This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world's books discoverable online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that 's often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non- commercial use of the file s We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can't off er guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
any where in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web
at http : //books . google . com/|
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by
Google
V. I
Digitized by LjOOQ IC
(
Digitized by LjOOQ IC
MARTIN HÄRTMÄNN
DER
1 ISLAMISCHE ORIEl
BERICHTE UND FORSCHUNGE
Band I
BERLIN
WOLF PEISER VERLAG
1905
Digitized by VjOOQIC
Digitized by LjOOQ IC
3v
Inhalt des ersten Bandes
N
i
Seite
Islam und ArabiBch 1 — 22
Der heilige Bar8i8& 23^28
Schoa und Tundecher 29—31
Die angebliche «ira des Ibn Ishäq 32 — 34
Orientalische Umschriften 35 — 40
^ China und der Islam 41—68
Zwei islamische Kanton-Drucke (Mit 2 Tafeln) 69—81
Strassen durch Asien 82 — 102
^ Zentralasiatisches aus Stambul • 103-146
MeSreb der weise Narr und fromme Ketzer. Ein zentral-
asiatisches Volksbuch 147—194
Ein fieiligeustaat im Islam: Das Ende der Gaghataiden und
^ die Herrschaft der Chojas in KaSgarien 195—374
J.
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
MARTIN HÄRTMANN
DER
ISLAMISCHE ORIENT
BERICHTE UND FORSCHUNGEN
ISLAM UND ARABISCH — DER HEILIGE BARSTSÄ —
SCHOA UND TÜNDSCHER — DIE ANGEBLICHE SlRA DES
IBN ISHÄQ — ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN
BERLIN
WOLF PEISER VERLAG
1899 Digitizedby Google
Digitized by LjOOQ IC
Islam und Arabisch.
Jeder actio folgt eine reactio. Vor nahezu di'ei
Jahren glaubten die Griechen die Zeit gekommen, dem
Barbaren, der sie Jahrhunderte lang im Herzen des eigenen
Landes planmässig gemisshandelt hatte und von dessen
blutiger Laune einem grossen Teile der Stammesgenossen
jeden Augenblick das Schicksal der armenischen Mit-
christen drohte, einen vernichtenden Schlag zu versetzen.
Neben den nationalen Gegensätzen ging der Religions-
hass her: auf den Gefilden Thessaliens rangen in Griechen-
tum und Türkentum zugleich Christentimi und Islam.
Nicht das reine Christentum, nicht der reine Islam.
Nein, Zerrbilder von beiden.
Der Schlag ging fehl. Man hatte sich über sich
selbst und den Gegner getäuscht. Der Gegenschlag
blieb nicht aus. Die Lektion, die der unbedachte An-
greifer als Lohn davontrug, war eine unverhältnissmässig
geringfügige. Sofort fielen von denen, die sich zur Haus-
polizei in Europa berufen glauben, einige dem Sieger
in den Arm. So war der bedauernswerte unschuldige
Türke um jeden Erfolg des ruhmreichen Feldzuges ge-
bracht, so hatten die "allzeit siegreichen" Schaaren um
nichts ihr Blut für die heilige Sache des Islams und
die sich angeblich damit deckende Herrschaft des Hauses
Osnian vergossen?
Als ich im Oktober 1897 mit dem reichen und an-
gesehenen Oberschech eines bedeutenden Beduinen-
stanmies der Libyschen Wüste vor dem Thore des gast-
lichen Leuchtturms von EFamäjid (etwa 80 Kilometer
südwestlich Alexandrien) sass, wurde dieser Mann nicht
müde, das Ansehen des Sultans, des Beherrschers der
1
1
Digitized by LjOOQ IC
2 ISLAM UND ARABISCH.
Gläubigen, zu feiern, der durch Gottes Gnade, die ihm
vordem erteilten weisen Katscliläge Bismareks und
die Freundschaft des Deutschen Kaisers so glänzende
Erfolge erreicht habe. Nicht wenige von denen, die
so sprechen, wissen ganz gut, dass es mit dem Gesamt-
ergebnisse des Krieges nicht eben glänzend bestellt ist.
Alle aber wissen, dass der Schutzherr des Islams, der
Herrscher des osmanischen Reiches, entscheidende Siege
über die ungläubigen Feinde davongetragen hat.
Jene Siege haben auf die Muslims der ganzen Welt
einen Ungeheuern Eindruck gemacht Tief, sehr tief
geht die Erregung der Geister in allen islamischen
Ländern. Im Innersten Afrikas spürten die Reisenden
die Wellenkreise, welche die seltsamen Ereignisse in
dem stagnierenden Becken ,islamische Welt^ hervorge*
rufen. Jene Erregung ist durch bekannte Ereignisse
der neuesten Zeit noch genährt worden <).
Aus dem 16. imd 17. Jahrhundert haben wir Karten
von Afrika, die dicht mit Namen bedeckt sind. Am Anfang
dieses Jahrhunderts zeigte die Karte von Afrika einen
schwarz imirissenen weissen Fleck, aus dem zwei oder drei
Zipfel durch schüchterne Legenden als ein wenig be-
kannt hervortreten. Wie kam das? Die wilden Weissen
hatten so brutal unsinnig gegen die harmlosen Schwarzen
gewütet, dass diese sich endlich ermannten, das freche
Gesindel hinaustrieben und es nicht wieder hineinb'essen.
In ähnlicher Lage wie damals die Schwarzen
Afrikas glauben sich beut die Muslims. Die Hälfte
*) Einer der besten Kenner des islamischen Orients schreibt
mir: Jch muss die Hoffnnng hinzufügen, dass die Berührungen
Deutschlands mit der Islam&age sich anders gestalten, als die
Reise des Kaisers in den Orient zu befürchten Anlass giebt. Die
panislamische Partei, welche namentlich seit dem Krieg mit
Griechenland sich heftig rührt und bis in Niederl. Ostindien Un-
heil stiftet, hat jene Reise in mannigfacher Weise ausgebeutet.
Der grosse Fürst der öarman hat dem Fürsten der Fürsten ehr-
erbietig gehuldigt und auf seine Unterstützung und Hülfe kann
dieser unter allen Umständen rechnen: so heisst es in allen
orientalischen Zungen*.
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH. a
von ihnen ist politisch von chriailichen Stftaten abhängig,
die andere. Hälfte ist wirUchafUieh den KuUnrmftchten
tribulftr und sieht die politische Abhängigkeit als sicheres
Los in nicht weiter Feme heraufsteigen, Sie müssten
sämtlich sich selbst verächtlich sein, gingen sie diesem
Lose ohne einen Versuch der Abwehr entgegen.
Leicht ist sie freilich nicht, die Abwehr. Die bösen
Franken sitzen überall fest, ganz fest, ja, sie suchen
sich auszudehnen. ZuweUen leuchtet den Gläubigen
ein Hoffiiungstrahl, wie die Schläge, die sich an die
Namen Hicks und Gordon knüpfen. Aber schliesslich
dringen sie doch vor und ein, jene Ungläubigen, mit
ihren Geld- und Machtmitteln. Ein unerforschliches Ge-
heimniss! Wie kann Gott solches wollen?
Der eine meiner beiden Begleiter in der Libyschen
Wüste im Herbst 1897, der Beduine Mugäwir, klagte
mir oft dieses Leid: ,Die Ungläubigen leben in Ueber-
fluss, wir darben; sie herrschen, wir dienen'; aber er hatte
gleich den Trost: ,im Jenseits gemessen vm die herr-
lichsten Paradieseswonnen, jene schmoren im HöUen-
feuert So spricht die Unschuld aus der Wüste, und
bei dem grösseren Theile der Landbevölkerung mag's
nicht viel anders sein. Anders der Städter in Egypten.
tEgypten den Egyptem^ ,'raus mit den fremden Tyi'annen*
— neben diesen von geschickten Demagogen immer
wieder von Neuem in die Menge geworfenen und gierig
von ihr aufgenommenen Worten geht ein Handeln,
das sein Analogen in andern islamischen Ländern hat
und die aufinerksamste Beobachtung derer heischt, die
in politischen Beziehungen zu islamischen Ländern stehen,
ja, der gesamten nichtislamischen Eulturwelt. Denn
kommt es je zu einem kräftigen islamischen Staatsge-
bilde, so wird es in ganz anderer Weise ,Expansion^
treiben als die christlichen Staaten, in denen diese
Aeusserung nur Exponent des nationalen Lebens ist.
Dem Islam ist Expansion nicht ein Beliebiges, nein, sie
ist ihm Pflicht, gehört zu seinem Wesen. Ein islamischer
Staat, der diese Seite des religiösen Lebens erfolgreich
Digitized by LjOOQ IC
4 ISLAM UND ARABISCH.
vertritt, würde wie ein Magnet wirken und Alles, was noch
lebenskräftig ist in islamischen Landen, an «ich ziehn.
Der Vorgang, der die Aufmerksamkeit der gesamten
nichtislamischen Welt verdient, ist vorzugsweise ein
innerlicher. Der Gedanke bricht sich Bahn : ,so geht's
nicht weiter und das einzige Mittel, die Ungläubigen
wirksam zu bekämpfen, ist die Aneignung ihrer Kampf-
mittel, zunächst ihrer Wissenschaften und Fertigkeiten;
die Gläubigen müssen dazu eine geistige Wiedergeburt
durchmachen; mit dem alten tawakkaltu ^alalläh ist es
nichts; es ist zu lernen: hilf Dir selbst, so wird Dir Gott
helfen*. Diese Gesinnung findet in mancherlei That-
sachen Ausdruck. Nur auf eine dieser Bethätigimgen
soll hier eingegangen werden.
In den arabischen Presserzeugnissen des letzten
Jahres ist mit Vorliebe von annahda, der Erhebung,
dem Aufschwung die Rede. Man meint damit die ge-
steigerte litterarische Thätigkeit und die Empfänglichkeit
der Massen dafür, die seit etwa Anfang 1897 ein höchst
wesentliches Merkmal der arabischen Welt sind. Vor
etwa zwei Jahren wuchs die Nachfrage nach arabisch
geschwärztem Papier ganz erheblich, sie ist immer noch
in der Zunahme begriffen, und sie wird im zwanzigsten
Jahrhundert Masse annehmen, von denen man sich jetzt
nichts träumen lässt.
Das scharfe Auge Muhammad 'Alls erkannte zuerst
im islamischen Orient, welche Bedeutung der Typen-
druck fiir die Entwicklung eines Landes habe und wie
sogar die nur dem Tagesbedürfnis Rechnung tragende
Seite der Druckthätigkeit als wirksame Hilfe des Regier-
geschäftes verwandt werden könne. Am 20. November 1828
erschien auf seinen Befehl No. 1 des Regierungsblattes
alwaqä'z aimisnja, einer Art MoniteurEgyptien. Langsam,
sehr langsam folgten weitere Erzeugnisse der Tagespresse
in Egypten und andern arabischen Ländern i). Be-
^) Das Genauere darüber siehe in meinen : ,The Arabic Press
of Egypt* und ,Die' Zeitungen und Zeitschriften in arabischer
Sprache^ in ,Encyklop&die des Islams*, Probeheft.
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH. 5
trächtlicher wurde die Produktion erst, als die Syrer die
Sache in die Hand nahmen. Durch die amerikanischen
Missionare mit dem Yankeetum^ durch die Väter der
Societas Jesu mit den schlausten Elementen des alten
Kontinents in Berührung gebracht, sah der geriebene Be-
wohner der östlichen Mittelmeerküste bald, wo Barthel
den Most holt, und dass mit der Aneignung des in jenen
beiden Welten mit so viel Erfolg verwandten Mittels zur
Erreichung mannigfachster Ziele auch ihm allerlei schöne
Sachen winkten: Macht und Geld und obendrein Ruhm
und Ansehn allerorten als ,Kulturbeförderer*. Da die
von Gott ihm bestellte Obrigkeit seine vortrefflichen Be-
strebungen sehr ungern sah und ihn in jeder Weise
durch alberne imd niedrige Quängeleien zu behindern
suchte, so zog er aus. In Egypten fand er den Boden,
wo er sich b'tterarisch*joumalistisch ausleben konnte.
Nur an Einem fehlte es: an der Nachfrage. Federn
waren genug da zum Schreiben, auch ganz tüchtige,
und sie machten viel Papier schwarz. Aber Augen
waren nicht da, das Geschriebene zu lesen, das schwarze
Papier setzte sich nicht in weisses Silber um.
„Geht man durch die Strassen Kairos, so sieht
man, wie Gemüshändler, Olverkäufer, Spezerist und
Grosskaufmann sich um die Zeitungen und die Bücher
reissen, die ihrem Geschmack und ihren Bedürfnissen
entsprechen oder auch nur ihren Unterhaltungstrieb be-
friedigen. Das zeigt sich am deutlichsten, wenn etwas
vorgeht, was die Gemüter erregt und veranlasst, Partei
zu ergreifen. Dann will sogar jeder Kutscher, Esel-
treiber und Pförtner seine Zeitung lesen oder doch einen
hören, der sie vorliest So wars im letzten griechischen
Elriege; da haben wirs selbst erlebt und mit eigenen
Augen gesehen, wie die Droschkenkutscher und andere
Leute der imtersten Stände sich drängten, um eine
Zeitung zu lesen oder zuzuhören, wenn sie vorgelesen
wurde. Wie anders Stands mit dem Arabischlesen in
Kairo vor zwanzig und einigen Jahren, wo man die
Zeitungen wie Seife anpries, überhaupt nur zwei oder
Digitized by LjOOQ IC
6 ISLAH UND ARABISCH.
drei existierteiL und selbst dafür nicht einmal genug Leser
waren! Heut vergeht keine Woche^ wo nicht eiae neue
Zeitung oder Zeitschrift herauskommt, gar nicht ku
sprechen von den Werken über die verschiedensten
Gegenstände, die beständig erscheinen« Und aU das
verkauft sich, freilich mit verschieden grossem Absatz,
je nachdem es dem Geschmack und den Bedürfhissen
des Publikums entspricht". So äussert sich ein Mann,
der mit den Pressverhältnissen Egyptens gründlich ver-
traut ist, Herr öirgi Zaidän, in einem lesenswerten
Artikel seines Elhiläl ,Wer Arabisch schreibt und liest*
(Jahrgang 7 No. 13 S. 394 f.) ^).
Was führte diese seltsame Wandlung herbei? Zai-
dän hat folgende Antwort (S. 393): „Vielleicht sind die
Ursache die fränkischen Begehrlichkeiten, die die Mus-
lims im Innern Asiens und Afrikas erfahren haben, so
dass sie aus Notwehr dazu schritten, sich zusammen-
zuthun und gemeinsam vorzugehen; mm konnten sie
kein besseres Bindemittel finden als diese edle Sprache.**
Sicher hat Zaidän im allgemeinen das Richtige ge-
troffen. Will der Islam den Versuchen, ihm immer
mehr Landgebiet zu entreissen und in dem entrissenen
immer festeren Boden zu gewinnen, wirksamen Wider-
stand entgegensetzen, so müssen seine Bekenner vor
allem das Wort beherzigen: Einigkeit macht stark.
Solche Einigkeit herzustellen, ist ein Gemeinsames not-
wendig, ein Mittelpunkt, um den zu kreisen alle ge-
bracht werden. Dass das Sultanat des Hauses Osman
einen solchen Mittelpimkt abgeben könne, ist völlig aus-
geschlossen. 'Abdalhamid geniesst in der sunnitischen
Welt ein sehr grosses Ansehen, und wird auch gewiss
von vielen seine Bezeichnung als Emir almu'minin
oder gar als Chalifat Allah, der von Gott bestimmte
Stellvertreter des Propheten, als grober Unfug empfunden,
^) Den allgemeinen ^schöngeistigen Aufschwung* {annahda
eTeddjye) erkennt auch der sonst recht nüchterne Schech Ibrahim
Elj&zi^i in einer Notiz „Die arabischen Zeitungen in Amerika"
an (EddijÄ* Jahrg. 1 No. 16 vom 30. 4. 99, S. 502 f.).
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH. ^
80 ist er doch gegenwärtig der anerkannte Schutzherr
des Islams y um so mehr, als seine Sendboten fast in
allen Teilen der islamischen Welt die Belebnng des re-
ligiösen Qef&hls und vor allem seine Verehrung als
Schützer der Religion eifrig betreiben*). Aber der Is-
lam ist in seinem innersten Wesen demokratisch, und
selbst die kräftigsten Leiter grosser Bewegungen in ihm
haben nicht wegen ihrer Person, sondern als Exponenten
einer Idee den Mittelpunkt gebildet. Der Sultan kann
als reiner Vertreter der islamischen Idee nicht gelten. 7
Er ist erst Türke, dann Muslim. Die Muslims seines
Reiches sollen sich in erster Linie als Osmanlis fUhlen.
Davon wollen die, die nicht Türken von Geburt sind,
natürlich nichts wissen, und auch den Muslims anderer
Länder kann der türkische, in vielen Dingen mit dem
strengen Islam in schroffem Widerspruch stehende Cha-
rakter der türkischen Regierungswirtschaft nicht ver-
borgen bleiben. Zudem hat der Türke keine Freunde:
im türkischen Reiche hassen ihn die Chidsten und die
nichttürkischen Muslims in gleichem Grade als das
Element, das jedem wirklichen Fortschritt selbst abhold
ist und alle Bemühungen der Vorwärtsstrebenden zu
vereiteln weiss, vor allem aber jede Regung nationalen
Denkens mit unerhörter Härte und Grausamkeit zu Boden
schlägt^). Nein^ Stambul kann und wird nie eine
1) Einige Litteratar über die islamische Mission und die /
Stellang des Sultans im Islam s. Doutt^, Bolletin Bibliographique V
de rislam Maghribin (Oran 1899) 1, 35—45.
*) Die Kurden haben eine nicht unbeti^htliche nationale
Litteratur (s. meinen Artikel: ,Zur kurdischen Litteratar* in der
Wiener Zeitschrift f. Kunde des Morgenlandes 12, 102 ff.). Es
daif von dieser in der Türkei nichts gedruckt werden; was im Aus-
land davon gedruckt wird, darf unter den Kurden nicht verbreitet
werden. Das Kurdische darf in den Schulen nicht gelehrt werden.
Schriftliche Übersetzung des Quj'&ns in das Kurdische ist verboten,
natürlich nicht aus religiösen Gründen (es giebt zahlreiche Über-
setzungen in das Türkische, Persische, Qbadostani, von denen
einige gedruckt sind), sondern nur aus politischen Bedenken, die
freilich samt den daraus entspringenden Massregelungen, wie alle
dergleichen thOrichten und barbarischen Rückständigkeiten, hin-
Digitized by LjOOQ IC
8 ISLAM UND ARABISCH.
lebendige, die grossen Massen des gesamten Islams durch-
dringende Macht bilden. Um die aufzurühren, muss
eine andere Saite angeschlagen werden. Das Band
glaubt man gefunden zu haben in der Begeisteining für
die 'arabtje, die altarabische Sprache.
Es giebt sicher im islamischen Orient eine ganze
Anzahl Köpfe, in denen sich die Zukunft so spiegelt:
die Muslims der ganzen Welt werden zu einer solchen
Eenntniss der arabischen Schriftsprache gelangen, dass
alle verständnisvoll den Worten lauschen, die von einer
Zentralstelle ausgehn, und allen Kommandos, die von
dort gegeben werden, sofort nachkommen; dann kann's
losgehn. Namentlich in Indien ist die Bewegimg für
Aneignung des Arabischen beti'ächtlich. Zaidän be-
richtet (S. 394): „Unsere Brüder in Indien und Persien
sind dabei, die 'Arabije zu Ansehn zu bringen und ihr
einen festen Grund zu legen durch Errichtung von
Schulen und Anspornen der Jugend zu ihrem Studium.
Wie bedeutend diese Bewegung ist, bemerkten wir erst,
als wir im vorigen Jahr zahlreiche Briefe aus ver-
schiedenen Distrikten Indiens erhielten, in denen man
sich bei uns Rats erholte über die arabischen Bücher,
die am besten dem Untemcht in den Schulen zu Grunde
zu legen seien. Ja sogar einer der grössten islamischen
Vereine hat sich bei uns nach den Unterrichtsbedingungen
im Dar el 'ulüm^) erkundigt, da man eine Anzahl junger
Leute zur Ausbildung im Unterricht des Arabischen nach
Kairo schicken will, die dann in den heimischen Schulen
das Lehramt versehen sollen. Deutlich genug spricht
übrigens schon die Ali;, wie beständig in den dortigen
Zeitungen und von Rednern in öffentlichen Ver-
fällig sind. Bekannt ist die Verachtung, welche der Türke fiir
den Araber hegt; charakteristisch für sie ist der schöne Spruch:
siktir araJb feUäh d. h (unübersetzbar roh), arabischer
Bauer! Das Wort kennt man gut im arabischen Lande.
') Diese Anstalt ist in erster Linie Seminar zur Ausbildung
von Lehrern des Arabischen; es wird nur aufgenommen, wer die
Azhar absolvirt hat.
8
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH. 9
Sammlungen auf das Band hingewiesen wird, das sie
mit ihren Brüdern in Egypten und Syrien verbindet".
Bemerkenswert ist, dass man sich auch in Stam-
bul der Erkenntnis nicht verschlossen hat, ein wie
ausgezeichneter Bindekitt die arabische Sprache sei
und ein wie sehr geeignetes Mittel, für den Islam im
tüi'kischen Sinne, d. h. für einen mit Türkenweltherr-
schaft sich deckenden Panislamismus, Stimmung zu
machen. Die in Stambul erscheinende türkische illu-
strierte Zeitschrift Ma'lQmät erscheint zugleich in einer
arabischen Ausgabe, die in einer grossen Menge von
Exemplaren in die nichttürkischen Länder des Islams
geworfen wird. Die Holländer z. B. haben beständig
mit den Gefahren der Aufreizung durch dieses gefähr-
liche Organ zu kämpfen, und die niederländische Re-
gierung musste endlich energische Massregeln gegen
das schlimme Treiben ergreifen 9 .
In den arabisch ' sprechenden Ländern erhofft
man von der Verbreitung der 'Arabije anderen
Gewinn: 1) Hebung des religiösen Lebens, 2) Stär-
kung des nationalen Gedankens, 3) allgemeinen
kulturellen Fortschritt. Es ist klar, dass nur die
Kenntnis der 'Arabije weiteren Kreisen die Möglichkeit
verschafft, sich aus den Quellen über die Grundlagen
der Religion zu unterrichten oder doch die Werke zu
lesen, in denen das Gebäude von Dogmatik und Recht
gelehrt wird, das heut als das allein auf jenen Grund-
lagen aufzubauende gilt. Jeder Muslim soll sich über
den Islam unterrichten können, d. h. in Wirklichkeit,
soll im Stande sein, die hässliche Speise in sich auf-
zunehmen, die heut allenthalben als Darstellung des
Islams umgeht, oft untermischt mit hetzerischen Aus-
*) S. den injialtreichen Eigenbericht der Vossischen Zeitung
aus Amsterdam in No 419 vom 8. Sept. 1898. Über die Intrigen
des türkischen Konsuls in Batavia s. auch van Oordt, De Neder-
landsche Eoopman in de Landen van den Islam, Leiden 1899,
n. 31.
9
Digitized by LjOOQ IC
10 ISLAM UND ARABISCH.
fällen gegen die Andersgläubigen. Der arabische
Muslim hat aber noch seinen Sonderstolz : gehört doch
seiner Nation der Mann an, der die wahre Religion ge-
bracht hat. Diesen Stolz hat die Tendenz des Islams
zur Intemationalität ^) nie ganz beseitigen können und
er wirkt mächtig noch heut im Araber. Die Kenntnis
der 'Arablje soll diesen Stolz heben und kräftigen, sie
soll in die herrlichen Schätze der alten Litteratur ein-
führen und die Seelen mit der Begeisterung für die
Werke erfüllen, in denen die Ahnen ihre freilich oft
zweifelhaften Gedanken und E!mpfindungen ausgespro-
chen haben. Allgemein kulturell wichtig erscheint die
*Arabije als Vermittlerin des Verständnisses der älteren
philosophischen und historischen Litteratur der Araber
einerseits ^), andererseits als das geeignetste Mittel, die
Errungenschaften der Ungläubigen in Wissenschaft und
Litteratur wiederzugeben, kurz^ das fränkische Geistes-
leben zugängig zu machen.
Wie weit diese Vorstellungen von dem Wert der
'Arablje berechtigt sind, soll zunächst nicht untersucht
werden. Es sei vielmehr auf eine Parallele und auf
eine höchst bemerkenswerte Begleiterscheinung hin-
gewiesen.
Der Eifer, mit welchem die 'Arabije und ihre Ur-.
künden heut in der islamischen Welt studiert werden,
lässt sich etwa vergleichen mit der Begeisterung, welche
Europa durchdrang, als am Anfang des 15. Jahrhun-
derts das klassische Altertum wieder aufzuleben begann.
Namentlich die altgriechischen Studien bieten hier eine
Parallele. In den letzten Zeiten des oströmischen Rei-
ches war in Griechenland selbst, wie in den andeni
Provinzen die Zahl derer doch nur gering, die als
wirkliche Kenner des Altgriechischen gelten konnten.
') Türkisch tritt sie so auf: bende müsUm sende müalim d-
hcmdü UUäh.
') Diese wird beständig eifrig studiert. Namentlich nach Ibn
Ghaldüns Muqaddime ist eine Nachfrage, die kaum durch immer
neue Drucke be&iedigt werden kann.
10
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH. 1]
Gerade so wars vor einem halben Jahrhundert^ ja^
noch vor dreissig Jahren in den Ländern arabischer
Zunge. Der Unterschied ist nur, dass jene Griechen
(Laskaris, Bessarion u. A.) in die Kulturstätten des
Auslandes flüchten mussten, während im arabischen
Lande selbst die Entwickltmg zum Bessern sich vollzog.
Die Begleiterscheinung, die unsere Aufmerksamkeit
erregt, und die sich in gewissem Grade auch bei der
eben herangezogenen Bewegung des Mittelalters fand,
ist das Verschwinden der religiösen und nationalen
Gegensätze in der Vereinigung zu den Studienzielen.
Der Spruch, der so lange die östliche Welt beherrscht
hat: eTarabije lä iatanas^ary die arabische Schrift-
sprache wird nicht verchristelt i), gilt längst nicht
mehr. Es ist oben darauf hingewiesen, dass die christ-
lichen Syrer sich dem kulturellen Einfluss der fränki-
schen Missionssendlinge besonders zugängig zeigten.
Es ist aufs Höchste anzuerkennen, dass sie nicht zu
Affen der Franken wurden, sondern dass sie ihrem
heimischen. Wesen und ihrer Sprache treu blieben und
nur in dem Betriebe sich mit fränkischem Geiste
zu durchdringen trachteten*). Mit bewundernswerter
Energie') und seltenem Geschick drangen sie in die
Gebiete ein, die ihnen Jahrhunderte lang verschlossen
waren, und denen sie fremd, fast ratlos gegenüber-
') Goldziher konstatierte 1873: «es herrscht hier (in Damaskus)
der Grundsatz: ätarabve Um taUmassar* (ZMG 28, 167). Christ-
liche Kenner der 'Arab^e waren rare Vögel; vgL mein Referat
fiber den Diwan des Bischofs Öarmänüs Farhät (gest. 1732) DLZ
1896 Sp. 136 f.
') Das Hauptverdienst gebührt dabei allerdings der ältesten
Generation der amerikanischen Missionare, Männern wie Eli
Smith und Cornelius van Dyk, welche, um kr&ftig wirken zu
können, sich Yollst&ndig in das Wesen der Syrer einlebten. Die
später kommenden Jesuiten konntens dann nicht anders halten,
wollten sie Einfluss gewinnen.
*) Der Christ, der bei einem islamischen Gelehrten in die
Schule gehen wollte, konnte das bis in die vierziger Jahre des
Jahrhunderts nur heimlich thun, sollten Meister und Jünger nicht
geschädigt werden.
11
Digitized by LjOOQ IC
12 ISLAM UND ARABISCH.
standen. Es dauerte nicht lange, so waren sie ihren
islamischen Landesgenossen weit voraus. Man trifft
auf 100 Christen mit mittlerer arabistischer Bildung in
Syrien vielleicht zwanzig Muslims *), und sogar in der
höchsten Stufe der Sprachkenntnis werden die Christen
den Muslims nicht nachstehen 2). Aber selbst in Egyp-
ten, wo doch die arabischen Wissenschaften in der
Azhar-Schule einen so bedeutenden Mittelpunkt hatten,
wirkten die Syrer höchst belebend auf das Studium der
*Arabije. Ihre Zeitungen und Zeitschriften, ihre Thä-
tigkeit im Buchdruck wirkten wie ein Ferment in der
faulen Masse der Egypter 3).
Ich nehme in Aussicht, in diesen Heften der Ent-
wicklung der modernen arabischen Litteratur Uesondere
Aufmerksamkeit zu schenken. Hier sei nur bemerkt,
dass gegenwärtig in Syrien und Egypten eine beträcht-
liche Zahl von Männern lebt, die litterarisch thätig sind,
und dass diese Thätigkeit vorwiegend unter dem Banne
der 'Arabije steht. Nicht, dass man sich auf philolo-
gisch-schönwissenschaftliche Gegenstände beschränkte.
^) Es ist das eine sehr auffällige Thatsache. Die Erklärung
ist wohl, dass die Christen den Charakter des Aramäers bewahrt
haben, während in der islamischen Bevölkerung der arabische
Charakter überwiegt.
') Natürlich ist hier nur der klägliche, rein äusserliche Be-
trieb der sprachlichen Dinge mit seiner Lust an Spitzfindigkeiten,
nukat, Kleinigkeitskrämereien gemeint. Allein den syrischen
Christen gebührt das Verdienst, sich in erspriesslicher Weise
auch um die anderen semitischen Sprachen zu kümmern und zu
sprachwissenschaftlicher Behandlung wenigstens den Ansatz zu
machen (ich nenne den verst. Clemens Daud und Gabr Dümit;
von Muslims kenne ich nur Schech Tähir Elgezä'iri in Damaskus,
der sich mit Sprach- imd Schriftgeschichte beschäftigt).
*) Zimächst nur der Muslims. Die Kopten und Juden hink-
ten später dürftig nach. Es ist merkwürdig, dass diese Elemente
der Bevölkenmg Egyptens intellektuell den Muslims femer stehen
als diese den Syrern, dass dagegen menschlich alle Konfessions-
angehörigen Egyptens sich verbunden fühlen gegenüber den
Syrern. Der freche Syrer ist eben auch dem ihm geistig nahe
stehenden ägyptischen Muslim verhasst.
12
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH. 13
nein, man behandelt mit Vorliebe historische und natur-
wissenschaftliche Dinge. Aber in allen diesen Äusse-
rungen wird auf die Form sorgfältig Rücksicht genommen.
Wer sie nicht beherrscht, wird nicht zur Mitarbeit zu-
gelassen, und wer diese Form nicht versteht, der
kann überhaupt von all den schönen Dingen nicht
Kenntnis nehmen, die da gelehrt werden. Das giebt
nun wieder Anlass zum Studium eben dieser Form,
und so wird direkt und indirekt durch die immer sich
steigernde Druckthätigkeit die Kenntnis der *Arabije
gehoben.
Mit grossem Eifer wird die so geschaffene Auf-
nahmefähigkeit weiterer Bereise für Druckerzeugnisse
besserer Gattung von der streng islamischen Partei
ausgebeutet. Es isl; kein Zweifel, dass diese Partei auf
die Hebung des religiösen Lebens hinarbeitet. Es soll
Bewegung in die Massen gebracht werden, sie sollen
erwärmt werden für die Sache des Islams. Und es ist
bereits einige Bewegung da. Immer mehr Stimmen
werden laut, die sich zu den brennenden Fragen des
Tages äussern: Wie hat sich der Islam zu der Zivili-
sation der modernen Kulturwelt zu stellen? Wie ver-
hält sich das, was heut in den Kreisen der Herrschen-
den als Islam angesehen wird, zu dem, was nach den
ältesten Urkunden als Islam anzusehen ist^)?
Es kommt alles darauf an, diese neue grosse Be-
wegung von Anfang an richtig zu leiten, damit sie zum
Heile der Muslims selbst ausschlage und zugleich die
Gefahren beseitige, die den Franken von einem Aus-
') Aus den jüngsten Behandlungen dieser Fragen hebe ich
heraus einen Artikel in der islamischen Zeitschrift almausität
(Richtung des dlmu'a^ad) 1 No. 12 (vom 15. Dulhigge 1316), wo
auf einen anderen Artikel von Lutfl Efendl Essaijid in No. 8 der-
selben Zeitschrift bezug genommen ist. Die Schrift tat&fg ed(ft-
jcme d'islän^e *älä nawänm dmeden^e^ d. h. die Anpassung
der islamischen Religion an die Gesetze der Zivilisation, von
Muhammed Fend Wagd! kenne ich nur aus Elhil&l 7 No. 15
S. 478. "
13
Digitized by LjOOQ IC
14 ISLAM UND ARABISCH,
bruch des islamischen Fanatismus drohen'). Es ist tu
verhüten, dass die Partei der Altorthodoxen allein in dem
neuen Reiche herrsche, das Fleiss und Intelligenz auf-
zurichten bemüht sind, etwa nur noch in Gemeinschaft
eines charakterlosen Litteratentums, das dem Gelüst
der Menge schmeichelt imd neben seichtem Tagesge-
schwätz dürftige Brocken einer Scheinwissenschaft bietet
Der litterarischen Produktion, welche spezifisch islamisch
ist, muss die Richtung gegeben werden, die im Interesse
des Islams selbst wie in dem der gesamten Eultur-
menschheit zu wünschen ist: die Richtung auf eine
Reform.
Ich weiss wohl, dass ich mich hier in Widerspruch
mit einem Verdikt setze, das heut von guten Kennern
des Islams gefällt wird: der Islam kann nicht re-
formiert werden. Genau so behauptete man am Ende
des fünfzehnten Jahrhunderts in Europa. Jeder sah
die Schäden, niemand wollte glauben, dass eineBesserung
möglich sei, bis das Mönchlein von Wittenberg kam.
Gerade heut sind die Bedingungen für eine Durch-
säuerung des Islams mit neuen Ideen günstiger denn je.
Die Hälfte aller Muslims lebt unter der Herrschaft von
Nichtmuslims und wenn diese nur ein wenig ihr eigenes
Interesse kennen, werden sie jenen Bestrebungen in
jeder Weise Vorschub leisten. So werden sich alle
fähigen Elemente, alle, die in jener Richtung thätig sein,
sich einer neuen Lehre anschliessen wollen, in die
Länder ziehen, wo sie Fi'eiheit zu finden sicher sind,
während in der Türkei, in Marokko, in Persien der
fanatische Altislam Heimstätten haben wird, bis auch
^) Es ist mit diesen Gefahren nicht zu schlimm. Auch die
Moslims haben gelernt und werden immer mehr lernen, dass
wilde Putsche das schlechteste Mittel sind, um etwas zu erreichen.
Die Reaktion folgt nur um so prompter. Je ürger es die Hetzer
treiben, desto schärfer wird ihnen auf die Finger gesehen, und,
wenn nOtig, geklopft. Den Muslims die Uebung ihrer Religion
erschweren, ihnen das Schreiben und Reden darüber verbieten
wollen, wird nur einer verblendeten Regierung einfallen.
14
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UNP AB.ABISCH. 15
hier das fremde Ferment iioaiifhaltsam und sicher
wirkend eindringt.
Wie man eine Reform des Islams sich vorsustdlen
hat^ welche Gedanken in der Dogmatik und in der
Rechtslehre zum Durohbruch kommen müssen, damit
die Muslims zu voUgiltigen Mitarbeitern an dem Kultur-
werke werden, kann hier nicht erörtert werden. Auch
ist fraglich, ob die Behandlung von Einzel&agen in
dieser Richtung Wert hat Grossen Bewegungen lässt
sich nicht die Bahn vorschreiben. Nur ein Gedanke
sei hier ausgesprochen.
Seit Jahrhunderten, ja, fast solange sie besteht^ ist die
islamische Wissenschaft deduktiv. Kaum hatten einige
kräftige Geister Formeln gefunden^ imter die sich die im
Qur'än und in der Tradition zu findenden Einzelthatsachen
bringen liessen> da war schon das System fertig und wehe
dem, der sich davon zu emanzipieren strebte und selbstän-
dig forschei^ aufzutreten wagte. Die ,Irrlehren'. wurden
immer glücklich unterdrückt, m. a. W. die Pseudo-
wisseiuichaft, die nichts kann, als an alle Einzelthat-
sachen den Massstab eines a priori feststehenden Prin-
zips legen und sich am grössten dünkt, wenn sie auch
für das kleinste Thatsächlein ein Feld in der fertigen
grossen Schablone gefunden hat, siegte auf der ganzen
Linie. Heut findet man in der islamischen Welt nur
den blöden Schulkram, der in der ,Univer8ität Elazhar^)'
(die universitas litterarum besteht hier in der Tyrannei von
einigen Handbüchern der „arabischen Wissenschaften",
') Die Bezeichnung der Schale in Kairo als Universit&t, die
aus den Reisehandbüchern (s. z. B. Meyers Aegypten ' S. 173)
stammt, wurde kürzlich in dem höchst beachtenswerten Artikel .
Snouck Hurgroi^jes ZDMO 53 abgefertigt (8. 146). Man
thut den Hörern unserer üniversit&ten bitteres Unrecht, wenn
man ihnen die Jungen vergleicht, die in den Hallen der berühmten
Moschee von Kairo herumliegen und zum grössten Teil faulenzen.
Es sei übrigens hier erwähnt, dass seit etwa drei Jahren in der
Azhar-Moschee Kurse für Rechnen und Geographie eingerichtet
sind. Es war auch der Unterricht in Geschichte in Aussicht ge-
nommen, eingeführt soll er noch nicht sein.
15
Digitized by LjOOQ IC
16 ISLAM UND ARABISCH.
die dort mit Ausschluss der wichtigsten wie z. B.
gelehrt werden *)) seine Orgien feiert. Fort damit! So
sollen nicht bloss die rufen, die von Staats wegen dort etwas
zu sagen haben — das würde wenig nützen — sondern
die, die dort lernen; sie sollen sich vom neuen Geist
durchdringen lassen, sie sollen die Lehrer schaffen, die
sie brauchen, die die neue Zeit braucht. Freilich die
Methode, die allein Früchte zu zeitigen vermag, werden
sie nicht auf einmal lernen, aber sie werden sie lernen,
wenn sie nur den richtigen Weg nehmen. Es hilft
ihnen nichts: sie müssen dazu bei den verruchten Un-
gläubigen in die Schule gehen. An sich steht dem
durchaus kein Gebot des Islams entgegen, im Gegen-
teil, man liest alsHadit: „lernet jede Wissenschaft, die
ihr lernen könnt^j". Auch das Reisen zu Studienzwecken
ist im Islam immer gesehätzt worden, und der Aufent-
halt in den Ländern Andersgläubiger ist keineswegs
verpönt. Also kommt nur, ihr lernbegierigen Muslims,
und seht den Wissenschaftsbetrieb bei uns an, lernt
vor allem, dass die Grundlage jedes wissenschaftlichen
Fortschritts das synthetische Arbeiten ist, das sich von
allen anerzogenen Vorstellungen so vollkommen, als es
irgend möglich ist, frei zu machen und die That-
sachen nur in dem Lichte anderer Thatsachen zu
sehen und daraus zu verstehen sucht. Mit einem
Wort: lernt die historisch - kritische Betrachtung auf
Qur^än und Sunna anwenden. Ihr verachtet uns, dass
wir eure Schulweisheit nur aus Büchern kennen, und
*) Sehr bezeichnend ist, was mir ein befreundeter Muslim er-
zählte : ,80 oft ich in der Azhar in den Makamen Elharlris las, hatte
ich ein böses Gewissen: ich that etwas, was ausserhalb dem Plane
des Unterrichts lag; von der Sprache, von den wichtigsten Litte-
raturdenkmälem bekommen die Azhar-Schüler nichts zu hören,
ja, die Beschäftigung damit ist dort verpönt'.'
*) Ich kann den Spruch aus den bekannten Werken nicht
belegen ; mit ihm verteidigte sich Soliman Al-Haraüri in der Vor-
rede zu seiner Übersetzung von Lhomonds französischer Gramma-
tik (Paris 1857) wegen dieses Unternehmens, fdr das er den Tadel
der Glaubensgenossen fürchtete.
16
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH. 17
meint, euch erBchliesse sich der wahre Geist, wenn der
Buchstabe durch den Mund des Lehrers^ der ihn selbst
vom Lehrer empfangen, gewissermassen geheiligt zu
euch hemiedersteige. Wer von euch kennt denn die
geschichtlichen Verhältnisse, unter denen die grossen
Traditionssammlxmgen entstanden sind? Wer von euch
weiss denn, dass diese Sammlungen nicht Zeugnisse
für Worte und Handlungen des Propheten sind, sondern
lediglich ZiCugnisse für das, was gewisse religiös-poli-
tische Parteien als Worte und Handlungen des Pro-
pheten zur Anerkennung zu bringen ein Interesse hatten?
Wer von euch ist denn imstande, das Werkchen, das
als allererstes versuchte. Regeln über die Interpretation
der Rechtsquellen aufzustellen, eine Art Methodologie
des Rechts zu schaffen, die ehrwürdige risäle des Imäm
Essäff i in kritischer Weise zu erklären?
Der neue Geist wird kommen, muss kommen.
Mag er in den Tempel am Darb elgedid einziehn oder
nicht, die künftigen Schülergenerationen der islamischen
Jugend werden zum grösseren Teil von ihm beherrscht
sein, durch sie wird er die islamische Welt erobern.
„Was dann kommt, ist kein Islam mehr." Was
in den Ländern der Reformation kam, sollte kein Christen-
tum mehr sein. Man hatte recht und unrecht. Es
war nicht das Christentum, das vordem allein als solches
galt, und artete bald in etwas aus, was ebenso wenig
Christentum war, wie jenes. Es ist auch gleich. Ge-
wonnen wurde bei der Wandlung eine ungeheure geistige
Erhebung. Unzählige Kräfte, die vorher unter einem
Banne schmachteten, wurden ausgelöst. Was aus dem
Islam wird, wenn ihm die Sturmglocke des Islä^i, der
reformatio, dröhnt, kann uns gleich sein und sollte
jedem Muslim gleich sein, der erst Mensch, dann Muslim
ist. Wie's auch kommen mag, sicher ist, auch hier
wird eine ungeheure Bewegung und Erhebung der
Geister stattfinden, auch hier werden unzählige Kräfte,
und die besten, die heut vom Zwang der Schule in
Fesseln gehalten sind, ausgelöst werden.
17
Digitized by LjOOQ IC
18 ISLAM UND ARABISCH.
Auch in anderer Beziehung ist die Bewegung, die
heut die Geister ergriffen, so zu leiten, dass Fesseln
gesprengt, Vorurteile beseitigt, neue Bahnen geschaffen
werden. Es ist oben nachgewiesen, wie man auf
sprachlichem Gebiete im Begriffe ist, den unseligen
Zwiespalt, der zwischen Sprech- und Schreibsprache in
arabischen Ländern seit der ältesten Zeit herrscht, in
der Weise zu verewigen und zu vertiefen, dass die
Schreibsprache sich immer ausschliesslicher in die
Zwangsjacke steckt, die ihr von den Pedanten der
ersten Jahrhimderte des Islams angethan worden ist*).
Damit steht in Zusammenhang die Zähigkeit, mit welcher
man in der Litteratur an den hergebrachten Schablonen
festhält. Abgesehen von einzelnen rühmlichen Ausnahmen
herrscht hier immer noch die Quaside als die höchste
Äusserung der Fähigkeit, rein litterarisch zu arbeiten 2).
Es ist seltsam, dass man die höchst bemerkenswerten
^) Es liegt nahe, die Entwicklung der neugriechischen
Litteratur heranzuziehen. Dort siegten die Pedanten nicht so
vollkommen, wie bei den Arabern, was Besseres kam aber doch
nicht heraus. In Griechenland hat in allerjüngster Zeit die
Richtung einen energischen Ausdruck gefunden, welche, haupt-
sächlich aus deutschen Einflüssen heraus, den Wert des rein
Volkstümlichen erkannt hat: s. die Anzeige der neuen Zeitschrift
*H TexvTi in DLZ 1899 Sp. 622 f. Auch die Araber sollen nur
fleissig bei den Meistern Deutschlands in die Schule gehen, sie
werden dann zur gleichen Erkenntnis und zu einem wertvollen
Fortschritt in der Geistesbildung gelangen.
*) Sehr charakteristisch für die Ideen, von denen das litte-
rarisch angehauchte Publikum beherrscht ist, sind die naiven,
man könnte glauben, zum Scherz gestellton Fragen «eines
Abonnenten*, die in EddijS* 1 No. 17 (vom 15. 5. 99) von der
Redaktion d. h. Schech Ibrahim Eljäzigl treuherzig beantwortet
werden (S. 629 ff.). Frage 4 ist: ,Muss der, der litterarisch hervor-
ragen wül, selbst dichterisch th'ätig sein und in der Poesie
Gutes leisten?' Er wird beruhigt: ,er brauche sich nicht mit
der Poesie abzuquälen' {an ju'änija essCr). Lehrreich sind auch
die Ausführungen des Ahmed Elkääif in der Frauenzeitschrift
Anis algalis 2 No. 3 (31. 3. 99) S. 96 ff. und die Klagen der
Redaktion 2 No. 4 (30. 4. 99) S. 161 f. Es geht daraus hervor,
wie gering man im grossen Publikum über die hergebrachte
Schablonendichterei denkt, zugleich aber, wie seltsam unfähig
18
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH. 19
Erzeugnisse, welche die arabische Litteratur im vierten
bis sechsten Jahrhundert auf dem Gebiete der Poesie
hervorgebracht hat, imd die von der Quaside weit ab
liegen, heut gar nicht beachtet, nicht zu kennen scheint
und nicht kennen will^). Jeder, der mit weiterem
Blicke die Geschichte der arabischen Dichtung übersieht,
weiss, dass ich die Gedichtarten des Muwassah und
des Zagal meine, die zum Teil von wirklichen Dichtern,
nicht bloss von Poetastern gepflegt wurden zu einer Zeit,
wo die Quasidenmacherei lediglich Handwerk geworden
war. Dass sie* Handwerk auch heut ist, mit ganz ver-
schwindenden Ausnahmen, ist kein Geheimnis. Die
Poesie kann zu einer Neublüte nur gelangen, wenn
sie sich aus den Fesseln der Quaside befreit Aber
sie darf nicht bei einem Schritte stehn bleiben. Sie
muss zugleich das Gewand der 'Arabije abstreifen, sie
muss sich der Volksaprache zuwenden, wie es einst
das Zagal gethan hat. Was dabei zu erreichen ist,
zeigt der Diwan des sprach- und formgewaltigen Ibn
Quzmän (gfest. 555 d. H.)^). Auch dann keine Be-
schränkung. Die moderne Poesie im volkstümlichen
Kleide lasse sich nicht von Neuem einengen, binde sich
nicht an die Formen, die für das Zagal, die arabische
Vulgärdichtung par excellence, sich finden, sondern
schaffe frei, ungebunden von welcher existierenden Technik
auch immer. Sind nur Dichter da, so finden sich
schon die Formen.
man ist, das erlösende Wort zu finden. Nur zwei Litteratur-
gattungen, die ans dem alten Kreise heraustreten, haben sich gut
eingeführt und sind seit etwa 1870 durch originale Leistungen
vertreten: das Drama und der Roman (natürlich nicht die Sorte
'*Antar und Benl Hiläl).
') Als einzige Ausnahme, die mir vorgekommen ist, nenne
ich den in Paris lebenden Syrer Halil Grauem (chcUil ghänim).
Bei einem Besuch im April 99 fuhr er heftig gegen die verrottete
Poetasterei los und rühmte die freieren Formen des tausth. Ihm
war Bizqallsh HassOn (s. mein MuwaSSah 78) wohlbekannt.
*) S. mein Referat über die Petersburger Phototypie DLZ
1896 No. 41 Sp. 1287 ff.
2*
19
Digitized by LjOOQ IC
20 ISLAM UND ARABISCH.
Aber nicht bloss die Poesie, auch die Prosa muss
sich durchaus von dem Zwange der 'Arabrje eman-
zipieren, und hier nicht nur auf schöngeistigem, sondern
auch auf wissenschaftlichem Gebiete. Wodurch gewann
der Wissenschafkbetrieb seit dem 17. Jahrhundert in
Deutschland seine enorme Ausdehnung? Dadurch, dass
die Gelehrten anfingen, in einer auch den unteren
Schichten des Volkes verständlichen Sprache zuschreiben.
Will man aufrichtig, dass auch die unteren Ellassen der
arabischen Bevölkerung mit dem WissensstoflT vertraut
werden, der zur besseren Gestaltung nicht bloss ihres
geistigen und moralischen, sondern auch ihres äusser-
lichen Lebens erforderlich ist, so muss für die Dar-
reichung dieses Wissensstoffes eine Form gewählt wer-
den, die leicht fasslich ist und zugleich scharf und klar
die springenden Punkte hervortreten lässt. Es ist durch-
aus anzuerkennen, dass die wackeren Männer, die wissen-
schaftliche Lehrbücher schufen, Franken wie Syrer, oft in
gemeinsamer Arbeit, bei Wahl der zahlreichen Termini,
die arabisch wiederzugeben waren, fast durchgängig
einen vollkommenen Takt bewiesen haben ; die Schwierig-
keit, einfache und doch gut deckende arabische Gegen-
werte zu finden, ist oft höchst glücklich überwunden
Aber gieb ein solches Lehrbuch dem in die Hand, der
nicht durch lange Schulung mit der sogenannten *Arabije
von heutzutage vertraut ist, er wird es nicht verstehn.
Hier thut Wandel dringend not.
Und nun ein weiterer energischer Schritt. Man
gebe dem Volke, was man ihm geben soll und will,
nicht bloss in seiner Sprache, sondern auch in einer
Schrift, die ihn jeden Zweifels über den Sinn dessen,
was ihm vorliegt, überhebt. Die arabische Schrift mit
ihrer Vokallosigkeit ist ein höchst mangelhaftes Mittel
der Darstellung. Der Mangel wird einigermassen gut
gemacht bei Dai*stellung schriftarabischer Redeweise
durch das Feststehn der Regeln in bezug auf die
Aussprache, und selbst da giebt es unzählige Fälle,
wo dasselbe Schriftbild verschiedenen korrekten Rede-
20
Digitized by LjOOQ IC
ISLAM UND ARABISCH, 21
weisen entsprechen kann« Die Sprechsprache hat ihre
Regehl genau wie die Schreibsprache. Aber hier hat
die Darstellung weit grössere Schwierigkeiten. Soll rein
phonetisch geschrieben werden? soll bis zu einem ge-
wissen Grade der sonst üblichen Schreibweise Rechnung
getragen werden (finnär oder ß annär)? Diese Schwierig-
keiten werden vermieden, wenn man sich entschliesst,
für die Sprechsprache Darstellung durch lateinische Schrift
anzuwenden. Die grossen Vorteile für die Bevölkerung,
wenn sie an diese Schrift, sei es allein, sei es neben
der arabischen, gewöhnt wird, liegen auf der Hand*).
*) Vgl. meinen Aufsatz : ,Die gam'yjet ta*lyni kull wilid masr
(Gesellschaft für den Unterricht der ägyptischen Jugend)' in
Zeitechr. f. Assyr. 13, 277 ff. Es ist dort versäumt, das Malte-
sische heranzuziehen, das ein klassisches Beispiel der Verwendung
lateinischer Schrift für arabische Sprechsprache ist. Einen höchst
wichtigen Beleg für die Tendenz, lateinische Schrift anstatt der
bisher allein üblichen arabischen für andere Sprachen des Orients
anzuwenden, kann ich jetzt aus der allemeuesten Zeit und aus
einem uns Deutsche direkt berührenden Kreise beibringen : Aus
Deutschostafrika gelangen seit 1896 in zunehmender
Menge Suwaheli-Briefe in lateinischer Schrift nach
Europa. Ich sah selbst im Mai 1899 eine Anzahl solcher, meist
ans Däressaläm, verschiedenen Datums, in denen der Fortschritt
nicht zu verkennen war (so bei Sollmän Ben Nasr, dessen letzte
Schreiben von Ende 98 vorteilhaft gegen die ersten Versuche
von 96 abstechen). Es wurde mir versichert, die Muslims dort
seien stolz, wenn sie mit fränkischer Schrift schreiben können
und die einheimischen Diener benutzen freie Augenblicke, um
sich gegenseitig die deutsche Schreibkunst beizubringen; obwohl
diese Leute fest an ihrer Religion hängen, sei nie irgend ein
Bedenken gegen die neue Übung aufgetaucht. Mit der Korrekt-
heit steht es natürlich verschieden und neben wassdam und
mtthibbiha finden sich toslam und muhibika. Mit Sicherheit ist
vorauszusehn, dass die Regierung Erlasse in der Landessprache
nicht mehr in arabischer, sondern in lateinischer Schrift publizieren
und dass das Nachrichtenbedürfnis durch periodische Blätter in
gleicher Schrift befriedigt werden wird. — Zu dem zitierten Aufsatz
sei femer nachgetragen, dass der Versuch Fuad Paschas (S. 285)
vor ca. 20 Jahren von Münif Pascha wiederaufgenommen ist:
eine Kommission sollte eine Rechtschreibeordnung für alle Schulen
des Reiches ausarbeiten; Münif schlug vor, das arabische
Alphabet ganz au&ugeben; er stand allein (Mitteilung des Herrn
21
Digitized by LjOOQ IC
22 ISLAM UNü ARABISCH.
Besorgt man, es werde durch solche Einführung
der Sprechsprache in die Litteratur, zumal in der
fränkischen Schrift, die Beschäftigung mit der'Arabije
leiden, so ist das eine Besorgniss, die der für das primi-
tivere Transportgewerbe bei Einführung der Eisenbahnen
völlig gleichsteht. Die Beschäftigung mit der 'Arabije
wird an Breite und an Tiefe wachsen, wenn neben ihr
die Sprechsprache zum Gegenstand litterarischer Thätig-
keit und des Tjrpendruckes gemacht wird. Auch hier
wird das Neue wie eine Erlösung wirken; Tausende von
Kräften, die bisher unter einem Banne seufzten, werden
frei werden, werden sogar den Kräften, die vorher allein
herrschten und sie nicht aufkommen lassen wollten,
dienstbar werden und zu ihrer vollkommenen Entfaltung
beitragen.
Jeder actio folgt die reactio. Dem Verstoss der
Franken in den durch Jahrhunderte geheiligten Besitz
des Islams hinein folgte als Gegenstoss die Bewegung,
die heut gährt und die ,Arabisch* als Mittelpunkt hat.
An uns ist die Parade und zugleich erneuter Verstoss,
nicht mit äusserer Macht, sondern durch innem Kampf,
durch Geistesarbeit: sorgsamste Beobachtung alles dessen,
was im islamischen Orient vorgeht und Lenken der
kulturellen Entwicklung in versöhnendem Sinne. Die
heimischen Elemente, die den Orient als Ausbeutung-
objekt sich nur erhalten können, wenn sie seine Be-
wohner geistig und moralisch möglichst tiefstehend halten,
und die darum Hass gegen die fremden Ausbeuter, die
zugleich Kulturträger sind, predigen, können nur durch
diese Mittel dauernd niedergehalten werden.
Ali Kemal, Korrespondenten des Iqdäm in Paris). Im Augenblick
herrscht ein heilloser Wirrwarr; mir liegen Drucke vor mit
qädär für qadar (so in den qahr^ät des Dr. Abdallah Gewdet,
Genf 1898). Leider ist wenig Aussicht, dass die Türken und
Perser so bald das thun werden, was so dringend nötig, da ,das
arabische Schriftsystem auf ihre Sprache passt wie die Faust aufs
Auge' (s. Foy, Notizen zum Neupersischen, in Mitth. Sem. Gr.
Spr. 1899, 141 n. 1).
Digitized by LjOOQ IC
Der heilige Bar^T^a.
Der fromme Gotteskuecht Barslsä besitzt Wundergaben.
Eine Königstochter, deren Sinn verwirrt ist, wird ihm zur Heilung
gebracht. Der Satan erregt die böse Lust in ihm, und sie wird
von ihm schwanger. Er tötet sie auf Einflüsterung des Teufels,
damit die Schande nicht offenbar werde. Doch er wird entdeckt
und ans Kreuz geschlagen. Der Satan will ihn retten, wenn er
ihn anbete. Er neigt zum Zeichen das Haupt. Jener aber sagt
sich los von ihm.
Das ist der wesentliche Inhalt einer der zahlreichen Ver-
suchungsgeschichten. Die älteste Redaktion, die wir kennen,
stammt von dem i. J. 375 oder 383 d. Fl. gestorbenen Abullait
Assamarquandi. Aus dessen Werk tantnh dlghäfiUn ist die Erzählung
in andere arabische Werke und in andere orientalische Littera-
turen, schliesslich auch in das westliche Schrifttum übergegangen ^).
Im Sommer 1896 stellten die Herren Goldziher und
Landberg fest, dass der Schech Barsis eine sehr bekannte
Gestalt in der muhammedanischen Volkssage von Hadramüt ist.
Li der Schrift „Die Legende vom Mönch Bar^ä'' (29 S., 1896; in
100 Exx. abgezogen) bringen sie die Sage vom Schgch Barsis,
wie sie sie nach den beiden von Landberg aus Hadramüt mit-
gebrachten Männern niedergeschrieben haben. Das Wesentliche
*) Einige Litteratur s. in dem gleich anzuführenden Schrift-
chen von Goldziher-Landberg. Ich sehe davon ab, das dort
Gegebene hier wieder abzudrucken und aus den bekannten Hilfs-
mitteln einige Ergänzungen zusammenzuscharren. Anzuführen
ist, dass der Stoff auch kurdisch behandelt worden ist von dem
i. J. 777 gestorbenen Feqii Teirän (über ihn s. mein „Zur kurdischen
Litteratur** WZKM 1898 Heft 2), der die qissc^ä bersisä in Versen
erzählt hat (Jaba, Recueü Text 14, Übers. 9). Man wird diesen
kurdischen Text gewiss noch finden, und es wird sich dann leicht
feststellen lassen, ob hinter dem Barisanctou, jenem sainct per-
sonnage, von dem der alte Thevet, Cosmograpkie univeraeUe
fol. 277 r ein Wunder erzählt, unser Barslsä steckt, wie Konsul
Mordtmann, der die versteckte Notiz ausgegraben hat, mir ver-
mutend äusserte.
28
Digitized by LjOOQ IC
24 DER HEILIGE BARSiSÄ.
ist: Der Teufel kann den Frommen nicht von seinem Berge fort-
bringen. Das gelingt aber der „Mntter der Todsünden'', die sich
bei ihm einschmeichelt. Er lässt sich bewegen, sich mit ihr ein
wenig zu ergehen, bis zur Stadt hin. Der Teufel bringt junge
Mädchen auf den Weg. Der Schech verfillt mit ihnen in Sünde.
Dann stirbt er.
Die Verfasser knüpfen an das Vorkommen der Geschichte
vom Schech Barsls in Hadramüt und an das von ihnen über die
Legende vom Mönch Barslsft in der Litteratur Beigebrachte
folgende Deduktion (p 161): ,, Keinesfalls hat sich die Barsisä-
Erzählung im Islam grosser Verbreitung erfreut. Nur sehr spärlich
hat sie in die ethische und unterhaltende Litteratur der Muham-
medaner Eingang gefunden. Auch unter den verbreiteten Volks-
erzählungen trifft man sie nicht an. um so merkwürdiger ist es
dass die Erzählung thatsächlich als Volkssage gangbar ist in
Kreisen, bei denen Berühnmg mit Literatur, Beeinflussung durch
Bücherbildung und gelehrte Kenntnisse geradezu ausgeschlossen ist."
Der Scbluss dieser Ausführung scheint nicht einwandfrei.
Der eine der beiden Gewährsmänner ist aus Schibftm, einer der
grösseren Städte Hadramüts, der andere hat zwanzig Jahre lang
ganz Hadramüt bereist (s. Landberg, Arabica HI p. 9f.). Ha-
dramüt nimmt durchaus in der islamischen Welt keine Sonder-
stellung ein ; es sind dort die .arabischen Wissenschaften' allezeit
mit Eifer getrieben worden (vgl. die zahlreichen Hadiamls in
der Litteratur); die Wanderlust der Bewohner ist bekannt.
Dazu beachte man die Bedeutung, welche die Mekka- Wallfahrt
fär die Verbreitung von Geschichten aller Art hat. Alles das
spricht dafür, dass die Erzählung vom Schech Barsls, wie sie in
Hadramüt umgeht, auf eine der bekannten schriftlich fixirten
Redaktionen zurückgeht, wenn auch die Form, die hier vorliegt,
eine einfachere und durch Anpassung an den Geist jener Ge-
genden entstanden ist. Ob diese Form nur Ausfluss der poetischen
Redaktion der Geschichte durch Alfaqlh Almuqaddam, von welcher
p 22 und 23 zwei Strophen mitgeteilt werden (sie gehören
natürlich zusammen, was aus der Darstellung nicht hervorgeht),
ist, oder ob die Qaside vielmehr eine Formulirung der im Volke
umgehenden Fassung ist, wird sich kaum mehr entscheiden lassen.
Sicher liegt hier, und das kann nicht scharf genug betont werden,
nicht eine Gestalt der Volkssage vor, welche in direkter Linie
von der Urgeschichte abstammt, von der selbst die älteste
islamische Version nur ein verhältnismässig später Spross ist.
Wo ist die Urgeschichte zu suchen? Diese Frage haben sich
auch die Herren Goldziher und Landberg vorgelegt; sie sagen
darüber (S. 16): „Aus dem Umstände allein, dass die Legende
des Barsisä keinen speciell muhammedanischen Charakter
24
Digitized by LjOOQ IC
DER HEILIGE BAR^I?!. 25
zeigt, kann man noch nicht die Folgerung ziehen, dass sie nicht
in muhammedanischen Kreisen entstanden sei. Es wäre wohl
leicht möglich, dass mohammedanische Moralisten mit Absicht
nicht emen Asceten ihres Glanbens als Exempel fflr den gefal-
lenen Gottesmann hinstellen wollten und zu diesem Zwecke fiir
den Helden der Legende nach Analogie von bekannten mit Bar
susammengesetzten Namen nicht - muhammedanischer Mönche
(z. B. Barsümft u. a. m.) den Namen Barflsft frei erfianden. Es
ist uns nicht geglückt, über den allgemeinen Typus des der Ver-
suchung unterliegenden Heiligen hinaus, einen Anhaltspunkt für
die Entlehnung der Legende, des Namens ihres Helden und ihrer
speziellen Züge, in anderen Kreisen zu finden.''
Zur Lösung des Rätsels scheint mir ein Faktum beizutragen,
das ich auf meiner Reise in Nordsyrien im Winter 1882/3 be-
obachtete. Aus meinen Au&eichnungen geht unzweifelhaft herror:
die Barsisft-Geschichte ist in Nordsyrien lokal fixiert.
Ich hatte mich entschlossen, von Killiz (60 km nördlich von
Aleppo) aus einen Ausflug zu machen, dessen Hauptziel das einen
uralten situs einnehmende A'zftz (Azez) war. Meine Begleiter
hatten die glückliche Idee, mich nicht auf dem direkten Wege
dorthin zu bringen, sondern mich einen Umweg über den sich in
Killiz eines gewissen Rufes erfreuenden Parsa Daghy machen zu
lassen. Für das Einzelne verweise ich auf mein Liwa Haleb in
Zeitschrift der Berliner Gesellschaft für Erdkunde Bd. 29 (1894)
unter dem 8. Nov. 1882. Nur vier Minuten von der Spitze des
Parsa Daghy entfernt liegt das Zijaret, d. h. bewallfahrtetes Grab,
der Parsa CJhatun, „hinter welcher ,Prinzes8in Parsa* sich vielleicht
ein Heiliger versteckt; ich schlüpfe durch die niedrige Thür an der
Nordseite, innen der übliche, hier dachförmige Hdzkenotaph mit
einem grünen Tuchfetzen darüber" (Liwa Häleb S. A. S. 60). Eine
Minute südlich davon ist eine Höhle, „wo der erste Dschambl&t...
einen Schatz fand, mit dem er die vielen Grundstücke, Läden etc.,
die noch jetzt der Familie gehören, kaufte, vor ca. 300 Jahren **
(a. a. 0. S. 60 f.). Von dieser Höhle steil bergab steigend er-
reichte ich in vierzehn Minuten ein Thälchen und hatte, nach-
dem ich es überschritten, ein wenig links ein Zijaret, „und zwar
nach Waisi Agha in A*zäz das des Schech Muhammed elwar^ft-
wl '); nach Waisi Agha nennen die Araber den Berg Dschebel
el-bars^e" (a. a. 0. S. 61). Zu diesen Angaben kann ich aus
meinem Reisetagebuche Folgendes hinzufügen: „Ueber diesen
*) Vielleicht ist dieser Muhammad alwarsftwl identisch mit
dem mtihammad cühazin alcMUdi annaqsabandi aJfarsäfi, von
welchem in dem kurdisch-arabischen Wörterbuch des Jüsuf DijÄ'
addln Alch&lidl {älhadya alhamid\ja u. s. w. Stambul 1310) S.
270 ff. sich ein religiöses Gedicht in kurdischer Sprache findet«
25
Digitized by LjOOQ IC
26 DER HEILIGE BARSI^Ä.
Namen [Parsa Daghy] teilte mir Waisi folgende Legende mit:
,Auf dem P. Dt lebte in alten Zeiten ein frommer Einsiedler
Namens Barsisa ; zn diesem schickte ein König seine Tochter, die
vom Tenfel geplagt war, der sich ihr in Gestalt eines Menschen
näherte und sie schwängerte; der fromme Mann seinerseits
wurde vom Teufel angetrieben, sie zu schlachten und wurde da-
für gekreuzigt'. Der Rest der Legende war nicht mit Sicherheit
zu verstehen ; nach einigen soll Parsa Chatun die Tochter des
Königs sein". An einer anderen Stelle des Tagebaches bemerkte
ich: „Diese Höhle [die des Dschamblat, s. oben] war vielleicht
ein Versammlungsort von Christen oder der Mönche, die hier
um den heiligen Barsisa herumwohnten". Noch erwähne ich,
dass ich im Tagebuche von der „Fabel von dem *äbid Barslsa'^
spreche, woraus hervorgeht, dass mein Gewährsmann den Ein-
siedler als ^äbid bezeichnete.
Obwohl der Verlauf der Geschichte den Helden als den Ver-
suchungen des Teufels erliegend darstellt, und das für einen
echten Kirchenheiligen ungeziemend ist, hielt ich doch die Ab-
stammung der Erzählung von einer syrischen Heiligenlegende wegen
des Namens für wahrscheinlich. Auf eine Anfrage schrieb mir
Professor S. Fränkel in Breslau unter dem 26./6. 1892 : „Als
Heiligenname unter den Syrern ist mir Barsisft nicht bekannt;
auch Payne Smith kennt einen Mann dieses Namens nicht".
Nachforschungen in der occidentalischen Legen denhtte-
ratur ergaben mir kein Resultat; in den Indices zu Migne
ist ein Name, der sich vergleichen lässt, nicht zu finden. Nach
den Acta Sanctorum wird ein Heiliger Barsus oder Barses aus
Edessa am 30. J«|^aar gefeiert (Januar 3, 646), ein gleichnamiger
aus der Gegend von Damascus, vielleicht mit dem ersten iden-
tisch, am 28. Februar (Febr. 3, 734). Es ist nicht sehr wahr-
scheinHch, dass dieser Barsus oder Barses, von welchem übrigens
an keinem der beiden Tage eine Versuchungsgeschichte erzählt
wird, hier heranzuziehen ist.
Eine durch zahlreiche Beispiele zu belegende Thatsache ist
die Verstümmlung fremder Namen bei ihrer Wiedergabe durch
die arabische Schrift imd die Aufnahme der so unkenntlich ge-
wordenen in die Litteratur. Das klassische Zeugnis für diese
seltsame Erscheinung ist das nitus, zu .welchem das 6tmft«-Ponto8
Euxeinos verdreht ist und das durch Jaqut l,401io gesichert ist
als die Namensform, in welcher das Schwarze Meer den Arabern
bekannt war*).
*) Einige andere Fälle von tashlf s. bei Goldziher, Ab-
handlungen 1, 100 n. 1; ein tashlf in dorn alten Wochentagnamen
auhad nimmt an Fischer ZDMG 60, 224 n 2 und mit ihm
26
Digitized by LjOOQ IC
DER HEILIGE BARSiSA. 27
Ein solches tashif für den Namen barslsä anzunehmen, wird
nicht zo gewagt sein. Wenn man bedenkt, dass zur Zeit der
Fixierung solcher Geschichten in arabischer Schrift massenhaft
Bar-s im vordem Asien herumliefen, so wird man es nicht un-
wahrscheinlich finden, dass man mit Anlehnung an die schon von
G.-L. herangezogenen zahlreichen Namen nach dem Schema
ßarsümä*) barslaä einsetzte, etwa für einen nar8isä% Ich kann
keinen heiligen Narses nachweisen, auf den die schlimme Ge-
schichte der islamischen Welt passte**). Das hindert mich aber
nicht, diese Erkläxungmöglichkeit hier zur Sprache zu bringen.
Der Erörterung entzieht sich, scheint mir, die Frage nach
Sejbold ebda 519. In qäbÜ ist das b wahrscheinlich eine
graphische Verdrehung des j von q^jU^ der alten Darstellung des
hebr. qc^n, die sich an häbU anlehnte, das selbst wieder für
hebr. T^ebd mit Anlehnung an die zahlreichen Nanien 'auf il
(Iflma'll, Gibrft'il, Sarahbll) eintrat (in modernem In für Ü, wie
Ißmä*ln, wird der Wechsel der Sonorlaute begünstigt durch den
Anklang an die Pluralendung in, die das fremd klingende U
leicht verdrängte). Scharfsinnig sieht Lidzbarski (mündliche
Mitteilung) in Üsija^ das zu Qur'än passim (s. z. B. Baidäwl
1, 422^^) als Name der den Moses rettenden Frau des Pharao
erwähnt wird, Verschreibung für äsina = äs^nat, Name der Gattin
Josephs in Ägypten. In tumä und andern schlimmen Ver-
drehungen des kitäb almurassa* Z. 770 erkennt de Goeje
TcopvTi (S. XV zur Stelle; DLZ 1899 Sp. 219). Abu Ahmad
Alhasan ATaskari schrieb ein sarh mä jaqd fthi attashif waUahnf,
8. Goldziher a. a. 0. 140 n. Vgl. auch Guidi, Alcune osservazioni
di lessicografia araba in: Verb. VII Or.-Kongress, semit. Sekt.
83 ff. und Frank el in WZKM 6, 260 n. 3.
*) Dieser Name ist sogar in die Volkslitteratur gedrungen:
Barsüm& heisst der christliche Kapitän, der Sarhän gefangen
nimmt, s. mein ,Die Ben! Hiläl-Geschichten' in Z. f. Afrik. u.
Ocean. Spr. 4, 293.
*) Das wäre natürlich Wiedergabe der gräzisierten Form
des Namens, der bei den Aramäem narsai lautet.
'^) Ich freute mich schon, den gesuchten Narses in dem
Närsis gefunden zu haben, dessen Geschichte das arabische
Synaxarion der Jesuiten mwrü§ cU'achbär fl ta/rä§im atomar
(Beirut 1880) unter dem 29. Oktober hat : er wurde eines schimpf-
lichen Verbrechens angeschuldigt. Dieses närsis ist aber leider
nur die durchaus nicht zu billigende Darstellung der franzö-
sischen Aussprache von Narcisse und es ist ausgeschlossen,
dass der Narkissos, um den es sich dort handelt (s. Eusebius,
Kircheugesch. 6, 9), je zu einem narsis-barstsä werden konnte.
27
Digitized by LjOOQ IC
28 Dii'R HEILIGE BARSlSÄ.
dem VerhältoiB des Namens Narsis-Barsisft zu dem der Prinzessin
Parsa Chatun. Über diesen sei nur bemerkt, dass der arabische
Name des Parsa Daghy ^ebel elöaraqje und dass Parsa sichei'
Turkisierung eines arabischen albarsä* ist').
Sicher ist, dass alle bisher bekannt gewordenen Barsisl-
Geschichten, einschliesslich der hadramutischen Fassung, Kopien
eines in der christlichen Legendenlitteratur zu suchenden Originals
sind, vermittelt durch die am Anfang angefCihrten islamischen
Redaktionen.
') Arabische Frauen dieses Namens s. T&g el *aras 4, 373 f.
28
Digitized by LjOOQ IC
Sehea «ad Tnndseher.
In „üidtefMittefi jmm Studium der arabischen Beduinendiaiekie
Bmert^k^'^) bandelt Dr. Kampf fmey er yon den Schoa
(Schua, Schlwa*), „mit welchem Namen alle seit alter Zeit in
Borna ans&ssigen Araber, die jetzt einen integrierenden Teil der
Bevölkerung des Landes bilden, bezeichnet werden" (S. 164 C), nnd
von den Tnndscher, „die in Darfor, Wadai und Borna (Kanem)
leben* (S. 166^). Eine moderne Wiedergabe des Namens Schoa
in arabischen Lettern, die höchst wünschenswert wäre, scheint
sich nirgends zu finden. Ich zweifle nicht, dass in diesem Schoa
das bei Dozj s. y. sawä ans Ibn Chaldün mehrfach belegte
iä«7|;6')=:peaples pasteurs, qui possödent des moutons et des
yaches und =: chameliers steckt. Ich hörte in Nordsyrien, in der
Gregend von Killiz, als Bezeichnung für zeltende Beduinen awaijä
*) Sonderabdruck aus den Mitteilungen des Seminars für
Ori^italische Sprachen zu Berlin, Jahrgang IL, Abteilung 11,
Weetasiatische Studien (Berlin 1899) S. 143 bis 221. Diese
tüchtige Arbeit scheint mir besonders wegen der streng kritisch-
historischen Methode beachtenswert. Mit Recht betont E., das
Ziel aller Arbeiten über die arabischen Dialekte sei doch, sie
historisch zu verstehn (S. 146). Es scheint hier am Platze, auf
die Wichtigkeit der Materialien hinzuweisen für die Zeit zwischen
den beiden zeitlichen Endpunkten der Beduinenpoesie, mit denen
man sich bisher fast ausschliesslich beschäftigt hat: ihrer ältesten
und ihrer jüngsten Form. Vieles ist da zerstreut, was bei sorg-
fältiger Zustammenstellung wertvollste Aufschlüsse geben, die
fehlenden Glieder der Kette liefern wird. So soll sich in dem
Diwan des Emir Mgidd (gest. 656 d. H. nach Brockelmann,
LG 1,264), Refä*lia No. 29, manches finden, was für Kenntnis des
beduinischen Lebens jener Zeit von Wichtigkeit ist (Mitt. Völlers*).
■) Cooley, The negrokmd of the Arabs (London 1841)
S. 132 will in der Seu- Wüste, in der nach Leo Africanus der
Niger entspringe, die ,country of The Shaüa' sehn.
') Doch wohl mit sät zusammenhängend: ,Schafleute*.
29
Digitized by LjOOQ IC
30 SCnOA UND TÜNDSCHER.
oder swäjä^); es wurde bemerkt, dass dieses Wort nicht einen
bestimmten Stamm bezeichne, sondern eine niedere, verachtete
Klasse von Beduinen; die swaijä wären also etwa das, was man
in Mittelsyrien natoor (Zigeuner) nennt, säv^e, swaijä und Schoa
werden eins sein*). In Tundsch er sehe ich eine erweiterte Form
von tuggär mit DüFerenzierung des ersten g\ zu diesem n kann
das von Kampf fmey er S. 213 angenommene hanfar von hafär
gestellt werden. Sind Schoa und Tundscher wirklich ur-
sprünglich Gewerbebezeichnimgen, so. liegt hier ein neues Bei-
spiel der öfter gemachten Beobachtung vor, dass Gemeinsamkeit
des Gewerbes zuweilen Gemeinsamkeit der Abstammung über-
wiegt und verdrangt, m. a. W. dass die Gemeinbezeichnung
grösserer Bevölkerungbestandteile, die zunächst scheinbar auf
gemeinsame Abstammung hinweist, in Wirklichkeit nichts ist
als die Bezeichnung des von jenem Bevölkerungsteil gemeinsam
betriebenen Geschäftes. Man hätte dann hier eine Parallele zu
den *Aggl der syrischen Wüste und zu den Megäbra der Oase
Augila, Bezeichnungen nicht unbeträchtlicher Familienverbände
aus verschiedenen Stämmen, die hauptsächlich dem Handel, dem
Schutz der Karawanen und anderen derartigen Beschäftigungen,
nicht aber der Viehzucht und dem Raube leben.
Herr Dr. Kampf fmey er, dem ich meine Gleichstellung von
Schoa und mioije mitteilte, hatte die Güte, mir zu der ganzen
Frage, namentlich auch zu der Vermutung Cooleys betreffend
Seu Folgendes zu bemerken:
„Zu Ihrer Gleichstellung scheint mir vor allem die Stelle
bei Leo dem Africaner, Ramusio I 1588 7 c zu halten zu sein.
Leo nennt dort die „Soaua, cioh quegli che attendono
alle pecore, gente Africana, che segue lo stile de gli Arabi"
*) Nach dem Gedächtnis; in meinen Aufzeichnungen kann
ich den Namen nicht finden. In den Reisewerken scheint er
nicht erwähnt zu werden, und Herr Konsul Wetzstein erklärte,
ihn nicht zu kennen.
*) Zu dieser Gruppe ist gewiss auch der Name der berbe-
risch sprechenden ,Chaouia' Algeriens zu stellen, über welche s.
Röclus, Nouv. Geographie Univ. 11, 540: ,L*ensemble des tribus
de l'Auräs est appele de la mßme maniöre fscil. Chaouüa], et par-
fois ce nom, d^rivö du mot arabe chiwi, qui a le sens de „pasteur
de brebis", est appliquö d'une maniere gönörale ä tous les Ber-
böres de l'Algörie, en dehors des Kabyles proprement dits'. Herrn
Basset wurde in *Ain Mlila ein ,Chaouia' genannt, ,qui connait
encore en berböre (il est illettrd) les aventures de la Djazyah et
de Dyab b. Ghanen, nos connaissances de la sirat el Hilalyah'
(briefl. Mitt.). Diese ,Chaouia' sind eben die Soaua im Süden von
Tunis S. 31 oben.
30
Digitized by LjOOQ IC
SCHPA UND TÜNDSCHER. 31
Die meisten dieser ,,Soaaa** wohnen nach Leo im Atlasgebirge,
aber es gab auch welche im Süden von Tunis an der Nordgrenze
des Dattelgebietes. Sie sprechen in der „lingua Africana** [Ber-
berisch], einige sprechen auch, wegen ihrer Berührung mit Ara-
bern, arabisch.
Soaua scheint mir nun in der That, im £inklange mit der
ausdrücklichen Erklfixung Leo's, einem gebrochenen Plural von
{£y^ zu entsprechen. Ist nun Soaua = PL von (^jLÄ=:Schoa
u 8. w. (was sehr wohl möglich ist, ohne dass aus der Gleich-
heit der Bezeichnung auf ethnologischen Zusammenhang ge-
schlossen werden dürfte) und ist Seu bei Leo als eine gesicherte
Form zu betrachten (ich bin der Sache nicht nachgegangen^, so
meine ich, dass aus der Verschiedenheit der Formen Soaua und
Seu doch wohl auch auf eine Verschiedenheit der Formen, die
Leo vorlagen, geschlossen werden darf. Seu hat unter diesen
Voraussetzungen schwerlich etwas mit Soaua oder Schoa zu
thun. Übrigens sind diejenigen, welche die heutigen Schoa mit
den Seu identifizieren, vor allen Dingen gehalten, ausser der
Namensähnlichkeit, die doch wahrlich rein zufällig sein kann,
sachliche Gründe anzuführen. — Ich bin dieser sachlichen
Seite der Frage bisher nicht weiter nachgegangen.*'
31
Digitized by LjOOQ IC
Bfe angebliche sira des Ibn IshSq.
Nach Fihrist 92 verfasste Muhammad ibn Ishäq zwei
Werke : 1) kitäb alchtUafä\ 2) Jcitäb asmra walmubtada* wahnaghäzi.
Im Eingang des Artikels ist er als sähib assira bezeichnet.
Der fleissige Warrftq war ein Banause und wir dürfen ihm
keinen Vorwurf machen, dass er bei Zusammenstopplung des un-
geheuren Materials handwerklich verfuhr Ibn Ishäq hat keine
sira geschrieben.
Unzweifelhaft fest steht, dass Ihn Ish&q die maghän be-
handelt hat, d. h. die Geschichte des Propheten von dem ,Auszug*
bis zum Tode. Das liegt in dem Titel des zweiten Werkes bei Ibn
Annadim, und es ist bestätigt durch Ibn Challik an, für den
Ibn Ishäq mhih (ümaghäzi wassijar ist'). Als eben so sicher kann
gelten, dass Ibn Ishfiq die Zeit vor dem Propheten darstellte;
es verschlägt nicht viel, ob wir für dieses Werk als Titel an-
nehmen Utah almubtada (Fihrist a. a. 0.) oder k, cUmabda'
waqisas dl^anbijiC {assira alhalabija 2, 275 [nach Brockelmann
LG 1, 135]) oder mubtada' alchalq (Ibn *Adl bei IH 2, VIII
Z. 18 f.). Die Angabe des Fihrist allein wird genügen, um an
dem kitäb akktUafa' nicht zweifeln zu lassen. Wie ist es aber mit
dem im Fihrist genannten k. assira? Ibn Challikän weiss nichts
davon ; er kennt ausser den maghäzi nur die sijar. Auch der
wichtige alte Ibn *Adi kennt keine sira des Ibn Ishäq; er hat
ausser den maghäzi und dem mtibiada' alchalq nur noch das mab-
') Wenigstens in der Überschrift; in der Vita spricht er
nur von einem Buche, dem kitäb almaghäzi. Jedenfalls war
das LI. 's berühmtestes Werk, denn davon hiess er rats ahi
almaghäzi (HCh 3, 634). Verwimderlich ist die Frage Brockel-
manns LG 1,135 n. 1: ,Was ist das dem b. Ishäq zugeschriebene
Ä. almaghäzi Köpr. 1140?' Die Thatsache, dass ein Werk dieses
Titels in Stambul liegt und die Möglichkeit, dass wir darin das
Graudwerk LI. 's haben, lässt den Wunsch nach genauer Auf-
nahme der Bibliotheken Stambuls nur noch dringender erscheinen.
Allein die maghäzi scheint Alwäqidi behandelt zu haben, wenn
er nämlich wirklich ausser dem taftnr nichts Anderes geschrieben
hat als das k. almaghäzi (Brockelmann LG 1,136).
32
Digitized by LjOOQ IC
DIE ANGEBLICHE SIRA DES IBN ISHAQ. 33
'at des Propheten (IH a. a. 0.)*). Es laufen neben einander her:
A. I Vorgeschichte unter ^ assira almaghäzlk.alchu-
B,J variierenden > assijar cUmaghäzi lafä'
C. I Titeln i cUmab'(4 (ümaghäzl bei A.
Vertreten die ,Vorge8chiohteS (üniaghäzi und kUäb cHchalafW
drei Geschichtperioden, so werden asalrck^ assijar und (ümab^ai
nur verschiedene Bezeichnungen der vierten sein, die den Kreis
schliesst: der Zeit des Propheten bis zum ,Auszug*. ahnab^ctt ist
dafür höchst angemessen; assijar ist: ,die Zustände, Lagen' und
es ist kaum ein Zweifel, dass man mit diesem Worte speziell die
Lebensumsiande des Propheten vor der Hi^pra bezeichnete*);
assira dagegen bezieht sich durchaus auf den ganzen Lebenslauf
des Propheten und ist das Wort für die umfassenden Werke, in
welchen das Material über beide Lebensabschnitte Muhammeds
zusammengearbeitet wurde'). Der Erste, der das Wort in dieser
Weise verwandte, scheint Ihn HiSäm gewesen zu sein, der die
s^ar und die magTiän Ihn Ish&qs in ein Buch zusammentrug
und neben der Herausgeber-Thätigkeit stellenweise auch die des
Erklärers übte*). Durch Ihn HiSäm wurde assira populär für
^) Vom malfat als erstem Teil der sira Ibn HiSäms spricht
auch Assuhaill (Scholien ad IH 633^« und 874^^).
') sira Q 20, 22 wird allgemein als ?hafa oder häla erklärt.
Bemerkenswert ist, dass sijar in der Sprache der Faqihs für
,Feldzüge* gebraucht wird, also gleichbedeutend mit maghcuA (so
heisst der Abschnitt mit den Bestimmungen über das ^ihäd bei
Annawawl kUäb assijar (s. Minhftg ed van den Berg 3, 256),
und man hat dann später in einer, der alten Terminologie direkt
zuwider^ufenden Weise, auch die Feldzüge des Propheten s^joTy
ja sogar sein ganzes Leben, mit pars pro toto-Bezeichnung, sijar
genannt, sijar beni kUcU als Titel des bekannten Volksbuches
übersetzt Ahlwardt gewiss richtig: ,die Eriegszüge .der Benü hi-
läl'. In der heutigen Vulgärsprache Syriens ist «n gleich »Ge-
schichte* in unserem volkstümlichen Gebrauch; man sagt: sü
issiri = was ist los? mä ta^miOü eHfi mach mir keine Geschichte
(Scene); auch wohl: HmHU s^ar in der Bedeutung von ^miOü fsiü,
er hat mir (unangenehme) Geschichten gemacht.
^)In Ibn Sa*ds grossem to5a^ä^ - Werke hatte der das
Leben des Propheten behandelnde Teil nach Fihrist 99 den
Titel: k. achbär annain. Loth nennt ,da8 grosse Kapitel über die
Persönlichkeit und das Privatleben des Propheten' Ms. Sprenger
103, 69—98 ,die eigentliche Sira' (ClaBsenbuch 36).
*) Wie die maghäzi und die sijar I. I.*8 für seine Hra
schlachtete er desselben I. I. ,Anfangsgeschichte^ scheint es, für
sein Ar. at^jän aus.
3
33
Digitized by LjOOQ IC
34 DIE ANGEBLICHE SIRA DES IBN I8HÄQ.
die Biographie des Propheten, und wo von dieser die Rede war,
wurde das Wort hineingebracht, anch an Stellen, wo es nicht hin-
gehOrte, wie im F ihr ist- Artikel über Ibn Ishäq, zu dessen Zeit
das Wort so doch noch gar nicht angewandt wurde. Ibn Anna-
dim hätte schreiben sollen (oder schrieb, wenn wir den Fehler
den Kopisten zuweisen): k, assijar waknubtada* toalmaghäei^).
Sei selbst zugegeben, dass man in dem Sinne der Späteren den
Verfasser eines k, almaghäsi und eines k as^ar als sähib asatra
bezeichnen konnte, so durfte das assira nicht in den Titel eines
seiner Bücher hineingetragen werden. Keinesfalls wird die Wissen-
schaft Ihn Ishäq als Verfasser eines k, Hrat rasül aÜäh bezeichnen
dürfen (Brockelmann LG 1, 135; ungenau auch Well hausen,
Reste ' 11 n. 1).
^) Es ist natürlich bedeutungslos, ob wir mit dem Fihrist
von einem Buch I. I.'s in drei Teilen oder von drei Büchern
sprechen. Wahrscheinlich ist, dass I. I. die vier grossen Perioden,
in die sich für ihn die Geschichte teilte, in vier selbständigen
Werken behandelte.
34
Digitized by LjOOQ IC
Orientallsehe rmsehrlften.
Geschichte der Schriffc ist ein Stück Kulturgeschichte.
Für die Muslims des Kaplandes werden Bücher in holländischer
Sprache mit arabischen Typen gedruckt^). Das ist deutlich. Es
zeigt, erstens: dort wird für das Holländische arabische Schrift
verwandt, zweitens: die rührige islamische Propag^anda sucht die
in der Diaspora lebenden Glaubensgenossen durch alle erdenk-
lichen Mittel mit der grossen islamischen Gemeinde in Verbindung
zu erhalten, drittens endlich: die arabische Schrift wird als ein wich-
tiges gemeinsames Eigentum aller Muslims der Welt geschätzt und
gehütet Mit ungewöhnlicher Schärfe tritt hier das Motiv zu
Tage: eine bestimmte Schriftgattung ist mit einem religiösen
Bekenntnis verknüpft und wird in seinem Dienste verwandt.
Ein Analogen hierzu bietet die hebräLsche Schrift. Auch hier
hat sich die Vorstellung von der Heiligkeit des „ Buches "* auf seine
ursprüngliche Schriftdarstellung übertragen'). Sowohl Aikenazim
als Sefardim schreiben ihre Mundarten mit der Schrift des Uiön
haqqödei').
*) s. mein „Die gam^yjet talym kull wilsd masr (Gesell-
schaft für den Unterricht der ägyptischen Jugend)" in Z. f. Assy-
riologie 13, 286 n. 1.
*) Einzig dastehend ist der wertvolle Fund, der Professor
Moritz Ende 1898 in Kairo gelang: „Fragment einer arabischen
Transkription der hebräischen Bibel, einige Kapitel von Daniel
enthaltend, samt arabischer Übersetzung und Kommentar, wahr-
scheinlich von ca. 900 A. D." (Briefliche Mitteilung).
') Bekannt ist, dass die Bestimmung des Allgemeinen Deutschen
Handelsgesetzbuches § 32 betreffend Führung der Handelsbücher
mit den Schriftzeichen einer lebeuden Sprache sich gegen die
Juden richtet, welche mit Zähigkeit an der Führung ihrer Bücher
in der deutsch-hebräischen Kursive festhielten. Die Litteratur in
deutschen und romanischen Jargons mit hebräischem Druck ist
sehr ausgebreitet. Als Kuriosum sei erwähnt, dass im Juli d. J. eine
jüdisch-spanische Postkarte aus Jerusalem in Berlin eintraf, deren
seltsame Kursive zu enträtseln erst gelang, nachdem die Versuche
eines hier lebenden Spaniolen die Hauptsachen des Alphabets
gezeigt hatten.
3*
35
Digitized by LjOOQ IC
36 ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN.
Der neutestamentliche Kanon gab nach der Schrifteeite hin
direkt keine Anregung. Kaum war die judenchristliche Richtung
in der neuen Gemeinde überwunden, so brach der Gedanke der
Allvolkheit (Internationalität) durch. Das Evangelium wurde in
die Kultursprachen übersetzt. Weder Byzanz noch Ktesiphon
hatten etwas einzuwenden gegen den Gebrauch des Neuen Testa-
ments in der Sprache und Schrift der Nationalkirchen.
Prinzipiell brach auch der Islam mit dieser Übung nicht.
Vereinzelt wird unterworfenen Nichtmuslims Gebrauch der hei-
mischen Sprache und Schrift durch strenge Edikte verboten*).
Meist aber war man in einem Punkte duldsam, dem man keine
Bedeutung beimass. Auch werden nicht selten politische Erwä-
gungen die islamischen Herrscher zu milder Übung bestimmt haben.
Die jüngeren Stambuler Efendis greifen gern Mehemet den
Eroberer an, dass er den Kirchenfürsten so viel Gewalt gelassen.
Er wird seine Gründe gehabt haben. Jedenfalls ward die-Erhal-
tung der Sprache und der Schrift oder einer von beiden ein
bedeutendes Mittel zur Hütung nationalen Empfindens.
Mit bewundernswerter Zähigkeit retteten die Armenier
unter den Bedrückungen der Fremdherrscher das köstliche Gut
nationaler Sprache und Schrift, und wo sie jene verloren, wenigstens
diese. So haben auch die Griechen des inneren Anatolien, die
das Türkische angenommen, die heimische Schrift bewahrt*).
Die Syrer des türkisch-persischen Grenzlandes verloren nicht den
Gebrauch ihres aramäischen Idioms, und als ihr geistiges Leben
durch das Mohn fremder Sendboten eine Erneuerung erfuhr, wurde
die Schrift der altsyrischen Kirchenbücher verwandt. Nur sie hat
sich bis in die jüngste Zeit bei den Maroniten für die arabische
') HiSäm L (172/788—180/796) erliess ein Edikt, Spanisch-
Lateinisch dürfe in seinem Lande nicht gesprochen und geschrieben
werden, und die Mozaraber mussten ihre Kinder in die arabischen
Schulen schicken. Bezeichnet auch Simon et selbst, der Glosario
Xn diese Notiz giebt, die Nachricht nicht als durchaus sicher,
so ist die Sache doch ganz im Geist der Zeit und der bereits
damals den Islam beherrschenden Ideen. Das Verbot hat übrigens
bekanntlich eine vollkommene Wirkung nicht gehabt.
*) Türkische Bibeln in armenischer und griechischer Schrift
sind von der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft her-
gestellt. Beträchtlich ist die Erzeugung von Volksbüchern dieser
Mischart. Ich möchte die Aufmerksamkeit der Sammler auf diesfe
Eintags-Litteratur richten, die, das Stück für wenige Pfennige,
an den Strassenecken Galatas zu haben ist. Griechische Volks-
lieder finden sich in armenisch gedruckten Heften in meinem
Besitz.
36
Digitized by LjOOQ IC
ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN. 37
Sprache erhalten, die sie gegen die heimische eingetauscht
haben ^).
Ein Denkmal solcher Schrifterhaltung bei Sprachverlust scheint
auch der arabische Text in äthiopischer Schrift zu sein, der
bei Ludolff Grammatica Aethiopica (Londini 1661), p. 4 f. mit-
geteilt ist*). Kaum triflFt die Vermutung des grossen Gelehrten
zu, „Muhammedanos . . . Aethiopicis Characteribus ad putidas snas
fabulas abuti, quo misellas oves seducant". Muslims hätten
schwerlich des fremden Alphabets für arabische Rede sich bedient,
wohl aber war das von abessinischen Christen zu erwarten, die
neben der Muttersprache arabisch verstanden oder das Arabische
als Verkehrssprache angenommen hatten.
Völlig verloren ist, wie die originale Sprache, so auch die
Schrift den unglücklichen Kopten, die man nicht zu hart wird
schelten dürfen; sind sie doch von ihren islamischen Herren ganz
besonders grausam verfolgt worden, wie sie auch an geistigen und
moralischen Kräften den orientalischen Mitchristen nachstehen.
So ist bei den Christen die Schrift der Strohhalm, an den
Untergehendes sich klammert, der Rest der eigenartigen Kultur,
durch den die Erinnerung an sie wachgehalten, die Verbindung
der Masse mit ihr gewahrt, die Rückkehr zu einem neuen natio-
nalen Leben erleichtert wird.
^) Mit der Monopolisierung der Druckthätigkeit in Syrien
durch die Beiruter Jesuitenpresse verschwinden allmählich, scheint
es, die maronitischen Klosterdruckereien des Libanon, die den
Klerikerbedürfnissen dienten und nur syrische Typen besassen,
wie die von der qannölnn im nördlichsten Libanon und von der
iämü in Kesrawän. Hier zwang der Mangel arabischer Typen
zum KarSünl. Es laufen wirklich im Libanon Leute herum, die
das Arabische leichter und schöner mit syrischen denn mit ara-
bischen Buchstaben malen. Sie kamen mir immer wie Fossile
vor, und die Behauptung ist nicht zu gewagt, dass die Tage dieser
Gattung gezählt sind.
*) Von dem Stück der Fabel von Salomo und der Ameise,
das Ludolf aus den letzten Blättern eines Leidener Psalmen-
manuskriptes (Leg. Scaliger) mitteilt, wird a. a. 0. eine arabische
Umschrift gegeben, die nicht einwandfrei ist. Bemerke:
sakar nicht = «a/«ir, sondern = «ocÄcÄar
*äta „ „ dtä, „ „ 'äta (für *(rfä?)
akder „ „ akder^ „ „ achdar
jansah „ „ jansab^ „ „ jansab
hamülü ist Fehler des Originals oder der Abschrift oder des
Druckes für haulü {=zhaulahu).
37
Digitized by LjOOQ IC
38 ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN.
Im Gegensatz hierzu sucht der allvolkliche Islam bei den
Nichtarabem, die er angezogen, jede Spur nationalen Empfindens
zu verwischen. Es ist ihm nicht gelungen. Allenthalben dringen
ursprüngliche Elemente hervor, und nicht selten erweist sich die
Religion des arabischen Propheten als eine dünne Tünche ^). Aber
Eines kommt sicher mit der neuen Religion: das Buch biUsänin
'arab^in mu&tn, d. h. in klarer arabischer Rede, und mit ihm die
arabische Schrift.
In Turkestan waren die Runenzeichen der kOktürkischen
Inschriften bei der Überschwemmung des Landes durch nestori-
anische Missionare einem ursprünglich syrischen Schriftsjstem,
dem uigurischen, gewichen. Der Islam kam. Auch dann noch
wurde an dieser Schrift festgehalten. Das Kudatku Bilik, das
teekire-i-ewmä werden in uigurischer Schrift niedergelegt. Daneben
erscheinen aber Ausgaben in arabischer. Auf den Münzen der
Hchane Persiens finden sich mongolische Legenden und arabische
nebeneinander. Längst hat die arabische Schrift auf der ganzen
Linie gesiegt.
In Indien ist die Schrift&age der Pol, um den äusserlich
der gewaltige Kampf der beiden feindlichen Elemente, der Gegen-
satz, der den Engländern die Herrschaft sichert, sich dreht. „Les
Hindous ne pouvant pas s'emparer du pouvoir, ils veulent du
moins ^Carter tout ce qui se ressent du joug musulman, et ils
s'en prennent ä la langue urdue elle-m^me, ou simplement, pour
mieux dire, aux caract^res persans avec lesquels eile est ^crite,
qu'ils consid^rent comme portant le cachet musulman .... C'est
Tantagonisme de race et de religion qui est en jeu, bien que ni
les uns ni les autres ne veuillent l'avouer" *j. Wie die Engländer
sich zu der Frage gestellt, davon an anderer Stelle. Doch sei
hier die sehr bemerkenswerte Thatsache verzeichnet, dass nach
1) Anschaulich hat Qoldziher in „Muhammedanische Studien"
das Ringen der nationalen Elemente islamisierter Völker mit dem
starren Arabertum geschildert, zugleich auch den Kampf unisla-
mischer Einrichtungen, die dem neuen Glauben und seinen Ver-
boten nicht weichen wollten. Erstaunlich gering ist die Kenntnis,
welche die meisten nichtarabischen Muslims vom Islam haben.
Der Sultan hat vor einigen Jahren eine Beschneidungstation in
Baghdad eingerichtet, damit die zahlreichen Erwachsenen, an
denen die Operation noch nicht vollzogen ist, wenigstens das
äussere Merkmal des Islams erb alten.
*) Gttroin de Tassy, Histoire de la Litt^rature Hindouie*
1, 41
38
Digitized by LjOOQ IC
ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN. 39
Garcin de Tassy (a. a. 0. 3, 380) in AUahabad i. J. 1844 eine
TJrdu-Übersetzung des Qur'Än „en caractöres romains** gedruckt ist.
Nur in Cji^ina hat die arabische Schrift nicht Boden gefasst.
Die Muslims^} fühlen sich zwar wie die Christen als ein den An-
hängern der Landesreligion fremdes Element, halten sogar, wenn
ich den Erzählungen eines italienischen Missionars Glauben schenken
darf, gegen sie zusammen, stehen aber unter dem Einflüsse der
altchinesischen Kultur^), abgesehen natürlich von den Teilen Ost-
turkestans, die als fast rein islamische Gebiete zu betrachten sind.
Nach Mitteilungen meines verehrten Kollegen, Professor Arendt,
ist die Kenntnis des Arabischen bei den chinesisch sprechenden
Muslims sehr gering; „eine Anleitung zum Yersl^dnis des Ara-
bischen, besonders arabischer Gebete, wird verkauft in Peking in
dem Lung-fu-sze genannten Tempel bei dem am 9., 19. und 29.
jedes Monats stattfindenden Jahrmarkt. Die chinesischen Muslims
beten ihre arabischen Gebete nach chinesischer Aussprache und
verstehen nichts davon***). — Vor mehreren Jahren waren im
Berliner Kunstgewerbemuseum die chinesischen Porzellane der
Sammlung Ohlmer aufgestellt. Eine einzige Schale hatte neben
chinesischen Zeichen auch eine arabische Legende. — Als ich im
Herbst 1897 in Kairo war, wurde mir erzählt, 1894 seien chine-
sische Muslims durch Kairo gekommen, an denen ihren arabischen
Glaubensgenossen besonders au^el, dass sie lange Streifen mit
arabischer, aber stark veränderter Schrift bei sich hatten. Aus
alledem geht hervor, dass die arabische Schrift dort nur ein
kümmerliches Dasein führt. Davon, dass sie zur Darstellung der
Sprache der chinesisch sprechenden Muslims verwandt worden sei,
scheint kein einziges Beispiel vorzuliegen^).
^) Für die Litteratur betreffend den Islam in China verweise
ich auf Oordier, Bibliotheca Sinica, passim.
*) Vgl. RÄville, La religion Chinoise, 600f.
■) Über einen Druck von Priores des Musulmans chinois s.
Oordier a. a. 0. 1, 640.
*) Hier sei vermerkt, dass eine Form der arabischen Schrift
aus China zu stammen scheint: die, in welcher die Buchstaben
sämtlich ab Striche, bezw. als Winkel und Vierecke stilisiert sind.
Als ich eines Tages die Darstellung altchinesischer Zeichengruppen
betrachtete, war mir die Ähnlichkeit schlagend. Von einer
, Willkürlichkeit* ist bei denen, die zuerst jene Stilisierung der
arabischen Schrift aufbrachten, sicher nicht die Rede. Sie hatten
Vorbilder. Und diese Vorbilder sind in China zu suchen. Dr.
Hartin (National-Museum, Stockholm) kam selbständig zu der
Digitized by LjOOQ IC
40 ORIENTALISCHE UMSCHRIFTEN.
Wie hat sich Europa zu der Frage zu stellen? Es sind bereits
oben (S, 21) unter Verweisung auf meinen Artikel über die Fiske -
sehen Bestrebungen einige Winke gegeben. Die weitere Erörte-
rung muss einer Sonderstudie vorbehalten bleiben. *
Die n'ächsten Jahrzehnte werden der Schrift im Orient Ver-
änderungen bringen, eingreifender, als der Islam sie brachte.
Denn eine gewaltige Eulturbewegung bahnt sich an, und ein Stück
der Kulturgeschichte ist die Schriftgeschichte.
gleichen Ansicht, als er die Denkmäler Timurlenks und Bibicha-
nums in Samarqand sah. Ausgesprochen ist sie, soviel mir bekannt,
noch nicht.
Ausgegeben den 10. August 1899.
Druck TOB Max Sehmersow vorm. Zahn & Baendel, Kirehhain N.-L.
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
China und der Islam.
„TÄe zeaUus spirit of proselytism mth which ihe
Chinese Musalmans are animatedj secures for them a
constant successian of new converts, and they confidently
look forward to ihe day when Islam tviU he triumphant
ihrougJumt the length and breadth ofthe Chinese Empire,^
Mit diesen Worten schliesst der Professor am Muham-
madan Anglo-Oriental College in Aligarh (Indien), Arnold,
-das 10. Kapitel seines ausgezeichneten Werkes „TAe
Preaching of Islam^, das der Ausbreitung des Islams in
China gewidmet ist.
Das klingt erstaunlich, und ein guter Kenner Chinas
rief, als ich ihm den Satz vorlas: Übertrieben ! Und
^och ist die Voraussage nicht neu. Dass für die 25
bis 30 Millionen Muslims, die in China leben, die einstige
Allherrschaft ihrer Religion in dem weiten Reiche ein
fester Glaubenssatz ist, bedarf kaum der Versicherung.
Aber auch zwei Berufenste haben ihre Überzeugung
von der Zukunft des Islams als Hauptreligion Chinas
ausgesprochen: der kürzlich verstorbene Sinologe Was-
siljew 1867 und der ehemalige französische General-
konsul und Geschäftsträger P. Dabry de Thiersant
1878. Jener malte in der kleinen Sonderschrift „o
dwijenii magometanstwa w kitaje^ (über die Bewegung
des Islams in China) die schrecklichen Folgen der Ver-
islamung Chinas, die er verkündete, dieser sieht in der
Verdrängung der jetzt herrschenden Religion durch die
des arabischen Propheten, die er für wahrscheinlich hält,
keinen Anlass zu Befürchtungen, er hoflft vielmehr davon
^ie günstigsten Folgen für das Werk der Civilisation.
1
Digitized by LjOOQ IC
42 CHINA UND DER ISLAM.
Ist die Voraussage begründet? und wenn, ist so
gestalteter Zukunft mit Bangen oder mit Freude ent-
gegenzusehen? Solchen Fragen Antwort zu suchen
heischte das Verhältnis der Franken zu dem Riesen-
reich, auch wenn nicht die Junitage die Schärfe des
Gegensatzes offenbart hätten. Es kann nicht aus-
bleiben, dass dieser Gegensatz auch das, was im Lande
selbst uneins ist, hervortreten lässt. Schon tauchen in
den Zeitungen die Muslims als ein bedeutender Faktor
für die Lage im Norden des Reiches auf. Das nimmt
nicht Wunder den, der die innere Geschichte Chinas
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die heftigen
Kämpfe der Centralregierung mit islamischen „Rebellen"
im Norden und Süden des Reiches verfolgt hat. Doch
Einzelereignisse gewähren kein Bild von dem Ganzeu
der Entwicklung des Islams im Lande, imd so soll in
einer kurzen Skizze die Geschichte der Anhänger des
Propheten vorgeführt, dann die gegenwärtige Lage der
Muslims im Reiche dargestellt werden. Nur eine so zu-
sammenfassende Schilderung kann manches Rätsel lösen,
das die Kulturzustände der chinesischen Muslims uns auf-
geben, nur sie auch kann uns Anhaltspimkte für die
Antwort auf die oben gestellten Fragen gewähren.
Digitized by LjOOQ IC
Der ÄDfang des Islams in China ist in Dunkel ge-
hüllt. Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts hinauf
lässt sich die fest eingewurzelte Legende verfolgen,
dass der Genosse des Propheten Sa*d Ibn Ab
Waqqäs den Islam in China eingeführt habe ^). Sind
diese und ähnliche Fabeleien nur von Wert als Denk-
mäler einer gewissen Zeit in Hinsicht der Kenntnisse
und der Neigungen, so kommen hier auch die gutbe-
glaubigten Zeugnisse über historische Thatsachen nur
so weit in Betracht, als diese Thatsachen Exponenten
einer innem Entwicklung sind. Es ist nicht von Be-
deutung, wie oft, in welchen Jahren, in welcher Zahl
Gesandte der Cbalifen an den Kaiserhof von China ge-
kommen sind, selbst nicht, in welchen Zwischenräumen
und in welchem Betrage die Ansiedlung islamischer
Fremdlinge auf chinesischem Boden sich vollzog.*) Das
Motiv, das in all diesen äussern Vorgängen zum Aus-
druck kommt, ist es, das unsre Beachtung verlangt. Es
ist genau das gleiche, das dem Vorgehen der Franken
in den letzten zwei Jahrzehnten zu Grunde liegt: im
Besitz einer uralten Kultur lebt das durch eine Sprache
und eine Sitte verbundene Volk von ca. 400 Millionen
Seelen dahin, genügsam, fleissig, die Berührung mit dem
Fremden scheuend und es abweisend, froh, wenn die
Kräfte der Natur, die man nicht zu bändigen versteht,
^) Das Einzelne darüber siehe unten in dem Souderartikel
öa*d Ibn Abi Waqqas.
*) Für die Hauptthatsachen verweise ich auf Thiersant i
16 ff und auf üev^ria 307-310.
1*
3
Digitized by LjOOQ IC
44 CHINA UND DER ISLAM.
nicht zu verderblich auftreten, wenn die Leidenschaften
der Mächtigen, die Anzettelungen innerer Unruhstifter
nicht zu gewaltsame Erschütterungen herbeiführen. Aber
das Fremde kommt; eines Tages sind sie da, die frechen
Eindringlinge, sei es mit dem Qur*än, sei es mit dem
Evangelium in der Hand, behauptend, sie seien getrieben,
den Verblendeten Besseres zu bringen. Qur*än und
Evangelium sind Strohpuppen, die vorgeschoben sind,
um die Gier nach Beute zu maskieren: dem Glaubens-
sendling folgt unmittelbar der fremde Krieger oder
Händler, der da, wo es ihm wohl ist, dem uralten Herrn
des Landes sagt: Ote-toi pour que je m*y mette, und
hat er sich einmal wo hingesetzt, erklärt: J'y suis, j*y
roste. Lässt sich das der Chinese nicht gefallen, dann
schreit der Fremde: Du bist ein Feind des Propheten,
du beschimpfst den Heiland, dafür gebührt blutige
Rache. Der Unterschied zwischen den beiden grossen
Klassen von Landräubern, die China als fette Beute
lockte, ist, dass die Qur'änleute und ihre Hintermänner
schlauer und imschlauer, zäher und un zäher waren und
sind als die Bibelleute und ihre Hintermänner. Schlauer,
denn sie machten den Mund nicht gar so weit auf, ver-
letzten nicht unnötig in thörichtem Dünkel die Gefühlt*
der Herren des Landes; unschlauer, denn sie erfassten
nicht den tiefen Unterschied zwischen ihrem Wesen
und Glauben und denen der Alteingesessenen; unzäher,
denn sie Hessen sich in den Bann der Kultur zwingen,
die sie im Lande vorfanden, nahmen Sprache und Sitte
an, machten dem Brauch des Landes Konzessionen;
zäher, denn sie waren doch immer von dem Gedanken
der religiösen Zusammengehörigkeit und der Notwendig-
keit des Zusammenhaltens durchdrungen, beseelt von
der Idee, ihre Religion müsse doch einmal die herr-
schende werden, arbeitend mit allen Mitteln, diese Idee
in Wirklichkeit umzusetzen. Grosses haben sie erreicht:
25 Millionen ist die niedrigste Zahl, auf welche die
Hui-hui zu schätzen sind. In Peking allein wohnen
20000 Familien (ca. 100000 Seelen) Jeder Muslim
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 45
ist ein Missionar, sucht Proselyten zu machen; daneben
wird systematisch vorgegangen, imd auch heute kommt
vor, was schon oft geübt wurde : der Ankauf von Kindern,
um sie im reinen Glauben zu erziehen *). Die Franken
haben allerdings nie in so ausgedehntem Masse eine
heimliche Eroberungspolitik getrieben. Aber auch von
ihnen sind doch im Lauf der Jahrhunderte grosse
Mengen ins Land gekommen und haben für ihren
Glauben Anhänger in der Bevölkerung gewonnen, nur
wird freilich die Zahl der Christen auf höchstens lYi
Million geschätzt werden dürfen ; einmal schien es schon,
als sollte China christlich werden: zur Zeit des Kaisers
K'ang-hsi waren die katholischen Sendboten allmächtig*),
aber die Diener der Religion der Liebe, die übrigens
auch den Zauber der chinesischen Kultur an sich er-
fahren haben sollen, machten selbst ihrem Werk durch
Hass ein Ende. Es ist bekannt, wie Jesuiten und Do-
minikaner in China einander in die Haare gerieten, und
wie schliesslich alle miteinander zum Tempel hinausge-
jagt wurden. Und heute? Es scheint fast, als wollten
die Chinesen sich aufraffen und den Fremden gegen-
über, die allzu anmassend wurden, thatkräftig ihre
heiligsten Güter wahren.
*) Ganz wie bei uns die Kinder von „Heiden** oder von
Christen anderer Konfession gegen Geld und gute Worte oder
auch nur gegen das Versprechen, sie zu nähren, zu kleiden uud
zu unterrichten, den Eltern abgenommen und zu Katholiken,
Protestanten, Orthodoxen gemacht werden. Die schweren Ver-
sehen der Missionen sind oft genug dargestellt, hier sei nur der
amtliche Bericht des Gesandten der V. S. von Amerika erwähnt,
wie man alle Listen anwandte, um „Seelen zu retten", z. B. Kinder
in den letzten Zügen heranschleppen Hess, um sie in artistäo mortis
zu taufen (Bon lg er 328). Man wird künftig den Missionaren scharf
auf die Finger sehen müssen ; denn sie sind eine beständige Gefahr.
*} Gute Beiträge zur Geschichte der katholischen Mission
enthalten die Arbeiten Gordiers: Notes pour servir ä Vlmtoire
des iltudes Cfwnoises eu Europe, jusquä Vepoque de Fourmont Vami
in: Nouveaux MHanges OrierUaux, Paris 1886 xmd Fragments d'tme
Eistoire des lätudes Chinoises au XVIU^ ^Siecle in: Centenaire de
VikoU des Lcmgues Orientales Vivantes, Paris, 1895.
Digitized by LjOOQ IC
46 CHINA UND DER ISLAM.
Bis um 1200 etwa war die Zahl der in China an-
sässigen Muslims gering. Nimmt man selbst die Ziffern,
die immer wieder bei den Berichten über die ersten
grösseren islamischen Ansiedlungen aufmarschieren,
als zu gering an (bekanntlich wachsen eher solche An-
gaben in der Phantasie der Chronisten) und rechnet
man einen hohen Prozentsatz für Vermehrung imd
Proselytenmacherei, so wird doch die Gesamtzahl der
um 1200 in China ansässigen Muslims nur auf einige
Hunderttausend geschätzt werden dürfen*). Die unge-
heure Zunahme geht indirekt auf den Mann zurück,
der in zwei und fünfzigjähriger gewaltiger Thätigkeit
das schuf, was Jahrhundertelang die Geschicke Asiens be-
stimmte, öengiz (1175-1227)2). Er wie seine Nachkommen
In gleicher Weise wird Bretschneider 1. 269t. diebe-
deutende Zahl der Muslims, die jetzt über ganz China zerstreut
sind, auf die Einwanderungen zur Zeit der Mongolenherrschaft
zurückgeführt.
^) Ist man heut auch mit Recht geneigt, das Wirken der
sogenannten grossen Männer in der Geschichte geringer einzu-
schätzen, als es die mechanische Schreiberei that und thut, die
nur von Fürsten, Staatsmännern, Feldherren, von Schlachten,
Friedensschlüssen und andern Haupt- und Staatsaktionen zu be-
richten weiss, sieht man auch mit Recht die treibenden Kräfte
viel mehr in dem leisen, aber starken Wirken wirtschaftlicher und
geistiger Faktoren, so darf doch der Einfluss, den eigenartige
Menschen in ausgesetzter Stellung auf die Nächsten, durch sie auf
die Weiteren, auf die Welt geübt haben, nicht bestritten werden:
Im Falle öengiz Chan ist die Gefahr der Missleitung durch die
lobhudelnden orientalischen Chronisten und die vielhundertjährige
Kompendienschreiberei besonders gross. Die Mongolenstämme,
an deren Spitze öengiz trat, waren von Kraft strotzende Gebilde,
die nur auf den Anstoss warteten. Alles zu überfluten. Das
Schreiben an den grossen Taoisten Ch'ang Ctfun von 1219 schätzt
Bretschneider 1, 36 f. zu hoch ein. Für die Paarung von Schein-
bescheidenheit mit grossen Worten lagen auch damals schon
Muster genug vor, und das wahre Motiv der Sehnsucht nach dem
Weisen brach naiv in den Worten hervor, mit denen der Fürst
gleich bei der ersten Audienz herausplatzte: „Hast Du ein Mittel
für Unsterblichkeit?« Denn es war bekannt, dass die JSekte des
Goldenen Lotus, der Chang Chun angehörte, nach dem Stein der
Weisen, dem Geheimnis der Unsterblichkeit, suchte.
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 47
waren völlig frei von religiösem Fanatismus, und sie
Hessen in ihren Reichen Anhängern aller Religionen
freies Gewähren^.) Auch nach dem Zerfall seines Reiches
knüpfte ein festes Band die unabhängigen mongolischen
Herrscher Persiens und der goldenen Horde an den
Grossqän in Chänbäligh (Peking). Wie sie fortfuhren,
im eigentlichen China grosse Domänen (Apanagen) zu
besitzen, wie sie streng das Ceremoniell dem kaiser-
Uchen Vetter gegenüber beobachteten, ist oft berichtet
worden. Es war ein beständiges Gehen und Kommen
zwischen den Hauptstädten der grossen Mongolenreiche,
und nicht nur Naturprodukte und Waren tauschte man
aus, sondern auch Gelehrte und Kunsthandwerker. So
traten die beiden Kulturkreise, der buddhistisch-chine-
sische und der islamisch-persische, in die engsten Be-
ziehungen zu einander. China war damals ein dem
Handel und dem fremden Kultureinfluss weit geöffnetes
Land. Dass die Muslims von diesem Zustande den
grössten Vorteil hatten, liegt auf der Hand, da ja in
den Grenzländem der Islam die herrschende Religion
war. Aber auch die Christen waren wohl gelitten, und
die Bedeutung der Nestorianer für China, die schon
längst im Lande heimisch waren, und von denen die
aus dem Jahre 781 stammende chinesisch - syrische
Bilinguis von Singanfu herrührt, ist oft gewürdigt
worden. Wie andrerseits Chinesen in die islamischen
Länder verpflanzt wurden, davon liegen zahlreiche
Beispiele vor. War doch der unverbesserliche Intri-
gant und Stänker und einzigartige Geschichtschreiber,
der sein Strebertum und den Hass gegen jeden Rang-
genossen mit einem schrecklichen Tode bezahlte, Rasid-
eddin, wenn nicht selbst ein Jude aus China, so der
Abkömmling eines solchen, der mit dem Übertritt zum
Islam eine gute Laufbahn für sich und seine Nach-
^) Qabilsj — Hu-pi-lieh liesa i. J. 1289 in der Hauptstadt eine
Kaiserliche Schale für die Hui-hu errichten, die den Islam an-
genommen hatten.
Digitized by LjOOQ IC
48 CHINA UND DER ISLAM.
kommen erkaufte^). Ein chinesischer Astronom wurde
von Hulagu zum Zusammenarbeiten mit dem berühmten
Näsireddin Ettüsi befohlen. Auch hier siegte wieder
das Prinzip der stärkeren Kultur. Die mongolischen
Barbaren nahmen die an, mit der sie jeweilig in Be-
rührung kamen und blieben, wurden als Grossqäne
Chinesen, als Ilchäne Perser. Als dann durch sie die
beiden Kulturen in Berührung traten, drang überall die
islamisch-persische ein und vor. Nirgends finden wir
erhebliche Spuren chinesischer Sprache und Sitte in
Persien, dagegen errang sich das Persische im Reich
der Mitte eine hochangesehene Stellung. Um 1350
findet Ibn Batüta im kaiserlichen Palast zu Peking die
Hofwürdenträger mit persischen Titeln bezeichnet, und
derselbe Reisende erfuhr einen besondern Beweis der
Vorliebe für das Persische in der gi'ossen Hafenstadt
Chansä*); dort veranstaltete der Sohn des mongolischen
Stadtgouverneurs Qurtai ihm zu Ehren Festlichkeiten.
*) Die Exjudaei müssen in China sehr zahkeich sein; von
den schon in früher Zeit in China anzutreffenden Juden waren
viele in Diensten der Regierung; gegen Ende des 17. Jahrhunderts
soll ein grosser Teil von ihnen zum Islam hinübergezogen ge-
wesen sein (Arnold 249 nach Clark Abel, Narrative of a
Joumey in tTie Interior of China] London 1818, 361). Heut scheint
es fast gar keine Juden in China zu geben. S. die Anm. 1 zu S. 3
von „Die Preuasisc?^ Expedition nach Ost- Asien"* III; das dort Aus-
geführte scheint sich aber nur auf Wylie, RechercheSy sur
Vexistence des Juifs en Chine (Paris 1864) zu stützen.
^} d. i. Hang-cou, Polo's Kinsai, s. Br et Schneider 1, 187
n. 522. Man wird dieselbe Stadt in dem eJiängü Ibn Chordädbeh
69 sehen dürfen. Dass die Muslims des Ortes ihn wirklich
Ibn Batüta chansü nannten, ist nicht wahrscheinlich. Er wird sich
den Namen zurecht gemacht haben, den er mit dem der Dichterin
Äkhansa vergleicht (4, 284). Hier sei angeschlossen, dass sich
das qämü Ibn Chordädbeh 69 (wo so statt qäntü zu lesen sein
wird) und 70 wird mit dem Namen der Provinz Kiang-su zu-
sammenstellen lassen. Die arabischen Reisenden hörten w^ahr-
scheinlich kang-su^cing (Hauptstadt von Kiang-su). Die Sinologen
mögen ermitteln, welche Stadt der Provinz heut diesem qänsü—
Jnang-sU'Cing entspricht.
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 49
Die bei diesen vorgetragenen Gesänge waren chinesisch»,
arabisch und persisch, am meisten aber gefielen den
Gästen die persischen Lieder, von denen Ibn Batüta
ein Verschen mitteilt (4, 290). Es ist mit Sicherheit
anzunehmen, dass in der Zeit der Yuen- Dynastie
(1248 — 1370) und auch schon vorher ein ungeheures
Einströmen von Muslims in China erfolgt ist. In den
letzten Jahren des 15. Jahrhunderts reiste der Derwisch
'Ali Ekber, genannt Chitäi, im Lande und berichtet
von der sehr beträchtlichen Anzahl von Muslims, die
als Unterthanen des Kaisers dort wohnen; die Stadt
Ken-gan-fu habe, versicherte man ihm, nicht weniger
als 30000 muslimische Familien, imd in Chänbäligh
habe der Kaiser vier Moscheen erbauen lassen^). Ganz
besondere Aufmerksamkeit verdient die Thatsache, dass
das Persische um 1500 die Geschäftsprache des chinesisch-
islamischen Handels, d. h. wohl des Aussenhandels ^)
überhaupt war. Freilich hat man sich diesen Handel
nicht so vorzustellen, wie er bei uns geübt wird. Es.
ist nachgewiesen, dass kaufmännische Geschäfte in
China ein Monopol der Regierung bildeten, und von
dieser in einer den Schein der Majestät wahrenden
Weise betrieben wurden: der fremde Händler nahte
sich unter Proskynesis dem kaiserlichen Throne und
überreichte Waren, für die er dann ein Gegengeschenk
empfing. Eine wunderbare Scheinvorstellung, deren
wahrer Charakter sehr deutlich aus den Urkunden
hervorgeht, die für die Gelegenheit nach einem fest-
stehenden Formular aufgesetzt wurden. Wir besitzen
Proben dieser Eingaben in persischer und chinesischer
Fassung. Die persischen Stücke zeigen eine bis zur
UnverständUchkeit verwahrloste Sprache'). Höcht merk-
') Nach Schefer 29 f.
^) Der Verkehr mit dem Auslande lag ganz in den Händeni
von Muslims, denn sie waren in allen Hafenplätzen Asiens das.
herrschende Element.
^) Merkwürdige Dinge habe ich selbst im Konsulatsdienst
erfahren ; es kamen mir nicht bloss Eingaben von Privatpersonen^
Digitized by LjOOQ IC
50 CHINA UND DER ISLAM.
würdig ist, dass sie in dieser sprachlichen Verwahr-
losung, auch in dem Aussem, in der Schrift, ein Gegen-
stück haben in Urkunden, die neuesten Datums sind.
Unten werden zwei Kanton -Drucke behandelt,
von denen der eine Gebets Vorschriften in persischer
Sprache enthält. Schon ein Vergleich der diesem
Heft beigefügten Tafeln mit den Facsimiles bei Schefer
zeigt, wie nahe sich die Stücke aus ca. 1500 und
die vom Jahre 1872 stehn. Nun kann es auch
nicht mehr verwundern, das Persische heut in Büchern
zu finden, die für die chinesischen Muslims aller
Stände bestimmt sind. Nun erhält die Behauptung
Thiersant's (2, 285 f ), dass in den islamischen Schulen
Chinas neben dem Chinesischen das Arabische und
das Persische gelehrt werde, eine ganz neue und
sehr scharfe Beleuchtung. Mit staunenswerter Zähig-
keit hat sich das Persische in Ansehn erhalten bei den
Nachkommen der Muslims, denen es vor vier Jahr-
hunderten die offizielle Sprache war. Und wie sollte
diese Anhänglichkeit an die Sprache der Ahnen nicht
natürlich sein bei einem Volke, dessen religiöser Haupt-
zug der Ahnenkultus ist? dieser Ahnenkultus hat selbst
in den Islam hinein gewirkt, und mehrfach finden sich
Spuren davon in schriftlichen Äusserungen, die uns
vorliegen. Bedarf es keines Beweises weiter, wie innig
die heutigen Muslims Chinas mit ihren Vorvätern zu-
sammenhängen, wie die Erinnerung an ihren Ursprung
unter ihnen lebt, und wie sie, trotz aller Beeinflussung
durch die sie umgebende andersgläubige Bevölkerung,
doch an Eigenartigem festhalten und dadurch vor völ-
ligem Aufgehen in das grosse Ganze sich wahren, so
ist damit zugleich die Leichtigkeit gegeben, mit welcher
ein Zusammenschluss mit den andern Muslims für die
Ohinas sich bewirken lässt. Trotz der Verbreitung des
sondern selbst amtliche Schriftstücke von Behörden in arabischer
Sprache zu Gesicht, zum Teil zur Bearbeitung, die man nur ver-
stehen konnte, wenn man aogefähr wusste, um was es sich
handelte, oder einen Kommentar dazu erlangen konnte.
10
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 51
Arabischen und Persischen unter den Muslims Chinas
und trotz der Fähigkeit der Gebildeten unter ihnen,
die beiden Sprachen nicht bloss zu schreiben, sondern
auch zu sprechen, scheinen doch die Beziehungen
wenig ausgebildet. Chinesen sind in Stambul ebenso
seltene, eher seltenere Erscheinungen als in andern
Hauptstädten Europas. Man kann die Besuche bedeu-
tenderer chinesischer Muslims dort zählen. Im Jahre
1845 war Ma Fu-cu dort, im Jahre 1894 Sulaiman
Efendi mit einigen Begleitern. Der Sultan, der ein
so grosses Interesse an den Muslims auch der fern-
sten Länder nimmt, würde gewiss gern öfter Besuche
einflussreicher Chinesen an seinem Hofe sehn. Es
scheint aber, dass in den letzten Jahren kein Wandel in
dem früheren Zustande eingetreten ist. Selbst nach
Mekka gelangen aus China verhältnismässig wenig
Pilger^). Wird es so bleiben? wird es anders werden?
was ist das Interesse der Franken, unser Interesse?
Ehe eine Antwort auf diese Frage gesucht wird, sei
ein Blick auf die Lage der chinesischen Muslims in
der neuesten Zeit geworfen.
II.
Seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ist
<iie Centralregierung Chinas zwei Mal mit Muslims des
Reiches in Konflikt geraten. Im Jahre 1855 fanden
heftige Reibungen zwischen Muslims und Chinesen in
den Minengegenden Yün-nan's statt. Am 19. Mai 1856
sollte unter den verhassten Hui-hui ein Blutbad k la
Sizilianiche Vesper angerichtet werden. Der Plan miss-
lang. Wurden auch viele erschlagen^ so blieben doch
ihrer genug übrig, um eine Erhebung zu veranstalten,
^eren Niederwerfung sich bis zum Jahre 1873 hinzog.
Nur der Abfall des einen der beiden Hauptführer, Ma
*) Snouck schätzt ihre Zahl auf 20-30 jährlich.
11
Digitized by LjOOQ IC
52 CHINA UND DER ISLAM.
Sien, alias Ma Ju-luDg, rettete den Chinesen die wichtige
Provinz, in der sonst leicht dem Islam eine starke Burg
hätte geschaffen werden können. Tu-wen-siu, in Europa
als Sultan Suliman bekannt, wurde am 15. Januar 1873
seine Hauptstadt Ta-li-fu übergeben und damit war das
Schicksal des Aufstandes besiegelt Von beiden Seiten
war mit ungewöhnlicher Grausamkeit vorgegangen worden,
und der Hass, der beide Teile beseelte, war mehrfach
hervorgetreten, besonders in dem Aufwand an Falsch-
heit und Wortbrüchigkeit, die in einem selbst für
orientalische Verhältnisse sehr hohen Masse geübt
wurden.
