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■4
DIE HANSESTÄDTE
UND
KÖNIG WALDEMAR VON DÄNEMARK.
HANSISCHE GESCHICHTE BIS 1376
VON
Db. dietrigh sghAfeb,
A. O. PBOPESHOH DRK OKMCIllCUTE A3H DIEB L'KIVERlUTÄT JENA.
GEKBÖNTE PREISSCHKIFT.
JENA,
VERLAG VON GUSTAV FISCHER
VORMALS FRIEUKICII MAUKE.
1879.
/• .
Motto: An seemächtige , meerbeherrschende Bürger
seiner St&dte denkt der Deutsche, weuu er den
Namen „Hansa*' nennen hört. Die strenge For-
schung wird manche liebgewordene Vorstellung
zerstören f aber auch sie wird stets mit Stolz
«nf die „Dudetohe Ilcnse** blicken.
HERRN
KOIfSUL H. H. MEIEE
IN BREMEN,
bM VERDIENTEN FÖRDEKER DEUTSCHEN HANDELS UND
DEUTSCHER SCHIFFFAHRT,
ZUGEEIGNET.
Vorwort.
Unterm 24. Mai 1870 , dem SOOSä^rigGi^ Gedenktage des
stralsimder Friedens, wurde von vier norddeutschen Greschichts-
vereinen die „Ausarbeitung eines Geschichtswerkes über das
Thema: Die deutschen Hansestädte und König Wal-
demar von Dänemark" als Preisaufgabe ausgeschrieben*).
Mitglieder jener Vereine (es waren der Verein für hamburgi-
sche Geschichte, der Verein für lübeckische Geschichte und
Alterthumskunde, die Abtheilung des bremer Künstlervereins
für Geschichte und Alterthumskunde, die rügisch-pommersche
Abtheilung der Gesellschaft für pommersche Geschichte und
Alterthumskunde) waren an jenem Tage zur Feier genannten
Friedens in Stralsund versammelt; das Ergebniss ihres Zu-
sammenseins war die Grundlegung zum hansischen Geschichts-
verein. Auf der 6. Jahresversammlung dieses Vereins, abge-
halten zu Pfingsten 1876 in Köln, wurde durch den Vorsitzen-
den des Vereins, Herrn Professor Mantels, einen der Herren
Preisrichter, die vorliegende Arbeit als eine Lösung der ge-
stellten Aufgabe anerkannt und des Preises würdig erklärt.
Seitdem sind drei Jahre verflossen. Der Verfasser hatte
es für nöthig gehalten, beim Einreichen seiner Arbeit darauf
aufmerksam zu machen, dass er dieselbe nicht für nach allen
Seiten hin abgeschlossen erachte*). Erst in jüngster Ver-
gangenheit aber gelang es ihm, den selbstgefühlten Mängeln
1) Vgl. Hansbche Oeschichtsblätter 1871 , Nachrichten p. VIII.
2) ebd. 1875, Nachrichten p. XXXUI.
VI Vorwort.
eiiiigeniiasscu abzuhelfen. Die Uebernaluue neuer Pflichten,
zunächst der Herausgabe einer 3. Serie Hanserecesse, dann
des lAihranits an hiesiger Universität, nöthigte ihn, die äl-
tere (Obliegenheit einen unerwünschten Aufschub erfahren zu
lassen. Doch darf behauptet werden, dass dieser Aufschub
der Arbeit zu Gute kam. Vor Allem war inzwischen Gele-
genheit, durch mannichfache Beschäftigung mit andern Partien
hansischer und nonlischer Geschichte die Kenntnisse zu meh-
ren, den Blick für die unmittelbar vorliegenden Hergänge zu
erweitem und zu schärfen , es war durch die inzwischen m(*)g-
lich gewordene gänzliche Hingabe an die Wissenschaft Gele-
genheit, immer fester und sicherer einherschreiten zu lernen
auf dem Boden, den der Anfänger nur mit dem Gefühl un-
sicheren Schwankens betritt. So hat die gegenwärtige Arbeit,
seitdem sie den Herreu Preisrichtern vorlag, gewissennassen
ein neues Gewand erhalten. Einiges, doch im Ganzen Weniges,
ist verändert oder gekürzt worden; erheblicher sind die Er-
weiterungen, die manche Abschnitte erfahren haben, am er-
heblichsten die vollständig neuen Zusätze. Dem aufmerksamen
lieser wird es vielleicht nicht entgehen, dass der Abschlies-
sende nicht mehr derselbe war wie der, welcher vor 5 Jahren
die erste Ausarbeitung anfing; es war eben nicht wohl mög-
lich, die Spuren des Wachsens und Werdens ganz zu ver-
wischen.
Der Verfasser hat sich in erster Linie bemüht, allen wis-
senschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden; er luttTt,
dass ihm die Kritik das Zeugniss gewissenhafter Durchfor-
schung und Benutzung der Quellen nicht versagen wird. Er
hat sich aber auch den Anforderungen nicht entziehen wi»llon,
die der Leser an historische Darstellung zu machen berechtigt
ist. Dun hat immer sonderlich das. wenn auch scharfe.
Wort Dahlmanns gefallen, mit dem dieser zur Abfassung
iner aDgemein lesbaren schleswig-holsteinischen I^ndesge-
Vorwort. VII
schichte anregen wollte: ,^dere wissenschaftliche Betriebe
mögen den Menschen lehren, sich ausser der Zeit zu stellen;
allein die Geschichtschreibung, welche nicht stark in die Ge-
genwart dringt, wird in Phantasterei oder wüstem Sammler-
flciss ersterben". Auch von Nichthistorikern wünscht die ge-
genwärtige Arbeit gelesen und geschätzt zu werden, den In-
tentionen jener Männer entsprechend, die mit der Stellung
der Aufgabe, mit der Gründung des hansischen Geschichts-
vereins nicht zuletzt auch eme Neubelebung des historischen
Sinnes in den bürgerlichen Bereisen der alten Hansestädte, das
will sagen so ziemlich aller bedeutenderen Städte der nord-
deutschen Tiefebene, im Auge hatten. Hansische Geschichts-
stoffe verhalten sich gegenüber den Bemühungen des Dar-
stellers manchmal spröde , fast immer nüchtern ; auch das vor-
liegende Buch hat diese Schwierigkeiten wenn überhaupt, so
d<>ch nur zum Theil überwinden können. Sollte es ihm trotz-
dem gelingen, Eingang zu gewinnen in jene Kreise, an seinem
Theile mitzuwirken an der Wiedererweckung und Neubelebung
althansischen, mannhaften Bürgersinnes, so würde das dem
Verfasser zur besonderen Befriedigung gereichen.
Das über den Gegenstand vorhandene Quellenmaterial ist
zum bei Weitem grössten Tlieile gedruckt und, soweit der
Verfasser zur Zeit übersehen kann, vollständig herangezogen.
An einigen doch zum Theil unerheblichen Punkten haben
bisher ungedruckte Archivalien erwünschte Ergänzungen und
Aufklärungen geliefert. Den Verwaltungen des Geh. und Haupt-
archivs zu Schwerin, des Geheimarchivs zu Kopenhagen, des
Reichsarchivs und des historischen Kabinets im Reichsmuseum
zu Stockholm , der städtischen Archive in Lübeck und Bremen
ist der Verfasser für freundliche Förderung und mancherlei
Mittheilungen zu Dank verpflichtet. Auch die Vorstände der
Stadtbibliotheken zu Bremen, Lübeck und Hamburg, der kgl.
Bibliothek zu Stockholm, der Universitätsbibliotheken zu Ko-
VIII Vorwort.
penhagen, Jena und I/^ipzig und der grossherz. Bibliothek zu
Weimar haben sich durch liberales Entgegenkommen Anspruch
auf seinen Dank erworben. Gern ergreift der Verfasser die
Gelegenheit, werthen hansischen Freunden, dem Herrn Pro-
fessor Mantels in Lübeck und Herrn Dr. Karl Koppmann in
Barmbeck bei Hamburg, für die dieser Arbeit geschenkte leb-
hafte Theilnahme und vielfache Förderung auch öffentlich aufs
Herzlichste zu danken.
Jena, 22. Mai 1879.
D. Schäfer.
Inhaltsübersicht.
Seite
Einleitung 1 — 8
L Das Vordringen der Deutschen nach Osten bis zum
14. Jahrhundert 9—17
Bedeutung der Germanisirung 9. Otto der Grosse, Otto vou
Bamberg 10. Oottschalk und Heinrich 11. Adolf II., Heinrich
der Löwe, Waldemar I. 12. Kolonisation 18. St&dtegrQndung 14.
Livland 15. Der deutsche Orden 16. Resultat 17.
II. Deutschland und Dänemark bis gegen Ende des
13. Jahrhunderts 18—29
Bekehrung der D&nen zum Christenthum 18. Friedliches Ver-
hjUtniss 19. Stuns Heinrichs des Löwen 20. Waldemar I. und
Knut VI. 81. Grafschaft Holstein 82. Dänische Eroberungen 23.
Abwerfen der d&nischen Herrschaft 25. Sinken der d&nischen
Macht 26. Die Absonderung Schleswigs 28.
IIL Die norddeutschen Städte und ihre Einungen 30—91
l. Die Verbindungen deutscher Kaufleute im Aus-
lände 31 — 75: Anfänge des deutschen Handels 31. SteUung
des Kaufmanns im Auslande 32. Genossenschaften dort 38.
a) Die Ostsee 35 — 49: Ihre Bedeutung für den Handel
35. GoÜand 37. Die Deutschen auf der Ostsee 39, auf Got-
land 40. Die deutschen Bürger Wisbys 41. Die gotländische
Genossenschaft 42. Livland 43. Nowgorod 44. Organisation
und Macht der Genossenschaft 45. Einfluss der Städte 47.
b) Lübeck 50 — 59: Grandung 50. Verfassung 51. Rath
52. Rasches Aufblähen 53. Ausbreitung in der Ostsee 54.
Appellationshof für Nowgorod 56. Zurückdrängen Wisbys 58.
c) Die Nordsee 59 — 68: Verkehr mit England 60.
Köln 61. Lübecks Aunreten 62. Gildhalle der Deutschen 64.
Flandern 65. Die Privilegien von 1258, 66. Niederlassung 67.
1 Inhaltsfiberaicht.
Seite
d) Dio Bedeatang der auswärtigen Niederlassungen
deutscher Kaufleute für die Verbindung der Städt<j
68 — 75: Die Städte xusammcngefQhrt durch die Einigang
ihrer Bürger im Aaslande 68. Gemeinsame Beschlüsse 71. Ver-
tretung der Interessen des gemeinen Kaufmanns Aufgabe der
Städte 74.
2) Norddeutsche Städtebündnisse 75 — 91: Mannich-
faltiges Za.<iammenschlicssen 75. Zusammenhang mit den Ange-
legenheiten de.H gemeinen Kaufmanns 77.
a) Die wendischen Städte 78 — 82: Lfiiiecks Nach-
barstädte 78. Lflbisches Recht 79. Bündnisse der wendischen
Städte 81.
b) Lübeck und Hamburg 82 — 86: Hamburgs NcugrUn-
dung 88. Bündnisse mit Lübeck 84. Anschluss an die wendischen
Städte 85.
liübeck und die wendischen Städte in der allgemeinen Einigung
der Städte 86. Landfriedensbündniss von 1283, 87. Natur der
unter den Städten bestehenden Einigung 89.
IV. Erich Menved und die norddeutschen Städte und
Fürsten 92—107
Dänemark unter Erich Menved 92. Vorgehen in Meklenburg 93,
in Holstein 94. Fehde der Holsteiner mit Lübeck 96. Erich
Menved Lübecks Schutzvogt 97. Angriff auf Wismar und Ro-
stock 99. Deren Niederlage 101. Siegreicher Widerstand Stral-
sunds 103. Stellung Dänemarks 106.
V. Dänemark unter deutschem Einfluss 1319-1340. 108— 1 26
Ausbreitung des Lehnwesens in Dänemark 108- König Chri-
stoph 110. Gerhard von Rendsburg und Johann von Plön-
Kiel 111. Streit um die Vormundschaft für Waldemar von
Schleswig, Aufstand in Dänemark 118. Waldemar K5nig, Ger-
hard Reichsverweser, Dänemarks Theilung 114. Schonen schwe-
disch 117. Unzufriedenheit der Dänen 118. Eindringen deutscher
Adliger 119. Gefährdung des Handels 121. Waldemar Atterdag
123. Schleswig an Gerhard überlassen 124. Gerhards Ermor-
dung 125.
VI. Die ersten zwanzig Jahre Waldemar Atterdags 127 — 179
Seine RfickfOhmng 127. Fürstentag zu Lübeck 129. Landtag
SU Wiborg 130. Krieg mit den Söhnen Gerhards 131. Die
wendischen Städte im Bunde mit Waldemar gegen den holsteini-
schen Adel 132. Ihr Krieg mit den holsteinischen Grafen 134.
Schwedens Einmischung 135. Friedensschlüsse 137. Nieder-
werfung der Raubritter 138. Das Steigen der Macht Waide-
mars 139. Waidemars Reisen, Verkauf Estlands 141. Theilnahme
am Markgrafenkriege 143. Stellung an der deutschen Ostsee-
kflste 145, in Dänemark 146. Aufstand der Juten 148. Danehof
lu Nyborg 1364, 160. Waidemars Verfahren in Jütland 151.
Seine Regierungsweise 152. Weitauasehende Pläne (Frankreich)
154. Neuer Aufstand der Juten 1357, 156. Einmischen der
InhAltsfibersicht XI
Sdte
Hobteiner, Meklenbnrger und Erichs von Schweden 157. Stral-
snodcr Vertrag 159. Ermordung vornehmer JUten 160. Neuer
Krieg 161. Vertrag zu Kailundborg 162. König Magnus von
Schweden 163. Sein Sohn Erich und Bengt Algotson 164. Magnus
und Waldemar 165. Waldemar gewinnt Schonen lurück 1360, 167.
Waldemar Wiederhersteller des Reichs 1 69. Sein Regiment und
Charakter 170. Seine Machtstellutig um 1860, 172. Dftnemarks
Bevölkerung 178. Stfidte 174. BauernsUnd 176. Adel und
Geistlichkeit 177. Deutsche Adlige in Waidemars Diensten 178.
VII. Die norddeutschen Städte um die Mitte des 14. Jahr-
hunderts 180—242
Blflthe der St&dte 180. Grösse derselben 181. Stellung zu
Kaiser und Landesherren 182. Vertretung dos Handels nach
aussen, Verträge, Privilegien 183. Handelsgebiot 184. Russ-
land 185. Schweden, Prenssen 187. Wege von der Ost- zur
Nordsee 188. BrDgge 189. England 190. Sonstige Handels-
l)ewegung (besonders Getreide, Bergbanprodukte, Salz, Bier) 191.
Verh<niss zu den Oberdeutschen 195. Lokalverkehr 196. Der
Waarentransport 197. Strandrecht 198. Die SchiffTahrt 199.
Landreisen 200. FlussschiflfTahrt 201. Zölle 202. Auswärtige
Niederlassungen (Kontore) 203. Art des Handels 205. Zahlmittcl,
MQnzwessen 206. Geldwechsel, Kapitalanlage 209. Umfang des
Handels 210. Unternehmungslust 211. Schiffsverkehr 212. Waa-
renmengen 218. Städtische Gewerbe 215. Stellung des Hand-
werkers 217. Das ,,Amt** 218. Andere städtische Erwerbszweige
219. Bevölkerungszahl 220. Herrschender Wohlstand 223. Kirch-
liche Stiftungen 224. Kirchliche Architektur 226. Andere Ar-
beiten des Kunsthandwerks 228. Die Verbindung der Kunst mit
dem täglichen Leben 229. Wissenschaftliche Regungen 230. Le-
bensgenuss. Luxus 231. Der Rath 233. Zunftunruhen 234.
Patriciat 234. Die Gemeinde 235. Würdigung des aristokrati-
schen Regiments 236. Rathhaus und Markt 238. Ausbildung
des städtischen Rechts, die „Schreiberei* S „Siegel und Brief** 239.
Wesen und Bedeutung der Städte als politischer Gebilde 240.
Städtischer Patriotismus 242.
VIII. Die Gemeinschaft der Städte in der ersten Hälfte des
14 Jahrhunderts; ihr Verkehr mit Dänemark 243 — 261
Dänemarks Bedeutung für den städtischen Handel 243. Be-
sonders fUr die wendischen Städte 245. Deren Haltung nach
Erich Menveds Tode 246. Neue und festere Einigung derselben
zur Zeit Waldemar Atterdags 247. Allgemein hansisches Auf-
treten in Flandern 248. Die Theilung in Drittel 260. Gebrauch
der Bezeichnung „Hanse*^ 251. Bremens Wiederaufnahme in die
Hanse 253. Verhältniss der wendischen Städte und Lübecks zu
Waldemar 254. Bedeutung Schönens für die Städte 256. Ihre
Rechte dort 257. Verhandlungen über Bestätigung der schonen-
schen Privilegien 259.
IX. Waidemars Angriff auf Wisby 262 — 274
Bedeutung, Blüthe und Reichthum Wisbys 2G2. Waidemars
Verhältniss zu Schweden 26.5. Verlobung Hakons von Norwegen
mit der holsteinischen Elisabeth 266. Machtlosigkeit des Magnus
267. Waidemars Angriff 268. Eroberung Oelands und Got-
Xn Inhaltsübersicht.
lands 269. Wisby unter dänischer Herrschaft; Ursachen seines
Verfalles 271.
X. Der erste Krieg gegen Waldemar .... 275—365
1) Das Bündniss zwischen den Städten und Schwe-
den-Norwegen 275 — 293: Eindruck von Wisbys Fall 275.
Städtetag in Oreifswald 276. Magnus' Verhalten 277. Stellung
der Städte zu Schweden 278. Zweiter Tag in Greifswald 280.
Verträge mit Schweden-Norwegen 281. Handelsprivilegien 282.
Der schwedische Reichsrath 284. Die holsteinischen Grafen 286.
Die wendischen Städte 287. Waldemar und seine Freunde 290.
Meklenburg 293.
2) Heer und Flotte der Hansen und ihres Gegners
293 — 310: Wehrhaftigkeit der Bürger 293. Befestigung der
Städte 294. Wehrpflicht der Burger, ständige Kriegsknechte,
Beschaffung des Kriegsmaterials 295. Söldner 297. Hamburgs
Rüstung, Rathsherren als Führer 298. Stärke des Heeres 299,
der Flotte 801. Schiffe 302. Kriegsmaschinen 304. Verpfle-
gung 305. Kaperei 307. Waidemars Kriegswesen 308.
3) Der Feldzug des Jahres 1362, 310 — 326: Schonen
das Angriffsobjekt 310. Mangelhaftigkeit der Nachrichten 311.
Belagerung von Helsingborg 312. Niederlage der Städter 313.
Ihre Verluste 314. Waffenruhe 315. Rückkehr nach Deutschland
316. Magnus und Hakon 317. Neue Verluste, Oeland den
Städten übcrlas.sen 318. StKdtetng zu Stralsund 319. Waffen-
stillstand 320. Das Vcrhältniss zu Schweden -Norwegen 323.
4) Die Zeit des Waffenstillstandes (bis 6. Jan. 1364)
326 — 365 : Lockerung des Bundes, Waidemars Uebermuth 326.
Elisabeth von Holstein gefangen 327. Vertragsverletzungen Wai-
demars 328. Die prcussischcn Städte 330. Waidemars Verhand-
lungen mit denselben 332. Vermählung Hakons mitMargareta 333.
Die holsteinischen Grafen 335. Tag zu Nykjobing 836. Mitt-
sommertagfahrt zu Lübeck 341. Verhandlungen mit den Meklen-
burgem und Holstoinerh 344. Schwankende Haltung der Städte
345. Tagfahrt zu Wismar 346. Dänische Räubereien und Er-
pressungen 347. Sonderangelegenheiten und Zersplitterung der
Städte 349. Die Kosten des Krieges rSchiffspreise , Sold , Ver-
pflegung, Ausrü.stung, Lösegelder der Gefangenen) 350. Die Han-
delsverbote 356. Verhandlungen über Deckung der Kriegskosten
und Schadenersatz 857. Johann Witti^nborgs Hinrichtung 359.
Die Tagfahrten zu Stralsund und Greifswald 360. Pommersche
Vermittlung 361. Waldemar nach Deutschland 363. Kriegsaus-
sicbten 864.
XL Vom Ablauf des WaflFcnstillstandes bis zum wor-
dingborger Vertrage (Januar 1364 — September
1365) 366—385
Tagfahrt zu Stralsund 366. Waidemars Reise 368. Unent-
schlossenheit der Städte, V^ennittlnngsversuche 371. Tagfahrt zu
Rostock 872. Sonderfehden der Stüdte 374. Tagfahrt zu Lübeck,
neue pommersche Vermittlung 375. Verlängerung des Stillstandes
877. Friedensyerbändlnngen 881. Wordingborger Friede 883.
Inbaltsfibenicht. XIII
Seite
XII. Die Verwicklungen vor dem zweiten Kriege gegen
Waldemar 386—399
Die MittsomxnerUgfahrt za Lübeck 1366, 886. Klagen der
Stidte Über dftnuchen Vertragsbruch 387. Antrfige der preussi-
schen St&dte aaf ein Bündniss 388. Vermittlung der wendischen
Stidte 389. Ihre Sendung nach Preussen 390. Verbindung der
preussischen und süderseeischen Stiidte 391. Mittsommertagfahrt
1367 SU Stralsund 392. Zweite Tagfahrt zu Stralsund 393. Ver-
handlungen zu Palsterbo 395. Der Krieg beschlossen 397. Ver-
bindung mit Meklenburg und Holstein 898.
XIII. Die Meklenburgcr in Schweden. Norwegen und die
Städte 400—430
Herzog Albrecht von Meklenburg 400. Seine Verbindung
mit Schweden 402. Sein Sohn dorthin berufen 403. Expedition
nach Schweden 404. Königswahl 405. Einnahme des Landes 406.
Unternehmen gegen Finland 408. Schlacht bei Enköping, Magnus
gefangen 409. Waidemars Einmischung 410. Einfall in Schwe-
den 411. Vertrag zu Alholm 413. Von König Albrecht nicht
anerkannt 415. Machtbcreich der Meklcnburger 418. Die schwe-
dischen Grossen 419. Die Meklcnburger und die Städte 420. —
Die Deutschen in Norwegen 423. Handel dorthin 424. Kontor
zu Bergen 425. Rechte der deutschen Kaufleute 426. Verhält-
niss der Städte zu Hakon 427. Streitigkeiten nach dem ersten
Kriege 428.
XIV. Der zweite Krieg gegen WaJdcmar . . . 431 — 503
1) Die kölner Konföderation 431 — 437: Hansetag
zu Köln 431. BüuduUs 432. PfuudzoU 434. Bündniss mit den
Forsten 436.
2) Weitere Verhandlungen mit Dänemark und Kriegs-
erklärung. BündnisBe mit den Fürsten 437 — 446:
Besultatlose Verhandlungen mit Waldemar 437. Schreiben an
Kaber, Papst und nordische Fürsten 439. Bündniss der Meklcn-
burger, Holsteiner und des jütischen Adels 440. Deren Bündniss
mit den Stfidten 443.
3) Die Rüstungen der Städte 446 — 468: Die Theil-
nehmer an der kölner Konföderation 446. Verhältniss der Kon-
fSderation zur Hanse 448. Die wendischen Städte 451. Stargard
458. Anklam 453. Kiel 454. Hamburg 455. Stade und Bre-
men 457. Die Niederländer 458. Die preussischen Städte 459.
Die liyländischen Städte 460. Die auswärtigen Niederlassungen
461. Wisby 463. Die Kriegsmacht der wendischen Städte 465.
Das Kontingent Lübecks 466. Die Führer 467.
4) Dänemark und König Waldemar vor dem zweiten
Kriege 468 — 476: Waidemars innere Politik in den letzten
Jahren 468. Dänemarks Machtstellung 471. Waidemars Freunde
47S. Erich von Sachsen 473. Waldemar verlässt sein Reich 474.
Müthmassliche Gründe 475.
5) Das erste Jahr des Krieges 476 — 495 : Die han-
sische Flotte am Gelland 476. Kopenhagen genommen, Erobe-
rungen in Schonen 477. Eroberung von M0en, Falster und Laa-
Xiy InhalUfibenioht.
Seite
land 478. Die Heimsachimg der norwegischen Kästen 480. Die
Holsteiner in Jfitland 481. Norwegen sucht nm Frieden nach 483.
Verlcehrsanordnungen der Stfidte 484. Verfahren gegen Nicht-
hansen 486, gegen Ansllnder 487. Schonenfahrt 1368, 489.
Waidemars Hfilfegesnche 490. Tod Erichs von Sachsen, Mass-
regeln der Städte gegen Waidemars Plftne 491. Fehde zwischen
Pommern und Meklenbnrg 493. Der rflgensche Adel 494.
6) Die Fortsetzung des Krieges im Jahre 1369,
495 — 503 : Winterfeldsug 495. Feldzugsplan fQr den Sommer
497. Belagerung Helsingborgs 498. Einnahme der Feste, Zer-
störung der Burg Kopenhagen 500. Brun Warendorps Tod, wei-
tere PUne gegen D&nemark 502.
XV. Der stralsunder Friede 504 — 514
Magnus von Braunschweig-Lfineburg , Erich von Sachsen der
jüngere, Adolf von Hobtein 504. BQndniss des Braunschweig-
Lüneburgers mit dem Brandenburger 505. Verhandlungen des
dänischen Reichsraths mit den Städten 507. Vertrag mit Nor-
wegen 508. Vertrag mit den Dänen zu Stralsund Nov. 1369, 510.
Der strabunder Friede 24. Mai 1870, 511.
_ m
XVI. Vom stralsunder Frieden bis zum Tode Waidemars,
1370—1375 515—556
Verhandlungen mit Norwegen zu Bahus und Tönsberg 515.
Friede zu Kallundborg 517. Waldemar 1369—1370, 618. Ver-
legenheiten der Städte 521. Verhandlungen mit Waldemar 523-
Abschluss zu Stralsund 524. Die schonenschen Schlösser an
Henning von Putbus 525. Die Brandenburger und Lüneburger
gegen Meklenbnrg 527. Verhandlungen zwischen Schweden und
Norwegen zu Lödöse 580. Aufstand der Schweden, Hakon vor
Stockholm 531. Uebermacht des Adels in Schweden 582. Ver-
trag zwischen Hakon und Albrecht, Magnus* Befreiung 533.
Friede der Meklenburger mit Waldemar 534. Waldemar gegen
die holsteinischen Qrafen, seine Erfolge in Schleswig 536. Friede
mit den Holsteinem und dem jütischen Adel 538. Waidemars Vor-
gehen in Jütland 589, in Schleswig 540, in Holstein 541.
Neue Verwicklungen der Städte mit Waldemar, dessen Versuch,
die schonenschen Schlösser zurück zu erlangen 542. Städtische
Gesandtschaft nach Dänemark 544. Waidemars Tod 545. Sein
Charakter und seine Bedeutung für Dänemark 546. Die Frage
der Nachfolge 548. Bemühungen der Meklenburger, Einmischung
des Kaisers 549. Olaf von Norwegen 550. Stellung der Städte
551. Wahl Olafs 553. Friedensschlüsse zu Kallundborg und
Korsör 554. Königin Margarete 555.
Schluss 657—575
Vorherrschaft der Hanse im Norden 557. Adelsherrschaft in
Dänemark 558. Bedeutung der kölner Konföderation für die
Entwicklung der Hanse 559. Die gemeinsamen Rechte des Kauf-
manns im Auslände auch ferner Mittelpunkt der Hanse 562.
Streben nach Theilnahme an derselben 568. Einmischung des
Bundes in innere Angelegenheiten der Städte 564. Unruhen 565.
Organisation des Bundes 566. Tagfahrten 567. Recesse 568.
Qliederung 569. Hegemonie der wendischen Städte und Lübecks
570. SteUung der Hanse in der deutschen Geschichte 572.
Inhaltsfibenicht.
XV
Exkurs I.
Ezkora n.
Exkurs III.
Exkurs IV.
Exkurs V.
Anlage A.
Seite
Wann war die Schlacht bei Helsingborg ? 576 — 5 7 9
Das Ende des Feldzugs von 1362 580 — 586
Kampen und die süderseoischen Städte
im ersten Kriege gegen Waldemar . 587 — 591
Borgholm (Oeland) im Besitz der
Städte (1362—1366) 592—597
Pfundzoll in Bergen? 598—599
(Literaturübersicht zu Kap. YII) . . 600—607
Berichtigungen :
S. 9 Z. 3 y. o. lies: kolonjsirungsßlhigen statt kolonosirungsflbigen.
S. 190 Z. 9 V. u. lies: Ost sUtt West.
Der Kampf der Hansest&dte mit Kiteig Waldemar Atterdag
Yon Dänemark führt uns in eine Periode der deutsehen Ge-
Bchichte, die man als eine Zeit dee Niederganges zu bezeichnen
pflegt. Beichlidi hundert Jahre waren verflossen, seitdem der
letzte grosse Stanfer, Friedrich II., vergeblich versucht hatte,
dem Gedanken des römischen Eaiserthums, des imperium mundi,
greifbare Gestalt zu verleihe. Er unterlag der fester be-
grtodeten Macht päpstlicher Weltherrschaftsansprüche, dem
berechtigten Widerstände der aufstrebenden italienischen Com-
mimen. Sein Haus hatte sich zum Träger eines welthistori-
sche Gedankens gemacht, dessen vollständige DurchfOhrung
ohne die Verletzung zahlloser berechtigter Interessen nicht
möglich war; es musste dem Gange der Geschichte zum Opfer
fallen.
Ab^ mit Recht trauerte das deutsche Volk um den Unter-
gang des hochstrebeden und hochbegabten Geschlechts, knüpfte
in Sagen und liedem seine Hoflfhungen an die stolzen und
kühnen Männer, die mit mehr Tapferkeit und Muth als Glück
und Geschick an seiner Spitze nach der Weltherrschaft gestrebt
hattoi. Denn mit dem Glänze, den die römische Kaisertaxme
auf dem Haupte kraftvoller deutscher Könige unserem Volke
verlieh, schwand auch das Ansehen dahin, das die Deutschen
Yor alle andern Völkern des Erdthdls genösse hatt^. Waren
sie bisher die ersten gewes^ in Europa, so galten sie jetzt
nicht mdr als Franzosen und Engländer, Spanier und Itali^er
und bald noch weniger. Die Franzosen verstanden es, länger
SchSkr. Di« ÜMMstUte. |
2 Einleitung.
als ein halbes Jahrhundert das Papstthum unter ihren Einfluss
zu bringen und die Früchte einzueinten , die der Sieg des-
selben über das Kaiserthum und über Deutschland zeitigen
musste. In der alten Rivalität der beiden Nachbarvölker
brachte besonders die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts ent-
schieden eine Wendung zu Gunsten unserer westlichen Nachbarn.
Allerdings widmeten sich die Nachfolger der Staufer mehr
den heimischen Angd^genheiten, verzichteten auf die Träume
einer Weltherrschaft. Aber keineswegs gelang ihnen, was jene
Ober ihr^r auswärtigen Politik verabsäumt hatten, die Be-
sdu^nkung der immer mächtiger au&trebenden Territorial-
gewalten. Anstatt diese in ihrer Entwickdung zu hemm^,
betrateu sie sodt ihnen die gleiche Bahn, liefen ihnen auf dieser,
gerade vermöge ihrer königlichen Stellung, den Bang ab. Ihre
Beschäftigang mit deutschen Angelegenheiten wurde zu einem
rückaiditslosen Streben nach Vergrösserung der eigenen Haus-
maclit. Immer mehr erstarb das Gefühl der deutschen Natio-
nalität und ihrer Einheit, das dereinst in dem gemeinsamen
Kampf für Glanz und Hoheit der' Kaiserkrone einen festen
Anhaltspunkt gefunden hatte; nur in einzelnen territorialoa
Gebilden, die in ihrer ganzen Stellung und Geschichte auf das
Beich hingewiesen waren, erhielt es sich noch rege, so beson-
ders in den Städtmi. Wie kläglich erscheint uns der Kampf
Ludwigs des Baiem mit den Päpsten, verglichen mit dem ge-
waltigen Bingen der Staufer gegen Boml Nicht mehr macht
das deutsche Beich unter Führung des universalen Kais^-
thums, die erste Macht der Christenhdt, den römischen Bi-
schöfen die Weltherrschaft streitig — ein Landesfürst sucht
sein Becht zu wahren gegenüber den Anmassungen der Curie.
In voller Klarheit tritt dieser nicht auf das Beich, nein
auf das Territorium sich beschränkende Standpunkt der deulr
schen Könige hervor in Karl lY. Was dieser begabte, ein-
sichtsvolle ua^ durchaus nicht energielose Herrscher im Laufe
seiner dreissigjährigen Regierung für das deutsche Reich ge-
tban hat, verschwindet, verglichen mit seiner Thätigkeit in
im böhmischen Erblanden. Die Dinge im Reiche gehen ihren
Gang; nur selten greift der Kaiser ein und dann meistens nur,
am seinen eigenen Vortheil zu verfolge, nicht sdten die
Reichsgewalt missbrauchend, um sein landesherriiches, sein terri-
toriales Interesse zu fördern. Kein Wunder, dass sich immer
mehr ein System der Territorialpolitik in Deutschland ent-
wickdt, wie es die andern grossen Länder Europas, Italien
ausgenommen, nie gekannt haben. Es bilden sich innerhalb
des Reichs dnzeln oder in Gruppen politische Gewalten, die
wenig Interessen kennen über ihre beschränkten Grenzen hinaus.
Innerhalb dieser verleugnen sie allerdings nicht die alte deut-
sche Kraft; aber die kriegerische Tüchtigkeit des Volks, der
fiiror Teutonieus, so oft der Schrecken der Fremden, wird
jetzt dem Lande zur ^tsetzlichen Plage. Von den Alpen bis
zum Heere wiederhallt es vom Waffeuklange; in erbitterten
Fehden kämpfen die kleinen territorialen Gebilde mit einander
um ihre Existenz und greifen dadurch unendlich hemmaid und
hiiidenid in unsere Entwickelung ein. Nur in einem TheQe
miseres Vaterlandes wendet sich die in der Selbständigkeit
erstarkte Kraft der particularen Bildungen einem würdigeren
Zide zn: es ist der Nordosten.
Schon zu den Zeiten, da noch die Staufer die Kräfte des
Reiches für ihre grossartigen Pläne in Anspruch nahmen, ent-
wid^dt^i particulare Kräfte hier eine weitgehende Initiative«
Während Friedrich Barbarossa den Widerstand der italieni*
sehen Communen zu brechen und feindliche Päpste zu beugett
suchte, gewannen Heinrich der Löwe und Albrecht der Bär
weite slavische Gebiete deutscher Herrschaft und deutscher
Kultur. In den Tagen, da Friedrich II. in fruchtlosem Ringen
sich abmühte y der Kaisergewalt in Italien unbedingte Aner*
4 Einleitung.
kennung zu verschafifen , pflanzten deutsche Bitter im fernen
Nordosten das Samenkorn, aus dem sich der mächtige Baum
entwickehi sollte, in dessen Schatten die deutschen Völker jetzt
sicher wohnen. Und dieser Geist erlosch nicht, als die Bftner-
Züge ein Ende nahmen. Als das Beich den umwohnenden Völ-
kern gegenüber seine Bedeutung immer mehr verlor, da sorgten
besonders im Nord^ und Osten die frisch emporblühendoi
Territorialgewalten dafür, dass die Nachbarn auch femer Ach-
tung behielten vor deutscher Thatkraft und deutscher Macht
Hier zeigte es sich, dass das deutsche Leben noch in kräftigen
Pulsschlägen sich rege, während Kaiser Ludwig, nicht ohne
Schuld des Beiches, im Kampfe mit päpstlich -französischen
Intriguen eine traurige Bolle spielte, sein Nachfolger Karl IV.
die blutumworbenen Bechte des Beichs in Italien in MedUchai
Uebereinkünften als verloren anerkannte und im Westen da
Abbröckelungsprocess begann, der in jahrhundertelangem Ver-
laufe die französische Macht bis unmittelbar an die Ufer des
deutschen Bheines führen sollte. Denn eben in jenen Tagen
sehen wir im Norden unseres Vaterlandes Dänemark fast zwei
Jahnsehnte in der Hand der holsteinischen Grafen, Schweden
ein Viertetjahrhundert beherrscht von einem MeUenburger,
den gefOrchteten Dänenkönig Waldemar von deutschen Städten
aus seinem Lande vertrieben und die Thronfolge in don imh^
dischen Inselreiche von ihrer Zustimmung abhängig gemacht,
während gleichzeitig der deutsche Orden in unablässigem Kampfe
mit den heidnischen Litthauem und den „ungläubigen, ab-
gesonderten^^ Bussen in einem weiten Gebiete der Ostseeküste,
von der Weichsd bis zum finnischen Meerbusen, deutsche
Kultur und Sitte verbreitet und befestigt.
Sieht man ab von der durch Jahrhunderte sich hinzieheD-
den Arbeit des deutschen Ordens, deren wichtigster Theil
mehr in das 13. als in das 14. Jahrhundert fidlt, so ist unter
den drd erwähnten Episoden der deutscheo Geschichte des
Einleitang. 5
14. Jahrfamiderts das Auftreten der Städte bei Weitem die
historisch wichtigste und merkwürdigste. In keinem dieser
drei Fälle ist die deutsche Herrschaft über fremde Gebiete
?on langer Dauer gewesen. Auf schmaler Machtgrundlage er-
baut, zum Theil nur getragen von einzelnen Persönlichkeiten
musste sie dahinsinken, sobald die räumlich und an BevOlke-
rang weit überlegenen nordischen Länder zum lebhaften Be-
wosstsein ihrer Lage kamen. Lange liess sich die Herrschaft
eines dmitschen Territoriums über ein nordisches Königreich
lieht aufrecht erhalten. So sind denn die Unternehmungen
der Hcdstdner und Meklenburger in Dänemai^ und Schweden
fmfibei^^egangen, ohne einen tieferen Eindruck daheim oder in
dem fremden Lande zurückgelassen zu haben und ohne auf
den Böhm historischer Tragweite grossen Anspruch machen
za können. Anders mit den Städten. Hur siegreicher Kampf
gegen Dänemark hat recht eigentlich jenem Städtebunde das
Leben gegeben, in dessen Namen sich der Ruhm kaufrnänni-
sdten Unternehmungsgeistes und maritimer Wehrkraft in un-
eoer deutschen Geschichte verkörpert hat, der Hanse. Der
Kampf der Städte gegen Dänemark machte die unter diesen
bestehende Einigung zu einer politischen Macht, die durch
zwei Jahrhunderte die Interessen der Deutschen zur See ver-
trat und stark genug war, sich in allen Fragen, die die nord-
eoropäischen Meere und ihren Verkehr betrafen. Gehör zu
verschaffen, die für die weiten Gebiete des skandinavischen
nnd finnischen Nordens Träger einer Kultureinwirinmg wurde,
doen Spuren noch die Gegenwart bewahrt
Den Zeitgenossen ist die historische Bedeutung dieses Er-
eignisses nur thdlweise klar geworden, sonst würden sie besser
Sorge getragen haben, getreue Berichte des Hergangs der
Nachwelt zu überliefern. Man kann das im Interesse unserer
geschichtlichen Erkenntniss beklagen, aber sich doch nicht
6 Eiiil«itaiig.
allzusehr darüber wundem. D^m war der historische Sinn
im Mittelalter überhaupt nicht allzu gross, so ist er spedell
in den norddeutschen Städten erst ziemlich spät erwacht. Erst
mit dem Ende des 14. und dem Anfange des 15. Jahrhunderts
zeigt sich hier eine lebhaftere Thätigkeit auf dem Gebiete der
Geschichtsschreibung. Dazu kommt, dass die vorzuglichste
und in ihren Grundlagen älteste norddeutsche Städtechronik,
die des Frandskaner Lesemeisters Detmar zu Lübeck, gerade
für die fragliche Zeit eine grosse Lücke zeigt. Als Detmar im
Auftrage des Raths anfing, die Stadtchronik fortzusetzen und
zu bearbeiten, war an derselben, wie er sagt, 36 Jahre lang,
„seit dem grossen Tode'S der im Jahre 1350 Norddeutschland
heimsuchte, nicht geschrieben worden. Und nur mangelhaft
hat er vermocht, diese Lücke zu ergänzen, so mangelhaft, dass
die grossen Kämpfe der Städte mit König Waldemar von Däne-
mark in wenigen Zeilen abgethan werden. Was ihm nicht
möglich war oder nicht nöthig erschien, haben seine Nach-
folger auf dem Gebiete der städtischen Geschichtsschreibung
weder vermocht noch auch nur versucht. Körner, Albert Krantz,
Beimar Kock, der Hamburger Tratziger, die preussischen Chro-
nisten, sie alle smd entweder eben so dürftig oder noch dürf-
tiger als Detmar oder ergänzen seine Nachrichten durch Zu-
sätze, die sich bei näherer Betrachtung als werthlos erweisen.
Und einem ähnlichen Mangel begegnen wir, wenn wir
misem Blick nach dem Norden wenden. Man sollte d^iken,
in einem so bewegten Jahrhundert, wie es das 14. für die
skandinavischen Länder gewesen ist, müsste die Geschicht-
schreibung recht angeregt worden sein. Aber gerade das Gegen-
theO ist der Fall gewesen. In Schweden b^^nt sie, abge-
sdien von einigen sehr dürftigen Erzeugnissen, überhaupt erst
ziemlich tief im 15. Jahrhundert, in Dänemark liefert sie uns
nach lebhafter Thätigkeit in den beiden vorhergehenden Jahr-
hunderten nur eine einzige Chronik von Bedeutung aus dem 14.
Einieitttog. 7
Es ist die bis zum Jahre 1863 reichende, sogenannte Fort«
Setzung der seeländischen Chronik, der wir unsere Kenntniss
über den Fdnd der Städte, König Waldemar Atterdag, und
seine Begierung wesentücfa nüt verdanken.
So ist d^ Geschichtsschreiber für die Darstdlung dies«*
Episode in erster Linie auf das urkundliche Material ange-
wiesen. Für die nordischen Reiche fliesst dasselbe aus dieser
Zeit nicht nur recht dürftig, sondern ist auch zum grossen
Theil nur in recht mangelhafter Form zugänglich, f(ir die
deutschen Städte dagegen seit der Publication der Hanserecesse
nicht nur in grösserer Fülle als bisher, sondern auch in vor-
tr^Flidier Uebersicht und Bearbeitung. Aber eine nur auf ur-
kundliche Quellen gestützte Darstellung wird immer manche
Mängel aufweisen haben. Die Anfertigung der Urkunden
geschah zu andern Zwecken, als um der Nachwelt eine Kennt-
niss des Hergangs geschichtlicher Ereignisse zu übermitteln.
Werden sie daher unbeeinflusst sein von der Parteien Liebe
und Hass, so werden sie doch auch andererseits immer ausser-
(odentlich lückenhaft bleiben, sich nur sehr willkürlich an den
Gang der Thatsachen anschliessen und ihn nur unvoUkonunen
erkennen lassen. Was sie an Zuverlässigkeit voraushaben, das
fehlt ihnen an Zusammenhang und an Stetigkeit der Ueber-
lieferung. Vor allen Dingen aber werden sie den Personen,
ihrem Einflüsse, ihren Thaten weit weniger gerecht als den
Acten von Staats- oder privatrechtlicher Bedeutung. Leicht
läuft daher die Darstellung Gefahr, des belebenden, veranschau-
lichenden Momentes, der plastischen Gestaltung zu entbehren,
wenn sie sich allzusehr auf urkundliches Material stützen muss.
Diese Gefahr li^t in dem vorliegenden Falle lun so näher,
als unsere norddeutschen Städtechroniken fast allzu sehr den
Character der Nüchternheit und Sachlichkeit tragen. Und ent-
schädigt auch, wie der beste lebende Kenner dieser Chroniken
g Einleitung.
trefflich sagt, „für die fehlende Buntheit und Mannigfaltigkeit
der Farben das Kömige, Maridge und Sinnreiche unserer Er-
zähler, entrollt ein Wort, ein Ausdruck auch oft vor dem
Auge des mit der Zeit Vertrauten ein ganzes Bild^, so werd^
wir doch filr unseren Gegenstand wenig Grelegenheit haben,
diese herriichen Vorzflge^ durch Beispiele zu iUustriren.
L Das Vordiingen der Beutsdieii nach Osten
bis zun 14. Jahrlrandert.
Es ist em wiederholt beobachteter Vorgang in der Ge-
schichte, dasB auf fremdem, jmigfriLiiIichem Boden gegründete
Niederlassungen eines tflchtig^, kolonosirongsfähigen Volkes
gar oft sich lebenskr&fliger entwickehi als das Mutteriand, dass
sie dieses überflügeln und rückwirkend auf dasselbe bisweilen
dnen yeijüngenden und belebenden Einfluss äussern. Im Alter-
Ürame liefern dafür die griechischen Kolonien an der Ostküste
des Archipelagus, auf Sidlien und in Grossgriechenland mau-
cheriei Belege, in der unmittelbaren Gegenwart haben wir ein
d)e&8o grossartiges wie schlagendes Beispiel an den Vereinigten
Staaten von Nord- Amerika. Auch die Deutschen hab^ ähn-
liche Erfahrungen gemacht. Der Staat, der in unsem Tagen
die Leitung Deutschlands übernommen, es politisch regenerirt
hat, ist auf einem Boden erwachsen, der, als vor tausend Jahren
durch den Vertrag zu Verdun ein Reich rein deutscher Stämme
ins Leben trat, diesem Reiche noch nicht angehörte, und der
Städtebund der Hanse, das mittelalteiiiche Deutschland auf
dem Meere, senkte seine festesten Wurzeln in eine Erde,
die noch im Anfange des 12. Jahrhunderts nur slavische Be-
bauer kannte. Vergegenwärtigen wir uns, wie diese Gebiete
in dratsche Hände und zum deutschen Reiche in Beziehung
kamen ^).
1) VgL L. Giesebrecht, Wendische Geschichten. Den hier und an anderen
SteUen, betonders von G. F. Fabrieins im Meklbg. Jahrb. VI, 1 ft, imletit
10 I* I^*A Vordringen der Deutschen nach Osten
Die Zeit Karls des Grossen fand alles Land östlich der
Elbe und Saale von Slaven besetzt; nur im westlichen und
mittleren Holstein hatten sich die sächsischen Nordalbinger
als die einzigen Deutschen jenseit der Elbe erhalten, während
andererseits die angegebene Linie an manchen SteUen west-
wärts von den Slaven überschritten wurde. Der erste wesent-
liche Fortschritt nach Osten fond onter Otto dem Grodßen
statt. In hartem Kampfe dehnten Gero und Hermann Billing
ihre Marken von der Elbe und Saale bis gegen die Oder aus ^).
Da« Erzbisthum Magdeburg mit seinen Suffiraganen sollte für
Verbreitung und Befestigung des Ghrist^thums unter den
heidnischen Slaven sorgen. Aber bald zeigte es sich, dass die
Kraft derselben nur geschwächt, nicht gebrochen sei. Es fehlte,
was später diese Lande wirklich zu deutschen gemacht hat,
das Verdrängen und Ersetzen der slavischen Bevölkerung durch
deutsche Einwanderer. Man hatte die Slaven der deutschen
Herrschaft unterworfen,' an ihrer Christianisirung gearbeitet,
aber sie ruhig in ihren Sitzen gelassen. Dies Verhältniss konnte
bei der Schärfe des nationalen Gegensatzes nicht von Dauelr
sein, und zwei Jahrhunderte später mussten andere Kräfte das
Werk noch einmal angreifen, um es zu einem voUkommenoA
Ende zu führen.
Inzwischen hatte sich die Aufgabe anders gestaltet. Böh*
men und Polen waren seit dem Ende des 10. Jahrhunderts dem
Christenthum vollständig gewonnen. Von Polen gerufen, mit
polnischer Unterstützung unternahm Bischof Otto von Bamberg
von C. PUtner, Forschongen XVII, 409 tL ansgef&hrten Ansichten Toa efaier
unter sUvischer Herrschaft sich erhaltenden deutschen Bevölkerung, deren
Vorhandensein dann die spätere rasche Germanisirung erkl&ren soll, kann ich
mich, wenigstens für das Oebiet der norddeutschen Ebene, durchaus nicht an-
schliessen. Vgl. gegen Fabricios Boll, Meklbg. Jahrb. IX, 1 ff. und XII, 57 iL
und gegen Platner 6. Wendt, Die Nationalität der Bevölkerung der deutschen
Ostmarken vor dem Beginne der Germanisirung.
1) Vgl W. GiMebncht, Geicb. d. deutschen KaUerseit I, 8. SM ff, .
hig mm 14. Jahrhwidtrt« H
1124 die B^ehnmg der Pommern; um die Mitte des 12. Jahr-
hmiderts war auch an den Ostse^estaden zwischen Oder und
Weichsel das Christrathum befestigt. Die heidnischen Slaven
waren zwischen Ostsee, Elbe, 'Havel und Oder vollkommen
ton Christen eingeschloss^. Es war nur die Frage, ob sie
Ton ihren stammverwandten Nachbarn im Osten, oder von
ihren Todfeinden im Westen christianisirt werden sollten. Das
Letztere geschah. Albrecht d^n Bären, dem ersten Maik-
grafen von Brandenburg und Herzog Heinrich dem Löwen blieb
es vorbehalte, diese Gebiete dem Christenthum und zugleich
dem Deotschthum zu gewinnen. Des Letzteren Thätigkeit ist
ihr die Geschichte der Ostseegebiete von entscheidender Be-
deutiuig gewesen.
Unter den Slaven des östlichen Holsteins, den Wagnern,
gdang es g^en die Mitte des 11. Jahrhunderts einem christlich
enogenen Volksgenossen, Gottschalk, dem Schwiegersohn des
dänisch^i Königs Svend Estrithson, mit sächsischer und däni*
scher Hülfe eine christliche Herrschaft zu errichten ^). Auch
sein Sohn Heinrich hat dieselbe nach harten Kämpfen als
^Onig der Slaven und Nordalbinger^S denn auch die Letzteren
leisteten ihm Heeresfolge, bis in das folgende Jahrhundert
hinein zu behaupten vermocht*), doch Beide unter Anerkenn
nung der Oberhoheit des sächsischen Herzogs. Fast schien es,
als sollte auch hier am innersten Winkel der Ostsee, an dem
ftr Handel und V^kehr gelegensten Punkte ein christlich sla*
visches Reich sich bilden und die Deutschen auf immer vom
baltisdira Meere ausschliessen. Denn auch nach Heinrichs Tode
wurde ein Däne sein Nachfolger, kein Deutscher, der Herzog
1) Adun Ton Bremen II, 64 und III, 18 ff., Mon. SS. VlI; Helmald I,
11 iL Mon. SS. XXI. Gegenüber den Ausftthriingen Sehirrens (Beiträge sor
Kritik llterer Holstein. Geschiehtsqnellen S. 114 ff.) Tgl. Wigger, Meklb.
Jalirb. XLII, AnL D, S. 40 ff.
t) Hobnold 1, 34.
X2 I- ^*A Vordringen der Deatiohen nach Osten
Knud Laward von Schleswig, den Ednig Lothar mit dem Sla-
venreiche belehnte ^).
Doch kaum war dieser todt (er wurde 1131 von seinem
Vetter Magnus auf Seeland meuchlings ermordet), so zeigte
sich die Unhaltbarkeit der Zustande. Trotz der aufopfernde
Thatigkeit des frommen Mönches Yicdin erhob sich das Heiden-
thum in alter Stärke. Erbitterter als je entbrannte der Kampf
zwischen Slaven und Sachsen, Heiden und Christa. Tapfer,
mit ÜBisicht und nicht ohne Glück führte der Graf von Hol*
stein, der Schauenburger Adolf II., das Schwert gegen de
zahlreichen und unermüdlichen Feind, siedelte fleissig deutsche
Kolonisten auf wagrischem Lande an^); aber zu bändigen ver-
mochte er die Slaven nicht. Es musste ein Stärkerer komme,
der mit gewaltiger Faust das wilde Volk zu Boden warf:
Herzog Heinrich der Löwe.
„Allein vor dem Herzog fürchten die Slaven sich. Er hat
ihre Kraft zerrieben vor allen Führern, die vor ihm gewese
sind, viel mehr als jener Otto, der Kais^. Er legte ihne
das Gebiss zwischen die Kiefer und lenkt sie, wohin er wilL
Er gebietet Frieden, und sie gehorchen ; er befiehlt Krieg und
sie sprechen: Hier sind wir." So spricht Helmold, der Pfarrer
von Bosan am Plöner See, „Nordalbingiens Tadtus", über die
Thaten seines Herzogs^).
Heinrich der Löwe fand einen nicht gesuchten Bundes-
geossen an König Waldemar I. von Dänemark. In jeem
Inselreiche, wo in Folge der endlosen Thronwirren die noch
wenig verschmolzenen Provinzen mit einander in blutigem Hader
lagen, wo man „nur in Büi^rkriegen etwas vermochte, zu
1) Helmold I, 49.
S) Helmold I, 57.
S) Helmold II, 18: Solos eis duz est formidini, qni protrivit robos ScU-
vomm super omnes daces qui fnerunt ante eum, plos multo quam Ule nomi-
natns Otto (Imperator seil.) et misit frenum in maxillas eomm, et qao volnerit
declinat eos. Loqoitiir pacem et obtemperant, mandat bellom et dicvnt : Assvmns.
bto ram 14. JihrliiiBdert. 18
Hanse kampflustig, nach Aussen ftber unkriegerisch war^),^
hatte man doch die unablässigen Einftlle der Slawen längst
als eine drOckende Landplage empfunden. Erst die Energie
Waidemars des Grossen und seines Bischofis Axel Absalon,
zwei der gräesten Männer, die Dänemark je hervorgebracht
hat, wQsate die Kraft des tapferen Volkes zum Kampfe gegen
seine schlimmsten Feinde zusammenzufassen. Die mäditig auf*
blflhende Seemacht der Dänen yemichtete die langjährigen er*
Intterten Gegner, die Rugianer, und eroberte ihr auf der Insel
und im jetzigen Vorpommern belegenes Gebiet, während Hein*
richs des L5wen Schaaren siegreich die Länder von der Elbe
bis zur Oder durchzogen und bis an die Peene hin alle Slaven
dem Sachsenherzog unterwarfen; sdbst die schon chrisüichai
Fürsten von Pommern mussten diesem huldigen. Drei Bis*
thfbner, in Lübeck, Schwerin und Ratzeburg, sorgten für die
Christianisirung und ersetzten zugleich der Hamburg- Bremer
Kirche die seit Errichtung des Erzbisthums Lund (1103) ent*
behrten Suffragane. Im östlichen Theile des heutigen MeUen*
bürg bli^ ein einheimisches Fürstengeschlecht unter sächsischer
Lehnshoheit bestehen, die westliche Hälfte jenes Landes über-
trug Herzog Heinrich einem seiner Getreuen, Gunzd von Hagen,
als Grafschaft Schwerin >).
Und diese Erfolge waren von Dauer, denn dem kriege-
rischen Vordringen folgte die deutsche Kolonisation auf dem
Fusse. Gerade im 12. Jahrhundert war j^e in ihren Ursache
wie in ihrem Verlaufe noch nicht vollkommen aufgeklärte Be-
wegung auf ihrem Höhepunkte, die endlose Schaaren aus den
westlichen Gauen unseres Vaterlandes, aus Westfalen und d^
Bheinlanden, aus Holland, Geldern, Flandern und Brabant in
1) Helmold I, 51 : Solls enfan clTillbos beUis prepoUent (seil. Dan!) ; I, 65 :
hH enim doml pogoaees, foris hnbelles sont; I, 84: Dan! snim semper bellis
Uborantes domesticis, ad forinseca bella nallam habnere Tirtatem.
t) Helmold I, 87 nnd II, 7.
14 I- I>*s Vordriagtii d«r DeiitMlMn nach Osten
den slavischen Osten führte ^). Die Eroberer versäumten nicht,
diese Kräfte herbeizozieben. An allen Ecken und Enden wuch-
sen an Stelle der vernichteten oder neben den noch bestehende
slavischen Dörfern deutsche empor, die durch ihre U^rlegen-
heit im Ackerbau jene rasch überflügelten und verdrängten.
Selbst alavische Fürste begünstigten diese Ansiedlungen , da
d^ leistungsfähigere deutsche Pflug einen höheren Zehnten
versprach als der slavische Haken').
Und dem deutschen Bauer schritt der deutsche Bürger
zur Seite. Längst war die Zeit vorüber, da der freie Germaae
es stolz verschmähte, sich in die Mauern einer Stadt ein-
schliessen zu lassen. Der Deutsche hatte den Yortheil des
sicheren und bequeme Zusammenwohnens, des ruhige, fleissi-
gen Betriebes einer Erwerbsthätigkeit schätze gelernt. Auch
als Städtegründer war er dem Slave überlege, der eiget-
liches Bürgerthum nicht kannte, obgleich er Städte besass.
Ueberall erhöbe sich deutsche Städte, meistens an der Stelle
früherer slavischer Ortschaften. Die Fürsten, die ebe erst
mit de Waffe in der Hand das feindliche Volk bezwunge
hatte, zeigten sich zum Theil als wahre Organisatore. Der
Schauenburger Graf Adolf H., „der thatkräfüge Mann, die ge-
eignete Lage und den vortrefflichen Hafe erkenned*^ ') , er-
1) Vgl. darüber das von der kgl. belg. Akademie gekrönte, aber wenig-
stens was die geographischen Fragen anbetrifft, mit einer staunenswerthen
Nachlässigkeit gearbeitete Werk Emile de Borchgrave's : Histoire des Colonies
Beiges qoi s'etablirent en Allemagne etc.
2) Vgl. üsinger über Heinrich Borwin in Meklenbnrg, deutsch - dXnische
Geschichte S. 283 ff.; BoU im Meklbg. Jahrb. XIII, 57 ff. und 118 ff.; WIgger
über Bischof Bemo ron Schwerin, Meklbg. Jahrb. XXVIII, 8 ff.; Ernst, fib4r
die Kolonisation Meldenburgs im 12. and 18. Jahrhundert in Schirrmaehers
Beitr&gen zur Qeschichte Meklenbnrgs Bd. II; dazu Koppmann in den Hans.
Oeschbl. 1875, S. 205 ff., dann Ltib. Urkdb. 1, n. 98: De unoqao<ine eciam
thentonicali arathro nnam mensnram tritici et alteram siliginis Colmensis men-
sure, qoi schepel dicitnr, unanTquoqne tritici mensnram de nnco, quo Pmteni
▼el Poloni terram oolere consneyernnt.
8) Helmold I, 57 : Videos igitnr indastrius rir competentiam loci portum-
bift nm 14. Jahrbwidflrt X&
baute in der Nfthe eines froheren slavischen Ortes Stadt und
Hafoi LObedL Heinrich der Löwe selbst ist es dann gewe^
sen, der die eigentliche Bedeutung dieses Hauptes der Hanse
bq^rOndete. Die ausserordentliche Gunst der Lage Lttbedos
enregte die Eifersucht des scharfblickenden Sachsenherzogg, der
fitar sein Bardowik f&rchtete. Er setzte der Stadt und ihrem
6ra£eii so lange zu, bis dieser sie 1158 ihm abtrat 0« Rasch
hlflhte sie jetzt empor und wurde eine Musteranlage für zahl-
racfae St&dtegrOndungen in den Ostseeländem. So entstanden zu
Ende des 13. und im Anfange des 13. Jahrhunderts Bostock«
Wismar, Stralsund, Grdfswald, Stettin, Anklam, Stargard,
Kidbeig und eine Beihe kleinerer Städte, sämmtlich fast rein
deutsch mit gfinzlichem Zurücktreten des slavischen Elements.
Und diese Städte ^twickelten sich um so rascher, je um-
fassender und lebhafter der Verkehr mit dem Osten wurda
Denn die Deutschen machten an der Ostsee nicht Halt. Ge-
gen Ende des 12. Jahrhunderts kamen die ersten Glaubens-
boten aus deutschen Landen über Goüand nach der Mündung
der Düna'). Und dem Prediger des Christenthums war der
deutsche Kaufmann schon voraufgegangen, folgten alsbald die
dratschen Bitter, die der mannhafte Bischof Albert, der „ge-
waffiiete Apostel^ in dem neu^ Lande zum Orden der Schwert-
brüder zusammenfasste. In harten Kämpfen mit den heidni-
schen Letten und Liven fasst^ Christenthum und Deutsch-
thum an der Dana festen Fuss; das neu gegründete Biga
wurde der Stützpunkt der deutschen Macht und Vermittler
des regen Verkehrs mit den Eingebomen und den hinter ihnen
wohnenden Bussen.
Halt und Dauer gewann diese Herrschaft wenige Jahre dar*
qi« BobUom. VgL Helmold I, 41 and 48 und Detmar bei Gntutoff, labeckiseb«
Chroniken I, 14 ff.
1) Helmold I, 76 und 85. Dotmar S. 45 ff. sa 1157.
i) Vgl Höhlbaam, Die Grttndang der deutschen Kolonie en der Düne,
Hans. Geschbl. 187t, 8. 41 ff.
16 I. Dm Vordringen der Deatsdien naeh Oeten
auf durch die Veremigung der Schwertbrftder mit dem deatsdien
Ord^ 1237. Denn dieser neu gegründete, lebenskräftige Bitteat-
orden, der sich ergiebigere und lohnendere Felder für seinen
Kampf gegen die Ungläubigen suchte, als das Morgenland sie
bot, hatte seit 1226, gerufen von dem polnisdien Herzog Eon-
rad Y(m MasoTien, mit Glüdc und (jeschick sich einer Auf*
gäbe unterzogen, welche die Ghristianisirung der Ostse^flste
vollenden sollte. Das einzige, noch heidnische Land an den
Ufen der Ostsee, das von dem Volke der Preussen bewohnte
Gebiet zwisch^ Weichsel und Niemen wurde in mehr als
fünfzigjährigem Kampfe von ihm unterworfm, dessen Insas-
sen fast vernichtet^). Deutsche, auch hier wieder besondiors
westftlische, rheinische und niederländische Emwanderer nah*
men ihre Stelle ein. Schon in den 30er Jahren entstanden
an der Weichsel die Städte Kulm, Thom und Mbing, 1266
am Pre^ Königsberg. Und einmal Herr des Gebiets zwi-
schen Weichsel und Niemen musste es das natürliche Bestre-
ben des deutschen Ordens sein, die Verbindung mit dem Mut-
terlande zu gewinnen, nach Westen auf dem noch slavischen
Gebiete zwischen Weichsel und Oder sich auszudehnen. Die-
ses Bestreben führte zum Erwerb von Pommerellen ; 1306 kam
Damdg in die Hände des deutschen Ordens').
So war zu Anfang des 14. Jahrhunderts fast die ganze
Ostseeküste von der Kieler Bucht bis hinauf zum finnisdien
Meerbusen in deutschen Händen. Wo noch slavische Fürsten
regierten, wie in Pommern und Meklenburg, hatte doch seh<m
die auch von ihnen begünstigte und noch immer fortdauernde
deutsche Ansiedlung der gänzlichen Germanisirung mächtig
vorgearbeitet. Besonders, was an Städten vorhanden war und
1) Vgl. Ewald, Die Eroberung Prenssens durch die Deutschen.
2) Vgl. J. Voigt, Preuss. Geschichte IV, 215 ff.; Hirsch, Handels- und
Gewerbsgeschichte Danzigs S. 7.
l>is snm 14. ^ahrhondert l7
diesen Namen verdiente, war entweder deutschen Ursprungs
oder doch von den deutschen Elemente beherrscht. Hatte
ja doch Danzig auch schon unter der Herrschaft der pohii-
schen Herzöge von Pommerellen eine Oberwiegend deutsche
Beräkening und nahm an den Privilegien der deutschen Eauf-
leote in Nowgorod Theil ^). Nur an zwei Punkten hatte sidi
eine andere Macht festgesetzt, die wiederholt Miene machte,
den Deutschen die Herrschaft streitig zu machen: Rügen und
Estland waren im Besitz DSnonaiks. Begünstigt, ja geradezu
angefordert durch seine Lage hat dieses Land im Gebiete der
Ostsee mehr als einmal eine Bolle gespielt, die weit hinaus
ging Aber seinen Umfang und die Zahl seiner Bewohner, ist
■dir als einmal eingetreten in den Kampf um die Herrschaft
iber das baltische Meer. Es sind ähnliche Bestrebungen, die
um die Mitte des 14 Jahrhunderts zum Zusammenstoss mit
den deutschen Städten fahren. Zu ihrem Verständniss wird
es Böthig sein, einen Blick zu werfen auf die Stellung des
(tentadien Nordens zu dem dänischen Inselreiche.
1) Hineb , Dansi^ Hmd.- n. Gewgesch. S. 6 ; EEanse-Becesse I, n. 6S , 9.
ScUte. DU ITiMWlIiin
n. BeutsoUaiid und Dänemark bis g^en Ende des
18. Jahrlinnderts.
Gar zu leicht ist man geneigt, die Yon der Neuzeit her-
ausgebildete Sdi&rfe der nationalaoi Gegensätze in das Mit-
telalter zu übertragen und die /jeschichte zweier Nachbarvöl-
ker allein aus dem Gesichtspunkte der Nationalitätenfrage zu
betrachten. Ist das gerechtfertigt, wo neben dem nationalen
Gegensatz noch ein religiöser die Kluft zwischen zwei Völkern
erweitert, wie in den Kämpfen zwischen den christlichen Deut-
schen und. den heidnischen Slaven, Preussen und liven, so
ist doch eine solche Auffassung durchaus nicht zulässig, will
man z. B. das Yerhältniss zwischen Deutschen und Dänen im
Mittelalter in seinem Wesen erkennen. Jede unbefangaie Be-
traditung lehrt, dass in erster Linie ganz andere Kräfte als
nationale Bew^gründe wirksam waren in dem Kampf der po-
litischen Gewalten, so nahe es fClr uns auch liegen mag, die
letzteren als Hauptfactoren der Bewegung zu vermuthen ^).
Um die Zeit, da das Volk der Dänen durch den Zusam-
menstoss mit den vordringenden Franken zuerst in ein helle-
res historisches Licht tritt, finden wir es im Besitz der ganzen
jütischen Halbinsel bis herab gegen die Eider; nur an der
Westküste Schleswig's hatte sich der deutsche Stamm der Frie-
sen behauptet. Südlich der Eider, in den Gauen der Stor-
mam, Holsten und Dithmarschen sassen die nordalbingisch^
Sachsen. Durch Karl den Grossen dem Christenthum gewon-
1) Vgl. mr das folgende Waiti, Schleswig-Holsteins Geschichte; Dshl-
mann, Geschichte von Dänemark ; Usinger, deutsch-dänische Geschichte.
n. DtolteUsiid Qua Dlatauurk bis gigw All« dtt 18. Jalurliimderts. 19
nen hatten sie, so luige die Dänen noch Heiden waren, geg^
diese nicht weniger hart zu k&mpfen, als gegen ihre tetlichen
Nachbarn, die Wenden Wagriens. Hamburg wurde 845 v<m
den Dftnen zerstört, das neugegrOndete Erzbisthum, das recht
eigentlich der Bekehrung der Heiden obliegen sollte (legatio g^i^
üom, quod primum est Hammaburgensis ecdesiae officium, sagt
Adam y/oa Bremen) ^), musste rückwärts an die Weser nach Bre-
men Yedßgt werden. Eine um die Mitte des 9. Jahrhunderts in
dem Lande zwischen Eider und Schlei erwähnte Mark hatte kei*
nen Bestand '). Erst unter den sächsischen Kaisem gelangten
die Deutschen im Nord^ der Elbe wieder zu Macht und An-
sehen. Heinrich L begründete aufis Neue und fester die Mark
g^gen die Dän^ *). Unter seinem Sohn und Nachfolger Otto
dem Grossen mussten die Dänen die Errichtung von Bisthü-
mem auf ihrem Oebiete gestatten, zu Schleswig (ihrem Für-
steDsitze Hethaby, dem alten englischen Sliaswic oder Slias*
tborp), zu Bipen und Aarhuus. Doch gelangte das Christen-
thom zur vollständigen Durchführung in Dänemark erst durch
Knud den Grossen (1014—1035).
Dieser tiefgreifenden Umwälzung in dem nordischen Nach-
barreiche f(dgen anderthalb Jahrhunderte friedlichen Zusam-
DieDlä)ens der beiden Yiflker, gemeinschaftlichen Kampfes gegen
die heidnischen Slaven. Einmal zum Christenthume bekehrt
erschienen die Dänen dem deutschen Beiche und seinen Kai-
sern kaum noch als ein fremdes Element Die deutsche Mark
jeaseit der Eider wurde v(m Kaiser Konrad U. dem Dänen-
kteige Knud dem Grossen Überiassen^); Lothar belehnt einen
1) Ad. Y. Br. lU, 1, vgl. ebd. I, 15.
t) Vgl. Wütx , Heinrich I. S. 264 ff. Den Zweifeln Roppmanns (Jahrb.
f. d. Landeeknnd« d. HenogthOmer Schi., Holst o. Lftnenborg X, 18 ff.), be-
Srtedat a«f die Auslegung der nMure» als Grenie, kann ich mich nicht lAi*
8) Wahx, Heinrioh I. S. ie8ff. «. t61 ff.
4) Ad. T. Br. U, 54.
20 n. Deatschland und DXnemark
dänischen Prinzen, den Herzog Knud Laward von Schleswig,
mit dem Slavenreiche Heinrichs^). Im Bunde mit Heinrich
dem Löwen vernichtete Waldemar der Grosse die letzten Ueber-
reste slavischen Heidenthimis in den Landen zwischen Elbe
und Oder.
Das Yerhältniss trat in eine neue Phase der Entwicklung,
als mit dem Sturze Heinrichs des Löwen (1181) die sächsische
Herzogsmacht zerfiel. Nicht ohne die Hülfe des rivalisir^den
Dänenkönigs benutzt zu haben, hatte Kaiser Friedrich den
Löwen bezwungen; es war natürlich, dass die Hülfe nicht ge-
leistet war ohne Hoffiiung auf Gewinn und die Verhältnisse
versprachen dieser Hoflhung baldige Erfüllung. Der neue Her-
zog von Sachsen, Bernhard aus dem askanischen Hause, Sohn
Albrechts des Bären, war nur ein Schatten seines Yoigängers.
An allen Enden hatte man seine Herrschaft arg beschnitten.
Im Osten waren die pommerschen Fürsten zu Herzogen und
BdchsfQrsten erhoben, im Westen in Westfalen dem Erzbischof
von Köln die Herzogsrechte übertragen worden. Die flberd-
bischen Bischöfe (zu Lübeck, Batzeburg, Schwerin), bisher von
Herzig Heinrich investirt*), wollten, wie alle andern im Reiche,
direct unter dem Kaiser stehen und verweigerten die Huldi-
gung; ebenso machte es der mächtigste der nordalbingischen
Ffirst^, Graf Adolf III. von Holstein. Das blühende Lübeck
war trotz treuer Anhänglichkeit an seinen weifischen Wohl-
thäter') „wegen des Yortheils seiner Einkünfte und weil es
an der Grenze des Reiches gelegen war^' von Kaiser Friedrich
1) Helmold I, 49.
t) Helmold I, 69, 70, 78, 87. Die Verleihang des Bechts durah Ksiief
Friedrich «n Henog Heinrich aaf Lebensseit s. Heklbg. Urkdb. I, n. 56 n. 57.
3) Arnold von Labeck II, 21 und V, 8 und 12, Mon. SS. XXI. Ebdas.
in, 4: Imperator vero dvitatem propter ndllUtem tribatoram Tel qnia in fine
imperii eita est, siU retiünit
bis fagfA Ende des 18. Jalirliiuiderts. 2X
in sdneii mimittelbareii Schutz glommen und aus einer her-
zoglichen in dne kaigerliche Stadt verwandelt worden. Und
dazu besass der neue Herzog nur geringe Hausmacht. Kein
Wander, dass Arnold von Lübeck in die Worte ausbricht:
^ jenen Tag^ war kein König in Israel, sondern Jeder that,
was in seinen Augen recht schien^^ ^).
Dieser Zersplittenmg stand nun das Dänenreich in ge-
schlossener Einheit und jugendkraftig gegenüber. Dort war
die Grundlage der Macht noch die Gesammtheit der freien
angesessenen Bauern; die Gewalt war bei diesem Stande, der
das V<dk ausmachte. K(kiig Waldemar und sein grosser Kanz-
ler hatten verstanden, die in dieser Masse schlummernden Kräfte
SU wecken und zu einigen, sie in kühnen, gewaltigen Kriegs-
zftgen g^en den slavischen Erbfeind zu Sieg und Ruhm zu
fOhren. Das für den Seekrieg von jeher hochbegabte Volk
herrschte mit sein^ Flotte unbedingt auf dem baltischen Meere,
ab die Macht des Löwenherzogs in den Staub sank. Und mit
ifar^ Kraft wuchs den Dänen das Bewusstsein derselben. Durch
Jahrhunderte hatten ihre Könige die Oberhoheit der deutschen
Kaiser anerkannt, auch Waldemar der Grosse hatte, als er
mit seiner Flotte d^n Kaiser Lübeck belagern half, diesem
gehuldigt, durch Verlobung semer Tochter mit des Kaisers
Sohn, Friedrich von Schwaben, den Bund befestigt. Sein Sohn
und Nachfolger Knud VI. aber verweigerte die Huldigung,
schickte dem Kaisersohne die verlobte Schwester fEist ohne
Mitgift, so dass sie von Friedrich zurückgesandt wurde. Es
war eine Macht im Norden erstanden, die bereit war, jede
Gelegenheit zu ergreifen, um ihre Herrschaft über die südli-
chen Nachbarländer, über die durch deutschen Fleiss aufblü-
henden Gebiete am innem Winkel der Ostsee auszudehnen.
1) A. T. L. m, 1: In diebns Ulis non erat rex in Israel, sed mmsqais-
^pe €fmod rtetam in oenlis suis ridebator fiiciebat.
22 U. DMtschUuid und Dlaeaark
Dieser Macht gegenüber aber fehlten nach dem Sturze
Heinrichs des Löwen die Elemente für einen genOgendai Wi-
derstand. Vom Reiche war Nichts zu erwarten: Die italieni-
schen Verhältnisse und der Kreuzzug Friedrich Barbarossas,
die h(>chfliegenden Pläne Heinridis VI., der heftige Kampf zwi-
schen Philipp von Schwaben und Otto von Braunschweig liess^
nicht an eine Deckung der Nordgrenzen, an ein Erzwingen der
verweigerten Huldigung denken. So blieb das Abwehren der
vordringenden dänischen Macht den angrenzenden Territorial-
herren überlassen, die ohne einigenden Mittelpunkt sieh zu
keinem zusammenhängenden Widerstände aufschwangen. Von
einer nationalen Fassung ihrer Aufgabe ist bei ihnen kaum
eine Spur zu entdecken. Im Oegentheil: die Furcht vor der
wiederaufleb^den wdfischen Macht, welche die kaum errun-
gene Selbständigkeit bedrohte, wirkte lähmend; dazu fiel die
festeste Stütze des Deutschthums in den nordalbingischen Lan-
den, die Grafschaft Holstein, untergraben durch ihren eigenoi
Adel.
Kaum irgendwo sonst in deutschen Landen war die alt-
germanische Verfassung so treu bewahrt worden wie bei den
Sachsen Nordalbingiens. Neben der Grafengewalt, die in Stor-
mam und Holstein die sächsischen Herzoge, in Dithmarschen
die Grafen von Stade ausübten , hatte sich die im 12. Jahr-
hundert in einem Geschlechte erbliche Würde des Landesälte-
sten (Overboden) an der Spitze eines zahlreichen Landesadels
in grosser Unabhängigkeit erhalten. In den blutigen unab-
lässigen Grenzkriegen mit den Slaven war eine rauhe, wilde,
freiheitsliebende, aber unbändige Bevölkerung herangewachsen,
in welcher sich der Bitter wenig unterschied von dem freien,
Heeresfdge leistenden Bauern. Beide nahmen das Becht des
„freien Gefolges" in Anspruch, der freien Wahl, ob sie sich
dem Aufgebot des Grafen oder des Landesherm anschliessen
wollten; wie in den Zeiten des Tacitus bei allen Germanen gab
hh fg9gm bdA ies lt. Jalirkmidirtt. 28
es in Holsteiii im 12. Jahrhundert ein Volkland ^). Die Schauen-
biiiga', seit 1110 ans den Bergen der Weser in die nördlichr
sten Gane des Reiches Tersetzt und von Herzog Lothar mit
den Graltturediten bddmt, hatten einen schweren Stand zwi-
sdien Slawen, Dinm und dem trotzigen Mnth der Holsten.
Es bedurfte der ganzen Energie dieses begabten Geschlechts,
um im Lande fest» Fuss zu Aussen; wiederhat musste Hein*
lieh der Löwe ordnend eingreifen. Als diesem der Untergang
drohte, der Schanenburger Graf Adolf HL Ton ihm abfiel, um
frei m werden von der Obergewalt der sächsischen Herzoge,
e&twidi ein grosser Theil des hdsteinischen Adels, der Ovot-
bode Marquard an der Spitze, über die Eider zum Dänen-
könige, unterhielt Ton dort aus ebie geheime Verbindung mit
den daheim gebliebenen Genossen. Dazu kam, dass Graf
Addf UL, wie es scheint, die Kraft seines Landes in unnü-
tzen Unternehmungen und übermässigem Aufwände unbedacht
vergeudet hatte. Sein Widerstand konnte König Knud nicht
aufhalten. Im Jahre 1200 musste Addf Bendsburg, den Schlüssel
sdnes Landes, den Dänen überlassen, im folgenden Jahre er-
oberten diese fast das ganze Land. Ein Versuch, dasselbe
wiederzugewinnen, kostete dem Grafen seine Freiheit „Die
Dänen aber, als sie die Gefangenschaft ihres Feindes erfahren
hatten, verkündeten dieselbe in allen Städten und Flecken, wie
die Philist^ es zur Zeit Saul's gemacht hatten, Allen zum
Bei&H und zum Frohlocken"^ *).
Schon vorher waren die slavischen Fürsten des Ostens,
der Herzog von Pommern und die Fürsten von Meklenburg,
gezwungen worden, ihr Land vom dänischen Könige zu Lehn
zu nehmen. Adolf von Dassel, des Schauenburgers Freund,
1) y^ miBMli, dtr holsttiiiische Adel im IS. Jahrhondart, allgem. Mo-
natssehr. 1S64, S. 556 ff.
S) Am. T. Lftb. VI, 14: Dani antom eognita captiTÜato siii ininüci in
mnübat civitatilmt tt rids ut tempore Sani Pbyliatei &cenmt omnibos ad
plaotUB et ezultationem hoc nanciavenrnt.
