
gleicher Schrift befriedigt werden wird. — Zu dem zitierten Aufsatz 
sei femer nachgetragen, dass der Versuch Fuad Paschas (S. 285) 
vor ca. 20 Jahren von Münif Pascha wiederaufgenommen ist: 
eine Kommission sollte eine Rechtschreibeordnung für alle Schulen 
des Reiches ausarbeiten; Münif schlug vor, das arabische 
Alphabet ganz au&ugeben; er stand allein (Mitteilung des Herrn 



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22 ISLAM UNü ARABISCH. 

Besorgt man, es werde durch solche Einführung 
der Sprechsprache in die Litteratur, zumal in der 
fränkischen Schrift, die Beschäftigung mit der'Arabije 
leiden, so ist das eine Besorgniss, die der für das primi- 
tivere Transportgewerbe bei Einführung der Eisenbahnen 
völlig gleichsteht. Die Beschäftigung mit der 'Arabije 
wird an Breite und an Tiefe wachsen, wenn neben ihr 
die Sprechsprache zum Gegenstand litterarischer Thätig- 
keit und des Tjrpendruckes gemacht wird. Auch hier 
wird das Neue wie eine Erlösung wirken; Tausende von 
Kräften, die bisher unter einem Banne seufzten, werden 
frei werden, werden sogar den Kräften, die vorher allein 
herrschten und sie nicht aufkommen lassen wollten, 
dienstbar werden und zu ihrer vollkommenen Entfaltung 
beitragen. 

Jeder actio folgt die reactio. Dem Verstoss der 
Franken in den durch Jahrhunderte geheiligten Besitz 
des Islams hinein folgte als Gegenstoss die Bewegung, 
die heut gährt und die ,Arabisch* als Mittelpunkt hat. 
An uns ist die Parade und zugleich erneuter Verstoss, 
nicht mit äusserer Macht, sondern durch innem Kampf, 
durch Geistesarbeit: sorgsamste Beobachtung alles dessen, 
was im islamischen Orient vorgeht und Lenken der 
kulturellen Entwicklung in versöhnendem Sinne. Die 
heimischen Elemente, die den Orient als Ausbeutung- 
objekt sich nur erhalten können, wenn sie seine Be- 
wohner geistig und moralisch möglichst tiefstehend halten, 
und die darum Hass gegen die fremden Ausbeuter, die 
zugleich Kulturträger sind, predigen, können nur durch 
diese Mittel dauernd niedergehalten werden. 



Ali Kemal, Korrespondenten des Iqdäm in Paris). Im Augenblick 
herrscht ein heilloser Wirrwarr; mir liegen Drucke vor mit 
qädär für qadar (so in den qahr^ät des Dr. Abdallah Gewdet, 
Genf 1898). Leider ist wenig Aussicht, dass die Türken und 
Perser so bald das thun werden, was so dringend nötig, da ,das 
arabische Schriftsystem auf ihre Sprache passt wie die Faust aufs 
Auge' (s. Foy, Notizen zum Neupersischen, in Mitth. Sem. Gr. 
Spr. 1899, 141 n. 1). 



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Der heilige Bar^T^a. 

Der fromme Gotteskuecht Barslsä besitzt Wundergaben. 
Eine Königstochter, deren Sinn verwirrt ist, wird ihm zur Heilung 
gebracht. Der Satan erregt die böse Lust in ihm, und sie wird 
von ihm schwanger. Er tötet sie auf Einflüsterung des Teufels, 
damit die Schande nicht offenbar werde. Doch er wird entdeckt 
und ans Kreuz geschlagen. Der Satan will ihn retten, wenn er 
ihn anbete. Er neigt zum Zeichen das Haupt. Jener aber sagt 
sich los von ihm. 

Das ist der wesentliche Inhalt einer der zahlreichen Ver- 
suchungsgeschichten. Die älteste Redaktion, die wir kennen, 
stammt von dem i. J. 375 oder 383 d. Fl. gestorbenen Abullait 
Assamarquandi. Aus dessen Werk tantnh dlghäfiUn ist die Erzählung 
in andere arabische Werke und in andere orientalische Littera- 
turen, schliesslich auch in das westliche Schrifttum übergegangen ^). 

Im Sommer 1896 stellten die Herren Goldziher und 
Landberg fest, dass der Schech Barsis eine sehr bekannte 
Gestalt in der muhammedanischen Volkssage von Hadramüt ist. 
Li der Schrift „Die Legende vom Mönch Bar^ä'' (29 S., 1896; in 
100 Exx. abgezogen) bringen sie die Sage vom Schgch Barsis, 
wie sie sie nach den beiden von Landberg aus Hadramüt mit- 
gebrachten Männern niedergeschrieben haben. Das Wesentliche 



*) Einige Litteratur s. in dem gleich anzuführenden Schrift- 
chen von Goldziher-Landberg. Ich sehe davon ab, das dort 
Gegebene hier wieder abzudrucken und aus den bekannten Hilfs- 
mitteln einige Ergänzungen zusammenzuscharren. Anzuführen 
ist, dass der Stoff auch kurdisch behandelt worden ist von dem 
i. J. 777 gestorbenen Feqii Teirän (über ihn s. mein „Zur kurdischen 
Litteratur** WZKM 1898 Heft 2), der die qissc^ä bersisä in Versen 
erzählt hat (Jaba, Recueü Text 14, Übers. 9). Man wird diesen 
kurdischen Text gewiss noch finden, und es wird sich dann leicht 
feststellen lassen, ob hinter dem Barisanctou, jenem sainct per- 
sonnage, von dem der alte Thevet, Cosmograpkie univeraeUe 
fol. 277 r ein Wunder erzählt, unser Barslsä steckt, wie Konsul 
Mordtmann, der die versteckte Notiz ausgegraben hat, mir ver- 
mutend äusserte. 



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24 DER HEILIGE BARSiSÄ. 

ist: Der Teufel kann den Frommen nicht von seinem Berge fort- 
bringen. Das gelingt aber der „Mntter der Todsünden'', die sich 
bei ihm einschmeichelt. Er lässt sich bewegen, sich mit ihr ein 
wenig zu ergehen, bis zur Stadt hin. Der Teufel bringt junge 
Mädchen auf den Weg. Der Schech verfillt mit ihnen in Sünde. 
Dann stirbt er. 

Die Verfasser knüpfen an das Vorkommen der Geschichte 
vom Schech Barsls in Hadramüt und an das von ihnen über die 
Legende vom Mönch Barslsft in der Litteratur Beigebrachte 
folgende Deduktion (p 161): ,, Keinesfalls hat sich die Barsisä- 
Erzählung im Islam grosser Verbreitung erfreut. Nur sehr spärlich 
hat sie in die ethische und unterhaltende Litteratur der Muham- 
medaner Eingang gefunden. Auch unter den verbreiteten Volks- 
erzählungen trifft man sie nicht an. um so merkwürdiger ist es 
dass die Erzählung thatsächlich als Volkssage gangbar ist in 
Kreisen, bei denen Berühnmg mit Literatur, Beeinflussung durch 
Bücherbildung und gelehrte Kenntnisse geradezu ausgeschlossen ist." 

Der Scbluss dieser Ausführung scheint nicht einwandfrei. 
Der eine der beiden Gewährsmänner ist aus Schibftm, einer der 
grösseren Städte Hadramüts, der andere hat zwanzig Jahre lang 
ganz Hadramüt bereist (s. Landberg, Arabica HI p. 9f.). Ha- 
dramüt nimmt durchaus in der islamischen Welt keine Sonder- 
stellung ein ; es sind dort die .arabischen Wissenschaften' allezeit 
mit Eifer getrieben worden (vgl. die zahlreichen Hadiamls in 
der Litteratur); die Wanderlust der Bewohner ist bekannt. 
Dazu beachte man die Bedeutung, welche die Mekka- Wallfahrt 
fär die Verbreitung von Geschichten aller Art hat. Alles das 
spricht dafür, dass die Erzählung vom Schech Barsls, wie sie in 
Hadramüt umgeht, auf eine der bekannten schriftlich fixirten 
Redaktionen zurückgeht, wenn auch die Form, die hier vorliegt, 
eine einfachere und durch Anpassung an den Geist jener Ge- 
genden entstanden ist. Ob diese Form nur Ausfluss der poetischen 
Redaktion der Geschichte durch Alfaqlh Almuqaddam, von welcher 
p 22 und 23 zwei Strophen mitgeteilt werden (sie gehören 
natürlich zusammen, was aus der Darstellung nicht hervorgeht), 
ist, oder ob die Qaside vielmehr eine Formulirung der im Volke 
umgehenden Fassung ist, wird sich kaum mehr entscheiden lassen. 
Sicher liegt hier, und das kann nicht scharf genug betont werden, 
nicht eine Gestalt der Volkssage vor, welche in direkter Linie 
von der Urgeschichte abstammt, von der selbst die älteste 
islamische Version nur ein verhältnismässig später Spross ist. 

Wo ist die Urgeschichte zu suchen? Diese Frage haben sich 
auch die Herren Goldziher und Landberg vorgelegt; sie sagen 
darüber (S. 16): „Aus dem Umstände allein, dass die Legende 
des Barsisä keinen speciell muhammedanischen Charakter 

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DER HEILIGE BAR^I?!. 25 

zeigt, kann man noch nicht die Folgerung ziehen, dass sie nicht 
in muhammedanischen Kreisen entstanden sei. Es wäre wohl 
leicht möglich, dass mohammedanische Moralisten mit Absicht 
nicht emen Asceten ihres Glanbens als Exempel fflr den gefal- 
lenen Gottesmann hinstellen wollten und zu diesem Zwecke fiir 
den Helden der Legende nach Analogie von bekannten mit Bar 
susammengesetzten Namen nicht - muhammedanischer Mönche 
(z. B. Barsümft u. a. m.) den Namen Barflsft frei erfianden. Es 
ist uns nicht geglückt, über den allgemeinen Typus des der Ver- 
suchung unterliegenden Heiligen hinaus, einen Anhaltspunkt für 
die Entlehnung der Legende, des Namens ihres Helden und ihrer 
speziellen Züge, in anderen Kreisen zu finden.'' 

Zur Lösung des Rätsels scheint mir ein Faktum beizutragen, 
das ich auf meiner Reise in Nordsyrien im Winter 1882/3 be- 
obachtete. Aus meinen Au&eichnungen geht unzweifelhaft herror: 
die Barsisft-Geschichte ist in Nordsyrien lokal fixiert. 

Ich hatte mich entschlossen, von Killiz (60 km nördlich von 
Aleppo) aus einen Ausflug zu machen, dessen Hauptziel das einen 
uralten situs einnehmende A'zftz (Azez) war. Meine Begleiter 
hatten die glückliche Idee, mich nicht auf dem direkten Wege 
dorthin zu bringen, sondern mich einen Umweg über den sich in 
Killiz eines gewissen Rufes erfreuenden Parsa Daghy machen zu 
lassen. Für das Einzelne verweise ich auf mein Liwa Haleb in 
Zeitschrift der Berliner Gesellschaft für Erdkunde Bd. 29 (1894) 
unter dem 8. Nov. 1882. Nur vier Minuten von der Spitze des 
Parsa Daghy entfernt liegt das Zijaret, d. h. bewallfahrtetes Grab, 
der Parsa CJhatun, „hinter welcher ,Prinzes8in Parsa* sich vielleicht 
ein Heiliger versteckt; ich schlüpfe durch die niedrige Thür an der 
Nordseite, innen der übliche, hier dachförmige Hdzkenotaph mit 
einem grünen Tuchfetzen darüber" (Liwa Häleb S. A. S. 60). Eine 
Minute südlich davon ist eine Höhle, „wo der erste Dschambl&t... 
einen Schatz fand, mit dem er die vielen Grundstücke, Läden etc., 
die noch jetzt der Familie gehören, kaufte, vor ca. 300 Jahren ** 
(a. a. 0. S. 60 f.). Von dieser Höhle steil bergab steigend er- 
reichte ich in vierzehn Minuten ein Thälchen und hatte, nach- 
dem ich es überschritten, ein wenig links ein Zijaret, „und zwar 
nach Waisi Agha in A*zäz das des Schech Muhammed elwar^ft- 
wl '); nach Waisi Agha nennen die Araber den Berg Dschebel 
el-bars^e" (a. a. 0. S. 61). Zu diesen Angaben kann ich aus 
meinem Reisetagebuche Folgendes hinzufügen: „Ueber diesen 



*) Vielleicht ist dieser Muhammad alwarsftwl identisch mit 
dem mtihammad cühazin alcMUdi annaqsabandi aJfarsäfi, von 
welchem in dem kurdisch-arabischen Wörterbuch des Jüsuf DijÄ' 
addln Alch&lidl {älhadya alhamid\ja u. s. w. Stambul 1310) S. 
270 ff. sich ein religiöses Gedicht in kurdischer Sprache findet« 



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26 DER HEILIGE BARSI^Ä. 

Namen [Parsa Daghy] teilte mir Waisi folgende Legende mit: 
,Auf dem P. Dt lebte in alten Zeiten ein frommer Einsiedler 
Namens Barsisa ; zn diesem schickte ein König seine Tochter, die 
vom Tenfel geplagt war, der sich ihr in Gestalt eines Menschen 
näherte und sie schwängerte; der fromme Mann seinerseits 
wurde vom Teufel angetrieben, sie zu schlachten und wurde da- 
für gekreuzigt'. Der Rest der Legende war nicht mit Sicherheit 
zu verstehen ; nach einigen soll Parsa Chatun die Tochter des 
Königs sein". An einer anderen Stelle des Tagebaches bemerkte 
ich: „Diese Höhle [die des Dschamblat, s. oben] war vielleicht 
ein Versammlungsort von Christen oder der Mönche, die hier 
um den heiligen Barsisa herumwohnten". Noch erwähne ich, 
dass ich im Tagebuche von der „Fabel von dem *äbid Barslsa'^ 
spreche, woraus hervorgeht, dass mein Gewährsmann den Ein- 
siedler als ^äbid bezeichnete. 

Obwohl der Verlauf der Geschichte den Helden als den Ver- 
suchungen des Teufels erliegend darstellt, und das für einen 
echten Kirchenheiligen ungeziemend ist, hielt ich doch die Ab- 
stammung der Erzählung von einer syrischen Heiligenlegende wegen 
des Namens für wahrscheinlich. Auf eine Anfrage schrieb mir 
Professor S. Fränkel in Breslau unter dem 26./6. 1892 : „Als 
Heiligenname unter den Syrern ist mir Barsisft nicht bekannt; 
auch Payne Smith kennt einen Mann dieses Namens nicht". 

Nachforschungen in der occidentalischen Legen denhtte- 
ratur ergaben mir kein Resultat; in den Indices zu Migne 
ist ein Name, der sich vergleichen lässt, nicht zu finden. Nach 
den Acta Sanctorum wird ein Heiliger Barsus oder Barses aus 
Edessa am 30. J«|^aar gefeiert (Januar 3, 646), ein gleichnamiger 
aus der Gegend von Damascus, vielleicht mit dem ersten iden- 
tisch, am 28. Februar (Febr. 3, 734). Es ist nicht sehr wahr- 
scheinHch, dass dieser Barsus oder Barses, von welchem übrigens 
an keinem der beiden Tage eine Versuchungsgeschichte erzählt 
wird, hier heranzuziehen ist. 

Eine durch zahlreiche Beispiele zu belegende Thatsache ist 
die Verstümmlung fremder Namen bei ihrer Wiedergabe durch 
die arabische Schrift imd die Aufnahme der so unkenntlich ge- 
wordenen in die Litteratur. Das klassische Zeugnis für diese 
seltsame Erscheinung ist das nitus, zu .welchem das 6tmft«-Ponto8 
Euxeinos verdreht ist und das durch Jaqut l,401io gesichert ist 
als die Namensform, in welcher das Schwarze Meer den Arabern 
bekannt war*). 



*) Einige andere Fälle von tashlf s. bei Goldziher, Ab- 
handlungen 1, 100 n. 1; ein tashlf in dorn alten Wochentagnamen 
auhad nimmt an Fischer ZDMG 60, 224 n 2 und mit ihm 



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DER HEILIGE BARSiSA. 27 

Ein solches tashif für den Namen barslsä anzunehmen, wird 
nicht zo gewagt sein. Wenn man bedenkt, dass zur Zeit der 
Fixierung solcher Geschichten in arabischer Schrift massenhaft 
Bar-s im vordem Asien herumliefen, so wird man es nicht un- 
wahrscheinlich finden, dass man mit Anlehnung an die schon von 
G.-L. herangezogenen zahlreichen Namen nach dem Schema 
ßarsümä*) barslaä einsetzte, etwa für einen nar8isä% Ich kann 
keinen heiligen Narses nachweisen, auf den die schlimme Ge- 
schichte der islamischen Welt passte**). Das hindert mich aber 
nicht, diese Erkläxungmöglichkeit hier zur Sprache zu bringen. 

Der Erörterung entzieht sich, scheint mir, die Frage nach 



Sejbold ebda 519. In qäbÜ ist das b wahrscheinlich eine 
graphische Verdrehung des j von q^jU^ der alten Darstellung des 
hebr. qc^n, die sich an häbU anlehnte, das selbst wieder für 
hebr. T^ebd mit Anlehnung an die zahlreichen Nanien 'auf il 
(Iflma'll, Gibrft'il, Sarahbll) eintrat (in modernem In für Ü, wie 
Ißmä*ln, wird der Wechsel der Sonorlaute begünstigt durch den 
Anklang an die Pluralendung in, die das fremd klingende U 
leicht verdrängte). Scharfsinnig sieht Lidzbarski (mündliche 
Mitteilung) in Üsija^ das zu Qur'än passim (s. z. B. Baidäwl 
1, 422^^) als Name der den Moses rettenden Frau des Pharao 
erwähnt wird, Verschreibung für äsina = äs^nat, Name der Gattin 
Josephs in Ägypten. In tumä und andern schlimmen Ver- 
drehungen des kitäb almurassa* Z. 770 erkennt de Goeje 
TcopvTi (S. XV zur Stelle; DLZ 1899 Sp. 219). Abu Ahmad 
Alhasan ATaskari schrieb ein sarh mä jaqd fthi attashif waUahnf, 
8. Goldziher a. a. 0. 140 n. Vgl. auch Guidi, Alcune osservazioni 
di lessicografia araba in: Verb. VII Or.-Kongress, semit. Sekt. 
83 ff. und Frank el in WZKM 6, 260 n. 3. 

*) Dieser Name ist sogar in die Volkslitteratur gedrungen: 
Barsüm& heisst der christliche Kapitän, der Sarhän gefangen 
nimmt, s. mein ,Die Ben! Hiläl-Geschichten' in Z. f. Afrik. u. 
Ocean. Spr. 4, 293. 

*) Das wäre natürlich Wiedergabe der gräzisierten Form 
des Namens, der bei den Aramäem narsai lautet. 

'^) Ich freute mich schon, den gesuchten Narses in dem 
Närsis gefunden zu haben, dessen Geschichte das arabische 
Synaxarion der Jesuiten mwrü§ cU'achbär fl ta/rä§im atomar 
(Beirut 1880) unter dem 29. Oktober hat : er wurde eines schimpf- 
lichen Verbrechens angeschuldigt. Dieses närsis ist aber leider 
nur die durchaus nicht zu billigende Darstellung der franzö- 
sischen Aussprache von Narcisse und es ist ausgeschlossen, 
dass der Narkissos, um den es sich dort handelt (s. Eusebius, 
Kircheugesch. 6, 9), je zu einem narsis-barstsä werden konnte. 



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28 Dii'R HEILIGE BARSlSÄ. 

dem VerhältoiB des Namens Narsis-Barsisft zu dem der Prinzessin 
Parsa Chatun. Über diesen sei nur bemerkt, dass der arabische 
Name des Parsa Daghy ^ebel elöaraqje und dass Parsa sichei' 
Turkisierung eines arabischen albarsä* ist'). 

Sicher ist, dass alle bisher bekannt gewordenen Barsisl- 
Geschichten, einschliesslich der hadramutischen Fassung, Kopien 
eines in der christlichen Legendenlitteratur zu suchenden Originals 
sind, vermittelt durch die am Anfang angefCihrten islamischen 
Redaktionen. 



') Arabische Frauen dieses Namens s. T&g el *aras 4, 373 f. 



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Sehea «ad Tnndseher. 

In „üidtefMittefi jmm Studium der arabischen Beduinendiaiekie 
Bmert^k^'^) bandelt Dr. Kampf fmey er yon den Schoa 
(Schua, Schlwa*), „mit welchem Namen alle seit alter Zeit in 
Borna ans&ssigen Araber, die jetzt einen integrierenden Teil der 
Bevölkerung des Landes bilden, bezeichnet werden" (S. 164 C), nnd 
von den Tnndscher, „die in Darfor, Wadai und Borna (Kanem) 
leben* (S. 166^). Eine moderne Wiedergabe des Namens Schoa 
in arabischen Lettern, die höchst wünschenswert wäre, scheint 
sich nirgends zu finden. Ich zweifle nicht, dass in diesem Schoa 
das bei Dozj s. y. sawä ans Ibn Chaldün mehrfach belegte 
iä«7|;6')=:peaples pasteurs, qui possödent des moutons et des 
yaches und =: chameliers steckt. Ich hörte in Nordsyrien, in der 
Gregend von Killiz, als Bezeichnung für zeltende Beduinen awaijä 



*) Sonderabdruck aus den Mitteilungen des Seminars für 
Ori^italische Sprachen zu Berlin, Jahrgang IL, Abteilung 11, 
Weetasiatische Studien (Berlin 1899) S. 143 bis 221. Diese 
tüchtige Arbeit scheint mir besonders wegen der streng kritisch- 
historischen Methode beachtenswert. Mit Recht betont E., das 
Ziel aller Arbeiten über die arabischen Dialekte sei doch, sie 
historisch zu verstehn (S. 146). Es scheint hier am Platze, auf 
die Wichtigkeit der Materialien hinzuweisen für die Zeit zwischen 
den beiden zeitlichen Endpunkten der Beduinenpoesie, mit denen 
man sich bisher fast ausschliesslich beschäftigt hat: ihrer ältesten 
und ihrer jüngsten Form. Vieles ist da zerstreut, was bei sorg- 
fältiger Zustammenstellung wertvollste Aufschlüsse geben, die 
fehlenden Glieder der Kette liefern wird. So soll sich in dem 
Diwan des Emir Mgidd (gest. 656 d. H. nach Brockelmann, 
LG 1,264), Refä*lia No. 29, manches finden, was für Kenntnis des 
beduinischen Lebens jener Zeit von Wichtigkeit ist (Mitt. Völlers*). 

■) Cooley, The negrokmd of the Arabs (London 1841) 
S. 132 will in der Seu- Wüste, in der nach Leo Africanus der 
Niger entspringe, die ,country of The Shaüa' sehn. 

') Doch wohl mit sät zusammenhängend: ,Schafleute*. 



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30 SCnOA UND TÜNDSCHER. 

oder swäjä^); es wurde bemerkt, dass dieses Wort nicht einen 
bestimmten Stamm bezeichne, sondern eine niedere, verachtete 
Klasse von Beduinen; die swaijä wären also etwa das, was man 
in Mittelsyrien natoor (Zigeuner) nennt, säv^e, swaijä und Schoa 
werden eins sein*). In Tundsch er sehe ich eine erweiterte Form 
von tuggär mit DüFerenzierung des ersten g\ zu diesem n kann 
das von Kampf fmey er S. 213 angenommene hanfar von hafär 
gestellt werden. Sind Schoa und Tundscher wirklich ur- 
sprünglich Gewerbebezeichnimgen, so. liegt hier ein neues Bei- 
spiel der öfter gemachten Beobachtung vor, dass Gemeinsamkeit 
des Gewerbes zuweilen Gemeinsamkeit der Abstammung über- 
wiegt und verdrangt, m. a. W. dass die Gemeinbezeichnung 
grösserer Bevölkerungbestandteile, die zunächst scheinbar auf 
gemeinsame Abstammung hinweist, in Wirklichkeit nichts ist 
als die Bezeichnung des von jenem Bevölkerungsteil gemeinsam 
betriebenen Geschäftes. Man hätte dann hier eine Parallele zu 
den *Aggl der syrischen Wüste und zu den Megäbra der Oase 
Augila, Bezeichnungen nicht unbeträchtlicher Familienverbände 
aus verschiedenen Stämmen, die hauptsächlich dem Handel, dem 
Schutz der Karawanen und anderen derartigen Beschäftigungen, 
nicht aber der Viehzucht und dem Raube leben. 

Herr Dr. Kampf fmey er, dem ich meine Gleichstellung von 
Schoa und mioije mitteilte, hatte die Güte, mir zu der ganzen 
Frage, namentlich auch zu der Vermutung Cooleys betreffend 
Seu Folgendes zu bemerken: 

„Zu Ihrer Gleichstellung scheint mir vor allem die Stelle 
bei Leo dem Africaner, Ramusio I 1588 7 c zu halten zu sein. 
Leo nennt dort die „Soaua, cioh quegli che attendono 
alle pecore, gente Africana, che segue lo stile de gli Arabi" 



*) Nach dem Gedächtnis; in meinen Aufzeichnungen kann 
ich den Namen nicht finden. In den Reisewerken scheint er 
nicht erwähnt zu werden, und Herr Konsul Wetzstein erklärte, 
ihn nicht zu kennen. 

*) Zu dieser Gruppe ist gewiss auch der Name der berbe- 
risch sprechenden ,Chaouia' Algeriens zu stellen, über welche s. 
Röclus, Nouv. Geographie Univ. 11, 540: ,L*ensemble des tribus 
de l'Auräs est appele de la mßme maniöre fscil. Chaouüa], et par- 
fois ce nom, d^rivö du mot arabe chiwi, qui a le sens de „pasteur 
de brebis", est appliquö d'une maniere gönörale ä tous les Ber- 
böres de l'Algörie, en dehors des Kabyles proprement dits'. Herrn 
Basset wurde in *Ain Mlila ein ,Chaouia' genannt, ,qui connait 
encore en berböre (il est illettrd) les aventures de la Djazyah et 
de Dyab b. Ghanen, nos connaissances de la sirat el Hilalyah' 
(briefl. Mitt.). Diese ,Chaouia' sind eben die Soaua im Süden von 
Tunis S. 31 oben. 



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SCHPA UND TÜNDSCHER. 31 

Die meisten dieser ,,Soaaa** wohnen nach Leo im Atlasgebirge, 
aber es gab auch welche im Süden von Tunis an der Nordgrenze 
des Dattelgebietes. Sie sprechen in der „lingua Africana** [Ber- 
berisch], einige sprechen auch, wegen ihrer Berührung mit Ara- 
bern, arabisch. 

Soaua scheint mir nun in der That, im £inklange mit der 
ausdrücklichen Erklfixung Leo's, einem gebrochenen Plural von 

{£y^ zu entsprechen. Ist nun Soaua = PL von (^jLÄ=:Schoa 
u 8. w. (was sehr wohl möglich ist, ohne dass aus der Gleich- 
heit der Bezeichnung auf ethnologischen Zusammenhang ge- 
schlossen werden dürfte) und ist Seu bei Leo als eine gesicherte 
Form zu betrachten (ich bin der Sache nicht nachgegangen^, so 
meine ich, dass aus der Verschiedenheit der Formen Soaua und 
Seu doch wohl auch auf eine Verschiedenheit der Formen, die 
Leo vorlagen, geschlossen werden darf. Seu hat unter diesen 
Voraussetzungen schwerlich etwas mit Soaua oder Schoa zu 
thun. Übrigens sind diejenigen, welche die heutigen Schoa mit 
den Seu identifizieren, vor allen Dingen gehalten, ausser der 
Namensähnlichkeit, die doch wahrlich rein zufällig sein kann, 
sachliche Gründe anzuführen. — Ich bin dieser sachlichen 
Seite der Frage bisher nicht weiter nachgegangen.*' 



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Bfe angebliche sira des Ibn IshSq. 

Nach Fihrist 92 verfasste Muhammad ibn Ishäq zwei 
Werke : 1) kitäb alchtUafä\ 2) Jcitäb asmra walmubtada* wahnaghäzi. 
Im Eingang des Artikels ist er als sähib assira bezeichnet. 

Der fleissige Warrftq war ein Banause und wir dürfen ihm 
keinen Vorwurf machen, dass er bei Zusammenstopplung des un- 
geheuren Materials handwerklich verfuhr Ibn Ishäq hat keine 
sira geschrieben. 

Unzweifelhaft fest steht, dass Ihn Ish&q die maghän be- 
handelt hat, d. h. die Geschichte des Propheten von dem ,Auszug* 
bis zum Tode. Das liegt in dem Titel des zweiten Werkes bei Ibn 
Annadim, und es ist bestätigt durch Ibn Challik an, für den 
Ibn Ishäq mhih (ümaghäzi wassijar ist'). Als eben so sicher kann 
gelten, dass Ibn Ishfiq die Zeit vor dem Propheten darstellte; 
es verschlägt nicht viel, ob wir für dieses Werk als Titel an- 
nehmen Utah almubtada (Fihrist a. a. 0.) oder k, cUmabda' 
waqisas dl^anbijiC {assira alhalabija 2, 275 [nach Brockelmann 
LG 1, 135]) oder mubtada' alchalq (Ibn *Adl bei IH 2, VIII 
Z. 18 f.). Die Angabe des Fihrist allein wird genügen, um an 
dem kitäb akktUafa' nicht zweifeln zu lassen. Wie ist es aber mit 
dem im Fihrist genannten k. assira? Ibn Challikän weiss nichts 
davon ; er kennt ausser den maghäzi nur die sijar. Auch der 
wichtige alte Ibn *Adi kennt keine sira des Ibn Ishäq; er hat 
ausser den maghäzi und dem mtibiada' alchalq nur noch das mab- 



') Wenigstens in der Überschrift; in der Vita spricht er 
nur von einem Buche, dem kitäb almaghäzi. Jedenfalls war 
das LI. 's berühmtestes Werk, denn davon hiess er rats ahi 
almaghäzi (HCh 3, 634). Verwimderlich ist die Frage Brockel- 
manns LG 1,135 n. 1: ,Was ist das dem b. Ishäq zugeschriebene 
Ä. almaghäzi Köpr. 1140?' Die Thatsache, dass ein Werk dieses 
Titels in Stambul liegt und die Möglichkeit, dass wir darin das 
Graudwerk LI. 's haben, lässt den Wunsch nach genauer Auf- 
nahme der Bibliotheken Stambuls nur noch dringender erscheinen. 
Allein die maghäzi scheint Alwäqidi behandelt zu haben, wenn 
er nämlich wirklich ausser dem taftnr nichts Anderes geschrieben 
hat als das k. almaghäzi (Brockelmann LG 1,136). 



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DIE ANGEBLICHE SIRA DES IBN ISHAQ. 33 

'at des Propheten (IH a. a. 0.)*). Es laufen neben einander her: 
A. I Vorgeschichte unter ^ assira almaghäzlk.alchu- 

B,J variierenden > assijar cUmaghäzi lafä' 

C. I Titeln i cUmab'(4 (ümaghäzl bei A. 

Vertreten die ,Vorge8chiohteS (üniaghäzi und kUäb cHchalafW 
drei Geschichtperioden, so werden asalrck^ assijar und (ümab^ai 
nur verschiedene Bezeichnungen der vierten sein, die den Kreis 
schliesst: der Zeit des Propheten bis zum ,Auszug*. ahnab^ctt ist 
dafür höchst angemessen; assijar ist: ,die Zustände, Lagen' und 
es ist kaum ein Zweifel, dass man mit diesem Worte speziell die 
Lebensumsiande des Propheten vor der Hi^pra bezeichnete*); 
assira dagegen bezieht sich durchaus auf den ganzen Lebenslauf 
des Propheten und ist das Wort für die umfassenden Werke, in 
welchen das Material über beide Lebensabschnitte Muhammeds 
zusammengearbeitet wurde'). Der Erste, der das Wort in dieser 
Weise verwandte, scheint Ihn HiSäm gewesen zu sein, der die 
s^ar und die magTiän Ihn Ish&qs in ein Buch zusammentrug 
und neben der Herausgeber-Thätigkeit stellenweise auch die des 
Erklärers übte*). Durch Ihn HiSäm wurde assira populär für 



^) Vom malfat als erstem Teil der sira Ibn HiSäms spricht 
auch Assuhaill (Scholien ad IH 633^« und 874^^). 

') sira Q 20, 22 wird allgemein als ?hafa oder häla erklärt. 
Bemerkenswert ist, dass sijar in der Sprache der Faqihs für 
,Feldzüge* gebraucht wird, also gleichbedeutend mit maghcuA (so 
heisst der Abschnitt mit den Bestimmungen über das ^ihäd bei 
Annawawl kUäb assijar (s. Minhftg ed van den Berg 3, 256), 
und man hat dann später in einer, der alten Terminologie direkt 
zuwider^ufenden Weise, auch die Feldzüge des Propheten s^joTy 
ja sogar sein ganzes Leben, mit pars pro toto-Bezeichnung, sijar 
genannt, sijar beni kUcU als Titel des bekannten Volksbuches 
übersetzt Ahlwardt gewiss richtig: ,die Eriegszüge .der Benü hi- 
läl'. In der heutigen Vulgärsprache Syriens ist «n gleich »Ge- 
schichte* in unserem volkstümlichen Gebrauch; man sagt: sü 
issiri = was ist los? mä ta^miOü eHfi mach mir keine Geschichte 
(Scene); auch wohl: HmHU s^ar in der Bedeutung von ^miOü fsiü, 
er hat mir (unangenehme) Geschichten gemacht. 

^)In Ibn Sa*ds grossem to5a^ä^ - Werke hatte der das 
Leben des Propheten behandelnde Teil nach Fihrist 99 den 
Titel: k. achbär annain. Loth nennt ,da8 grosse Kapitel über die 
Persönlichkeit und das Privatleben des Propheten' Ms. Sprenger 
103, 69—98 ,die eigentliche Sira' (ClaBsenbuch 36). 

*) Wie die maghäzi und die sijar I. I.*8 für seine Hra 
schlachtete er desselben I. I. ,Anfangsgeschichte^ scheint es, für 
sein Ar. at^jän aus. 

3 
33 



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34 DIE ANGEBLICHE SIRA DES IBN I8HÄQ. 

die Biographie des Propheten, und wo von dieser die Rede war, 
wurde das Wort hineingebracht, anch an Stellen, wo es nicht hin- 
gehOrte, wie im F ihr ist- Artikel über Ibn Ishäq, zu dessen Zeit 
das Wort so doch noch gar nicht angewandt wurde. Ibn Anna- 
dim hätte schreiben sollen (oder schrieb, wenn wir den Fehler 
den Kopisten zuweisen): k, assijar waknubtada* toalmaghäei^). 
Sei selbst zugegeben, dass man in dem Sinne der Späteren den 
Verfasser eines k, almaghäsi und eines k as^ar als sähib asatra 
bezeichnen konnte, so durfte das assira nicht in den Titel eines 
seiner Bücher hineingetragen werden. Keinesfalls wird die Wissen- 
schaft Ihn Ishäq als Verfasser eines k, Hrat rasül aÜäh bezeichnen 
dürfen (Brockelmann LG 1, 135; ungenau auch Well hausen, 
Reste ' 11 n. 1). 



^) Es ist natürlich bedeutungslos, ob wir mit dem Fihrist 
von einem Buch I. I.'s in drei Teilen oder von drei Büchern 
sprechen. Wahrscheinlich ist, dass I. I. die vier grossen Perioden, 
in die sich für ihn die Geschichte teilte, in vier selbständigen 
Werken behandelte. 



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Orientallsehe rmsehrlften. 

Geschichte der Schriffc ist ein Stück Kulturgeschichte. 

Für die Muslims des Kaplandes werden Bücher in holländischer 
Sprache mit arabischen Typen gedruckt^). Das ist deutlich. Es 
zeigt, erstens: dort wird für das Holländische arabische Schrift 
verwandt, zweitens: die rührige islamische Propag^anda sucht die 
in der Diaspora lebenden Glaubensgenossen durch alle erdenk- 
lichen Mittel mit der grossen islamischen Gemeinde in Verbindung 
zu erhalten, drittens endlich: die arabische Schrift wird als ein wich- 
tiges gemeinsames Eigentum aller Muslims der Welt geschätzt und 
gehütet Mit ungewöhnlicher Schärfe tritt hier das Motiv zu 
Tage: eine bestimmte Schriftgattung ist mit einem religiösen 
Bekenntnis verknüpft und wird in seinem Dienste verwandt. 

Ein Analogen hierzu bietet die hebräLsche Schrift. Auch hier 
hat sich die Vorstellung von der Heiligkeit des „ Buches "* auf seine 
ursprüngliche Schriftdarstellung übertragen'). Sowohl Aikenazim 
als Sefardim schreiben ihre Mundarten mit der Schrift des Uiön 
haqqödei'). 



*) s. mein „Die gam^yjet talym kull wilsd masr (Gesell- 
schaft für den Unterricht der ägyptischen Jugend)" in Z. f. Assy- 
riologie 13, 286 n. 1. 

*) Einzig dastehend ist der wertvolle Fund, der Professor 
Moritz Ende 1898 in Kairo gelang: „Fragment einer arabischen 
Transkription der hebräischen Bibel, einige Kapitel von Daniel 
enthaltend, samt arabischer Übersetzung und Kommentar, wahr- 
scheinlich von ca. 900 A. D." (Briefliche Mitteilung). 

') Bekannt ist, dass die Bestimmung des Allgemeinen Deutschen 
Handelsgesetzbuches § 32 betreffend Führung der Handelsbücher 
mit den Schriftzeichen einer lebeuden Sprache sich gegen die 
Juden richtet, welche mit Zähigkeit an der Führung ihrer Bücher 
in der deutsch-hebräischen Kursive festhielten. Die Litteratur in 
deutschen und romanischen Jargons mit hebräischem Druck ist 
sehr ausgebreitet. Als Kuriosum sei erwähnt, dass im Juli d. J. eine 
jüdisch-spanische Postkarte aus Jerusalem in Berlin eintraf, deren 
seltsame Kursive zu enträtseln erst gelang, nachdem die Versuche 
eines hier lebenden Spaniolen die Hauptsachen des Alphabets 
gezeigt hatten. 

3* 
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36 ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN. 

Der neutestamentliche Kanon gab nach der Schrifteeite hin 
direkt keine Anregung. Kaum war die judenchristliche Richtung 
in der neuen Gemeinde überwunden, so brach der Gedanke der 
Allvolkheit (Internationalität) durch. Das Evangelium wurde in 
die Kultursprachen übersetzt. Weder Byzanz noch Ktesiphon 
hatten etwas einzuwenden gegen den Gebrauch des Neuen Testa- 
ments in der Sprache und Schrift der Nationalkirchen. 

Prinzipiell brach auch der Islam mit dieser Übung nicht. 
Vereinzelt wird unterworfenen Nichtmuslims Gebrauch der hei- 
mischen Sprache und Schrift durch strenge Edikte verboten*). 
Meist aber war man in einem Punkte duldsam, dem man keine 
Bedeutung beimass. Auch werden nicht selten politische Erwä- 
gungen die islamischen Herrscher zu milder Übung bestimmt haben. 
Die jüngeren Stambuler Efendis greifen gern Mehemet den 
Eroberer an, dass er den Kirchenfürsten so viel Gewalt gelassen. 
Er wird seine Gründe gehabt haben. Jedenfalls ward die-Erhal- 
tung der Sprache und der Schrift oder einer von beiden ein 
bedeutendes Mittel zur Hütung nationalen Empfindens. 

Mit bewundernswerter Zähigkeit retteten die Armenier 
unter den Bedrückungen der Fremdherrscher das köstliche Gut 
nationaler Sprache und Schrift, und wo sie jene verloren, wenigstens 
diese. So haben auch die Griechen des inneren Anatolien, die 
das Türkische angenommen, die heimische Schrift bewahrt*). 
Die Syrer des türkisch-persischen Grenzlandes verloren nicht den 
Gebrauch ihres aramäischen Idioms, und als ihr geistiges Leben 
durch das Mohn fremder Sendboten eine Erneuerung erfuhr, wurde 
die Schrift der altsyrischen Kirchenbücher verwandt. Nur sie hat 
sich bis in die jüngste Zeit bei den Maroniten für die arabische 



') HiSäm L (172/788—180/796) erliess ein Edikt, Spanisch- 
Lateinisch dürfe in seinem Lande nicht gesprochen und geschrieben 
werden, und die Mozaraber mussten ihre Kinder in die arabischen 
Schulen schicken. Bezeichnet auch Simon et selbst, der Glosario 
Xn diese Notiz giebt, die Nachricht nicht als durchaus sicher, 
so ist die Sache doch ganz im Geist der Zeit und der bereits 
damals den Islam beherrschenden Ideen. Das Verbot hat übrigens 
bekanntlich eine vollkommene Wirkung nicht gehabt. 

*) Türkische Bibeln in armenischer und griechischer Schrift 
sind von der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft her- 
gestellt. Beträchtlich ist die Erzeugung von Volksbüchern dieser 
Mischart. Ich möchte die Aufmerksamkeit der Sammler auf diesfe 
Eintags-Litteratur richten, die, das Stück für wenige Pfennige, 
an den Strassenecken Galatas zu haben ist. Griechische Volks- 
lieder finden sich in armenisch gedruckten Heften in meinem 
Besitz. 



36 



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ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN. 37 

Sprache erhalten, die sie gegen die heimische eingetauscht 
haben ^). 

Ein Denkmal solcher Schrifterhaltung bei Sprachverlust scheint 
auch der arabische Text in äthiopischer Schrift zu sein, der 
bei Ludolff Grammatica Aethiopica (Londini 1661), p. 4 f. mit- 
geteilt ist*). Kaum triflFt die Vermutung des grossen Gelehrten 
zu, „Muhammedanos . . . Aethiopicis Characteribus ad putidas snas 
fabulas abuti, quo misellas oves seducant". Muslims hätten 
schwerlich des fremden Alphabets für arabische Rede sich bedient, 
wohl aber war das von abessinischen Christen zu erwarten, die 
neben der Muttersprache arabisch verstanden oder das Arabische 
als Verkehrssprache angenommen hatten. 

Völlig verloren ist, wie die originale Sprache, so auch die 
Schrift den unglücklichen Kopten, die man nicht zu hart wird 
schelten dürfen; sind sie doch von ihren islamischen Herren ganz 
besonders grausam verfolgt worden, wie sie auch an geistigen und 
moralischen Kräften den orientalischen Mitchristen nachstehen. 

So ist bei den Christen die Schrift der Strohhalm, an den 
Untergehendes sich klammert, der Rest der eigenartigen Kultur, 
durch den die Erinnerung an sie wachgehalten, die Verbindung 
der Masse mit ihr gewahrt, die Rückkehr zu einem neuen natio- 
nalen Leben erleichtert wird. 



^) Mit der Monopolisierung der Druckthätigkeit in Syrien 
durch die Beiruter Jesuitenpresse verschwinden allmählich, scheint 
es, die maronitischen Klosterdruckereien des Libanon, die den 
Klerikerbedürfnissen dienten und nur syrische Typen besassen, 
wie die von der qannölnn im nördlichsten Libanon und von der 
iämü in Kesrawän. Hier zwang der Mangel arabischer Typen 
zum KarSünl. Es laufen wirklich im Libanon Leute herum, die 
das Arabische leichter und schöner mit syrischen denn mit ara- 
bischen Buchstaben malen. Sie kamen mir immer wie Fossile 
vor, und die Behauptung ist nicht zu gewagt, dass die Tage dieser 
Gattung gezählt sind. 

*) Von dem Stück der Fabel von Salomo und der Ameise, 
das Ludolf aus den letzten Blättern eines Leidener Psalmen- 
manuskriptes (Leg. Scaliger) mitteilt, wird a. a. 0. eine arabische 
Umschrift gegeben, die nicht einwandfrei ist. Bemerke: 

sakar nicht = «a/«ir, sondern = «ocÄcÄar 

*äta „ „ dtä, „ „ 'äta (für *(rfä?) 

akder „ „ akder^ „ „ achdar 

jansah „ „ jansab^ „ „ jansab 
hamülü ist Fehler des Originals oder der Abschrift oder des 
Druckes für haulü {=zhaulahu). 



37 



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38 ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN. 

Im Gegensatz hierzu sucht der allvolkliche Islam bei den 
Nichtarabem, die er angezogen, jede Spur nationalen Empfindens 
zu verwischen. Es ist ihm nicht gelungen. Allenthalben dringen 
ursprüngliche Elemente hervor, und nicht selten erweist sich die 
Religion des arabischen Propheten als eine dünne Tünche ^). Aber 
Eines kommt sicher mit der neuen Religion: das Buch biUsänin 
'arab^in mu&tn, d. h. in klarer arabischer Rede, und mit ihm die 
arabische Schrift. 

In Turkestan waren die Runenzeichen der kOktürkischen 
Inschriften bei der Überschwemmung des Landes durch nestori- 
anische Missionare einem ursprünglich syrischen Schriftsjstem, 
dem uigurischen, gewichen. Der Islam kam. Auch dann noch 
wurde an dieser Schrift festgehalten. Das Kudatku Bilik, das 
teekire-i-ewmä werden in uigurischer Schrift niedergelegt. Daneben 
erscheinen aber Ausgaben in arabischer. Auf den Münzen der 
Hchane Persiens finden sich mongolische Legenden und arabische 
nebeneinander. Längst hat die arabische Schrift auf der ganzen 
Linie gesiegt. 

In Indien ist die Schrift&age der Pol, um den äusserlich 
der gewaltige Kampf der beiden feindlichen Elemente, der Gegen- 
satz, der den Engländern die Herrschaft sichert, sich dreht. „Les 
Hindous ne pouvant pas s'emparer du pouvoir, ils veulent du 
moins ^Carter tout ce qui se ressent du joug musulman, et ils 
s'en prennent ä la langue urdue elle-m^me, ou simplement, pour 
mieux dire, aux caract^res persans avec lesquels eile est ^crite, 
qu'ils consid^rent comme portant le cachet musulman .... C'est 
Tantagonisme de race et de religion qui est en jeu, bien que ni 
les uns ni les autres ne veuillent l'avouer" *j. Wie die Engländer 
sich zu der Frage gestellt, davon an anderer Stelle. Doch sei 
hier die sehr bemerkenswerte Thatsache verzeichnet, dass nach 



1) Anschaulich hat Qoldziher in „Muhammedanische Studien" 
das Ringen der nationalen Elemente islamisierter Völker mit dem 
starren Arabertum geschildert, zugleich auch den Kampf unisla- 
mischer Einrichtungen, die dem neuen Glauben und seinen Ver- 
boten nicht weichen wollten. Erstaunlich gering ist die Kenntnis, 
welche die meisten nichtarabischen Muslims vom Islam haben. 
Der Sultan hat vor einigen Jahren eine Beschneidungstation in 
Baghdad eingerichtet, damit die zahlreichen Erwachsenen, an 
denen die Operation noch nicht vollzogen ist, wenigstens das 
äussere Merkmal des Islams erb alten. 

*) Gttroin de Tassy, Histoire de la Litt^rature Hindouie* 
1, 41 

38 



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ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN. 39 

Garcin de Tassy (a. a. 0. 3, 380) in AUahabad i. J. 1844 eine 
TJrdu-Übersetzung des Qur'Än „en caractöres romains** gedruckt ist. 
Nur in Cji^ina hat die arabische Schrift nicht Boden gefasst. 
Die Muslims^} fühlen sich zwar wie die Christen als ein den An- 
hängern der Landesreligion fremdes Element, halten sogar, wenn 
ich den Erzählungen eines italienischen Missionars Glauben schenken 
darf, gegen sie zusammen, stehen aber unter dem Einflüsse der 
altchinesischen Kultur^), abgesehen natürlich von den Teilen Ost- 
turkestans, die als fast rein islamische Gebiete zu betrachten sind. 
Nach Mitteilungen meines verehrten Kollegen, Professor Arendt, 
ist die Kenntnis des Arabischen bei den chinesisch sprechenden 
Muslims sehr gering; „eine Anleitung zum Yersl^dnis des Ara- 
bischen, besonders arabischer Gebete, wird verkauft in Peking in 
dem Lung-fu-sze genannten Tempel bei dem am 9., 19. und 29. 
jedes Monats stattfindenden Jahrmarkt. Die chinesischen Muslims 
beten ihre arabischen Gebete nach chinesischer Aussprache und 
verstehen nichts davon***). — Vor mehreren Jahren waren im 
Berliner Kunstgewerbemuseum die chinesischen Porzellane der 
Sammlung Ohlmer aufgestellt. Eine einzige Schale hatte neben 
chinesischen Zeichen auch eine arabische Legende. — Als ich im 
Herbst 1897 in Kairo war, wurde mir erzählt, 1894 seien chine- 
sische Muslims durch Kairo gekommen, an denen ihren arabischen 
Glaubensgenossen besonders au^el, dass sie lange Streifen mit 
arabischer, aber stark veränderter Schrift bei sich hatten. Aus 
alledem geht hervor, dass die arabische Schrift dort nur ein 
kümmerliches Dasein führt. Davon, dass sie zur Darstellung der 
Sprache der chinesisch sprechenden Muslims verwandt worden sei, 
scheint kein einziges Beispiel vorzuliegen^). 



^) Für die Litteratur betreffend den Islam in China verweise 
ich auf Oordier, Bibliotheca Sinica, passim. 

*) Vgl. RÄville, La religion Chinoise, 600f. 

■) Über einen Druck von Priores des Musulmans chinois s. 
Oordier a. a. 0. 1, 640. 

*) Hier sei vermerkt, dass eine Form der arabischen Schrift 
aus China zu stammen scheint: die, in welcher die Buchstaben 
sämtlich ab Striche, bezw. als Winkel und Vierecke stilisiert sind. 
Als ich eines Tages die Darstellung altchinesischer Zeichengruppen 
betrachtete, war mir die Ähnlichkeit schlagend. Von einer 
, Willkürlichkeit* ist bei denen, die zuerst jene Stilisierung der 
arabischen Schrift aufbrachten, sicher nicht die Rede. Sie hatten 
Vorbilder. Und diese Vorbilder sind in China zu suchen. Dr. 
Hartin (National-Museum, Stockholm) kam selbständig zu der 



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40 ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN. 

Wie hat sich Europa zu der Frage zu stellen? Es sind bereits 
oben (S, 21) unter Verweisung auf meinen Artikel über die Fiske - 
sehen Bestrebungen einige Winke gegeben. Die weitere Erörte- 
rung muss einer Sonderstudie vorbehalten bleiben. * 

Die n'ächsten Jahrzehnte werden der Schrift im Orient Ver- 
änderungen bringen, eingreifender, als der Islam sie brachte. 
Denn eine gewaltige Eulturbewegung bahnt sich an, und ein Stück 
der Kulturgeschichte ist die Schriftgeschichte. 



gleichen Ansicht, als er die Denkmäler Timurlenks und Bibicha- 
nums in Samarqand sah. Ausgesprochen ist sie, soviel mir bekannt, 
noch nicht. 



Ausgegeben den 10. August 1899. 



Druck TOB Max Sehmersow vorm. Zahn & Baendel, Kirehhain N.-L. 



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China und der Islam. 

„TÄe zeaUus spirit of proselytism mth which ihe 
Chinese Musalmans are animatedj secures for them a 
constant successian of new converts, and they confidently 
look forward to ihe day when Islam tviU he triumphant 
ihrougJumt the length and breadth ofthe Chinese Empire,^ 
Mit diesen Worten schliesst der Professor am Muham- 
madan Anglo-Oriental College in Aligarh (Indien), Arnold, 
-das 10. Kapitel seines ausgezeichneten Werkes „TAe 
Preaching of Islam^, das der Ausbreitung des Islams in 
China gewidmet ist. 

Das klingt erstaunlich, und ein guter Kenner Chinas 
rief, als ich ihm den Satz vorlas: Übertrieben ! Und 
^och ist die Voraussage nicht neu. Dass für die 25 
bis 30 Millionen Muslims, die in China leben, die einstige 
Allherrschaft ihrer Religion in dem weiten Reiche ein 
fester Glaubenssatz ist, bedarf kaum der Versicherung. 
Aber auch zwei Berufenste haben ihre Überzeugung 
von der Zukunft des Islams als Hauptreligion Chinas 
ausgesprochen: der kürzlich verstorbene Sinologe Was- 
siljew 1867 und der ehemalige französische General- 
konsul und Geschäftsträger P. Dabry de Thiersant 
1878. Jener malte in der kleinen Sonderschrift „o 
dwijenii magometanstwa w kitaje^ (über die Bewegung 
des Islams in China) die schrecklichen Folgen der Ver- 
islamung Chinas, die er verkündete, dieser sieht in der 
Verdrängung der jetzt herrschenden Religion durch die 
des arabischen Propheten, die er für wahrscheinlich hält, 
keinen Anlass zu Befürchtungen, er hoflft vielmehr davon 
^ie günstigsten Folgen für das Werk der Civilisation. 

1 



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42 CHINA UND DER ISLAM. 

Ist die Voraussage begründet? und wenn, ist so 
gestalteter Zukunft mit Bangen oder mit Freude ent- 
gegenzusehen? Solchen Fragen Antwort zu suchen 
heischte das Verhältnis der Franken zu dem Riesen- 
reich, auch wenn nicht die Junitage die Schärfe des 
Gegensatzes offenbart hätten. Es kann nicht aus- 
bleiben, dass dieser Gegensatz auch das, was im Lande 
selbst uneins ist, hervortreten lässt. Schon tauchen in 
den Zeitungen die Muslims als ein bedeutender Faktor 
für die Lage im Norden des Reiches auf. Das nimmt 
nicht Wunder den, der die innere Geschichte Chinas 
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die heftigen 
Kämpfe der Centralregierung mit islamischen „Rebellen" 
im Norden und Süden des Reiches verfolgt hat. Doch 
Einzelereignisse gewähren kein Bild von dem Ganzeu 
der Entwicklung des Islams im Lande, imd so soll in 
einer kurzen Skizze die Geschichte der Anhänger des 
Propheten vorgeführt, dann die gegenwärtige Lage der 
Muslims im Reiche dargestellt werden. Nur eine so zu- 
sammenfassende Schilderung kann manches Rätsel lösen, 
das die Kulturzustände der chinesischen Muslims uns auf- 
geben, nur sie auch kann uns Anhaltspimkte für die 
Antwort auf die oben gestellten Fragen gewähren. 



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Der ÄDfang des Islams in China ist in Dunkel ge- 
hüllt. Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts hinauf 
lässt sich die fest eingewurzelte Legende verfolgen, 
dass der Genosse des Propheten Sa*d Ibn Ab 
Waqqäs den Islam in China eingeführt habe ^). Sind 
diese und ähnliche Fabeleien nur von Wert als Denk- 
mäler einer gewissen Zeit in Hinsicht der Kenntnisse 
und der Neigungen, so kommen hier auch die gutbe- 
glaubigten Zeugnisse über historische Thatsachen nur 
so weit in Betracht, als diese Thatsachen Exponenten 
einer innem Entwicklung sind. Es ist nicht von Be- 
deutung, wie oft, in welchen Jahren, in welcher Zahl 
Gesandte der Cbalifen an den Kaiserhof von China ge- 
kommen sind, selbst nicht, in welchen Zwischenräumen 
und in welchem Betrage die Ansiedlung islamischer 
Fremdlinge auf chinesischem Boden sich vollzog.*) Das 
Motiv, das in all diesen äussern Vorgängen zum Aus- 
druck kommt, ist es, das unsre Beachtung verlangt. Es 
ist genau das gleiche, das dem Vorgehen der Franken 
in den letzten zwei Jahrzehnten zu Grunde liegt: im 
Besitz einer uralten Kultur lebt das durch eine Sprache 
und eine Sitte verbundene Volk von ca. 400 Millionen 
Seelen dahin, genügsam, fleissig, die Berührung mit dem 
Fremden scheuend und es abweisend, froh, wenn die 
Kräfte der Natur, die man nicht zu bändigen versteht, 



^) Das Einzelne darüber siehe unten in dem Souderartikel 
öa*d Ibn Abi Waqqas. 

*) Für die Hauptthatsachen verweise ich auf Thiersant i 
16 ff und auf üev^ria 307-310. 

1* 
3 



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44 CHINA UND DER ISLAM. 

nicht zu verderblich auftreten, wenn die Leidenschaften 
der Mächtigen, die Anzettelungen innerer Unruhstifter 
nicht zu gewaltsame Erschütterungen herbeiführen. Aber 
das Fremde kommt; eines Tages sind sie da, die frechen 
Eindringlinge, sei es mit dem Qur*än, sei es mit dem 
Evangelium in der Hand, behauptend, sie seien getrieben, 
den Verblendeten Besseres zu bringen. Qur*än und 
Evangelium sind Strohpuppen, die vorgeschoben sind, 
um die Gier nach Beute zu maskieren: dem Glaubens- 
sendling folgt unmittelbar der fremde Krieger oder 
Händler, der da, wo es ihm wohl ist, dem uralten Herrn 
des Landes sagt: Ote-toi pour que je m*y mette, und 
hat er sich einmal wo hingesetzt, erklärt: J'y suis, j*y 
roste. Lässt sich das der Chinese nicht gefallen, dann 
schreit der Fremde: Du bist ein Feind des Propheten, 
du beschimpfst den Heiland, dafür gebührt blutige 
Rache. Der Unterschied zwischen den beiden grossen 
Klassen von Landräubern, die China als fette Beute 
lockte, ist, dass die Qur'änleute und ihre Hintermänner 
schlauer und imschlauer, zäher und un zäher waren und 
sind als die Bibelleute und ihre Hintermänner. Schlauer, 
denn sie machten den Mund nicht gar so weit auf, ver- 
letzten nicht unnötig in thörichtem Dünkel die Gefühlt* 
der Herren des Landes; unschlauer, denn sie erfassten 
nicht den tiefen Unterschied zwischen ihrem Wesen 
und Glauben und denen der Alteingesessenen; unzäher, 
denn sie Hessen sich in den Bann der Kultur zwingen, 
die sie im Lande vorfanden, nahmen Sprache und Sitte 
an, machten dem Brauch des Landes Konzessionen; 
zäher, denn sie waren doch immer von dem Gedanken 
der religiösen Zusammengehörigkeit und der Notwendig- 
keit des Zusammenhaltens durchdrungen, beseelt von 
der Idee, ihre Religion müsse doch einmal die herr- 
schende werden, arbeitend mit allen Mitteln, diese Idee 
in Wirklichkeit umzusetzen. Grosses haben sie erreicht: 
25 Millionen ist die niedrigste Zahl, auf welche die 
Hui-hui zu schätzen sind. In Peking allein wohnen 
20000 Familien (ca. 100000 Seelen) Jeder Muslim 



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CHINA UND DER ISLAM. 45 

ist ein Missionar, sucht Proselyten zu machen; daneben 
wird systematisch vorgegangen, imd auch heute kommt 
vor, was schon oft geübt wurde : der Ankauf von Kindern, 
um sie im reinen Glauben zu erziehen *). Die Franken 
haben allerdings nie in so ausgedehntem Masse eine 
heimliche Eroberungspolitik getrieben. Aber auch von 
ihnen sind doch im Lauf der Jahrhunderte grosse 
Mengen ins Land gekommen und haben für ihren 
Glauben Anhänger in der Bevölkerung gewonnen, nur 
wird freilich die Zahl der Christen auf höchstens lYi 
Million geschätzt werden dürfen ; einmal schien es schon, 
als sollte China christlich werden: zur Zeit des Kaisers 
K'ang-hsi waren die katholischen Sendboten allmächtig*), 
aber die Diener der Religion der Liebe, die übrigens 
auch den Zauber der chinesischen Kultur an sich er- 
fahren haben sollen, machten selbst ihrem Werk durch 
Hass ein Ende. Es ist bekannt, wie Jesuiten und Do- 
minikaner in China einander in die Haare gerieten, und 
wie schliesslich alle miteinander zum Tempel hinausge- 
jagt wurden. Und heute? Es scheint fast, als wollten 
die Chinesen sich aufraffen und den Fremden gegen- 
über, die allzu anmassend wurden, thatkräftig ihre 
heiligsten Güter wahren. 



*) Ganz wie bei uns die Kinder von „Heiden** oder von 
Christen anderer Konfession gegen Geld und gute Worte oder 
auch nur gegen das Versprechen, sie zu nähren, zu kleiden uud 
zu unterrichten, den Eltern abgenommen und zu Katholiken, 
Protestanten, Orthodoxen gemacht werden. Die schweren Ver- 
sehen der Missionen sind oft genug dargestellt, hier sei nur der 
amtliche Bericht des Gesandten der V. S. von Amerika erwähnt, 
wie man alle Listen anwandte, um „Seelen zu retten", z. B. Kinder 
in den letzten Zügen heranschleppen Hess, um sie in artistäo mortis 
zu taufen (Bon lg er 328). Man wird künftig den Missionaren scharf 
auf die Finger sehen müssen ; denn sie sind eine beständige Gefahr. 

*} Gute Beiträge zur Geschichte der katholischen Mission 
enthalten die Arbeiten Gordiers: Notes pour servir ä Vlmtoire 
des iltudes Cfwnoises eu Europe, jusquä Vepoque de Fourmont Vami 
in: Nouveaux MHanges OrierUaux, Paris 1886 xmd Fragments d'tme 
Eistoire des lätudes Chinoises au XVIU^ ^Siecle in: Centenaire de 
VikoU des Lcmgues Orientales Vivantes, Paris, 1895. 



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46 CHINA UND DER ISLAM. 

Bis um 1200 etwa war die Zahl der in China an- 
sässigen Muslims gering. Nimmt man selbst die Ziffern, 
die immer wieder bei den Berichten über die ersten 
grösseren islamischen Ansiedlungen aufmarschieren, 
als zu gering an (bekanntlich wachsen eher solche An- 
gaben in der Phantasie der Chronisten) und rechnet 
man einen hohen Prozentsatz für Vermehrung imd 
Proselytenmacherei, so wird doch die Gesamtzahl der 
um 1200 in China ansässigen Muslims nur auf einige 
Hunderttausend geschätzt werden dürfen*). Die unge- 
heure Zunahme geht indirekt auf den Mann zurück, 
der in zwei und fünfzigjähriger gewaltiger Thätigkeit 
das schuf, was Jahrhundertelang die Geschicke Asiens be- 
stimmte, öengiz (1175-1227)2). Er wie seine Nachkommen 

In gleicher Weise wird Bretschneider 1. 269t. diebe- 
deutende Zahl der Muslims, die jetzt über ganz China zerstreut 
sind, auf die Einwanderungen zur Zeit der Mongolenherrschaft 
zurückgeführt. 

^) Ist man heut auch mit Recht geneigt, das Wirken der 
sogenannten grossen Männer in der Geschichte geringer einzu- 
schätzen, als es die mechanische Schreiberei that und thut, die 
nur von Fürsten, Staatsmännern, Feldherren, von Schlachten, 
Friedensschlüssen und andern Haupt- und Staatsaktionen zu be- 
richten weiss, sieht man auch mit Recht die treibenden Kräfte 
viel mehr in dem leisen, aber starken Wirken wirtschaftlicher und 
geistiger Faktoren, so darf doch der Einfluss, den eigenartige 
Menschen in ausgesetzter Stellung auf die Nächsten, durch sie auf 
die Weiteren, auf die Welt geübt haben, nicht bestritten werden: 
Im Falle öengiz Chan ist die Gefahr der Missleitung durch die 
lobhudelnden orientalischen Chronisten und die vielhundertjährige 
Kompendienschreiberei besonders gross. Die Mongolenstämme, 
an deren Spitze öengiz trat, waren von Kraft strotzende Gebilde, 
die nur auf den Anstoss warteten. Alles zu überfluten. Das 
Schreiben an den grossen Taoisten Ch'ang Ctfun von 1219 schätzt 
Bretschneider 1, 36 f. zu hoch ein. Für die Paarung von Schein- 
bescheidenheit mit grossen Worten lagen auch damals schon 
Muster genug vor, und das wahre Motiv der Sehnsucht nach dem 
Weisen brach naiv in den Worten hervor, mit denen der Fürst 
gleich bei der ersten Audienz herausplatzte: „Hast Du ein Mittel 
für Unsterblichkeit?« Denn es war bekannt, dass die JSekte des 
Goldenen Lotus, der Chang Chun angehörte, nach dem Stein der 
Weisen, dem Geheimnis der Unsterblichkeit, suchte. 



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CHINA UND DER ISLAM. 47 

waren völlig frei von religiösem Fanatismus, und sie 
Hessen in ihren Reichen Anhängern aller Religionen 
freies Gewähren^.) Auch nach dem Zerfall seines Reiches 
knüpfte ein festes Band die unabhängigen mongolischen 
Herrscher Persiens und der goldenen Horde an den 
Grossqän in Chänbäligh (Peking). Wie sie fortfuhren, 
im eigentlichen China grosse Domänen (Apanagen) zu 
besitzen, wie sie streng das Ceremoniell dem kaiser- 
Uchen Vetter gegenüber beobachteten, ist oft berichtet 
worden. Es war ein beständiges Gehen und Kommen 
zwischen den Hauptstädten der grossen Mongolenreiche, 
und nicht nur Naturprodukte und Waren tauschte man 
aus, sondern auch Gelehrte und Kunsthandwerker. So 
traten die beiden Kulturkreise, der buddhistisch-chine- 
sische und der islamisch-persische, in die engsten Be- 
ziehungen zu einander. China war damals ein dem 
Handel und dem fremden Kultureinfluss weit geöffnetes 
Land. Dass die Muslims von diesem Zustande den 
grössten Vorteil hatten, liegt auf der Hand, da ja in 
den Grenzländem der Islam die herrschende Religion 
war. Aber auch die Christen waren wohl gelitten, und 
die Bedeutung der Nestorianer für China, die schon 
längst im Lande heimisch waren, und von denen die 
aus dem Jahre 781 stammende chinesisch - syrische 
Bilinguis von Singanfu herrührt, ist oft gewürdigt 
worden. Wie andrerseits Chinesen in die islamischen 
Länder verpflanzt wurden, davon liegen zahlreiche 
Beispiele vor. War doch der unverbesserliche Intri- 
gant und Stänker und einzigartige Geschichtschreiber, 
der sein Strebertum und den Hass gegen jeden Rang- 
genossen mit einem schrecklichen Tode bezahlte, Rasid- 
eddin, wenn nicht selbst ein Jude aus China, so der 
Abkömmling eines solchen, der mit dem Übertritt zum 
Islam eine gute Laufbahn für sich und seine Nach- 



^) Qabilsj — Hu-pi-lieh liesa i. J. 1289 in der Hauptstadt eine 
Kaiserliche Schale für die Hui-hu errichten, die den Islam an- 
genommen hatten. 



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48 CHINA UND DER ISLAM. 

kommen erkaufte^). Ein chinesischer Astronom wurde 
von Hulagu zum Zusammenarbeiten mit dem berühmten 
Näsireddin Ettüsi befohlen. Auch hier siegte wieder 
das Prinzip der stärkeren Kultur. Die mongolischen 
Barbaren nahmen die an, mit der sie jeweilig in Be- 
rührung kamen und blieben, wurden als Grossqäne 
Chinesen, als Ilchäne Perser. Als dann durch sie die 
beiden Kulturen in Berührung traten, drang überall die 
islamisch-persische ein und vor. Nirgends finden wir 
erhebliche Spuren chinesischer Sprache und Sitte in 
Persien, dagegen errang sich das Persische im Reich 
der Mitte eine hochangesehene Stellung. Um 1350 
findet Ibn Batüta im kaiserlichen Palast zu Peking die 
Hofwürdenträger mit persischen Titeln bezeichnet, und 
derselbe Reisende erfuhr einen besondern Beweis der 
Vorliebe für das Persische in der gi'ossen Hafenstadt 
Chansä*); dort veranstaltete der Sohn des mongolischen 
Stadtgouverneurs Qurtai ihm zu Ehren Festlichkeiten. 



*) Die Exjudaei müssen in China sehr zahkeich sein; von 
den schon in früher Zeit in China anzutreffenden Juden waren 
viele in Diensten der Regierung; gegen Ende des 17. Jahrhunderts 
soll ein grosser Teil von ihnen zum Islam hinübergezogen ge- 
wesen sein (Arnold 249 nach Clark Abel, Narrative of a 
Joumey in tTie Interior of China] London 1818, 361). Heut scheint 
es fast gar keine Juden in China zu geben. S. die Anm. 1 zu S. 3 
von „Die Preuasisc?^ Expedition nach Ost- Asien"* III; das dort Aus- 
geführte scheint sich aber nur auf Wylie, RechercheSy sur 
Vexistence des Juifs en Chine (Paris 1864) zu stützen. 

^} d. i. Hang-cou, Polo's Kinsai, s. Br et Schneider 1, 187 
n. 522. Man wird dieselbe Stadt in dem eJiängü Ibn Chordädbeh 
69 sehen dürfen. Dass die Muslims des Ortes ihn wirklich 
Ibn Batüta chansü nannten, ist nicht wahrscheinlich. Er wird sich 
den Namen zurecht gemacht haben, den er mit dem der Dichterin 
Äkhansa vergleicht (4, 284). Hier sei angeschlossen, dass sich 
das qämü Ibn Chordädbeh 69 (wo so statt qäntü zu lesen sein 
wird) und 70 wird mit dem Namen der Provinz Kiang-su zu- 
sammenstellen lassen. Die arabischen Reisenden hörten w^ahr- 
scheinlich kang-su^cing (Hauptstadt von Kiang-su). Die Sinologen 
mögen ermitteln, welche Stadt der Provinz heut diesem qänsü— 
Jnang-sU'Cing entspricht. 



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CHINA UND DER ISLAM. 49 

Die bei diesen vorgetragenen Gesänge waren chinesisch», 
arabisch und persisch, am meisten aber gefielen den 
Gästen die persischen Lieder, von denen Ibn Batüta 
ein Verschen mitteilt (4, 290). Es ist mit Sicherheit 
anzunehmen, dass in der Zeit der Yuen- Dynastie 
(1248 — 1370) und auch schon vorher ein ungeheures 
Einströmen von Muslims in China erfolgt ist. In den 
letzten Jahren des 15. Jahrhunderts reiste der Derwisch 
'Ali Ekber, genannt Chitäi, im Lande und berichtet 
von der sehr beträchtlichen Anzahl von Muslims, die 
als Unterthanen des Kaisers dort wohnen; die Stadt 
Ken-gan-fu habe, versicherte man ihm, nicht weniger 
als 30000 muslimische Familien, imd in Chänbäligh 
habe der Kaiser vier Moscheen erbauen lassen^). Ganz 
besondere Aufmerksamkeit verdient die Thatsache, dass 
das Persische um 1500 die Geschäftsprache des chinesisch- 
islamischen Handels, d. h. wohl des Aussenhandels ^) 
überhaupt war. Freilich hat man sich diesen Handel 
nicht so vorzustellen, wie er bei uns geübt wird. Es. 
ist nachgewiesen, dass kaufmännische Geschäfte in 
China ein Monopol der Regierung bildeten, und von 
dieser in einer den Schein der Majestät wahrenden 
Weise betrieben wurden: der fremde Händler nahte 
sich unter Proskynesis dem kaiserlichen Throne und 
überreichte Waren, für die er dann ein Gegengeschenk 
empfing. Eine wunderbare Scheinvorstellung, deren 
wahrer Charakter sehr deutlich aus den Urkunden 
hervorgeht, die für die Gelegenheit nach einem fest- 
stehenden Formular aufgesetzt wurden. Wir besitzen 
Proben dieser Eingaben in persischer und chinesischer 
Fassung. Die persischen Stücke zeigen eine bis zur 
UnverständUchkeit verwahrloste Sprache'). Höcht merk- 



') Nach Schefer 29 f. 

^) Der Verkehr mit dem Auslande lag ganz in den Händeni 
von Muslims, denn sie waren in allen Hafenplätzen Asiens das. 
herrschende Element. 

^) Merkwürdige Dinge habe ich selbst im Konsulatsdienst 
erfahren ; es kamen mir nicht bloss Eingaben von Privatpersonen^ 



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50 CHINA UND DER ISLAM. 

würdig ist, dass sie in dieser sprachlichen Verwahr- 
losung, auch in dem Aussem, in der Schrift, ein Gegen- 
stück haben in Urkunden, die neuesten Datums sind. 
Unten werden zwei Kanton -Drucke behandelt, 
von denen der eine Gebets Vorschriften in persischer 
Sprache enthält. Schon ein Vergleich der diesem 
Heft beigefügten Tafeln mit den Facsimiles bei Schefer 
zeigt, wie nahe sich die Stücke aus ca. 1500 und 
die vom Jahre 1872 stehn. Nun kann es auch 
nicht mehr verwundern, das Persische heut in Büchern 
zu finden, die für die chinesischen Muslims aller 
Stände bestimmt sind. Nun erhält die Behauptung 
Thiersant's (2, 285 f ), dass in den islamischen Schulen 
Chinas neben dem Chinesischen das Arabische und 
das Persische gelehrt werde, eine ganz neue und 
sehr scharfe Beleuchtung. Mit staunenswerter Zähig- 
keit hat sich das Persische in Ansehn erhalten bei den 
Nachkommen der Muslims, denen es vor vier Jahr- 
hunderten die offizielle Sprache war. Und wie sollte 
diese Anhänglichkeit an die Sprache der Ahnen nicht 
natürlich sein bei einem Volke, dessen religiöser Haupt- 
zug der Ahnenkultus ist? dieser Ahnenkultus hat selbst 
in den Islam hinein gewirkt, und mehrfach finden sich 
Spuren davon in schriftlichen Äusserungen, die uns 
vorliegen. Bedarf es keines Beweises weiter, wie innig 
die heutigen Muslims Chinas mit ihren Vorvätern zu- 
sammenhängen, wie die Erinnerung an ihren Ursprung 
unter ihnen lebt, und wie sie, trotz aller Beeinflussung 
durch die sie umgebende andersgläubige Bevölkerung, 
doch an Eigenartigem festhalten und dadurch vor völ- 
ligem Aufgehen in das grosse Ganze sich wahren, so 
ist damit zugleich die Leichtigkeit gegeben, mit welcher 
ein Zusammenschluss mit den andern Muslims für die 
Ohinas sich bewirken lässt. Trotz der Verbreitung des 

sondern selbst amtliche Schriftstücke von Behörden in arabischer 
Sprache zu Gesicht, zum Teil zur Bearbeitung, die man nur ver- 
stehen konnte, wenn man aogefähr wusste, um was es sich 
handelte, oder einen Kommentar dazu erlangen konnte. 

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CHINA UND DER ISLAM. 51 

Arabischen und Persischen unter den Muslims Chinas 
und trotz der Fähigkeit der Gebildeten unter ihnen, 
die beiden Sprachen nicht bloss zu schreiben, sondern 
auch zu sprechen, scheinen doch die Beziehungen 
wenig ausgebildet. Chinesen sind in Stambul ebenso 
seltene, eher seltenere Erscheinungen als in andern 
Hauptstädten Europas. Man kann die Besuche bedeu- 
tenderer chinesischer Muslims dort zählen. Im Jahre 
1845 war Ma Fu-cu dort, im Jahre 1894 Sulaiman 
Efendi mit einigen Begleitern. Der Sultan, der ein 
so grosses Interesse an den Muslims auch der fern- 
sten Länder nimmt, würde gewiss gern öfter Besuche 
einflussreicher Chinesen an seinem Hofe sehn. Es 
scheint aber, dass in den letzten Jahren kein Wandel in 
dem früheren Zustande eingetreten ist. Selbst nach 
Mekka gelangen aus China verhältnismässig wenig 
Pilger^). Wird es so bleiben? wird es anders werden? 
was ist das Interesse der Franken, unser Interesse? 
Ehe eine Antwort auf diese Frage gesucht wird, sei 
ein Blick auf die Lage der chinesischen Muslims in 
der neuesten Zeit geworfen. 



II. 

Seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ist 
<iie Centralregierung Chinas zwei Mal mit Muslims des 
Reiches in Konflikt geraten. Im Jahre 1855 fanden 
heftige Reibungen zwischen Muslims und Chinesen in 
den Minengegenden Yün-nan's statt. Am 19. Mai 1856 
sollte unter den verhassten Hui-hui ein Blutbad k la 
Sizilianiche Vesper angerichtet werden. Der Plan miss- 
lang. Wurden auch viele erschlagen^ so blieben doch 
ihrer genug übrig, um eine Erhebung zu veranstalten, 
^eren Niederwerfung sich bis zum Jahre 1873 hinzog. 
Nur der Abfall des einen der beiden Hauptführer, Ma 



*) Snouck schätzt ihre Zahl auf 20-30 jährlich. 
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52 CHINA UND DER ISLAM. 

Sien, alias Ma Ju-luDg, rettete den Chinesen die wichtige 
Provinz, in der sonst leicht dem Islam eine starke Burg 
hätte geschaffen werden können. Tu-wen-siu, in Europa 
als Sultan Suliman bekannt, wurde am 15. Januar 1873 
seine Hauptstadt Ta-li-fu übergeben und damit war das 
Schicksal des Aufstandes besiegelt Von beiden Seiten 
war mit ungewöhnlicher Grausamkeit vorgegangen worden, 
und der Hass, der beide Teile beseelte, war mehrfach 
hervorgetreten, besonders in dem Aufwand an Falsch- 
heit und Wortbrüchigkeit, die in einem selbst für 
orientalische Verhältnisse sehr hohen Masse geübt 
wurden. 

Nur etwa sechs Jahre nach dem Beginn der Feind- 
seligkeiten in Yün-nan kam es zu einer Bewegung im 
Nordwesten des Reiches. Einer der beiden kaiserlichen 
Kommissare, die zur Beilegung eines Streites zwischen 
Soldaten tunganischen und chinesischen Ursprungs in 
Schen-si geschickt waren, wurde von dem Führer der 
islamischen Pailei erschlagen. Kaiser Tung-ci dekretierte 
die Hinrichtung aller, die im Glauben des Islams ver- 
harren würden. Konnte auch der Aufstand in Schen-si 
imd Kan-su, wohin er sich schnell ausbreitete, von den 
Chinesen unterdrückt werden, so ging das ganze west- 
liche, ausserhalb des eigentlichen China gelegene Gebiet, 
chinesisch Ost-Turkestan, das von der Bewegung er- 
griffen wurde, verloren. Im August 1863 wurden alle 
buddhistischen Chinesen von der islamischen Garnison 
zu Yarkand niedergemacht. 1866 nahm Ja*qüb Beg 
als HeiTscher des Kaschgargebietes den Titel Atalik 
Ghazi an. Erst 1874 ging der chinesische General 
Kin Shim energisch vor, und als am 6. November 1876 
die letzte Burg der Rebellen, Manas, fiel, war es mit 
dem Widerstände der Tunganen aus. Daran konnte 
auch der verzweifelte Widerstand nichts ändern, den 
Ja*qüb Beg den siegreich vordringenden Chinesen ent- 
gegensetzte. Der geringe Rest des jungen Reiches 
wurde verloren, als nach dem Tode des Herrschers am 
1. Mai 1877 die islamischen Bewohner in zwei einander 



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CfflNA UND DER ISLAM. 53 

bekämpfende Parteien zerfielen. Mit dem Fall Kasebgars 
am 26. Dezember 1877 und dem Chotens eine Woche 
später fanden die Feldzüge ein Ende, durch welche die 
Chinesen ihre Herrschaft über die rebellischen MusUras 
ToUständig wiederherstellten. In dem an Ostturkestan 
anstossenden Ui mit der unruhigen islamischen Tarantschi- 
Bevölkerung, die im Jahre 1865 die chinesischen Herren, 
verjagt hatte, stiftete im Jahre 1871 Russland Ruhe, 
stellte aber das besetzte Gebiet durch Staatsvertrag vom 
12. Februar 1881 den Chinesen wieder zu. 

Boulger knüpft an den Bericht über den Fall von 
Manas*) die Bemerkung: „With its capture, those Mahome- 
dans who might be said to be Chinese in ways and 
appearance ceased to possess any political importance; 
it would not be going much too far to say that they no 
longer existed**. Die Lektionen, welche die aufständischen 
Muslims im Süden und im Norden erhalten hatten, waren 
so schwer, dass vor der Hand an neue Versuche, aus 
eigner Kraft sich aufzulehnen, nicht zu denken ist. 
Andrerseits hat die chinesische Regierung allen Grund, 
in den Muslims des Reiches ein gefährliches Element 
zu erblicken, dem scharf auf die Finger gesehen werden 
muss. Die Gefühle, die Buddhisten und Muslims gegen 
einander hegen, sind keineswegs freundschaftliche, und 
die schon oben S. 39 mitgeteilte Angabe eines italienischen 
Missionars, dass im Innern des Landes Muslims und 
Christen gegen ihre buddhistischen Landsleute zusammen- 
halten, ist höchst glaubwürdig. Das hindert natürlich 
nicht, dass zahlreiche Muslims dem chinesischen Heere 
eingereiht und namentlich höhere Offizierstellen in den 
Händen von Muslims sind. Man beachte: Offiziersstellen. 
In China rangieren selbst die höchsten militärischen 
Würdenträger weit hinter den civilen. Schon dadurch 
ist das Eindringen von Muslims in die höheren Civil- 
ämter ausgeschlossen, weil unter ihnen fast gar keine 
Personen sich finden, die die höheren Examina machen. 



') Ä Short History of China (1893) S. 342. 
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54 CHINA UND DER ISLAM. 

Von den Kriegern wird litterarische Bildung nicht ver- 
langt. Man darf annehmen^ dass die im Heerdienst 
befindlichen Muslims ihrer Stellung das Opfer bringen^ 
von der Religion möglichst wenig herzumachen. Sie 
haben kein eignes politisches Leben, gehen in dem ihres 
Landes auf. So kann es nicht Wunder nehmen, dass 
in den gegenwärtigen Wirren Muslims als Generale 
einander bekämpfender Heerhaufen genannt wurden* 
Wie ihre buddhistischen Landsleute sind sie gespalten : 
hie Tradition, hie Reform ! Sicher ist, dass weitaus die 
meisten Muslims dem zweiten Schlachtruf folgen. Bei 
Aufrechterhaltung des alten Systems haben sie, ebenso 
wie die Christen, nicht die geringste Aussicht, zu 
grösserer Bewegungsfreiheit zu gelangen. 

Arnold spricht von „the favour shown to the Muham- 
madans of China by the imperial government^ und giebt 
die Übersetzung des Edikts von 1731, die sich bei 
Thiersant 1, 154—157 findet, zum Teil wieder ^es 
exhihiiing very clearly the spirit in which the Chinese 
Emperors have regarded their Muhammadan subjeets^. 
(S. 253 f.) Ja wohl, das Dekret zeigt deutlich die Ge- 
sinnung. Diese gnädig zu finden,' ist eine Naivität, die 
bei dem mit chinesischer Sitte nicht Vertrauten wohl 
entschuldbar ist. Heut wissen wir alle, wie die chine- 
sische Staatsleitung Unfreundlichkeiten einkleidet Und 
in dem Edikt von 1731 ist die rauhe Gesinnung nicht 
einmal maskiert. Es wird hervorgehoben, dass die 
Muslims eine besondere Religion, andere Sprache, andere 
Kleider und Schrift haben, und sie erhalten die strengsten 
Vermahnungen, Gesetze und Bräuche des Landes zu 
achten, dessen enfants adoptifs sie geworden sind. 
Besonders kennzeichnend ist der Bericht des Gouver- 
neurs Fey-Yuen^), den Thiersant 1, 157 ff. giebt. In 
ihm wird offen zugestanden, dass die Muslims im Distrikt 
cang-ngan, Prov. Schen-si, y^etaient soiivent en proces ort 
en lutte avec les Chinois des autres religions^ und dass 

') Nicht d4cret imperial, wie Thiersant 1, 157 sagt. 
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CHINA UND DER ISLAM. 55 

„les Magistrats refusaient quelquefois de leur rendre justice 
et les trat taient plus mal qtie les autres^ ^). Das heisst auf 
Deutsch: Das Verhältnis zwischen Muslims und anders- 
gläubigen Chinesen war das denkbar schlechteste, und 
die Landesbehörden bedrückten die Muslims in der 
schlimmsten Weise. Keine Frage, dass es im ganzen 
Grossen heut ebenso ist. Da ist es nur natürlich, dass 
die Muslims Schulter an Schulter mit den Christen für 
eine Neugestaltung kämpfen, welche die Macht des 
hochmütigen, dabei beschränkten und einseitigen Litte- 
ratentums bricht und damit das Land von den Fesseln 
erlöst, in denen diese mächtige Partei es hält. Zu 
diesem Kampfe werden die Muslims um so fähiger, um 
so besser gerüstet sein, je mehr sie ihre eigne Ali; 
bewahren. Nicht danach dürfen sie streben, es den 
Litterati alten Schlages gleich zu thun, des Aufrückens 
zu den höchsten Doktor- und Akademiewürden, zu den 
wichtigsten Staatsposten würdig befunden zu werden. 
Sie sollen weiter von der Sprache ihres Heimatlandes 
sich einige Kenntnis erwerben, ja eine bessere als bis- 
her, sie sollen aber in erster Linie die Kenntnis des 
Arabischen und Persischen, die sie besitzen, dazu an- 
wenden, um sich mit dem Kulturki^eis vertraut zu 
machen, in den die Kenntnis dieser Sprachen sie ein- 
zuführen geeignet ist. Denn die Litteraturen dieser 
hängen doch ganz anders mit der fränkischen Welt zu- 
sammen als das chinesische Schrifttum. Natürlich ist 
hierbei abzusehen von dem Wust der islamisch-scholas- 
tischen Litteratur in Grammatik, Rhetorik, Philosophie, 
Recht, Dogmatik. Neben den rein litterarischen und 



1) Vergleiche auch das Thiersant I. 238 ff. aus den inneren 
Provinzen Erzählte. In Kwei-ßou machten französische Missionare 
im Jahre 1864 blutigen Kämpfen zwischen Muslims und Chinesen 
ein Ende. Thiersant wird recht haben mit dem bezeichnenden 
Wort 1, 245: »,fe» MuatUmans ont toi^ours mia leurs soins ä se fcdre 
ouhlier tont en Hant proUgis par leurs correHgionnaires invesHs de 
foncUons civües ou mtUtaires'*. Sie erhoben sich aber, wenn die 
Bedrückungen gar zu arg wurden. 



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,56 CHINA UND DER ISLAM. 

historisch-geogi-aphischen Schöpfungen des arabischen 
Altertums und Mittelalters kommt hier die neueste 
Periode in betracht, welche namentlich durch den Eifer 
der syrischen Christen eine so gewaltige Aufnahme 
fränkischen Wissenschaftsstoffes zeigt. Ist diese Litte- 
ratur auch vorwiegend Übersetzung- oder Verarbeitung- 
Werk, so ist sie trotzdem oder vielmehr gerade des- 
halb ein vorzüglicher Vermittler des fränkischen Geistes- 
lebens i). Nicht zu unterschätzen ist, dass diese ganze 
moderne Bewegung in der arabischen Litteratur, wie sie 
ausschliesslich von christlicher Seite zum Teil unter 
heftig(»m Widerstände der islamischen Araber entstanden 
ist, so auch bis jetzt unter den arabisch sprechen- 
den Christen ihre beharrlichsten und geschicktesten 
Förderer gefunden hat, wenn auch nicht geleugnet werden 
soll, dass einsichtigere Muslims arabischer Zunge den 
Widerstand aufgegeben und eingesehen haben, dass der 
Islam vor schweren Schädigungen nur bewahrt werden 
kann, wenn er selbst die Mittel, mit denen die neue 
Bewegung arbeitet, sich zu eigen macht, ähnlich wie 
die katholische Kirche mit Fortschritten sich aus- 
gesöhnt und sie in ihren Dienst genommen hat, die am 
Anfang für sie Werke des Teufels waren, wie die Buch- 
druckkunst. 

Die Muslims Chinas wären thöricht, wollten sie den 
Vorteil, den ihnen die Kenntnis des Persischen und 
Arabischen bietet, nicht ausnutzen. Ist diese Kenntnis 
namentlich in bezug auf das Arabische zur Zeit wohl 
auch nur gering, so ist doch die Grundlage für ein 
tieferes Eindringen, die in der Verti-autheit mit der 
arabischen Schrift, dem beständigen Lesen von Qur* an- 
stücken und der Kenntnis der zahlreichen arabischen 
Bestandteile des Neupersischen gegeben ist, nicht zu 
unterschätzen. Hier müssten einsichtigere chinesische 
Muslims einsetzen. Mit dem Studium des Arabischen 
wird ohne Zweifel eine Belebung der rein islamischen 



*) Einiges zur Kennzeichnung dieser Litteratur s. oben S. 20. 
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CHINA UND DER ISLAM. 57 

'Studien verbunden sein, aber mit diesen kommt auch 
das regere geistige Leben, dem heut nirgend mehr die 
Muslims sich entziehen können, die Verbreitung der 
Kenntnisse, welche von dem islamischen Kulturkreise 
vordem völlig verachtet wurden, und zu deren Schätzung 
auch in den islamischen Ländern die Gewalt der That- 
Sachen geführt hat^). 

Das Reich der Mitte wird sich regenerieren. Man 
schimpft auf die gelben Halbbarbaren, die Japaner. 
Man denke über ihre Herzensbildung, über ihre Charakter- 
eigenschaften noch so gering, das muss man zugeben, 
dass sie in den wenigen Jahrzehnten, die seit dem 
Bruch mit dem Alten für sie verflossen sind, nicht etwa 
bloss eine grosse Menge fränkischen Wissens in sich 
aufgenommen, sondern in rastloser Arbeit das Gelernte 
zu verarbeiten gesucht haben, dass sie mit erstaunlichem 
Erfolg die Einrichtungen der sogenannten Kulturvölker, 
auch die weniger erfreulichen, nachgeahmt haben, und 
<ias8 sie von allen Völkern Asiens im Augenblick das 
einzige sind, bei dem die unter den Franken herrschenden 

*) Zu dem oben S. 15 n. 1. Ausgeführten sei nachgetragen, 
dass. nach einer offenbar gut unterrichteten Eigenkorrespondenz 
der Vossischen Zeitung No. 342 vom 25. Juli 1900 aus Kairo kein 
Geringerer als der Qrossmufti — es ist der im Orient sehr be- 
kannte Scheich Muhammad *Abduh, der längere Zeit als Ver- 
bannter der Engländer in ßairut lebte — die obligatorische Teil- 
nahme an weltlichen Fächern in der Azhar vertritt. Die ganze Ge- 
lehrtenschaft habe sich wie ein Mann dagegen erhoben und dem 
Ohediw in Gegengesuch eingereicht, das auch genehmigt wurde, 
da 'Abbas II. immer mehr starrer Muslim geworden sei. Trotz 
des Widerstandes wird es zu einer Neugestaltung kommen. Jetzt 
steht die berühmte Azhar noch erheblich unter einem katholischen 
Priester-Seminar niederer Klasse. Aber wie sie sich auch an- 
strenge, sie wird es nie über den Staud eines Priester-Seminars 
herausbringen. Kairo bedarf einer Universität, und man wird 
den Gedanken, der in der arabischen Presse bereits erörtert 
wurde (z. B. Hiläl Vil, 9 (vom 1. 2. 1900) S. 264 ff.), nicht ab- 
weisen können; die arabische Welt verlangt eine Hochschule 
Europäischen Stils ebenso wie die türkische, und Stambul wie 
Kairo können sich nicht länger der Pflicht entziehen, die An- 
stalten zu schaffen. 

2 
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58 CHINA UND DER ISLAM. 

Vorstellungen von einer geordneten Staatsverwaltung- 
und auch geeignete Organe zu ihrer Darstellung anzu- 
treffen sind. Dass darunter die Herzensbildung, das 
Gemüt und der Charakter der Japaner gelitten hat, ist 
ja möglich; es scheint nur, dass die Franken sich selbst 
das schlechteste Zeugnis ausstellen, wenn sie glauben, 
dass die Aufnahme ihres Wesens ein so trauriges Er- 
gebnis gehabt hat. Der Chinese ist schwerfällig, lang- 
sam, klebt zäher am Alten. Aber das Alte ist schon 
im Wanken. Und wenn irgend etwas, so ist die Krisis 
der letzten Monate geeignet, ihm einen weitern wuchtigen 
Stoss zu geben. Nach der Natur der Landesbewohner 
und nach der ungeheuren Ausdehnung des Reiches wird 
es viel längerer Zeit bedürfen als in Japan, um zu 
einem ersten Abschluss zu kommen In dieser Zeit 
des Ringens wird das islamische Element, neben dem 
das christliche an Zahl und Bedeutung verschwindet, 
ein höchst bedeutender Gährstoff sein. In dem China, 
das dem Neuen sich öffnet, werden die Muslims, die 
mit diesem Neuen bereits vertraut sind, einen ungeheuren 
Vorteil vor den zurückgebliebenen Buddhisten haben. 
Sie werden an der materiellen Entwicklimg des Landes 
mit der Rührigkeit teilnehmen, die sie schon jetzt aus- 
zeichnet'). So ist mit der neuen Gestaltung Chinas, 
die in den nächsten Jahrzehnten sich vollziehen wird, 
Aas Wachsen des islamischen Elements an Bedeutung 
und Zahl in sicherer Aussicht 



III. 

Was war und ist, zeigt, was sein wird. Immer 
strömten Muslims in China ein, sobald die grossen 
alten Überland - Handelsstrassen einigermassen belebt 
waren, d h. eine weitsichtigere Regierung dem Verkehr 

') Der grössere Erfolg der Muslims bei Minenarbeiten führte 
zu den Streitigkeiten, welche den schweren Yün-nan- Aufstand im. 
Gefolge hatten; s. Boulger 316. 



18 



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CHINA UND DER ISLAM. 59 

nicht künstlich Hindemisse schuf. Hier ist einzusetzen. 
Vom Lande, vom Westen her ist an die Pforte des 
gewaltigen Reiches zu pochen. Im Westen sitzt der 
Teil der Bevölkerung, der den Fremden, den weissen 
Teufeln, weniger imfreundlich gesinnt ist als die grosse 
Masse. Zunächst der Norden. Es ist hier nicht von 
Ost-Turkestan die Rede, denn dieses Gebiet, das no- 
minell wieder dem chinesischen Reiche angehört, nach- 
dem der Unabhängigkeitstraum mit Ja*qüb Beg's Tode 
ein jähes Ende genommen, ist thatsächlich den Russen 
preisgegeben: es steht in ihrem Belieben, wann sie die 
reife Frucht pflücken wollen. Die chinesische Provinz, 
die das Einfallthor für westliche Kultur bildet, ist 
Kan-su. Es wird freilich zunächst Westkultur mit 
scharfem Juchtengeruch sein, die hier einzieht; aber 
auch sie ist eine gute Bahnbrecherin, wie die islami- 
sche eine solche für die asiatisch-russische ist. Bis 
Andigän ca. 500 km östlich von Samarkand ist die 
Bahn gebaut; noch 350 km Luftlinie, d. h. ca. 700 km 
Schienenweg, und der transkaspische Strang hat Kasgar 
erreicht und kann ohne nennenswerte Schwierigkeiten 
am Südrand des T*ien-8an nach Chami geführt werden, 
um bei Su-cou den Nordwestzipfel der Provinz Ean-su 
zu erreichen. Von deren Muslims ist der unsinnige 
Widerstand, wie er im Osten des Reiches dem Bahn- 
bau entgegengesetzt und von der Regierung gezüchtet 
wird, nicht zu erwarten. Von hier aus steht dann der 
weitere Weg offen, besonders wenn man sich allent- 
halben der muslimischen Elemente der Bevölkerung 
bedient. 

Ahnlich im Süden. Von den zahlreichen Muslims 
Yün-nan's war schon oben die Rede, auch von dem 
zähen Widerstand, den sie den Chinesen bei dem Auf- 
stande leisteten, der erst nach achtzehnjährigen Kämpfen 
(1856 — 1874) vollständig unterdrückt werden konnte ^). 

M Nicht auf sein eigentLiches Thema bezug habend, aber 
darum nicht weniger anziehend sind die Mitteilungen, die Deveria 
über Ma-fu-cu, einen Hauptführer in diesen Kämpfen, und sein 

2* 
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60 CHINA UND DER ISLAM. 

In das Herz dieser reichen Provinz mit 4 Millionen Muslims 
sind Frankreich und England im Begriff, Schienenwege 
zu leiten, Frankreich von Tonking aus zur Hauptstadt 
Ytin-nan-fu, England vonBirma aus nach dem nicht minder, 
bedeutenden Ta-li-fu. Ist Yün-nan an den Süden und 
Westen angeschlossen, so ist es gegen Gewaltsamkeiten 
seitens der chinesischen Centralregierung geschützt, kann 
sogar eine ausgezeichnete Operationsbasis werden, von 
der aus die kulturelle Eroberung Südchinas zu bewirken 
ist. Die Herstellung eines direkten Schienenweges 
Ta-li-fu — Yün-nan — Kanton ist darum so wichtig, weil 
der Anschluss Ta-li-fus an die grosse transindische 
Bahnlinie nur eine Frage der Zeit ist, während diese 
selbst im Westen mit möglichster Beschleunigung 
via Kuweit mit dem Mittelmeer in Verbindung zu 
bringen ist. 

Liegt aber nicht in der Herstellung dieser Ver-^ 
bindungen des fast ganz islamischen Westasien mit 
Ostasien eine ungeheure Gefahr? Wie, wenn plötz- 
lich ein gewaltiger Mann ersteht und die etwa 16472 
Millionen Muslims, die man auf die Gesamtzahl 
von 90772 Millionen Asiens zu rechnen hat, in 
eine religiöse Begeisterung versetzt, zum heiligen 
Kriege gegen alle Ungläubigen, namentlich gegen 
die Franken, fortreisst und alles, was in Asien 
der fränkischen Kultur errungen ist, ' mit der 
schwersten Gefahr bedroht?. Ist es bei diesem Ge- 
danken möglich und rätlich, einem Verkehrswege das 
Wort zu reden, der die 30 Millionen Muslims in China, 
die unter günstigen Verhältnissen leicht aufs Doppelte 
steigen können, mit den Glaubensgenossen im übrigen 
Asien in eine Berührung bringt, von der früher keine 
Rede war? Eine ruhige Erwägung der Thatsachen 
führt zu dem Ergebnis, dass bei Umsicht und bei Erhal- 



sehr merkwürdiges, nur in chinesischer Übersetzung ans dem 
Arabischen vorliegendes Reisewerk macht. Ma-fu-6u hat von 
1841 — 48 den islamischen Westen durchwandert, und seine Be- 
obachtungen sind nicht ohne Interesse. 



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CHINA UND DER ISLAM. 61 

tiing der Kraft, die bisher den Franken inne wohnte, 
eine ernste Gefahr nicht besteht. 

Die Muslims unter russischem Szepter zählen nicht. 
Abgesehen von dem innem Verhältnis zu ihren Herren 
wird jeder Versuch einer Erhebung von diesen sofort 
mit unerbittlicher Strenge niedergeworfen. Verhältnis- 
mässig gross ist die Gefahr in Indien, wo die Engländer 
selbst durch unkluges Verhalten Anlass zur Erregung 
geben. Doch abgesehen davon, dass die Engländer an 
ihrer gutgeschulten Militärmacht und an der grossen 
Menge von Beamten und Privatpersonen mit gutem 
training^) einen starken Rückhalt gegenüber den fast 
ausnahmslos energielosen > nicht kriegerischen, nicht 
gedrillten Eingeborenen haben, verstehen sie es, den 
Zwiespalt zwischen Hindus und Muslims zu benutzen^) 
und auch die Uneinigkeit unter den Muslims selbst zu 
schüren^). Dazu kommt, dass nicht wenige Muslims 
in Englisch Indien so denken wie Saijid 'Utmän Eralawi 
in Batavia, der, obwohl von einer über jeden Verdacht 
erhabenen Orthodoxie und von streng religiösem Leben, 
die Notwendigkeit einer nicht .muslimischen obem Ge- 
walt in Niederländisch Indien offen aneriannte*). In 
den östlich an Englisch Vorderindien angrenzenden 
Ländern bis^ur chinesischen Grenze (Birma, Schanstaaten), 
in Französisch Ostasien und in Siam ist der Islam nur 
schwach vertreten. Hier, an der Westgrenze Chinas, 



') Zuzugeben ist, dass daneben oft ein recht niederer Stand 
der geistigen und moralischen Qualitäten hergeht; trotz des , weissen 
Blutes' der jungen Herren, die sich in Indien mästen, und ihres 
Drills sind sie den eingesessenen Söhnen einer alten Kultur oft 
recht inferior. 

') Über diesen vergl. das hier (Heft I) S. 38 Gesagte. 

*) Neuestens haben die Inder den Fluch der Uneinigkeit 
wohl eingesehen, und im Dezember 1899 konnte der 13. allge- 
meine Kongress zu Lucknow abgehalten werden. 

*) So Snouck Hurgronje in Islam und Phonograph S. 7 
Anm. 4. (S. A. aus Tüdachr. Bataviaasch Genootschap van Künsten 
en Wäenschappen 42, Lief. 5, Batavia 1900). Vgl. fflr Indien 
die Äusserung Bahmatullähs in der Streitschrift i^Aäralhaqq S. 2 
unten. 



61 



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62 CHINA UND DER ISLAM. 

ist der Wall zu errichten, ein neuer sedd jä§ü§ wamä§üg 
(Mauer Jagogs und Magogs), der, in fränkischer Hand, 
Schutz bietet gegen zwei Gefahren: die schlimmere, dass 
das regenerirte China sich eines Tages gewaltig regt 
und nach Westen ausbrechend durch Mittel- und Vorder- 
Asien über Europa flutet; die andere nähere, dass der 
Islam die neuen Verkehrsmittel benützt, von Westen her 
in China einzudringen und dort zu wirken, nicht so 
sehr mit einem Massensturm, sondern durch eifrige und 
fähige Männer aller Klassen, die unbemerkt und ohne 
viel Geräusch Fäden knüpfen. Jene lange Linie 
(Kaschgar-) Sucou-Talifu muss durch die vereinten An- 
strengungen der Russen und Engländer zu Stande ge- 
bracht werden. Es werden dadurch neue Reibung- 
flächen zwischen den -grossen Nebenbuhlern geschaffen. 
Aber kommt man hier nicht zu einem Einverständnis, 
80 werden sich die Folgen der Kurzsichtigkeit zeigen, 
und zwar besonders schlimm für die Engländer, die in 
Centralasien ja nicht „bei sich" sind, wie die Russen. 
Westlich von diesem Wall erhebt sich ein anderer, wo 
die Verbindung schon hergestellt ist : das wilde Gebirgs- 
land, das zwischen Ferghana und Öitral liegt. Der 
Pamir ist in den Händen zweier Frankenmächte, ihn 
müssen alle Einbrecher umgehn und von dieser Hoch- 
burg aus lässt sich die west-östliche Bewegung über- 
wachen. Westlich von Indien sind die ziun Teil 
schwach bevölkerten Gebiete von Baludschistan und 
Afghanistan mit ihren ca. 6 Millionen sunnitischen Mus- 
lims im Norden durch die Russen, im Süden durch die 
Engländer stark bedrängt und haben als einziges selbst- 
ständiges islamisches Nachbarreich nur das schiitische 
Persien, das wie ein Keil zwischen die sunnitische Türkei 
und das sunnitische Centralasien sich einschiebt^). Die 



') Die Herüberziehung Persiens zur «Ta unter den Sefe- 
widen ist ein Faktum, das nicht hoch genug im Beligionsleben 
und damit in der politischen Entwicklung Asiens eingeschätzt 
werden kann. Der Hass zwischen Sunniten und Schiiten ist 
ebenso gross wie der zwischen Protestanten und Katholiken. 



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CHINA UND DER ISLAM. 63 

Türkei wiederum hat ebenfalls nur diesen einen schii- 
tischen Nachbar; denn grenzt sie streng genommen auch 
an das sunnitische Egypten, so ist doch da der Zu- 
sammenhang rein platonisch, denn abgesehen davon, 
dass eine schwierig zu durchmessende Wüste Südsyrien 
von dem Nillande trennt, kann dieses selbst nicht mehr 
als ein islamischer Staat angesehen werden^). 



Earopa sah in dem Kriege, der vor 252 Jahren beendet wurde, 
-die schrecklichen Folgen eines Religionskampfes auft Messer; 
der Hess brennt weiter, aber doch beschränkt; das Nationalitäts- 
gefuhl ist überall erstarkt, und man hat erkannt, dass man sich 
tragen und dulden, dass man gemeinsam arbeiten muss, will man 
vorwärtskommen. Im islamischen Orient ist das religiöse Gefühl 
noch weit überwiegend. Zwar hat der Islam die nationalen Gegen- 
sätze keineswegs so ausgeglichen, wie man oft im Hinblick auf 
den sich an die ganze Menschheit wendenden Charakter dieser 
Religion annimmt (dem Christentum ist es ja auch nicht gelungen), 
aber immer wieder wird mit Erfolg an das Zugehörigkeitsgeföhl 
zum grossen Bunde der Muslims der ganzen Welt appelliert (vgl. 
den kennzeichnenden Ausdruck, der die Intern ationalität des Is- 
lams in dem beruie müaUm sende müsUm dhamdü Uüäh findet, oben 
S. 10 n. 1). Naturgemäss wirkt dieses religiöse Gefühl auch stark 
in Einzelheiten, und der Perser ist in erster Linie Schiit. Als 
solcher, nicht als Perser steht er dem sunnitischen Türken gegen- 
über, der seinerseits für alles Persische eine besondere Vorliebe 
hat und selbst mit dem Schütismus zuweilen liebäugelte, aber 
doch dem Sunnitismus treu geblieben ist und treu bleiben wird. 
Selbst wenn weitsichtige Staatsmänner anf beiden Seiten einsehen 
sollten, eine wie ganz andre Macht die islamischen Bewohner 
Vorderasiens den fränkischen und russischen Beutejägern ent- 
gegenstellen könnten, wenn sie religiös geeint wären, — es ist 
zu spät. Man sagt, in Persien sei die religiöse Gleichgiltigkeit 
bereits jetzt bedeutend und eher im Zunehmen (so Le Chatelier 
in L Islam au XIX ieme siede) Thats^he ist, dass selbst der ge- 
bildete, aufgeklärte, d. h. freigeistige Perser den Hass gegen die 
Mörder Hasans und Husains nicht los wird, dass er eine fanatische 
Wut gegen die Sunniten empfindet. Die Türken aber können an 
eine Versöhnung mit den Schiiten schon mit Rücksicht auf ihre 
fast ausschliesslich sunnitischen arabischen Mitunterthanen nicht 
4enken. Es wird also bei dem Zustande bleiben, der eine der 
wertvollsten Bürgschaften bietet gegen islamische Obergriffe. 

^) Noch weitergehend darf heute bereits gesagt werden, dass 
ganz Afrika in absehbarer Zeit für die islamische Frage in Weg- 

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Ö4 CHINA UND DER ISLAM. 

Auf beiden Seiten wird man gut thun, die tiiat- 
sächlichen Umstände recht genau zu erwägen und sich 
vor verhängnisvollen Selbsttäuschungen zu hüten. Beide 
Teile neigen dazu, sich zu überschätzen Die Franken 
sehen die islamischen Länder in tiefem Verfall und 
halten sie füi* eine leichte Beute, glauben auch, die, 
die sie sich angeeignet haben, ganz nach Willkür ohne 
Rücksicht auf die Eigenart der Bewohner regieren zu 
können. Die Muslims sehen ihre ungeheure Zahl im 
Verhältnis zu den wenigen Fremden, die der Eroberung 
ihres Landes und der Verwaltimg des eroberten dienen; 
sie sehen sich von Bodengestalt und Klima im Kampf 
gegen die Eindringlinge unterstützt; sie erreichen nicht 
selten durch Benutzung aller Umstände, durch List 
und Verschlagenheit bedeutende augenblickliche Vor- 
teile, können Rache an den fremden Räubern nehmen; 
sie träumen von dem grossen islamischen Bunde, der 
eines Tages der Herrschaft der Ungläubigen ein Ende 
bereiten wird. Es ist oben nachgewiesen, dass eine 
wirkliche Gefahr nicht vorliegt. Sie wird auch nicht 
vorliegen, wenn die 30 Millionen Muslims in China za 
einer andern Stellung gelangen, als sie jetzt einnehmen, 
und an Zahl und Bedeutung in den nächsten Jahr- 
zehnten erheblich zunehmen; auch nicht, wenn die 
Türkei „se recueille", ihre grossen Schätze ausbeutet 
und ihren islamischen Unterthanen volle Entfaltung der 
Kräfte ermöglicht. Im Gegenteil, die Bewegung ist zu 
fördern, freilich zugleich mit wachsamem BUck zu ver- 
folgen. Die Länder mit islamischer Bevölkerung haben 



fall kommt. Hier nur so viel, dass das einzige selbständige is- 
lamische Reich dort, Marokko, dem Untergange geweiht ist. Der 
kleine Best türkischen Besitzstandes in Tripoli ist ganz unschäd- 
lich, die Türken sind unfähig, etwas Anderes daraus zu machen^ 
als es ist: der Verbannungsort angeblicher Revolutionäre und ein 
nur der Zentralregierung in Stambul gefölirliches Nest giftiger 
Intrigen. Die Franken haben Afrika fest in Händen, und wenn 
sie einigermassen umsichtig sind, können sie die islamisclien Send- 
boten d. b. Hetzer von den Gegenden, wo sie nichts zu suchen 
haben, leicht fern halten. 



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CHINA UND DER ISLAM. 65 

zwei Möglichkeiten: 1) diese Völker schliessen sich 
gegen die fränkische Kultur ab und suchen in dem 
Verfallzustande, in dem sie sich gegenwärtig befinden, 
zu verharren, dann sind die Tage der Selbständigkeit 
für die wenigen, die noch eine eigne Regierung haben, 
gezählt, weiter bröckelt dann ein Stück nach dem andern^ 
ab, bis nichts mehr bleibt; oder 2) sie öfinen sich rück- 
haltlos der fränkischen Kultur, was nach Qur'än und 
Sunna nicht das geringste Bedenken hat, und wogegen 
sich nur das schlaffe, durch jahrhundertlange Miss- 
regierung heruntergekommene moralische und geistige 
Wesen des Orientalen sträubt, und wachsen an der 
Hand dieser Kultur einem neuen kräftigen Leben zu. 
Die Franken haben gegen den Islam an sich nichts. 
Sie stehen jedem Staats- und Volksorganismus, der die 
Bjraft zu eignem tüchtigen Leben zeigt, freundlich gegen- 
über. Dafür ist Japan ein schlagender Beweis Sie 
verlangen nur auch von der andern Seite Aufrichtigkeit, 
vor allem Freiheit von religiösen Velleitäten. Wählt, 
ihr Muslims aller Länder: Wollt ihr Abgeschlossenheit, 
sie kann euch nicht gewährt werden. In der grossen 
Familie, die die Völker bilden, ist es keinem mehr erlaubt, 
abseits schmollend in der Ecke zu stehen oder einen 
Teil des Hauses für sich zu monopolisieren, nur imi 
darin in Schmutz und Elend und Hunger zu verkommen. 
WoUt ihr mitthun, so sollt ihr willkonmien sein, aber 
dann schliesst euch auch ganz dem Ganzen an, fügt 
euch willig und ehrlich dem, was hier rechtens ist, 
ohne Neben- und Hintergedanken. Wisst, dass die 
andern Glieder der Familie willens und stark genug 
sind, jeden Versuch, Unruhe zu stiften, gegen die all- 
gemein anerkannten Regeln zu handeln, für Privat- 
liebhabereien sich Sonderrechte zu verschaffen, .unnach- 
sichtig und mit grösster Strenge zu ahnden. 

Und Deutschland? Wir hatten bisher mit der 
islamischen Welt nur geringe Fühlung, nie eine un- 
freundliche Begegnung. Wir bringen den Muslims aller 
Länder herzliche und aufrichtige Sympathien entgegen.^ 

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66 CHINA UND DER ISLAM. 

Wir dürften besonders geeignet sein, als Einftihrer der 
fränkischen Kultur überall da zu wirken, wo noch Frei- 
land ist, d. h. in selbständigen islamischen Staaten 
und in nicht islamischen orientalischen Reichen mit 
starker islamischer Bevölkerung. Wir stellen uns selbst 
damit eine grosse entsagungreiche Aufgabe. Zahlreiche 
Kräfte müssen dem Vaterlande entzogen werden, um 
in weiter Ferne die dornenvolle Arbeit zu thun. Und 
nicht die Schlechtesten werden den Beruf in sich fühlen, 
hier mitzuarbeiten. Politische Absichten liegen uns 
fern. Der deutsche Forseber und der deutsche Ge- 
schäftsmann werden Hand in Hand mit einander den 
Zug durch Asien vom äussersten Westen bis zum 
fernsten Osten antreten, überall Mittelpunkte bildend, 
die für beschränkteren Kreis Quelle neuen Wirtschafts- 
und Geisteslebens werden. Nicht das ist unsere Auf- 
gabe, unser Ziel, ganz Asien deutsch oder christlich 
zu machen, oder zu „civilisieren", mit dem faden Mode- 
wort, das nichts besagt. Die erste und grösste Auf- 
gabe ist, Asien bis in seine kleinsten Winkel, seine 
intimsten Falten kennen zu lernen. Nur der kann auf 
ein Land wirklichen Einfluss üben, der es genau kennt. 
Der Türke ist machtlos in vielen Teilen des Reiches, 
weil er nichts von ihnen weiss. Die gewonnene Kenntnis 
und damit Macht dürfen wir nicht dazu benützen, dem 
Lande die Kultur aufzuzwingen, die der europäische 
Philister als den Gipfel der menschlichen Geistesarbeit 
ansieht^). Nur darum handelt es sich, dass Asien völlig 
verstanden wird, und dass ihm die Mittel gegeben werden, 
Europa zu verstehn, damit es dann in seiner Weise 
sich entwickle 2). 



*) Gegen den fränkischen Kulturdünkel schrieb treffend schon 
1875 Zehme Arabien und die Araber seit hundert Jahren Ulf. 

') Zu Trägem dieser Bewegung scheinen zum Theil die Kräfte 
berufen, die heut dem Konsulatsdienst sich widmen. Will man 
diesen überlebten Dienstzweig durchaus beibehalten oder doch den 
Namen retten, dann muss ein völliger Wandel in der Organisation 
•eintreten. Mögen unter den sogenannten „Diplomaten** die Nullen 

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CfflNA UND DER ISLAM. 67 

In diesem Sinne vertrauen wir hoffend: langsam 
und sicher wird ganz Asien (soweit es nicht russisch 
ist) an den fränkischen Kultui'kreis angeschlossen werden. 
Mit leiser, kaum merklicher Kraft wird der Islam in 
Asien der kulturfeindlichen Härten entkleidet werden, 
die ihm etwa noch irgendwo anhangen. Am wenigsten 
ist von diesen Härten in China zu fürchten, wo er 
sich durch besondere Freiheit von den hässlichen Über- 
wucherungen auszeichnet, die ihn in Vorderasien lange 
Zeit zu einem jeder Entwicklung feindlichen und damit 
sich selbst schädigenden Element gemacht haben. 



mit grossem Namen und grösseren Greldmitteln weiter die Bolle 
spielen, die sie sich heut durch Scheinleistungeu zu ergattern 
wissen, in die konsularische Laufbahn dürfen nur Elemente erster 
Klasse aufgenommen werden, selbstverständlich ohne Rücksicht 
auf das, was im innerpolitischen Jargon unter „guter Gresinnung** 
verstanden wird. Das „konsularisch" ist hier nur ein Notbehelf, 
denn das Wort gemahnt zu sehr an den Rattenkönig von Dünkel 
und Unfähigkeit, der sich för Viele, leider nicht immer zu Un- 
recht, mit dem Worte „Konsul" verbindet. Fort mit den Konsuln! 
An ihre Stelle müssen für den besondern Dienst gut vorbereitete 
Männer treten, die ihre Aufgabe nicht darin sehen, eine Rolle 
zu spielen und alle Welt, namentlich die Landesbehörden durch 
übermütige Nichtigkeiten zu brüskieren, sondern mit unermüd- 
lichem Fleiss das Gebiet, das sie von ihi-em Sitz aus übersehen 
können, zu beobachten, zu erforschen, zu bearbeiten, und die Er- 
gebnisse schnell der Centralbehörde in der Heimat zur Ver- 
breitung mitzuteilen. An den Hauptplätzen werden dem Beamten- 
Forscher Helfer beizugeben sein. Woher das Material für diesen 
Dienst bekommen ? Die Schule, die in Berlin zur Vorbildung von 
Dragomanatsaspiranten besteht, ist zu einer Zeit gegründet, wo 
man mit kleinen Verhältnissen arbeitete und die Ausdehnung un- 
serer Beziehungen nicht voraussah. Alles hat einen kleinen Zu- 
schnitt. In dem kleinen Rahmen ist, dank der Anstrengungen 
des Lehrpersonals, recht Gutes geleistet worden. Aber die An- 
lage ist eben verfehlt und es lässt sich jetzt dort nicht durch 
fierumflicken bessern. Der Grundfehler war, dass man glaubte, 
die Ausbildung für den Orientdienst weiter als eine Nebensache 
ansehen zu können und von vorn herein als Höchstmass die Be- 
herrschung einer Sprache und einige Kenntnisse. in den Realien 
des Sprachgebietes aufstellte. So geht es aber nicht. Wer in der 
Türkei ernstlich deutsche Interessen fördern soll, darf nicht nur 

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68 CHINA UND DER ISLAM.! 

Mögen die Muslims der ganzen Welt y^confidenÜy 
look forward to ihe day when Islam wiU be irium- 
phant throughout flie length and breadth of the Chinese 
Empire,^ Wir wissen, dass es damit gute Weile 
hat. Ströme von Blut würden fliessen, wollte der 
Islam im Reiche der Mitte ernstlich versuchen, die 
Macht an sich zu reissen. Die fiiedliche, stille Ar- 
beit geht langsam Und während der Islam die thut, 
arbeiten zugleich andere Kräfte: neben ihm an den 
Nichtmuslims Chinas und am Islam selbst. Bis auf 
Weiteres dürfen wir im chinesischen Islam das sehn, 
was wir im eigenen Interesse und im Interesse Chinas 
dort zu finden wünschen müssen: ein Element, das dem 
buddhistisch-konfucianischen China täglich, stündlich vor 
Augen führt, dass es nicht die ganze Welt in den 
Bann seiner selbstgerechten Tyrannei zwingen kann, 
dass nicht blos die „Barbaren" von vielem, was ihm 
heilig ist und gross und schön dünkt, nichts wissen 
wollen, kurz, einen Pfahl im Fleische Chinas. 



Türkiach verstehen, er muss zum wenigsten noch eine der beiden 
andern Sprachen kennen, die in der asiatischen Türkei von den 
Bewohnern weiter Gebiete gesprochen werden : Arabisch und 
Kurdisch. Und in Dingen der „Landeskunde" muss ein viel tie- 
feres Eindringen in das Wesen der Bewohner erfolgen, als es 
jetzt geschehen kann, wo, es soheint fast absichtlich, den Unter- 
richtenden Zeit und Stoff von der vorgesetzten Behörde so be- 
schnitten wird, dass nichts Eindringendes gegeben werden kann. 
Namentlich muss die Islamkunde zu einer mit der grössten Sorg- 
falt und Sachkunde behandelten Disziplin gestaltet werden. Asien 
muss in Zonen geteUt werden, die den Gegenstand systematischen 
Studiums bilden, eines eigenen Studiums, mit dessen Abmachung 
die Fähigkeit für ein gedeihliches selbständiges Arbeiten an- 
g-enommen werden kann. Für dieses Studium ist eine besondere 
Anstalt, eine „Hochschule für die Wissenschaft vom Orient**^ 
zu schaffen. 



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Zwei islamische Kanton-Drucke. 

Zu oben S. 39 teilte mir Herr.de Goeje mit, er besitze 
zwei mit arabischen Buchstaben in China gedrnckte Bücher, einen 
Auszug aus dem Qur'än und ein Gebetbuch. Er war so gütig, 
auf meine Bitte mir die Hefbe zu übersenden. Es sind dieselben 
Werke, die in Catalogue de la Bibtiot?ieque Orientale de feu M. 
Charles Schefer (Paris 1899) unter No. 578 verzeichnet sind, zu- 
sammen mit den Prieres des MusiUmans chinois^ trad. sur Voriginal 
en arabe et en persan, Dä'aoudt el-Moslemim (so), imprime ä Canton 
en 1870^ Paris, Leroux 1878, 8®, 45 S. Auch Cordier kennt keine 
andern arabisch -chinesischen Drucke als die genannten, die er 
Bibliotheca Sinica 1, 640 erwähnt. Zur Beschaffung der mir von 
Arendt genannten „Anleitung zum Verständnis des Arabischen", 
die in Peking verkauft werde, sind Schritte gethan und es ist zu 
hoffen, dass noch andere Stücke dieser wichtigen Litteratur werden 
erworben werden können. 

Die mteren Sachen sind nicht leicht zu bekommen. Der Islam 
war und ist noch in China eine unterdrückte Religion und die 
Bücher des Muslims werden nicht öffentlich verkauft; bedeutende 
Verluste führte der stupide gauvemeur du Kouang-Si^ nammi Tchou- 
Tchun herbei, der i. J. 1783 eine grosse Anzahl Holzblöcke ver- 



2« 



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70 ZWEI ISLAMIöCHE KANTON-DRÜCKE. 

Dichtete*). Ist die Notiz Thiersant 2, 364. 369 richtig, so 
müssen sich in der Kaiserlichen Bibliothek in Peking viele ara- 
bische und persische Werke von den Zeiten E'ang-hsis her finden: 
als er i. J. 1686 die Aufnahme sämtlicher im Reiche existierenden 
Werke anordnete, zeigte sich, dass dort viele solche Bücher waren. 
Durch Dabry de Thiersant kam manches nach Paris und dass 
sich arabische Werke mit chinesischer Übersetzung in der £cole 
des Langues Orientales Vivantes finden, versichert er selbst (2, 
369 und Anm.). Vom höchsten Interesse wäre das Studium der 
zum Teil sehr umfilnglichen Werke des Leou-Tsee, eines hervor- 
ragenden Theologen und Philosophen (um 1700), der eine sehr 
günstige Einwirkung übte, indem er als Festiger der freien 
Richtung bezeichnet werden\ann, die den chinesischen Islam aus- 
zeichnet. Wir dürfen auf manche Überraschung gefasst sein, 
wenn wir erst eine klarere Übersicht über die kulturellen Vor- 
gänge in der islamischen Gesellschaft Chinas haben. 