Nur etwa sechs Jahre nach dem Beginn der Feind-
seligkeiten in Yün-nan kam es zu einer Bewegung im
Nordwesten des Reiches. Einer der beiden kaiserlichen
Kommissare, die zur Beilegung eines Streites zwischen
Soldaten tunganischen und chinesischen Ursprungs in
Schen-si geschickt waren, wurde von dem Führer der
islamischen Pailei erschlagen. Kaiser Tung-ci dekretierte
die Hinrichtung aller, die im Glauben des Islams ver-
harren würden. Konnte auch der Aufstand in Schen-si
imd Kan-su, wohin er sich schnell ausbreitete, von den
Chinesen unterdrückt werden, so ging das ganze west-
liche, ausserhalb des eigentlichen China gelegene Gebiet,
chinesisch Ost-Turkestan, das von der Bewegung er-
griffen wurde, verloren. Im August 1863 wurden alle
buddhistischen Chinesen von der islamischen Garnison
zu Yarkand niedergemacht. 1866 nahm Ja*qüb Beg
als HeiTscher des Kaschgargebietes den Titel Atalik
Ghazi an. Erst 1874 ging der chinesische General
Kin Shim energisch vor, und als am 6. November 1876
die letzte Burg der Rebellen, Manas, fiel, war es mit
dem Widerstände der Tunganen aus. Daran konnte
auch der verzweifelte Widerstand nichts ändern, den
Ja*qüb Beg den siegreich vordringenden Chinesen ent-
gegensetzte. Der geringe Rest des jungen Reiches
wurde verloren, als nach dem Tode des Herrschers am
1. Mai 1877 die islamischen Bewohner in zwei einander
12
Digitized by LjOOQ IC
CfflNA UND DER ISLAM. 53
bekämpfende Parteien zerfielen. Mit dem Fall Kasebgars
am 26. Dezember 1877 und dem Chotens eine Woche
später fanden die Feldzüge ein Ende, durch welche die
Chinesen ihre Herrschaft über die rebellischen MusUras
ToUständig wiederherstellten. In dem an Ostturkestan
anstossenden Ui mit der unruhigen islamischen Tarantschi-
Bevölkerung, die im Jahre 1865 die chinesischen Herren,
verjagt hatte, stiftete im Jahre 1871 Russland Ruhe,
stellte aber das besetzte Gebiet durch Staatsvertrag vom
12. Februar 1881 den Chinesen wieder zu.
Boulger knüpft an den Bericht über den Fall von
Manas*) die Bemerkung: „With its capture, those Mahome-
dans who might be said to be Chinese in ways and
appearance ceased to possess any political importance;
it would not be going much too far to say that they no
longer existed**. Die Lektionen, welche die aufständischen
Muslims im Süden und im Norden erhalten hatten, waren
so schwer, dass vor der Hand an neue Versuche, aus
eigner Kraft sich aufzulehnen, nicht zu denken ist.
Andrerseits hat die chinesische Regierung allen Grund,
in den Muslims des Reiches ein gefährliches Element
zu erblicken, dem scharf auf die Finger gesehen werden
muss. Die Gefühle, die Buddhisten und Muslims gegen
einander hegen, sind keineswegs freundschaftliche, und
die schon oben S. 39 mitgeteilte Angabe eines italienischen
Missionars, dass im Innern des Landes Muslims und
Christen gegen ihre buddhistischen Landsleute zusammen-
halten, ist höchst glaubwürdig. Das hindert natürlich
nicht, dass zahlreiche Muslims dem chinesischen Heere
eingereiht und namentlich höhere Offizierstellen in den
Händen von Muslims sind. Man beachte: Offiziersstellen.
In China rangieren selbst die höchsten militärischen
Würdenträger weit hinter den civilen. Schon dadurch
ist das Eindringen von Muslims in die höheren Civil-
ämter ausgeschlossen, weil unter ihnen fast gar keine
Personen sich finden, die die höheren Examina machen.
') Ä Short History of China (1893) S. 342.
13
Digitized by LjOOQIC
54 CHINA UND DER ISLAM.
Von den Kriegern wird litterarische Bildung nicht ver-
langt. Man darf annehmen^ dass die im Heerdienst
befindlichen Muslims ihrer Stellung das Opfer bringen^
von der Religion möglichst wenig herzumachen. Sie
haben kein eignes politisches Leben, gehen in dem ihres
Landes auf. So kann es nicht Wunder nehmen, dass
in den gegenwärtigen Wirren Muslims als Generale
einander bekämpfender Heerhaufen genannt wurden*
Wie ihre buddhistischen Landsleute sind sie gespalten :
hie Tradition, hie Reform ! Sicher ist, dass weitaus die
meisten Muslims dem zweiten Schlachtruf folgen. Bei
Aufrechterhaltung des alten Systems haben sie, ebenso
wie die Christen, nicht die geringste Aussicht, zu
grösserer Bewegungsfreiheit zu gelangen.
Arnold spricht von „the favour shown to the Muham-
madans of China by the imperial government^ und giebt
die Übersetzung des Edikts von 1731, die sich bei
Thiersant 1, 154—157 findet, zum Teil wieder ^es
exhihiiing very clearly the spirit in which the Chinese
Emperors have regarded their Muhammadan subjeets^.
(S. 253 f.) Ja wohl, das Dekret zeigt deutlich die Ge-
sinnung. Diese gnädig zu finden,' ist eine Naivität, die
bei dem mit chinesischer Sitte nicht Vertrauten wohl
entschuldbar ist. Heut wissen wir alle, wie die chine-
sische Staatsleitung Unfreundlichkeiten einkleidet Und
in dem Edikt von 1731 ist die rauhe Gesinnung nicht
einmal maskiert. Es wird hervorgehoben, dass die
Muslims eine besondere Religion, andere Sprache, andere
Kleider und Schrift haben, und sie erhalten die strengsten
Vermahnungen, Gesetze und Bräuche des Landes zu
achten, dessen enfants adoptifs sie geworden sind.
Besonders kennzeichnend ist der Bericht des Gouver-
neurs Fey-Yuen^), den Thiersant 1, 157 ff. giebt. In
ihm wird offen zugestanden, dass die Muslims im Distrikt
cang-ngan, Prov. Schen-si, y^etaient soiivent en proces ort
en lutte avec les Chinois des autres religions^ und dass
') Nicht d4cret imperial, wie Thiersant 1, 157 sagt.
14
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 55
„les Magistrats refusaient quelquefois de leur rendre justice
et les trat taient plus mal qtie les autres^ ^). Das heisst auf
Deutsch: Das Verhältnis zwischen Muslims und anders-
gläubigen Chinesen war das denkbar schlechteste, und
die Landesbehörden bedrückten die Muslims in der
schlimmsten Weise. Keine Frage, dass es im ganzen
Grossen heut ebenso ist. Da ist es nur natürlich, dass
die Muslims Schulter an Schulter mit den Christen für
eine Neugestaltung kämpfen, welche die Macht des
hochmütigen, dabei beschränkten und einseitigen Litte-
ratentums bricht und damit das Land von den Fesseln
erlöst, in denen diese mächtige Partei es hält. Zu
diesem Kampfe werden die Muslims um so fähiger, um
so besser gerüstet sein, je mehr sie ihre eigne Ali;
bewahren. Nicht danach dürfen sie streben, es den
Litterati alten Schlages gleich zu thun, des Aufrückens
zu den höchsten Doktor- und Akademiewürden, zu den
wichtigsten Staatsposten würdig befunden zu werden.
Sie sollen weiter von der Sprache ihres Heimatlandes
sich einige Kenntnis erwerben, ja eine bessere als bis-
her, sie sollen aber in erster Linie die Kenntnis des
Arabischen und Persischen, die sie besitzen, dazu an-
wenden, um sich mit dem Kulturki^eis vertraut zu
machen, in den die Kenntnis dieser Sprachen sie ein-
zuführen geeignet ist. Denn die Litteraturen dieser
hängen doch ganz anders mit der fränkischen Welt zu-
sammen als das chinesische Schrifttum. Natürlich ist
hierbei abzusehen von dem Wust der islamisch-scholas-
tischen Litteratur in Grammatik, Rhetorik, Philosophie,
Recht, Dogmatik. Neben den rein litterarischen und
1) Vergleiche auch das Thiersant I. 238 ff. aus den inneren
Provinzen Erzählte. In Kwei-ßou machten französische Missionare
im Jahre 1864 blutigen Kämpfen zwischen Muslims und Chinesen
ein Ende. Thiersant wird recht haben mit dem bezeichnenden
Wort 1, 245: »,fe» MuatUmans ont toi^ours mia leurs soins ä se fcdre
ouhlier tont en Hant proUgis par leurs correHgionnaires invesHs de
foncUons civües ou mtUtaires'*. Sie erhoben sich aber, wenn die
Bedrückungen gar zu arg wurden.
15
Digitized by LjOOQ IC
,56 CHINA UND DER ISLAM.
historisch-geogi-aphischen Schöpfungen des arabischen
Altertums und Mittelalters kommt hier die neueste
Periode in betracht, welche namentlich durch den Eifer
der syrischen Christen eine so gewaltige Aufnahme
fränkischen Wissenschaftsstoffes zeigt. Ist diese Litte-
ratur auch vorwiegend Übersetzung- oder Verarbeitung-
Werk, so ist sie trotzdem oder vielmehr gerade des-
halb ein vorzüglicher Vermittler des fränkischen Geistes-
lebens i). Nicht zu unterschätzen ist, dass diese ganze
moderne Bewegung in der arabischen Litteratur, wie sie
ausschliesslich von christlicher Seite zum Teil unter
heftig(»m Widerstände der islamischen Araber entstanden
ist, so auch bis jetzt unter den arabisch sprechen-
den Christen ihre beharrlichsten und geschicktesten
Förderer gefunden hat, wenn auch nicht geleugnet werden
soll, dass einsichtigere Muslims arabischer Zunge den
Widerstand aufgegeben und eingesehen haben, dass der
Islam vor schweren Schädigungen nur bewahrt werden
kann, wenn er selbst die Mittel, mit denen die neue
Bewegung arbeitet, sich zu eigen macht, ähnlich wie
die katholische Kirche mit Fortschritten sich aus-
gesöhnt und sie in ihren Dienst genommen hat, die am
Anfang für sie Werke des Teufels waren, wie die Buch-
druckkunst.
Die Muslims Chinas wären thöricht, wollten sie den
Vorteil, den ihnen die Kenntnis des Persischen und
Arabischen bietet, nicht ausnutzen. Ist diese Kenntnis
namentlich in bezug auf das Arabische zur Zeit wohl
auch nur gering, so ist doch die Grundlage für ein
tieferes Eindringen, die in der Verti-autheit mit der
arabischen Schrift, dem beständigen Lesen von Qur* an-
stücken und der Kenntnis der zahlreichen arabischen
Bestandteile des Neupersischen gegeben ist, nicht zu
unterschätzen. Hier müssten einsichtigere chinesische
Muslims einsetzen. Mit dem Studium des Arabischen
wird ohne Zweifel eine Belebung der rein islamischen
*) Einiges zur Kennzeichnung dieser Litteratur s. oben S. 20.
16
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 57
'Studien verbunden sein, aber mit diesen kommt auch
das regere geistige Leben, dem heut nirgend mehr die
Muslims sich entziehen können, die Verbreitung der
Kenntnisse, welche von dem islamischen Kulturkreise
vordem völlig verachtet wurden, und zu deren Schätzung
auch in den islamischen Ländern die Gewalt der That-
Sachen geführt hat^).
Das Reich der Mitte wird sich regenerieren. Man
schimpft auf die gelben Halbbarbaren, die Japaner.
Man denke über ihre Herzensbildung, über ihre Charakter-
eigenschaften noch so gering, das muss man zugeben,
dass sie in den wenigen Jahrzehnten, die seit dem
Bruch mit dem Alten für sie verflossen sind, nicht etwa
bloss eine grosse Menge fränkischen Wissens in sich
aufgenommen, sondern in rastloser Arbeit das Gelernte
zu verarbeiten gesucht haben, dass sie mit erstaunlichem
Erfolg die Einrichtungen der sogenannten Kulturvölker,
auch die weniger erfreulichen, nachgeahmt haben, und
<ias8 sie von allen Völkern Asiens im Augenblick das
einzige sind, bei dem die unter den Franken herrschenden
*) Zu dem oben S. 15 n. 1. Ausgeführten sei nachgetragen,
dass. nach einer offenbar gut unterrichteten Eigenkorrespondenz
der Vossischen Zeitung No. 342 vom 25. Juli 1900 aus Kairo kein
Geringerer als der Qrossmufti — es ist der im Orient sehr be-
kannte Scheich Muhammad *Abduh, der längere Zeit als Ver-
bannter der Engländer in ßairut lebte — die obligatorische Teil-
nahme an weltlichen Fächern in der Azhar vertritt. Die ganze Ge-
lehrtenschaft habe sich wie ein Mann dagegen erhoben und dem
Ohediw in Gegengesuch eingereicht, das auch genehmigt wurde,
da 'Abbas II. immer mehr starrer Muslim geworden sei. Trotz
des Widerstandes wird es zu einer Neugestaltung kommen. Jetzt
steht die berühmte Azhar noch erheblich unter einem katholischen
Priester-Seminar niederer Klasse. Aber wie sie sich auch an-
strenge, sie wird es nie über den Staud eines Priester-Seminars
herausbringen. Kairo bedarf einer Universität, und man wird
den Gedanken, der in der arabischen Presse bereits erörtert
wurde (z. B. Hiläl Vil, 9 (vom 1. 2. 1900) S. 264 ff.), nicht ab-
weisen können; die arabische Welt verlangt eine Hochschule
Europäischen Stils ebenso wie die türkische, und Stambul wie
Kairo können sich nicht länger der Pflicht entziehen, die An-
stalten zu schaffen.
2
17
Digitized by LjOOQ IC
58 CHINA UND DER ISLAM.
Vorstellungen von einer geordneten Staatsverwaltung-
und auch geeignete Organe zu ihrer Darstellung anzu-
treffen sind. Dass darunter die Herzensbildung, das
Gemüt und der Charakter der Japaner gelitten hat, ist
ja möglich; es scheint nur, dass die Franken sich selbst
das schlechteste Zeugnis ausstellen, wenn sie glauben,
dass die Aufnahme ihres Wesens ein so trauriges Er-
gebnis gehabt hat. Der Chinese ist schwerfällig, lang-
sam, klebt zäher am Alten. Aber das Alte ist schon
im Wanken. Und wenn irgend etwas, so ist die Krisis
der letzten Monate geeignet, ihm einen weitern wuchtigen
Stoss zu geben. Nach der Natur der Landesbewohner
und nach der ungeheuren Ausdehnung des Reiches wird
es viel längerer Zeit bedürfen als in Japan, um zu
einem ersten Abschluss zu kommen In dieser Zeit
des Ringens wird das islamische Element, neben dem
das christliche an Zahl und Bedeutung verschwindet,
ein höchst bedeutender Gährstoff sein. In dem China,
das dem Neuen sich öffnet, werden die Muslims, die
mit diesem Neuen bereits vertraut sind, einen ungeheuren
Vorteil vor den zurückgebliebenen Buddhisten haben.
Sie werden an der materiellen Entwicklimg des Landes
mit der Rührigkeit teilnehmen, die sie schon jetzt aus-
zeichnet'). So ist mit der neuen Gestaltung Chinas,
die in den nächsten Jahrzehnten sich vollziehen wird,
Aas Wachsen des islamischen Elements an Bedeutung
und Zahl in sicherer Aussicht
III.
Was war und ist, zeigt, was sein wird. Immer
strömten Muslims in China ein, sobald die grossen
alten Überland - Handelsstrassen einigermassen belebt
waren, d h. eine weitsichtigere Regierung dem Verkehr
') Der grössere Erfolg der Muslims bei Minenarbeiten führte
zu den Streitigkeiten, welche den schweren Yün-nan- Aufstand im.
Gefolge hatten; s. Boulger 316.
18
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 59
nicht künstlich Hindemisse schuf. Hier ist einzusetzen.
Vom Lande, vom Westen her ist an die Pforte des
gewaltigen Reiches zu pochen. Im Westen sitzt der
Teil der Bevölkerung, der den Fremden, den weissen
Teufeln, weniger imfreundlich gesinnt ist als die grosse
Masse. Zunächst der Norden. Es ist hier nicht von
Ost-Turkestan die Rede, denn dieses Gebiet, das no-
minell wieder dem chinesischen Reiche angehört, nach-
dem der Unabhängigkeitstraum mit Ja*qüb Beg's Tode
ein jähes Ende genommen, ist thatsächlich den Russen
preisgegeben: es steht in ihrem Belieben, wann sie die
reife Frucht pflücken wollen. Die chinesische Provinz,
die das Einfallthor für westliche Kultur bildet, ist
Kan-su. Es wird freilich zunächst Westkultur mit
scharfem Juchtengeruch sein, die hier einzieht; aber
auch sie ist eine gute Bahnbrecherin, wie die islami-
sche eine solche für die asiatisch-russische ist. Bis
Andigän ca. 500 km östlich von Samarkand ist die
Bahn gebaut; noch 350 km Luftlinie, d. h. ca. 700 km
Schienenweg, und der transkaspische Strang hat Kasgar
erreicht und kann ohne nennenswerte Schwierigkeiten
am Südrand des T*ien-8an nach Chami geführt werden,
um bei Su-cou den Nordwestzipfel der Provinz Ean-su
zu erreichen. Von deren Muslims ist der unsinnige
Widerstand, wie er im Osten des Reiches dem Bahn-
bau entgegengesetzt und von der Regierung gezüchtet
wird, nicht zu erwarten. Von hier aus steht dann der
weitere Weg offen, besonders wenn man sich allent-
halben der muslimischen Elemente der Bevölkerung
bedient.
Ahnlich im Süden. Von den zahlreichen Muslims
Yün-nan's war schon oben die Rede, auch von dem
zähen Widerstand, den sie den Chinesen bei dem Auf-
stande leisteten, der erst nach achtzehnjährigen Kämpfen
(1856 — 1874) vollständig unterdrückt werden konnte ^).
M Nicht auf sein eigentLiches Thema bezug habend, aber
darum nicht weniger anziehend sind die Mitteilungen, die Deveria
über Ma-fu-cu, einen Hauptführer in diesen Kämpfen, und sein
2*
19
Digitized by LjOOQ IC
60 CHINA UND DER ISLAM.
In das Herz dieser reichen Provinz mit 4 Millionen Muslims
sind Frankreich und England im Begriff, Schienenwege
zu leiten, Frankreich von Tonking aus zur Hauptstadt
Ytin-nan-fu, England vonBirma aus nach dem nicht minder,
bedeutenden Ta-li-fu. Ist Yün-nan an den Süden und
Westen angeschlossen, so ist es gegen Gewaltsamkeiten
seitens der chinesischen Centralregierung geschützt, kann
sogar eine ausgezeichnete Operationsbasis werden, von
der aus die kulturelle Eroberung Südchinas zu bewirken
ist. Die Herstellung eines direkten Schienenweges
Ta-li-fu — Yün-nan — Kanton ist darum so wichtig, weil
der Anschluss Ta-li-fus an die grosse transindische
Bahnlinie nur eine Frage der Zeit ist, während diese
selbst im Westen mit möglichster Beschleunigung
via Kuweit mit dem Mittelmeer in Verbindung zu
bringen ist.
Liegt aber nicht in der Herstellung dieser Ver-^
bindungen des fast ganz islamischen Westasien mit
Ostasien eine ungeheure Gefahr? Wie, wenn plötz-
lich ein gewaltiger Mann ersteht und die etwa 16472
Millionen Muslims, die man auf die Gesamtzahl
von 90772 Millionen Asiens zu rechnen hat, in
eine religiöse Begeisterung versetzt, zum heiligen
Kriege gegen alle Ungläubigen, namentlich gegen
die Franken, fortreisst und alles, was in Asien
der fränkischen Kultur errungen ist, ' mit der
schwersten Gefahr bedroht?. Ist es bei diesem Ge-
danken möglich und rätlich, einem Verkehrswege das
Wort zu reden, der die 30 Millionen Muslims in China,
die unter günstigen Verhältnissen leicht aufs Doppelte
steigen können, mit den Glaubensgenossen im übrigen
Asien in eine Berührung bringt, von der früher keine
Rede war? Eine ruhige Erwägung der Thatsachen
führt zu dem Ergebnis, dass bei Umsicht und bei Erhal-
sehr merkwürdiges, nur in chinesischer Übersetzung ans dem
Arabischen vorliegendes Reisewerk macht. Ma-fu-6u hat von
1841 — 48 den islamischen Westen durchwandert, und seine Be-
obachtungen sind nicht ohne Interesse.
20
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 61
tiing der Kraft, die bisher den Franken inne wohnte,
eine ernste Gefahr nicht besteht.
Die Muslims unter russischem Szepter zählen nicht.
Abgesehen von dem innem Verhältnis zu ihren Herren
wird jeder Versuch einer Erhebung von diesen sofort
mit unerbittlicher Strenge niedergeworfen. Verhältnis-
mässig gross ist die Gefahr in Indien, wo die Engländer
selbst durch unkluges Verhalten Anlass zur Erregung
geben. Doch abgesehen davon, dass die Engländer an
ihrer gutgeschulten Militärmacht und an der grossen
Menge von Beamten und Privatpersonen mit gutem
training^) einen starken Rückhalt gegenüber den fast
ausnahmslos energielosen > nicht kriegerischen, nicht
gedrillten Eingeborenen haben, verstehen sie es, den
Zwiespalt zwischen Hindus und Muslims zu benutzen^)
und auch die Uneinigkeit unter den Muslims selbst zu
schüren^). Dazu kommt, dass nicht wenige Muslims
in Englisch Indien so denken wie Saijid 'Utmän Eralawi
in Batavia, der, obwohl von einer über jeden Verdacht
erhabenen Orthodoxie und von streng religiösem Leben,
die Notwendigkeit einer nicht .muslimischen obem Ge-
walt in Niederländisch Indien offen aneriannte*). In
den östlich an Englisch Vorderindien angrenzenden
Ländern bis^ur chinesischen Grenze (Birma, Schanstaaten),
in Französisch Ostasien und in Siam ist der Islam nur
schwach vertreten. Hier, an der Westgrenze Chinas,
') Zuzugeben ist, dass daneben oft ein recht niederer Stand
der geistigen und moralischen Qualitäten hergeht; trotz des , weissen
Blutes' der jungen Herren, die sich in Indien mästen, und ihres
Drills sind sie den eingesessenen Söhnen einer alten Kultur oft
recht inferior.
') Über diesen vergl. das hier (Heft I) S. 38 Gesagte.
*) Neuestens haben die Inder den Fluch der Uneinigkeit
wohl eingesehen, und im Dezember 1899 konnte der 13. allge-
meine Kongress zu Lucknow abgehalten werden.
*) So Snouck Hurgronje in Islam und Phonograph S. 7
Anm. 4. (S. A. aus Tüdachr. Bataviaasch Genootschap van Künsten
en Wäenschappen 42, Lief. 5, Batavia 1900). Vgl. fflr Indien
die Äusserung Bahmatullähs in der Streitschrift i^Aäralhaqq S. 2
unten.
61
Digitized by LjOOQ IC
62 CHINA UND DER ISLAM.
ist der Wall zu errichten, ein neuer sedd jä§ü§ wamä§üg
(Mauer Jagogs und Magogs), der, in fränkischer Hand,
Schutz bietet gegen zwei Gefahren: die schlimmere, dass
das regenerirte China sich eines Tages gewaltig regt
und nach Westen ausbrechend durch Mittel- und Vorder-
Asien über Europa flutet; die andere nähere, dass der
Islam die neuen Verkehrsmittel benützt, von Westen her
in China einzudringen und dort zu wirken, nicht so
sehr mit einem Massensturm, sondern durch eifrige und
fähige Männer aller Klassen, die unbemerkt und ohne
viel Geräusch Fäden knüpfen. Jene lange Linie
(Kaschgar-) Sucou-Talifu muss durch die vereinten An-
strengungen der Russen und Engländer zu Stande ge-
bracht werden. Es werden dadurch neue Reibung-
flächen zwischen den -grossen Nebenbuhlern geschaffen.
Aber kommt man hier nicht zu einem Einverständnis,
80 werden sich die Folgen der Kurzsichtigkeit zeigen,
und zwar besonders schlimm für die Engländer, die in
Centralasien ja nicht „bei sich" sind, wie die Russen.
Westlich von diesem Wall erhebt sich ein anderer, wo
die Verbindung schon hergestellt ist : das wilde Gebirgs-
land, das zwischen Ferghana und Öitral liegt. Der
Pamir ist in den Händen zweier Frankenmächte, ihn
müssen alle Einbrecher umgehn und von dieser Hoch-
burg aus lässt sich die west-östliche Bewegung über-
wachen. Westlich von Indien sind die ziun Teil
schwach bevölkerten Gebiete von Baludschistan und
Afghanistan mit ihren ca. 6 Millionen sunnitischen Mus-
lims im Norden durch die Russen, im Süden durch die
Engländer stark bedrängt und haben als einziges selbst-
ständiges islamisches Nachbarreich nur das schiitische
Persien, das wie ein Keil zwischen die sunnitische Türkei
und das sunnitische Centralasien sich einschiebt^). Die
') Die Herüberziehung Persiens zur «Ta unter den Sefe-
widen ist ein Faktum, das nicht hoch genug im Beligionsleben
und damit in der politischen Entwicklung Asiens eingeschätzt
werden kann. Der Hass zwischen Sunniten und Schiiten ist
ebenso gross wie der zwischen Protestanten und Katholiken.
62
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 63
Türkei wiederum hat ebenfalls nur diesen einen schii-
tischen Nachbar; denn grenzt sie streng genommen auch
an das sunnitische Egypten, so ist doch da der Zu-
sammenhang rein platonisch, denn abgesehen davon,
dass eine schwierig zu durchmessende Wüste Südsyrien
von dem Nillande trennt, kann dieses selbst nicht mehr
als ein islamischer Staat angesehen werden^).
Earopa sah in dem Kriege, der vor 252 Jahren beendet wurde,
-die schrecklichen Folgen eines Religionskampfes auft Messer;
der Hess brennt weiter, aber doch beschränkt; das Nationalitäts-
gefuhl ist überall erstarkt, und man hat erkannt, dass man sich
tragen und dulden, dass man gemeinsam arbeiten muss, will man
vorwärtskommen. Im islamischen Orient ist das religiöse Gefühl
noch weit überwiegend. Zwar hat der Islam die nationalen Gegen-
sätze keineswegs so ausgeglichen, wie man oft im Hinblick auf
den sich an die ganze Menschheit wendenden Charakter dieser
Religion annimmt (dem Christentum ist es ja auch nicht gelungen),
aber immer wieder wird mit Erfolg an das Zugehörigkeitsgeföhl
zum grossen Bunde der Muslims der ganzen Welt appelliert (vgl.
den kennzeichnenden Ausdruck, der die Intern ationalität des Is-
lams in dem beruie müaUm sende müsUm dhamdü Uüäh findet, oben
S. 10 n. 1). Naturgemäss wirkt dieses religiöse Gefühl auch stark
in Einzelheiten, und der Perser ist in erster Linie Schiit. Als
solcher, nicht als Perser steht er dem sunnitischen Türken gegen-
über, der seinerseits für alles Persische eine besondere Vorliebe
hat und selbst mit dem Schütismus zuweilen liebäugelte, aber
doch dem Sunnitismus treu geblieben ist und treu bleiben wird.
Selbst wenn weitsichtige Staatsmänner anf beiden Seiten einsehen
sollten, eine wie ganz andre Macht die islamischen Bewohner
Vorderasiens den fränkischen und russischen Beutejägern ent-
gegenstellen könnten, wenn sie religiös geeint wären, — es ist
zu spät. Man sagt, in Persien sei die religiöse Gleichgiltigkeit
bereits jetzt bedeutend und eher im Zunehmen (so Le Chatelier
in L Islam au XIX ieme siede) Thats^he ist, dass selbst der ge-
bildete, aufgeklärte, d. h. freigeistige Perser den Hass gegen die
Mörder Hasans und Husains nicht los wird, dass er eine fanatische
Wut gegen die Sunniten empfindet. Die Türken aber können an
eine Versöhnung mit den Schiiten schon mit Rücksicht auf ihre
fast ausschliesslich sunnitischen arabischen Mitunterthanen nicht
4enken. Es wird also bei dem Zustande bleiben, der eine der
wertvollsten Bürgschaften bietet gegen islamische Obergriffe.
^) Noch weitergehend darf heute bereits gesagt werden, dass
ganz Afrika in absehbarer Zeit für die islamische Frage in Weg-
23
Digitized by LjOOQ IC
Ö4 CHINA UND DER ISLAM.
Auf beiden Seiten wird man gut thun, die tiiat-
sächlichen Umstände recht genau zu erwägen und sich
vor verhängnisvollen Selbsttäuschungen zu hüten. Beide
Teile neigen dazu, sich zu überschätzen Die Franken
sehen die islamischen Länder in tiefem Verfall und
halten sie füi* eine leichte Beute, glauben auch, die,
die sie sich angeeignet haben, ganz nach Willkür ohne
Rücksicht auf die Eigenart der Bewohner regieren zu
können. Die Muslims sehen ihre ungeheure Zahl im
Verhältnis zu den wenigen Fremden, die der Eroberung
ihres Landes und der Verwaltimg des eroberten dienen;
sie sehen sich von Bodengestalt und Klima im Kampf
gegen die Eindringlinge unterstützt; sie erreichen nicht
selten durch Benutzung aller Umstände, durch List
und Verschlagenheit bedeutende augenblickliche Vor-
teile, können Rache an den fremden Räubern nehmen;
sie träumen von dem grossen islamischen Bunde, der
eines Tages der Herrschaft der Ungläubigen ein Ende
bereiten wird. Es ist oben nachgewiesen, dass eine
wirkliche Gefahr nicht vorliegt. Sie wird auch nicht
vorliegen, wenn die 30 Millionen Muslims in China za
einer andern Stellung gelangen, als sie jetzt einnehmen,
und an Zahl und Bedeutung in den nächsten Jahr-
zehnten erheblich zunehmen; auch nicht, wenn die
Türkei „se recueille", ihre grossen Schätze ausbeutet
und ihren islamischen Unterthanen volle Entfaltung der
Kräfte ermöglicht. Im Gegenteil, die Bewegung ist zu
fördern, freilich zugleich mit wachsamem BUck zu ver-
folgen. Die Länder mit islamischer Bevölkerung haben
fall kommt. Hier nur so viel, dass das einzige selbständige is-
lamische Reich dort, Marokko, dem Untergange geweiht ist. Der
kleine Best türkischen Besitzstandes in Tripoli ist ganz unschäd-
lich, die Türken sind unfähig, etwas Anderes daraus zu machen^
als es ist: der Verbannungsort angeblicher Revolutionäre und ein
nur der Zentralregierung in Stambul gefölirliches Nest giftiger
Intrigen. Die Franken haben Afrika fest in Händen, und wenn
sie einigermassen umsichtig sind, können sie die islamisclien Send-
boten d. b. Hetzer von den Gegenden, wo sie nichts zu suchen
haben, leicht fern halten.
24
Digitized by LjOOQ IC
CHINA UND DER ISLAM. 65
zwei Möglichkeiten: 1) diese Völker schliessen sich
gegen die fränkische Kultur ab und suchen in dem
Verfallzustande, in dem sie sich gegenwärtig befinden,
zu verharren, dann sind die Tage der Selbständigkeit
für die wenigen, die noch eine eigne Regierung haben,
gezählt, weiter bröckelt dann ein Stück nach dem andern^
ab, bis nichts mehr bleibt; oder 2) sie öfinen sich rück-
haltlos der fränkischen Kultur, was nach Qur'än und
Sunna nicht das geringste Bedenken hat, und wogegen
sich nur das schlaffe, durch jahrhundertlange Miss-
regierung heruntergekommene moralische und geistige
Wesen des Orientalen sträubt, und wachsen an der
Hand dieser Kultur einem neuen kräftigen Leben zu.
Die Franken haben gegen den Islam an sich nichts.
Sie stehen jedem Staats- und Volksorganismus, der die
Bjraft zu eignem tüchtigen Leben zeigt, freundlich gegen-
über. Dafür ist Japan ein schlagender Beweis Sie
verlangen nur auch von der andern Seite Aufrichtigkeit,
vor allem Freiheit von religiösen Velleitäten. Wählt,
ihr Muslims aller Länder: Wollt ihr Abgeschlossenheit,
sie kann euch nicht gewährt werden. In der grossen
Familie, die die Völker bilden, ist es keinem mehr erlaubt,
abseits schmollend in der Ecke zu stehen oder einen
Teil des Hauses für sich zu monopolisieren, nur imi
darin in Schmutz und Elend und Hunger zu verkommen.
WoUt ihr mitthun, so sollt ihr willkonmien sein, aber
dann schliesst euch auch ganz dem Ganzen an, fügt
euch willig und ehrlich dem, was hier rechtens ist,
ohne Neben- und Hintergedanken. Wisst, dass die
andern Glieder der Familie willens und stark genug
sind, jeden Versuch, Unruhe zu stiften, gegen die all-
gemein anerkannten Regeln zu handeln, für Privat-
liebhabereien sich Sonderrechte zu verschaffen, .unnach-
sichtig und mit grösster Strenge zu ahnden.
Und Deutschland? Wir hatten bisher mit der
islamischen Welt nur geringe Fühlung, nie eine un-
freundliche Begegnung. Wir bringen den Muslims aller
Länder herzliche und aufrichtige Sympathien entgegen.^
25
Digitized by LjOOQ IC
66 CHINA UND DER ISLAM.
Wir dürften besonders geeignet sein, als Einftihrer der
fränkischen Kultur überall da zu wirken, wo noch Frei-
land ist, d. h. in selbständigen islamischen Staaten
und in nicht islamischen orientalischen Reichen mit
starker islamischer Bevölkerung. Wir stellen uns selbst
damit eine grosse entsagungreiche Aufgabe. Zahlreiche
Kräfte müssen dem Vaterlande entzogen werden, um
in weiter Ferne die dornenvolle Arbeit zu thun. Und
nicht die Schlechtesten werden den Beruf in sich fühlen,
hier mitzuarbeiten. Politische Absichten liegen uns
fern. Der deutsche Forseber und der deutsche Ge-
schäftsmann werden Hand in Hand mit einander den
Zug durch Asien vom äussersten Westen bis zum
fernsten Osten antreten, überall Mittelpunkte bildend,
die für beschränkteren Kreis Quelle neuen Wirtschafts-
und Geisteslebens werden. Nicht das ist unsere Auf-
gabe, unser Ziel, ganz Asien deutsch oder christlich
zu machen, oder zu „civilisieren", mit dem faden Mode-
wort, das nichts besagt. Die erste und grösste Auf-
gabe ist, Asien bis in seine kleinsten Winkel, seine
intimsten Falten kennen zu lernen. Nur der kann auf
ein Land wirklichen Einfluss üben, der es genau kennt.
Der Türke ist machtlos in vielen Teilen des Reiches,
weil er nichts von ihnen weiss. Die gewonnene Kenntnis
und damit Macht dürfen wir nicht dazu benützen, dem
Lande die Kultur aufzuzwingen, die der europäische
Philister als den Gipfel der menschlichen Geistesarbeit
ansieht^). Nur darum handelt es sich, dass Asien völlig
verstanden wird, und dass ihm die Mittel gegeben werden,
Europa zu verstehn, damit es dann in seiner Weise
sich entwickle 2).
*) Gegen den fränkischen Kulturdünkel schrieb treffend schon
1875 Zehme Arabien und die Araber seit hundert Jahren Ulf.
') Zu Trägem dieser Bewegung scheinen zum Theil die Kräfte
berufen, die heut dem Konsulatsdienst sich widmen. Will man
diesen überlebten Dienstzweig durchaus beibehalten oder doch den
Namen retten, dann muss ein völliger Wandel in der Organisation
•eintreten. Mögen unter den sogenannten „Diplomaten** die Nullen
26
Digitized by LjOOQ IC
CfflNA UND DER ISLAM. 67
In diesem Sinne vertrauen wir hoffend: langsam
und sicher wird ganz Asien (soweit es nicht russisch
ist) an den fränkischen Kultui'kreis angeschlossen werden.
Mit leiser, kaum merklicher Kraft wird der Islam in
Asien der kulturfeindlichen Härten entkleidet werden,
die ihm etwa noch irgendwo anhangen. Am wenigsten
ist von diesen Härten in China zu fürchten, wo er
sich durch besondere Freiheit von den hässlichen Über-
wucherungen auszeichnet, die ihn in Vorderasien lange
Zeit zu einem jeder Entwicklung feindlichen und damit
sich selbst schädigenden Element gemacht haben.
mit grossem Namen und grösseren Greldmitteln weiter die Bolle
spielen, die sie sich heut durch Scheinleistungeu zu ergattern
wissen, in die konsularische Laufbahn dürfen nur Elemente erster
Klasse aufgenommen werden, selbstverständlich ohne Rücksicht
auf das, was im innerpolitischen Jargon unter „guter Gresinnung**
verstanden wird. Das „konsularisch" ist hier nur ein Notbehelf,
denn das Wort gemahnt zu sehr an den Rattenkönig von Dünkel
und Unfähigkeit, der sich för Viele, leider nicht immer zu Un-
recht, mit dem Worte „Konsul" verbindet. Fort mit den Konsuln!
An ihre Stelle müssen für den besondern Dienst gut vorbereitete
Männer treten, die ihre Aufgabe nicht darin sehen, eine Rolle
zu spielen und alle Welt, namentlich die Landesbehörden durch
übermütige Nichtigkeiten zu brüskieren, sondern mit unermüd-
lichem Fleiss das Gebiet, das sie von ihi-em Sitz aus übersehen
können, zu beobachten, zu erforschen, zu bearbeiten, und die Er-
gebnisse schnell der Centralbehörde in der Heimat zur Ver-
breitung mitzuteilen. An den Hauptplätzen werden dem Beamten-
Forscher Helfer beizugeben sein. Woher das Material für diesen
Dienst bekommen ? Die Schule, die in Berlin zur Vorbildung von
Dragomanatsaspiranten besteht, ist zu einer Zeit gegründet, wo
man mit kleinen Verhältnissen arbeitete und die Ausdehnung un-
serer Beziehungen nicht voraussah. Alles hat einen kleinen Zu-
schnitt. In dem kleinen Rahmen ist, dank der Anstrengungen
des Lehrpersonals, recht Gutes geleistet worden. Aber die An-
lage ist eben verfehlt und es lässt sich jetzt dort nicht durch
fierumflicken bessern. Der Grundfehler war, dass man glaubte,
die Ausbildung für den Orientdienst weiter als eine Nebensache
ansehen zu können und von vorn herein als Höchstmass die Be-
herrschung einer Sprache und einige Kenntnisse. in den Realien
des Sprachgebietes aufstellte. So geht es aber nicht. Wer in der
Türkei ernstlich deutsche Interessen fördern soll, darf nicht nur
27
Digitized by LjOOQ IC
68 CHINA UND DER ISLAM.!
Mögen die Muslims der ganzen Welt y^confidenÜy
look forward to ihe day when Islam wiU be irium-
phant throughout flie length and breadth of the Chinese
Empire,^ Wir wissen, dass es damit gute Weile
hat. Ströme von Blut würden fliessen, wollte der
Islam im Reiche der Mitte ernstlich versuchen, die
Macht an sich zu reissen. Die fiiedliche, stille Ar-
beit geht langsam Und während der Islam die thut,
arbeiten zugleich andere Kräfte: neben ihm an den
Nichtmuslims Chinas und am Islam selbst. Bis auf
Weiteres dürfen wir im chinesischen Islam das sehn,
was wir im eigenen Interesse und im Interesse Chinas
dort zu finden wünschen müssen: ein Element, das dem
buddhistisch-konfucianischen China täglich, stündlich vor
Augen führt, dass es nicht die ganze Welt in den
Bann seiner selbstgerechten Tyrannei zwingen kann,
dass nicht blos die „Barbaren" von vielem, was ihm
heilig ist und gross und schön dünkt, nichts wissen
wollen, kurz, einen Pfahl im Fleische Chinas.
Türkiach verstehen, er muss zum wenigsten noch eine der beiden
andern Sprachen kennen, die in der asiatischen Türkei von den
Bewohnern weiter Gebiete gesprochen werden : Arabisch und
Kurdisch. Und in Dingen der „Landeskunde" muss ein viel tie-
feres Eindringen in das Wesen der Bewohner erfolgen, als es
jetzt geschehen kann, wo, es soheint fast absichtlich, den Unter-
richtenden Zeit und Stoff von der vorgesetzten Behörde so be-
schnitten wird, dass nichts Eindringendes gegeben werden kann.
Namentlich muss die Islamkunde zu einer mit der grössten Sorg-
falt und Sachkunde behandelten Disziplin gestaltet werden. Asien
muss in Zonen geteUt werden, die den Gegenstand systematischen
Studiums bilden, eines eigenen Studiums, mit dessen Abmachung
die Fähigkeit für ein gedeihliches selbständiges Arbeiten an-
g-enommen werden kann. Für dieses Studium ist eine besondere
Anstalt, eine „Hochschule für die Wissenschaft vom Orient**^
zu schaffen.
28
Digitized by LjOOQ IC
Zwei islamische Kanton-Drucke.
Zu oben S. 39 teilte mir Herr.de Goeje mit, er besitze
zwei mit arabischen Buchstaben in China gedrnckte Bücher, einen
Auszug aus dem Qur'än und ein Gebetbuch. Er war so gütig,
auf meine Bitte mir die Hefbe zu übersenden. Es sind dieselben
Werke, die in Catalogue de la Bibtiot?ieque Orientale de feu M.
Charles Schefer (Paris 1899) unter No. 578 verzeichnet sind, zu-
sammen mit den Prieres des MusiUmans chinois^ trad. sur Voriginal
en arabe et en persan, Dä'aoudt el-Moslemim (so), imprime ä Canton
en 1870^ Paris, Leroux 1878, 8®, 45 S. Auch Cordier kennt keine
andern arabisch -chinesischen Drucke als die genannten, die er
Bibliotheca Sinica 1, 640 erwähnt. Zur Beschaffung der mir von
Arendt genannten „Anleitung zum Verständnis des Arabischen",
die in Peking verkauft werde, sind Schritte gethan und es ist zu
hoffen, dass noch andere Stücke dieser wichtigen Litteratur werden
erworben werden können.
Die mteren Sachen sind nicht leicht zu bekommen. Der Islam
war und ist noch in China eine unterdrückte Religion und die
Bücher des Muslims werden nicht öffentlich verkauft; bedeutende
Verluste führte der stupide gauvemeur du Kouang-Si^ nammi Tchou-
Tchun herbei, der i. J. 1783 eine grosse Anzahl Holzblöcke ver-
2«
Digitized by LjOOQ IC
70 ZWEI ISLAMIöCHE KANTON-DRÜCKE.
Dichtete*). Ist die Notiz Thiersant 2, 364. 369 richtig, so
müssen sich in der Kaiserlichen Bibliothek in Peking viele ara-
bische und persische Werke von den Zeiten E'ang-hsis her finden:
als er i. J. 1686 die Aufnahme sämtlicher im Reiche existierenden
Werke anordnete, zeigte sich, dass dort viele solche Bücher waren.
Durch Dabry de Thiersant kam manches nach Paris und dass
sich arabische Werke mit chinesischer Übersetzung in der £cole
des Langues Orientales Vivantes finden, versichert er selbst (2,
369 und Anm.). Vom höchsten Interesse wäre das Studium der
zum Teil sehr umfilnglichen Werke des Leou-Tsee, eines hervor-
ragenden Theologen und Philosophen (um 1700), der eine sehr
günstige Einwirkung übte, indem er als Festiger der freien
Richtung bezeichnet werden\ann, die den chinesischen Islam aus-
zeichnet. Wir dürfen auf manche Überraschung gefasst sein,
wenn wir erst eine klarere Übersicht über die kulturellen Vor-
gänge in der islamischen Gesellschaft Chinas haben.
Die beiden oben genannten Drucke sind offenbar in der in
China allgemein üblichen Weise hergestellt: der Text ist in Holz-
blöcke geschnitten. Die Buchstaben haben dabei zuweilen selt-
same Formen angenommen, wie die auf Tafel I gegebenen
Proben zeigen^). Nur das Qoranarium hat Titel und Einleitung
in chinesischer Sprache. Der Titel, ein einzelnes grünes Blatt
(Tafel Ij, zeigt in der Mitte: Das wahre heilige Buch ,Erhabenes
Wort' (pao ming cen cing)^); rechts: Gedruckt in dem cia-aü-
Jahre unter dem Kaiser T*ung-ci; links: die Druckblöcke werden
') Thiersant 2, 360ff. Nach ihm Arnold 255f, wo jedoch
nichts von der verhängnisvollen Wirkung der Verfolgung gesagt ist.
'-) Aus dem Buch da'awät cUmusUmin ist S. Ib 2a facsimiliert
in Pritres 12/13. Ebenda ist 20/21 gegeben: Caracthres arabes
fixes sur une colonne de la mosquee de Hoey^chin-sze ä CofUon (es
sind nur Namen Gottes). Diese Moschee ist jedenfalls dieselbe,
deren Inneres, mit dem Mihräb und Betern, ein den Prüres vor-
gesetzter Holzschnitt zeigt mit der Unterschrift: La prihre du
vendredi dans la mosqtUe du SaitU-Souverär, ä Canton. Die Moschee
in der Nan-sheng-Gasse, wo die Holzblöcke der Drucke aufbe-
wahrt sind (s. unten), dürfte eine andere sein; denn die JETo^-c in-
sze-'MLoBchee liegt nach Dev^ria S. 324 (wo Hoat-cheng-sse) in der
Strasse Koang-t'a Kiai. Die Säulenin schrift und das Moschee-
innere sind dieselben Blätter, welche dem zweiten Bande
von Dabry de Thiersants im gleichen Jahr wie di«
„Prüres'* und im gleichen Verlage erschienenen Buch beigegeben
sind. Dass trotzdem die Prieres nicht ein Abdruck eines Teiles
von Thiersant sind, sondern eine selbständige Arbeit, wird
unten nachgewiesen werden.
^) Wahrscheinlich Darstellung des Titels, den der Qur'än nicht
selten in indischen Drucken hat: keläm-i-megld oder kelätip4-kerim.
30
Digitized by LjOOQ IC
ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE. 71
aufbewahrt in dem Tempel der reinen Wahrheit zu Kanton Stadt'}
in der Provinz Kanton, Nan-sheng Gasse.
Die Einleitung, die eine mit der gross geschriebenen Eins
bezeichnete Doppelseite einnimmt und auf Tafel 11 wiedergegeben
ist, lautet in Übersetzung folgendermassen ') :
[Seite a] Vor 1100 Jahren hat sich das wahre heilige Buch
der westlichen Regionen [d. h. Arabiens] nach China verbreitet.
Was die Exemplare des Buches selbst anbetrifffc, so mussten sie
einzeln durch Abschreiben hergestellt werden, um vorhanden zu
sein. [2] Je mehr also von Tag zu Tag die Zahl der Studieren-
den zunahm, in desto grösserer Verlegenheit befanden sich von
Tag zu Tag die, die nach dem Buche suchten; femer aber sind
die beiden heiligen Bücher kO'ting-ta'la[S]'WO in noch li oberem
Grade [als alle übrigen] Elementarbücher, welche für den jungen
Studierenden die erste Grundlage bilden. Beständig kommt es
nun vor, dass, ehe noch das Studium beendet ist, die einzelnen
Theile [4] an einen anderen abgegeben werden müssen; daher
kommt es, dass, je zahbeicher diejenigen sind, die sie studieren,
ein desto grösserer Konsum von Büchern eintritt, so dass den
Bedürfnissen der Studierenden nicht immer rechtzeitig entsprochen
werden kann, [ö] Diejenigen, welche sich mit dieser Sache be-
schäftigen [die Lehrer], haben neuerlich immer tiefer die hierin
liegenden Unzuträglichkeiten empfunden und daher ernstlich eine
Abhilfe zu finden gestrebt. Deshalb [6] haben sie die beiden
Bücher in die Druckerei gegeben [auf Holzplatten übertragen
lassen], damit durch das Abschreiben kein Zeitverlust entsteht
und es noch leichter wird als bisher, sie mit sich herumzutragen.
[7] Nachdem nun die Druckplatten fertig geworden waren, war-
teten wir darauf, dass Leute, die die Tugend lieben und an dem
Guten Freude finden, Geld zusammenschössen, um die Bücher zu
drucken, und sie gütigst an die Studierenden der Moschee zu
verteilen; [8] so sind nun diese Platten wirklich von Nutzen
geworden; wenn man aber noch fürchten sollte, dass die bereite
hergestellten Exemplare noch nicht ausreichen, damit bei der
Verteilung jeder eines bekomme, dann wollen ich und meine
Genossen [Seite b], welche den Druck unternommen haben,
selber das Papier in Bereitschaft setzen und es bereitwillig leih-
^) Hier bezeichnet als „Widderstadt"; über diesen Namen
8. ZDMG. 41 (1887), 168. 165.
') Ich hatte mich bei allem, was chinesische Sprache und
Verhältnisse betrifft, der Unterstützung der Herren Arendt und
Hirth zu erfreuen, und ich spreche hier beiden Herren herzlichen
Dank aus für die Belehrungen und Winke, die sie mit stets be-
reiter Güte mir zu Teil werden liessen. Beide versicherten, dass
Einleitungen zu den schwierigsten Texten gehören, weil hier mit
besonderer Vorliebe „hineingeheimnisst" wird.
31
Digitized by LjOOQ IC
72 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE.
f, weise hergeben. Obgleich nun der Druck dieses heiligen Buches
1 [2] auf das sorgfältigste revidiert worden ist, so sind doch, weil
iauf der Platte die rote und die schwarze Tusche schwer mit
einander in Verbindung zu bringen waren, die durch die Absätze
heryorgebrachten Pausen durchweg [3J beim Drucken nicht her-
( ausgekommen. Man muss sich deshalb darauf verlassen, dass
[ die obersten Lehrer bei dem Lesen dieselben mittelst roter [4]
i Zeichen hinzufügen und einsetzen; auf diese Weise wird den
[ Lernenden das Verständnis erleichtert werden, und so wird der
^ gute Zweck vollständig erreicht werden, [ö] Datum: [6] im 13.
^ Jahre des T*ung-ci, wo das Jahr stand im cyklischen Zeichen
^ cia-8ü^), im 1. Monat am glücklichen Tage fertig gedruckt, [7]
' entsprechend dem Jahre 1291, Monat ivuhalan (Maharram) des
Arabischen Kalenders (beg. 18. 2. 1874). [8] Vorrede der mit der
[ Sache Betrauten in dem Tempel der reinen Wahrheit in der
I Nansheng-Gasse.
I Welches sind die beiden Bücher, die Seite a 2 f . mit
ko-ting-tct-la-^o bezeichnet sind? Eines davon muss das sein,
I welchem die chinesische Einleitung vorgesetzt ist. Es hat arabisch
4en Titel chatm aiqwr'&n. Die Bedeutung dieses Ausdrucks ist:
I Abschliessung des Qur'Sn d. h. vollständige Lesung des Qur'&n').
Per nefas wird dieser Ausdruck auch gebraucht von dem Ab-
schliessen (der Lesung) einer Auswahl von Qur'&nstücken. Es
giebt eine grosse Anzahl solcher Anthologien, die übrigens nur
geringe Differenzen zeigen^). Auch an ihrem Ende findet sich
*) Ober 8M im chinesischen Duodecimal-Cyclus s. flirth,
Nachwort zur Inschrift des Tor^kuk [in Rad 1 o ff, AUtürk. Inschritten,
zweite Folge) 118.
*) Es bedarf kaum eines Beleges für diese Anwendung. So
heisst es z. B. Ibn Sa'ld, Alnmgrib Buch 4 (ed. Tallquist) 2,
16,7 : ^dara chatmcUgämt d. h. er wohnte der Rezitation des
Qur*&n in der Moschee bei. Sehr lehrreich sind die Stellen bei
Lane, Matmers and Gustoms, in denen von der ,Khatmeh' (d. i.
bei ihm immer recitation of the whok of the Rurdn') die Rede
ist (s. Index). Nicht selten werden mehrere Faqihs zusammen
zum chatin gemietet: sind es dreissig, so bekommt jeder ein
§uz\ und man ist dann schnell fertig.
^) Zahlreiche Exemplare solcher Qoranarien finden sich in allen
Bibliotheken. Für Berlin s. Ahlwardt No. 3832-3862. Von
den in München vorhandenen (Aumer No. 176- -190) habe ich
eine Anzahl durchgesehen. Die Bemerkung Ahiwardts (3, 398):
„Besondere Titel haben diese Bücher nicht" mag für die rein
arabischen Anthologien richtig sein; für die zum Gebrauch der
Türken bestimmten, in denen sich meist am Schluss türkische
Oebete, Zaubersprüche und dergl. finden, gilt es nicht; ein be-
liebter Titel scheint da zu sein: en^äm^-serif, hergenommen von
der 6. Sure (sürcU aian'äm), mit der diese Sammlungen gern be-
ginnen, während die Fstiha erst am Ende kommt; einen Druck des
Digitized by LjOOQ IC
ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRUCEE. 73
gewöhnlich das du*ä' cUchatm (dm-UchaUm, chaUm ducuyj, das
den yoUst&ndigen Qor'Snhandschriften oft beigegeben ist. Ein
solches Qoranariam (so möchte ich diese Auslesen nach Analogie
von Evangeliariom nennen) liegt in dem chcUm aiqur*än vor. Es
enthalt folgende Stücke; 1. 2, 1-4. 2bß (qjat alkurs\i) —259, 286.
286. 3, 6. 7. 14—17 (bis aPisJämu). 25. 26. 9, 129. 130. 36 (jäs%n,
die beliebteste aller längeren Suren). 67. 86. 87. 93. 94. 97. 99.
102—114. Auch hier tritt der Kanton -Druck etwas aus dem
Rahmen des gewöhnlichen heraus. A hl w ar d t, der den Qoranaria
einen besonderen Abschnitt eingeräumt hat (Buch 6, Abteilung 1,
10: Od>eU mit Qorär^Äbschnitten), bemerkt: ,Die am meisten
verwendeten Suren sind: die 36. 6. u. 48., dann die 1. 44 55.
56. 67. u. 78. Oft sind auch die letzten (93—95. 97. 102—114.)
gebraucht, seltener die 18. 32. 37. 39. 45. 46. 50. 59. 61. 62. 72.
79. 86.' Das stimmt mit meinen Beobachtungen. Vgl. Aumer
No. 176 — 190, von denen ich nur No. 187. 188 genauer ange-
sehen habe. Nirgends fehlt Sure 6, überall fehlt Sure 96. Auch in
dem Kanton-Druck fehlt 96, aber es fehlt auch 6 ; andrerseits sind hier
Stücke, die sich sonst nicht oder nur selten finden : die Verse aus
Sure 3 und 9, und Sure 87. 99. Bemerkenswert ist, dass sich 3, 16.
17 auch in dem Qoranarium in Stein zu Ardebll findet, das schon
oben erw&hnt wurde. Solche Übereinstimmung mit dem, was in
Persien und gerade in Ardebll vorkommt, ist nicht wunderbar.
Es bestätigt nur die engen Zusammenhänge, die früher zwischen
China und Persien bestanden ^). In dem Kanton-Druck chatm aiqw^än
Rchliesst das chatm- Gebet die Qur anstücke unter der Über-
eUäm^-^erif (lith. Constant.) erwarb kürzlich das Berliner Se-
minar; ein anderer zugleich erworbener hat keinen Titel. Von
Herrn Hasan crelsleddln ChSn. Lehrer am Seminar, wird mir
versichert, in Persien (d. h. wonl hier allgemein bei den Schiiten)
seien solche Auszüge verpönt: der Qur'ftn soll nur vollständig
wiedergegeben werden. Diese Angabe wird dadurch bestätigt,
dass solche Sammlungen schiitischer Provenienz in unsem Biblio-
theken nicht vorzukommen scheinen. Ausgewählte Qur'sn-Stücke
in Stein zu hauen, scheute man sich jedoch nicht; so zeigt das
Grab des äech ^aH, Stammvaters der ^afewiden in Ardebll, von
dessen reichgeschmückten Bauteilen Dr. Sarre wohlgelungeno
Photos mitgebracht hat, eine wahre Musterkarte von Qur 'an-
stellen, und zwar folgen sich Stücke aus verschiedenen Suren
ohne irgend welche Trennung (z. B. 3, 16. 17. 40, 67. 68; an
anderer Stelle 6, 79. 163. 17, 82). 3, 15 auf dem Achteck von
Nach(^ewän s. Jacobsthal, MUtelaUerUche BackHeinhauten 20.
') In Ardebll hatten neben fränkischen Kauf leuten auch
Chinesen Faktoreien; heut freilich ist es ein verfallenes elendes
Nest, wo nur einige Armenier den Handel, Transitverkehr der aus
Täbnz und Zenfi^än nach Astara am kaspischen Meer gehenden
Waren, in der Hand haben (das Neueste darüber s. Sarre, Reise
vofi Ardetnl nach Zendschan in Pet. Geogr. Mitth. 1899 Heft 9).
d^
Digitized by LjOOQ IC
74 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE.
Bchrift: chatm aiqur^än dUa inest ') (49b— 52a). Es unterscheidet
sich, um das gleich hier abzumachen, nicht in Wesentlichem ron
den Gebeten dieser Klasse, nur dass es sehr kurz ist und nichts
von zwei Themen hat, die in solchen Gebeten gewöhnlich berührt
werden: 1) die Entschuldigung wegen etwaiger Lesefehler, 2) das
Lohnalfabet, in welchem der Gläubige für jeden Buchstaben etwas
haben will: .aUahummareuqnä biTaUfi tUfatan wabUbäH bara-
kutan etc. etc. *).
Von den Titeln solcher Anthologien wurde schon oben (S. 72
n. 3) als ein bei den Türken beliebter erwähnt: en'äm-iierif nach
der 8ürat ai^an^äm, mit der der Anfang gemacht wird. Dass ein
Qoranarium ehatm genannt werde, ist mir in der Litteratur nicht
vorgekommen und Freunden aus verschiedenen Teilen der
islamischen Welt war auch nichts davon bekannt Und doch ist
der Gebrauch durch den Titel hier vollkommen gesichert. Ab-
kürzung der Buchtitel bei Anführung ist bei Persem und Türken
sehr häufig. Ihre Annahme hier ist unbedenklich. ckcUm allein
wird Nicbtarabem leicht zu chatem. Der Chinese kann chatm
nicht aussprechen. Dass ko-ting dieses chatm darstellt, hat nach
Aussage der Herren Arendt und Hirth nicht bloss kein Bedenken,
sondern es ist sogar von vornherein anzunehmen, dass ein Chinese,
aufgefordert chatm wiederzugeben, sich der Gruppe kO'Ung be-
dienen würde.
Für das zweite Buch bleibt als Titel ta-la-wo. Nun ist bis-
her nur ein anderes Buch ähnlicher Art bekannt, das hier in
Betracht kommen könnte: das da^awät dlmusUn^nj von dem
schon oben die Rede war, und das nach allen äusseren Merkmalen
in der gleichen Werkstatt und zu gleicher Zeit hergestellt worden
ist. Es bietet sich sofort der Schluss: wie ko-ting den Titel des
*) Sprachlich verworren. Es müsste heissen: dU äri-chatmel'
qw^än wiest. Über die Wahl des Persischen s. unten.
') Diese cAo^-Gebete bilden eine kleine Litteratur für sich,
und Ahlwardt hat recht gethan, ihnen einen besonderen Abschnitt
zu geben: Buch 6 Abt. I, 11 (No. 3863—3866). In den meisten
Mss. und Drucken des Qur*Sn findet sich so ein Gebetchen am
Ende, oft nur ganz kurz, aber immer beginnend-: sadaqaüähu.
In Lithogr. [Bombay?] bisa'j maiäam ^ahdaUah alhindi *alä jad
alhaqir äqä§än [so] f% sana 12S7 sinds nur zwei Zeilen: sadaqaMä-
hui H^ul^asmu wasadaqa ramlluhunnabijttikarimu wanahnu ' aiä däliky,
minaisähidina ioassäkirtna walhoindu Uüähi rabhit älaimn.
In Lithogr. s. 1. et a. [Constant. vor 1877] nimmt das Gebet 6
Seiten ein und ist ähnlich dem in Ms. Mon. ar. 39 f 392 b ff.
Rein äusserlich kann man zwei Klassen unterscheiden: die be-
ginnen aadaqdüähu wasadaqa rasüluhUf wie die indische Lithogr.
der Kanton-Drack, und Ahlw. 3866,7, und die beginnen sadaqaüähu
foabcUiaaha rasüluhu wie Lithogr. Constant., Ms. Mon. ar. 39 und
Ahlw. 3865. 3866,3. Die Fassung mit sadaqa weist, scheint es
auf Mittel- und Ostasien, die mit haUagha auf Westasien.
34
Digitized by LjOOQ IC
ZWEI I8LAMISCBE KANTON-DRÜCKE. 75
chatm alqur'än darstellt, so wird to-2a-t90 der Vertreter von
da'moät almuaKn^n sein, oder, wenn wir eine jenem Titel ent-
sprechende Abkürzung annehmen, von da'cuoät. Gegen die Gleich-
stellung spricht nicht, dass für die Silbe 'a chin. la erscheint.
Die Lantgruppe, die etwa dem 'a entsprechen wflrde, Giles 1
kommt nur im Nord chinesischen vor und ist in einem Buche, das
in Kanton gedruckt ist, nicht zu erwarten. Dagegen ist wahr-
scheinlich, dass dem Ohr des Chinesen *a mit gha und ra zu-
sammenföllt, die er ja beide nicht hat, und fOr die er, wo er sie
wiederzugeben hat, in der Schrift mit Vorliebe das Zeichen für
la wählt, das Seite a 2,20 zu lesen ist ^). Bleibt wo als Vertreter
von toät. Man würde hier ein Zeichen erwarten, bei dem im
Kantonesischen die Aussprache mit der schliessenden Explosive
sich erhalten hat. Aber das Zeichen hier wird auch im Kantone-
sischen vokalisch auslautend gelesen ^), und man muss annehmen,
dass hier schon früh die Abwerfung Platz gegriffen hat, die in
Nordchina durchgängig geworden ist, wenn man nicht seine Zu-
flucht zu direktem nordchinesischen Einfluss nehmen will. Bei
der Freiheit, die sich die Chinesen in der Regel bei Wiedergabe
von Fremdem gestatten, scheint das wo als Vertreter des wät nicht
bedenklich, wo so vieles für die Gleichung tarla-wo = da^a wät
spricht.
Der Inhalt dieses Buches ist durch die oben genannte Über-
setzung allgemein zugänglich. Aus ihr allein auch kennt man
den Verfasser, der S. 5 n. 1 genannt ist: ,(hwrage en arabe et
^) Sicheres über Wiedergabe von arabischen Lauten und
Lautcomplexen im Chinesischen wird sich erst sagen lassen, wenn
mehr Material vorUegt. üeber dieses und die Aussichten für
seine Bearbeitung machte Hirth eine Bemerkung in Chinese
Equivalenis of the letter „r** in foreign names (J. China Brauch
R. As. Bd. 21 (1886), 218 n. : ,If once we shall have leamed to under-
stand the mies bj which foreign names were transcribed in
Chinese at the several periods of literature, I have no doubt
that it will be easier to decipher a difficult word through the
medium of Chinese characters than for instance in one of the
manuscript texts of Marco Polo. For, whatever the difficulties
of identifying such transcriptions may be, tbe tradition hardly
ever suffers m>m mutilation. I need not say that the mies for
the transcription of Sanscrit words discovered by Julien have
already laid a solid foundation in this direction and it must be
admitted that the greater half of the foreign names occurring
in Chinese literature is of Sanscrit origin. Yet, the geo^phicfü
and technicaJ literature abounds with words, still awaiting Iden-
tification, taken from the Arabic, Persian and Central Asiatic
languages, the aggregate number of which will represent a list
much longer than Julien's and Eitel's lists of Buddhist terms.
The Fin-ti cuhkang-mu alone would fumish ample material, for a
very large number of practical examples.'
*) S. Eitel, Chin. Dict. in the Cantoneae Dialeet 944 b.
86
Digitized by LjOOQ IC
76 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE.
en persan, par Ma-KO'Tsay^), imam de Canton (1876)'). Es muM
freilich gesagt werden, dass diese Übersetzung recht mangelhaft
ist. Bei den fünf Tagesgebeten wird regelnülssig angegeben, in
welcher Weise die n^e zu äussern ist beim Pflichtgebet (farida)
und beim Lohngebet ^) (simnä): das letztere ist übersetzt mit
4>rfhre tradiiionneUel Schlimmer ist, dass die Ueberschrift des
tcUqin, das S. 90 bf. gegeben ist, völlig verkannt ist: das su'äl ujewäb'
i-gür inest soll heissen: jCatichiame de PÄveugle\ Davon ist keine
Rede; nicht um das türk. kör handelt es sich, sondern um
gür, Grab, für das man heut freilich lieber gebr sagt, und die
,Frage und Antwort' werden über dem Grabe gesprochen, damit
der Tote auf das Examen, das Nakir und Munkar mit ihm
anstellen werden , vorbereitet ist^). War der Uebersetzer
^) Was dem im Arabischen entspricht, kann ich nicht sagen,
Ma ist einer der beliebtesten Namen bei den Chinesischen Mus-
lims, oder vielmehr sehr zahlreiche Namen beginnen damit.
Arendt versichert, dass von den ca. 100000 Muslims, die
in Peking leben (Thiersant 1, 43f. nach Wassiljew-Palladius)
die eine Hälfte der Familie Ma, die andere der Familie Tsin [Kin
,Gold*] angehört, und dass man an den Schildern der Schlächter-
läden, die fast sämtlich in den Händen von Muslims sind (Thier-
sant 1,44; trotz der Verachtung des Schlächterhandwerks, s.
Thiersant 2, 159n.) fast immer liest: Tsin Hui htä oder MaHuihm,
Die Annahme, es handle sich bei diesem Ma um einen Familien-
namen, ist aber keineswegs sicher. Man ist geneigt, in dem Ma
eine bei den Chinesen so beliebte Abkürzung zu sehen, und da
böte sich : Mohammad (über Mahamat als Form in den Fremd-
sprachen, z. B. griechisch schon im ersten Jahrhundert der Higra,
s. mein Bohtän 109 n. 1). Auch sonst findet sich Ma als erster
Teil des Namens in Umschreibungen, s. z. B. Mormo-to für Mah-
mud in Imbault-Huart, Bec. de JDocc. sur lÄsie Centr,, passim.
^) Warum im Original nichts davon zu lesen, und woher der
Uebersetzer die Kenntnis hatte, kann ich nicht angeben. Ich
vermute, dass das mir vorliegende Exemplar des Werkes nicht
vollständig ist und andere eine chinesische Vorrede mit Namen
des Verfassers haben. Möglich auch, dass Ma-Ko-Tsay selbst
die Uebersetzung seines Opus und Nennung seines Namens dabei
veranlasst hat.
') Da auch die Erfüllung der fai'tda belohnt wird, so ist diese
Uebersetzung nicht einwandfrei; sie empfiehlt sich aber durch
Kürze und ist zu halten als Abkürzung von ,Son der lohngebet'.
*) Das ist das Uüqin in weiterem Sinne, das von strengen
Rechtelehrem verworfen wird. Ein wä^ ist das tamin nur als
Vorbereitung auf den Tod, d. h-das Sprechen der beiden Zeugnis-
worte beim Sterbenden, s. z. B. MuUaqä (mit Komm. Const.
1276) 1,118. Minhäß 1, 201 (wo in der Uebersetzung zu ,on M fait
enUndre la eonfession de faC verwiesen ist auf das tasahhud (S. 88),
das hier gar nichts zu suchen hat und dessen Uebersetzung mit
^eanfesaion de foC S. 88 irreführend ist). Von dem talgin nach
dem Tode am Grabe weiss weder Annawawi noch Ihn QSsim
Alghazzi etwas; der Schafiit Muhammad Joh^A Tabbsra nennt e«
36
Digitized by LjOOQ IC
ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DBÜCKE. 77
ein Europäer, so hätte er seine Sache wohl besser machen
können^).
Nicht so strenge Kritik dürfen wir an das Buch selbst legen.
Der Islam in Südchina ist durch Welten, von den Glaubens-
genossen getrennt^), und so zeigt er hier eine eigenartige Ent.
Wicklung, die wohl eine eingehende Behandlung verdiente. Auch
hier wird er mit sahlreichen fremden Elementen durchsetzt, rich-
tiger, in vielen Fällen nur eine dünne Tünche sein, welche die
uralten Vorstellungen und Gebräuche kümmerlich verdeckt. Mit
der Geschichte der Religion, auch der im eigenen Lande, mit Er-
forschung ihres Wesens, mit Studium der arabischen Werke, die
sonst in islamischen Ländern die Kenntnis der Hauptsachen ver-
mitteln, wird sich in Südchina kaum jemand beschäftigen und
wir haben hier schwerlich Überraschungen zu erwarten').
Nach den Proben, die in unsem beiden Drucken vorliegen«
ist der Stand der Kenntnisse ein äusserst niedriger. Wer
arabische Drucke aus Bombay und Lncknow gesehen und zu be-
in seinem kleinen Katechismus oTasäs fUfiqh (Beirut 1300, S. 65 f.)
ein moMdüb mit dem Bemerken: ,e8 genügt beim iaiqin das du^ä"
bitk^W d. h. das Gebet, Gott möge den Toten besteben lassen,
ihm Standhaftigkeit geben. Im MuUciqa (a. a. 0.) wird behauptet,
AfiSfifi*! sei für dieses UHqin, die meisten Lehrer erklärten es aber
für unzulässig, wogegen der Kommentator den Spruch Alkarmänis
anführt: ,Wa8 die Musb'ms als gut (hasan) ansehen, das ist bei
Gott gut', also sei es besser, das toZgin desTodten vorzunehmen.
Von anderen Versehen erwähne ich nur S. 18 Ce que Dieu
a vctUu est als Uebersetzung von mä iä'aUahu kän. Bei Thier-
(tant an der entsprechenden Stelle (2,416) richtig vetU.
*) Die Zusammenhänge sind hier noch nicht klar erkennbar.
Die Verbindung der Musbms Li den Provinzen Kwang-tung und
Yün-nan mit denen in chinesisch Turkestan wird man sich nicht
sehr lebhaft vorstellen dürfen. Bedeutender sind wohl die Be-
ziehungen zu Indien, aber auch dort hat der Islam eigentüm-
liche Formen. Einst war der chinesisch-egyptische Verkehr
beträchÜLch, wovon freilich Thierfsant 1, 73 nichts weiss, und die
Fabeleien der Drusen von den Glaubensgenossen in ybüäd esain*
werden auf jene Zeit zurückgehen, in aer die drusische Lelire
selbst entstanden ist: die der Fatimiden. Doch das ist län^t ent-
schwunden und vergessen, und kaum hat irgend jemand im vor-
dem Grient eine Ahnung von den thatsäcUichen Verhältnissen,
auf die höchstens einmal der Besuch chinesischer Muslims in
Stambul (wie i. J. 1894) ein vorübergehendes Licht wirft.
') Eher ist in dieser Richtung etwas zu erhoffen von Nach-
forschungen in Nordchina. In Peking wurden um 1760 zahl-
reiche Muslims aus Turkestan angesiedelt. Werden sich unter
diesen Kolonisten auch nicht Leuchten der islamischen Wissen-
schaft befanden haben, so brachten sie jedenfedls Bücher mit.
Arendt sah in der i. J. 1764 vom Kaiser K*ien-long voll-
endeten Moschee in Pekmg (s. J. As. 1897 B [9,10], 446 ff.) um
1880 Werke arabischer Scrnnft in einer massig grossen Kinte
ca. 160 X 50 X 30 cm).
37
Digitized by LjOOQ IC
78 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-D RÜCKE.
nutzen versaoht bat, der ist auf starke Stücke gefasst^). Man
kann nicht sagen, dass es hier schlimmer steht. Dass in den
Überschriften der Suren Fehler vorkommen, ist nicht anstössig,
denn alle diese Leute haben ja vom Arabischen eine äusserst
geringe Kenntnis, und makka statt makl^e, madina statt madarnja
kann nicht befremden, auch nicht swrat aObaqara madina äjat mit
Auslassung der Zahl. Nicht als Fehler, sondern als Ausfiuss
einer eigentümlichen Legendenbiidung ist es wohl zu betrachten,
wenn die Sure 36 überschrieben ist: sürcA js \järsin] aVm, als
ob jäaln ein Name des Propheten sei, wie man ja auch aus th
einen Namen des Propheten gemacht hat und danach auch
Menschen nennt.
Das Buch über die Gebete ist vom islamisch -theologischen
Standpunkte aus eine äusserst schwache Arbeit. Der dürfidge
Inhalt ist schlecht geordnet, Wichtiges fehlt und Nebensächliches
ist breit behandelt. Füi* uns ist es dennoch nicht ohne Interesse.
Schon die Sprache, in der das Buch abgefasst ist, giebt uns ein
Rätsel auf. Wie im Qoranarium, abgesehen von der Vorrede, das
Einzige, was nicht Qui^Sn-Text ist, in persischer Sprache gegeben
war (s. oben S. 74), so ist hier das Persische die Sprache des
ganzen Buches. Was veranlasste die Wahl gerade dieser Sprache?
Warum wurde nicht das von Allen, für die das Buch bestimmt
ist, verstandene Chinesische gewählt?^) Sollte das Buch auch den
in Nordchina lebenden Muslims dienen, so war eher das Türkische
zu erwarten, weil diese doch zum grössten Teil ursprünglich aus
dem chinesischen Turkestan stammen. Will man nicht annehmen,
dass es zwar auf diese Rücksicht nimmt, aber das Persische als
die bei den Grossen ilbliche. als die ,feine^ Sprache gewählt hat,
so bleibt nur indischer Einfluss anzunehmen, sofern ja in Indien
erst in verhältnismässig junger Zeit durch englischen Einfluss asd
Urdu zur Schriftsprache erhoben ist, während früher die Muslims
zum schriftlichen Ausdruck sich nur des Persischen bedienten.
Oder sollte der Gebrauch des Persischen gar noch ans den Zeiten
stammen, in welchen ein beständiger wirtschaftlicher und gelehr-
ter Verkehr zwischen China und Persien stattfand, den Zeiten der
*) Auch den Türken passieren übrij^ens da sonderbare Dinge.
Der schon oben (S. 74 n. 2) erwähnte m Stambul lithographierte
Qur'&n s. 1. et a. schliesst: minal^annoH wannäa! das reine Kufir!
*) Dass Chinesisch gewöhnlich von oben nach unten ge-
schrieben wird, kommt nicht in Betracht, denn es wird aus prak-
tischen Gründen auch von Chinesen von rechts nach links ge-
schrieben; von links nach rechts nur von Europäern; s. Arendt,
HancRmch der Nordchin. Umgangssprache 38 (§ 31, 2). In dem
gemischten Drucke des c^ ao-Mn-t u-Jd, von dem Deveria S. 334
eine Probe giebt, hat man sich so geholfen, dass man das Ara-
bische von oben nach unten druckte.
38
Digitized by LjOOQ IC
ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRÜCKE. 79
grossen Moogolenkaiser, in welchen der S. 47 gezeichnete Geschicht-
schreiber RaSideddin es zam Wezir im Reiche Ol^tus brachte
und der gewaltige Nssir-i-Tüsi mit einem chiDesischen
Astronomen zu gelehrten Studien znsammenbefohlen wurde ?^) Das
wäre allerdings ein Beispiel von seltener Zähigkeit. Thatsache
ist, dass das Persische neben der Muttersprache und dem Arabi-
schen einen Lehrgegenstand in den Schulen der chinesisch-isla-
mischen Jugend bildet (Thiersant 2, 285 f. 333. 344 f., wo nach
Milne von dem Moschee-Imam in Neng-po erzählt wird, der
Arabisch lesen und sprechen, aber nicht ordentlich chinesisch
lesen und schreiben konnte, auch behauptet wird, manche Imame
brächten es dazu, Bücher in korrektem Arabisch und Persisch
abzufassen), und doch sieht man nicht ein, welchen praktischen
Vorteil die chinesischen Muslims von dem Erlernen dieser Sprache
haben können. In keinem Falle ist hier der Gebrauch des Per-
sischen ein Hinweis auf schiitische Tendenzen. Von solchen wird
sich in Sfldchina nichts entdecken lassen, und auch in Nordchina
ist die «Ca offenbar nur sehr schwach vertreten').
Mit der Kenntnis des Persischen steht es freilich bei unserm
Verfasser ziemlich schwach, und selbst in dem kleinem Kreise, in
dem er sich naturgemäss hier bewegt, wird er mit dem Ausdruck
') Zur Beleuchtung der persisch-chinesischen Litteratnr, die
damals entstand, mussten wir die Werke besitzen, dieRaSideddin
als höh 2 des qism 2 anführt (Quatremäre, Hütaire des MongoU
de Ja Ferse S. OLX) und die er an sein Hauptwerk, das vierbäncuge
§ämi^ ot^otoäricA, angeschlossen hat: Uebersetzungen aus dem
Chinesischen ins Persische und dann ins Arabische, vier Bücher,
1) Theoretische und praktische Medizin der CSiinesen, 2) Die Heil«
mittel (Simplicia) der Chinesen, mit Hervorhebung der auch in
Persien angewandten; 3) die Heilmittel der Mongolen; 4) Gesetze
der Mongolen und Staatsverwaltung, auch Gewohnheitsrecht. In
Anm. 2& (S. CLXIX) weist Quatremäre nach, dass unter
den Mamluken viele Mongolen in Egypten lebten, und die Sultane
einen besonderen Sekretär für die mongolische Korrespondenz
hatten. Zu der Stellung des Persischen als Bindeglied zwischen
Arabisch und Chinesisch vgl. auch die Bemerkung ZDMG 41 (1887),
160 n. 2. Ein sonderbares Zusammentreffen ist zu verzeichnen
ffir hö%eng\ ist der Name des alten PiSdadiers iranisch, so ist das
chösang, das Benäketi, der Abdalla Baidawi Andreas Müllers, als
einen dem hachH [indisch bakhiü d. i. Lama, s. Quatrem^re,
Hiat, Mang, I n. 51 p. 184 ff. Ibn Batüta wurde als bachsi
bezeichnet 4, 260] gleichwertigen Würdenamen nennt, chine-
sisch.
»
*) Auf den ersten Blick sieht man, dass das da*awäi trotz
seines persischen Gewandes nicht schiitisch sein kann: 'Ali wird
nicht ein einziges Mal genannt und auch die andern Merkmale
schiitiBcher Gesinnung (s. z. B. Goldziher ZDMG 50. 120 ff.) fehlen
vollständig.
Digitized by LjOOQ IC
80 ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRUCKE.
dessan, was er sagen will, oft nicht recht fertig, aber man ver-
steht, was er meint ^).
Der Inhalt des Buches bietet nichts Bemerkenswertes. Es
sind die bekannten Gebetvorschriften, die für Hanefiten*) gelten.
Eine viel aosfiihrlichere Darstellung dieser Vorschriften hat
Thiersant 2, 375 ff. nach S%eou-T$ching-M(mg^yn, introdueUon ä
Väude et ä la pratigue de la vrcde dodrine . Sie giebt trotz der
schlechten Anordnung und trotz der zahlreichen Versehen im Ein-
zelnen ein gutes Bild von den Gebräuchen der hanefitischen
Chinesen. Das Opus des Ma-ko-tsay ist dagegen ganz unge-
nügend. Es ist aber durchaus nicht etwa ein blosser Auszug aus
dem von Thiersant übersetzten ausführlicheren Werke, es zeigt
vielmehr stellenweise Abweichungen, die in Anbetracht der Sta-
bilität alles Formelhaften immerhin auffallend sind und vielleicht
darauf hinweisen, dass das Sieou-Tsching-Mong-yn einem anderen
Kreise angehört als das da*awät.
Von Eigenartigem, das mitten in allgemein Islamischem in
dem Ritus der Chinesen sich findet, kann ich nur Eines nennen
auf das man, soviel ich sehen kann, bisher nicht geachtet hat:
Spuren des chinesischen Ahnehkultus. Solche werden wir an-
nehmen dürfen in der Formulierung: ,ich bitte Gott um Ver-
zeihung für mich und für meine Eltern und ihre Eltern und
die Eltern ihrer Eltern und alle, die von ihnen abstammen;
mein Herr, verzeihe ihnen, wie sie mich in meiner Kindheit
erzogen haben* (im Frühgebet f. 27 b, s. Prides 17). Dieser
Passus ist um so interessanter, als er in der Fassung des Früh-
gebetes bei Thiersant 2, 410 ff. fehlt. Es ist ja zu beachten,
dass diese Fassung überhaupt von der in den ddawät sehr
abweicht; einzelne Stellen sind, wie aus der Übersetzung hervor-
geht, identisch, und besonders das du'ä, das dem eigentlichen
Auf sprachliche Einzelheiten kann hier nicht eingegangen
werden, nur sei verwiesen auf die wirre Konstruktion, die oben
S. 74 angeführt ist. Wie ein Turcismus mutet an das waqti, das
mehrfach vorkommt (z. B. f. 36 a bmn waqti); ähnlich rik^cUl 56 b.
') Solche sind weitaus die meisten der chinesischen Muslims.
Deren Gesamtzahl stellt Thiersant (1, 38 ff.) auf 20-21 Milli-
onen fest und bemerkt (2, 2Anm.), dass in Kansu und in Ost-
turkestan auch Schafiiten und Schiiten leben. Genaueres habe er
nicht ermitteln können, und auch aus Palladius sei nichts Sicheres
zu ersehen. Jansen rechnet für 1894 mindestens 32600000
Muslims, sämtlich Sunniten (davon in den Nebenländem 1 200 000; her-
aus nach Le Chatelier und'Montet (Hirth scheint vorsichtig
in dem Manuskript, das Jansen benützt hat, keine Ziffer gegeben
zu haben). Die Ziffer Thiersants, die Jansen nicht berück-
sichtigt, verdient offenbar mehr Zutrauen, denn sie ist das Resul-
tat sorgfältiger Ermittelungen im Lande selbst. Nach dem
ProzentMtz der jährlichen Vermehrung (ca. Vs Vo) ^^^ jetzt die
Zahl der Muslims auf 22—23 Millionen geschätzt werden düi'fen.
40
Digitized by LjOOQ IC
ZWEI ISLAMISCHE KANTON-DRUCKE. 81
nemä$ folgt, zeigt am AnfEuig Übereinstiinmuiig, aber die Fassung
bei Thiersant ist viel om&ngreicher and gerade deswegen
sollte man in ihr jenes langatmige Zeagnis des Familiensinnes
und der Vor^ahrenehrong erwarten. Es scheint, dass dieses
Hineinragen yolkstfimlicher Anschauungen in den Ritus thatsäch-
lich Yorhanden ist und yon dem Verfasser des tktawät in harmlos
kindlicher Weise festgelegt worden ist, während der Verfasser
des Sieou-Tsching-Mong-yn, dem sicher der Brauch nicht unbekannt
war, als ein kundiger Mann sich an das dem ganzen Islam Gemeine
hSJt und den lokalen Auswuchs ausscheidet^).
1) Nicht auf gleiche Stufe ist die Erwähnung des Lehrers
zu stellen, wie sie z. B. im cAo^-Gebete vorliegt (f. 61b): ,yer-
zeihe mir und meinen Eltern und meinen Lehrern' (ustäd{jä) etc.,
denn wird auch der Respekt gegen den Lehrer bei den Chinesen
besonders gepflegt (so war z. B. in der Einleitung Seite b 3 vor den
Worten Hao-hno ,die obersten Lehrer* der Eeffpektsraum ge-
lassen), so ist doch gerade in diesem Falle die Erwähnung des
Lehrers (der den Qursn lesen gelehrt hat) allgemein; cf. cAo^-
Gebet am Ende der Lithogr. Constant (s. oben S. 74 n. 2) tistääinä
wamaiäjichmäy am Ende von Ms. Mon. ar. 39 f. 394 b tuiädmä u. o.
41
Digitized by LjOOQ IC
Strassen durch Asien.
Wie kommt man ins Land der Seres? Darauf
hatten die Westvölker des Altertums keine Antwort.
Wohl drang an ihr Ohr die Runde von einer grossen
Strasse durch Skythia (Central-Asien), und Ptolemaeus
trug froh in seine Karte die längs dieser Strasse ge-
legenen Hauptgebirge ein, deren indische Namensformen
wohl auf die nach China ziehenden Missionare des
Buddhismus zurückzuführen sind. Um 600 wurde durch
nestorianische Glaubensboten das Christentum ins Reich
der Mitte getragen, aber keiner von ihnen berichtete über
den Weg. Islamische Heere machten Versuche, über den
Westrand der weiten Ode, die Ostasien vom Rest des
Erdteils trennt, wegzukommen, ohne Erfolg. Als der
Stern der Mongolen aufging, wusste man in Europa über
jene grosse Landverbindung nur das Eine, dass man
nichts wisse.
Anders die klugen Chinesen. Den Weg durch
Mittelasien schlugen ihre Heere wiederholt seit dem
1. Jahrhundert ein, und im 7. Jahrhundert beschreibt
ihn ein chinesischer Reisender ausführlich. Aber auch
hier wird helles Licht auf die ^osse Heer- imd Handels-
strasse erst geworfen, als die gewaltige Gründung
Dschengiz Chans den fernen Osten mit dem Westen
verband und die Beziehungen seiner Nachkommen zu-
einander ein beständiges Gehen und Kommen von der
Küste des Stillen Ozeans bis zum Gestade des Mittel-
meeres bewirkten. Wohl zogen auch Europäer den
42
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 83
grossen Überlandweg, aber ihre Berichte verschwinden
neben der Zahl und der Bedeutung dessen, was in
chinesischen Quellen vorliegt. Mit bewundernswertem
Fleiss und Scharfsinn sind Bretschneider und Hirth
den Beziehungen Chinas zum Westen nachgegangen und
haben durch die kritische Bearbeitung jener Quellen
nachweisen können, wie vortreffliches Material wir für
Lösung vieler Rätsel in ihnen haben.
Chinesen reisten und reisen nicht zum Vergnügen
noch zur Belehrung. Sie begreifen nicht einmal, dass
man so etwas thut. Sie reisen nur in Geschäften, ihrem
Charakter entsprechend, der dem nüchternen btisiness
und daneben hockendem Spekulieren zuneigt. Die
aber, die amtliches oder soziales Muss zu erheblicher
Lokalveränderung führte, haben nicht selten das Gesehne
in mehr oder minder geschickter Weise wiedergegeben.
Leider überwog in fast allen die Spekulier- Anlage, wir
vermissen die für uns allein wertvolle Darstellung vom
Standpunkte des nüchternen Beobachters-, beständig
schlägt ihnen der Litterat, d. h. der Pseudo-Philosoph
und Pseudo-Dichter in den Nacken, und die verträumten
Ergüsse mit den auf Tausende von li abgerundeten
Entfernungen und den temperamentvollen Naturschilde-
rungen ersetzen uns nicht, was wir suchen, genaue
Einzeldaten. Immerhin lässt sich aus den Reisenoten
Einiges gewinnen und Bretschneider hat fünf Züge
berühmter Chinesen nach dem Westen in Teil I seiner
Mediaeval Researches verarbeitet ^). Die Darstellung des
letzten ist dem Yüen si, der berühmten Geschichte der
Mongolendynastie, entnommen, die Bretschneider das
Hauptmaterial für Teil II des eben genannten Werkes
lieferte, die Notices of the Mediaeval Geography and
History of Central Äsia, Eine wertvolle Urkunde be-
spricht Bretschneider in Teil III der Researches:
*) Der bedeutendste und die reichste Ausbeute bietende ist
die Fahrt C'ang Ö'un's zu Dschengiz Chan, die schon oben S. 46
n. 2 erwähnt wurde.
43
Digitized by LjOOQ IC
84 STRASSEN DURCH ASIEN.
eine mongolisch-chinesische Karte Central- und West-
Asiens aus der Zeit um 1331. Am ausgiebigsten für
die Kenntnis der grossen Heerstrassen^ auf denen sich
der Verkehr zwischen Ostasien und dem Westen be-
wegte, ist Teil IV: Chinese intercourse with the ComUries
of Central and Western Asia during the fifteenth and
sixieenth centuries. Das Hauptergebnis der Untersuchung
ist, dass zur Mongolenzeit, d. h. im 13. Jahrhundert
bis zur Regierung Qubilai-Chans (1260) die Heerstrasse
zwischen Ost- und Westasien nördlich vom T'iensan-
Gebirge lief; sie stieg nördlich bis zur Residenz der
Herrscher, Karakorum, hinauf und erreichte über Bis-
balik, Almalik (Kulga), Talas, Sairam und Taskend Samar-
kand Später wurde eine südliche Verbindung vor-
gezogen: von der wichtigen Festimg an der Nordwest-
grenze Chinas Kia-yü-kuan in der Nähe von Su-cou^)
ausgehend führte sie über Hami, Turfan und Aksu nach
ElaSgar, von wo aus dann die uns auch aus andern
Quellen bekannten Strassen nach Chorasan genommen
wurden. Mit dem Verfall der Staaten Asiens im 17.
Jahrhundert geht der Rückgang im Verkehr Hand in
Hand. Die Landverbindung wird fast vollständig auf-
gegeben, und der Handel wie die kaum nennenswerte
Bewegung der Nichthändler sieht sich auf den Seeweg
angewiesen.
Dem Landverkehr machte vollends den Garaus die
Verwendimg des Dampfes für die Schiffahrt. Sicher-
heit, Schnelligkeit, Pünktlichkeit waren die Vorzüge,
die die neue Einrichtung gegenüber dem Segelschiff,
noch viel mehr gegenüber dem Zuge durch gefahren-
gespickte Landstriche auf Tierrücken bot.
China ist dieser Zustand erwünscht. Gegenwärtig
haben die bösen Fremden — mit Ausnahme der Russen,
mit denen man sich unter der Hand verständigt —
keinen andern Zugang zum Lande als von Osten. So
hat Regierung wie Heer einen unermesslichen Rückhalt:
*) Über die Lage siehe Bretschneider 2 n. 937.
44
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 86
man weicht von der Küste ins unerreichbare Innere zu-
rück und holt sich Kraft zu neuen Schlägen gegen die
Bedränger oder hält sich still^ lockt sie hinter sich her
und bringt ihnen dann schwere Schlappen bei, immer
unfassbar, dem weissen Teufel eine Nase drehend.
Auch Russland befindet sich bei dieser Ab-
geschlossenheit des Reiches der Mitte wohl. Ihm ist
die Frucht durch jahrhundertlanges, geduldiges Zuwarten
gereift. Wie grossmütig war es mit dem Di-Kreis (Kul^a-
Gebiet), den es den Chinesen zurückgab, nachdem es
ihnen das Stückchen Land gerettet! Von einem solchen
Nachbar sollte Schlimmes drohen? Dieser Nachbar
gerade wartet nur den Augenblick ab, wo er den Haupt-
stoss fähren kann, der ganz Nordchina in seine Gewalt
bringt. Wohl ist jüngstens von Augenzeugen versichert
worden: die sibirische Bahn ist ein einziger grosser
Humbug, und selbst in französischen Blättern konnte
man lesen, dass grosse Stücke des Schienenweges
ständig oder wenigstens zeitweilig unbefahrbar seien.
Aber der Rahmen ist geschafien für den starken Nordwall,
von dem aus Vorposten vorgeschoben werden, von dem
aus Eisenzünglein hinstreben zu dem südlicheren Stahl-
band, das Russland dem Nachbar umlegen will. Die
Linie Tschelj abinsk-Irkutsk-Tschita-Kirin- Wladiwostok
geht ihrer Vollendung entgegen. Von ihr aus werden
zahlreiche Stränge zu der südlichen Linie führen, die
von Taschkend über Kuldscha, Manas und Gucen am
Nordhange des T'iensan nach Hami und dann weiter
tiber.Su-cou in das Herz Nordchinas gehen und in der
Strecke Andidschan-Kasgar-Aksu-Turfan-Hami am Süd-
hange des T'iensan eine wichtige Parallelbahn haben
wird.
Das Einzige, was diese ungeheure Bewegung,
welche die politische Gestaltung Asiens völlig ändern
wird, zwar nicht verhindern, aber doch um einige
Jahrzehnte hinausschieben kann, ist das Geld. Schon
der Durchführung des sibirischen Planes setzte der
Mangel an flüssigem Kapital öfters erhebliche Hin-
45
Digitized by LjOOQ IC
86 STRASSEN DURCH ASIEN.
demisse entgegen. Halten Europa und Amerika die
Taschen zu, dann ziehen sich die angedeuteten Unter-
nehmungen so lange hinaus , bis Russland selbst
durch das bisher Geschaffene, das ja 'allerdings wirt-
schaftlich von höchster, werteschaffender Bedeutung ist,
kapitalistisch gestärkt ist, und als ihm im eignen Innern
die Industrie zur Herstellung der enormen Quanta von
Material für Bau und Ausbeutung genügend gewachsen
ist. Die beiden Faktoren, die hier hindernd wirken,
Geld und industrielle Bereitheit, stehen im reichsten
Masse zur Verfügung, wenn die zusammenhalten, die
ein Interesse daran haben, dass nicht ganz China rus-
sische Provinz wird. Das sind alle ausser Russland,
Frankreich nicht ausgenommen, das durchaus kein
Verlangen danach trägt, im Norden von Tonking den nor-
dischen Freund und damit eine wirtschaftlich selbst
stark interessierte Macht zum Nachbar zu haben. Alle
nichtrussischen Franken müssen zusammenstehen, um
zu verhindern, dass es in Zukunft nur ein einziges rein
russisches nur an Russland angeschlossenes Schienen-
netz in Ostasien giebt, dass die Verbindung Ostasiens
mit dem Westen auf den Sti'ang durch Russisch-Central-
asien angewiesen ist. Es ist die grosse südasiatische
Überlandlinie zu schaffen, von der mächtige Stücke
bereits im Betrieb, andere wichtige im Bau sind.
Geld und Kraft haben die Franken zu dem ge-
waltigen Unternehmen, aber zwei grosse Hindernisse
scheinen der Ausführung im Wege zu stehen: 1) die
Uneinigkeit der Franken, 2) das Misstrauen und der
Widerstand der islamischen Völker, durch deren Gebiet
der Schienenweg zu führen ist, und mit deren gutem
Willen zu rechnen ist.
Das fränkische Europa hat bisher einen schwe-
ren Fehler begangen, indem es dem Islam gegen-
über innerlich eine falsche Stellung einnahm. Es ist
letztlich öfter darauf hingewiesen worden, wie geschickt
das Verhalten der orthodoxen Russen gegenüber ihren
islamischen Unterthanen ist. Es ist richtig, dass Russe
46
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 87
und Muslim sich verwandt fühlen als Asiaten. Aber
es ist auch anzuerkennen, dass der Russe als Gebieter
und als Mensch dem Muslim so gegenübertritt> dass
dieser Zutrauen, ja Anhänglichkeit 'gewinnen muss.
Schulter an Schulter dient der islamische Soldat mit
dem orthodoxen in der Armee, er nimmt an Auszeich-
nungen und Beförderungen teil, in russischen Häusern
dienen Muslims neben Rechtgläubigen, und niemand
fragt nach ihrer Religion, die sie frei ausüben dürfen,
wenn sie ihre Pflicht thun. Für den Britten sind die
Muslims „Natives" „Niggers", die noch weit hinter den
„Foreigners ** stehn, freilich- nicht so weit, als diese vom
„British" entfernt sind i). Der Franzose hat ebenfalls
Der englische Nationalfehler eines ans Pathologische
streifenden Dünkels hat in den letzten Jahrzehnten eher zugenom-
men. Am Anfang der englischen Herrschaft in Indien gab es
noch gute Anglo-Indians, d. h. Leute, die sich mit Liebe in das
Land einlebten und den Eigentämlichkeiten seiner Bewohner ge-
recht zu werden suchten. Li neurer Zeit herrschen fast aus-
schliesslich die Leute vom Schlage des Jos Sedley, der in Tha-
ckeray's Vanity Fair so köstlich geschildert ist. Li neuester Zeit
wirkt gradezu verhängnisvoll Kipling, dessen schönes Talent
man mit Bedauern in den Dienst des blindesten und blödesten
Rassendünkels und Rassenhasses gestellt sieht. Die fade Heu-
chelei, mit der er die sogenante Mission Englands feiert, mag
ihm hingehn: ,Clear the land of evil, drive the road and bridge
the ford, — Make ye sure to each bis own — That he reap
where he bath sown [d. h. dass der Britte erntet, wo der Boer
gesät hat] — By the peace among our peoples let men know
we serve the Lord!' Die freche Anrufung Qottes zur Verherr-
lichung von Eigensucht und Gewaltthat ist ganz im Geiste des
Engländers, der in der einen Hand die Bibel schwingt, mit der
andern das Opium au^^wingt, und kann nur harmlosen Seelen
Freude machen wie MaryEingsley, die mit diesen Versen ihre
yEUstory of West Africa* schliesst. Mit Recht aber erhebt van
Oordt (Be NederkMdische Koopman in de Landen van den Islam
306) Protest gegen die Gesinnung, die sich in den Worten aus-
spricht: ,0, East is East, and West is West, — And never the
twaine shall meet — Till Earth and Sky stand presently — At
God's great Judgment Seat'. Die empörende Verhetzung des
armen Europäers, der dem Dienste der guten Sache (!), der
jCivüisierung' des blöden Asiaten sich opfert, wie sie in ^The white
47
Digitized by LjOOQ IC
88 STRASSEN DURCH ASIEN.
in der Behandlung des Islams schwere MissgrifFe be-
gangen, aber er ist unbefangener als der Britte, kann
sich eher in das Fremde hineindenken. Der Deutsche
hat noch nicht viel Gelegenheit gehabt, Erfahrungen
zu sammeln und sich zu erproben. Sein Anpassungs-
vermögen ist bekannt, ja verrufen. Jetzt, wo dem das
Gefühl der Kraft sich gesellt, wird die Kehrseite da-
von, das Aufgeben des Eignen, schwinden, und die
besonnene ruhige Beurteilung des Fremden neben wohlwol-
lender Rücksichtnahme auf dessen Eigenart sich geltend
machen.
Der Orientale ist ein guter Beobachter, und er hat
die Wesensart der verschiedenen europäischen Nationen
richtig erfasst Wir haben gegenwärtig das Vertrauen
der islamischen Welt und des Mannes, der an der
Spitze des grössten islamischen Staates steht. Wir haben
alle Ursache, nach der Bewahrung dieser ireundlichen
Gesinnung zu streben. Der Sultan ist klug. Er weiss
sehr wohl, dass sein weites Reich eine neue Blüte er-
leben kann, dass auch ihm persönlich sehr bedeutende
materielle Vorteile in den Schoss fallen, wenn das Land
mit einem Netz guter Verkehrswege überzogen wird.
Grundsätzlich hat er gegen den Bau von Bahnen nichts
einzuwenden, aber er sieht in den Fremden, die die
grossen Verkehrswege bauen, gefährliche Werkzeuge
politischer Macher. England und Frankreich haben
ihm beide genügenden Anlass zu Misstrauen gegeben.
Frankreich hat nichts versäumt, um das gierig beäugte
Syrien an sich zu bringen. England ist es gelungen,
dem Sultan auch den schwachen Schein der HeiTschaft
man's bürden* vorliegt, ist g^it beleuchtet Litt. C. Bl. 1899 No 16
Sp. 567. Mit welchem Rechte beklagen wir uns über die Send-
linge des Islams, die in Afrika und Asien die Lehre von der
^Mission' ihrer Religion predigen, von dem geheiligten Beruf aller
Muslims, die wahre Lehre zu verbreiten, und deren ganzes Stre-
ben, gerade wie das Kiplings, darauf geht, Scheidemauem zu
errichten zwischen den Völkern, die Kluft, die ohnehin schon
Unverstand und Eigensinn zwischen Menschen verschiedener An-
lage und Sitte schaffen, noch zu vertiefen ?
48
Digitized by LjOOQ IC
STEA88EN DURCH ASIEN. 89
über Egypten zu nehmen, Cypern vom Osmanenreiche
loszulösen. Deutschland hat keine eigensüchtigen Ab-
sichten. £s hat nur wirtschaftliche Ziele im Auge und
sieht in dem Aufblühen des osmanischen Reiches einen
Vorteil für seine eignen Interessen und für die Verbreitung
fränkischen Kulturlebens. Die Aufgaben, die in der
asiatischen Türkei zu lösen sind, sind so grosse, so
mannigfaltige, so schwierige, dass selbst unter günstigen
Umständen das Jahr 1950 herankommen wird, bis der
Zustand geschaffen ist, der als ein befriedigender und
weitere gedeihliche Entwicklung verbürgender betracht e
werden kann. An diesem Werke mit aller Anstrengung
teilnehmen,'' heisst die nationale Kraft stärken. Wir
werden damit auch die Landesregierung stärken, und
mit dieser den Islam. Ist das ein Unglück? Wir
glauben nein.
Es ist nicht unbekannt, dass die Kriege, die die
Türkei seit 1877 zu führen hatte, schwere Aderlässe
für sie gewesen sind. In diesen Kriegen war das
beste, zuverlässigste, kräftigste Material die Türken
Anatoliens. Hunderttausende kleinasiatischer Türken
im besten Mannesalter gingen durch Kämpfe, durch
Krankheiten, nicht zum wenigsten auch durch die
schlechte Heeresverwaltung zu Grunde. Dass die
Lücken durch eine Zeit des Friedens und ruhiger wirt-
schaftlicher Entwicklung ausgefüllt werden, muss dem
Sultan im Interesse des Landes und der Religion, als
deren Schutzherr er allenthalben gilt, besonders am
Herzen liegen. Aber er wird sich der Erwägung nicht
verschliessen, dass auch seine christlichen Unterthanen
wertvolle Faktoren für diese Entwicklung sind, ja dass
er sie bei dem grossen Mangel an Händen, der überall
herrscht, gamicht entbehren kann, und dass die Ab-
Schlachtungen der Armenier, die erwiesenermassen unter
den Augen der Regierungsorgane vor sich gingen, der
Sache des Islams nicht nur nicht nützten, sondern dem
ganzen Lande, auf dessen Gedeihen doch eben diese
Sache wesentlich beruht, die schwersten Wunden
49
Digitized by LjOOQ IC
90 STRASSEN DURCH ASIEN.
schlugen. Keine Macht der Erde hat sich um Interna
des türkischen Reiches zu kümmern, und Deutschland
hat nicht die geringste Veranlassung, die Sache der
orientalischen Christen zu vertreten. Man wird aber
den türkischen Machthabern vorstellen dürfen, dass sie
sich ins eigne Fleisch schneiden, d. h. das eigne Land
dem völligen Ruin entgegenführen, wenn sie diese mit
geringen Ausnahmen (zu denen gehören besonders die
syrisch sprechenden Christen an der persischen örenze)
höchst rührigen und intelligenten Elemente durch ein-
faches Hinschlachten aus der Welt schaffen oder durch
grausame Gewaltmassregeln herunterbringen oder zur
Auswanderung treiben i). Nicht die islamischen Unter-
thanen des Sultans, die angeblich von den bösen Christen
geplündert und ausgesogen werden, sind gegen diese
zu schützen, sondern sie sind von der Landesregierung
selbst morab'sch zu stärken, d. h. es sind ihnen Antrieb
und Mittel zu gewähren, dass sie ihre geistigen imd
materiellen Kräfte besser anwenden lernen. Es ist vor
allem den islamischen Elementen im Lande selbst, die
wirklich geistig regsam sind, der weiteste Spielraum
zu gewähren, und es sind ihnen nicht weiterhin bei
dem Streben nach kultureller Entwicklung Knüppel
zwischen die Beine zu werfen, wie das bei den Kurden
geschehen ist, denen man aus Furcht vor nationalen
Regungen jedes geistige Leben zu unterbinden sucht.
Dazu kommt noch eins. Die Kriege, die die Türken
in Europa geführt haben, trugen nicht wesentlich den
Charakter von Religionskriegen. Der Türke ist Soldat
und war es immer, ein beutelustiger, eroberungssüch-
tiger Krieger, aber kein Fanatiker. Es ist kennzeich-
nend, dass alle Türken der Schule des Abu Hanifa
folgen, d. h. des sunnitischen Rechtslehrers, der die
') Qeradeza wahnwitzig sind die Vorschläge, die ein Dr.
Mehemed Emin Efendi in ,,Die Zukunft der Türkei'* macht.
Er empfiehlt nichts mehr und nichts weniger als die Abstossung
aller christlichen Elemente der Türkei; das ist die Panacee, durch
die zur Heilung gelangt werden soll.
50
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 91
mildesten Ansichten vertritt. Thatsächlich erweisen sich
die Türken, die einmal unter fremde Herrschaft ge-
kommen sind, als zuverlässige, ruhige Unterthanen der
neuen Regierung *). Roheiten in Beschimpfung der An-
dersgläubigen als solcher, wie sie in älterer Zeit oft
vorkamen, sind mehr dem übertriebenen Nationalgefühl
der Osmanen und der Rauheit der Sitten eines der
europäischen Gemeinschaft noch nicht angehörenden
Volkes zuzuschreiben. Das was in der Türkei etwa
noch von religiösem Fanatismus vorhanden ist, wird bei
näherer Berührung mit der fränkischen Kultur, bei Aus-
bildung der Verkehrswege, bei Erhöhung des geistigen und
moralischen Niveaus der Bevölkerung völlig schwinden*).
Und von diesen Einflüssen werden auch die nichttür-
kischen Muslims des Landes berührt werden; nament-
lich von den Kurden ist hinsichtlich des Fanatismus
nichts zu fürchten, wenn die Regierung nicht selbst das
Feuer schürt, und wenn man die mächtigsten Häupter
des Landes dazu bewegen kann, und das wird nicht
schwer sein, Hetzern sofort energisch das Handwerk zu
legen. Weniger harmlos sind die arabischen Muslims,
*) Neuestens wird über eine Bewegung unter den Muslims
des österreichischen Okkupationgebietes berichtet. Dass dort
gewissenlose Agitatoren die Hand im Spiele haben, ist sicher.
Doch wird man die Beschwerden anparteiisch zu prüfen haben.
Möglich ist immerhin, dass vereinzelt Organe der Verwaltung in
Bosnien und Herzegowina nicht ganz korrekt gehandelt haben.
*) Nicht die gleiche Hoffiiung darf man für AMka hegen.
Dort hat der Islam weit geiUhrlichere Formen und gefällt sich
in expansiven Tendenzen. Dort herrscht das finstere Malekiten-
tarn, und das Unwesen der religiösen Bruderschaften ist in Blüte.
Aber nirgends ist Macht, denn wo die Herrschaft nicht in schwachen
Händen ist, wie in Marokko, da ist sie in denen habgieriger Em-
porkömmlinge, oder sie ist gar nicht, in dem Kriege Aller gegen
Alle. Man darf schon jetzt mit einiger Sicherheit sagen, dass bei
klugem Verhalten der Kolonialmächte die Bolle des Islams in
Afrika ausgespielt ist. Ein paar blutige Zuckungen wird es geben.
Sie werden den Lauf nicht aufhalten. An Stelle der Hunderte
von Franzosen, die in Nordafrika im Vordringen fallen, treten
Tausende.
51
Digitized by LjOOQ IC
92 STRASSEN DURCH ASIEN.
aber die der Städte und des Kulturlandes sind fast
durchgängig energielos und leicht im Zaum zu halten,
die der Steppe feiges Raubgesindel, mit dem noch leichter
fertig SU werden ist.
Für das Stück der Südasienbahn zwischen dem Mittel-
meer imd Kuweit kommen „Uneinigkeiten der Mächte^
und „Widerstand der Muslims" nicht in Betracht. Auch
nicht für die Strecke, die sich östlich anschliesst. Denn
dieses missing link zwischen dem grossen englisch-in-
dischen Schienennetz und dem Westen kann nur von
England gebaut werden und wird von ihm gebaut wer-
den, sollten auch die auf dem Strich wohnenden Mus-
lims verhetzt werden oder die Russen einen verwegenen
Verstoss nach Bender ' Abbäs hinunter machen. Der per-
sische Golf ist ein englisches Binnenmeer, an dieser That-
Sache ist vorläufig nicht zu rütteln, und geht England mit
dem Bahnbau an dessen östlichem Rande rücksichtlos vor,
so kann man ihm und der ganzen Frankenwelt nur
Glück wünschen, denn nur so kann der fränkischen Kultur
ein offener Weg durch Asien gesichert werden, abgesehen
davon, dass dann erst der Bagdad-Bahn die schnelle
und reiche Entwicklung verbürgt ist, die guter Ertrag
mit sich bringt. Bleibt der Teil, der im Osten an das
indische Bahnnetz sich anschliessen soU.
Im ganzen Norden Asiens herrscht ein Wille,
verkörpert in dem weissen Czaren. Im nicht chine-
sischen Südostasien hat zwar England das grosse Wort,
aber es hat doch nur die westliche Hälfte und
muss selbst in dieser sich Siam und Frankreich als
selbständige Mitbesitzer gefallen lassen; dazu hat es
fortwährend mit den nationalen Bestrebungen eines ur-
alten Kulturvolkes zu kämpfen und ist in dem Teil
seines grossen indischen Reiches, der den am meisten
in seiner Richtung vorgeschobenen russischen Posten
am nächsten liegt, zu einer viel Menschenmaterial und
Geld kostenden Expansionpolitik gezwungen. Frank-
reich hat für seinen ostasiatischen Besitz grosse Opfer
bringen müssen, aber Cochinchina, Annam und Tong-
52
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 93
king erweisen sich schliesslich als ein wertvoller Ko-
lonialbesitZy und die neueste Erwerbung, die „Pachtung^
von Kwang-iou-wan hat ihm einen wichtigen Anhalts- und
Vorstosspunkt ftir eine kräftige Politik in Südchina im
Lande selbst gegeben. Wenn die beiden grossen Ko-
lonialmächte, die da, wo sie an China grenzen, nur
durch den Mekong von einander getrennt sind, ihr
Interesse recht verstehen, so bleiben sie jeder Eifer-
süchtelei in diesem Teil des Kontinents fern, nament-
lich hat der Franzose immer sich gegenwärtig zu halten,
dass der Engländer Europäer und ihm interressenver-
wandt, der Russe Asiat und daher sein natürlicher
Feind ist Frankreich und England müssen sich ge-
meinsam in den Dienst der grossen Idee stellen, 1) von
Westen her das Leben in das erstarrte Reich der Mitte
zu bringen, gegen das es sich mit dem Beharrungs-
vermögen des Starren und dem passiven Widerstände
des Eigensinnigen sträubt und mit dem ihm von
Osten nicht beizukommen ist, 2) Südchina vor den
gierigen Händen zu retten, die Russland nach ihm aus-
strecken wird, sobald es den Norden sich sicher ein-
gethan hat. Nach gemeinsamem Plane muss vorge-
gangen, vor allem das Material geschickt verwandt
werden, das im Lande selbst vorhanden ist. Die dreissig
Millionen Muslims, die durch das Reich zerstreut wohnen,
sie gerade sind das Element, mit dem sich eine Neu-
ordnung der Dinge herbeiführen lässt, die für Alle die
segensreichsten Folgen haben muss: vor allem für
China, dessen Hilfsquellen dann endlich ausgelöst
werden, fUr die Muslims, die ihren Drang nach eifriger
Bethätigung frei üben können und von dem unwürdigen
Zwange der Fremdregierung befreit werden, für Europa,
dessen Beziehimgen zu Mittel- und Ostasien eine un-
geahnte Entwicklung erfahren werden — und schliess-
lich wird selbst Russland, das sich anfangs benachteiligt
glauben wird, einsehen, dass der neue Zustand, indem
er Festes schafil, ihm zur Ausarbeitung und Durch-
dringung des in den letzten Jahrzehnten im Fluge Er-
53
Digitized by LjOOQ IC
94 STRASSEN DURCH ASIEN.
haschten am gedeihlichsten ist und es vor dem Zer-
fliessen wahrt, das ihm bei der Expansion ins Uferlose
droht.
Grossen Bewegungen lässt sich nicht die Bahn im
Einzelnen vorschreiben, und es ist müssig, hier zu spe-
kulieren, wie sich die Erhebung der islamischen Ele-
mente Chinas gestalten wird. Doch dürfen immerhin
einige Gesichtspunkte zur Sprache gebracht werden,
von denen aus auf die Bewegung, soweit ein Einfluss
auf sie möglich ist, zu wirken sein wird.
Es ist in Yünnan einzusetzen. Leider sind hier
England und Frankreich wie zwei Köter, die an dem-
selben fetten Bissen stehend, sich anknurren. Die
Yüunan-Muslims sind rührig und intelligent. Sie werden
leicht zu der Einsicht zu bringen sein, dass die Ein-
führung fränkischer Verkehrsmittel den Wohlstand ihres
reichen Landes, dessen Schätze jetzt fast un verwertbar
sind, unerhört heben wird. Das ist eben der Unter-
schied zwischen islamischem und konfucianischem
Chinesen, dass der Muslim in seinen religiösen Anschau-
ungen keinen Anlass zum Widerstand gegen Neues hat,
während der Konfucianer alles Neue, Fremde mit dem
grössten Misstrauen ansieht. Als Gegenleistung gegen
die Willigkeit, ihr Land den Fremden zu erschliessen,
muss den Yünnan-Muslims der volle Schutz der Frem-
den gesichert sein, etwa durch eine internationale Truppe
unter einem Kommissar, und es muss für sie ein Mass
von Selbstverwaltung bei der Zentralregierung durch-
gesetzt werden, das eine gedeihliche Entwicklung sichert.
Ist Yünnan fi-emdem Einflüsse gewonnen, dann lässt
sich leicht das Land zwischen ihm und Kanton er-
schliessen ; denn in dieses kann dann von Westen, vom
französischen Süden und vom englischen Hongkong her
vorgegangen werden. Deutschland^) wünscht nicht, dass
M Der Gedanke, dass Deutschland an solcher Aktion in der
Weise teilnehme, dass es von Portugal das unter der Verwaltung
dieses Ländchens ganz unbedeutende Macao erwerbe, ist verlockend;
aber Portugal ist englische Provinz, das genügt.
54
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 95
Andere dort auf Beute gehen und für sich Happen von
dem chinesischen Kuchen losreissen. Wir wünschen
aber, dass unsere und des europäischen Gesamthandels
Interessen durch die Schaffung eines ununterbrochenen
Schienenweges vom Mittehneer an den Stillen Ozean
gefordert werden, und zu der Schaffung dieses Weges
ist es unbedingt nötig, dass in Südchina eine starke,
unsem Wirtschafts- und Verkehrsformen freundliche
Verwaltung besteht. Die offizielle chinesische Regierung
ist imfähig, eine solche Verwaltung einzurichten, es
muss daher auf die Elemente zurückgegriffen werden,
die für sie geeignet sind. Das sind eben die MusUms,
die Hui-Hui, die dem Europäer unendlich viel näher
stehn als die konfucianischen Chinesen. Von zwei
Seiten droht der Heranziehung des islamischen Ele-
mentes in dem hier vertretenen Sinne Gefahr: 1) von
der islamischen Propaganda, 2) von der chinesischen
Zentralregierung. Diese ist die geringere. Die Ver-
bindung der Provinzen mit Peking ist eine ziemlich
lose. Der grösste Widerstand wird auch nicht von
jener Seite, nicht von den offiziellen Mächtigen im
Lande zu erwarten sein, sondern von der grossen
Masse, die immer bereit ist, sich, sei es zur wirklichen,
sei es zur angeblichen Bekämpfung der Fremden und
ihrer Freunde zusammenzuscharen und jedes ruhige,
erfolgreiche Arbeiten zu vereiteln. Schwerer wiegt
die Möglichkeit, dass der Islam da unten von vom
herein misstrauisch gemacht und aufgehetzt wird. Es
ist kein Geheimnis, dass der Islam, und ganz besonders
der offizielle Islam Stambuls, der die reine Lehre zu
vertreten in Anspruch nimmt und mit allen Mitteln für
Ausbreitung dieser Lehre wirkt, durchaus frankenfeind-
lich ist und eine wahre Herzensfreude empfand, als die
Ungläubigen in Peking so schwere Not traf. Die offi-
ziellen Ableugnungen ändern daran nichts. Die türkische
Presse legte sich keinen Zwang auf und verriet die
wahre Stimmung nur zu deutlich. Wenn irgendwo so
träumt man den Traum von einer vollständigen Islami-
Digitized by LjOOQ IC
96 STRASSEN DURCH ASIEN.
sierung Chinas in Stambul. Man hätte auch dort allen
Grund, fiir eine gründliche Demütigung des amtlichen
China und Schwächung seiner Macht zu beten. Denn
unerhört ist der Gewissenszwang, dem der Tslam im
Tiande des Zopfes unterworfen ist: muss doch der Mus-
lim, wenn er die Moschee betritt, zunächst vor der
Tafel des Kaisers, dann vor der des Konfucius den"
Kotau machen, d. h. einen Akt der Anbetung ver-
richten. In Ländern christlicher Regierung wird einzig
und allein die Einschliessung des Landesoberhauptes in
das allgemeine Kirchengebet verlangt imd es wird kaum
irgendwo mit der Ueberwachung des Aktes streng vor-
gegangen. Die Muslims sind in französisch Afrika, in
englisch und holländisch Indien und wo sie sonst in
annektierten Ländern leben, in der Uebimg ihrer Re-
ligion völlig frei und es wird ihnen äussere Ehrenbe-
zeugung fiir eine fremde in keiner Weise zugemutet.
Und da nimmt das amtliche Stambul Partei für Heiden,
die von den Muslims Götzendienst erzwingen, Heiden,
die nicht einmal ahl kitäb, Buchbesitzer, sind wie
Christen und Juden? Das Wunder erklärt sich zum
Teil daraus, dass man in Stambul nicht über die vier
Wände des Zimmers, in dem man hockt, hinauszusehen
liebt (wurden doch für den türkischen Islam die Mus-
lims, die nicht zu der kleinen Welt um das Mittelmeer-
becken herum gehörten, erst in der Mitte dieses Jahr-
hunderts förmlich entdeckt), dann auch daraus, dass
jedem das Hemd näher ist als der Rock und er Insekten
an jenem stärker empfindet. Der Türke, der als Räuber
nach Europa kam, muss ja jeden Augenblick der bekannten
Fabel eingedenk sein, in der das Tier, das noch eben
prahlte: „Du bist mein, denn ich bin gross und Du bist
klein" allsogleich diese Weisheit auf sich angewandt
sieht. Dazu kam unverständige Verkennung des eigenen
Nutzens, indem die Feindschaft und das Misstrauen
gegen die Verdrängten, die selbst wieder Verdränger
wurden, auch auf ihre Einrichtungen, selbst die nütz-
lichsten, ausgedehnt wurden. Erst in neuerer Zeit hat
56
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 97
ein einsichtigerer Monarch das Verkehrte solchen Wider-
standes eingesehen und wenigstens in diejenige Hebung
der Verkehrsverhältnisse gewilligt, welche seinem Reiche
am ehesten neue Lebenskraft zuführen wird. Freilich,
der alte Hass gegen alle Franken ist ungebrochen, und
erwägt man das Unbehagen, das der Türke bei dem
ungeheuren Aufschwung fast aller Frankenländer und
dem Tiefstand des eigenen Landes (ganz kann er sich
ja über die Unzulänglichkeiten in Verwaltung- und
Wirtschaftleben nicht hinwegtäuschen) empfinden muss»
so wird man es erklärlich finden, dass er den
schweren Schlag, den China gegen die Europäer geführt,
mit einem dhamdü liUäh begrüsste. Ganz anders
werden die Hui-Hui den Fall angesehen haben. Denn
sie erfahren die chinesische Tyrannei am eignen Leibe
und fühlen sich den Christen weit verwandter als den
sie quälenden Heiden, werden auch sehr wohl darüber
unterrichtet sein, dass ihre Glaubensgenossen in Ländern
mit christlicher Regierung eine ganz andere Behandlimg
erfahren. Von vom herein ist also anzunehmen, dass
sie auf ein Bündnis mit fränkischen Mächten (seien es nun
amtliche Regierungsvertretungen, seien es wirtschaftliche
Mächte, die nur an fränkischen Staatsverwaltungen einen
Rückhalt haben) gern eingehen würden, wenn ihnen dabei
die Aussicht winkt, das Verhältnis zu der Regierung,
der sie jetzt dienen müssen, zu lockern, eine gewisse
Selbständigkeit zu erlangen und auch materiell ihre
Lage bedeutend zu heben. Es muss nur verhütet wer-
den, dass diese Geneigtheit durch Stänker und Hetzer
zerstört wird. Die Gefahr solchen Eingriffs und die
andere, dass die nächstbeteiligten Franken durch gieriges
Zugreifen und taktloses Verhalten gegen die zu Ge-
winnenden alles verderben, scheint einem vortreffllichen
Kenner des östlichen Islams, dem ich von meinen Aus-
blicken geschrieben, so gi'oss, dass er sich unter dem
6. September d. J. so äusserte: „Vom chinesischen Islam
habe ich für die Anpassung Chinas an die europäische
Kultur wenig gute Hoffnung. Der Islam hat sich ge-
57
Digitized by LjOOQ IC
98 STRASSEN DURCH ASIEN.
wohnt, sich über jede Art des Widerstandes, auf welche
die europäische Kultur stösst, zu freuen, gleichviel, ob
der Teufel oder ein Mahdi den Europäern entgegentritt.
Auch diesmal freuten sich die panislamischen Zeitungen
über Chinas Auftreten. Mögen nun auch die chine-
sischen Muslims zunächst aus Partikularismus teilweise
für den Sieg der Europäer gebetet haben, bald erreicht
sie die Stambuler Parole, und mit der Europäerfreund-
schaft ist es aus. Ausserdem würde letztere auch ein
Ende finden, sobald europäischer Einfluss sich für die
chinesischen Muslims selber fühlbar machte".
Ich teile diese Ausführung offen mit, um die Be-
denken, die hier so klar und scharf ausgesprochen
werden und die nicht zu unterschätzen sind, gleich selbst
abzuschwächen. Die Befürchtung, die fränkischen Re-
gierungen könnten durch zu „schneidiges" Vorgehen
viel verschütten, wurde schon erwähnt Deutschlands
Verhalten gegenüber der Türkei ist hier vorbildlich.
Wir erkannten zuerst, dass einem Staat, der durch fort-
gesetztes Drängeln und durch systematische Raubver-
suche (Frankreich in Syrien!) nicht totzumachen ist und
dadurch nur in eine immer grössere Wut gegen alles
Fremde getrieben werden muss, dass dem der Weg
friedlicher Entwicklung und freudiger Teilnahme am
politischen und wirtschaftlichen Qesamtleben der Franken-
welt nur erschlossen werden kann dadurch, dass er
sich in seiner Eigenart geachtet fühlt. Ehrliche, wohl-
wollende Freundschaft ist das Leitwort, unter dem allein
hier ein für alle Teile befriedigender Zustand herbei-
geführt werden kann. In Südchina haben die Franken
es nicht mit einem ansehnlichen islamischen Staatswesen
zu thun. Es soll dort erst den Elementen, die schon
von 1856—1873 für ihre Unabhängigkeit stritten, zu
einer freieren Stellung verhelfen, namentlich soll ihnen
durch wirtschaftliche Kräftigung ein Übergewicht ver-
schafft werden. Noch sitzt ihnen das Misstrauen fest,
das sie als Bewohner Chinas gegen die Fremden haben,
die ja dort überall nur als gierige Landräuber angesehen
58
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 99
werden. Dieses Misstrauen muss vor allem beseitigt
werden. Die Muslims Chinas müssen die Überzeugung
gewinnen, dass die Franken bei dem Schutze^ den sie
ihnen angedeihen lassen, nur insoweit eigensüchtige
Zwecke verfolgen, als der Aufschwung, den das Land
nehmen wird, ihnen selbst sehr beträchtliche materielle
Vorteile verspricht. Der Hass gegen die chinesische
Verwaltung ist sehr gross und die Ubelstände werden
80 scharf empfunden, dass es nicht schwer sein wird,
die Lostrennung der Provinz von dem Reiche herbei-
zuführen. „Aber dann kommen die Emissäre der neu-
islamischen Propaganda, predigen Feindschaft gegen die
fränkischen Ungläubigen und das Ergebnis aller Be-
mühungen ist, dass am Rande des Gebietes, das Eng-
land und Frankreich in Südostasien mit Ungeheuern
Opfern erobert haben, ihnen ein gefährlicher Feind er-
wächst." Gemach! Schon oben wurde darauf hin-
gewiesen, dass England und Russland, die sich auf dem
Pamirplateau die Hand reichen, die Einwanderung von
Westen sorg<ig überwachen müssen. Bei gehöriger
Vorsicht lässt sich der Zuzug hetzerischer Elemente
wenn nicht ganz verhindern, so doch auf ein Minimum
beschränken, ebenso müssen natürlich der Mekkapilgere
möglichst Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden.
Zudem liegt der Knüppel beim Hunde. Ein abgefallenes
Yünnan muss mit dem Abbruch der Beziehungen zu
den chinesischen Nachbarprovinzen rechnen oder wird
doch seinen wirtschaftlichen Verkehr dorthin erheblich
beschränkt sehen, auch bis zu voller Erstarkung mit
dem Wiedergewinnungversuch der Centralregierung zu
kämpfen haben. Es ist da auf die Nachbarn im Süden
angewiesen. Diese haben es in der Hand, bei schlechter
Aufführung sofort harte Gegenmassregeln eintreten zu
lassen. Sollten selbst wirklich Emissäre aus Stambul Ein-
gang ins Land finden und hetzerisch zu wirken suchen, so
würde man den Yünnanleuten sehr bald klar machen,
dass sie von Stambul nichts zu ei^warten haben, und
dass sie mit Träumen von einem grossen Islamreich
59
Digitized by LjOOQIC .
100 STRASSEN DURCH ASIEN.
vorläufig nicht weit kommen. Das beste Mittel, die
richtige Stimmung herzustellen, wird auch hier sein,
Bewegung zu schaffen, wo jetzt Todesschlaf oder Fesse-
lung herrscht, Arbeits- und Lerngelegenheit und dadurch
Erhöhung der Einsicht in das wirklich Fördernde.
Dass gerade Frankreich und England bei der Ent-
wicklung Südchinas in der angedeuteten Richtung zu-
nächst eine führende Stellung zufallen wird, scheint in-
sofern freudig zu begrüssen, als beide Staaten in langem
Verkehr mit Muslims Erfahrungen gesammelt haben.
Leider haben beide die Erfahrungen nicht so sich zu
Nutze gemacht, wie es hätte geschehen können. Nament-
lich Englands Verhalten bezeichnet durchaus einen
Rückschritt gegen früher, während Frankreich in der
Heranziehung einer wohlgeschulten Armee von Beamten
für die islamischen Besitzungen entschiedenes Geschick
bewiesen hat. Das Schlimmste ist, dass in beiden
Staaten das Raubgelüst, sanfk als „Expansion trieb"
bezeichnet, immer noch stärker ist als die Stimme der
Gerechtigkeit und Vernunft, und gerade in Südchina es
nicht leicht sein wird, den strebenden Vertretern der
Kolonialgewalt die gehörige Beschränkung aufzuzwingen.
Deutschland nennt, Gott sei Dank, noch kein
Fleckchen Erde dort unten sein eigen und kann mit um-
so grösserer Ruhe der Entwicklung der Dinge zusehen
oder vielmehr: hat um so mehr Freiheit, in die Ent-
wicklung einzugreifen. Wer will, wer kann uns wehren,
unsere Sendboten^) durch ganz Central-Asien, durch
alle Teile Chinas zu senden? Wir wollen nirgend
Landraub treiben, wir wollen uns nirgend als die Herren
und Meister rückständiger Völkerschaften aufspielen.
Aber wir wollen uns bei Zeiten in den Ländern, die
') Natürlich iat nicht an Missionare zu denken; sie sind
nirgends übler angebracht als in islamischem Land, wo auf Abfall
vom Glauben nach göttlichem Recht der Tod steht und diese
Bestimmung fast immer mit hier buchstäblich tötlicher Sicherheit
zur Ausfahrung kommt, selbst wenn kein starker weltlicher Arm
da ist.