24 ^' DentschlAiid und Dftnenuurk
verlor seine Grafischaft Batzeburg an einen dänischen Lehns-
mann, Graf Albert von Orlamünde, Schwestersohn des neuen
Königs Waidemars des „Si^ers/^ Audi das „berühmte^ LObeck
fand nicht die Kraft Widerstand zu leisten. Waldemar wusste,
dass sein Name weithin ,^tragen werden würde, wenn er ttber
eine solche Stadt herrsche^' ^). „Ringsum stand ihm das Land
o£fen; weder zur See noch zu Lande konnten die Lttbecker
Eingang odw Ausgang haben/^ Ein Angriff der Dän^ auf
die an der schonenschen Küste mit dem Häringsfang beschäf-
tigten Bürger bestimmte die Stadt endlich, sich gegen Bestä-
tigung ihrer alten Rechte und Freiheiten dem fremden Kteige
zu ergeben*). Als dann im Jahre 1214 auch die Schweriner
Grafen diesem huldigten, erstreckte sich seine Herrschaft un-
unterbrochen von der Elbe bis zur Oder. Deutschland war
von d.er Ostsee ausgeschlossen. — Und selbst westlich über
die Elbe dehnte Waldemar seine Macht aus. Im Jahre 1208
erbaute er ELamburg g^;enüber die Eburburg und überbrückte
die Elbe, und noch in demselben Jahre empfing der Bremer
Erzbischof Burchard von Stumpenhusen vom dänische KQnige
die Investitur. Ja selbst die kaum gegründeten deutschen Kolo-
nien am fernen Ufer der Düna wurden von den Dänen bedroht,
als sie im nächsten Jahrzehnt in Estland festen Fuss fEissten ').
Die Ostsee schien ein dänisches Binnenmeer werden zu sollen.
Es ist ausserordentlich charakteristisch für die Lage des
Reichs und fdr die Reichspolitik der Zeit, aber glücklicherweise
für die thatsächliche Entwicklung von untergeordneter Bedeu-
1) Am. ▼. L&b. VI, 18: applicnit ad civiUtem famos am Labeke, scieiis
BOBMB tvam dilatari, ai tante dTitati dominaretor.
S) Arn. ▼. Lüb. VI, 18: Cives autem propter captivos saos sapra dictos
et propter naves in Sconia detentas, animadvertentes qnoqne, qnod ex omni
parte tota terra in conapectn dneia parata esset, ita nt naUam introitnm rel
exitnm nee per terram neo per mare habere potnissent etc.
8) Vgl. Hansmaan, das Singen des Deutschen und Dftnen vm den Besiti
▼on Estland bis 1SS7; Herrn. Hildebrand, die Chronik Heinriehs Ton Lettland
S. 107 ff.
taug geblidiMDL, dass im die Scheide der Jahre 1214 and 1215
za If rtx der jugendlidie Eftnig Friedrich IL dsm Herrscher
der Diaen alle Erobernngai jenseits der Elbe und Eide und in
Slatien bestfttigte und die Ansprache des Reichs auf jene Län-
der fftr alle Zeit« anl|gab. Denn so wenig die Reichsgewalt
gdiindert hatte, dass im Norden deutsche Kräfte fremder Herr«
Schaft diensibar wurden, so wenig yermochte ihr blosses Wort
jetzt die Fremden in ungestörtem Besitz ihrer Eroberungen zu
eriialtcB. Mit dem Schwerte mussten die Dänen behaupten,
waa de mit dem Schwerte erworben hatten; als die Gewalt
gegen sie entschied, war es auch um ihre Herrschaft geschehen.
Sdiwer hat die Hand der Dänen auf den Deutschen ge-
lastet Die hdsteinischen Adelsgeschlechter und freien Bauern
fthlten nidit w^iger den Druck als die Landesgemeinde der
Dithmarschen und die Bürger Lübecks, als die Fürsten der
mcUenburgischen und pommerschen Lande. Es bedurfte nur
ones Anlasses, um alle Kräfte von der Oder bis zur Elbe und
nun Weserstrome g^;en den gemeinsamen Feind zu vereinigen.
Die verwegene That des Grafen Heinrich von Schwerin, der
in der Nacht vom 6. zum 7. Mai 1223 auf der kleinen Lisd
Lyoe an der Küste von Fünen den König Waldemar mit sei-
nem schon gekrönten Sohne gefangen nahm, lieferte den Zün-
der, der den angehäuften Brennstoff in Flammen setzte. Li
einer einzigen unglücklidien Nacht verlor Waldemar der Sieger
die Früchte SQjähriger blutiger Arbeit. Denn nur um ein
ungeheures Lösegeld und um das Versprechen, alle Länder
diessdt der Eider, das alte Besitzthum Rügen ausgenommen,
wiederfaerauszugeben , erlangte er seine Freiheit zurück, als
die Unterworfenen grösstentheils die Gelegenheit schon benutzt
hatten, die dänische Herrschaft abzuschüttehi. Das Reich hatte
sich, wenig eingedenk der vor Metz gegebenen Zusage, mit
weitgehenden Ansprüchen in die Unterhandlungen mit dem
gefangenen K(biige eingemischt.
26 II« DMtschluid mnd DliMBark
Vergebens hat Waldemar, zum Bruch seines Eides vom
Papste autorisirt, ^versucht, das Verlorene wiederzugewinnen.
Auf der Heide bei Bomhöyed, dem Sitze des Overboden und
seines Geschlechts, dem Orte der holsteinischen Landesv^-
Sammlung, erlagen an einem heissen Julitage des Jahres 1227,
es war Maria Magdalenentag, die Dänen den vereinigten WaflEen
der norddeutschen Fürsten, Bürger und Bauern. „So wnidoi
an dem Tage die Lande erlöst aus der D&nen Gewalt, des sie
alle Gott loben und preisen und dazu die heilige Maria Mag*^
dalena^, ruft der lübische Chronist aus ^). In seiner Vater-
stadt und in ELamburg stiftete man Klöster zu Ehren der Hei-
ligen, die in der Schlacht über den Beihen der Deutschen ge-
schwebt, sie mit ihrem Gewände vor den ermattenden Strahl
len der Julisonne geschützt hatte. — Nie hat die dänische
Macht die verlorene Höhe wieder zu erreichen vermocht
An Versuchen dazu hat es im 13. Jahrhundert nicht ge-
fehlt. Das Bestreben, das reiche, mächtige Lübeck dem Reich
zu entziehen und zu einer holsteinischen Stadt zu machen, hat
sogar den Schauenburger Adolf IV. wenige Jahre nach der
Schlacht von Bomhöved zu einem Bündnisse mit Waldemar
gegen die deutsche Stadt gebracht. Aber zu Erfolgen hat das
nicht geführt. Immer mehr sinkt im 13. Jahrhundert die Kraft
Dänemarks, um die Mitte desselben finden wir die deutschen
Waffen mitten im Lande. Odense wird niedergebrannt, das
kaum erstehende Kopenhagen legen die Lübecker zugleich mit
seiner Burg in Asche*). Gerade in der übermässigen Macht-
1) Deimar bei Grautoff I, S. 106 su 1288: Also worden des daghes de
lant gheloset van der Denen wolt, des se alle Gode gheven lof nnde ere vnde
dot Jammer mere, darto der werden snnte Marien Hagdalenen.
2) Vgl. Langebeck, Scr. rer. Dan. I, 370 und II, 526; Ann. Bjenses an
1248, Mon. SS. XVI; Lttb. Urkdb. I, n. 149—151, 15«, 159, 160, 172, 201,
203, 204, 290.
hkm§m Wa^ 468 1>. Jaluiuidirts. 27
flDt<img des ldeiii«D Staates lagen die Kdme des Verfalles.
Dm stets eine kriegsgewohnte und kriegslustige Schaar zur
Verfligiing m habm, hatte man auch iu Dänemark die Aus-
UUhrag eines Ldinsadels begünstigt, der bald ansehnliche Güter
in seiner Hand yereinigte und dem Stande der fireien Banem,
anf dem deroinst die Kraft des Landes geruht hatte, allmäh-
lich jede politische und militärische Bedeutung raubte. In
heftigen, blutigen Aufständen suchte dieser Tcrgebens sich des
ngewohnten Druckes zu erwehren und die alte Stellung zu
behaupten. Dazu kam die Unsitte, jüngere oder natüriiche
Susime des Kftügs mit beträchtlichen Theilen des Beichs zu
bdehnen, die gar bald anfingen, in den Familien der Belehn-
ten mehr oder minder erblich zu werden: in einem Lande,
dessen Bevölkerung von Alters her zu innerem Zwist und Bürger-
kriegen geneigt war, ein gefährlicher Brauch. Denn an ehr-
geizigen Königssöhn^ fehlte es selten. Es ist bezeichnend,
dsss ytm den Sölmen und Enkeln Waidemars keiner, der Aesk
Thron besti^, eines natürlichen Todes starb. Langjährige
Streitigkeiten mit den anspruchsvollen Lundener Erzbischftfm
and der Gdstlidikc^it vermehrten noch diese inneren Wirren.
Am verhängnissvollsten für die Entwicklung Dänemarics
in den nädistm Jahrhunderte ist aber das Herzogthum Süd-
jütland (Schleswig) und seine allmähliche LoslOsung vom Ge-
sammtreiche geworden. Schon lange war es Sitte gewesen,
gerade diesen Landestheil jüngeren Prinzen zur Verwaltung
zu übertragen ; einzelne unter ihnen, wie Knud Laward, hatten
es dort zu einer sehr selbständigen Stellung gebracht. Im
Jahre 1232 erhielt ihn Abel , der zweite der damals lebenden
Söhne Waidemars des Siegers. „Er erniedrigte das Reich mit
Hülfe der Deutschen mehr als es sein Vater je erhöhte^', sagt
Detmar ^), und in der That soHte seine Verbindung mit Mecht-
1) OrMtoff I, S. 119 sa 1S41: H« nedderde dat rika mit kslpe d«r I>ap
deKhen mer, den et nn vader gy hoghede.
28 H. DMttchUad and DiaMMurk
hild, der Tochter Adol& IV. von Holstein, der Aolass werden,
dass Schleswig mehr als zwei Jahrhunderte in sein^ Familie
bli^ und endlich gapz mit Holstein vereinigt wurde, ja dass
das dänische Beich selbst zeitweilig dem Einflüsse der Hd-
Steiner zu erliegen schien. Nicht ganz mit Unrecht datirt ein
von lebhaftem d&nischen Patriotismus erfüllter Zeitgenosse, der
Annalist des Buhklosters in Schleswig, von diesem Ereignisse
und vom Tode Waidemars an (1241) das Unglück Dänemarba.
„Denn von jenem Tage an fehlte nie der innere Kri^ in Dfiae-
mariK zwischen den Königen und den Herzögen auf Anstäche-
lung der Grafen, die immer das Böse Dänemaite suchen.^
„Mit Waidemars Tode fiel wahrlich die Krone vom Haupte
der Dänai. Denn seit seiner Zeit sind sie, inneren Kiiq^en
und g^enseitiger Vernichtung überlassen, allen Völkern um-
her lächerlich geworden^^O- Die Verbindung der Herzöge y(m
Schleswig mit dem holsteinischen Grafengeschlechte schaffte
jenen für Befriedigung ihrer Unabhängigkeitsgelüste stets be-
reite Helfer, diesem, da die Grenze weiter hinaus geschoben
wurde, einen erwünschten Schutz gegen dänische Angriffe. Im-
mer mehr neigte sich Süd-Jütland den Holsteinem, Deutsch-
land zu; der Bischof von Schleswig liess sich vom bremischen
Erzbischof weihen. Der Umstand, dass schon damals das Her-
zogthum zweisprachig*), zum Theile von Deutschen bewohnt
war, gab diesem Vorgänge eine innere Berechtigung, die auch
allein die Festigkeit und Dauer der damals noch durchaus
1) AnnAles Byenses sa 1237 und 1S41, Mon. SS. XVI: Nam ab mo die
miDqiiam defocit beUam iotestiDiim in DtudtL inter reges et dvees, et oomitibiis
•M instigaiitibiis > qni semper qnaenmt mala Daciae. — Obiit Waldemanis, in
esjat morte vere ceddit eorona capitis Danonim. Nam ab illo, beUis intesti-
sb et destractioni mataae Tacantes, omnibos in drenitii nationibos facti sunt
im dtrftiiBi. —
t) DsM eine deotsche Uebersetxiing des ron Waldamar ü. cingefthrteB
Jitiscbea Gesetses" (fydsk Iot) nöthig war, ist ein Beweis dalftr. Die Be-
TÜksrwHr ^ ^^^ Schleswig war damals schon iberwiegend deutsch, Sach,
OiMh. der 8t«dt Schleswig 8. llOtL
Mt g«s«i Bnd« des 18« Jahrbonderts. 29
neuen Verbindung mit dem deutschen Nachbarlande eiklären
kann.
Trotz dieser für die Dänen ganz und gar ungünstigen
Entwicklung der Dinge hat 100 Jahre nach Knud und Wal-
demar doch noch einmal einer ihrer Könige Pläne gehegt, die
nach neuer Verwirklichung der auf dem Schlachtfelde von Born-
hdved zerstört^ Herrschaftsträume strebten. Die Versuche
Erich Menveds sind nur eine schwache Nachahmung der Tha-
ten seiner waldemarischen Vorfahren, aber die politische Lage
Transaibiogiens begünstigte sie so sehr, dass einen Augen-
blick ähnliche Erfdge ihnen zu winken schi^en. Da tritt
ein neuer Factor in dem Leben jener Lande in den Vorder-
gnmd — die Städte.
DDL Die norddeutschen Städte und ihre Eimingen
bis um 1800.
Auf dem Gebiete mittelalterlicher Geschichte hflUen sich
die ersten Anfi&nge späterer Entwicklungen nur allzu oft in
geheimnissvolles Dunkd; des Baumes mit seinem wdtverzweig-
ten Geäst und seinem schattigen Laubdach mag mui sich ^-
freuen, von dem Samenkorn, aus dem er erwuchs, dringt
wenig oder keine Kunde zu uns. Mag man die mangelnde
Schreiblust früherer Jahrhunderte, die zu Aufzeichnungen we-
der grosse Neigung noch Befähigung besassen, und die Un-
gunst der zerstörenden Zeit verantwortlich machen, oder mag
man mit nicht minderer Berechtigung in dieser Sachlage ein
Zeichen erblicken, dass die Gebilde des Mittelalters hervor-
wuchsen aus dem unmittelbarsten Bedtlr&iiss, dass die in der
Neuzeit so übermächtig eingreifende Theorie wenig schöpfe-
rische Kraft bewies, auf alle Fälle ist es für den forschenden
Historiker ein unbefriedigendes Gefühl, seine Untersuchungen
mit dem Resultat abschliessen zu müssen, dass es nicht mög-
lich ist, die Anfänge mancher Ent¥dcklungen klar zu legen.
Dem Forscher nach Art und Entstehung des ersten Zu-
sammenschliessens unter den norddeutschen Städten, das will
sagen, nach dem Ursprung der Hanse, bleibt das gleiche un-
befriedigende Gefühl nicht erspart. In den Kämpfen, die den
Mittelpunkt der Darstellung in diesem Buche zu bilden be-
stinunt sind, tritt uns der Bund der norddeutschen Städte
schon in weitgediehener Entwicklung entgegen, wird durch
m. Die BorddfliUMhtB Stidle «ad ihr« Sininifeii Ue wm 1800. 31
sie zum Abschluss gebracht; auf d^n Wege dahin aber var-
mogen wir nur Staticmen ssu erkennen, die uns verschiedene
Stadien der Entwicklung zeigen. Doch sind wir genflgend
imtorrichtet, um uns Wesen und Grundgedanken derselbe klar
machen zu können. Dass die Hanse ihre Entstehung dem Zu-
sammenwirken zwei^ ursprünglich von einander unabhängiger
Erscheinungen verdankt, ist sicher: es sind die Verbindungen
deutscher Kanfleute im Auslande und die Bündnisse und Ei-
mmgen norddeutscher Städte unter einander.
t Ble tTerbindnngen deutaoher Kaufleute im Auslände.
Handel und Gewerbe waren mit wenigen Ausnahmen im
Mittelalter die Lebenselemente der Städte; fast mehr noch
als heutzutage bildeten gerade sie die Grundlage städtischer
Entwicklung. Mit Becht hat man fdr das frühere Mittel-
alter die Ausdrücke Eaufinann (mercator, negotiator) und Stadt-
bewohner als gleichbedeutend gesetzt ^). Stellt man sich dar
her die Aufgabe, diese Entwicklung zu verfolgen, so wird
man in erster Linie das Yerkehrsleben beachten müssen. Und
besonders drängt sich gerade diese Seite des Bildes in den
Vordergrund, wenn man den Anfängen des hansischen Bundes
nachspfirt Denn er war eine Vereinigung, die sich vor allen
Dingen durch die Gemeinsamkeit merkantiler Interessen bil-
dete und durch diese besonders zusammengehalten wurde.
Den Vorstellungen unserer Vorfahren erschien das Hand-
weric, Ton dem Betrieb weniger Künste abgesehen, als nur des
anfreien Mannes würdig; den Handel aber verschmähte auch
der fireie Germane nicht Auf langen, schmalen, schnellen
BadendiifliBn befiifar er Ost- und Nordsee als Räuber oder
Kanfinanni wie es die Gelegenheit brachte, führte die Waaren
desN^Hrdens, vor Allan den kostbaren Bernstein, an die Gren-
1) Yfl. WAlts, Vurfctwi^igmih. V, S67 ft «ad VH, 407 C
3S Ol- IHe norddentselieii Stidtt
zen des Römerreichs ^). Die Ausbreitung der fränkischen Herr-
schaft b^Qnstigte diese Thätigkeit und gab ihr zugleich einen
friedlicheren Character. Denn war auch der Kaufmann dar
Bringer des Neuen, eine verhältnissmässig gern gesehene Per-
sönlichkeit, so musste doch auch er mit der Anschauung rech-
nen, die fremd und feind als gleichbedeutend betrachtete. Im
Frankenreidie aber wurde ihm überall das Recht gewährt, das
ihm durch Geburt und Abstammung eigen war *). Sicher wie
in der Heimat konnte der friesische Kaufmann , er tritt be-
sonders als Handeltreibender hervor, die weiten Graue mero-
yingischer und karolingischer Herrschaft durchwandern; er
war nicht mehr rechtlos, nicht mehr war sein Gut und Leben
afir fremde Gnade oder die Schärfe des eigenen Schwerts gestellt.
Allerdings überschritt er die Grenzen des Reichs, und
dem Norddeutschen lagen die Fahrten nach England, dem Nor-
den und Osten am nächsten, so war seine Stellung wieder
die alte. Hier galt es Wandel zu schaffen, zu rechtlicher Gel-
tung zu kommen. Fürstlicher Einfiuss, im Nordwesten des
Kaisers, im Nordosten des Herzogs von Sachsen, ist es ge-
wesen, der hier die ersten Wege gebahnt hat Es gelingt
wenigstens an einzelnen Orten, dem heimischen Recht eine
gewisse Geltung zu verschaffen, in der Gestalt nämlich, dass
die Deutschen auch im Auslande ihre Streitigkeiten unter sich
nach angestammtem Rechte richten konnten. Bei Konflikten
mit den Fremden aber, und sie waren ja bei Weitem die häu-
figeren, galten entweder vertragsmässig vereinbarte neueRechts-
sätze, oder der Deutsche wurde geradezu in das fremde Recht
1) Vgl. W. Wackernagel, Gewerbe , Handel and Schiffalnt der GermaiMB
M Haupt, Ztsclir. f. dtsch. Altertlnim IX, S. 5S0ff. AnflkUend Itt die Aelm-
Uehkeit iwisehen dem im Nydammer Moore im Snndewitt 186t geftindeaen
SO Fast langen Boote, das aas dem S. oder 8. Jahrhnndert n. Chr. stammt
(s. d. Abbildung bei Kontelios, Sveriges hednatid 8. SOI) and den noeb Jetst
an Norwegens Westkflste and in Dalame gebriaehlielien Booten. Ich sah am
Siya ein solehes „Kirchboot**, das nicht weniger als 5S Bader führte.
2) Vgl. Waiti, Verfassgsgeseh. U, 87 and m, 806.
nad fkn Bfamgiii bis Qfll IMO. 88
aufgoiommeii , es wurde ihm gestattet, die ihm im fremden
Lande wiederfalurene Unbill vor fremdem Gerichte und nach
frondem Rechte zu verfolge, gleich als wäre er ein Eingebomer
des Landes selbst „Die Leute des Kaisers wurden guter Ge-
setze wftardig eraehtet wie wir selbst^S heisst es im Londoner
Stadtreckte des Königs Aethelred. — Und das entsprach auch
der inzwischen geänderten Auffassung des Rechts. Die Per-
sonalität war der Territorialität gewichen, nidit mehr an die
Person und an ihre Nationalität, an das Territorium dachte
man sieh das Recht geknüpft. Für das 12. Jahrhundert kann
man die letztere Anschauung als die herrschaide bezeichnen,
die Ausdehnung der Rechtsbücher zeigt sie in vollständiger
Geltang >).
Die Gleichheit der rechtlichen Stellung gegenüber den
Fremden, die Gemeinschaft im Genuss der Freiheiten und
Rechte, die etwa für die Unterthanen eines Herrn in einem
ftnnden Lande erworben waren, bildeten ftir diese im Auslande
mächtige Bindemittel. Nur durch festes Zusammenhalten konnte
man die Wahrung der erlangten Rechte überwachen, nur einem
Vereine Mehrerer war es möglich, interne Streitigkeiten aus-
zugleichen. Eine Reihe anderer Umstände kam hinzu, die
Bicht minder zu engem Zusammenschluss drängten. Grefahr-
Toller, als wir uns heut zu Tage vorzustellen vermögen, waren
die Reisen ohne Kompass und Chronometer, fast ohne Schiff-
bhrtszeichen, in zum Theil überaus kleinen Fahrzeugen, einem
grausamen Strandrechte preisgegeben, bedroht von Seeräubern
jeder Art Langwimger waren sie bei der zum grossen Theil
unbeholfenen Bauart der Schiffe, bei der Schwierigkeit, die
Hindamisse zu überwinden, welche die Dunkelheit der Nacht,
1) Vgl. O. Stobbe, PersotuJitftt and TerritorialiUt des Rechts im Jahrbacfa
4t* gwiintu dfotsehea R«ebU VI, S4 ff.; K. Scbuls, das Urtheil des Kdnigi-
Ktrichts mntar Friedrieh Barbarossa in d. Ztschr. d. Vereins f. ThQring. Gesch.
n. F. I, 155 ff. Damach bt sa berichtigen Sartorius - Lappenlierg , Urliandl.
Geseb. d. dtMb. Hanse I, p. XIII.
Schlier, Df« HsMettUt«. 3
84 m. Die aorddMtMhen fitiate
Nebel und Unwetter der SchifiEfahrt entg^ienstellea. Am Be-
stimmungsorte angelangt masste dann der Kaufmann oft lange
warten, ehe seine Waaren einen Käufer fanden. Da man in
der stürmischen Winterzeit sich nicht hinauswagte in die See,
wurde bei der Kürze des nordischen S(»nmar8 nicht sdten
Ueberwinterung nothwendig. Da flüüte man denn daa Bedürf-
niss, sich an Landsleute anzuschliessen, dq;>pelt stark. Schon
die Lust an der Geselligkeit, lebhaft empfunden von den Mai-
schen des Mittelalters und ganz doch nur zu befriedigen unter
Genossen von gleicher Sprache und Sitte, drängte mächtig
dazu. Und kaum minder das Bedürfhiss religiöser Stärkung,
das der so mancher Gefahr glücklich Entronnene fühlte. Wie
manches Gelübde mag Sturmes- und Wogennoth den geängstetai
Seelen der Schiffenden ausgepresst haben. Natürlich war der
W^unsch, solche Gelübde auch auswärts in eigener Kirche erfüllen,
auch in der fYemde den Gottesdienst nach heimischer W^eise
halten, den verstorbenen Landsmann und Freund auch fem von
der Heimat auf eigenem Grunde, gleichsam in heimischem Boden,
beerdigen zu können, durch einen heimischen Priester für sän
Seelenheil beten zu lassen. Ist es doch noch in unsem Tagen,
wo diese Motive zum grössten Theil wegfallen, die R^el, dass
sich die Deutschen im Auslande, wenn auch nur lose, zusammen-
schliessen, vde viel mehr in einer Zeit, in der sich fast das
ganze Leben in der Form von Gilden, Brüderschaften und
Vereinen der verschiedensten Art abspielte, wie viel mehr bei
dem deutschen Kaufmann des 12. und 13. Jahrhunderts , dem
schon in seinen heimischen Gilden und „Hansen'^ die Form
gegeben war, in der er auch im Auslande auftreten musste.
Die Verbindungen der deutschen Kaufleute an den Haupt-
handelsplätzen des Auslandes können kaum etwas Befremdendes
für uns haben. Auffallen kann nur, dass diese Verbindung«!
so grosse Selbständigkeit erlangen und dass sie, darin ganz
abweichend von den Niederlassungen der italienischen Handels-
mid ihre fliamigaii Üb mi IdtO. 35
republikeii , die Angehörigen so weiter Gebiete umfassen und
dadurch dann einigend auf so zahlreiche und so weit zerstreut
hegende Städte wirken.
Beide Züge tret^ am frühesten und klarsten an d^ Ost-
seeniederiassungeo hervor; sie sind die wichtigste für die
Entstehung der Hanfiie.
a) Die Ostsee.
In dem Verkehrsleben des letzten Jahrtausends nimmt die
Ostsee ihre Stdle neben, nicht unter dem Mittelmeere ein.
Sie gleicht ihm in der tief eindringende Verzweigung seiner
Glieder. Steht sie ihm in der Grösse nach, im natürlichen
Rdchthum der anliegenden Länder, in der Gunst der klima*
tischen Verhältnisse, so sind ihr andererseits schwerwiegende
VMzüge beschieden. Mächtige Ströme ergiessen sich in ihr
Becken, lassen sie als den natürlichen Zugang zu zehntausenden
TOD Quadratmeilen fruchtbaren Landes arscheinen; bewohnt
sind diese Gebiete von Völkern, die zu den fleissigsten und
betriebsamsten Europas zählen; was die Ostsee auf ihrem Rü-
ck^ trug und trägt, sind Producte, die wegen ihrer Massen-
haftigkeit und Unentbehrlichkeit einen ebai so reichen als
sichern Gewinn abwerfen: Getreide, Holz, Metalle, Fische,
Wachs. Nicht ganz mit Unrecht hat man gesagt, dass seit
den Zeitm der Hanse Besitz des Ostseehandels und Seeherr-
schaft gleichbedeutend gewesen sei. Hansen, Holländer, Eng-
ländar hab^ nach einander die erste Bolle im Ostseehandel
gespidt
Schon aus früher Zeit haben wir Kunde von Verkehr auf
don baltischen Meere; seit dem Anfange unseres Jahrtausends,
seit dem Vordringen der abendländischen Kultur an seine Ge-
stade ist derselbe in stetem Wachsen begriffen. Ueber die
Ostsee holte der Holmgardfahrer, durch Newa und Wolchow
die Wolga ^reichend, die kostbaren Waaren des fernen Ostens:
8»
36 UL Die norddeotMhen Stidto
Gewürze, Perlen, leinene und seidene Gewänder, brachte dafür
vor Allem sein Pelzwerk. Zahlreiche kufische Mtozfimde in
Schweden zeugen von diesem Verkehr. Ueber die Ostsee fiihr
nach der Mündung der Düna der Waräger, diese hinauf, den
Diyepr hinabschiffend erreichte er das schwarze Meer und
Konstantinopel, zugleich durch Kriegsdienst und Handel ge-
winnend. Weichselaufwärts , am Nordabhange der 'Karpathen
entlang den Dqestr hinab führte ein anderer schon von den
Römern für ihren Bemsteinhandel benutzter Weg nach dem-
selben Ziele. Römische und byzantinische Münzfunde längs
der bezeichneten Strasse und im südlichen Schweden b^lau-
bigen auch hier die Nachrichten der Quellen. Auch dem Lauf
der March und Oder folgend kam der Römer von der Adria
und von Pannonien aus über die Ostsee in den skandinavischen
Norden. Von der preussischen Küste wurde Bernstein in den
innem westlichen Winkel der Ostsee verschifft, ging von dort
zu Lande über Elbe und Weser an den Rhein. Auch Völker
des Westens finden wir in der Ostsee. Mögen auch von den
20,000 angelsächsischen Münzen des 9. und 10. Jahrhunderts,
die man besonders im östlichen Schweden gefunden hat, die
meisten durch nordische Wikinger ihren Weg dorthin gefund^
haben, Wulfstans Fahrten beweisen doch, dass auch den Angd-
sachsen dies ferne Meer nicht unbekannt war» Man darf sich
den Verkehr nicht allzu unbedeutend denken. Das wendische
Jumne an der Odermündung schildert Adam von Bremen als
eine grosse, herrliche Stadt, die grösste des heidnischen Europa.
Schleswig, der Ausgangspunkt des Ostseehandels von Westen
her, galt einem arabischen Geographen als eine sehr grosse
Stadt; es entsandte, wie Adam von Bremen erzählt, aus seinem
Hafen Schiffe ins Slavenland, nach Schweden und Preussen
und bis ins „Griechenland^^ (Russland), sah zahlreiche russische
Schiffe unter seinen Mauern. Im Norden war Birka (Björkö
im Mälar) wenigstens vom 9. bis IL Jahrhundert ein von
und ihre Biaangen bis um 1800. 37
Dänen und Norwegern, Slayen und Preussen viel besuchte
Hafen 0-
Weitaus die bedeutendste Bolle aber in diesem Verkehr
spielte die Insel Gotland. Den Grund zeigt ein Blick auf die
Karte. Zu einer Zeit, wo die Seefahrer auf kurze Stationen
angewiesen waren, ungern das feste Land auf längere Zeit aus
den Augm verloren, musste Gotland, in der grössten Erweite-
nmg des Ostsediiedcens mitten inne liegend, den Einfahrten
in den finnischen und rigaischen Meerbusen, in Wdchselmfin-
dung, frisches und kurisches Haflf gerade gegenüber, eine überaus
günstige Lage haben. Kaum eine weitere Fahrt auf der Ostsee
war möglich ohne die Insd zu berühren. In der heidnischen
Zeit, in den ersten christlichen Jahrhunderten war sie der
dgentlidie Mittelpunkt des Ostseehandels, in dem die Kauf-
kute von Osten und Westen, „Leute von mancherlei Zungen'^')
zusammenkamen, ihre Produkte gegen einander auszutauschen.
Teber Gotland ging die russische Fahrt, von Gotland aus ge-
schah die vielbesprochene erste „Aufsegelung^^ Livlands ^). Was
ans schriftliche Ueberlieferungen berichten, wird bestätigt von
den zuverlässigsten SIeugnissen anderer Art. Von den ÖOOO
römischen Münzen, die man aus schwedischem Boden aufge-
1) Vgl. Lassen Rasmusseo, de Arabum Persanimque commercio com Rossia
et ScandinaTJa medio aevo, Anniv. Hafn. 1885; W. Waekernagel a. a. O.
8. 558 ; Sadowiky , die Handebstrassen der Oriechen und Römer durch das
Plassgebiet der Oder, Weichsel, Digepr und Njemcn, übers, v. Cohn; Genthe,
aber den etmskischen Tauschhandel nach dem Norden S. 102 ; Langebek, Scr.
rar. Dan. II, 118 ff ; Ad. ▼. Er. II, 19 and daia L. Giesebrecht, Wend. Gesch.
I, S7 ff.; yiU Ansgarii c. U, 86, 27, Mon. SS. U und Ad. ▼. Br. I, 68; vgl.
anch Herodot IV, 83. Dass Birka die ideine Insel Björkö im Mälarsee , be-
weisen die flberans erfolgreichen Ausgrabungen, die unter Leitung des Dr. Stolpe
dort In den latsteo Jahren yorgenommen worden sind. Bei meiner Anwesen-
heit im Sonmier 1877 waren drca 600 Grftber aufgegraben; die Insel hat deren
aber SOOO ans der jüngeren Eisenseit. Vgl. Stolpe, grafnndersokningar pa
BjdrfcS in Tldskrüt f5r Antropologi och Kultnrhistoria, B. I.
S) Behljrier, eorp. jur. Sueo-Gotorum antSqni VIII, 21.
3) VgL HShlbanm, die Gründung der deutschen Kolonie an der Düna in
d. Hans. Ge«:hbl. 187S, 8. 64.
gg m. Die Borddifirtwheii Stiite
graben hat, sind allein auf Qotland 3400 gefunden worden,
und das gleiche Verhältniss treffen wir wieder in den viel
zahlreicheren und werthvoUaren Funden bysantinischer und
kufiseher, angelsächsischer und deutscher Mflnzen^). Einen
nicht minder triftigen Beweis fftr den alten Reiclithum, die
frohe Entwicklung der Insel lief«! die Menge ihrer alten
stattlichen Kirchen. Während im ganzen übrigen Sdiweden
die Kirchspiele sich durch ihre Orösse auszeichnen (auch im
mittleren Schweden umfassen manche viele Quadratmeilen), hat
Gotland auf kaum 60 Quadratmeilen noch jetzt 91 benutzte
Kirchen, je eine auf 600 Einwohner. Und wie viele liegen
verfallen und unbenutzt! Mit wenigen Ausnahmen aber stam-
men diese Kirchen sämmtlich aus den ersten christlichen Jahr*
hunderten, zeichnen sich zum grossen TheO durch Grösse,
architektonische Schönheit und omamentalen Schmuck aus, weit
ttber die gewöhnliche Austattung von Dorfkirchen hinaus *).
Auch unter Voraussetzung eines weit lebhafteren kirchlichen
Sinnes, als unsere Zeit ihn zu Ii^en pflegt, würde die arme,
dünngesäete Bevölkerung der Insel in ihrer jetzigen Lage ni^t
im Stande sein, so viele und so stattliche Gotteshäuser auf-
zurichten. Die g^enwärtige Verwahrlosung mancher derselben
ist wohl ein hinreichender Beleg dafür'). Diese Bauten ge-
hören einer besseren Zeit an; sie sind redende Zeugen von
der Herrlichkeit vergangener Tage.
Eben diese Insel sollte nun auch für die Stellung der
Deutschen in der Ostsee eine entscheidende Bedeutimg ge-
1) Vgl. Montolins, Sveriges hednutid S. 179 und 294 ff.
2) Brunius, Gotlands Konsthistoria I, 109 ff. Der kundige VerfiaMor sagt
II, p. I : Af Gotlands Ulrika kyrkor finnea knappt nagon, som ej fSr^enar att
i konsthistoriskt afseende tagas i nXnnare skänkadande.
3) Dio »chöne Ruine von Roma-Kloster wird von ihrem gegenwSrtigen
EigentbQmer, trotxdom er ein eifKger „l&sare** ist, als Heumagfaiin benntxt.
Das Vorhaus der Kirche von Lau, einer der grössten und schönsten Gotlands,
wird von der verarmten Gemeinde zur Aufbewahrung des elendesten Gerumpels,
sur Vieh- und Ackerwirthschaft vorwandt (Sommer 1877).
und ikn BfaHUig«» bU m 1800. 39
winneD. Sdien wir ab von jenen frtthen Zeiten, da die Deut^
sehen selbst nodi einen grossen Theil der Ostseeküste be-
wohnten, so fehlt es uns auch fttr jene Periode, in der sie
voUstindig vcMn baltischen Meere verdrängt waren ^ nicht an
Zeognisseii f&r ihre TheQnahme am Verkehr auf demselben.
In Boglettnng von Kaufleuten unternahm Ansgar, der Apostel
des Nordens, seine erste Fahrt zu den heidnischen Schweden.
Im slavischen Lubike wohnten schon unter dem Wendenfiirsten
Heinrich deutsche Kanfleuta Dass sich auch an dem von
Schleswig ausgehenden Handel Deutsche betheiligten, scheint
die Gilde d^ Schleswikw zu Soest zu beweisen ^). Liegt die
Urkunde fOr das kleine westfälische Städtchen Medebach, die
TOB einem Handel nach Dänemark und Russland redet, auch
einige Jahre später als die Gründung Lübecks^), so können
wir um so gewisser auf ein früheres Bestehen dieses Verkehrs
sddiesseu, als er sich gerade in einer so kleinen, nie besonders
hervorragenden Stadt zeigt; auch die Art der Erwähnung führt
m dieser Annahme. Und auch hier wieder hat uns die Erde
Zeugnisse bewahrt, die den vergänglichen Pergamenten mächtig
zu Hflife kommen. Unter allen in Schweden gefundenen frem*
den Münzen sind die deutschen weitaus die zahlreichsten, und
sie zählen schon aus der Zeit von der Mitte des 10. bis zum
Ende des 11. Jahrhunderts nach Zeluitausenden ; unter den
Kaisermtknzen dieser Zeit sind die Otto III. die häufigsten,
unter den städtischen die des entlegenen Köln').
Und wieder ist es nun Gotland, das auch hier in den
Vordeif;rund tritt. Nirgends fand man deutsche Münzen so
häufig wie gerade auf dieser Insel; nirgends in der Ostsee
finden wir das Auftreten der Deutschen urkundlich so früh
beglaubigt wie hier. Schon Kaiser Lothar gewährt den übers
1) Vita Ansg. c. 10; Helmold I, 48; Barthold, Soe^t S. 55 ff. und 60.
i) Vgl. Se&berts, Urkdb. b. Landes- und Kecbtsgescb. Westfalen» I, n. 55.
Z) Montelias, Sveriges» hednatid S. 296.
40 III. Dm norddenlMlMn Stidte
Meer kemmenden Goten ein Becht, das in wesentlidura Be-
stjmmungra mit dem sächsischen übereinstimmt; die Deutschen
sollen in Gotland desselben Rechtes geoiessen. 1163 (1161?) ^)
schlichtet dann Rerzog Heinrich der Löwe den zwisdien Deut-
schen und Goten ausgebrochenen Streit durch Bestätigung jenes
Vertrags, „d^ den Goten gewährten Friedens- und Bechts-
bestimmungen^S Der Herzog erscheint hier als Schiedsrichter,
um Vermittlung angerufen von einem gotischen und mtem deut-
schen Gesandten, Lichnatus und Odelricus. Der Letztere wird
dann als Vogt zu seinen Landsleuten auf Gotland zuräck-
gesandt. Mag Manches dunkel bleiben in dem gegenseitige
Verhsdtniss, so viel ist klsu*: die Deutschen nehme eine ein-
flussreiche Stellung auf der Insel ein; sie üben unter einem
deutschen Vogt eine eigene Gerichtsbarkeit nach heimischem
Recht; ihr Verhältniss zu den Goten ist durch einen Vertrag
geregelt^). Wir erfahren auch, woher sie konmien. Offisnbar
sind es vorzugsweise Angehörige des Herzogthums Sachse,
besonders Westfalen, die schon bd der Gründung Lübecks eine
so hervorragende Rolle spielten ^). Von der unwirthlichen Höhe
des kahlen Asten herab ziehen noch heute die Winterberger
mit ihren Waaren hausirend durch viele Länder, ja übers Meer
nach Amerika und Australien. Eigenthümlich genug, dass
1) Sollte nicht 1161 zu dfttiren seinV Jmhre de& Königs- and KAiserreicht
sprechen dmfQr. Bischof Gerold starb schon im Augast 1163, Urkdb. d. Bisth.
Lübeck I, S. 4.
2) Vgl. Lüb. Urkdb. 1, n. 3 und Schlyter, corp. jur. Sueo-Goth. VIII, 21.
Vgl. mit den Bestimmungen der Urkunde Sachsenspiegel II, 13, 5; 16, 2;
14, 1 ; III, 45, 6 ; I, 28. Gotlaudä-Lagen (Schlyter VII) bat keine anklingenden
Bestimmangen. Das Wehrgeld von 40 Mark findet sich wieder in Visby-SiMb*
lag I, 9, auch der Verlost der Hand als subsidiäre Bestimmung ebd. 1, 13, 15
u. a. a. O. — Koppmann, H. B. I, p. XXVIII h< den Vogt für den Vorsteher
der deutschen Stadtgemeinde Wisbys; mir scheint richtiger, seinen Wirkungs-
kreis als auf die vorübergehend auf Gotland sich aufhaltenden Deutschen be-
schrttukt anzuüeheu. Vgl. unten S. 41, n. 1.
3) Vgl. Nitzsch in d. Jahrbüchern f, d. Landkde d. Hzgthttmer Schlesw.,
Holst, u. Lauenbg V, 308 ff.
vmi Ikf BiMuiffitt bü «n 1800. 41
ÖD UeiMR StftdtcheD Am dieser Gog^d so frühe Zeugnisse
aofniweisen bst yoh .eiliem in weit^ Ferne getriebenen Ver-
kdhr, der mit dem heutigen Havsirhandel gewiss manche Aehn-
HeUrait hatta
Ob mm schon damals ein Unterschied bestand z?rischai
den auf Gotland angesiedelten und den sidi nur vorübergehend
dort aufhaltenden Deutschen, kann sweifelhaft erscheinen ' ).
In spftterer Zrit ist eme sdche Trennung deutlich erkennbar.
Schon 1235 wird in der Benutzung der von den Händen deut-
scher Stifter erbauten Marienkirche in Wisby ein Unterschied
gemacht swisdira deutschen Bürgern Wisbys und d^ kom-
moideD und gdmiden deutsdien Gästen ^). Zwei Jahre später
crtheilt Papst Honorius UI. dm deutschen Bürgern Wisbys
ihr Stadt und Hafen den erbetenen Schutz, weil sie die Be-
kehnnig dar Bewohner von Oesel und anderer Völkerschaften
Inbaichtigen *). 1280 besi^eln dann Rath und Gremeinde von
Wisby ihre Zusthnmung zu der Verlegung des Stapels von
Brügge nach Ardenburg mit doppeltem Si^el, dem der Deut^
sehen (der Lilie) und der Goten (dem Lamm mit der Sieges-
1) Mir •ehdiit die Tr«aiiiiiig sebon damals yorhanden lu «ein. Daflir
»prieht besondars Haiu. Urlidb. I, n. 448 , aus welcher Urkunde hervorgeht,
daaa »chon iwUchen 1178 und 1179, ebenfalls durch Vertrag mit Heinrich dem
LSwea, Tereinbart war, dasa die in Schweden sich niederlaitsenden Deutschen
oaeb sehwediadiem Recht leben sollten. Das ist auch thatsächlich die SteU
lang der nachher sahireich in schwedischeu St&dteu auftretenden Deutschen
gewesen. Die Wahrsebeinliehkeit spricht dafür, dass es in Gotland anfangs
udrt aaden wmr als im flbrigen Schweden, wenn man jenen Vertrag nicht
geradean als fBr GotUnd mitgeltend ansehen will. In Wisby leben später die
devtsehen Bftrger nach demselben Recht wie die gotischen ; und dies Recht ist
allerdings offenbar unter deutschem Einfluss entstanden, hat aber doch seine
goUiodiselie Omiidlage unverkennbar bewahrt. — Höhlbaom giebt (Hans. Urkdb.
8. 9, A. 1) den Inhalt von n. 448 nicht richtig an, wenn er sagt: „Die Be-
dingungen für das Tragen des glühenden Eisens und Gesetze fiber die Schwanger-
tehalt nnvereheUehter Frauensimmer werden erlassen.** Wegen der Datirung
»iebe Rydberg, Sverges traktater med frftmmande magter I, n. 50.
S) H. U. I, B. 191.
8) lArl, Urkdb. I, n. 94; vgl. aaeh Li^egren, Diplom. Suecuittm I, n. S3S.
42 lU. Die norddeatichtii BtAdte
fahne) <), und eine Urkunde dee Jahres 1288 spricht von
„Vögten und Rathmanuen der Goten und Deutscten^ '). Dass
unter den Bürgern Wisbys zahhrdche Deutsche waren, ist klar.
Der Rath uiusste aus „Leuten von beiden Zungen^S ans Goten
und Deutschen bestehen; neb^ don gotischen Vogt wachte
ein deutscher über Marktrecht und Marktfrieden '). Deutsdie
und Goten lebten gemeinsam nach denselben, in wesentlidiea
Theilen auf dem gotländischen Landrecht beruhenden Stadt-
rechte. Dass die Deutschen, wenn auch nicht an Zahl so dodi
der Bedeutung nach, ihren gotischen Mitbürgern überlegen
waren, ergiebt sich aus Allem, was uns überliefert ist.
Neben diesem aus ansässigen Leuten bestehenden deut-
schen Theil der Stadtgemeinde Wisby besteht nun aber in
dieser Stadt eine Genossenschaft aller nach und über Ootland
handelnden und sich dort kürzere oder längere Zeit aufhalten-
den d^tschen Kaufleute; und diese Genossenschaft ist es,
welclie als die älteste, Angehörige zahlreicher Städte umfas-
sende Vereinigung deutscher Kaufleute im Auslande von allen
Verbindungen der Art die wichtigste geworden ist und am
meisten einigend auf die Städte daheim zurückgewirkt hat
Selbständig sehen wir diese Genossenschaft als Vertreterin
des deutschen Handels auftreten, nicht nur im Ostsee-, son-
dern auch im Nordse^ebiete. Wegen des eifrigen Beistandes,
den sie von Anfang an in der Bekehrung der Heiden geleistet
habe, gewährt ihr Biscliof Albert von Riga, der Bekehrer Liv-
lands, wichtige Privilegien*). Riga, die neugegründete Düna-
1) LUb. Urkdb. 1, ii. 406.
2) H. U. I, n. 1043; vgl. Ruch Liljegren, Diplomat. Saec. I. n. 611 von
1X76 and Lttb. Urkdb. I, u. 497.
3) Visby^tadslag I, 1 (Schlyter VIll).
4) H. U. If D. 88. Das» unter den f,inercatoreii Guttenses'^ die auf Got-
Und verkehrenden deutschen Kaufleutc, nicht blos» die dort ansüssigen Dent-
scheu oder gar die Goteii zu ver»tehen sind, ergiebt sich deutlich aus der Be-
stimmung : Ezcessus suos slngulae civitates, si poterunt, componaat etc. Ueber
ud ihre Etammgm hb vh ISOD. 4S
Stadt , erhielt das Redit der Dentschen auf Gotland, deren
Mflnze ^>. Auf dem Wege Dflna aufwärts nach dem altbesuch ten
Markte von Smolensk treffen wir zuerst die gotländische Ge-
BosscBschaft Im S<mmier 1229 schliessen die ,4^aufleute am
gotischen Ufer^ und die Stadt Riga dnen Vertrag mit dem
Ffirsten von Smolensk, der einen Beleg giebt für den regen
Veikehr der Deutsche bis ins Innere Russlands hinein und
zugleieh einen Blidc thun lässt in die Zusammensetzung der
Gesellscbaft der deutschen Kaufleute auf Gotland. Denn diese,
mcbt die deutsche Stadtgemdnde zu Wisby ist es, die wir
unter den ,4^aufleuten am gotischen Ufer^' zu verstehen haben.
Es schliessen den Vertrag 3 Bürger von den gotischen Ufern,
(L 1l Angehörige der deutschen Stadtgemeinde zu Wisby,
2Kanfleute aus Lübeck, 1 aus Soest, 2 aus Münster, 2 aus
Groningen, 2 aus Dortmund, 1 aus Bremen und 3 aus Riga').
Die auf Gotland ansässigen Deutschen nehmen hier zu der
allgemeinen deutschen Oenossenschaft dieselbe Stellung ein wie
irgend eine Stadt daheim, welche durch Bürger auf Gotland
vertreten ist, eine Sachlage, die sich auch aus andern Zeug-
nissen erkennen lässt. Was die Herkunft der deutschen Kauf-
lente betrifft (es werden im 13. Jahrhundert noch deren aus
Köln, Utrecht und Braunschweig erwähnt ^)), so finden wir die
westlichen Städte, Westfalen und Friesen, nocli staiic vertreten.
Noch warai sie nicht durch Lübeck und seine Genossen in
den Hintargrund gedrängt.
die Theiluahme der Kaufleuie am Kampfe gegen die Heiden vgl. besonders
Li vi. Urkdb. I, u. 125.
i) Harn». Urkdb. I, n. 194. Auch hier i»t unter ,Jus Gotomm*' das Recbt
der deoUcben GeDossenscbaft auf GotI»nd, nicht dat» der dort aasissigeu Deut-
schen SU verstehen. Das seigt H. U. 1, n. 71 : eo tempore, quo coo»nleü in
Wi»by nos nostrotque eives ac ccteros mereatores Godlandiam visitantes tali
jure ac Kbertate nti pennittnnt, quemadmodum noütri predecewores ibidem freti
saut, »cilkel in Godlandia, et ab ipsit ad nos devolutum esse dinoscitur.
t) H. U. I, n. 831.
8) ebd. I, B. 6S1, 9U, 1016.
44 m. Die norddettitoliftn BOMt
Und wie auf dem Wege zur Dflna und nach Smolenak,
so waren auch auf dem zur Newa und nach dem normannisdi-
rassischen Nowgorod die ersten Deutsche Leute der goüftndi-
sehen Genossenschaft Sie folgen hier den Spuren der Skandi-
navier, spedell der Gotländer. Denn diese sind in Nowgmrod
schon im 11. Jahrhundert als Kaufleute nachweisbar, besaseen
dort schon vor 1162 eine eigene Kirche. Dass die Deotsehoi
noch über 100 Jahre später die Wasserschndlen der Wolchow
als „vorsch^^ (schwed. fors) bezeichnen, zeigt ebensowohl wie die
Namen Berkö und Dhrelleborch , welche W^weiser sie auf
dieser Fahrt gehabt hatten ^). In der 2. Hälfte des 12. Jahr-
hunderts sind die Deutschen in Nowgorod selbst sicher nadi-
weisbar, und nicht lange dauert es, so finden wir sie im Besitz
einer eigenen, dem Apostelf&rsten geweihten Kirche und des
damit verbundenen Peterhofes. Die Gotländer treten zurttck;
wird ihr Name um die Mitte des 13. Jahrhunderts und später
in den Urkunden genannt, so ist ausser an die deutschen
Kaufleute auf Gotland höchstens an die zweisprachigen Be-
wohner Wisbys zu denken.
Und diese neue Niederlassung steht nun ihrer Entstehung
gemäss in vollkommener Abhängigkeit von der deutschen 6e-
nossensdiaft auf Gotland. Deren Recht herrscht wie in Riga
so auf dem Hofe zu Nowgorod*); die ältesten Ordnungen
(Skraen) f)tr diesen, die eine ungefähr der Mitte, die andere
wahrscheinlich dem Ende des 13. Jahrhunderts angehörend,
sind gesetzt von ihr^). In der früheren wird bestimmt, dass
1) Vgl. Höhlbaum in den Haus. Geschbl. 1872, 8. 49 ff.; Lttb. Urk. I,
S. 695 and 699; H. U. I, u. 50.
8) H. R. I, n. 70: libertates et jura mercatorum terram Gk>tlandie ac
curiam Nogardie frequeutanciam ; que eciam libertates tarn in dieta enria (No-
gardensi) quam in terra Ootlandie ab nniversis mercatoribna a retroactis tem-
poribus usqne in tempus hodiernum (1293) »unt concorditer observate.
3) Vgl. Lüb. Urkdb. I, S. 700: van gancome rade ande van eneme ge-
menen wilcore dhere wisesten van allen steden via Dkattcheme lande und
mi flur* Baugw bif im 1100. 45
die Qberschflssigen Grolder von St Peters Hofe zu Nowgorod
nach Wisby gebracht und dort in der Marienkirche, der Kirche
der Deutachen, aufbewahrt werden sollen. Vier Aelterleute
sollen dazu einen Schlüssel haben: jener der Deutschen auf
Gotland, der von Lübeck, der von Soest und der Dortmunder ^).
Zagt uns diese Bestimmung einerseits, welche Städte die Haupt-
pdle spiden im Ostseehandel, bestätigt sie, dass die Westfalen
auch om die Mitte des 13. Jahrhunderts noch den östlichen
Städten die Wage hidten, so lässt sie uns andererseits einen
Blick thun in die Organisation der deutschen Kaufleute a^of
GotUmd. Aelterlaite stehen an der Spitze der Angehörigen ein-
zebar Städte. Erfahroi wir nun, dass Lübeck auf Ansuchen
Sakwedels seinen Aeltermann auf Gotland anweist, die Bürger
SakwedelB in die „Bank und Grenossenschaft^^ der Lübecker^)
anfninehmen, so wird klar, dass (öne Gliederung des deutschen
Kufmanns bestand, dass die Angehörigen der grösseren Städte
mit ihren Aelterleuten entweder die Glieder ausmachten oder
wenigstens an ihrer Spitze standen, dass in jedem Falle die hei-
miadie Stadt die Aufnahme der Bürger kleinerer Städte in ihre
3ank und Goioss^ischaft^^ anordnen konnte.
Ueber die leitende Stdlung der gotländischen Gesellschaft
im deutschen Ostseehandel währaid des grössten Theils des
13. Jahrhunderts kann kern Zweifel sein ; wir werden sehen,
dass diese Vereinigung von Kaufleuten auch im Gebiet der
Nordsee selbständig und bahnbrechend vorgeht. Unter allen
(Uso ebd. S. 708: Over see, dat sint de lande de of dessit ligget. Das
jüngere Exemplar der Skra ist wohl zwischen 129S nnd 1298 zu setzen, vgl.
S. 710: Weret dat also, dat de koplode an deme hove an jenigeme rechte
twiyeldeo, dat ntekt bescreTen were, dat seolden se tbeen an den raat to
Labeke nad H. R. I, n. 72. Vgl. Lappenberg- Sartori us, Urkdl. Gesch. II,
S. 17 und 200, aueh Lttb. Urkdb. I, n. 682.
1) Lab. Urkdb. I, S. 708. Spftter sind die Gelder an den Ittbecker Rath
gegangen, Tgl. LAb. Urkdb. II, n. 619. Riga verwahrte dann einen der SchlUssel,
Livl. Urkdb. II, n. 908, von Bange um 1350 gesetzt
2) in sedilia et consortia nostra, H. U. I, n. 593.
46 m. Die noi idiiatiiülma Stite
VerbinduDgen dar Datschen im Auslände hat gerade diese bei
Weitem zuerst, schon 1229, ein eigenes Siegd geführt. J^e
Lilie, das Siegel der deutschen Bürger Wisbys, diente in klei-
nerer und etwas veränderter Grestalt auch als „Siegd der Got-
land besuchende Deutschen^S wird auch wohl schlechthin als
„Siegel aller Kaufleute^^ bezeichnet. Währed die anderen han-
sischen Niederlassungen später Siegel haben,' die sämmtlich
mehr oder weniger auf Lübeck hinweisen, bildet sich hier in
Wisby schon jener spätere hansische Brauch vor, gemeinsaaie
Beschlüsse zu siegeln mit dem Siegel der Stadt, in der« sie
gefasst waren i). Jenen Umsdiriften entsprechende Ausdrücke,
wie „Gesammtheit der Kaufleute^S „gesammte^ oder „gemeine
Kaufleute^S Bezeichnungen, die später gebraucht werden für
die Gesammtheit aller an Am Privilegien der deutsche Kaiif-
leute im Auslande theilnehmenden Angehörigen deutscher Städte,
finden wir zuerst angewandt auf die gotländische Genoesen-
schaft^). Ihre Stellung zu den Städten selbst, ihre Macht be-
leuchtet eine Urkunde des Jahres 1287 hell genügt). In Folge
eines an der estländischen Küste verübtcai Strandraubes wird
einstimmig von allen Kaufleuten, die aus verschiedenen Städten
und Oertem Gotland zu besuchen pflegen, beschlossen, dass
alle Städte, in deren Nähe Güter durch Schiffbruch oder fiaub
verloren gegangen sind, den Kauf und Verkauf dieser Güter in
öffentlicher Bursprake (communi civiloqiüo) verbieten und den
Beschädigten mit Rath und That zur Rettung oder Wieder-
erlangung des Verlorenen behülflich sein sollen. Unterlässt
1) ygl Wallin, Oothländska Samlingar I, 125, Üb. III, n. 4: mercatorom
terram Gotlandiam freqiientancinm ; Sartorins - Lappenberg , Urkdl. Geaeh. II«
S. 152: sigillnm omninm mercatonim und S. 761; H. U. I, n. 232, 8. 79, 2.
Vgl. Ztscbr. f. hambg. Gesch. III, 159 ff.
2) LQb. Urk. II, n. 12 von 1232: nniversitas conununitiin mercatomm;
ebd. I, n. ISO von 1252: nniversi mercatores Romani imperii Godlandiam fre-
quentantium. Spätere Zeugnisse ebd. I, n. 360, 520, 582, 750, 751.
3) H. IT. I, n. 1024.
nai Our« Wbnmgm bis mn 1100. 47
das irgend eine Stadt, so können ihre Bürger nicht Eides-
bdfer sein f&r einen wegen derartiger Güter angeklagten Mit-
bürger, und zwei Zeugen genügen, um einen solchen Angeklagten
zu überführen. Auch soll eine solche Stadt die dem Ueber-
führten auferlegte Busse (20 Mark Silber «= circa 900 resp.
6 — 7000 M. Reichsw. * )) nicht einsiehen, sondern sie den „Kauf-
leuten^ d« h. dar gotländischen Genossenschaft überlassen. Ja,
welche Stadt sich diesen Anoninungen nicht fügt, die wird
sogar mit Ausschliessung aus der Genossenschaft bedroht an
allen Orten und auf allen Wegen, es sei denn, dass sie ihr
Unredit wieder gut mache. Und gegen Reval wird sogleich
m dieser Wdse vorgegangai. Also eine Gesdlschaft deutscher
Kaufleute, die ihren Sitz im Auslande hat, trifft Verfügungen,
die für die heimischen Städte verbindlich sind, bedroht diese,
nenn sie die Anordnungen missachten, mit Ausschliessung ihrer
AngehArigra von den Rechten, die der in der gotländischen
Genossenschaft geeinigte deutsche Kaufmann im Auslande be-
sitzt. In der That eine seltsame Erscheinung und ein Beweis
hoher Machtfttlle und wdttragcnder Bedeutung in dieser eigen-
thümlicben Bildung.
Die unter diesen Gotlandsfahrem bestehende Einigung,
in der AngehlMge von mindestens 30 deutschen Städten von
Köln und Utrecht an bis hinauf nach Wisby, Riga und Reval
nachweisbar sind, die mit Recht als die „geeinigten Gotlands-
fahrer des romischen Reichs^^ ^ ) bezeichnet werden konnten,
musste in demselben Augenblicke zu einer Einigung der Städte
1) Di« n«nc]umog der Geldsummen nach beatigem Werthe ist gemäss einer
ia Cap. VII lu gebenden Auseinandersetzung vollzogen ; die zwei verschiedenen
Bestimmungen geb^n die eine den Silberwerth, die andere den lientigen Geld-,
rtep. Waaren- oder Verkehrswerth an. Verschiedenheit der Berechnung wird
zuweilen nöthig durch die verschiedene Zeit; dabei ist zu Grunde gelegt
Grantoff, Geachichte d. lUbeck. Mttnzfnsses bis zum Jahre 14G3, in den ,,Histor.
Schriften" B. lU.
2) Lab. Urkdb. I, n. 180.
48 m. Dl« norddMtMhoi fltidte
selbst f&hren, wo diese oder auch nur eine von ihnen der im
Auslände erstandenen, im Auslände ihren Site habenden Ge-
nossenschaft die Leitung der allgemeinen Angelegenheiten des
deutschen Kaufmanns aus der Hand nahm, den von ihr ge-
übten Einfluss selbst zu üben begann. Und dazu fehlte es
weder an Neigung, noch an Fähigkeit
Waren die deutschen Kaufleute in^ der Ostsee nach d^n
Sturze der weitreichenden Herzogsmacht Heinrichs des Löwen
zunächst auf sich selbst angewiesen und zeigten sie sich in
der Herausbildung der gotländischen Genossenschaft, in ihrem
Auftreten an der Düna und in Nowgorod dieser Stellung ge-
wachsen, so sind die im Laufe des 13. Jahrhunderts immer
mehr erstarkenden Städte ihnen doch eine wesentliche, ja un-
entbehrliche Stütze gewesen , ohne die ihr Aufblühen eigentlich
gar nicht denkbar ist. Sie sind schwerlich jemals ganz ohne
Einfluss gewesen auf die Genossenschaft, vor Allem Lübeck
nicht. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts haben wir die
deutlichsten Zeugnisse flir einen solchen. Wie Lübeck Anord-
nungen trifft für die Bank seiner Angehörigen in der gotlän-
dischen Genossenschaft haben wir schon gesehen. Ein Lübecker
steht an der Spitze der Gesandtschaft, die 1269 vom Fürsten
von Nowgorod einen neuen Vertrag mit Deutschen und Goten
erlangt^). Auf gemeinsamen Beschluss der Städte und der
Gotlandsfahrer wird 1278 die Fahrt nach Nowgorod verbo-
ten^). Auch hinter jenen Beschlüssen von 1287, welche die
gotländische Genossenschaft in so grosser Selbständigkeit zei-
gen, steckt ein Einfluss Lübecks. Die geraubten Güter gehiM*-
ten einem lübecker Bürger, Markward mit Namen. Vom
Könige von Dänemark war den Boten Lübecks Ersatz und
Bestrafung der Schuldigen zugesagt worden, aber vergebens
1) H. U. I, n. 665 und 667, vgl. Lttb. Urkdb. I, n. S05, S15, 316 (H.
U. I, 656—657).
2) H. R. I, n. 10. Vgl. Livl. ürkdb. VI, 8. «Ol.
vmi ihre ^luigen bia um 1^00. 49
hatte dann der lübecker Bath den Johann von Dowaye mit
Markward nach Reyal geschickt, die Güter zu erlangen. Mit
\eaea Händen waren Beide nadi Gotland zurückgekehrt. Dort
traf sie d^ Befehl des Rathes, allen Verhandlungen des Kauf-
manns über die Sache beizuwohnen. Befriedigt schreibt Johann
nach Hause, dass er das gethan und mit den Vertretern der
emzelnen Städte den Entwurf eines festzusetzenden Rechtes
vereinbart habe, den er beilege^). Es kann an nichts An-
deres gedacht werden als an die besprochenen Beschlüsse.
Der Kaufinann fasste sie, aber unter dem Einfluss des lü-
becker Boten, der bestimmt ist, das seiner Stadt angethane
Unrecht zu verfolgen, und Lübeck werden sie zur Billigung
vorgelegt Es ist klar, die Genossenschaft der Kaufleute will
doch nicht vorgehen ohne der Zustimmung der mächtigen
Stadt gewiss zu sein'). Neben der Genossenschaft, zum llieil
durch diese äussert also Lübeck einen bestimmenden Einfluss
ul die Stellung des deutschen Kaufmanns in der Ostsee.
Dieser stadtische Einfluss musste steigen, je mehr die
Triger desselben sich materiell entwickelten, je freier und
unabhängige sie in ihren Bewegungen nach aussen wurden.
Und Lübeck, von dem die Einwirkimgen auf die Stellung des
Kau&nanns fast allein scheinen ausgegangen zu sein, entwi-
ckelte sich übeaus rasch und nahm als Reichsstadt eine sehr
selbständige Stellung ein. Es gelangte bald zu d^n entschei-
denden Schritt, den Schwerpunkt für den deutschen Kauf-
mann in der Ostsee von Wisby an die Trave zu vertuen. Es
wird nöthig sein, die Stellung Lübecks, des Erben von Got-
land, näher ins Auge zu fassen.
1) Lib. Urkdb. I, n. 511: qaod littenun de Jndicio sedendo cum aliis
(irubis Tiris de dTitatibiis singnlis composui, quam vobis transmitto. Vgl.
ebd. n. 502, 506, 507.
2) Oder soUten unter litteram de jndicio sedendo schon die fertigen Be-
scMOsse SB verstehen sein, deren Original ja die lUbecker Trese bewahrt?
Schlfar, Die BaoMtllite. 4
11 Llae«iL
nur
.^fdimfqHfi) jflwr Wt^kaditaL 4Sst im rmma, Td^BB «rf
Mtt¥6i9t0tiif!M B^4m ift
iViiiiHW: isbfvt. Mdulm Henc BoHkk Asr Live lifcfirfc
«M ^iii#r lifttog^iMadw» f inArnir x
f!4iiMr KßiMfPtl JiildM ikr Mi i*«rliihiii &■§< der Lage
n% pjf^09 \x9(i¥t, nifsih ■MKUCHL unMrcKBfli oiMCMMacrany
Mm iMjMre KecnMtanr des EststidcB» mA AiOMheis
4^ 7tt«4t hftMMt «I Uar mHi deadidi ukuta> da» Ubcck
Hi^ AvrefauKi jApwüiaiigr AnhjBr ww. Sckn söoe La|>e
M«h#!rt#; d#!m Trsurdufen die Erbsckaft des sbräckoi Slar-
l(«rd ifMtn\mf(} md do dinischai Hethak; iSdikswig),
w^In* UüscUre. eben hi des Jakren der Crtednag Lübecks
aM Y^rMei» anibiK. Ma^ die PHtaidenng einer rossisdMB FkCte
iai M^IeJiwiKer Hafen durch den Dinenkoug STend Grathe^)
4tmn hmuHrnffitn haben, entgcheideoder waren die VonOge,
tnii ibsneri Her/^o^ Heinrich die nene Stadt ansEostattea wusste*).
Kr firhkkte Ifriten, nagt Helnndd, nach den Stldten und Rei-
rben iUm Nirrdenn, nach Dänemark, Schweden, Norwegen und
ittinnland iiml hid ein, seine Stadt Lfibeck zu besuchen*). Er
t| Hnntt OfftmfUAt. «4. Mflller et Vcltdiow I, 718.
S) Vifl. HttoMih, HrhlimiriK, SoMt and Lfib«;k in d. Jahrb. f. d. Laodkde
i\ U%fiih\\mmr Mehl. Uo\ni, I^orabg V, 289 ff. Ueber das schleswiger Stadtrecht
¥gl« Korchhamtner hei ('arttetifl o. Falck, StaatsbÜrgl. Magaiin HI, 5S7ff. nnd
lUan nhd. JX, «16 ff.
A) ll«lififild I, NA: tranntnlult duz nuncios ad civitates et regna aqnilonis,
llaiilam, MiindUfn, Norweglam, Raciam, offereos eis pacem, at habereut liberum
(Mtinifieatiiin adeunUt clvitaten suam Lublke.
vmä Um mmagiti bis mt 1800. 51
gewälirt Bussen, Güten, Normannai und den andern Völkern
des Ostens Freiheit von ZoU und der Abgabe, die Hanse
hMBs^). Er stellt die Goten auf gleichen Fuss mit den deut-
sdien Kanflraten , ^YCNrausgesetzt , dass sie „seinen Hafen in
Lttbeck ieissig besnchen^^ * ). Weder der Fremde noeh der
Einheimische brauchte in Lübeck den Erbkauf zu zahl^, wie
es in Schleswig der Fall war*). Die Lübecker selbst sind
frei von Zßü und Hanse durch das ganze Herzogthum Sach-
sen, die ZollstdUe Artlenburg ausgenommen; sie können sich
aberall nach lübischem Recht vertheidigen , der blosse Eid
bewahrt dem lübecker Bürger auswärts seine Freiheit^). Zwar
äbt d«r Bath nicht das Münzrecht aus, aber er darf die Mün-
len prfifffln auf Gewicht und Gehalt^).
Und diesen den Handel erleichtemden und fördernden
Bestimmungen stand dne d^ Bedürfiiissen des Verkehrs an-
gepasste Ordnung des Rechts und der Verfassung zur Seite.
Die Stadt erhielt das früh ausgebildete, altbewährte Recht
fon Soest, in erster linie wohl, weil Westfalen, damals das
eigentliche Handelsland Norddeutschlands, die Hauptmasse der
Ansiedler stdtte. Mit diesem Rechte wurde es eines stetigen,
ganzen, geordneten Marktfried^s für alle Kaufleute theilhaf-
tig, der, aus dem Gottesfrieden erwachsen, durch Rath und
BOiger sdbst verwaltet wurde, während in Schleswig jeder
1) In der von Kaiser Friedrich I. bestätigten Urkunde Heinrichs des Lo*
vea. Lab. Urkdb. I, n. 7 S. 10: Ratheni , Gothi, Nonnani et cetere gentes
■ci— lilei abs^ne Uieloneo d abtqne bansa ad eiTitatem veoiant et Hbere re-
cedaat VfL FkrwMdorfl; Stadt- o. GeriehtsTeriassg Lfibecks S. 33 ff.
1) Lib. Urfcdb. I, b. 3 S. 6: portnm noatmm in Li^Jbike diligeiieiiia Cre-
<iacBteMt
3) ebd. I« B. 3: bona sna heres vel eognatns ^ns, si forte presens est, reci-
piai et fai amlU pac« Iraatw; vgl.. Schleswigs Stadtrecbt, H. U. I, n. 1362, S9.
4) Ltb. Urkdb. 1, n. 7 S. U. Si aliqnis de ipsa civiUte alienbi pol-
«atas faerift de soa übertäte, nbicnaqne pnlsetor, ibi sola mann Ubertatem soam
oUiaeaL Vgl. Freasdorff, a. a. O. S. 34 a. 8. 46 ff.
6) VgL PreMdorff; a. a. O. S. 37 ff. (Dieses Recht ihirde spfttar aacb
tadcm Stidtaa ertbeUi.)
4«
52 ni. IMe norddevtseheii Mite
einzebie Kaufinann befriedet werden musste ^ ). Daneben war
es den Bürgern gestattet, vorbehaltlich der herzogliche, spä-
ter kaiserlichen Rechte, durch Willküren neues Recht zu bil-
den'). Die Stadt bildete eine vollkommen einheitliche Ge-
richtsgenossenschäft; Ausnahmen von der Gewalt des Vogts^
wie in andern Städten, gab es nicht Und dieser Erhebung
2u einer Gerichtsgenossenschaft gleichzeitig werden die Bedin^
gnngen zu einer freien Gemeindeverfassung hergestellt durdi
Einsetzung eines Raths — „Ziele, welche ältere Städte nur
allmählich, nach einander und nach langen Zwischenräumen
erreichen" *).
Ausschliesslich aus Kaufleuten wurde der neue Rath zu-
sammengesetzt. Der beste Kenner des lübischen Rechts und
der lübischen Verfassung nennt diese eine planmässig aus den
Bedürfhissen hervorgewachsene Neugestaltung *). Die Bedürf-
nisse aber wiesen in erster Linie auf den Handel und seine
Förderung hin. Nur wer diesem sich widmete, konnte in der
neuen Stadt zur Geltung kommen. Wie zu jener Zeit noch
in allen andern Städten war auch in Lübeck vom Rathe aus-
geschlossen, wer „seinen Lebensunterhalt als Handwerker er-
warb"*). Eine grundbesitzende Aristokratie, wie sie in an-
dern Städten Jahrhunderte lang die Macht behauptete, gab
es wenigstens im Anfange in Lübeck nicht; sie konnte sich
erst im Laufe der Jahrhunderte im Anschluss an den durch
1) Arn. ▼. Lfib. II, 21, S. 141. Vgl. Frenadorff; a. a. O. S. 6Sff. G««en
Prensdorff beweist Nitzscb, a. a. O. S. 808 ff., dass der Aasdrack: Jara hone-
stissima oder justitia secimdam jara Snsatiae glelcbmässig das Privat- uod das
öffentlicbe Becht bezeichnet.
2) Lab. Urkdb. I , n. 7 8. 1 1 : qnicqnid infra civitotem sai juris in po-
sterum emendare valuerint, sine tarnen prejadicio nostri judicis, emendare non
obmittant.
8) Frensdorff, a. a. O. S. 25.
4) ebd. S. 29.
5) Lüb. Urkdb. I, n. 4: dhe sine neringe mit handwerke nicht ghewon-
nen hebbe.
ttiid fkra ffliMiii bb «m 1800. 53
da Handd eilangteD Beichthum entwickeln 0- So nahmen
fon Tomliereni die Kaufleiite die einflussreichsten Stellen in
der Stadt ein; der Handel war der Ldiiensnerv, seine Vertre-
ter die Leiter dee Itfbiachen Gemeinwesens. Die zuerst im
Rathe dar Stadt sassen^ waren gewiss Männer, die in kühnen
HandelsfiEihrten Moth und Thatkraft gestählt, in umfassenden
UnterDehmangeD den Blick erweitert und geschärft hatten.
Und ihr Gtist konnte unter den gegebenen Verhältnissen nicht
leicht aussterben. Jahrhunderte hindurch hat sich die Ittbi-
sehe Politik durch Grossartigkeit der Auffassung, durch Um-
sicht der Durchführung in ihren Plänen ausgezeichnet Eine
Handelsrepublik in grossem Stile ist hier im innersten Win-
kel der Ostsee erwachsen, wie Deutschland keine zweite ge-
sehen hat
Heinrich der Löwe hat die Freude gehabt, seine Schö-
pfung sich rasch entwickeln zu sehen. „Es gab da grossen
Besuch^, sagt Detmar, und „Lübeck gewann sehr an Reich-
thuni und Ansehen'^ *). Mancher Kanfhiann aus Westfalen
nnd Friesland, der im Ostseehandel beschäftigt war, mochte
sich den wohlgelegenen Hafenplatz zum Wohnorte wählen. So
sammelte sich alsbald eine unternehmende, thatkräftige Be-
Yölkerung. Lübeck wurde eine Hauptstütze der Macht des
liöwen. Als es sich doch dem Kaiser unterwerfen musste,
wurde es von diesem „wegen des Vortheils seiner Einkünfte
und weil es an der Grenze des Reiches gelegen war'^ in un-
mittelbaren Schutz genommen, ihm die herzoglichen Privile-
gien bestätigt*). Auch der Däne Waldemar erkannte die Be«
deutung der Stadt; „weithin werde sein Name berühmt wer-
den, wenn er über eine solche Stadt herrsche"*). Die Be-
1) Wehmuinn, Dm Ifibeckische Patriciat, Hans. Oeschbl. 1872, S. 97 ff.
t) Orantoff S. 49 und 65, su 1168 und 1170.
3) s. oben S. SO. LUb. Urkdb. I, n. 7.
4) 8. oben S. 84.
54 ni. Dia norddrateoktti Stidte
freiung der nordelbischen Lande von den Dänen geschah nntcar
thätiger Mitwirkung der Lübecker, aber ausdrücklich lassen
sie sich von Fürsten und Herren verbriefen, dass sie aus freiem
\¥iUen, durch keine Verpflichtung gebunden, Hülfe leisten.
Eine Gesandtschaft nach Italien erwirbt ihnen vom Kaisw
1226 die Beichsfreiheit ^). Rasch blühte die Stadt jetzt auf»
vertheidigte sich 1234 siegreich gegen Dimea und Holßteiner *),
suchte um die Mitte des Jahrhunderts jene im eigenen Lande
heim, war um dieselbe Zeit ohne Zweifel zum ersten Handels-
platz an der Ostsee emporgewachsen.
Die Lübecker sind die ersten, welche als mit der so wich-
tigen Fischerei an der schonenschen Küste beschäftigt erwähnt
werden'). Sie nehmen einen wesentliche Antheil an der got-
ländischen Genossenschaft. Vielfach tritt ihr Einfluss im Osten
Imrvor. Die Schwertritter benutzen die Vermittlung Lübecks,
um ihre Güter als ReichsfUrsten in Besitz zu bekommen^).
Von Lübeck und seinen Nachbarstädten aus wurde besonders
die livländische Ansiedelung gefördert^). ,J)urcb das Blut
eurer Väter und Brüder, eurer Söhne und IVeunde^, schreibt
1261 der Vicemeister der Deutschordenslnlider in Livland an
Lübeck, „ist das Feld des Glaubens in diesen Landen wie ein
auserwählter Garten oft benetzt worden''^), und 1274 der
Bischof von Dorpat auch an Lübeck: ,J>urch die Mühen, die
Sehätze und das Blut der Kaufleute ist die junge Kirche in
livland und Estland zur Erkenntniss ihres Schöpfers unter
göttlicher Gnade erstmals geführt worden^' ^). Selbst mdurere
Jahrhunderte später hatte man das in Livland noch nicht ver-
1) Ltb. Urkdb. I, n. 29 n. 37. Detmar sn 1227. Lfib. Urkdb. I, u. 34
u. 86.
2) Vgl. Hasse in d. Hans. Geschbl. 1874, S. 119 ff.
3) Arn. v. Lübeck VI, 13.
4) Vgl. Usinger, a. a. O. S. 360.
5) HöblbHum in d. Hans. Geschbl. 1872, S. 58 ff. Vgl. H. U. I, n. 627.
6) Lüb. Urkdb. I, n. 266.
7) ebd. I, n. 346.
iumI ilure £iiii»g«A bis um ISOO. 55
gessen; stete bestanden die innigsten Beziehungen zwischen
i&t Stadt imd dem Ordenslande. „Wir müssen zusammen*
haltai, wie die zwei Arme eines Kreuzes'^ schreibt 1274 Re-
val an Lübeck ^ ). Zabbreich sind die Zeugnisse , dass die
Kreuzfahrer ihren W eg nach der Düna fast ausschliesslich über
Lübeck nahmen*). Und wie die italienischen Städte durch
die KreuzzOge nach dem Morgenlande heranwuchsen, so die
balüschen, vor Allem Idlbeck, durch die Fahrten nach Liv-
land und Preussen unter dem Schutze der Kreuzesfahne und
papstlicher Bullen. Denn nicht bloss an die Düna, auch nach
Preussen führte der W^ für die Westfalen, Flaminger und
Niedersachsen, die ja besonders in jene Gebiete einzogen, über
die Travestadt. £s muss in der That ein lebhafter Verkehr
gewes^i sein, der die Lübecker auf den Gedanken brachte, an
der saniländischen Küste, wo wenige Jahre später Königsberg
erstehen sollte, Stadt imd Hafen zu gründen'). Nach und
nach kam der Ostseehandel der Westfalen ganz in die Hände
Lübecks, das man allenfalls ihre Pflanzstadt nennen könnte.
Mochte der Kaufmann auch noch so sehr gewohnt sein, seine
Waaren selbst über Land und Meer weithin dem Käufer zu-
zuführen, der Vortheil, im Einschiliuugsbafen, im Mittelpunkte
des Geschäfts zu wohnen, war zu handgreiflich, als dass er
nicht die alten Bahnbrecher im Ostseehandel hätte anlocken
sollen. Immer seltener werden im Laufe des 13. Jahrhunderts
die Westfalen im baltischen Meere, bis sie im 14 und 15.
fast daraus verschwinden. Lübeck ist an ihre Stelle getreten.
i) ebd. I, n. 860. Vgl. Livl. Urkdb. IV, n. 2888—86.
3) Lab. Urkdb. I, n. 36, 65, 67. Schi. Holst. LAa«nbg. Urkdammlg. |,
n. 56. Vgl. noch fQr den Verkehr zwischen Lübeck, Gotlüod and Livland
Lflb. Urkdb. I, n. 199; Arn. v. Lttb. V, 30 S. 211 unten: Fit igitar de tote
Sazonia, Westiklia vel Frisla prelAtorum, clericomm, militum, negotiatomm,
peoperain et divitum conventos plarimas, qui in Lnibeka comparatis naribus,
annis et victoalibus Livoniam osque perrenerunt.