Die beiden oben genannten Drucke sind offenbar in der in 
China allgemein üblichen Weise hergestellt: der Text ist in Holz- 
blöcke geschnitten. Die Buchstaben haben dabei zuweilen selt- 
same Formen angenommen, wie die auf Tafel I gegebenen 
Proben zeigen^). Nur das Qoranarium hat Titel und Einleitung 
in chinesischer Sprache. Der Titel, ein einzelnes grünes Blatt 
(Tafel Ij, zeigt in der Mitte: Das wahre heilige Buch ,Erhabenes 
Wort' (pao ming cen cing)^); rechts: Gedruckt in dem cia-aü- 
Jahre unter dem Kaiser T*ung-ci; links: die Druckblöcke werden 



') Thiersant 2, 360ff. Nach ihm Arnold 255f, wo jedoch 
nichts von der verhängnisvollen Wirkung der Verfolgung gesagt ist. 

'-) Aus dem Buch da'awät cUmusUmin ist S. Ib 2a facsimiliert 
in Pritres 12/13. Ebenda ist 20/21 gegeben: Caracthres arabes 
fixes sur une colonne de la mosquee de Hoey^chin-sze ä CofUon (es 
sind nur Namen Gottes). Diese Moschee ist jedenfalls dieselbe, 
deren Inneres, mit dem Mihräb und Betern, ein den Prüres vor- 
gesetzter Holzschnitt zeigt mit der Unterschrift: La prihre du 
vendredi dans la mosqtUe du SaitU-Souverär, ä Canton. Die Moschee 
in der Nan-sheng-Gasse, wo die Holzblöcke der Drucke aufbe- 
wahrt sind (s. unten), dürfte eine andere sein; denn die JETo^-c in- 
sze-'MLoBchee liegt nach Dev^ria S. 324 (wo Hoat-cheng-sse) in der 
Strasse Koang-t'a Kiai. Die Säulenin schrift und das Moschee- 
innere sind dieselben Blätter, welche dem zweiten Bande 
von Dabry de Thiersants im gleichen Jahr wie di« 
„Prüres'* und im gleichen Verlage erschienenen Buch beigegeben 
sind. Dass trotzdem die Prieres nicht ein Abdruck eines Teiles 
von Thiersant sind, sondern eine selbständige Arbeit, wird 
unten nachgewiesen werden. 

^) Wahrscheinlich Darstellung des Titels, den der Qur'än nicht 
selten in indischen Drucken hat: keläm-i-megld oder kelätip4-kerim. 



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ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE. 71 

aufbewahrt in dem Tempel der reinen Wahrheit zu Kanton Stadt'} 
in der Provinz Kanton, Nan-sheng Gasse. 

Die Einleitung, die eine mit der gross geschriebenen Eins 
bezeichnete Doppelseite einnimmt und auf Tafel 11 wiedergegeben 
ist, lautet in Übersetzung folgendermassen ') : 

[Seite a] Vor 1100 Jahren hat sich das wahre heilige Buch 
der westlichen Regionen [d. h. Arabiens] nach China verbreitet. 
Was die Exemplare des Buches selbst anbetrifffc, so mussten sie 
einzeln durch Abschreiben hergestellt werden, um vorhanden zu 
sein. [2] Je mehr also von Tag zu Tag die Zahl der Studieren- 
den zunahm, in desto grösserer Verlegenheit befanden sich von 
Tag zu Tag die, die nach dem Buche suchten; femer aber sind 
die beiden heiligen Bücher kO'ting-ta'la[S]'WO in noch li oberem 
Grade [als alle übrigen] Elementarbücher, welche für den jungen 
Studierenden die erste Grundlage bilden. Beständig kommt es 
nun vor, dass, ehe noch das Studium beendet ist, die einzelnen 
Theile [4] an einen anderen abgegeben werden müssen; daher 
kommt es, dass, je zahbeicher diejenigen sind, die sie studieren, 
ein desto grösserer Konsum von Büchern eintritt, so dass den 
Bedürfnissen der Studierenden nicht immer rechtzeitig entsprochen 
werden kann, [ö] Diejenigen, welche sich mit dieser Sache be- 
schäftigen [die Lehrer], haben neuerlich immer tiefer die hierin 
liegenden Unzuträglichkeiten empfunden und daher ernstlich eine 
Abhilfe zu finden gestrebt. Deshalb [6] haben sie die beiden 
Bücher in die Druckerei gegeben [auf Holzplatten übertragen 
lassen], damit durch das Abschreiben kein Zeitverlust entsteht 
und es noch leichter wird als bisher, sie mit sich herumzutragen. 
[7] Nachdem nun die Druckplatten fertig geworden waren, war- 
teten wir darauf, dass Leute, die die Tugend lieben und an dem 
Guten Freude finden, Geld zusammenschössen, um die Bücher zu 
drucken, und sie gütigst an die Studierenden der Moschee zu 
verteilen; [8] so sind nun diese Platten wirklich von Nutzen 
geworden; wenn man aber noch fürchten sollte, dass die bereite 
hergestellten Exemplare noch nicht ausreichen, damit bei der 
Verteilung jeder eines bekomme, dann wollen ich und meine 
Genossen [Seite b], welche den Druck unternommen haben, 
selber das Papier in Bereitschaft setzen und es bereitwillig leih- 



^) Hier bezeichnet als „Widderstadt"; über diesen Namen 
8. ZDMG. 41 (1887), 168. 165. 

') Ich hatte mich bei allem, was chinesische Sprache und 
Verhältnisse betrifft, der Unterstützung der Herren Arendt und 
Hirth zu erfreuen, und ich spreche hier beiden Herren herzlichen 
Dank aus für die Belehrungen und Winke, die sie mit stets be- 
reiter Güte mir zu Teil werden liessen. Beide versicherten, dass 
Einleitungen zu den schwierigsten Texten gehören, weil hier mit 
besonderer Vorliebe „hineingeheimnisst" wird. 



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72 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE. 

f, weise hergeben. Obgleich nun der Druck dieses heiligen Buches 

1 [2] auf das sorgfältigste revidiert worden ist, so sind doch, weil 

iauf der Platte die rote und die schwarze Tusche schwer mit 
einander in Verbindung zu bringen waren, die durch die Absätze 
heryorgebrachten Pausen durchweg [3J beim Drucken nicht her- 
( ausgekommen. Man muss sich deshalb darauf verlassen, dass 

[ die obersten Lehrer bei dem Lesen dieselben mittelst roter [4] 

i Zeichen hinzufügen und einsetzen; auf diese Weise wird den 

[ Lernenden das Verständnis erleichtert werden, und so wird der 

^ gute Zweck vollständig erreicht werden, [ö] Datum: [6] im 13. 

^ Jahre des T*ung-ci, wo das Jahr stand im cyklischen Zeichen 

^ cia-8ü^), im 1. Monat am glücklichen Tage fertig gedruckt, [7] 

' entsprechend dem Jahre 1291, Monat ivuhalan (Maharram) des 

Arabischen Kalenders (beg. 18. 2. 1874). [8] Vorrede der mit der 
[ Sache Betrauten in dem Tempel der reinen Wahrheit in der 

I Nansheng-Gasse. 

I Welches sind die beiden Bücher, die Seite a 2 f . mit 

ko-ting-tct-la-^o bezeichnet sind? Eines davon muss das sein, 
I welchem die chinesische Einleitung vorgesetzt ist. Es hat arabisch 

4en Titel chatm aiqwr'&n. Die Bedeutung dieses Ausdrucks ist: 
I Abschliessung des Qur'Sn d. h. vollständige Lesung des Qur'&n'). 

Per nefas wird dieser Ausdruck auch gebraucht von dem Ab- 
schliessen (der Lesung) einer Auswahl von Qur'&nstücken. Es 
giebt eine grosse Anzahl solcher Anthologien, die übrigens nur 
geringe Differenzen zeigen^). Auch an ihrem Ende findet sich 



*) Ober 8M im chinesischen Duodecimal-Cyclus s. flirth, 
Nachwort zur Inschrift des Tor^kuk [in Rad 1 o ff, AUtürk. Inschritten, 
zweite Folge) 118. 

*) Es bedarf kaum eines Beleges für diese Anwendung. So 
heisst es z. B. Ibn Sa'ld, Alnmgrib Buch 4 (ed. Tallquist) 2, 
16,7 : ^dara chatmcUgämt d. h. er wohnte der Rezitation des 
Qur*&n in der Moschee bei. Sehr lehrreich sind die Stellen bei 
Lane, Matmers and Gustoms, in denen von der ,Khatmeh' (d. i. 
bei ihm immer recitation of the whok of the Rurdn') die Rede 
ist (s. Index). Nicht selten werden mehrere Faqihs zusammen 
zum chatin gemietet: sind es dreissig, so bekommt jeder ein 
§uz\ und man ist dann schnell fertig. 

^) Zahlreiche Exemplare solcher Qoranarien finden sich in allen 
Bibliotheken. Für Berlin s. Ahlwardt No. 3832-3862. Von 
den in München vorhandenen (Aumer No. 176- -190) habe ich 
eine Anzahl durchgesehen. Die Bemerkung Ahiwardts (3, 398): 
„Besondere Titel haben diese Bücher nicht" mag für die rein 
arabischen Anthologien richtig sein; für die zum Gebrauch der 
Türken bestimmten, in denen sich meist am Schluss türkische 
Oebete, Zaubersprüche und dergl. finden, gilt es nicht; ein be- 
liebter Titel scheint da zu sein: en^äm^-serif, hergenommen von 
der 6. Sure (sürcU aian'äm), mit der diese Sammlungen gern be- 
ginnen, während die Fstiha erst am Ende kommt; einen Druck des 



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ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRUCEE. 73 

gewöhnlich das du*ä' cUchatm (dm-UchaUm, chaUm ducuyj, das 
den yoUst&ndigen Qor'Snhandschriften oft beigegeben ist. Ein 
solches Qoranariam (so möchte ich diese Auslesen nach Analogie 
von Evangeliariom nennen) liegt in dem chcUm aiqur*än vor. Es 
enthalt folgende Stücke; 1. 2, 1-4. 2bß (qjat alkurs\i) —259, 286. 
286. 3, 6. 7. 14—17 (bis aPisJämu). 25. 26. 9, 129. 130. 36 (jäs%n, 
die beliebteste aller längeren Suren). 67. 86. 87. 93. 94. 97. 99. 
102—114. Auch hier tritt der Kanton -Druck etwas aus dem 
Rahmen des gewöhnlichen heraus. A hl w ar d t, der den Qoranaria 
einen besonderen Abschnitt eingeräumt hat (Buch 6, Abteilung 1, 
10: Od>eU mit Qorär^Äbschnitten), bemerkt: ,Die am meisten 
verwendeten Suren sind: die 36. 6. u. 48., dann die 1. 44 55. 
56. 67. u. 78. Oft sind auch die letzten (93—95. 97. 102—114.) 
gebraucht, seltener die 18. 32. 37. 39. 45. 46. 50. 59. 61. 62. 72. 
79. 86.' Das stimmt mit meinen Beobachtungen. Vgl. Aumer 
No. 176 — 190, von denen ich nur No. 187. 188 genauer ange- 
sehen habe. Nirgends fehlt Sure 6, überall fehlt Sure 96. Auch in 
dem Kanton-Druck fehlt 96, aber es fehlt auch 6 ; andrerseits sind hier 
Stücke, die sich sonst nicht oder nur selten finden : die Verse aus 
Sure 3 und 9, und Sure 87. 99. Bemerkenswert ist, dass sich 3, 16. 
17 auch in dem Qoranarium in Stein zu Ardebll findet, das schon 
oben erw&hnt wurde. Solche Übereinstimmung mit dem, was in 
Persien und gerade in Ardebll vorkommt, ist nicht wunderbar. 
Es bestätigt nur die engen Zusammenhänge, die früher zwischen 
China und Persien bestanden ^). In dem Kanton-Druck chatm aiqw^än 
Rchliesst das chatm- Gebet die Qur anstücke unter der Über- 



eUäm^-^erif (lith. Constant.) erwarb kürzlich das Berliner Se- 
minar; ein anderer zugleich erworbener hat keinen Titel. Von 
Herrn Hasan crelsleddln ChSn. Lehrer am Seminar, wird mir 
versichert, in Persien (d. h. wonl hier allgemein bei den Schiiten) 
seien solche Auszüge verpönt: der Qur'ftn soll nur vollständig 
wiedergegeben werden. Diese Angabe wird dadurch bestätigt, 
dass solche Sammlungen schiitischer Provenienz in unsem Biblio- 
theken nicht vorzukommen scheinen. Ausgewählte Qur'sn-Stücke 
in Stein zu hauen, scheute man sich jedoch nicht; so zeigt das 
Grab des äech ^aH, Stammvaters der ^afewiden in Ardebll, von 
dessen reichgeschmückten Bauteilen Dr. Sarre wohlgelungeno 
Photos mitgebracht hat, eine wahre Musterkarte von Qur 'an- 
stellen, und zwar folgen sich Stücke aus verschiedenen Suren 
ohne irgend welche Trennung (z. B. 3, 16. 17. 40, 67. 68; an 
anderer Stelle 6, 79. 163. 17, 82). 3, 15 auf dem Achteck von 
Nach(^ewän s. Jacobsthal, MUtelaUerUche BackHeinhauten 20. 

') In Ardebll hatten neben fränkischen Kauf leuten auch 
Chinesen Faktoreien; heut freilich ist es ein verfallenes elendes 
Nest, wo nur einige Armenier den Handel, Transitverkehr der aus 
Täbnz und Zenfi^än nach Astara am kaspischen Meer gehenden 
Waren, in der Hand haben (das Neueste darüber s. Sarre, Reise 
vofi Ardetnl nach Zendschan in Pet. Geogr. Mitth. 1899 Heft 9). 



d^ 



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74 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE. 

Bchrift: chatm aiqur^än dUa inest ') (49b— 52a). Es unterscheidet 
sich, um das gleich hier abzumachen, nicht in Wesentlichem ron 
den Gebeten dieser Klasse, nur dass es sehr kurz ist und nichts 
von zwei Themen hat, die in solchen Gebeten gewöhnlich berührt 
werden: 1) die Entschuldigung wegen etwaiger Lesefehler, 2) das 
Lohnalfabet, in welchem der Gläubige für jeden Buchstaben etwas 
haben will: .aUahummareuqnä biTaUfi tUfatan wabUbäH bara- 
kutan etc. etc. *). 

Von den Titeln solcher Anthologien wurde schon oben (S. 72 
n. 3) als ein bei den Türken beliebter erwähnt: en'äm-iierif nach 
der 8ürat ai^an^äm, mit der der Anfang gemacht wird. Dass ein 
Qoranarium ehatm genannt werde, ist mir in der Litteratur nicht 
vorgekommen und Freunden aus verschiedenen Teilen der 
islamischen Welt war auch nichts davon bekannt Und doch ist 
der Gebrauch durch den Titel hier vollkommen gesichert. Ab- 
kürzung der Buchtitel bei Anführung ist bei Persem und Türken 
sehr häufig. Ihre Annahme hier ist unbedenklich. ckcUm allein 
wird Nicbtarabem leicht zu chatem. Der Chinese kann chatm 
nicht aussprechen. Dass ko-ting dieses chatm darstellt, hat nach 
Aussage der Herren Arendt und Hirth nicht bloss kein Bedenken, 
sondern es ist sogar von vornherein anzunehmen, dass ein Chinese, 
aufgefordert chatm wiederzugeben, sich der Gruppe kO'Ung be- 
dienen würde. 

Für das zweite Buch bleibt als Titel ta-la-wo. Nun ist bis- 
her nur ein anderes Buch ähnlicher Art bekannt, das hier in 
Betracht kommen könnte: das da^awät dlmusUn^nj von dem 
schon oben die Rede war, und das nach allen äusseren Merkmalen 
in der gleichen Werkstatt und zu gleicher Zeit hergestellt worden 
ist. Es bietet sich sofort der Schluss: wie ko-ting den Titel des 



*) Sprachlich verworren. Es müsste heissen: dU äri-chatmel' 
qw^än wiest. Über die Wahl des Persischen s. unten. 

') Diese cAo^-Gebete bilden eine kleine Litteratur für sich, 
und Ahlwardt hat recht gethan, ihnen einen besonderen Abschnitt 
zu geben: Buch 6 Abt. I, 11 (No. 3863—3866). In den meisten 
Mss. und Drucken des Qur*Sn findet sich so ein Gebetchen am 
Ende, oft nur ganz kurz, aber immer beginnend-: sadaqaüähu. 
In Lithogr. [Bombay?] bisa'j maiäam ^ahdaUah alhindi *alä jad 
alhaqir äqä§än [so] f% sana 12S7 sinds nur zwei Zeilen: sadaqaMä- 
hui H^ul^asmu wasadaqa ramlluhunnabijttikarimu wanahnu ' aiä däliky, 
minaisähidina ioassäkirtna walhoindu Uüähi rabhit älaimn. 
In Lithogr. s. 1. et a. [Constant. vor 1877] nimmt das Gebet 6 
Seiten ein und ist ähnlich dem in Ms. Mon. ar. 39 f 392 b ff. 
Rein äusserlich kann man zwei Klassen unterscheiden: die be- 
ginnen aadaqdüähu wasadaqa rasüluhUf wie die indische Lithogr. 
der Kanton-Drack, und Ahlw. 3866,7, und die beginnen sadaqaüähu 
foabcUiaaha rasüluhu wie Lithogr. Constant., Ms. Mon. ar. 39 und 
Ahlw. 3865. 3866,3. Die Fassung mit sadaqa weist, scheint es 
auf Mittel- und Ostasien, die mit haUagha auf Westasien. 



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ZWEI I8LAMISCBE KANTON-DRÜCKE. 75 

chatm alqur'än darstellt, so wird to-2a-t90 der Vertreter von 
da'moät almuaKn^n sein, oder, wenn wir eine jenem Titel ent- 
sprechende Abkürzung annehmen, von da'cuoät. Gegen die Gleich- 
stellung spricht nicht, dass für die Silbe 'a chin. la erscheint. 
Die Lantgruppe, die etwa dem 'a entsprechen wflrde, Giles 1 
kommt nur im Nord chinesischen vor und ist in einem Buche, das 
in Kanton gedruckt ist, nicht zu erwarten. Dagegen ist wahr- 
scheinlich, dass dem Ohr des Chinesen *a mit gha und ra zu- 
sammenföllt, die er ja beide nicht hat, und fOr die er, wo er sie 
wiederzugeben hat, in der Schrift mit Vorliebe das Zeichen für 
la wählt, das Seite a 2,20 zu lesen ist ^). Bleibt wo als Vertreter 
von toät. Man würde hier ein Zeichen erwarten, bei dem im 
Kantonesischen die Aussprache mit der schliessenden Explosive 
sich erhalten hat. Aber das Zeichen hier wird auch im Kantone- 
sischen vokalisch auslautend gelesen ^), und man muss annehmen, 
dass hier schon früh die Abwerfung Platz gegriffen hat, die in 
Nordchina durchgängig geworden ist, wenn man nicht seine Zu- 
flucht zu direktem nordchinesischen Einfluss nehmen will. Bei 
der Freiheit, die sich die Chinesen in der Regel bei Wiedergabe 
von Fremdem gestatten, scheint das wo als Vertreter des wät nicht 
bedenklich, wo so vieles für die Gleichung tarla-wo = da^a wät 
spricht. 

Der Inhalt dieses Buches ist durch die oben genannte Über- 
setzung allgemein zugänglich. Aus ihr allein auch kennt man 
den Verfasser, der S. 5 n. 1 genannt ist: ,(hwrage en arabe et 



^) Sicheres über Wiedergabe von arabischen Lauten und 
Lautcomplexen im Chinesischen wird sich erst sagen lassen, wenn 
mehr Material vorUegt. üeber dieses und die Aussichten für 
seine Bearbeitung machte Hirth eine Bemerkung in Chinese 
Equivalenis of the letter „r** in foreign names (J. China Brauch 
R. As. Bd. 21 (1886), 218 n. : ,If once we shall have leamed to under- 
stand the mies bj which foreign names were transcribed in 
Chinese at the several periods of literature, I have no doubt 
that it will be easier to decipher a difficult word through the 
medium of Chinese characters than for instance in one of the 
manuscript texts of Marco Polo. For, whatever the difficulties 
of identifying such transcriptions may be, tbe tradition hardly 
ever suffers m>m mutilation. I need not say that the mies for 
the transcription of Sanscrit words discovered by Julien have 
already laid a solid foundation in this direction and it must be 
admitted that the greater half of the foreign names occurring 
in Chinese literature is of Sanscrit origin. Yet, the geo^phicfü 
and technicaJ literature abounds with words, still awaiting Iden- 
tification, taken from the Arabic, Persian and Central Asiatic 
languages, the aggregate number of which will represent a list 
much longer than Julien's and Eitel's lists of Buddhist terms. 
The Fin-ti cuhkang-mu alone would fumish ample material, for a 
very large number of practical examples.' 

*) S. Eitel, Chin. Dict. in the Cantoneae Dialeet 944 b. 



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76 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE. 

en persan, par Ma-KO'Tsay^), imam de Canton (1876)'). Es muM 
freilich gesagt werden, dass diese Übersetzung recht mangelhaft 
ist. Bei den fünf Tagesgebeten wird regelnülssig angegeben, in 
welcher Weise die n^e zu äussern ist beim Pflichtgebet (farida) 
und beim Lohngebet ^) (simnä): das letztere ist übersetzt mit 
4>rfhre tradiiionneUel Schlimmer ist, dass die Ueberschrift des 
tcUqin, das S. 90 bf. gegeben ist, völlig verkannt ist: das su'äl ujewäb' 
i-gür inest soll heissen: jCatichiame de PÄveugle\ Davon ist keine 
Rede; nicht um das türk. kör handelt es sich, sondern um 
gür, Grab, für das man heut freilich lieber gebr sagt, und die 
,Frage und Antwort' werden über dem Grabe gesprochen, damit 
der Tote auf das Examen, das Nakir und Munkar mit ihm 
anstellen werden , vorbereitet ist^). War der Uebersetzer 

^) Was dem im Arabischen entspricht, kann ich nicht sagen, 
Ma ist einer der beliebtesten Namen bei den Chinesischen Mus- 
lims, oder vielmehr sehr zahlreiche Namen beginnen damit. 
Arendt versichert, dass von den ca. 100000 Muslims, die 
in Peking leben (Thiersant 1, 43f. nach Wassiljew-Palladius) 
die eine Hälfte der Familie Ma, die andere der Familie Tsin [Kin 
,Gold*] angehört, und dass man an den Schildern der Schlächter- 
läden, die fast sämtlich in den Händen von Muslims sind (Thier- 
sant 1,44; trotz der Verachtung des Schlächterhandwerks, s. 
Thiersant 2, 159n.) fast immer liest: Tsin Hui htä oder MaHuihm, 
Die Annahme, es handle sich bei diesem Ma um einen Familien- 
namen, ist aber keineswegs sicher. Man ist geneigt, in dem Ma 
eine bei den Chinesen so beliebte Abkürzung zu sehen, und da 
böte sich : Mohammad (über Mahamat als Form in den Fremd- 
sprachen, z. B. griechisch schon im ersten Jahrhundert der Higra, 
s. mein Bohtän 109 n. 1). Auch sonst findet sich Ma als erster 
Teil des Namens in Umschreibungen, s. z. B. Mormo-to für Mah- 
mud in Imbault-Huart, Bec. de JDocc. sur lÄsie Centr,, passim. 

^) Warum im Original nichts davon zu lesen, und woher der 
Uebersetzer die Kenntnis hatte, kann ich nicht angeben. Ich 
vermute, dass das mir vorliegende Exemplar des Werkes nicht 
vollständig ist und andere eine chinesische Vorrede mit Namen 
des Verfassers haben. Möglich auch, dass Ma-Ko-Tsay selbst 
die Uebersetzung seines Opus und Nennung seines Namens dabei 
veranlasst hat. 

') Da auch die Erfüllung der fai'tda belohnt wird, so ist diese 
Uebersetzung nicht einwandfrei; sie empfiehlt sich aber durch 
Kürze und ist zu halten als Abkürzung von ,Son der lohngebet'. 

*) Das ist das Uüqin in weiterem Sinne, das von strengen 
Rechtelehrem verworfen wird. Ein wä^ ist das tamin nur als 
Vorbereitung auf den Tod, d. h-das Sprechen der beiden Zeugnis- 
worte beim Sterbenden, s. z. B. MuUaqä (mit Komm. Const. 
1276) 1,118. Minhäß 1, 201 (wo in der Uebersetzung zu ,on M fait 
enUndre la eonfession de faC verwiesen ist auf das tasahhud (S. 88), 
das hier gar nichts zu suchen hat und dessen Uebersetzung mit 
^eanfesaion de foC S. 88 irreführend ist). Von dem talgin nach 
dem Tode am Grabe weiss weder Annawawi noch Ihn QSsim 
Alghazzi etwas; der Schafiit Muhammad Joh^A Tabbsra nennt e« 

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ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DBÜCKE. 77 

ein Europäer, so hätte er seine Sache wohl besser machen 
können^). 

Nicht so strenge Kritik dürfen wir an das Buch selbst legen. 
Der Islam in Südchina ist durch Welten, von den Glaubens- 
genossen getrennt^), und so zeigt er hier eine eigenartige Ent. 
Wicklung, die wohl eine eingehende Behandlung verdiente. Auch 
hier wird er mit sahlreichen fremden Elementen durchsetzt, rich- 
tiger, in vielen Fällen nur eine dünne Tünche sein, welche die 
uralten Vorstellungen und Gebräuche kümmerlich verdeckt. Mit 
der Geschichte der Religion, auch der im eigenen Lande, mit Er- 
forschung ihres Wesens, mit Studium der arabischen Werke, die 
sonst in islamischen Ländern die Kenntnis der Hauptsachen ver- 
mitteln, wird sich in Südchina kaum jemand beschäftigen und 
wir haben hier schwerlich Überraschungen zu erwarten'). 

Nach den Proben, die in unsem beiden Drucken vorliegen« 
ist der Stand der Kenntnisse ein äusserst niedriger. Wer 
arabische Drucke aus Bombay und Lncknow gesehen und zu be- 

in seinem kleinen Katechismus oTasäs fUfiqh (Beirut 1300, S. 65 f.) 
ein moMdüb mit dem Bemerken: ,e8 genügt beim iaiqin das du^ä" 
bitk^W d. h. das Gebet, Gott möge den Toten besteben lassen, 
ihm Standhaftigkeit geben. Im MuUciqa (a. a. 0.) wird behauptet, 
AfiSfifi*! sei für dieses UHqin, die meisten Lehrer erklärten es aber 
für unzulässig, wogegen der Kommentator den Spruch Alkarmänis 
anführt: ,Wa8 die Musb'ms als gut (hasan) ansehen, das ist bei 
Gott gut', also sei es besser, das toZgin desTodten vorzunehmen. 

Von anderen Versehen erwähne ich nur S. 18 Ce que Dieu 
a vctUu est als Uebersetzung von mä iä'aUahu kän. Bei Thier- 
(tant an der entsprechenden Stelle (2,416) richtig vetU. 

*) Die Zusammenhänge sind hier noch nicht klar erkennbar. 
Die Verbindung der Musbms Li den Provinzen Kwang-tung und 
Yün-nan mit denen in chinesisch Turkestan wird man sich nicht 
sehr lebhaft vorstellen dürfen. Bedeutender sind wohl die Be- 
ziehungen zu Indien, aber auch dort hat der Islam eigentüm- 
liche Formen. Einst war der chinesisch-egyptische Verkehr 
beträchÜLch, wovon freilich Thierfsant 1, 73 nichts weiss, und die 
Fabeleien der Drusen von den Glaubensgenossen in ybüäd esain* 
werden auf jene Zeit zurückgehen, in aer die drusische Lelire 
selbst entstanden ist: die der Fatimiden. Doch das ist län^t ent- 
schwunden und vergessen, und kaum hat irgend jemand im vor- 
dem Grient eine Ahnung von den thatsäcUichen Verhältnissen, 
auf die höchstens einmal der Besuch chinesischer Muslims in 
Stambul (wie i. J. 1894) ein vorübergehendes Licht wirft. 

') Eher ist in dieser Richtung etwas zu erhoffen von Nach- 
forschungen in Nordchina. In Peking wurden um 1760 zahl- 
reiche Muslims aus Turkestan angesiedelt. Werden sich unter 
diesen Kolonisten auch nicht Leuchten der islamischen Wissen- 
schaft befanden haben, so brachten sie jedenfedls Bücher mit. 
Arendt sah in der i. J. 1764 vom Kaiser K*ien-long voll- 
endeten Moschee in Pekmg (s. J. As. 1897 B [9,10], 446 ff.) um 
1880 Werke arabischer Scrnnft in einer massig grossen Kinte 
ca. 160 X 50 X 30 cm). 

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78 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-D RÜCKE. 

nutzen versaoht bat, der ist auf starke Stücke gefasst^). Man 
kann nicht sagen, dass es hier schlimmer steht. Dass in den 
Überschriften der Suren Fehler vorkommen, ist nicht anstössig, 
denn alle diese Leute haben ja vom Arabischen eine äusserst 
geringe Kenntnis, und makka statt makl^e, madina statt madarnja 
kann nicht befremden, auch nicht swrat aObaqara madina äjat mit 
Auslassung der Zahl. Nicht als Fehler, sondern als Ausfiuss 
einer eigentümlichen Legendenbiidung ist es wohl zu betrachten, 
wenn die Sure 36 überschrieben ist: sürcA js \järsin] aVm, als 
ob jäaln ein Name des Propheten sei, wie man ja auch aus th 
einen Namen des Propheten gemacht hat und danach auch 
Menschen nennt. 

Das Buch über die Gebete ist vom islamisch -theologischen 
Standpunkte aus eine äusserst schwache Arbeit. Der dürfidge 
Inhalt ist schlecht geordnet, Wichtiges fehlt und Nebensächliches 
ist breit behandelt. Füi* uns ist es dennoch nicht ohne Interesse. 
Schon die Sprache, in der das Buch abgefasst ist, giebt uns ein 
Rätsel auf. Wie im Qoranarium, abgesehen von der Vorrede, das 
Einzige, was nicht Qui^Sn-Text ist, in persischer Sprache gegeben 
war (s. oben S. 74), so ist hier das Persische die Sprache des 
ganzen Buches. Was veranlasste die Wahl gerade dieser Sprache? 
Warum wurde nicht das von Allen, für die das Buch bestimmt 
ist, verstandene Chinesische gewählt?^) Sollte das Buch auch den 
in Nordchina lebenden Muslims dienen, so war eher das Türkische 
zu erwarten, weil diese doch zum grössten Teil ursprünglich aus 
dem chinesischen Turkestan stammen. Will man nicht annehmen, 
dass es zwar auf diese Rücksicht nimmt, aber das Persische als 
die bei den Grossen ilbliche. als die ,feine^ Sprache gewählt hat, 
so bleibt nur indischer Einfluss anzunehmen, sofern ja in Indien 
erst in verhältnismässig junger Zeit durch englischen Einfluss asd 
Urdu zur Schriftsprache erhoben ist, während früher die Muslims 
zum schriftlichen Ausdruck sich nur des Persischen bedienten. 
Oder sollte der Gebrauch des Persischen gar noch ans den Zeiten 
stammen, in welchen ein beständiger wirtschaftlicher und gelehr- 
ter Verkehr zwischen China und Persien stattfand, den Zeiten der 



*) Auch den Türken passieren übrij^ens da sonderbare Dinge. 
Der schon oben (S. 74 n. 2) erwähnte m Stambul lithographierte 
Qur'&n s. 1. et a. schliesst: minal^annoH wannäa! das reine Kufir! 

*) Dass Chinesisch gewöhnlich von oben nach unten ge- 
schrieben wird, kommt nicht in Betracht, denn es wird aus prak- 
tischen Gründen auch von Chinesen von rechts nach links ge- 
schrieben; von links nach rechts nur von Europäern; s. Arendt, 
HancRmch der Nordchin. Umgangssprache 38 (§ 31, 2). In dem 
gemischten Drucke des c^ ao-Mn-t u-Jd, von dem Deveria S. 334 
eine Probe giebt, hat man sich so geholfen, dass man das Ara- 
bische von oben nach unten druckte. 

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ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE. 79 

grossen Moogolenkaiser, in welchen der S. 47 gezeichnete Geschicht- 
schreiber RaSideddin es zam Wezir im Reiche Ol^tus brachte 
und der gewaltige Nssir-i-Tüsi mit einem chiDesischen 
Astronomen zu gelehrten Studien znsammenbefohlen wurde ?^) Das 
wäre allerdings ein Beispiel von seltener Zähigkeit. Thatsache 
ist, dass das Persische neben der Muttersprache und dem Arabi- 
schen einen Lehrgegenstand in den Schulen der chinesisch-isla- 
mischen Jugend bildet (Thiersant 2, 285 f. 333. 344 f., wo nach 
Milne von dem Moschee-Imam in Neng-po erzählt wird, der 
Arabisch lesen und sprechen, aber nicht ordentlich chinesisch 
lesen und schreiben konnte, auch behauptet wird, manche Imame 
brächten es dazu, Bücher in korrektem Arabisch und Persisch 
abzufassen), und doch sieht man nicht ein, welchen praktischen 
Vorteil die chinesischen Muslims von dem Erlernen dieser Sprache 
haben können. In keinem Falle ist hier der Gebrauch des Per- 
sischen ein Hinweis auf schiitische Tendenzen. Von solchen wird 
sich in Sfldchina nichts entdecken lassen, und auch in Nordchina 
ist die «Ca offenbar nur sehr schwach vertreten'). 

Mit der Kenntnis des Persischen steht es freilich bei unserm 
Verfasser ziemlich schwach, und selbst in dem kleinem Kreise, in 
dem er sich naturgemäss hier bewegt, wird er mit dem Ausdruck 



') Zur Beleuchtung der persisch-chinesischen Litteratnr, die 
damals entstand, mussten wir die Werke besitzen, dieRaSideddin 
als höh 2 des qism 2 anführt (Quatremäre, Hütaire des MongoU 
de Ja Ferse S. OLX) und die er an sein Hauptwerk, das vierbäncuge 
§ämi^ ot^otoäricA, angeschlossen hat: Uebersetzungen aus dem 
Chinesischen ins Persische und dann ins Arabische, vier Bücher, 
1) Theoretische und praktische Medizin der CSiinesen, 2) Die Heil« 
mittel (Simplicia) der Chinesen, mit Hervorhebung der auch in 
Persien angewandten; 3) die Heilmittel der Mongolen; 4) Gesetze 
der Mongolen und Staatsverwaltung, auch Gewohnheitsrecht. In 
Anm. 2& (S. CLXIX) weist Quatremäre nach, dass unter 
den Mamluken viele Mongolen in Egypten lebten, und die Sultane 
einen besonderen Sekretär für die mongolische Korrespondenz 
hatten. Zu der Stellung des Persischen als Bindeglied zwischen 
Arabisch und Chinesisch vgl. auch die Bemerkung ZDMG 41 (1887), 
160 n. 2. Ein sonderbares Zusammentreffen ist zu verzeichnen 
ffir hö%eng\ ist der Name des alten PiSdadiers iranisch, so ist das 
chösang, das Benäketi, der Abdalla Baidawi Andreas Müllers, als 
einen dem hachH [indisch bakhiü d. i. Lama, s. Quatrem^re, 
Hiat, Mang, I n. 51 p. 184 ff. Ibn Batüta wurde als bachsi 
bezeichnet 4, 260] gleichwertigen Würdenamen nennt, chine- 
sisch. 

» 

*) Auf den ersten Blick sieht man, dass das da*awäi trotz 
seines persischen Gewandes nicht schiitisch sein kann: 'Ali wird 
nicht ein einziges Mal genannt und auch die andern Merkmale 
schiitiBcher Gesinnung (s. z. B. Goldziher ZDMG 50. 120 ff.) fehlen 
vollständig. 



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80 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRUCKE. 

dessan, was er sagen will, oft nicht recht fertig, aber man ver- 
steht, was er meint ^). 

Der Inhalt des Buches bietet nichts Bemerkenswertes. Es 
sind die bekannten Gebetvorschriften, die für Hanefiten*) gelten. 
Eine viel aosfiihrlichere Darstellung dieser Vorschriften hat 
Thiersant 2, 375 ff. nach S%eou-T$ching-M(mg^yn, introdueUon ä 
Väude et ä la pratigue de la vrcde dodrine . Sie giebt trotz der 
schlechten Anordnung und trotz der zahlreichen Versehen im Ein- 
zelnen ein gutes Bild von den Gebräuchen der hanefitischen 
Chinesen. Das Opus des Ma-ko-tsay ist dagegen ganz unge- 
nügend. Es ist aber durchaus nicht etwa ein blosser Auszug aus 
dem von Thiersant übersetzten ausführlicheren Werke, es zeigt 
vielmehr stellenweise Abweichungen, die in Anbetracht der Sta- 
bilität alles Formelhaften immerhin auffallend sind und vielleicht 
darauf hinweisen, dass das Sieou-Tsching-Mong-yn einem anderen 
Kreise angehört als das da*awät. 

Von Eigenartigem, das mitten in allgemein Islamischem in 
dem Ritus der Chinesen sich findet, kann ich nur Eines nennen 
auf das man, soviel ich sehen kann, bisher nicht geachtet hat: 
Spuren des chinesischen Ahnehkultus. Solche werden wir an- 
nehmen dürfen in der Formulierung: ,ich bitte Gott um Ver- 
zeihung für mich und für meine Eltern und ihre Eltern und 
die Eltern ihrer Eltern und alle, die von ihnen abstammen; 
mein Herr, verzeihe ihnen, wie sie mich in meiner Kindheit 
erzogen haben* (im Frühgebet f. 27 b, s. Prides 17). Dieser 
Passus ist um so interessanter, als er in der Fassung des Früh- 
gebetes bei Thiersant 2, 410 ff. fehlt. Es ist ja zu beachten, 
dass diese Fassung überhaupt von der in den ddawät sehr 
abweicht; einzelne Stellen sind, wie aus der Übersetzung hervor- 
geht, identisch, und besonders das du'ä, das dem eigentlichen 



Auf sprachliche Einzelheiten kann hier nicht eingegangen 
werden, nur sei verwiesen auf die wirre Konstruktion, die oben 
S. 74 angeführt ist. Wie ein Turcismus mutet an das waqti, das 
mehrfach vorkommt (z. B. f. 36 a bmn waqti); ähnlich rik^cUl 56 b. 

') Solche sind weitaus die meisten der chinesischen Muslims. 
Deren Gesamtzahl stellt Thiersant (1, 38 ff.) auf 20-21 Milli- 
onen fest und bemerkt (2, 2Anm.), dass in Kansu und in Ost- 
turkestan auch Schafiiten und Schiiten leben. Genaueres habe er 
nicht ermitteln können, und auch aus Palladius sei nichts Sicheres 
zu ersehen. Jansen rechnet für 1894 mindestens 32600000 
Muslims, sämtlich Sunniten (davon in den Nebenländem 1 200 000; her- 
aus nach Le Chatelier und'Montet (Hirth scheint vorsichtig 
in dem Manuskript, das Jansen benützt hat, keine Ziffer gegeben 
zu haben). Die Ziffer Thiersants, die Jansen nicht berück- 
sichtigt, verdient offenbar mehr Zutrauen, denn sie ist das Resul- 
tat sorgfältiger Ermittelungen im Lande selbst. Nach dem 
ProzentMtz der jährlichen Vermehrung (ca. Vs Vo) ^^^ jetzt die 
Zahl der Muslims auf 22—23 Millionen geschätzt werden düi'fen. 

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ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRUCKE. 81 

nemä$ folgt, zeigt am AnfEuig Übereinstiinmuiig, aber die Fassung 
bei Thiersant ist viel om&ngreicher and gerade deswegen 
sollte man in ihr jenes langatmige Zeagnis des Familiensinnes 
und der Vor^ahrenehrong erwarten. Es scheint, dass dieses 
Hineinragen yolkstfimlicher Anschauungen in den Ritus thatsäch- 
lich Yorhanden ist und yon dem Verfasser des tktawät in harmlos 
kindlicher Weise festgelegt worden ist, während der Verfasser 
des Sieou-Tsching-Mong-yn, dem sicher der Brauch nicht unbekannt 
war, als ein kundiger Mann sich an das dem ganzen Islam Gemeine 
hSJt und den lokalen Auswuchs ausscheidet^). 



1) Nicht auf gleiche Stufe ist die Erwähnung des Lehrers 
zu stellen, wie sie z. B. im cAo^-Gebete vorliegt (f. 61b): ,yer- 
zeihe mir und meinen Eltern und meinen Lehrern' (ustäd{jä) etc., 
denn wird auch der Respekt gegen den Lehrer bei den Chinesen 
besonders gepflegt (so war z. B. in der Einleitung Seite b 3 vor den 
Worten Hao-hno ,die obersten Lehrer* der Eeffpektsraum ge- 
lassen), so ist doch gerade in diesem Falle die Erwähnung des 
Lehrers (der den Qursn lesen gelehrt hat) allgemein; cf. cAo^- 
Gebet am Ende der Lithogr. Constant (s. oben S. 74 n. 2) tistääinä 
wamaiäjichmäy am Ende von Ms. Mon. ar. 39 f. 394 b tuiädmä u. o. 



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Strassen durch Asien. 

Wie kommt man ins Land der Seres? Darauf 
hatten die Westvölker des Altertums keine Antwort. 
Wohl drang an ihr Ohr die Runde von einer grossen 
Strasse durch Skythia (Central-Asien), und Ptolemaeus 
trug froh in seine Karte die längs dieser Strasse ge- 
legenen Hauptgebirge ein, deren indische Namensformen 
wohl auf die nach China ziehenden Missionare des 
Buddhismus zurückzuführen sind. Um 600 wurde durch 
nestorianische Glaubensboten das Christentum ins Reich 
der Mitte getragen, aber keiner von ihnen berichtete über 
den Weg. Islamische Heere machten Versuche, über den 
Westrand der weiten Ode, die Ostasien vom Rest des 
Erdteils trennt, wegzukommen, ohne Erfolg. Als der 
Stern der Mongolen aufging, wusste man in Europa über 
jene grosse Landverbindung nur das Eine, dass man 
nichts wisse. 

Anders die klugen Chinesen. Den Weg durch 
Mittelasien schlugen ihre Heere wiederholt seit dem 
1. Jahrhundert ein, und im 7. Jahrhundert beschreibt 
ihn ein chinesischer Reisender ausführlich. Aber auch 
hier wird helles Licht auf die ^osse Heer- imd Handels- 
strasse erst geworfen, als die gewaltige Gründung 
Dschengiz Chans den fernen Osten mit dem Westen 
verband und die Beziehungen seiner Nachkommen zu- 
einander ein beständiges Gehen und Kommen von der 
Küste des Stillen Ozeans bis zum Gestade des Mittel- 
meeres bewirkten. Wohl zogen auch Europäer den 

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STRASSEN DURCH ASIEN. 83 

grossen Überlandweg, aber ihre Berichte verschwinden 
neben der Zahl und der Bedeutung dessen, was in 
chinesischen Quellen vorliegt. Mit bewundernswertem 
Fleiss und Scharfsinn sind Bretschneider und Hirth 
den Beziehungen Chinas zum Westen nachgegangen und 
haben durch die kritische Bearbeitung jener Quellen 
nachweisen können, wie vortreffliches Material wir für 
Lösung vieler Rätsel in ihnen haben. 

Chinesen reisten und reisen nicht zum Vergnügen 
noch zur Belehrung. Sie begreifen nicht einmal, dass 
man so etwas thut. Sie reisen nur in Geschäften, ihrem 
Charakter entsprechend, der dem nüchternen btisiness 
und daneben hockendem Spekulieren zuneigt. Die 
aber, die amtliches oder soziales Muss zu erheblicher 
Lokalveränderung führte, haben nicht selten das Gesehne 
in mehr oder minder geschickter Weise wiedergegeben. 
Leider überwog in fast allen die Spekulier- Anlage, wir 
vermissen die für uns allein wertvolle Darstellung vom 
Standpunkte des nüchternen Beobachters-, beständig 
schlägt ihnen der Litterat, d. h. der Pseudo-Philosoph 
und Pseudo-Dichter in den Nacken, und die verträumten 
Ergüsse mit den auf Tausende von li abgerundeten 
Entfernungen und den temperamentvollen Naturschilde- 
rungen ersetzen uns nicht, was wir suchen, genaue 
Einzeldaten. Immerhin lässt sich aus den Reisenoten 
Einiges gewinnen und Bretschneider hat fünf Züge 
berühmter Chinesen nach dem Westen in Teil I seiner 
Mediaeval Researches verarbeitet ^). Die Darstellung des 
letzten ist dem Yüen si, der berühmten Geschichte der 
Mongolendynastie, entnommen, die Bretschneider das 
Hauptmaterial für Teil II des eben genannten Werkes 
lieferte, die Notices of the Mediaeval Geography and 
History of Central Äsia, Eine wertvolle Urkunde be- 
spricht Bretschneider in Teil III der Researches: 



*) Der bedeutendste und die reichste Ausbeute bietende ist 
die Fahrt C'ang Ö'un's zu Dschengiz Chan, die schon oben S. 46 
n. 2 erwähnt wurde. 



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84 STRASSEN DURCH ASIEN. 

eine mongolisch-chinesische Karte Central- und West- 
Asiens aus der Zeit um 1331. Am ausgiebigsten für 
die Kenntnis der grossen Heerstrassen^ auf denen sich 
der Verkehr zwischen Ostasien und dem Westen be- 
wegte, ist Teil IV: Chinese intercourse with the ComUries 
of Central and Western Asia during the fifteenth and 
sixieenth centuries. Das Hauptergebnis der Untersuchung 
ist, dass zur Mongolenzeit, d. h. im 13. Jahrhundert 
bis zur Regierung Qubilai-Chans (1260) die Heerstrasse 
zwischen Ost- und Westasien nördlich vom T'iensan- 
Gebirge lief; sie stieg nördlich bis zur Residenz der 
Herrscher, Karakorum, hinauf und erreichte über Bis- 
balik, Almalik (Kulga), Talas, Sairam und Taskend Samar- 
kand Später wurde eine südliche Verbindung vor- 
gezogen: von der wichtigen Festimg an der Nordwest- 
grenze Chinas Kia-yü-kuan in der Nähe von Su-cou^) 
ausgehend führte sie über Hami, Turfan und Aksu nach 
ElaSgar, von wo aus dann die uns auch aus andern 
Quellen bekannten Strassen nach Chorasan genommen 
wurden. Mit dem Verfall der Staaten Asiens im 17. 
Jahrhundert geht der Rückgang im Verkehr Hand in 
Hand. Die Landverbindung wird fast vollständig auf- 
gegeben, und der Handel wie die kaum nennenswerte 
Bewegung der Nichthändler sieht sich auf den Seeweg 
angewiesen. 

Dem Landverkehr machte vollends den Garaus die 
Verwendimg des Dampfes für die Schiffahrt. Sicher- 
heit, Schnelligkeit, Pünktlichkeit waren die Vorzüge, 
die die neue Einrichtung gegenüber dem Segelschiff, 
noch viel mehr gegenüber dem Zuge durch gefahren- 
gespickte Landstriche auf Tierrücken bot. 

China ist dieser Zustand erwünscht. Gegenwärtig 
haben die bösen Fremden — mit Ausnahme der Russen, 
mit denen man sich unter der Hand verständigt — 
keinen andern Zugang zum Lande als von Osten. So 
hat Regierung wie Heer einen unermesslichen Rückhalt: 



*) Über die Lage siehe Bretschneider 2 n. 937. 

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STRASSEN DURCH ASIEN. 86 

man weicht von der Küste ins unerreichbare Innere zu- 
rück und holt sich Kraft zu neuen Schlägen gegen die 
Bedränger oder hält sich still^ lockt sie hinter sich her 
und bringt ihnen dann schwere Schlappen bei, immer 
unfassbar, dem weissen Teufel eine Nase drehend. 

Auch Russland befindet sich bei dieser Ab- 
geschlossenheit des Reiches der Mitte wohl. Ihm ist 
die Frucht durch jahrhundertlanges, geduldiges Zuwarten 
gereift. Wie grossmütig war es mit dem Di-Kreis (Kul^a- 
Gebiet), den es den Chinesen zurückgab, nachdem es 
ihnen das Stückchen Land gerettet! Von einem solchen 
Nachbar sollte Schlimmes drohen? Dieser Nachbar 
gerade wartet nur den Augenblick ab, wo er den Haupt- 
stoss fähren kann, der ganz Nordchina in seine Gewalt 
bringt. Wohl ist jüngstens von Augenzeugen versichert 
worden: die sibirische Bahn ist ein einziger grosser 
Humbug, und selbst in französischen Blättern konnte 
man lesen, dass grosse Stücke des Schienenweges 
ständig oder wenigstens zeitweilig unbefahrbar seien. 
Aber der Rahmen ist geschafien für den starken Nordwall, 
von dem aus Vorposten vorgeschoben werden, von dem 
aus Eisenzünglein hinstreben zu dem südlicheren Stahl- 
band, das Russland dem Nachbar umlegen will. Die 
Linie Tschelj abinsk-Irkutsk-Tschita-Kirin- Wladiwostok 
geht ihrer Vollendung entgegen. Von ihr aus werden 
zahlreiche Stränge zu der südlichen Linie führen, die 
von Taschkend über Kuldscha, Manas und Gucen am 
Nordhange des T'iensan nach Hami und dann weiter 
tiber.Su-cou in das Herz Nordchinas gehen und in der 
Strecke Andidschan-Kasgar-Aksu-Turfan-Hami am Süd- 
hange des T'iensan eine wichtige Parallelbahn haben 
wird. 

Das Einzige, was diese ungeheure Bewegung, 
welche die politische Gestaltung Asiens völlig ändern 
wird, zwar nicht verhindern, aber doch um einige 
Jahrzehnte hinausschieben kann, ist das Geld. Schon 
der Durchführung des sibirischen Planes setzte der 
Mangel an flüssigem Kapital öfters erhebliche Hin- 

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86 STRASSEN DURCH ASIEN. 

demisse entgegen. Halten Europa und Amerika die 
Taschen zu, dann ziehen sich die angedeuteten Unter- 
nehmungen so lange hinaus , bis Russland selbst 
durch das bisher Geschaffene, das ja 'allerdings wirt- 
schaftlich von höchster, werteschaffender Bedeutung ist, 
kapitalistisch gestärkt ist, und als ihm im eignen Innern 
die Industrie zur Herstellung der enormen Quanta von 
Material für Bau und Ausbeutung genügend gewachsen 
ist. Die beiden Faktoren, die hier hindernd wirken, 
Geld und industrielle Bereitheit, stehen im reichsten 
Masse zur Verfügung, wenn die zusammenhalten, die 
ein Interesse daran haben, dass nicht ganz China rus- 
sische Provinz wird. Das sind alle ausser Russland, 
Frankreich nicht ausgenommen, das durchaus kein 
Verlangen danach trägt, im Norden von Tonking den nor- 
dischen Freund und damit eine wirtschaftlich selbst 
stark interessierte Macht zum Nachbar zu haben. Alle 
nichtrussischen Franken müssen zusammenstehen, um 
zu verhindern, dass es in Zukunft nur ein einziges rein 
russisches nur an Russland angeschlossenes Schienen- 
netz in Ostasien giebt, dass die Verbindung Ostasiens 
mit dem Westen auf den Sti'ang durch Russisch-Central- 
asien angewiesen ist. Es ist die grosse südasiatische 
Überlandlinie zu schaffen, von der mächtige Stücke 
bereits im Betrieb, andere wichtige im Bau sind. 

Geld und Kraft haben die Franken zu dem ge- 
waltigen Unternehmen, aber zwei grosse Hindernisse 
scheinen der Ausführung im Wege zu stehen: 1) die 
Uneinigkeit der Franken, 2) das Misstrauen und der 
Widerstand der islamischen Völker, durch deren Gebiet 
der Schienenweg zu führen ist, und mit deren gutem 
Willen zu rechnen ist. 

Das fränkische Europa hat bisher einen schwe- 
ren Fehler begangen, indem es dem Islam gegen- 
über innerlich eine falsche Stellung einnahm. Es ist 
letztlich öfter darauf hingewiesen worden, wie geschickt 
das Verhalten der orthodoxen Russen gegenüber ihren 
islamischen Unterthanen ist. Es ist richtig, dass Russe 

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STRASSEN DURCH ASIEN. 87 

und Muslim sich verwandt fühlen als Asiaten. Aber 
es ist auch anzuerkennen, dass der Russe als Gebieter 
und als Mensch dem Muslim so gegenübertritt> dass 
dieser Zutrauen, ja Anhänglichkeit 'gewinnen muss. 
Schulter an Schulter dient der islamische Soldat mit 
dem orthodoxen in der Armee, er nimmt an Auszeich- 
nungen und Beförderungen teil, in russischen Häusern 
dienen Muslims neben Rechtgläubigen, und niemand 
fragt nach ihrer Religion, die sie frei ausüben dürfen, 
wenn sie ihre Pflicht thun. Für den Britten sind die 
Muslims „Natives" „Niggers", die noch weit hinter den 
„Foreigners ** stehn, freilich- nicht so weit, als diese vom 
„British" entfernt sind i). Der Franzose hat ebenfalls 



Der englische Nationalfehler eines ans Pathologische 
streifenden Dünkels hat in den letzten Jahrzehnten eher zugenom- 
men. Am Anfang der englischen Herrschaft in Indien gab es 
noch gute Anglo-Indians, d. h. Leute, die sich mit Liebe in das 
Land einlebten und den Eigentämlichkeiten seiner Bewohner ge- 
recht zu werden suchten. Li neurer Zeit herrschen fast aus- 
schliesslich die Leute vom Schlage des Jos Sedley, der in Tha- 
ckeray's Vanity Fair so köstlich geschildert ist. Li neuester Zeit 
wirkt gradezu verhängnisvoll Kipling, dessen schönes Talent 
man mit Bedauern in den Dienst des blindesten und blödesten 
Rassendünkels und Rassenhasses gestellt sieht. Die fade Heu- 
chelei, mit der er die sogenante Mission Englands feiert, mag 
ihm hingehn: ,Clear the land of evil, drive the road and bridge 
the ford, — Make ye sure to each bis own — That he reap 
where he bath sown [d. h. dass der Britte erntet, wo der Boer 
gesät hat] — By the peace among our peoples let men know 
we serve the Lord!' Die freche Anrufung Qottes zur Verherr- 
lichung von Eigensucht und Gewaltthat ist ganz im Geiste des 
Engländers, der in der einen Hand die Bibel schwingt, mit der 
andern das Opium au^^wingt, und kann nur harmlosen Seelen 
Freude machen wie MaryEingsley, die mit diesen Versen ihre 
yEUstory of West Africa* schliesst. Mit Recht aber erhebt van 
Oordt (Be NederkMdische Koopman in de Landen van den Islam 
306) Protest gegen die Gesinnung, die sich in den Worten aus- 
spricht: ,0, East is East, and West is West, — And never the 
twaine shall meet — Till Earth and Sky stand presently — At 
God's great Judgment Seat'. Die empörende Verhetzung des 
armen Europäers, der dem Dienste der guten Sache (!), der 
jCivüisierung' des blöden Asiaten sich opfert, wie sie in ^The white 



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88 STRASSEN DURCH ASIEN. 

in der Behandlung des Islams schwere MissgrifFe be- 
gangen, aber er ist unbefangener als der Britte, kann 
sich eher in das Fremde hineindenken. Der Deutsche 
hat noch nicht viel Gelegenheit gehabt, Erfahrungen 
zu sammeln und sich zu erproben. Sein Anpassungs- 
vermögen ist bekannt, ja verrufen. Jetzt, wo dem das 
Gefühl der Kraft sich gesellt, wird die Kehrseite da- 
von, das Aufgeben des Eignen, schwinden, und die 
besonnene ruhige Beurteilung des Fremden neben wohlwol- 
lender Rücksichtnahme auf dessen Eigenart sich geltend 
machen. 

Der Orientale ist ein guter Beobachter, und er hat 
die Wesensart der verschiedenen europäischen Nationen 
richtig erfasst Wir haben gegenwärtig das Vertrauen 
der islamischen Welt und des Mannes, der an der 
Spitze des grössten islamischen Staates steht. Wir haben 
alle Ursache, nach der Bewahrung dieser ireundlichen 
Gesinnung zu streben. Der Sultan ist klug. Er weiss 
sehr wohl, dass sein weites Reich eine neue Blüte er- 
leben kann, dass auch ihm persönlich sehr bedeutende 
materielle Vorteile in den Schoss fallen, wenn das Land 
mit einem Netz guter Verkehrswege überzogen wird. 
Grundsätzlich hat er gegen den Bau von Bahnen nichts 
einzuwenden, aber er sieht in den Fremden, die die 
grossen Verkehrswege bauen, gefährliche Werkzeuge 
politischer Macher. England und Frankreich haben 
ihm beide genügenden Anlass zu Misstrauen gegeben. 
Frankreich hat nichts versäumt, um das gierig beäugte 
Syrien an sich zu bringen. England ist es gelungen, 
dem Sultan auch den schwachen Schein der HeiTschaft 



man's bürden* vorliegt, ist g^it beleuchtet Litt. C. Bl. 1899 No 16 
Sp. 567. Mit welchem Rechte beklagen wir uns über die Send- 
linge des Islams, die in Afrika und Asien die Lehre von der 
^Mission' ihrer Religion predigen, von dem geheiligten Beruf aller 
Muslims, die wahre Lehre zu verbreiten, und deren ganzes Stre- 
ben, gerade wie das Kiplings, darauf geht, Scheidemauem zu 
errichten zwischen den Völkern, die Kluft, die ohnehin schon 
Unverstand und Eigensinn zwischen Menschen verschiedener An- 
lage und Sitte schaffen, noch zu vertiefen ? 

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STEA88EN DURCH ASIEN. 89 

über Egypten zu nehmen, Cypern vom Osmanenreiche 
loszulösen. Deutschland hat keine eigensüchtigen Ab- 
sichten. £s hat nur wirtschaftliche Ziele im Auge und 
sieht in dem Aufblühen des osmanischen Reiches einen 
Vorteil für seine eignen Interessen und für die Verbreitung 
fränkischen Kulturlebens. Die Aufgaben, die in der 
asiatischen Türkei zu lösen sind, sind so grosse, so 
mannigfaltige, so schwierige, dass selbst unter günstigen 
Umständen das Jahr 1950 herankommen wird, bis der 
Zustand geschaffen ist, der als ein befriedigender und 
weitere gedeihliche Entwicklung verbürgender betracht e 
werden kann. An diesem Werke mit aller Anstrengung 
teilnehmen,'' heisst die nationale Kraft stärken. Wir 
werden damit auch die Landesregierung stärken, und 
mit dieser den Islam. Ist das ein Unglück? Wir 
glauben nein. 

Es ist nicht unbekannt, dass die Kriege, die die 
Türkei seit 1877 zu führen hatte, schwere Aderlässe 
für sie gewesen sind. In diesen Kriegen war das 
beste, zuverlässigste, kräftigste Material die Türken 
Anatoliens. Hunderttausende kleinasiatischer Türken 
im besten Mannesalter gingen durch Kämpfe, durch 
Krankheiten, nicht zum wenigsten auch durch die 
schlechte Heeresverwaltung zu Grunde. Dass die 
Lücken durch eine Zeit des Friedens und ruhiger wirt- 
schaftlicher Entwicklung ausgefüllt werden, muss dem 
Sultan im Interesse des Landes und der Religion, als 
deren Schutzherr er allenthalben gilt, besonders am 
Herzen liegen. Aber er wird sich der Erwägung nicht 
verschliessen, dass auch seine christlichen Unterthanen 
wertvolle Faktoren für diese Entwicklung sind, ja dass 
er sie bei dem grossen Mangel an Händen, der überall 
herrscht, gamicht entbehren kann, und dass die Ab- 
Schlachtungen der Armenier, die erwiesenermassen unter 
den Augen der Regierungsorgane vor sich gingen, der 
Sache des Islams nicht nur nicht nützten, sondern dem 
ganzen Lande, auf dessen Gedeihen doch eben diese 
Sache wesentlich beruht, die schwersten Wunden 



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90 STRASSEN DURCH ASIEN. 

schlugen. Keine Macht der Erde hat sich um Interna 
des türkischen Reiches zu kümmern, und Deutschland 
hat nicht die geringste Veranlassung, die Sache der 
orientalischen Christen zu vertreten. Man wird aber 
den türkischen Machthabern vorstellen dürfen, dass sie 
sich ins eigne Fleisch schneiden, d. h. das eigne Land 
dem völligen Ruin entgegenführen, wenn sie diese mit 
geringen Ausnahmen (zu denen gehören besonders die 
syrisch sprechenden Christen an der persischen örenze) 
höchst rührigen und intelligenten Elemente durch ein- 
faches Hinschlachten aus der Welt schaffen oder durch 
grausame Gewaltmassregeln herunterbringen oder zur 
Auswanderung treiben i). Nicht die islamischen Unter- 
thanen des Sultans, die angeblich von den bösen Christen 
geplündert und ausgesogen werden, sind gegen diese 
zu schützen, sondern sie sind von der Landesregierung 
selbst morab'sch zu stärken, d. h. es sind ihnen Antrieb 
und Mittel zu gewähren, dass sie ihre geistigen imd 
materiellen Kräfte besser anwenden lernen. Es ist vor 
allem den islamischen Elementen im Lande selbst, die 
wirklich geistig regsam sind, der weiteste Spielraum 
zu gewähren, und es sind ihnen nicht weiterhin bei 
dem Streben nach kultureller Entwicklung Knüppel 
zwischen die Beine zu werfen, wie das bei den Kurden 
geschehen ist, denen man aus Furcht vor nationalen 
Regungen jedes geistige Leben zu unterbinden sucht. 
Dazu kommt noch eins. Die Kriege, die die Türken 
in Europa geführt haben, trugen nicht wesentlich den 
Charakter von Religionskriegen. Der Türke ist Soldat 
und war es immer, ein beutelustiger, eroberungssüch- 
tiger Krieger, aber kein Fanatiker. Es ist kennzeich- 
nend, dass alle Türken der Schule des Abu Hanifa 
folgen, d. h. des sunnitischen Rechtslehrers, der die 



') Qeradeza wahnwitzig sind die Vorschläge, die ein Dr. 
Mehemed Emin Efendi in ,,Die Zukunft der Türkei'* macht. 
Er empfiehlt nichts mehr und nichts weniger als die Abstossung 
aller christlichen Elemente der Türkei; das ist die Panacee, durch 
die zur Heilung gelangt werden soll. 



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STRASSEN DURCH ASIEN. 91 

mildesten Ansichten vertritt. Thatsächlich erweisen sich 
die Türken, die einmal unter fremde Herrschaft ge- 
kommen sind, als zuverlässige, ruhige Unterthanen der 
neuen Regierung *). Roheiten in Beschimpfung der An- 
dersgläubigen als solcher, wie sie in älterer Zeit oft 
vorkamen, sind mehr dem übertriebenen Nationalgefühl 
der Osmanen und der Rauheit der Sitten eines der 
europäischen Gemeinschaft noch nicht angehörenden 
Volkes zuzuschreiben. Das was in der Türkei etwa 
noch von religiösem Fanatismus vorhanden ist, wird bei 
näherer Berührung mit der fränkischen Kultur, bei Aus- 
bildung der Verkehrswege, bei Erhöhung des geistigen und 
moralischen Niveaus der Bevölkerung völlig schwinden*). 
Und von diesen Einflüssen werden auch die nichttür- 
kischen Muslims des Landes berührt werden; nament- 
lich von den Kurden ist hinsichtlich des Fanatismus 
nichts zu fürchten, wenn die Regierung nicht selbst das 
Feuer schürt, und wenn man die mächtigsten Häupter 
des Landes dazu bewegen kann, und das wird nicht 
schwer sein, Hetzern sofort energisch das Handwerk zu 
legen. Weniger harmlos sind die arabischen Muslims, 



*) Neuestens wird über eine Bewegung unter den Muslims 
des österreichischen Okkupationgebietes berichtet. Dass dort 
gewissenlose Agitatoren die Hand im Spiele haben, ist sicher. 
Doch wird man die Beschwerden anparteiisch zu prüfen haben. 
Möglich ist immerhin, dass vereinzelt Organe der Verwaltung in 
Bosnien und Herzegowina nicht ganz korrekt gehandelt haben. 

*) Nicht die gleiche Hoffiiung darf man für AMka hegen. 
Dort hat der Islam weit geiUhrlichere Formen und gefällt sich 
in expansiven Tendenzen. Dort herrscht das finstere Malekiten- 
tarn, und das Unwesen der religiösen Bruderschaften ist in Blüte. 
Aber nirgends ist Macht, denn wo die Herrschaft nicht in schwachen 
Händen ist, wie in Marokko, da ist sie in denen habgieriger Em- 
porkömmlinge, oder sie ist gar nicht, in dem Kriege Aller gegen 
Alle. Man darf schon jetzt mit einiger Sicherheit sagen, dass bei 
klugem Verhalten der Kolonialmächte die Bolle des Islams in 
Afrika ausgespielt ist. Ein paar blutige Zuckungen wird es geben. 
Sie werden den Lauf nicht aufhalten. An Stelle der Hunderte 
von Franzosen, die in Nordafrika im Vordringen fallen, treten 
Tausende. 



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92 STRASSEN DURCH ASIEN. 

aber die der Städte und des Kulturlandes sind fast 
durchgängig energielos und leicht im Zaum zu halten, 
die der Steppe feiges Raubgesindel, mit dem noch leichter 
fertig SU werden ist. 

Für das Stück der Südasienbahn zwischen dem Mittel- 
meer imd Kuweit kommen „Uneinigkeiten der Mächte^ 
und „Widerstand der Muslims" nicht in Betracht. Auch 
nicht für die Strecke, die sich östlich anschliesst. Denn 
dieses missing link zwischen dem grossen englisch-in- 
dischen Schienennetz und dem Westen kann nur von 
England gebaut werden und wird von ihm gebaut wer- 
den, sollten auch die auf dem Strich wohnenden Mus- 
lims verhetzt werden oder die Russen einen verwegenen 
Verstoss nach Bender ' Abbäs hinunter machen. Der per- 
sische Golf ist ein englisches Binnenmeer, an dieser That- 
Sache ist vorläufig nicht zu rütteln, und geht England mit 
dem Bahnbau an dessen östlichem Rande rücksichtlos vor, 
so kann man ihm und der ganzen Frankenwelt nur 
Glück wünschen, denn nur so kann der fränkischen Kultur 
ein offener Weg durch Asien gesichert werden, abgesehen 
davon, dass dann erst der Bagdad-Bahn die schnelle 
und reiche Entwicklung verbürgt ist, die guter Ertrag 
mit sich bringt. Bleibt der Teil, der im Osten an das 
indische Bahnnetz sich anschliessen soU. 

Im ganzen Norden Asiens herrscht ein Wille, 
verkörpert in dem weissen Czaren. Im nicht chine- 
sischen Südostasien hat zwar England das grosse Wort, 
aber es hat doch nur die westliche Hälfte und 
muss selbst in dieser sich Siam und Frankreich als 
selbständige Mitbesitzer gefallen lassen; dazu hat es 
fortwährend mit den nationalen Bestrebungen eines ur- 
alten Kulturvolkes zu kämpfen und ist in dem Teil 
seines grossen indischen Reiches, der den am meisten 
in seiner Richtung vorgeschobenen russischen Posten 
am nächsten liegt, zu einer viel Menschenmaterial und 
Geld kostenden Expansionpolitik gezwungen. Frank- 
reich hat für seinen ostasiatischen Besitz grosse Opfer 
bringen müssen, aber Cochinchina, Annam und Tong- 

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STRASSEN DURCH ASIEN. 93 

king erweisen sich schliesslich als ein wertvoller Ko- 
lonialbesitZy und die neueste Erwerbung, die „Pachtung^ 
von Kwang-iou-wan hat ihm einen wichtigen Anhalts- und 
Vorstosspunkt ftir eine kräftige Politik in Südchina im 
Lande selbst gegeben. Wenn die beiden grossen Ko- 
lonialmächte, die da, wo sie an China grenzen, nur 
durch den Mekong von einander getrennt sind, ihr 
Interesse recht verstehen, so bleiben sie jeder Eifer- 
süchtelei in diesem Teil des Kontinents fern, nament- 
lich hat der Franzose immer sich gegenwärtig zu halten, 
dass der Engländer Europäer und ihm interressenver- 
wandt, der Russe Asiat und daher sein natürlicher 
Feind ist Frankreich und England müssen sich ge- 
meinsam in den Dienst der grossen Idee stellen, 1) von 
Westen her das Leben in das erstarrte Reich der Mitte 
zu bringen, gegen das es sich mit dem Beharrungs- 
vermögen des Starren und dem passiven Widerstände 
des Eigensinnigen sträubt und mit dem ihm von 
Osten nicht beizukommen ist, 2) Südchina vor den 
gierigen Händen zu retten, die Russland nach ihm aus- 
strecken wird, sobald es den Norden sich sicher ein- 
gethan hat. Nach gemeinsamem Plane muss vorge- 
gangen, vor allem das Material geschickt verwandt 
werden, das im Lande selbst vorhanden ist. Die dreissig 
Millionen Muslims, die durch das Reich zerstreut wohnen, 
sie gerade sind das Element, mit dem sich eine Neu- 
ordnung der Dinge herbeiführen lässt, die für Alle die 
segensreichsten Folgen haben muss: vor allem für 
China, dessen Hilfsquellen dann endlich ausgelöst 
werden, fUr die Muslims, die ihren Drang nach eifriger 
Bethätigung frei üben können und von dem unwürdigen 
Zwange der Fremdregierung befreit werden, für Europa, 
dessen Beziehimgen zu Mittel- und Ostasien eine un- 
geahnte Entwicklung erfahren werden — und schliess- 
lich wird selbst Russland, das sich anfangs benachteiligt 
glauben wird, einsehen, dass der neue Zustand, indem 
er Festes schafil, ihm zur Ausarbeitung und Durch- 
dringung des in den letzten Jahrzehnten im Fluge Er- 



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94 STRASSEN DURCH ASIEN. 

haschten am gedeihlichsten ist und es vor dem Zer- 
fliessen wahrt, das ihm bei der Expansion ins Uferlose 
droht. 

Grossen Bewegungen lässt sich nicht die Bahn im 
Einzelnen vorschreiben, und es ist müssig, hier zu spe- 
kulieren, wie sich die Erhebung der islamischen Ele- 
mente Chinas gestalten wird. Doch dürfen immerhin 
einige Gesichtspunkte zur Sprache gebracht werden, 
von denen aus auf die Bewegung, soweit ein Einfluss 
auf sie möglich ist, zu wirken sein wird. 

Es ist in Yünnan einzusetzen. Leider sind hier 
England und Frankreich wie zwei Köter, die an dem- 
selben fetten Bissen stehend, sich anknurren. Die 
Yüunan-Muslims sind rührig und intelligent. Sie werden 
leicht zu der Einsicht zu bringen sein, dass die Ein- 
führung fränkischer Verkehrsmittel den Wohlstand ihres 
reichen Landes, dessen Schätze jetzt fast un verwertbar 
sind, unerhört heben wird. Das ist eben der Unter- 
schied zwischen islamischem und konfucianischem 
Chinesen, dass der Muslim in seinen religiösen Anschau- 
ungen keinen Anlass zum Widerstand gegen Neues hat, 
während der Konfucianer alles Neue, Fremde mit dem 
grössten Misstrauen ansieht. Als Gegenleistung gegen 
die Willigkeit, ihr Land den Fremden zu erschliessen, 
muss den Yünnan-Muslims der volle Schutz der Frem- 
den gesichert sein, etwa durch eine internationale Truppe 
unter einem Kommissar, und es muss für sie ein Mass 
von Selbstverwaltung bei der Zentralregierung durch- 
gesetzt werden, das eine gedeihliche Entwicklung sichert. 
Ist Yünnan fi-emdem Einflüsse gewonnen, dann lässt 
sich leicht das Land zwischen ihm und Kanton er- 
schliessen ; denn in dieses kann dann von Westen, vom 
französischen Süden und vom englischen Hongkong her 
vorgegangen werden. Deutschland^) wünscht nicht, dass 



M Der Gedanke, dass Deutschland an solcher Aktion in der 
Weise teilnehme, dass es von Portugal das unter der Verwaltung 
dieses Ländchens ganz unbedeutende Macao erwerbe, ist verlockend; 
aber Portugal ist englische Provinz, das genügt. 



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STRASSEN DURCH ASIEN. 95 

Andere dort auf Beute gehen und für sich Happen von 
dem chinesischen Kuchen losreissen. Wir wünschen 
aber, dass unsere und des europäischen Gesamthandels 
Interessen durch die Schaffung eines ununterbrochenen 
Schienenweges vom Mittehneer an den Stillen Ozean 
gefordert werden, und zu der Schaffung dieses Weges 
ist es unbedingt nötig, dass in Südchina eine starke, 
unsem Wirtschafts- und Verkehrsformen freundliche 
Verwaltung besteht. Die offizielle chinesische Regierung 
ist imfähig, eine solche Verwaltung einzurichten, es 
muss daher auf die Elemente zurückgegriffen werden, 
die für sie geeignet sind. Das sind eben die MusUms, 
die Hui-Hui, die dem Europäer unendlich viel näher 
stehn als die konfucianischen Chinesen. Von zwei 
Seiten droht der Heranziehung des islamischen Ele- 
mentes in dem hier vertretenen Sinne Gefahr: 1) von 
der islamischen Propaganda, 2) von der chinesischen 
Zentralregierung. Diese ist die geringere. Die Ver- 
bindung der Provinzen mit Peking ist eine ziemlich 
lose. Der grösste Widerstand wird auch nicht von 
jener Seite, nicht von den offiziellen Mächtigen im 
Lande zu erwarten sein, sondern von der grossen 
Masse, die immer bereit ist, sich, sei es zur wirklichen, 
sei es zur angeblichen Bekämpfung der Fremden und 
ihrer Freunde zusammenzuscharen und jedes ruhige, 
erfolgreiche Arbeiten zu vereiteln. Schwerer wiegt 
die Möglichkeit, dass der Islam da unten von vom 
herein misstrauisch gemacht und aufgehetzt wird. Es 
ist kein Geheimnis, dass der Islam, und ganz besonders 
der offizielle Islam Stambuls, der die reine Lehre zu 
vertreten in Anspruch nimmt und mit allen Mitteln für 
Ausbreitung dieser Lehre wirkt, durchaus frankenfeind- 
lich ist und eine wahre Herzensfreude empfand, als die 
Ungläubigen in Peking so schwere Not traf. Die offi- 
ziellen Ableugnungen ändern daran nichts. Die türkische 
Presse legte sich keinen Zwang auf und verriet die 
wahre Stimmung nur zu deutlich. Wenn irgendwo so 
träumt man den Traum von einer vollständigen Islami- 



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96 STRASSEN DURCH ASIEN. 

sierung Chinas in Stambul. Man hätte auch dort allen 
Grund, fiir eine gründliche Demütigung des amtlichen 
China und Schwächung seiner Macht zu beten. Denn 
unerhört ist der Gewissenszwang, dem der Tslam im 
Tiande des Zopfes unterworfen ist: muss doch der Mus- 
lim, wenn er die Moschee betritt, zunächst vor der 
Tafel des Kaisers, dann vor der des Konfucius den" 
Kotau machen, d. h. einen Akt der Anbetung ver- 
richten. In Ländern christlicher Regierung wird einzig 
und allein die Einschliessung des Landesoberhauptes in 
das allgemeine Kirchengebet verlangt imd es wird kaum 
irgendwo mit der Ueberwachung des Aktes streng vor- 
gegangen. Die Muslims sind in französisch Afrika, in 
englisch und holländisch Indien und wo sie sonst in 
annektierten Ländern leben, in der Uebimg ihrer Re- 
ligion völlig frei und es wird ihnen äussere Ehrenbe- 
zeugung fiir eine fremde in keiner Weise zugemutet. 
Und da nimmt das amtliche Stambul Partei für Heiden, 
die von den Muslims Götzendienst erzwingen, Heiden, 
die nicht einmal ahl kitäb, Buchbesitzer, sind wie 
Christen und Juden? Das Wunder erklärt sich zum 
Teil daraus, dass man in Stambul nicht über die vier 
Wände des Zimmers, in dem man hockt, hinauszusehen 
liebt (wurden doch für den türkischen Islam die Mus- 
lims, die nicht zu der kleinen Welt um das Mittelmeer- 
becken herum gehörten, erst in der Mitte dieses Jahr- 
hunderts förmlich entdeckt), dann auch daraus, dass 
jedem das Hemd näher ist als der Rock und er Insekten 
an jenem stärker empfindet. Der Türke, der als Räuber 
nach Europa kam, muss ja jeden Augenblick der bekannten 
Fabel eingedenk sein, in der das Tier, das noch eben 
prahlte: „Du bist mein, denn ich bin gross und Du bist 
klein" allsogleich diese Weisheit auf sich angewandt 
sieht. Dazu kam unverständige Verkennung des eigenen 
Nutzens, indem die Feindschaft und das Misstrauen 
gegen die Verdrängten, die selbst wieder Verdränger 
wurden, auch auf ihre Einrichtungen, selbst die nütz- 
lichsten, ausgedehnt wurden. Erst in neuerer Zeit hat 



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STRASSEN DURCH ASIEN. 97 

ein einsichtigerer Monarch das Verkehrte solchen Wider- 
standes eingesehen und wenigstens in diejenige Hebung 
der Verkehrsverhältnisse gewilligt, welche seinem Reiche 
am ehesten neue Lebenskraft zuführen wird. Freilich, 
der alte Hass gegen alle Franken ist ungebrochen, und 
erwägt man das Unbehagen, das der Türke bei dem 
ungeheuren Aufschwung fast aller Frankenländer und 
dem Tiefstand des eigenen Landes (ganz kann er sich 
ja über die Unzulänglichkeiten in Verwaltung- und 
Wirtschaftleben nicht hinwegtäuschen) empfinden muss» 
so wird man es erklärlich finden, dass er den 
schweren Schlag, den China gegen die Europäer geführt, 
mit einem dhamdü liUäh begrüsste. Ganz anders 
werden die Hui-Hui den Fall angesehen haben. Denn 
sie erfahren die chinesische Tyrannei am eignen Leibe 
und fühlen sich den Christen weit verwandter als den 
sie quälenden Heiden, werden auch sehr wohl darüber 
unterrichtet sein, dass ihre Glaubensgenossen in Ländern 
mit christlicher Regierung eine ganz andere Behandlimg 
erfahren. Von vom herein ist also anzunehmen, dass 
sie auf ein Bündnis mit fränkischen Mächten (seien es nun 
amtliche Regierungsvertretungen, seien es wirtschaftliche 
Mächte, die nur an fränkischen Staatsverwaltungen einen 
Rückhalt haben) gern eingehen würden, wenn ihnen dabei 
die Aussicht winkt, das Verhältnis zu der Regierung, 
der sie jetzt dienen müssen, zu lockern, eine gewisse 
Selbständigkeit zu erlangen und auch materiell ihre 
Lage bedeutend zu heben. Es muss nur verhütet wer- 
den, dass diese Geneigtheit durch Stänker und Hetzer 
zerstört wird. Die Gefahr solchen Eingriffs und die 
andere, dass die nächstbeteiligten Franken durch gieriges 
Zugreifen und taktloses Verhalten gegen die zu Ge- 
winnenden alles verderben, scheint einem vortreffllichen 
Kenner des östlichen Islams, dem ich von meinen Aus- 
blicken geschrieben, so gi'oss, dass er sich unter dem 
6. September d. J. so äusserte: „Vom chinesischen Islam 
habe ich für die Anpassung Chinas an die europäische 
Kultur wenig gute Hoffnung. Der Islam hat sich ge- 

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98 STRASSEN DURCH ASIEN. 

wohnt, sich über jede Art des Widerstandes, auf welche 
die europäische Kultur stösst, zu freuen, gleichviel, ob 
der Teufel oder ein Mahdi den Europäern entgegentritt. 
Auch diesmal freuten sich die panislamischen Zeitungen 
über Chinas Auftreten. Mögen nun auch die chine- 
sischen Muslims zunächst aus Partikularismus teilweise 
für den Sieg der Europäer gebetet haben, bald erreicht 
sie die Stambuler Parole, und mit der Europäerfreund- 
schaft ist es aus. Ausserdem würde letztere auch ein 
Ende finden, sobald europäischer Einfluss sich für die 
chinesischen Muslims selber fühlbar machte". 

Ich teile diese Ausführung offen mit, um die Be- 
denken, die hier so klar und scharf ausgesprochen 
werden und die nicht zu unterschätzen sind, gleich selbst 
abzuschwächen. Die Befürchtung, die fränkischen Re- 
gierungen könnten durch zu „schneidiges" Vorgehen 
viel verschütten, wurde schon erwähnt Deutschlands 
Verhalten gegenüber der Türkei ist hier vorbildlich. 
Wir erkannten zuerst, dass einem Staat, der durch fort- 
gesetztes Drängeln und durch systematische Raubver- 
suche (Frankreich in Syrien!) nicht totzumachen ist und 
dadurch nur in eine immer grössere Wut gegen alles 
Fremde getrieben werden muss, dass dem der Weg 
friedlicher Entwicklung und freudiger Teilnahme am 
politischen und wirtschaftlichen Qesamtleben der Franken- 
welt nur erschlossen werden kann dadurch, dass er 
sich in seiner Eigenart geachtet fühlt. Ehrliche, wohl- 
wollende Freundschaft ist das Leitwort, unter dem allein 
hier ein für alle Teile befriedigender Zustand herbei- 
geführt werden kann. In Südchina haben die Franken 
es nicht mit einem ansehnlichen islamischen Staatswesen 
zu thun. Es soll dort erst den Elementen, die schon 
von 1856—1873 für ihre Unabhängigkeit stritten, zu 
einer freieren Stellung verhelfen, namentlich soll ihnen 
durch wirtschaftliche Kräftigung ein Übergewicht ver- 
schafft werden. Noch sitzt ihnen das Misstrauen fest, 
das sie als Bewohner Chinas gegen die Fremden haben, 
die ja dort überall nur als gierige Landräuber angesehen 

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STRASSEN DURCH ASIEN. 99 

werden. Dieses Misstrauen muss vor allem beseitigt 
werden. Die Muslims Chinas müssen die Überzeugung 
gewinnen, dass die Franken bei dem Schutze^ den sie 
ihnen angedeihen lassen, nur insoweit eigensüchtige 
Zwecke verfolgen, als der Aufschwung, den das Land 
nehmen wird, ihnen selbst sehr beträchtliche materielle 
Vorteile verspricht. Der Hass gegen die chinesische 
Verwaltung ist sehr gross und die Ubelstände werden 
80 scharf empfunden, dass es nicht schwer sein wird, 
die Lostrennung der Provinz von dem Reiche herbei- 
zuführen. „Aber dann kommen die Emissäre der neu- 
islamischen Propaganda, predigen Feindschaft gegen die 
fränkischen Ungläubigen und das Ergebnis aller Be- 
mühungen ist, dass am Rande des Gebietes, das Eng- 
land und Frankreich in Südostasien mit Ungeheuern 
Opfern erobert haben, ihnen ein gefährlicher Feind er- 
wächst." Gemach! Schon oben wurde darauf hin- 
gewiesen, dass England und Russland, die sich auf dem 
Pamirplateau die Hand reichen, die Einwanderung von 
Westen sorg&ltig überwachen müssen. Bei gehöriger 
Vorsicht lässt sich der Zuzug hetzerischer Elemente 
wenn nicht ganz verhindern, so doch auf ein Minimum 
beschränken, ebenso müssen natürlich der Mekkapilgere 
möglichst Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. 
Zudem liegt der Knüppel beim Hunde. Ein abgefallenes 
Yünnan muss mit dem Abbruch der Beziehungen zu 
den chinesischen Nachbarprovinzen rechnen oder wird 
doch seinen wirtschaftlichen Verkehr dorthin erheblich 
beschränkt sehen, auch bis zu voller Erstarkung mit 
dem Wiedergewinnungversuch der Centralregierung zu 
kämpfen haben. Es ist da auf die Nachbarn im Süden 
angewiesen. Diese haben es in der Hand, bei schlechter 
Aufführung sofort harte Gegenmassregeln eintreten zu 
lassen. Sollten selbst wirklich Emissäre aus Stambul Ein- 
gang ins Land finden und hetzerisch zu wirken suchen, so 
würde man den Yünnanleuten sehr bald klar machen, 
dass sie von Stambul nichts zu ei^warten haben, und 
dass sie mit Träumen von einem grossen Islamreich 

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100 STRASSEN DURCH ASIEN. 

vorläufig nicht weit kommen. Das beste Mittel, die 
richtige Stimmung herzustellen, wird auch hier sein, 
Bewegung zu schaffen, wo jetzt Todesschlaf oder Fesse- 
lung herrscht, Arbeits- und Lerngelegenheit und dadurch 
Erhöhung der Einsicht in das wirklich Fördernde. 

Dass gerade Frankreich und England bei der Ent- 
wicklung Südchinas in der angedeuteten Richtung zu- 
nächst eine führende Stellung zufallen wird, scheint in- 
sofern freudig zu begrüssen, als beide Staaten in langem 
Verkehr mit Muslims Erfahrungen gesammelt haben. 
Leider haben beide die Erfahrungen nicht so sich zu 
Nutze gemacht, wie es hätte geschehen können. Nament- 
lich Englands Verhalten bezeichnet durchaus einen 
Rückschritt gegen früher, während Frankreich in der 
Heranziehung einer wohlgeschulten Armee von Beamten 
für die islamischen Besitzungen entschiedenes Geschick 
bewiesen hat. Das Schlimmste ist, dass in beiden 
Staaten das Raubgelüst, sanfk als „Expansion trieb" 
bezeichnet, immer noch stärker ist als die Stimme der 
Gerechtigkeit und Vernunft, und gerade in Südchina es 
nicht leicht sein wird, den strebenden Vertretern der 
Kolonialgewalt die gehörige Beschränkung aufzuzwingen. 

Deutschland nennt, Gott sei Dank, noch kein 
Fleckchen Erde dort unten sein eigen und kann mit um- 
so grösserer Ruhe der Entwicklung der Dinge zusehen 
oder vielmehr: hat um so mehr Freiheit, in die Ent- 
wicklung einzugreifen. Wer will, wer kann uns wehren, 
unsere Sendboten^) durch ganz Central-Asien, durch 
alle Teile Chinas zu senden? Wir wollen nirgend 
Landraub treiben, wir wollen uns nirgend als die Herren 
und Meister rückständiger Völkerschaften aufspielen. 
Aber wir wollen uns bei Zeiten in den Ländern, die 



') Natürlich iat nicht an Missionare zu denken; sie sind 
nirgends übler angebracht als in islamischem Land, wo auf Abfall 
vom Glauben nach göttlichem Recht der Tod steht und diese 
Bestimmung fast immer mit hier buchstäblich tötlicher Sicherheit 
zur Ausfahrung kommt, selbst wenn kein starker weltlicher Arm 
da ist. 

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STRASSEN DURCH ASIEN. 101 

einer grossen wirtschaftlichen Entwicklung, der Ein- 
beziehung in den Weltverkehr entgegengehen, einen 
Vorsprung sichern, selbst vor denen, die die nächsten 
scheinen, das Fett von der Suppe abzuschöpfen. Und 
das muss ohne viel Geräusch geschehen. Vor allem 
keine Konsuln, noch viel weniger sogenannte „Diplo- 
maten^, d. h. Leute, die viel Spektakel machen, viel 
kosten, wenig Positives nützen, durch Unklugheiten viel 
schaden. Der beherrscht ein Land, der es gründlich 
kennt Central- Asien und China müssen von Deutschen 
bis in die intimsten Einzelheiten erforscht werden. Unter 
welchem Namen die Personen gehen, die es thun, ist 
gleichgiltig. Man nenne diese Reichsbeamten — denn 
um eine Reichssache handelt es sich — „Kommissar^, 
„Mandatar''^ „Studienrat** oder wie man sonst will, aber 
man wähle als Leiter wirtschaftlich und technisch ge- 
schulte Männer, denen man einen Stab von Spezialisten 
beigeben möge. Höchste Bewegungfreiheit ist Bedingung 
des Erfolges. Zunächst ist die Aufmerksamkeit auf die 
Streifen zu richten, in denen voraussichtlich die grossen 
Schienenwege des zwanzigsten Jahrhunderts nach Ost- 
asien laufen werden. Hier ist vorzuarbeiten Dach beiden 
Richtungen: in dem Sinne, dass die Herstellung dieser 
Verbindungen beschleunigt wird durch Studium der 
Bedingungen und durch Schaffung von wegbahnenden 
Verhältnissen, in dem Sinne aber auch, dass Deutsch- 
land an den neuen Strassen schon feste Etappen findet, 
die ihm Rückhalt für weiteres gewähren. 

Die Mongolen des 13. Jahrhunderts schufen die 
grosse Ostwest-Durchstrasse Asiens, das Mongolenreich 
des 19. Jahrhunderts, das Heilige Russland, ist im Begriff, 
eine Reihe von Westoststrassen in den Norden des 
östlichen Kontinents hineinzuschieben. Noch nie sah 
die Welt einen grossen Verkehrsweg im Süden Asiens, 
kaum ist der Gedanke eines solchen ausgesprochen 
worden. Seine Schaffung ist die Aufgabe, die die 
Frankenwelt in der nächsten Zukunft zu lösen hat, sie 
zugleich von Westen und von Osten her in Angriff 
nehmend. 

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102 ZEICHENERKLÄRUNG. 



Zeichenerklärung. 

Boaiger: A shari Hutory of China, London 1893. 
Bretschneider: Mediaeväl Besearches flrom Eaeiem AnaUc 

Saureea, London 1888, 2 Bde. 
Dev^ria: Origme de fißkmisme en Ckme in (kntenake dt TJ^eole 

des Langttes Orr. Vtvtmies, Paris 1895, 8. 305 ff. 

Schefer: NcUce sur les BdaÜons des Peuples Musulmans aivec 
les Chmois depms rexUnnon de VMamisme jusqu* älafin du 
XV* SUde in: Cetitenaire S. Iff. 

Thiersant (P. Dabry de): Le MahamHisme en Chine et dans le 
Turkestan Orientai, Paris 1878, 2 Bde. 



Ausgegeben den 22. November 1900. 



Dmek tob Max Sohaenow vorm. Zahn k Baendel, y«»ftMi^««^ N.-L. 

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Tafel I. 










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MARTIN HÄRTMÄNN 



DER 



ISLAMISCHE ORIENT 



BERICHTE UND FORSCHUNGEN 



rv 

ZENTRALASIATISCHES AUS STAMBUL 



BERLIN 

WOLF PEISER VERLAG 

1902. 



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Als ich bei Durchmusterung der von General 
Skobelew aus dem eroberten Choqand^) mitgenommenen^ 
jetzt im Historischen Museum zu Moskau verwahrten 
Handschriften') eine grössere Anzahl Werke in caghata- 
ischer Sprache fand; musste ich meine Ungeübtheit im 
Lesen und Verstehen dieser Texte bekennen. Bei dem 
Aufenthalt in Eonstantinopel Sommer 1901 hoffte ich^ 
durch Verkehr mit Leuten jener Gegend die Lücke 
ausfiiUen zu können. Nicht gelang mir freilich das Ein- 
leben in die Sprache, wie ich mir es gedacht, denn ein 
reicher, sprechübender Verkehr mit Turkestanem wurde 
mir nicht zuteil. Doch ganz leer ging ich nicht aus. 
Ich konnte mit einem Manne arbeiten, der, das zeigte 
sich sofort, selbst ein lebhaftes Interesse für alle sprach- 
lichen Dinge besass und damit ein verhältnismässig 
gutes Geschick verband, sich mitzuteilen und auf die 
Fragen des ihn Ausforschenden einzugehen. 

Arif [ärif] ist in Aqsu (Chinesisch Turkestan) 
geboren und ist chinesischer Staatsangehöriger^). Über 



^) Über das dieser Stadt gleichnamige, seit 1876 Russland 
einverleibte Chanat, in fränkischen Werken meist Kokan genannt, 
8. Schwarz 174 ff.; über die Stadt, die bedeutendes Centrnm 
fflr den Banmwollhande) ist (jährlich eine grosse B.-Messe) 
s. Baed 446. 

') Siehe darüber meinen • Bericht in Orientalistische 
Litteratur-Zeitnng V (1902) 8p. 73 ff. 

*) Ich sah seinen chinesischen Pass, der rechts chinesisch, 

links türkisch beschrieben war. 

1 
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104 

seinen Vater Nijaz Muhammed^) berichtete Arif 
Folgendes: „Mein Vater ging als fünfzehnjähriger Junge 
fort von Aqsu und reiste viel; er wurde ein grosser 
Kaufmann und besuchte Ila^ auch Ghulga genannt^), in 
China, und Petersburg; er war befreundet mit dem in 
Toqmaq residierenden Manap (Häuptling) der Kirgisen 
Gantai, dem Vater des gegenwärtigen Manap Sabdan.'^ 
Arif hat die Wanderlust vom Vater geerbt. In 
Chinesisch und Kussisch Turkestan machte er mehrfach 
Reisen. Als ich ihn in Stambul traf, machte er den 
Eindruck eines Mannes von ca. 35 Jahren. Er ist kaum 
mittelgross und hat auffitllend kleine Hände und Füsae» 
Der mächtige Schädel krönt ein Gesicht von regel- 
mässiger Form mit einem Stich ins Mongolische. Die 
ausdrucksvollen schwarzen Augen blicken freundlich: 
oft umspielt den Mund ein feines Lächeln. Als ich ihn 
aus dem Derwischkloster, in dem ich seine Bekannt- 
schaft gemacht, freudigen Herzens mit mir fortf&hrte, 
rief mir der Schech des Klosters nach: „ Verstehst du 
arabisch? Arif kennt es gut." In der That besitzt Arif 
eine gute Kenntnis dieser Sprache; er hat viel gelesen 
und kann sich geläufig ausdrücken, obwohl er nie in 
arabisch sprechendem Lande gelebt hat. Diese seine 
Fähigkeit hatte zur Folge, dass es zu Sprechübungen 
in seiner Muttersprache nicht kam, zugleich aber, dass 
ich ihm alle meine Wünsche vollkommen deutiich 
machen, und er meine Fragen in der uns beiden ver- 
trauten arabischen Schulsprache beantworten konnte. 
Das Interesse an der Person des merkwürdigen Mannes 
und an den mir bis dahin wenig bekannten Verhältnissen 
des fernen Landes führte mich nicht selten zu Auf- 



') Auf einer mir ^on Arif geschenkten Urkande vom Jahre 
1289 (1872/3) ist er als mühammad 'äU böinmg öghti nijwf mtAamnutd 
b^j bezeichnet. In Turkestan erföhrt der Name Mohammed nie 
die Verhunzung zu mehemet, mehiMt^ memet^ die bei den Osmanlis 
üblich ist. 

') Gemeint ist der auf unsem Karten als Ili oder Kuldscha 
bezeichnete Ort. 



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106 

zeiel^HUBg von Unwichtigem oder Solchenii was bereits 
bekannt ist. Aber ich behielt immer im Auge^ dass die 
wenigen Tage, die mit dem Aqsu-Türken zu arbeiten 
mir vergönnt war, nach Kräften zur Festlegung sprach- 
licher Thatsachen verwendet werden mussten. Kurz 
bevor ich ihn gewann, hatte ich das kleine Buch 
erworben, das den einzigen Versuch darstellt, die Schrift- 
sprache Turkestans in osmanischer Sprache grammatisch 
zu behandeln^), dast«^^' UsäniturMM eh emed Sadiqs^). 
Dieses Werkchen habe ich zum grossem Teile mit Arif 
durchgenommen, seiner Rede freien Lauf lassend, wenn 
er, was oft vorkam, abschweifte und in sprachlichen 
Ausführungen sich erging, die nur noch in losem Zu* 
sammenhang mit dem grade vorliegenden Thema standen. 
Ausserdem veranlasste ich phonetische Erörterungen 
im Anschluss an Foy's Aufsatz, Das Aidinisch-Türhische 
in Keleti Beende I (1901) S. 286 ff. Endlich wurden 



') Das wQste Zeug, das auf S. 12 — 20 der Einleitong zu 
Salaiman Bncharis Caghataisch-Osmaxiischem Wörterbuch angeb- 
lich die qawä'id der Sprache behandelt, verdient keine Beachtung. 
Selbst mit grossem Aufwand von Zeit und Kritik l&sst sich aus 
diesem zusammenhanglosen Wirrwarr einzelner Noten, der zudem 
durch eine grosse Menge von Druckfehlern entstellt ist, kein 
brauchbares Kömchen herauslesen. Über das Wörterbuch wage 
ich kein (TrteiL Das Beste daran sind jedenfalls die Litteratur- 
bdege. Das aus dem Munde von Osttürken Gesammelte, das 
daiin niedergelegt ist, dürfte mit Vorsicht aufzunehmen^ sein. Alle 
diese Leute, die wie Schech Sulaiman durch langen Aufenthalt 
in Stambul der heunisch^n Sprache fremd werden, verlieren mit 
dem Sprachgefühl die Fähigkeit, die durchreisenden Turkestaner, 
die sie aushcMrehen, richtig sprachlich zu beobachten und einzu- 
schätzen. Es giebt Personen, die Näheres über die Arbeitweise 
Schech Sulaimans und über seine sprachlichen Gewährsmänner 
wissen; es ist dringend erwünscht, dass sie das ihnen Bekannte 
mitteilen. Das in gewissen Stambuler Kreisen umgehende Gerücht, 
Soheoh Sulaiman sei nur ein Strohmann, und der wirkliche Ver- 
iaasar des Imghaiti caghatäj weturltü 'ti^ä«l sei der verstorbene 
Ahmed Wefiq Pascha, wurde mir von gut unterrichteter Seite 
als Fabel beoeichnet. 

*) Stambul 1314, 74 S. 8^ Ob«r den Verlasser s. unten. 

1* 

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106 

einige Seiten des Werkchens durchgenommen, das Arif 
eigens ixu* mich zusammenzustellen begonnen hatte, des 
„Fünfers**, eines Wörterbuches, dessen kasgharischen 
Stichworten der Gegenwert in der Sprache Ferghanas 
(Andigans), in der der Kirgisen und Kasaken, auf arabisch 
und auf chinesisch (in arabischer Schrift) beigeschrieben 
ist' Daneben hatte Arif begonnen, eine Sammlung 
von Sprichwörtern in der Easgharsprache, in der An- 
digansprache und auf chinesisch für mich anzulegen. 

Mein Erstaunen, so mannigfaltige Interessen und 
tüchtige Kenntnisse bei einem Manne zu finden, der nie 
an einem der bekannteren Sitze islamischer Grelehrsam- 
keit geweilt hatte, vielmehr in einem Lande geboren und 
erzogen war, in dem ich nur das geringste Mass von 
Bildung und gelehrten Neigungen vermutet hätte, wich, 
als Arif mich über seinen Studiengang und seinen Ver- 
kehr aufklärte. 

Die gelehrte Bildung verdankt Arif seinem Lehrer, 
dem Schech Abdellatif. Der hatte sich in Aqsu nieder- 
gelassen, nachdem er dreissig Jahre gewandert war. 
Er war der berühmteste Gelehrte seiner Zeit ^); bei ihm 
sah Arif auch zahlreiche wertvolle alte Handschriften^), 



') Jetzt geniesst den grössten Gelehrtenruhm Beha'eddin 
Machdum in Kaschgar; Arif spricht den Namen behä'eddimmaehsüm 
ans, es werde aber machdüm geschrieben, das Volk sage machsüm. 

*) Es seien darunter auch „sel^ukische". Diese Nachricht 
ist wichtig. In Europa wird bekanntlich mit dem Namen „sel- 
g^kisch^^ viel Missbrauch getrieben, und im Orient leistet man 
in Anwendung falscher Namen noch mehr. Aber falsch oder 
nicht, hier liegt eine Tradition vor. Die Litteraten Eagghariens 
nennen heut eine gewisse Sprache, die sie in älteren Manuskripten 
finden, „seljpikisch^^, und sie können sich den Namen nicht aus 
den Fingern gesogen, sie werden ihn auch nicht von Fremden 
haben, sondern sie haben ihn tiberkommen. Natürlich kann nicht 
an die Selguken Eleinasiens gedacht werden. Man wird sich 
vielmehr erinnern, dass Turkestan, auch Ostturkestan, zahlreiche 
und tief eingreifende Beziehungen zu den Grossen Sel^uken 
und zu den Sel^ken des Iraq gehabt hat. Kulturell und wirth« 
schaftlich hatte es immer enge Fühlung mit Chorasan und über 



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107 

die dem Schech jedoch nicht perBönlich gehörten, 
sondern Waqfgut sind. Von bedeutenden Personc^n 
seiner Bekanntschaft nennt Arif den Dichter Awlad*) 
Husein. In E^ghar geboren, erhielt dieser seine 'Er- 
ziehung in der Heimat seines Vaters^ Dehli; später kam 
er nach Kasghar zurück, und dort verband ihn ein Jahr 
lang intime Freundschaft mit Arif. Awlad Husein hatte 
einen Diwan arabischer und persischer^) Easiden verfasst; 
in jenen war sein Tachallus Mu^elli, in diesen Te^elU, 
und so nannte er die beiden Teile sabq ulmu§eUl und 
hcvrqi tejelU. Arif überwachte den Druck dieses 
Diwans. Er bemerkte nicht ohne einiges Bedauern, 
dass Awlad Husein Sunni, doch der Schia verdächtig 
sei, und dass er sich zu ihr hingezogen fühle (taKühu 
jemüu üaSStä). Diese Parteistellung Awlad Huseins 
scheint einen Schatten auf die Freundschaft geworfen 
zu haben. Über Arifs eigene religiöse Stellung wage 
ich nichts zu sagen. Die Orientalen sind zu einer auf- 
richtigen Ausserimg darüber dem Andersgläubigen gegen- 



dieses kamen ihm auch, soweit sie nicht dnrch Tibet vermittelt 
wurden, die indischen Einflüsse. 

') Zu diesem Namen vgl. Ewlijä (z. B. in Ewl\jft 6elebl). 
Für Awlad [ato2ad] kann ich einen bekannteren Titger aus Ge- 
schichte oder Litteratur nicht beibringen, doch theilt mir Herr 
Vacha, Lector des Hindustani am Orient. Seminar Berlin, mit, 
dass er Awlad als Namen von Muslims in Bombay gehört habe. 

*) Das Neupersische hat eine weit grössere Bedeutung 
fflr Asien als gewöhnlich angenommen wird. Arif sprach mit 
dem Chef der Tekije, dem ich ihn verdanke, persisch. Persisch 
sind abgefasst die in Kanton gedruckten Gebetsvorschriften, die 
ich n/in, 69 ff. behandelte. Dieser Rolle des Persischen droht 
Gefahr vom Russischen. Central- und Ostasien fohlen so 
empfindlich die Herrscbafb des Volkes, das steh zwar christlich 
nennt, aber „kein Buch hat'* (diese Vorstellung ist, versichert 
man mir, in Persien sehr verbreitet), dass man dort wohl oder 
übel Brocken seiner Sprache lernt und die Fähigeren sie sich aus 
materiellem Interesse anzueignen trachten. Als ich eines Tages 
Arif in den Strassen Stambuls begegnete, war er von einem 
andern Ostturkestaner begleitet. Der hatte ein Buch unterm 
Arm. Es war ein Heft von Busskqja mysl. 



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108 

über nur schwer su bringen, abgesehen davon, dass es 
för unpassend, ja unfreundlich gilt, das Thema „Religion^ 
bei kürzerer Bekanntschaft 201 erörtern. Thatsache ist, 
dass Arif sich selbst als Derwisch vom Naqsbendi- 
Orden bezeichnete.^) 

Als Fachstudium hat Arif nach eigener Aussage 
nur die Medizin betrieben, und er betrachtet sich gut- 
gläubig als Arzt.^) Er hat zahlreiche orientalische 
medizinische Werke gelesen und hat auch in Russland 
seine Kenntnis der Drogen und Heilmittel (€tqä0r) au 
erweitern gesucht. Als Mediziner lebt er natürlich im 
vollsten Mittelalter, und er operiert höchst ernsthaft mit 
den vier Zuständen, deren richtige Mischung {fnim§) 
Gesundheit bedeutet. In naiver Weise fliessen hier 
Heilkunst, Heilmittelkenntnis und mechanische Fertig- 
keiten ^), bei denen Drogen verwandt werden, zusammen. 



^) Da nach Kremer, Cuätirgeaehichilkhe Strafeüge 46 über 
die geheimen Regeki der verschiedenen Derwischorden eine aof- 
fallende Zorückhaltnng beobachtet wird und er es als einen 
glücklichen Zufall preist, dass er eine die Ordensregel der Naq§- 
bendis enthaltende Schrift fsrnd, so theile ich mit, dass ich eine 
im öumada II 1293 unter Murad V hergestellte Lithographie 
besitse, deren Titel lautet: ahmed rifat efmäSnin Utruqi *at^^e 
dttir §cmi weUrtib ^ledigi mif^äi ulmaqäsid fi deT ukneßaid näm 
kUabd^r, und die auf ihren 304 Seiten die in Stambul beliebten 
Orden ausfQhrlich behandelt. 

*) Ober die einheimischen Ärzte macht Mitteilungen Schwarz 
in dem bemerkenswerten Abschnitt „G^sundheitsverhSitnisse in 
Torkestan^^ S. 527—548. Danach sind die Tabibs — als solchen 
betrachtete sich Arif — Ärzte zweiter Klasse, während die Mullas 
die Kurpfuscher grossen Stils darstellen. Ein unbestreitbares 
Verdienst der russischen Regierung ist, dass sie in allen grösseren 
SIAdten weibliche nissische Ärzte angestellt und Ambulatorien 
spexiell fOr die Frauen der Eingeborenen eröffnet hat, die vor 
der ruBsbchen Herrschaft so ziemlich auf alle ärztliche Hilfe 
rerzichten mussteu (Schwarz 535). 

') Diese scheinen überhaupt eine Spezialität der Turkestaner. 
Von einem mit den Stambul er Verhältnissen gut vertrauten 
Deutschen wurde mir berichtet, dass in Stambul eine Anzahl 
Kaigharleute leben, die sich hauptsächlich mit Beparieren ron 
Gefässen und dergleichen beschäftigen. Arif bestätigte das mit 



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109 

Es scheint ihm hart und ungerecht, dass die türkische 
Regierung ihn an der Ausübung der tababey des Arzt- 
handwerksy alias Kurpfuscherei, hindert Andererseits 
hat er die Idee« das, was ihm fehlt, sich zu erwerben 
und die staatliche Prüfung zu absolvieren. Er schrickt 
freilich zurück, als ich ihm klar mache, dass das eine 
langwierige und kostspielige Aufgabe sei. 

Ein beträchtliches Bildungsmittel wurden für Arif 
die Reisen, deren er zwei grössere und eine kleinere 
unternahm; die kleinere führte ihn von EaSghar nach 
Jarkand, aber nicht auf dem direkten Wege, sondern 
durch das Tarimgebiet; die beiden andern hatten den 
Weg bis zu dem über Fir^wal oder Earakol ^) erreichten 
Atbasi^) gemeinsam; von dort ging es das eine Mal 
über Uzgen, U^, Andigan^) und Marghelan nach Choqand 
und von dort zurück nach Easghar, das zweite Mal, im 
Herbst 1900, überToqmaq*), Piskek[so], Auliata nach Taä- 
kent; dort hielt sich Arif neun Monate auf und erreichte 
über Baqu und Batura im Hochsommer 1901 Stambul. 

Die Wolga-Tatai'en scheinen Arif fremd. Haupt- 
ursache wird die Sprache sein. Denn er erklärt bestimmt, 
das Caghataische, wie er zusammenfassend die Mund- 
arten nennt, die in Turkestan vom Kaspi bis zur Grenze 
Kan-su's gesprochen werden, sei erheblich verschieden 
von der Sprache der Tataren*): diese verstehen nicht 



dem Bemerken, auch er könne Glassachen reparieren ; er verfertige 
anch Spiegel, allerdings nicht mit Quecksilber, sondern mit iirling- 
kalafis, bestehend ans tingata wasiel und mala^ai sachyr 
(Milchzucker) usw. 

*) Siehe darflber S. 113 n. 2. 

*) Klingt zuweilen wie AtwaSi. 

') Andigan war damals noch nicht Terminus des südlichen 
Zweiges der transkaspischen Bahn, die nur bis Samarkand ging. 

*) Dieses Toqmaq wird identisch sein mit dem Toqmaq, In 
Welchem der über ca. 20000 Seelen gebietende Kirgisen-Manap 
§abdan seinen Sitz haben soll (s. S. 112 n. 1). 

^j So, ohne Zusatz, nennt Arif die türkisch sprechenden 
Anwohner der Wolga. Die Bewohner Turkistans sind ihm nur 
türk. Die Bezeichnung dieser als Tataren und KaSghariens als 



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110 

die caghataisch sprechenden Türken, während der Türke 
den Tataren versteht (?). Auf meinen Einwand, dass 
in Kasan die caghataische Litteratur fleissig gelesen 
werde, bemerkte Arif trocken: „gelesen^ aber nicht ver- 
standen.^ Näher als das Tatarische steht dem Gagha- 
taischen die Sprache der Eorgisen und Easaken. 

Zu den Kirgisen^ von ihm qirghie genannt^? hat 
Arif, wie schon bemerkt, Beziehungen von seinem 
Vater her: Nijaz Muhammed war befreundet mit dem 
früheren Manap der Kirgisen, (jrantai. Manap oder 
Manaf ist der Name des einer Adelsfamilie angehörigen 
Mannes, der von der russischen Regierung als Haupt 
des Stammes anerkannt ist.^) Doch ich lasse Arif selbst 



Hohe Tatarei (so Shaw 's Reise werk ^High Tartary') hat in dem 
Sprachgebrauch der Bewohner keine Begründung. 

') Mit seinem qirghie meint Arif jedenfalls die Kara-Sörgisen, 
dücokamennye kirgizy (wüde Berg-K.) der Bussen, die die tur- 
kestanischen Gebirge bewohnen und deshalb wilder und tapferer 
sind als die Kasaken, d. h. die Kirgisen der Ebene (Schwarz 14). 
Dass Arif diese Kasaken schlechtweg nennt, stimmt vollkommen 
au dem, was Schwarz (S. 12: „die Kirgis-Kaisaken nennen sich 
selbst Kaisaken oder Kasaken*") und Radi off (Gframm XLI: 
„die Kasak-Kirgisen nennen sich selbst überall ausschliesslich 
Kasak'^) angeben. Von den Kirgisen handelt sehr ausführlich 
Schwarz 51 — 127, wobei er die Kasaken (Kirgis-Kaisaken) als 
Basis nimmt und den Kirgisen (Kara-Kirgisen) nur wenige Seiten 
widmet, in denen er nur das sie von den Kasaken unterscheidende 
hervorhebt. Ein gut orientierender Aufsatz über die gegenwärtigen 
kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kirgis-Kaisaken 
ist ,,La Colanisation en Siberie—La Steppe Kirgkize^'^ von Paul 
Labb^ in: Questions Diplomatiques et coloniales V No. 115 (vom 
1. 12. 1901) S. 656-672. 

^) Über die Verfassung der Kara-Kirgisen schreibt Schwarz 
S. 125 f. wie folgt: „Während bei den Kirgis-Kaisaken die Ge- 
sellschaft; auf aristokratischer Grundlage aufgebaut ist, giebt ee 
bei den Kara-Kirgisen keinen Geburtsadel, und nur die Batyrs 
(Helden) gemessen hei ihnen Ehre und Ansehen. Vor der Unter- 
werfung anter die russische Herrschaft wurden die Kara-Kirgisen, 
wie dies bei den auf chinesischem Gebiete nomadisierenden noofa 
heutzutage der Fall ist, von sogen. Mauapen regiert, die vom 
Volk ohne Rücksicht auf Herkunft gewählt wurden, deren grösserer 
oder geringerer Einfluss aber hauptsächlich auf ihrem persönlichen 



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111 

sprechen 1): ^Das qaum [,Volk*] von 20 — 30000 Seelen 
hat in jedem Jahrhundert nar zwei oder drei Manaps; 
früher war Gantai Manap, der gross und mächtig war; 
jetzt ist es sein Sohn, dessen Name gewöhnlich §abdan 
ausgesprochen wird, das ist aber nur eine Verdrehung 
von Sädman^). 6antai residierte in Toqmaq in Russ- 



Ansehen beruhte. . . . Gegenwärtig stehen die rassischen Eara- 
Kirgisen anter selbstgew&hlten Wolost- und Aul-Ältesten und 
Bus, genau so wie die Eirgis-Eaisaken/^ Danach wäre der Bericht 
Arifs anzuzweifeln, denn er spricht von einem auf russischem 
Gebiete lebenden Manap, und von Toqmaq als dessen Residenz, 
während dieses nach Schwarz 40 eine rein russische Stadt ist. 
Der Manap Sabdan wird eben in der Phantasie der Turkestaner 
noch ein Leben haben, während er ffir die Bussen nur einer der 
zahlreichen in russische Generals-Uniform gesteckten Phylarchen 
ist, denen man ein wenig Spielen mit verflossener Grösse in 
beschränktem Umfange gestattet. Auch die bei Schwarz ge- 
nannten Bis kennt Arif. Doch war seine Äusserung nicht klar: 
„der 6l ist der Grosse unter ihnen, nimmt die Stelle des Be- 
gierenden (Bichters) ein {kebfruhum, f% maqjäm el!Mkim\ doch ist 
er nicht von der Regierung angestellt; der manap ist angesehner 
als der h%\ wird der h% arm, so bleibt er nicht 6i, der manap 
dagegen bleibt manap^ auch wenn er verarmt.'' Danach ist man 
geneigt, lü als eine Nebenform von hä^ „reich" anzusehn. Dem 
steht entgegen, dass bei den Kasaken zwischen b% und bäi 
durchaus geschieden wird ; bei ihnen bedeutet „Bii ,Bichter', Bai 
^der Beiohe"' (Schwarz 52). Höchst beachtenswert sind .die 
Ausffihrongen Badloffs über das Wesen der Nomadenvölker im 
Allgemeinen und der Kirgisen im Besondem S. LI ff., wo die 
Funktionen des h% als Haupt der Aul-Gruppe scharf beleuchtet 
werden; manap als Name des Stammhauptes wird von ihm nicht 
erwähnt, wohl aber chän^ für den Fürsten, der an der Spitze des 
von einem besonders starken Stamm aus Stammconglomeraten 
zu einer festen politischen Einheit zusammengeschweissten 
Ganzen steht. 

^) Der folgende Bericht flösst nicht zu viel Vertrauen ein 
mit seiner schnell von 20 auf 60 Tausend wachsenden Ziffer, den 
mit grosser Sicherheit vorgetragenen Namen von angeblichen 
Manaps, während de* Eärgisen ihre heimische Stammverfassong 
längst von den Bussen genommen ist u. s. w. 6antai und §abdan 
dürften freilich nicht rein erfunden sein und werden sich wohl 
ermitteln lassen als Häupter eines Stammes von 2000 — 3000 Seelen. 

') Damit wird Arif Becht haben. Nur heisst das np. 



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112 

limdy im Lande Jettisa {jeWsu)j 26 Tage von Aqsu im 
Gebirge gelegen^), (jkintais Sohn äadban, den ich be- 
sucht habe, ist Muslim, aber kein guter, wie überhaupt 
die Kirgisen vom Islam nicht viel wissen^). Er ist reich 
und mächtig und hat 50000 Mann unter sich; von den 
Russen hat er den Titel ,GeneraP (^enderät) bekommen, 
das ist aber nur ein Name, der nichts zu sagen hat: 
die Russen schmeicheln ihm, lassen ihm aber keine 



Wort sAdmän; die Küi*ze des zweiten a ist durch meine Auf- 
zeichnung gesichert. 

^) Als ,die sieben Ströme' werden meist die sieben Gewässer 
bezeichnet, die in den Balchasch-See gehen. — Mit 25 Tagen 
scheint die Entfernung etwas zu reichlich bemessen. Toqmaq, 
das ebenso wie Pischpek eine choqandische Festung war und 
i. J. 1860 erobert wurde (Schwarz 144), liegt ca. 200 km west- 
lich von Wemoe (Wjemyi unserer Karten, Elmati der Tfirken 
nach Arif), das i. J. 1847 von den Russen als Fort angelegt 
wurde und i. J. 1854 eine russische Stadt erhielt. 

^) Das stimmt Überein mit den Ausführungen Radioffs 
über den Islam der Kirgisen Proben IQ Vorwort und Schwarz 
56 f., der nie einen Kirgisen beten oder die Ablutionen machen 
sah, übrigens ihren moralischen Qualitäten, besonders ihrer 
Ehrlichkeit volle Gerechtigkeit widerfahren lässt (^die Kirgis- 
Kaisaken sind der beste Beweis dafür, dass die Moralität eines 
Volkes nicht immer der grösseren oder geringeren von demselben 
äusserlich zur Schau getragenen Religiosität proportional ist*' 
8. 61); ihr Islam beschränkt sich auf das Rasieren des Kopfes 
und die Beschneidung (vgl. auch S. 106); köstlich ist die Ge- 
schichte der Bekehrung der Eii'gisen zum Islam durch die 
Russen aus Miss verstau dnis, wenn Schwarz's Bericht (8. 58) 
nicht selbst auf einem Missverständnis beruht. Nicht darf man 
ihnen mit Arif einen Vorwurf aus dem Essen von Pferdefleisch 
machen, das sie alle üben, denn Arifs Bemerkung: ,,das Pferde- 
fleisch ist in der Schule des ImSm ela'zam verboten : die Kirgisen 
rechtfertigen sich durch die Behauptung, der Imam sei später 
anderer Meinung geworden*' ist insofern unrichtig, als nach Abu 
Hanifa das Pferdefleisch nicht haräm, sondern nur makrUh d. h. 
gottungefällig ist (so auch die Hanbaliten im Gegensatz zu 
Schafiiten und Malekiten, s. Multaqa mit Komm. ed. Const. 1276 
3. 782); die Angabe von der Sinnesänderung des Imams ist ein 
Irrtum, der aber wohl unter den Kirgpsen verbreitet sein mag; 
nach Multaqa a. a. 0. wechselte der Faqfh ^Abdarrahlm Alkirmäni 

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113 

Macht; er ist freigebig {kerim we§auwäd)y doch auf 
Kosten seiner Lente, die er beraubt, um den BVei- 
gebigen zu spielen; das ist die Art der Kirgisen. Sein 
Sohn ist ernst» isst nicht von dem Essen seines Vaters, 
weil dieses haröm ^) ist, und lernt tüchtig. ^^ Das heisst: 
es ist Hoffnung, dass er sich zu einem überzeugungs- 
treuen Muslim ausbildet. 

Über die Kasaken berichtete Arif Folgendes: 
„Während meines zweijährigen Aufenthaltes in der 
russischen Grenzstadt Fir^wal*), welche die Türken 
Qaraqol nennen, und die 8 Tage von Aqsu entfernt 
ist» verkehrte ich viel mit Kasaken und lernte ihre 
Sprache/* — „In Anwendung des Wortes kämpfr ,Frau^ 
ja sogar bei Anrede der Knaben an ihre Mutter, obwohl 
dieses Wort eigentlich bedeutet: ,elendes, altes Weib, 
das auf die Strasse geworfen ist^ und ein Schimpfwort 
ist, folgen die Tackender den Kasaken; die Leute von 
Taäkent sind berüchtigt, dass sie die Sprache der um- 
liegenden Dörfer annehmen, während es doch sonstüberall 
umgekehrt ist, die Dörfler von den Städtern annehmen; 
aber die Tackender haben eine wahre Wuth aus der 
Stadt zu laufen und sich mit den ringsum wohnenden 



drei Tage vor seinem Tode die Ansicht darüber. Der vielyerbreiteten 
Fabel von dem Mürbereiten des Fleisches nnter dem Sattel durch 
die alten Tettem der Kirgisen, die Htinnen (dasselbe berichtet 
auch Schiltberger von den Tataren seiner Zeit) ist schon 1891 
Badloff schajrf zn Leibe gegangen S. LXXI, dann Schwarz 89 
n. 1, der sie gut durch das Auflegen dünner Fleischschnitten auf 
die Kückenwunden der Pferde erklärt. 

') Wahrscheinlich übertragen zu verstehen: auf unrechte 
Weise erworben, nicht etwa = ,den Speisegesetzen widersprechend^ 

*) Genauer: fkßhoal^ das Arif aber durchaus mit dem §imi 
§äk d. h. mit j geschrieben haben wollte; es ist das Prshewalski 
der Karten nicht weit vom Ostende des Isiq-Kol. Nach Hedin 
Pet 254 expedieren Andiganer die Erzeugnisse von Ütsch-Turfan 
und Umgegend über Bedel '^nach Prschewalsk (Kara-kol)*\ bis 
wohin man 10 Marschtage rechnet. Im Namenverzeichnis (S. 
358) Bchrdbt He diu: „Kara-kol (Prschewalsky), ,da8 schwarte 
(breite) Thal'" ; qtmtqol nicht vielmehr gleich qara-ul ,Wachtposten' ? 



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114 

Kasaken abzugeben.^* Ein andres Mal äusserte sich 
Arif: „Die Taskender Sprache neigt sich der der Ka- 
saken und Elirgisen zu {aUisän cMäSkendl jamUu üä 
lisän alqazixq waigirghlz)'^ Kasaken und Kirgisen stehen 
sich [sprachlich] sehr nahe, unterscheiden sich nur 
durch zwei oder drei Sachen, vor allem darin, dass 
der Kasak das sin als Hn spricht/^ i) Lebendig waren 
die Schilderungen, die Arif von den verschiedenen 
Städten, die er kennt, entwarf, von Art und Sitte ihrer 
Bewohner. Die beschränkte Zeit unseres Verkehrs 
war, wie schon oben bemerkt, sehr zertheilt, denn mein 
Hauptaugenmerk war auf das Sprachliche gerichtet. 
Dazu kam, dass ich das thun musste, was bei Orien- 
talen unerlässlich ist: das Interesse fesseln durch eigenes 
Geben, und so ging manche Stunde verloren, indem ich 
lehrte'-^). So sind die Notizen, die ich sammeln konnte. 