60
Digitized by LjOOQ IC
STRASSEN DURCH ASIEN. 101
einer grossen wirtschaftlichen Entwicklung, der Ein-
beziehung in den Weltverkehr entgegengehen, einen
Vorsprung sichern, selbst vor denen, die die nächsten
scheinen, das Fett von der Suppe abzuschöpfen. Und
das muss ohne viel Geräusch geschehen. Vor allem
keine Konsuln, noch viel weniger sogenannte „Diplo-
maten^, d. h. Leute, die viel Spektakel machen, viel
kosten, wenig Positives nützen, durch Unklugheiten viel
schaden. Der beherrscht ein Land, der es gründlich
kennt Central- Asien und China müssen von Deutschen
bis in die intimsten Einzelheiten erforscht werden. Unter
welchem Namen die Personen gehen, die es thun, ist
gleichgiltig. Man nenne diese Reichsbeamten — denn
um eine Reichssache handelt es sich — „Kommissar^,
„Mandatar''^ „Studienrat** oder wie man sonst will, aber
man wähle als Leiter wirtschaftlich und technisch ge-
schulte Männer, denen man einen Stab von Spezialisten
beigeben möge. Höchste Bewegungfreiheit ist Bedingung
des Erfolges. Zunächst ist die Aufmerksamkeit auf die
Streifen zu richten, in denen voraussichtlich die grossen
Schienenwege des zwanzigsten Jahrhunderts nach Ost-
asien laufen werden. Hier ist vorzuarbeiten Dach beiden
Richtungen: in dem Sinne, dass die Herstellung dieser
Verbindungen beschleunigt wird durch Studium der
Bedingungen und durch Schaffung von wegbahnenden
Verhältnissen, in dem Sinne aber auch, dass Deutsch-
land an den neuen Strassen schon feste Etappen findet,
die ihm Rückhalt für weiteres gewähren.
Die Mongolen des 13. Jahrhunderts schufen die
grosse Ostwest-Durchstrasse Asiens, das Mongolenreich
des 19. Jahrhunderts, das Heilige Russland, ist im Begriff,
eine Reihe von Westoststrassen in den Norden des
östlichen Kontinents hineinzuschieben. Noch nie sah
die Welt einen grossen Verkehrsweg im Süden Asiens,
kaum ist der Gedanke eines solchen ausgesprochen
worden. Seine Schaffung ist die Aufgabe, die die
Frankenwelt in der nächsten Zukunft zu lösen hat, sie
zugleich von Westen und von Osten her in Angriff
nehmend.
61
Digitized by LjOOQ IC
102 ZEICHENERKLÄRUNG.
Zeichenerklärung.
Boaiger: A shari Hutory of China, London 1893.
Bretschneider: Mediaeväl Besearches flrom Eaeiem AnaUc
Saureea, London 1888, 2 Bde.
Dev^ria: Origme de fißkmisme en Ckme in (kntenake dt TJ^eole
des Langttes Orr. Vtvtmies, Paris 1895, 8. 305 ff.
Schefer: NcUce sur les BdaÜons des Peuples Musulmans aivec
les Chmois depms rexUnnon de VMamisme jusqu* älafin du
XV* SUde in: Cetitenaire S. Iff.
Thiersant (P. Dabry de): Le MahamHisme en Chine et dans le
Turkestan Orientai, Paris 1878, 2 Bde.
Ausgegeben den 22. November 1900.
Dmek tob Max Sohaenow vorm. Zahn k Baendel, y«»ftMi^««^ N.-L.
'Digitized by LjOOQIC
Tafel I.
v^i^l
^»Jw
fe-^^-<'!^^
1
♦^^•^
;^Mc ^^
^^
äf>%4^''^'?i^M*:?H-}r^^ :
^*^ -"^ ' '*
Digitized by LjOO^^,^ . '■'
A
Digitized by LjOOQ IC
Tafel IL
*-*■•>
^:':^^4^-ert:: :'^v- • ' '■-^'^^^:^^:'^
>^:^^3S^+^'= ...v?.;-;.: -. •-^v.^^-:.^.:
':-?'t;!H\'?-;.eV^^^/^t-::c:r:f^'^:vw?/^--
^=5>^4r>v::'^^^^K^>:.^^,^^-^4''^^^\'^5i''
-.^?e^Ä:>>i: ^\r^-ii-^nN^*;^^^.-^V'^.^'
-' ^1 ^r:t'&^'.^-''':'-'^y'^r:^:~^^%^^'z;^'S^^4
'^- ^ :^' 'i ■>! :7^'.'4>'-^^'^^ :.■:•- PrT^-^Ji^-^-^.s:-^?
-^-eJ :^' ;^'.s^"^-c. ::-/ u^ ;• A-. 1 ./ A -- -,■» ^^.=q^ -? iE^T ^> .^^
^■' , , . , i,f-ri
I'X
Ij - r. -»A -V- '^, -1.
r^-:. Vr .r ^-^ -v • ri< -5^ '^^ V •--': ^"■' ^
Digitized byGoOQla ^ ^^ v)
Digitized by LjOOQ IC
Tafel IL
A'M
rv
-* -^ » » "V - s> . ' \i~ * i^ \ , '^ V. ""«— ■"*■ - " -j i • ^"^— ^f*— ^\ i »
Ä Wc^ 7^ ^ :^^x\^';:i•^l-i^'.^^^J^^■^•,^'^^-^.r>M\^^-
^f^
ro''"^
DigitizedbyGoOgles^Wcy i
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
MARTIN HÄRTMÄNN
DER
ISLAMISCHE ORIENT
BERICHTE UND FORSCHUNGEN
rv
ZENTRALASIATISCHES AUS STAMBUL
BERLIN
WOLF PEISER VERLAG
1902.
Digitized by VjOOQIC
Digitized by LjOOQ IC
Als ich bei Durchmusterung der von General
Skobelew aus dem eroberten Choqand^) mitgenommenen^
jetzt im Historischen Museum zu Moskau verwahrten
Handschriften') eine grössere Anzahl Werke in caghata-
ischer Sprache fand; musste ich meine Ungeübtheit im
Lesen und Verstehen dieser Texte bekennen. Bei dem
Aufenthalt in Eonstantinopel Sommer 1901 hoffte ich^
durch Verkehr mit Leuten jener Gegend die Lücke
ausfiiUen zu können. Nicht gelang mir freilich das Ein-
leben in die Sprache, wie ich mir es gedacht, denn ein
reicher, sprechübender Verkehr mit Turkestanem wurde
mir nicht zuteil. Doch ganz leer ging ich nicht aus.
Ich konnte mit einem Manne arbeiten, der, das zeigte
sich sofort, selbst ein lebhaftes Interesse für alle sprach-
lichen Dinge besass und damit ein verhältnismässig
gutes Geschick verband, sich mitzuteilen und auf die
Fragen des ihn Ausforschenden einzugehen.
Arif [ärif] ist in Aqsu (Chinesisch Turkestan)
geboren und ist chinesischer Staatsangehöriger^). Über
^) Über das dieser Stadt gleichnamige, seit 1876 Russland
einverleibte Chanat, in fränkischen Werken meist Kokan genannt,
8. Schwarz 174 ff.; über die Stadt, die bedeutendes Centrnm
fflr den Banmwollhande) ist (jährlich eine grosse B.-Messe)
s. Baed 446.
') Siehe darüber meinen • Bericht in Orientalistische
Litteratur-Zeitnng V (1902) 8p. 73 ff.
*) Ich sah seinen chinesischen Pass, der rechts chinesisch,
links türkisch beschrieben war.
1
1
Digitized by LjOOQ IC
104
seinen Vater Nijaz Muhammed^) berichtete Arif
Folgendes: „Mein Vater ging als fünfzehnjähriger Junge
fort von Aqsu und reiste viel; er wurde ein grosser
Kaufmann und besuchte Ila^ auch Ghulga genannt^), in
China, und Petersburg; er war befreundet mit dem in
Toqmaq residierenden Manap (Häuptling) der Kirgisen
Gantai, dem Vater des gegenwärtigen Manap Sabdan.'^
Arif hat die Wanderlust vom Vater geerbt. In
Chinesisch und Kussisch Turkestan machte er mehrfach
Reisen. Als ich ihn in Stambul traf, machte er den
Eindruck eines Mannes von ca. 35 Jahren. Er ist kaum
mittelgross und hat auffitllend kleine Hände und Füsae»
Der mächtige Schädel krönt ein Gesicht von regel-
mässiger Form mit einem Stich ins Mongolische. Die
ausdrucksvollen schwarzen Augen blicken freundlich:
oft umspielt den Mund ein feines Lächeln. Als ich ihn
aus dem Derwischkloster, in dem ich seine Bekannt-
schaft gemacht, freudigen Herzens mit mir fortf&hrte,
rief mir der Schech des Klosters nach: „ Verstehst du
arabisch? Arif kennt es gut." In der That besitzt Arif
eine gute Kenntnis dieser Sprache; er hat viel gelesen
und kann sich geläufig ausdrücken, obwohl er nie in
arabisch sprechendem Lande gelebt hat. Diese seine
Fähigkeit hatte zur Folge, dass es zu Sprechübungen
in seiner Muttersprache nicht kam, zugleich aber, dass
ich ihm alle meine Wünsche vollkommen deutiich
machen, und er meine Fragen in der uns beiden ver-
trauten arabischen Schulsprache beantworten konnte.
Das Interesse an der Person des merkwürdigen Mannes
und an den mir bis dahin wenig bekannten Verhältnissen
des fernen Landes führte mich nicht selten zu Auf-
') Auf einer mir ^on Arif geschenkten Urkande vom Jahre
1289 (1872/3) ist er als mühammad 'äU böinmg öghti nijwf mtAamnutd
b^j bezeichnet. In Turkestan erföhrt der Name Mohammed nie
die Verhunzung zu mehemet, mehiMt^ memet^ die bei den Osmanlis
üblich ist.
') Gemeint ist der auf unsem Karten als Ili oder Kuldscha
bezeichnete Ort.
Digitized by LjOOQ IC
106
zeiel^HUBg von Unwichtigem oder Solchenii was bereits
bekannt ist. Aber ich behielt immer im Auge^ dass die
wenigen Tage, die mit dem Aqsu-Türken zu arbeiten
mir vergönnt war, nach Kräften zur Festlegung sprach-
licher Thatsachen verwendet werden mussten. Kurz
bevor ich ihn gewann, hatte ich das kleine Buch
erworben, das den einzigen Versuch darstellt, die Schrift-
sprache Turkestans in osmanischer Sprache grammatisch
zu behandeln^), dast«^^' UsäniturMM eh emed Sadiqs^).
Dieses Werkchen habe ich zum grossem Teile mit Arif
durchgenommen, seiner Rede freien Lauf lassend, wenn
er, was oft vorkam, abschweifte und in sprachlichen
Ausführungen sich erging, die nur noch in losem Zu*
sammenhang mit dem grade vorliegenden Thema standen.
Ausserdem veranlasste ich phonetische Erörterungen
im Anschluss an Foy's Aufsatz, Das Aidinisch-Türhische
in Keleti Beende I (1901) S. 286 ff. Endlich wurden
') Das wQste Zeug, das auf S. 12 — 20 der Einleitong zu
Salaiman Bncharis Caghataisch-Osmaxiischem Wörterbuch angeb-
lich die qawä'id der Sprache behandelt, verdient keine Beachtung.
Selbst mit grossem Aufwand von Zeit und Kritik l&sst sich aus
diesem zusammenhanglosen Wirrwarr einzelner Noten, der zudem
durch eine grosse Menge von Druckfehlern entstellt ist, kein
brauchbares Kömchen herauslesen. Über das Wörterbuch wage
ich kein (TrteiL Das Beste daran sind jedenfalls die Litteratur-
bdege. Das aus dem Munde von Osttürken Gesammelte, das
daiin niedergelegt ist, dürfte mit Vorsicht aufzunehmen^ sein. Alle
diese Leute, die wie Schech Sulaiman durch langen Aufenthalt
in Stambul der heunisch^n Sprache fremd werden, verlieren mit
dem Sprachgefühl die Fähigkeit, die durchreisenden Turkestaner,
die sie aushcMrehen, richtig sprachlich zu beobachten und einzu-
schätzen. Es giebt Personen, die Näheres über die Arbeitweise
Schech Sulaimans und über seine sprachlichen Gewährsmänner
wissen; es ist dringend erwünscht, dass sie das ihnen Bekannte
mitteilen. Das in gewissen Stambuler Kreisen umgehende Gerücht,
Soheoh Sulaiman sei nur ein Strohmann, und der wirkliche Ver-
iaasar des Imghaiti caghatäj weturltü 'ti^ä«l sei der verstorbene
Ahmed Wefiq Pascha, wurde mir von gut unterrichteter Seite
als Fabel beoeichnet.
*) Stambul 1314, 74 S. 8^ Ob«r den Verlasser s. unten.
1*
3
Digitized by LjOOQ IC
106
einige Seiten des Werkchens durchgenommen, das Arif
eigens ixu* mich zusammenzustellen begonnen hatte, des
„Fünfers**, eines Wörterbuches, dessen kasgharischen
Stichworten der Gegenwert in der Sprache Ferghanas
(Andigans), in der der Kirgisen und Kasaken, auf arabisch
und auf chinesisch (in arabischer Schrift) beigeschrieben
ist' Daneben hatte Arif begonnen, eine Sammlung
von Sprichwörtern in der Easgharsprache, in der An-
digansprache und auf chinesisch für mich anzulegen.
Mein Erstaunen, so mannigfaltige Interessen und
tüchtige Kenntnisse bei einem Manne zu finden, der nie
an einem der bekannteren Sitze islamischer Grelehrsam-
keit geweilt hatte, vielmehr in einem Lande geboren und
erzogen war, in dem ich nur das geringste Mass von
Bildung und gelehrten Neigungen vermutet hätte, wich,
als Arif mich über seinen Studiengang und seinen Ver-
kehr aufklärte.
Die gelehrte Bildung verdankt Arif seinem Lehrer,
dem Schech Abdellatif. Der hatte sich in Aqsu nieder-
gelassen, nachdem er dreissig Jahre gewandert war.
Er war der berühmteste Gelehrte seiner Zeit ^); bei ihm
sah Arif auch zahlreiche wertvolle alte Handschriften^),
') Jetzt geniesst den grössten Gelehrtenruhm Beha'eddin
Machdum in Kaschgar; Arif spricht den Namen behä'eddimmaehsüm
ans, es werde aber machdüm geschrieben, das Volk sage machsüm.
*) Es seien darunter auch „sel^ukische". Diese Nachricht
ist wichtig. In Europa wird bekanntlich mit dem Namen „sel-
g^kisch^^ viel Missbrauch getrieben, und im Orient leistet man
in Anwendung falscher Namen noch mehr. Aber falsch oder
nicht, hier liegt eine Tradition vor. Die Litteraten Eagghariens
nennen heut eine gewisse Sprache, die sie in älteren Manuskripten
finden, „seljpikisch^^, und sie können sich den Namen nicht aus
den Fingern gesogen, sie werden ihn auch nicht von Fremden
haben, sondern sie haben ihn tiberkommen. Natürlich kann nicht
an die Selguken Eleinasiens gedacht werden. Man wird sich
vielmehr erinnern, dass Turkestan, auch Ostturkestan, zahlreiche
und tief eingreifende Beziehungen zu den Grossen Sel^uken
und zu den Sel^ken des Iraq gehabt hat. Kulturell und wirth«
schaftlich hatte es immer enge Fühlung mit Chorasan und über
Digitized by LjOOQ IC
107
die dem Schech jedoch nicht perBönlich gehörten,
sondern Waqfgut sind. Von bedeutenden Personc^n
seiner Bekanntschaft nennt Arif den Dichter Awlad*)
Husein. In E^ghar geboren, erhielt dieser seine 'Er-
ziehung in der Heimat seines Vaters^ Dehli; später kam
er nach Kasghar zurück, und dort verband ihn ein Jahr
lang intime Freundschaft mit Arif. Awlad Husein hatte
einen Diwan arabischer und persischer^) Easiden verfasst;
in jenen war sein Tachallus Mu^elli, in diesen Te^elU,
und so nannte er die beiden Teile sabq ulmu§eUl und
hcvrqi tejelU. Arif überwachte den Druck dieses
Diwans. Er bemerkte nicht ohne einiges Bedauern,
dass Awlad Husein Sunni, doch der Schia verdächtig
sei, und dass er sich zu ihr hingezogen fühle (taKühu
jemüu üaSStä). Diese Parteistellung Awlad Huseins
scheint einen Schatten auf die Freundschaft geworfen
zu haben. Über Arifs eigene religiöse Stellung wage
ich nichts zu sagen. Die Orientalen sind zu einer auf-
richtigen Ausserimg darüber dem Andersgläubigen gegen-
dieses kamen ihm auch, soweit sie nicht dnrch Tibet vermittelt
wurden, die indischen Einflüsse.
') Zu diesem Namen vgl. Ewlijä (z. B. in Ewl\jft 6elebl).
Für Awlad [ato2ad] kann ich einen bekannteren Titger aus Ge-
schichte oder Litteratur nicht beibringen, doch theilt mir Herr
Vacha, Lector des Hindustani am Orient. Seminar Berlin, mit,
dass er Awlad als Namen von Muslims in Bombay gehört habe.
*) Das Neupersische hat eine weit grössere Bedeutung
fflr Asien als gewöhnlich angenommen wird. Arif sprach mit
dem Chef der Tekije, dem ich ihn verdanke, persisch. Persisch
sind abgefasst die in Kanton gedruckten Gebetsvorschriften, die
ich n/in, 69 ff. behandelte. Dieser Rolle des Persischen droht
Gefahr vom Russischen. Central- und Ostasien fohlen so
empfindlich die Herrscbafb des Volkes, das steh zwar christlich
nennt, aber „kein Buch hat'* (diese Vorstellung ist, versichert
man mir, in Persien sehr verbreitet), dass man dort wohl oder
übel Brocken seiner Sprache lernt und die Fähigeren sie sich aus
materiellem Interesse anzueignen trachten. Als ich eines Tages
Arif in den Strassen Stambuls begegnete, war er von einem
andern Ostturkestaner begleitet. Der hatte ein Buch unterm
Arm. Es war ein Heft von Busskqja mysl.
Digitized by LjOOQ IC
108
über nur schwer su bringen, abgesehen davon, dass es
för unpassend, ja unfreundlich gilt, das Thema „Religion^
bei kürzerer Bekanntschaft 201 erörtern. Thatsache ist,
dass Arif sich selbst als Derwisch vom Naqsbendi-
Orden bezeichnete.^)
Als Fachstudium hat Arif nach eigener Aussage
nur die Medizin betrieben, und er betrachtet sich gut-
gläubig als Arzt.^) Er hat zahlreiche orientalische
medizinische Werke gelesen und hat auch in Russland
seine Kenntnis der Drogen und Heilmittel (€tqä0r) au
erweitern gesucht. Als Mediziner lebt er natürlich im
vollsten Mittelalter, und er operiert höchst ernsthaft mit
den vier Zuständen, deren richtige Mischung {fnim§)
Gesundheit bedeutet. In naiver Weise fliessen hier
Heilkunst, Heilmittelkenntnis und mechanische Fertig-
keiten ^), bei denen Drogen verwandt werden, zusammen.
^) Da nach Kremer, Cuätirgeaehichilkhe Strafeüge 46 über
die geheimen Regeki der verschiedenen Derwischorden eine aof-
fallende Zorückhaltnng beobachtet wird und er es als einen
glücklichen Zufall preist, dass er eine die Ordensregel der Naq§-
bendis enthaltende Schrift fsrnd, so theile ich mit, dass ich eine
im öumada II 1293 unter Murad V hergestellte Lithographie
besitse, deren Titel lautet: ahmed rifat efmäSnin Utruqi *at^^e
dttir §cmi weUrtib ^ledigi mif^äi ulmaqäsid fi deT ukneßaid näm
kUabd^r, und die auf ihren 304 Seiten die in Stambul beliebten
Orden ausfQhrlich behandelt.
*) Ober die einheimischen Ärzte macht Mitteilungen Schwarz
in dem bemerkenswerten Abschnitt „G^sundheitsverhSitnisse in
Torkestan^^ S. 527—548. Danach sind die Tabibs — als solchen
betrachtete sich Arif — Ärzte zweiter Klasse, während die Mullas
die Kurpfuscher grossen Stils darstellen. Ein unbestreitbares
Verdienst der russischen Regierung ist, dass sie in allen grösseren
SIAdten weibliche nissische Ärzte angestellt und Ambulatorien
spexiell fOr die Frauen der Eingeborenen eröffnet hat, die vor
der ruBsbchen Herrschaft so ziemlich auf alle ärztliche Hilfe
rerzichten mussteu (Schwarz 535).
') Diese scheinen überhaupt eine Spezialität der Turkestaner.
Von einem mit den Stambul er Verhältnissen gut vertrauten
Deutschen wurde mir berichtet, dass in Stambul eine Anzahl
Kaigharleute leben, die sich hauptsächlich mit Beparieren ron
Gefässen und dergleichen beschäftigen. Arif bestätigte das mit
Digitized by LjOOQ IC
109
Es scheint ihm hart und ungerecht, dass die türkische
Regierung ihn an der Ausübung der tababey des Arzt-
handwerksy alias Kurpfuscherei, hindert Andererseits
hat er die Idee« das, was ihm fehlt, sich zu erwerben
und die staatliche Prüfung zu absolvieren. Er schrickt
freilich zurück, als ich ihm klar mache, dass das eine
langwierige und kostspielige Aufgabe sei.
Ein beträchtliches Bildungsmittel wurden für Arif
die Reisen, deren er zwei grössere und eine kleinere
unternahm; die kleinere führte ihn von EaSghar nach
Jarkand, aber nicht auf dem direkten Wege, sondern
durch das Tarimgebiet; die beiden andern hatten den
Weg bis zu dem über Fir^wal oder Earakol ^) erreichten
Atbasi^) gemeinsam; von dort ging es das eine Mal
über Uzgen, U^, Andigan^) und Marghelan nach Choqand
und von dort zurück nach Easghar, das zweite Mal, im
Herbst 1900, überToqmaq*), Piskek[so], Auliata nach Taä-
kent; dort hielt sich Arif neun Monate auf und erreichte
über Baqu und Batura im Hochsommer 1901 Stambul.
Die Wolga-Tatai'en scheinen Arif fremd. Haupt-
ursache wird die Sprache sein. Denn er erklärt bestimmt,
das Caghataische, wie er zusammenfassend die Mund-
arten nennt, die in Turkestan vom Kaspi bis zur Grenze
Kan-su's gesprochen werden, sei erheblich verschieden
von der Sprache der Tataren*): diese verstehen nicht
dem Bemerken, auch er könne Glassachen reparieren ; er verfertige
anch Spiegel, allerdings nicht mit Quecksilber, sondern mit iirling-
kalafis, bestehend ans tingata wasiel und mala^ai sachyr
(Milchzucker) usw.
*) Siehe darflber S. 113 n. 2.
*) Klingt zuweilen wie AtwaSi.
') Andigan war damals noch nicht Terminus des südlichen
Zweiges der transkaspischen Bahn, die nur bis Samarkand ging.
*) Dieses Toqmaq wird identisch sein mit dem Toqmaq, In
Welchem der über ca. 20000 Seelen gebietende Kirgisen-Manap
§abdan seinen Sitz haben soll (s. S. 112 n. 1).
^j So, ohne Zusatz, nennt Arif die türkisch sprechenden
Anwohner der Wolga. Die Bewohner Turkistans sind ihm nur
türk. Die Bezeichnung dieser als Tataren und KaSghariens als
Digitized by LjOOQ IC
110
die caghataisch sprechenden Türken, während der Türke
den Tataren versteht (?). Auf meinen Einwand, dass
in Kasan die caghataische Litteratur fleissig gelesen
werde, bemerkte Arif trocken: „gelesen^ aber nicht ver-
standen.^ Näher als das Tatarische steht dem Gagha-
taischen die Sprache der Eorgisen und Easaken.
Zu den Kirgisen^ von ihm qirghie genannt^? hat
Arif, wie schon bemerkt, Beziehungen von seinem
Vater her: Nijaz Muhammed war befreundet mit dem
früheren Manap der Kirgisen, (jrantai. Manap oder
Manaf ist der Name des einer Adelsfamilie angehörigen
Mannes, der von der russischen Regierung als Haupt
des Stammes anerkannt ist.^) Doch ich lasse Arif selbst
Hohe Tatarei (so Shaw 's Reise werk ^High Tartary') hat in dem
Sprachgebrauch der Bewohner keine Begründung.
') Mit seinem qirghie meint Arif jedenfalls die Kara-Sörgisen,
dücokamennye kirgizy (wüde Berg-K.) der Bussen, die die tur-
kestanischen Gebirge bewohnen und deshalb wilder und tapferer
sind als die Kasaken, d. h. die Kirgisen der Ebene (Schwarz 14).
Dass Arif diese Kasaken schlechtweg nennt, stimmt vollkommen
au dem, was Schwarz (S. 12: „die Kirgis-Kaisaken nennen sich
selbst Kaisaken oder Kasaken*") und Radi off (Gframm XLI:
„die Kasak-Kirgisen nennen sich selbst überall ausschliesslich
Kasak'^) angeben. Von den Kirgisen handelt sehr ausführlich
Schwarz 51 — 127, wobei er die Kasaken (Kirgis-Kaisaken) als
Basis nimmt und den Kirgisen (Kara-Kirgisen) nur wenige Seiten
widmet, in denen er nur das sie von den Kasaken unterscheidende
hervorhebt. Ein gut orientierender Aufsatz über die gegenwärtigen
kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kirgis-Kaisaken
ist ,,La Colanisation en Siberie—La Steppe Kirgkize^'^ von Paul
Labb^ in: Questions Diplomatiques et coloniales V No. 115 (vom
1. 12. 1901) S. 656-672.
^) Über die Verfassung der Kara-Kirgisen schreibt Schwarz
S. 125 f. wie folgt: „Während bei den Kirgis-Kaisaken die Ge-
sellschaft; auf aristokratischer Grundlage aufgebaut ist, giebt ee
bei den Kara-Kirgisen keinen Geburtsadel, und nur die Batyrs
(Helden) gemessen hei ihnen Ehre und Ansehen. Vor der Unter-
werfung anter die russische Herrschaft wurden die Kara-Kirgisen,
wie dies bei den auf chinesischem Gebiete nomadisierenden noofa
heutzutage der Fall ist, von sogen. Mauapen regiert, die vom
Volk ohne Rücksicht auf Herkunft gewählt wurden, deren grösserer
oder geringerer Einfluss aber hauptsächlich auf ihrem persönlichen
Digitized by LjOOQ IC
111
sprechen 1): ^Das qaum [,Volk*] von 20 — 30000 Seelen
hat in jedem Jahrhundert nar zwei oder drei Manaps;
früher war Gantai Manap, der gross und mächtig war;
jetzt ist es sein Sohn, dessen Name gewöhnlich §abdan
ausgesprochen wird, das ist aber nur eine Verdrehung
von Sädman^). 6antai residierte in Toqmaq in Russ-
Ansehen beruhte. . . . Gegenwärtig stehen die rassischen Eara-
Kirgisen anter selbstgew&hlten Wolost- und Aul-Ältesten und
Bus, genau so wie die Eirgis-Eaisaken/^ Danach wäre der Bericht
Arifs anzuzweifeln, denn er spricht von einem auf russischem
Gebiete lebenden Manap, und von Toqmaq als dessen Residenz,
während dieses nach Schwarz 40 eine rein russische Stadt ist.
Der Manap Sabdan wird eben in der Phantasie der Turkestaner
noch ein Leben haben, während er ffir die Bussen nur einer der
zahlreichen in russische Generals-Uniform gesteckten Phylarchen
ist, denen man ein wenig Spielen mit verflossener Grösse in
beschränktem Umfange gestattet. Auch die bei Schwarz ge-
nannten Bis kennt Arif. Doch war seine Äusserung nicht klar:
„der 6l ist der Grosse unter ihnen, nimmt die Stelle des Be-
gierenden (Bichters) ein {kebfruhum, f% maqjäm el!Mkim\ doch ist
er nicht von der Regierung angestellt; der manap ist angesehner
als der h%\ wird der h% arm, so bleibt er nicht 6i, der manap
dagegen bleibt manap^ auch wenn er verarmt.'' Danach ist man
geneigt, lü als eine Nebenform von hä^ „reich" anzusehn. Dem
steht entgegen, dass bei den Kasaken zwischen b% und bäi
durchaus geschieden wird ; bei ihnen bedeutet „Bii ,Bichter', Bai
^der Beiohe"' (Schwarz 52). Höchst beachtenswert sind .die
Ausffihrongen Badloffs über das Wesen der Nomadenvölker im
Allgemeinen und der Kirgisen im Besondem S. LI ff., wo die
Funktionen des h% als Haupt der Aul-Gruppe scharf beleuchtet
werden; manap als Name des Stammhauptes wird von ihm nicht
erwähnt, wohl aber chän^ für den Fürsten, der an der Spitze des
von einem besonders starken Stamm aus Stammconglomeraten
zu einer festen politischen Einheit zusammengeschweissten
Ganzen steht.
^) Der folgende Bericht flösst nicht zu viel Vertrauen ein
mit seiner schnell von 20 auf 60 Tausend wachsenden Ziffer, den
mit grosser Sicherheit vorgetragenen Namen von angeblichen
Manaps, während de* Eärgisen ihre heimische Stammverfassong
längst von den Bussen genommen ist u. s. w. 6antai und §abdan
dürften freilich nicht rein erfunden sein und werden sich wohl
ermitteln lassen als Häupter eines Stammes von 2000 — 3000 Seelen.
') Damit wird Arif Becht haben. Nur heisst das np.
Digitized by LjOOQ IC
112
limdy im Lande Jettisa {jeWsu)j 26 Tage von Aqsu im
Gebirge gelegen^), (jkintais Sohn äadban, den ich be-
sucht habe, ist Muslim, aber kein guter, wie überhaupt
die Kirgisen vom Islam nicht viel wissen^). Er ist reich
und mächtig und hat 50000 Mann unter sich; von den
Russen hat er den Titel ,GeneraP (^enderät) bekommen,
das ist aber nur ein Name, der nichts zu sagen hat:
die Russen schmeicheln ihm, lassen ihm aber keine
Wort sAdmän; die Küi*ze des zweiten a ist durch meine Auf-
zeichnung gesichert.
^) Als ,die sieben Ströme' werden meist die sieben Gewässer
bezeichnet, die in den Balchasch-See gehen. — Mit 25 Tagen
scheint die Entfernung etwas zu reichlich bemessen. Toqmaq,
das ebenso wie Pischpek eine choqandische Festung war und
i. J. 1860 erobert wurde (Schwarz 144), liegt ca. 200 km west-
lich von Wemoe (Wjemyi unserer Karten, Elmati der Tfirken
nach Arif), das i. J. 1847 von den Russen als Fort angelegt
wurde und i. J. 1854 eine russische Stadt erhielt.
^) Das stimmt Überein mit den Ausführungen Radioffs
über den Islam der Kirgisen Proben IQ Vorwort und Schwarz
56 f., der nie einen Kirgisen beten oder die Ablutionen machen
sah, übrigens ihren moralischen Qualitäten, besonders ihrer
Ehrlichkeit volle Gerechtigkeit widerfahren lässt (^die Kirgis-
Kaisaken sind der beste Beweis dafür, dass die Moralität eines
Volkes nicht immer der grösseren oder geringeren von demselben
äusserlich zur Schau getragenen Religiosität proportional ist*'
8. 61); ihr Islam beschränkt sich auf das Rasieren des Kopfes
und die Beschneidung (vgl. auch S. 106); köstlich ist die Ge-
schichte der Bekehrung der Eii'gisen zum Islam durch die
Russen aus Miss verstau dnis, wenn Schwarz's Bericht (8. 58)
nicht selbst auf einem Missverständnis beruht. Nicht darf man
ihnen mit Arif einen Vorwurf aus dem Essen von Pferdefleisch
machen, das sie alle üben, denn Arifs Bemerkung: ,,das Pferde-
fleisch ist in der Schule des ImSm ela'zam verboten : die Kirgisen
rechtfertigen sich durch die Behauptung, der Imam sei später
anderer Meinung geworden*' ist insofern unrichtig, als nach Abu
Hanifa das Pferdefleisch nicht haräm, sondern nur makrUh d. h.
gottungefällig ist (so auch die Hanbaliten im Gegensatz zu
Schafiiten und Malekiten, s. Multaqa mit Komm. ed. Const. 1276
3. 782); die Angabe von der Sinnesänderung des Imams ist ein
Irrtum, der aber wohl unter den Kirgpsen verbreitet sein mag;
nach Multaqa a. a. 0. wechselte der Faqfh ^Abdarrahlm Alkirmäni
10
Digitized by LjOOQ IC
113
Macht; er ist freigebig {kerim we§auwäd)y doch auf
Kosten seiner Lente, die er beraubt, um den BVei-
gebigen zu spielen; das ist die Art der Kirgisen. Sein
Sohn ist ernst» isst nicht von dem Essen seines Vaters,
weil dieses haröm ^) ist, und lernt tüchtig. ^^ Das heisst:
es ist Hoffnung, dass er sich zu einem überzeugungs-
treuen Muslim ausbildet.
Über die Kasaken berichtete Arif Folgendes:
„Während meines zweijährigen Aufenthaltes in der
russischen Grenzstadt Fir^wal*), welche die Türken
Qaraqol nennen, und die 8 Tage von Aqsu entfernt
ist» verkehrte ich viel mit Kasaken und lernte ihre
Sprache/* — „In Anwendung des Wortes kämpfr ,Frau^
ja sogar bei Anrede der Knaben an ihre Mutter, obwohl
dieses Wort eigentlich bedeutet: ,elendes, altes Weib,
das auf die Strasse geworfen ist^ und ein Schimpfwort
ist, folgen die Tackender den Kasaken; die Leute von
Taäkent sind berüchtigt, dass sie die Sprache der um-
liegenden Dörfer annehmen, während es doch sonstüberall
umgekehrt ist, die Dörfler von den Städtern annehmen;
aber die Tackender haben eine wahre Wuth aus der
Stadt zu laufen und sich mit den ringsum wohnenden
drei Tage vor seinem Tode die Ansicht darüber. Der vielyerbreiteten
Fabel von dem Mürbereiten des Fleisches nnter dem Sattel durch
die alten Tettem der Kirgisen, die Htinnen (dasselbe berichtet
auch Schiltberger von den Tataren seiner Zeit) ist schon 1891
Badloff schajrf zn Leibe gegangen S. LXXI, dann Schwarz 89
n. 1, der sie gut durch das Auflegen dünner Fleischschnitten auf
die Kückenwunden der Pferde erklärt.
') Wahrscheinlich übertragen zu verstehen: auf unrechte
Weise erworben, nicht etwa = ,den Speisegesetzen widersprechend^
*) Genauer: fkßhoal^ das Arif aber durchaus mit dem §imi
§äk d. h. mit j geschrieben haben wollte; es ist das Prshewalski
der Karten nicht weit vom Ostende des Isiq-Kol. Nach Hedin
Pet 254 expedieren Andiganer die Erzeugnisse von Ütsch-Turfan
und Umgegend über Bedel '^nach Prschewalsk (Kara-kol)*\ bis
wohin man 10 Marschtage rechnet. Im Namenverzeichnis (S.
358) Bchrdbt He diu: „Kara-kol (Prschewalsky), ,da8 schwarte
(breite) Thal'" ; qtmtqol nicht vielmehr gleich qara-ul ,Wachtposten' ?
11
Digitized by LjOOQ IC
114
Kasaken abzugeben.^* Ein andres Mal äusserte sich
Arif: „Die Taskender Sprache neigt sich der der Ka-
saken und Elirgisen zu {aUisän cMäSkendl jamUu üä
lisän alqazixq waigirghlz)'^ Kasaken und Kirgisen stehen
sich [sprachlich] sehr nahe, unterscheiden sich nur
durch zwei oder drei Sachen, vor allem darin, dass
der Kasak das sin als Hn spricht/^ i) Lebendig waren
die Schilderungen, die Arif von den verschiedenen
Städten, die er kennt, entwarf, von Art und Sitte ihrer
Bewohner. Die beschränkte Zeit unseres Verkehrs
war, wie schon oben bemerkt, sehr zertheilt, denn mein
Hauptaugenmerk war auf das Sprachliche gerichtet.
Dazu kam, dass ich das thun musste, was bei Orien-
talen unerlässlich ist: das Interesse fesseln durch eigenes
Geben, und so ging manche Stunde verloren, indem ich
lehrte'-^). So sind die Notizen, die ich sammeln konnte.
') Hier hat sich, scheint es, Arif geirrt, oder ich hahe mich
verhört. Radioff Gramm, 216 weiss nur, dass ,,im Kirgisischen
(d. h. also hei Kasaken und Kirg^en) s im Inlaute zum Teil dem
k der fihrigen Dialekte entspricht: kisi (Mensch) = k&i\ hasynda
(anf seinem Kopfe) =^ basynda.^' Im Anlaut werden ,,im Kasak-
Kirgisischen alle 8 zu s^'' (a. a. 0. 154). Arif meinte also, yer-
allgemeinemd« der Kasak spreche das mn als «in. Nach Paptewij.
MaUridiy po ktuak-kirgiMkomu jasyku (Moskau 1900) 84 wird yon
den Kasaken ,,osmanisches und gagataisohes c als ^, i als 8 aus-
gesprochen, z. B. hw = hos.'" Melioranskis Grammatik des
Kirgisischen konnte ich nicht einsehn. Umfangreiche kasakische
Texte gab Badloff mit Obersetzung Proben III (1870), wo das
Vorwort der Obersetzung zu beachten ist mit den volksknndlichen
Angaben und der Behandlung des Metrischen. Texte im Dialekt
der Kara-Kirgisen ohne Obersetzung Proben V (1886). In Moskau
erwarb ich 1901 zwei kirgisisch-kasakische Drucke: 1) mekt/Obät
qtrghie weqazaq Winde, 2) qissaä ^emsid qoMk tiUnde^ beide vom
MoUa KaSS&feddln, in Kasan bei Öirkowoi gedruckt (1896 und 1897).
Es ist aber zu bemerken, dass Radioff, Proben HI, XIX aus-
drücklich Yor den schriftlichen Bemühungen der Kasaken und
Kirgisen warnt, da die Schriftkundigen meist Tataren als Lehrer
hatten und von diesen beeinflusst sind.
') Ich Hess die ersten Bogen meiner damals noch im Druck
befindlichen deutschen Grammatik für Araber {Kieme deuteche
Sprachlehre für Araber, Heidelberg, Groos 1902) kommen und
12
Digitized by LjOOQ IC
116
unbeträchtlich; ich gebe sie wieder, weil EÜniges davon
die Angaben Anderer ergänzen wird.
Mit besonderer Freude sprach Arif von seiner
Vaterstadt Aqsu, und man versteht sie, wenn man die
Schilderung Sven Hedins liest {Durch Asiens Wüsten I,
466 ff.). Heisst das Städtchen doch mit Becht ^ Weiss-
wasser", denn von blendendweissen ewigen Schnee-
feldem und Gletschern strömt das frische, reine Nass
herab, das die Bewohner labt: „In der Stadt sind 25
Quellen (b^l(iq) mit ausgezeichnetem Wasser**, be-
richtete Arif. Der Aksu-darja, an dessen linkem Ufer
der Ort liegt, führt im Sommer eine kolossale Wasser-
menge: er ist in seinem Laufe von einer Menge von
Dörfern, Äckern und fruchtbaren Feldern, herrlichen
Gärten und gefüllten Bewässerungskanälen begleitet.
Komfrüchte, Gemüse aller Art, Obst und Baumwolle
werden gewonnen, daneben wird Schafzucht ge-
trieben. Der Handel ist zum Theil in den Händen
der himdert Andiganer, die eine russisch-turkestanische
Kolonie bilden unter dem freundlichen Aqsaqal, Muham-
med Emin, einem der Konsularagenten, die in allen
einigermassen bedeutenden Ortschaften Chinesisch Tur-
kestans der Befehle des Herrn Petrowskij gewärtig sind.
Nach Arif ist das Klima trotz des vielen Wassers ge-
sund. Das chinesische Schmutzgesindel — nach Hedin
findet man in Aqsu eine grosse Anzahl Chinesen —
darf seine Schweinepest nicht in die Stadt einführen.
Arif versicherte mehrfach, dass die Muslims in Chine-
sisch-Turkestan nicht dulden, dass ihre chinesischen
Herren die geliebten Schweine in die Städte bringen:
sie müssen für ihr Borstenvieh ausserhalb Unterkunft
schaffen. Ein Stolz Arifs ist auch, dass Aqsu einen
Chan mit 30 Zimmern besitzt, um welchen 3ö Magazine
mit Stoffen und dergl. herumliegen: der Fremde finde
nahm den Anfang des Bnches mit Arif durch; die Art, wie er
die Mitiheflangen aufnahm und verarbeitete, wurde mir wieder
lehrreich als Beispiel seiner Sprachanichauung.
18
Digitized by LjOOQ IC
116
jede Bequemlichkeit und könne sich mit Allem ver-
sehen. Der Hauptruhm Aqsus ist aber der Wiss^i-
Schaftsbetrieb. Schon oben ist berichtet^ dass Aqsu den
gelehrtesten Mann des J^iandes, den Lehrer Arif s besass^
und wenn Arif wirklich in seiner Vaterstadt den Uaupt-
theil seiner gelehrten Bildung erworben, so ist das aller
Achtung werth. Das Bild vervollständigt Hedin mit
seiner Notiz über die beiden geistlichen Hochschulen,
Kok-Medrese und Aq-Medrese, 4n deren kleinen, auf
die Höfe hinausgehenden Zimmern MoUahs wohnen,
von denen einige 5 — 10 Jahre auf der Mir-arab in Buchara
studiert haben'. Noch eins ist in Arifs Augen ein
Ehrentitel Aqsus, den es mit Easghar theilt: der fromme
Schwindel kommt dort nicht auf. „Der Weizen frommer
Beträger ^, berichtet Arif, „blüht besonders in Andigan
und Ta^kent; in Andigan sind die humotga [,die
Dummen'] sehr zahlreich, fast jeder trägt ein iawi4
[jTalisman'], das in Aqsu tümöTy anderswo, obwohl es
nicht um den Arm, sondern um den Hals getragen wird,
bäzübend genannt wird. In Andii^an ist der rcmtnäl
[^Wahrsager aus dem Sande'] der grosse Mann, der
wirkliche Gelehrte ist nicht angesehen; in Taäkent ist
es eher noch schlimmer, in Easghar imd Aq«i aber hab^
die Schwindler kein Ansehn^. Mag in dieser Schil-
derung der Lokalpatriotismus mitreden, so ist dpoh
schon die Gesinnung des braven Aqsumannes allen
Lobes werth, und man wird annehmen dürfen, dass er
nicht ihr einziges Exemplum ist.
Den zweiten Rang unter den ihm näher bekannten
Städten erteilt Arif Kasghar. Viel Neues war in seinen
Mittheihingen nicht enthalten, aber nicht ohne Luteresse
ist, wie sich das Bekannte in diesem Kopfe spiegelt.
Seiner Anlage entsprechend befasste Arif sich in
Kasghar vor allem mit gelehrten und litterarischen
Dingen. Von der Freundschaft, die ihn dort ein Jahr
lang mit Awlad Husein verband, war schon die Rede.
Neu dürften sein die Mittheilungen über das Buchdruck-
wesen in Kasghar: „Das Druckgeschäft wird in Kai-
u
Digitized by LjOOQ IC
117
ghar nur mit der Handpresse geübt. Von Drucker-
zeognissen sind mir bekannt: 1) nasäUJj^ äPumarä\ chin.
sä»^gy chinesisoh und türkisch nebeneinander; das
Werk ist für die chinesischen Beamten der Provinz be-
stimmt, die sich daraus über deren rechtliche Verhält-
nisae unterrichten sollen; Preis: 16Tenge^); 2) dtwä»
annawäX der Diwan des Mir Ali §er [ier, so, mit Er-
haltung der älteren Aussprache]; Preis : 10 Tenge ; 3) a^arf
aTarctbi MHÜfwri^ waUurhi in einem Bande; Preis: 12
Tenge; 4) die Diwane Awlad Hnsains [s. oben S. 107] in
einem Bande; Preis: 15 Tenge. Ausserdem läsat
Petrowicka [d. i. der russische Generalkonsul Petrowskij]
drei Tage jeden Monats eine Zeitung in chinesischer
Sprache und Schrift mit Nachrichten aus Europa drucken
und schickt sie nach bä^n [Peking] ^)^.
Dem Manne mit dem offnen Blick konnte nicht
das politische Spiel mit dem hohen Einsatz: , Vorherr-
schaft in Centralasien und Westchina^ entgehen, dessen
Leiter in Easghar sitzen, und das bereits zu Gunsten
des nordischen Kämpfers entschieden ist. Die Phasen
des gewaltigen Ringens um die wirth^chaftliche Herr-
schaft in Chinesisch-Turkestan imd damit in den Theilen
Chinas, die nicht vom Meere und von den französischen
und englischen Grenzgebieten aus zugänglich 8ind>
sind bekannt: wie fast zu gleicher Zeit, i. J. 1868,
Jakub Bey von russischer Seite durch CaptReinthat,
Adjunkt des General-Gouverneurs von Tm*kestiifi, von
englischer durch den angeblich auf eigene Faust und als
') Als Arif Kaggbar Verliese (Herbst 1900), waren 10 Tenge
oder Denge=: 1 Rubel; nach den im Oktober 1901 aus Chinesisch
Torkestan kommeodene Wallfahrern schwankte der Kurs zwischen
7 nnd 9 Tenge pro Rubel. In Russland rechnen alle Türken nach
Rubel und Kopeke unter den Namen süm oder manM und Un;
diese Bezeichnungen sind auch bei den in Moskau lebenden Ta
taren (ca. 10000 Seelen) üblich; manat ist das Wort für ,Buber auch
im Neupersischen und Neusyrischen.
*) Diese Legende ist symptomatisch fax den mit Gruseln ge-
mischten Besp^t der Landesbewohner Tor der ThS.ti|;keit des
rdhrigen Russen.
16
Digitized by LjOOQ IC
118
H&ndler reisenden Shaw vom englisch-indischen Dienst
bestürmt wurde, wie beide Reiche dann ständige Ver-
treter in der Hauptstadt des nach dem Untergang des
kurzlebigen islamischen Reiches wieder chinesische
Provinz gewordenen Gebietes ernannten» und wie Herr
Petrowskij es verstand, sich zum allmächtigen Herrn
des Landes zu machen, der zwar nur den harmlosen
Titel ,Generalkonsul^ führt, aber von den Muslims als
Nachfolger des einst über Kaäghar herrschenden Gen-
giziden Gaghatai angesehen wird, und den sogar der
Dao Tai als ,den anderen' der beiden Häuptlinge von
Eaäghar bezeichnete (Hedin 1, 127). Wenn trotz dieses
Einflusses Englands Absichten, Kasgharien dem britisch-
indischen Handel zu gewinnen, einigen Erfolg gehabt
haben, so ist das nur der Wahl der ausgezeichneten
Vertreter zu danken. Hauptmann Younghusbands Ver-
dienste um die Kenntnis Centralasiens sind bekannt.
Als er bald nach 1890 nach Indien zurückkehrte, blieb
als ,Agent der indischen Regierung für die chinesischen
Angelegenheiten' Mr. Macartney zurük, ein ausser-
gewöhnlich unterrichteter Mann, der mit dem russischen
Kollegen in Freundlichkeiten gegen Fremde, die mit
ernster Forscherabsicht das Land bereisen, wetteifert.
Hier ist meine Aufgabe nur, das wiederzugeben, was
Arif über die beiden Männer nnd die Beziehungen
Kaschghariens zu ihren Ländern berichtet: „Petrowicka
ist ein gewaltiger Schaitan [,Teufel^ und Alle haben
vor ihm Angst. In heftigem Kampfe mit ihm lebt der
englische Konsul Makäti, Sohn eines Engländers und
einer Chinesin, der nicht bloss fliessend chinesisch
spricht, sondern sogar gelehrte Chinesen durch seine
Kenntnis der Sprache in Erstaunen setzt. Makäti lässt
sich besonders die Handelsverbindung mit Indien an-
gelegen sein, die nicht unbedeutend ist: es gehen
jährlich 1000 — 2000 Karawanen hin und her^); unter den
^) Diese Ziffer ist wohl Übertrieben ; es ist zu bedenken, dass
Ton Ende Oktober bis Ende April der Verkehr zwischen Leh
(Ladak) nnd Jarkand unterbrochen ist.
16
Digitized by LjOOQ IC
iie
Importartikeln befinden sich auch Bücher, denn was
davon in Aqsn nnd Kasghar gebraucht wird, und das
ist nicht anbedeutend, kommt nicht aus Kasan; die
Kasaner Drucke sind schlecht, mit Ausnahme der älteren
der Uniyersitätsdruckerei, und teuer, die von Bombay
sind billiger und besser^y^ Arif weiss ebenso gut wie
alle andern Muslime Zentralasiens, dass Chinesisch Tur-
kestan früher oder später russische Provinz wird.
Man sieht dem nicht gerade mit Freuden entgegen,
denn unter den Russen wwden die Muslims, meinen
sie, von atdm ,Bedrückung^ zu leiden haben, unter den
Chitai haben sie gegenwärtig nicht darüber zu klagen,
freilich nur deshalb nicht, weil die chinesische fiegierung
zu schwach ist: die Beamten sind dem Opium ergeben
und verkaufen das Interesse ihrer Regierung; „wollen
die Chinesen sich ztUm erlauben, so bekriegen wir sie;
von Kotau machen in der Moschee vor der Tafel des
Kaisers^) ist in Chinesisch Tm*kestan nicht die Rede.^
Trotz des Mangels an Respekt vor der herrschen-
den Nation, der sich in diesen Worten ausspricht, geht
' Mehr noch als Korrektheit und Preifionterschied dfirffce nach
dem, was mir mehrfach in Stambul yersichert wurde (z. 6, von
dem Ältesten des Buchara-Klosters bei der Ahmedmoschee, von
dem Pelzhändler Salih Efendi aus Kasan im Abud-Chau und
Andern), ein anderer umstand wirken: die steifen, hässlichen
Typen aller Kasaner Drucke. Es ist unbegreiflich, dass in dem
grossen Wissenschaft- und Litteraturcentrum an der Wolga, wo
eine geradezu fieberhafte Dmckth&tigkeit herrscht, immer noch
mit dieser ganz unorientalischen altvaterischen Schrift gearbeitet
wird, Yon der man in Mittelasien nichts wissen will. Wie in
Persien, wo man vor einem halben Jahrhundert bewegliche Typen
fkir die Regierungsdruckerei anschaffte, um sie möglichst schleunig
in ein^m Winkel verkommen zu lassen, will man von Buchara
bis Aksu nur lithographierte Werke studieren. Was die grössere
Korrektheit indischer Drucke betrifft, so besteht sie nur in der
Einbildung Arifs und seiner Landsleute. Nach meinen Er-
fahrungen sind die meisten arabischen Lithographieen von Bombay,
Cawnpoor, Delhi etc. (Arif scheint nur Bombay zu kennen)
j&mmerlieh.
•) Siehe oben (Heft UßlL) S. 96.
2
17
Digitized by LjOOQ IC
120
doch aus vielen AusBerungen Arife das Ansehea her-
vor, welches die alte chinesische Kultur selbst bei
diesen entfernt wohnenden Barbaren sich zu verschaffen
gewusst hat. Die Türken dort müssen die ungeheure
Straft anerkennen, die die Russen zeigen; sie geben
auch zu, dass die grossen wirtschaftlichen Unter-
nehmungen dieser Ungläubigen dem Lande zum Segen
gereichen, aber die Rücksichtslosigkeit der Eroberer,
die Yerseuchtheit fast aller Individuen, die das Heilige
Russland nach Zentralasien sendet, mit dem Schnaps-
und andern Teufeln, stossen den Muslim ab; da sind
ihm die Chinesen sympathischer, die zwar auch arge
Intriganten und bdse Burschen sind, aber in Lebens-
führung, Denkweise und selbst Sprache den Türken
näher stehen.
Kennzeichnend hierftir ist der Eifer, mit welchem
Arif versicherte, er habe mehrfach versucht, in die
Sprache der Chitai (Chinesen) einzudringen. Weit
hat er's freilich nicht gebracht, und der Name seiner
Vaterstadt ist das Einzige, was er in chinesischer
Schrift au&eichuen kann^). Sein chinesischer Vokabel-
schatz ist nicht unbedeutend: in dem „Fünfer^' (s. oben
S. 106) bildet das Chinesische eine der (ünf Kolumnen.
Besonderes Interesse hat er für die chinesischen Sprich-
wörter, und in der für mich angelegten SprichwÖrter-
sammlimg finden sich auch zehn unter der Überschrift
chitäjöe. Erstaunt war ich, bei Arif einige Kenntnis
der ethnographischen Einteilung der Chinesen zu finden.
Wie dürftig und schief auch das von ihm Mitgeteilte
sein mag, ich gebe es doch als eine Probe der Vor-
stellungen, die bei den Türken über diese Dinge herr-
schen: y,T>ie Chitai sind zwei Klassen: 1) Mangür
[Mandschus, Mandschurier], 2) Qarachitai; die Qara-
chitai sind wieder zwei Klassen: 1) Kä-zä, 2) Män-zä;
^) Diese Schrift nannte er elchaU elqarcichitäi; die Qarachitai
seien die ursprünglichen Chinesen, deren Stammhaum rein ist;
die von ihm aufgezeichneten Zeichen seien zu lesen ä^kesu.
18
Digitized by LjOOQ IC
121
die Eä-zä sind wieder zwei Klassen: 1) Cafl-mo-ze,
2) Cafi-fan; die Caü-fan [gelegentlich auch Sampan und
Sampfan gesprochen i)] werden von der Regierung mit
Strichen gekennzeichnet, weil sie in alter Zeit auf-
ständig waren gegen die Emire; heut sind sie unter-
thänig, es blieb ihnen aber diese hässliche Sitte; sie
sind niedrig gesinnt und ohne Zucht; die Dörfler und
Bergler haben ein hartes Leben wie die Beduinen der
Araber; sie kommen zahlreich nach Turkestan als
Soldaten." Systematisch gesammelt hat freilich Arif
leider auf diesem Gebiete nicht^ wie er auch keine
bedeutenderen Notizen über seinen Aufenthalt in Russisch
Turkestan imd seine sprachlichen und anderen Beob-
achtungen dort gemacht zu haben scheint. Das Wenige,
was ich nach seinen Mittheilungen niedergeschrieben,
bezieht sich, abgesehen von den schon oben gegebenen
Nachrichten über die Kirgisen und Kasaken, auf Tas-
kent und Andigan.
„Taskent** *), berichtete Arif, „liegt wie Stambul auf
Hügeln^); das Wasser ist gut, aber die Luft ist schlecht,
') Die Form „Tschampan*' hat Schwarz, der sie als „Ver-
bannte und Sträflinge ans Südchina'' charakterisiert (S. 22).
') Eine eingehende, anf gründlichem Stndimn während eines
fän&ehi\j ährigen Aufenthalts hemhende Monographie über TaSkent
und seine Bewohner gieht Schwarz in Kap. III: „Lehensweise,
Sitten und Gehränche der ansässigen BeyOlkemng Turkestans.**
Das Leben der ansässigen Turkestaner ist einheitlich, und „keünt
man nur eine Stadt, so kennt man damit auch alle übrigen" (S.
139). So ist es nur zn billigen, dass Schwarz diese Form gewählt
hat. Die Etymologie Schwarzes (S. 160), die an den arabischen
Namen der Stadt cisiäs anknüpfend darin ein ,Sechsstadt\ ,Hexa-
polis* sehn wiU, ist sehr ansprechend. So erklärt sich das tos.
das sonst keine Berechtigung hat, denn Steine giebts in Taskent
nicht; es ist eine Umänderung des den türkischen Einwanderern
nnyerständlichen saskend^ wobei auch das Gesetz der Dissimilation
mitgewirkt haben mag.
^) Schief; die Stadt liegt „in dem breiten, beiderseitig durch
niedrige Ausläufer des Tschatkalgebirges begrenzten Thale,
welches einerseits yom Tschirtschik, andererseits vom Eeless
durchflössen wird" Schwarz 152; nur auf die Russenstadt passt
2*
19
Digitized by LjOOQ IC
122
das Klima ist mähmüm [,fiebrig'] und ewar dae ganze
Jahr hindurch^ während bei anderen Städten die Krank-
heit nur periodisch auftritt; in JengitaSkent^ der ÖBt-
licheren Russenstadt, giebt es schöne Märkte; die Stadt
besass vier Druckereien, von denen eine eingegangen
ist; die drei bestehenden sind mit Arbeit überhäuft"^).
Über die Sucht der Taskender, aus der Stadt zu laufen^
und ihre sprachliche Beinflussung durch die umwohnenden
Dörfler, siehe schon S. 113, über die Rolle, die fromme
Schwindler in der Stadt spielen, siehe S. 116.
Neben Taskent als der Stadt der harten Arbeit er-
scheint Andigan^) als Ort heiteren Lebensgenusses, zu-
gleich aber energischer Bethätigung einer höheren In-
telligenz in Handelsgeschäften. Die ,Andi^auliks' d. h.
Andigan-Leute haben nach übereinstimmendem Zeugnis der
Reisenden in allen bedeutenderen Ortschaften Chinesisch
Turkestans bis nach Kan-su hin den Handel in der
Hand, ihnen gehört auch der Aqsaqal an, der die In-
teressen der russisch-türkischen Kolonie als Konsular-
agent wahrnimmt und Herrn Petrowskij regelmässig zu
berichten hat. Vielleicht wird man die Bezeichnung
,Andigan-Mann' nicht zu eng fassen und dabei an die
Herkunft aus der Gegend von Andigan denken dürfen.
Der praktische Sinti der Andiganer spricht sich darin
aus, dass sie im Verkehr die lächerliche Am*edeform
nicht brauchen, die in anderen Teilen Turkestans wie
im Portugiesischen ^) und im Hochdeutschen üblich ist,
das von Arif allgemein Aasgesagte: das Terrain, auf dem sie er-
baut ist, ist leicht wellenförmig ebda 446.
') Die dr« Druckereien werden die von Gebr. Portsewij,
Lachtin und Breidenbach sein. Erzeugnisse aus allen dreien,
sämtlich Lithographien von Volksbüchern, besitzt die Kgl.
Bibliothek Berlin.
'^) Über die moderne Stadt s. Baed 446. Aus chinesischen
Quellen hat einige Nachrichten über das ältere An-tsi-jen
ImhauU'Huart^ Becueil de documents sur VAsie Centrale 15 n. 1.
^) Bekanntlich sind die Portugiesen die Fanatiker der Höf-
lichkeit, die beständig den Schritt vom Erhabenen zum Lächer-
lichen thun.
20
Digitized by LjOOQ IC
1S13
uad im Osmanisohea und NeupeFsischen in gewissen
Stilarten um sich greift; die dritte Person Pluri^is für
die eine Person^ zu der man spricht. „In Ändigan reden
sich Gross und Klein, Vornehm und Gering gegenseitig
mit $üf yihr' an,^ wie die Engländer. In einigem Gegen-
satz zu dieser Vemünftigkeit steht der Respekt vor
scheinheiligen Betrügem^ den sie mit den Taskendern
teilen (s. oben S. 116)0.
II. ,
Stambul erscheint als Sitz des ,Chalifen' d. h.
desReligionshüters und damit Mittelpunkt der islamischen
Welt und als bedeutendster Handelsplatz Südosteuropas
an den Thoren Asiens wie keine andere Stadt geeignet^
den Franken in Beziehungen zu Vertretern der Haupt-
nationen der islamischen Welt oder doch Vorderasiens
zu bringen. In Wirklichkeit giebt es kaum eine Stadt
im Islam, wo es so schwer ist, mit Muslims einen die
wissenschaftliche Beobachtung fordernden Verkehr zu
unterhalten. Denn für diesen ist erste Bedingung die
bona fides des Gewährsmannes. In der Beziehung ist
aber, das wurde mir mehrfach von glaubwürdigen Per-
sonen versichert, der Fremde in Stambul bösen
Täuschungen ausgesetzt. Es ist bekannt, dass der Verkehr
der in Stambul wohnenden Muslims, seien es osmanische
Staatsangehörige, seien es fremde Unterthanen, mit
^) Wenig yerständlich ist auch, dass nach Arif eii)6 unheil-
Yolle Sitte in der Stadt herrscht: ,,Ungeheuer verbreitet ist in
Andi^an die Krankheit (Hüe) der Päderastie; es gehört fjär jeden
besser Sitoierten zum guten Ton, seinen pust zu haben; die
Rassen schreiten ganz energisch dagegen ein; diese Krankheit ist
das UnglQck des Landes/' Dazu stimmt der Bericht in Duk-
meyers »Unbefangene Beobaohtongen aus Bussisch-Turkestan'
(Allg. Zeit., Beil. 1901, No. 250), der durch ein wahres Geschichtchen
Yon sieben Dozenten einer Medrese erhärtet ist, die, den ältesten
Maderris an der Spitze, ein rundes Sümmchen unterschlagen, um
sich gemeinsam einen ,Bat8chi* zu leisten. Nach derselben
Quelle ist auch die lesbische Liebe bei den Muslimes Turkestaus
verbreitet.
21
Digitized by LjOOQ IC
124
Franken oben sehr ungern gesehen wird. Namentlich
Beamte und Personen^ die einem öffentlichen Institute
angehören, werden streng überwacht, machen sich durch
Beziehungen zu den christlichen Fremden verdächtig
und haben, da es bekanntlich in allen Teilen Konstau-
tinopels von gut bezahlten und gut geleiteten gefähr-
lichen Spionen wimmelt, alle Ursache^ Vorsicht zu üben^).
Wird einer bei dem schweren Verbrechen häufigen
Zusammenseins mit einem fränkischen Giaur ertappt^
80 ¥rird ihm das Handwerk gelegt, dem neugierigen
Fremdling aber suppeditiert man andere Gewährs-
männer, die ihm das Blaue vom Himmel runter lügen.
Das Material dazu hat man in Massen auf Lager. Nur
sind nicht selten die Machthaber in Stambul in solchen
Fällen betrogene Betrüger. Über chinesischen Islam
werden zum Beispiel zwei Individuen vorzüglich Aus-
kunft geben, die in Pera wohnen, und von denen man
weiss, dass sie vor etwa 15 Jahren als islamische
Chinesen anf der Bildfläche erschienen sind: als solche
essen sie das Brot des Landesherrn, der sie als seine
Gäste betrachtet; leider ist beider Chinesentum zweifel-
haft; der eine soll die angebliche Muttersprache ein
wenig radebrechen, der andre aber will sein Chinesisch
gänzlich vergessen haben. Jedenfalls ist mit den Per-
sonen, die sich zu leicht für Erkundungen finden lassen
und zu bereitwillig mit Auskünften sind, Vorsicht ge-
boten.
Daneben geht eine zweite Klasse von Gewährs-
männern her, deren Gutgläubigkeit nicht in Zweifel
zu ziehen ist, die aber teils durch langen Aufenthalt
in der Hauptstadt zu Stambullis geworden, teils schon
^) £in klassisches Beispiel ist die Antwort, die mir eia
osmanisclier Offizier gab, iJs ich ihn fragte, ob ich ihm die
Stunde einer späteren Zusammenkunft schreiben öder t^ele-
graphieren solle. „Um Gotteswillen, keins von beiden! ich bitte
dringend, mir keine Mitteilungen unter meiner Adresse zu
machen. "" Notorisch werden alle Stadtpostbestellungen um
Goldnen Hom beschnüffelt.
22
Digitized by LjOOQ IC
125
in Stambul geboren sind. Das sind die Leute von der
Art des vor etwa nenn Jahren verstorbenen Schnell
Sulaiman, des Verfassers des öaghataisch-türkischen
Wörterbuches. Er ist bereits oben gekennzeichnet.
Sein Nachfolger im Amte, d. h. in der Leitung des
Buchara-Elosters bei- der Ahmed-Moschee, Abdühnegid
£fendi, ist mir nicht durchsichtig. An seiner Auf-
richtigkeit ist nicht zu zweifefai, und ich kann die Be-
reitwilligkeit, mit welcher er die Beziehungen zwischen
mir und Arif einleitete, nur mit grösstem Danke erwähnen.
Aber ich hörte ihn nur persisch und osmanisch sprechen
und möchte annehmen, er sei ein Ta^. IJber das
Haupt des Özbeken-Elosters in der Vorstadt Aijub
kann ich keine Mitteilung machen. Einiges Material
steht mir dagegen zu Gebote für den braven und
originellen Leiter des Buchara-Klosters in Skutari^),
Schech Edhem Efendi, Vater des schon oben genannten
Verfassers des ussi Usäni turM, Mehemed Sadiq
Schech Edhem ist aus der Gegend von Buchara
gebürtig und ist ein sunnäf, kennt alle Künste und
Fertigkeiten; er ist Schreiner, Schmied u. s. w. in
einer Person; einst baute er für den Sultan einen
Dampfer, der unter dem Wasser geht; als ich bei
Husain Biza Pascha das wahrhafk künstlerisch ge-
schnitzte Gestell einer Standuhr sah und nach dem
Verfertiger fragte, erhielt ich zur Antwort: Schech
Edhem in Skutari^). Als Arif Anfang Oktober 1901
') Als solcher heisst er auf dem Titel des usH Usäni
turH: üsküd&rda kft'in özbekler dergfthl püstniSini (eig.
Fellsitzer, weil nur der Schech auf einem Pell sitzt). Er hat
ebenda das Laqab: reSädetln.
•) Er wird meist nur Sadiq Efendi genannt Es ist
bei den Osmanen häufig, dass der dem wirklichen Namen bei-
gegebene machlas oder tachallus im Verkehr an die Stelle
jenes tritt.
*) Es leben unzweifelhaft in Stambul und Vororten noch
andere bedeutende Vertreter des Kunstgewerbes. Wer weiss
Yon ihnen? Sie verhungern, haben sie nicht nebenbei einen
23
Digitized by LjOOQ IC
126
ihn besuchte; fa&d er sem Zimmer ids eine reine
Werkstatt und den Schech in voller Thätigkeit darin.
Meinen Derwisch freilich hatte dieses Wesen ersichtlich
unsympathisch berührt^ und enthielt er sich auch takt-
voll einer schärferen Kritik, so ging doch aus seinen
Äusserungen hervor^ dass er an der vollen Zurechnungs-
fähigkeit des Klosterprior-Handwerksmeisters zweifelte.
Im Gegensatz zum Vater erschien Sadiq meinem
Freunde als ein offener Kopf^ nur sei er durch Stambul,
wo er geboren ist, verdorben^ denn dort lerne man
nichts Ordentliches. Im Persischen^ das er an der
Schule raudai' taraqqi unterrichtet ^ zeigten seine
Kenntnisse Lücken. In dem ussi lisäni turM beweist
er, dass er die von ihm behandelte Sprache nicht ge-
ntlgend kennt und sich von den durchreisenden Zentral-
asiaten allerlei hat aufbinden lassen i): oft wurde, als
wir das Buch zusammen lasen, Arif eifrig-ärgerlich
und unterbrach mich gelegentlich mit einem kräftigen
jalghan, womit er natürlich keine Beleidigung des
gewiss sehr braven und harmlosen Sadiq beab-
sichtigte.
Sadiq hat übrigens mit seinem Büchlein kein Glück
gehabt. Zur Abfassung veranlasste ihn einer der
Grossen des Reiches — , wenn ich recht verstanden, der
Sohechülislam — , und versprach, es drucken zu lassen,
hielt aber dieses Versprechen nicht. So druckte es
Sadiq auf eigene Kosten (1600 Piaster = ca. 300 Mk.),
konnte aber die Auflage nicht loswerden; erst nach
einem Jahre fand er einen Buchhändler, der sie ihm
abnahm, und er kam wenigstens ohne Schaden heraus.
sichern Unterschlupf wie Schech Edhem; denn von dem, was hin
and wieder ein reicher Pascha ihnen abkauft, können sie nicht
leb^n. Was könnte eine intelligente Regierung aus solchen
Krftften machen!
^) Es müssen hauptsächlich Leute aus der ländlichen Um-
gegend Ton Andi^an gewesen sein, die ihn berieten: deren Dialekt
erkannte Arif in zahlreichen Fällen wieder. Das Einzelne siehe
in meiner Arbeit über das uss (MaUriaUen Heft 2).
24
Digitized by LjOOQ IC
127
loh gebe im Folgenden die Übersetzung der
osmamschen Vorrede, mit der Sadiq sein Werkchen
begleitet*):
(Nach der Einleitung:) In dem im Viertel HSg[g;eHa8nftChatan zu
Skntari gelegenen Ozbekenkloster wurde mir unter Gebeten für langes
Leben und lange Regierung Seiner Majestät des Padischahs freund-
schaftlicher Verkehr mit den Faqiren und Derwischen aus Mäwarä*-
annahr (Transoxanien], denen zu dienen ich die Ehre habe, zuteil. Auf
diese Weise konnte ich die Sprache unserer Vorfahren, das
Öaghataische, nach Vermögen studieren und erlernen, unzählig
sind die Bücher, die unter dem allergnädigsten Schutze des
Ghalifen über die grammatischen Regeln der übrigen Sprachen
yerfasst sind, nur ein Handbuch des Öaghataischen, das doch die
Quelle der süssen osmanischen Sprache ist, fehlte. So stellte ich
dieses Werk in sechs Kapiteln zusammen und gab ihm den Namen
ussi lisSni turki. Der geneigte Leser wolle die Versehen und
Fehler, auf die er trifipt, gütigst berichtigen und dem Werke
ein freundliches Gedenken gewähren. Und yon Gott kommt das
Gelingen.
Nicht ohne Interesse ist, dass der bekannte Journalist
und Politiker Ahmed Midhat, der heut als der Führer
der osmanischen Schöngeisterei gilt, sich herbeigelassen
hat, Sadiqs Buch mit einem togm, einer lobenden
Empfehlung, zu schmücken. Diese Probe von den
Leistungen des osmanischen Litteratentums mag für
oder gegen sich selbst sprechen. Ich enthalte mich
einer Kritik.
Das schwungvolle Taqri^, in welchem Seine Excel lenz Ahmed
Midhat Efendi sich zu äussern die Geneigtheit gehabt hat.
Das Prahlen mit Verdienst und Geburt hat für den Menschen
die Bedeutung eines natürlichen Gefühls gewonnen. Da die
Persönlichl^it sein wertvollster Besitz ist, so kaun er sich im
Kampf um den Buhm nicht damit begnügen zu sagen : „ich bin
N. N.**, der Eifer des Bahmkampfes reisst ihn fort zu rufen: „ich
bin N. N., Sohn des N. N." So ist es nicht bloss bei einem
Volke, sondern bei allen Völkern, denn es ist in der menschlichen
Natur liegend uud angeboren.
Der Kampf um den Buhm übertrilgt sich von den Individuen
auf die Völker. Auch die Völker begnügen sich nicht zu sagen:
^) Die (faghataische, die inhaltlidi gleichgiltig ist, siehe in
y
meinem Caghataiachea (MateriaUen Heft 2).
Digitized by LjOOQ IC
128
„wir sind der und der", sondern fühlen die Verpfiiohtmig, Ver-
dienst und Abstammung durch den Satz „unser Ursprung geht
bis auf den und den zurück" zu beweisen. Nun, welch anderes
Mittel zur Rechtfertigung dieses Anspruchs steht denn den
Völkern zur Verfügung als die Sprache?
Eines Volkes Kleidung kann sich ändern. Auch seine Lebens-
gewohnheiten können sich Bndem, ja sogar seine alte unnütze
Religion kann auf den Ruf eines erhabenen Propheten mit der
Religion der himmlischen Wahrheit yertauscht werden. Schliesslich
sind doch auch die hohen und die niedrigen prinzipiellen Eigen*
heiten des Momadenzustandes, je nachdem er mit den Errungen-
schaften der Zivilisation mehr oder minder in Berührung kommt,
dem Wandel unterworfen. Die Geschichte weist uns für all das
sehr grosse Beispiele. Wenn ein Volk etwas hat, was sich sehr
wem'g, ja selbst gamicht ändert, so ist es seine Sprache.
^Was sich sehr wenig ändert*', sagten wir. Hätten wir diesen
Ausspruch vor einem Publikum gethan, welches das, was man
sprachlichen Aufschwung nennt, zu würdigen versteht, so hätten
wir diese Einschränkung nicht für nötig erachtet und sogar aus
<lem Satze „was sich selbst garnicht ändert'' das Wörtchen „selbst''
gestrichen. Wii- waren aber zu dieser Einschränkung genötigt,
weil Bedeutung und Wert, die der hier vorliegenden Frage nach
dem Fortschritt der Sprache zu geben sind, noch nicht festgestellt
sind, und daher jemand einwenden könnte: „Fortschritt bedeutet
Veränderung und Wandel; so lange es Fortschritt in der Sprache
giebt, giebt es auch Wandel." Sehen wir einmal näher zu, was
denn Fortschritt in bezug auf die Sprache bedeutet? Wir brauchen
nicht lange nachzudenken. Es springt sofort in die Augen, dass
Fortschritt hier bedeutet, dass die Sprache die Gefolgschaft der
übrigen Sprachen, in die sie sich begeben hat, bricht und einiger-
massen ihre Unabhängigkeit erobert, d. h. zu ihrem Ursprung
zurückkehrt. Denn jene Gefolgschaft gegenüber den andern
Sprachen kommt daher, dass diese im Schatten der wissenschaft-
lichen und litterarischen Kraft derer, die sie sprechen, zu Sprachen
der Wissenschaft und Litteratur geworden sind, und dass dem-
entsprechend eine neue Sprache, die dieses Vorzuges noch nicht
teilhaftig geworden ist, der Anlehnung an den ehrwürdigen Zn-
stand jener bedarf. Sobald die, die sie sprechen, durch wissen-
schaftliche und litterarische Arbeit die Stufe erreicht haben, dass
sie die eigene Sprache als Sprache der Wissenschaft und Litteratur
verwenden können, wird der erste Schritt, den sie thun, der sein,
die Unabhängigkeit ihrer Sprache zu erobern, was so viel heisst
wie zum Ursprung zurückkehren. Fortschritt ist also nicht ein
Wandel, sondern bedeutet vielmehr die Beseitigung einer vordem
eingetretenen Änderung.
Digitized by LjOOQ IC
129
Dieser Vorgang ist ein natürlicher. Es lässt sich keine
Macht Torstellen, die imstande w&re, ihn zu yerhindem. In den
zivilisierten Staaten Earopas nnd Amerikas, fiber deren mannig-
fache Fortschritte wir staunen, sehen wir jede Sprache als eine
selbständige Wissenschaft- nnd Litteratursprache. Vordem waren
sie allesamt in Abhängigkeit von einer Wissenschaft- nnd Litteratur-
sprache wie die Sprache Roms und die der Griechen. Später
aber suchte jede einzelne auf Grund der unter den Wissenschaft^
liehen und litterarischen Fortschritten des sie sprechenden Volkes
erworbenen Fähigkeit, die eigne Kraft und Anmut im Kreise der
eignen Begabung und besendern Beanlagung, brach die Fesseln,
die sie an die andern Sprachen knüpfte, gewann Selbständigkeit
und wurde nun ihrerseits eine besondere Sprache für Wissenschaft
und Litteratur.
Unsere Modernen haben*s bei den Kontroversen meist eilig
und springen mit einem Satz von der Thür zur Kanzel. Sie
werden unsere theoretischen Betrachtungen falsch auslegen und
werden aus dem eben Gesagten einen Schluss ziehen wollen in-
bezug auf die strittige Frage, ob unsere Sprache das Arabische
und Persische benötige oder nicht. Da irren sie aber. In der
Sprachenfrage sind Unabhängigkeit und die Benötigung anderer
Sprachen zwei verschiedene Dinge. Das klar zu stellen ist hier
nicht der Ort.
Wie gelangten denn die anderen, denen vom Höchsten die
Gabe des Sprechens verliehen ist, zu der rechten Form des
naturlichen Zieles, das sprachlicher Fortschritt genannt wird?
Suchen wir Antwort auf diese Frage, so sehen wir sofort, dass
dieser Eifer bei ihnen durch das unentwegte Suchen nach den
Anfängen ihrer Sprache hervorgebracht ist, indem sie bei den
Forschungen über den Ursprung ihrer Nationalität nach natür-
licher Abstammimg und nach eigenem Verdienst davon ausgingen,
dass sie eine andere notwendige Voraussetzung für die Genossen-
schaft als die Sprache nicht fanden. Sie sagten: „Unsere Sprache
reicht bis zu dem und dem Datum, bis zu dem und dem Volke
zurück*^ Sahen sie auch, dass wirklich eine ganze Menge fremder
Wörter aus einer Menge fremder Nationen in ihre Sprache ein-
gedrungen seien, so hat doch jene Vermischung die eigenen natür-
lichen Gesetze dieser Sprache nicht verderben können. Wie wir
gelegentlich in einem unserer Werke auseinandergesetzt haben,
haben wir von den neun Worten eines osmanischen Satzes acht
aus europäischen Sprachen entlehnt, nur Verbum und Konstruktion
dem Osmanischen entnommen und so einen Satz hergestellt, und
doch hat der Fremde, der jener acht Worte kundig ist, den Satz
nicht verstehen können. Warum? Weil die Regeln übet die
Verbindung der Worte, wenn diese selbst auch seiner Sprache
27
Digitized by LjOOQ IC
130
angehören, osmanisch sind, m. a. W. weil der Satz ein osmanischer
Satz ist.
Das will sagen: auch wir werden, wenn wir in bezng auf
die Sprache wirklichen Fortschritt suchen, zu unserem Ziele nicht
gelangen, indem wir den Abhängigkeitsbeziehungen zwischen
unserer Sprache und anderen Sprachen nachgehen. Vielleicht aber
werden wir Erfolg haben, wenn wir den Ursprung unserer Sprache
aufsuchen, denn jedes Volk ist auf diesem Wege an das Ziel seiner
Wünsche gelangt.
Man behauptet, der Ursprung unserer Sprache sei das
Öaghataische. Keineswegs. Der Gengizide Caghatäj Bey ist ein
Mann von gestern. Weil es unter den Türkvölkern Brauch war,
wann immer ein rühriger Führer erstand, den Namen des Stammen
an den seinigen anzulehnen, und dass auch die diesem Stamme
unterworfenen übrigen Stämme jenen Namen annahmen, suchte
das Türkentum eine Ehre darin, sich nach dem Namen Öaghati^s
zu benennen, wie es ja auch einmal diese Ehre im Namen özbek
und schliesslich im Namen Osman gesucht hat. Was hindert uns
zu sagen: So war*s auch 2000, 8000, haben wir keine Angst, gehen
wir weiter zurück: 4000, 6000 Jahre vor Caghatäj Bey? Mit
einem Wort: Tausende von Jahren vor dem genannten Fürsten
war die Sprache der Türken die Bedezier des ganzen östlichen
Weltteils. Was liegt daran? Da man nun einmal gegenwärtig
behauptet, der Ursprung unserer Sprache sei die Sprache Öaghatajs,
wollen auch wir uns damit zufrieden geben. Wir wollen stufen-
weise den Blick zu jenem Ursprung zurückwenden, sind wir dorthin
gelangt, dann wird sich uns von selbst ein Weg öffnen, das was
vor uns liegt, zu bedenken.
Welchen Weg muss man aber beschreiten, um den Ursprung
einer Sprache zu erforschen, welchen müssen wir beschreiten, um
den Ursprung der türkischen Sprache zu vorfolgen? Mehrfach
haben wir es ausgesprochen. Noch einmal wiederholen wir es.
Zum gewünschten Ziel zu gelangen, ist möglich, indem wir so
verfahren, wie die Andern verfahren sind, d. h. indem wir uns
unterrichten über das, was in unserer alten Sprache geschrieben
und, sei es vollkommen, sei es unvollkommen, erhalten ist. Wie
es eine grosse Menge Werke giebt, die seit der Zeit des 'Ali Sir Newä'i
in 5aghataischer Sprache geschiieben sind, so giebt es aus dieser
und noch älterer Zeit eine Menge Urkunden, die in den weiten
Steppen, wo die Türkvölker seit alter Zeit sich tummelten, wie
Zentralasien, Tataristan, Sibirien und Chinesich-Turkestan, auf
Bäumen, Steinen und Metallen eingegraben sind. Mit ihrer Lesung
und luterpretierung wird es möglich sein, über den Ursprung
nicht allein unserer Sprache, sondern auch über den unserer
türkischen Nationalität eine ganze Menge Wahrheiten ans Licht
28
Digitized by LjOOQ IC
131
211 bringen, die jetzfc noch von Dtinkel umhüllt sind. Künlich
find einem dänischen Gelehrten über diese Frage eine Anzahl
Entdeckangen gelangen, die zu machen — das muss jedem in den
Sinn kommen — wir einem von uns selbst wünschen müssten,
wenn wir die Entfernung des Dänen vom Türkentum mit der
Nähe des Osmanen vergleichen. Wie wir schon sagten: wir müssen
so handeln wie jene, wir müssen nach und nach diese Sprache
lernen und müssen auch in dieser Sprache die Forschungen be-
treiben.
Diese Notwendigkeit ist als eine solche für uns nicht erst
heutigen Tages erkannt worden. Gott sei Dank wachsen unsere
Gedanken unter dem anregenden Schutze Seiner Majestät des
Padisohahs jeden Tag an Erleuchtung, und derartige Bedürfnisse
zeigen sich, einander folgend, beständig unserm Blick. Es ist
bemerkenswert, dass schon vor 15, 20 Jahren der verstorbene
Özbeken-Schech Sulaiman Efendi für die (aghataische Sprache
ein Wörterbuch verfasst hat. In der That bat man wenig Nutzen
von jenem Wörterbuch gezogen» Wie wir schon früher gesagt
haben, ist eine Sprache nicht Sache des Gehörs. Du: GrundbestiLud
ist vielmehr die Grammatik. Und so ist die Ursache jener Er-
scheinung, dass kein Buch über die Grammatik der &aghataischen
Sprache vorhanden war. Preis und Dank. Diesem Mangel ist
durch den wissenschaftlichen Eifer Elhägg Muhammed ^ädiq
Efendis, Sohnes des Vorstehers des Ozbekeiiklosters in Skutari,
Schech Edhem Efendi, abgeholfen. Das genannte Kloster ist ein
Mittelpunkt für die Derwische und Faqire Zentralasiens, die
eämtlich &aghataisch sprechen. Unter ihnen sind auch Gelehrte
nicht selten. Mit diesen pflog der Verfasser freundschaftlichen
Verkehr, gelangte dadurch zu einer vollständigen Kenntnis ihrer
Sprache uud konnte dieses lehrreiche Buch abfassen. Wie der
Leser aus dem Studium selbst ersehen wird, ist dieses Werk nach
einem noch weiteren und nützlicheren Plane abgefasst, als das ia^tlm
tU/oml, das man doch allgemein als das beste Hilfsmittel zum
Studium des Persischen anerkennt. Prägt man sich seinen Inhalt
gut ein, und fügt man dem noch das Wörterbuch Sulaiman
Efendis hinzu, so ist man in der 6aghataischen Welt auf einen
Plan von gehöriger Grenzweite getreten. Der Osmane, der auf
diesem Gebiet bewandert ist, findet nun in der Welt des Türken-
tums leicht seinen Weg zum gewünschten Ziel. Der Verfasser
hat mit diesem Buch der osmcuiischen Bildung einen ausge-
zeichneten Dienst geleistet. Ich rechne es mir zur Ehre an, ihm
für meinen Teil den schuldigen Dank zu entrichten.
Dieser Artikel Ahmed Midhats zeigt im ganzen
richtig die Strömung, welche das Osmanlitum heut be-
29
Digitized by LjOOQ IC
132
herrscht^ und in der sein Verfasser mitschwimmt, wie
er selbst mit seinem nicht unbeträchtlichen Einfluss sie
fördert: Rückkehr zum reinen Törkentum, Sichbesinnen
auf das Nationale.
Die Hauptstadien der osmanischen Entwicklung in
kultureller oder wenigstens litterarischer Entwicklung
sind bekannt.
Bei ihrem ersten Auftreten mit litterarischen
Leistungen^ die alsosmanisch bezeichnet werden können ^),
ist die Sprache einfach^ fast rein türkisch; von Werken
aus jener Zeit wird eins noch heut von Vornehm und
Gering, Reich und Arm gekannt und geschätzt, weil
jedes Jahr einmal am Geburtstag des Propheten in den
Moscheen gelesen: das mewlüdi Serifi nehem des unter
Bajezid L (791/1389—804/1402) lebenden Sulaiman
Celebi*). Das Türkisch dieses Volksbuches ist so
einfach, dass, wie man mir versichert, manches darin
den modernen Stambullis unverständlich ist. In diesen
Kreis gehören jedenfalls auch die beiden Gedichte des
Junus Emre (s. MiU. Sem. Orient. Spr. IV (1901),
Westasiat. Äbt,) und zahlreiche andere Erzeugnisse ver-
wandter Art, wie das ser engämi sehr dmaut (Lith.
*) Über diese Periode herrscht noch vielfach Unklarheit.
Was ist ,AItosmanisch*?
*) Nachweise aber den Dichter s. bei Pertsch 363 zu No.
363, wo auch andere Handschriften angefahrt sind, aber nichts
von Drucken erwähnt ist, während es doch sicher Lithographien
giebt (mir kam keine in die Hand), mewlud ist die auch von
Doris Beeck „Im Reiche des Islam" 218 gegebene volkstümliche
Form des Namens der maulki-Bücher, von denen übrigens bei
Lesung in Privathäusern meist nur der die letzten Stunden des
Propheten behandelnde Schluss vorgelesen wird, wie mir Frau
Beeck schreibt, die damit ihre von mir Orient. Litt.-Ztg. 4 (1901)
Sp. 332 getadelte Übersetzung rechtfertigt. Es sei hier bemerkt,
dass Sulaiman Celebis Gredicht, wie aus den bei Pertsch a. a. 0.
mitgeteilten Versen klar hervorgeht, in nicht quantitierenden,
sondern dem parmaq hisaby „Pingerrechnung" d. h. Silbenzählung,
angehörenden Versen ebenso abgefasst ist, wie die beiden von
Foy edierten Gedichte des Junus Emre (Achtsilber).
30
Digitized by LjOOQ IC
133
[Stambul] 1299 16 SS.)^). Schon in dieser ersten
Periode wird neben den einfachen, fast reintürkischen
Litteraturwerken der geschwollene, mit Persisch und
Arabisch beladene Stil hergegangen sein. Wissen wir
doch, dass im Selguqenreiche, dessen Erbe die Osmanen
antraten, das Persische dermassen das Türkische über-
wuchert hatte, dass sich einsichtige Männer selbst über
die sprachlichen Missgeburten, die besonders im Kanzlei-
stil vorkamen, lustig machten. Kein Wunder, dass das
junge, kräftige Osmanenvolk von der persischen Seuche
angesteckt wurde. Täppisch fuhren sie zunächst herum
und setzten die fremden Flicken oft gar ungeschickt
auf ihren groben Türkenpelz, bis 'Abdulbäqi kam
(933/1527—1008/1599), der den Gebrauch des Arabi-
schen und Persischen im Osmanischen regelte.
Die zweite Periode ist die des form, eben jener
Kunstsprache, der Baqi den Stempel seines Geistes
aufgedrückt hatte, und für die er als Vorbild galt —
leider viel zu lange, denn über zwei Jahrhunderte
währte die Herrschaft dieser Richtung, die ihren Namen
fä/risi von dem TJberwiegen des Persischen hat Ein
bemerkenswertes Beispiel, welchen Umschwung im
Geschmack die persizierende Richtung hervorbrachte,
ist die Berliner Handschrift Diez A. 4fi. 60 (Pertsch
No. 252): enthält sie doch eine i. J. 1117/1705 lediglich
deshalb verfasste Übersetzung des berühmten qäbüsnäme^
weil die für Muräd U. von Margumak angefertigte, i.
J. 835/1432 vollendete veraltet war (s. Pertsch No. 250).
Im J. 1117 wollte man eben in Stambul nichts mehr von
der biedern altvaterischen Sprache wissen.
Gewiss gab es auch in der eben geschilderten
Periode Männer, die den Unsegen der Verperserung
erkannten und wie später noch der grosse Fuad Pascha
*) In Elfsilbem nach parmaq hisaby; Anfang: üü imdi ghäfil
uuän häUni — mautä haUnda olan ahujälmi; von den zahlreichen
Altertümlichkeiten erwähne ich nur isiduben V. 4, qamu „aUe^*
(Tgl. qamuq im Kudatku Bilik S. 12 Z. 7), tujlaghyl S. 16 vor-
letzter Vers.
31
Digitized by LjOOQ IC
134
vor Zorn bei dem Gedanken bebten^ wie man ihnen die
besten Lern- und Enabenjahre mit der Paukerei der
60000 Verse des §ahname verödet und und sie mit der
Beschränkimg auf die islamischen Humaniora in persi-
scher AufBetssung um den Erwerb einer tieferen Bildung
betrogen hatte. Noch mehr im Orient als irgend sonstwo
kann der Einzelne nichts ausrichten» wenn die träge
Masse, d. h. die mehr oder minder zahlreichen „Stützen
der Gesellschaft''^ deren Puppe der sogenannte absolute
Monarch meist ist, nicht wollen. Am Ausgang des 18.
und Beginn des 19. Jahrhunderts hatte die Türkei das
Glück, einen Herrscher zu haben, der selbst von den
besten Bestrebungen beseelt, den Redlichen das Ohr
lieh. Selim III. fiel unter den Streichen der siegreichen
Reaktion. Mahmud IL war es vorbehalten, die von
jenem gedachten Reformen auszuführen, vor allem
fränkischem Wesen Einlass zu gewähren. Es beginnt
die französierende Periode, deren Charakter aber nicht
sowohl die Einführung fränkischer Sprechweise ist, als
das Tasten nach Mitteln, um die in der fränkischen
Geisteswelt gefundenen Schätze dem osmanisohen Volke
zugängig zu machen. Die persizierende Schwadroniererei
versagte vollständig bei dem Versuche, wissenschaftliche
Werke der Kulturvölker in türkisches Gewand zu
kleiden. Nach dem Besseren hatte man nicht lange zu
suchen: bot doch das Arabische eine Wissenschafts-
sprache, wie man sie sich nicht besser wünschen konnte,
von zahlreichen scharfen Denkern zu ernster Geistes-
arbeit in Zucht genommen, reich an fertigen Kunst-
ausdrücken, die bei Einbürgerung der fränkischen
Wissenschaften zu verwenden waren, das Material
bietend zur Bildung von neuen Termini, wo die alten
nicht ausreichten, scharf, knapp, durch frühe Übung im
Lesen des heiligen Buches dem Sinn wenigstens
äusserlich nahe, als Sprache Gottes und seines Propheten
sympathisch. Man verfuhr im ganzen und grossen
durchaus geschickt, und die Energie ist zu bewundem,
mit welcher in verhältnismässig kurzer Zeit das Os-
32
Digitized by LjOOQ IC
135
manisehe in florabisierend-fraiikisierendem Sinne nm-
gestahet wurde.
Ein schwerer Defekt wurde in die neue Periode
mit hinäbergeschleppt: die Langatmigkeit der Sätze^ die
dem Wesen des schlichten Oamanisch durchaus wider-
sprechende Sucht nicht so sehr der staubigen Bureau-
menschen als der Chronisten^ der Schöngeister, der mit
dem Aufkommen der Tagespresse sieh bildenden Schar
der Gewerbsjoumalisten, eine Reihe von Gedanken in
der Weise mit einander zu verketten, dass einer als die
Hauptsache hingestellt an das Ende tritt, die andern
mit ihm und mit einander durch Partikeln des Ortes,
der Zeit, der Ursache, der Folge, des Zieles, der Art
und Weise, der Vergleichung verbunden davortreten.
Erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts fand der
protzige Schwulst einen energischen Bekämpfer und
Besieger. Sinäsi Efendi ist der Reformator, der den
neuen Stil einführt: die schlichte Ausdrucksweise in
kurzen, einfachen Sätzen. Man besann sich, dass man
ja Türke sei, dass man zur nationalen Eigenart zurück-
kehren müsse, wolle man über die Fadheiten der fremd-
ländemden Skribifaxe herauskommen. Natürlich war
die Entrüstung bei allen „Anständigen^, „Gebildeten^
ungeheuer. Schnell war der arge Neuerer aus den
Regierungsstuben herausgegrault. Er sass auf der
Strasse. Ein Glück für die osmanische Litteratur.
Denn Sinäsi gründete nun das erste nicht amtliche
Blatt, das noch jetzt geschätzte tastmri efkär, das schnell
grosse Verbreitung gewann und einen bedeutenden Ein-
fluss ausübte. Als er i. J. 1288/1871 starb, war die
neue Schule fest gegründet Sinäsis Schriften gelten
noch heut als Stilmuster. Verschwiegen werden darf
nicht, dass er an einem Altersgenossen eine um so
wirksamere Stütze fand, als dieser den von Sinäsi ver-
tretenen Prinzipien folgend mit der gleichen Einfachheit
der Sprache einen höheren Grad von Temperament und
grösseren Reichtum an Ideen verband. Mit kühner
Hand packte Kemäl Bey, der i. J. 1250/1834 von
3
33
Digitized by LjOOQ IC
136
macedonischem Vater und albanesischer Mutter in
Stambul geboren wurde, alle Probleme, die seine be-
wegte Zeit ihm bot. Die Stürme der Begeisterung, die
er zuweilen entfesselte, erschienen der Regierung höchst
gefährlich. Ein einsamer Mann starb der originelle
Litterat und Politiker i. J. 1305/1887 auf Chios.
Noch ist man freilich weit von dem Ideal entfernt.
Die jahrhundertlange Verhimmelung des Fremden und
Verlachung des Nationalen, als dessen Vertreter der
qaba türk ^obe Türke" Zielscheibe der albernen und
rohen Witzelei des /einen Osmanlitums ist, haben bei
den Leuten, die in der Türkei das litterarische Szepter
schwingen, eine solche Verheerung angerichtet, dass
sie sich, scheint es, zum letzten entscheidenden Schritt,
der allein Heilung bringen kann, nicht aufschwingen
können. Eine wirkliche Regeneration der osmanischen
Litteratur ist nämlich nur möglich, wenn man nach den
Schätzen des türkischen Mittelalters und des reich-
quellenden Volkstums gräbt. Ganz vereinzelt sind bis-
lang die Osmanlis, die den Wert dieser beiden Faktoren
erkannt haben und ihr Volk auf sie hinzuweisen ver-
suchen. In erster Linie ist hier der rührige Negib
As im zu nennen, dessen verständnisvolles Interesse für
Erforschung türkischen Volkstimis und Festlegung
seiner sprachlichen Denkmäler mir aus persönlichen
Beziehimgen bekannt ist. Über das türkische Mittel-
alter und seine Urkunden, die türkischen Inschriften
der Mongolei und das grosse Litteraturwerk Osttur-
kestans zur Zeit seiner Ilekiden-Uchane suchte er sich
imd seine Landsleute aus Läon Cahuns Intro-
duction ä Thistoire de TAsie — - Turcs et Mongols
zu unterrichten. Dass er dieses Werk seinem tih'k
ta'richi (Stambul 1318, 551 SS.) zu Gnmde legte, war
kein glücklicher Griff, man darf aber annehmen, dass
auch so die Osmanen endlich aufmerksam werden auf
ein ganzes, reiches Gebiet, das sie in ihrer unglaublichen
Trägheit und dumm eiteln Selbstgefälligkeit bisher
gänzlich vernachlässigt haben, obwohl sie Studien-
34
Digitized by LjOOQ IC
137
material in der Hauptstadt selbst besitzen und in der
Verwandtheit der Sprache wie in der Gemeinschaft der
Religion Erleichterungen für das Reisen auf den Schau-
plätzen der mitteltürkischen Grosszeit haben^ denen bei
uns Franken Erschwerungen entsprechen.
Wird es gelingen, der osmanischen Litteratur neues
Leben einzuhauchen, oder richtiger: eine osmanische
Litteratur zu schaffen? Denn dass zu einer solchen nur
schwächliche Ansätze vorhanden sind, wird der nicht
leugnen, der sich die Fähigkeit bewahrt hat, zwischen
echtem, aus der Seele dringendem Volksschrifttum und
der Phrasendrechselei eitler Schöngeist- Gigerl zu
scheiden. Die Antwort auf die Frage ist freilich an
die auf die andere gebunden: Ist das osmam'sche Volk
einer inneren Läuterung fähig? Auf diese kann hier
keine Antwort gesucht werden. Nur eins sei festgestellt:
Das Osmanentum kann neue Kraft nur aus dem Türken-
tum saugen, dem Türkentum, das verhältnismässig
unverfälscht in der physisch tüchtigen, moralisch dem
Osmanen der Provinz gleichstehenden, dem Osraanen
der Hauptstadt überlegenen, geistig gut beanlagten Be-
völkerung Ostturkestans lebt. Das Problem ist, eine
nutzbare, sittlich fördernde Verbindung herzustellen.
Lächerlich ist der Gedanke, das moderne Osmanlitum
könne sich durch Studienexpeditionen in den Nordwest-
zipfel Chinas auffiischen; dieTürkei besitzt kein Menschen-
material, das durch Schulung und Fähigkeit ernster
Arbeit zu solcher Aufgabe berufen wäre. Auch der
Import einer Schar Zentralasiaten nach Stambul hülfe
nicht; Blinde können nicht die Lahmen führen, und
andere Kräfte gehören dazu, als die der armen, jahr-
hundertelang misshandelten Schlucker, den Bazillen der
am goldnen Hom endemischen moralischen Pest Wider-
stand zu leisten. Zentralasiatische Türken kommen
hier nur inbetracht als Lehrer und Leiter, falls — und
der Fall ist nicht wahrscheinUch — sich einmal in
Stambul ernstes Studium der grossen mitteltürkischen
Zeit und des modernen Volkstums Turkestans anbahnen
35
Digitized by LjOOQ IC
138
sollte. Bedingung ist auch dann, dass man die besten
jenes Volkes heranzieht und ihnen eine würdige, unab-
hängige Stellung sichert. Dann hat auch der Franke,
der Stambul besucht, Aussicht auf erfolgreiche Studien
dort und kann Besseres und Mehr, denn hier geboten,
heimbringen als Zentralasiatisches aus Stambul.'
NacliüAgUehM.
S. 104 (oben) Nijaz Muhammed: der Name Nijaz scheint in
Torkigtaii beBOoders beliebt zn sein; eine M^y^us^o^trasBe^ in
Takent nennt Schwarz S. 446.
S. 104 (unten) in der uns beiden vertrauten arabischen
Schulsprache: Aus den bei dem arabischen Verkehr mit dem
Zentralasiaten gemachten Erfahrungen heraus möchte ich die
Bemerkung Stummes über das ^Eompromiss- Arabisch* in .^IradMcA
Persisch und Türkisch [lies: Osmanisch] (Leipzig 1902) S. 16 etwas
modifizieren. Sie darf, m £., nicht so allgemein ausgesprochen
werden. Es bedarf noch einer guten Reihe von Beobachtungen,
um festzustellen, wie weit „dieses Vulgär [d. h. die Gestalt des
Vulgärarabischen, in der gebildete Bewohner Syriens mit einer
gewissen Feierlichkeit zu reden pflegen] über Syriens Grenzen
hinaus fOr die Gebildeten unter den Arabern und für die des
klassischen Arabisch Mächtigen anderer Nationen (die europäischen
Gelehrten mit inbegriffen) der Eompromissdialekt geworden ist, in
dem sich z. B. der gebildete A%hane mit dem gebildeten Berber
Marokkos unterhält." Thatsache ist, dass Arif fast durchgängig
die Endungen aussprach, und sein Verhalten dabei wies deutUdi
darauf hin, dass das nicht etwa aus einem Protzen mit gramma-
tischen Kenntnissen herrührte, sondern aus der Übung der Schule
und der heimischen Art, arabisch zu plaudern, die vermutlich in
den meisten nichtarabischen Ländern gleich ist, soweit überhaupt
solcher Gebrauch des Arabischen üblich ist. Dass ihm viele Fehler
dabei passierten, ist kaum nötig besonders hervorzufaeben.
S. 107 Anm. 2 Perser und Russen: Einige auf eigenen Be-
obachtungen beruhende Mitteilungen über die Vorstellungen, die
im persischen Volke von den Bussen leben und die von den Mollas
verbreitet werden, machte Walter Schulz-Baumgärtner in
der Strassbur§er Post No. 738 vom 27. Aug. 1900. Aus allen
Berichten gewann ich 'den Eindruck, dass die Mollas, d. h. die
rflcksttndige Plaffen-Partei^ zum Teil ohne es selbst zu wissen,
36
Digitized by LjOOQ IC
.139
fSr Ruselaod arbeiten, das sein Interesse in einem in jeder Be-
ziehnng schwachen Persien sieht, während England zu den den
Fortschritt darstellenden Babis steht, die es durch seinen gewandten
Emissär Edward Browne zugleich studieren und bearbeiten Hess.
— Das Vordringen des Bussischen in Persien beleuchtet folgender
Satz in der ersichtlich von gut unterrichteter Seite kommenden
Hitteilung Bulletin du Comit^ de TAsie Fran9aise 1902
(Mai) S. 235b: y^Enfiny cUms le nord de la Perae, les progrhs de la
kmgue ruase sont cansidirables. Dana lea icolea amUmennea etpk^
aiewa ecoka mahometanea, on Venaeigne aux iUvea^ et la eannaiaaance
de cetie langue tend de plua en plua ä Hre redamee dea profeaaeura^^,
Albrecht Wirth war betroffen von der Thatsache, dass die Kurden
Azerbaij^s vor dem Reisenden gern mit russischen Brocken
renommierten (persönliche Mitteilung). — Zu der Bezeichnung der
Russen als Volk, das „kein Buch hat'', schreibt mir Pastor Johannes
Awetaranian (s. über ihn mein „Der Saghataische Diwan
Hnwedas" am Anfang) unter dem 6. April 1902 folgendes: „Noch
etwas über das Wort „kitahaiz^^. Die Mohamedaner beziehen
dieses Wort auf alle Christen, natürlich besonders auf die Russen,
weil sie mit ihnen am meisten zu thun haben. Es wird überall
unter Moslems als Schimpfwort benutzt, z. B. wenn man seine
Verachtung ausdrücken will für die unsittliche oder unrechte
Handlungsweise eines Menschen, auch wenn jemand Schweine-
fleisch isst u. s. w. Eine weitere Bedeutung von „küabsie^^ ist
unerlaubte Eheschliessung zwischen nahen Verwandten. Die
Meinung, dass die Christen kein heiliges Buch haben, verbreiten
die Mollahs, um die Christen dem Volke verächtlich zu machen,
obwohl sie ganz gut von der Bibel wissen. Die Mohammedaner
nennen auch die Jologliten „ÄÄafew" (obwohl sie sich Mohamme-
daner nennen), weil sie nicht allen religiösen Gebräuchen folgen,
die die Mollahs vorschreiben."
S. 110 Anm. 2 b%: Dieses hi findet sich auch in dem Namen
des Aq Buta Bl, Herrschers von Chogend, dessen Bekehrung durch
§ah Medreb in dem nach diesem benannten Volksbuch erzählt
wird (ed. TaSkent 1898 S. 88 ff., ed. Stambul 1318 S. 90 ff); nur
einmal ist statt 6f geschrieben bek^ und zwar in beiden Ausgaben
(die Stambuler ist wahrscheinlich nur ein Abdruck der Taikender
s. darüber mein „Der caghakdache Diwan Hütoedaa" in MiU. Sem.
f. Or. Spr, V, 1902, Abt. U).
S. 115 (oben) Aqsu: diesem wie allen anderen Stadtnamen
setzte Arif den arabischen Artikel vor: aiaqau, alkaaghar, aUaakent
n. s. w. und schrieb auch so in dem S. 106 erwähnten ,Fünfer^
Wie gebräuchlich diese Nennung ist, zeigt das aUäakend in dem
Dmckvermerk auf dem Titel von qisaa akmbijä (Gebr. Portsewi 1899).
S. 116 med. tümär: das ist tämär (aus TOfjiiptov), das hier
»7
Digitized by LjOOQ IC
140
die Bedeutung „Papier '^ haben wird, wie in fämardän = itui ä
papiers (Dozy aus Payne Smith 1017); über tümär s. Eara-
bacek, ÄusateUung Paptfrw Enherzog Bainer No. 667. 668.
S. 116 f. Das DruokgeschSft in EaSghar: mittlerweile erhielt
ich weitere Nachrichten darüber, die ich in Heft V mitzuteilen
gedenke.
S. 119 (med.) unter den Chitai haben die Muslims gegen-
wärtig nicht über Bedrückung zu klagen, freilich nur deshalb
nicht, weil die chinesische Regierung zu schwach ist: im Gegen-
satze hierzu ist festzustellen, dass sich beilbn Alatlr mehrfach Stellen
finden, in denen die milde Verwaltung der Chitai gerühmt wird.
S. 120 f.: Diese pseudoethnographischen Notizen zu behan-
deln behalte ich mir vor. Das meiste davon wird auf Bafiid-
eddln zurückgehen, der als die Vorstellungen dos islamischen
Vorder- und Zentralasien über die Chinesen beherrschend betrachtet
werden darf.
S. 120 Anm. die Qarachitai seien die ursprünglichen Chinesen :
qara kommt in den Türksprachen im weitesten Umfange gleich
unserem ür- vor; so z. B. das qartuöz = Alte Sprüche, Volks-
worte [eig. Urworte] bei Radi off, Proben III am Anfang. — Die
von Arif mühsam gemalten Zeichen sind (nach Giles): o* (8470)
— Äw» (6188) — 8U* (10348). Das dritte Zeichen (*u*) ist nicht
sicher, jedenfalls ist es sehr verzerrt. Die Wiedergabe des Namens
bei Play fair, CiHes and Totona (Hongkong 1879) ist abweichend.
Der Name kommt auch als aqeu bei mongolischen Autoren vor,
8. Ko walewski, Dtc^ionnotre MongoURusse-Fran^ais s. v. (1, 134b).
S. 122 Anm. 1: Eine vierte Druckerei ist die von Iljan,
aus welcher eine Lithograghie des osrogo^-Diwans Newä*l8 (s.
Orient. Litteratur-Zeitung V (1902) Sp. 74) vom Jahre 1899 stammt
(in meinem Besitz).
S. 122 Anm. 2. Dass über Andig;an wie über die anderen
Städte Turkistans sich zahb-eiche Nachrichten inBretschneiders
Mediaeval Besearcfies finden, sei hier kurz erwähnt. Bei dem
Charakter der hier gemachten Mitteilungen ist ein Aufhäufen
litterarischer Nachweise nicht in Aussicht genommen.
8. 123 ff. Abschnitt U ist ohne Kenntnis von Q-ibbs J. Eistory
of OUoman Poetry 1 geschrieben. Ich habe nach Kenntnisnahme
dieses Werks nichts zu ändern. Das Vertrauen zu dem allgemeinen
Teile, in welchem der Verfasser versucht, ein Gesamtbild zu ent-
werfen, wurde mir stark erschüttert durch Nachprüfung da, wo
ich nachprüfen konnte, und Feststellung, dass die Urteile Gibbs
in jenen Fällen teils unrichtig teils ungenügend begründet sind.
Unrichtig ist fast Alles, was er über die nichtosmanische Litteratur
der Türkvölker sagt Eine Satzreihe wie die folgende (S. 11 f.):
„ What the OUoman did when he succeeded to the herikige of the
38
Digitized by LjOOQ IC
141
S^ßq was to ereate TurJdah Uterature. Up HU then there had heen
no Turkish Uteraiwre toorthy of the nanu, When a Tufrk had
wiahed to write he had, wUh a few rare and, fram a Uterary paitU
offfiew, unimpartant exc^tUms, made use of the Persian langiuxge**
zeigt eine solche Unkenntnis der Thatsachen und eine solche
Befangenheit in zwar sehr verbreiteten, darum aber nicht weniger
falschen Vorstellungen, dass man dem, der das geschrieben, auch
da kaum noch zu folgen wagt, wo er offenbar mit VerstSndnis
gearbeitet hat'). Vgl. auch den Nachtrag zu S. 136 f.
S. 125 das Ozbeken-Kloster in der Vorstadt Aijub: vor
wenigen Jahren war seine Leitung der Gegenstand eines heftigen
Kampfes zwischen einem özbeken und einem Tagik. Der Ta^
soll durch die in Stambul üblichen Mittel gesiegt haben, obwohl
bestimmungsgemäss der Prior ein özbeke sein soll. Dass die Be-
zeichnung ,Kloster^ für teke (Arif sagte arabisch immer taJ^a, in
Syrien ist die gewöhnliche Form tekl^e^)) nicht genau ist, darf kaum
erst bemerkt werden. Das ergiebt sich schon aus der Verschiedenheit
zwischen christlichen und islamischen Ordensgemeinschaften in der
Ver&ssung. Auch die Tekes sind in erster Linie Ordenshäuser, nur
dass nicht alle Ordensbrüder des Ortes in ihnen wohnen, sondern
sie vielmehr deren regelmässigen Versammlungen dienen und nur
der püsUnSln als ständiger Bewohner, etwa noch mit einem oder
*) Ich behalte mir eine Würdigung des Gib besehen Werkes
vor und glaube schon jetzt sagen zu dürfen, dass seine Dar-
stellung der osmanischen Dichterei viele bisher unbekannte Ein-
zelheiten enthält und auch in der Charakteristik der ,Dichter^ und
ihrer Arbeiten wird Billigung erfahren können. Eine andere Frage
ist, ob solcher Aufwand von Zeit und Kraft auf eine Aufgabe zu
rechtfertigen ist, die an Bedeutung weit zurücksteht hinter andern,
die Ausblicke öffnen auf grosse weltgeschichtliche Zusammenhänge,
während es sich hier doch vorwiegend um die selbstgeföUigen
Eitelkeiten eigener Gedanken barer und selbst in der Form
lediglich nachtretender Versmacher handelt.
') Mit einer offenbar Stützung bezweckenden vulgären Ver-
doppelung (richtig ,takka watakk^ja Monastery of dervishes* bei
Hava s. v., doch ist die Angabe ,E^ = egyptisch schief); tek^e ist
gesichert durch den Plural tekajä; doch darf man aus diesem
nicht mit Dozy (im Supplement s. v.) ein argumentum gegen das
von Fleischer für das angeblich von ütakä abzuleitende Wort
geforderte taJ^a herleiten, denn diese Form konnte nach nahe-
liegender Analogie schnell in tdl^a übergehen. Der Ursprung
bleibt zweifelhaft. Das ,T^ = Turkish bei Hava beweist nichts;
Völlers drückt sich ZDMG 51, 310 höchst vorsichtig aus.
Den Osmanlis ist die arabische Ableitung sicher, s. Sami I 432
8. V. taJ^a,
39
Digitized by LjOOQ IC
142
einigen Morids za gelten hat^). Daneben dienen diese H&oser
als Herbergen, zunächst den Mii^liedem des Ordens, dem das
Hans angehört, dann allen Muslims einer bestimmten Gegend, in
der jener Orden besonders stark vertreten ist (Landsmannschaft
und Ordensprovinz gehen hier eben neben einander her). So
heissen denn oft die Tekes nicht nach einem Orden, sondern
nach einer Stadt. Wie es in Stambul (einschliesslich Aijub
und Skutari) drei buehärä tekesi giebt, so giebt es in Mekka
ein kasghar tekesi^), eine fromme Stiftung, welche jedenfalls
hauptsächlich zur Beherbergung der Wallfahrer aus Chinesisch
Turkestan dient. Eine vollständige Zuammenstellung der Anstalten,
die unter dem Namen ttke^ bezw. dergah (das scheint die in der
gewählten Sprache beliebtere Bezeichnung zu sein, s. z. B. S. 125
Anm. 1; die Verwendung des Wortes im Neupersischen selbst
für , Kloster' ist noch zu beleuchten) in der Türkei existieren und
existiert haben, und sorgHlItige Darstellung ihres Charakters wäre
eine verdienstliche Arbeit; anschliessend daran wäre das Wesen
des ribäi^ ursprünglich „Kaserne" der Glaubenskämpfer, schliess-
lich mehr „G^meinhaus der Heilsarmee der Sufis" zu behandeln.
S. 125 Anm. 2 macklas oder ixi4ihaUus: eine brauchbare NoÜz
zur Sache enthält die Zeitschrift Alhiläl X No. 13 (vom 1. 4
1902) S. 409, wo eine Anfrage über die Sitte der Regierungs-
schulen in Egypten, die Beinamen der Schüler zu ändern und
einen Muhammed Hasan z. B. Muhammed Fehmt zu nennen, aus-
führlich beantwortet wird. Danach nennen die Türken diesen
Beinamen machlas. Nach Sami 1 1310 ist macMcLs: ... 2) scCirin
si^rde iUichäd etdigi Um ki ghazeUn nikäjetinde dikri 'ädet olmus-
dur ... 3) Äer kesin ismine *iläwcUen dämm olunan %kin§% ism ki
bir sifatdan *ibäreidir^ ismi ^oimän machUm nüridir; nach ebenda
n 388 ist tcichaUus: ... 2) si^rde hir machlas qulanma^ qänüni
^) Solche Häuser sind die bekannte teke der tanzenden
Mewlewi-Derwische in Pera und die tekk^e der Mewlewis bei
Tripolis (Syrien), schön gelegen über dem Nähr Abu 'Ali. Beide
haben, so viel mir bekannt, gute Einkünfte durch Stiftungen,
besonders das der Hauptstadt. Dagegen sollen die Buchara-
Klöster von Stambul nur durch den Sultan nnterhalten werden,
der jedem monatlich 1500 Piaster spendet; für diese muss der
Scheich die durchkommenden Armen unterhalten; meist hat
er dauernd bei sich höchstens 7— B Insassen; Scheich Edhem in
Skutari wohnt im teke allein, hat keine ständigen Brüder.
') An dessen Existenz zu zweifeln der Umstand nicht be-
rechtigt, dass zwei eingeschriebene Postsendungen unter der
Adresse: „Herrn Arif Djan Ibn Nijaz Mohammed Baj, Mekka,
Tekkijet Kaschghar" aus Mekka an mich zurückkamen mit
jlnconnu-Retour'.
40
Digitized by LjOOQ IC
143
mkdh auiamän chän kadreüeri .^muhibbi^^ 'tachoMus bt^urduiar.
Doch dürfte tachaüus anch gleichbedeatend mit moMaa gebraucht
werden.
S. 197 Ahmed Midhat: Nicht kann ich sagen, ob dieser A. M
identisch ist mit dem Brosohür^^nschreiber „ Ahmed-Mi dhat-Effendi,
agent du Sultan^, der erwähnt ist in Gt. Dorys [Pseudonym fSr
AdoBsides Bey], AhätO^Httmid Mime (Paris 1901) S. 47 Anm.
S. 127 Ich mithalte mich einer Kritik: Doch mag kurz
hingewiesen sein auf den schönen Satz: „Wenn ein Volk etwas
hat, was sich sehr wenig, ja selbst gar nicht ändert, so ist es
seine Sprache'' (S. 188) und den wüsten Gralimatias, der sich daran
kntpffc. Ab £nitschuldigung8moment für solche Naivitäten sei die
YoUkonmieDe Unfähigkeit der OsmanUs, wissenschaftlich zu arbeiten
angeWirt. Ob diese Unfähigkeit aus Naturanlage oder aus dem
jahrhundertelangen idiotischen Hindäiniwqm entspringt, wage ich
nicht zu entscheiden. Die rarissimae aves, die als ernste Arbeiter
anerkannt sind, können als Beweis nicht dienen. Andrerseits
scheint es ungerecht, eine ganze Nation zu verdammen, weil unter
UBgiSUutigen Verhältnissen seichte Schwätzer, die zugleich geschickte
Macher und skrupellose Streber sind, sich gegenseitig zur Lorbeer-
höhe emporschwindehL
S. ISO Der Öengizide Öagbatäj Bey ist ein Mann von gestern:
Damit hat Ahmed Midhat recht, und es ist ein Widersinn, die
Sprache des ca. 700 Jahre vor Öaghatäj geschriebenen dmoäm
Mkmet jöaghataisch* zu nennen. Dass ich selbst mich dessen
schuldig gemacht, ändert nichts. Wird man für die Inschriften
der Mongolei, die keineswegs ein »Alttürkisch* darstellen, sondern
allerhöchstens ein Produkt des türkischen Mittelalters sind (man
sollte auch auf die Geschichte der Türkvölker die rationelle
Einteilung anwenden, für die kürzlich wieder Kurt Breysig
entschieden eingetreten ist: nach inneren Entwicklung^epochen,
nittht nach dem, was uns nach der herkömmlichen Schablone auf
den ersten Blick ,alt^ erscheint), am besten weiter die Bezeichnung
,köktürkisch' gebrauchen (siehe über ,Köktürkisch^ die kurze, aber
klare und scharfe Bemerkung Foys in Türkiache Vocaüiudien
(Mittk Sem. Or. Spr. DI, 1900, Abth. 11) S. 180 Annu 1, so nenne
man die Sprache der im östlichen Turkistan entstandenen Litteratur-
denkmäler ,kaSghariBch^ Ob der des Qudatqu Bilik eine Sonder-
stellung anzuweisen ist, etwa als ^ttelkaSgharisch', wird noch zu
antersuchen sein. Wesentliche Unterschiede zwischen ihr und
der des nur + 100 Jahre späteren Diwani Hikmet werden sich
lucht statuieren lassen, dieser aber darf durchaus als KaSgharisch
schleehihin, bezw. Neukafigharisch in Anspruch genommen werden.
S. 182 Siehbesinnett auf das Nationale: Nicht klar ist, ob
dieses Moment gemeint ist in den Ausführungen Zekis, welche
41
Digitized by LjOOQ IC
144
Palmieri, Die Polemik des Islam (Salzburg 1902) anfährt. Zeki
Bey soll sein Werk über den Orient und Occident mit der Er-
mahnung schliessen, ^sich eifrig der Nationallitteratnr zu befleifsen,
die Vorliebe für die arabischen Schriftsteller, deren Werken die
islamitische Cultur entspross, zu bewahren''. Ist dieser Auszug
richtig, so denkt Zeki nicht speziell an eine Erneuerung durch
Zurückgehen auf Nationales in unserem Sinne. Einem Teile der
Türken fällt eben ^Nation' mit , Gemeinde^ (islamische) zusammen,
und diese Partei ist es offenbar, die aus Zekis Buch spricht.
8. 182 Z. 20 Junus Emre: So ist zu schreiben statt Imre;
das Fatha hat die editio Stambul 1302 (in der sich übrigens die
Ton Foy edierten Gedichte, so viel ich sehen konnte, nicht finden)
deutlich; auch zeigt amram in der Bedeutung: «Mein Bruder"
ein Ferman für Ewrenos Bey (nach Mordtmann, yon dem eine
Mitteilung darüber in Aussicht steht).
S. 132 Anm. 2 mir kam keine [der Mewlud - Lithographien]
in die Hand: Mittlerweile erwarb ich zwei, über die ich bald zu
berichten gedenke.
S. 133 Anm. 1 In Elfsilbem: das Gedicht ist als quanti-
tierend beabsichtigt, freilieh ist mit L&ngen und Kürzen, besonders
in Fremdwörtern, etwas wild umgegangen, ähnlich wie in unseren
Bänkelsängerliedem, zu welcher Klasse man in gewissem Sinne
diese Erzeugnisse der osmanischen Muse rechnen darf. Hier liegt
ramaU musaddasi mahdüf vor; in dem beigebrachten V. 1 ist
mautä — >-^ gemessen.
S. 133 Anm. 1 isit: so, mit t, wird hier zu sprechen sein;
das e des Aidinischen und Azerbaiganischen (s. Foy, Türkisehe
VokcMudien in Mitth. Sem. f. Or. Spr. III, 1900, Abth. II S. 202)
findet sich auch im Öaghataischen; wenigstens schreibt das
,uigurische* Manuskript Tübingen M. a. VUl 1 Gp. deutlich esü
p. 168 1. Z.
S. 133 iüduben: die ben^Form auch in dem Tübinger
uigurischen Manuskript p. 173,2. 176,5 u. 6.
S. 136 f. Eine allemeueste Periode der osmanischen Litteratnr
lässt Gibb, History of the Ottoman Poetry 1 132 ff. durch Abdul-
haqq Hamid begründet werden. Ich erwarb zwar im Herbst
1901 in Stambul eine gute Sammlung von Abdulhaqqs Werken,
kann aber bislang ein eigenes Urteil über diesen gewaltigen
Reformer Gibbs nicht aussprechen. Seine Bedeutung soll darin
liegen, dass er die osmanische Poesie zum ersten Mal „persönlich
und natürlich" (S. 134) gemacht habe aus dem Studium der
fränkischen Dichtungen heraus, und dass diese neue Richtung mit
ausserordentlicher Begeisterung begrüsst worden sei und Nach-
folge gefunden habe. Gibb wusste wohl nicht, dass Abduhlaqqs
Schriften, obwohl er selbst Beamter der Osmanischen Botschaft
42
Digitized by LjOOQ IC
145
in London ist (als Verbannter), in der Türkei verboten sind.
Keinesfalls darf man mit Gibb in der Annahme dieser vitcU reform
(S. 136) durch die osmanischen Schöngeister — ob sie so durch-
dringend war, wie Gibb meint, der nie in der Türkei war, ist
doch höchst zweifelhaft — den Beweis sehen, dass »ihe mentai
energy of thu people is unmpairedy and ihtU ihoae who have so
gUbly doomed it aa phmged in a iethargy from whkh there is no
awakening, as stricken with a parcdysis from which there is no
recovery^ have but shoton once more how worthiess is ihe judgmerU
ihat is based on ignorance and pr^ftuUce." Gtwaz richtig: das Urteil,
das auf Unkenntnis und Vorurteil beruht, ist völlig wertlos. Eben
darum ist Gibbs Urteil abzulehnen.
Zeichen der zitierten Werk:e.
Baed = Bussland, Handbuch für Beisende von E. Baedeker.
5. Aufl., Leipzig 1901 (enth< VIL Eaukasien S. 383-432;
Vm. Eisenbahnen in Bussisch- Asien S. 433 — 468; dieser
bescheidene Titel birgt einen gelungenen Versuch, über die
Hauptplätze Turkistans und Siburiens zu unterrichten).
He diu = Durch Asiens Wüsten . . . von Sven Hedin. Bd. 1.
Leipzig 1899.
Hedin Pet = Die geographisch- wissenschaftlichen Ergebnisse
meiner Beisen in Zentralasien, 1894 — 1897. Von Dr. Sven
Hedin. Gotha 1900 (Fetemlann Erg&nzungsheft No. 131).
Badloff = Das Kudatku Bilik . . . Theil L Text, herausgeg.
von Dr. W. Badloff, St. Petersburg 1891.
Badloff Gramm. = Vergleichende Grammatik der nördlichen
Türksprachen von Dr. W. Badloff. Th. L Phonetik. Leipzig 1882.
Badloff Proben = Proben der Volkslitteratur der Türkischen
Stämme, herausgeg. von Dr. W. Badloff. St. Petersburg. *^
Schwarz = Turkestan von F. von Schwarz. Freiburg 1900.
Aasgegeben den 19. Jnni 1902.
Druck Ton Biaz Sehmertow vorm. Zahn & Baeadel, Kirchhain N.-L.
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
MARTIN HÄRTMÄNN
DER
ISLAMISCHE ORIENT
BERICHTE UND FORSCHUNGEN
MESREB DER WEISE NARR UND FROMME KETZER
EIN ZENTRALASIATISCHES VOLKSBUCH
BERLIN
WOLF PEISER VERLAG
1902.
Digitized by VjOOQIC
Digitized by LjOOQ IC
Dem
xm. Internationalen
Orientalisten-Kongress
Hambiir j: 1902
vorgelegt.
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Dem offiziellen Kirchentum als Vertreter der starren
Formel, der geistigen Beschränktheit und der sittlichen
Minderwertigkeit hat das Volk allezeit den dem EJerus
nicht angehörenden Gottesmann als Träger der echten
Gotterkenntnis, des höchsten Geistesfluges und der
wahren sittlichen Würde gegenübergestellt. Es wäre
wohl lohnend, in einem „Die Kirche im Volksmunde**
und in einem „Das Menschlich-Göttliche im Volks-
munde" systematische Verfolgung jenes Gegensatzes
durch die Litteraturen aller Zeiten und Völker zu ver-
suchen. Im Islam sind die Elemente, die sich ausser-
halb der herrschenden dogmatischen Richtung gestellt,
ziemlich zahlreich, wenigstens bis zu der Zeit, wo die
Geistlichkeit so stark wurde, dass sie jede Auflehnung,
oder vielmehr jeden Versuch, die eigene Persönlichkeit
auszuleben, sofort mit eiserner Faust niederschlagen
konnte. Seit der Zeit sind in ihm die Wunderbaren
Heiligen' selten; das Volk aber hat nie aufgehört, diese
Ellasse von Menschen zu feiern imd desto mehr zu
lieben, je mehr sie von der Pfaffenschaft verfolgt waren.
Ein bedeutendes Denkmal solcher Volksgesinnung ist
das Buch, dessen Inhalt die folgenden Seiten kurz mitteilen.
Es scheint in Europa fast ganz unbekannt zu sein^).
^) In dem Abschnitt über ,,LiteraturyerhfiItni88e*S der einen
TeU der Einleitung zu V&mb^rys Öagataischen Spraclmtudien
bildet, ist das berühmte Buch nicht genannt. Eine unrichtige
Vorstellung weckt die Bemerkung Vämb^rys in ,,Zwei moderne
centralasiatische Dichter*' (Wiener Zeitschrift für Kunde des
Morgenlandes Bd. 6, S. 5 des S.-Abzuges) über die „Volksdichter
Meschreb, Ghazali ...•., in deren Gedichten sich jener Geist
1
1
Digitized by LjOOQ IC
148
Ich wurde durch einen Zufall darauf geführt. Ein
Stambuler Buchhändler, bei dem ich im Herbst 1901
schmökerte, besonders auf Werke in dem Türkisch
Zentralasiens ^) fahndend, zeigte imd überliess mir zwei
Lithographien, die in Stambul für den Bedarf Turkistans
hergestellt sind^), die eine den Diwan des Dichters
der Poesie einigermaBseQ wiederspiegelt, den wir bei den schlichten
Nomaden auf der Steppe bewundern.*^ Die in das Volksbuch
TOn §ah MeSreb angenommenen Gedichte mit dem Machlas
MeSreb sind reine Eunstpoeaie, von Nomadengeist ist darin auch
nicht ein Funke. Etwas mehr hat über unser Volksbuch Qre-
nard 81: „La plnpart des chansons que j'ai entendues se tron-
yent dans des livres connns comme AhiMd et Tmigoiuf et la
Li§md$ de Jliacbrctb, le joyeux derriche, le plus etrange des saints
du Turkestan et le plus selon le coeur du peuple. Esp^ce de
Diogäne m&tinä de Babelais — c'est du Rabelais de la lögende
qu'il s^agit — chemineau incorrigible, ne possödant que sa besace
et Bon bäton, mendiant impndent, raillant et Titupörant sans pour
les grands de ce monde, indulgent et secoarable aux petits, tour
k tour sage et fou, bambocheur et s^eox, oe llachrab mdle de
la mani^re la plus bizarre dans ses actes et ses discours les
louanges du bon Dien, les dövotions et les retraites aust^res avec
les tours les plus pendables, les farces et les bouffonneries les
plus sangrenues.** Über die Volkstümlichkeit der in das Yolks-
buch eingestreuten Ghaasels siehe 8. 166 Anm. 2.
^) Diese Sprache äaghataisch zu nennen, wie ich selbst es
bisher gethan habe, empfiehlt sich nicht; denn es ist in ihr schon
160 Jahre vor Öengiz' Sohn Öaghat%j, nach dem sie benannt ist,
ein bedeutendes Werk verfasst, das Qudatqu Bilik. Dass dieses
uigurisch genannt werden müsse, haben mich die Ausführungen
Badloffs in der Einleitung zur Transskriptum nicht übenengt.