3) Lttb. Urkdb. I, n. 98 von 1242, ebd. u. 110 u. 117; vgl. Ewald,
die Eroberung Preassens II, 212.
56 in. Die norddeatschen StIdU
Und wie es die Konkurrenten des entlegenen Westens ttber-
flfigelt) so verdrängt es auch das günstiger situirte Gotlaod
aus seiner bisherigen Stellung im OstseehandeL Im Jahre
1280 verbündet sich Lübeck mit d^ Deutschen zu Wisby auf
10 Jahre zur Befriedung der Ostsee von der Trave und dem
Sunde bis hinauf nach Nowgorod Die beiden St&dte werfen
sich zu Wächtern des Friedas auf, offißnbar sind sie die den
Handel beherrschenden Mächte im baltischen Meere, aber noch
in gleicher Stellung und gemeinschaftlicher Wirksamkeit Das
aufblühende Riga, das Haupt der livländischen Städte, wel^
ches zwei Jahre später in den Bund aufgenommen wird, steht
im Range jenen beiden Häuptern des Ostseehandels zunächst ^).
Aber noch vor Ablauf des Jahrhunderts ist Lübecks Ueber-
gewicht entschieden, steht es allein an der Spitze der Deut-
schen in der Ostsee, ist Wisby imd die deutsche Genossen-
schaft dort in den Hintergrund gedrängt.
Von wesentlichem Einfluss auf diese Entwicklung der
Dinge ist neben jenen handelspolitischen Gründen die weite
Verbreitung des lübischen Rechts geworden. Es war mit we-
nigen Ausnahmen in fast allen Ostseestädten herrschend. Die
grosse Mehrzahl der auf der Ostsee Handeltreibenden lebte
nach demselben, den Westfalen konnte es nicht allzu fremd-
artig erscheinen. Auf dem Hofe zu Nowgorod scheint den
Kaufleuten lübischen Rechtes schon bisher gestattet worden
zu sein, nach diesem zu leben, vielleicht auch in streitigen
Fällen in Lübeck die endgültige Entscheidung zu suchen. So
lag nahe genug der Beschluss, den 1293, ohne Zweifel auf
Anregimg Lübecks, die Kaufleute der Städte Sachsens und
Slaviens (d. h. Meklenburgs und Vorpommerns) zu Rostock
fassten, dass in Zukunft vom Hofe zu Nowgorod nur noch
1) Lüb. Urkdb. I, n. 402 u. 435; Urkdl. Gesch. U, S. lie u. 186.
Vgl. Lüb. Urkdb. I, n. 582.
and ihr« Efnangen bis um IM). 57
nach Lobeck appejiirt werden solle ^\ Gleichzeitig scheint
man versucht zu haben, zahlreiche lübische Rechtssätze in die
Noi^roder Skra zu bringen, auch einen Artikel, der die
Appellation nach Lübeck anordnete'). Es war vergebens,
(lass man diesen Artikel aus der Skra auf dem Hofe zu Now-
gorod wieder auslöschte*), dass Wisby protestirte, dass es
klugte, Lübeck wolle das alte, von allen Kaufleuten aufge-
richtete Recht der Gotlands- imd Nowgorodfahrer aufheben
nod in lübisches Recht verwandeln, wolle Jeden, der in Now-
jpnmd oder Gotland lebe, zwingen, zur Erlangung seines Rechts
nach Lübeck zu gehen. Nur bei zwei Städten fand Wisby,
so viel wir wissen, Gehör, bei Osnabrück und Riga, und von
«iiesen ging Riga bald zu Lübeck über^). Von 24 Städten
aber sind uns in Lübeck Zustimmungserklärungen erhalten,
radeich ein Zeugniss für die Lebhaftigkeit und weite Verzwei-
ziD^ des Handels nach Nowgorod. Es sind : Köln, Dortmund,
Paderborn, Minden, Lemgo, Lippstadt, Herford, Höxter, Mag-
Mmrg, Halle, Braunschweig, Goslar, Hildesheim, Hannover,
lüneburg, Rostock, Stralsund, Wismar, Greifswald, Kiel, Stade,
Beval, Daazig, Elbing. Kiel spricht am deutlichsten das die
1) H. R. I, n. 66: mercatores civiUtiun Saxonie et Slavie decreverunt
ttABiaifter, qnod ipd in curia Nogardensi co jnre gaadero volunt perpetuo,
fm jam Ürfdami Rberalitor perftuaotiir quod honorandis viris, amicis
■Httia dÜMtiay bwgaiiailma elTitatia Lubkensi» iii eo jare, quo ipi»i et uo» ac
uivcrti OMTcmtorea in curia Nogardensi usi et gavUi sunt hactenu», iu»sii»tere
vohiBns et adaaae, videKcet, ut si aliqnis mercator in eadem curia se in suo
jvt pmtat— cofoaeerat rel tentiret, qood pro recuperatione sui juris ad
uDm mUwB locmn praterqoam ad civitatcm Lubiccusem respectuni haboro
Meat «t raenrMun. Dies« Behauptung kann nicht vollständig richtig bciiif
sbtr sckwrOdi fst tle docb anch gans aus der Luft gegriffen. Anzunehmen,
4u» Ifibhrhaa Rächt auf dem Hufe zu Nowgorod auch vor 1893 schon bis zu
«am gcwiaeeB Grade in Gebrauch war, auch in gewissen FÄlleu Appellation
Utk Libeek geachah, scbeint mir nothwendig.
S) Tgl. Lab. Urkdb. I, 8. 704 ff., der Artikel S. 710.
3) H. & I, n. Tt.
4) & R. I, s. TO— TS; ebd. n. 68 u. 69. In n. 69 ist wohl sUtt Riga
58 m. Die Mrddevtetbtn 8lMte
Städte leitende Motiv aus: es dankt für die V^rtretuBg des
lübischen Rechts, das Lübeek in Nowgwod und an andern
Orten zur Greltung gebracht habe, wo es den andern Stidloi
nicht möglich gewesen sei, etwas auszurichten.
Doch vermochte diese eine Niederlage die Macht Wisbys
noch nicht zu brechen. Noch im folgende Jahre, 1294, er-
scheint es neben Lübeck in der Bewerbung um die Erneue-
rung der dänischen Privilegien als Führerin ^). Hatte Lübed(
doch das Hauptziel seines Strebens beim ersten Angriffe noch
nicht erreicht. Vergebens hatte es sich bemüht , die Beaifige-
lung der für den gemeinen Kaufmann gültigen Beschlüsse aus
der Hand der gotländischen Genossenschaft in die eigene zu
bringen ^). Erst 6 Jahre später gelang dieser Schritt 1299
beschlossen zu Lübeck die Gesandten der Seestädte (so wer*
den häufig in älterer Zeit die „wendischen'' oder „slavischen''
Städte genannt: Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greife-
wald, einzeln auch Anklam, Deunain, Stettin und Stargard)
zusammen mit denen der westfälischen Städte, dass auf Got-
land kein Siegel des „gemeinen Kaufmanns^' mehr gehalten
werden soUe, denn es könne damit besiegelt werden, was den
andern Städten nicht gefalle; es habe ja jede Stadt ihr eige-
nes Siegel, mit dem sie in Angelegenheiten ihrer Bürger nach
Bedarf siegeln könne ^). Die Tendenz dieses Beschlusses ist
klar genug. Man will nicht mehr die Verbindung der eigene
Bürger im Auslande in der bisherigen Selbständigkeit; man
will deren Angelegenheiten in der obersten Leitung selbst in
1) Lüb. Urkdb. I, ti. «25.
8) H. B. I, n. 71: dominoruin conMÜam in Labeke firmmn in hoc
desideriam , ut sigillam ac commune Jas mercatorum iu civitatem Labeke de-
ducatar sigiUum ac commune jus mercatonim niuqiiam alibi querere
nee tramtmutari cupimns.
3) H. R. I , n. 80 S. 42 : Placet etiam civitatibn»} quod in Öodlaodia non
liabeatar sigillum, quod sit communium mercatonim, cum illo namque sigtllari
posnet, quod civitaübus aliis non placeret; queris enim clvitas babet per se
sigillum, cum quo suorum civium negotia, prout ezpedit, poteril aiglUare.
oad il«e Bisviign bis un ISOO. 5B
die Hand nehmeiL An die Stelle der gotländischen Genossen-
scliaft tr^;en die Stftdte selbst, deren Vereinigung. Die 6e-
sellsdiaft der deutsche Kauflente auf Gotland verschwindet
aus der Geschichte ; sie wird nicht mehr genannt. Damit wird
aber sogleich der Schwerpunkt des Einflusses auf der Ostsee,
and auf den sie beüahrenden deutschen Kaufmann von Wisby
iB die Trave, nach Lübeck verlegt Die mächtigste, die reiche
ste, die unternehmendste Stadt im ganzen Ostseegebiet, die
DstArliche Ffihrerin der ssahlreichen neuen noch nicht ein Jahr-
hmidert altra deutschen Städte an den Gestaden des balti-
schen Meeres, wird auch die Vorkämpferin des deutschen
Kaa&iianns im skandinavischen und slavischen Norden und
Nordoeten.
c) Die Nordsee.
Zu demselben Ziele, wenn auch auf ganz anderen Wegen
filhrte die Entwicklung im Gebiete der Nordsee. Seit den
ähesten Zeiten hatten hier deutsche Schiiie die Wogen durch-
farcht. Uralt ist die Fahrt von den Mündungen des Rheines
hinüber nach England; seitdem Angeln und Sachsen von der
Weser, Elbe uiid Eider aus sich Britanieu unterwarfen, kann
man auch diese Verbindung als eine bekannte imd häufig be-
natzte betrachten. An der Küste entlang schiffte man nach
den Märkten Flanderns, auch das entlegene Norwegen wurde
von deutschen Seefahrern fleissig besucht •)• Trotzdem er-
langte dieser Handel für die Einigung der deutschen Städte
nicht die Wichtigkeit des baltischen. Auf viel entwickeltere
Verhältnisse traf man hier als dort im rauhen, zum Thcil
noch heidnischen Nordosten. Verhältnissmässig leicht war es,
den gewöhnlichsten Rechtsschutz, Sicherheit für Person und
Eigenthum, zn erlangen. Auch dem nur vorübergehend An-
i) VfL Ad. ▼. Br. IV, 30 ff.
40 HL Df»
webenden wnrde bald TheOniliiiie an Landesre^ geiwilirt,
andererseits aber ungeni (oder nie) fremdes Bedit im BereMi
der dgoieD Herrschaft geduldet So war tod dieser Seita ber
die Anfiirirdeniiig zum ZusammenscUoss aicht so dringeiid ah
im G^ete der Ostsee. Dass derselbe trotidem erfolgt ist;
dass sich auch in Ki^and, dann in Flandern sdion frfih in
sich abgeschlossene deutsche Niederlassungen bildeteo, kami
nicht Wunder nehmen. Aber nicht so rasch und allseitig ha-
ben sich dieselben entwickelt wie auf Gotland, kcmnte doch
der deutsche Handel hier Oberhaupt nicht so schnell empor-
blühen wie gegenüber den unentwickelteren Völkern des Nor-
dens und Ostens, denen die Deutschen in der Kultur über-
legen, als Träger derselben erschienen. Erst die alfanählich
erwachsende Handelsherrschaft auf der Ostsee hat auch dem
Verkehr nach Westen neues Leben zugeführt. In beschränk-
terem Wirkungskreis haben sich die Niederlassungen dort dann
immer gehalten. Aber auch so konnten sie nicht verfehle,
zurückzuwirken auf die heimischen Städte, deren Angehörige
sie in sich vereinigten; auch hier wiederholt sich in wesent-
lichen Zügen der Hergang, den wir auf der Ostsee beobach-
ten konnten.
Schon früh haben die Deutschen im Verkehr mit England
sich gesetzlichen Schutzes erfreut, ohne Zweifel durch die Ver-
mittlung ihres Kaisers, unter der Form der Theilnahme am
englischen Rechte. Bereits unter Aethelred II. (978 — 1016)
werden in einem Dokumente über die Einrichtungen der Stadt
I/md(m „die Leute des Kaisers guter Gesetze würdig erachtet
wie wir selbst.'^ ^ Auch später ist es den deutschen Kauf-
leuten zu Gute gekommen, dass sie Unterthanen des Kaisers
waren. König Heinrich II. sagte ihnen 1157 in einem Briefe an
1) II. U. I, n. 2 : Et homines imperatoris, qai veniebaut in navibns lais,
bonaram legum digni tenebantar sicut et oos.
ttM Bmmfiii Ui «B IMO. 61
Kaiser Friedrich I. Sickerfaeit des Verkehrs zu ^). Die Unter-
stfttzmig, wdehe deatsdie Stftdte, besonders Köb, dem Ri-
chard Uilenberz^ dann seinen und König Johanns Neffen,
Otto IV. von Braunschweig ') und später Ktoig Richard
aagBdmhen liessen, brachte ihnen neue Handelsb^ttnstigun-
gen*). Auch haben wohl ReichsfÜrsten , wie Herzc^ Otto von
Bnumsdiweig f&r seine Stadt ftraunschweig, Privilegien von
den englischen Königen erwirkt^). Bis ins 13. Jahrhundert
UDem werden als Vermittier dieses Verkehrs fast nur Städte
geaamit, die in der Nähe der Nordsee liegen, am frühesten
dis sdioD v(Hi Alters her handeteberOhmte Thiel an der Waal,
LSttidi, Br^nen und Köln, später noch Utrecht, Stavoren,
Groningen, Emden, Braunschweig imd Hamburg^). Bei wei-
ten am meisten tritt Köln hervor. Schon kurz nach der Mitte
des 12. Jahriiunderts besitzen seine Kaufleute ein eigenes Haus
in London, Gildhalle genannt; sie allein von allen Deutschen
haben das Recht, eine eigene Genossenschaft, eine „Hansels
m bilden: es ist das erste Mal, dass dieser Ausdruck im
Auslände als Bezeichnung für eine Gesellschaft von deutschen
Kanflaiten auftritt Doch ist der Zutritt zu dieser Hanse
auch den Bürgern andrer Städte gegen ein Eintrittsgeld ge-
stattet; die Westfalen scheinen sämmtlich zur kölnischen Hanse
gdiört zu haben. Lange Zeit aber behauptete Köln auf dem
englischen Markte einen entschiedenen Vorrang vor allen übri-
gen deutschen Städten.
Da ist es besonders Lübeck gewesen, welches diesen Vor-
1) Baderid oontiiNiAftIo der g«ttA Priderici des O. t. Prds. III, 7, Mon.
XX, 41».
1) Wliikehnanti , PhllSpp r. Schwaben and Otto ▼. Brauntchwelg I, 51
■id 881 tr.
8) Liq^Miberf , Urkdl. Gesell, d. hans. Stahlhofs in London S. Abthlg.
B. ft— 8 Bild 87.
4) ebd. U, n. 86.
6) ebd. I, S. 6 u. n, n. 18, 80, 81 , 85 ff. -> Hamb. Urkdb. I, n. 481.
62 nL Die
rang gebrochen, die SonderBtelliiBg Kölns untorgraben hat
Unter allen Städten im Gebi^ie der Ostsee ist LQbed^ die
erste, die im englischen Handd «rwähnt wird. In der Ur-
kunde, durch welche Friedrich U. LQbeck 1226 die Reichs-
freiheit ertheilte, ist von lübischen Bfirgem die Rede^ wekhe
nach England zu reisen pflegen. Sie werdoBt befreit von Je-
nem sdilechten Missbrauche und der Belastung mit Abgaben^,
welche die Kölner, Thieler und ihre Bundesgenossen gegen sie
erfunden haben; sie sollen gleiches Recht und g^ehe Bedin-
gungen gemessen . wie diese ^). Der Gegensatz zwischen West-
uAd Ostsee ist ein scharfe gewesen und tritt wiederholt hst^
vor. Offenbar hat Köln an der Spitze der N<Mrdseestädte d«i
Ostseeischen den Eintritt in seine Hanse, die einzige deut-
sche, welche bestand, erschwert, sie dadurch vom engUschen
Handel auszuschliessen versucht. Lübeck tritt durch Erlan-
gung jen^ kaiserlichen Zusage d^ Politik Kölns entgegen und
bricht die Exklusivität der Nordseestädte.
Es könnte gegen diese Auffassung sprechen, dass audi
noch andere Vertreter des Ostse^ebiets schon lun diese Zeit
in Verkehr mit England stehen. Schon 1235 werden gotlän-
dische Kaufleute in England erwähnt*). König Heinrich UL
giebt im Jahre 1237 den ,JKaufleuten von Ootland'' Handels-
und Zollfreiheit in seinem Reiche'). Weist sclM>n der Auf-
bewahrungsort der Urkunde, Lübeck, darauf hin, dass es sich
hier um die Deutschen auf Gotland handelt, so zerstreut ein
anderes Zeugniss jeden Zweifel darüber. Die Städte Kampen und
1) Lab. Urkdb. I , n. 86 p. 46 : Borgeoses LaUeaaMt, eantM qnaadoqne
in Angliara, ab illo pravo abusu et ezactionis onere, quod CoIonStmaes «t T»-
leimes et eorum aocii contra ipaos inveiiisse dicuntar, omnino abaolWmaa, il>
laut penitus delentes abusum: tet illo jure et conditione utantar, quibaa C«lo-
nienae» et Telenset et eorum tocii uti no»cantur. — Ezactio aUg^mein als Er-
prenBung s. II. U. I, n. 27 S. 17.
2) H. U. I , n. 270.
3) Lttb. Urkdb. I, n. 77.
ftn Bwttfni bis wm IM). 63
Zirolle dankea den Lfibeckern für ihre Bemühungen, das alte
Recht wiederhennistdleiL» nadi welchem die Friese und Flam-
linder nieht in die Ostsee naclv Gotland, die Grotländer nicht
in die Xordsee fahren dürfen, und bitten zugldch, auch den
EngUiHton die Ostsee gänzlich zu verschliessen Oi ^^ neuer
Beweis für den G^^nsatz zwischen beiden Meeren. Aber zu-
§^ch auch dn Beweis, dass es ein verknüpfendes Band gab:
den Gatmi war es nicht erlaubt, die Westsee zu befahrc»,
Eagland zu besuchen, die Deutschen aber auf Gotland, die
goUändische Genossenschaft, an der westf&lische, also dem
Xordseegehtete angehörige Städte einen so wesentlichen, in der
älteren Zeit den wesentlichsten Antheil hatten, durften Nord-
uBd Ostsee befahren, handeln von England bis Nowgorod, wie
ja auch die westfiüischen . Städte selbst es thaten. Köln mit
seinen Genossen im Westen, Wisby und seine deutsche Ge-
nossenschaft im Osten hatten grössere Rechte als sie die Ost-
seestadt Lübeck und aller Wahrscheinlichkeit nach auch ihre
Nachbarn besassen« Diese mussten sich, Lübeck voran*), in
England ihren Boden erst erobern.
Ijübeck ist nicht stehen geblieben I)ei jenen allgemeinen
Bestimmungen der kaiserlichen Urkunde. Es hat sich zusam-
men mit Hamburg eine vollkommen gleiche Stelhmg neben
ICöln zu erringen gewusst. Unter Vermittlung des Herzogs
Albrecht von Braunschweig (des Schirmvogts von Lübeck) ge-
lang es im November 1266 den Hamburgern, zu Anfang des
1) Lfib. Urkdb. I, n. 486 and 486 , oHdo Angabe der OrOnde su 1285
gesetzt. HSblbaam im H. U. I, n. 1164 und 1165 setzt es su 1894. Doch
Ttfmftf kb die angebliche Beriehmig la n. 868, 906, 1169, 1189 niobt s« ent-
decken, das Schreiben aach nicht als „ZostiinmaDgserklining so dem Bescblass
der Stfdts fiber die Bemfmig von Nowgorod nach Lfibeek" ansnsehea. Rich-
tiger sebeial mir, es mit dem LandAriedensbfindniss von IMS in Verbindung
to bringen, wie Mitasch, Preoss. Jahrb. 86, 117 thot Das würde also aoeh
uf die libieche Datinug binanskommen.
S) Im Jahre 1288 erwirbt Lftbeck fBr sich und andere StXdte Deatscb-
Unds von Heinrich III. von England Privilegien, Lflb. Urkdb. I , n. 80.
64 m. Die DorddeBlMbeB Mte
folgenden Jahres den LQbeckern, das Recht zur Orändmig
einer eigenen Hanse in London (,,in derselben Weise , wie die
Kölner sie haben und gehabt haben^S heisst es in der M-
becker Urkunde) zu erlangen ^). Auch ihnen stand jetzt j^di
den Kölnern das Recht zu, Angehörige anderer Stftdte gegen
einen Beitrag von 5 Schillingen in ihre Hanse aufzunehmen,
eine Berechtigung, die wenigstens fär Lübeck bei dem Ein-
flasse, den es schon damals in vielen Städtai besonders durdi
die Verbreitung seines Rechts hatte, von weitreichender Be-
deutung war und Kölns Ansehen entschieden verringern mussta
Gerade um jene Zeit tritt nun Köln auch mehr und mehr
zurück in den englischen Verhältnissen. Die Gesammtheit der
deutschen Kaufleute, deren Vertretung Lübeck neben der got-
ländischen Genossenschaft anfing zu übernehmen, tritt an seine
Stelle. Vom Jahre 1235 ab ist von einer Gildhalle der Köl-
ner nur noch die Rede auf Anlass von Streitigkeiten zwischen
ihnen und den übrigen Hansen, dagegen erscheint 1260 zum
ersten Male in zwei Urkunden eine „Gildhalle der Deutschen'^
und „der nach England kommenden Kaufleute Alemanniens^ ').
Die erste Bestätigung der Privilegien „der Kaufleute des Rei-
ches Alemannien, welche das Haus in der Stadt London ha-
ben, das gewöhnlich die Gildhalle der Deutschen genannt
wird," ist von 1281 *). Von da an treten die deutschen Kauf-
leute als eine Gesellschaft auf. Streitigkeiten mit den Eng-
ländern über den Umfang der verliehenen Freiheiten mögen
dazu beigetragen haben, das Zusammenschliessen der einzel-
1) Hamb. Urkdb. I, n. 706; Lab. Urkdb. I, n. S91; rgl. fUr HMnbarg H.
U. I, n. 144, fOr LUb«ck Lfib. ü. U, n. 27.
2) Lab. Urkdb. I, n. 250 und Lappenberg, Stahlh., O , n. 28. — Im
Jahre 1290 lassen sich noch die KSlner eine alte Freiheit bestitigen, nach
dem Anfknge der Urkunde an urtheilen die AbgabenfVeflieit der OildhaUei wenn
man den Anfang vergleicht mit Stahlhof II, n. 5 n. 15. S. Urkdl. Gesch. II,
8. 162.
8) Lfib. Urkdb. I, n. 419.
vmä Ikrß Ummgeti Ms iun 1800. 65
Hansen zu beschleunigen. Bei den Verhandlungen mit
der Stadt London über die Unterhaltung des Bischofsthores
im Jahre 1282 ersdieinen die deutschen Kaufleute als „Hanse
Akmanniens^^ 0« Auch aus zwei andern englischen Städten,
Boston und Lynn Begis, wird uns um dieselbe Zeit von dem
Bestehen deutscher Hansen berichtet'). — Wie sich in Lon-
don das Au^äioi der Einzelhansen in die iülgemeine Hanse
aUer deutschen Kaufleute vollzog, darüber haben wir keine
Nachrichten. So viel aber ist klar zu erkennen, das Vorge-
hen Lübecks und mit ihm Hamburgs hat zur Vertretung der
Sache des gesammten deutschen Kaufinannes, nicht neuer Son-
derint^essen geführt Geeinigt stand gegen Ende des 13. Jahr-
kimd^rts audi in England der deutsche Kaufmann den Ein-
heimischen geg^iüber.
Zu demselben Resultate gelangte man auf anderem Wege
in Flandern« Der Handel zwischen diesem Lande und den
Rhemgegenden war früh entwickelt; Köln spielte in demselben,
sein^ar Lage entsprechend, die Hauptrolle ^). Zur Zeit aber,
1) LappMibarg, Stahlhof II, o. 31; H. U. I, n. 902.
S) Lappenbwg, a. a. O. I, 8. US ff.
S) Vgl. Hardug, Dia Entstahnag da* hant. Comptoint sn nrOgga in Sy-
ktb kkt SBtselir. tS, 810 ff. Dia Khilaitang in diaaaiii AufsaU ist lo voll
roa UariektSgiLaUaa, dais, lowait vom daatachan Kaufinann dia Rade ist, kaum
•iaa Saila als richtig basaieliBat wardan kann. Alla dort aufgestauten falschen
Bahaopteagan sn widarlagan, würda aina Besprechnng erfordern, die dem Auf-
■tia t^baC an Umliuig glaieh kiaie, lohat aaeh bei dar gKnslichen Gruud-
losiglMit dar Meisten Bahaaptwigan nicht dia Mfihe. Der Verfasser bat das
▼orhaBdaaa Qoallaniiiatarial offenbar eingesehen, das «eigen verschiedene Rin-
ulkaitao, aber ai in dar Darstallong an bar&eksichtigen, bat er nicht fUr ndcbig
gehaifan, soadam bat seine Phantasie frei spielen lassen. Bfan verglaicha nur
die Bamarknng fibar.das „gotlftndische Stadtrecht" (8. 808) mit Visby-Stadshig I
(SehlTtar S, S8). Hier möge nur die Hypothese von dem Erwachten der hau-
riseben Kontora ana den Qanosaanschaftan (Hanaan , Biokeu) der aiuselnen
Slidta anrSakgawiaian wardan. In Brügge, Nowgorod und Bergen sind der-
titiga Qaaoaaanaabaftaa. ftbarhaapt nicht nachweisbar. In England geht allar-
dmgs die Hansa dar Deatachen ans den Hansen einselner Stfldte hervor. Aber
•ach hier gabt eine Zeit voraus, da die Kaufleuta aina Einheit bildaUn: ho-
Sekikr. Die ninssrtWti 5
gg m. Die norddentielien Stidto
als es nach langen Streitigkeiten endlieh auf der Onmdlage
gegenseitigen Rechtsschutzes zu einem geordneten V^icehr mit
Flandern kam (1249) ^), bahnten sich auch die norddmitschen
Seestädte unter dem Vorgange von Hamburg und Lübeck
durch Erlangung sicheren Greleits und R^elung der ZoUvcar-
hältnisse im Gebiete der Grafen von Holland und der Bischöfe
von Utrecht den Zugang zu den wichtigen flandrischen Märk-
ten*). Im Jahre 1252 erlangten dann die deutschen Kauf-
leute die ersten gemeinschaftlichen Privil^en >).
Aber ganz anders traten sie hier auf , als wir es bisher
haben ])eobachten können beim Fussfassen in fremden Gebie-
ten: nicht als Schützlinge ihres Landesherm^ wie in Gotland
unter Heinrich dem I^öwen, nicht als Bürger einer einzebieD
Stadt, die selbst oder unter Vermittlung eines Fürsten um
Privilegien wirbt, sondern als im grossen Ganzen schon voll-
endete Einheit, als die Gesammtheit der „Kaufleute des romi-
schen Reichs^^ Die beiden Unterhändler, Hermann Hoyer,
Kathmann von Lübeck, und Jordan von Boizenbui^, Raths-
notar von Hani])urg, werden in allen Urkunden als Al^esandte
luiues iinperatoris. In WUby kenuen wir arsprüaglich nur di« I>eat«ch«ii als
Kolclie, den gesummten deuUoliou KauiViuuin, erst später erfahren vir yoa Ael-
terleuten einselner Städte, von einer ,,B«nk** Lflbecks. Hi«r wie in London
können Angehörige kleinerer Städte in die Bank resp. Hanse einer gHSsserea
anfgcnoramen werden. Wa» berechtigt aber gegen dieQnellen ansnaeh-
m«n, dasa diesi das Ursprüngliche gewesen sei ? Das» in England der dentsche
KaniVnann laerst Tom Kaiser, aaf der Ostsee Tom Henog von Saehaeo (resp.
auch Ton Kaiser Lothar) vertreten wird, bestätigt doch nar die UeberlMerang,
welche die D^ntatehen auerst geschlossen aoflratea lisst. Und konnten sich
denn Hansen nnd Bänke der einseinen Städte im Avslaade bilden, bevor dl^ne
Städte selbst bestanden resp. an einer Stadtrerftttsnag oder wenigstens an einer
Kauftnanasinaung gelangt war«nV Und wann ist denn Letataraa geadMlian,
wann LSbeek gegründet?
1) H. U. I, n. 375 und 376.
S) Lflb. Urkdb. I, n. 100, 108, lOS, 134, 139 (vgl. H. U. I, n. 373 and
3S3); mr l>ortniand H. U. I, n. 367. Vgl. Brem. Urkdb. I, ■. t§3 nnd »54,
Seibcrta, Urkdb. a. Landes- and Recktagesck. Westfalens I, ■. »74; Lftb
irrkdb. I, n. 197.
3) H. U I , a. 431—434.
imA fbrt Bliimgm» Ms mn 1800. Q7
dies^ Kanflente bezeichnet Aber neben dieser Allgemeinheit
▼ertreten sie noch drei besondere Gruppen: die Kaiifleute, wel-
che Gotland besuchen, die Bürger von Lübeck und die Kauf-
leote d^ riieiiiisctaen und westfälischen Stftdte: Köln, Dort-
mimd, Soest, Münster, AachBi; für diese werden die Urkun-
dcB ausgestellt Es umfasst also ein gemeinsames Band die
gesammten Kaufleute des Reiches; aber von ihm umschlossen
smd deutlich drei Abtheilimgen zu unterscheiden, die sich um
Wisby, um Lübeck und Köln schaaren. Die leitende Stellimg,
die, wie wir gesehen haben, Köln in England, Wisby als Sitz
(to* gotländischen Genossenschaft in der Ostsee einnahm und
liQbed^ wßgen seines ausserordentlichen Aufschwungs auf letz-
terem Gebiete einzunehmen nn Begriff stand, wird auch bei
diesem gemeinsamen Vorgehen der deutschen Städte auf einem
neuen Fdde deutlich erkennbar ' ). Es ist das erste Mal, dass
wir sie alle zu gemeinsamer Vertretung ihres Kaufmanns geei-
nigt sehen.
Den errungenen Privilegien und Zollennässigungen folgte
wahrscheinlich bald eine dauernde Niederlassung des deut-
schen Kaufmanns in Brügge, dem wichtigsten Markte Flan-
derns. Im Jahre 1280 und wieder 1307 wurde der Stapel der
deutschen Kaufleute, die „nederlaghe^^ auf kurze Zeit von
Brl^^ge nach Ardenburg verlegt*). Das Bestehen einer sol-
chen Niederlage, ihre Verl^^g in eine andere Stadt und
Rüd&dnr nach Brügge setzt eine Niederiassimg deutscher
Kanfleute voraus, die allerdings nicht wie in London und Now-
gorod ein eigenes gemeinschaftliches Haus besassen, sondern
gegen Miethadns für sich und ihre Waaren bei den Bürgern
Unterkommen fanden '). Sie erlangten jedoch im Jahre 1307
1) H. R. I, Einleitg p. XXX ff; vgl. Hans. Geschbl. 1878, S. 79. — Die
TOD Hardnng vorgetragtoen Ansichten verdienen wohl die scharfe Abfertigung,
die ihnen Koppmann hier hat tu Theil werden lassen.
t) H. R. I, S. 8 a. 47.
S) UrkdI. Gesch. II, S. 249: Vord so irat hnse of kelnare, die de coop-
^ IH. Die DorddaotMken 8Mto
als Preis für die Rückkehr nach BrOgge, in die allemal nnr
gegen Erweiterung der früheren Privilegien gewilligt wurde,
eigene Gerichtsbarkeit nach heimischem Brauche; nur Tödes-
und schwere Körperstrafen blieben den flandrischen €tmckteii
vorbehalten ^). Damit stand auch diese Niederlassung als eine
in sich geschlossene, selbständige Gemeinschaft den Eingeborr
nen des Landes gegenüber.
d) Die Bedeutung der auswärtigen Niederlassun-
gen deutscher Kaufleute für die Verbindung der
Städta
Ueberblickeii ^ir kurz den Gang der Entwiddung und
das Ziel, zu dem sie führta Im fernen Osten, auf GoUand
und in Nowgorod, wie im Westen, in London und in Brügge,
waren Niederlassimgen des deutschen Kaufmanns entstanden,
die Angehörige der verschiedensten deutschen Städte in sich
vereinigten. Am frühesten und umfassendsten umschlangen
die gotländische Genossenschaft und ihre Tochterkokmie, der
Hof zu Nowgorod, Bürger der rheinischen und westfUiseken,
der Nord- und Ostseestädte mit ein^n gemeinsamen Bande.
In Ijondon schlössen sich unter Kölns Leitung Angehörige der
westlichen Städte zu einer Vereinigung zusammen, in die auch
allmählich die östlichen Städte Eingang zu finden wussten,
und die diese zu einer Gesammtorganisation aUer deutschen
Kaufleute erweiterten. In Flandern erscheinen die Kauflente
des römischen Reichs von vornherein als geschlossene Einheit
Ueberall aber waren sie stets in nahem Zusammenhange mit
der Heimat geblieben. Sie waren zuerst aufgetreten gestützt
manne vorscreven huren willen bin der stede van Bmcgbe in te woene, of haer
goet in te licghene etc.
1) UrkdI. Gesch. II, S. 240: discordias, forefacta eoncordando
inter se habitAH et alias omnes conditiones sibi inTicem facta« et oontractas, et
secundom eomm Ordinationen! corrigere , punire , termiaar« yaleant et. libere.
ni mn BiiMuigwi Mi im 1900. gg
auf die Verträge, die der Kaiser, der Herzog yon Sachsen
fttr sie mit auswärtigeii Mächten schlösse. Als dann die
Kaiser anfingen, sich tun diese Dinge nicht mehr zu kttm-
nem, ab die sädisisdie Herzogsmacht zerschlagen war, zeigte
sich theils die Stellmig der Kanfleute im Auslände fest genug
begründet, um aus eigener Kraft auf der betretenen Bahn
weiter gehen zu könnra, wie auf Gotland, wo man allerdings
sich auf ein fiist g^manisirtes Gemeinwesen stützen konnte,
theils waren die deutschen Städte so weit entwickelt, dass
sie dirdct in die verlassene Stelle eintreten konnten, wie Köln
in England, oder dass sie doch auf dem besten Wege dazu
waren, wie Lübeck auf der Ostsee. Da die auswärtigen Nie-
deriassun^^ sich nicht zusammensetzten aus Leuten, die im
Auslände ansässig waren, sondern aus solchen, die nur vor-
äbergehend ihres Geschäftes wegen sich dort aufhielten, ihren
dgentlicben Wohnsitz in den Städten hatten, Bürger der
Städte blieben , so konnte der Zusammenhang mit der Heimat
nie unterbrochen werden, konnte diese nie das Interesse ver-
lieren an der Lage ihrer Angehörigen. Sie konnte das um
so weniger, als in der früheren Zeit der Stand der Kaufleute
sich so ziemlich deckte mit dem Begriffe der Stadtbewohner
überhaupt^), als der Rath der Städte noch lange ausschliess-
lich ans Kaufleuten bestand. Je mehr nun dieser Rath seine
Gewalt erweiterte, und wie rasch geschah das in dem Jahr-
hundert, das mit den Staufem die Kaisermacht zu Grunde
gdien sah, je mehr er auch nach aussen hin wirksam auf-
treten, wohl gar mit den Waffißh eingreifen konnte, desto
mdir musste natflrUdi sein Einfluss auf seine in ausländi-
schen Verbindungen stehenden Bürger wachsen, desto mehr
mussten diese einen solchen Einfluss auch wünschen, da er
ihnen ersetze konnte, was sie verloren hatten, da er doch
1) Vgl. WaiU , VerfassgsgMch. V, 867 ff. und VII, 407 ff.
70 liL Dm iMrdd«8tMlMn flUdl»
dem Auslände gegenüber eine festere Stütze bot als eine nodi
so entwickelte Genossenschaft ohne ttgentlidie poUtische Macht
So erklärt sich der rasch wachs^de Einfluss Lübedcs. Dass
dieser Einfluss dann nicht in die Bahnen einlenkte, die nach
dem Zerfall der Kaisermacht im Reich die gewöhnlidMa wur-
den, in die des Partikularismus, dafür sorgte die feste Ein-
heit, zu der sich die „Kaufleute des römischen Beiches^ auf
einer Insel mitten in der Ostsee zusammengeschlossen hatten,
aus den Tagen der Kaiserzeit her trotz mancher Unterschiede
in Sprache und Recht dem Auslande gegenüber als G^iossen
sich fühlend. Die vielgeschmähte römische Kaiseridee, der
wir trotz alledem doch wesentlich mit den Gedanken natio-
naler Einheit verdanken, zeitigte hier, als ihr Glanz schon
im Erbleichen war, noch eine ihrer schönsten Früchte. Denn
wer auf diese Gesellschaft der deutschen Kaufleute Einfluss
üben, ihren Einfluss zu dem seinigen machen widlte, der
durfte an dem Gedanken der Einheit nicht rütteln, der musste,
wie Lübeck es that, sich mit den andern betheiligten Städten
in Verbindung setzen, musste, wie es in England geschah,
partikulare Bildungen zu durchbrechen suchen, musste die
Sache des geeinigten Kaufinanns in die Hand der geeinigten
Städte übertragen. So führte in Deutschland zu festem Zu-
sammenschluss, was die itali^schen Handelsrepubliken zum
Kampfe auf Tod und Leben g^en einander ridL Oflbnbar
liegt gegen Ende des 13. Jahrhunderts die Sache so: die
im Auslande gegründeten Niederlassungen deutscher Kauf-
leute, die Angehörige zahlreicher norddeutscher Städte aus
dem Osten und Westen umfassen, sind Institutionen, die von
der Gesammtheit dieser Städte mehr oder weniger abhängen,
zugleich aber auch ein Band bilden, das diese Städte zu
einer Einheit zusammenf asst , indem es ihnen in dem gldch-
artigen Interesse ihrer Kaufleute im Auslande einen Hittel-
punkt gemeinsamer Politik giebt
«■i ihre Kjnangwn bli «v ISOQ. 71
Betraditet man die dnxelnen Niederlassnngen in Bezug
auf ihr Yerbiltaiss zu den Matterstädten genauer, so stellt
sidi diese Sadilage klar genug dar. Es lassen sich eine
Reihe von Beispielen aus dem 13. Jahrhundert au&ahlen , in
doMD die Sttdte, zum Theil in weit umfassender Vereinigung,
anftreten, um die Verhältnisse der auswärtigen Niederlassuh-
gcn za ordnen, im Inta*es8e des nach dem Auslande han-
ddnden deutschen Kaufmanns Beschlüsse fassen, Anordnungen
treffen, Vertrage schliessra, in denen allein diese auswärtigen
Niederlassungen als einigende Mittelpunkte erscheinen.
Der deutsche Hof zu Nowgorod erscheint von vornherein
durchaus abhängig vcm d^ Heimat, anfangs von seiner Mut-
ter, der gotländischen Genossenschaft, als diese und Wisby
mehr und mehr zurttcktreten vor der wachsenden Bedeutung
Labecks, besonders von dieser Stadt. Zahlreiche Bestimmun-
gen des lübischen Rechts, welche in die nowgoroder Schra
übergegangen sind^), zeugen von ihrem Einfluss. Aber wenn
Lfibeck denselben auch, wie frflher Wisby und in £q[)ateron
Jahrhunderten Biga, Dorpat und Beval, zur Verfolgung par-
tikolaror Interessen verwerthete'), so war es doch auf die
Zustimmung und Unterstützung aller übrigen Städte angewie-
»an, und hier zeigt es sich deutlich, wie die gemeinsamen
Handelsinteressen zahlreiche deutsche Städte unter der Füh-
rung der in diesem Handel hervorragendsten vereinigte. Je-
1) UrkdI. Gesch. II, 8. 800 ff.; Lflb. (Jrkdb. I, S. 703.
t) Besonders in Betreff der Wahlen sa Aeltermännern , indem nach der
iltesten Sehr« (Urkdl. Gesch. II, S. 18) rnnfangs Barger aus allen SUdten von
den anf dem Hofe ankommenden ,, Sommer- und Winterfahrern** gewfthlt wer-
dM keoBlea , spilar diese Freiheit beschränkt , ja das Wahbreoht gans aufge-
hoben wurde, s. Urkdl. Gesch. II, 8. 281. Dsss Wisby auch im 14. Jahrhun-
dert noch nicht gans surflcktrat, beweist die damals geltende Bestimmung, dass
der Aenermnim des Hofse abwechselnd aas Lfibeck und Gotland gewfthlt wer-
den muate, Urkdl. Gesch. II, S. S75. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts he-
■tht sieh dann Riga, an der Einsetzung der Aeltermftnner Antlieil su bekom-
men, bewahrt um diese Zeit auch einen Schlüssel sur Kiste in Nowgorod,
▼gl. Lirl. Urkdb. II, n. 906 und 907 (von Bunge um 1860 gesetst).
72 ni. Di« oorddeiittdiai SOdle
ner Beschluss von 1277 über Abbruch des VerkelHTB mit Now-
gorod wird gefasst ,,nach g^neinsam^ Berathung und Zu-
stimmung der Städte und der Nowgorod besuchenden Kauf-
leute'S setzt also eine Yersanuulung der Städte Yorans^).
Den Beschluss von 1293 über Appdlation von Nowgorod ^nach
Lübeck fassen die sächsischen und slavischen Städte auf einer
Versammlung zu Rostock'). Die Zahl der Städte, welche
ihre Erklärung in dieser Sache abgeben, beweist, wie umfits*
sende Interessen diese Frage berührte.
Weniger hat die gotländische Genossenschaft den Städten
zu gemeinsamem Handeln direkten Anlass gegeben. So lange
sie noch in voller Blüthe stand, ordnete der Kaufinann in
ihr seine Angelegenheiten selbst Als statt der Vereinigung
der Kaufleute die Gemeinschaft der Städte auftrat, verschwand
jene alsbald ganz hinter der Stadt Wisby, die ein Glied des
neuen Bundes wurde. Gerade dieser Uebergang ab^ hat
einen gemeinsame Beschluss der Städte hervorgerufen, näm-
lich den schon erwähnten, dass auf Gotland kein Siegel des
gemeinen Kaufmanns mehr gehalten werden solle').
Häufiger ist die flandrische Niederlassung Gegenstand ge-
meinsamer Berathung und Beschliessung unter den Städtra
gewesen. Als man 1280 den Stapel vorübergehend von Brügge
nach Ardenburg verlegte, wurden eine Beihe von V^hand-
lungen nöthig. Dass uns nur von 11 Städten Schreiben in
dieser Angelegenheit erhalten sind^), ist wohl nur ein un-
günstiger Zufall. Ums Jahr 1300 ladet Lübeck zu gemein-
schaftlicher Berathung über die aufs Neue verwickelten flan-
drischen Verhältnisse Städte von Westfalen, Sachsen, Slavien,
1) H. R. I, u. 10: „de communi conseiua et consilio civiutum oi mtrca-
tornm NogardUm Arequentandnin.** Vgl. ebd. S. 7.
8) ebd. I, n. 66.
3) ebd. I, n. 80 S. 42; s. oben S. 58.
4) ebd. I, n. 18—80 n. 85—87.
und in« BItiVBg«!! \A§ m» ISOO. 73
der Mark, Pden, Gotland, dann Riga und andere Oerter ein,
mid «B galt dodi nur Städten, welche am flandrischen Han-
del betheiligt ntten ^). Wieder im Jahre 1305 kommen auf
eiMr Yersanimhing d^ Städte zu Lübeck auch flandrische
Verliftltnisse zur Spradie ^). In einer durch noch zu bespre-
chend EreigBisse allerdings gelockerten Einheit stehen we-
nge Jahre darauf die Städte wieder in Unterhandlung mit
dem Grafen von Flandern und den Städten Ardenburg und
Brügge'). Eifrig sehen wir sie die Interessen ihrer Angehö-
rigen vertreten; auch kostspielige Gesandtschaften scheuen
sie nicht*).
Aoffldlig ist, dass bis gegen Ende des 14. Jahrhunderts
Ins nie eine grössere Vereinigung deutscher Städte in Unter-
handlung mit England erscheint oder sich mit den Angele-
genhdten des Kanfinanns in England beschäftigt So lange
die Hansen der einzelnen Städte bestanden, war das nur na-
tfirliclL Als aber diese in die „Hanse Alemanniens'% die
^Gildhalle der Deutschen in England'^ aufgingen, hätte man
häufigeres Eingreifen der heimischen Städte erwarten sollen.
Vielleicht hat das seinen Grund darin, dass der deutsche
Kaufmann einerseits in England im 14. Jahrhundert eine sehr
sichere and einflussreiche SteUung einnahm, andererseits aber
auch dem franden Gemeinwesen näher stand, als das irgend-
wo sonst der Fall war^). Doch hat er den Zusammenhang
mit dar Hdmat nicht verloren. Er hält an ihrer Gerichts-
barkeit fest. Dass er ihre Unterstützung nicht entbehren
1) qnamm ciyes frequenUre FUndriam consaeyeruut , U. K. I , n. 79.
f) ebd. I, B. 8f.
S) ebd. I, B. 84—81 , bei. a. 88—91.
4) ebd. I , S. 9.
5) Der von den Deatschen In London gewfthlte Aeltermann mnssle lon-
doBer Bfirger sein; die DeatteheB moMten ein Thor von London (BUhopsgate)
mit erliBlten und vertheidigen ; nicht vertragsmäiisig , nur nach gegenaeitiger
UebereinkBBft iLOnatea aie ihre Streitigkeitea unter einander nach heimiachem
Beekt achlicbten. Vgl. Lappenberg, StahUiof S. 18 ff. und Hamb. Urlidb. n. 715.
74 m* IMt BorddMttelMft 8Mlt
konnte, zeigt deutlich genug das Schmben „des Adfeummiiiis
und der Brüder der Hanse Alemanniens^^ an die Stadt Ro-
stock vom Jahre 1303, in weldiau um Hfil£e gebeten wird
zur Durchführung des vom dentsdien Kaufinann in England
gefassten Beschlusses, den Hafen Lynn, wo dem Kaufmann
Unrecht geschehen sei, bis zur Sühnung dieses Unrechts zu
meiden 0* Sie berufen sich auf ein früheres Schreibe an
Rostock und an den „gemeinen Kaufinann von Westfalen'';
die westfälischen Städte hätten den Beschluss der deutschen
Hanse in England unterstützt und bäten jetzt mit dieser ver-
eint, dass auch Rostock für die Bestrafung der wegen Nicht-
achtung jenes Beschlusses aus der Hanse ausgestossenen Schif-
fer und Kaufleute aus verschiedenen Städten sorgra mögeu
Höchst wahrscheinlich sind ähnliche Schreiben an die andram
Städte abgegangen. Wie sich dieselben diesem Wunsche gegen-
über verhalten haben, wissen wir nicht, aber schwerlidi wer^
d^ sie es versäumt haben, durch eine mög^chst allgemein
durchgeführte Massregel das Ansehen des deutsche Kauf-
manns in England den Einheimischen geg^fiber aufrecht zu
erhalten ^).
Es kann nach diesen Darlegungen wohl keinem Zweifei
mehr unterworfen bleiben, dass die Interesse der deutschen
Kaufleutc im Auslande zu vertrete ums Jahr 1300 eine Ge-
sammtaufgabe der deutschen Städte geworden war'). Die
„Freiheiten des gemeinen Kaufmanns im Auslande'' war das
Panier, um das sich die norddeutschen Städte schaarten, sie
waren das zwar lose, aber doch dauerhafte Band, das alle
umfasste. Innerhalb dieses Bandes aber hatten sich durch
die Macht gegebener Verhältnisse drei Sondergruppen entwi-
1) Urkdl. Oecch. II, 8. 828. AU promiuom llieiitonkoniiii wird 4er Be-
fchlnsi bezeichnet.
2) Lab. Urkdb. II, u. 868 scheiat dieM Vermutliiiiig sa bestiOcen.
8) Vgl. noch U. U. I, n.SlS; Lfib. Urkdb. I, a. 448.
IUI« Ikr« Ekvm^m bi« am laOO. 75
ckdt, die sich tun die drei Leiter des deutschen Handels,
Wisby, Köln und Lübeck zu kleineren Einheiten zusammen-
thaten. Die Grundlage des Bundes, wie sie durch Jahrhun-c
dorte bestehen sollte, war damit g^;eben. Will man aber sein
Wesen und seine Entwicklung ganz verstehen, so muss man
noch andere Pukte ins Auge fassen.
3. Norddeatsohe Städtebündnisse.
Habai wir in der Vertretung des deutschen Kaufinanns
im Auslände das einheitliche Motiv gefunden, welches alle
Städte zusanunenfOhrte, so sind die Beweggründe, welche zur
bescmderen Vereinigung einzelne derselben leiteten, sehr man-
nigfaltiger Art Ajn allgemeinsten bekannt sind jene Verbin-
dungen, die ihren Ursprung hatten in dem Streben nach
Selbsterhaltung gegenüber der immer mehr erstarkenden Macht
der T^rritorialherren und in dem eifrigen Bemühen der Städte,
der Unsicherheit der Wege, die ihr^ Lebensnerv, den Han-
dd , unterband , ein Ende zu machen. In beiden Fällen über-
stieg es nicht die Kräfte der Städte, Abhülfe zu schafien.
Denn die Fürst^ waren nicht selten durch gegenseitige Eifer-
sucht gelähmt, und die W^elagerer und Waarenräuber wa-
ren besonders die kleinen Herren. So sind denn die Schutz-
und Trutz- und die Landfriedensbündnisse unter den Städten
in den drei letzten Jahrhunderten des Mittelalters zahlreich
genug. Von einem sehr umfassenden Bündnisse der letzteren
Art erhalten wir durch ein Schreiben Mindens vom Jahre
1256 Kunde; es gehörten ausser Minden dazu Hamburg,
Stade, Lübedt, Bremen und andere Städte „in der Nähe und
jensdt der Elbe^^; es stand, wie es scheint, in einem gewis-
se Zusammenhange mit dem unter dem Namen des „rheini-
schen Städtebundes^ bekannten grossen Landfriedensbündnisse
deutscher Städte^). Nicht selten wurden die Landfriedens-
1) UrkiU. Gea^ U, S. 74 ; Lüb. Urkdb. I, n. SSO. Vgl. A. BoMon,
zur Getchkhte des grottan LaadfriedentbandM deaticher Städte 1S54, S. 48 ff.
76 m. Di« norddMlMtai MMto
bündnisse anch in Norddeutschland nnt^ Betheiligiuig ¥oii
Fürsten und Herren geschlossen >).
Neben diesen mehr politischen Einigungspunkten gab es
noch gemeinschaftliche Interessen anderer Art, wdche gerade
die Städte zusammenführten. Bei der Zersplitt^Bning des öf-
fentlichen und privaten Rechts, bei der Mamiigfalti|^eit dar
Verkehrsbestimmungen, bei der verhältnissmassigen Schutz-
und Hülflosigkeit des Kaufmanns selbst in den seiner Vater-
stadt nicht allzufem gelegenen Orten konnte es nicht ausblei-
ben, dass mit dem wachsenden Verkehr mancherlei Ueberein-
kommen zwischen den Städten nöthig wurden zu gegenseitiger
Erleichterung der Handelsbeziehung^. Dahin gehören die
Münzverträge, die Zusagen gegenseitigen Rechtsschutzes , die
Verabredungen über gleiche Behandlung der Schuldner, der
Verfesteten, die Auslieferungsverträge u. s. w. Dass besondens
die einander bcmachbarten Städte derartige Verbindungen ein-
gingen, liegt in der Natur der Sache, und so sehen wir denn
die Städte Slaviens, der Mark, Niedersadisens , WestfiEÜens
durch Bündnisse dieser oder der oben erwähnten Art geei-
nigt'). Doch fehlt es auch zwischen verhältnissmässig weit
1) z.B. das wichtige von 1283, 8. Urkdl. QMch. U, S. 187 n. Lab.
Urkdb. I , n. 446.
S) Am wichtigsten sind die anter den siehsiscben and WMtfUieeiMB SlM>
tan errichteten Einigungen geworden. Braunscbweig schliesst Schat>> und Hab-
delsverträge mit Hamburg 1247 und 1258 (Hambg. Urkdb. I, n. 542, 622 and
625; H. U. I, n. 504), mit Stade 1249 (H. U. I, n. 868—370), mit Bnrnm
1256 (Brem. Urkdb. I, n. 269), ähnlich Hannover mit Hamburg 1964 (Hanb.
Urkdb. I, n. 676). Bremen schliesst Verträge Ober Schuldyerfolgnng mit Köln
1258 (Brem. Urkdb. I, n. 291), mit Hamburg 1259 and 1297 (Brem. Urkdb.
I, n. 292, 296 und 517), mit Hameln 1267 (Brem. Urkdb. I, D. 328), «iH
Hannover 1301 (Brem. Urkdb. II, n. 5 und 7), Hildedieim mit HaiuiOTar 1298
(Urkdb. d. St. Hannover I, n. 70). Schon 1252 stehen Gk>slar, Braonachweig
und Hildesheim in einer „alten** Verbindung (H. U. t, n. 426), ebenso disee
und Hannover 1256 (Urkdb. d. St. Hannover I, n. 18), io einer Orkmda, 4ie
ohne Zweifel in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts gehört, .treten Bremen,
Stade, Hamburg, Lüneburg, Quedlinburg, Halberstadt, Helmstedt, 0<Mlar,
Hildesheim, Brannschweig, Hannover, Wernigerode und „atte Städte S^chaans**
wd flwa BimagMi Ws om liOO. 77
ans dnander lieg^den Städten nicht an Beziehungen, wie ein
Vertrag zwischen Bremen und Köln von 12Ö8 und ein ande-
rer zwischen Hamburg und Köfai von demselben Jahre ^) be-
weisen.
Wenigstois in manchen Fällen ist diese Gruppirung der
Stidte auch ftr die dem Auslande gegenüber zu vertretenden
hiteressen des gemeinen deutschen Kaufmanns von Bedeutung
geworden. Das beweist fOr Sachsen die Antwort Goslars an
Lflbeck, dass es in der flandrischen Angelegenheit bereit sei
n thnB, was die sfiehsisch^ Stftdte beschliessen würden ; das
beweisen Dortmund und Münster für Westfalen, indem sie in
gMiugt maf (Hamb. Urkdb. I, d. 616 und H. U. I, n. 650). la den»elben Zeit
imitm wir Nortbefan, CHtttiagwi, Münden, Doderstadt, Ostarod« geeluigt (Urkdb.
d. St. Odttbifen I, n. 48— 50). — Schon 1846 schliessen westOUische StSdte
dtr DKeesen Münster , OsnabrQek und Minden , unter denen diese drei , dann
Herford nid Koesfeld ermittelt werden können, eine umfkssende Markteinigung
(H. U. I, a. S45), 1863 ebenliilU Münster, Dortmund, Soest und Lippstadt
daen HaadalsTertrag (H. U. I, n. 460); Münster, Soest, Warendorf, Herford,
Beekmn , Ahlen , Borken , Osnabrück , Telgte , Vreden , Koesfeld , Lipp&tadt,
AUandoni achüeasen sieh 1856 dem LandfHedensbündnIss der rheinischen Stftdte
sa (H. U. I, S. 169 A. 4; vgl. ebd. I, o. 494). Der 1253 geschlossene Bund
der 4 Stidte wird erneuert 1863 (ebd. I, n. 589), erweitert unter Zutritt von
OflMbrick 1868 (ebd. I, n. 668), wiederholt verringert resp. in einseinen Be-
ftmimongeD erörtert 1870 (ebd. I. n. 680 und 681), 1874 (ebd. I, n. 731),
1877 (ebd. I, n. 789), 1884 (ebd. I, n. 942), 1894 (ebd. I, n. 1141), 1896
(ebd. I, n. 1817), 1898 (ebd. I, n. 1884). Zahlreich sind die Vertrftge zwi-
tehao «iDaeliiaa Städten: Köln mit Utreeht, Oldenaaal mit Koesfeld, Deventer
■it Köln, Soest mit KöUi, Köki mit Nimwegen, Köln mit Gent, Deventer
out Koeafeld (vgl H. U. I, n. 518—581, 586, 553, 564, 583, 685, 698,
776, 884, 885, 940, 941, 1113). Von Verbindungen der Harsstädte (Halber-
•ladt, Qaadliabarg, Aschersltben , dann diese mit Braunschweig und Gcnlar)
▼«riaatet soerst im 14. Jahrhundert, vgl. Urkdb. d. Stadt Quedlinburg n. 101
(tob 1816), 108, 188. •— Ueber die Verbindung der livlXndischen Städte s.
W. Qff«MiHi1iac«D ia d. Baitr. s. Runde Bst-, Liv- und Kurlands I, 347 ff.;
Back ihm war dar erste Stidtetag 1368, doch bestand schon Mhw eine Eiai-
gaag. Di« Stidte der Mark erwerben gemeinschaftlich Privilegien 1858 in
HaOiiid (Biadal, Ctod. dipl. Bndbg., Abthlg. B, I, n. 48), 1886 und 1868 in
Holtteia (Urkdl. Gesch. U, S. 44 n. 80, Riedel, Cod. dipl. Brdbg. B, I, n. 87
0. 101). — 14 pommersche und meklenburgische Städte fassen 1310 in Stral-
sund gamainaehafUiehe Beschlüsse, H. R. I, n. 96.
1) Bram. Urkdb. I, n. 881 und Hambg. Urkdb. I, n. 688.
78 m. Die
dersdben Angelegeiiheit auf Beratkmiga nt ilifn NachlMKr-
stidten verweisen >), beweist fener das gauciMdiiMidie Auf-
treten der westfiUischen Stidte anf der Ubecker Versamm-
lung von 1299, die Einladung an sie zu dar v<m 1305*) uad
manches andere Zeugniss. So greifeB ¥on Virnlmwi die bei-
den Ekitwidclungen , die zur YoUendaiig des Imnsisciiai (Te-
b&udes führen sollten, aofe innigste in ehumder.
a) Die wendischen Städte.
Es wOrde zu weit f&hren, wollte man das provinzielle
Zusammenschliessen der Städte anf dm einadien GcMeten
auch nur in grossen Zügen verfolgen; eine Landschaft aber
muss nothwendiger Weise genauer ins Auge gefosst wanden.
Ihre Städte sind wichtiger geworden f&r die Entwidmung der
Hanse als die irgend eines andern Gdliiets. Die Beraehungea
Lübecks zu seinen Nachbarstädten auf altslavischem (wendi-
schem) Gebiet haben eine geradezu überwältigende Bedeutung
für die Entstehungsgeschichte des hansischen Bundes. Die
Gegend von der Elbe und Trave bis zur Odermündung ist
recht eigentlich der klassische Boden der Hanse. Es ist da-
her unbedingt nöthig, das enge Zusammenschliessen gerade
dieser „wendischen oder slavischen^^ Städtegruppe, der soge-
nannten Seestädte (civitates maritimae) genauer zu verfolgen,
um Werden und Wesen des hansischen Bundes klar zu er-
kennen.
Auf dem von Heinrich dem LOwen unterworfenen und
christianisirten Gebiet waren, wie schon erwähnt (S. 15), eine
Beihe von Städten entstanden, die, durch Lage, Ursprlmg,
Handelsgebiet Lübeck ausserordentlich verwandt, in ihrer Ent-
wicklung sich enge an die Travestadt anschlössen. Es wairei
in erster Linie Rostock, Wismar, Stralsund, Greifswald; eine
1) H. R. I, n. 18, 19 Q. 90.
2) ebd. I, n. 80, 8f u. 88.
flm Wknmgtn U» «d IBOa 79
etwas mit^rgeordiietere Stellung nahmen Stettin, Anklam,
Staiigard, Demmin ein; ferner stand schon das weit nach
Osten, mitten im alten Pommern belegene Kolberg. S&mmt-
lidi waren sie in erster Linie auf den Ostseehandel angewie-
sen; wir haben, auch wo sie nicht ausdrüdclich erwähnt wer-
den, ihre Kaufleute an allra jenen Plätzen zn suchen, wo
wir die Lftbedcer finden : auf Qotland und Schonen, in Sehwe-
don und Nowgorod, an der Düna und in Preussen. Auch in
das Gebiet der Nordsee mOgen sie den Lübeckern bald genug
liefolgt sdn; 1278 erfahren wir ausdrücklich vom Handel der
Stralsunder nadi Flandern und England^).
Um Lübeck gruppirten sich diese Städte wie um einen
natlrlidien Mitteipmkt Es war die älteste deutsche Stadt
im ehemals slawischen Transalbingien. Die Gunst seiner Lage,
die Umsicht und Sorgsamkeit, mit der Heinrich der Löwe
seine Interessen gepflegt hatte, sicherten ihm einen weiten
und dauernden Vorsprung vor seinai Nachahmern und Kon-
kurrenten. Dazu kam der Glanz, der durch die Verbreitung
des lübisch^ Rechtes auf das Handelsemporium der Ostsee
fieL Nicht bloss die neu gegründeten Städte Meklenburgs
ind Pommerns, auch im preussisch^ Ordenslande Danzig,
Dirschau, Elbing, Braunsberg, Memel u. a. waren mit lübi-
schem Rechte bewidmet, erkannten in Lübeck den Oberhof in
streitigen RechtsfSÜlen '). Und welche zusammenschliessende
Kraft dieses Recht äusserte, das erfahren wir aus den Be-
schlüssen einer Städterersammhmg zu Wismar in den 60er
Jahren des 13. Jahrhunderts : „Zur Unterstützung aller Kauf-
Imte, die sich des lübischen Rechts erfreuen und von ihm
1) 8. die B««tiauiiiuigen ib«r itralgniider Schifl]n>eclit, Urkdl. 0«teh. II,
fl IIS; H. V. I, 11.810.
t) meMMB , 6w Ob«rbof in Lübeck S. 47 ff. Zn d^m dort gegebenen
V^neichniss sind noch hinimnllgen. In Meklenbnrg die Orte Alt-K«hlden, R5-
bel and Penslin (Meklbg. Urkdb. II, n. 718, 911, 987) und in Pommern
Dtmm Yoo 1888—97 (H. U. I, n. 1188 n. 1838).
80 I1L Die norddwtidwa Suite
regiert werden^S verpfliehten sich die Städte (es kann wohl
keinem Zweifel unterworfen sein, dass es die wendischen sind)
zu gemeinsamer Befriedung des Meeres, zu gldchmässigier
Verfestung der in einer Stadt Proskribirten, zu gleichfim Ver-
halten in Fehden der Herren unter sich und geg^ eine der
Städte, zu gleichmässiger Handhabung gewisser Sitze des
labischen Rechts in Bezug auf den Loskanf gefangene Bür-
ger u. s. w. ^). Wir erfahren es femer, wenn wir sehen, wie
die fßnf Städte Lübeck, Rostock, Wismar, Stralsund und
Greifswald in einer 1296 vollzogenen Erneuerung eines drei
Jahre zuvor geschlossenen Schutz- und Trutzbündnisses die-
jenige Stadt, welche versäumt hat, die verabredete Kriegs-
hülfe zu leisten, und sich weigert, die dafür festgesetzte Ent-
schädigung zu zahlen, ausser mit einer Strafe von 500 Mark
Silber (20000 resp. 120—150000 Rm.) mit Ausstossung ans dem
lübisch^ Rechte bedrohen '), wie femer jene vier Städte dme
Lübeck in ein^n 1308 auf fünf Jahre geschloss^ian Bündnisse
ähnliche Bestimmungen treffen '). Selbst noch ein halbes Jalur-
hundert später, 1358 , erscheint das lübische Recht ab die
Grundlage gemeinschaftlicher Abmachungen zwischen den Städ-
ten Greifswald, Stralsund, Anklam und Demmin^). Ja, andi
auch auf die auswärtige Handelspolitik gewann das gemein-
1) H. R. I , n. 7 : in sabsidium omniam mercatonun , qiii Jare LaUoensi
gaadent et regnntor. Vgl. Frensdorff, Hans. Getchbl. I, S. 18 ff. Zur Dati-
rang dieses and des zweiten Recesses (n. 9) s. Meltlb. Urkdb. II, S. 164. —
Wohl um an fthnlichen Vortheilen Antheil sa haben, Usst Bibaita sieb 1167
Ton Rostock beseugen , dass es Ifibisehes Recht habe (Lfib. Urk. I , n. S86).
S) H. R. I, n. 78—76; LQb. Urk. I, n. 658; Urkdl. Gesch. II, S. 186.
Unter Aasstossang ans dem Ifibischen Rechte (eUminata fore ab omni jni« La-
bicensi) ist an die Verweigerung der Rechtshfilfe fUr die Bürger der ausge>
stossenen Stadt in den andern Städten au denken. Die Urkunde gestattet uns
einen Blick in die Machtverhältnisse der wendischen Städte su Knde des 18.
Jahrhunderts. Lübeck verpflichtet sich zu 100 Bewaffneten , RosUiric tu 70,
Stralsund tu 80 , Wismar und Grei&wald su je 88.
8) Meklbg. Urkdb. V, n. 3268.
4) H. R. I, n. 220.
ni Ihr« Wkuatgn hU m 1800. gl
stme Becht dirrirtm Emflnss. Zur Abstellung der Bedrückan-
gm in Flandern erklärt sich Wismar um 1300 bereit, zu
Üum, was Lübeck und die anderen StSdte seines Bechts zu
tlnm beacUieBsen ^).
Neben diesem auf der Basis des gemeinsamen Bedits er-
wachsenden Zusammenhange der wendischen Stftdte finden
wir zwischen ihnen alle jene Vereinigungspunkte, die sonst
flir das Zusammenschliessen der Städte von Bedeutung ge-
worden sind. 1256 gleicht Wismar einen Streit aus zwischen
LBbeck und Bostock'); 1281 wird zwischen Stralsund und
Grnbwald durch die drei andern wendische Städte ein Zwist
gttchlichtet, der gegen die ,,gemeine Freiheit der Eaufleute^
gewesen sei*); wenige Jahre darauf greifen Lübeck, Wismar
and Oreifswald vermittefaid in eine Bostocker innere Angele-
genheit ein^). — Zur Bekämpfung der See- und Strassenräuber
vereinigt sich 1259 die „communitas^ der Städte Lübeck, Bo-
stodc nnd Wismar und ladet die benachbarten Orte zur Mitwir-
kimg ein. Von Wedgast ist uns noch eine zustimmende Erklä-
nmg erhalten, mit Hamburg hatte Lübeck w^en Befriedung
des Gebiets zwischen Trave und E3be unterhandelt ^). Im Jahre
1283 sehen wir s&mmtliehe wendische Städte (Lübeck, Bo-
stodc, Wismar, Stralsund, Greifiswald, Stettin, Danmin, An-
Uam) mit mebranen Fürsten in einem Landfriedensbündniss
geeinigt; der Ausdruck „universitas^ , unter dem sie zusam-
mengeCasst werden, zeigt, dass man sie als eine Einung be-
trachtet, und dass ein Bund der wendischen Städte bestand *).
1) H. B. I , B. 77 : qtücqaid alle civiUtes jus restre civitatb habttites f»-
tn% daereverint.
S) «M. I, n. 1; Lab. Urk. I, n. S25.
S) H. n. I, n. 11; Lttb. Urk. I, n. 417: in diserimen «t contra conuni-
Htm tfbtttntam BMreatoram.
4) H. n. I, n. 61.
5) tbd. I, B. •— 6.
4) LQb. Urk. I , n. 446. In einer ohne Zweifel auf diesen Vertrair iieh
SdükSir, Di« fUaMftÜte. Q
82 I^ ^^ WrddMtiMNii «<Mlll
Dass die durch das Landfried^sbändniss berbeigefttirte Eiai-
gung der Städte auch weiteren Zwecken di^te« beweist das
Vorgeheu gegen Norwegw im nächsten Jahre. Die wendi-
schen Städte beschliessen als „die im LaadfriedensbQndnisse
geeinigten Seestädte^^ ihre Massregeln. Auch erwerben sie
vereinigt Privilegien im Auslande ^).
b) Lübeck und Hamburg.
Für die Annäherung dieses wendischen Bundes an die
unter seinen Nachbarn, den sächsischen Städten, bestdien^e
Einigung und dadurch fär das um&ssradere ZusanunenaehUes-
sen der Städte ist es nun von grosser Wichti^eit gewordtti,
dass das Haupt der wendischen Städte, Lübeck, mit einw
der bedeutendsten, für den Seehandd jedenfalls widitigstra
der sächsischen Städte, mit Hamburg, sdl>on früh in en|^
Verbindung trat. Hat doch dn im Jahre 1341 zwischen bei-
den. Städten zum Sdiutze der Starassen von der Elbe bis ur
Travemündung geschlossener Vertrag*) von Adam Tratzigere
Zeit bis fast auf unsere Tage für den GrOndongsakt ^ Hanse
gegolten. Allerdings ist nachgewies^ worden, dass gerade
dieser Vertrag, der auch nicht einmal der erste zwischen d»
zwei Städten gewesen ist, vop durchaas lokale und tanpo-
rarer Bedeutung war'), aber gewiss kOnnen die
•Tii/:vi
bMkliMden Urknada, in der Stettin Ltbeek am HWs bÜMI, wit FtritMi
Stidte Tenprochen hXtten, werden diese als „commnnes dvitates'* beaeiehnet
(•. Lab. Utk. I, n. 408). Die Urkunde ist in das Jahr 1283 oder bald dar»
ii»ch ■« aatMb.
1) H. B. I , n. 80 , 1 : „consnles istamm eiyitatnm maritimanun oompre-
hensamm in confederaeione concepte pacis in ciTitate Rosstoc.** — Lüb. Urkdb.
I, n. 898 «. 448.
8) Lab. Urkdb. I , n. 95.
8) Er besog sieh nur anf den Sehnt! der aiir Umgehimg aageablkkllcher
Sehwierigkett awfschen Lftbeck nad Hamburg rerabredeleii neuen Straise durch
lanenbnrgisches Gebiet aber Gross-Barkentien (ParkeaÜn) , t. Koppmaim in d.
Hans. Geschbl. 1878 , S. 78 ff. Dagegen Hasse in d. Zlsdir. f. sdtleaw. holst
lauenbg. Gesch. Y, 861 ff. Vgl. Koppmanns Antwort ebd. VI, 188 ff. und Has-
DupUk ebd. VI, 818 ff. , aueh H^hlbamn hi d. Jen. Lit Ztg. 1878, S. 459.
xtmi Um Kfanafta bis qai IM^. 83
zweier so wichtiger Orte, die so ziemlich von allen Hanse-
städten die günstigste Handelslage hatten, durch die ein gros-
ser Theü des Verkehrs zwischen Ost- und Westsee damals
aeineo W^ nahm, nicht ohne grossen EiniBuss geblieben sein
auf die Entwicklung eines Bandes, der sich wesentlich an die
Interessen des deutschen Handels anschloss. Es ist wohl nicht
blosser Zuüsll , dass im Jahre 1252 ein Rathmann yon iAbeck
und ein Bathsnotar von Hamburg in Flandeni als die Abge^
sandten der „Kaufleute des römischen Reichs'^ erscheinen«
Wenn man sich das allmähliche Emporwachsen des Städte
bundes klar machen will, darf der vielfache Zusammenhang
dieser beiden Städte nicht ausser Acht gelassen werden ^).
Auch Hambuig war eine planmtosige GrOndung. Wair
es der alten Stadt nicht vergönnt gewesen, ihrer Aufgabe dec
,4ßgatio gentium'^ genug zu thun , so sollte es ihrer jüngere
Schwester, der „Neustadt" Hamburg, beschieden sein, diese
Auijgabe in einem anderen Sinne zu erfüllen. „Damit den von
vieleaa Orten herbeikommenden Leuten ein pass^der Hafen
orstehe^S gründete Graf Adolf HL v<m Holstein 1189 die Neu-
stadt Hamburg. Lübeck war die Musteranlage. Nach Ittbi-
sehem Becht wurden den Ansiedlem die Baustellen überlas-
soi, nadi lübischem Bechte sollten sie auch in derGra&chaft
gerichtet werden, inneriialb dieser überall von Zoll frei sein.
Einen beträchtlichen Theil seiner Gerichtsbarkeit überliess der
Graf der Stadt. Bald wuchs diese, erwarb neue, wichtige
Rechte hinzu, verschmolz mit der Altstadt, die Antheil ge-
wann an den Privilegien der Neustadt, zu einer Gemeinde')«
So trat sie mit der Nachbarstadt an der Trave in Verbin-
1) Vgl. Koppnuuin, Hambargg Stellang in der Hahm, Hans. Geschbl.
1875, 8. 8 ff. ; d«nen>e, die Uteeten Handelswege Hamburgs, Ztsclir. f. Händig.
Gesdi. VI, 408 ff.
S) Hamb. Urkdb. I, n. S85, S86, S98, 401. Vgl. K. Koppmann, kl.
Bcitrige s. Oesch. d. Stadt Hamburg, S.Beitrag: s. Gesch. d. RecbU n. d.
Verfittsg. 1848 war die Vereinigung beider Stidte Yollsogen.
6*
34 ^' ^^ norddevlMlien StUto
dung : diese die GrOndung des mächtigen Sachsenherzogs, in-
zwischen Reichsstadt gew<H*den, jene die eines einfachen Gra-
fen, noch lange holsteinische Landstadt — aber beide durch
ihre Lage und die Art ihres Entstehens zu grosse Dingen
bestinmit um 1230 schlössen sie ein Abkommoi über glei-
ches Becht der Bürger beim geg^seitigai Verkehr in beiden
Städten^); ein anderes darüber, dass der in der eiaea Stadt
Verfestete es auch in der andern sein solle, kam in demsd-
ben Jahre mit jenem Vertrag über die Hamburg -Lübedcer
Strasse zu Stande'). Im April 1255 einigten sich dann beide
Stftdte über eine gemeinsame Münze und schlössen wenige
Monate darauf ein Bündniss auf drei Jahre gogesa jeglichen
Feind; ihm folgten 1259, wohl veranlasst durch das erwähnte
ähnliche Uebereinkommen der wendischen Städte Lübedt, Bo-
sUxk und Wismar, Verhandlungen über gemeinsame Unt^-
haltung einer Kriegsmacht zum Schutze gegen Land- und See-
räuber von der Trave bis zur Elbemündung. Um dieselbe Zeit
sehai wir die beiden Städte über schi&rechtliche Bestimmun-
gen unterhandln >). Vom Jahre 1304 kennen wir femer einen
neuen Mfinzvertrag zwischen Lübeck und Hamburg, verbun-
dBi mit Bestimmungen über das Geleit zwischen beiden Städ-
tai, die 1306 und wieder 1309 erneuert und venrollstäiidigt
wurden^). 1306 wurde auch ein Bündniss geschlossen zur
Zfflistörung der Schlösser Travemünde, Ahrensfölde und Wohl-
dorf und überhaupt zur Vernichtung jedes Schlosses , das in-
nerhalb einer Entfernung von zwei Meilen zu beiden Seit«!
^r Trave bis Lübeck und der Strasse von dort über Oldesloe
nach Hamburg etwa errichtet werde ^). Zahlreiche Urkunden
1) Lab. Urkdb. I, n. 31 ; Hambg. Urkdb. I, n. 881. Vgl. über das Jahr
Koppmann » Beiträge s. G^sch. der Stadt Hamburg 2 , S. SO.
5) Lab. Urkdb. I , n. 96.
8) ebd. I, n. S18, »19, S48, S60; H. R. 1, d. 5 a. 6.
4) Lfib. ürkdb. U, n. 186, 199, S41.
6) ebd. II, n. 205 a. 207. Lfibeck trfigt •/,, Hamburg V, der Kosten;
sam Geleite stellt Lübeck 82, Hamburg 8 Reiter.
und Ou% BimafMi Ut vm 1800. g5
beBtAtigen; dass die Sicherung der für den Eaufinann so wich-
tigen Strasse zwischen Ost- und Westsee eine Hauptsorge der
beiden Städte , besonders Lübecks war ^).
und auch im Auslande treten die Elb- und die Trave-
stadt wiederholt in enger Verbindung auf. Gemeinschaftlich
yertreten sie, wie erwähnt, den deutschen Kaufinann in Flan-
dern, dann in Holstein auf der wichtigen Strasse zwischen
Ostr und Westsee, gemeinschaftlich hatten sie sich durch Er-
werbung Ton Privilegien in Holland und Utrecht den Weg
nach Westen gebahnt; ebenso machen sie es in der Orafi9chaft
Kleve tBar den Rheinhandel; in England folgen sie einander
auf dem Fnsse in Durchsetzung der Oleichberechtigung mit
den Kölnern, auch in Schweden und Schottland sehen wir sie
gemeinschaftlich auftreten '). Nirgends sonst finden wir zwei
Städte des späteren Hansebundes in so vielfacher und so in-
niger Vereinigung. Und dieses Band erscheint um so wichti-
ger, als es das Büttel vmrde, eine umfassendere Verbindung
zu knttpfen. Denn Labeck war als das Haupt der wendischen
Städte mit diesen aufs innigste verbunden, zog Hamburg und
das nahe gel^^e iJineburg so sehr zu sich herüber, dass
beide später als wendische Städte bezeichnet wurden, Ham-
1) Wie sfthr Hambnrf and Lttbeck danuÜB diese Strasie bebemebten, wird
•niektlieli aas dem Zoiatee bei Ernenenuig des Vertreges 1809, nseh welebem
keia «aderes Qeleit dem Ksofmann aaf diesem Wege gestattet war als das der
beiden Stidte , Lflb. Urkdb. II , n. S41. Diese Bestimmimg ist um so anfftl-
leader, als das GelcStsredit iwiscben Hamburg mid Lflbeek ein den Grafen tob
Holstein anstehendes Recht war, s. Detmar an 1806 bei Qraatoil I, 187 mid
Schlesw. Hobt. Lanenbg. Urkdsmlg II, S. 86 (1316).
2) In Holland 1248 and 1249 , Lfib. Urkdb. I, n. 100 n. 184, in Utrecht
1244, ebd. I, n. 102, in Kleve 1251, ebd. I, n. 178 and Hambg. Urkdb. I,
n. 560, in Holstein für den gemeinen Kaoftnann 1258, Lttb, Urkdb. I, n. 197,
in Schottland 1297, ebd. I, n. 668, wegen England s. oben S. 68. Vgl.
aoeh Hambg. Urkdb. I, n. 708. In Schweden in den Jahren 1256 — 60,
Lib. Uriidb. II, n. 22 und Hambg. Uriidb. I, n. 658. Im Hans. Uikdb. (n. 565
■ad 566) sind Datirang and Anordnung au berichtigen nach Rydherg, Syerges
tractater I, n. 107.
g6 UL Dl# oorddAtttoelian MdU
bürg aber spfelt eine hervcNPragende Rolle in den Eimmgen
d^ sächsischen Städte ^). Von irgend einer besondem Ver-
bindung Hamburgs mit einer wendischen Stadt ausser Lübeck
wissen wir Nichts, andererseits sind Verträge LQbecks mit
Städten südlich und westlich der Elbe äusserst selten '). So
bildet das Band, das die Trave- und die Eibstadt, das Ostsee-
und Nordseeenporium mit einander verknüpft, auch zugleich
den Ring, der die wendischen und die sächsischen Städte, die
östlichen und westlichen Glieder des spätem lübischen Drit-
tes zu einer Kette zusammenschliessi Und dass gerade die-
ses Band von Wichtigkeit war, leuchtet ein, wenn man den
ursprünglichen Gegensatz bedenkt, der zwischen den Städten
der Ost- und Westsee bestand, wie er in England, in dem
awähnten Schreiben Kampens und ZwoUes an Lübedc') und
besonders auch in dem wiederholten Absondern des sächsi-
schen Bremens von den übrigen Städten ^) deutlich hervortritt
Bliebe die landschaftlichen Verbindungen der Städte nicht
ohne Berührung mit der allgemeinen losen Einigung, die durch
die gemeinsamen Freiheiten des deutschen Kaufinanns im Aus-
lande zusammengehalten wurde, so konnte das am allerwenig-
sten der Fall sein mit dem Bunde der wendischen Städte, die
gerade in den llittelpunkt der ganzen Entwicklung gestellt
waren. Lübeck, ihr Haupt und Führer, war die erste Stadt
un ganzen Ostseegebiete, behauptete auch auf den ausländi-
schen Plätzen an der Nordsee eine hervorragende Stellung.