') Hier hat sich, scheint es, Arif geirrt, oder ich hahe mich 
verhört. Radioff Gramm, 216 weiss nur, dass ,,im Kirgisischen 
(d. h. also hei Kasaken und Kirg^en) s im Inlaute zum Teil dem 
k der fihrigen Dialekte entspricht: kisi (Mensch) = k&i\ hasynda 
(anf seinem Kopfe) =^ basynda.^' Im Anlaut werden ,,im Kasak- 
Kirgisischen alle 8 zu s^'' (a. a. 0. 154). Arif meinte also, yer- 
allgemeinemd« der Kasak spreche das mn als «in. Nach Paptewij. 
MaUridiy po ktuak-kirgiMkomu jasyku (Moskau 1900) 84 wird yon 
den Kasaken ,,osmanisches und gagataisohes c als ^, i als 8 aus- 
gesprochen, z. B. hw = hos.'" Melioranskis Grammatik des 
Kirgisischen konnte ich nicht einsehn. Umfangreiche kasakische 
Texte gab Badloff mit Obersetzung Proben III (1870), wo das 
Vorwort der Obersetzung zu beachten ist mit den volksknndlichen 
Angaben und der Behandlung des Metrischen. Texte im Dialekt 
der Kara-Kirgisen ohne Obersetzung Proben V (1886). In Moskau 
erwarb ich 1901 zwei kirgisisch-kasakische Drucke: 1) mekt/Obät 
qtrghie weqazaq Winde, 2) qissaä ^emsid qoMk tiUnde^ beide vom 
MoUa KaSS&feddln, in Kasan bei Öirkowoi gedruckt (1896 und 1897). 
Es ist aber zu bemerken, dass Radioff, Proben HI, XIX aus- 
drücklich Yor den schriftlichen Bemühungen der Kasaken und 
Kirgisen warnt, da die Schriftkundigen meist Tataren als Lehrer 
hatten und von diesen beeinflusst sind. 

') Ich Hess die ersten Bogen meiner damals noch im Druck 
befindlichen deutschen Grammatik für Araber {Kieme deuteche 
Sprachlehre für Araber, Heidelberg, Groos 1902) kommen und 



12 



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116 

unbeträchtlich; ich gebe sie wieder, weil EÜniges davon 
die Angaben Anderer ergänzen wird. 

Mit besonderer Freude sprach Arif von seiner 
Vaterstadt Aqsu, und man versteht sie, wenn man die 
Schilderung Sven Hedins liest {Durch Asiens Wüsten I, 
466 ff.). Heisst das Städtchen doch mit Becht ^ Weiss- 
wasser", denn von blendendweissen ewigen Schnee- 
feldem und Gletschern strömt das frische, reine Nass 
herab, das die Bewohner labt: „In der Stadt sind 25 
Quellen (b^l(iq) mit ausgezeichnetem Wasser**, be- 
richtete Arif. Der Aksu-darja, an dessen linkem Ufer 
der Ort liegt, führt im Sommer eine kolossale Wasser- 
menge: er ist in seinem Laufe von einer Menge von 
Dörfern, Äckern und fruchtbaren Feldern, herrlichen 
Gärten und gefüllten Bewässerungskanälen begleitet. 
Komfrüchte, Gemüse aller Art, Obst und Baumwolle 
werden gewonnen, daneben wird Schafzucht ge- 
trieben. Der Handel ist zum Theil in den Händen 
der himdert Andiganer, die eine russisch-turkestanische 
Kolonie bilden unter dem freundlichen Aqsaqal, Muham- 
med Emin, einem der Konsularagenten, die in allen 
einigermassen bedeutenden Ortschaften Chinesisch Tur- 
kestans der Befehle des Herrn Petrowskij gewärtig sind. 
Nach Arif ist das Klima trotz des vielen Wassers ge- 
sund. Das chinesische Schmutzgesindel — nach Hedin 
findet man in Aqsu eine grosse Anzahl Chinesen — 
darf seine Schweinepest nicht in die Stadt einführen. 
Arif versicherte mehrfach, dass die Muslims in Chine- 
sisch-Turkestan nicht dulden, dass ihre chinesischen 
Herren die geliebten Schweine in die Städte bringen: 
sie müssen für ihr Borstenvieh ausserhalb Unterkunft 
schaffen. Ein Stolz Arifs ist auch, dass Aqsu einen 
Chan mit 30 Zimmern besitzt, um welchen 3ö Magazine 
mit Stoffen und dergl. herumliegen: der Fremde finde 



nahm den Anfang des Bnches mit Arif durch; die Art, wie er 
die Mitiheflangen aufnahm und verarbeitete, wurde mir wieder 
lehrreich als Beispiel seiner Sprachanichauung. 



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116 

jede Bequemlichkeit und könne sich mit Allem ver- 
sehen. Der Hauptruhm Aqsus ist aber der Wiss^i- 
Schaftsbetrieb. Schon oben ist berichtet^ dass Aqsu den 
gelehrtesten Mann des J^iandes, den Lehrer Arif s besass^ 
und wenn Arif wirklich in seiner Vaterstadt den Uaupt- 
theil seiner gelehrten Bildung erworben, so ist das aller 
Achtung werth. Das Bild vervollständigt Hedin mit 
seiner Notiz über die beiden geistlichen Hochschulen, 
Kok-Medrese und Aq-Medrese, 4n deren kleinen, auf 
die Höfe hinausgehenden Zimmern MoUahs wohnen, 
von denen einige 5 — 10 Jahre auf der Mir-arab in Buchara 
studiert haben'. Noch eins ist in Arifs Augen ein 
Ehrentitel Aqsus, den es mit Easghar theilt: der fromme 
Schwindel kommt dort nicht auf. „Der Weizen frommer 
Beträger ^, berichtet Arif, „blüht besonders in Andigan 
und Ta^kent; in Andigan sind die humotga [,die 
Dummen'] sehr zahlreich, fast jeder trägt ein iawi4 
[jTalisman'], das in Aqsu tümöTy anderswo, obwohl es 
nicht um den Arm, sondern um den Hals getragen wird, 
bäzübend genannt wird. In Andii^an ist der rcmtnäl 
[^Wahrsager aus dem Sande'] der grosse Mann, der 
wirkliche Gelehrte ist nicht angesehen; in Taäkent ist 
es eher noch schlimmer, in Easghar imd Aq«i aber hab^ 
die Schwindler kein Ansehn^. Mag in dieser Schil- 
derung der Lokalpatriotismus mitreden, so ist dpoh 
schon die Gesinnung des braven Aqsumannes allen 
Lobes werth, und man wird annehmen dürfen, dass er 
nicht ihr einziges Exemplum ist. 

Den zweiten Rang unter den ihm näher bekannten 
Städten erteilt Arif Kasghar. Viel Neues war in seinen 
Mittheihingen nicht enthalten, aber nicht ohne Luteresse 
ist, wie sich das Bekannte in diesem Kopfe spiegelt. 

Seiner Anlage entsprechend befasste Arif sich in 
Kasghar vor allem mit gelehrten und litterarischen 
Dingen. Von der Freundschaft, die ihn dort ein Jahr 
lang mit Awlad Husein verband, war schon die Rede. 
Neu dürften sein die Mittheilungen über das Buchdruck- 
wesen in Kasghar: „Das Druckgeschäft wird in Kai- 

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117 

ghar nur mit der Handpresse geübt. Von Drucker- 
zeognissen sind mir bekannt: 1) nasäUJj^ äPumarä\ chin. 
sä»^gy chinesisoh und türkisch nebeneinander; das 
Werk ist für die chinesischen Beamten der Provinz be- 
stimmt, die sich daraus über deren rechtliche Verhält- 
nisae unterrichten sollen; Preis: 16Tenge^); 2) dtwä» 
annawäX der Diwan des Mir Ali §er [ier, so, mit Er- 
haltung der älteren Aussprache]; Preis : 10 Tenge ; 3) a^arf 
aTarctbi MHÜfwri^ waUurhi in einem Bande; Preis: 12 
Tenge; 4) die Diwane Awlad Hnsains [s. oben S. 107] in 
einem Bande; Preis: 15 Tenge. Ausserdem läsat 
Petrowicka [d. i. der russische Generalkonsul Petrowskij] 
drei Tage jeden Monats eine Zeitung in chinesischer 
Sprache und Schrift mit Nachrichten aus Europa drucken 
und schickt sie nach bä^n [Peking] ^)^. 

Dem Manne mit dem offnen Blick konnte nicht 
das politische Spiel mit dem hohen Einsatz: , Vorherr- 
schaft in Centralasien und Westchina^ entgehen, dessen 
Leiter in Easghar sitzen, und das bereits zu Gunsten 
des nordischen Kämpfers entschieden ist. Die Phasen 
des gewaltigen Ringens um die wirth^chaftliche Herr- 
schaft in Chinesisch-Turkestan imd damit in den Theilen 
Chinas, die nicht vom Meere und von den französischen 
und englischen Grenzgebieten aus zugänglich 8ind> 
sind bekannt: wie fast zu gleicher Zeit, i. J. 1868, 
Jakub Bey von russischer Seite durch CaptReinthat, 
Adjunkt des General-Gouverneurs von Tm*kestiifi, von 
englischer durch den angeblich auf eigene Faust und als 



') Als Arif Kaggbar Verliese (Herbst 1900), waren 10 Tenge 
oder Denge=: 1 Rubel; nach den im Oktober 1901 aus Chinesisch 
Torkestan kommeodene Wallfahrern schwankte der Kurs zwischen 
7 nnd 9 Tenge pro Rubel. In Russland rechnen alle Türken nach 
Rubel und Kopeke unter den Namen süm oder manM und Un; 
diese Bezeichnungen sind auch bei den in Moskau lebenden Ta 
taren (ca. 10000 Seelen) üblich; manat ist das Wort für ,Buber auch 
im Neupersischen und Neusyrischen. 

*) Diese Legende ist symptomatisch fax den mit Gruseln ge- 
mischten Besp^t der Landesbewohner Tor der ThS.ti|;keit des 
rdhrigen Russen. 



16 



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118 

H&ndler reisenden Shaw vom englisch-indischen Dienst 
bestürmt wurde, wie beide Reiche dann ständige Ver- 
treter in der Hauptstadt des nach dem Untergang des 
kurzlebigen islamischen Reiches wieder chinesische 
Provinz gewordenen Gebietes ernannten» und wie Herr 
Petrowskij es verstand, sich zum allmächtigen Herrn 
des Landes zu machen, der zwar nur den harmlosen 
Titel ,Generalkonsul^ führt, aber von den Muslims als 
Nachfolger des einst über Kaäghar herrschenden Gen- 
giziden Gaghatai angesehen wird, und den sogar der 
Dao Tai als ,den anderen' der beiden Häuptlinge von 
Eaäghar bezeichnete (Hedin 1, 127). Wenn trotz dieses 
Einflusses Englands Absichten, Kasgharien dem britisch- 
indischen Handel zu gewinnen, einigen Erfolg gehabt 
haben, so ist das nur der Wahl der ausgezeichneten 
Vertreter zu danken. Hauptmann Younghusbands Ver- 
dienste um die Kenntnis Centralasiens sind bekannt. 
Als er bald nach 1890 nach Indien zurückkehrte, blieb 
als ,Agent der indischen Regierung für die chinesischen 
Angelegenheiten' Mr. Macartney zurük, ein ausser- 
gewöhnlich unterrichteter Mann, der mit dem russischen 
Kollegen in Freundlichkeiten gegen Fremde, die mit 
ernster Forscherabsicht das Land bereisen, wetteifert. 
Hier ist meine Aufgabe nur, das wiederzugeben, was 
Arif über die beiden Männer nnd die Beziehungen 
Kaschghariens zu ihren Ländern berichtet: „Petrowicka 
ist ein gewaltiger Schaitan [,Teufel^ und Alle haben 
vor ihm Angst. In heftigem Kampfe mit ihm lebt der 
englische Konsul Makäti, Sohn eines Engländers und 
einer Chinesin, der nicht bloss fliessend chinesisch 
spricht, sondern sogar gelehrte Chinesen durch seine 
Kenntnis der Sprache in Erstaunen setzt. Makäti lässt 
sich besonders die Handelsverbindung mit Indien an- 
gelegen sein, die nicht unbedeutend ist: es gehen 
jährlich 1000 — 2000 Karawanen hin und her^); unter den 

^) Diese Ziffer ist wohl Übertrieben ; es ist zu bedenken, dass 
Ton Ende Oktober bis Ende April der Verkehr zwischen Leh 
(Ladak) nnd Jarkand unterbrochen ist. 

16 



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iie 

Importartikeln befinden sich auch Bücher, denn was 
davon in Aqsn nnd Kasghar gebraucht wird, und das 
ist nicht anbedeutend, kommt nicht aus Kasan; die 
Kasaner Drucke sind schlecht, mit Ausnahme der älteren 
der Uniyersitätsdruckerei, und teuer, die von Bombay 
sind billiger und besser^y^ Arif weiss ebenso gut wie 
alle andern Muslime Zentralasiens, dass Chinesisch Tur- 
kestan früher oder später russische Provinz wird. 
Man sieht dem nicht gerade mit Freuden entgegen, 
denn unter den Russen wwden die Muslims, meinen 
sie, von atdm ,Bedrückung^ zu leiden haben, unter den 
Chitai haben sie gegenwärtig nicht darüber zu klagen, 
freilich nur deshalb nicht, weil die chinesische fiegierung 
zu schwach ist: die Beamten sind dem Opium ergeben 
und verkaufen das Interesse ihrer Regierung; „wollen 
die Chinesen sich ztUm erlauben, so bekriegen wir sie; 
von Kotau machen in der Moschee vor der Tafel des 
Kaisers^) ist in Chinesisch Tm*kestan nicht die Rede.^ 
Trotz des Mangels an Respekt vor der herrschen- 
den Nation, der sich in diesen Worten ausspricht, geht 



' Mehr noch als Korrektheit und Preifionterschied dfirffce nach 
dem, was mir mehrfach in Stambul yersichert wurde (z. 6, von 
dem Ältesten des Buchara-Klosters bei der Ahmedmoschee, von 
dem Pelzhändler Salih Efendi aus Kasan im Abud-Chau und 
Andern), ein anderer umstand wirken: die steifen, hässlichen 
Typen aller Kasaner Drucke. Es ist unbegreiflich, dass in dem 
grossen Wissenschaft- und Litteraturcentrum an der Wolga, wo 
eine geradezu fieberhafte Dmckth&tigkeit herrscht, immer noch 
mit dieser ganz unorientalischen altvaterischen Schrift gearbeitet 
wird, Yon der man in Mittelasien nichts wissen will. Wie in 
Persien, wo man vor einem halben Jahrhundert bewegliche Typen 
fkir die Regierungsdruckerei anschaffte, um sie möglichst schleunig 
in ein^m Winkel verkommen zu lassen, will man von Buchara 
bis Aksu nur lithographierte Werke studieren. Was die grössere 
Korrektheit indischer Drucke betrifft, so besteht sie nur in der 
Einbildung Arifs und seiner Landsleute. Nach meinen Er- 
fahrungen sind die meisten arabischen Lithographieen von Bombay, 
Cawnpoor, Delhi etc. (Arif scheint nur Bombay zu kennen) 
j&mmerlieh. 

•) Siehe oben (Heft UßlL) S. 96. 

2 
17 



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120 

doch aus vielen AusBerungen Arife das Ansehea her- 
vor, welches die alte chinesische Kultur selbst bei 
diesen entfernt wohnenden Barbaren sich zu verschaffen 
gewusst hat. Die Türken dort müssen die ungeheure 
Straft anerkennen, die die Russen zeigen; sie geben 
auch zu, dass die grossen wirtschaftlichen Unter- 
nehmungen dieser Ungläubigen dem Lande zum Segen 
gereichen, aber die Rücksichtslosigkeit der Eroberer, 
die Yerseuchtheit fast aller Individuen, die das Heilige 
Russland nach Zentralasien sendet, mit dem Schnaps- 
und andern Teufeln, stossen den Muslim ab; da sind 
ihm die Chinesen sympathischer, die zwar auch arge 
Intriganten und bdse Burschen sind, aber in Lebens- 
führung, Denkweise und selbst Sprache den Türken 
näher stehen. 

Kennzeichnend hierftir ist der Eifer, mit welchem 
Arif versicherte, er habe mehrfach versucht, in die 
Sprache der Chitai (Chinesen) einzudringen. Weit 
hat er's freilich nicht gebracht, und der Name seiner 
Vaterstadt ist das Einzige, was er in chinesischer 
Schrift au&eichuen kann^). Sein chinesischer Vokabel- 
schatz ist nicht unbedeutend: in dem „Fünfer^' (s. oben 
S. 106) bildet das Chinesische eine der (ünf Kolumnen. 
Besonderes Interesse hat er für die chinesischen Sprich- 
wörter, und in der für mich angelegten SprichwÖrter- 
sammlimg finden sich auch zehn unter der Überschrift 
chitäjöe. Erstaunt war ich, bei Arif einige Kenntnis 
der ethnographischen Einteilung der Chinesen zu finden. 
Wie dürftig und schief auch das von ihm Mitgeteilte 
sein mag, ich gebe es doch als eine Probe der Vor- 
stellungen, die bei den Türken über diese Dinge herr- 
schen: y,T>ie Chitai sind zwei Klassen: 1) Mangür 
[Mandschus, Mandschurier], 2) Qarachitai; die Qara- 
chitai sind wieder zwei Klassen: 1) Kä-zä, 2) Män-zä; 



^) Diese Schrift nannte er elchaU elqarcichitäi; die Qarachitai 
seien die ursprünglichen Chinesen, deren Stammhaum rein ist; 
die von ihm aufgezeichneten Zeichen seien zu lesen ä^kesu. 



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121 

die Eä-zä sind wieder zwei Klassen: 1) Cafl-mo-ze, 
2) Cafi-fan; die Caü-fan [gelegentlich auch Sampan und 
Sampfan gesprochen i)] werden von der Regierung mit 
Strichen gekennzeichnet, weil sie in alter Zeit auf- 
ständig waren gegen die Emire; heut sind sie unter- 
thänig, es blieb ihnen aber diese hässliche Sitte; sie 
sind niedrig gesinnt und ohne Zucht; die Dörfler und 
Bergler haben ein hartes Leben wie die Beduinen der 
Araber; sie kommen zahlreich nach Turkestan als 
Soldaten." Systematisch gesammelt hat freilich Arif 
leider auf diesem Gebiete nicht^ wie er auch keine 
bedeutenderen Notizen über seinen Aufenthalt in Russisch 
Turkestan imd seine sprachlichen und anderen Beob- 
achtungen dort gemacht zu haben scheint. Das Wenige, 
was ich nach seinen Mittheilungen niedergeschrieben, 
bezieht sich, abgesehen von den schon oben gegebenen 
Nachrichten über die Kirgisen und Kasaken, auf Tas- 
kent und Andigan. 

„Taskent** *), berichtete Arif, „liegt wie Stambul auf 
Hügeln^); das Wasser ist gut, aber die Luft ist schlecht, 



') Die Form „Tschampan*' hat Schwarz, der sie als „Ver- 
bannte und Sträflinge ans Südchina'' charakterisiert (S. 22). 

') Eine eingehende, anf gründlichem Stndimn während eines 
fän&ehi\j ährigen Aufenthalts hemhende Monographie über TaSkent 
und seine Bewohner gieht Schwarz in Kap. III: „Lehensweise, 
Sitten und Gehränche der ansässigen BeyOlkemng Turkestans.** 
Das Leben der ansässigen Turkestaner ist einheitlich, und „keünt 
man nur eine Stadt, so kennt man damit auch alle übrigen" (S. 
139). So ist es nur zn billigen, dass Schwarz diese Form gewählt 
hat. Die Etymologie Schwarzes (S. 160), die an den arabischen 
Namen der Stadt cisiäs anknüpfend darin ein ,Sechsstadt\ ,Hexa- 
polis* sehn wiU, ist sehr ansprechend. So erklärt sich das tos. 
das sonst keine Berechtigung hat, denn Steine giebts in Taskent 
nicht; es ist eine Umänderung des den türkischen Einwanderern 
nnyerständlichen saskend^ wobei auch das Gesetz der Dissimilation 
mitgewirkt haben mag. 

^) Schief; die Stadt liegt „in dem breiten, beiderseitig durch 

niedrige Ausläufer des Tschatkalgebirges begrenzten Thale, 

welches einerseits yom Tschirtschik, andererseits vom Eeless 

durchflössen wird" Schwarz 152; nur auf die Russenstadt passt 

2* 
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122 

das Klima ist mähmüm [,fiebrig'] und ewar dae ganze 
Jahr hindurch^ während bei anderen Städten die Krank- 
heit nur periodisch auftritt; in JengitaSkent^ der ÖBt- 
licheren Russenstadt, giebt es schöne Märkte; die Stadt 
besass vier Druckereien, von denen eine eingegangen 
ist; die drei bestehenden sind mit Arbeit überhäuft"^). 
Über die Sucht der Taskender, aus der Stadt zu laufen^ 
und ihre sprachliche Beinflussung durch die umwohnenden 
Dörfler, siehe schon S. 113, über die Rolle, die fromme 
Schwindler in der Stadt spielen, siehe S. 116. 

Neben Taskent als der Stadt der harten Arbeit er- 
scheint Andigan^) als Ort heiteren Lebensgenusses, zu- 
gleich aber energischer Bethätigung einer höheren In- 
telligenz in Handelsgeschäften. Die ,Andi^auliks' d. h. 
Andigan-Leute haben nach übereinstimmendem Zeugnis der 
Reisenden in allen bedeutenderen Ortschaften Chinesisch 
Turkestans bis nach Kan-su hin den Handel in der 
Hand, ihnen gehört auch der Aqsaqal an, der die In- 
teressen der russisch-türkischen Kolonie als Konsular- 
agent wahrnimmt und Herrn Petrowskij regelmässig zu 
berichten hat. Vielleicht wird man die Bezeichnung 
,Andigan-Mann' nicht zu eng fassen und dabei an die 
Herkunft aus der Gegend von Andigan denken dürfen. 
Der praktische Sinti der Andiganer spricht sich darin 
aus, dass sie im Verkehr die lächerliche Am*edeform 
nicht brauchen, die in anderen Teilen Turkestans wie 
im Portugiesischen ^) und im Hochdeutschen üblich ist, 



das von Arif allgemein Aasgesagte: das Terrain, auf dem sie er- 
baut ist, ist leicht wellenförmig ebda 446. 

') Die dr« Druckereien werden die von Gebr. Portsewij, 
Lachtin und Breidenbach sein. Erzeugnisse aus allen dreien, 
sämtlich Lithographien von Volksbüchern, besitzt die Kgl. 
Bibliothek Berlin. 

'^) Über die moderne Stadt s. Baed 446. Aus chinesischen 
Quellen hat einige Nachrichten über das ältere An-tsi-jen 
ImhauU'Huart^ Becueil de documents sur VAsie Centrale 15 n. 1. 

^) Bekanntlich sind die Portugiesen die Fanatiker der Höf- 
lichkeit, die beständig den Schritt vom Erhabenen zum Lächer- 
lichen thun. 



20 



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1S13 

uad im Osmanisohea und NeupeFsischen in gewissen 
Stilarten um sich greift; die dritte Person Pluri^is für 
die eine Person^ zu der man spricht. „In Ändigan reden 
sich Gross und Klein, Vornehm und Gering gegenseitig 
mit $üf yihr' an,^ wie die Engländer. In einigem Gegen- 
satz zu dieser Vemünftigkeit steht der Respekt vor 
scheinheiligen Betrügem^ den sie mit den Taskendern 
teilen (s. oben S. 116)0. 

II. , 

Stambul erscheint als Sitz des ,Chalifen' d. h. 
desReligionshüters und damit Mittelpunkt der islamischen 
Welt und als bedeutendster Handelsplatz Südosteuropas 
an den Thoren Asiens wie keine andere Stadt geeignet^ 
den Franken in Beziehungen zu Vertretern der Haupt- 
nationen der islamischen Welt oder doch Vorderasiens 
zu bringen. In Wirklichkeit giebt es kaum eine Stadt 
im Islam, wo es so schwer ist, mit Muslims einen die 
wissenschaftliche Beobachtung fordernden Verkehr zu 
unterhalten. Denn für diesen ist erste Bedingung die 
bona fides des Gewährsmannes. In der Beziehung ist 
aber, das wurde mir mehrfach von glaubwürdigen Per- 
sonen versichert, der Fremde in Stambul bösen 
Täuschungen ausgesetzt. Es ist bekannt, dass der Verkehr 
der in Stambul wohnenden Muslims, seien es osmanische 
Staatsangehörige, seien es fremde Unterthanen, mit 



^) Wenig yerständlich ist auch, dass nach Arif eii)6 unheil- 
Yolle Sitte in der Stadt herrscht: ,,Ungeheuer verbreitet ist in 
Andi^an die Krankheit (Hüe) der Päderastie; es gehört fjär jeden 
besser Sitoierten zum guten Ton, seinen pust zu haben; die 
Rassen schreiten ganz energisch dagegen ein; diese Krankheit ist 
das UnglQck des Landes/' Dazu stimmt der Bericht in Duk- 
meyers »Unbefangene Beobaohtongen aus Bussisch-Turkestan' 
(Allg. Zeit., Beil. 1901, No. 250), der durch ein wahres Geschichtchen 
Yon sieben Dozenten einer Medrese erhärtet ist, die, den ältesten 
Maderris an der Spitze, ein rundes Sümmchen unterschlagen, um 
sich gemeinsam einen ,Bat8chi* zu leisten. Nach derselben 
Quelle ist auch die lesbische Liebe bei den Muslimes Turkestaus 
verbreitet. 



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124 

Franken oben sehr ungern gesehen wird. Namentlich 
Beamte und Personen^ die einem öffentlichen Institute 
angehören, werden streng überwacht, machen sich durch 
Beziehungen zu den christlichen Fremden verdächtig 
und haben, da es bekanntlich in allen Teilen Konstau- 
tinopels von gut bezahlten und gut geleiteten gefähr- 
lichen Spionen wimmelt, alle Ursache^ Vorsicht zu üben^). 
Wird einer bei dem schweren Verbrechen häufigen 
Zusammenseins mit einem fränkischen Giaur ertappt^ 
80 ¥rird ihm das Handwerk gelegt, dem neugierigen 
Fremdling aber suppeditiert man andere Gewährs- 
männer, die ihm das Blaue vom Himmel runter lügen. 
Das Material dazu hat man in Massen auf Lager. Nur 
sind nicht selten die Machthaber in Stambul in solchen 
Fällen betrogene Betrüger. Über chinesischen Islam 
werden zum Beispiel zwei Individuen vorzüglich Aus- 
kunft geben, die in Pera wohnen, und von denen man 
weiss, dass sie vor etwa 15 Jahren als islamische 
Chinesen anf der Bildfläche erschienen sind: als solche 
essen sie das Brot des Landesherrn, der sie als seine 
Gäste betrachtet; leider ist beider Chinesentum zweifel- 
haft; der eine soll die angebliche Muttersprache ein 
wenig radebrechen, der andre aber will sein Chinesisch 
gänzlich vergessen haben. Jedenfalls ist mit den Per- 
sonen, die sich zu leicht für Erkundungen finden lassen 
und zu bereitwillig mit Auskünften sind, Vorsicht ge- 
boten. 

Daneben geht eine zweite Klasse von Gewährs- 
männern her, deren Gutgläubigkeit nicht in Zweifel 
zu ziehen ist, die aber teils durch langen Aufenthalt 
in der Hauptstadt zu Stambullis geworden, teils schon 



^) £in klassisches Beispiel ist die Antwort, die mir eia 
osmanisclier Offizier gab, iJs ich ihn fragte, ob ich ihm die 
Stunde einer späteren Zusammenkunft schreiben öder t^ele- 
graphieren solle. „Um Gotteswillen, keins von beiden! ich bitte 
dringend, mir keine Mitteilungen unter meiner Adresse zu 
machen. "" Notorisch werden alle Stadtpostbestellungen um 
Goldnen Hom beschnüffelt. 



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125 

in Stambul geboren sind. Das sind die Leute von der 
Art des vor etwa nenn Jahren verstorbenen Schnell 
Sulaiman, des Verfassers des öaghataisch-türkischen 
Wörterbuches. Er ist bereits oben gekennzeichnet. 
Sein Nachfolger im Amte, d. h. in der Leitung des 
Buchara-Elosters bei- der Ahmed-Moschee, Abdühnegid 
£fendi, ist mir nicht durchsichtig. An seiner Auf- 
richtigkeit ist nicht zu zweifefai, und ich kann die Be- 
reitwilligkeit, mit welcher er die Beziehungen zwischen 
mir und Arif einleitete, nur mit grösstem Danke erwähnen. 
Aber ich hörte ihn nur persisch und osmanisch sprechen 
und möchte annehmen, er sei ein Ta^. IJber das 
Haupt des Özbeken-Elosters in der Vorstadt Aijub 
kann ich keine Mitteilung machen. Einiges Material 
steht mir dagegen zu Gebote für den braven und 
originellen Leiter des Buchara-Klosters in Skutari^), 
Schech Edhem Efendi, Vater des schon oben genannten 
Verfassers des ussi Usäni turM, Mehemed Sadiq 

Schech Edhem ist aus der Gegend von Buchara 
gebürtig und ist ein sunnäf, kennt alle Künste und 
Fertigkeiten; er ist Schreiner, Schmied u. s. w. in 
einer Person; einst baute er für den Sultan einen 
Dampfer, der unter dem Wasser geht; als ich bei 
Husain Biza Pascha das wahrhafk künstlerisch ge- 
schnitzte Gestell einer Standuhr sah und nach dem 
Verfertiger fragte, erhielt ich zur Antwort: Schech 
Edhem in Skutari^). Als Arif Anfang Oktober 1901 



') Als solcher heisst er auf dem Titel des usH Usäni 
turH: üsküd&rda kft'in özbekler dergfthl püstniSini (eig. 
Fellsitzer, weil nur der Schech auf einem Pell sitzt). Er hat 
ebenda das Laqab: reSädetln. 

•) Er wird meist nur Sadiq Efendi genannt Es ist 
bei den Osmanen häufig, dass der dem wirklichen Namen bei- 
gegebene machlas oder tachallus im Verkehr an die Stelle 
jenes tritt. 

*) Es leben unzweifelhaft in Stambul und Vororten noch 
andere bedeutende Vertreter des Kunstgewerbes. Wer weiss 
Yon ihnen? Sie verhungern, haben sie nicht nebenbei einen 



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126 

ihn besuchte; fa&d er sem Zimmer ids eine reine 
Werkstatt und den Schech in voller Thätigkeit darin. 
Meinen Derwisch freilich hatte dieses Wesen ersichtlich 
unsympathisch berührt^ und enthielt er sich auch takt- 
voll einer schärferen Kritik, so ging doch aus seinen 
Äusserungen hervor^ dass er an der vollen Zurechnungs- 
fähigkeit des Klosterprior-Handwerksmeisters zweifelte. 

Im Gegensatz zum Vater erschien Sadiq meinem 
Freunde als ein offener Kopf^ nur sei er durch Stambul, 
wo er geboren ist, verdorben^ denn dort lerne man 
nichts Ordentliches. Im Persischen^ das er an der 
Schule raudai' taraqqi unterrichtet ^ zeigten seine 
Kenntnisse Lücken. In dem ussi lisäni turM beweist 
er, dass er die von ihm behandelte Sprache nicht ge- 
ntlgend kennt und sich von den durchreisenden Zentral- 
asiaten allerlei hat aufbinden lassen i): oft wurde, als 
wir das Buch zusammen lasen, Arif eifrig-ärgerlich 
und unterbrach mich gelegentlich mit einem kräftigen 
jalghan, womit er natürlich keine Beleidigung des 
gewiss sehr braven und harmlosen Sadiq beab- 
sichtigte. 

Sadiq hat übrigens mit seinem Büchlein kein Glück 
gehabt. Zur Abfassung veranlasste ihn einer der 
Grossen des Reiches — , wenn ich recht verstanden, der 
Sohechülislam — , und versprach, es drucken zu lassen, 
hielt aber dieses Versprechen nicht. So druckte es 
Sadiq auf eigene Kosten (1600 Piaster = ca. 300 Mk.), 
konnte aber die Auflage nicht loswerden; erst nach 
einem Jahre fand er einen Buchhändler, der sie ihm 
abnahm, und er kam wenigstens ohne Schaden heraus. 



sichern Unterschlupf wie Schech Edhem; denn von dem, was hin 
and wieder ein reicher Pascha ihnen abkauft, können sie nicht 
leb^n. Was könnte eine intelligente Regierung aus solchen 
Krftften machen! 

^) Es müssen hauptsächlich Leute aus der ländlichen Um- 
gegend Ton Andi^an gewesen sein, die ihn berieten: deren Dialekt 
erkannte Arif in zahlreichen Fällen wieder. Das Einzelne siehe 
in meiner Arbeit über das uss (MaUriaUen Heft 2). 

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127 

loh gebe im Folgenden die Übersetzung der 
osmamschen Vorrede, mit der Sadiq sein Werkchen 
begleitet*): 

(Nach der Einleitung:) In dem im Viertel HSg[g;eHa8nftChatan zu 
Skntari gelegenen Ozbekenkloster wurde mir unter Gebeten für langes 
Leben und lange Regierung Seiner Majestät des Padischahs freund- 
schaftlicher Verkehr mit den Faqiren und Derwischen aus Mäwarä*- 
annahr (Transoxanien], denen zu dienen ich die Ehre habe, zuteil. Auf 
diese Weise konnte ich die Sprache unserer Vorfahren, das 
Öaghataische, nach Vermögen studieren und erlernen, unzählig 
sind die Bücher, die unter dem allergnädigsten Schutze des 
Ghalifen über die grammatischen Regeln der übrigen Sprachen 
yerfasst sind, nur ein Handbuch des Öaghataischen, das doch die 
Quelle der süssen osmanischen Sprache ist, fehlte. So stellte ich 
dieses Werk in sechs Kapiteln zusammen und gab ihm den Namen 
ussi lisSni turki. Der geneigte Leser wolle die Versehen und 
Fehler, auf die er trifipt, gütigst berichtigen und dem Werke 
ein freundliches Gedenken gewähren. Und yon Gott kommt das 
Gelingen. 

Nicht ohne Interesse ist, dass der bekannte Journalist 
und Politiker Ahmed Midhat, der heut als der Führer 
der osmanischen Schöngeisterei gilt, sich herbeigelassen 
hat, Sadiqs Buch mit einem togm, einer lobenden 
Empfehlung, zu schmücken. Diese Probe von den 
Leistungen des osmanischen Litteratentums mag für 
oder gegen sich selbst sprechen. Ich enthalte mich 
einer Kritik. 

Das schwungvolle Taqri^, in welchem Seine Excel lenz Ahmed 
Midhat Efendi sich zu äussern die Geneigtheit gehabt hat. 

Das Prahlen mit Verdienst und Geburt hat für den Menschen 
die Bedeutung eines natürlichen Gefühls gewonnen. Da die 
Persönlichl^it sein wertvollster Besitz ist, so kaun er sich im 
Kampf um den Buhm nicht damit begnügen zu sagen : „ich bin 
N. N.**, der Eifer des Bahmkampfes reisst ihn fort zu rufen: „ich 
bin N. N., Sohn des N. N." So ist es nicht bloss bei einem 
Volke, sondern bei allen Völkern, denn es ist in der menschlichen 
Natur liegend uud angeboren. 

Der Kampf um den Buhm übertrilgt sich von den Individuen 
auf die Völker. Auch die Völker begnügen sich nicht zu sagen: 



^) Die (faghataische, die inhaltlidi gleichgiltig ist, siehe in 

y 

meinem Caghataiachea (MateriaUen Heft 2). 



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128 

„wir sind der und der", sondern fühlen die Verpfiiohtmig, Ver- 
dienst und Abstammung durch den Satz „unser Ursprung geht 
bis auf den und den zurück" zu beweisen. Nun, welch anderes 
Mittel zur Rechtfertigung dieses Anspruchs steht denn den 
Völkern zur Verfügung als die Sprache? 

Eines Volkes Kleidung kann sich ändern. Auch seine Lebens- 
gewohnheiten können sich Bndem, ja sogar seine alte unnütze 
Religion kann auf den Ruf eines erhabenen Propheten mit der 
Religion der himmlischen Wahrheit yertauscht werden. Schliesslich 
sind doch auch die hohen und die niedrigen prinzipiellen Eigen* 
heiten des Momadenzustandes, je nachdem er mit den Errungen- 
schaften der Zivilisation mehr oder minder in Berührung kommt, 
dem Wandel unterworfen. Die Geschichte weist uns für all das 
sehr grosse Beispiele. Wenn ein Volk etwas hat, was sich sehr 
wem'g, ja selbst gamicht ändert, so ist es seine Sprache. 

^Was sich sehr wenig ändert*', sagten wir. Hätten wir diesen 
Ausspruch vor einem Publikum gethan, welches das, was man 
sprachlichen Aufschwung nennt, zu würdigen versteht, so hätten 
wir diese Einschränkung nicht für nötig erachtet und sogar aus 
<lem Satze „was sich selbst garnicht ändert'' das Wörtchen „selbst'' 
gestrichen. Wii- waren aber zu dieser Einschränkung genötigt, 
weil Bedeutung und Wert, die der hier vorliegenden Frage nach 
dem Fortschritt der Sprache zu geben sind, noch nicht festgestellt 
sind, und daher jemand einwenden könnte: „Fortschritt bedeutet 
Veränderung und Wandel; so lange es Fortschritt in der Sprache 
giebt, giebt es auch Wandel." Sehen wir einmal näher zu, was 
denn Fortschritt in bezug auf die Sprache bedeutet? Wir brauchen 
nicht lange nachzudenken. Es springt sofort in die Augen, dass 
Fortschritt hier bedeutet, dass die Sprache die Gefolgschaft der 
übrigen Sprachen, in die sie sich begeben hat, bricht und einiger- 
massen ihre Unabhängigkeit erobert, d. h. zu ihrem Ursprung 
zurückkehrt. Denn jene Gefolgschaft gegenüber den andern 
Sprachen kommt daher, dass diese im Schatten der wissenschaft- 
lichen und litterarischen Kraft derer, die sie sprechen, zu Sprachen 
der Wissenschaft und Litteratur geworden sind, und dass dem- 
entsprechend eine neue Sprache, die dieses Vorzuges noch nicht 
teilhaftig geworden ist, der Anlehnung an den ehrwürdigen Zn- 
stand jener bedarf. Sobald die, die sie sprechen, durch wissen- 
schaftliche und litterarische Arbeit die Stufe erreicht haben, dass 
sie die eigene Sprache als Sprache der Wissenschaft und Litteratur 
verwenden können, wird der erste Schritt, den sie thun, der sein, 
die Unabhängigkeit ihrer Sprache zu erobern, was so viel heisst 
wie zum Ursprung zurückkehren. Fortschritt ist also nicht ein 
Wandel, sondern bedeutet vielmehr die Beseitigung einer vordem 
eingetretenen Änderung. 



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129 

Dieser Vorgang ist ein natürlicher. Es lässt sich keine 
Macht Torstellen, die imstande w&re, ihn zu yerhindem. In den 
zivilisierten Staaten Earopas nnd Amerikas, fiber deren mannig- 
fache Fortschritte wir staunen, sehen wir jede Sprache als eine 
selbständige Wissenschaft- nnd Litteratursprache. Vordem waren 
sie allesamt in Abhängigkeit von einer Wissenschaft- nnd Litteratur- 
sprache wie die Sprache Roms und die der Griechen. Später 
aber suchte jede einzelne auf Grund der unter den Wissenschaft^ 
liehen und litterarischen Fortschritten des sie sprechenden Volkes 
erworbenen Fähigkeit, die eigne Kraft und Anmut im Kreise der 
eignen Begabung und besendern Beanlagung, brach die Fesseln, 
die sie an die andern Sprachen knüpfte, gewann Selbständigkeit 
und wurde nun ihrerseits eine besondere Sprache für Wissenschaft 
und Litteratur. 

Unsere Modernen haben*s bei den Kontroversen meist eilig 
und springen mit einem Satz von der Thür zur Kanzel. Sie 
werden unsere theoretischen Betrachtungen falsch auslegen und 
werden aus dem eben Gesagten einen Schluss ziehen wollen in- 
bezug auf die strittige Frage, ob unsere Sprache das Arabische 
und Persische benötige oder nicht. Da irren sie aber. In der 
Sprachenfrage sind Unabhängigkeit und die Benötigung anderer 
Sprachen zwei verschiedene Dinge. Das klar zu stellen ist hier 
nicht der Ort. 

Wie gelangten denn die anderen, denen vom Höchsten die 
Gabe des Sprechens verliehen ist, zu der rechten Form des 
naturlichen Zieles, das sprachlicher Fortschritt genannt wird? 
Suchen wir Antwort auf diese Frage, so sehen wir sofort, dass 
dieser Eifer bei ihnen durch das unentwegte Suchen nach den 
Anfängen ihrer Sprache hervorgebracht ist, indem sie bei den 
Forschungen über den Ursprung ihrer Nationalität nach natür- 
licher Abstammimg und nach eigenem Verdienst davon ausgingen, 
dass sie eine andere notwendige Voraussetzung für die Genossen- 
schaft als die Sprache nicht fanden. Sie sagten: „Unsere Sprache 
reicht bis zu dem und dem Datum, bis zu dem und dem Volke 
zurück*^ Sahen sie auch, dass wirklich eine ganze Menge fremder 
Wörter aus einer Menge fremder Nationen in ihre Sprache ein- 
gedrungen seien, so hat doch jene Vermischung die eigenen natür- 
lichen Gesetze dieser Sprache nicht verderben können. Wie wir 
gelegentlich in einem unserer Werke auseinandergesetzt haben, 
haben wir von den neun Worten eines osmanischen Satzes acht 
aus europäischen Sprachen entlehnt, nur Verbum und Konstruktion 
dem Osmanischen entnommen und so einen Satz hergestellt, und 
doch hat der Fremde, der jener acht Worte kundig ist, den Satz 
nicht verstehen können. Warum? Weil die Regeln übet die 
Verbindung der Worte, wenn diese selbst auch seiner Sprache 

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130 

angehören, osmanisch sind, m. a. W. weil der Satz ein osmanischer 
Satz ist. 

Das will sagen: auch wir werden, wenn wir in bezng auf 
die Sprache wirklichen Fortschritt suchen, zu unserem Ziele nicht 
gelangen, indem wir den Abhängigkeitsbeziehungen zwischen 
unserer Sprache und anderen Sprachen nachgehen. Vielleicht aber 
werden wir Erfolg haben, wenn wir den Ursprung unserer Sprache 
aufsuchen, denn jedes Volk ist auf diesem Wege an das Ziel seiner 
Wünsche gelangt. 

Man behauptet, der Ursprung unserer Sprache sei das 
Öaghataische. Keineswegs. Der Gengizide Caghatäj Bey ist ein 
Mann von gestern. Weil es unter den Türkvölkern Brauch war, 
wann immer ein rühriger Führer erstand, den Namen des Stammen 
an den seinigen anzulehnen, und dass auch die diesem Stamme 
unterworfenen übrigen Stämme jenen Namen annahmen, suchte 
das Türkentum eine Ehre darin, sich nach dem Namen Öaghati^s 
zu benennen, wie es ja auch einmal diese Ehre im Namen özbek 
und schliesslich im Namen Osman gesucht hat. Was hindert uns 
zu sagen: So war*s auch 2000, 8000, haben wir keine Angst, gehen 
wir weiter zurück: 4000, 6000 Jahre vor Caghatäj Bey? Mit 
einem Wort: Tausende von Jahren vor dem genannten Fürsten 
war die Sprache der Türken die Bedezier des ganzen östlichen 
Weltteils. Was liegt daran? Da man nun einmal gegenwärtig 
behauptet, der Ursprung unserer Sprache sei die Sprache Öaghatajs, 
wollen auch wir uns damit zufrieden geben. Wir wollen stufen- 
weise den Blick zu jenem Ursprung zurückwenden, sind wir dorthin 
gelangt, dann wird sich uns von selbst ein Weg öffnen, das was 
vor uns liegt, zu bedenken. 

Welchen Weg muss man aber beschreiten, um den Ursprung 
einer Sprache zu erforschen, welchen müssen wir beschreiten, um 
den Ursprung der türkischen Sprache zu vorfolgen? Mehrfach 
haben wir es ausgesprochen. Noch einmal wiederholen wir es. 
Zum gewünschten Ziel zu gelangen, ist möglich, indem wir so 
verfahren, wie die Andern verfahren sind, d. h. indem wir uns 
unterrichten über das, was in unserer alten Sprache geschrieben 
und, sei es vollkommen, sei es unvollkommen, erhalten ist. Wie 
es eine grosse Menge Werke giebt, die seit der Zeit des 'Ali Sir Newä'i 
in 5aghataischer Sprache geschiieben sind, so giebt es aus dieser 
und noch älterer Zeit eine Menge Urkunden, die in den weiten 
Steppen, wo die Türkvölker seit alter Zeit sich tummelten, wie 
Zentralasien, Tataristan, Sibirien und Chinesich-Turkestan, auf 
Bäumen, Steinen und Metallen eingegraben sind. Mit ihrer Lesung 
und luterpretierung wird es möglich sein, über den Ursprung 
nicht allein unserer Sprache, sondern auch über den unserer 
türkischen Nationalität eine ganze Menge Wahrheiten ans Licht 

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131 

211 bringen, die jetzfc noch von Dtinkel umhüllt sind. Künlich 
find einem dänischen Gelehrten über diese Frage eine Anzahl 
Entdeckangen gelangen, die zu machen — das muss jedem in den 
Sinn kommen — wir einem von uns selbst wünschen müssten, 
wenn wir die Entfernung des Dänen vom Türkentum mit der 
Nähe des Osmanen vergleichen. Wie wir schon sagten: wir müssen 
so handeln wie jene, wir müssen nach und nach diese Sprache 
lernen und müssen auch in dieser Sprache die Forschungen be- 
treiben. 

Diese Notwendigkeit ist als eine solche für uns nicht erst 
heutigen Tages erkannt worden. Gott sei Dank wachsen unsere 
Gedanken unter dem anregenden Schutze Seiner Majestät des 
Padisohahs jeden Tag an Erleuchtung, und derartige Bedürfnisse 
zeigen sich, einander folgend, beständig unserm Blick. Es ist 
bemerkenswert, dass schon vor 15, 20 Jahren der verstorbene 
Özbeken-Schech Sulaiman Efendi für die (aghataische Sprache 
ein Wörterbuch verfasst hat. In der That bat man wenig Nutzen 
von jenem Wörterbuch gezogen» Wie wir schon früher gesagt 
haben, ist eine Sprache nicht Sache des Gehörs. Du: GrundbestiLud 
ist vielmehr die Grammatik. Und so ist die Ursache jener Er- 
scheinung, dass kein Buch über die Grammatik der &aghataischen 
Sprache vorhanden war. Preis und Dank. Diesem Mangel ist 
durch den wissenschaftlichen Eifer Elhägg Muhammed ^ädiq 
Efendis, Sohnes des Vorstehers des Ozbekeiiklosters in Skutari, 
Schech Edhem Efendi, abgeholfen. Das genannte Kloster ist ein 
Mittelpunkt für die Derwische und Faqire Zentralasiens, die 
eämtlich &aghataisch sprechen. Unter ihnen sind auch Gelehrte 
nicht selten. Mit diesen pflog der Verfasser freundschaftlichen 
Verkehr, gelangte dadurch zu einer vollständigen Kenntnis ihrer 
Sprache uud konnte dieses lehrreiche Buch abfassen. Wie der 
Leser aus dem Studium selbst ersehen wird, ist dieses Werk nach 
einem noch weiteren und nützlicheren Plane abgefasst, als das ia^tlm 
tU/oml, das man doch allgemein als das beste Hilfsmittel zum 
Studium des Persischen anerkennt. Prägt man sich seinen Inhalt 
gut ein, und fügt man dem noch das Wörterbuch Sulaiman 
Efendis hinzu, so ist man in der 6aghataischen Welt auf einen 
Plan von gehöriger Grenzweite getreten. Der Osmane, der auf 
diesem Gebiet bewandert ist, findet nun in der Welt des Türken- 
tums leicht seinen Weg zum gewünschten Ziel. Der Verfasser 
hat mit diesem Buch der osmcuiischen Bildung einen ausge- 
zeichneten Dienst geleistet. Ich rechne es mir zur Ehre an, ihm 
für meinen Teil den schuldigen Dank zu entrichten. 

Dieser Artikel Ahmed Midhats zeigt im ganzen 
richtig die Strömung, welche das Osmanlitum heut be- 



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herrscht^ und in der sein Verfasser mitschwimmt, wie 
er selbst mit seinem nicht unbeträchtlichen Einfluss sie 
fördert: Rückkehr zum reinen Törkentum, Sichbesinnen 
auf das Nationale. 

Die Hauptstadien der osmanischen Entwicklung in 
kultureller oder wenigstens litterarischer Entwicklung 
sind bekannt. 

Bei ihrem ersten Auftreten mit litterarischen 
Leistungen^ die alsosmanisch bezeichnet werden können ^), 
ist die Sprache einfach^ fast rein türkisch; von Werken 
aus jener Zeit wird eins noch heut von Vornehm und 
Gering, Reich und Arm gekannt und geschätzt, weil 
jedes Jahr einmal am Geburtstag des Propheten in den 
Moscheen gelesen: das mewlüdi Serifi nehem des unter 
Bajezid L (791/1389—804/1402) lebenden Sulaiman 
Celebi*). Das Türkisch dieses Volksbuches ist so 
einfach, dass, wie man mir versichert, manches darin 
den modernen Stambullis unverständlich ist. In diesen 
Kreis gehören jedenfalls auch die beiden Gedichte des 
Junus Emre (s. MiU. Sem. Orient. Spr. IV (1901), 
Westasiat. Äbt,) und zahlreiche andere Erzeugnisse ver- 
wandter Art, wie das ser engämi sehr dmaut (Lith. 



*) Über diese Periode herrscht noch vielfach Unklarheit. 
Was ist ,AItosmanisch*? 

*) Nachweise aber den Dichter s. bei Pertsch 363 zu No. 
363, wo auch andere Handschriften angefahrt sind, aber nichts 
von Drucken erwähnt ist, während es doch sicher Lithographien 
giebt (mir kam keine in die Hand), mewlud ist die auch von 
Doris Beeck „Im Reiche des Islam" 218 gegebene volkstümliche 
Form des Namens der maulki-Bücher, von denen übrigens bei 
Lesung in Privathäusern meist nur der die letzten Stunden des 
Propheten behandelnde Schluss vorgelesen wird, wie mir Frau 
Beeck schreibt, die damit ihre von mir Orient. Litt.-Ztg. 4 (1901) 
Sp. 332 getadelte Übersetzung rechtfertigt. Es sei hier bemerkt, 
dass Sulaiman Celebis Gredicht, wie aus den bei Pertsch a. a. 0. 
mitgeteilten Versen klar hervorgeht, in nicht quantitierenden, 
sondern dem parmaq hisaby „Pingerrechnung" d. h. Silbenzählung, 
angehörenden Versen ebenso abgefasst ist, wie die beiden von 
Foy edierten Gedichte des Junus Emre (Achtsilber). 



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[Stambul] 1299 16 SS.)^). Schon in dieser ersten 
Periode wird neben den einfachen, fast reintürkischen 
Litteraturwerken der geschwollene, mit Persisch und 
Arabisch beladene Stil hergegangen sein. Wissen wir 
doch, dass im Selguqenreiche, dessen Erbe die Osmanen 
antraten, das Persische dermassen das Türkische über- 
wuchert hatte, dass sich einsichtige Männer selbst über 
die sprachlichen Missgeburten, die besonders im Kanzlei- 
stil vorkamen, lustig machten. Kein Wunder, dass das 
junge, kräftige Osmanenvolk von der persischen Seuche 
angesteckt wurde. Täppisch fuhren sie zunächst herum 
und setzten die fremden Flicken oft gar ungeschickt 
auf ihren groben Türkenpelz, bis 'Abdulbäqi kam 
(933/1527—1008/1599), der den Gebrauch des Arabi- 
schen und Persischen im Osmanischen regelte. 

Die zweite Periode ist die des form, eben jener 
Kunstsprache, der Baqi den Stempel seines Geistes 
aufgedrückt hatte, und für die er als Vorbild galt — 
leider viel zu lange, denn über zwei Jahrhunderte 
währte die Herrschaft dieser Richtung, die ihren Namen 
fä/risi von dem TJberwiegen des Persischen hat Ein 
bemerkenswertes Beispiel, welchen Umschwung im 
Geschmack die persizierende Richtung hervorbrachte, 
ist die Berliner Handschrift Diez A. 4fi. 60 (Pertsch 
No. 252): enthält sie doch eine i. J. 1117/1705 lediglich 
deshalb verfasste Übersetzung des berühmten qäbüsnäme^ 
weil die für Muräd U. von Margumak angefertigte, i. 
J. 835/1432 vollendete veraltet war (s. Pertsch No. 250). 
Im J. 1117 wollte man eben in Stambul nichts mehr von 
der biedern altvaterischen Sprache wissen. 

Gewiss gab es auch in der eben geschilderten 
Periode Männer, die den Unsegen der Verperserung 
erkannten und wie später noch der grosse Fuad Pascha 



*) In Elfsilbem nach parmaq hisaby; Anfang: üü imdi ghäfil 
uuän häUni — mautä haUnda olan ahujälmi; von den zahlreichen 
Altertümlichkeiten erwähne ich nur isiduben V. 4, qamu „aUe^* 
(Tgl. qamuq im Kudatku Bilik S. 12 Z. 7), tujlaghyl S. 16 vor- 
letzter Vers. 



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vor Zorn bei dem Gedanken bebten^ wie man ihnen die 
besten Lern- und Enabenjahre mit der Paukerei der 
60000 Verse des §ahname verödet und und sie mit der 
Beschränkimg auf die islamischen Humaniora in persi- 
scher AufBetssung um den Erwerb einer tieferen Bildung 
betrogen hatte. Noch mehr im Orient als irgend sonstwo 
kann der Einzelne nichts ausrichten» wenn die träge 
Masse, d. h. die mehr oder minder zahlreichen „Stützen 
der Gesellschaft''^ deren Puppe der sogenannte absolute 
Monarch meist ist, nicht wollen. Am Ausgang des 18. 
und Beginn des 19. Jahrhunderts hatte die Türkei das 
Glück, einen Herrscher zu haben, der selbst von den 
besten Bestrebungen beseelt, den Redlichen das Ohr 
lieh. Selim III. fiel unter den Streichen der siegreichen 
Reaktion. Mahmud IL war es vorbehalten, die von 
jenem gedachten Reformen auszuführen, vor allem 
fränkischem Wesen Einlass zu gewähren. Es beginnt 
die französierende Periode, deren Charakter aber nicht 
sowohl die Einführung fränkischer Sprechweise ist, als 
das Tasten nach Mitteln, um die in der fränkischen 
Geisteswelt gefundenen Schätze dem osmanisohen Volke 
zugängig zu machen. Die persizierende Schwadroniererei 
versagte vollständig bei dem Versuche, wissenschaftliche 
Werke der Kulturvölker in türkisches Gewand zu 
kleiden. Nach dem Besseren hatte man nicht lange zu 
suchen: bot doch das Arabische eine Wissenschafts- 
sprache, wie man sie sich nicht besser wünschen konnte, 
von zahlreichen scharfen Denkern zu ernster Geistes- 
arbeit in Zucht genommen, reich an fertigen Kunst- 
ausdrücken, die bei Einbürgerung der fränkischen 
Wissenschaften zu verwenden waren, das Material 
bietend zur Bildung von neuen Termini, wo die alten 
nicht ausreichten, scharf, knapp, durch frühe Übung im 
Lesen des heiligen Buches dem Sinn wenigstens 
äusserlich nahe, als Sprache Gottes und seines Propheten 
sympathisch. Man verfuhr im ganzen und grossen 
durchaus geschickt, und die Energie ist zu bewundem, 
mit welcher in verhältnismässig kurzer Zeit das Os- 

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manisehe in florabisierend-fraiikisierendem Sinne nm- 
gestahet wurde. 

Ein schwerer Defekt wurde in die neue Periode 
mit hinäbergeschleppt: die Langatmigkeit der Sätze^ die 
dem Wesen des schlichten Oamanisch durchaus wider- 
sprechende Sucht nicht so sehr der staubigen Bureau- 
menschen als der Chronisten^ der Schöngeister, der mit 
dem Aufkommen der Tagespresse sieh bildenden Schar 
der Gewerbsjoumalisten, eine Reihe von Gedanken in 
der Weise mit einander zu verketten, dass einer als die 
Hauptsache hingestellt an das Ende tritt, die andern 
mit ihm und mit einander durch Partikeln des Ortes, 
der Zeit, der Ursache, der Folge, des Zieles, der Art 
und Weise, der Vergleichung verbunden davortreten. 
Erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts fand der 
protzige Schwulst einen energischen Bekämpfer und 
Besieger. Sinäsi Efendi ist der Reformator, der den 
neuen Stil einführt: die schlichte Ausdrucksweise in 
kurzen, einfachen Sätzen. Man besann sich, dass man 
ja Türke sei, dass man zur nationalen Eigenart zurück- 
kehren müsse, wolle man über die Fadheiten der fremd- 
ländemden Skribifaxe herauskommen. Natürlich war 
die Entrüstung bei allen „Anständigen^, „Gebildeten^ 
ungeheuer. Schnell war der arge Neuerer aus den 
Regierungsstuben herausgegrault. Er sass auf der 
Strasse. Ein Glück für die osmanische Litteratur. 
Denn Sinäsi gründete nun das erste nicht amtliche 
Blatt, das noch jetzt geschätzte tastmri efkär, das schnell 
grosse Verbreitung gewann und einen bedeutenden Ein- 
fluss ausübte. Als er i. J. 1288/1871 starb, war die 
neue Schule fest gegründet Sinäsis Schriften gelten 
noch heut als Stilmuster. Verschwiegen werden darf 
nicht, dass er an einem Altersgenossen eine um so 
wirksamere Stütze fand, als dieser den von Sinäsi ver- 
tretenen Prinzipien folgend mit der gleichen Einfachheit 
der Sprache einen höheren Grad von Temperament und 
grösseren Reichtum an Ideen verband. Mit kühner 
Hand packte Kemäl Bey, der i. J. 1250/1834 von 

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136 

macedonischem Vater und albanesischer Mutter in 
Stambul geboren wurde, alle Probleme, die seine be- 
wegte Zeit ihm bot. Die Stürme der Begeisterung, die 
er zuweilen entfesselte, erschienen der Regierung höchst 
gefährlich. Ein einsamer Mann starb der originelle 
Litterat und Politiker i. J. 1305/1887 auf Chios. 

Noch ist man freilich weit von dem Ideal entfernt. 
Die jahrhundertlange Verhimmelung des Fremden und 
Verlachung des Nationalen, als dessen Vertreter der 
qaba türk ^obe Türke" Zielscheibe der albernen und 
rohen Witzelei des /einen Osmanlitums ist, haben bei 
den Leuten, die in der Türkei das litterarische Szepter 
schwingen, eine solche Verheerung angerichtet, dass 
sie sich, scheint es, zum letzten entscheidenden Schritt, 
der allein Heilung bringen kann, nicht aufschwingen 
können. Eine wirkliche Regeneration der osmanischen 
Litteratur ist nämlich nur möglich, wenn man nach den 
Schätzen des türkischen Mittelalters und des reich- 
quellenden Volkstums gräbt. Ganz vereinzelt sind bis- 
lang die Osmanlis, die den Wert dieser beiden Faktoren 
erkannt haben und ihr Volk auf sie hinzuweisen ver- 
suchen. In erster Linie ist hier der rührige Negib 
As im zu nennen, dessen verständnisvolles Interesse für 
Erforschung türkischen Volkstimis und Festlegung 
seiner sprachlichen Denkmäler mir aus persönlichen 
Beziehimgen bekannt ist. Über das türkische Mittel- 
alter und seine Urkunden, die türkischen Inschriften 
der Mongolei und das grosse Litteraturwerk Osttur- 
kestans zur Zeit seiner Ilekiden-Uchane suchte er sich 
imd seine Landsleute aus Läon Cahuns Intro- 
duction ä Thistoire de TAsie — - Turcs et Mongols 
zu unterrichten. Dass er dieses Werk seinem tih'k 
ta'richi (Stambul 1318, 551 SS.) zu Gnmde legte, war 
kein glücklicher Griff, man darf aber annehmen, dass 
auch so die Osmanen endlich aufmerksam werden auf 
ein ganzes, reiches Gebiet, das sie in ihrer unglaublichen 
Trägheit und dumm eiteln Selbstgefälligkeit bisher 
gänzlich vernachlässigt haben, obwohl sie Studien- 

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137 

material in der Hauptstadt selbst besitzen und in der 
Verwandtheit der Sprache wie in der Gemeinschaft der 
Religion Erleichterungen für das Reisen auf den Schau- 
plätzen der mitteltürkischen Grosszeit haben^ denen bei 
uns Franken Erschwerungen entsprechen. 

Wird es gelingen, der osmanischen Litteratur neues 
Leben einzuhauchen, oder richtiger: eine osmanische 
Litteratur zu schaffen? Denn dass zu einer solchen nur 
schwächliche Ansätze vorhanden sind, wird der nicht 
leugnen, der sich die Fähigkeit bewahrt hat, zwischen 
echtem, aus der Seele dringendem Volksschrifttum und 
der Phrasendrechselei eitler Schöngeist- Gigerl zu 
scheiden. Die Antwort auf die Frage ist freilich an 
die auf die andere gebunden: Ist das osmam'sche Volk 
einer inneren Läuterung fähig? Auf diese kann hier 
keine Antwort gesucht werden. Nur eins sei festgestellt: 
Das Osmanentum kann neue Kraft nur aus dem Türken- 
tum saugen, dem Türkentum, das verhältnismässig 
unverfälscht in der physisch tüchtigen, moralisch dem 
Osmanen der Provinz gleichstehenden, dem Osraanen 
der Hauptstadt überlegenen, geistig gut beanlagten Be- 
völkerung Ostturkestans lebt. Das Problem ist, eine 
nutzbare, sittlich fördernde Verbindung herzustellen. 
Lächerlich ist der Gedanke, das moderne Osmanlitum 
könne sich durch Studienexpeditionen in den Nordwest- 
zipfel Chinas auffiischen; dieTürkei besitzt kein Menschen- 
material, das durch Schulung und Fähigkeit ernster 
Arbeit zu solcher Aufgabe berufen wäre. Auch der 
Import einer Schar Zentralasiaten nach Stambul hülfe 
nicht; Blinde können nicht die Lahmen führen, und 
andere Kräfte gehören dazu, als die der armen, jahr- 
hundertelang misshandelten Schlucker, den Bazillen der 
am goldnen Hom endemischen moralischen Pest Wider- 
stand zu leisten. Zentralasiatische Türken kommen 
hier nur inbetracht als Lehrer und Leiter, falls — und 
der Fall ist nicht wahrscheinUch — sich einmal in 
Stambul ernstes Studium der grossen mitteltürkischen 
Zeit und des modernen Volkstums Turkestans anbahnen 

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138 

sollte. Bedingung ist auch dann, dass man die besten 
jenes Volkes heranzieht und ihnen eine würdige, unab- 
hängige Stellung sichert. Dann hat auch der Franke, 
der Stambul besucht, Aussicht auf erfolgreiche Studien 
dort und kann Besseres und Mehr, denn hier geboten, 
heimbringen als Zentralasiatisches aus Stambul.' 



NacliüAgUehM. 

S. 104 (oben) Nijaz Muhammed: der Name Nijaz scheint in 
Torkigtaii beBOoders beliebt zn sein; eine M^y^us^o^trasBe^ in 
Takent nennt Schwarz S. 446. 

S. 104 (unten) in der uns beiden vertrauten arabischen 
Schulsprache: Aus den bei dem arabischen Verkehr mit dem 
Zentralasiaten gemachten Erfahrungen heraus möchte ich die 
Bemerkung Stummes über das ^Eompromiss- Arabisch* in .^IradMcA 
Persisch und Türkisch [lies: Osmanisch] (Leipzig 1902) S. 16 etwas 
modifizieren. Sie darf, m £., nicht so allgemein ausgesprochen 
werden. Es bedarf noch einer guten Reihe von Beobachtungen, 
um festzustellen, wie weit „dieses Vulgär [d. h. die Gestalt des 
Vulgärarabischen, in der gebildete Bewohner Syriens mit einer 
gewissen Feierlichkeit zu reden pflegen] über Syriens Grenzen 
hinaus fOr die Gebildeten unter den Arabern und für die des 
klassischen Arabisch Mächtigen anderer Nationen (die europäischen 
Gelehrten mit inbegriffen) der Eompromissdialekt geworden ist, in 
dem sich z. B. der gebildete A%hane mit dem gebildeten Berber 
Marokkos unterhält." Thatsache ist, dass Arif fast durchgängig 
die Endungen aussprach, und sein Verhalten dabei wies deutUdi 
darauf hin, dass das nicht etwa aus einem Protzen mit gramma- 
tischen Kenntnissen herrührte, sondern aus der Übung der Schule 
und der heimischen Art, arabisch zu plaudern, die vermutlich in 
den meisten nichtarabischen Ländern gleich ist, soweit überhaupt 
solcher Gebrauch des Arabischen üblich ist. Dass ihm viele Fehler 
dabei passierten, ist kaum nötig besonders hervorzufaeben. 

S. 107 Anm. 2 Perser und Russen: Einige auf eigenen Be- 
obachtungen beruhende Mitteilungen über die Vorstellungen, die 
im persischen Volke von den Bussen leben und die von den Mollas 
verbreitet werden, machte Walter Schulz-Baumgärtner in 
der Strassbur§er Post No. 738 vom 27. Aug. 1900. Aus allen 
Berichten gewann ich 'den Eindruck, dass die Mollas, d. h. die 
rflcksttndige Plaffen-Partei^ zum Teil ohne es selbst zu wissen, 

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.139 

fSr Ruselaod arbeiten, das sein Interesse in einem in jeder Be- 
ziehnng schwachen Persien sieht, während England zu den den 
Fortschritt darstellenden Babis steht, die es durch seinen gewandten 
Emissär Edward Browne zugleich studieren und bearbeiten Hess. 
— Das Vordringen des Bussischen in Persien beleuchtet folgender 
Satz in der ersichtlich von gut unterrichteter Seite kommenden 
Hitteilung Bulletin du Comit^ de TAsie Fran9aise 1902 
(Mai) S. 235b: y^Enfiny cUms le nord de la Perae, les progrhs de la 
kmgue ruase sont cansidirables. Dana lea icolea amUmennea etpk^ 
aiewa ecoka mahometanea, on Venaeigne aux iUvea^ et la eannaiaaance 
de cetie langue tend de plua en plua ä Hre redamee dea profeaaeura^^, 
Albrecht Wirth war betroffen von der Thatsache, dass die Kurden 
Azerbaij^s vor dem Reisenden gern mit russischen Brocken 
renommierten (persönliche Mitteilung). — Zu der Bezeichnung der 
Russen als Volk, das „kein Buch hat'', schreibt mir Pastor Johannes 
Awetaranian (s. über ihn mein „Der Saghataische Diwan 
Hnwedas" am Anfang) unter dem 6. April 1902 folgendes: „Noch 
etwas über das Wort „kitahaiz^^. Die Mohamedaner beziehen 
dieses Wort auf alle Christen, natürlich besonders auf die Russen, 
weil sie mit ihnen am meisten zu thun haben. Es wird überall 
unter Moslems als Schimpfwort benutzt, z. B. wenn man seine 
Verachtung ausdrücken will für die unsittliche oder unrechte 
Handlungsweise eines Menschen, auch wenn jemand Schweine- 
fleisch isst u. s. w. Eine weitere Bedeutung von „küabsie^^ ist 
unerlaubte Eheschliessung zwischen nahen Verwandten. Die 
Meinung, dass die Christen kein heiliges Buch haben, verbreiten 
die Mollahs, um die Christen dem Volke verächtlich zu machen, 
obwohl sie ganz gut von der Bibel wissen. Die Mohammedaner 
nennen auch die Jologliten „ÄÄafew" (obwohl sie sich Mohamme- 
daner nennen), weil sie nicht allen religiösen Gebräuchen folgen, 
die die Mollahs vorschreiben." 

S. 110 Anm. 2 b%: Dieses hi findet sich auch in dem Namen 
des Aq Buta Bl, Herrschers von Chogend, dessen Bekehrung durch 
§ah Medreb in dem nach diesem benannten Volksbuch erzählt 
wird (ed. TaSkent 1898 S. 88 ff., ed. Stambul 1318 S. 90 ff); nur 
einmal ist statt 6f geschrieben bek^ und zwar in beiden Ausgaben 
(die Stambuler ist wahrscheinlich nur ein Abdruck der Taikender 
s. darüber mein „Der caghakdache Diwan Hütoedaa" in MiU. Sem. 
f. Or. Spr, V, 1902, Abt. U). 

S. 115 (oben) Aqsu: diesem wie allen anderen Stadtnamen 
setzte Arif den arabischen Artikel vor: aiaqau, alkaaghar, aUaakent 
n. s. w. und schrieb auch so in dem S. 106 erwähnten ,Fünfer^ 
Wie gebräuchlich diese Nennung ist, zeigt das aUäakend in dem 
Dmckvermerk auf dem Titel von qisaa akmbijä (Gebr. Portsewi 1899). 

S. 116 med. tümär: das ist tämär (aus TOfjiiptov), das hier 

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140 

die Bedeutung „Papier '^ haben wird, wie in fämardän = itui ä 
papiers (Dozy aus Payne Smith 1017); über tümär s. Eara- 
bacek, ÄusateUung Paptfrw Enherzog Bainer No. 667. 668. 

S. 116 f. Das DruokgeschSft in EaSghar: mittlerweile erhielt 
ich weitere Nachrichten darüber, die ich in Heft V mitzuteilen 
gedenke. 

S. 119 (med.) unter den Chitai haben die Muslims gegen- 
wärtig nicht über Bedrückung zu klagen, freilich nur deshalb 
nicht, weil die chinesische Regierung zu schwach ist: im Gegen- 
satze hierzu ist festzustellen, dass sich beilbn Alatlr mehrfach Stellen 
finden, in denen die milde Verwaltung der Chitai gerühmt wird. 

S. 120 f.: Diese pseudoethnographischen Notizen zu behan- 
deln behalte ich mir vor. Das meiste davon wird auf Bafiid- 
eddln zurückgehen, der als die Vorstellungen dos islamischen 
Vorder- und Zentralasien über die Chinesen beherrschend betrachtet 
werden darf. 

S. 120 Anm. die Qarachitai seien die ursprünglichen Chinesen : 
qara kommt in den Türksprachen im weitesten Umfange gleich 
unserem ür- vor; so z. B. das qartuöz = Alte Sprüche, Volks- 
worte [eig. Urworte] bei Radi off, Proben III am Anfang. — Die 
von Arif mühsam gemalten Zeichen sind (nach Giles): o* (8470) 
— Äw» (6188) — 8U* (10348). Das dritte Zeichen (*u*) ist nicht 
sicher, jedenfalls ist es sehr verzerrt. Die Wiedergabe des Namens 
bei Play fair, CiHes and Totona (Hongkong 1879) ist abweichend. 
Der Name kommt auch als aqeu bei mongolischen Autoren vor, 
8. Ko walewski, Dtc^ionnotre MongoURusse-Fran^ais s. v. (1, 134b). 

S. 122 Anm. 1: Eine vierte Druckerei ist die von Iljan, 
aus welcher eine Lithograghie des osrogo^-Diwans Newä*l8 (s. 
Orient. Litteratur-Zeitung V (1902) Sp. 74) vom Jahre 1899 stammt 
(in meinem Besitz). 

S. 122 Anm. 2. Dass über Andig;an wie über die anderen 
Städte Turkistans sich zahb-eiche Nachrichten inBretschneiders 
Mediaeval Besearcfies finden, sei hier kurz erwähnt. Bei dem 
Charakter der hier gemachten Mitteilungen ist ein Aufhäufen 
litterarischer Nachweise nicht in Aussicht genommen. 

8. 123 ff. Abschnitt U ist ohne Kenntnis von Q-ibbs J. Eistory 
of OUoman Poetry 1 geschrieben. Ich habe nach Kenntnisnahme 
dieses Werks nichts zu ändern. Das Vertrauen zu dem allgemeinen 
Teile, in welchem der Verfasser versucht, ein Gesamtbild zu ent- 
werfen, wurde mir stark erschüttert durch Nachprüfung da, wo 
ich nachprüfen konnte, und Feststellung, dass die Urteile Gibbs 
in jenen Fällen teils unrichtig teils ungenügend begründet sind. 
Unrichtig ist fast Alles, was er über die nichtosmanische Litteratur 
der Türkvölker sagt Eine Satzreihe wie die folgende (S. 11 f.): 
„ What the OUoman did when he succeeded to the herikige of the 

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141 

S^ßq was to ereate TurJdah Uterature. Up HU then there had heen 
no Turkish Uteraiwre toorthy of the nanu, When a Tufrk had 
wiahed to write he had, wUh a few rare and, fram a Uterary paitU 
offfiew, unimpartant exc^tUms, made use of the Persian langiuxge** 
zeigt eine solche Unkenntnis der Thatsachen und eine solche 
Befangenheit in zwar sehr verbreiteten, darum aber nicht weniger 
falschen Vorstellungen, dass man dem, der das geschrieben, auch 
da kaum noch zu folgen wagt, wo er offenbar mit VerstSndnis 
gearbeitet hat'). Vgl. auch den Nachtrag zu S. 136 f. 

S. 125 das Ozbeken-Kloster in der Vorstadt Aijub: vor 
wenigen Jahren war seine Leitung der Gegenstand eines heftigen 
Kampfes zwischen einem özbeken und einem Tagik. Der Ta^ 
soll durch die in Stambul üblichen Mittel gesiegt haben, obwohl 
bestimmungsgemäss der Prior ein özbeke sein soll. Dass die Be- 
zeichnung ,Kloster^ für teke (Arif sagte arabisch immer taJ^a, in 
Syrien ist die gewöhnliche Form tekl^e^)) nicht genau ist, darf kaum 
erst bemerkt werden. Das ergiebt sich schon aus der Verschiedenheit 
zwischen christlichen und islamischen Ordensgemeinschaften in der 
Ver&ssung. Auch die Tekes sind in erster Linie Ordenshäuser, nur 
dass nicht alle Ordensbrüder des Ortes in ihnen wohnen, sondern 
sie vielmehr deren regelmässigen Versammlungen dienen und nur 
der püsUnSln als ständiger Bewohner, etwa noch mit einem oder 

*) Ich behalte mir eine Würdigung des Gib besehen Werkes 
vor und glaube schon jetzt sagen zu dürfen, dass seine Dar- 
stellung der osmanischen Dichterei viele bisher unbekannte Ein- 
zelheiten enthält und auch in der Charakteristik der ,Dichter^ und 
ihrer Arbeiten wird Billigung erfahren können. Eine andere Frage 
ist, ob solcher Aufwand von Zeit und Kraft auf eine Aufgabe zu 
rechtfertigen ist, die an Bedeutung weit zurücksteht hinter andern, 
die Ausblicke öffnen auf grosse weltgeschichtliche Zusammenhänge, 
während es sich hier doch vorwiegend um die selbstgeföUigen 
Eitelkeiten eigener Gedanken barer und selbst in der Form 
lediglich nachtretender Versmacher handelt. 

') Mit einer offenbar Stützung bezweckenden vulgären Ver- 
doppelung (richtig ,takka watakk^ja Monastery of dervishes* bei 
Hava s. v., doch ist die Angabe ,E^ = egyptisch schief); tek^e ist 
gesichert durch den Plural tekajä; doch darf man aus diesem 
nicht mit Dozy (im Supplement s. v.) ein argumentum gegen das 
von Fleischer für das angeblich von ütakä abzuleitende Wort 
geforderte taJ^a herleiten, denn diese Form konnte nach nahe- 
liegender Analogie schnell in tdl^a übergehen. Der Ursprung 
bleibt zweifelhaft. Das ,T^ = Turkish bei Hava beweist nichts; 
Völlers drückt sich ZDMG 51, 310 höchst vorsichtig aus. 
Den Osmanlis ist die arabische Ableitung sicher, s. Sami I 432 
8. V. taJ^a, 

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142 

einigen Morids za gelten hat^). Daneben dienen diese H&oser 
als Herbergen, zunächst den Mii^liedem des Ordens, dem das 
Hans angehört, dann allen Muslims einer bestimmten Gegend, in 
der jener Orden besonders stark vertreten ist (Landsmannschaft 
und Ordensprovinz gehen hier eben neben einander her). So 
heissen denn oft die Tekes nicht nach einem Orden, sondern 
nach einer Stadt. Wie es in Stambul (einschliesslich Aijub 
und Skutari) drei buehärä tekesi giebt, so giebt es in Mekka 
ein kasghar tekesi^), eine fromme Stiftung, welche jedenfalls 
hauptsächlich zur Beherbergung der Wallfahrer aus Chinesisch 
Turkestan dient. Eine vollständige Zuammenstellung der Anstalten, 
die unter dem Namen ttke^ bezw. dergah (das scheint die in der 
gewählten Sprache beliebtere Bezeichnung zu sein, s. z. B. S. 125 
Anm. 1; die Verwendung des Wortes im Neupersischen selbst 
für , Kloster' ist noch zu beleuchten) in der Türkei existieren und 
existiert haben, und sorgHlItige Darstellung ihres Charakters wäre 
eine verdienstliche Arbeit; anschliessend daran wäre das Wesen 
des ribäi^ ursprünglich „Kaserne" der Glaubenskämpfer, schliess- 
lich mehr „G^meinhaus der Heilsarmee der Sufis" zu behandeln. 
S. 125 Anm. 2 macklas oder ixi4ihaUus: eine brauchbare NoÜz 
zur Sache enthält die Zeitschrift Alhiläl X No. 13 (vom 1. 4 
1902) S. 409, wo eine Anfrage über die Sitte der Regierungs- 
schulen in Egypten, die Beinamen der Schüler zu ändern und 
einen Muhammed Hasan z. B. Muhammed Fehmt zu nennen, aus- 
führlich beantwortet wird. Danach nennen die Türken diesen 
Beinamen machlas. Nach Sami 1 1310 ist macMcLs: ... 2) scCirin 
si^rde iUichäd etdigi Um ki ghazeUn nikäjetinde dikri 'ädet olmus- 
dur ... 3) Äer kesin ismine *iläwcUen dämm olunan %kin§% ism ki 
bir sifatdan *ibäreidir^ ismi ^oimän machUm nüridir; nach ebenda 
n 388 ist tcichaUus: ... 2) si^rde hir machlas qulanma^ qänüni 



^) Solche Häuser sind die bekannte teke der tanzenden 
Mewlewi-Derwische in Pera und die tekk^e der Mewlewis bei 
Tripolis (Syrien), schön gelegen über dem Nähr Abu 'Ali. Beide 
haben, so viel mir bekannt, gute Einkünfte durch Stiftungen, 
besonders das der Hauptstadt. Dagegen sollen die Buchara- 
Klöster von Stambul nur durch den Sultan nnterhalten werden, 
der jedem monatlich 1500 Piaster spendet; für diese muss der 
Scheich die durchkommenden Armen unterhalten; meist hat 
er dauernd bei sich höchstens 7— B Insassen; Scheich Edhem in 
Skutari wohnt im teke allein, hat keine ständigen Brüder. 

') An dessen Existenz zu zweifeln der Umstand nicht be- 
rechtigt, dass zwei eingeschriebene Postsendungen unter der 
Adresse: „Herrn Arif Djan Ibn Nijaz Mohammed Baj, Mekka, 
Tekkijet Kaschghar" aus Mekka an mich zurückkamen mit 
jlnconnu-Retour'. 



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143 

mkdh auiamän chän kadreüeri .^muhibbi^^ 'tachoMus bt^urduiar. 
Doch dürfte tachaüus anch gleichbedeatend mit moMaa gebraucht 
werden. 

S. 197 Ahmed Midhat: Nicht kann ich sagen, ob dieser A. M 
identisch ist mit dem Brosohür^^nschreiber „ Ahmed-Mi dhat-Effendi, 
agent du Sultan^, der erwähnt ist in Gt. Dorys [Pseudonym fSr 
AdoBsides Bey], AhätO^Httmid Mime (Paris 1901) S. 47 Anm. 

S. 127 Ich mithalte mich einer Kritik: Doch mag kurz 
hingewiesen sein auf den schönen Satz: „Wenn ein Volk etwas 
hat, was sich sehr wenig, ja selbst gar nicht ändert, so ist es 
seine Sprache'' (S. 188) und den wüsten Gralimatias, der sich daran 
kntpffc. Ab £nitschuldigung8moment für solche Naivitäten sei die 
YoUkonmieDe Unfähigkeit der OsmanUs, wissenschaftlich zu arbeiten 
angeWirt. Ob diese Unfähigkeit aus Naturanlage oder aus dem 
jahrhundertelangen idiotischen Hindäiniwqm entspringt, wage ich 
nicht zu entscheiden. Die rarissimae aves, die als ernste Arbeiter 
anerkannt sind, können als Beweis nicht dienen. Andrerseits 
scheint es ungerecht, eine ganze Nation zu verdammen, weil unter 
UBgiSUutigen Verhältnissen seichte Schwätzer, die zugleich geschickte 
Macher und skrupellose Streber sind, sich gegenseitig zur Lorbeer- 
höhe emporschwindehL 

S. ISO Der Öengizide Öagbatäj Bey ist ein Mann von gestern: 
Damit hat Ahmed Midhat recht, und es ist ein Widersinn, die 
Sprache des ca. 700 Jahre vor Öaghatäj geschriebenen dmoäm 
Mkmet jöaghataisch* zu nennen. Dass ich selbst mich dessen 
schuldig gemacht, ändert nichts. Wird man für die Inschriften 
der Mongolei, die keineswegs ein »Alttürkisch* darstellen, sondern 
allerhöchstens ein Produkt des türkischen Mittelalters sind (man 
sollte auch auf die Geschichte der Türkvölker die rationelle 
Einteilung anwenden, für die kürzlich wieder Kurt Breysig 
entschieden eingetreten ist: nach inneren Entwicklung^epochen, 
nittht nach dem, was uns nach der herkömmlichen Schablone auf 
den ersten Blick ,alt^ erscheint), am besten weiter die Bezeichnung 
,köktürkisch' gebrauchen (siehe über ,Köktürkisch^ die kurze, aber 
klare und scharfe Bemerkung Foys in Türkiache Vocaüiudien 
(Mittk Sem. Or. Spr. DI, 1900, Abth. 11) S. 180 Annu 1, so nenne 
man die Sprache der im östlichen Turkistan entstandenen Litteratur- 
denkmäler ,kaSghariBch^ Ob der des Qudatqu Bilik eine Sonder- 
stellung anzuweisen ist, etwa als ^ttelkaSgharisch', wird noch zu 
antersuchen sein. Wesentliche Unterschiede zwischen ihr und 
der des nur + 100 Jahre späteren Diwani Hikmet werden sich 
lucht statuieren lassen, dieser aber darf durchaus als KaSgharisch 
schleehihin, bezw. Neukafigharisch in Anspruch genommen werden. 

S. 182 Siehbesinnett auf das Nationale: Nicht klar ist, ob 
dieses Moment gemeint ist in den Ausführungen Zekis, welche 

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144 

Palmieri, Die Polemik des Islam (Salzburg 1902) anfährt. Zeki 
Bey soll sein Werk über den Orient und Occident mit der Er- 
mahnung schliessen, ^sich eifrig der Nationallitteratnr zu befleifsen, 
die Vorliebe für die arabischen Schriftsteller, deren Werken die 
islamitische Cultur entspross, zu bewahren''. Ist dieser Auszug 
richtig, so denkt Zeki nicht speziell an eine Erneuerung durch 
Zurückgehen auf Nationales in unserem Sinne. Einem Teile der 
Türken fällt eben ^Nation' mit , Gemeinde^ (islamische) zusammen, 
und diese Partei ist es offenbar, die aus Zekis Buch spricht. 

8. 182 Z. 20 Junus Emre: So ist zu schreiben statt Imre; 
das Fatha hat die editio Stambul 1302 (in der sich übrigens die 
Ton Foy edierten Gedichte, so viel ich sehen konnte, nicht finden) 
deutlich; auch zeigt amram in der Bedeutung: «Mein Bruder" 
ein Ferman für Ewrenos Bey (nach Mordtmann, yon dem eine 
Mitteilung darüber in Aussicht steht). 

S. 132 Anm. 2 mir kam keine [der Mewlud - Lithographien] 
in die Hand: Mittlerweile erwarb ich zwei, über die ich bald zu 
berichten gedenke. 

S. 133 Anm. 1 In Elfsilbem: das Gedicht ist als quanti- 
tierend beabsichtigt, freilieh ist mit L&ngen und Kürzen, besonders 
in Fremdwörtern, etwas wild umgegangen, ähnlich wie in unseren 
Bänkelsängerliedem, zu welcher Klasse man in gewissem Sinne 
diese Erzeugnisse der osmanischen Muse rechnen darf. Hier liegt 
ramaU musaddasi mahdüf vor; in dem beigebrachten V. 1 ist 
mautä — >-^ gemessen. 

S. 133 Anm. 1 isit: so, mit t, wird hier zu sprechen sein; 
das e des Aidinischen und Azerbaiganischen (s. Foy, Türkisehe 
VokcMudien in Mitth. Sem. f. Or. Spr. III, 1900, Abth. II S. 202) 
findet sich auch im Öaghataischen; wenigstens schreibt das 
,uigurische* Manuskript Tübingen M. a. VUl 1 Gp. deutlich esü 
p. 168 1. Z. 

S. 133 iüduben: die ben^Form auch in dem Tübinger 
uigurischen Manuskript p. 173,2. 176,5 u. 6. 

S. 136 f. Eine allemeueste Periode der osmanischen Litteratnr 
lässt Gibb, History of the Ottoman Poetry 1 132 ff. durch Abdul- 
haqq Hamid begründet werden. Ich erwarb zwar im Herbst 
1901 in Stambul eine gute Sammlung von Abdulhaqqs Werken, 
kann aber bislang ein eigenes Urteil über diesen gewaltigen 
Reformer Gibbs nicht aussprechen. Seine Bedeutung soll darin 
liegen, dass er die osmanische Poesie zum ersten Mal „persönlich 
und natürlich" (S. 134) gemacht habe aus dem Studium der 
fränkischen Dichtungen heraus, und dass diese neue Richtung mit 
ausserordentlicher Begeisterung begrüsst worden sei und Nach- 
folge gefunden habe. Gibb wusste wohl nicht, dass Abduhlaqqs 
Schriften, obwohl er selbst Beamter der Osmanischen Botschaft 

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145 

in London ist (als Verbannter), in der Türkei verboten sind. 
Keinesfalls darf man mit Gibb in der Annahme dieser vitcU reform 
(S. 136) durch die osmanischen Schöngeister — ob sie so durch- 
dringend war, wie Gibb meint, der nie in der Türkei war, ist 
doch höchst zweifelhaft — den Beweis sehen, dass »ihe mentai 
energy of thu people is unmpairedy and ihtU ihoae who have so 
gUbly doomed it aa phmged in a iethargy from whkh there is no 
awakening, as stricken with a parcdysis from which there is no 
recovery^ have but shoton once more how worthiess is ihe judgmerU 
ihat is based on ignorance and pr^ftuUce." Gtwaz richtig: das Urteil, 
das auf Unkenntnis und Vorurteil beruht, ist völlig wertlos. Eben 
darum ist Gibbs Urteil abzulehnen. 



Zeichen der zitierten Werk:e. 

Baed = Bussland, Handbuch für Beisende von E. Baedeker. 

5. Aufl., Leipzig 1901 (enth&lt VIL Eaukasien S. 383-432; 

Vm. Eisenbahnen in Bussisch- Asien S. 433 — 468; dieser 

bescheidene Titel birgt einen gelungenen Versuch, über die 

Hauptplätze Turkistans und Siburiens zu unterrichten). 
He diu = Durch Asiens Wüsten . . . von Sven Hedin. Bd. 1. 

Leipzig 1899. 
Hedin Pet = Die geographisch- wissenschaftlichen Ergebnisse 

meiner Beisen in Zentralasien, 1894 — 1897. Von Dr. Sven 

Hedin. Gotha 1900 (Fetemlann Erg&nzungsheft No. 131). 
Badloff = Das Kudatku Bilik . . . Theil L Text, herausgeg. 

von Dr. W. Badloff, St. Petersburg 1891. 
Badloff Gramm. = Vergleichende Grammatik der nördlichen 

Türksprachen von Dr. W. Badloff. Th. L Phonetik. Leipzig 1882. 
Badloff Proben = Proben der Volkslitteratur der Türkischen 

Stämme, herausgeg. von Dr. W. Badloff. St. Petersburg. *^ 
Schwarz = Turkestan von F. von Schwarz. Freiburg 1900. 



Aasgegeben den 19. Jnni 1902. 



Druck Ton Biaz Sehmertow vorm. Zahn & Baeadel, Kirchhain N.-L. 



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MARTIN HÄRTMÄNN 



DER 



ISLAMISCHE ORIENT 



BERICHTE UND FORSCHUNGEN 



MESREB DER WEISE NARR UND FROMME KETZER 

EIN ZENTRALASIATISCHES VOLKSBUCH 



BERLIN 

WOLF PEISER VERLAG 

1902. 



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Dem 
xm. Internationalen 

Orientalisten-Kongress 

Hambiir j: 1902 

vorgelegt. 



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Dem offiziellen Kirchentum als Vertreter der starren 
Formel, der geistigen Beschränktheit und der sittlichen 
Minderwertigkeit hat das Volk allezeit den dem EJerus 
nicht angehörenden Gottesmann als Träger der echten 
Gotterkenntnis, des höchsten Geistesfluges und der 
wahren sittlichen Würde gegenübergestellt. Es wäre 
wohl lohnend, in einem „Die Kirche im Volksmunde** 
und in einem „Das Menschlich-Göttliche im Volks- 
munde" systematische Verfolgung jenes Gegensatzes 
durch die Litteraturen aller Zeiten und Völker zu ver- 
suchen. Im Islam sind die Elemente, die sich ausser- 
halb der herrschenden dogmatischen Richtung gestellt, 
ziemlich zahlreich, wenigstens bis zu der Zeit, wo die 
Geistlichkeit so stark wurde, dass sie jede Auflehnung, 
oder vielmehr jeden Versuch, die eigene Persönlichkeit 
auszuleben, sofort mit eiserner Faust niederschlagen 
konnte. Seit der Zeit sind in ihm die Wunderbaren 
Heiligen' selten; das Volk aber hat nie aufgehört, diese 
Ellasse von Menschen zu feiern imd desto mehr zu 
lieben, je mehr sie von der Pfaffenschaft verfolgt waren. 

Ein bedeutendes Denkmal solcher Volksgesinnung ist 
das Buch, dessen Inhalt die folgenden Seiten kurz mitteilen. 
Es scheint in Europa fast ganz unbekannt zu sein^). 



^) In dem Abschnitt über ,,LiteraturyerhfiItni88e*S der einen 
TeU der Einleitung zu V&mb^rys Öagataischen Spraclmtudien 
bildet, ist das berühmte Buch nicht genannt. Eine unrichtige 
Vorstellung weckt die Bemerkung Vämb^rys in ,,Zwei moderne 
centralasiatische Dichter*' (Wiener Zeitschrift für Kunde des 
Morgenlandes Bd. 6, S. 5 des S.-Abzuges) über die „Volksdichter 
Meschreb, Ghazali ...•., in deren Gedichten sich jener Geist 

1 

1 



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148 

Ich wurde durch einen Zufall darauf geführt. Ein 
Stambuler Buchhändler, bei dem ich im Herbst 1901 
schmökerte, besonders auf Werke in dem Türkisch 
Zentralasiens ^) fahndend, zeigte imd überliess mir zwei 
Lithographien, die in Stambul für den Bedarf Turkistans 
hergestellt sind^), die eine den Diwan des Dichters 

der Poesie einigermaBseQ wiederspiegelt, den wir bei den schlichten 
Nomaden auf der Steppe bewundern.*^ Die in das Volksbuch 
TOn §ah MeSreb angenommenen Gedichte mit dem Machlas 
MeSreb sind reine Eunstpoeaie, von Nomadengeist ist darin auch 
nicht ein Funke. Etwas mehr hat über unser Volksbuch Qre- 
nard 81: „La plnpart des chansons que j'ai entendues se tron- 
yent dans des livres connns comme AhiMd et Tmigoiuf et la 
Li§md$ de Jliacbrctb, le joyeux derriche, le plus etrange des saints 
du Turkestan et le plus selon le coeur du peuple. Esp^ce de 
Diogäne m&tinä de Babelais — c'est du Rabelais de la lögende 
qu'il s^agit — chemineau incorrigible, ne possödant que sa besace 
et Bon bäton, mendiant impndent, raillant et Titupörant sans pour 
les grands de ce monde, indulgent et secoarable aux petits, tour 
k tour sage et fou, bambocheur et s^eox, oe llachrab mdle de 
la mani^re la plus bizarre dans ses actes et ses discours les 
louanges du bon Dien, les dövotions et les retraites aust^res avec 
les tours les plus pendables, les farces et les bouffonneries les 
plus sangrenues.** Über die Volkstümlichkeit der in das Yolks- 
buch eingestreuten Ghaasels siehe 8. 166 Anm. 2. 

^) Diese Sprache äaghataisch zu nennen, wie ich selbst es 
bisher gethan habe, empfiehlt sich nicht; denn es ist in ihr schon 
160 Jahre vor Öengiz' Sohn Öaghat%j, nach dem sie benannt ist, 
ein bedeutendes Werk verfasst, das Qudatqu Bilik. Dass dieses 
uigurisch genannt werden müsse, haben mich die Ausführungen 
Badloffs in der Einleitung zur Transskriptum nicht übenengt. 
Jusuf Chass Eafph schrieb sein Werk gewiss in arabischer 
Schrift nieder, und die Kopieen in der Unglänbigenschrift stammen 
aus der Zeit, nachdem öengiz den Kanzler seines Feindes Ti^ang, 
einen gelehrten üiguren, zum Grosssiegelbewahrer und Erzieher 
der Prinzen gemacht hatte, nnd damit das mongolische Eanzlei- 
wesen uigurisiert worden war. Will man für die Sprache der im 
östlichen Turkistan entstandenen Litteratordenkmfller nicht den 
Ton mir Torgeschlagenen Namen «Kaigharisoh* anwenden (b. Heft 
IV, 143), nodi auch den von Shaw gebranehten Namen ,Turki', 
der übrigMis der im Lande selbst der Sprache gegebene ist, so 
nenne man sie OsttÜrkiscfa, wie sie ja schon mehrfiadi benaast 
worden ist. 

*) Diese Drucke sind nur aasnakmsw^ise in Stambul m 



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149 

Häw6d&, die andere den Diwan Meerebs entiialtend. 
J^ier ist ein Diwan im gewöhnlichen Sinne des Wortes. 
Er ist die Sammlung der Gedichte eines Mannes, der 
selbst sich Ch^äga Näzir aus (jim&n nennt — Hüw^dä 
ist nur sein Machlas, d. h. der selbstgewShIte Dichter- 
name — und über den sich wohl wird noch ein- 
mal Näheres ermitteln lassen i). Das diwäni meSreh 
dagegen ist eine Erzählimg, in welche zahlreiche Ge- 
dichte mit dem Machlas Mesreb eingestreut sind*). 

Was ist das Prius? Wurden yorhandene Gedichte 
nachträglich durch eine Erzählung in Verbindung mit 
einander gesetzt oder wurden zu einer alten Erzählung 
Gedichte als Schmuckstucke hinzugedrechselt? Die 
Frage ist müssig. Die meisten Stückchen, die yon 
unserm Helden erzählt werden, sind alte Motire, die 



bekomineB; es geht meist die ganze Aoflage sofort nach Zentral- 
alien ab. 

^) Unter dem Titel Der CagJiataiache Diwan Hüwedä's be- 
richtete ich darüber in Mitth. Sem. f. Cr. Spr. Berlin V, 1902, 
Abth. n S. 132 ff. 

^ Aiu»«r dieeer Stambnler Lithographie, o. J., mit Zensnr- 
Termeik vom L Bebf II 1318, 155 SS. gr 8<> liegt mir eifie ror 
Q. d. T. m4 m^eb, Taschkent, Gebr. Foitsewii, 1316, mit 
Zsosnrr^rmei^ Tom 2. Okt. 1898, 158 SS., gr. 8^ Die Stam- 
boler Ausgabe zeigt mar leichte Varianten and ist wahrsebeiaüch 
nach der Taschkender hergestellt. Diese bezeichnet Herr 
Johamiee Aw«taranian (Schmnen), der m/riurare Jahre ia Kaschghar 
gelebt hat, in einem Briefe an mich als „sehr IdUkerhaA*'; so- 
gleich enrftiiiit er, eine sehr ediöne Handscimft davon sei mit 
seinen übrigen Büchern in Easdighar gebiiaben. Der Baaeichiiiiag 
AhleriMift* niöehite ich aicht beisümiaen. Es ist wohl möglich 
4afls die Or^dbogra^ie Abweichungen Ton der ia Eaigfaar als 
allein riahtig geltenden nad Herrn Awetaranian bekannten 
anfweisl Aber darvs sie ab ^^fahlej^aft'' an bezeichnest aehaint 
siifiht berechtigt. Abgts^kea tob den koriaaen Zaatttaden, die in 
DentsflUaad iiocrschen, iafc ManaigMtigiceit ia diaaan tessacea 
Dianen aoch niafat ZeidMD eines Deldcfces. Ich konstatiara, daas 
fir dea Taikander jStandmck dar Text ofieabar voa eiaen asit der 
%raolie wahkertraatM Manne niedargaadMoaban iat ßelbat die 
Vecae «ad nMuft in Ordanog» 

1* 



8 



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150 

dem Rahim [rai^m] Baba^) — das ist der wirkliche Name 
Mesrebs (S. 8) — zugeschrieben werden, wie ja auch 
Tyl Eulenspiegel und Nasreddin Hoga*-^) zu Trägem 
einer bestimmten Gattung von Erzählungen gemacht 
wurden. Andererseits wird man kaum annehmen dürfen, 
dass die Gruppierung der Geschichtenklasse, die hier 
vorliegt, um Rahim Baba-Mesreb erfolgt sei, bevor sein 
Diwan vorlag. Mit andern Worten: es ist an der 
Existenz eines Dichters mit dem Machlas Mesreb nicht 
zu zweifeln, dessen originelle, eine bestimmte religiöse 
Richtung scharf markierende Persönlichkeit sich in 
einer Anzahl kräftiger thätlicher Gesinnungsäusserungen 
kundgab, an die dann die alten Motive angeschlossen 
wurden. Vergleichen wird man dürfen die Anziehung, 
die die Gestalt des Helden und Dichters 'Antara auf 
die in der arabischen Beduinenwelt umgehenden Er- 
zählungsstoffe übte. 

Den einzelnen Motiven nachzugehen, die in diesem 
Volksbuch verarbeitet sind, muss ich mir versagen 3). 



') Wer ist die geschichtliche Persönlichkeit, die hinter Rahim 
Baba-MeSreb steckt? Mir lag hier zunächst daran, von dem 
volkskundlich nnd religionsgeschichtlich wichtigen Volksbache ein 
Bild zu geben, und jene Frage musste in den Hintergrund treten, 
wurde noch nicht systematisch untersucht. Über einige in der 
Erzählung vorkommende Namen ist zur Stelle gehandelt (siehe 
besonders S. 173 Anm. 4 über Aqbuta Bi und S. 186 Anm. 1 über 
Mahmud Chan von Balch). Die Redaktion, die in den S. 149 
Anm. 2 genannten Lithographien vorliegt, wird nicht vor 1720, 
nicht nach 1760 anzusetzen sein. 

') Über diesen s. mein Schwanke und Schnurren in: Zeü- 
Schrift Verein f. Volkskunde Berlin 1895 S. 44 ff. 

') Es ist auffällig, dass unter ihnen nicht wenige sind, die 
sich auch in der Christus-Legende finden: Wahl des verachteten 
Esels als Reittier S. 182. 184 ; übernatürliche Zeugung S. 168, wo 
der Heilige sich vergewissert, dass der an Stelle des Gliedes ver- 
wandte Hammelschwanz seine Wirkung gethan hat (es sei hier 
auch die osttürkische ,Maria* der Boghra-Legende genannt, *Alä- 
Nür Clhänum, die vom Engel Gabriel durch einen in den Mund 
gesenkten Tropfen Licht befruchtet wird, Shaw, Turki Language I 
Extract XIIT); der Heilige hat nicht Vater noch Mutter S. 158, 
und viele andere, vor allem das ,Ich bin Gott'-Motiv, das ja in 



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151 

Doch sei mit einigen Worten der Grundton gekenn- 
zeichnet, der wie aus den anekdotenhaften Erzählungen 
80 aus den eingestreuten Gedichten stark hervorklingt 
und der schon oben gestreift ist: die ToUkommene 
Wurschtigkeit des äusseren Wohlergehens, Ansehens 
und sogenannten Anstandes aus einer tiefen, meist in 
das Bild einer verzehrenden Liebesglut 9 gekleideten Ver- 
tiefung in Gott heraus. Dass diese Verachtung irdischer 
Pracht sich mit Vorliebe in die Form einer Besudelung 
(S. 174. 182. 183); die Nichtachtung aller Sitte und die Be- 
schimpfung der offiziellen Religionsvertreter sich in die 
einer unflätigen Geste (S. 163. 165. 175) kleidet, das muss 
man eben dem Milieu zu gute halten ; wir befinden uns 
unter Türken Zentralasiens, denen übrigens — die viel 
bösartigeren Schmutzereien der ,feinen' Osmanlis stehen 
auf einem anderen Blatte — die Anatolier und Rumi- 
lioten an saftigen Rüpeleien nichts nachgeben. Man 
fühlt sehr wohl, dass sich hinter diesen derben Spässen, 
mit denen eine ganze Menschenklasse immer wieder 
von neuem überschüttet wird, der Hass und die Ver- 
achtung bergen, mit welchem zwei Weltanschauungen 
einander betrachten. Wenn im Eingange offizielles 



der ChriBtos-Legende eine besonders reiche Ausbildung erfahren 
hat und heute noch viele Millionen beherrscht. Doch darf solche 
Gemeinsamkeit nicht auf eine Stufe gestellt werden mit den 
christlichen Anklängen bei den BektaSis, die der Assumptionisten- 
pater Louis Petit in Lea Confreries Musuhnans S. 17 gewiss 
richtig als direkte Entlehnung anspricht. Es ist doch immer in 
Erinnerung zu behalten, wie viele Züge dem Christentum wie 
dem Islam, namentlich der Vergottung-Zug, aus gemeinsamen 
Quellen kommen, einmal aus dem babylonischen Alterthum, so- 
dann aus der indisch-buddhistischen Welt (nicht wenige ,Heilige* 
sind deutlich Avatare des ßuddha; Ausbreitung des Kreuz- 
Symboles gefördert durch seine Ähnlichkeit mit dem Svastika?). 
Einer andern Klasse gehören die meisten Motive der Suhrawerdi- 
Legende an (s. über ihn unten S. 188 Anm. 1). 

^) Beispiele, bis zu welchem kaum mehr verständlichen 
Spielen mit Gedanken und Worten das Schwelgen in dem geist- 
lichen Liebesbrand sich versteigt, siehe die Noo. 51 und 53 meines 
Httwedft. 



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152 

Eirchentum und lebendige persISnliehe GottesUebe gegen- 
übergestellt Bind, so ist im späteren Islam die Formel 
für diesen Gegensatz: Scholastik und Mjstik. In jener 
Natur lag es, mit den unsaubem Machthabem saubere, 
pseudo-logische Kompromisse zu schliessen, diese liesa 
sich durchaus nicht in den goldenen Netzen einer die 
Gesinnung kommandierenden Staatsanstellung fangem. 
Daher die Erscheinung: jene herrseht, wo ^ordmete^ 
Zustände die Untertbanen des Segens einer Gksellsehaft 
mit starkem Haupt und sicheren ^Stützen' teilhaft werden 
lassen, diese blüht^ wo sich jeder Einzelne im steten 
Kampf ums Dasein auslebt^ wo für hohe Konsistorien 
mit Entscheidungen über theolc^ische Spitzfindigkeiten 
und mit Ketzergerichten kein Platz ist Lokal verteilen 
sich die beiden Richtungen so, dass im Westen Tur- 
kistanS; in Buchara^ Samarqand^ Taikend, die Scholastik^ 
im Osten, in Kasghar und Jarkand, die Mystik herrscht i). 



^) Die Erscheinnng ist auffällig, keineswegs unerkiftrbar. 
GhrandmotiT: Je weiter nach Osten, desto stärker das Treiben 
and der EinfhisB der Aliden. Im Osten wurden die Intrigen gegen 
das Oma^fidMireieli angezettelt, dnrdi welche die gesehicMen 
Maeher aai dem Hanse der Abbosiden die geleiaitoi Atid«n und 
ihre Anhänger kaltstellten, die nach einem schönen Traiun in die 
rauhe Wirklichkeit mit ihrem ,Erst komm' ich und dann kommst 

— du noch lange nieht^ der skrupeUesen Realpolitiker hinflbec- 
geweckt wurden. Als die Komödie aus war und die Aliden sich 
von den falschen Freunden verraten sahen, blieb denen, die 
an den lieben Ideen festhielten, nichts übrig» als noch weiter 
östlich zu wandern, wohin das Szepter der Machthaber nidit 
reichte: nach China oder doch in das strittige Gb-enzgebiet, das 
Land der turk. Aus jener Zeit, die etwa mit 140 d. Fl. beginnen 
mag, wird die schiitiBche Schicht im Islam Osttnrkistans stammea, 
Dasft es dort eine schiitische Periode gegeben hat, kann nach der 
Bolle, die die zwölf Imame — allerding» in besonderer Zostatzung 

— bis heut im Beligionsleben fielen, kaum zweifelhaft sein (in 
geschickter Weise ist diese Konstruktion durchgefahrt bei 
Grenard 3 ff.). Nun gewann bei aller Lauheit in konfessioneilen 
Dingen, welche die Samaniden und ihre ghaznawidisdien Erben 
auszeichnen, die sunnitische Richtung im äusseisteii Osten solehea 
Übergewicht, dass die Tdrkenchane» deren Islamisierung sich an 
den Namen Satoq Boghra Chan knüpft, offiziell ihn annabmany 



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153 

Geboren ist MeSreb allerdings in Namangan, das zum 
westlichen Gebiet gehört^), aber alsbald setzt er sich in 
Widerspruch mit den Anschauungen dort. Vom Hügel 
aus erblickt er das Land, wo ihm wahres Wissen imd 
innere Erleuchtung werden soll: Easghar. Dass der 
Held des Kampfes gegen geistigen und geistlichen Dünkel 
untergeht, ist selbstverständlich. Das tragische Ende 
der ,WaUer* und ^Sehauer^, wie es die Geschichte 
des Islams mehrfach zu bmchten weiss, hat die Volks- 
seele immer mächtig erregt^). Hier wird die Hinrichtung 



Ab«r im Volke lebten Ideen imd Biektoiigeii fort, die mit den 
AHdesi gekommen waren nnd die dnrch die zahlreichen koltorellen 
Beziehungen mit dem schiitisehen Choraaan gen&hrt wurden. 
ISne ihrer ist der Sufismut. Der mächtige Gebirgswall, der West- 
nnd Oettorkistan trennt, wird in seinem sfldlichen Teile, da wo 
er den Hohen Pamir bildet, zn einem Bindeglied zwischen Ost- 
tn^ittan mid Choirataa: aaf dem Bacbdilait-Gebirge bansten die 
Asketen (Hfiweda 142), die man vom Tttrkenlande bar aof- 
suchte nnd deren Lehren man übernahm. Damit hängt zn- 
sammen der fleiligenknltos, der in Ostturkistan eine sehr grosse 
Ansdehnvig hat, nnd das Treiben der Dnwanas ldewäne]t die das 
Land unsicher machen. YerdienstHcb sind die Mitteiinngen, die 
Oreaard 13 iL aas d«i Teikiree maeht, deren Originale in der 
Bibliothek des Institiiti in Pana deponiert siBd (S. 11 Anm. 1). 
Ein Mannskript mit Heih'geslegendea, auch yon heiligen Damen: 
Bibi Zuhrä, B. *Alime, B. Funduqa u. A. (Aber heilige Frauen im 
Uteren Islam s. Goldziher, Moh. Studien 2, 295 ff.), hatte Herr 
Awetaranian die GKlte mir mitzuteilen. — üeber die Üitiseh- 
isaaUitiBebe Diaspora im Pamir und im Rusiiscii und Chinesisch 
Turkistan giebt genaue Daten Bobrinski in dem unten 8. 156 
Aam. 1 angefahrten Schrifkeheo. 

^) Es liegt weetlieh von Ol, das als Qrense gegen das 
Tttrkenland gilt und in der Thai ¥on ihm durch einen hoheo 
Oebirginndi mit sehwierigen Pftasen getrenat ist (a. 8. IBl Anm. 1). 

*) Aaeb daa tragisch« Ende der Eomfidianten-Scbwindler, 
die d«& Jch bin Ootf [anafta§$}-Biiniakel geschickt handhabten 
aad nrt>eik Meiden der gebassten ernsten Arbeit Futter und 
Ruhm «omteten. Qui sebiieb Goldziher an NOldeke: »Das 
mahammedaniicbe Volk liebt, einen jeden durch Willkfibr des 
Snhaas BingerickfcsiteB» wenn er nicht direet ein B&uber und 
Mfirder« als Mirtyrei zu beasichnen. Im Volke ist daa Bewueat- 
sein Ton der Ungerechtigkeit der Begianuf noch heutigen Tagea 



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154 

Mesrebs am Hofe Malimud «'Chans in Balch auf ein 
Missverständnis zurückgeführt^ und der Chan spielt eine 
erträgliche Rolle, Trotz der heftigen Reue, die er über 
den dummen Witz empfindet, den er mit dem Tötungs- 
befehl angeblich gemacht, stirbt er zur Strafe alsbald 
nach dem Heiligen, der in üblicher Weise sich noch 
im Tode durchsetzt und seine Grabesübersiedelung 
herbeiführt*). Werden die Sympathien jedes mecha- 
nischer Regiererei Abgeneigten mit dem umstürzlerischen 
, Gotteslieber' sein, so muss freilich konstatiert werden, 
dass diese Kritiker der versumpften Zustände nicht 
im Stande waren, eine Reform herbeizuführen. Die 
grosse Masse war mit dem beschränkten fatalistisch- 
apathischen Gedankeninhalt des Staatsislams, den sorg- 
samst zu konservieren das wohlverstandene Interesse 
der Säbel-Despoten und der sie meist beherrschenden 
hierarchischen Korporationen war, so vollständig verseucht, 
dass ganz andere Elräfte dazu gehörten und gehören, 
ihnen wieder Lust an eignem Denken und an geistigem 
Arbeiten, das diesen Namen verdient, beizubringen, als 
die weltfremden Träumer, die aus der materiellen und 
geistigen Misere an den reichbesetzten Tisch des Höch- 
sten sich flüchten, der ihnen Köstlicheres bietet als 
irdischen Tand in Leben und Wissen. Die Machthaber 



ein Axiom (fftr das Gegentheü will es immer erst positive Be- 
weise)", 8. Nöldeke, Das Arabische Märchen vom Doctar und 
Garkoch (Abhdl. Ak. W. Berlin 1891) S. 4 f. MeSreb ist in 
Wirklichkeit ein recht trister Barsche, und das blöde Sichein- 
bohren in den abgenutzten Mansür-i-HallSg-Wahn kann keine 
besondem Sympathieen erwecken. Er ist im G-runde nur einer 
der Tausende von Duwanas, die eine wahre Pest in Zentralasien 
bilden wie die Fakire in Indien. Es sei hier besonders hin- 
gewiesen auf die Beliebtheit der gefährlichen Halläg-Legende : 
sie prangt an der Spitze des tezkire'i-ewmä\ und gerade diese 
Litteratur der Tezkires bildet die Hauptnahrung der Turkistaner. 
*) Zu diesem beliebten Motiv vgl den König-Heiligen, der 
nur auf luftiger Bergesspitze sich begraben lasst, in der berbe- 
rischen Geschichte bei Stumme, Märchen der Schluh von Täzer- 
waÜ S. 173 und in zahlreichen andern Volkserzählungen. 



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wissen auch sehr gut, dass von diesen seltsamen Ge- 
sellen keine Gefahr droht Darum lassen sie sogar das 
Buch Sah tneSreb, das einen ihrer feiert, ungestört im 
Volke umgehen. Die russische Regierung aber^ die 
faktisch Herr in ganz Turkestan ist, im chinesischen 
ebensowohl wie im russischen, reibt sich vergnügt die 
Hände, wenn unter den Muslims, deren Abscheu gegen 
die , Götzendiener* ^) sie kennt, auch ohne ihr Zuthun, 
mit dem sie übrigens nicht kargt, die Wunde des 
inneren Gegensatzes zwischen Scholastik und Mystik 
immer hübsch offen gehalten wird. Beide müssen fein 
gehütet werden, auf dass die erste Bürgerpflicht, die 
,Ruhe' (des Todes), geübt werden könne. Nur kein 
geistiges Leben d. h. Leben überhaupt! Dies Ziel 
wird aber am besten erreicht durch Pflege von Scho- 
lastik und Mystik: bei beiden wird das Leben tot- 
geschlagen, dort durch die geistlose und die Geist- 
losigkeit als ersten Gottesdienst predigende PfaffenschafI:, 
hier durch das ungezügelte Stürmenlassen aller Kräfte, 
das sich selbst vernichtet und Selbstvernichtung als 
höchste Religion preist. 

Die Sprache des Buches und die metrische Form 
der poetischen Stücke behandle ich an anderer Stelle. 
Nur das sei hier gesagt, dass die Teile in ungebundener 
Rede einen ungezwungenen Stil zeigen, der den Ein- 
druck des schlichten Volkstons macht, nicht selten voll 
köstlichen Humors ist. Die poetischen Stücke leiden an 
denselben Fehlem, die alle zentralasiatischen Dichtereien 
zeigen : Spickung mit arabischen und persischen Fremd- 
wörtern und unnatürliche Stellung der Bestandteile des 
Satzes dem Metrum zu Liebe ^). 



') Solche sind die Bussen mit der noch viel mehr als in 
der katholischen Kirche ausgebildeten Verehrung von Figuren 
für die Muslims, die sie gern ^äbade-uasnäm nennen, neben dem 
andern Namen *kitäbsig* jBuchlose', über welchen siehe Heft IV 
S. 107 Anm, 2 und S. 138 f. 

*) Vgl. das über die Sprache solcher Dichtungen in Hüweda 
8. 133 f. Ausgeführte. Gute Bemerkungen über die Volkspoesie 



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In dem folgenden Aaszuge habe ich die Seiten der 
Taschkent- Ausgabe (s. oben S. 149 Anm. 2) von 5 zu 5 
vermerkt. 



Die Eltern Mesrebs^) lebten in Namangan^). Seine 



Ostturkestans macht Grenard 81; gehen sie auch Ton Chotan 
aizs, 80 zeigen sie doch, wo die Hanptstätten der Grhazel-Fahri- 
kaüon zu socheii sind und wie es in Wirklichkeit um den ^schlich» 
ten Nomadengeists der in diesen Liedern wehen soll, steht (s. 
oben S. 147 Anm. 1). Er sagt: ,,Un certain nombre des chansons 
ditee populaires, quoique beaucoup de gens ne les comprennent 
pas, Bont communes aux deuz Turkestans, toutes Celles qui sont 
rennet k ma econaissance sont communes k toutes les villes du 
Turkestan oriantal depms Khotan jusqu'ä Tonrf&ii et iKhool^ia» 
ei c*est poorqnoi je les ai retrouYÖes dans le reeueil de chanoons 
tanmteki publik en 1890 ä P^tersbourg par M. Panteu9o£ Les 
gens de Khotan assurent n'avoir point de chansons originales et 
que les ghazd nouveauz leur viennent d'Aksou ou de Ehoul^ja. 
Les Tarantehi passent en effet pour €tre de maftres ^ansonmers, 
bien que leors mnsidens aieui moins de r^pntatioQ que eeux de 
Kflfihgar. — Au resie ces ghuui n'offirent qn'un int^r^t m^o^re 
parce que les indig^es attaehent peu d'importanee anz parolee 
qui ne sont pour euz qu'un support pour la musique« II importe 
seulement d'obtenir des phrases d*im rythme rigoureusement 
d^termin^; les mots par Tarrangement deeqnels ob Tobtient sent 
de peu de cons^ence. Cäiaque ghazd eet eompos^ de plumort 
distiques mis bout k bout» n^ajant k peu pr^ aocun lien entre 
eux. La suite des id^es est chose si insignifiante que les artistes 
chantent les Couplets p€le-nL61e comme ils leur reviennent k la 
memoire sans se soucier des coq-ä-r&ne, de mtoe qu'its chantent 
des paroles tristes sur un air gai et inrersement.* Die Beiq^iele» 
die Grenard folgen lässt, zeigen übrigens einen etwas andaren 
Charakter als die Ghazels des Me6reb-Budies : diese sind steifer, 
künsükher» es ist in ihnen nichts von dem stimmungsvollen 
Volkston; nur die Trwiergedichte um die Mutter haben «nen 
natürii^en» rührenden Ton. 

*) Hier und weiterhin im Tezte heisst er beständig, wie auek 
auf dem Titelblatt der ed. Taikent (ed. Stambul nur ^lu^äirt mekrt^) 
iäh vuirtb. Wann und in welchem Sinne das iah vor Namen 

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Mutter kommty als sie mit ihm im siebenten Monat 
gehty eines Tages bei einem Traubenverkäufer vorbei. 
Zwei Beeren liegen am Boden. Sie hebt sie auf und 
isst sie. Alsbald ertönt eine Stimme aus ihrem Innern: 
„Wenn du den Traubenmann nicht befriedigst, ver- 
schwinde ich aus deinem Leibe.'' Der Vater schickt 
mit der weinenden dem Verkäufer zwei Tenge^). Als 
der nach 9 Monaten 9 Tagen 9 Stunden Geborene 
7 Tage alt ist, giebt man ihm den Namen Ra^m Bäbä. 
Als er 7 Jahre alt, wird er beschnitten und in die 
Schule geschickt. Dort will er nicht weiter lernen, 
bis die Lehrer ihm die Bedeutung von Alif und B& 
gesagt haben. Er ruft: „^^^ ^^ ^u^s, daher sage ich 
nicht zwei^ und läuft aus der Schule nach Haus (S. 5). 
Die Mutter sieht ihn nackt herumgehen, da er seine 



in Perma aufkommen ist (iiefae eine Aiizak) penischer Dichter 
nnd Snfis mit iäh vor dem Namen bei Sami, qämüa eldläm Bd. 4)» 
kami ich nicht sagen. Wollte man den Snfi als ,EOnig* feiern? 
An eine Verstümmhing ans iaich zn denken scheint deshalb nicht 
aagettessen, weil auch iaieh in fthnlieher Weise vorkommt (Seeh 
Sa'di) imd die Pcvter «ne^ sehr gut aussprechen ktanen. Zahl- 
reiche Beispiple von söA^Namen findet man in den Mitteihmgen 
an» einer Reise im oberen Pang-Ctobiet (Wachan, äagnan, BoSan 
etc.), die Graf A. A. Bobrinskj yerOffentlichte u. d. T. sekta 
iawuülija w ruaskich i bucharakich precfjelaeh srednet omü (Moskau 
1902, 18 SS.). Tod Namen mü nachgesetzten iäh würde man 
leicht eine grosse Menge gqsammensteHen kOnnen; anch Yon ihnen 
sehe eine Antthl bei Bobrinski in der angefahrten Sducilk 
(SeSd Jtsnf Ali 6o |se q^richt man am oberen Pan|] ist Sohn des 
äo Poadl n. fthaL). Das imaginäre Pertrftt des »B^nenden Dear- 
wiscbes'Ali äah' (der Kopf ist aber Tiehnebr «n «nnlicher Frans»- 
köpf; das C3ieh< soll ans Azesbai^an stammen) gab Awetaranian 
in Sehahid«nl-Haqajiq S. S des Umschlages. 

*) Diese Stadt Rassisch Tnrkistaas {€2000 Ebiwohner) wird 
beut Ton MargeUn, Station der Bahnlinie Samarqand-Andijian 
auf einem Fahrwege von 9b Werst erreicht; s. Baedeker, Bnss- 
Umd 5. Anfl. S. 446. 

^) 1 Tenge=:ca. 25 Pfennig, s. Heft IV S. 117 Anm. 1. Das 
stimmt mit Sven Hedin, Ihtrch AMm Wüstm l, 488: „^a 
Teageh Ton Ghotan ist soTid wie 2 Tengeh von Easchgar nnd 
daher circa 46 Pfennige werth.'' 



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Kleider den Armen giebt, und giebt ihm Ermahnungen. 
Er sagt darauf, er sei ja nackt in die Weit gekommen, 
nackt wolle er gehen. Als Mesreb fünfzehn Jahre alt 
ist, bitten die Eltern den berühmten Isan ^) Mulla Bäzär 
Achund, aus dessen Munde Feuer geht, wenn er Zikr 
mache, solle er Mesreb von der Verrücktheit heilen, 
denn er sei diwänei' her haqq^) ,verrückt in Gott/ Der 
Isan macht sich mit seinen Murids auf, den draussen 
herumstreifenden Mesreb zu suchen. Der empfängt 
die Schar mit Gedichten, antwortet auf die guten Lehren 
und Ermahnungen des Isans mit einem langen Strophen- 
gedichtmystisch-sufischen Inhalts (S. 10) und erklärt : „Der 
Liebende hat nicht Vater noch Mutter." Auf die ver- 
fängliche Frage: „Wo stand ich, als Allah Adam die 
Seligen und die Verdammten seiner Nachkommen sehen 
Hess?" kann der Isan nicht antworten, denn das ist 
'ilmi ghaiby das Wissen des Verborgenen, das nur Gott 
besitzt. Mesreb baut eine Kapelle und sammelt Murids 
(Adepten) um sich. Alle machen sich Pferde aus 
Holz(?). Mesreb reitet dem Isan nach in die Stadt. Beim 
Isan angelangt, rezitiert er Gedichte, dann erzählt er, 
er habe ein Stelldichein vor mit einer Geliebten, die 
ihm versprochen, ihren Mann fortzuschicken, um ihn 



') Dieser Titel entspricht etwa dem arabischen saich. So 
befremdlich sie zunächst erscheint, darf doch die Vermutung 
ausgesprochen werden, dass dieses Uän nichts anderes ist als 
das neupers. Pronomen der 3. Person Pluralis. Es ist durchaus 
üblich, von heiligen Personen im Plural zu sprechen. Graf 
von Mülinen versichert mir, dass die* gewöhnliche Anredeformel 
an Derwische in und bei Stambul ist: erenler, das eigentlich «ch^ 
Reifen, Gereiften" bedeutet. Diese Anwendung des Wortes ist 
mir auch in 5aghataischen Texten vorgekommen, und sie ist 
nachzutragen bei Vä,mbery, Cagataische Sprachstudien^ wo 8. 232 
s. V. nur „der Mann, der Held** angegeben ist. 

') Die Izafe macht hier Schwierigkeiten, aber sie ist in 
beiden Drucken deutlich dargestellt. Liegt nicht ein Schreib- 
fehler vor, so ist die prEpositionale Gruppe ber haqq als zu einem 
Nomen erstarrt anzusehen, also gleichsam „ein auf gottiger Ver- 
rückter". 