Jusuf Chass Eafph schrieb sein Werk gewiss in arabischer
Schrift nieder, und die Kopieen in der Unglänbigenschrift stammen
aus der Zeit, nachdem öengiz den Kanzler seines Feindes Ti^ang,
einen gelehrten üiguren, zum Grosssiegelbewahrer und Erzieher
der Prinzen gemacht hatte, nnd damit das mongolische Eanzlei-
wesen uigurisiert worden war. Will man für die Sprache der im
östlichen Turkistan entstandenen Litteratordenkmfller nicht den
Ton mir Torgeschlagenen Namen «Kaigharisoh* anwenden (b. Heft
IV, 143), nodi auch den von Shaw gebranehten Namen ,Turki',
der übrigMis der im Lande selbst der Sprache gegebene ist, so
nenne man sie OsttÜrkiscfa, wie sie ja schon mehrfiadi benaast
worden ist.
*) Diese Drucke sind nur aasnakmsw^ise in Stambul m
Digitized by LjOOQ IC
149
Häw6d&, die andere den Diwan Meerebs entiialtend.
J^ier ist ein Diwan im gewöhnlichen Sinne des Wortes.
Er ist die Sammlung der Gedichte eines Mannes, der
selbst sich Ch^äga Näzir aus (jim&n nennt — Hüw^dä
ist nur sein Machlas, d. h. der selbstgewShIte Dichter-
name — und über den sich wohl wird noch ein-
mal Näheres ermitteln lassen i). Das diwäni meSreh
dagegen ist eine Erzählimg, in welche zahlreiche Ge-
dichte mit dem Machlas Mesreb eingestreut sind*).
Was ist das Prius? Wurden yorhandene Gedichte
nachträglich durch eine Erzählung in Verbindung mit
einander gesetzt oder wurden zu einer alten Erzählung
Gedichte als Schmuckstucke hinzugedrechselt? Die
Frage ist müssig. Die meisten Stückchen, die yon
unserm Helden erzählt werden, sind alte Motire, die
bekomineB; es geht meist die ganze Aoflage sofort nach Zentral-
alien ab.
^) Unter dem Titel Der CagJiataiache Diwan Hüwedä's be-
richtete ich darüber in Mitth. Sem. f. Cr. Spr. Berlin V, 1902,
Abth. n S. 132 ff.
^ Aiu»«r dieeer Stambnler Lithographie, o. J., mit Zensnr-
Termeik vom L Bebf II 1318, 155 SS. gr 8<> liegt mir eifie ror
Q. d. T. m4 m^eb, Taschkent, Gebr. Foitsewii, 1316, mit
Zsosnrr^rmei^ Tom 2. Okt. 1898, 158 SS., gr. 8^ Die Stam-
boler Ausgabe zeigt mar leichte Varianten and ist wahrsebeiaüch
nach der Taschkender hergestellt. Diese bezeichnet Herr
Johamiee Aw«taranian (Schmnen), der m/riurare Jahre ia Kaschghar
gelebt hat, in einem Briefe an mich als „sehr IdUkerhaA*'; so-
gleich enrftiiiit er, eine sehr ediöne Handscimft davon sei mit
seinen übrigen Büchern in Easdighar gebiiaben. Der Baaeichiiiiag
AhleriMift* niöehite ich aicht beisümiaen. Es ist wohl möglich
4afls die Or^dbogra^ie Abweichungen Ton der ia Eaigfaar als
allein riahtig geltenden nad Herrn Awetaranian bekannten
anfweisl Aber darvs sie ab ^^fahlej^aft'' an bezeichnest aehaint
siifiht berechtigt. Abgts^kea tob den koriaaen Zaatttaden, die in
DentsflUaad iiocrschen, iafc ManaigMtigiceit ia diaaan tessacea
Dianen aoch niafat ZeidMD eines Deldcfces. Ich konstatiara, daas
fir dea Taikander jStandmck dar Text ofieabar voa eiaen asit der
%raolie wahkertraatM Manne niedargaadMoaban iat ßelbat die
Vecae «ad nMuft in Ordanog»
1*
8
Digitized by LjOOQ IC
150
dem Rahim [rai^m] Baba^) — das ist der wirkliche Name
Mesrebs (S. 8) — zugeschrieben werden, wie ja auch
Tyl Eulenspiegel und Nasreddin Hoga*-^) zu Trägem
einer bestimmten Gattung von Erzählungen gemacht
wurden. Andererseits wird man kaum annehmen dürfen,
dass die Gruppierung der Geschichtenklasse, die hier
vorliegt, um Rahim Baba-Mesreb erfolgt sei, bevor sein
Diwan vorlag. Mit andern Worten: es ist an der
Existenz eines Dichters mit dem Machlas Mesreb nicht
zu zweifeln, dessen originelle, eine bestimmte religiöse
Richtung scharf markierende Persönlichkeit sich in
einer Anzahl kräftiger thätlicher Gesinnungsäusserungen
kundgab, an die dann die alten Motive angeschlossen
wurden. Vergleichen wird man dürfen die Anziehung,
die die Gestalt des Helden und Dichters 'Antara auf
die in der arabischen Beduinenwelt umgehenden Er-
zählungsstoffe übte.
Den einzelnen Motiven nachzugehen, die in diesem
Volksbuch verarbeitet sind, muss ich mir versagen 3).
') Wer ist die geschichtliche Persönlichkeit, die hinter Rahim
Baba-MeSreb steckt? Mir lag hier zunächst daran, von dem
volkskundlich nnd religionsgeschichtlich wichtigen Volksbache ein
Bild zu geben, und jene Frage musste in den Hintergrund treten,
wurde noch nicht systematisch untersucht. Über einige in der
Erzählung vorkommende Namen ist zur Stelle gehandelt (siehe
besonders S. 173 Anm. 4 über Aqbuta Bi und S. 186 Anm. 1 über
Mahmud Chan von Balch). Die Redaktion, die in den S. 149
Anm. 2 genannten Lithographien vorliegt, wird nicht vor 1720,
nicht nach 1760 anzusetzen sein.
') Über diesen s. mein Schwanke und Schnurren in: Zeü-
Schrift Verein f. Volkskunde Berlin 1895 S. 44 ff.
') Es ist auffällig, dass unter ihnen nicht wenige sind, die
sich auch in der Christus-Legende finden: Wahl des verachteten
Esels als Reittier S. 182. 184 ; übernatürliche Zeugung S. 168, wo
der Heilige sich vergewissert, dass der an Stelle des Gliedes ver-
wandte Hammelschwanz seine Wirkung gethan hat (es sei hier
auch die osttürkische ,Maria* der Boghra-Legende genannt, *Alä-
Nür Clhänum, die vom Engel Gabriel durch einen in den Mund
gesenkten Tropfen Licht befruchtet wird, Shaw, Turki Language I
Extract XIIT); der Heilige hat nicht Vater noch Mutter S. 158,
und viele andere, vor allem das ,Ich bin Gott'-Motiv, das ja in
Digitized by LjOOQ IC
151
Doch sei mit einigen Worten der Grundton gekenn-
zeichnet, der wie aus den anekdotenhaften Erzählungen
80 aus den eingestreuten Gedichten stark hervorklingt
und der schon oben gestreift ist: die ToUkommene
Wurschtigkeit des äusseren Wohlergehens, Ansehens
und sogenannten Anstandes aus einer tiefen, meist in
das Bild einer verzehrenden Liebesglut 9 gekleideten Ver-
tiefung in Gott heraus. Dass diese Verachtung irdischer
Pracht sich mit Vorliebe in die Form einer Besudelung
(S. 174. 182. 183); die Nichtachtung aller Sitte und die Be-
schimpfung der offiziellen Religionsvertreter sich in die
einer unflätigen Geste (S. 163. 165. 175) kleidet, das muss
man eben dem Milieu zu gute halten ; wir befinden uns
unter Türken Zentralasiens, denen übrigens — die viel
bösartigeren Schmutzereien der ,feinen' Osmanlis stehen
auf einem anderen Blatte — die Anatolier und Rumi-
lioten an saftigen Rüpeleien nichts nachgeben. Man
fühlt sehr wohl, dass sich hinter diesen derben Spässen,
mit denen eine ganze Menschenklasse immer wieder
von neuem überschüttet wird, der Hass und die Ver-
achtung bergen, mit welchem zwei Weltanschauungen
einander betrachten. Wenn im Eingange offizielles
der ChriBtos-Legende eine besonders reiche Ausbildung erfahren
hat und heute noch viele Millionen beherrscht. Doch darf solche
Gemeinsamkeit nicht auf eine Stufe gestellt werden mit den
christlichen Anklängen bei den BektaSis, die der Assumptionisten-
pater Louis Petit in Lea Confreries Musuhnans S. 17 gewiss
richtig als direkte Entlehnung anspricht. Es ist doch immer in
Erinnerung zu behalten, wie viele Züge dem Christentum wie
dem Islam, namentlich der Vergottung-Zug, aus gemeinsamen
Quellen kommen, einmal aus dem babylonischen Alterthum, so-
dann aus der indisch-buddhistischen Welt (nicht wenige ,Heilige*
sind deutlich Avatare des ßuddha; Ausbreitung des Kreuz-
Symboles gefördert durch seine Ähnlichkeit mit dem Svastika?).
Einer andern Klasse gehören die meisten Motive der Suhrawerdi-
Legende an (s. über ihn unten S. 188 Anm. 1).
^) Beispiele, bis zu welchem kaum mehr verständlichen
Spielen mit Gedanken und Worten das Schwelgen in dem geist-
lichen Liebesbrand sich versteigt, siehe die Noo. 51 und 53 meines
Httwedft.
Digitized by LjOOQ IC
152
Eirchentum und lebendige persISnliehe GottesUebe gegen-
übergestellt Bind, so ist im späteren Islam die Formel
für diesen Gegensatz: Scholastik und Mjstik. In jener
Natur lag es, mit den unsaubem Machthabem saubere,
pseudo-logische Kompromisse zu schliessen, diese liesa
sich durchaus nicht in den goldenen Netzen einer die
Gesinnung kommandierenden Staatsanstellung fangem.
Daher die Erscheinung: jene herrseht, wo ^ordmete^
Zustände die Untertbanen des Segens einer Gksellsehaft
mit starkem Haupt und sicheren ^Stützen' teilhaft werden
lassen, diese blüht^ wo sich jeder Einzelne im steten
Kampf ums Dasein auslebt^ wo für hohe Konsistorien
mit Entscheidungen über theolc^ische Spitzfindigkeiten
und mit Ketzergerichten kein Platz ist Lokal verteilen
sich die beiden Richtungen so, dass im Westen Tur-
kistanS; in Buchara^ Samarqand^ Taikend, die Scholastik^
im Osten, in Kasghar und Jarkand, die Mystik herrscht i).
^) Die Erscheinnng ist auffällig, keineswegs unerkiftrbar.
GhrandmotiT: Je weiter nach Osten, desto stärker das Treiben
and der EinfhisB der Aliden. Im Osten wurden die Intrigen gegen
das Oma^fidMireieli angezettelt, dnrdi welche die gesehicMen
Maeher aai dem Hanse der Abbosiden die geleiaitoi Atid«n und
ihre Anhänger kaltstellten, die nach einem schönen Traiun in die
rauhe Wirklichkeit mit ihrem ,Erst komm' ich und dann kommst
— du noch lange nieht^ der skrupeUesen Realpolitiker hinflbec-
geweckt wurden. Als die Komödie aus war und die Aliden sich
von den falschen Freunden verraten sahen, blieb denen, die
an den lieben Ideen festhielten, nichts übrig» als noch weiter
östlich zu wandern, wohin das Szepter der Machthaber nidit
reichte: nach China oder doch in das strittige Gb-enzgebiet, das
Land der turk. Aus jener Zeit, die etwa mit 140 d. Fl. beginnen
mag, wird die schiitiBche Schicht im Islam Osttnrkistans stammea,
Dasft es dort eine schiitische Periode gegeben hat, kann nach der
Bolle, die die zwölf Imame — allerding» in besonderer Zostatzung
— bis heut im Beligionsleben fielen, kaum zweifelhaft sein (in
geschickter Weise ist diese Konstruktion durchgefahrt bei
Grenard 3 ff.). Nun gewann bei aller Lauheit in konfessioneilen
Dingen, welche die Samaniden und ihre ghaznawidisdien Erben
auszeichnen, die sunnitische Richtung im äusseisteii Osten solehea
Übergewicht, dass die Tdrkenchane» deren Islamisierung sich an
den Namen Satoq Boghra Chan knüpft, offiziell ihn annabmany
Digitized by LjOOQ IC
153
Geboren ist MeSreb allerdings in Namangan, das zum
westlichen Gebiet gehört^), aber alsbald setzt er sich in
Widerspruch mit den Anschauungen dort. Vom Hügel
aus erblickt er das Land, wo ihm wahres Wissen imd
innere Erleuchtung werden soll: Easghar. Dass der
Held des Kampfes gegen geistigen und geistlichen Dünkel
untergeht, ist selbstverständlich. Das tragische Ende
der ,WaUer* und ^Sehauer^, wie es die Geschichte
des Islams mehrfach zu bmchten weiss, hat die Volks-
seele immer mächtig erregt^). Hier wird die Hinrichtung
Ab«r im Volke lebten Ideen imd Biektoiigeii fort, die mit den
AHdesi gekommen waren nnd die dnrch die zahlreichen koltorellen
Beziehungen mit dem schiitisehen Choraaan gen&hrt wurden.
ISne ihrer ist der Sufismut. Der mächtige Gebirgswall, der West-
nnd Oettorkistan trennt, wird in seinem sfldlichen Teile, da wo
er den Hohen Pamir bildet, zn einem Bindeglied zwischen Ost-
tn^ittan mid Choirataa: aaf dem Bacbdilait-Gebirge bansten die
Asketen (Hfiweda 142), die man vom Tttrkenlande bar aof-
suchte nnd deren Lehren man übernahm. Damit hängt zn-
sammen der fleiligenknltos, der in Ostturkistan eine sehr grosse
Ansdehnvig hat, nnd das Treiben der Dnwanas ldewäne]t die das
Land unsicher machen. YerdienstHcb sind die Mitteiinngen, die
Oreaard 13 iL aas d«i Teikiree maeht, deren Originale in der
Bibliothek des Institiiti in Pana deponiert siBd (S. 11 Anm. 1).
Ein Mannskript mit Heih'geslegendea, auch yon heiligen Damen:
Bibi Zuhrä, B. *Alime, B. Funduqa u. A. (Aber heilige Frauen im
Uteren Islam s. Goldziher, Moh. Studien 2, 295 ff.), hatte Herr
Awetaranian die GKlte mir mitzuteilen. — üeber die Üitiseh-
isaaUitiBebe Diaspora im Pamir und im Rusiiscii und Chinesisch
Turkistan giebt genaue Daten Bobrinski in dem unten 8. 156
Aam. 1 angefahrten Schrifkeheo.
^) Es liegt weetlieh von Ol, das als Qrense gegen das
Tttrkenland gilt und in der Thai ¥on ihm durch einen hoheo
Oebirginndi mit sehwierigen Pftasen getrenat ist (a. 8. IBl Anm. 1).
*) Aaeb daa tragisch« Ende der Eomfidianten-Scbwindler,
die d«& Jch bin Ootf [anafta§$}-Biiniakel geschickt handhabten
aad nrt>eik Meiden der gebassten ernsten Arbeit Futter und
Ruhm «omteten. Qui sebiieb Goldziher an NOldeke: »Das
mahammedaniicbe Volk liebt, einen jeden durch Willkfibr des
Snhaas BingerickfcsiteB» wenn er nicht direet ein B&uber und
Mfirder« als Mirtyrei zu beasichnen. Im Volke ist daa Bewueat-
sein Ton der Ungerechtigkeit der Begianuf noch heutigen Tagea
Digitized by LjOOQ IC
154
Mesrebs am Hofe Malimud «'Chans in Balch auf ein
Missverständnis zurückgeführt^ und der Chan spielt eine
erträgliche Rolle, Trotz der heftigen Reue, die er über
den dummen Witz empfindet, den er mit dem Tötungs-
befehl angeblich gemacht, stirbt er zur Strafe alsbald
nach dem Heiligen, der in üblicher Weise sich noch
im Tode durchsetzt und seine Grabesübersiedelung
herbeiführt*). Werden die Sympathien jedes mecha-
nischer Regiererei Abgeneigten mit dem umstürzlerischen
, Gotteslieber' sein, so muss freilich konstatiert werden,
dass diese Kritiker der versumpften Zustände nicht
im Stande waren, eine Reform herbeizuführen. Die
grosse Masse war mit dem beschränkten fatalistisch-
apathischen Gedankeninhalt des Staatsislams, den sorg-
samst zu konservieren das wohlverstandene Interesse
der Säbel-Despoten und der sie meist beherrschenden
hierarchischen Korporationen war, so vollständig verseucht,
dass ganz andere Elräfte dazu gehörten und gehören,
ihnen wieder Lust an eignem Denken und an geistigem
Arbeiten, das diesen Namen verdient, beizubringen, als
die weltfremden Träumer, die aus der materiellen und
geistigen Misere an den reichbesetzten Tisch des Höch-
sten sich flüchten, der ihnen Köstlicheres bietet als
irdischen Tand in Leben und Wissen. Die Machthaber
ein Axiom (fftr das Gegentheü will es immer erst positive Be-
weise)", 8. Nöldeke, Das Arabische Märchen vom Doctar und
Garkoch (Abhdl. Ak. W. Berlin 1891) S. 4 f. MeSreb ist in
Wirklichkeit ein recht trister Barsche, und das blöde Sichein-
bohren in den abgenutzten Mansür-i-HallSg-Wahn kann keine
besondem Sympathieen erwecken. Er ist im G-runde nur einer
der Tausende von Duwanas, die eine wahre Pest in Zentralasien
bilden wie die Fakire in Indien. Es sei hier besonders hin-
gewiesen auf die Beliebtheit der gefährlichen Halläg-Legende :
sie prangt an der Spitze des tezkire'i-ewmä\ und gerade diese
Litteratur der Tezkires bildet die Hauptnahrung der Turkistaner.
*) Zu diesem beliebten Motiv vgl den König-Heiligen, der
nur auf luftiger Bergesspitze sich begraben lasst, in der berbe-
rischen Geschichte bei Stumme, Märchen der Schluh von Täzer-
waÜ S. 173 und in zahlreichen andern Volkserzählungen.
Digitized by LjOOQ IC
155
wissen auch sehr gut, dass von diesen seltsamen Ge-
sellen keine Gefahr droht Darum lassen sie sogar das
Buch Sah tneSreb, das einen ihrer feiert, ungestört im
Volke umgehen. Die russische Regierung aber^ die
faktisch Herr in ganz Turkestan ist, im chinesischen
ebensowohl wie im russischen, reibt sich vergnügt die
Hände, wenn unter den Muslims, deren Abscheu gegen
die , Götzendiener* ^) sie kennt, auch ohne ihr Zuthun,
mit dem sie übrigens nicht kargt, die Wunde des
inneren Gegensatzes zwischen Scholastik und Mystik
immer hübsch offen gehalten wird. Beide müssen fein
gehütet werden, auf dass die erste Bürgerpflicht, die
,Ruhe' (des Todes), geübt werden könne. Nur kein
geistiges Leben d. h. Leben überhaupt! Dies Ziel
wird aber am besten erreicht durch Pflege von Scho-
lastik und Mystik: bei beiden wird das Leben tot-
geschlagen, dort durch die geistlose und die Geist-
losigkeit als ersten Gottesdienst predigende PfaffenschafI:,
hier durch das ungezügelte Stürmenlassen aller Kräfte,
das sich selbst vernichtet und Selbstvernichtung als
höchste Religion preist.
Die Sprache des Buches und die metrische Form
der poetischen Stücke behandle ich an anderer Stelle.
Nur das sei hier gesagt, dass die Teile in ungebundener
Rede einen ungezwungenen Stil zeigen, der den Ein-
druck des schlichten Volkstons macht, nicht selten voll
köstlichen Humors ist. Die poetischen Stücke leiden an
denselben Fehlem, die alle zentralasiatischen Dichtereien
zeigen : Spickung mit arabischen und persischen Fremd-
wörtern und unnatürliche Stellung der Bestandteile des
Satzes dem Metrum zu Liebe ^).
') Solche sind die Bussen mit der noch viel mehr als in
der katholischen Kirche ausgebildeten Verehrung von Figuren
für die Muslims, die sie gern ^äbade-uasnäm nennen, neben dem
andern Namen *kitäbsig* jBuchlose', über welchen siehe Heft IV
S. 107 Anm, 2 und S. 138 f.
*) Vgl. das über die Sprache solcher Dichtungen in Hüweda
8. 133 f. Ausgeführte. Gute Bemerkungen über die Volkspoesie
Digitized by LjOOQ IC
156
In dem folgenden Aaszuge habe ich die Seiten der
Taschkent- Ausgabe (s. oben S. 149 Anm. 2) von 5 zu 5
vermerkt.
Die Eltern Mesrebs^) lebten in Namangan^). Seine
Ostturkestans macht Grenard 81; gehen sie auch Ton Chotan
aizs, 80 zeigen sie doch, wo die Hanptstätten der Grhazel-Fahri-
kaüon zu socheii sind und wie es in Wirklichkeit um den ^schlich»
ten Nomadengeists der in diesen Liedern wehen soll, steht (s.
oben S. 147 Anm. 1). Er sagt: ,,Un certain nombre des chansons
ditee populaires, quoique beaucoup de gens ne les comprennent
pas, Bont communes aux deuz Turkestans, toutes Celles qui sont
rennet k ma econaissance sont communes k toutes les villes du
Turkestan oriantal depms Khotan jusqu'ä Tonrf&ii et iKhool^ia»
ei c*est poorqnoi je les ai retrouYÖes dans le reeueil de chanoons
tanmteki publik en 1890 ä P^tersbourg par M. Panteu9o£ Les
gens de Khotan assurent n'avoir point de chansons originales et
que les ghazd nouveauz leur viennent d'Aksou ou de Ehoul^ja.
Les Tarantehi passent en effet pour €tre de maftres ^ansonmers,
bien que leors mnsidens aieui moins de r^pntatioQ que eeux de
Kflfihgar. — Au resie ces ghuui n'offirent qn'un int^r^t m^o^re
parce que les indig^es attaehent peu d'importanee anz parolee
qui ne sont pour euz qu'un support pour la musique« II importe
seulement d'obtenir des phrases d*im rythme rigoureusement
d^termin^; les mots par Tarrangement deeqnels ob Tobtient sent
de peu de cons^ence. Cäiaque ghazd eet eompos^ de plumort
distiques mis bout k bout» n^ajant k peu pr^ aocun lien entre
eux. La suite des id^es est chose si insignifiante que les artistes
chantent les Couplets p€le-nL61e comme ils leur reviennent k la
memoire sans se soucier des coq-ä-r&ne, de mtoe qu'its chantent
des paroles tristes sur un air gai et inrersement.* Die Beiq^iele»
die Grenard folgen lässt, zeigen übrigens einen etwas andaren
Charakter als die Ghazels des Me6reb-Budies : diese sind steifer,
künsükher» es ist in ihnen nichts von dem stimmungsvollen
Volkston; nur die Trwiergedichte um die Mutter haben «nen
natürii^en» rührenden Ton.
*) Hier und weiterhin im Tezte heisst er beständig, wie auek
auf dem Titelblatt der ed. Taikent (ed. Stambul nur ^lu^äirt mekrt^)
iäh vuirtb. Wann und in welchem Sinne das iah vor Namen
10
Digitized by LjOOQ IC
157
Mutter kommty als sie mit ihm im siebenten Monat
gehty eines Tages bei einem Traubenverkäufer vorbei.
Zwei Beeren liegen am Boden. Sie hebt sie auf und
isst sie. Alsbald ertönt eine Stimme aus ihrem Innern:
„Wenn du den Traubenmann nicht befriedigst, ver-
schwinde ich aus deinem Leibe.'' Der Vater schickt
mit der weinenden dem Verkäufer zwei Tenge^). Als
der nach 9 Monaten 9 Tagen 9 Stunden Geborene
7 Tage alt ist, giebt man ihm den Namen Ra^m Bäbä.
Als er 7 Jahre alt, wird er beschnitten und in die
Schule geschickt. Dort will er nicht weiter lernen,
bis die Lehrer ihm die Bedeutung von Alif und B&
gesagt haben. Er ruft: „^^^ ^^ ^u^s, daher sage ich
nicht zwei^ und läuft aus der Schule nach Haus (S. 5).
Die Mutter sieht ihn nackt herumgehen, da er seine
in Perma aufkommen ist (iiefae eine Aiizak) penischer Dichter
nnd Snfis mit iäh vor dem Namen bei Sami, qämüa eldläm Bd. 4)»
kami ich nicht sagen. Wollte man den Snfi als ,EOnig* feiern?
An eine Verstümmhing ans iaich zn denken scheint deshalb nicht
aagettessen, weil auch iaieh in fthnlieher Weise vorkommt (Seeh
Sa'di) imd die Pcvter «ne^ sehr gut aussprechen ktanen. Zahl-
reiche Beispiple von söA^Namen findet man in den Mitteihmgen
an» einer Reise im oberen Pang-Ctobiet (Wachan, äagnan, BoSan
etc.), die Graf A. A. Bobrinskj yerOffentlichte u. d. T. sekta
iawuülija w ruaskich i bucharakich precfjelaeh srednet omü (Moskau
1902, 18 SS.). Tod Namen mü nachgesetzten iäh würde man
leicht eine grosse Menge gqsammensteHen kOnnen; anch Yon ihnen
sehe eine Antthl bei Bobrinski in der angefahrten Sducilk
(SeSd Jtsnf Ali 6o |se q^richt man am oberen Pan|] ist Sohn des
äo Poadl n. fthaL). Das imaginäre Pertrftt des »B^nenden Dear-
wiscbes'Ali äah' (der Kopf ist aber Tiehnebr «n «nnlicher Frans»-
köpf; das C3ieh< soll ans Azesbai^an stammen) gab Awetaranian
in Sehahid«nl-Haqajiq S. S des Umschlages.
*) Diese Stadt Rassisch Tnrkistaas {€2000 Ebiwohner) wird
beut Ton MargeUn, Station der Bahnlinie Samarqand-Andijian
auf einem Fahrwege von 9b Werst erreicht; s. Baedeker, Bnss-
Umd 5. Anfl. S. 446.
^) 1 Tenge=:ca. 25 Pfennig, s. Heft IV S. 117 Anm. 1. Das
stimmt mit Sven Hedin, Ihtrch AMm Wüstm l, 488: „^a
Teageh Ton Ghotan ist soTid wie 2 Tengeh von Easchgar nnd
daher circa 46 Pfennige werth.''
U
Digitized by LjOOQ IC
158
Kleider den Armen giebt, und giebt ihm Ermahnungen.
Er sagt darauf, er sei ja nackt in die Weit gekommen,
nackt wolle er gehen. Als Mesreb fünfzehn Jahre alt
ist, bitten die Eltern den berühmten Isan ^) Mulla Bäzär
Achund, aus dessen Munde Feuer geht, wenn er Zikr
mache, solle er Mesreb von der Verrücktheit heilen,
denn er sei diwänei' her haqq^) ,verrückt in Gott/ Der
Isan macht sich mit seinen Murids auf, den draussen
herumstreifenden Mesreb zu suchen. Der empfängt
die Schar mit Gedichten, antwortet auf die guten Lehren
und Ermahnungen des Isans mit einem langen Strophen-
gedichtmystisch-sufischen Inhalts (S. 10) und erklärt : „Der
Liebende hat nicht Vater noch Mutter." Auf die ver-
fängliche Frage: „Wo stand ich, als Allah Adam die
Seligen und die Verdammten seiner Nachkommen sehen
Hess?" kann der Isan nicht antworten, denn das ist
'ilmi ghaiby das Wissen des Verborgenen, das nur Gott
besitzt. Mesreb baut eine Kapelle und sammelt Murids
(Adepten) um sich. Alle machen sich Pferde aus
Holz(?). Mesreb reitet dem Isan nach in die Stadt. Beim
Isan angelangt, rezitiert er Gedichte, dann erzählt er,
er habe ein Stelldichein vor mit einer Geliebten, die
ihm versprochen, ihren Mann fortzuschicken, um ihn
') Dieser Titel entspricht etwa dem arabischen saich. So
befremdlich sie zunächst erscheint, darf doch die Vermutung
ausgesprochen werden, dass dieses Uän nichts anderes ist als
das neupers. Pronomen der 3. Person Pluralis. Es ist durchaus
üblich, von heiligen Personen im Plural zu sprechen. Graf
von Mülinen versichert mir, dass die* gewöhnliche Anredeformel
an Derwische in und bei Stambul ist: erenler, das eigentlich «ch^
Reifen, Gereiften" bedeutet. Diese Anwendung des Wortes ist
mir auch in 5aghataischen Texten vorgekommen, und sie ist
nachzutragen bei Vä,mbery, Cagataische Sprachstudien^ wo 8. 232
s. V. nur „der Mann, der Held** angegeben ist.
') Die Izafe macht hier Schwierigkeiten, aber sie ist in
beiden Drucken deutlich dargestellt. Liegt nicht ein Schreib-
fehler vor, so ist die prEpositionale Gruppe ber haqq als zu einem
Nomen erstarrt anzusehen, also gleichsam „ein auf gottiger Ver-
rückter".
12
Digitized by LjOOQ IC
159
zu empfangen; ob das recht sei? Der Isan sagt
lächelnd^ Versprechen müsse man unter allen Umständen
halten. Als die Murids sich skandalisieren, nimmt der
Isan Mesreb in Schutz. Zwei Sofis laufen neugierig
nach: sie finden Mesreb im Zustande der Verzückung
auf der Strasse umringt von staunendem Volk, wie er
zwei Gedichte rezitiert. Dann kommt er zum Fest.
Auf dem Festplatz ist ein See. Er wirft die Kleider
ab, stürzt sich hinein und taucht nicht wieder auf (S. 15).
Man ruft seine Mutter, die in einem Gedichte um ihn
klagt. Mesreb tröstet sie mit Versen, und sie antwortet
mit ebensolchen. Er taucht auf, geht zum Isan und
erzählt ihm von dem Zusammensein mit der Geliebten:
nur sei deren Mann plötzlich erschienen und habe ihn
durchgeprügelt. Das Volk erzählt dem Isan das Wahre.
Mesrebs Raserei nimmt zu, er ergreift die Laute und
rezitiert ein langes Gedicht. Dann steigt er auf einen
Hügel und sieht von Kasghar her den Gottesmann
Äfaqi) Chogam*), nichtdenandem Äfäq: Choga'Abdelchäliq
Ghagduwäni^), herankommen und erklärt in einem Ge-
dichte, es sei besser, in den Dienst dieser heiligen
') Mehrfach erwähnt den ahrine of Hazrat Apäk Shaw,
Visits to High Tartary (London 1871). S. 271 heisst Apg^ a
Mussuhnan sairU, whost tomb is a UtÜe tvay from Käshghar.
S. 459 f. die Geschichte von der Brücke über den Fluss, an der
das Heiligtum liegt und die the scdtU himself, a former King of
Eastem Toarkistän gebaut haben sollte, und von dem Opfer, das
selbst Ja'qub Bej dem Aberglauben bringen musste; auch S. 283
ist die Bede von einem Besuch des Heiligtums durch den Fürsten.
Die Zeit Äfaqs konnte ich noch nicht ausmachen. Ist MeSreb um
1730 anzusetzen, so wird man ihn um 1700 annehmen dürfen.
^ Chogam ist öfter Beiname von Heiligen (doch w6h\=saijidiy
wenn auch nachgesetzt). So nennt Qrenard 142 auf der Spitze
des Hügels mit den Eumäri-Hölüen, wo Dutreuil de B<hins und
er ein kostbares CharoSti-Manuskript fanden, bei Chotan, das
Mazär des Choga Muhebb Ohogam.
') Bemerkung des Textes, der zu äfäq die Erklärung giebt:
„d. h. Pol der Welt.** Ghagduwäni wird von Sami, qämOs
aia^läm 2, 1412 als der mystische Lehrmeister des NaqSbend-
Orden- Stifters Bahä*eddin gen^nn^.
13
Digitized by LjOOQ IC
160
Person sich zu begeben. Als Mesreb aus Langar Mezari^)
auszieht; schildert er seinen Zustand in einem Gedichte.
Des Weges ziehend trifft er einen Hirten. „Was giebst
du niir, wenn ich dir ein Geheimnis sage?* — „Ich
habe nichts, die Schafe gehören nicht mir." — „Dann
gieb mir deinen Hund!** (S. 20) Dafür lehrt Mesreb dem
EQrten die Namen der Siebenschläfer: Jamlichä,
Maksilmlnä, Easqütat, Äzarfat Jünus, Jow&nis Jünus,
Teb Jünus, EaSäfit Jünus^), nebst dem Namen ihres
Hundes Qitnür; den Hund lädt er in einem Gedichte
ein, sein treuer Geführte zu sein. Mesreb kommt an
einen Fluss; niemand beachtet ihn. In der Richtung
auf Andigan^) am Flusse entluig wandernd, sieht er
einige Fischermädchen sich baden; er scherzt mit ihnen;
sie wollen von ihm ein Ghazel hören, und er sagt
ihnen eins. Nachdem er in Andigan die Grossen der
Stadt besucht, zieht er weiter nach OS. Auf dem Wege
summt er ein Scherzlied in verschlungener Form. In
Os besucht Mesreb das Schloss und macht Äsaf Ibn
Barachjä*) seine Aufwartung. Dann gelangt er, auf
') An diese Station zwischen Namangan und Andig^ wird
man nicht glauben dflrfen. Namen mit Langar sdieinen nur in
Ostturkistan vorzukommen; dort sind sie h&nfig, s. z. B. den
Namen-Index zu Hedin Pet.
^ Die Originalnamen des Martyrologiums und eine andere
Yenrtammlung derselben auf einem geschnittenen S^ein siehe Iwi
Beinaud, Monumens Arabes, Persans et Tures 2, 69 ff., wozu
aus der neueren Litteratur Ton den Zettelhelden viel nachgetragen
werden mag. Bemerkenswert ist, dass der Name Znfatr Jinvs,
den ein frommer Held in dem teekire des IMammed QluuBaU
fahrt (G-renard 25), auf denselben Ursprung weift wie 4aiB heid-
nischen Siebensdilfiier-Namen wai jünu» {jämui),
*) Terminus des südöstlichen Zweiges der Traa^CBspi-Bafaii
mit 46700 Efinwohnem, s. Baedeker, Boesland 6. Aufl. 8. 446.
^) Name des mjthischen Wenrs 6alomos. Dass er hier er-
scheint, hat seinen guten Qrund. Bei dem nidit ^«nbsfatohtliclben
<MtlnEe si^M Peole, Cot, Br. M. YII No. ^) Ol (M, « km SO.
Ton Andi|^) liegt nämlich tachU ^uhimän ,der llroa Balamoe*,
wie aas <€h:«nard 214 bei Beschreibung des Weges OMfadi
herrorgeht: „Pays accident^ .... Mostagne remwfaaMe, düe
14
Digitized by LjOOQ IC
161
EaSghar zu, zum Pass ^) und sagt in seinen Beschwerden
ein GhazeL Allmählich nähert sich MeSreb nun der
Schwelle Chogams und wird wieder froh. Als er sich
im Gebiete Ton KaSghar befindet und die Leute des
Landes sieht, wird er trunken und sagt ein begeistertes
Ohazel (S. 25). Als er an die Schwelle Äfaq Chogams
gelangt ist, sagt er ein Ghazel. Dem Heiligen bleiben
die Verse nicht unbekannt. Die Mullas Bftqf Achund
und Säqi Achund finden draussen den Starken, bar-
häuptig und barfuss, mit feuersprühenden Augen; sie
fuhren ihn herein, und Mesreb sagt beim Anblick der
Schönheit des Heiligen ein Ghazel. Der Heilige fasst
ihn, als die Sofis ihn jenem zu Füssen werfen, bei der
Hand; er solle ein Ghazel des Hafiz auf grünes Laub
sagen. MeSreb rezitiert einen persischen Vierzeiler*).
Dann verlangt der Heilige ein eigen Lied, und Meireb
sagt zwei Ghazels. Der Heilige nimnrt ihn nun fei^lich
auf, nachdem er die Prüfungszeremonien mit ihm an-
Tröne de Salomon (Takht-i-Soulejm&n).* MeSreb bewallfeüirtet
noch einmal den heiligen Ort und nennt ihn dabei mit seinem
Tollen l^amen taehH suUdmön (Text S. 78, hier 6. 172). Dieser
,ThroB^ krt wohl identisch mit dem ,W&chteraii8lag gegen die
Tflf&en* auf dem B«rge bei 0$, von welchem Jaqut s. y. tu
q>richt (1, 404; doch wohl nicht gleich dem am Berghang kleben-
den quhundag [d. i. kühne die] , Altenbnrg* ?). Kurios ist, dass
Salomo gerade im fernsten Orten des Islams gern lokal fixiert
wird: sein berühmtesiier Punkt ist der Tacht in Afghanistan auf
dem höchsten Gipfel des Snlaiman-Q^birges nicht weit der englisch-
indischen Grenze. Mit dem Besuch bei Salomos Miniflter ist doch
wohl nur die Bewall&hrtung eines MaqSms g e mei nt , der dort
seinen Namen trägt. Näheres wird za finden sein in den qisits
ühmbijä* RabghQ^s, die j^tzt in emem TaSkender und einem
Easaner Druck vorliegen. Ober beide hoffe ich bald berichten
za ktenen.
*) Es ist wohl der schwierige, 3673 m hohe Twekdawaii-
9$m gemeint, der ak die Hanp/ttftraese nach OsttvdMtai gilt
<8. Äer ihn Grenard a. ». C).
*) Im mmSff^, nicht im m^VlCetrnB, daher iet es nicht imtcr
den 1M>S*I8 der ed. Broi^aus (oder unecht?). 1^ denTermim
der Poetik wird*« in diesem Yolksboclie mdit g e nt a gen«
IS
Digitized by LjOOQ IC
162
gestellt, und giebt ihm den Namen Mesreb^. Mesreb
erhebt den Kopf, öffiiet die Augen und sagt ein Ghazel;
er fühlt die Bedeutung des Augenblicks, dass er das
Hlmi hdl^)j die Wissenschaft des Zustandes (der Ver-
zückung), die innere Wissenschaft, empfangen und
zugleich das ^ilmi qäl% die Wissenschaft des Wortes,
die äussere Wissenschaft, gewonnen. Der Heilige
nimmt Me§reb in den Dienst : er muss drei Jahre Holz
schleppen, drei Jahre Wasser tragen und ein Jahr auf
der Schwelle schlafen; in den sieben Jahren trägt
Mesreb nur ein Fell: im Sommer die Leder-, im Winter
die Wollseite; doch „ohne Plage keine Würdigkeit",
wie es in einem eingestreuten Verse heisst. Der Heilige
beachtet ihn aber nicht, und Mesreb zweifelt. „Es
scheint," spekuliert er, „Gott liebt die Sündlosen nicht,
er liebt die Sündigen, so will ich eine Sünde verbotenen
Liebesgenusses begehn; lässt mich der Gottesmann
dann hängen und sterbe ich, so habe ich keinen Wunsch
mehr 3)." Die Gelegenheit lässt nicht lange auf sich
warten. Die bildschöne Tochter des Heiligen steckt
den Kopf aus der Galerie und sagt mit verliebten
Blicken: „Sieben Jahre schon wohnt die Liebe zu
dir in meiner Brust, heut wollen wir uns treffen, auf
dass am Auferstehungstage mein Arm um deinen Hals
geschlungen sei." Mesreb Mit in Ohnmacht. Da
') DasB er diesen Namen erst jetzt hier erhält, hindert
nicht, dass schon alle seine früheren Gedichte das Machlas
„Mefireb** haben.
') Ähnlichen Sinn haben Ml und qal (ohne '^üm) in der
Antwort des QablbuUäh an Endergän $öfl riaalA ^cuüsfe [s. Hü-
weda 145 Anm. 2] 4: „Wer Sech werden will, muss vier Dinge
haben: hol, qäi, säl und mö^.*'
') Der Gedanke: 'ich komme mit all meiner selbstgenfig-
samen Togendboldigkeit nicht weiter, erhalte bei ihr kein Zeichen
des Himmels, dass mein Wandel wohlgefällig ist, darum werde
ich nun mal drauf los sündigen' scheint &st zvi fein, am nicht
als fremdes Gewächs angesehen werden zu müssen. Hier ist er
ein guter Behelf, um das schnelle Hereinfallen des »Berufenen*
auf die Lockungen der Heiligentochter zu erkl&ren.
16
Digitized by LjOOQ IC
163
erscheint der Heilige in rotem Gewände mit gezücktem
Schwert, und Mesreb stammelt Entschuldigungen in
zwei Ghazels (S. 30). Äfaq Cho^am ruft: «Der riecht
nach Mansüri Hall&^"i), und lässt Mesreb binden und
Tor sich bringen. Me§reb strömt seine Reue und die
Klage, dass er ein Märtyer der Liebe geworden, in
zwei Ghazels aus*). Als der Heilige los wettert, hat
Mesreb nur den einen Vers: „Ich wusste, dass dein
Name *Leiter der Irrenden' ist; um rechte Leitung zu
empfahen, beging ich Sünde.* ÄflBlq Cho^am lässt von
den Sofis Mesreb sein glühend gemachtes Siegel auf
die Halsader drücken; die Heiligen Gottes wissen
nämlich, dass die Halsader der Sitz der bösen Lust
ist. Mesreb sagt dem Heiligen zu Ehren ein persisches
Gedicht Geknickt zieht er yom Kloster fort gen Jarkand.
Dort hat man schon von ihm gehört und holt ihn
feierlich ein; sogar die boshaften und übermütigen
Achund-Schüler (Theologen), die sich über seinen treffend
geschilderten äusseren Habitus aufhalten, ziehen ihm
entgegen, denn durch ein Wunder hatMeäreb den Hochmut
und Egoismus aus ihren Herzen gebannt und sie mit
reinem Sinn erfüllt In der Stadt wird er sehr gefeiert
und macht den Leuten ein Zauberkunststückchen vor,
rezitiert auch Ghazels (S. 35). Bald aber ist's mit
der Freundschaft aus; er erklärt ihnen: „Besser als
hundert Aufrichtigkeiten von euch ist einmal Pissen
von mir^, hebt seinen Saum auf und pisst Die Jarkander
sind wütend; sie schelten ihn einen Hanswurst- Ver-
rückten. Mesreb macht sich zum Besuch des Imam
') Der berühmte Mystiker, von dem Krem er Herrsehende
Ideen des hHama ansfOlirlich handelte, und dessen Schwärmerei
sich za d^m ,Ich bin Qt>tt' verstieg, zu dem auch Meireb gelangt
(s. imten), kommt hier nicht znm ersten Mal vor, er war schon
^ Torfaer genamit. Über sein Hineinragen in diese Welt siehe schon
' oben S. 158, Anm. 2.
*) Da» zweite dieser Gedichte entbehrt nicht poetisclier
Schönheit: es mnss anf die in dieeer Sprache Lebenden höchst
eindrucksToll wirkMi.
17
Digitized by LjOOQ IC
164
V
Ga^far Sädiq in Chotan^) auf. Die Achunds ziehen
ihm entgegen. Er thut ein Wunder: das Wasser eines
Baches weicht vor ihm zurück. Man will ihn töten.
£r bringt sie davon ab, und man führt ihn mit Ehren
in die Stadt. Als man in der Halle zusammensitzt,
der Achund mit seinen Schiüem unten, Meäreb etwas
erhöht; pisst er auf den Achund. Der wundert sich,
wo das warme Wasser herkommt. Als man den Uebel-
thäter gewahr wird, will man ihn töten. Er führt sie
ad absurdum: „Ihr lehrt, wenn das Wasser sieben
Mal sich dreht, wird es rein; bis mein Wasser herab-
gekommen, hat es sich 17 Mal umgedreht, da kann es
doch nicht unrein sein^)." Man klatscht ihm Beifall
Man will von seinem ^ümi qcU profitieren. Mesreb
bringt einige Fragen aus dem Miskät vor. Die Achunds
können nur auf die erste antworten. Einer der Murids
schliesst seine Augen und sieht ein Kamel niederknieen.
Mit den Worten „Der Derwisch weiss im ^ümi hol
bescheid" springt er auf. Mesreb bittet Gott, den Kindern
des Achunds Wissen zu schenken. Man schreibt die
Worte Mesrebs auf Holz 3) und legt sie beiseite. Die
Schüler wollen von Mesreb etwas Geschriebenes haben.
Der lehnt es ab: „Bleibt von mir ein Buch, so ist es
mit den Leuten der Liebe (den Mystikern) aus"; mit
diesen Worten schleudert er ihre Bücher ins Feuer.
*) Die bekannte Stadt, in deren Nahe Aurel Stein die wunder-
baren Funde maehte (s. auch S. 159, Anm. 2). Bei den Dichtem
ist gern von den Gazellen der Steppe von Chotan die Bede. Das
Uzkire des Imam Ga'far, dessen Mazar nur 75 km nördlich der
Oase Nija liegt, giebt Grenard in Übersetzung S. 27 ff.
*) Diese Verspottung der blöden theologisch - juristischen
Haarspaltereien der Fuqahä' ist von einer, freilich etwas grotesken,
Komik; im Prinzip ist es dasselbe Adabsurdumfiihren, wie es
Christus mit der jüdischen Pfaffenschaft übt.
*) Chinesisches Motiv; die Chinesen sind mit dem Ein-
schneiden in den Holzblock, der verwahrt wird und von dem
jeden Augenblick Abdrücke hergestellt werden können, flink bei
der Hand. Auch die Muslims Chinas schneiden in Holz; s. den
Druokvermerk des Canton-Qorans Heft H/m S, 70 f.
18
Digitized by LjOOQ IC
165
Meäreb geht in die Steppe von Chotan. Ein Bauer singt
Ghazels von Meäreb. Der geht durch Feld, das der
Bauer bestellt hat, und wird von diesem gescholten: „Was
verdirbst du mir mein Land, du Verrückter?*' — „Was
verdirbst du mir meinen Bau?" schilt Mesreb zurück
und erklärt, seine Ghazels seien sein Bau (S. 40). Er
kommt nach Ha^), dessen Herrscher der Qontagi ist.
Mesreb begegnet dessen Tochter, die mit hundert
Mägden spazieren geht Er verlegt der Schönen den
Weg und erklärt seine Liebe. Sie braust zunächst über
diese Unverschämtheit auf; der Wezir — man weiss
freilich nicht, wo der auf einmal herkommt, er muss in
des Qontagis Dienst stehen — beruhigt sie: „Er wird
wohl ein Derwisch sein." Sie verlangt zunächst einen
Vers auf die Feder zu hören, die sie auf dem Kopfe
trägt, und Mesreb dient ihr sofort, dann sagt er ein
Ghazel auf die Schöne selbst. Die erzählt von einem
Heiligen namens San' an, der 400 Murids hatte, und der
von der Tochter eines Christen (hir tersäni^) qiei) zum
Götzendienst herübergezogen wurde; sie sei ein Kal-
mükenmädchen {men qcdmaq^) heööe dünnen), folge er
') ilah; diese Schreibung ist eine erfreuliche Bestätigung der
Form, die ich aus des Aqsu-Mannes ' Arif Munde für das Ili unsrer
Karten hörte: s. Heffc IV S. 104 und n. 2.
') Die Musulmans de Chine^ welche präendent quü [iersa]
ngnifie chrüien Grenard 44 Anm. 2 haben ganz recht, aber
klar werden sich die meisten Ostturkistaner über das Wort nicht
sein, wie auch im tezkire von Mahmud Eerem Eäbuli der König
von M&6in Nudun Chan, der in Chotan regiert, bezeichnet wird
als „descendant d'AfräciSb, de la race des Francs et des Hindous,
Tersa lui mSme (ses ancStres ^taient les Tersa ä t^te rouge
qyzyJbas)*' (Grenard 45 unten). Nach gütiger Mitteilung Andreas'
ist das Ur von tersa alte Nebenform von cUiwr^ Feuer, wie im
Neupers. t^ neben äU8\ so war auch terhäl ursprünglich Feuer-
tempel ; wenn arabisches Hrhöd für ,Tempel der Christen in Syrien*
Yorkommt (Fr aenkel, Fremdwörter 269), so liegt eben Verwendung
des ter für alles Fremdgläubige vor; ist tersa ursprünglich gleich
ätesperest, so kann es auch für alle Arten von ungläubigen ver-
wandt werden, für Christen, Buddhisten u. s. w.
*) Die qaimaq kommen Öfters vor, s. z. B. t^ät No. 34,9,
wo der Kommentator (S. 144) das Wort nicht verstand and qyhnaq
19
2*
Digitized by LjOOQ IC
166
ihrer ReligioD, so solle er sie haben. MeSreb protestiert :
Gott selbst habe ihn hierhergebracht, es gehe nicht;
darnach erklärt er aber, es bleibe ihm nichts anderes
übrig, als dem Mädchen zu gehorchen. Sie lädt ihn
ein^ den Abend ihr Gast zu sein. „Ich esse nicht, gieb
mir aber ein Glas Wasser"; auf den gereichten Becher
macht er sogleich einen Vers. Das Mädchen befiehlt
dem Wezir, Mesreb in ihr blaues Sommerhaus zu
bringen. 300 Kamele werden vorgeführt. Drei Jahre
lang wandert Mesreb mit den 300 Kamelen, so dass
diese sehn, MeSreb will das Mädchen gar nicht, er
wolle nur Askese treiben, damit die Schöne nicht in
die Hölle komme, sondern ins herrliche Paradies. Schliess-
lich kommt auch dem Qontagi die seltsame Geschichte
von seiner Tochter und dem gottesfürchtigen Derwisch
zu Ohren. Er schickt nach Mesreb. Die Boten kommen
zurück: er habe nur immer geweint und ,Gott* gesagt
Da bleibt, meint der Wezir, nichts übrig, als den
Liebenden durch die Geliebte zur Stelle zu schaffen.
Das Mädchen macht sich geputzt und mit angemessenen
Mägden auf den Weg. Mesreb wirbt, als er sie kommen
sieht, um sie mit drei Ghazels (S. 45). Sie lehnt ab:
„Erst tritt zu meiner Religion über, dann sprich mir
von Liebe." „Nein," sagt Meäreb, „werde du mus-
limisch." Das Mädchen soll sagen: lä üaha iUaUah
mukammadun rasüluUäK Sie wehrt sich aber: „tritt
du erst zum Schein in meine Religion ein". Mesreb findet
das nicht unvernünftig und sagt zwei persische Verse,
dann wirft er sich vom Kamel und küsst dem Mädchen
die Füsse: „Ich nehme alles an, was du sagst"; mit zwei
Ghazels preist er sie; dann reiten sie zusammen nach
Haus. Der Qonta^ erwartet sie schon, indem swei
Kalmüken ihn stützen. Er lässt eine goldene Schale
daraus machte, während die ed. Kasan richtig qohtMUi hat nnd am
Rande durch qalmüq^ tä'ifesi erklärt. Dass in dem teekire von
Mahmud Kerem Käbuli sollte wirklich von einem Volke gyrghyz
qaknaq die Rede sein (Grenard 45), ist kamn glaublich, denn
die Eirghizen sind Türken, die Ealmüken Mongolen.
Digitized by LjOOQ IC
167
aus dem Schatz holen und bietet sie Mesreb: vieUeicht
sei dessen Religion die rechte, er solle fQr ihn beten;
er möchte wohl Muslim werden. Mesreb nimmt die
Schale nicht Erst muss der Qontagl Muslim werden,
dann will Mesreb für ihn beten. Ob es denn genug
sei, wenn er heimlich den Islam übe, um Skandal zu
vermeiden, und ob Mesreb am jüngsten Tage für seinen
Islam zeugen werde? Mesreb geht darauf ein und
spricht dem Qonta^ die Zeugnisformel vor *). Der Qon-
tagl wählt Äfaq Ohogam als Pir und weiht ihm seine
Stadt Dann lehrt er zusammen mit Mesreb der Prin-
zessin das Gtehet und die Waschungen. Der Qontap
sagt's auch seinen jüngeren Brüdern: „Ich habe §äh
Melreb meine Tochter geweiht". Sie sind einverstanden
und machen schöne Geschenke. Mesreb richtet an das
Mädchen Gedichte. Die Brüder kommen dazu und be-
richten, dass der Qontagi Muslim geworden sei, auch
sie solle diese Religion annehmen. Sie erklärt, sie sei
in dem Augenblick, wo sie Mesreb gesehen, muslimisch
geworden, habe es nur verheindicht (S. 60). Nun
spricht auch sie die Zeugnisworte; zugleich klagt
sie, dass um ihretwillen Mesreb so viele Jahre
hungrig und nackt herumgelaufen sei. Er erwidert, in
der Liebe zu Gott sei er brennend 2), darum habe er
Mühsal gelitten. Der Qonta^ wünscht sich Enkel, die
für ihn, den Sünder, Fürbitte leisten^). Mesreb sitzt
am Herde und löst die Fett- und andern äusseren Teile
von einem Hammelschwanz ab. Als die Brüder das
Mädchen zu ihm hineingeschickt haben, entschuldigt er
') Mit dem Znsatz: todbissiddiq waifärüq wadinnürain uxü-
mmriadäy der keinen Zweifel über die gnt sunnitische Gesinnung
der Kreise dieses Buches Iftsst, welche trota oder yieUeicht wegen
der alidiscli-schiitischen ürschicht (s. oben 8. 152, Anm. 1) gerade
auf diese Weise gern hervorgekehrt wird.
') Zu dem Liebesbrand vgl. das oben S. 151, Anm. 1 Be-
merkte.
') Dieser Wunsch wird sich auf solche Vorstellungen bezie hen
wie sie in Ghazali, Ferle pridcuse S 97 (Uebers. S. 80) aufge-
nommen sind.
21
Digitized by LjOOQ IC
168
sich, dass er durch die grossen Mühsale, die er aus-
gestanden, um seine Elraft gekommen, und steckt das
heisse Hammelschwanzgerippe in den Cunnus *) des
Mädchens. Als dann das Mädchen schlafen gegangen
und es finstere Nacht ist, legt Mesreb sein Ohr an die
Stelle und hört: atänän anänän , Vater' ,Mutter*. Nun
kann Mesreb fortziehn, und er motiviert das folgender-
massen: „ich bin ein wandernder Bettler und habe
nicht acht auf meine Zeit, wie sollte ich aber die Zeit
der andern verstreichen lassen?" Mittlerweile hatte
Chänum Pädisäh, die Gattin Äfaq Chogams, *) sich Mes-
rebs erinnert und bei dem Heiligen Fürbitte für ihn
eingelegt. Der gab endlich nach, erklärte, es sollten
allen Mesrebs, seien es auch tausend, ihre Sünden ver-
geben sein, und verkündete: „nächsten Freitag sehen wir
Mesreb hier". Jl^sreb sieht das alles in einer Vision,
macht sich unverzüglich auf den Weg und befindet sich
alsbald in Jarkand. Als er dem Kloster sich naht,
nimmt er einen Strick und bindet das eine Ende um
seinen Hals, das andere um den Hals seines Hundes 3);
so kommt er heran und rezitiert mehrere Gedichte
(S. 55). Als Äfaq Chogam ihn in dem wunderbar
traurigen Aufzuge sieht, lächelt er; Mesreb sagt noch
einige Ghazels; der Heilige verkündet dann: „Ich habe
deine Sünde vergeben". Mesreb dankt in einem Ghazel.
Der Heilige lässt Mesreb den Mund öfihen und spuckt
ihm hinein. Mesreb verschluckt's, sagt den Quranvers:
„Naht euch nicht dem Gebet im Zustande der Trunken-
heit*' (Sure 4,46) und wird verzückt. Da es Freitag
ist, geht Mesreb im Gefolge des Heiligen zum Haupt-
gebet Er kehrt aber nicht mit den andern heim,
sondern bleibt stundenlang in der Moschee auf seinem
') Wie gewöhnlich im Osttürkischen, so auch hier um-
schrieben durch mauidi chässa [so!] ,der besondere Ori^
^) Es ist der Pir, bei dem MeSreb seine Lehrzeit durch-
gemacht hat, s. oben S. 161.
*) Dieses Motiv der äussersten Demütigung kommt hier
mehrfach vor, vgl. S. 178.
22
Digitized by LjOOQ IC
169
Platze. Der Heilige sagt, als er es hört: „Mesreb hat
die Stufe des Mansüri Halläg erklommen", und lässt
Mesreb von seinen Soiis holen. Der kommt und sagt
ein Ghazel. Nun lebte im Lande Taskend ein an-
gesehener Mann, namens Nüreddln, der mit Chogam bei
demselben Pir gewesen war, ein braver und gelehrter
Mann; er hatte sieben Mal die Wallfahrt gemacht und
sich viel mit dem Satan herumgeschlagen; der war
70 Jahre alt geworden und war recht schwach; da
setzte ihm der Satan besonders heftig zu, und er unter-
lag bereits. Das wurde Äftq Chogam offenbar, und er
rief dreimal vor seinen Murids aus: „Will jemand hin-
gehen und Choga Nüreddln aus den Klauen des Satans
retten ?" *) Keine Antwort. Endlich kommt Meäreb an
und bittet, gehn zu dürfen. „Warum hast du dich
nicht gleich gemeldet?" — „Ich sah auf die Weiss-
bärte, dann auf die Schwarzbärte, beim dritten Rufen
war niemand da.** (S. 60). Der Heilige segnet Mesreb,
und der macht sich auf den Weg. In den Bergen
sagt er ein Ghazel. Da taucht Chizr auf: „Warum
weinst du so?" MeSreb: „Mein Padisah hat mir einen
Auftrag gegeben; werde ich ihn erfüllen können?"
Dann sagt er zwei Ghazels. Tag und Nacht zwischen
den Bergen weinend bedenkt er, dass wohl in der
Ewigkeit sein Los einmal so sein könnte, und er führt
den Gedanken, die vergangenen Propheten dann als
Pürbitter zu bringen 2), in einem Ghazel aus. Chizr
segnet Mesreb imd giebt ihm gute Worte. Auf Anlass
Ghizrs sagt Mesreb ein Ghazel über seine Liebe. Dann
nimmt er von Chizr Abschied, wandert weiter. Als er
sich endlich an der Thür Choga Nüreddins sieht, sagt
er unter Wahnsinnserregung ein persisches Ghazel.
') Das Motiy der Bettung geistlich Gefährdeter durch einen
Glaubenshelden auch in der Hahibull&h-Legende: §5fi Endergsn
roft: „Wer will die Seelen der verwilderten Bucharioten retten?"
{fisäUi *ai^e 4).
*) Über die Propheten als Fürbitter siehe Ghazali, Perle
Pr^cieuse Ö. 107 (Übers. S. 88).
23
Digitized by LjOOQ IC
170
(S. 65). Er gebt unter Hu-Rufen^) in das Schlafzimmer
NOreddlns und findet ihn am Letsten; niobt einmal den
Grass kann der Kranke erwidern^ auch nicht mit einem
Zeichen. Mesreb sagt ein GhazeL Er passt auf und
kilmpft mit dem Satan, der fliehen muss. NOreddin
findet den Glauben wieder und stirbt selig. Mesreb
dankt Gi>tt in einem Ghazel, dem er sieben andere
folgen lässty darunter eine Elegie auf Nürreddln. Dann
macht er sich an die Bückkehr zu Äfaq Chogam. Der
Heilige erbarmt sich seiner und sagt: ^Geh^ besuche
deine Mutter, denn du wirst vom Padisah Ma^üd in
der Stadt Balcb getötet werden'' (S. 70). Mesreb macht
sich auf den Weg. Am selben Abend macht er Halt
an einem Orte namens Müsän. Am nächsten Morgen
giebfs einen Schneesturm ^^ Da der Imam nicht zum
Frühgebet in die Moschee kommt, vertritt ihn Mesreb,
betet aber nach aliähu <zkbar und der fätiha nicht die
') Aach später wird das ^i^Rufen erwähnt (s. S. 186). In
einem islamischen Text denkt man bei diesem hü zunächst an
das arabische ?mtoa ,er* (seil. AUäh ,Gott*), und es ist kein Zweifel,
dass die Verzückten oder Verzückung Tragierenden es so auf-
gefasst wissen woUen, soweit sie sich Überhaupt etwas dabei
denken. Es ist aber nicht ohne Interesse, dass schon um lÜQ
V. Chr. der Buf Ati hu (so wird man das Zeichen wu des gleich sm
nennenden chinesischen Textes aussprechen dürfen) als ein b^ schlich-
ten Völkern Ostasiens beliebter genannt wird. Als der Minister Lise
im Gegensatz zur altkonservativen Partei den König von Ö4n von
dem Wert des Keuen, Fremden überzeugen will, stellt er die
altertümliche Muiikübung so dar: „man schlag auf Töpfe ond
klopfte auf Wasserkrüge, man spielte auf der Guitare, man schlug
die Castagnetten, dabei die Worte Äu hu singend* (Vita des
Lise, Simatim's Si-ci Kap. 27). Wie im Reiche Ö*in wird man
auch im äussersten Westen Chinas und in Zentralasien den Ruf
hu hu bei seelisdier Erregung auegestossen haben. Der ein-
dringende Islam war künstlerisch verfeiderter Musikübung feind-
lieh. Das Barbarengehenl sich anzueignen, war kein Hindernis,
zumal sich ihm leicht die fromme Wendung geben Ums.
*) Die •chrecklichen Schneestürme, die in Turkistan oft gana
plötzlich und mit vernichtender Heftigkeit eintreten, sind oft be»
schrieben; siehe besonders die Schilderungen bei Sven Hedin
und bei Schwarz, Turkestan (Freiburg 19(X)).
24
Digitized by LjOOQ IC
171
Supplement-Sure*), sondern zwei Verse des Hafis^).
Die Qrossen von Müsftn halten Mesreb vor^ dass er
statt der Supplement-Sure die Verse des Hafiz gelesen,
und dass er danach nur eine Frosternation gemacht.
Meäreb erklärt ihnen, auch die Engel hätten sieh vor
Adam nur einmal prostemiert; die se^de sei nur eine,
wie auch Gott nur einer sei; und was die Hafizverse
anlangt, so seien am jüngsten Tage Qoran und Sumia
aus dem Herzen fortgewischt, dann würden sie auch
mit den Versen des Hafiz ein richtiges Gebet ver-
richten. Darauf sagt er ein Ghazel. Ein Spitzbube
schleicht hinter MeSreb drein in der Hoffiiung, der
werde bei der scharfen Kälte erfrieren, und er werde
dann den Qoran nehmen, den MeSreb vom Heiligen
erhalten hatte und als haniä*il (Amulet) trug. Natür-
lich kennt Mesreb die Gedanken des Schuftes. Als
man nach dem Orte Oqsalur gekommen ist, steigt
man ab und sitzt am Feuer. Mesreb fragt den Dieb:
„Wohin des Wegs?** Der: „Ich hörte, Ihr reist in
das Land des Islams 3), da wollte ich mich anschliessend.
Mesreb schenkt ihm den Qoran, befiehlt ihm aber, es
niemandem zu sagen (S. 75). Beim Weiterziehen sieht
er sich einmal um und findet, dass die Mitreisenden
Provision aufgeladen haben. Sie müssen die Sachen
fortwerfen: „Gott, der in der Stadt gegeben hat, giebt
er nicht in der Wüste ?** Nach drei Tagen anstrengen-
den Wandems fallen sie vor Hunger um. Mesreb : „ich
habe Halwa für euch''. Er geht in eine Ecke, giesst
etwas in eine Schale und reicht sie ihnen. Die wollen
erst nichts davon wissen und haben den Verrückten
im Verdacht, ihnen seine Exkremente aufbinden zu
wollen. Nur ein Tapferer ist mutig, nachdem er die
Augen geschlossen. Süsser als Honig ist die Speise,
^) Über diese siehe z. B. Kawawis mmhä^ ed. r. d. Berg 1,80.
*) Allerdings eine arge Ketzerei, onTerzeihlich in den Angen
jedes „Positiven".
") ialäm wüäjäügha; man ist also im Lande der ungläubigen.
25
Digitized by LjOOQ IC
172
und er wird einer von den Männern Gottes, den
Schauenden. Die andern acht Personen aber bleiben
ohne Hoffnung. Mesreb befindet sich nun in Mädü^).
Das war in der Hand der Kirgisen. Die wollen Mesreb
verbrennen, häufen Rohr um ihn und legen Feuer an.
Das Feuer brennt aber nicht. Sie erkennen das Wunder
und werfen sich Mesreb zu Füssen. Der sagt ein
Ghazel und erklärt ihnen auch das Wunder: „In
Wirklichkeit bin ich verbrannt, nur mein Bild geht um^).
MeSreb flucht den Kirgisen, und eine Familie namens
Irdäne wird getroffen. Nun kommt Mesreb nach Tacht
d. h., wie aus dem Vers hervorgeht, den er beim
Besuch des Heiligtums sagt, Tachti Sülaimän'). Er
gelangt dann nach Andigan, in dessen Gassen
er ein Ghazel sagt. Er macht sich auf, seine
Mutter zu besuchen nach achtzehnjähriger Ab-
wesenheit Von der Schwelle aus sieht er die Lampe
brennen, hört, wie die Mutter um den fernen Sohn
klagt und von Gott ein Wiedersehn erbittet. Mesreb
giebt sich mit einem Ghazel zu erkennen. Die Mutter
sinkt zunächst in Ohnmacht; als sie wieder den Kopf
hebt, sagt sie ein Ghazel; nun wieder Mesreb einen
Vers; es folgt poetische Wechselrede mit der jüngeren
Schwester. Mesreb giebt der Sehnsucht nach der Mutter
noch einmal in einem Verse Ausdruck. Da der Schlüssel
zur Thür nicht zu finden ist, steckt Mesreb den Saum
^) Da dieser Ort in der Nähe von Tachti Sulaiman, also von
OS liegt, 80 wird darin das Madi Grenards gesehen werden
dürfen, s. S. 160 Amn. 4.
') So wurde nach älterer christlicher Lehre, die Mohammed
angenommen hat, nicht Christus gekreuzigt, sondern ein Anderer,
dem Gott sein Aussehen gegeben hatte, s. Qoran 4, 156 und die
Erklarer zur Stelle. Nur ist es hier umgekehrt: der leibliche
MeSreb ist verzehrt [von dem Gottliebebrand] und ein Schein
von ihm wandelt auf Erden; die Kirchenlehre hat nicht einmal
die ältere Christenvorstellung gelassen: Christus ist leiblich ge-
kreuzigt und leiblich auferstanden, und leiblich wandelte er auf
Erden.
•) Siehe das S. 160 Anm. 4 AusgefOhrte.
26
Digitized by LjOOQ IC
173
seines Mantels durch eine Thürspalte, die Alte reibt
ihre Augen damit i) und sagt ein Ghazel (S. 80). Sofort
wird sie sehend, und Mesreb dankt Gott in einem Ghazel.
Dann kommt die Mutter heraus, geht dreimal um Mesreb
herum 2), richtet ein Stossgebetlein an Gott und giebt ihren
Geist auf. Mesreb beerdigt die Mutter, und seine Schwester
sagt ein Trauergedicht, dem andere von Mesreb folgen
(S. 85). Am Grabe der Mutter trauert Mesreb vierzig
Tage, den Qoran lesend. Eines Nachts bittet er Gott
um Erleuchtung und sieht, dass in der Medrese Eukaldas
zu Buchara der Mewlewi Serif siebzigtausend Personen
Unterricht giebt. Er geht nun an das Ende des Marktes
und sagt zwei Ghazels; dann macht er sich auf nach
Bardan Qurghan (iö/rdä/n qürghänj. Viel Volks folgt
ihm. Er sagt ein Gedicht. Dann geht's weiter nach
Buchara. Mesreb bricht von Namangan auf ^) imd gelangt
nach Chogend, über das damals Aqbuta Bi^) herrschte.
^) Das Berühren des Körpers mit Stücken der Kleidung eines
Heiligen ans frommer Verehrung und um dadurch von einer Wunder-
kraft zu profitieren, ist ein in diesem Volksbuch oft wiederkehrender
Zug. Bekanntlich wirkt dieses Motiv auch in Europa recht kräftig
in dem Reliquien-Kultus, nur dass wir den Zentralasiaten bei weitem
über sind in der Organisation systematischer Berührungs- Veran-
staltungen (ygl. die Aachener Reliquien-Ausstellung Sonuner 1902).
^ Ein gutes Beispiel, bis zu welchen Extremen das tawäf-
Motiv getrieben wird.
") Es scheint etwas ausgefallen zu sein ; der Name Namangan
taucht hier unvermittelt auf. Man musste doch annehmen, dass
die Mutter am Geburtsorte MeSrebs, in Namangan, gestorben ist.
^) Die FeststeUung dieses Mannes kann ich nach nicht
geben. Das Bi [6i] weist auf Kirgisen-Abstammung (zu dem
Heft IV, 110 Anm. 2 Beigebrachten trage ich nach die inhalt-
reichen Mitteilungen Schuylers über die Bis der Nomaden
TwrkisUm 1, 166 ff.), es konunt aber auch in Namen vor, die
Dynastieen nicht kirgisischen Ursprungs angehören, wie Narbuta
Bi von den Chanen Choqands 1184—1216 (1770-1800), Dftnjjäl
Bi, der erste Mangit-Minister, der die Beerb ung der Astrachan-
Dynastie einleitete (um 1180/1766). Von rein kirgisischen Dy-
nastieen nenne ich die, die in TaSkent seit dem Zusammen-
bruch des Schaibaniden-Reiohes nach dem Tode Abdallahs IL von
1698 — 1723 herrschte. Sei Aqbuta Bi einer dieser Fürsten oder
27
Digitized by LjOOQ IC
174
MeSreb steigt im Eukenar Chane (hukenär chäne) ab.
Das Gerücht von seiner Ankunft war bereits nach Cho*
gend gelangt, die ganze Stadt war auf den Beinen, um
den Derwisch zu sehen, und man staunte bei dem Aji-
blick des Mannes mit den blauen Augen, den in Locken
gedrehten, bis zum Gurt herabfallenden Haaren, der in
dem Wein der Gottesliebe versunken war und seinen
Hund mit goldnem Halsband mit sich führte. Aqbuta
Bi schickt nach dem verrückten Derwisch. Mesreb sitzt
mittlerweile da und singt ein Ghazel. Als der Bote mit
der Ladung Aqbuta Bis kommt, sagt er: „Wer ist
dein Aqbuta? Schwätz nicht dummes Zeug^, und
schleudert seine Laute auf die Erde, dass sie in tausend
Stücke geht Dann fügt er die Laute wieder zusammen
und sagt ein neues Ghazel. Aqbuta Bi geht mit Ge-
schenken zu Mesreb und führt ihn in das Schloss^ wo
ihm ein prächtiges Lager bereitet ist; Mesreb legt sich
darauf hin und pisst darauf. Aqbuta Bi bemerkt
schüchtern, das Lager sei doch für ihn so schön her-
gerichtet. Mesreb: „Nicht auf das Lager, auf dich
möcht ich pissen; woraus bist du geschaffen?** Aq-
buta Bi: „Aus Erde". Mesreb: „Wenn's so ist, pisst
du dann auf dich selbst*'? Da erklärt Aqbuta Bi,
er wolle Adept (mürid) werden. Mesreb sagt ihm zu
Ehren ein Ghazel (S. 90). Nun kommt Mesreb nach
Taskend^). Dort hatte gerade ein Choga für den Ober-
Achund ein mächtiges Polsterlager hergerichtet. Mesreb
steigt hinauf und bepisst es. Der Choga verbietet aber
einzuschreiten; denn er hatte gesehen, dass es ein
Derwisch im Zustande der Verzückung sei. Er ersetzte
d«r selbst kirgisische Vasall eines TaSkent-Eirgisen oder aach
Glied einer in Chogend selbständig regierenden Türk-FamHie,
jedenfalls wird er dem Zeitkreis zuzuweisen sein, auf den die
£rw&bnni]g $öfl Allähjärs hinweist: Anfang des 18. Jahrhan dertt.
Der Namt ist im Texte bald Aq Buta bald Aqbnta geschrieben.
Für buta giebt Vämb^ry, Caghat. Sprachst.: ,Eind, junges Kamel*.
^) Die Russen schreiben durchgängig taskent, mit fiecht
denn so klingt es im Volksmunde (vgl. das kentUr in meinem
(Jaghataisehes 7 (§ 3')).
28
Digitized by LjOOQ IC
175
nur das beschmutzte Polster durch ein anderes. Mittler-
weile hatte sich Volk angesammelt Mesreb springt
von seinem Platze auf^ tritt auf den Vorplatz und zeigt
seinen penis. Die Leute sind erstaunt und fragen:
„Sieht er uns denn nicht" ? Mesreb sagt folgenden Vers :
^Ich wusste nicht, wer der Schaich und Mulla dieser
Stadt ist; das ist der hier" ^). Das ist den Tasch-
kendern doch etwas zu arg, und sie wollen sich schon
über diese schwere Beschimpfung aufregen, da legt
sich der Ober- Achund entschuldigend in's Mittel: „Das
Wort dieses Verrückten ist ihm unwillkürlich entschlüpft;
er wollte nur sagen: wer sind diese?** Er lässt MeSreb
auch kostbares und reichliches Essen bringen, der kostet
aber nur davon und giebt den Rest seinem Diener. Der
Achund und die Mullas wünschen Ghazel-Gesang von
Mesreb zu hören. Der nimmt die Laute zur Hand und
singt ihnen eine Anzahl Lieder. Die Taschkender woUen
sehen, ob er auch ein wirklicher Mulla ist und fragen :
„Auf wieviel Arten wird die Reinigung (tsttn^ö*^ gemacht?"
Mesreb : „ Auf zwölf Arten, sechs sind erlaubt, sechs
sind unerlaubt Ich will euch eine leichtere Frage stellen:
was habt ihr zwischen den Beinen?" Die Mullas sind
sehr erstaunt: „Hinter diesem Wort des Verrückten
muss doch eine Weisheit stecken!" Da sie es nicht
herausbekommen, muss ihnen Mesreb selbst den Schlüssel
geben. „Zwischen euren Beinen sitzt ein kräftiger Spiess,
ans dem eine Anzahl offenbarongbringende Kneehte
Gottes und die ganze Gemeinde Mubammeds hervor-
gegangen ist" Das Volk schreit: „Dieser Derwisch
ist ein Heiliger", und beeilt sich, die Augen mit seinen
Händen au reiben, was Mesreb zu der Bemerkung ver-
anUsat: „Bertthmtheit ist ein Un^ück." Wieder tbut
er dem Volk den groben Sehimpf an, dass er das Kleid
aufhebt und vor ihnen pisst, und nun ist es auch wieder
^) Dieses ist eine der wenigen Stellen, wo die Drneke von
einander abweichen. Die Version des Stamboler Dmckes giebt
die unflätige Zote noch ein wenig kräftiger.
29
Digitized by LjOOQ IC
176
mit ihrer Verehrung zu Ende. Mesreb zieht weiter nach
Turkistan*) (S. 95). Dort angelangt, steigt er auf das
Grab Hazreti Sultans, wird aber von dem Heiligen ab-
geworfen; er steigt wieder auf und protestiert: ^Ich
bin doch Gast". Die Leute von Turkistan verehren
ihn sehr. Mesreb kehrt nach Taschkend zurück; Aq-
buta Bi will auf die Nachricht, dass Mesreb nach Tasch-
kend gekommen sei, sein Adept werden und schickt
nach ihm aus. Mesreb hat es schon gemerkt und wendet
sich von selbst nach Chogend (S. 100). Der Bote ist
über den Sir-Derja gegangen, und bis zum Mughalberge
gelangt. Begegnende Karawanen sagen, Mesreb sei am
Ufer des Stromes liegen geblieben. Der Bote kehrt
zurück und berichtet Aqbuta Bi macht sich selbst
auf, um ihn zu holen. Er findet Mesreb in einer gro-
tesken Verfassung. Der hatte sich nämlich vollständig
rasiert und nur einen ungeheuren Schnurrbart stehen
lassen ; dann hatte er eine Pferdemähne genommen, aus
Strähnen einen Strick geflochten und dessen eines Ende
an seinen Hals, das andere an einen in die Erde ge-
schlagenen Pfahl gebunden; so lag er da. Sein Leib
sah aus wie ein langausgezogenes Hammelgedärm. Leise
tritt Aqbuta Bi heran. Mesreb sollte ihm die Strafe
^) Natürlich ist hier nicht das Land, sondern der Ort gemeint,
in dem sich die berühmte Wallfahrtstätte befindet, ca. 200 km
nördlich von Taschkent, Station der Bahn Orenbnrg-Taaehkent
(im Bau). Die ausführlichste Nachricht über die Stadt und ihr
Heiligtum scheint zu enthalten die ausgezeichnete Arbeit Schuy-
lers, Turkistan (London, 2 Bde) 1, 70 ff. Durch Schuyler
wurde ich auf die Identität Turkistans mit jaH und die des dort
yerehrten Heiligen mit dem Verfasser des dfwäni hikmet Sech
Ahmed b. IbrShün JasawT (s. Hüweda 133 Anm. 3) aufmerksam.
Er sagt a. a. 0.: „the construction of this mosque [des Hazret
Hodja Akhmed Tasawi; Seh. giebt zwei Abbildungen yon ihr]
was begun bj Timur in 1397, who went on a pilgrimage to Tur-
kistan, er Tassj, as it was then called, while waiting for bis new
bride, Tukel-Ehanym. Scheikh Akhmed Yasawi . . . . is the
special patron uf the Birghiz."
30
Digitized by LjOOQ IC
177
für seine körperlichen Sünden schenken i). Nach
einigem Hin und Her thnt der es. Dann muss Aq-
buta Bi seinen Schopf abschneiden 2). Er lädt Mesreb
in sein Schloss ein. Als Mesreb in die Stadt einzieht,
sagt er ein GhazeL In Chogend findet er 30 — 40
Personen an das Holz gebunden und schreiend. Auf
Befragen erklärt Aqbuta Bi, die müssten für ihre
schweren Sünden solche Strafe leiden. Mesreb: „Du
hast Straferlass verlangt, willst du^s mir nun gewähren,
wenn ich Straferlass für diese Leute verlange?" Die
Leute werden befreit ^). Mesreb segnet schliesslich Aq-
buta Bi, der Mesreb ein Löwenfell und einen Esel
schenkt. Mesreb zieht von Chogend aus gegen Mekka.
Er überlegt sich, ob er den Umgang (um die Ka'ba)
auf dem Wege machen soll oder am Ort*). Er gelangt
ans Meeresufer zu der Stadt Bendei Surat*), die ihren
Namen daher hat, dass jeder, der hineingeht, nicht
wieder heraus kann, weil man am Thor das Bildnis
(^at) eines Mädchens aufgestellt hat, das den Ein-
^) Die Stelle ist nicht klar. Nach dem Folgenden muss man
annehmen, Aqhnta Bi verlange, die Strafe fOr die fleischlichen
Sflnden MeSrehs auf sich zu nehmen.
*) Ist die Erklärung von Anm. 1) richtig, so ist das Abschneiden
des Schopfes eine Sühnehandlung fOr die Sünden Medrebs.
*) Es folgt noch ein Scherz über den Schnurrbart, den
Meireb sich augemacht hat. Als Aqbuta Bi auf Befragen, warum
er lache, erklärt, er lache über den Schnurrbart Mesrebs, sagt
dieser: „Jedesmal wenn ich mich hinsetze, um die religiöse
Waschung yorzunehmen, muss ich an diese Sache denken und
mache meinen Schnurrbart deinem Schnurrbart gleich, und wenn
ich ihn sehe, ist es mir, als sehe ich dich''. Alle brechen in
stürmische Heiterkeit aus, nur Aqbuta Bi springt auf und will
sterben. Da legt ihm MeSreb den Segen, den er fQr ihn spricht,
gleichsam als linderndes Pflaster auf.
*) Ein echter Öuhä-Witzl
') Dürfte Verstümmlung von Bender Surat sein; die Ton der
Stadt erzählte Geschichte ist ein klassisches Beispiel für die
Bildung Yon Legenden durch Tolkstümliche Namen deutung; über
die wirkliche Bedeutung des Stadtnamens Surat s. Hunt er im
Indian GoMcteer.
31
Digitized by LjOOQ IC
178
tretenden bezaubert. Die Eaufleute treiben deshalb
ihren Handel ausserhalb der Stadt. Mesreb geht in
die Stadt und sagt ein persisches Ghazel, dann geht
er wieder hinaus i) und weiter auf dem Wege nach
Mekka. Nach einigen Stationen kommt er wieder ans
Meer imd sieht ein Schiff, in dem sich schon 7 bis 8000
Eaufleute befinden, oben drauf sitzt ein Derwisch, der die
Beine baumeln lässt Auch der sieht Mesreb und sagt:
„In ganz Persien 2) hab ich solch einen Derwisch nicht
gesehen 1*^ Auf seine Frage nennt Me§reb seinen Namen
und giebt als Bedeutung desselben an: „Wer auch
immer mir Genosse wird, dem leiste ich Gesellschaft;
auf welchen Kessel ich falle, den bringe ich zum Brodeln,
deshalb hiess ich mich Mesreb". Der fremde Derwisch
stellt sich vor als Pänsadmen (d. h. Fünfhundert Ich),
und Meäreb macht darauf gleich einen persischen Vers.
Mesreb setzt die Reise nicht fort, sondern kehrt um.
Seine Adepten sind wütend, dass sie von Easghar und
Jarkand so weit mitgelaufen sind und nun umkehren
sollen (S. 105). Mesreb tröstet sie: „Seht einmal
zwischen meine Hände!" Sie sehen, Mekka erglänzt
zwischen ihnen, und Mesreb sagt ein Ghazel auf die
heilige Stadt. Dann besucht MeSreb mit seinen Jüngern
die Ea'ba und macht sich nach Hindustan auf. Er hatte
nämlich gehört, dass der ruhmgekrönte Padischah
Chogam^) nach Hindustan gekommen seL Mesreb lässt
sich die Hände auf dem Rücken binden und das eine
Ende eines Strickes an seinen Hals, das andere an den
Hals seines Hundes'*) und begiebt sich so zu Chogam.
Auf dem Wege sagt er zahlreiche Gedichte (S. 110).
Drei Jahre bleibt er im Dienst Chogam Padischahs.
Eines Freitags sieht er wie der Lnam auf die Eoknzel
^) Dm bindet also der Zaaber nicht.
*) Das wäre danach das klasflische Land der Derwische.
') Gemeint ist ^'ohl dieselbe Person, die vordem (s. S. 159.
160 n. ö.) Äfäq Chogam genannt ist; ein ffinweis darauf findet
sich aber nicht.
*} Genau so wie oben S. 168.
32
Digitized by LjOOQ IC
1
179 j
j
steigt und mit den Worten y^halaluhä Ij^isabun wäharä-
muhä 'adabun^ (d. h. das Erlaubte wird angerechnet, I
das Verbotene wird Pein) das Volk fesselt. Mesreb
sagt ein Ghazel, wirft den Imam von der Kanzel her- ^
unter, steigt selbst hinauf, predigt und begeistert die •]
Menge; er sagt ein persisches GhazeL Als er vom I
Heiligen belobt wird, sagt er ein Ghazel (S* 115). I
Abulghazi Chan 3) vernimmt, dass aus Ferghana ein
wunderbarer Derwisch gekommen sei. Ein Bote des
Fürsten sagt Mesreb: „Der Padischah lässt dich rufen". |
Mesreb: „Wer ist dein Abulghazi?" Als der Fürst i
das hört, wird er sehr zornig. Er beruft die Gelehrten j
und die Grossen: „Ich bin aus dem Geschlechte Timurs^); !
was soll mit dem geschehen« der den Padischah
des Islams beschimpft?" Die Gelehrten urteilen: „Er j
ist den Elefanten vorzuwerfen". Abulghazi versammelt ,
alles Volk und lässt Mesreb herbeischleppen. Chogam I
legt Fürbitte ein: „Meäreb ist unser Löwe, der Ele- ]
fant thut ihm nichts". Abulghazi hatte einen Lieblings- i
elefanten, den lässt er herbeiführen durch sieben, acht {
Hindukulis, die ihn an eisernen Ketten hatten; denn er i
wünschte durchaus, Mesreb zu Tode zu bringen. Mes- I
reb sagt: „aUähu aJcbar^y und giebt dem Elefanten eins |
auf den Rüssel. Der Elefant reisst aus und will sich !
Me§reb durchaus nicht entgegenstellen. Abulghazi nimmt |
nun Mesreb in sein Schloss und erweist ihm dort alle
Ehren, indem er sehr um Verzeihung bittet. Mesreb i
sagt ein Ghazel und schlägt die goldenen Sachen, die j
für ihn herbeigeschafft werden, kurz und klein. Nun '
befand sich damals Abulghazi in beständigem Kampfe
') Es ist doch wohl an den bekannten öibekenfOraten yon
Chiwa (1063—1074/1643—1663) za denken, wenn der auch nie in
Indien etwas zu sagen gehabt hat und wenn auch die Zeit nicht
vollkommen stimmt; siehe auch die folgende Anmerknng.
*) Dass die Grrossmogols Ton Indien krampfhaft an die
Scheinyorstellang sich klammerten, sie seien Timariden, ist be-
kannt. Sollte dem Redaktor sich der Fürst und Historiker Abul-
ghazi an die Stelle des Memoiren-Schreibers Baber gerückt haben?
33
3
Digitized by LjOOQ IC
180
mit einem ungläubigen Feinde namens Sijähpüs^). An
diesem Kampfe nahm sein heldenmütiger Sohn uner*
müdlich teil; und so oft der König diesen Sohn sieht,
blutet ihm das Herz. Er bringt ihn zu Mesreb, damit
er ihn segne. Mesreb lässt Papier, Tinte und Feder
bringen und schreibt dreimal seinen Namen. Der Fürst
nimmt das Papier in die Hand, sieht, dass weder Qoran-
spruch noch Hadis geschrieben ist, sondern nur drei-
mal MeSrebs Name und reklamiert: Er habe doch einen
schweren Segen haben wollen, und nun fUnde er nichts
weiter als den Namen MeSreb dreimal geschrieben.
Meireb: „Ach du ungläubiger Chan, lass eine Henne
bringen". Meäreb bindet die Henne an seinen Hals
und schiesst drei Pfeile ab. Jeder Pfeil trifft die Henne,
fkllt aber zur Erde, ohne ihr einen Schaden zu thun.
Der über das Wunder erstaunte Fürst macht Meireb
kostbare Geschenke, imter andern einen Hinduknaben,
der an den Fussgelenken und an den Schultern Glöck-
chen hat, und auf den Mesreb ein Gedicht macht. Mes-
reb macht sich nun nach Buchara auf und gelangt
nach einigen Stationen dorthin. In der Stadt sieht er
eine Kapelle 3) und hört, das sei die Kapelle des Heiligen
Naqsbend^). Erst nach dem Nachtgebet verlässt Mesreb
das Heiligengrab und geht weiter in die Stadt hinein.
Seinem Burschen Sermest sagt er, er solle im Weinhaus
schlafen; er selbst gelangt zu einer Moschee in dem
Dieses SijShpfiS ist sicher gleichzustellen dem Namen der
in Dardistan und Kaflristan wohnenden Ungläubigen, über welche
siehe F. Müller, AUgemäne Ethnographie 510 (nach Leitners
bekanntem Buch).
') Im Original ist der Bau nicht näher bezeichnet, es heisst
nur Hsüäne, ein Wort, das mit Vorliebe als verehrungsvolle Be-
zeichnung erhabener Orte gebraucht wird (eigentlich Schwelle,
wie im Arabischen A^iab für Haus, Person).
') Das wirkliche Grab des berühmten Ordensstifters befindet
flieh nicht in Buchara selbst, sondern in seinem Geburtsort, dem
Dorfe Qairi *Äriflln; siehe über diesen berühmten Bahä*dddin
718 — 791 (nicht zu verwechseln mit dem i. J. 599 gestorbenen
Choga Bah&'eddfn, dessen Vita ausführlich ereählt htriM€i'atliBe
S. 259ff., vgl. auch 182) Sami qämüa üa']am S. 1419.
34
Digitized by LjOOQ IC
181
Stadtviertel Sudan. Er findet den Sofi, wie er eben
die Thür geschloösen hat; er sei ein Fremder, der dort
nächtigen wolle. Der Sofi sieht, es ist ein Derwisch^
nnd giebt ihm den Schlüssel der Moschee. Drinnen
schlägt Mesreb einen Pflock in das Mihrab und bindet
seinen Esel daran. Er selbst legt sich dicht bei der
Kanzel schlafen. Beim Morgengrauen kommt der Sofi
wieder, und ein komisches Geräusch schallt ihm ent-
gegen. Er wendet die Lampe und entdeckt einen
weissen Esel, der am Mihrab angebimden ist. „Teufel
auch", ruft er, „da haben die Feinde den Esel ange-
bunden^, nimmt seinen Stock und giebt dem Esel einen,
Äwei Schläge, dann bindet er ihn draussen an einen
Baum. Drinnen sieht er weiter, wie der Derwisch in
einer Ecke schläft. Er ruft ihn an, der Derwisch rührt
sich nicht. Schliesslich wird der Sofi wütend Und giebt
ihm fünf, sechs Stockschläge. Wieder nichts. Erst als
der Sofi schreit: „Um Gottes willen, heb deinen Kopf!**
hebt Mesreb den Kopf. Thränen fliessen ihm aus den
Augen. Sofi: „He Derwisch! was soll dieses Weinen?
was soll das Anbinden des Esels an das Mihrab?^
Mesreb: „Ihr setzt die Schuhe, die ihr schon sechs
Jahre getragen, damit sie nicht gestohlen werden, statt
hinter euch, neben euch, und so verrichtet ihr das Ge-
bet; meinen Esel, der mich fünfzehn Tenge gekostet
hat, wird den der Dieb nicht nehmen? Wenn der Esel
zum Mihrab gegangen ist, so ist das eben Tieresart."
Mittlerweile waren der Imam und die Leute gekommen,
und man betet das Sünnet des Frühgebetes. Und das
Gebet nimmt seinen Verlauf. Mesreb sitzt in einer Ecke.
Als der Imam in der Fatiha bis zu den Worten ge-
kommen ist ihdina^sirätälinustaqtmy ftüigt plötzlich
Mesreb laut zu schreien an. Der Imam dachte näm-
lich im Herzen an sein Kalb, es könnte, wenn es nicht
ordentlich angebunden wäre, sich losreissen und an
der Kuh saugen *). Als der Imam die Sure Jäsin fertig
'> Dass der Oeistliche, während er lelebriert, an ganz andere,
idhr weltUche Dinge denkt, ist auch in christlichen Erzählungen,
ein beliebtes Motiv.
35
3*
Digitized by LjOOQ IC
182
gebetet hat, nimmt er seinen Stock und will auf Mesreb
los. Der sagt ihm aber die Wahrheit, wie seine Ge-
danken während des Gebets beim Kalbe waren; natür-
lich muss der Imam schweigen, schickt aber den Sofi
sogleich zu Mewlana Serif. Bei diesem erzählt der Sofi vom
Esel, und dass der Derwisch den Ort, wo er geschlafen,
bepisst habe (S. 120). Mewlana Serif befiehlt den Der-
wisch herbeizuführen, ohne ihm ein Leid zu thun. Alle
Mullas laufen hin, sehen den beschmutzten Ort und
schreien Mesreb an: „He Verrückter, was hast du ge-
than?** Mesreb: „Wie nennt ihr dieses Haus?** Die
Mullas: „Das ist Gottes Haus?" Mesreb: „0 ihr
Sünder, geht man denn in das um Gold gekaufte Haus
jemandes, ohne eine Spur zu hinterlassen?** Er ist
einverstanden, dass man ihn zu Mewlana führt, er werde
eben leiden müssen, was das Gesetz bestimme. Noch
einmal sehen die Mullas hin und konstatieren, dass an
dem Ort, wo Mesreb geschlafen, nicht der geringste
Unrat ist. Er lässt sich seinen Esel bringen, auf den
er sich verkehrt setzt, und macht sich auf zu Mewlana
Serif. Da kommt ein Mulla daher, schlägt ihn mit der
Faust auf den Nacken und schreit ihn an: „Warum
reitest du verkehrt?" Mesreb: „Weil so viele Mullas
hinter mir hergehen und ich nicht ungezogen sein wilL"
Die Mullas freuen sich über die Antwort. In der Medrese
angekommen sieht MeSreb 500 bis 600 Mullas beim
Achund im Unterricht. Er grüsst und setzt sich neben
den Achund. Die Mullas wollen Mesreb bei Mewlana
schaden, als habe er sich dem gegenüber überhoben,
Mewlana aber erkennt den Wert Mesrebs und verbietet
streng, ihm irgend etwas anzuthun. Nun bringen sie
die Eselgeschichte vor. Mesreb sagt zunächst: „Die
da haben einen Esel unter dem Namen Imam an das
Mihrab gestellt; das ist ganz richtig." Dann verteidigt
er sich wieder mit den Schuhen. Der Achund ist über
die Antworten sehr vergnügt. Er fragt Me§reb: „Was
warst du früher?" Mesreb: „Ein Esel". Der Achund:
„Was vordem?" Mesreb: „Ein Pferd". Der Achund:
36
Digitized by LjOOQ IC
183
„Und vorher?'' Mesreb: „Ein Kamel". Der Achund:
„Wiest, Leute von Buchara, dass dieser Derwisch
Ton Chogam kommt ^). Entschuldigt euch!" Alle er-
heben sich und entschuldigen sich. Mewlana §erif
lädt Mesreb ein, fünf, sechs Tage da zu bleiben.
Mesreb willigt ein, beim Achund Kolleg zu hören. Er
hört das MiSkät, jeden Tag ein Blatt Das gelesene
Blatt zerschneidet er allemal in seiner Kammer in kleine
Stücke, legt die auf die Wasserpfeife und zieht den
Rauch davon ein. Mewlana stellt ihn darüber zur
Bede. Mesreb: „Einiges blieb in meinem Herzen nicht
haften, da hab ich alles meinem Innern einverleibt,
damit Schrift und Papier nicht herumspazieren". Dann
bittet Mesreb um die Erlaubnis, den Qoran in Verse
zu bringen, und als Mewlana die nicht geben will, be-
schimpft er ihn. Dann geht Mesreb auf den Registan,
wo er einen Derwisch trifft und mit ihm dieselbe
Farce aufführt, die schon obeti S. 178 berichtet ist, nur
knüpft hier Mesreb an den Namen „Fünfhundert Ich"
nicht einen persischen Vers, sondern einen Spruch in
türkischer Prosa. Dann geht Mesreb in eine Derwisch-
Herberge im Frauenviertel 2) (S. 125). Mittlerweile
hatte * Abdallah Chan 3) von Mesreb erfahren und nach
ihm geschickt. Als Mesreb zum Schah kommt, wird
er pnmkvoU aufgenommen, bepisst aber wieder die
Polster, und es schliesst sich daran das schon oben
(s. S. 174) gegebene Frag- und Antwort-Spiel. Der
^) Dass das Metempsyschose-Motiv hier diese Bolle spielt
ist ganz unorthodox, und es spricht nicht sehr für die Becht-
gläubigkeit Hazreti Äf^q's, dass sein Adept an solchen Ketzereien
erkannt wird. Zu beachten ist, dass der Glaube an die Seelen-
wanderung bei den IsmaYliern des Pamir allgemein ist, s. Bo-
brinski 10 f. Wenn man erwägt, dass in Ostturkistan die alidische
Zeit noch fortwirkt und dass der Gegensatz von Schiismus und
Sunnismus dort sehr milde Formen zeigt, so wird man das Her-
vortreten des ketzerischen Motives hier weniger anstössig finden.
') äg?Uicaktmia makaüesi,
*) Es wird an einen der Fürsten der Astrachan-Dynastie zu
denken sein, unter welchen am Ende des 11. Jahrhunderts d. Fl.
die Herrschaft geteilt war (s. Pool e. Cot. B, M, VII, 70).
37
Digitized by LjOOQ IC
184
Chan bringt sieben Säcke Gold angeschleppt.
Mesreb macht sich über das Oold in einem persischen
Ohazel lustig, schleudert die Ooldsachen auf die Erde
und macht sich bereit, weiter zu wandern gen Balch.
Unter grossem Gepränge verlässt Mesreb Buchara. Da
entbietet ein Armer Mesreb seinen Gruss. Mesreb
lässt ihn näher treten: ^Wenn diese Binde um meinen
Leib (der Chan hatte ihm ein paar kostbare Binden
geschenkt) herabfallt, soll sie dir gehören ; gäbe ich sie
dir mit der Hand, so würde die Welt sagen: Mesreb
hat mich mit der Hand angefasst.^ Nach zwei Schritten
fällt die Binde herab. Zugleich steigt auch Mesreb von
dem Edelross, das ihm der Chan geschenkt imd befiehlt
seinem Diener Sermest^), dem Tier mit einem Beil den
Fuss durchzuhauen. Die Leute von Buchara entsetzen
sich, denn das Pferd sei 200 Goldstücke wert Mesreb:
„Wenn ich rom Schloss bis zum Registan auf diesem
Pferd gekommen bin, so habe ich Gott vergessen.
Tötet es, dass nicht ein Gläubiger desgleichen tbue,^
Gross und klein brechen in Thränen aus. Der Chan
aber bittet, Adept {münd) Mesrebs werden zu dürfen«
Mesreb: „Ich übernehme mir keinen Adepten, sei aber
mein Auferstehungsbruder". Darauf schenkt ihm der
Chan 1000 Tenge, Mesreb heftet einen an seine Mütse,
die andern verteilt er. Als er dann in Verzückung
gerät imd ein Wort sagt, legen ihm das die Ulemas
als Küfr (Ketzerei) aus und rufen: „Den muss man
verbrennen!" Man schleppt Holz herbei, Mesreb steigt
auf den Scheiterhaufen imd sagt ein langes Strophen-
gedicht (S. 130). Dann steigt er vom Scheiterhaufen
herab, und es zeigt sich, dass nicht einmal sein Mantel
an irgend einer Stelle vom Feuer angegriffen ist. Die
Ulemas sind blamiert, und das Volk jubelt. MeSreb
geht nun in das Viertel Güibär und weiter nach Qu§
Begl^); da sieht er, wie die Mullas dem Volke mit den
') Diesen Namen führt einer der islamischen Helden in einem
teskire, s. Grenard 18.
*) Der Ort (Stadtviertel) ist nach der obersten Hofwürdf
38
Digitized by LjOOQ IC
185
Grabesqualen bange machen. Er verspottet sie und
den herbeigerufenen Achund; dann sieht er viele Leute
an der Thttr eines Chogas. Er hört, dass der Choga
eben einen Diener abstrafe. Der Cho^a erklärt auf
Befragen, der Mann habe ihm sein 200 Ooldstücke
wertes Edelpferd dadurch zu Tode gebracht, dass er
ihm Hllhnerdreck zu fressen gegeben. MeSreb: ,,Habt
ihr einen Vater?** Der Choga: ,,Mein Vater ist tot."
Hesreb: ,,An wessen Dreck ist denn euer Vater ge-
storben, wenn euer Pferd am Hühnerdreck gestorben
ist?" (S. 135). Der Choga läuft zu seiner Mutter und
erzählt, was ihm mit Mesreb passiert ist. Die kluge
Mutter merkt sogleich, dass jener Derwisch der Heilige
namens Sah Mesreb ist, von dem sie schon gehört hat,
und schickt ihren Sohn zurück, er solle sich Mesreb
zu Füssen werfen und sich durch keine Schmähreden
desselben von der Ergebenheit für ihn abwendig machen
lassen« Der Choga muss MeSreb seine Kleider schenken
und mit geschlossenen Augen, den Schwanz des Esels
fest in der Hand haltend, hinter MeSreb dreintraben, zum
grossen Gaudium des Volkes. Mesreb sagt ein langes
Gedicht, mit dem er eine Rührstimmung erzeugt.
Mesreb steigt vom Esel ab, segnet den Choga und
verheisst ihm, er werde einen Sohn haben, den solle
er Abulfaiz Chan nennen. In der That stammt die
Familie Abulfaiz Chan Ata von den Chogas von (jrüibär.
Dann kommt Mesreb nach Qubädijän^), wo sich der
Isan Soft Allähjär^) befindet. Der zieht Mesreb ent-
in den Ghauaten benannt; über den GroBsfalkonier, d«r den Chan
auch bei Abwesenheit yertritt, b. Schwarz 178.
^) Jaqnt 4, 26 s. y. hat: „qubädüän im Gebiete Ton Balch**.
Dir Ort liegt aber jenaeita des Amn Darja, an dem rechten Zn-
floM Käfimehän.
*) £r ist der i. J. 1133 [ao nach dem Ta*nch in ed. Stam-
biü 8. 144] gestorbene Verfasser des in ganz Tiirkistan als Hand«
buch der Glaubenslehre üblichen idbät ä3Cäji9in\ über Drucke
desselben siebe meine Noüi über die Skobelewschen Handschriften
in Moskau O.-L.-Zeitung Y (1902) Sp. 74 und Hüweda S. 145
89
Digitized by LjOOQ IC
186
gegen und begrüsst ihn. Mesreb fasst seine beiden
Hände: „Ihr habt die Brücke des rechten Weges be-
willkommnet, ich werde euch hinüberführen." Darauf
Öffnen auf Befehl AUähjärs zu Füssen Mesrebs
sieben Höllen ihren Schlund; er aber sagt:
„Eh, mein Soft, du fürchtest dich beim Anblick dieser
Höllen, was können die dem anhaben, der sich selbst
gefunden hat? Halt dein Streben hoch!** (S. 140).
Dann muss Allähjär zwischen die Hände Mesrebs sehen
und erblickt Engel in verschiedenen öebetsstellungen.
„Wenn diese Engel alle", sagt Mesreb, „Tag und Nacht
zu Qott beten, ohne zu essen, zu trinken und zu schlafen,
er möge die Oemeinde Muhammeds ins Paradies bringen,
so müsst ihr euer Fünf-Tage-Leben lang euer Streben
hoch halten". Dann macht Mesreb „Äw" und wendet
sich nach der Stadt Balch, in Gesellschaft einiger anderer
Derwische. Mesreb reitet, verkehrt auf dem Esel sitzend,
durch die Strassen von Balch. Ein Ozbeke, der ein
Löwenfell zu verkaufen hat und den Mesreb anredet,
wird frech gegen ihn. Zur Strafe stürzt er sogleich
mit dem Pferde und wirft sich nun Meäreb zu Füssen,
ihm das Fell anbietend. Ein Mulla tritt aus der Menge
hervor und fragt Mesreb, wie er heisse. Mesreb: „Mein
Name ist Gott". Die Mullas schreien: „Der verdient
die Todesstrafe**. Mesreb flieht stracks in das
Schloss Mahmud Chans *). Dort verteilt der Chan eben
Anm. 2. Dass Söfi Allshj&r hier in Qubädijän lokalisiert wird»
ist nicht ohne Interesse.
^) Man denkt zunächst an den grossen Ghaznewiden, aber
das wäre doch ein Herausfallen aus dem temporalen Kolorit.
Eher wird dieser Mahmud Chan zu identifizieren sein mit dem
mächtigen Afghanen, der von 1135—1137/1722—1724 regierte.
Der ausführlichste Bericht über dessen Regierung liegt wohl vor
in dem Werke des Paters Krusinski, über dessen mannigfaltige
Ausgaben und Bearbeitung zu sehen ist Schwab, Bibliographie
de la Ferse S. 45 unter No. 326. Ich trage zu diesen bibliogra-
phischen Angaben nach einen von mir im Oktober 1901 erworbe-
nen Druck der türkischen Obersetzung: Stambul, Druckerei
Öeridechane 1277, 174 SS. 8«.
40
Digitized by LjOOQ IC
187
Essen an sieben, achthundert Menschen. Mesreb setzt
sich auf den Thron Mahmud Chans (S. 145). Ehe
dieser noch ein Wort an Mesreb richten kann, stürzen
schon 30; 40 Mullas herbei, die das Ungeheure von dem
verkehrt auf dem Esel reitenden Derwisch, der sich
Gott nennt, berichten. Me§reb steht Rede und Antwort :
„Dass ich verkehrt auf dem Esel geritten bin, ist
richtig; den Namen Gott haben mir Vater und Mutter
gegeben; kaum hatte ich ihn ihnen auf ihre Frage ge-
nannt, da jagten sie schon als Himde hinter mir drein,
und ich flüchtete mich als Katze hierher''. Die Mullas
wurden verwirrt. Mahmud Chan aber belustigten die
Worte Mesrebs, und er bittet den Derwisch von den
Mullas los. MeSreb wendet sich nun an den Chan mit
den Worten: „Du bist mein Mörder 1" Dann nimmt er
die Laute und giebt sich zu erkennen in mehreren
Gedichten. Darauf stürzt sich Mahmud Chan Mesreb
zu Füssen und überhäuft ihn mit Ergebenheitsbeteue-
rungen. MeSreb aber sagt: „In meinem Schicksals-
buch steht's geschrieben, dass ich durch deine Hand
umkomme; mein Testament für dich ist dies, dass du
meinen Leichnam an einen hohen Ort führst, damit jeder
auch von ferne einen Segen für mich spreche". Der
Chan lässt prächtige Speisen für Meäreb bringen. Der
wirft sie den Hunden vor; aber auch die wenden sich
ab. Am nächsten Tag verlangt Mesreb, auf dem Thron
des Chans zu sitzen. Wieder bepisst er die auf-
gespeicherten Polster. Vom Chan zur Rede gestellt,
ist er trotzig: „Ich hab's ganz recht gemacht ; ich sass
auf deinem Thron; was warst du da? Du sassest im
Hause". Zornig ruft Mahmud Chan den Henkern, sie
sollen Meäreb greifen und an den Galgen hängen. Mesreb
sagt noch: „O Padisah, nach drei Tagen wirst du aus
der Welt gehen" (S. 160); dann wird er unter dem
Wehklagen der Menge abgeführt. Nicht traurig ist er
aber, sondern freudig: „Geht jemand, seinen Geliebten
zu sehen, imd hat Furcht?" Dann sagt er mehrere
Gedichte. Als er unter den Galgen gekommen ist, sagt
41
Digitized by LjOOQ IC
188
er ein Ghazel, betet zwei Rik'ats (Gebetstellungreihen)
und sagt dann in traurigem Ton ein weiteres Ghazel;
dann erzählt er, wie sein Meister ihm den Märtyrertod
vorausgesagt habe, wie er ihn gebeten, durch das Schwert
seiner Liebe sterben zu dürfen, und wie der Meister ihm
sein Messer gegeben habe. Dieses Messer zieht nun
Mesreb aus den Falten seines Mantels hervor. Er
erwähnt noch, dass sein Meister gesagt habe: „Mein
Mörder ist im Qaratagh, dein Mörder ist in Balch Mah-
mud Chan''. Dann sagt er zu Ehren seines Meisters
ein Ghazel. Mesreb legt sich eine Schlinge um den
Hals und hängt sich an den Galgen; sein Messer giebt
er den Henkern (S. 155). Nachdem er ein Ghazel gesagt^
befiehlt er den Henkern zuzuschlagen, die ihm die Kehle
durchschneiden^). Er giebt den Geist auf. Ganz Baloh feiert
die Totenfeier für ihn. Vierzehn Tage lang bleibt der
Tote wie der Mond. Kurze Zeit darauf kommt Mahmud
Chan wieder zu sich und fragt nach Mesreb. Man sagt
ihm, er habe ja selbst befohlen, ihn zu töten. Der Chan
erklärt, er habe nur einen Scherz gemacht, und er habe
ja mit den Augen gezwinkert. Die Henker erzählen,
wie Mesreb selbst sich die Schlinge umgelegt und ihnen
das Messer gegeben habe, sie auch auf seinen Wunsob
mit einem Schnitte ihm den Garaus gemacht. Der Chan
empfindet tiefe Keue. Am vierten Tage nach dem Tode
Mesrebs schläft der Chan in seinem Hause, da tönt der
Ruf: „Die Vergeltung ist Recht! flieh', Mahmud l** Doch
ehe er noch fliehen kann, wird er zu Tode gebracht
Sieben Tage nach dem Tode Mesrebs konunen neun
Derwische nach Balch, die auf Befragen der Minister
erklären, sie wollten nach Mekka, jetzt kämen sie von
Herat. Der Minister erzählt von Mesreb, dessen Mar»
tyrium und dem Tode Mahmud Chans. Die Derwische
berichten, sie hätten Mesreb vor drei Tagen mit eignen
^) Die Eamalieruog von Tötungsarten findet sich anch sonst
im Orient: Der Ketzer und Zauberer Suhrawardi wird erdrosselt
und seine Leiche am Kreuz ausgestellt (Ibn Cballikan No. 888,
9. Nöldeke, Doctar und Garkoch 4).
42
Digitized by LjOOQ IC
189
Augen gesehen in der Wüste von Uerat: er hatte das
Leichentuch um, und sein Hund folgte ihm; sie wan-
derten nach Mekka. Der Vezier reitet schleunigst zum
Gh-abe Mesrebs. Da sieht er an der Qibla-Seite des
Qrabes eine Thür, im Grabe selbst ist weder Leichen-
tuch noch Leiche. Unter Thränen schliesst er das Grab
und verrichtet Gebete, Die nächste Nacht erscheint ihm
Mesreb im Traum und sagt zu ihm: „Ich habe den
Propheten besucht, der hat Iskanmis^) bestimmt; bringt
mein Grab dorthin"! Den nächsten Morgen öffiiet der
Vezier das Grab, findet Mesrebs Leiche darin liegen
und führt sie nach Iskanmi^, wo sich das Grab noch
heute befindet.
Dieses Ukänmii darf gleichgesetzt werden dem Ifikadim,
das auf der karta j^fno'C pogranUmo'i polosy aeijatakoi rosni in
40 Werst = 1 ZoU (ca. 1 : 1670000), Blatt 19 (Taäkent), am linken
Ufer des Pang (Oberlauf des Ainu Darja), nur ca. 1(X) km nörd-
lich des durch die englischen Kämpfe bekannten Citral, ein-
getragen ist. Auf der Karte Iran, ösiUche HcUfU . . . von
H. Kiepert, October 1878 (Berlin, D. Reimer 1878) hat es als
Höhe 2650 m. Nun giebt es einen zweiten Ort, dessen Name
unserm läkänmU näher kommt: IlkamyS der russischen Karte an
einem Zufiuss des in den Amu Darja gehenden Kunduz Daija,
genau halbwegs zwischen Balch und dem ebengenannten likaSim.
Dieses ISkamyi liegt aber nur wenig höher als Kunduz (russ.
Karte 1100" == 275 m, Kieperts Karte 150 m) und der Heilige
lässt sich sicher nicht an einen andern Ort in der Ebene bringen»
sondern auf die luftigen Höhen des BadachiSn (zu ihm gehört
likaüm nach der russischen Karte); ferner heisst dieses Bkamyi
auf Kieperts Karte wie der östliche Ort: ,Ischkaschim*. Es ist
wichtig, dass die russische Karte beide Formen des ursprünglich
gewiss einheitlichen Namens erhalten hat. £• fragt sich nun,
welche dieser Formen ist das Original, welche die Verdrehung?
Von Tomherein wird man nach bekanntem Gesetz der weniger
leicht erklärlichen das Vorher zuschreiben: unyerständlichet
ükaütn machte sich das Volk als die bekannte miä-^Form zurecht«
Das IskänmU des Meireb - Textes ist freilich ein gewichtiges
Zeugnis gegen diese Konstruktion. — IfikaÜm erscheint als Gegend-
name in der mehrfach genannten Arbeit Bob r in ski's; sie spricht
gleich am Anfang yon den „tagikischen Gemeinden von Wachan,
ISkaiim, Goron, §ugnau und Roian'*. likaiem wird auch erwähnt
in der englischen Quelle (ZRG6 XIII, 448 S.\ nach welcher
43
Digitized by LjOOQ IC
190
Tomaschek, CentrdUmaHsche Studien II (S.-Ber. Ak. W. Wien,
Phil-Hist. KL 96 (Jahrgang 1880, I— III) S. 737 f. das iSkaSmi
als eine von den im Pamir und HindukuS gesprochenen Sprachen
nennt.
Naehträgllches.
Zu S. 160 Anm. 1: Noch vor Abschlass des Druckee, den
ich infolge meiner Abreise nach Zentralasien beschleunigen
musste, konnte ich das Geschichtliche etwas besser aufklären.
Die Hauptsache ist ja richtig gefunden: dass MeSreb in die Zeit
der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert gehört (s. ausser den
S. 150 Anm. 1 angeführten Stellen noch S. 185 Anm. 2). Die
noch im letzten Augenblick gefundene Stelle bei Howorth (s.
unten zu S. 186 Anm. 1) macht 1099/1688 als Todesjahr Meärebs
höchst wahrscheinlich, wozu auch das aus Bellew-Forsyth
gewonnene Datum gut stimmt. Ich bemerke aber wiederholt
ausdrücklich, dass es mir in diesem Hefte in erster Linie darum
zu thun war, das religionswissenschaftlich bedeutsame Volksbuch,
dessen Held das Herz des Volkes besitzt und das bei Millionen auf
Denken und Fühlen wirkt, bekannt zu machen. Ich bitte um
Nachsicht dafür, dass das Historische nicht mit der ihm gebüh-
renden Sorgfalt behandelt ist. Es handelt sich um lokale Grössen,
von denen nur in den speziellen Quellenwerken die Rede ist.
Ich hoffe, auf sie zurückkommen zu können. Über Bahim ßaba-
MeSreb scheint weder Forsyth noch Howorth etwas zu haben.
Zu 8. 151 der Grundton . . . • . die vollkommene Wursch-
tigkeit des äusseren Wohlergehens, Ansehens und sogenannten
Anstandes u. s. w.: Dazu ist zu verzeichnen, was Ignaz Gold-
ziher, dem ich einen Abzug gesandt, unter dem 23. Aug. 1902
mir schrieb: „Ich habe bei erster rascher Lektüre den Typus
des sogenannten malämeti erkannt, eine Sorte von Derwischen,
deren Force programmässig darin kulminiert, die Verachtung und
den Tadel der Menschen absichtlich auf sich zu laden. Sie -
wollen verachtet werden xmd thim immer Dinge, mit denen
sie diesen Erfolg erzielen: ein noch erhöhtes contemnere con-
temni. Ein solcher Malamati scheint Ihr Ma§rab zu sein. Dies
ist seine Kategorie." Sami definiert in qämüsi turH S. 1399c
nuUäini so: hukemä'i kelbajün mesleJäne qarxb bir mesleki qalen
deräne ittichäd Iden tatiqlerden bitine tobt* ödem d. h., ein Mensch,
der einem der Derwischordeu angehört, die ein dem System der
Gyniker verwandtes Bettelmönch-System angenommen haben'.
Zu S. 152 Anm. 1: „die Türkenchane, deren Islamisie-
Digitized by LjOOQ IC
191
rang sich an den Namen Satoq Boghra Chan knüpft": wohl
hemerkt in der Legende I Das Geschichtliche ist dunkel, doch
wird sich bei Sammlung aller Quellen und ihrer kritischen Be-
handlung mit Heranziehung des recht beträchtlichen numismati-
sehen Materials immerhin ein klareres Bild gewinnen lassen als
bisher. Die Kompilation bei MuneggimbaSi 11, 509 ff., aus welcher
allein Negib Asim, türk tarkhi (s. darüber mein Referat Orient.
Litt-Zeitung 1902 Heft 9) S. 237 geschöpft hat, darf natürlich
nicht als zuverlässige Quelle behandelt werden^ aber es sei bemerkt,
dass sie eine ausführliche und durchsichtige Darstellung giebt. —
Das Wesen und der Ursprung des Duwanas in Zentralasien, die
hier auch S. 1Ö6 Anm. 2 a. E. erwähnt sind, erhält einige Be-
deutung durch den Artikel Awetaranians Die verkissenen Kinder
des Islam in der Zeitschrift Wege und Ziele (Berlin, Erollmann&Oo.),
Nov. 1899. Es geht daraus hervor, dass die Duwanas ihre trau-
rige Lage und Entwicklung sozialen und wirtschaftlichen Ver-
hältnissen verdanken, namentlich der Vernachlässigung des Stief-
kindes. Bemerkenswert ist das Licht, das aus der Notiz über
das Aufsuchen des giüchän ,ABchenhaufens^ (der Bäder) durch die
frierenden Kinder (S. 227) auf das osmanische giüchäm für ,Penn-
bruder*, ,Strolch^ fällt. Übrigens ist Awetaranians Darstellung
mit Vorsicht au&unehmen. Es stehen diesem Bericht tlber angeb-
liche Grausamkeit der Muslims Zentralasiens, die ganz zu Unrecht
dem Islam in die Schuhe geschoben wird, gewichtige gegenteilige
Zeugnisse gegenüber. Gerade die Sorge für verlassene Kinder
ist ein Hauptzug im Islam, schon aus religionspolitischer Erwägung j
und bereits Heft U/HI S. 45 wurde die Erwerbung sogar von
Chinesenkindem durch Muslims zum Erziehen in der rechten
Lehre erwähnt. Für diese Notiz und die Thätigkeit der Muslims
als Kulturträger im Allgemeinen führe ich jetzt an den Artikel
E. Luraults L^ Islam en Chine in L'Orient XII Ko. 4 vom 27* Jan.
1900, in welchem allerdings nach der anderen Richtung etwas zu
weit gegangen wird. Wie es mit dem nach Awetaranian
a. a. 0. 230 von den Chinesen für die islamischen Kinder in
Jarkand eingerichteten Kranken- und Zufluchtshause steht, wird
erst nach genaueren Mitteilungen von anderer, nicht der Mission
angehörender Seite zu ersehen sein. Übrigens giebt Awetaranian
der Wahrheit die Ehre, indem er die Thätigkeit des Igar&i lian
würdigt, der für die Waisen sammelt und ernst sorgt, freilich
bei den ,Frommen im Lande' im Gerüche ketzerischer Gesinnung
steht.
S. 158 Anm. 2 erenler: Zu der Notiz über die Anwendung im
heutigen Stambuler Sprachgebrauch, vgl. auch die Bedeutongsan-
gabe bei Ahmed Wefiq, lehj'i "otmäni (ed. 1293 S. 114) s. v. eren:
jäismis ermis kämil weH — erenler derejelerini biüän hälä mertebeie
45
Digitized by LjOOQ IC
192
Miän chatoäss ja*ni ährär und: erenler nidä^ — Ja hüplrim chairlü
MH äj efenäk maqäminda; ähnlich Säm im qämüsi turld 91c, der
richtig erklSji;: irmekden eren, wozu zu bemerken, daas die zentral-
asiatischen Drucke meist iränlär zeigen. Die Grundbedeutung
Yon ermek ist ^anlangen', ,das Ziel erreichen*, von Früchten ,reif
werden*. So wird eren am besten durch ,Reifer* wiedergegeben
werden.
Zu S. 159 Anm. 1: Die folgende, sehr gütige Mitteilung
Andreas', die ich im letzten Augenblick erhalte, bestätigt voll-
kommen meine Vermutung, dass Äfäq um 1700 anzusetzen sei,
wodurch auch für MeSreb die Zeit, die sich aus der Erwähnung
§Qft Allähjärs ergab, gesichert wird. Andreas hatte durch
Awetaranian von Äflq gehört und sich Notizen gemacht; er
schreibt mir unter dem 17. August 1902: „Ich habe mir, um feste
Anhaltspunkte für die Chronologie zu haben, folgendes nach einem
einheimischen Stammbaum notiert. Es handelt sieh um das alte
Fürstengeschlecht von Ka$ghar, die Khogas, über welche siehe
Forsyth. Also: Mir Ahmed Ghvägägi Machdümu-la'zäm
(in EaSgar sagt man Mir Ahmed Chogam). Sein ältester Sohn
ist: Häzräti Sejjid ISän Eälän Mühammed Eimen, sein
Todesjahr = qutbi 'älem reft wäj = 949 H. = 1642/43. Das
Todesjahr von Cho^aÄpäk (so spricht man in Eaighar) [vgl.
das oben aus Shaw angeführte ApäkJ 1105 = 1693/4." Die Öe-
schichte der Chogas und auch des Heiligen Äföq s. ausführlich
in der Zusammenstellung Bellews über die Geschichte KaSghars
in Forsyth, Bepart of ä Mission to Yarhmd in 1873 (Calcutta
1875) S. 175-178. Auch nach ihr starb Iföq i. J. 1105/1683, in
Jarkand.
Zu S. 168 Chänum PädiSfth: es muss eine resolute Frau ge-
wesen sein; sie spielt in der Geschichte der Heiligen-Fürsten
Nachkommen des Machdümi A'zam eine Rolle, s. Bellew-
Forsyth a. a. 0.
Zu S. 168 Anm. 3 Selbstfesselung als Demütigungszeichen:
So zieht der mächtige Abdallah Chan dem grossen Pir Scheich
'Azizän von Eermine entgegen mit einem Strick um den Hals,
dessen anderes Ende in der Hand eines Reiters ist. Howortb
IT, 742.
Zu S. 169 Anm. 2 Propheten als Fürbitter am jüngsten
Tage: Die älteste Quelle über die Vorstellungen vom Jenseits,
das küäb ätbad? waUa'rich Abu Zaid Albalchi scheint in dem
bisher durch Huart publizierten Teile von dieser Fürbitte nichts
zu wissen. Ich hole den Verweis auf Eap. IX, an dessen Schluss
der Jüngste Tag geschildert wird (Band II Teitt S. 234, übers.
8. 197), zu Hüweda No. 1 (S. 138) hiermit nach.
Ztt S. 180 Anm. 1 Sijähpüä. Von E&mpfen gegon sie liest
46
Digitized by LjOOQ IC
193
man öfter, so zieht z. B. Murad Bi Ton Etmdaz gegen sie um
1830. Howorth U, 859.
Zu S. 183 Anm. 3: Zeitlich würde gut passen der im Jahre
1705 gestorbene Ubaidnllah Chan, welchen eine Quelle Abdallah
nennt, s. Howorth, HisUny of the Mongols U, 762.
Za S. 185 Anm. 1: Ausführlich behandelt den Ursprung
des Namens qubädijän Tomaschek in CentrakuiaHsche Studien I.
Zu S. 186 Anm. 1: Auch der Afghane Mahmud ist nicht
der hier gemeinte. Anfschluss giebt Howorth, HMory of ihe
Mongols. Danach (s. ü, 756 ff.) trieben um 1096 ihr Wesen in
und um Balch zwei Männer Namens Mahmud: Mahmud Bi Atalik
und Mahmud Öan. Die Darstellung bei Howorth ist nicht klar
und auf die Quellen zurdckgehn war mir vor Abschluss des
Druckes nicht mehr möglich. Über den Tod Mahmud Ataliks,
der übrigens meist nicht in Balch lebte, finde ich bei Howorth
keine Angabe, seine Spur wird verloren i. J. 1116 (1706/6), siehe
Howorth II, 762; für den Tod Mahmud Öans giebt Howorth
n, 758 das Jahr 1099/1687. Es darf wohl der Mahmud Chan
des Volksbuches diesem Mahmud Gan (wo liegt die Verschreibung?
oder ging dem Volke der ,Herr' — jän ist jeder anständige
Mensch in Zentralusien — • in den ,Für8ten* — ehän über?) gldch-
gesteUt werden. Dann ist 1099 auch das Todesjahr MeSrebs,
und sein Pir, Äfäq-CHiogam, überlebte ihn um sechs Jahre (s.
Nachtrag zu S. 159 Anm. 1).
Zeiehen der zitierten Werke.
Caghataisches = Martin Hartmann, Öaghataisches — Die
Grammatik ttssi Usäni twH des Mehemed Sadiq (auch: Ma-
terialien zu einer (jl^schichte der Sprachen und Litteraturen
des vorderen Orients, herausgegeben von Martin Hartmann,
Heft 2). Heidelberg, Winter, 1902.
Grenard = Dutreuil de Ehins — Mission Scientifique dans la
Haute Asie — Vol. m par Grenard. Paris 1900.
Hedin Pet = Die geographisch -wissenschaftlichen Ergebnisse
meiner Reisen in Zentralasien 1894 — 1897. Von Dr. Sven
Hedin. Gotha 1900 (Petermann Er^nzungsheft No. 131).
Hüweda = Der ßaghataische Diwan Hüwedä's von Martin
Hartmann (Mitt. Sem. Or. Spr. Berlin, V (1902), Abt. II
S. 132ff.)
Schwarz = Turkestan von F. von Schwarz. Freiburg 1900.
Ausgegeben den 31. August 1902.
47
Digitized by LjOOQ IC
Draek von lUz Sehmwsow TOrm. Zahn b Baendal, Kiiehhain N.-L.
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
MARTIN HÄKTMANN
DER
ISLAMISCHE ORIENT
BERICHTE UND FORSCHUNGEN
vi-x
£m Heiligenstaat im Islam: Das Ende der Caghataiden und die
Herrschaft der Cho^as in KaSgarien
BERLIN
WOLF PEISER VERLAG
1905
Digitized by VjOOQIC
l
196
Von Mekka bis zum Lande der Chinesen erklang das
Ah! der Adepten dieser erhabenen Tariqat. Wunder-
geschichten aus dem Leben Mftchdüms werden von ihm
selbst in der ersten Person erzählt (S. 9 — 18). Machdüms
Ahn Saijid Eemäluddin MagnQn gelangte auf dem Der-
wisch-Bummel, oder wie hier stilyoU gesagt ist, ,auf
der Suche eines Heiligen-Arztes für die ihn ver-
zehrende Glut' nach Ferghana, wo damals Saijid^)
Ilek M&zP), ein Nachkomme des Chalifen Abu Bekr
herrschte. Der war durch eine Erleuchtung (Hhäm)
schon auf das Kommen des Heiligen vorbereitet. Die
Zeichen treffen ein. Sultan Mäzi nötigt dem Heiligen
seine Tochter 3) zur Ehe auf. Nach einiger Zeit kehrt
Eemähiddln nach Me^a; von wo er gekommen, zurück
und stirbt dort. Die Geburt seines Sohnes Burhänuddin
^) Dem die Bekriden den Ehrentitel saiiid erbalten, dürfte
eine Spezialit&t Mittelasiens sein. Gewöhnlich nennen sich die,
die ihren Stammbaum auf AbQ Bekr zoröckfOhren, ^iddiql (so
z. B. die bekannte Familie der Bakri ^iddiql in Egypten, s. mein
Muwawah 12). In Indien heissen die Bekriden nach Ga'far
äerif bei Herklots, Qanoan^Islam (London 1832) 8. 9 Anm.:
Shdkh Siddeeqpe [scdeh pddi^].
*) ^Le <i^AXji 4Xl«» 8. 19 Z. 3. 5. Ich weiss nicht,
welche historische Persönlichkeit hinter diesem Namen zu suchen
ist. 8. 19 Z. 5 heisst es von ihm: iSv^y^ {J^ ,jl ifl 1 <«> «aj
s^kjöyj}; fOr &Jb ist sicher JU^ zu lesen. Welche sieben Sultane
sind gemeint? — Mftzi ist nicht selten als Beiname innerasiatisoher
Fürsten: Ismifll der Samanide (279—295) war f^^ y^\; der
Stammvater der Ilekiden, SatoqBoghra Chan hat im Ta^nchiGhmde
den Beinamen: elmädi (s. Tärikh^ Goüdä ed. Gantin § 292). Man
ist geneigt, in dem Dek Mäzi hier zu sehen: Dek Na^r Chan
Mäzi, Sohn des Boghrä Chan gestorben 403; doch dann l&ge ein
arger Anachronismus des Berichterstatters vor; denn Eemäluddin
muss um 700 gelebt haben.