Seine Nachbarn und Bundesgenossen, die ihm, besonders Ro-
1) S. oben S. 76, Anna. S.
2) 1847 ichlieMiea Hamburg und Lübeck susammen einen Vertrag mit
Braanschweig, Lflb. Urk. II, n. 80.
8) S. oben S. 68 ff.
4) 1884 im Kriege gegen Norwegen, in der langen Trennang Bremens.
YQm Bande, in dem Vertrage von 1858, H. B. I, n. 30 a. 816. VgL Schfi-
fer, Bremens Stellang in der Hanse, Hans. Geschbl. 1874, S. I ff.
BfaMMIptt DM WB IvOO« 3 •
stock unfl Stndsimd) an ktnfoiajmiBcher Regsamkeit und Un-
ternehmiingriiist katun naehatanden, hatten wesentlich die glei-
chen iBtereasen mit ihm. Es konnte nicht ansbleiben, dass
diese geachloaseu Gitippe in den allgemeinen Angelegenhei-
ten d« dentaehta Kanftnanns ehien weitreichenden Einflnss
gewann, dass ihr Entschluss von entscheidradem Gewicht war.
Eine besondeis hervorragende Stellung gewinnt LQbeck an
der SfitMiB aeiner Q&Mxm f&r sich nnd damit zugleich aach
fltar die Gesammtheit da* St&dte nnd ihren Kanfinann in den
80er Jahren ^s 18. Jahrhunderts. Zusammen mit Wismar,
Rostock, Stralsund, Qreifewald, Stettin, Demmin und Anklam
Bchliesat es 1283 zu Rostock mit dem Herzog von Sachsen
md den Fürsten und Herren Meklenburgs und Pommerns ein
IimdfriedeBsbftndmss, dessen Vortheile entschieden auf Seiten
der Städte liegen, das diesen einen wesentlichen Einfluss auf
alle im Bflndniss geeinigten Gebiete sichert ^). Es war die
Forcht vor der v^dringenden Macht Brandenburgs, welche
die Forsten LQbeck und den Städten in die Arme trieb, und
dieae waren Amno geneigt wie fähig, die Lage auszunutzen.
Eben vmrher hatte Lübeck sich mit Wisbj und Riga zur Be-
friedung der Ostsee verbunden; in diese Jahre ist am wahr-
scheinlichsten das Ausschliessen der Friesen und Flamländer
von der Ostsee, der Ootländer von der Nordsee zu setzen; in
das Landfriedensbftndniss gelang es, die holstdnischen Grafen,
den Herzog von Schleswig und den Kdnig von Dänemark hin-
einznbringen ; die Brandenburger mussten sich zum Frieden
bequemen '). und zum ersten Mal gelangen jetzt die Städte
zu einem gemeinsamen feindlichen Auftreten gegen eine aus-
wärtige Macht Man hatte über allerlei Belästigungen durch
die Norweger zu klagen. 1284 beschlossen „die im rostocker
1) lAh. Urkdb. I, n. 4i«. Vgl ftber dMselbe NitsMh in den PreiiM.
Jahrb. 86, 115 ff.
2) Vgl. oben S. «8; Mb. Uriidb. I, n. 466-, MeUb. Urkdb. m, n. 1749.
g3 UL Di» norddMlMktii flttte
LandfriedensbündnisBe gednigteD Seestädte^, die Ausfuhr von
Getreide und die Einfuhr norwegischer Güter su yarbieten.
Und dieser Beschluss wurde für eine gri^ssere Ansahl Städte
als bindend betrachtet, wahrscheinlich für alle, die durch das
gemeinsame Auftreten ihrer Eaufleute im Auslände geeinigt
waren. Denn in Betreff der Bremer, von denen man ofienbar
erwartete, dass sie sich demselben nicht fügen würden, wurde
gleich festgesetzt, dass man den Verkehr mit ihnm abbrechen
wolle, wenn sie sich dem Vorgehen der Städte nicht anschlas-
sen ^). Auch die Briefe an Riga und die westftlischen Städte,
von denen in der Instruktion der lübischen Sendeboten die
Rede ist*), zeigen deutlich, dass man an eine allgemefaie
Massregel dachte, und bestätigen die Worte des Chronisten:
„des loveden sie tosamende de stede bi der Ostersee unde bi
der Westersee alto male, ane* de van Bremen.^ ') So rissen
die wendischen Städte in kühner Initiative die Qesammtheit
zu entscheidender Handlung fort und wussten dann ihrem
Schritte auch durch die Waffen Nachdruck zu geben*)«
Um die Scheide des 13. und 14 Jahrhunderts standen
die wendischen Städte mit ihrem Haupte Lübeck offenbar an
der Spitze der ganzen unter den Städten bestehenden Yerd«*
nigung. Sie führen Verhandlungen „im Namen aller Städte^ ^),
richten Schreiben an auswärtige Fürsten, setzen Versammhm-
gm an und ladra dazu ein. Die V^legung des Appellhofs
für Nowgorod von Wisby nach Lübeck ist als ein Erfolg der
mit lübischem Recht bewidmeten w^dischen Städte anlEufäs-
sen, die ihr Recht zum Siege führen und die Interessen ihres
Kaufmanns fördern. Um 1300 beschliessen die wendischen
1) H. B. I, n. 80, 1—8.
2) «bd. I, n. 29, 6.
3) Detmar bei Qritatoff I, S. 159.
4) Vgl. Harttnng, Norwegen und die deutschen Seestädte hU svm Sehlnsse
des 18. Jahrhanderts S. 41 ff.
b) oinniam ehritatnm nomiBe , H. B. I, n. 80 S. 42.
■att "Bof- Whmagm bb «m 1800. g9
Stidte ifegn der BedrtckimgeD in Flandern auf Pfingsten des
nidttten Jakres dne allgemeine fitftdteversammlimg in Labedc,
wekhes ^^etctnam in der Mitte gelegen^ seiOi ^^^ smden
dm Ehnladimggbriefe nach Westfalen, Sachsen, Slavien, in
die llaik, nach Polen, Gotland, Riga und andere passende
Oerter (loea oongnia) ; wer nicht komme, möge „nicht für un-
gut nehnmi^*), wenn Etwas ohne ihn beschlossen werdet
Admlidi Yerfiduren die „Städte Slayiens^^ nach einer in Wis*
mar' abgehaltenen Separatrersammhmg im Jahre 1305 >). Lü-
beck aber wird selbst von den fernen St&dten der Südersee
ab das Jiaapt unser Aller^^ bezeichnet. Als der „treuste
Bewahrer und der umsichtigste Fttrsorger^^ habe es die Ab-
sefaafiimg der dnrdi SchlafiTheit und Nachlässigkeit eingerisse-^
um Missbräuche erstrebt und desshalb wolle man ihm ,4est
anhangen wie die Glieder dem Haupte.^^ *y
UdMrbHckt man die Resultate der dargelegten Entwick-
lang bis zum Anfange des 14. Jahrhunderts , so gewahrt man
nngefiUir folgoides Bild. An den deutschen Nordkflsten ent-
lang zidit sich ein breiter Kranz von blühenden Städten von
den Mttndnngen des Rheins bis an den finnischen Meerbusen.
Ihre Kanflente besuchen die Märkte des Ostens und Westens
Ton Brügge und London bis hinauf nach Nowgorod. Sie ha-
ben in fremden Landen, unter fremder Bevölkerung und frem-
der Oberherrschaft wichtige Niederlassungen gegründet, in de-
nen sie nach heimisdiem Rechte leben und einen gewinnrei-
choi Handel mit den Eingebomen der Länder betreiben. Das
1) qiuui in medio siU, H. B. I, n. 79.
2) B«e habeADt pro ingrAto.
a) H. B. I, n. 81
4) Dm mthrfkch erw&hnte Schreiben Kampens und ZwoUei an L&beck
▼00 12S5, L&b. Urkdb. I, n. 486 u. 486: ad rostauranda Jura nostra antiqua,
jam fort per desidiam et negligeiiciam abolita, yos qnasi fideliMlmi eonierra-
torea et prwlentfaelmi proriaoret, tante negügencfe obviantea, ei quasi ea-
pnd et pfineipinm omnium nostrvm tarn laborioso oneri yos sabdere
Don rennnistis . ..... qiasi meübra capiti flnaiter adlMrentea. — —
90 HL Die äorddralMlMii Sttte
Interesse an diesem Handel ist ein iii d^ Haoptsaehe idkn
Städten gemeinsames gewoiden. Ihm Sdiutz und Fdrdernng
angedeihen zu lassen, betrachten eine ganze Reihe von Mrd*
deutschen Städten als ihre gemeinsame Aufgabe. Sie sind
nicht geeinigt durch einen urkundlich festgestellten Akt, durdi
Verträge und Vereinbarung von Statuten, aber faktisch bilden
sie mne grosse Gemeinschaft^), die in den Freibfliten des
deutschen Kaufinanns im Auslande ihren' Mittelpunkt hat;
Theilnafame an diesen ist Theilnahme am Bunde. Wo es bO*
thig ist, ergreift dieser nach gemeinscfaaftlidier Berathung ge*
meinsame Massregeln zum Schutz der Handelsintefess^. Dem
historischen Werden gemäss gruppiren sich seine Glieder mn
drei Vororte: Lübeck, Wisby und Köln; Lttbeck aber nimmt,
allen Andern voraus, eine leitende Stellung ein.
Neben diesem allgemeinen Bunde aber bestehen mannig-
fache Einungen zwischen Städten einer Landschaft oder ein-
zelnen, einander benachbarten Oertem. Am widitigsten er-
seheint die der waidischen Städte und der Zusammenhang
Lübecks mit Hamburg. Jene übernehmen, um ihren Vorort
Lübeck geschaart, die Führung des ganzen Bundes, v«rf ech-
ten die ihren eigenen Interessen ziemlich identischen des deut-
schen Kaufinanns, wenn es nöthig ist, auch mit den Waflbn.
Die andern Städte folgen im Allgemeinen willig dieser be-
währten und hingebende Leitung, da Opfer wenig Tim ihnen
gefordert werden, die Vortheile aber unleugbar sind. Kd-
nerlei Schranken sind dem einzelnen Gliede aui^legt, so lange
es nicht die Interessen des gemeinen deutschen Kaufinanns
verletzt.
Es ist eine umfassende, aber ausserordentlich lose Eini-
1) Auf dM Bestehen einer solcben deutet «neh ein Brief des BnUsehoft
Giselbert von Bremen an die Ditlinuursdien tob Jehre 1806 Un, wekher
diese auf die Klagen ,fHambnrg8 nnd der Städte Ton der Weser bis Polen**
auffordert, Yom Seeranb absniassen, Urkdl. Oescli. II, S. 235.
«nd flire Elniui^n bis um 1800. 91
gung. Noch entbehrt sie sogar eines gemeinsamen Namens.
Der Ausdruck ,,Hanse^ kommt, innerhalb der berührten Ver-
hältnisse, bis zum Ende des 13. Jahrhunderts nur in England
vor als Bezeichnung für eine Genossenschaft von Kaufleuten,
anfangs einer einzelnen Stadt, später aus ganz Deutschland.
Als Bezeichnung für die Gemeinschaft der Städte wird er in
dieaeni Zeitrsmi nie geraucht Es ist auch nicht möglich,
den Umfiang dieser Gemeinschaft in jener Zeit auch nur mit
einiger Genauigkeit zu bestimmen. Selten oder nie tritt sie
in ihrw Gesammtheit auf, wenn es sich nicht um die Yertre-
tnng des deutschen Kaufmanns im Auslande handelt Den-
noch lag wohl ein solches Abweichen von dem ursprünglichen,
historisch gewordenen Ziele der Einigung nahe genug, da man
die Aufgabe, den Kaufinann zu schützen und zu vertreten,
leicht enger oder weiter fassen konnte. Dass die westfälischen
und die Seestädte z. B. auf einer Versammlung zu Lübeck eine
VerBShnimg zwischen Biga und den Deutschherren versuchen ^),
ist ein Beleg dafür. Im Allgemeinen aber blieb ein derartiges
Eingreifion in die Geschicke einer einzelnen Stadt jenen land-
schaftlichen Verbänden überlassen.
Wir werden Wesen und Charakter der bestehenden Ge-*
meinschalt noch klarer erkennen, wenn wir uns vergegenwär-
tigen, wie sie die Schläge ertrug, die auswärtige und einhei-
mische Fürsten im Anfange des 14 Jahrhunderts gegen ihre
vornehmsten Glieder führten. Erich Menveds, des Dänenkö-
nigs, Eroberungspolitik ist auch auf die Einigung der Städte
in ihrer damaligen Gestalt nicht ohne Einfluss geblieben.
1) H. R. f, n. 80. Albrecht y. Dardowlk bei Gnatoff, Lfib. Chroniken I.
Die Städte mischen lich ein, weil der Handel nach Bnailand leidet.
IV. Erich Menyed und die norddeutschen Städte
und Ftkrsten.
Als im Jahre 1286 Erich Menved, des ermordeten Erich
G-lipping Sohn, den dänischen Thron bestieg, war der Zustand
des Reiches keineswegs der Art, dass er zu grossen Unter-
nehmungen lockte und zu glänzenden Hoffiiungen berechtigte.
Wir haben oben^) gesehen, wie sich im Laufe des 13. Jahr-
hunderts an der deutsch-dänischen Grenze die Dinge keines-
w^ zum Vortheil des Nachbarreiches entwickelt hatten. Dazu
war dieses gerade jetzt von vielen Seiten in Anspruch genom-
men. Ein erbitterter mehrjähriger Krieg mit Norwegen, das
wegen Däniemarks Bttndniss mit den deutschen Städten die
entflohenen M9rder Erich Glippings, mächtige Grosse des Rei-
ches, schtltzte und unterstützte, Streitigkeiten mit den schles-
wigschen Herzögen, lebhafte Theilnahme an den schwedischen
Händeln beschäftigten das Land vollauf. Sein innerer Friede
wurde durch den langen Zwist des Königs mit Johann Grand,
dem stolzen lundener Erzbischofe, durch Bauemunruhen und
das Zerwflrfiiiss mit dem eigenen Bruder Christoph empfind-
lich gestört. Trotzdem versäumte der ehrgeizige Erich keine
Gelegenheit, sich auch in die deutschen Verhältnisse einzumi-
schen, trug sich mit waldemarischen Plänen und träumte von
einer danischen Herrschaft in Slavien und Nordalbingien. Nicht
zum Vortheile Dänemarks, denn es sollte sich bald genug zei-
1) S. 26 ff.
IV. Erieh MeBTad and 4U BoiddMtMliMi Stidte uid Pfirtton. 93
gen, dass das Insdreieh jetzt noch weniger ab vor hundert
Jahren im Stande war, eine dauernde Machtstellung an den
südlichen Gestaden des baltischen Meeres zu behaupten.
Es gab in den deutschen Ostseeländem damals genug,
was die Ausführung dieser Pläne begOnstigte und ihnen einen
zeit- und theilweisen Erfolg sicherte. Wie überall im Reiche,
80 fehlte es auch hier nicht an F^den zwischen den einzel-
noi Landesherren, die fremder Einmischung Thflr und Thor
ötheten. Besonders brachte die Furcht vor der wachsenden
Macht der brandmburgischen Markgrafen dem Dftnenkönige
manche YcHrtheile. Dazu kam die Eifersucht der Fürsten ge-
gen die aufblühende Macht der Städte, die sich immer mehr
ihrem Einflüsse entzogen, und deren Beichthum den geldar^
men Landesherren eine lockende Beute schien. Nach einer
nationalffli Politik sucht man in diesem Widerstreit der Inter-
essen vergd[>ens. Crorade die Zeit Erich Menveds zeigt, dass
nationale Gesichtspunkte in der Gestaltung der politischen-
Verhältnisse jener Lande wenig massgebend waren.
Wie hundert Jahre zuvor begann diei Ausbreitung der dä-
nischen Macht auch diesmal wieder von Osten her. Dort war
Rügen noch anter dänischer Lehnshoheit geblieben, ausser dem
fernen Estland der einzige Best der waldemarischen Erobe-
nmgeiL Im Jahre 1300 kam Bestock hinzu. Eine Fehde des
Fürsten Nikokus mit dem Markgrafen von Brandenburg wurde
die Veranlassung, dass jener, hart bedrängt und seiner StAdt
Rostock schww verschuldet, Stadt und Land dem Dänenkö-
mge flberliess und von ihm zu Lehen nahm >). Im folgenden
Jahre erschien Erich mit einem Heere im wendischen Lande').
Bestock scheint ihm ohne Widerstand die Thore geöflhet zu
1) YgL M«klbg. Urkdb. IV, n. S648; V, n. S749, S880. Detauu- M
Gnotoff «nd Ana. LvUe., Mon. SS. XVI, ra ISOO.
9) Laagebek, Ser. rer. Dan. II, S. 175 und 627.
94 IV. Krkh M«nT«d
haben ^); Nikolaus von Werle, ein Bimdesgenosse der Bran-
denburger, musate ihm einen Theil seines Landes überlassen *).
So hatte er in Meklenburg festen Fuss gefasst, obgleich, wie
Detmar sagt, „die wendiscli^i Herren und die Lande rings-
umher dadurch bedroht wurden, und Erich seit der Zeit set'
ten in dem Lande ohne Krieg war, so lange er lebte.^^')
Die Pläne des Dänenkönigs gingen weiter. Jene Urkunde
Kaiser Friedrich IL, die alles Land jenseit der Elbe und Eide
dänische Herrschaft übergab, liess er sich zugleich mit ihrer
päpstlichen Bestätigung daheim beglaubigen. Dann wandte ^
sich an König Albrecht und erlangte 1304 zu Konstanz von
diesem eine Bestätigung jener Abtretungen, die er ebenfalls
in der Heimat beglaubigen liess ^). Der Habsburger bewies
nicht mehr Verständniss für die Interessen des Reichs im Nor-
den als dereinst der Staufer. Nur Lübeck, die Reichsstadt,
deren Wichtigkeit König Albrecht nicht entging, und deren er
sich desshalb auch wiederholt annahm^), war diesmal ausge-
nommen. Und doch sollte gerade diese Stadt die ^rste sein,
die sich dem fremden Einflüsse ergab. Günstige Umstände
kamen den Plän^ Erich Menveds hier überraschend entgegen.
Die holsteinischen Grafen hatten es mit scheelen Augen
gesehen, dass die von ihnen gegründete Stadt sich so bald
ihrer Herrschaft ganz entzog. Nachdem einmal Heinrich der
Löwe sie ihnen entfremdet hatte, haben sie vergebens ver-
sucht, wieder Einfluss auf sie zu gewinnen. Selbst dänische
Hülfe haben sie bei diesen Versuchen nicht verschmäht; 1234
schlug Lübeck einen Angriff der vereinigten Dänen und Hol-
1) Die Urkande (Meklbg. Urkdb. V, n. 2740) Ut in Bostock AOigettelU
(vom 4. Juni 1301).
S) Mekibg. Urkdb. V, n. 8748.
8) GrMitoff I, S. 176 zu 1300.
4) Schi. Hobt. Laaenbg. Urkdsmlg U, S. 189, 130 und 188; Lflb. Urkdb.
II, n. 176.
5) Lüb. Urkdb. 11, n. 141 und 887.
und die norddaiitMlieii fltidte mnd Ffirsten. 95
Steiner ab. Immer unabhängiger wurde die Stadt, auch vom
Kaiser. Die Hechte des kaiserlichen Vogts gingen allmählich
auf den Kath über; nur die ihm zustehenden Ge£äUe wurden
dem Kaiser noch* ausgezahlt ^). Als eine Beichssteuer be-
trachtet, waren sie von diesem gewöhnlich befreundeten Für-
sten überlassen. Das selbständige, kühne Auftreten der Stadt
iB Vertretung ihrer Handelsinteressen legt schon die Vermu-
tliiuig nahe, dass sie auch den benachbarten Landesherren ge^
genüber ihr Becht und ihren Vortheil zu wahren verstand.
Durch kluge Benutzung der Umstände wusste sie die drohende
Macht der holsteinischen Grafen zu lähmen, sich unter den
Territorialgewalten der nordalbingischen Lande eine bestim-
mende und entscheidende Stelle zu sichern.
Die achwache Seite der holsteinischen Macht war das
VerhalUlisB der Grafen zu ihrem AdeL Die Stellung des Over-
bodm und seines Landesadels war allerdings wesentlich er-
schüttert, die der Hofbeamten, mit dem Truchsessen an der
Spitze, gehoben. Aber noch sass zwischen Trave und Elbe
nianch trotziges Geschlecht, das sich der gräflichen Oberge-
walt nur schwer fügte >). In immer neuen Kämpfen zeigt sich
dieser Zwiespalt, der für die Grafen um so gefahrlicher wurde,
ik die Ritterschaft im Westen an den Dithmarschen und noch
viel mehr im Osten an Lübeck, „dar se in den noden jo heb-
tet tovlucht"^ *X üine stets bereite Stütze fand. Dazu war das
Uad durch wiederholte Theflungen in der Familie der Schauen-
bvger geackwicht Es macht einen eigenthümlichen Eindruck,
a selMi, dass es gerade der mächtigste der holsteinischen
ünfen, Gerhard IL von PUm, war^), der 1304 dem Dänen-
küBige die Ton Albrecht bestätigte Abtretungsurkunde beglau-
1) FVenadorff, a a. O. S. 98 ff.; Detmar zvl 1884.
8) VfL Waitei 8eUM«if*Hobtoin8-GkMkioht6 S. lOS ff.
S) iHtmmr m 1106, S. 187.
A) SchL Holst LABMibg. Urkdsmmig II, S. 138.
96 IV. Brieh Mtartd
bigte, obgleich es sich dabei doch auch um sein eigenes Land
handalte. Ohne Zweifel sachte er an Erich Menved einen
Rückhalt gegen Labeck und seinen eigenen Adel. Denn gegen
die mit den Dithmarschen verbundenen holsteinischen Ritter
und „Hausleute^ entbrannte damals eine heftige Fehde, Lft-
bedc aber beschwerte der Graf sehr durch seine SdiNteser,
besonders durch den festen Thurm zu Travemünde.
Die LQbecker benutzten j^e Adelsfehde, um den Gralni
krifüg entgegenzutreten; die geschlagenen Ritter fanden Zu-
flucht in ihren Mauern; die Stadt verband sich mit den Ver-
triebenen. Auch Hamburg stand auf ihrer Seite. Es schloss
mit Labeck 1306 einen Bund zur Zerstörung der Schlösser
Travemande, Wohldorf und Ahrensfelde und aller Festen, die
etwa noch innerhalb zweier Meilen auf beiden Seit^ der Strasse
von der Travemandung nach Hamburg angelegt werden soll-
ten. Die Herzöge von Sachsen und Waldemar von SchleBwig
schlössen sich den Städten an. Andererseits fanden die Ora*
fen Hülfe bei Heinrich II. von Meklenburg und Nikcdaus Ymk
Werle. Von allen Seiten sammelten sich die fehde- und beute-
lustigen ritterlichen Schaaren der Nachbarlande unter die Ban-
ner des Grafen Gerhard. „Graf G^hard hatte da hohen
Muth; seine Truh^ waren voll des Gutes, das er in Düne-
mari( gesammelt hatte; das kam ihm jetzt zu^ Statten ^).^ Es
war eben die Zeit, in der auch in Norddeutschland der SoU-
dienst das Aufgebot verdrängt hatte; wer Geld und QeMes-
werth besass, dem konnte es an Lanzen nicht fehlen.
Gegen Ende des Jahres 1306 entbrannte der Krieg au6
Heftigste. Die Lübecker mit ihren Verbündete fielen in Hol-
stein ein, besetzten und befestigten das wichtige Oldesloe, um
das umliegende Land zu brandschatzen und zu verheeren.
1) Detmar sa lft06, 8. 187: GhreTe G«rd ww do itolt siiMi modos; sine
winkele weren val ghudes, dat he langhe ata Denemarlwn hadd« Munaielt
Des not he do.
vad die sorddwiidieD Stftdto mid Fürsten. 97
Ihre Gegner kamen bald nach Neiqahr vor die Stadt ^wohl
mit 1400 schweren Roaeen und vieler Herren Bannern/^ er-
zählt Detmar. „Sie brannten da und raubten, was sie fanden.
Dann zogen sie Ober die Schwartau, lagen dort über eine Woche
und q^rengten aus dem Lager vor die Stadt, während die aus
der Stadt ihnm entgegenritten. Wer Glück hatte, der gewann
(w«me heil schnde, de haddet). In die Trave senkten die Hol-
steiBer Schiffe und grosse Steine; die Mdd^burger erbauten
auf dem Priwalk eine Feste, dem Thurm von Travemünde
gogoiüber: doch half das aUes nichts ; die Schiffe fuhren trotz-
dem aus und ein.^^ So erz&hlt Detmar in seinem befriedigten
Iflbiscfaen Sdbstbewusstsein ^ ).
In Wiridichkeit lagen die Dinge wohl nicht ganz so gün-
stig. Die Lübecker zerstörten zwar die Feste auf dem Pri-
walk, abor es wurde ihnen doch schwer, sich der Gegner zu
erwdireD*). Hülfe von den Nachbarstädten kam nicht. Wis-
mar ermahnte zum Frieden, Rostock begnügte sich, sein Beileid
mit dan Schicksale der Schwestarstadt zu bezeugen '). Offenbar
lag die Hand der Herren schon schwer auf den Bürgern. In die-
ser Noth suchte und fand die Stadt einen Halt an dem Dänenkö-
uig. Im Mai 1907 vermittdte Erich auf der Insel Fehmam einen
Frieden, der das Schicksal des travemünder Thumis von einem
Urtheile König Albrechts abhängig machte^); erst 1320 ist
derselbe gegen eine Geldentschädigung abgebrochen worden ^).
Harmlos erzählt Detmar"): „Weil der König sich als Ver-
mittler so brav erwies, nahm ihn die Stadt auf 10 Jahre zum
1) Bei Ornotoff I, 187, ftu 1S06.
t) Lab. Urkdb. II, n. 806, 207, 209. Detmar zu 1806 und 1807.
8) Lfib. Urkdb. II, n. 211 und 212.
4) ebd. n, n. 216—217. Scbl. Holst. Lmuenbg. Urkdsmmlg II, 8. 16 ff.
6) Lab. Urkdb. II, n. 896—898. Nach Detmar erst 1821.
6) Zu 1807, S. 189: Umme Uat de koning an den degbedinghe sie so
^llken bewisede , des nam ene de stad to teyn jaren se Yoretostaude ; dat
dede seder vromeliken koning Erik, bet dat be starf.
Schifcr. Die HaofestSdi«. 7
98 IV. Blieb mukwd
Schutzvogt; treulich verwaltete K(kiig Erich diesee Amt bis
zu seinem Tode/' Dem ehrlichen Chrcmisten ^tgingen liie Ab-
sichten des dänischen Nachbarn; uns ofifenbart dieselben tine
von Erich Menved ausgestellte Urkunde , die allerdings mög-
licherweise nur Entwurf geblieben ist, deutlich genug. In ihr
heisst es: ,,Wenn wir vom römischen Reiche erlangen köanoi,
dass die Stadt uns angehöre, so sollen uns die Rathmannen
darin auf alle mögliche Weise unterstüt«;en^ ^). Dahin ist es
nun allerdings nicht gekommen ; es blieb bei der Zahlung eines
jährlichen Schutzgeldes von 750 Mark lüb. Pfennige.
So wandte Lübeck, das Haupt der Städte, sich vom Reiche
ab. Als vor reichlich 100 Jahren Adolf von Holstenoi die dem
Löwenherzog anhängende Stadt belagert und schwer bedrängt
hatte, waren auch Stimmen unter den Bürgern laut geworden,
die zu einer Ergebung an den Dänenkönig gerath^ hatten.
„Er wird uns von allen Feinden befreien, wird uns auch er-
lauben, in seinem Lande Handel zu treiben. Wer kann uns
beunruhigen, wenn wir ihn als Schutzherm haben'' ^)? So
hatte man argumentirt. Auch jetzt mögen ähnliche Erwägun-
gen massgebend gewesen sein. Man muss sich nur vergegen-
wärtigen, dass man in der Politik jener Zeit nicht suchen darf
nach nationaler B^eisterung oder nach Aufopferung für die
Interessen einer grossen Gemeinschaft, wie es die deutschen
Städte und ihr Kaufmann damals schon waren. Lübeck hatte,
auch als es sich die Vorherrschaft in der Ostsee errang, die
Sache des deutschen Kaufinanns im Auslande vertrat, eigentlich
nichts weiter gethan als seine eigenen Interessen verfochten,
die aber am Besten gewahrt wurden durch Anschluss an die
Allgemeinheit. Jetzt drohte ihm die Gefahr, eine Beute der
landesfßrstlichen Gewalt zu werden, von einer glänzenden,
1) Lüb. Urkd. II, n. 218. 8i preterea nos ab imperio Romano contoqsi po-
taerimus, qnod ipsa civltas attinere , in eo nos debent dicti consnles in
omniboB possibilibus promovere.
2) Arn. v. Lüb. V, 12, Mon. SS. XXI.
und die norMentsehen Stftdte und Forsten. 99
ntehtigeB Reichsstadt zu einer holsteinischen Landstadt her-
abKQsinkeii. Nirgends regte sich in der grossen Reihe der
St&dte, die durch die Interessen des gemeinen Kaufmanns zu-
sammengehalten wurden, eine Hand zur Hülfe. Wenn nach
mserer Auffassung auch kein sehr patriotischer, so war es
doch gewiss ein sehr kluger Schritt der Ittbischen Politik, als
(äe Stadt eine leichte Abhängigkeit von einem fremden Herr-
scher, der wesentliche Hanctelsvortheile gewähren konnte und
gewährte '), dessm Macht nicht leicht ge^rlich werden konnte,
dem drohenden Drude einer engherzigen landesfUrstlichen Ge-
walt, die leicht die ganze Stellung der Stadt untergraben hätte,
yoraog.
Allerdings von der Sadie der lange befreundeten Nach-
barstädte hatte Lübeck sich damit losgesagt An dem im
nächsten Jahre geschlossenen Bündnisse der wendischen Städte,
das besonders Schutz gegen Vergewaltigung durch die Fürsten
gewähren sollte, betheiligte Lübeck sich nicht. Ohne die bis-
herige Ftthrerin vereinigten sich Stralsund, Greifswald, Ro-
stock und Wismar und gelobten gegenseitige Unterstützung*).
Und auch als zwei Jahre darauf die Lübecker einer ähnlichen
Verbindung beitraten, wiesen sie von vornherein Alles zurück,
was gegen den K5nig von Dänemark gerichtet sei. „Die von
Lflbe<^ wollten durchaus keine Verbindung machen mit Her-
T&k und Städten gegen den König Erich von Dänemark^^ ^), er-
zählt Detmar und setzt, die Anschauung seiner Zeit kennzeich-
nend, hinzu: „Das gerieth ihnen zu grossem Nutzen.^^
Gerade vom Dänenkönige aber drohte den anderen Städ-
ten die Gefahr. Einige Monate vor dieser Vereinigung (12. April
1310) hatte Erich sich zu Ribnitz von Wizlav III., Fürsten
1) Lib. Urkdb. O, n. 221.
2) Meklbg. Urkdb. V, n. 82CS. Vgl. Detmars charaktorUtischen Bericht
za 1310 und dasa Nitaach in den Preus«. Jabrb. 3&t 126 ff.
S) Detmar za 1310. LQb. Urkdb. II, n. 269.
7»
100 IV. Erich MenTtd
von Rügen, im Aussterbdfalle die Nachfolge znsidieni lassen,
hatte den Markgrafen Waldemar von Brandenburg auf Johan-
nis nächsten Jahres nach Bestock eingeladen, um ihn dort
zum Bitter zu schlagen ^). Es zeigte sich bald, dass er Et-
was gegen die Städte im Schilde führte. Bostock hatte auf
niannigfache Weise seinen Unwillen gereizt ^). Jetzt bemühte
er sich, durch Ankauf von Schuldscheinen der noch von den
letzten Fehden her schwer verschuldeten Stadt gegenüber die
Bechte eines Gläubigers zu gewinnen >). Als nun im Juni
1311 der König und der Markgraf vor der Stadt erschienen
und mit zahlreichen Fürsten und Herren, mit Bittem und
Beisigen Einlass begehrten, um das verabredete Fest zu feiern,
wollten die Bürger, aus Furcht vor plötzlichem Ueberfall, im-
mer nur einzelne Abtheilungen einlassen. Das verdross die
l^türsten, und statt zu festlichem Spiel wandte sich die ver-
sanmielte M^ge der hohen Herren zu blutiger kriegerischer
Arbeit gegen die unbotmässige Stadt ^).
Die Schwestertadt Wismar, die sich ebenfalls geweigert
hatte, ihrem Landesherm Heinrich von Meklenburg die Feier
seiner Hochzeit innerhalb ihrer Mauern zu gestatten, wurde
auch angegriffen. Vom 11. Juli an belagerte sie Fürst Hen-
rich. Bostock und Stralsund versäumten nicht, der bedräng-
ten Bundesg^ossin zu helfen; ihre Schiffe vertrieben die dä-
nische Flotte, welche Wismar von der Seeseite eingeschlossen
hielt ^). Trotzdem vermochte die Stadt sich nicht zu halUm.
1) Meklbg. Urkdb. V, n. 3888; Detmar zu 1810.
2) S. die Beschwerdeschrift König Erichs gegen die Rostocker, Meklbg.
Urkdb. V, n. 3504.
8) Meklbg. Urkdb. V, n. 8481—33, dazn ebd. IV, n. 2&98, V, n. 2909,
2986, 8075.
4) Detramr zu 1811; Ernst von Kirchberg bei Westphalen, Mon. ined.
IV, Sp. 789 ; Langeb., Scr. rer. Dan. VI, p. 620.
5) Detmar zu 1311; Kirchberg m. a. O. IV, Sp. 790 u. 791. Uel>er die
bei Schröder: „Beiträge zur Meklenburg. GeschSehtskunde'' gedruckte Rostocker
Chronik als Auszug ans Kirchberg s. Krause im Programm der gr. Stadtschule
SU Rostock 1878.
vad die norddeHlBchMi Stftdte und Ffirston. 101
Am 15. Deoember 1311 musste sie einen äusserst nachthei-
ligm Frieden eingehen, dem MeUenburger ihre Thore öfihen
and lange geübte Rechte wieder aufgeben. Doch bedang sie
adi ans, ihren Bundesgenossen auch noch nach dem Friedens-
schlnsse eine aDerdings beschränkte Unterstützung gewähren
zu dürfen ^).
Denn inzwischen war der Kampf auf allen Punkten ent-
brannt Heinridi von Mddenburg, yom Dänenkönige zum Haupt-
mann des Landes Rostock ernannt, rückte im September, nach-
dem die Stadt auf ein Mahnschreiben des Königs mit einem
Absagebride geantwortet hatte*), nach Wamemünde, baute
Befestigung^ auf beiden Seiten der Wamow und sperrte den
Fluss durch dne Brücke und einen Steindamm. Gegen Ende
des Monats hatten die „Kaufleute der wendischen Städte" zu
Falsterbo auf Schonen einen blutigen Zusammenstoss mit den
Dänen*). Den Rostockem gelang es, die wamemünder Be-
festigung^ bald wieder zu zerstören; sie erbauten nun ihrer-
seits aus den Steinen der Kirche von Wamemünde und des
Thurmes der rostocker Petrikirche einen starken Thurm an
der Mündung des Flusses^). So hielten die Städte in diesem
Jahre der Macht der Fürsten noch so ziemlich das Gleichge-
wicht.
Vor Ostern 1312 war ihre Flotte schon wieder in See
und suchte die Schlösser und Inseln in Sund und Belt (Fal-
ster. Amager, Skanör, Helsingör werden genannt) mit Brand
and Verwüstung heim ^). Unterhandlungen mit König Hakon
von Norweg^, der damals zu Erich Menved wieder in ge-
1) Meklbg. Urkdb. V, n. S501 u. S. 609.
2) ebd. y, n. 3484, 3488, 3504.
3) Detmmr bu 1311 und 181t. Meklb. Urkdb. V, n. 8574. Kirchberg
a. a. O., Sp. 793. Nar mit Mühe gelang es den Lübeckern, die sieb nicht
«m Kampfe betheiligt hatten, einen Theil des von den D&nen mit Beschlag
belegt«n Kaafiiuuinsgiites snrück zu erhalten.
4) Detmar zu 1311; Kircbberg a. a. O., Sp. 795.
5) Detmar sn 1318; Lgb., Scr. rer. Dan. U, p. 176 und VI, p. 680.
102 IV. Erich ÜMiTtd
ftpanntrai VerhältBiss stände führten nur zum Abaohhiss eiaes
Handelsvertrags mit den fUnf wendischen Städten (auch Lttr
beck betheiligte sich hier) ^). Andererseits hatten sieb im Fe-
bruar die Markgrafen Wald^nar und Johann von BrandeBbiirg
mit dem Dänenköoige und Heinrich von Meklenbuig vot^dnigt;
Herzog Erich von Sachsen war schon im Herbst 1311 den
BCtodnisse beigetreten^). So waren die michtigsten Fikrsten
Norddeutschlands dem Dänenkönige verbunden zum Kampfis
g^en deutsche StAdte. Manche schlössen ßich noch an ^ als
das verbündete Heer im Juni g^en Bostock zog ')• Die Stadt
vertheidigte sich tapfer. 11 Wochen lang wurde der warne-
münder Thurm belagert; im September musst^ sich die ta-
pferen Vertheidiger ergeben, da auf Hülfe ans der Stadt nicht
zu rechnen war. Ein Aufruhr der aufgeregte Bürgerschaft,
die in diesem Unglück nur Verrath sah, war die Folge; der
Bath wurde aus der Stadt vertrieben, dnige Mitglieder des-
selben sogar ermordet und ein neuer Bath angesetzt^). Doch
auch dieser vermochte die Stadt nicht zu retten, als die Feinde
vor Bostock selbst ersdiienen. Am 7. December musste man
zu Polchow einen Vertrag eingehen, in dem man sich veri^ch-
tete, König Erich von Dänemark und Markgral W aldemar von
Brandenburg 14000 Mark Silber (gegen 600,000 resp. 3Vi—
4 MiU. Bm.) zu zahlen und Heinrich von Meklenburg zu Hän-
den des Dänekönigs den Eid der Treue zu leisten. Die Be-
stätigung aller Gerechtsame „unserer Stadt'' Bostock im da-
nischen Beiche war die Belohnung für diese Unterwerfung^).
Mit dem Falle Bostocks schien der Widerstand der Städte
für alle Zeiten gebrochen. Stralsund und Greifiswald mussten
1) Zu Stralsand mm 9. Mai 1312, H. B. I, n. 104.
S) Meklbg. Urkdb. V, n. 3489, 3515 und 3616.
3) ebd. V, n. 3545, 3547, 3565, 3566, 8567. KirchbeiK, Sp. 797.
4) Kirchberg, Sp. 799; Heklb. Urkdb. VI, n. 3673, 3678, 4899; Datmar
fett 1312.
5) Meklbg. Urkdb. V, D.-3576, 3577, VI, n. 3608.
«sd die aoiidftodben Städte und Ffirsteii. IQS
um GMd im Frieden eikanfeD, obendrein theuer erworbene
Redite preisgeben^). In Rostock gelang es dem neuen Rathe
im Jahre 1813 noch, eine neue Verfassnng zn Gunsten der
Aemter durchzufahren, aber schon in den ersten Tagen des
Bidigten Jahres kdirten die Mitglieder des alten Rathes mit
Hfilfs der Forsten zurück; die neue Verfassung wurde wieder
imgestarEt, ihre Urheber und die Anstifter jener Empörung
aas der Stadt terbannt '). In eb^ diesen Tag» (am 9. Ja-
nuar) achlossoi neun norddeutsche Fürsten zu Grevismühlen
einen Bund, als dessen ,,Oberherr^^ K(kiig Erich von Dänemaric
anerkannt wurde ^). Von einer Opposition gegen die Ansprüche
des dfinisdien Herrschers war bei den Fürsten und Städten
Slaviens und Nordalbingiens keine Rede mehr.
Das zeigte sich bald in dem Vorgehen Erich Menveds und
seiner deutschen Vasallen gegea Stralsund. Wie die Meklen-
burger üb^ Rostock und Wismar, so fand Fürst Wizlav von
Rügen gegen seine Stadt Stralsund Grund zur Klage und Un-
zofriedenheit. War sie doch in offenem Kampfe gegen sdnen
Lehnsherrn, den Dänenkönig, aufgetreten, den er selbst gegen
Rostock untorstüzte. Unruhen innerhalb der Stadt suchte Wiz-
lav zur Ausbreitung seiner Macht über sie zu benutzen ^ ). Stral-
sund warf sich dem brandenburgischen Markgrafen in die Arme,
der seinen alten Widerstand gegen Dänemark, nach kurzer
Freundschaft zu gemeinsamem Unternehmen gegen Rostock,
bald wieder aufgenommen hatte. So wurden die Brandenbur-
ger Aet letzten noch ungebeugten deutschen Ostseestadt ein
Schutz dem Auslande gegenüber. Ein vorübergehender Ver-
1) ebd. VI, n. 3689 und 3602; Uvitfeldt, Danemarkis lUgis Kr0iilke I,
364 ; Pabricias , Urkuiiden Bar Gescbichte des F&rsteBthams Rügen IV, n. 486
und 4S9. Vgl Fock, Rfigensch.-pommersche Geschichten III, 18 ff.
t) Meklbg. Urkd. VI, n. 3590, 3669, 3672 und 3673.
3) Urkdsmmlg der Schi. Holst. Lauenbg. Ges. II, S. 136.
4) Vgl. O. Fock, a. a. O. UI, S. 20 ff.
104 IV. Erich Menved-
gleich mit Rügen und Dänemark ^) liess den Kampf nur bald
um so heftiger entbrennen. Wiederum wusaie Erich Menved
sich und seine Vasallen durch umfassende Bündnisse, die sich
nicht bloss auf deutsche Fürsten beschränkten, zu stärken;
selbst Polen wurde herangezogen. Die Stralsunder fanden ndien
den Brandenburgern an „Rittern, Knappen und allen Einwoh- ^
nem^' der Insel Rügen eine Stütze^). Sie verloren den Math
nicht. Als im Juni 1316 ein Theil des verbündeten Heeres mit
Herzog Erich von Sachsen an der Spitze vor der Stadt erschien,
versäumten sie die Gelegenheit nicht, ihre Feinde einzeln an-
zugreifen. In früher Morgenstunde des 21. Juni zogen sie hin-
aus und erfochten einen glänzenden Sieg ; Herzog Erich lE^elbst
fiel in ihre Gefangenschaft. Vergebens erschien bald darauf
eine starke dänische Flotte, zu der auch Rostock sein Kontin-
gent gestellt hatte, vor der Stadt, während die verbündeten
deutschen Fürsten dieselbe von der Landseite einschlössen;
um Martini mussten die Belagerer unverrichteter Dinge wie-
der abziehen ^). Ungeschmälert ging Stralsund aus dem Kampfe
hervor; im Frieden mit Wizlav von Rügen wurden ihm seine
sämmtlichen Rechte bestätigt. Mit Dänemaric kam erst ein
Jahr später eine Sühne zu Stande^).
Hat Erich Menved auch vergeblich versucht, Stralsund in
dieselbe Abhängigkeit zu bringen wie Rostock, so kann doch
kein Zweifel sein : am Schlüsse seines Lebens — er starb 1319 —
nahm der Dänenkönig an der deutschen Ostseeküste eine do-
minirende Stellung ein. Man kann die Verhältnisse, wie sie
dort im Norden lagen zur Zeit, da Ludwig der Baier und
Friedrich von Oesterreich um das Reich kämpften, nicht tref-
1) Zu Templin und Brudersdorf mm 9. Dec. 1314 und 10. Juni 1315 (Fa-
bricius, Urkunden IV, 2, S. 45 und Meklbg. Urkdb. VI, n. 3767).
2) Vgl. Fock, m. a. O. S. 40 fr.; Meklbg. Urkdb. VI, n. 3770 (auch 3744
und 3764); Lgb., Scr. rer. Dan. VI, p. 520 zu 1315; Fabricius, Urkunden IV,
n. 479 und 480, 482—484.
3) Detmar zu 1316; Lgb., Scr. rer. Dan. VI, p. 520 und 628; Meklbg.
Urkdb. VI, n. 3837.
4) Fabrichis, Urkden. IV, n. 732. Urkdl. Oetch. U, S. 299.
«ad ö» norMMMeben 8tftdto and Ffirsten. 105
faider nudmen, ab es durch die Bemerirong einer Urkunde
des Jahres 1390 geschieht Die nckermäridschen Städte Prenz-
ian, Pasewalk und TraipUn bekennen ihren Landesfürsten, den
HenOgen toh Pommern, dass sie den ,,Herm^^ dieser Fürsten,
Kteig Chmtoph tod Dänemark (Erich Menveds Bmder und
NachMger) zmn „Vormmid und Schirmherm" annehmen. „Würde
ein rSmisdiar KQnig gewählt einträchtig von allen Kurherren,
and sende er einen Fürsten in diese Lande zu den Städten
and dm Mannen, und beweise dieser, dass er ein besseres
Redit habe auf das Land als der König von Dänemark oder
die Herzoge von Pommern und ihre Erben, so sollen der Kö-
nig und die Herzöge von ihrer Vormundschaft ablassen^^ vor-
ansgesrtzt, dass ihnen zuvor alle aufgewandte Kosten er-
setzt wflrden^). Zollfreiheit in Dänemark und Pommern war
der Lohn, der den Städten zu Theil wurde für die Anerken-
nung der dänisch-pommerschen Herrschaft, die nach dem Aus-
sterben der brandeburgischen Askanier die Gelegenheit be-
nutzte, auch in der Mark Fuss zu fassen. Deutlich sieht man,
wie wenig Halt am Reiche damals jene Gegenden fanden, die
mit Strömen deutschen Blutes den Slaven abgerungen waren.
In Betr^ der Städte lassen die Angriffe Erich Menveds
klar erkennen, welcher Art der unter ihnen bestehende Zu-
sammenhang war. Die vornehmsten Glieder ihrer Vereinigung
werdra eins nach dem andern von ihm bedrängt, und unter
der ganzen grossen Zahl norddeutscher Kommunen ist nicht
ein Zeichen zu bemerken, dass sich irgend Jemand zu thäti-
ger Hülfe oder auch nur zur Vermittlung regt. Selbst der
Bund der w^dischen Städte bewährt sich nicht vollkommen.
Lübeck sagt sich sogleich von ihm los, um in wohl überl^ter
Sonderpolitik seinen eignen Vortheil zu verfolgen; nur durch
Darlehen an Geld hat es den befreundeten Städten eine ge-
wisse Unterstützung zu Theil werden lassen '). Die übrigen
1) lUklbf . ürkdb. VI, n. 4S1S.
S) VsL L&l». UrkdK II, n. S87, M8, 291 , SOS , 809 , UI n. 67 ; Kom-
106 IV. Brich UmmA
Glieder halten ^erdings fest • snisammra und liefen doi
Beweis, dass ein enger Zusammenhang unto: ihnen bestand,
und sie schon einer bedeutenden Macht^tEedtung iahig wam.
Denn allein halten sie nicht ganz (^ne Erfidg dar remntok
Macht zahlreicher Fürsten Stand und erscheiaeoi als VoiÜm-
irfer des Deutsehthums gegen auswärtige Bedränger und die
mit ihnen verbundenen einheimischen Herren. Eise Av^gabe,
die vor hundert Jahren in erster linie von den Ffinten ge-
löst wurde, fallt jetzt vorzugsweise den Städten zu, nidit ihrer
GesammUieit, sondern nur einzelnen, besonders entwickdtfln
und ^g mit einander verbundenen Gemeinden. Jene ist nodi
allzu lose geeinigt, um die Unbill gegen einzelne Glieder schwer
zu empfinden. So lange der Handd des Kaufmanns unbdä-
stigt bleibt (und Erich Menved hat sich keiner Hemmung des-
selben schuldig gemacht), sieht sie keine Veranlassung, sich
zu regen, auch wenn Wohlfahrt und Selbständigkeit befreui-
deter Bundesglieder schwer bedroht sind. So lose ist nodi
der Zusammenhang, dass der Ausdruck Bund nur in Ekmange-
lung eines besseren gebraucht werden kann, um die Gemein*
Schaft zu bezeichnen. Sie ist noch kein Bund, sie ist nur eine
durch die Entwidmung des Handds h^beigeführte Einigung,
die gemeinschaftlich in durchaus zwangloser, nur nadi dem
Bedttrfiiiss sich richtender Form die Interessen dessdbeii zu
wahren sucht.
Doch hat das Schicksal d^ wendischen Städte auch auf
diese lose Einigung nicht ohne Einfluss bidben können; dazu
waren sie zu wichtig. Lübeck an der Spitze, waren sie gldch-
sam die geschäftsführenden Glieder gewesen. So mussten die
schwere Schläge, die sie erlitten, das lose Band, das um die
garten , Pommersche und Bügensche Gteschichtsdenkm. I, 90 ff. D«m Henog
Erich von Sehweden, Bandesgenossen Hakons von Norwegen und GFegaer Erich
Meaveds, leihen Bürger von Lübeck und Wisby Geld, Sartorioa-Lappeaberg,
Urkdl. Gesch. U, S. 269 und 260. — Allerdings zahlt Lttbeck gleichseitig das
dem dänischen König schuldige Schutzgeld an Heinrich von Mekleabnrg und
den Markgrafen Waldemar , Lftb.' Urkdb. U, n« 250, S84. 286, 289, 800.
«ad diA norddmitecheD Städte und Fürsten. 107
Gesammtheit der Städte geschlungen war, noch mehr lockern.
Sdion die V^handlungen mit Flandern (wegen einer neuen
Verlegung des Stapels) in den Jahren 1307—1309 zeigen dies.
Die sächsischen Städte gehen selbständig vor, ohne die Zu-
stimmung der osterschen (wendischen) abzuwarten^). Es scheint,
als hätten die Angriffe Erich Menveds auf die wendischen
Städte auch die allgemeine Einigung auf lange Zeit hinaus
jmterbrochen oder schwer geschädigt. Denn seit jenen Ver-
haadlongra mit Flandern, die ungefähr gleichzeitig mit Lü-
becks Unterwerfung unter den Dänenkönig beginnen, vergeht
tut ein halbes Jahrhundert, ehe wir wieder von einem ge-
meinschaftlichen Auftreten der Städte hören. Der Kaufmann
im Aaslande scheint in dieser langen Zeit allein auf sich selbst
and auf die ihm nächststeh^den heimischen Städte angewie-
sen zu sein '). So wenig Bedeutung hatte die Allgemeinheit
für das einzelne Glied, dass eine Stadt wie Bremen länger
als ein halbes Jahrhundert ausserhalb dieser Gemeinschaft
stehen, der Theilnahme an den Freiheiten des gemeinen Kauf-
manns im Auslande entbehren konnte, ohne den Nachtheil all-
zuschwer zu empfinden. Wir werden sehen, dass erst mit
einer grosseren Kräftigung der wendisclien Städte, mit Wie-
deraofrichtung ihrer alten Vereinigung, auch der allgemeiue
Bund der Städte seine Funktionen wieder aufnimmt. Glück-
licherweise liess diese nicht albsulange auf sich warten ; die
Verhältnisse in den nordalbingischen Landen gestalteten sich
so, dass die Städte an ihre bisherige Entwicklung in frischer
Kraft wieder anknüpfen konnten.
1) H. R. I, 8. 44; UrkdL Oesch. II, S. 254 und 266.
S) unter den wendischen Stftdteu scheint mach zur Zeit ihrer schwersten
BedriDfBiM das BewmsstselB gemeinsamer Interessen im Aaslande nicht verloren
gegangen so sein; darauf deatet ein Schreiben Stralsunds an Lübeck von 1316
oder 1317 Aber Beschwerung des Kaufmanns in Norwegen, H. R. I, n. 28.
Ueber die Datirang s. Pabricius im Verfestuugsbuch der Stadt Stralsund p. X.
Damach ist au berichtigen H. U. I, n. 935 und Uarttung, Norwegen u. d.
deutBcboi Seeatftdte S. 48.
V. Dänemark unter deutschem EinfluBS 1819 — 1840.
Es zeigte sich bald, dass es nicht so leicht möglich ist,
den natürlichen Verhältnissen auf die Dauer Zwang anzuthun,
dass ein kleines, wenn auch noch so rühriges und tüchtiges
Volk keine dauernde Herrschaft behaupten kann über ausge-
dehnte Gebiete einer grossen Nachbamation. Erich Menved
hatte durch eine kluge und energische Politik Dänemarks An-
sehen weit hinausgehoben über die thatsächliche Bedeutung
des kleinen Reiches; die üblen Folgen konnten nicht ausblei-
ben. Wohl erkannten die Herren von Pommern und Rügen,
von Wenden und Meklenburg die Oberherrschaft des D&nen-
königs an und folgten ihrem Lehnsherrn willig auf seinen
Eriegszügen in Schweden und Deutschland, aber sie so wenig
wie die übrigen deutschen Fürsten und Ritter, die einen Haupt-
theil der dänischen Kriegsmacht bildeten, kämpften ohne Lohn.
Aermer und ärmer wurde die dänische Krone durch Verpfän-
dungen und Verleihungen für geleistete Kriegsdienste ^). Aus-
länder gelangten zu ausgedehnten Besitzungen in Dänemark,
und der einheimische Adel versäumte ebenfalls die Geleg^-
heit nicht, sich im Dienste des Königs zu bereichem. Spät
aber gründlich breitete sich das Lehnswesen mit all seinen
üblen Folgen über Dänemark aus. Es entstand ein Reichs-
adel, dessen Anmassung, wie überall, um so rücksichtsloser,
dessen Gesinnung um so vaterlandsloser wurde, je mehr seine
Macht wuchs.
1) Vgl. Dahlmann I, S. 438 ff.
V. DIHMiri[ «ilv dratsehan mnini 1619^1840. 109
Wie w^g dauernden Vortheil Erich Menveds Bestre-
bungen braditen, wie sehr er schon sdbst fühlen musste, dass
er die Kräfte seines Reiches weit überschätzt hatte, zeigt sich
darin, dass er gegen Ende seines Lebens genöthigt war, die
beste seiner Erwerbungen, die ihm mehr als einen Kriegszug
gekostet hatte, die Herrschaft Rostock mit allen Besitzungen
im Lande Wenden, den Ausschiffimgshafen Wamemünde aus-
geBonmien, Heinrich yon Meklenburg zu überlassen für die Ver-
loste im l^zten Kriege gegen Stralsund und die Markgrafen ^).
In demaelbai Jahre 1317 schuldete er der Stadt Rostock, die
ihm erst vor Kurzem 14000 Mark Kriegskosten hatte zahlen müs-
Boi, schon wiedor 4000 Maris, dem Herzog Otto von Braun-
achweig-LQneburg 2500 Marie'). In jener Zeit aber bedeutete
Gdd militirische Macht, und König Erich hatte seine kriege-
rischen Erfolge in erster Linie seinem Reichthume zu verdan-
ken, der die seid- und beutefrohen Schaaren der ritterlichen
Abentenrer in seine Heere führte. Dieser Reichthum aber
stammte aus einer Quelle, deren Benutzung den Keim des Ver-
derbens in sich trug: schwere Schätzungen seiner Untertha-
Den 'X die ohne Bücksicht auf herktaimliche Vorrechte aufge-
legt wurden, und Beraubung der ihm feindlich gegenüberste-
henden Geistlichkeit Die Folge war eine aUgemeine Unzufrie-
denheit, die um so gefthriicher werden musste, als man in
Dinenuurk nie gewohnt gewesen war, die königliche Würde
mit groeser Piet&t zu betrachten, als jedes Glied des könig-
lichen Hauses sich berechtigt hielt, nach der Krone zu grei-
fen, wenn sidi ihm Mittel und Wege darboten. Auch Erichs
Bruder Oiristq^ hat schweroi bürgerlichen Zwist hervorge-
1) Jaaoar T. 1S17, Meklbg. Urkdb. VI, n. 8871. Langeb., Scr. rer. Dan.
VI, p. ftSl.
t) IMübgL Urkib. VI, a. 3896. Vgl. n. S90A und 8908 — Fmbricias,
Irkuden IV, o. 604.
8) Z. B. nmch einander in den Jahren 1816, 1817, 1818, 1819, Langeb.
VI, p. 5S1.
110 V. DbiMMTk unter devtseiMm IffloiMi
rufen, im Bunde erst mit Stralsund und den Mariigrafcn, dann
mit Schweden gegen sein Vaterland in Waffen gestandeo ^>
So ist es gekomm^, dass der Aufschwung, den die dä-
nische Macht unter Erich Menved nahm, sehr rasch
ebenso grossen Erschlaffung Platz gemacht hat. Kaum
Erich, „de wise, weldighe koning^S tödt, als Adel und Oeiat-
lichkeit ihre Ansprüche anmassender als je erhoben. Yef-^
gebens hatte der sterbende K(^g die Grosse» des Reiches ge-
warnt vor seinem eigenen Bruder, der, ein gewaltthätiger, feicbt*
sinniger Abenteurer, seinem Vaterlande in offener Feindadiaft
gegenüber stand; Willfährigkeit g^en die Wünsche der Gtosm
und die Unterstützung des holsteinischen Grafen Johann
schafftai ihm doch die Krone ^). Auf dem Reichstage zu
beschwor er eine von den Standen ausgesetzte Wahlkaiätolaticn,
welche die Macht des Königs auf ein Minimum beschiiiilite
und ihm dabei Pflichten auferlegte, der^ Erfüllung bei des
Umfange seiner Rechte nahezu unmöglich war^). Die eag*
herzige Politik der Stände sah nur den nächsten Vortheil,
dachte nicht an Ehre und Sicherheit des Reiches.
Beide waren gerade damals um so mehr gefilhrdet, ab
südlich der Elbe eine Macht erwuchs, die den Willen mid die
Kraft besass, sich mit Erfolg in die dänischen V^hältnina
dnzumischen. Hier bereitete sich in jen^ Jahren eine W*and-
lung vor. Gerhard IL, Graf zu Plön, der Stiefvater Erich
Menveds (seine zweite Gemahlin, die brandenburgisclie Agnes,
war Erichs Mutter) hatte die Macht des Adels theils gebrodian,
theils in seine Dienste gezogen. Seine dänischen Verböidnngen
hatten ihn reich gemacht, so dass er mit starker Heeresmacht
aufzutreten vermochte. Dazu kam, dass wenige Jahre nach
1) Urkdl. Gesch. II, S. 296^ 6 und 9»S; Langeb. VI, p. 6S1 ra 1816 u.
1318.
8) Detmar zn 1319; Langeb. VI, p. 521 za 1320.
8) Die WalilkApitulation bei Lndwi)^^ Reliquiae Manuscript. XU, 198.
ISi»— 1S40. 111
seinem Tode, 1316, die Zahl der linien, die fast ein halbes
Jahrlmiidart in buntem Dnrchdnander der Territorien über
dis holstdnisebe Land geherrscht hatten, auf zwei reducirt
woide ^). In Plön herrschte jetzt der Erbe Gerhards II., Graf
Johann, seiner Freigebigkeit wegen der Milde genannt, in Rakls-
bnrg sasB Graf Gerhard, den die Landeegeschiehte als „den
Groasen^ kennt Nicht ohne blutige, schuldvolle Gewaltthat
wann dar alte Johann und sein Sohn Adolf von der kieler
liiie beseitigt worden').
Graf Gerhard von Boidsburg, „de grote Ghert^S war ein
ebenso begabter und entschlossener als ehrgeiziger Mann. Von
kksnen AsxBkßgea aus ^) (in Rendsburg soll er mit seinen grauen
Jsgdhimdai, seinem einzigen Eig^thum, in einem Kornspeicher
gehaust haben) hatte er sich durch sein tapferes Schwert und
eine kluge und rilcksichtslose Politik zum mächtigsten Herrn
in Holstein emporgearbeitet. Sein überiegener Greist machte
das kleine Land zu grossen Unternehmungen fähig, wusste
vor tJl&k Dingen die altbewährte kriegerische Kraft der Hol-
sten wieder zu wecken und zu glänzenden Erfolgen fortzu-
neissen. .Sein Name hat noch lange fortgelebt im Munde seiner
sagfBireiclien Landsleute; durch zwei Jahrzehnte dreht sich die
Geaddchte der nordalbingischen Lande vorzugsweise um seine
reckenhafte Gestalt
Wenige unternehmend und rührig war sein Vetter Johann
in Plön, aber nicht minder ehrgeizig. Beide hatten sich schon
1317 als Belohnung für ihre Di^ste im Kriege gegen Waldemar
von Brandenburg von König Erich die Insel Fünen auf drei
1) Waitz 8. SOI. Urkdsmmlg. II, S. 86. Ueber die Art der (vorher) be-
ttehenden Tbeüang, Waita S. 122.
2) Detmur su 1316.
3) Die Chroiük det Presbyter Bremensis weiss davon, wie ttberhanpt fiber
Qeiliard, maoche sagonkafte Sfige an ersfthlen , die offenbar um die Mitte des
16. Jahrhaadarta im Volk« vmliefen (QneUensaannlg. der schl. holst, laaenbg.
Oesellscb. I, p. 60).
X12 ^* Dänemark unter deataehem EinfluM
Jahre verpfänden lassen ^) und so Fuss gefasst mitten im dar
nischen Reiche. Johann hatte seinen Stiefbruder Christoph in
seinen Bemühungen um den Thron lebhaft unterstützt, aller-
dings trotz der nahen Verwandtschaft nur gegen das Ver-
sprechen des Abtretens der Insel Fehmam.
Es zeigte sich bald, wie widersinnig und wie wenig im
Interesse des Landes man in Dänemark die königliche Stdlung
beschränkt hatte. Auch ein vorsichtigerer und aufrichtigerer
Mann als Christoph hätte hier schwerlich ohne Anstoss seinen
Weg gefunden. In den ersten Jahren liessen sich allardings
die Sachen recht gut an. Der Erzbischof kehrte ins Beich
zurück und versöhnte sich mit dem Kckiige; Fürst Wizlav
leistete für Rügen, Heinrich von Meklenburg für Rostock,
Gnoien und Schwan den Lehnseid. Beide gelobten Heeresfolge,
und das Gleiche that selbst Graf Gerhard von Hdstein. Des
Königs Tochter Margarete wurde dem Sohne des deutschen
Königs, Markgrafen Ludwig von Brandenbui^, vermählt').
Aber bald zeigte sich, dass die dem Könige gdiUebenen Güter
und Einkünfte weitaus nicht genügten, um auch nur einiger-
massen der Krone Macht und Ansehen zu verleihen, und
Steuern zu erheben war nach der Wiborger Kapitulation dem
Könige nicht erlaubt. Als er trotzdem eine allgemeine Schä-
tzung ausschrieb, weigerte man, der Erzbischof voran, die Zah-
lung. Der König antwortete mit Einziehung von Gütern, die
sein Bruder den Grossen verpfändet hatte. In Schemen, wo
schon 1321 im Einverständnisss mit Magnus von Schweden
und Heinrich von Meklenburg eine Abtrennung des Landes ge-
plant worden war, erregten darauf mächtige Adlige einen Auf-
stand. Derselbe wurde allerdings unterdrückt, auch der Erz-
1) Waitx S. 205.
2) Hvitfeldt, Danm. rig. krsn. I, S. 416, 419, 481; Maklbf. Urkdb. VII,
o. 4351, 4865, 4443; Detmar bu 1822 und 1824; Langeb. VI, p. 521; Fa-
bricius, Urkunden IV, n 614, Abthlg. 4, S 67. Schi. Hobt. Laneiib«. Urkd-
tmmlg II, S. 158.
isia^iMO. 113
bischof mit den Waffen besiegt^); als aber Christoph sich
bald darauf auch noch mit seinem südlichen Nachbar, dem
Gfafen Gefhard, in Streit verwickelte, war es aus mit seinem
KöDigtkume.
Am 12. Mirz starb Herzog Erich von Schleswig mit Hinter-
kssnng eines lljShrigen Sohnes, Waldemar. Obgleich das
Herzogthnm seit Ktaig Abels Zeiten nach und nach fast un-
ihhingig vom K&iigreiche geworden war und nicht mehr die
Bede davon sein konnte, das Erbrecht Waidemars anzuzweifeln,
M woDte K&nig Christoph doch nicht die Vortheile aus der
Hand g^ien, wdche ihm die Verwaltung des Landes während
der llindeqährigkeit des jungen Fürsten gewähren mussta
Aber wie schon früher in ähnlichen Fällen , so waren auch
jetit die holsteinischen Grafen, Gerhard voran, zur Hand, um
den Ansprüchen des Dänenkönigs entgegenzutreten. Schon be-
drängte Christoph Gottorp mit enger Belagerung, da zog Graf
Gerhard heran und besiegte die Dänen nach hartem Kampfe *).
Es war eine Schlacht, die nicht nur auf lange Zeit den Deut-
schen in Schleswig das Uebergewicht gab, sondeni auch auf
zwo Jahrzehnte Dänemark deutschem Einflüsse unterwarf,
schwere Tage Ober das innerlich zerrissene Land brachte.
Denn im März des nächsten Jahres verband sich der junge
Herzog Waldemar (oder vielmehr sein Vormund Graf Gerhard)
mit den Führern des dänischen Adels, den mächtigen Herren
limrenz Jonsson und Ludwig Albrechtsson, die durch die Pfand-
eJBziehangen des Königs besonders beuachtheiligt waren *^).
Die Unzufriedenheit hatte sich inzwischen über das ganze Reich
Yerbreitet. Diesmal war^ es Jütland und Fünen, die sich
nmst erhoben. Christophs Sohn Erich, der mit dem Vater
gleichzeitig zum König gekrönt worden war, zog zur Dämpfung
1) HTiUeldt 1, 4Sft ff.
S) Dvtinmr su 18S6; Urkdtmmlg U, S. 57 ff.; Uvitfelüt 1, 428.
3) Hvitf. I, 430; Urkdsmmlg II, S. 161.
SAlÜK, DU UaoMrtldte. B
]]4 ^' DXnonark unter dtntschem Einlliifs
des Aufruhrs aus, wagte aber nieht, nach Fümk OberzwetKeD.
Rasch kamen die Sdioninger und Seelfinder herbei, sdüoBseii
ihn in Taamborg bei Korsöer ein und nahmen ihn gefangea.
Auf diese Nachricht hin verliess Christoph mit seinen Sehfiten
eilig das Reich und floh nach Rostock zum Herzog Heinridi
von Meklenburg. Mit diesem und dem Forsten Ton Werie,
d^en er für ihre Hülfe Laaland, Falst^ und MOen ver-
pfändete ^), versuchte er dann im Juni die Rückeroberung ssiaes
Reichs, erschien mit stattlicher Schaar in Wordingborg auf
Seeland, dann auf Falster. Aber Graf Gerhard an der Spitae
der Dänen trat ihm mit so überlegener Macht entgegen , dass
Christoph das Reich gänzlich räumen musste. In Rostock
nahm dieser seinen Aufenthalt').
Inzwischen hatte man auf einer neuen Reichsversammlung
zu Wiborg am 7. Juni 1326 den IS^jährigen Herzog Waldemar
von Schleswig, allerdings nur g^en neue weitgehende Ver-
sprechungen >), zum König gewählt; Gerhard von H^dateia
wurde Vormund des Reiches Dänemark. Die Leute^ die Chri-
stoph das Versprechen abgenommen hatten, kein^ Deutschen
in seinen Rath oder zu dnem Lehen zuinilassen, übertrugen
jetzt die mächtigste tmd einflussreichste Stelle des Reiches
einem Deutschen. Graf Gerhard beherrschte das dftnische
Land, imd er war ein anderer Herrscher als Christoph. „Die
Frösche hatten statt des Klotzes den Storch zum König er-
halten", sagt Hvitfeldt.
Die dänischen Grossen benutzten natürlich die GelegeBheit,
sich auf Kosten des Reiches zu stärken : ein grosser Theil dier
Inseln und der festländischen Provinzen kam in ihre Hiada
Die Grafen Johann und Gerhard griflien nicht weniger hcrzhi^
1) M<jklbg. ürkdb..VII, n. 4726. Vgl. n. 4741, 4750, 4756.
2) Langeb. VI, p. 522; Detmar zu 1326. Vgl. Koppmann fo a Hans.
Geschbl. 1878, S. 207 n. 2.
3) Die Wahlkapitulation bei Dahlmann I, 462 ff.
Z1L Jener erliidt Fafetor mid Laaiand und das frtther schon
tenproctaiev aber oidit ausgelieferte^) Fehmam; dazu war
flUB das iriditilge Ffinen verpftndet Gerhard Hess sich mit
den HenEdgÜnnn Sddeswig helebnen und herrschte so von der
Elbe bis mr Kdnigsau*), das erste Mal in der Oesdiichte,
tes Scbleswig und Holstein zu einer Herrschaft geeinigt waren,
b einer besondem, viel besprodienen und bestrittenen (jetzt
verlorenen) Urkunde, der sogenannten Gonstitutio Waldemariana,
gdoMe sogar der jugendliche König, dass das Herzogthum
memals wieder mit der Krone vereinigt werden solle. Es schien
»ch im Norden der Elbe eine Macht bild^ zu sollen, die das
dinische KDnigthum emstHch in Frage stellte.
Und noch tiefer sdlte das Volk siiduai, gegisn das 100 Jahre
Mher die vereinten Krftfte des deutschen Nordens die Schlacht
bd BomhiWed geschlagen hatten. Die Dänen fügten sich nicht
wilHg dem neuen Joch, das sie bald härter fohlten als das
früliere. Auf Seeland erhobt sie sich, allerdings vergeblich,
gegen eine neue Auflage; zwei Mal drangen sie sogar in
Sddeswig vor und belagerten Gottorp '). Als daher Christoph
ndt HiDfe sones Stiefbruders, des Grafen Johann, der sich ihm
wieder gentiiert hatte, 1329 einen Versuch machte, die ver-
lorene Kitaiigskrone wiederzugewinnen, konnte er um so mehr
auf Erfolg hoffisn, als es durch Johanns Vermittlung gelungen
war, anch Graf Gerhard für seine Wiederherstellung zu ge-
whmen^). Im Anfange des Jahres 1S30 kam es zu einem
üebereinkommenj das Gfarristoph wieder als König anerkannte.
1) Vfl. Detnuur n -1890, S. 91«.
S) Langeb. VII, p. 867 ; Detnuur zu 18S6 ; Hvitfeldt I, 433 ff. ; Urkdsmmlg
II, S. 64 nnd 66; Meklbg. Urkdb. VII, n. 4761.
3) Langeb. VI, p. 823 zu 1328; Detmar zn 1828 nnd 1829; Lan^b. II,
r 881.
4) Datmar iii 1829 nnd 1330; Langeb. VI, p. 628 zn 1328 nnd 1329.
Vfl. Koppmanni ehronologfsche Flxlrung der Begebenbaiten in den Hans.
Oasehbl. 1873, S. 207 ff.
8^
1X6 V. Dftnenuirk unter deatscham BinlhiM
Aber seine Machtspbäre wurde auf den Umfang weniger Städte
und Ortschaften beschränkt Der junge Waldemar erhielt sein
Herzogthum zurück, Graf Gerhard die Insel Fünen so langiB,
bis bei etwaigem kinderlosen Ableben Herzog Waidemars Bdilet-
wig ihm überlassen würde. . Nicht wenige als den Feinden
bewilligt worden war, erhielt Graf Johann für seine Frrand-
schaftsdienste; ihm war schon im Jahre zuvor zu den frfiherai
Gebieten noch der grössere Theil von Schonen und Seebnd
überlassen worden ^ ). Der Best des Reiches war meist in im
Händen des Adels. Dem Könige blieben nur elende Trümmer
von der Macht seines Bruders, vor der sich weite Lande ge-
beugt hatten. „Das Reich Dänemark ist getheilt worden",
ruft ein patriotischer Zeitgenosse aus^).
Ein neuer Angriff auf Gerhard, den Christoph im fdgra-
den Jahre, wieder mit Graf Johann im Bunde, unternahm,
kostete ihm den letzten Rest seiner Macht. Auf der Loheide
am Danewerke wurde sein überlegnes Heer nach hartem Kampfe
vom „grossen Gerd^^ und seinen „wacfcem Hdsten'^ bedcigt
Christoph musste nach Kiel fliehen. „Als Graf Johann dorthin
kam, fand er seinen Bruder, den unglücklichen König, betrübt
und arm'''). Christophs Sohn Erich, der schwer verwundet
aus der Schlacht entkommen war, starb in Kiel nacb^ kurzer
Zeit; ihm folgte bald darauf (1332) auf Falster der Vater.
Ganz Non^fitland und die Friesen hatte er vorher noch Graf
Gerhard überlassen müssen. Laaland allein war ihm zuletzt
geblieben, imd in diesem Besitz wurde er noch von dänischen
und deutschen Adligen beunruhigt^).
Dänemark war jetzt ohne König. Ein Versuch, den 1334
1) Urkdenunmlg U, S. 76 und 176.
S) Langeb. VI, p. 583 za 1329.
8) Detnuur su 1831, S. 833.
4) D«tiiiar sn 1331 und 1332; Langab. II, p. 398 und VI, p. 523; Ur-
kdanunmlg II, S. 82.
U19— 1840. 1X7
Giristophs zwdtor Sohn Otto mit Hälfe seines Schwagers, des
Mari^räfeii von Brandenburg, machte, das Reich zurückzu-
erobem, «digte mit Niederlage und Gefangenschaft^). Auf
der Tapheide bei Wiborg erlag Otto den sieggewohnten Schaaren
des Grafen. Nicht deutlicher kann uns der kühne Krieger-
stolz, die fisst flbermflihige Siegesgewissheit , die sich in deai
Hobtenheere unter Oeihards Leitung entwickelt hatten, ent-
gflgeatreten ab in der lebhaften Schilderung Detmars: „Eine
termeesene Rotte Holsten stieg vor dem Streite von ihren
Boesen. Sie ftussten einander bei den H&nden und tanzten
den Reigen zwischen beiden Heeren. Unverzagt sassen sie
dann schnell wieder auf ihren Pferden und waren unter den
Eisten am Feinde, der an Zahl viel stärker war. Der Streit
war hart und w&hrte lange. Die Holsten wehrten sich wie
wackere Helden; sie fingen den jungen König. Die Dänen
iMien; ihrer viele wurden erschlagen und gefangen.^ — Die
holsteiiiisdien Ghrafen waren jetzt die thatsächlichen Herren
Dinemarks; ein dänisches Reich bestand nicht mehr. Als
Rddisverweser in Dänemark handhabte Graf Gerhard die oberste
Gewalt im Lande.
Ein anderes Ereigniss kam hinzu, die Lage noch schwie-
riger und verwickelter zu machen. In Schonen hatte Graf
Johann hdsteinischen Adlige grosse Gebiete in Pfandbesitz
gegeben; sie erbitterten die Schoninger durch harte Bedrttk-
knngen; besonders machte sich Eggert Brokdorp, der holstei-
nische Lehnsmann in Hdsingborg, verhasst. 1332 erhob sich
das Volk gegen die deutschen Bedränger; 300 derselben sollen
an einem Morgen im Dome zu Lund erschlagen worden sein *).
1) Detmar sn 1884, 8. S87; Langeb. II, p. 392 und VI, p. 524. Vgl.
Ürkdenfnunlg II, S. 181.
S) Selioii ums Jahr 1810 waren die Deutschen in Lund liemlich zahlreich,
▼gl. Urkdl. Oeeeh. H, 8. 258.
Xlg V. Dänemark nntor denjtochem EinfliiM
Graf Johann, wohl erkennaad, dass er schwerlidi Herr des Aof-
standes werden würde, yerkaufte das Land um 34^000 Mark
Silber köhiischen Gewichts (l^t resp- d— 10 Mill. Rm.) an
König Magnus von Schweden, an den sich die Schoninger mn
Hülfe gewandt hatt^L Dem Könige von Dänemark blid) das
Rückkau&recht gewahrt, aber es war eine neue Macht in den
Kreis der Nachbarn hineingessogen, die ein Interesse daran
hatten, das ' Aofkommen einer festen nationalen Gewalt in
Dänemarit zu verhindern^).
Die Unzufriedaiheit war nicht bloss in Schonen, sondern
über ganz Dananark verbreitet. Es sind uns Zeugnisse der
Zeit erhalten, die das deutlich erkennen lassen. Mehr als die
Deutschen sind schon im Mittelalter die Dänen eifersüchtig;^
gewesen auf ihre Nati(malität; schwer haben sie besonders di^. ';
deutsche Herrschaft ertragen , eigenes Missgeschick gern dem ' .
Eindringen deutschen Einflusses, deutscher Sitten zugeschrieben.