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zu empfangen; ob das recht sei? Der Isan sagt 
lächelnd^ Versprechen müsse man unter allen Umständen 
halten. Als die Murids sich skandalisieren, nimmt der 
Isan Mesreb in Schutz. Zwei Sofis laufen neugierig 
nach: sie finden Mesreb im Zustande der Verzückung 
auf der Strasse umringt von staunendem Volk, wie er 
zwei Gedichte rezitiert. Dann kommt er zum Fest. 
Auf dem Festplatz ist ein See. Er wirft die Kleider 
ab, stürzt sich hinein und taucht nicht wieder auf (S. 15). 
Man ruft seine Mutter, die in einem Gedichte um ihn 
klagt. Mesreb tröstet sie mit Versen, und sie antwortet 
mit ebensolchen. Er taucht auf, geht zum Isan und 
erzählt ihm von dem Zusammensein mit der Geliebten: 
nur sei deren Mann plötzlich erschienen und habe ihn 
durchgeprügelt. Das Volk erzählt dem Isan das Wahre. 
Mesrebs Raserei nimmt zu, er ergreift die Laute und 
rezitiert ein langes Gedicht. Dann steigt er auf einen 
Hügel und sieht von Kasghar her den Gottesmann 
Äfaqi) Chogam*), nichtdenandem Äfäq: Choga'Abdelchäliq 
Ghagduwäni^), herankommen und erklärt in einem Ge- 
dichte, es sei besser, in den Dienst dieser heiligen 



') Mehrfach erwähnt den ahrine of Hazrat Apäk Shaw, 
Visits to High Tartary (London 1871). S. 271 heisst Apg^ a 
Mussuhnan sairU, whost tomb is a UtÜe tvay from Käshghar. 
S. 459 f. die Geschichte von der Brücke über den Fluss, an der 
das Heiligtum liegt und die the scdtU himself, a former King of 
Eastem Toarkistän gebaut haben sollte, und von dem Opfer, das 
selbst Ja'qub Bej dem Aberglauben bringen musste; auch S. 283 
ist die Bede von einem Besuch des Heiligtums durch den Fürsten. 
Die Zeit Äfaqs konnte ich noch nicht ausmachen. Ist MeSreb um 
1730 anzusetzen, so wird man ihn um 1700 annehmen dürfen. 

^ Chogam ist öfter Beiname von Heiligen (doch w6h\=saijidiy 
wenn auch nachgesetzt). So nennt Qrenard 142 auf der Spitze 
des Hügels mit den Eumäri-Hölüen, wo Dutreuil de B<hins und 
er ein kostbares CharoSti-Manuskript fanden, bei Chotan, das 
Mazär des Choga Muhebb Ohogam. 

') Bemerkung des Textes, der zu äfäq die Erklärung giebt: 
„d. h. Pol der Welt.** Ghagduwäni wird von Sami, qämOs 
aia^läm 2, 1412 als der mystische Lehrmeister des NaqSbend- 
Orden- Stifters Bahä*eddin gen^nn^. 



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Person sich zu begeben. Als Mesreb aus Langar Mezari^) 
auszieht; schildert er seinen Zustand in einem Gedichte. 
Des Weges ziehend trifft er einen Hirten. „Was giebst 
du niir, wenn ich dir ein Geheimnis sage?* — „Ich 
habe nichts, die Schafe gehören nicht mir." — „Dann 
gieb mir deinen Hund!** (S. 20) Dafür lehrt Mesreb dem 
EQrten die Namen der Siebenschläfer: Jamlichä, 
Maksilmlnä, Easqütat, Äzarfat Jünus, Jow&nis Jünus, 
Teb Jünus, EaSäfit Jünus^), nebst dem Namen ihres 
Hundes Qitnür; den Hund lädt er in einem Gedichte 
ein, sein treuer Geführte zu sein. Mesreb kommt an 
einen Fluss; niemand beachtet ihn. In der Richtung 
auf Andigan^) am Flusse entluig wandernd, sieht er 
einige Fischermädchen sich baden; er scherzt mit ihnen; 
sie wollen von ihm ein Ghazel hören, und er sagt 
ihnen eins. Nachdem er in Andigan die Grossen der 
Stadt besucht, zieht er weiter nach OS. Auf dem Wege 
summt er ein Scherzlied in verschlungener Form. In 
Os besucht Mesreb das Schloss und macht Äsaf Ibn 
Barachjä*) seine Aufwartung. Dann gelangt er, auf 



') An diese Station zwischen Namangan und Andig^ wird 
man nicht glauben dflrfen. Namen mit Langar sdieinen nur in 
Ostturkistan vorzukommen; dort sind sie h&nfig, s. z. B. den 
Namen-Index zu Hedin Pet. 

^ Die Originalnamen des Martyrologiums und eine andere 
Yenrtammlung derselben auf einem geschnittenen S^ein siehe Iwi 
Beinaud, Monumens Arabes, Persans et Tures 2, 69 ff., wozu 
aus der neueren Litteratur Ton den Zettelhelden viel nachgetragen 
werden mag. Bemerkenswert ist, dass der Name Znfatr Jinvs, 
den ein frommer Held in dem teekire des IMammed QluuBaU 
fahrt (G-renard 25), auf denselben Ursprung weift wie 4aiB heid- 
nischen Siebensdilfiier-Namen wai jünu» {jämui), 

*) Terminus des südöstlichen Zweiges der Traa^CBspi-Bafaii 
mit 46700 Efinwohnem, s. Baedeker, Boesland 6. Aufl. 8. 446. 

^) Name des mjthischen Wenrs 6alomos. Dass er hier er- 
scheint, hat seinen guten Qrund. Bei dem nidit ^«nbsfatohtliclben 
<MtlnEe si^M Peole, Cot, Br. M. YII No. ^) Ol (M, « km SO. 
Ton Andi|^) liegt nämlich tachU ^uhimän ,der llroa Balamoe*, 
wie aas <€h:«nard 214 bei Beschreibung des Weges OMfadi 
herrorgeht: „Pays accident^ .... Mostagne remwfaaMe, düe 



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161 

EaSghar zu, zum Pass ^) und sagt in seinen Beschwerden 
ein GhazeL Allmählich nähert sich MeSreb nun der 
Schwelle Chogams und wird wieder froh. Als er sich 
im Gebiete Ton KaSghar befindet und die Leute des 
Landes sieht, wird er trunken und sagt ein begeistertes 
Ohazel (S. 25). Als er an die Schwelle Äfaq Chogams 
gelangt ist, sagt er ein Ghazel. Dem Heiligen bleiben 
die Verse nicht unbekannt. Die Mullas Bftqf Achund 
und Säqi Achund finden draussen den Starken, bar- 
häuptig und barfuss, mit feuersprühenden Augen; sie 
fuhren ihn herein, und Mesreb sagt beim Anblick der 
Schönheit des Heiligen ein Ghazel. Der Heilige fasst 
ihn, als die Sofis ihn jenem zu Füssen werfen, bei der 
Hand; er solle ein Ghazel des Hafiz auf grünes Laub 
sagen. MeSreb rezitiert einen persischen Vierzeiler*). 
Dann verlangt der Heilige ein eigen Lied, und Meireb 
sagt zwei Ghazels. Der Heilige nimnrt ihn nun fei^lich 
auf, nachdem er die Prüfungszeremonien mit ihm an- 



Tröne de Salomon (Takht-i-Soulejm&n).* MeSreb bewallfeüirtet 
noch einmal den heiligen Ort und nennt ihn dabei mit seinem 
Tollen l^amen taehH suUdmön (Text S. 78, hier 6. 172). Dieser 
,ThroB^ krt wohl identisch mit dem ,W&chteraii8lag gegen die 
Tflf&en* auf dem B«rge bei 0$, von welchem Jaqut s. y. tu 
q>richt (1, 404; doch wohl nicht gleich dem am Berghang kleben- 
den quhundag [d. i. kühne die] , Altenbnrg* ?). Kurios ist, dass 
Salomo gerade im fernsten Orten des Islams gern lokal fixiert 
wird: sein berühmtesiier Punkt ist der Tacht in Afghanistan auf 
dem höchsten Gipfel des Snlaiman-Q^birges nicht weit der englisch- 
indischen Grenze. Mit dem Besuch bei Salomos Miniflter ist doch 
wohl nur die Bewall&hrtung eines MaqSms g e mei nt , der dort 
seinen Namen trägt. Näheres wird za finden sein in den qisits 
ühmbijä* RabghQ^s, die j^tzt in emem TaSkender und einem 
Easaner Druck vorliegen. Ober beide hoffe ich bald berichten 
za ktenen. 

*) Es ist wohl der schwierige, 3673 m hohe Twekdawaii- 
9$m gemeint, der ak die Hanp/ttftraese nach OsttvdMtai gilt 
<8. Äer ihn Grenard a. ». C). 

*) Im mmSff^, nicht im m^VlCetrnB, daher iet es nicht imtcr 
den 1M>S*I8 der ed. Broi^aus (oder unecht?). 1^ denTermim 
der Poetik wird*« in diesem Yolksboclie mdit g e nt a gen« 

IS 



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162 

gestellt, und giebt ihm den Namen Mesreb^. Mesreb 
erhebt den Kopf, öffiiet die Augen und sagt ein Ghazel; 
er fühlt die Bedeutung des Augenblicks, dass er das 
Hlmi hdl^)j die Wissenschaft des Zustandes (der Ver- 
zückung), die innere Wissenschaft, empfangen und 
zugleich das ^ilmi qäl% die Wissenschaft des Wortes, 
die äussere Wissenschaft, gewonnen. Der Heilige 
nimmt Me§reb in den Dienst : er muss drei Jahre Holz 
schleppen, drei Jahre Wasser tragen und ein Jahr auf 
der Schwelle schlafen; in den sieben Jahren trägt 
Mesreb nur ein Fell: im Sommer die Leder-, im Winter 
die Wollseite; doch „ohne Plage keine Würdigkeit", 
wie es in einem eingestreuten Verse heisst. Der Heilige 
beachtet ihn aber nicht, und Mesreb zweifelt. „Es 
scheint," spekuliert er, „Gott liebt die Sündlosen nicht, 
er liebt die Sündigen, so will ich eine Sünde verbotenen 
Liebesgenusses begehn; lässt mich der Gottesmann 
dann hängen und sterbe ich, so habe ich keinen Wunsch 
mehr 3)." Die Gelegenheit lässt nicht lange auf sich 
warten. Die bildschöne Tochter des Heiligen steckt 
den Kopf aus der Galerie und sagt mit verliebten 
Blicken: „Sieben Jahre schon wohnt die Liebe zu 
dir in meiner Brust, heut wollen wir uns treffen, auf 
dass am Auferstehungstage mein Arm um deinen Hals 
geschlungen sei." Mesreb Mit in Ohnmacht. Da 



') DasB er diesen Namen erst jetzt hier erhält, hindert 
nicht, dass schon alle seine früheren Gedichte das Machlas 
„Mefireb** haben. 

') Ähnlichen Sinn haben Ml und qal (ohne '^üm) in der 
Antwort des QablbuUäh an Endergän $öfl riaalA ^cuüsfe [s. Hü- 
weda 145 Anm. 2] 4: „Wer Sech werden will, muss vier Dinge 
haben: hol, qäi, säl und mö^.*' 

') Der Gedanke: 'ich komme mit all meiner selbstgenfig- 
samen Togendboldigkeit nicht weiter, erhalte bei ihr kein Zeichen 
des Himmels, dass mein Wandel wohlgefällig ist, darum werde 
ich nun mal drauf los sündigen' scheint &st zvi fein, am nicht 
als fremdes Gewächs angesehen werden zu müssen. Hier ist er 
ein guter Behelf, um das schnelle Hereinfallen des »Berufenen* 
auf die Lockungen der Heiligentochter zu erkl&ren. 



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erscheint der Heilige in rotem Gewände mit gezücktem 
Schwert, und Mesreb stammelt Entschuldigungen in 
zwei Ghazels (S. 30). Äfaq Cho^am ruft: «Der riecht 
nach Mansüri Hall&^"i), und lässt Mesreb binden und 
Tor sich bringen. Me§reb strömt seine Reue und die 
Klage, dass er ein Märtyer der Liebe geworden, in 
zwei Ghazels aus*). Als der Heilige los wettert, hat 
Mesreb nur den einen Vers: „Ich wusste, dass dein 
Name *Leiter der Irrenden' ist; um rechte Leitung zu 
empfahen, beging ich Sünde.* ÄflBlq Cho^am lässt von 
den Sofis Mesreb sein glühend gemachtes Siegel auf 
die Halsader drücken; die Heiligen Gottes wissen 
nämlich, dass die Halsader der Sitz der bösen Lust 
ist. Mesreb sagt dem Heiligen zu Ehren ein persisches 
Gedicht Geknickt zieht er yom Kloster fort gen Jarkand. 
Dort hat man schon von ihm gehört und holt ihn 
feierlich ein; sogar die boshaften und übermütigen 
Achund-Schüler (Theologen), die sich über seinen treffend 
geschilderten äusseren Habitus aufhalten, ziehen ihm 
entgegen, denn durch ein Wunder hatMeäreb den Hochmut 
und Egoismus aus ihren Herzen gebannt und sie mit 
reinem Sinn erfüllt In der Stadt wird er sehr gefeiert 
und macht den Leuten ein Zauberkunststückchen vor, 
rezitiert auch Ghazels (S. 35). Bald aber ist's mit 
der Freundschaft aus; er erklärt ihnen: „Besser als 
hundert Aufrichtigkeiten von euch ist einmal Pissen 
von mir^, hebt seinen Saum auf und pisst Die Jarkander 
sind wütend; sie schelten ihn einen Hanswurst- Ver- 
rückten. Mesreb macht sich zum Besuch des Imam 



') Der berühmte Mystiker, von dem Krem er Herrsehende 

Ideen des hHama ansfOlirlich handelte, und dessen Schwärmerei 

sich za d^m ,Ich bin Qt>tt' verstieg, zu dem auch Meireb gelangt 

(s. imten), kommt hier nicht znm ersten Mal vor, er war schon 

^ Torfaer genamit. Über sein Hineinragen in diese Welt siehe schon 

' oben S. 158, Anm. 2. 

*) Da» zweite dieser Gedichte entbehrt nicht poetisclier 
Schönheit: es mnss anf die in dieeer Sprache Lebenden höchst 
eindrucksToll wirkMi. 



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164 

V 

Ga^far Sädiq in Chotan^) auf. Die Achunds ziehen 
ihm entgegen. Er thut ein Wunder: das Wasser eines 
Baches weicht vor ihm zurück. Man will ihn töten. 
£r bringt sie davon ab, und man führt ihn mit Ehren 
in die Stadt. Als man in der Halle zusammensitzt, 
der Achund mit seinen Schiüem unten, Meäreb etwas 
erhöht; pisst er auf den Achund. Der wundert sich, 
wo das warme Wasser herkommt. Als man den Uebel- 
thäter gewahr wird, will man ihn töten. Er führt sie 
ad absurdum: „Ihr lehrt, wenn das Wasser sieben 
Mal sich dreht, wird es rein; bis mein Wasser herab- 
gekommen, hat es sich 17 Mal umgedreht, da kann es 
doch nicht unrein sein^)." Man klatscht ihm Beifall 
Man will von seinem ^ümi qcU profitieren. Mesreb 
bringt einige Fragen aus dem Miskät vor. Die Achunds 
können nur auf die erste antworten. Einer der Murids 
schliesst seine Augen und sieht ein Kamel niederknieen. 
Mit den Worten „Der Derwisch weiss im ^ümi hol 
bescheid" springt er auf. Mesreb bittet Gott, den Kindern 
des Achunds Wissen zu schenken. Man schreibt die 
Worte Mesrebs auf Holz 3) und legt sie beiseite. Die 
Schüler wollen von Mesreb etwas Geschriebenes haben. 
Der lehnt es ab: „Bleibt von mir ein Buch, so ist es 
mit den Leuten der Liebe (den Mystikern) aus"; mit 
diesen Worten schleudert er ihre Bücher ins Feuer. 



*) Die bekannte Stadt, in deren Nahe Aurel Stein die wunder- 
baren Funde maehte (s. auch S. 159, Anm. 2). Bei den Dichtem 
ist gern von den Gazellen der Steppe von Chotan die Bede. Das 
Uzkire des Imam Ga'far, dessen Mazar nur 75 km nördlich der 
Oase Nija liegt, giebt Grenard in Übersetzung S. 27 ff. 

*) Diese Verspottung der blöden theologisch - juristischen 
Haarspaltereien der Fuqahä' ist von einer, freilich etwas grotesken, 
Komik; im Prinzip ist es dasselbe Adabsurdumfiihren, wie es 
Christus mit der jüdischen Pfaffenschaft übt. 

*) Chinesisches Motiv; die Chinesen sind mit dem Ein- 
schneiden in den Holzblock, der verwahrt wird und von dem 
jeden Augenblick Abdrücke hergestellt werden können, flink bei 
der Hand. Auch die Muslims Chinas schneiden in Holz; s. den 
Druokvermerk des Canton-Qorans Heft H/m S, 70 f. 



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Meäreb geht in die Steppe von Chotan. Ein Bauer singt 
Ghazels von Meäreb. Der geht durch Feld, das der 
Bauer bestellt hat, und wird von diesem gescholten: „Was 
verdirbst du mir mein Land, du Verrückter?*' — „Was 
verdirbst du mir meinen Bau?" schilt Mesreb zurück 
und erklärt, seine Ghazels seien sein Bau (S. 40). Er 
kommt nach Ha^), dessen Herrscher der Qontagi ist. 
Mesreb begegnet dessen Tochter, die mit hundert 
Mägden spazieren geht Er verlegt der Schönen den 
Weg und erklärt seine Liebe. Sie braust zunächst über 
diese Unverschämtheit auf; der Wezir — man weiss 
freilich nicht, wo der auf einmal herkommt, er muss in 
des Qontagis Dienst stehen — beruhigt sie: „Er wird 
wohl ein Derwisch sein." Sie verlangt zunächst einen 
Vers auf die Feder zu hören, die sie auf dem Kopfe 
trägt, und Mesreb dient ihr sofort, dann sagt er ein 
Ghazel auf die Schöne selbst. Die erzählt von einem 
Heiligen namens San' an, der 400 Murids hatte, und der 
von der Tochter eines Christen (hir tersäni^) qiei) zum 
Götzendienst herübergezogen wurde; sie sei ein Kal- 
mükenmädchen {men qcdmaq^) heööe dünnen), folge er 

') ilah; diese Schreibung ist eine erfreuliche Bestätigung der 
Form, die ich aus des Aqsu-Mannes ' Arif Munde für das Ili unsrer 
Karten hörte: s. Heffc IV S. 104 und n. 2. 

') Die Musulmans de Chine^ welche präendent quü [iersa] 
ngnifie chrüien Grenard 44 Anm. 2 haben ganz recht, aber 
klar werden sich die meisten Ostturkistaner über das Wort nicht 
sein, wie auch im tezkire von Mahmud Eerem Eäbuli der König 
von M&6in Nudun Chan, der in Chotan regiert, bezeichnet wird 
als „descendant d'AfräciSb, de la race des Francs et des Hindous, 
Tersa lui mSme (ses ancStres ^taient les Tersa ä t^te rouge 
qyzyJbas)*' (Grenard 45 unten). Nach gütiger Mitteilung Andreas' 
ist das Ur von tersa alte Nebenform von cUiwr^ Feuer, wie im 
Neupers. t^ neben äU8\ so war auch terhäl ursprünglich Feuer- 
tempel ; wenn arabisches Hrhöd für ,Tempel der Christen in Syrien* 
Yorkommt (Fr aenkel, Fremdwörter 269), so liegt eben Verwendung 
des ter für alles Fremdgläubige vor; ist tersa ursprünglich gleich 
ätesperest, so kann es auch für alle Arten von ungläubigen ver- 
wandt werden, für Christen, Buddhisten u. s. w. 

*) Die qaimaq kommen Öfters vor, s. z. B. t^ät No. 34,9, 
wo der Kommentator (S. 144) das Wort nicht verstand and qyhnaq 

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2* 



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166 

ihrer ReligioD, so solle er sie haben. MeSreb protestiert : 
Gott selbst habe ihn hierhergebracht, es gehe nicht; 
darnach erklärt er aber, es bleibe ihm nichts anderes 
übrig, als dem Mädchen zu gehorchen. Sie lädt ihn 
ein^ den Abend ihr Gast zu sein. „Ich esse nicht, gieb 
mir aber ein Glas Wasser"; auf den gereichten Becher 
macht er sogleich einen Vers. Das Mädchen befiehlt 
dem Wezir, Mesreb in ihr blaues Sommerhaus zu 
bringen. 300 Kamele werden vorgeführt. Drei Jahre 
lang wandert Mesreb mit den 300 Kamelen, so dass 
diese sehn, MeSreb will das Mädchen gar nicht, er 
wolle nur Askese treiben, damit die Schöne nicht in 
die Hölle komme, sondern ins herrliche Paradies. Schliess- 
lich kommt auch dem Qontagi die seltsame Geschichte 
von seiner Tochter und dem gottesfürchtigen Derwisch 
zu Ohren. Er schickt nach Mesreb. Die Boten kommen 
zurück: er habe nur immer geweint und ,Gott* gesagt 
Da bleibt, meint der Wezir, nichts übrig, als den 
Liebenden durch die Geliebte zur Stelle zu schaffen. 
Das Mädchen macht sich geputzt und mit angemessenen 
Mägden auf den Weg. Mesreb wirbt, als er sie kommen 
sieht, um sie mit drei Ghazels (S. 45). Sie lehnt ab: 
„Erst tritt zu meiner Religion über, dann sprich mir 
von Liebe." „Nein," sagt Meäreb, „werde du mus- 
limisch." Das Mädchen soll sagen: lä üaha iUaUah 
mukammadun rasüluUäK Sie wehrt sich aber: „tritt 
du erst zum Schein in meine Religion ein". Mesreb findet 
das nicht unvernünftig und sagt zwei persische Verse, 
dann wirft er sich vom Kamel und küsst dem Mädchen 
die Füsse: „Ich nehme alles an, was du sagst"; mit zwei 
Ghazels preist er sie; dann reiten sie zusammen nach 
Haus. Der Qonta^ erwartet sie schon, indem swei 
Kalmüken ihn stützen. Er lässt eine goldene Schale 

daraus machte, während die ed. Kasan richtig qohtMUi hat nnd am 
Rande durch qalmüq^ tä'ifesi erklärt. Dass in dem teekire von 
Mahmud Kerem Käbuli sollte wirklich von einem Volke gyrghyz 
qaknaq die Rede sein (Grenard 45), ist kamn glaublich, denn 
die Eirghizen sind Türken, die Ealmüken Mongolen. 



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167 

aus dem Schatz holen und bietet sie Mesreb: vieUeicht 
sei dessen Religion die rechte, er solle fQr ihn beten; 
er möchte wohl Muslim werden. Mesreb nimmt die 
Schale nicht Erst muss der Qontagl Muslim werden, 
dann will Mesreb für ihn beten. Ob es denn genug 
sei, wenn er heimlich den Islam übe, um Skandal zu 
vermeiden, und ob Mesreb am jüngsten Tage für seinen 
Islam zeugen werde? Mesreb geht darauf ein und 
spricht dem Qonta^ die Zeugnisformel vor *). Der Qon- 
tagl wählt Äfaq Ohogam als Pir und weiht ihm seine 
Stadt Dann lehrt er zusammen mit Mesreb der Prin- 
zessin das Gtehet und die Waschungen. Der Qontap 
sagt's auch seinen jüngeren Brüdern: „Ich habe §äh 
Melreb meine Tochter geweiht". Sie sind einverstanden 
und machen schöne Geschenke. Mesreb richtet an das 
Mädchen Gedichte. Die Brüder kommen dazu und be- 
richten, dass der Qontagi Muslim geworden sei, auch 
sie solle diese Religion annehmen. Sie erklärt, sie sei 
in dem Augenblick, wo sie Mesreb gesehen, muslimisch 
geworden, habe es nur verheindicht (S. 60). Nun 
spricht auch sie die Zeugnisworte; zugleich klagt 
sie, dass um ihretwillen Mesreb so viele Jahre 
hungrig und nackt herumgelaufen sei. Er erwidert, in 
der Liebe zu Gott sei er brennend 2), darum habe er 
Mühsal gelitten. Der Qonta^ wünscht sich Enkel, die 
für ihn, den Sünder, Fürbitte leisten^). Mesreb sitzt 
am Herde und löst die Fett- und andern äusseren Teile 
von einem Hammelschwanz ab. Als die Brüder das 
Mädchen zu ihm hineingeschickt haben, entschuldigt er 



') Mit dem Znsatz: todbissiddiq waifärüq wadinnürain uxü- 
mmriadäy der keinen Zweifel über die gnt sunnitische Gesinnung 
der Kreise dieses Buches Iftsst, welche trota oder yieUeicht wegen 
der alidiscli-schiitischen ürschicht (s. oben 8. 152, Anm. 1) gerade 
auf diese Weise gern hervorgekehrt wird. 

') Zu dem Liebesbrand vgl. das oben S. 151, Anm. 1 Be- 
merkte. 

') Dieser Wunsch wird sich auf solche Vorstellungen bezie hen 
wie sie in Ghazali, Ferle pridcuse S 97 (Uebers. S. 80) aufge- 
nommen sind. 

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168 

sich, dass er durch die grossen Mühsale, die er aus- 
gestanden, um seine Elraft gekommen, und steckt das 
heisse Hammelschwanzgerippe in den Cunnus *) des 
Mädchens. Als dann das Mädchen schlafen gegangen 
und es finstere Nacht ist, legt Mesreb sein Ohr an die 
Stelle und hört: atänän anänän , Vater' ,Mutter*. Nun 
kann Mesreb fortziehn, und er motiviert das folgender- 
massen: „ich bin ein wandernder Bettler und habe 
nicht acht auf meine Zeit, wie sollte ich aber die Zeit 
der andern verstreichen lassen?" Mittlerweile hatte 
Chänum Pädisäh, die Gattin Äfaq Chogams, *) sich Mes- 
rebs erinnert und bei dem Heiligen Fürbitte für ihn 
eingelegt. Der gab endlich nach, erklärte, es sollten 
allen Mesrebs, seien es auch tausend, ihre Sünden ver- 
geben sein, und verkündete: „nächsten Freitag sehen wir 
Mesreb hier". Jl^sreb sieht das alles in einer Vision, 
macht sich unverzüglich auf den Weg und befindet sich 
alsbald in Jarkand. Als er dem Kloster sich naht, 
nimmt er einen Strick und bindet das eine Ende um 
seinen Hals, das andere um den Hals seines Hundes 3); 
so kommt er heran und rezitiert mehrere Gedichte 
(S. 55). Als Äfaq Chogam ihn in dem wunderbar 
traurigen Aufzuge sieht, lächelt er; Mesreb sagt noch 
einige Ghazels; der Heilige verkündet dann: „Ich habe 
deine Sünde vergeben". Mesreb dankt in einem Ghazel. 
Der Heilige lässt Mesreb den Mund öfihen und spuckt 
ihm hinein. Mesreb verschluckt's, sagt den Quranvers: 
„Naht euch nicht dem Gebet im Zustande der Trunken- 
heit*' (Sure 4,46) und wird verzückt. Da es Freitag 
ist, geht Mesreb im Gefolge des Heiligen zum Haupt- 
gebet Er kehrt aber nicht mit den andern heim, 
sondern bleibt stundenlang in der Moschee auf seinem 



') Wie gewöhnlich im Osttürkischen, so auch hier um- 
schrieben durch mauidi chässa [so!] ,der besondere Ori^ 

^) Es ist der Pir, bei dem MeSreb seine Lehrzeit durch- 
gemacht hat, s. oben S. 161. 

*) Dieses Motiv der äussersten Demütigung kommt hier 
mehrfach vor, vgl. S. 178. 



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169 

Platze. Der Heilige sagt, als er es hört: „Mesreb hat 
die Stufe des Mansüri Halläg erklommen", und lässt 
Mesreb von seinen Soiis holen. Der kommt und sagt 
ein Ghazel. Nun lebte im Lande Taskend ein an- 
gesehener Mann, namens Nüreddln, der mit Chogam bei 
demselben Pir gewesen war, ein braver und gelehrter 
Mann; er hatte sieben Mal die Wallfahrt gemacht und 
sich viel mit dem Satan herumgeschlagen; der war 
70 Jahre alt geworden und war recht schwach; da 
setzte ihm der Satan besonders heftig zu, und er unter- 
lag bereits. Das wurde Äftq Chogam offenbar, und er 
rief dreimal vor seinen Murids aus: „Will jemand hin- 
gehen und Choga Nüreddln aus den Klauen des Satans 
retten ?" *) Keine Antwort. Endlich kommt Meäreb an 
und bittet, gehn zu dürfen. „Warum hast du dich 
nicht gleich gemeldet?" — „Ich sah auf die Weiss- 
bärte, dann auf die Schwarzbärte, beim dritten Rufen 
war niemand da.** (S. 60). Der Heilige segnet Mesreb, 
und der macht sich auf den Weg. In den Bergen 
sagt er ein Ghazel. Da taucht Chizr auf: „Warum 
weinst du so?" MeSreb: „Mein Padisah hat mir einen 
Auftrag gegeben; werde ich ihn erfüllen können?" 
Dann sagt er zwei Ghazels. Tag und Nacht zwischen 
den Bergen weinend bedenkt er, dass wohl in der 
Ewigkeit sein Los einmal so sein könnte, und er führt 
den Gedanken, die vergangenen Propheten dann als 
Pürbitter zu bringen 2), in einem Ghazel aus. Chizr 
segnet Mesreb imd giebt ihm gute Worte. Auf Anlass 
Ghizrs sagt Mesreb ein Ghazel über seine Liebe. Dann 
nimmt er von Chizr Abschied, wandert weiter. Als er 
sich endlich an der Thür Choga Nüreddins sieht, sagt 
er unter Wahnsinnserregung ein persisches Ghazel. 



') Das Motiy der Bettung geistlich Gefährdeter durch einen 
Glaubenshelden auch in der Hahibull&h-Legende: §5fi Endergsn 
roft: „Wer will die Seelen der verwilderten Bucharioten retten?" 
{fisäUi *ai^e 4). 

*) Über die Propheten als Fürbitter siehe Ghazali, Perle 
Pr^cieuse Ö. 107 (Übers. S. 88). 



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170 

(S. 65). Er gebt unter Hu-Rufen^) in das Schlafzimmer 
NOreddlns und findet ihn am Letsten; niobt einmal den 
Grass kann der Kranke erwidern^ auch nicht mit einem 
Zeichen. Mesreb sagt ein GhazeL Er passt auf und 
kilmpft mit dem Satan, der fliehen muss. NOreddin 
findet den Glauben wieder und stirbt selig. Mesreb 
dankt Gi>tt in einem Ghazel, dem er sieben andere 
folgen lässty darunter eine Elegie auf Nürreddln. Dann 
macht er sich an die Bückkehr zu Äfaq Chogam. Der 
Heilige erbarmt sich seiner und sagt: ^Geh^ besuche 
deine Mutter, denn du wirst vom Padisah Ma^üd in 
der Stadt Balcb getötet werden'' (S. 70). Mesreb macht 
sich auf den Weg. Am selben Abend macht er Halt 
an einem Orte namens Müsän. Am nächsten Morgen 
giebfs einen Schneesturm ^^ Da der Imam nicht zum 
Frühgebet in die Moschee kommt, vertritt ihn Mesreb, 
betet aber nach aliähu <zkbar und der fätiha nicht die 



') Aach später wird das ^i^Rufen erwähnt (s. S. 186). In 
einem islamischen Text denkt man bei diesem hü zunächst an 
das arabische ?mtoa ,er* (seil. AUäh ,Gott*), und es ist kein Zweifel, 
dass die Verzückten oder Verzückung Tragierenden es so auf- 
gefasst wissen woUen, soweit sie sich Überhaupt etwas dabei 
denken. Es ist aber nicht ohne Interesse, dass schon um lÜQ 
V. Chr. der Buf Ati hu (so wird man das Zeichen wu des gleich sm 
nennenden chinesischen Textes aussprechen dürfen) als ein b^ schlich- 
ten Völkern Ostasiens beliebter genannt wird. Als der Minister Lise 
im Gegensatz zur altkonservativen Partei den König von Ö4n von 
dem Wert des Keuen, Fremden überzeugen will, stellt er die 
altertümliche Muiikübung so dar: „man schlag auf Töpfe ond 
klopfte auf Wasserkrüge, man spielte auf der Guitare, man schlug 
die Castagnetten, dabei die Worte Äu hu singend* (Vita des 
Lise, Simatim's Si-ci Kap. 27). Wie im Reiche Ö*in wird man 
auch im äussersten Westen Chinas und in Zentralasien den Ruf 
hu hu bei seelisdier Erregung auegestossen haben. Der ein- 
dringende Islam war künstlerisch verfeiderter Musikübung feind- 
lieh. Das Barbarengehenl sich anzueignen, war kein Hindernis, 
zumal sich ihm leicht die fromme Wendung geben Ums. 

*) Die •chrecklichen Schneestürme, die in Turkistan oft gana 
plötzlich und mit vernichtender Heftigkeit eintreten, sind oft be» 
schrieben; siehe besonders die Schilderungen bei Sven Hedin 
und bei Schwarz, Turkestan (Freiburg 19(X)). 

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171 

Supplement-Sure*), sondern zwei Verse des Hafis^). 
Die Qrossen von Müsftn halten Mesreb vor^ dass er 
statt der Supplement-Sure die Verse des Hafiz gelesen, 
und dass er danach nur eine Frosternation gemacht. 
Meäreb erklärt ihnen, auch die Engel hätten sieh vor 
Adam nur einmal prostemiert; die se^de sei nur eine, 
wie auch Gott nur einer sei; und was die Hafizverse 
anlangt, so seien am jüngsten Tage Qoran und Sumia 
aus dem Herzen fortgewischt, dann würden sie auch 
mit den Versen des Hafiz ein richtiges Gebet ver- 
richten. Darauf sagt er ein Ghazel. Ein Spitzbube 
schleicht hinter MeSreb drein in der Hoffiiung, der 
werde bei der scharfen Kälte erfrieren, und er werde 
dann den Qoran nehmen, den MeSreb vom Heiligen 
erhalten hatte und als haniä*il (Amulet) trug. Natür- 
lich kennt Mesreb die Gedanken des Schuftes. Als 
man nach dem Orte Oqsalur gekommen ist, steigt 
man ab und sitzt am Feuer. Mesreb fragt den Dieb: 
„Wohin des Wegs?** Der: „Ich hörte, Ihr reist in 
das Land des Islams 3), da wollte ich mich anschliessend. 
Mesreb schenkt ihm den Qoran, befiehlt ihm aber, es 
niemandem zu sagen (S. 75). Beim Weiterziehen sieht 
er sich einmal um und findet, dass die Mitreisenden 
Provision aufgeladen haben. Sie müssen die Sachen 
fortwerfen: „Gott, der in der Stadt gegeben hat, giebt 
er nicht in der Wüste ?** Nach drei Tagen anstrengen- 
den Wandems fallen sie vor Hunger um. Mesreb : „ich 
habe Halwa für euch''. Er geht in eine Ecke, giesst 
etwas in eine Schale und reicht sie ihnen. Die wollen 
erst nichts davon wissen und haben den Verrückten 
im Verdacht, ihnen seine Exkremente aufbinden zu 
wollen. Nur ein Tapferer ist mutig, nachdem er die 
Augen geschlossen. Süsser als Honig ist die Speise, 



^) Über diese siehe z. B. Kawawis mmhä^ ed. r. d. Berg 1,80. 
*) Allerdings eine arge Ketzerei, onTerzeihlich in den Angen 
jedes „Positiven". 

") ialäm wüäjäügha; man ist also im Lande der ungläubigen. 



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172 

und er wird einer von den Männern Gottes, den 
Schauenden. Die andern acht Personen aber bleiben 
ohne Hoffnung. Mesreb befindet sich nun in Mädü^). 
Das war in der Hand der Kirgisen. Die wollen Mesreb 
verbrennen, häufen Rohr um ihn und legen Feuer an. 
Das Feuer brennt aber nicht. Sie erkennen das Wunder 
und werfen sich Mesreb zu Füssen. Der sagt ein 
Ghazel und erklärt ihnen auch das Wunder: „In 
Wirklichkeit bin ich verbrannt, nur mein Bild geht um^). 
MeSreb flucht den Kirgisen, und eine Familie namens 
Irdäne wird getroffen. Nun kommt Mesreb nach Tacht 
d. h., wie aus dem Vers hervorgeht, den er beim 
Besuch des Heiligtums sagt, Tachti Sülaimän'). Er 
gelangt dann nach Andigan, in dessen Gassen 
er ein Ghazel sagt. Er macht sich auf, seine 
Mutter zu besuchen nach achtzehnjähriger Ab- 
wesenheit Von der Schwelle aus sieht er die Lampe 
brennen, hört, wie die Mutter um den fernen Sohn 
klagt und von Gott ein Wiedersehn erbittet. Mesreb 
giebt sich mit einem Ghazel zu erkennen. Die Mutter 
sinkt zunächst in Ohnmacht; als sie wieder den Kopf 
hebt, sagt sie ein Ghazel; nun wieder Mesreb einen 
Vers; es folgt poetische Wechselrede mit der jüngeren 
Schwester. Mesreb giebt der Sehnsucht nach der Mutter 
noch einmal in einem Verse Ausdruck. Da der Schlüssel 
zur Thür nicht zu finden ist, steckt Mesreb den Saum 



^) Da dieser Ort in der Nähe von Tachti Sulaiman, also von 
OS liegt, 80 wird darin das Madi Grenards gesehen werden 
dürfen, s. S. 160 Amn. 4. 

') So wurde nach älterer christlicher Lehre, die Mohammed 
angenommen hat, nicht Christus gekreuzigt, sondern ein Anderer, 
dem Gott sein Aussehen gegeben hatte, s. Qoran 4, 156 und die 
Erklarer zur Stelle. Nur ist es hier umgekehrt: der leibliche 
MeSreb ist verzehrt [von dem Gottliebebrand] und ein Schein 
von ihm wandelt auf Erden; die Kirchenlehre hat nicht einmal 
die ältere Christenvorstellung gelassen: Christus ist leiblich ge- 
kreuzigt und leiblich auferstanden, und leiblich wandelte er auf 
Erden. 

•) Siehe das S. 160 Anm. 4 AusgefOhrte. 



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173 

seines Mantels durch eine Thürspalte, die Alte reibt 
ihre Augen damit i) und sagt ein Ghazel (S. 80). Sofort 
wird sie sehend, und Mesreb dankt Gott in einem Ghazel. 
Dann kommt die Mutter heraus, geht dreimal um Mesreb 
herum 2), richtet ein Stossgebetlein an Gott und giebt ihren 
Geist auf. Mesreb beerdigt die Mutter, und seine Schwester 
sagt ein Trauergedicht, dem andere von Mesreb folgen 
(S. 85). Am Grabe der Mutter trauert Mesreb vierzig 
Tage, den Qoran lesend. Eines Nachts bittet er Gott 
um Erleuchtung und sieht, dass in der Medrese Eukaldas 
zu Buchara der Mewlewi Serif siebzigtausend Personen 
Unterricht giebt. Er geht nun an das Ende des Marktes 
und sagt zwei Ghazels; dann macht er sich auf nach 
Bardan Qurghan (iö/rdä/n qürghänj. Viel Volks folgt 
ihm. Er sagt ein Gedicht. Dann geht's weiter nach 
Buchara. Mesreb bricht von Namangan auf ^) imd gelangt 
nach Chogend, über das damals Aqbuta Bi^) herrschte. 



^) Das Berühren des Körpers mit Stücken der Kleidung eines 
Heiligen ans frommer Verehrung und um dadurch von einer Wunder- 
kraft zu profitieren, ist ein in diesem Volksbuch oft wiederkehrender 
Zug. Bekanntlich wirkt dieses Motiv auch in Europa recht kräftig 
in dem Reliquien-Kultus, nur dass wir den Zentralasiaten bei weitem 
über sind in der Organisation systematischer Berührungs- Veran- 
staltungen (ygl. die Aachener Reliquien-Ausstellung Sonuner 1902). 

^ Ein gutes Beispiel, bis zu welchen Extremen das tawäf- 
Motiv getrieben wird. 

") Es scheint etwas ausgefallen zu sein ; der Name Namangan 
taucht hier unvermittelt auf. Man musste doch annehmen, dass 
die Mutter am Geburtsorte MeSrebs, in Namangan, gestorben ist. 

^) Die FeststeUung dieses Mannes kann ich nach nicht 
geben. Das Bi [6i] weist auf Kirgisen-Abstammung (zu dem 
Heft IV, 110 Anm. 2 Beigebrachten trage ich nach die inhalt- 
reichen Mitteilungen Schuylers über die Bis der Nomaden 
TwrkisUm 1, 166 ff.), es konunt aber auch in Namen vor, die 
Dynastieen nicht kirgisischen Ursprungs angehören, wie Narbuta 
Bi von den Chanen Choqands 1184—1216 (1770-1800), Dftnjjäl 
Bi, der erste Mangit-Minister, der die Beerb ung der Astrachan- 
Dynastie einleitete (um 1180/1766). Von rein kirgisischen Dy- 
nastieen nenne ich die, die in TaSkent seit dem Zusammen- 
bruch des Schaibaniden-Reiohes nach dem Tode Abdallahs IL von 
1698 — 1723 herrschte. Sei Aqbuta Bi einer dieser Fürsten oder 



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174 

MeSreb steigt im Eukenar Chane (hukenär chäne) ab. 
Das Gerücht von seiner Ankunft war bereits nach Cho* 
gend gelangt, die ganze Stadt war auf den Beinen, um 
den Derwisch zu sehen, und man staunte bei dem Aji- 
blick des Mannes mit den blauen Augen, den in Locken 
gedrehten, bis zum Gurt herabfallenden Haaren, der in 
dem Wein der Gottesliebe versunken war und seinen 
Hund mit goldnem Halsband mit sich führte. Aqbuta 
Bi schickt nach dem verrückten Derwisch. Mesreb sitzt 
mittlerweile da und singt ein Ghazel. Als der Bote mit 
der Ladung Aqbuta Bis kommt, sagt er: „Wer ist 
dein Aqbuta? Schwätz nicht dummes Zeug^, und 
schleudert seine Laute auf die Erde, dass sie in tausend 
Stücke geht Dann fügt er die Laute wieder zusammen 
und sagt ein neues Ghazel. Aqbuta Bi geht mit Ge- 
schenken zu Mesreb und führt ihn in das Schloss^ wo 
ihm ein prächtiges Lager bereitet ist; Mesreb legt sich 
darauf hin und pisst darauf. Aqbuta Bi bemerkt 
schüchtern, das Lager sei doch für ihn so schön her- 
gerichtet. Mesreb: „Nicht auf das Lager, auf dich 
möcht ich pissen; woraus bist du geschaffen?** Aq- 
buta Bi: „Aus Erde". Mesreb: „Wenn's so ist, pisst 
du dann auf dich selbst*'? Da erklärt Aqbuta Bi, 
er wolle Adept (mürid) werden. Mesreb sagt ihm zu 
Ehren ein Ghazel (S. 90). Nun kommt Mesreb nach 
Taskend^). Dort hatte gerade ein Choga für den Ober- 
Achund ein mächtiges Polsterlager hergerichtet. Mesreb 
steigt hinauf und bepisst es. Der Choga verbietet aber 
einzuschreiten; denn er hatte gesehen, dass es ein 
Derwisch im Zustande der Verzückung sei. Er ersetzte 

d«r selbst kirgisische Vasall eines TaSkent-Eirgisen oder aach 
Glied einer in Chogend selbständig regierenden Türk-FamHie, 
jedenfalls wird er dem Zeitkreis zuzuweisen sein, auf den die 
£rw&bnni]g $öfl Allähjärs hinweist: Anfang des 18. Jahrhan dertt. 
Der Namt ist im Texte bald Aq Buta bald Aqbnta geschrieben. 
Für buta giebt Vämb^ry, Caghat. Sprachst.: ,Eind, junges Kamel*. 
^) Die Russen schreiben durchgängig taskent, mit fiecht 
denn so klingt es im Volksmunde (vgl. das kentUr in meinem 
(Jaghataisehes 7 (§ 3')). 

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175 

nur das beschmutzte Polster durch ein anderes. Mittler- 
weile hatte sich Volk angesammelt Mesreb springt 
von seinem Platze auf^ tritt auf den Vorplatz und zeigt 
seinen penis. Die Leute sind erstaunt und fragen: 
„Sieht er uns denn nicht" ? Mesreb sagt folgenden Vers : 
^Ich wusste nicht, wer der Schaich und Mulla dieser 
Stadt ist; das ist der hier" ^). Das ist den Tasch- 
kendern doch etwas zu arg, und sie wollen sich schon 
über diese schwere Beschimpfung aufregen, da legt 
sich der Ober- Achund entschuldigend in's Mittel: „Das 
Wort dieses Verrückten ist ihm unwillkürlich entschlüpft; 
er wollte nur sagen: wer sind diese?** Er lässt MeSreb 
auch kostbares und reichliches Essen bringen, der kostet 
aber nur davon und giebt den Rest seinem Diener. Der 
Achund und die Mullas wünschen Ghazel-Gesang von 
Mesreb zu hören. Der nimmt die Laute zur Hand und 
singt ihnen eine Anzahl Lieder. Die Taschkender woUen 
sehen, ob er auch ein wirklicher Mulla ist und fragen : 
„Auf wieviel Arten wird die Reinigung (tsttn^ö*^ gemacht?" 
Mesreb : „ Auf zwölf Arten, sechs sind erlaubt, sechs 
sind unerlaubt Ich will euch eine leichtere Frage stellen: 
was habt ihr zwischen den Beinen?" Die Mullas sind 
sehr erstaunt: „Hinter diesem Wort des Verrückten 
muss doch eine Weisheit stecken!" Da sie es nicht 
herausbekommen, muss ihnen Mesreb selbst den Schlüssel 
geben. „Zwischen euren Beinen sitzt ein kräftiger Spiess, 
ans dem eine Anzahl offenbarongbringende Kneehte 
Gottes und die ganze Gemeinde Mubammeds hervor- 
gegangen ist" Das Volk schreit: „Dieser Derwisch 
ist ein Heiliger", und beeilt sich, die Augen mit seinen 
Händen au reiben, was Mesreb zu der Bemerkung ver- 
anUsat: „Bertthmtheit ist ein Un^ück." Wieder tbut 
er dem Volk den groben Sehimpf an, dass er das Kleid 
aufhebt und vor ihnen pisst, und nun ist es auch wieder 



^) Dieses ist eine der wenigen Stellen, wo die Drneke von 
einander abweichen. Die Version des Stamboler Dmckes giebt 
die unflätige Zote noch ein wenig kräftiger. 



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176 

mit ihrer Verehrung zu Ende. Mesreb zieht weiter nach 
Turkistan*) (S. 95). Dort angelangt, steigt er auf das 
Grab Hazreti Sultans, wird aber von dem Heiligen ab- 
geworfen; er steigt wieder auf und protestiert: ^Ich 
bin doch Gast". Die Leute von Turkistan verehren 
ihn sehr. Mesreb kehrt nach Taschkend zurück; Aq- 
buta Bi will auf die Nachricht, dass Mesreb nach Tasch- 
kend gekommen sei, sein Adept werden und schickt 
nach ihm aus. Mesreb hat es schon gemerkt und wendet 
sich von selbst nach Chogend (S. 100). Der Bote ist 
über den Sir-Derja gegangen, und bis zum Mughalberge 
gelangt. Begegnende Karawanen sagen, Mesreb sei am 
Ufer des Stromes liegen geblieben. Der Bote kehrt 
zurück und berichtet Aqbuta Bi macht sich selbst 
auf, um ihn zu holen. Er findet Mesreb in einer gro- 
tesken Verfassung. Der hatte sich nämlich vollständig 
rasiert und nur einen ungeheuren Schnurrbart stehen 
lassen ; dann hatte er eine Pferdemähne genommen, aus 
Strähnen einen Strick geflochten und dessen eines Ende 
an seinen Hals, das andere an einen in die Erde ge- 
schlagenen Pfahl gebunden; so lag er da. Sein Leib 
sah aus wie ein langausgezogenes Hammelgedärm. Leise 
tritt Aqbuta Bi heran. Mesreb sollte ihm die Strafe 



^) Natürlich ist hier nicht das Land, sondern der Ort gemeint, 
in dem sich die berühmte Wallfahrtstätte befindet, ca. 200 km 
nördlich von Taschkent, Station der Bahn Orenbnrg-Taaehkent 
(im Bau). Die ausführlichste Nachricht über die Stadt und ihr 
Heiligtum scheint zu enthalten die ausgezeichnete Arbeit Schuy- 
lers, Turkistan (London, 2 Bde) 1, 70 ff. Durch Schuyler 
wurde ich auf die Identität Turkistans mit jaH und die des dort 
yerehrten Heiligen mit dem Verfasser des dfwäni hikmet Sech 
Ahmed b. IbrShün JasawT (s. Hüweda 133 Anm. 3) aufmerksam. 
Er sagt a. a. 0.: „the construction of this mosque [des Hazret 
Hodja Akhmed Tasawi; Seh. giebt zwei Abbildungen yon ihr] 
was begun bj Timur in 1397, who went on a pilgrimage to Tur- 
kistan, er Tassj, as it was then called, while waiting for bis new 
bride, Tukel-Ehanym. Scheikh Akhmed Yasawi . . . . is the 
special patron uf the Birghiz." 

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177 

für seine körperlichen Sünden schenken i). Nach 
einigem Hin und Her thnt der es. Dann muss Aq- 
buta Bi seinen Schopf abschneiden 2). Er lädt Mesreb 
in sein Schloss ein. Als Mesreb in die Stadt einzieht, 
sagt er ein GhazeL In Chogend findet er 30 — 40 
Personen an das Holz gebunden und schreiend. Auf 
Befragen erklärt Aqbuta Bi, die müssten für ihre 
schweren Sünden solche Strafe leiden. Mesreb: „Du 
hast Straferlass verlangt, willst du^s mir nun gewähren, 
wenn ich Straferlass für diese Leute verlange?" Die 
Leute werden befreit ^). Mesreb segnet schliesslich Aq- 
buta Bi, der Mesreb ein Löwenfell und einen Esel 
schenkt. Mesreb zieht von Chogend aus gegen Mekka. 
Er überlegt sich, ob er den Umgang (um die Ka'ba) 
auf dem Wege machen soll oder am Ort*). Er gelangt 
ans Meeresufer zu der Stadt Bendei Surat*), die ihren 
Namen daher hat, dass jeder, der hineingeht, nicht 
wieder heraus kann, weil man am Thor das Bildnis 
(^at) eines Mädchens aufgestellt hat, das den Ein- 



^) Die Stelle ist nicht klar. Nach dem Folgenden muss man 
annehmen, Aqhnta Bi verlange, die Strafe fOr die fleischlichen 
Sflnden MeSrehs auf sich zu nehmen. 

*) Ist die Erklärung von Anm. 1) richtig, so ist das Abschneiden 
des Schopfes eine Sühnehandlung fOr die Sünden Medrebs. 

*) Es folgt noch ein Scherz über den Schnurrbart, den 
Meireb sich augemacht hat. Als Aqbuta Bi auf Befragen, warum 
er lache, erklärt, er lache über den Schnurrbart Mesrebs, sagt 
dieser: „Jedesmal wenn ich mich hinsetze, um die religiöse 
Waschung yorzunehmen, muss ich an diese Sache denken und 
mache meinen Schnurrbart deinem Schnurrbart gleich, und wenn 
ich ihn sehe, ist es mir, als sehe ich dich''. Alle brechen in 
stürmische Heiterkeit aus, nur Aqbuta Bi springt auf und will 
sterben. Da legt ihm MeSreb den Segen, den er fQr ihn spricht, 
gleichsam als linderndes Pflaster auf. 

*) Ein echter Öuhä-Witzl 

') Dürfte Verstümmlung von Bender Surat sein; die Ton der 
Stadt erzählte Geschichte ist ein klassisches Beispiel für die 
Bildung Yon Legenden durch Tolkstümliche Namen deutung; über 
die wirkliche Bedeutung des Stadtnamens Surat s. Hunt er im 
Indian GoMcteer. 



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178 

tretenden bezaubert. Die Eaufleute treiben deshalb 
ihren Handel ausserhalb der Stadt. Mesreb geht in 
die Stadt und sagt ein persisches Ghazel, dann geht 
er wieder hinaus i) und weiter auf dem Wege nach 
Mekka. Nach einigen Stationen kommt er wieder ans 
Meer imd sieht ein Schiff, in dem sich schon 7 bis 8000 
Eaufleute befinden, oben drauf sitzt ein Derwisch, der die 
Beine baumeln lässt Auch der sieht Mesreb und sagt: 
„In ganz Persien 2) hab ich solch einen Derwisch nicht 
gesehen 1*^ Auf seine Frage nennt Me§reb seinen Namen 
und giebt als Bedeutung desselben an: „Wer auch 
immer mir Genosse wird, dem leiste ich Gesellschaft; 
auf welchen Kessel ich falle, den bringe ich zum Brodeln, 
deshalb hiess ich mich Mesreb". Der fremde Derwisch 
stellt sich vor als Pänsadmen (d. h. Fünfhundert Ich), 
und Meäreb macht darauf gleich einen persischen Vers. 
Mesreb setzt die Reise nicht fort, sondern kehrt um. 
Seine Adepten sind wütend, dass sie von Easghar und 
Jarkand so weit mitgelaufen sind und nun umkehren 
sollen (S. 105). Mesreb tröstet sie: „Seht einmal 
zwischen meine Hände!" Sie sehen, Mekka erglänzt 
zwischen ihnen, und Mesreb sagt ein Ghazel auf die 
heilige Stadt. Dann besucht MeSreb mit seinen Jüngern 
die Ea'ba und macht sich nach Hindustan auf. Er hatte 
nämlich gehört, dass der ruhmgekrönte Padischah 
Chogam^) nach Hindustan gekommen seL Mesreb lässt 
sich die Hände auf dem Rücken binden und das eine 
Ende eines Strickes an seinen Hals, das andere an den 
Hals seines Hundes'*) und begiebt sich so zu Chogam. 
Auf dem Wege sagt er zahlreiche Gedichte (S. 110). 
Drei Jahre bleibt er im Dienst Chogam Padischahs. 
Eines Freitags sieht er wie der Lnam auf die Eoknzel 



^) Dm bindet also der Zaaber nicht. 

*) Das wäre danach das klasflische Land der Derwische. 

') Gemeint ist ^'ohl dieselbe Person, die vordem (s. S. 159. 
160 n. ö.) Äfäq Chogam genannt ist; ein ffinweis darauf findet 
sich aber nicht. 

*} Genau so wie oben S. 168. 

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1 

179 j 

j 
steigt und mit den Worten y^halaluhä Ij^isabun wäharä- 

muhä 'adabun^ (d. h. das Erlaubte wird angerechnet, I 

das Verbotene wird Pein) das Volk fesselt. Mesreb 

sagt ein Ghazel, wirft den Imam von der Kanzel her- ^ 

unter, steigt selbst hinauf, predigt und begeistert die •] 

Menge; er sagt ein persisches GhazeL Als er vom I 

Heiligen belobt wird, sagt er ein Ghazel (S* 115). I 

Abulghazi Chan 3) vernimmt, dass aus Ferghana ein 

wunderbarer Derwisch gekommen sei. Ein Bote des 

Fürsten sagt Mesreb: „Der Padischah lässt dich rufen". | 

Mesreb: „Wer ist dein Abulghazi?" Als der Fürst i 

das hört, wird er sehr zornig. Er beruft die Gelehrten j 

und die Grossen: „Ich bin aus dem Geschlechte Timurs^); ! 

was soll mit dem geschehen« der den Padischah 

des Islams beschimpft?" Die Gelehrten urteilen: „Er j 

ist den Elefanten vorzuwerfen". Abulghazi versammelt , 

alles Volk und lässt Mesreb herbeischleppen. Chogam I 

legt Fürbitte ein: „Meäreb ist unser Löwe, der Ele- ] 

fant thut ihm nichts". Abulghazi hatte einen Lieblings- i 

elefanten, den lässt er herbeiführen durch sieben, acht { 

Hindukulis, die ihn an eisernen Ketten hatten; denn er i 

wünschte durchaus, Mesreb zu Tode zu bringen. Mes- I 

reb sagt: „aUähu aJcbar^y und giebt dem Elefanten eins | 

auf den Rüssel. Der Elefant reisst aus und will sich ! 

Me§reb durchaus nicht entgegenstellen. Abulghazi nimmt | 

nun Mesreb in sein Schloss und erweist ihm dort alle 

Ehren, indem er sehr um Verzeihung bittet. Mesreb i 

sagt ein Ghazel und schlägt die goldenen Sachen, die j 

für ihn herbeigeschafft werden, kurz und klein. Nun ' 

befand sich damals Abulghazi in beständigem Kampfe 



') Es ist doch wohl an den bekannten öibekenfOraten yon 
Chiwa (1063—1074/1643—1663) za denken, wenn der auch nie in 
Indien etwas zu sagen gehabt hat und wenn auch die Zeit nicht 
vollkommen stimmt; siehe auch die folgende Anmerknng. 

*) Dass die Grrossmogols Ton Indien krampfhaft an die 
Scheinyorstellang sich klammerten, sie seien Timariden, ist be- 
kannt. Sollte dem Redaktor sich der Fürst und Historiker Abul- 
ghazi an die Stelle des Memoiren-Schreibers Baber gerückt haben? 



33 

3 



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180 

mit einem ungläubigen Feinde namens Sijähpüs^). An 
diesem Kampfe nahm sein heldenmütiger Sohn uner* 
müdlich teil; und so oft der König diesen Sohn sieht, 
blutet ihm das Herz. Er bringt ihn zu Mesreb, damit 
er ihn segne. Mesreb lässt Papier, Tinte und Feder 
bringen und schreibt dreimal seinen Namen. Der Fürst 
nimmt das Papier in die Hand, sieht, dass weder Qoran- 
spruch noch Hadis geschrieben ist, sondern nur drei- 
mal MeSrebs Name und reklamiert: Er habe doch einen 
schweren Segen haben wollen, und nun fUnde er nichts 
weiter als den Namen MeSreb dreimal geschrieben. 
Meireb: „Ach du ungläubiger Chan, lass eine Henne 
bringen". Meäreb bindet die Henne an seinen Hals 
und schiesst drei Pfeile ab. Jeder Pfeil trifft die Henne, 
fkllt aber zur Erde, ohne ihr einen Schaden zu thun. 
Der über das Wunder erstaunte Fürst macht Meireb 
kostbare Geschenke, imter andern einen Hinduknaben, 
der an den Fussgelenken und an den Schultern Glöck- 
chen hat, und auf den Mesreb ein Gedicht macht. Mes- 
reb macht sich nun nach Buchara auf und gelangt 
nach einigen Stationen dorthin. In der Stadt sieht er 
eine Kapelle 3) und hört, das sei die Kapelle des Heiligen 
Naqsbend^). Erst nach dem Nachtgebet verlässt Mesreb 
das Heiligengrab und geht weiter in die Stadt hinein. 
Seinem Burschen Sermest sagt er, er solle im Weinhaus 
schlafen; er selbst gelangt zu einer Moschee in dem 

Dieses SijShpfiS ist sicher gleichzustellen dem Namen der 
in Dardistan und Kaflristan wohnenden Ungläubigen, über welche 
siehe F. Müller, AUgemäne Ethnographie 510 (nach Leitners 
bekanntem Buch). 

') Im Original ist der Bau nicht näher bezeichnet, es heisst 
nur Hsüäne, ein Wort, das mit Vorliebe als verehrungsvolle Be- 
zeichnung erhabener Orte gebraucht wird (eigentlich Schwelle, 
wie im Arabischen A^iab für Haus, Person). 

') Das wirkliche Grab des berühmten Ordensstifters befindet 
flieh nicht in Buchara selbst, sondern in seinem Geburtsort, dem 
Dorfe Qairi *Äriflln; siehe über diesen berühmten Bahä*dddin 
718 — 791 (nicht zu verwechseln mit dem i. J. 599 gestorbenen 
Choga Bah&'eddfn, dessen Vita ausführlich ereählt htriM€i'atliBe 
S. 259ff., vgl. auch 182) Sami qämüa üa']am S. 1419. 

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181 

Stadtviertel Sudan. Er findet den Sofi, wie er eben 
die Thür geschloösen hat; er sei ein Fremder, der dort 
nächtigen wolle. Der Sofi sieht, es ist ein Derwisch^ 
nnd giebt ihm den Schlüssel der Moschee. Drinnen 
schlägt Mesreb einen Pflock in das Mihrab und bindet 
seinen Esel daran. Er selbst legt sich dicht bei der 
Kanzel schlafen. Beim Morgengrauen kommt der Sofi 
wieder, und ein komisches Geräusch schallt ihm ent- 
gegen. Er wendet die Lampe und entdeckt einen 
weissen Esel, der am Mihrab angebimden ist. „Teufel 
auch", ruft er, „da haben die Feinde den Esel ange- 
bunden^, nimmt seinen Stock und giebt dem Esel einen, 
Äwei Schläge, dann bindet er ihn draussen an einen 
Baum. Drinnen sieht er weiter, wie der Derwisch in 
einer Ecke schläft. Er ruft ihn an, der Derwisch rührt 
sich nicht. Schliesslich wird der Sofi wütend Und giebt 
ihm fünf, sechs Stockschläge. Wieder nichts. Erst als 
der Sofi schreit: „Um Gottes willen, heb deinen Kopf!** 
hebt Mesreb den Kopf. Thränen fliessen ihm aus den 
Augen. Sofi: „He Derwisch! was soll dieses Weinen? 
was soll das Anbinden des Esels an das Mihrab?^ 
Mesreb: „Ihr setzt die Schuhe, die ihr schon sechs 
Jahre getragen, damit sie nicht gestohlen werden, statt 
hinter euch, neben euch, und so verrichtet ihr das Ge- 
bet; meinen Esel, der mich fünfzehn Tenge gekostet 
hat, wird den der Dieb nicht nehmen? Wenn der Esel 
zum Mihrab gegangen ist, so ist das eben Tieresart." 
Mittlerweile waren der Imam und die Leute gekommen, 
und man betet das Sünnet des Frühgebetes. Und das 
Gebet nimmt seinen Verlauf. Mesreb sitzt in einer Ecke. 
Als der Imam in der Fatiha bis zu den Worten ge- 
kommen ist ihdina^sirätälinustaqtmy ftüigt plötzlich 
Mesreb laut zu schreien an. Der Imam dachte näm- 
lich im Herzen an sein Kalb, es könnte, wenn es nicht 
ordentlich angebunden wäre, sich losreissen und an 
der Kuh saugen *). Als der Imam die Sure Jäsin fertig 

'> Dass der Oeistliche, während er lelebriert, an ganz andere, 
idhr weltUche Dinge denkt, ist auch in christlichen Erzählungen, 
ein beliebtes Motiv. 

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3* 

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182 

gebetet hat, nimmt er seinen Stock und will auf Mesreb 
los. Der sagt ihm aber die Wahrheit, wie seine Ge- 
danken während des Gebets beim Kalbe waren; natür- 
lich muss der Imam schweigen, schickt aber den Sofi 
sogleich zu Mewlana Serif. Bei diesem erzählt der Sofi vom 
Esel, und dass der Derwisch den Ort, wo er geschlafen, 
bepisst habe (S. 120). Mewlana Serif befiehlt den Der- 
wisch herbeizuführen, ohne ihm ein Leid zu thun. Alle 
Mullas laufen hin, sehen den beschmutzten Ort und 
schreien Mesreb an: „He Verrückter, was hast du ge- 
than?** Mesreb: „Wie nennt ihr dieses Haus?** Die 
Mullas: „Das ist Gottes Haus?" Mesreb: „0 ihr 
Sünder, geht man denn in das um Gold gekaufte Haus 
jemandes, ohne eine Spur zu hinterlassen?** Er ist 
einverstanden, dass man ihn zu Mewlana führt, er werde 
eben leiden müssen, was das Gesetz bestimme. Noch 
einmal sehen die Mullas hin und konstatieren, dass an 
dem Ort, wo Mesreb geschlafen, nicht der geringste 
Unrat ist. Er lässt sich seinen Esel bringen, auf den 
er sich verkehrt setzt, und macht sich auf zu Mewlana 
Serif. Da kommt ein Mulla daher, schlägt ihn mit der 
Faust auf den Nacken und schreit ihn an: „Warum 
reitest du verkehrt?" Mesreb: „Weil so viele Mullas 
hinter mir hergehen und ich nicht ungezogen sein wilL" 
Die Mullas freuen sich über die Antwort. In der Medrese 
angekommen sieht MeSreb 500 bis 600 Mullas beim 
Achund im Unterricht. Er grüsst und setzt sich neben 
den Achund. Die Mullas wollen Mesreb bei Mewlana 
schaden, als habe er sich dem gegenüber überhoben, 
Mewlana aber erkennt den Wert Mesrebs und verbietet 
streng, ihm irgend etwas anzuthun. Nun bringen sie 
die Eselgeschichte vor. Mesreb sagt zunächst: „Die 
da haben einen Esel unter dem Namen Imam an das 
Mihrab gestellt; das ist ganz richtig." Dann verteidigt 
er sich wieder mit den Schuhen. Der Achund ist über 
die Antworten sehr vergnügt. Er fragt Me§reb: „Was 
warst du früher?" Mesreb: „Ein Esel". Der Achund: 
„Was vordem?" Mesreb: „Ein Pferd". Der Achund: 

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183 

„Und vorher?'' Mesreb: „Ein Kamel". Der Achund: 
„Wiest, Leute von Buchara, dass dieser Derwisch 
Ton Chogam kommt ^). Entschuldigt euch!" Alle er- 
heben sich und entschuldigen sich. Mewlana §erif 
lädt Mesreb ein, fünf, sechs Tage da zu bleiben. 
Mesreb willigt ein, beim Achund Kolleg zu hören. Er 
hört das MiSkät, jeden Tag ein Blatt Das gelesene 
Blatt zerschneidet er allemal in seiner Kammer in kleine 
Stücke, legt die auf die Wasserpfeife und zieht den 
Rauch davon ein. Mewlana stellt ihn darüber zur 
Bede. Mesreb: „Einiges blieb in meinem Herzen nicht 
haften, da hab ich alles meinem Innern einverleibt, 
damit Schrift und Papier nicht herumspazieren". Dann 
bittet Mesreb um die Erlaubnis, den Qoran in Verse 
zu bringen, und als Mewlana die nicht geben will, be- 
schimpft er ihn. Dann geht Mesreb auf den Registan, 
wo er einen Derwisch trifft und mit ihm dieselbe 
Farce aufführt, die schon obeti S. 178 berichtet ist, nur 
knüpft hier Mesreb an den Namen „Fünfhundert Ich" 
nicht einen persischen Vers, sondern einen Spruch in 
türkischer Prosa. Dann geht Mesreb in eine Derwisch- 
Herberge im Frauenviertel 2) (S. 125). Mittlerweile 
hatte * Abdallah Chan 3) von Mesreb erfahren und nach 
ihm geschickt. Als Mesreb zum Schah kommt, wird 
er pnmkvoU aufgenommen, bepisst aber wieder die 
Polster, und es schliesst sich daran das schon oben 
(s. S. 174) gegebene Frag- und Antwort-Spiel. Der 

^) Dass das Metempsyschose-Motiv hier diese Bolle spielt 
ist ganz unorthodox, und es spricht nicht sehr für die Becht- 
gläubigkeit Hazreti Äf^q's, dass sein Adept an solchen Ketzereien 
erkannt wird. Zu beachten ist, dass der Glaube an die Seelen- 
wanderung bei den IsmaYliern des Pamir allgemein ist, s. Bo- 
brinski 10 f. Wenn man erwägt, dass in Ostturkistan die alidische 
Zeit noch fortwirkt und dass der Gegensatz von Schiismus und 
Sunnismus dort sehr milde Formen zeigt, so wird man das Her- 
vortreten des ketzerischen Motives hier weniger anstössig finden. 

') äg?Uicaktmia makaüesi, 

*) Es wird an einen der Fürsten der Astrachan-Dynastie zu 
denken sein, unter welchen am Ende des 11. Jahrhunderts d. Fl. 
die Herrschaft geteilt war (s. Pool e. Cot. B, M, VII, 70). 

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184 

Chan bringt sieben Säcke Gold angeschleppt. 
Mesreb macht sich über das Oold in einem persischen 
Ohazel lustig, schleudert die Ooldsachen auf die Erde 
und macht sich bereit, weiter zu wandern gen Balch. 
Unter grossem Gepränge verlässt Mesreb Buchara. Da 
entbietet ein Armer Mesreb seinen Gruss. Mesreb 
lässt ihn näher treten: ^Wenn diese Binde um meinen 
Leib (der Chan hatte ihm ein paar kostbare Binden 
geschenkt) herabfallt, soll sie dir gehören ; gäbe ich sie 
dir mit der Hand, so würde die Welt sagen: Mesreb 
hat mich mit der Hand angefasst.^ Nach zwei Schritten 
fällt die Binde herab. Zugleich steigt auch Mesreb von 
dem Edelross, das ihm der Chan geschenkt imd befiehlt 
seinem Diener Sermest^), dem Tier mit einem Beil den 
Fuss durchzuhauen. Die Leute von Buchara entsetzen 
sich, denn das Pferd sei 200 Goldstücke wert Mesreb: 
„Wenn ich rom Schloss bis zum Registan auf diesem 
Pferd gekommen bin, so habe ich Gott vergessen. 
Tötet es, dass nicht ein Gläubiger desgleichen tbue,^ 
Gross und klein brechen in Thränen aus. Der Chan 
aber bittet, Adept {münd) Mesrebs werden zu dürfen« 
Mesreb: „Ich übernehme mir keinen Adepten, sei aber 
mein Auferstehungsbruder". Darauf schenkt ihm der 
Chan 1000 Tenge, Mesreb heftet einen an seine Mütse, 
die andern verteilt er. Als er dann in Verzückung 
gerät imd ein Wort sagt, legen ihm das die Ulemas 
als Küfr (Ketzerei) aus und rufen: „Den muss man 
verbrennen!" Man schleppt Holz herbei, Mesreb steigt 
auf den Scheiterhaufen imd sagt ein langes Strophen- 
gedicht (S. 130). Dann steigt er vom Scheiterhaufen 
herab, und es zeigt sich, dass nicht einmal sein Mantel 
an irgend einer Stelle vom Feuer angegriffen ist. Die 
Ulemas sind blamiert, und das Volk jubelt. MeSreb 
geht nun in das Viertel Güibär und weiter nach Qu§ 
Begl^); da sieht er, wie die Mullas dem Volke mit den 

') Diesen Namen führt einer der islamischen Helden in einem 
teskire, s. Grenard 18. 

*) Der Ort (Stadtviertel) ist nach der obersten Hofwürdf 

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185 

Grabesqualen bange machen. Er verspottet sie und 
den herbeigerufenen Achund; dann sieht er viele Leute 
an der Thttr eines Chogas. Er hört, dass der Choga 
eben einen Diener abstrafe. Der Cho^a erklärt auf 
Befragen, der Mann habe ihm sein 200 Ooldstücke 
wertes Edelpferd dadurch zu Tode gebracht, dass er 
ihm Hllhnerdreck zu fressen gegeben. MeSreb: ,,Habt 
ihr einen Vater?** Der Choga: ,,Mein Vater ist tot." 
Hesreb: ,,An wessen Dreck ist denn euer Vater ge- 
storben, wenn euer Pferd am Hühnerdreck gestorben 
ist?" (S. 135). Der Choga läuft zu seiner Mutter und 
erzählt, was ihm mit Mesreb passiert ist. Die kluge 
Mutter merkt sogleich, dass jener Derwisch der Heilige 
namens Sah Mesreb ist, von dem sie schon gehört hat, 
und schickt ihren Sohn zurück, er solle sich Mesreb 
zu Füssen werfen und sich durch keine Schmähreden 
desselben von der Ergebenheit für ihn abwendig machen 
lassen« Der Choga muss MeSreb seine Kleider schenken 
und mit geschlossenen Augen, den Schwanz des Esels 
fest in der Hand haltend, hinter MeSreb dreintraben, zum 
grossen Gaudium des Volkes. Mesreb sagt ein langes 
Gedicht, mit dem er eine Rührstimmung erzeugt. 
Mesreb steigt vom Esel ab, segnet den Choga und 
verheisst ihm, er werde einen Sohn haben, den solle 
er Abulfaiz Chan nennen. In der That stammt die 
Familie Abulfaiz Chan Ata von den Chogas von (jrüibär. 
Dann kommt Mesreb nach Qubädijän^), wo sich der 
Isan Soft Allähjär^) befindet. Der zieht Mesreb ent- 



in den Ghauaten benannt; über den GroBsfalkonier, d«r den Chan 
auch bei Abwesenheit yertritt, b. Schwarz 178. 

^) Jaqnt 4, 26 s. y. hat: „qubädüän im Gebiete Ton Balch**. 
Dir Ort liegt aber jenaeita des Amn Darja, an dem rechten Zn- 
floM Käfimehän. 

*) £r ist der i. J. 1133 [ao nach dem Ta*nch in ed. Stam- 
biü 8. 144] gestorbene Verfasser des in ganz Tiirkistan als Hand« 
buch der Glaubenslehre üblichen idbät ä3Cäji9in\ über Drucke 
desselben siebe meine Noüi über die Skobelewschen Handschriften 
in Moskau O.-L.-Zeitung Y (1902) Sp. 74 und Hüweda S. 145 

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186 

gegen und begrüsst ihn. Mesreb fasst seine beiden 
Hände: „Ihr habt die Brücke des rechten Weges be- 
willkommnet, ich werde euch hinüberführen." Darauf 
Öffnen auf Befehl AUähjärs zu Füssen Mesrebs 
sieben Höllen ihren Schlund; er aber sagt: 
„Eh, mein Soft, du fürchtest dich beim Anblick dieser 
Höllen, was können die dem anhaben, der sich selbst 
gefunden hat? Halt dein Streben hoch!** (S. 140). 
Dann muss Allähjär zwischen die Hände Mesrebs sehen 
und erblickt Engel in verschiedenen öebetsstellungen. 
„Wenn diese Engel alle", sagt Mesreb, „Tag und Nacht 
zu Qott beten, ohne zu essen, zu trinken und zu schlafen, 
er möge die Oemeinde Muhammeds ins Paradies bringen, 
so müsst ihr euer Fünf-Tage-Leben lang euer Streben 
hoch halten". Dann macht Mesreb „Äw" und wendet 
sich nach der Stadt Balch, in Gesellschaft einiger anderer 
Derwische. Mesreb reitet, verkehrt auf dem Esel sitzend, 
durch die Strassen von Balch. Ein Ozbeke, der ein 
Löwenfell zu verkaufen hat und den Mesreb anredet, 
wird frech gegen ihn. Zur Strafe stürzt er sogleich 
mit dem Pferde und wirft sich nun Meäreb zu Füssen, 
ihm das Fell anbietend. Ein Mulla tritt aus der Menge 
hervor und fragt Mesreb, wie er heisse. Mesreb: „Mein 
Name ist Gott". Die Mullas schreien: „Der verdient 
die Todesstrafe**. Mesreb flieht stracks in das 
Schloss Mahmud Chans *). Dort verteilt der Chan eben 



Anm. 2. Dass Söfi Allshj&r hier in Qubädijän lokalisiert wird» 
ist nicht ohne Interesse. 

^) Man denkt zunächst an den grossen Ghaznewiden, aber 
das wäre doch ein Herausfallen aus dem temporalen Kolorit. 
Eher wird dieser Mahmud Chan zu identifizieren sein mit dem 
mächtigen Afghanen, der von 1135—1137/1722—1724 regierte. 
Der ausführlichste Bericht über dessen Regierung liegt wohl vor 
in dem Werke des Paters Krusinski, über dessen mannigfaltige 
Ausgaben und Bearbeitung zu sehen ist Schwab, Bibliographie 
de la Ferse S. 45 unter No. 326. Ich trage zu diesen bibliogra- 
phischen Angaben nach einen von mir im Oktober 1901 erworbe- 
nen Druck der türkischen Obersetzung: Stambul, Druckerei 
Öeridechane 1277, 174 SS. 8«. 

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187 

Essen an sieben, achthundert Menschen. Mesreb setzt 
sich auf den Thron Mahmud Chans (S. 145). Ehe 
dieser noch ein Wort an Mesreb richten kann, stürzen 
schon 30; 40 Mullas herbei, die das Ungeheure von dem 
verkehrt auf dem Esel reitenden Derwisch, der sich 
Gott nennt, berichten. Me§reb steht Rede und Antwort : 
„Dass ich verkehrt auf dem Esel geritten bin, ist 
richtig; den Namen Gott haben mir Vater und Mutter 
gegeben; kaum hatte ich ihn ihnen auf ihre Frage ge- 
nannt, da jagten sie schon als Himde hinter mir drein, 
und ich flüchtete mich als Katze hierher''. Die Mullas 
wurden verwirrt. Mahmud Chan aber belustigten die 
Worte Mesrebs, und er bittet den Derwisch von den 
Mullas los. MeSreb wendet sich nun an den Chan mit 
den Worten: „Du bist mein Mörder 1" Dann nimmt er 
die Laute und giebt sich zu erkennen in mehreren 
Gedichten. Darauf stürzt sich Mahmud Chan Mesreb 
zu Füssen und überhäuft ihn mit Ergebenheitsbeteue- 
rungen. MeSreb aber sagt: „In meinem Schicksals- 
buch steht's geschrieben, dass ich durch deine Hand 
umkomme; mein Testament für dich ist dies, dass du 
meinen Leichnam an einen hohen Ort führst, damit jeder 
auch von ferne einen Segen für mich spreche". Der 
Chan lässt prächtige Speisen für Meäreb bringen. Der 
wirft sie den Hunden vor; aber auch die wenden sich 
ab. Am nächsten Tag verlangt Mesreb, auf dem Thron 
des Chans zu sitzen. Wieder bepisst er die auf- 
gespeicherten Polster. Vom Chan zur Rede gestellt, 
ist er trotzig: „Ich hab's ganz recht gemacht ; ich sass 
auf deinem Thron; was warst du da? Du sassest im 
Hause". Zornig ruft Mahmud Chan den Henkern, sie 
sollen Meäreb greifen und an den Galgen hängen. Mesreb 
sagt noch: „O Padisah, nach drei Tagen wirst du aus 
der Welt gehen" (S. 160); dann wird er unter dem 
Wehklagen der Menge abgeführt. Nicht traurig ist er 
aber, sondern freudig: „Geht jemand, seinen Geliebten 
zu sehen, imd hat Furcht?" Dann sagt er mehrere 
Gedichte. Als er unter den Galgen gekommen ist, sagt 

41 



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188 

er ein Ghazel, betet zwei Rik'ats (Gebetstellungreihen) 
und sagt dann in traurigem Ton ein weiteres Ghazel; 
dann erzählt er, wie sein Meister ihm den Märtyrertod 
vorausgesagt habe, wie er ihn gebeten, durch das Schwert 
seiner Liebe sterben zu dürfen, und wie der Meister ihm 
sein Messer gegeben habe. Dieses Messer zieht nun 
Mesreb aus den Falten seines Mantels hervor. Er 
erwähnt noch, dass sein Meister gesagt habe: „Mein 
Mörder ist im Qaratagh, dein Mörder ist in Balch Mah- 
mud Chan''. Dann sagt er zu Ehren seines Meisters 
ein Ghazel. Mesreb legt sich eine Schlinge um den 
Hals und hängt sich an den Galgen; sein Messer giebt 
er den Henkern (S. 155). Nachdem er ein Ghazel gesagt^ 
befiehlt er den Henkern zuzuschlagen, die ihm die Kehle 
durchschneiden^). Er giebt den Geist auf. Ganz Baloh feiert 
die Totenfeier für ihn. Vierzehn Tage lang bleibt der 
Tote wie der Mond. Kurze Zeit darauf kommt Mahmud 
Chan wieder zu sich und fragt nach Mesreb. Man sagt 
ihm, er habe ja selbst befohlen, ihn zu töten. Der Chan 
erklärt, er habe nur einen Scherz gemacht, und er habe 
ja mit den Augen gezwinkert. Die Henker erzählen, 
wie Mesreb selbst sich die Schlinge umgelegt und ihnen 
das Messer gegeben habe, sie auch auf seinen Wunsob 
mit einem Schnitte ihm den Garaus gemacht. Der Chan 
empfindet tiefe Keue. Am vierten Tage nach dem Tode 
Mesrebs schläft der Chan in seinem Hause, da tönt der 
Ruf: „Die Vergeltung ist Recht! flieh', Mahmud l** Doch 
ehe er noch fliehen kann, wird er zu Tode gebracht 
Sieben Tage nach dem Tode Mesrebs konunen neun 
Derwische nach Balch, die auf Befragen der Minister 
erklären, sie wollten nach Mekka, jetzt kämen sie von 
Herat. Der Minister erzählt von Mesreb, dessen Mar» 
tyrium und dem Tode Mahmud Chans. Die Derwische 
berichten, sie hätten Mesreb vor drei Tagen mit eignen 

^) Die Eamalieruog von Tötungsarten findet sich anch sonst 
im Orient: Der Ketzer und Zauberer Suhrawardi wird erdrosselt 
und seine Leiche am Kreuz ausgestellt (Ibn Cballikan No. 888, 
9. Nöldeke, Doctar und Garkoch 4). 

42 



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189 

Augen gesehen in der Wüste von Uerat: er hatte das 
Leichentuch um, und sein Hund folgte ihm; sie wan- 
derten nach Mekka. Der Vezier reitet schleunigst zum 
Gh-abe Mesrebs. Da sieht er an der Qibla-Seite des 
Qrabes eine Thür, im Grabe selbst ist weder Leichen- 
tuch noch Leiche. Unter Thränen schliesst er das Grab 
und verrichtet Gebete, Die nächste Nacht erscheint ihm 
Mesreb im Traum und sagt zu ihm: „Ich habe den 
Propheten besucht, der hat Iskanmis^) bestimmt; bringt 
mein Grab dorthin"! Den nächsten Morgen öffiiet der 
Vezier das Grab, findet Mesrebs Leiche darin liegen 
und führt sie nach Iskanmi^, wo sich das Grab noch 
heute befindet. 



Dieses Ukänmii darf gleichgesetzt werden dem Ifikadim, 
das auf der karta j^fno'C pogranUmo'i polosy aeijatakoi rosni in 
40 Werst = 1 ZoU (ca. 1 : 1670000), Blatt 19 (Taäkent), am linken 
Ufer des Pang (Oberlauf des Ainu Darja), nur ca. 1(X) km nörd- 
lich des durch die englischen Kämpfe bekannten Citral, ein- 
getragen ist. Auf der Karte Iran, ösiUche HcUfU . . . von 
H. Kiepert, October 1878 (Berlin, D. Reimer 1878) hat es als 
Höhe 2650 m. Nun giebt es einen zweiten Ort, dessen Name 
unserm läkänmU näher kommt: IlkamyS der russischen Karte an 
einem Zufiuss des in den Amu Darja gehenden Kunduz Daija, 
genau halbwegs zwischen Balch und dem ebengenannten likaSim. 
Dieses ISkamyi liegt aber nur wenig höher als Kunduz (russ. 
Karte 1100" == 275 m, Kieperts Karte 150 m) und der Heilige 
lässt sich sicher nicht an einen andern Ort in der Ebene bringen» 
sondern auf die luftigen Höhen des BadachiSn (zu ihm gehört 
likaüm nach der russischen Karte); ferner heisst dieses Bkamyi 
auf Kieperts Karte wie der östliche Ort: ,Ischkaschim*. Es ist 
wichtig, dass die russische Karte beide Formen des ursprünglich 
gewiss einheitlichen Namens erhalten hat. £• fragt sich nun, 
welche dieser Formen ist das Original, welche die Verdrehung? 
Von Tomherein wird man nach bekanntem Gesetz der weniger 
leicht erklärlichen das Vorher zuschreiben: unyerständlichet 
ükaütn machte sich das Volk als die bekannte miä-^Form zurecht« 
Das IskänmU des Meireb - Textes ist freilich ein gewichtiges 
Zeugnis gegen diese Konstruktion. — IfikaÜm erscheint als Gegend- 
name in der mehrfach genannten Arbeit Bob r in ski's; sie spricht 
gleich am Anfang yon den „tagikischen Gemeinden von Wachan, 
ISkaiim, Goron, §ugnau und Roian'*. likaiem wird auch erwähnt 
in der englischen Quelle (ZRG6 XIII, 448 S.\ nach welcher 



43 



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190 

Tomaschek, CentrdUmaHsche Studien II (S.-Ber. Ak. W. Wien, 
Phil-Hist. KL 96 (Jahrgang 1880, I— III) S. 737 f. das iSkaSmi 
als eine von den im Pamir und HindukuS gesprochenen Sprachen 
nennt. 



Naehträgllches. 

Zu S. 160 Anm. 1: Noch vor Abschlass des Druckee, den 
ich infolge meiner Abreise nach Zentralasien beschleunigen 
musste, konnte ich das Geschichtliche etwas besser aufklären. 
Die Hauptsache ist ja richtig gefunden: dass MeSreb in die Zeit 
der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert gehört (s. ausser den 
S. 150 Anm. 1 angeführten Stellen noch S. 185 Anm. 2). Die 
noch im letzten Augenblick gefundene Stelle bei Howorth (s. 
unten zu S. 186 Anm. 1) macht 1099/1688 als Todesjahr Meärebs 
höchst wahrscheinlich, wozu auch das aus Bellew-Forsyth 
gewonnene Datum gut stimmt. Ich bemerke aber wiederholt 
ausdrücklich, dass es mir in diesem Hefte in erster Linie darum 
zu thun war, das religionswissenschaftlich bedeutsame Volksbuch, 
dessen Held das Herz des Volkes besitzt und das bei Millionen auf 
Denken und Fühlen wirkt, bekannt zu machen. Ich bitte um 
Nachsicht dafür, dass das Historische nicht mit der ihm gebüh- 
renden Sorgfalt behandelt ist. Es handelt sich um lokale Grössen, 
von denen nur in den speziellen Quellenwerken die Rede ist. 
Ich hoffe, auf sie zurückkommen zu können. Über Bahim ßaba- 
MeSreb scheint weder Forsyth noch Howorth etwas zu haben. 

Zu 8. 151 der Grundton . . . • . die vollkommene Wursch- 
tigkeit des äusseren Wohlergehens, Ansehens und sogenannten 
Anstandes u. s. w.: Dazu ist zu verzeichnen, was Ignaz Gold- 
ziher, dem ich einen Abzug gesandt, unter dem 23. Aug. 1902 
mir schrieb: „Ich habe bei erster rascher Lektüre den Typus 
des sogenannten malämeti erkannt, eine Sorte von Derwischen, 
deren Force programmässig darin kulminiert, die Verachtung und 
den Tadel der Menschen absichtlich auf sich zu laden. Sie - 
wollen verachtet werden xmd thim immer Dinge, mit denen 
sie diesen Erfolg erzielen: ein noch erhöhtes contemnere con- 
temni. Ein solcher Malamati scheint Ihr Ma§rab zu sein. Dies 
ist seine Kategorie." Sami definiert in qämüsi turH S. 1399c 
nuUäini so: hukemä'i kelbajün mesleJäne qarxb bir mesleki qalen 
deräne ittichäd Iden tatiqlerden bitine tobt* ödem d. h., ein Mensch, 
der einem der Derwischordeu angehört, die ein dem System der 
Gyniker verwandtes Bettelmönch-System angenommen haben'. 

Zu S. 152 Anm. 1: „die Türkenchane, deren Islamisie- 



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191 

rang sich an den Namen Satoq Boghra Chan knüpft": wohl 
hemerkt in der Legende I Das Geschichtliche ist dunkel, doch 
wird sich bei Sammlung aller Quellen und ihrer kritischen Be- 
handlung mit Heranziehung des recht beträchtlichen numismati- 
sehen Materials immerhin ein klareres Bild gewinnen lassen als 
bisher. Die Kompilation bei MuneggimbaSi 11, 509 ff., aus welcher 
allein Negib Asim, türk tarkhi (s. darüber mein Referat Orient. 
Litt-Zeitung 1902 Heft 9) S. 237 geschöpft hat, darf natürlich 
nicht als zuverlässige Quelle behandelt werden^ aber es sei bemerkt, 
dass sie eine ausführliche und durchsichtige Darstellung giebt. — 
Das Wesen und der Ursprung des Duwanas in Zentralasien, die 
hier auch S. 1Ö6 Anm. 2 a. E. erwähnt sind, erhält einige Be- 
deutung durch den Artikel Awetaranians Die verkissenen Kinder 
des Islam in der Zeitschrift Wege und Ziele (Berlin, Erollmann&Oo.), 
Nov. 1899. Es geht daraus hervor, dass die Duwanas ihre trau- 
rige Lage und Entwicklung sozialen und wirtschaftlichen Ver- 
hältnissen verdanken, namentlich der Vernachlässigung des Stief- 
kindes. Bemerkenswert ist das Licht, das aus der Notiz über 
das Aufsuchen des giüchän ,ABchenhaufens^ (der Bäder) durch die 
frierenden Kinder (S. 227) auf das osmanische giüchäm für ,Penn- 
bruder*, ,Strolch^ fällt. Übrigens ist Awetaranians Darstellung 
mit Vorsicht au&unehmen. Es stehen diesem Bericht tlber angeb- 
liche Grausamkeit der Muslims Zentralasiens, die ganz zu Unrecht 
dem Islam in die Schuhe geschoben wird, gewichtige gegenteilige 
Zeugnisse gegenüber. Gerade die Sorge für verlassene Kinder 
ist ein Hauptzug im Islam, schon aus religionspolitischer Erwägung j 
und bereits Heft U/HI S. 45 wurde die Erwerbung sogar von 
Chinesenkindem durch Muslims zum Erziehen in der rechten 
Lehre erwähnt. Für diese Notiz und die Thätigkeit der Muslims 
als Kulturträger im Allgemeinen führe ich jetzt an den Artikel 
E. Luraults L^ Islam en Chine in L'Orient XII Ko. 4 vom 27* Jan. 
1900, in welchem allerdings nach der anderen Richtung etwas zu 
weit gegangen wird. Wie es mit dem nach Awetaranian 
a. a. 0. 230 von den Chinesen für die islamischen Kinder in 
Jarkand eingerichteten Kranken- und Zufluchtshause steht, wird 
erst nach genaueren Mitteilungen von anderer, nicht der Mission 
angehörender Seite zu ersehen sein. Übrigens giebt Awetaranian 
der Wahrheit die Ehre, indem er die Thätigkeit des Igar&i lian 
würdigt, der für die Waisen sammelt und ernst sorgt, freilich 
bei den ,Frommen im Lande' im Gerüche ketzerischer Gesinnung 
steht. 

S. 158 Anm. 2 erenler: Zu der Notiz über die Anwendung im 
heutigen Stambuler Sprachgebrauch, vgl. auch die Bedeutongsan- 
gabe bei Ahmed Wefiq, lehj'i "otmäni (ed. 1293 S. 114) s. v. eren: 
jäismis ermis kämil weH — erenler derejelerini biüän hälä mertebeie 

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192 

Miän chatoäss ja*ni ährär und: erenler nidä^ — Ja hüplrim chairlü 
MH äj efenäk maqäminda; ähnlich Säm im qämüsi turld 91c, der 
richtig erklSji;: irmekden eren, wozu zu bemerken, daas die zentral- 
asiatischen Drucke meist iränlär zeigen. Die Grundbedeutung 
Yon ermek ist ^anlangen', ,das Ziel erreichen*, von Früchten ,reif 
werden*. So wird eren am besten durch ,Reifer* wiedergegeben 
werden. 

Zu S. 159 Anm. 1: Die folgende, sehr gütige Mitteilung 
Andreas', die ich im letzten Augenblick erhalte, bestätigt voll- 
kommen meine Vermutung, dass Äfäq um 1700 anzusetzen sei, 
wodurch auch für MeSreb die Zeit, die sich aus der Erwähnung 
§Qft Allähjärs ergab, gesichert wird. Andreas hatte durch 
Awetaranian von Äflq gehört und sich Notizen gemacht; er 
schreibt mir unter dem 17. August 1902: „Ich habe mir, um feste 
Anhaltspunkte für die Chronologie zu haben, folgendes nach einem 
einheimischen Stammbaum notiert. Es handelt sieh um das alte 
Fürstengeschlecht von Ka$ghar, die Khogas, über welche siehe 
Forsyth. Also: Mir Ahmed Ghvägägi Machdümu-la'zäm 
(in EaSgar sagt man Mir Ahmed Chogam). Sein ältester Sohn 
ist: Häzräti Sejjid ISän Eälän Mühammed Eimen, sein 
Todesjahr = qutbi 'älem reft wäj = 949 H. = 1642/43. Das 
Todesjahr von Cho^aÄpäk (so spricht man in Eaighar) [vgl. 
das oben aus Shaw angeführte ApäkJ 1105 = 1693/4." Die Öe- 
schichte der Chogas und auch des Heiligen Äföq s. ausführlich 
in der Zusammenstellung Bellews über die Geschichte KaSghars 
in Forsyth, Bepart of ä Mission to Yarhmd in 1873 (Calcutta 
1875) S. 175-178. Auch nach ihr starb Iföq i. J. 1105/1683, in 
Jarkand. 

Zu S. 168 Chänum PädiSfth: es muss eine resolute Frau ge- 
wesen sein; sie spielt in der Geschichte der Heiligen-Fürsten 
Nachkommen des Machdümi A'zam eine Rolle, s. Bellew- 
Forsyth a. a. 0. 

Zu S. 168 Anm. 3 Selbstfesselung als Demütigungszeichen: 
So zieht der mächtige Abdallah Chan dem grossen Pir Scheich 
'Azizän von Eermine entgegen mit einem Strick um den Hals, 
dessen anderes Ende in der Hand eines Reiters ist. Howortb 
IT, 742. 

Zu S. 169 Anm. 2 Propheten als Fürbitter am jüngsten 
Tage: Die älteste Quelle über die Vorstellungen vom Jenseits, 
das küäb ätbad? waUa'rich Abu Zaid Albalchi scheint in dem 
bisher durch Huart publizierten Teile von dieser Fürbitte nichts 
zu wissen. Ich hole den Verweis auf Eap. IX, an dessen Schluss 
der Jüngste Tag geschildert wird (Band II Teitt S. 234, übers. 
8. 197), zu Hüweda No. 1 (S. 138) hiermit nach. 

Ztt S. 180 Anm. 1 Sijähpüä. Von E&mpfen gegon sie liest 

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193 

man öfter, so zieht z. B. Murad Bi Ton Etmdaz gegen sie um 
1830. Howorth U, 859. 

Zu S. 183 Anm. 3: Zeitlich würde gut passen der im Jahre 
1705 gestorbene Ubaidnllah Chan, welchen eine Quelle Abdallah 
nennt, s. Howorth, HisUny of the Mongols U, 762. 

Za S. 185 Anm. 1: Ausführlich behandelt den Ursprung 
des Namens qubädijän Tomaschek in CentrakuiaHsche Studien I. 

Zu S. 186 Anm. 1: Auch der Afghane Mahmud ist nicht 
der hier gemeinte. Anfschluss giebt Howorth, HMory of ihe 
Mongols. Danach (s. ü, 756 ff.) trieben um 1096 ihr Wesen in 
und um Balch zwei Männer Namens Mahmud: Mahmud Bi Atalik 
und Mahmud Öan. Die Darstellung bei Howorth ist nicht klar 
und auf die Quellen zurdckgehn war mir vor Abschluss des 
Druckes nicht mehr möglich. Über den Tod Mahmud Ataliks, 
der übrigens meist nicht in Balch lebte, finde ich bei Howorth 
keine Angabe, seine Spur wird verloren i. J. 1116 (1706/6), siehe 
Howorth II, 762; für den Tod Mahmud Öans giebt Howorth 
n, 758 das Jahr 1099/1687. Es darf wohl der Mahmud Chan 
des Volksbuches diesem Mahmud Gan (wo liegt die Verschreibung? 
oder ging dem Volke der ,Herr' — jän ist jeder anständige 
Mensch in Zentralusien — • in den ,Für8ten* — ehän über?) gldch- 
gesteUt werden. Dann ist 1099 auch das Todesjahr MeSrebs, 
und sein Pir, Äfäq-CHiogam, überlebte ihn um sechs Jahre (s. 
Nachtrag zu S. 159 Anm. 1). 



Zeiehen der zitierten Werke. 

Caghataisches = Martin Hartmann, Öaghataisches — Die 
Grammatik ttssi Usäni twH des Mehemed Sadiq (auch: Ma- 
terialien zu einer (jl^schichte der Sprachen und Litteraturen 
des vorderen Orients, herausgegeben von Martin Hartmann, 
Heft 2). Heidelberg, Winter, 1902. 

Grenard = Dutreuil de Ehins — Mission Scientifique dans la 
Haute Asie — Vol. m par Grenard. Paris 1900. 

Hedin Pet = Die geographisch -wissenschaftlichen Ergebnisse 
meiner Reisen in Zentralasien 1894 — 1897. Von Dr. Sven 
Hedin. Gotha 1900 (Petermann Er^nzungsheft No. 131). 

Hüweda = Der ßaghataische Diwan Hüwedä's von Martin 
Hartmann (Mitt. Sem. Or. Spr. Berlin, V (1902), Abt. II 
S. 132ff.) 

Schwarz = Turkestan von F. von Schwarz. Freiburg 1900. 

Ausgegeben den 31. August 1902. 

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Draek von lUz Sehmwsow TOrm. Zahn b Baendal, Kiiehhain N.-L. 



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MARTIN HÄKTMANN 



DER 



ISLAMISCHE ORIENT 



BERICHTE UND FORSCHUNGEN 



vi-x 



£m Heiligenstaat im Islam: Das Ende der Caghataiden und die 
Herrschaft der Cho^as in KaSgarien 



BERLIN 

WOLF PEISER VERLAG 

1905 



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l 



196 

Von Mekka bis zum Lande der Chinesen erklang das 
Ah! der Adepten dieser erhabenen Tariqat. Wunder- 
geschichten aus dem Leben Mftchdüms werden von ihm 
selbst in der ersten Person erzählt (S. 9 — 18). Machdüms 
Ahn Saijid Eemäluddin MagnQn gelangte auf dem Der- 
wisch-Bummel, oder wie hier stilyoU gesagt ist, ,auf 
der Suche eines Heiligen-Arztes für die ihn ver- 
zehrende Glut' nach Ferghana, wo damals Saijid^) 
Ilek M&zP), ein Nachkomme des Chalifen Abu Bekr 
herrschte. Der war durch eine Erleuchtung (Hhäm) 
schon auf das Kommen des Heiligen vorbereitet. Die 
Zeichen treffen ein. Sultan Mäzi nötigt dem Heiligen 
seine Tochter 3) zur Ehe auf. Nach einiger Zeit kehrt 
Eemähiddln nach Me^a; von wo er gekommen, zurück 
und stirbt dort. Die Geburt seines Sohnes Burhänuddin 



^) Dem die Bekriden den Ehrentitel saiiid erbalten, dürfte 
eine Spezialit&t Mittelasiens sein. Gewöhnlich nennen sich die, 
die ihren Stammbaum auf AbQ Bekr zoröckfOhren, ^iddiql (so 
z. B. die bekannte Familie der Bakri ^iddiql in Egypten, s. mein 
Muwawah 12). In Indien heissen die Bekriden nach Ga'far 
äerif bei Herklots, Qanoan^Islam (London 1832) 8. 9 Anm.: 
Shdkh Siddeeqpe [scdeh pddi^]. 

*) ^Le <i^AXji 4Xl«» 8. 19 Z. 3. 5. Ich weiss nicht, 
welche historische Persönlichkeit hinter diesem Namen zu suchen 
ist. 8. 19 Z. 5 heisst es von ihm: iSv^y^ {J^ ,jl ifl 1 <«> «aj 
s^kjöyj}; fOr &Jb ist sicher JU^ zu lesen. Welche sieben Sultane 
sind gemeint? — Mftzi ist nicht selten als Beiname innerasiatisoher 
Fürsten: Ismifll der Samanide (279—295) war f^^ y^\; der 
Stammvater der Ilekiden, SatoqBoghra Chan hat im Ta^nchiGhmde 
den Beinamen: elmädi (s. Tärikh^ Goüdä ed. Gantin § 292). Man 
ist geneigt, in dem Dek Mäzi hier zu sehen: Dek Na^r Chan 
Mäzi, Sohn des Boghrä Chan gestorben 403; doch dann l&ge ein 
arger Anachronismus des Berichterstatters vor; denn Eemäluddin 
muss um 700 gelebt haben. 

") B y^ L r ^ nicht bei Shaw; es gehört demselben Kreise an 
wie XJUJLßd zaipe, das in Kafigarien allgemein gebräuchlich ist 
fOr ,Weib' (bei Shaw). Das persische Original des Tezkire über 
Machdümi A*zem (in meinen Besitz; türk. Ms. No. 33) hat deutlich 
yc^Lfe S. 12, 3. Als der Heilige auf die Heirat nicht eingehen 
will, weil kedckudä^t nicht seine Sache sei, erklärt der Sultan, 



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197 

Qilig erfolgt nach seinem Tode. Der noch lebende 
GrosBYater Ilek Mftzi räumt Burhänud^ den Thron 
ein (S. 19. 20). Dieser wird plötzlich yon göttlicher 
Verzückung {§edbd üähi) ergriffen^ läset» gleich Ibrahim 
Edhem, Krone und Thron im Stich und wird Adept des 
Scheeh Mu^li^t^ddin Chogendi. Der Schech lässt ihm 
ein Lager von sieben Decken herrichten, yon denen 
Burhänuddin drei forttut; er hebt den Vorhang bis zum 
vierten Himmel auf-, der Schech schilt ihn: „hättest 
du auf allen sieben Decken gelegen, so hättest du alle 
sieben Himmel besehen^. Nach dem Tode des Schech 
kehrt Burhänuddin in die Heimat zurück und leitet sein 
Volk; Wundergeschichten von ihm (S. 21—22 Z. 3). Die 
Nachkommen des Burhänuddin Qilig bis zu Machdümi 
A*zem waren überwiegend Wundertäter, Schauende und 
Pole. Die Frau Machdüms war Bibigai^) Easqarl aus 
dem Geschlechte Satoq Boghrä Chans; sie war die Mutter 
des Isän Choga Ishäq Wall, den sie als letzten Sohn 
gebar, und den wohl zu hüten Machdüm ihr besonders 
empfahl, wie er selbst ihm viel Aufimerksamkeit schenkte 
(S. 22 Z. 3 bis S. 23 Z. 1). Es folgen Erzählungen 
aus dem Leben Ishäq Walls, die seine frühe Erleuchtung 
und die Hofihungen, die Machdüm auf ihn ab Stärker 
der politischen Macht der Chogas setzte, vermelden, 
auch das Ansehen imd die Macht, die er besass, be- 
zeugen, und die uns eine gute Einsicht in das Treiben 
an diesem kleinen Hofe gewähren. Die Gewährsmänner, 
die oft in erster Person sprechen, sind: Mo|;iammed 
Qäsim (S. 23 med. imd unten, 25 oben); Ächond Molla 
Sa id (S. 24 oben); Häfiz Nizäm (S. 2ö med. und 28 Z. 2); 
Molla Säkin Challfa (S. 32 oben). Die Geschichten 
selbst sind dürftig. Machdüm sieht im Traum, wie sein 



Gott selbst habe ihm angezeigt, das« er diese Ehe im Himmel 
geschlossen (S. 12, 6f.) : ^ J^i S<>^ \J^ ch^ '^S )'^ 

JJl XamU JJi^ L»^ c)^-^^' )^ S^ ^)7^* 

') Daneben die Schreibnng Bübl^, z. B. S. 22 Z. 9. Blbi^ 
= «kleine Frau'. 

1* 



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198 

Sohn Ishäq auf hohem Berge stehend nach Osten und 
Westen ruft, und wie von beiden Seiten grosse Scharen 
ihm zuströmen (S. 24 oben). — Molla Sa'id erklärte 
einmal Ishäq, er wolle ihm anhangen, wie er seinem 
Vater Machdüm angehangen; da sagte Ishäq: Du irrst, 
nicht bei mir ist das Derwischtum (S. 24 med.). — 
Häfiz Nizäm war eines Tages bei Ishäq in Isfiduk^); da 
blickte Ishäq auf die Genossen und forderte sie auf, 
ihn nach Balch zu begleiten; bis an das Ufer des Amü 
Darjä kam Molla Muhammed Sahhäf, einer der grossen 
Chalpas Machdüms ihnen entgegen und leistete jeden 
Dienst. Aus Balch strömte Hoch und Niedrig zur Be- 
grüssung herbei, nur Molla Churdek, einer der grossen 
Chalpas Machdüms, fand sich nicht ein, weil er davon 
absolviert sei. Das verdross Ishäq, denn er behauptete, 
er habe vor allen Söhnen Machdüms den Vortritt'^). 
Nach einigen Tagen wandte sich Pir Muhammed Chan, 
der Pädisäh von Balch, an Ishäq mit der Bitte, er möge 
Churdek, der zu alt sei zu kommen, zuerst besuchen. 
Als sie an des Mollas Tür kamen, kam dieser nicht 
zum Empfange heraus. Da sah der Chan Tränen in 
den Augen Ishäqs und erhielt auf die Frage nach der 
Ursache die Antwort: „Ist er gekommen, um sich nach 
unserem Befinden bei Krankheit zu erkundigen oder 
uns zu sehen?" Ein hineingeschickter Diener berichtete, 
der Chalpa sei gestorben. Als nun der Chan sich nach 
Ishäq umsah, war dieser verschwunden; das Volk war 
überzeugt, Ishäq habe Churdek verflucht'). Einige An- 
hänger Churdeks sannen auf Rache. Ein paar Tage 

*) Der Name bedeutet : »Kleines Weisses*. Über die Lage des 
Ortes siehe S. 206 Anm. 2. 

*) Das bedeutet wohl, dass Churdek zur Partei des Ishäq 
feindlichen Muhammed Emin, des ältesten Sohnes Machdüms, 
gehörte. 

*) Die Geschichte, so Öde sie ist, ist kennzeichnend : die un- 
befriedigte Eitelkeit eines herrschsüchtigen Pfaffen wird vom Volke 
in Zusammenhang gebracht mit dem Tode des Beleidigers, und 
dem »Heiligen* wird die Fähigkeit zugeschrieben, eine lächerliche 
Rachsucht zu befriedigen; vgl. S. 199 n. 4. 



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199 

später erkrankte der fünfjährige Sohn des Chans. Ishäq 
ging den ELranken besuchen; alsbald meldete man dem 
Chan, der Prinz*) sei gestorben. Er legte den Toten 
dem Heiligen vor die Ftisse, er solle ihn erwecken. Die 
Anhänger Churdeks raunen: Wäre Churdek am Leben, 
so würde er gleich Gott anflehen. Nun darf natürlich 
Ishäq nicht zurückbleiben, und er betet dringend, Allah 
möge ihn nicht blamieren; auch die Engel helfen mit, 
und so erhört Allah das Gebet, der Prinz niest^) und 
steht vergnügt auf. Nun war an dem Orte, wo Ishäq 
abgestiegen, ein Ahornbaum, auf dem nistete ein Habicht, 
der den Tauben des Chans Leid antat. Der Chan 
schickte zu Ishäq, er solle dem Übel abhelfen. Ishäq 
liess den Habicht von Häfiz Nizäm herabholen und 
schickte ihn dem Chan, war aber so aufgebracht über 
die Erniedrigung zum Jäger, dass er Balch verliess und 
sich in das Land Hisär^) begab. Einige Tage später 
wurde der Chan krank und starb *) (S. 25 Z. 7—28 Z. 6). 
— Ishäq hatte die Erlaubnis zu lehren^) von seinem Vater 
Machdüm, von Maulänä Lutfulläh Gusti und von Maulänä 
Muhammedi Qäzi^) erhalten, aber der geistliche Stamm- 
baum war von Machdüm auf Lutfulläh 6usti'') überge- 



') auUän; auch an anderen Stellen wird der Sohn eines 
Chans auUän genannt. 

') Das Niesen gehört dnrchans zum Erwachen vom Tode in der 
asiatischen Erzählongslitteratnr, vgl. den toten Buckligen in 1001 
Nacht (Nacht 32 der Vulgata; s.z.B. Obers. Henning (Eeclam) 2,103). 

') Mit Hisär ist der Ort gemeint, der auf der 10 Werst-Karte 
(Blatt Vni 6) inter 38» 28' n. Br. und 88<» 16' ö. L. Pultawa ein- 
getragen ist und 193 km (Luftlinie) südöstlich von Samarqand 
liegt. — Mfär wüäje^: das Land, das nach dem Hauptort genannt ist 

^) Der fromme Erzähler l&sst durchblicken, dass dieser Tod 
die verdiente Strafe für die Beleidigung Ishäqs war, vgl. S. 198 n. 3. 

^) Die Funktion eines MurSid zu üben {ruchsaU irsäd), 

*) Die Izftfe ist in diesem Namen, der häufig vorkommt 
(11 1. 13 10. 14 12. 186 und hier 289) durch ja beseichnet, wie das 
in mittelasiatischen Handschriften und Drucken häufig ist. 

^) Nisbe zu Öust, das als Öust auf der 10 Werstkarte (Blatt 
VI 6) unter 41° n. Br. und 40<» 64' ö. L. Pultawa 72 km (Luft- 
linie) nordwestlich von Aqsy (Achsiket) am Sjr Daija eingetragen ist. 



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200 

gangen; der liess Ishäq, welcher in Buchara studierte, 
Yon dort kommen^ gab ihm seine Tochter zur Frau und 
übertrug den geistlichen Stammbaum auf ihn durch 
Urkunde, die sich in den Händen der Ishäqiden be- 
findet i), und in der es heisst: „Alles, was ihr yon meinem 
Pir Hazreti Machdümi A'zem erbatet, erbittet nun yon 
Hazreti Cho^a Ishäq WaU". Nach der leiblichen Ab- 
stammung war Ishäq vollkommen, denn sein Äusseres 
glich dem Aussem des Profeten ganz und gar. Sein 
Vater Machdüm stand jedesmal, wenn er ihn sah, auf 
und blieb respektvoll stehen. Auf Befragen begründete 
er diese Ehrenbezeugung damit, dass jedesmal, wenn er 
denProfeten im Traume sehe, er dasTraumbild in derGestalt 
dieses Sohnes sehe (S. 28 Z. 6—29 Z. 8). — 'Abdullatif 
SultÄn^), einer der Chane von ÜrgCDg, war der frömmste 
Mann seiner Zeit und einer der grossen Chalpas Ishäqs. 
Er erzählt, beim Lesen eines Buchs über den Profeten sei 
er in Verzückung geraten und habe den Profeten ge- 
sehen, wie das heilige Licht von allen Seiten seinem 
Halse zuströmte; erwacht, sah er Ishäq dasitzen, gleicher- 
weise von Licht umflossen; Ishäq bemerkte, als er sein 

^) bü taqnr ishä^e nezdUeride dur S. 28 1. Z. Es wird viel- 
leicht möglich sein za ermitteln, in wessen Händen sich jetst das 
Schriftstück befindet, und eine Kopie davon zu erlangen. 

*) Das kann nicht der Schaibanide *Abdnllatif (947—959) 
sein, s. Lane Poole-Barthold 230. Der w&re Chan, wOrde nicht 
in ÜrgcDg residieren und würde nicht solche ,frommen* Torheiten 
treiben; auch bildete Chwarizm ein eigenes Chanat unter besonderer 
Dynastie, s. Lane Poole-Barth. 229 med. and 235. In der Liste 
a. a. 0. S. 235 findet sich kein 'Abdullaüf. Das ,$uUän' läset 
darauf schlieesen, dass wir es mit einem Prinzen zu tun haben, 
s. oben 8. 199 Anm. 1. Man ist geneigt, diesen Prinzen in dem 
*Abdullatif zu suchen, der als ältester Sohn ^Abdurra^ds genannt 
wird im Haft Iqllm (Quatremöre, M<UkH»88ad&n S. 487) und 
nach Haidar Bäzl 29 Jahr alt fiel (ebda 511). Da sein Vater 
38 Jahre regierte, kann er nie den Thron innegehabt haben. 
Doch seine Schilderung als grosser Krieger verträgt sich nicht mit 
,der frommste Mann* und, einer der Chalpas Ishäqs'. Auch wird 
kaum einer der SOhne 'Abdurrailds als ,einer der Chane von 
Orgeng* bezeichnet werden. 



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201 

Erstaunen sah, es sei doch nicht wunderbar^ wenn 
Kinder ihrem Ahn glichen (S. 29 Z. 8— S. 30 Z. 8). — 
'Abdolkarim Chän^) lad Ishäq nach Easgar ein und er- 
wies ihm grosse Ehren. Als das Glück von dem Chan 
wich^), mochte er Ishäq nicht mehr leiden und behandelte 
ihn schlecht. Vierzig Tage sahen sie sich nicht, dann 
schickte er ihm ein Pony*) mit altem Sattelzeug. Als 
Ishäq es sah, yerzog er das Gesicht und sagte: „So 
macht er's mit uns! Ganz gewiss wird er uns aus 
diesem Lande herausjagen^. Als drei Tage um waren, 
schickte der Cbän einen Brief, Is^äq zog mit seiner 
Familie und seinen Anhängern zu den Eirgizen und 
Eazaken^); dort geschahen einige Wunder: in den 

') Auf den i J. 983 (1575) gestorbenen 'AbdnrraSid Ghän 
scheint sofort dieser *Abdulkarim gefolgt zu sein. Dem von 
Quatremdre in MaÜO'asdaad&n {Not, et Extr. 14) Gegebenen 
(S. 487) filgt Elias TR EinL S. 121ff. nichts wesentliches hinzu. 
Wichtig ist die Heranziehung des Pater GK)98. War wirklich, wie man 
nach dessen Bericht annehmen muas, i. J. 1608/4 Muhammed Oh&n 
der in Jarkend residierende ^Onig' des ganzen Landes, dann kann 
Haidar Bazi nicht mit Recht in seinem zwischen 1610 und 1618 
verfassten Werke (s. Quatrem. a. a. 0. 487 nach Ms. Berlin Pertsch 
418) sagen, Abdulkaiim Oh&n sei der .gegenwärtig regierende* 
Herrscher. Nach unserm Autor (s. unten 8. 204) wurde Muhammed 
Ohin von 'Abdullah Ghän von Buchara bedroht. Der regierte 
991—1006 (1583—1598). Muhammed war also spätestens 1006/1598 
Herrscher. Rechnet man für die Vorgänge zwischen Regierungs- 
antritt Muhammed Chans und dem Zusammenstoss mit Buchara 
(Ablall und Bekehrung) auch nur drei Jahre, so ergibt sich für 
'Abdulkerims Regierung 983 — 1008. Leider hat Abulghää nichts 
über die späteren Öaghataiden in KaSgharien als die kurze Notiz 
8. 162 (Übers. 8. 170). 

*) d. h. als der Fromme sernemWohllAter den Dank in Stänkereien 
abgestattet, die dessen EinfluH« und Ansehen untergruben. 

^ Jb\ ^^ r^* Shaw gibt unter ^^: »<o<t a ponj, a 
small baggage horse". Über diese kleine, hOchst ausdauernde 
Pferderasse, „the hardj, small, thick set ponj of Tibet, Ladak, 
Eashmir» or Turkestan'' s. Deasj, In Tibet and Chinese Tur- 
kettan, London 1901, 8. 8. 

*) Diesen einfachen Natnrkindem zu imponieren konnte dem 
Torschmitzten Betrüger-Heiligen nicht schwer fallen. 



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202 

Steppen flössen Quellen; aus den Götzen erklang das 
Glaubensbekenntnis und andere wunderbare Sachen 
mehr. Achtzehn Götzentempel zerstörte er; 180 Un- 
gläubige fanden durch ihn den Heilsweg. 'Abdulkarim 
Chan entsandte nun einen Boten an Ishäq mit vielen 
Entschuldigungen, und der kam wieder nach Easgar. 
Mit dem Glauben des Ohäns aber war es vorbei, und 
im Herzen Ishäqs wohnte Grimm. Einen getreuen Ver- 
ehrer und Anhänger hatte Ishäq in Mu^ammed Sultan^); 
den hetzte er, er werde bald Herrscher werden, wofür 
Muljiammed ihm versprach: ,Dir gehört mein Leben, 
dir auch gehört das ganze Land'. Nun zog 'Abdulkaiim 
Chan mit 30000 Mann aus, um Gengapur zu nehmen-, 
nach sieben Tagen Marsch richtete ein von Gengapur 
herkonmiender gewaltiger Blitzschlag Vei-wirrung im 
Lager an, und der Chan, der glaubte, es handle sich 
um einen Überfall, floh halsüberkopf, obwohl es nur 
ein Blitzschlag gewesen war. Ishäq, der die Erfolg- 
losigkeit des Zuges vorausgesagt, liess nun Muhammed 
Chan den Zug machen, der mit 500 Mann Gengapur 
nahm, den Chan tötete und sein Land Ishäq schenkte. 
'Abdulkarim Chan wurde der erbitterte Feind Ishäqs, 
und dieser wünschte ihm dafür alles Schlechte an. 
Als Ishäq die Verfluchung aussprach, hatte MoUa Säkin 
Chalpa eine Verzückung; er erzählt darüber selbst: ,Ich 
sah den Profeten und Ishäq am Rande eines Teiches 
sitzen, sie sprachen über die Unhöflichkeit 'Abdulkarim 
Chans; der Profet blickte nach einem auf einem Ahorn 
sitzenden Storch und rief: Schlagt diesen Storch tot, 
er schreit zu sehr! Ishäq schlug mit einem Stock den 
Storch auf den Hals, und der fiel vom Baum. Is|;iäq 
rief: „Gott sei Dank, der Profet hat uns von der Bos- 
heit *Abdulkarims befreit*'. Dann sagte er: „MoUa 
Säkin, habt ihr geträumt?^ Ich entschuldigte mich. Drei 



') Nach Amin Ahmed Bszi im H<rft Iqtim war Prinz Mohammed 
der sechste der 13 Söhne 'Abdorradld Chans, also ein Brader 
'Abdulkerims, s. TR Einl. 121. 



I 8 



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203 

Tage später kam die Nachricht, 'Abdulkanm Chan sei mit 
Tode abgegangen i) und die Herrschaft sei auf Muhammed 
Chan übergegangen' (S. 30 Z. 3 — S. 32 unten). — Ishäq 
wohnte 12 Jahre in den vier Städten Aqsu» Easgar, 
Jarkend und Chotan und breitete den Islam aus^); er 
brachte eine Anzahl Personen zur Vollkommenheit; dann 
begab er sich nach Samarqand^). Muhammed Chan- 
lyqs*) Glaube geriet ins Schwanken, er sagte: „Meine 



^) (S<^y? ^J^y&t ^L^ l^r^' ^^^ /Abdulkerim Chan 
wurde Habicht*. Zur Metapher siehe Quatremöre, MSmoires sur 
la vie de Me'idani 58 und die Ergllnzimg der AusfuhruDgen dort 
in Histoire des Mongols 8 Anm. ö. Der Seelenvogel wurde ausführ- 
lich behandelt von v. Negelein in Globus Bd. 79 (1901), 367—361. 
381—384. Im Ansohluss daran handelte von dem ,Seelenvogel im 
islamischen Volksglauben* Goldziher in Globus Bd. 83 (1903), 
301 — 304. Da die Vorstellung durch ganz Asien geht, ist die bei 
den persischen Historikern so beliebte Metapher: ,der Vogel 
(Papagei, Habicht) seiner Seele entfloh aus dem Käfig seines LeibesS 
die in unserer Stelle bis zur Unkenntlichkeit verkürzt ist, nicht 
notwendig auf den Islam zurückzuführen. Über das Wesen des 
sonqär (sunqur) siehe die eingehenden Bemerkungen Quatremör es 
Eistaire des SuUans Mamlouks 1, 1 Anm. 126 (S. 90—95), über 
die mit einem ,Über die verschiedenen Schreibungen s. Quatre- 
mhre zu Maqnzi*s Histoire des sultans Mamlouks I S. 91^ fort- 
zugleiten (Jacob, Handelsartikel^ 54 n. 5) nicht zulässig ist. 
saqr (arab.) wird von swnqwr^ swnqär {sungar*^ das I nnr mater 
lectionis?) zu trennen sein. Keinesfalls hat saqr zum lateimschen 
sacer geführt (,Ich halte die Wanderung saqr-sacer (vom Arab. 
ins Lat.) für höchst wahrscheinlich' Jacob a. a. 0. 54). Zu der 
Schreibung yM^ y jSk hier vgl. das %j-ftXU«, das belegt ist bei 
Quatremöre a. a. 0. S. 91. Siehe «Nachträge'. 

^) Daraus geht hervor, dass jene Städte und das Land um 
sie damals nicht rein islamisch waren. Eine Erinnerung daran 
hat sich erhalten: ich hörte in Jarkend indische Muslims spotten, 
die Jarkender seien vor 300 Jahren noch ungläubige Qalmaqen 
gewesen. Vgl. das Fortschreiten des Islams S. 209. 

') Hier wie auch sonst in diesem Werke und meist in meinen 
übrigen Manuskripten Samarqand geschrieben. 

^) Die Anhängnng von lyg an Würdenbezeichnungen ist nicht 
selten; so ist in der Einleitung S. 4 Z. 2 von Mehdl Beklik die 
Rede; auch das lAUk oder baiMk im kitäb üUdräk (z. B. 197) ist 
hieherznziehen. 