") B y^ L r ^ nicht bei Shaw; es gehört demselben Kreise an
wie XJUJLßd zaipe, das in Kafigarien allgemein gebräuchlich ist
fOr ,Weib' (bei Shaw). Das persische Original des Tezkire über
Machdümi A*zem (in meinen Besitz; türk. Ms. No. 33) hat deutlich
yc^Lfe S. 12, 3. Als der Heilige auf die Heirat nicht eingehen
will, weil kedckudä^t nicht seine Sache sei, erklärt der Sultan,
Digitized by LjOOQ IC
197
Qilig erfolgt nach seinem Tode. Der noch lebende
GrosBYater Ilek Mftzi räumt Burhänud^ den Thron
ein (S. 19. 20). Dieser wird plötzlich yon göttlicher
Verzückung {§edbd üähi) ergriffen^ läset» gleich Ibrahim
Edhem, Krone und Thron im Stich und wird Adept des
Scheeh Mu^li^t^ddin Chogendi. Der Schech lässt ihm
ein Lager von sieben Decken herrichten, yon denen
Burhänuddin drei forttut; er hebt den Vorhang bis zum
vierten Himmel auf-, der Schech schilt ihn: „hättest
du auf allen sieben Decken gelegen, so hättest du alle
sieben Himmel besehen^. Nach dem Tode des Schech
kehrt Burhänuddin in die Heimat zurück und leitet sein
Volk; Wundergeschichten von ihm (S. 21—22 Z. 3). Die
Nachkommen des Burhänuddin Qilig bis zu Machdümi
A*zem waren überwiegend Wundertäter, Schauende und
Pole. Die Frau Machdüms war Bibigai^) Easqarl aus
dem Geschlechte Satoq Boghrä Chans; sie war die Mutter
des Isän Choga Ishäq Wall, den sie als letzten Sohn
gebar, und den wohl zu hüten Machdüm ihr besonders
empfahl, wie er selbst ihm viel Aufimerksamkeit schenkte
(S. 22 Z. 3 bis S. 23 Z. 1). Es folgen Erzählungen
aus dem Leben Ishäq Walls, die seine frühe Erleuchtung
und die Hofihungen, die Machdüm auf ihn ab Stärker
der politischen Macht der Chogas setzte, vermelden,
auch das Ansehen imd die Macht, die er besass, be-
zeugen, und die uns eine gute Einsicht in das Treiben
an diesem kleinen Hofe gewähren. Die Gewährsmänner,
die oft in erster Person sprechen, sind: Mo|;iammed
Qäsim (S. 23 med. imd unten, 25 oben); Ächond Molla
Sa id (S. 24 oben); Häfiz Nizäm (S. 2ö med. und 28 Z. 2);
Molla Säkin Challfa (S. 32 oben). Die Geschichten
selbst sind dürftig. Machdüm sieht im Traum, wie sein
Gott selbst habe ihm angezeigt, das« er diese Ehe im Himmel
geschlossen (S. 12, 6f.) : ^ J^i S<>^ \J^ ch^ '^S )'^
JJl XamU JJi^ L»^ c)^-^^' )^ S^ ^)7^*
') Daneben die Schreibnng Bübl^, z. B. S. 22 Z. 9. Blbi^
= «kleine Frau'.
1*
Digitized by LjOOQ IC
198
Sohn Ishäq auf hohem Berge stehend nach Osten und
Westen ruft, und wie von beiden Seiten grosse Scharen
ihm zuströmen (S. 24 oben). — Molla Sa'id erklärte
einmal Ishäq, er wolle ihm anhangen, wie er seinem
Vater Machdüm angehangen; da sagte Ishäq: Du irrst,
nicht bei mir ist das Derwischtum (S. 24 med.). —
Häfiz Nizäm war eines Tages bei Ishäq in Isfiduk^); da
blickte Ishäq auf die Genossen und forderte sie auf,
ihn nach Balch zu begleiten; bis an das Ufer des Amü
Darjä kam Molla Muhammed Sahhäf, einer der grossen
Chalpas Machdüms ihnen entgegen und leistete jeden
Dienst. Aus Balch strömte Hoch und Niedrig zur Be-
grüssung herbei, nur Molla Churdek, einer der grossen
Chalpas Machdüms, fand sich nicht ein, weil er davon
absolviert sei. Das verdross Ishäq, denn er behauptete,
er habe vor allen Söhnen Machdüms den Vortritt'^).
Nach einigen Tagen wandte sich Pir Muhammed Chan,
der Pädisäh von Balch, an Ishäq mit der Bitte, er möge
Churdek, der zu alt sei zu kommen, zuerst besuchen.
Als sie an des Mollas Tür kamen, kam dieser nicht
zum Empfange heraus. Da sah der Chan Tränen in
den Augen Ishäqs und erhielt auf die Frage nach der
Ursache die Antwort: „Ist er gekommen, um sich nach
unserem Befinden bei Krankheit zu erkundigen oder
uns zu sehen?" Ein hineingeschickter Diener berichtete,
der Chalpa sei gestorben. Als nun der Chan sich nach
Ishäq umsah, war dieser verschwunden; das Volk war
überzeugt, Ishäq habe Churdek verflucht'). Einige An-
hänger Churdeks sannen auf Rache. Ein paar Tage
*) Der Name bedeutet : »Kleines Weisses*. Über die Lage des
Ortes siehe S. 206 Anm. 2.
*) Das bedeutet wohl, dass Churdek zur Partei des Ishäq
feindlichen Muhammed Emin, des ältesten Sohnes Machdüms,
gehörte.
*) Die Geschichte, so Öde sie ist, ist kennzeichnend : die un-
befriedigte Eitelkeit eines herrschsüchtigen Pfaffen wird vom Volke
in Zusammenhang gebracht mit dem Tode des Beleidigers, und
dem »Heiligen* wird die Fähigkeit zugeschrieben, eine lächerliche
Rachsucht zu befriedigen; vgl. S. 199 n. 4.
Digitized by LjOOQ IC
199
später erkrankte der fünfjährige Sohn des Chans. Ishäq
ging den ELranken besuchen; alsbald meldete man dem
Chan, der Prinz*) sei gestorben. Er legte den Toten
dem Heiligen vor die Ftisse, er solle ihn erwecken. Die
Anhänger Churdeks raunen: Wäre Churdek am Leben,
so würde er gleich Gott anflehen. Nun darf natürlich
Ishäq nicht zurückbleiben, und er betet dringend, Allah
möge ihn nicht blamieren; auch die Engel helfen mit,
und so erhört Allah das Gebet, der Prinz niest^) und
steht vergnügt auf. Nun war an dem Orte, wo Ishäq
abgestiegen, ein Ahornbaum, auf dem nistete ein Habicht,
der den Tauben des Chans Leid antat. Der Chan
schickte zu Ishäq, er solle dem Übel abhelfen. Ishäq
liess den Habicht von Häfiz Nizäm herabholen und
schickte ihn dem Chan, war aber so aufgebracht über
die Erniedrigung zum Jäger, dass er Balch verliess und
sich in das Land Hisär^) begab. Einige Tage später
wurde der Chan krank und starb *) (S. 25 Z. 7—28 Z. 6).
— Ishäq hatte die Erlaubnis zu lehren^) von seinem Vater
Machdüm, von Maulänä Lutfulläh Gusti und von Maulänä
Muhammedi Qäzi^) erhalten, aber der geistliche Stamm-
baum war von Machdüm auf Lutfulläh 6usti'') überge-
') auUän; auch an anderen Stellen wird der Sohn eines
Chans auUän genannt.
') Das Niesen gehört dnrchans zum Erwachen vom Tode in der
asiatischen Erzählongslitteratnr, vgl. den toten Buckligen in 1001
Nacht (Nacht 32 der Vulgata; s.z.B. Obers. Henning (Eeclam) 2,103).
') Mit Hisär ist der Ort gemeint, der auf der 10 Werst-Karte
(Blatt Vni 6) inter 38» 28' n. Br. und 88<» 16' ö. L. Pultawa ein-
getragen ist und 193 km (Luftlinie) südöstlich von Samarqand
liegt. — Mfär wüäje^: das Land, das nach dem Hauptort genannt ist
^) Der fromme Erzähler l&sst durchblicken, dass dieser Tod
die verdiente Strafe für die Beleidigung Ishäqs war, vgl. S. 198 n. 3.
^) Die Funktion eines MurSid zu üben {ruchsaU irsäd),
*) Die Izftfe ist in diesem Namen, der häufig vorkommt
(11 1. 13 10. 14 12. 186 und hier 289) durch ja beseichnet, wie das
in mittelasiatischen Handschriften und Drucken häufig ist.
^) Nisbe zu Öust, das als Öust auf der 10 Werstkarte (Blatt
VI 6) unter 41° n. Br. und 40<» 64' ö. L. Pultawa 72 km (Luft-
linie) nordwestlich von Aqsy (Achsiket) am Sjr Daija eingetragen ist.
Digitized by LjOOQ IC
200
gangen; der liess Ishäq, welcher in Buchara studierte,
Yon dort kommen^ gab ihm seine Tochter zur Frau und
übertrug den geistlichen Stammbaum auf ihn durch
Urkunde, die sich in den Händen der Ishäqiden be-
findet i), und in der es heisst: „Alles, was ihr yon meinem
Pir Hazreti Machdümi A'zem erbatet, erbittet nun yon
Hazreti Cho^a Ishäq WaU". Nach der leiblichen Ab-
stammung war Ishäq vollkommen, denn sein Äusseres
glich dem Aussem des Profeten ganz und gar. Sein
Vater Machdüm stand jedesmal, wenn er ihn sah, auf
und blieb respektvoll stehen. Auf Befragen begründete
er diese Ehrenbezeugung damit, dass jedesmal, wenn er
denProfeten im Traume sehe, er dasTraumbild in derGestalt
dieses Sohnes sehe (S. 28 Z. 6—29 Z. 8). — 'Abdullatif
SultÄn^), einer der Chane von ÜrgCDg, war der frömmste
Mann seiner Zeit und einer der grossen Chalpas Ishäqs.
Er erzählt, beim Lesen eines Buchs über den Profeten sei
er in Verzückung geraten und habe den Profeten ge-
sehen, wie das heilige Licht von allen Seiten seinem
Halse zuströmte; erwacht, sah er Ishäq dasitzen, gleicher-
weise von Licht umflossen; Ishäq bemerkte, als er sein
^) bü taqnr ishä^e nezdUeride dur S. 28 1. Z. Es wird viel-
leicht möglich sein za ermitteln, in wessen Händen sich jetst das
Schriftstück befindet, und eine Kopie davon zu erlangen.
*) Das kann nicht der Schaibanide *Abdnllatif (947—959)
sein, s. Lane Poole-Barthold 230. Der w&re Chan, wOrde nicht
in ÜrgcDg residieren und würde nicht solche ,frommen* Torheiten
treiben; auch bildete Chwarizm ein eigenes Chanat unter besonderer
Dynastie, s. Lane Poole-Barth. 229 med. and 235. In der Liste
a. a. 0. S. 235 findet sich kein 'Abdullaüf. Das ,$uUän' läset
darauf schlieesen, dass wir es mit einem Prinzen zu tun haben,
s. oben 8. 199 Anm. 1. Man ist geneigt, diesen Prinzen in dem
*Abdullatif zu suchen, der als ältester Sohn ^Abdurra^ds genannt
wird im Haft Iqllm (Quatremöre, M<UkH»88ad&n S. 487) und
nach Haidar Bäzl 29 Jahr alt fiel (ebda 511). Da sein Vater
38 Jahre regierte, kann er nie den Thron innegehabt haben.
Doch seine Schilderung als grosser Krieger verträgt sich nicht mit
,der frommste Mann* und, einer der Chalpas Ishäqs'. Auch wird
kaum einer der SOhne 'Abdurrailds als ,einer der Chane von
Orgeng* bezeichnet werden.
Digitized by LjOOQ IC
201
Erstaunen sah, es sei doch nicht wunderbar^ wenn
Kinder ihrem Ahn glichen (S. 29 Z. 8— S. 30 Z. 8). —
'Abdolkarim Chän^) lad Ishäq nach Easgar ein und er-
wies ihm grosse Ehren. Als das Glück von dem Chan
wich^), mochte er Ishäq nicht mehr leiden und behandelte
ihn schlecht. Vierzig Tage sahen sie sich nicht, dann
schickte er ihm ein Pony*) mit altem Sattelzeug. Als
Ishäq es sah, yerzog er das Gesicht und sagte: „So
macht er's mit uns! Ganz gewiss wird er uns aus
diesem Lande herausjagen^. Als drei Tage um waren,
schickte der Cbän einen Brief, Is^äq zog mit seiner
Familie und seinen Anhängern zu den Eirgizen und
Eazaken^); dort geschahen einige Wunder: in den
') Auf den i J. 983 (1575) gestorbenen 'AbdnrraSid Ghän
scheint sofort dieser *Abdulkarim gefolgt zu sein. Dem von
Quatremdre in MaÜO'asdaad&n {Not, et Extr. 14) Gegebenen
(S. 487) filgt Elias TR EinL S. 121ff. nichts wesentliches hinzu.
Wichtig ist die Heranziehung des Pater GK)98. War wirklich, wie man
nach dessen Bericht annehmen muas, i. J. 1608/4 Muhammed Oh&n
der in Jarkend residierende ^Onig' des ganzen Landes, dann kann
Haidar Bazi nicht mit Recht in seinem zwischen 1610 und 1618
verfassten Werke (s. Quatrem. a. a. 0. 487 nach Ms. Berlin Pertsch
418) sagen, Abdulkaiim Oh&n sei der .gegenwärtig regierende*
Herrscher. Nach unserm Autor (s. unten 8. 204) wurde Muhammed
Ohin von 'Abdullah Ghän von Buchara bedroht. Der regierte
991—1006 (1583—1598). Muhammed war also spätestens 1006/1598
Herrscher. Rechnet man für die Vorgänge zwischen Regierungs-
antritt Muhammed Chans und dem Zusammenstoss mit Buchara
(Ablall und Bekehrung) auch nur drei Jahre, so ergibt sich für
'Abdulkerims Regierung 983 — 1008. Leider hat Abulghää nichts
über die späteren Öaghataiden in KaSgharien als die kurze Notiz
8. 162 (Übers. 8. 170).
*) d. h. als der Fromme sernemWohllAter den Dank in Stänkereien
abgestattet, die dessen EinfluH« und Ansehen untergruben.
^ Jb\ ^^ r^* Shaw gibt unter ^^: »<o<t a ponj, a
small baggage horse". Über diese kleine, hOchst ausdauernde
Pferderasse, „the hardj, small, thick set ponj of Tibet, Ladak,
Eashmir» or Turkestan'' s. Deasj, In Tibet and Chinese Tur-
kettan, London 1901, 8. 8.
*) Diesen einfachen Natnrkindem zu imponieren konnte dem
Torschmitzten Betrüger-Heiligen nicht schwer fallen.
Digitized by LjOOQ IC
202
Steppen flössen Quellen; aus den Götzen erklang das
Glaubensbekenntnis und andere wunderbare Sachen
mehr. Achtzehn Götzentempel zerstörte er; 180 Un-
gläubige fanden durch ihn den Heilsweg. 'Abdulkarim
Chan entsandte nun einen Boten an Ishäq mit vielen
Entschuldigungen, und der kam wieder nach Easgar.
Mit dem Glauben des Ohäns aber war es vorbei, und
im Herzen Ishäqs wohnte Grimm. Einen getreuen Ver-
ehrer und Anhänger hatte Ishäq in Mu^ammed Sultan^);
den hetzte er, er werde bald Herrscher werden, wofür
Muljiammed ihm versprach: ,Dir gehört mein Leben,
dir auch gehört das ganze Land'. Nun zog 'Abdulkaiim
Chan mit 30000 Mann aus, um Gengapur zu nehmen-,
nach sieben Tagen Marsch richtete ein von Gengapur
herkonmiender gewaltiger Blitzschlag Vei-wirrung im
Lager an, und der Chan, der glaubte, es handle sich
um einen Überfall, floh halsüberkopf, obwohl es nur
ein Blitzschlag gewesen war. Ishäq, der die Erfolg-
losigkeit des Zuges vorausgesagt, liess nun Muhammed
Chan den Zug machen, der mit 500 Mann Gengapur
nahm, den Chan tötete und sein Land Ishäq schenkte.
'Abdulkarim Chan wurde der erbitterte Feind Ishäqs,
und dieser wünschte ihm dafür alles Schlechte an.
Als Ishäq die Verfluchung aussprach, hatte MoUa Säkin
Chalpa eine Verzückung; er erzählt darüber selbst: ,Ich
sah den Profeten und Ishäq am Rande eines Teiches
sitzen, sie sprachen über die Unhöflichkeit 'Abdulkarim
Chans; der Profet blickte nach einem auf einem Ahorn
sitzenden Storch und rief: Schlagt diesen Storch tot,
er schreit zu sehr! Ishäq schlug mit einem Stock den
Storch auf den Hals, und der fiel vom Baum. Is|;iäq
rief: „Gott sei Dank, der Profet hat uns von der Bos-
heit *Abdulkarims befreit*'. Dann sagte er: „MoUa
Säkin, habt ihr geträumt?^ Ich entschuldigte mich. Drei
') Nach Amin Ahmed Bszi im H<rft Iqtim war Prinz Mohammed
der sechste der 13 Söhne 'Abdorradld Chans, also ein Brader
'Abdulkerims, s. TR Einl. 121.
I 8
Digitized by LjOOQ IC
203
Tage später kam die Nachricht, 'Abdulkanm Chan sei mit
Tode abgegangen i) und die Herrschaft sei auf Muhammed
Chan übergegangen' (S. 30 Z. 3 — S. 32 unten). — Ishäq
wohnte 12 Jahre in den vier Städten Aqsu» Easgar,
Jarkend und Chotan und breitete den Islam aus^); er
brachte eine Anzahl Personen zur Vollkommenheit; dann
begab er sich nach Samarqand^). Muhammed Chan-
lyqs*) Glaube geriet ins Schwanken, er sagte: „Meine
^) (S<^y? ^J^y&t ^L^ l^r^' ^^^ /Abdulkerim Chan
wurde Habicht*. Zur Metapher siehe Quatremöre, MSmoires sur
la vie de Me'idani 58 und die Ergllnzimg der AusfuhruDgen dort
in Histoire des Mongols 8 Anm. ö. Der Seelenvogel wurde ausführ-
lich behandelt von v. Negelein in Globus Bd. 79 (1901), 367—361.
381—384. Im Ansohluss daran handelte von dem ,Seelenvogel im
islamischen Volksglauben* Goldziher in Globus Bd. 83 (1903),
301 — 304. Da die Vorstellung durch ganz Asien geht, ist die bei
den persischen Historikern so beliebte Metapher: ,der Vogel
(Papagei, Habicht) seiner Seele entfloh aus dem Käfig seines LeibesS
die in unserer Stelle bis zur Unkenntlichkeit verkürzt ist, nicht
notwendig auf den Islam zurückzuführen. Über das Wesen des
sonqär (sunqur) siehe die eingehenden Bemerkungen Quatremör es
Eistaire des SuUans Mamlouks 1, 1 Anm. 126 (S. 90—95), über
die mit einem ,Über die verschiedenen Schreibungen s. Quatre-
mhre zu Maqnzi*s Histoire des sultans Mamlouks I S. 91^ fort-
zugleiten (Jacob, Handelsartikel^ 54 n. 5) nicht zulässig ist.
saqr (arab.) wird von swnqwr^ swnqär {sungar*^ das I nnr mater
lectionis?) zu trennen sein. Keinesfalls hat saqr zum lateimschen
sacer geführt (,Ich halte die Wanderung saqr-sacer (vom Arab.
ins Lat.) für höchst wahrscheinlich' Jacob a. a. 0. 54). Zu der
Schreibung yM^ y jSk hier vgl. das %j-ftXU«, das belegt ist bei
Quatremöre a. a. 0. S. 91. Siehe «Nachträge'.
^) Daraus geht hervor, dass jene Städte und das Land um
sie damals nicht rein islamisch waren. Eine Erinnerung daran
hat sich erhalten: ich hörte in Jarkend indische Muslims spotten,
die Jarkender seien vor 300 Jahren noch ungläubige Qalmaqen
gewesen. Vgl. das Fortschreiten des Islams S. 209.
') Hier wie auch sonst in diesem Werke und meist in meinen
übrigen Manuskripten Samarqand geschrieben.
^) Die Anhängnng von lyg an Würdenbezeichnungen ist nicht
selten; so ist in der Einleitung S. 4 Z. 2 von Mehdl Beklik die
Rede; auch das lAUk oder baiMk im kitäb üUdräk (z. B. 197) ist
hieherznziehen.
Digitized by LjOOQ IC
204
Vorfahren haben an Sultan AlfataO geglaubt^ auch
ich will hingehen, Pferde, Rinder und Hammel
schlachten und nach dem Asch 2) beten^. Nun begab
sich Astar Chalpam, den Ish&q zu seinem Stellrertreter
für Kasgar gemacht, dorthin; das war ein Mann yoU
Eifer und Kraft; er ging hinter dem Chan drein; in
Gegenwart der ganzen Menge setzte er sich auf das
Grab des Sultan Elfata rittlings und zappelte mit Armen
und Beinen; die ganze Menge, der Chan voran, gerieten
in Verwirrung. Da erschien plötzlich eine grosse
Schlange und stürzte sich auf den Chalpa; kaum hatte
dieser die Hand an das Schwert gelegt, da kam Ishäq
selbst herbei und schlug der Schlange den Kopf ab.
Der Chan und das ganze Volk weinten imd warfen sich
Ish&q zu Füssen, weihten ihm das Land und erneuten
ihm Glauben und Folge (S. 32 1. Z.-33 Z. 14). —
'Abdullah Chan von Buchara 3) schickte seinen Bruder
Döstum Sultan mit ÖOOOO Mann nach Kasgar; Muhammed
Chan sass in Jarkend und wusste von nichts, bis Ishäq
es ihm im Traum kündete; da machte er sich nach
Kasgar auf und befestigte die Stadt; das feindliche
Heer umzingelte aber diese und der I^ürst weinte in
seiner Hilflosigkeit*) gegenüber der Übermacht. Da er-
schien ihm plötzlich Ishäq lächelnd und froh, und be-
fahl ihm, den nächsten Tag zu kämpfen, sein werde der
Sieg sein, dann verschwand er. Den nächsten Tag
rückte Muhammed Chan mit 5000 Mann zu Fuss und
zu Ross aus und siegte; Ishäq hatte aber dringendst
gewarnt, den Feind nicht zu verfolgen. Schliesslich
^) Was hinter diesem (qahnaqisohen?) Gottesnamen steckt, ist
nicht klar. Sicherer Bestandteil ist a2p, das auch in einem der yon
F. W. R. Mflller hesprochenen manichäischen Texte vorkommt (s. S.
Ber. Ak. Wiss. Berlin, 1904, IX S. S), Vgl. Alapatu Bitter 7, 435.
') Ich belasse dieses Wort fOr das bekannte G^mcht aus
Reis, Fett und Fleischstücken, das bei den Europäern unter dem
Namen Pilaf bekannter ist.
') Qemeint ist der äaibanide* Abdullah Chftn II, der 991—1006
(1588—1598) regierte; s. schon oben S. 201 n. 1.
*) Kennzeichneud für diese neurasthenischen Schwächlinge.
10
Digitized by LjOOQ IC
205
Bcbickte Döstum Sultan Ishäq 200 Tenge^); er selbst
schwor 'Abdullah Chan, sein ganzes Heer habe gesehen,
wie Ishäq mit weissgekleideten auf weissen Rossen
reitenden Scharen') aus der Festung herangerückt sei,
da seien seine Truppen sämtlich geflohen; Is^äq aber
habe seine Leute zurückgehalten; wenn die verfolgt
hätten, so wäre niemand davongekommen^). 'Abdullah
Chan hegte feindselige Gesinnung gegen Is^äq und
starb in dieser. Muhammed Chan weihte dem Heiligen
dreimal die obengenannten Städte (Aqsü, Kasgar, Jarkend,
Chotan). Alles zu erzählen wäre zu lang, und es ist
Abkürzung nötig, damit das Hauptthema nicht zu kurz
kommt*) (S. 33 Z. 14— S. 34 I.Z.). — Schliesslich starb
Ishäq und wurde in Isfiduk begraben. Es gibt einen
Platz, der zwischen dieser Ortschaft; im Norden und
Dehbid im Süden liegt; nun hatte Machdäm einmal ge-
sagt, der Prof et habe erklärt: ,Wer zwischen mir und
'Otmän begraben wird, kommt ins Paradies', und des-
halb sei 'Otmän abseits begraben worden; so werde
auch der, der zwischen ihm und seinem Sohne Is^äq
begraben werde, in das Paradies kommen; darum be-
stimmte Ishäq, dass man ihn in Isfiduk begraben solle,
') Nach dem Kars von Eafigar im Winter 1902/3 (9 Tenge =
1 Rubel) = 22, 2 Rubel = ca. 48 Mark (vgl. hier Heffc 4 S. 117
Anm. 1). Hedin g^ebt S. 2: ,1 tenge = etwa 22 Pfennige^ ; es ist
aber zu erwägen, dass die Kursschwankungen beträchtlich sind; es
kam in den letzten Jahren der Kurs 1 Rubel = 6 Tenge vor (also
1 Tenge = ca. 36,3 Pfennige). Hat auch die Tenge in Turkestan
eine ganz andere Kaufkraft ab das Geld bei uns und wird diese
Kaufkraft früher noch bedeutender gewesen sein als heut, so er-
scheint doch die hier genannte Summe als eine recht massige Huldi-
gung. Maiila giebt 11,667 26000 Tenge (das ist sein teuke) als
Einkaufte des Qalmaq-Ffirsten aus KaSgar und bemerkt in n. 1:
,Tfuke, piece de monnoie dont la valeur r^pond k un tää d'argent'.
*) MotiT der Bedr-Schlacht; siehe Müller, Islam 1, 113.
') Ishäq spielte also geschicktes Spiel : das Zurückhalten der
Truppen war vorsichtig, andererseits verband er sich dadurch die
feindliche Partei.
^) Wir würden dem Veiluser auch vom Erzählten manches
schenken für ein paar Daten. Aber keine einzige Jahrzahl 1
Digitized by LjOOQ IC
206
denn das Grab Machdüms war inDehbid^). Dass das
Grab Ishäqs in einen hochgelegenen Garten verlegt ist,
hat folgendes als Ursache: als Ishäq sieben Jahre alt
war, führte einmal Machdüm sämtliche Genossen an
den Strom 2); das Wasser war sehr gross; ein paar
Chalpas gingen hinein, kamen aber nicht hinüber; Ishäq
ereiferte sich und schlug den Fluss mit der Peitsche
[Xerxesmotiv!]; der teilte sich, und sie gingen trockenen
Fusses hindurch; Machdüm aber soll gesagt haben:
mir scheint, du bist frech gegen das Wasser gewesen,
und schliesslich wird das Wasser die Rache dir nicht
schenken. Als einmal das Wasser bis nahe an das
Grab Ishäqs kam, gab man dem Fürsten von Samarqand
Nachricht, und auf dessen Befehl wurde der heilige Leib
in einen dem Fürsten gehörigen Park überführt; das
ganze Gelände wurde zum Waqf des Grabes gemacht
und ist jetzt zu dessen Verfügung (S. 34 Z. 14— S. 36 Z. 6).
— Von Ishäq blieben zwei Söhne: Choga Qutbuddin
Chogam, der in dem Grabe des Vaters in dem hohen
Garten liegt, und Choga Sädi Chogam; nach ihnen nennt
man noch Choga Sahbäz Chogam, der sieben Jahre alt
in Aqsü starb, und dessen heiligen Leib man nach
Jarkend führen wollte, den aber das Volk von Aqsü
reklamierte, worauf Ishäq seine Bestattung dort erlaubte.
§ädl hiess eigentlich Jahjä. Als Ishäq aus diesen
Städten wegzog, ernannte er zu seinen Chalpas: für
Kasgar: Astar Chalpam, für Jangi Hi^är: Qäsim Chalpam,
für Chotan: Ibn Jüsuf Chalpam, für Jarkend, die Haupt-
stadt Moghulistans: Öädi (S. 36 Z. 6— S. 36 1. Z.). —
§ädi nahm die Stelle des Vaters ein, sass auf dem
Teppich^), leitete Verirrte auf den rechten Weg und
*) Der Name bedeutet ,Weidendorf*. Bekannt ist das Dehbid
in Persien, an der grossen Strasse Isfahan-Siraz.
*) Es wird derselbe Strom sein, von dem in der oben S. 198
erzählten Geschichte die Bede ist, der Amü Darjä. An ihm
müssen die beiden Ortschaften Isf idok and Dehbid gelegen haben.
Auf der rassischen 10 Werst-Karte finde ich sie nicht verzeichnet.
') 86 j jade, d. h. hatte die Stelle des pöstniHn^ leitete die
geistlichen Übangen.
12
Digitized by LjOOQ IC
207
bildete eine Anzahl Personen voUkommen aus. Zu jener
Zeit kam der Sohn des Tsäni Ealän^) nach Easgar,
nämlich Choga Muhammed Jüsuf Chogam und dessen
Sohn Äfaq Choga, dessen eigentlicher Name HidäjetuUäh
war 2). Diese beiden wurden in Easgar von der Be-
völkerung höchst ehrenvoll aufgenommen. Damals
herrschte in Jarkend 'Abdullah Chän^), in Easgar sein
Sohn Jolbas ^) Sultan, in Aqsü Nüruddin Sultan ; sie führten
aber kein strenges Regiment. Muhammed Jüsuf und
Äfaq wurden von ihnen sehr geehrt 5). Eines Tages
sah der Sultan*) aus der Qalerie, wie eine Menge zu
Fuss und ein Mann zu Esel daherkommen. Es wird
ihm berichtet, das sei Choga Muhammed Jüsuf Chogam ;
er schickt diesem nun ein Rassepferd mit goldenem
Sattelzeug. Der Choga besteigt das Pferd, lässt dann
aber Äfaq aufsitzen, und dieser erklärt auf Befragen,
er fühle sich, als ob er ein welterobemder Pädisäh sei.
Sädi überwies ihnen alle seine in Easgar befindlichen
Liegenschafken. Die Leute von Easgar, Jolbas Sultan
an der Spitze, wurden ihre gläubigen Anhänger. Da
*) d. h. des schon S. 198 n. 2 erwähnten Mohammed Emin,
ältesten Sohnes Machdüms.
*) Hierzu wird S. 37 Z. 5 f. eine den Namen Äfaq erklärende
Bemerkung gemacht, die besagt: Äfaq wurde er deshalb genannt,
weil er vom Osten bis zum Westen der Welt berühmt war. Vgl.
Heft 5 S. 159 Anm. 3.
*) Es wird zu schreiben sein: Ismail GhSn, denn dieser wird
nach wenigen Zeilen als Herrscher von Jarkend genannt; auch
im folgenden herrscht Verwirrung ; bald zeigt der Text* Abdul l&k,
bald Ismall, wo sicher derselbe Mann gemeint ist. Ismä^Il Chan
ist gesichert durch andere Quellen, siehe die genealogische Tafel
der Öaghataiden TB 48/49, wo ein Isma^tl b. AbduU&h b. *Abdur-
rahim b. *Abdurradid verzeichnet ist. Aus den Daten unseres
Werkes ergeben sich mehrfache Ergänzungen und Berichtigungen
zu TB Einleitung.
^) Für Jolbars, mit dem in Kadgarien durchgängigen Schwund
des r.
^) Mit andern Worten: die Chogas waren die eigentlichen
Herrscher und taten alles, was sie wollten.
^ Gemeint kann nur sein Jolbas von Eaggar.
13
Digitized by LjOOQ IC
208
starb Sädi. Das ganze Volk, Ismä'il Chän^) an der
Spitze, trug grosses Leid (S. 36 1. Z.— S. 38 Z. 6). §&di
hinterliess zwei Söhne, 'Abdullah und *Ubaidalläh. Da
sie noch nicht yolljährig waren, wurden sie von einigen
Chalpas erzogen. Ismä'il Chan aber ehrte sie und be-
trachtete sie als an Stelle ihres Vaters sitzend, weil sie
das Muridtum begonnen hatten. Muhammed Jüsuf be-
gab sich, sei es auf Einladung des Ohäns, sei es um
seine Trauer zu bezeigen, nach Jarkend und erhielt
von Chan und Volk viele Ehren. Schliesslich beschloss
der Chan, Muhammed Jüsuf zu huldigen, und das Ge-
rücht davon verbreitete sich im Volk. Das passte aber
Sädls Chalpas gär nicht, und sie protestierten sehr
energisch beim Chan und drohten, den heiligen Leib
(Öädis) und die beiden Prinzen mitzunehmen und fort-
zuziehen. Der arme Chan war in Verzweiflung. &
behandelte die Sache dilatorisch: überlegt's euch bis
morgen, Muhammed Jüsuf soll sich's auch überlegen.
Die Chalpas beteten die ganze Nacht; besonders '^Ab-
dul*^azlz Chalpam, ein Sohn des Astar Chalpam, zeichnete
sich aus durch Verzückungen. In selbiger Nacht hatte
Ismä'il Chan einen Traum: ein grosser weisser Kamel-
hengst kam von aussen in die Stadt imd begab sich
zum Altyn^); von diesem her kam ein kleineres Kamel,
^) Siehe das S. 207 Anm. 3 gesagte.
*) ijiv^l. Gemeint ist gewiss das Haaptheiligttim Jarkends:
der Komplex Yon G-ebänden, der unter dem Namen Altyn
Btizürük bekannt und nach dem Hauptstuck, dem Mausoleum des
Heiligen Altyn, benannt ist Auch das aUyn derwöBe «Altyn-Tor*,
das westliche der fünf Tore, wird nach diesem Heiligen benannt
sein, denn es schliesst im Westen das Stadtviertel Altyn-Mahalle
ab, in welchem jenes Heiligengrab liegt. Das ,oder Gold-PforteS
das Hedin S. 4 dem ,Altun-d&rvase' erklärend hinzusetzt, beruht
auf dem, was dem mit den Verhältnissen nicht Bekannten zu-
nächst in den Sinn kommt. Ob das altyn in dem Namen des
Heiligen ursprünglich gleich ,Gold' oder ob in dem Namen etwas
Anderes steckt, lasse ich dahingestellt. Nähere Angaben kann
ich über Altyn Büzürük nicht machen. Sein Tezkire wurde mir
versprochen, ich erhielt es aber nicht.
14
Digitized by LjOOQ IC
209
das rang mit dem grossen und überwand es schliesslich;
da wusste der Chan, dass es anders kommen würde.
Am nächsten Morgen zog Mnhammed Jüsuf ohne Be-
gegnung mit dem Chan nach Ealgar ab; in der ersten
Rastnacht in Toplaq^), einem Orte Jangi Hisärs, yer*
starb er. Äfaq kam auf die Nachricht herbeigeeilt und
überführte die Leiche nach Jäghdü. Für die Chalpas
in Jarkend war das sehr günstig, sie wurden von Tag
S5U Tage mächtiger. Ismä'll Chan verjagte nach einiger
Zeit Äfäq aus 'Easgar und setzte dort seinen Sohn
Babaq Sultan ein. Zwölf Jahre erfreuten sich nun
diese Städte des besten Gedeihens, man wusste gar nicht,
dass es Soldaten gebe, die Gelehrten • hatten grosses
Ansehen, das Gesetz Muhammeds machte jeden Tag
Fortschritte 2). Eines Tages sah der Chan 3) auf der
Burg*) von Feme, wie alle Gelehrten sich dem Schlosse
nahen. Der Chän^) drückt seinen Dank in über-
») Ms. 122 S. 79, 5 JjjJ^y, Ms. 40 S. 40, 11 \Jy^y^.
Es kann nur die bei Hedin Blatt 1 als Tuplik ca. 30 km.
sfldöstlich Jangihisär eingetragene Ortschaft sein. Mnhammed
Jüsnf hätte dann an einem Tage ca. 120 km gemacht, was mit
den ausdauernden kleinen Pferden der Gegend nichts Ausser-
gewöhnliches ist. Doch mag diese Parforcetour an der Kata-
strophe mit Schuld gewesen sein.
•) Vgl. oben S. 203 Anm. 2.
*) Ms. 40 S. 41, 5 ^)VA^. Ich erwähne diesen offenbaren
Eopistenfehler, weil er zeigt, in welcher Richtung Versehen zu
erwarten sind und weil gerade die Verbindung Iä nicht selten
auch dem Gefibten und Aufmerksamen Bätsei bietet oder ihn zur
Falschlesung yerfOhrt.
*) Ms. 40 8. 41, 5 J\j|, Ms. 122 S. 80, 8 J^l. Das Wort
klingt meist wie ärk und so umschreibt es richtig Eadloff 1, 775.
Das ^yi\ von Ms. 40 ddrfte nicht die üblichere Schreibung sein
(Radioff hat nur S^\ wie Ms. 122). In ^j^^ii^t liegt die Sache
anders, denn Emin wurde zu tmin, wie tanch zu UrUh (Qut. Bilig
189, 9) durch rückwirkende Vokalharmonie.
») So Ms. 122 S. 81, 3; Ms. 40 S. 41, 11 ^^L^ jJÜ| 4)u&.
Et kann hier natürlich nur yon dem schon vorher genannten
Isml^il Chan die Rede sein, und sein Name findet sich Ms. 122
S. 82, 6, wo Ms. 40 an der entsprechenden Stelle S. 48, 11 wieder
irrig 'Abdullah Chan hat.
15
Digitized by LjOOQ IC
210
schwänglichen Phrasen aus (S. 38 Z. 6— S. 41 Z. 13). —
Choga 'Abdullah Chogam starb jung, sein älterer Bruder
'Ubaidulläh nahm den Sitz auf dem Teppich ein und
lehrte; er starbt) vierzig, nach andern fünfzig Jahre alt^)
und hinterliess zwei Söhne: Su'aib genannt Ai Chogam
und Dänijäl genannt Kün Chogam. Dänijäl wurde von
allen Grossen, 'Abdullah Chan an der Spitze, sehr ge-
ehrt (S. 41 Z. 3—48 Z. 11 [über den davon ausfallenden
Teil siehe hier Anm. 1]). — Äfaq, von Ismä'il
Chan aus Kasgar vertrieben 3), begab* sich nach der
Stadt des öö*) und schlug am Tor des Götzentempels des
Molla Mäni^) sein Lager auf. Am nächsten Morgen fragten
die Lamas, wer er sei. ,Ismä'il Chan hat mich aus
meinem Lande vertrieben, verschafft es mir nun wieder!'
Der Dalailama^) sprach: ,Das ist zu weit von hier, da
können wir nicht hingehen'. Äfäq: ,Gebt mir nur einen
Brief an den Fürsten der Qalmaqen, der soll mir ein
Heer beigeben, an dessen Spitze marschiere ich, und
man kann dann wohl Jarkend und Kasgar einnehmen'.
Einen Brief dieses Inhalts gab man Äfaq mit, und er
^) Mitten in diesem Satz briehtinM8.40 S.41 1. Z. die Erzählang
ab und es folgt S. 42 Z. 1 bis S. 48 Z. 5 Anfang die, bis auf ge-
ringe Varianten, wörtliche Wiederholung von S. 36 Anfang bis
S. 41 Ende. Der Schreiber muss rein mechanisch gearbeitet
haben, um das fertig zu bringen. In Ms. 122 ist alles in Ordnung.
») Ms. 40 S. 41, 1. Z. und 48, 5 )y^ ^5;^ ^^ vJ'-A^
Ms. 122 S. 81, 10 ^Uäj Äi ^y3 \yjJb ^^if JL» ^jju**
p'ihiOJyJ uyLi^. Zwür fehlt in Ms. 122 die andere Tradition,
aber die Fassung der Notiz ist korrekt und logisch, während die
in Ms. 40 aus zwei Gedankenreihen und Konstruktionen zu einem
unmöglichen zusammengehauen ist.
») S. oben S. 209. Während dort Ms. 40 richtig Ju r U^t
^l^ zeigt, hat es hier und im folgenden ^^^^ '^l <X^.
*) Es ist Lhasa als Stadt der Buddha-Statue Öö gemeint;
siehe Nachträge.
*) Siehe hierzu die bemerkenswerte Variante der Version in
Ms. 122, die unten mitgeteilt ist.
«) Ms. 40 ^ifUüL>il|4> mit dem Höflichkeitsplural.
16
Digitized by LjOOQ IC
2^1
marschierte mit dem bestellten Heere nach Kasgar.
Isrnä*!! Chans Sohn Babaq Sultan machte einen Aus-
fall ^) Der Häkim von Jarkend wurde von
einem Pfeil getroffen und starb den Glaubeustod. Darauf
belagerten die Qalmaqen Jarkend einige Zeit und nahmen
es ein; Ismä'll Chänlyq^) schleppten sie in die Berge,
die beiden Prinzen, Söhne des Machdümzäde Chogam^),
schickten sie auf die Wallfahrt. Äfäq sagte zu den Qal-
maqen: yMacht mich zum Choga^)> von diesen Prinzen
will ich euch hunderttausend Tenge verschaffen/ Die
Qalmaqen waren damit zufrieden, setzten Äfäq als Choga
ein und kehrten zurück; bis heutigen Tages fallen die
hunderttausend Tenge diesen Chogas zur Last, und die
heut bestehende Berechnung des Alban ist eine Er-
innerung an die Schuld der Chogas aus jener Zeit^)
(S. 48 Z. 11-49 Z. 9).
*) Hier ist eine Lücke ; denn es ist weder gesagt , mit
weLchem Erfolge Babaq kämpfte, noch wird auf den Tod des
Hskim von Jarkend hingeieitet Diese Lücke erklärt sich durch
Ms. 122. Dort heisst es von beiden: cVa^w v^aa^aj» ^^| &^
^O^yi Der Kopist sprang in Ms. 40 von dem einen
Eum andern iSber. Vgl. unten (S. 214j die Version des Ms. 122.
*) Hier hat Ms. 40 den Namen richtig mit dem schon oben
(8. 203 AnoL 4) besprochenen cTiärdyq,
') Über den Machdümzäde Chogam, d. i. 'Ubaidulläh, und
seine beiden Söhne s. oben S. 210. Die SteUe hier ist in Unordnung.
Es scheint davon die Rede zu sein, dass auch der, schon oben
ab gestorben berichtete Vater auf die Wallfahrt geschickt wurde,
vgl unten 8. 216 Anm. 1.
^) Die Anwendung des Wortes Choga hier in der Bedeutung
^err', , Gebieter' ist nicht unwichtig; sie zeigt, das in der Be-
nennung der Machdümzftdes als Ohogas der Hinweis darauf liegt,
dass diese Saijids sich als Herrscher betrachten.
^) Ob diese Erklärung der auch heute noch unter dem Namen
Alban bestehenden Steuer richtig ist, ist zweifelhaft. Deasy, der
sich mit den Steuerverhältnissen beschäftigt hat, bemerkt, dass
ihm nicht gelungen sei, über das Wesen der Alban-Steuer Sicheres
zu erfahren; siehe sein In Tibet and Chinese Twrhestain 8. 333.
2
17
Digitized by LjOOQ IC
212
Dieser an dich mangelhaflteDy dazu noch entatelHen
DarBteliung in Ms. 40 steht gegenüber eine ausfährliehere
in Ms. 122 S. 82, 5 ~ S. 87, 1, die ich hier in extenso
wiedergebe: ^Äftlq, von Ismä'il Chan aus EaSgar verjagt,
wanderte von Stadt zu Stadt; über Easmir gelangte er
schliesslich an den Ort 6ö ^) im Reiche China. Dort be-
fanden sich Brahmanen-Schechs') von den Ung^ubigen
Chinas, die asketische Übungen trieben, anstelle von
Wundertaten Erleuchtungen 3) zeigten, das Volk er-
mahnten und die reUgiösen Lehren der Ungläubigen auf-
recht erhielten; es war da auch ein Kloster^) und Gottes-
hans, wo die Ungläubigen allerlei übernatürliche Dinge
und Wundertaten gleiche Erleuchtungen aufwiesen.
>) Das ist die Stadt des Öö, s. 8. 210 Anm. 4.
^ Hier ist der Angabe yod Mb. 40 der Vorzag za geben,
denn es bandelt sich gewiss nicht um Brahmanen, sondern um
Lamas. Da die Beschäftignng mit den Religionen der ungläubigen
dem Islam durchaus ein nutzloser Greuel ist (Berünl ist eine Aus-
nahme, die nicht Schule gemacht hat), so machen die islamischen
Autoren die kuriosesten Sprünge, wenn sie auf diese Eäfir-Dinge
eingehen müssen, und sie bemerken nicht, in welchen Wider-
sprüchen sie sich meist bewegen, wenn sie von den Heiden
sprechen. Der Feuerkultus, der doch keine Götterbilder kennt,
geht ihnen mit dem Götzendienst, der ^ibädet aTamäm oder bui-
peresd zusammen. Bei dem btOperestx ist aber, abgesehen von
den Idolen Arabiens, vorwiegend an Buddha [butl] -Bilder zu denken.
Kennzeichnend ist die Beschreibung des nöbahär {nava tfikära
,Neukloster') von Balch Jaqut 4, 817 ff. : hier gehen die Schichten,
die wir aus der Darstellung deutlich unterscheiden und die wir
ja von vornherein annehmen müssen, — die buddhistische und
die zaratustnsche — im arabischen Bericht nebeneinander her,
ohne dass der Berichterstatter den Missklang fühlt.
^ %jF^K<XjUAf| ; der Ausdruck wird einem terminus der
Buddhisten — denn um solche handelt es sich hier — entsprechen.
^) Das Wort, in dem ich „Kloster** vermute, ist, ebenso wie
das Wort ^ t * " in V5)^^»*»*" C^**T^ verwischt aus Wut,
dass Worte, die von islamischen Institutionen üblich sind, hier von
den Heiden gebraucht werden. Nach den Spuren ist sUtil^
keineswegs sicher, doch ist ein Wort in der Bedeutung ,Klo«to*
zu vermuten.
18
Digitized by LjOOQ IC
213
z. B. ihre Handpauken (?) ^) an die Sonnenstäubchen
hängten [S. 83]; ihrer aller Handpauken fielen aber auf
die Erde*). Die Ungläubigen gerieten in Verwirrung:
^ Was ist das ftir eine Person ?^ Schliesslich wollten sie
alle sich mit ihm messen; bald waren die Ungläubigen
überlegen, bald Choga Äf&q; der nahm seine Zuflucht
2um Olaubenssehutz^ und es entstand [?] ein BergwaU^ an
dem sie yon der Spitze bis zur Sohle nicht den ge-
ringsten Spalt fanden. Wohl oder übel mussten die
Ungläubigen sich ergeben. Sie fragten : „Wer seid Ihr?
woher kommt Ihr?" Der Heilige antwortete: „Ich bin
der Weise und Cho^a der Gemeinde der Muslims^
speziell die Leute Ton KaSgar und Jarkend sind meine
getreuen Murids. Jetzt ist einer gekommen und hat mir
diese Städte entrissen und mich rertrieben; ich bitte
Euch nun sehr, dass einer hingehe und dies mein Land
wieder in meine Hand bringe". Der Brahmane sprach:
„Dass von hier dorthin ein Heer marschiere, ist schwer*.
Damit schrieb er an die Qalmaqen ^) einen Brief folgen-
den Inhalts: „Choga Äfaq ist ein sehr grosser Mann,
in seiner Religion auf der höchsten Stufe stehend und
Herr [ChogaJ von Easgar und Jarkend. Ein Mann
namens Ismä'il Chan hat EaSgar ihm [S. 84] entrissen*)
^) Hier und gleich darauf hat der Text deutlich ^^^^, fOr
das ich keine passende Bedeutung finde. Bei der ünkorrektheit
aller dieser Texte liegt die Vermutung nicht fem, dass die Vor-
lage zeigte v5)^J^^^ ^^^ ^^^^ ^^' Abschreiber 0^ fOr
einen Schreibfehler hielt; ob er sich bei dem verbleibenden {^yf^^^
etwas gedacht, ist nicht zu wissen. Sieher ist, dass Jj>J^^ hier
gat passt, denn Musikinstrumente spielen im buddhistischen Kult
eine grosse Rolle.
*) Es wird zu ergänzen sein, das ÄfiBKq in einen Wunderwett-
streit mit ihnen eintrat und ihre Wunderkraft unwirksam machte;
vgl. das Folgende.
•) KiüiUjJLS ; S. 84,3 (^U^* ; die Schreibung geht wohl
nur auf eine Zusammen werfnng mit dem Verbum qümaq zurück. Die
Aussprache ist durchweg qalmaq.
«) .^1 w^^ ^jJtö cXjU3^ ^ JL&ü (S. 88 L Z.);
beachte das ^(> iXUj>^.
19
Digitized by LjOOQ IC
214
und ihn selbst verjagt; du musst mit dem Heere auszieha
und das Land wieder in seine Hand bringen*^. Der
Heilige nahm den Brief und stellte ihn dem Fürsten der
Qalmaqen zu. In roUster Demut handelte der BHirst
nach der Anweisung des Schreibens und begab sich
mit einem Heere nach Easgar. Als die Leute von
EaSgar hörten, dass Choga ifaq mit dem Sengi^) ge-
nannten Ungläubigen heranziehe, stellte sich Babaq
Sultan an die Spitze eines Heeres, zog aus und kämpfte;
ein Pfeil traf ihn und er fiel. Schliesslich unterwarf
sich das Volk von Easgar. Nachdem man Easgar in
Ordnung gebracht hatte, wandte man sich gen Jarkend.
Aus Jarkend zog Ismä'Il Chan mit gewaltigem Heere
ihnen entgegen und lieferte eine Schlacht. Aber nach
Gottes ewigem Ratschluss war der Sieg nicht auf selten
des Chftns, und so wurde der Häkim von Jarkend von
einem Pfeil getroffen und starb den Qlaubenstod. Der
Ohän erkannte scharfsichtig, dass das Unglück auf seiner
Seite sei, der Sieg auf der der andern, und dass, wenn
er noch viel kämpfe, das Unglück noch grösser werden
würde; [S. 85] er zog nun mit seinen eigenen Dienern
gegen jenes Heer aus, den Leuten in der Stadt aber
empfahl er folgendes: „Macht die beiden Nachkommen
Machdüms zu Anführern, haltet die Stadt und erklärt
den Feinden, ihr würdet das Tor unter der Bedingung
öffiien, dass sie einen von Euch selbst zum Haupt ein-
setzen.^ Diese Bedingung wurde angenommen, und
man öffiiete das Tor. Die Qalmaqen setzten den Heiligen
ikuf den Thron und setzten Choga Jahjä, auch Chan
Choga genannt, der der älteste Sohn des Heiligen war,
über Eaägar; Ismä^il Chan aber nahmen sie samt allen
seinen Leuten mit und kehrten zurück. Dass die Chane
ikuf dem Gebirge von IIa Fuss gefasst haben, stammt
daher. Als die Qalmaqen sich auf den Heimweg
^) ^^KX^t; nach Bitter 2, 449 schrieben die jesuitischen
Historiker Chinas diesen Namen des Vaters Tsevan Rabdans:
Senga.
20
Digitized by LjOOQ IC
216
machten, Bchenkte Choga Äfaq unter Beirat der Landes-
bewohner den Qalmaqen, damit sie für diesen Dienst
nicht trocken heimkehren sollten^ tausend Tenge in Be-
rechnung von tausend vollständigen Anzügen. Nun
^ standen ketzerische Leute auf und mehrten sich von
Stund zu Stund [S. 86], und diese Ketzereien werden
aus den Köpfen der Untertanen bis zum Untergang der
Welt nicht schwinden. Choga Äfaq sass fest auf dem
Thron und war ein Taucher des Heeres der Gotterkenntnis
[ma^nfet]. Leider vertrug sich das Cho^atum nicht mit
der Thronherrschaft, und so kam es, dass Ismä^il Chan
seinen jüngeren Bruder Huhammed Chan aus Turfan
herbeirief und den auf den Thron setzte. Huhammed
Emin Chan hatte seine Schwester an Choga Äfaq ver-
heiratet imd war Hurid des Heiligen^); er ging nach
dem Oebirge von Ba und nahm von den Qalmaqen
viele Personen gefangen, auch eine Anzahl Fürsten
fielen in seine Hand'). Nach einiger Zeit wurden die
Sofis übermächtig und unbotmässig, und aller Arten
Dinge fingen an zu passieren. Der Heilige aber merkte
nichts, denn er war in göttlicher Versunkenheit.
Mu^ammed Chan floh aus Angst und wurde schliesslich
von einem seiner eigenen Diener ermordet. Choga
Äfaq gewann wieder die Herrschaft' 3).
Was sich weiter anschliesst, weicht nach Inhalt und
Anordnung erheblich von den folgenden Abschnitten
des Hs. 40 ab und ist deshalb in den Exkurs über
Ms. 122 verwiesen. — Nun weiter nach Hs. 40.
') Die Übersetzung ist unsicher; Text: c^4>M säKmf> va> y < n*v
xA^iXAxi». Der Plural des Verbums spricht dafOr, dass der Heilige
Subjekt ist, dann fehlt aber ein Subjekt fttr den folgenden auf
i^iXXf v^aaXaS ausgehenden Satz, der sich kaum auf den
unkriegerischen Chog^a Äfllq beziehen kann.
*) Mit übertriebener Ziffer ist von diesem Zuge die Rede
unten S. 223.
") Der Sinn dieser Darstellung ist wohl, dass der arge
Intrigant Äfaq nur so tat, als wisse er von gar nichts, in Wirk-
lichkeit aber der Urheber der Vertreibmig und TOtung seines
Schwagers war.
21
Digitized by LjOOQ IC
216
Machdümzide Chogam war auf die Wallfahrt ge-
gangen und auf dieser in Kasnür gestorben^). Seine
Lieiche wurde nach Dehbid gebracht. Äfltq schickte
auf die Nachricht davon an die Prinzen einen Brief,
sie sollten kommen und mit ihm zusaoimen wohnen. '
Ai Chogam ging darauf ein und machte sich nach
Jarkend auf, wurde aber in San^ ron einer Kreatur
Afaqs gemeuchelt. Danach brachte Äfäq noch Mirzi
Barät Ächond, ' Abdurrazzäq Chalpa und ein paar hundert
andere Chalpas und Vornehme zu Tode. Gleich darauf
fuhr Äf%q selbst zur HöUe^). Danach schickte uelläd
Chftn Pädisäh^) eine Person ab und liess Ch&n Choga^)
in Ea^ar ermorden. Äfaqs Witwe wurde von ihrem
eignen Sohne Hasan aus der Welt geschafft. Zahl und
Einfluss der Diwänes stieg ins Unendliche. Auf die
Nachricht daron kam Aqbas Chän^ und nahm Jarkend
unter eigene Verwaltung; tausend IHwänes liess er vor
dem Qabagh Artqu-Tor^) hinrichten, und so blieben in
Jarkend nur noch wenige Diwänes (S. 49 Z. 9 — 50 Z. 5).
— Dänijäl kam aus Elasmir zurück nach Dehbid und
besuchte zunächst die Gräber Machdüms und Is^äqs;
nachdem er dort einige Zeit gelebt, ging er nach Cho^nd
M Die Erwähnung 'Ubaidollähs hier ist nicht am Platze und
sie scheint irrtümlich. In der Darstellung in Ms. 122 (s. Exkurs)
ist von dem Vater nicht die Bede, sondern nur von den beiden
Prinzen Ai Chog;am §u'aib und Eün Chogam DinijäL
*) Ist auch diese Darstellung offenbar ron heftigem Hasse
gegen Äfaq eingegeben, so wird sie doch im allgemeinen richtig
sein; sie stimmt aber nicht damit, dass bei der ersten Erwähnung
Äfaqs 8. 37 Z. 4 f. (s. oben S. 207) diesem die üblichen Schwulst-
namen gegeben werden, und ebenso auch sp&ter.
*) Das ist Ch&nim Pädifiäh, denn gemeint ist die verwitwete
dritte Frau Äfäqs, s. unten S. 217.
*) Das ist Jafagä Chan Chogam, Sohn der ersten Frau Äfaqs,
8. unten in IE.
*) Ober Aqba§ Ohän, dessen Name noch heut im Volke lebt
als AghwaS Chan, siehe Nachträge.
*) Das Tor heisst heut beim Volke Qawat-Derwäze; es ist
ulcht unwichtig, dass hier die schriftsprachliche Form, die wohl
das Ursprüngliche darstellt, erhalten ist.
22
Digitized by Lj^OQ IC
817
und heiratete. Eß wurde ihm in Chogend Cho^ Ja*q[ab
Chogam geboren; der schon vor der Geburt Wunder
verrichtete; und dem der Name Cho^ 6ihftn gegeben
wurde; sein Hauptheiliger war §6ch MuslihuddmChogendl,
an dessen Grabe er Hilfe suchte und fand, wie denn
auch der §^h ihm die Schwierigkeiten beim Studium
löste (!). Er bestätigt das selbst in einem Verse. In
Sanmrqand, Buchara und Balch hielt er Sitzungen mit
den Gelehrten und Vornehmen, wovon Ächond Molla
MeShün in einem Verse spricht (S. 50 Z. 6 — 51 Z. 11).
— Äfaq Choga regierte in Jarkend nach dem Gesetze
Muil^unmeds; bisweilen nahm er den SSchstuhl ein,
unterwies die Murids in den Tarlqat-Begeln, präsidierte
Zikr-Andachten, dozierte das Mesnewi ^) und hatte Ver-
zückungen; tausend bis zweitausend Studenten hingen
an seinem Munde. Von der Chänim Pädisäh hatte er
einen Sohn, Hasan genannt, auf den er sehr stolz war;
er pflegte zu sagen: ,Als ich mit Hilfe des Qalmaq-
hehres dieses Land genommen und den Thron bestiegen
hatte, da wagte ich aus Scham vor Gott und seiaem
Profeten den Kopf nicht aufzuheben; mit der Geburt
dieses Sohnes ist die Scham geschwunden, mein schwarzes
Gesicht weiss geworden'. Seinen Leichnam begrub
man in Jäghdü in EjiSgar^). Die Chänim Pädisäh zog
mit ihrem Sohne nach Jarkend. In Easgar übernahm
Cho^ Ja^jä Chogam 3) die Herrschaft. Bald zog die
Chänim mit dem OberqäA (A'lem) von Jarkend ui^d
allen Gelehrten und Emiren nach Easgar, um am Grabe
Äfaqs zu beten und wurde von Jabjä ehrfurchtsvoll
empfangen. Elines Tages lud der A'lem von Jai*kend,
*) Das Lehrgedicht Öeläleddln Bonus wird auch heute regel-
mässig in den Medresen Mittelasiens interpretiert.
') Heute scheint der Name fOr den Ort, wo sich das Ghrab-
mal Äfaqs und der andern Ctioj^ befindet, nicht üblich zu sein;
den Komplex von Gebäuden und die darumliegenden Häuschen
hört man immer nur ,Haset [so] Äpäq' nennen.
') Das ist der schon oben erwähnte Sohn der ersten Frau
Ifkqs, auch Chan Choj^a genannt.
23
Digitized by LjOOQ IC
218
Äehond Mirzä Barät^? Ja^jÄ zur geheimen Beratung ein:
die Herrschaft sei für Jahjä zu schwer, auf der einen
Seite seien Kirgisen, auf der andern Qahnaqen, er solle
doch nach der Hauptstadt Jarkend gehen und dort als
Chan herrschen; die Chänim werde mit ihrem Sohne
in Kasgar am Grahe beten; die Feinde könnten dann
nichts tun, und man werde das Land halten. Jahjä
weigert sich zuerst, den Verrat zu begehen 2), der Mirzä
überzeugt ihn aber, dass es zum Besten des Landes
notwendig sei. Äehond Holla Taqi^), der bei der Be-
ratung zugegen gewesen, schwätzt es seiner Frau aus,
und diese läuft gleich zur Chänim. Die Chänim gibt
einigen Leuten Schwerter, um Jahjä zu töten. Jahjä
wird, als er am nächsten Morgen der Chänim die Auf-
wartung macht, von ihr angekeift, dass er in der Stadt
wohne und sie draussen beim Grabe wohnen lasse;
da sie sein Gast und seine Mutter sei, müsse er Tag
und Nacht vor ihrer Tür schlafen; sie stamme von
Chanen ab^), während seine Vorfahren bei denen schma-
rotzert hätten. Jahjä lässt es an bitteren Antworten nicht
fehlen. Der bei diesem Streit anwesende Lauf Bakäwul
sah, dass die Sache schlimm wird, und nahm Jahjä bei
Seite. Die Chänim machte sich nach Jarkend auf den
Weg. Kaum angekommen, liess sie eines Nachts Mirzä
Barät von Dlwänes ermorden. Sechs Monate nach dem
Tode Äfaqs schaffte man mit Erlaubnis der Chänim
Jahjä und zwei seiner drei Söhne aus der Welt*). Den
') Entweder handelt es sich hier um einen Namensvetter
des S. 216 Ermordeten oder der Bericht ist irrig.
') Es handelte sich darum, die Chänim kaltzustellen, denn
sie hatte die Ahsicht, nach dem Tode Ä&qs die Herrschaft selbst
weiter zu ftihren.
*) 8. 53 Z. 4 Saqi (wohl absichtlich mit boshaftem Witz:
,der Elende'), Z. 5 Taqi geschrieben.
*) Da haben wir die Wut der weltlichen Herrschaft, die
sich von der schlauen Pfaffenschaft verdräng^ sieht.
^) Nach Ms 75 (Genealogie, siehe unten in ni) wurde Jalgä
in Japalaq Terek getötet und hatte er nur zwei SOhne: * Abdulchäliq
und Ahmed neben den Töchtern Ai Begum und Mäh B6gum.
24
Digitized by LjOOQ IC
219
dritten, Ahmed, entführte man nach dem Berge TöStik
und barg ihn dort. Die Diwänes töteten anch Saijid
Bek, den Häkim von Easgar. Die Chänim setzte
darauf Molla Taqi als Häkim in Easgar ein. Der
hielt sich aber nur wenige Tage, denn man brachte
Ahmed nach Easgar und erhob ihn dort zum Ghän.
Taqi flüchtete nach Jarkend. In Jarkend machte die
Chänim ihren Sohn Mehd! unter dem Namen Pädisäh
Cho^a zum Chän^). Es gab yiel Blutrergiessen, so dass
man die Chftnim ,6elläd Chänim'^), Madame Henker,
nannte. Sechs Monate nach dem Tode Jahjäs stachen
die Diwänes die Chänim selbst ab, nicht ohne Mühe, denn
sie war mit einem dicken Rock bekleidet. Sie endete
mit den Worten: ,Das hat mir Choga Mehdi getan!'
(S. 51 Z. 11 — 64 Z. 12). - Als das Land leer ge-
worden war, nahm AqbaS Chan, der jüngere Bruder
des Muhammed Emin Chan, es ein und liess zu-
nächst tausend Diwänes wie Schafe abschlachten;
mit ihrem Blute liess er eine Mühle treiben und Mehl
mahlen^). In Easgar setzte er seinen Sohn Sultan
A^ed Chan ein und gab ihm eine Tochter Jalyäs
zur Frau. Zu jener Zeit war Muhammed Emin B6k,
Sohn Qalender B^ks, in Kasgar Häkim^). Die Prinzen»
die in Jarkend waren, verbannte Aqba§ Chan nach
Indien. An Dänijäl schickte Aqbas ein Schreiben:
seine Vorfahren seien die Jünger der Vorfahren Dänijäls
') Die GbäDim sucht die Chan -Wfirde für ihre Söhne ein-
zoffihren und so gewissermassen eine Eontinait&t des Hauses
öaghatig durch weibliche Linie zu sichern. Die Ohogas hahen
den Ghän-Titel nur vereinzelt angenommen. Mit Ohog^a Mehdi
dauerte es übrigens, trotz oder vielleicht wegen des Ghän-Titels
nicht lange. Er verschwindet sogleich von der Bildfläohe; vgl.
S. 220 Anm. 3.
*) In Ms 122 8. 104 Z. 9 foneüsch geschrieben: |H^l^ ^^^.
') Es ist das ein beliebtes Motiv, nm die Menge des ver-
gossenen Blutes drastisch darzustellen.
*) Die Chinesen umschreiben Akim; er hatte J^nupeeUan
gMraU de UmUs ks affairea de la vüle' Mailla 11, 566.
25
Digitized by LjOOQ IC
320
gewesen, so müsse auch D&nijäl jetzt kommen und die
Verlorenen reohtleiten. Auf dieses Schreiben hin sog
Dänijäl mit seiner ganzen Familie ron Cho^end nach
Easgar. Unter I^hrung von Arza Mu^ammed zogen
die Kirgisen ihm entgegen und luden ihn in die Stadt
ein^). Er ging aber nicht in die Stadt, und aueh das
Volk von ELasgar erklärte : Wir haben einen Cho^a und
brauchen jenen nicht^). Die Kirgisen veranlassten ihn
nun, sich nach Jarkend zu begeben und dessen Be-
wohner bereiteten ihm^ den Häkim an der Spitze^ einen
höchst ehrenvollen Empfang und setzten ihn auf den
Stuhl der Cho^awürde. Nach einigen Tagen aber er-
klärte die Bevölkerung einstimmig, er sei zur Chan-
würde nicht geeignet, und man wählte einen Kasaken-
Chän, namens Häsim Sultan^). In Kasgar rissen die
Eorgisen die Herrschaft an sich^): Arzü Muhammed trat
an die Spitze; er, Qarachän Belüb^), Qarazengi Bek,
Gärüb Bek und der Häkim Isikäghä (?) setzten Cho^a
A^med an die Stelle, an die er gehörte^), und nahmen
selbst die Leitung des Landes vollständig in ihre ELand;
^) Mit der Stadt ist doch wohl Kaftgar gemeint, so dass es
scheint, als hätten sich damals die Kirgisen bis zn einem gewissen
Grade als die Herren der Stadt betrachtet.
*) Der Choj^a der Kafigarer ist der oben erw&hnte Ahmed,
Enkel Äf&qs. Sie hielten 's eben trotz der Schreckensherrschaft
Äfaqs mit dessen Partei nnd wollten von Dftmjäl, dem SprösaUng
Ish&qs, nichts wissen.
') Was ist aus AqbaS Chan geworden? Beide Handschriften
schweigen. Walichanow sagt S. 37: ,Der Jarkender Chan
Afiem [= HäSim], ein Kirgisen-Snltan, der in die Stadt gemfen
war, nachdem Akbai^-Chan, unbekannt weshalb, mit
Appaks Sohn Mehdi nach Hindustan abgegangen war*.
*) d. h. sie waren von der Äföq-Partei zu Hilfe grerufen.
^) Für ^y^ als Namen spricht, dass die p-Form von bdfnaq
in Ms. 40 sonst ^yy^ geschrieben ist. Doch kann zu verstehen
sein: Qarazengi Bek als Qarachän (Chef eineß Wachtpostens).
') Damach scheint es, als sei es mit der Herrschaft Ahmeds
schwach bestellt gewesen und als sei er nicht allgemein anerkannt
worden. Oder aber: sie wiesen ihm seinen Platz an, lieesen ihn
nicht dreinreden.
Digiti^ed by LjOOQ IC
281
BoUimm spielten sie den Jarkendern mit; bald be-
drängten sie sie durch offene Räuberei , bald
machten sie nachts Gefangene unter ihnen ^). Eines
Tages yerständigten sich Qarazengi Bek mit 500 Reitern
und 6ärüb B^k mit 500 Bewaffneten zu einem Raub-
zug gegen Jarkend; einer sollte unbemerkt durch das
Altyntor in die Stadt dringen und den Easaken Häsim
Sultan gefesselt entführen; der andere sollte durch das
Chäneqäh-Tor eindringen, den ^ikemi Ealän^) namens
Häkim 'Alemsäh Bek und den Isikäghä §äh Ga'far Bek
fesseln und samt Choga Dänijäl entführen. (S. 54
Z. 12 — 56 Z. 4.) Die Bedrohten erhielten rechtzeitig
Nachricht. Cho^a Dänijäl, 'Alemsäh Bek und §äh
Ga'far Bek befestigten jeder das Tor seines Hauses
und stellten Leute als Wachen aufs Dach. Häsim
Sultan schwang sich auf die Nachricht, nur mit einem
Polizeistock bewaffnet, auf einen mageren Hengst, Uess
die Easaken, die er zur Hand hatte, aufsitzen, und zog
dem Feinde entgegen. Vor dem Tore traf man sich.
Der Eirgise 6ärüb B^k stürzte sich mit einer fünf Ellen
langen Lanze auf den Sultan, der aber parierte geschickt,
schlug mit seinem Stock die Lanze in zwei Stücke und
spaltete dem Feinde selbst den Eopf. Noch drei, vier
andere Eirgisen brachte er mit seinem Stock zu Falle.
Die Feinde flohen. Er wurde von den andern sehr
gefeiert. Zugleich wurde alles zum weiteren Eampfe
bereit gemacht Über die Rotte, die unter Qarazi^ngi
angriff, wurde ebenfalls ein Sieg erfochten. Am nächsten
Tage versprachen die Eirgisen durch einen Gesandten,
nie mehr das Gebiet von Jarkend betreten zu woUen;
zugleich wollten sie die aus Jarkend geraubten drei-
tausend Personen gegen Auslieferung des einen Gärüb
^) Menschenraab kam in Jarkend noch in der Mitte des
▼origen Jahrhunderts vor. Der in Mittelasien blühende Menschen-
raub ist auch zur Beurteilung der Ghal(a-Frage heranzuziehen.
*} d. i. Dickwanst; der Spottname ist wohl nach Analogie
von Qädi Ealän gebildet, womit in den KaSgarischen Städten der
Oberrichter bezeichnet wird.
27
Digitized by LjOOQ IC
222
heraösgebeD. Die Soldaten setzten nun den von Häsim
Sultan erschlagenen öärüb aof ein Pferd, befestigten
ihn mit Holzstäben, wuschen seine Wunden und gaben
ihm den Stock, mit dem er erschlagen war, in die Hand.
So fiihrten sie ihn hinaus. Die Kirgisen wunderten
sich von weitem, warum der tapfere Gäxäb den Kopf
hängen lasse, und meinten, das sei wohl aus Scham
über seine Gefangenschaft. Die dreitausend Gefangenen
waren auf der einen Seite, der aufgeputzte Tote auf
der anderen. Die dreitausend stiessen glücklich zum
Heere, die Kirgisen aber waren untröstlich, als sie den
Betrug merkten. Nie mehr Hessen sie sich sehen. In
Jarkend schwamm alles in Freuden. Später verdächtigten
Intriganten Dftnijäl bei H&sim Sultan als feindlich ge-
sinnt. *) Häsim war von Natur argwöhnisch und furcht-
sam. So zog er mit seinen Kasaken fort ins Kasaken-
land, Dänijäl aber führte einige Zeit die Regierung
(S. 56 Z. 4 — 58 Z. 8). — Nun hatte in früheren Zeiten
Muhammed Elmin Chan unter Leitung und Fürbitte
Äfaqs die Uneinigkeit der Qalmaqen von Ha benutzt,
sie mit einem Heere überfaUen und 30000 Qalmaqen
zu Gefangenen gemacht^) Diese Qalmaqen schlössen
einen Bund miteinander, die Zerrissenheit der Muslims
auszunutzen und zogen mit gewaltigem Heere auf
Jarkend. Dänijäl sah, dass er zu schwach sei, ihnen
Widerstand zu leisten, und hielt es mit dem Hadit:
,Die Flucht vor dem, was nicht zu ertragen ist, ist eine
der Lebensregeln der GottgesandtenS und unterwarf
sich. Die Ungläubigen richteten aber keinen Schaden
an, sondern ehrten ihn und bestätigten ihn auf dem
Throne von Jarkend. Dann zogen sie gen KaSgar.
Dänijäl begleitete sie listig mit Truppen. Die Kasgarer
^) Die ,Verdachtigaiig' wird wohl begrOndet gewesen lein.
Dänijäl erwies sich allenthalben als skrapelloser Realpolitiker und
hätte HäSim mit Oewalt ans dem Wege geschafft, hätte der nicht
rechtzeitig den Platz geräumt. Der J)aDk des Haoses Maohdüm'
für die Rettong aas der Kirgisengelahr wäre HäSim sicher gewesen.
^) Es wird der Zug gemeint sein, von dem S. 215 die Rede war.
Digitized by LjOOQ IC
223
verteidigten sich einige Tage, dann ölSfneten sie das
Tor. Choga Ahmed fiel den Ungläubigen in die Hände.
Sie wollten ihn töten. Da warnte sie Dänijäl: ,Wenn
ihr das Land der Muslims haben wollt, dann hütet euch
sehr, ihre Chogas zu töten, denn die sind von den
Ejndem ihres Propheten, und sie ertragen deren Tötung
nicht; sie würden sonst mit Weib und Kind im er-
bittertsten Ringen mit euch sterbend i) So nahmen die
Ungläubigen von der Tötung Choga Ahmeds Abstand
und überliessen es den Kasgarern, ihre Angelegenheiten
nach eigenem Belieben zu ordnen. Ahmed selbst
schleppten sie als Gefangenen mit nach IIa und hielten
ihn in einem Grenzort in Gewahrsam^). Aber auch
Dänijäl trauten sie nicht : er durfte nicht nach Jarkend
zurück, sondern musste sogleich mit nach IIa; doch
lebte er dort in Ehren, umgeben von seiner Familie
und seinen Getreuen, die er hatte nachkommen lassen
dürfen. Sieben Jahre ging es so^), dann liess Gott
ein Wimder geschehen. Unter den 30000 Un-
gläubigen, die Muhammed Emin Chan aus Ha als Ge-
fangene fortgeschleppt, waren auch Personen aus den
Fürstenhäusern. Die meisten davon waren Muslims
geworden. Aus Herrengeschlecht war auch ein schönes
*) Choga Ahmed yerliessen wir oben (S. 220), wie er von den Kir-
gisen kaltgestellt wurde. Man liess ihn, scheint es, rnhig gewähren,
weil man ihn nicht fürchtete. Dängäl hätte, da er selbst hinter
der Tür steckte, schlauer sein müssen. War es eine gute Wallung,
die ihn den Hauptvertreter der feindlichen Partie, den Enkel ÄfiÄqs,
retten liess? Aber dieser Ahmed hatte Söhne und einer davon,
Burhänuddln, wurde zum Verräter an der Sache der Gho^ und
half mit zur Vernichtung der Söhne und Enkel seines Retters und
zur Niederwerfung des Landes durch die Chinesen; s. unten, wo
auch von den chinesischen Nachrichten über ihn die Rede ist.
') Der Name dieses Ortes ist nicht genannt. Es wird das
Mailla 11, 563 erwähnte Abakasek gemeint sein.
') Walichanoff setzt die auf diese von ihm nicht erzählte
Wundergeschichte folgende Rehabilitierung D&nijäl Chog^ in das
Jahr 1720 (S. 37). Dann hätte der Zug der Qalmaqen, der Ahmed
Choga und Dänijäl Choga beide nach IIa führte, etwa 1712 statt-
gefunden.
39
Digitized by VjOOQ IC
224
Mädchen. Dänijäl, der ihren Islam emeaert^^ hatte sie
2ur Ehe erkoren. Als nun die aufständischen Qalmaqen
Jarkend und Kasgar überfielen^ machten sie zahbeiche
Gefangene unter Muslims und Nichtmuslims und nahmen
sie mit in ihr Land. Darunter dieses Mädchen. Man
gab sie einem der Qahnaqenfürsten. So oft sich dieser
ihr nahen wollte, befiel seinen Körper ein Zittern und
er wurde kraftlos. So hielt er sich fem, bis die
Schwangerschaft ihr Ende erreichte. An dem Tage,
an dem das Kind geboren wurde, war es, als breite
sich ein Glanz über die Welt. Es war ein ausser-
ordentlich schöner Eoiabe, den man mit Sorgfalt be-
handelte. Bald zeigte er viel Verstand und man Hess
ihn in Schrift und Wissenschaft nach Brauch der
Qalmaqen unterrichten. So wurde er sieben Jahre alt.
Niemand wusste, dass er der Spross eines Muslims sei.
Seine Mutter fand kein Mittel, die Sache zu offenbaren,
fand auch keinen Muslim, dem sie das Geheimnis mit-
teilen konnte, denn ihr Stamm wohnte in dem Lager
des Fürsten und war von dem Lager der Muslims
einige Monate weit entfernt. Zufälligerweise kam eines
Tages ein muhammedanischer Kaufmann zu ihrem
Stamm und beim Umherwandern kam er auch in das
Haus jener Frau, die ihn sofort als Muslim erkannte,
ihm den Knaben vorführte und ihm das Geheimnis
mitteilte. Sie gab dem Kaufmann ein Schreiben an
D&nijäl mit, mit dem Auftrage, auch mündlich ein
Zeichen von ihr zu sagen. Als der Kaufmann damit
zu Dänijäl kam, entbrannte dessen Herz, und er nahm
sofort Brief und Kaufmann in das Lager des Fürsten,
dem er die Sache vortrug. Der Fürst schickte einen
höheren Beamten und von seiten Dänijäls die Chalpas
'Ubaidulläh und MoUa Meshüri alias Ächond MoUa
Ibrahim ab; fänden sie die Sache in Ordnung, so
*) Diese Ausdrucksweise geht auf die VorstelluDg zurück»
dass jeder Mensch als Muslim geboren wird und erst durch die
Eltern von dieser rechten Anlage abgebracht wird.
30
Digitized by LjOOQ IC
225
tollten sie das Kind den Hnslims übergeben; sei es
sweifelhaft, so solle man den Ehemann, das Kind und
die Frau herbeibringen; liege offenbar ein Irrtum ror,
so sollten die Muslims bestraft; werden. Im Lager an-
gekommen, wollte der Mann das Kind ihnen durchaus
nicht zeigen; das Kind aber schüchterte er ein, die
Fremden seien Menschenfresser, so dass der Knabe die
Fremden nicht sehen wollte. Die Frau blieb dabei, der
Knabe sei der Sohn des Dänijäl. Da die Unter-
suchung nichts Genügendes ergab, so kehrten sie alle
in das Lager des Fürsten zurück. Der Mann warf
sich dem Qongtflgi ^) zu Füssen und bat ihn flehentlich,
er möge den Weissturbanen nicht gestatten, die Sache
nach ihrem Recht zu entscheiden, er werde die
Trennung von seinem einzigen Sohn nicht aushalten
können. Die Qalmaqen sannen nun auf eine List. Es
sollten am nächsten Tage die Muslims in ihrer Tracht, die
Qalmaqen in der ihrigen sich im Sawrun (Audienzsaal)
versammeln. Die Muslims erschienen mit Erke Chan,
Timur Chan und Dänijäl Chogam an der Spitze; auf
der andern Seite sassen die Qalmaqengeneräle in einer
Reihe; die qalmaqischen Kläger hatte man oben hin-
gesetzt. Dem Knaben hatte man eingeredet: ,Diese
Weissbeturbanten sind Menschenfresser, geh' nur ja
nicht zu ihnen heran, denn sonst essen sie dich, setz
dich vielmehr dem Qalmaqen, deinem Vater, auf den
Schoss.^ So instruiert führten sie den Knaben in den
Saal. Die Muslims waren mutlos. Dänijäl flehte zu
seinem heiligen Ahn und sass versunken in das Meer
der Gottesanschauung. Der Fürst fragte den sieben-
Das ist Tsevan Babdan, der seit 1696 siob als alhnächtiger
Gebieter über Tarkestan betrachtete. Seine Stellung wird gut
beleuchtet durch die Bitte, welche der Öagbataide AbduIiSet, d. i.
*Abdnrredid, der sich vor Galdan mit seinem Sohne Brke Sultan
nach Tsining geflüchtet hatte, an den Kaiser Eang-hsi richtete,
ihm Empfehlungsbriefe an Tsevan Babdan zu geben. Über diesen
Abdurrefiid kann ich auch nicht mehr sagen, als aas Taricht
BeSidi Einl. S. 123 zu ersehen ist.
31
Digitized by LjOOQ IC
226
jährigen Elnaben: Jst dein Vater dieser Qalmaq, oder
Choga Dänijäl? wer dein Vater ist, dem setz dich auf
den Schoss/ Der Knabe wandte sich den Qabnaqen
zu. Alle sahen, wie er sich ihnen nahte; da brach er
plötzlich in lautes Weinen aus und stürzte sich Dänijäl
Chogam in den Schoss und wurde bewusstlos. Auf
beiden Seiten schluchzte man heftig und war tief er-
griffen. Auch der QongtägT weinte sehr und erklärte:
, Chogam, Gott hat für dich gesprochen, nimm deinen
Sohn; deine Chogaeigenschafk ist Wahrheit, ich verleihe
dir diese vier Städte i) als Chogaschaft; wohne in deiner
Stadt. ^ So wurde Dänijäl aus den Fesseln der Un-
gläubigen befreit, liess seinen Sohn Chogai Gihän bei
dem Qalmaqenfürsten und begab sich selbst nach
Jarkend, den neugewonnenen Sohn aber kleidete er
islamisch, feierte ein grosses Beschneidungsfest und gab
ihm den Namen Jüsuf Choga (S. 58 Z. 8—64 Z. 10).
Dänijäl beherrschte von Jarkend aus auch die
andern Städte Kasgar, Aqsü und Chotan. Er war ein
frommer und gerechter Fürst. Jüsuf studierte fleissig
und erwarb reiches Wissen. Die Qalmaqen hatten zur
Zeit Äfaqs das Versprechen von hunderttausend Tenge
erhalten 2), und diese erhoben sie nun von den Städten
Moghulistans als Kopfsteuer; manchmal reiste Dänijäl
nach IIa, um mit den Qalmaqen eine Begegnung zu
haben. Sieben Jahre waren vergangen, da sollte die
Tochter des Qongtägi mit dem Sohne des Fürsten der
Turgut - Qalmaqen Hochzeit feiern ; zu dieser wurden
auch die Grossen der MusUms mit Dänijäl an der
Spitze eingeladen. Notgedrungen mussten sie gehorchen
^) Walichanoff hat an der entsprechenden Stelle (S. 37)
,8ech8 Städte'. Aach S. 35 spricht er von der ,ganzen Bevölkerung
der 9ech8 Städte'. Auch in onserm Tezkere ist an andern Stellen
von den ^Sechs Städten' die Rede, und es ist kein Zweifel, dass
Tnrkistan lange vor Ja*qüb Bek den Namen ^Altyiahr' (Alty6&r)
fahrte. Es ist wichtig, das festzustellen, da der Versuch gemacht
wird, den Thatbestand zu verdunkeln.
*) Siehe darüber oben S. 211 und Anm. 5.
32
Digitized by LjOOQ IC
227
und sich nach Ha begeben. Der ungläubige Qongtä^
verlangte von diesen Muslims die Hochzeitsfestausstattung.
Was sie bei sich hatten, nahm er. aber er wollte mehr,
indische Perlen und Geschmeide, Gold und Edelsteine,
und als sie erklärten, das hätten sie nicht, bedrohte er
sie heftig. Die Grossen warfen sich Dftnijäl zu Füssen
und beschworen ihn, das Unglück von ihnen abzu-
wenden. Dänijäl schüttelte heftig den Kopf. Nach
einer Weile erhob er ihn und befahl ihnen, die ganze
Nacht zu den Seelen der Chogas zu beten. So taten
sie unter seiner Leitung bis zum Morgen. Dann ver-
sicherte er, ihr Gebet sei erhört, und nach einer Weile
erhob sich ein Tumult, der Qongtä^ sei gestorben und
an seiner Stelle sei Ghaldän, Sohn öirins^), Fürst
geworden. Man hörte nun im Schlosse, der Qongtägi
sei von seiner Frau^), die ihren eigenen Sohn zum
Fürsten machen wollte, vergiftet worden. Sie hatte
auch Ghaldän Oirin, der von einer anderen Mutter war,
töten wollen, das war aber Ghaldän verraten worden,
und der hatte im Einverständnis mit den Generälen
seine Stiefmutter imd seinen jüngeren Bruder getötet
und sich auf den Thron gesetzt. Ghaldän gab den
Muslims Freiheit, in ihre Heimat zurückzukehren;
Dänijäl bestätigte er die Herrschaft über die vier
Städte. Von den Grundstücken aber, welche die Chane
dem Cho^ Ishäq Wall geweiht hatten, mussten auch
ferner wegen der Schwäche des Islams den Qalmaqen
Abgaben {bä§ u charä§) bezahlt werden. Als Dänijäl
zum Sterben kam, rief er alle Familienglieder zusammen
») Der Galdan-Tsering Ritter 2, 467. Er regierte nach
Grigorjew 2,372 von 1727 bis 1745. Die Einzelheiten, die hier
über seine Thronbesteigung berichtet werden, scheinen sich in
andern Quellen nicht zu finden. In beiden Manuskripten ist der
• o ^
Name ^J^^\ \:f^'7^ {^^^^^^ geschrieben (Ms. 40 ^jfiXJ^).
Die Zurechtlegung von Galdan-Tsering als: Galdan Ihn Tsering
nach islamischem Brauch hat, scheint es, keine Berechtigung.
*) Das war eine Tochter des Chans der Tui^t-Qalmaqen
Ajuki, Bitter 2, 454.
33
Digitized by LjOOQ IC
228
und gab ihnen sein Vermächtnis: seinen Sohn Chogai
Öihän empfahl er besonders seinem heiligen Ahn, und
die übrigen Nachkommen wieder der Leitung dieses
Sohnes; er habe diesen Ungläubigen Gehorsam leisten
müssen, sein Nachfolger solle sie bekämpfen und den
Islam an ihnen rächen und damit sich als rechten
Saij id erweisen. Dann starb er. Im Altyn wurde er begraben i).
Er hinterliess fünf Söhne und einige Töchter. Die Söhne
sind: Chogai' Gihän Cho^am, Cho|a Aijüb Chogam, Choga
Jüsuf Chogam, Choga Nizämuddln genannt Choga
Chämüs Chogam, Choga 'UbaiduUäh Cho^am; die Töchter
sind: [Ulugh 'Azizim Pädisäh und Eicik 'Azizim Pä-
disäh; ihre eigentlichen Namen kennt man nicht ^)]. Alle
Kinder betrachteten Chogai* öihän wie ihren Vater. Er
selbst residierte in Jarkend, Jüsuf in Easgar, Nizämuddin
genannt Chämüs in Aqsü, 'Ubaidulläh in Chotan^).
Alle regierten sehr gerecht. Den Gelehrten und
Frommen der vier Städte erwies Chogai Öihän grosse
Ehre. Mit Vorliebe liess er sich Sijar- und Ta'rlch-
Bücher vorlesen, ebenso Diwane, Ghazels und Mesnewis;
auch machte er selbst Verse. Zuweilen veranstaltete
er Dichterwettkämpfe und beschenkte die besten Sänger
fürstlich; jeden Montag und Mittwoch ging er in die
Medrese des Ächond Saijid Choga Ishäq, gewöhnlich
nur kurz Cho^a Ächond genannt, und stellte Prüfungen
an; wobei er die Begabten und Fleissigen belohnte, die
Ungeschickten und Faulen durch Tadel anspornte;
endlich unterwies er selbst zuweilen Derwische und
^) In dem grossen Mazär-Eomplex des Altyn Büzürük wurde
mir kein Ghrab als das des Choga D&ngäl gezeigt. Es wird sich
aber leicht ausfindig machen lassen und ich lenke die Aufmerk-
samkeit künftiger Besucher Jarkends darauf.
») Nur in Ms 122, S. 128 Z. 5; in Ms 40 ist hier eine Lücke.
"J Die Stelle ist in Ms 40 lückenhaft. Als letzten Namen
haben beide Manuskripte TTbaidulläh gegen das 'Abdullah Wali-
chanows S. 38. Die Teilung des Reiches unter die Söhne wird
bei Walichanow S. 38, vielleicht nicht mit Unrecht, als das
Werk des schlauen Qalmaqen Qaldan-Tsering dargestellt, der
jedem Sohne Dänijäls besonderes Diplom und Siegel gab.
34
Digitized by LjOOQ IC
229
intime Adepten in der Ordensregel. Dafür wurde er
überschwänglich gepriesen, und man verglich seine Zeit
mit der des Sultan Husain Mirzä^); doch bemerkten
einige^ Sultan Husain Mirzä sei nur ein Mirzäde
(fürstlicher Prinz) 2) und in mancher Beziehung nicht
ganz vollkommen gewesen, Chogai' Gihän aber sei ein
Nachkomme des Propheten (S. 64 Z. 10—70 Z. 10).
— Hier folgt eine Erörterung über die leibliche und
geistliche Abstammung im allgemeinen imd in An-
wendung auf Chogai' Gihän^ die sich in einem weit-
läufigen Bericht über fromme Werke und Worte des
heiligen Mannes verliert (S. 70 Z. 10—102 Z. 13).
Auf allen diesen Seiten ist nichts historisch Interessantes
zu finden, wohl aber einiger Klatsch aus der älteren
Heiligen- und Gdehrtengeschichte, gelegentlich auch
Erörterung prinzipieller Fragen, wie der durch ein
Fetwa des Muhammed El^äfizI entschiedenen, ob ein
Murid, der sich einem andemMursidzuwendet, seinen ersten
Mursid ausdrücklich verleugnen müsse (S. 78). Von einigem
Interesse ist dieFeststellung S. 79, dass der geistlicheStamm-
baum sich bei Machdümi A^zem in zwei Linien spaltete, die
so verlaufen: 1. Machdüm — Choga Güjbäri — Choga
Muhammed Emin, Sohn Machdüms — dessen Bruder
Choga Bahä'uddin — Choga Häsim Dehbidl, Sohn des
Muhammed Emm — Häsims Bruder Choga Muhammed
Jüsuf — dessen Sohn Choga Äfäq; 2. Machdüm —
Maulänä Lutfulläh öusti — Choga Ishäq — Choga
§ä<ü — Choga *Ubaidullah — Choga Dänijäl —
Maulänä Ja'qüb Chogai (jrihän. — An die Preisungen
des Chogai öihän schliessen sich solche seines Bruders
^) Gemeint ist Husain Baikarft von Herät, dessen Hof als
Sammelplatz von Dichtem und Gelelirten berühmt war, siehe
über diesen Urenkel Timors durch dessen Sohn Omar §aich,
Müller, Islam 2, 827.
•) Über die Anwendung des Wortes in jener Zeit speziell auf
die Nachkommen Timurs, der sich ja einfach Emir nennen liess
8. Müller, Islam 2, 316.
35
3*
Digitized by LjOOQ IC
230
Chämüs^); dieser stirbt in lla^), wo sich viele Muslims
aus Chänfamilien befanden, unter Omen auch Nach-
kommen Äfaqs mit Choga Mu'min^) an der Spitze; die
Totenfeierlichkeiten leitete Timur Chan als Imäm; die
Armen wurden reichlich bedacht. Die heilige Leiche
führte man zu Kamel nach Aqsü imter Leitung
^Abdullahs, ältesten Sohnes des Jüsuf Chogam, und setzte
sie im Mazär des Choga Öahbäz bei*); 'Abdullah^) kehrte
nach IIa zurück. Die Gebeine des ChämUs wurden später
nach Jarkend überführt und im Altyn Mazär begraben.
Li Jarkend baute Chogai' öihän in Ausführung eines
Vermächtnisses von ChämUs die Schule Aq Medrese^
und versah sie mit reichlichem Waqf (S. 102 Z. 13
bis 108 Z. 6). — *Ubaidulläh, der. jüngste der Söhne
Dänijäls; heiratete die Schwester Erke Chans "^j und hatte
von ihr vier Söhne: Semsuddin, Jahjä, Ahmed und
'Äbid. 'übaiduUäh war als Residenz Chotan bestimmt
worden, aber ehe er noch dorthin gelangte, nahm er
die Stelle des verstorbenen Chämüs in Aqsü ein; nach-
dem er eine Weile gerecht regiert, starb er; er wurde
in Jarkend im Altyn Mazär beigesetzt. Nach einem
Gerüchte, das im Volke umgeht, ist 'Ubaidulläh von
dem gottlosen *Abdulwahhäb vergiftet worden. Die
^) Geheiratet hatte er die Schwester eines Zähid, eine aus-
gezeichnete Frau, Namens ülugh Ilam &^} ^J^)^ ^^^ ^^ ^^
S. 106; Ms 122 S. 191: ^ibf ^^1).
') Es wird das Testament des GhämüS mitgeteilt, das dieser
seinem Bruder Jüsuf verlautbarte.
'} Das war nach der Bolle Hendricks ein Bruder des
Choga Äfaq.
*) Das befand sich in Aqsü, s. oben S. 206; in Ms 40 ^sch-
lich: im Maz&r Ishäq Walls, Vaters des §ahbäz; das be&nd sich
in IsfEduk, s. oben S. 205.
'') Ms 40: *Ubaidullsh (in Ms 122 fehlt die SteUe), es kann
aber nur 'Abdullah gemeint sein.
^ Ich besuchte sie; es wird in ihr doziert.
^) Dieser £rke Chan ist wahrscheinlich der jüngste Sohn
Jüsufs, über welchen s. imten S. 231 Anm. 4, wo auch von dem
Beinamen Erke gehandelt ist.
86
Digitized by LjOOQ IC
231
Gbogas wollen aber von diesem Gerüchte nichts wissen
und erklären es für falsch. Nach 'UbaiduUähs Tode
hatte §emsudd!n mit seinen jüngeren Brüdern die Herr-
schaft in Chotan inne (S. 108 Z, 6—109 Z. 10). —
Jüsnf Chogam war ein ausgezeichneter Mann, besonders
gut verstand er es, den gegen die Muslims gesponnenen
Intriguen entgegenzuarbeiten. So hatten z. B. böswillige
Menschen den Fürsten und die Untersucher (jarghü^i)
der Qalmaqen bestochen, die Kopfsteuer der Muslims
zu erhöhen, Jüsuf verstand aber diese Massregel abzu-
wenden. Mit seinen häufigen Besuchen in Ha ^) verband
er auch den Zweck, Spaltungen unter den Ungläubigen
hervorzurufen, denn er barg in einer Falte des Herzens
den Wunsch, für den Glauben zu kämpfen. Es gelang
ihm, eine Anzahl Muslims, darunter Chane und Chogas,
die in IIa gefangen waren, zu befreien (S. 109 Z. 10
bis 112 Z. 9). — Jüsuf hatte vier Söhne«): 'Abdullah^),
Mu'rain) Qutbuddin und Burhänuddin, auch Erke^)
Chogam genannt. Einige von diesen Söhnen nahm
Jüsuf mit nach Ha, damit sie die Verhältnisse dort
kennen lernten, wenn es zum Kriege käme. Als Jüsuf
zum letzten Mal nach Ha kam, fand er die Fürsten der
Ungläubigen in verändertem Zustande und sah ihre
Zerrissenheit*). So glaubte er die Zeit zur Ausführung
') Wie weit sein Aufenthalt in IIa freiwiUig war, läset sich
aus dem Text nicht ausmachen; es heisst nur: ,er befand sich
meist in Ila'. Nach Walichanow S. 88 wäre Jüsuf vom Qal-
maqen-Chän, der in unserm Texte als töre bezeichnet wird,
genötigt worden, in Ila zu wohnen.
') Von seinen Frauen werden erwähnt: die Kirgisin B%jän
ÄghSöa, 8. S. 289, und Öemile Ägh&5a, s. 8. 251.
') In Ms. 40 'Abdurrahim, in Ms. 122 *Ubaidulläh; vgl.
oben 8. 230 Anm. 5.
*) Zur Erklärung des Namens Erke ist bemerkt: ,weil Jüsuf
diesen Sohn ganz besonders liebte, wurde er Erke genannt*.
erke ist in der Tat ,Liebling' (Glossar s. v. Liebling). Shaw:
, Oo| irJea (aclj.) [ich kenne es nur als Subst.] pet, favourite'.
*) Es sind die Wirren gemeint, die Ritter 2, 457 berichtet
sind, und aus denen Davatsi und schliesslich Amursana als Macht-
haber hervorgingen
87
Digitized by LjOOQ IC
232
seiner Pläne gekommen. Niemandem aber vertraute er
sein Geheimnis an (S. 112 Z. 9—114 Z. 11). — Nun
war zu jener Zeit in Kasgar ein sehr kluger Mann
Häkim, namens Chos Kipek*) Bök; der war höchst um-
sichtig und Jüsuf besprach mit ihm alle wichtigeren
Angelegenheiten^ ausgenommen die^ welche Mut und
Entschlossenheit erforderten, denn Cho§ Eipek B^k war
sehr furchtsam. So hielt es Jüsuf für besser, ihn aus
Ha zu entfernen^). Er stellte den Qalmaqen vor, sie
müssten den B^k nach Kasgar zurückschicken, weil die
Stadt von den Kirgisen bedroht sei, und er alles zu
ihrer Verteidigung Nötige herrichten müsse; die Qal-
maqen selbst gaben dem Bek auf, Kasgar gut zu be-
festigen. Der tat es auch, besserte die Stadtmauer
aus und baute rings um sie Befestigungen. Die
Kasgarer konnten nicht begreifen, was das bedeute,
denn von feindlichen Heeren war keine Spur, und auch
Chos Kipek Bek hatte keine Ahnung, um was es sich
handle. Jüsuf aber spielte seine Intrigue weiter: er
schickte an die in IIa befindlichen Qipiaq-Kirgisen
heimlich ein Schreiben, ihre Vorväter seien seit alter
Zeit Heerführer gewesen und hätten das Schwert des
Islams geführt; nie dep Ungläubigen untertänig, hätten
sie an seine (Jüsufs) Vorfahren geglaubt; im heiligen
Kriege zu sterben sei ruhmvoll, im Falle des Sieges
winke reiche Beute; er hoffe, sein Leben mit dieser
guten Sache beschliessen zu können; wollten sie helfen,
80 sollten sie sich zu der und der Stunde stellen. Das
oberste Haupt dieser Kirgisen, Namens *Omar Mirzä^),
begrüsste den Antrag freudigst imd antwortete zu-
^) Geschrieben kifek^ aber jedenfalls mit p zu sprechen. In
Diensten der chinesischen Regierung in Jarkend befindet sich ein
Schreiber Namens Kipek Mirzä, der mir' Dienste leistete.
^ Es ist im Texte nicht gesagt, warum sich Chog Kipek Bek
in tla befand. Es scheint, die Qalmaqen suchten immer mög-
lichst viele einflussreiche Muslims unter Augen zu haben.
') Der Mann spielt auch später noch eine Rolle, s. S. 245
und 8. 250.
Digitized by LjOOQ IC
233
stimmend. Unter welchem Vorwand aber sollte sich
Jüsnf nach Kasgar begeben? Er richtete einen
Diener ab, der mit einem angeblich aus Kasgar stam-
menden Briefe aus einem in der Nähe gelegenen Tal
nach einiger Zeit in grosser Hast ankommen musste.
Mit diesem falschen Boten eilte er zum Qalmaqenfürsten.
Der Brief enthielt: Mu'min Chogam^), Chos Kipek und
sämtliche B6ks von Kasgar unterbreiteten dem Fürsten,
die Kirgisen der ganzen Umgegend hätten Abrede ge-
troffen, zu der und der Stunde einen Beutezug auf
KaSgar zu machen; schleunigste Hilfe tue not (S. 114
Z. 10 — 117Z.6). — Die dummen Qalmaqen gerieten ausser
sich; sie hätten wohl gern Soldaten geschickt, aber bei
ihnen selbst gab es Uneinigkeit; so beschlossen sie denn
notgedrungen, der Choga solle sich aufmachen und die
Sache in Ordnung bringen. Sie riefen Jüsuf, und der
Qalmaqenfürst sprach ihm sein Vertarauen aus ; er kenne
ja alle ihre Verhältnisse ganz genau und wie zersplittert
sie seien; er möge in Kasgar mit seinen Muslims den
Kirgisen gegentibertreten und sie einschüchtern. Jüsuf
dankte Gott, der alles so herrlich gewendet. Den
Qalmaqenfürsten tröstete er: er solle nur Babaq 'Abdullah
Choga 2) schicken, der werde es schon in Ordnung bringen,
und genüge das nicht, so werde er selbst gehen. Die
Ungläubigen nahmen den Rat an. Jüsuf instruierte
Babaq 'Abdiilläh, er sende ihn voraus, um ihn zu retten;
er solle nur von Zeit zu Zeit Boten senden, dass es
schlecht stehe, und dass die Kasgarer sich vor den
Kirgisen sehr fürchteten, und erklärten, sie würden sich,
wenn sie keinen Schutz erhielten, den Kirgisen unter-
werfen. 'Abdullah tat also. Er nahm aus Aqsü, wo
er sich einige Tage aufhielt, ungefähr dreitausend gut-
bewaffnete Soldaten und fünfhundert gute Pferde mit.
In Kasgar nahm er die Regierung in die Hand. Von
*) Das wird der Mu'min sein, der oben S. 231 als zweiter
Sohn JüsnfiB genannt ist.
*) Das wird der älteste Sohn Jüsufs sein, s. S. 231. Für
Babaq giebt Shaw: ,|jwU bäbäq father or grandfather ; also child'.
89
Digitized by LjOOQ IC
234
Zeit zu Zeit schickte er die verabredeten Briefe^ die er
von seinem vertrauten Diener Ächond Hägi 'UbaiduU&h,
dem Oberqädi von Jarkend^ schreiben liess, und von
denen in Easgar niemand sonst etwas erfuhr. Auf
Grund dieser Schreiben sandten die bestürzten Un-
gläubigen in Ha sofort Jüsuf ab^ um zu helfen. Der
machte sich schleunigst auf ^). Eine Tagereise, nachdem
er den Muzatberg') überschritten, begegnete ihm Choga
Sl Bek, der Häkim von Us^). Das war ein schlimmer
Intrigant, aber ein scharfblickender Mensch. Er grüsste:
, Gesegnet sei mein Islam ausbreitender Pädisäh!^ Jüsuf
erwiderte: »Der Wunsch, den Sie im Herzen tragen, möge
von Gott sein!' Unter den Höflichkeitsphrasen bemerkte
er auch: ,In IIa ist gegenwärtig viel Uneim'gkeit, und
es ist nicht ein Ort hinzugehen, es ist besser, wenn
Sie umkehren.' Der Intrigant liess sich aber nicht ab-
halten imd zog weiter. Jüsufs Menschenkenntnis sagte
ihm, dass dieser Ketzer^) bei den Ungläubigen eine
Intrigue anzetteln würde. Hals über Kopf eilte er mit
Zurücklassung der Vögel nach Aqsü, und nach einem
Tage Rast von dort in vier Tagen nach Easgar^).
Dort nahm er sofort die Regierung in die Hand (S. 117
Z. 6—120 Z. 10). — Der schlimme Choga Si Bek
hatte aus den Umständen richtig geschlossen^ dass
^) Unter seinem Beisezeug werden besonders die Vögel er-
wähnt. Ein turkestanischer Grosser ist eben ohne seine Jagd-
falken nicht denkbar.
') Der Muzart-Pass (in dem mugcU beachte den r-Schwnnd!
rmusart = Eis-Pass) ist der Übergang über den TienSan anf dem
geraden Wege zwischen IIa und Aqsü.
') Gemeint ist Ü5-Turfan, wie es heut durchaus genannt
wird, fledin besachte den am rechten Ufer des TaoSqan-Derja
gelegenen Ort, den er Utsch-torfan schreibt, s. S. 254. Die
Chinesen schreiben uH.
*) ^J»^U , es scheint also, dass dieser Chog^a Si Bek aus US
ein Siit war. Vielleicht ist räfisü hier aber nnr als Schmähwort
zu nehmen.
') Für diese Beise werden gewöhnlich fOn^Eehn Karawanen-
tage gerechnet. Hedin machte sie in zwölf, S. 263—259; doch
nahm Jüsuf einen andern Weg; s. Nachträge.
40
Digitized by LjOOQ IC
235
Jüsuf beabsichtige, gegen die Ungläubigen zu kämpfen.
Zu deren Orda eilte er schleunigst und trug dem Tore,
Namens Dabägi^), vor, sie hätten Jüsuf nicht ziehen lassen
dürfen; in dem Augenblick, wo er den Muzat über-
schritten, sei er zum Rebell geworden, sie sollten ihm
schleunigst nachsetzen; fänden sie ihn nicht, so sei
Easgar imd Jarkend für sie verloren. Ein rüstiger
Mann wurde mit dreihundert Leuten Jüsuf nachgeschickt;
als er nach der Station Mesgid bei Faizäbäd kam, war
Jüsuf schon mit dem Schiff hinüber, und sie mussten
unverrichteter Sache umkehren. Nun versuchte man's
mit einer Intrigue. ' Abdul wahhäb^) schickte aus Aqsü
einen Boten, der Qalmaqenfürst sei von Amursana mit
schwerem Heere bedroht, und wenn Jüsuf jetzt helfe,
so werde der Qalmaq ihm das nie vergessen; andern-
falls müsse er sich auf Strafe gefasst machen. Jüsuf
antwortete ausweichend: er könne wegen kranken
Fnsses nicht reiten und werde kommen, wann er gesund
sei. Mittlerweile rüstete Jüsuf in Kasgar den bevor-
stehenden Kampf mit den Ungläubigen. Einige Über-
eifrige konnten es gar nicht erwarten und riefen, wann
es denn losgehen würde (S. 120 Z. 10—122 Z. 12). —
Nun lebte in Kasgar ein arger Mensch, Namens Chudäjär
ISikäghä^), der war gottlos, verblendet, hasste den Islam
und neigte den Ungläubigen zu. Der zitterte vor Wut,
als er Jüsufs Vorgehen sah und wollte die Städte
wieder in die Gewalt der Ungläubigen bringen, denn
er hatte den Qalmaqen Dienste geleistet, indem er unter
den Muslims viele Neuerungen einführte, und hatte es
dabei weit gebracht. Er hatte namentlich Jüsuf und
') Der DaFatsi Ritter 2, 457. Die chinesischen Quellen
nennen ihn nach den französischen Jesuiten Ta-wa-tsi, siehe z. B.
Mai Ha 11, 541, wo die Herkunft des Davatsi berichtet nnd be-
merkt ist, die Bossen nennen ihn Debagi.
*) Tritt hier nnvermittelt auf, nachdem er bisher nnr einmal
ganz gelegentlich erwähnt ist, s. oben S. 230.
*) Walichanow schreibt diesen Titel durchgehend ISkaga.
Er ist zusammengesetzt aus mk und äghä. Der ISikäghä scheint
der Vice-Gouyemeur, Vertreter des Häkim, zu sein.
41
Digitized by LjOOQ IC
236
alle anderen Chogas mit grosser Frechheit in IIa ver-
dächtigt, offen aber hatte er seine feindliche Gesinnung
nie gezeigt. Es war da auch ein Kahlkopf ans Artyc^),
der ebenfalls voller Listen und gewalttätig war und
namentlich den Musb'ms keine Ruhe liess. Er hiess
*Abdussattär. Dieser Mann begab sich auf den Rat,
den ihm 'Abdulwahhäb aus IIa gab, in das Haus, das
er in Artyi besass, und befestigte es. In dieses Haus
lockte er die Leute und liess sie nicht mehr hinaus.
Der Häkim von Artyc, Nijäz Bek, bekam's mit der
Angst und flüchtete in die Stadt. Er 2) schickte heim-
lich mit einem als Qalmaq verkleideten 3) Manne an
Chudäjär Bök einen Brief. Dieser rief einige be-
freundete Beks zusammen und zeigte ihnen den Brief,
der von 'Abdulwahhäb und Choga Sl untersiegelt war
und folgenden Inhalt hatte: ,Chudäjär B^k und den
andern Beks von Kasgar Gruss ! vom Chäqän von China
kommt nach IIa ein grosses Heer; Ha ist in Uneinig-
keit; die Qalmaqen halten nicht zusammen; wie es auch
sei, man soll Choga Jüsuf auf irgend eine Art töten;
in jedem Falle ist es ein Dienst; ist das Land frei, so
könnt ihr nach Belieben schalten und walten**). Die
Beks fanden den Rat nicht gut; sie sagten sich, dass
Jüsuf zu klug sei, um sich in dieser Schlinge fangen
zu lassen, und bekomme er Wind, so sei es um ihre
Köpfe geschehen; sie beschlossen, Jüsuf den Brief zu
^) So ist der Ort hier und in andern Handschriften ge-
schrieben. In EaSgar wird er ArtyS gesprochen. Es ist Üstün
Artyg, das obere ArtyS gemeint, wie sich aus einer späteren
Stelle (siehe hier S. 240) ergibt.
') Es ist befremdlich, dass dieser furchtsame und der feind-
lichen Clique offenbar fernstehende Mann mit ihnen intrigieren
soll. Vielleicht ist etwas ausgefallen, wie: * Ab dussattär hatte von
*Abdulwahh&b einen Brief erhalten und schickte den heimlich
u. s. w.
^) üeber die Verkleidung wird folgende Angabe gemacht:
v«^LmiÜ. Mir sind die ersten Worte nicht völlig klar.
*) Die Uebersetzung des Briefes ist im einzelnen nicht sicher.
42
Digitized by LjOOQ IC
237
zeigen in der Hoffiiung, yon ihm eine reiche Belohnung
zu erhalten. Chudäjär B6k aber verrannte sich ganz
und gar in die teuflischen Gedanken, die der Satan
ihm einflüsterte, und hatte nichts anderes mehr im
Sinne, als Jüsuf aus der Welt zu schaffen. Es war da
ein Mann, der aus Artyc stammte und §äh Bgk hiess;
er war von Mutters Seite ein Saijid, von Vaters Seite
ein Bekzäde. Diesen Mann rief Chudäjär zu sich,
nachdem er sich schon mit dessen jüngerem Bruder
Mubäreksäh Bek beredet, und erklärte, so lange Jüsuf
lebe, nehme es kein gutes Ende; es sollten den nächsten
Tag, einen Freitag, einige gute Flinten schützen an das
Tor der Freitagsmoschee gestellt werden, und die
sollten Jüsuf während des Betens erschiessen; Sah B^k
solle mit fünf- bis sechshundert Bewaffneten bereit
stehen. 'Abdussattär Bek solle mit ebensoviel Mann
aus Artyc kommen imd ein Tor besetzen; beim Knall
der Flinten sollten sie dann von einer Seite, 'Abdussatär
vom Tor her die Burg stürmen; am Freitag seien ja
die Leute alle mit dem Handel und mit dem Gebet
beschäftigt und sorglos; mit der Burg sei auch die
Stadt genommen, denn Chos Kipek sei ein Tropf
und werde sich ruhig halten; man könne dann
nach Herzenslust plündern. Wie es in allen übrigen
Städten Brauch war, so waren auch in Easgar
fünfzehn Qalmaqen unter einem ungläubigen stationiert.
Dieser Offizier hiess Qara Chan; auch er sollte mittun
und verpflichtete sich dazu durch ein von ihm unter-
siegeltes Schreiben: er wolle mit Sah B^k zusammen-
halten, während Mubäreksäh mit ^Abdussattär Choga zu-
sammen agieren und zunächst auf heimlichen Wegen zu
diesem eilen sollte (S. 122 Z. 12—125 Z. 13). — Den beiden
Brüdern MubärekSäh B6k und Sah Bek schlug das Ge-
wissen: hatte Chudäjär ihnen versprochen, sie zuHäkims
von Artyc zu machen, so schien es ihnen doch besser,
statt diese Schmach im Diesseits und Jenseits auf sich
zu nehmen, das Schreiben Jüsuf Cho^a zu zeigen und
sich von diesem in Artyc einsetzen zu lassen. Sie zogen
43
Digitized by LjOOQ IC
238
aus dem Sü-Tor^) aus, machten aber schon nach
einigen Schritten Kehrt und kamen durch eine Seiten-
thür in die Burg. MubärekSäh war mit einer Tochter
des Ächon^) MoUa Taqi Namens HaUmaBänü verheiratet,
und so war Choga 'Abdulme^d, der Sohn Molla Taqis,
in den Anschlag verwickelt worden. Alle drei kamen
nun zur Zeit des Nachtgebetes zum Altunluq Seräi^)
und liessen sich anmelden^ wurden auch angenommen.
Zuerst trat ' Abdulmegid ein und erstattete Bericht; dann
kamen die beiden andern und zeigten das verräterische
Schreiben vor; Jüsuf befahl, Mubäreksäh in der Burg
zu verstecken, die andern entliess er; dann liess er
Babaq Choga 'Abdullah rufen, ebenso Choga Mu^min
und sämtliche Leute der Burg unter Derwis Bakäwul.
Babak 'Abdullah war nur mit grosser Mühe aus dem
Schlaf zu bringen, und erst nach langer Weile kam er
langsam und würdevoll an (S. 125 Z. 13—127 Z. 4). —
Jüsuf fuhr ihn heftig an: , Denke nicht, dass immer Zeit
ist für solche Verschlafenheit! Wenn die vierzig Tage
der Trauer um mich um sind, dann ist es an dir, diesen
Thron einzunehmen!* In der Tat liess * Abdullah, nach-
dem 39 Tage um Jüsuf Choga getrauert worden, den
Thron von Easgar im Stich und zog mit seiner FamiUe
nach Jarkend (S. 125 Z. 13—127 Z. 10). — Mu*mm
und Derwis mussten aus Qaräqir, wo sie auf einem
Jagdausflug nächtigten, herbeigeholt werden. Nur diesen
drei, ^Abdullah, Mu'min und Derwö, wurde das Ge-
heimnis mitgeteilt Die Leute mussten die Burg be-
festigen. Die B6ks, die am nächsten Morgen zu Hofe
kamen*), erhielten auch keine Aufklärung. Chudäjär
') Wassertor? heute gibt es meines Wissens keins dieses
Namens in Eadgar.
•) Hier ^;^^l geschrieben, wie das Wort durchaus ge-
sprochen wird; die gewöhnliche Schreibung ist Ju^^t.
*) Altunluq Seräi ist offenbar als ein Teil der Burg zu be-
trachten; es wird auch S. 267 erwähnt.
*) Auch hier, S. 128 Z. 1, ist das Wort ^})^ gebraucht,
dem wir schon oben S. 63 Z. 5 (hier S. 225) in der Form ^j}))^
begegneten.
44
Digitized by LjOOQ IC
239
ersah aus den getroffenen Anstalten, dass Jüsuf Wind
bekommen hatte; so befestigte er sich in seinem eignen
Hause^ indem er seinen ganzen Anhang versammelte.
Zur Burg ging er nicht. Jüsuf ging auch nicht zum
Freitaggebet. So ging der Tag herum. Am Sonnabend
beschloss Jüsuf, die Sache energisch zum Austrag zu
bringen. In der Burg befanden sich einige Kämpen
von den Qipcaq-Kirgisen, die zur Verwandtschaft der
Frau Jüsufs, Namens BajänÄghäca, gehörten; aus diesen
wählte Jüsuf zehn, und aus denen suchte er drei und
endlich einen aus; dem befahl er, wenn er zum zweiten
Mal sich die Pfeife stopfen lasse, Chudäjär zu packen,
in das Tablchäne zu schleppen und dort gefesselt zu
halten. Chudäjär kam auch an diesem Tage nicht,
Jüsuf gab nun seinem Verwandten 'Abdurrahim Bök
den Auftrag, Chudäjär unter allen Umständen zur Stelle
zu schaffen (S. 127 Z. 10-128 Z. 14). — Chudäjär
hatte selbige Nacht einen bösen Traum gehabt und seine
Schwester riet ihm ab. Chudäjär hatte aber sein Los
schon am Kragen gepackt, und unter trotzigen Reden
ritt er zur Burg. Kaum war er durch das Tor ein-
getreten, da sah er, wie das Burgvolk gerüstet umher-
schwirrte, und als er im Thronsaal Jüsuf mit grimmem
Antlitz sitzen sah, befiel ihn Zittern. Nach einer scharfen
Strafpredigt gab Jüsuf das Stichwort: ,Babak, stopf die
Pfeife!* Die Kirgisen warteten schon; ein besonders
eifriger, namens Topäl, packte die beiden verschränkten
Arme Chudäjärs mit einer Hand, mit der andern hob
er ihn ohne besondere Anstrengung auf die Schulter;
die herumstehenden Diener Jüsufs zückten die Schwerter;
grosser Tumult erhob sich, alle packte Entsetzen; Chos
Kipek Bek wurde gelb wie Safran; Jüsuf aber tröstete
die Anwesenden, es werde niemandem ein Leides ge-
schehen, selbst die Angehörigen Chudäjärs soUten sicher
sein. Nun hatte Jüsuf 'Abdulraegid einen Wink ge-
geben, was er mit Chudäjär machen solle, dieser aber,
sei es, dass er nicht verstanden, sei es, dass er ein
böses Gewissen hatte, sei es, dass er dem Chudäjär
45
Digitized by LjOOQ IC
240
Feind war, gab den Kirgisen den Befehl, ihn sofort zu
töten. Sie schlitzten Chudäjär den Bauch auf und
hieben ihn in Stücke. Jüsuf war das nicht recht, er
liess aber den Beks sagen, er habe den Chudäjär ge-
tötet, und sie sollten in den Strassen ausrufen lassen,
einem Feinde sei das Ende bereitet, alle andern sollten
sich sicher fühlen; die Söhne Chudäjärs könnten tun,
was sie wollten. Der Ausruf auf den Strassen erfolgte.
Die Söhne Chudäjärs gingen nach Üstün Arlyc und
schlössen sich dem Intriganten 'Abdussattar an, der
sich auf die Nachricht aus dem Staube machte (S. 128
Z. 14—131 Z. 13). — Jüsuf erliess ein 6äri), dass die
Truppen sich bereit halten sollten; tausend Mann schickte
er unter Mirzä Dänijäl, dessen Sohn Mirzä Haidar gegen-
wärtig Isikäghä von Easgar ist, gegen 'Abdussattär nach
Artyc, schärfte aber ein, es dürfe im Kampfe niemand
getötet werden, und wenn * Abdussattär entfliehe, . so
solle mau ihn laufen lassen. So geschah es. Die Soldaten
setzten dem fliehenden 'Abdussattär nicht nach und
kehrten zurück. 'Abdussattär schrieb mm in Aqsü mit
*Abdulwahhäb zusammen einen Brief an den Qalmaqen-
fürsten, der treue Diener Chudäjär sei von Jüsuf^ der
in vollem Aufstand sei, getötet worden; sie hätten schon
früher vor diesen treulosen Chogas gewarnt und keinen
Glauben gefunden, bald sei es zu spät. ^Abdussattär
und der Sohn Chudäjärs brachten das Schreiben nach
IIa, warfen sich dem Qalmaqenfürsten zu Füssen und
verlangten ein Heer, um Rache zu nehmen. Im Qalmaqen-
rate wurde eingewandt, Amursana habe sich zum Kaiser
von China geschlagen und rücke mit grossem Heere
an; man solle zunächst einen tüchtigen Gesandten
schicken, richte der nichts aus, so sollten Truppen ge-
sandt werden. So tat man. Für die Absendung des
Gesandten wurde ein Vorwand gefunden: als Jüsuf aus
IIa zurückkehrte, da hatte er an Qipcaq-Kirgisen, die
') Dieses Wort für «Erlass' ist auch heute üblich; es ist
identisch mit dem jär von järlygTL
46
Digitized by LjOOQ IC
241
dort zelteten iind den Ungläubigen untertänig waren,
einen Brief gerichtet, sie möchten den Muslims helfen
[s. oben S. 232], und diese Kirgisen hatten die Gelegen-
heit benutzt und sich auf Eocar und Chotan geworfen;
der Gesandte sollte nun diese Kirgisen zurückbringen;
femer waren die von den Städten den Qalmaqen zu
entrichtenden Abgaben längere Zeit nicht abgeführt
worden und auch gar keine Geschenke eingetrofifen.
Ein Heer konnte man aber in Wirklichkeit deshalb nicht
schicken, weil im Lande Unordnung herrschte: einen
Monat sass einer auf dem Thron, da erhob sich schon
ein Prätendent (S. 131 Z. 13 - 134 Z. 6). — So kam
es denn unter Beistand einiger gottlosen Muslims zu
dem Beschluss, einen tapferen Mann mit dreihundert
Bewafiheten unter der Maske eines Gesandten zu schicken,
mit heimlichen Briefen an Chos Kipek Bek, Häkim von
Kasgar, Ghäzi Bek, Häkim von Jarkend und den Isikäghä
Nijäz B6k, sie sollten Jüsuf und Chogai öihän fest-
nehmen und mit ihrer Familie in Fesseln nach IIa
schicken. Ein rüstiger Ungläubiger Namens MedergJ^)
ging mit dreihundert Eisenreitern in grösster Eile über
Aqsü nachKasgar, begleitet von einigen schlechtgläubigen
Muslims. Natürlich merkte Jüsuf auf die Nachricht, ein
Qalmaqengesandter komme, gleich, dass dahinter etwas
Besonderes stecken müsse. Er entsandte daher seinen
vertrauten Diener Derwis Bakäwul mit Geschenken den
Qalmaqen entgegen und mit dem Auftrage, zu spionieren
und sofort zu berichten (S. 134 Z. 6—135 Z. 3). —
Derwis Bakäwul ritt zwei Stationen entgegen und sah
sogleich, dass die Sache schlimm stehe. Auf seinen
Bericht hin traf Jüsuf sofort die nötigen Massregeln.
Tausend Mann wurden bewaffnet. An den Toren fand
der Gesandte die Bewohner in Rüstung. Zittern befiel
^) ^-^►^4X^; es wird so wie oben gelesen werden dürfen;
der Name Meder kommt unter den Kirgisen vor, so lieisst z. B.
der Bek, der von den Chinesen zum Banbali in Qang^ghan, der
zweiten Station auf dem Wege von Eafigar nach 0§ ernannt ist,
Meder Bek.
47
Digitized by LjOOQ IC
242
sein Herz. Vor der Burg angekommen, wurde er durch
ein Spalier von Gepanzerten geführt um zum Prunk-
saal zu gelangen, musste man durch neun Durchgänge
hindurch, an jedem wurden einige Ungläubige zurück-
gelassen, nur fünf, sechs von ihnen kamen ins Innerste.
Jüsuf war sehr freundlich, flösste aber durch seine voll-
kommene Unbefangenheit den Ungläubigen grossen
Respekt ein, die sich sehr bescheiden zurückzogen.
Jüsuf schärfte den Dienern nach dem Hadit: ,Ehrt den
Gast, auch wenn er ein Ungläubiger ist!' die grösste Höf-
lichkeitgegenden Gesandten undseine Leute ein, die in dem
Ilcichäne köstlich aufgenommen und bewirtet wurden.
Der Gesandte liess nun Chos Eipek Bek kommen und
zeigte ihm den Brief des Qalmaqenfürsten. Der Bök
aber hatte Rückgrat, gab trotzige Antworten und liess
sich auf nichts ein; auch sei Jüsuf ein sehr kluger
Mann, und der Gesandte werde den Kürzeren ziehen.
Nun versuchte es der Qalmaqe anders. Er beredete
Muharram Bök, den Häkim von Beskerem, Nijäz Bök,
den Häkim von Faizäbäd, und einige andere Schurken,
die ihre Anhänglichkeit beteuerten, und die Qalmaqen als
Schützer vor den Kirgisen priesen, zu einem Anschlage,
und diese rieten folgendes: der Gesandte solle Jüsuf
in sein Haus einladen, und dieser sollte dann von einigen
im Innenraum*) verborgenen Männern erschossen oder
niedergehauen werden. Das Volk würde sich dann in
sein Schicksal ergeben, und mit Jarkend würde man
leichtes Spiel haben. Die Ungläubigen bereiteten alles
zu einem Gastmahle vor (S. 135 Z. 3—138 Z. 1). —
Als Jüsuf davon Kunde bekam, richtete er ein heisses
Gebet an Gott. Im Schlafe, in den er darauf verfiel,
erschien ihm eine Lichtgestalt, die ihn anwies, unbesorgt
der Einladung zu folgen. Am nächsten Morgen trat
diese ein, und Jüsuf folgte ihr, begleitet von dreihundert
*) ^^3v3Svi ; Shaw gibt dafär an, ,iDner room or storeroom*
und bemerkt dazu: ,? from khazänah^ A[rabic]'. Der Zasammen-
hang mit dem arabischen dmöma ist nicht sicher.
48
Digitized by LjOOQ IC
243
Bewaffneten. Als er in das Ilcichäne eintrat, erschien
jeder einzelne der Muslims den ungläubigen als mehrere
Personen, und diese fürchteten sich sehr und glaubten
schon, ihr Stündlein sei gekommen, ja sie glaubten sich
von Muharram Bek und Nijäz Bek verraten. So verlief
das Mahl in bester Weise. Den ungläubigen Gesandten
litt es nicht länger in Easgar. Er bat jQsuf, gehen zu
dürfen und wandte sich nach Jarkend. Doiihin schickte
aberJüsuf auf einem andern Wege einen vertrauten Diener
mit einem geheimen Briefe an Ghogai' Gihän, in welchem
er den Intriganten kennzeichnete und dringendst warnte,
Choral Gihän solle nie die Burg verlassen, sich auch
nie in das Haus des verräterischen Häkims Ghäzi B^k
begeben, vielmehr alle Burgleute immer unter Waffen
halten und die Burg scharf bewachen lassen. Femer
richtete Jüsuf an Choga Jahjä imd Choga Siddiq War-
nungsbriefe i) (S. 138 Z. 1—141 Z. 10). — Als die
Prinzen, Cho^i^' Gihän an der Spitze, die Wamungs-
briefe gehört, waren sie beständig auf ihrer Hut Der
Gesandte fand die Burg in Jarkend noch stärker be-
festigt als die in Easgar, und er erkannte, dass die
Cho^as in vollem Aufstande seien. Er verfuhr aber
politisch und lud sie sehr höflich im Auftrage des
Fürsten nach IIa ein. Choral öih&n antwortete geschickt,
der Besuch werde erfolgen, wann es Gott gefalle. Dem
Häkim Ghäzi Bek aber stellte Ghogai' 6ihän vor, es
sei jetzt die Stunde gekommen, die Fahne des Islams
zu erheben (S. 141 Z. 10—143 Z. 13). — Dem
Unseligen machten diese Worte keinen Eindruck, und
er meinte, man müsse die Sache aufschieben, bis man
Näheres über die Zersplitterung der Ungläubigen wisse.
Chogaä Öihän ging darauf ein. Einige Tage später
zeigte der Gesandte Ghftzi Bek und dem Isikäghä Nijäz
Bek die Briefe seines Fürsten, und die beiden Muslims
schlugen folgendes vor: Da die Burg zu stark befestigt
*) Aus dem schwülstigen Inhalt dieser ist nur hervorzuheben
das Warnen yor dem tawakkul, Uottvertrauen, das nicht in
törichter Weise geübt werden dürfe.
Digitized by LjOOQ IC
244
sei; sollte der Qesandte in Ghäzl Beks Hause erkranken
und Cho|ai' 6ihän einladen, ihn zu besuchen; dort solle
dieser überfallen werden. So tat man. Einige Turgut-
Qalmaqen wurden versteckt; und Ghäzi BSk lud den
Choga ein, den in seinem Empfangsraum ^) schwer krank
damiederliegenden Gesandten zu besuchen. Choga!
Gihän versprach es. Kaum war Ghäzi fort, so baten
alle, Prinzen und Grosse, den Cho^a flehentlich, diesem
als verlogen und listig berüchtigten Manne nicht zu
folgen. Ghäzl aber brauchte die List, dem Gesandten
einige Glas Granatwasser zu geben. Nun hatte Chogaü
(jihän einen alten erprobten, aber einfältigen Diener,
Namens Mu^ammed ^Abdullah Bakäwul; den rief öhäzi
und zeigte ihm den Ungläubigen, wie er sich auf dem
Lager wand und eine Schüssel Blut spie: wenn der
Cho^a, sein Herr, käme, und zum Kranken einige Worte
spräche, so würde er (Ghäzl) dadurch beruhigt werden
(S. 143 Z. 13—145 Z. 13). - Auf des Dieners Be-
richt hin wül der Cho^a von den Warnungen nichts
mehr wissen. Er hält eine längere, mit Qoransprüchen
geschmückte Bede, wobei alle sehr weinen, dann schliesst
er sein sechs- bis siebenjähriges Söhnchen Hasan, ge-
nannt Qirän Choga, in die Arme und hält von neuem
eine Rede, über die wieder sehr geweint wird (S. 145
Z. 13—149 Z. 2). — Chogai* Grihän machte sich mit
Choga Jahjä und einigen wenigen Dienern auf den Weg
und wurde von Ghäzl Bök, der ihn sehr unterwürfig
empfing, in das Krankenzimmer geführt, wo der Un-
gläubige scheinbar in grossen Schmerzen lag. Nachdem
man einmal Tee gebraeht, traten einige Ungläubige
herein, ergriffen Chogi^' Öihän und Ja^jä auf Befehl
des Qalmaqenfürsten, nahmen ihnen die Dolche weg und
führten sie in das Empfangszimmer. Das Aussentor
wurde fest geschlossen, die Diener wurden gefesselt (S.