Schon in der Wahlkapitulation König Christophs ist es deutlich
genug ausgesprochen, dass man erbittert war über das Hm:ein-'
strömen deutscher Adliger unter Erich Menved. Jetzt galten
die Einheimischen so gut wie Nichts neben den Fremden, denn
auch der dänische Adel wurde vollständig zurückgedrängt von
den Grafen und ihren Dienern. In einem ausserordentlich
charakteristischen Gedichte der Zeit wird der tiefe Fall Däne-
marks bitter beklagt. „Das tapfere, ruhmreiche Volk, die
Blüthe der Reiche, sei jetzt sieglos, furchtsam, besudelt, treulos,
wage nicht mehr füir das Vaterland zu kämpfen, liebe die Lüge
und dulde Alles. Seine weite Herrschaft sei immer mehr be*
schnitten worden; Bügen, Slavien, Schonen, Seeland, Flandern
(es ist wohl Falster gemeint), Fehmam, Angeln, Holstein, Süd-
1) Suhm, Historie af Danmark XII, 228 01 Detmar zu 1381. ürkden-
äinmlg d. Schi. Holst. Lauenbg. GeselUch. 11, n. 341; Rydberg, Sverget
Tractater med frfimmande magter I, n. 216 uod 218.
isi»— xaio. 119
(itlaad — Alles habe der Teufel geholt 0- Weich und weibisch
sdeo die Sitten geworden; langes Haar und enge Kleider ent-
steUea die llftiiner. Unzüchtige Bräuche hätten sie von den Deut-
schen angmomnen; rauschende, schillernde Prachtkleider, weite
Eapuien) gehSnite Aennel, Fransen trügen sie aus Ueppigkeit,
Mehta aei in Dänemark, als Geiz, Bosheit, Betrug, Ehrgeiz
oad V^rraih; die ^nst seine Magd gewesen, sei jetzt seine
Honin, DineoMik Allen zum Crelächter geworden. Man möge
sidi ennannen und zu Qott um Hülfe flehen.^^
Eb ist ein trauriges Bild, das der Ver&sser entwirft, aber
tianrig ist auch die Lage, in der sich Volk und Land be*
fuiden. Fast ein Jahrhundert später sagt eine glaubwürdige
Aoaaage, daas noch hundert Kirchen uud Pfarreien verwüstet
ligen in JMland durch die Kriege des Grafen Gerhard und
seiner Sühne Heinrich und Nikolaus ^). Hat auch der National-
hass übertrieben, wenn ein fast gleichzeitiger Chronist erzählt :
JUiese Grafen und ihre Diener nahmen alle Werthsachen, alle
Kkinode und Alles, was schön anzusehen war im Reiche, und
führten es ins Ausland^^^), so ist doch gewiss manche Gewalt*
1) Liuigvb. VI, 583 Str. 9 :
DMmon föne meii$aravit
Terrmm ante Dominunif
Tnom sibi nsurpavit
H^si^iini nitn medium.
Talit Bhyanif ScblavUm,
Schaniam, Selandiam,
Flaadriam,
Fimbriam,
Angliam,
Holsatiam
▲tqmt Syndeijutiam.
Vgl besonders Str. 10 and 11.
S) Laafeb. Vn, p. S68 in dorn ProceiHie swischen König Eriob und dem
Heraog von Schleswig nebst den Grafen von Holstein : Comes Gerfaardus et sui
filii, Henricns et Nicolaus, regnnm Daoiae infestarunt cum gnerris et litibus
taliter, qnod centnm ecdeelae et panroobiae adhnc hodiema die prupterea desertae
>Mnt in Joftlaade.
3) Die Bittbomschronik von Land, Lgb. VI, p. 689: qol quidrai eomitea
that der Deutschen in dänischem Lande ans jenen Jahren za
verzeichnen. Die Grafen selbst, Grerhard voran, brauchten Geld
über Geld zur Erhaltung ihrer Heere. Als Gerbard eümial
ein starkes Söldnerheer gesammelt hatte, soll er anf die Fnge,
wo er den Sold hemehmBi wolle, geantwortet haben, „er werde
die Leute nach Dithmarschen führen; als Sieger würden sie
dort Soldes genug haben, besi^ keinen gebrauchend^). Es
kann wohl keinem Zweifel unterworfen sein, dass man wenig
wählerisch und gewissenhaft war in der Wahl der Mittel, vm
das Werkzeug der Macht, das Heer, zu erhalten. Ausdrüddich
bezeugt wird uns nur, dass Graf Gerhard auch die Gteistlidi-
keit nicht schonte, Kirchen und Klüster schwer belastete*).
Noch lange blieb der „kahle Graf ^ bei den Dünen in schlimmem
Andenken. Seiner Herrschsucht traute man zu, dass er „nicht
bloss Dänemark, sondern noch mehrere Reiche sich unter-
werfe wolle"').
Vor Allem aber trugen die zahlreichen deutsdien Adligen,
die als Lehnsleute der Grafen nach Dänemark gekommen waren,
dazu bei, die deutsche Herrschaft verhasst zu machen. Immer
mehr verbreitete sich im Anfange des 14. Jahrhunderts bei
hohem und niederem Adel die Sitte, Ruhm und Ehre, Sold
und Beute in fremden Diensten zu suchen, das Schwert zu
ziehen, wo immer es nur zu kämpfen gab, wo Geld und Lehen
zu erwerben waren. Nicht am wenigsten hat Gerhard der Grosse
seine überraschenden Erfolge der Geschicklichkeit zu danken,
mit der er die kriegerische Kraft des nur mit Mühe unter die
Grafengewalt gebeugten holsteinischen Adels nach aussen lenkte,
im Nachbarlande Lehen, Sold und Beute als Lohn für kühne
et eoraflü servitores omnem substantiam, omoia denodia et onme, qnod pnlchrom
visu erat in regno, ad partes exteras abdaxenint.
1) Presb. Brem. in der QaeUenBammlg S. 86.
8) Langeb. VI, p. 5S4 und 6S9, I, p. 808 su 1889.
8) Langeb. VI, p. 524 za 1340: Cnpiebat enim non solum Daciam sibt
•■bder», Md et plora regna.
1819—1840. 121
Waffenfhat zeigte. Doch würden die Kräfte seines kleinen
Lmdes sdiwerlich amgerddit haben, so Grosses zu erringen.
Er nrasste auf Zuzug von Süden rechnen, und wir sehen solchen
rekUidi über die Elbe und Eider eil^. Die Grafen von
BmnkliorBt und Schwalenberg, von Teklenburg und Wölpe,
im Hoya und HaDermund finden wir in Gerhards Diensten;
nanelie andere norddeutsche Herren mögen ihm noch gefdgt
sein; niedeisidisische, westfälische, rheinische Söldner bilden
(He Masse seiner Heere. So finden wir denn bald in allen
Theilen des Beiches Dänemark deutsche Adlige, in erster Linie
eigatHehe Hf^steiner, als Vögte und Lehnsmänner der Grafen,
die ja Tom Kafanarsunde bis zur Nordsee herrschten. Manche
jaer GescUechter, die in den nächsten Jahrzehnten der däni-
Bcben Geschichte eine so grosse Rolle spielen, wie die Lembek,
sind in diesen Tagen aus dem Lande südlich der Eider nach
Diaemark gekommen.
Eb entspricht vollkommen dem Geiste der Zeit und des
Standes, wenn diese Kriegsleute yon Beruf ihre Stellung rück-
sichtsloe ausbeuten. Besitz, Kri^ruhm, Macht bilden die
enzigen Triebfedern ihres Handelns. Es blieb daher nicht bei
harter Bedrüdning der Untergebenen, bei Geringschätzung und
Hissachtung alter Rechte an Gütern und Einkünften gegenüber
der Kirche und den einheimischen Herren — Raub und Plün-
derung nahmen überhand. Selbst ein so kräftiger Herr wie
Graf Gerhard termochte diese Elemente nur schwer im Zaum
zu halten. Weder zu Lande, noch zu Wasser waren die Han-
ddswege mehr sicher. Deutsche und dänische Adlige raubten
am die Wette. Noch besitzen wir die langen Klagelisten, in
denen einige Jahre später Lübeck und Wismar, Greifiswald
und Hamburg ihre Vwluste aufisählten ^). Der holsteinische
Adel, von jeher unbotmässig und raublustig, zeichnete sich
besonders aus. Die Krummendiek und Brokdorf, die Waldorf
1) Lfib. Urkdb. U, n. 768*759| UI, n. 100, IV, n. 89.
^20 ^- DXnenuurk apter devt^ehem BinflvM
imd Stove, die Alefdd, Bdeoflath, Westensee und Hummer»-
bttttel und andere holsteinische Adelsgeschlechter flbeifielea von
ihrra Schlössern aus die Schiffe und Waaranzfige der St&dte
und misshandelten die Gefangenen. Nie zuvor war die Un-
sicherheit so gross gewesen.
Es fehlte den beiden holsteinischen Grafen nicht an gutem
Willen, ißü raublusüg^ Adel niederzuhalten, und wenn irgend^
oioer, so besass auch Graf Gerhard die Kraft dazu. In den
Jahren 1327 und 1328 gewähren Beide an Läbeck und Qamr
bürg Frieden durch ganz Hdstein und sicheres Geleit zwischen
den beiden Städten ^). 1338 treten dann 13 norddeutsche Für-
sten, unter ihnen die holsteinische Grafen, mit den Städten
Lübeck, Hamburg, Rostock und Wismar zu einem Landfriedens-
bflndniss zusammen, das den raub- und fehdelustigen Adel
vor das Gericht der Fürsten weist*). Wichtiger noch ist die
Verbindung der beiden Grafen mit den fünf wendischen Städten
zur Befriedung der See im folgeden Jahre. „Mit Hülfe der
Städte will man den Seeräubern und ihren Helfern wehren
uimI die Schiffe yertilgen, die unter Sedands Küste und sonst
in Dänemark liegen und des Raubes warten^^ '). Es ist das
erste Mal, dass eine fÜrstUdie Seemacht auftaucht in den
deutschen Meeren, dass deutsche Städte sich zur B^nedung
des Elements, das sie bisher allein beherrscht hatteo^ loit
einem Fürsten verbinden. Zeigt diese Verbindung die wendi*»
sehen Städte wieder geeinigt, ihre Gemeinschaft wiederher-
gestellt, so zeigt sie andererseits eine Macht im Entstehen,
die ihnen nothwendigerweise Misstrauen einflössen musste, da
sie auf d^n Meere nicht weniger gefährlich zu werden drohte,
als sie wenigstens den Lübeckern daheim schon wiederiiolt ge-
1) Lab. Urkdb. U, n. 4S0 und 49S. Ein LaadfriedensbandiiiM wIiUmmii
Lübeck und Hamburg mit d«n boltteinlsohen Grafen und den beiden Henogen
von Sachsen 1338, erneuert 1334, Lflb. Urkdb. II, n. 663, 564, 593.
t) Lflb. Urkdb. II, n. 667.
3) ebd. n, n. 6S3.
IM»— luo. 123
worden war. Hatte doch sduni eine frühere Seerttstong des
Grafiea Gerhard die Lflbecker mit Beeorgniss erfüllt^). Dazu
kim, daaa der Zweck jiuies Bundes, wie die späteren Klage-
aduiffceii beweisen» nur sehr unvdlkomnien erreicht wurde, die
Binbereifin auch femer den Handd sfe&rten und beUustigten.
Vemuclite man doch sogar mit Hälfe p&petlichen Einschreitens
te Mkr als je miasachteten alten verbrieften Bestimmungen
MPm Staandraub wieder Nachachtung zu verschaffian '). Grund
goiQg flkr die Städte, um räier Aenderung der Dinge in Däne^
Mik, die von anderer Seite her versucht wurde, nicht mit
u^fflnatiger Geeinnung entgegenzutreten.
Am Bob seines Schwagens, des Mariegrafen Ludwig von
Braadenbttg, lebte der junge Waldemar, dritter und jüngster
Sohn des veraUNrbenen Dänenkteigs. Seitdem sein Bruder Otto
(erst in S^geberg, dann in Rendsburg) in der Gefangenschaft
des grosaen Grafen schmachtete und die Versuche des Mark-
grafen und sdbst sdnes Vaters, des Kaisers, unter Vermitt*
hng dar Lübecker ihn zu befmen, vergeblich gewesen waren,
richteten aidi dfe Blicke auf ihn als den Kandidaten für den
dänisdieA KSnigsthron. Waldemar war am Hofe seines Sdiwa*
gsrs, wenn man Hvitfeldt *) glauben darf, theilwdse auch am
Hofe des Kaisers selbst, nach der Weise der Zeit erzogen.
Noch hatte er Nichts gethan, das zu besondem Erwartungen
berechtigta In den Fehden des Mariegrafen hatte er sich die
Sporen erworben, auch eine kurze Gefangenschaft erlitten in
seinem Dienste; Dass er als „Herzog von Estland^' ^) die An-
sprtche seiner Familie auf die dMsche Krone nicht .aufge-
gebea hatte, beweisen die Handelsprivilegien, die er schon
1) «bd. U, n. 5S6.
S) «bd. II, n. 583, 648, 658.
8) I, 469.
4) Urkdensmmlg II, S. 181.
124 ^* DXnemBrk unter dentschem BinfliiM '^
1338 AnUam und Greifewald gewährte 0 9 beweist die Be-
zeichnimg als „wahrer Erbe des Reiches Dftnemailc^S die er
sich selbst, der Königstitel, dra ihm Andere beOegteo *).
Zu Anfang des Jahres 1340 bot sich ihm eine Aussidit)
in die Heimat und auf den Thron seiner Väter zu gelaagltt,
die sich schneller und leichter v^iRrirklichen sollte, als seHmt
der Hoflfhungsfrohste hätte erwarte können. Graf Gerharl
hatte auf seiner nur allzu kurzra Laufbahn einen pölitisdien
Scharfblick, eine Umsicht, Ueberiegung und Beharriidikdt in
seinen Plänen gezeigt, wie sie seit den Tag^ HeinridiB deir
Löwen in unserm Norden nicht gesehen worden war. Stets
war sein Ang^unerk darauf gerichtet gewesen^ eine inöglichst
geschlossene, wohl begründete Macht sich zu Terschaffen. Um-
sichtiger als sein Vetter Johann, hatte er desshalb damadi
getrachtet, seine Besitzthümer in möglichster Abnindung neben
einander zu haben. Aus diesem Bestreben ging ein Vertrag
hervor, zu dem er am 11. Februar 1340 den schwachen, jetzt
voiy ährigen Herzog Waldemar von Schleswig brachte, sein
Herzogthum Schleswig gegen des Grafen Besitzthömer in Nord-
Jfitland zu vertauschen. Wohlweislich behielt Gerhard sidi
aber Schloss Skanderborg und die Brosharde, Middelfahrt
gegenüber, vor; so lagen seine Länder H<dstein, Schleswig und
Fünen geschlossen zusammen; von der Elbe bis zum grossen
Belt erstreckte sich ununterbrochen seine Herrsdiaft *).
Nur mit Widerstreben hatte der schleswiger Herzog in
diesen Vertrag gewilligt; völlig müde war er der Herrschaft,
die der überlegene Mann über ihn übte. Im Bunde mit däni-
schen Grossen liess er sich in Unterhandlungen mit dem Bran-
1) SUvenhagen, Beschreibg d. Sudt Anklam S. 366; (Jesterding, Pommer-
sches Magazin II, p. 83.
S) Riedel, Cod. dipl. Brandb., 2. Hauptth. II, n. 749.
3) UrkdenBmmlg II, S. 194.
denbuxgiBr und semem Schfltsdiage ein, um D&nemark einen
Kiteig wiedenrogebeo ^).
Audi in Noid-JOtlgnd erhob 8ic;h Widerstand gegen diese
neue Abmacliung. Gerbard batte es schiverlicb anders er-
wartet; er hiett sebon ein Heer rheinischer und westftlischer
SQldBor bereit; wn 10^000 Haan wird gesprochen. Wie ge-
irahDliGh war er siegreiek Da geschah am 1. April 1340 eine
Hat, die tief umgestaltend in das Schicksal dieser Lande ein-
fjtgnBm hat. Gerhard war erkrankt und musste das Bett
ktten; unter dem Schutze seiner Söldner lag er in Randers.
Da drang ein edler Jute, Niels Ebbeeon,^ der vom Grafen per-
italich Terletat war, mit 60 Genossen in den Ort und erschlug
aeinai und setaeB Landes Feind*), lieber die Massen ist das
Verdienst des kühn^ Mörders von seinen Landsleuten ge-
priesen worden; noch vor wenigen Jahrzehnten hat man in
Jütland daran gedacht, ihm ein Denkmal zu setzen'); gewiss
ist, dass seine That eine ausserordentliche historische Be-
deutung hat und dass daher die Geschichte jener Lande seinen
Namen für alle Zeiten bewahren wird. Dass man gleichzeitig
in den Herzogthttmem damit umging, in Rendsburg Gerhard
dem Grossen ein Denkmal zu errichten, zeigt, wie scharf der *
Gegensatz der Nationalitäten sich zugespitzt hatte ^). Der dem
einen Volke ein harter, gefährlicher Bedränger erschien, den
aas dem Wege geräumt zu haben als ein hohes Verdienst an-
1) Detmar sa 1840, S. Si5; Hvitfeldt I, S. 467. Urkdensmmlg II, S. 203
oben (▼om 2S. Juni 1840) itt von einer Fehde zwischen Herzog Waldemar
Qod Graf Oerfaard mit seinen Söhnen und von den Gefangenen die Rede.
S) Detmar zu 1840; Langeb. II, p. 392 and VI, p. 524.
3) Frofesaor Veltcbow regte 1839 dazn an, vgl. Danslc Folkeblad 5. Jahrg.,
n. 8 n. 6 ; C. Palndan-Mfiller rieth ab in seiner Schrift : Er Oprettelsen af et
Hsdersminde for Niels Ebbeson tilraadelig? Odense 1839. Thorraldsen .soll
ieine Hälfe zugesagt haben. — In Randers erschien 1839 im Zusammenhang
mit diesen Bestrebungen: Efterretninger om Niels Ebbeson og hans Daad under
GreTens-Feide 1340. Af Chr. Olsen.
4) Schi. Holst Lauenbg. Archiv von Falk II, S. 422 und 463 ff.
126 ^' DIn«iiuurk anter deotselian Elnflnis 1S19 — 1840.
gerechnet wurde, war dem andern ein nationaler Held. TJn
in der That wird der Schleswig-Holsteiner stets dem „grosse
Grafen^^ ein dankbares Andehkai bewahren müssen, denn „e
hat seiner kleinen Graiischaft dne Bedeutung gegeben, wie si
ihr doch unter keinem seiner Vorgänger bdwoitnte, er hat de
Ausbreitung des deutschen Elementes im Nord^ und zunftd»
iin Herzogthum krftftig Vorschub geleistet, er hat den Gruni
zu der Vereinigung Holsteins und Schleswigs gelegt^ >). Ger
hard ist zu bald dahingerafft , er war noch nicht 50 Jahr ah
um in seinen Bestrebimgen Aber das Stadram des Kampf»
und der Gewalt hinauszukommen ; hätte er lange genug gdebt
um das oiganisatorische Talent, das er unzwdfelhaft besass
entfalten zu kennen, cfie Geschichte der nordalbingiscfaen Landi
mlk^te leicht eine andere Wendung g^iommen haben.
1) Waitt, Scbleswig-Holsteint Geschichte S. «28.
L Die eraten iwansdg Jahre Waldemar Atterdags.
Geriianis Tod (tflhete Waldemar den Weg auf den Thron
iier Vftter. Der erste Schritt war nicht allzuschwierig. Weit
riireitet war in Dftnemark die Unzufriedenheit über Herr-
bft und Druck der Ausländer; einem nationalen König waren
Ureiche Sympathien gewiss. Und wie in Dänemark selbst,
I wurde auch in manchem Nachbarlande eine Wiederherstellung
ar alten Ordnung, eine Wiederaufrichtung des Königthums
it Freuden begrOsst. Nicht bloss Herzog Waldemar von
ddeswig, auch andere Fürsten, selbst der Vetter Johann in
id>), sahen nur ungern die Macht Gerhards immer höher
dgen. Aehnliche Gefhhle herrschten in den wendischen Städ-
i; allmählich wieder gekräftigt und neu geeinigt, fingen sie
I, das Gewicht früherer Jahre in der Politik jener Lande
Wer zu behaupten. Nach Gerhards Tode hatten sie dop-
iten Grund, für die Befestigung geordneter Zustände und
Her gesicherten und doch sie selbst nicht bedrohenden Re-
enragsgewalt in Dänemark zu wirken. Denn mit dem grossen
rafen war die starke Hand ins Grab gesunken, die den tiber-
üthigen Adel noch einigermasscn in Zucht gehalten hatte.
)l)ne Zwang und ohne Steuer waren die Holsten nach dem
>de des tapfem, tugendreichen Grafen Gerd; zu Wasser und
]) De marcgreve unde de hertoghe Woldemer droghen do overeDf dat se
Mcn den Woldemere , eren swAgher , bringhen in sinea Ttders rike. DriIo
' kin veddere, greve Johan van Holsten en vorderere , Detmar xn 1340,
U7.
128 ^I* ^I« ersten iwaniig Jahre
ZU Lande tbaten sie den Kaufleuten manchen grossen Schaden;
unwillig ertrugen das die Städte"^). — So herrschte überall
jene Stimmung, von der Detmar berichtet, dass sie auch dem
Grafen Gerhard nicht unbekannt war: „Auch hörte der Graf
damals wohl, dass viele Herren und Städte gern einen König
im Lande gesehen hätten um des Friedens willen, der noth
war, sowohl zu Lande wie zu Wasser"*).
Drei Söhne hatte Gerhard hinterlassen, doch nur die ba-
den älteren, Heinrich und Klaua f(dgten in der Bogierung.
Beide standen noch in jugendlichem Alter. Sodien hatte
Heinrich das 20. Lebensjahr überschritten, Klaus war dem-
selben nahe. Sie haben später bewiesen, dass ^e des Vaters
nicht unwürdig waren, vor Allem in der Führung der Waffen.
Dass in Waldemar ihr gefährlichster (xogncr stecke, scheinen
sie damals noch nicht erkannt zu haben; weidgstens haben
sie sich seiner allgemein gewünschten Einführung ins fteidi
nicht widersetzt. Schon drei Wochen nach dem blutigen Tode
des Vaters in Randers, am 22. April 1340, einigten sie und
Waldemar von Schleswig ') sich in einem zu Spandau abge-
schlossenen Vertrage unter Vermittlung des Markgrafen, des
Herzogs Albert von Sachsen und Johanns von Kiel mit Junker
Waldemar über dessen Anerkennung als König ^); der geÜEUi-
gene Otto sollte freigelassen werden, aber der K&iigskrone
entsagen. Welche Gründe bewogen haben, den näher Berech-
tigten zu übergehen, ist nicht klar zu erkennen. Doch ist
das Verfahren nicht ohne Seitenstück in der Geschichte der
dänischen Thronfolge.
1) Detmmr so 1S40, S. 249.
2) ebd. S. 245.
3) Der Verdacht der Sohne Gerhards gegen Hersog Waldemar als angeb-
Uchen Mitwisser der Unthat und ihr Unwille gegen ihn, wovon Detnar zum
Jahre 1S40 (S. 247) ersählt, hat sie nicht gehindert, mit dem Feinde rasch
eine gatliche Einigung zu suchen. Vgl. LUb. Urkd. III, n. 95.
4) Anualer for norüisk Oldkyndighed og Historie 1860, S. 37 7 ff.
Waia«ii«r Atterdags. 129
•
Im Mai endiien der Markgraf mit dem jungen Walde-
Bar in Lübeck. J)9l waim zu der Zeit der Fürsten, der
Gmien und Landesherren viele mit ihren Mannen^^ ^). Auch
der Heraog von Sdileswig und die holsteinischen Grafen waren
eiMhienen. Endgültig wurden hier durch Verträge die däni-
schen Verhältnisse geordnet *) und zwar wesentlich auf Grund-
lage des bestehenden, durch die Abtretung Schleswigs an Graf
Oertiard herbeigeführten Besitzstandes. Heilwig, die Schwester
Henog Waidemars, verlobte man dem jungen König. Ihre
Mitgift von 24000 Mark sollte von den 100000 Mark abge-
rechnet werden, f&r die Fünen und Nord-Jütland 1332 dem
Grata Gerhard verpfiEüidet word^ waren. Jenes blieb in den
Binden der Söhne Gerhards, Nord-Jütland erhielt Herzog
WiMemar, dessen Herzogthum Schleswig dem mit dem Vater
abgeschlossenen Vertrage gemäss ebenfalls Heinrich und Klaus
zufiel. Dem König selbst trat Herzog Waldemar für jene
2400O Mark die nördlichsten Distrikte Jütlands ab, Aalborg
■it Zubehör : den Vend-, Himmer-, Thydsyssel und die Hane-
liarde, mit einigen wenigen Besitzungen auf Seeland und des-
sea Nd[)eninseln die Basis, auf der die königliche Macht sich
lofbanen sollte. Der König, der Herzog und die holsteini-
schen Grafen gaben sich das Versprechen gegenseitiger Kriegs-
hflUe. Deutlich genug zeigen diese Abmachungen, dass Qer-
bards Erfolge nicht auf zwei Augen standen; sie waren fest
genug begründet, um den Uebergang des Regiments an Jugend-
liebe Nachfolger zu ertragen.
Aber andererseits war die Lage Dänemarks doch zu un-
natürlich, um von langer Dauer zu sein. Ein kräftiger, seiner
Würde bewusster König konnte und durfte sich nicht mit
einer Machtsphäre begnügen, die ihm in seinem eigenen Lande
nicht die zweite oder dritte, nein kaum die vierte oder fünfte
1> Detmar zn 1840, S. 247.
a) Urkd«iiniiinlg U, S. 108 nnd 198, am 19. und 21. Mai.
Sehifer. IH« HaaiMtldto. 9
130 VI. Di« erateo Ewaaig Jahre
Stelle anwies. Waldemur war nicht der Mann, sidi niUg zu
fügen, um so mehr als die Wünsche zahlreicher Männer seines
Volkes ihm entg^en kamen. „Von Lübeck'', erzäl]Jt Detmar,
„brachte der Herzog den König nach Sonderburg auf Alseo,
dort heiratete er seine Schwester. Nach der Hochzeit führte
er ihn nach Wiborg auf die Landes- und Gerichtsyersanun-
lung. Da empfing ihn das ganze Land (dat mm% land) als
König, und hofiFten damals Alle, dass „sie frei werden sollte
vom schweren Druck der Holsten" ^).
Gerade in Jütland tobte noch der Kampf. Um Niels
Ebbeson, den verwegenen Mörder Gerhards, hatte sich ein
umfassender Widerstand organisirt; Adel und Bauern kämpf-
ten gemeinschaftlich gegen die holsteinischen Grafen'). Wal-
demar hat nicht sogleich in diese Bewegung eingegriffen. Das
Jahr 1340 ist vorüberg^angen , ohne dass das gute Einver-
nehmen zwischen ihm und den Grafen gestört wurde. Den
lübecker Verabredungen gemäss sollten die vertriebenen oder
landesflüchtigen Anhänger des Königs zurückkehren, ihrer alten
Rechte und Besitzungen geniessen dürfen. Andererseits er-
liess Waldemar am 6. Januar 1341 zu Boeskilde eine Amnestie
für Alle, die Etwas gegen seine Familie unternommen hatten ;
sie sämmtlich sollten in ihrem Stande ukid Rechte bleiben').
Wenige Tage darauf (am 8. Januar) sprach er den Grafen
Fünen erblich zu, wenn er selbst unbeerbt sterben sollte^).
Aber das sind auch die letzten Zeichen eines friedlichen Var-
hältnisses. Kurze Zeit darnach, wir wissen nicht genau wann,
muss der Kampf zwischen den beiden natürlichen Gegnern
entbrannt sein.
Der Vortheil war zunächst entschieden auf Seite der hol-
1) Detmar, a. a. O.
2) Detmar zu 1340, 8.247 u. 248.
3) HvitfeKlt I, 477.
4) Urkdsmmig 11, S. 105.
steiiriBcbm Grafim. Besondere der ältere von ihnen, der „eiseme
Heinridi'*, stead an kriegeriseher Tüchtigkeit und rQcksichts-
ksar EntschloBseiiheit seinem Vater nicht nach. Die Feind-
idigkeiteB hatten sie, wie es scheint, damit eröfihet, dass sie
mk auf der Insel ArrOe durch ein^ plötzlichen Ueberfell
im ^nags Waldemar yon Schleswig bemächtigten wid ihn
üdi Nyborg aaf Fünen führten, wo er zwei Jahre gefangen
Hieb'). Ein Versuch des Königs, durch Vermittlung des
Orden Jdiaaii das wichtige Wordingborg auf Seeland von
Mnem holsteinischen Inhaber wieder einzulösen, missglCtokte
glBiUch. ' Jede Kirche li^rte dazu einen Kelch; Waldemar
bnchte auch die erste Rate glüddich zusammen. Da er aber
die späteren Zahlungstermine nicht einhalten konnte, bOsste
er das erste Geld nutzlos ein ; seine deutschen Söldner, Baiem
nd Schwaben, durch die Verbindung mit dem Kaiser und
im Markgraf^ ins Bdch gekommen, erhielten ihre Dienste
Bit den geweihten Gtefitssen bezahlt*). Auch der Angriff auf
KtUundborg, ein Hauptnest der adligen Piraten, misslang;
Graf Heinrich eilte herbei und schlug die Dänen gänzlich ').
Ib Jfttland kämpften Bauern und Adel (bundere imde hove-
Tolk) veiig^lich gegen die holsteinischen Herren; Niels Ebbe-
MB erlag mit zweien s^ner Brüder und angeblich mehr denn
220O Dänen den Waffen der Holsteiner ^).
Eingedenk seiner alten dänischen Sympathien und seiner
FiffersQcht gegen die rendsburger Linie stand Graf Johann
nm Kiel in dieser Fehde auf Seiten des Königs. Auf Seite
1) Detnuur sa IUI, S. S49.
1) LangBb. VI, 524 la 1340 o. 41; Dcftmar tu 1341 , S. SSO. Nicht ans
Jobain» HAnd«! war Wordingborg su erlösen, wie Dahlmann I, 490 ff. will,
tondem ein Waldemar feindlicher Holsteiiier hatte Wordingborg in BesiU,
Marqitard toh Schone (wahrscheinlich Stove sa lesen), Langeb. VI, 524 su
1S4S.
3) Detmar zu 1341, S. S50 ff.
4) Detnuu- so 1840, 8.248; Langeb. VI, 524 su 1342. Ueber die Zeit
▼fL ScbAfer, dln. Annalen n. Chroniken S. 82.
9»
132 ^- ^^ «ntan nwuaäg Jahre
des Königs stellte sieb auch ein neuer Bundeagenoflse, der in
den Kämpfen der letzten Jahrzehnte ganz zurddcgetreten war
-^ die wendischen Städte.
Nicht in letzter Linie hatte bei den in seinen Mauern
geführten Verhandlungen Lübeck mitgewirkt, Waldemar md
damit , wie es hoffte, ein Gegengewicht gegen die Hdlsteiner
und ihren Adel, eine Stütze des Land- und Seefriedais, ins
Reich zurückzuführen. Die Privilegien, die der neue Ktai^;
und sein naher Verwandter, der deutsche Kaiser, in jeaeD
Tagen gewährt hatten, bezeugen das ^). Aber diese Privüegiefi
nützten Nichts, so lange keine anerkannte Macht im Lande
war, die über deren Beobachtung wachen konnte, so lange Wal-
demar nicht Herr war im eigenen Beiche.
So sind denn die Städte weiter gegangen auf dem betre-
tenen Wege, haben sich Waldemar und dem Grafen Johann
angeschlossen, um der adligen Seeräuber ledig zu werden. Am
15. Juli 1341 versprach der König von Dän^nark im Lager
vor Kallundborg den wendischen Städten (Lübeck, Wismar^
Rostode, Stralsund und Greifswald), zu helfen gegen Jeder-
mann, der sie anfeinden würde, weil sie ihm ihre Schiffe ge-
sendet hätten zur Unterdrückung der „piratae^^ und „spolia-
tores/^ Zehn Tage darauf sagt Johann von Hdstein, „auf
dessen Bitten die Städte die Schiffe geschickt hab^^, gleidie
Hülfe zu^). Es ist eine eigenthümliche Kombination: Holstei-
ner stehen gegen Holsteiner, die deutschen Städte sind dem
dänischen Könige verbunden. Nationale Gründe sind es nicht,
die als die massgebenden erscheinen. Für die Städte sind es
die Interessen des Verkehrs, welche die Grundlage werden
sollten eines Einflusses im Norden grösser, als ihn die Poli-
tik deutscher Fürsten jemals zu erringen im Stande gewe-
sen ist.
1) Lab. Irkdb. II. n. 703 u. 704; UrkdI. Gesch. II, S. 361 (fflr Lfibeck
und Stralsund).
S) Lttb. Urkdb. U, n. 7Si u. 726 ; D«tmar su 1841, S. 160.
WfddtMT Attordagi. 183
^Um äD jener Noth, Raub, Gewalt, Mord, Ungerechtigkeit
md lüMmWifaltigeP Sdiadeiis willen, zehn mal so viel an uns
fwttbt als in diesem Schadenverzeichniss geschrieben steht,
beriethen wir ans mit den andern Seestädten und rüsteten
ottore Koggen ana zugleich mit den ihren mit wehrhafter
Ifaumsdiaft, den erwähnten Räubern und ihren Hdfem, die
ms diesen vielfachen Schaden gethan hatten , Widerstand zu
kisten^, so erzählt später Lübeck in seiner Beschwerdeschrift
gogn die Grafen. Eine der. Koggen kam nach Kallundboi^;
sie lig dort, als Heinrich der Eiserne die Dänen angriff
nd sddug. Noch war Friede zwischen den Städten und den
Gnto; nur den Dienern der Letzteren, den adligen Seeräu-
bern, sollten die Bflstungen jener gelten. Dessungeachtet ging
Heinrich unmittelbar nach dem Siege zum Angriff auf die Lü-
beeker über. Die genommenen dänischen Schiffe wurden be-
mannt, mit ihnen dann die lübecker Kogge angegriffen und
erob^t. Unvericennbar offenbarte sich eine besondere Erbitte-
nag gegen die Städtischen: „Graf Heinrich erschlug einen
Tbeil der Bürger, die auf der Kogge waren, einen Theil fing
er. Die Ge&mgenen liess er umhertreiben und hart mit Stö-
cken schlagen *), liess sie draussen liegen wie Vieh. Kein
Ende war der schnöden, losen, unzüchtigen Worte, die man
den Gefemgenen zu hören gab, und ein Theil von ihnen wurde
noch todtgeschlagen, als sie sich sch<m ergeben hatten^' ^).
Nur ungern haben von jeher die Städte das Schwert ge-
logen ; besonders Lübeck war in seiner Politik gewohnt, mehr
durch die Diplomatie als durch Waffen zu erreichen. Auch
nadi dem Kallundborger Ueberfalle hat man sich nicht ent-
sddossen, den Grafen den Krieg zu erklären. Die Niederlage
1) I>e Tangenen leth he ammedriven unde mit sUken sere slAOf yielleicht
liiM bestimmte Art der Peinignog, etwa umtreiben um einen Pfahl, an den der
Gepeinigte gebunden w»r. Wenn auch nicht lachlich, 50 doch der Bedentung
nach ist das Verfahren wohl dem SpiessnUhenlanfen an Terglekhen.
S) Lftb. Urkdb. U, 8. 70S ; Detmar su ISil, 8. S60ff.
134 VL Dk eralfD swaaifg Jahre
der Dänen rietb ob^drdn davon ab. Am 2. Septamber 1341
kam es, nocb vor Kallundborg, zu einem Vergleich miter den
Parteien, der die definitive B^;elttng des Friedens auf eine
Zusammenkunft in Roeskilde am 15. Sqitember verschob ^).
Wir wissen nicht, ob diese Zusammenkunft stattgefiiiidei
hat. Detmar erzählt^), dass durch Herzog Albert s<m Sadir
sen und Johann von Holstein ein Stillstand bis Pfingsten Bächr
sten Jahres herbeigeführt worden sei. Inzwischen ruhten die
Städte nicht in Verfolgung ihres Zieles gegen den raubloati-
gen holsteinischen Adel. „Während des W^affenstillstandes
sannen die von Lübeck und die vcm Hamburg, wie sie ilure
Sache gegen die Holsten fi)rdem könnt^^''). Beide Städte
schlössen am 22. November 1341 ein Bündniss gegen die Krimi-
mendiek und ihre Helfer^). Graf Johann stand ihnen zur
Seite, lieferte ihnen sogar Segeberg aus und verband sich aa
17. Februar 1342 mit der Stadt Lübeck zu ihrem und dtes
Königs von Dänemark Schutze^). Heinrich und Klaus aber
unterstützten ihre räuberischen Mannen, „vored^hedingheden
erer manne unrechticheit.^^ Mit dem genommenen Koggen lief
Graf Heinrich selbst gegen die Städter aus. Klagten diese
über die Adligen, so erklärten die Herren, sie hätten nicht
genug Macht über ihre Mannen, sie zu rechtlichem Austrage
anzuhalten und zur Schadloshaltung zu bew^en. „Daraus^,
erklärt Lübeck später, ,4st fast aller Zwist und Krieg entstan«
den bis auf den heutigen Tag"*).
So lief die Frist ab, ohne dass der Friede geschlossen
war; den Städten blieb nichts übrig-, als offen an der Fehde
1) Hvitfeldt I, 479. Vgl. dazu Suhm XIII, S4. H. B. I, S. 63 u. 66 ist
irrthümlich der 29. Sept. angegeben.
8) Zu 1841, S. 262.
3) Detmar, a. a. O.
4) Lttb. Urkdb. U, n. 732; Urkdl. Qt»ch. U, S. 368.
5) Lttb. Urkdb. U, n. 734; Detmar su 1341, S 251.
6) Lttb. Urkdb. II, 8. 706.
WtliliMir Attardag». 135
tMlttndimeD. Anf Seite der holsteinischeD Grafen war Kö-
■ig Migniis von Schweden getreten, wahrscheinlich besorgt
im seiae nene Protinz. Denn obgleich Waldemar am 3. Jan.
1341 zu HdsiBgborg ^) den Handel zwischen Johann und Mag-
ills «nerkaimt und Schonen abgetreten hatte, so konnte ein
SteigeD seiner Macht ihn doch leicht auf andere Gedanken
tnriBgen; hatte ihn doch bei der Belagerung Kaliundborgs der
Eixbiscbof YOB Lund mit Schiffen und Mannschaft unterstützt.
Ii Sebonen und an andern Orten liess Magnus die Städte ihre
FramdBchaft flUr Waldemar büssen. Andererseits hatten sich
die LBbecker an den Kaiser und den brandenburger Mark-
gnka um Hfilfe gewandt. Kriegslustige Söldner gab es in
Menge, und so erschienen denn bald kaiserliche HaupÜeute
mit ihrrai Schaaren im Norden: Baiem, Schwaben, Märkei".
Verwüstend durchzog der Marschall des Königs von Däne-
oark, Friedrich von Lochen, das holsteinische Land bis über
die Eider, während die Grafen ihrerseits Segeberg überfielen
mid zwei Mal vor Lübeck erschienen. Sie hatten den Heer-
bann des Landes aufgeboten') und fanden in ihrer Noth eine
Stütze an Graf Johann, der sich jetzt auf ihre Seite neigte;
nGraf Heinrich hatte seinen Vetter zu sich herübergezc^en/^
Am 26. Juni schlug dann Friedrich von Lochen, der nach See*
land hinübergegangen war, „wo er dem Könige besser helfen
konnte g^en die Holsteiner^\ diese und die Schweden bei
Kopenhagen'). Tapfer halfen ihm die deutschen Kaufleute,
die, aus Schonen vertrieben, zahlreich nach Seeland, beson-
ders nach Kopenhagen gekommen waren, wo Waldemar „den
Kaufmann gern hatte zum Häring£ange^^ Zum zweiten Male
zogen dann König Waldemar und sein Marschall vor Kallund-
1) Ragest» diplomatie« historiAe Danicae n. StOS.
t) Lftb. Crkdb. U, n. 7iS-- 746, UI, n. 97 a. 98.
S) Am 17. Jan. 1841 räunto der Bisehof von BoeskUde Waldemar Stadt
■ad Sehloss Kopenhagen ein bis smn 6. Deo. 18iS ; am 91. Nov. 1860 wurde
Bildes Waldemar gans ftberlasseo, Sahm 18, 96 u. 987.
136 ^^ ^^ tnlWBL swMiiig Jahre
borg. Aber gleichzeitig litt Lübeck schwer durch die Menge
der fremden Söldner, welche die Stadt auf üire Kosten er^
halten musste. „Und es gab darunter, die den Holsten woU
geneigt waren, wie später offenbar wurde. Sie lagen wohl
zwei Monate und zogen kaum zwei Mal aus gegen dm Feind^^ ^X
So waren beide Theile dem Frieden nicht abgeneigt Die
Grafen sandten Boten vor die Stadt, „zu einem Vergleich xa
kommen^S Sie fanden williges Gehör bei den Führern des
markgräflichen Heeres, Graf Günther von Schwarzburg, Hein-
rieb von Reischach und Johann vcm Buch, die ihnen gCknstig
gesinnt waren. „Mit Drohungen setzten diese der Stadt und
dem Bathe so lange zu, bis beide die Sache ihnen zur Yer*
mittlung übergaben.^' Am 13. October wurde von den Ge*
sandten der 6 Städte Lübeck, Hamburg, Rostock, Wismiai^
Stralsund und Greifswald mit den holsteinischen Grafen ver-
einbart, dass beide Parteien am 6. December in Rostock ihre
Beschwerdeschriften einreichen und ebendaselbst am 6. Januar
1343 die Entscheidung erwarten sollten. Die Könige von
Dänemark und Schweden wurden mit eingeschlossen in dm
Vertragt). Die von den Städten in Rostock übergd>eBen
Klagen besitzen wir noch, ein langes Sündenregister adliger
Unthaten 3); die Gegenbeschwerden der Holsteiner und Schwe-
den sind uns nicht bekannt. Statt zu Rostock kamen die
Schiedsrichter am 6. Jan. 1343 zu Stralsund zusammen, aber
ohne dass eine Entscheidung getrofifen worden wäre^). Auch
1) Detmar zu 1S42, S. 253 ff.; Langeb. VI, p. 5S4; Lfib. Urkdb. II»
n. 740 und 1078; Snhm XIU, 50 ff.; UrkdI. Oeseh. II, 8. 870 a. 871.
8) Lüb. Urkdb. U, n. 7&0~7Ö8.
8) ebd. U, n. 755, 756, 758, 759, III, n. 100, IV, n. 88.
4) Ein gewinses Licht auf diese Verhandlungen wie auf das ganse Ver-
bältniss Dänemarks zu Schweden wirft die Behauptung des bekanntaii Biachoft
von Linköping, Johann Brask, der 1588 nachsuweisen suchte, dass Schonen
etc. zu Schweden gehörten. Er berief sich dabei u. A. auf eine Urkunde Tom
6. Jan. 1848 (octava Johannis ap. et ev.), nach welcher Waldemar Sftd-Hal-
land nebst der Bierga und Norra-Asboo-Harde in Schonen an Magnus von
oie ^ätcfe Veraaminlnng in Bestock führte zu keinem Be-
sdlat A]0 daniif des Markgrafen Hofmeister, Heinrich von
Mschach, starb, steQte da» Schiedsgericht seine Thätigkeit
gUE eiiL
' Inxwisehen hörten die Feindseligkeiten nicht auf; beson-
den auf Seeland kämpften im Laufe des Jahres 1348 Dänen
md Hdstemar heftig mit einander. Doch stellten die sechs
Slidte endlich am 17. Juli 1343 zu Helsingborg den Frieden
mit Magnus vcm Schweden wieder her , Lübeck und Hamburg
len^ttmten sich am 13. December mit den holsteinischen Gra-
foi. Nur der nach der lübecker Sühne vom 13. October 1342
erlittene Schaden sollte gegenseitig ersetzt, die Städte aber
ii ihren alten Bechten und Freiheiten wiederhergestellt wer-
deor^). Auch unter den übrigen Kriegführenden ist es nicht
iuge darnach zum Frieden gekommen, schon am 2. August
1343 zwischen Schweden und Dänemaric *), am 29. Jan. 1344
zwiscben König Waldemar und Graf Johann ^), am ö. Februar
desselben Jahres zwischen Herzog Waldemar von Schleswig
QBd den Grafen Heinrich und Klaus ^). Wann zwischen diesen
und dem dänischen Könige Friede geschlossen wurde , lehrt uns
keine Urinmde mehr; wohl aber sehen wir schon am 26. Au-
gast 1344 diese Hauptgegner in einem Bündniss geeinigt^).
Hat das Eingreifen in diesen Kri^ den wendischen Städ-
8ebv«deB Terkaiift habe för 8000 löfch. M. köln. Gew. mit Ziuttimmuug des
dlutehtn BeichtraUi« wegen der schweren Schuld, in die Waldemar und die
^JitiKhn Krone gekommen durch Lösung von Waidemars Gefangenschaft; be-
sisgelt sei die Urkunde vom Markgrafen Ludwig von Brandenburg, Herzog
Bogialaw dem iielteren von Stettin, Graf Johann von Holstein und dem däni-
schen Reicharath. Vgl. Gustav 1. registratur I, S93.
1) Lfib. Urkdb. U, n. 771, 776, 785; Detmar su 1343; Langeb. VI,
^ 514 au 1343.
%) Lftb. Urkdb. U, n. 816 ; vgl. Regesta diplomatic« historiae Danicae I,
s. 2339—41.
3) Urkdammlg U, S. 114.
4) ebd. U, S. 115.
ft) ebd. n, S. 118.
188 '^' ^^ •'•^•■i twvulg Jahre
ten auch keine grossen direkten Vortheile gebracht, so kat
es doch nicht wenig dazu beigetragen, ihre Stellung zu be-
festigen. Geeinigt hatten sie seit langer Zeit zum ersten Mal
wieder in die nordische Politik eingegriffen, hatten die Aner-
kennung ihrer verbrieften Rechte durchgesetzt und mit Etft-
schlossenheit und nicht ohne Erfolg die Sicherheit der Strae-
sen zu Wasser und zu Lande verfochten. Dies letztere Ziri
blieb auch hinfort der Gegenstand ihrer besonderen Fürsoige.
Mit dem eben noch feindlichen Magnus, der ihnen jetzt duidi
Privilegien seine Gunst bewies 0, schlössen sie schon am
30. Mai 1344 ein Bündniss zur Bekämpfung der Seeräuber;
je sechs SchiÜe sollten dazu von beiden Parteien gestellt wer-
den^). Auch zu Lande gab ihnen der mit den holsteinischeD
Grafen geschlossene Vertrag freie Hand gegen die adligOD
Wegelagerer. „Der Graf und die Städte blieben bei dem
Frieden, den sie gelobt hatten; aber der Herrra unbändige
Mannen hielten schlecht Frieden; Rauben, Stehlen und lieber*
fall wurde eine gemeine I^andplage; Städte mid Land ver-
armten sehr; den jugendlichen Landesherren fehlte die Kraft,
dem Unwesen zu steuern ^),^^ so schildert Detmar die Lage.
Besonders die Strassen zwischen Hamburg und Lübeck wur-
den von den adligen Herren beunruhigt; Alster, Trave ued
St«ckenitz durch Dämme für die Schiffahrt unbrauchbar ge-
1) Lttb. Urkdb. II, n. 774 am 9. Sept 1343 für Norwegen an 6 Stidto;
an Lübeck besonders ebd. II, n. 806, 808, 809; fQr Anklam UrkdI. Gesell.
II, S. 374; wegen Stralsund vgl. ebd. II, S. 388. — In der ersten Urkoode
ist hier im Osten zuerst von einer Hanse der Deutseben die Rede. Die Pri*
trilegien werden ertheilt ipsis dritatibns et earum incolis necnon unirersis
mercatoribus de hansa Tentonieornm.
2) H. R. I, n. 189.
8) Detmar zu 1348, S. Söö: De greve unde de stede bleven Tort bi d«iii^
Trede, de betöret was; over der heren balsturighe man beiden qnadeii rrede.
Roven, stelen, bodenstulpen gbemene wart; stede unde land voranueden Mre;
stures brak an den kindeschen landesheren. Für „bodenstulpen** tefaien mir
hier „Ueberfall** die beste kurze Uebersetzung ; den Sinn deckt es wob! nieht
vollkommen.
189
Mcht. In doi Bidistcii Jahren hörte der Kampf mit dem
Adel nicht ant Städtiadte Heeihaufen lagen bald vor dieser,
bdd Yor lener Burg, einsein unterstützt von den Fürst^.
Manche Adlige achworen Urfehde und entsagten allen Feind-
uMfßuitaiL Aber eine entaeheidende Niederiage erlitt die hol-
steiiiaehe Bitterschaft erst, als sie sich, Johann Hummers-
btttd ond Marquard von Westensee an der Spitze, mit König
Waldemur in ein Bflndniss gegen die eigenen Landesherren
etalins und so die holsteinischen Grafen selbst gegen sich
ii8 Feld riet Das. Landfriedensbündniss des Herzogs Erich
voa Sachsen mit den holsteinischen Grafen und den Städten
Hmburg und Lübeck brachte 1349 durch Zerstörung zahlrei-
cher Baobburgen wesentliche Besserung^). Doch haben sich
im Bdchsten Jahrzehnt noch wiederholt Städte und Fürsten
za Landfriedensbündnissen zusammenthun müssen, um dem
Uebd zu steuern'), den in den letzten Kriegen reich gewor-
denen, zügellosen und unbotmässigeu Adel zu bändige.
Während das Ansehen der Städte in diesen Jahren stieg,
gewann auch die Stellung König Waidemars. Für ihn bedeu-
tete es schon etwas, sich in dem Kriege gegen seine über-
nächtigen Gegner behauptet zu haben. Wir sind leider nicht
genau unterrichtet über die einzehen Fortschritte, die er
machte, ab^ doch genügend, um zu erkennen, dass Walde-
oiar durch Klugheit, Kühnheit und Ausdauer allmählich die
Königsmacht wieder zu Ansehen brachte. Was im Frieden
1) Detmar lu 1S4Ö und 1S49 ; LBb. Urkdb. II, n. S82 , 841-44, 924,
M$. ÜMteU, Labeck und Marqnard von Wettenaee.
2) 186S Febr. 20 and 27 swiseben Meklenburg, Werte, mekleuborgUche
Scidle nad Lfibeek; Detmer berichtet, das» mAD in dieeem Jahre 6 Sehlötser
sentdrt habe. 1384 Not. 1 swinchen Sachsen, Meklenburg und den Städten
(Üb. Urkdb. III, n. 158 und 818). — Die St&dte greifen bei der Verfolgung
der Raubritter auch in die Mark aber , Lftb. Urkdb. III, n. 198 und Detmar
M 18Ö4, 8. 279. Vgl. Lappenbtrg, tod den Schlteem der Sachtea-Lauenbg.
Raabrilter.
140 ^- I^ erttoD vninig Jahre
mit den Grafen ausgemacht war, wissen wir nidit; im Osten
hatte Waldemar die Abtretmig Schönens neuerdings bestäti-
gen müssen^); aber auf Seeland, im Kern des Reiches, brsi-
tete sich seine Macht aus. Theils durch Wafiiangewalt, theils
durch Unterhandlung oder um Oeld kamen nach einander Ko-
penhagen, Kallundborg, Sieborg, Nestved, KorsOr, Wordiii^
borg in des Königs Gewalt ; „so ward des Königs Macht ga&i
allmählich grösser auf Seeland^, sagt Detmar; 1346 beherrschte
er die ganze Insel*). Zwei Jahre zuYor hatte er die Noid-
friesen unterworfen und so abhängig gemacht, wie sie nie zor
vor gewesen waren '). Auch Herzog Waldemar von Schleswig
wusste er auf seiner Seite zu erhalten und 1345 zu Zag^
Ständnissen zu bewegen, wie sie em Herzog von Schleswig
lange nicht mehr einem dänischen Könige gemacht hatte ^).
Die Anhänger der Grafen aber, die in ihrem Dienst zu Be*
sitz und Ehren gekommen waren, iGingen schon an, es zu
ihrem Vortbeil zu iind^, wenn sie sich der aufgehenden Sonne
der Königsmacht zuwandten. Der Holsteiner Klaus Lembek,
von Gerhard zum Hauptmann über Nord-Jütland gesetzt, von
seinen Söhnen und dem Herzog Waldemar mit reichen Lehen '
im nördlichen Schleswig ausgestattet, wurde 1344 Drost des
Königs und führte zwei Jahre später in seinem Dienste ein
Heer nach Laaland gegen die Grafen ^). Gegen diese konnte
der Krieg nicht lange ruhen. Waldemar benutzte den Auf*
stand der Hunmiersbttttel und Westensee, um den östlicheB
'Theil Fünens von Heinrich und Klaus zurUckzuerwerfoen ; nur
1) Beg. hist. Dan. I, n. 82S9~41.
2) Detmar S. S56 , S69, 262; Laogeb. VI, p. 524 und 525. Bter wirl
angegeben , dass Waldemar aus eigenen Mitteln 10 Mark reinen Golde» gege-
ben, vom Lande SO erhoben habe. Hvitfeldt (I, 488) aprieht Ton 10000 nd
30000 Mark Silber.
3) W^aita S. 234 AT., dasn Urkden^ammlg H, 400; Becktr, da »Idate
danske Archivregistraturer I , S. 4 AT.
4) Waita S. 233; Urkdensammlg U, S. 121.
5) Langeb. VI, p. 524 und 525.
WaldMMur Attardifi. 141
um dieseD Prds erbidten die Grafik die Festen der Empö-
rer»).
SdMD mr Waldemar so mit Eifer wid Umsicht erfolg-
rodi bemtUit, die KönigsiDacbt in Dän^nark wieder aufzu-
richlen, wieder Herr zu werden im eigenen Lande, so fehlt
Om doch auch andererseits jener Zug nicht, der seine Vor-
fahren flbocB Meer getriebeai, sie die Kraft des kleinen Lan-
des in writanssdieoden politischen Unternehmungen ]jatte er-
seUpfoD lasaeo. Noch war seine Stellung daheim nicht yoU-
komneB beCsstigt, so sA&x wir ihn schon zwei Mal im Or-
deislaiide Preussen, um an den damals so beliebten Zügen
gogen die heidnischen litihauer theilzunehmen. Ja mit dem
jungiai Herzog Erich von Sachsen zusammen, dessen „edler
Name*^, wie Detmar sagt, „durch Wegelagerei sehr schlechten
Ruf gewann^S unternahm er 1347 sogar eine Reise nach dem
bdiigen Ghrabe*). Es war ein Glück für Waldemar, dass
auch sein Hauptgegner, Graf Heinrich der Eiserne von Hol-
stem, genfigraid dem Geiste der Zeit huldigte, um Jahre lang
seine Knlt abenteuerlichen Heerfahrten zu widmen. Während
der bedächtigere Bruder daheim des Landes wartete, führte
er im Kreuzzuge Johanns von Böhmen nach Preussen, als
Feldherr des Königs Magnus von Schweden, in englischen
Diensten das Schwert für fremde Angelegenheiten, kämpfte
a& den Ufern des Ladoga und auf den Gefilden Frankreichs*).
Glänzenden Waffenrubm, den die heimische Sage nicht ver-
fällt hat, noch vielfach zu vergrössem, hat Heinrich davon-
1) I>etinar xa 1846, S. S68 ff. ; Mantels, Lübeck u. Marq. ▼. Westensee
8. Se C; Waits S. S87 ff.; Urkdmiminiflr II, S. 21«. Aach die Herzöge
Bogitlswy Bftniim «nd Wartislaw von Stettin standen in diesem Kriefi^e in des
Kteigt Dienst, Gesterding, Pomm. Mag. II, S. 78.
1) BeinlMurdt in Historisk 'Hdsskrift, 4. B»kke lU, SOI ff. bestimmt Ar
fiflselbe die Zeit vom 13. Februar bis S4. Juni 1347 ; xu demselben Resolut
var scbon vor ihm Mantels gekommen , Marq. v. W. 8. 26 ff. — Detmar xa
1348.
8) Janghana , Heinrich der Eiserne S. 9 ff.
:iii
143 VI. Dto •rston wwtaoHi Jahre
getragen; K(^g Waldemar gelang es, aus seiner Verbindung
mit dem deutschen Orden einen reelleren Vortheil zu zielMü^
Das entlegene Estland, als d&nische Provinz ein Denkstein
der gewaltigen Pläne Waidemars des Siegers, aber von jdm
von zweifelhaftem Werthe filr das Reich und eben jetzt donii
einen furchtbaren Aufstand der einheimischen BevOlkenng
und durch schwedische AnnektirungsgdOste in Gefahr, g«H
von demselben losgerissen zu werden, wurde am 29. AiigmÜ
1346 von Waldemar um 19000 Mk löth. Silbers {i
resp. gegen 5 Mill. Rm.) an den deutschen Ordoi
Für ein Besitzthum, das höchstens eine Qudle von Verlegen-
heiten werden konnte, erhielt Waldemar eine beträchtlidn
Summe Geldes, dessen er zur Einlösimg der verpfandetoi
Landestheile so schwer benöthigt war. Dazu wurden die An-
sprüche seines Bruders Otto, der in den Orden eintretao
wollte und nun Estland, wie gesagt wurde, gleichsam als
Mitgift dem Orden zubrachte*), ein fttr allemal befriedigt
Möchte dieser Verkauf als ein Beweis ersehdnen, dirii
Waldemar mit den unhaltbare Plänen der Ostseepolitik sei-
ner Vorfahren gebrochen hatte, so zeigen andererseits die
Ereignisse der nächsten Jahre, dass er keineswegs geiwOlt
war, auf die Errungenschaften der Erich Menvedsdien Polüfll
zu verzichten und seine Stellung an der Südseite des baiCl'*
sehe Meeres ohne Weiteres aufzugeben. Schon seine Jugend-
1) Bunge, Liv-, Est- u. Knrläud. Urkdb. 11, n. 852 Wegen des Auftfeu-
des s. Detmar xn 1848, S. 866 und Hdhlbaiim, die jftngere liTliad. Bilto*
Chronik des Bartbolom. Hoeneke , Einleitg. p. XXIX ff. Vgl. Livl. Urkdb. II,
n. 770 u. 778.
8) Vgl. Uy\. Urkdb. II, n. 850 u. 861. Waldemar schrieb an den F^wC;
es sei vollkommen geschenkt ; dieser sagt in seiner Bestfitignng Tom 8.
1348, dass durch die geringe Kaufonmme Niemand sieh möge yerltiten
eine T&uschnng oder Erschlekhnng zu argwdhnen, Livl. Urkdb. II, n. 877 nd
886, Tgl. auch n. 877. Ein Thell des Geldes (6000 Mark) diente mr B«nlh
lang der Mitgift von Waidemars Schwester Margarete an den Markgrafen Lid-
wig von Brandenburg. Vgl. Livl. Urkdb. II, n. 755 , 790, 805, 866, 868 iM
Beg. n. 944. In letzterem iit wohl Silbers statt Goldes tu lesen.
ViMMMff Attmlagt. 143
cradniiig md seioe Verwaadtschaften wiesen ihn nach Deotseh-
bid hinüber und yerwickeltesi ihn in das Netz der Reichspo-
Ml Waldemar hmt sein ganzes Leben Jiindurch mit Vorliebe
fie Verbindnngen g^egt, die seine Jugend geknüpft hatte,
wied«rh<dt auf dem Fdde der europäischen Politik Hülfe
Bath geeucht f&r heimische Veriegenheiten. Am Schlüsse
des ersten Decenniums seiner Regierung, als seine Macht da-
Mb sieh sodi nicht weit über Seeland und das nördlichste
ittlnid hinans erstreckte, sehan wir ihn tief verwickelt in
dea Markgrafenkrieg und die Gelegenheit benutzen, um in
dea deataehen Ostseeländem der dänischen Macht wieder Bo-
dea m gewinnen. Nur die heimische Besdiränktheit, die noch
inner anf der KOnigsgewalt lastete, ist die Ursache gewesen,
dasB diese Bestrebungen wenig über das Stadium der Versuche
kiiiaos gekcmmen sind.
Um die Mitte des 14. Jahrhunderts geschah, was sich
seit dem Kampfe der Weifen und Staufer nicht mehr ereignet
hatte, daaa die allgmneinen Reichsverhältnisse unmittdbar und
lebhaft in die Geschichte des Nordostens unseres Vaterlandes
engriffen. War doch 1347 die deutsche Krone auf einen Für-
sloi übergegang^, der in erster Linie Herrscher eines slavi-
adn» Volkes war, dessen Lande fast nur aus altslavischen
öebfeten bestanden. Nach dem Tode Ludwigs des Baiem
banden sidi Luxemburger und Witteisbacher schroff gegen-
über. Gegen Karl von Böhmen erhoben diese den Grafen
Gtlniher von Schwarzbuig zum Könige ; jene unterstützten den
sogenannten falschen Waldemar, der sich für den 1319 ver-
storbenen gleichnamigen Mariegrafen aus dem askanischen
Banse ausgab. So daditen sie den Markgrafen Ludwig, des
Yerstorbenen Kaisers Sohn, aus der Mark und damit die Wit-
tdabachw aus einem Blauptsitze ihrer Macht zu verdrängen.
Dar Prätendent fand bei norddeutschen Fürsten und in den
Städten der Mark Anhang genug; auch die Herren der Ost-
144 ^I* ^^^ entMi iwmsig Jahre
seeküste, die Fürst^ von Meldenburg und Pommern , stellten
sich auf seine Seite. Andererseits war König Waldenuur vn
Dänemark seinem Schwager, dem Maritgrafen Ludwig, sdui
durch die Verwandtschaft und durch Bande der Dankbarkdi)
zur Hülfe verpflichtet; war doch Ludwig besonders ihm etm
Sttttze gewesen bei Wiedererlangung seines Reiches. Utm
galt es , gerade jetzt einzuschreiten , wenn nicht die Ostseih
länder, besonders Meklenburg sich ganz dem dänischen Efah
fluss entziehen sollten. Pommern hatte wegen Rflgen, Mekkt^
bürg w^en Rostock die dänische Lehnshoheit anerkannt bi
Juli 1348 aber liessen sich die Fürsten des letzteren LandM
zu Prag von Karl IV. zu Herzögen machen und nahmen iht
Land vom Kaiser zu Lehen. Rostock wird allerdings nidrt
erwähnt, aber dass Waidemars Rechte bedroht waren, gdrt
aus seinem Briefe an die Rostocker vom 23. November 1348
hervor, der diese auffordert, weder den Meklenburgem noch
irgend einem Andern zu gehorchen ausser ihm ^). und f^&dh
zeitig wurde Herzog Barnim IH. von Stettin vom Kaiser mit
Rügen belehnt, das doch schon an 200 Jahre unter dänisdHr
Oberherrschaft gestanden, dem Sprengel eines dänischen Bi-
schofs angehört hatte*). Grund genug auch für einen weid-
ger energischen Charakter, als Waldemar war, zur Wabnoig
seiner Rechte das Schwert zu ziehen. So sehen wir denn
König Waldemar im Sommer 1349 mit einem Heere auf der
Insel Pol landen, Meklenburg durchziehen und dort, in Pen-
mem und den Marken fQr seines Schwagers und die eigOM
Sache streiten'). Es ist wohl wesentlich seinem Auftrstni
zuzuschreiben, dass die luxemburgische Partei sich zu Fite-
densverhandlungen geneigt zeigte. Waldemar sjHelte am
1) Mekl. Urkdb. X, n. 6898 nnd 6945. Rostock steht auf Seit« dw
lenbnrger Waldemar feiodlich fi^genüber, ebd. X, n. 6984.
S) Sabm XIII, 197.
8) Detmar su 1849.
WftldMMur Atlordafik 145
HtnptroUe in demselben. Auf einer Versaaunlnng der FOr-
iloi n Buitien vom 16.— 19. Februar 1360 wurde Karl von
Im Wittelabadieni als Kfinig, Ludwig von den Luxemburgern
dB Maikgnf aneri:$nnt; Waldemar aber erfaidt als Lohn für
fie Dienste, „welche er Kaiser und Reich gdeistet", die
Reichssteoer der Stadt Lübeck, 1200 Ooldgulden jährlich,
600 Pfand oder 750 Mark lübisCher Pfennige (gleich 8—9000
mf. 60^60000 Bmk), als Pfand fOr efaie Summe von 10000
Kftik. Ans den HSnden des Markgrafen Ludwig, d^n sie
mfBttißt gewesen war, ging sie in die des Dknenkftnigs
iber'). Ein Besuch Waidemars in Prag befestigte die neue
ftwmdaehaft zwischen ihm und dem K&iige; et wurde sogar
vm Schiedsrichter in allen künftigen Streitigkeiten zwischen
Steig Karl und Markgraf Ludwig ernannt*).
Auch an der deutschen Ostseeküste hatte dieser Krieg
diB Ansdien der dftnisdien Macht wieder hergestellt Am
8.Mai 1360 wurde Heinrich, der Sohn Herzog Albrechts von
Ifakknirarg, mit Waidemars Tochter Mairgarete varlobt; ans-
drflddidi nahmen bei der Gdegenheit die meklenburgischen
HenSge Albrecht und Johann Bestock vom D&nenk5nige zu
Lehen. Als Margarete noch in demselben Jahre starb, wurde
die Verlobung f&r ihre Schwester Ingdi>org erneuert, und so
ag wurde jetzt das BOndniss gdmüpft, dass die Meklenbur-
ger versprachen, Waldemar behülflich zu sein zur Wiederer-
Ingmg der Länder, die Kttnig Erich und Christoph besessen
luitten. Zdm Jahre, nachdon Waldemar unter dem Sdintz
befreondeter Fürsten in sein väterliches Beich wieder einge-
sogen war, mit wenigen Harden ausgestattet den Thron seiner
Yiter bestiegen hatte, nahm er im Ostseegebiete eine Stel-
lang ein, die ihn im Innern geachtet und gefürchtet, nach
aussen zu einem gesuchten Bundesgenossen machte. Auf wdt-
1) Lftb. Urkdb. U, a. 960, Ml «od 96t; Tgl. n. SM, S. S47.
S) Btg. Mtt. Dan. I, n. S8U ; Sahm XUI, SS6.
Svkifar, Di« HaoMfltUtt. 10
rdch^de Verbrndmigai g^tütfA (am 6. Mai 1360 scUogs -m
auch mit Fden ein Bündniss) ^), komite er hoffen, Dftaemaric
sdbst bald wieder vollkommen sein agen za maehen> imi
dachte auch sehoD daran, nadi aussen hin die Politik dtt
Waldemare und Erich Menveds wieder au£ranehmeii.
• I
Allerdings dieser Gedanke hat dring^deren Aofgabtt
weichen müssen, die das nächste Jahrzehnt dem Kdnige stellte
Weder sein Verhältniss zu Lübeck, noch das als Herr ym
Ragen und Rostock zu den Herzögen von Pommern und llek«
Imburg hat Waldemar benutze kOnnen, um in DeutschlMA
seine Macht und seinen Einfluss auszudehnen. Sein Bttndnin
mit den letzteren Herren hat ihn allerdings 1352 m ci—
Zuge nach Deutschland Teranlasst, auf dem er MeUenboif
mit Pommern aussöhnte und gegen den Herrn von Werie, der
seinen Zorn erregt hatte, mit einer sdbst für jene Zeit uner-
hJM;en Hftrte und Grausamkeit voi^^ing, aber irgend welchen
Maditzuwflchs für die dftnisdie Krone in deutschen Landen
hatte er diesar Unternehmung nicht zu verdanken. Den Mit^
tdpimkt' von Waidemars ThAtigkeit musste auch im zweittt
Deomnium seiner Regierung das Streben nach Befreiung des
heimischen Bodras von d^ Fremden , nach voller Wiederveiw
dmigong der alten dänischen Provinzen mit dem Kfinigreiche
bilden.
Denn iioch reichte sdne unmittelbare Herrschaft wenig
über Seefamd, Laaland *) und die nordtjütischen Heiden hinaizk
Möen war noch an Meklenburg verpfändet , Langeland in den
Händen des Herzogs von Schleswig; die eine Hälfte von Hh
nen gehörte noch d^ beiden Orafisn. Auch Falster wird wohl
damals noch im Besitz der Herren von Werle gewesen sein *)»
1) Mekl. Urkdb. X, n. 7076 and 7180; Sahm XUI, 2S7, 229, 283.
2) Wegt^ LMdand vgl. Ifeklb. Urkdb. X, n. 7182.
3) Diese Insel drehört den Herren tob Werte aoeh 1847 (MekUig: Urkdb.
WiMwnar Atterd^•. 147
Und wie es selbst hier an eisaetoea Orten noch um des K5-
ligB Madit md Ansehn stand,- das beweist eine Uikunde
des 8t. PMriklosters 2u Nestved vom Jahre 1353, welche be«
leagt, dass Waldemar um einen Platz bat, sich ein Haus zu
btiKD, mfSkex kk Nertred weder Haus noch, Qol habe, wo
er sich, wenn er dorthin komme, vor Angriffen seiner Feinde
aufhalten kOnne.
Schummer noch war es natOrlich in den übrigen Provin-»
101 um das königliche Ansehen bestellt OestliA vom Sunde
gebot der König von Schwede, in Jütland herrschte Walde-
■ar nur in den nördlichsten Bezirken und in einigen Friesen-
hsiden anmittelbar. Sonst schaltete die Qraf^ Heinrich
und Klaus und Herzog Waldemar in ihren Pfandbesitzungen
oder liessea vidmehr die deutschen und dftnisch^ Herren
schalten, denen sie ihre Besitzungen wieder verpfändet hat-
ten. Um Jfltland dreht sich der Kampf in den nächsten Jah-*
reo. Hier bildeten die Besitzungen des Königs einoi passw-
doi Ausgangspunkt für die Ausbreitung seiner Macht
Gerade Jfltland aber war von jeher für die dftnischep
Könige rai schwer zu regierendes Land gewesen; stets hatte
eB sich nur widerwillig den von Seeland ausgeh^den Gebo-
ten gafügt Im 13. Jahrhundert hatten vier dfiniache Könige
lach einander auf der Halbinsel einen gewaltsamen Tod ge*
fanden. Jetzt hatte sich in den langen Unruhen unter Chri-
stofdi und wAhorend des Zwischenreichs , dann im Kampfe ge-
gen Gerhard den Grossen und seine Söhne ein ^bemo mäch-
tige, wie trotziger und unbändiger Adel herausgebildet, dar
jeder Beschränkung seiner Ungebund^eit feindlich entgegen-
trat An der ^itze dieses Adels stand ein Mann, der durch
Tapferkeit und Klugheit gross geworden war, der Holsteiner
Nikolaus Lembek. Yoa Graf Gerhard wahrscheinlich 1337
X, n. $119); 1U4 bt aie Im YoUen n^ÜM WaldamArt (Salm XIII, SS8 ff.),
walmdMiiilich in Folg« des Krieges gegen die Herren too Werle im Jükre IftM.
10*
]^48 ^* ^^ «nton iwiBriif Jahr«
zum Statthalter in Nord-JttÜand ernaimt, hatte er durch seine
Heirat mit einer reich begüterten Wittwe im Norden tn
Schleswig bedeutende Besitzthümer erlangt^). Im Dienste
der holsteinisch^ Grafen, dann als Ifarsdiall, seit 1344 Drost
des dänischen K5nigs und Verfechter der Sache Waldemara ■)
wusste er seine Macht zu behaupten und zu mehren, durch
P&nddarlehen an den schwachen schleswiger Herzog seine
Besitzungen zu erweitern. Die Schlösser Tönung in Nord-
Schleswig und Kallö an der Ostküste Jütlands bildeten die
festen Mittelpunkte seiner Macht.
Wir erkennen nicht klar, was jetzt den Droet^ mit den
Könige entzweite , ob es wirklich die Weigerung der Huldi-
gung war, wie Hvitfeldt orzfthlt, aber sicher ist, dass er Un-
zufriedene genug fand, die ihn in seinem Widerstände unter-
stützten*). Dehn drohend wuchs die Madit des KönigB.
üeberall machte er die Ansprüche der Krone gdtend, for-
derte zurück, was ihr jahrdang entfremdet war, was die
zeitigen Besitzer sch(Hi lange als ihr unveriierbares Eigen-
thum zu betrachten sich gewöhnt hatten. Wie vide Besitz-
verfaftltnffise mussten dadurch gestört werden zu einer Zeit»
da die Terpifltaidungen und Afterverpfändungen so sehr in
Mode waren, da in 5Qj&hrigen Wirren das Königsgut mit und
ohne Schuld und Einwilligung der Herrscher dazu gedient
hatte, Macht und Reichthum des Adels zu stalten. Dnsu
kam, dass Waldanar, um seinen eigenen Einfluss zu heben,
sich zum Beschützer der Leidenden und Unterdrückten, nieht
selt^ im Widerspruch mit dem Recht des Landes, aufwnrf^
dass er, der sdbst Bauern und Geistlichkeit nicht sdionte,
dieselben in JttHand g^[Bi die Uebergriflfe des Adds eifrig in
1) Presb. Brem. , QoeHenMinmlg I , S. 78. Vgl. Stemaon in d. Jkliri». t
d. Landtskd« d. Higtlittmer Sohl., Holst n. Laueabg IX, S88 ff.
S) S. oben S. 140.
8) Die Geaehichte Ton der Belagernng ron Dorning, Sofam Xm, 848, g«>
hM n 1878, s. Detmtr 8. 888.
149
SdmtE Bahm, wie er sodi schon im Anfange seiner Begie-
nmg aidi der Gei8fl]i(tt:ett en^egenkommend gezeigt hatte,
OD oe ftr sidi za gewinnen ^)«.
Was immer WaUemar in seinen Bestrebungen Oppositiofli
madite, fimd eme allezeit bereite Stütze an den natflrticheii
Feoden dea DinenkOnigs, den holsteinischen Crrafen, die ge^
lade jetzt, wahrachemlich wegen VerkOmmerung ihrer Pfoad-
mite auf Ftaen, mit Waldemar in Streit lagen. Sie nnd
wtA Hinzog Waldemar traten auf Seite der Juten. Ab der
KHaig seinem Sdiwager, dem Herzog, ein Heer zur Unter»
8lfttzm^( sandte, mnsste er erleben, dass dieser seinen Tmp-
pn ftindlich entgegentrat Man thut wohl nicht Unrecht,
die Steihmg des scbleswiger Herzogs als ein Zeichen aofzu-
fttsen, wie sehr sich die Sachlage ge&ndert hatte. Nidit
iwhr Ton den Grafen, vom Könige hatte er fOr seine Sdb-
ständi^^ett zn f&rchten« Während Waldemar in Deutschland
ii Sadien seines Schwagers, des Markgrafen, und seines Bon-
desgenoesen, des mcMenburger Herzogs, thätig war, waren
die Jflten im Kampfe siegreich. Unterhandlungen mit ihneA
flihrten, so weit uns bekannt ist, zu keinem Resultat Mit
den holsteinischen Grafoi von der kider und rendsburger
linie und dem Herzoge aber kam 1353 eine Sflhne zu Stande,
die im Wesentlichen Alles beim Alten liess. Es war ein klei-
sor Gewinn fOr König Waldemar, dass Graf Johann auf sein
natterlidies Erbgut in D&nemark verzichtete*). Der kider
Graf hatte damit wohl die letzten seiner Besitzungen in Dft«
Donaik aufgegeben; im ersten Kriege wie in diesem sdieint
er die Zeche bezahlt zu haben.
Audi in Jtttland muss der Kampf bald beendigt worden
sein. Denn an dem grossen Bdchstage (Danehof), der im fol-
1) Aanberetninger fira det Kongelige Geheime«rchiT V, p. 47 n. IS n. 19.
y^. dftsa Sohm XUI, 186 ff.
%) L«ig«b. VI, p. 5S6 ff. ; Hvitfeldt I, 507 ff. ; Urkdeniammlg U, S. S81.
150 VI. Dl« «rstin swaaüg Jahre
gndm Jahre (1S54) nach alter fiitte zu Nyborg auf Fftnoi
gehalten wurde, nahm neben drei jfttiBebai BiachOCBn aadi
Nikolaus Lembek als Drost des Reiches TheiL Scharf betooto
die Proklamation, die dort durch den Bischof von Bipen in
Waldemars Namen verlesen wurde, des K5nigs GerichtriMP«
kflit. Wäre sie strikte durchgeführt worden und Hberall strikte
dnrdizuffihren gewesen, kein ZweiM, dass wieder besäen
Ordnung ins Land gekommen w&re. Die Gesetse des zweiten
Waldemar und der andern Vor&hr^ sdlten, gebot die fm^
klamation, wieder fest gehalten werden wie vor Alters. Wa»
gen des „allzutraurigen Zustandes des Reiches Dfinemark nd
der ihm drohenden Gefahren^ solltoi bisher begangene Ver*
gehen an Leib und Leben von Kfinigsbusse frei sein, nur
nach Landesgesetz sollte dem Beschädigten genuggethan ww^
den* Aber Dijd)stahl , Vieh- und Häuserraub (die hölzenm
Häuser wegzuf&hren, um sie zu eignem Gebrauche wieder
aufisnstellen oder auch als Brennmaterial zu benutzen,' war in
Mittelalter in den nordischen Ländern ehie weit verbreitete
Art und Weise, den Gegner zu schädigen) soUte dem Kteige
gebüsst werden, ebenso gewaltsame Einquartirung bei OefaK»
liehen und Laien (eine beliebte Erpressung der Adligen). De*
Kteigs Vogt oder Drost sollte gehalten sein, solche Öewait-
tiiat abweisen zu helfen wie Raub und Diebstahl. Niemanl
sdlte sich der GHiter eines verstorbenen Geistlichen beniä(^
tigen. Alljährlich einmal sollte „nach alter Gewohnheit des
dänisdien Reichs^^ zu Nyborg Danehof gehalten, die Hin- und
Herreise durch einen Gottesfrieden vom 10. Juni — 25. JuH
gesichert werden. Wer ihn brach, sdlte dem „orfoodemaal^,
der Friedlosigkeit ohne Sühne, verfallen. Welcher kfini^iche
Beamte diese Artikel verletze, der solle die VerantwortOBg
tragen, aber nicht dem Könige Schuld gegeben werden *).
1) Ltnseb. Vi, p. 6S7 ff. Nach einer Urkunde des Geh. Aroh. in Ko-
161
Es wird «iiB y€ii dtatt Zeftgenateeii enfilüt, dass nadk
Veriesong dieses Schrif tstthte aus der Mitte detr Versamm*
log sidi JjBmand eilioben habe und gerufen : ^^Alles werde
(MBBof^ (Omida fore nuia), und es wird hinzugeffigt: „Der
KArig soDte bei :d0r AnsfiOlirang weniger erreichen, als durch
Taqmdrangeii erflUt worden war ^).^
Mehi&cheB' Aufgebot von seeländer Mannschaften nach
Jfltlind ^) dmMt darauf hin , dass es besonders hier aa Wi^^
dantaad nicht fehlte. Mit grosser Energie, aber, wie es
scheint, auch mit grosser BOcksichtslosigkeit , suchte der Kö»
■ig auf der Halbinsel seine Macht zu mehren. Manchem Un-
twMdrten verhalf er zu seinen Bechte, die jüngeren Erben
flchfitite er in ihren Beeitzthflmem gegen die Gewalt der fil-
tern Brttder ^). Wiederholt trat er aber auch vor dem Land«
gerichte als Kläger auf, um alte, entfremdete Güter der
Knne surücksagewinnen. So kls^ er 12 Höfe im Yendsyssd
du, die sein Onkel Erich gekauft hatte, die aber nie abge*
Märt worden waren, so 11 Kirchspiele im Osten Jütlands,
mm denen 5 dem m&chtigen Stig Anderson, dem ehemaligen
Statthalter v<m Estland, gehörtai. Auch von jenen vendsys-
sdsehen Höfen war wenigst^is ein Theil im Besitz eines her-
VQfragendeD Mannes , des Erich Nidsson, früheren MarschaUs
iw Dinemark. Mandie Güter wurden dem Könige, wie es
iMisBt, „freiwillig und gegen vollen Werth^^ überlassen, ab«:
garftde sie sind, wie einzdne Ausdrücke zdgoi, nur gezwun-
gen abgrtreten worden ^). Auch durch wirklichen Kauf^ durch
penbagen Ist dieser Beschluss abgedruckt Aarsberetninger fn, det Kongelige
OihgJMUreMT V» 4S C
J) Langeb. VI, p^ftSS: Bez panoiora experimeatU prosecatanu, quaaa
pnMrisfia completas ftierat.