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204 

Vorfahren haben an Sultan AlfataO geglaubt^ auch 
ich will hingehen, Pferde, Rinder und Hammel 
schlachten und nach dem Asch 2) beten^. Nun begab 
sich Astar Chalpam, den Ish&q zu seinem Stellrertreter 
für Kasgar gemacht, dorthin; das war ein Mann yoU 
Eifer und Kraft; er ging hinter dem Chan drein; in 
Gegenwart der ganzen Menge setzte er sich auf das 
Grab des Sultan Elfata rittlings und zappelte mit Armen 
und Beinen; die ganze Menge, der Chan voran, gerieten 
in Verwirrung. Da erschien plötzlich eine grosse 
Schlange und stürzte sich auf den Chalpa; kaum hatte 
dieser die Hand an das Schwert gelegt, da kam Ishäq 
selbst herbei und schlug der Schlange den Kopf ab. 
Der Chan und das ganze Volk weinten imd warfen sich 
Ish&q zu Füssen, weihten ihm das Land und erneuten 
ihm Glauben und Folge (S. 32 1. Z.-33 Z. 14). — 
'Abdullah Chan von Buchara 3) schickte seinen Bruder 
Döstum Sultan mit ÖOOOO Mann nach Kasgar; Muhammed 
Chan sass in Jarkend und wusste von nichts, bis Ishäq 
es ihm im Traum kündete; da machte er sich nach 
Kasgar auf und befestigte die Stadt; das feindliche 
Heer umzingelte aber diese und der I^ürst weinte in 
seiner Hilflosigkeit*) gegenüber der Übermacht. Da er- 
schien ihm plötzlich Ishäq lächelnd und froh, und be- 
fahl ihm, den nächsten Tag zu kämpfen, sein werde der 
Sieg sein, dann verschwand er. Den nächsten Tag 
rückte Muhammed Chan mit 5000 Mann zu Fuss und 
zu Ross aus und siegte; Ishäq hatte aber dringendst 
gewarnt, den Feind nicht zu verfolgen. Schliesslich 

^) Was hinter diesem (qahnaqisohen?) Gottesnamen steckt, ist 
nicht klar. Sicherer Bestandteil ist a2p, das auch in einem der yon 
F. W. R. Mflller hesprochenen manichäischen Texte vorkommt (s. S. 
Ber. Ak. Wiss. Berlin, 1904, IX S. S), Vgl. Alapatu Bitter 7, 435. 

') Ich belasse dieses Wort fOr das bekannte G^mcht aus 
Reis, Fett und Fleischstücken, das bei den Europäern unter dem 
Namen Pilaf bekannter ist. 

') Qemeint ist der äaibanide* Abdullah Chftn II, der 991—1006 
(1588—1598) regierte; s. schon oben S. 201 n. 1. 

*) Kennzeichneud für diese neurasthenischen Schwächlinge. 

10 



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205 

Bcbickte Döstum Sultan Ishäq 200 Tenge^); er selbst 
schwor 'Abdullah Chan, sein ganzes Heer habe gesehen, 
wie Ishäq mit weissgekleideten auf weissen Rossen 
reitenden Scharen') aus der Festung herangerückt sei, 
da seien seine Truppen sämtlich geflohen; Is^äq aber 
habe seine Leute zurückgehalten; wenn die verfolgt 
hätten, so wäre niemand davongekommen^). 'Abdullah 
Chan hegte feindselige Gesinnung gegen Is^äq und 
starb in dieser. Muhammed Chan weihte dem Heiligen 
dreimal die obengenannten Städte (Aqsü, Kasgar, Jarkend, 
Chotan). Alles zu erzählen wäre zu lang, und es ist 
Abkürzung nötig, damit das Hauptthema nicht zu kurz 
kommt*) (S. 33 Z. 14— S. 34 I.Z.). — Schliesslich starb 
Ishäq und wurde in Isfiduk begraben. Es gibt einen 
Platz, der zwischen dieser Ortschaft; im Norden und 
Dehbid im Süden liegt; nun hatte Machdäm einmal ge- 
sagt, der Prof et habe erklärt: ,Wer zwischen mir und 
'Otmän begraben wird, kommt ins Paradies', und des- 
halb sei 'Otmän abseits begraben worden; so werde 
auch der, der zwischen ihm und seinem Sohne Is^äq 
begraben werde, in das Paradies kommen; darum be- 
stimmte Ishäq, dass man ihn in Isfiduk begraben solle, 

') Nach dem Kars von Eafigar im Winter 1902/3 (9 Tenge = 
1 Rubel) = 22, 2 Rubel = ca. 48 Mark (vgl. hier Heffc 4 S. 117 
Anm. 1). Hedin g^ebt S. 2: ,1 tenge = etwa 22 Pfennige^ ; es ist 
aber zu erwägen, dass die Kursschwankungen beträchtlich sind; es 
kam in den letzten Jahren der Kurs 1 Rubel = 6 Tenge vor (also 
1 Tenge = ca. 36,3 Pfennige). Hat auch die Tenge in Turkestan 
eine ganz andere Kaufkraft ab das Geld bei uns und wird diese 
Kaufkraft früher noch bedeutender gewesen sein als heut, so er- 
scheint doch die hier genannte Summe als eine recht massige Huldi- 
gung. Maiila giebt 11,667 26000 Tenge (das ist sein teuke) als 
Einkaufte des Qalmaq-Ffirsten aus KaSgar und bemerkt in n. 1: 
,Tfuke, piece de monnoie dont la valeur r^pond k un tää d'argent'. 

*) MotiT der Bedr-Schlacht; siehe Müller, Islam 1, 113. 

') Ishäq spielte also geschicktes Spiel : das Zurückhalten der 
Truppen war vorsichtig, andererseits verband er sich dadurch die 
feindliche Partei. 

^) Wir würden dem Veiluser auch vom Erzählten manches 
schenken für ein paar Daten. Aber keine einzige Jahrzahl 1 



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206 

denn das Grab Machdüms war inDehbid^). Dass das 
Grab Ishäqs in einen hochgelegenen Garten verlegt ist, 
hat folgendes als Ursache: als Ishäq sieben Jahre alt 
war, führte einmal Machdüm sämtliche Genossen an 
den Strom 2); das Wasser war sehr gross; ein paar 
Chalpas gingen hinein, kamen aber nicht hinüber; Ishäq 
ereiferte sich und schlug den Fluss mit der Peitsche 
[Xerxesmotiv!]; der teilte sich, und sie gingen trockenen 
Fusses hindurch; Machdüm aber soll gesagt haben: 
mir scheint, du bist frech gegen das Wasser gewesen, 
und schliesslich wird das Wasser die Rache dir nicht 
schenken. Als einmal das Wasser bis nahe an das 
Grab Ishäqs kam, gab man dem Fürsten von Samarqand 
Nachricht, und auf dessen Befehl wurde der heilige Leib 
in einen dem Fürsten gehörigen Park überführt; das 
ganze Gelände wurde zum Waqf des Grabes gemacht 
und ist jetzt zu dessen Verfügung (S. 34 Z. 14— S. 36 Z. 6). 
— Von Ishäq blieben zwei Söhne: Choga Qutbuddin 
Chogam, der in dem Grabe des Vaters in dem hohen 
Garten liegt, und Choga Sädi Chogam; nach ihnen nennt 
man noch Choga Sahbäz Chogam, der sieben Jahre alt 
in Aqsü starb, und dessen heiligen Leib man nach 
Jarkend führen wollte, den aber das Volk von Aqsü 
reklamierte, worauf Ishäq seine Bestattung dort erlaubte. 
§ädl hiess eigentlich Jahjä. Als Ishäq aus diesen 
Städten wegzog, ernannte er zu seinen Chalpas: für 
Kasgar: Astar Chalpam, für Jangi Hi^är: Qäsim Chalpam, 
für Chotan: Ibn Jüsuf Chalpam, für Jarkend, die Haupt- 
stadt Moghulistans: Öädi (S. 36 Z. 6— S. 36 1. Z.). — 
§ädi nahm die Stelle des Vaters ein, sass auf dem 
Teppich^), leitete Verirrte auf den rechten Weg und 

*) Der Name bedeutet ,Weidendorf*. Bekannt ist das Dehbid 
in Persien, an der grossen Strasse Isfahan-Siraz. 

*) Es wird derselbe Strom sein, von dem in der oben S. 198 
erzählten Geschichte die Bede ist, der Amü Darjä. An ihm 
müssen die beiden Ortschaften Isf idok and Dehbid gelegen haben. 
Auf der rassischen 10 Werst-Karte finde ich sie nicht verzeichnet. 

') 86 j jade, d. h. hatte die Stelle des pöstniHn^ leitete die 
geistlichen Übangen. 

12 



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207 

bildete eine Anzahl Personen voUkommen aus. Zu jener 
Zeit kam der Sohn des Tsäni Ealän^) nach Easgar, 
nämlich Choga Muhammed Jüsuf Chogam und dessen 
Sohn Äfaq Choga, dessen eigentlicher Name HidäjetuUäh 
war 2). Diese beiden wurden in Easgar von der Be- 
völkerung höchst ehrenvoll aufgenommen. Damals 
herrschte in Jarkend 'Abdullah Chän^), in Easgar sein 
Sohn Jolbas ^) Sultan, in Aqsü Nüruddin Sultan ; sie führten 
aber kein strenges Regiment. Muhammed Jüsuf und 
Äfaq wurden von ihnen sehr geehrt 5). Eines Tages 
sah der Sultan*) aus der Qalerie, wie eine Menge zu 
Fuss und ein Mann zu Esel daherkommen. Es wird 
ihm berichtet, das sei Choga Muhammed Jüsuf Chogam ; 
er schickt diesem nun ein Rassepferd mit goldenem 
Sattelzeug. Der Choga besteigt das Pferd, lässt dann 
aber Äfaq aufsitzen, und dieser erklärt auf Befragen, 
er fühle sich, als ob er ein welterobemder Pädisäh sei. 
Sädi überwies ihnen alle seine in Easgar befindlichen 
Liegenschafken. Die Leute von Easgar, Jolbas Sultan 
an der Spitze, wurden ihre gläubigen Anhänger. Da 



*) d. h. des schon S. 198 n. 2 erwähnten Mohammed Emin, 
ältesten Sohnes Machdüms. 

*) Hierzu wird S. 37 Z. 5 f. eine den Namen Äfaq erklärende 
Bemerkung gemacht, die besagt: Äfaq wurde er deshalb genannt, 
weil er vom Osten bis zum Westen der Welt berühmt war. Vgl. 
Heft 5 S. 159 Anm. 3. 

*) Es wird zu schreiben sein: Ismail GhSn, denn dieser wird 
nach wenigen Zeilen als Herrscher von Jarkend genannt; auch 
im folgenden herrscht Verwirrung ; bald zeigt der Text* Abdul l&k, 
bald Ismall, wo sicher derselbe Mann gemeint ist. Ismä^Il Chan 
ist gesichert durch andere Quellen, siehe die genealogische Tafel 
der Öaghataiden TB 48/49, wo ein Isma^tl b. AbduU&h b. *Abdur- 
rahim b. *Abdurradid verzeichnet ist. Aus den Daten unseres 
Werkes ergeben sich mehrfache Ergänzungen und Berichtigungen 
zu TB Einleitung. 

^) Für Jolbars, mit dem in Kadgarien durchgängigen Schwund 
des r. 

^) Mit andern Worten: die Chogas waren die eigentlichen 
Herrscher und taten alles, was sie wollten. 

^ Gemeint kann nur sein Jolbas von Eaggar. 



13 



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208 

starb Sädi. Das ganze Volk, Ismä'il Chän^) an der 
Spitze, trug grosses Leid (S. 36 1. Z.— S. 38 Z. 6). §&di 
hinterliess zwei Söhne, 'Abdullah und *Ubaidalläh. Da 
sie noch nicht yolljährig waren, wurden sie von einigen 
Chalpas erzogen. Ismä'il Chan aber ehrte sie und be- 
trachtete sie als an Stelle ihres Vaters sitzend, weil sie 
das Muridtum begonnen hatten. Muhammed Jüsuf be- 
gab sich, sei es auf Einladung des Ohäns, sei es um 
seine Trauer zu bezeigen, nach Jarkend und erhielt 
von Chan und Volk viele Ehren. Schliesslich beschloss 
der Chan, Muhammed Jüsuf zu huldigen, und das Ge- 
rücht davon verbreitete sich im Volk. Das passte aber 
Sädls Chalpas gär nicht, und sie protestierten sehr 
energisch beim Chan und drohten, den heiligen Leib 
(Öädis) und die beiden Prinzen mitzunehmen und fort- 
zuziehen. Der arme Chan war in Verzweiflung. & 
behandelte die Sache dilatorisch: überlegt's euch bis 
morgen, Muhammed Jüsuf soll sich's auch überlegen. 
Die Chalpas beteten die ganze Nacht; besonders '^Ab- 
dul*^azlz Chalpam, ein Sohn des Astar Chalpam, zeichnete 
sich aus durch Verzückungen. In selbiger Nacht hatte 
Ismä'il Chan einen Traum: ein grosser weisser Kamel- 
hengst kam von aussen in die Stadt imd begab sich 
zum Altyn^); von diesem her kam ein kleineres Kamel, 



^) Siehe das S. 207 Anm. 3 gesagte. 

*) ijiv^l. Gemeint ist gewiss das Haaptheiligttim Jarkends: 
der Komplex Yon G-ebänden, der unter dem Namen Altyn 
Btizürük bekannt und nach dem Hauptstuck, dem Mausoleum des 
Heiligen Altyn, benannt ist Auch das aUyn derwöBe «Altyn-Tor*, 
das westliche der fünf Tore, wird nach diesem Heiligen benannt 
sein, denn es schliesst im Westen das Stadtviertel Altyn-Mahalle 
ab, in welchem jenes Heiligengrab liegt. Das ,oder Gold-PforteS 
das Hedin S. 4 dem ,Altun-d&rvase' erklärend hinzusetzt, beruht 
auf dem, was dem mit den Verhältnissen nicht Bekannten zu- 
nächst in den Sinn kommt. Ob das altyn in dem Namen des 
Heiligen ursprünglich gleich ,Gold' oder ob in dem Namen etwas 
Anderes steckt, lasse ich dahingestellt. Nähere Angaben kann 
ich über Altyn Büzürük nicht machen. Sein Tezkire wurde mir 
versprochen, ich erhielt es aber nicht. 



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209 

das rang mit dem grossen und überwand es schliesslich; 
da wusste der Chan, dass es anders kommen würde. 
Am nächsten Morgen zog Mnhammed Jüsuf ohne Be- 
gegnung mit dem Chan nach Ealgar ab; in der ersten 
Rastnacht in Toplaq^), einem Orte Jangi Hisärs, yer* 
starb er. Äfaq kam auf die Nachricht herbeigeeilt und 
überführte die Leiche nach Jäghdü. Für die Chalpas 
in Jarkend war das sehr günstig, sie wurden von Tag 
S5U Tage mächtiger. Ismä'll Chan verjagte nach einiger 
Zeit Äfäq aus 'Easgar und setzte dort seinen Sohn 
Babaq Sultan ein. Zwölf Jahre erfreuten sich nun 
diese Städte des besten Gedeihens, man wusste gar nicht, 
dass es Soldaten gebe, die Gelehrten • hatten grosses 
Ansehen, das Gesetz Muhammeds machte jeden Tag 
Fortschritte 2). Eines Tages sah der Chan 3) auf der 
Burg*) von Feme, wie alle Gelehrten sich dem Schlosse 
nahen. Der Chän^) drückt seinen Dank in über- 

») Ms. 122 S. 79, 5 JjjJ^y, Ms. 40 S. 40, 11 \Jy^y^. 
Es kann nur die bei Hedin Blatt 1 als Tuplik ca. 30 km. 
sfldöstlich Jangihisär eingetragene Ortschaft sein. Mnhammed 
Jüsnf hätte dann an einem Tage ca. 120 km gemacht, was mit 
den ausdauernden kleinen Pferden der Gegend nichts Ausser- 
gewöhnliches ist. Doch mag diese Parforcetour an der Kata- 
strophe mit Schuld gewesen sein. 

•) Vgl. oben S. 203 Anm. 2. 

*) Ms. 40 S. 41, 5 ^)VA^. Ich erwähne diesen offenbaren 
Eopistenfehler, weil er zeigt, in welcher Richtung Versehen zu 
erwarten sind und weil gerade die Verbindung Iä nicht selten 
auch dem Gefibten und Aufmerksamen Bätsei bietet oder ihn zur 
Falschlesung yerfOhrt. 

*) Ms. 40 8. 41, 5 J\j|, Ms. 122 S. 80, 8 J^l. Das Wort 
klingt meist wie ärk und so umschreibt es richtig Eadloff 1, 775. 
Das ^yi\ von Ms. 40 ddrfte nicht die üblichere Schreibung sein 
(Radioff hat nur S^\ wie Ms. 122). In ^j^^ii^t liegt die Sache 
anders, denn Emin wurde zu tmin, wie tanch zu UrUh (Qut. Bilig 
189, 9) durch rückwirkende Vokalharmonie. 

») So Ms. 122 S. 81, 3; Ms. 40 S. 41, 11 ^^L^ jJÜ| 4)u&. 
Et kann hier natürlich nur yon dem schon vorher genannten 
Isml^il Chan die Rede sein, und sein Name findet sich Ms. 122 
S. 82, 6, wo Ms. 40 an der entsprechenden Stelle S. 48, 11 wieder 
irrig 'Abdullah Chan hat. 



15 



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210 

schwänglichen Phrasen aus (S. 38 Z. 6— S. 41 Z. 13). — 
Choga 'Abdullah Chogam starb jung, sein älterer Bruder 
'Ubaidulläh nahm den Sitz auf dem Teppich ein und 
lehrte; er starbt) vierzig, nach andern fünfzig Jahre alt^) 
und hinterliess zwei Söhne: Su'aib genannt Ai Chogam 
und Dänijäl genannt Kün Chogam. Dänijäl wurde von 
allen Grossen, 'Abdullah Chan an der Spitze, sehr ge- 
ehrt (S. 41 Z. 3—48 Z. 11 [über den davon ausfallenden 
Teil siehe hier Anm. 1]). — Äfaq, von Ismä'il 
Chan aus Kasgar vertrieben 3), begab* sich nach der 
Stadt des öö*) und schlug am Tor des Götzentempels des 
Molla Mäni^) sein Lager auf. Am nächsten Morgen fragten 
die Lamas, wer er sei. ,Ismä'il Chan hat mich aus 
meinem Lande vertrieben, verschafft es mir nun wieder!' 
Der Dalailama^) sprach: ,Das ist zu weit von hier, da 
können wir nicht hingehen'. Äfäq: ,Gebt mir nur einen 
Brief an den Fürsten der Qalmaqen, der soll mir ein 
Heer beigeben, an dessen Spitze marschiere ich, und 
man kann dann wohl Jarkend und Kasgar einnehmen'. 
Einen Brief dieses Inhalts gab man Äfaq mit, und er 



^) Mitten in diesem Satz briehtinM8.40 S.41 1. Z. die Erzählang 
ab und es folgt S. 42 Z. 1 bis S. 48 Z. 5 Anfang die, bis auf ge- 
ringe Varianten, wörtliche Wiederholung von S. 36 Anfang bis 
S. 41 Ende. Der Schreiber muss rein mechanisch gearbeitet 
haben, um das fertig zu bringen. In Ms. 122 ist alles in Ordnung. 

») Ms. 40 S. 41, 1. Z. und 48, 5 )y^ ^5;^ ^^ vJ'-A^ 

Ms. 122 S. 81, 10 ^Uäj Äi ^y3 \yjJb ^^if JL» ^jju** 
p'ihiOJyJ uyLi^. Zwür fehlt in Ms. 122 die andere Tradition, 
aber die Fassung der Notiz ist korrekt und logisch, während die 
in Ms. 40 aus zwei Gedankenreihen und Konstruktionen zu einem 
unmöglichen zusammengehauen ist. 

») S. oben S. 209. Während dort Ms. 40 richtig Ju r U^t 

^l^ zeigt, hat es hier und im folgenden ^^^^ '^l <X^. 

*) Es ist Lhasa als Stadt der Buddha-Statue Öö gemeint; 
siehe Nachträge. 

*) Siehe hierzu die bemerkenswerte Variante der Version in 
Ms. 122, die unten mitgeteilt ist. 

«) Ms. 40 ^ifUüL>il|4> mit dem Höflichkeitsplural. 



16 



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2^1 

marschierte mit dem bestellten Heere nach Kasgar. 
Isrnä*!! Chans Sohn Babaq Sultan machte einen Aus- 
fall ^) Der Häkim von Jarkend wurde von 

einem Pfeil getroffen und starb den Glaubeustod. Darauf 
belagerten die Qalmaqen Jarkend einige Zeit und nahmen 
es ein; Ismä'll Chänlyq^) schleppten sie in die Berge, 
die beiden Prinzen, Söhne des Machdümzäde Chogam^), 
schickten sie auf die Wallfahrt. Äfäq sagte zu den Qal- 
maqen: yMacht mich zum Choga^)> von diesen Prinzen 
will ich euch hunderttausend Tenge verschaffen/ Die 
Qalmaqen waren damit zufrieden, setzten Äfäq als Choga 
ein und kehrten zurück; bis heutigen Tages fallen die 
hunderttausend Tenge diesen Chogas zur Last, und die 
heut bestehende Berechnung des Alban ist eine Er- 
innerung an die Schuld der Chogas aus jener Zeit^) 
(S. 48 Z. 11-49 Z. 9). 



*) Hier ist eine Lücke ; denn es ist weder gesagt , mit 
weLchem Erfolge Babaq kämpfte, noch wird auf den Tod des 
Hskim von Jarkend hingeieitet Diese Lücke erklärt sich durch 

Ms. 122. Dort heisst es von beiden: cVa^w v^aa^aj» ^^| &^ 

^O^yi Der Kopist sprang in Ms. 40 von dem einen 

Eum andern iSber. Vgl. unten (S. 214j die Version des Ms. 122. 

*) Hier hat Ms. 40 den Namen richtig mit dem schon oben 
(8. 203 AnoL 4) besprochenen cTiärdyq, 

') Über den Machdümzäde Chogam, d. i. 'Ubaidulläh, und 
seine beiden Söhne s. oben S. 210. Die SteUe hier ist in Unordnung. 
Es scheint davon die Rede zu sein, dass auch der, schon oben 
ab gestorben berichtete Vater auf die Wallfahrt geschickt wurde, 
vgl unten 8. 216 Anm. 1. 

^) Die Anwendung des Wortes Choga hier in der Bedeutung 
^err', , Gebieter' ist nicht unwichtig; sie zeigt, das in der Be- 
nennung der Machdümzftdes als Ohogas der Hinweis darauf liegt, 
dass diese Saijids sich als Herrscher betrachten. 

^) Ob diese Erklärung der auch heute noch unter dem Namen 
Alban bestehenden Steuer richtig ist, ist zweifelhaft. Deasy, der 
sich mit den Steuerverhältnissen beschäftigt hat, bemerkt, dass 
ihm nicht gelungen sei, über das Wesen der Alban-Steuer Sicheres 
zu erfahren; siehe sein In Tibet and Chinese Twrhestain 8. 333. 

2 

17 



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212 

Dieser an dich mangelhaflteDy dazu noch entatelHen 
DarBteliung in Ms. 40 steht gegenüber eine ausfährliehere 
in Ms. 122 S. 82, 5 ~ S. 87, 1, die ich hier in extenso 
wiedergebe: ^Äftlq, von Ismä'il Chan aus EaSgar verjagt, 
wanderte von Stadt zu Stadt; über Easmir gelangte er 
schliesslich an den Ort 6ö ^) im Reiche China. Dort be- 
fanden sich Brahmanen-Schechs') von den Ung^ubigen 
Chinas, die asketische Übungen trieben, anstelle von 
Wundertaten Erleuchtungen 3) zeigten, das Volk er- 
mahnten und die reUgiösen Lehren der Ungläubigen auf- 
recht erhielten; es war da auch ein Kloster^) und Gottes- 
hans, wo die Ungläubigen allerlei übernatürliche Dinge 
und Wundertaten gleiche Erleuchtungen aufwiesen. 



>) Das ist die Stadt des Öö, s. 8. 210 Anm. 4. 

^ Hier ist der Angabe yod Mb. 40 der Vorzag za geben, 
denn es bandelt sich gewiss nicht um Brahmanen, sondern um 
Lamas. Da die Beschäftignng mit den Religionen der ungläubigen 
dem Islam durchaus ein nutzloser Greuel ist (Berünl ist eine Aus- 
nahme, die nicht Schule gemacht hat), so machen die islamischen 
Autoren die kuriosesten Sprünge, wenn sie auf diese Eäfir-Dinge 
eingehen müssen, und sie bemerken nicht, in welchen Wider- 
sprüchen sie sich meist bewegen, wenn sie von den Heiden 
sprechen. Der Feuerkultus, der doch keine Götterbilder kennt, 
geht ihnen mit dem Götzendienst, der ^ibädet aTamäm oder bui- 
peresd zusammen. Bei dem btOperestx ist aber, abgesehen von 
den Idolen Arabiens, vorwiegend an Buddha [butl] -Bilder zu denken. 
Kennzeichnend ist die Beschreibung des nöbahär {nava tfikära 
,Neukloster') von Balch Jaqut 4, 817 ff. : hier gehen die Schichten, 
die wir aus der Darstellung deutlich unterscheiden und die wir 
ja von vornherein annehmen müssen, — die buddhistische und 
die zaratustnsche — im arabischen Bericht nebeneinander her, 
ohne dass der Berichterstatter den Missklang fühlt. 

^ %jF^K<XjUAf| ; der Ausdruck wird einem terminus der 
Buddhisten — denn um solche handelt es sich hier — entsprechen. 

^) Das Wort, in dem ich „Kloster** vermute, ist, ebenso wie 
das Wort ^ t * " in V5)^^»*»*" C^**T^ verwischt aus Wut, 

dass Worte, die von islamischen Institutionen üblich sind, hier von 
den Heiden gebraucht werden. Nach den Spuren ist sUtil^ 
keineswegs sicher, doch ist ein Wort in der Bedeutung ,Klo«to* 
zu vermuten. 



18 



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213 

z. B. ihre Handpauken (?) ^) an die Sonnenstäubchen 
hängten [S. 83]; ihrer aller Handpauken fielen aber auf 
die Erde*). Die Ungläubigen gerieten in Verwirrung: 
^ Was ist das ftir eine Person ?^ Schliesslich wollten sie 
alle sich mit ihm messen; bald waren die Ungläubigen 
überlegen, bald Choga Äf&q; der nahm seine Zuflucht 
2um Olaubenssehutz^ und es entstand [?] ein BergwaU^ an 
dem sie yon der Spitze bis zur Sohle nicht den ge- 
ringsten Spalt fanden. Wohl oder übel mussten die 
Ungläubigen sich ergeben. Sie fragten : „Wer seid Ihr? 
woher kommt Ihr?" Der Heilige antwortete: „Ich bin 
der Weise und Cho^a der Gemeinde der Muslims^ 
speziell die Leute Ton KaSgar und Jarkend sind meine 
getreuen Murids. Jetzt ist einer gekommen und hat mir 
diese Städte entrissen und mich rertrieben; ich bitte 
Euch nun sehr, dass einer hingehe und dies mein Land 
wieder in meine Hand bringe". Der Brahmane sprach: 
„Dass von hier dorthin ein Heer marschiere, ist schwer*. 
Damit schrieb er an die Qalmaqen ^) einen Brief folgen- 
den Inhalts: „Choga Äfaq ist ein sehr grosser Mann, 
in seiner Religion auf der höchsten Stufe stehend und 
Herr [ChogaJ von Easgar und Jarkend. Ein Mann 
namens Ismä'il Chan hat EaSgar ihm [S. 84] entrissen*) 

^) Hier und gleich darauf hat der Text deutlich ^^^^, fOr 
das ich keine passende Bedeutung finde. Bei der ünkorrektheit 
aller dieser Texte liegt die Vermutung nicht fem, dass die Vor- 
lage zeigte v5)^J^^^ ^^^ ^^^^ ^^' Abschreiber 0^ fOr 
einen Schreibfehler hielt; ob er sich bei dem verbleibenden {^yf^^^ 
etwas gedacht, ist nicht zu wissen. Sieher ist, dass Jj>J^^ hier 
gat passt, denn Musikinstrumente spielen im buddhistischen Kult 
eine grosse Rolle. 

*) Es wird zu ergänzen sein, das ÄfiBKq in einen Wunderwett- 
streit mit ihnen eintrat und ihre Wunderkraft unwirksam machte; 
vgl. das Folgende. 

•) KiüiUjJLS ; S. 84,3 (^U^* ; die Schreibung geht wohl 
nur auf eine Zusammen werfnng mit dem Verbum qümaq zurück. Die 
Aussprache ist durchweg qalmaq. 

«) .^1 w^^ ^jJtö cXjU3^ ^ JL&ü (S. 88 L Z.); 
beachte das ^(> iXUj>^. 



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214 

und ihn selbst verjagt; du musst mit dem Heere auszieha 
und das Land wieder in seine Hand bringen*^. Der 
Heilige nahm den Brief und stellte ihn dem Fürsten der 
Qalmaqen zu. In roUster Demut handelte der BHirst 
nach der Anweisung des Schreibens und begab sich 
mit einem Heere nach Easgar. Als die Leute von 
EaSgar hörten, dass Choga ifaq mit dem Sengi^) ge- 
nannten Ungläubigen heranziehe, stellte sich Babaq 
Sultan an die Spitze eines Heeres, zog aus und kämpfte; 
ein Pfeil traf ihn und er fiel. Schliesslich unterwarf 
sich das Volk von Easgar. Nachdem man Easgar in 
Ordnung gebracht hatte, wandte man sich gen Jarkend. 
Aus Jarkend zog Ismä'Il Chan mit gewaltigem Heere 
ihnen entgegen und lieferte eine Schlacht. Aber nach 
Gottes ewigem Ratschluss war der Sieg nicht auf selten 
des Chftns, und so wurde der Häkim von Jarkend von 
einem Pfeil getroffen und starb den Qlaubenstod. Der 
Ohän erkannte scharfsichtig, dass das Unglück auf seiner 
Seite sei, der Sieg auf der der andern, und dass, wenn 
er noch viel kämpfe, das Unglück noch grösser werden 
würde; [S. 85] er zog nun mit seinen eigenen Dienern 
gegen jenes Heer aus, den Leuten in der Stadt aber 
empfahl er folgendes: „Macht die beiden Nachkommen 
Machdüms zu Anführern, haltet die Stadt und erklärt 
den Feinden, ihr würdet das Tor unter der Bedingung 
öffiien, dass sie einen von Euch selbst zum Haupt ein- 
setzen.^ Diese Bedingung wurde angenommen, und 
man öffiiete das Tor. Die Qalmaqen setzten den Heiligen 
ikuf den Thron und setzten Choga Jahjä, auch Chan 
Choga genannt, der der älteste Sohn des Heiligen war, 
über Eaägar; Ismä^il Chan aber nahmen sie samt allen 
seinen Leuten mit und kehrten zurück. Dass die Chane 
ikuf dem Gebirge von IIa Fuss gefasst haben, stammt 
daher. Als die Qalmaqen sich auf den Heimweg 



^) ^^KX^t; nach Bitter 2, 449 schrieben die jesuitischen 
Historiker Chinas diesen Namen des Vaters Tsevan Rabdans: 
Senga. 



20 



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216 

machten, Bchenkte Choga Äfaq unter Beirat der Landes- 
bewohner den Qalmaqen, damit sie für diesen Dienst 
nicht trocken heimkehren sollten^ tausend Tenge in Be- 
rechnung von tausend vollständigen Anzügen. Nun 
^ standen ketzerische Leute auf und mehrten sich von 
Stund zu Stund [S. 86], und diese Ketzereien werden 
aus den Köpfen der Untertanen bis zum Untergang der 
Welt nicht schwinden. Choga Äfaq sass fest auf dem 
Thron und war ein Taucher des Heeres der Gotterkenntnis 
[ma^nfet]. Leider vertrug sich das Cho^atum nicht mit 
der Thronherrschaft, und so kam es, dass Ismä^il Chan 
seinen jüngeren Bruder Huhammed Chan aus Turfan 
herbeirief und den auf den Thron setzte. Huhammed 
Emin Chan hatte seine Schwester an Choga Äfaq ver- 
heiratet imd war Hurid des Heiligen^); er ging nach 
dem Oebirge von Ba und nahm von den Qalmaqen 
viele Personen gefangen, auch eine Anzahl Fürsten 
fielen in seine Hand'). Nach einiger Zeit wurden die 
Sofis übermächtig und unbotmässig, und aller Arten 
Dinge fingen an zu passieren. Der Heilige aber merkte 
nichts, denn er war in göttlicher Versunkenheit. 
Mu^ammed Chan floh aus Angst und wurde schliesslich 
von einem seiner eigenen Diener ermordet. Choga 
Äfaq gewann wieder die Herrschaft' 3). 

Was sich weiter anschliesst, weicht nach Inhalt und 
Anordnung erheblich von den folgenden Abschnitten 
des Hs. 40 ab und ist deshalb in den Exkurs über 
Ms. 122 verwiesen. — Nun weiter nach Hs. 40. 



') Die Übersetzung ist unsicher; Text: c^4>M säKmf> va> y < n*v 
xA^iXAxi». Der Plural des Verbums spricht dafOr, dass der Heilige 
Subjekt ist, dann fehlt aber ein Subjekt fttr den folgenden auf 
i^iXXf v^aaXaS ausgehenden Satz, der sich kaum auf den 
unkriegerischen Chog^a Äfllq beziehen kann. 

*) Mit übertriebener Ziffer ist von diesem Zuge die Rede 
unten S. 223. 

") Der Sinn dieser Darstellung ist wohl, dass der arge 
Intrigant Äfaq nur so tat, als wisse er von gar nichts, in Wirk- 
lichkeit aber der Urheber der Vertreibmig und TOtung seines 
Schwagers war. 



21 



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216 

Machdümzide Chogam war auf die Wallfahrt ge- 
gangen und auf dieser in Kasnür gestorben^). Seine 
Lieiche wurde nach Dehbid gebracht. Äfltq schickte 
auf die Nachricht davon an die Prinzen einen Brief, 
sie sollten kommen und mit ihm zusaoimen wohnen. ' 
Ai Chogam ging darauf ein und machte sich nach 
Jarkend auf, wurde aber in San^ ron einer Kreatur 
Afaqs gemeuchelt. Danach brachte Äfäq noch Mirzi 
Barät Ächond, ' Abdurrazzäq Chalpa und ein paar hundert 
andere Chalpas und Vornehme zu Tode. Gleich darauf 
fuhr Äf%q selbst zur HöUe^). Danach schickte uelläd 
Chftn Pädisäh^) eine Person ab und liess Ch&n Choga^) 
in Ea^ar ermorden. Äfaqs Witwe wurde von ihrem 
eignen Sohne Hasan aus der Welt geschafft. Zahl und 
Einfluss der Diwänes stieg ins Unendliche. Auf die 
Nachricht daron kam Aqbas Chän^ und nahm Jarkend 
unter eigene Verwaltung; tausend IHwänes liess er vor 
dem Qabagh Artqu-Tor^) hinrichten, und so blieben in 
Jarkend nur noch wenige Diwänes (S. 49 Z. 9 — 50 Z. 5). 
— Dänijäl kam aus Elasmir zurück nach Dehbid und 
besuchte zunächst die Gräber Machdüms und Is^äqs; 
nachdem er dort einige Zeit gelebt, ging er nach Cho^nd 

M Die Erwähnung 'Ubaidollähs hier ist nicht am Platze und 
sie scheint irrtümlich. In der Darstellung in Ms. 122 (s. Exkurs) 
ist von dem Vater nicht die Bede, sondern nur von den beiden 
Prinzen Ai Chog;am §u'aib und Eün Chogam DinijäL 

*) Ist auch diese Darstellung offenbar ron heftigem Hasse 
gegen Äfaq eingegeben, so wird sie doch im allgemeinen richtig 
sein; sie stimmt aber nicht damit, dass bei der ersten Erwähnung 
Äfaqs 8. 37 Z. 4 f. (s. oben S. 207) diesem die üblichen Schwulst- 
namen gegeben werden, und ebenso auch sp&ter. 

*) Das ist Ch&nim Pädifiäh, denn gemeint ist die verwitwete 
dritte Frau Äfäqs, s. unten S. 217. 

*) Das ist Jafagä Chan Chogam, Sohn der ersten Frau Äfaqs, 
8. unten in IE. 

*) Ober Aqba§ Ohän, dessen Name noch heut im Volke lebt 
als AghwaS Chan, siehe Nachträge. 

*) Das Tor heisst heut beim Volke Qawat-Derwäze; es ist 
ulcht unwichtig, dass hier die schriftsprachliche Form, die wohl 
das Ursprüngliche darstellt, erhalten ist. 

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817 

und heiratete. Eß wurde ihm in Chogend Cho^ Ja*q[ab 
Chogam geboren; der schon vor der Geburt Wunder 
verrichtete; und dem der Name Cho^ 6ihftn gegeben 
wurde; sein Hauptheiliger war §6ch MuslihuddmChogendl, 
an dessen Grabe er Hilfe suchte und fand, wie denn 
auch der §^h ihm die Schwierigkeiten beim Studium 
löste (!). Er bestätigt das selbst in einem Verse. In 
Sanmrqand, Buchara und Balch hielt er Sitzungen mit 
den Gelehrten und Vornehmen, wovon Ächond Molla 
MeShün in einem Verse spricht (S. 50 Z. 6 — 51 Z. 11). 
— Äfaq Choga regierte in Jarkend nach dem Gesetze 
Muil^unmeds; bisweilen nahm er den SSchstuhl ein, 
unterwies die Murids in den Tarlqat-Begeln, präsidierte 
Zikr-Andachten, dozierte das Mesnewi ^) und hatte Ver- 
zückungen; tausend bis zweitausend Studenten hingen 
an seinem Munde. Von der Chänim Pädisäh hatte er 
einen Sohn, Hasan genannt, auf den er sehr stolz war; 
er pflegte zu sagen: ,Als ich mit Hilfe des Qalmaq- 
hehres dieses Land genommen und den Thron bestiegen 
hatte, da wagte ich aus Scham vor Gott und seiaem 
Profeten den Kopf nicht aufzuheben; mit der Geburt 
dieses Sohnes ist die Scham geschwunden, mein schwarzes 
Gesicht weiss geworden'. Seinen Leichnam begrub 
man in Jäghdü in EjiSgar^). Die Chänim Pädisäh zog 
mit ihrem Sohne nach Jarkend. In Easgar übernahm 
Cho^ Ja^jä Chogam 3) die Herrschaft. Bald zog die 
Chänim mit dem OberqäA (A'lem) von Jarkend ui^d 
allen Gelehrten und Emiren nach Easgar, um am Grabe 
Äfaqs zu beten und wurde von Jabjä ehrfurchtsvoll 
empfangen. Elines Tages lud der A'lem von Jai*kend, 



*) Das Lehrgedicht Öeläleddln Bonus wird auch heute regel- 
mässig in den Medresen Mittelasiens interpretiert. 

') Heute scheint der Name fOr den Ort, wo sich das Ghrab- 
mal Äfaqs und der andern Ctioj^ befindet, nicht üblich zu sein; 
den Komplex von Gebäuden und die darumliegenden Häuschen 
hört man immer nur ,Haset [so] Äpäq' nennen. 

') Das ist der schon oben erwähnte Sohn der ersten Frau 
Ifkqs, auch Chan Choj^a genannt. 



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218 

Äehond Mirzä Barät^? Ja^jÄ zur geheimen Beratung ein: 
die Herrschaft sei für Jahjä zu schwer, auf der einen 
Seite seien Kirgisen, auf der andern Qahnaqen, er solle 
doch nach der Hauptstadt Jarkend gehen und dort als 
Chan herrschen; die Chänim werde mit ihrem Sohne 
in Kasgar am Grahe beten; die Feinde könnten dann 
nichts tun, und man werde das Land halten. Jahjä 
weigert sich zuerst, den Verrat zu begehen 2), der Mirzä 
überzeugt ihn aber, dass es zum Besten des Landes 
notwendig sei. Äehond Holla Taqi^), der bei der Be- 
ratung zugegen gewesen, schwätzt es seiner Frau aus, 
und diese läuft gleich zur Chänim. Die Chänim gibt 
einigen Leuten Schwerter, um Jahjä zu töten. Jahjä 
wird, als er am nächsten Morgen der Chänim die Auf- 
wartung macht, von ihr angekeift, dass er in der Stadt 
wohne und sie draussen beim Grabe wohnen lasse; 
da sie sein Gast und seine Mutter sei, müsse er Tag 
und Nacht vor ihrer Tür schlafen; sie stamme von 
Chanen ab^), während seine Vorfahren bei denen schma- 
rotzert hätten. Jahjä lässt es an bitteren Antworten nicht 
fehlen. Der bei diesem Streit anwesende Lauf Bakäwul 
sah, dass die Sache schlimm wird, und nahm Jahjä bei 
Seite. Die Chänim machte sich nach Jarkend auf den 
Weg. Kaum angekommen, liess sie eines Nachts Mirzä 
Barät von Dlwänes ermorden. Sechs Monate nach dem 
Tode Äfaqs schaffte man mit Erlaubnis der Chänim 
Jahjä und zwei seiner drei Söhne aus der Welt*). Den 



') Entweder handelt es sich hier um einen Namensvetter 
des S. 216 Ermordeten oder der Bericht ist irrig. 

') Es handelte sich darum, die Chänim kaltzustellen, denn 
sie hatte die Ahsicht, nach dem Tode Ä&qs die Herrschaft selbst 
weiter zu ftihren. 

*) 8. 53 Z. 4 Saqi (wohl absichtlich mit boshaftem Witz: 
,der Elende'), Z. 5 Taqi geschrieben. 

*) Da haben wir die Wut der weltlichen Herrschaft, die 
sich von der schlauen Pfaffenschaft verdräng^ sieht. 

^) Nach Ms 75 (Genealogie, siehe unten in ni) wurde Jalgä 
in Japalaq Terek getötet und hatte er nur zwei SOhne: * Abdulchäliq 
und Ahmed neben den Töchtern Ai Begum und Mäh B6gum. 

24 



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219 

dritten, Ahmed, entführte man nach dem Berge TöStik 
und barg ihn dort. Die Diwänes töteten anch Saijid 
Bek, den Häkim von Easgar. Die Chänim setzte 
darauf Molla Taqi als Häkim in Easgar ein. Der 
hielt sich aber nur wenige Tage, denn man brachte 
Ahmed nach Easgar und erhob ihn dort zum Ghän. 
Taqi flüchtete nach Jarkend. In Jarkend machte die 
Chänim ihren Sohn Mehd! unter dem Namen Pädisäh 
Cho^a zum Chän^). Es gab yiel Blutrergiessen, so dass 
man die Chftnim ,6elläd Chänim'^), Madame Henker, 
nannte. Sechs Monate nach dem Tode Jahjäs stachen 
die Diwänes die Chänim selbst ab, nicht ohne Mühe, denn 
sie war mit einem dicken Rock bekleidet. Sie endete 
mit den Worten: ,Das hat mir Choga Mehdi getan!' 
(S. 51 Z. 11 — 64 Z. 12). - Als das Land leer ge- 
worden war, nahm AqbaS Chan, der jüngere Bruder 
des Muhammed Emin Chan, es ein und liess zu- 
nächst tausend Diwänes wie Schafe abschlachten; 
mit ihrem Blute liess er eine Mühle treiben und Mehl 
mahlen^). In Easgar setzte er seinen Sohn Sultan 
A^ed Chan ein und gab ihm eine Tochter Jalyäs 
zur Frau. Zu jener Zeit war Muhammed Emin B6k, 
Sohn Qalender B^ks, in Kasgar Häkim^). Die Prinzen» 
die in Jarkend waren, verbannte Aqba§ Chan nach 
Indien. An Dänijäl schickte Aqbas ein Schreiben: 
seine Vorfahren seien die Jünger der Vorfahren Dänijäls 



') Die GbäDim sucht die Chan -Wfirde für ihre Söhne ein- 
zoffihren und so gewissermassen eine Eontinait&t des Hauses 
öaghatig durch weibliche Linie zu sichern. Die Ohogas hahen 
den Ghän-Titel nur vereinzelt angenommen. Mit Ohog^a Mehdi 
dauerte es übrigens, trotz oder vielleicht wegen des Ghän-Titels 
nicht lange. Er verschwindet sogleich von der Bildfläohe; vgl. 
S. 220 Anm. 3. 

*) In Ms 122 8. 104 Z. 9 foneüsch geschrieben: |H^l^ ^^^. 

') Es ist das ein beliebtes Motiv, nm die Menge des ver- 
gossenen Blutes drastisch darzustellen. 

*) Die Chinesen umschreiben Akim; er hatte J^nupeeUan 
gMraU de UmUs ks affairea de la vüle' Mailla 11, 566. 

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320 

gewesen, so müsse auch D&nijäl jetzt kommen und die 
Verlorenen reohtleiten. Auf dieses Schreiben hin sog 
Dänijäl mit seiner ganzen Familie ron Cho^end nach 
Easgar. Unter I^hrung von Arza Mu^ammed zogen 
die Kirgisen ihm entgegen und luden ihn in die Stadt 
ein^). Er ging aber nicht in die Stadt, und aueh das 
Volk von ELasgar erklärte : Wir haben einen Cho^a und 
brauchen jenen nicht^). Die Kirgisen veranlassten ihn 
nun, sich nach Jarkend zu begeben und dessen Be- 
wohner bereiteten ihm^ den Häkim an der Spitze^ einen 
höchst ehrenvollen Empfang und setzten ihn auf den 
Stuhl der Cho^awürde. Nach einigen Tagen aber er- 
klärte die Bevölkerung einstimmig, er sei zur Chan- 
würde nicht geeignet, und man wählte einen Kasaken- 
Chän, namens Häsim Sultan^). In Kasgar rissen die 
Eorgisen die Herrschaft an sich^): Arzü Muhammed trat 
an die Spitze; er, Qarachän Belüb^), Qarazengi Bek, 
Gärüb Bek und der Häkim Isikäghä (?) setzten Cho^a 
A^med an die Stelle, an die er gehörte^), und nahmen 
selbst die Leitung des Landes vollständig in ihre ELand; 



^) Mit der Stadt ist doch wohl Kaftgar gemeint, so dass es 
scheint, als hätten sich damals die Kirgisen bis zn einem gewissen 
Grade als die Herren der Stadt betrachtet. 

*) Der Choj^a der Kafigarer ist der oben erw&hnte Ahmed, 
Enkel Äf&qs. Sie hielten 's eben trotz der Schreckensherrschaft 
Äfaqs mit dessen Partei nnd wollten von Dftmjäl, dem SprösaUng 
Ish&qs, nichts wissen. 

') Was ist aus AqbaS Chan geworden? Beide Handschriften 
schweigen. Walichanow sagt S. 37: ,Der Jarkender Chan 
Afiem [= HäSim], ein Kirgisen-Snltan, der in die Stadt gemfen 
war, nachdem Akbai^-Chan, unbekannt weshalb, mit 
Appaks Sohn Mehdi nach Hindustan abgegangen war*. 

*) d. h. sie waren von der Äföq-Partei zu Hilfe grerufen. 

^) Für ^y^ als Namen spricht, dass die p-Form von bdfnaq 
in Ms. 40 sonst ^yy^ geschrieben ist. Doch kann zu verstehen 
sein: Qarazengi Bek als Qarachän (Chef eineß Wachtpostens). 

') Damach scheint es, als sei es mit der Herrschaft Ahmeds 
schwach bestellt gewesen und als sei er nicht allgemein anerkannt 
worden. Oder aber: sie wiesen ihm seinen Platz an, lieesen ihn 
nicht dreinreden. 



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281 

BoUimm spielten sie den Jarkendern mit; bald be- 
drängten sie sie durch offene Räuberei , bald 
machten sie nachts Gefangene unter ihnen ^). Eines 
Tages yerständigten sich Qarazengi Bek mit 500 Reitern 
und 6ärüb B^k mit 500 Bewaffneten zu einem Raub- 
zug gegen Jarkend; einer sollte unbemerkt durch das 
Altyntor in die Stadt dringen und den Easaken Häsim 
Sultan gefesselt entführen; der andere sollte durch das 
Chäneqäh-Tor eindringen, den ^ikemi Ealän^) namens 
Häkim 'Alemsäh Bek und den Isikäghä §äh Ga'far Bek 
fesseln und samt Choga Dänijäl entführen. (S. 54 
Z. 12 — 56 Z. 4.) Die Bedrohten erhielten rechtzeitig 
Nachricht. Cho^a Dänijäl, 'Alemsäh Bek und §äh 
Ga'far Bek befestigten jeder das Tor seines Hauses 
und stellten Leute als Wachen aufs Dach. Häsim 
Sultan schwang sich auf die Nachricht, nur mit einem 
Polizeistock bewaffnet, auf einen mageren Hengst, Uess 
die Easaken, die er zur Hand hatte, aufsitzen, und zog 
dem Feinde entgegen. Vor dem Tore traf man sich. 
Der Eirgise 6ärüb B^k stürzte sich mit einer fünf Ellen 
langen Lanze auf den Sultan, der aber parierte geschickt, 
schlug mit seinem Stock die Lanze in zwei Stücke und 
spaltete dem Feinde selbst den Eopf. Noch drei, vier 
andere Eirgisen brachte er mit seinem Stock zu Falle. 
Die Feinde flohen. Er wurde von den andern sehr 
gefeiert. Zugleich wurde alles zum weiteren Eampfe 
bereit gemacht Über die Rotte, die unter Qarazi^ngi 
angriff, wurde ebenfalls ein Sieg erfochten. Am nächsten 
Tage versprachen die Eirgisen durch einen Gesandten, 
nie mehr das Gebiet von Jarkend betreten zu woUen; 
zugleich wollten sie die aus Jarkend geraubten drei- 
tausend Personen gegen Auslieferung des einen Gärüb 



^) Menschenraab kam in Jarkend noch in der Mitte des 
▼origen Jahrhunderts vor. Der in Mittelasien blühende Menschen- 
raub ist auch zur Beurteilung der Ghal(a-Frage heranzuziehen. 

*} d. i. Dickwanst; der Spottname ist wohl nach Analogie 
von Qädi Ealän gebildet, womit in den KaSgarischen Städten der 
Oberrichter bezeichnet wird. 



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222 

heraösgebeD. Die Soldaten setzten nun den von Häsim 
Sultan erschlagenen öärüb aof ein Pferd, befestigten 
ihn mit Holzstäben, wuschen seine Wunden und gaben 
ihm den Stock, mit dem er erschlagen war, in die Hand. 
So fiihrten sie ihn hinaus. Die Kirgisen wunderten 
sich von weitem, warum der tapfere Gäxäb den Kopf 
hängen lasse, und meinten, das sei wohl aus Scham 
über seine Gefangenschaft. Die dreitausend Gefangenen 
waren auf der einen Seite, der aufgeputzte Tote auf 
der anderen. Die dreitausend stiessen glücklich zum 
Heere, die Kirgisen aber waren untröstlich, als sie den 
Betrug merkten. Nie mehr Hessen sie sich sehen. In 
Jarkend schwamm alles in Freuden. Später verdächtigten 
Intriganten Dftnijäl bei H&sim Sultan als feindlich ge- 
sinnt. *) Häsim war von Natur argwöhnisch und furcht- 
sam. So zog er mit seinen Kasaken fort ins Kasaken- 
land, Dänijäl aber führte einige Zeit die Regierung 
(S. 56 Z. 4 — 58 Z. 8). — Nun hatte in früheren Zeiten 
Muhammed Elmin Chan unter Leitung und Fürbitte 
Äfaqs die Uneinigkeit der Qalmaqen von Ha benutzt, 
sie mit einem Heere überfaUen und 30000 Qalmaqen 
zu Gefangenen gemacht^) Diese Qalmaqen schlössen 
einen Bund miteinander, die Zerrissenheit der Muslims 
auszunutzen und zogen mit gewaltigem Heere auf 
Jarkend. Dänijäl sah, dass er zu schwach sei, ihnen 
Widerstand zu leisten, und hielt es mit dem Hadit: 
,Die Flucht vor dem, was nicht zu ertragen ist, ist eine 
der Lebensregeln der GottgesandtenS und unterwarf 
sich. Die Ungläubigen richteten aber keinen Schaden 
an, sondern ehrten ihn und bestätigten ihn auf dem 
Throne von Jarkend. Dann zogen sie gen KaSgar. 
Dänijäl begleitete sie listig mit Truppen. Die Kasgarer 



^) Die ,Verdachtigaiig' wird wohl begrOndet gewesen lein. 
Dänijäl erwies sich allenthalben als skrapelloser Realpolitiker und 
hätte HäSim mit Oewalt ans dem Wege geschafft, hätte der nicht 
rechtzeitig den Platz geräumt. Der J)aDk des Haoses Maohdüm' 
für die Rettong aas der Kirgisengelahr wäre HäSim sicher gewesen. 

^) Es wird der Zug gemeint sein, von dem S. 215 die Rede war. 



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223 

verteidigten sich einige Tage, dann ölSfneten sie das 
Tor. Choga Ahmed fiel den Ungläubigen in die Hände. 
Sie wollten ihn töten. Da warnte sie Dänijäl: ,Wenn 
ihr das Land der Muslims haben wollt, dann hütet euch 
sehr, ihre Chogas zu töten, denn die sind von den 
Ejndem ihres Propheten, und sie ertragen deren Tötung 
nicht; sie würden sonst mit Weib und Kind im er- 
bittertsten Ringen mit euch sterbend i) So nahmen die 
Ungläubigen von der Tötung Choga Ahmeds Abstand 
und überliessen es den Kasgarern, ihre Angelegenheiten 
nach eigenem Belieben zu ordnen. Ahmed selbst 
schleppten sie als Gefangenen mit nach IIa und hielten 
ihn in einem Grenzort in Gewahrsam^). Aber auch 
Dänijäl trauten sie nicht : er durfte nicht nach Jarkend 
zurück, sondern musste sogleich mit nach IIa; doch 
lebte er dort in Ehren, umgeben von seiner Familie 
und seinen Getreuen, die er hatte nachkommen lassen 
dürfen. Sieben Jahre ging es so^), dann liess Gott 
ein Wimder geschehen. Unter den 30000 Un- 
gläubigen, die Muhammed Emin Chan aus Ha als Ge- 
fangene fortgeschleppt, waren auch Personen aus den 
Fürstenhäusern. Die meisten davon waren Muslims 
geworden. Aus Herrengeschlecht war auch ein schönes 



*) Choga Ahmed yerliessen wir oben (S. 220), wie er von den Kir- 
gisen kaltgestellt wurde. Man liess ihn, scheint es, rnhig gewähren, 
weil man ihn nicht fürchtete. Dängäl hätte, da er selbst hinter 
der Tür steckte, schlauer sein müssen. War es eine gute Wallung, 
die ihn den Hauptvertreter der feindlichen Partie, den Enkel ÄfiÄqs, 
retten liess? Aber dieser Ahmed hatte Söhne und einer davon, 
Burhänuddln, wurde zum Verräter an der Sache der Gho^ und 
half mit zur Vernichtung der Söhne und Enkel seines Retters und 
zur Niederwerfung des Landes durch die Chinesen; s. unten, wo 
auch von den chinesischen Nachrichten über ihn die Rede ist. 

') Der Name dieses Ortes ist nicht genannt. Es wird das 
Mailla 11, 563 erwähnte Abakasek gemeint sein. 

') Walichanoff setzt die auf diese von ihm nicht erzählte 
Wundergeschichte folgende Rehabilitierung D&nijäl Chog^ in das 
Jahr 1720 (S. 37). Dann hätte der Zug der Qalmaqen, der Ahmed 
Choga und Dänijäl Choga beide nach IIa führte, etwa 1712 statt- 
gefunden. 



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224 

Mädchen. Dänijäl, der ihren Islam emeaert^^ hatte sie 
2ur Ehe erkoren. Als nun die aufständischen Qalmaqen 
Jarkend und Kasgar überfielen^ machten sie zahbeiche 
Gefangene unter Muslims und Nichtmuslims und nahmen 
sie mit in ihr Land. Darunter dieses Mädchen. Man 
gab sie einem der Qahnaqenfürsten. So oft sich dieser 
ihr nahen wollte, befiel seinen Körper ein Zittern und 
er wurde kraftlos. So hielt er sich fem, bis die 
Schwangerschaft ihr Ende erreichte. An dem Tage, 
an dem das Kind geboren wurde, war es, als breite 
sich ein Glanz über die Welt. Es war ein ausser- 
ordentlich schöner Eoiabe, den man mit Sorgfalt be- 
handelte. Bald zeigte er viel Verstand und man Hess 
ihn in Schrift und Wissenschaft nach Brauch der 
Qalmaqen unterrichten. So wurde er sieben Jahre alt. 
Niemand wusste, dass er der Spross eines Muslims sei. 
Seine Mutter fand kein Mittel, die Sache zu offenbaren, 
fand auch keinen Muslim, dem sie das Geheimnis mit- 
teilen konnte, denn ihr Stamm wohnte in dem Lager 
des Fürsten und war von dem Lager der Muslims 
einige Monate weit entfernt. Zufälligerweise kam eines 
Tages ein muhammedanischer Kaufmann zu ihrem 
Stamm und beim Umherwandern kam er auch in das 
Haus jener Frau, die ihn sofort als Muslim erkannte, 
ihm den Knaben vorführte und ihm das Geheimnis 
mitteilte. Sie gab dem Kaufmann ein Schreiben an 
D&nijäl mit, mit dem Auftrage, auch mündlich ein 
Zeichen von ihr zu sagen. Als der Kaufmann damit 
zu Dänijäl kam, entbrannte dessen Herz, und er nahm 
sofort Brief und Kaufmann in das Lager des Fürsten, 
dem er die Sache vortrug. Der Fürst schickte einen 
höheren Beamten und von seiten Dänijäls die Chalpas 
'Ubaidulläh und MoUa Meshüri alias Ächond MoUa 
Ibrahim ab; fänden sie die Sache in Ordnung, so 



*) Diese Ausdrucksweise geht auf die VorstelluDg zurück» 
dass jeder Mensch als Muslim geboren wird und erst durch die 
Eltern von dieser rechten Anlage abgebracht wird. 



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225 

tollten sie das Kind den Hnslims übergeben; sei es 
sweifelhaft, so solle man den Ehemann, das Kind und 
die Frau herbeibringen; liege offenbar ein Irrtum ror, 
so sollten die Muslims bestraft; werden. Im Lager an- 
gekommen, wollte der Mann das Kind ihnen durchaus 
nicht zeigen; das Kind aber schüchterte er ein, die 
Fremden seien Menschenfresser, so dass der Knabe die 
Fremden nicht sehen wollte. Die Frau blieb dabei, der 
Knabe sei der Sohn des Dänijäl. Da die Unter- 
suchung nichts Genügendes ergab, so kehrten sie alle 
in das Lager des Fürsten zurück. Der Mann warf 
sich dem Qongtflgi ^) zu Füssen und bat ihn flehentlich, 
er möge den Weissturbanen nicht gestatten, die Sache 
nach ihrem Recht zu entscheiden, er werde die 
Trennung von seinem einzigen Sohn nicht aushalten 
können. Die Qalmaqen sannen nun auf eine List. Es 
sollten am nächsten Tage die Muslims in ihrer Tracht, die 
Qalmaqen in der ihrigen sich im Sawrun (Audienzsaal) 
versammeln. Die Muslims erschienen mit Erke Chan, 
Timur Chan und Dänijäl Chogam an der Spitze; auf 
der andern Seite sassen die Qalmaqengeneräle in einer 
Reihe; die qalmaqischen Kläger hatte man oben hin- 
gesetzt. Dem Knaben hatte man eingeredet: ,Diese 
Weissbeturbanten sind Menschenfresser, geh' nur ja 
nicht zu ihnen heran, denn sonst essen sie dich, setz 
dich vielmehr dem Qalmaqen, deinem Vater, auf den 
Schoss.^ So instruiert führten sie den Knaben in den 
Saal. Die Muslims waren mutlos. Dänijäl flehte zu 
seinem heiligen Ahn und sass versunken in das Meer 
der Gottesanschauung. Der Fürst fragte den sieben- 



Das ist Tsevan Babdan, der seit 1696 siob als alhnächtiger 
Gebieter über Tarkestan betrachtete. Seine Stellung wird gut 
beleuchtet durch die Bitte, welche der Öagbataide AbduIiSet, d. i. 
*Abdnrredid, der sich vor Galdan mit seinem Sohne Brke Sultan 
nach Tsining geflüchtet hatte, an den Kaiser Eang-hsi richtete, 
ihm Empfehlungsbriefe an Tsevan Babdan zu geben. Über diesen 
Abdurrefiid kann ich auch nicht mehr sagen, als aas Taricht 
BeSidi Einl. S. 123 zu ersehen ist. 



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226 

jährigen Elnaben: Jst dein Vater dieser Qalmaq, oder 
Choga Dänijäl? wer dein Vater ist, dem setz dich auf 
den Schoss/ Der Knabe wandte sich den Qabnaqen 
zu. Alle sahen, wie er sich ihnen nahte; da brach er 
plötzlich in lautes Weinen aus und stürzte sich Dänijäl 
Chogam in den Schoss und wurde bewusstlos. Auf 
beiden Seiten schluchzte man heftig und war tief er- 
griffen. Auch der QongtägT weinte sehr und erklärte: 
, Chogam, Gott hat für dich gesprochen, nimm deinen 
Sohn; deine Chogaeigenschafk ist Wahrheit, ich verleihe 
dir diese vier Städte i) als Chogaschaft; wohne in deiner 
Stadt. ^ So wurde Dänijäl aus den Fesseln der Un- 
gläubigen befreit, liess seinen Sohn Chogai Gihän bei 
dem Qalmaqenfürsten und begab sich selbst nach 
Jarkend, den neugewonnenen Sohn aber kleidete er 
islamisch, feierte ein grosses Beschneidungsfest und gab 
ihm den Namen Jüsuf Choga (S. 58 Z. 8—64 Z. 10). 
Dänijäl beherrschte von Jarkend aus auch die 
andern Städte Kasgar, Aqsü und Chotan. Er war ein 
frommer und gerechter Fürst. Jüsuf studierte fleissig 
und erwarb reiches Wissen. Die Qalmaqen hatten zur 
Zeit Äfaqs das Versprechen von hunderttausend Tenge 
erhalten 2), und diese erhoben sie nun von den Städten 
Moghulistans als Kopfsteuer; manchmal reiste Dänijäl 
nach IIa, um mit den Qalmaqen eine Begegnung zu 
haben. Sieben Jahre waren vergangen, da sollte die 
Tochter des Qongtägi mit dem Sohne des Fürsten der 
Turgut - Qalmaqen Hochzeit feiern ; zu dieser wurden 
auch die Grossen der MusUms mit Dänijäl an der 
Spitze eingeladen. Notgedrungen mussten sie gehorchen 



^) Walichanoff hat an der entsprechenden Stelle (S. 37) 
,8ech8 Städte'. Aach S. 35 spricht er von der ,ganzen Bevölkerung 
der 9ech8 Städte'. Auch in onserm Tezkere ist an andern Stellen 
von den ^Sechs Städten' die Rede, und es ist kein Zweifel, dass 
Tnrkistan lange vor Ja*qüb Bek den Namen ^Altyiahr' (Alty6&r) 
fahrte. Es ist wichtig, das festzustellen, da der Versuch gemacht 
wird, den Thatbestand zu verdunkeln. 

*) Siehe darüber oben S. 211 und Anm. 5. 



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227 

und sich nach Ha begeben. Der ungläubige Qongtä^ 
verlangte von diesen Muslims die Hochzeitsfestausstattung. 
Was sie bei sich hatten, nahm er. aber er wollte mehr, 
indische Perlen und Geschmeide, Gold und Edelsteine, 
und als sie erklärten, das hätten sie nicht, bedrohte er 
sie heftig. Die Grossen warfen sich Dftnijäl zu Füssen 
und beschworen ihn, das Unglück von ihnen abzu- 
wenden. Dänijäl schüttelte heftig den Kopf. Nach 
einer Weile erhob er ihn und befahl ihnen, die ganze 
Nacht zu den Seelen der Chogas zu beten. So taten 
sie unter seiner Leitung bis zum Morgen. Dann ver- 
sicherte er, ihr Gebet sei erhört, und nach einer Weile 
erhob sich ein Tumult, der Qongtä^ sei gestorben und 
an seiner Stelle sei Ghaldän, Sohn öirins^), Fürst 
geworden. Man hörte nun im Schlosse, der Qongtägi 
sei von seiner Frau^), die ihren eigenen Sohn zum 
Fürsten machen wollte, vergiftet worden. Sie hatte 
auch Ghaldän Oirin, der von einer anderen Mutter war, 
töten wollen, das war aber Ghaldän verraten worden, 
und der hatte im Einverständnis mit den Generälen 
seine Stiefmutter imd seinen jüngeren Bruder getötet 
und sich auf den Thron gesetzt. Ghaldän gab den 
Muslims Freiheit, in ihre Heimat zurückzukehren; 
Dänijäl bestätigte er die Herrschaft über die vier 
Städte. Von den Grundstücken aber, welche die Chane 
dem Cho^ Ishäq Wall geweiht hatten, mussten auch 
ferner wegen der Schwäche des Islams den Qalmaqen 
Abgaben {bä§ u charä§) bezahlt werden. Als Dänijäl 
zum Sterben kam, rief er alle Familienglieder zusammen 

») Der Galdan-Tsering Ritter 2, 467. Er regierte nach 
Grigorjew 2,372 von 1727 bis 1745. Die Einzelheiten, die hier 
über seine Thronbesteigung berichtet werden, scheinen sich in 
andern Quellen nicht zu finden. In beiden Manuskripten ist der 

• o ^ 

Name ^J^^\ \:f^'7^ {^^^^^^ geschrieben (Ms. 40 ^jfiXJ^). 
Die Zurechtlegung von Galdan-Tsering als: Galdan Ihn Tsering 
nach islamischem Brauch hat, scheint es, keine Berechtigung. 

*) Das war eine Tochter des Chans der Tui^t-Qalmaqen 
Ajuki, Bitter 2, 454. 

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228 

und gab ihnen sein Vermächtnis: seinen Sohn Chogai 
Öihän empfahl er besonders seinem heiligen Ahn, und 
die übrigen Nachkommen wieder der Leitung dieses 
Sohnes; er habe diesen Ungläubigen Gehorsam leisten 
müssen, sein Nachfolger solle sie bekämpfen und den 
Islam an ihnen rächen und damit sich als rechten 
Saij id erweisen. Dann starb er. Im Altyn wurde er begraben i). 
Er hinterliess fünf Söhne und einige Töchter. Die Söhne 
sind: Chogai' Gihän Cho^am, Cho|a Aijüb Chogam, Choga 
Jüsuf Chogam, Choga Nizämuddln genannt Choga 
Chämüs Chogam, Choga 'UbaiduUäh Cho^am; die Töchter 
sind: [Ulugh 'Azizim Pädisäh und Eicik 'Azizim Pä- 
disäh; ihre eigentlichen Namen kennt man nicht ^)]. Alle 
Kinder betrachteten Chogai* öihän wie ihren Vater. Er 
selbst residierte in Jarkend, Jüsuf in Easgar, Nizämuddin 
genannt Chämüs in Aqsü, 'Ubaidulläh in Chotan^). 
Alle regierten sehr gerecht. Den Gelehrten und 
Frommen der vier Städte erwies Chogai Öihän grosse 
Ehre. Mit Vorliebe liess er sich Sijar- und Ta'rlch- 
Bücher vorlesen, ebenso Diwane, Ghazels und Mesnewis; 
auch machte er selbst Verse. Zuweilen veranstaltete 
er Dichterwettkämpfe und beschenkte die besten Sänger 
fürstlich; jeden Montag und Mittwoch ging er in die 
Medrese des Ächond Saijid Choga Ishäq, gewöhnlich 
nur kurz Cho^a Ächond genannt, und stellte Prüfungen 
an; wobei er die Begabten und Fleissigen belohnte, die 
Ungeschickten und Faulen durch Tadel anspornte; 
endlich unterwies er selbst zuweilen Derwische und 



^) In dem grossen Mazär-Eomplex des Altyn Büzürük wurde 
mir kein Ghrab als das des Choga D&ngäl gezeigt. Es wird sich 
aber leicht ausfindig machen lassen und ich lenke die Aufmerk- 
samkeit künftiger Besucher Jarkends darauf. 

») Nur in Ms 122, S. 128 Z. 5; in Ms 40 ist hier eine Lücke. 

"J Die Stelle ist in Ms 40 lückenhaft. Als letzten Namen 
haben beide Manuskripte TTbaidulläh gegen das 'Abdullah Wali- 
chanows S. 38. Die Teilung des Reiches unter die Söhne wird 
bei Walichanow S. 38, vielleicht nicht mit Unrecht, als das 
Werk des schlauen Qalmaqen Qaldan-Tsering dargestellt, der 
jedem Sohne Dänijäls besonderes Diplom und Siegel gab. 

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229 

intime Adepten in der Ordensregel. Dafür wurde er 
überschwänglich gepriesen, und man verglich seine Zeit 
mit der des Sultan Husain Mirzä^); doch bemerkten 
einige^ Sultan Husain Mirzä sei nur ein Mirzäde 
(fürstlicher Prinz) 2) und in mancher Beziehung nicht 
ganz vollkommen gewesen, Chogai' Gihän aber sei ein 
Nachkomme des Propheten (S. 64 Z. 10—70 Z. 10). 
— Hier folgt eine Erörterung über die leibliche und 
geistliche Abstammung im allgemeinen imd in An- 
wendung auf Chogai' Gihän^ die sich in einem weit- 
läufigen Bericht über fromme Werke und Worte des 
heiligen Mannes verliert (S. 70 Z. 10—102 Z. 13). 
Auf allen diesen Seiten ist nichts historisch Interessantes 
zu finden, wohl aber einiger Klatsch aus der älteren 
Heiligen- und Gdehrtengeschichte, gelegentlich auch 
Erörterung prinzipieller Fragen, wie der durch ein 
Fetwa des Muhammed El^äfizI entschiedenen, ob ein 
Murid, der sich einem andemMursidzuwendet, seinen ersten 
Mursid ausdrücklich verleugnen müsse (S. 78). Von einigem 
Interesse ist dieFeststellung S. 79, dass der geistlicheStamm- 
baum sich bei Machdümi A^zem in zwei Linien spaltete, die 
so verlaufen: 1. Machdüm — Choga Güjbäri — Choga 
Muhammed Emin, Sohn Machdüms — dessen Bruder 
Choga Bahä'uddin — Choga Häsim Dehbidl, Sohn des 
Muhammed Emm — Häsims Bruder Choga Muhammed 
Jüsuf — dessen Sohn Choga Äfäq; 2. Machdüm — 
Maulänä Lutfulläh öusti — Choga Ishäq — Choga 
§ä<ü — Choga *Ubaidullah — Choga Dänijäl — 
Maulänä Ja'qüb Chogai (jrihän. — An die Preisungen 
des Chogai öihän schliessen sich solche seines Bruders 



^) Gemeint ist Husain Baikarft von Herät, dessen Hof als 
Sammelplatz von Dichtem und Gelelirten berühmt war, siehe 
über diesen Urenkel Timors durch dessen Sohn Omar §aich, 
Müller, Islam 2, 827. 

•) Über die Anwendung des Wortes in jener Zeit speziell auf 
die Nachkommen Timurs, der sich ja einfach Emir nennen liess 
8. Müller, Islam 2, 316. 



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230 

Chämüs^); dieser stirbt in lla^), wo sich viele Muslims 
aus Chänfamilien befanden, unter Omen auch Nach- 
kommen Äfaqs mit Choga Mu'min^) an der Spitze; die 
Totenfeierlichkeiten leitete Timur Chan als Imäm; die 
Armen wurden reichlich bedacht. Die heilige Leiche 
führte man zu Kamel nach Aqsü imter Leitung 
^Abdullahs, ältesten Sohnes des Jüsuf Chogam, und setzte 
sie im Mazär des Choga Öahbäz bei*); 'Abdullah^) kehrte 
nach IIa zurück. Die Gebeine des ChämUs wurden später 
nach Jarkend überführt und im Altyn Mazär begraben. 
Li Jarkend baute Chogai' öihän in Ausführung eines 
Vermächtnisses von ChämUs die Schule Aq Medrese^ 
und versah sie mit reichlichem Waqf (S. 102 Z. 13 
bis 108 Z. 6). — *Ubaidulläh, der. jüngste der Söhne 
Dänijäls; heiratete die Schwester Erke Chans "^j und hatte 
von ihr vier Söhne: Semsuddin, Jahjä, Ahmed und 
'Äbid. 'übaiduUäh war als Residenz Chotan bestimmt 
worden, aber ehe er noch dorthin gelangte, nahm er 
die Stelle des verstorbenen Chämüs in Aqsü ein; nach- 
dem er eine Weile gerecht regiert, starb er; er wurde 
in Jarkend im Altyn Mazär beigesetzt. Nach einem 
Gerüchte, das im Volke umgeht, ist 'Ubaidulläh von 
dem gottlosen *Abdulwahhäb vergiftet worden. Die 



^) Geheiratet hatte er die Schwester eines Zähid, eine aus- 
gezeichnete Frau, Namens ülugh Ilam &^} ^J^)^ ^^^ ^^ ^^ 
S. 106; Ms 122 S. 191: ^ibf ^^1). 

') Es wird das Testament des GhämüS mitgeteilt, das dieser 
seinem Bruder Jüsuf verlautbarte. 

'} Das war nach der Bolle Hendricks ein Bruder des 
Choga Äfaq. 

*) Das befand sich in Aqsü, s. oben S. 206; in Ms 40 ^sch- 
lich: im Maz&r Ishäq Walls, Vaters des §ahbäz; das be&nd sich 
in IsfEduk, s. oben S. 205. 

'') Ms 40: *Ubaidullsh (in Ms 122 fehlt die SteUe), es kann 
aber nur 'Abdullah gemeint sein. 

^ Ich besuchte sie; es wird in ihr doziert. 

^) Dieser £rke Chan ist wahrscheinlich der jüngste Sohn 
Jüsufs, über welchen s. imten S. 231 Anm. 4, wo auch von dem 
Beinamen Erke gehandelt ist. 



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231 

Gbogas wollen aber von diesem Gerüchte nichts wissen 
und erklären es für falsch. Nach 'UbaiduUähs Tode 
hatte §emsudd!n mit seinen jüngeren Brüdern die Herr- 
schaft in Chotan inne (S. 108 Z, 6—109 Z. 10). — 
Jüsnf Chogam war ein ausgezeichneter Mann, besonders 
gut verstand er es, den gegen die Muslims gesponnenen 
Intriguen entgegenzuarbeiten. So hatten z. B. böswillige 
Menschen den Fürsten und die Untersucher (jarghü^i) 
der Qalmaqen bestochen, die Kopfsteuer der Muslims 
zu erhöhen, Jüsuf verstand aber diese Massregel abzu- 
wenden. Mit seinen häufigen Besuchen in Ha ^) verband 
er auch den Zweck, Spaltungen unter den Ungläubigen 
hervorzurufen, denn er barg in einer Falte des Herzens 
den Wunsch, für den Glauben zu kämpfen. Es gelang 
ihm, eine Anzahl Muslims, darunter Chane und Chogas, 
die in IIa gefangen waren, zu befreien (S. 109 Z. 10 
bis 112 Z. 9). — Jüsuf hatte vier Söhne«): 'Abdullah^), 
Mu'rain) Qutbuddin und Burhänuddin, auch Erke^) 
Chogam genannt. Einige von diesen Söhnen nahm 
Jüsuf mit nach Ha, damit sie die Verhältnisse dort 
kennen lernten, wenn es zum Kriege käme. Als Jüsuf 
zum letzten Mal nach Ha kam, fand er die Fürsten der 
Ungläubigen in verändertem Zustande und sah ihre 
Zerrissenheit*). So glaubte er die Zeit zur Ausführung 

') Wie weit sein Aufenthalt in IIa freiwiUig war, läset sich 
aus dem Text nicht ausmachen; es heisst nur: ,er befand sich 
meist in Ila'. Nach Walichanow S. 88 wäre Jüsuf vom Qal- 
maqen-Chän, der in unserm Texte als töre bezeichnet wird, 
genötigt worden, in Ila zu wohnen. 

') Von seinen Frauen werden erwähnt: die Kirgisin B%jän 
ÄghSöa, 8. S. 289, und Öemile Ägh&5a, s. 8. 251. 

') In Ms. 40 'Abdurrahim, in Ms. 122 *Ubaidulläh; vgl. 
oben 8. 230 Anm. 5. 

*) Zur Erklärung des Namens Erke ist bemerkt: ,weil Jüsuf 
diesen Sohn ganz besonders liebte, wurde er Erke genannt*. 
erke ist in der Tat ,Liebling' (Glossar s. v. Liebling). Shaw: 
, Oo| irJea (aclj.) [ich kenne es nur als Subst.] pet, favourite'. 

*) Es sind die Wirren gemeint, die Ritter 2, 457 berichtet 
sind, und aus denen Davatsi und schliesslich Amursana als Macht- 
haber hervorgingen 

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232 

seiner Pläne gekommen. Niemandem aber vertraute er 
sein Geheimnis an (S. 112 Z. 9—114 Z. 11). — Nun 
war zu jener Zeit in Kasgar ein sehr kluger Mann 
Häkim, namens Chos Kipek*) Bök; der war höchst um- 
sichtig und Jüsuf besprach mit ihm alle wichtigeren 
Angelegenheiten^ ausgenommen die^ welche Mut und 
Entschlossenheit erforderten, denn Cho§ Eipek B^k war 
sehr furchtsam. So hielt es Jüsuf für besser, ihn aus 
Ha zu entfernen^). Er stellte den Qalmaqen vor, sie 
müssten den B^k nach Kasgar zurückschicken, weil die 
Stadt von den Kirgisen bedroht sei, und er alles zu 
ihrer Verteidigung Nötige herrichten müsse; die Qal- 
maqen selbst gaben dem Bek auf, Kasgar gut zu be- 
festigen. Der tat es auch, besserte die Stadtmauer 
aus und baute rings um sie Befestigungen. Die 
Kasgarer konnten nicht begreifen, was das bedeute, 
denn von feindlichen Heeren war keine Spur, und auch 
Chos Kipek Bek hatte keine Ahnung, um was es sich 
handle. Jüsuf aber spielte seine Intrigue weiter: er 
schickte an die in IIa befindlichen Qipiaq-Kirgisen 
heimlich ein Schreiben, ihre Vorväter seien seit alter 
Zeit Heerführer gewesen und hätten das Schwert des 
Islams geführt; nie dep Ungläubigen untertänig, hätten 
sie an seine (Jüsufs) Vorfahren geglaubt; im heiligen 
Kriege zu sterben sei ruhmvoll, im Falle des Sieges 
winke reiche Beute; er hoffe, sein Leben mit dieser 
guten Sache beschliessen zu können; wollten sie helfen, 
80 sollten sie sich zu der und der Stunde stellen. Das 
oberste Haupt dieser Kirgisen, Namens *Omar Mirzä^), 
begrüsste den Antrag freudigst imd antwortete zu- 



^) Geschrieben kifek^ aber jedenfalls mit p zu sprechen. In 
Diensten der chinesischen Regierung in Jarkend befindet sich ein 
Schreiber Namens Kipek Mirzä, der mir' Dienste leistete. 

^ Es ist im Texte nicht gesagt, warum sich Chog Kipek Bek 
in tla befand. Es scheint, die Qalmaqen suchten immer mög- 
lichst viele einflussreiche Muslims unter Augen zu haben. 

') Der Mann spielt auch später noch eine Rolle, s. S. 245 
und 8. 250. 



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233 

stimmend. Unter welchem Vorwand aber sollte sich 
Jüsnf nach Kasgar begeben? Er richtete einen 
Diener ab, der mit einem angeblich aus Kasgar stam- 
menden Briefe aus einem in der Nähe gelegenen Tal 
nach einiger Zeit in grosser Hast ankommen musste. 
Mit diesem falschen Boten eilte er zum Qalmaqenfürsten. 
Der Brief enthielt: Mu'min Chogam^), Chos Kipek und 
sämtliche B6ks von Kasgar unterbreiteten dem Fürsten, 
die Kirgisen der ganzen Umgegend hätten Abrede ge- 
troffen, zu der und der Stunde einen Beutezug auf 
KaSgar zu machen; schleunigste Hilfe tue not (S. 114 
Z. 10 — 117Z.6). — Die dummen Qalmaqen gerieten ausser 
sich; sie hätten wohl gern Soldaten geschickt, aber bei 
ihnen selbst gab es Uneinigkeit; so beschlossen sie denn 
notgedrungen, der Choga solle sich aufmachen und die 
Sache in Ordnung bringen. Sie riefen Jüsuf, und der 
Qalmaqenfürst sprach ihm sein Vertarauen aus ; er kenne 
ja alle ihre Verhältnisse ganz genau und wie zersplittert 
sie seien; er möge in Kasgar mit seinen Muslims den 
Kirgisen gegentibertreten und sie einschüchtern. Jüsuf 
dankte Gott, der alles so herrlich gewendet. Den 
Qalmaqenfürsten tröstete er: er solle nur Babaq 'Abdullah 
Choga 2) schicken, der werde es schon in Ordnung bringen, 
und genüge das nicht, so werde er selbst gehen. Die 
Ungläubigen nahmen den Rat an. Jüsuf instruierte 
Babaq 'Abdiilläh, er sende ihn voraus, um ihn zu retten; 
er solle nur von Zeit zu Zeit Boten senden, dass es 
schlecht stehe, und dass die Kasgarer sich vor den 
Kirgisen sehr fürchteten, und erklärten, sie würden sich, 
wenn sie keinen Schutz erhielten, den Kirgisen unter- 
werfen. 'Abdullah tat also. Er nahm aus Aqsü, wo 
er sich einige Tage aufhielt, ungefähr dreitausend gut- 
bewaffnete Soldaten und fünfhundert gute Pferde mit. 
In Kasgar nahm er die Regierung in die Hand. Von 

*) Das wird der Mu'min sein, der oben S. 231 als zweiter 
Sohn JüsnfiB genannt ist. 

*) Das wird der älteste Sohn Jüsufs sein, s. S. 231. Für 
Babaq giebt Shaw: ,|jwU bäbäq father or grandfather ; also child'. 

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234 

Zeit zu Zeit schickte er die verabredeten Briefe^ die er 
von seinem vertrauten Diener Ächond Hägi 'UbaiduU&h, 
dem Oberqädi von Jarkend^ schreiben liess, und von 
denen in Easgar niemand sonst etwas erfuhr. Auf 
Grund dieser Schreiben sandten die bestürzten Un- 
gläubigen in Ha sofort Jüsuf ab^ um zu helfen. Der 
machte sich schleunigst auf ^). Eine Tagereise, nachdem 
er den Muzatberg') überschritten, begegnete ihm Choga 
Sl Bek, der Häkim von Us^). Das war ein schlimmer 
Intrigant, aber ein scharfblickender Mensch. Er grüsste: 
, Gesegnet sei mein Islam ausbreitender Pädisäh!^ Jüsuf 
erwiderte: »Der Wunsch, den Sie im Herzen tragen, möge 
von Gott sein!' Unter den Höflichkeitsphrasen bemerkte 
er auch: ,In IIa ist gegenwärtig viel Uneim'gkeit, und 
es ist nicht ein Ort hinzugehen, es ist besser, wenn 
Sie umkehren.' Der Intrigant liess sich aber nicht ab- 
halten imd zog weiter. Jüsufs Menschenkenntnis sagte 
ihm, dass dieser Ketzer^) bei den Ungläubigen eine 
Intrigue anzetteln würde. Hals über Kopf eilte er mit 
Zurücklassung der Vögel nach Aqsü, und nach einem 
Tage Rast von dort in vier Tagen nach Easgar^). 
Dort nahm er sofort die Regierung in die Hand (S. 117 
Z. 6—120 Z. 10). — Der schlimme Choga Si Bek 
hatte aus den Umständen richtig geschlossen^ dass 

^) Unter seinem Beisezeug werden besonders die Vögel er- 
wähnt. Ein turkestanischer Grosser ist eben ohne seine Jagd- 
falken nicht denkbar. 

') Der Muzart-Pass (in dem mugcU beachte den r-Schwnnd! 
rmusart = Eis-Pass) ist der Übergang über den TienSan anf dem 
geraden Wege zwischen IIa und Aqsü. 

') Gemeint ist Ü5-Turfan, wie es heut durchaus genannt 
wird, fledin besachte den am rechten Ufer des TaoSqan-Derja 
gelegenen Ort, den er Utsch-torfan schreibt, s. S. 254. Die 
Chinesen schreiben uH. 

*) ^J»^U , es scheint also, dass dieser Chog^a Si Bek aus US 
ein Siit war. Vielleicht ist räfisü hier aber nnr als Schmähwort 
zu nehmen. 

') Für diese Beise werden gewöhnlich fOn^Eehn Karawanen- 
tage gerechnet. Hedin machte sie in zwölf, S. 263—259; doch 
nahm Jüsuf einen andern Weg; s. Nachträge. 

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235 

Jüsuf beabsichtige, gegen die Ungläubigen zu kämpfen. 
Zu deren Orda eilte er schleunigst und trug dem Tore, 
Namens Dabägi^), vor, sie hätten Jüsuf nicht ziehen lassen 
dürfen; in dem Augenblick, wo er den Muzat über- 
schritten, sei er zum Rebell geworden, sie sollten ihm 
schleunigst nachsetzen; fänden sie ihn nicht, so sei 
Easgar imd Jarkend für sie verloren. Ein rüstiger 
Mann wurde mit dreihundert Leuten Jüsuf nachgeschickt; 
als er nach der Station Mesgid bei Faizäbäd kam, war 
Jüsuf schon mit dem Schiff hinüber, und sie mussten 
unverrichteter Sache umkehren. Nun versuchte man's 
mit einer Intrigue. ' Abdul wahhäb^) schickte aus Aqsü 
einen Boten, der Qalmaqenfürst sei von Amursana mit 
schwerem Heere bedroht, und wenn Jüsuf jetzt helfe, 
so werde der Qalmaq ihm das nie vergessen; andern- 
falls müsse er sich auf Strafe gefasst machen. Jüsuf 
antwortete ausweichend: er könne wegen kranken 
Fnsses nicht reiten und werde kommen, wann er gesund 
sei. Mittlerweile rüstete Jüsuf in Kasgar den bevor- 
stehenden Kampf mit den Ungläubigen. Einige Über- 
eifrige konnten es gar nicht erwarten und riefen, wann 
es denn losgehen würde (S. 120 Z. 10—122 Z. 12). — 
Nun lebte in Kasgar ein arger Mensch, Namens Chudäjär 
ISikäghä^), der war gottlos, verblendet, hasste den Islam 
und neigte den Ungläubigen zu. Der zitterte vor Wut, 
als er Jüsufs Vorgehen sah und wollte die Städte 
wieder in die Gewalt der Ungläubigen bringen, denn 
er hatte den Qalmaqen Dienste geleistet, indem er unter 
den Muslims viele Neuerungen einführte, und hatte es 
dabei weit gebracht. Er hatte namentlich Jüsuf und 

') Der DaFatsi Ritter 2, 457. Die chinesischen Quellen 
nennen ihn nach den französischen Jesuiten Ta-wa-tsi, siehe z. B. 
Mai Ha 11, 541, wo die Herkunft des Davatsi berichtet nnd be- 
merkt ist, die Bossen nennen ihn Debagi. 

*) Tritt hier nnvermittelt auf, nachdem er bisher nnr einmal 
ganz gelegentlich erwähnt ist, s. oben S. 230. 

*) Walichanow schreibt diesen Titel durchgehend ISkaga. 
Er ist zusammengesetzt aus mk und äghä. Der ISikäghä scheint 
der Vice-Gouyemeur, Vertreter des Häkim, zu sein. 

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236 

alle anderen Chogas mit grosser Frechheit in IIa ver- 
dächtigt, offen aber hatte er seine feindliche Gesinnung 
nie gezeigt. Es war da auch ein Kahlkopf ans Artyc^), 
der ebenfalls voller Listen und gewalttätig war und 
namentlich den Musb'ms keine Ruhe liess. Er hiess 
*Abdussattär. Dieser Mann begab sich auf den Rat, 
den ihm 'Abdulwahhäb aus IIa gab, in das Haus, das 
er in Artyi besass, und befestigte es. In dieses Haus 
lockte er die Leute und liess sie nicht mehr hinaus. 
Der Häkim von Artyc, Nijäz Bek, bekam's mit der 
Angst und flüchtete in die Stadt. Er 2) schickte heim- 
lich mit einem als Qalmaq verkleideten 3) Manne an 
Chudäjär Bök einen Brief. Dieser rief einige be- 
freundete Beks zusammen und zeigte ihnen den Brief, 
der von 'Abdulwahhäb und Choga Sl untersiegelt war 
und folgenden Inhalt hatte: ,Chudäjär B^k und den 
andern Beks von Kasgar Gruss ! vom Chäqän von China 
kommt nach IIa ein grosses Heer; Ha ist in Uneinig- 
keit; die Qalmaqen halten nicht zusammen; wie es auch 
sei, man soll Choga Jüsuf auf irgend eine Art töten; 
in jedem Falle ist es ein Dienst; ist das Land frei, so 
könnt ihr nach Belieben schalten und walten**). Die 
Beks fanden den Rat nicht gut; sie sagten sich, dass 
Jüsuf zu klug sei, um sich in dieser Schlinge fangen 
zu lassen, und bekomme er Wind, so sei es um ihre 
Köpfe geschehen; sie beschlossen, Jüsuf den Brief zu 

^) So ist der Ort hier und in andern Handschriften ge- 
schrieben. In EaSgar wird er ArtyS gesprochen. Es ist Üstün 
Artyg, das obere ArtyS gemeint, wie sich aus einer späteren 
Stelle (siehe hier S. 240) ergibt. 

') Es ist befremdlich, dass dieser furchtsame und der feind- 
lichen Clique offenbar fernstehende Mann mit ihnen intrigieren 
soll. Vielleicht ist etwas ausgefallen, wie: * Ab dussattär hatte von 
*Abdulwahh&b einen Brief erhalten und schickte den heimlich 
u. s. w. 

^) üeber die Verkleidung wird folgende Angabe gemacht: 

v«^LmiÜ. Mir sind die ersten Worte nicht völlig klar. 

*) Die Uebersetzung des Briefes ist im einzelnen nicht sicher. 

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237 

zeigen in der Hoffiiung, yon ihm eine reiche Belohnung 
zu erhalten. Chudäjär B6k aber verrannte sich ganz 
und gar in die teuflischen Gedanken, die der Satan 
ihm einflüsterte, und hatte nichts anderes mehr im 
Sinne, als Jüsuf aus der Welt zu schaffen. Es war da 
ein Mann, der aus Artyc stammte und §äh Bgk hiess; 
er war von Mutters Seite ein Saijid, von Vaters Seite 
ein Bekzäde. Diesen Mann rief Chudäjär zu sich, 
nachdem er sich schon mit dessen jüngerem Bruder 
Mubäreksäh Bek beredet, und erklärte, so lange Jüsuf 
lebe, nehme es kein gutes Ende; es sollten den nächsten 
Tag, einen Freitag, einige gute Flinten schützen an das 
Tor der Freitagsmoschee gestellt werden, und die 
sollten Jüsuf während des Betens erschiessen; Sah B^k 
solle mit fünf- bis sechshundert Bewaffneten bereit 
stehen. 'Abdussattär Bek solle mit ebensoviel Mann 
aus Artyc kommen imd ein Tor besetzen; beim Knall 
der Flinten sollten sie dann von einer Seite, 'Abdussatär 
vom Tor her die Burg stürmen; am Freitag seien ja 
die Leute alle mit dem Handel und mit dem Gebet 
beschäftigt und sorglos; mit der Burg sei auch die 
Stadt genommen, denn Chos Kipek sei ein Tropf 
und werde sich ruhig halten; man könne dann 
nach Herzenslust plündern. Wie es in allen übrigen 
Städten Brauch war, so waren auch in Easgar 
fünfzehn Qalmaqen unter einem ungläubigen stationiert. 
Dieser Offizier hiess Qara Chan; auch er sollte mittun 
und verpflichtete sich dazu durch ein von ihm unter- 
siegeltes Schreiben: er wolle mit Sah B^k zusammen- 
halten, während Mubäreksäh mit ^Abdussattär Choga zu- 
sammen agieren und zunächst auf heimlichen Wegen zu 
diesem eilen sollte (S. 122 Z. 12—125 Z. 13). — Den beiden 
Brüdern MubärekSäh B6k und Sah Bek schlug das Ge- 
wissen: hatte Chudäjär ihnen versprochen, sie zuHäkims 
von Artyc zu machen, so schien es ihnen doch besser, 
statt diese Schmach im Diesseits und Jenseits auf sich 
zu nehmen, das Schreiben Jüsuf Cho^a zu zeigen und 
sich von diesem in Artyc einsetzen zu lassen. Sie zogen 



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238 

aus dem Sü-Tor^) aus, machten aber schon nach 
einigen Schritten Kehrt und kamen durch eine Seiten- 
thür in die Burg. MubärekSäh war mit einer Tochter 
des Ächon^) MoUa Taqi Namens HaUmaBänü verheiratet, 
und so war Choga 'Abdulme^d, der Sohn Molla Taqis, 
in den Anschlag verwickelt worden. Alle drei kamen 
nun zur Zeit des Nachtgebetes zum Altunluq Seräi^) 
und liessen sich anmelden^ wurden auch angenommen. 
Zuerst trat ' Abdulmegid ein und erstattete Bericht; dann 
kamen die beiden andern und zeigten das verräterische 
Schreiben vor; Jüsuf befahl, Mubäreksäh in der Burg 
zu verstecken, die andern entliess er; dann liess er 
Babaq Choga 'Abdullah rufen, ebenso Choga Mu^min 
und sämtliche Leute der Burg unter Derwis Bakäwul. 
Babak 'Abdullah war nur mit grosser Mühe aus dem 
Schlaf zu bringen, und erst nach langer Weile kam er 
langsam und würdevoll an (S. 125 Z. 13—127 Z. 4). — 
Jüsuf fuhr ihn heftig an: , Denke nicht, dass immer Zeit 
ist für solche Verschlafenheit! Wenn die vierzig Tage 
der Trauer um mich um sind, dann ist es an dir, diesen 
Thron einzunehmen!* In der Tat liess * Abdullah, nach- 
dem 39 Tage um Jüsuf Choga getrauert worden, den 
Thron von Easgar im Stich und zog mit seiner FamiUe 
nach Jarkend (S. 125 Z. 13—127 Z. 10). — Mu*mm 
und Derwis mussten aus Qaräqir, wo sie auf einem 
Jagdausflug nächtigten, herbeigeholt werden. Nur diesen 
drei, ^Abdullah, Mu'min und Derwö, wurde das Ge- 
heimnis mitgeteilt Die Leute mussten die Burg be- 
festigen. Die B6ks, die am nächsten Morgen zu Hofe 
kamen*), erhielten auch keine Aufklärung. Chudäjär 

') Wassertor? heute gibt es meines Wissens keins dieses 
Namens in Eadgar. 

•) Hier ^;^^l geschrieben, wie das Wort durchaus ge- 
sprochen wird; die gewöhnliche Schreibung ist Ju^^t. 

*) Altunluq Seräi ist offenbar als ein Teil der Burg zu be- 
trachten; es wird auch S. 267 erwähnt. 

*) Auch hier, S. 128 Z. 1, ist das Wort ^})^ gebraucht, 
dem wir schon oben S. 63 Z. 5 (hier S. 225) in der Form ^j}))^ 
begegneten. 

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239 

ersah aus den getroffenen Anstalten, dass Jüsuf Wind 
bekommen hatte; so befestigte er sich in seinem eignen 
Hause^ indem er seinen ganzen Anhang versammelte. 
Zur Burg ging er nicht. Jüsuf ging auch nicht zum 
Freitaggebet. So ging der Tag herum. Am Sonnabend 
beschloss Jüsuf, die Sache energisch zum Austrag zu 
bringen. In der Burg befanden sich einige Kämpen 
von den Qipcaq-Kirgisen, die zur Verwandtschaft der 
Frau Jüsufs, Namens BajänÄghäca, gehörten; aus diesen 
wählte Jüsuf zehn, und aus denen suchte er drei und 
endlich einen aus; dem befahl er, wenn er zum zweiten 
Mal sich die Pfeife stopfen lasse, Chudäjär zu packen, 
in das Tablchäne zu schleppen und dort gefesselt zu 
halten. Chudäjär kam auch an diesem Tage nicht, 
Jüsuf gab nun seinem Verwandten 'Abdurrahim Bök 
den Auftrag, Chudäjär unter allen Umständen zur Stelle 
zu schaffen (S. 127 Z. 10-128 Z. 14). — Chudäjär 
hatte selbige Nacht einen bösen Traum gehabt und seine 
Schwester riet ihm ab. Chudäjär hatte aber sein Los 
schon am Kragen gepackt, und unter trotzigen Reden 
ritt er zur Burg. Kaum war er durch das Tor ein- 
getreten, da sah er, wie das Burgvolk gerüstet umher- 
schwirrte, und als er im Thronsaal Jüsuf mit grimmem 
Antlitz sitzen sah, befiel ihn Zittern. Nach einer scharfen 
Strafpredigt gab Jüsuf das Stichwort: ,Babak, stopf die 
Pfeife!* Die Kirgisen warteten schon; ein besonders 
eifriger, namens Topäl, packte die beiden verschränkten 
Arme Chudäjärs mit einer Hand, mit der andern hob 
er ihn ohne besondere Anstrengung auf die Schulter; 
die herumstehenden Diener Jüsufs zückten die Schwerter; 
grosser Tumult erhob sich, alle packte Entsetzen; Chos 
Kipek Bek wurde gelb wie Safran; Jüsuf aber tröstete 
die Anwesenden, es werde niemandem ein Leides ge- 
schehen, selbst die Angehörigen Chudäjärs soUten sicher 
sein. Nun hatte Jüsuf 'Abdulraegid einen Wink ge- 
geben, was er mit Chudäjär machen solle, dieser aber, 
sei es, dass er nicht verstanden, sei es, dass er ein 
böses Gewissen hatte, sei es, dass er dem Chudäjär 

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240 

Feind war, gab den Kirgisen den Befehl, ihn sofort zu 
töten. Sie schlitzten Chudäjär den Bauch auf und 
hieben ihn in Stücke. Jüsuf war das nicht recht, er 
liess aber den Beks sagen, er habe den Chudäjär ge- 
tötet, und sie sollten in den Strassen ausrufen lassen, 
einem Feinde sei das Ende bereitet, alle andern sollten 
sich sicher fühlen; die Söhne Chudäjärs könnten tun, 
was sie wollten. Der Ausruf auf den Strassen erfolgte. 
Die Söhne Chudäjärs gingen nach Üstün Arlyc und 
schlössen sich dem Intriganten 'Abdussattar an, der 
sich auf die Nachricht aus dem Staube machte (S. 128 
Z. 14—131 Z. 13). — Jüsuf erliess ein 6äri), dass die 
Truppen sich bereit halten sollten; tausend Mann schickte 
er unter Mirzä Dänijäl, dessen Sohn Mirzä Haidar gegen- 
wärtig Isikäghä von Easgar ist, gegen 'Abdussattär nach 
Artyc, schärfte aber ein, es dürfe im Kampfe niemand 
getötet werden, und wenn * Abdussattär entfliehe, . so 
solle mau ihn laufen lassen. So geschah es. Die Soldaten 
setzten dem fliehenden 'Abdussattär nicht nach und 
kehrten zurück. 'Abdussattär schrieb mm in Aqsü mit 
*Abdulwahhäb zusammen einen Brief an den Qalmaqen- 
fürsten, der treue Diener Chudäjär sei von Jüsuf^ der 
in vollem Aufstand sei, getötet worden; sie hätten schon 
früher vor diesen treulosen Chogas gewarnt und keinen 
Glauben gefunden, bald sei es zu spät. ^Abdussattär 
und der Sohn Chudäjärs brachten das Schreiben nach 
IIa, warfen sich dem Qalmaqenfürsten zu Füssen und 
verlangten ein Heer, um Rache zu nehmen. Im Qalmaqen- 
rate wurde eingewandt, Amursana habe sich zum Kaiser 
von China geschlagen und rücke mit grossem Heere 
an; man solle zunächst einen tüchtigen Gesandten 
schicken, richte der nichts aus, so sollten Truppen ge- 
sandt werden. So tat man. Für die Absendung des 
Gesandten wurde ein Vorwand gefunden: als Jüsuf aus 
IIa zurückkehrte, da hatte er an Qipcaq-Kirgisen, die 



') Dieses Wort für «Erlass' ist auch heute üblich; es ist 
identisch mit dem jär von järlygTL 



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241 

dort zelteten iind den Ungläubigen untertänig waren, 
einen Brief gerichtet, sie möchten den Muslims helfen 
[s. oben S. 232], und diese Kirgisen hatten die Gelegen- 
heit benutzt und sich auf Eocar und Chotan geworfen; 
der Gesandte sollte nun diese Kirgisen zurückbringen; 
femer waren die von den Städten den Qalmaqen zu 
entrichtenden Abgaben längere Zeit nicht abgeführt 
worden und auch gar keine Geschenke eingetrofifen. 
Ein Heer konnte man aber in Wirklichkeit deshalb nicht 
schicken, weil im Lande Unordnung herrschte: einen 
Monat sass einer auf dem Thron, da erhob sich schon 
ein Prätendent (S. 131 Z. 13 - 134 Z. 6). — So kam 
es denn unter Beistand einiger gottlosen Muslims zu 
dem Beschluss, einen tapferen Mann mit dreihundert 
Bewafiheten unter der Maske eines Gesandten zu schicken, 
mit heimlichen Briefen an Chos Kipek Bek, Häkim von 
Kasgar, Ghäzi Bek, Häkim von Jarkend und den Isikäghä 
Nijäz B6k, sie sollten Jüsuf und Chogai öihän fest- 
nehmen und mit ihrer Familie in Fesseln nach IIa 
schicken. Ein rüstiger Ungläubiger Namens MedergJ^) 
ging mit dreihundert Eisenreitern in grösster Eile über 
Aqsü nachKasgar, begleitet von einigen schlechtgläubigen 
Muslims. Natürlich merkte Jüsuf auf die Nachricht, ein 
Qalmaqengesandter komme, gleich, dass dahinter etwas 
Besonderes stecken müsse. Er entsandte daher seinen 
vertrauten Diener Derwis Bakäwul mit Geschenken den 
Qalmaqen entgegen und mit dem Auftrage, zu spionieren 
und sofort zu berichten (S. 134 Z. 6—135 Z. 3). — 
Derwis Bakäwul ritt zwei Stationen entgegen und sah 
sogleich, dass die Sache schlimm stehe. Auf seinen 
Bericht hin traf Jüsuf sofort die nötigen Massregeln. 
Tausend Mann wurden bewaffnet. An den Toren fand 
der Gesandte die Bewohner in Rüstung. Zittern befiel 

^) ^-^►^4X^; es wird so wie oben gelesen werden dürfen; 
der Name Meder kommt unter den Kirgisen vor, so lieisst z. B. 
der Bek, der von den Chinesen zum Banbali in Qang^ghan, der 
zweiten Station auf dem Wege von Eafigar nach 0§ ernannt ist, 
Meder Bek. 

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242 

sein Herz. Vor der Burg angekommen, wurde er durch 
ein Spalier von Gepanzerten geführt um zum Prunk- 
saal zu gelangen, musste man durch neun Durchgänge 
hindurch, an jedem wurden einige Ungläubige zurück- 
gelassen, nur fünf, sechs von ihnen kamen ins Innerste. 
Jüsuf war sehr freundlich, flösste aber durch seine voll- 
kommene Unbefangenheit den Ungläubigen grossen 
Respekt ein, die sich sehr bescheiden zurückzogen. 
Jüsuf schärfte den Dienern nach dem Hadit: ,Ehrt den 
Gast, auch wenn er ein Ungläubiger ist!' die grösste Höf- 
lichkeitgegenden Gesandten undseine Leute ein, die in dem 
Ilcichäne köstlich aufgenommen und bewirtet wurden. 
Der Gesandte liess nun Chos Eipek Bek kommen und 
zeigte ihm den Brief des Qalmaqenfürsten. Der Bök 
aber hatte Rückgrat, gab trotzige Antworten und liess 
sich auf nichts ein; auch sei Jüsuf ein sehr kluger 
Mann, und der Gesandte werde den Kürzeren ziehen. 
Nun versuchte es der Qalmaqe anders. Er beredete 
Muharram Bök, den Häkim von Beskerem, Nijäz Bök, 
den Häkim von Faizäbäd, und einige andere Schurken, 
die ihre Anhänglichkeit beteuerten, und die Qalmaqen als 
Schützer vor den Kirgisen priesen, zu einem Anschlage, 
und diese rieten folgendes: der Gesandte solle Jüsuf 
in sein Haus einladen, und dieser sollte dann von einigen 
im Innenraum*) verborgenen Männern erschossen oder 
niedergehauen werden. Das Volk würde sich dann in 
sein Schicksal ergeben, und mit Jarkend würde man 
leichtes Spiel haben. Die Ungläubigen bereiteten alles 
zu einem Gastmahle vor (S. 135 Z. 3—138 Z. 1). — 
Als Jüsuf davon Kunde bekam, richtete er ein heisses 
Gebet an Gott. Im Schlafe, in den er darauf verfiel, 
erschien ihm eine Lichtgestalt, die ihn anwies, unbesorgt 
der Einladung zu folgen. Am nächsten Morgen trat 
diese ein, und Jüsuf folgte ihr, begleitet von dreihundert 



*) ^^3v3Svi ; Shaw gibt dafär an, ,iDner room or storeroom* 
und bemerkt dazu: ,? from khazänah^ A[rabic]'. Der Zasammen- 
hang mit dem arabischen dmöma ist nicht sicher. 



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243 

Bewaffneten. Als er in das Ilcichäne eintrat, erschien 
jeder einzelne der Muslims den ungläubigen als mehrere 
Personen, und diese fürchteten sich sehr und glaubten 
schon, ihr Stündlein sei gekommen, ja sie glaubten sich 
von Muharram Bek und Nijäz Bek verraten. So verlief 
das Mahl in bester Weise. Den ungläubigen Gesandten 
litt es nicht länger in Easgar. Er bat jQsuf, gehen zu 
dürfen und wandte sich nach Jarkend. Doiihin schickte 
aberJüsuf auf einem andern Wege einen vertrauten Diener 
mit einem geheimen Briefe an Ghogai' Gihän, in welchem 
er den Intriganten kennzeichnete und dringendst warnte, 
Choral Gihän solle nie die Burg verlassen, sich auch 
nie in das Haus des verräterischen Häkims Ghäzi B^k 
begeben, vielmehr alle Burgleute immer unter Waffen 
halten und die Burg scharf bewachen lassen. Femer 
richtete Jüsuf an Choga Jahjä imd Choga Siddiq War- 
nungsbriefe i) (S. 138 Z. 1—141 Z. 10). — Als die 
Prinzen, Cho^i^' Gihän an der Spitze, die Wamungs- 
briefe gehört, waren sie beständig auf ihrer Hut Der 
Gesandte fand die Burg in Jarkend noch stärker be- 
festigt als die in Easgar, und er erkannte, dass die 
Cho^as in vollem Aufstande seien. Er verfuhr aber 
politisch und lud sie sehr höflich im Auftrage des 
Fürsten nach IIa ein. Choral öih&n antwortete geschickt, 
der Besuch werde erfolgen, wann es Gott gefalle. Dem 
Häkim Ghäzi Bek aber stellte Ghogai' 6ihän vor, es 
sei jetzt die Stunde gekommen, die Fahne des Islams 
zu erheben (S. 141 Z. 10—143 Z. 13). — Dem 
Unseligen machten diese Worte keinen Eindruck, und 
er meinte, man müsse die Sache aufschieben, bis man 
Näheres über die Zersplitterung der Ungläubigen wisse. 
Chogaä Öihän ging darauf ein. Einige Tage später 
zeigte der Gesandte Ghftzi Bek und dem Isikäghä Nijäz 
Bek die Briefe seines Fürsten, und die beiden Muslims 
schlugen folgendes vor: Da die Burg zu stark befestigt 

*) Aus dem schwülstigen Inhalt dieser ist nur hervorzuheben 
das Warnen yor dem tawakkul, Uottvertrauen, das nicht in 
törichter Weise geübt werden dürfe. 



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244 

sei; sollte der Qesandte in Ghäzl Beks Hause erkranken 
und Cho|ai' 6ihän einladen, ihn zu besuchen; dort solle 
dieser überfallen werden. So tat man. Einige Turgut- 
Qalmaqen wurden versteckt; und Ghäzi BSk lud den 
Choga ein, den in seinem Empfangsraum ^) schwer krank 
damiederliegenden Gesandten zu besuchen. Choga! 
Gihän versprach es. Kaum war Ghäzi fort, so baten 
alle, Prinzen und Grosse, den Cho^a flehentlich, diesem 
als verlogen und listig berüchtigten Manne nicht zu 
folgen. Ghäzl aber brauchte die List, dem Gesandten 
einige Glas Granatwasser zu geben. Nun hatte Chogaü 
(jihän einen alten erprobten, aber einfältigen Diener, 
Namens Mu^ammed ^Abdullah Bakäwul; den rief öhäzi 
und zeigte ihm den Ungläubigen, wie er sich auf dem 
Lager wand und eine Schüssel Blut spie: wenn der 
Cho^a, sein Herr, käme, und zum Kranken einige Worte 
spräche, so würde er (Ghäzl) dadurch beruhigt werden 
(S. 143 Z. 13—145 Z. 13). - Auf des Dieners Be- 
richt hin wül der Cho^a von den Warnungen nichts 
mehr wissen. Er hält eine längere, mit Qoransprüchen 
geschmückte Bede, wobei alle sehr weinen, dann schliesst 
er sein sechs- bis siebenjähriges Söhnchen Hasan, ge- 
nannt Qirän Choga, in die Arme und hält von neuem 
eine Rede, über die wieder sehr geweint wird (S. 145 
Z. 13—149 Z. 2). — Chogai* Grihän machte sich mit 
Choga Jahjä und einigen wenigen Dienern auf den Weg 
und wurde von Ghäzl Bök, der ihn sehr unterwürfig 
empfing, in das Krankenzimmer geführt, wo der Un- 
gläubige scheinbar in grossen Schmerzen lag. Nachdem 
man einmal Tee gebraeht, traten einige Ungläubige 
herein, ergriffen Chogi^' Öihän und Ja^jä auf Befehl 
des Qalmaqenfürsten, nahmen ihnen die Dolche weg und 
führten sie in das Empfangszimmer. Das Aussentor 
wurde fest geschlossen, die Diener wurden gefesselt (S. 
149 Z. 2 — 150 Z. 1). — Nun hatten sich aber einige 
Personen, Cho^a Siddlq an der Spitze, auf die Mauer 

*j JüL^ 1%^^, eigentlich ,Teppicliziinmer\ 

60 



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24Ö 

gestellt und das Haus Ghäzis beobachtet. Aus dem 
Torschliessen und dem Tumult schlössen sie, dass etwas 
nicht in Ordnung sei. So verrammelten sie selbst das 
Burgtor und rüsteten sich zum Kampf. Als zwei- bis 
dreihundert Ungläubige und Muslims einen Ansturm auf 
die Burg versuchten, brachen Cho^a Siddiq und §ihä- 
buddin Bakäwul an der Spitze von ftlnf und dreissig 
Kämpen durch eine Bresche, die sie in die Mauer machten ^), 
aus und machten sich auf den Weg nach Chotan. Einen 
Diener Namens Muhammed Mirächor sandten sie nach 
KaSgar, um Cho^a Jüsuf Nachricht zu geben. Choga 
Siddiq imd seine Leute wurden von fünf- bis sechs- 
hundert Ungläubigen und Muslims, die ihnen nachsetzten, 
am Ufer des Zarafsänflusses eingeholt und wurden nur 
durch ein Wunder gerettet. Auf ihr heisses Flehen 
konnte Sihäbuddin Bakäwul einem Ungläubigen einen 
Pfeil so in den Rachen schiessen, dass er eine Elle 
zum Halse herauskam, und der Mann kopfüber vom 
Pferde stürzte, worauf die andern alle flohen. In der 
Nähe von Chotan trafen sie einen Diener Ghäzis, den 
schickte Siddiq zu Pferde mit folgender Botschaft an 
Ghäzi: Wenn er seinem Vater ein Haar krümme, so 
werde er (Siddiq) die in Chotan befindlichen Familien- 
glieder Ghäzis vor dem Jarkendtor wie die Schafe ab- 
schlachten und mit ihrem Blut eine Mühle treiben. In 
Chotan zog Siddiq unter freudiger Teilnahme der Be- 
völkerung ein und hatte mit Choga Semsuddln eine Zu- 
sammenkunft, dem er alles mitteilte (S. 150 Z. 1 — 
151 Z. 14). — Nun war zu jener Zeit ein Sohn Ghäzis 
Uäkim von Chotan, den warf er ins Gefängnis, ebenso 
einen andern Sohn von ihm und weitere Verwandte. 
Zugleich hetzte man die aus IIa gekommenen Qipcaq- 
kirgisen,die unter Führung eines Generals Namens 'Omar 
Mirzä standen, auf die Söhne Ghäzis und gab sie ihnen 
zur Plünderung preis; dann machte sich Siddiq mit 
einem aus Kirgisen und Chotanleuten bestehenden Heere 



^) Das ist bei den Löss-Mauern nicht schwierig. 



; 51 

4* 



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246 

von tausend Mann nach Jarkend auf, indem er die An- 
gehörigen Ghäzis in Fesseln mit sich f&hrte. Dem 
nach EaSgar gesandten Mirächor hatte sich auf dem 
Wege noch ein Diener Chogai' öihäns angeschlossen. 
Durch ein Seitentor zogen sie ein. Jüsuf erschrak 
sehr über ihren Bericht und liess sie von Chalpa 
Säbir verstecken, damit der Feind nichts merke. Er 
selbst versammelte die Grossen der Stadt in Qaräqir 
um sich und beriet mit ihnen. Es drohe von den 
aus IIa heranziehenden Eirgisenscharen Unsicherheit, 
und man müsse ihnen in Einigkeit entgegentreten. 
In zwei Tagen brachte er ein starkes Heer zusammen. 
Die von Chog£ÜL üihän geschickten beiden Diener 
schickte er nach Jarkend zurück mit einem Briefe an 
Ghäzi mit der Drohung, wenn er seinem älteren Bruder 
(Chogai' Gihän) ein Haar krümme, so werde er ihn und 
sein Geschlecht am Qabagh Atqu-Tore^) hinschlachten 
und Jarkend verwüsten lassen (S. 151 Z. 14—153 
Z. 13). — Die beiden Boten trafen im Hause Ghäzis 
alle Qalmaqen, den ungläubigen Gesandten an der 
Spitze, und alle Beks. Ghäzi befiel ob des Briefes 
Zittern. Die Boten gaben überdies noch mündlichen 
Bericht, nach Qalmaqenart übertreibend: Jüsuf habe 
von allen Seiten Eirgisen aufgeboten und ziehe mit 
zehntausend Mann heran. Qalmaqen und Jarkender 
gerieten in grosse Angst. Dazu traf noch der von 
Siddiq geschickte Drohbrief ein. Endlich kam auch 
noch ein Schreiben des Chos Eipek Bök an mit den 
heftigsten Vorwürfen gegen Ghäzi, dass er, vom Islam 
abgefallen, es mit den Ungläubigen halte; schon von 
den Zeiten des Jüsuf Qädir Chan und der Imame her 
hätten die Leute von Chotan einen schlechten Ruf 
gehabt, und er (Ghäzi) bringe sie nun von neuem in 
Schande; er sei unglücklich, einen solchen Landsmann 
zu haben; Ghäzi solle schleunigst Chogai öihän wieder 
auf den Thron setzen und seine Verzeihung erwirken. 

^) Über dieses Tor s. schon oben S. 216 Anm. 6. Dort ist 
die Schreibung: Artqu. 

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247 

Ghäzi empfand tiefe Reue, die Burgleute aber schöpften 
neuen Mut. Als nun Ghäzi hörte, dass Siddiq vor dem 
Tor der Stadt stehe und seine Angehörigen abschlachten 
wolle, sagte er sich von den Ungläubigen vollends los 
und schickte §imsir Oghli zu Chogai Gihän, er werde 
ihn gegen die Ungläubigen schützen. Dann rief er 
alle Grossen von Jarkend zusammen, und diese rieten 
ihm unter Vorwürfen, Chogai Gihän wieder auf den 
Thron zu setzen (S. 153 Z. 13—156 Z. 10). — Jüsuf 
hatte am gleichen Tage, an welchem er das Schreiben 
nach Jarkend abgesandt, Choga 'Abdullah mit einer 
Schar nach Bärguq^) geschickt, angeblich um Kirgisen 
den Weg zu verlegen, in Wirklichkeit um Chogai 
Gihän zu befreien, falls die Ungläubigen ihn etwa nach 
IIa schleppten. Von jenen Kirgisen fürchtete er nicht 
nur nichts, sondern wünschte im Gegenteil ihr 
schleuniges Kommen, denn er hatte ja in IIa mit ihnen 
Abrede getroffen. Die Kirgisen kamen auch, und Jüsuf 
hatte ein grosses Heer beisammen. Dann berief er die 
Grossen von KaSgar und hielt ihnen eine Rede: jetzt 
sei die Zeit des Islams gekommen; sie (die Chogas) 
sollten sich jetzt nach Väter Weise nur noch mit Beten 
beschäftigen und auf den Thron solle man Timur Chan 
setzen*"^); man solle darüber einen Pakt aufsetzen. Alle 
riefen begeistert, für die Sache des Islams sterben zu 
wollen, und erneuten dem Choga die Huldigung. Der 
Ächond und Oberqädl Molla Mahmud besiegelte den 
Akt mit einer Fatiha (S. 156 Z. 10—158 Z. 13). — 
Nun hatten damals dreihundei*t §iräs-Qalmaqen, die 

^) Bär^q kommt als Personenname in der Geschichte des 
Uigorenreiches Tor. So heisst der Idiqut, der dort zur Zeit Ceu- 
gis Chftns herrscht; s. Badloff, Bas Kudatku Bilik, Teil I, S. 
LXIX. 

*) Es ist weder Jüsuf noch seinen Nachfolgern ernstlich ein- 
gefallen, auf die volle Herrschaft gutwillig zu verzichten. Von 
dem hier vorgeschobenen Timur Chan ist sp&ter nie mehr die 
Rede. Er ist gewiss identisch mit dem schon oben (8. 225) ge- 
nannten Timur Chan und war vermutlich der Renommier-Öagha- 
taide. 

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248 

zum Handel gekommen waren, auf einer Ebene beim 
SükätftghO die Zelte aufgeschlagen. In der Stadt 
waren auch Qalmaqen. Dem islamischen Heere wurde 
Erlaubnis gegeben, gegen die Ungläubigen vorzugehen, 
und wenn sie nicht den Islam annähmen, sie zu töten; 
auf allen Gassen aber sollte ausgerufen werden*. ,Die 
Zeit des Islams! die Zeit des Islams!' Der Feinde 
Herz ging in tausend Stücke. Begegneten sich aber 
zwei Muslims, so drückten sie sich unter Beglück- 
wünschungen die Hände. Sklaven und Freie, Mann 
und Weib schwammen in Freude (S. 158 Z. 13 —159 
Z. 6). — Die islamischen Truppen richteten unter den 
Ungläubigen ein grosses Gemetzel an ; die wenigen, die 
sich auf Üstün Artyc zu flüchteten, wurden nicht ver- 
folgt, ebenso wurden die Qalmaqen, die sich unter 
Qarachän in der Stadt aufhielten, geschont, weil sie sich 
den Muslims nur nützlich erwiesen hatten, und auch 
den Qalmaqen des Gesandten tat man nichts zu leide, 
weil sie Jüsuf gewarnt hatten. Alle diese schickte man 
unversehrt in ihr Land zurück, damit sie das Gesehene 
erzählen sollten. Als man sich vergewissert hatte, dass 
die Kirgisen es nicht mit den Qalmaqen hielten, schickte 
man sich an, ein Heer gegen Jarkend zu schicken. 
Dort war mittlerweile der zu Schanden gewordene 
Ghäzl mit einem Qoran in das Zimmer Gho^ai' Gihäns 
gegangen und hatte sich mit dem heiligen Buche als 
Fürsprecher ihm zu Füssen geworfen*). Der Choga 
respektierte auch das heilige Buch und war gutmütig 
genug, dem wimmernden Hallunken den weitgehendsten 
Schutz auf das Buch Gottes zuzuschwören. Cho^ai* 
Grihän nahm nun den im Prunksaal für ihn zurecht- 
gemachten hohen Thron ein und empfing die Huldigung 
von gross und klein. Alle weinten vor Freude. Auch 
hier wurde in den Strassen: ,Die Zeit des Islams! die 



1) ^Oym Es wird sich am einen Sügät (Saaget)-T&gh 

,Weidenberg' handeln. 

*) Es ist das alte Motiv der Schlacht von Riffln. 