149 Z. 2 — 150 Z. 1). — Nun hatten sich aber einige
Personen, Cho^a Siddlq an der Spitze, auf die Mauer
*j JüL^ 1%^^, eigentlich ,Teppicliziinmer\
60
Digitized by LjOOQ IC
24Ö
gestellt und das Haus Ghäzis beobachtet. Aus dem
Torschliessen und dem Tumult schlössen sie, dass etwas
nicht in Ordnung sei. So verrammelten sie selbst das
Burgtor und rüsteten sich zum Kampf. Als zwei- bis
dreihundert Ungläubige und Muslims einen Ansturm auf
die Burg versuchten, brachen Cho^a Siddiq und §ihä-
buddin Bakäwul an der Spitze von ftlnf und dreissig
Kämpen durch eine Bresche, die sie in die Mauer machten ^),
aus und machten sich auf den Weg nach Chotan. Einen
Diener Namens Muhammed Mirächor sandten sie nach
KaSgar, um Cho^a Jüsuf Nachricht zu geben. Choga
Siddiq imd seine Leute wurden von fünf- bis sechs-
hundert Ungläubigen und Muslims, die ihnen nachsetzten,
am Ufer des Zarafsänflusses eingeholt und wurden nur
durch ein Wunder gerettet. Auf ihr heisses Flehen
konnte Sihäbuddin Bakäwul einem Ungläubigen einen
Pfeil so in den Rachen schiessen, dass er eine Elle
zum Halse herauskam, und der Mann kopfüber vom
Pferde stürzte, worauf die andern alle flohen. In der
Nähe von Chotan trafen sie einen Diener Ghäzis, den
schickte Siddiq zu Pferde mit folgender Botschaft an
Ghäzi: Wenn er seinem Vater ein Haar krümme, so
werde er (Siddiq) die in Chotan befindlichen Familien-
glieder Ghäzis vor dem Jarkendtor wie die Schafe ab-
schlachten und mit ihrem Blut eine Mühle treiben. In
Chotan zog Siddiq unter freudiger Teilnahme der Be-
völkerung ein und hatte mit Choga Semsuddln eine Zu-
sammenkunft, dem er alles mitteilte (S. 150 Z. 1 —
151 Z. 14). — Nun war zu jener Zeit ein Sohn Ghäzis
Uäkim von Chotan, den warf er ins Gefängnis, ebenso
einen andern Sohn von ihm und weitere Verwandte.
Zugleich hetzte man die aus IIa gekommenen Qipcaq-
kirgisen,die unter Führung eines Generals Namens 'Omar
Mirzä standen, auf die Söhne Ghäzis und gab sie ihnen
zur Plünderung preis; dann machte sich Siddiq mit
einem aus Kirgisen und Chotanleuten bestehenden Heere
^) Das ist bei den Löss-Mauern nicht schwierig.
; 51
4*
Digitized by LjOOQ IC
246
von tausend Mann nach Jarkend auf, indem er die An-
gehörigen Ghäzis in Fesseln mit sich f&hrte. Dem
nach EaSgar gesandten Mirächor hatte sich auf dem
Wege noch ein Diener Chogai' öihäns angeschlossen.
Durch ein Seitentor zogen sie ein. Jüsuf erschrak
sehr über ihren Bericht und liess sie von Chalpa
Säbir verstecken, damit der Feind nichts merke. Er
selbst versammelte die Grossen der Stadt in Qaräqir
um sich und beriet mit ihnen. Es drohe von den
aus IIa heranziehenden Eirgisenscharen Unsicherheit,
und man müsse ihnen in Einigkeit entgegentreten.
In zwei Tagen brachte er ein starkes Heer zusammen.
Die von Chog£ÜL üihän geschickten beiden Diener
schickte er nach Jarkend zurück mit einem Briefe an
Ghäzi mit der Drohung, wenn er seinem älteren Bruder
(Chogai' Gihän) ein Haar krümme, so werde er ihn und
sein Geschlecht am Qabagh Atqu-Tore^) hinschlachten
und Jarkend verwüsten lassen (S. 151 Z. 14—153
Z. 13). — Die beiden Boten trafen im Hause Ghäzis
alle Qalmaqen, den ungläubigen Gesandten an der
Spitze, und alle Beks. Ghäzi befiel ob des Briefes
Zittern. Die Boten gaben überdies noch mündlichen
Bericht, nach Qalmaqenart übertreibend: Jüsuf habe
von allen Seiten Eirgisen aufgeboten und ziehe mit
zehntausend Mann heran. Qalmaqen und Jarkender
gerieten in grosse Angst. Dazu traf noch der von
Siddiq geschickte Drohbrief ein. Endlich kam auch
noch ein Schreiben des Chos Eipek Bök an mit den
heftigsten Vorwürfen gegen Ghäzi, dass er, vom Islam
abgefallen, es mit den Ungläubigen halte; schon von
den Zeiten des Jüsuf Qädir Chan und der Imame her
hätten die Leute von Chotan einen schlechten Ruf
gehabt, und er (Ghäzi) bringe sie nun von neuem in
Schande; er sei unglücklich, einen solchen Landsmann
zu haben; Ghäzi solle schleunigst Chogai öihän wieder
auf den Thron setzen und seine Verzeihung erwirken.
^) Über dieses Tor s. schon oben S. 216 Anm. 6. Dort ist
die Schreibung: Artqu.
52
Digitized by LjOOQ IC
247
Ghäzi empfand tiefe Reue, die Burgleute aber schöpften
neuen Mut. Als nun Ghäzi hörte, dass Siddiq vor dem
Tor der Stadt stehe und seine Angehörigen abschlachten
wolle, sagte er sich von den Ungläubigen vollends los
und schickte §imsir Oghli zu Chogai Gihän, er werde
ihn gegen die Ungläubigen schützen. Dann rief er
alle Grossen von Jarkend zusammen, und diese rieten
ihm unter Vorwürfen, Chogai Gihän wieder auf den
Thron zu setzen (S. 153 Z. 13—156 Z. 10). — Jüsuf
hatte am gleichen Tage, an welchem er das Schreiben
nach Jarkend abgesandt, Choga 'Abdullah mit einer
Schar nach Bärguq^) geschickt, angeblich um Kirgisen
den Weg zu verlegen, in Wirklichkeit um Chogai
Gihän zu befreien, falls die Ungläubigen ihn etwa nach
IIa schleppten. Von jenen Kirgisen fürchtete er nicht
nur nichts, sondern wünschte im Gegenteil ihr
schleuniges Kommen, denn er hatte ja in IIa mit ihnen
Abrede getroffen. Die Kirgisen kamen auch, und Jüsuf
hatte ein grosses Heer beisammen. Dann berief er die
Grossen von KaSgar und hielt ihnen eine Rede: jetzt
sei die Zeit des Islams gekommen; sie (die Chogas)
sollten sich jetzt nach Väter Weise nur noch mit Beten
beschäftigen und auf den Thron solle man Timur Chan
setzen*"^); man solle darüber einen Pakt aufsetzen. Alle
riefen begeistert, für die Sache des Islams sterben zu
wollen, und erneuten dem Choga die Huldigung. Der
Ächond und Oberqädl Molla Mahmud besiegelte den
Akt mit einer Fatiha (S. 156 Z. 10—158 Z. 13). —
Nun hatten damals dreihundei*t §iräs-Qalmaqen, die
^) Bär^q kommt als Personenname in der Geschichte des
Uigorenreiches Tor. So heisst der Idiqut, der dort zur Zeit Ceu-
gis Chftns herrscht; s. Badloff, Bas Kudatku Bilik, Teil I, S.
LXIX.
*) Es ist weder Jüsuf noch seinen Nachfolgern ernstlich ein-
gefallen, auf die volle Herrschaft gutwillig zu verzichten. Von
dem hier vorgeschobenen Timur Chan ist sp&ter nie mehr die
Rede. Er ist gewiss identisch mit dem schon oben (8. 225) ge-
nannten Timur Chan und war vermutlich der Renommier-Öagha-
taide.
58
Digitized by LjOOQ IC
248
zum Handel gekommen waren, auf einer Ebene beim
SükätftghO die Zelte aufgeschlagen. In der Stadt
waren auch Qalmaqen. Dem islamischen Heere wurde
Erlaubnis gegeben, gegen die Ungläubigen vorzugehen,
und wenn sie nicht den Islam annähmen, sie zu töten;
auf allen Gassen aber sollte ausgerufen werden*. ,Die
Zeit des Islams! die Zeit des Islams!' Der Feinde
Herz ging in tausend Stücke. Begegneten sich aber
zwei Muslims, so drückten sie sich unter Beglück-
wünschungen die Hände. Sklaven und Freie, Mann
und Weib schwammen in Freude (S. 158 Z. 13 —159
Z. 6). — Die islamischen Truppen richteten unter den
Ungläubigen ein grosses Gemetzel an ; die wenigen, die
sich auf Üstün Artyc zu flüchteten, wurden nicht ver-
folgt, ebenso wurden die Qalmaqen, die sich unter
Qarachän in der Stadt aufhielten, geschont, weil sie sich
den Muslims nur nützlich erwiesen hatten, und auch
den Qalmaqen des Gesandten tat man nichts zu leide,
weil sie Jüsuf gewarnt hatten. Alle diese schickte man
unversehrt in ihr Land zurück, damit sie das Gesehene
erzählen sollten. Als man sich vergewissert hatte, dass
die Kirgisen es nicht mit den Qalmaqen hielten, schickte
man sich an, ein Heer gegen Jarkend zu schicken.
Dort war mittlerweile der zu Schanden gewordene
Ghäzl mit einem Qoran in das Zimmer Gho^ai' Gihäns
gegangen und hatte sich mit dem heiligen Buche als
Fürsprecher ihm zu Füssen geworfen*). Der Choga
respektierte auch das heilige Buch und war gutmütig
genug, dem wimmernden Hallunken den weitgehendsten
Schutz auf das Buch Gottes zuzuschwören. Cho^ai*
Grihän nahm nun den im Prunksaal für ihn zurecht-
gemachten hohen Thron ein und empfing die Huldigung
von gross und klein. Alle weinten vor Freude. Auch
hier wurde in den Strassen: ,Die Zeit des Islams! die
1) ^Oym Es wird sich am einen Sügät (Saaget)-T&gh
,Weidenberg' handeln.
*) Es ist das alte Motiv der Schlacht von Riffln.
54
Digitized by LjOOQ IC
249
Zeit des Islams!' ausgerufen. Die Grossen verlangten
einen Erlass (jarlygh), dass die Qalmaqen, den Ge-
sandten an der Spitze, gemetzelt werden sollten. Der
Choga aber wehrte dem: die Ungläubigen dürfe man
nicht anders als im Kriege töten; man solle sie aus
der Stadt jagen und ein Heer hinter ihnen drein senden;
bekehrten sie sich zum Islam^ gut; wenn nicht, dann
Krieg; wer da sterbe, sterbe; wer entfliehe, solle sicher
sein. Die Hauptursache dieser Milde war, dass des
Choga Sohn Muhammed Babaq in Ha bei den Un-
gläubigen sich befand, und dass es diesen schwer
treffen würde, wenn man den Ungläubigen in Jarkend
zu sehr zusetzte S. 159 Z: 6—161 Z. 13. — Jeder Un-
gläubige bekam ein Pferd, und nachdem sie aus dem
Tor heraus waren, setzten die Soldaten ihnen nach;
wer in dem Kampfe fiel, fiel; die übrigen konnten sich
in Sicherheit bringen. Unter den Abziehenden waren
auch die fünfhundert Qalmaqen, die mittlerweile dem
Gesandten zu Hilfe geschickt worden waren. Der
Tag, an dem man Chogai Gihän auf den Thron setzte,
war gerade ein Neujahrstag; das war ein dreifaches
Fest: der Sieg des Islams, der erste Tag des Jahres
und die Befreiung des Chogas. Ghäzi schlug nun vor,
einen der Prinzen nach Kasgar zu schicken, um Jüsuf
zum Siege des Islams zu beglückwünschen und die
Absendung der Truppen nach Jarkend zu verhindern.
Femer solle man dem aus Chotan mit dem Kirgisen-
heere unter 'Omar Mirzä und den Gefangenen aus
seiner (Ghäzis) Familie anrückenden Siddiq mit einem
Grossen einen Jarlygh schicken mit der Nachricht von
dem Siege des Islams imd der Aufforderung, das Heer
aufzulösen tmd die Gefangenen zurückzubringen. Nach
Kasgar sandte Jüsuf seinen Schwiegersohn 'Omar, nach
Chotan sandte er Muhammed 'Abdullah Bakäwul.
'Omar traf Jüsuf bei Kriegsrüstungen in Qaräqlr; man
beglückwünschte sich gegenseitig (S. 161 Z. 13—163
Z. 3). — Muhammed 'Abdullah Bakäwul begegnete
Siddiq auf dem Wege, fand aber trotz seines Be-
55
Digitized by LjOOQ IC
250
glaubigungsschreibens keinen Glauben ; Ghää habe das
Schreiben gefälscht; um seine Leute los zu bekommen;
Sibäbuddin Bakäwul beschuldigte Muhammed 'Abdullah
Bakäwul sogar, er sei es haupts&chlich gewesen, der
Chogai Gihän in das Haus Ghäzis gelockt [rgl. oben
S. 244]. Siddiq wollte aber den ältesten Diener seines
Vaters nicht bestrafen, ausser dass man ihn auf einem
lahmen Gaul ohne Bedienung allein hinter dem Heere
herziehen liess. Zwei Tage später traf auch der A'lem
(Oberqadi) von Jarkend Ächond *Omar Bäqi mit Siddiq
zusammen und zeigte ein Schreiben betrefiPend die
Familie Ghäzi; aber auch diesem wollte man nicht
glauben, wegen des tiefen Misstrauens gegen den be-
rüchtigten Lügner und Fälscher. Selbst die von der
Stadt zur Begrüssung gekommenen Grossen brachten
nicht volle Beruhigung, und erst als 'Omar Mirzä mit
einigen Getreuen in die Stadt geritten war und Ghogai
Gihän mit eigenen Augen auf dem Thron gesehen
hatte, zog man ein, die Truppen von Chotan unter
Führung von Semsuddin und Siddiq, die Kirgisen unter
'Omar Mirzä (S. 163 Z. 3—165 Z. 5). — Siddiq
dichtete eine Qaside, die mitgeteilt wird (S. 165 Z. 5.
bis 166 Z. 7). — Chogai Gihän hält eineRede, in der er einen
Vers Nawä'Is anführt*). Die Truppen unter §emsuddin
wurden mit Geschenken entlassen. 'Omar Mirzä erhielt
den Titel ,WezIr uumletelmulk^ und einen Platz im
höchsten Range und wurde zum Verwalter der Provinz
Jarkend 2) bestellt. Chogai Gihän regierte streng nach
den Gesetzen des Islams, hielt es mit den Gelehrten
und war sehr fromm (S. 166 Z. 7—167 Z. 6). —
Choga Jüsuf in Kasgar sandte den Kirgisen einen Ge-
sandten mit Schreiben, sie sollten dem Heere des Islams
Beistand leisten. Auch nach Andigän schickte er einen
Boten, Derwis Bakäwid, mit einem Schreiben an die
^) Der Vers, der S. 167 Z. 1 kommen mfisste, fehlt in der
Handschrift.
«) iXJÜjJb vaoi|j ^JJ^U. S. 167 Z. 8.
56
Digitized by LjOOQ IC
251
Häkims des Landes Andl^än and die Grossen der Elir-
gisen, dass diese Städte Moghülistäns, die so lange
anter der Herrschaft der Ungläabigen schwer gelitten,
nun endlich darch Gottes Gnade befreit seien und der
Islam gesiegt habe. Nun wolle man mit einem Heere
nach IIa sieben und Rache nehmen; jene möchten
Hilfe leisten. An den Führer des Eirgisenstammes
Qusgi, Qüt Mirzä, wegen seiner Tapferkeit Behädur Bi
geheissen, war ein besonderes Schreiben gerichtet, in
welchem darauf Bezug genommen war, dass schon sein
Vater Ghalga [\4Xt] Bi den Choga [Äföq] *) als Heerführer
gegen die Ungläubigen erfolgreich unterstützt habe;
auch er möge jetzt mit seinem Stamme in den Kreis
der heiligen Kämpfer eintreten. Femer erging ein
Schreiben an die grosse Zahl der Adepten des Cho^a
Hasan mit Ächond Molla Mesgidi und Ächond MoUa
Naurüzl an der Spitze mit Bezug darauf, dass sie vor
einigen Jahren durch die Bedrückung der Ungläubigen
zur Auswanderung gezwungen worden seien; jetzt sei
das Land befreit, sie sollten nun dem Islam zu Hilfe
kommen (S. 167 Z 6—169 Z. 3). — Choga Jüsuf
hatte eine Frau Namens Gemile Äghäca, in allen Tugen-
den gerüstet'; die war mit Jüsuf in IIa gewesen und
war in Aqsü zurückgeblieben, als Jüsuf in Gewalt-
marsch nach Kaägar eilen musste [siehe oben S. 234], und
man hatte sie noch nicht holen können. Der schlimme
Abdulwahhäb belagerte sie in ihrem Hause. Schliess-
lich gelang es dem Isikäghä und Chizänegl von Aqsü,
Mirzä Qäsim Bek, die Frau eines Nachts aus dem Hause
und sicher auf dem Wege über Us nach Elasgar zu
biingen*), wo sie von der ganzen Bevölkerung feierlich
eingeholt wurde. Jüsuf zog die Feierlichkeiten zu dieser
*) Der Name ist im Mannskript nicht genannt, nach den
Schwnlstnamen wird an ihn zu denken sein.
') £8 ist erstaunlich, wie auch Ton den Frauen immerwährend
in diesen äusserst schwierigen Gegenden die Ungeheuern Ent-
fernungen zurückgelegt werden, ohne dass diese Leistungen als
etwas Besonderes hervorgehoben werden.
57
Digitized by LjOOQ IC
262
Gelegenheit lange hin, und Siddiq machte ein Mucham-
mas darauf, aus dem eine Strophe mitgeteilt wird,
Kurze Zeit darauf nahm man an dem Körper Jüsufs
eine Geschwulst wahr und stellte fest, dass es Wasser-
sucht sei. Die Arzte machten Hoffnung, Jüsuf aber
wusste wohl, dass er unheilbar sei. Er beschied das
ganze Volk zu sich und liess ein grosses Asch kochen
(S. 169 Z. 3—171 Z. 9). — Nachdem sich alle ge-
sättigt, hielt der Choga ihnen eine Rede, die sie aufs
tiefste rührte. Nachdem die Menge entlassen, wandte
er sich an seine Familie und ernannte 'Abdullah und
Mu'min zu seinen Nachfolgern in Kasgar; dann befahl
er seinen beiden Söhnen Qutbuddin und Burhänuddln,
genannt Erke Chogam, und einigen Dienern, sich zur
Reise zu rüsten. Unter Tränen und Küssen nahm er
in längerer Rede von seinen Söhnen ^Abdullah und Mu'min
Abschied und machte sich über Japurghu ^) nach Jarkend
auf (S. 171 Z. 9-173 Z. 12). — Es war gerade die
Zeit des Krebses (22. Juni— 21. Juli), und so herrschte
eine Höllenglut. Man konnte nicht vor- noch rückwärts
und musste auf dem Wege Halt machen, weil der Puls
schon ganz schwach ging. Jüsuf wollte aber von einem
Aufenthalt nichts wissen, er müsse noch sein Auge an
der Schwelle seiner Ahnen reiben und mit dem Blicke
seines älteren Bruders beehrt werden, erst dann wolle
er die grosse Reise antreten. Die ihn begrüssenden
Prinzen wollten ihn in der Sänfte in die Stadt führen,
er aber liess sich die fürstlichen Kleider anlegen, gürtete
sich fest und stieg auf ein edles Tier. So zog er in
die Stadt ein. Alle priesen diesen Mut In der Burg
umarmte er sich mit seinem Bruder Cho^i^' Gihän; er
wurde auf das Sorgsamste gepflegt, namentlich von
seiner Schwester Ulugh 'Azizim (oben genannt S. 228),
einem schönen jungen Mädchen, das auch in der Dicht-
') yi-\yJ\J; 68 ist wohl der heate Japßan genannte Ort
gemeint, die erste Station des Hauptweges von S[aiga(ir nach
Jarkend.
58
Digitized by LjOOQ IC
253
kunst ausgezeichnet war, und von dem Siddlq häufig
Gedichte entlehnte i). Ausserdem waren zum Dienst
noch da die beiden Töchter Jüsufs, Zuhra Beg^um, ge-
nannt Sarygh Bajaqym [i^Lu Ai)^] und ihre jüngere
Schwester Zebide B^gum, genannt Qargha Bas Cho^a
[lu^^ jwL ^^1^], von denen Zebide mit dem jüngeren
Sohne Cho^aif öihäns, Choga Muhammed, verheiratet^
aber seit sechs Monaten allein war, da sich ihr Mann
in IIa befand. Jüsufs Geist wandte sich immer mehr
dem Jenseits zu, und er sprach mit den Geistern der
Ahnen. Eines Nachts begab er sich mit einem Diener
zu Husain^) FaizuUäh Cho^am und hielt bis zum Früh-
morgen mit den Geistern Rat. Nur wenigen Personen
gestattete er Zutritt. Dieser Zustand zog sich drei
Monate hin (S. 173 Z. 12—176 Z. 13). — In IIa war
zu jener Zeit ein Ungläubiger namens Dabar^^^ Fürst
der Qalmaqen. Im Lande war die grösste Verwirrung.
Ein anderer Ungläubiger, Namens Amursana, nahm die
Fürstenwürde für sich in Anspruch, hatte Audienz beim
Chäqän von China, beklagte sich über Dabar^ und bat
um Truppen, versprach auch, die registermässigen Ab-
gaben von IIa, nämlich Kopfsteuer, Zoll und Grund-
steuer*) richtig abzuführen. Schon seit Alters herrschte
Streit zwischen den Chinesen und den Qalmaqen, nur
bot sich keine Gelegenheit, die Sache einmal gründlich
zum Austrag zu bringen. Nun wo der Chäqän Amur-
sana ein grosses Heer gegeben, marschierte dieser
>) ^y^ t^y'^ 0^<^^ '^^ ^*nr% \;ij\jy\ yif\
y^^i>yj} >J| y^^f^ S y^i^\^yi\ vielleicbt nur: er stadierte bei
ihr die Dichtkunst; auch «Entlehnen* hätte nichts AnffUlliges.
*) Qeschrieben ^«jum^^; dieselbe Schreibung findet sich
neben ^jiXam^ in einem Trauerliede auf ^Alis Sohn Husain, von
dem ich mehrere Niederschriften habe, und das in allen Städten
EaSgariens gesungen wird.
') Hier (8. 176 Z. 13) ^-ä^^UJ; daneben kommen die Schrei-
bungen ^^Uj und ^^^Ul^ ▼or. Vgl. oben S. 236 Anm. 1.
'J C'^bl ^y "^f^ S. 177 Z. 2f.
50
Digitized by LjOOQ IC
254
schleunigst nach Ha. Dabar^i wurde auf die Nachricht
davon von grosser Angst befallen und machte sich mit
dreihundert Reitern aus seinen Getreusten auf und davon.
Amursana fand Ha leer und setzte sich auf den Thron.
Dabargi wusste nicht^ wohin sich wenden und geriet
schliesslich in die Gegend von Us. Er liess in der
Stadt vorsichtig anfragen, ob man ihm den Eintritt ge-
statten würde. Häkim von üs war damals der ver-
räterische Choga Si Bek. Der hielt das für gute Beute
und gab Erlaubnis, dann bewaffnete er das Stadtvolk
und hielt es heimlich bereit. Er selbst empfing den
Dabargi mit falscher Freundlichkeit, und dieser einfaltige
Ungläubige liess sich einfangen. Als die Qalmaqen
alle in der Stadt waren, wurden die Tore geschlossen,
die Qalmaqen sämtlich zu Gefangenen gemacht
und dem General der Chinesen zur Verfügung gestellt,
der Dabargi dem Chaqan schickte. Damit war die
Ha-Frage abgeschlossen (S. 176 Z. 13—178 Z. 7).
— Nun gedachte man^), auch Kasgar und Jarkend
wieder zu unterwerfen. Mit Heeresmacht vorzugehen
schien bedenklich; man sagte sich: ,Eine Niederlage ist
möglich; besser ist es, von jener Seile die Hand zu
lassen, diese Seite möge dem Chan gehören'^). Auf
'Abdulwahhäbs Rat schlug nun Choga Si folgendes vor:
statt militärisch vorzugehen, empfehle sich List; in IIa
seien zwei Chogas aus Kasgar, deren Vorfahren dort
in grossem Ansehen ständen; es sollte nun ein Chinesen-
general, ein Qalmaqengeneral und einer dieser beiden
Chogas sich aufmachen, erklären, die Ha-Qalmaqen
seien jetzt dem Cbäqän untertänig geworden, und diese
Chogas seien als Chans über die Städte gesetzt; die
^) Bb ist nicht gesagt, von wem die Bede ist; nach dem
Zusammenhang wird man an den chinesischen Qeneral denken
müssen, der ja allein bei der ganzen Expedition etwas zu sagen
hatte; Amursana war nur Puppe.
^UÜ^ IüüIa. S. 178 Z. 12.
Digitized by LjOOQ IC
255
Weissturbane würden ohne Kampf sich dem Ghäqän
unterwerfen, und zum Schluss stände es in des Chäqäns
Hand, jene Chogas zu belassen oder nicht. Die in IIa
gefangenen Chogas waren Choga Jahjä und [Choga Bur-
hilnuddin], Söhne des Cho^a Ahmed, eines Eiukels Äfaqs.
Beide waren seit ihrer Geburt in IIa. Die Chinesen
taten, wie ihnen geraten. Sie zogen mit den beiden
Chogas nach Easgarien. In Aqsü nahm das Volk sie
mit den höchsten Ehren auf und huldigte ihnen, ebenso
die Bewohner von U§, über welches der Weg genommen
wurde. In Us blieb man einige Zeit und beriet, was
zu tun. Die Chogas fürchteten sich vor Jüsuf, denn
das Volk von Jarkend und Easgar hielt fest zusammen,
die Eirgisen waren yersammelt, und die chinesischen
Gesandten hatten nicht genügend Truppen bei sich
(S 178 Z. 7—180 Z. 4). — Jüsuf war zwischen Leben
und Sterben. In Easgar wusste man nicht, woran man
war. Bald hiess es: Amursana rücke mit einem Chinesen-
heer auf Easgar und Jarkend, nachdem er Aqsü und
Us unterworfen, bald wieder: die Qalmaqen hätten sich
von dem Schlage Amursanas erholt und zögen von Us
her gegen Easgar und Jarkend heran. In Jarkend trugen
die Grossen Chogai Gihän die Bitte vor, den Feinden
zuvorzukommen, ein Heer zu sammeln und die Muslims
von Aqsü und Us aus den Händen der Ungläubigen zu
befreien und womöglich diese bis nach IIa zu verfolgen.
Chogai Gihän schwieg zu diesem Rat und gab drei
Tage lang keine Antwort Die Ratgeber wurden un-
geduldig und machten besonders die jungen Prinzen
kampflustig. Nach drei Tagen gab Chogai Gihän seine
Einwilligung. Als Jüsuf von der Sache hörte, wurde
er sehr unwillig und widersetzte sich auf das Be-
stimmteste ; er deduzierte, dass das Heer der Ungläubigen
von selbst nie den Fuss auf kasgarisches Gebiet setzen
würde, dass es aber im Falle einer Niederlage der kas-
garischen Truppen ihnen folgen würde, als habe man
es selbst gerufen; vor allem sei doch zu bedenken,
dass das Heer mit Eirgisen durchsetzt und auf diese
61
Digitized by LjOOQ IC
256
gar kein Verlass sei^); diese seien ein treoloses Volk;
auch sei jetzt^ wo er an einer schweren unheilbaren
Krankheit damiederliege, doch nicht die Zeit, einen
Kriegszug zu unternehmen, vielmehr müsse man sich
jetzt gedulden. Oho^iu' öihän stimmte ihm grundsätz-
lich bei, aber eine Änderung stand nicht mehr in seiner
Macht; notgedrungen erliess er den Befehl für das
Heer. Man verschwieg aber Choga Jüsuf, was vorging.
Die Rüstungen wurden in grösstem Massstabe betrieben,
auch von den Kirgisen eine grosse Zahl eingestellt
Cho^a Jahjä übernahm die Leitung» er marschierte aber
vorsichtig am Ende. Das beunruhigte wieder die Kir-
gisen, die sich beobachtet sahen und beständig Auge
und Ohr aufmerksam auf die Seite der Qalmaqen ge-
richtet hielten. Die Lage wurde immer gespannter.
Choga Jahjä liess einige Kirgisen in Fesseln legen ^),
schliesslich aber musste er das eben erst begonnene
Unternehmen aufgeben und kehrte mit dem Heere nach
Kasgar zurück (S. 180 Z. 4-182 Z. 9). — Nachdem
Jüsuf gestorben war^), bereute Cho^ai* Gihän, dass er
das Heer hatte ziehen lassen; andererseits billigten
Ghäzl, die Emire und die Kirgisen, vor allem sämtliche
Prinzen nicht, dass das Heer zurückkehre; die Feinde
dürften nicht erfahren, dass auf ihrer Seite eine Meinungs-
verschiedenheit bestehe. Chogali 6ihän schickte seinen
Schwiegersohn Nasrulläh Sofi Chogam mit der Todes-
anzeige und dem Herrschaftsdekret nach Ka§gar ab:
') Es ist bemerkenswert, wie richtig der scharfirichtige JOsnf
die Situation beurteilte. Die Kirgisen waren zu allen Zeiten un-
sichere Eautonisten und sind es noch heute. Mit denen, die im
russisch-chinesischen Grenzgebiet wohnen, können weder die
Russen noch die Chinesen sicher rechnen, sie sind jeden Augen-
blick bereit abzufallen, wenn ihnen der andere Teil lockendere
Versprechungen macht. So wurde mir yon den Bussen selbst
und allen Personen, die die Verhältnisse kennen, wiederholt ver-
sichert.
^ Die Erzählung ist verworren und hat offenbar Lücken.
') Über sein Ableben ist nichts besonderes berichtet. Viel-
leicht liegt eine Lücke vor.
62
Digitized by LjOOQ IC
257
die Trauerfeierlichkeiten sollten einen Tag, die Ver-
lesung der Bestallung und Einsetzung ^Abdullahs den
nächsten Tag stattfinden. Nasrulläh begab sich schleunigst
nach Easgar und zog in Begleitung Jahjäs in die Stadt
ein (S. 182 Z. 9—183 Z. 7). — Die Feierlichkeiten
wurden abgehalten, wie Chogiü (jihän befohlen hatte.
Sowohl das Beileidsschreiben (lüob vsa^jüI) als das Be-
stallungsdekret (ibob \yj&Jjo) werden mitgeteilt Beide
Staatsschriften sind in dem gewöhnlichen schwülstigen
Stil abgefasst und enthalten nur wenig, was von Interesse
ist (S. 183 Z. 7—186 Z. 7). — Nach Verlesung der
Bestallung setzte die Menge Abdullah auf einen Eirmän-
teppich*), dessen Seiten von verschiedenen Gruppen
gehalten wurden: 1. Jaljijä, 2. Mu'min, 3. Nasrulläh,
4. die Emire unter Häkim Chos Eipek, 5. die Mollas
unter dem A'lem Ächon Molla Mal^müd, dann setzten
sie ihn auf den Thron und brachten ihm unter BVissfall
die Glückwünsche dar. Der erste Akt des Fürsten
war der Befehl, dass die Emire mit ihren Leuten ein
Heer bilden und sich auf den Weg machen sollten. Alle
machten sich auf, unter ihnen Mu'min, der Bruder
^Abdullahs, und vereinigten sich in Beskerem^)
mit dem Heere Jahjäs. Die Sache ging nicht nach
Wunsch: die Ausrüstung war viel zu schwer und um-
fangreich, und wenn die Soldaten wo Halt machten,
dann sah es aus, als wollten sie sich dort häuslich ein-
richten. Das sahen auch die Führer und gaben Befehl,
jedermann solle sich leicht machen. Wie sehr die
Truppen das auch zu tun schienen, so wurden sie in
Wirklichkeit doch nicht leicht. Schliesslich gelangten
sie aber auf dem Aqsai-Wege in die Nähe von ü§. Der
aus den Händen der Ungläubigen gerettete Burhänuddin
*) Das kann nur gemeint sein mit den Worten i i ^ M[\
*) &y^^ {J^'j 68 liegt nach der Zehn werstkarte in Luft-
linie 12 Kilometer nördlich yon KaSgar. Es ist ein in KaSgar
wohlbekanntes blühendes Dorf, das ich dort öfters nennen hörte.
Digitized by LjOOQ IC
268
(i3. oben S. 255) war leider dem guten Leben ergeben
und kümmerte sich um nichts; er wusste nicht, dass
von Kasgar und Jarkend her ein Heer nahe. Als nun
die Späher Truppen ankommen sahen, verbreitete sich
in Us grosse Angst, und auch Burhänuddln begann,
Soldaten zu sammek (S. 186 Z. 7—187 Z. 14). —
Mu'min und Jahjä, die im Vortrab vor Us standen, be-
rieten, es sei besser, zunächst Gesandte in die Stadt
zu schicken, und sie wählten dafär aus Easgar den
Häkim von Beskerem Muharram Bek; aus Jarkend Tochta
Bek, der später Chizänegi von Easgar wurde, den EJr-
gisengeneral *Omar Mirzä und einen Eirgisen aus dem
Stamme MungT. Diesen Gesandten wurde ein Brief
übergeben an Choga Si Bök, er solle mit dem sieg-
reichen Islam gemeinsame Sache machen und von den
Ungläubigen abfallen ; es sei höchst wichtig, dass gerade
Us, das den Weg nach Easgar und Jarkend beherrsche,
in den Händen des Islams sei; habe er und die Be-
völkerung von Us gehuldigt, so würde man zusanmien
nach Aqsü ziehen, wo auch ^Abdulwahhäb huldigen
werde, und man wolle dann die beiden Städte gründ-
lich befestigen; überzeuge man sich, dass noch weiter
im Lande der Ungläubigen Uneinigkeit und Unordnung
herrsche, so solle man gegen sie ziehen und sie zum
Islam bekehren oder töten, auch die noch bei jenen
befindlichen Propheten-Nachkommen (Saijidzäde) be-
freien, nach Hause führen und zu Chans machen; die
Chogas wollten sich dann zurückziehen und in alter
Weise nur dem Gebet und den frommen Übungen
leben, die Häkims dagegen sollten alle Geschäfte nach
den Regeln des Islams fuhren; halte Si Bek es weiter
mit den Heiden, so werde er auch bei der Auferstehung
sich in Gesellschaft der Heiden befinden ; folge er aber,
so werde er in seiner Häkimwürde bestätigt werden
und die Herrscherzeichen*) erhalten, auch den Titel
M Es werden genannt (^UnD* ^La3 iJLß £«J d. h. Schweif
(wie sie auch an Heiligengräbem in Mittelasien überall gefanden
64
Digitized by LjOOQ IC
259
Wezir Gumletulmulk*) bekommen; folge er nicht, so
stehe ein gewaltiges Heer bereit mit Scharen aus Easgar,
Jarkend^ Chotan^ Jangi Hisär und mit Kirgisen aus
den Stämmen Toqquz Qipcaq, Seriq Qalpaq, Naiman,
Gong BaghiSy Ottuz Oghul, in dessen Rücken sich
Qubäd Mirzä, berühmt unter dem Namen Behädurluq, mit
einigen tausend Mann befinde») (S. 187 Z. 14—190 Z. 15).
— Die Gesandten wurden sofort von Cho^a Si empfangen
und in den Prunksaal geführt Als Truppen fanden sie
Qalmaqen und Chinesen, darunter gemengt auch einige
Muslims. Das Äussere war ganz nach Art der Un-
gläubigen, auch die Sprache heidnisch, von Islam war
keine Spur zu merken. In der Mitte des Prunksaales
sass auf prächtigem Teppich Choga Burhänuddin Ihn
Cho^a Ahmed, zu seiner Linken eine Anzahl abge-
fallener Muslims; da war aus Kasgar: Sirä (?) Muham-
med Emin B6k; sein Sohn *Abdurrahmän Bek; Jüsuf
Bek; sein Bruder 'Abdu*attär Bek; Müsä B6k; Chudäjär
Beks Sohn Muhammed Emin Bek; aus Jarkend: Mir
Nijäz B6k, Häkim von Qargalyq; sein Sohn Mir 'Awaz
[awad] Bek; Daulet Choga; 'Abdulwahhäb Bek, Häkim
von Aqsü; sein jüngerer Bruder 'Omar Bek; sein Sohn
'Abdussattär Bek; *Abdulehäliq Bek und alle Beks von
Aqsü; femer Choga Si Bek; Häkim von Us; sein Sohn
Muzaffar B6k; sein Isikäghä Säret Bek; Allah Quli Bek,
Häkim von Köcär; Muhammed Jär Bek, Häkim von
Sairäm; Schadet Bek, Häkim der Dolanen, und die
Dolanenbeks Rahmän Quli Bek, Fermän Quli Bek und
'Abdurrahim Bek; der Kirgise * Abdullah Bek und viele
werden, in EaSgarien meist vom QotaSj d. b. Jak), Fahne,
Trommel und Flöte.
^) Siehe diesen Titel schon oben S. 250.
*) Diese Staatsschrift; ist, obwohl etwas phrasenhaft, in ihrer
Art ein kleines Meisterstück, besonders wo, natürlich nicht ernst-
haft, versprochen wird, die Chogas wollten artig werden and sich
aufs Beten beschränken, den Uäkims die ganze weltliche Macht
Überlassen.
65
Digitized by LjOOQ IC
260
Emire; endlich aus der Schar der Söfis^) Mundi SOfi,
Rahmefi Sfifi, Ajdar^) Nijäz und Nister Nijäz; von den
Ächonds: MoUak *Awaz Ächond, Molla Barät Ächond,
Molla Qäsim^) Ächond; femer Mir Naurüz Ctiizäne^;
von den Qalmaqen: Dangein Gisang der in Jarkend an
der Stelle von Qara Chan gewesen, von Chogai Grihän
mit dem Gesandten Meder^ zusammen fortgeschickt,
und jetzt in Begleitung von tausend Qalmaqen mit
Jarijgh Amursanas gekommen war; femer befand sich
im Saale ein chinesischer Gesandter Namens Turumtai;
vom Heere des Chäqäns, der auch mit einer Schar ge-
kommen war. In diese Versammlung traten die Ge-
sandten aus Easgar nun ein und übergaben das Schreiben.
Als jene es gehört, brachen sie in Spotten aus und
riefen: jdiese Ishäqije-Chogas^) haben sich mit einer
törichten Idee hierher bemilht; sie haben offenbar keine
Ahnung davon, dass Amursana von seiten des Chäqäns
mit chinesischen Truppen in IIa den Fürstenthron ein-
genommen hat, und dass Dabargl^) nach Us^) ge-
flohen und in Fesseln nach Chotan gebracht worden ist,
dass im Qalmaqenlande alles in Ordnung ist und in IIa
*} i^^;^ ^^ (»^ (s^y^ (S. 192,1); die RoUe der Söfis
hier ist nicht klar. Im heutigen Sprachgebrauch ist Soft ^niederer
Moscheediener*, «Küster*.
*) Möglich, dass Ajdar beschimpfender Zusatz ist; vielen Ton
den Obengenannten wird ein seg ,Hund', cirkin «Ekel', oder jpi^
,Schmutz&ik* an den Namen gehängt. Die alberne Sucht, Anders-
gläubige mit nichtssagenden Schmähnamen zu belegen, und sich
durch Beschimpfungen und Verfluchungen, die überaus einförmig
sind, und von grosser geistiger Armseligkeit zeugen, als guten
Muslim vorzustellen, wütet in Mittelasien wie im ganzen übrigen
Islam. Auch in Europa brauchen Minderwertige gern das banale
Mittel, Andersgläubige durch fade Witzelei zu höhnen. Diese
unsittliche Armseligkeit triflFt nur die, die sich ihrer schuldig
machen.
•) Hier, wie auch früher gelegentlich, ohne aUf geschrieben.
*) Siehe unten S. 261 Anm. 1.
*) Hier ^5Ä-bf4>, vgl. oben S. 2ö3 Anm. 3.
«) Hier (S. 192 Z. 13j ^^^^ (J^^f US Turfan genannt.
66
Digitized by LjOOQ IC
261
ein paar tausend chinesische Soldaten stationiert sind,
dass Amursana unter den Auspizien des Chäqäns die
Regierung dieser Städte übernommen und uns das
Oho^alyq verliehen und die Is^qije-Chogas ^) aus dem
Lande nach IIa verbannt hat; an diese Chogas richte
sich das Jarlygh des Chäqäns und Amursanas; sie sollten
die Herrschaft über die Städte aufgeben^ nach Ba gehen
und vom Amban Gisang den Erlass der Todesstrafe
und das Leben ihrer Töchter erbitten; täten sie das
nicht, so sei hier der Dang^in Gisang mit tausend Qal-
maqen bereit und auch einige Chinesen von der Würde
des Turumtai') seien als Gesandte gekommen; femer
.ständen zehntausend Qalmaqen in Aqsü, ebenfalls mit
einem Jarlygh des Chäqäns und Amursanas; bei Unge-
horsam würden sie alle miteinander hingeschlachtet
werden. Diese Rede hatte die schlimmste Wirkung:
die Kirgisen fielen sofort ab, berichteten die den Gegnern
erfreuliche Nachricht vom Tode Jüsufs und huldigten
Burhänuddin; einige unter Führung Bahräm B^ks
schlössen sich an die Qalmaqen an und kehrten nicht
mehr zurück; ein anderer Teil, unter ihnen Tochta
Chizänegl und eine Anzahl Kirgisen, versprachen, zur
feindlichen Partei überzutreten, kehrten aber zunächst
zu Jahjä und Mu'min zurück; sie gaben einen ganz
falschen Bericht von den Vorgängen. Die Prinzen
lialten nun eine grosse weinerliche Rede, in der sie sich
über die Undankbarkeit und Treulosigkeit Burhänuddins
•) Diese Bemerkung über die Ishäqlije-Cho^ wirft ein grelles
Licht auf die Parteiverh<nisse. Es stehen sich eben die Nach-
kommen Ish&qs und die Muhammed Emins, der beiden Söhne
des Machdümi A^zem schroff einander gegenüber, weil jede be-
hauptet, dass auf ihren Ahn ,das Licht' übergegangen sei. Bur-
hänuddin, der zu der Muhammed Emin- oder Äfäq-Partei gehört,
hält es mit den Qalmaqen jedenfalls nur, um die verhassten Ishä-
qije, wie er selbst sie hier nennt, aus dem Felde zu schlagen.
Den Namen ISkije, den Grigorjew 2, 356 für die Anhänger
Muhammed Emins giebt, fand ich in unserm Werk nicht.
») So hier S. 193 Z. 6: ^if ^5^-^^*^ *^ T^ o'^^ ^^))y^ 5
oben war gesagt S. 192 Z. 7 (^Ui^ o ^^aXjI (^tAXf*^yi'.
67
6*
Digitized by LjOOQ IC
262
bitter beklagen, immer aber noch, scheint es, mit der
Hoffiiung rechnen, ihn mit der Aussicht auf einen guten
und sichern Thron — er könne jede Stadt wählen, die
er wolle — zu locken. Dann denken sie ernstlich an den
Kampf (S. 190 Z. 15-195 Z. 15). — Ihre Soldaten waren
vorzüglich gerüstet und hatten alles in Fülle, namentlich
gute Pferde. Aber sie waren demoralisiert teils durch die
Nachricht vom Tode Jüsufs, teils durch die drohenden
Reden der Chinesen und Qalmaqen, die ihnen von den
verräterischen Gesandten mitgeteilt wurden ; sie kannten
die frühere Superiorität der Qalmaqen, kannten den
Zwist zwischen den verschiedenen Städten Easgariens:
wie sollten sie mit den gegenüberstehenden Qalmaqen-
truppen sich messen, hinter denen ein Chinesenheer ^)
stand? Zudem hatte Burhänuddin den Gesandten grosse
Versprechungen gemacht: wer zur Chinesen-Partei über-
laufe, werde reich belohnt werden, einen hohen Posten
bekommen und ausserdem ein rotgestempeltes Diplom
mit Giltigkeit bis ins siebzigste Glied ^). Die im Glauben
Schwachen, denen die Gesandten solche Lockungen
mitteilten, wandten sich natürlich dem Feinde zu (S.
195 Z. 15-197 Z. 5). — Bis es so weit kam, hatten
die kasgarischen Truppen eioige Erfolge. In den Schar-
mützeln, die sie mit den Qalmaqen und Einheimischen
vor den Toren der Stadt hatten, wurden 121 Feinde
getötet und eine ganze Anzahl vei*wundet, denn sie
hatten magere Pferde und ungenügende Waffen, und es
war nahe daran, dass das islamische Heer siegte. Da
starb einer von ihnen den Glaubenstod, und nun be-
redeten die listigen Kirgisen die Heeresleiter, ein wenig
zurückzugehen. Sie selbst aber stoben nach allen Seiten
auseinander, brachten die Reihen in Unordnung und
gingen zum Heere von Us über. Als die beiden Prinzen
*) f^Ua^y v5^^ [Sy^^ S- l^ß Z. 6f.; es ist bemerkens-
wert, dass hier zwischen cinl und cMtäl geschieden wird.
^LäJ S. 197 Z. 2
Digitized by LjOOQ IC
263
sahen, wie das feindliche Heer zusehends zunahm und
immer stärker anstürmte, verliess sie der Mut, sie folgten
dem Spruch ,die Flucht vor dem Unerträglichen ist
Brauch der Gottgesandten' ^) und wandten sich rück-
wärts. Schrecklich war das Gemetzel, das die Truppen
von Us unter den Fliehenden anrichteten. Diese
warfen Waffen und Proviant fort und Hessen auch ihre
ausgezeichneten Zelte im Stich* Von den Kirgisen ging
ein Teil sofort a.uf die andere Seite über, ein anderer
Teil begleitete die Fliehenden bis Kasgar, auf dem Wege
Beute machend (S. 197 Z. 5—199 Z. 2). — Mu'min
und Jahjä waren von der Niederlage und dem grossen
Verlust an Zelten und Waffen erschüttert. Jahjä wandte
sich mit den Truppen von Kalta Jailagh, Faizäbäd und
Jarkend nach Jarkend, Mu'min mit denen von Easgar
nach Easgar. Ein vorausgesandter Diener meldete das
Unglück 'Abdullah, und dieser liess sofort Trauer blasen,
so dass das Volk unterrichtet war 2). Achtzehn Tage
hatte man gerechnet bis zum Eintreffen von Nachrichten,
und nun war die Unglücksbotschaft schon am dreizehnten
da! In der Nacht schlich sich Mu'min durch ein Seiten-
tor in die Stadt xmd erstattete 'Abdullah Bericht, der
ihn zu trösten suchte. Choga Jahjä eilte nach Jarkend
und schickte ebenfalls einen Boten voraus an ChogaX
Gihän. Der liess sich von seinen Ratgebern bestimmen,
an den Mungi-Eirgisen in infamer Weise Rache zu
nehmen: es wurde ihnen von den nach Us gegangenen
Verwandten nichts gesagt, sie selbst eingeladen, dann
festgenommen und ins Gefängnis geworfen und ihr
Lager den Soldaten zur Plünderung gegeben. Die Eir-
gisen, die bei dieser Gelegenheit entkamen, flüchteten
ins Gebirge und trieben nun in der Gegend von Jarkend
Räuberunwesen. Nur die Leute des Eirgisen 'Omar
j^t> w^ <rMa^M> y^^^ 1»*^=^ S. 199 Z. 9.
89
Digitized by LjOOQ IC
264
hielten sich ruhig. Als Jahjä selbst bei Chogai Grihän
eintraf, war dieser gar nicht entrüstet, sondern machte
ihm Geschenke, nur erging man sich in heftigen
Schimpfereien auf die schlimmen Kirgisen und schwor
ihnen Rache. Auch hier verfuhr Choral' Gihän wieder
ganz töricht. Die Kirgisen schworen beim Qoran, sie
wollten alles wiedererstatten und der Choga liess sie,
obwohl gewarnt, ziehen; kaum waren sie aber aus den
Toren heraus, da begannen sie ein schlimmes Treiben
und beunruhigten die Bevölkerung aufs äusserste^).
(8. 199 Z. 2—202 Z. 7). - Chogai Gihän hat nichts
Besseres zu tun als wieder einmal eine Rede zu halten;
in ihr schimpft er hauptsächlich auf die Kirgisen, daneben
tönt der Kummer darüber, dass ihm die vierzigtägige
Trauerfeier für seinen verstorbenen Bruder gestört seil
(S. 202 Z. 7— Z. 13). — In Us war man von dem Siege
und der reichen Beute ganz berauscht. Burhänuddin
wurde von ^Abdulwahhäb und anderen Freunden geraten,
den geschlagenen Feinden nachzusetzen und sich auf
KaSgar zu werfen, da man der Hilfe der Kirgisen
sicher sei und man in Kasgar Anhänger habe'). Augen-
blicklich sei Kasgar in voller Zerrissenheit und sei leicht
zu überrumpeln, gebe man Zeit zur Erholung, so werde
die Einnahme schwerer werden; habe man Kasgar in
der Hand, so sei Jarkend geliefert. Das leuchtete ein.
Burhänuddln erliess den Befehl, alles Volk solle sich
mit den vom Jarkend-Heere zurückgelassenen guten
Ausrüstungsstücken versehen und nach Kaägar auf-
brechen (S. 202 Z. 13—204 Z. 2). — In KaSgar stand
es schlimm. Auf die Nachricht vom Herannahen Bur-
') Die beiden Berichte über die EirgiseD scheineii sich auf
ein und dieselbe Tatsache zu beziehen; vielleicht ist aber bei dem
Eweiten Bericht ein anderer Eorgisenstamm gemeint. Dass sein
Name in dem ^jjJ^y:^ lüb^ yDÜ» S. 201 Z. 11 liege, ist nicht
sicher; vgl. S. 206 Z. 10: ;^*;^y* *^Lj).
*) Diese Bemerkung ist wichtig und glaubhaft. Die KaS-
garer standen sehr unter dem Einflüsse Äfaqs ; die Herrschaft der
Ishaq^e-Chogas werden sie nur mit Unmut ertragen haben.
70
Digitized by LjOOQ IC
265
hänuddiiiB bereiteten sich die Leute zu einem festlichen
Empfang. Nach Andi^än hatte man an die Adepten
Choga Hasans, an deren Spitze MoUa Mes^dl und Molla
Naurüzi standen, sowie an Qubäd Mirzä ein Schreiben
betreffend den Tod Jüsufs durch Derwi§ Bakäwul ge-
schickt. Die Ächonds kamen nun, ihr Beileid zu be-
zeugen, machten 'Abdullah ihre Aufwartung und hielten
die übliche Totenfeier, so dass von neuem das Weinen
imd Elaggeschrei losging. Nachdem sie aber mit ihren
Zeremonien fertig waren, wurden sie von ^Abdullah fest-
gehalten, um auf der Stadtmauer und den Türmen ge-
rüstet Wache zu halten (S. 204 Z. 2— Z. 15). — In
der Umgebung Jüsufs hatte sich ein Intrigant und
Ränkeschmied befunden, Namens ^Abdulme^d. Diesen
Menschen hatte Jüsuf erzogen und liebte ihn mehr als
seine eigenen Söhne. Die andern Diener beneideten
ihn und sagten oft zu Jüsuf, es werde ihm mit ^Abdul-
me^d ergehen, wie es ^Ali mit ^Abdurrahmän Ibn Mulgam
ergangen sei. Jüsuf sagte dann wohl: ,Ich kenne meine
Feinde, eines Tages werde ich ihn entfernen'. Aber
er behielt ihn. In jener Zeit der Not nun trieb es
dieser Mensch am ärgsten und fiel vor aUen andern
von den beiden Prinzen ab. Als Qubäd Mirzä von der
User Gesandtschaftsreise zurückkehrte, war er es, der
ihn empfing und ihn durch seine eifrigen Dienste ganz
an sich fesselte, so dass schliesslich Qubäd ganz in
seinen Händen war; er stellte Qubäd vor, wie es nach
dem Tode Jüsufs mit dessen Hause zu Ende gehe: Bur-
hänuddln sei der Mann der Zukunft und ihm hätten sich
bereits alle Kirgisen und Gacchar angeschlossen ; könne
er durch die Nachkommen Jüsufs Häkim von Easgar
werden, so durch Burhänuddln Häkim von Jarkend
und zwar ohne Kampf; auch werde ihm das von Cho§
Kipek Bek und seinen Leuten zusammengeraffte Geld
und Gut zufallen. So appellierte er mit richtigem Instinkt
an den Baubtrieb dieses Kirgisen. Auch wie es zu
machen sei, brachte er ihm bei: er solle sich hübsch
abseits halten und ruhig die beiden edeln Enkel des
71
Digitized by LjOOQ IC
266
Machdümi A'zem sich gegenseitig abtun lassen, auch
seine neutrale Stellung 'Abdullah mitteilen (S. 204 Z.
15—207 Z. 1). — 'Abdullah wurde durch diese Nachricht
aufs höchste erschreckt. In der Rede, die er seinem
Bruder hält, sagt er ganz richtig, Kämpfen nütze nichts,
denn sie hätten keine Helfer; sämtliche Kirgisen
hielten es mit den Feinden. Burhänuddin selbst zog
aus dem Gebiete von Gagchar nach Artyc. In Kasgar
zeigte 'Abdullah Choga äusserlich Selbstvertrauen,
konnte aber nicht hindern, dass der freche Ga^chari
'Abdulme^d unter den Dienern der Burg unverschämte
Reden führte, wie dass 'Abdullah den Thron demnächst
räumen werde, da der richtige Herr gekommen sei, wie
das alle Ga^char-Leute wünschten. Als er gar am Ufer
des Tümen Darjä sich an eine Schar von geladenen
Prinzen mit Aufruf zur Empörung wandte, konnte der
der Versammlung beiwohnende 'Abdullah nur mit Mühe
verhindert werden, auf ihn mit dem Bogen zu schiessen;
dann verfluchte er den Verräter in einer heftigen Rede.
Das Unglück war bereits hereingebrochen: sein Haus
war geplündert, von seiner Familie einige gefangen,
einige getötet. Widerstand half nicht. Mit Mutter und
Bruder beschloss er zu weichen. Noch aber beriet er
sich mit dem Häkim Chos Kipek Bek. Der höfliche
Mann, der es natürlich immer mit dem Starken hielt, gab
ihm auch jetzt noch seinen vollen Titel ,Herrscher det
Welt', konnte ihm aber auch nur raten, sich möglichst
schnell davon zu machen; freundlich war, dass er ihm
den guten Rat gab, nicht nach Jarkend zu gehen, denn
dort sei das Leben nicht zu retten; wenn Jarkend in
die Hände der Feinde faUe, werde alles abgeschlachtet;
er rate nach Andi^n zu gehen, und dorthin wolle er
ihn gern begleiten, vielleicht könne man sogar von dort
aus die Stadt wiedergewinnen (S. 204 Z. 15—210 Z. 2).
— 'Abdullah hörte nicht: den ehrwürdigen Oheim durch
Fortziehen an einen anderen Ort zu betrüben sei un-
möglich für ihn, bekomme er auch sieben Reiche; Unter
seiner Billigung zu sterben sei das Glück zweier Welten.
72
Digitized by LjOOQ IC
267
Damit nahm er Abschied. In selbiger Nacht zog er
mit seinen Nächsten aus einem Seitentor hinaus gen
Jarkend. Für Jüsufs Seele vierzig Nächte den Qoran
zu lesen, waren vierzig Personen angestellt» die im
innersten Hof des Altynlyq Serai ein besonderes Zimmer
hatten; es waren immer zehn zugleich an der Reihe.
Achtunddreissig Tage waren um, da sassen sie auch
und hatten die Tür mit eiserner Kette geschlossen.
Sorglos sassen sie den nächsten Morgen da; da brachen
Bäuber mit grossen Knütteln ein, die räumten alles aus.
Als sich die Ächonds endlich hinauswagten, fanden sie
die ganze Burg verwüstet und konnten sich nur mit
Mühe davonmachen; noch jetzt sind einige von diesen
Ächonds am Leben und erzählen, sie hätten ihren Mut
noch nicht wiedergefunden (S. 210 Z. 2—211 Z. 7). —
Chos Kipek Bßk rückte mit Familie und Gut durch das
Sü-Tor aus und war bis zu einem Hause am Tümen
Darjä gekommen, als 'Abdulme^d ihm Kirgisen nach-
hetzte und den Weg verlegen liess. Er, seine Frau
und zehn Personen waren voraus und entkamen. Sein
Sohn ^Azimsäh versteckte sich in einer Höhle, wurde
aber von einem Diener an Burhänuddln veiTaten und
getötet Den nächsten Morgen rief ^Abdulmegid die
Emire und Ulemas snisammen und prahlte: ,Habt ihr
gesehen, was 'Abdulmegid ausrichten kann?' Niemand
wagte zu erwidern, und Ächond MoUa Mahmud sagte
nur heimlich : ,Warte nur, du Ketzer, wie dir's ergehen
wird!' Darauf wurde Burhänuddln feierlich eingeholt.
Den nächsten Tag besuchte Burhänuddln das Mazär^)
und bestieg dann in der Stadt den Thron. In seiner
Begleitung waren Chinesen und Qalmaqen. In der Stadt
ging alles drunter und drüber. Die Diwänes und Söf is
versetzten die Bevölkerung in die grösste Unruhe, man
konnte aber keine Beschwerde an Burhänuddln ge-
langen lassen. 'Abdulwahhäb, Rahmän Quli, der Kirgise
') Gemeint ist das Maosoleam bei der Stadt, das heute Hazet
Äpäq heisst (s. oben S. 217 Anm. 2).
73
Digitized by LjOOQ IC
268
'Abdullah, die Emire von Easgar und einige SofiB meinten^
es sei am besten, gleich nach Jarkend zu marschieren^
ehe man sich dort erhole. Burhänuddln stimmte dem
bei und befahl, das Heer fertig zu machen. Qubäd
Mirzä war am eifrigsten und wurde mit dem schlauen
Versprechen, ihn zum Häkim von Easgar zu machen^
an die Spitze der Truppen gestellt, die aus Eirgisen
imd Easgar- und Aqsüleuten bestanden, dazu noch f&nf<-
bis sechshundert Qalmaqen und Chinesen (S. 211 Z. 7 bis
214 Z. 2). — In Jarkend waren ^Abdullah und Mu'min
mit ihrem Gefolge angekommen. Cho^ öihän hatte
gänzlich den Mut verloren, der Welt und der Regierung
entsagt und ausserhalb der Stadt Zelte aufschlagen
lassen, in die er sich mit seinen Angehörigen begab;
dann berief er die Emire und Ulemas von Jarkend zu-
sammen, bewirtete sie mit einem grossen Asch und hielt
eine grosse Staatsrede, in der er sein schmähliches Ab-
treten zu beschönigen suchte und die nach Lage der
Umstände ebenso nichtswürdige wie törichte Absicht
aussprach, mit Familie und Gefolge auf die heiUge Wall-
fahrt zu gehen; das sei schon längst sein Wunsch ge-
wesen, und jetzt sei gute Zeit dazu, auch hätte sein
Geschlecht ja nun eine lange Weile die Herrschaft ge-
habt, und es sei jetzt an den Nachkommen Äfäqs die
Reihe (S. 214 Z. 2—216 Z. 1). — Alle waren über
diesen kläglichen und veiTäterischen Rückzug entrüstet
und sagten ihm, die Ulemas den Ächond 'Omar Bäqi^
die Emire die Ghäzis an der Spitze, offen ihre Meinung ^).
Wenn er gehe, so wollten sie mit; es wäre aber doch
richtiger, dass Cho^ai Gihän bei den Gräbern seiner
') Es spricht für die Richtigkeit der Darstelimig, dass aaf
diesen Seiten die Unfähigkeit nnd Charakterlosigkeit Choral Öih&ns,
zu dessen Verherrlichung doch das Bach geschrieben sein will, so
offen dargelegt wird. Es ist kaum zn glauben, dass Muhammed
^ftdiq nicht gemerkt haben sollte, wie sich sein Held in der Be-
leuchtung durch seine eigne Bede und durch die ihm in der
Antwort gegebene scharfe Lektion ausnimmt. Oder liegt yielleicht
in der Offenheit und Genauigkeit, mit der er diese Verhandlung
wiedergibt, eine Bosheit?
74
Digitized by LjOOQ IC
269
Vorfahren bleibe ; käme es zum Schlimmsten, so wollten
sie hundert Leben für den Islam hingeben und den
Kampf aufs Messer kämpfen, aber nie zurückweichen;
es sei doch nach dem Gesetz ganz imzulässig, dass er
in dieser Weise ein von Eifer beseeltes Volk mit einem
,Mit euch werde was will' im Stiche lasse und fort-
laufe. Der feige Ausreisser musste nach dieser Straf-
predigt wohl oder übel in die Stadt zurück. Dann rief
er die Bewohner der Umgegend nach Jarkend, rüstete
und stellte Posten aus^) (S. 216 Z. 1—217 Z. 13). —
Als nun gemeldet wurde, das von Gagchar her Scharen
heranziehen, übergab Chogai Gihän alle Geschäfte des
Landes und die Leitung des Krieges dem Verräter
Gh&zl. Nicht besser als Chogai öihän machten es
^Abdullah und Mu'min und mussten sich über ihr Weg^
laufen aus Elasgar und ihre Teilnahmlosigkeit von den
£bniren, besonders von Ghäzi, bittere Worte sagen
lassen. Die ersten Scharen des Ga^char-Heeres kamen
ohne gehörige Leitung vor Jarkend an und wurden ohne
Mühe zu Gefangenen gemacht, sechshundert Mann an
Zahl. Am • dritten Tage erschien aber Burhänuddin
selbst mit grosser Macht. Chogai Gihän übte von neuem
den unheilvollen Einfluss seiner Frömmigkeit; er er-
klärte, es dürfe auf die Eselsbrut ^) nicht zuerst ge-
schossen werden, man müsse abwarten, bis sie den
Kriegsruf ausstossen (S. 217 Z. 3—219 Z. 7). — Es
musste erst Ghäzis Sohn Chogai' (jihän die Nachricht
bringen, die Feinde hätten unter Geschrei angegriffen,
bis der Choga die Erlaubnis gab, feindlich vorzugehen.
Bei dem nun folgenden Kampfe zeichnete sich besonders
Choga 'Inäjet, der Schwiegersohn Chogai Gihäns^) durch
») v.jüyU* IJuo ^^J^ljXl^^ Jyjf S. 217 Z. 12 f.
*) s^in>\sy^ ; alberner Witz mit Gagchar.
8j ^^,nr% &Lj xioMti^ ik^D vsoUft ^y^ \s^yj>ä^
)^(>^f oLo\,> i^f^ y ^ \J^i^ ^f^ S- 220 Z. 12 f.;
da wäsüay öfter wäsU, bei Darstellnng 7on Yerwandtscliaften
75
Digitized by LjOOQ IC
270
Tapferkeit aus, ebenso ein Neflfe Chogai Gibäns*); unter
den Emiren glänzten Mirzä Muräd Bek, Isikägba von
Aqsü und Mirzäzäde Mirzäd, die Choga Jüsuf, als dieser
aus IIa zum Kampfe für den Islam geflohen und nach
Gagchar gekommen war, Hilfe geleistet hatten und mit
ihm gezogen waren und nun in der Zeit der Not auch
'Abdullah nach Jarkend begleitet hatten (S. 219 Z.
7—222 Z. 15). — Es folgt nun ein säqlnäme im Vers-
mass mutaqärib, in welchem Episoden des Kampfes er-
zählt werden (s. 223 Z. 1—225 Z. 4). — Als der Tag
sich neigte, stand es für die Jarkender günstig. Bur-
hänuddin hatte sein Heer einen Farsach (6^4 km)
zurückgezogen. Man war sicher, den Feinden den
nächsten Tag den Oaraus zu machen. Da sah man
plötzlich von der Mauer, wie die Feinde wieder heran-
rückten und die Stadt von allen Seiten umgaben. Man
musste nun auf der Hut sein und die ganze Nacht
wachen. Chogai Gihän macht auf die Gelegenheit
Verse ! Unter den Truppen Burhänuddins befanden sich
Leute aus IIa, Aqsü, Köcär, Us Turfan, Gagchar, Jangi
Hisär, von den Kirgisen einige Familien des Stammes
Qusgi unter Führung von Qubäd, von den Qipcaqen
der Stamm Con Baghis unter Söfi Mirzä, Hakim Mirzä
und Mungi. Eine Nacht und einen Tag blieb das Heer
um Jarkend, dann zerstreute es sich. Am dritten, nach
andern Berichten am vierten Tage zogen die Jarkender
aus und stellten sich dem Feinde entgegen. Auf Seite
der Muslims war der Schlachtruf: ,jä aüäh! ja rasuldttäh!
wä husainä! wä Sehldä! wä jettmä! wä ghartbä/\ Auf
Seiten der Feinde war nur verworrenes Gebrüll, denn
die meisten Truppen waren Bergler, Qalmaqen und
Elirgisen. Es gab auf Feindesseite Emire, die keine
Ahnung hatten, dass es sich hier um den Untergang
des Islams handle, wie 'Abdulwahhäb, Bahmän Qull,
der Kirgise * Abdullah, 'AbdulkerIm,'Abdussattär,'Otmän,
,Glied' bedeutet, so ist hier vielleicht gemeint, dass 'Inl^et der
Gatte einer Enkelin Chogat Öihäns war.
') Der Name ist ausgefallen.
76
Digitized by LjOOQ IC
271
Mündi Sofi und andere Emire von den Gagchar (S. 225
Z. 4 — 229 Z. 12), — In dem Kampfe wurde von beiden
Seiten viel Tapferkeit gezeigt und viel Blut vergossen.
Choga 'Abdullah hatte von seinem Vater Jüsuf eine
doppelläufige Flinte geerbt, die auf einen Farsach weit
sicher traf; deren Geschoss traf das Pferd des feind-
lichen Fahnenträgers und die Feinde gerieten ins
Wanken und zogen sich zurück. Als die Jarkender
ihnen nachwollten, stellte der Kirgise Qubäd sich ihnen
in den Weg, und sie mussten zurück. Da war es Abend
geworden, und es wurde zum Rückzug geblasen. 'Ab-
dullah und Jahjä erstatteten Choga'i Gihän Bericht (S.
229 Z. 12 - 230 Z. 15) — Schon gleich am Anfang,
als die Gagchar-Truppen den ersten Angriff auf Jarkend
machten, hatten die £in wohner Jarkends einhellig an
Chogai Gihän eine Warnung gerichtet: er solle sich vor
Häkim Ghäzi und vor dem Isikäghä Nijäz B6k in acht
nehmen. Ghäzi sei zwar Burhänuddin nicht besonders
ergeben, aber er verkaufe beständig die Religion für
die Welt; Nijäz Bek aber sei Burhänuddin seit alter
Zeit verbunden, da schon seine Vorfahren dessen
Vater Choga Ahmed angehangen hätten*). Auch seien
bereits einige Beks aus dieser Familie bei dem Zuge
nach Us abgefallen und zu Burhänuddin übergegangen;
Chogai Gihän solle die beiden Männer festsetzen; wenn
der Krieg zu Ende, könne man ihnen ja ihre Posten
wiedergeben. Choral' Gihän wollte wieder nicht hören:
Ghäzi habe ja auf den Qoran Treue geschworen, und
auf einen blossen Verdnclit hin dürfe ein Muslim nicht
geschädigt werden; handle Ghäzi treulos, so werde er
seine Strafe von Gott und dem Propheten erhalten;
Nijäz Bek aber sei mit ihm verwandt (Chogai Gihän
hatte seine Tochter *Ä'isa geheiratet), und so werde er
wohl keinen Verrat begehen; auch ihn stelle er Gott
anheim. Die Petenten erklärten sich nun zufrieden,
wenn der Choga den beiden Verdächtigen einen Ort
*) Die Übersetzung ist zweifelhaft.
77
Digitized by LjOOQ IC
272
ausserhalb der Barg anweise. Darauf ging er ein (S.
230 Z. 16—233 Z. 6). — Einen Tag nach dem letzt-
erwähnten Kampf hielt Burhänuddln in dem Prunkaselt
feierliche Versammlung. Zu seiner Rechten sass 'Ab-
dulwahhäb, sein jüngerer Bruder 'Omar B^k, 'Abdus-
sattär, 'AbdulchSliq, der Häkim von Eöcär Chudäberdi,
sein jüngerer Bruder Allah Qull, Muhammed Jär, der
Häkim von Sairäm 'AU, der Häkim der Dolanen Se'ädet
B^k, [lahmän Qull, Fermän QuU, 'Abdurra^m, der Kir-
gise 'Abdullah; zur Linken: Sirä Muhammed Emin, sein
Sohn 'Abdurrahmän, der jüngere Bruder Jüsuf B^ks
^Abdussattär, Müsä Bek, der Häkim von BeSkerem
Muharram B6k, der Häkim von Faizäbäd Mir Nijäz BSk,
^Abdurrahlm^ und der Sohn Chudäjär Beks Muhammed
Emin; ihm gegenüber der Dangein Gisang, die Turum-
taisy von den Diwänes und Söfls Mundi Söfi, Molla
Qalem, Rahmet! Söfi, La'neti Söfi, AJdar Nijäz, Nister
Nijäz, Molla Qutlugh, Molla 'Awaz Saqal, Molla Barät,
Mir Naurüz, Chizänegl Särigh, Jasawul Eljäs Mirächor;
von den Kirgisen: von den Qusgl Behädur Bl; von den
Qipiaqen Söfl Mirzä, Hakim Mirzä Mungl Mirzä. Die
Sache stand nicht gut : kamen die Jarkender nicht gut-
willig heraus, so konnte man sie nicht zum Kampf
zwingen; kamen sie heraus, so hatten sie das Über-
gewicht. Man riet, es solle zunächst eine Gesandtschaft
in die Stadt geschickt werden, begleitet von einigen Ge-
sandten des Chäqäns und einigen Leuten Amursanas;
vielleicht liessen sich die Jarkender durch den Eindruck
der staatlichen Männer und die Drohungen des zu
sendenden Briefes einschüchtern und würden die Stadt
übergeben oder sich daraus zurückziehen. Das fand
Annahme. Es wurde ein drohender Brief geschrieben und
Molla Bäql Serteräs mit vier Qalmaqen, zwei Chinesen
und einigen Eingeborenen nach Jarkend geschickt. Sie
wurden eingelassen und vor ChogiUL Gihän geführt (S.
233 Z. 6-234 Z. 16). — Der Choga sass auf neun-
stufigem Thron; zu seiner Rechten hatte er den A'lem
von Jarkend Ächond Molla 'Omar Bäqi, Ächond Hägi
78
Digitized by LjOOQ IC
273
^Abdullah, Ächond Hägi ^UbaiduUäh, Ächond Sah 'Ab-
dulqädir und andere; auf der Linken waren die Emire
und zwar Häkim Ghäzi» Isikäghä Nijäz, §&h Ja'qüb Bek
und andere Emire von Jarkend, von den Emiren von
Aqsü Mirzä Muräd Bek, sein Bruder Mirzä Sah Muräd
B6k, sein Sohn Mirzä Zulfiqär Bek, Mirzä Sirdägh B€k,
Mirzä Nijäz Bek, Miizä Qäsim Bek, Nijäz Bek; aus
Oa^char Dopal Nijäz Bek; von den Jarkendem eine
Anzahl Saijidzädes, Ädemizädes, Ming Bekis, Jüz B^kis,
Miräbs und Perwänegis; gegenüber sassen auf einem
halben Thron die Prinzen: 'Abdullah, Mu'min, Qut-
buddin, Burhänuddin genannt Erke Chogam, Chogai
Gihäns Sohn Jahjä, seine Schwiegersöhne ^Omar und
Söfi; eine Keihe weiter hinten 'Awaz Chalpa, *Abdur-
rahmän Chalpa, Sälih Chalpa, Muhammed 'Abdullah
Bakäwul, ^ihäbuddln, Bakäwul, Püläd Qözl Chalpa,
Mirzä 'Abdulwahhäb, Mirzä 'Abdulmenär, Muhammed
Wall Durgha, Hemdem Bakäwul, Muhammedi Mirächor,
Molla Muhammed, Eerek Jarägh, Tilek Behädur; von
dem Gefolge 'Abdullahs aus Gagchar Eerek Jarägh,
Derwis Bakäwul, Chogis Choga, Chogam Nazar^), Choga
'Arüs, Mirzä Topal, Mirzä Tursun, Qaäqa Aq Jol
Behädur; aus Chotan Öazeli Dün Chalpa, Choga Läq
Chalpa, Tochta Choga, Aq Barut und andere (S. 234
Z. 16—236 Z. 11). — Nachdem der Gesandte den
Boden geküsst, nahm er das Schreiben von seinem
Haupt und überreichte es; es wurde von dem MunSi
mit lauter Stimme verlesen. Es spricht die Verwunderung
aus, dass die Jarkender abgefallen seien; Dabägl sei
nicht mehr Tore, vom Chäqän sei Amursana eingesetzt,
und das ganze Qalmaqenland sei jetzt zur Ordnung ge-
bracht; alles zu diesem Gehörige sei jetzt dem Chäqän
unterworfen und diesem seien alle Abgaben zu zahlen;
bei Widerstand erfolge völlige Vernichtung; gehorchten
sie, so würde ihnen vielleicht eine Stadt angewiesen;
*) Die Abteilung ist unsicher, und der Text scheint in Un-
ordnung.
79
Digitized by LjOOQI^
274
zahlreiche Truppen; ElirgiseD, Qahnaqen und Chinesen
seien noch im Anziehen (S. 236 Z. 11—238 Z. 10). —
Chogai Gihän war wütend, er befahl sofort, das Schreiben
zu zerreissen und ins Feuer zu werfen und hielt an
den Gesandten eine heftige Kede: nicht das Diesseits^
sondern das Jenseits wollten sie, unter keinen Umständen
würden sie unter das Joch der- Ungläubigen zurück-
kehren, vielmehr mit diesen bis aufs Messer kämpfen.
Dann entliess er die Gesandten, die zurückgekehrt Bur-
hänuddin Bericht erstatteten. Burhänuddln und die Un-
gläubigen waren sehr bestürzt (S. 238 Z. 10—240 Z. 7).
— Chogai Gihän rief sodann erneut die Grossen seines
Reiches zusammen und beriet mit ihnen. Er habe nicht
viel Hoffnung; die Niederlage von Us, der Tod Jüsufs,
die Flucht seiner Neffen aus Kasgar (er spricht davon
recht unfreundlich j, durch all das sei der Feind mächtig
geworden; die Kirgisen seien abgefallen, kurz, das
Glück sei auf Seite des Feindes, der Weisheit letzter
Schluss ist wieder die Wallfahrt. Nun wird er aber
von den Versammelten gründlich vorgenommen: was
das heissen solle, sie jetzt im Unglück im Stich lassen;
er käme doch dran, und wohl noch früher als die
andern; in solcher Zeit heisse es doch: ein Leib und
eine Seele zusammenstehen; das Richtige sei, an den
Feind einen Gesandten zu schicken mit einem ein-
schüchternden Schreiben (S. 240 Z. 7—243 Z. 4). —
Chogai Gihän lässt den Brief aufsetzen und schickt ihn
mit Sälih Chalpa unter gehörigem Gepränge zu Burhänud-
dln. Der Gesandtenempfang wickelt sich wie gewöhnlich
ab, nur wird besonders erwähnt, dass das Schreiben in
neun Hüllen steckt. Der Brief selbst ist nicht unge-
schickt abgefasst: er appelliert unter Berufung auf den
Spruch Gottes (Qoran 49,10): , Alle Gläubigen sind Brüder'
an die Zugehörigkeit Burhänuddlns zum Islam; wer einem
Muslim Feindschaft erweise, sei ein Eäfir; wolle Bur-
hänuddln Ruhm> so könne man sich vereinigen und die
Ungläubigen zusammen besiegen, und es könne dann
jeder einen Thron wählen ; wolle er viel Land, so könne
80
Digitized by LjOOQ IC
ß75
er .«bis, ^äBEe >Land habea^ denn et (Choral Qihän) wwfle
«a den heiligen. 'Siätten «u&ii^amdiBmy st babe^keine Lu^t
mehr aü der Wek, Burhänuddin sei jetzt anderReih^;
der heilige Krieg sei Urnen beiden nicht bloss • rertreih
bare Pflicht (far^i Mfäjei), sondern ipersöiiliche Pflicht
(foK^ 'äin)] Wenn Burhänuddins Abstamniang echt sei,
so müsse er dem Wandel des erhabenen Ahden
Mul]t^mmed folgen und den heiligen Krieg ^fohrea. -Es
wird ^ Spruch aus dem Eommentar Sa^duddin Tafta-
Bänfis 0U den ^Aqäld Nesefls angeftihn: >Wer dän
iGläubigen tötet^ weil er gläubig ist, ist selbst nur ein
Ungläulbiger' ^); endlich wird aus der Geschichte ^ein
Beispiel angeführt: als der siegreiche Cho^a Hasan J«r-
kend, um Cs für dem Islam zu gewinnen, belageorte^ -war
die Stadt in den Händen der Qalmaqen; diese .flohen
schUesslich nach IIa und mit ihnen einige muslimische
Emire; der A%m von Jarkend Ächond Molla Nijäz Esilin
und der Mufti Ächond MoUa Eipek gaben ihr Gutachten
dahin ab, dass dieser Emire Hab und Gut dem isla-
mischen StaatssehaüE gehöre imd unter die si^eichen
Krieger zu Terteilen sei; sie führten däför aus 4^
Hidije das Hadit an; ,wer die Btreitmacht meines VoHcee
mehrt, gebort zu ihm' 2); endlich wird aufmerksam g^-
mucht) dass jeder Muslim im Kampfe mit d^n Un-
gläubigen doppelt gelte, so sei ihre Zahl der der Feinde
gleich (S. 243 Z. 4—248 Z. 8). — Alle, die noch etwns
¥om ilslam in sich hatten^ erbebten, aber Burhänuddtn
liess sieh nicht einschiichtem : ,Eure schönen Reden
nützen euoh niehls, wir werden eure Stadt haben, wenn
nicht heut^ so meinen'. So entliess er den Gesaikdten.
Der Brief hatte aber im Heere eine flaue Stimmung 'er-
zeugt. Nun hatte Ghäzi Bek einen Schwiegervater
Ü\i ifj ^yC. if [Ly^ ^J3 ^;jl JbijS 247
Z. X6. . .
*) i^^Jyo ^ f^ ^\fUi Jr ^ S. 247 Z. 5. Statt Vly^
wird sa lesen eein ^^y** «das Üble'; die Übenetznng gibt die
AnfPaerang 4e« TtirlceD, der sipäM Imker «beimtst.
81
Digitized by LjOOQ IC
276
Namens Quzghun, der Handel bei den Berglern trieb.
Der war beim Heere Burhänuddins und machte folgen-
den Vorschlag: mein Schwiegersohn Ghäzi Bek bat
einen Geschäftsführer Namens Choga [Ghijät] % auf den
er sich völlig verlässt, und ohne dessen Rat er nichts
tut; dieser Mann ist mit dem Gesandten hergekommen;
ich nehme ihn diese Nacht in mein Haus und berede
ihu; auch Ghäzl vom rechten Wege abzubringen^ wie
ich ihn selbst abbringe; nur so wird es möglich sein,
die Stadt zu gewinnen. Sein Plan wurde gebilligt
Ghijät wurde mit grossen Versprechungen für ihn und
Ghäzi Bek geködert 2); er verliess mit Sälih Chalpa^ der
nichts gemerkt hatte, den nächsten Tag das Lager;
Sälih erstattete Chogai' Gihän Bericht, der darauf nichts
zu sagen hatte als: ,Wir sind über solche Drohungen
erhaben!'. Aber das Unglück nahte; Ghijät begann
seine Minierarbeit (S. 248 Z. &— 261 Z. 1). — Auf
Nijäz Isikäghä wurde von anderer Seite her eingedrungen.
Sein Vetter, ein Sohn Behädur Beks, der Häkim von
Köcär Allah Quli, dessen jüngerer Bruder Muhammed
Jär, sein älterer Schwager Sirä Muhammed Emin und
andere Leute dieser Gesellschaft, die sich im Heere
Burhänuddins befanden, schickten ihm, an die Federn
eines Pfeils gebunden, einen Brief mit Versprechungen
und Drohungen. Nijäz besass einen Garten, der mit
einer Seite an die Stadtmauer grenzte, während auf
der andern Seite ein öffentlicher Weg die Grenze
bildete. In einer einsamen Ecke dieses Gartens sollte
ein dreissig Klafter langer Gang nach aussen gegraben
werden ; in einer Nacht sollten dann tausend feindliche
Kämpen in die Stadt gelassen werden, schnell sollte man
») iJjf toy^ S. 249 Z. 8; da doch wohl Choga nicht
Name sein wird, so ist vermutlich ein Wort ausgefallen. Aus dem
Folgenden ist zu schliesseo, dass der Mann Ghijjy^ hiess.
*) Auch hier erscheinen wieder die rotgestempelten Diplome:
(^i yj^^^O ^^\Jl^ J^y S. 250 Z. 4; vgl. oben S.
82
Digitized by LjOOQ IC
277
sich der vier^) Tore bemächtigen und die Haupt-
macht der Feinde einlassen. Am Tage arbeitete man
an diesem Gange, in der Nacht brachte man die aus-
gegrabene Erde in zwei, drei EiskeUem^), die in der
Nähe waren, unter. Die Jahreszeit war günstig, denn
es war Winter, wo niemand in die Gärten geht. Am
innem Ende des Ganges brachten sie ein verdecktes
Tor an 3), das nachts offen, am Tage geschlossen war.
Man hatte bereits die Mauer sieben, acht Klafter weit
unterwühlt, da wurde einer von den Leuten des Nijäz
die Sache gewahr, und da er ein frommer Mann war,
so lief er sofort zu Choral Gihän^); dieser liess durch
einen Vertrauensmann die Sache untersuchen, und als
die Nachricht sich bestätigte, liess er Nijäz festnehmen
und gab sein Haus der Plünderung preis; dem Hoch-
verräter tat er weiter nichts von Verwandtschafts
wegen ^), aber er betrat nie mehr die Räume seiner Frau
'i'iSa B^k, der Tochter des Nijäz ISikäghä (S. 261 Z.
1 — 253 Z. 12). — Da war ein Mann Namens ^ASür
Qözi, ursprünglich ein qalmaqischer Kaufmann^), den
^) Danach gab es also nur yier Tore, jetzt hat Jarkend ffinf,
das Terektor im Norden, Qawat [qabagh artgü]- und Maschara
[ akJ^M*^].Tor im Osten, das ChäneqShtor im Süden und das
Altjntor im Westen. Das Maschara-Tor wird S. 266 Z. 6 (hier
S. 280) erwähnt.
*) Das Quartier, in welchem das Haus der schwedischen
Mission in Jarkend liegt, hiess frQher Mflschäne, weil sich dort
ein grosser Eiskeller befand.
>) S\l^^4> ^yj3 J&^ S. 262 Z. 10; der Ausdruck kam
schon 8. 262 Z. 1 vor; Jm^» ist wohl quwui, fOr das Shaw gibt
,a4j., hollow*.
*) Hier ist im Manuskript eine Lücke von ein bis zwei Zeilen,
die aber leicht auszufallen ist.
*) Die Art, wie der Verfasser das erdlhlt, l&sst glauben, er
habe diesen gänzlich unbrauchbaren Schwächling absichtlich lächer-
lich gemacht.
•) ^^^^lO^ y;r^ (XjÜHoUli 8. 263 Z. 14;
dieselbe Verbindung kam schon firüher vor.
6*
Digitized by LjOOQ IC
,378
hMe Cho^' Gihän zum Uäkim voa Taghboiji [^5^ ^V)
gemacht, und als er offen deu Ißbaa aageo^mmen hatte,
machte er ihn zum Chan Kerek Jaraghi^). Dieser Mami
hatte alle Qeeohäfte des Landes unter sich; er hatte
irerwandtsohafdiohe Beziehungen zu Choga Ma'süm und
Molla Siddiq, sowie zu Qabnaqen. Als die erstgenannten
wegen Verdachtes ins Gefängnis gßwoirfen waren, be-
klagte man sich über die Feuohtigkait der Räume, und
Oho^' Öih&n bestimmte, dass die Gefangenen bei Leuten
der Stadt untetgebraoht werden sollten. 'Asür Qöaä
nahm nun MoUa Siddiq bei sich aui^ und dieser gewann
ihn für die Sache Burhänuddlns. ^Asür schickte seinen
Diener Bai Püläd mit emem Briefe an Burhämuddlu,
und es wurde wieder ein Anschlag auf die Stadt ange-
zettelt. Aber ^Aßüre frommer Sohn Sultan ye;rriet den
Plan. Natürlich wollte der einfiUtige Choral' Gihän
wieder zuerst an die Schuld seines braven ^Aiür QözT
nicht glauben, bis er schliesslich überzeugt wurde.
Burhänuddin war durch geschickte Spione von aUem,
was in der Stadt vorging, uiiterrichtet. Die Sache ging
nicht vorwärts, und die Kirgisen wurden ungeduldig.
Burhänuddin wandte sich heimlich an Ghäzi und ver-
spntch ihm für gute Dienste die Herrschafit über die
sechs Städte 3). Ghäzi wollte mit allen Truppen «is-
ziehen, selbst im Hintertreffen bleiben und im gegebenen
Augenblick fliehen, so werde das Heer eine Niederlage
erleiden. Der einfältige Choral Gihän liess sich leicht
bereden, den Befehl zum Ausfall zu geben, und alle
*) Big., Raod des Gebirges; so ^^ ^^^ ^*> = ,Ufer
des Flusses' in meiuem Ein türkiacher Text tma &ulgar § 105
(Keleti Szemle V 8. 3ö).
•j ^^yi, w%JSb ; y*y^ ; Ker^ Jaragh kam schon bei Auf-
zählung der Personen S. 236 Z. 6. 7 (hier S. 278) Tor.
durch das hü wird das Altyäeher-Gebiet als eine bekannte Grösse
bezeichnet. Diese Stelle ist ein zwingender Beweis dafSr, dass
der Name A%§eher nicbt erst ron Badatdet Ja'qÜb Bek ange-
bracht ist^ wie manche annehmen.
64
Digitized by LjOOQ IC
270
rüsteten sich zum KÄmpf (S. 253 Z. 12— 26fr Z. 1). —
G-hftzi schickte noch eimnal Kacbiicht an Borhäanddlft,
wie es gemacht werden sollte. Die Heere iarafen hxd-
einander. Der Sieg schien Burhännddfn sich zuauneigen.
Der fklsche Kirgise Qob&d hielt sich bei«its abseits vom
Kampfe und' sah zu. Nun begann plötsHch zu alledem
CHiäzI' mit entfilzter Fahne zu fliehen. Die Kirgisenr
stttrzten hinter dto Fliehenden her. Die Truppen von
Jarkend wurden yerwirrt, und schliesslich raste alles
in wilder Flucht zurück. Es war, als wäre ein Eteer
vom Himmel auf sie herabgestürzt. Als die Fliehenden
zum Qabagh Artqü-Tore kamen, entstand ein entsetz-
liches Gedränge. 'Abdullah Cho^am befand sich im
Grengdäwul auf der Mauer; er liess sich an einem Strick
herab mit einigen Getreuen, konnte aber nichts ausrichten.
Die Zahl der Fliehenden betrug 40—50000 Mann^).
S. 259 Z. 1 ' 261 Z. 15). ~ Das Tor wurde abends:
wieder geschlossen. Ghäzi schloss sich am Abend in sein
Haus eiu; ohne in die Burg zu gehen, mid auch den
nächsten Tag ging er nicht hin. In der Stadt sprach,
man schon davon, dass Ghäzi das Heer veiraten habe.
Allgemein war das Wehklagen, denn jeder hatte einen
Lieben yerloren. In der Burg berieten sich die Ghrossen,
Chogai' Gihän an der Spitze, was zu tun sei Man
schickte nach Ghäzi, der kam aber nicht. Am Abend
schickte man wieder. Er versprach zu kommen. Wieder
aber kam er nicht. Cho^Ai Öihän liess den A'lem»
Ächond 'Omar Bäqi rufen, er solle Ghäz! herbeischaffen.
Ghogiü Gihän war so kindlich zu glauben, Ghäz! habe
die Treuschwtire nicht gebrochen und werde guten Rat
geben. Der Ächond kam mit der Antwort zurück,
Ghäzi fürchte sich vor den Prinzen und müsse sich erst
zwei, drei Ti^ beruhigen, dann werde er kommen.
Mittlerweile richtete Ghäzi eine Schreckensherrschaft in
seinem Viertel ein. Mit seinen eigenen Leuten und
anderem Gesindel trieb er, was er wollte, und niemand
') S. 261 Z. 10; die Zahl ist sicher w«t übertrieben.
85
Digitized by LjOOQ IC
280
wagte sich in seine Nähe, selbst nicht die Burgleute.
Immer aber nahm Chogai Gihftn noch seine Partei und
litt nicht, dass man heftige Worte gegen ihn brauchte.
Den Prinzen und Qrossen aber wurde es zu arg, und
einige, 'Abdullah Cho^am und Sihfibuddin Bakäwul an
der Spitze, rieten, Ghäzi aufzuheben und die Stadt
stark zu befestigen. Dagegen wandte man ein, dass in
solchen Zeitläuften der Streit im Innern auf jeden Fall
zu yermeiden sei. Schliesslich beschloss man folgendes :
man wolle nachte marschieren, durch den Wald und
die Insel gehen, den Fluss überschreiten und sich dann
in einer Höhle des und des Berges niederlassen, wo
man Weide und Wasser in Fülle habe, und deren
Ofinung mit Leichtigkeit gegen viele tausend Feinde
verteidigt werden könne i). (S. 261 Z. 16—265 Z. 2).
— Man begann sich auf den Auszug einzurichten. Von
manchen Familien zogen alle aus, von manchen zog
der Vater aus und blieb der Sohn zu Hause. Mit der
Aasrüstung stand es bei den meisten schlecht. Auf
Pferden und Kamelen, zum Teil zu zweien sitzend, ritt
man durch das Mascharator und schlug den Qarghalyqweg
ein. Erst zog man auf der geraden Strasse, dann nahm
man den Weg zum Walde, weil man sich vor den Bär-
gisen fürchtete. So kam man in den Wald, den furcht-
baren, nicht zu beschreibenden, in dem man weder
Himmel noch Erde noch nach den Seiten sah, und in
dem man nur mit den grössten Mühen vorwärts kam,
weil man mit den Zweigen und mit den Wurzeln zu
kämpfen hatte. War man über eine schlimme Stelle
^) Die Sache ist ganz kopflos, aber es ist sehr wahrscheinlich,
dass die ohnehin anintelligenten Jarkender sich von einem Phan-
tasten oder Betrüger haben betören lassen. Mit dem Walde ist
offenbar das sehr ausgedehnte Gehölz zwischen Jarkend nnd
Maralbafii gemeint, aus welchem die in der Gegend wohnenden
Dolanen Jarkend mit Brennholz versehen, und von welchem schon
in filteren Berichten die Rede ist. Mit dem Fluss kann nur der
Jarkend-FluBs (Tarim) gemeint sein (hier ZarafS&n-Fluss genannt
S. 26a Z. 3 siehe S. 281).
86
Digitized by LjOOQ IC
281
forty so kam gleich eine noch schlimmere. Endlich ge-
langten sie an den ZarafsänflussO; der war ganz und
gar Eis, leider aber darchaus nicht gleichmässig ge-
froren, sondern an manchen Stellen dick, an manchen
dünn, an manchen Stellen eben, an manchen mit hohen
Blöcken bedeckt. Menschen und Tiere stürzten massen-
haft. Dabei ging das Zeug der Pferde und die Kleider
der Menschen in Stücken. Zu alledem kamen ihnen
noch die räuberischen Kirgisen in den Rücken, die kein
Mitleid hatten und jeden, der zurückblieb, ausraubten
und zum Gefangenen machten (S. 265 Z. 2—266 Z. 14).
— Es folgt ein S&qmäme (S. 266 Z. 14—267 Z. 12).
— Sobald die Prinzen die Stadt verlassen, liess Ghäzi
die Trommel rühren und auf allen Strassen ausrufen:
,Die Zeit des Chäqäns von China und Amursanas, die
Zeit Choga Burhänuddins ist gekommen!' und schickte
einige von seinen Söhnen mit Geschenken zu Burhflnuddin
hinaus: er habe die Chogas verjagt und seine Schuldigkeit
getan, jetzt solle Burhänuddin das Seine tun und hinter den
Geflohenen dreinjagen, denn wenn noch einer leben bleibe,
so sei er nicht sicher. Burhänuddin schickte die ge-
eigneten Leute aus mit dem Gebot, den Fliehenden den
Weg zu verlegen und gefangen einzubringen, auch kein
Mitleid walten zu lassen (S. 267 Z. 12 --268 Z. 14).
— Kaum waren die Prinzen zum Tor hinaus, da
wurde Nijäz Isikäghä aus dem Gefängnis befreit. Alles,
was in den Räumlichkeiten seiner Tochter *ÄMsa Bßk,
der Frau Chogai öihäns, war, raubte er; was übrig war,
stahl Ghäzi, auch die Leute der Stadt bereicherten sich.
Die nachsetzenden Reiter erreichten die Fliehenden
beim Frührot und umzingelten sie von allen Seiten.
Von den Ausgezogenen, die ursprünglich tausend Seelen
waren, waren nur noch vier- bis fünfhundert übrig,
und unter denen war niemand, dem Feinde entgegen-
zutreten; nur 'Abdullah Cho^am leistete mit einigen
^) Es wird dazu bemerkt, er heisse wegen seiner Heftigkeit
auch darjä'i Uz ,der schnelle Strom*.
87
Digitized by LjOOQ IC
282
Tapfek*6ii Widenrtaoad. Aue HbnUfen waren mit eich
beschäft^t. Da war aveh die LiebKngtofrati Cho^
öihän«, die sonst Vena i^eii Diensten umgeben war;
man hatte sie nicht gehen lassen woUen, we«i sie dem
Oebttreii nahe war. Sie war aber doch mitgegangen.
Nun hörte man ein hersbreehendes Wehgeschrei; Ihre'
Stündle war gekommen« Sie stic^ ab und setsste sich
hinv Ihr Pferd nahm em Diener; von hinten kamen
die bittenden Feinde. Die Verwandten sind yoraus «ad
wissen nicht, was vorgeht« Sie hai keine Kraft, ihnen
nachzugehen; so sass sie hn Unglück da (S. 209 Z. 14
bis 270 Z. 7). — 'Abdnnäh verriehtet Wtmdertaten, mit
jedem' Pfeil streckt er einen Feind au Boden. So war
die Nachmittogsgebettseit herangekommen, und man
wechselte einige Personen aus. Als man nun an einen
neuen Arm des ZereßAn kam^); machte der iiach-
setzende Feind wieder einen Angriff. Da gesdiah
SohlimitieB: 'Ädilsjlh^) Därchän, Sohn lermä^ll Beks,
einer der Diener Choj^ii Öihäns, ging an der Spiföe
dieser Schar 2sum Feinde über. Das wirkte nieder-
schmetternd auf die Muslims. Nur 'Abdullah Cho^am
wurde erst recht trotzig und ohne Wank stürmte er
gegen die Feinde und schoss Pfeil auf Pfeil, so dass sie
erschrocken zurückwichen. Doch einer von ihnen st^te
sich ihm eiitgegen, freilich zu seinem Unheil. ^AbduU&h
hieb ihn nieder, und sein Leichnam wurde iii^ den FlUss
geworfen. Die Muslims teilten sich nun in drei Gruppen:
eine war über den Flues hinweg, eine 'war im FlUss^),
eine dritte auf dem diesseitigen Ufer. 'Abdullah sucht
alle Muslims auf dem diesseitigen Ufer zu Tereinigen,
um die Feinde abzuhalten, und er scb^it laut: Sterben
müsse man doch, so solle man wenigstens »ein Leben
so teuer wie möglich verkaufen. HSiften die MusKttis
zusamniengehalten, so hätten sie in der Tat Widerstand
^) Die Übersetzung ist nicht sicher.
*!f SL& J^tX^ 8. 270 Z. 14.
*) Also doch wohl anf der Insel zwischen den beidiftn A^Men.
Digitized by LjOOQ IC
283
leisten können; aber jeder war nur mit sich selbst be-
schäftigt^ und alles Rufen ^Abdullahs war nutzlos. Die
Feinde stürzten sich nun mit voller Kraft auf die dies-
seitigen Muslims; zunächst wurde der jüngste Sohn
Choga Jftsufs, Burhänuddin genannt Erke Chogam ge-
tötet. Die Muslims wollten nun über den Fltiös gehen;
als sie auf dem Eise waren, brach es, und viele er-
tranken. Choga Nazar hatte den Leichnam des Erke
Chogam zu sich aufs Pferd genommen; so sprengte er
in den Fluss; ein Feind stösst ihm mit der Lanze in
den ttäcken, da er aber zwei Panzer anhat, schadet
ihm der Stoss nicht, auch kann er sich auf dem Pferde
halten. Ein anderer Feind aber trifit ihn mit wuchtigem
äieb. Er stürzt ins Wasser; vierzig fünfzig Fuss treibt
er in ihm; die schwere Rüstung zieht ihn nieder, 'üiit
eine Mannslänge ist er vom Ufer entfernt, da streckt
* Abdullah ihm den Bogen zu, dessen eine Spitze er hält.
Die andere Spitze ergreift der Ertrinkende und kommt
ans Ufer. Aber er ist erstarrt. ^Abdullah zieht ihm
die Kleider ab und legt ihm den eigenen Mantel um
(S. 270 Z. 7—274 Z; 13). — Die Verzweiflung war
bei allen so gross, dass man beschliesst, sich zu er-
geben und über Frieden zu unterhandeln. Cho^ai'
Gihän, dem man diese Absicht vorträgt, idt natürlich
ganz einverstanden. Nur der tapfere 'Abdullah, der
einzige Mann unter der noch übrigen Gesellschaft, will
nichts davon wissen und kämpft, bis er einen Pfeil ins
Auge bekommt. Cho^ai' Gfihan und die andern halten
längere Reden, in denen man sich vor sich selbst wegen
des Nachgebens zu entschuldigen sucht. Im Prinzip
erklärt sich auch ^Abdullah einverstanden. Mittlerweile
warto auch die Feinde herübergekommen, und es be-
gaben sich Rahmän Qull, Taghlyq Qirghiz, der Kirgise
'Abdullah, Sarigh Jasäwul und einige andere Offiziere
zu Chogi^' Gihän, der ihnen bedingungslose Übergabe
erklärte. , Die Feinde verlangten, dass Ghogai 6ihän
Choga Jahjä zu Burhänuddin schicken solle, um mit
diesem persönlich zu Verhandeln. Schweren Herzens
Digitized by LjOOQ IC
284
nahm Jahjä von Choral Gihän und allen Prinzen Ab-
schied (S. 274 Z. 13—280 Z. 8). — Es war spät ge-
worden, und die armen Flüchtlinge waren in verzweifelter
Lage, in nassen E^leidem und ohne Nahrung; sie konnten
aber ein grosses Feuer anmachen und brieten Stücke
von den Pferden, die sie schlachteten. 'Abdullah, der
die Häupter zählte, vermisste vier Frauen und machte
eine so energische Reklamation, dass man die in die
Hände von Kirgisen gefallenen schliesslich herbeibrachte.
Während die Muslims litten, waren die Feinde vor
Freude ganz toll. Sie schlössen die Flüchtigen so
dicht ein, dass keine Seele hätte sich durchschleichen
können. Es war Mitternacht, da erschien 'Abdullah,
begleitet von Choga Nazar, Säbir Kerek Jaraghs Sohn
Tochta Choga und §ihäbuddin Bakäwuls Sohn Mirzä Haidar
Chan vor Chogai' Gihän und bat für diese um Erlaubnis
zur Flucht, denn wenn auch ihr (des Herrengeschlechtes)
Stamm absterbe, so solle doch das Geschlecht der seit
Alters den Ahnen ergebenen Genossen und Chalpas
nicht aussterben. Chogai' Gihän gab den Mutigen seinen
Segen und sie machten sich fort, alle drei auf einem
Pferde. Gott streute Sand in die Augen der Ungläubigen,
die in mehreren Reihen lagen und beständig Wachtrufe^)
wechselten, so dass sie nichts merkten, und diese drei
Männer ein Eirgisenzelt ausserhalb des Wächterkreises
erreichten, wie ja Gott auch einst den Profeten und
Abu Bekr vor den Verfolgern gerettet (S. 280 Z. 8 bis
283 Z. 2). — Den nächsten Morgen erklärten die
Führer der Feinde den Prinzen, die Flüchtigen sollten
sich nur auf den Weg machen in der Richtung auf
Jarkend, bald werde ihnen Burhänuddin begegnen und
ihnen einen Wohnort anweisen. Zugleich verlangten die
frechen Lügner Abgabe der WaflFen, welcher Forderung
man sich fügen musste. Zur Zeit des Nachmittags-
gebets machte man Rast in Achtam^). Die schänd-
') Sie lauteten J^ y^l^ JjJ ^Im* S. 282 Z. 4.
') (VÄÄ.I, wahrscheinlich gleich f^^AJ = „weisse Mauer^^
90
Digitized by LjOOQ IC
285
liehen Peiniger hatten ausrufen lassen, dass man den
Bedrängten nichts liefere, und als sie schliesslich auf
ihr Blehen ein paar Stücke Holz bekamen, konnten sie
diese nicht zum Brennen bringen, so dass sie die
ganze Nacht frieren und hungern mussten. Am nächsten
Morgen nahmen ihnen die Offiziere des feindlichen
Heeres ihre guten Pferde weg und gaben ihnen schlechte.
Zugleich machten sich die Mungi-Kirgisen an offenes
Plündern und zogen ihnen die Mützen von den Köpfen
und die Schuhe von den Füssen. Als man gegen
Abend Rast machte, hatten sie wieder nichts zu essen
noch zu trinken noch sich zu wärmen (S. 283 Z. 2 —
285 Z. 10). — Nun folgt ein Säqinäme, mitten in
welchem S, 287 1. Z. die Erzählung abbricht.
Der geringe Rest des Werkes, der in Ms. 40 fehlt,
lässt sich aus Walichanow (S. 45f.) dahin ergänzen,
dass die Flüchtigen von den Eargisen nach Jarkend
zurückgebracht und dort nach wenigen Tagen hin-
gerichtet wurden.
Für die weiteren Geschicke der Chogas ist hier
nicht der Ort. Nur soviel, dass dieselben Apaqiden
Burhänuddin Cho^a und Chan Cho^a, welche mit
Hilfe der Chinesen der andern Linie, den Ishaqiden,
den Garaus gemacht hatten« ein klägliches Ende fem
von der Heimat nahmen. Der einzig übrig gebliebene
Spross der Äpäq-Sippe, Burhänuddins SohnSarymsaq
Cho^a, wurde Stammvater einer neuen Chogareihe,
deren Glieder immer von neuem versuchen, dem von
Machdümi A'zem begründeten Herrscherhause den alten
Glanz wiederzugewinnen. An sich haben sie keine
Bedeutung, denn sie sind ausnahmslos arge Nichtsnutze,
die, sobald sie mit etwas Ansehen und Macht auf der
Bildfläche erscheinen, alle Welt durch ihren törichten
d«r Name ist h&afig. So ist ein Aqtam bei den Earawanenführtm
beliebt als erste kurze Station, ca. iVt Standen auf dem Wege
von Kadgar nach OS.
91
Digitized by LjOOQ IC
286
Übermut, ihre Sittenlosigkeit, ihre Unföhigkeit abstossen.
Aber sie sind brauchbare Puppen in den Händen der
Herrscher Choqands, welche sie bei sich aufnehmen
und nun in der Lage sind, diese Prätendenten der
„nationalen Dynastie Easgariens'^ geg^n die chinesische
Regierung auszuspielen, wenn sie von dieser günstige
Bedingungen für ihren Handel und Einfluss in Eas-
garien erzielen wollen. Denn die Chinesen hatten vor
diesen Leuten, über deren wahre Bedeutung sie sich
täuschten, weil die von ihnen gegen sie gesandten und
über sie gesetzten Beamten unfähig waren, eine heillose
Angst Das ist der Gesichtspunkt, aus welchem sich
die politischen Ereignisse seit den ersten Cho|a-
Putschen im Jahre 1826 erklären. Bis dahin hatte
Easgarien seit der Eroberung durch die Chinesen eine
Zeit zwar nicht segensreicher Entwicklung, aber doch
ziemlich ungetrübtiBn Stilllebens gef[ifart. Da kam ein
Sohn Sarymsaqs, Enkel Burhänuddin Chogas, öehängir
Cho^a, nach ELaägar und liess sich unter dem Namen
Saijid 6ehängir Sultan als Herrscher des Landes
feiern. Als falscher Freund mischte sich der Chan von
Choqand ein, im Trüben zu fischen. Der Cfaoga macht
sich beim Volke unbeliebt, wird verraten, und die
Chinesen bekommen wieder Macht. Da bricht der
kräftige Med Ali (Mehemed 'Ali 1237—1258 = 1882
bis t840) in Easgarien ein und setzt öihängirs Bruder
Med Jüsuf über das Land. Das Regiment dauert
aber nur neunzig Tage. Dann kommen die Chineaen
wieder, im Jahre 1830. Die Chinesen, der beständigem
Unruhen müde, schliessen noch im selben Jahre dmen
Vertrag mit dem Chan von Choqand^ dessen Haupt-
bedeutung für sie darin liegt, dass der Chan verspricht,
die Cbo^as in Choqand konsigniert zu halten, und
streng zu überwachen, was heisst, den Bock zum
Gärtner setzen. Dafür gewähren sie ihm gern weit-
reichende Handeisvorreehte, die das Land wirtscbafilioli
in die Hand der Fremden geben. Es sei hier gleich
bemerkt, dass der im Jahre 1868 erneuerte Vertrag von
92
Digitized by LjOOQ IC
287
1830 von den Russen als ein Rechtstitel angesehen
wird für den weit;gehenden Einfluss^ den sie in Kas-
garien üben: sie behaupten, dass sie durch die im
Jahre 1875 vorgenommene Annektion V9n Choqand-
Fergana als Rechtsnachfcrfger der Choqandischen Regie-
rung in jenen Vertrag eingetreten sind. Von den
zwischen 1830 und 1875 liegenden Chogaputschen sei
nur gesagt, dass der im Jahre 1846 unternommene
unter der Leitung Katta Tores, auch genannt Choga
Tore, der von 1857 unter der Leitung Walichän
Tores stand. Der zweite berührt uns, denn am
26. August 1857 wurde von dem wahnsinnigen Wüterich
unser verdienstvoller Landsmann Adolf Schlagint-
weit in der Nähe von Easgar ermordet^). Die Putsche
wurden von den Chinesen ohne zu grosse Mühe unter-
drückt. Viel ernster war die Bewegung, die im Jahre
1865 mit dem Erscheinen Büzürg Cho^as^) begann,
') Über den Tod Adolf Schlagintweits berichtet sein
Bruder Hermann in den Sitzangsberichten der E. Bayr. Akademie
der Wissenschaften, Math.-Physik. Klasse 1869 S. 181. Nachdem
die chinesische Regierang sich bereit erklärt hatte, dem Andenken
Schlagintweits ein Denkmal zu setzen, wurde der Platz dafür
halbwegs zwischen Alt- und Neu-KaSgar am 12. Dezember 1888
eingeweiht; der Bau des Denkmals wurde beendet am 15. Juni
1889. Siehe Bericht darüber in den Sitzungsberichten der K.
Bayr. Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse 1890 S.
467—472. Im Oktober 1902 stellte ich fest, dass das Denkmal
TGUig verfallen ist; die Denktafel wird im russischen General-
konsulat verwahrt.
*) Einen Bericht über die Ereignisse, die mit Büzürg
Cho^a und Ja^qüb Bek zusammenhängen, findet sich in einem
der aus der Mission Dutreuil de Rhins-Grenard stammenden
Manuskripte des Institut de France (allgemeine Signatur: 10256;
eine besondere notierte ich nicht; einige jener Manuskripte tragen
nur die allgemeine Bezeichnung; eine baldige Aufnahme ist
wünschenswert; bei meiner Durchsicht am 5. Juni 1903 waren
die Stücke wem'g geordnet und nicht paginiert). In jener Hand-
schrift wird der Choga f^yS ij'^ ^XT^ ^' ^' ^^^^^8 Oh an
Torem genannt, man sieht also, er prätendierte die Nachfolge
der weltlichen Herrscher, der Chane aus dem Gescblechte Öagatais.
Ja'qüb Bek ist V^^^ geschrieben.
93
Digitized by LjOOQ IC
288
und die sehr bald aus den Händen des gänzlich an-
fähigen Mannes in die seines TruppenfÜhrere, des
energischen^ aus kleinsten Verhältnissen hervorgegange-
nen Taskenders Ja^qüb B^k überging. Er errichtete
ein kräftiges islamisches Reich, das jedoch sofort nach
seinem Tode im Jahre 1877 infolge der Zwietracht
zwischen seinen Söhnen zerfiel. Von den gegenwärtig
noch lebenden Cho^as dürfte keiner Neigung haben,
die ,,nationale Dynastie^ EaSgariens zu vertreten, noch
auch Aussicht, irgend welche Machtstrebungen zu
wirksamem Ende zu führen.
M
Digitized by LjOOQ IC
Nachträge.
Allgemeines.
Das Werk, das von Mohammed ^ädiq aus Kafigar im Jahre
1182 yer&sst ist, nnd auf dessen beiden Handschriften meiner
Sammlung (No. 40 nnd 122) meine Darstellung beruht, ist nicht
ein Geschichtswerk. Es ist die Aneinanderreihung tou Anekdoten,
welche die Mitglieder der Ishäq-Linie des Hauses Machdflmi
A'fem Torherrlichen sollen, die Skizze eines Fanatikers, der in
seinem Bausche nicht merkt, welch klftgliche Rolle er seine
Helden spielen l&sst und selbst als ihr Lobredner spielt.
Dabei das in dem türkischen Wesen liegende Unausgeglichene,
Direktionslose, das derselben Person auf der einen Seite die
obligaten Preis- und Schmeichelnamen gibt, auf der andern
Seite alle Scheusslichkeiten luschreibt oder den Fluch Gottes
anwünscht (vgl. 8. 216 Anm. 2)'). Über das zum Yerst&ndnis
der Zusammenh&nge unentbehrliche, die chronologische Folge
der Ereignisse und die Bewegung in den Kreisen, an denen sich
diese üblen Heiligen schmarotzend und sie erstickend aufrankten,
erfahren wir so gut wie nichts. Zum Glück besitzen wir seit
kurzem andere ergänzende Quellen. Von der einen Klasse, welche
*) Kennzeichnend für dieses Türkenwesen, das nach Wildenart
immer aus einem Extrem ins andere fällt und das auch den
Osmanen den Stempel aufragt, ist das Geschichtchen Barthold,
IWikeston I (Texte), 136 aus dem mtUhaqöt amräh des GanOU Al-
qarfi (aus Qardi?): TekeS von Chwärezm hatte einen Bruder Mahmud,
den er sehr liebte; ab dieser ein Unglück Tekeis benutzt hatte,
um sich auf den Thron zu setzen, Hess der zurückgekehrte Tekei
ihn blenden; nun ging jede Woche Tekei einmal zu dem geblen-
deten Bruder, setzte sich ihm gegenüber und weinte, ohne sich
zu erkennen zu geben. In dem Text ist natürlich zu lesen:
(statt y^gik^^^ sLLü»^). Aus Araberkreisen vergleiche die zwei
Heulgeechichten von dem hysterischen FrGmmling *Omar II Abu
Jüauf 16 oben.
Digitized by LjOOQ IC
290
Daten aus der Familiengeschichte der Chogas entb<, iit mir
nur ein Vertreter bekannt. In dem Mannskript, das ich am
29. Oktober 1902 in Kaigar erwarb (No. 75 meines Verzeichnisses
„Die osttürkischen Handschriften der Sammlung Hart-
mann« in Mitt. Sem. Orient. Sprachen VII (1904) Abt. H
S.-A. 9), findet sich anf den letzten 10 Seiten eine Oenealogie der
Oho^. Sie wird im folgenden als H. 75 zitiert. Von der andern
Klasse war Barthold so glücklich, zwei Vertreter zu erwerben,
über die er in seinem GaYtltb o KpMlfftHiBpoBKt B-b TypsecraRi
Petersburg 1904, Abdruck aus den Memoiren (3anHCiH) der
Orientalischen Abteilung der Kais. Rassischen Archäologischen
Oesellschaffc Bd. 15, ausfiüurlich berichtet. Das eine der .beiden
WerJ^e gehört der achOnen Hsmdschriftensammlnng des Qßu/^-
m^jors 6urabek in Taschkent ^n. Es hat den Titel bahr üfß9rär
ß mtmägib uiach^ä/r und ist yerfasst von Mahniüd )tbn We^
in vier Teilen \rukn^) und einem Schlus«k;?4)itel (<;Aä^>if} im
Jahre 1044. Über das. zweite Werk lassß ich d^u glückUchen
Finder selbst berichten. Leider niuss ich ipaich hier ^arapif be-
schränken, aus der Zusammenstellung. Barthold 8 4Afi ,mitzfiti9i\eii,
was zur Erläuterung meines Textes dient. Die, von i]^.^^a#*
menden Anmerkungen sind mit B gezeichnet. Die htei4^!Q
Quellen nenne ich in der Übersetzu^ seine;» Berichts Mahmud
Well und Ifs. 590 oi. Das in eckige Klammem Gesetste röhrt
von mir her. Von den türkischen Zitaten Barthol ds i9t;i^ur
wenig angenommen. In der Schreibung der J^amen habe ich
mir im Interesse der Dentlichkeit Änderungen erlaubt j(2,s^tt k,
Setzung von Längezeidiien u. dgL). B Art hold sf^ ^Kpnuo^-
dirowka 236ff.: . ,
„[236] Am interessantesten ist der Teil d^ Buphea, wel-
cher der G-eschichte der Chane von KaSgar in der zweiten
Hälfte des sechzehnten und ersten Hälfte des siebzehnten Jahr-
hunderts gewidmet ist. Das Werk des MaJ^amoaued ^dar, (das
ta'richi raJn^] ist bis 953 geführt; fSr die folgende Zeit .#;Mle^
wir nur eine sehr geringe Menge von Nachaoh^e^ bei :^i^i
Autoren des Anfanges des siebzehnten Jahrhunderte, 9<^vdajr fUzl,
Verfasser des to'ncÄ» hmden und Emln Ahmed EäzX, V^fa^«^
des geographischen Werkes heft iqtm^ dfks spätere We^ deis
*) Die EinteüiiBg m viar rukn und eine thätimie scbMesirt
-sich wohl an an das in Buseisch und Ohinesiseh Turkesftan «sewelil
im persischen Original als in Tnrki-Übersetsung yielgeleaene, ja
als'Vita des Propheten dort, scheint es, allein bekannte siieri i«i/*,
d. h. das mi^räj unnul^üwß des Mu'ini Mislän. Zu «bm N)acl|w^
der persischen Mss. in dem Verzeichnis meiner Handschriften
S. 19 n. 2 adde die zwei Mss. Kommandirowka 175 u. 270.
96
Digitized by LjOOQ IC
291
Mahammed Sädiq aus KaSgar teekire*i cho§agän oder teekire*i *€U^gan,
geschrieben i. J. 1182, stellt nipht die direkte FortsetzoDg des
Tarichi BaSidi dar. So blieb die Geschichte Eafigariens unter
den letzten gagataischen Chanen rocht dunkel, and sogar die
Namen der Chane, nicht zu sprechen von den Ereig^nissen während
ihrer Regierung, konnten nicht mit Sicherheit festgestellt werden.
Unser Autor schildert die Geschichte des Landes bis 1046 ziem-
lich ausführlich. Durch einen glücklichen Zufall gelang es mir,
in Taschkent für das Asiatische Museum die Handschrift noch
eines andern Werkes zur Geschichte KaSgariens zu erwerben,
das bis jetzt völlig unbekannt war, ohne Titel und Namen des
Verfassers (jetzt Ms. Asiat. Mus. 590 oi): diese Arbeit umfasst
die legendäre Geschichte der Türken (von Noah und Jafet an),
die Geschichte Öingiz Chans und seiner Nachfolger und die Ge-
schichte der EaSgar-Chane bis zum Anfange des achtzehnten
Jahrhunderts; ausser dem Tarichi BaSidi wird noch eine andere
Arbeit, das Tarichi Chörezml, zitiert (Ms. 590 oi, f. 48b). Aus
der Darstellung der beiden Autoren ergibt sich für die Ge-
schichte Eadgariens in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahr-
hunderts und im siebzehnten Jahrhundert folgendes Bild*)". [Die
nächsten beiden Absätze feillen aus als hier entbehrlich].
„[237] BaSld Chan bestieg nach dem Tarichi Bafidi den
Thron 940*). Nach Emin Ahmed Bäzl regierte er 33 Jahre, d. h.
starb 973»); nach Ms. 590 oi f. 64 a starb er 967, nach Mahmfid
Well (f. 227 a) 975, nach ^aideri Räzi*) 978. Emin Ahmed Eä2ä
zählt die Namen der dreizehn Söhne BaSid Chans auf), von denen
ihm Abdulkailm Chan folgte ; auf dessen Regierung [238] beziehen
sich die letzten Nachrichten Haidar ßäzis und Emin Ahmed Bäzis.
Mahmud Well gibt für den Tod Abdulkarims kein Datum; nach
Ms. 590 oi (f. 67b) regierte er 34 Jahre und wurde 63 Jahre alt ... .
Nachfolger Abdulkarims war sein Bruder Muhammed Chan, der
sechste (nach Ms. 590 oi, der fünfte) Sohn Raäid Chans; noch bei
Lebzeiten Abdulkarims war Muhammed, wie es Emin Ahmed Bäsä
bekannt war, Herrscher über Kafigar. Nach Ms. 590 oi (f. 72 b)
wurde Muhammed Chan 72 Jahre alt, regierte achtzehn Jahre und
*) Leider finden wir in den beiden Werken nur eine äusserst
geringe Zahl genauer Zeitangaben. B.
•) TR 450. B.
») TR Introd. 120. B.
^) Barthold gibt das persische Datum nach „Manvskript
BeÄin«*. Gemeint ist Ms. orient. Pol. 17AB = Katalog Pertflch
No. 418.
*) Desoription de Boukhara par Moh. Nerchakhj, pubL par
Ch. Sehefer, Paris 1892, p. 281—282. Noüoes et Extraits XIV,
Partie I [mMt aasa'äain] p. 487—488. B.
97
Digitized by LjOOQ IC
292
starb 1018)^). In diese Zeit fällt die Reise des JesoitenpaterB
Benedikt Go^ (1603—1606), der Mnhammed Chan erwähnt Die
wichtigsten Begebenheiten unter ihm waren der Einfall der Uz-
beken in Kaigarien nnd der Aufstand Abdurrahim Chans, des
jüngsten Sohnes Bagid Chans, Herrschers yon 6aly$ nnd Tnrfan.^'
„Das nzbekische Heer, nach Ms. 690 oi hunderttaosend Mann,
war yon Abdullah Chan gegen EaSgar gesandt; an der Spitze
standen üzbek Chan*), GouTemeur von Andijfän, Döstum Stiltan
und Chogam QuH Quibegl (Ms. 690 oi nennt nur den letzten). Nach
beiden Autoren [239] musste das kafigarische Heer nach einem
yergebliehen Versuch, den Uzbeken bei den Pässen Widerstand zu
leisten, sich zurückziehen; der Chan schloss sich mit seinem
Bruder Abu Sa*id Sultan in Kafigar ein, wo er von den Uzbeken
belagert wurde. Von ddrt sandten die uzbekischen Generale ein
Detachement nach Jarkend, das am Abend eintraf und die Über-
^) [Diese Daten klären die Frage nach dem Todesjahr Balids.
Barthold setzte S. 237 die Angaben nebeneinander, ohne sich
für eine zu entscheiden. Es ist aber klar, dass nur 967, das
Datum der besten Quelle Ms. 690 oi, in Betracht kommen kann,
denn nur diese Ziffer stimmt mit der Angabe, dass Raiids Nach-
folger Abdulkamn 34 Jahre regierte und dass dessen Nachfolger
Muhammed i. J. 1018 nach achtzehnjähriger Regierung starb, d. h.
i. J. 1000 zur Regierung kam. Mirza ^aidar lässt im Tarichi
Raiidi seinen Zeitgenossen Radid Chan i. J. 940 den Thron be-
steigen, führt aber dessen Geschichte nur bis 963. Wenn Emin
Ahmed Räzi RaSid Chan 33 Jahre regieren lässt, so liegt offenbar
eine irrtümliche Zusammenwerfang mit Abdulkarim Chan yor, in
Wirklichkeit regierte Rafiid Chan nur 27 Jahre, 940 bis 967. Die
von Barthold angeführte Jahresangabe des Qaidar Rfizi, Ver-
fassers des Tarichi Haideri (Ms. Berlin Pertsch 418) ist yöUig
wertlos. Ich habe bereits in meiner Konstruktion S. 201 Anm. 1
nachgewiesen, dass Haidar Räzl in seinem von 1020 — 1028 yer-
fassten Werke sich in einem, bei der Entfernung yon Turkestan
(Haidar Räzi schrieb in Indien) veizeihlichen Irrtum befindet,
wenn er als den zu seiner Zeit regierenden Herrscher Abdulkarim
Chan nennt, der doch schon i. J. 1000 gestorben war. In jener
Konstruktion war ich durch die Vergleichung der Zeit Muhammeds
und der Zeit * Abdullah Chans yon Buchara zu dem Jahre 1003
als dem spätesten Datum für Anfang der Regierung Muhammedi
und Ende der Regierung Abdulkarlms gelangt Die nun durch
Ms. 690 oi gesicherte Ziffer (1000) ist nicht weit davon ab. M^
"983" als Todesjahr RaSld Chans ist ein Versehen, es solhe
973 heissen.]
*) Mahmäd Well nennt ihn an einer and«rw Stelle (1 419a)
emen Sohn Gänlbek Chans; dem Anschein nach war er ein Enkel
96
Digitized by LjOOQ IC
293
gäbe der Stadt verlangte; die Bewohner erbaten sieb Frist bis
znm Morgen^). In derselbigen Nacht drang der Chan anf anderem
Wege in die Stadt ein nnd sammelte seine Kräfte znm Wider-
stände gegen die üzbeken. Nach Mb. 590 oi f. 71a wurden die
Uzbeken geschlagen; nach Mahmud Well (f. 230a) endigte die
Schlacht mit der Niederlage des Chans, der sich in Jarkend ein-
schloss; die Uzbeken verwüsteten die Umgegend der Stadt und
kehrten nach Mawarannahr znrttck. Nach Ms. 590 oi (f. 69 a) fand
dieser Einlall drei Jahre nach der Thronbesteigong Mnhammed
Chans statt«)".
Die beiden folgenden Absätze behandeln den Aufstand Ab-
dnrrahlms, der damit endete, dass dieser nur Tuifan behielt und
Öaljfi verlor, wo HäSim Sultan sich behauptete.
„(240) Von dem Charakter der Regierung Mnhammed Chans
sagt Ms. 590 oi, dass er in sich die Züge des Fürsten und des
Derwisches vereinigte*). Noch bei Lebzeiten seines Bruders be-
öämbeks und Sohn Bnstem Sultans (siehe die Genealogie der
äaibamden, die Desmaison seiner Übersetzmig Abnlghazii bei-
g^^ben hat). Nach Muhammed ^läiAiq wax der Anführer der Uz-
beken Bnstem Sultan, Bruder Abdullah Oians (Ms. Asiat. Mus. 590**
bis S. 20), B. [In meinen Manuskripten heisst es: „'Abdullah
Chan von Buchara schickte seinen Bruder Dostnm Sultan mit
50000 Mann nach Eaigar". Es ist klar, dass in der vcm Barthold
züi^rt^i Stelle des Petersburger Manuskriptes des Ugkire'i *aiMfi
statt „Bustem Sultan" zu lesen ist „Döstum Sultan**, das ist der-
selbe Döstum Sultan, der oben in Bartholds Text neben zwei
andern Generalen erscheint. Ich vermute, dass auch die Peters-
burger Handschrift döstum hat, und dass bei der Lesung „Bustem"
vergessen wurde, dass dieser Name nie mit wäw geschrieben wird.
^) Nach Ms. 590 oi f. 70 b stand der Eazi an der Spitze der
Stadt; der Häkim der Stadt war schon vorher nach Clhotan
geflohen. B.
") D. h. in den letzten Jahren der Regierung 'Abdullah Chans
von Buchara. In den historischen Nachrichten Über diesen Fürsten
wird der Krieg mit den Kaigarem, soviel mir bekannt, nicht er-
wähnt. Muhammed $ädiq (a. a. 0.) spricht ebenfaUs von der
Niederlage der Uzbeken. B. [Siehe S. 204. — Ich traf S. 201
Annu 1 mit der Schätzung von 3 Jahren als Frist zwischen Be-
gierungsantritt Muhammeds und dem Kriege mit *AbduUäh das
Richtige.]
*) Ms. 590(» L 72a: sU4>L jCJ J^y^O ^L^ Jm^
j'^i>^j£XjS^ a4^ ^ (^JjJ B. [Die Darsteihmg stimmt mit
S. 20b.]
7*
Digitized by LjOOQ IC
294
nutzte er die Stellung des damals in EaSgar eintreffenden Choga
Ishäq, eines der Vorfahren der letzten Cliogas^)".
^Nachf olger Muhammed Chans war sein Sohn Su^uddin
Ahmed. Nach Ms. 590oi f. 7öb wurde er fnnfzig Jahre alt und
regierte zehn Jahre, nach Mahmud Weli (f. 236 b) wurde er L J.
1024 ermordet. Seine ganze Regierung war ausgefüllt mit inneren
Unruhen, deren Ursache nach Mahmud Weil der fortgesetzte
Krieg mit *Abduirahim Chan war. [241] Ms. 590oi spricht an
dieser Stelle nur Ton dem Aufstände einiger Prinzen, die nach
Mahmud Weli Verbündete 'Abdurrahlms waren.*
[Die beiden folgenden Absätze haben hier kein Interesse].
„[242] Die Ermordung des Chans war, nach den Worten
Mahmud Wells, die Tat der Söhne Mirzä Sähs'), welche unzu-
frieden waren, dass der Chan Leute niedriger Herkunft zu wichtigen
Ämtern ernannte. Die Sympathien des Verfassers von Ms. 590 oi
sind durchaus auf selten des Chans; seine Quelle, Achun Choja
Muhammed Emin Jäsi') teilt nach den Worten Hä^ 'Abdullahs
mit, dass dieser eines Tages aus dem Munde des Chans folgendes
Gebet hörte: „Lieber Grott, du machtest mich zum Fürsten; wenn
das Wohl deiner Knechte an meine Existenz geknüpft ist, so
mache mich zum Chan über deine Knechte; wenn es einen wür-
digeren gibt als mich, tue mich davon und mache den dazu."
Der Bruder der Mörder, Häkim Ulugh Sah, hatte schon früher den
Chan [243] vor seinen Brüdern gewarnt, aber der Chan hatte ihm
erwidert: „SiÜi, meines Vaters Tisch und Wohltaten genoss euer
Vater, meinen Tisch und meine Wohltaten genösset ihr; wenn sie
Mb. 690 oi f. 68 a. Auf die Regierung Abdulkerims be-
zieht die Ankunft Cho^ Ishäqs auch Muhammed Ssdiq, siehe Ms.
Asiat. Mus. 590»ö bis S. 16 und 690^" f. 16a. B. [Nach S. 201
lud Abdulkarim IshSq nach KaSgar ein. Die Darstellung S. 203 f.
wie Muhammed Chan im Glauben schwankend wird, und den Kult
des Alp-Ata wieder aufnimmt, ist nicht ohne Interesse; sie zeigt,
wie wenig tief der Islam bei einem Öaghataiden um das Jahr
1600 unserer Zeitrechnung sitzen konnte.]
*) [S. 239 hatte Barthold erwähnt, dass der Emir Mirzä Sah
vor den Uzbeken geflohen und von Muhammed Chan mit *Abdur-
rahlm nach Öalyg und Turf an gesandt worden war].