1) Zmi» 15. Janaar 1366 aadi Bipen, aum 9. Janoar 1856 ebendahin,
wuä t. Febraar 1866 aaeh Kolding , a. Langeb. VI, p. 619.
8) abd. p. 619: „mnltorom aTaritiam caatigaWt, ita nt haereditaa mino-
nun ad majores vi vel aliqao titolo i^justo divalsa ▼emm rediret ad haaredem.
i) Stthm XIU, 805—809, 587, 819. Vgl. Becker, de »Idste danske Ar-
1^ VI. Die •rttan sw«Mig Jtlira
Darlehen und Pfiandbesitz seine Macht in Jadud m erwei-
tern, war der K5nig eifrig bemfiht^).
Aber schwerer als das Strogen die Juten den Veraiidi,
sie doiselben Lasten zu unterwerfrai , weldie die HeeillBJhir
trogen. Diese hatten bisher fast ganx allein die Mittel a;if-
gebracht, deren Waldemar zur Ansftthnmg sdner PlAae bi^
durfte. Sedand war der Angelpunkt, von dem ans er das
Ganze bewegte. Schwer lasteten die unanfhöilidien Krieg»-
untemelunmigen Waidemars auf der Insel. Schififo und Maari-
schalten, Geld, Eri^[sger&th und Lebensmittel mussten dfe
Seeländer in unerschwinglichmi Mengoi aufbringen. Waldfr»
mar war ein treflFlicher Organisator. Er hatte das Begierai
an Höfen gelernt, an denen schon moderne Yerwaltungsmaxi^
men sidi Bahn zu brechen begannen. Er wusste dfe Erifte
seines kleinen Beiches sehr zu steigern und systematisch aus-
zunutzen, so dass. sie weiter reichten als je zuvor. Abor er
bedachte nicht, dass er sie überspannte, und dass der sa
straff angezogene Bogen breche wflrde. Nicht allein, dass
Adlige, Bürger und Bauern zum Kriegsdienste herangezogen
wurden, auch die Geistlichkeit bli^ nidit versdiont; die S19-
ster mussten Schiffe zur Flotte des Königs stellen. Und wehe
dem, der dem Aufgebote des Königs nidit schleunigst Folge
Idstete; schwere Strafen harrten seiner. Das erfuhren Adsl
und Bürger Seelands, als sie 1355 widrigen Windes wegen
dem Befehle Waidemars, ihm nach Langeland zu folgen, nidit
nachkamen; sie mussten mit harten Geldstrafen büssen, „dar
chirragUtratarer I, p. 101 n. 119. N«ch den ,tArchiyregiftratarer^ (Ven«lelH
bIm der sn KmUmidborg, dem frflhefteii Sitse des dloiscben ArehiTt, aufbe-
wahrten Urkonden) wfirde sich Bosammenstellen lassen, wie Waldemar naA
und nach eine ganie Beihe grosserer ond kleinerer BesftimigeB an die Krone
sarflckbrachte , mindestens mehrere hundert. Eine derartige nach Zeit aod
Lage geordnete Zusammenstellong wfirde gewiss ein fiberrasehendes Licht anf
Waidemars innere Politik werfen.
1) Sahm XIII, 814 ff.
Bit die Anden in Znkirnft anJEmeiksainer wflrdmi^V* Das
Qetraide «of dorn AdBer, das Vieh im Stalle stand in der
Hand des ESnigs. Auf sein (jeheiss miurste es zur Ernfth-
nng der Soldaten, zur VerproTiantining der Borgen nnd Fe-
fitagBD gdiefert werden. Ueber den Yiehstand wurden Li*
sin gelBhit; der Bauer, der sein Vieih nicht hatte anschrei-
bn lassen, irerfiel der ZOchtigung durch den Vogt In gros-
MB, prftditigen Komhänsem und auf den HOfen der Vögte
uns der Kfliiig das Getreide sammeln. Daneben wurden
grosse Smnmen Geldes orpresst; ein Tribut drängte den an-
dm; die Kdnigsbusse wurde verdoppelt. In zwei Terminen,
am 6. Deeember und am 2. Februar, musste al](}ährlich eine
Kopbteaer von 6 Groschen entrichtet werden. Und dabei
wurde die Mflnze schlechter, Silber machte dem Kupfer Platz.
Dazu kam die Zwangsarbeit beim Bau der königlichen Bur-
ffSk und Vorrathsh&user. Jeder Einzehie musste im Sommer
nad Winter je 14 Tage f&r den König arbeiten und zwar bei
eigener Beköstigung. Wer unter dem König, der Kirche oder
einem Kloster wohnte, dess^ Verpflichtung zum Arbeiten war
ohne Schranken; kaum wurde den Ermüdete Ruhe gegönnt
Dem eigenen Erwerb entzogen, verfielen die Leute dem Man-
fjA und kamen ginzlich herunter. — Und mit welcher Raffi-
Birfheit Waldemar diese Erpressungen betrieb, das beweist
eine Notiz ans dem Jahre 1357*): „Weil er wusste, dass
seine Vögte und Einnehmer per fas et nefas Vieles vom Vdke
erpresst hatten, besteuerte er sie einzeln, setzte Einige ab
and neue, ,Jiungrige^' dafür ein, damit jene zum Theil Ausge-
leerten und diese Hungernden um so nachdrttddicher das Volk,
1) LMiftb. VI, p. 5S9.
1) Arehir Ar StaaU- imd Kirohengetcbichto der Heraogthfimer von Hichel-
MB «nd AflmnMeii II, S. 216: Deinde vertit mangm ad advocatos et procnra-
torw nu», et qnod scivit, eos a plebe malta per fas et nefas et multas cayü-
lationei extorsisse, Iptos talliat nnamqaemque eingiilariter et aliqaos deponit,
BOTOMiae Manos indacit , ut Uli ex parte eTacnati et ist! famelici c^ayius a
plebeciüa, prout sibi placet, extorqneant et emnlgeant.
I
154 ^- I>^ «^ BWMnif Jahre
wie es ihm gefiele, an^pransten tind ausmelkteii^. Es wur
das System der JudenschaldentUgimgeD, angewandt in nener
und erfinderiseher Weise.
Nicht ausschliesslich sollte diese scharfe An8paiminig.:ilBr
Kräfte des Reiches dem Kriege, dem Angriff nnd der Yer-
thddigmig dienen. Auch manche dem Wohl dee IsndsB förder-
liche Arbeiten verdanken Waldemar ihre Entstehnng; er tetrieK
sie so eifirig, dass er auch in Kriegszeiten nicht abliesa. Eine
besondere Vorliebe hatte er für die Anlage Yon WassarmflhlA;
er setzte dea Fluthen des Meeres zuerst Dämn» zum SchntiB
des Landes entgegen und lless Wolfsnetze zur Ausrottimg M
schädlichen Baubthieres legen. Man wird an die Zeitoi des
aufgeklärten Despotismus erinnert, wenn man sieht, wie er
diese Massregeln mit nicht weniger Härte und Mcksiehtslosig-
keit durchf&hrte als seine Kriegsrflstungen. Aber am schwer^
sten lasteten doch diese auf dem Lande ^).
Aus entlegener Quelle filUt ein eigenthümliches Lidit auf
Waidemars militärische wie politische Thäti^^eit Sfldfranzi^
sische Städte (Toulouse, Carcassonne, Ntmes, Montpellier) haben
uns Kunde bewahrt von einem weitaussehoiden Plane des Bir
nenkönigs. 13Ö9 (es war die Zeit, da König Johann in Eng*
land gefongen sass) erschienen Boten des Prinzregenten von
Frankreich (des spätem Karl V. des Weisen) in jenen Städten
und forderten Geld. Sie setzten aus einander, weldie Furd^
noch aus alter Zeit in England vor dea Dänen harsche. Schon
vor 6 Jahren (1353) habe nun der König von Dänemark Jo-
hann dem Guten eine Botschaft geschidd; und für seinen Sohn
um eine französische Königstochter geworb^ dallir sich bannt
erklärt , gegen Zahlung von 600000 Gulden 12000 Mann aus-
crwählter Truppen nach England zu fahren. Darauf seien an-
gesehene Franzosen nach Dänemark geschickt und die Sache
1) Langeb. VI, p. 526 ff. ; Archiv von HicheUen und Asmusen II, 114 ff.
sä schoB der AudfUünmg taalie geVr^Bon, als der König von
EDgtand dttfOD Nadiricht bekommea, aa die Waldemar be-
utiämctm uad febidlicheii Herren gesandt nnd sie nlit grossen
Gaboi dtkin geluBcht habe, dass sie dm DänenkOnig be-
kiMgteB. Jetit habe dieser aber gesiegt und mehrere jener
deatadm Etoren und Bittar und Unterthanra seines Beicbes
leqiffiditetv ihm nach England zu folgen; jenes Heer von
1900O Mann*8ei versammelt, auch die Flotte läge fertig, der
Zog ktane nntemmmnoi werden, wenn nur die verlangte Summe
M^Sebracht würde. Der Prinxregent habe Mehrere aus seinen
Rathe nach Danemaric geschickt, um zu sehen, ob sich auch
ADes so verhalte, und diese hätten es wirklich so gefanden.
Der dänische KOnig behaupte, dass England eigentlich ihm
tjASin^ wolle sich auch f&r den Schaden rächen, den der König
Ton England ihm habe zufügen wollen; er habe sich desshalb
auch mit den Schotten und Walisem verbündet. Waldemar
mßid als Geisebi seinen Sohn und angesehene Leute seines
Seiches ttbergeben, selbst aber nicht eh^ etwas dagegen ver*
langen, als bis Erwählte des französischen Volkes und Abge-
sandte des Königs sich überzeugt hätten, dass in Dänemark
Alles 80 vorbereitet sei wie versprochen.
Der FHede von Bretigny (8. Mai 1360), der König Johann
wenigstens zunächst die Freiheit wieder schenkte, machte dieiBen
Plänen ein Ende. An ihrer Existenz zu zweifeln, lässt schon
die Art der Deberlieferung kaum zu. Dazu bestätigen andere
QiieDen dieselbe. Wir wissen, dass französische Gesandte in
Dänemark, dänische in Frankreich waren, dass Graf Heinrich
der Eisenie von Holstein in enger Verbindung mit England
stand, in englischen Diensten kämpfte, von Zeit zu Zeit Be-
richte nach England lieferte über das, was sich bei ihm und
seinen Nachbarn ereignete, dass femer Waldemar auch später
noch ein lebhaftes Interesse für den gefangenen Johann bewies.
Auf seiner grossen Festlandsreise 1363/64 lieas er sich am
156 ^^ ^^ «'**•» swaatlg Jahre
1. Februar 1364 Geleit g^imi, nach England m kommen, ging
aber nicht, weil K5nig Johann iniswischen (8. Aprfl 1964) in
London in der Qefengenschaft starb. OflRanbar hegte der dir
nieche KOnig kflhne, mnfassende Pläne, Pläne, die nur durch-
zufahren waren durch übermässige Ausnutzung seiner doch
nur besdiränkten Httlfequdlen. Dass durdi geschickte Hand-
habung des Söldnowesens der Zeit ein Fürst, der sidi das
nöthige Geld zu yerschafifen wusste, politische und milHäriadie
Bedeutung gewinnen konnte weit über seine natttrüdie Stdinng
hinaus, hat der scharfblickende Waldemar offenbar Uar er-
kannt und ist audi entschlossen gewesen, diese Sadilage in
grossartigster Wdse zu verwerthen. Dass er das nur konnte
durch härte Belastung des eigene Landes, wird ihm ebenso-
wenig entgangen sein. Aber sein Ehrgeiz war auf aussen
politische Grösse gerichtet, nicht auf innere Festigung. So
opfnrte er, nicht zuerst und nicht zuletzt unt^ Dlnemarfcs
Königen, des Landes Buhe und Wohlstand, um unerrdehbaren
Phantomen europäischer Machtstellung nachztgagen^).
Es kann nicht überraschen, dass die Juten sich weigerten,
Waidemars schweres Joch auf sich zu nehmen. Sie wollten
nicht „sich der Tyrannei des KOnigs unterwerfen wie die See-
länder, lieber wollten sie glorreich sterben als, die Schande
ihres Volkes vor Augen, schimpflich fortlebend So entbrannte
der Kampf von Neuem, als der König im Mai 1367 „Groese
und Kleine mit mannichfachen Auflagen^ drückte, nachdem
kurz vorher noch auf öffentlichem Beichstag zu Kallundborg
versprochen worden war, die Nyborger Proldamation genauer
als bisher zu beobachten. Auf Seiten der Jüt^ standen wieder
ihre alten Bundesgenossen, die Gmiesa von Holstein und Herzog
1) Vgl. Schiern, Om «n paatenkt Landgang i England af Kong Wald<
Atterdag in Foretiing med de Franske, Annaler for nord. Oldkyndighed og
Historie 1858 (aach sep., Kbh. 1860); Langeb. VI, 629 zn 1365; Schi. Holst
Lanenbg. Urkdsmmlg II, S. 401 ; Bjuer, act pabl. III, 2, 86.
WaldMMT AttiHiii. 157
Waldemir Ton Schleswig. Tondern, das eine Veranlassung
am Streit gewesen sein soll^), wurde von den Jttten gau>m-
MD, ebenso Schloss Banders, das erst kanslieh vom Könige
MB 11 xeiBtfirten Kirchen erbaut worden war'). Dann fielen
ne in FOnen ein, eroberten Odoise und belagerten die Feste
Bioberg*). Aber auch der König zeigte dne grosse Energie.
JBi kargte nieht mit den Arbeiten der Bauern, noch anderer
Lente; er machte sein Joch nur noch schwerer; aus d^ Korn«
hlnseoi und den Höfen der Vögte wurden die Burgen reichlich
wiiroTiantirt^ Die Vertheidiger von Banders, die er im Var*
datht des Eänverstftndnisses mit den Feinden hatte, traf er
Bit schwerer Strafe. Am Martinstage schiffte er nach Fünen
hindber und erfocht bei Brobarg, nachdem er nach einer Sitte
der Zdt, die er mit Vorliebe übte, zu Anfang des Kampfes
Rittw gesdilagen hatte, einen glänzenden Si^ über die Juten
oDd H^ten; Graf Nikolaus selbst entkam, schwer verwundet
(er hatte ein Auge verloren), nur mit genauer Noth^). Den
gräflichen Theil vcm Fünen suchte dann Wald^nar mit Brand
und Plflndenmg hetm.
Doch seine Verlegenheit^ soUten sich noch mehren. Nach
Seeland zurflckgekelHrt, erhielt er am 9. Januar 1868 eine Ab-
sage von dem jungen Könige Erich von Schweden und dem
1) Archiv II, Sli: proptor qaod lis magU orU dieitar. Oats durch
dnea Streit Henneket (Johanns) Ton Lembek mit kieler BQrgem dieBor
Kriig Twmlant worden soi, Itt eine anberechtigte Annahme, s. Qaellensammlg
im SchL Holat Laneabg. Ges. I, S. 76, A. IS and 18 ; Stemann in den Jahr-
bachem f. Landknde d. Higthfimer IX, 248. Damach sind s« berichtigen
Sehn Xm, 944 ; DaUmaim I, 60«; H. B. I, S. lei.
1) WahnehelnUeh aas den Kirehea Jener 11 Kirehspiele, die Waldemar
▼on drei J&tisehen Herren als Krongnt eingeklagt hatte (s. oben S. 161; Sahm
Xm, 819); sie Hegen simmtlleh in namittelbarer Nfthe Toa Baaders.
9) Dass daroater aicht Gamborg bei Hiddel&hrt (wie Hyitfeldt, Sahm,
TIsMmann aaBehnea) la Terstehea sei, soadera wahrscheinlieh eine von Wal-
demar bei Bro (Dorf ia Soogbj, später Veads Haeret) aaf|B(elllhrte Befestigoag,
weist Beiabardt ia Biet Tidsekr., 4. Bnkke IV, 906 ff. aach.
4) Vgl. Presb. Brem., QQelleasaaHnig I, S. 69 nad 89 ft.
158 '^ »i* «"ten Kwaaüg Jahre
Herzog von Meklenburg, die sich den bobteinischen Qnkm
angeschlossen hatten ^). Waldemar verdoppelte jetzt seioe Am-
strengongen. Aus ganz Seeland wurde ein Verzeichnias alkr
Lebensmittel aufgenommra und das Vorhandene auf Wagoi
und Schiffen in die Burgen und Städte gebracht^ damit am
etwa emdringendmi Feinden Nichts unversehrt zurflckgelansci
werde. Nach zweimaligem Aui^gd)ot aller Bittor, Borger und
Bauern*) führte dann im April eine wohlausgerOatete Flotte
das Heer hinüber nach Nyboi^ auf Fünen, von da nach Lang»-
land, das erobert wurde, und weiter nach dem fttnenacheB
Schlosse Hinzgaffel am kleinen Belt, das man vergdl>lich bfr*
lagerte. Auf Seeland durch Mannschaften und Kriegsgeritli
neu gestärkt, lief Waldemar Ende Mai wieder aus nach Alsoi^
eroberte diese Insel und gewährte in Sonderburg der Qemahlin
des Herzogs von Schleswig, einer Schwester seines Freundoi
Erich von Sachsen, einen Vergleich, der den Herzog, so lange
d&r Krieg dauerte, von seiner eigenen Stadt Sonderbmg ao»-
schloss, wenigstmis wenn er Trupp» mit sich führte*). Die
mit Herzog Waldemar selbst angeknüpften Verhandlungen führ-
ten zu keinem Besultat So mussten Angeln und Schwans»
den Zorn des Königs fühlen und harte Kontributionen aufbrii*
gen; mehrere Orte gingen in Flammen auf. Fehmam wurde
nach tapferer G^enwehr der Einwohner ebenfalls erobert
Auch auf Wismar scheinen die Dänen damals einen freilich
1) Die Grafen Ton Holstein verbinden sich mit Erich tob Sehwodon gefon
König Waldemar, Bengt Algotson nnd ihre Verbfindeten 1M1 Sept. 6 (fer. 4«
ante nativ. Mariae), angefthrt in Brik Kmnells (Palmikdlds) BegSatTMii im
BeichaarehiT, Stockholm. Das Original ist verloren, wahrscbeinliek danli den
Schloesbrand von 1697.
2) Za Roeskild and Slagelae am Sl. Januar nnd in der ersten HiUle dm
Mftrs 1S5S.
3) Sahm XHI, 831 ; Urkdensmmlg II, S. 136. Schon 1333 hatte Waide-
mar, aar Unterstfitsang Benedikts von Alefeld gegen den Hersog von Schleswig
nach Langeland gesogen, diesen geswaugen, seinem Henogthmn an entaegen,
aber es wurde dann bMd Friede geadUossen , Laogeb. VI, p. 6S8.
WaUMMur AtUrdafi. 169
erfolc^osm und ?erlii8txelcheii Angriff gemacht zu haben ^).
Üau ging ea wied^ nordwärts nach Flensburg und weiter
udi J^jöcndoerg^^ auf der von Jütlands Ostküste ins Kattegat
hinmislaufeiiden Halbinsel*). „Furcht und Zittern kam über
Alk, die Waldemar heimsuchte, denn er züchtigte Alle gewaltig
mit Faier und Schwert, Gdangenschaft und Tod, bis sie seinem
Wilkn gehorchtm^. Mitte August kam er nach Seeland zurück.
Sein Erachfanen schreckte den Herzog von Meklenburg,
der mit einem grossen Heere nach Schonen gdcraunen war,
m in Seeland einzufallen, yon seinem Vorhaben ab. Durch
Vennittlung des Herzogs Barnim Yon Stettin, der die Meklen-
bmgjer nach Schonen begleitet hatte, wurde dann eine Zu-
stBunadranft in Stralsund anberaumt und dort eine Einigung
1) Der Ton Korner bei Eccmrd II, 1109 und nach ihm von Reimar Kock
fOnMto#I, 478) «« 1S64 Jali f Im Zasammenhao^ mit der Landung dei
KMigi Mif Ftliaiani beriohtele Angriif der Dftnen auf Wismar ist in das
Jahr 1858 an setsen. In dem 1360 Aug. 10 zu Uelsingborg zwischen König
Waldemar und dem Herzog Ton Sachsen einerseits und Herzog Albrecht von M ek-
laztag ■■€ selats Söhnen asdereraeita abgeseUossenen Vertrage heiaat ea:
Vorlmer acal herthoghe Alberd van Hekelenboreh alle vangbenen, de ua noch
Uw der Wlamer afjgfheTanghen sint, und wat se van erer bescattynghe daer noch
■taldeeh dnt, Mich «nd los maken, und wat se ntghegeven hebben van erer
ktscattSagka aoder den deghedinghen tho dem Sunde (1368, s. unten), dat scal
IBS koningh Woldemere de vorbenomede herthoghe Alberd von Hekelenboreh
wedergfaevea ete.' Orossh. Geheim- und Hauptarchiv zu Schwerin. Vgl. auch
irdilr 11, 118. — Nach Becker, aaldate danske Archivregistraturer I, 114
aimat JohaBB von Holstein 1868 Fehmarn vom König Waldemar zu Leben.
8) 8o Arehiv U, 119. Lappenberg bemerkt dazu: „Suhm ist aufrichtig
gemg WM Wkennen, daaa dieses Boer neber g ihm unbekannt sei**. — Mir
lekeist dieaer Ort kein anderer au sein , als der ebd. 8. 884 erwfthnte CoUia
momm , den Lappenberg richtig mit Bjfimholm erklJbrt. Die Uebersetsung
Viru daa geanchte Bjnmeltf^rf . Das« Holm und Bjerg durcheinander gebraucht
werden, bnwdat der ebd. 8. 188 erwfthnte CoUla eatti, den Lappenberg dwn-
falla riaktig ala Katteigerg erkllrt. Auf der Homannschen Karte von Jfttland
ist neben ^jemholm Kalholm angegeben. Beide Oerter liegen nahe bei einander
aaf der anch Osten ina Kattegat auslaufenden Halbinsel des Stifte Aarhnna
(AboajHtl), eineai Hnaptsitae der Xaeht Waldemara in JOtland. Wegen Bjam-
kotas a. BtyEt , Skandinavien undar Unionatiden 8. 10 und Scr. rer. Dan. IK
(legband). Trapa atatistlak-topopradsk Beskrivelse af Koageriet Danmark und
der dazu gehdrige Atlaa afaid mir leider nicht aar Hand.
160 ^- I>2« •»*» iwiniig Jahre
hergestellt Den holstemischen Grafmi gegenübw sollten alle
(refangenen sowohl als die eroberten Plätze gegenseitig hoans-
gogeben, mit den Juten ein Beichstag zn Nyb<»v gehaltet
werden *).
Aber zum Frieden führte diese Vereinbarung nicht Wal-
demar kam nicht auf den Beichstag; er schickte nur seiiMB
16jahrigen Sohn Christoph mit einigen Bäthen. Die Jlttn
zeigten sich entgegenkomm^d. Unter Geleit kamen sie mit
den Bischöfen yon Odense und Bip^ nach Slagelne, wartetaa
dort aber lange vergeblich auf die Ankunft des Königs. Ab
dieser endlich am 23. December erschien, machte er Vorsdilige,
die durchaus nicht gefielen, und so tränten sich die Parteioi
in schlechterer Stimmung, als sie gekommen waren >)• Ab
dann Niels Bugge, Offo Stigson und Peter Anderson, drei der
hervorragendsten Männer Jütlands, in die Heimat zurOdi-
kehrten, fanden sie in Middelfahrt am kleinen Belt einen ge-
waltsamen Tod, nicht ohne Mitwissen des Königs, wie man
allgemein glaubte. Zwar leugnete dieser durch einen feier-
lichen Eid jeden Antheil an dem Verbrechen, schwor den Mör-
dern Hass, dem Sohne des Niels Bugge, Kanut, aber die Liebe
eines Vaters, liess auch seinen Sohn dem Kanut feste und
dauernde Brüderschaft versprechen — von dem Verdachte ver-
mochte er sich nicht zu befreien. Stig Anderson, einst Statt»
halter von Estland und ein treuer Diener des Königs, konnte
diesem den Tod seines Sohnes nicht verzeihen; er verliess die
königliche Sache, obgleich er diesen Abfall mit don Verlast
1) UrkdenBammlg U, 8. S87. Vgl. Meklenbg. Jahrb. XVU, 115 C Madi
S. 117 ebd. hätte Albr. v. Heklbg wirklieh eine Lendong Mf Seeland TtrMMkL
Versteht man mit Lisch , Meklbg. Jahrb. XZ, S40 unter JeUand (Detmar n
1860) Seeland, so wäre Erich von Sachsen das Verdienst iwraselireiben , dm
meklenbnrgisehen Angriff abgeschlagen in haben. „JeUand** des Detaiar all
Oelland (vgl. Hans. Geschbl. 1876, S. 178 ff.) anfknfassen, scheint mir gwwagt
Lisch (a. a. O. XVII, 118) irrt, wenn er Detmars Nachricht ron Waldanars Ver-
mittlang zwischen Erich nnd Albrecht Ton 1860 nach 1888 Terlegt.
8) pejori titulo snnt separat! qnam venemnt, Archiv n, flO.
WaldtniAr Atlerdtgt. X61
floner Gflter bOsate. Mit den Juten begann der Streit von
Neuem ^); dar Herzog von Meklenburg aber und die holsteini-
sehen Grafen, denen Waldemar das in Stralsund Versprochene
ucht gehalten hatte *), griffen Fehmam an und eroberten es
nrfick. Die Jttten waren bereit, an Zahlungen und Eriegs-
dieost mehr zu leisten als ihre Väter, aber sie wollten ihre
lierkltamilichen Freiheiten nicht missen, die ihnen auf dem
Dinehafe ja auch bestätigt waren, sie wollten sich nicht der
Tjnumei unterwerfen, mit welcher der König die Seeländer
drtekte, die ,4^ Lehm und Ziegeln an den Burgen arbeiten
mosstai, ohne auch nur eine Streu zu haben, bei denen das
goneine Volk, besonders das der Kirche untergebene durch
die sdiweren Arbeiten ins tie&te Elend gerathen war/^ Böse
Bithe, ewige Feinde des Friedens, wird uns erzählt, wandten
den König stets vom Guten ab und verhinderten eine Ver-
ständigung. Und doch erreichte Waldemar mit Gewalt der
Waflfen Nichts. Randers belagerten die Seinen vergeblich; als
er dann, nach einem Feldzug in Schonen, Michaelis 1359 selbst
nach Jfltland kam, errang er allerdings einige Erfolge, bttsste
ae aber alsbald wieder ein, als er nach Seeland zurückkehrte.
Ein Sturm fügte seiner Flotte obendrein schweren Schaden zu.
Bald darauf ist es zum Frieden gekommen. Aussichten
nnf grössere Vortheile, als sie Jütland bieten konnte, machten
Waldemar zum Entgegenkommen geneigt. Schonen, die schmerz-
lich entbehrte zweite Haupt-Provinz, der Sitz des Erzbischofis,
versprach eine leichte Beute zu werden. Pfingsten 1360 schloss
Waldonar auf einem Reichstage zu Kaliundborg auf Seeland
mit dui Jflten Frieden. . Die Versprechungen von Nyborg wur-
den ameuert. Die Gesetze König Waidemars (ü.) und der an-
deren königlichen Vorfahren sollten gehalten werden in allen
1) WftldenHur war in dtn enten HonAteii des Jähret 1869 in Jütland,
Urkdeatmalg II, S. 409; Snlim XUI, MO.
S) ürkdeattunmlf U, 8. 404 nnd 448.
ScUfcr. Die UaiMfldMtc. X |
162 VI. Die ersten swans!^ Jahre
Reichslanden; ausdrücklich wird, unter Hinblick auf den be-
vorstehenden Angriff auf Schonen, hinzugefügt, auch „in allen
künftig zu erwerbenden". Der Herzog Ton Schleswig und
alle geistlichen und weltliehen Stände des Reiches sollten bd
ihr^ Rechten bleiben, jährlich ein Reichstag gehalten werden,
für den sicheres Geleit versprochen wurde*).
So war der Friede im Innern wiederhergestellt. Auch
mit den übrigen G^nem scheint die Fehde geruht zu haben,
obgleich weder die holsteinischen Grafen noch Herzog Albrecht
von Meklenburg Waidemars Freunde geworden waren >). Wal-
demar hatte freie Hand zur Eroberung Schönens.
Seit 1332 war diese Provinz in den Händen der Schweden.
Sie wiederzugewinnen war ein Gedanke, den ein Mann wie
Waldemar nicht aufgeben konnte; neben Seeland war Schonen
die wichtigste Provinz des Reiches. Wiederholt sehen wir den
Dänenkönig in Unterhandlungen und p^:^önlichen Besprechungen
mit Magnus von Schweden. Er unterwirft sdne Sache ver-
schiedenen Schiedsgerichten, aber immer wieder fällt das Urthdl
gegen ihn aus. Klare und unzweifelhafte Yerzichtleistongen
von Seiten W^aldemars folgen dann gewöhnlich den Schieds-
sprüchen '). Und doch gab dieser weder die Hofihung, noch
seilte Bemühungen auf. Und sie sollten von Erfolg gd^rönt
werden, als die innem Verhältnisse des benachbarten König-
reichs anfingen, seine Pläne zu unterstützen.
In Schweden regierte König Magnus. Nachdem Vater
und Onkel einen selbst für die an dunkehi That^ reiche nor-
dische Geschichte schaudervollen Tod gefunden hatten, war
1) Hyitfeldt 1, 521 ff.; Westphalen, Hon. ined. IV, 1772 ff.
2) Hit den Ersteren steht König Hagnns v. Schweden «m 28. Juni 1860
im Bandnisse, dem Letzteren aberträgt er im Juli seine Vertretung Im Schieds-
gericht, Urkdensnmilg U, 8. 240 nnd 241; H. R. I, n. 2S8, 11.
8) 1343, 1351, 1358, 1354: Reg. hist. Dnn. I, n. 2289, 2861, 2884;
Langeb. VI, p. 526, 528. Vgl. HeUb. Urkdb. X, n. 7182.
WMmmr AfttardagiL ^68
er 1319 als dreüdiriger Knabe in feieilicher Beichsversamm-
Imig bei den Morasteinen £u Schwedens König erwählt wor-
den. Noch in demsäiben Jahre hatte dann Norwegens Beichs-
rath auch die Krone dieses Landes, auf die Magnus als Sohn
der bgeboig, d^ Tocbtw des verstorbenen Königs Haken,
ebenfidb ErbanqprOche hatte, auf sein Haupt gesetzt Zum
enten Male seit den Zeiten Knuts des Machtigen waren wie-
der xwtti der drei nordischen Reiche unter einem Scepter ver-
einigt Aber Magnus war, als er 1334 mündig geworden,
flieht der Mann, die in seine Hand gelegte Macht zu seinem
ud seiner Lftnder Wohl zu benutzen. Die Erwerbung Schö-
nens 1333 war das Werk des lundener Erzbischofe Karl imd
des sehwedischm Beichsraths, nicht das des damals 16j&hri-
gen Magnus gewesen. Der König zeigte sich schwach, unfiir
higen GOnstiingen ergeben. Ein unglücklicher Krieg gegen
die Bussen erschütterte seine Stellung im Lande noch mehr
nad brachte ihn besonders mit der Geistlichkeit in Konflikt,
deren Einkünfte er für seine Büstungcn nicht gesch(mt hatte.
So sehen wir denn achoa 1350 die Heichsräthe die Söhne des
Magnus (in Schweden den 13jährigeu Erich, in Norwegen den
l^i&hrigeB Hak<m) zu Königen und Mitregenten erheben. Ein
unwürdiger Günstling des Königs, Beugt Algotson, der leicht-
fertigen Königin, Bianca von Namur, nicht weniger lieb als
dem flchwachm, schlechten Neigungen ergebenen Magnus, er-
regte allgemeinen Unwillen im Lande. Die Schoninger, die
anbagB nicht ungern unter schwedischer Herrschaft gewesen
waren, da sie den Druck der unglücklichen Zustände im D^
aenreidie schwer empfunden hatten, fingen wieder an über
den Sund zu schauen, besonders als der zum Herzog und
Prftfekten von Schonen erhobene Bengt (Benedictus, lieber
maledictus, sagt die seel&ndische Chronik)^) 1365 den en-
bischöflichen Stuhl seiner Güter beraubte. Der in demselben
1) Lang^. VI, p. 5S9.
1^ VI. Die eraten swaaiiy Jahre
Jahre erwählte neue Erzbischof Jacob Nidsson war entschieden
dänischer Gesinnung und wirkte ebenso eifrig und nachdrück-
lich f&r die Rückkehr zu Dänemark wie dereinst Erebischof
Karl fttr die Vereinigung mit Schweden.
Erich, der zum kräftigen Manne heranwachsende älteste
Sohn des Magnus, empfand es schwer, einem Bengt Algotson
nachgestdlt zu werden. Im Bunde mit Graf Adolf v(m Hol-
stein, dem Sohne Johanns HI. von Kiel, und Hersog Albrecht
von Meklenburg ^) , der die Schwester des König Magnus,
Euphemia, zur Gemahlin hatte und daher ein reges Interesse
an den Vorgängen in Schweden nahm, erhob er sich Ende
1356 g^en seinen Vater und dessen Günstling. Kein Zwei-
fel, dass auch Waldemar Erich in seinem Vorhaben bestärkte.
Denn unmittelbar vor dem Losschlagen war der mit Waide-
mars Schwestertochter, der brandenburgischen Beatrix, Neu-
vermählte bei seinem Onkel in Kopenhagen und wurde nadi
des Dänenkönigs Weise dort glänzend empfangen*). Fast
gleichzeitig aber suchte Waldemar auch mit Magnus in Unter-
handlung zu treten; er mochte hoffen, durch dieses zweideu-
tige Spiel am ersten zu seinem Ziele, der Bückerwerbung
Schönens, zu gelangen. Allerdings ohne Erfolg. Er gewann
zunächst Erich, der seinen Boten Bo Falk gefangen nahm,
zum entschiedenen Feind, und als am 28. April 1357 zu Jön-
köping zwisdien Vater und Sohn ein Vertrag geschlossen
wurde, der das Reich zwischen Beiden theilte und Bengt Al-
gotson aus demselben vertrieb, ging König Waldemar vollkom-
men leer aus'). Ja, als in diesem Jahre, wie wir oben ge-
sehen haben , der Kampf mit den langjährigen Feinden Wal-
1) Urkdensmmlg II , S. S84. Hersog Albrecht erhielt SkaaSr und Fei-
iterbo und seine Sdhne Sfid-HalUiid und die nördlichen Herden Sehonene von
Erich um Hfllfe, Badloif, Pregmat Handbuch der meklenbg. Geeeh. II, 8S9
nach Chemnits.
2) Langeb. VI, p. 530.
8) Hadorph, Svenske Rimknmikor, Eil. p. 41ff. ; Snhm XHI, 840 fH
WaUMMur Attordags. Ig5
deman, den Jttten, den ludstefaiischen Grafen und dem Her«
mg wn Sddeswig anfs Nene entbrannte, trat Erich mit Albrocht
von Moldenbiirg den Feinden Waidemars bei und schickte dem
Dftaenktaige eine förmliche Absage ^). Am 10. Dec. 1358 hat
dann Magnus die beiden Gegner wieder ausgesöhnt *).
. Inzwisdien war das Verhfiltniss zwischen Waldemar und
Magnva ein ongestiM freundschaftliches gewesen. Das Bild
da Sdiwedenkönigs ist noch mehr als das des Dänenherr-
sdien in d^ Geschichte verschiedenartigen Auffassungen be-
gegnet Eifrige schwedische Patrioten haben Magnus, trotz
aDer entgegenstehenden Berichte und Urtheile der zddich am
Didisten stehenden Geschiditsquellen , als das Opfer semes
Bochsraths, der Herrschsucht von Adel und Klerus hingestellt,
der, nidit zufrieden, dem Könige Leben und Regierung ver-
leidet zu haben, auch sein Andenken der Nachwelt gefälscht
und aitstellt flberiiefert haben soll. Eine unbefangene Erwä-
gm^ der historischen Ueberlieferung fahrt zu einem andern
Eigdmiss. Mag besonders in der Reimchronik manche ten-
denziöse Uebertreibung sein, das Gesammturtheil kann doch
kaom anders ausfallen, als dass Magnus sich seiner Aufgabe
nidM gewachsen zeigte, ja nicht einmal den ernstlichen Willen
bewies, die Interessen des Reiches energisch zu wahren.
Es Iftsst sich nicht mit vollkommener Sicherheit nach-
weise, dass Magnus geneigt war, Schonen Waldemar in die
Hknde zu spielen, um an ihm eine feste Stütze f&r seine wan-
kende Stellung im eigenen Reiche zu gewinnen. In Schweden
aber traute man ihm jedenfalls derartige Absichten zu, oder
wie ist es sonst zu eridären, dass in den Vertrag zwischen Mag-
nus und Erich die allerdings, wie es scheint, nicht zur Aus-
fthrung gekommene Bestimmung aufglommen wurde, dass
1) 8. oben S. 167 ff.; ArchiT tod lCidiel8«n n. ▲smiuseii II, S16 (am
8. JftD. ISftS) ; Urkondensammlg II, S. 442 ff.
t) Suhm Xm, 864 ff. und 891 ff.
|gg VI. Di« ersten iwuuig Jahre
Erstcrer König Waidemars üikunden über den schoneiisclien
Handel an vier schwedische Beichsräthe und Ksdiöfe anslie-
fem und von diesen verwahren lassen sollte? Zu Weihnach-
ten 1358, kurz nachdem er die Aussöhnung zwischm Wal-
demar und König Erich vollzogen, wurde Magnus mit seiner
Gemahlin vom Dänenkönige in Kopenhagen erwartet Die Zu-
sammenkunft verzögerte sich bis in den Anfang des ntehsten
Jahres, hatte dann aber ein Bündniss gegen Erich zur Folge.
„Weil Niemand den Magnus mehr ehrte ,^ sagt die oft er-
wähnte zeitgenössische Chronik, „weil er sah, dass er ver-
achtet und verspottet werde, währ^d sein trefflicher Sohn
(bene omatus) Allen lieb und angenehm war und ihm Alle
anhingen, verband er sich mit dem fremden Kteige gegen den
eigenen Sohn/^ Es wurde eine Heirat zwischen Magnus zwei-
tem Sohne, Hakon von Norwegen, und König Waidemars da-
mals kaum siebenjähriger Tochter Margareta verabredet und
di&ai Dänenkönige dasselbe Helsingborg versprochen , das Mag-
nus vor wenigen Wochen in jener StUme seinem Sohne auf
März desselben Jahres zugesagt hatte ^). Waldemar drang
mit einem Heere in Schonen ein. Mangel an Lebensmitteln
und wohl auch das von Erich rasch gesammelte Bauemheer
(Knubbeheer wegen der Knüppel als Waffen) zwangen um zur
Btlckkehr'). Dass er einen Anhänger des Magnus gefiangen
nahm, führte einen Bruch mit diesem herbei; nochmals ver-
söhnten sich Vater und Sohn, und jener schloss sich dem B[ri^-
bttndnisse gegen Waldemar an ^ ). Gegen Ende des Jahres ist
dann Erich und mit ihm seine Gemahlin plötzlich gestorboi,
wie der religiöse Aberglaube der Zeit sagte, weil er den Erz-
bischof von Lund, Jacob Nielsson, einen eifrigen Anhänger und
1) Archiv II, 221; Suhm XIII, 833.
2) Am 13. April war er noch mit dem Heere in Schonen, Lab. Urkdb.
III, n. 322.
3) Das Bündniss mit Albrecht von MekJeuburg s. Styffe, Bidrag ÜU Skan-
dinaviens Historia ur utliindska arkiver I, S. 39 ff.
WalcUoMur Attordag». JgY
Förderer der Dioen, gefangen gesetzt und Kirche und Geist-
lichkeit wenig schonend behandelt hatte, wie die Schweden
munkelten, vergiftet von seinen eigenen Eltern.
Jetzt stand Waldemar wieder König Magnus, dessen Stel-
hmg im eigenen Reiche völlig erschüttert war, allein gegen-
iber. Offenbar in der Hofhung, Schonen jetzt sicher wieder-
gewinnen zu können, bot Waldemar auf dem kallundborger
Reichstage den Jflten die Hand zum Frieden, näherte sich
dem Herzoge von Meklenburg. Mit seinem 16jährigen Sohn
Christoph, der im vorigen Jahre von ihm zum Herzog von
Hailand und zum Thronfolger ernannt war, rückte er in Scho-
nen ein. Widerstand wurde wenig geleistet ; ohne grosse Mühe
nahm daher W^aldemar die lang entbehrte Provinz ein. „Ge-
gen das Verspreche der Amnestie leisteten die Adligen frei-
willig den Huldigungseid.^^ Drohungen und bedeutende Geld-
Bommen brachten den in der Nähe der Südküste gelegenen
stalten Lindholm, der SDecennien später den von Schwedens
Thron gestürzten Meklenburger zu ßjahriger Gefangenschaft
in sdne Mauern aufiiehmen sollte , in dänische Gewalt. Nur
der irichtigste und festeste Platz des Landes, Helsingborg,
scheint eine Belagerung ausgehalten zu haben. Am 9. Juli
rflckte Waldemar vor diese Stadt; eine Woche später finden
wir dann die beiden Könige schon über ein Schiedsgericht
einig, dessen Leitung Herzog Erich von Sachsen und Albrecht
von Meklenburg übernahmen. Beide hatten am Kriege theil-
genommen, jener, Waidemars treuer Genosse, auf dänischer,
dieser auf schwedischer Seite. Doch auch Letzteren hat Wal-
demar bald zu sich herüberzuziehen gewusst, dessen Streitig-
keiten mit Erich von Sachsen ausgleichend. Am 10. August
verbinden sich Albrecht imd Waldemar zu gemeinschaftlicher
Geltendmachung ihrer Ansprüche an Magnus. Nicht lange dar-
nach muss dieser Schonen seinem Gegner überlassen haben.
Dass der Herzog von Meklenburg wenigstens bei der Wieder-
16g VI. Die ersten swMnig Jmbre
erwerbung Helsingborgs mitgewirkt hat, ergiebt sich ans im
Geldansprüchen, die er auf Grund des vor 10 Jahren abge-
schlossenen Vertrages für seine Hfilfe an den König stellte
Eine Abtretungsurkunde ist uns nicht erhalten. Aber dui
Meklcnburger und Holsteiner schon am 31. August sich wiedor
nach Hause einschiffen, dass Magnus Schonen veriAsst, wirft
ein genügendes Licht auf die Vorgänge. Im Herbst 1360
Waldemar im Osten seines Reiches wieder Herr ¥rie
Väter 0.
Die lundener Bisthumschronik , die vielleicht noch zu
Waidemars Lebzeiten, spätestens wenige Jahre nach seinen
1) Vgl. Langeb. VI, p. 680 ; Archiv ü, 225 ; H. B. I, n. 288, 7, 8 o. II,
ebd. III, n. 17. — Wegen der Gewinnang Helsingborgs vgL MekL Urkdb. Z«
u. 7182 vom 8. Nov. 1850 and eine Originalorkonde des Grossh. HaopUrchivi
sa Schwerin, in welcher die Bischöfe Wibert von Batzebnrg und Bertnm VM
Lübeck Jenen Vertrag vidimiren, 8. Sept 1862. Dem bei Laogsbock aagifs*
benen Datum (Jali 9) widerspricht H. B. I, n. 288, 7 nicht, wie Styflb, bldiig
I, p. XXVII meint Als Zeit der Erobemng Schönens nehm« ick Joni «. JiH
an. Allerdings heisst es in dem erwähnten Vertrage vom 8. Febr. (Smbai Xm,
835 ff. ; Sejdelin, Diplom. Flensborgense I, p. 50), dass der Krieg swischen dta
beiden Königen schon begonnen habe. Aber da Waldemar damals noch !■
Jtttland weUte, auch Mai 18 noch in Kolding (H. E. III, n. 16), Hai 14 fai
Kailandborg war (oben S. 161), so lege ich den in diesen Monaten etwa ge-
schehenen kriegerischen Ereignissen (vielleicht herrschte Kriegsstand ohne solebe)
keine Wichtigkeit bei. Andererseits verbietet Waidemars eigene Aussage vo«
Joli 17 (Lüb. Urkdb. III, n. 864 ; wegen des Datams vgl. H. E. I, b. 288, 12 ;
in Dänemark ist der Margaretentag meistens der 20. Joli , vgL das Hdligen-
verzeichniss in Aarsberetninger fra det Kong. Geharchiv I, tilUpg), dass Gott
ihn wieder sa seinem Erbe Schonen geholfen habe, die Annahme, dass «rat
nach diesem Tage (and damit nach der Belagerang Helsingborgs, wie Stytt§t
bidrag I, p. XXX ansetst and wie auch die seitgenössische Chronik im Archiv
angiebt) Schonen erobert sei. Dass Waldemar die Kaafleate svm Besoeh 8cho*
nens eingeladen und geleitet habe, bevor die Erobemng des Landes voUaogra
war, kann nicht angenommen werden, da Waldemar eben des aasbrechenden
Krieges wegen die Kaafleute aufgefordert hatte, das Land sa verlass«n (H. R.
I, n. 282). Auch dass die städtischen Gesandten schon Jani 26 nach Kopen-
hagen kommen mit der Absicht, sich die Privilegien fUr Schonen (am diese
handelt es sich doch nur) von Waldemar bestätigen zu lassen , deutet daranf,
dass um diese Zeit die Eroberung des Landes im Wesentlichen vollendet
WftMtBmr AtlMrdags. X69
Tode godiiMMB ist, sagt vm ihm, er habe „männlich k&m-
\ßaiA alle Hdateiiier, Deutsche, Schweden und aUe Anderen
f« wesOidieD Meere bis an die Grenzen Schwedens zum
Briche hinansgetri^en^ ^). Ist das auch eine Uebertreibung,
m beieiehiiet dieser Ausspruch doch den Mittelpunkt von Wal-
dOM» Thätigkeit in den ersten zwanzig Jahrai seiner Re-
t^oroBg und zngleidi das grosse Verdienst seines Lebens.
Man kann ihm das Zeugniss nicht versagen, dass er unabläs-
sig dem einen Ziele nachgestr^t hat, Befreiung des Landes
fon den Fremden. Kläglich war seine Macht gewesen, als
er zu WibcHTg von der Versammlung des Dänenvolkes als Kö-
mg anerkannt worden war. Jetzt, nach 20 Jahren, nannte er
den grtssten Theil des Reiches irieder sein eigen. Nur mit
HAUb fremder GOnner hatte er damals wieder zurOckkehren
Umiai in das Erbe seiner Väter, gleichsam nur zugelassen
(tarch die politische Lage und die Stimmung der wirklichen
Ihchthaber; jetzt war seine Herrschaft im Innern fest be-
grltaidet, nach Aussen angesehen und gefürchtet Dänemark,
dis aus der Reihe der selbständigen europäischen Staaten zu
fWBchwinden drohte, war durch ihn wieder zu seiner fiüha^n
Bedratnng emporgehoben worden. Nahm es auch nicht jene
beherrschende Stellung ein, die unter Kanut und Waldemar
dm Sieger ein Schrecken der Nachbarlande gewesen war, so
behauptete es doch , wie die Dinge einmal lagen , schon jetzt
wieder dm vornehmsten Rang unter den Ostseemächten. Wenn
dinisehe Geschichtsschrdber König Waldemar diese Erfolge
zum Verdienst gerechnet, ihn als einen nationalen Helden,
einen Befreier seines Volkes gefeiert haben, so kann man dess-
wegen schwerlich begründete Vorwürfe gegen sie erheben.
1) WaMonianis qomrtiu, qni ultimo tempore Tiriliter debellftndo omnee
HolMtoe, Alemanno«, Svecoi et qaoscanqae mlios transiens de onmiboB cMtrb,
■nücionibos a mar! Adriatico (tic) nsque ad terminos Saecie ijecit a regno,
Uageb. VI, p. 680.
170 VI. Di« «ratoA iwauig Jahre
Aber das Bild hat auoh eine andere Seite, «nd diese ist
von nationalen Eiferern nur zu oft übersehen worden. Warn
man sagt, der nach der dänischen Sitte des Mittelalten dem
Könige gegebene volksthümliche Beiname „Atterdag^ (wiedfir
ein Tag) habe seinen Ursprung darin, dass Waldemar diesen
Ausspruch häufig im Munde geführt habe, um zu beEdcfaneii,
dass, um zum Ziele zu kommen, man geduldig ausharreD, aidi
durch Misserfolge nicht abschrecken lassen müsse, so ent-
spricht diese Auffassung allerdings Waidemars Charakter und
Handlungsweisa Er verfolgte in der That seine Ziele mit
einer Beharrlichkeit und einer Ausdauer, die vortheilhaft ab-
sticht von der schwankenden Haltung mancher seiner fitost-
lich^ Gegner, und die nur in der gleich bdiarrlichen und
konsequente Politik der Städte oder vielmdir ihres Haiqptes
Lübeck ihren Meister fand. Aber nicht minder berechtigt ist
doch jene andere Auffassung, die jenen Beinamm aus der
rachsüchtigen Gemüthsart des Königs h^leitet, die nie Feind-
schaft verziehen und geduldig und ohne Vergessen dm Tag
der Bache abgewartet habe. Es mischen sich in Waldraums
Begierung oft Motive der persönlichsten Art mit der So]^
für- das Interesse des Staates ; wo dieses allein massgebend
sein sollte, wirken jene oft ungebührlich mit.
Wir haben oben gesehen, wie Waldeiar seine Unterthar
neu drückte. Wiederholt ist sein System vertheidigt worden:
es sd nothwendig gewesen, die geringen dem Könige noch zu
Gebote stehende Kräfte aufs stra&te zusammenzufasse, um
die Befreiung des Landes durchzusetzen; manche neue, unge-
wohnte Massregeln, die dem Lande wahrhaft zum Yortheile
gereicht hätte, wären mit echt staatsmännischem Blick vei
Könige durchgeführt worden gege die unbegründete und un-
besonnene Opposition seines Volkes; unsere bessere Einsicht
müsse sich daher entschiede auf Seite Waidemars stellen.
Aber hält man sich an die Quellen, so ist es doch schwerlich
Wuldmar Attordaft. 171
. adiaag, Waldraiar IV. in idealem lichte als Vorkämpfer neuer
Ueen gogen eine widerstrebende Bevölkerung aufkufassen. Ein-
mIm MaflBregdn mOgen allerdings eine solche AufiEassung ge-
stattoi, aber viele» ja die meisten dienten doch nicht waiiger
der Befriedigiuig der eigene Herrschsucht als den Bedüif-
vmm des Landes. Weit Ober das Nothwendige hinaus spannte
er 4ie Krftfke des Beiches an. In weiten, nutzlosen Reisen,
ii koatspieUgem Verkehr mit fremden Fürsten, in üb^mftssig
^tauseDdem GeprSnge ging ein grosser Theil des Geldes drauf,
te er durch harte Fiohnden d^n seeländer Bauern abpresste.
WaMemar war ausserordentlidi prachtliebend; gern glänzte
er durch Aufwand. Als 1356 in Ltlbeck eine FOrstenzusam*
meikanft gehalten wurde, nahm auch Waldemar an den Fest-
Ikkkdten Theil und „machte grosse Ausgaben, nicht nur für
Bidk, s^mdem auch für andere Fürsten^' 0- Gesunde Staats-
mionische Einsicht, wahrhaftes Gefühl für das Wohl seines
liuideB hätten ihm sagen müssen, dass er durch übennässige
Ausbeutung sein^ Unterthanen seine Stellung untergraben,
8dner eigenen Macht den Boden entziehen würde. Wie ganz
anders hatte Graf Gerhard der Grosse die Kräfte seines klei-
nen HolsteDlandes zu verwerthen gewusst ; welche Erfolge hatte
er enüalt, ohne die heimischen Gaue jener Erschöpfung ent-
gegen zu führen, die in den dänischen Landen Waldemar ver*
derfolich werdiw sollte.
Gleich Gerhard dem Grossen ist auch Waldemar Atter*
dag ein Held der Sage geworden. Die zahlreichen Traditio-
nen, die sich an seinen Namen knüpfen, beweisen deutlich ge-
nug, wie tief sein Wesen und Wirken ihn eingeprägt hat in
das Bewusstsein seines Volkes. Aber diese Sagen athmen nicht
dm patriotisch gehobenen, in Achtung und Liebe theilnehmen-
den Grdst, der die Figur des grossen Grafen bei aller Härte
1) Limgeb. \% p. 530: Parlftmentum {n LabickOf ubi Rez tolenniUirit et
mtgnas fecit ezpenftiones, non tantum pro se, sed pro «llu türanun domiois.
172 ^I* ^^ ersten zwanrig Jahre
doch sympathisch erschdnen lässt; sie tragen einett anhdm-
licfaen Charakter, zeigen das Volk von Furcht und Bfisstrsoen
beseelt gegen einen Despoten, der es mit harter, graosamor
Hand unter ein schweres Joch beugt Erzfthhmgen wie die
Ober den Anschlag gegen Nikolaus Lembek^), über Waidemars
VerhAltniss zu seiner Gemahlin und ähnliche zdgen, wddien
Charakter man dem Könige beilegte. Und in der That giebt
es historisch b^laubigte Ereignisse genug, die denselben im
schlimmsten Lichte erscheinen lassen. Waldemar verfolgte seine
Feinde mit einer Härte und Grausamkeit, die einen tiefen
Sdiatten wirft auf das von ihm vollbrachte Weik der Befrei-
ung des Landes; er verfuhr mit einer Ge wissenloBigkeft , die
keinen Vertrags-, kein^ Treu- und Wortbruch scheute, wom es
die Errddiung eines vorgesetzten Zieles galt. Ud)erra8diende
AehnKchkeit hat dieser König mit dem besprochensten und
ungMcklichsten seiner Nachfdger — mit Christian n., dem „Ty-
rannen^ der Schweden; es ist ein Vergleich, der dazu beitra-
gen mag, von Waldemar Atterdag eine richtige Vorstellung
zu erwecken.
Ein Mann von solchem Charakter und mit den kriegm-
schen und staatsmannischen Fähigkeiten eines Waldemar aus-
gestattet war ein gefährliches Element in einer Gruppe von
politischen Kräften, wie sie damals die Ostseelande bildetoi,
wo keine festbegründete Macht bestand, die anmassenden üeber-
griffen mit Sicherheit hätte die Spitze bieten können, um so
gefährlicher war dieser König für seine Nachbarn, als er über
eine für die Zeit und die Verhältnisse nicht unbedaitende
Macht verfügte. In den drei Haupttheilen des Beiches, in
Schonen, in Jütland und auf den Inseln konnte seine Stellung
als festbegründet angesehen werden. Die Inseln beherrschte
Waldemar mit Ausnahme weniger fünenscher Schlösser, die
den holsteinischen Grafen noch geblieben waren, ganz, ebenso
1) Hritfeldt I, 485.
WaldauMT ▲tter<h«i. 173
SdHHMB. Da88 Halland und BI^ingeQ noch unter Schweden
slandoi, konnte als keine wesentliche Machteinbusse betrach-
tet werden. Den Widerstand der JOten hatte Waldemar aller-
diBgB nicht brechen können; aber reichte seine Königsmaeht
hier nidit so weit wie auf Sedand, so war sie doch auf keine
Weise in Frage gestellt. Bedeutende Strecken des Landes,
beBonders hm Norden und Osten, waren in den Händen der
Krone; Schleswig (Südjütland) war dieser, wie uns spätere
Zfflignimft lehren, fast ganz wiedergewonnen. Nur Gottorp
kidt hier noch der Herzog, Töming Klaus Lembek, alle an-
dern Borgen, die Alseas eingeschlossen, besass der König ^).
Dazn war er Lehnsherr von Bügen und Bostock, im Besitz
d«r Beichssteaer Lübecks. Es war eine Macht, die der Erich
Mcnveds wenig nachgab.
Schwerer ist es zu einer auch nur einigermassen klaren
Anschauung über die inneren Zustände des Landes um die
Mitte des 14 Jahrhunderts zu gelangen. Grar zu sehr ist
man bei einem derartigen Versuche auf Vermuthungen ange-
wieaen, die, wenn auch an historische Thatsachen anknüpfend,
doch nie über einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit
iunaosgelangen. Was zunächst die Volksmenge anbetrifft', so
gewährt die von Velschow *) angestellte Berechnung für das
13. Jahrhundert, die zu einer Einwohnerzahl von ca. 1,600,000
lununt, wenigstens einigen Anhalt. Schwerlich war dieselbe
seit jener Zeit gestiegen. Die endlosen innem Wirren und Feh-
den nach Erich Menveds Tode, die schreckliche Pest von
1360, die ja besonders den Norden Europas heimsuchte, las-
1) B«s WftldMMr habnit in siu potestat«, qaod nos b«ne probare potai-
Bot, ia pnescripU terra SandeijaÜaDd caatra, Tidalieet Snnderborg, Norborg,
UMUMUg, Broddi>org, Openra, HardMla per (sie) Tnnderen, et pro tone tali
aihfl altra habuaniiit nottionim praeseriptomm aviinealoniiii de Holaten
in eomm potestate in praetoripta terra praeter Gotrop enm talibw
■ttiiMwilii pnmt baee in eonun pignoribns, Lgb., Ser. rer. Dan. VII, 26S.
I) Om FoULemmgden i Danmark i det 18. Aarbandrede, Hist Tidtskrift
IV, Jebrg. 1848.
sen eher auf eine Vermindennig sdüiessen. Dua. konnte der
gröBsere Theil der jütischen Halbinsel kaum noch som Beidw
gerechnet werden; man wird, von Velschows Berechnmig an»*
gehend, für das Jahr 1360 nicht mehr als höchstens 1,000,000
Einwohner für das dänische Reich annehmen dürfen, nd-
leicht nur die Hälfte 0-
Fast ausschliesslich fanden dieselben ihren Unterhalt ii
der Bodenkultur. Zu einer Zeit, da Deutschland schon mit^
telalterliche Grossstädte kannte, gab es in Dänemark noch
keinen Ort, der wirklich den Namen Stadt verdiente ')• Land,
der Erzbischofesitz, mag der grösste Ort gewesen sein. Ko-
penhagen bestand aus wenigen zerstreut angdegten Strassen,
die sich an die an der Stelle des jetzigen Schlosses gdegene
Burg anschlössen ; die Ecke zwischen dieser, der Norder- und
Westerpforte umfasste es, nicht ^/^ der jetzige eigentli-
chen Stadt >). Allerdings verliehen ihm die günstige Lage mid
der treffliche Hafen eine mehr als gewöhnliche Bedeutung.
Die schonenschen Plätze gegenüber, Skanör, Falsterbo, Malmö,
waren zu gewissen Jahreszeiten von Fischern und Händlern
reich belebt, aber unter ihnen spielten neben den deutschen
Hansen die Dänen nur eine geringe Rolle; die Orte an sich
hatten wohl nur einen sehr massigen Umfang. Helsingborg
hatte nur als fester Schlüssel des Sundes eine höhere Wich-
tigkeit Helsingör gegenüber war noch ein ottmec Ort, erst
im Entstehen begrififen. Die übrigen Plätze, die als Aufent-
haltsorte des Königs, als Sitz von Reichsversammlungen oder
sonst genannt werden, wie Wordingborg, Nestved, Korsör,
1) 1S65 betrag die Einwohnerubl Dlnemarks Busuttmen mh Schleswig,
Schonen, Halland and Blekiogen S,900»000.
8) Ueber du städtische Leben fan ansgehenden lüttelaher liefert Alten,
De tre Nord, rigers bist IV , S7 ff. eine sehr hfibsche SusammeBtteUuig , die
nnr nicht dentlioh genug hervortreten Usst, dass avch damals slidtisches Leben
in Dinemark noch sehr wenig entwickelt war, Alles sich In kleinen VerhXH-
Bissen abspielte.
3) O. Nielsen, Kjobcuhavn i Hiddelaldren S. 42 ff.
WaMtMr Attardag». 175
BoeskUde auf Seeland, NylxHrg anf FQnen, gehören noch jetzt
IQ dm UeiBstea der Kkinstädte und sind damals wohl noch
«eniger gewesen: einfache Bargen oder kleine ummanerte
Orte. Selbst Boesküde, der alte Königssitz, die wichtigste
BiadiofiMladt, hatte als städtisches Gemeinwesen wenig zu be-
deulCB* Audi die jütischen Bischofssitze Ripen, Wiborg und
Aarims hat man sich kaum anders zu denk^. Ripen nahm
ak attor Nordseehafen, Jütlands Ausfnhrplatz, einen gewissen
Aathetl am Handel auf dem deutschen Meere. Sein Stadt-
leeht verbreitete sich durch Nord-Jütland und Fflnen (in Sttd-
Jjttland hatten die Städte schleswiger, nur Tondem Ittbisches
Recht), wie das Kopenhagens und Boeskildes durch Seeland,
das Yoa Land durch Schonen. Im Ganzen bedeutete stftdti-
ttter Betri^ gewiss wenig im Lande. Schon das vollstän-
dige Fehlen irgendwie hcarvorragender städtischer kirchlicher
Bauten ans j^er Zeit ist ein deutliches Zeichen, dass bürger-
Iklie Nahrung noch nicht zu nennenswerthem Wohlstande ge-
fthrt hatte. Was an Kaufleuten und Handwerkern vorhan-
den war, war deutsch oder deutschen Ursprungs. In Kopen-
hagen wohnten die hansischen Kaufleute zusammen in der
„Deatachenstrasse'S bildeten eine geschlossene K(Hnpagnie.
Vor dem 15. Jahrhundert wird dort kein einheimischer Kauf*
mattB erwähnt ^). Aehnlich mag es an andern Orten gewesen
aeui; auch aas Mafanö wird uns von einer deutschen Kom-
pagnie berichtet, aus Kopenhagen und Boeskilde von deutschen
Sehoatem, den im Norden am zahlreichsten vertretenen deut-
schen Handwerkern >). Der deutsche Hausirer (Pebersvend,
FfefiKbursche, wdl er ein Pfund Pfeflbr als Abgabe für Aus-
llbug sdnes Boufes zahlte) war eine populäre Figur im
Lande. Die Dratschen waren es, die den Eingebomen mit
1) O. Nielsen, a. a. O. S. 811 ff. und 885.
8) Liili. Crkdb. II, n. 606, 606; Hans. U. I, n. 418; Nietoen, a. a. O.
a.isa.
176 ^L ^^ «raten twamig Jahn
Allem versorgten, was er über die gew(äi]ilicli8ten BedfliCnisse
des täglichen Lebens hinaus gebrauchte. Seltsam, daas in
diesem Handel auch nicht einmal die dftnische SdiifBEahrt eine
Bolle spielte. Obgleich von jeher ein seekfihnes und seetflcli-
tiges Volk und auch um diese Zeit des Meeres nicbt unkun-
dig, trieben die Dänen doch im 14 Jahrhundert schworlick
Seefahrt über ihre heimischen Gewässer hinaus; wenigHtins
berichtet uns kein Zeugniss davon. Mit den Uemen Bauen-
schififen, wie sie noch jetzt die dänischen Küstenbewohner in
ungezählter Menge besitzen, besuchten sie die deutschen Nord-
und Ostseehäfen, vertauschten die Erzeugnisse ihres Ackeribaos
und ihrer Viehzucht gegen deutsches Bier, Qewebe aller Art,
Eisenwaaren u. s. w. Weiter scheint ihre Fahrt nicht gegangen
zu sein. Und selbst auf dieser fanden sie an den Kanfleuten
der deutschen Städte glückliche Nebenbuhler. Waldemar sclMint
diesen Mangel gefühlt zu haben. Er hat manchen seiner Städte
Privilegien ertheilt, ihren Handel zu fördern, ab^, so vid wir
erkennen können, sind dieselben wenigstens für die nädisle
Zeit ohne Wirkung geblieben. Abgesehen von den schowii-
schen Märkten hat sich kein Handelsplatz von einiger Bedeu-
tung in Dänemark ^twickelt, und auch auf diesen waren es
die Fremden, die Deutschen, die überwiegend den Vortheil
ernteten. Wie es scheint, hegte Waldemar den Gedanken,
dies Handelsverhältniss zu Gunsten seiner Unterthanen umzu-
gestalten, als er den deutschen Städten in Schonen Hinder-
nisse aller Art in den Weg legte, besonders ihren Einfuhr-
handel zu beschränken suchte.
Ohne Zweifel lieferte der Ackerbau in Schonen und anf
den Inseln, deren Fruchtbarkeit schon Adam wm Bremen
rühmt, namhafte Erträge, aber schwer belastete Waldemar
auch, wie wir gesehen haben, den Bauer 0* ^^ Sdbstän-
in
1) Ueber den BaoenistAnd vgl. K. M. Petersen, Bonde, Biydtr of Adel
Aarbnger for Nord. Oldkyndighed etc. 1847 , S. 288 ff. Der Ansfftkniiig,
WM&mu Attordags. 177
digkeit dmes StandeB war fast schon ^loech^, nur in Jüt-
knd noch bis xa einon gewissen Grade erhalten; sonst hatte
Aberill das von Deatschland hereingedningene Lehnwesen die
alte Gemeinfreiheit Temichtet. Der Bauer war dem K5nig,
der (xeiatlichkeit, dem Adel eigen geworden, besonders dem
Ecstareai Waklemar benutzte ihn als ein willenloses Werk-
mg adaer PUiie. Vieh und Korn des Bauern fällten seine
VarrathahiJUBer, om&hrten seme Kriegsschaaren ; Frohnden des
Gedrttckteu bauten dem Könige seine Burgen und Magazine,
seiiie Deich- und Mühlenanlagen; mit den Waffen musste der
Bner auch auf der Flotte oder im Heer fttr sein^ König
stieitai und dabei selbst f&r seine Ernährung sorgen. Wenn
muL die MittheUungeD der bekannten zeitgenössischen Chronik
lint, so raipftngt man den Eindruck, als ob Waldemar sein
Kdugreich wie eine grosse Domäne verwaltet und verwandt
habe.
Und oflTenbar hat Waldemar Adel und Geistlichkeit nidit
andere betrachten, ebenso seine königliche Allgewalt über sie
anaflben wollen. Gründlich hat er sich dadurch Beide ver-
ioBdet Wir haben gesehen , welche Früchte ilmi jenes Stre-
ben in Jütland eintrug, wo der Adel zahlreich und mächtig
war. Auf Seeland, dem Hauptsitze der eigentlichen Königs-
madit, kmnte weder Kirche noch Adel erheblichen Wider-
stand leisten. In Schonen aber , dem Sitze des Erzbisthums,
hat Waldemar durch sein Auftreten die anfangs lebhaften da-
lusdioi Sympathien der Geistlichkeit bald verwirkt Derselbe
Chronist des lundener Erzbisthums, der seine Thätigkeit für
die Befreiung des Landes freudig anerkennt, sagt über den
sp&teren Theil seiner Regierung: „In der Zeit Waidemars lY.
ist jede Ueberlieferung der Vorfahren, alle väterlichen Ge-
^ sieht dmt Eändringwi das Lehnwesens ▼onngsweUe den Baaernstand her-
""NliWaeht habe, aaeh Jener fiber die Art, wie das Lehnwesen AalJKefcooi-
i*^ Mb loU, yennag ieb nicht laznatinimen.
Schlfar, Dte HuuMOdte. |2
178 ^I* ^^ entea iwamif Jmbre
setze, jede Freiheit der dänischen Kirche abgesdiafft worden;
die Riihe der Soldaten, der Kanfleute und d^ Bauern ist m
verktlrzt worden, dass im ganzen Reiche ktine Zeit blieb m
essen , zu ruhen , zu schlafen , in der die Leute nicht, iwnk
die Beamten und Vögte des KOnigs zur Arbeit getrieben wor-
den, bei Verlust der königlichen Gnade, des Ldbens und aller
Oüter^^ Mit Gewalt habe sich Waldemar des Siegels des
lundener Kapitels und des Erzbischctfs Nikolaus bemächtigt
und g^en ihren Will^ Urkunden besi^elt, die der Freflint
der Kirche widersprachen*).
Der einheimische Adel so wenig wie die Geistlichkeit ge-
währte daher Waldemar einen sicheren Halt; auch der ge-
drückte Bauernstand konnte nicht mit Aufopferung f&r einn
König eintreten, der ihn so rücksichtslos ausnutzte; Städte,
an denen Waldemar eine Stütze hätte find^ können, gab es
nicht. Ein anderes Band war nöthig, um die widerstrebenden
Elemente zusammenzufassen und unter tinrä einheitlidira Wiltei
gebeugt auf ein Ziel zu richten. Die Sitte der Zeit, um Geld
fremden Herren Dienste im Felde oder im Rathe zu leisten,
lieferte Waldemar dieses Band. Mit deutschen Herr^ und
Knechten war Waldemar ins Land gekommen; Märicer, Baiem
und Schwaben hatten ihm seine Herrschaft b^ründet So
lange das Geld nicht ausging, und dafür wusste Waldemar sn
sorgen, gab es adlige Herren genug, die ihr Schwert ftlr ihn
zogen und ihm kriegslustige Schaaren zuführten odßt auch
im Rathe dienten. Mehr als der einheimische Add suchten
Ausländer in solchen Diensten den Königshof. Während der
ganzen Regierung Waidemars haben deutsche AdebgeecUedi*
1) LftD^b. VI, p. 631 : „Valdomari qiiArti tempore omiiis traditio eento-
nun, leges pateme, tota Ubertas ecdesie Dmdftne abolite sant: nuntarivii,
mercatomm et rasticomm quies in tantnm abrogata est, qnod non erat tcBpns
in toto regno comedendi, qoiescendi, dormSendi, qirin ad laboreni per officialea
et advoeatos ezdtarentnr, sab obtenta regis pratle, reeaperathMM Tita ae boso-
nun omnium dilapidatioue'*.
Waldemar Atterdags. 179
ter im Heere und im Rathe bei ihm eine hervorragende Bolle
gespielt, von dem schwäbischen Marschall Friedrich von Lochen,
der ihm das Reich erkämpfen half, bis zu den rügen-pommer-
sehen Patbus, Moltke und Lanken, die in Krieg und Frieden
ab Leiter und Führer g^en die Städte erscheinen. Auf sie
und einige einheimische Familien gestützt richtete Waldeuiar
das Regiment auf, das dem dänischen Reiche das Dasein zu-
rückgegeben hatte, das es jetzt zu einer Gefahr für seine
Nachbarn machen sollte.
Es war eine Macht anderer Art, als sie anderthalb Jahr-
hunderte zuvor die beiden ersten Waldemare und Knut ent-
faltet hatten. Auf durchaus volksthümlichen Grundlagen war
diese erbaut, hervorgegangen aus einer natürlichen Entfaltung
scfahnnmemder Kräfte; die Waldemar Atterdags war gewis-
sermassen von aussen hineingetragen, auf unsicheren Stützen
errichtet, Resultat eines Systems, das von einer Person ge-
tragen wurde. Barg die frühere mehr wirkliche, dauernde
Gefahr für die Nachbarländer, so war doch auch die jetzige
eine stetige Bedrohung ihrer Ruhe und Sicherheit. Sie war
es um so mdir, als sie in der Hand eines Mannes lag, der
die Fähigkeit besass, sie mit Kraft und Geschick zu gebrau-
che, der von launenhafter Willkür nicht frei war und die
Heiligkeit geschlossener Verträge wenig achtete, eines Mannes,
der den Städten um so gefährlicher war, als ihn lebhaft jener
Fürstenstolz beseelte, der auf die Bürger als verächtliche Krä-
mer und Handwerker hochmüthig herabsah. Gerade die Städte
sollten zuerst die neue Macht fühlen und ihren Uebergriffen
mit den WafTen entgegentreten.
12
Vn. Die norddeutschen Städte um die Mitte
des 14. Jahrhunderts 0*
Das 14. Jahrhundert ist in mancher Beziehung die Zeit
der höchsten Blüthe für die deutschen Städte gewesen. We-
der vorher noch nachher haben sie je wieder eine so allsei-
tige Bedeutung fUr das Leben der Nation gehabt Die Zeit,
da der Minnegesang dem Meistersang Platz machte, da ge-
lehrte Thätigkeit aus den Klöstern und den Kanzleien der
Fürsten sich in bürgerliche ICreise verbreitete, hat den Städ-
ten auch materielle Blüthe und politische Bedeutung verliehen.
Aus ihr stammen die grossartigen Denkmäler kirchlichen Sin-
nes, btlrgerlichen Gemeingeistes imd thatkräftigex Schaffens-
lust, die wir noch jetzt imter die ersten Leistungen heimischer
Baukunst zählen. Ihr gehören jene grossen Städtebündnisse
an, die eine Zeitlang den Schwerpunkt politischer Macht im
Reiche in die bürgerlichen Rathsstuben zu verl^en schienen.
Nicht am wenigsten nahmen die norddeutschen Städte,
vor Allem die der Ostseelande, auf die es hier zunächst an-
kommt, Theil an der allgemeinen Blüthe*). Mit Recht führt
1) Vgl. AnUge A.
S) Ein interessantes Urtheil Über diese Städte und die umgebenden Lande
ist das des Venetianers Marino Sanato (bei Bongars, €(esta Dei per F^aiiMe
II, p. 79): Sont antem in Holsatia et Sclaria, nbi personaUter afflil, notabÜes
mnltae terrae Jnxta flomina ant stagna mnltis pingoibna babitatoribos aAnentes,
Ambarg scilicet, Labec, Vismar, Rostoc, Xnndis, Gnspinae (Qreifiiwald), Seetin,
de qoibna trabi posset copia mnlta bonae gentis Ulterina propter mag-
nam devotionem grandemqae Tolontatem transfiretandi quam babent, et qaia
sont homines ad boc apti, possent in tanta mnltitodine transfretare, nt in
ipsis cnpldo aliqna insargeret dominandi, ex qvo posset scandalvm non modi-
VQ. Die — ydiirtwheB SUdto um die Mitte^ des 14. Jehrhanderto. Igl
man diese zurück auf die grossartige Bewegung, die Europa
in Folge der Ereozztlge und im Anschluss an dieselben er-
grifiL Auf das Doppelte war das Gebiet des Handels durch
die Bekanntschaft mit dem Orient erweitert worden ; Länder von
hoher Kultur, von unerhörtem Reichthum hatten sich durch
die Kriegszfige nach dem Osten dem erstaunten Abendländer er-
schlossen. Hatte diese Entwicklung in erster Linie auf Italien
and die zunädist li^enden Oebiete diesseit der Alpen be-
frachtend gewirict, so hatte der Norden unseres Vaterlandes
in allernächster Nähe eine ganz ähnliche Erweiterung seines
Gesidits- und Wirkungskreises erfahren. Das Vordringen der
Deutschen an der Ostsee, das Einströmen ihrer Ansiedler in
die neu erschlossenen und erworbenen Grebiete, die Verbrei-
toDg des Christeothums in jenen Gegenden hat überaus be-
ld»d znrftckgewirkt auf die heimischen Verhältnisse. Wie
sich diese Entwicklung überhaupt mit wunderbarer Raschheit
Tdbdfiht, so sind vor allen Dingen die städtischen Neugrün-
duBgen auf dem kolonisirten Boden überaus schnell emporge-
wadisen. Noch im Laufe des 13. Jahrhunderts, spätestens in
der ersten Hälfte des 14. haben die Städte von Lübeck bis
Re?al (nur Stettin und Königsberg machen eine erhebliche
Angnahme) die Ausdehnung gewonnen, in der sie dann ein
halbes Jahrtausend fortbestehen. Eine Erweiterung folgt der
aodan nach Zwischenräumen von wenigen Decennien, bis dann
neistens schon im ersten Jahrhundert nach der Gründung die
Stadtmauer den Raum umschliesst, der bis zum jüngsten An-
sehwellen der Städte, wie es uns die letzten Decennien ge-
bracht haben, im Wesratlichen die Gesammtheit der Bürger
in sich aufnahm. Und dasselbe lässt sich von den älteren,
weiter westlich gelegenen Städten von der Elbe bis zum Rhein
Hiboriri, prMdpiM o«m Ven«ti relint socios et non dominos obtinere.
Marino SAooto reiste nach dem Verlost Akkons amher, ansioilndeii , wo man
aa fnntan Mittel ufbrfngen könne, Syrien and Palistina snrfieksnerobem.
182 ^II* ^« nordd^otschMi Siidl« um die Mitte
behaupt^i wenn sie auch im AllgemeineD. sich langsamer ent-
wickelt haben. Köb fftllte schon in noch firttherer Zeit das
Clewand aus, das ihm bis zur jüngsten Vergangenheit hin ge-
nügte. Kaum kann bezweifelt werden, dass manche Städte
auch grösser waren als heutzutage. Das kleine pommersche
Demmin soll nach glaubwürdigen Nachrichten im Mittelalter
dreimal so gross gewes^ sein als Yor 100 Jahren. Der lan-
des- und geschichtskundige Seibertz giebt für Brilon im 14.
Jahrhundert die Zahl der Häuser auf 1400 an, was nach seiner
Meinung auf eine Bevölkerung von 11000 Einwohnern, auf alle
Fälle doch wenigstens auf 7000 schliessen lässt In Büthen
lebten damals ca. 70 adlige Geschlechter, und die jetzt voll-
ständig bedeutungslose Stadt konnte allein aus der Wein- und
Bieraodse und aus den ihr zustdienden höchsten Brüchm ihre
ausgedehntai Festungswerke erbauen. Auch hier tritt die her-
vorragende Bedeutung, welche die Westfalen im Handel Nord-
europas hatten, zu Tage. Von den Städtei des deutschen
Nordens, die ihre Bedeutung nicht ihrem Charakter als Resi-
denz verdanken, datirt nur Hamburgs alle (xenossen weit über-
ragende Grösse aus nachmittelalterlicher Zeit.
Wie das äussere Wachsthum sich veiiiältnissmässig schnell
vollzog, so auch der Fortschritt in der Stellung zum Reich
und zu den landesherrlichen Gewalten. Reichsstädte gab es
unter den spätem Gliedern des Hansebundes nur äusserst we-
nige: Lübeck, Goslar, Dortmund, Köln. Ihre Stellung wurde
sehr früh eine so gut wie vollständig unabhängige. Und kaum
weniger frei bewegten sich ihre Genossen, die in der Stellung
von Landstädten verharrten. Ein landesherrliches Recht nach
dem andern kam in ihre Gewalt: niedere und höhere Ge-
richtsbarkeit, Vogtei, Zoll, Münze. Es erfolgen hier und da
riickläufige Bewegungen, wie in den wendischen Städten zur
Zeit Erich Menveds, aber im Ganzen ist die Entwicklung
eine stetig fortschreitende. Mit einer Klarheit und Beständig-
dM 14. JAbrhuMlarto. 183
keit, die mir durch die in der Natur der Dinge liegende Noth-
lendi^Eeit erklärt werden kann, folgen die städtische Baths-
kflBegJflP ihrer Devise: Lob von den Landesherren. Es wird
dn Bfirgem verboten, städtische Aemter anzunehmen, die
adi in der Hand des Landesherm befinden, so einträglich
das anck sein moehte. Als Wismar in einem Streit mit den
DoninikaDera wegen Bauens Aber der Stadtmauer nachgeben
noBte, weil der Landesherr den Mönchen gflnstig und zur
Zdt sa mächtig war, zeichneten die Rathmannen den Fall
OS Stadtbuch ein, damit man zu günstigerer Zeit daran
doike (mide wente se dar nicht wedder don moghen van der
«dt der herren, so bevelhen se wedder tho donde de ghenen,
de na una kamen).