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249 

Zeit des Islams!' ausgerufen. Die Grossen verlangten 
einen Erlass (jarlygh), dass die Qalmaqen, den Ge- 
sandten an der Spitze, gemetzelt werden sollten. Der 
Choga aber wehrte dem: die Ungläubigen dürfe man 
nicht anders als im Kriege töten; man solle sie aus 
der Stadt jagen und ein Heer hinter ihnen drein senden; 
bekehrten sie sich zum Islam^ gut; wenn nicht, dann 
Krieg; wer da sterbe, sterbe; wer entfliehe, solle sicher 
sein. Die Hauptursache dieser Milde war, dass des 
Choga Sohn Muhammed Babaq in Ha bei den Un- 
gläubigen sich befand, und dass es diesen schwer 
treffen würde, wenn man den Ungläubigen in Jarkend 
zu sehr zusetzte S. 159 Z: 6—161 Z. 13. — Jeder Un- 
gläubige bekam ein Pferd, und nachdem sie aus dem 
Tor heraus waren, setzten die Soldaten ihnen nach; 
wer in dem Kampfe fiel, fiel; die übrigen konnten sich 
in Sicherheit bringen. Unter den Abziehenden waren 
auch die fünfhundert Qalmaqen, die mittlerweile dem 
Gesandten zu Hilfe geschickt worden waren. Der 
Tag, an dem man Chogai Gihän auf den Thron setzte, 
war gerade ein Neujahrstag; das war ein dreifaches 
Fest: der Sieg des Islams, der erste Tag des Jahres 
und die Befreiung des Chogas. Ghäzi schlug nun vor, 
einen der Prinzen nach Kasgar zu schicken, um Jüsuf 
zum Siege des Islams zu beglückwünschen und die 
Absendung der Truppen nach Jarkend zu verhindern. 
Femer solle man dem aus Chotan mit dem Kirgisen- 
heere unter 'Omar Mirzä und den Gefangenen aus 
seiner (Ghäzis) Familie anrückenden Siddiq mit einem 
Grossen einen Jarlygh schicken mit der Nachricht von 
dem Siege des Islams imd der Aufforderung, das Heer 
aufzulösen tmd die Gefangenen zurückzubringen. Nach 
Kasgar sandte Jüsuf seinen Schwiegersohn 'Omar, nach 
Chotan sandte er Muhammed 'Abdullah Bakäwul. 
'Omar traf Jüsuf bei Kriegsrüstungen in Qaräqlr; man 
beglückwünschte sich gegenseitig (S. 161 Z. 13—163 
Z. 3). — Muhammed 'Abdullah Bakäwul begegnete 
Siddiq auf dem Wege, fand aber trotz seines Be- 

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250 

glaubigungsschreibens keinen Glauben ; Ghää habe das 
Schreiben gefälscht; um seine Leute los zu bekommen; 
Sibäbuddin Bakäwul beschuldigte Muhammed 'Abdullah 
Bakäwul sogar, er sei es haupts&chlich gewesen, der 
Chogai Gihän in das Haus Ghäzis gelockt [rgl. oben 
S. 244]. Siddiq wollte aber den ältesten Diener seines 
Vaters nicht bestrafen, ausser dass man ihn auf einem 
lahmen Gaul ohne Bedienung allein hinter dem Heere 
herziehen liess. Zwei Tage später traf auch der A'lem 
(Oberqadi) von Jarkend Ächond *Omar Bäqi mit Siddiq 
zusammen und zeigte ein Schreiben betrefiPend die 
Familie Ghäzi; aber auch diesem wollte man nicht 
glauben, wegen des tiefen Misstrauens gegen den be- 
rüchtigten Lügner und Fälscher. Selbst die von der 
Stadt zur Begrüssung gekommenen Grossen brachten 
nicht volle Beruhigung, und erst als 'Omar Mirzä mit 
einigen Getreuen in die Stadt geritten war und Ghogai 
Gihän mit eigenen Augen auf dem Thron gesehen 
hatte, zog man ein, die Truppen von Chotan unter 
Führung von Semsuddin und Siddiq, die Kirgisen unter 
'Omar Mirzä (S. 163 Z. 3—165 Z. 5). — Siddiq 
dichtete eine Qaside, die mitgeteilt wird (S. 165 Z. 5. 
bis 166 Z. 7). — Chogai Gihän hält eineRede, in der er einen 
Vers Nawä'Is anführt*). Die Truppen unter §emsuddin 
wurden mit Geschenken entlassen. 'Omar Mirzä erhielt 
den Titel ,WezIr uumletelmulk^ und einen Platz im 
höchsten Range und wurde zum Verwalter der Provinz 
Jarkend 2) bestellt. Chogai Gihän regierte streng nach 
den Gesetzen des Islams, hielt es mit den Gelehrten 
und war sehr fromm (S. 166 Z. 7—167 Z. 6). — 
Choga Jüsuf in Kasgar sandte den Kirgisen einen Ge- 
sandten mit Schreiben, sie sollten dem Heere des Islams 
Beistand leisten. Auch nach Andigän schickte er einen 
Boten, Derwis Bakäwid, mit einem Schreiben an die 



^) Der Vers, der S. 167 Z. 1 kommen mfisste, fehlt in der 
Handschrift. 



«) iXJÜjJb vaoi|j ^JJ^U. S. 167 Z. 8. 



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251 

Häkims des Landes Andl^än and die Grossen der Elir- 
gisen, dass diese Städte Moghülistäns, die so lange 
anter der Herrschaft der Ungläabigen schwer gelitten, 
nun endlich darch Gottes Gnade befreit seien und der 
Islam gesiegt habe. Nun wolle man mit einem Heere 
nach IIa sieben und Rache nehmen; jene möchten 
Hilfe leisten. An den Führer des Eirgisenstammes 
Qusgi, Qüt Mirzä, wegen seiner Tapferkeit Behädur Bi 
geheissen, war ein besonderes Schreiben gerichtet, in 
welchem darauf Bezug genommen war, dass schon sein 
Vater Ghalga [\4Xt] Bi den Choga [Äföq] *) als Heerführer 
gegen die Ungläubigen erfolgreich unterstützt habe; 
auch er möge jetzt mit seinem Stamme in den Kreis 
der heiligen Kämpfer eintreten. Femer erging ein 
Schreiben an die grosse Zahl der Adepten des Cho^a 
Hasan mit Ächond Molla Mesgidi und Ächond MoUa 
Naurüzl an der Spitze mit Bezug darauf, dass sie vor 
einigen Jahren durch die Bedrückung der Ungläubigen 
zur Auswanderung gezwungen worden seien; jetzt sei 
das Land befreit, sie sollten nun dem Islam zu Hilfe 
kommen (S. 167 Z 6—169 Z. 3). — Choga Jüsuf 
hatte eine Frau Namens Gemile Äghäca, in allen Tugen- 
den gerüstet'; die war mit Jüsuf in IIa gewesen und 
war in Aqsü zurückgeblieben, als Jüsuf in Gewalt- 
marsch nach Kaägar eilen musste [siehe oben S. 234], und 
man hatte sie noch nicht holen können. Der schlimme 
Abdulwahhäb belagerte sie in ihrem Hause. Schliess- 
lich gelang es dem Isikäghä und Chizänegl von Aqsü, 
Mirzä Qäsim Bek, die Frau eines Nachts aus dem Hause 
und sicher auf dem Wege über Us nach Elasgar zu 
biingen*), wo sie von der ganzen Bevölkerung feierlich 
eingeholt wurde. Jüsuf zog die Feierlichkeiten zu dieser 



*) Der Name ist im Mannskript nicht genannt, nach den 
Schwnlstnamen wird an ihn zu denken sein. 

') £8 ist erstaunlich, wie auch Ton den Frauen immerwährend 
in diesen äusserst schwierigen Gegenden die Ungeheuern Ent- 
fernungen zurückgelegt werden, ohne dass diese Leistungen als 
etwas Besonderes hervorgehoben werden. 



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262 

Gelegenheit lange hin, und Siddiq machte ein Mucham- 
mas darauf, aus dem eine Strophe mitgeteilt wird, 
Kurze Zeit darauf nahm man an dem Körper Jüsufs 
eine Geschwulst wahr und stellte fest, dass es Wasser- 
sucht sei. Die Arzte machten Hoffnung, Jüsuf aber 
wusste wohl, dass er unheilbar sei. Er beschied das 
ganze Volk zu sich und liess ein grosses Asch kochen 
(S. 169 Z. 3—171 Z. 9). — Nachdem sich alle ge- 
sättigt, hielt der Choga ihnen eine Rede, die sie aufs 
tiefste rührte. Nachdem die Menge entlassen, wandte 
er sich an seine Familie und ernannte 'Abdullah und 
Mu'min zu seinen Nachfolgern in Kasgar; dann befahl 
er seinen beiden Söhnen Qutbuddin und Burhänuddln, 
genannt Erke Chogam, und einigen Dienern, sich zur 
Reise zu rüsten. Unter Tränen und Küssen nahm er 
in längerer Rede von seinen Söhnen ^Abdullah und Mu'min 
Abschied und machte sich über Japurghu ^) nach Jarkend 
auf (S. 171 Z. 9-173 Z. 12). — Es war gerade die 
Zeit des Krebses (22. Juni— 21. Juli), und so herrschte 
eine Höllenglut. Man konnte nicht vor- noch rückwärts 
und musste auf dem Wege Halt machen, weil der Puls 
schon ganz schwach ging. Jüsuf wollte aber von einem 
Aufenthalt nichts wissen, er müsse noch sein Auge an 
der Schwelle seiner Ahnen reiben und mit dem Blicke 
seines älteren Bruders beehrt werden, erst dann wolle 
er die grosse Reise antreten. Die ihn begrüssenden 
Prinzen wollten ihn in der Sänfte in die Stadt führen, 
er aber liess sich die fürstlichen Kleider anlegen, gürtete 
sich fest und stieg auf ein edles Tier. So zog er in 
die Stadt ein. Alle priesen diesen Mut In der Burg 
umarmte er sich mit seinem Bruder Cho^i^' Gihän; er 
wurde auf das Sorgsamste gepflegt, namentlich von 
seiner Schwester Ulugh 'Azizim (oben genannt S. 228), 
einem schönen jungen Mädchen, das auch in der Dicht- 



') yi-\yJ\J; 68 ist wohl der heate Japßan genannte Ort 
gemeint, die erste Station des Hauptweges von S[aiga(ir nach 
Jarkend. 



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253 

kunst ausgezeichnet war, und von dem Siddlq häufig 
Gedichte entlehnte i). Ausserdem waren zum Dienst 
noch da die beiden Töchter Jüsufs, Zuhra Beg^um, ge- 
nannt Sarygh Bajaqym [i^Lu Ai)^] und ihre jüngere 
Schwester Zebide B^gum, genannt Qargha Bas Cho^a 
[lu^^ jwL ^^1^], von denen Zebide mit dem jüngeren 
Sohne Cho^aif öihäns, Choga Muhammed, verheiratet^ 
aber seit sechs Monaten allein war, da sich ihr Mann 
in IIa befand. Jüsufs Geist wandte sich immer mehr 
dem Jenseits zu, und er sprach mit den Geistern der 
Ahnen. Eines Nachts begab er sich mit einem Diener 
zu Husain^) FaizuUäh Cho^am und hielt bis zum Früh- 
morgen mit den Geistern Rat. Nur wenigen Personen 
gestattete er Zutritt. Dieser Zustand zog sich drei 
Monate hin (S. 173 Z. 12—176 Z. 13). — In IIa war 
zu jener Zeit ein Ungläubiger namens Dabar^^^ Fürst 
der Qalmaqen. Im Lande war die grösste Verwirrung. 
Ein anderer Ungläubiger, Namens Amursana, nahm die 
Fürstenwürde für sich in Anspruch, hatte Audienz beim 
Chäqän von China, beklagte sich über Dabar^ und bat 
um Truppen, versprach auch, die registermässigen Ab- 
gaben von IIa, nämlich Kopfsteuer, Zoll und Grund- 
steuer*) richtig abzuführen. Schon seit Alters herrschte 
Streit zwischen den Chinesen und den Qalmaqen, nur 
bot sich keine Gelegenheit, die Sache einmal gründlich 
zum Austrag zu bringen. Nun wo der Chäqän Amur- 
sana ein grosses Heer gegeben, marschierte dieser 

>) ^y^ t^y'^ 0^<^^ '^^ ^*nr% \;ij\jy\ yif\ 
y^^i>yj} >J| y^^f^ S y^i^\^yi\ vielleicbt nur: er stadierte bei 
ihr die Dichtkunst; auch «Entlehnen* hätte nichts AnffUlliges. 

*) Qeschrieben ^«jum^^; dieselbe Schreibung findet sich 
neben ^jiXam^ in einem Trauerliede auf ^Alis Sohn Husain, von 
dem ich mehrere Niederschriften habe, und das in allen Städten 
EaSgariens gesungen wird. 

') Hier (8. 176 Z. 13) ^-ä^^UJ; daneben kommen die Schrei- 
bungen ^^Uj und ^^^Ul^ ▼or. Vgl. oben S. 236 Anm. 1. 

'J C'^bl ^y "^f^ S. 177 Z. 2f. 
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254 

schleunigst nach Ha. Dabar^i wurde auf die Nachricht 
davon von grosser Angst befallen und machte sich mit 
dreihundert Reitern aus seinen Getreusten auf und davon. 
Amursana fand Ha leer und setzte sich auf den Thron. 
Dabargi wusste nicht^ wohin sich wenden und geriet 
schliesslich in die Gegend von Us. Er liess in der 
Stadt vorsichtig anfragen, ob man ihm den Eintritt ge- 
statten würde. Häkim von üs war damals der ver- 
räterische Choga Si Bek. Der hielt das für gute Beute 
und gab Erlaubnis, dann bewaffnete er das Stadtvolk 
und hielt es heimlich bereit. Er selbst empfing den 
Dabargi mit falscher Freundlichkeit, und dieser einfaltige 
Ungläubige liess sich einfangen. Als die Qalmaqen 
alle in der Stadt waren, wurden die Tore geschlossen, 
die Qalmaqen sämtlich zu Gefangenen gemacht 
und dem General der Chinesen zur Verfügung gestellt, 
der Dabargi dem Chaqan schickte. Damit war die 
Ha-Frage abgeschlossen (S. 176 Z. 13—178 Z. 7). 
— Nun gedachte man^), auch Kasgar und Jarkend 
wieder zu unterwerfen. Mit Heeresmacht vorzugehen 
schien bedenklich; man sagte sich: ,Eine Niederlage ist 
möglich; besser ist es, von jener Seile die Hand zu 
lassen, diese Seite möge dem Chan gehören'^). Auf 
'Abdulwahhäbs Rat schlug nun Choga Si folgendes vor: 
statt militärisch vorzugehen, empfehle sich List; in IIa 
seien zwei Chogas aus Kasgar, deren Vorfahren dort 
in grossem Ansehen ständen; es sollte nun ein Chinesen- 
general, ein Qalmaqengeneral und einer dieser beiden 
Chogas sich aufmachen, erklären, die Ha-Qalmaqen 
seien jetzt dem Cbäqän untertänig geworden, und diese 
Chogas seien als Chans über die Städte gesetzt; die 



^) Bb ist nicht gesagt, von wem die Bede ist; nach dem 
Zusammenhang wird man an den chinesischen Qeneral denken 
müssen, der ja allein bei der ganzen Expedition etwas zu sagen 
hatte; Amursana war nur Puppe. 

^UÜ^ IüüIa. S. 178 Z. 12. 



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255 

Weissturbane würden ohne Kampf sich dem Ghäqän 
unterwerfen, und zum Schluss stände es in des Chäqäns 
Hand, jene Chogas zu belassen oder nicht. Die in IIa 
gefangenen Chogas waren Choga Jahjä und [Choga Bur- 
hilnuddin], Söhne des Cho^a Ahmed, eines Eiukels Äfaqs. 
Beide waren seit ihrer Geburt in IIa. Die Chinesen 
taten, wie ihnen geraten. Sie zogen mit den beiden 
Chogas nach Easgarien. In Aqsü nahm das Volk sie 
mit den höchsten Ehren auf und huldigte ihnen, ebenso 
die Bewohner von U§, über welches der Weg genommen 
wurde. In Us blieb man einige Zeit und beriet, was 
zu tun. Die Chogas fürchteten sich vor Jüsuf, denn 
das Volk von Jarkend und Easgar hielt fest zusammen, 
die Eirgisen waren yersammelt, und die chinesischen 
Gesandten hatten nicht genügend Truppen bei sich 
(S 178 Z. 7—180 Z. 4). — Jüsuf war zwischen Leben 
und Sterben. In Easgar wusste man nicht, woran man 
war. Bald hiess es: Amursana rücke mit einem Chinesen- 
heer auf Easgar und Jarkend, nachdem er Aqsü und 
Us unterworfen, bald wieder: die Qalmaqen hätten sich 
von dem Schlage Amursanas erholt und zögen von Us 
her gegen Easgar und Jarkend heran. In Jarkend trugen 
die Grossen Chogai Gihän die Bitte vor, den Feinden 
zuvorzukommen, ein Heer zu sammeln und die Muslims 
von Aqsü und Us aus den Händen der Ungläubigen zu 
befreien und womöglich diese bis nach IIa zu verfolgen. 
Chogai Gihän schwieg zu diesem Rat und gab drei 
Tage lang keine Antwort Die Ratgeber wurden un- 
geduldig und machten besonders die jungen Prinzen 
kampflustig. Nach drei Tagen gab Chogai Gihän seine 
Einwilligung. Als Jüsuf von der Sache hörte, wurde 
er sehr unwillig und widersetzte sich auf das Be- 
stimmteste ; er deduzierte, dass das Heer der Ungläubigen 
von selbst nie den Fuss auf kasgarisches Gebiet setzen 
würde, dass es aber im Falle einer Niederlage der kas- 
garischen Truppen ihnen folgen würde, als habe man 
es selbst gerufen; vor allem sei doch zu bedenken, 
dass das Heer mit Eirgisen durchsetzt und auf diese 

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256 

gar kein Verlass sei^); diese seien ein treoloses Volk; 
auch sei jetzt^ wo er an einer schweren unheilbaren 
Krankheit damiederliege, doch nicht die Zeit, einen 
Kriegszug zu unternehmen, vielmehr müsse man sich 
jetzt gedulden. Oho^iu' öihän stimmte ihm grundsätz- 
lich bei, aber eine Änderung stand nicht mehr in seiner 
Macht; notgedrungen erliess er den Befehl für das 
Heer. Man verschwieg aber Choga Jüsuf, was vorging. 
Die Rüstungen wurden in grösstem Massstabe betrieben, 
auch von den Kirgisen eine grosse Zahl eingestellt 
Cho^a Jahjä übernahm die Leitung» er marschierte aber 
vorsichtig am Ende. Das beunruhigte wieder die Kir- 
gisen, die sich beobachtet sahen und beständig Auge 
und Ohr aufmerksam auf die Seite der Qalmaqen ge- 
richtet hielten. Die Lage wurde immer gespannter. 
Choga Jahjä liess einige Kirgisen in Fesseln legen ^), 
schliesslich aber musste er das eben erst begonnene 
Unternehmen aufgeben und kehrte mit dem Heere nach 
Kasgar zurück (S. 180 Z. 4-182 Z. 9). — Nachdem 
Jüsuf gestorben war^), bereute Cho^ai* Gihän, dass er 
das Heer hatte ziehen lassen; andererseits billigten 
Ghäzl, die Emire und die Kirgisen, vor allem sämtliche 
Prinzen nicht, dass das Heer zurückkehre; die Feinde 
dürften nicht erfahren, dass auf ihrer Seite eine Meinungs- 
verschiedenheit bestehe. Chogali 6ihän schickte seinen 
Schwiegersohn Nasrulläh Sofi Chogam mit der Todes- 
anzeige und dem Herrschaftsdekret nach Ka§gar ab: 



') Es ist bemerkenswert, wie richtig der scharfirichtige JOsnf 
die Situation beurteilte. Die Kirgisen waren zu allen Zeiten un- 
sichere Eautonisten und sind es noch heute. Mit denen, die im 
russisch-chinesischen Grenzgebiet wohnen, können weder die 
Russen noch die Chinesen sicher rechnen, sie sind jeden Augen- 
blick bereit abzufallen, wenn ihnen der andere Teil lockendere 
Versprechungen macht. So wurde mir yon den Bussen selbst 
und allen Personen, die die Verhältnisse kennen, wiederholt ver- 
sichert. 

^ Die Erzählung ist verworren und hat offenbar Lücken. 

') Über sein Ableben ist nichts besonderes berichtet. Viel- 
leicht liegt eine Lücke vor. 



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257 

die Trauerfeierlichkeiten sollten einen Tag, die Ver- 
lesung der Bestallung und Einsetzung ^Abdullahs den 
nächsten Tag stattfinden. Nasrulläh begab sich schleunigst 
nach Easgar und zog in Begleitung Jahjäs in die Stadt 
ein (S. 182 Z. 9—183 Z. 7). — Die Feierlichkeiten 
wurden abgehalten, wie Chogiü (jihän befohlen hatte. 
Sowohl das Beileidsschreiben (lüob vsa^jüI) als das Be- 
stallungsdekret (ibob \yj&Jjo) werden mitgeteilt Beide 
Staatsschriften sind in dem gewöhnlichen schwülstigen 
Stil abgefasst und enthalten nur wenig, was von Interesse 
ist (S. 183 Z. 7—186 Z. 7). — Nach Verlesung der 
Bestallung setzte die Menge Abdullah auf einen Eirmän- 
teppich*), dessen Seiten von verschiedenen Gruppen 
gehalten wurden: 1. Jaljijä, 2. Mu'min, 3. Nasrulläh, 
4. die Emire unter Häkim Chos Eipek, 5. die Mollas 
unter dem A'lem Ächon Molla Mal^müd, dann setzten 
sie ihn auf den Thron und brachten ihm unter BVissfall 
die Glückwünsche dar. Der erste Akt des Fürsten 
war der Befehl, dass die Emire mit ihren Leuten ein 
Heer bilden und sich auf den Weg machen sollten. Alle 
machten sich auf, unter ihnen Mu'min, der Bruder 
^Abdullahs, und vereinigten sich in Beskerem^) 
mit dem Heere Jahjäs. Die Sache ging nicht nach 
Wunsch: die Ausrüstung war viel zu schwer und um- 
fangreich, und wenn die Soldaten wo Halt machten, 
dann sah es aus, als wollten sie sich dort häuslich ein- 
richten. Das sahen auch die Führer und gaben Befehl, 
jedermann solle sich leicht machen. Wie sehr die 
Truppen das auch zu tun schienen, so wurden sie in 
Wirklichkeit doch nicht leicht. Schliesslich gelangten 
sie aber auf dem Aqsai-Wege in die Nähe von ü§. Der 
aus den Händen der Ungläubigen gerettete Burhänuddin 

*) Das kann nur gemeint sein mit den Worten i i ^ M[\ 

*) &y^^ {J^'j 68 liegt nach der Zehn werstkarte in Luft- 
linie 12 Kilometer nördlich yon KaSgar. Es ist ein in KaSgar 
wohlbekanntes blühendes Dorf, das ich dort öfters nennen hörte. 



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268 

(i3. oben S. 255) war leider dem guten Leben ergeben 
und kümmerte sich um nichts; er wusste nicht, dass 
von Kasgar und Jarkend her ein Heer nahe. Als nun 
die Späher Truppen ankommen sahen, verbreitete sich 
in Us grosse Angst, und auch Burhänuddln begann, 
Soldaten zu sammek (S. 186 Z. 7—187 Z. 14). — 
Mu'min und Jahjä, die im Vortrab vor Us standen, be- 
rieten, es sei besser, zunächst Gesandte in die Stadt 
zu schicken, und sie wählten dafär aus Easgar den 
Häkim von Beskerem Muharram Bek; aus Jarkend Tochta 
Bek, der später Chizänegi von Easgar wurde, den EJr- 
gisengeneral *Omar Mirzä und einen Eirgisen aus dem 
Stamme MungT. Diesen Gesandten wurde ein Brief 
übergeben an Choga Si Bök, er solle mit dem sieg- 
reichen Islam gemeinsame Sache machen und von den 
Ungläubigen abfallen ; es sei höchst wichtig, dass gerade 
Us, das den Weg nach Easgar und Jarkend beherrsche, 
in den Händen des Islams sei; habe er und die Be- 
völkerung von Us gehuldigt, so würde man zusanmien 
nach Aqsü ziehen, wo auch ^Abdulwahhäb huldigen 
werde, und man wolle dann die beiden Städte gründ- 
lich befestigen; überzeuge man sich, dass noch weiter 
im Lande der Ungläubigen Uneinigkeit und Unordnung 
herrsche, so solle man gegen sie ziehen und sie zum 
Islam bekehren oder töten, auch die noch bei jenen 
befindlichen Propheten-Nachkommen (Saijidzäde) be- 
freien, nach Hause führen und zu Chans machen; die 
Chogas wollten sich dann zurückziehen und in alter 
Weise nur dem Gebet und den frommen Übungen 
leben, die Häkims dagegen sollten alle Geschäfte nach 
den Regeln des Islams fuhren; halte Si Bek es weiter 
mit den Heiden, so werde er auch bei der Auferstehung 
sich in Gesellschaft der Heiden befinden ; folge er aber, 
so werde er in seiner Häkimwürde bestätigt werden 
und die Herrscherzeichen*) erhalten, auch den Titel 



M Es werden genannt (^UnD* ^La3 iJLß £«J d. h. Schweif 
(wie sie auch an Heiligengräbem in Mittelasien überall gefanden 

64 



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259 

Wezir Gumletulmulk*) bekommen; folge er nicht, so 
stehe ein gewaltiges Heer bereit mit Scharen aus Easgar, 
Jarkend^ Chotan^ Jangi Hisär und mit Kirgisen aus 
den Stämmen Toqquz Qipcaq, Seriq Qalpaq, Naiman, 
Gong BaghiSy Ottuz Oghul, in dessen Rücken sich 
Qubäd Mirzä, berühmt unter dem Namen Behädurluq, mit 
einigen tausend Mann befinde») (S. 187 Z. 14—190 Z. 15). 
— Die Gesandten wurden sofort von Cho^a Si empfangen 
und in den Prunksaal geführt Als Truppen fanden sie 
Qalmaqen und Chinesen, darunter gemengt auch einige 
Muslims. Das Äussere war ganz nach Art der Un- 
gläubigen, auch die Sprache heidnisch, von Islam war 
keine Spur zu merken. In der Mitte des Prunksaales 
sass auf prächtigem Teppich Choga Burhänuddin Ihn 
Cho^a Ahmed, zu seiner Linken eine Anzahl abge- 
fallener Muslims; da war aus Kasgar: Sirä (?) Muham- 
med Emin B6k; sein Sohn *Abdurrahmän Bek; Jüsuf 
Bek; sein Bruder 'Abdu*attär Bek; Müsä B6k; Chudäjär 
Beks Sohn Muhammed Emin Bek; aus Jarkend: Mir 
Nijäz B6k, Häkim von Qargalyq; sein Sohn Mir 'Awaz 
[awad] Bek; Daulet Choga; 'Abdulwahhäb Bek, Häkim 
von Aqsü; sein jüngerer Bruder 'Omar Bek; sein Sohn 
'Abdussattär Bek; *Abdulehäliq Bek und alle Beks von 
Aqsü; femer Choga Si Bek; Häkim von Us; sein Sohn 
Muzaffar B6k; sein Isikäghä Säret Bek; Allah Quli Bek, 
Häkim von Köcär; Muhammed Jär Bek, Häkim von 
Sairäm; Schadet Bek, Häkim der Dolanen, und die 
Dolanenbeks Rahmän Quli Bek, Fermän Quli Bek und 
'Abdurrahim Bek; der Kirgise * Abdullah Bek und viele 



werden, in EaSgarien meist vom QotaSj d. b. Jak), Fahne, 
Trommel und Flöte. 

^) Siehe diesen Titel schon oben S. 250. 

*) Diese Staatsschrift; ist, obwohl etwas phrasenhaft, in ihrer 
Art ein kleines Meisterstück, besonders wo, natürlich nicht ernst- 
haft, versprochen wird, die Chogas wollten artig werden and sich 
aufs Beten beschränken, den Uäkims die ganze weltliche Macht 
Überlassen. 



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260 

Emire; endlich aus der Schar der Söfis^) Mundi SOfi, 
Rahmefi Sfifi, Ajdar^) Nijäz und Nister Nijäz; von den 
Ächonds: MoUak *Awaz Ächond, Molla Barät Ächond, 
Molla Qäsim^) Ächond; femer Mir Naurüz Ctiizäne^; 
von den Qalmaqen: Dangein Gisang der in Jarkend an 
der Stelle von Qara Chan gewesen, von Chogai Grihän 
mit dem Gesandten Meder^ zusammen fortgeschickt, 
und jetzt in Begleitung von tausend Qalmaqen mit 
Jarijgh Amursanas gekommen war; femer befand sich 
im Saale ein chinesischer Gesandter Namens Turumtai; 
vom Heere des Chäqäns, der auch mit einer Schar ge- 
kommen war. In diese Versammlung traten die Ge- 
sandten aus Easgar nun ein und übergaben das Schreiben. 
Als jene es gehört, brachen sie in Spotten aus und 
riefen: jdiese Ishäqije-Chogas^) haben sich mit einer 
törichten Idee hierher bemilht; sie haben offenbar keine 
Ahnung davon, dass Amursana von seiten des Chäqäns 
mit chinesischen Truppen in IIa den Fürstenthron ein- 
genommen hat, und dass Dabargl^) nach Us^) ge- 
flohen und in Fesseln nach Chotan gebracht worden ist, 
dass im Qalmaqenlande alles in Ordnung ist und in IIa 



*} i^^;^ ^^ (»^ (s^y^ (S. 192,1); die RoUe der Söfis 
hier ist nicht klar. Im heutigen Sprachgebrauch ist Soft ^niederer 
Moscheediener*, «Küster*. 

*) Möglich, dass Ajdar beschimpfender Zusatz ist; vielen Ton 
den Obengenannten wird ein seg ,Hund', cirkin «Ekel', oder jpi^ 
,Schmutz&ik* an den Namen gehängt. Die alberne Sucht, Anders- 
gläubige mit nichtssagenden Schmähnamen zu belegen, und sich 
durch Beschimpfungen und Verfluchungen, die überaus einförmig 
sind, und von grosser geistiger Armseligkeit zeugen, als guten 
Muslim vorzustellen, wütet in Mittelasien wie im ganzen übrigen 
Islam. Auch in Europa brauchen Minderwertige gern das banale 
Mittel, Andersgläubige durch fade Witzelei zu höhnen. Diese 
unsittliche Armseligkeit triflFt nur die, die sich ihrer schuldig 
machen. 

•) Hier, wie auch früher gelegentlich, ohne aUf geschrieben. 

*) Siehe unten S. 261 Anm. 1. 

*) Hier ^5Ä-bf4>, vgl. oben S. 2ö3 Anm. 3. 

«) Hier (S. 192 Z. 13j ^^^^ (J^^f US Turfan genannt. 



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261 

ein paar tausend chinesische Soldaten stationiert sind, 
dass Amursana unter den Auspizien des Chäqäns die 
Regierung dieser Städte übernommen und uns das 
Oho^alyq verliehen und die Is^qije-Chogas ^) aus dem 
Lande nach IIa verbannt hat; an diese Chogas richte 
sich das Jarlygh des Chäqäns und Amursanas; sie sollten 
die Herrschaft über die Städte aufgeben^ nach Ba gehen 
und vom Amban Gisang den Erlass der Todesstrafe 
und das Leben ihrer Töchter erbitten; täten sie das 
nicht, so sei hier der Dang^in Gisang mit tausend Qal- 
maqen bereit und auch einige Chinesen von der Würde 
des Turumtai') seien als Gesandte gekommen; femer 
.ständen zehntausend Qalmaqen in Aqsü, ebenfalls mit 
einem Jarlygh des Chäqäns und Amursanas; bei Unge- 
horsam würden sie alle miteinander hingeschlachtet 
werden. Diese Rede hatte die schlimmste Wirkung: 
die Kirgisen fielen sofort ab, berichteten die den Gegnern 
erfreuliche Nachricht vom Tode Jüsufs und huldigten 
Burhänuddin; einige unter Führung Bahräm B^ks 
schlössen sich an die Qalmaqen an und kehrten nicht 
mehr zurück; ein anderer Teil, unter ihnen Tochta 
Chizänegl und eine Anzahl Kirgisen, versprachen, zur 
feindlichen Partei überzutreten, kehrten aber zunächst 
zu Jahjä und Mu'min zurück; sie gaben einen ganz 
falschen Bericht von den Vorgängen. Die Prinzen 
lialten nun eine grosse weinerliche Rede, in der sie sich 
über die Undankbarkeit und Treulosigkeit Burhänuddins 

•) Diese Bemerkung über die Ishäqlije-Cho^ wirft ein grelles 
Licht auf die Parteiverh&ltnisse. Es stehen sich eben die Nach- 
kommen Ish&qs und die Muhammed Emins, der beiden Söhne 
des Machdümi A^zem schroff einander gegenüber, weil jede be- 
hauptet, dass auf ihren Ahn ,das Licht' übergegangen sei. Bur- 
hänuddin, der zu der Muhammed Emin- oder Äfäq-Partei gehört, 
hält es mit den Qalmaqen jedenfalls nur, um die verhassten Ishä- 
qije, wie er selbst sie hier nennt, aus dem Felde zu schlagen. 
Den Namen ISkije, den Grigorjew 2, 356 für die Anhänger 
Muhammed Emins giebt, fand ich in unserm Werk nicht. 

») So hier S. 193 Z. 6: ^if ^5^-^^*^ *^ T^ o'^^ ^^))y^ 5 
oben war gesagt S. 192 Z. 7 (^Ui^ o ^^aXjI (^tAXf*^yi'. 



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6* 



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262 

bitter beklagen, immer aber noch, scheint es, mit der 
Hoffiiung rechnen, ihn mit der Aussicht auf einen guten 
und sichern Thron — er könne jede Stadt wählen, die 
er wolle — zu locken. Dann denken sie ernstlich an den 
Kampf (S. 190 Z. 15-195 Z. 15). — Ihre Soldaten waren 
vorzüglich gerüstet und hatten alles in Fülle, namentlich 
gute Pferde. Aber sie waren demoralisiert teils durch die 
Nachricht vom Tode Jüsufs, teils durch die drohenden 
Reden der Chinesen und Qalmaqen, die ihnen von den 
verräterischen Gesandten mitgeteilt wurden ; sie kannten 
die frühere Superiorität der Qalmaqen, kannten den 
Zwist zwischen den verschiedenen Städten Easgariens: 
wie sollten sie mit den gegenüberstehenden Qalmaqen- 
truppen sich messen, hinter denen ein Chinesenheer ^) 
stand? Zudem hatte Burhänuddin den Gesandten grosse 
Versprechungen gemacht: wer zur Chinesen-Partei über- 
laufe, werde reich belohnt werden, einen hohen Posten 
bekommen und ausserdem ein rotgestempeltes Diplom 
mit Giltigkeit bis ins siebzigste Glied ^). Die im Glauben 
Schwachen, denen die Gesandten solche Lockungen 
mitteilten, wandten sich natürlich dem Feinde zu (S. 
195 Z. 15-197 Z. 5). — Bis es so weit kam, hatten 
die kasgarischen Truppen eioige Erfolge. In den Schar- 
mützeln, die sie mit den Qalmaqen und Einheimischen 
vor den Toren der Stadt hatten, wurden 121 Feinde 
getötet und eine ganze Anzahl vei*wundet, denn sie 
hatten magere Pferde und ungenügende Waffen, und es 
war nahe daran, dass das islamische Heer siegte. Da 
starb einer von ihnen den Glaubenstod, und nun be- 
redeten die listigen Kirgisen die Heeresleiter, ein wenig 
zurückzugehen. Sie selbst aber stoben nach allen Seiten 
auseinander, brachten die Reihen in Unordnung und 
gingen zum Heere von Us über. Als die beiden Prinzen 



*) f^Ua^y v5^^ [Sy^^ S- l^ß Z. 6f.; es ist bemerkens- 
wert, dass hier zwischen cinl und cMtäl geschieden wird. 



^LäJ S. 197 Z. 2 



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263 

sahen, wie das feindliche Heer zusehends zunahm und 
immer stärker anstürmte, verliess sie der Mut, sie folgten 
dem Spruch ,die Flucht vor dem Unerträglichen ist 
Brauch der Gottgesandten' ^) und wandten sich rück- 
wärts. Schrecklich war das Gemetzel, das die Truppen 
von Us unter den Fliehenden anrichteten. Diese 
warfen Waffen und Proviant fort und Hessen auch ihre 
ausgezeichneten Zelte im Stich* Von den Kirgisen ging 
ein Teil sofort a.uf die andere Seite über, ein anderer 
Teil begleitete die Fliehenden bis Kasgar, auf dem Wege 
Beute machend (S. 197 Z. 5—199 Z. 2). — Mu'min 
und Jahjä waren von der Niederlage und dem grossen 
Verlust an Zelten und Waffen erschüttert. Jahjä wandte 
sich mit den Truppen von Kalta Jailagh, Faizäbäd und 
Jarkend nach Jarkend, Mu'min mit denen von Easgar 
nach Easgar. Ein vorausgesandter Diener meldete das 
Unglück 'Abdullah, und dieser liess sofort Trauer blasen, 
so dass das Volk unterrichtet war 2). Achtzehn Tage 
hatte man gerechnet bis zum Eintreffen von Nachrichten, 
und nun war die Unglücksbotschaft schon am dreizehnten 
da! In der Nacht schlich sich Mu'min durch ein Seiten- 
tor in die Stadt xmd erstattete 'Abdullah Bericht, der 
ihn zu trösten suchte. Choga Jahjä eilte nach Jarkend 
und schickte ebenfalls einen Boten voraus an ChogaX 
Gihän. Der liess sich von seinen Ratgebern bestimmen, 
an den Mungi-Eirgisen in infamer Weise Rache zu 
nehmen: es wurde ihnen von den nach Us gegangenen 
Verwandten nichts gesagt, sie selbst eingeladen, dann 
festgenommen und ins Gefängnis geworfen und ihr 
Lager den Soldaten zur Plünderung gegeben. Die Eir- 
gisen, die bei dieser Gelegenheit entkamen, flüchteten 
ins Gebirge und trieben nun in der Gegend von Jarkend 
Räuberunwesen. Nur die Leute des Eirgisen 'Omar 



j^t> w^ <rMa^M> y^^^ 1»*^=^ S. 199 Z. 9. 



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264 

hielten sich ruhig. Als Jahjä selbst bei Chogai Grihän 
eintraf, war dieser gar nicht entrüstet, sondern machte 
ihm Geschenke, nur erging man sich in heftigen 
Schimpfereien auf die schlimmen Kirgisen und schwor 
ihnen Rache. Auch hier verfuhr Choral' Gihän wieder 
ganz töricht. Die Kirgisen schworen beim Qoran, sie 
wollten alles wiedererstatten und der Choga liess sie, 
obwohl gewarnt, ziehen; kaum waren sie aber aus den 
Toren heraus, da begannen sie ein schlimmes Treiben 
und beunruhigten die Bevölkerung aufs äusserste^). 
(8. 199 Z. 2—202 Z. 7). - Chogai Gihän hat nichts 
Besseres zu tun als wieder einmal eine Rede zu halten; 
in ihr schimpft er hauptsächlich auf die Kirgisen, daneben 
tönt der Kummer darüber, dass ihm die vierzigtägige 
Trauerfeier für seinen verstorbenen Bruder gestört seil 
(S. 202 Z. 7— Z. 13). — In Us war man von dem Siege 
und der reichen Beute ganz berauscht. Burhänuddin 
wurde von ^Abdulwahhäb und anderen Freunden geraten, 
den geschlagenen Feinden nachzusetzen und sich auf 
KaSgar zu werfen, da man der Hilfe der Kirgisen 
sicher sei und man in Kasgar Anhänger habe'). Augen- 
blicklich sei Kasgar in voller Zerrissenheit und sei leicht 
zu überrumpeln, gebe man Zeit zur Erholung, so werde 
die Einnahme schwerer werden; habe man Kasgar in 
der Hand, so sei Jarkend geliefert. Das leuchtete ein. 
Burhänuddln erliess den Befehl, alles Volk solle sich 
mit den vom Jarkend-Heere zurückgelassenen guten 
Ausrüstungsstücken versehen und nach Kaägar auf- 
brechen (S. 202 Z. 13—204 Z. 2). — In KaSgar stand 
es schlimm. Auf die Nachricht vom Herannahen Bur- 



') Die beiden Berichte über die EirgiseD scheineii sich auf 
ein und dieselbe Tatsache zu beziehen; vielleicht ist aber bei dem 
Eweiten Bericht ein anderer Eorgisenstamm gemeint. Dass sein 
Name in dem ^jjJ^y:^ lüb^ yDÜ» S. 201 Z. 11 liege, ist nicht 
sicher; vgl. S. 206 Z. 10: ;^*;^y* *^Lj). 

*) Diese Bemerkung ist wichtig und glaubhaft. Die KaS- 
garer standen sehr unter dem Einflüsse Äfaqs ; die Herrschaft der 
Ishaq^e-Chogas werden sie nur mit Unmut ertragen haben. 



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265 

hänuddiiiB bereiteten sich die Leute zu einem festlichen 
Empfang. Nach Andi^än hatte man an die Adepten 
Choga Hasans, an deren Spitze MoUa Mes^dl und Molla 
Naurüzi standen, sowie an Qubäd Mirzä ein Schreiben 
betreffend den Tod Jüsufs durch Derwi§ Bakäwul ge- 
schickt. Die Ächonds kamen nun, ihr Beileid zu be- 
zeugen, machten 'Abdullah ihre Aufwartung und hielten 
die übliche Totenfeier, so dass von neuem das Weinen 
imd Elaggeschrei losging. Nachdem sie aber mit ihren 
Zeremonien fertig waren, wurden sie von ^Abdullah fest- 
gehalten, um auf der Stadtmauer und den Türmen ge- 
rüstet Wache zu halten (S. 204 Z. 2— Z. 15). — In 
der Umgebung Jüsufs hatte sich ein Intrigant und 
Ränkeschmied befunden, Namens ^Abdulme^d. Diesen 
Menschen hatte Jüsuf erzogen und liebte ihn mehr als 
seine eigenen Söhne. Die andern Diener beneideten 
ihn und sagten oft zu Jüsuf, es werde ihm mit ^Abdul- 
me^d ergehen, wie es ^Ali mit ^Abdurrahmän Ibn Mulgam 
ergangen sei. Jüsuf sagte dann wohl: ,Ich kenne meine 
Feinde, eines Tages werde ich ihn entfernen'. Aber 
er behielt ihn. In jener Zeit der Not nun trieb es 
dieser Mensch am ärgsten und fiel vor aUen andern 
von den beiden Prinzen ab. Als Qubäd Mirzä von der 
User Gesandtschaftsreise zurückkehrte, war er es, der 
ihn empfing und ihn durch seine eifrigen Dienste ganz 
an sich fesselte, so dass schliesslich Qubäd ganz in 
seinen Händen war; er stellte Qubäd vor, wie es nach 
dem Tode Jüsufs mit dessen Hause zu Ende gehe: Bur- 
hänuddln sei der Mann der Zukunft und ihm hätten sich 
bereits alle Kirgisen und Gacchar angeschlossen ; könne 
er durch die Nachkommen Jüsufs Häkim von Easgar 
werden, so durch Burhänuddln Häkim von Jarkend 
und zwar ohne Kampf; auch werde ihm das von Cho§ 
Kipek Bek und seinen Leuten zusammengeraffte Geld 
und Gut zufallen. So appellierte er mit richtigem Instinkt 
an den Baubtrieb dieses Kirgisen. Auch wie es zu 
machen sei, brachte er ihm bei: er solle sich hübsch 
abseits halten und ruhig die beiden edeln Enkel des 

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266 

Machdümi A'zem sich gegenseitig abtun lassen, auch 
seine neutrale Stellung 'Abdullah mitteilen (S. 204 Z. 
15—207 Z. 1). — 'Abdullah wurde durch diese Nachricht 
aufs höchste erschreckt. In der Rede, die er seinem 
Bruder hält, sagt er ganz richtig, Kämpfen nütze nichts, 
denn sie hätten keine Helfer; sämtliche Kirgisen 
hielten es mit den Feinden. Burhänuddin selbst zog 
aus dem Gebiete von Gagchar nach Artyc. In Kasgar 
zeigte 'Abdullah Choga äusserlich Selbstvertrauen, 
konnte aber nicht hindern, dass der freche Ga^chari 
'Abdulme^d unter den Dienern der Burg unverschämte 
Reden führte, wie dass 'Abdullah den Thron demnächst 
räumen werde, da der richtige Herr gekommen sei, wie 
das alle Ga^char-Leute wünschten. Als er gar am Ufer 
des Tümen Darjä sich an eine Schar von geladenen 
Prinzen mit Aufruf zur Empörung wandte, konnte der 
der Versammlung beiwohnende 'Abdullah nur mit Mühe 
verhindert werden, auf ihn mit dem Bogen zu schiessen; 
dann verfluchte er den Verräter in einer heftigen Rede. 
Das Unglück war bereits hereingebrochen: sein Haus 
war geplündert, von seiner Familie einige gefangen, 
einige getötet. Widerstand half nicht. Mit Mutter und 
Bruder beschloss er zu weichen. Noch aber beriet er 
sich mit dem Häkim Chos Kipek Bek. Der höfliche 
Mann, der es natürlich immer mit dem Starken hielt, gab 
ihm auch jetzt noch seinen vollen Titel ,Herrscher det 
Welt', konnte ihm aber auch nur raten, sich möglichst 
schnell davon zu machen; freundlich war, dass er ihm 
den guten Rat gab, nicht nach Jarkend zu gehen, denn 
dort sei das Leben nicht zu retten; wenn Jarkend in 
die Hände der Feinde faUe, werde alles abgeschlachtet; 
er rate nach Andi^n zu gehen, und dorthin wolle er 
ihn gern begleiten, vielleicht könne man sogar von dort 
aus die Stadt wiedergewinnen (S. 204 Z. 15—210 Z. 2). 
— 'Abdullah hörte nicht: den ehrwürdigen Oheim durch 
Fortziehen an einen anderen Ort zu betrüben sei un- 
möglich für ihn, bekomme er auch sieben Reiche; Unter 
seiner Billigung zu sterben sei das Glück zweier Welten. 

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267 

Damit nahm er Abschied. In selbiger Nacht zog er 
mit seinen Nächsten aus einem Seitentor hinaus gen 
Jarkend. Für Jüsufs Seele vierzig Nächte den Qoran 
zu lesen, waren vierzig Personen angestellt» die im 
innersten Hof des Altynlyq Serai ein besonderes Zimmer 
hatten; es waren immer zehn zugleich an der Reihe. 
Achtunddreissig Tage waren um, da sassen sie auch 
und hatten die Tür mit eiserner Kette geschlossen. 
Sorglos sassen sie den nächsten Morgen da; da brachen 
Bäuber mit grossen Knütteln ein, die räumten alles aus. 
Als sich die Ächonds endlich hinauswagten, fanden sie 
die ganze Burg verwüstet und konnten sich nur mit 
Mühe davonmachen; noch jetzt sind einige von diesen 
Ächonds am Leben und erzählen, sie hätten ihren Mut 
noch nicht wiedergefunden (S. 210 Z. 2—211 Z. 7). — 
Chos Kipek Bßk rückte mit Familie und Gut durch das 
Sü-Tor aus und war bis zu einem Hause am Tümen 
Darjä gekommen, als 'Abdulme^d ihm Kirgisen nach- 
hetzte und den Weg verlegen liess. Er, seine Frau 
und zehn Personen waren voraus und entkamen. Sein 
Sohn ^Azimsäh versteckte sich in einer Höhle, wurde 
aber von einem Diener an Burhänuddln veiTaten und 
getötet Den nächsten Morgen rief ^Abdulmegid die 
Emire und Ulemas snisammen und prahlte: ,Habt ihr 
gesehen, was 'Abdulmegid ausrichten kann?' Niemand 
wagte zu erwidern, und Ächond MoUa Mahmud sagte 
nur heimlich : ,Warte nur, du Ketzer, wie dir's ergehen 
wird!' Darauf wurde Burhänuddln feierlich eingeholt. 
Den nächsten Tag besuchte Burhänuddln das Mazär^) 
und bestieg dann in der Stadt den Thron. In seiner 
Begleitung waren Chinesen und Qalmaqen. In der Stadt 
ging alles drunter und drüber. Die Diwänes und Söf is 
versetzten die Bevölkerung in die grösste Unruhe, man 
konnte aber keine Beschwerde an Burhänuddln ge- 
langen lassen. 'Abdulwahhäb, Rahmän Quli, der Kirgise 



') Gemeint ist das Maosoleam bei der Stadt, das heute Hazet 
Äpäq heisst (s. oben S. 217 Anm. 2). 

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268 

'Abdullah, die Emire von Easgar und einige SofiB meinten^ 
es sei am besten, gleich nach Jarkend zu marschieren^ 
ehe man sich dort erhole. Burhänuddln stimmte dem 
bei und befahl, das Heer fertig zu machen. Qubäd 
Mirzä war am eifrigsten und wurde mit dem schlauen 
Versprechen, ihn zum Häkim von Easgar zu machen^ 
an die Spitze der Truppen gestellt, die aus Eirgisen 
imd Easgar- und Aqsüleuten bestanden, dazu noch f&nf<- 
bis sechshundert Qalmaqen und Chinesen (S. 211 Z. 7 bis 
214 Z. 2). — In Jarkend waren ^Abdullah und Mu'min 
mit ihrem Gefolge angekommen. Cho^ öihän hatte 
gänzlich den Mut verloren, der Welt und der Regierung 
entsagt und ausserhalb der Stadt Zelte aufschlagen 
lassen, in die er sich mit seinen Angehörigen begab; 
dann berief er die Emire und Ulemas von Jarkend zu- 
sammen, bewirtete sie mit einem grossen Asch und hielt 
eine grosse Staatsrede, in der er sein schmähliches Ab- 
treten zu beschönigen suchte und die nach Lage der 
Umstände ebenso nichtswürdige wie törichte Absicht 
aussprach, mit Familie und Gefolge auf die heiUge Wall- 
fahrt zu gehen; das sei schon längst sein Wunsch ge- 
wesen, und jetzt sei gute Zeit dazu, auch hätte sein 
Geschlecht ja nun eine lange Weile die Herrschaft ge- 
habt, und es sei jetzt an den Nachkommen Äfäqs die 
Reihe (S. 214 Z. 2—216 Z. 1). — Alle waren über 
diesen kläglichen und veiTäterischen Rückzug entrüstet 
und sagten ihm, die Ulemas den Ächond 'Omar Bäqi^ 
die Emire die Ghäzis an der Spitze, offen ihre Meinung ^). 
Wenn er gehe, so wollten sie mit; es wäre aber doch 
richtiger, dass Cho^ai Gihän bei den Gräbern seiner 

') Es spricht für die Richtigkeit der Darstelimig, dass aaf 
diesen Seiten die Unfähigkeit nnd Charakterlosigkeit Choral Öih&ns, 
zu dessen Verherrlichung doch das Bach geschrieben sein will, so 
offen dargelegt wird. Es ist kaum zn glauben, dass Muhammed 
^ftdiq nicht gemerkt haben sollte, wie sich sein Held in der Be- 
leuchtung durch seine eigne Bede und durch die ihm in der 
Antwort gegebene scharfe Lektion ausnimmt. Oder liegt yielleicht 
in der Offenheit und Genauigkeit, mit der er diese Verhandlung 
wiedergibt, eine Bosheit? 

74 



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269 

Vorfahren bleibe ; käme es zum Schlimmsten, so wollten 
sie hundert Leben für den Islam hingeben und den 
Kampf aufs Messer kämpfen, aber nie zurückweichen; 
es sei doch nach dem Gesetz ganz imzulässig, dass er 
in dieser Weise ein von Eifer beseeltes Volk mit einem 
,Mit euch werde was will' im Stiche lasse und fort- 
laufe. Der feige Ausreisser musste nach dieser Straf- 
predigt wohl oder übel in die Stadt zurück. Dann rief 
er die Bewohner der Umgegend nach Jarkend, rüstete 
und stellte Posten aus^) (S. 216 Z. 1—217 Z. 13). — 
Als nun gemeldet wurde, das von Gagchar her Scharen 
heranziehen, übergab Chogai Gihän alle Geschäfte des 
Landes und die Leitung des Krieges dem Verräter 
Gh&zl. Nicht besser als Chogai öihän machten es 
^Abdullah und Mu'min und mussten sich über ihr Weg^ 
laufen aus Elasgar und ihre Teilnahmlosigkeit von den 
£bniren, besonders von Ghäzi, bittere Worte sagen 
lassen. Die ersten Scharen des Ga^char-Heeres kamen 
ohne gehörige Leitung vor Jarkend an und wurden ohne 
Mühe zu Gefangenen gemacht, sechshundert Mann an 
Zahl. Am • dritten Tage erschien aber Burhänuddin 
selbst mit grosser Macht. Chogai Gihän übte von neuem 
den unheilvollen Einfluss seiner Frömmigkeit; er er- 
klärte, es dürfe auf die Eselsbrut ^) nicht zuerst ge- 
schossen werden, man müsse abwarten, bis sie den 
Kriegsruf ausstossen (S. 217 Z. 3—219 Z. 7). — Es 
musste erst Ghäzis Sohn Chogai' (jihän die Nachricht 
bringen, die Feinde hätten unter Geschrei angegriffen, 
bis der Choga die Erlaubnis gab, feindlich vorzugehen. 
Bei dem nun folgenden Kampfe zeichnete sich besonders 
Choga 'Inäjet, der Schwiegersohn Chogai Gihäns^) durch 



») v.jüyU* IJuo ^^J^ljXl^^ Jyjf S. 217 Z. 12 f. 

*) s^in>\sy^ ; alberner Witz mit Gagchar. 

8j ^^,nr% &Lj xioMti^ ik^D vsoUft ^y^ \s^yj>ä^ 
)^(>^f oLo\,> i^f^ y ^ \J^i^ ^f^ S- 220 Z. 12 f.; 
da wäsüay öfter wäsU, bei Darstellnng 7on Yerwandtscliaften 



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270 

Tapferkeit aus, ebenso ein Neflfe Chogai Gibäns*); unter 
den Emiren glänzten Mirzä Muräd Bek, Isikägba von 
Aqsü und Mirzäzäde Mirzäd, die Choga Jüsuf, als dieser 
aus IIa zum Kampfe für den Islam geflohen und nach 
Gagchar gekommen war, Hilfe geleistet hatten und mit 
ihm gezogen waren und nun in der Zeit der Not auch 
'Abdullah nach Jarkend begleitet hatten (S. 219 Z. 
7—222 Z. 15). — Es folgt nun ein säqlnäme im Vers- 
mass mutaqärib, in welchem Episoden des Kampfes er- 
zählt werden (s. 223 Z. 1—225 Z. 4). — Als der Tag 
sich neigte, stand es für die Jarkender günstig. Bur- 
hänuddin hatte sein Heer einen Farsach (6^4 km) 
zurückgezogen. Man war sicher, den Feinden den 
nächsten Tag den Oaraus zu machen. Da sah man 
plötzlich von der Mauer, wie die Feinde wieder heran- 
rückten und die Stadt von allen Seiten umgaben. Man 
musste nun auf der Hut sein und die ganze Nacht 
wachen. Chogai Gihän macht auf die Gelegenheit 
Verse ! Unter den Truppen Burhänuddins befanden sich 
Leute aus IIa, Aqsü, Köcär, Us Turfan, Gagchar, Jangi 
Hisär, von den Kirgisen einige Familien des Stammes 
Qusgi unter Führung von Qubäd, von den Qipcaqen 
der Stamm Con Baghis unter Söfi Mirzä, Hakim Mirzä 
und Mungi. Eine Nacht und einen Tag blieb das Heer 
um Jarkend, dann zerstreute es sich. Am dritten, nach 
andern Berichten am vierten Tage zogen die Jarkender 
aus und stellten sich dem Feinde entgegen. Auf Seite 
der Muslims war der Schlachtruf: ,jä aüäh! ja rasuldttäh! 
wä husainä! wä Sehldä! wä jettmä! wä ghartbä/\ Auf 
Seiten der Feinde war nur verworrenes Gebrüll, denn 
die meisten Truppen waren Bergler, Qalmaqen und 
Elirgisen. Es gab auf Feindesseite Emire, die keine 
Ahnung hatten, dass es sich hier um den Untergang 
des Islams handle, wie 'Abdulwahhäb, Bahmän Qull, 
der Kirgise * Abdullah, 'AbdulkerIm,'Abdussattär,'Otmän, 

,Glied' bedeutet, so ist hier vielleicht gemeint, dass 'Inl^et der 
Gatte einer Enkelin Chogat Öihäns war. 
') Der Name ist ausgefallen. 

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271 

Mündi Sofi und andere Emire von den Gagchar (S. 225 
Z. 4 — 229 Z. 12), — In dem Kampfe wurde von beiden 
Seiten viel Tapferkeit gezeigt und viel Blut vergossen. 
Choga 'Abdullah hatte von seinem Vater Jüsuf eine 
doppelläufige Flinte geerbt, die auf einen Farsach weit 
sicher traf; deren Geschoss traf das Pferd des feind- 
lichen Fahnenträgers und die Feinde gerieten ins 
Wanken und zogen sich zurück. Als die Jarkender 
ihnen nachwollten, stellte der Kirgise Qubäd sich ihnen 
in den Weg, und sie mussten zurück. Da war es Abend 
geworden, und es wurde zum Rückzug geblasen. 'Ab- 
dullah und Jahjä erstatteten Choga'i Gihän Bericht (S. 
229 Z. 12 - 230 Z. 15) — Schon gleich am Anfang, 
als die Gagchar-Truppen den ersten Angriff auf Jarkend 
machten, hatten die £in wohner Jarkends einhellig an 
Chogai Gihän eine Warnung gerichtet: er solle sich vor 
Häkim Ghäzi und vor dem Isikäghä Nijäz B6k in acht 
nehmen. Ghäzi sei zwar Burhänuddin nicht besonders 
ergeben, aber er verkaufe beständig die Religion für 
die Welt; Nijäz Bek aber sei Burhänuddin seit alter 
Zeit verbunden, da schon seine Vorfahren dessen 
Vater Choga Ahmed angehangen hätten*). Auch seien 
bereits einige Beks aus dieser Familie bei dem Zuge 
nach Us abgefallen und zu Burhänuddin übergegangen; 
Chogai Gihän solle die beiden Männer festsetzen; wenn 
der Krieg zu Ende, könne man ihnen ja ihre Posten 
wiedergeben. Choral' Gihän wollte wieder nicht hören: 
Ghäzi habe ja auf den Qoran Treue geschworen, und 
auf einen blossen Verdnclit hin dürfe ein Muslim nicht 
geschädigt werden; handle Ghäzi treulos, so werde er 
seine Strafe von Gott und dem Propheten erhalten; 
Nijäz Bek aber sei mit ihm verwandt (Chogai Gihän 
hatte seine Tochter *Ä'isa geheiratet), und so werde er 
wohl keinen Verrat begehen; auch ihn stelle er Gott 
anheim. Die Petenten erklärten sich nun zufrieden, 
wenn der Choga den beiden Verdächtigen einen Ort 



*) Die Übersetzung ist zweifelhaft. 
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272 

ausserhalb der Barg anweise. Darauf ging er ein (S. 
230 Z. 16—233 Z. 6). — Einen Tag nach dem letzt- 
erwähnten Kampf hielt Burhänuddln in dem Prunkaselt 
feierliche Versammlung. Zu seiner Rechten sass 'Ab- 
dulwahhäb, sein jüngerer Bruder 'Omar B^k, 'Abdus- 
sattär, 'AbdulchSliq, der Häkim von Eöcär Chudäberdi, 
sein jüngerer Bruder Allah Qull, Muhammed Jär, der 
Häkim von Sairäm 'AU, der Häkim der Dolanen Se'ädet 
B^k, [lahmän Qull, Fermän QuU, 'Abdurra^m, der Kir- 
gise 'Abdullah; zur Linken: Sirä Muhammed Emin, sein 
Sohn 'Abdurrahmän, der jüngere Bruder Jüsuf B^ks 
^Abdussattär, Müsä Bek, der Häkim von BeSkerem 
Muharram B6k, der Häkim von Faizäbäd Mir Nijäz BSk, 
^Abdurrahlm^ und der Sohn Chudäjär Beks Muhammed 
Emin; ihm gegenüber der Dangein Gisang, die Turum- 
taisy von den Diwänes und Söfls Mundi Söfi, Molla 
Qalem, Rahmet! Söfi, La'neti Söfi, AJdar Nijäz, Nister 
Nijäz, Molla Qutlugh, Molla 'Awaz Saqal, Molla Barät, 
Mir Naurüz, Chizänegl Särigh, Jasawul Eljäs Mirächor; 
von den Kirgisen: von den Qusgl Behädur Bl; von den 
Qipiaqen Söfl Mirzä, Hakim Mirzä Mungl Mirzä. Die 
Sache stand nicht gut : kamen die Jarkender nicht gut- 
willig heraus, so konnte man sie nicht zum Kampf 
zwingen; kamen sie heraus, so hatten sie das Über- 
gewicht. Man riet, es solle zunächst eine Gesandtschaft 
in die Stadt geschickt werden, begleitet von einigen Ge- 
sandten des Chäqäns und einigen Leuten Amursanas; 
vielleicht liessen sich die Jarkender durch den Eindruck 
der staatlichen Männer und die Drohungen des zu 
sendenden Briefes einschüchtern und würden die Stadt 
übergeben oder sich daraus zurückziehen. Das fand 
Annahme. Es wurde ein drohender Brief geschrieben und 
Molla Bäql Serteräs mit vier Qalmaqen, zwei Chinesen 
und einigen Eingeborenen nach Jarkend geschickt. Sie 
wurden eingelassen und vor ChogiUL Gihän geführt (S. 
233 Z. 6-234 Z. 16). — Der Choga sass auf neun- 
stufigem Thron; zu seiner Rechten hatte er den A'lem 
von Jarkend Ächond Molla 'Omar Bäqi, Ächond Hägi 



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273 

^Abdullah, Ächond Hägi ^UbaiduUäh, Ächond Sah 'Ab- 
dulqädir und andere; auf der Linken waren die Emire 
und zwar Häkim Ghäzi» Isikäghä Nijäz, §&h Ja'qüb Bek 
und andere Emire von Jarkend, von den Emiren von 
Aqsü Mirzä Muräd Bek, sein Bruder Mirzä Sah Muräd 
B6k, sein Sohn Mirzä Zulfiqär Bek, Mirzä Sirdägh B€k, 
Mirzä Nijäz Bek, Miizä Qäsim Bek, Nijäz Bek; aus 
Oa^char Dopal Nijäz Bek; von den Jarkendem eine 
Anzahl Saijidzädes, Ädemizädes, Ming Bekis, Jüz B^kis, 
Miräbs und Perwänegis; gegenüber sassen auf einem 
halben Thron die Prinzen: 'Abdullah, Mu'min, Qut- 
buddin, Burhänuddin genannt Erke Chogam, Chogai 
Gihäns Sohn Jahjä, seine Schwiegersöhne ^Omar und 
Söfi; eine Keihe weiter hinten 'Awaz Chalpa, *Abdur- 
rahmän Chalpa, Sälih Chalpa, Muhammed 'Abdullah 
Bakäwul, ^ihäbuddln, Bakäwul, Püläd Qözl Chalpa, 
Mirzä 'Abdulwahhäb, Mirzä 'Abdulmenär, Muhammed 
Wall Durgha, Hemdem Bakäwul, Muhammedi Mirächor, 
Molla Muhammed, Eerek Jarägh, Tilek Behädur; von 
dem Gefolge 'Abdullahs aus Gagchar Eerek Jarägh, 
Derwis Bakäwul, Chogis Choga, Chogam Nazar^), Choga 
'Arüs, Mirzä Topal, Mirzä Tursun, Qaäqa Aq Jol 
Behädur; aus Chotan Öazeli Dün Chalpa, Choga Läq 
Chalpa, Tochta Choga, Aq Barut und andere (S. 234 
Z. 16—236 Z. 11). — Nachdem der Gesandte den 
Boden geküsst, nahm er das Schreiben von seinem 
Haupt und überreichte es; es wurde von dem MunSi 
mit lauter Stimme verlesen. Es spricht die Verwunderung 
aus, dass die Jarkender abgefallen seien; Dabägl sei 
nicht mehr Tore, vom Chäqän sei Amursana eingesetzt, 
und das ganze Qalmaqenland sei jetzt zur Ordnung ge- 
bracht; alles zu diesem Gehörige sei jetzt dem Chäqän 
unterworfen und diesem seien alle Abgaben zu zahlen; 
bei Widerstand erfolge völlige Vernichtung; gehorchten 
sie, so würde ihnen vielleicht eine Stadt angewiesen; 



*) Die Abteilung ist unsicher, und der Text scheint in Un- 
ordnung. 



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274 

zahlreiche Truppen; ElirgiseD, Qahnaqen und Chinesen 
seien noch im Anziehen (S. 236 Z. 11—238 Z. 10). — 
Chogai Gihän war wütend, er befahl sofort, das Schreiben 
zu zerreissen und ins Feuer zu werfen und hielt an 
den Gesandten eine heftige Kede: nicht das Diesseits^ 
sondern das Jenseits wollten sie, unter keinen Umständen 
würden sie unter das Joch der- Ungläubigen zurück- 
kehren, vielmehr mit diesen bis aufs Messer kämpfen. 
Dann entliess er die Gesandten, die zurückgekehrt Bur- 
hänuddin Bericht erstatteten. Burhänuddln und die Un- 
gläubigen waren sehr bestürzt (S. 238 Z. 10—240 Z. 7). 
— Chogai Gihän rief sodann erneut die Grossen seines 
Reiches zusammen und beriet mit ihnen. Er habe nicht 
viel Hoffnung; die Niederlage von Us, der Tod Jüsufs, 
die Flucht seiner Neffen aus Kasgar (er spricht davon 
recht unfreundlich j, durch all das sei der Feind mächtig 
geworden; die Kirgisen seien abgefallen, kurz, das 
Glück sei auf Seite des Feindes, der Weisheit letzter 
Schluss ist wieder die Wallfahrt. Nun wird er aber 
von den Versammelten gründlich vorgenommen: was 
das heissen solle, sie jetzt im Unglück im Stich lassen; 
er käme doch dran, und wohl noch früher als die 
andern; in solcher Zeit heisse es doch: ein Leib und 
eine Seele zusammenstehen; das Richtige sei, an den 
Feind einen Gesandten zu schicken mit einem ein- 
schüchternden Schreiben (S. 240 Z. 7—243 Z. 4). — 
Chogai Gihän lässt den Brief aufsetzen und schickt ihn 
mit Sälih Chalpa unter gehörigem Gepränge zu Burhänud- 
dln. Der Gesandtenempfang wickelt sich wie gewöhnlich 
ab, nur wird besonders erwähnt, dass das Schreiben in 
neun Hüllen steckt. Der Brief selbst ist nicht unge- 
schickt abgefasst: er appelliert unter Berufung auf den 
Spruch Gottes (Qoran 49,10): , Alle Gläubigen sind Brüder' 
an die Zugehörigkeit Burhänuddlns zum Islam; wer einem 
Muslim Feindschaft erweise, sei ein Eäfir; wolle Bur- 
hänuddln Ruhm> so könne man sich vereinigen und die 
Ungläubigen zusammen besiegen, und es könne dann 
jeder einen Thron wählen ; wolle er viel Land, so könne 

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ß75 

er .«bis, ^äBEe >Land habea^ denn et (Choral Qihän) wwfle 
«a den heiligen. 'Siätten «u&ii^amdiBmy st babe^keine Lu^t 
mehr aü der Wek, Burhänuddin sei jetzt anderReih^; 
der heilige Krieg sei Urnen beiden nicht bloss • rertreih 
bare Pflicht (far^i Mfäjei), sondern ipersöiiliche Pflicht 
(foK^ 'äin)] Wenn Burhänuddins Abstamniang echt sei, 
so müsse er dem Wandel des erhabenen Ahden 
Mul]t^mmed folgen und den heiligen Krieg ^fohrea. -Es 
wird ^ Spruch aus dem Eommentar Sa^duddin Tafta- 
Bänfis 0U den ^Aqäld Nesefls angeftihn: >Wer dän 
iGläubigen tötet^ weil er gläubig ist, ist selbst nur ein 
Ungläulbiger' ^); endlich wird aus der Geschichte ^ein 
Beispiel angeführt: als der siegreiche Cho^a Hasan J«r- 
kend, um Cs für dem Islam zu gewinnen, belageorte^ -war 
die Stadt in den Händen der Qalmaqen; diese .flohen 
schUesslich nach IIa und mit ihnen einige muslimische 
Emire; der A%m von Jarkend Ächond Molla Nijäz Esilin 
und der Mufti Ächond MoUa Eipek gaben ihr Gutachten 
dahin ab, dass dieser Emire Hab und Gut dem isla- 
mischen StaatssehaüE gehöre imd unter die si^eichen 
Krieger zu Terteilen sei; sie führten däför aus 4^ 
Hidije das Hadit an; ,wer die Btreitmacht meines VoHcee 
mehrt, gebort zu ihm' 2); endlich wird aufmerksam g^- 
mucht) dass jeder Muslim im Kampfe mit d^n Un- 
gläubigen doppelt gelte, so sei ihre Zahl der der Feinde 
gleich (S. 243 Z. 4—248 Z. 8). — Alle, die noch etwns 
¥om ilslam in sich hatten^ erbebten, aber Burhänuddtn 
liess sieh nicht einschiichtem : ,Eure schönen Reden 
nützen euoh niehls, wir werden eure Stadt haben, wenn 
nicht heut^ so meinen'. So entliess er den Gesaikdten. 
Der Brief hatte aber im Heere eine flaue Stimmung 'er- 
zeugt. Nun hatte Ghäzi Bek einen Schwiegervater 



Ü\i ifj ^yC. if [Ly^ ^J3 ^;jl JbijS 247 
Z. X6. . . 

*) i^^Jyo ^ f^ ^\fUi Jr ^ S. 247 Z. 5. Statt Vly^ 
wird sa lesen eein ^^y** «das Üble'; die Übenetznng gibt die 
AnfPaerang 4e« TtirlceD, der sipäM Imker «beimtst. 

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276 

Namens Quzghun, der Handel bei den Berglern trieb. 
Der war beim Heere Burhänuddins und machte folgen- 
den Vorschlag: mein Schwiegersohn Ghäzi Bek bat 
einen Geschäftsführer Namens Choga [Ghijät] % auf den 
er sich völlig verlässt, und ohne dessen Rat er nichts 
tut; dieser Mann ist mit dem Gesandten hergekommen; 
ich nehme ihn diese Nacht in mein Haus und berede 
ihu; auch Ghäzl vom rechten Wege abzubringen^ wie 
ich ihn selbst abbringe; nur so wird es möglich sein, 
die Stadt zu gewinnen. Sein Plan wurde gebilligt 
Ghijät wurde mit grossen Versprechungen für ihn und 
Ghäzi Bek geködert 2); er verliess mit Sälih Chalpa^ der 
nichts gemerkt hatte, den nächsten Tag das Lager; 
Sälih erstattete Chogai' Gihän Bericht, der darauf nichts 
zu sagen hatte als: ,Wir sind über solche Drohungen 
erhaben!'. Aber das Unglück nahte; Ghijät begann 
seine Minierarbeit (S. 248 Z. &— 261 Z. 1). — Auf 
Nijäz Isikäghä wurde von anderer Seite her eingedrungen. 
Sein Vetter, ein Sohn Behädur Beks, der Häkim von 
Köcär Allah Quli, dessen jüngerer Bruder Muhammed 
Jär, sein älterer Schwager Sirä Muhammed Emin und 
andere Leute dieser Gesellschaft, die sich im Heere 
Burhänuddins befanden, schickten ihm, an die Federn 
eines Pfeils gebunden, einen Brief mit Versprechungen 
und Drohungen. Nijäz besass einen Garten, der mit 
einer Seite an die Stadtmauer grenzte, während auf 
der andern Seite ein öffentlicher Weg die Grenze 
bildete. In einer einsamen Ecke dieses Gartens sollte 
ein dreissig Klafter langer Gang nach aussen gegraben 
werden ; in einer Nacht sollten dann tausend feindliche 
Kämpen in die Stadt gelassen werden, schnell sollte man 



») iJjf toy^ S. 249 Z. 8; da doch wohl Choga nicht 

Name sein wird, so ist vermutlich ein Wort ausgefallen. Aus dem 
Folgenden ist zu schliesseo, dass der Mann Ghijjy^ hiess. 

*) Auch hier erscheinen wieder die rotgestempelten Diplome: 
(^i yj^^^O ^^\Jl^ J^y S. 250 Z. 4; vgl. oben S. 

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277 

sich der vier^) Tore bemächtigen und die Haupt- 
macht der Feinde einlassen. Am Tage arbeitete man 
an diesem Gange, in der Nacht brachte man die aus- 
gegrabene Erde in zwei, drei EiskeUem^), die in der 
Nähe waren, unter. Die Jahreszeit war günstig, denn 
es war Winter, wo niemand in die Gärten geht. Am 
innem Ende des Ganges brachten sie ein verdecktes 
Tor an 3), das nachts offen, am Tage geschlossen war. 
Man hatte bereits die Mauer sieben, acht Klafter weit 
unterwühlt, da wurde einer von den Leuten des Nijäz 
die Sache gewahr, und da er ein frommer Mann war, 
so lief er sofort zu Choral Gihän^); dieser liess durch 
einen Vertrauensmann die Sache untersuchen, und als 
die Nachricht sich bestätigte, liess er Nijäz festnehmen 
und gab sein Haus der Plünderung preis; dem Hoch- 
verräter tat er weiter nichts von Verwandtschafts 
wegen ^), aber er betrat nie mehr die Räume seiner Frau 
'i'iSa B^k, der Tochter des Nijäz ISikäghä (S. 261 Z. 
1 — 253 Z. 12). — Da war ein Mann Namens ^ASür 
Qözi, ursprünglich ein qalmaqischer Kaufmann^), den 



^) Danach gab es also nur yier Tore, jetzt hat Jarkend ffinf, 
das Terektor im Norden, Qawat [qabagh artgü]- und Maschara 
[ akJ^M*^].Tor im Osten, das ChäneqShtor im Süden und das 
Altjntor im Westen. Das Maschara-Tor wird S. 266 Z. 6 (hier 
S. 280) erwähnt. 

*) Das Quartier, in welchem das Haus der schwedischen 
Mission in Jarkend liegt, hiess frQher Mflschäne, weil sich dort 
ein grosser Eiskeller befand. 

>) S\l^^4> ^yj3 J&^ S. 262 Z. 10; der Ausdruck kam 
schon 8. 262 Z. 1 vor; Jm^» ist wohl quwui, fOr das Shaw gibt 
,a4j., hollow*. 

*) Hier ist im Manuskript eine Lücke von ein bis zwei Zeilen, 
die aber leicht auszufallen ist. 

*) Die Art, wie der Verfasser das erdlhlt, l&sst glauben, er 
habe diesen gänzlich unbrauchbaren Schwächling absichtlich lächer- 
lich gemacht. 

•) ^^^^lO^ y;r^ (XjÜHoUli 8. 263 Z. 14; 
dieselbe Verbindung kam schon firüher vor. 



6* 



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,378 

hMe Cho^' Gihän zum Uäkim voa Taghboiji [^5^ ^V) 
gemacht, und als er offen deu Ißbaa aageo^mmen hatte, 
machte er ihn zum Chan Kerek Jaraghi^). Dieser Mami 
hatte alle Qeeohäfte des Landes unter sich; er hatte 
irerwandtsohafdiohe Beziehungen zu Choga Ma'süm und 
Molla Siddiq, sowie zu Qabnaqen. Als die erstgenannten 
wegen Verdachtes ins Gefängnis gßwoirfen waren, be- 
klagte man sich über die Feuohtigkait der Räume, und 
Oho^' Öih&n bestimmte, dass die Gefangenen bei Leuten 
der Stadt untetgebraoht werden sollten. 'Asür Qöaä 
nahm nun MoUa Siddiq bei sich aui^ und dieser gewann 
ihn für die Sache Burhänuddlns. ^Asür schickte seinen 
Diener Bai Püläd mit emem Briefe an Burhämuddlu, 
und es wurde wieder ein Anschlag auf die Stadt ange- 
zettelt. Aber ^Aßüre frommer Sohn Sultan ye;rriet den 
Plan. Natürlich wollte der einfiUtige Choral' Gihän 
wieder zuerst an die Schuld seines braven ^Aiür QözT 
nicht glauben, bis er schliesslich überzeugt wurde. 
Burhänuddin war durch geschickte Spione von aUem, 
was in der Stadt vorging, uiiterrichtet. Die Sache ging 
nicht vorwärts, und die Kirgisen wurden ungeduldig. 
Burhänuddin wandte sich heimlich an Ghäzi und ver- 
spntch ihm für gute Dienste die Herrschafit über die 
sechs Städte 3). Ghäzi wollte mit allen Truppen «is- 
ziehen, selbst im Hintertreffen bleiben und im gegebenen 
Augenblick fliehen, so werde das Heer eine Niederlage 
erleiden. Der einfältige Choral Gihän liess sich leicht 
bereden, den Befehl zum Ausfall zu geben, und alle 

*) Big., Raod des Gebirges; so ^^ ^^^ ^*> = ,Ufer 
des Flusses' in meiuem Ein türkiacher Text tma &ulgar § 105 
(Keleti Szemle V 8. 3ö). 

•j ^^yi, w%JSb ; y*y^ ; Ker^ Jaragh kam schon bei Auf- 
zählung der Personen S. 236 Z. 6. 7 (hier S. 278) Tor. 

durch das hü wird das Altyäeher-Gebiet als eine bekannte Grösse 
bezeichnet. Diese Stelle ist ein zwingender Beweis dafSr, dass 
der Name A%§eher nicbt erst ron Badatdet Ja'qÜb Bek ange- 
bracht ist^ wie manche annehmen. 

64 



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270 

rüsteten sich zum KÄmpf (S. 253 Z. 12— 26fr Z. 1). — 
G-hftzi schickte noch eimnal Kacbiicht an Borhäanddlft, 
wie es gemacht werden sollte. Die Heere iarafen hxd- 
einander. Der Sieg schien Burhännddfn sich zuauneigen. 
Der fklsche Kirgise Qob&d hielt sich bei«its abseits vom 
Kampfe und' sah zu. Nun begann plötsHch zu alledem 
CHiäzI' mit entfilzter Fahne zu fliehen. Die Kirgisenr 
stttrzten hinter dto Fliehenden her. Die Truppen von 
Jarkend wurden yerwirrt, und schliesslich raste alles 
in wilder Flucht zurück. Es war, als wäre ein Eteer 
vom Himmel auf sie herabgestürzt. Als die Fliehenden 
zum Qabagh Artqü-Tore kamen, entstand ein entsetz- 
liches Gedränge. 'Abdullah Cho^am befand sich im 
Grengdäwul auf der Mauer; er liess sich an einem Strick 
herab mit einigen Getreuen, konnte aber nichts ausrichten. 
Die Zahl der Fliehenden betrug 40—50000 Mann^). 
S. 259 Z. 1 ' 261 Z. 15). ~ Das Tor wurde abends: 
wieder geschlossen. Ghäzi schloss sich am Abend in sein 
Haus eiu; ohne in die Burg zu gehen, mid auch den 
nächsten Tag ging er nicht hin. In der Stadt sprach, 
man schon davon, dass Ghäzi das Heer veiraten habe. 
Allgemein war das Wehklagen, denn jeder hatte einen 
Lieben yerloren. In der Burg berieten sich die Ghrossen, 
Chogai' Gihän an der Spitze, was zu tun sei Man 
schickte nach Ghäzi, der kam aber nicht. Am Abend 
schickte man wieder. Er versprach zu kommen. Wieder 
aber kam er nicht. Cho^Ai Öihän liess den A'lem» 
Ächond 'Omar Bäqi rufen, er solle Ghäz! herbeischaffen. 
Ghogiü Gihän war so kindlich zu glauben, Ghäz! habe 
die Treuschwtire nicht gebrochen und werde guten Rat 
geben. Der Ächond kam mit der Antwort zurück, 
Ghäzi fürchte sich vor den Prinzen und müsse sich erst 
zwei, drei Ti^ beruhigen, dann werde er kommen. 
Mittlerweile richtete Ghäzi eine Schreckensherrschaft in 
seinem Viertel ein. Mit seinen eigenen Leuten und 
anderem Gesindel trieb er, was er wollte, und niemand 



') S. 261 Z. 10; die Zahl ist sicher w«t übertrieben. 
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280 

wagte sich in seine Nähe, selbst nicht die Burgleute. 
Immer aber nahm Chogai Gihftn noch seine Partei und 
litt nicht, dass man heftige Worte gegen ihn brauchte. 
Den Prinzen und Qrossen aber wurde es zu arg, und 
einige, 'Abdullah Cho^am und Sihfibuddin Bakäwul an 
der Spitze, rieten, Ghäzi aufzuheben und die Stadt 
stark zu befestigen. Dagegen wandte man ein, dass in 
solchen Zeitläuften der Streit im Innern auf jeden Fall 
zu yermeiden sei. Schliesslich beschloss man folgendes : 
man wolle nachte marschieren, durch den Wald und 
die Insel gehen, den Fluss überschreiten und sich dann 
in einer Höhle des und des Berges niederlassen, wo 
man Weide und Wasser in Fülle habe, und deren 
Ofinung mit Leichtigkeit gegen viele tausend Feinde 
verteidigt werden könne i). (S. 261 Z. 16—265 Z. 2). 
— Man begann sich auf den Auszug einzurichten. Von 
manchen Familien zogen alle aus, von manchen zog 
der Vater aus und blieb der Sohn zu Hause. Mit der 
Aasrüstung stand es bei den meisten schlecht. Auf 
Pferden und Kamelen, zum Teil zu zweien sitzend, ritt 
man durch das Mascharator und schlug den Qarghalyqweg 
ein. Erst zog man auf der geraden Strasse, dann nahm 
man den Weg zum Walde, weil man sich vor den Bär- 
gisen fürchtete. So kam man in den Wald, den furcht- 
baren, nicht zu beschreibenden, in dem man weder 
Himmel noch Erde noch nach den Seiten sah, und in 
dem man nur mit den grössten Mühen vorwärts kam, 
weil man mit den Zweigen und mit den Wurzeln zu 
kämpfen hatte. War man über eine schlimme Stelle 



^) Die Sache ist ganz kopflos, aber es ist sehr wahrscheinlich, 
dass die ohnehin anintelligenten Jarkender sich von einem Phan- 
tasten oder Betrüger haben betören lassen. Mit dem Walde ist 
offenbar das sehr ausgedehnte Gehölz zwischen Jarkend nnd 
Maralbafii gemeint, aus welchem die in der Gegend wohnenden 
Dolanen Jarkend mit Brennholz versehen, und von welchem schon 
in filteren Berichten die Rede ist. Mit dem Fluss kann nur der 
Jarkend-FluBs (Tarim) gemeint sein (hier ZarafS&n-Fluss genannt 
S. 26a Z. 3 siehe S. 281). 

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281 

forty so kam gleich eine noch schlimmere. Endlich ge- 
langten sie an den ZarafsänflussO; der war ganz und 
gar Eis, leider aber darchaus nicht gleichmässig ge- 
froren, sondern an manchen Stellen dick, an manchen 
dünn, an manchen Stellen eben, an manchen mit hohen 
Blöcken bedeckt. Menschen und Tiere stürzten massen- 
haft. Dabei ging das Zeug der Pferde und die Kleider 
der Menschen in Stücken. Zu alledem kamen ihnen 
noch die räuberischen Kirgisen in den Rücken, die kein 
Mitleid hatten und jeden, der zurückblieb, ausraubten 
und zum Gefangenen machten (S. 265 Z. 2—266 Z. 14). 

— Es folgt ein S&qmäme (S. 266 Z. 14—267 Z. 12). 

— Sobald die Prinzen die Stadt verlassen, liess Ghäzi 
die Trommel rühren und auf allen Strassen ausrufen: 
,Die Zeit des Chäqäns von China und Amursanas, die 
Zeit Choga Burhänuddins ist gekommen!' und schickte 
einige von seinen Söhnen mit Geschenken zu Burhflnuddin 
hinaus: er habe die Chogas verjagt und seine Schuldigkeit 
getan, jetzt solle Burhänuddin das Seine tun und hinter den 
Geflohenen dreinjagen, denn wenn noch einer leben bleibe, 
so sei er nicht sicher. Burhänuddin schickte die ge- 
eigneten Leute aus mit dem Gebot, den Fliehenden den 
Weg zu verlegen und gefangen einzubringen, auch kein 
Mitleid walten zu lassen (S. 267 Z. 12 --268 Z. 14). 

— Kaum waren die Prinzen zum Tor hinaus, da 
wurde Nijäz Isikäghä aus dem Gefängnis befreit. Alles, 
was in den Räumlichkeiten seiner Tochter *ÄMsa Bßk, 
der Frau Chogai öihäns, war, raubte er; was übrig war, 
stahl Ghäzi, auch die Leute der Stadt bereicherten sich. 
Die nachsetzenden Reiter erreichten die Fliehenden 
beim Frührot und umzingelten sie von allen Seiten. 
Von den Ausgezogenen, die ursprünglich tausend Seelen 
waren, waren nur noch vier- bis fünfhundert übrig, 
und unter denen war niemand, dem Feinde entgegen- 
zutreten; nur 'Abdullah Cho^am leistete mit einigen 



^) Es wird dazu bemerkt, er heisse wegen seiner Heftigkeit 
auch darjä'i Uz ,der schnelle Strom*. 



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282 

Tapfek*6ii Widenrtaoad. Aue HbnUfen waren mit eich 
beschäft^t. Da war aveh die LiebKngtofrati Cho^ 
öihän«, die sonst Vena i^eii Diensten umgeben war; 
man hatte sie nicht gehen lassen woUen, we«i sie dem 
Oebttreii nahe war. Sie war aber doch mitgegangen. 
Nun hörte man ein hersbreehendes Wehgeschrei; Ihre' 
Stündle war gekommen« Sie stic^ ab und setsste sich 
hinv Ihr Pferd nahm em Diener; von hinten kamen 
die bittenden Feinde. Die Verwandten sind yoraus «ad 
wissen nicht, was vorgeht« Sie hai keine Kraft, ihnen 
nachzugehen; so sass sie hn Unglück da (S. 209 Z. 14 
bis 270 Z. 7). — 'Abdnnäh verriehtet Wtmdertaten, mit 
jedem' Pfeil streckt er einen Feind au Boden. So war 
die Nachmittogsgebettseit herangekommen, und man 
wechselte einige Personen aus. Als man nun an einen 
neuen Arm des ZereßAn kam^); machte der iiach- 
setzende Feind wieder einen Angriff. Da gesdiah 
SohlimitieB: 'Ädilsjlh^) Därchän, Sohn lermä^ll Beks, 
einer der Diener Choj^ii Öihäns, ging an der Spiföe 
dieser Schar 2sum Feinde über. Das wirkte nieder- 
schmetternd auf die Muslims. Nur 'Abdullah Cho^am 
wurde erst recht trotzig und ohne Wank stürmte er 
gegen die Feinde und schoss Pfeil auf Pfeil, so dass sie 
erschrocken zurückwichen. Doch einer von ihnen st^te 
sich ihm eiitgegen, freilich zu seinem Unheil. ^AbduU&h 
hieb ihn nieder, und sein Leichnam wurde iii^ den FlUss 
geworfen. Die Muslims teilten sich nun in drei Gruppen: 
eine war über den Flues hinweg, eine 'war im FlUss^), 
eine dritte auf dem diesseitigen Ufer. 'Abdullah sucht 
alle Muslims auf dem diesseitigen Ufer zu Tereinigen, 
um die Feinde abzuhalten, und er scb^it laut: Sterben 
müsse man doch, so solle man wenigstens »ein Leben 
so teuer wie möglich verkaufen. HSiften die MusKttis 
zusamniengehalten, so hätten sie in der Tat Widerstand 

^) Die Übersetzung ist nicht sicher. 

*!f SL& J^tX^ 8. 270 Z. 14. 

*) Also doch wohl anf der Insel zwischen den beidiftn A^Men. 



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283 

leisten können; aber jeder war nur mit sich selbst be- 
schäftigt^ und alles Rufen ^Abdullahs war nutzlos. Die 
Feinde stürzten sich nun mit voller Kraft auf die dies- 
seitigen Muslims; zunächst wurde der jüngste Sohn 
Choga Jftsufs, Burhänuddin genannt Erke Chogam ge- 
tötet. Die Muslims wollten nun über den Fltiös gehen; 
als sie auf dem Eise waren, brach es, und viele er- 
tranken. Choga Nazar hatte den Leichnam des Erke 
Chogam zu sich aufs Pferd genommen; so sprengte er 
in den Fluss; ein Feind stösst ihm mit der Lanze in 
den ttäcken, da er aber zwei Panzer anhat, schadet 
ihm der Stoss nicht, auch kann er sich auf dem Pferde 
halten. Ein anderer Feind aber trifit ihn mit wuchtigem 
äieb. Er stürzt ins Wasser; vierzig fünfzig Fuss treibt 
er in ihm; die schwere Rüstung zieht ihn nieder, 'üiit 
eine Mannslänge ist er vom Ufer entfernt, da streckt 
* Abdullah ihm den Bogen zu, dessen eine Spitze er hält. 
Die andere Spitze ergreift der Ertrinkende und kommt 
ans Ufer. Aber er ist erstarrt. ^Abdullah zieht ihm 
die Kleider ab und legt ihm den eigenen Mantel um 
(S. 270 Z. 7—274 Z; 13). — Die Verzweiflung war 
bei allen so gross, dass man beschliesst, sich zu er- 
geben und über Frieden zu unterhandeln. Cho^ai' 
Gihän, dem man diese Absicht vorträgt, idt natürlich 
ganz einverstanden. Nur der tapfere 'Abdullah, der 
einzige Mann unter der noch übrigen Gesellschaft, will 
nichts davon wissen und kämpft, bis er einen Pfeil ins 
Auge bekommt. Cho^ai' Gfihan und die andern halten 
längere Reden, in denen man sich vor sich selbst wegen 
des Nachgebens zu entschuldigen sucht. Im Prinzip 
erklärt sich auch ^Abdullah einverstanden. Mittlerweile 
warto auch die Feinde herübergekommen, und es be- 
gaben sich Rahmän Qull, Taghlyq Qirghiz, der Kirgise 
'Abdullah, Sarigh Jasäwul und einige andere Offiziere 
zu Chogi^' Gihän, der ihnen bedingungslose Übergabe 
erklärte. , Die Feinde verlangten, dass Ghogai 6ihän 
Choga Jahjä zu Burhänuddin schicken solle, um mit 
diesem persönlich zu Verhandeln. Schweren Herzens 



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284 

nahm Jahjä von Choral Gihän und allen Prinzen Ab- 
schied (S. 274 Z. 13—280 Z. 8). — Es war spät ge- 
worden, und die armen Flüchtlinge waren in verzweifelter 
Lage, in nassen E^leidem und ohne Nahrung; sie konnten 
aber ein grosses Feuer anmachen und brieten Stücke 
von den Pferden, die sie schlachteten. 'Abdullah, der 
die Häupter zählte, vermisste vier Frauen und machte 
eine so energische Reklamation, dass man die in die 
Hände von Kirgisen gefallenen schliesslich herbeibrachte. 
Während die Muslims litten, waren die Feinde vor 
Freude ganz toll. Sie schlössen die Flüchtigen so 
dicht ein, dass keine Seele hätte sich durchschleichen 
können. Es war Mitternacht, da erschien 'Abdullah, 
begleitet von Choga Nazar, Säbir Kerek Jaraghs Sohn 
Tochta Choga und §ihäbuddin Bakäwuls Sohn Mirzä Haidar 
Chan vor Chogai' Gihän und bat für diese um Erlaubnis 
zur Flucht, denn wenn auch ihr (des Herrengeschlechtes) 
Stamm absterbe, so solle doch das Geschlecht der seit 
Alters den Ahnen ergebenen Genossen und Chalpas 
nicht aussterben. Chogai' Gihän gab den Mutigen seinen 
Segen und sie machten sich fort, alle drei auf einem 
Pferde. Gott streute Sand in die Augen der Ungläubigen, 
die in mehreren Reihen lagen und beständig Wachtrufe^) 
wechselten, so dass sie nichts merkten, und diese drei 
Männer ein Eirgisenzelt ausserhalb des Wächterkreises 
erreichten, wie ja Gott auch einst den Profeten und 
Abu Bekr vor den Verfolgern gerettet (S. 280 Z. 8 bis 
283 Z. 2). — Den nächsten Morgen erklärten die 
Führer der Feinde den Prinzen, die Flüchtigen sollten 
sich nur auf den Weg machen in der Richtung auf 
Jarkend, bald werde ihnen Burhänuddin begegnen und 
ihnen einen Wohnort anweisen. Zugleich verlangten die 
frechen Lügner Abgabe der WaflFen, welcher Forderung 
man sich fügen musste. Zur Zeit des Nachmittags- 
gebets machte man Rast in Achtam^). Die schänd- 



') Sie lauteten J^ y^l^ JjJ ^Im* S. 282 Z. 4. 

') (VÄÄ.I, wahrscheinlich gleich f^^AJ = „weisse Mauer^^ 



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285 

liehen Peiniger hatten ausrufen lassen, dass man den 
Bedrängten nichts liefere, und als sie schliesslich auf 
ihr Blehen ein paar Stücke Holz bekamen, konnten sie 
diese nicht zum Brennen bringen, so dass sie die 
ganze Nacht frieren und hungern mussten. Am nächsten 
Morgen nahmen ihnen die Offiziere des feindlichen 
Heeres ihre guten Pferde weg und gaben ihnen schlechte. 
Zugleich machten sich die Mungi-Kirgisen an offenes 
Plündern und zogen ihnen die Mützen von den Köpfen 
und die Schuhe von den Füssen. Als man gegen 
Abend Rast machte, hatten sie wieder nichts zu essen 
noch zu trinken noch sich zu wärmen (S. 283 Z. 2 — 
285 Z. 10). — Nun folgt ein Säqinäme, mitten in 
welchem S, 287 1. Z. die Erzählung abbricht. 

Der geringe Rest des Werkes, der in Ms. 40 fehlt, 
lässt sich aus Walichanow (S. 45f.) dahin ergänzen, 
dass die Flüchtigen von den Eargisen nach Jarkend 
zurückgebracht und dort nach wenigen Tagen hin- 
gerichtet wurden. 

Für die weiteren Geschicke der Chogas ist hier 
nicht der Ort. Nur soviel, dass dieselben Apaqiden 
Burhänuddin Cho^a und Chan Cho^a, welche mit 
Hilfe der Chinesen der andern Linie, den Ishaqiden, 
den Garaus gemacht hatten« ein klägliches Ende fem 
von der Heimat nahmen. Der einzig übrig gebliebene 
Spross der Äpäq-Sippe, Burhänuddins SohnSarymsaq 
Cho^a, wurde Stammvater einer neuen Chogareihe, 
deren Glieder immer von neuem versuchen, dem von 
Machdümi A'zem begründeten Herrscherhause den alten 
Glanz wiederzugewinnen. An sich haben sie keine 
Bedeutung, denn sie sind ausnahmslos arge Nichtsnutze, 
die, sobald sie mit etwas Ansehen und Macht auf der 
Bildfläche erscheinen, alle Welt durch ihren törichten 



d«r Name ist h&afig. So ist ein Aqtam bei den Earawanenführtm 
beliebt als erste kurze Station, ca. iVt Standen auf dem Wege 
von Kadgar nach OS. 



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286 

Übermut, ihre Sittenlosigkeit, ihre Unföhigkeit abstossen. 
Aber sie sind brauchbare Puppen in den Händen der 
Herrscher Choqands, welche sie bei sich aufnehmen 
und nun in der Lage sind, diese Prätendenten der 
„nationalen Dynastie Easgariens'^ geg^n die chinesische 
Regierung auszuspielen, wenn sie von dieser günstige 
Bedingungen für ihren Handel und Einfluss in Eas- 
garien erzielen wollen. Denn die Chinesen hatten vor 
diesen Leuten, über deren wahre Bedeutung sie sich 
täuschten, weil die von ihnen gegen sie gesandten und 
über sie gesetzten Beamten unfähig waren, eine heillose 
Angst Das ist der Gesichtspunkt, aus welchem sich 
die politischen Ereignisse seit den ersten Cho|a- 
Putschen im Jahre 1826 erklären. Bis dahin hatte 
Easgarien seit der Eroberung durch die Chinesen eine 
Zeit zwar nicht segensreicher Entwicklung, aber doch 
ziemlich ungetrübtiBn Stilllebens gef[ifart. Da kam ein 
Sohn Sarymsaqs, Enkel Burhänuddin Chogas, öehängir 
Cho^a, nach ELaägar und liess sich unter dem Namen 
Saijid 6ehängir Sultan als Herrscher des Landes 
feiern. Als falscher Freund mischte sich der Chan von 
Choqand ein, im Trüben zu fischen. Der Cfaoga macht 
sich beim Volke unbeliebt, wird verraten, und die 
Chinesen bekommen wieder Macht. Da bricht der 
kräftige Med Ali (Mehemed 'Ali 1237—1258 = 1882 
bis t840) in Easgarien ein und setzt öihängirs Bruder 
Med Jüsuf über das Land. Das Regiment dauert 
aber nur neunzig Tage. Dann kommen die Chineaen 
wieder, im Jahre 1830. Die Chinesen, der beständigem 
Unruhen müde, schliessen noch im selben Jahre dmen 
Vertrag mit dem Chan von Choqand^ dessen Haupt- 
bedeutung für sie darin liegt, dass der Chan verspricht, 
die Cbo^as in Choqand konsigniert zu halten, und 
streng zu überwachen, was heisst, den Bock zum 
Gärtner setzen. Dafür gewähren sie ihm gern weit- 
reichende Handeisvorreehte, die das Land wirtscbafilioli 
in die Hand der Fremden geben. Es sei hier gleich 
bemerkt, dass der im Jahre 1868 erneuerte Vertrag von 



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287 

1830 von den Russen als ein Rechtstitel angesehen 
wird für den weit;gehenden Einfluss^ den sie in Kas- 
garien üben: sie behaupten, dass sie durch die im 
Jahre 1875 vorgenommene Annektion V9n Choqand- 
Fergana als Rechtsnachfcrfger der Choqandischen Regie- 
rung in jenen Vertrag eingetreten sind. Von den 
zwischen 1830 und 1875 liegenden Chogaputschen sei 
nur gesagt, dass der im Jahre 1846 unternommene 
unter der Leitung Katta Tores, auch genannt Choga 
Tore, der von 1857 unter der Leitung Walichän 
Tores stand. Der zweite berührt uns, denn am 
26. August 1857 wurde von dem wahnsinnigen Wüterich 
unser verdienstvoller Landsmann Adolf Schlagint- 
weit in der Nähe von Easgar ermordet^). Die Putsche 
wurden von den Chinesen ohne zu grosse Mühe unter- 
drückt. Viel ernster war die Bewegung, die im Jahre 
1865 mit dem Erscheinen Büzürg Cho^as^) begann, 

') Über den Tod Adolf Schlagintweits berichtet sein 
Bruder Hermann in den Sitzangsberichten der E. Bayr. Akademie 
der Wissenschaften, Math.-Physik. Klasse 1869 S. 181. Nachdem 
die chinesische Regierang sich bereit erklärt hatte, dem Andenken 
Schlagintweits ein Denkmal zu setzen, wurde der Platz dafür 
halbwegs zwischen Alt- und Neu-KaSgar am 12. Dezember 1888 
eingeweiht; der Bau des Denkmals wurde beendet am 15. Juni 
1889. Siehe Bericht darüber in den Sitzungsberichten der K. 
Bayr. Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse 1890 S. 
467—472. Im Oktober 1902 stellte ich fest, dass das Denkmal 
TGUig verfallen ist; die Denktafel wird im russischen General- 
konsulat verwahrt. 

*) Einen Bericht über die Ereignisse, die mit Büzürg 
Cho^a und Ja^qüb Bek zusammenhängen, findet sich in einem 
der aus der Mission Dutreuil de Rhins-Grenard stammenden 
Manuskripte des Institut de France (allgemeine Signatur: 10256; 
eine besondere notierte ich nicht; einige jener Manuskripte tragen 
nur die allgemeine Bezeichnung; eine baldige Aufnahme ist 
wünschenswert; bei meiner Durchsicht am 5. Juni 1903 waren 
die Stücke wem'g geordnet und nicht paginiert). In jener Hand- 
schrift wird der Choga f^yS ij'^ ^XT^ ^' ^' ^^^^^8 Oh an 
Torem genannt, man sieht also, er prätendierte die Nachfolge 
der weltlichen Herrscher, der Chane aus dem Gescblechte Öagatais. 
Ja'qüb Bek ist V^^^ geschrieben. 

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288 

und die sehr bald aus den Händen des gänzlich an- 
fähigen Mannes in die seines TruppenfÜhrere, des 
energischen^ aus kleinsten Verhältnissen hervorgegange- 
nen Taskenders Ja^qüb B^k überging. Er errichtete 
ein kräftiges islamisches Reich, das jedoch sofort nach 
seinem Tode im Jahre 1877 infolge der Zwietracht 
zwischen seinen Söhnen zerfiel. Von den gegenwärtig 
noch lebenden Cho^as dürfte keiner Neigung haben, 
die ,,nationale Dynastie^ EaSgariens zu vertreten, noch 
auch Aussicht, irgend welche Machtstrebungen zu 
wirksamem Ende zu führen. 



M 



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Nachträge. 



Allgemeines. 

Das Werk, das von Mohammed ^ädiq aus Kafigar im Jahre 
1182 yer&sst ist, nnd auf dessen beiden Handschriften meiner 
Sammlung (No. 40 nnd 122) meine Darstellung beruht, ist nicht 
ein Geschichtswerk. Es ist die Aneinanderreihung tou Anekdoten, 
welche die Mitglieder der Ishäq-Linie des Hauses Machdflmi 
A'fem Torherrlichen sollen, die Skizze eines Fanatikers, der in 
seinem Bausche nicht merkt, welch klftgliche Rolle er seine 
Helden spielen l&sst und selbst als ihr Lobredner spielt. 
Dabei das in dem türkischen Wesen liegende Unausgeglichene, 
Direktionslose, das derselben Person auf der einen Seite die 
obligaten Preis- und Schmeichelnamen gibt, auf der andern 
Seite alle Scheusslichkeiten luschreibt oder den Fluch Gottes 
anwünscht (vgl. 8. 216 Anm. 2)'). Über das zum Yerst&ndnis 
der Zusammenh&nge unentbehrliche, die chronologische Folge 
der Ereignisse und die Bewegung in den Kreisen, an denen sich 
diese üblen Heiligen schmarotzend und sie erstickend aufrankten, 
erfahren wir so gut wie nichts. Zum Glück besitzen wir seit 
kurzem andere ergänzende Quellen. Von der einen Klasse, welche 



*) Kennzeichnend für dieses Türkenwesen, das nach Wildenart 
immer aus einem Extrem ins andere fällt und das auch den 
Osmanen den Stempel aufragt, ist das Geschichtchen Barthold, 
IWikeston I (Texte), 136 aus dem mtUhaqöt amräh des GanOU Al- 
qarfi (aus Qardi?): TekeS von Chwärezm hatte einen Bruder Mahmud, 
den er sehr liebte; ab dieser ein Unglück Tekeis benutzt hatte, 
um sich auf den Thron zu setzen, Hess der zurückgekehrte Tekei 
ihn blenden; nun ging jede Woche Tekei einmal zu dem geblen- 
deten Bruder, setzte sich ihm gegenüber und weinte, ohne sich 
zu erkennen zu geben. In dem Text ist natürlich zu lesen: 

(statt y^gik^^^ sLLü»^). Aus Araberkreisen vergleiche die zwei 
Heulgeechichten von dem hysterischen FrGmmling *Omar II Abu 
Jüauf 16 oben. 



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290 

Daten aus der Familiengeschichte der Chogas entb&lt, iit mir 
nur ein Vertreter bekannt. In dem Mannskript, das ich am 
29. Oktober 1902 in Kaigar erwarb (No. 75 meines Verzeichnisses 
„Die osttürkischen Handschriften der Sammlung Hart- 
mann« in Mitt. Sem. Orient. Sprachen VII (1904) Abt. H 
S.-A. 9), findet sich anf den letzten 10 Seiten eine Oenealogie der 
Oho^. Sie wird im folgenden als H. 75 zitiert. Von der andern 
Klasse war Barthold so glücklich, zwei Vertreter zu erwerben, 
über die er in seinem GaYtltb o KpMlfftHiBpoBKt B-b TypsecraRi 
Petersburg 1904, Abdruck aus den Memoiren (3anHCiH) der 
Orientalischen Abteilung der Kais. Rassischen Archäologischen 
Oesellschaffc Bd. 15, ausfiüurlich berichtet. Das eine der .beiden 
WerJ^e gehört der achOnen Hsmdschriftensammlnng des Qßu/^- 
m^jors 6urabek in Taschkent ^n. Es hat den Titel bahr üfß9rär 
ß mtmägib uiach^ä/r und ist yerfasst von Mahniüd )tbn We^ 
in vier Teilen \rukn^) und einem Schlus«k;?4)itel (<;Aä^>if} im 
Jahre 1044. Über das. zweite Werk lassß ich d^u glückUchen 
Finder selbst berichten. Leider niuss ich ipaich hier ^arapif be- 
schränken, aus der Zusammenstellung. Barthold 8 4Afi ,mitzfiti9i\eii, 
was zur Erläuterung meines Textes dient. Die, von i]^.^^a#* 
menden Anmerkungen sind mit B gezeichnet. Die htei4^!Q 
Quellen nenne ich in der Übersetzu^ seine;» Berichts Mahmud 
Well und Ifs. 590 oi. Das in eckige Klammem Gesetste röhrt 
von mir her. Von den türkischen Zitaten Barthol ds i9t;i^ur 
wenig angenommen. In der Schreibung der J^amen habe ich 
mir im Interesse der Dentlichkeit Änderungen erlaubt j(2,s^tt k, 
Setzung von Längezeidiien u. dgL). B Art hold sf^ ^Kpnuo^- 
dirowka 236ff.: . , 

„[236] Am interessantesten ist der Teil d^ Buphea, wel- 
cher der G-eschichte der Chane von KaSgar in der zweiten 
Hälfte des sechzehnten und ersten Hälfte des siebzehnten Jahr- 
hunderts gewidmet ist. Das Werk des MaJ^amoaued ^dar, (das 
ta'richi raJn^] ist bis 953 geführt; fSr die folgende Zeit .#;Mle^ 
wir nur eine sehr geringe Menge von Nachaoh^e^ bei :^i^i 
Autoren des Anfanges des siebzehnten Jahrhunderte, 9<^vdajr fUzl, 
Verfasser des to'ncÄ» hmden und Emln Ahmed EäzX, V^fa^«^ 
des geographischen Werkes heft iqtm^ dfks spätere We^ deis 



*) Die EinteüiiBg m viar rukn und eine thätimie scbMesirt 
-sich wohl an an das in Buseisch und Ohinesiseh Turkesftan «sewelil 
im persischen Original als in Tnrki-Übersetsung yielgeleaene, ja 
als'Vita des Propheten dort, scheint es, allein bekannte siieri i«i/*, 
d. h. das mi^räj unnul^üwß des Mu'ini Mislän. Zu «bm N)acl|w^ 
der persischen Mss. in dem Verzeichnis meiner Handschriften 
S. 19 n. 2 adde die zwei Mss. Kommandirowka 175 u. 270. 



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291 

Mahammed Sädiq aus KaSgar teekire*i cho§agän oder teekire*i *€U^gan, 
geschrieben i. J. 1182, stellt nipht die direkte FortsetzoDg des 
Tarichi BaSidi dar. So blieb die Geschichte Eafigariens unter 
den letzten gagataischen Chanen rocht dunkel, and sogar die 
Namen der Chane, nicht zu sprechen von den Ereig^nissen während 
ihrer Regierung, konnten nicht mit Sicherheit festgestellt werden. 
Unser Autor schildert die Geschichte des Landes bis 1046 ziem- 
lich ausführlich. Durch einen glücklichen Zufall gelang es mir, 
in Taschkent für das Asiatische Museum die Handschrift noch 
eines andern Werkes zur Geschichte KaSgariens zu erwerben, 
das bis jetzt völlig unbekannt war, ohne Titel und Namen des 
Verfassers (jetzt Ms. Asiat. Mus. 590 oi): diese Arbeit umfasst 
die legendäre Geschichte der Türken (von Noah und Jafet an), 
die Geschichte Öingiz Chans und seiner Nachfolger und die Ge- 
schichte der EaSgar-Chane bis zum Anfange des achtzehnten 
Jahrhunderts; ausser dem Tarichi BaSidi wird noch eine andere 
Arbeit, das Tarichi Chörezml, zitiert (Ms. 590 oi, f. 48b). Aus 
der Darstellung der beiden Autoren ergibt sich für die Ge- 
schichte Eadgariens in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahr- 
hunderts und im siebzehnten Jahrhundert folgendes Bild*)". [Die 
nächsten beiden Absätze feillen aus als hier entbehrlich]. 

„[237] BaSld Chan bestieg nach dem Tarichi Bafidi den 
Thron 940*). Nach Emin Ahmed Bäzl regierte er 33 Jahre, d. h. 
starb 973»); nach Ms. 590 oi f. 64 a starb er 967, nach Mahmfid 
Well (f. 227 a) 975, nach ^aideri Räzi*) 978. Emin Ahmed Eä2ä 
zählt die Namen der dreizehn Söhne BaSid Chans auf), von denen 
ihm Abdulkailm Chan folgte ; auf dessen Regierung [238] beziehen 
sich die letzten Nachrichten Haidar ßäzis und Emin Ahmed Bäzis. 
Mahmud Well gibt für den Tod Abdulkarims kein Datum; nach 
Ms. 590 oi (f. 67b) regierte er 34 Jahre und wurde 63 Jahre alt ... . 
Nachfolger Abdulkarims war sein Bruder Muhammed Chan, der 
sechste (nach Ms. 590 oi, der fünfte) Sohn Raäid Chans; noch bei 
Lebzeiten Abdulkarims war Muhammed, wie es Emin Ahmed Bäsä 
bekannt war, Herrscher über Kafigar. Nach Ms. 590 oi (f. 72 b) 
wurde Muhammed Chan 72 Jahre alt, regierte achtzehn Jahre und 



*) Leider finden wir in den beiden Werken nur eine äusserst 
geringe Zahl genauer Zeitangaben. B. 

•) TR 450. B. 

») TR Introd. 120. B. 

^) Barthold gibt das persische Datum nach „Manvskript 
BeÄin«*. Gemeint ist Ms. orient. Pol. 17AB = Katalog Pertflch 
No. 418. 

*) Desoription de Boukhara par Moh. Nerchakhj, pubL par 
Ch. Sehefer, Paris 1892, p. 281—282. Noüoes et Extraits XIV, 
Partie I [mMt aasa'äain] p. 487—488. B. 



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292 

starb 1018)^). In diese Zeit fällt die Reise des JesoitenpaterB 
Benedikt Go^ (1603—1606), der Mnhammed Chan erwähnt Die 
wichtigsten Begebenheiten unter ihm waren der Einfall der Uz- 
beken in Kaigarien nnd der Aufstand Abdurrahim Chans, des 
jüngsten Sohnes Bagid Chans, Herrschers yon 6aly$ nnd Tnrfan.^' 
„Das nzbekische Heer, nach Ms. 690 oi hunderttaosend Mann, 
war yon Abdullah Chan gegen EaSgar gesandt; an der Spitze 
standen üzbek Chan*), GouTemeur von Andijfän, Döstum Stiltan 
und Chogam QuH Quibegl (Ms. 690 oi nennt nur den letzten). Nach 
beiden Autoren [239] musste das kafigarische Heer nach einem 
yergebliehen Versuch, den Uzbeken bei den Pässen Widerstand zu 
leisten, sich zurückziehen; der Chan schloss sich mit seinem 
Bruder Abu Sa*id Sultan in Kafigar ein, wo er von den Uzbeken 
belagert wurde. Von ddrt sandten die uzbekischen Generale ein 
Detachement nach Jarkend, das am Abend eintraf und die Über- 



^) [Diese Daten klären die Frage nach dem Todesjahr Balids. 
Barthold setzte S. 237 die Angaben nebeneinander, ohne sich 
für eine zu entscheiden. Es ist aber klar, dass nur 967, das 
Datum der besten Quelle Ms. 690 oi, in Betracht kommen kann, 
denn nur diese Ziffer stimmt mit der Angabe, dass Raiids Nach- 
folger Abdulkamn 34 Jahre regierte und dass dessen Nachfolger 
Muhammed i. J. 1018 nach achtzehnjähriger Regierung starb, d. h. 
i. J. 1000 zur Regierung kam. Mirza ^aidar lässt im Tarichi 
Raiidi seinen Zeitgenossen Radid Chan i. J. 940 den Thron be- 
steigen, führt aber dessen Geschichte nur bis 963. Wenn Emin 
Ahmed Räzi RaSid Chan 33 Jahre regieren lässt, so liegt offenbar 
eine irrtümliche Zusammenwerfang mit Abdulkarim Chan yor, in 
Wirklichkeit regierte Rafiid Chan nur 27 Jahre, 940 bis 967. Die 
von Barthold angeführte Jahresangabe des Qaidar Rfizi, Ver- 
fassers des Tarichi Haideri (Ms. Berlin Pertsch 418) ist yöUig 
wertlos. Ich habe bereits in meiner Konstruktion S. 201 Anm. 1 
nachgewiesen, dass Haidar Räzl in seinem von 1020 — 1028 yer- 
fassten Werke sich in einem, bei der Entfernung yon Turkestan 
(Haidar Räzi schrieb in Indien) veizeihlichen Irrtum befindet, 
wenn er als den zu seiner Zeit regierenden Herrscher Abdulkarim 
Chan nennt, der doch schon i. J. 1000 gestorben war. In jener 
Konstruktion war ich durch die Vergleichung der Zeit Muhammeds 
und der Zeit * Abdullah Chans yon Buchara zu dem Jahre 1003 
als dem spätesten Datum für Anfang der Regierung Muhammedi 
und Ende der Regierung Abdulkarlms gelangt Die nun durch 
Ms. 690 oi gesicherte Ziffer (1000) ist nicht weit davon ab. M^ 
"983" als Todesjahr RaSld Chans ist ein Versehen, es solhe 
973 heissen.] 

*) Mahmäd Well nennt ihn an einer and«rw Stelle (1 419a) 
emen Sohn Gänlbek Chans; dem Anschein nach war er ein Enkel 



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293 

gäbe der Stadt verlangte; die Bewohner erbaten sieb Frist bis 
znm Morgen^). In derselbigen Nacht drang der Chan anf anderem 
Wege in die Stadt ein nnd sammelte seine Kräfte znm Wider- 
stände gegen die üzbeken. Nach Mb. 590 oi f. 71a wurden die 
Uzbeken geschlagen; nach Mahmud Well (f. 230a) endigte die 
Schlacht mit der Niederlage des Chans, der sich in Jarkend ein- 
schloss; die Uzbeken verwüsteten die Umgegend der Stadt und 
kehrten nach Mawarannahr znrttck. Nach Ms. 590 oi (f. 69 a) fand 
dieser Einlall drei Jahre nach der Thronbesteigong Mnhammed 
Chans statt«)". 

Die beiden folgenden Absätze behandeln den Aufstand Ab- 
dnrrahlms, der damit endete, dass dieser nur Tuifan behielt und 
Öaljfi verlor, wo HäSim Sultan sich behauptete. 

„(240) Von dem Charakter der Regierung Mnhammed Chans 
sagt Ms. 590 oi, dass er in sich die Züge des Fürsten und des 
Derwisches vereinigte*). Noch bei Lebzeiten seines Bruders be- 



öämbeks und Sohn Bnstem Sultans (siehe die Genealogie der 
äaibamden, die Desmaison seiner Übersetzmig Abnlghazii bei- 
g^^ben hat). Nach Muhammed ^läiAiq wax der Anführer der Uz- 
beken Bnstem Sultan, Bruder Abdullah Oians (Ms. Asiat. Mus. 590** 
bis S. 20), B. [In meinen Manuskripten heisst es: „'Abdullah 
Chan von Buchara schickte seinen Bruder Dostnm Sultan mit 
50000 Mann nach Eaigar". Es ist klar, dass in der vcm Barthold 
züi^rt^i Stelle des Petersburger Manuskriptes des Ugkire'i *aiMfi 
statt „Bustem Sultan" zu lesen ist „Döstum Sultan**, das ist der- 
selbe Döstum Sultan, der oben in Bartholds Text neben zwei 
andern Generalen erscheint. Ich vermute, dass auch die Peters- 
burger Handschrift döstum hat, und dass bei der Lesung „Bustem" 
vergessen wurde, dass dieser Name nie mit wäw geschrieben wird. 

^) Nach Ms. 590 oi f. 70 b stand der Eazi an der Spitze der 
Stadt; der Häkim der Stadt war schon vorher nach Clhotan 
geflohen. B. 

") D. h. in den letzten Jahren der Regierung 'Abdullah Chans 
von Buchara. In den historischen Nachrichten Über diesen Fürsten 
wird der Krieg mit den Kaigarem, soviel mir bekannt, nicht er- 
wähnt. Muhammed $ädiq (a. a. 0.) spricht ebenfaUs von der 
Niederlage der Uzbeken. B. [Siehe S. 204. — Ich traf S. 201 
Annu 1 mit der Schätzung von 3 Jahren als Frist zwischen Be- 
gierungsantritt Muhammeds und dem Kriege mit *AbduUäh das 
Richtige.] 

*) Ms. 590(» L 72a: sU4>L jCJ J^y^O ^L^ Jm^ 
j'^i>^j£XjS^ a4^ ^ (^JjJ B. [Die Darsteihmg stimmt mit 
S. 20b.] 



7* 



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294 

nutzte er die Stellung des damals in EaSgar eintreffenden Choga 
Ishäq, eines der Vorfahren der letzten Cliogas^)". 

^Nachf olger Muhammed Chans war sein Sohn Su^uddin 
Ahmed. Nach Ms. 590oi f. 7öb wurde er fnnfzig Jahre alt und 
regierte zehn Jahre, nach Mahmud Weli (f. 236 b) wurde er L J. 
1024 ermordet. Seine ganze Regierung war ausgefüllt mit inneren 
Unruhen, deren Ursache nach Mahmud Weil der fortgesetzte 
Krieg mit *Abduirahim Chan war. [241] Ms. 590oi spricht an 
dieser Stelle nur Ton dem Aufstände einiger Prinzen, die nach 
Mahmud Weli Verbündete 'Abdurrahlms waren.* 

[Die beiden folgenden Absätze haben hier kein Interesse]. 

„[242] Die Ermordung des Chans war, nach den Worten 
Mahmud Wells, die Tat der Söhne Mirzä Sähs'), welche unzu- 
frieden waren, dass der Chan Leute niedriger Herkunft zu wichtigen 
Ämtern ernannte. Die Sympathien des Verfassers von Ms. 590 oi 
sind durchaus auf selten des Chans; seine Quelle, Achun Choja 
Muhammed Emin Jäsi') teilt nach den Worten Hä^ 'Abdullahs 
mit, dass dieser eines Tages aus dem Munde des Chans folgendes 
Gebet hörte: „Lieber Grott, du machtest mich zum Fürsten; wenn 
das Wohl deiner Knechte an meine Existenz geknüpft ist, so 
mache mich zum Chan über deine Knechte; wenn es einen wür- 
digeren gibt als mich, tue mich davon und mache den dazu." 
Der Bruder der Mörder, Häkim Ulugh Sah, hatte schon früher den 
Chan [243] vor seinen Brüdern gewarnt, aber der Chan hatte ihm 
erwidert: „SiÜi, meines Vaters Tisch und Wohltaten genoss euer 
Vater, meinen Tisch und meine Wohltaten genösset ihr; wenn sie 

Mb. 690 oi f. 68 a. Auf die Regierung Abdulkerims be- 
zieht die Ankunft Cho^ Ishäqs auch Muhammed Ssdiq, siehe Ms. 
Asiat. Mus. 590»ö bis S. 16 und 690^" f. 16a. B. [Nach S. 201 
lud Abdulkarim IshSq nach KaSgar ein. Die Darstellung S. 203 f. 
wie Muhammed Chan im Glauben schwankend wird, und den Kult 
des Alp-Ata wieder aufnimmt, ist nicht ohne Interesse; sie zeigt, 
wie wenig tief der Islam bei einem Öaghataiden um das Jahr 
1600 unserer Zeitrechnung sitzen konnte.] 

*) [S. 239 hatte Barthold erwähnt, dass der Emir Mirzä Sah 
vor den Uzbeken geflohen und von Muhammed Chan mit *Abdur- 
rahlm nach Öalyg und Turf an gesandt worden war]. 

") Chronologisch ist es kaum möglich, dass hier der bekannte 
Choga Muhammed Emin, Sohn des i. J. 1542 verstorbenen Mach- 
düjid A*zem, gemeint ist. B. [Die Gleichung ist aus äusseren und 
inneren Gründen ausgeschlossen. Muhammed Enün würde nie als 
, Achun* bezeichnet werden. Er starb i. J. 1006 (1697). Bei Jäsi 
wird entweder an die bekannte Stadt (heut* ,Turkestän'), deren 
Nißbe-Form jedoch gewöhnlich Jasawl lautet, oder an eine Ver- 
schreibung (Verderbung mit n-Schwund?) für Jään zu denken sein. 

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295 

mir Gutes mit Schlechtem vergelten, so stelle ich Gott anheim, 
Über misere Sache zu entscheiden." [Es folgen Einzelheiten über 
den Mord], 

,,Die tempörer erhoben Quraid Sultan, den Sohn Jünus 
Sultans, auf den Thron; letzteren nennt Mahmud Well (f. 226a) 
einen Sohn Rafiid Chans; in der Liste der Söhne BaSid Chans, die 
Emin Ahmed Räzl beibringt, fehlt der Name Jünus. Der ermordete 
Chan hatte zwei Söhne, Z\jä*uddin Ahmed, mit dem Beinamen 
Timur Sultan, und 'Abdullatif, mit dem Beinamen Apaq [Appaq] 
Sultan. Timur Sultan stsu-b zu Lebzeiten des Vaters; Ms. 690 oi 
nennt seinen plötzlichen Tod (er fiel in der Trunkenheit Tom 
Pferde) eine Strafe fär den Tod der ungerecht von ihm verurteilten 
Emire. Apaq Sultan war zu Lebzeiten des Vaters Regent von 
KaSgar, jetzt ging er nach Jarkend und errang den Sieg über die 

Aufständischen Qurai§ Sultan wurde in Jarkend nach der 

Niederlage der Aufständischen getötet; nach Mahmud Well (f. 236b) 
regierte er nur neun Tage. Der Verfasser von Ms. 590 oi (f. 78 a) 
verlegt die Thronbesteigung Apaq Chans (folglich auch die Ermor- 
dung seines Vaters) in das Jahr 1026. Der Chan war damals nach 
Mahmud Wefi dreizehn Jahre, nach Ms. 590oi vierzehn Jahre alt; 
sein Atalyq und G^schäftsleiter war nach beiden Quellen lOrzä 
Muhammed Jüsuf Bek, TTftlnTn von Jarkend." 

[Der nächste Absatz [244f.] betrifffc wiederum Kämpfe mit 
*AbdurrahIm]. 

„[245] Apaq Chan wurde nach Mahmud Weli (f. 239a) fünf- 
undzwanzig Jahre alt, regierte zwölf Jahre und starb i. J. 1036. 
Ms. 590 oi bestimmt ebenfalls die Lebensdauer (25 Jahre und drei 
Monate) und die B.egierungBzeit des Chans, setzt aber seinen Tod 
in das Jahr 1037. Der Chan war an Schönheit dem Jüsuf gleich, 
an Charakter dem AnüfiirwSn und Hfttim Tai; als er starb, wurde 
er ein ganzes Jahr betrauert; die Einwohner bedeckten die Mina- 
rete mit Decken und bestreuten die Strassen mit Asche." 