") Chronologisch ist es kaum möglich, dass hier der bekannte
Choga Muhammed Emin, Sohn des i. J. 1542 verstorbenen Mach-
düjid A*zem, gemeint ist. B. [Die Gleichung ist aus äusseren und
inneren Gründen ausgeschlossen. Muhammed Enün würde nie als
, Achun* bezeichnet werden. Er starb i. J. 1006 (1697). Bei Jäsi
wird entweder an die bekannte Stadt (heut* ,Turkestän'), deren
Nißbe-Form jedoch gewöhnlich Jasawl lautet, oder an eine Ver-
schreibung (Verderbung mit n-Schwund?) für Jään zu denken sein.
100
Digitized by LjOOQ IC
295
mir Gutes mit Schlechtem vergelten, so stelle ich Gott anheim,
Über misere Sache zu entscheiden." [Es folgen Einzelheiten über
den Mord],
,,Die tempörer erhoben Quraid Sultan, den Sohn Jünus
Sultans, auf den Thron; letzteren nennt Mahmud Well (f. 226a)
einen Sohn Rafiid Chans; in der Liste der Söhne BaSid Chans, die
Emin Ahmed Räzl beibringt, fehlt der Name Jünus. Der ermordete
Chan hatte zwei Söhne, Z\jä*uddin Ahmed, mit dem Beinamen
Timur Sultan, und 'Abdullatif, mit dem Beinamen Apaq [Appaq]
Sultan. Timur Sultan stsu-b zu Lebzeiten des Vaters; Ms. 690 oi
nennt seinen plötzlichen Tod (er fiel in der Trunkenheit Tom
Pferde) eine Strafe fär den Tod der ungerecht von ihm verurteilten
Emire. Apaq Sultan war zu Lebzeiten des Vaters Regent von
KaSgar, jetzt ging er nach Jarkend und errang den Sieg über die
Aufständischen Qurai§ Sultan wurde in Jarkend nach der
Niederlage der Aufständischen getötet; nach Mahmud Well (f. 236b)
regierte er nur neun Tage. Der Verfasser von Ms. 590 oi (f. 78 a)
verlegt die Thronbesteigung Apaq Chans (folglich auch die Ermor-
dung seines Vaters) in das Jahr 1026. Der Chan war damals nach
Mahmud Wefi dreizehn Jahre, nach Ms. 590oi vierzehn Jahre alt;
sein Atalyq und G^schäftsleiter war nach beiden Quellen lOrzä
Muhammed Jüsuf Bek, TTftlnTn von Jarkend."
[Der nächste Absatz [244f.] betrifffc wiederum Kämpfe mit
*AbdurrahIm].
„[245] Apaq Chan wurde nach Mahmud Weli (f. 239a) fünf-
undzwanzig Jahre alt, regierte zwölf Jahre und starb i. J. 1036.
Ms. 590 oi bestimmt ebenfalls die Lebensdauer (25 Jahre und drei
Monate) und die B.egierungBzeit des Chans, setzt aber seinen Tod
in das Jahr 1037. Der Chan war an Schönheit dem Jüsuf gleich,
an Charakter dem AnüfiirwSn und Hfttim Tai; als er starb, wurde
er ein ganzes Jahr betrauert; die Einwohner bedeckten die Mina-
rete mit Decken und bestreuten die Strassen mit Asche."
„Auf den Thron wurde Sultan Ahmed, Sohn Timur Sultans,
mit Beinamen Püläd Chan gehoben. Mit ihm geriet in Streit sein
Bruder Mahmud Sultan, Regent von EaSgar, beigenannt (jylyö
Chan; nach den Worten von Ms. 590 oi (f. 81b bis 82a) war die
Ursache des Zwistes das Betragen Püläd Chans, welcher seinem
Bruder die Braut abjagte. Pül^ Chan wurde geschlagen und ab-
gesetzt und Qyly& Chan auf den Thron gesetzt. Nach Ms. 590 oi
(f. 83a) geschah das i. J. 1042, nach Mahmud Well (f. 2d9b)
etwas früher, da Mirzä Latif, einer von den vom neuen Chan ver-
jagten Emiren, i. J. 1040 nach Balch kam. (jyly^ Chan regierte
2*/j Jahr;- nach seinem Tode wurde Püläd Chan, der sich vorher
dem Bruder unterworfen hatte, von neuem auf den Thron gesetzt;
101
Digitized by LjOOQ IC
296
Vermittler zwbcheo den Brüdern war nach Mb. 590 oi (f. 86b)
Chofca Sadi."*)
,,Nicht lange vordem war *Abdurrahim Chan gestorben. Das
Jahr seines Tode nennt weder Mahmud Well noch Ms. 590 oi; bei
diesem (f. 85b) ist nur gesagt, dass der Chan 77 Jahre alt wurde;
er hinterliess neun Söhne: 'Abdullah, Abul-Muhammed, IbrShim,
Sultan Sa'id Bäbä, IsmS^il, §äh, Apaq, Se^en (^^^) und Mansdr
(f. 85 a). Im Jahre seines Todes belagerte sein zweiter Sohn Abul-
Muhammed Qamul (Hami), wo sich der auMhrerische Statthalter
Mirzä *Abdull&h Bek eingeschlossen hatte. Als Abul-Muhammed die
Nachricht von dem Tode seines Vaters erhielt, schloss er Priede
mit dem B.ebellen, kehrte nach Öalyfi zurück und setzte sich auf
den Thron, musste aber später ihn * Abdullah Überlassen, welchen
Abul-Hädi aus Eüöä herbeiführte. Abul-Hftdi gab eine Tochter
* Abdullah, eine andere Püläd Chan, eine dritte schickte er dem
Abul-Muhammed nach Turfan und wollte alle Macht in seiner
Hand vereinigen*), aber zur Zeit des Bairamfestes wurde er von
den Beks auf Befehl 'Abdullahs erschlagen."
„'Abdullah benutzte den Zwist zwischen den Nachkommen
Muhammed Chans, um Aqsu, Üö-Turfan und EaSgar zu besetzen;
auf seine Seite schlug sich auch Cho^a Sädi, obwohl Püläd Chan
sofort nach seiner zweiten Thronbesteigung dem Chog^a das Dorf
Eümänl (^V^^J^) geschenkt hatte. Der Choga sandte seinen
Schwiegersohn Pädiiäh Cho^a zu 'Abdull&h; Pädiiäh Cho^ nahm
an der Gresandtschaffc nach Turfan zu Abul-Muhammed teil;
Ms. 590 oi (f. 88 a) spricht yon dieser GreBandtschaffc nach dem
Bericht eines andern Gesandten, Achun Mulla Serif. Die Geeandt-
schaft hatte Erfolg; * Abdullah übernahm das Kommando über alle
Streitkräfte von Hami bis U6-Turfan und konnte sich dank dieser
Massregel Eaggars bemächtigen. Danach räumte Püläd Chan
Jarkend freiwillig; ^Abdullah besetzte auch diese Stadt, wo die
Notabein, unter anderen auch Chog^a §ftdi, ihn bewillkommneten
(f. 89a)'). Ms. 590oi (f. 89 b) versetzt dieses Ereignis in das Jahr
1048; nach Mahmud .Well (f. 239 b) fand es aber etwas früher
statt, da Püläd Chan schon im Anfang des Jahres 1046 sich in
Balch bei Nadir Muhammed einfand. Nach beiden Quellen wurde
er von Nsdir Muhammed und ImSm Qull Chan*) gut angenommen,
^) Sädl ist auch nach dem yon mir Mitgeteilten (S. 207)
einer der wenigen sympathischen Glieder der Machdürndynastie.
^ Durch die bekannte Heiratspolitik; s. Buchwesen 81 Anm. 2.
^ Dieser klare Bericht beweist, dass meine Vermutung 8. 207
Anm. 3, es sei der auf S. 207 als Vater des Jolbas Sultan genannte
Abdullah Chan von Jarkend eine irrtümliche Bezeichnung, und
es sei statt 'Abdullah za schreiben Ismä^il, unrichtig ist.
•) Über diese beiden öaniden s. Po ole -Barthold 232.
102
Digitized by LjOOQ IC
297
nahm an der B&ndigung des Au&tandes in AndiJ^ teü und
wurde bei der Einnahme dieser Stadt getötet. Er wurde 27 Jahre
alt und regierte im ganzen (die beiden Male zusanunengerechnet)
fünf Jahre und fünf oder sechs Monate, Mit seinem Tode erlosch
die Nadikommenschaffc Muhammed Chans*). Mit diesem Ereignis
schliesst der zweite Teil der Arbeit Mahmad Wells ab; bei dem
Verfasser von Ms. 690 oi finden wir den folgenden Bericht Über
die Regierung 'Abdullahs und seiner Nachfolger/*
„Gkmz Ostturkestan gehörte jetzt den Söhnen *Abdurrahims.
Hauptstadt blieb wie yordem Jarkend. Den östlichen Teil des
Ohanats, d. h. die früheren Hetrschaftsgebiete Man^ür Ohans, bekam
Abul-Muhammed mit dem Titel ,,Eleiner Ghui'*; er ernannte Statt-
halter in Kn^k und Bai, aber diese Statthalter wurden alsbald
gezwungen, den Statthaltern * Abdullahs den Platz zu räumen
(f. 91a); Ibrahim Chan bekam Ghotan; zum Regenten von EaSgar
wurde [247] der ach^ährige Jolbars Chan ernannt (f. 89 b), ein
Sohn 'Abdullahs und Enkel Abulhädls [vgl. 8. 207]. Die Stadt-
haiter des Ohans in Efiöä und Bai schlugen und feeselten zwei
qalmaqische Fürsten*). Der Ohan unternahm einen Zug nach
Kü5S zur Bftndigung eines AufSstandes, schlug darauf die Kirgisen
und nahm Ol'), aber nach seinem Fortgang erlitten seine Generale
eine schwere Niederlage yon den Kirgisen bei Bei-Buinak (f. 92a).**
Der folgende Absatz handelt von einem Feldzuge, der hier
kein Interesse hat; nur ist am Ende bemerkt: „Bei der Rückkehr
Ton dem Feldzuge schickte der Chan seine Brüder Ibrihnn und
IsmlTll in die Verbanung.**
„Darauf ist die Bede tou einem Zuge des Chans nach
And]j;än, wobei auch die Zitadelle der Stadt genommen wurde;
') Es ist bemerkenswert, dass Muhammed Sädiq (Ms. Asiat.
Mos. 600** bis S. 23) gar nichts yon der Nachkommenschaft
Muhammed Chans erw&hnt, und 'Abdullah als seinen unmittel-
baren Nachfolger nennt. B. [Das scheint mir deshalb nicht
bemerkenswert oder auffällig, weil Muhammed Sädiq nach der
auf jeder Seite hervortretenden Tendenz seines Werkes nicht
die Absicht hat, eine Geschichte der Öagatajiden zu schreiben;
vergleiche das oben über seine Arbeitsart Gesagte.]
') Ihre Namen sind (f. 91a) (X^ll und Sj4^ (später y^);
der erste wurde in dieser Schlacht verwundet und erhielt den
Beinamen ^S^y» ^j^LiMJt. B.
") Das ist mir sehr unwahrscheinlich. Tatsache ist, dass in
meinen beiden Manuskripten des tezkirii ^a0izän der Ort U6-
Turf an nie anders genannt ist als ü§ [(jmjI]j auch hier wird nicht
an Oi zu denken sein, sondern an U6-Turfan.
103
Digitized by LjOOQ IC
298
danach „verbreitete sich 'Abdullah Chans Ruhm über die ganze
Welt, und alle Für^n gerieten in Unmhe^^ (1 93 a). Der Zog
hatte keinen Erobemngscharakter, da schon im nächsten Jahre
der Chan aoÜB Nene Andigftn belagerte. Infolge der Unter-
drückungen, denen der Chan bei der ersten Einnahme die
Andlg^er unterworfen hatte, zeigten sie jetzt den Feinden einen
hartnäckigeren Widerstand und zwangen sie zu weichen.^^
„Danach gab es während der Regierung * Abdullahs keine
Unternehmungen nach aussen mehr, wenn man nicht rechnen
will die Kriege mit den Kirgisen und Qalmaqen, die mit den
innern Unruhen in enger Beziehung stehen. Erster Beamter im
Reiche war der Häkim von Jarkend, der zu gleicher Zeit [248]
Ataljq des Chans war; im Anfang der Regierung 'Abdullahs hatte
dieses Amt Mirzä Sah Mansür Bek inne, der während der
Regierung Pflläd Chans Häkim von Chotan gewesen war und
seinen Herrn yerraten hatte. Er war zwölf Jahre lang Ataljq,
wonach er in die Verbannung geschickt wurde. Nach ihm nahm
Ifirzä Sähbäd Bek sechs Jahre die Stelle als Ataljq ein, danach
fünf Jahre Muhammed Mu'min Sultan, der aus der Familie der
mit *Abdurrahim yerbündeten Qazaqenfürsten stammte; er war
ein gebildeter Mann und las das §ähnSme und das Chamse
[wahrscheinlich des Nizäml]. Hasan Bek, der mit den Brüdern
des Chans zusammen verbannt war, befand sich im Dienst der
Qalmaqen und fiel in einem Kampfe zwischen den Kaigarem und
den Qalmaqen bei AtbaSi*). Danach unternahm der Chan, zu-
sammen mit seinem Sohne Nüruddin, Regenten von Aqsu, einen
Zug gegen Jolduz, wo er die Orda des Qalmaqenfflrsten y4^
verwüstete. Bald darauf entstanden Zwistigkeiten zwischen dem
Vater und dem Sohne; der Sohn sagte sich vom Vater los und
schloss sich in SurSuq (? ^f^)f^ f* ^b) ein. Diese Umstände
benutzten die qalmaqischen Heerführer ^^amJU uUliXA^ und
{X^ j Mf t 'j der erste verfolgte den Chan, der zweite belagerte
Nfiruddin. Bei der Verfolgung des Chans wurde der Ataljq
Muhammed M;a*min Sultan getötet; seinen Platz nahm Babaq Bek
ein. Der Chan kehrte über Küöä und Aqsu in die Hauptstadt
zurück; Nüruddin schloss mit den Qalmaqen Frieden und ging
wieder nach Aqsu."
„Mit Nüruddin unzufrieden, wandte der Chan seine liebe
seinem anderen Sohne Jolbars zu; der unmündige Sohn Jolbars'
'Abdullah Sultan wurde zum nominellen Regenten von Chotan
ernannt. Die Intrigen Babaq Beks entzweiten den Chan und
^) Das ist der Name, den mir 'Ärif ans Aqsu auch in der
Form Atwafii nannte, siehe Islamischer Orient IV S. 109 und
Anm. 2.
Digitized by LjOOQ IC
299
Jolbars^); der Chan wollte einige Parteigänger Jolbars' and sogar
seine Tochter hinrichten lassen, obwohl die Grossen ihn anf die
Beispiellosigkeit eines solchen Vergehens anfinerksam machten.
Jetzt schloss der Chan ein Bündnis mit Nümddin; beide zogen
znsammen gegen KaSgar; Jolbars gab die Stadt anf nnd zog sich
ins Gebirge zurück; zum Regenten von EaSgar nnd Jangihi^är
wnrde Nümddin ernannt. In dem Kampfe mit den Trappen
Jolbars' bei Eeria hatte der Chan keinen Erfolg nnd zog sich
anlEuigs nach Jarkend, später nach Kaigar zurück. Nümddin
starb in KaSgar am Trank; er regierte achtzehn Jahre in Aqsn
nnd ein Jahr in KaSgar nnd wnrde 31 Jahre alt (f. 96 b).*^
„Jolbars unternahm von Jarkend aus einen Zug gegen Kaigar;
'Abdullah [249] konnte ihm keinen Widerstand entgegensetzen
und entschloss sich, auf den Rat §&h Babaqs, über Indien nach
Mekka zu gehen; der Choga und andere Grosse zogen nach Aqsu
ab. Der Kaiser Ton Indien Aureng-§Sh (Aurengzib) schickte zum
Chan als Gesandten den Cho^a Ishäq, der den Chan über den
Mustag[-Pass] führte; in Baltistan, KaSgar [besser: KaSkar] nnd
Labore wurde ihm Ton den Statthaltern willige Hilfe geleistet;
ans Öihänäbäd sandte ihm Aurengzib seinen Atalyq Öa*far Chan
entgegen. Ana Indien begab sich der Chan anf dem Seewege
nach Mekka, kehrte von dort zurück und starb in Indien. Er
wurde 67 Jahre alt nnd regierte 32 Jahre*.
i,Ismft*il Qian eilte aus ÖalyS nach Aqsu; auf seiner Seite
standen der Cho^ und die Grossen nnd riefen ihn zum Chan aus,
aber Jolbars gelang es, früher in Jarkend zu erscheinen und den
Thron zu besteigen Ismä^ü musste nach Aqsu zurückkehren.
Nach einem Jahre wurde Jolbars Chan getötet; augenscheinlich
waren die Mörder im EinTerst&ndnis mit den Qalmaqen. Jolbars
Chan regierte 32 Jahre in Kaigar, ein Jahr im ganzen Reiche,
und wurde 41 Jahr alt. Danach begaben sich Isma il und Choga
Äpäq (Sohn des liäni Kalän imd Vetter des Cho^ Sädi) nach
Kaigar und Jarkend; im Bündnis mit ihnen stand auch der qal-
maqisehe Heerführer ^>yJ^^ ^ , Sohn des ^^^^ cXäljJ^«.
i^Die Regiening Ismä^ils dauerte beinahe zwGlf Jahre; vorher
hatte er in Aqsu ein Jahr vier Monate geherrscht; als er starb,
war er 56 Jahre alt. Nach den Worten von Ms. 590 oi zeichnete
er sich durch Gerechtigkeit, Tapferkeit und andere moralische
Vorzüge ans, aber er gl&nzte nicht durch geistige Eigenschaften.
^) Nach den Worten Muhammed ^ädiqs war Jolbars frech
gegen den Vater, zeigte aber den Cho^ Muhammed Jüsuf und
Äpäq grosse Verehmng (Ms. Asiat Mus. 590^ bis S. 23; Ms. 590»»»
f. 18 a). B. [Über die Verehrung der Chogas siehe ausführlich
8. 207.]
104
Digitized by LjOOQ IC
300
Die Leidenschaft; for den Wein erlaubte ihm nicht, sich viel am
die Begierongsgeschäfte zu kümmern; sein Hauptfehler lag darin,
dass er ,,nicht auf die Beden der Grossen hörte, sondern denen
der Kleinen nachgab'', überhaupt „die Grossen als klein und di^
Kleinen als gross ansah'* ; das war ja auch die Ursache des Falles
dee Sultans Singar nach einer langen glücklichen Regierung.
[250] In der Aristokratie, mit welcher der Chan in Feindschaft
lag, befand sich auch Chog^ ^P^; ^^^ ^^^ Einfall des Gküdan
Bofioktu^) (bei unserem Autor s y XAkM^) nach KaSgarien be^Emd
sich Ghoga Äpftq samt den Herrschern der östlichen Städte, den
Enkeln ^Abdurrahims, im Qalmaqenheere*). Die Qalmaqen nahmen
Kaigar und Jarkend fast ohne Widerstand ein und führten den
Chan in Fesseln fort. Von diesem Ereignis sprechen auch andere
Quellen, besonders Muhammed ßädiq, dessen Bericht Walichanow
übersetzte'). Nach Muhammed $ädiq wurde Äpäq Choga yon
Isms*il Chan vertrieben; er begab sich nach Kafigar und yon d<Nrt
in das chinesische Land ys^, wo „die äeichi-Brahmani''*) seine
Partei ergriffen und ihm einen Brief an Galdan BoSoktu gabwi,
worauf dieser einen Feldzug gegen Kaigarien ausftlhrte. Die
Bewohner yon Jarkend ergaben sich ihm unter der Bedingung,
dass sie von ihren Oho^s nach den BHluchen ihrer Religion
') Ms. Asiat. Mus. 690o« bis S. 29 J^ und Oy^; Ms.
Asiat. Mus. 690««^ f. 20 b ^^}. B. [Mein Ms. 40 hat keinen
Namen; mein Ms. 122 hat den Namen ^c^^^*» (S. 214); von diesem
wird sgiXMi nur eine Verstümmelung sein, es ist ein Apellativurn
und hat mit dem Namen Galdan BoSoktu nichts zu tun. Beachte
in der Namensform BoSoktu neben syXÄXMiij die rückwirkende
Vokalharmonie und den Schwund des r.]
*) Es ist kennzeichnend, dass dieser Bericht yon der Reise
nach Lhasa, d. h. der in islamischem Sinne unerhörten Schänd-
lichkeit Äpäqs, die Ungläubigen gegen Muslime zu Hülfe su rufen,
nichts weiss; siehe S. 210f. und 212 ff.
') Siehe Grigorjew 2, 354 f. B. [Es empfahl sich, das
Original zu zitieren: Walichanow in Zapiski der Kais. Buae.
Geogr. Gesellschaft 1861, Heft 3, Izsljed. 36.]
*) So nach Ms. ÖQO»« bis S. 29: ^Kj|4> ^ tiX^^J^ tj^
pikji>^\^ &i,A^yO'^ in Ms. 590*^ f. 20a nur ^ ^^^ vj**^
und später yi yj-^j^- Bei Walichanow ist yon Tibet uAd
dem Dalai Lama die Rede. B. [Man sieht, wie hier bereits in
den Quellen aus der Stadt des Götterbildes Öo ein Ort Öo ge-
worden ist; ygl. den Nachtrag zu S. 212.]
105
Digitized by LjOOQ IC
301
regiert werden sollten. Galdan BoSekta setzte Äpäq aof den
Thron und ernannte dessen ältesten Sohn Jahjä znm Regenten
Kalgars. Das Datnm dieses Ereignisses wird ▼ersohieden ang^esetzt:
Ton Walichanow 1678, von Pallas und Jakinth Bi6arin 1679,
Ton don in Sibirien lebenden gefangenen Offizier 1683^); naeh
Mi. 609oi fiftad es nm das Jahr 1682 (1093 Higra) statt«*.
„Nach Mohammed ^Sdiq begriff Äpäq bald, dass ,,der Ohoj^a-
Stand den Wert des Fürstenthrons nicht erhöht" ') und rief
Mnhammed Emin, den jüngsten Bruder Ismä*ils aus Turfan') her-
beL Der Bericht in Ms. 690oi berichtigt den Bericht Muhammed
^idiqs wesentlich; Muhammed Emln war nicht der Bruder Isnü^ds;
wie er so waren auch seine Brüder für ihre Erhöhung nicht Äpftq,
scmdem den Qalmaqen ▼erbunden".
„In dem Heere der Qalmaqen befisuiden sich die Prinzen
Abdurraiid und Mnhammed Emin, Enkel 'Abdurrahim Chans; ihr
Vater Sa'fd Bftbä Chan war der vierte Sohn *Abdurrahims. Als
"Abdullah in Jarkend, Abul-Muhammed in ÖaljS und Tur&n sich
behauptete, bekam Sa*id Bäbä Qamil (Hami). Er zeichnete sich
durch Frömmigkeit aus und entschied alle Angelegenheiten nach
der darf at; aus Glaubenseifer unternahm er einen Feldzug [251]
gegen China, nahm die Städte Su-6ou (15^9'^) i^<l Gan-5ou
(j^^i^iS) ein und wollte schon gegen Peking (Chanbalyq) ziehen,
als er die Nachricht erhielt, das turi^mische Heer habe Hami über-
fallen, und dadurch zur Bückkehr gezwungen wurde. Bald danach
erfolgte der Tod Abul-Muhammeds^); Sa*id Bäbä erschien in Turfan,
wo er zum Chan ausgerufen wurde. Welcher Art seine Beziehungen
zum Chan von Jarkend waren, geht daraus hervor, dass die von
ihm vertriebenen Beks in Jarkend mit Ehren angenommen wurden
(f. 100b)«.
„Die AuÜständischen riefen in Buköin (LukÖin?) IbrShim als
Chan aus; Sa'id B&bä Chan war genötigt, nach Hami zu ziehen
*) Grigorjew 2, 863. B.
•) Ms. Asiai Mus. 590o« bis S. 30: vä^* »3^ (JjJ &j^l^
^LijU ^Us vsMJaXw. B. [Diese Worte möchte ich lieber
übersetzen: Dass die Herrscherwürde mit dem Chog;atum nicht
wohl zusammengeht (sich nicht mit ihm verträgt).]
^) So in Ms. Asiat. Mus. 590^ bis S. 30 und Ms. Asiat. Mus.
690*»* f 21a. Nach Walichanow: „aus Ü8-Tur6m«. B. [Mein
Ms. 40 hat Turfan, siehe S. 215.]
*) Nach chinesischen Quellen sandte der Herrscher von Turfan
Ablun-Muchan in den Jahren 1646 und 1657 Gesandtschafken nach
China (Grigorjew 2, 352); offenbar ist an Abul-Muhammed ge-
dacht. B.
106
Digitized by LjOOQ IC
302
und Turfan seinem Nebenbuhler zu tiberlassen. Der Sohn Sa^ld
Bäb& Obans, Muhammed Emin, blieb in Pi^an; die Tnrfaner fahrten
einen Überfall auf diese Stadt aus, jedoch ohne £rfolg; ihr An-
führer wurde getötet, und sein Haupt nach Hami geschickt, wohin
auch die PKanleute mit dem Prinzen kamen. Zur Zeit eines der
von Isnm II Chan in das Qalmaqenland unternommenen Feldzfige
wurde Ibrahim in Turfan Yon seinen aufständischen Untertanen
getötet, und in Turfan aufs neue Sa'ld Bäbä als Chan anerkannt
Sa*ld Bäbä starb 53 Jahre alt in ÖalyS, in Turfan regierte er
25 Jahre; er hinterliess drei Söhne: 'Abdurraiid, Muhammed Enün
und Muhammed Mu'min. Als der Vater starb, war der älteste
Sohn in Hami, der zweite in Öalyfi; *AbdurraSld kam zuerst nach
Turfim und wurde zum Chan ausgerufen. CalyS hatte Proviant-
zufuhr aus Turfon nötig; die Einstellung dieser Zufuhr führte
einen Krieg zwischen den Brüdern herbei. Muhammed Emin er-
schien inBuk5in; zwischen denBrfidem fielen einige Kämpfe vor;
die Einmischung GWdan BoSuktus entschied die Frage zugunsten
'Abdurraiids; Muhammed Emin musste sich ins Gebirge verziehen.
Bei dem Feldzuge der Qalmaqen gegen KaSgar und Jarkend waren
er und sein Bruder Muhammed Mu min am Hofe Gkildans; zu
diesem musste auch *Abdurrafiid mit einer Truppenabteilung aus
Turfan stossen. 'AbdurraÜd wurde von Graldan zum Chan von
Jarkend ernannt, worauf Glaldan in sein Nomadenlager zurück-
kehrte**.
^*Abdurrafiid Chan entzweite sich auch mit Chog;a Äpäq, der
ins Gebirge zog. Die Unruhen zwangen bald den Chan, seinem
Beispiel zu folgen. *AbdurraSid wird von Muhammed l^&diq nicht
erwähnt, wohl aber ist von ihm die Bede in den chinesischen
Quellen, nach welchen er und sein Sohn Erke Sultan von (^aldan
aus Jarkend zitiert und wahrscheinlich gewaltsam zurückgehalten
wurden; [252] am Schluss der Regierung Galdans flohen sie nach
China ^). Nach Ms. 590 oi war Erke Sultan unter *Adurra$id Regent
von Aqsu; unter dem folgenden Chan war in Aqsu Regent Chudä-
bende Sultan, der unter 'AbdurraSid Chotan verwaltet hatte*".
»Nach Muhammed ^ädiq führte Muhammed Emin in vollem
Einverständnis mit Choga Äpäq einen Überfall auf das Lager der
Qalmaqen aus und schleppte viel Volks in Fesseln fort*), darunter
^) Gregorjew 2, 353f. (nach Mailla). B. [Die chinesische
Notiz, in welcher 'Abdum^d als ÄbduUiei vorkommt, gab ich S.
225 Anm. 1 nach Mailla 11.]
*) Die Ziffer 30000, die Walichano w gibt, wird in den'Hand-
schriften des Asiatischen Museums hier nicht beigebracht, doch
findet sie sich in Ms. Asiat. Mus. 590*^ an einem andern Orte
(f. 27b). B. [Genau so mein Ms. 40; vergleiche S. 215 mit S. 222
und 223 ]
107
Digitized by LjOOQ IC
303
einige Fürsten. Die Sufis (hier die Parteigänger des Cho^) er-
langten die Übermacht nnd fingen an, Übeltaten aosznfQhren; der
Chog;a, ganz ▼ersunken in die Lösung religiöser Fragen, bemerkte
nichts. Der Chan, ,,durch eingebildete Gefahren geschreckt**, floh
nnd wurde von den eignen Dienern ermordet; den Thron bestieg
von neuem der Ghog;a. Dem folgte nach seinem Tode sein
ältester Sohn Ghoga Jahjä; der wurde von der Witwe Äpftqs,
Chänim Pädifiäh, der Schwester Muhammed Emins, getötet, die
ihren eignen Sohn Mehdi auf den Thron setzen wollte; die Fürstin
bemühte sich, ihrem Sohn die Herrschafl; durch eine ganze Reihe
von Morden zu sichern und erhielt den Beinamen Öalläd Ghanjm
(„Henkers-Chanin*'), aber sie selbst fiel als Opfer der von ihr her-
vorgerufenen Unruhen. Des Thrones bemächtigte sich der jüngste
Bruder Muhammed EmIns AqbaS".
„Nach Mb. 590 oi begab sich Muhammed Emin Chan nach
Kü5ä, Aqsu und Jarkend, wo er durch einen Kurultai zum Chan
ausgerufen wurde. Von seinem Zuge gegen die Qalmaqen ist
nicht die Rede; es ist nur gesagt, dass der Bek Muhammed §äh,
Häkim von Jarkend, einige Parteigänger der Qalmaqen hinrichten
wollte; der Führer der qalmaqischen Partei, POläd, führte im Ein-
verständnis mit Chog^ Äpäq einen Aufstand herbei; Muhanmxed
Sah wurde getötet Muhammed Enun Chan bewies dem Choga
den schuldigen Gehorsam als treuer Murid; nichtsdestoweniger
schlug sich der Choga zur Partei des aufständischen Herrn von
Aqsu Chudäbende Sultan. Chudäbende Sultan wurde getötet,
sein Sohn Iskender aus Aqsu vertrieben, aber der Chog^ setzte
den Widerstand fort. Der Chan zog sich nach Qarghaljq und
von dort nach Qüläghän (^VX^y^)>) zurück; er zeichnete sich
im allgemeinen durch Tapferkeit aus, aber hielt es für eine Sünde,
sich gegen seinen Pir aufzulehnen, und unterwarf sich seinem
Geschick*). Er wurde getötet und zum Chan wurde Cho^ J&^jä,
der Sohn Chog^ Äpäqs erklärt^. Ein halbes Jahr nach der Er-
mordung Muhammed Emlns starb Choga Äqäq; acht Monate später
wurde Choga Jahjä von den Qalmaqen getötet^); beide Chog;as
*) Der Name dürfte mit dem in jenen Gegenden nicht
seltenen Namen Qawlan, Qaflan, Qaplan (z. B. Qaplanköl zwischen
Mädl und Ghnlga) zusammenzustellen zu sein.
*) Ein Beispiel, bis zn welchem Grade der Stumpfsinn bei den
unter der religiösen Suggestion stehenden Öaghataiden gediehen war.
') Obwohl Muhammed ^Sdiq von dem Chantum Choj^a Ja^'äs
nicht ausdrücklich spricht, lässt auf die Richtigkeit des hier nach
Ms. 590 oi gegebenen Berichtes der Umstand schliessen, dass auch
Muhammed Sädiq ihn als Chan-Chog^ bezeichnet, s. oben S. 216.
*) Nach Muhammed ^diq von der Wibwe ipäqs Chanim
Pädiiäh.
108
Digitized by LjOOQ IC
304
regierten nach dem Tode des Chans zwei Jahre und zwei Monate.
Ghanim Pädidäh wnrde ron den Beks getötet, ihr Sohn Pädüah
Choj^am |Mehdl] yon den Sufis*); des Thrones bemftchtigte sich der
jttngste Bruder Mnhammed Emins, Mnhammed Mii'uem, beigenannt
Aqhai Chan. Ihm unterwarf sich der Bek Mirzä 'Älem äih, der
damals an der Spitze von Jarkend stand "*.
«Nach Mnhammed ^ädiq gelang es, nach der ErmordnBg
Choga Jafegäs einen yon dessen drei Söhnen za retten, Ghe^
Ahmed, der jetzt in Kafigar zum Chan ansgernfen wurde [siehe
oben S. 219]. Als Gegenpr&tendent gegen ihn xief Aqbai Chan
CSioga Dän^äl herbei, einen Urenkel Oho|;a Ishäqs, der nnter der
Herrschaft Äpäqs nach Fergana gezogen war. Zwischen Eaigar
nnd Jarkend entbrannte der Krieg; AqbaS Chan zog nach Indien;
die Jarkender riefen den Qazaqen-Snltan Häihn herbei nnd ricien
ihn zum Oian ans; die EaSgarer hatten schon vordem die Kirgisen
in ihre Stadt kommen lassen. Die Kirgisen fahrten mit grossen
Streitkrftfben einen Überfall aof Jarkend ans, wnrden aber dank
Hüim Snltan nnd *ilem §äh mit grossem Verlnst zurückgeschlagen
und mussten einen Vertrag schliess^i, nach welchem sie sich yer-
pflichteten, niemals wieder Jarkend zu überfallen; die Jarkender
kehrten im Triumph in ihre Stadt znrtfok. Einige Zeit danach
brachen Unruhen aus, welche Häiim Snltan und seine Qazaqen
zwangen, in ihre Steppen zurückzukehren, nnd die ganze Gewalt
ging in die Hände Choga Dän^jäls Über.**
„Nach dem Bericht ron Ms. 690oi wurde in Kaigar zum
Ghan ausgerufen Sultan Al^ed Sultan, wobei von seiner Ab-
stammung Ton den Gho^ nichts gesagt wird"). Die Elrgisen
bemächtigten sich Kaigars, wo Sultan Ahmed war, und töteten
yiele Beks aus Turfan; die Beks aus Tuifan, die sich in Jarkend
befanden, entschlossen sich, gegen Kaigar zu ziehen, und nahmen
den Ghan mit sich. Der Ghan wurde yon den Kirgisen ge&ngen ge-
nommen; 'Älem §äh schloss mit ihnen Frieden. Die Kirgisen be-
setzten Jarkend und riefen Sultan Ahmed zum Ghan aus. 'Älern
') Ist das richtig, so ist entweder die Nachricht Walicha-
nowB (s. oben S. 220 Anm. 3), Aqbai Ghan habe Mehdi nach
Hindostan mitgenommen, falsch, oder Mehdi wurde nach der
Rückkehr aus Indien ermordet.
^ Das ist auch gar nicht zu erwarten. Die Annahme, Sultan
Ahmed Sultan habe etwas mit den Ghog^as zu tun, sei etwa der
dritte gerettete Sohn Jal^äs, der in der Tat kurze Zeit in Kaigar
Ghan war (siehe oben S. 219) ist irrig; alle Nachkozunen Machdüms
haben den Beinamen Ghoga. Aus meinem Ms. 40 geht haryor,
dass Sultan Ahmed Sultan (Snltan Ahmed Ghan) ein Sohn Aqbai
Ghans war, siehe oben Seite 219.
109
Digitized by LjOOQ IC
306
§fth und die Beks Ton Jarkend sandten heimlich ein Schreiben
um Hufe an den Chontai^ [Qongtaij^i] der Qahnaqen [254J; der
ChuntaiSi machte sich mit Tmppenabteilnngen aus Aqsu nnd
Kü5ä nach Jarkend anf. Die Kij^sen räumten Jarkend, wo
Mnrftd Bek Häkim nnd *Älem §äh Haupt der Wache (ifi'ÄE agfia)
wurde. Faktisch wurde 'Älem §äh die Hauptperson in der Stadt;
zu ihm begab sich nach Jarkend der Choj^; dessen Name wird
nicht gegeben^). Der Entschluss der Kirgisen, gegen Jarkend su
ziehen, zwang 'Älem §äh, die sich noch in der Stadt befindenden
kiigisiscben Beks ins Ge&ignis zu werfen; Ton liim Chan wird
gesagt, dasi er von den Kirgisen auf den Thron gehoben wurde *)•
Sieben Mal überfielen die Kirgisen Jarkend, aber dank der glänzen-
den Verteidigung der Stadt, die von 'Älem Sah organisiert war,
hatten sie keinen Erfolg. Mit der Verherrlichung dieses Sieges
und der Verdienste 'Älem Sähs, der, nach den Ausdrücken des
Verfassers zu urteilen, zur Zeit der Niederschrift des Buches noch
die Gewalt in den Händen hatte, schliesst das Werk. Die letzt^i
Worte (f. lOöa) lauten:"
Es folgt der türkische Text, der in seinen fttnf Prosazeilen
nichts Bemerkenswertes bietet; die zwei Rubais, welche folgen,
lauten in Umschrift und in Obersetzung so:
1. bü zäri ^oein smin rizäjvQun ämr
bösiäni wafäda bülbüPi güjuAäur
ger keimeseü^) chvmeti U^ gtUdin
ichläsi hüe aenin dUägüjundwr
d. h. dieeet traurige Jammern sucht deine Zufriedenheit und sittgt
dir KftchtigalleBlieder im Garten der Treue; leistet dein Diener
anoh kernen angemessenen Dienst, so ist er dir doch ein auf-
richtiger Segenswünscher.
^) Es kann sich nur xmi Ohoga DSn^äl haadeln. Die von
Barthold S. 254 Z. 5 mitgeteilttti türkischem Worte sind unver-
ständlich.
') Barthold gibt den türkischen Text nach f. 103b, welcher
in der Tat bedeutet: „das Kirgisenvolk erhob ISim Chan zum Qhan."
Der VeilMser von Ms. 690 oi nnteneheidet, scheint es, nicht zwisehen
Kirgisen uad Qazaqen. Nach Muhsjamed ^Adiq (siehe oben S. 220)
ist Hftüm Sultan (HäSim steckt in dem lüm, das beachtenswerte
rückwirkende Vokalharmonie zeigt, wie iiinch Qutadghu Bilik im
SeUoBsvermerk) nicht Kirgise, sondern Qazaq (Qaia^Kirgise).
*) Barthold setzt zu dem Lh X ^i ^ ein »»(sie)«*. Auch ich
kann das u nicht erklären. An eine Verwendung des per8.-türk. m,
in dem der Orient nur das arab. wa sieht, so, dass es mit €(far
ein ,wenn auch^ ergäbe, darf kaum gedacht werden.
UO
Digitized by LjOOQ IC
306
2. e mir saüa jOr olau ') chudäwencU §ihän
(MiAda fidä qUäji ichläs Ue jän
kimdüz ke§e Ulärimc^) haq<iäin däjim
dewlet bile sin holghü umen fatihachwän
d. h. Fürst, möge dir Frennd sein der Herr der Welt! ich wiU
mit Treue mein Leben fOr dich opfern! Tag and Nacht erflehe
ich beständig von Gott: sei da in Glück und ich ein Fätiha-Leeer
(Beter) [für dich]!
Nach den Babä^is geht es so weiter bei Barthold:
„So haben wir jetzt genügend aosführliche Nachrichten über
die Geschichte der Chane Ton ElaSgar bis zum schliesslichen Fall
der Dynastie. Zum Besohlass fügen wir eine genealogische Tabelle
der letzten Chane bei; bis jetzt schlössen unsere Nachrichten über
die Geoealogie des kaSgarischen Herrscherhauses mit der in dem
Werke Emm Ahmed Eäzis gegebenen Aufzählung der dreizehn
Söhne AbdurraSId Chans'). Von den letzteren geben wir nur die
Namen derer, die männliche Nachkommenschaft hatten*").
^) Barthold begleitet olsu und iüarme (das iUärime ist eine
künstliche Konstruktion des Dichters, Tom Metrum erzwungen)
mit »(sie)*'. Es ist nichts zu yerwundem; denn der Abfall des
auslautenden n ist ganz gewöhnlich, tüarme ist yon Interesse,
weil hier das Glied zwischen tilarmen und tüarim (osm. dilerim)
unverrückbar festgenagelt ist: man greift hier die Entstehung yon
altosm. gdem aus gdgeimm (s. KeleH SzemU VI (1905) S. 29ff.) mit
Händen. Nicht minder interessant ist olau für olsun. Das 8u
erinnert an das mongolische su für die erste Person Futuri
(ostmong. erweitert zu sughai^ sugei, qalmaqisch «m, sü). Ich trage
kein Bedenken, das au, sun der sogenannten 3. Person Imperatiyi
der Türk-Sprachen (in den köktürkischen Inschriften eu, jmn, im
Qutadghu Bilik su, sun, suny, im Ungarischen das Jon, Jen
(jön) des Praesens Conj. mit dem mongolischen su zu
identifizieren: dieses su dient ursprünglich dem reinen Begriff der
Zukünftigkeit der Handlung, welcher bei den Türken in den des
Sollens übergegangen ist; die Differenzierung in Bezug auf die
Person macht keine Sclhwierigkeiten. Die innere ratio, die hier
gegeben ist, verdient mehr Beachtung bei dem Versuch einer
Erklärung der seltsamen Imperativ-Endung ab der äussere Gleich-
klang, auf welchen Böhtlingk, Jakut. Gramm. § 421 seine
Gleichstellung der Endung der 3. Person des Imperativs mit dem
Pronominal-SufBx der 3. Person am Nomenbaut (Ba dl off spinnt den
(^danken Böhtlingks weiter .^ftMrÄMeAe.&wcAri/^NeueFolge91).
') In der Tabelle, die Elias gibt, (Tarikhi-Bashidi, Intro-
duction, zu S. 49) sind nach dem Namen Quraifi die Namen
Abdullah und Abu Sa'id ausgelassen. B.
') Die Tabelle siehe am Ende des Heftes.
94
Digitized by LjOOQ IC
307
Auf weg e n Seiten die S^fmpatiitesi dee Verfaesera Ytm Mt.
590oi tisd, lOeet sieh an» den IfitteUnngen Bartholds nieht mH
SieherkeH feefcaleUen. Doeh wird meai ans der nachsioktifeB Art,
in irelßher dat SrngreÜMi ipftqe geeeltild^ wird, eohl i e o ee u
dttrfiMi, dase der Yearhasn der Weiseberg- (•f<la^)-Partei «BgehOrte.
Ifit Siekerlieit Iftsst siok das Bair«K ▼(« Qftri *AbdQl^Ü Ihn ]& 9&%
dem Terikseer des kvnen genealee^AcB ^nraktatee, der in meiner
Handsobrift Nr. 7h auf Seifce 168—167 entttalten ist nnd deeeen
ÜbersetEnng^ iok hier M^en kuse.
«(Bannala und CSratba.! Wecm andi die Wnndergahen ä^r
Naehkemnen dee Herrn der M eneohen tmd die Hochtsten der
erhabenen Genoesen nnd der zw6if Lname nnd die erhabenen
Vollendungsgrade der gewaltigen Heiligen klarer als die Sonne sind,
80 wird die ges^^^ete Reihe der Naqibendig hier mit BtUsksicht
darauf nütgeteilt, dass gesagt ist: Wenn jemand zur üebeaver«
einignng mit dem Freunde nicht gelangen kann, so ergetzt er
das Gemüt mit dem Suchen nach ihm und dem Sprechen von
ihm. Der Prof et hat gesagt: „Wenn jemand einen Tisch auf-
stellt, dass auf jenen Tisch Gnade regne» so kann es wohl sein,
dass man ihm Mitgenuss an j^nem Tische gewährt"; femer h»t
der Prof et gesagt: „Wer ein Volk [Leute] lieb hat, der gehört
zu ihm f ihnen]. ^' Unter dem Segen dieser Sprüche machte ich
mich an die Arbeit, die Kette Isügile] der erliabenen Ghogas dar-
zustellen. Nun, jenes Wissen, welches aus der verborgjBnen Welt
in den erhabenen Leib jenes Herrn Muhammed b. 'Abdullah
b. 'AbduJmuttalib b. Hä&im h. 'Abdulmasilf b. Qu^a^ b* EilAb
b. Murra gelegt wurde, ist, wie es im Worte Gattes heisst, «nichts
Grünes, und nichts Dürres, es stehe denn in einem Buche*' ^). Der
Prof et legte es in die reine Brust des Herrn Abu Bekr b.
Abfi Quhäfa b. 'Otmän b. 'Imir b. 'Amr b. Ea'b b.. Sa'd b. Taim
b. Murra'). Abu Bekr legte von diesem HeiUsrank in die Brust
»} Text: ^ ^ ^j^ljt ^y syJbj ^ äJÜI j^Xä ä^Cä.
w LYffn , Die Verwendung der Qosan-Worte ist frei und die lose
Enüpfung im Stile der schwärmenden, Ibselnden Dunkelm&iner.
Dw ganxe Vctb, Sure 6, 59, lautet so: „Bei ihm nur sind die
Schlüssel des Geheimnisses, sie kennt nur er, er kennt, was ist zu
Lmd und Meer, und nicht ein Blättlein fällt, dass er'b nicht
wüBste, und. nicht ein EOmlein in der Erde Finstemis, nichts
Grünes un-d nichts Dürres, dass es nicht stand' in
einem Bnohe deutlich'*.
') Die geistliche Filiation von Muhammed bis Bahä'uddln
NaqSbend ebenso in inir'ät lUmaqäaid des Ahmed Bif^at (Stam-
bul 1293) S, 40. Im Folgenden gebe ich nach dieser Quelle und
der Chazine die Todesjahre. Beachte, dass in dieser Filiation
118
8
Digitized by LjOOQ IC
308
des Salm an b. iBläm'). Der legte von diesem Heiltrank in die
Brost des Qäsim b. Muhammed b. AbüBekr*). Der wieder legte
von diesem Trank in die Brust des Öa'fari §ädiq b. Imäm Mo-
hammed Bftqir b. 'Ali Ausat Imäm ZainoTfibidin b. Imäm Hosain,
des Blutzeogen von Kerbelä'). Der legte von diesem Trank in
die Brost des Herrn Seck Bäjezid T&i^ür b. 'Tsä b. Adam b.
SerwiSän^). Der wieder legte von diesem Trank in die Brost des
'Ali b. Öa*far Charraqäni, genannt Sech Abol-Qasan'). Der
wieder legte von diesem Trank in die Brost des 'Ali b. ? (Lücke,
am Band: Gnrgäni genannt S$ch Abolqäsim*). Der wieder legte
Ton diesem Trank in die Brost des Fadil b. Mohammed Färmadi,
genannt Sech Abu *Ali^. Der wieder legte von diesem Trank
'All übergangen ist ond Abu Bekr ond sein Enkel Qäsim vor-
angestellt werden. Mit der Schätzong Abu Bekrs dorch die
Naqlbendis wird es zosammenbängen, dass der Name ^iddlq be-
sonders beliebt in Mittelasien ist. Chazine 1, 519 wird bemerkt,
dass es aoch eine Filiation der NaqSbend^e dorch öa'£ar an 'Ali
gebe; vgl mtr'ö^ in Anm. ^).
^) Gemeint ist natürlich Salmän Alfärisi. Als Eoi\je hat
Cholä^a 147 in der Tat Ihn Al'isl&m neben Abu 'Abdallah.
Choläfa lässt ihn im Jahre 36 im Alter von 350 Jahren sterben
(vgl. Goldzihers Abhandlungen 2, LXVI).
•) Einer der sieben berühmten Foqahä', gest 106. Cholä8a213.
') Dieser sechste der 12 Imame, gest. 148, ist in Mittelasien
besonders geliebt ond verehrt. Aof ihn als Tradenten werden
meist die Handwerker-Bis&les (s. Die osttürkiachen Handechriflen
der Sammlung Hartmann S. 20) zorückgeführt
*) Bäj ezid Albistämi starb i. J. 261. (nach Andern 269, 262).
*) Alcharraqänl starb i. J. 425; s. Chazine 1, 522fr.
*) Dieser Abulqäsim 'Alt Gurgänl fehlt in der Haopt-
filiation des mir'ät uknaqäsid; er ist aber dort S. 40 in einer
Note zo Charraq&ni mit der Eoi\ja Ihn 'Abdolwähid als dessen
Schüler vermerkt, der aosserdem aoch eine Filiation zo öonaid
Baghdädi ond damit zo'Ali habe (so ist 'Alfs Ehre gerettet!). In
der Chazine erwähnt bei FärmadL
') Aoch Chazine 1, 527 schreibt die Nisbe (^iX^^Li (richtiger:
t^d^^li; über d^p\j s. Jaqot 3, 839 f., wo aoch onser Abü'Ali
genannt ist; der S. 840 als 537 gestorbene FärmadX moss ein
anderer sein); nach ihr hat er 2 Filiationen: die eine dnroh Abul-
qäsim Ghirg&ni (s. Anm. '), die andere dorch Abolhasan Charra*
qftni; hier sind beide komoliert. Gestorben 470. Fadü hat aoch
Chaöne; mir'ät gibt als Namen: Abu 'Ali v54Xjyo^U Fadl b.
Mohammed Tösi, gest. 477. In ons«rem Fadil ist i nor Lese-
zeichen; es ist Fadil d. h. Fadl gemeint.
114
Digitized by LjOOQ IC
309
in die Brust des Choga Jüsaf b. A\jüb HamadänP). Der
wieder legte von diesem Trank in die Brust des Cho^ *Abdul-
chäliq b. Imim 'Abdulg^emÜ Ghug;duwäni'). Der wieder legte
von diesem Trank in die Brust des Choga *Ärif Bewgeri*)
Der wieder legte von diesem Trank in die Brust des Cbog^
Mahmud AnJ;Iri Faghnawi*). Der wieder legte von diesem
^) Gestorben nach rasahät in Ghaaöne (1, 528) 535; nach
mir*ät geboren 440. Bei JfisufHamadänl zweigt eine geistliche
Familie ab, die uns ins Osmanenreich fiihrt. Die Filiation ist so:
JOsuf Hamadäni < Ahmed Jasawi [s. über ihn mein Hüwidä 133
Anm. 3, auch Buchwesen 78; mir'ät gibt sein Todeqahr falsch
mit 590 statt 562] < Luqm&n ülchurSsftni < Muhammed b.
Ibrähün Ata genannt Hägi Bek^, geb. 680, gest. 723, 93 Jahr
alt (sinnlos, S&mi 2, 1332 hat kein Todesjahr; es ist wohl 773).
Ist es auch fraglich, ob die Bekticfis lange eine Erinnerung an ihr
Familienhaupt aus Jasi (heut Turkestän an der Bahn Orenburg-
Taikent) bewahrt haben, so mag doch der Zusammenhang mit
dem Ahn im fernen Osten, dessen Grab eine so ungeheure An-
ziehung fOr die Türkenwelt hat (s. Schuyler 1, 70ff.), nicht ohne
Einfluss auf gegenseitige Einwirkung gewesen sein; Jasawis Ge-
dichte las man um 800 in Stambul gewiss ebenso, wie später die
Nawä'is. Über Jasawi s. auch TB 369 Anm. 3.
') Einer der bekanntesten NaqSbendije. Gestorben 575.
Ghuj;duwän ist nach Jaqut 3, 775 zu sprechen. Auch NarSachi
erwähnt die Ortschafb. Nach Sam^äni f. 306a ist Ghuj;duwän 6
Farsach von Buchara entfernt und hat Wochenmarkt, s. Barthold,
Turkestän 2, 123; ebda. S. 523 der Vermerk, dass Sam'äni a. a. 0.
Ghu^dawän Tokalisiere. Er mag ebenso recht haben wie Jaqut
Wir werden Jaquts Aussprache vorziehen, denn sie ist offenbar
die volkstümliche. Sam*äni ist der Pedant
*) Nach Ghazine 1, 541 ist Bewger eine Ortschafb 6 Farsach.
von Buchara. Sie scheint nirgend sonst erwähnt zu sein (hinzu-
zufügen in Barthold, Turkesian 2, 123). In der Stadt Buchara
gab es eine Strasse (Tor) namens yiy^, das arrew zu lesen ist
(Istachri 306 L Z.). Der Zusammenfall mit np. rho ,LügeS ,Betrug*
ist wohl Volksetymologie und es steckt Älteres darin. Namen mit
rho im Zaraßän-Bassin nicht selten. Vielleicht ist dieses Bswger
identisch mit Jaquts (2, 890) ^(>^^, riwdi ^ rhodik ,I)oriB^w\
Nach rasahät in Channe gestorben 715, sehr alt. Das Todesjahr
kann nicht richtig sein, denn sein Pir starb 575; er müsste 150
Jahr alt geworden sein, wenn man die Lioht(Trank)-Übergabe in
das sehnte Lebenqahr setzt.
^) mir'ät a. a. 0.: ixn^ faghnauH', Chazme 1, 541: mdhmüd
ukihaiir faghnaioi in der Überschrift des Artikels; im Text: „sein
116
8*
Digitized by LjOOQ IC
810
Tnmk in <M<» Bnw^ des 0^^ (CKojiii*i?> A^zto ge«h 'i.lf Rft^
müaniM. £^ ^egte y<m ^^eeem TrMik Ir die Bttuil des €^oga
Mvhammed Bftl^äji 8ami»I^ De» wieder le0e vom d i eee m
IWik in ^e Brast des Hem Si^}id Bmfr EuUl S^ehärl«).
D^ wieder legte ym diesMa TiWBk äi die Br««! des grossem
G^o^ Bah&'^uddlm Naqftbend«). I>er wieder legte vm d&^sea
Gebmrtsort ist die Laad9ta4t (jfOfadia^ uilfihak fogh^ eine Ortschaft
4es Bezirkes Qacliärä St^d^ mxd 3 Fars^ davon entfernt*. Das
j^i ii^ gewisa nmr eigeopükhtige Kocrolrtnr des Stmy9fihmb9r«.
Weder ati^ ßag^ moeh fo^kn aUein kasA kk sieher aachweitem.
Mahmmd wimtk naeh atfWi* iMbrntt/ft! tl5; «llr^« gJM 6ia. Aidarow,
der Inj^ aohreiMs. gibA die lü^ikDig wie4#r> die Pem^so w in «swem
Artikel» MaantHairil 9%merh sfMM Jlsarpie-Kirivie lA Tain-^
■seit (i»: &4>kki der Westsib. Abt der Kais. Bnes. aeogr. Ges '
Clelb 1^& ai) nask den RafiahU Tesdffentl&oht hat. Dw Gebiuts-
or«, An^tiHFaghnawi (so], sei ein Dierf im lande BMohtoi im freiee
WabkaA a Farsaeh toq der Stadt} der Beilige Mte in ^^bkaa,
wo aneh sein QraK
^) Gestorben namh wait^m fChas&ie 1, bm 781, mir'm gib«;
705 wid gibt den Beinamen Firi Nftsaftl;. Ghaäne^ 1, M3:
Sein Geburtsort ist ffäm im {rämi im^ eine bedenteaidd LaiKJbtadt
\qa§dbtk}, 9 Farsae^ von Boehtei'. £>i» }ehn.Wers*^Kavte hat
Po^KaMH« ea. 20 loA nordwestUoh von BMhftm eifegetrigen.
Dia Sdureibang l&ssl nicht erkennen, ob man v^m&am [o Iw o in
Mawaraanabv dmrohgehend !) oder » swBm v^äßkk, Aiwdk aoe
Barth olda Maimim (TurlmtUm 2^ 119^ is* es nicht. %m esseksm.
Di^ TOB de €^0^' e Bnb Hamtial 86|0> an^genommemie ürilisü^^a «rd
die beste der LeoMc^n sein <vgL klaohn aM. 8tt^^ leb biEv« kein
Bedenken statt des ^^JUX^s der fcnde ehrtft Bimlfeanf sn
schreiben.
•) Gestorben nach Chaxine 1, Ö46, l J. 76Ö, nach mir'ät 740.
Zur Nisbe sagt Chazine 1, 545: ,Sein Gebnrts- nnd Wohnort ist
das Dorf Samäsi, das von der Landstadt ^<^^^U 0^^ räm^na
oder rän^ian) dependiert nnd von BnchRrä 3 EnrOh [= 1 F&rsach]
entffemt iBt*. Ist Barthold, Turkestan 2, 123 hinzuznfögen.
*) Gestorben nach raiahät (t^aäne 1, 648) 772. Über
Söohär, seinen GebmrtsprV wo. anch sein Gxsb^ sagt Chaüne
1, 546 (witer Bäbäji SamäsiX es liege zwei Farsach von Buch&rä.
Ni^ht bei Barthold, Turkestan, Chaüne 1,, 54&: er habe
tatsächlicb das Töpferhandwerk (kukUi) geübt, mithat gibt als
Kunja Ibn Saijid Hamze.
«> Geboren nach Ch^ne 1, 551 i. J. 728 (deojhlM^ ^S ^^ mAj ),
gestorben 791, 73: Jahr alt; das seigt, da0s Chasine nieht zaTer-
IM
Digitized by LjOOQ IC
811
Traak ia die Brait des Maaüaft All'oddin 'At$är'>. Der
wieder l^gte von dieMm Xrftnk in die Bnut desMaolinä Ja'qüb
6ar€hi*). Der wieder legte von dietesi Tnwk in die Bruit de«
Ghoj^ *UbiiidttlUk b. Mabaäd b^ iftbäbiiddm*)^ Der wieder
l&88ig, denn das ist widersprechend, und das Biclitige haben
mir'äi und Ssmi (2, 1412 a) mit 718. Ober die Filiation zu Cho^a
Ahrär hin i. Annu
') Fehlt als Glied in mir^ät. Ausführliche Vita Chazine
1, «6lff.) wo als Todesjalir na^ takMi 90k ge^tbMi btv
') In Chistine 1, Ml wird er von Babt*üddfki Naqibend
4ein *Alai'ttddIta 'At|tt feur geittlidi^n Eniehnnt übeqr^bett und
Mtbi in dem Dorfe fialghänd (t yüÜJ» "?), WK) auch tseih Grab;
geboren {1, 566) in Uarch im Distrikt Ghazne. mir'ät hat als
^sb^ noch hisäti.
*) Bekannt u^ter dem Namen Ofeo^«i Afarär Waü, geb.
in fiai^iiilln bei f^alkent %M, gen^^th^ in Kamak^eran bei
SaHntthqattA 815, 69 Jahre ali Ihn behandelte WeseloWski in
dem Aftik^: HäMMmmtiOk SMmm^Aapapa et üdjMpKOHdvt in den
Bö^e^mut iMMfü (f^t 189Ö) 8k 8 ff. deine Legende «besetzte
ll^s^ammed Aidiirow tn SM^tcis^Äapt^pv-^am. Jleiei^. ilep^odz
es H^t&^ndemio JT AMapöm. Cb npmJmHmHiMMU H. A. EiuiapOBa
(Taikenl 1896). Die B^traokkmiien Comarows teigen gute Yer-
trautheit mit der Litteamtor und Weisen eine grosse Zahl von
versteckten russischen Arbeiten nach« «-* Beachtenswert ist, dass
hier die Filiation ist: Naqibend < *Al&*uddin *A^t5r < Ja'qüb
Carchi <^ Ahrär. Aidarow sagt ausdrflckltch (S. ö6): ,Nach den
m\t gewordenen Mitteilungen e^elt Choga Ahiir das kiädnäma
ton Ja*qttb ^arcU*. Bo au^ im tftk^üt 8. 41, wk) dieser Zweig der
NäbSbendiJ«, der mit Ja'qüb ^arcbt beginnt, Chftlidije genaimt
wird. Dieser Zweig geht aber nur bis Ohog:ä Ahtkr mit unserer
geititlichen Familie zusammen. fn^*itt geht so weiter (8. 41):
Oho|a Ah^ < Muhammed Z&hid < Maulfcn& DerWIS < Chwfc.
^ekl*i Sarmeü*qandt (hat nichts mit Ch^ägeke Machd&mi Azem zu
tun!) < Muhammed Samäql (lies: Bftqi) < Imimi Babbftnl Md-
l^addidi alll tÄn! Ssch Ahmed Firüql < 'Abdulw&hid Färttqfi
Sirhindl, gest. 1034 < Muhammed Mrf§üm 'Utwal Wutqä, Ver-
fesser der Mektübit, gieirt. 1098 < Saiftiddin 'Irif < Muhammed
Nüri ^^ItX? <^ äemsuddm Chan öänSnt Mu^hir <^ ^Abdullah
Dihlewi < Zgä'uddin Maulänä Chälid, geb. 1192, gest 1242. —
Chazine hat als ,Sohn^ Ahrärs noch unsem Muhammed Qä<jii, aber
von der MachdOm-Gesellschaft keinen. Man sieht: diese wüste
Schar wird energisch abgelehnt. Denn unbekcümt blieb ihr
Treiben natürlich nicht, zumal nidit iu Indien, wo die ChaE&ie
vetfaset ist. ^ Zu den Vorfahren Cho^a Ahrärs mütteriicherseits
in
Digitized by LjOOQ IC
312
/
legte von diesem Trank in die Brust des Manlänä Mnhammed
Qftdi'). Der wieder legte von diesem Heiltrank in die Bmst
des Herrn Machdümi jA'zem*). Dessen Abscheiden fand statt
im Jahre 949 ■). ^ Der wieder legte von diesem Heiltrank in die
Brost des Herrn ISftni Eal&n Cho^a Mnhammed Emln^). Dessen
Gebnrt war im Jahre 926, sein Abscheiden im Jahre 1006.
Der wieder legte von diesem Heiltrank in die Brost des Herrn,
des lichtströmenden Mazars^), des Wallfahrers der beiden heiligen
gehört nach Weselowki a. a. 0. 324 Ssch-antanr, Sohn (geist-
licher?) des Sedi 'Omar Bäghistäni. §ech-antanr ist neben Ahrär
Lokalheiliger TaSkents. Sein Name klingt allenthalben so:
Antaur, und man zerbricht sich über dessen ürsprong dort nicht
den Kopf. Ein Hinweis auf das, was darin zo suchen, liegt in
der Schreibung )fil" ^|y^9^ Aidarow 50. Volle Aufkl&rung
gibt TB 115: ,j5e [der Öaghataide Jünus Chan] was buried near
the tamb of Purdnvär SJudkh, Khdwand^Tuhur [Master of Puri-
fieoHon], in TashkancT; nun wird der Name zu deuten sein
ehäwandi tahür, der reine und reinigende Herr*, saiehch^cmätahür
< sakh^antaur ^ iaich anUmr, — Im Taricki Baiitk ist von
AJI^rär oft die Bede, doch fast nur unter dem Namen *übaidulläh
oder kurz flazreti Ifiän; s. SS. 97. 111. 113f. 127. 155. 212. 842. 390.
Siehe über ihn: Zu S. 199 MaulSn& Muhammedi Qizi.
^ Siehe über ihn: Zu S. 195 Machdümi A*$em.
») Text: tXJJt i^ÄD ^ pyJ yfJyS.
*) Text: ^2^iA«^|; so auch Bolle Hendricks. Ich erinnere
mich nicht, aimin oder aimctn gehört zu haben. Bei der Beliebtheit
der a/*a^Form in den mit Arabisch prunkenden Sprachen w&re
Ersatz des allzu bescheidenen Emin durch den Superlativ gut
denkbar; in der Tat wird TB 125 u. o. der Name des Prinzen
Aiman Ch^gga Sultan, Sohn Ahmed Chans, richtig geschrieben
seui. Das erste j wird sich hier aber einfacher erklären: es ist
die Wiedergabe eines t, das rückwirkende Vokalharmonie in emin
hier ebenso erzeugte wie in dem oben (S. 305, Anm. 2) besprochenen
isim = häsim, wozu ausser dem schriftlich bezeugten Urich und diesem
imin noch zu vergleichen ist üip > eUp > aUp und itt > «t» > a<t
,8ein Pferd^ und ,sein Name' (von mir deutlich gehört und mehr-
fach festgelegt in Kaigar und Jarkend). In der Zusammenstellung
mit Muhammed ist die Aussprache Aimen (Aimin) sicher unzul&ssig,
denn diese Zusammenstellung spielt darauf an, dass der Prof et
der Emin ,der Treue* vor allen Andern ist.
») Text: y^^\ ^Lä. ^I^i^l ^^U p\yo ^^.idik.
C*y^ ^-A*»^ tV^iN^ &>>f^. Die Bezeichnung des Heiligen
als tnagär [= StupaJ ist von hohem Interesse. Grenard hat
118
Digitized by LjOOQ IC
313
Stätten Ghoga Muhammed Jasuf ChoJ;am. Dessen Geburt war
im Jahre 1000, er lebte 63 Jahre. Er wieder legte von jenem
Heiltrank in die Brust jenes Pols der Pole, des Herrn der Sphären
(cko§a*% äfäq) durch Geburt und Würdigkeit, des Erben der Er-
kenntnis, des Herrn Sa^id Hidäjetulläh. Sein Abscheiden fand
statt im Jahre 1105 0. Cho^ [Hägim Dehbidl') verschied am
Montag 'den 5. Rebf I 1046; sein Grab ist in Dehbid. Ohoga
$Slih Chog^am') verstarb im Jahre 1048; sein Grab ist in Balch.
Des Herrn Äfaq erster jüngerer Bruder Choga*Inäjet, beigenannt
Eirämet Chogam, starb im Jahre 1008 (lies 1108), sein zweiter
jüngerer Bruder Chog^a Qinä*at Chog^am starb im Jahre 1012 (lies
1112); seine ältere Schwester Chänzäde Begum starb im Jahre
1075; seine jüngere Schwester Zulaichä Begum starb im Jahre
1018 (lies 1118). Der Herr Cho&a'i Ifeq hatte von drei Frauen
neun Kinder: von der ersten Frau einen Sohn und zwei Töchter,
nämlich Choga Jahjä Chan Chog;am, gestorben den Märtyrertod
in Japalaq Terek sechs Monate nach Chog^ Äf äq Ohog;am, seinem
Vater, und die jüngeren Schwestern Ohadiga Bänü Bggum und
Zaineb Chan Begum; die zweite Frau war eine Sklavin; von
ihr hatte er den inHindostan verstorbenen Chog;a 'Abduf^amad
Chog;am; die dritte Frau war die jüngere Schwester des *Abd-
urresid Chän^) Husn Bänü Chenim PädiSäh; von ihr hatte
er drei Söhne, nämlich Choga Mehdi (Ühogam, Ghog;a Hasan
Chogam ^ähibqirän und Qilig^ Burhänuddin Chog^m,
gewiss recht, wenn er Mission 2, 240 f. und 3.46 in den Mazars
Awatare Buddhas sieht; vgl. unten S. 321 zu 8. 210f.
^) Von hier ab hört die Formel: „er legte von diesem Trank
in die Brust des . . .** auf, und man möchte annehmen, dass der
Verfasser keinen einzigen der nach Äfaq lebenden Chog;as als
geistlichen Nachkommen, d. h* als Erben der geistlichen Würde
anerkannt hat.
*) War nach Bolle Hendricks ein Bruder des laSni Ealän,
also Ghx)ssoheim Ä^s.
') Über^ das Verwandtschaffcverhältnis Sälihs kann ich keine
Angaben machen.
*) Das ist 'AbdurreSid II, über welchen s, oben S. 302. Im
Tezkire des Qasan Chog;am ^ähibqirän (mein Ms. No. 66) wird
am Anfang die Heiratsgeschichte breitgetreten. Die »Prinzessin*
war sehr stolz und behandelte den Freier und seine Abgesandten
wie sie sichs nach ihrer Selbsteinschätzung leisten zu können
glaubte. Äfäq hatte aber fest sein Ziel im Auge: er musste eine
Dame aus altem regierenden Hause haben, das übrige fand sich
dann schon. Zu beachten ist, dass Muhammed Sädiq *Abdurraild
n völlig unerwähnt lässt. Die Gattin Äpäqs, die grausame Chenim
Pädiiah, nennt er (S. 215) «Schwester des Muhammed Emin Chan**.
119
Digitized by LjOOQ IC
814
imd die bdden Töchter PftdiSäh Chan 'As im und A.ffiq («o)^)
Chftn 'Azim. Die Söhne des'Inäjet Kir&met Obojj^ain tind:
Choga Bahä'uddin, Chog^a'Abdulchftliq, der Herr liän Choga
Mn'min und Cho^ Mihmftn Chogam. Die Kinder des Cho^
QinS*at Chogam sind: Oho^ Maqsüd Ohogam, Ai BSgum and
Nainaq ßegnm. Die Kinder des Ohftn Chojfam [Jahjs, Sohnes
Ä&qs] sind: Ohoga *Abdulchftliq Ohoganif Cho^ Ahme.)
Chogam, Ai Begum nnd Mäh Bdgnm« Die Kinder des Choj;a
Ahmed Ohogam sind: Qilig^ Burhänuddin Ohogam und Choga
Öihän Ghog:am. Die Kinder des Ohoga Öihftn Ghog;am stad:
Samsaq [fOr Sarimsaq')] Ghogam und Chog^a *Abdulchftliq
Oiogam; sie wurden in Peking gefiangen gehalten. Die Kinder
des Samsaq Chogam sind: Choga Muhammed Jflsuf Ohogam,
Öihängir Ohog^am, Oho^ Bah&'uddln Ghogam und Ghoga
Muhammed Emin*) Qhogam. Die Kinder des Muhammed
Jüsuf Ghogam sind: Katta Torem Muhammed Emin*) Chogam
und Ki6ik Ohän Chogam. ÖihSngir Chogam hatte nur einen
Sohn: Bflzürg Ohogam. Die Söhne Bahft'uddlns Bind:AulijS
Chan Chog^am und Wall Ohsn Torem. Nun zurück zu ZulaichE
Bögum, der jüngeren Schwester des flerm [ÄÜq]; sie wurde ver-
heiratet an CSioga Hsfiim ChogamB Sohn Cho^ Müsä Cho^amd
Aus dieser Ehe stanmit Bahmetulläh Chan. Dessen Sohn ist
^Abdullah Ch&n. Diesem gab man .... (hier muss im Mannskript
eine Lücke sein, denn die vier Töchter des Sir Pädilah haben alle
als zweiten Namen *A?im; siehe unten) 'A^im, Tochter des §fr*
PädiSäh Cho^a 'Inäjet, Sohnes des Choga Mu'min Chog:am, zur
Ehe, und ihre Kinder sind die in Marghini&n lebenden PsdÜäh
ChSn Torem und Büzürg Chan Torem. Nun zu Cho^ Mu'min
Cho^am: dessen erste Frau war Chog;a Qinä'at Cho^ams Tochter
Nainaq Begnm; von ihr hatte er Cho^ Müsä Chogam und
Mundaq BSgum, die Mutter Kifek [Küpek] Chog^ams; seine
zweite Frau war PädiSäh Chan 'A^Im, die Tochter des Herrn
[Äföq]; von ihr hatte er Chog;a *In&jet Sir PädiSShim, Choga
*Ali öong [Gong] Chogam, Choga* Abdullah Aq Boghrä Ohogam,
Choga 'UbaiduU&h Otrangi Chogam, Choga Husain Erke
Chogam imd Choga Pärsä Chogam, dazu die Töchter Qainuq
*) Gemeint ist mit ijLif: appaq ,8chneeweiss\
') Über ihn siehe oben S. 285. Die Verkürzung wird via
SQJimsaq entstanden sein.
') Auch hier Aimin oder Imin geschrieben; s. oben. S.312
Anm. 4.
*) Im Lande dürfte der Name ier gesprochen werden, da
man in persischen Wörtern jä'i ma§hule regelmässig beobachtet
{nUt, betäb u. v. a.); so auch immer Mir *Ali Ser Newai.
120
Digitized by LjOOQ IC
816
*AfIiii und Ai*A|im. Die Töchter des äir Fidiifthim tind:
*Ain&lü'Affm, Aq*A^m, D&ghis *A|immid Ma'mAr'Afim;
seine SOhne sind: Tülend Gho^am und Qytjl Ohojfam. Die
Kinder des Öong Choj:am sind: Tochta Obo^ain, Turdt Ohoj^am
and Ma'milr 'Aslm. Die Elnder des 'übaidulUk Otran^t
Chog^am sind: Bftbä Choj^ nnd F&nfÜS *Af im. Die Kinder
des Erke Ohog^am sind: Aq Feste Chojam mid K&fiin Oho^am.
Cho^ Fsrsä Obogam hatte einen Sohn Ohoj^ BAqir Ohoj^am.
Ohojfa Müsi Ohoj^am [Sohn des Oho^ Mu*min Oho^am, siehe
oben] hatte znr iTran Affäq ChSn 'A^Im (Tochter iAqs, siehe
oben], nnd ron ihr einen Sohn Mahmud Oho^am. Die Kinder
Mahmud Cho^ams sind: B&b& Cho^m nnd Ai *A|im. Diese
gab man KUfiln Ohogfam zur Ehe. Dire Kinder sind: Snlt&n
Ahmed Ghogfam, Ai Chenim nnd Cho^a Ohenim. Es starben:
Machdümi A'^em i. J. 949, ISSni Ealän i. J. 1006, Oh. HtSim
Dehbid! L J. 1046, Ch. ^älih i. J. 1048, Ch. Mnhammed Jüsuf
i. J. 1068, der Herr [iftq] i. J. 1105, OhSn Ohojam i. J. 1106,
Cho^am Pftdiläh i. J. liaS, Gunbes (?)*) i. J. 1108, Oh. Ahmed
i. J. 1150. Verzeih, o Schöpfer, den Schreibenden und den Hören-
den nnd dem QftrI *Abdul^eUl Ibn Mir ^Uih."
Endlich stand mir für die Genealogie der Ghoj^ noch eine
Quelle zu Gebote, von der Art derer, ans welcher sich Andreas
Noüzen machte (s. mein Meireb S. 192). Mir kamen in EaSgar zwei
solcher ßtammb&nme vor: der eine war in den Hftnden eines
H&ndlers, und ich erwarb ihn nicht, weil der Preis fOr EaSgarer
Verh&JtnisBe zu hoch war; der andere ist im Besitze des Herrn
Missionars Hendricks in KaSgar, der mir ihn gütigst lieh. Es
wurden Potos von dem wichtigen Teü der Urkunde angefertigt,
über das Einzelne ausführlich später. Hier nur, dass der Stamm-
baum Hendricks, hier als «Bolle Hendricks'' bezeichnet,
eine Rolle von 9,80 Meter Lftnge und 0,30 Meter Breite darstellt
Dieser Stammbaum ist aus dem Äfaq-Lager, die Nachkommen
Ish&qs sind daher nicht aufgeführt. Bei den Haupt-Heiligen ist
das Todesjahr durch Tärich angegeben, siehe das zu S. 195 über
MachdOmi A*Z6m Bemerkte.
S. 195 t$Mkk&^aii^»än (Ms. 40): Ausser dieser meüier Hand-
schrift und dem Fragment in meinem Ms. 122 wies ich bereits in
nBie oeUürkischen Handschriften der Sammlung Hartmaum" S. 18
drei Handschriften nach: Petersburg Orient. Institut No. 486,
Petersburg Asiat Museum No. 590, Paris Institut de
France 10856 — ^^^^^ (die Signatur gab ich dort noch nicht),
sowie die Existenz eines, scheint es, noch nicht wiedergefundenen
*) Text deutlich: JuJL^.
121
Digitized by LjOOQ IC
316
Manuskriptes, aus dem sich Stücke (in Abschrift ?) in Shaws
Nachlass fanden. Über die Petersburger Handschriften kann ich
Klarheit nicht schaffen. Barthold, Kommandirowka spricht nur
von zwei Handschriften des Asiatischen Museums, 590^ bis und
690««*, die er öfter zitiert (z. B. S. 240 Anm. 4 [hier S. 294 Anm. 1]).
Welche von diesen ist die von Smirnow im Katalog als Ms. 690
unter No. 78 beschriebene und wahrscheinlich mit der von Gri-
gorjew 2, 355 als im Asiatischen Museum befindlich beseichneten
Walich anowschen identische?'). Aus Vergleichung meiner
beiden Handschriften mit Waliohanows Bericht schliesse ich,
dass er noch andere Quellen hatte. In dem Bericht selbst sagt
der Kirgisen-Sultan und Stabs-Kapitän von seinen Quellen kein
Wort. Das Verhältnis der fOnf oben nachgewiesenen Handschriften
(sechs, wenn Petersburg wirklich drei Manuskripte besitzt) bedarf
der Klarstellung.
Zu 8. 195 MachdQmi A^zem: auf das Material, das sich in
meiner Sammlung von Handschriften findet, gehe ich hier nicht ein.
Die wichtigsten Stücke darin sind das persische Tezkire mit der
Vita des Heiligen verfasst yon seinem Urenkel Abulbaq& Bahä'-
uddln i. J. 1028 unter dem Titel §ämC ühnaqänUU (Ms. Pers. 7
S. 6 — 89) und die beiden Handschriften, die in meinem Verzeich-
nis unter No. 33 und 104 beschrieben sind« Sein Todeqahr ist
im Ms. 75 (siehe hier S. 812) mit 949 angegeben, und das stimmt
mit dem, was die Bolle Hendricks zeigt Sie gibt zum Heiligen,
mit dem sie einen neuen Abschnitt unter dem Titel: (^^^^ y^
^jjüL^^I i^^aJU aJÜI &4^^ (jU^I Jl fjh^\ beginnt und
dessen Namen in ihr so lautet: ^gi^\y^ t X ^ r^ t ^^ cXju«
ia£> «JJ| ^^ jjfel^l (^}(i^ »Öaijid Mir Ahmed ChwR.
^egi*) Mach dum ÜTa^zam^S folgende Tarich-Verse (ramal):
\^^ ^y^ \| t^y^ \S^ VSfciWAJ y^^kiS^^ LäLJLb vsJUA^
väaJ^^ ü^' )' v5)')7f. ^r^ Kp^) ^r* '^äa-äLä» vao^ &«Ju&
') Nach Grigorjew a. a. 0. Anm. 8 bereitete Weljami.
now-Zernow Auszüge aus diesem Manuskript für den Druck vor.
Es ist, soviel mir bekannt, nichts davon erschienen.
') Einen Maulänä Ch^äg^egi, gesi 1(X>8, finde ich in der
ehoMinet uiasfijä (Cawnpoor 1312) 1, 604. Er hat nichts mit
unserm Heiligen zu tun. Ebenso wenig der i. J. 911 gestorbene
Ch^ftga Chwägegä, der Chazine 1, 597 behandelt ist. Man
sieht, Ableitungen von Gh^ga sind als Namen beliebt
122
Digitized by LjOOQ IC
317
(^1^ vsJk |JLfr >^fJaS Uy\ ^rty^ d.h. 1. Erkennender, sprich:
jener war ein Leiter des Volkes auf dem Wege [tariqat im sofischen
Sinne), er wnrde ein Wegweiser für die Adepten auf der Strasse
der Wahrheit [?iag^at]\ 2. am Sonntag den 21. Mnharram Vor-
mittags entflog sein Lebensvogel aus diesem Jammertal; 3. ich,
der ich infolge des Abschiedes von seinem Antlitz ausser mir ge-
rietf fand sein [Todes-] Chronogramm in den Worten: 'der Pol
der Welt ging, weh!* Dass er und seine geistlichen (hier zugleich
leiblichen) Abkömmlinge nicht einmal in Chazine und Mir*ät einen
Platz gefunden und die Bedeutung dieses Schweigens, wurde schon
erörtert. — Es wäre wunderbar, wenn der Mann, dessen Erscheinen
fflr Kaigarien durch seine Nachkommen verhängnisvoll werden
sollte, und den schon zu seinen Lebzeiten zahlreiche Beziehungen
mit den Herren des Landes verbanden, nicht Erwähnung fände
in einem Werke, das von einem neun Jahre nach ihm gestorbenen
vortrefflichen Kenner der Geschichte dieses Landes verfasst ist.
Das Ta'richi ReSIdi, die unerschöpfliche Quelle fOr die Ge-
schichte des Gebietes zwischen dem Oxus und dem eigentlichen
China zur Zeit der Öagataiden-Herrschafk, enthält nun in der Tat
eine Menge Angaben über einen Mann, den mit unserm Mach-
dümi A'zem zu identiflzieren unbedenklich ist. Sonderbarer
Weise gibt Mirza Haidar nirgends den Namen seines geistlichen
Vaters. Das Kapitel (II, 86, S. 401), das seiner geistlichen Ab-
stammung gewidmet ist, sagt: *He was ihe disciple of hia granä'
father Kkiodja Ndsir-ud-Din UbaiduUah, ihe diaciple of MaMmd
Ydhib CharkM etc. Wer war nun sein , Vater*? Sonderbarer Weise
schweigt darüber auch das Kapitel (11, 83 S. 895 ff.), das sich im
besonderen mit der Vita Machdüms befasst und nach welchem
Choga Chäwand MahmQd') äihäbuddln genannt Mach-
dümi Nürä (worin gewiss nicht mit Elias-Boes nüruddin^ sondern
nOmdläh zu finden ist), beim Tode seines Vaters 27 Jahr alt war,
sehr viel reiste und schliesslich der geistliche Leiter Sa'td (?hans
[920—939] wurde (S. 448); als solcher hatte er nicht geringen
politischen Einfluss, wie sich das nicht anders erwarten liess bei
der Rolle, die diese Männer an den Höfen spielen (gut darüber
TR Introd. 116). Mirza Haidar, der Teil I i. J. 953 beendigte, Teil
II i. J. 948 schrieb (Introd. 7 f.), spricht von Machdüm nur als von
einem Lebenden. Die einzige Stelle, welche auf eine Beziehung
zwischen Muhammedi Qäzi und Machdümi A'zem weist, ist TR
214: ^Hatrat Matäänd left Bokhdrd and weni to Andijdn tmd Akhsiy
where he reaolved to stay. There^ many people became Nakhshbandi
') In Rolle Hendricks ist sein Name Ahmed.
128
Digitized by LjOOQ IC
318
undar Ms guidcutce . , . . , An aoccmnt 0f thme mm wiU be gwtn
belöw, in conneetion wUh ihe hiographioal noUde of SaeriU Makh-
dmtL* Der versprochekie accouni fiad«t sich in der Oborseteing des
Ta'richi Raäidi nicht. Es dürfen Übrigens folgende Bedenken
gegen die Gleiehsetznng des Machdünii A*^m mit dem Machdfimi
Nüri und die von fiiias^Ross durchgeführte dieses mit Ch^'^ä^
Ghäwend Mahmud §ih&bud(ibLn nicht unteidrüekt werden: TR
8. 389f. wird eine jener kleinlitshen Ä&nköreien breitgetreten, wie
sie dad Denken Und Leben jener ^Gottesmftnner^ ausfüllen: Choga
Nürä war von seinem Bruder Ohojfa Muhammed Jüsuf nicht
respektvoll genug behandelt worden. Dabei rühmt sich Cho^
Nürfi, der Schüler ded Cho^ Ihrär [lies: Ahrftr] Ohoffa 'übaidull&h
tM sein. S. 401 wird aber ausdrücklich berichtet (s. oben), Ohoj^
Nür& sei der (geistliche] Enkel Oho^ Ahrfirs, des Schülers Ja'qftb.
Öarchüs. Die Verschiedenheit des Namens in der RoUeHendricks,
Ahmed, und im Ta^richi Raftidt, Mahmud, ist doch auch sdiwer-
wiegend. So bleibt die Frage ungelöst: verschwieg Mirza Haidar
die Existenz des wahren Machdümi A^ssem oder War der Machdfimi
A'2em der offiziellen Historiografie des Hauses Machdümi zur
Zeit Mirza Haidars ein homo ignotus, ein Ahmed unter den vielen
^ufi-Ahmeds, dem erst später ein gewaltiger Nimbus gegeben
wurde, vielleicht mit Benutzung von Zügen des berühmten Mach-
dQmi Nür&t — Zur leiblichen Abstammung Machdüms sei be-
merkt, dass sie nach Rolle Hendricks sich so gestaltet: Mü- Ahmed
[so] Ch^^aftegl Machdüm Üla'«am> daläluddtn> Burhän-
uddin> Chwfega Muhammed> Pir Muhammed Ch^äfta
Dlwine> QiliJ Burhänüddin> Kamaluddrn> ÖaUlud-
din> Sah Hu8ain> §äh Ha8an> Mühammed)> Ahmed>
Abdullah^ "Abdullah Af2al> Tftlib> 'AbdulUh A'ra^>
Hasan Üraskert> Muhammed Naqi u. s. w. wie bekannt.
Wenn ich die Rolle recht verstehe, Ist in ihr eine zweite Version
angedeutet, nach welcher 'Abdullah A'raj; Sohn ^All Ridls ist
wahrend er nach der Hauptdarstellung von diesem erst im vierten
Gliede abstammt. Man sieht der FUiation an, dass sie legendär ist.
Zu S. 196 Anm. 2 Challfa: Für die ältere Geschichte des
Wortes und der Vorstellung vom Nachfolger, Einrücker als Stell-
vertreter sei nur auf ATliches halifäh (besonders Hiob 14,14)
verwiesen. Den im Islam an das Wort sich knüpfenden mystischen
Vorstellutigen liegt sein Gebrauch in Qoran 2,28 «ttgrunde:
,da dein Herr zu den Eogeln sprach: ich will auf Erden einen
Stellvertreter setzen'. Gemeint ist Adam. Der erste Mensch ais
Challfa Gottes und die Erben des Lichtes aus seiner Nachkommen-
schaft als weitere Stellvertreter» das ist ein Motiv, das vod den
124
Digitized by LjOOQ IC
319
ishimiBohen TbeoBolen zn Tode gehetzt wird. Man kum kaum
eine die Prophetie bebandehide XBsseraDg, nameii'^cli hi per*
Biflcber tmd tttrkiBeher Spraehe avlBcblageii, ohme dem £^[>raehe:
mnl §äShm f&>ardi ^aUffiihm in immer emeoter Wiedei^ehmif
und mit dem Versalze, Kenea ans ihm heramzapr e o e e n , m
begegnen. Von einem permsehen Schiiten, Ihn B&btje aas dem
ftmatischen Neste Qomm (f 881), rOhren aneh die wüsten
Redereien ttber das Qeranwert her, mit deaen er sein ikmäd uMln
einleitete und die in Ernst Möllers Probe aas dem für diese
Gedankenwelt charakteristiBofaen Werk {Beiträge mir M$kdiMre
des IsUxmi I, Heidelberg, Winter 1901) S. 3—17 med. ediert nsd*).
Znm Gedanken des Heiligen Geistes, der sieh in Adam mit einer
menschlichen Person rerbindet, die als der wahre ProlM;
snccessire in yersehiedenen Formen erscheint and aar Beherr-
schung des ewigen Reiches bestimmt ist, sMie Wellhansen,
DU reHgi(^ ' poUHashen Oppomthnsparteien 99. Das Herab-
sinken des chäHfh im Ohalpa lu einem « Schulmeister*' hat zahl-
reiche Analoga in Wertbezeichnungen, die zwischen dem Höchsten
aad N i e drig sten pendeln (ätn arku dfci ii ' denifr ).
2qS. 195Anm.2a.fi.;4kndarefirkl&ruiigvon9sj[iia:e8i8t
cUe als 9§ji 4-Mebmed gaae^t'). Ich halt« m tfk m^uUlssig, di^ das
Suffix der erttea Peäreo« m der Tefh#r angegebenen Wawe in 9Q vMen
aaalogea FäUea nachanwaiseQ iat^ daas ea a\i«h hier allein hexaa-
zaiiabe« ist Aul dw to« Richard Kiepert gearbeiteten Karte
KMmiens m H BUm (Berlia, Raimer-Vohaen; hi« Mai
1905 waren 17 Blatib aasgegebe«) findet sieh Haj^imler als
Dor&ame.
Z^ S, 198 Fir Mohammed Gh«n, der P&difiah von
Balch: Dieser ScOMJbiBida war als Pp: Muhammed l 963*^968
Ha«pt der D^maatie^ wurde aber i J. 968 abgesetzt und blieb bis
zu seinem Tode i J. 974 Herrsch^ ¥QD Bal«^ Kacb Poole-
Barthold 308.
Zu 8. 199 MauUaH Muhammedi Qä^i: NachriohtMi über
diesen berühmten NaqäbendS» Schaler des Beiligen A^ir, hat das
Ta'riohi Batidl (s. TR 97- 118 f. IWf. 813^214. 815—221.
277—279. 341 £ Introd. & 841). Sein Tede^^^ gibt die
Chazine 1, 598 mit «^911 oder 912'* an, das ist aber unmöglich,
denn in TR wird das Jahr 916 aus seinem Leben Mw&hnt
(S. 213), und so wird dem Tarich TR S. 342 Glauben zu
schenken sein, das 921 ergibt (Elias rechnet 922 heraus). TB
342 ist auch ausführlich yon dem silsilet urärifin die Bede,
dem Werke Mu^ammedi Qäzis über Heilige im aUgemeinen und
^) Bemeitenswert ist der Ausfall Ihn Bäb&jes gegen die
^Brahmanen*, welche ron Boten Gottes nichts wissen wollen.
•) Siehe Abulghazi, übersetzt yon Desmaisons S. 240 Anm. 1.
125
Digitized by LjOOQ IC
320
seioen ^Vater* Cbo^ Ahrär im besondem; über den Anlass zur
Abfiassong des Werkes s. TR 113. Ausführlich handelt von
dem Verhältnis Muhammedi Qäzis zu Choga AhrSr und mehreren
Fürsten TB. 212 ff.; über sein Verhältnis zu Machdümi A'zem s.
Nachtrag zu S. 196. Von Cho^ Ahr&r ist im TR oft die Rede
unter dem Namen ChoJ;a*Ubaidulläh, s. oben S. 311 Anm 3. Wenn in
der hier gegebenen Darstellung Muhammedi Qäzi als Lehrer
Ishäqs des Sohnes Machdümi A'zems auftritt, so musa das auf
einem Missverständnis beruhen; denn Muhammedi Qäzi starb
921, Ishfiq aber nach 1000 (s. S. 205 in Verbindung mit S. 292
A.nm. 1.
Zu S. 204 oben SultänAlfata: Der Name ist zu denken
B]a cUp ata ,Held-Vater^ ata ist in Namen von Heiligen und an
ihr Andenken geknüpften Stätten sehr häufig in Turkistan. So
das Grab des Abgägi Ata in Jarkend TR 300.: Viele Namen
mit ata in Cba^ne: Sa'id Ata 1, 535; Zengl Ata 1, 536 u. o.
alp ,Held^ kommt schon in den köktürkischen Inschriften vor, s.
das Glossar in Radioffs Liachriften Ul (Zweite Folge). Ich
möchte o^ tegin auch in dem offenbar verderbten «Ais^MÜl des
berüchtigten Abu Dolaf -Berichtes finden, s. mein Ref. über
Marquardt, Osteurop, und Oslos, Streifsfüge in D. L. Z. 1904 Sp.
2106. aJp findet sich femer in den wichtigen Handschriflen-Bestm in
EstrangelO'Schrift aus Turf an von Dr. F. W. K. Müller (S. ßer.
A. W. B. 1904 IX), wo S. 3 gelesen ist alp hügä und alp gttt%
gm bügä (d. i. Alp Bilge und Alp Quüng Eül Bilge). Die Fort-
lassnng des älif und die Schreibung des p sie f können nicht
befremden.
Zu S. 206 unten äftdi: Dieser Name, den der Grossvater
^alähaddins führte, und den auch der Stiffcer der Moscheelampe
in Berchem C. I. A. No. 462^) hat,' düifte meist als persisch
(sädi, genauer sädi = ,Freude*) angeseheu worden sein. Neglb
Äs im will in seinem türk tarichi (Stambul 1318, s. mein Referat
•in Orient lAtt.-Zätung V (1902) Sp. 390 ff.) die Aijnbiden zu
Türken machen: ^al&haddin habe sich Kurde genannt, weil seine
Ahnen unter Kurden gewohnt haben (S. 476); sein Grossvater
§&di habe den echt türkischen Namen Sädi geführt, denn dieses
sei das früher [S. 89 Anm. 1] als »Fürst* erklärte sad der kök-
türkischen Inschriften [s. Radioff, ÄUtürk Inschriften I im
') Die Inschrift in das Jahr 696 zu verlegen (Berchem zu
No. 463 am Ende) scheint mir kein zwingender Grund vorzuliegen.
Es ist in ihr von der Stiftung der Lampe nur im Anschluss an
die Restaurierung der Ihn Tülün-Moschee durch Lä^ die Rede,
und es kann kaum mehr gesagt werden, als dass die Lampe vor
dem 11. Rabf II 698, dem Ermordungstage Lftg^ms gestiftet ist
136
Digitized by LjOOQ IC
32L
Olossar]. Man wird annehmen dürfen, dass hier, wie so oft, das
lautliche Zusammentreffen des älttärkischen aad und des persischen
8ädü ein Zusammenwerfen in der YolksvorsteUung herbeiführte.
Die Turkestaner zur Zeit des Cho^ Ssdl, yon dem hier die Bede
ist, hatten sicher von dem alttürkischen «od keine Kenntnis und
fassten äädi, soweit] sie sich überhaupt darüber Gedanken machten,
als persischen Ursprungs.
Zu S. 207 * Abdullah Chan: Es bleibt bei diesem gegen Anm.
3, wieausder neuen QuelleBartholds hervorgeht, B.Kommandirowka
246 und hier S. 296. Diese Quelle hat ebenfalls Jolbars als Sohn
*Abdull&hs. Das jol erinnert an Jolbä (5a = &at? cf. die Mamluken-
Sultane auf bai; im Ostmongolischen wechseln ba und bai in
der Endung des Praeteritums s. Bobrownikow), den] Namen
des Türken, der in der Schlacht des Jazid b. Mazjad A&iaibftni
gegen den Chari^ten Alwalid b. 'fatli AiSäri i. J. 179 (Tabari
3, 638) den Rebellen tötete.
Zu S. 210f. und 212ff. Dieser Bericht über die Fahrt Äföqs zum
Dalailama in Lhasa ist von der höchsten Wichtigkeit. In einigen
vortrefflichen Bemerkungen (Dutreuil de Rhins, Mission
sdemUfique dana la HauU-Asie 2, 240f. und 3,46) wies bereits
Qrenard darauf hin, dass der islamische Wall Ostturkestans oft
nur „t«n avatar musuhnan de Biuldha'* sei, anders ausgedrückt:
dass die islamischen Mazars dort in einem historischen Zusammen-
hange mit alten buddhistischen Stupas stehen. Auch sei daran
erinnert, dass Qoldziher in Muhammedanische Studien Bd. 2 dieser
Einfallpforte religionsfremder Elemente (bid^a) im Sinne der
Eanonizit&t tiefstechende Ausführungen gewidmet hat: sein ganzer
Abschnitt über den Heiligenkult dient überwiegend dem Nachweis,
wie auf diesem Gebiete heidnische Reste vom Islam rezipiert
wurden. Man ist versucht, diese Rezeption als einen Akt des
Igmä^, desGonsensus der Gemeinde, zu konstruieren. Doch genügt
diese Erklärung nicht. Denn sie erkl&rt nicht, wie die ganze Gemeinde
(oder auch, wie hier, nur die Gesamtheit der Muslime in einem
räumlich begrenzten Gebiete und in einer begrenzten Zeit) sollten
dazu gekommen sein, in einem heidnischen Denkmal das Ghrab
eines islamischen Mannes zu sehen und zu feiern. Ist es un-
zweifelhaft richtig, die Bedeutung der Masse anzuerkennen und
nicht Alles an die „grossen** Männer zu knüpfen, so wird doch
in Fällen, wo es sich um derartige bestimmte Yorstellnngen handelt,
mit dem Einfluss von Individuen zu rechnen sein. So charakterisiert
sich die Verehrung des Stupa im Islam sub titulo Heiligengrab
als eine Suggestion, die von schlauen Gottesmännem auf die
Menge geübt wird. Die Disposition musste natürlich vorhanden
sein, und sie war es 1) als der allgemeine Trieb, die Gk)ttheit
sich nahe zu bringen in Vertretern, 2) als die Hinwendung dieses
Triebes auf Orte, die schon früher als Objekte dieser Tendenz
127
Digitized by LjOOQ IC
332
gedient hatten, auf vneitliohe, «vige Orte ( f aHm §ai, siehe
ChadmUfai in OrieMt. Litt. Zeitnng VI (1906) 8p. SAlff.)- Nur
der allgtBMme GUdanke lehte im Henen dei Volkee, ond der
wurde «ir tpedellen Statterertthning ausgebeutet Dm ist der
eine Weg. Br kt besonders wuhtig und ausgiebig, denn mit den
Ghrabstfttten kamen die alten Oeeehiehten ins Volk, die sieh in
voriBlanuscher Zeit daran geknüpft hatten. Neben dieeer finfall»
pfbrte Np. 1, welohe an Konkretes ankntipfl, steht die ffinlall-
pibrte Ne. 9, w^ohe auf geistiger Bewegung benifat, suf dem
pereOnliehen Terkehr islamisoher Indifiduea mit niphtielamieehefn.
Hi«r wirkt die Meuge, das Yalgue. Denn in bedeatendsHi Maese
wird Rezeption solcher Art nur stattinden, wo Gruppen wve^
sefaiedener Bekenntnisse neben einander oder dureh einander ge-
wirfst wohnen, wo das Iftgliche Leben lahbeiche Bariihrungan
mit skh bringt, wo durch Heiraten gelegentlidi Aufnahme tob
Gliedern der einen Gemeinde in die andere erfolgt ^). Auch hier
fireiHch wird das IHngreifsn einsefaier Energischer nidit seltan Yon
Bedeutung; dmm der Islam, der ja bes^ftndig predigt: «Nehmt
nieht Un^ubige lu Freunden!** (Q. 4,01. 60,1 u. o.) er^
Schwert engere Begehungen*), und die Menge setat ssch latki
*) Zwei typische Beispislo seien hier angeführt. Im nördlichen
Indien leben in dem Grenzgebiet geg*en Turkeetan, in Kaimfr und
Ladach, Muslime und Buddhisten nebeoetnander. Heiraten sind
nicht selten, und die Berölkerang Ton Leh (Ladach) ist swar flber--
wiegend tibettsoh-bnddhistisoh, hat aber lahlreiehe MischekmeBte,
so SprOsslinge Ton CataHr-Ylitem und LadarinFraiaen, welche den
Sondemamen 8alfi^tut oder Argfaun iUhren. ¥Sta anderer FalL
Vor l&ngerer Zeit wurde ein Qaaaq- Kirgisen -Stamm von den
Qalmaqen in dem Gebiet Ostlidi von Kulga unterworfen; man
berichtete mir, das diese Qanqen awar Muslime geblieben seien
dem Namen nach, aber yielee tou ihren qalmaqtschen Heiren
angenommen haben und dass einige yon ihnen sidi der qalmaqischen
Schrift fOr ihre Turksprache au bedienen Torstehen; sie haban
den Namen A15anmal. Vergleiche die in unserm Text mehrfheh
Torkommenden Stellen, wo tou islamischen Tfliken als mitten
unter Qalmaqen lebend die Rede ist (beeonders S. 224 med.) Der
mongoliiohen Schrift bedienen sich auch die reintdridschen
Urjancbaier, s. Eatanow, Omm Ksoiftiosaflia ypaHzaftcKaro atnoi
(Kasan 1908), 1. [Kuns Tor Reindmck erhalte ich die Nadirioht»
dass im März 1905 in einer Hauptstadt Europas sich ein Mau
aus Jarkend aufj^halten hat, der sich mit Stoia einen »Ai^hun*'
nannte und erklärte, in Jarkend als Sohn eines Türken und einer
Tibeterin geboren bu sein.]
*) Wie wenig nahmen die Muslime Syriens Ton den Franken
au, die das zwölfte und dreizehnte Jahrhundert unter ihnen lebten,
126
Digitized by LjOOQ IC
323
leicht über die von dem Buche Gottes selbst gezogene Schranke
fort, es sei denn dass sie dieses Buch nur mangelhaft kennt und
in der Beachtung seiner Bestimmungen Lauheit herrscht, wie dies
bei den Türken Chinas der Fall ist. Aber auch hier werden die
vom Volk anerkannten Leiter zu folgeschweren Vermittlem, wenn
sie selbst das fremde Gut einschleppen. Sie tun es ohne Bedenken,
wo es ein Geschäft gilt, sie tun es wohl auch ohne Bewusstsein
der Verwerflichkeit im islamischen Sinne, wenn die geschäftliche
Verhandlung selbst ihnen das Neue yermittelt (daneben beachte
den Fall, dass der Fromme fremden Wimderglauben zum islamischen
modelt, weil ihm jede Stärkung des Glaubens, mit welchen Mitteln
auch immer, als verdienstlich erscheint). Ln Falle unseres Äfaq
können wir's mit der Haud greifen, wie dem einzelnen Mächtigen
die Berührung zur Quelle neuer Künste wird: wir dürfen annehmen,
dass er das Gewonnene zur Stärkung seines Ansehens verwandt,
d. h. dass er buddhistische Lügengeschichten und Zauberwerke
aus dem Tempel des Öö in die türkische Heimat verschleppt hat.
Für ihn galt es ein Geschäft. Ein Ungeheures stand auf dem
Spiel: er hatte den Kampf seines Vaters, des Ifiäni Kalän, gegen
Ishäq aufgenommen. Er wollte nicht bloss dessen Nachkommen
und Anhänger, sondern auch die vüUig vertürkte Dynastie der
Nachkommen Öaghatais verdrängen, er wollte allein die weltliche
Herrschaft haben. Das Beispiel des Dalai-Lama stand ihm lange,
ehe er nach Lhasa zog, vor Augen. Ein Mann wie Äföq streckt
überallhin seine Fühler aus, und über die Qalmaqen und ihr
religiöses und soziales Leben war er unterrichtet, ehe er selbst
sie herbeirief. Auch das wusste er, in welch engen Beziehungen
alle buddhistischen Mongolen zu ihrem geistlichen Oberhaupt in
Lhasa stehen. Genau wie heut waren damals, vor jetzt zweihundert
Jahren, beständig Wanderer auf dem Wege zum Heiligtum von
Potala. Aus ihrer B.eIigion und aus ihrer Kenntnis der hierarchischen
Verhältnisse machten die Qalmaqen der Dzungarei ebenso wenig
ein Geheimnis, wie heut es die Burjäten und Ostmongolen tun.
Äfäq hatte also jede Möglichkeit sich zu unterrichten. Andererseits
war dem Oberbonzen im Öö-Kloster oder vielmehr den Machern
dort, die jenen genau so lange „absolut" herrschen Hessen, als
er ihnen den Willen tat, das wüste Spiel zwischen den Macht-
habern in Kadgarien wohlbekannt, u^d es konnte ihnen nur will-
kommen sein, wenn aus dem Lande, das dem Buddhismus zu
erobern schon längst der Wunsch war, eine geistliche Autorität
in eigener Person kam. Den musste man einseifen, und das
zum Teil sie beherrschten! Wie wenig die osmanischen Türken
die doch Wand an Wand Jahrhunderte lang mit Franken lebten!
siehe dazu mein ^,Pani8lami8mu8"' in Das Freie Wort 1904
Oktober/November.
129
9
Digitized by LjOOQ IC
324
scheinii völiig gelvngeft n sein. Die Sohildenuig in der emagen
bia jeitdi bekannten QneU«, in welcher über den Wunder wett-
kämpf zwischen Ä&q und den Lamas berichtet wird^ meinem
Manaekript 122, ist nicht ganz klar, aber das dür&n wir aas ihr
haraaslesen^ dess i&q unt^lag, äusserlich und innerlich. Das
dnrfte natfirlich in dem islamischen Bericht nicht gesagt werden.
So wurde es yerkleisiert. Wie weit Äljkq selbst seinen Abfall
Yon der wahren Religion zn erlMnnen gab, bis zu welchem Qrade
er in Lhasa sidi als Parteigänger des Bnddhiwnns geberdete, wird
sidi nie mehr ausmachen lassen. Anf der gefährlichen Fahrt
zum Dalai-Lama war er wohl nur von wenigen Dienern begleitet,
die von den Verhandlungen nichts erfahren. — Da der Bericht
Welichanows 8. 46 f. ersichtlich einen etwas anderen Text
des ieikir^ ^a^gän wiedergibt, als den in meinen Mss, 40 und
122 vorliegenden, so teile idi die Stelle in Übersetimng mit:
«Der Chäa von Kaigar [besaer: yon Jarkend] lamiiil, ein Eiferer
fir die Schwarzbergler« nWgte ÄfiU^^), sein Vaterland zu ver-
lassen. Der Choga schlich sich nach Kadmir und von d<Mrt nach
Tibet*), stellte sich dem Dalai-Lama vor und machte sich bei dem
') Walichanow und nach ihm der sonst vorsichtig-
kritische Grigorjew schreiben durchgängig A p p a k. Das ist
unrichtig und, soweit ich feststellen konnte, nicht einmal in einer
Paretymologie des Volkes begründet, vielmehr wahrscheinlich nur
in einer falschen Eoi\jektur des ungelehrten Kirgisen Walicha^
n w , bezw. in einer ihn absichtlich irreführenden Angabe seiner
türkischen Gewährsmänner begründet. Wenigstens in Kaigar
unterscheiden selbst die Üngelehrten zwischen äpäq und appaq.
So übersetzte Ibrahim in Kadgar die Worte >H^t i^j^
MeSreb S. 40 1. Z. (es ist von der Tochter des Qongtagi die Rede,
siehe mein M^eb S. 165 ff.) mit: iti appach^ mit der Bemerkung,
es dürfe nur so, nicht äpäq^ gesprochen werden, das einzig vom
Heiligen gesagt werde. Die Angleichung von Äpäq an appac[
jSchneeweiss* liegt allerdings nahe. Vgl. oben S. 314. Anm. 1.
') Über den Weg enthält nur mein Ms. 122 das dürftige:
„über KaSmir gelangte er nach** . . . . Barthold hat nichts. Es
ist wahrscheinlich, dass ÄpSq den Weg nach Lhasa über KaSmlr
mit Vermeidung von Jarkend über Tafikurgan und Gilgit nahm
oder anf der grossen südkaSgarischen Heerstrasse bis Guma und
von dort über den Qaraqo r a m (so spricht man in Turkestan
den Namen aus, „ Schwarzfels ") nach Leh, in jedem Fcdle am
Südrande des einsamen Bod-Landes entlang. Es muss eine hdcbst
beschwerliche Fahrt gewesen sein. Doch ist zu bedenken, dass
das gewiss auch die Strasse der Qalmaqen der Dzungarei zu
180
Digitizeciby
Google
925
80 beüebtt dass er ihm einen Brief «n den Chon-tai-dzi [Qongtai5i]
der Dzungarei Galdan mitgab, in dem er Ghüdan bat, Äikqi
Stellung in Ealgar nnd Jarkend za befettigen. Oaldan benutzte
diese GMegenbeit, nnterwaif im Jahre 1678 die Kleine Bncharei
und ernannte Äfaq zxx seinem Statthalter mit Jarkend als Hanpt*
Stadt; die Familie des Gbans ffthrte er in Fesseln mit sich nach
ni [& 8. 214 nnten], wo er sie in der mniuhnanisehen Stadt Enlj^
ansiedelte^). Der Dalai-Lama war so sofHeden mit dem Gehorsam
Ghüdans, dass er ihn mit dem Titel Boioktu (der Gesegnete)
ehrte. Von jener Zeit an bis znr Unterwerfong der Kleinen
Bnoharei dnroh die Ohinesen befand sich dieses Land unter der
Herrschaft der Dznngaren, die sich in die innere Verwaltung gar
nicht einmischten, sondern sich mit einem Tribut von 400000
Teoge im Monat begnfigten'). Die innere Verwaltung hatte seit
den ältesten Zeiten dieselbe Hierarchie wie jetzt: jede Stad^
hatte den Hakim als Regenten, den Ifikaga [ihk (Mgha] als seinen
Gehilfen, den Sanbegi, den C^aana&i, das Tausendhaupt [ming bau],
das Hunderthaupt [jüe bah] u. s. w. Lifolge davon dauerten die
inneren Unruhen nnd der Parteiswist an. Als Äfiqs Stellung sich
festigte, wurden die Schwarzbergler-Chogas, obwohl sie sehr stark
waren (sie besassen reiche ErbgQter, das Dorf Faiz&b&d in KaSgar,
Toqquikend in Jarkend, Aqsarai in Chotan nnd Aqjar in Aqsu)
gezwungen, Jarkend zu Terlassen, und sie zogen nach Kaimir
aus.* — Das Unternehmen Äfaqs erscheint weniger fantastisch
und die Vertrautheit mit den Verhältnissen Tibets, die es voraus-
setzt, erklärt sich eimgennaasen, wenn man bedenkt, dass nur
153 Jahre vor Äfliqs friedlicher Reise MirzaHaidar in kühner
ihrem Kirchenhaupte war, denn die Strasse am Ostrande Tibets
werden die nicht genommen haben.
*) Richtig bemerkt Grigorjew (2,358 Anm. 16), dass
Kulga zur Zeit des Galdan-Bo6oktu noch nicht bestand. Es liegt
aber kein Anlaas vor, mit ihm die ganze Nachricht auf einen Lr-
tum (Verwechslung mit AbduliSet-'Abdurralld) znrflck-
zuftlhren. Es liegt ein einfacher Anachronismus vor. Mein Ms.
122 weiss auch nichts von Kulg^ sondern spricht nur von den
Bergen von Tla als Ansiedlungsort Ismä^Üs und seiner Familie.
Die Qalmaqen hatten alles Literesse, die angestammte Herrscher-
Familie in Gewahrsam zu nehmen: sie koxmte sie ja dann, wenn
ihre scheinbaren Parteigänger Selbständigkeitsgeltlste zeigten,
gegen sie ausspielen, wie sie später einen Zweig der Ghoj^a-
Djnastie gegen den anderen ausspielten.
*) Die Angabo über die Entschädigung der Qalmaqen weicht
von denen meiner beiden Mss. ab. Die in Ms. 122 (s. S. 215
oben) ist sehr unwahrscheinlich, die in Ms. 40 (s. S. 211) nicht
recht verständlich.
181
9*
Digitized by LjOOQ IC
326
FortBetzong des von Sa'id Chan begonnenen Unternehmens, bei
dessen AusfOhning der Vater Sailds starb, gegen Ürsang-Lhasa
zog, mn den Götzentempel dort zu zerstören (TR 454 ff.) und
dass seit der Bekehrung Kafimirs zum Islam (s. darüber TR
432 ff.) die Beziehungen KaSgariens zu diesem Lande enge gewesen
waren, Eadmir aber an das tibetische Baltistan grenzte. Sind
auch die Anmerkungen zu den Tibet behandelnden Abschnitten
des Ta'richi Raiidi, die grossen Teils der Mitarbeit Waddells
verdankt werden, ausgiebig und sorgf<ig, so wird sich doch
noch eine Nachlese halten lassen.
Zu S. 210 Stadt des 6ö: Auf die berühmte Buddha-Statue
Öö in Lhasa zur Deutung von sahri jfö, was in allen Quellen
fälschlich als, Stadt namens Öö' gefasst wird (s. oben S. 300 Anm. 4),
wies mich zuerst Professor Grünwedel hin. Seitdem führte der
britische Feldzug die Erwähnung des Götterbildes in dem
Metropolitan-Kloster bLa brang oft herbei auch in populären
DarsteUungen (z. B. Globus Bd. 86 No. 17 vom 28. 4. 04. S. 2711).
Nachzulesen darüber ist neben Waddell, Buddhigmua 301 der
ältere, aber nicht veraltete Eoeppen, Die Bdigion des Buddha
2, 63. 337.
Zu S. 210 Molla Mäni: Der sorgfältige Beobachter und
treue Darsteller Mirza Haidar, der 234 Jahre vor Muhammed
^ädiq und 145 Jahre vor Äfäqs Lhasa-Fahrt Tibet schilderte,
nennt den Stifter der in Tibet und China herrschenden Religion
gakä Muni, der 3000 Jahre vor der frühestens 850 (ca. 1400)
gefertigten chinesisch-tibetisch-persischen Inschrift, gesehen von
Mirza Haidar in Junka, gelebt haben soll (TR 415 f). Zu der
Verstümmlung in Molla Mani fahrten vermutlich die Erinnerung
an den Namen Mänis, von welchem freilich die armseligen Leute,
die Muhammed $ädiq das Material gaben, sicher nicht mehr als
den Namen gewusst haben, und die Bekanntheit mit dem mani
der buddhistischen Formel öm mani padme hüm, das ja auch als
eines der sieben Erdenis in jedes Buddhisteq Munde ist.
Zu 8. 210 und Anm. 2 Brahmanen-Schechs-Lamas:
Mirza Haidar 414 nennt die *Ulamä Tibets richtig Lamas; er
weiss aber, dass es ihrer verschiedene Sorten gibt: .Jtist as we
8ay „Imdm and Mi^tahid^% iheg say .^Tunkana and Kahjavar^-\
In der gelehrten Anmerkung dazu setzt Waddell Tunkana =
Tung-Ba, das für Tung-ram-pOy geschrieben Drun-rams-pa stehen
soll, dem ,Baccalaureus Theologiae' der TaSilhunpo-üniversität,
Kahjavar oder Kichuva = Kabcku, gesohr. skabs-bchu, dem ,Doctor
Theologiae*. Koeppen weiss von Tung-ba nichts, und man sieht
nicht recht, wo das ram (rams) geblieben sein soll. Jedenfalls ist
Tunkaba(pa) zu lesen statt Tunkana. Gedacht darf auch werden
an bT8on-k*a-pa (Koeppen 2 oft, Grünwedel 70—73), welchen
Eigennamen dann Mirza Haider für ein Appellativum genommen
132
Digitized by LjOOQ IC
327
hatte. Ki5uwa ist sicher = ka?icu für EabSu {sKcibs bCü), wozu
zu bemerken, dass die Lesung Eächuva [kUuva] bei Elias-Ross
daher stammt, dass Fremdwörtern auf % in allen arabisch
schreibenden Sprachen gern das Überflüssige Alif des Arabischen
( LaÄm, U^^^s^I u. dgl.) angehängt wird. Das Ms. wird l^^sSv^
gezeigt haben.
Zu S. 212 Anm. 2 nöbahär (nava vihära) von Balch:
Hier sei nur die wichtige Stelle Mas^üdl 4, 48 nachgetragen, und
dass Hüsing (Orient. Litt.-Zeitung VII [1904] Sp. 134) den in
diesem von ManöSÖiJira erbauten ,Neu-Klostertemper des Mäh
geübten Mondkult dem Kulte des M&h zu BuchärS (s. Ghristensen
OLZ. Vn Sp. 49 ff.) parallel setzt. Zur Forschung über die
Buddha-Elostertempel (vihärä) in Iran ist auch das sah bahär
«Eönigskloster* im Lande des KäbulSäh bei Ja'qübi (291 J heran-
zuziehen, das Marquardt, Eränaahr 282 in dem ,E5nigskloster'
des Berichts des Wang Hiuen-ts'e (Sylvain L^vi, Lea Missions
de Wang Eiuen-ts'e 19) finden will.
Zu S. 214 ,mit dem Sengi genannten ungläubigen'
und Anm. 1 dazu: Sengi scheint überall als Eigenname zu gelten,
es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es ein Appellati?um ist und
,General' bedeutet. Denn die lautliche Identität mit dem sängün
der köktürkischen Inschriften (Eültegin und Bilgechan, die Stellen
8. Radioff, AJttürk, Inschriften I, 132, wo auch die Nebenform
sünki nachgewiesen ist) ist sicher, und es fragt sich nur, ob das
sängOn {sOnki) in den Namen chinesischer Beamten und des
Vertreters der Soghd-Leute bei den Leichenfeierlichkeiten für
Eültegin im Jahre 731 mit Marquart (Chronologie 32, vgl. auch
3 Anm. 2) als Vertreter von chines. tsiang-kiün »General' an-
zusehen ist, oder ob es nicht yielmehr ein türkisch-mongolisches
Wort ist. Es ist zu finden in dem arg verstümmelten ^^aXmO,
das Barthold S. 260 Anm. 1 gibt.
Zu S. 216 Leider vertrug sich usw. Schreibe: Er
[Afaq] erkannte, dass sich das Chogatum nicht mit dem Herrschafk-
thron [Chantum] vertrage, und so rief er Muhammed Emin Chan,
den jüngeren Bruder Ism&*il Chans, herbei. — Aus dem neuen
Material Bartholds ergibt sich, dass Muhammed Emin nicht ein
Bruder, sondern ein Brudersohn Ismii ils war, einer der drei Söhne
Sa'ld Bäbäs : ^Abdurrafild, Muhammed Enün und Muhammed Mu'min
AqbaS. Doch wird nicht mit Barthold anzunehmen sein (S. 250
siehe hier S. 301), dass Muhammed Emin im Gegensatze zu
Muhammed §ädiq nicht Äfaq, sondern den Qalmaqen den Thron
verdankt habe. In Bartholds Quellen steht nichts davon. Es
ist vielmehr zwischen den Zeilen zu lesen, dass Multammed Emin
von Anfang an der Mann Aiaqs war, den er gegen den von den
188
Digitized by LjOOQ IC
328
Qalmaqen eingesetzten Abdnrrafid') anstpielte, den Mohammed
^ädiq gar nicht erwähnt. Die Politik der Qaknaqen moiete sein
nud war, die Eiter wunde Kaigarieof» den Zwist zwischen Cho^a
und Chan (Papst nnd Kaiser) und zwischen den Cho^-Pftpsten
untereinander immer offen zu halten. Wollte Äfaq den *AbdarraSid
nicht, gut, 80 waren sie mit Muhammed Emin einverstanden. Sie
wussten ja, wie*8 kommen musste: bald war Äfaq auch mit dem
feiHäg und brachte ihn eu Tode, am seinen eigenen Sohn Jahjä
zum Chan zu machen. Danach ist die törichte Darstellung
Muhammed ^idiqs S. 216 unten an rektifizieren. Dass Ms. 40
Muhammed statt Muhammed Emln schreibt, ist ein Yersehea;
später hat es richtig Muhammed Emin (S. 219 med.).
Zu S. 215 unten. Da die Erörterung des Verhlltnisses der
beiden Hiandschriften ineinander und au dem übrigen vorliegenden
Material einer besonderen Unteisnohong Torbehalten bleiben musi,
gebe ich hier nur die Übersetzung des abweichenden Passus Ms.
122 S. 87-^9: „{87J Nun höre man, wie es den beiden edlen
Sprossen Machdüms, Choga Su'aib und Oho^ Dftngäl erging. Sie
sahen« wie Cho^a Äfaq auf dem Throne der Macht (softano^) sass,
und wie die Sofie und Diwanes ') eine andere Haltung einnahmen
*) d. i. *AbdurraSld 11., der nicht mit 'Abdurrafid L ver-
wechselt werden darf.
') Diese »Besessenen*, in Tafikent äuwatui genannt, sind eine
unartige, zum Teil bösartige Gesellschaft. Typisch fOr sie sind
die Streiche des Mannes, der das Denken der Kirgisen-Bevölkerung
um Oqsalur beherrscht (s. mein Ch<idem§ai Orient. Litt Zeitung
VI (1903) Sp. 361 ff.): Me$reb. Das Volksbuch von ihm ist unter
dem Titel dkoöm masrab ^jjm^ ^^O, vielleicht nur ein Miss-
verstkidnis für k^j^S^ ^^fi^i oft gedruckt (6 Lithografien
meiner Sammlung beschrieb ich Bttchwesm 81 f.). Einen Auszug
aus diesem unerfreulichen, aber Tolkskundlich nicht unwichtigen Bilde
einer ganz im Zeichen dee religiösen Wahnsinns stehenden Umwelt
gab ich in dieser Sammlung Heft V: Memr^ «br «mm« Kmr mmd
frowuM KHster, Eine russisdie Bearbeitung will Aidarow an-
gefertigt haben <S. 64 ; wohl identisch mit dem, was in TwkmltQnkiia
WjedotMeU Anfang 1902 gedruckt wurde). Eine Srsihlung, wel^
Me6reb in die Zeit des Choga Ahrir setzte, gaben Wesel owski
8. 886 1 und ChoroSchin (CÖo^aiTb oitTei BicaBauaca xe
TypseciaBOBaro spa«, Petersburg 1876) 2401 Das innente Wesen
MeSrriM wurde schon Mekrcb 190 beleuchtet: er ist der maiiSml
,ein MeoBch, der einem der Derwischorden angehört, die ein dem
System der Cyniker verwandtes Bettelmönch-System angenommen
haben« (Sämi W& 1399 c). Dieses System i&oft auf das Ver-
achten der Verachtung hinaus. Es ist die zwingende E<mBequenz
1S4
Digitized by LjOOQ IC
829
und die Läge schfimm wurde. Da eftgtiSen sie e2ne GeiegenheH,
und machten mck hezmlieh foit, indem die einen Teil ihrer Ge-
fotgslente mitnahmen, von einem andern sich rerabA^hiedeten
8ie nahmeoi ihren W^6hn6itz in Eaimir. Nadi einiger Zeit madiiten
sswei drei Ohalpas von dieser Schaar die WaUfahxt tn den Grtibem,
von Altyn nnd besn^ten sie heimlioh in einer Nacht. Di« Diwan«
nnd ßois begpegneten ihnen aber nnd schleppten sie nnter gramem
Behimpf zum heiligen Äftq. Det HeiHge fragte: ,Was fttr Lente
seid ihr?* Bie: ,Wir gehören rt den Lent«n der Nachkommen
Machdüms durch Gho^ Ishlq WaK*. Der Heilige fahr nnn selbirti
[88] die Sofia heftig an «nd strafte sie, jene Chaipas aber ehrte
er sehr nnd sagte: ,Wh: ited doch aas einem Samen; wenn untere
VUter tmd Grossy&ter nicht in solchem Zank nnd Zwbt gelebt
haben, wamoi sotten wir denn immerwährend Streit anfemgen?
Wenn wir die Stftnker beseitigen, so whrd sich wohl auch der
Zwif^ beseitigen lassen*. Der Heilige fragte dann: ,Haben die
der Misdinng von Askese nnd Theosofie^ die sich Snfismns nennt.
Diese ,Gotfes^umer* pMen auf Wissen nnd Moral der Enltur-
PhiHster. Über beide efhob sie ihr tiefes metatfysisches System,
sn dem sie ja Wissen oficht braochten, deun, wie nach Sprenger
treffend ein Britte sagte, der seine Hinterindier nnd ihre ^okulierenden
Faseleien kannte: ,Ddr Snpranatfuralist braucht nichts su lernen, ihm
genügten seine Tr&nme^ Dieses System auch gah ihnen das Sans-
g^ne, das allen Begrifi!sn yon Anstand und Würde ins Gesicht
schlug. Nihil hnmaoi Vortrefflich beleuchtet diese
£ntwieklnng Sprenger 8, OLXXVUI Anm. Und das ist nicht
etwa ein sp&tes €^w&ehs. Sprenger eiztthlt die erbaoliche
Geschichte vom Heiligen §ibll aas dem Ethos-Buche des Islams,
demnumtiqu^tttr. Der, im Knaben-Bordel ertappt, erklärte: „ Jeder,
der fflr sein Sedenheil besorgt ist, öffnet sehie Blosse vor aller
Weh, wie der Beisende den Beutel, weicher seine Nahrong ent-
hält nnd ihm als Tischtuch dient, an der Seite des Weges aas-
breitet'', nnd durch eine erbaolidie Bede über die Demut und das
Ver^ensty die Verachtung der Menschen anf sich zn 2iehen, er-
reichte der zynisdie Schalk seinen Zweck, in der Achtung seiner
Mitmenschen in steigen, welche er durch seine Handlungsweise
hätte yerlieren sollen. Dieser Sibll ist emer der Oberheiligen des
Islams, der L J. 334 in Baghdad gestovbene und begrabene Abu
Bekr Dulaf (Öa* far) Alftibli (s. Ja<|iit 3, 2b%. Qaswin! 2, 363). Freilich,
er stammte aus den Gegenden, in denen das fiizentrische su
allen Zeiten zu Hanse war: geboren war er in^blQe, einem Dorf e
der Landschaft Uirüsana zwischen Samorqand and Ohogend. Man
sieht: ^ Vorbilder fttr das zügellose Treiben der Diwänes und
^ötB waren gegeben und die eklen Sehmntzereien sind im S^e
des Überlieferten.
185
Digitized by LjOOQ IC
330
MachdQm-Söhne irgendwelche Wünsche?- Die Chalpas erwiderten :
,Sie begehren in EaSgar Faizäbäd, in Jarkend Toqqozkend, in
Chotan Aqserai; den Ertrag dieser L&ndereien haben sie dem
Kloster geweihte Der Heilige bestimmte nnn: ^an soll den
Ertrag dieser Landereien nach der früheren Regel euch geben;
aach wenn sie jetzt den Genossen gehören, sollen sie doch zosammen-
gebracht werden; geht mit Ehren; vielleicht schickt ihr zu den Mach-
düm-Söhnen einen Boten, damit sie selber kommen ; [891 für alles, was
ims von weltlichen oder ewigen Gütern wird, wollen wir sie zu Genossen
nehmen." Solcher Art erwies er ihnen Gnade. Die in alle Ecken
zerstobenen Anhänger der Chalpas sammelten sich nun, fassten
Fuss an den Altyn-Grftbem und n&hrten sich von den Erträgnissen
jener L&ndereien, sandten auch den Machdüm-SOhnen einen Teil
davon. So blieben sie dort eine Zeitlang in Achtung und Ehren,
und niemand beunruhigte sie. Den Machdüm-Sühnen schickten die
Chalpas zu verschiedenen Malen briefliche Nachricht folgenden
Lihalts: ,üns, euem Dienern, geht es so und so; der Heilige
erweist uns viele Freundlichkeiten und sagt jedes Mal: ,Wenn
die Machdüm-Söhne kommen, so sollen sie an diesem Reichtum
und Macht teilhaben* ; wenn Sie hierherkommen, so wird es besser
sein'. Schliesslich hatte die häufige Sendung solcher Briefe
Wirkung, und es regte sich die Lust zurückzukehren. So oft sie
aber einen Schritt taten, konnten sie es vor Mutlosigkeit nicht
aushalten. Schliesslich gelangten sie nach dem göttlichen Rat-
schlu8s[90] nach San^, Dort schrieben sie folgenden Brief: ,0 Sonne
des Gipfels der Glückseligkeit heiliger Chog;a Äf^, wir
sind mit Eurer Erlaubnis nach San^ gekommen, um uns nach
Jarkend zu begeben; wir sind aus einem Samen, so ist unser
Recht gute Behandlung; zweitens soll nach Gesetz und Brauch
des Islams niemand einem anderen Vorhaltungen machen, zumal
unsere Väter und Grossväter dem Volk das Gesetz des Islams
erklärt haben; andere sollen sich vielmehr an euch und an uns ein
Beispiel nehmen; so sendet uns nun einen von Euch selbst unter-
siegelten Geleitsbrief, welcher geeignet ist, uns zu beruhigen; dann
werden wir uns sicher fühlen und uns auf den Weg machen\ Als der
Heüige diesen Brief erhielt, wurde er sehr froh; sogleich schrieb
er zur Antwort einen mit Siegel versehenen Sicherheitsbrief; die
Antwort lautete so: , Auf jeden Fall mögen die Maehdüm-Söhne
kommen; alles, was der Höchste uns gewährt, das stellen wir zur
Verfügung, wir wollen kein Teil mehr daran haben; wie es
früher gewesen ist, [91] so soll es auch jetzt sein, ja, noch besser,
denn die Chane sind vertrieben; es ist eine Pflicht für uns, den
eigenen Verwandten wohlzutun, und das zu unterlassen ist eine
Sünde*. Als dieses Schreiben an die Machdüm-Söhne gelangte,
wurden sie in ihrem Gemüte beruhigt und machten sich auf den
Weg nach Jarkend. Kummer und Sorge wichen aber nie von
186
Digitized by LjOOQ IC
331
ihnen. Schliesslich sagte Choga §a*aib Cho^am: ,Mein Bruder
Gho^ Dän^äl Choga! ich kann diese Mutlosigkeit nicht mehr
ertragen; setze ich einen Fuss vor, so zieht der andere mich
zurück; dieses Land erscheint meinen Augen wie Blut und Sint-
flut; sehe ich auch mein eigenes Reisen als richtig an, so kann
ich doch deiu Reisen nicht billigen; unser Geschlecht soll nicht
untergehen; mir ist mein durch ewigen Ratschluss bestimmtes
Geschick bekannt'. Mit diesen Worten schickte er seinen jüngeren
Bruder Däni^Sl, indem er ihm einige Leute beigab, fort. Er
selbst aber [921 nahm einige Personen mit sich auf den Weg
und gelangte an das Ufer des Flusses Tlzäb^). Li jener Nacht
kamen vierhundert Diwanes und Sofia und töteten Su* aib. Seinen
Leib steckten sie in einen Sack, den warfen sie in den Fluss.