Und mit derselben Nachhaltigkeit und Energie traten die
Stidte anf, wenn es galt, den Bürger in seinem Erwerbe zu
Bcfatttzen, den Handel, diese Lebensquelle der Städte, zu si-
dieni. War der deutsche Kaufinann auf den Märkten des
Nordens an&ngs erschienen als Mann des Kaisers oder des
Bfehtigen Herzogs von Sachsen, so musste er sich nach dem
Verfalle dieser Gewalten vorzugsweise auf die Städte stützen.
Honderte und tausende vcm Verträgen und Freihdtsbriefen
beweisen, dass die Städte diese Aulgabe eriomnt und gelöst
kiben, logen Zeugniss ab von einer regen diplomatischen Thä-
tjgkeit Allerdings stützen sich die Städte dabei noch im
Laufe des 13. Jahrhunderts gern auf fürstliche Vermittlung,
die um Geld unsdiwer zu erwerben war; aber das selbstän-
dige Auftreten wird bald zur Regel, und von Frankreichs Ge-
fild» bis zu den russischen Reichen von Smolensk, Pleskau
und Nowgorod breitet sich ein dichtes Netz diplomatischer
Beziehungen, von den Städten eifrig unterhalten und erwei-
tert In erster Linie sucht man von den Territorialherren
Geleit d. h. Sicherheit für Person und Waaren gegen räuberi-
schen Anfall , Schutz nadi dem Recht des Landes gegen der-
184 ^^* I>>« norddeatsehan Südte um die Kitte
artige Unbill zu erwerben. Daran reiht sidi dann Freiheit
von den harten Rechten der Gnmdnihr und der StraadnDg,
die alles Gut, was auf Land- und Wasserstrassen den Bodoi
berührte, für dem Landesherm verfallen erldärten. Weiter
erscheinen Befreiung von der Haftbarkeit für die Sdiulda
und Vergehen von Landsleuten, Zusage von Bechtshülfe ge-
gen säumige Zahler im fremden Lande, Freiheit vom Gottes-
urthdl unter der Form des glühenden Eisens oder des Zim-
kampfes, Regulirung, Herabsetzung oder gar Erlass des Zol-
les, Vereinfachungen in der Art seiner Erlegung, Erleichte-
rungen beim Beladen und Entladen der SchifiiB, beim Wiegm
der Waaren, Gestatten des Kleinhandels, der sonst nur dm
Landeseingebomen zustand, Erlaubniss zum Holzschlagen be-
hufs Ausbesserung der Schiffe und manche andere Begünsti-
gungen des Verkehrs als gesuchte Errungenschaften der stid-
tischen Handelspolitik. Als letztes Ziel derselben steht an
allen besuchteren Orten im Hintergrunde die dauernde Nie-
derlassung, das Kontor, in seiner vollen Entwicklung ausge-
stattet mit eigener Gerichtsbarkeit nach heimischem Becht f&r
die eigenen Genossen, mit Theilnahme am Gerichte in allen
Fällen, wo diese mit den Landesangehörigen in Zwist gerie-
then. Die Städte wussten den Vortheil einer derartigen festen
Niederlassung gar wohl zu schätzen ; ihn den Fremden daheim
zu gewähren, haben sie stets zu umgehen gewusst In KSbk
war es den fremden Kaufleuten nicht gestattet, sich länger
als 6 Wochen zur Zeit, und dies nur dreimal im Jahre, ako
zusammen höchstens 18 Wochen, in der Stadt aufzuhalten.
Aehnlich, meistens noch mehr beschränkt, stand der Fremde
in andern Städten.
Auf Grund dieser so mannichfaltigen, den verschiedenar-
tigsten Verhältnissen und Bedürfiiissen eng angepassten Pri-
vilegien wurden nun die norddeutschen Städte der Ausgangs-
punkt eines regen Verkehrslebens. Es ist nicht schwer, das-
dm 14. Jshrliuidertf. 185
selbe in seinoi hanptsftclilkhsten Richtungen zu eri[ennen. In
ontor Beike kommt hier in Betracht jene grosse Yerkehrs-
Ifflie Br&gge-Rassfauid. Auf ihr bewegten sich alQährlich hun-
dvte fon SehifiiBD, sie wurde eine Hauptquelle des Wohlstan-
te ftr die OBtseestidte, die wohl nahezu zwei Jahrhunderte
jOBsdiMeBslich auf ihr geherrscht haben. Die Bussen, in frü-
bcrar Zeit nicht seltene Gaste in den H&fen von Schleswig
nd Lübeck, Terschwinden noch im 13. Jahrhundert aus der
Ostsee ; mdererseitB fangen die Hollander, Seeländer und Fries-
kider erst im 15. Jahrhundert an, den „Osterlingen'' eine
ensthche Konkurrenz zu machen. Durch das Oebot, dass
km deutscher TCaufinann mit Bussen, Walen, Flamingem oder
E^Ündem Kompagniegesch&fte treiben dürfe,* wurde dieser
ADdnbesitas wenigstens zum Theil mit erreicht und aufrecht
erhilten. Auf verschiedenen Wegen gelangte man in das In-
nere Bnsskmds; ursprünglich und überhaupt im 13. Jahrhun-
dert vorherrschend zu Wasser, durch Newa, Ladoga-See und
Wokhow; seitdem h&ufige Kriege zwischen Schweden und
BmaoEL diese Strasse gefährdeten oder gar ganz schlössen, der
Otdm in livland seine Herrschaft ausbreitete, traten Land-
w^e in den Vordergrund. In Biga, Pemau, Beval oder Narwa
sdufte dann der Kaufmann sein Gut aus, gelangte auf be-
sehwerüdien Wegen zu seinem entlegenen 2Sele: von Narwa
Inf der jamborgschen Strasse direkt nach Nowgorod, von
Beval flb^ Weissenstein, von Pemau über Fellin zunächst
ttch Dcnrpat^), dann weiter diurch Embach und Pdpus-See
nadi Pleskau, dem russischen Pskow, an der schifibaren We-
Hkiqa. Auch von Biga führte ein Landweg, die marienburg-
1) Bestand iwisehen Pernaa and Dorpat im Mittelalter eine Wasser ver-
bindvng? Pernaa biess im frfiheren Mittelalter ,)Embeck*S welcher Name im
Babach wiederkehrt Der See ron FelUn hat noch jetst ingleich einen Ab-
flms smr Pemau «nd inm Wirt^erw-See, durch den der Bmbaeh fliesst. Dass
die Strasse benatat wurde , ergiebl sich aus Lfib. Urkdb. U, n. 672, 678 , Tgl.
B. 6S0, in, n. 674.
186 ^^* l^<« norddratochen SUdto Bm die Mitte
sehe Strasse, nach diesem Orte, dem Mittelpiuikte eiaes rus-
sischen Fürstenthums, den die erhaltenen Beste seiner mittel-
alterlichen Mauern noch jetst als einen Platz^ von henronar
gender Bedeutung kennzeichnen. Für den deatschm Kanfinann
war er zugleich durch Eigenhandel und als Statioii auf der
Beise nach Nowgorod von Wichtigkeit. Von Biga Mur maii
auch die Dfina hinauf nach Polozk und Witebak, auf kareem
Landwege weiter nach Smolensk. Pdzwerk liierten j^ie tie*
genden in erster Linie. ,3eichlich wie Dünger hat moa es
dort'% sagt der fromme Adam von Bremen und f> hinm:
„Wie ich glaube, zu unserer Yerdammniss, denn per fas et ne*-
fas suchen wir zu einem Gewände von Marderfell zu kenunen,
als wenn es die ewige Seligkeit wäre^S Nach seiner Meinung
kam dem Abendlande von dorther „das tödtliche Gift des üp-
pigen Hochmuths^^ 0- ^^ Wachs, beim mittelalterlichen Got-
tesdienst in ungewöhnlichen Mengen verbraucht, waren die „Ho-
nigbäume^^ der Wälder des Ostens eine unersch(ypfliche Quelle.
Hftute und Leder, Talg und Fettwaaren spielten ausserd^n noch
eine Bolle unter den von dort bezogenen Produkten. Erseog-
nisse der Weberei bildeten den werthvoUsten Theil der Ein-
fuhr : die feinen flandrischen Tuche, die gröberen eng^isclm und
deutschen, dann Leinwand, auch Seide. Wichtig warra femer
Metall waaren aller Art, Bier, die verschiedoieten Kramwaa-
ren, sämmtlich Erzeugnisse der städtischen Industrie. Auch
ungemünztes Silber schätzte, wie noch heute so schon damals,
der Osten als Zahlungsmittel. Was er lieferte, wanderte zum
Theil in die deutschen Städte, mehr noch auf den Wdtmarkt
von Brügge und nach England. Dorthin brachte der deutsche
Kaufinann auch Vieles von dem, was ihm sonst die Ostsee-
2) Ad. V. Br. IV, 18: pellibas h«baiidaot peregrinis, qiumiin odor lelife-
ram nostro orbi propinavit saperbiae Tenenam. Et illi qnidein ut «teroora
haec habent ad nostram credo dampnationem , qni per fas et neflas ad ▼eatem
aiibelamuä marturinam , quasi ad sommam beatitadiuem.
dei 14. Jaliriiaiideiii. Ig7
Iaii4e boten; er war der unumgängliehe Vermittler zifvischen
Westen und Osten. Ans Schweden holte er Kupfer und Ose*
mmd (Eisenerz, wie es mittelst primitiver Bearbeitung an
Dfarfnchen Hdbsfeoem [Waldschmieden] gewonnm wurde). Die
MioMD des JKupferbarges^ (nicht die in neuerer Zeit berühm-
taran Graben von Falun, sondern der Atridaberg im sfldlidien
Ostgotland) waren wenigstens theilweise im Besitz Ittbeddscher
Unternehmer. Pelzwo^ neben den verschiedenen Waldpro-
dnkten (Holz, Pottasche, Theer, Pech) lieferte ausserdon das
BOfdfsche Land. Von Bldüngen holte man, wie noch heute,
Granit, v<m Gotland und Bomholm Kalksteine, verwandte sie
u der Heimat zu baulichen Zwecken, denen das landesüb-
lidie Material nicht dienen konnte. Aus den ufurddeutschen
Ostseelindem versorgte man schon damals die Niederlande
mit Gretreide, einzeln auch wohl umgekehrt, wenn Misswachs
die Ebenen von Preussen und Livland, Pommern und Mdden-
borg heimsuchte. Was der deutsche Kaufmann an den Ka-
sten Schwedens und Finlands absetzte, waren ganz Überwiegrad
jene Artikel, die auch den Bussen zugeführt wurden. Bis auf
die Altarschrftnke und die Hymnenbücher der Kirchen ist fast
ADea, was d<»t über die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse hin*
aasging, die Hülfe des Kunsthandwerks erforderte, in deut-
sdien Städten entstanden oder aus den Händen der in die
MNrdischra Bürgerschaften übergegangenen Deutschen hervor-
gegangen. Verarbeitet wanderten das Pelzwerk, die Erze zu-
rück in ihre nordische Heimat Ein besonders lebhafter Ver-
kdir fand zwischen Preussen und England statt; Danzig ver-
dankt ihm zum grossen Theil seine glänzende Entwicklung.
Auch hier handelte es sidi besonders um die genannten, dem
Ostra eigenthümlichen Produkte. Die Preussen erhielten sie
aus Polen und litthauen, die Weichsel und Meroel herab. An
letzterem Flusse hatten sie in Kauen (Kowno) ein Kontor, das
ftlr sie wenigstens eine weit grössere Bedeutung hatte als das
188 VII. Die norddeatseheo StSdta nm die Mitte
von Nowgorod. Selbst ungfurische und österreichiflche Pro-
dukte führten die Danziger von ihrem Hafen seewärts ras.
Die Starke der englischen Heere im Mittelalter, die Bon;»-
schützen, bezogen das Holz des Eibenbaomes, das sie aUeii
zur Anfertigung ihrer Wafle für geeignet hielten (BogenlmhX
über Danzig aus den österreichischen Bergen. Wolle imd Tuch
kamen besonders aus England zurüde
So weit dieser Handel einen Umsatz zwischm dem Ostei
und den Nordseehafen vermittelte, nahm er einen doppelte^
Weg, durch den Simd oder über Lübeck und Hamburg, dmdi
Trave und Elbe. Besonders waren es wohl die werthvoDenm
Produkte, Pelzwerk, Wachs und Tuch, die die Kosten des
doppelten Aus- und Einschiffens tragen konnten, weldbe den
gefahrloseren Weg durch Holstein vorzogen. Auf diesem Ver-
kehr beruht die stark hervortretende Bedeutung der lübeck-
hamburger Strasse, die aus zahlreichen Verträgen und Privi*
l^en erhellt, beruht zum grossen Theil mit die Bedeutmig
dieser beiden Städte selbst. Von Hamburg bis Flandern hatte
man nur Küstenfahrt, und auch diese liess sich noch abkür-
zen. Beliebt war die Binnenfahrt durch den Zuidersee und
die Mündungsgewässer des Rheines imd der Maas nach Brügge
und Antwerpen ^). Auch wenn man in den Rhein einfahren
wollte, um deutschen W^em zu holen, schlug man diesen Weg
ein. Die Privilegien der Grafen von Holland und der Bischfifie
von Utrecht hatten besonders seinetwegen Bedeutung, da mit
den eigenen Landen dieser Herren, deren Bewohner bald zu
gefährlichen Konkurrenten der Hansen erwachsen sollten, we-
nig Handel getrieben wurde. Nur wenn wegen Streitigkeiten
mit Brügge und Flandern der Kaufmann seine Residenz ver-
legte, gewann Dordrecht für ihn eine grössere Wichtigkeit
1) Die Fahrt ging durch Vecht, Jjssel, Leck an den ZoUatfttten het Qdm,
Scboonhoven (Gouda), Oeervliet rorbei, rgl. H. U. I, n. 3S1 v. 334, Lflb.
Urkdb. I, n. 108 , Hans. Oeaohbl. 1876, S. 118 ff.
dM U. Jalirtnaderts. Igg
Gern waren dann die hoHändiscben Grafen zu besonderem
Entgq;aik<«imai bereit in der Hoffiiimg, den einträglichen
Yerkdir, den die deutschen Kaofleute, die Bringer der Waa-
no aDer Ostaeelande, h^ranssogen, an ihr Dominium fesseln
zu kBimen: eine mehr als einmal getäuschte Hoffiiung.
Dem durch mehr ab drei Jahrhunderte behauptete BrOgge
seinen Platz als Centralmarkt des ganzen Europa diesseit der
hlffgL Hier tnieaa die Kaufleute aller abendländischen Völ-
ker zusaamien: Lombarden und I<lorentiner , Katalanen und
Portugiesen, Franzosen und Basken, Engländer und Schotten,
Ober- und Niederdeutsche. Die Letzteren, die Hansen, ver-
traten hier den ganzen Nordosten Europas ; was man von des-
sen geschätzten und werthvollen Produkten erwerben wollte,
war nn: von ihnen zu erhandehi, was dorthin absetzen, nur
durch sie anzubringen. Nur ganz vereinzelt erscheinen bis
gegen E^de des 14 Jahrhunderts Flaminger und Engländer
handehreibend in der Ostsee^). Von Brügge aus versorgte
der'niederdeutsdie Kaufmann die Heimat und den Norden mit
den Produkten des Orients, die der Oberdeutsche von Venedig
über die Alpenpässe den Rhein herab dorthin brachte. In
Brflgge erwarb er die Frftchte der Mittelmeerländer, die Seide
Ton FkHrenz, das Oel der Provence, die Weine Spaniens und
Italiens, vor Allem auch die kostbaren Tuche der flandrischen
Weber vmi Gent und Poperingen , von Ypem und Kortrik, von
Aardenburg und Oudenaarden, Dendermonde und Dixmuiden,
Tnehe, von denen einzehie die EUe im Osten mit 22 0 Ittb.
(16 reap. 90 Rm) bezahlt wurden. In dem Gewinn, den der Um-
satz dieser Waaren gegen nordisches PebEweric und russisches
Wadia, oetseeiäches Holz tmd schwedisches Kupfer, schonen-
sehe Hftringe und norwegischen Stockfisch, norddeutsches Ge-
treide, mitteldetttsche Metalle und städtisches Bier erzielte,
lag eine Havptqndle des Reichthums der Bürger in den Lan-
1) Vgl. «. tu Meklbg. Urkdb. U, n. 968 m. 962, VII, u. 4681, VUI, n. 6050.
190 Vn. Die norddevtMlMn Slldta «m dU Mitte
den vom Rhein bis zum finnischen Meerbusen. Sie alle
ren mehr oder weniger an demselben bethefligt Die rOhrign
Bewohner der westfälischen Binnenstädte, die Bahnfarediar
des norddeutschen Handels, sehen wir, gemiethete Schiffe be*
frachtend, über Lübeck und Hamburg diesen Verkehr traben.
Sehr verschieden davon aber auch reichen OewinE brin-
gend war der englische Handel Hier spielten fortdauend
die Kölnor und ihre rheinischen und westfälischen Genoesei
eine Hauptrolle; rheinische Weine führten sie in erster Linie
ein, daneben Seide und seid^e Gewände; englisches Tuch
nahmen sie hinweg zur frankfurter Messe. Die flandrischflD
Weber befriedigten ihren Bedarf an Wolle vonugsweise ans
England, dessen Wolle schon damals sich des besten BnÜBB
erfreute; an der Zufuhr nahmen deutsche Kaufleute einea
senüichen, wenn nicht vorherrschenden Antheil. Sie
nahe daran, in England dieselbe Bolle zu spielen wie in den
skandinavischen Ländern, Ein- und Ausfuhr zum grSssarn
Theile zu vermitteln. Die Weine von Guienne, Seide und
Waid von Toulouse, das Sabs „Browasiens'^ und der JBaie'^ 'X
die Fische der Nord- und Ostsee f(ihrten sie fleissig in Eng-
land ein, zum grössten Leidwesen der englische Kaufleate,
die wieder und wieder, doch lange vergebens, bei König und
Parlament darüber klagten. Deutsche Kaufleute finden wir
in fast allen Häfen der West- und Südküste Englands. Ver-
glichen mit den heutigen lagen die Verhältnisse damals ge-
rade umgekehrt Besonders hat die Zeit der grossen englisch-
französischen Kriege dazu beigetragen, die Handebsmacht der
Deutschen in England zu heben. Den geldbedürfügea Köni-
gen war die Benutzung der schwer versiegenden Quelle haa-
sischer Silbertruhen allzu erwünscht, als dass sie nicht zu
dem weitesten Entgegenkommen hätten bereit sein soll».
Unter Eduard UL waren die Wollzölle in mehreren der wich«
1) Ueber die»e s. Hirsch, Danxi|^ Handels- u. Gewerbs^Hichfehte R. 90 ff.
dM 14. Jakriiwidtrlik 191
tigBten QDgüseheii Hftfen an deutsclie Kaufleute (Lübecker und
WflBtEalen) Turpftndet, ebenso die Zinngruben in CiomwaU
oad andere Regalien; eben diese Kaufleute hatten die an köl-
Der Borger verpftndete Krone der Königin nebst werthvoUen
Kro^jawden wieder eingelöst, als sie verfallen war. Deutsche
Gdder hatfen dem Könige sich rüsten zu jenem Zuge, auf dem
er die Schlacht bei Creqr schlug. —
Auf die Bedeutung der schoneuschen Fischereien, des nor-
wegisdien Handels ist an anderer Stelle einzugehen. Alle
andeni so überaus mannigfaltigen Bewegungen des vielseitig
eatwidcetten Verkehrslebens der Zeit können hier nur in ihren
henroratechoidsten Zügen berührt werden. Schon im 13. Jahr-
bimdert stand man zu Irland und Schottland in Handels-
benehmgen. Von der Küste Westfirankreichs brachten starke
Flotten jene Waaren, die nach England eingeführt wurden,
aodi in alle deutschen Häfen. Die Lübecker finden wir, zum
Theü von Brügge aus (darauf deutet die Zollstelle Bapaume),
die Ifärkte der Champagne und Brie besuchen. Ueberhaupt
war das Beziehen der Jahrmärkte ein beliebter Nahrungszweig
rndit nur der städtischen Kaufinannschaft, sondern auch der
Oewerbtreibenden , die ihre Arbeiten so absetzten. Lübeck
erhielt 1236 von Kaiser Friedrich U. das Recht, aUjährlich
von Pfingsten bis Jacobi einen allgemeinen Markt (generales
nundinas) abzuhalten, und um den Besuch zu fördern, ver-
sprach der Kaiser Allen, die ihn besuchen wollten, sein Geleit
Diese Art des V^kehrs mag kaum sehr verschieden gewesen
sein von d^ noch jetzt besteh^iden grösseren und kleineren.
Messen. Reichen doch einige von diesen, wie z. B. der ro-
stodcer PfingstmaiM, mindestens bis ins 15. Jahrhundert zurück.
Für den Handel durch ganz Frankreich sehen wir Städte von
Kampen bis Riga und Wisby privilegirt; in der That erfahren
wir auch von einem deutschen Kaufinann in Avignon und Mont-
pellier. Mit Brabant und Limburg wurde nicht nur von den
192 Vn. Di« wuMemlaAm Slldto «m die Mitto
Kölnern, sondern auch von den Labeekem imd Hamburgan
ein reger Verkehr unterhalten, die Märid» zu Bergen ap Zoom
und Antwerpen besonders von Brügge ans fleissig besucht
Ausgangspunkt eines lebhaften Handels war auch Weat&lai;
gröbere Tuche, dann die Produkte des Bergbaus und der Eisen-
industrie wurden von den betriebsamen Bewohnern in die Nie-
derlande, nach England, in die Ostseestädte und weiter aus-
geführt Die sogenannte „kölnische Waare^, (Gewebe aller Art
und Kurzwaaren, in Lübeck von „Gästen^^ feilgeboten, staauiite
wohl vorzugsweise aus den Gegenden rechts vom Niederriiein.
Dem Harze und den Weserbergen war eine Reihe aufblühender
Städte vorgelagert, die einerseits über Bremen einen lebhaften
Komhandel trieben, andererseits über Hamburg, von Braim-
sdiweig durch die Heide ziehend oder von Magdeburg die
Elbe hinabfahrend, die Erze und Waldprodukte des Harus
ausführten. Ueber Hamburg trieben auch die mftridschen Stidte
Ausfuhrhandel mit Flandern, von Hamburg bezogen sie auf
Elbe und Havel jene Produkte, die ihnen die Heimat nicht
bot Auch für die Bewohner Meissens war die Elbe die natür-
liche Strasse zur Theilnahme am Welthandel. Andererseits
kamen wieder die Kaufleute der Seestädte Getreide aufkaufend
in die Marken oder liessen sich das Korn von dort und ans
den Saalgegenden zuführen. Ein Handel von besondoner Be-
deutung knüpfte sich an die Schätze der lüneburger Saline,
die so reiche Erträge lieferte, dass die reichsten Klöeter und
Kapitalisten Norddeutschlands sich glücklich schätzten, ihr Geld
in einem Pfannenantheil anl^en zu können ^). Fast
1) Ein eigM&th&akliehes Licht auf die AnsebaaungsweiM dar ZtAt wirft die
Entdeckung und Ausbeutung einer neuen Salzquelle im Jahre 1S78. Die Be-
sitser der alten, nimlich die Aebte von Amelunzborn, Dobberan, Reinfeld mid
anderen Cisterclenserklfistern, die Aebte einiger BenediktinerklSster, die Pröpste
mehrerer Cistercienser- sowohl wie Benediktinerlüdster, die Dekane und Kaoonlel
der Kirchen von Lübeck, Bardowik und Ramelsloh, mehrere Bitter, dann Bfirger
von Lüneburg und andern Städten bitten, ihnen die neue Quelle an verkMifSNi,
dei 14. Jfthrhanderts. (Qg
lieh seewärts giBg die Ausfuhr des geschätzten Salzes. Sie
gab den Anlass zur Anlage des Steckenitz-Kanals 0- Auf der
jftttschen Halbinsel wurde von Lübeck, Hamburg und Stade
ans ein umfangreicher Yiehhandel getrieben. Ausser im Sunde
bot die Ostsee noch an zwei andern Stellen Gelegenheit zum
Betriebe der Häringsfischerei im Grossen, im Kalmarsunde und
nt Pvrdit, 8e1iad«n im Betrieb« der alten in leiden. Henog Johann von
JinmmAinigf ^daait er tk«iUiabe an den Oebeten und andern geisUiehen
Handlrnngen, die tXglich in den Klöstern von den Mönchen geschehen^^, IXsst
lidi daau bereit finden. Er gestattet den Käufern, die neue Saline sa ser-
iMmif crlillt selbst aus der alten von jeder Siedung 150 Wispel Sali (ron
jtdea der 60 SaUhinser 8 Wispel) und eine einmalige Zahlung von 1800 Mark
Silber (70 — 80,000 resp. 460,000 Rm.), verspricht, weder in der Stadt Lüne-
birg noch Im ganien Hersogthnm eine neue Saline in Ching su setsen. ürkdb.
i 8t Lflnebiirg I, n. 111. Was die Antheile am BesiU der Saline betrifft,
M Tgl. 1. B. Lnb. Urkdb. U, n. 239, 271, 486, 504, 608, lU, n. 196, 260,
IV, n. 61; Meklbg. Urkdb. V, n. 2729, 3028, 3229, VI, 8783, 4091, VIII,
5150. Noefa heute besitit die Stadt Lfibeck IBneburger Baispfannen, ebenso
Kirchen Lflbeeks. Etwas Aehnliches in Bezug auf Kolberg, s. Biemann, Qe-
Kbichte d. St Kolberg, Anh. S. 60.
1) 1890, Lfib. Urkdb. FV, n. 619. Doch scheint schon 1341 eine Wasser-
T«bindaiif bestanden su haben, vgl. Urkdb. d. St. Lfineburg I, S. 281 : Quod
u promptoariam plus quam triginta duos choros habuerit , pro hoc nostro re-
spondebitnr thelonario (in Lauenburg), quem pro tempore duximns ordinandam
et tBM Uberel*«t absqne impedimento transibit Molne- et per totam Juri-
dictioatm noitram et (tistrictum. Geht daraus nicht hervor, dass Prahme von
Uuenburg nach Mölln gelangten? Lfib. Urkdb. II, n. 747 heisst es: Were
id, dat de börger von LOneborg vorden ehr gpiet von Mollen tho Hachede
•ter von Bagede naMölne, dar scholl wie nnse truen und unse ambtluede so
to forderen und se sehölen tollen davor geven tho MöUne und anders nergendes,
(dat) dat gnet to Louenborg toll frie sie. Ist daraus su schliessen , dass das
Kala von Oeerthicht Aber Lauenburg nach Mölln geAhrt wurde, so ging es
jsdenfiOla sa SehiiT. Vgl. auch Lfib. Urkdb. IV, 619 : Dat water, dat de Del-
vene gheheten ys, dat dar vlnt twisschen der Elve unde deme see to Molne,
wtlkn ramen unde dupen laten. — Urkdb. d. St Lfinebg I, S. 217 (von 1335)
hriest #•: Worden ok de borghere (von Lfineburg) mit us des to rade, dat
■an solt los konde overbringen (vgl. ebd. oben: Vor dhen wispel loses soltes,
dat man to schepe voret), so scolle we hertich Albert mit usen borgheren to
Meine dat vomogfaea, dhat se sehep dhar to buwen, de darto sin bequeme,
dat man it droghe to Lubeke bringe. Ist das nicht der Plan einer Wasser-
verbindang swfsehea Delvenau (Elbe) und MöUner See ? Ich möchte die erste
HersteUang einer solchen in die Jahre 1385 — 1841 setten.
SckSicr, Die HtMntMtc |3
1^ Vn. Die norddeutschen Stldte am die lOtte
an den Küsten Rügens. Hier begann der Fang im November,
wenn er an der schonenschen Seite sein Ende errdcht hatte.
Auf Land- und Wasserstrassen ging das un^tbehrliche Ge-
schenk des Meeres ins obere Deutschland. Auch vor Kolberg
wurde gefischt ; schon in slavischer Zeit bessog Grosspolen von
dort seine Häringe und sein Salz, das die damals ergiebige
kolberger Saline lieferte ^). Auch die Lübecker kamen in j^e
Gegenden; wir finden sie in Cujavien, Lanzizien und Siradien,
in den Gebieten zwischen der obem Oder und Weichsel; über
Danzig und von dort mit Wagen oder auf Schiffen die Weichsd
hinauf brachten sie Tuch, Salz, Haringe. Auf der Strasse
von Lübeck und Hamburg über Berlin und Frankfurt nach
Breslau erreichte man ebenfalls jene Gegenden. Gubener Wein
wird in Lübeck erwähnt. Die spätere Zugehörigkeit Krakaus
zur Hanse spricht deutlich genug für die Verbindung jener
Gegend mit den Seestädten; seitdem Danzig eine Stadt des
Ordens geworden war und rasch emporblühte, wurde es die
Hauptvermittlerin dieses Verkehrs. — Ein wichtiger Erwerbs-
zweig war für manche Städte die Ausfuhr der hämischen
Brauereiprodukte, in deren Erzeugung damals Norddeutschland
dem Süden unseres Vaterlandes weit voraus war. Wismar,
Rostock, Bremen, seit der Mitte des 14. Jahrhunderts Hamburg,
dann Eimbeck erzeugten Biere, die von Flandern bis Finland
bei keiner Gasterei fehlen durften, meistens schwere Getränke
von einer nach unsem Begriffen ungewöhnlichen Konsistenz,
wie sie sich im bremer Seefahrts- und danziger lopenbier und
in der braunschweiger Mumme als Reliquie vergangener Sitte
bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Den Hopfen daani
lieferte zum Theil Norddeutschland selbst (dass bis Riga hinauf
um fast alle Städte Norddeutschlands Hopfengärten waren,
lehr^ uns urkundliche Zeugnisse), zum Theil Thüringen. Ham-
1) Erst seit 1253 waren die SaUbergwerke von Wielicaka in Betrieb, erst
100 Jahre später von Bedeatong.
dai 14. J«]irhiiiid«rtf. X95
barg verdankt weflentlich seinem Biere den Aufschwung, den
ihm das 14. Jahrhundert brachte; es war durch mehrere Jahr-
hunderte ^die grösste Brauerstadt des Nordens''. Yielldcht
sebon im 14., spätestens im 15. Jahrhundert sti% die Zahl
seiner JBrauerb»'' auf 500. Besonders nach Westen ging
sein Bier; in den Niederlanden führte die Versendung dorthin
zu mdireren spedell hamburgischen Niederlassung^.
AuffiEÜIend selten erscheinen die Seestädte in direkter Ver-
bindung mit Oberdeutschland > ). Der Weinhandel, der Lübecker
and Hamburger mit ihren Schiffen nach dem Rheine führte,
mag es gewesen sein, der die zwischen Mainz und Lübeck
angedeotetra Beziehungen hervorgerufen hat; Franken weine
werden in Lübeck, Lüneburg und sonst erwähnt Nümbwger
and Frankfurter erscheinen mit ihren Kramwaaren (es werden
„nümbergische Messer*' genannt, auch scheinen Dolchmesser
(stekemessede), Schlösser, Paternoster, Papier dazu zu gehören)
in Lübeck, wo auch Erz- und Messinggiesserarbeiten in ,4iüm-
berger Kdlem** ausgestellt werden. Auch auf dem schonen-
acheo Markte treffen wir einmal einen nürnberger Händler
mit seinen Waaren. Erfurt, das an der Strasse nach Nürnberg
lag, erscheint in Beziehungen zu Lübeck. Es fiänd nur dünne
und spärliche Fäden, die sich erkennen lassen. Süd- und
Norddeutschland, die wenig Produkte mit einander auszutau*
achen hatten, behaupteten jedes sein eigenes Handelsgebict;
als am Ende des Mittelalters die Oberdeutschen in das nieder-
deutsche einzudringen suchten (in Polen und Russland), ent-
stand in den Seestädten grosse Aufregung gegen die „Hoch-
i^ oder „Fugger^S wie man sie auch wohl nannte;
drahte geradezu mit Gewalt
Zu diesen mehr in die Feme reichenden Verbindungen
kam die bunte Mannichfaltigkeit des lokalen Verkehrs. Jede
1) Vgl. Lfib. Urkdb. II, n. 644, 818, 919, III, n. 566, IV, n. 805; Wehr-
, LftUekiMh« SvaÜroUen S. 159 u. 870.
13*
196 Vn. Die noMimtmhm Sllite m die Mitte
Stadt, 80 Udn sie immer Bein mochte, bfldete ftr einen ge-
wissen Beziri^ den natdiüchen Mittdpnnkt des Waarenaus-
tansches, in dem der Landbewidmer emen llarict fand f&r die
FrOchte seiner Arbeit in Wald mid Fdd, die Lebeosbedfirf-
nisse, die er nicht selbst erzeugte, ehikantpii konnte. Bau-,
Brenn- nnd Nutzholz, Steine^ Theor, Pedi, Asche, Getreide
nnd andere FddfrQchte« WiA. Wild und Fisdie werden den
Städten zngef&hrt, die iluwseits mit den Erzeagnissm ihres
Gewerbfleisses, mit den Produktoi fnner Linder zahlen. Unter
besondem Varhaltnissen k<Nuite jener Handd einen ansso^
ordentlidien Umfuig gewinnen, wie z. B. die Holzznfiihr auf
der Dmenau nach Lüneburg f&r den B^ridi der dortigen
Saline« in kleinerem Massstabe die nach Eolbeig. And^rer-
s«ifs machten die Stidter oft Ranzende Gescliifte dadurdi,
das® sie nicht nur die Menge« Sonden andi die Höfe der
Forsten und den Adel des Landes versorgten: fltar PdzweriE,
flandrische T\iche. edle Weine hatten sie cft bedeutende Sum-
men Ton diesen lu ÜHdem. Sie sind anch ihre Bankters, die
Siidte. VW Allem Lübeck, der Mittdponkt des Gddvnckehrs,
die tVte^ an deuen man gern sein Vermögen anlegt Selbst
millen in Schweden weiss man erworbene Kaintalien nidit
biK^HT in bewahivn. als indem man sie den Binden lobecfar
Kanflenn^ anwnnut.
In mannichiickr W^tse untnschicd sich dieser in grossen
/ü^ien an^ü^^eutece V^tkehr wm dem Handd unserer Tage.
Kr Off «>ien^ v\w alkn Din$« mehr persönliches Eintreten
ww KauAiiann^ FV^s^n $ab es nicht: briefliche Auftrige
um) AWxhKls^ k^vuiien daher ^> kicht nicht stattfinden (es
^ttd un^ ;jJlefüin$s Res^tir kanfndnnischer EoncEpcmdenz er-
haltanV auch der \Vc<iis«ei^nnrkKhr w;Mr $iaik beschrinkt. Das
iiiKichiJk rnnsä^ pcrstelkh Mttwhf w^rdnu Es war daher
^Uc Kc^ da;s$ der Kaatsaann ;§ieae Wunen biqsjhätirte, mitzog
über ..S<>^ uihI SaEKh-. S^r Mkfri «mrcn KfMapagnicgeachafte,
dai 14. Jmbrhimderts. 197
oft in redit klemen ÄntheQcsi ; in der Rhederd kommen Sechs-
zdmteiiMirte von Schiffen vor. Ermöglichte dies die im Mittel-
alter schwierige Verwerthung auch kleiner Kapitalien, so gab
es obendrein Gelegenhdt, die Führung grosserer Waarenmengen
einem Einssdnen zu flbertragen. Auch sog^annte Sendeve-
Kontrakte werden zahlreich abgeschlossen, nach denen Jemand,
der keine Eigenthumsrechte an den Waaren besass, deren Fflh-
nmg fibemahm gegen einen gewissen Antheil am Gewinn,
meistens die Hälfte. Besonders suchen Nichtkaufleute (lütter,
Geistliche) so ihre Waaren in den Handel zu bringen. Dass
der Schiffer (so heisst einfach der Kapitän), ja sämmtliche
Bootsleute das Recht haben, eine gewisse Menge eigener Waaren
im Sdiiffe mit zu verladen, kommt sehr häufig vor, scheint
die Begel gewesen zu sein. So hatte Jeder, der sich an Bord
befand, ein Interesse daran, das Schiff wohlbehalten an seinen
Bestimmungsort zu bringen. Und das war nothwendig. Denn
grösser als heutzutage waren die (xefahren, die dem Kauf-
manne und seinen Waaren drohten, Assekuranzen aber gab es
damals^ wenigstens in den Hansestädten noch nicht. Das 6e-
sdilecht der adligen und unadligen Bäuber zu Lande und zu
Wasser starb in Norddeutschland während des Mittelalters
mdit aus, so manche Burg die Städter auch brachen, so man-
chen üdbelthäter, adlige nicht ausgenommen, sie auch durch
Schwert und Strang zu Tode förderten, so manchen Seeräuber
auch ihre Friedekoggen über Bord warfen. Gar leicht konnten
daher Kaufinann und Schifler in die Lage kommen, das eigene
oder das ihnen anvertraute Gut mit Einsetzimg ihres Lebens
verthddigen zu müssen. Dazu kam das grausame Strandrecht.
Mochten die Päpste und ihre Bischöfe auch noch so oft Bullen
erlassen gegen die „verabscheuungs- und fluchwürdige, aus dem
Hddenthum herstammende Gewohnhdt^S mochten sie noch so
oft daran erinnern, wie freundlich der schiffbrüchige Paulus
von den Bewohnern der Insel Melita aufgenommen worden sei,
198
die dwrwtMr BrBrJM icdHBt, das Ae<* ^iddie eelbBt
Hufe m ikifB Siika ■ftüwhiB, der SittleideBdai seh er-
TcranA iBd 4m Godz der Satv foradirabeB,
WidospfiKh
Ton Brenm
G«ido 1265 im
KketorDob-
bcflSB nmFlRttsi Borvm ath dei Eitng des Ihctis Tonge-
Td «tilitatcm ib
Aack Ae Pririlcgieii, wddie
die Slidte iw da Btmm der Fi^wliBdfi crvorbcB hattea,
Back veldbei ümb djs Beckt la Wiiti nstiBd oder der
Wiedeiei mtah der letkucM Gtiicr «b ob redlickes Beqi;egdd
Ahedüt BB dcB T BBili Hkiii B^ haba
sckvBck der T<riwJjMg yinekft> die IiiiBlunietcii der
Sei^ Bk die l^BeBe öbcs eratBsckteB EneAcs m bcmrtjea.
Als die Ldwckinr Ij?; Birf GnMd ikrer Plniik^ieB ^nm dimr
srkai HBflptmiBB ib Be«Bl HciBBs^Bke gemiBdelm GateB
^ceilBBiMB, BBiw^^tele diesw dcB GesndtCB: ^Wie Tiefe, wie
civssif BBd ms firBneif BKk I— wer fccribogeKkickt werden
kijulw, $i> witoAem dock die Y^SBÜiai bei den Reckt dieBes
Lud» Udkem welkB: bbI w«u eack so Bof Bittea oder
Rrkie c«re Gtier niick^KiBekiai w«rdeB^ m wiD idi mir das
neckte Ab^ BBSsterkm lassen^.
Cwd ZB dmi Geiikm. mit dwcB Habeaer und Wfldheit
der Mqfc?ckeB drokte. Hbh!b die dem ttcfckckcB Efemente
ewig «ignML Zwaur Tcfwuied bku die WiBtinnetse: es heisst
Gott Yers«rkeB. w^bb «ua Bark MartiBi :scieeh« BMmt der
Hdkfescke Cknwttsi Hait!^ Rei-keauauL Aatk «Btbckrte nan nicht
so lewz >»er Nrkifl^rtszekkm. den» wuU iberdachte und
nekbUcke Verv^rttdaa^ es heote dem Sckiiier «fBMf^idK&, sicher
dm 14. JahrbaiidMis. X99
seinen Kurs m steoan. Leuditthfirme finden wir schon im
13. Jaluliundfirt an den nördlichen Küsten: an der vorspringen-
den Spitze von' Falsterbo neben der Einfahrt in den Sund,
1236 bei Travemttnde, 1266 auf der Insel Liepz vor Wismar ^ X
128Q zwei bei Brie! an der Mündung der Maas, gegen Ende
des Jahriiunderts für die Einfahrt in die Elbe auf Neuwerk
(die Insel erhielt ihren Nam^ vom „novum opus^S dem Thurme),
1306 anf Hiddense für die Fahrt nach Stralsund. Auch Be-
Umnimg wird erwähnt vor dem rostocker Hafen und auf der
Zoidersee, selbst eine Stromkorrektur kommt schon 1288 vor.
In diesem Jahre erbot sich der rostocker Bürger Rotger Hom,
allerdings unter lebhaftem Staunen der Herren vom Rathe, die
BOT unter deckenden Vorbehalten auf seinen Antrag eingehen
wollten, die Wamow von Rostock bis zur Mündung auf eine
Tiefe von 6 Ellen zu bringen; leider erfahren wir nicht, ob
etwas ans d»n Plane geworden. Aber das alles war^ doch
Dar erste, schwache Anfänge: sie konnten den Seefahrer höch-
stens davor bewahren, noch im Angesichte des Hafens zu
scheitern. Auf der weiten Reise war er besonders in der
Nordsee und ihren Neb^gewässem, deren Beschiffung durch
Gezeiten, durch Strömungen und die Wattenbildung der Küsten
erschwert wird, übel daran. Kompass und Chronometer besass
er nicht, auch Karten fehlten ihm. Möglich aber kaum wahr-
scheinlich, dass er in dieser Zeit schon die älteste Redaktion
des sogenannten „Seebuchs^S einer dürftigen Segelanweisung,
die in ihrer ursprünglichsten Form nur die Küsten von Brügge
bis Cadiz und Cap Landsend berücksichtigte, in Händen hatte.
So hielt er sich, aus Furcht, den Kurs zu verlieren, nahe am
Lande, dadurch der Gefahr der Strandung noch mehr aus-
gesetzt Nur wenn ein günstiger Wind wehte, das Wetter
1) Wegeo diätes Tharmes, der vieUeicht beiweifelt werden könnte vgl.
Meklbg. jAhrlmeh II, 18S ff. n. XXXI, 89 ff. ; d«sa Meklbg. Urkdb. U, n. 1078:
dt inimlin Lypex usqae ad municionem civitatis.
200 VU. JHe DorddMüMlm Sttdte «m die Mitte
Dauer versprach, wagte er eme mehrtigige Fahrt durch die
hohe See, fem von allem Lande, etwa vom Skagerrak oder
Norwegens Küste hinüber nach Flandern oder En^^and, von dar
Bretagne durch das gefahiüche Meer von ffiscaya nadi Fend
in Galiden, dem heiligen St Jacob in Compostella Pilger zu-
zuführen. In solchen Fällen ging die Fahrt auch übenraacheDd
schnell (von Ripen nach Brügge in zwei, von Cap Matthim
nach Ferrol in drei Tagen), ein Beweis, dass der deutsche
Seemann sein Schiff zu bauen und auch zu brauchen verstand ^).
Im Allgemeinen aber waren die Beisen langsam, und vor Allem
— gefahrvoll.
Und wenigstens das erstere galt in noch höherem Grade
von den Landreisen. Allerdings fehltoi auch hier nicht die
Anfilnge einer Fürsorge für den Verkehr: über Anlage und
Instandhaltung von Wegen, über Bau und Ausbesserung von
Brücken wird uns urkundlich berichtet Aber schwerlidi ist
das über das Allernothwendigste hinausg^pingen ; v<m irgend
einer Pflasterung der Landstrass^ sei es auch nur mit Holi-
knüppeln, erfahren wir nirgends; höchstens in den Stfidten
sdbst hören wir von den ersten Anfingoi des Pflasterns.
Wurde das Recht der Grundruhr geübt, das allerdings nicht
so z&h festgehalten worden zu sein scheint wie das des Strandes,
so lag es ja geradezu im Vortheil des Landesherm, die Wege
nicht zu bessern. So schnell man daher auch, unter Benutzung
von Pferden, im Allgemeinen zu reisen pflegte, so langsam
kamoi jedonfoUs die Waaroizüge fort, die wohl meistens in
p?schlossenen Kolonnen und unter Gddt dahereogen. Natürlich,
dass man den I^andtransport« wenn nur eben mö^ch, zu ver-
moidon suchte« Selbst die kleinlichste und umständlichste
SchiAfsUirt cr^hion vortheilhafter. Hat in unseren Tagen die
1> Adam Ton nmiN>n IV. U S^WKob 9«. Vgl. <Us lünerar nmch Reval
b«i l.Miprb.. Scr. rer. l>u> V« 62). mack des Peripl«s OÜMri Nonregi et
Walt^Uni. «bd. Ih 10$ ff.
dM 14. JahrilUidMrts. 201
Aosbrdtirag der EiBeDbahneB den Werth der Wasserstrassen
stark herabgedrückt, so wurden diese in jener Zeit mit Eifer
gesucht. Nidit nur der grossere Wasserreichthum ermöglichte
eine Bebhmng y^m Flüssen wie die Oker und Leine, die ohete
nnman nnd Jeetze, ja die Stepnitz und Badegast im west-
lichen, die Trdtel im östUchoi Mddenburg; es lohnte auch
uhsm der Vo:kehr auf überaus kleinen K&hnen, wie man
sie in unsem Tagen nur noch selten gebraucht Müldenbau
suchte man zu hindern, um die Fahrt frei zu haken. Audi
Kanalanlagen plante man und führte sie aus. Die kleine
mddenburgisdie Stadt Sülz lässt sich, der Ausfuhr ihres Salzes
wegen, renk ihrem Fürsten 1298 das Versprechen geben, einen
Kiaal zwischen Trebd und Becknitz herzustellen, auch einen
Mr>g nach Tribsees anzulegen. Die Stedtenitz war mittdst
diier Sddeose bei Mölln fahrbar gemacht; schon 1341 scheint
eine Wasserrerbindung zwischen dem möllner See und der
Elbe durch die Ddvenau bestanden zu haben. Sowohl Fluss-
ab Landwege aber litten unter dem Drucke des Strassenraubs
und der Zollplackerd. „Die wahnsinnige Verblendung der
Deatschen, deren unerstdgliche Festen sich über dem Bette
to Bheines eiiieben, ist so begierig, Gdd zu erwerben oder
ndaiehr zu erpressen, dass sie kein Verbrechen schalt, es
rasammeozusdiarren, und jedes mit Waaren bdadene, den
Flnsa berabkonmiende Schiff vor jeder dieser Festen zu un-
gewöhnlichen oder vielmehr unerträglichen Zöllen zwingt, weder
durch Furcht yor Gott noch durch Scheu vor dem König
zurückgehaltenes so berichtet ein Engländer schon über die
Zeit K(küg Bichards ^). Sdtdem war es jedenfalls nicht besser
1) Thonuit W!k«s lu 1269, bei Böhmer, Fontes II, 455: Fnriosm TentoDi-
comm insania, qaonuii manitiones inexpagnabiles saper alveam Rhenam con-
kbtere digooscaotar, qaietis impatiens et acqnirende pecanie sea potias extor-
qiende tarn avida, qaod pro ea congerenda nullam genns facinoris ezhorrescat,
de fiDgalis pappibos, qae per crepidinem flaminis sapradicti victualia sea qae-
caaqae mercimonia deferebant et per manitiones antedictAs, qaas elitäre non
202 VU. Die nordfUulMshen StiUlto um die Mitte
geworden. Die Zollstätten an Flfissen und Landstrassen diing-
ton ßich geradezu. Auf den nftchsten 12 — 15 Meüen oberiiaHi
Hamburgs gab es deren z. B. an der Elbe nicht weniger als 9:
Esslingen (ZoUenspieker) , Krauel, Greesthadit, Artlenbuig,
Lauenburg, Boitz^burg, Bleckede, Hitzacker, D^nitz (daza
Dannenberg und Lenzen für die Nebenflüsse Jeetze und Löcke-
nitz) ^). Glücklicherweise waren die ZoUtabellen nicht alfani
complicirt Häufig wurde einfach schiff- oder wagenweaae ge-
zahlt, sonst nach Fässern, Packen, Ball^ seltener nadi Ge-
wicht, und dann immer nur nach grossem, meistens Sclii&*
pfimden (von je 300 gewöhnlichen Pfunden). Viele Unter-
scheidungen wurden im Tarif nicht gemacht; es handelte sich
eben nur um Finanzzölle, den Begriff des Schutzzolls kannte
das Mittelalter nicht; es erreichte die Zwecke desselben auf
anderem Wege. Charakteristisch ist, dass der Eid, dar über-
haupt im mittelalterlichen Rechts- und Verkehrsleben eine
überaus grosse Rolle spielt, auch angewandt wurde, die Zolür
abfertigung zu vereinfachen : Ein Krudfix vorgehalten, den Eid
darauf, dass man nicht defiraudire, so kam» die Kaufleute
durch den Zoll, deren Vaterstadt ihren Bürgern dieses Privi-
legium hatte erwerben können. Bei Landreisen war wohl darauf
zu achten, dass man auf der Zollstrasse blieb; wer auf anderm
Wege getroffen wurde, der hatte sein Gut verüahrm. Eine
genaue Kenntniss der Zollstätten war dem Kanfiuann noth-
poterant, deftcendere cogerentar, insolida et prorsns intoleimbilU pacagi«, qae
Tulfco thelone« nnncnpantnr, nee Dei timore nee regis reverentiA eoereiti singoli
tinguUriter extorqaelMuit, ande iactBm est, qaod Tili pretio ▼endereotar.
1} KoppmADD, Die Utesten HandeUweg« Hambnrgt S. 7 meint, von Domits
scheine der Hsmburger trti nach Magdeburg gefahren la sein. Ich glaube
kaum. Ans Hambg. Urkdb. I, n. 515: qaod Albiam per totam Harchinm secnre
et absqne omni iupedimento navigio ascendere et descendere potestis etc. folgt
nicht, dft!» die Hamburger sollfrei waren. Die Magdeburger sahlten 1136 auf
dieser Strecke noch Zoll in Elbey , Meilingen und Tangermfinde. Der Zoll-
stXtten werden iniwischen nicht weniger geworden sein, H. U. I, n. 11.
dei 14. Jahrliiuideris. 203
wendig ; dass er meisteiis nur nach bestimmte Gegenden han-
delte» eileichterte ihm dieselbe.
Hatte er sein Ziü g^flckiich erreicht, so war auch hier
wieder genaue Keimtniss der lokalen Verhältnisse ein unent-
bdirlidies Erforderniss. Denn unendlich mannichfaltig war die
Art reditÜGfaer Befagniss, die dem Kaufinanne in der Fremde
sastand. Nur an sehr wenigen Orten konnte er sich so frei
nad QSgehindart bewegen wie daheim oder wie ein Einge-
sessener des Landes. Audi in allen deutschen St&dten war der
^Gast^, der Angehörige einer fremden, sowohl jeder deutschen
ab nichtdeutschra Stadt, dem eigenen Bürger nachgestellt
Nur eine gewisse Zeit durfte der Kaufmann sich in einer fremden
Stadt handdtreibend aufhalten, nur unter gewissen Beschrftn-
knagen seine Waaren feilbiete, häufig war er schon durdi
die Festsetzung eines bestimmten Verkaufspreises dem ein-
gebwenen Konkurrraten geg^über im Nachtheil, dazu war er,
falls er Erzeugnisse gewerbliche Fleisses zum Verkaufe herbei-
fllhrte, der Aufsicht der betreffenden Amtsmeister unterworfen,
die m benrtheilen hatten, ob er auch schlechte („wandelbare^)
Waare liefere. Auch rechtlich stand er nur in den Städten
^cfaen Redites, und auch dort nicht einmal immer, in gleicher
Geltung wie daheim. In mancher Beziehung freier als in den
deotschea Städten war er nicht selten im Auslande. Dort
erlangte er häufig genug das Recht fester Niederlassung, die
dann entweder einen allgemein hansischen Charakter trug,
aDe deutschen Kaufleute umfasste, wie die Kontore zu Now-
gorod und BrQgge, zu London und in andern Städten Englands^
die Niederiassung zu Bergen in Norwegen, oder aber nur den
Kanflmten einer bestimmten Landschaft oder Stadt angehörte,
wie das Kontor zu Polozk für Riga, das zu Kauen für die
Preosso), die Hansen der Hamburger zu Utrecht und Oost-
kerken (später in dem nah^ Sluis), zu Stavoren und Amster-
dam, die Niederlassung der Rostocker zu Opslo in Norwegen.
204 VIL Die nordde«ltelMii StiUto «m die lOtte
Sehr verschieden war auch hier wieder der Umfang der stets
durch VerhandluDgen erworbenen, durch Vertrag oder Privi^g
gewährleisteten Rechte, sehr verschieden der Zuschnitt des
den Verhältnissen genau angepassten Lebens. In klfisteiticher
Abgeschlossenheit hauste der Kaufmann auf dem ummanerten
Hofe St. Peters in Nowgorod; auf das Strengste geregelt war
die Art des Verkehrs mit den Russen, unter scharfer AufiEocht
wurden die Glieder des Hofes gehalt^ um EonfÜScte mit dn
Einheimischen, die so leicht verhängnissvoll werden k<mnte&,
nach Kräften zu meiden. Trotzdem hat es an schlimmen
Streitigkeiten, an Verlust von Gut und Menschenleben in dem
fernen, unwirthlichen Lande nicht gefehlt. Aber imm^ von
Neuem wurde es aufgesucht; allzu einträglich war gerade der
dortige Handel, und am leichtesten war es in Nowgorod md^üch,
„mit geringen Mitteln^ wie spätere Recesse es ausdrücken,
„zum Manne zu gedeihen'^ Selbst führte der Künftnaim seine
Waaren hierher, kam und ging als Sommer- oder Winter>
fahrer, wie es die Verhältnisse mit sich brachten. — Chmz
anders gestalteten sich die Dinge in Brügge. Dort hattoi
allerdings die Kaufleute auch ein eigenes Haus, abtf es war
nur Waarenniederlage (Stapel), sie selbst mietheten sich ein
bei den Bürgern der Stadt; ihre Versammlungen hielt«! sie im
Reventer des Kanneliterklosters. Allerdings war der Abschluss
der Geschäfte an den Stapel geknüpft, aber viel näher als in
Nowgorod war das Verhältniss zu dem einheimischen, dem
Hansen so nahe verwandte Bürger. Andauernder pflegte der
Kaufmann sich dort aufzuhalten, hielt sich auch wohl ständige
Faktoren. Wie in Nowgorod stand er unter selbstgew&hlten
Aelterleuten, doch konnte an beiden Orten an den bestdienden
Ordnungen nichts geändert werden ohne Zustimmung der Städte
daheim. In Nowgorod wie in Brügge hatte man für Streitig-
keiten der Deutschen unter sich heimische Grerichtsbarkeit er-
worben, doch nicht, wie zeitweise in Schonen, die höchste. —
das 14. Jalnriraiiderts. 205
•Am nächsten stand der deutsche Kaufmann dem Engländer.
Allerdings lebte er auch in London abgeschlossm auf sdnem
Stahlhofe, aber er galt trotzdem gleichsam als ein Glied der
Bfliigerschaft Sein Adtermann musste londoner Bürger sein,
mr Bei¥rahning der Stadt war der deutsche Kaufmann mit ver-
pflichte, er stand vertragsmässig unter englischer Oerichts-
iMirfceit. Dauernd hielt er sich in England auf, erschien den
Kiteigeo so wenig fremd, dass sie ihn, wie die Engländer wohl
klagten, fiber die eignen Unterthanen hinaus begOnstigten.
Nicht nur hier, sondern auch in Russland und Flandern war
aber der deutsche Kaufmann, wenigstens in der Zeit, von
i& hier zunächst die Rede ist, eine populäre Figur, ein
gern geaehener Gast, dessen häufiger und zahlreicher Be-
such als eine Quelle erwünschten Gewinnes freudig begrüsst
wurde. Mochten auch DifiTerenzen vorkommen, man fühlte,
dass man einander brauche, auf einander angewiesen sei, und
war daher bemüht, die alte Verbindung möglichst rasch wieder
herzustellen.
Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, dass der da-
malige Handel fast ausschliesslich Properhandel war. Nicht,
als ob Speditions- und Kommissionsgeschäfte gänzlich unbe-
kannt gewesen wärai ; es kommen Verfahren vor, die sich kaum
andeiB bezeichnen lassen als mit diesen Namen. Auch fehlte
es nicht an einer gewissen Spekulation, besonders in dem Kon-
junkturen so sehr unterworfene Getreidehandel, der Preis-
schwankungen aufwies, die in unserer Zeit überhaupt nicht
mdir YoriLommen würden. Aber gänzlich unbekannt war doch
das aUen modernen Handel so sehr überwuchernde Differenz*
gesdiift, das eine Waare ein Dutzend Mal verkauft, bevor sie
übeiliaiipt vorhanden ist. Die Geschäfte auf Lieferung, die
bisweflen vorkommen, sind damit gar nicht zu vergleichen.
Dorchweg herrschte der echte, wahre Handel, der nur umsetzt,
was vor Augen ist. Dem entsprechend galt auch im All-
206 VII. Die norddMitaeh«B Stidto vm die Mitte
gemeinen der Grundsatz: Waare um Waare oder um Gdd./
Im russischen Verkehr war noch der Tauschhandel Oberwiegend,
in Norwegen häufig. Borgkauf zu treiben, wurde für gewisse
Handelsbeziehungen wiederholt und strenge verboten. Doch
war das Bedttr&iss des Kreditirens ein zu ld>haft empfimdenes,
als dass dieses Verbot nicht häufig sollte flbertreten worden
sein. Wo Kreditiren gestattet war, wurde die Schuld vom
Rathe in „der Stadt Buch^^ eingetragen, wenigstes in älterer
Zeit. Später genügte auch die Bez^igung von Rathsherrea
oder gar von erbgesessenen Bürgern, d^ Schuldner zu bindoi.
Im Allgemeinen wurde wohl der Grundsatz befolgt, dass dem
Fremden nur, wenn er genügende Bürgschaft stellen konnte
oder ein Erbe in der Stadt besass, Kredit gegebm wurde,
doch häufig genug borgte man auch ohne diese Vorsicht Zahlte
der Schuldner nicht, so setzte sich der Gläubiger in den Besitz
seines Erbes, genügte das nicht zur Deckung, so war die
Person des Schuldners haftbar. Für den Fremden haftete der
Bürge. Auswärts für die Schulden von Landsleuten zur Ver-
antwortung gezogen zu werden, war eine Gefahr, gegen wdche
die Städte ihre Bürger eifrigst durch Privilegien zu decken
suchten, und die trotzdem immer wieder drohte.
Die Zahlung geschah ganz überwiegend in baar und zwar
vorherrschend mit gemünztem Gelde. Doch wurden auch Wechsel
benutzt; Lübeck erscheint nach Brügge als der Hauptgddmarict
des Nordens. Anweisungen auf beide Orte, auch auf andere
Städte sind in ziemlicher Zahl auf uüs gekommen; doch er-
fahren wir auch häufig von Kontantenversendungen. Einer
fast ausschliesslichen Herrschaft erfreute sich die Silberwfthrung.
Mit Goldausprägung ging zuerst Lübeck 1341 vor, auf Grund
eines kaiserlichen Privilegs. Es schlug „Goldgulden^^ nach flo-
rentinischem Muster, von denen ca 67 auf die Mark fein gingen;
das dazu nöthige Gold war in Brügge angekauft wordeü, dem
Vorherrschen der Silberwährung entsprechend stellte sich sein
d«i 14 JalifliviidirU. 207
Werth za dem de& Silbers nur wie llVs zu 1. Es waren
demnach nahezu 6 lübiache Goldgulden erst einer Mark feinen
Silbers gleich, ein Yerhältniss, das durch wiederholte urkund*
lidie Werthangaben der Zeit bestätigt wird. An Werth stand
also der Gkddgulden hinter der in Pfennigen ausgeprägten
Hlbiachen Marie (Mark lüb. Pfge), zurück, denn deren wurden
mn die Mitte des 14. Jahrhunderts SV« — 3'/« aus der Marie
kiü Silber geprägt; erst in den schlechten Jahren zwischen
den beiden waldemarischen Krisen fing man an, 4 Mark Pfge
und darttba: aus der Mark fein zu prägen. Doch wird auch
noch in dieser Zeit, wie früher in Urkunden häufig, die Mark
lödiigen Silbers (d. h. wohl meistens nicht reinen, sondern,
udk lObjscher Weise, 14Vi löthigen SUbers) drei Mark lüb.
P^ gleichgesetzt. Diese Mark, in 16 Schillinge ä 12 Pfennige
getheilt, f&r Lübeck und Hamburg seit 1255 der allein geltende
MOnzfuas, seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts auch
ftr Lüneburg und Wismar, war die Münze des zunächst aus
diesen nw Städten bestehenden sogenannten wendischen Münz-
vereins und in den Landen nördlich der Elbe das beliebteste
Zahlungsmittel, wurde, wie der Geschichtsschreiber des lübi-
sehen Münzwesens im Mittdalter meint, in Lübeck in sol-
cher Menge ausgeprägt, dass schwerlich eine andere Prägestätte
Deutachlands eine gleich rege Thätigkeit entwickelte. Sie ent-
sprach im Silberwerth um 1350 etwa 10 — 12 Reichsmark, eher
mdur als weniger. Will man sich bei Erwähnung von Oeld-
sommen ans damalige Zeit eine richtige Vorstellung von ihrer
Bedeutung machen, so ist noch jn Erwägung zu ziehen, dass
der Wertii des Gddes ein ungleich höherer war als heutzutage,
man darf wohl sagen durchschnittlich der 6 — Sfache^); bei
1) In dar iltMtea IflUekischen BrodUze (voii 1965, Lflb. Urkdb. I, n. 2S4)
wtrdMi PrelM in Anialeht gtnommen von 18—84 Pf. (1— 8 i) fttr den Scheffiil
Rocken, 1«— 88 Pf. (IVt — 'Vs ^) ^ ^^ Sehoffel Weisen, nneh unierem
Oelde, dn die lUrk fein damals m reiehlick 8'/« Mark Pfge anegeprigt ward)
208 "^n. Die norddeutschen Stidte nm die lütte
Umrechnung einer Geldsumme jener Zeit in die entsprechende
der Gegenwart wird man demnach mit 70 — 75 zu miiltipli-
dren haben.
War das lübische Geld das vornehmste und auch Hber
die Grenzen Nordalbingiens hinaus verbreitet und beliebt, so
waren doch neben ihm noch eine ganze Reihe anderer Mflnzen
im Vericehr. Im östlichen Meklenburg und in Vorpommern
rechnete man nach der slavisch^ (wendischen, auch sundischen)
Mark, die um die Hälfte geringer war als die Ittbische, weiter
östlich in Pommern nach der Mark Vinkenogen, halb so gut
als die lübische, in Preussen galt die preussische Mark, 2 =s 3
iQbische, in Livland die rigaische, die 2V4 Mark lüb. aus-
machte, in Dänemark die dänische (schonensche), der slavischai
gleich. Von der Weser an westlich herrschte die flämische
Groschenrechnung (1 Pfund =» 20 Schilling k 12 Groten), dam
Pfund um die Zeit des waldemarischen Krieges 6 lüb. Mark
werth war ^), wenige Jahrzehnte früher noch 7 ja 8, im 13. Jahr-
hundert 9. Durch das ganze Gebiet hansischen Handels war
das später nur in England im Gebrauch g^liebene Pfund
(vgl. LHb. Urkdb. I, n. 218), nahesu 1—2 Mark fQr den Rocken, 1*1«— 2*|t
Mark flir den Weisen, als Darehschnittspreis gegen l'|, resp. gegen 2 Mark.
Der beatige Preis ist 6—8 mal so boch (der Scheffel als *\^^ der Lnat, als
Sollge wicht von 100 Pfund gefasst, beim Rocken in Wirklichkeit 110 ja mehr
Pfand wiegend). Zu ihnlichen Ergebnissen führen die Reehnnngen Iber am
bremer Rathhaosban ans den Jahren 1405 — 1407 (Brem. Jahrb. n, 10$ £>. IHr
Tagelobn eines Arbeiters betrXgt dort 5—6 Schwären >= 50—60 Pfge Reichs-
wihrung (vgl. Jangk , Die bremischen MQnsen S. 66) , ein Schinken koetet
2 Oroten « 1 — 1,10 Reichsmark , ein Ochse 2 Marie 28 Qroten ■« mh&n
50 Reichsmark.
1) Die Werthang^ben sind hier gemacht nach den PftindioUbestimmiuigiB
der kdlner KonfSderation (H. R. I, n. 418 8. 874; vgl. Mantels, der 2. tuneeal
Pfundsoll 1867). Ich glaubte, diese annehmen su sollen, weU sie den sa
schildernden Verhältnissen am nfichsten liegen, also wohl suerst als massgebend
betrachtet werden müssen. Andere Angaben weichen vielfkch ab, besonders
auch Grsatoffn Bextimmangen (Geschichte des Iflbeckischen Mfinsfinses In seinen
««Historischen Schriften" , Bd. III, 89 n. 156; Tgl. Oadeboseh, pommersche
Samminngen I, 19). Ich gehe mit Mantels von der Voraossetsong ans, dsss
die Griindlsgon der Zollsfttse- als gleiehwerthig aa(\iafassen sind.
dm 14. Jahrhimderts. g09
Starling (za 20 Schillingen, die Mark zu 13Vs Schilling, von
Osterling, easterling, wie die Hansen bei den Engländerin Mes-
sen) sehr beliebt, im 13. Jahrhundert als Zahl-, später wohl
nnr noch als Rechnungsmünze. Es wird bei d^ ersten Aus-
pvägimgeii Iflbischer Pfennige gleich 54 Schillingen lüb. gesetzt.
Ndwn diesen gangbarste Münzsorten waren noch zahlreiche
andore im Umlauf. Hielt man sich auch nicht an jenes kaiser-
fiche Gebot, dass an Orten, die selbst das Prägerecht übten,
mir die eigenen Münzen im Verkehr erlaubt sein sollten, so
wmrde der Qddwedisel doch unumgänglich nothwendig. Aus
den Händen der Landesfürsten hatten die Magistrate der Städte
tiaa Recht bald an sich gebracht; in den Wechslerbuden auf
d« Markte hidten des Rathes Päditer das heimische Geld
feil; dem fremden war vom Rath sein bestimmter Kurs ge-
gdien. Lombarde, im Mittelalter die Wechsler Europas, haben
sich in den norddeutschen Städten nur ganz vorübergehend
festsetzen kernen. Etwas häufiger kommen Jud^ vor, die
aof Pfand odw gegen Zins Darlehen geben. Das kirchliche
Verbot des Zinsnehmens hinderte so wenig, dass der Bischof
Ton Osnabrück 1309, nachdem er mit den Lombarden einen
flusB^^flckten Versuch gemacht hatte, den Juden die Darlehens-
gesehifte übertrug und ihnen den Zinsfuss selbst bestimmte,
vedit lioch, nämlich wöchentlich einen Pfennig für die Mark.
Audi Christen nahmen Theil an dieser Art des Erwerbes; der
ZinsfosB bewegt sich meistens zwischen 6 und 10 Procent,
docb kommen auch niedrigere und beträchtlich höhere Zinsen
vor. Unendlich häufiger aber ist die im Mittelalter beliebteste
Art der Kapitalanlage, die des Rentenkaufs in Häusern und
Gnmdstücken, in städtischen und fürstlichen regelmässigen
Einkünften. Auch kauft man für sein Geld Antheile an gros-
aenfi indnstridlen Unternehmungen (Saline Bergwerken etc.),
kgt es in Rhederei- und Handelsgeschäften an, kauft Land-
güter, giebt Vorschüsse an die eigene und andere Städte, an
210 ^U. Die norddrateeliMi Stidte «m die lütte
fremde Ffirsten u. s. w. Es würde falsch sein, wollte man ans
den kirchlichen Wuchergesetzen schliessen, dass metetens das
Kapital geruht habe; das that es wohl selten, obgleich es
immerhin nicht in modemer Weise ausg^utzt wanden konnte.
Nur schwer gelangt man zu einem sicheren UrtheU über
den Umfang des mittelalterlichen Handds. Die unerhörte ma-
terielle Entwicklung der letzten Decennien ruft nur za leicht
die Vorstellung wach, als hiesse weiter leben auch vorwftrts
leben, als seien die Dinge um so unvollkommoier geweseOf
je weiter sie zurückliegen. Allerdings wer heutzutage über
d^ Flur der hamburger Börse geht und an den Tafeln die
Anzeigen liest , wie dies Schiff für Brasilien , jenes fOr Ostin-
dien, ein drittes für Galifomien, andere für China, Peru, das
Gap etc. etc. laden, alles Schiffe, die hundarte von Lastei
fassen, und alles innerhalb weniger Tage, wer dann bedenkt,
wie xmsete Altvordern vor 500 Jahren sich in wochenlanger
Reise durch die engen Gewässer wanden, die der Seemann
jetzt als „kleine Fahrt^^ zu bezeichnen pflegt, dem ist es wohl*
zu verzeihen, wenn ihn einiger modemer Hochmuth anwanddt
Aber man darf doch auch nicht vergessen, dass es noch Leute
gidi)t, und sie brauchen nicht so sehr alt zu sein, die sidi
d^ Zeit erinnern, da der deutsche Schiffer Winta^ daheim
blieb und nur in „Wettertagen^^ die See befuhr, da der hoch
aufgeihürmte, riesige Frachtwagen hinter keuchendem Vierge-
spann auf oft nur zu holprigen Weg^ mühsam und langsam
seinem nicht allzu fernen Zide entgegenstrebte, da der Fluss-
schifbr den Moment abpassen musste, in dem unsere Ströme,
die '/, des Jahres entweder zu viel oder zu wenig Wasser
hatten, fahrbar waren, da beide, Fuhrmann und SchiflRer, un-
ter Umständen täglich das Vergnügen haben konnten, nach
sorgsam vorgenommener Revision zu steuern und zu zollen.
Und hinter diesen Zeiten möchten dam doch das 14 und 15.
Jahrhundert nicht allzu sehr zurück sein. — Aüeidings auch
def 14. Jabrhmiderts. 211
erste Hälfte unseres Jahrhunderts hatte eine Anzahl von
Hndebgegenstiaden voraus, die das Mittelalter nicht kannte,
fieOeidit auch eine etwas entwi<^ltere Konsumptionsfähigkeit,
aber andererseits war der Häring-, Stockfisch- und Wachs-
haudd vor der Einführung der Reformation doch von gewal-
tigem Umfange, und nicht die Luxuswaaren femer Länder,
UBdeni die meist ans der N&he gewonnenen Massenartikel
des täglichen, allgemeinsten Bedarfs bilden doch die Grundlage
wirklich firuchtbaren, gewinnbringenden Verkehrs ^). Un-
jfingste Vergangenheit hatte gesichertere Zustände, geord-
letere Rechtsverhältnisse, entwickeltere Verkehrsformen auf-
inweisen, aber andererseits darf man doch, wozu entschieden
Heigong vorhanden ist, sich die Bedeutung der Hindemisse
lud G^ahren, mit denen der Kaufinann des Mittelalters zu
kämpfen hatte, nicht allzu gross vorstellen. Man darf nicht
11 jedem Busch einen Raubritter, hinter jeder Klippe einen
Seeräuber lauem sehen. Die ruhige Reise war doch unzwei-
Uhah die Regel; naturgemäss wird mehr von Störungen des
bestdienden Friedens als vom Halten desselben berichtet Und
besser wnsste doch auch der mittelalterliche Kaufmann der
Oefiihr 2u begegnen als etwa sein Berufsgenosse, deir Hand-
hmgsreisende von heute. Sein Muth war gestählt durch die
Oefidir, sein Leib durch die Beschwerden und Entbehrungen
der Beiie. Es war ein „Kaufgeselle^S ein Handlungskommis
nach unserer Ausdrucks weise, vom berger Kontor, der den
grfQrchteten Seeräuber Märten Pechlin erlegte, ein friedlicher
Schifier, der Schiff und Mannschaft des schlimmen Piraten
vendehtete. Wohlgerüstet zog man über See und Land und
woBSte JDegen und Handbeil zu schwingen^'; mancher Räuber
■•*-
1) ABmMhr iil die VortUUimg Ter^reHtt, dMi dtr Reicfattimn HoUandi
mad Engbuids seinen Urapniiig «us dem Kolonialbendel nahm. Was worden
Spttüea and Portugal mit ihren so grossen und reichen Kolonien? 1666 steckten
V« des iMinflalmiiflheo Kapitals ▼«n Amsterdam im Ostseehandel.
14 ♦
212 ^^^^ ^1« noi^dentflclieii Stidto «m die lütte
büsste seinen Angriff mit dem Leben. Rechtlidi gedeckt durch
die vom heimischen Rath fürsorglich abgeschlossenen Ver-
träge, zog der Kaufinann unverzagt seine Strasse und ging
seinem Gewerbe nach , auf seinen Gott vertrauend und seine
Faust
Dass es ein überaus rühriges, unternehmendes Geschlecht
war, wdches in den deutschen Städten des lä. und 14 Jahrliim-
derts sein Wesen trieb, wird aus^ manchen kleinen Zügen khr
genug. In Livland und Estland, auf Gotland, in den schwe-
dischen Städten sterben reiche Kaufleute; ihre nächsten Erben
sitzen daheim in den Städten diesseit der Ostsee, in kleinen
Ortschaften Westfalens, am Rhein. Ausserordentlich h&ofig
kommt das vor. Einen Lübecker finden wir als Bürger in
Troyes. Dorpater Gut (Pelzwerk) wurd bei Nienburg im Ge-
biet des Grafen von Hoya genommen. Von einer hamborger
Schute gehören */, einem Bürger der Stadt, Vs ^nem Ver-
wandten desselben in Söderköping. Ein biederer Schuhma-
cher ist erst Bürger in Lübeck , besucht dann als Wallfahr^
Rom und San Jago de C!ompostella, wird Schuhmacher des
Ordens in Elbing, hat einen Ritter, der in Schwede kämpft,
zum Schuldner für geliefertes Schuhzeug. Beweglicher, als
man sich gewöhnlich denkt, war doch das Geschlecht Am
Seehandel nehmen auch Bewohner der Binnenstädte lebhaften
Antheil : Märker, Braunschweig^, Westfalen. Sie führen ihre
»
Waaren zum Hafen , befrachten Schifife und b^leiten sie über
Meer. Vergegenwärtigt man sich, dass die Städte damals
den Umfang von 1820-— 30 erreicht hatten, dass auch die Zahl
ihrer Bevölkerung, wie wir noch sehen werden, dieser Grösse
entsprach, so wird man vorsichtig sein, bevor man über doi
Handel der Zeit so gar geringschätzig denkt. Wenigstens
olne ungefähre Abschätzung des Verkehrs wird durch einige
lti)h)g() ermöglicht. Zu Michaelis 1303 liefen nicht weniger
k\U 22 Krössere Schiffe (Koggen) mit Fischen in den doch nur
das li. Jahrliuid«rt8. 213
besdieideDra englischen Hafen Lynn Regis ein. 1271 werden
alkin 16 lübtedie Kaufleate aufgezählt, die den Markt zu
Boston besuchen. In den 80er Jahren des 14 Jahrhunderts
wird das Eigenthum von 69 englischen Eaufleuten in Elbing
and Danzig mit Beschlag belegt; 1392 kommen auf einmal
900 Sdiiflfe zum Getreidekauf aus England nach Danzig; auf
der St5r sind 1341 Qber 100 Schiffe versammelt. Die Hol-
land» treten 1438 mit 104 Schiffen in der Nordsee auf und
ndmien eine preussische und livländische Flotte von 23 Fahr-
nagen; 5 Jahre später erscheinen sie mit 120 grossoi Schif-
fen vor Danzig. Offenbar ist die Zahl der im Handel ver-
woideten Schiffs eine sehr beträchtlicha Allerdings sind sie
Torwiegmd klein, doch kaum kleiner als durchschnittlich die
noch halte im Ostseehandel gebrauchten Schiffe. Das Bild,
das noch heute ein baltischer Hafen gewährt mit seiner dicht-
gedrängten Menge kleinerer Seeschiffe und Küstenfahrer, wird
nicht allzusehr verschieden sein von der mittelalterlichen Wirk-
Bdikeit, besonders wenn man sich die danziger „lange Brücke^^
und ihre wunderbaren, mächtigen Krahnbauten oder Lübed»
Hokten- und Burgthor hinzu denkt
Auch über die Menge der umgesetzten Waaren künnen
wir wenigstens an einigen Punkten zu festeren Vorstellungen
gefamgeD. 1438 laden allein die Danziger in der Baie 2700
Last Salz; 1388 führt Greifswald in 13 Schiffen 402 Last Ge-
treide ans. 1393 war der Beschluss gefasst worden, in die-
sem Sommer auf Schonen nicht zu fangen und zu salzen. Es
wurde von den mit Häring einlaufenden Schiffen Zeugniss sei-
tens der betreffenden Städte gefordert, dass der Häring nicht
in Schonen gefangen oder gesalzen worden sei, oder, wenn
dies geschehen, doch vor der Zeit des Verbots. So kamen
von dort in diesem Jahre nur 84 '/^ Last, während auf Scho-
nen im Jahre 1368 verzollt worden waren 34000, im folgen-
den Jahre 33000 Tonnen. Trotzdem belief sich die Einfuhr
214 VIL Die nonktetttoeheii SOdU wb die lütte
(meistens pommerscher Häringe) 1393 nocb auf 427 Last ».