„Auf den Thron wurde Sultan Ahmed, Sohn Timur Sultans, 
mit Beinamen Püläd Chan gehoben. Mit ihm geriet in Streit sein 
Bruder Mahmud Sultan, Regent von EaSgar, beigenannt (jylyö 
Chan; nach den Worten von Ms. 590 oi (f. 81b bis 82a) war die 
Ursache des Zwistes das Betragen Püläd Chans, welcher seinem 
Bruder die Braut abjagte. Pül^ Chan wurde geschlagen und ab- 
gesetzt und Qyly& Chan auf den Thron gesetzt. Nach Ms. 590 oi 
(f. 83a) geschah das i. J. 1042, nach Mahmud Well (f. 2d9b) 
etwas früher, da Mirzä Latif, einer von den vom neuen Chan ver- 
jagten Emiren, i. J. 1040 nach Balch kam. (jyly^ Chan regierte 
2*/j Jahr;- nach seinem Tode wurde Püläd Chan, der sich vorher 
dem Bruder unterworfen hatte, von neuem auf den Thron gesetzt; 

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296 

Vermittler zwbcheo den Brüdern war nach Mb. 590 oi (f. 86b) 
Chofca Sadi."*) 

,,Nicht lange vordem war *Abdurrahim Chan gestorben. Das 
Jahr seines Tode nennt weder Mahmud Well noch Ms. 590 oi; bei 
diesem (f. 85b) ist nur gesagt, dass der Chan 77 Jahre alt wurde; 
er hinterliess neun Söhne: 'Abdullah, Abul-Muhammed, IbrShim, 
Sultan Sa'id Bäbä, IsmS^il, §äh, Apaq, Se^en (^^^) und Mansdr 
(f. 85 a). Im Jahre seines Todes belagerte sein zweiter Sohn Abul- 
Muhammed Qamul (Hami), wo sich der auMhrerische Statthalter 
Mirzä *Abdull&h Bek eingeschlossen hatte. Als Abul-Muhammed die 
Nachricht von dem Tode seines Vaters erhielt, schloss er Priede 
mit dem B.ebellen, kehrte nach Öalyfi zurück und setzte sich auf 
den Thron, musste aber später ihn * Abdullah Überlassen, welchen 
Abul-Hädi aus Eüöä herbeiführte. Abul-Hftdi gab eine Tochter 
* Abdullah, eine andere Püläd Chan, eine dritte schickte er dem 
Abul-Muhammed nach Turfan und wollte alle Macht in seiner 
Hand vereinigen*), aber zur Zeit des Bairamfestes wurde er von 
den Beks auf Befehl 'Abdullahs erschlagen." 

„'Abdullah benutzte den Zwist zwischen den Nachkommen 
Muhammed Chans, um Aqsu, Üö-Turfan und EaSgar zu besetzen; 
auf seine Seite schlug sich auch Cho^a Sädi, obwohl Püläd Chan 
sofort nach seiner zweiten Thronbesteigung dem Chog^a das Dorf 
Eümänl (^V^^J^) geschenkt hatte. Der Choga sandte seinen 
Schwiegersohn Pädiiäh Cho^a zu 'Abdull&h; Pädiiäh Cho^ nahm 
an der Gresandtschaffc nach Turfan zu Abul-Muhammed teil; 
Ms. 590 oi (f. 88 a) spricht yon dieser GreBandtschaffc nach dem 
Bericht eines andern Gesandten, Achun Mulla Serif. Die Geeandt- 
schaft hatte Erfolg; * Abdullah übernahm das Kommando über alle 
Streitkräfte von Hami bis U6-Turfan und konnte sich dank dieser 
Massregel Eaggars bemächtigen. Danach räumte Püläd Chan 
Jarkend freiwillig; ^Abdullah besetzte auch diese Stadt, wo die 
Notabein, unter anderen auch Chog^a §ftdi, ihn bewillkommneten 
(f. 89a)'). Ms. 590oi (f. 89 b) versetzt dieses Ereignis in das Jahr 
1048; nach Mahmud .Well (f. 239 b) fand es aber etwas früher 
statt, da Püläd Chan schon im Anfang des Jahres 1046 sich in 
Balch bei Nadir Muhammed einfand. Nach beiden Quellen wurde 
er von Nsdir Muhammed und ImSm Qull Chan*) gut angenommen, 

^) Sädl ist auch nach dem yon mir Mitgeteilten (S. 207) 
einer der wenigen sympathischen Glieder der Machdürndynastie. 

^ Durch die bekannte Heiratspolitik; s. Buchwesen 81 Anm. 2. 

^ Dieser klare Bericht beweist, dass meine Vermutung 8. 207 
Anm. 3, es sei der auf S. 207 als Vater des Jolbas Sultan genannte 
Abdullah Chan von Jarkend eine irrtümliche Bezeichnung, und 
es sei statt 'Abdullah za schreiben Ismä^il, unrichtig ist. 

•) Über diese beiden öaniden s. Po ole -Barthold 232. 

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297 

nahm an der B&ndigung des Au&tandes in AndiJ^ teü und 
wurde bei der Einnahme dieser Stadt getötet. Er wurde 27 Jahre 
alt und regierte im ganzen (die beiden Male zusanunengerechnet) 
fünf Jahre und fünf oder sechs Monate, Mit seinem Tode erlosch 
die Nadikommenschaffc Muhammed Chans*). Mit diesem Ereignis 
schliesst der zweite Teil der Arbeit Mahmad Wells ab; bei dem 
Verfasser von Ms. 690 oi finden wir den folgenden Bericht Über 
die Regierung 'Abdullahs und seiner Nachfolger/* 

„Gkmz Ostturkestan gehörte jetzt den Söhnen *Abdurrahims. 
Hauptstadt blieb wie yordem Jarkend. Den östlichen Teil des 
Ohanats, d. h. die früheren Hetrschaftsgebiete Man^ür Ohans, bekam 
Abul-Muhammed mit dem Titel ,,Eleiner Ghui'*; er ernannte Statt- 
halter in Kn^k und Bai, aber diese Statthalter wurden alsbald 
gezwungen, den Statthaltern * Abdullahs den Platz zu räumen 
(f. 91a); Ibrahim Chan bekam Ghotan; zum Regenten von EaSgar 
wurde [247] der ach^ährige Jolbars Chan ernannt (f. 89 b), ein 
Sohn 'Abdullahs und Enkel Abulhädls [vgl. 8. 207]. Die Stadt- 
haiter des Ohans in Efiöä und Bai schlugen und feeselten zwei 
qalmaqische Fürsten*). Der Ohan unternahm einen Zug nach 
Kü5S zur Bftndigung eines AufSstandes, schlug darauf die Kirgisen 
und nahm Ol'), aber nach seinem Fortgang erlitten seine Generale 
eine schwere Niederlage yon den Kirgisen bei Bei-Buinak (f. 92a).** 

Der folgende Absatz handelt von einem Feldzuge, der hier 
kein Interesse hat; nur ist am Ende bemerkt: „Bei der Rückkehr 
Ton dem Feldzuge schickte der Chan seine Brüder Ibrihnn und 
IsmlTll in die Verbanung.** 

„Darauf ist die Bede tou einem Zuge des Chans nach 
And]j;än, wobei auch die Zitadelle der Stadt genommen wurde; 



') Es ist bemerkenswert, dass Muhammed Sädiq (Ms. Asiat. 
Mos. 600** bis S. 23) gar nichts yon der Nachkommenschaft 
Muhammed Chans erw&hnt, und 'Abdullah als seinen unmittel- 
baren Nachfolger nennt. B. [Das scheint mir deshalb nicht 
bemerkenswert oder auffällig, weil Muhammed Sädiq nach der 
auf jeder Seite hervortretenden Tendenz seines Werkes nicht 
die Absicht hat, eine Geschichte der Öagatajiden zu schreiben; 
vergleiche das oben über seine Arbeitsart Gesagte.] 

') Ihre Namen sind (f. 91a) (X^ll und Sj4^ (später y^); 
der erste wurde in dieser Schlacht verwundet und erhielt den 

Beinamen ^S^y» ^j^LiMJt. B. 

") Das ist mir sehr unwahrscheinlich. Tatsache ist, dass in 
meinen beiden Manuskripten des tezkirii ^a0izän der Ort U6- 
Turf an nie anders genannt ist als ü§ [(jmjI]j auch hier wird nicht 
an Oi zu denken sein, sondern an U6-Turfan. 

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298 

danach „verbreitete sich 'Abdullah Chans Ruhm über die ganze 
Welt, und alle Für^n gerieten in Unmhe^^ (1 93 a). Der Zog 
hatte keinen Erobemngscharakter, da schon im nächsten Jahre 
der Chan aoÜB Nene Andigftn belagerte. Infolge der Unter- 
drückungen, denen der Chan bei der ersten Einnahme die 
Andlg^er unterworfen hatte, zeigten sie jetzt den Feinden einen 
hartnäckigeren Widerstand und zwangen sie zu weichen.^^ 

„Danach gab es während der Regierung * Abdullahs keine 
Unternehmungen nach aussen mehr, wenn man nicht rechnen 
will die Kriege mit den Kirgisen und Qalmaqen, die mit den 
innern Unruhen in enger Beziehung stehen. Erster Beamter im 
Reiche war der Häkim von Jarkend, der zu gleicher Zeit [248] 
Ataljq des Chans war; im Anfang der Regierung 'Abdullahs hatte 
dieses Amt Mirzä Sah Mansür Bek inne, der während der 
Regierung Pflläd Chans Häkim von Chotan gewesen war und 
seinen Herrn yerraten hatte. Er war zwölf Jahre lang Ataljq, 
wonach er in die Verbannung geschickt wurde. Nach ihm nahm 
Ifirzä Sähbäd Bek sechs Jahre die Stelle als Ataljq ein, danach 
fünf Jahre Muhammed Mu'min Sultan, der aus der Familie der 
mit *Abdurrahim yerbündeten Qazaqenfürsten stammte; er war 
ein gebildeter Mann und las das §ähnSme und das Chamse 
[wahrscheinlich des Nizäml]. Hasan Bek, der mit den Brüdern 
des Chans zusammen verbannt war, befand sich im Dienst der 
Qalmaqen und fiel in einem Kampfe zwischen den Kaigarem und 
den Qalmaqen bei AtbaSi*). Danach unternahm der Chan, zu- 
sammen mit seinem Sohne Nüruddin, Regenten von Aqsu, einen 
Zug gegen Jolduz, wo er die Orda des Qalmaqenfflrsten y4^ 
verwüstete. Bald darauf entstanden Zwistigkeiten zwischen dem 
Vater und dem Sohne; der Sohn sagte sich vom Vater los und 
schloss sich in SurSuq (? ^f^)f^ f* ^b) ein. Diese Umstände 
benutzten die qalmaqischen Heerführer ^^amJU uUliXA^ und 
{X^ j Mf t 'j der erste verfolgte den Chan, der zweite belagerte 
Nfiruddin. Bei der Verfolgung des Chans wurde der Ataljq 
Muhammed M;a*min Sultan getötet; seinen Platz nahm Babaq Bek 
ein. Der Chan kehrte über Küöä und Aqsu in die Hauptstadt 
zurück; Nüruddin schloss mit den Qalmaqen Frieden und ging 
wieder nach Aqsu." 

„Mit Nüruddin unzufrieden, wandte der Chan seine liebe 
seinem anderen Sohne Jolbars zu; der unmündige Sohn Jolbars' 
'Abdullah Sultan wurde zum nominellen Regenten von Chotan 
ernannt. Die Intrigen Babaq Beks entzweiten den Chan und 

^) Das ist der Name, den mir 'Ärif ans Aqsu auch in der 
Form Atwafii nannte, siehe Islamischer Orient IV S. 109 und 
Anm. 2. 



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299 

Jolbars^); der Chan wollte einige Parteigänger Jolbars' and sogar 
seine Tochter hinrichten lassen, obwohl die Grossen ihn anf die 
Beispiellosigkeit eines solchen Vergehens anfinerksam machten. 
Jetzt schloss der Chan ein Bündnis mit Nümddin; beide zogen 
znsammen gegen KaSgar; Jolbars gab die Stadt anf nnd zog sich 
ins Gebirge zurück; zum Regenten von EaSgar nnd Jangihi^är 
wnrde Nümddin ernannt. In dem Kampfe mit den Trappen 
Jolbars' bei Eeria hatte der Chan keinen Erfolg nnd zog sich 
anlEuigs nach Jarkend, später nach Kaigar zurück. Nümddin 
starb in KaSgar am Trank; er regierte achtzehn Jahre in Aqsn 
nnd ein Jahr in KaSgar nnd wnrde 31 Jahre alt (f. 96 b).*^ 

„Jolbars unternahm von Jarkend aus einen Zug gegen Kaigar; 
'Abdullah [249] konnte ihm keinen Widerstand entgegensetzen 
und entschloss sich, auf den Rat §&h Babaqs, über Indien nach 
Mekka zu gehen; der Choga und andere Grosse zogen nach Aqsu 
ab. Der Kaiser Ton Indien Aureng-§Sh (Aurengzib) schickte zum 
Chan als Gesandten den Cho^a Ishäq, der den Chan über den 
Mustag[-Pass] führte; in Baltistan, KaSgar [besser: KaSkar] nnd 
Labore wurde ihm Ton den Statthaltern willige Hilfe geleistet; 
ans Öihänäbäd sandte ihm Aurengzib seinen Atalyq Öa*far Chan 
entgegen. Ana Indien begab sich der Chan anf dem Seewege 
nach Mekka, kehrte von dort zurück und starb in Indien. Er 
wurde 67 Jahre alt nnd regierte 32 Jahre*. 

i,Ismft*il Qian eilte aus ÖalyS nach Aqsu; auf seiner Seite 
standen der Cho^ und die Grossen nnd riefen ihn zum Chan aus, 
aber Jolbars gelang es, früher in Jarkend zu erscheinen und den 
Thron zu besteigen Ismä^ü musste nach Aqsu zurückkehren. 
Nach einem Jahre wurde Jolbars Chan getötet; augenscheinlich 
waren die Mörder im EinTerst&ndnis mit den Qalmaqen. Jolbars 
Chan regierte 32 Jahre in Kaigar, ein Jahr im ganzen Reiche, 
und wurde 41 Jahr alt. Danach begaben sich Isma il und Choga 
Äpäq (Sohn des liäni Kalän imd Vetter des Cho^ Sädi) nach 
Kaigar und Jarkend; im Bündnis mit ihnen stand auch der qal- 
maqisehe Heerführer ^>yJ^^ ^ , Sohn des ^^^^ cXäljJ^«. 

i^Die Regiening Ismä^ils dauerte beinahe zwGlf Jahre; vorher 
hatte er in Aqsu ein Jahr vier Monate geherrscht; als er starb, 
war er 56 Jahre alt. Nach den Worten von Ms. 590 oi zeichnete 
er sich durch Gerechtigkeit, Tapferkeit und andere moralische 
Vorzüge ans, aber er gl&nzte nicht durch geistige Eigenschaften. 



^) Nach den Worten Muhammed ^ädiqs war Jolbars frech 
gegen den Vater, zeigte aber den Cho^ Muhammed Jüsuf und 
Äpäq grosse Verehmng (Ms. Asiat Mus. 590^ bis S. 23; Ms. 590»»» 
f. 18 a). B. [Über die Verehrung der Chogas siehe ausführlich 
8. 207.] 



104 



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300 

Die Leidenschaft; for den Wein erlaubte ihm nicht, sich viel am 
die Begierongsgeschäfte zu kümmern; sein Hauptfehler lag darin, 
dass er ,,nicht auf die Beden der Grossen hörte, sondern denen 
der Kleinen nachgab'', überhaupt „die Grossen als klein und di^ 
Kleinen als gross ansah'* ; das war ja auch die Ursache des Falles 
dee Sultans Singar nach einer langen glücklichen Regierung. 
[250] In der Aristokratie, mit welcher der Chan in Feindschaft 
lag, befand sich auch Chog^ ^P^; ^^^ ^^^ Einfall des Gküdan 
Bofioktu^) (bei unserem Autor s y XAkM^) nach KaSgarien be^Emd 
sich Ghoga Äpftq samt den Herrschern der östlichen Städte, den 
Enkeln ^Abdurrahims, im Qalmaqenheere*). Die Qalmaqen nahmen 
Kaigar und Jarkend fast ohne Widerstand ein und führten den 
Chan in Fesseln fort. Von diesem Ereignis sprechen auch andere 
Quellen, besonders Muhammed ßädiq, dessen Bericht Walichanow 
übersetzte'). Nach Muhammed $ädiq wurde Äpäq Choga yon 
Isms*il Chan vertrieben; er begab sich nach Kafigar und yon d<Nrt 
in das chinesische Land ys^, wo „die äeichi-Brahmani''*) seine 
Partei ergriffen und ihm einen Brief an Galdan BoSoktu gabwi, 
worauf dieser einen Feldzug gegen Kaigarien ausftlhrte. Die 
Bewohner yon Jarkend ergaben sich ihm unter der Bedingung, 
dass sie von ihren Oho^s nach den BHluchen ihrer Religion 



') Ms. Asiat. Mus. 690o« bis S. 29 J^ und Oy^; Ms. 
Asiat. Mus. 690««^ f. 20 b ^^}. B. [Mein Ms. 40 hat keinen 
Namen; mein Ms. 122 hat den Namen ^c^^^*» (S. 214); von diesem 
wird sgiXMi nur eine Verstümmelung sein, es ist ein Apellativurn 
und hat mit dem Namen Galdan BoSoktu nichts zu tun. Beachte 
in der Namensform BoSoktu neben syXÄXMiij die rückwirkende 
Vokalharmonie und den Schwund des r.] 

*) Es ist kennzeichnend, dass dieser Bericht yon der Reise 
nach Lhasa, d. h. der in islamischem Sinne unerhörten Schänd- 
lichkeit Äpäqs, die Ungläubigen gegen Muslime zu Hülfe su rufen, 
nichts weiss; siehe S. 210f. und 212 ff. 

') Siehe Grigorjew 2, 354 f. B. [Es empfahl sich, das 
Original zu zitieren: Walichanow in Zapiski der Kais. Buae. 
Geogr. Gesellschaft 1861, Heft 3, Izsljed. 36.] 

*) So nach Ms. ÖQO»« bis S. 29: ^Kj|4> ^ tiX^^J^ tj^ 
pikji>^\^ &i,A^yO'^ in Ms. 590*^ f. 20a nur ^ ^^^ vj**^ 

und später yi yj-^j^- Bei Walichanow ist yon Tibet uAd 
dem Dalai Lama die Rede. B. [Man sieht, wie hier bereits in 
den Quellen aus der Stadt des Götterbildes Öo ein Ort Öo ge- 
worden ist; ygl. den Nachtrag zu S. 212.] 



105 



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301 

regiert werden sollten. Galdan BoSekta setzte Äpäq aof den 
Thron und ernannte dessen ältesten Sohn Jahjä znm Regenten 
Kalgars. Das Datnm dieses Ereignisses wird ▼ersohieden ang^esetzt: 
Ton Walichanow 1678, von Pallas und Jakinth Bi6arin 1679, 
Ton don in Sibirien lebenden gefangenen Offizier 1683^); naeh 
Mi. 609oi fiftad es nm das Jahr 1682 (1093 Higra) statt«*. 

„Nach Mohammed ^Sdiq begriff Äpäq bald, dass ,,der Ohoj^a- 
Stand den Wert des Fürstenthrons nicht erhöht" ') und rief 
Mnhammed Emin, den jüngsten Bruder Ismä*ils aus Turfan') her- 
beL Der Bericht in Ms. 690oi berichtigt den Bericht Muhammed 
^idiqs wesentlich; Muhammed Emln war nicht der Bruder Isnü^ds; 
wie er so waren auch seine Brüder für ihre Erhöhung nicht Äpftq, 
scmdem den Qalmaqen ▼erbunden". 

„In dem Heere der Qalmaqen befisuiden sich die Prinzen 
Abdurraiid und Mnhammed Emin, Enkel 'Abdurrahim Chans; ihr 
Vater Sa'fd Bftbä Chan war der vierte Sohn *Abdurrahims. Als 
"Abdullah in Jarkend, Abul-Muhammed in ÖaljS und Tur&n sich 
behauptete, bekam Sa*id Bäbä Qamil (Hami). Er zeichnete sich 
durch Frömmigkeit aus und entschied alle Angelegenheiten nach 
der darf at; aus Glaubenseifer unternahm er einen Feldzug [251] 
gegen China, nahm die Städte Su-6ou (15^9'^) i^<l Gan-5ou 
(j^^i^iS) ein und wollte schon gegen Peking (Chanbalyq) ziehen, 
als er die Nachricht erhielt, das turi^mische Heer habe Hami über- 
fallen, und dadurch zur Bückkehr gezwungen wurde. Bald danach 
erfolgte der Tod Abul-Muhammeds^); Sa*id Bäbä erschien in Turfan, 
wo er zum Chan ausgerufen wurde. Welcher Art seine Beziehungen 
zum Chan von Jarkend waren, geht daraus hervor, dass die von 
ihm vertriebenen Beks in Jarkend mit Ehren angenommen wurden 
(f. 100b)«. 

„Die AuÜständischen riefen in Buköin (LukÖin?) IbrShim als 
Chan aus; Sa'id B&bä Chan war genötigt, nach Hami zu ziehen 



*) Grigorjew 2, 863. B. 

•) Ms. Asiai Mus. 590o« bis S. 30: vä^* »3^ (JjJ &j^l^ 
^LijU ^Us vsMJaXw. B. [Diese Worte möchte ich lieber 

übersetzen: Dass die Herrscherwürde mit dem Chog;atum nicht 
wohl zusammengeht (sich nicht mit ihm verträgt).] 

^) So in Ms. Asiat. Mus. 590^ bis S. 30 und Ms. Asiat. Mus. 
690*»* f 21a. Nach Walichanow: „aus Ü8-Tur6m«. B. [Mein 
Ms. 40 hat Turfan, siehe S. 215.] 

*) Nach chinesischen Quellen sandte der Herrscher von Turfan 
Ablun-Muchan in den Jahren 1646 und 1657 Gesandtschafken nach 
China (Grigorjew 2, 352); offenbar ist an Abul-Muhammed ge- 
dacht. B. 



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302 

und Turfan seinem Nebenbuhler zu tiberlassen. Der Sohn Sa^ld 
Bäb& Obans, Muhammed Emin, blieb in Pi^an; die Tnrfaner fahrten 
einen Überfall auf diese Stadt aus, jedoch ohne £rfolg; ihr An- 
führer wurde getötet, und sein Haupt nach Hami geschickt, wohin 
auch die PKanleute mit dem Prinzen kamen. Zur Zeit eines der 
von Isnm II Chan in das Qalmaqenland unternommenen Feldzfige 
wurde Ibrahim in Turfan Yon seinen aufständischen Untertanen 
getötet, und in Turfan aufs neue Sa'ld Bäbä als Chan anerkannt 
Sa*ld Bäbä starb 53 Jahre alt in ÖalyS, in Turfan regierte er 
25 Jahre; er hinterliess drei Söhne: 'Abdurraiid, Muhammed Enün 
und Muhammed Mu'min. Als der Vater starb, war der älteste 
Sohn in Hami, der zweite in Öalyfi; *AbdurraSld kam zuerst nach 
Turfim und wurde zum Chan ausgerufen. CalyS hatte Proviant- 
zufuhr aus Turfon nötig; die Einstellung dieser Zufuhr führte 
einen Krieg zwischen den Brüdern herbei. Muhammed Emin er- 
schien inBuk5in; zwischen denBrfidem fielen einige Kämpfe vor; 
die Einmischung GWdan BoSuktus entschied die Frage zugunsten 
'Abdurraiids; Muhammed Emin musste sich ins Gebirge verziehen. 
Bei dem Feldzuge der Qalmaqen gegen KaSgar und Jarkend waren 
er und sein Bruder Muhammed Mu min am Hofe Gkildans; zu 
diesem musste auch *Abdurrafiid mit einer Truppenabteilung aus 
Turfan stossen. 'AbdurraÜd wurde von Graldan zum Chan von 
Jarkend ernannt, worauf Glaldan in sein Nomadenlager zurück- 
kehrte**. 

^*Abdurrafiid Chan entzweite sich auch mit Chog;a Äpäq, der 
ins Gebirge zog. Die Unruhen zwangen bald den Chan, seinem 
Beispiel zu folgen. *AbdurraSid wird von Muhammed l^&diq nicht 
erwähnt, wohl aber ist von ihm die Bede in den chinesischen 
Quellen, nach welchen er und sein Sohn Erke Sultan von (^aldan 
aus Jarkend zitiert und wahrscheinlich gewaltsam zurückgehalten 
wurden; [252] am Schluss der Regierung Galdans flohen sie nach 
China ^). Nach Ms. 590 oi war Erke Sultan unter *Adurra$id Regent 
von Aqsu; unter dem folgenden Chan war in Aqsu Regent Chudä- 
bende Sultan, der unter 'AbdurraSid Chotan verwaltet hatte*". 

»Nach Muhammed ^ädiq führte Muhammed Emin in vollem 
Einverständnis mit Choga Äpäq einen Überfall auf das Lager der 
Qalmaqen aus und schleppte viel Volks in Fesseln fort*), darunter 



^) Gregorjew 2, 353f. (nach Mailla). B. [Die chinesische 
Notiz, in welcher 'Abdum^d als ÄbduUiei vorkommt, gab ich S. 
225 Anm. 1 nach Mailla 11.] 

*) Die Ziffer 30000, die Walichano w gibt, wird in den'Hand- 
schriften des Asiatischen Museums hier nicht beigebracht, doch 
findet sie sich in Ms. Asiat. Mus. 590*^ an einem andern Orte 
(f. 27b). B. [Genau so mein Ms. 40; vergleiche S. 215 mit S. 222 
und 223 ] 



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303 

einige Fürsten. Die Sufis (hier die Parteigänger des Cho^) er- 
langten die Übermacht nnd fingen an, Übeltaten aosznfQhren; der 
Chog;a, ganz ▼ersunken in die Lösung religiöser Fragen, bemerkte 
nichts. Der Chan, ,,durch eingebildete Gefahren geschreckt**, floh 
nnd wurde von den eignen Dienern ermordet; den Thron bestieg 
von neuem der Ghog;a. Dem folgte nach seinem Tode sein 
ältester Sohn Ghoga Jahjä; der wurde von der Witwe Äpftqs, 
Chänim Pädifiäh, der Schwester Muhammed Emins, getötet, die 
ihren eignen Sohn Mehdi auf den Thron setzen wollte; die Fürstin 
bemühte sich, ihrem Sohn die Herrschafl; durch eine ganze Reihe 
von Morden zu sichern und erhielt den Beinamen Öalläd Ghanjm 
(„Henkers-Chanin*'), aber sie selbst fiel als Opfer der von ihr her- 
vorgerufenen Unruhen. Des Thrones bemächtigte sich der jüngste 
Bruder Muhammed EmIns AqbaS". 

„Nach Mb. 590 oi begab sich Muhammed Emin Chan nach 
Kü5ä, Aqsu und Jarkend, wo er durch einen Kurultai zum Chan 
ausgerufen wurde. Von seinem Zuge gegen die Qalmaqen ist 
nicht die Rede; es ist nur gesagt, dass der Bek Muhammed §äh, 
Häkim von Jarkend, einige Parteigänger der Qalmaqen hinrichten 
wollte; der Führer der qalmaqischen Partei, POläd, führte im Ein- 
verständnis mit Chog^ Äpäq einen Aufstand herbei; Muhanmxed 
Sah wurde getötet Muhammed Enun Chan bewies dem Choga 
den schuldigen Gehorsam als treuer Murid; nichtsdestoweniger 
schlug sich der Choga zur Partei des aufständischen Herrn von 
Aqsu Chudäbende Sultan. Chudäbende Sultan wurde getötet, 
sein Sohn Iskender aus Aqsu vertrieben, aber der Chog^ setzte 
den Widerstand fort. Der Chan zog sich nach Qarghaljq und 
von dort nach Qüläghän (^VX^y^)>) zurück; er zeichnete sich 
im allgemeinen durch Tapferkeit aus, aber hielt es für eine Sünde, 
sich gegen seinen Pir aufzulehnen, und unterwarf sich seinem 
Geschick*). Er wurde getötet und zum Chan wurde Cho^ J&^jä, 
der Sohn Chog^ Äpäqs erklärt^. Ein halbes Jahr nach der Er- 
mordung Muhammed Emlns starb Choga Äqäq; acht Monate später 
wurde Choga Jahjä von den Qalmaqen getötet^); beide Chog;as 

*) Der Name dürfte mit dem in jenen Gegenden nicht 
seltenen Namen Qawlan, Qaflan, Qaplan (z. B. Qaplanköl zwischen 
Mädl und Ghnlga) zusammenzustellen zu sein. 

*) Ein Beispiel, bis zn welchem Grade der Stumpfsinn bei den 
unter der religiösen Suggestion stehenden Öaghataiden gediehen war. 

') Obwohl Muhammed ^Sdiq von dem Chantum Choj^a Ja^'äs 
nicht ausdrücklich spricht, lässt auf die Richtigkeit des hier nach 
Ms. 590 oi gegebenen Berichtes der Umstand schliessen, dass auch 
Muhammed Sädiq ihn als Chan-Chog^ bezeichnet, s. oben S. 216. 

*) Nach Muhammed ^diq von der Wibwe ipäqs Chanim 
Pädiiäh. 

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304 

regierten nach dem Tode des Chans zwei Jahre und zwei Monate. 
Ghanim Pädidäh wnrde ron den Beks getötet, ihr Sohn Pädüah 
Choj^am |Mehdl] yon den Sufis*); des Thrones bemftchtigte sich der 
jttngste Bruder Mnhammed Emins, Mnhammed Mii'uem, beigenannt 
Aqhai Chan. Ihm unterwarf sich der Bek Mirzä 'Älem äih, der 
damals an der Spitze von Jarkend stand "*. 

«Nach Mnhammed ^ädiq gelang es, nach der ErmordnBg 
Choga Jafegäs einen yon dessen drei Söhnen za retten, Ghe^ 
Ahmed, der jetzt in Kafigar zum Chan ansgernfen wurde [siehe 
oben S. 219]. Als Gegenpr&tendent gegen ihn xief Aqbai Chan 
CSioga Dän^äl herbei, einen Urenkel Oho|;a Ishäqs, der nnter der 
Herrschaft Äpäqs nach Fergana gezogen war. Zwischen Eaigar 
nnd Jarkend entbrannte der Krieg; AqbaS Chan zog nach Indien; 
die Jarkender riefen den Qazaqen-Snltan Häihn herbei nnd ricien 
ihn zum Oian ans; die EaSgarer hatten schon vordem die Kirgisen 
in ihre Stadt kommen lassen. Die Kirgisen fahrten mit grossen 
Streitkrftfben einen Überfall aof Jarkend ans, wnrden aber dank 
Hüim Snltan nnd *ilem §äh mit grossem Verlnst zurückgeschlagen 
und mussten einen Vertrag schliess^i, nach welchem sie sich yer- 
pflichteten, niemals wieder Jarkend zu überfallen; die Jarkender 
kehrten im Triumph in ihre Stadt znrtfok. Einige Zeit danach 
brachen Unruhen aus, welche Häiim Snltan und seine Qazaqen 
zwangen, in ihre Steppen zurückzukehren, nnd die ganze Gewalt 
ging in die Hände Choga Dän^jäls Über.** 

„Nach dem Bericht ron Ms. 690oi wurde in Kaigar zum 
Ghan ausgerufen Sultan Al^ed Sultan, wobei von seiner Ab- 
stammung Ton den Gho^ nichts gesagt wird"). Die Elrgisen 
bemächtigten sich Kaigars, wo Sultan Ahmed war, und töteten 
yiele Beks aus Turfan; die Beks aus Tuifan, die sich in Jarkend 
befanden, entschlossen sich, gegen Kaigar zu ziehen, und nahmen 
den Ghan mit sich. Der Ghan wurde yon den Kirgisen ge&ngen ge- 
nommen; 'Älem §äh schloss mit ihnen Frieden. Die Kirgisen be- 
setzten Jarkend und riefen Sultan Ahmed zum Ghan aus. 'Älern 



') Ist das richtig, so ist entweder die Nachricht Walicha- 
nowB (s. oben S. 220 Anm. 3), Aqbai Ghan habe Mehdi nach 
Hindostan mitgenommen, falsch, oder Mehdi wurde nach der 
Rückkehr aus Indien ermordet. 

^ Das ist auch gar nicht zu erwarten. Die Annahme, Sultan 
Ahmed Sultan habe etwas mit den Ghog^as zu tun, sei etwa der 
dritte gerettete Sohn Jal^äs, der in der Tat kurze Zeit in Kaigar 
Ghan war (siehe oben S. 219) ist irrig; alle Nachkozunen Machdüms 
haben den Beinamen Ghoga. Aus meinem Ms. 40 geht haryor, 
dass Sultan Ahmed Sultan (Snltan Ahmed Ghan) ein Sohn Aqbai 
Ghans war, siehe oben Seite 219. 

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306 

§fth und die Beks Ton Jarkend sandten heimlich ein Schreiben 
um Hufe an den Chontai^ [Qongtaij^i] der Qahnaqen [254J; der 
ChuntaiSi machte sich mit Tmppenabteilnngen aus Aqsu nnd 
Kü5ä nach Jarkend anf. Die Kij^sen räumten Jarkend, wo 
Mnrftd Bek Häkim nnd *Älem §äh Haupt der Wache (ifi'ÄE agfia) 
wurde. Faktisch wurde 'Älem §äh die Hauptperson in der Stadt; 
zu ihm begab sich nach Jarkend der Choj^; dessen Name wird 
nicht gegeben^). Der Entschluss der Kirgisen, gegen Jarkend su 
ziehen, zwang 'Älem §äh, die sich noch in der Stadt befindenden 
kiigisiscben Beks ins Ge&ignis zu werfen; Ton liim Chan wird 
gesagt, dasi er von den Kirgisen auf den Thron gehoben wurde *)• 
Sieben Mal überfielen die Kirgisen Jarkend, aber dank der glänzen- 
den Verteidigung der Stadt, die von 'Älem Sah organisiert war, 
hatten sie keinen Erfolg. Mit der Verherrlichung dieses Sieges 
und der Verdienste 'Älem Sähs, der, nach den Ausdrücken des 
Verfassers zu urteilen, zur Zeit der Niederschrift des Buches noch 
die Gewalt in den Händen hatte, schliesst das Werk. Die letzt^i 
Worte (f. lOöa) lauten:" 

Es folgt der türkische Text, der in seinen fttnf Prosazeilen 
nichts Bemerkenswertes bietet; die zwei Rubais, welche folgen, 
lauten in Umschrift und in Obersetzung so: 

1. bü zäri ^oein smin rizäjvQun ämr 
bösiäni wafäda bülbüPi güjuAäur 
ger keimeseü^) chvmeti U^ gtUdin 
ichläsi hüe aenin dUägüjundwr 

d. h. dieeet traurige Jammern sucht deine Zufriedenheit und sittgt 
dir KftchtigalleBlieder im Garten der Treue; leistet dein Diener 
anoh kernen angemessenen Dienst, so ist er dir doch ein auf- 
richtiger Segenswünscher. 



^) Es kann sich nur xmi Ohoga DSn^äl haadeln. Die von 
Barthold S. 254 Z. 5 mitgeteilttti türkischem Worte sind unver- 
ständlich. 

') Barthold gibt den türkischen Text nach f. 103b, welcher 
in der Tat bedeutet: „das Kirgisenvolk erhob ISim Chan zum Qhan." 
Der VeilMser von Ms. 690 oi nnteneheidet, scheint es, nicht zwisehen 
Kirgisen uad Qazaqen. Nach Muhsjamed ^Adiq (siehe oben S. 220) 
ist Hftüm Sultan (HäSim steckt in dem lüm, das beachtenswerte 
rückwirkende Vokalharmonie zeigt, wie iiinch Qutadghu Bilik im 
SeUoBsvermerk) nicht Kirgise, sondern Qazaq (Qaia^Kirgise). 

*) Barthold setzt zu dem Lh X ^i ^ ein »»(sie)«*. Auch ich 
kann das u nicht erklären. An eine Verwendung des per8.-türk. m, 
in dem der Orient nur das arab. wa sieht, so, dass es mit €(far 
ein ,wenn auch^ ergäbe, darf kaum gedacht werden. 

UO 



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306 

2. e mir saüa jOr olau ') chudäwencU §ihän 
(MiAda fidä qUäji ichläs Ue jän 
kimdüz ke§e Ulärimc^) haq<iäin däjim 
dewlet bile sin holghü umen fatihachwän 
d. h. Fürst, möge dir Frennd sein der Herr der Welt! ich wiU 
mit Treue mein Leben fOr dich opfern! Tag and Nacht erflehe 
ich beständig von Gott: sei da in Glück und ich ein Fätiha-Leeer 
(Beter) [für dich]! 

Nach den Babä^is geht es so weiter bei Barthold: 
„So haben wir jetzt genügend aosführliche Nachrichten über 
die Geschichte der Chane Ton ElaSgar bis zum schliesslichen Fall 
der Dynastie. Zum Besohlass fügen wir eine genealogische Tabelle 
der letzten Chane bei; bis jetzt schlössen unsere Nachrichten über 
die Geoealogie des kaSgarischen Herrscherhauses mit der in dem 
Werke Emm Ahmed Eäzis gegebenen Aufzählung der dreizehn 
Söhne AbdurraSId Chans'). Von den letzteren geben wir nur die 
Namen derer, die männliche Nachkommenschaft hatten*"). 



^) Barthold begleitet olsu und iüarme (das iUärime ist eine 
künstliche Konstruktion des Dichters, Tom Metrum erzwungen) 
mit »(sie)*'. Es ist nichts zu yerwundem; denn der Abfall des 
auslautenden n ist ganz gewöhnlich, tüarme ist yon Interesse, 
weil hier das Glied zwischen tilarmen und tüarim (osm. dilerim) 
unverrückbar festgenagelt ist: man greift hier die Entstehung yon 
altosm. gdem aus gdgeimm (s. KeleH SzemU VI (1905) S. 29ff.) mit 
Händen. Nicht minder interessant ist olau für olsun. Das 8u 
erinnert an das mongolische su für die erste Person Futuri 
(ostmong. erweitert zu sughai^ sugei, qalmaqisch «m, sü). Ich trage 
kein Bedenken, das au, sun der sogenannten 3. Person Imperatiyi 
der Türk-Sprachen (in den köktürkischen Inschriften eu, jmn, im 
Qutadghu Bilik su, sun, suny, im Ungarischen das Jon, Jen 
(jön) des Praesens Conj. mit dem mongolischen su zu 
identifizieren: dieses su dient ursprünglich dem reinen Begriff der 
Zukünftigkeit der Handlung, welcher bei den Türken in den des 
Sollens übergegangen ist; die Differenzierung in Bezug auf die 
Person macht keine Sclhwierigkeiten. Die innere ratio, die hier 
gegeben ist, verdient mehr Beachtung bei dem Versuch einer 
Erklärung der seltsamen Imperativ-Endung ab der äussere Gleich- 
klang, auf welchen Böhtlingk, Jakut. Gramm. § 421 seine 
Gleichstellung der Endung der 3. Person des Imperativs mit dem 
Pronominal-SufBx der 3. Person am Nomenbaut (Ba dl off spinnt den 
(^danken Böhtlingks weiter .^ftMrÄMeAe.&wcAri/^NeueFolge91). 

') In der Tabelle, die Elias gibt, (Tarikhi-Bashidi, Intro- 
duction, zu S. 49) sind nach dem Namen Quraifi die Namen 
Abdullah und Abu Sa'id ausgelassen. B. 

') Die Tabelle siehe am Ende des Heftes. 

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307 

Auf weg e n Seiten die S^fmpatiitesi dee Verfaesera Ytm Mt. 
590oi tisd, lOeet sieh an» den IfitteUnngen Bartholds nieht mH 
SieherkeH feefcaleUen. Doeh wird meai ans der nachsioktifeB Art, 
in irelßher dat SrngreÜMi ipftqe geeeltild^ wird, eohl i e o ee u 
dttrfiMi, dase der Yearhasn der Weiseberg- (•f<la^)-Partei «BgehOrte. 
Ifit Siekerlieit Iftsst siok das Bair«K ▼(« Qftri *AbdQl^Ü Ihn ]& 9&% 
dem Terikseer des kvnen genealee^AcB ^nraktatee, der in meiner 
Handsobrift Nr. 7h auf Seifce 168—167 entttalten ist nnd deeeen 
ÜbersetEnng^ iok hier M^en kuse. 

«(Bannala und CSratba.! Wecm andi die Wnndergahen ä^r 
Naehkemnen dee Herrn der M eneohen tmd die Hochtsten der 
erhabenen Genoesen nnd der zw6if Lname nnd die erhabenen 
Vollendungsgrade der gewaltigen Heiligen klarer als die Sonne sind, 
80 wird die ges^^^ete Reihe der Naqibendig hier mit BtUsksicht 
darauf nütgeteilt, dass gesagt ist: Wenn jemand zur üebeaver« 
einignng mit dem Freunde nicht gelangen kann, so ergetzt er 
das Gemüt mit dem Suchen nach ihm und dem Sprechen von 
ihm. Der Prof et hat gesagt: „Wenn jemand einen Tisch auf- 
stellt, dass auf jenen Tisch Gnade regne» so kann es wohl sein, 
dass man ihm Mitgenuss an j^nem Tische gewährt"; femer h»t 
der Prof et gesagt: „Wer ein Volk [Leute] lieb hat, der gehört 
zu ihm f ihnen]. ^' Unter dem Segen dieser Sprüche machte ich 
mich an die Arbeit, die Kette Isügile] der erliabenen Ghogas dar- 
zustellen. Nun, jenes Wissen, welches aus der verborgjBnen Welt 
in den erhabenen Leib jenes Herrn Muhammed b. 'Abdullah 
b. 'AbduJmuttalib b. Hä&im h. 'Abdulmasilf b. Qu^a^ b* EilAb 
b. Murra gelegt wurde, ist, wie es im Worte Gattes heisst, «nichts 
Grünes, und nichts Dürres, es stehe denn in einem Buche*' ^). Der 
Prof et legte es in die reine Brust des Herrn Abu Bekr b. 
Abfi Quhäfa b. 'Otmän b. 'Imir b. 'Amr b. Ea'b b.. Sa'd b. Taim 
b. Murra'). Abu Bekr legte von diesem HeiUsrank in die Brust 

»} Text: ^ ^ ^j^ljt ^y syJbj ^ äJÜI j^Xä ä^Cä. 
w LYffn , Die Verwendung der Qosan-Worte ist frei und die lose 
Enüpfung im Stile der schwärmenden, Ibselnden Dunkelm&iner. 
Dw ganxe Vctb, Sure 6, 59, lautet so: „Bei ihm nur sind die 
Schlüssel des Geheimnisses, sie kennt nur er, er kennt, was ist zu 
Lmd und Meer, und nicht ein Blättlein fällt, dass er'b nicht 
wüBste, und. nicht ein EOmlein in der Erde Finstemis, nichts 
Grünes un-d nichts Dürres, dass es nicht stand' in 
einem Bnohe deutlich'*. 

') Die geistliche Filiation von Muhammed bis Bahä'uddln 
NaqSbend ebenso in inir'ät lUmaqäaid des Ahmed Bif^at (Stam- 
bul 1293) S, 40. Im Folgenden gebe ich nach dieser Quelle und 
der Chazine die Todesjahre. Beachte, dass in dieser Filiation 

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308 

des Salm an b. iBläm'). Der legte von diesem Heiltrank in die 
Brost des Qäsim b. Muhammed b. AbüBekr*). Der wieder legte 
von diesem Trank in die Brust des Öa'fari §ädiq b. Imäm Mo- 
hammed Bftqir b. 'Ali Ausat Imäm ZainoTfibidin b. Imäm Hosain, 
des Blutzeogen von Kerbelä'). Der legte von diesem Trank in 
die Brost des Herrn Seck Bäjezid T&i^ür b. 'Tsä b. Adam b. 
SerwiSän^). Der wieder legte von diesem Trank in die Brost des 
'Ali b. Öa*far Charraqäni, genannt Sech Abol-Qasan'). Der 
wieder legte von diesem Trank in die Brost des 'Ali b. ? (Lücke, 
am Band: Gnrgäni genannt S$ch Abolqäsim*). Der wieder legte 
Ton diesem Trank in die Brost des Fadil b. Mohammed Färmadi, 
genannt Sech Abu *Ali^. Der wieder legte von diesem Trank 

'All übergangen ist ond Abu Bekr ond sein Enkel Qäsim vor- 
angestellt werden. Mit der Schätzong Abu Bekrs dorch die 
Naqlbendis wird es zosammenbängen, dass der Name ^iddlq be- 
sonders beliebt in Mittelasien ist. Chazine 1, 519 wird bemerkt, 
dass es aoch eine Filiation der NaqSbend^e dorch öa'£ar an 'Ali 
gebe; vgl mtr'ö^ in Anm. ^). 

^) Gemeint ist natürlich Salmän Alfärisi. Als Eoi\je hat 
Cholä^a 147 in der Tat Ihn Al'isl&m neben Abu 'Abdallah. 
Choläfa lässt ihn im Jahre 36 im Alter von 350 Jahren sterben 
(vgl. Goldzihers Abhandlungen 2, LXVI). 

•) Einer der sieben berühmten Foqahä', gest 106. Cholä8a213. 

') Dieser sechste der 12 Imame, gest. 148, ist in Mittelasien 
besonders geliebt ond verehrt. Aof ihn als Tradenten werden 
meist die Handwerker-Bis&les (s. Die osttürkiachen Handechriflen 
der Sammlung Hartmann S. 20) zorückgeführt 

*) Bäj ezid Albistämi starb i. J. 261. (nach Andern 269, 262). 

*) Alcharraqänl starb i. J. 425; s. Chazine 1, 522fr. 

*) Dieser Abulqäsim 'Alt Gurgänl fehlt in der Haopt- 
filiation des mir'ät uknaqäsid; er ist aber dort S. 40 in einer 
Note zo Charraq&ni mit der Eoi\ja Ihn 'Abdolwähid als dessen 
Schüler vermerkt, der aosserdem aoch eine Filiation zo öonaid 
Baghdädi ond damit zo'Ali habe (so ist 'Alfs Ehre gerettet!). In 
der Chazine erwähnt bei FärmadL 

') Aoch Chazine 1, 527 schreibt die Nisbe (^iX^^Li (richtiger: 

t^d^^li; über d^p\j s. Jaqot 3, 839 f., wo aoch onser Abü'Ali 
genannt ist; der S. 840 als 537 gestorbene FärmadX moss ein 
anderer sein); nach ihr hat er 2 Filiationen: die eine dnroh Abul- 
qäsim Ghirg&ni (s. Anm. '), die andere dorch Abolhasan Charra* 
qftni; hier sind beide komoliert. Gestorben 470. Fadü hat aoch 
Chaöne; mir'ät gibt als Namen: Abu 'Ali v54Xjyo^U Fadl b. 
Mohammed Tösi, gest. 477. In ons«rem Fadil ist i nor Lese- 
zeichen; es ist Fadil d. h. Fadl gemeint. 

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309 

in die Brust des Choga Jüsaf b. A\jüb HamadänP). Der 
wieder legte von diesem Trank in die Brust des Cho^ *Abdul- 
chäliq b. Imim 'Abdulg^emÜ Ghug;duwäni'). Der wieder legte 
von diesem Trank in die Brust des Choga *Ärif Bewgeri*) 
Der wieder legte von diesem Trank in die Brust des Cbog^ 
Mahmud AnJ;Iri Faghnawi*). Der wieder legte von diesem 

^) Gestorben nach rasahät in Ghaaöne (1, 528) 535; nach 
mir*ät geboren 440. Bei JfisufHamadänl zweigt eine geistliche 
Familie ab, die uns ins Osmanenreich fiihrt. Die Filiation ist so: 
JOsuf Hamadäni < Ahmed Jasawi [s. über ihn mein Hüwidä 133 
Anm. 3, auch Buchwesen 78; mir'ät gibt sein Todeqahr falsch 
mit 590 statt 562] < Luqm&n ülchurSsftni < Muhammed b. 
Ibrähün Ata genannt Hägi Bek^, geb. 680, gest. 723, 93 Jahr 
alt (sinnlos, S&mi 2, 1332 hat kein Todesjahr; es ist wohl 773). 
Ist es auch fraglich, ob die Bekticfis lange eine Erinnerung an ihr 
Familienhaupt aus Jasi (heut Turkestän an der Bahn Orenburg- 
Taikent) bewahrt haben, so mag doch der Zusammenhang mit 
dem Ahn im fernen Osten, dessen Grab eine so ungeheure An- 
ziehung fOr die Türkenwelt hat (s. Schuyler 1, 70ff.), nicht ohne 
Einfluss auf gegenseitige Einwirkung gewesen sein; Jasawis Ge- 
dichte las man um 800 in Stambul gewiss ebenso, wie später die 
Nawä'is. Über Jasawi s. auch TB 369 Anm. 3. 

') Einer der bekanntesten NaqSbendije. Gestorben 575. 
Ghuj;duwän ist nach Jaqut 3, 775 zu sprechen. Auch NarSachi 
erwähnt die Ortschafb. Nach Sam^äni f. 306a ist Ghuj;duwän 6 
Farsach von Buchara entfernt und hat Wochenmarkt, s. Barthold, 
Turkestän 2, 123; ebda. S. 523 der Vermerk, dass Sam'äni a. a. 0. 
Ghu^dawän Tokalisiere. Er mag ebenso recht haben wie Jaqut 
Wir werden Jaquts Aussprache vorziehen, denn sie ist offenbar 
die volkstümliche. Sam*äni ist der Pedant 

*) Nach Ghazine 1, 541 ist Bewger eine Ortschafb 6 Farsach. 
von Buchara. Sie scheint nirgend sonst erwähnt zu sein (hinzu- 
zufügen in Barthold, Turkesian 2, 123). In der Stadt Buchara 
gab es eine Strasse (Tor) namens yiy^, das arrew zu lesen ist 
(Istachri 306 L Z.). Der Zusammenfall mit np. rho ,LügeS ,Betrug* 
ist wohl Volksetymologie und es steckt Älteres darin. Namen mit 
rho im Zaraßän-Bassin nicht selten. Vielleicht ist dieses Bswger 

identisch mit Jaquts (2, 890) ^(>^^, riwdi ^ rhodik ,I)oriB^w\ 
Nach rasahät in Channe gestorben 715, sehr alt. Das Todesjahr 
kann nicht richtig sein, denn sein Pir starb 575; er müsste 150 
Jahr alt geworden sein, wenn man die Lioht(Trank)-Übergabe in 
das sehnte Lebenqahr setzt. 

^) mir'ät a. a. 0.: ixn^ faghnauH', Chazme 1, 541: mdhmüd 
ukihaiir faghnaioi in der Überschrift des Artikels; im Text: „sein 

116 

8* 



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810 

Tnmk in <M<» Bnw^ des 0^^ (CKojiii*i?> A^zto ge«h 'i.lf Rft^ 
müaniM. £^ ^egte y<m ^^eeem TrMik Ir die Bttuil des €^oga 
Mvhammed Bftl^äji 8ami»I^ De» wieder le0e vom d i eee m 
IWik in ^e Brast des Hem Si^}id Bmfr EuUl S^ehärl«). 
D^ wieder legte ym diesMa TiWBk äi die Br««! des grossem 
G^o^ Bah&'^uddlm Naqftbend«). I>er wieder legte vm d&^sea 



Gebmrtsort ist die Laad9ta4t (jfOfadia^ uilfihak fogh^ eine Ortschaft 
4es Bezirkes Qacliärä St^d^ mxd 3 Fars^ davon entfernt*. Das 

j^i ii^ gewisa nmr eigeopükhtige Kocrolrtnr des Stmy9fihmb9r«. 
Weder ati^ ßag^ moeh fo^kn aUein kasA kk sieher aachweitem. 
Mahmmd wimtk naeh atfWi* iMbrntt/ft! tl5; «llr^« gJM 6ia. Aidarow, 
der Inj^ aohreiMs. gibA die lü^ikDig wie4#r> die Pem^so w in «swem 
Artikel» MaantHairil 9%merh sfMM Jlsarpie-Kirivie lA Tain-^ 
■seit (i»: &4>kki der Westsib. Abt der Kais. Bnes. aeogr. Ges ' 
Clelb 1^& ai) nask den RafiahU Tesdffentl&oht hat. Dw Gebiuts- 
or«, An^tiHFaghnawi (so], sei ein Dierf im lande BMohtoi im freiee 
WabkaA a Farsaeh toq der Stadt} der Beilige Mte in ^^bkaa, 
wo aneh sein QraK 

^) Gestorben namh wait^m fChas&ie 1, bm 781, mir'm gib«; 
705 wid gibt den Beinamen Firi Nftsaftl;. Ghaäne^ 1, M3: 
Sein Geburtsort ist ffäm im {rämi im^ eine bedenteaidd LaiKJbtadt 
\qa§dbtk}, 9 Farsae^ von Boehtei'. £>i» }ehn.Wers*^Kavte hat 
Po^KaMH« ea. 20 loA nordwestUoh von BMhftm eifegetrigen. 
Dia Sdureibang l&ssl nicht erkennen, ob man v^m&am [o Iw o in 
Mawaraanabv dmrohgehend !) oder » swBm v^äßkk, Aiwdk aoe 
Barth olda Maimim (TurlmtUm 2^ 119^ is* es nicht. %m esseksm. 
Di^ TOB de €^0^' e Bnb Hamtial 86|0> an^genommemie ürilisü^^a «rd 
die beste der LeoMc^n sein <vgL klaohn aM. 8tt^^ leb biEv« kein 
Bedenken statt des ^^JUX^s der fcnde ehrtft Bimlfeanf sn 
schreiben. 

•) Gestorben nach Chaxine 1, Ö46, l J. 76Ö, nach mir'ät 740. 
Zur Nisbe sagt Chazine 1, 545: ,Sein Gebnrts- nnd Wohnort ist 
das Dorf Samäsi, das von der Landstadt ^<^^^U 0^^ räm^na 
oder rän^ian) dependiert nnd von BnchRrä 3 EnrOh [= 1 F&rsach] 
entffemt iBt*. Ist Barthold, Turkestan 2, 123 hinzuznfögen. 

*) Gestorben nach raiahät (t^aäne 1, 648) 772. Über 
Söohär, seinen GebmrtsprV wo. anch sein Gxsb^ sagt Chaüne 
1, 546 (witer Bäbäji SamäsiX es liege zwei Farsach von Buch&rä. 
Ni^ht bei Barthold, Turkestan, Chaüne 1,, 54&: er habe 
tatsächlicb das Töpferhandwerk (kukUi) geübt, mithat gibt als 
Kunja Ibn Saijid Hamze. 

«> Geboren nach Ch^ne 1, 551 i. J. 728 (deojhlM^ ^S ^^ mAj ), 
gestorben 791, 73: Jahr alt; das seigt, da0s Chasine nieht zaTer- 



IM 



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811 

Traak ia die Brait des Maaüaft All'oddin 'At$är'>. Der 
wieder l^gte von dieMm Xrftnk in die Bnut desMaolinä Ja'qüb 
6ar€hi*). Der wieder legte von dietesi Tnwk in die Bruit de« 
Ghoj^ *UbiiidttlUk b. Mabaäd b^ iftbäbiiddm*)^ Der wieder 

l&88ig, denn das ist widersprechend, und das Biclitige haben 
mir'äi und Ssmi (2, 1412 a) mit 718. Ober die Filiation zu Cho^a 
Ahrär hin i. Annu 

') Fehlt als Glied in mir^ät. Ausführliche Vita Chazine 
1, «6lff.) wo als Todesjalir na^ takMi 90k ge^tbMi btv 

') In Chistine 1, Ml wird er von Babt*üddfki Naqibend 
4ein *Alai'ttddIta 'At|tt feur geittlidi^n Eniehnnt übeqr^bett und 
Mtbi in dem Dorfe fialghänd (t yüÜJ» "?), WK) auch tseih Grab; 
geboren {1, 566) in Uarch im Distrikt Ghazne. mir'ät hat als 
^sb^ noch hisäti. 

*) Bekannt u^ter dem Namen Ofeo^«i Afarär Waü, geb. 
in fiai^iiilln bei f^alkent %M, gen^^th^ in Kamak^eran bei 
SaHntthqattA 815, 69 Jahre ali Ihn behandelte WeseloWski in 
dem Aftik^: HäMMmmtiOk SMmm^Aapapa et üdjMpKOHdvt in den 
Bö^e^mut iMMfü (f^t 189Ö) 8k 8 ff. deine Legende «besetzte 
ll^s^ammed Aidiirow tn SM^tcis^Äapt^pv-^am. Jleiei^. ilep^odz 
es H^t&^ndemio JT AMapöm. Cb npmJmHmHiMMU H. A. EiuiapOBa 
(Taikenl 1896). Die B^traokkmiien Comarows teigen gute Yer- 
trautheit mit der Litteamtor und Weisen eine grosse Zahl von 
versteckten russischen Arbeiten nach« «-* Beachtenswert ist, dass 
hier die Filiation ist: Naqibend < *Al&*uddin *A^t5r < Ja'qüb 
Carchi <^ Ahrär. Aidarow sagt ausdrflckltch (S. ö6): ,Nach den 
m\t gewordenen Mitteilungen e^elt Choga Ahiir das kiädnäma 
ton Ja*qttb ^arcU*. Bo au^ im tftk^üt 8. 41, wk) dieser Zweig der 
NäbSbendiJ«, der mit Ja'qüb ^arcbt beginnt, Chftlidije genaimt 
wird. Dieser Zweig geht aber nur bis Ohog:ä Ahtkr mit unserer 
geititlichen Familie zusammen. fn^*itt geht so weiter (8. 41): 
Oho|a Ah^ < Muhammed Z&hid < Maulfcn& DerWIS < Chwfc. 
^ekl*i Sarmeü*qandt (hat nichts mit Ch^ägeke Machd&mi Azem zu 
tun!) < Muhammed Samäql (lies: Bftqi) < Imimi Babbftnl Md- 
l^addidi alll tÄn! Ssch Ahmed Firüql < 'Abdulw&hid Färttqfi 
Sirhindl, gest. 1034 < Muhammed Mrf§üm 'Utwal Wutqä, Ver- 
fesser der Mektübit, gieirt. 1098 < Saiftiddin 'Irif < Muhammed 
Nüri ^^ItX? <^ äemsuddm Chan öänSnt Mu^hir <^ ^Abdullah 
Dihlewi < Zgä'uddin Maulänä Chälid, geb. 1192, gest 1242. — 
Chazine hat als ,Sohn^ Ahrärs noch unsem Muhammed Qä<jii, aber 
von der MachdOm-Gesellschaft keinen. Man sieht: diese wüste 
Schar wird energisch abgelehnt. Denn unbekcümt blieb ihr 
Treiben natürlich nicht, zumal nidit iu Indien, wo die ChaE&ie 
vetfaset ist. ^ Zu den Vorfahren Cho^a Ahrärs mütteriicherseits 

in 



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312 

/ 

legte von diesem Trank in die Brust des Manlänä Mnhammed 
Qftdi'). Der wieder legte von diesem Heiltrank in die Bmst 
des Herrn Machdümi jA'zem*). Dessen Abscheiden fand statt 
im Jahre 949 ■). ^ Der wieder legte von diesem Heiltrank in die 
Brost des Herrn ISftni Eal&n Cho^a Mnhammed Emln^). Dessen 
Gebnrt war im Jahre 926, sein Abscheiden im Jahre 1006. 
Der wieder legte von diesem Heiltrank in die Brost des Herrn, 
des lichtströmenden Mazars^), des Wallfahrers der beiden heiligen 



gehört nach Weselowki a. a. 0. 324 Ssch-antanr, Sohn (geist- 
licher?) des Sedi 'Omar Bäghistäni. §ech-antanr ist neben Ahrär 
Lokalheiliger TaSkents. Sein Name klingt allenthalben so: 
Antaur, und man zerbricht sich über dessen ürsprong dort nicht 
den Kopf. Ein Hinweis auf das, was darin zo suchen, liegt in 
der Schreibung )fil" ^|y^9^ Aidarow 50. Volle Aufkl&rung 
gibt TB 115: ,j5e [der Öaghataide Jünus Chan] was buried near 
the tamb of Purdnvär SJudkh, Khdwand^Tuhur [Master of Puri- 
fieoHon], in TashkancT; nun wird der Name zu deuten sein 
ehäwandi tahür, der reine und reinigende Herr*, saiehch^cmätahür 
< sakh^antaur ^ iaich anUmr, — Im Taricki Baiitk ist von 
AJI^rär oft die Bede, doch fast nur unter dem Namen *übaidulläh 
oder kurz flazreti Ifiän; s. SS. 97. 111. 113f. 127. 155. 212. 842. 390. 

Siehe über ihn: Zu S. 199 MaulSn& Muhammedi Qizi. 

^ Siehe über ihn: Zu S. 195 Machdümi A*$em. 

») Text: tXJJt i^ÄD ^ pyJ yfJyS. 

*) Text: ^2^iA«^|; so auch Bolle Hendricks. Ich erinnere 
mich nicht, aimin oder aimctn gehört zu haben. Bei der Beliebtheit 
der a/*a^Form in den mit Arabisch prunkenden Sprachen w&re 
Ersatz des allzu bescheidenen Emin durch den Superlativ gut 
denkbar; in der Tat wird TB 125 u. o. der Name des Prinzen 
Aiman Ch^gga Sultan, Sohn Ahmed Chans, richtig geschrieben 
seui. Das erste j wird sich hier aber einfacher erklären: es ist 
die Wiedergabe eines t, das rückwirkende Vokalharmonie in emin 
hier ebenso erzeugte wie in dem oben (S. 305, Anm. 2) besprochenen 
isim = häsim, wozu ausser dem schriftlich bezeugten Urich und diesem 
imin noch zu vergleichen ist üip > eUp > aUp und itt > «t» > a<t 
,8ein Pferd^ und ,sein Name' (von mir deutlich gehört und mehr- 
fach festgelegt in Kaigar und Jarkend). In der Zusammenstellung 
mit Muhammed ist die Aussprache Aimen (Aimin) sicher unzul&ssig, 
denn diese Zusammenstellung spielt darauf an, dass der Prof et 
der Emin ,der Treue* vor allen Andern ist. 

») Text: y^^\ ^Lä. ^I^i^l ^^U p\yo ^^.idik. 

C*y^ ^-A*»^ tV^iN^ &>>f^. Die Bezeichnung des Heiligen 
als tnagär [= StupaJ ist von hohem Interesse. Grenard hat 



118 



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313 

Stätten Ghoga Muhammed Jasuf ChoJ;am. Dessen Geburt war 
im Jahre 1000, er lebte 63 Jahre. Er wieder legte von jenem 
Heiltrank in die Brust jenes Pols der Pole, des Herrn der Sphären 
(cko§a*% äfäq) durch Geburt und Würdigkeit, des Erben der Er- 
kenntnis, des Herrn Sa^id Hidäjetulläh. Sein Abscheiden fand 
statt im Jahre 1105 0. Cho^ [Hägim Dehbidl') verschied am 
Montag 'den 5. Rebf I 1046; sein Grab ist in Dehbid. Ohoga 
$Slih Chog^am') verstarb im Jahre 1048; sein Grab ist in Balch. 
Des Herrn Äfaq erster jüngerer Bruder Choga*Inäjet, beigenannt 
Eirämet Chogam, starb im Jahre 1008 (lies 1108), sein zweiter 
jüngerer Bruder Chog^a Qinä*at Chog^am starb im Jahre 1012 (lies 
1112); seine ältere Schwester Chänzäde Begum starb im Jahre 
1075; seine jüngere Schwester Zulaichä Begum starb im Jahre 
1018 (lies 1118). Der Herr Cho&a'i Ifeq hatte von drei Frauen 
neun Kinder: von der ersten Frau einen Sohn und zwei Töchter, 
nämlich Choga Jahjä Chan Chog;am, gestorben den Märtyrertod 
in Japalaq Terek sechs Monate nach Chog^ Äf äq Ohog;am, seinem 
Vater, und die jüngeren Schwestern Ohadiga Bänü Bggum und 
Zaineb Chan Begum; die zweite Frau war eine Sklavin; von 
ihr hatte er den inHindostan verstorbenen Chog;a 'Abduf^amad 
Chog;am; die dritte Frau war die jüngere Schwester des *Abd- 
urresid Chän^) Husn Bänü Chenim PädiSäh; von ihr hatte 
er drei Söhne, nämlich Choga Mehdi (Ühogam, Ghog;a Hasan 
Chogam ^ähibqirän und Qilig^ Burhänuddin Chog^m, 



gewiss recht, wenn er Mission 2, 240 f. und 3.46 in den Mazars 
Awatare Buddhas sieht; vgl. unten S. 321 zu 8. 210f. 

^) Von hier ab hört die Formel: „er legte von diesem Trank 
in die Brust des . . .** auf, und man möchte annehmen, dass der 
Verfasser keinen einzigen der nach Äfaq lebenden Chog;as als 
geistlichen Nachkommen, d. h* als Erben der geistlichen Würde 
anerkannt hat. 

*) War nach Bolle Hendricks ein Bruder des laSni Ealän, 
also Ghx)ssoheim Ä^s. 

') Über^ das Verwandtschaffcverhältnis Sälihs kann ich keine 
Angaben machen. 

*) Das ist 'AbdurreSid II, über welchen s, oben S. 302. Im 
Tezkire des Qasan Chog;am ^ähibqirän (mein Ms. No. 66) wird 
am Anfang die Heiratsgeschichte breitgetreten. Die »Prinzessin* 
war sehr stolz und behandelte den Freier und seine Abgesandten 
wie sie sichs nach ihrer Selbsteinschätzung leisten zu können 
glaubte. Äfäq hatte aber fest sein Ziel im Auge: er musste eine 
Dame aus altem regierenden Hause haben, das übrige fand sich 
dann schon. Zu beachten ist, dass Muhammed Sädiq *Abdurraild 
n völlig unerwähnt lässt. Die Gattin Äpäqs, die grausame Chenim 
Pädiiah, nennt er (S. 215) «Schwester des Muhammed Emin Chan**. 

119 



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814 

imd die bdden Töchter PftdiSäh Chan 'As im und A.ffiq («o)^) 
Chftn 'Azim. Die Söhne des'Inäjet Kir&met Obojj^ain tind: 
Choga Bahä'uddin, Chog^a'Abdulchftliq, der Herr liän Choga 
Mn'min und Cho^ Mihmftn Chogam. Die Kinder des Cho^ 
QinS*at Chogam sind: Oho^ Maqsüd Ohogam, Ai BSgum and 
Nainaq ßegnm. Die Kinder des Ohftn Chojfam [Jahjs, Sohnes 
Ä&qs] sind: Ohoga *Abdulchftliq Ohoganif Cho^ Ahme.) 
Chogam, Ai Begum nnd Mäh Bdgnm« Die Kinder des Choj;a 
Ahmed Ohogam sind: Qilig^ Burhänuddin Ohogam und Choga 
Öihän Ghog:am. Die Kinder des Ohoga Öihftn Ghog;am stad: 
Samsaq [fOr Sarimsaq')] Ghogam und Chog^a *Abdulchftliq 
Oiogam; sie wurden in Peking gefiangen gehalten. Die Kinder 
des Samsaq Chogam sind: Choga Muhammed Jflsuf Ohogam, 
Öihängir Ohog^am, Oho^ Bah&'uddln Ghogam und Ghoga 
Muhammed Emin*) Qhogam. Die Kinder des Muhammed 
Jüsuf Ghogam sind: Katta Torem Muhammed Emin*) Chogam 
und Ki6ik Ohän Chogam. ÖihSngir Chogam hatte nur einen 
Sohn: Bflzürg Ohogam. Die Söhne Bahft'uddlns Bind:AulijS 
Chan Chog^am und Wall Ohsn Torem. Nun zurück zu ZulaichE 
Bögum, der jüngeren Schwester des flerm [ÄÜq]; sie wurde ver- 
heiratet an CSioga Hsfiim ChogamB Sohn Cho^ Müsä Cho^amd 
Aus dieser Ehe stanmit Bahmetulläh Chan. Dessen Sohn ist 
^Abdullah Ch&n. Diesem gab man .... (hier muss im Mannskript 
eine Lücke sein, denn die vier Töchter des Sir Pädilah haben alle 
als zweiten Namen *A?im; siehe unten) 'A^im, Tochter des §fr* 
PädiSäh Cho^a 'Inäjet, Sohnes des Choga Mu'min Chog:am, zur 
Ehe, und ihre Kinder sind die in Marghini&n lebenden PsdÜäh 
ChSn Torem und Büzürg Chan Torem. Nun zu Cho^ Mu'min 
Cho^am: dessen erste Frau war Chog;a Qinä'at Cho^ams Tochter 
Nainaq Begnm; von ihr hatte er Cho^ Müsä Chogam und 
Mundaq BSgum, die Mutter Kifek [Küpek] Chog^ams; seine 
zweite Frau war PädiSäh Chan 'A^Im, die Tochter des Herrn 
[Äföq]; von ihr hatte er Chog;a *In&jet Sir PädiSShim, Choga 
*Ali öong [Gong] Chogam, Choga* Abdullah Aq Boghrä Ohogam, 
Choga 'UbaiduU&h Otrangi Chogam, Choga Husain Erke 
Chogam imd Choga Pärsä Chogam, dazu die Töchter Qainuq 



*) Gemeint ist mit ijLif: appaq ,8chneeweiss\ 

') Über ihn siehe oben S. 285. Die Verkürzung wird via 
SQJimsaq entstanden sein. 

') Auch hier Aimin oder Imin geschrieben; s. oben. S.312 
Anm. 4. 

*) Im Lande dürfte der Name ier gesprochen werden, da 
man in persischen Wörtern jä'i ma§hule regelmässig beobachtet 
{nUt, betäb u. v. a.); so auch immer Mir *Ali Ser Newai. 



120 



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816 

*AfIiii und Ai*A|im. Die Töchter des äir Fidiifthim tind: 
*Ain&lü'Affm, Aq*A^m, D&ghis *A|immid Ma'mAr'Afim; 
seine SOhne sind: Tülend Gho^am und Qytjl Ohojfam. Die 
Kinder des Öong Choj:am sind: Tochta Obo^ain, Turdt Ohoj^am 
and Ma'milr 'Aslm. Die Elnder des 'übaidulUk Otran^t 
Chog^am sind: Bftbä Choj^ nnd F&nfÜS *Af im. Die Kinder 
des Erke Ohog^am sind: Aq Feste Chojam mid K&fiin Oho^am. 
Cho^ Fsrsä Obogam hatte einen Sohn Ohoj^ BAqir Ohoj^am. 
Ohojfa Müsi Ohoj^am [Sohn des Oho^ Mu*min Oho^am, siehe 
oben] hatte znr iTran Affäq ChSn 'A^Im (Tochter iAqs, siehe 
oben], nnd ron ihr einen Sohn Mahmud Oho^am. Die Kinder 
Mahmud Cho^ams sind: B&b& Cho^m nnd Ai *A|im. Diese 
gab man KUfiln Ohogfam zur Ehe. Dire Kinder sind: Snlt&n 
Ahmed Ghogfam, Ai Chenim nnd Cho^a Ohenim. Es starben: 
Machdümi A'^em i. J. 949, ISSni Ealän i. J. 1006, Oh. HtSim 
Dehbid! L J. 1046, Ch. ^älih i. J. 1048, Ch. Mnhammed Jüsuf 
i. J. 1068, der Herr [iftq] i. J. 1105, OhSn Ohojam i. J. 1106, 
Cho^am Pftdiläh i. J. liaS, Gunbes (?)*) i. J. 1108, Oh. Ahmed 
i. J. 1150. Verzeih, o Schöpfer, den Schreibenden und den Hören- 
den nnd dem QftrI *Abdul^eUl Ibn Mir ^Uih." 

Endlich stand mir für die Genealogie der Ghoj^ noch eine 
Quelle zu Gebote, von der Art derer, ans welcher sich Andreas 
Noüzen machte (s. mein Meireb S. 192). Mir kamen in EaSgar zwei 
solcher ßtammb&nme vor: der eine war in den Hftnden eines 
H&ndlers, und ich erwarb ihn nicht, weil der Preis fOr EaSgarer 
Verh&JtnisBe zu hoch war; der andere ist im Besitze des Herrn 
Missionars Hendricks in KaSgar, der mir ihn gütigst lieh. Es 
wurden Potos von dem wichtigen Teü der Urkunde angefertigt, 
über das Einzelne ausführlich später. Hier nur, dass der Stamm- 
baum Hendricks, hier als «Bolle Hendricks'' bezeichnet, 
eine Rolle von 9,80 Meter Lftnge und 0,30 Meter Breite darstellt 
Dieser Stammbaum ist aus dem Äfaq-Lager, die Nachkommen 
Ish&qs sind daher nicht aufgeführt. Bei den Haupt-Heiligen ist 
das Todesjahr durch Tärich angegeben, siehe das zu S. 195 über 
MachdOmi A*Z6m Bemerkte. 

S. 195 t$Mkk&^aii^»än (Ms. 40): Ausser dieser meüier Hand- 
schrift und dem Fragment in meinem Ms. 122 wies ich bereits in 
nBie oeUürkischen Handschriften der Sammlung Hartmaum" S. 18 
drei Handschriften nach: Petersburg Orient. Institut No. 486, 
Petersburg Asiat Museum No. 590, Paris Institut de 

France 10856 — ^^^^^ (die Signatur gab ich dort noch nicht), 

sowie die Existenz eines, scheint es, noch nicht wiedergefundenen 



*) Text deutlich: JuJL^. 

121 



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316 

Manuskriptes, aus dem sich Stücke (in Abschrift ?) in Shaws 
Nachlass fanden. Über die Petersburger Handschriften kann ich 
Klarheit nicht schaffen. Barthold, Kommandirowka spricht nur 
von zwei Handschriften des Asiatischen Museums, 590^ bis und 
690««*, die er öfter zitiert (z. B. S. 240 Anm. 4 [hier S. 294 Anm. 1]). 
Welche von diesen ist die von Smirnow im Katalog als Ms. 690 
unter No. 78 beschriebene und wahrscheinlich mit der von Gri- 
gorjew 2, 355 als im Asiatischen Museum befindlich beseichneten 
Walich anowschen identische?'). Aus Vergleichung meiner 
beiden Handschriften mit Waliohanows Bericht schliesse ich, 
dass er noch andere Quellen hatte. In dem Bericht selbst sagt 
der Kirgisen-Sultan und Stabs-Kapitän von seinen Quellen kein 
Wort. Das Verhältnis der fOnf oben nachgewiesenen Handschriften 
(sechs, wenn Petersburg wirklich drei Manuskripte besitzt) bedarf 
der Klarstellung. 

Zu 8. 195 MachdQmi A^zem: auf das Material, das sich in 
meiner Sammlung von Handschriften findet, gehe ich hier nicht ein. 
Die wichtigsten Stücke darin sind das persische Tezkire mit der 
Vita des Heiligen verfasst yon seinem Urenkel Abulbaq& Bahä'- 
uddln i. J. 1028 unter dem Titel §ämC ühnaqänUU (Ms. Pers. 7 
S. 6 — 89) und die beiden Handschriften, die in meinem Verzeich- 
nis unter No. 33 und 104 beschrieben sind« Sein Todeqahr ist 
im Ms. 75 (siehe hier S. 812) mit 949 angegeben, und das stimmt 
mit dem, was die Bolle Hendricks zeigt Sie gibt zum Heiligen, 
mit dem sie einen neuen Abschnitt unter dem Titel: (^^^^ y^ 
^jjüL^^I i^^aJU aJÜI &4^^ (jU^I Jl fjh^\ beginnt und 
dessen Namen in ihr so lautet: ^gi^\y^ t X ^ r^ t ^^ cXju« 
ia£> «JJ| ^^ jjfel^l (^}(i^ »Öaijid Mir Ahmed ChwR. 
^egi*) Mach dum ÜTa^zam^S folgende Tarich-Verse (ramal): 



\^^ ^y^ \| t^y^ \S^ VSfciWAJ y^^kiS^^ LäLJLb vsJUA^ 

väaJ^^ ü^' )' v5)')7f. ^r^ Kp^) ^r* '^äa-äLä» vao^ &«Ju& 

') Nach Grigorjew a. a. 0. Anm. 8 bereitete Weljami. 
now-Zernow Auszüge aus diesem Manuskript für den Druck vor. 
Es ist, soviel mir bekannt, nichts davon erschienen. 

') Einen Maulänä Ch^äg^egi, gesi 1(X>8, finde ich in der 
ehoMinet uiasfijä (Cawnpoor 1312) 1, 604. Er hat nichts mit 
unserm Heiligen zu tun. Ebenso wenig der i. J. 911 gestorbene 
Ch^ftga Chwägegä, der Chazine 1, 597 behandelt ist. Man 
sieht, Ableitungen von Gh^ga sind als Namen beliebt 



122 



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317 

(^1^ vsJk |JLfr >^fJaS Uy\ ^rty^ d.h. 1. Erkennender, sprich: 

jener war ein Leiter des Volkes auf dem Wege [tariqat im sofischen 
Sinne), er wnrde ein Wegweiser für die Adepten auf der Strasse 
der Wahrheit [?iag^at]\ 2. am Sonntag den 21. Mnharram Vor- 
mittags entflog sein Lebensvogel aus diesem Jammertal; 3. ich, 
der ich infolge des Abschiedes von seinem Antlitz ausser mir ge- 
rietf fand sein [Todes-] Chronogramm in den Worten: 'der Pol 
der Welt ging, weh!* Dass er und seine geistlichen (hier zugleich 
leiblichen) Abkömmlinge nicht einmal in Chazine und Mir*ät einen 
Platz gefunden und die Bedeutung dieses Schweigens, wurde schon 
erörtert. — Es wäre wunderbar, wenn der Mann, dessen Erscheinen 
fflr Kaigarien durch seine Nachkommen verhängnisvoll werden 
sollte, und den schon zu seinen Lebzeiten zahlreiche Beziehungen 
mit den Herren des Landes verbanden, nicht Erwähnung fände 
in einem Werke, das von einem neun Jahre nach ihm gestorbenen 
vortrefflichen Kenner der Geschichte dieses Landes verfasst ist. 
Das Ta'richi ReSIdi, die unerschöpfliche Quelle fOr die Ge- 
schichte des Gebietes zwischen dem Oxus und dem eigentlichen 
China zur Zeit der Öagataiden-Herrschafk, enthält nun in der Tat 
eine Menge Angaben über einen Mann, den mit unserm Mach- 
dümi A'zem zu identiflzieren unbedenklich ist. Sonderbarer 
Weise gibt Mirza Haidar nirgends den Namen seines geistlichen 
Vaters. Das Kapitel (II, 86, S. 401), das seiner geistlichen Ab- 
stammung gewidmet ist, sagt: *He was ihe disciple of hia granä' 
father Kkiodja Ndsir-ud-Din UbaiduUah, ihe diaciple of MaMmd 
Ydhib CharkM etc. Wer war nun sein , Vater*? Sonderbarer Weise 
schweigt darüber auch das Kapitel (11, 83 S. 895 ff.), das sich im 
besonderen mit der Vita Machdüms befasst und nach welchem 
Choga Chäwand MahmQd') äihäbuddln genannt Mach- 
dümi Nürä (worin gewiss nicht mit Elias-Boes nüruddin^ sondern 
nOmdläh zu finden ist), beim Tode seines Vaters 27 Jahr alt war, 
sehr viel reiste und schliesslich der geistliche Leiter Sa'td (?hans 
[920—939] wurde (S. 448); als solcher hatte er nicht geringen 
politischen Einfluss, wie sich das nicht anders erwarten liess bei 
der Rolle, die diese Männer an den Höfen spielen (gut darüber 
TR Introd. 116). Mirza Haidar, der Teil I i. J. 953 beendigte, Teil 
II i. J. 948 schrieb (Introd. 7 f.), spricht von Machdüm nur als von 
einem Lebenden. Die einzige Stelle, welche auf eine Beziehung 
zwischen Muhammedi Qäzi und Machdümi A'zem weist, ist TR 
214: ^Hatrat Matäänd left Bokhdrd and weni to Andijdn tmd Akhsiy 
where he reaolved to stay. There^ many people became Nakhshbandi 



') In Rolle Hendricks ist sein Name Ahmed. 

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318 

undar Ms guidcutce . , . . , An aoccmnt 0f thme mm wiU be gwtn 
belöw, in conneetion wUh ihe hiographioal noUde of SaeriU Makh- 
dmtL* Der versprochekie accouni fiad«t sich in der Oborseteing des 
Ta'richi Raäidi nicht. Es dürfen Übrigens folgende Bedenken 
gegen die Gleiehsetznng des Machdünii A*^m mit dem Machdfimi 
Nüri und die von fiiias^Ross durchgeführte dieses mit Ch^'^ä^ 
Ghäwend Mahmud §ih&bud(ibLn nicht unteidrüekt werden: TR 
8. 389f. wird eine jener kleinlitshen Ä&nköreien breitgetreten, wie 
sie dad Denken Und Leben jener ^Gottesmftnner^ ausfüllen: Choga 
Nürä war von seinem Bruder Ohojfa Muhammed Jüsuf nicht 
respektvoll genug behandelt worden. Dabei rühmt sich Cho^ 
Nürfi, der Schüler ded Cho^ Ihrär [lies: Ahrftr] Ohoffa 'übaidull&h 
tM sein. S. 401 wird aber ausdrücklich berichtet (s. oben), Ohoj^ 
Nür& sei der (geistliche] Enkel Oho^ Ahrfirs, des Schülers Ja'qftb. 
Öarchüs. Die Verschiedenheit des Namens in der RoUeHendricks, 
Ahmed, und im Ta^richi Raftidt, Mahmud, ist doch auch sdiwer- 
wiegend. So bleibt die Frage ungelöst: verschwieg Mirza Haidar 
die Existenz des wahren Machdümi A^ssem oder War der Machdfimi 
A'2em der offiziellen Historiografie des Hauses Machdümi zur 
Zeit Mirza Haidars ein homo ignotus, ein Ahmed unter den vielen 
^ufi-Ahmeds, dem erst später ein gewaltiger Nimbus gegeben 
wurde, vielleicht mit Benutzung von Zügen des berühmten Mach- 
dQmi Nür&t — Zur leiblichen Abstammung Machdüms sei be- 
merkt, dass sie nach Rolle Hendricks sich so gestaltet: Mü- Ahmed 
[so] Ch^^aftegl Machdüm Üla'«am> daläluddtn> Burhän- 
uddin> Chwfega Muhammed> Pir Muhammed Ch^äfta 
Dlwine> QiliJ Burhänüddin> Kamaluddrn> ÖaUlud- 
din> Sah Hu8ain> §äh Ha8an> Mühammed)> Ahmed> 
Abdullah^ "Abdullah Af2al> Tftlib> 'AbdulUh A'ra^> 
Hasan Üraskert> Muhammed Naqi u. s. w. wie bekannt. 
Wenn ich die Rolle recht verstehe, Ist in ihr eine zweite Version 
angedeutet, nach welcher 'Abdullah A'raj; Sohn ^All Ridls ist 
wahrend er nach der Hauptdarstellung von diesem erst im vierten 
Gliede abstammt. Man sieht der FUiation an, dass sie legendär ist. 
Zu S. 196 Anm. 2 Challfa: Für die ältere Geschichte des 
Wortes und der Vorstellung vom Nachfolger, Einrücker als Stell- 
vertreter sei nur auf ATliches halifäh (besonders Hiob 14,14) 
verwiesen. Den im Islam an das Wort sich knüpfenden mystischen 
Vorstellutigen liegt sein Gebrauch in Qoran 2,28 «ttgrunde: 

,da dein Herr zu den Eogeln sprach: ich will auf Erden einen 
Stellvertreter setzen'. Gemeint ist Adam. Der erste Mensch ais 
Challfa Gottes und die Erben des Lichtes aus seiner Nachkommen- 
schaft als weitere Stellvertreter» das ist ein Motiv, das vod den 

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319 

ishimiBohen TbeoBolen zn Tode gehetzt wird. Man kum kaum 
eine die Prophetie bebandehide XBsseraDg, nameii'^cli hi per* 
Biflcber tmd tttrkiBeher Spraehe avlBcblageii, ohme dem £^[>raehe: 
mnl §äShm f&>ardi ^aUffiihm in immer emeoter Wiedei^ehmif 
und mit dem Versalze, Kenea ans ihm heramzapr e o e e n , m 
begegnen. Von einem permsehen Schiiten, Ihn B&btje aas dem 
ftmatischen Neste Qomm (f 881), rOhren aneh die wüsten 
Redereien ttber das Qeranwert her, mit deaen er sein ikmäd uMln 
einleitete und die in Ernst Möllers Probe aas dem für diese 
Gedankenwelt charakteristiBofaen Werk {Beiträge mir M$kdiMre 
des IsUxmi I, Heidelberg, Winter 1901) S. 3—17 med. ediert nsd*). 
Znm Gedanken des Heiligen Geistes, der sieh in Adam mit einer 
menschlichen Person rerbindet, die als der wahre ProlM; 
snccessire in yersehiedenen Formen erscheint and aar Beherr- 
schung des ewigen Reiches bestimmt ist, sMie Wellhansen, 
DU reHgi(^ ' poUHashen Oppomthnsparteien 99. Das Herab- 
sinken des chäHfh im Ohalpa lu einem « Schulmeister*' hat zahl- 
reiche Analoga in Wertbezeichnungen, die zwischen dem Höchsten 
aad N i e drig sten pendeln (ätn arku dfci ii ' denifr ). 

2qS. 195Anm.2a.fi.;4kndarefirkl&ruiigvon9sj[iia:e8i8t 
cUe als 9§ji 4-Mebmed gaae^t'). Ich halt« m tfk m^uUlssig, di^ das 
Suffix der erttea Peäreo« m der Tefh#r angegebenen Wawe in 9Q vMen 
aaalogea FäUea nachanwaiseQ iat^ daas ea a\i«h hier allein hexaa- 
zaiiabe« ist Aul dw to« Richard Kiepert gearbeiteten Karte 
KMmiens m H BUm (Berlia, Raimer-Vohaen; hi« Mai 
1905 waren 17 Blatib aasgegebe«) findet sieh Haj^imler als 
Dor&ame. 

Z^ S, 198 Fir Mohammed Gh«n, der P&difiah von 
Balch: Dieser ScOMJbiBida war als Pp: Muhammed l 963*^968 
Ha«pt der D^maatie^ wurde aber i J. 968 abgesetzt und blieb bis 
zu seinem Tode i J. 974 Herrsch^ ¥QD Bal«^ Kacb Poole- 
Barthold 308. 

Zu 8. 199 MauUaH Muhammedi Qä^i: NachriohtMi über 
diesen berühmten NaqäbendS» Schaler des Beiligen A^ir, hat das 
Ta'riohi Batidl (s. TR 97- 118 f. IWf. 813^214. 815—221. 
277—279. 341 £ Introd. & 841). Sein Tede^^^ gibt die 
Chazine 1, 598 mit «^911 oder 912'* an, das ist aber unmöglich, 
denn in TR wird das Jahr 916 aus seinem Leben Mw&hnt 
(S. 213), und so wird dem Tarich TR S. 342 Glauben zu 
schenken sein, das 921 ergibt (Elias rechnet 922 heraus). TB 
342 ist auch ausführlich yon dem silsilet urärifin die Bede, 
dem Werke Mu^ammedi Qäzis über Heilige im aUgemeinen und 

^) Bemeitenswert ist der Ausfall Ihn Bäb&jes gegen die 

^Brahmanen*, welche ron Boten Gottes nichts wissen wollen. 

•) Siehe Abulghazi, übersetzt yon Desmaisons S. 240 Anm. 1. 



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320 

seioen ^Vater* Cbo^ Ahrär im besondem; über den Anlass zur 
Abfiassong des Werkes s. TR 113. Ausführlich handelt von 
dem Verhältnis Muhammedi Qäzis zu Choga AhrSr und mehreren 
Fürsten TB. 212 ff.; über sein Verhältnis zu Machdümi A'zem s. 
Nachtrag zu S. 196. Von Cho^ Ahr&r ist im TR oft die Rede 
unter dem Namen ChoJ;a*Ubaidulläh, s. oben S. 311 Anm 3. Wenn in 
der hier gegebenen Darstellung Muhammedi Qäzi als Lehrer 
Ishäqs des Sohnes Machdümi A'zems auftritt, so musa das auf 
einem Missverständnis beruhen; denn Muhammedi Qäzi starb 
921, Ishfiq aber nach 1000 (s. S. 205 in Verbindung mit S. 292 
A.nm. 1. 

Zu S. 204 oben SultänAlfata: Der Name ist zu denken 
B]a cUp ata ,Held-Vater^ ata ist in Namen von Heiligen und an 
ihr Andenken geknüpften Stätten sehr häufig in Turkistan. So 
das Grab des Abgägi Ata in Jarkend TR 300.: Viele Namen 
mit ata in Cba^ne: Sa'id Ata 1, 535; Zengl Ata 1, 536 u. o. 
alp ,Held^ kommt schon in den köktürkischen Inschriften vor, s. 
das Glossar in Radioffs Liachriften Ul (Zweite Folge). Ich 
möchte o^ tegin auch in dem offenbar verderbten «Ais^MÜl des 
berüchtigten Abu Dolaf -Berichtes finden, s. mein Ref. über 
Marquardt, Osteurop, und Oslos, Streifsfüge in D. L. Z. 1904 Sp. 
2106. aJp findet sich femer in den wichtigen Handschriflen-Bestm in 
EstrangelO'Schrift aus Turf an von Dr. F. W. K. Müller (S. ßer. 
A. W. B. 1904 IX), wo S. 3 gelesen ist alp hügä und alp gttt% 
gm bügä (d. i. Alp Bilge und Alp Quüng Eül Bilge). Die Fort- 
lassnng des älif und die Schreibung des p sie f können nicht 
befremden. 

Zu S. 206 unten äftdi: Dieser Name, den der Grossvater 
^alähaddins führte, und den auch der Stiffcer der Moscheelampe 
in Berchem C. I. A. No. 462^) hat,' düifte meist als persisch 
(sädi, genauer sädi = ,Freude*) angeseheu worden sein. Neglb 
Äs im will in seinem türk tarichi (Stambul 1318, s. mein Referat 
•in Orient lAtt.-Zätung V (1902) Sp. 390 ff.) die Aijnbiden zu 
Türken machen: ^al&haddin habe sich Kurde genannt, weil seine 
Ahnen unter Kurden gewohnt haben (S. 476); sein Grossvater 
§&di habe den echt türkischen Namen Sädi geführt, denn dieses 
sei das früher [S. 89 Anm. 1] als »Fürst* erklärte sad der kök- 
türkischen Inschriften [s. Radioff, ÄUtürk Inschriften I im 



') Die Inschrift in das Jahr 696 zu verlegen (Berchem zu 
No. 463 am Ende) scheint mir kein zwingender Grund vorzuliegen. 
Es ist in ihr von der Stiftung der Lampe nur im Anschluss an 
die Restaurierung der Ihn Tülün-Moschee durch Lä^ die Rede, 
und es kann kaum mehr gesagt werden, als dass die Lampe vor 
dem 11. Rabf II 698, dem Ermordungstage Lftg^ms gestiftet ist 



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32L 

Olossar]. Man wird annehmen dürfen, dass hier, wie so oft, das 
lautliche Zusammentreffen des älttärkischen aad und des persischen 
8ädü ein Zusammenwerfen in der YolksvorsteUung herbeiführte. 
Die Turkestaner zur Zeit des Cho^ Ssdl, yon dem hier die Bede 
ist, hatten sicher von dem alttürkischen «od keine Kenntnis und 
fassten äädi, soweit] sie sich überhaupt darüber Gedanken machten, 
als persischen Ursprungs. 

Zu S. 207 * Abdullah Chan: Es bleibt bei diesem gegen Anm. 
3, wieausder neuen QuelleBartholds hervorgeht, B.Kommandirowka 
246 und hier S. 296. Diese Quelle hat ebenfalls Jolbars als Sohn 
*Abdull&hs. Das jol erinnert an Jolbä (5a = &at? cf. die Mamluken- 
Sultane auf bai; im Ostmongolischen wechseln ba und bai in 
der Endung des Praeteritums s. Bobrownikow), den] Namen 
des Türken, der in der Schlacht des Jazid b. Mazjad A&iaibftni 
gegen den Chari^ten Alwalid b. 'fatli AiSäri i. J. 179 (Tabari 
3, 638) den Rebellen tötete. 

Zu S. 210f. und 212ff. Dieser Bericht über die Fahrt Äföqs zum 
Dalailama in Lhasa ist von der höchsten Wichtigkeit. In einigen 
vortrefflichen Bemerkungen (Dutreuil de Rhins, Mission 
sdemUfique dana la HauU-Asie 2, 240f. und 3,46) wies bereits 
Qrenard darauf hin, dass der islamische Wall Ostturkestans oft 
nur „t«n avatar musuhnan de Biuldha'* sei, anders ausgedrückt: 
dass die islamischen Mazars dort in einem historischen Zusammen- 
hange mit alten buddhistischen Stupas stehen. Auch sei daran 
erinnert, dass Qoldziher in Muhammedanische Studien Bd. 2 dieser 
Einfallpforte religionsfremder Elemente (bid^a) im Sinne der 
Eanonizit&t tiefstechende Ausführungen gewidmet hat: sein ganzer 
Abschnitt über den Heiligenkult dient überwiegend dem Nachweis, 
wie auf diesem Gebiete heidnische Reste vom Islam rezipiert 
wurden. Man ist versucht, diese Rezeption als einen Akt des 
Igmä^, desGonsensus der Gemeinde, zu konstruieren. Doch genügt 
diese Erklärung nicht. Denn sie erkl&rt nicht, wie die ganze Gemeinde 
(oder auch, wie hier, nur die Gesamtheit der Muslime in einem 
räumlich begrenzten Gebiete und in einer begrenzten Zeit) sollten 
dazu gekommen sein, in einem heidnischen Denkmal das Ghrab 
eines islamischen Mannes zu sehen und zu feiern. Ist es un- 
zweifelhaft richtig, die Bedeutung der Masse anzuerkennen und 
nicht Alles an die „grossen** Männer zu knüpfen, so wird doch 
in Fällen, wo es sich um derartige bestimmte Yorstellnngen handelt, 
mit dem Einfluss von Individuen zu rechnen sein. So charakterisiert 
sich die Verehrung des Stupa im Islam sub titulo Heiligengrab 
als eine Suggestion, die von schlauen Gottesmännem auf die 
Menge geübt wird. Die Disposition musste natürlich vorhanden 
sein, und sie war es 1) als der allgemeine Trieb, die Gk)ttheit 
sich nahe zu bringen in Vertretern, 2) als die Hinwendung dieses 
Triebes auf Orte, die schon früher als Objekte dieser Tendenz 

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332 

gedient hatten, auf vneitliohe, «vige Orte ( f aHm §ai, siehe 
ChadmUfai in OrieMt. Litt. Zeitnng VI (1906) 8p. SAlff.)- Nur 
der allgtBMme GUdanke lehte im Henen dei Volkee, ond der 
wurde «ir tpedellen Statterertthning ausgebeutet Dm ist der 
eine Weg. Br kt besonders wuhtig und ausgiebig, denn mit den 
Ghrabstfttten kamen die alten Oeeehiehten ins Volk, die sieh in 
voriBlanuscher Zeit daran geknüpft hatten. Neben dieeer finfall» 
pfbrte Np. 1, welohe an Konkretes ankntipfl, steht die ffinlall- 
pibrte Ne. 9, w^ohe auf geistiger Bewegung benifat, suf dem 
pereOnliehen Terkehr islamisoher Indifiduea mit niphtielamieehefn. 
Hi«r wirkt die Meuge, das Yalgue. Denn in bedeatendsHi Maese 
wird Rezeption solcher Art nur stattinden, wo Gruppen wve^ 
sefaiedener Bekenntnisse neben einander oder dureh einander ge- 
wirfst wohnen, wo das Iftgliche Leben lahbeiche Bariihrungan 
mit skh bringt, wo durch Heiraten gelegentlidi Aufnahme tob 
Gliedern der einen Gemeinde in die andere erfolgt ^). Auch hier 
fireiHch wird das IHngreifsn einsefaier Energischer nidit seltan Yon 
Bedeutung; dmm der Islam, der ja bes^ftndig predigt: «Nehmt 
nieht Un^ubige lu Freunden!** (Q. 4,01. 60,1 u. o.) er^ 
Schwert engere Begehungen*), und die Menge setat ssch latki 



*) Zwei typische Beispislo seien hier angeführt. Im nördlichen 
Indien leben in dem Grenzgebiet geg*en Turkeetan, in Kaimfr und 
Ladach, Muslime und Buddhisten nebeoetnander. Heiraten sind 
nicht selten, und die Berölkerang Ton Leh (Ladach) ist swar flber-- 
wiegend tibettsoh-bnddhistisoh, hat aber lahlreiehe MischekmeBte, 
so SprOsslinge Ton CataHr-Ylitem und LadarinFraiaen, welche den 
Sondemamen 8alfi^tut oder Argfaun iUhren. ¥Sta anderer FalL 
Vor l&ngerer Zeit wurde ein Qaaaq- Kirgisen -Stamm von den 
Qalmaqen in dem Gebiet Ostlidi von Kulga unterworfen; man 
berichtete mir, das diese Qanqen awar Muslime geblieben seien 
dem Namen nach, aber yielee tou ihren qalmaqtschen Heiren 
angenommen haben und dass einige yon ihnen sidi der qalmaqischen 
Schrift fOr ihre Turksprache au bedienen Torstehen; sie haban 
den Namen A15anmal. Vergleiche die in unserm Text mehrfheh 
Torkommenden Stellen, wo tou islamischen Tfliken als mitten 
unter Qalmaqen lebend die Rede ist (beeonders S. 224 med.) Der 
mongoliiohen Schrift bedienen sich auch die reintdridschen 
Urjancbaier, s. Eatanow, Omm Ksoiftiosaflia ypaHzaftcKaro atnoi 
(Kasan 1908), 1. [Kuns Tor Reindmck erhalte ich die Nadirioht» 
dass im März 1905 in einer Hauptstadt Europas sich ein Mau 
aus Jarkend aufj^halten hat, der sich mit Stoia einen »Ai^hun*' 
nannte und erklärte, in Jarkend als Sohn eines Türken und einer 
Tibeterin geboren bu sein.] 

*) Wie wenig nahmen die Muslime Syriens Ton den Franken 
au, die das zwölfte und dreizehnte Jahrhundert unter ihnen lebten, 

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323 

leicht über die von dem Buche Gottes selbst gezogene Schranke 
fort, es sei denn dass sie dieses Buch nur mangelhaft kennt und 
in der Beachtung seiner Bestimmungen Lauheit herrscht, wie dies 
bei den Türken Chinas der Fall ist. Aber auch hier werden die 
vom Volk anerkannten Leiter zu folgeschweren Vermittlem, wenn 
sie selbst das fremde Gut einschleppen. Sie tun es ohne Bedenken, 
wo es ein Geschäft gilt, sie tun es wohl auch ohne Bewusstsein 
der Verwerflichkeit im islamischen Sinne, wenn die geschäftliche 
Verhandlung selbst ihnen das Neue yermittelt (daneben beachte 
den Fall, dass der Fromme fremden Wimderglauben zum islamischen 
modelt, weil ihm jede Stärkung des Glaubens, mit welchen Mitteln 
auch immer, als verdienstlich erscheint). Ln Falle unseres Äfaq 
können wir's mit der Haud greifen, wie dem einzelnen Mächtigen 
die Berührung zur Quelle neuer Künste wird: wir dürfen annehmen, 
dass er das Gewonnene zur Stärkung seines Ansehens verwandt, 
d. h. dass er buddhistische Lügengeschichten und Zauberwerke 
aus dem Tempel des Öö in die türkische Heimat verschleppt hat. 
Für ihn galt es ein Geschäft. Ein Ungeheures stand auf dem 
Spiel: er hatte den Kampf seines Vaters, des Ifiäni Kalän, gegen 
Ishäq aufgenommen. Er wollte nicht bloss dessen Nachkommen 
und Anhänger, sondern auch die vüUig vertürkte Dynastie der 
Nachkommen Öaghatais verdrängen, er wollte allein die weltliche 
Herrschaft haben. Das Beispiel des Dalai-Lama stand ihm lange, 
ehe er nach Lhasa zog, vor Augen. Ein Mann wie Äföq streckt 
überallhin seine Fühler aus, und über die Qalmaqen und ihr 
religiöses und soziales Leben war er unterrichtet, ehe er selbst 
sie herbeirief. Auch das wusste er, in welch engen Beziehungen 
alle buddhistischen Mongolen zu ihrem geistlichen Oberhaupt in 
Lhasa stehen. Genau wie heut waren damals, vor jetzt zweihundert 
Jahren, beständig Wanderer auf dem Wege zum Heiligtum von 
Potala. Aus ihrer B.eIigion und aus ihrer Kenntnis der hierarchischen 
Verhältnisse machten die Qalmaqen der Dzungarei ebenso wenig 
ein Geheimnis, wie heut es die Burjäten und Ostmongolen tun. 
Äfäq hatte also jede Möglichkeit sich zu unterrichten. Andererseits 
war dem Oberbonzen im Öö-Kloster oder vielmehr den Machern 
dort, die jenen genau so lange „absolut" herrschen Hessen, als 
er ihnen den Willen tat, das wüste Spiel zwischen den Macht- 
habern in Kadgarien wohlbekannt, u^d es konnte ihnen nur will- 
kommen sein, wenn aus dem Lande, das dem Buddhismus zu 
erobern schon längst der Wunsch war, eine geistliche Autorität 
in eigener Person kam. Den musste man einseifen, und das 



zum Teil sie beherrschten! Wie wenig die osmanischen Türken 
die doch Wand an Wand Jahrhunderte lang mit Franken lebten! 
siehe dazu mein ^,Pani8lami8mu8"' in Das Freie Wort 1904 
Oktober/November. 



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324 

scheinii völiig gelvngeft n sein. Die Sohildenuig in der emagen 
bia jeitdi bekannten QneU«, in welcher über den Wunder wett- 
kämpf zwischen Ä&q und den Lamas berichtet wird^ meinem 
Manaekript 122, ist nicht ganz klar, aber das dür&n wir aas ihr 
haraaslesen^ dess i&q unt^lag, äusserlich und innerlich. Das 
dnrfte natfirlich in dem islamischen Bericht nicht gesagt werden. 
So wurde es yerkleisiert. Wie weit Äljkq selbst seinen Abfall 
Yon der wahren Religion zn erlMnnen gab, bis zu welchem Qrade 
er in Lhasa sidi als Parteigänger des Bnddhiwnns geberdete, wird 
sidi nie mehr ausmachen lassen. Anf der gefährlichen Fahrt 
zum Dalai-Lama war er wohl nur von wenigen Dienern begleitet, 
die von den Verhandlungen nichts erfahren. — Da der Bericht 
Welichanows 8. 46 f. ersichtlich einen etwas anderen Text 
des ieikir^ ^a^gän wiedergibt, als den in meinen Mss, 40 und 
122 vorliegenden, so teile idi die Stelle in Übersetimng mit: 
«Der Chäa von Kaigar [besaer: yon Jarkend] lamiiil, ein Eiferer 
fir die Schwarzbergler« nWgte ÄfiU^^), sein Vaterland zu ver- 
lassen. Der Choga schlich sich nach Kadmir und von d<Mrt nach 
Tibet*), stellte sich dem Dalai-Lama vor und machte sich bei dem 



') Walichanow und nach ihm der sonst vorsichtig- 
kritische Grigorjew schreiben durchgängig A p p a k. Das ist 
unrichtig und, soweit ich feststellen konnte, nicht einmal in einer 
Paretymologie des Volkes begründet, vielmehr wahrscheinlich nur 
in einer falschen Eoi\jektur des ungelehrten Kirgisen Walicha^ 
n w , bezw. in einer ihn absichtlich irreführenden Angabe seiner 
türkischen Gewährsmänner begründet. Wenigstens in Kaigar 
unterscheiden selbst die Üngelehrten zwischen äpäq und appaq. 

So übersetzte Ibrahim in Kadgar die Worte >H^t i^j^ 

MeSreb S. 40 1. Z. (es ist von der Tochter des Qongtagi die Rede, 
siehe mein M^eb S. 165 ff.) mit: iti appach^ mit der Bemerkung, 
es dürfe nur so, nicht äpäq^ gesprochen werden, das einzig vom 
Heiligen gesagt werde. Die Angleichung von Äpäq an appac[ 
jSchneeweiss* liegt allerdings nahe. Vgl. oben S. 314. Anm. 1. 
') Über den Weg enthält nur mein Ms. 122 das dürftige: 
„über KaSmir gelangte er nach** . . . . Barthold hat nichts. Es 
ist wahrscheinlich, dass ÄpSq den Weg nach Lhasa über KaSmlr 
mit Vermeidung von Jarkend über Tafikurgan und Gilgit nahm 
oder anf der grossen südkaSgarischen Heerstrasse bis Guma und 
von dort über den Qaraqo r a m (so spricht man in Turkestan 
den Namen aus, „ Schwarzfels ") nach Leh, in jedem Fcdle am 
Südrande des einsamen Bod-Landes entlang. Es muss eine hdcbst 
beschwerliche Fahrt gewesen sein. Doch ist zu bedenken, dass 
das gewiss auch die Strasse der Qalmaqen der Dzungarei zu 

180 



Digitizeciby 



Google 



925 

80 beüebtt dass er ihm einen Brief «n den Chon-tai-dzi [Qongtai5i] 
der Dzungarei Galdan mitgab, in dem er Ghüdan bat, Äikqi 
Stellung in Ealgar nnd Jarkend za befettigen. Oaldan benutzte 
diese GMegenbeit, nnterwaif im Jahre 1678 die Kleine Bncharei 
und ernannte Äfaq zxx seinem Statthalter mit Jarkend als Hanpt* 
Stadt; die Familie des Gbans ffthrte er in Fesseln mit sich nach 
ni [& 8. 214 nnten], wo er sie in der mniuhnanisehen Stadt Enlj^ 
ansiedelte^). Der Dalai-Lama war so sofHeden mit dem Gehorsam 
Ghüdans, dass er ihn mit dem Titel Boioktu (der Gesegnete) 
ehrte. Von jener Zeit an bis znr Unterwerfong der Kleinen 
Bnoharei dnroh die Ohinesen befand sich dieses Land unter der 
Herrschaft der Dznngaren, die sich in die innere Verwaltung gar 
nicht einmischten, sondern sich mit einem Tribut von 400000 
Teoge im Monat begnfigten'). Die innere Verwaltung hatte seit 
den ältesten Zeiten dieselbe Hierarchie wie jetzt: jede Stad^ 
hatte den Hakim als Regenten, den Ifikaga [ihk (Mgha] als seinen 
Gehilfen, den Sanbegi, den C^aana&i, das Tausendhaupt [ming bau], 
das Hunderthaupt [jüe bah] u. s. w. Lifolge davon dauerten die 
inneren Unruhen nnd der Parteiswist an. Als Äfiqs Stellung sich 
festigte, wurden die Schwarzbergler-Chogas, obwohl sie sehr stark 
waren (sie besassen reiche ErbgQter, das Dorf Faiz&b&d in KaSgar, 
Toqquikend in Jarkend, Aqsarai in Chotan nnd Aqjar in Aqsu) 
gezwungen, Jarkend zu Terlassen, und sie zogen nach Kaimir 
aus.* — Das Unternehmen Äfaqs erscheint weniger fantastisch 
und die Vertrautheit mit den Verhältnissen Tibets, die es voraus- 
setzt, erklärt sich eimgennaasen, wenn man bedenkt, dass nur 
153 Jahre vor Äfliqs friedlicher Reise MirzaHaidar in kühner 



ihrem Kirchenhaupte war, denn die Strasse am Ostrande Tibets 
werden die nicht genommen haben. 

*) Richtig bemerkt Grigorjew (2,358 Anm. 16), dass 
Kulga zur Zeit des Galdan-Bo6oktu noch nicht bestand. Es liegt 
aber kein Anlaas vor, mit ihm die ganze Nachricht auf einen Lr- 
tum (Verwechslung mit AbduliSet-'Abdurralld) znrflck- 
zuftlhren. Es liegt ein einfacher Anachronismus vor. Mein Ms. 
122 weiss auch nichts von Kulg^ sondern spricht nur von den 
Bergen von Tla als Ansiedlungsort Ismä^Üs und seiner Familie. 
Die Qalmaqen hatten alles Literesse, die angestammte Herrscher- 
Familie in Gewahrsam zu nehmen: sie koxmte sie ja dann, wenn 
ihre scheinbaren Parteigänger Selbständigkeitsgeltlste zeigten, 
gegen sie ausspielen, wie sie später einen Zweig der Ghoj^a- 
Djnastie gegen den anderen ausspielten. 

*) Die Angabo über die Entschädigung der Qalmaqen weicht 
von denen meiner beiden Mss. ab. Die in Ms. 122 (s. S. 215 
oben) ist sehr unwahrscheinlich, die in Ms. 40 (s. S. 211) nicht 
recht verständlich. 



181 

9* 



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326 

FortBetzong des von Sa'id Chan begonnenen Unternehmens, bei 
dessen AusfOhning der Vater Sailds starb, gegen Ürsang-Lhasa 
zog, mn den Götzentempel dort zu zerstören (TR 454 ff.) und 
dass seit der Bekehrung Kafimirs zum Islam (s. darüber TR 
432 ff.) die Beziehungen KaSgariens zu diesem Lande enge gewesen 
waren, Eadmir aber an das tibetische Baltistan grenzte. Sind 
auch die Anmerkungen zu den Tibet behandelnden Abschnitten 
des Ta'richi Raiidi, die grossen Teils der Mitarbeit Waddells 
verdankt werden, ausgiebig und sorgf&ltig, so wird sich doch 
noch eine Nachlese halten lassen. 

Zu S. 210 Stadt des 6ö: Auf die berühmte Buddha-Statue 
Öö in Lhasa zur Deutung von sahri jfö, was in allen Quellen 
fälschlich als, Stadt namens Öö' gefasst wird (s. oben S. 300 Anm. 4), 
wies mich zuerst Professor Grünwedel hin. Seitdem führte der 
britische Feldzug die Erwähnung des Götterbildes in dem 
Metropolitan-Kloster bLa brang oft herbei auch in populären 
DarsteUungen (z. B. Globus Bd. 86 No. 17 vom 28. 4. 04. S. 2711). 
Nachzulesen darüber ist neben Waddell, Buddhigmua 301 der 
ältere, aber nicht veraltete Eoeppen, Die Bdigion des Buddha 
2, 63. 337. 

Zu S. 210 Molla Mäni: Der sorgfältige Beobachter und 
treue Darsteller Mirza Haidar, der 234 Jahre vor Muhammed 
^ädiq und 145 Jahre vor Äfäqs Lhasa-Fahrt Tibet schilderte, 
nennt den Stifter der in Tibet und China herrschenden Religion 
gakä Muni, der 3000 Jahre vor der frühestens 850 (ca. 1400) 
gefertigten chinesisch-tibetisch-persischen Inschrift, gesehen von 
Mirza Haidar in Junka, gelebt haben soll (TR 415 f). Zu der 
Verstümmlung in Molla Mani fahrten vermutlich die Erinnerung 
an den Namen Mänis, von welchem freilich die armseligen Leute, 
die Muhammed $ädiq das Material gaben, sicher nicht mehr als 
den Namen gewusst haben, und die Bekanntheit mit dem mani 
der buddhistischen Formel öm mani padme hüm, das ja auch als 
eines der sieben Erdenis in jedes Buddhisteq Munde ist. 

Zu 8. 210 und Anm. 2 Brahmanen-Schechs-Lamas: 
Mirza Haidar 414 nennt die *Ulamä Tibets richtig Lamas; er 
weiss aber, dass es ihrer verschiedene Sorten gibt: .Jtist as we 
8ay „Imdm and Mi^tahid^% iheg say .^Tunkana and Kahjavar^-\ 
In der gelehrten Anmerkung dazu setzt Waddell Tunkana = 
Tung-Ba, das für Tung-ram-pOy geschrieben Drun-rams-pa stehen 
soll, dem ,Baccalaureus Theologiae' der TaSilhunpo-üniversität, 
Kahjavar oder Kichuva = Kabcku, gesohr. skabs-bchu, dem ,Doctor 
Theologiae*. Koeppen weiss von Tung-ba nichts, und man sieht 
nicht recht, wo das ram (rams) geblieben sein soll. Jedenfalls ist 
Tunkaba(pa) zu lesen statt Tunkana. Gedacht darf auch werden 
an bT8on-k*a-pa (Koeppen 2 oft, Grünwedel 70—73), welchen 
Eigennamen dann Mirza Haider für ein Appellativum genommen 

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327 

hatte. Ki5uwa ist sicher = ka?icu für EabSu {sKcibs bCü), wozu 
zu bemerken, dass die Lesung Eächuva [kUuva] bei Elias-Ross 
daher stammt, dass Fremdwörtern auf % in allen arabisch 
schreibenden Sprachen gern das Überflüssige Alif des Arabischen 
( LaÄm, U^^^s^I u. dgl.) angehängt wird. Das Ms. wird l^^sSv^ 
gezeigt haben. 

Zu S. 212 Anm. 2 nöbahär (nava vihära) von Balch: 
Hier sei nur die wichtige Stelle Mas^üdl 4, 48 nachgetragen, und 
dass Hüsing (Orient. Litt.-Zeitung VII [1904] Sp. 134) den in 
diesem von ManöSÖiJira erbauten ,Neu-Klostertemper des Mäh 
geübten Mondkult dem Kulte des M&h zu BuchärS (s. Ghristensen 
OLZ. Vn Sp. 49 ff.) parallel setzt. Zur Forschung über die 
Buddha-Elostertempel (vihärä) in Iran ist auch das sah bahär 
«Eönigskloster* im Lande des KäbulSäh bei Ja'qübi (291 J heran- 
zuziehen, das Marquardt, Eränaahr 282 in dem ,E5nigskloster' 
des Berichts des Wang Hiuen-ts'e (Sylvain L^vi, Lea Missions 
de Wang Eiuen-ts'e 19) finden will. 

Zu S. 214 ,mit dem Sengi genannten ungläubigen' 
und Anm. 1 dazu: Sengi scheint überall als Eigenname zu gelten, 
es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es ein Appellati?um ist und 
,General' bedeutet. Denn die lautliche Identität mit dem sängün 
der köktürkischen Inschriften (Eültegin und Bilgechan, die Stellen 
8. Radioff, AJttürk, Inschriften I, 132, wo auch die Nebenform 
sünki nachgewiesen ist) ist sicher, und es fragt sich nur, ob das 
sängOn {sOnki) in den Namen chinesischer Beamten und des 
Vertreters der Soghd-Leute bei den Leichenfeierlichkeiten für 
Eültegin im Jahre 731 mit Marquart (Chronologie 32, vgl. auch 
3 Anm. 2) als Vertreter von chines. tsiang-kiün »General' an- 
zusehen ist, oder ob es nicht yielmehr ein türkisch-mongolisches 
Wort ist. Es ist zu finden in dem arg verstümmelten ^^aXmO, 
das Barthold S. 260 Anm. 1 gibt. 

Zu S. 216 Leider vertrug sich usw. Schreibe: Er 
[Afaq] erkannte, dass sich das Chogatum nicht mit dem Herrschafk- 
thron [Chantum] vertrage, und so rief er Muhammed Emin Chan, 
den jüngeren Bruder Ism&*il Chans, herbei. — Aus dem neuen 
Material Bartholds ergibt sich, dass Muhammed Emin nicht ein 
Bruder, sondern ein Brudersohn Ismii ils war, einer der drei Söhne 
Sa'ld Bäbäs : ^Abdurrafild, Muhammed Enün und Muhammed Mu'min 
AqbaS. Doch wird nicht mit Barthold anzunehmen sein (S. 250 
siehe hier S. 301), dass Muhammed Emin im Gegensatze zu 
Muhammed §ädiq nicht Äfaq, sondern den Qalmaqen den Thron 
verdankt habe. In Bartholds Quellen steht nichts davon. Es 
ist vielmehr zwischen den Zeilen zu lesen, dass Multammed Emin 
von Anfang an der Mann Aiaqs war, den er gegen den von den 

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328 

Qalmaqen eingesetzten Abdnrrafid') anstpielte, den Mohammed 
^ädiq gar nicht erwähnt. Die Politik der Qaknaqen moiete sein 
nud war, die Eiter wunde Kaigarieof» den Zwist zwischen Cho^a 
und Chan (Papst nnd Kaiser) und zwischen den Cho^-Pftpsten 
untereinander immer offen zu halten. Wollte Äfaq den *AbdarraSid 
nicht, gut, 80 waren sie mit Muhammed Emin einverstanden. Sie 
wussten ja, wie*8 kommen musste: bald war Äfaq auch mit dem 
feiHäg und brachte ihn eu Tode, am seinen eigenen Sohn Jahjä 
zum Chan zu machen. Danach ist die törichte Darstellung 
Muhammed ^idiqs S. 216 unten an rektifizieren. Dass Ms. 40 
Muhammed statt Muhammed Emln schreibt, ist ein Yersehea; 
später hat es richtig Muhammed Emin (S. 219 med.). 

Zu S. 215 unten. Da die Erörterung des Verhlltnisses der 
beiden Hiandschriften ineinander und au dem übrigen vorliegenden 
Material einer besonderen Unteisnohong Torbehalten bleiben musi, 
gebe ich hier nur die Übersetzung des abweichenden Passus Ms. 
122 S. 87-^9: „{87J Nun höre man, wie es den beiden edlen 
Sprossen Machdüms, Choga Su'aib und Oho^ Dftngäl erging. Sie 
sahen« wie Cho^a Äfaq auf dem Throne der Macht (softano^) sass, 
und wie die Sofie und Diwanes ') eine andere Haltung einnahmen 



*) d. i. *AbdurraSld 11., der nicht mit 'Abdurrafid L ver- 
wechselt werden darf. 

') Diese »Besessenen*, in Tafikent äuwatui genannt, sind eine 
unartige, zum Teil bösartige Gesellschaft. Typisch fOr sie sind 
die Streiche des Mannes, der das Denken der Kirgisen-Bevölkerung 
um Oqsalur beherrscht (s. mein Ch<idem§ai Orient. Litt Zeitung 
VI (1903) Sp. 361 ff.): Me$reb. Das Volksbuch von ihm ist unter 
dem Titel dkoöm masrab ^jjm^ ^^O, vielleicht nur ein Miss- 
verstkidnis für k^j^S^ ^^fi^i oft gedruckt (6 Lithografien 
meiner Sammlung beschrieb ich Bttchwesm 81 f.). Einen Auszug 
aus diesem unerfreulichen, aber Tolkskundlich nicht unwichtigen Bilde 
einer ganz im Zeichen dee religiösen Wahnsinns stehenden Umwelt 
gab ich in dieser Sammlung Heft V: Memr^ «br «mm« Kmr mmd 
frowuM KHster, Eine russisdie Bearbeitung will Aidarow an- 
gefertigt haben <S. 64 ; wohl identisch mit dem, was in TwkmltQnkiia 
WjedotMeU Anfang 1902 gedruckt wurde). Eine Srsihlung, wel^ 
Me6reb in die Zeit des Choga Ahrir setzte, gaben Wesel owski 
8. 886 1 und ChoroSchin (CÖo^aiTb oitTei BicaBauaca xe 
TypseciaBOBaro spa«, Petersburg 1876) 2401 Das innente Wesen 
MeSrriM wurde schon Mekrcb 190 beleuchtet: er ist der maiiSml 
,ein MeoBch, der einem der Derwischorden angehört, die ein dem 
System der Cyniker verwandtes Bettelmönch-System angenommen 
haben« (Sämi W& 1399 c). Dieses System i&oft auf das Ver- 
achten der Verachtung hinaus. Es ist die zwingende E<mBequenz 



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829 

und die Läge schfimm wurde. Da eftgtiSen sie e2ne GeiegenheH, 
und machten mck hezmlieh foit, indem die einen Teil ihrer Ge- 
fotgslente mitnahmen, von einem andern sich rerabA^hiedeten 
8ie nahmeoi ihren W^6hn6itz in Eaimir. Nadi einiger Zeit madiiten 
sswei drei Ohalpas von dieser Schaar die WaUfahxt tn den Grtibem, 
von Altyn nnd besn^ten sie heimlioh in einer Nacht. Di« Diwan« 
nnd ßois begpegneten ihnen aber nnd schleppten sie nnter gramem 
Behimpf zum heiligen Äftq. Det HeiHge fragte: ,Was fttr Lente 
seid ihr?* Bie: ,Wir gehören rt den Lent«n der Nachkommen 
Machdüms durch Gho^ Ishlq WaK*. Der Heilige fahr nnn selbirti 
[88] die Sofia heftig an «nd strafte sie, jene Chaipas aber ehrte 
er sehr nnd sagte: ,Wh: ited doch aas einem Samen; wenn untere 
VUter tmd Grossy&ter nicht in solchem Zank nnd Zwbt gelebt 
haben, wamoi sotten wir denn immerwährend Streit anfemgen? 
Wenn wir die Stftnker beseitigen, so whrd sich wohl auch der 
Zwif^ beseitigen lassen*. Der Heilige fragte dann: ,Haben die 



der Misdinng von Askese nnd Theosofie^ die sich Snfismns nennt. 
Diese ,Gotfes^umer* pMen auf Wissen nnd Moral der Enltur- 
PhiHster. Über beide efhob sie ihr tiefes metatfysisches System, 
sn dem sie ja Wissen oficht braochten, deun, wie nach Sprenger 
treffend ein Britte sagte, der seine Hinterindier nnd ihre ^okulierenden 
Faseleien kannte: ,Ddr Snpranatfuralist braucht nichts su lernen, ihm 
genügten seine Tr&nme^ Dieses System auch gah ihnen das Sans- 
g^ne, das allen Begrifi!sn yon Anstand und Würde ins Gesicht 

schlug. Nihil hnmaoi Vortrefflich beleuchtet diese 

£ntwieklnng Sprenger 8, OLXXVUI Anm. Und das ist nicht 
etwa ein sp&tes €^w&ehs. Sprenger eiztthlt die erbaoliche 
Geschichte vom Heiligen §ibll aas dem Ethos-Buche des Islams, 
demnumtiqu^tttr. Der, im Knaben-Bordel ertappt, erklärte: „ Jeder, 
der fflr sein Sedenheil besorgt ist, öffnet sehie Blosse vor aller 
Weh, wie der Beisende den Beutel, weicher seine Nahrong ent- 
hält nnd ihm als Tischtuch dient, an der Seite des Weges aas- 
breitet'', nnd durch eine erbaolidie Bede über die Demut und das 
Ver^ensty die Verachtung der Menschen anf sich zn 2iehen, er- 
reichte der zynisdie Schalk seinen Zweck, in der Achtung seiner 
Mitmenschen in steigen, welche er durch seine Handlungsweise 
hätte yerlieren sollen. Dieser Sibll ist emer der Oberheiligen des 
Islams, der L J. 334 in Baghdad gestovbene und begrabene Abu 
Bekr Dulaf (Öa* far) Alftibli (s. Ja<|iit 3, 2b%. Qaswin! 2, 363). Freilich, 
er stammte aus den Gegenden, in denen das fiizentrische su 
allen Zeiten zu Hanse war: geboren war er in^blQe, einem Dorf e 
der Landschaft Uirüsana zwischen Samorqand and Ohogend. Man 
sieht: ^ Vorbilder fttr das zügellose Treiben der Diwänes und 
^ötB waren gegeben und die eklen Sehmntzereien sind im S^e 
des Überlieferten. 