Eine Zeitlang brachte man diese abscheuliche Tat niemandem
zur Kenntnis. Die Munds und Anhänger des Ermordeten zündeten
Lampen an und beteten, verbargen aber ihren Sinn in sich. Nun
war unter den Dienern der Machdüm-Söhne ein Pir voll Eifers,
der hüUte sich eines Tages in eine schwarze Decke und malte
sich das Gesicht schwarz, so dass er einen ganz wunderlichen An-
blick bot. Nachdem der Heilige das Mesnewi beendet und das
Tekbir vorbei war, begab er sich in die Mitte der Versammlung
und begann den Derwischtanz. Alle waren erstaunt. Gho^a
Hidiget [d. i. Äfaq] fragte: „Was für ein Mensch bist du, und
was hat dich gepackt, dass da es so weit treibst?" [93] Der
Mann erwiderte: ,Ich bin einer von den Leuten des Machdüm-
Sohnes; ihr selbst hattet dem Erlaubnis und Freibrief gegeben;
als der Machdüm-Sohn an das Ufer des Flusses gelangt war,
kamen vierhundert Personen und brachten ihn zu Tode; wenn
solcher Schutz nicht einmal den Saijids nützt, wie soll es da bei
andern sein?' Als Cho^ Hidäjet diese Nachricht hörte, rief er:
,Ach, ach!' und schlug die Hand au& Knie. Die Sofis und Diwanes
aber fuhr er heftig an: ,Ihr Henkersknechte von Diwanes! Das
habt ihr euch selbst und uns getan; uns habt ihr einen schlechten
Namen bis zum Auferstehungstage gemacht; diese eure Tat wird
nicht ungesühnt bleiben; noch eine kleine Weile und es kommt
einer und schlachtet euch ab wie die Schafe'. Li der Tat liess
nach dem Tode des Heiligen AqbaS Chan einige tausend [94]
Diwanes zusammenbringen, in einem Mühlkanal wie die Schafe
abschlachten und in der durch ihr Blut getriebenen Mühle Mehl
mahlen. Der Heilige stieg mit einer Schar von Gelehrten und
Emiren zu Pferde, und sie zogen im Traueraufzuge zum Ufer des
Tiz&b. Da sahen sie, dass über den Ort, wohin die Leiche des
') Gemeint ist der Tiznaf, in neueren Reisewerken oft
besprochen; auch Mirza Haidar erwähnt ihn als Tizftb ,Schnell-
wasser', s. TR 298.
187
Digitized by LjOOQ IC
382
Maohdüm*Sohnes geworfen war, das Wasser ging, der Sack aber
TOttL Wasser freigeblieben war; der Heilige sprang vom Pferde
and 2seg den Sack heraus; ans seinen Augen sMmten Triiaen
nnd alle weinten nnd sehnen. Den Leiohnam ffthrten de ra den
Altyngrftbem nnd begraben ihn dort. -<^ Nwi h9re inan von
Oho^ Dfin^ftl. Der haMe silii den Diwane« nnd dotis durch die
Floeht entzog^ mid war «Kif Rat seines Bmders nach Saavarqand
nnd Umgegend gegangen. In Dehbfd soehte er das Qrab des
Machdümi A^Mn, wo «r unter Tr&nen betete: ,0 "(Stev^ der
heiligen Ahcien! Wie sind wir [9ö] in solchen traarigen Zustand
geraten nnd welche Verelendnag ist das, <kMs wir -Ttfn Tür m
Tfk wandern und keinen Ort finden, unser Hanpt mhig hinzu-
legen, dass wir nns von nnserm Bmder trennen fliussten und toa
nas^ren eigenen Verwandten solch Blntvergiessen o&d Trenlosig-
keit sehen? welche Schuld haben wir begaben, dass es tms bg
€Tgeht? m9ge man uns «nsere Sünden verzeihen!' Indem er se
spra^, hatte er sein Gesicht mit Staub bedeckt nnd gingen seine
Augen in Schlaf Über*). Da erschienen ihm Geister unter
der Anfährung vOn Machdümi A*tem und Cftio^ Ishäq. Der
e^rach: ,0 mein Sohn Chojj^ Dänij&l, erhebe dein Uaupt, sei
nicht trauxig, habe Geduld, die Geduld ist der Schlüssel der
Freude; der heilige 'AH hat gesagt: Wenn dich das Unglück
drückt, datm denke an mktrn nairdh [QofeifiM 94,1] ted ^tuttm btrim
jmärain*); wenn du daran denkst, dam wirst du freudig, [96] das
') ,Traaer bringt Schlaf ist ein in den orientalieehen
Erzählungen häufiges Motiv.
*) Nach der Art der Anführung erwartet man, dass aadi
hier Anfiährung eines Qoranwortes vorliegt. Das ist nicht der
Fall. Die türkische Übersetfimng^ die hier, wie in allen derartigen
Werken, dem arabischen Text beigegaben ist, zeigt, dass der
Übersetzer den Text nicht verstanden hat. Das Arabische lautet
(hegۤ): yM*A^ Vt^ f^ A y^ \Sy^^ ^ vSAjLd 151
^y^ JüÜC^ 151 ^^Mfcj) ^jbAf. Das ist so übersetzt: &^^^ y^
Übersetzung hat keinen Sinn. In dem angeblichen Spruch 'Aus
ist wahrscheinlich darauf Bezug genommen, dass Vers 6 und 6
1S8
Digitized by LjOOQ IC
83S
heisrt: ud ein Schweres kommt iweimal ein Gates; noch ein:
Weilchen, und das Ohog^atam nnd der Thron jenes Landes f&Ut
dir nnd deinen Kindern zn\ Damit ▼eraohwanden sie. Cfho(|;a
Din^ftl erwachte, nnd sein Herz ftuid durch diese TrGstnng eimge
Hohe. £lr machte sich ann zu dtm hohen Qarien^) auf nnd
beenchte dos Ghrab Cho^ Ishiqs, wo er einige Zeit Web. Dann
ging er nach Oho j;end und gründete dort einen Hanssta&d. In
Oho^eod wurde der Schlttssel der Schätee der Erkenntnisse . . .
Cho^a Ja^qüb geboren; [97] von der fimpl&ngnis bis zur (Hbnrt
nnd Ton da bis mm reifen Mannesaltar yerriohtete er eine Anzahl
ausstrordentlieher Wundertaten, deren ausfOhrliche Darlegung
Überdruss bereiten würde. Zu seiner Benennung Gbo^'i Öihin
gab Folgendes den Anlass: Der Leiter der Andadrten der Obo^,
Oho^ 'Abdnlchäliq Ghn^nw&ni, leitete die Eraehung des Gho^
Ja*qflb, und der pflegte den Knaben Cho^'i Öihin an heissen.
Andere erz&hlen: Ohoj^a D&nyäl nahm diesen Sohn anr Stadt");
in der Stadt war ein Saijid, der durch Wundergaben
berühmt war. Zu diesem brachte er den Knaben. Als der
Saijid ihn sah, war er sich so^eich klar und sprach:
,Aus den Zeichen diese eures Sohnes geht herr^r, dass er die
Wiflsensdiah des Zustandes und die ^^ssenschaft der Rede ver-
einigen und an Schaiisinn und Verstand <^ne gleiten sein wird;
im Oedichtanachen wird es in seinem Zeitalter keinen geben, des
ihm gewachsen ist; in Handlangen und Reden wird er der Wert
genehm sein; nennt diesen Sohn Gho^'i Öihftn\ Deelialb gab
man ihm den Namen OhojaH äih&n. Auch erfuhr er von selten
des Schecha') zahlreiche Qnadenbeweise ; gab es beim Studium
Sdiwierigkeiten, eo Ktote sie ihm der Soh^h, wie er selbst in
von Saie 94 laaten: ^iMüüf m ^^ \y>*j ^amJÜI m ^^
K-mU. Hier steht in der Tat das zweite y » ^ zwischen zwei y**^ ;
gemeint wird also sein Mdeoke an die Worte aiam nairah (oder
an die mit diesen Worten beginnende Sure) und denke daran,
dass in der Sürat Alinftir&h das Wort 'n$r zwisdien zwei jurs
steht, d. h. dass jede Schwierigkeit auf jeder Seite ein Gutes
neben sieh hat
^) Ober das am Amudaija gelegene Grab Ishäqs siehe oben
S. 206.
*) Der Name der Stadt ist nicht genannt; ist hier «Stadt,
fllr »Hauptstadt' gesetzt, so darf au Samarqand gedacht werden.
*) Gemeint ist Schi5ch Muflihuddln Oho^ndi, wie aus der
Version in Manuskript 40 hervorgeht.
1S9
Digitized by LjOOQ IC
334
einem Verse es bestätigt. Manchmal hielt er Abendgesellschaften*)
ab mit den Gebildeten von Samarqand, BuchärS und Balch; er
erwies allen vollkommene Ehren, wie es der Achond Molla Me§-
hüri in folgendem Verse schildert [99] Man höre nun
vom Choga Äfaq. Der sass in Jarkend auf dem Thron und
sprach Recht ia den Sachen, die vor ihn gebracht wurden;
manchmal sass er auf dem Lehrstuhl und lehrte den Murids und
Getreuen die Tariqat und veranstaltete Zikr- Andachten." Das
Folgende ähnlich wie S. 217 med.
Zu S, 217 Jäghdü: auch hier, in dem Namen der (Grab-
stätte, das ntir-Motiv» denn jäghdü bedeutet: Glanz, Helle (s.
Zenker und Sulaiman; von mir nicht gehOrt); fraglich ist, ob
das Wort mit järugh zusammengestellt werden darf.
Zu S. 219 oben: nach dem Berge Tü6ük: Gemeint ist du
wild zerrissene Gebirge, das der von Westen Kommende etwa 2
Stunden lang vor der Station Mingjol 4 — 6 Kilometer links hat.
Der Name lautet auf der russischen 10 Werst-Karte-): TySik-Ta5.
Der Name: ,Loch-Stein' ist hergenommen von einem Wahrzeichen
dieses Gebirges, das jedem Wanderer in die Augen föllt. Eine
lange Strecke wird man gefesselt durch einen hellen Fleck wenig
imterhalb einer Spitze. Man denkt zunächst an ein riesiges Schnee-
feld. Das ist aber im Sommer und Herbst unwahrscheinlich, denn
nirgends sonst sind Spuren von Schnee an den Abh&ngen und der
Fleck hat die Südsonne. Man überzeugt sich endlich, daas die
Helligkeit die des Himmels jenseits ist, der durch eine mächtige
Öffnung hindurchscheint. Das Gebirge erinnert mit seinen
fantastischen Formen an die Montserrat-Kette Kataloniens, die
den von Zaragoza nach Barcelona Fahrenden mit ihren fratzen-
haften Bildungen stets aufs neue überrascht.
Zu S. 220 Anm. 3. Auch Bartholds QueUe hat mchts Ge-
naues, nur: AqbaS wurde von den Kirgisen gefangen genommen
(s. oben S. 304). Das mag deshalb Verwunderung erregen, weil
gerade dieser letzte der Öagatajiden immer die Phantasie der
Landesbewohner beschäftigt hat. Auch heut noch ist Aghwafi
Chan [so] einer der wenigen Namen, die man selbst von niederen
Leuten aus denen der Mongolen-Dynastie nennen hört.
Zu S. 229 der geistliche Stammbaum: die Erbfolge ist
hier gegründet auf die Übertragung der Lehre und der mit ihrem
Besitz verbundenen Kraft Diese Kraft geht auf mannigfache Art
über: bald durch ein Kleid (die adderet des Elsjfihü in der Hand
'j Sie ist nicht genau in der Terrainzeichnung dieser Gegend:
die Ebene zwischen Qarangaliq und Mingjol ist bei weitem nicht
so breit.
140
Digitized by LjOOQ IC
335
EliSi^s 2. Reg. 2, 14 f.), bald durch Handauflegen, gern durch Er-
scheinen des ,^ichtes^^ an dem Erben. Das ,Licht^ ist das Numen.
Seine Bolle im Zoroastrismus, im Manichftismus, in der Religion
der Mandäer ist bekannt'). Christus ist das fpotg, und als er stirbt
schwindet das Licht, wird es Nacht am Tage. Maria ist die timm
annür in der Chronik des Severus ed. Seybold S. 113, 11. Und
noch heut wird in protestantischen Kirchen gesungen: ,Licht vom
Licht aus Gott geboren* und ,Das ewge Licht tritt da herein'.
Natürlich flog das Licht-Motiv zu Muhammeds Zeit auch in Arabien
umher und das nur spukt in zahlreichen Qoranstellen und im
Qadit*). So war der Islam von allem Anfang an auf das , Licht' hin-
gewiesen und wo alt-nationale oder mit anderen Kulturelementen über-
nommene Neigung zum Lichtkultns vorhanden war, wurde dem
nur ein weiter Wirkungskreis geschaffen, wurden aus seiner Ver-
bindung mit der Heiligkeit ganze Theorien von wildfantastischer
Spekulation entwickelt Mit Vorliebe schwelgen Perser und Türken
in diesen Träumereien'). Dass Muhammeds Anima (ruh) ein Licht
vor Gott war, das schon 2000 Jahre vor Erschaffung Adams Gk>tt
pries und dass es von Gott in Adams Lenden gesenkt wurde und
in fortlaufender Reihe immer aus edlen Lenden in reine Qteri,
bis Muhammeds Eltern ihn ins Leben treten liessen ohne ge-
schlechtliche Vereinigung, das ist ein dem verlogenen 'Abdallah
Ihn 'Abbäs von Qädi *Ijäd zugeschriebenes l^adit (Sifä mit 'All
Alqäri ed. Stambul 1264, I, 114). Das Wesentliche dieser Vor-
stellung flodet sich schon bei Ibn Hi$äm 101 f. (vgl. Mas'Qdi 1, 56.
58). Ein Beispiel aus dem afrikanischen Islam bietet Muhammed
Ahmed aus Dongola, der Mahdi des Sudans, von dem es hiess,
Gott habe ihn aus dem Lichte der Umgebung des Herzens
Muhanmieds geschaffen, und den das Volk von einem Lichtglanze
umgeben sah^).
') Aus der iranischen Welt sei besonders erwähnt das ch'^'arenö
des Awesta, ap. ckwrah, der Lichtglanz, der den Träger des alt-
persischen absoluten Grosskönigtums umschwebt, und durch dessen
Kraft der König herrscht, das Prototyp der dei gratia, die als un-
verstandener und unverständlicher Rest einer abgestorbenen Welt-
anschauung noch in einigen Staaten Europas künstlich aufi*echt
erhalten wird.
*) Die Stellen zusammenzutragen und die besonderen Be-
ziehungen naclizuweisen, wäre eine verdienstliche Arbeit.
') Viele Seiten sind in dem ersten Rukn des mCräj unnu-
büwa des Mulni Miskln und seiner osttürkischen Übersetzung
CS. Verzeichnis der osttürkischen Handschriften der
Sammlung Hartmann No. 34) dem Lichtursprung des Profeten
gewidmet.
*) Siehe Georg Hoffmann, Mahdithum S. 19 imd 22.
Digitized by LjOOQ IC
338
Zu S. 289 Z« 8 ft. Schon S. 199 war von dem geistiMien
Stammbaum die Rede. Beachte, daes 8^ 229 in beiden Linien
nur ein Fremder zwisehen dem Stifter der Djnaatie MachdOm
nnd seinem leibli<^en Na<dik<»nmen steht: in der Äfftqlinie der
äeeh Öügbäri (seine Bezeichnung als Ohoga in Me. 40 soll wohl nicht
ZngehÖrigkeit zur Familie der Oiogas im engem Sinne beseichnen)
zwischen Maohdüm nnd seinem Sohne Mnhammed Emih, dem
GroBsyater Äf&qs, in dieser Lntftill&h aus Öust zwischen Machdüm
und seinem Sohne Ishäq, dem Urgrossrater des Cho^'i Öihfin.
Man hat den Eindruck, dass die beiden nicht zur Familie gehörigen
Personen nur eingeschoben sind, um die ScheinTorstellung der
geistlichen Q^nealogfie zu beglaubigMi. Wftre die Leitung nur
direkt yon Machdüm auf den leiblichen Nachkommen flbergegangen,
so wäre die rein weltliche Prätention zu offenbar gewesen. Nun
wird der Suhein gerettet, dass grundsätzlich die Nadikommenaehaft
nichts mit dem Obergehen der göttlichen Ejrafk zu tun habe. Das
noiobi mänaw^ oder rÜhäiH spielte zu allen Zeiten im Orient eine
grosse Rolle. In diesem Sinne lassen die Urkunden der jüdischen
Sekte, welche die Mä8I«h-Idee des ATliohen Kanons eigenutig
entwickelte, den Mann, den sie zum Mittelpunkt und Exponenten
ihrer Ideen machten, sich als ,Sohn Gottes' bezeichnen und Gleich-
giltigkeit gegen die leiblichen Eltern nnd Geschwister zur Schau
tragen. Die Ungeheuerlichkeit, das zu einer leiblichen Abstammung
▼on Gott zu entwickeln und mit diesem unsauberen Mysterium
die Mittel meerweit zu überschwemmen, ist ein Werk der Kirche,
die darin wahrscheinlich unter dem Einflüsse eines auch sonst im
Orient zu beobachtenden Synkretismus steht (Tgl. die ,TOchter
Gottes', fttr deren Verehrung das Ankämpfen Mohammeds ncheres
Zeugnis ist). Der Islam verabscheute jene wild - fantastischen
übersinnlich-grobsinnlichen Vorstellungen. Nur vereinzelt finden
sich Anklänge an das Gott-Maria-Motiv v* Alä-Nür-Ghänum, s.
mein Mesreb 150 Anm. 3). Solange der Islftm in seinem Sinne
gesund ist, findet sich auch nichts von der ^geistigen Sohnschaft',
durch die als Hintertürchen so leicht die »Gottsohnschaft' sich
einschleicht Wohl mehr als durch christlichen Einfluss drang
durch Indien das Sohn-Motiv ein: in der Chazine ist fettend
geradezu gleich: murld.
Zu S. 235 Anm. 3. fjber iSikagha, eig. Tor-Junker, siehe
auch Grigorjew 2, 380 Anm. 53, wo es als ,Kammerherr' ge-
deutet und der Posten als der zweite der städtischen Hierarchie,
unmittelbar nach dem des ]^äkim kommende bezeichnet, auch
auf Jakinth-Bidurins OnHcaHie ^xyHrapiH S. 229 verwiesen wird.
Im wesentlichen richtig schon Walichanow S. 36 (s. oben S. 324.)
Zu S. 255 oben. Über die Verschleppung Choga Ahmeds
nach Tla siehe oben S. 223 Anm. 1. Seine hier genannten Söhne
sind sicher identisch mit dem Bulatun Choga und Chan Choga^
Digitized by LjOOQ IC
337
von denen Bitter 7,510 spricht. Nor ist an dieser Stelle der
äftohvejrhalt yerdunkelt. Bei Ritter sind die beiden Brfider SOhne
eines Mahmud Choga, der dem Daongaren-Ohan Davatn (nnser
Dabagt) Tribat zahlte, längere Zeit als Goa¥emear gana Turkettacs
in Jarkend residierte, dann wieder in Abakaosek im Dzangarenlande
interniert wurde, nnd von den mit Amnrsana gekommenen Ohinesen
befreit und mit Wohltaten flberhftoft, sich treuloa seigte, ohne
dass dann seiner in den chinesitohen Berichten weiter gedacht
wird. In unserm Tezkire ist yon einem Mahmud Cho^ nirgends
die Bede. Dieser Name ist auch nieht genannt in dem Bericht,
dev siob bei Mailla Band 11 findet^ wo S. 563 die Person, auf
welqhe Ritters Bericht passt^ nur Hotchom, d. L Ohojam ge*
naant wird*). Der einzige Hinweia, wer mit dem Mi^tmüd Cho^
gemeint sein konnte, liegt darin, dasa Bnlatnn Cho^ und Chan
Gho^ seine Söhne genannt werdrai. Denn in Bulatnn ist unsohwer
ein ans Burhänuddin veratttmmeltea Burati n zu erkenuMi (ygl.
das von mir nachgewiesene, von Vambery und Radi off
alt «aus Toqat" miSBverstaadene Toqattin fOr Taq^uddin
Qutadghu Bilik Paks. 169, 16, Typen-^Text 281, 2). Ohftn Oho^
ist aber eine durch Verwechslung des Jahji Oho^ mit seinem
Ch&n Choga genannten Grossvater Jahjä (s. S. 217 Anm. 8) herbei-
geführte Bezeichnung. Burhftnuddiu und Jahjft sind Söhne
Ahmeds, der Mahmud Ohoga Bitters muss also der Ahmed Cho^
unseres Tezkire sein. Wenn die chinesische Darstellung auf diesen
nicht passt, so liegt das daran, dass in ihr die beiden feindlichen
Gruppen von V&tem und Söhnen, die in unserm Tezkire so scharf
einander gegen dbergestellt sind, durcheinandergeworfen werden.
Den chinesischen Beamten fiel es allezeit und f&Ut es auch heute
schwer, sich in fremde Verhältnisse einzuleben. Abgesehen von
dem ungeheuren Dünkel, der sie alle beseelt, und der sie auf die
fremden Barbaren als eine quantitä n^gUgeable blicken Iftsst,
deren Verhältnisse und Sprache zu erforschen nicht der Mühe
lohnt, sind sie zu bequem und unbeständig, um in fremdes Wesen
einzudringen. In EaSgarien wurde mir allgemein versichert, dass
die chinesischen Beamten, soweit sie nicht russischem Einfiuss
unterstehen, ganz von ihren türkischen TungSis, Dolmetschern,
abhängig sind, die, selbst höchst unwissend und nur persönliche
Ziele verfolgend, den dummen Fremden das Blaue vom Himmel
herunter lügen. So wird es auch um 1757 gewesen sein, die
Berichte der chinesischen Generale waren Wahrheit und Dichtung,
ein Gemisch aus den lügenhaften Darstellungen, welche die
') Beachte, dass dieser Teil von Band 11 Maillas nicht
von Mailla stammt, sondern von dem Herausgeber, Le Roux de
Hautesrayes, den Mimoirea concemant les CMnois entnommen ist,
8. a a. 0. S. 369 Anm.
Digitized by LjOOQ IC
338
bediensteten Türken den Herren zu liefern ffir gut fanden. Das,
was bei ihnen von dem Hocom = Ahmed (Mahmfld) Oho^ und
von le grand Hocom und le petü Hocom erzählt wird, zeigt Züge
verschiedener historischer Persönlichkeiten durcheinandergeworfen.
Bei Ritter a. a. 0. haben die Brüder Bulatun Cho^ und Chan
Cho^ die Nebennamen: »Djagan Ehodja' und ,Khodjidjan\
Sie erklären sich durch die neue Quelle Ms. Hartmann 75. Dort
(s. hier S. 314) heissen die SOhne Ahmeds : Qili^ Burhänaddm und
Choga öihän. Man darf Cho^ öihSn in Djagan Ehodja, Qilig in
Ehodjidjan finden. — Zu bemerken ist, dass auch die Darstellung
unseres Tezkire nicht ganz einwandfrei ist. Was in KaSgar und
Jarkend vorgegangen, wird von dem Verfasser, der sich aof Augen-
zeugen stützt, im ganzen richtig dargestellt sein. Aber das, was
ausserhalb der beiden Städte vor sich ging, ist sehr flüchtig be-
handelt. So ist von Kö6är, das in allen diesen Kämpfen eine
bedeutende Bolle spielte (Über seine wichtige strategische Stellung
siehe Ritter 7, 511), gar nicht die Rede. Doch das Werk
Muhammed ^ädiqs will ja nur Spezialgeschichte sein. Wir dürfen
die HofiEhung nicht aufgeben, noch über andere Teile Ostturkestans
Spezialberichte zu finden.
S. 104 Anm. 1. (qalmaqischen?): zu streichen. — S. 212.
Erleuchtungen und Anm. 3: NachDschordsch4ni, Definitumea
193 ist karäma Wunder eines Nichtprofeten, mii§ua Wunder eines
Profeten, istidräg Wunder, das nicht von Glauben und Frömmig-
keit begleitet ist (S. 20 s. v. isHdräj fehlt diese Bedeutung, wenn
man sie nicht implicite in Z. 9 f. finden will). — S. 225 Saorun
(S. 238 Anm. 4 aartm): wird mandschurisches «drt'n ,Thron^ sein.
— S. 249, 6 V. u. Jüsuf: sehr. Chog^aS Öihän. — S. 318: Von den
Tezkires der fabelhaften Vorfahren Machdüms sagt Einiges Grenar d
Mission III am Anf. ; das des Eemäluddin im Institut de France. —
S. 319 Anm. 1 : Schrieb wirklich §äfi*i ein ,Liber de probanda
prophetia et refutandis Barahimitis* (Wüsten fei d, El-Schafii
46), 80 hat man sich schon 200 Jahre vor Ibn BäbCge Über die
profetenlosen Brahmanen erregt. — S. 324 Anm. 1: Sollte nicht
doch, trotz der strengen Scheidung in der Theorie, der Anklang
von Äpäq an Appaq Anlass zum Namen ,Weis8e (Weissbergler-)
Partei geworden sein? — S. 332 Anm. 2: das Spiel mit *ti8r und
jusrain ist alt; *Omar schrieb an Abu 'Obaida: , . . . ein ^wr
wird nicht zwei jwr unterkriegen* Abu Jüsuf 87, 24. — S. 336:
Zum Licht-Motiv s. Krem er, Her /seh. Ideen 133 f., jetzt besonders
die Arbeiten Useners.
Digitized by LjOOQ IC
339
iH ©q
09
s
'S .«
CO
-2
lO
OQ CO
lO CD
a
H
QQ ^
o
a
a
P
o
o
P
OD
^1 2
^3 a
p
es "XJ a
^
-ü-^
s
CO
I
leS
^ (N
CO
TS
a
a
'S-
13
TS
a
1
'S-*
*^
6«
^
' fl
«'S
)
■ 5>
•03 •
«^
,QQ
0S2
1
a-dH
. Oh
<
C
a
TJ
il
'^1
1
4
' l»H
i^ 1.
s
s
'S
^5
1
w
"3
a
^
• .
M
a
^
^
;3q
j{/
cg
TS
(TU
TJ
<0
4)
^
a
'S
4
i
QfQ
^
'TS
a
M
a
o
1»^
NH
'^
»-H
1
TS
1,
hH
|-
'S
1
1
OQ
«
a
s
-^
i
<:
. ^
^•
P
f £
M
SS
'S
3
^
a
i«6
ilS
•75
11
1
<
Ip
TS
-§
_ M
OQ CO
kO CD
145
10
Digitized by LjOOQ IC
340
iH (M
CO
lO
00
s a
. es
[ 1
.S^'^
QQ ^
CO
IQ9
'S^
3 SP
S3 ^
a
l)
PQ
Q^
:s
feq
•es
^
o
*i3
icS
;:d
5^
iSp^
fl .
ö»"
*A
109
l#H
1
n3
©
2
M .
lOÖ"^'
0) CO
h
Öffl
a«
•«M
-«^ OQ
.§ •
'S
a
»
•ts
er«
d
108
TJ
•5
4>
^
a -
5 -
Q
«5
1^
,§«5
•< KD
fi ^ Q^ OD
^t a .
S ^3 **
•S >bo • "^
ÖS ^PQ
i^O^ »CO .
S 2i
OD
3 i
55 I
S3
o
|a
>bO
o
O
a
loe
ü
100
08
S
PQ
M
108
PQ
TA
OQ
>W)
s
TS
a
d
d
'ioS
n
d
•08
o
d
I s
108 — N
ja
CO
lO
00 Od O
146
Digitized by LjOOQ IC
341
CQ
CO
^
ic5
<d
i>
f §
■|
li
<
f *
M
x n
•§
wä
M
s
«
r C^
1
J
<
^
•fl.
t*
ü
^
'S
10
5
A
s
5
>a
148
1
x^
1
li
148
r 08 -.
1
1
iS
C*
' g
'S
|2
bO
5
>So
^
5*
148
^
^
Srf
S
f
1
1
1
•5 *
\l
1
1
Jüsof Nizäm
II
ll
s
P
^
1
2 '
1^
'^
, w
1
JSP
S
ö
IQQ
:3
.9
•f^
X5
a
•
CS
1«
s
1
g„
^
.a
.£
»g
•a
je
•d
s*
Ä
OQ
a>
no
p)
48
ä
C
o
•«^
«O
^
o
o
09
^
n
ä
1
•S
o n
o o
'S
^^
>&
5
48 «8
6
Ii^
^
o
^
.S
^48
M
►-Ä
ö»
g
48
»
148
•n>
'S*
^
t*
^ ©r
i-s
§1
•t.s
S -'S
CT"
!^
■w
Is.
<N CO
147
10*
Digitized by LjOOQ IC
S42
CO
lO
«0
10
CQ
1
I
ia>
108
Sl
MS
QQ
a
'S
I.
6
^
^
a
s
Eh
d
loe
Q
n.
a.
£
Eh-
ic8
loe
Tos
i ^
So "^
UV
PQ ^
Ol ^
I
n3
a
I
«o
lO
14«
Digitized by LjOOQ IC
343
iC
00
ig
:5
es
9
ff
*ii
»sS
I
*♦ iiÖ
1
o
'3
*0
I
a
f
I
n
lr|
.ts
a
a«-
IQ9
CO
IS oi
m
Digitized by LjOOQ IC
S42
CO "^
iO
«0
10
I.
<
CQ
1
ia>
I
MS
I
J3
ic3
^
I
I
El
PQ.
a.
u
Eh.
.i
ü
'S
TS
i ^
So "^
UV
PQ ^
er«
•i ?
n3
C3
I
«O
lO
14«
Digitized by LjOOQ IC
343
lO
kO CO l> 00
%
■ff
1
I
Ol
9
tfi
•g
^'
■«US
<i)
iCS
m
I
O
TS
-a
4r
6
0)
«0
6
I
«
11.:-
<5
•ti
M
a
CO
ex;
M»
Digitized by LjOOQ IC
Zn den TaialB.
Zu AI Z. 2. Ans dem bisher Bekannten und Bartholds
neuen Quellen lässt sich die volle Reihe der 13 Söhne 'Ab dar -
rafiids I. herstellen. Zu den in der Einleitung zu Elias-Boss
EkUny of ihe Moghuls 8. 121 f. nach Emin Ahmed Bäsi ge-
gebenen elf Namen gesellen sich nun aus ßartholds neuen
Quellen die beiden fehlenden: Abu Sa'id und Jünus. Wen
Barthold (S. 306 n. 2) mit dem /Abdullah* meint, der in der
Tafel des TR (zu S. 49 des Textes, nicht der Einleitung) fehlen
soll, weiss ich nicht. In seiner Darstellung kommt ein 'Abdullah
b. 'AbdurraSId I. nicht vor. Über Quraisch s. Koman-
dirawka 289. Mit Rücksicht auf den Raum wurden in die
Tafel nur die 6 Söhne aufgenommen, von denen Nachkommen
bekannt sind. Die ganze Reihe lautet: 1) 'Abdullatif 2) 'Abd-
ulkarlm 3) 'Abdurrahim 4) 'Abdul'azis 5) Adham ge-
nannt ^öfi Sultan 6) Muhammed 7) Muhammed Bftqi
8) QuifaiS 9) Abu Sa*id 10) UluS 11) 'Ärif 12) *Abd-
urrahlm 13) Jfinus^)
Z. 3. SSh Haidar Muhammed: s. Komandirawka 241
n. 2. — Oh ud ab ende nach Komandirowka 239; sein Bruder
unbekannten Namens hinzugefägt nach TR Intr. 121. — 'Abdul-
karim Sohn Abu Sa*ids nach Kam. 241. — Die Tochter
Muhammeds nach Kom. 239.
Z. 4. Muhammed HftSim: gleich dem HäSim S. 293; der
volle Name nur Korn, 239.
Zu A2 Z. 5. Erke Sultan: wahrscheinlich ist ihm als
Bruder hinzuzufClgen der Chudäbende, der 8. 302 erahnt ist.
Da er unter *AbdurraSid 11. Chotan verwaltete, darf er wohl
als Sohn von diesem angesehn werden. Sein S. 303 genannter
^) Dass in dieser AuMhlung der Name 'Abdurrahim zwei
Mal vorkonmit, ist anstössig. Schon TR hat bei 12) 'Abd. ein?
Barthold macht diesen 'Abd. zum Grossvater des 'AbdurraSld IL
Dann ist wohl an Stelle von 3) 'Abd. .^Abdullah' einzusetzen.
150
Digitized by LjOOQ IC
345
Sohn Iskender ist der letzte uns bekannte Spross der tnrkeatani-
schen Öaghataiden, der einzige Vertreter der fSnlten Generation
nach 'AbdurraSid I. — Was ans Snltän Ahmed Chan (s.
8. 804 n. 3) geworden^ erfieihren wir nicht.
Zu B Allgemeines: Nicht beachtet wurden für Text nnd
Tafeln die Angaben ans chinesischen Quellen in Imbanlt-Huart,
Beeueil de Documenta sur TÄsie Centrale [Pnbl. tc. LL. 00. W.
XVI], Paris 1881. Die Art der Bearbeitung lässt das Zorfickgehn
auf die Quellen nötig erscheinen. Hier kommen in betracht:
1) das Orts-Lexikon Hs\jüt'ongwen6e in 6 Sprachen, von dem
Imbault-Huart nur der deutsche Auszug Elaproths vorlag, s.
S. 64; vgl. S. 71; 2) das ÖengwuCi des Wei Juan, s. S. Vif. In
der Tafel aus dem Öengwuöi (8. 63) herrscht Verwirrung. 26*)
Ma mo t'o kann nur gleich Muh am med [beständig mit Mahmud
verwechselt] Jüsuf sein, 30 Po lo ni tou ist gleich Burhänud-
din; dazwischen sind aber nur zwei Namen: A pou tou che t*o
als Sohn des Ma mo t'o und Ma 'hann mou t*o als Sohn des
A pou tou che t'o. Das Hsijüt^ongwence hat richtig*): Mah-
moud Youssoub < Idaya Toulla K*odja < Yaya K*odja
<^ Mak'anmout <^ Boronidou. In dem A pou tou che t^o
wird Hidftjetullfth Apäq zu sehn sein. Was für die Genealogie
aus dem Imbault-Huart 'sehen Werke erwähnenswert ist, ist in
den folgenden Bemerkungen beigebracht.
Zu Bl Z. 2. Die Namen der elf Söhne des Machdümi
A^yem nach Rolle Hendricks. — Das Hsijüt*ongwen6e gibt
(Imb.-Huart 66) folgende 14 Namen: „Mahmoud Emin —
Dos K*odja — Bak*agudoun — Abdou E'alik — Mah-
moud — Ibrahim — Isak — Mahmoud Ali — Alalyan —
Mahmoud — Sedek — Hassan — Chaike K*odja — Ab-
dou Ha.*' An Dos K'odja, den ich keinem der 13 Söhne der
Tafel mit Sicherheit gleich stellen möchte, schliesst das Hsijüt.
folgende Linie: ^Mustapha < Ouchi K'o^ja — Sulaiman
< Abderrahman < Abdanasset.**
Zu B 1 Z. 3. Das Hsijat'ongwenöe gibt als Söhne des
Muhammed Emin: „K'asem — Mousa — Memin — Mah-
moud Youssub."
Zu B 1 Z. 7. In beiden oben angeftlhrten chinesischen
Quellen heisst nach I.-Huart S. 63. 66 der Vater der beiden
Brüder Muhammed („Ma *hann mou t*o**). Die Einsetzung
dieses Namens statt des Ahmed der islamischen Quellen anzu-
nehmen, ist unbedenklich. — Über das Schicksal der Verräter
^) d. h. der 26. Nachkomme des Profeten.
*) Leider sind die Namen hier in verzerrter Umschrift ge-
geben; ich behalte J. Huarts Schreibung bei.
151
Digitized by LjOOQ IC
346
Bar^ännddlzi und Ohoga ^iliäii (t. oben S. ^), die V9ii4ßxi
GhiaAGl^zi, nacihdein sie ihre Schold^keit geimn, echlecMfogat aiki^ie-
scihüttelfc ;v^M:dAz^ e. fmbaplt-Huari 1%S^).
Zn Bl Z. 9/ We^ Juan bei ImbauXt-Hnart 12: ^n
(d. b. Öäiäo^Jrs) päre, ßa ;(iioa k'o, fils ^ Boronitoa'; der-
selbe Wei J^a^ bei demaelbexi L-Huart ß3: ,Tc^ang ko eal
(Djibanguir) fils de A pou tou li (Abdool)', «fthreod Sa mo»
k^o keine Nachkommen hat Ein g^heimnisYolier WidervprQoh,
der wohl auf ein Versehen L^Huarts zurftckxufohren ist. Das
Richtige ist: Sarymsaq < ;Öihängir.
Zu B 1 Z. 10. Mu^ammed Emin Katta Torem: di^B ifit
wahrscheinlich der „nereu de Djihanguif, Sa mou 'h^n", der
nach Imbault-Huart 38 im Ce^gwndi des Wei Juan gßOßimi
wird. — Von Büzürg sagt Wei Juan, der ihn Pu su p'u
nennt, er sei 1829 sechs Jfdir alt gewesen L-Hnart 60.
Zu B 2 Z. 4. Ssdis Tpchter ergibt sich aus 8. 296, wo
Yon seinem Schi^iegersohn Pädiiäh Oho j^a*) die Bfde ist. £ifi«ti
Cho^a dieses Namens gibt es iß. der Ishäq-Iinie nicht. Das»
Sädi seine Tochter eupuem Abkömmling des iS&ni JB^al&n gab,
ist be^ dem schi^ächlichen Charakter des l^annes nicht unwidir-
scheinlich (er verschenkt Ländereien an «eine Enißin^e S. 207);
auch wuchs flieh der Zwist erst durch den strebsamen Afäq aus.
Doch ist auch in der Ifaq-Linie kein hier passender PädiSäh
Chogam ku finden. Denn Mehdl Gäiin, genannt Pi^iSäh
Chogam ,(S. 314), Sohn Äfäqs, kommt nicht in bel^racht.
Dass die ^äq-Linie mit der filnften Generation nach
Ishäq Wall sollte aiisgestorben sein, wie ei nach Bl und B2
den Anschein hat, ist nicht anzunehm^. Fflr die Zeit um lUO
kann die Existenz von IshSqiden als gesichert gelten nach der
Bemerkung des ^uj^ammed $ädiq Kadgari über eine in dem
Beeitz solcher befindliche Urkunde (S. 200).
Zu B 4 Z. 6. Das Hsijt»t'ongwen&e gibt Mamoun {=
Mu'min] nur 5 Söhne: „Mousa — Cha K'odja ['Inl^et Sür
PädiSäh] — Ali jE*odja — Abdoulla — Eseyen E'ousin
[= giusain Erke] — Phassa«.
ZuB4 Z. 7. Von den vier Töchtern des *Inäjet Sir
Psdidähim ist eine verheiratet mit ^Abdullah Chan B 3, 6.
Zu p 6 Z. 7. Das Hs^öfongwenöe gibt Müsä 3 Söbnß:
„Mahmoud — Mahmoud Emin — Arib."
') Wei Juan macht bei Imbault-Huart 6f. die Konfusion,
die schon S. 337 bemerkt wurde.
^ Es wird zu schreiben sein Chogam. Die Begel ist, dass
bei den Namen der Machdüm-Söhne ein jyCbxkj^" vor, ein
«Chogam'' hinter den Namen gesetzt wird.
Digitized by LjOOQ IC
Ml
Indices,
1. Peni0ii-I)94eK*),
«AMbI'wz b. 'AJtNluirafid L 344.
(zu A 1, 2).
'Abdol^aelto Ohal|Maa b, AStar
Qh»}pam 2Q8.
'Abdulch&Uq Bek 259. 272.
' Abdolchäliq Qhagdawänl 309 u.
n. 2. 333.
'Abaalchäliq (0^0^^) b. *Ixi^et
Eirämet 314. B 4, 5.
* Abdulchäliq b. JabjäO];Lftn€h(^
2J9 n. 5. 314. JB 1, 6.
* AbdBlchSliq (Choj^a'A. Ghogazn)
b. Jd3a]i b. Ahmed b. JaJ^S
b. Ifäq 314. B 1, 8.
* Abdnlchsliq b. Madidömi A*?^aa
B 1,2.
* Abdul^ldXbnMlr $älih 807.315.
'Abdnlkarlm Chäa b. 'Abdorrar
8id I 201 f. 201 n. 1. 203
u. l. 291. 292 n. 1. 294 n. 1.
344. A 1, 2.
'Abdolkarim b. Abu Sa'id 344.
A 1, 3.
'Abdulkerim 270.
'Abdallah s. pgf .
*AbdTiU&h (Achond ^ä^l) 273.
'Abdallah Bek (Mirzä) 296.
*AbdaUäh Bek, Kii^gise 259. 268.
270. 272. 283.
* Abdallah Chifx II, der Saibamde
201 n. 1. 204ff. 204 n. 3.
292 a. IL 1. 2. 293 o. 2.
'AbdoUih b. 'AbfoS8 335.
* AbduU&h b.' Abdullah A&al 318.
'AbdulUh Chan b. 'Abdoxrai^m
Chan 207 u. ». 3. 209 n. 5.
210. 296 u. n. 3. t$l ff. 297
n. 1. 301. 321. A 2, 3.
'Abdallah Afzal b. TäUb 318.
* Abdullah Aq Boghrft (Ohoga
*A. A. B. Ghogam) b. Mu'min
b. *Jnäjet KirämetaUäh 314.
B 4, 6.
'AbduUäh A'xag b. Qasan Ufas-
ken 318.
'AbduUäh Dihlewi 311 n. 3.
* Abdullah (Oho^a *A. Chogam)
b. Ja^ä §ädi 208. 210. B 2, 4.
*) Bei der Anordnung sind die auf den Namen unmittelbar
folgenden Wtlrdebezeichnungen (Sultan [= Prinz], Ohftn, B§k, Choga)
und Verwandtsdialtbezeichnaiigen (b. = Ihn) nicht beachtet. —
Die dem Namen in Klammem folgenden Bezeichnungen etehen
im Text vor dem Namen, z. B. Mehdf Okin (Oho^a) =^ Ohoga
Mehdi Oh&n. — Suhan am Anfang eines Namens ist nidit Titel,
sondern Bestandteil des Namens.
lU
Digitized by LjOOQ IC
348
* Abdullah b. Jolbars 298. A 2, 6.
'AbdallSh (Choga) b. Oho^
Jäsnf ; gen. Babaq *Abdtillsh
230 u. n. 6. 231. 233 u. n. 2.
238. 247. 252. 267. 263. 265ff.
279—284. B 2, 7.
'Abdullah Chan b. Bahmetulläh
314. B 3, 6.
'Abdullatif, gen. Apaq [Appaq]
295. A 1. 4.
'Abdullatif Sultan 200 u. n. 2.
'AbduDatIf b. 'Abdurrafiid I 200
n. 2. 344. (zu A 1, 2).
'Abdulmegid (Choga) b. Molla
Taqi 238f.
' AbdulmegTd der Gagchan 265ff.
'Abdulmenär (Mirzä) 273.
*Abdulwahhäb, Häkim von Aqsü
230. 235f. 236 n. 2. 240. 251.
254. 258£. 264. 267. 270. 272.
^AbdulwahhÄb (Mirzä) 273.
*AbdulwÄhid Färüqli Sirhindl
311 n. 3.
'Abdurrahim 272.
'Abdurrahim Bek 239.
^Abdurrahlm Bek, Dolaneubek
259.
*Abdurrahim Chan b. *Abdurra-
Sid I 292 ff. 294 n. 2. 295 ff
300. 344. A 1, 2. A 2.
*Abdurrahim (Choga) b. Choga
Jüsuf 231 n. 3.
'Abdurrahmän Chalpa 273.
'Abdurrahmän b. Mulgam 265.
*Abdurrahm5n Bek b. Sirä Mu-
hammed Emln Bsk aus Eafigar
259. 272.
'AbdurraSld Chan I 200 n. 2.
201 n. 1. 291. 292 n. 1. 295.
306. 326. 344. A 1.
*Abdurra8ld ('Abduliget) Chan 11
225 n. 1. 3011 302 n. 1. 313
u. n. 4. 325 n. 1. 327 f. 328
n. 1. A 2, 4.
'Abdurrazzäq Chalpa 216.
«Abdu^samad (Cho^' A. Chogam)
313. B 1, 5.
«Abdussattär B§k b. <Abdulwah-
häb Bek 259. 272.
»Abdussattär 270 (= *A. b.
'Abdulwahhäb?)
* Abdussattär, Bruder Jüsuf Beks
272.
'Abdussattär BSk 236 f. 236 n.
2. 240. 259.
Abgägl Ata 320.
*Äbid (Chog:a) b. *übaidulläh b.
Dänijäl 230. B 2, 7.
Ablun-Muchan s. Abul-Muham-
med.
AbüBekr der ChaUfe 196.284.307.
Abu Bekr Dulaf (oder Öa*far)
ASSibll 328 n. 2.
Abu Sa*ld b. *Abdurra5id I 292.
306 n. 2. 344. A 1, 2.
Abulbaqä Bahä'uddln s. Ba-
hauddin.
Abul-Hädi 296 £.
Abul - Muhammed (Ablun-Mn-
chan) b. ^Abdurrahim Chin
2961 301 u. n. 4. A 2, 3.
Abulqäsim s. *All GurgänI.
Adam 3181 335.
Adham b. *Abdurra8id I, gen.
Söfi Sultan 344. (zu A 1, 2).
'ÄdilSäh Därchän b. Ismä'll Sek
282.
Äfaq (Äpaq) (Choga) s. ffidiyet-
ulläh.
Afffiq 8. Appaq.
Aghwa§ Chan s. Muhammed
Mu'min Chan.
Ahmed s. Sultan. Sugä*uddin.
Zijä'uddln.
Ahmed b. 'Abdullah 318.
Ahmed Ch^'ägegi (Saijid Mir),
gen. Machdümi A'zem 8.Mach-
dümi A'zem.
Ahmed Färüql gen. Imämi Rab-
bani 311 n. 3.
154
Digitized by LjOOQ IC
349
Ahmed (Cho^a A. Oho^m) b.
Ja^ä Chäa Chog^a 218 n. 5.
219f. 220 D. 2. 6. 223 u. n. 1. 3.
271. 304. 314f. SMff. B 1, 6.
Ahmed Jasawl 309 n. 1.
Ahmed b. Machdümi A^zem
B 1, 2.
Ahmed Bif at 307 n. 2.
Ahmed (Cho^) b. 'Ubaidulläh
b. Dän^ftl 230. B 2, 7.
Ahrär Wali a. *Ubaidulläh b.
Mahmud.
AI ^Azim bint Mahmud b. Müsä
315. B 6, 8.
Ai ^Azim bint Mu'min b. *Inl^et
EirkmetuUäh 315. B 4, 6.
Ai Begum bint Ja^'a Chan
Choja 218 n. 5. 314. B 1, 6.
Ai Begum bint Qin&'at 314.
B 5, 5.
Ai Chenim bint Käfgln 315.
B 4, 8.
AijQb (Choga A. Chogam) b.
Dän^äl 228. B 2, 6.
Aiman Gh^ä§:a Snltän b. Ahmed
ChAn 312 n. 4.
*Ainäla 'Azim bint ^Inäjet §ir
P. 315. B 2, 7.
ÄUflä bint iSikäghä Nijäz Bek^
(Gattin des Ja^qüb Chogal
Öihän 271. 277. 281.
Ajoki, Chan der Tnrgat-Qalma-
qen 227 n. 2.
Ajdar Niijäz 260. 272.
«Alä Nur Ch&num 336.
*Airnddin 'Attär 311 n. n. 1.
2. 3.
'Älemiäh Bek, Häkim von Jar-
kend, gen. Sikemi Ealän 221
n. n. 2. 304f.
'All der Chalife 265. 308 n. 6.
*Ali Öong (Choga 'A. Ö. Chojram)
dl4f. B 4, 6. B 6, 6.
'Ali Qnrgäni Abnlqäsim 308 a.
n. 6. 8.
'Ali b. Öaf ar Alcbarraqäni, gen.,
Sech Abalhasan 308. o« n.
5. 7.
'All Bämitani 310 u. n. 1.
'Ali Ridä, der achte der zwölf
Imame 318.
Allah Quli Bek, Häkim von
Kööär 259. 272. 276.
Alp-Ata 294 n. 1. vgl. Sultan
Alfata.
Alp Bilge 320.
Alp Qutlug Kül Büge 320.
Altyn Büzürük 208 n. 2. 228
n. 1.
Alwalid b. Tarif ASSäri 321. ,
Amin Ahmed Räzl 202 n. 11.
290f. 292 n. 1. 295. 306.
Amursana Fürst der Qalmaqen
231 n. 6. 235. 240. 253ff.
254 n. 1. 2601 272 f.
Apaq [Appaq] s. 'Abdullatif.
Apaq b. 'Abdurrahim Chan 296.
A. 2, 3.
Appaq Chan ' Azlm, Tochter Äfäqs
314 u. n. 1. 315. B 1, 5.
Aq *Azim bint 'Inajet §ir P. 315.
B 4, 7.
Aq Barut aus Chotan 273.
Aq Peste Cho^m b. Husain
Erke 315. B 4, 7.
AqbaS Chan s. Muhammed Mn'-
min ChSn.
*Ärif 298 n. 1.
'Inf b. 'Abdurraäld I 344. (zu
A 1, 2).
'Ärif Rewgeri 309 u. n. 3.
'Arüs (Choga) aus Gag^char 273.
Arzü Muhammed, Eirgisenfdhrer
220.
AStar Chalpam 204. 206.
*Agür Qöä 277 f.
'Attar 8. *Alä 'uddin.
Aulg& Chan Cboj^am b. Bahä-
'ndiün b. Samsaq 314. B 1, 10.
Aureng-Säh (Aurengzib) 299.
Digitized by LjOOQ IC
390
'A'ma. (VoDä "A. A^ehood) 200.
von Qarghalyq 259.
<Awaz Cküim 278.
•4<«roE 8aqal <MoUa) 27B.
.... «IzTm bint Sir fMfi&h
814.
'AzimSah %. AbdnU&h b. Jösof
967.
Bäbft Chogam b. Mahmud b.
Müsft 315. 6 6, 8. *
Bäbä Chogam b. HJbaidullah
Otrangi 315- B 6, 7.
Bsbäji Samftsi s. Mnhammed
B^bäji Sam&8i.
Babaq Bek 298£.
Babaq Sultan b. Isma'il Chan
209. 211 u. n. 1. 214.
Bahä'nddln b. 'Inäjet Eirftmet-
ulläh, gen. Abolbaqi Baha -
uddin 314. 316. B 4, 5.
Bahl^'addin (Cho^a) b. Mach-
dttini A*zem 229. B 1, 2.
Bahä'uddin Naqfibend 307 n. 2.
310 u. n. 4. 311 n. 2. 3.
Bahä^uddin (Cho^ B. Cho^m)
b. Sarimsaq Chogam 314. B
1,9.
Bahräm Bek 261.
Bai Püläd 278.
Bajän ÄghäSa, Frau Choja
Jüsufs 231 n. 2. 239.
Bäjezid TaifQr Albist&mi 308 u.
n. 4.
Bftqi Serterftfi (MoUa) 272.
Bttqir (Choga B. (Äog:ain) b.
P&rei 315. B 4, 7.
Barat (Ächond Mirzä) 216. 216.
u. n. 1.
Barät (MoUa B. Ächond) 260.
272.
Birfnq, Idiqnt der üigaren 247
n. 1.
Beh&dnr B§k 276.
B^hftdnr Bi s. Qtt Vinä.
BekiftS (HägQ b. Mrfhttmlti»d 4).
IbriOilm.
Benecfikt OoSs 292.
Bibi^l Kaigatf (BSbiga) 197 ti.
n. 1.
Bübi^ 8. Bibl^
Buddha (Molla Kiiti, Saki
Hftini) 210 u. n. 4. 826.
BorhSnuddin s. C^ig; B. b.
Jaljä.
BorhloiQddm fChoga) b. Jüsof,
gen. Erke Chogam 280 u. h,
7. 231u. n.4.252. 273.283.
B2, 7.
Borhinuddln b. Ch^ä^ MnJ^am-
med 318.
Bnxhftnuddia QUi|^ b. Kemälnd-
din Magnün 196f.
Bäzürg Gho^ b. «Abdullah b.
Rahmetulläh, gen. Büzürg
OhSn Torem 287 u. n. 2. 314.
B. 3, 7.
Büzai;g Chogam b. Öihän^r 314.
B 1, 10.
Chadiga Bänü Begum, Tochter
Iftqi 818. B l, 6.
Chalil b. Madidümi A'ze« B 1«2.
ChftmüS 8. Xl^muddiii.
Chinnn (Otoiim) PftdiUh Hub
BäBüf Gattin ifaqs, tncb gen.
Öelläd OHiftn P&difiik nmd
Öelläd Chinim tt«ff. 216 n.
3. 218 n. 2. 219 n. 1. 808
u. n. 4. 304. 313 u. n. 4.
A 2, 4.
Qh&nsfide B«gm, SohirMter
Äfaqs 313. B 1, 4.
Caiarraqaiii «. 'Ali b. Öa*fitf.
Ohoi» Chenim bi&t Kifiw 815.
B 4, 8.
Cho^l ÖälB e. Ja'qftb b.
Dänijäl.
IM
Digitized by LjOOQ IC
Qheiani Pädiüb [= VU^ih
Chan 'A^A?J 31&
Gho^ Cbog:a 273.
GlioS Kipek Bek, Qftjdm von
Eaigar 2321 232 ^ 1. 2. 237.
339. 2411 246. 867. 266«.
CbnstQB 335.
Chudäbende (b. 'AbdairaSid II ?)
302i. 344. A 2, 5.
Chadabande b. Quraii 344.
A 1, 3.
Oboidäberdi, Qakim yon Eö5är
272.
Ghndajiär Bek 259.
Cbadl^är IfiikäghA 235ff. 238ff.
Ghurdek (MoUa) ]98f.
Chwäga Muhammed b. Pir
Mohammed Ch^&ga Diwane
918!
Ohwsjegä (Ok^aj:a> 316 n. 3.
Chwägregi (Maniänl^ 316 n. 2.
— Vgfl. Maohdümi A^zem.
G{MK>hi s. Ja'qüb.
Öingiz Chan 291.
Dabä^ (Dayatsi, Tarwa-tsi, De-
ba|[i, DabaE^i), Fürst der Qat
maqeA 231 n. 6. 235 n. n» 1.
25Sf. 263 n. 3. 260 u. n.
5. 273. 337.
DSghiz ^Azlm bint 'Iniget. Sir
P. 315. *B 4^ 7.
Dänijäl (MirzS) 240.
Dänijäl (Ohoga) b. 'UbaidoUäh,
gen..Eün Ohogam 210. 216
u. n. 1. 219ff. 222 n. 1. 223
n. 1. 3. 227 f. 228 n. 1. 3.
229. 304. 305 n. 1. 388.
MOf. B 2, 5.
Daulet Cho^ 259;
DerwH (Maal&nft) 311 n. 3.
DerwiS Bakäwul 238. 241. 250.
265. 278. .
Dostam SoUän 204f. 292 u. n. 2.
3di
Dun öhßXfß (jSiEeli) dmQbakm
273.
Elljähü 384.
Eliiä' 334;
Eljäa Iföräofaor (JMawol) 9?^.
WaOa 8. Amin.
Emir Euläl Sach&n 310^ n. n. 3.
Bh-k» Cbän 2&5.
firke Cbd^pam s» Brndüauildin
b. Jüsof. HosainErketCbej^am.
SriM S«a«ftn bw 'AbdturaMd U
225 n.'l. 902. 344. A 2, 5.
Fadl b. MnhamiBod F&rmadi,
gen. äeeb Abu 'All 30S o. n.
6. 7.
FänfaS 'A^fm \mi *Uba^biUA
Otran^ 315. B 6, 7.
FärmadÄ ». Fa41 b. Miihaini»«d.
Ferm&n Qa]i Bek, DoianeiaMk
259. 272.
Qaldan BoSoktu, Fürst der
Qalmaqen 300 u. n. 1. 301 f.
325 u. n. 1.
Galdan (Qhaldan) b. Öirln =
Graldan Tsering Fürst der
Qalmaqen 225 n. 1. 227 u. n.
1. 228 n. 3.
Grünwedel 326.
Gunbez 315.
Ohagduwäni s* "Abdnlohäliq.
Ghalga K, KirgisenfOhrer 251.
Ghäzi Bek, Hftkim von Jarkend
241. 243ff; 256. 269, 271. 273.
275 f. 278f. 281.
Ghijät (Chog^a) 276 u. n. 1.
^«far CSi&n.(Atalyq) 299.
Öa*fari 9ädiq 308 n. n. 3.
ÖalSluddln b. Borhizuiddiki, Vater
de» MachdOmi A'Kem 318*
W
Digitized by LjOOQ IC
352
Öalälnddin b. Ssli Husaiii 318.
Öamäl Alqaril 289 n. 1.
Öänibek Chan 292 n. 2.
ÖÄTüb Bek, Ergise 2201
Öehänglr s. Öib&Qgir.
Ö^äleddm Eümi 217 n. 1.
Öemile igbÄöa, Frau Choja
Jüsufe 231 n. 2. 261.
Öihingir Chog^am (Saijid Ö.
Sultan) b. SarimBaq Cbogam
286*. 314. B 1, 9.
Öisang (Dangön) qalmaqißcher
Offizier 260. 272.
öisang der Amban 261.
Öong Choi;ain a. 'Ali Öong.
Öügeton b. Jeldang Taiäl, qal-
maq. Heerführer 299.
ÖUJibW (Choga) 229.
Güjbäri (Sech) 336.
Önnaid Baghdädl 308 n. 6.
Öurabek (Generalmajor) 290.
Hä^ 'Abdullah 294.
gaidar (Mirzä), Verfaaser des
Taiichi Rafiidl 292 n. 1. 317 f.
325f. 331 n. 1.
5aidar (Mir^) b. Mirzä DÄnijäl
' 240.
Haidar Eän 290f. 292 n. 1.
Haidar (Mirzä) b. äihäbuddin
Bakftwul 284.
Qakim Mirzä, Qipöaqenföhrer
* 270. 272.
9äkim Ulugh §äh 294.
galima Bänu bint Molla Taqi
238.
HamadSni s. Jüsuf b. *Aijüb.
Hasan (Chog^a) ? 261. 266.
Hasan (Cho^) ? 276.
Hasan Bek 298.
Hasan Chog:ain b. Ä&q 2161
Hasan XJl'askerT, der elfte der
zwölf Imäme 318.
IgEasan Qirän Choga b. Jaqüb
ChoJaS Öihän, gen. Qirän
Choga 244. B 2a, 7.
Hasan §Shibqirän (Chojl^a H.
Chogam S.) b. Ifaq 313 u. n.
4. B 1, 6.
HäSim Dehbidl b. Muhammed
Emln 229. .313 u. n. 2. 3141
B 1, 3. B 3.
Häfiim (Muhammed H.) b. Chudär
bende b. Quraifi 293. 344.
A 1, 4.
Hääm ( ASem,I5im) Sultan (Chan),
ein Kasaken-Sultan 220ff. 220
n. 3. 222 n.l. 3041 306 n. 2.
HäSim b. Machdümi A'zem B 1,
2 (s. Bemerkung zu B 1» 2).
Hemdem Bakäwul 273.
Hidsjetullähb. Muhammed Jüsuf,
gen. Ifaq (Äp&q) Choga 207
u. n. 2. 209ff. 213 n. 2. 216
n. 1. 3. 216 n. 2. 217. n. 2.
218 n. 2. 2291 251. 264. n. 2.
299 u.n.l. 300u.n.l. 301ff.
307. 313 u. n. 4. 3141 S21ff.
328ff. 336. B 1, 4.
Ho5om le grand = QiüJ Bor-
hänuddln.
HoSom le petit = Jal^jä b. Ah-
med, gen. Chan Cho^
Husain Brke Chog^am b. Mu'min
' b. 'Inljet KirSmetullah 3141
B 4, 6.
Huswn Faizulläh Chogam 263.
Husain Mirzä Baikarä von Herät
229 u. n. 1.
Husn B&nü s. Chänim Pädifiäh.
Ihn Bäböje 319 u. n. 1.
Ihn Jüsuf Chalpam 206.
Ihn Tülün 320 n. 1.
Ibrahim (Molla) 324 n. 1.
Ibröüm Chan b. 'Abduirahim
Chan 2961 8011 A 2, 3,
IbräMm Edhem 197.
1G6
Digitized by LjOOQ IC
363
Bek Mäzi (I. Nafr Chan Mftä?)
196f. 196 n. 2.
Imäm Qnli GhSn 296 u. n. 4.
'Ini^et (Cho^) Schwiegerenkel
Ja*qüb Chogal Öihäns 269 u.
n. 3.
*Inl^et EirämetnUah Chog^am,
Bruder Äfaqs 313. 314. B 1,
4. B 4.
'In&jet (Chog:a) Sir Pädidähim
b. Mn'min b. *Inäjet Eirä-
metolläh 314 u. n. 4. 315. B
4,6.
Ishäq (Choga) 299.
Ishäq (Ächond Saijid Choga)
gen. Cho^ Ächond 228.
Ishäq (Ifiän Choga) b. Machdümi
A'zem, gen. Ishäq Wall 197 ff.
205 n. 3. 216. 227. 229. 230
n. 4. 261 n. 1. 289. 294 u. n.
1. 304. 320. 323. 329. 332£
333. n. 1. 336. B 1, 2. B 2.
Iskender b. Chndäbende [b.
•AbdurreSid H?] 344. A 2, 6.
Iskender b. Chndäbende b. Qn-
raifi 303. A 1, 4.
Ismä'il der Samanide 196 n. 2.
Ismä^Ü Bek 282.
iBmä'Ü b. 'Abdullah 207 n. 3.
Isni&*ll Chan b. 'Abdnirahim
Chan 207 n. 3. 208ff. 209 n.
5. 296f. 296 n. 3. 299ff. 302.
324f. 325 n. 1. 327. A 2, 3.
Ja^*ä (Cho^) b. Ifaq, gen.
Chftn Choga 214. 216f. 216 n.
4. 217 n. 3. 218 n. 5. SlSff.
328. 337. B 1, 5.
JahjS (Cho^) b. Ahmed b. Jahjs
b. Ifaq, gen. Chan Chog^a
and Cho^ öihBn Cho§i^,
auch Ho5om le petit, auch
= Djagan Khodja? 255. 285.
301. 303 u. n. 3. 304 u. n. 3.
314. 3S€ff. B 1, 7.
Ja^ä b. Ishäq Wall, gen. Cho§:a
§Sdi Chogam 20eff. 229. 296
u. n. 1. S20f. B. 2, 3.
Jalgä (Choga) b. Ja*qüb Cho^I
Öihän 271. 273. 283. ß 2a, 7.
Jaljä (Cho^) b. 'übaidulläh b.
Dänöäl 230. 243f. 267. 261.
263. B 2, 7.
Ja'qOb Bek Bädaulet 226 n. 1.
278 n. 3. 287 n. 2. 288.
Ja*qüb Öarchi 311 u. n. 2. 3.
317f.
Ja'qüb (Choga J. Chogam) b.
Dängäl, gen. ChogaS öihän
Chogam 217. 226. 228ff. 241.
243f. 246ff. 268 n. 1. 269 n.
3. 3a3. 336. B 2, 6. B 2a.
Ja2ld b. Mazjad ASSaibänl 321.
Jeldang TaiSi QalmaqenfOrst
298f.
Jolbä der Türke 321.
Jolbars (Jolbas) b. 'Abdullah
Chan 207 u. n. 4. 6. 296 n.
3. 297 ff. 299. n. 1. 321. A 2, 4.
Jünus b. * AbdurraSid L 295. 344.
A 1, 2.
Jüsuf b. 'Aijüb Hamadänl 309
u. n. 1.
Jüsuf Bgk, Bruder des *Ab-
dussattär Bek, aus Kafigar 259.
Jüsuf (Choga J. Chogam) b.
Dänijäl 226. 228. 2S1— 2S6.
231 n. 1. 247 n. 2. 256 n. 1.
2611 265. 274. B 2, 6.
Jüsuf b. Machdümi A*zem B 1.
2 (s. Bemerkung zu B 1, 2).
Jüsuf Qädir Ch&n der Hekide
246.
Käf Sin Chogam b. Husain Erke
315. B 4, 7.
Kamäludc^ b. Öalftluddin 318.
E[ang-hsi, Kaiser yon China 225
n. 1.
159
Digitized by LjOOQ IC
3ft4
KtMaTamn (Tdre)s. Mnliammod
KexDäludkÜB MagnOii 196.
Kerek Jarttgh 278; vgl. 9iMr
K J.
Kerek Jarägh ans Qajfehar 273.
£i&ik *AaIzinPidiHb bint Choga
DäugSl 228. B 2, 6.
Ki5tk OhäB Ohdj[ttii b. Mcübua-
med JOsof b. Sarimsaq Ohoffßm
314. B 1, 10.
Kifek 8. Eipek.
Kip^ (Äohond M(^), Mufti
von Jaaekend 275.
Kipek Miizä 232 n. 1.
Eipek (Kifek) Cho^m b.Mundaq
BSgam 314.
Läg:iQ der Mamlukensoltan 320
n. 1.
La'netl ^fi 272.
Läq Chalpa (Choga) aas Chotan
273.
Latif (Mirzä) 295.
Latif BakSwtd 218.
Luqmän Ulchuräsäni 309 n. 1.
Lutfullfth Öu8ti (MaulänS) 199.
229. 336.
Machdümi A*zeni, d. i. Saijid
Mir Ahmed (oder Mahmud)
Chwäjegi l^ßff. 214. 216. 229.
261 n. t 266. 285. 289. 294
n. 2. 304 n. 3. 311 n. 3. 312
u. n. 2. 315. 8i6ff. 328ff. 336.
B 1. 1.
Machdümi Nürä 8. Mahmud
äihäbuddin.
Mäh Begum bint Jalgä Chan
Cho^ 218 n. 5. 314. B 1, 6.
Mahdi, der M. des Sudans s.
Mnhammed Ahmed.
Mahmud Choifa 337. (==: A^ed
b. Jahjä Chan Choga?)
MaJ^tBüd (Ichoad MolUX Ok^-
qSdl Yon Eaigar 247. 357.
267.
Maharäd, Brtider cbs Tekei^ j^ti
Ökw^rwsttt 289 n. 1.
Mahmud An^ Faghna^ 809
n. n. 4.
Mahmud Chogaoi b. Umm b.
Mu'min 315. B 6, 7.
Mabmüd b. Timor Soltän« gen.
Qylj2 Chan 295. A i, 5.
Mahmud SUiftbaddhi gen. Maoh-
dümi Nürä und Choga Nürä
317f.
Mahmfid Ihn W«li 260f. 298 n.
2*. 293£r. 296£
Ma'mür *Aaim bint <AlI 6ofig
315. B. 6,* 7.
Ma*mür *Azim bint 'Ini^'et &r
PftdiSfih 315. B 4, 7.
M&ni 326.
Manfür b. ^Abdnrrahtm (^i&n
296f. A 2, 3.
Maqfüd (Choga M. Ohoi;am) b.
Qin&'at 314. B 5, 5.
Maria 335f.
Ma*9üm (Choga) 278.
Mairab s. MeSreb.
Med (Mehemed) AH von Choqaad
Med Jüsof b. Sarynisaq 28$,
Meder Bek, Eii^se 241 n. 1.
Medergl B^ 241 n. n. 1. 260.
Mehdi Beklik 203 n. 4.
Mehdi ChSn (Choga) b. ifaq,
gen. PidiSäh Chogam 219 n.
n. 1. 220 n. 3. 3031 304 n.
n. 2. 313. B 1, 6.
MeBgidl(lohondMolla), 251. 265.
Me&hüri (Äohond MoUa), anch
gen. Äehond Molla Ibrähün
217. 224. 334.
Meireb 328 n. 2.
Mihmän (Choga M. Chogam) b.
* InkJet Kkämet 314. B 4, 5.
teo
Digitized by LjOOQ IC
855
Mir 'All b. MachdQmi A*zeixi
B 1, 2.
Mnrzä Sah der Emir 294 n n. 2.
MirzHd (Mirzäzäde) 270.
MoUa Msni s. Baddha.
MabärekSäh Bäc 237 f.
Mtihammed der Profet 200. 906.
209. 275. 284. 307 u. n. 2.
335f.
Mnhammed (MoUa) 273.
Mohammed 'Abdullah Bakäwul
244. 249. 273.
Muhamm ed Chan b.* AbdurraSf d I
201 n. 1. 202ff. 202 n. 1.
291 ff. 292 n. 1. 293 n. 2.
294 tu n. 1. 2. 296f. 297 n.
1. 3. . A 1, 2. — Eine Tochter
von ihm 344. A 1, .3.
Mnhammed Bäqi b. 'AbdnrraSid
1344. (zn A 1, 2).
Mohammed A^nued ans Pon-
gola, der M^dl 335.
Mnhammed b. Ahmed 318.
Mi O^ a mme d B&bigi Samäsl 310
u. n. 2.
Mnhammed Babaq (GhoJ*) b.
Jrfqüb ChpgöJ öihÄn 249.
Mnhammed Emin Bek b. C9i«d&-
jfir Bä: ans Salgar 259. 272.
Mnhammed Emin JäsS (Achnn
(ioia) 294 XX. n. 3.
Mohammed Emin (Ghoga) b.
Machdfimi Azem, gen. Igäoi
Kalän 198 n. 2. 207 u. n. 1.
229. 261 n. 1. 294 n. 2. 312
n. n. 4. 315. 323. 336. B
1,2.
Mnhanmed Emin Choj^ßm b.
Mnhammed Jüsnf b. Sarim-
9aq, g«n. Katta Torem 887.
814 n- Ä. 3. B. 1, 10.
Mnhammed V.mm Bek b.
Qalesder Bfik 219.
MnhamBi»d Eu^n Chfo b. Snl-
4^1
tSn Srfid BftbH 215. 2221
«Olff. 313 n. 4. 327f. A 2, 4
Mnhammed Emin (Choga M. E.
Chogam) b. Sarimsaq Chogam
314. B 1, 9.
Mnhammed Elhftfi?! 229.
Mnhammed Haidar 290.
Mnhammed H&fiim s. Häiim.
Mnhammed b. Ibrahim Ata,
gen. Häg:i BektAg 309 n. 1.
Mnhammed (Choga) b. Ja'qfib
Cho^i Öihän 258. B 2 a, 7.
Mnhammed Jär Bek, Hftkim
von SairSm, Bmder de«
Alläh Qnli 259. 272. 276.
Mnhammed Jüsnf Bek (Mirzä)
295.
Mnhammed Jüsnf (Choga M. J.
Cdiogam) b. Sarimsaq Chogam
314. B 1, 9.
Mnj^aumed Jümf (Choga M. J.
Chofam) b. Mnhammed "BViTn
207 ff. 209 n. 1. 229. 299 n.
1. 312 n. 5. 313. 315. B 1, 3.
Mnhammed Jüauf (Cho^)»
Bmder des Choga NOift 318.
Mnj^ammed b. MachdQmi A'vfio&
B 1, 2.
Mn^8«omed Ma'süm gen. 'ür-
waX Wnjbqä 311 n. 3.
MnJ^ammed Mirachor 245f, 278.
Mnhammed Mn'min Snltin, ein
QaeaqeoJOrst 298.
tfn^iammed Mn'mui Ghsn b.
Sq\^ Sa'id Bftbä, gen. Aq-
ba§ Chjbi 216 n. n. 5. 219.
220 n. 3. 392ff. 304 n. 2. 3.
327. 331. 334. A 2, 4.
Mnhammed Naql, der zehnte
der zwölf Lnäme 318.
Mnhammed Nur! 311 n. 3.
Mnhammed Qädl (Mnhammedi
Qäzi) 199. 311 n. 3. 312 o.
n. 1. 817. U9f.
Mnhammed Qäsim 197.
11
Digitized by LjOOQ IC
3Ö6
Mnhammed $ädiq Eafigari 195.
268 n. 1. 289. 291. 292 n. 2.
293 n. 2. 294 n. 1. 297 n. 1.
299 n. 1. 300£f. 305 n. 2. 313
n. 4. 326ff. 338.
Mohammed ^ahhäf (MoUa) 198.
Mohammed Samäqi 311 n. 3.
Mohammed §iddiq b. Mach-
dümi A'zem B 1, 2 (s. Be-
merkong zo B 1, 2).
Mohammed §&h (Bek), Häkim
von Jarkend 303.
Mohammed Wall Dorgha 273.
Mohammed Zähid 311 n. 3.
Moharram Bek^ Häkim von
Begkerem 2421 258. 272.
Mo'ini Misloii 290 n. 1.
Mo'min (Ohogfa) 230 o. n. 3.
Mo'min (ßän Cho^) b. 'Iniget
Eirämetolläh 314. B 4, 5. B 6.
Mu'min (Choga) b. Jösof 231.
233 o. n. 1. 238. 262. 257.
261. 263. 268f. 273. B. 2, 7.
Mundaq Begom bint Mo'min
314. B 4, 6.
Mondl ^fi 260. 271f.
Mongi Mirzä, Qip&aqenfUhrer
270. 272.
Moräd Bek (Mirzä), Bikäghä
von Aqsö 270. 273.
Moräd Bek, Hskim von Jar-
kend 305.
Müsä Bek ans EaSgar 259. 272.
Müsä (Cho^ M. Gho^am) b.
Hädim Dehbidl 314. B 3, 4.
MOsä (Ohoga M. Chogam) b.
Mo'min 314. B 4, 6. B 6, 6.
Moalihoddin Chogendl (Sgch)
197! 217. 333 n. 3.
Mo^affar Bek b. Choga Si Bek
N&dir Mohammed der Öajiide
296 o. n. 4.
Nainaq Begom bint Qina at 314.
B 5, 5.
NaqSbend s. Bahä^oddln.
Na§rolläh $oft Ghoj;am, Schwie-
gersohn des Ja'qüb Cho§;ai
6ihan 256f. B 2a, 7.
Naurüz Ghizänei;i (Mir) 260. 272.
NaorQzi (Ächond MoUa) 251. 265-
Nawä'i 250. 309 n. 1.
Nazar (Choga) 273. 283f.
Neseft 275.
N\jäz Bek ans Aqso 273.
Nijäz Bsk (Mirzä) aos Aqso 273.
Nijäz Bek (Dopal) aas Gagchar
«73.
Ngäz Bsk, Häkim von Arty5
236 o. n. 2.
Ngäz Bek, Häkim von Faizäbäd
242f. 272."
Nijäz Bek (Mir), Häkim von
Qarghalyq 259.
Ngäz Bek, I&ikäghä von Jar-
kend 241. 243. 271.- 273. 276 f.
281.
Nijäz Ealän (Ächond Molla),
A*lem von Jarkend 275.
NiSter Nyäz 260. 272.
Nizäm (Häfii^) 197 ff.
Nizämnddm (Choga) gen. Choga
Chämüä Chogam 228. 230 o.
n. 2. B 2, 6.
Nor Hägf (Hägim) 195 n. 2.
Nürä (Choga) s. Mahmud Sihä-
bnddin.
Nöroddln b. 'Abdolläh Chan
207. 298f. A 2, 4.
'Omar, Schwiegersohn des
Ja*qübChogai (^ihän 249. 273.
B 2a, 7.
'Omar H der*Omajjide 289 n. 1.
*Omar Bek, Broder des 'Abdoi-
wahhäb Bek 259. 272.
'Omar Bsgbistäni 311 n. 3.
'Omar Bftqi (Ächond), AUem
168
Digitized by LjOOQ IC
367
von Jarkend 250. 268. 272.
279.
'Omar MirzS, EirgiBenfahrer 282
u. n. 3. 245. 249f. 258. 263.
*Otinän 270.
'Otmän der Ghalife 205.
Pädiiäh Cho^ Schwiegersohn
Sädis 296. B 2, 4.
PädiSäh Chftn 'Az&n, Tochter
2£lq8 314. B 1, 5.
PädiSäh Chan Torem h. *Abd-
nlläh b. BahmetuUäh 314.
B 3, 7.
Pärsft (Gho^ P. Chogam) b.
Mn'min b. ^Ini^et Eirämet-
nlläh 314f. B. 7, 6.
Pir-i-'Älamd&r (in Dämghan)
195 n. 2.
Pir Mnhammed Chan, der
Pädidäh von Balch 198f. 319.
Pir Mnhammed Ch^ä^a Diwane
b. Qliig Burhännddin 318.
Puläd Chan s. Snltän Ahmed.
Püläd 303.
POläd QöQ Chalpa 273.
I^ainnq 'Azlm bint Mn'min b.
'InkJet EirSmetnlläh 314. B
4.6.
Qalem (MoUa) 272.
Qarachän, Kommandant der
Qalmaqen-Gamison in EaSgar
237. 248.
Qarachan Belüb, Kirgise 220.
Qarazengi Bek, Kirgise 220f.
Qäsim (Mirza Q. Bek), Igik-
äghä von Aqsü 251. 273.
Qäsim (Molla Q. Ächond) 260.
Qäsim Chalpam 206.
Qäsim b. Mnhammed b. Abu
Bekr 308 n.'n. 2.
Qaiqa Aq Jol Behädur aus
Ga^char 273.
Qilig Chan s. Mahmud Sultan.
Qilig Burhännddin Cho^m b.
Äf&q 313. B 1, 5.
Qilig Burhännddin Cho§;am b.
Ahmed b. Jalgä b. Äfaq, gen.
Cho^ B. Cho^m, chin.
Bulatun, auch Ho5om le grand,
223 n. 1. 255. 257ff. 261f.
261 n. 1. 264ff. 285. 314.
SMff. B 1, 7.
Qilig Burhännddin b. KamSlud-
din 318.
Qinä'at (Chog:a Q. Chogam).
Bruder des Äf&q 313. 314,
B 1, 4. B 5.
Qubftd Mirzä gen. BeliAdurluq,
(Kirgisenfahrer?) 259. 265.
268. 270f. 279.
QuU QuSbegl (Chogfam) 292.
Quraifi b. 'Abdurraiid I 306 n.
2. 844. A 1, 2.
QuraiS b. Jünus b. ^AbdurraSid I
295. A 1, 3.
Qüt Mirzä gen. Behädur Bl b.
Ghalgfa Bl, Fflhrer des Kir-
gisenstammes Qu$gi 251. 272.
Qutbuddin b. Ishäq Wali (Choga
Q. Chogam) 206. B 2, 3.
Qutbuddin (Choga) b. Choga
Jüsuf 231. 252. 273. B 2, 7.
Quüugh (MoUa) 272.
Quzghun 276.
Qyly6, Qylyg s. QiUg.
Qyzyl Chog^un b. 'Ini^et äir
Psdidäh 315. B. 4, 7.
Rahmän Quli Bek, Dolanenbek
259. 267. 270. 272. 283.
Rahmeti ^fl 260. 272.
Bahmetulläh Chan b. Müsä b.
HäSim 314. B 3. 5.
Rämitani s. 'Ali.
Baäid s. 'AbdurraSid ChSn I
und II.
Rewgen s. *Ärif.
163
11*
Digitized by LjOOQ IC
858
Rnstem Sultan 292 b. f.
Säbir (Chalpa) 246.
S&bir Eerek Jaragli 284.
Said (Ächond Molla) 1971
Sa^d Ata 320.
Sa'id Bäbä s. Snltän Sa'id Bäbä
8a*ld Chan, Vater des *Abdnrra-
Sld Chan I 826.
Saifuddin *Ärif 311 u. 3.
Sa^i^ Bek 219.
Sakin (Molla S. Ghallfa) 197.
Sal&hnddin der Aijnbide 320.
9sb*h (Ohoga $. Chogam) 313 u.
n.* 2. 315.
^älik Chalpa 273 ff.
Salmän b. Islam Alf&risi 308 u.
n. 1.
Samarqandl (Ch^äg^) Sil n. 3.
8&righ (Ohizänegi) 272.
Särigh Jasftwol 283.
Sarimsaq Chogam b. Ja^ä (nach
Andern b. Burhänuddin) b.
Alimed b. Jahjä b. Äfaq, gen.
Samsaq Chogam 265 f. 314 u.
n. 2. B 1, 8.
S«boq BoghräChän 196 n. 2. 197.
Se^ädet Bek, Häkim der Dolanen
259. 272.
Sejen b. * Abdnrrahim Chan 296.
A 2, 3.
Sengi (Senga) 214 u. n. 1. S87.
Sereng, ein Qalmaqenfürst gen.
Aqsaq Sereng 297 n. 2. 296.
Si Bek (Chog:a) Häkhn Ton U6-
Turfan 234 n. n. 4. 236. 254.
2581
Siddlq (MoUa) 278.
Siddiq (Choga) b. Ja'qüb Gho^aS
Öihsn 243 ff. 253 n. 1. B 2a, 7.
Sin^ (Snltän) 300.
Söfi, Schwiegersohn des Ja'qdb
Cho^i Öibäa 273.
^aü Mirzä, Qip^qenführer 270.
272.
9öfi AUsfajär 195 n. 2.
Sachärl 8. Emir Enläl.
Snltän Ahmed Cko^am b. Kiffin
315. b" 4, 8.
Sultan Ahmed Snltän (Chan) b.
Mnhammed Mn^min Aqbaft
Chan 219. 304 n. n. 3. 345.
A 2, 5.
Snltän Ahmed b. Timor Snltän^
gen. Püläd Chftn 295ff. 298.
Snltän Alfata [alp ata] (Gottes-
name) 204 u. n. 1. 320.
Sultan b. *Afiär Qözl 27a
Snltän Sa*Id Bäbä b. *Abdnrra-
hün Cham 296. 3011 327,
A 2, 3.
Ssdi e Jahjä.
gädi, Ahn '^alahuddins 320.
§äh 'Abdnlqädir 273.
§äh b. 'Abdurrahim Ohftn 296.
A 2, 3.
§äh Babaq 299.
§äh Bik 237.
Sah Öa'far Bek, I&ikighä von
Jarkend 221.
§äh Haidar Mnhammed b.
'Abdulkaiim Chan 344. A
1,3.
§äh Hasan b. Mnhammed 318.
Ssh Husain b. Sah Hasan 318.
Sah Ja'qüb Bek, Emk in
Jarkend 273.
§&h Mansür Bek (Muxä) 298.
§äh Mnräd Bek, Emir in Aqs«
273.
Sähbäd Bek (Mirzä) 298.
gahbäz (Cho^ §. Cho^am) b.
Ishäq WaU 206. 230. B 2, 3.
§akä Muni s. Bnddha.
gamra (?), §amar (?), ein Qilma-
qenfOrst 297 n. 2. 298.
Säcet B«k, Ifiiki«hä Aee Gfafifea.
Si Bek 259.
1«
Digitized by LjOOQ IC
ieeh Antaar s. Sech Chawuidi
Tahür.
§6ch CSiawaadi Tahür gen. gech
Antaur 311 n. 3.
Semsaddm Ohän ÖSnäni Mushir
311 n. 3.
Semsaddln (Ghoga) b. *übaid-
uUäh 230f. 245. 250. B 2, 7.
Serif (Achan Molla) 296.
Sibli 8. AbQ Bekr Dulaf.
§ih&baddln Bakäwul 245. 250.
273. 280. 284.
äimfir Oghli 247.
§irä Muhammed Emin Bek aus
KaSga^ 259. 272. 276.
äirdägh Bek (Mirzä) 273.
Schlagintweit (Adolf) 287 u. n. 1.
Sa*aib b. 'Ubaidulläh, gen. Ai
Chogam 210. 216 u. n. 1.
328. 330ff. B. 2, 5.
Sng&'uddin Ahmed b. Mohammed
Ohan 294. *A 1, 3.
Taffcazäni (Sa'duddin) 275.
Taghlyq (?), Kirgise 283.
TäHb b. 'Abdallah Ara§ 318.
Taql (ichond MoUa) 2181
218 n. 3. 238.
Tekei Yon Chwftrezm 289 n. 1.
Tüek Behädur 273.
Timnr (der Emir) 229 n. 1. 2.
Timur (}han 225. 280. 247 u. n. 2.
Tochta Bek, Chizäne^ yan
Eaigar 258. 261.
Tochta Cho^ b. $äbir Eerek
Jaragh, aas COiotan 273. 284.
Tochta (^ogam b. *A1I Cong
315. B 6, 7.
Topäl, Kirgise 239.
Topal (Mirzä) ans Gagchar 273.
Tseyan Babdan b. Seagi 214
• n. 1. 225 n. 1.
Tülend Chog^am b. loäjet Str
PädiSih 315. B 4, 7.
359
Turdi C!hogam b. ^Ali Öong
315. B 6, 7.
Torson (Mirzä) aas Gaj^char 273.
Taramtai, chin. Beamter 260f.
*Ubaidulläh (Ächond Häji) 234.
273.
*übaiduUäh Chalpa 224.
*übaidulläh (Choga *ü. Chogam)
b. Dänyäl 228 u. n. 3. 230f.
B 2, 6.
^übaidullsh b. Jahjä Sädi, gen.
Machdümzade (3ho^m 208.
210. 211 u. n. 3. 216 u. n.
1. 229. B 2, 4.
'UbaidoUäh (Choga) b. JOsof
231 n. 3.
^Ubaidulläh b. Mahmud, gen.
Choga Ahrär Wall 311 u. n.
3 317 ff. '
'übaidalläh Otrangi (Choja *ü.
0. Chog:am) b. Mu*min b.
'Jnäjet KirämetuUäh 314f. B
4, 6. B 6, 6.
Ulugh *Azizim Hldüäh bint
Choga Dän^äl 228. 252. B
2,6.
Ulugh Dam, Fraa des Cho^
Chämüfi 230 n. 1.
Ulugh Sah 8. Häkim.
Ülu8 b. *Abdunraiid I 344. (zu
A 1, 2).
Uzbek Chan 292.
WaddeU 326.
Wall Chan Torem b. Bahä'uddin
b. Samsaq 287. 314. B 1, 10.
Zaineb Chäa Begum bint Äfäq
313. B 1, 5.
Zebide Begnm bint Chog^a Jflsnf,
gen. Qargha Bad Che^ 253.
B 2, 7.
Zengi Ata 320.
16f
Digitized by LjOOQ IC
360
Zijä'nddin Manl&iä Ohälid 311
n. 8.
Zijä*uddin Sultftn b. Sngfä'addm
Ahmed, gen. Timur Sultan
296. A 1, 4.
Znhra Bggum bint Cboga jQsuf,
gen. Sarygh Bajaqym 253.
B 2, 7.
ZnlaichäBegom, Schwester Äfaqs
313. 314. B 1, 4.
Zolfiqär Bek (Mirzä) b. Sah
Maräd Bek 273.
2. Ort-Index.
Abakazek 223 n. 2. 337.
AchBiket (Aqsj) 199 n. 7.
Achtam (Aqtam) 284 a. n. 2.
Altyiahr (AltySeher) 226 n. 1.
278 u. n. 3.
Amü Daijä (Oxub) 198. 206 n.
2. 317. 333 n. 1.
Andigän 250f. 265f. 292. 297f.
An^ Faghn 309 n. 4.
Aqjar 325.
Aqsai (-Weg) 257.
Aqsarai 325. 333.
Aqeü 203. 205. 207. 226. 228.
230 n. n. 4. 238ff. 234 n. 2.
240f. 251. 255. 258f. 261. 268.
270. 273. 296. 298 u. n. 1.
299. 302f. 305. 325.
Aqsy 8. Acbsiket.
Aqtam 8. Achtam.
Arabien 335*
Arty§, Ariyö, d. i. Ostdn Artyfi
236 u. n. 1. 237. 240. 248.
Atbafii (Atwa$i) 298 u. n. 1.
Baghdad 328 n. 2.
Baghifltän 311 n. 3.
Bai 297.
Balch 198. 199. 212 n. 2. 217.
295f. 313. 319. 327. 334.
Baltistan 299. 326.
Bärguq 247 d. n. 1.
Beg-Boinak 297.
Beikerem 242. 257 u. n. 2.
258. 272.
bLa brang (Kloster) 326.
Buchara 200. 201 n. 1. 204. 217.
292 n. 1. 2. 293 n. 2. 309 n.
2. 3. 4. 310 n. 1. 2. 3. 327.
334.
Bucharei, die Kleine 325.
Buk£m (Luk5in?) 301 f.
Chanbalyq s. Peking.
China 196. 240. 253. 301 u. n. 4.
302. 317. 323. 326.
Chojend 216 f. 220. 328 n. 2.
333.
Choqand 286f.
Chotan 203. 205f. 226. 228. 230f.
241. 245 f. 249f. 259f. 273.
293 n. 1. 297 f. 302. 325. 330.
Chwärizm 200 n. 2. 289 n. 1.
Öalyi 292f. 294 n. 2. 296. 299.
301 f.
Öarch 311 n. 2.
GvLst (Öu8t) 199 n. 7. 336.
Dämghftn 195 n. 2.
Dehbid 205f. 206 u. 1. 216. 313.
332.
Dongola 335.
1«6
Digitized by LjOOQ IC
361
Dznngarei 323.
337.
324 n. 2. 325.
Egypten 196 n. 1.
Faizibäd 235. 242. 263. 272.
325. 330.
Fergana 196. 287. 304.
Oa^ar 266. 269f. 273.
Gan-&>ii 301.
Gen^pnr 202.
Gilgit 324 D. 2.
Guma 324 n. 2.
ehazne 311 n. 2.
Ghugduwän (Ghü^dawan) 309
n. 2.
Ghul^ 303 n. 1.
ÖihSnäbftd 299.
Öö, Stadt des Öö 210 u. n. 4.
212 n. n. 1. 300 !!• n. 4. 926.
Önst 8. Öosi
Hägimler 319.
Halgbanö 311 n. 2.
Hand s. Qazniü.
Her&t 229 n. 1.
Hii^ 199 a. n. 3.
Da 214f. 222f. 223 n. 3. 226f.
230ff. 231 n. 1. 232. n. 2 234 u.
n. 2. 236. 240. 243. 245ff.
249. 251. 263ff. 2601 270.
275. 325 n. 1. 336.
Indien 196 n. 1. 220 n. 3. 292
n. 1. 299. 304 n. n. 2. 311 n.
3. 313. 322 n. 1. 336.
Lrän 327.
Isfahan 206 n. 1.
iBfidnk 198 u. n. 1. 206. 206 n.
2. 230 n. 4.
Jäghdü 209. 217 u. n. 1. 334.
Jangi Hifär 206. 209 n. n. 1.
269. 270. 299.
Japalaq Terek 218 n. 6. 313.
Jap&an 252 n. 1.
Japnrghn 252 u. n. 1.
Jarkend 201 n. 1. 203 u. n. 2.
204ff. 207 n. 3. 208 d.2. 211
n. n. 1. 213f. 217 ff. 221 n. 1.
228. 230. 232 n. 1. 234. 241.
243ff. 248ff. 252 n. 1. 264f.
258ff. 263 ff. 268 ff. 275 ff. 277
n. 1. 2. 280 n. 1. 284f. 292f.
293 n. 1. 295 ff. 296 n. 3. 312
n. 4. 320. 322 n. 1. 324 u. n.
2. 325. 330. 334. 337. 338.
Jarkend, Altyn Mahalle 208 n. 2.
— Altyn Mazär 208 u. n. 2.
228 n. n. 1. 230. 330. 332. —
Altyn-Tor 208 n. 2. 221. 277
n. 1. — Aq Medrese 230 u.
n. 6. — ChäneqÄh-Tor 221.
277 n. 1. — Maschara-Tor
277 n. 1. — Mttzchäne-Qnar-
tier 277 n. 2. — Qabagh Artqn-
Tor (Qawat-Derwaze) 216 n. n.
6. 246 n. n. 1. 277 n. 1. 279.
— Terek-Tor 277 n. 1.
Jarkend-Flü88 (Tarim, Zaraf län)
280 n. 1. 281 n. n. 1. 282f.
Jasi (Tnrkestan) 294 n. 3. 309
n. 1.
Joldnz 298.
Jnnka 326.
Kalta-Jailagb 263.
Eamankeran 311 n. 3.
KaSgar in Indien 8. Eafikar.
KaSgar 195 n. 2. 201 ff. 205 n. 1.
207 n. 6. 210ff. 216 ff. 220 n.
1. 2. 228. 232ff. 236 n. 1.
287f. 240f. 241 n. 1. 243. 245.
247. 249 ff 252 n. 1. 254 ff.
257 n. 2. 258 ff. 262ff. 264 n.
2. 265f. 268f. 274. 284 n. 2
167
Digitized by LjOOQ IC
362
286f. 289flF. 292 n. 2. 294ff.
304 n. 3. 312 n. 4. 316. 324.
326. 330. 338.
Kaägar, Alt- und Neu-KaÄgar
287 n. 1. — Altonlnq (hltyn-
lyq)-Seräi 238 u. n. 3. 267.
~ Hazet Äpäq 217 n. 2- 267
u. n. 1. — 9ü.Tor 288 u. n.
1. 267.
KaSgarien 201 d. 1. 207 n. 4.
263 n. 2. 256. 258 n. 1. 262.
286 ff. 291 f. 300. 317. 328.
326. 328. 337.
KaSkar (Kaggar) 299.
KaSmir 201 n. 3. 212. 216. 822
n. 1. 324 u. n. 2. 82öf.
Kerbelä 308.
Keria 299.
Kööär (Ka5ä) 241. 269. 270. 272.
276. 269ff. 303. 306. 338.
Kulga 322 n. 1. 326 u. n. 1.
Eümäni 296.
Ladak (Ladach) 201 n. 3. 322 n. 1.
Labore 299.
Leh 322 n. 1.
Lhasa (vgl. Ürsang-Lhasa) 210
n. 4. 300 n. 2. 321. 323 f. 324
n. 2. 326.
Luköin? 8. Buköin.
Mädl 303 n. 1.
MaralbaSi 280 n. 1.
Marghinän 314.
Mawarannahr 293. 310 n.
Medlna 196.
Mekka 196. 299.
Mesgid 235.
Mingjol 334 u. n. 2.
Mittelasien 196 n. 1. 2. 217 n.
1. 221 n. 1. 268 n. 1. 260 n.
2. 307 n. 2. 308 n. 3.
Moghülifltan 206. 226. 261.
Mustag-Pas8 299.
Muzart-Pass, MuzaIrBorg 234 n.
n. 2. 236.
Nöbahär (Klosterj 212 n. 2. 327.
Oqealur 328 n. 2.
Orenburg 309 n. 1.
05 241 n. 1. 286 n. 2. 297 u. n. 8.
Peking (Chanbalyq) 301. 314.
Piöan 302.
Potala 323.
Qamul (flami) 296. 301 f.
Qang^urghan 241 n. 1.
Qaplanköl 303 n. 1.
Qarangaliq 834 n. 2.
Qarftqir 238. 246. 249.
Qaraqoram 324 n. 2.
Qarghalyq 303.
QüläghÄn (Qaplan?) 303 u. n. 1.
Qamm 319.
Bämi^ (Räm(i)ten, Edmitim}
310 n. 1.
Rewde 309 n. 3.
Rewger 309 n. 3.
Sairäm 269. 272.
Samarqand 199 n. 3. 203 u. n.
3. 206. 217. 311 n. 3. 328 n.
2. 332. 333 n. 2. 334.
SamäSi 310 n. 2.
San^ 216. a'M).
Sibirien 301.
§iffln 248 n. 2.
Söchar 310 n. H,
Soghd 327.
Stambul 809 n. 1.
Su-6ou 301.
Sudan 336.
SükÄtägh (Sügä^Tigh?) 248 h.
n. 1.
les
Digitized by LjOOQ IC
Sd3
Syr Darjä 199 n. 7.
Syrien 322 n. 2.
i^äh bahär (Kloster) 327.
gibüje 328 n. 2.
Siräz 206 n. 1.
Sorfiuq 298.
Taghboiji 278 u. n. 1.
Tarim s. Jarkend-FluBS.
TaÜlbunpo 326.
Taikent 290f. 309 n. 1. 311 n.
3. 328 n. 2.
Tafikorgan 324 n. 2.
Taoiqan-Derja 234 n. 3.
Tibet (Bod-Land) 201 n. 3. 300
n. 4. 322 n. 1. 324 u. n. 2.
3251
Tienfian 234 n. 2.
Tizäb (Tiznaf)-Flu88 331 u. n. 1.
Tiznaf s. Tizäb.
Topluq (Tuplik) 209 u. n. 1.
Toqat 337.
Toqquzkend 326. 330.
Tsining 225 n. 1.
Tuplik ». Topluq.
Turfan 215. 292f. 294 n. 2. 296.
301 u. n. 3. 4. 302. 304. 320.
Turkestan Stadt s. Jan.
Turkestan 201 n. 3. 205 n. 1.
225 n. 1. 226 n. 1. 290 n. 1.
292 n. 1. 297. 320f. 324 n. 2.
337 f.
Tümen Darjä 266 f.
Tü5ük.Berg(Ty§ik-TaS) 219. 3S4.
Ursang-Lhasa 326.
US 8. ÜS-Turfan.
üfirüsana 328 u. 2.
Üft-Turfan (Ug) 234 u. n. 3. 4.
251. 254 f. 257 ff. 260 u. n. 6.
262ff. 270f. 274. 296. 297 u.
n. 3. 301 n. 3.
Ürgeng 200 n. d. 2.
Üstün ArtyS s. ArtyS.
Wabkan 309 n. 4.
Zarafään s. Jarkend-Flnss.
ZaraiSän-Flnss 309 n. 3.
3. Saeh-Index.
Adam als Lichtträger 335. — vgl. Chalifa.
Aijubiden: nicht Kurden, sondern Türken 320f.
Alban-Steuer 211 n. n. 5. 226.
AlÖanmal, qalmaqisierte Kasaken 322 n. 1.
A*lem (Oberqädi) von Jarkend 217. 234. 250. 272. 279.
*Ali: Schätzung *Alis 307 n. 2. 8.
Spruch 'Alis 332.
Arghun, Mischrasse (von Muslimen und Tibeterinnen), aach Sal-
ghnt gen. 322 n. 1.
Asch: 204 n. 2. 268.
A. beim Götzendienst 204.
Atalyq der Chane von Kalftgarien 298.
Ähnlichkeit, äussere, mit dem Profeten: 200.
JBanban, chines. Beamter an den Stationen der Heorstrasse 241 n. 1.
fiakriden 196 n. 1.
Blut: B. der Ermordeten treibt Mühle 219 u. n. 3. 245. 331.
169
Digitized by LjOOQ IC
364
Brahznanen: Profetentam yon Br. geleugnet 319 n. 1.
Brahmanen-Sechs 212 u. n. 2. 800. 326.
Baddhismus:
Ayatar 321.
Buddha 326.
Dalailama 210. 321. 32df. 325.
Gö, die Buddhastatue und ihr Tempel 210 o. b. 4. 212 u.
D. 1. 300. n. 4. 323. S26.
Islam in Berührung mit B. 210. 300. 321f.
Klöster Tmd Tempel 212 n. 2. 326. 327.
Lamas 210. 324. 326.
Stupa 321.
Zauberkünste 323.
Buijäten 323.
Cfeialifa, Chalpa „Stellvertreter, Lehrer**: 195 u. n. 2.
Adam als Ch. 318£
Erzieher der unmtlndigen Cho^-Söhne 208.
Geschichte des Wortes Ch. 318f.
Chalpas in Jarkend mfichtig 209.
Vertreter der Ch.-Interessen 208. 329.
Chan: Eazakenchan in Jarkend 220.
Chane yon Eadgarien (siehe auch Öaghataiden):
Chäntum und Cho^tum nnvereinbeLr 215. 327.
Chänwürde geht an Cho&as über 214.
Chänfamilien und Cho§afami]ien gehen zusammen 219 f.
Chronologisches 292 n. 1.
Genealogisches 327.
im Kampf mit den Chanen von Ostturkestan 292 ff.
im Kampf mit den Qahnaoen 299 ff. 302 ff.
Ch. dem Trunk ergeben 299 f.
China, Chinesen:
Cho^ von den Ch. gefürchtet 286.
Diplom, rot^estempelt 262.
Jarlygh (kaiserlicher Erlass) 261.
KaSffarien von Ch. erobert 286.
Titel und Namen von Chinesen: Chäqän 273. Sftngfin 327.
Turumtai 260f. 272.
chines. Truppen 259. 262. 274.
Türken täuschen chines. Beamte 337 f.
Chinesen vertrieben i. J. 1826, kommen u J. 1830 wieder 286.
vgl. Choqand.
Cho^as: Äfaq hat zeitweilig die Chänwürde inne 214 f.
Annahme des Chäntitels 219 n. 1.
Apaqiden 285.
ChSntum und C^ho^tom unvereinbar 215. 327.
Öaghataiden verdrängt von Cho^ 207 u. n. 5.
Ehe der Cho^as mit Fttrstentöchtem 215.
Ehe mit Qalmaqin 22Bf.
Fergana: Cho^ in F. 216f. 265.
Genealogie 2^. 307. 315.
Geschichte, Quellen 307. 315.
Gewalttaten der Cho§as 216.
Gräber der Cho^ 216. 217 u. n. 2. 228. u. n. 1.
Ideal der Choj^, nichts zu tun als zu beten 247. 258.
259 n. 2.
170
Digitized by LjOOQ IC
366
IIa: Cho^s nach Ila geschleppt 228. 230.
Intrigemittel für die Choqandherrscher 286.
Ighäq^e-Partei 260f. 261 n. 1. 264 n. 2. 285. 289.
lii^e 261 n. 1.
Kampf mit den Qalmaqen 803.
Kennzeichnung 285f.
Kleinlichkeiten 818.
Landbesitz 325. 330.
Ohofas als Nachkommen des Profeten 229.
Nationale Dynastie der Cho^^as 286. 288.
NiditiBlamisches eingeschleppt von ihnen 322 f.
FoHtische Macht der Cho^ 197.
Pnteche: i J. 1826: 286. — L J. 1845/1857: 287. — i. J.
1865: 287f.
Qalmaqen: Cho^ arbeiten mit Hilfe der Q. 210f.
qalmaqischer Unterricht des Ghoga Jüsuf 224.
Schwarzbergler 324f.
Standhaftigkeit 252. 2661 274.
Volksleiter 220. 228f.
Weissbergler 307.
Weltliche Herrschaft: Chogas wollen allein die w. H. üben
323.
Watansbrflche wahnsinniger Gho^as 287.
vgl. Chalifa. Litteratur.
Ghogastaat, Verwaltong:
Bestallnng eines Statthalters 257.
Herrsoherzeichen (Schweif, Fahne, Trommel, Flöte) 258 n.
n. 1.
Innere Unrohen 325.
lÜkäghä erkl&rt 386.
Wtirden 325.
Ghoqand-Herrscher :
Oh.-H. benutzen die Ghoftas 286.
Bassland: der Ghoqand-Einflnss von B. übernommen 287.
Vertrag mit den Clunesen 286 f.
Caghataiden (siehe auch Chane von Kaigarien):
ansässig auf dem Gebirge von Ha 214.
schwa(£ im blam 203 f.
Knechte der Cho^s: Muhammed Cbän 204 f. 207 u. n. 5.
Kontinuität durch weibliche Linie 219 n. 1.
$aibaniden: im Kampf mit den S. 204.
IHlailama: s. Buddhismus.
Derwischtum: 196. 198.
Diwanes 216. 218f. 267. 828 u. n. 2.
Malämis 328 n. 2.
Orden, religiöse:
Bektftfis 309 n. 1.
Ghsli^e 311 n. 3.
Naqfibendis 307 fi.
Tanz 331.
Diwanes s. Derwischtum.
Dolanen 259. 272. 280 n. 1.
Dzungaren s. Qabnaqen.
171
Digitized by LjOOQ IC
OOO
Ehe:
£he Heiliger mit FOntentdchtern 196f. 215. 313 n. 4.
Ehe des Fürsten mit Heüigentochter 296 n. n. 2. Durch
Heirat der Heiligentochter wird Au&ahme in den geist-
lichen Stammbaum erlangt 200.
Mischehen bewirken Ideenrezeption 322. — Vgl. Cho^as.
Fergana:
annektiert von Rusaland 287.
Ton den Chanen KaSgariens überfallen 297 f.
▼on den Qiojfas zum Kampf eingeladen 861.
Zuflucht der kafigarischen Oho^ 916f. 265. 266. 2dß. 333.
Vgl. Choqand.
Fetwa: 229.
Fluss: vom Heiligen bezwungen und sich rftchend 206.
sein Wasser bedeckt nicht den in ihn geworfenen Heiligen-
Leichnam 329.
Franken der Ereuzzüge: ohne Einfluss auf die Muslune 322 n. 2.
Frauen :
Chanim Padifiah: Hochmut und Gewalttaten der Ch. P.:
216ff. 313 n. 4.
der Cho^ 251.
dichtende Frauen: 252 f.
als PQegerinnen 253.
Vgl. Gaghataiden.
Fürst: verlässt Thron und wird Adept 197.
Oajchar (= AghS6eri?) 266f. 269ff. 273.
Gast, Ehrung 242.
Gebet: Wirkung des Gebetes 208. 227.
Gesandtenempfang 242. 272. 274.
Geschichte:
Beispiele aus der G. 275.
der Gelehrten 229.
der Heiligen 229.
Quellen 317.
Gottesgnadentum 335 n. 1.
Gottessohnschaft: entwickelt aus geistlicher Sohnschaft 336.
Crottesurteil : bei den Qalmaqen zur Feststellung der Vater-
schaft 225.
Gottheit: Trieb zur G.-Nähe 321.
Götzen :
als Schlange 204.
G.-Tempel in Tibet 326. — in Turkestan 202.
der TüÄen, Sultan Alfata 204. 320.
Grab s. Heiliger.
Gö 8. Buddhismus.
Hadis:
Anführung von Hadisen 263. 275. 307.
Licht im Hadls 335.
Hftkim: s. Ort-Index s. v. Be§kerem. Ohotan. FaizSbäd. Jarkend.
Handschriften, Sammlungen:
Gurabek 290.
Hartmann 290. 315.
173
Digitized by LjOOQ IC
367
Paris, lostitiit de France 816.
Petersburg Orient. Institnt 315.
Haas:
Eilim-chäne „EmpfangBraom'' 244 u. a. 1.
Heiliger: vgl. Gho§a. Ehe. Fluss. Geschidite. Teppich.
Erleuchtung 196f.
Fluch: H. verflucht den Herrscher 202.
Götze als Schlange vom Heiligen besiegt 204.
HeiHgengrab: 2061 216f. 230. 268 n. 1. 267. 309 n. 1.
321. 329f. 333.
Herrscher verehrt Heiligen: 196. 202. 207, — gibt ihm
Land: 205.
Hochmut und Sachsucht des H. 198f. 201.
toter H. hilft dem Frommen beim Studium 217. 333.
ungeborener H. verrichtet Wunder 333.
Volksleiter 197. 203. 206f.
Wundertäter 197.
Herrscher-Zeichen s. Chogastaat.
Hekiden (Qarachaniden) 196 f.
Indien :
Chogas und Ch&ne haben Vorliebe für L 216.
Reisewege 299. 324 n. 2.
als VerbannuDgsort 219. 324.
Islam: s. ßaddhiemus. Öaghataiden.
Abfall von Muslimen 269. 282. 324.
Ansicht über die Ungläubigen, den Götzendienst, den
Feuerkultus 212 n. 2.
Ausbreitung 209.
bid'a 321.
Ceremonien und Sprache heidnisch 259.
Verhältnis der Muslime zu den Chinesen 254 ff.
Glaubenskrieg gegen Tibet 326f.
Glaubenslehren 275.
Hass gegen Ungläubige 322.
Heidnisches: Rezeption von H. 269. 321.
Huldigung unter FuBsfall 257.
i^mä* 321.
in Jarkend 203 n. 2.
Kampf gegen die Ungläabigen 228.
Lauheit im I. 323.
Medrese 228. 230.
Politik abwartender Nachgiebigkeit 222 f.
Qalmaqen: lüoslime müssen Abgaben an Q. zahlen 227.
325. — Parteinahme von Mue^men für die Q. 236. —
Muslime ins Q.-Land verschleppt und d(»t wohnend
224. 230ff. 249. 325. 336f.
Sprödigkeit gegen fremden Kultoreinflnss 322 n. 2.
Studium 217. 228. 383.
Verrat von Muslimen gegen Muslime 243 ff.
Muslime als „Weissturbane" 226. 266.
Ifiikäghä: von Jarkend 221.
der Name erklärt 336.
KampfBzenen und Listen: 2211 209ff. 282.
Easaken: 201.
K.-chän in Jarkend .220. 304.
in
Digitized by LjOOQ IC
368
E.-fÜrsten mit Cbän von Eaigarieii yerbündet 298.
Vgl. Al&anmal.
E[a§garieii:
das islamische Reich Ja^qüb Beks 287 f.
▼ier Städte 228.
Tibet: Beziehungen zu T. 326.
Verwaltung unter qalmaqischer Herrschaft 325.
KaSmIr: Beziehungen zu Kadgarien 326.
Kirgisen: 201. 218. 220. 232f. 240. 245ff. 250. 255f. 258f. 261ff.
265ff. 272. 274. 278f. 283ff.
im Dienste der Ohogas 240ff.
Heer 249.
im Kampf mit den Chanen KaSgariens 297 f.
in KaSgar d04f.
Meireb: religiös von M. beherrscht 328 n. 2.
Qiqöaq-Kirgisen 232. 240. 245. 270. 272.
Räubereien 221. 263 ff. 285.
K.-St&mme:
Cong BaghiS 259. 270.
Mungl 258. 263. 270. 272. 285.
Naiman 259.
Ottuz Ophul 259.
Qu8gi 251. 270. kJ72.
Seriq Qalpaq 259.
Toqqnz Qip&aq 259.
unzuverlässig und verräterisch 248. 255f. 266 n. 1. 261f.
Krankheiten :
Wassersucht 252.
Kriegsgebräuche 240.
Schlachtrufe 270.
Kult:
urzeitliche Orte 322.
Kurden 3*^0.
Ijamas: s. Buddhismus.
Lehre (Kraft, Licht): Uebertragung 334 f.
Licht:
in Adams Lenden 335.
Choga Jüsuf : L. erglänzt bei seiner Geburt 224.
Christus und Maria als L. 335.
L.-Gestalt im Traum 242.
Heiliger am Halse von L. umflossen 200.
in Muhammed, Mahdi des Sudans 335.
in Qoran und Hadls 335.
Uebergang des L.'s 261 n. 1. 334f.
List:
Simulierung von Krankheit 244.
Litteratur: vgl. Chog:a. Genealogie. Geschichtschreibong.
Türken.
Chogas pflegen L. 228.
Dichterstellen angefahrt 250.
Dichterwettkämpfe 228.
dichterische Schilderung im Text 270. 281. 285.
Gedichte angefertigt 250. 270.
G^didite Jasawis 309.
Geschichte der Cluuie von Kafigar 290f.
174
Digitized by LjOOQ IC
369
Oesohichte der Ohoffas 291.
Profetenbiografie 2% n. 1.
Maläml: 8. DerwiBchtam.
Mini, zasammeiigeworfen mit Baddha 326.
Menschenraab 221 d. 1.
Mesnewi:
Lesen des M. in der VeraammlnDg 331.
Unterricht im M. 217 n. n. 1.
MeSreb: Malämi-Derwifi 328 n. 2.
Mongolen (Ostmongolen) 823.
Mnhanmied als Lichttrftger 336.
Murtd »Adept« 196 n. 2. 229. 261. 334.
Mnridtom 208.
MnrSid 199 n. n. 6. 229.
Mystisches:
Gjniker anter Maske der Mystik 328 n. 2.
Heiltrank 307 fr.
Verzückong nnd Visionen 200. 202. 208. 217. 263. 332.
Wissen 307.
Zikr-Andachten 217. 334.
Hiesen beim Erwachen vom Tode 199 u. n. 2.
Orden, religiöse: s. Derwischtum.
Osmanlis:
abweisend gegen fränkische Kultur 322 n. 2.
Perser:
Lichttrftumereien 336.
Personennamen:
Volkserkl&rung 320 f.
Pferd: kleine Basse in Turkestan 201 n. 8.
Pir 196 n. 2.
Politik: Heiratpolitik s. Ehe.
jüdische Mägi»h-Sekte operiert mit der Oottessohnschaft 336.
Verschleierung der dynastischen Prätention durch Schein
geistlicher Erbfolge 336.
Psychologisches: vgl. Mystisches. Wunder.
Herrschsucht besiegt religiöse Bedenken 323.
Suggestion 321 f.
4|almaqen: s. Gottesurteil. Person-Index s. y. Amursana, Dabag;i.
Chäqän: Verhältnis zum Chinesen-Oh. 236. 240. 263.
Dzungaren: als D. bezeichnet 326.
Eroberungen 326.
Garnison in Kadgan 237.
Gerichtswesen 226 f.
Gesandter 241 ff.
Habsucht 227.
Händler 248. 277.
Kleidung: 236 u. n. 3.
Kopfsteuer der Muslime 231.
Q.mädchen Frau Cho^ Dän^jäls 224.
Muslime: durch M. medergemetzelt 248 f. — als Gefangene
unter Muslimen 22HS.
in
Digitized by LjOOQ IC
370
Namen und Titel von Q.: Dttog^ ätsang 26011 272. ~
Amban Gisang 261.
Orda der Q. 235. 298.
Politik: die Q. schüren den Kampf von Ohoga nnd Ctxm 3^.
als politische Macht 210 ff. 218.
politische Vorgänge 227.
Qongtagi (Fürst) der Q. 210. 214. 225f. 325.
Ratsitzung im Sawmn 225.
Sengi der Q. 214 u. n. 1. 827.
Siräa-Q. ^47 f.
Tör© der Q. 235. 273.
Truppen 259. — Truppenföhrer 298.
Turgut-Q. 226. 244.
Türken: die Q. behalten Türken als Geisehi 223. 226.
Uneinigkeit 222. 227. 231. 233ff. 241. 253.
als Ungläubige 203 n. 2.
Unterricht, qaLooAqischer 224.
Unterwerfung unter die Chinesen 260ff.
Wallfahrten nach Potala 323.
Qarachaniden s. Bekiden
Qip5aq s. Kirgisen.
Qongtagi s. Qalmaqen.
Qoran:
Anführung von Q.-Sprüchen 244. 274. 332.
Fürsprecher und EntwafFner 248.
Licht im Q. 335.
Schwur beim Q. 264. 271.
Totenfeier: Q. lesen zur T. 267.
Becht:
Fragen 229.
Pflicht zum heiligen Kriege 275.
Rede:
Reden halten 261f. 264. 266.
Reisen:
Schnelligkeit und Häufigkeit des Reisens 234 u. n. 5. 251.
u. n. 2.
Stationen 241 n. 1.
Saijid als Titel 196 n. 1.
Salghut 8. Arghun.
Schlaf aus Kummer 332 u. n. 1.
Sitte und Brauch: vffl. Ceremonien. Islam. Kriegsgebräuche..
Qalmaqen, Kfeidong. Thronsaal. W^en.
Fuflsfall vor FOxsten (Huldigwag) 257. 27a
Nachrichten austrommeln 261.
Totenfeier: 230. 238. 256f. 264f. 267. 327.
Unglück durch Blasen verkünde» 263.
95fi:
S.'s in der chines. Partei der Cho^ 260. 272.
Unbotmässigkeit und Gewalttaten der &s 215« 267. 328.
Speisen: s. Asch.
Spottnamen: 221 u. n. 2. 260 u. n. 2. 269 u. n. 2.
Staatsschriften: 259 u. n. 2.
Stammbaum, geistlicher X99f. .229. 3a7ff. 307 n. 2. dB4ff.
geistliches Sohnffchaffamotiy «os Indien eiiigedning«n 336.
Spaltung 229.
tu
Digitized by LjOOQ IC
871
CTrknnde über geiiüiehen 8t. 800.
Stammbaum, leiblicher 229. 290.
Yerselüeiert dmrch geistUohen EinBobnb 886.
Sudan:
der Mahdi des S. alt Lichtträger 885.
Tabak:
Pfeife rauchen 239.
Tariqat, mystische Lehre 196. 884.
Lehrerlaubnis 199.
Teppich: Sitz des Heiligen 206 u. n. 3, 210.
Thronsaal 22ö. 242. 248. 259. 272f.
Tibet:
bLa brang, iUoster 326.
Muslime: Yon den M. überfallen: 325 f.
Reisewege 324 n. 2.
Titel: vgl Qalmaqen.
Bi 251.
Toter für lebendig ausgegeben 222.
Traum 208f. 242.
Turgut: s. Qalmaqen.
Türken:
T. in China: 323.
Geschichtschreibung anekdotisch 289.
Kennzeichnung: veränderlich 289 n. 1.
Lichttrftumereien 335.
Mongolische Schrift 822 n. 1.
Urjanchaier 322 n. 1.
Verwaltung: s. A4em. Qäkim.
Verzückung: s. Mystisches.
Volksetymologie 320f. 826.
Waffen:
doppelläufige Flinte 271.
Wahnsinn, religiöser 328 n. 2.
Waldgebiet 280 n. 1.
Wallfahrt nach Mekka 299.
Waqf:
des Heiligengrabes 206.
Weinen 226. 244. 248. 252. 261. 332.
W. des Grausamen über sein Opfer 289 n. 1.
Wunder: vgl. Fluss. Heiliger. Mystisches.
Wunder Äfaqs 213.
Engel helfen im Krieg 205 u. n. 2.
W.-Geschichten 196. 197. 201f.
Heiliger: W. des ungebornen Heiligen 333.
Islam: fremder Wunderglauben islamisiert 323.
W. eines Sarjid 333.
Täuschung über die Zahl der Feinde 243. 275.
Totenerweckung 199.
W. der Ungläubigen 212f. 338.
Wettkampf 212f. 324.
Zaratustrismus :
Tempel 212 n. 2.
Zeichen: s. Wunder.
171
12
Digitized by LjOOQ IC
372
4. OewBlir-iiidez.
AbulbaqäBäh&addin, ^m'iilnMqamät. Ms. Harimann persisch
Nr. 7.
Abulghazi: Histoir^ des MogoU et des Tatarea par Abonl-Ghftzi
B^hÄdour Khan, pnbl. trad. et ann. p. le Baron De smaisons.
2 Bde. Petersbtirg 1871/74.
Abu Jüsnf, kitäb aieharä^, Balaq 1302.
Ahmed Bif'at, mir'ät tOmagäsid, Stambnl 1298.
Ai'darow, XodoKa-Axpapz-BoAu. JlezeHda. Taschkent 1896.
JBarthold: s. Lane-Poole.
OmHemz o RoAMHÖupoeKth ez Typtsecmam. Petersburg 1904.
Typsecmam ez anoxy MotuoAbCKOzo HamecmeiM. 2 Teile.
Petersburg 1898/1900.
Berchem (Max van), Materiaux pour un Corpus Inscr^püowum
Arabkarum, Paris 1894—1903.
BOhtlingk, Ueber die Sprache der Jakuten. Petersburg 1851.
Cli&zine: Ghuläm Muhammed b. Mufti Bahimulläh
AlUhöri, chaüwat iü'asfija: Cawnpoor 1894/1312.
Choroschin, C^opuuKh cmanieü Kacawu^uxcn do TypKecmancKozo
Kpan, Petersburg 1876.
Christensen, Die Moschee a\^ in JBu^örä in: Orient. Litt.
Ztg. VU (1904) Sp. 49ff.
Deasj, In Tibet and Chinese Turkestan. London 1901.
Dutreuil de Bhins, Mission Scieniifigue dans la Haute Asie.
II. III (von Orenard). Paris.
Ooldziber, Äbhandkingen eur arabiscJien Philologie Teil IL Leiden
1899.
Der Stelenvogel im islamisehen Volksglmd>en in: Globus
83 (1903).
Muhammedanische Studien Teil 11. Halle a. S. 1890.
Grenard s. Dutreuil de Rhins.
Grigorjew: Ritter, Erdkunde von Asien Teil 7« russisch be-
arbeitet von Grigorjew. 2 Bde. Petersburg 1869/1873.
Grün wedel, Mythologie des Buddhismus in Tibet und der Mongolei.
Leipzig 1900.
Hartmann, Chademjai in: Orient Litt. Ztg. VI (1903).
Das Buchwesen in Turkestan und die türkischen Drucke der
Sammlung H. in: Mitt. Sem. Or. Spr. VE (1904) Abt. IL
Das Muwassah [Das arabische Strophengedicht D. Weimar
1897.
Der caghataiscTie Diwan Hüwedä's in: Mitt. Sem. Or.
Spr. V (1902) Abt. 11.
Der Islamische Orient Heft IV: Zentralasiatisches aus
Stambul. Berlin 1902.
Der Islamische Orient Heft Vi Mesreb , der ujeise Narr
und fromme Ketzer, Berlin 1902.
Die ostta^rkiscTien Handschriften der Sammlung H. in: Mitt.
Sem. Or. Spr. VU (1904) Abt. IL
Ein türkischer Text aus Kaigar in: Eeleti Szemle (Revue
Orientale pour les £tudes Ouralo-Altaiques) Bd. 5 (1904)
und Bd. 6 (1905).
172
Digitized by LjOOQ IC
373
Pamalamiamus in: Das Freie Wort 1904.
H e d i n : Die geogrqphisch'VnssemchaftUeJim Ergebnisse meiner Reisen
in jZentraianen 1894—1897 von Dr. Syen Hedin. Gotha
1900 (Petermann Ergänznngshefb Nr. 131).
Hendricks s. Bolle Hendricks.
Herklots, Qanoon -e- Islam. London 1832.
Hoff mann (Georg), Mahdithmn. Kiel 1899.
Hüwedä 8. Hartmann.
Ihn Hanqal: Bibliotheoa Geographoram Arabicorum ed.
de Goeje II. Leiden 1873.
Jacob, Welche Handelsartikel heeogen die Araber des MiUekdters
aus dm Nordiseh-BaÜischen Lärulem? 2. Aufl. Berlin 1891.
Jaqat: Jacufs Geographisches Wörterbuch herausgegeben von
Wüstenfeld. Leipzig 1866ff.
K a t a n w , Onumb uscAndoeanin ypRHxaücKOZo Muxa. Kazan 1903.
Kiepert (Bichard), KarU Kleinasiens in UBlaU. Berlin 1904.
Koeppen, Die Beligion des Buddha, 2 Bde. Berlin 1857/1859.
T. Krem er, Geschichte der herrschenden Ideen des Islams, Leipzig
1868.
Ijane-Poole, Mussuiman DynasUes. Bnssisch von Barthold.
Petersburg.
L^yi (Sylyain), Les Missions de Wang Bhtents'se, Paris.
Hahmüd Well: Handschrift seines bahr uTasrär s. S. 290.
de ttailla, Histoire Ghiirale de la Chine. Paris 1777—1783.
Marqnardt, Die Chronologie der äUtarkischen Inschriften.
Leipzig 1898.
— Eränsahr.
— Osteuropäische und ostasiatische Streif Büae, Leipzig 1903.
Mefireb: s. Hart mann, Der Islamische Orient Heft IV,
diwäni mesreb. Taschkent 1900.
Ms. 40: s. Teskirü ^Atiizän.
Ms. 75: Genealogie der Cho^ in Ms. Hartmann tfirkisch Nr. 75.
Ms. 122: s. Teekir€£ 'Ajüsün.
Ms. 590«« bis ) fl aifl
Ms. mO^* ] ^' ^' ^-^®-
Ms. 590 oi: Werk eines Unbekannten zur Geschichte KaSgariens.
Ms. Asiat. Mos. 590 oi, s. S. 291.
Mas^üdi, Les Prairies d'or. Paris.
Möller, Beiträge sur MahdOehre des Islams I. Heidelberg 1901.
Müller (Aug.), Der Islam. Berlin 1885.
Müller (F. W. K.), Handschriftenreste in Estrangeto-Schrift aus
Turfan, Chinesisch Turkestan in SBer. A. W. B. 1904 IX.
]f arSaohi: Description de Boukhara par Moh. Nerchakhy, publ
par Ch. Schefer. Paris 1892.
Ne Jib Asim: Neg:ib ^Äsim, türk ta*richi Bd. 1. Stambul 1318
(s. mein Ref. Orient.' Litt. Ztg. V (1902) Sp. 390ff.)
Notices et Extraits XIV s. Quatremäre, Matlaassaade'Cn.
I^uatremere, Historie des Sultans Mamhuks. Paris 1837.
— MaÜaa8saad€£n in Notices et Extraits XIY. Paris 1843.
178
12 •
Digitized by LjOOQ IC
374
WLeidlotf: DaiKudtakuBiUk. Teil L Bm'TextmTrtuwenptUm^
herauageaebm van Dr. TT. Badioff, Petersburg 189t.
— Die aülürhadien Inachriftm der Mongolei, Petecsbarg 1895.
— Neue Folge. Petershnig 1897. — Zweite Folge.
Petersburg 1899.
— Versuch eines Wörterbuchs der Türk-DiaUJOe. Petersburg 1888 ff.
Bitter, Erdkunde von Asien, Teil 2. 7. ygL Grigorjew.
Bolle Hendricks: handschriftlicher Stammbaum der Gho^as,
Über welchen s. S. 315.
Släml, qämüsi turki, Stambul 1318.
Sarre, Denkmäler persischer Baukunst. Berlin 1901. Lief. 1 — 6.
T. Schlagintweit (Herrn.), Bericht über den Tod Adolfs vom
SeMagitliweU in SBer. Bayr. A. W. Math.-plm. Klasse 1869.
— Berieht Oker das Denkmal far Adolf von Schlagintweit in
SBer. Bayr. A. W. Phil.-hist. Klasse 1890.
Schuyler, Turkestan.
Shaw: A Sketch of the Turki Language as spoken in Eastem
Turkistan (Käshgar ani Yarkand) by BobeH Barkley Shaw.
II. Vocabulary. Oalcutta 1880.
Sprenger, Das Leben und die Lehre des Mohammad. Berlin 1861
bis 1865.
Tabari, Annaies. Leiden 1879ff.
Ta^richi Guzide: Hamd Olläh Mostooufi Qazylni,
Tdrikh^ Gomdi par Gantin. Paris 1903.
Tausend und eine Nacht^ arab. Text der Vulgata.
TezMreX *a^än: Die handschriftliche Chronik des Muhammed
gAdiq KaSgari in Mss. Hartmann tttrk. Nr. 40 und Hr. 122.
Teskire über Hasan Chogam ^ähibqirän in Ms. Hartmann türk.
Nr. 66.
Tezkire über Machdümi A*zem, persisch, in Ms. Hartmann türk.
Nr. 33.
TB: A Eistory of the Moghuis of Central Asia bang the Tarikh-
i' BasMdi of Mirza Muhammad Haidar Dughldt, An
EngUsh Version. Edited, with Commentary, Notes and Mc^
by N, Elias, The Translation by E, Denison Boss» Beissue.
London 1898.
Waddell, The Buddhism of Tibet. London 1895.
Walichanow: CocmoHHtu ÄAmuuuwa ez 1856— i869 zody.
HsejicHenie nan omHema MmaÖci-KanumaHa BaAuxauoea in
Zapiski der Geogr. Ges. Petersburg 1861,3.
Wellhausen, Die religiös-potitischen Oppositionsparteien im aUen
Islam. Berlin 1901.
Weselowski, üaMSimHUKi XodoicurAjcpapa ez CaMapnandth in
BocTOHHtiii 3aMtTKH. Petersburg 1895.
Zehn Werst-Karte: die von dem russ. Generalstab in Taschkent
hergestellte Karte in 1 Zoll = 10 Werst (1: ca 420000);
vgl. meine Notiz in Orient Litt. Ztg. VI (1903) Sp. 211.
Digitized by LjOOQIC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC
Digitized by LjOOQ IC