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330 

MachdQm-Söhne irgendwelche Wünsche?- Die Chalpas erwiderten : 
,Sie begehren in EaSgar Faizäbäd, in Jarkend Toqqozkend, in 
Chotan Aqserai; den Ertrag dieser L&ndereien haben sie dem 
Kloster geweihte Der Heilige bestimmte nnn: ^an soll den 
Ertrag dieser Landereien nach der früheren Regel euch geben; 
aach wenn sie jetzt den Genossen gehören, sollen sie doch zosammen- 
gebracht werden; geht mit Ehren; vielleicht schickt ihr zu den Mach- 
düm-Söhnen einen Boten, damit sie selber kommen ; [891 für alles, was 
ims von weltlichen oder ewigen Gütern wird, wollen wir sie zu Genossen 
nehmen." Solcher Art erwies er ihnen Gnade. Die in alle Ecken 
zerstobenen Anhänger der Chalpas sammelten sich nun, fassten 
Fuss an den Altyn-Grftbem und n&hrten sich von den Erträgnissen 
jener L&ndereien, sandten auch den Machdüm-SOhnen einen Teil 
davon. So blieben sie dort eine Zeitlang in Achtung und Ehren, 
und niemand beunruhigte sie. Den Machdüm-Sühnen schickten die 
Chalpas zu verschiedenen Malen briefliche Nachricht folgenden 
Lihalts: ,üns, euem Dienern, geht es so und so; der Heilige 
erweist uns viele Freundlichkeiten und sagt jedes Mal: ,Wenn 
die Machdüm-Söhne kommen, so sollen sie an diesem Reichtum 
und Macht teilhaben* ; wenn Sie hierherkommen, so wird es besser 
sein'. Schliesslich hatte die häufige Sendung solcher Briefe 
Wirkung, und es regte sich die Lust zurückzukehren. So oft sie 
aber einen Schritt taten, konnten sie es vor Mutlosigkeit nicht 
aushalten. Schliesslich gelangten sie nach dem göttlichen Rat- 
schlu8s[90] nach San^, Dort schrieben sie folgenden Brief: ,0 Sonne 

des Gipfels der Glückseligkeit heiliger Chog;a Äf^, wir 

sind mit Eurer Erlaubnis nach San^ gekommen, um uns nach 
Jarkend zu begeben; wir sind aus einem Samen, so ist unser 
Recht gute Behandlung; zweitens soll nach Gesetz und Brauch 
des Islams niemand einem anderen Vorhaltungen machen, zumal 
unsere Väter und Grossväter dem Volk das Gesetz des Islams 
erklärt haben; andere sollen sich vielmehr an euch und an uns ein 
Beispiel nehmen; so sendet uns nun einen von Euch selbst unter- 
siegelten Geleitsbrief, welcher geeignet ist, uns zu beruhigen; dann 
werden wir uns sicher fühlen und uns auf den Weg machen\ Als der 
Heüige diesen Brief erhielt, wurde er sehr froh; sogleich schrieb 
er zur Antwort einen mit Siegel versehenen Sicherheitsbrief; die 
Antwort lautete so: , Auf jeden Fall mögen die Maehdüm-Söhne 
kommen; alles, was der Höchste uns gewährt, das stellen wir zur 
Verfügung, wir wollen kein Teil mehr daran haben; wie es 
früher gewesen ist, [91] so soll es auch jetzt sein, ja, noch besser, 
denn die Chane sind vertrieben; es ist eine Pflicht für uns, den 
eigenen Verwandten wohlzutun, und das zu unterlassen ist eine 
Sünde*. Als dieses Schreiben an die Machdüm-Söhne gelangte, 
wurden sie in ihrem Gemüte beruhigt und machten sich auf den 
Weg nach Jarkend. Kummer und Sorge wichen aber nie von 

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331 

ihnen. Schliesslich sagte Choga §a*aib Cho^am: ,Mein Bruder 
Gho^ Dän^äl Choga! ich kann diese Mutlosigkeit nicht mehr 
ertragen; setze ich einen Fuss vor, so zieht der andere mich 
zurück; dieses Land erscheint meinen Augen wie Blut und Sint- 
flut; sehe ich auch mein eigenes Reisen als richtig an, so kann 
ich doch deiu Reisen nicht billigen; unser Geschlecht soll nicht 
untergehen; mir ist mein durch ewigen Ratschluss bestimmtes 
Geschick bekannt'. Mit diesen Worten schickte er seinen jüngeren 
Bruder Däni^Sl, indem er ihm einige Leute beigab, fort. Er 
selbst aber [921 nahm einige Personen mit sich auf den Weg 
und gelangte an das Ufer des Flusses Tlzäb^). Li jener Nacht 
kamen vierhundert Diwanes und Sofia und töteten Su* aib. Seinen 
Leib steckten sie in einen Sack, den warfen sie in den Fluss. 
Eine Zeitlang brachte man diese abscheuliche Tat niemandem 
zur Kenntnis. Die Munds und Anhänger des Ermordeten zündeten 
Lampen an und beteten, verbargen aber ihren Sinn in sich. Nun 
war unter den Dienern der Machdüm-Söhne ein Pir voll Eifers, 
der hüUte sich eines Tages in eine schwarze Decke und malte 
sich das Gesicht schwarz, so dass er einen ganz wunderlichen An- 
blick bot. Nachdem der Heilige das Mesnewi beendet und das 
Tekbir vorbei war, begab er sich in die Mitte der Versammlung 
und begann den Derwischtanz. Alle waren erstaunt. Gho^a 
Hidiget [d. i. Äfaq] fragte: „Was für ein Mensch bist du, und 
was hat dich gepackt, dass da es so weit treibst?" [93] Der 
Mann erwiderte: ,Ich bin einer von den Leuten des Machdüm- 
Sohnes; ihr selbst hattet dem Erlaubnis und Freibrief gegeben; 
als der Machdüm-Sohn an das Ufer des Flusses gelangt war, 
kamen vierhundert Personen und brachten ihn zu Tode; wenn 
solcher Schutz nicht einmal den Saijids nützt, wie soll es da bei 
andern sein?' Als Cho^ Hidäjet diese Nachricht hörte, rief er: 
,Ach, ach!' und schlug die Hand au& Knie. Die Sofis und Diwanes 
aber fuhr er heftig an: ,Ihr Henkersknechte von Diwanes! Das 
habt ihr euch selbst und uns getan; uns habt ihr einen schlechten 
Namen bis zum Auferstehungstage gemacht; diese eure Tat wird 
nicht ungesühnt bleiben; noch eine kleine Weile und es kommt 
einer und schlachtet euch ab wie die Schafe'. Li der Tat liess 
nach dem Tode des Heiligen AqbaS Chan einige tausend [94] 
Diwanes zusammenbringen, in einem Mühlkanal wie die Schafe 
abschlachten und in der durch ihr Blut getriebenen Mühle Mehl 
mahlen. Der Heilige stieg mit einer Schar von Gelehrten und 
Emiren zu Pferde, und sie zogen im Traueraufzuge zum Ufer des 
Tiz&b. Da sahen sie, dass über den Ort, wohin die Leiche des 

') Gemeint ist der Tiznaf, in neueren Reisewerken oft 
besprochen; auch Mirza Haidar erwähnt ihn als Tizftb ,Schnell- 
wasser', s. TR 298. 

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382 

Maohdüm*Sohnes geworfen war, das Wasser ging, der Sack aber 
TOttL Wasser freigeblieben war; der Heilige sprang vom Pferde 
and 2seg den Sack heraus; ans seinen Augen sMmten Triiaen 
nnd alle weinten nnd sehnen. Den Leiohnam ffthrten de ra den 
Altyngrftbem nnd begraben ihn dort. -<^ Nwi h9re inan von 
Oho^ Dfin^ftl. Der haMe silii den Diwane« nnd dotis durch die 
Floeht entzog^ mid war «Kif Rat seines Bmders nach Saavarqand 
nnd Umgegend gegangen. In Dehbfd soehte er das Qrab des 
Machdümi A^Mn, wo «r unter Tr&nen betete: ,0 "(Stev^ der 
heiligen Ahcien! Wie sind wir [9ö] in solchen traarigen Zustand 
geraten nnd welche Verelendnag ist das, <kMs wir -Ttfn Tür m 
Tfk wandern und keinen Ort finden, unser Hanpt mhig hinzu- 
legen, dass wir nns von nnserm Bmder trennen fliussten und toa 
nas^ren eigenen Verwandten solch Blntvergiessen o&d Trenlosig- 
keit sehen? welche Schuld haben wir begaben, dass es tms bg 
€Tgeht? m9ge man uns «nsere Sünden verzeihen!' Indem er se 
spra^, hatte er sein Gesicht mit Staub bedeckt nnd gingen seine 
Augen in Schlaf Über*). Da erschienen ihm Geister unter 
der Anfährung vOn Machdümi A*tem und Cftio^ Ishäq. Der 
e^rach: ,0 mein Sohn Chojj^ Dänij&l, erhebe dein Uaupt, sei 
nicht trauxig, habe Geduld, die Geduld ist der Schlüssel der 
Freude; der heilige 'AH hat gesagt: Wenn dich das Unglück 
drückt, datm denke an mktrn nairdh [QofeifiM 94,1] ted ^tuttm btrim 
jmärain*); wenn du daran denkst, dam wirst du freudig, [96] das 



') ,Traaer bringt Schlaf ist ein in den orientalieehen 
Erzählungen häufiges Motiv. 

*) Nach der Art der Anführung erwartet man, dass aadi 
hier Anfiährung eines Qoranwortes vorliegt. Das ist nicht der 
Fall. Die türkische Übersetfimng^ die hier, wie in allen derartigen 
Werken, dem arabischen Text beigegaben ist, zeigt, dass der 
Übersetzer den Text nicht verstanden hat. Das Arabische lautet 

(hegۤ): yM*A^ Vt^ f^ A y^ \Sy^^ ^ vSAjLd 151 
^y^ JüÜC^ 151 ^^Mfcj) ^jbAf. Das ist so übersetzt: &^^^ y^ 

Übersetzung hat keinen Sinn. In dem angeblichen Spruch 'Aus 
ist wahrscheinlich darauf Bezug genommen, dass Vers 6 und 6 



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83S 

heisrt: ud ein Schweres kommt iweimal ein Gates; noch ein: 
Weilchen, und das Ohog^atam nnd der Thron jenes Landes f&Ut 
dir nnd deinen Kindern zn\ Damit ▼eraohwanden sie. Cfho(|;a 
Din^ftl erwachte, nnd sein Herz ftuid durch diese TrGstnng eimge 
Hohe. £lr machte sich ann zu dtm hohen Qarien^) auf nnd 
beenchte dos Ghrab Cho^ Ishiqs, wo er einige Zeit Web. Dann 
ging er nach Oho j;end und gründete dort einen Hanssta&d. In 
Oho^eod wurde der Schlttssel der Schätee der Erkenntnisse . . . 
Cho^a Ja^qüb geboren; [97] von der fimpl&ngnis bis zur (Hbnrt 
nnd Ton da bis mm reifen Mannesaltar yerriohtete er eine Anzahl 
ausstrordentlieher Wundertaten, deren ausfOhrliche Darlegung 
Überdruss bereiten würde. Zu seiner Benennung Gbo^'i Öihin 
gab Folgendes den Anlass: Der Leiter der Andadrten der Obo^, 
Oho^ 'Abdnlchäliq Ghn^nw&ni, leitete die Eraehung des Gho^ 
Ja*qflb, und der pflegte den Knaben Cho^'i Öihin an heissen. 
Andere erz&hlen: Ohoj^a D&nyäl nahm diesen Sohn anr Stadt"); 
in der Stadt war ein Saijid, der durch Wundergaben 
berühmt war. Zu diesem brachte er den Knaben. Als der 
Saijid ihn sah, war er sich so^eich klar und sprach: 
,Aus den Zeichen diese eures Sohnes geht herr^r, dass er die 
Wiflsensdiah des Zustandes und die ^^ssenschaft der Rede ver- 
einigen und an Schaiisinn und Verstand <^ne gleiten sein wird; 
im Oedichtanachen wird es in seinem Zeitalter keinen geben, des 
ihm gewachsen ist; in Handlangen und Reden wird er der Wert 
genehm sein; nennt diesen Sohn Gho^'i Öihftn\ Deelialb gab 
man ihm den Namen OhojaH äih&n. Auch erfuhr er von selten 
des Schecha') zahlreiche Qnadenbeweise ; gab es beim Studium 
Sdiwierigkeiten, eo Ktote sie ihm der Soh^h, wie er selbst in 



von Saie 94 laaten: ^iMüüf m ^^ \y>*j ^amJÜI m ^^ 

K-mU. Hier steht in der Tat das zweite y » ^ zwischen zwei y**^ ; 

gemeint wird also sein Mdeoke an die Worte aiam nairah (oder 
an die mit diesen Worten beginnende Sure) und denke daran, 
dass in der Sürat Alinftir&h das Wort 'n$r zwisdien zwei jurs 
steht, d. h. dass jede Schwierigkeit auf jeder Seite ein Gutes 
neben sieh hat 

^) Ober das am Amudaija gelegene Grab Ishäqs siehe oben 
S. 206. 

*) Der Name der Stadt ist nicht genannt; ist hier «Stadt, 
fllr »Hauptstadt' gesetzt, so darf au Samarqand gedacht werden. 

*) Gemeint ist Schi5ch Muflihuddln Oho^ndi, wie aus der 
Version in Manuskript 40 hervorgeht. 



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334 

einem Verse es bestätigt. Manchmal hielt er Abendgesellschaften*) 
ab mit den Gebildeten von Samarqand, BuchärS und Balch; er 
erwies allen vollkommene Ehren, wie es der Achond Molla Me§- 

hüri in folgendem Verse schildert [99] Man höre nun 

vom Choga Äfaq. Der sass in Jarkend auf dem Thron und 
sprach Recht ia den Sachen, die vor ihn gebracht wurden; 
manchmal sass er auf dem Lehrstuhl und lehrte den Murids und 
Getreuen die Tariqat und veranstaltete Zikr- Andachten." Das 
Folgende ähnlich wie S. 217 med. 

Zu S, 217 Jäghdü: auch hier, in dem Namen der (Grab- 
stätte, das ntir-Motiv» denn jäghdü bedeutet: Glanz, Helle (s. 
Zenker und Sulaiman; von mir nicht gehOrt); fraglich ist, ob 
das Wort mit järugh zusammengestellt werden darf. 

Zu S. 219 oben: nach dem Berge Tü6ük: Gemeint ist du 
wild zerrissene Gebirge, das der von Westen Kommende etwa 2 
Stunden lang vor der Station Mingjol 4 — 6 Kilometer links hat. 
Der Name lautet auf der russischen 10 Werst-Karte-): TySik-Ta5. 
Der Name: ,Loch-Stein' ist hergenommen von einem Wahrzeichen 
dieses Gebirges, das jedem Wanderer in die Augen föllt. Eine 
lange Strecke wird man gefesselt durch einen hellen Fleck wenig 
imterhalb einer Spitze. Man denkt zunächst an ein riesiges Schnee- 
feld. Das ist aber im Sommer und Herbst unwahrscheinlich, denn 
nirgends sonst sind Spuren von Schnee an den Abh&ngen und der 
Fleck hat die Südsonne. Man überzeugt sich endlich, daas die 
Helligkeit die des Himmels jenseits ist, der durch eine mächtige 
Öffnung hindurchscheint. Das Gebirge erinnert mit seinen 
fantastischen Formen an die Montserrat-Kette Kataloniens, die 
den von Zaragoza nach Barcelona Fahrenden mit ihren fratzen- 
haften Bildungen stets aufs neue überrascht. 

Zu S. 220 Anm. 3. Auch Bartholds QueUe hat mchts Ge- 
naues, nur: AqbaS wurde von den Kirgisen gefangen genommen 
(s. oben S. 304). Das mag deshalb Verwunderung erregen, weil 
gerade dieser letzte der Öagatajiden immer die Phantasie der 
Landesbewohner beschäftigt hat. Auch heut noch ist Aghwafi 
Chan [so] einer der wenigen Namen, die man selbst von niederen 
Leuten aus denen der Mongolen-Dynastie nennen hört. 

Zu S. 229 der geistliche Stammbaum: die Erbfolge ist 
hier gegründet auf die Übertragung der Lehre und der mit ihrem 
Besitz verbundenen Kraft Diese Kraft geht auf mannigfache Art 
über: bald durch ein Kleid (die adderet des Elsjfihü in der Hand 



'j Sie ist nicht genau in der Terrainzeichnung dieser Gegend: 
die Ebene zwischen Qarangaliq und Mingjol ist bei weitem nicht 



so breit. 



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335 

EliSi^s 2. Reg. 2, 14 f.), bald durch Handauflegen, gern durch Er- 
scheinen des ,^ichtes^^ an dem Erben. Das ,Licht^ ist das Numen. 
Seine Bolle im Zoroastrismus, im Manichftismus, in der Religion 
der Mandäer ist bekannt'). Christus ist das fpotg, und als er stirbt 
schwindet das Licht, wird es Nacht am Tage. Maria ist die timm 
annür in der Chronik des Severus ed. Seybold S. 113, 11. Und 
noch heut wird in protestantischen Kirchen gesungen: ,Licht vom 
Licht aus Gott geboren* und ,Das ewge Licht tritt da herein'. 
Natürlich flog das Licht-Motiv zu Muhammeds Zeit auch in Arabien 
umher und das nur spukt in zahlreichen Qoranstellen und im 
Qadit*). So war der Islam von allem Anfang an auf das , Licht' hin- 
gewiesen und wo alt-nationale oder mit anderen Kulturelementen über- 
nommene Neigung zum Lichtkultns vorhanden war, wurde dem 
nur ein weiter Wirkungskreis geschaffen, wurden aus seiner Ver- 
bindung mit der Heiligkeit ganze Theorien von wildfantastischer 
Spekulation entwickelt Mit Vorliebe schwelgen Perser und Türken 
in diesen Träumereien'). Dass Muhammeds Anima (ruh) ein Licht 
vor Gott war, das schon 2000 Jahre vor Erschaffung Adams Gk>tt 
pries und dass es von Gott in Adams Lenden gesenkt wurde und 
in fortlaufender Reihe immer aus edlen Lenden in reine Qteri, 
bis Muhammeds Eltern ihn ins Leben treten liessen ohne ge- 
schlechtliche Vereinigung, das ist ein dem verlogenen 'Abdallah 
Ihn 'Abbäs von Qädi *Ijäd zugeschriebenes l^adit (Sifä mit 'All 
Alqäri ed. Stambul 1264, I, 114). Das Wesentliche dieser Vor- 
stellung flodet sich schon bei Ibn Hi$äm 101 f. (vgl. Mas'Qdi 1, 56. 
58). Ein Beispiel aus dem afrikanischen Islam bietet Muhammed 
Ahmed aus Dongola, der Mahdi des Sudans, von dem es hiess, 
Gott habe ihn aus dem Lichte der Umgebung des Herzens 
Muhanmieds geschaffen, und den das Volk von einem Lichtglanze 
umgeben sah^). 



') Aus der iranischen Welt sei besonders erwähnt das ch'^'arenö 
des Awesta, ap. ckwrah, der Lichtglanz, der den Träger des alt- 
persischen absoluten Grosskönigtums umschwebt, und durch dessen 
Kraft der König herrscht, das Prototyp der dei gratia, die als un- 
verstandener und unverständlicher Rest einer abgestorbenen Welt- 
anschauung noch in einigen Staaten Europas künstlich aufi*echt 
erhalten wird. 

*) Die Stellen zusammenzutragen und die besonderen Be- 
ziehungen naclizuweisen, wäre eine verdienstliche Arbeit. 

') Viele Seiten sind in dem ersten Rukn des mCräj unnu- 
büwa des Mulni Miskln und seiner osttürkischen Übersetzung 
CS. Verzeichnis der osttürkischen Handschriften der 
Sammlung Hartmann No. 34) dem Lichtursprung des Profeten 
gewidmet. 

*) Siehe Georg Hoffmann, Mahdithum S. 19 imd 22. 



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338 

Zu S. 289 Z« 8 ft. Schon S. 199 war von dem geistiMien 
Stammbaum die Rede. Beachte, daes 8^ 229 in beiden Linien 
nur ein Fremder zwisehen dem Stifter der Djnaatie MachdOm 
nnd seinem leibli<^en Na<dik<»nmen steht: in der Äfftqlinie der 
äeeh Öügbäri (seine Bezeichnung als Ohoga in Me. 40 soll wohl nicht 
ZngehÖrigkeit zur Familie der Oiogas im engem Sinne beseichnen) 
zwischen Maohdüm nnd seinem Sohne Mnhammed Emih, dem 
GroBsyater Äf&qs, in dieser Lntftill&h aus Öust zwischen Machdüm 
und seinem Sohne Ishäq, dem Urgrossrater des Cho^'i Öihfin. 
Man hat den Eindruck, dass die beiden nicht zur Familie gehörigen 
Personen nur eingeschoben sind, um die ScheinTorstellung der 
geistlichen Q^nealogfie zu beglaubigMi. Wftre die Leitung nur 
direkt yon Machdüm auf den leiblichen Nachkommen flbergegangen, 
so wäre die rein weltliche Prätention zu offenbar gewesen. Nun 
wird der Suhein gerettet, dass grundsätzlich die Nadikommenaehaft 
nichts mit dem Obergehen der göttlichen Ejrafk zu tun habe. Das 
noiobi mänaw^ oder rÜhäiH spielte zu allen Zeiten im Orient eine 
grosse Rolle. In diesem Sinne lassen die Urkunden der jüdischen 
Sekte, welche die Mä8I«h-Idee des ATliohen Kanons eigenutig 
entwickelte, den Mann, den sie zum Mittelpunkt und Exponenten 
ihrer Ideen machten, sich als ,Sohn Gottes' bezeichnen und Gleich- 
giltigkeit gegen die leiblichen Eltern nnd Geschwister zur Schau 
tragen. Die Ungeheuerlichkeit, das zu einer leiblichen Abstammung 
▼on Gott zu entwickeln und mit diesem unsauberen Mysterium 
die Mittel meerweit zu überschwemmen, ist ein Werk der Kirche, 
die darin wahrscheinlich unter dem Einflüsse eines auch sonst im 
Orient zu beobachtenden Synkretismus steht (Tgl. die ,TOchter 
Gottes', fttr deren Verehrung das Ankämpfen Mohammeds ncheres 
Zeugnis ist). Der Islam verabscheute jene wild - fantastischen 
übersinnlich-grobsinnlichen Vorstellungen. Nur vereinzelt finden 
sich Anklänge an das Gott-Maria-Motiv v* Alä-Nür-Ghänum, s. 
mein Mesreb 150 Anm. 3). Solange der Islftm in seinem Sinne 
gesund ist, findet sich auch nichts von der ^geistigen Sohnschaft', 
durch die als Hintertürchen so leicht die »Gottsohnschaft' sich 
einschleicht Wohl mehr als durch christlichen Einfluss drang 
durch Indien das Sohn-Motiv ein: in der Chazine ist fettend 
geradezu gleich: murld. 

Zu S. 235 Anm. 3. fjber iSikagha, eig. Tor-Junker, siehe 
auch Grigorjew 2, 380 Anm. 53, wo es als ,Kammerherr' ge- 
deutet und der Posten als der zweite der städtischen Hierarchie, 
unmittelbar nach dem des ]^äkim kommende bezeichnet, auch 
auf Jakinth-Bidurins OnHcaHie ^xyHrapiH S. 229 verwiesen wird. 
Im wesentlichen richtig schon Walichanow S. 36 (s. oben S. 324.) 

Zu S. 255 oben. Über die Verschleppung Choga Ahmeds 
nach Tla siehe oben S. 223 Anm. 1. Seine hier genannten Söhne 
sind sicher identisch mit dem Bulatun Choga und Chan Choga^ 



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337 

von denen Bitter 7,510 spricht. Nor ist an dieser Stelle der 
äftohvejrhalt yerdunkelt. Bei Ritter sind die beiden Brfider SOhne 
eines Mahmud Choga, der dem Daongaren-Ohan Davatn (nnser 
Dabagt) Tribat zahlte, längere Zeit als Goa¥emear gana Turkettacs 
in Jarkend residierte, dann wieder in Abakaosek im Dzangarenlande 
interniert wurde, nnd von den mit Amnrsana gekommenen Ohinesen 
befreit und mit Wohltaten flberhftoft, sich treuloa seigte, ohne 
dass dann seiner in den chinesitohen Berichten weiter gedacht 
wird. In unserm Tezkire ist yon einem Mahmud Cho^ nirgends 
die Bede. Dieser Name ist auch nieht genannt in dem Bericht, 
dev siob bei Mailla Band 11 findet^ wo S. 563 die Person, auf 
welqhe Ritters Bericht passt^ nur Hotchom, d. L Ohojam ge* 
naant wird*). Der einzige Hinweia, wer mit dem Mi^tmüd Cho^ 
gemeint sein konnte, liegt darin, dasa Bnlatnn Cho^ und Chan 
Gho^ seine Söhne genannt werdrai. Denn in Bulatnn ist unsohwer 
ein ans Burhänuddin veratttmmeltea Burati n zu erkenuMi (ygl. 
das von mir nachgewiesene, von Vambery und Radi off 
alt «aus Toqat" miSBverstaadene Toqattin fOr Taq^uddin 
Qutadghu Bilik Paks. 169, 16, Typen-^Text 281, 2). Ohftn Oho^ 
ist aber eine durch Verwechslung des Jahji Oho^ mit seinem 
Ch&n Choga genannten Grossvater Jahjä (s. S. 217 Anm. 8) herbei- 
geführte Bezeichnung. Burhftnuddiu und Jahjft sind Söhne 
Ahmeds, der Mahmud Ohoga Bitters muss also der Ahmed Cho^ 
unseres Tezkire sein. Wenn die chinesische Darstellung auf diesen 
nicht passt, so liegt das daran, dass in ihr die beiden feindlichen 
Gruppen von V&tem und Söhnen, die in unserm Tezkire so scharf 
einander gegen dbergestellt sind, durcheinandergeworfen werden. 
Den chinesischen Beamten fiel es allezeit und f&Ut es auch heute 
schwer, sich in fremde Verhältnisse einzuleben. Abgesehen von 
dem ungeheuren Dünkel, der sie alle beseelt, und der sie auf die 
fremden Barbaren als eine quantitä n^gUgeable blicken Iftsst, 
deren Verhältnisse und Sprache zu erforschen nicht der Mühe 
lohnt, sind sie zu bequem und unbeständig, um in fremdes Wesen 
einzudringen. In EaSgarien wurde mir allgemein versichert, dass 
die chinesischen Beamten, soweit sie nicht russischem Einfiuss 
unterstehen, ganz von ihren türkischen TungSis, Dolmetschern, 
abhängig sind, die, selbst höchst unwissend und nur persönliche 
Ziele verfolgend, den dummen Fremden das Blaue vom Himmel 
herunter lügen. So wird es auch um 1757 gewesen sein, die 
Berichte der chinesischen Generale waren Wahrheit und Dichtung, 
ein Gemisch aus den lügenhaften Darstellungen, welche die 



') Beachte, dass dieser Teil von Band 11 Maillas nicht 
von Mailla stammt, sondern von dem Herausgeber, Le Roux de 
Hautesrayes, den Mimoirea concemant les CMnois entnommen ist, 
8. a a. 0. S. 369 Anm. 



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338 

bediensteten Türken den Herren zu liefern ffir gut fanden. Das, 
was bei ihnen von dem Hocom = Ahmed (Mahmfld) Oho^ und 
von le grand Hocom und le petü Hocom erzählt wird, zeigt Züge 
verschiedener historischer Persönlichkeiten durcheinandergeworfen. 
Bei Ritter a. a. 0. haben die Brüder Bulatun Cho^ und Chan 
Cho^ die Nebennamen: »Djagan Ehodja' und ,Khodjidjan\ 
Sie erklären sich durch die neue Quelle Ms. Hartmann 75. Dort 
(s. hier S. 314) heissen die SOhne Ahmeds : Qili^ Burhänaddm und 
Choga öihän. Man darf Cho^ öihSn in Djagan Ehodja, Qilig in 
Ehodjidjan finden. — Zu bemerken ist, dass auch die Darstellung 
unseres Tezkire nicht ganz einwandfrei ist. Was in KaSgar und 
Jarkend vorgegangen, wird von dem Verfasser, der sich aof Augen- 
zeugen stützt, im ganzen richtig dargestellt sein. Aber das, was 
ausserhalb der beiden Städte vor sich ging, ist sehr flüchtig be- 
handelt. So ist von Kö6är, das in allen diesen Kämpfen eine 
bedeutende Bolle spielte (Über seine wichtige strategische Stellung 
siehe Ritter 7, 511), gar nicht die Rede. Doch das Werk 
Muhammed ^ädiqs will ja nur Spezialgeschichte sein. Wir dürfen 
die HofiEhung nicht aufgeben, noch über andere Teile Ostturkestans 
Spezialberichte zu finden. 

S. 104 Anm. 1. (qalmaqischen?): zu streichen. — S. 212. 
Erleuchtungen und Anm. 3: NachDschordsch4ni, Definitumea 
193 ist karäma Wunder eines Nichtprofeten, mii§ua Wunder eines 
Profeten, istidräg Wunder, das nicht von Glauben und Frömmig- 
keit begleitet ist (S. 20 s. v. isHdräj fehlt diese Bedeutung, wenn 
man sie nicht implicite in Z. 9 f. finden will). — S. 225 Saorun 
(S. 238 Anm. 4 aartm): wird mandschurisches «drt'n ,Thron^ sein. 
— S. 249, 6 V. u. Jüsuf: sehr. Chog^aS Öihän. — S. 318: Von den 
Tezkires der fabelhaften Vorfahren Machdüms sagt Einiges Grenar d 
Mission III am Anf. ; das des Eemäluddin im Institut de France. — 
S. 319 Anm. 1 : Schrieb wirklich §äfi*i ein ,Liber de probanda 
prophetia et refutandis Barahimitis* (Wüsten fei d, El-Schafii 
46), 80 hat man sich schon 200 Jahre vor Ibn BäbCge Über die 
profetenlosen Brahmanen erregt. — S. 324 Anm. 1: Sollte nicht 
doch, trotz der strengen Scheidung in der Theorie, der Anklang 
von Äpäq an Appaq Anlass zum Namen ,Weis8e (Weissbergler-) 
Partei geworden sein? — S. 332 Anm. 2: das Spiel mit *ti8r und 
jusrain ist alt; *Omar schrieb an Abu 'Obaida: , . . . ein ^wr 
wird nicht zwei jwr unterkriegen* Abu Jüsuf 87, 24. — S. 336: 
Zum Licht-Motiv s. Krem er, Her /seh. Ideen 133 f., jetzt besonders 
die Arbeiten Useners. 



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Zu AI Z. 2. Ans dem bisher Bekannten und Bartholds 
neuen Quellen lässt sich die volle Reihe der 13 Söhne 'Ab dar - 
rafiids I. herstellen. Zu den in der Einleitung zu Elias-Boss 
EkUny of ihe Moghuls 8. 121 f. nach Emin Ahmed Bäsi ge- 
gebenen elf Namen gesellen sich nun aus ßartholds neuen 
Quellen die beiden fehlenden: Abu Sa'id und Jünus. Wen 
Barthold (S. 306 n. 2) mit dem /Abdullah* meint, der in der 
Tafel des TR (zu S. 49 des Textes, nicht der Einleitung) fehlen 
soll, weiss ich nicht. In seiner Darstellung kommt ein 'Abdullah 
b. 'AbdurraSId I. nicht vor. Über Quraisch s. Koman- 
dirawka 289. Mit Rücksicht auf den Raum wurden in die 
Tafel nur die 6 Söhne aufgenommen, von denen Nachkommen 
bekannt sind. Die ganze Reihe lautet: 1) 'Abdullatif 2) 'Abd- 
ulkarlm 3) 'Abdurrahim 4) 'Abdul'azis 5) Adham ge- 
nannt ^öfi Sultan 6) Muhammed 7) Muhammed Bftqi 
8) QuifaiS 9) Abu Sa*id 10) UluS 11) 'Ärif 12) *Abd- 
urrahlm 13) Jfinus^) 

Z. 3. SSh Haidar Muhammed: s. Komandirawka 241 
n. 2. — Oh ud ab ende nach Komandirowka 239; sein Bruder 
unbekannten Namens hinzugefägt nach TR Intr. 121. — 'Abdul- 
karim Sohn Abu Sa*ids nach Kam. 241. — Die Tochter 
Muhammeds nach Kom. 239. 

Z. 4. Muhammed HftSim: gleich dem HäSim S. 293; der 
volle Name nur Korn, 239. 

Zu A2 Z. 5. Erke Sultan: wahrscheinlich ist ihm als 
Bruder hinzuzufClgen der Chudäbende, der 8. 302 erahnt ist. 
Da er unter *AbdurraSid 11. Chotan verwaltete, darf er wohl 
als Sohn von diesem angesehn werden. Sein S. 303 genannter 



^) Dass in dieser AuMhlung der Name 'Abdurrahim zwei 
Mal vorkonmit, ist anstössig. Schon TR hat bei 12) 'Abd. ein? 
Barthold macht diesen 'Abd. zum Grossvater des 'AbdurraSld IL 
Dann ist wohl an Stelle von 3) 'Abd. .^Abdullah' einzusetzen. 



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345 

Sohn Iskender ist der letzte uns bekannte Spross der tnrkeatani- 
schen Öaghataiden, der einzige Vertreter der fSnlten Generation 
nach 'AbdurraSid I. — Was ans Snltän Ahmed Chan (s. 
8. 804 n. 3) geworden^ erfieihren wir nicht. 

Zu B Allgemeines: Nicht beachtet wurden für Text nnd 
Tafeln die Angaben ans chinesischen Quellen in Imbanlt-Huart, 
Beeueil de Documenta sur TÄsie Centrale [Pnbl. tc. LL. 00. W. 
XVI], Paris 1881. Die Art der Bearbeitung lässt das Zorfickgehn 
auf die Quellen nötig erscheinen. Hier kommen in betracht: 
1) das Orts-Lexikon Hs\jüt'ongwen6e in 6 Sprachen, von dem 
Imbault-Huart nur der deutsche Auszug Elaproths vorlag, s. 
S. 64; vgl. S. 71; 2) das ÖengwuCi des Wei Juan, s. S. Vif. In 
der Tafel aus dem Öengwuöi (8. 63) herrscht Verwirrung. 26*) 
Ma mo t'o kann nur gleich Muh am med [beständig mit Mahmud 
verwechselt] Jüsuf sein, 30 Po lo ni tou ist gleich Burhänud- 
din; dazwischen sind aber nur zwei Namen: A pou tou che t*o 
als Sohn des Ma mo t'o und Ma 'hann mou t*o als Sohn des 
A pou tou che t'o. Das Hsijüt^ongwence hat richtig*): Mah- 
moud Youssoub < Idaya Toulla K*odja < Yaya K*odja 
<^ Mak'anmout <^ Boronidou. In dem A pou tou che t^o 
wird Hidftjetullfth Apäq zu sehn sein. Was für die Genealogie 
aus dem Imbault-Huart 'sehen Werke erwähnenswert ist, ist in 
den folgenden Bemerkungen beigebracht. 

Zu Bl Z. 2. Die Namen der elf Söhne des Machdümi 
A^yem nach Rolle Hendricks. — Das Hsijüt*ongwen6e gibt 
(Imb.-Huart 66) folgende 14 Namen: „Mahmoud Emin — 
Dos K*odja — Bak*agudoun — Abdou E'alik — Mah- 
moud — Ibrahim — Isak — Mahmoud Ali — Alalyan — 
Mahmoud — Sedek — Hassan — Chaike K*odja — Ab- 
dou Ha.*' An Dos K'odja, den ich keinem der 13 Söhne der 
Tafel mit Sicherheit gleich stellen möchte, schliesst das Hsijüt. 
folgende Linie: ^Mustapha < Ouchi K'o^ja — Sulaiman 
< Abderrahman < Abdanasset.** 

Zu B 1 Z. 3. Das Hsijat'ongwenöe gibt als Söhne des 
Muhammed Emin: „K'asem — Mousa — Memin — Mah- 
moud Youssub." 

Zu B 1 Z. 7. In beiden oben angeftlhrten chinesischen 
Quellen heisst nach I.-Huart S. 63. 66 der Vater der beiden 
Brüder Muhammed („Ma *hann mou t*o**). Die Einsetzung 
dieses Namens statt des Ahmed der islamischen Quellen anzu- 
nehmen, ist unbedenklich. — Über das Schicksal der Verräter 



^) d. h. der 26. Nachkomme des Profeten. 
*) Leider sind die Namen hier in verzerrter Umschrift ge- 
geben; ich behalte J. Huarts Schreibung bei. 



151 



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346 

Bar^ännddlzi und Ohoga ^iliäii (t. oben S. ^), die V9ii4ßxi 
GhiaAGl^zi, nacihdein sie ihre Schold^keit geimn, echlecMfogat aiki^ie- 
scihüttelfc ;v^M:dAz^ e. fmbaplt-Huari 1%S^). 

Zn Bl Z. 9/ We^ Juan bei ImbauXt-Hnart 12: ^n 
(d. b. Öäiäo^Jrs) päre, ßa ;(iioa k'o, fils ^ Boronitoa'; der- 
selbe Wei J^a^ bei demaelbexi L-Huart ß3: ,Tc^ang ko eal 
(Djibanguir) fils de A pou tou li (Abdool)', «fthreod Sa mo» 
k^o keine Nachkommen hat Ein g^heimnisYolier WidervprQoh, 
der wohl auf ein Versehen L^Huarts zurftckxufohren ist. Das 
Richtige ist: Sarymsaq < ;Öihängir. 

Zu B 1 Z. 10. Mu^ammed Emin Katta Torem: di^B ifit 
wahrscheinlich der „nereu de Djihanguif, Sa mou 'h^n", der 
nach Imbault-Huart 38 im Ce^gwndi des Wei Juan gßOßimi 
wird. — Von Büzürg sagt Wei Juan, der ihn Pu su p'u 
nennt, er sei 1829 sechs Jfdir alt gewesen L-Hnart 60. 

Zu B 2 Z. 4. Ssdis Tpchter ergibt sich aus 8. 296, wo 
Yon seinem Schi^iegersohn Pädiiäh Oho j^a*) die Bfde ist. £ifi«ti 
Cho^a dieses Namens gibt es iß. der Ishäq-Iinie nicht. Das» 
Sädi seine Tochter eupuem Abkömmling des iS&ni JB^al&n gab, 
ist be^ dem schi^ächlichen Charakter des l^annes nicht unwidir- 
scheinlich (er verschenkt Ländereien an «eine Enißin^e S. 207); 
auch wuchs flieh der Zwist erst durch den strebsamen Afäq aus. 
Doch ist auch in der Ifaq-Linie kein hier passender PädiSäh 
Chogam ku finden. Denn Mehdl Gäiin, genannt Pi^iSäh 
Chogam ,(S. 314), Sohn Äfäqs, kommt nicht in bel^racht. 

Dass die ^äq-Linie mit der filnften Generation nach 
Ishäq Wall sollte aiisgestorben sein, wie ei nach Bl und B2 
den Anschein hat, ist nicht anzunehm^. Fflr die Zeit um lUO 
kann die Existenz von IshSqiden als gesichert gelten nach der 
Bemerkung des ^uj^ammed $ädiq Kadgari über eine in dem 
Beeitz solcher befindliche Urkunde (S. 200). 

Zu B 4 Z. 6. Das Hsijt»t'ongwen&e gibt Mamoun {= 
Mu'min] nur 5 Söhne: „Mousa — Cha K'odja ['Inl^et Sür 
PädiSäh] — Ali jE*odja — Abdoulla — Eseyen E'ousin 
[= giusain Erke] — Phassa«. 

ZuB4 Z. 7. Von den vier Töchtern des *Inäjet Sir 
Psdidähim ist eine verheiratet mit ^Abdullah Chan B 3, 6. 

Zu p 6 Z. 7. Das Hs^öfongwenöe gibt Müsä 3 Söbnß: 
„Mahmoud — Mahmoud Emin — Arib." 

') Wei Juan macht bei Imbault-Huart 6f. die Konfusion, 
die schon S. 337 bemerkt wurde. 

^ Es wird zu schreiben sein Chogam. Die Begel ist, dass 
bei den Namen der Machdüm-Söhne ein jyCbxkj^" vor, ein 
«Chogam'' hinter den Namen gesetzt wird. 



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Ml 



Indices, 

1. Peni0ii-I)94eK*), 



«AMbI'wz b. 'AJtNluirafid L 344. 

(zu A 1, 2). 
'Abdol^aelto Ohal|Maa b, AStar 

Qh»}pam 2Q8. 
'Abdulch&Uq Bek 259. 272. 
' Abdolchäliq Qhagdawänl 309 u. 

n. 2. 333. 
'Abaalchäliq (0^0^^) b. *Ixi^et 

Eirämet 314. B 4, 5. 

* Abdulchäliq b. JabjäO];Lftn€h(^ 

2J9 n. 5. 314. JB 1, 6. 

* AbdBlchSliq (Choj^a'A. Ghogazn) 

b. Jd3a]i b. Ahmed b. JaJ^S 
b. Ifäq 314. B 1, 8. 

* Abdnlchsliq b. Madidömi A*?^aa 

B 1,2. 

* Abdul^ldXbnMlr $älih 807.315. 
'Abdnlkarlm Chäa b. 'Abdorrar 

8id I 201 f. 201 n. 1. 203 

u. l. 291. 292 n. 1. 294 n. 1. 

344. A 1, 2. 
'Abdolkarim b. Abu Sa'id 344. 

A 1, 3. 
'Abdulkerim 270. 



'Abdallah s. pgf . 
*AbdTiU&h (Achond ^ä^l) 273. 
'Abdallah Bek (Mirzä) 296. 
*AbdaUäh Bek, Kii^gise 259. 268. 
270. 272. 283. 

* Abdallah Chifx II, der Saibamde 

201 n. 1. 204ff. 204 n. 3. 
292 a. IL 1. 2. 293 o. 2. 
'AbdoUih b. 'AbfoS8 335. 
* AbduU&h b.' Abdullah A&al 318. 
'AbdulUh Chan b. 'Abdoxrai^m 
Chan 207 u. ». 3. 209 n. 5. 
210. 296 u. n. 3. t$l ff. 297 
n. 1. 301. 321. A 2, 3. 
'Abdallah Afzal b. TäUb 318. 

* Abdullah Aq Boghrft (Ohoga 

*A. A. B. Ghogam) b. Mu'min 

b. *Jnäjet KirämetaUäh 314. 

B 4, 6. 
'AbduUäh A'xag b. Qasan Ufas- 

ken 318. 
'AbduUäh Dihlewi 311 n. 3. 

* Abdullah (Oho^a *A. Chogam) 

b. Ja^ä §ädi 208. 210. B 2, 4. 



*) Bei der Anordnung sind die auf den Namen unmittelbar 
folgenden Wtlrdebezeichnungen (Sultan [= Prinz], Ohftn, B§k, Choga) 
und Verwandtsdialtbezeichnaiigen (b. = Ihn) nicht beachtet. — 
Die dem Namen in Klammem folgenden Bezeichnungen etehen 
im Text vor dem Namen, z. B. Mehdf Okin (Oho^a) =^ Ohoga 
Mehdi Oh&n. — Suhan am Anfang eines Namens ist nidit Titel, 
sondern Bestandteil des Namens. 



lU 



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348 



* Abdullah b. Jolbars 298. A 2, 6. 
'AbdallSh (Choga) b. Oho^ 

Jäsnf ; gen. Babaq *Abdtillsh 

230 u. n. 6. 231. 233 u. n. 2. 

238. 247. 252. 267. 263. 265ff. 

279—284. B 2, 7. 
'Abdullah Chan b. Bahmetulläh 

314. B 3, 6. 
'Abdullatif, gen. Apaq [Appaq] 

295. A 1. 4. 
'Abdullatif Sultan 200 u. n. 2. 
'AbduDatIf b. 'Abdurrafiid I 200 

n. 2. 344. (zu A 1, 2). 
'Abdulmegid (Choga) b. Molla 

Taqi 238f. 
' AbdulmegTd der Gagchan 265ff. 
'Abdulmenär (Mirzä) 273. 
*Abdulwahhäb, Häkim von Aqsü 

230. 235f. 236 n. 2. 240. 251. 

254. 258£. 264. 267. 270. 272. 
^AbdulwahhÄb (Mirzä) 273. 
*AbdulwÄhid Färüqli Sirhindl 

311 n. 3. 
'Abdurrahim 272. 
'Abdurrahim Bek 239. 
^Abdurrahlm Bek, Dolaneubek 

259. 
*Abdurrahim Chan b. *Abdurra- 

Sid I 292 ff. 294 n. 2. 295 ff 

300. 344. A 1, 2. A 2. 
*Abdurrahim (Choga) b. Choga 

Jüsuf 231 n. 3. 
'Abdurrahmän Chalpa 273. 
'Abdurrahmän b. Mulgam 265. 
*Abdurrahm5n Bek b. Sirä Mu- 

hammed Emln Bsk aus Eafigar 

259. 272. 
'AbdurraSld Chan I 200 n. 2. 
201 n. 1. 291. 292 n. 1. 295. 
306. 326. 344. A 1. 
*Abdurra8ld ('Abduliget) Chan 11 
225 n. 1. 3011 302 n. 1. 313 
u. n. 4. 325 n. 1. 327 f. 328 
n. 1. A 2, 4. 
'Abdurrazzäq Chalpa 216. 



«Abdu^samad (Cho^' A. Chogam) 

313. B 1, 5. 
«Abdussattär B§k b. <Abdulwah- 

häb Bek 259. 272. 
»Abdussattär 270 (= *A. b. 

'Abdulwahhäb?) 
* Abdussattär, Bruder Jüsuf Beks 

272. 
'Abdussattär BSk 236 f. 236 n. 

2. 240. 259. 
Abgägl Ata 320. 
*Äbid (Chog:a) b. *übaidulläh b. 

Dänijäl 230. B 2, 7. 
Ablun-Muchan s. Abul-Muham- 

med. 
AbüBekr der ChaUfe 196.284.307. 
Abu Bekr Dulaf (oder Öa*far) 

ASSibll 328 n. 2. 
Abu Sa*ld b. *Abdurra5id I 292. 

306 n. 2. 344. A 1, 2. 
Abulbaqä Bahä'uddln s. Ba- 

hauddin. 
Abul-Hädi 296 £. 
Abul - Muhammed (Ablun-Mn- 

chan) b. ^Abdurrahim Chin 

2961 301 u. n. 4. A 2, 3. 
Abulqäsim s. *All GurgänI. 
Adam 3181 335. 
Adham b. *Abdurra8id I, gen. 

Söfi Sultan 344. (zu A 1, 2). 
'ÄdilSäh Därchän b. Ismä'll Sek 

282. 
Äfaq (Äpaq) (Choga) s. ffidiyet- 

ulläh. 
Afffiq 8. Appaq. 
Aghwa§ Chan s. Muhammed 

Mu'min Chan. 
Ahmed s. Sultan. Sugä*uddin. 

Zijä'uddln. 
Ahmed b. 'Abdullah 318. 
Ahmed Ch^'ägegi (Saijid Mir), 
gen. Machdümi A'zem 8.Mach- 
dümi A'zem. 
Ahmed Färüql gen. Imämi Rab- 
bani 311 n. 3. 



154 



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349 



Ahmed (Cho^a A. Oho^m) b. 

Ja^ä Chäa Chog^a 218 n. 5. 

219f. 220 D. 2. 6. 223 u. n. 1. 3. 

271. 304. 314f. SMff. B 1, 6. 
Ahmed Jasawl 309 n. 1. 
Ahmed b. Machdümi A^zem 

B 1, 2. 
Ahmed Bif at 307 n. 2. 
Ahmed (Cho^) b. 'Ubaidulläh 

b. Dän^ftl 230. B 2, 7. 
Ahrär Wali a. *Ubaidulläh b. 

Mahmud. 
AI ^Azim bint Mahmud b. Müsä 

315. B 6, 8. 
Ai ^Azim bint Mu'min b. *Inl^et 

EirkmetuUäh 315. B 4, 6. 
Ai Begum bint Ja^'a Chan 

Choja 218 n. 5. 314. B 1, 6. 
Ai Begum bint Qin&'at 314. 

B 5, 5. 
Ai Chenim bint Käfgln 315. 

B 4, 8. 
AijQb (Choga A. Chogam) b. 

Dän^äl 228. B 2, 6. 
Aiman Gh^ä§:a Snltän b. Ahmed 

ChAn 312 n. 4. 
*Ainäla 'Azim bint ^Inäjet §ir 

P. 315. B 2, 7. 
ÄUflä bint iSikäghä Nijäz Bek^ 

(Gattin des Ja^qüb Chogal 

Öihän 271. 277. 281. 
Ajoki, Chan der Tnrgat-Qalma- 

qen 227 n. 2. 
Ajdar Niijäz 260. 272. 
«Alä Nur Ch&num 336. 
*Airnddin 'Attär 311 n. n. 1. 

2. 3. 
'Älemiäh Bek, Häkim von Jar- 

kend, gen. Sikemi Ealän 221 

n. n. 2. 304f. 
'All der Chalife 265. 308 n. 6. 
*Ali Öong (Choga 'A. Ö. Chojram) 

dl4f. B 4, 6. B 6, 6. 
'Ali Qnrgäni Abnlqäsim 308 a. 

n. 6. 8. 



'Ali b. Öaf ar Alcbarraqäni, gen., 

Sech Abalhasan 308. o« n. 

5. 7. 
'All Bämitani 310 u. n. 1. 
'Ali Ridä, der achte der zwölf 

Imame 318. 
Allah Quli Bek, Häkim von 

Kööär 259. 272. 276. 
Alp-Ata 294 n. 1. vgl. Sultan 

Alfata. 
Alp Bilge 320. 
Alp Qutlug Kül Büge 320. 
Altyn Büzürük 208 n. 2. 228 

n. 1. 
Alwalid b. Tarif ASSäri 321. , 
Amin Ahmed Räzl 202 n. 11. 

290f. 292 n. 1. 295. 306. 
Amursana Fürst der Qalmaqen 

231 n. 6. 235. 240. 253ff. 

254 n. 1. 2601 272 f. 
Apaq [Appaq] s. 'Abdullatif. 
Apaq b. 'Abdurrahim Chan 296. 

A. 2, 3. 
Appaq Chan ' Azlm, Tochter Äfäqs 
314 u. n. 1. 315. B 1, 5. 
Aq *Azim bint 'Inajet §ir P. 315. 

B 4, 7. 
Aq Barut aus Chotan 273. 
Aq Peste Cho^m b. Husain 

Erke 315. B 4, 7. 
AqbaS Chan s. Muhammed Mn'- 

min ChSn. 
*Ärif 298 n. 1. 
'Inf b. 'Abdurraäld I 344. (zu 

A 1, 2). 
'Ärif Rewgeri 309 u. n. 3. 
'Arüs (Choga) aus Gag^char 273. 
Arzü Muhammed, Eirgisenfdhrer 

220. 
AStar Chalpam 204. 206. 
*Agür Qöä 277 f. 
'Attar 8. *Alä 'uddin. 
Aulg& Chan Cboj^am b. Bahä- 

'ndiün b. Samsaq 314. B 1, 10. 
Aureng-Säh (Aurengzib) 299. 



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390 

'A'ma. (VoDä "A. A^ehood) 200. 

von Qarghalyq 259. 
<Awaz Cküim 278. 
•4<«roE 8aqal <MoUa) 27B. 
.... «IzTm bint Sir fMfi&h 

814. 
'AzimSah %. AbdnU&h b. Jösof 

967. 

Bäbft Chogam b. Mahmud b. 

Müsft 315. 6 6, 8. * 
Bäbä Chogam b. HJbaidullah 

Otrangi 315- B 6, 7. 
Bsbäji Samftsi s. Mnhammed 

B^bäji Sam&8i. 
Babaq Bek 298£. 
Babaq Sultan b. Isma'il Chan 

209. 211 u. n. 1. 214. 
Bahä'nddln b. 'Inäjet Eirftmet- 

ulläh, gen. Abolbaqi Baha - 

uddin 314. 316. B 4, 5. 
Bahl^'addin (Cho^a) b. Mach- 

dttini A*zem 229. B 1, 2. 
Bahä'uddin Naqfibend 307 n. 2. 

310 u. n. 4. 311 n. 2. 3. 
Bahä^uddin (Cho^ B. Cho^m) 

b. Sarimsaq Chogam 314. B 

1,9. 
Bahräm Bek 261. 
Bai Püläd 278. 
Bajän ÄghäSa, Frau Choja 

Jüsufs 231 n. 2. 239. 
Bäjezid TaifQr Albist&mi 308 u. 

n. 4. 
Bftqi Serterftfi (MoUa) 272. 
Bttqir (Choga B. (Äog:ain) b. 

P&rei 315. B 4, 7. 
Barat (Ächond Mirzä) 216. 216. 

u. n. 1. 
Barät (MoUa B. Ächond) 260. 

272. 
Birfnq, Idiqnt der üigaren 247 

n. 1. 
Beh&dnr B§k 276. 



B^hftdnr Bi s. Qtt Vinä. 
BekiftS (HägQ b. Mrfhttmlti»d 4). 
IbriOilm. 

Benecfikt OoSs 292. 

Bibi^l Kaigatf (BSbiga) 197 ti. 

n. 1. 
Bübi^ 8. Bibl^ 
Buddha (Molla Kiiti, Saki 

Hftini) 210 u. n. 4. 826. 
BorhSnuddin s. C^ig; B. b. 

Jaljä. 
BorhloiQddm fChoga) b. Jüsof, 

gen. Erke Chogam 280 u. h, 

7. 231u. n.4.252. 273.283. 

B2, 7. 

Borhinuddln b. Ch^ä^ MnJ^am- 

med 318. 
Bnxhftnuddia QUi|^ b. Kemälnd- 

din Magnün 196f. 
Bäzürg Gho^ b. «Abdullah b. 

Rahmetulläh, gen. Büzürg 

OhSn Torem 287 u. n. 2. 314. 

B. 3, 7. 
Büzai;g Chogam b. Öihän^r 314. 

B 1, 10. 



Chadiga Bänü Begum, Tochter 

Iftqi 818. B l, 6. 
Chalil b. Madidümi A'ze« B 1«2. 
ChftmüS 8. Xl^muddiii. 
Chinnn (Otoiim) PftdiUh Hub 

BäBüf Gattin ifaqs, tncb gen. 

Öelläd OHiftn P&difiik nmd 

Öelläd Chinim tt«ff. 216 n. 

3. 218 n. 2. 219 n. 1. 808 

u. n. 4. 304. 313 u. n. 4. 

A 2, 4. 

Qh&nsfide B«gm, SohirMter 

Äfaqs 313. B 1, 4. 
Caiarraqaiii «. 'Ali b. Öa*fitf. 
Ohoi» Chenim bi&t Kifiw 815. 

B 4, 8. 

Cho^l ÖälB e. Ja'qftb b. 
Dänijäl. 



IM 



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Qheiani Pädiüb [= VU^ih 

Chan 'A^A?J 31& 
Gho^ Cbog:a 273. 
GlioS Kipek Bek, Qftjdm von 

Eaigar 2321 232 ^ 1. 2. 237. 

339. 2411 246. 867. 266«. 
CbnstQB 335. 
Chudäbende (b. 'AbdairaSid II ?) 

302i. 344. A 2, 5. 
Chadabande b. Quraii 344. 

A 1, 3. 
Oboidäberdi, Qakim yon Eö5är 

272. 
Ghndajiär Bek 259. 
Cbadl^är IfiikäghA 235ff. 238ff. 
Ghurdek (MoUa) ]98f. 
Chwäga Muhammed b. Pir 

Mohammed Ch^&ga Diwane 

918! 
Ohwsjegä (Ok^aj:a> 316 n. 3. 
Chwägregi (Maniänl^ 316 n. 2. 

— Vgfl. Maohdümi A^zem. 

G{MK>hi s. Ja'qüb. 
Öingiz Chan 291. 

Dabä^ (Dayatsi, Tarwa-tsi, De- 
ba|[i, DabaE^i), Fürst der Qat 
maqeA 231 n. 6. 235 n. n» 1. 
25Sf. 263 n. 3. 260 u. n. 
5. 273. 337. 

DSghiz ^Azlm bint 'Iniget. Sir 
P. 315. *B 4^ 7. 

Dänijäl (MirzS) 240. 

Dänijäl (Ohoga) b. 'UbaidoUäh, 
gen..Eün Ohogam 210. 216 
u. n. 1. 219ff. 222 n. 1. 223 
n. 1. 3. 227 f. 228 n. 1. 3. 
229. 304. 305 n. 1. 388. 
MOf. B 2, 5. 

Daulet Cho^ 259; 

DerwH (Maal&nft) 311 n. 3. 

DerwiS Bakäwul 238. 241. 250. 
265. 278. . 

Dostam SoUän 204f. 292 u. n. 2. 



3di 

Dun öhßXfß (jSiEeli) dmQbakm 
273. 



Elljähü 384. 

Eliiä' 334; 

Eljäa Iföräofaor (JMawol) 9?^. 

WaOa 8. Amin. 

Emir Euläl Sach&n 310^ n. n. 3. 

Bh-k» Cbän 2&5. 

firke Cbd^pam s» Brndüauildin 

b. Jüsof. HosainErketCbej^am. 
SriM S«a«ftn bw 'AbdturaMd U 

225 n.'l. 902. 344. A 2, 5. 

Fadl b. MnhamiBod F&rmadi, 

gen. äeeb Abu 'All 30S o. n. 

6. 7. 
FänfaS 'A^fm \mi *Uba^biUA 

Otran^ 315. B 6, 7. 
FärmadÄ ». Fa41 b. Miihaini»«d. 
Ferm&n Qa]i Bek, DoianeiaMk 

259. 272. 

Qaldan BoSoktu, Fürst der 
Qalmaqen 300 u. n. 1. 301 f. 
325 u. n. 1. 

Galdan (Qhaldan) b. Öirln = 
Graldan Tsering Fürst der 
Qalmaqen 225 n. 1. 227 u. n. 
1. 228 n. 3. 

Grünwedel 326. 

Gunbez 315. 

Ohagduwäni s* "Abdnlohäliq. 
Ghalga K, KirgisenfOhrer 251. 
Ghäzi Bek, Hftkim von Jarkend 

241. 243ff; 256. 269, 271. 273. 

275 f. 278f. 281. 
Ghijät (Chog^a) 276 u. n. 1. 

^«far CSi&n.(Atalyq) 299. 
Öa*fari 9ädiq 308 n. n. 3. 
ÖalSluddln b. Borhizuiddiki, Vater 
de» MachdOmi A'Kem 318* 



W 



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352 

Öalälnddin b. Ssli Husaiii 318. 
Öamäl Alqaril 289 n. 1. 
Öänibek Chan 292 n. 2. 
ÖÄTüb Bek, Ergise 2201 
Öehänglr s. Öib&Qgir. 
Ö^äleddm Eümi 217 n. 1. 
Öemile igbÄöa, Frau Choja 

Jüsufe 231 n. 2. 261. 
Öihingir Chog^am (Saijid Ö. 
Sultan) b. SarimBaq Cbogam 
286*. 314. B 1, 9. 
Öisang (Dangön) qalmaqißcher 

Offizier 260. 272. 
öisang der Amban 261. 
Öong Choi;ain a. 'Ali Öong. 
Öügeton b. Jeldang Taiäl, qal- 

maq. Heerführer 299. 
ÖUJibW (Choga) 229. 
Güjbäri (Sech) 336. 
Önnaid Baghdädl 308 n. 6. 
Öurabek (Generalmajor) 290. 

Hä^ 'Abdullah 294. 

gaidar (Mirzä), Verfaaser des 

Taiichi Rafiidl 292 n. 1. 317 f. 

325f. 331 n. 1. 
5aidar (Mir^) b. Mirzä DÄnijäl 
' 240. 

Haidar Eän 290f. 292 n. 1. 
Haidar (Mirzä) b. äihäbuddin 

Bakftwul 284. 
Qakim Mirzä, Qipöaqenföhrer 
* 270. 272. 

9äkim Ulugh §äh 294. 
galima Bänu bint Molla Taqi 

238. 
HamadSni s. Jüsuf b. *Aijüb. 
Hasan (Chog^a) ? 261. 266. 
Hasan (Cho^) ? 276. 
Hasan Bek 298. 
Hasan Chog:ain b. Ä&q 2161 
Hasan XJl'askerT, der elfte der 

zwölf Imäme 318. 
IgEasan Qirän Choga b. Jaqüb 



ChoJaS Öihän, gen. Qirän 
Choga 244. B 2a, 7. 
Hasan §Shibqirän (Chojl^a H. 
Chogam S.) b. Ifaq 313 u. n. 
4. B 1, 6. 
HäSim Dehbidl b. Muhammed 
Emln 229. .313 u. n. 2. 3141 
B 1, 3. B 3. 
Häfiim (Muhammed H.) b. Chudär 
bende b. Quraifi 293. 344. 
A 1, 4. 
Hääm ( ASem,I5im) Sultan (Chan), 
ein Kasaken-Sultan 220ff. 220 
n. 3. 222 n.l. 3041 306 n. 2. 
HäSim b. Machdümi A'zem B 1, 
2 (s. Bemerkung zu B 1» 2). 
Hemdem Bakäwul 273. 
Hidsjetullähb. Muhammed Jüsuf, 
gen. Ifaq (Äp&q) Choga 207 
u. n. 2. 209ff. 213 n. 2. 216 
n. 1. 3. 216 n. 2. 217. n. 2. 
218 n. 2. 2291 251. 264. n. 2. 
299 u.n.l. 300u.n.l. 301ff. 
307. 313 u. n. 4. 3141 S21ff. 
328ff. 336. B 1, 4. 
Ho5om le grand = QiüJ Bor- 

hänuddln. 
HoSom le petit = Jal^jä b. Ah- 
med, gen. Chan Cho^ 
Husain Brke Chog^am b. Mu'min 
' b. 'Inljet KirSmetullah 3141 

B 4, 6. 
Huswn Faizulläh Chogam 263. 
Husain Mirzä Baikarä von Herät 

229 u. n. 1. 
Husn B&nü s. Chänim Pädifiäh. 

Ihn Bäböje 319 u. n. 1. 
Ihn Jüsuf Chalpam 206. 
Ihn Tülün 320 n. 1. 
Ibrahim (Molla) 324 n. 1. 
Ibröüm Chan b. 'Abduirahim 

Chan 2961 8011 A 2, 3, 
IbräMm Edhem 197. 



1G6 



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363 



Bek Mäzi (I. Nafr Chan Mftä?) 

196f. 196 n. 2. 
Imäm Qnli GhSn 296 u. n. 4. 
'Ini^et (Cho^) Schwiegerenkel 

Ja*qüb Chogal Öihäns 269 u. 

n. 3. 
*Inl^et EirämetnUah Chog^am, 

Bruder Äfaqs 313. 314. B 1, 

4. B 4. 

'In&jet (Chog:a) Sir Pädidähim 
b. Mn'min b. *Inäjet Eirä- 
metolläh 314 u. n. 4. 315. B 
4,6. 

Ishäq (Choga) 299. 

Ishäq (Ächond Saijid Choga) 
gen. Cho^ Ächond 228. 

Ishäq (Ifiän Choga) b. Machdümi 
A'zem, gen. Ishäq Wall 197 ff. 
205 n. 3. 216. 227. 229. 230 
n. 4. 261 n. 1. 289. 294 u. n. 
1. 304. 320. 323. 329. 332£ 
333. n. 1. 336. B 1, 2. B 2. 

Iskender b. Chndäbende [b. 
•AbdurreSid H?] 344. A 2, 6. 

Iskender b. Chndäbende b. Qn- 
raifi 303. A 1, 4. 

Ismä'il der Samanide 196 n. 2. 

Ismä^Ü Bek 282. 

iBmä'Ü b. 'Abdullah 207 n. 3. 

Isni&*ll Chan b. 'Abdnirahim 
Chan 207 n. 3. 208ff. 209 n. 

5. 296f. 296 n. 3. 299ff. 302. 
324f. 325 n. 1. 327. A 2, 3. 

Ja^*ä (Cho^) b. Ifaq, gen. 
Chftn Choga 214. 216f. 216 n. 
4. 217 n. 3. 218 n. 5. SlSff. 
328. 337. B 1, 5. 

JahjS (Cho^) b. Ahmed b. Jahjs 
b. Ifaq, gen. Chan Chog^a 
and Cho^ öihBn Cho§i^, 
auch Ho5om le petit, auch 
= Djagan Khodja? 255. 285. 
301. 303 u. n. 3. 304 u. n. 3. 
314. 3S€ff. B 1, 7. 



Ja^ä b. Ishäq Wall, gen. Cho§:a 
§Sdi Chogam 20eff. 229. 296 
u. n. 1. S20f. B. 2, 3. 

Jalgä (Choga) b. Ja*qüb Cho^I 
Öihän 271. 273. 283. ß 2a, 7. 

Jaljä (Cho^) b. 'übaidulläh b. 

Dänöäl 230. 243f. 267. 261. 

263. B 2, 7. 
Ja'qOb Bek Bädaulet 226 n. 1. 

278 n. 3. 287 n. 2. 288. 
Ja*qüb Öarchi 311 u. n. 2. 3. 

317f. 
Ja'qüb (Choga J. Chogam) b. 

Dängäl, gen. ChogaS öihän 

Chogam 217. 226. 228ff. 241. 

243f. 246ff. 268 n. 1. 269 n. 

3. 3a3. 336. B 2, 6. B 2a. 
Ja2ld b. Mazjad ASSaibänl 321. 
Jeldang TaiSi QalmaqenfOrst 

298f. 
Jolbä der Türke 321. 
Jolbars (Jolbas) b. 'Abdullah 

Chan 207 u. n. 4. 6. 296 n. 

3. 297 ff. 299. n. 1. 321. A 2, 4. 
Jünus b. * AbdurraSid L 295. 344. 

A 1, 2. 
Jüsuf b. 'Aijüb Hamadänl 309 

u. n. 1. 
Jüsuf Bgk, Bruder des *Ab- 

dussattär Bek, aus Kafigar 259. 
Jüsuf (Choga J. Chogam) b. 

Dänijäl 226. 228. 2S1— 2S6. 

231 n. 1. 247 n. 2. 256 n. 1. 

2611 265. 274. B 2, 6. 
Jüsuf b. Machdümi A*zem B 1. 

2 (s. Bemerkung zu B 1, 2). 
Jüsuf Qädir Ch&n der Hekide 

246. 

Käf Sin Chogam b. Husain Erke 

315. B 4, 7. 
Kamäludc^ b. Öalftluddin 318. 
E[ang-hsi, Kaiser yon China 225 

n. 1. 



159 



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3ft4 



KtMaTamn (Tdre)s. Mnliammod 

KexDäludkÜB MagnOii 196. 
Kerek Jarttgh 278; vgl. 9iMr 

K J. 
Kerek Jarägh ans Qajfehar 273. 
£i&ik *AaIzinPidiHb bint Choga 

DäugSl 228. B 2, 6. 
Ki5tk OhäB Ohdj[ttii b. Mcübua- 

med JOsof b. Sarimsaq Ohoffßm 

314. B 1, 10. 
Kifek 8. Eipek. 
Kip^ (Äohond M(^), Mufti 

von Jaaekend 275. 
Kipek Miizä 232 n. 1. 
Eipek (Kifek) Cho^m b.Mundaq 

BSgam 314. 

Läg:iQ der Mamlukensoltan 320 

n. 1. 
La'netl ^fi 272. 
Läq Chalpa (Choga) aas Chotan 

273. 
Latif (Mirzä) 295. 
Latif BakSwtd 218. 
Luqmän Ulchuräsäni 309 n. 1. 
Lutfullfth Öu8ti (MaulänS) 199. 

229. 336. 

Machdümi A*zeni, d. i. Saijid 
Mir Ahmed (oder Mahmud) 
Chwäjegi l^ßff. 214. 216. 229. 
261 n. t 266. 285. 289. 294 
n. 2. 304 n. 3. 311 n. 3. 312 
u. n. 2. 315. 8i6ff. 328ff. 336. 
B 1. 1. 

Machdümi Nürä 8. Mahmud 
äihäbuddin. 

Mäh Begum bint Jalgä Chan 
Cho^ 218 n. 5. 314. B 1, 6. 

Mahdi, der M. des Sudans s. 
Mnhammed Ahmed. 

Mahmud Choifa 337. (==: A^ed 
b. Jahjä Chan Choga?) 



MaJ^tBüd (Ichoad MolUX Ok^- 

qSdl Yon Eaigar 247. 357. 

267. 
Maharäd, Brtider cbs Tekei^ j^ti 

Ökw^rwsttt 289 n. 1. 
Mahmud An^ Faghna^ 809 

n. n. 4. 
Mahmud Chogaoi b. Umm b. 

Mu'min 315. B 6, 7. 
Mabmüd b. Timor Soltän« gen. 

Qylj2 Chan 295. A i, 5. 
Mahmud SUiftbaddhi gen. Maoh- 

dümi Nürä und Choga Nürä 

317f. 
Mahmfid Ihn W«li 260f. 298 n. 

2*. 293£r. 296£ 
Ma'mür *Aaim bint <AlI 6ofig 

315. B. 6,* 7. 
Ma*mür *Azim bint 'Ini^'et &r 

PftdiSfih 315. B 4, 7. 
M&ni 326. 
Manfür b. ^Abdnrrahtm (^i&n 

296f. A 2, 3. 
Maqfüd (Choga M. Ohoi;am) b. 

Qin&'at 314. B 5, 5. 
Maria 335f. 
Ma*9üm (Choga) 278. 
Mairab s. MeSreb. 
Med (Mehemed) AH von Choqaad 

Med Jüsof b. Sarynisaq 28$, 
Meder Bek, Eii^se 241 n. 1. 
Medergl B^ 241 n. n. 1. 260. 
Mehdi Beklik 203 n. 4. 
Mehdi ChSn (Choga) b. ifaq, 

gen. PidiSäh Chogam 219 n. 

n. 1. 220 n. 3. 3031 304 n. 

n. 2. 313. B 1, 6. 
MeBgidl(lohondMolla), 251. 265. 
Me&hüri (Äohond MoUa), anch 

gen. Äehond Molla Ibrähün 

217. 224. 334. 
Meireb 328 n. 2. 
Mihmän (Choga M. Chogam) b. 

* InkJet Kkämet 314. B 4, 5. 



teo 



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855 



Mir 'All b. MachdQmi A*zeixi 

B 1, 2. 
Mnrzä Sah der Emir 294 n n. 2. 
MirzHd (Mirzäzäde) 270. 
MoUa Msni s. Baddha. 
MabärekSäh Bäc 237 f. 
Mtihammed der Profet 200. 906. 

209. 275. 284. 307 u. n. 2. 

335f. 
Mnhammed (MoUa) 273. 
Mohammed 'Abdullah Bakäwul 

244. 249. 273. 

Muhamm ed Chan b.* AbdurraSf d I 
201 n. 1. 202ff. 202 n. 1. 
291 ff. 292 n. 1. 293 n. 2. 
294 tu n. 1. 2. 296f. 297 n. 
1. 3. . A 1, 2. — Eine Tochter 
von ihm 344. A 1, .3. 

Mnhammed Bäqi b. 'AbdnrraSid 
1344. (zn A 1, 2). 

Mohammed A^nued ans Pon- 

gola, der M^dl 335. 
Mnhammed b. Ahmed 318. 
Mi O^ a mme d B&bigi Samäsl 310 

u. n. 2. 
Mnhammed Babaq (GhoJ*) b. 

Jrfqüb ChpgöJ öihÄn 249. 
Mnhammed Emin Bek b. C9i«d&- 

jfir Bä: ans Salgar 259. 272. 
Mnhammed Emin JäsS (Achnn 

(ioia) 294 XX. n. 3. 
Mohammed Emin (Ghoga) b. 

Machdfimi Azem, gen. Igäoi 

Kalän 198 n. 2. 207 u. n. 1. 

229. 261 n. 1. 294 n. 2. 312 

n. n. 4. 315. 323. 336. B 

1,2. 
Mnhanmed Emin Choj^ßm b. 

Mnhammed Jüsnf b. Sarim- 

9aq, g«n. Katta Torem 887. 

814 n- Ä. 3. B. 1, 10. 
Mnhammed V.mm Bek b. 

Qalesder Bfik 219. 
MnhamBi»d Eu^n Chfo b. Snl- 



4^1 



tSn Srfid BftbH 215. 2221 

«Olff. 313 n. 4. 327f. A 2, 4 
Mnhammed Emin (Choga M. E. 

Chogam) b. Sarimsaq Chogam 

314. B 1, 9. 
Mnhammed Elhftfi?! 229. 
Mnhammed Haidar 290. 
Mnhammed H&fiim s. Häiim. 
Mnhammed b. Ibrahim Ata, 

gen. Häg:i BektAg 309 n. 1. 
Mnhammed (Choga) b. Ja'qfib 

Cho^i Öihän 258. B 2 a, 7. 
Mnhammed Jär Bek, Hftkim 

von SairSm, Bmder de« 

Alläh Qnli 259. 272. 276. 
Mnhammed Jüsnf Bek (Mirzä) 

295. 
Mnhammed Jüsnf (Choga M. J. 

Cdiogam) b. Sarimsaq Chogam 

314. B 1, 9. 
Mnj^aumed Jümf (Choga M. J. 

Chofam) b. Mnhammed "BViTn 

207 ff. 209 n. 1. 229. 299 n. 

1. 312 n. 5. 313. 315. B 1, 3. 
Mnhammed Jüauf (Cho^)» 

Bmder des Choga NOift 318. 
Mnj^ammed b. MachdQmi A'vfio& 

B 1, 2. 
Mn^8«omed Ma'süm gen. 'ür- 

waX Wnjbqä 311 n. 3. 
MnJ^ammed Mirachor 245f, 278. 
Mnhammed Mn'min Snltin, ein 

QaeaqeoJOrst 298. 
tfn^iammed Mn'mui Ghsn b. 

Sq\^ Sa'id Bftbä, gen. Aq- 

ba§ Chjbi 216 n. n. 5. 219. 

220 n. 3. 392ff. 304 n. 2. 3. 

327. 331. 334. A 2, 4. 
Mnhammed Naql, der zehnte 

der zwölf Lnäme 318. 
Mnhammed Nur! 311 n. 3. 
Mnhammed Qädl (Mnhammedi 

Qäzi) 199. 311 n. 3. 312 o. 

n. 1. 817. U9f. 
Mnhammed Qäsim 197. 

11 



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3Ö6 



Mnhammed $ädiq Eafigari 195. 

268 n. 1. 289. 291. 292 n. 2. 

293 n. 2. 294 n. 1. 297 n. 1. 

299 n. 1. 300£f. 305 n. 2. 313 

n. 4. 326ff. 338. 
Mohammed ^ahhäf (MoUa) 198. 
Mohammed Samäqi 311 n. 3. 
Mohammed §iddiq b. Mach- 

dümi A'zem B 1, 2 (s. Be- 

merkong zo B 1, 2). 
Mohammed §&h (Bek), Häkim 

von Jarkend 303. 
Mohammed Wall Dorgha 273. 
Mohammed Zähid 311 n. 3. 
Moharram Bek^ Häkim von 

Begkerem 2421 258. 272. 
Mo'ini Misloii 290 n. 1. 
Mo'min (Ohogfa) 230 o. n. 3. 
Mo'min (ßän Cho^) b. 'Iniget 

Eirämetolläh 314. B 4, 5. B 6. 
Mu'min (Choga) b. Jösof 231. 

233 o. n. 1. 238. 262. 257. 

261. 263. 268f. 273. B. 2, 7. 
Mundaq Begom bint Mo'min 

314. B 4, 6. 
Mondl ^fi 260. 271f. 
Mongi Mirzä, Qip&aqenfUhrer 

270. 272. 
Moräd Bek (Mirzä), Bikäghä 

von Aqsö 270. 273. 
Moräd Bek, Hskim von Jar- 
kend 305. 
Müsä Bek ans EaSgar 259. 272. 
Müsä (Cho^ M. Gho^am) b. 

Hädim Dehbidl 314. B 3, 4. 
MOsä (Ohoga M. Chogam) b. 

Mo'min 314. B 4, 6. B 6, 6. 
Moalihoddin Chogendl (Sgch) 

197! 217. 333 n. 3. 
Mo^affar Bek b. Choga Si Bek 



N&dir Mohammed der Öajiide 
296 o. n. 4. 



Nainaq Begom bint Qina at 314. 

B 5, 5. 
NaqSbend s. Bahä^oddln. 
Na§rolläh $oft Ghoj;am, Schwie- 
gersohn des Ja'qüb Cho§;ai 

6ihan 256f. B 2a, 7. 
Naurüz Ghizänei;i (Mir) 260. 272. 
NaorQzi (Ächond MoUa) 251. 265- 
Nawä'i 250. 309 n. 1. 
Nazar (Choga) 273. 283f. 
Neseft 275. 

N\jäz Bek ans Aqso 273. 
Nijäz Bsk (Mirzä) aos Aqso 273. 
Nijäz Bek (Dopal) aas Gagchar 

«73. 
Ngäz Bsk, Häkim von Arty5 

236 o. n. 2. 
Ngäz Bek, Häkim von Faizäbäd 

242f. 272." 
Nijäz Bek (Mir), Häkim von 

Qarghalyq 259. 
Ngäz Bek, I&ikäghä von Jar- 
kend 241. 243. 271.- 273. 276 f. 

281. 
Nijäz Ealän (Ächond Molla), 

A*lem von Jarkend 275. 
NiSter Nyäz 260. 272. 
Nizäm (Häfii^) 197 ff. 
Nizämnddm (Choga) gen. Choga 

Chämüä Chogam 228. 230 o. 

n. 2. B 2, 6. 
Nor Hägf (Hägim) 195 n. 2. 
Nürä (Choga) s. Mahmud Sihä- 

bnddin. 
Nöroddln b. 'Abdolläh Chan 

207. 298f. A 2, 4. 

'Omar, Schwiegersohn des 
Ja*qübChogai (^ihän 249. 273. 
B 2a, 7. 

'Omar H der*Omajjide 289 n. 1. 

*Omar Bek, Broder des 'Abdoi- 
wahhäb Bek 259. 272. 

'Omar Bsgbistäni 311 n. 3. 

'Omar Bftqi (Ächond), AUem 



168 



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367 



von Jarkend 250. 268. 272. 

279. 
'Omar MirzS, EirgiBenfahrer 282 

u. n. 3. 245. 249f. 258. 263. 
*Otinän 270. 
'Otmän der Ghalife 205. 

Pädiiäh Cho^ Schwiegersohn 

Sädis 296. B 2, 4. 
PädiSäh Chftn 'Az&n, Tochter 

2£lq8 314. B 1, 5. 
PädiSäh Chan Torem h. *Abd- 

nlläh b. BahmetuUäh 314. 

B 3, 7. 
Pärsft (Gho^ P. Chogam) b. 

Mn'min b. ^Ini^et Eirämet- 

nlläh 314f. B. 7, 6. 
Pir-i-'Älamd&r (in Dämghan) 

195 n. 2. 
Pir Mnhammed Chan, der 

Pädidäh von Balch 198f. 319. 
Pir Mnhammed Ch^ä^a Diwane 

b. Qliig Burhännddin 318. 
Puläd Chan s. Snltän Ahmed. 
Püläd 303. 
POläd QöQ Chalpa 273. 

I^ainnq 'Azlm bint Mn'min b. 

'InkJet EirSmetnlläh 314. B 

4.6. 
Qalem (MoUa) 272. 
Qarachän, Kommandant der 

Qalmaqen-Gamison in EaSgar 

237. 248. 
Qarachan Belüb, Kirgise 220. 
Qarazengi Bek, Kirgise 220f. 
Qäsim (Mirza Q. Bek), Igik- 

äghä von Aqsü 251. 273. 
Qäsim (Molla Q. Ächond) 260. 
Qäsim Chalpam 206. 
Qäsim b. Mnhammed b. Abu 

Bekr 308 n.'n. 2. 
Qaiqa Aq Jol Behädur aus 

Ga^char 273. 



Qilig Chan s. Mahmud Sultan. 
Qilig Burhännddin Cho^m b. 

Äf&q 313. B 1, 5. 
Qilig Burhännddin Cho§;am b. 

Ahmed b. Jalgä b. Äfaq, gen. 

Cho^ B. Cho^m, chin. 

Bulatun, auch Ho5om le grand, 

223 n. 1. 255. 257ff. 261f. 

261 n. 1. 264ff. 285. 314. 

SMff. B 1, 7. 
Qilig Burhännddin b. KamSlud- 

din 318. 
Qinä'at (Chog:a Q. Chogam). 

Bruder des Äf&q 313. 314, 

B 1, 4. B 5. 
Qubftd Mirzä gen. BeliAdurluq, 

(Kirgisenfahrer?) 259. 265. 

268. 270f. 279. 
QuU QuSbegl (Chogfam) 292. 
Quraifi b. 'Abdurraiid I 306 n. 

2. 844. A 1, 2. 
QuraiS b. Jünus b. ^AbdurraSid I 

295. A 1, 3. 
Qüt Mirzä gen. Behädur Bl b. 

Ghalgfa Bl, Fflhrer des Kir- 

gisenstammes Qu$gi 251. 272. 
Qutbuddin b. Ishäq Wali (Choga 

Q. Chogam) 206. B 2, 3. 
Qutbuddin (Choga) b. Choga 

Jüsuf 231. 252. 273. B 2, 7. 
Quüugh (MoUa) 272. 
Quzghun 276. 
Qyly6, Qylyg s. QiUg. 
Qyzyl Chog^un b. 'Ini^et äir 

Psdidäh 315. B. 4, 7. 

Rahmän Quli Bek, Dolanenbek 
259. 267. 270. 272. 283. 

Rahmeti ^fl 260. 272. 

Bahmetulläh Chan b. Müsä b. 
HäSim 314. B 3. 5. 

Rämitani s. 'Ali. 

Baäid s. 'AbdurraSid ChSn I 
und II. 

Rewgen s. *Ärif. 



163 



11* 



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858 



Rnstem Sultan 292 b. f. 

Säbir (Chalpa) 246. 

S&bir Eerek Jaragli 284. 

Said (Ächond Molla) 1971 

Sa^d Ata 320. 

Sa'id Bäbä s. Snltän Sa'id Bäbä 

8a*ld Chan, Vater des *Abdnrra- 

Sld Chan I 826. 
Saifuddin *Ärif 311 u. 3. 
Sa^i^ Bek 219. 
Sakin (Molla S. Ghallfa) 197. 
Sal&hnddin der Aijnbide 320. 
9sb*h (Ohoga $. Chogam) 313 u. 

n.* 2. 315. 
^älik Chalpa 273 ff. 
Salmän b. Islam Alf&risi 308 u. 

n. 1. 
Samarqandl (Ch^äg^) Sil n. 3. 
8&righ (Ohizänegi) 272. 
Särigh Jasftwol 283. 
Sarimsaq Chogam b. Ja^ä (nach 

Andern b. Burhänuddin) b. 

Alimed b. Jahjä b. Äfaq, gen. 

Samsaq Chogam 265 f. 314 u. 

n. 2. B 1, 8. 
S«boq BoghräChän 196 n. 2. 197. 
Se^ädet Bek, Häkim der Dolanen 

259. 272. 
Sejen b. * Abdnrrahim Chan 296. 

A 2, 3. 
Sengi (Senga) 214 u. n. 1. S87. 
Sereng, ein Qalmaqenfürst gen. 

Aqsaq Sereng 297 n. 2. 296. 
Si Bek (Chog:a) Häkhn Ton U6- 

Turfan 234 n. n. 4. 236. 254. 

2581 
Siddlq (MoUa) 278. 
Siddiq (Choga) b. Ja'qüb Gho^aS 

Öihsn 243 ff. 253 n. 1. B 2a, 7. 
Sin^ (Snltän) 300. 
Söfi, Schwiegersohn des Ja'qdb 

Cho^i Öibäa 273. 
^aü Mirzä, Qip^qenführer 270. 

272. 



9öfi AUsfajär 195 n. 2. 

Sachärl 8. Emir Enläl. 

Snltän Ahmed Cko^am b. Kiffin 
315. b" 4, 8. 

Sultan Ahmed Snltän (Chan) b. 
Mnhammed Mn^min Aqbaft 
Chan 219. 304 n. n. 3. 345. 
A 2, 5. 

Snltän Ahmed b. Timor Snltän^ 
gen. Püläd Chftn 295ff. 298. 

Snltän Alfata [alp ata] (Gottes- 
name) 204 u. n. 1. 320. 

Sultan b. *Afiär Qözl 27a 

Snltän Sa*Id Bäbä b. *Abdnrra- 
hün Cham 296. 3011 327, 
A 2, 3. 

Ssdi e Jahjä. 

gädi, Ahn '^alahuddins 320. 

§äh 'Abdnlqädir 273. 

§äh b. 'Abdurrahim Ohftn 296. 

A 2, 3. 
§äh Babaq 299. 
§äh Bik 237. 
Sah Öa'far Bek, I&ikighä von 

Jarkend 221. 
§äh Haidar Mnhammed b. 

'Abdulkaiim Chan 344. A 

1,3. 
§äh Hasan b. Mnhammed 318. 
Ssh Husain b. Sah Hasan 318. 
Sah Ja'qüb Bek, Emk in 

Jarkend 273. 
§&h Mansür Bek (Muxä) 298. 
§äh Mnräd Bek, Emir in Aqs« 

273. 
Sähbäd Bek (Mirzä) 298. 
gahbäz (Cho^ §. Cho^am) b. 

Ishäq WaU 206. 230. B 2, 3. 
§akä Muni s. Bnddha. 
gamra (?), §amar (?), ein Qilma- 

qenfOrst 297 n. 2. 298. 
Säcet B«k, Ifiiki«hä Aee Gfafifea. 

Si Bek 259. 



1« 



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ieeh Antaar s. Sech Chawuidi 

Tahür. 
§6ch CSiawaadi Tahür gen. gech 

Antaur 311 n. 3. 
Semsaddm Ohän ÖSnäni Mushir 

311 n. 3. 
Semsaddln (Ghoga) b. *übaid- 

uUäh 230f. 245. 250. B 2, 7. 
Serif (Achan Molla) 296. 
Sibli 8. AbQ Bekr Dulaf. 
§ih&baddln Bakäwul 245. 250. 

273. 280. 284. 
äimfir Oghli 247. 
§irä Muhammed Emin Bek aus 

KaSga^ 259. 272. 276. 
äirdägh Bek (Mirzä) 273. 
Schlagintweit (Adolf) 287 u. n. 1. 
Sa*aib b. 'Ubaidulläh, gen. Ai 

Chogam 210. 216 u. n. 1. 

328. 330ff. B. 2, 5. 
Sng&'uddin Ahmed b. Mohammed 

Ohan 294. *A 1, 3. 

Taffcazäni (Sa'duddin) 275. 
Taghlyq (?), Kirgise 283. 
TäHb b. 'Abdallah Ara§ 318. 
Taql (ichond MoUa) 2181 

218 n. 3. 238. 
Tekei Yon Chwftrezm 289 n. 1. 
Tüek Behädur 273. 
Timnr (der Emir) 229 n. 1. 2. 
Timur (}han 225. 280. 247 u. n. 2. 
Tochta Bek, Chizäne^ yan 

Eaigar 258. 261. 
Tochta Cho^ b. $äbir Eerek 

Jaragh, aas COiotan 273. 284. 
Tochta (^ogam b. *A1I Cong 

315. B 6, 7. 
Topäl, Kirgise 239. 
Topal (Mirzä) ans Gagchar 273. 
Tseyan Babdan b. Seagi 214 
• n. 1. 225 n. 1. 
Tülend Chog^am b. loäjet Str 

PädiSih 315. B 4, 7. 



359 

Turdi C!hogam b. ^Ali Öong 

315. B 6, 7. 
Torson (Mirzä) aas Gaj^char 273. 
Taramtai, chin. Beamter 260f. 

*Ubaidulläh (Ächond Häji) 234. 

273. 
*übaiduUäh Chalpa 224. 
*übaidulläh (Choga *ü. Chogam) 

b. Dänyäl 228 u. n. 3. 230f. 

B 2, 6. 
^übaidullsh b. Jahjä Sädi, gen. 

Machdümzade (3ho^m 208. 

210. 211 u. n. 3. 216 u. n. 

1. 229. B 2, 4. 
'UbaidoUäh (Choga) b. JOsof 

231 n. 3. 
^Ubaidulläh b. Mahmud, gen. 

Choga Ahrär Wall 311 u. n. 

3 317 ff. ' 
'übaidalläh Otrangi (Choja *ü. 

0. Chog:am) b. Mu*min b. 

'Jnäjet KirämetuUäh 314f. B 

4, 6. B 6, 6. 
Ulugh *Azizim Hldüäh bint 

Choga Dän^äl 228. 252. B 

2,6. 
Ulugh Dam, Fraa des Cho^ 

Chämüfi 230 n. 1. 
Ulugh Sah 8. Häkim. 
Ülu8 b. *Abdunraiid I 344. (zu 

A 1, 2). 
Uzbek Chan 292. 

WaddeU 326. 

Wall Chan Torem b. Bahä'uddin 
b. Samsaq 287. 314. B 1, 10. 

Zaineb Chäa Begum bint Äfäq 

313. B 1, 5. 
Zebide Begnm bint Chog^a Jflsnf, 

gen. Qargha Bad Che^ 253. 

B 2, 7. 
Zengi Ata 320. 



16f 



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360 



Zijä'nddin Manl&iä Ohälid 311 

n. 8. 
Zijä*uddin Sultftn b. Sngfä'addm 

Ahmed, gen. Timur Sultan 

296. A 1, 4. 
Znhra Bggum bint Cboga jQsuf, 



gen. Sarygh Bajaqym 253. 

B 2, 7. 
ZnlaichäBegom, Schwester Äfaqs 

313. 314. B 1, 4. 
Zolfiqär Bek (Mirzä) b. Sah 

Maräd Bek 273. 



2. Ort-Index. 



Abakazek 223 n. 2. 337. 
AchBiket (Aqsj) 199 n. 7. 
Achtam (Aqtam) 284 a. n. 2. 
Altyiahr (AltySeher) 226 n. 1. 

278 u. n. 3. 
Amü Daijä (Oxub) 198. 206 n. 

2. 317. 333 n. 1. 
Andigän 250f. 265f. 292. 297f. 
An^ Faghn 309 n. 4. 
Aqjar 325. 
Aqsai (-Weg) 257. 
Aqsarai 325. 333. 
Aqeü 203. 205. 207. 226. 228. 

230 n. n. 4. 238ff. 234 n. 2. 

240f. 251. 255. 258f. 261. 268. 

270. 273. 296. 298 u. n. 1. 

299. 302f. 305. 325. 
Aqsy 8. Acbsiket. 
Aqtam 8. Achtam. 
Arabien 335* 
Arty§, Ariyö, d. i. Ostdn Artyfi 

236 u. n. 1. 237. 240. 248. 
Atbafii (Atwa$i) 298 u. n. 1. 

Baghdad 328 n. 2. 

Baghifltän 311 n. 3. 

Bai 297. 

Balch 198. 199. 212 n. 2. 217. 

295f. 313. 319. 327. 334. 
Baltistan 299. 326. 
Bärguq 247 d. n. 1. 
Beg-Boinak 297. 



Beikerem 242. 257 u. n. 2. 

258. 272. 
bLa brang (Kloster) 326. 
Buchara 200. 201 n. 1. 204. 217. 

292 n. 1. 2. 293 n. 2. 309 n. 
2. 3. 4. 310 n. 1. 2. 3. 327. 
334. 

Bucharei, die Kleine 325. 
Buk£m (Luk5in?) 301 f. 

Chanbalyq s. Peking. 

China 196. 240. 253. 301 u. n. 4. 

302. 317. 323. 326. 
Chojend 216 f. 220. 328 n. 2. 

333. 
Choqand 286f. 
Chotan 203. 205f. 226. 228. 230f. 

241. 245 f. 249f. 259f. 273. 

293 n. 1. 297 f. 302. 325. 330. 
Chwärizm 200 n. 2. 289 n. 1. 

Öalyi 292f. 294 n. 2. 296. 299. 

301 f. 
Öarch 311 n. 2. 
GvLst (Öu8t) 199 n. 7. 336. 

Dämghftn 195 n. 2. 

Dehbid 205f. 206 u. 1. 216. 313. 

332. 
Dongola 335. 



1«6 



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361 



Dznngarei 323. 
337. 



324 n. 2. 325. 



Egypten 196 n. 1. 

Faizibäd 235. 242. 263. 272. 

325. 330. 
Fergana 196. 287. 304. 

Oa^ar 266. 269f. 273. 
Gan-&>ii 301. 
Gen^pnr 202. 
Gilgit 324 D. 2. 
Guma 324 n. 2. 

ehazne 311 n. 2. 

Ghugduwän (Ghü^dawan) 309 

n. 2. 
Ghul^ 303 n. 1. 

ÖihSnäbftd 299. 

Öö, Stadt des Öö 210 u. n. 4. 
212 n. n. 1. 300 !!• n. 4. 926. 
Önst 8. Öosi 

Hägimler 319. 
Halgbanö 311 n. 2. 
Hand s. Qazniü. 
Her&t 229 n. 1. 
Hii^ 199 a. n. 3. 

Da 214f. 222f. 223 n. 3. 226f. 

230ff. 231 n. 1. 232. n. 2 234 u. 

n. 2. 236. 240. 243. 245ff. 

249. 251. 263ff. 2601 270. 

275. 325 n. 1. 336. 
Indien 196 n. 1. 220 n. 3. 292 

n. 1. 299. 304 n. n. 2. 311 n. 

3. 313. 322 n. 1. 336. 
Lrän 327. 
Isfahan 206 n. 1. 
iBfidnk 198 u. n. 1. 206. 206 n. 

2. 230 n. 4. 



Jäghdü 209. 217 u. n. 1. 334. 
Jangi Hifär 206. 209 n. n. 1. 

269. 270. 299. 
Japalaq Terek 218 n. 6. 313. 
Jap&an 252 n. 1. 
Japnrghn 252 u. n. 1. 
Jarkend 201 n. 1. 203 u. n. 2. 

204ff. 207 n. 3. 208 d.2. 211 

n. n. 1. 213f. 217 ff. 221 n. 1. 

228. 230. 232 n. 1. 234. 241. 

243ff. 248ff. 252 n. 1. 264f. 

258ff. 263 ff. 268 ff. 275 ff. 277 

n. 1. 2. 280 n. 1. 284f. 292f. 

293 n. 1. 295 ff. 296 n. 3. 312 

n. 4. 320. 322 n. 1. 324 u. n. 

2. 325. 330. 334. 337. 338. 
Jarkend, Altyn Mahalle 208 n. 2. 

— Altyn Mazär 208 u. n. 2. 
228 n. n. 1. 230. 330. 332. — 
Altyn-Tor 208 n. 2. 221. 277 
n. 1. — Aq Medrese 230 u. 
n. 6. — ChäneqÄh-Tor 221. 
277 n. 1. — Maschara-Tor 
277 n. 1. — Mttzchäne-Qnar- 
tier 277 n. 2. — Qabagh Artqn- 
Tor (Qawat-Derwaze) 216 n. n. 
6. 246 n. n. 1. 277 n. 1. 279. 

— Terek-Tor 277 n. 1. 
Jarkend-Flü88 (Tarim, Zaraf län) 

280 n. 1. 281 n. n. 1. 282f. 
Jasi (Tnrkestan) 294 n. 3. 309 

n. 1. 
Joldnz 298. 
Jnnka 326. 

Kalta-Jailagb 263. 
Eamankeran 311 n. 3. 
KaSgar in Indien 8. Eafikar. 
KaSgar 195 n. 2. 201 ff. 205 n. 1. 
207 n. 6. 210ff. 216 ff. 220 n. 

1. 2. 228. 232ff. 236 n. 1. 
287f. 240f. 241 n. 1. 243. 245. 
247. 249 ff 252 n. 1. 254 ff. 
257 n. 2. 258 ff. 262ff. 264 n. 

2. 265f. 268f. 274. 284 n. 2 



167 



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362 

286f. 289flF. 292 n. 2. 294ff. 

304 n. 3. 312 n. 4. 316. 324. 

326. 330. 338. 
Kaägar, Alt- und Neu-KaÄgar 

287 n. 1. — Altonlnq (hltyn- 

lyq)-Seräi 238 u. n. 3. 267. 

~ Hazet Äpäq 217 n. 2- 267 

u. n. 1. — 9ü.Tor 288 u. n. 

1. 267. 
KaSgarien 201 d. 1. 207 n. 4. 

263 n. 2. 256. 258 n. 1. 262. 

286 ff. 291 f. 300. 317. 328. 

326. 328. 337. 
KaSkar (Kaggar) 299. 
KaSmir 201 n. 3. 212. 216. 822 

n. 1. 324 u. n. 2. 82öf. 
Kerbelä 308. 
Keria 299. 
Kööär (Ka5ä) 241. 269. 270. 272. 

276. 269ff. 303. 306. 338. 
Kulga 322 n. 1. 326 u. n. 1. 
Eümäni 296. 

Ladak (Ladach) 201 n. 3. 322 n. 1. 

Labore 299. 

Leh 322 n. 1. 

Lhasa (vgl. Ürsang-Lhasa) 210 

n. 4. 300 n. 2. 321. 323 f. 324 

n. 2. 326. 
Luköin? 8. Buköin. 

Mädl 303 n. 1. 
MaralbaSi 280 n. 1. 
Marghinän 314. 
Mawarannahr 293. 310 n. 
Medlna 196. 
Mekka 196. 299. 
Mesgid 235. 
Mingjol 334 u. n. 2. 
Mittelasien 196 n. 1. 2. 217 n. 

1. 221 n. 1. 268 n. 1. 260 n. 

2. 307 n. 2. 308 n. 3. 
Moghülifltan 206. 226. 261. 
Mustag-Pas8 299. 



Muzart-Pass, MuzaIrBorg 234 n. 
n. 2. 236. 



Nöbahär (Klosterj 212 n. 2. 327. 

Oqealur 328 n. 2. 

Orenburg 309 n. 1. 

05 241 n. 1. 286 n. 2. 297 u. n. 8. 

Peking (Chanbalyq) 301. 314. 
Piöan 302. 
Potala 323. 

Qamul (flami) 296. 301 f. 
Qang^urghan 241 n. 1. 
Qaplanköl 303 n. 1. 
Qarangaliq 834 n. 2. 
Qarftqir 238. 246. 249. 
Qaraqoram 324 n. 2. 
Qarghalyq 303. 

QüläghÄn (Qaplan?) 303 u. n. 1. 
Qamm 319. 

Bämi^ (Räm(i)ten, Edmitim} 

310 n. 1. 
Rewde 309 n. 3. 
Rewger 309 n. 3. 

Sairäm 269. 272. 

Samarqand 199 n. 3. 203 u. n. 

3. 206. 217. 311 n. 3. 328 n. 

2. 332. 333 n. 2. 334. 
SamäSi 310 n. 2. 
San^ 216. a'M). 
Sibirien 301. 
§iffln 248 n. 2. 
Söchar 310 n. H, 
Soghd 327. 
Stambul 809 n. 1. 
Su-6ou 301. 
Sudan 336. 
SükÄtägh (Sügä^Tigh?) 248 h. 

n. 1. 



les 



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Sd3 



Syr Darjä 199 n. 7. 
Syrien 322 n. 2. 

i^äh bahär (Kloster) 327. 
gibüje 328 n. 2. 
Siräz 206 n. 1. 
Sorfiuq 298. 

Taghboiji 278 u. n. 1. 
Tarim s. Jarkend-FluBS. 
TaÜlbunpo 326. 
Taikent 290f. 309 n. 1. 311 n. 

3. 328 n. 2. 
Tafikorgan 324 n. 2. 
Taoiqan-Derja 234 n. 3. 
Tibet (Bod-Land) 201 n. 3. 300 

n. 4. 322 n. 1. 324 u. n. 2. 

3251 
Tienfian 234 n. 2. 
Tizäb (Tiznaf)-Flu88 331 u. n. 1. 
Tiznaf s. Tizäb. 
Topluq (Tuplik) 209 u. n. 1. 
Toqat 337. 

Toqquzkend 326. 330. 
Tsining 225 n. 1. 



Tuplik ». Topluq. 

Turfan 215. 292f. 294 n. 2. 296. 

301 u. n. 3. 4. 302. 304. 320. 
Turkestan Stadt s. Jan. 
Turkestan 201 n. 3. 205 n. 1. 

225 n. 1. 226 n. 1. 290 n. 1. 

292 n. 1. 297. 320f. 324 n. 2. 

337 f. 
Tümen Darjä 266 f. 
Tü5ük.Berg(Ty§ik-TaS) 219. 3S4. 

Ursang-Lhasa 326. 

US 8. ÜS-Turfan. 

üfirüsana 328 u. 2. 

Üft-Turfan (Ug) 234 u. n. 3. 4. 

251. 254 f. 257 ff. 260 u. n. 6. 

262ff. 270f. 274. 296. 297 u. 

n. 3. 301 n. 3. 
Ürgeng 200 n. d. 2. 
Üstün ArtyS s. ArtyS. 

Wabkan 309 n. 4. 

Zarafään s. Jarkend-Flnss. 
ZaraiSän-Flnss 309 n. 3. 



3. Saeh-Index. 

Adam als Lichtträger 335. — vgl. Chalifa. 

Aijubiden: nicht Kurden, sondern Türken 320f. 

Alban-Steuer 211 n. n. 5. 226. 

AlÖanmal, qalmaqisierte Kasaken 322 n. 1. 

A*lem (Oberqädi) von Jarkend 217. 234. 250. 272. 279. 

*Ali: Schätzung *Alis 307 n. 2. 8. 

Spruch 'Alis 332. 
Arghun, Mischrasse (von Muslimen und Tibeterinnen), aach Sal- 

ghnt gen. 322 n. 1. 
Asch: 204 n. 2. 268. 

A. beim Götzendienst 204. 
Atalyq der Chane von Kalftgarien 298. 

Ähnlichkeit, äussere, mit dem Profeten: 200. 

JBanban, chines. Beamter an den Stationen der Heorstrasse 241 n. 1. 

fiakriden 196 n. 1. 

Blut: B. der Ermordeten treibt Mühle 219 u. n. 3. 245. 331. 

169 



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364 

Brahznanen: Profetentam yon Br. geleugnet 319 n. 1. 

Brahmanen-Sechs 212 u. n. 2. 800. 326. 
Baddhismus: 

Ayatar 321. 

Buddha 326. 

Dalailama 210. 321. 32df. 325. 

Gö, die Buddhastatue und ihr Tempel 210 o. b. 4. 212 u. 
D. 1. 300. n. 4. 323. S26. 

Islam in Berührung mit B. 210. 300. 321f. 

Klöster Tmd Tempel 212 n. 2. 326. 327. 

Lamas 210. 324. 326. 

Stupa 321. 

Zauberkünste 323. 
Buijäten 323. 

Cfeialifa, Chalpa „Stellvertreter, Lehrer**: 195 u. n. 2. 

Adam als Ch. 318£ 

Erzieher der unmtlndigen Cho^-Söhne 208. 

Geschichte des Wortes Ch. 318f. 

Chalpas in Jarkend mfichtig 209. 

Vertreter der Ch.-Interessen 208. 329. 
Chan: Eazakenchan in Jarkend 220. 
Chane yon Eadgarien (siehe auch Öaghataiden): 

Chäntum und Cho^tum nnvereinbeLr 215. 327. 

Chänwürde geht an Cho&as über 214. 

Chänfamilien und Cho§afami]ien gehen zusammen 219 f. 

Chronologisches 292 n. 1. 

Genealogisches 327. 

im Kampf mit den Chanen von Ostturkestan 292 ff. 

im Kampf mit den Qahnaoen 299 ff. 302 ff. 

Ch. dem Trunk ergeben 299 f. 
China, Chinesen: 

Cho^ von den Ch. gefürchtet 286. 

Diplom, rot^estempelt 262. 

Jarlygh (kaiserlicher Erlass) 261. 

KaSffarien von Ch. erobert 286. 

Titel und Namen von Chinesen: Chäqän 273. Sftngfin 327. 
Turumtai 260f. 272. 

chines. Truppen 259. 262. 274. 

Türken täuschen chines. Beamte 337 f. 

Chinesen vertrieben i. J. 1826, kommen u J. 1830 wieder 286. 

vgl. Choqand. 
Cho^as: Äfaq hat zeitweilig die Chänwürde inne 214 f. 

Annahme des Chäntitels 219 n. 1. 

Apaqiden 285. 

ChSntum und C^ho^tom unvereinbar 215. 327. 

Öaghataiden verdrängt von Cho^ 207 u. n. 5. 

Ehe der Cho^as mit Fttrstentöchtem 215. 

Ehe mit Qalmaqin 22Bf. 

Fergana: Cho^ in F. 216f. 265. 

Genealogie 2^. 307. 315. 

Geschichte, Quellen 307. 315. 

Gewalttaten der Cho§as 216. 

Gräber der Cho^ 216. 217 u. n. 2. 228. u. n. 1. 

Ideal der Choj^, nichts zu tun als zu beten 247. 258. 
259 n. 2. 

170 



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366 

IIa: Cho^s nach Ila geschleppt 228. 230. 

Intrigemittel für die Choqandherrscher 286. 

Ighäq^e-Partei 260f. 261 n. 1. 264 n. 2. 285. 289. 

lii^e 261 n. 1. 

Kampf mit den Qalmaqen 803. 

Kennzeichnung 285f. 

Kleinlichkeiten 818. 

Landbesitz 325. 330. 

Ohofas als Nachkommen des Profeten 229. 

Nationale Dynastie der Cho^^as 286. 288. 

NiditiBlamisches eingeschleppt von ihnen 322 f. 

FoHtische Macht der Cho^ 197. 

Pnteche: i J. 1826: 286. — L J. 1845/1857: 287. — i. J. 

1865: 287f. 
Qalmaqen: Cho^ arbeiten mit Hilfe der Q. 210f. 
qalmaqischer Unterricht des Ghoga Jüsuf 224. 
Schwarzbergler 324f. 
Standhaftigkeit 252. 2661 274. 
Volksleiter 220. 228f. 
Weissbergler 307. 
Weltliche Herrschaft: Chogas wollen allein die w. H. üben 

323. 
Watansbrflche wahnsinniger Gho^as 287. 
vgl. Chalifa. Litteratur. 
Ghogastaat, Verwaltong: 

Bestallnng eines Statthalters 257. 

Herrsoherzeichen (Schweif, Fahne, Trommel, Flöte) 258 n. 

n. 1. 
Innere Unrohen 325. 
lÜkäghä erkl&rt 386. 
Wtirden 325. 
Ghoqand-Herrscher : 

Oh.-H. benutzen die Ghoftas 286. 

Bassland: der Ghoqand-Einflnss von B. übernommen 287. 

Vertrag mit den Clunesen 286 f. 

Caghataiden (siehe auch Chane von Kaigarien): 
ansässig auf dem Gebirge von Ha 214. 
schwa(£ im blam 203 f. 

Knechte der Cho^s: Muhammed Cbän 204 f. 207 u. n. 5. 
Kontinuität durch weibliche Linie 219 n. 1. 
$aibaniden: im Kampf mit den S. 204. 



IHlailama: s. Buddhismus. 
Derwischtum: 196. 198. 

Diwanes 216. 218f. 267. 828 u. n. 2. 
Malämis 328 n. 2. 
Orden, religiöse: 
Bektftfis 309 n. 1. 
Ghsli^e 311 n. 3. 
Naqfibendis 307 fi. 
Tanz 331. 
Diwanes s. Derwischtum. 
Dolanen 259. 272. 280 n. 1. 
Dzungaren s. Qabnaqen. 

171 



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OOO 

Ehe: 

£he Heiliger mit FOntentdchtern 196f. 215. 313 n. 4. 

Ehe des Fürsten mit Heüigentochter 296 n. n. 2. Durch 
Heirat der Heiligentochter wird Au&ahme in den geist- 
lichen Stammbaum erlangt 200. 

Mischehen bewirken Ideenrezeption 322. — Vgl. Cho^as. 

Fergana: 

annektiert von Rusaland 287. 

Ton den Chanen KaSgariens überfallen 297 f. 

▼on den Qiojfas zum Kampf eingeladen 861. 

Zuflucht der kafigarischen Oho^ 916f. 265. 266. 2dß. 333. 

Vgl. Choqand. 
Fetwa: 229. 
Fluss: vom Heiligen bezwungen und sich rftchend 206. 

sein Wasser bedeckt nicht den in ihn geworfenen Heiligen- 
Leichnam 329. 
Franken der Ereuzzüge: ohne Einfluss auf die Muslune 322 n. 2. 
Frauen : 

Chanim Padifiah: Hochmut und Gewalttaten der Ch. P.: 
216ff. 313 n. 4. 

der Cho^ 251. 

dichtende Frauen: 252 f. 

als PQegerinnen 253. 

Vgl. Gaghataiden. 
Fürst: verlässt Thron und wird Adept 197. 

Oajchar (= AghS6eri?) 266f. 269ff. 273. 

Gast, Ehrung 242. 

Gebet: Wirkung des Gebetes 208. 227. 

Gesandtenempfang 242. 272. 274. 

Geschichte: 

Beispiele aus der G. 275. 

der Gelehrten 229. 

der Heiligen 229. 

Quellen 317. 
Gottesgnadentum 335 n. 1. 

Gottessohnschaft: entwickelt aus geistlicher Sohnschaft 336. 
Crottesurteil : bei den Qalmaqen zur Feststellung der Vater- 
schaft 225. 
Gottheit: Trieb zur G.-Nähe 321. 
Götzen : 

als Schlange 204. 

G.-Tempel in Tibet 326. — in Turkestan 202. 

der TüÄen, Sultan Alfata 204. 320. 
Grab s. Heiliger. 

Gö 8. Buddhismus. 

Hadis: 

Anführung von Hadisen 263. 275. 307. 

Licht im Hadls 335. 
Hftkim: s. Ort-Index s. v. Be§kerem. Ohotan. FaizSbäd. Jarkend. 
Handschriften, Sammlungen: 

Gurabek 290. 

Hartmann 290. 315. 

173 



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367 

Paris, lostitiit de France 816. 

Petersburg Orient. Institnt 315. 
Haas: 

Eilim-chäne „EmpfangBraom'' 244 u. a. 1. 
Heiliger: vgl. Gho§a. Ehe. Fluss. Geschidite. Teppich. 

Erleuchtung 196f. 

Fluch: H. verflucht den Herrscher 202. 

Götze als Schlange vom Heiligen besiegt 204. 

HeiHgengrab: 2061 216f. 230. 268 n. 1. 267. 309 n. 1. 
321. 329f. 333. 

Herrscher verehrt Heiligen: 196. 202. 207, — gibt ihm 
Land: 205. 

Hochmut und Sachsucht des H. 198f. 201. 

toter H. hilft dem Frommen beim Studium 217. 333. 

ungeborener H. verrichtet Wunder 333. 

Volksleiter 197. 203. 206f. 

Wundertäter 197. 
Herrscher-Zeichen s. Chogastaat. 

Hekiden (Qarachaniden) 196 f. 
Indien : 

Chogas und Ch&ne haben Vorliebe für L 216. 

Reisewege 299. 324 n. 2. 

als VerbannuDgsort 219. 324. 
Islam: s. ßaddhiemus. Öaghataiden. 

Abfall von Muslimen 269. 282. 324. 

Ansicht über die Ungläubigen, den Götzendienst, den 
Feuerkultus 212 n. 2. 

Ausbreitung 209. 

bid'a 321. 

Ceremonien und Sprache heidnisch 259. 

Verhältnis der Muslime zu den Chinesen 254 ff. 

Glaubenskrieg gegen Tibet 326f. 

Glaubenslehren 275. 

Hass gegen Ungläubige 322. 

Heidnisches: Rezeption von H. 269. 321. 

Huldigung unter FuBsfall 257. 

i^mä* 321. 

in Jarkend 203 n. 2. 

Kampf gegen die Ungläabigen 228. 

Lauheit im I. 323. 

Medrese 228. 230. 

Politik abwartender Nachgiebigkeit 222 f. 

Qalmaqen: lüoslime müssen Abgaben an Q. zahlen 227. 
325. — Parteinahme von Mue^men für die Q. 236. — 
Muslime ins Q.-Land verschleppt und d(»t wohnend 
224. 230ff. 249. 325. 336f. 

Sprödigkeit gegen fremden Kultoreinflnss 322 n. 2. 

Studium 217. 228. 383. 

Verrat von Muslimen gegen Muslime 243 ff. 

Muslime als „Weissturbane" 226. 266. 
Ifiikäghä: von Jarkend 221. 

der Name erklärt 336. 

KampfBzenen und Listen: 2211 209ff. 282. 
Easaken: 201. 

K.-chän in Jarkend .220. 304. 

in 



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368 

E.-fÜrsten mit Cbän von Eaigarieii yerbündet 298. 
Vgl. Al&anmal. 
E[a§garieii: 

das islamische Reich Ja^qüb Beks 287 f. 
▼ier Städte 228. 

Tibet: Beziehungen zu T. 326. 
Verwaltung unter qalmaqischer Herrschaft 325. 
KaSmIr: Beziehungen zu Kadgarien 326. 

Kirgisen: 201. 218. 220. 232f. 240. 245ff. 250. 255f. 258f. 261ff. 
265ff. 272. 274. 278f. 283ff. 
im Dienste der Ohogas 240ff. 
Heer 249. 

im Kampf mit den Chanen KaSgariens 297 f. 
in KaSgar d04f. 

Meireb: religiös von M. beherrscht 328 n. 2. 
Qiqöaq-Kirgisen 232. 240. 245. 270. 272. 
Räubereien 221. 263 ff. 285. 
K.-St&mme: 

Cong BaghiS 259. 270. 
Mungl 258. 263. 270. 272. 285. 
Naiman 259. 
Ottuz Ophul 259. 
Qu8gi 251. 270. kJ72. 
Seriq Qalpaq 259. 
Toqqnz Qip&aq 259. 
unzuverlässig und verräterisch 248. 255f. 266 n. 1. 261f. 
Krankheiten : 

Wassersucht 252. 
Kriegsgebräuche 240. 

Schlachtrufe 270. 
Kult: 

urzeitliche Orte 322. 
Kurden 3*^0. 

Ijamas: s. Buddhismus. 

Lehre (Kraft, Licht): Uebertragung 334 f. 

Licht: 

in Adams Lenden 335. 

Choga Jüsuf : L. erglänzt bei seiner Geburt 224. 

Christus und Maria als L. 335. 

L.-Gestalt im Traum 242. 

Heiliger am Halse von L. umflossen 200. 

in Muhammed, Mahdi des Sudans 335. 

in Qoran und Hadls 335. 

Uebergang des L.'s 261 n. 1. 334f. 
List: 

Simulierung von Krankheit 244. 
Litteratur: vgl. Chog:a. Genealogie. Geschichtschreibong. 

Türken. 

Chogas pflegen L. 228. 

Dichterstellen angefahrt 250. 

Dichterwettkämpfe 228. 

dichterische Schilderung im Text 270. 281. 285. 

Gedichte angefertigt 250. 270. 

G^didite Jasawis 309. 

Geschichte der Cluuie von Kafigar 290f. 

174 



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369 

Oesohichte der Ohoffas 291. 
Profetenbiografie 2% n. 1. 

Maläml: 8. DerwiBchtam. 

Mini, zasammeiigeworfen mit Baddha 326. 

Menschenraab 221 d. 1. 

Mesnewi: 

Lesen des M. in der VeraammlnDg 331. 

Unterricht im M. 217 n. n. 1. 
MeSreb: Malämi-Derwifi 328 n. 2. 
Mongolen (Ostmongolen) 823. 
Mnhanmied als Lichttrftger 336. 
Murtd »Adept« 196 n. 2. 229. 261. 334. 
Mnridtom 208. 
MnrSid 199 n. n. 6. 229. 
Mystisches: 

Gjniker anter Maske der Mystik 328 n. 2. 

Heiltrank 307 fr. 

Verzückong nnd Visionen 200. 202. 208. 217. 263. 332. 

Wissen 307. 

Zikr-Andachten 217. 334. 

Hiesen beim Erwachen vom Tode 199 u. n. 2. 

Orden, religiöse: s. Derwischtum. 
Osmanlis: 

abweisend gegen fränkische Kultur 322 n. 2. 

Perser: 

Lichttrftumereien 336. 
Personennamen: 

Volkserkl&rung 320 f. 
Pferd: kleine Basse in Turkestan 201 n. 8. 
Pir 196 n. 2. 
Politik: Heiratpolitik s. Ehe. 

jüdische Mägi»h-Sekte operiert mit der Oottessohnschaft 336. 

Verschleierung der dynastischen Prätention durch Schein 
geistlicher Erbfolge 336. 
Psychologisches: vgl. Mystisches. Wunder. 

Herrschsucht besiegt religiöse Bedenken 323. 

Suggestion 321 f. 

4|almaqen: s. Gottesurteil. Person-Index s. y. Amursana, Dabag;i. 
Chäqän: Verhältnis zum Chinesen-Oh. 236. 240. 263. 
Dzungaren: als D. bezeichnet 326. 
Eroberungen 326. 
Garnison in Kadgan 237. 
Gerichtswesen 226 f. 
Gesandter 241 ff. 
Habsucht 227. 
Händler 248. 277. 
Kleidung: 236 u. n. 3. 
Kopfsteuer der Muslime 231. 
Q.mädchen Frau Cho^ Dän^jäls 224. 
Muslime: durch M. medergemetzelt 248 f. — als Gefangene 
unter Muslimen 22HS. 

in 



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370 

Namen und Titel von Q.: Dttog^ ätsang 26011 272. ~ 
Amban Gisang 261. 

Orda der Q. 235. 298. 

Politik: die Q. schüren den Kampf von Ohoga nnd Ctxm 3^. 

als politische Macht 210 ff. 218. 

politische Vorgänge 227. 

Qongtagi (Fürst) der Q. 210. 214. 225f. 325. 

Ratsitzung im Sawmn 225. 

Sengi der Q. 214 u. n. 1. 827. 

Siräa-Q. ^47 f. 

Tör© der Q. 235. 273. 

Truppen 259. — Truppenföhrer 298. 

Turgut-Q. 226. 244. 

Türken: die Q. behalten Türken als Geisehi 223. 226. 

Uneinigkeit 222. 227. 231. 233ff. 241. 253. 

als Ungläubige 203 n. 2. 

Unterricht, qaLooAqischer 224. 

Unterwerfung unter die Chinesen 260ff. 

Wallfahrten nach Potala 323. 
Qarachaniden s. Bekiden 
Qip5aq s. Kirgisen. 
Qongtagi s. Qalmaqen. 
Qoran: 

Anführung von Q.-Sprüchen 244. 274. 332. 

Fürsprecher und EntwafFner 248. 

Licht im Q. 335. 

Schwur beim Q. 264. 271. 

Totenfeier: Q. lesen zur T. 267. 

Becht: 

Fragen 229. 

Pflicht zum heiligen Kriege 275. 
Rede: 

Reden halten 261f. 264. 266. 
Reisen: 

Schnelligkeit und Häufigkeit des Reisens 234 u. n. 5. 251. 
u. n. 2. 

Stationen 241 n. 1. 

Saijid als Titel 196 n. 1. 
Salghut 8. Arghun. 
Schlaf aus Kummer 332 u. n. 1. 

Sitte und Brauch: vffl. Ceremonien. Islam. Kriegsgebräuche.. 
Qalmaqen, Kfeidong. Thronsaal. W^en. 

Fuflsfall vor FOxsten (Huldigwag) 257. 27a 

Nachrichten austrommeln 261. 

Totenfeier: 230. 238. 256f. 264f. 267. 327. 

Unglück durch Blasen verkünde» 263. 
95fi: 

S.'s in der chines. Partei der Cho^ 260. 272. 

Unbotmässigkeit und Gewalttaten der &s 215« 267. 328. 
Speisen: s. Asch. 

Spottnamen: 221 u. n. 2. 260 u. n. 2. 269 u. n. 2. 
Staatsschriften: 259 u. n. 2. 
Stammbaum, geistlicher X99f. .229. 3a7ff. 307 n. 2. dB4ff. 

geistliches Sohnffchaffamotiy «os Indien eiiigedning«n 336. 

Spaltung 229. 

tu 



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871 



CTrknnde über geiiüiehen 8t. 800. 
Stammbaum, leiblicher 229. 290. 

Yerselüeiert dmrch geistUohen EinBobnb 886. 
Sudan: 

der Mahdi des S. alt Lichtträger 885. 

Tabak: 

Pfeife rauchen 239. 
Tariqat, mystische Lehre 196. 884. 

Lehrerlaubnis 199. 
Teppich: Sitz des Heiligen 206 u. n. 3, 210. 
Thronsaal 22ö. 242. 248. 259. 272f. 
Tibet: 

bLa brang, iUoster 326. 

Muslime: Yon den M. überfallen: 325 f. 

Reisewege 324 n. 2. 
Titel: vgl Qalmaqen. 

Bi 251. 
Toter für lebendig ausgegeben 222. 
Traum 208f. 242. 
Turgut: s. Qalmaqen. 
Türken: 

T. in China: 323. 

Geschichtschreibung anekdotisch 289. 

Kennzeichnung: veränderlich 289 n. 1. 

Lichttrftumereien 335. 

Mongolische Schrift 822 n. 1. 

Urjanchaier 322 n. 1. 

Verwaltung: s. A4em. Qäkim. 
Verzückung: s. Mystisches. 
Volksetymologie 320f. 826. 

Waffen: 

doppelläufige Flinte 271. 
Wahnsinn, religiöser 328 n. 2. 
Waldgebiet 280 n. 1. 
Wallfahrt nach Mekka 299. 
Waqf: 

des Heiligengrabes 206. 
Weinen 226. 244. 248. 252. 261. 332. 

W. des Grausamen über sein Opfer 289 n. 1. 
Wunder: vgl. Fluss. Heiliger. Mystisches. 

Wunder Äfaqs 213. 

Engel helfen im Krieg 205 u. n. 2. 

W.-Geschichten 196. 197. 201f. 

Heiliger: W. des ungebornen Heiligen 333. 

Islam: fremder Wunderglauben islamisiert 323. 

W. eines Sarjid 333. 

Täuschung über die Zahl der Feinde 243. 275. 

Totenerweckung 199. 

W. der Ungläubigen 212f. 338. 

Wettkampf 212f. 324. 

Zaratustrismus : 

Tempel 212 n. 2. 
Zeichen: s. Wunder. 

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vgl. meine Notiz in Orient Litt. Ztg. VI (1903) Sp. 211. 



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