5124 Tonnen, während die durchschnittliche Einfuhr der Jahre
1865—1861 kaum 3700 Tonnen betrug. Einen interessaiiten
Einblick in den Umfang des Verkehrs gewährt der Ertrag
des 1361 und wieder 1367 beschlossenen Pfimdzolles. Er
war festgesetzt auf Vsio des Werthes und brachte 1362 aus
22 Städten (Lübeck, Kiel, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifr-
wald, Anklam, Stargard, Stettin, Kolberg, Hamburg, Bremen,
Stade, Buxtehude, Wisby, Stockholm, die. preussischen St&dte)
ca. 7500 Mark ein, repräsentirte also eine Ausfuhr tqh
1,800,000 Mark lüb. (20 resp. 120 Millionen Bm.) 0* D^^bei
muss in Betracht gezogen werden, dass es sich um ein schlim-
mes Kriegejahr handelt, in dem der Verkehr mit Dänemark
ganz verboten war und keine „Schonenreise^ statt&nd* Dass
das besonders auf die westlichen Ostseestädte, Lübedc und
seine Nachbarn, einwirkte, sieht man aus einer Vergleicfanng
derselben mit Hamburg. Dieses nahm 2145 Mark ein *) (eine
Ausfuhr von 514800 M. lüb., 5'/« resp. 33—34 MAL Bm.),
während das doch unzweifelhaft viel bedeutendere LQbeck nur
1305 Mark erhob. Etwas ungänstiger stellt sich die Handete-
bewegung des Kri^sjahres 1368; es werd^ in 27 Städten
1) Im Jahre 1872, dem ersten, aas welchem «mtU^ie Angaben Aber
Werth der Ein- and Aasftüir vorbanden sind, betrag die Aasfabr des gesamm-
ten deutschen Reichs (mit Laxembarg) nahesa 2V« Milliarden Bm., die der
einen Stadt Bremen seewärts 800 Mill. Die Einfahr Lflbeeks betrag 1834^4»
dnrchschnittUch 40 MiU. Mark lUb. (48 Mill. Bm.), die Ansftibr Ut höchst wahr-
scheinlich am 1/^ bis V41 ▼ielleicbt am Vs niedriger anaasetsen. 1846 belief
sich dieselbe nach Rassland, Finland, Schweden, Norwegen, DInemark (die mit
der gesammteu Aasfahr seewärts wohl so aiemlleb identiseh ist) anf c« 88
MiU. Rro. (83,188,857 Mark Coar.). Vgl. Lübecks Nordischer Handel (arsprOng-
lich Änl. B eines als Manuskript gedruckten Berichts der Kommission sor Be-
ratlmng der bei Aufrichtung eines allgemeinen deutschen Handels- und SSoHsy-
stems in Frage kommenden Ifibischen Interessen, erstattet an den Senat 8. Not.
1848).
8) So H. R. I, n. 880 § 5, S. 818, dagegen nach hambg. KSmmereirechn.
1, S. 79 nur 1650 Pfd. » 8068 V, Mark lab.
def 14. JAhrliiiBderU. 21Ö
(LfibedE, Bostockf Wismar, Stralsund, Greifiswald, Stettin,
Staigard, Eolberg, Riga, Beval, Pemau, Lemsal^), Kämpen,
Zteixee, Harderwyk, Stavoren, Dordrecht, Züt£^, Elburg,
Brid, Amsterdam, die 6 preussischen Städte) 5826 Mark er-
hoben, eine Ausfuhr von nahezu 1,400,000 Mark (reichlich lö
resp. 90 MilL Bm.). Im nächsten Jahre 1369, ebenfalls noch
Kriegsgahr, nahm man in ca. 30 Städten 8309 Mark ein, was
einer Ausfuhr Ton nahezu 2 MilL Mark lüb. (22 resp. über
190 MilL Rm.) ^tspricht; allerdings ist der in Schonen erho-
bene, jeden&Us nicht unbedeutende Pfundzoll (1368 wurden
2315 Mark Tm dort eingesandt) eingerechnet.
Spielte der Handel auch im Leben der norddeutschen
Städtfigemeind^, besonders der Seestädte, die erste Rolle, so
trat doch das Gewerbe keineswegs ganz hinter demselben
zurück. Auch dieses blühte, wie das ja bei so entwickeltem
Verkehr kaum anders denkbar ist. Die Zunahme der Bevöl-
ktfung und ihres Wohlstandes musste zunächst wenigstens
diqenigen Gewerbe fördern, deren Arbeit für die Bedürfoisse
des täglichen Lebens unentbehrlich ist Die Zahl gerade der-
artigu* Handwerker war wenigstes in Lübeck im 14. Jahr-
hundert grösser als jetzt, Bäcker gab es 1395 fast doppelt
80 ?iei als um 1870. Auch fehlte das Arbeiten für die Aus-
fuhr nicht In erster Linie steht hier der Brauereibetrieb,
wie schon erwähnt, eine Hauptquelle des Wohlstandes man-
cher Stadt Der Bierhandel zusanunen mit dem so ausge-
ddinten Häringshandel hatte dann wieder eine höhe Blüthe
des Böttchergewerbes zur Folge. In Hamburg gab es 1376
nidit weniger als 126 Brauer, die für Amsterdam brauten,
55 für Stayor^ dazu 101 Böttchermeister. Die Arbeit deut-
sdier Schuhmacher, Pelzarbeiter (Buntmacher), Gerber war
weithin gesdiätzt Deutsche Schuster finden wir im ganzen
1) Lemsal ist das einsige Beispiel Ton Erhebung des Pfandsolles an einem
Orta, der keine Wassenrarbindang mit der See hat.
216 VU. Die norddeatMshen StKdte um die lOtto
Norden verbreitet, andererseits in Lissabon. Yidib Tohe Hftnte
wurden eingefOhrt und verarbeitet selbst an dsai Urspmngsort
zurückgesandt Auch Metallarbeiten aller Art wurden nidt
nur für die nähere Umgegend, sondern auch ftr das fene
Ausland geliefert. Die lübecker Patemostermacher arbeiteten
für den ganzen Norden , auch Pergament bezog man nur ans
der Travestadt. In Hamburg stellten Bildschnitzer, Makr
und Yergolder herrliche Bilder her; Altartafeln wurden fltar
auswärtige, besonders nordische Kirchen geliefert Städtische
Weberarbeiten, in erster Linie Tuch, dann Leinwand, wurden
weithin ausgeführt. Die lübischen Garbrater boten zur Zeit der
Märkte ihre Waaren auf der schonenschen Küste feiL U^r-
haupt galt es als Regel, dass der Handwerker mit dem Er-
zeugnisse seiner eigenen Arbeit auch frei handeln durfte; er
bezog daher auch fleissig die Märkte, war besonders in frü-
herer Zeit wohl häufig Gewerbs- und Handelsmann in ein^
Person. Andererseits waren doch wieder beide Bera&iweige
scharf geschieden, insofern nämlich der Handwerker aus-
schliesslich auf sein eigenes Fabrikat angewiesen war, nur
der Kaufmann jede Waare, auch Handw^kserz^ignisse, sofern
sie über „See und Sand'^ eingeführt waren, verkaufen durfte,
wobei er allerdings wieder einem Aufsichtsrechte der Aemter
unterlag, deren „Meister"^ (so hiessen in älterer Zeit die ^^d-
terleute^% während der später sogenannte „Meister^^ sich frü-
her als Selbstherr, sulvesher, bezeichnete) das Recht hat-
ten, die firemde Waare, soweit sie in den Bereich ihres Am-
tes fiel, zu untersuchen, ob sie auch „wandelbar^^ sei, und in
diesem Falle zu verbieten. Mit den Krämern (institores), die
sich mit dem Vertriebe aller möglichen eingeführten Waaroi
befasstcn, kam es nicht selten zu heftigen ReiberdeiL
Dem Kaufmann stand der Handwerker weder social noch
politisch vollkommen gleich, doch war der Unterschied noch
nicht so gn)ss, wie er sich später herausgebildet hat Auch
das U. Jahrhiudtfts. 217
der Handwerker war Iftngst aus seiner alten Hörigkeit heraus-
gewadiMD; ex war eia freier Mann, wie jeder, auch der Hö-
rige Y€iB Lande, als fr^i betrachtet wurde, wenn er Jahr und
Tag unangeqirodieli in der Stadt gelebt hatte. Darin aber
lag ein grosser Segen des Bürger- und Geistlichenstandes,
dm sie auch dum geknechteten Unfr^eien es möglich machten,
in geachtete, ja hoch angesehene Lebensstellungen aufzu-
rtdtan. Denn so sehr auch allmählich der Kaufrnannsstand
ach über den Handwerker zu erheben suchte und wirklich
ertioh, 80 blieb es doch yerhältnissmässig leicht, in die ersten
Anfinge der Kaufinannschaft als Knecht oder Lehrling eines
Handhmgriianses hinein zu kommen. Gelang es dann, sich
zu Besitz und zugleich zu Achtung emporzuarbeiten, so wur-
den Stellung und Wtkrden v^hältnissm&ssig leicht errungen.
Bis in die Geg^wart hinein ist so mehr als ein norddeut-
sches weitberühmtes Handlungshaus und Bathsgeschlecht aus
den allertdeinsten Anfängen emporgewachsen ^ der beste Be-
weis f&r die Lebensfihigkeit und Tüchtigkeit des Standes, die
er sich durch alle Wechselfälle bewahrt hat Nicht weniger
ab der Kaufmann hielt der Handwerker auf seine und des
Standes Ehre. Auch* er hätte keinen Mann unehelicher oder
„nndeatscher*^ Geburt in seinem Amte neben sich arbeiten
htten, der Geselle keinen solchen neben sich geduldet Die
Berflhnmg mit „unehrlichen^^ Leuten vermied er nicht minder
ängstlieh als der Kaufinann. — Gerhard von Moden, ein Räu-
ber, hatte einen Heinrich Lüchow in Livland überfallen und
Qun sechs Messerstiche beigebracht; er wurde von den Leuten
des Ordens gefangen genommen und auf die Klage Lüchows
in Peman hingerichtet Ein Schneider Gottfrid, Verwandter
des Gerhard, drohte, dm Heinrich dafür zu tödten. „Als
dieser ihn fragte, ob er ihm drohe, antwortete jener, dass
er ihm das Leben nehmen wolle, wo er ihn fände, und ver-
bot ihm die LSnder flandem, Holland, Schonen und Norwe-
218 VU. Die norddetttwimi Stidto im die Mitte
gen/^ Es ereignete sich nun, dass Heinrich den Gottfrid im
Hafen Moldesund (an der damals norwegisdiffli, jetzt schwe-
dischen Küste nördlich von Ootenburg) auf dem Lande be-
wa&et stehend antraf; sogleich wandte sich Gottfrid gogea
ihn, ihn zu tödten. Heinrich vertheidigte sich und siegte,
tödtete den Oottfrid. Er wurde vom königlichen Vogt auf
Bahus zur Rechenschaft gezogen. Da beseugtm Johami Kauf-
mann, Rathmann zu Biga, Grottfrid Ton Unna, Rathmann zu
Reval, und Bertold Krukenberg die oben mitgetheilte Frage
Heinrichs und die Antwort des getödteten Gottfrid, dass aldo
„Oottfrid dem Heinrich abgesagt habe wie ein Feind dem
Feinde, und dass diese That daher „„Nothwehr^^ seL^ Aus-
ser ihnen waren noch Walter yon Memel, Rathmann von
Orei£swald, und der lübecker Bürger Johann Lange zugegen.
Heinrich Lüchow konnte sich mit der Königsbusse lOsen. So
geschehen im Juli 132Ö. — Die Urkunde k^mzeidmet deut-
lich genug, welcher Geist im Handwerker wie im Kaufmann
lebte. Auch als ein Beispiel, dass nuin nicht still daheim zu
sitzen pflegte, kann sie jdtienen.
Schon "früh erscheine in den norddeutschen Stidtei
die Vertreter des Handwerks in Innungen geeinigt Sie
ordnen ihre Angelegenheiten selbst in Versammlungen der
Amtsgenossen, „Morgensprachen^ , die erst, nachdem im
14. Jahrhundert die Zunftbewegungen sich auch nadi Nord-
deutschland verbreitet hatten, unter strenge AufiBicht des
Rathes gestellt wurden. Doch hatten auch schon fiülier die
Beliebungen der Handwerker ohne Genehmigung des Baths
keine bindende Kraft. Ueberhaupt waren die Gewerbtreiben-
den von jeher abhängige vom Rathe als die Kaufleat& Sie
erscheinen gleichsam, der hofinechtlichen Stellung, ans der sie
hervorgegangen waren, entsprech^d, als Beamte des Raths,
wie denn „Amt^ auch durchs ganze Mittelalter hindurch die
norddeutsche Bezeichnung für die Innung ist Die Bftcker
d« U. Jabrhiuidarts. 219
empfimgen häufig ihre Brodbänke, die Schlachter ihre Fleisch-
schrangn, die Schnhinacher ihre Schuhbnden o. s. w. vom
Bithe, aAdten gleichsam im Auftrage des Rathes für die
Stadt So eridärt sich der Ausdruck ,Jieh^^S der h&ufig ge-
bnndit wird, das Handwerk zu bezeichnen. Erst allmählich
eatwidielt sich aus dem Amte eine Gerechtsame; doch hat
dMBy wie wir noch sehen werden, an der GrundaufflAssung nicht
nd geändert Im engen Zusanmienhang damit steht das Zu-
sammeawohnen der Handwerker, wie es nicht nur manche
Strassemuunen erkoomen lassen , sondern auch , wie z. B. in
der Altstadt Ton Bostock, noch die gegenwärtige Art des
Wohneos und die Benutzung der Lokalität
Nicht ausschliesslich bildeten Handel und Gewerbe die
NahnmgBzweige der Städte. Aus zahlreichen urkundlichen
ond andern Ueberlieferungen geht hervor, dass auch Acker-
ten und Viehzucht eine gewisse Bolle spielte , eine um so
grössere, je kleiner die Stadt war. Der Ackerbürger abgele-
gener Laadstädtchen der Gegenwart war wohl im Mittelalter
auch in grössere Orten eine gewöhnliche Erscheinung. Be-
sonders scheint man in manchen Städten einen starken Vieh-
stand gehalten zu haben; die städtische Weide bildet häufig
QUMii Hauptgegenstand der Fttrsoige des Baths. Doch hat
das Alles ohne Zweifel nur subsidiäre Bedeutung; voran ste-
hen in dm Hansestädten Handel und Gewerbe.
Wo sie geblüht haben, pflegten von jeher die Menschen
sidi zahlreich zu sammeln, Beichthum und Wohlleben unter
Omen zu erstehen. In den mittelalterlichen Städten ist das
mdk der Fall gewesen, sie sind Mittelpunkte der Bevölke-
nmgt Pflegestätten höherer, glänzenderer Lebensformen gewe-
sen; aber schwor ist zu bestimmen, in welchem Grade, vor
Allem, wenn man nach den Bevölkerungsverhältnissen fragt.
Eine Berechnung der Bevölkerungszahl einer mittelalterlichen
Stadt, die nicht ^hd)lidien Zweifebi unterliege, ist bis jetzt
220 ^11 «!>>« oorddMticlMa Stfldto «m die Mitte
noch nicht gdungen. Diese Zweifel schweigai meistens auch
dann nicht vollständig, wenn geiradezu Oudlenangaben Torlie-
gen. Doch lassen sich inunerhin einige Anhaltspunkte gewin-
nen. Für die vorliegende Zeit ist zunädist zu berüdonditigw,
dass sie unmittelbar auf die grosse Pest folgt, die um die
Mitte des Jahrhunderts ganz Europa durchzog, eine Pest, die,
wie man annimmt, dem Erdtheil die grössere Hftlfte seiner
Bewohner geraubt hat. Auch in Norddeutschland hat sie
schrecklich gewüthet, wie im ganzen Norden Europas. „An
vielen Stellen blieb kaum der zehnte Mensch am Leben. In
der Stadt Lübeck starben an dem einen Tag St Lanrentii
(10. August) von der einen Vesper bis zur andern 2ö00 ge-
zählte Leute", berichtet Detmar. Waren es auch nur 600, wie
die alte Rathslinie Lübecks meldet, so war die YerwOstong
(loch schrecklich genug. In den vier Kirchspielen der Stadt
Bremen starben 1351 an bekannte und genannte Persimen
6966, „ohne das unzählige Volk, das überall auf den Strassen,
ausserhalb der Mauern und auf den Friedhöfen sein Leben
aushauchte'\ So war gewiss in den nächsten Jahrzehnten die
Volkszahl unter das gewöhnliche Mass herabgedrückt Ver-
sucht man sie zu bestimmen , so lassen sich in erster Linie
die Bürgerbücher, Verzeichnisse der aUjährlich Bürger Gewor-
denen, dazu verwenden. Für Hamburg hat Laurent, indem er
annimmt, dass man durchschnittlich mit 25 Jahren Bürger
geword^ sei und dann noch (nach Süssmilch) eine mittlere
Lebensdauer von 35 Jahren habe, indem er die Familie durdi-
schnittlich zu vier Köpfen rechnet und die Zahl der anwesen-
den Nichtbürger (Fremde, Geistliche, Kriegsleute, Dienstboten,
Arbeiter, eine grosse Menge der Gesellen, Lehiünge, Boots-
leute etc.) auf die Hälfte der Angehörigen von Bürgerfiimilien
schätzt, die Zahl der Bewohner in den 60er Jahren des 14.
Jahrhunderts auf 14000 berechnet. Ungefähr die gleiche Zahl
neuer Bürger weist um dieselbe Zeit Bremen auf; es würde
dM 14. Jahrhanderts. 221
also d[)en£aU8 gegen 14000 Einwohner gehabt haben, und da-
mit Iftsst sich recht gut vereinigen der Bericht der bremer
Chronik, die erzählt, dass während jener Seuche, der in der
Stadt allein 7000 bekannter und genannter Menschen zum
Opfer fielen, der Gegner der Bremer, Graf Moritz von Olden-
burg, vor die Stadt gekommen sei und die Thore offen, die
Strassen Öde und, leer gefunden habe; so pestgeschlagen sei
die Stadt gewesen, dass sie den Feind in ihre Mauern habe
einziehen lassen , ohne Notiz yon ihm zu nehmen < ). Die lü-
becker Bürgerverzdchnisse zeigen dreimal so starke Register
wie die Hamburgs; das Hesse auf über 40000 Einwohner
schliessen. Und ungefähr dieselbe Zahl, würde sich für Lübeck
herausstellen, wenn man auf der gleichen Grundlage die Sch&-
tzung fiir die um einige Decennien zurückliegende Jahre vor-
nimmt, ein Resultat, das allerdings nicht übereinstimmt mit
der Annahme eines der besten Kenner des lübischen Mittel-
alters, Paulis, dass Lübeck in der ersten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts 70 — 80000 Emwohner gehabt habe. Yon Lübedc
kann man weitere Schlüsse auf die übrigen wendischen Städte
machen, wenn man die bei verschiedenen Gelegenheiten zu
stellenden Kontingente mit einander vergleicht * Rostock und
Wismar einerseits, Stralsund und Greifswald andererseits müs^
sen in der Regel ungefthr dasselbe aufbringen wie Lübeck und
zwar so, dass Rostock und Stralsund jedes ungefähr */„ Wis-
mar und Greifiswald je ^Z, von Lübecks Kontingent zu stel*
len haben. Bringt man in Anschlag, dass bei derartigen Kon«
tingentirongen die kleineren Theile in der Regel mit etwas
grösseren Leistung^ angesetzt werden, so würde demnach die
Einwohnerzahl von Wismar und Grei&wald ungefähr auf 12000,
die von Rostock und Stralsund auf etwa 25000 anzuschlagen
sein. — Auch flbr Danzig hat Hirsch die Zahl der Emwohner
ans den Listen der neuen Büiger zu berechnen versucht Er
1) RfMtlMrd^MMM, OesehiaIrtwimUM d. EnttiftM BranMii S. 96.
222 ^^* ^« nofddMtteh«! Südto mn die Mitto
nimmt nur eine darchschnittliche Daner des GeniisseB bürger-
licher Rechte von 25 Jahren an, gleicht das aber einigennas-
sen wieder aus dadurch, dass er fünf KOpfe auf die Familie
rechnet, und gelangt so zu dem Besultat, dass die alleui sor
Hanse gehörige Rechtstadt Danzig in der Zeit Ton 1390—1410
ca. 21500, die an den hansischen Privilegien nicht theihidi*
mende Jungstadt in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
ausserdem noch über 7000 bürgerlichen Familim angehörige
Einwohner gezahlt habe, im Ganzen also über 40000 <»rt8ui-
wesende Bewohner zu rechnen seien, ein Ergebniss, das mit
Angaben der Zeit selbst ziemlich zusammenstinunt Demnach
hätte Danzig kaum weniger Einwohner gehabt als Lübeck, wenn
man einerseits die etwas spätere Zeit in Anschlag bringt, ande-
rerseits Laurents höheren Ansatz, der eine Reduktion von fsst
V» (Vss) ^^^P* ^^ Aufschlag von £ast Vs (Vts) erfordeni
würde, um zu einem Vergleiche zu kommen. Auch für Lüne-
burg, Hannover und Braunsberg, deren Bürgerbücher eboilalls
grösstentheils erhalten sind ^) , würden sich derartige Beredi-
nungen machen lassen, allerdings unter der Voraussetzung,
dass die Bürgerbücher sorgfältig geführt, dass alle neuen Bür-
ger wirklich eingetragen sind, eine Voraussetzung, die leider
durchaus nicht immer zutrifft — Für Breslau ist, ebenfidls
nach der Zahl der Bürger, für das Jahr 140S eine Zahl von
21863 Bewohnern berechnet worden ; die Zahl der Einwohner
Kiels im Jahre 1361 schätzt Junghans, allerdings ohne Angabe
seiner Gründe, auf 4500*). An der ungefähren Richtigkeit
dieser Zahlen zu zweifeln liegt kein Grund vor. Auch dass
1) Vgl. Urkdb. d. St Lfineb«rg I, S. 108 ; Zeilsehr. d. hUt. Vereini t
Niederaachsen 1870, S. 26 ff.; Zeitochr. f. Gesch. u. Altertimmskde Ennlmnds
V, 8S4. Ueber die in Bremen Bflrger Gewordenen s. Brem. Jnhrfcvoh VI,
847; n&here Nachricht rerdanke ich Herrn Begieningssekretir Dr t. Bippen.
8) Zeitschr. d. Vereine f. Gesch. u. Alterthkde Schlesiens m, 176; Jahrb.
f. Landeslcde d. Hsgthflmer IX, 19. Vgl. die Zosanunenstellnng Ton SehmoUer
in der Tübinger Ztschr. f. d. gesammto Staatswistensch. ZZVII, S9S.
46t 14. Jahrfaiindtrts. 223
sie die Berölkemng einiger der genaimteii Städte in der ersten
Hülfte unseres Jahrhunderts übertreffen, die einiger noch jetzt
errdchen^), kann nach dem, was bisher über die Entwick-
hng des norddeittschai Städtewesens im Mittelalter gesagt ist,
lieht irre machen. Alles daitet eben darauf hin, dass die
Zeit, die hier in Betracht kommt, für unsere Städte die Zeit
inEBtrebender Blüthe war.
Und die Be^äkerung war nicht nur zahlreich, sondern
auch wohlhabend. An Zeugnissen dafür ist kein Mangel. Ver-
mögen, die nach unsem heutigen Verhältnissen 100000 und
■dur Beichsmark betragen würden, sind durchaus nicht selten.
Lmrent berechnet das Vermögen des hambuiger Handelsherrn
Vkdko y. Gddersen, dessen uns erhaltenes Handlungsbuch so
Btnehe werthvolle Aufschlüsse über die Zeit giebt, auf 3566
Mii^ 10 fi, ungefähr ^|4 Million nach unserem Gelde. Die
giaxe Jahreeeinnahme der hamburger Kämmerei betrug nur
das Dreifache. Einen ausserordentlich reichen Landbesitz
findn wir oft in den Händen städtischer Bürger. Der Lü-
becker Gottschalk von Attendorn verfügt in seinem Testamente
tttier eine ganze Beihe von Dörfern und Höfen. Grundbesitz,
und zwar nicht einmal immer in der Nähe, zu erwerben, war
ene beliebte Art, städtisches Kapital zu verwerthen. Durch
ihre Gkldmacht erwarben die Städte und ihre Bürger eine
sdir selbstjüidige und einflussreiche Stellung gegenüber den
Landesfürsten und d^m AdeL Welcher Fürst oder Ritter wäre
nicht einmal in Geldverlegenheit gekommen? Und wo war
1) Bi ilhlten: L&bMk t6586 Einwohner (1811), Dansig 44511 (1806),
Stnbrad 16876, Gr«iftwftld 7471, Rostock 14864, Wismar 6698 (sämmtUcli
1817), TgL Vollst Handb. d. neuesten Erdbeschrbg ▼. Oaspari, Hassel, Canna-
bidi tt. Ootmrafhs B. 8 n. 5. Dagegen 1866: Lttbeek 16600, Dansig 61802
(■Ü »-T^OOO M. MiUtir), Stralswid 14610, Orei&wald 8867, Rostock 19804,
WliBar 9648, vgL Cannabich, Lehi1>. d. Geographie, Weimar 1886. — 1864:
LIbeek 81898 Ifinwohner, Daniig 90884, Stralsund 86698, Greilswald 17640,
Bettoek M88«, WisoMf 18188.
224 ^I* I>i« norddeatieh«!! SCIdt« mm die lütte
Rettung aus solcher, wenn nicht in d^ Städten? Die städti-
schen Urkundenbücher sind voll von fürstlichen und adligen
Schuldscheinen. Bald sind es die Städte als solche, die das
Darlehen geben, vertreten durch ihren Rath, bald sind ea du-
zelne Bürger. Weit über die Grenzen Dratschlands hinMM
gehen diese Beziehungen. Nicht nur Englands, sondern atMJh
Schwedens Krone, die Reichskleinodien Norwegens finden wir
als Pfand in den Händen hansischer Kauflente. In ihrem Be-
sitz waren offenbar die reichste Kapitalien, Lübeck war nächi^t
Brügge der vornehmste Geldmarkt Nord-Europas.
Abgesehen von den Belegen, die durch nackte Zahlen
reden, deuten vielfache Zeugnisse anderer Art auf einen- blü-
henden Wohlstand hin. Der Mittelpunkt alles idealen Lebens
war im Mittelalter die Kirche ; Alles, was über die praktische
Thätigkeit des täglichen Daseins hinausging, jede Art der Wdd-
thäti^eit, jedes Streben nach Bildung, jede Regung künstle-
rischer und wissenschaftlicher Thätigkeit hatte eine religiöse
Grundlage, knüpfte an die Kirche an. In den norddeatachea
Städten haben die gefahrvollen Reisen fem in framde Lande
jedenfalls nicht schwächend auf den kirchlichen Sinn gewirkt.
In Lübeck stiften 1401 Kaufleute und Schiffer „eine ewige Brü-
derschaft und Gilde zur Ehre Gottes, der Maria, seiner lieboi
Mutter, und aller Heiligen Gottes und besonders dea heiligen,
treuen Nothhelfers St. Nikolaus, zu Hülfe und Trpat der Le-
benden und Todten und all derjenigen, die ihre rechtmässige
Nahrung suchen wasserwärts, von denen leider viele von Was-
sersnoth zu Tode kommen, über Bord geworfen werden und
in anderer Weise vergehen und ungebeichtet sterben und ohne
Reue, die ihrer Angst wegen weder Leid noch Rene empfin-
den können um ihre Sünde, die auch Niemand haben, der für
sie bittet, ausser dem allgemeinen Gebotes Zahlreiche Brü-
derschaften anderer Aemter, reiche Legate, in denen oft viele
Tausende unseres Geldes verschenkt, 50 und mehr Kirchen,
4m 14. Jahrbudertt. 220
Klöfiter und geistliche Stiftungen in weiten Gebieten (einmal
YOD Bt^en aa der Weser bis Riga) bedacht werden, weite
und hftofige WaUfiahrten nach dem heiligen Grabe und nach
Bim, zmn heiligen Jakob von Gompostella und nach Boccamap-
dma ^) , Krras&hrten nach Livland und Preussen , Stiftungen
Ton Kapdkn, Yikarien, Seelenmessen sind Zeugnisse sowohl
fltr den kirchlichen Sinn als für den weiten Gesichtskreis und
den herrschoiden Wohlstand. Dass Handelsrdsen und Wall-
{dirten bisweilen verbunden wurden, kann nicht befremden,
auch nicht, dass Leute aus dem Wallfahrten um Geld für rei-
diere lOtdiristai dnen Erwerbszweig machten, gleichsam Wall-
fdirer yoii Beruf waren. Petrus und Jakobus, nach ihnen
Johamies , dann Nikolaus und Klem^s, die Schutzpatrone der
Kaufleute, ScfaifEBr und Fischer, unter den Heiligen vom an-
dern Geschlecht die Katharina waren es, die in der Andacht
der norddeutschen Bürger die Hauptrolle spielten. Die Hospi-
tiler und Kranken-, besonders die im Mittelalter in keiner
Stadt feUmden Leprosen- d. h. Aussätzigenhäuser waren dem
iieüigrai Gdst und dem ritteiüchen S. Georg, dem Drachen-
tödter, geweiht Höher als sie alle aber stand, wie überhaupt
in spMeren Mittelalter, die Mutter Maria. Ihr gehörten die
Bathskirchen in der grossen Mehrzahl der Ostseestädte, we-
Bigstens, mit der einzige Ausnahme von Reval, in allen gros-
sem ; unter ihrem besonderen Schutze stand der Rath und mit
ihm die ganze Stadt „Konigynne der himmele bydde vor uns^^
stahlt noch jetzt von der schönen Thür der gewaltigen danzi-
ger Marienkirche dem Besucher in goldenen Lettern entgegen.
1) Boeeamadona (Baekamadone, Bedaemedon, Ratsemedun, rttpes amatorif
•Ic) ist Baeaaadoiir in Goianna, Dep. Lot, Didceae Gabors (nördlich von die«
Mr SCadt). Vgl. LUch im Heklbg. Jahrb. YIU, 825 ff. Die dortige Erkli-
ruf das n®^*' mer** im Stader Statut (orer mer ofte to sonte Jacob ofte to
lüer vrvwieB to Booamadone ofte to Bighe) damit, dass man nach B. über
SordeMu; gerebt sei, ist yerkehrt; „over mer** heisst „in terram sanctam'S
Sich den gelobten Lande. Vgl. Lttb. Urkdb. I, n. 588: ultra mare in terram
ScMfv, Ol0 HuMttidte. . ] 5
226 ^11- Di« Dorddeafcaehoi StMto un die Mitte
Die Kirchen und kirchlichen Grebäude aller Art, die dar
mittelalterliche Bürger nicht müde wurde« zu Ehren seines
Gottes, der Mutter Maria und aller Heiligen immer und im-
mer wieder zu planen und mächtig auüzuthürmen, sind, wen
auch nicht auf uns gd^ommen in der ganzen Fülle ihres mit-
telalterlichen Glanzes, doch, wie sie jetzt mächtig und in
Wesentlichen unversehrt hineinragen in eine ihnen firemd gio-
wordene Zeit, die sprechendsten Zeugen vergangner Herrlich-
keit, Zeugen, die lauter und vernehmlicher reden als die »-
fällig erhaltenen Beste mittelalterlicher Pergamente. Mit einen
Schlage wird klar, was die deutschen Seestädte des Mittel-
alters zu bedeuten hatten gegenüber dem skandinavischen Nor-
den, wenn man sieht, wie die ragenden Bauten des einzigm
Lübecks oder Danzigs, ja Bostocks und Stralsunds, nicht nur
an künstlerischem Werthe, sondern auch an äusserem Umfange
fast Alles aufwiegen, was das ganze mittelalterliche Schweden
von Kalmar und Wexiö bis hinauf nach Upsala und Abo aof«
zuweisen hat. Von Norwegen lässt sich dasselbe mit noch
viel grösserem Bechte sagen und fast auch von Dänemark.
Und was sich im skandinavischen Norden findet, ist spedell
kirchlichen Ursprungs, sind die Dome der Bischöfe, Mittel-
punkte und einsame Beherrscherinnen weiter Grebiete; mittel-
alterliche Stadtkirchen von einiger Bedeutung giebt es dort
oben überhaupt nicht. Dem Nordländer, der in Trave oder
Weichsel einfuhr, die ragenden Kirchthürme dicht neben ein-
ander schlank und leicht in die Luft emporsteigen sah, zu
den hohen Mauern und Thoren und ihren zahlreichen Thür-
men hinaufblickte, den musste ein ähnliches Gefühl anwan-
deln, wie der Deutsche haben mochte, wenn er sich dem ewi-
gen Bom nahte. Der Deutsche aber, wenn er heimkehrte von
der nordischen Fahrt, von jenen menschenleeren Geg^den, in
denen ein ärmliches Kirchlein am Strande Sonntags die An-
dächtigen aus meilenweiter Umgegend in seine Mauern auf-
d«t 14. JahrboncterU. 227
nimmt, konnte nicht umhin, das Schwergewicht höherer Kul-
tur mit altor Entschiedenheit auf seiner Seite zu fühlen.
Dass die herrlichen Kirchen der alten hansischen Metro-
polen, besonders der Ostseestädte, die glänzendsten Werke des
Bidcsteinbaues, ein gutes Zeugniss ablegen nicht nur fttr den
kirdilichen Sinn unserer Altvordern, sondern auch für ihre
pebiniAre Leistungsfähigkeit, bedarf keiner weitem Auseiuan-
derseUUDg. Sie sind es aber auch , die uns am deutlichsten
eikennen lasseD, dass das Leben der alten Hansen auch noch
eine andere Seite besass, als die, welche im Kampfe mit den
Elementen und feindlichen Menschen, im Ringen ums Dasein
nBichst hervortritt Fast alle norddeutschen Kirchenbauten
zMchneii sicfa aus durch eine, wenn man das Material bedenkt,
angewöhnliche Schlankheit und Leichtigkeit; besonders die Mit-
tdschiflfe mancher unserer grössten und schönsten Kirchen steigen
mit einer Kühnheit empor, die in der ganzen gothischen Archi-
tektur durch Nichts übertroffen wird. Dabei herrscht eine
«ttserordoitliche Liebe zur Ornamentik, ein entwickelter Sinn
fta Gliederung. Da der Backstein der omamentalen Ausar-
beitung enge Grenzen zog — sie sind in der That an man-
chen Bauten mit wahrhaft bewundem&werther Technik erwei-
tert — so griff man zum Wechsel der Farben und wandte
bunte Zi^;el an. Diese Vorliebe für leichten und gefälligen,
leicheD, aber nicht überladenen Schmuck, besonders in schlan-
ken und symmetrischen Formen, zeigt sich in fast allen, leider
in so geringer Zahl auf uns gekommenen Resten der künstle-
rischen Thätigkeit der Stä^lter jener Zeit ^). Li erster Linie
1) Un^dlieh viel ist ohne Zweifel yerloreii gegangen und swar nicht n a r
dutk diM BefomuUioD, sondern selbst noch in ueaester Zeit. Die bei Chapuj,
Le Mo/en age pittoresqoe, Paris 1888 abgebildete rein gothische, gut aasge-
fikrte Kaaiel der Kirche lu Hölln ist jetst verschwunden. In Bremen ist der
ilte Bathsefnhl, ein Heisterwerk mittelalterlicher Holsschnitserei, sur Fransosen«
seit ▼eraiehtet worden; nv erhaltene Rudimente seugen noch von verlorener
PTMhL Ueber das Selüeksal der um 1800 abgebrochenen hamburger Dom-
kirche sagt Lappenberg (Ztschr. f. hambg. Oesch. V, 277): „Der ganxe histo-
15»
228 ^n. Die norddeatsehen StKdte om die lütte
scheinen hier Metallarbeiten zu stehen. Wer kann jene wun-
derbar fein, in reichstem und gefälligstem gothischra Stil an»>
geführten grossen metallenen Grabplatte, die sogenannten
„ylämischen Platten^\ betrachten ohne Bewunderung fOr dk
Kunstfertigkeit und den Schönheitssinn ihrer Yerfertiger. Nur
wenige Exemplare dieser kostbaren Arbeiten sind uns eriial-
ten^); schwerlich sind sie überhaupt zahlreich hergesteDt
worden, da sie gewiss sehr kostspielig waren; wir komci
sie nur als Grabplatte für Bischöfe und Bürgenneister. Bor
Name „ylämische Platten^^ deutet an, wo man diese Kunst,
wie so manche andere , gelernt hatte ; dass sie in den Hanse-
städten gar nicht geübt worden , dass alle jene Arbeite an
Flandern bezöge sein sollten, wie man wohl gemeint hat, er-
scheint schwer glaublich. Denn die kunstvolle Tau^geAase
der Mariekirchen zu Rostock und Lübeck, ein Tarmiger
Leuchter einer kolberger Kirche und das Taufbecke der St
Nikolaikirche zu Kiel (Arbeite des lübecker Bürgers Haas,
des „ Apegeters") , aus jeer Zeit erhaltee Glocke, die fei*
nen Arbeiten auf dem Deckel des Lektieariums der St Petri-
rische, wissenschaftliche und künstlerische Schmnck mit wenigen, ehren wetUbw
Aoanehmen verfiel den Trödelnden nnd Gkssenhnben nnd verstob in «Ue 'IHnde.**
Im Kloster Oliva bei Dansig Iftsst man noeh jetst die schSn geechnitsteii aHm
Kirchenstfihle auf dem Kirchenboden yerkommen, wihrend das Schiff dar Klo-
sterkhrche angefüllt ist mit der denkbar plattesten Tischlerarbeit Solche Bil-
spiele Hessen sich zu Dutzenden anführen. Was Torhanden war, das akit
man erst, wenn man sich in Stftdten wie Danzig aufs Stöbern legt und nn
bis ins Einzelnste hinein das Leben unserer Vorfahren rdch und sinnig ana-
gestattet findet.
1) Den von Karl von Rosen (Hans. Gtoschbl. 1871 , S. 108) au%efilhrlMi
ist noch die im Dom zu Ripen für den 1868 gestorbenen Bürgermeister Ift-
dreas Bundison hinzuzufügen ; sie ist abgebildet bei Suhm, Historie af Daamaili
Xm, 516. Im Franciskanerkloster zu Baston liess der Kanfinann Weasel tob
Smalenburg aus Münster 1818 sein Ghrab mit einer Hetallplatte veneben, ^
aber schwerlich von gleicher Arbeit war, vgl. Ztsohr. d. Vereins f. €h8ch. «•
Alterthkde Westfalens XVII, 171 ff. Ueber die Frage, ob „Hesslngsebnitt«*
oder „Messingstich** vgl. Kugler, im deutschen Kunstblatt 1860, n. 17; Liseh,
Meklbg. Jahrb. XVI, 303 ff, XXVII, 867 ff.
des 14. JjOirhiiiideiti. 229
Kirche xa Hand^org il a. legen Zeugniss davon ab, dass man
in MetallarbeiteD geschickt war, und daas es an Formensinn
nidit fehlte. Und dasselbe kann man von andern Zweigen des
Kmsthandweiks sagen. Dass man sich auf Lederarbeit^ ver-
stand, leigen die Einb&nde erhaltener Bücher. Holzschnitze-
iMB haben manche Städte ans jener Zeit bewahrt, obgleich
gsrade hier das Beste verloren zu sein scheint Lebhaft war
der Silin fOr Malerri. Schon früh stand man mit Italien in
Yeibliidung. Lübeck war im Anfang des 15. Jahrhunderts in
der (Hesmalerei so berühmt, dass Italiener dorthin kamen zu
kmen. Einer derselben, Dominik Livi aus Gambosso im Flo*
RDtfadachen, schuf jene herrlichen Glasfenster im ehanaligen
Mbedffir Dominikanerkloster zur Burg, die jetzt durch die
FBrsorge des verdienten Milde die wohlerhaltene Zierde der
Marienkirche bilden. Die hamburger Eämmereirechnungen be-
nagen, dass der Bath seinen Bildschnitzer und Maler, Meister
Bertram, fleissig mit Aufträgen bedachte, durch heilige Jung-
binen, Engd, Altartafeln, Christoph mit dem Christuskinde
flkr die Verschönerung der Stadt sorgte.
Standen die Künste in erster Linie im Dienste des kirch-
fichen Lebens, so wandte man sie doch auch gern auf das
Migerliche an. Schon die allgemeine Vorliebe für dauerhafte
oad werthvolle Arbeit wirkte f5rdemd in dieser Richtung.
Dass Kunst und Handwerk noch nicht geschieden waren, konnte
dieses nur heben. Was man in profanen Bauten leistete, be-
weisen leider feist nur noch die Rathhäuser; Privatwohnungen
und uns aus dem 14. Jahrhundert wenig mehr erhalten. Wo
m sich noch finden, erwecken sie durch jenen soliden und
dodi reich verzierten, treppenartigen Giebelbau, der noch heute
Stidteo wie Lüneburg, Lübeck, Wismar ^) einen so eigenthüm-
verleiht, entschieden günstige Vorstellungen. Zum
1) WUmar hat, wenn auch oar wenige, doch die sclionsteo mittelalterlichen
PrhratiMeksteInbaaten aofiaweisen.
230 ^''* ^*® norddeatochen SUdte «in die Mitte
grossen Theil muss man sich die norddeutschen Städte des
14 Jahrhunderts noch reichlich mit Holzhäusern versehen den-
ken, so sehr auch der Rath bemüht war, durch Steinliefenm-
g^ und andere Unterstützungen den Bau feuerfester Häuser
zu begünstigen. Mit Vorliebe suchte man durch künstlerische
Darstellung didaktisch zu wirken. Die nur thätiges Handdn
und warmen Glauben, nicht aber Theoretisiren und Systema-
tisiien kennende und schätzende Zeit spiegelt sich audi hier
deutlich genug. In Rechtsbüchem stellte man wohl die Strafen
dar, die verhängt zu werden pflegten, wie es uns das wohl
erhaltene soester Nequamsbuch noch jetzt so drastisch zeigt
Miniaturen waren überhaupt beliebt, wohl Gegenstand beson-
derer Kunstübung. Auch für Spott und Hohn suchte man so
einen Ausdruck, besonders gegen die Geistlichkeit, deren Ueb^-
griflfen man bei aller Frömmigkeit immer mit ebenso grosser
Klugheit wie Ekitschiedenheit zu beg^nen wusste. Die Tha-
ten des Beineke Fuchs kommen in bildlichen DarstdUungen
und eingewebt in Teppichen vor; seiner pfäfflschen Heuchelei
wird dabei nicht vergessen. Nach sächsischer Sitte war im
Gerichtssaal der Rathhäuser stets das jüngste Gericht im Bilde
dargestellt; über das, was sich der hamburger Rath um 1340
hatte malen lassen, beschwerte sich das Domkapitel, weil es
Anzüglichkeiten darauf fand. Es gab einen langen Process
vor der Kurie in Avignon. — Vor dem Derben schreckte man
weniger zurück als heutzutage ; DarsteUungen wie das „Luder-
ziehen" an den Rathhäuseni von Lübeck und Hannover zeigen
das deutlich genug.
Wie die Kunst, so knüpfte sich auch das wissenschaftliche
Leben, so weit von einem solchen die Rede sein kann — denn
viel grösser ist hier der Abstand von der Gegenwart als auf
jenem Gebiete, wo er vielleicht kaum vorhanden ist — über-
wiegend an die Kirche. Was an literarischen Arbeiten her-
vorgegangen ist aus jener Zeit, hatte kaum andere als prakti-
des 14. JahrbnndcrtB. 231
sehe Zwedke. Die einzige Ausnahme davon macht etwa der
ChioDikeDB^reiber , sofern er „der Stadt Ghronik^^ nicht in
diraktem Anftrage des Rathes fOhrt; und die Thätigkeit auf
diesem Oebiete ist dtirftig genug. Auf eine gewisse Schulbil-
dang hat man W^h gelegt. In den meisten Städten ent-
stiBden allmählich an allen Pfarrkirchen Schulen, in denen die
wohlhabendere Jug^d Lesen und Schreiben, etwas Rechnen,
die Anfinge des Lateinischen und Singen lernte. Wohl die
Hosten Kanfleute und auch manche Handwerker waren des
LesoiB und Scfareibras kundig. Mochte die ungewohnte Thä-
tigkeit auch nicht sehr leicht von der Hand gehen, so brachte
man dodt einen deutschen oder auch gar einen kurzen latei-
lischen Geschäftsbrief fertig. Dass die Rathsherren wenig-
stens der grösseren Städte meistens Latein verstanden, kann
nidit bezweifelt werden. Im Verkehr kam man mit d^n Deut-
schen weiter als heutzutage. Von Dünkirchen bisNarwa herrschte
die gleiche, auch dialektisch nicht allzusehr abweichende Sprache.
Ib skandinavischen Norden war das Niederdeutsche wohl noch
bekannter als gegenwärtig unser Hochdeutsch, wurde jedenfalls
BMhr gebraucht Wir haben zahlreiche plattdeutsche Briefe
besonders von Dänen und Schweden. Die Privilegien wurden
den Hansen von den nordischen Königen in älterer Zeit in
lateinischer, seit dem 14. Jahrhundert in deutscher Sprache
gegebmL Das Plattdeutsche war durch mehr als ein Jahr-
himdert bis zu einem gewissen Grade die Sprache der Diplo-
matie im ganzen Ostseegebiet.
Oab der Wohlstand zur Entfaltung mancher schönen Bltt-
then besonders auf dem Gebiete künstlerischer Thätigkeit den
Anlass, so fährte er doch auch naturgemäss zu weniger er-
beulichen Erscheinungen. Trotz seines kirchlichen Sinnes war
das Mittelalter durchweg eine lebensfrohe, sinnlichen Genuss
QnbeEsngen schätzende Zeit. Gel^enheiten zum Essen und
Trinken, die der Deutsche ja stets nach Gebühr gewürdigt hat,
232 ^^ ^'® norddeulsoheii Städte «m die MUto
liess man so leicht nicht vorttbeigeheou In Gilden versam-
melte man sich zu Gelagen, die nach festen Ordnungen abge-
halten wurden. Gern strafte man Uebertretungen mit IMe-
rung von Freibier. Der Neueintretende mosste sich dnieh
einen Schmaus oder Trunk einkaufen. Auch in die 2älnfte bnd
das Emgang (Meister- und Geselleness^), selbst in denBath;
der neu Eintretende musste den übrigen Bathsherren „enen
guden h(yghen don'S wie es die greifswalder Rathsordnong aus-
drückt. Dass kein h&usslicher Anlass versftnmt wurde, sich
der Gaben Gottes zu fireuen, braucht kaum bemerkt zn wer-
den. Auch einen kirchlichen Mantel wusste man der unaus-
rottbaren Neigung umzuhängen : Die Kalandsbrüderschaften tru-
gen ursprünglich einen rein kirchlichen Charakter, auch wenn
Weltliche theilnahmen, allmählich wurden sie weltlich genug,
nicht ohne lebhafte Mitwirkung der betheiligten Geistlichen.
Fastnachtsscherze, Mummereien aller Art, Tanz, Grauklerspiel
waren beliebt ; Kirch weihen und Jahrmärkte gab es genug, sie
zu üben. Auch der Bath liess es sich bei sdcher Gelegen-
heit, beim Besuch fremder Herren u. s. w. etwas kostm, die
Menge zu belustigen. In der zweiten Hälfte des 14. Jahriiun-
derts, besonders gegen Ende desselben, hören wir zuerst von
Schützenkompagnien (Papagoyengesellschaften); dieS(Huie rei-
cher Leute fingen an, die Bitter nachzuahmen, zu „buhurdiren
und zu reihen.^^ Bei zunehmendem Wohlstande wurde das
alles üppiger und kostspieliger. Das junge Volk wmrde nicht
selten übermüthig, tobte lärmend durch die Strassen, störte
die Nachtruhe der Bürger, prügelte und neckte die Nacht-
wächter. In solchen Fällen wurde dann aber auch nicht viel
Federlesens gemacht, auch nicht mit den Söhnen der besten
Familien. Es sind deren aus der Stadt verbannt wordm, weil
sie die Nachtwächter molestirt hatten. Auch gegen den zu-
nehmenden Aufwand bei Festen, die steigende Kleiderpradit
besonders bei den Frauen suchte man schon im 13. Jahrhun-
4m 14. Jahrhunderts. 233
dert iB mAntea St&dten mit Lmnisord&imgen eiiizuschreiten.
D»88 »6 imm^ und immer wiederholt wurden, ist wohl der
dentUchste Beweis, dass sie wenig fruchteten. Doch darf man
fm den ersten Jahrzdmten der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts
woU sagen, dass sich die herrschende Sitte im Allgemeinen
DOck innerhalb der Grenzen des Erlaubten hielt Die furcht-
bare Geissd der Pest hatte ohne Zweifel mässigend gewirkt
Eist dem Ib. Jahrhundert blieb es vorbehalten , zum Theil in
wahre Sittmloeigkeit auszuarten.
Vdknden wir dieses Bild, das in dem engen hier gege-
benen Bahmen nur die Hauptzüge der Entwicklung andeuten
konnte, durch einige Bemerkungen über die Spitze der Bürger-
schaft, den Bath, seine Zusammensetzung und Bedeutung. So
?enchieden die Verhältnisse waren, so fehlt es doch in den
Sttdten sächsisdien Bechts, also von Westfalen bis Estland,
nicht an einer gewissen Gleichartigkeit Die Zahl der Baths-
herren (consules, radmanne) schwankt zwischen 12 und 24;
an ihrer Spitze standen 2 oder 4 Bürgermeister (proconsules,
magistri dvium, consulum, burgensium), die kein Vorrecht ge-
nossen, ausser, dass sie die Geschäfte leiteten, in Bathsver-
sammlungen den Vorsitz führten, „das Wort hielten.^^ Alle
Bathsherren waren gewählt auf Lebenszdt, doch nicht im-
mer im Amte. In 2 oder 3jährigem Turnus fand eine Um-
B^Kung resp. Erneuerung statt, so dass die bisherigen Führer
der Geschäfte, der „sitzende Bath^S Anderen Platz machten,
sdbet in den „alten Bath^^ traten. Dabei wurde dann in eini-
gen Städten auch eine Neuwahl von Mitgliedern vorgenommen.
In wichtigen Fragen wurden sämmtliche Bathmannen (neuer
and alter Bath) zu den Berathungen herangezogen. Durch-
weg hatte der Bath das Selbstergänzungsrecht. Die Baths-
fiddgkeit war beschränkt. In Lübeck konnte von Anfang an
nur in den Bath kommen, wer „seine Nahrung nicht mit Hand-
werk gewann^^ In andern Städten kommen einzehi (in Wis-
234 ^^ I^i« uorddMkMbea Slidto «m die Mitte
mar z. B.) im 13. Jahi4iuiideit Ebad werfcer im Bath vor, ver-
schwinden aber später. Durch die Zooftimmhea des 14. mid
15. Jahrhmiderts sind sie vorübergehend wieder hiBem gekom-
men^ aber meistens nur auf wenige Jahre. Mochten die Be-
stimmungen auch anders lauten, thatsächlich war dodi in d»
Seestädten der Kaufmannsstand so gut wie aussdüieesHch im
Besitz der Rathshermstellen , in der Zeit, die hi^ nmädist
in Betracht kommt, ganz unzweifelhaft Die Auflehnang da-
gegen beginnt schon früh, in der ersten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts, vielleicht schon im 1 3. Vorwiegend scheinen es zu-
erst unruhige, ehrgeizige Männer aus dem herrschenden Stande
gewesen zu sein, katilinarische Existenzen, wenn man will, die
unter den Gewerken Unzufriedenheit erraten, sich an ihre
Spitze stellten und sie gegen den Rath fährten: so Heinridi
Runge in Rostock, Kord Papenhagen in Stralsund, Hermann
Stote in Göttingen, Johann Hollmann in Bremen. Zwei der
vornehmsten Aemter, das der Brauer und Gewandschndder,
haben nie den Anspruch auf Raths&higkeit fallmi lassen, an
manchen Orten auch, wenigstens die Gewandschneider, diesdbe
von Anfang an gehabt und dauernd behauptet. Auch die Kaof-
leute waren, wenigstens in d^ meisten Ostseestädten, nicht
ohne Weiteres rathsfähig. Ein eigentliches Patriciat, d. h.
abgeschlossene Geschlechter, deren Mitglieder allein rathsfthig
waren, hat sich in voller Schärfe wohl nur in Lüneburg aus-
gebildet im Anschluss an die Saline. Die „Sülfineister^* dort
hatten von den auswärtigen Besitzern der Salzp&nnen diese
um Ablieferung der Hälfte des Ertrages gepachtet, wurden reich
und brachten die Herrschaft der Stadt an sich; das Sidiere,
Stetige, das in dieser Einnahme lag, verlieh dem Wohlstand
eine Dauer und Beständigkeit, die beim Handel gar nicht denk-
bar ist. Eine ähnliche Stellung gewannen die „Sttbsherr^^^
Kolbergs. In den andern Städten hat es zwar audi an ein^n
sogenannten Patriciat (ich erinnere mich nicht, dass mir der Aus-
dM 14. Jalirhand«r|0. 235
druck in BittebdterMchen norddeutschen Quellen begegnet sei)
nkht gefiddt, aber es war nirgends vollständig geschlossen,
rekmtirte sidi inuner durch ^h(Hnines novi". Es hatte sich
berans gdl>ildet aunächst. durch Ansammlung grossen, in kauf-
«toiisdter Thttig^ett gewonnenen Besitzes. Mit Vorliebe legte
man diesen Beichthum in Landbesitz an, kaufte Dörfer und
Hufe, <rft in grosser Zahl, kam dadurch in die Stellung fürst-
^duar Lehnsleute, ahmte den Lehnsadel auch äusseriich nach
durck ritteriiches Waffiraispiel, Bossdienst und Erwerbung dar
Siegelfalugkeit ; Schild und Hehn traten an die Stelle der ein*
bdien Haus- und Hofmarke. In Wirklichkeit war ja ein Un-
terschied auch kaum yorhanden, da der Gutsherr auf dem
Lande, der Kaufherr in den Städten erst unlängst hervorge-
gangen waren aus demselben freien Manne. Nicht nur die
Bfliger von Lübeck und Bremen, von denen die Gründung des
deutsehen Ordens im Morgenlande ausgegangen sein sollte, son-
dern auch Borgersöhne anderer Städte finden wir . unter den
Rittern des Ordens. Wie es scheint zuerst in der zweiten
HiUte des 14. Jahrhunderts, um die Zeit der waldemarischen
Kriege, schlössen sich diese reicheren Kaufleute zu besonde-
ren ^^cHupagnien'^ zusammen : Kaufleutekompagnie und Zirkel-
geseUsdiaft (Junkerkompagnie) in Lübeck, Schwarzehäupter m
doi baltischen Städten, Gesellschaften, die aber keinesw^
imyeriaderlich abgeschlossen waren, sondern im Allgemeinen
Jedem zugänglich, der den nöthigen Beichthum erworboi hatte
iQid sonat allgemeine Achtung genoss. Li die Hand dieser
»Gesdilechter^^ kam^ die Bathsstellen. Die Verfassung war
also eine durchaus aristokratische, und beim Bestehen des
SelbstergänjEungsrechts ohne gewaltsamen Umsturz auch nicht
za ändeni. Doch war nun die Herrschaft des Kaths keines-
^tgß eine unumschränkte. Neben dem Bath behauptete die
„Gemeinde^\ die „Gesammtheit*^ (commune, universitas, m^-
heit) inuner eine schwerwiegende Bedeutung. That der Kath
236 ^11* ^i« norddoatsdieii Stidto mm die Mitte
auch bisweilen Schritte, die zunAchBt im Interesse des Gau»»
geheim blieben, „wusste er auch^S wie es eine wismarsdie
Bürgersprache einmal aasdiückt, „was Andere nidit wissen", so
war er doch in allen wesentlichen Dingoi an die Zostimmiiiig der
Gemeinde gebunden. „Handdte es sich um irgendwdche wich-
tige Angel^enheiten , bei denen ein Recht der Stadt nsd der
Gesammtheit in Frage kam, die das Recht und die Verfossmig
der Stadt irgendwie berührten'', so musste er sich die Eüiwffli-
gung der Bürger holen, deren Vertretung in der Regel den
Kirchgeschwomen und den Amtsmeistem zustand. Es lag ja
auch in der Natur der Sache, dass in Gemdnwesen, wie die
Städte waren, eine Entwicklung, ein Wirken besonders nach
aussen hin, nur möglich war durch ein Zusammengdien der
beiden Faktoren, „Rath und Bürgerschaft''. Unter diesem
Panier haben die Städte geblüht. Beide rathen, beide thaten,
aber beim Thun behüt der Rath die ausschliessliche FOhnrng.
Es ist vollständig verkehrt, wenn man dem aiistdarati-
sehen Regiment in den Städten die Schuld giebt, dass die
Blüthe nicht gedauert hat. Fehlt es auch nicht an Aussdirei-
tungen und Pflichtverietzungen, so kann das unbefiangene Ge-
sammturtheil doch nicht anders lauten, als dass die Magit.
strate der Städte sich ihrer Stellung vollständig würdig ge-
zeigt haben. Besonders gilt das von Lübeck, wo, abgesehen
von wenigen heftigen, aber kurzen Zuckungen, das aristokra-
tische Regiment stets am Ruder gewesen ist Bei der Stel-
lung der Städte, die gegenüber lauernden Feinden doch nur
beschränkte Machtmittel besassen, wenn auch in der Defensive
stark, doch in der Ofifensive schwach waren, kam Alles dar-
auf an, dass die Diplomatie ersetzte, was der Waffenmacht
abging. Und das konnte sie nur durch eine Stetigkeit, wie
sie in der Wandelbarkeit demokratischer Verfassungen gar
nicht denkbar ist, durch eine Sachkenntniss , vor allen Din-
gen in den Fragen des Verkehrs, wie sie nur der Kaufmann,
das 14. JAlirhiinderts. 237
der wirkUche Oroeshändler sich erwerben konnte. Ais später,
zQ Ende des Mittelalters, die Ungunst der Verhältnisse die
answftrtigeB Handdsniederiassungen immer mehr schwächte,
da klagion die Rathsherren der Städte in erster Linie, dass
man jetit nicht mehr wisse, wie man „die jungen Leute zu
Miimeni hersnbilden solle, zu Lenkern und R^erem der
Städte^. Wer daheun im Bathe der Stadt sass , der hatte in
seiner Jngend erCahren, wie es drauss^ herging, der wusste,
W18 dort iH>th war. Viele und schwere Pflichten l^te die
Stdlmg eines Rathsherren auf, wenig Rechte — andererseits
aOerdiflgs viel Ehre. Und diese haben sich die mittelalterli-
dien Väter unserer Städte in der That reichlich verdient,
wenn sie im Dienste des Gemeinwohls zur Winter- und Som*
meneit, bei Tag und Nacht, über Land und Meer ihre „Rei-
sen** machten, um zu verhandeln mit nahen und fernen Ge-
walthabern, oft unter Gefahr ihres Lebens, wenn sie die
Sdiiffo imd Kriegshaufen der Städte hinausführte vor den
Feind, ans dem eigene Vermögen der Stadt Nothdurft deck-
ten, während sie doch Bezahlung aus dem öffentlichen Gut
kaum eini»fingen. Es ist die Empfindung des „noblesse oblige",
die jene Männer offenbar beseelte. Daheim erstreckte sich
ihre FOrsorge, obgleich der städtische Organismus nicht so
vklgeataltig war wie heutzutage, doch auf zahlreiche Dinge.
Der Stadt Geld (Kämmerei) zu verwalten, des Rathes Wdn-
iiäkr txk beaufsichtigen, das Rüstzeug wohl in Stand zu hal-
ten, Recht und Gericht zu handhaben, den Verkehr des Mark-
tes , das Treiben der Handwerker zu überwachen, des Rathes
Büeher und Urkunden zu bewahren, das waren im Wesentli-
AeM die Pflichten, die ihnen oblagen; meistens je 2 und 2 in
dnem Amte entledigten sie sich derselben. Zur Versammlung
lud die Glocke, an&ngs in die Kirche des Rathes, erst spä-
iet ins Rathhans. In Lübeck pfl^^ sich stets der Rath in
einer Kapelle der Marienkirche zu versammeln, von dort hin-
238 VU. Die norddentMbea Stidte «n die Mitte
Über zu gehen aufe >Rathhaus ; in andern Städten fanden in
diesem nur die geheimen Sitzungen Statt, alle andern in der
Kirche in den „Rathsstühlen^ Das Rathhans (radkus, Sta-
des hus, theatrum = Schauhaus, sp6HiU8, danzdhua) mit
dem vor ihm sich ausbreitenden Markte, war so redit der
Mittdpunkt des städtischen Lebens. Hier koneentrirte sich
der Verkehr nicht nur an den Markttagen. Die Buden der
Wechsler, Goldschmiede, der Bäcker, Fleischer, Sdiulunadaißr
und anderer Handwerker standen umher; die unteren Bäume
des Rathhauses, hallenartig gebaut, dienten selbst als Lager-
und Kaufräume (Kaufhaus, theatrum i= Schauhaus). Auf dem
Markte wurde Gericht gehalten, unter freien Himmel oder
einer bedeckten Laube am Rathhause. Hier war der Mittel-
punkt städtischer Festlichkeiten ; auch vornehme fremde Gäste
wurden auf dem Rathhause bewirthet; dann wiederhallten die
Bäume von Musik und Tanz (spSlhus, danzdhus). Kein Wun-
der, dass man bei wachsendem Wohlstande dies Gebände auch
wflrdig auszustatten suchte: die Bathhäuser von Bremen und
Lübeck, von Stralsund und Danzig bezeugen's, was unseren
Vorfahren dieses Palladium der städtischen Selbständigkeit
bedeutete. Mit ihren zahlreichen Reliquien aller Art, ihren
gewölbten Rathsweinkellem sind sie echte Repräsentanten mit-
telalterlichen Lebens in Wissen und Können, in Sdierz und
Ernst.
Eine besonders wichtige Thätigkeit übte der Bath auf
dem Gebiete städtischen Rechts. War dieses hervorgegangen
aus dem sächsischen Landrecht, so war es besonders der Rath
gewesen, der dasselbe durch Findung neuer Willküren den
städtischen, in erster Linie d^ Verkehrsbedürfnissen entspre-
chend weiter gebildet hatte. Schriftlicher Aufsseichnung der
neuen Rechtssätze verdankte dann der Rath wohl hauptsäch-
lich mit die Ueberlegenheit seiner Gerichtsbarkeit üb^ die
des Vogts, der in manchen Fällen das Urtheil nur nach Gut-
dw 14. JalirlMiDdarts. 239
dünken luuL Es kommt vor, dass von diesem appelllrt wird
an das ^fiwih^ auf d^n Rathhause. Bevor die Vogtei auch
formell an 4ie Städte überging, war die Bedeutung ihrer Ge-
richtabaikeit ndl)en der des Rathes schon auf ein Minimum
herabgesonken« Den Werth schriftlicher Aufzeichnung aber
Imite n^an würdigen in d^ Städten. Ueberall wurden „Stadt-
bflcher*^ geführt^ sehr verschiedenen Inhalts, aber doch fast
aasaeiilieflslich anknüpfraid an das Rechtsleben der Stadt
„Ueber das Buch geht kein Zeuge^^ wurde Grundsatz in einer
Zeit, da der Zeugenbeweis eine überaus grosse Eolle spielte.
Auch sonst waren die Städte darauf angewiesen, Sorgfalt zu
Terwenden anf ihre „Schreiberd". Sauer erworbene Privile-
gien und Verträge bildeten die Grundlage ihrer Existenz:
Mit Sorgfalt hütete man die kostbaren Pergamente, die „der
Stadt Bechte^^ enthielten. In den „Tresen^ (tr^sor, thesaunis),
feuer* und diebsfesten Gewölben in den Rathskirchen, wurden
sie aufbewahrt mit des Rathes Kostbarkeiten, seinem Silber-
schatz; in Lübeck liegen sie dort noch heute über der alten
Bath8ki^[)ette. Als Bremen 1366 nächtlicher Weile von Schaa-
ren des Erzbischofe und städtischen Verräthem ül)erfallen
wurde, lief der Rathmann Johann von Haren, sein eigenes
Gut versäumend, auf die Trese in der Kirche unserer lieben
Fraa (auch sie dient heute noch ihrem alten Zweck) ^ nahm
den vom Erzbischof besiegelten und beschworenen Friedebrief
und klagte mit demselben draussen über das geschehene Un-
recht ^). Dass 9,Siegd und Briefe die Grundlagen seien des
dfieatlichen Ldbens, das prägte sich den kaum ins staatliche
Dasein eingetretenen Bürgern ein mit dem ganz^ R^ze der
Nenlieit
Wollte man sich Greist und Wesen des mittelalterlichen
Stadtstaates, wie er uns in den spätem Gliedern der Hanse
1) a7Miib«rcii*8obeae a. a. O. S. 116.
240 VII. Die norddeatMhni Stldto «m die llüto
entgegentritt , veranschaulidiai in einem ffilde, so würde ridi
kein passenderes finden lassen als das der Familie. Mit vir
terlicher Fürsorge wacht der Bath über dem Wohle des Gan-
zen, erl^ennt, auf persönlichste ErfiEihrungen und auf die lieber-
lieferung der Vorfahren, nicht auf theoretische Bildung ge-
stützt, klar, was ihm noth thut Sein Haushalt, wie Wdir-
mann das so schön hervorgehoben hat, gleicht dem einer gros-
sen Familie ^). Vor Allem sucht der Rath Handel und Verkehr
zu ordnen, ihm die Wege zu bahnen. In der Nähe und Feme
schliesst er Verträge, strebt nach Sicherung der nothwendig-
sten Handelswege (nach Beherrschung ihrer Flussmündungen
trachteten die Stfidte früh und mit Erfolg: Lübeck, Boetock,
Hamburg, Bremen), fängt auch an, fOr Bau und Eilialtung
der Wege zu sorgen, wenigstens in nächster Nähe der Städta
Man findet wohl die Verordnung, dass in jedem Testament
etwas für Erhaltung der Wege, ftUr Verbesserung des Hafens
ausgesetzt werden müsse, was übrigens auch ohne das häufig
geschehen ist Vor allem lässt der Bath sich auch die Beel-
lität des Verkehrs angelegen sein. In Nowgorod wird ein
Packen Leinwand zu schlecht befunden — „kein ehrenwerther
und guter Mann könne mit solcher Waare bezahlt werden^ —
er wandert zurück nach Biga, von dort nach Wisby, von
Wisby nach Lübeck, wo der Bath gebeten wird, auszufin-
den, wer die Leinwand gemacht habe. Oar häufig gehen
auf diese Weise flandrische Lakai von Nowgorod zurück in
ihre Heimat von Station zu Station. Die Klagen der Binnen-
länder über Häringsfässer, in die oben grosse und gute, unten
kleine und schlechte Häringe gepackt waren , gaben zu man-.
clieu Verordnungen Anlass; „Häringswraker^^ wurden ange-
stellt, die Tonnen offidell „gezirkelt^'. Zurücksenden liess
sich die „verderbliche^^ Waare nicht. — Der Bath verbietet
1) Vgl. Ztschr. d. Vereins f. Lübeck. Geioh. b. Alterthkde II, 76.
das 14. Jafarhnndarts. g41
das Segdn, wenn Geüahr droht, befiehlt auch wohl besondere
VorsiditsDiassregehi, beides selten ohne die Meinung der Be-
theiligten gehört zu haben. Es wird auch wohl angeordnet,
di88 wer reisen wolle, den Rath fragen solle, weil „er wisse,
«as Andere nicht wissen^S Der Rath ordnet auch Münze,
Mass und Gewicht Wie den Handel, so überwacht er das
Gewerbe. Schon die Bezeichnung „Amt^ — lateinisch stets
<rfBdinn, den Ausdruck „Zunft'^ kennt das norddeutsche Mit-
tdilter nicht, er ist von Süddeutschland übertragen mehr
mit politischer als gewerblicher Bedmtung — deutet darauf
kin, dass der Inhaber eines solchen eine gewisse Verpflich-
tmig gegen die Oesammtheit, die Stadt, übernahm. Nicht
rar dnrdi seni eigenes Interesse, um der Konkurrenz zu be-
gegnen, sondern moralisch als Bürger der Stadt, als ihr
Jbntmann^ war er verpflichtet, gute Arbeit zu liefern. Dem
Rath lag es ob , über Erfüllung dieser Pflicht zu wachen, an-
derarseits aber auch dafür zu sorgen, dass keinem seine Nah-
roBg TOTkflmmert werde, dass nicht einer oder wenige, begün-
stigt dnrdi fördernde Umstftnde, alle Arbeit in einem Oewerbe
an sich reissen, dass Fremde nicht den Heimischen das Brod
wegnehmen. Den Bedürfnisse folgend, und das so oft als
gtarr und zopfig Terschrieene Mittelalter hat gerade darin sich
ausserordentlich tüchtig gezeigt, legt er schwache Aemter zu-
sammen oder theilt allzusehr angewachsene, giebt Beschäfti-
gungen frei oder knüpft sie an die Erfüllung gewisser Vorbe-
dnigongen, damit den Wünschen der zunächst Interessirten
eDtgegnkommend oder auch sie nicht berücksichtigend, wie
es, das Interesse des von ihm vertretenen Ganzen erheischte.
Und bdde, der einzelne Bürger wie die ganze Stadt, haben
sich lange Zeit wohl befunden bei dieser Ordnung der Dinge;
vor Allem war auch der Bürger selbst von dieser Auffassung
des gegenseitigen Verhältnisses durchdrungen, trat mit Wärme
für dieselbe dn. Er fühlte sich als ein Glied des Ganzen,
ScUfv, nie Huwertidt«. ]q
242 ^^- ^^ norddentschen SOdto Oi dit MMte des 14. Jahrliwidarts.
das an seiner Stelle nicht nur für das eigene, sondern auch
für das Gemeinwohl arbeitete. Aus diesem Gefühl entsprang
ein lebhafter Patriotismus, eine wanne liebe zur eigoien
Stadt An Belegen dafür fehlt es den mittelalterlichen Chro-
niken nicht Hier möge nur erinnert sein an die kostbare
Figur des Bremers Heinrich Bersing, der mit dem LObedcer
Tileke Bodendorp zu Hamburg in der „gemeinen Herbeige^
in heftigen Streit gerieth über die ang^Iichen Vorzüge Bre-
mens vor Lübeck, den Lübecker, der über Bremra und sär
nen Bath zu spotten anfing, aufforderte, „dat he sulker werde
hude hedde unde druncke syn beer myt make*' ^). Gwade in
den städtischen Gemeinwesen tritt uns zum ersten Mal in d^
deutschen Greschichte der Staatsgedanke entgegen; das Yer-
hältniss zum politischen Gebilde, dem man angehört, tritt
als Bindemittel an die Stelle des persönlichen TrwYeiliftlt-
nisses. Allerdings lag auch wieder eine Gefahr in dieser Eatr
Wicklung, die sich mit der Zeit als verhängnissydl erwdsea
sollte: die der Absonderung und der Kirchthurmspolitik. Ans
durchaus realen Bedürfiiissen, meistens unter engstem An-
schlnss an lokale Verhältnisse erwachsen, lag für die Stftdte die
Gefahr, sich in der Ausbildung dieser zu verlieren, um so niher,
als die Beziehungen in die Feme, wie es scheint, sich mehr und
mehr in den Händen der grösseren Städte koncmitrirten. Von
Anfang an hat die Neigung zur Absonderung nicht gefehlt
Auch in dem jetzigen Verhältniss zu Dänemark hing alles
davon ab, wie weit man im Stande sein werde, die Erifte^
die in diesem Kranze blühender Städte von den Mündungen
des Bheins bis zum finnische Meerbusen schlummerten, zu
gemeinsamen Massregeln zu vereinigen. Nur wenn ein festes
Zusammenfassen gelang, konnte man hofiEen, Waldemar mit
Erfolg zu beg^nen.
1) Rynesbereb-Scbene ». a. O. S. 75 ff.
VnL JMm Oomflinsehaft der Städte in der enten
Hilfte des 14L Jahrhunderts; ihr Verkehr mit
Dänemark.
Eb war^ &8t ausschliesslich Yerkehrsinteressen , die die
Stidte ia D&aemark zu yertreten hatten. Zum grossen Theil
ging der Waarenzug von der Ost- zur Westsee und umge-
kdirt durch die dänischen Gtewässer; der ganze Verkehr der
Ostseestftdte mit Norwegoi musste die dänischen Kttsten pas-
sireiL Im Lande selbst war Gelegenheit zu gewinnbringendem
Waarwianstausch ; die Fischereien an der Westküste Schönens
imd die an sie sich anknüpfenden Märkte zogen zahlreiche
Beeocher an.
Der Verkehr mit Dänemark selbst geht in frühe Zeiten
zurede, in jene Tage, da deutsche Herrschaft noch nicht die
Oataeeküate «reichte, Lübeck noch nicht gegründet war. Da-
mals yermittelten ihn besonders Hamburg und Bremen im
Afifffhliiafl an die Verbindungen ihrer Erzbischöfe mit dem
Koidfiii. Als Lübeck erstand, musste dieser Stadt eine Haupt-
rolle im dänischen Verkehr zufallen. Der Handelsvortheile
wegen warm manche ihrer Bürger geneigt, sich d^n Dänen-
kfiiuge in die Arme zu werfen, als Graf Adolf von Holstein
die Stadt bedrängte ^). Ein Angriff der Dänra auf die mit
dem Hftrings&nge an der schonenschen Küste beschäftigten
LObedcer trug 1201 besonders dazu bei, dass die Stadt sich
1) Am. T. L&b. y, IS ; i. oben S. 98.
16
244 "^I^- ^^ Gemeinschaft der Stidte in der «rtlen Hüft«
dem Dänenkönige ergab ^). Befreiung vom Strandrecht im
ganzen dänischen Seiche, wesentliche Erleichterungen des Ver-
kehrs mit Schonen waren der Lohn ')^
Dass der dänische Handel weder von untergeordneter Be-
deutung, noch auch im alleinigen Besitz Lübecks war, bewei-
sen zahlreiche Zeugnisse : Zunächst jene Bestimmung des Frei-
lassongsvertrags zwischen dam Grafen Heinrich von Schwem
und dem gefangenen König Waldemar, naeh welcher: die LQ-
becker , Hamburger und die übrigen Kaufleute der transalbin-
gischen Lande sowie des römischen Seiches beim Handd in
Dänemark ihrer früheren Sechte gemessen sollten ; dann zahl-
reiche Privilegiai, welche norddeutsche Städte sdbstindig
oder unter Vermittlung ihrer Landesherren erwarbai, Bremen
und Braunschweig 1228, Soest 1232, unter der Regierung des
deutschenfreundlichen Königs Abel (1250—52) Lübeck, Ham-
burg, Rostock und Wismar >). Abels Nachfolger Christoph
(1252—59) und sein Sohn Erich GUpping (1259—86) bestä-
tigen wiederholt derartige Priyilegien^). Sicheren Verkebr
gegen die gebräuchlichen Zölle und Abgaben, Freiheit vom
Strandrechte, Erleichterungen für den Besuch der Märkte,
besonders der schonenschen , bilden den Inhalt dersdben.
Städte des Ostens wie des fernen Westens werden in diesem
1) Am. y. Lfib. VI, 18; s. oben S. 24 A. 2.
2) Lfib. Urikdb. I, n. 12, 18, 20, 28.
8) Brem. Urkdb. I, d. 149; Heklbg. Urkdb. I, n. 867, II, n. 676, 679 {
H. U. I, n. 244 (fiber du Privileg für Köln vgl. ebd. d. 676) ; Lfib. Urkdb.
I, n. 169; Hftinbg. Urkdb. I, n. 668.
4) Ffir Lfibeek 1262, 1269, 1264, 1267, 1277, 1282 (Lfib. Urkdb. I,
a. 190, 246, 277, 296, 429, n, n. 46); ffir WUmur 1268 und 1267 (Mekibg.
Urkdb. II, n. 716 n. 1121); auf den scbonenscben Mlrkten 1261 für Bottock
und Mnimur, 1268 für Lfibeek (Lfib. Urkdb. I, n. 806), 1276 und 12n Ar
Stralsund und Greifswald (Fabricins, Urkden z. Gesch. d. Ffirstentimira Bfigen III,
n. 124 n. 127), 1288 für Hamburg (Hambg. Urkdb. I, n. 806), in demselben
Jahre ffir Kiel (Urkdsmmlg d. Schi. H. Lbg. Ges. I, 8. 47S), bestätigt 1294
(S. 481). Wegen Riga vgl. Liv-, Est- a. Carl. Urkdb. I, n. 466 a. 674 ron 1277
n. 1298, dann Lüb. Urkdb. U, n. 147 von 1802, Urkdl. Gesch. II, S. 294
n. 296 von 1316.
das 14. Jalirhiuiderto; ihr Verkehr mit DXnemmriL. 245
Verkehr erwähnt, neben Riga die Niederländer: Deveuter,
Zfttfen, NÜDwegen, Doesborg, Harderwyk, Kampen, Stavo-
ren. Schon begünstigt durch ihre Lage treten aber die ww-
dischen Städte vor allen andern hervor. Sie zuerst erwerben
gemeiTischaftliche Privilegien, so 1278 für den Markt „Hwi-
tangherr*^ (Hvidding-Harde in Nordschleswig?) ^); Hamburg
flriiält 1283 auf Schonen die Rechte, welche „die slavischen
md Seestädte besitzen'^ Das Landfriedensbündniss der wen-
diKhen Städte mit den Fürsten im Jahre 1283, das für ihr
energisches Auftreten gegen Norwegen von so hoher Bedeu-
tng widrde, förderte auch ihre Sache in Dänemark. Denn
•neh Erich Glipping konnte sich dem mächtigen Bunde nicht
flDtriehen ; die wendischen Städte gewannen für die Dauer der
Yereinigang neue Freiheiten in seinem Lande*).
Erich Menved hat in den ersten Jahren seiner Regierung
wiederholt bestehende Privilegien der Städte bestätigt oder
iMie ertheilt *). Den Angriffen auf die wendischen Städte ging
■B aUerdings eine Unterdrückung ihrer Handelsfreiheiten zur
Seite, aber Lübeck wenigstens, das Haupt derselben, blieb
davon dodi ganz verschont. Die Wendung, durch welche dann
Mch Erich Menveds Tode die Kraft der nordalbingischen Lande
ihre Richtung nach Norden nahm, ist für die Städte jedenfalls
nmftehat eine günstige gewes^. Sie erhielten dadurch einiger-
Mssen freie Hand, sich von den Schlägen des letzten Jahr-
zehnts zu erholen. Den holsteinischen Grafen musste daran
Bogen, ihre mächtigen Nachbarn nicht zu Widersachern zu
haben. Oleich 1320 föllt der travemünder Thurm, der den
lifibeckem so lange ein Dom im Auge gewesen war. Auch
die Mdndung der Wamow wurde 1322 wfeder frei '). 1321
1) Lftb. Urkdb. I, n. 896 ; vgl. H. U. I, n. 812.
S) Üb. Urikdb. I, n. 448, 461, 466.
3) L&b. Urk)lb. I, n. 502, 622, 626; Meklbg. Urkdb. Ul, n. 2062, V,
1.22M; FftbriciQB IV, d. 233; Urkdl. Gesch. II, S. 262 und 787.
4) Lftb. Urkdb. n, n. 896 ; Heklbg. Urkdb. Vn, n. 4877 n. 4424.
246 ^^ni. Die Q«iiieinfchAft d«r Stldto In d«r «nlMi HOlto
sehen wir die wendischen Städte zum ersten Male nach der
Sprengung ihres Bundes wieder zu einem gefkieiMaiiMii Be-
schlüsse vereinigt, und zwar unter Beiheiligimg Hamburgs,
das hier zum ersten Male mit den wendischen Stftdten in na-
mittelbarer, rein städtischer Verbindung erscheint Sie ateBen
eine neue Ordnung auf f&r die BMtcherd, dieses f&r den Be-
trieb der schonenschen Fischerei so wichtige Gewerbe^). An
den dänische Wirren haben sie sich wenig betheüigt Wh*
wiss^ nur, dass Stralsund dem Grafen Gerhard Geld gdiehea,
dass Greifswald mit dem jungen König Waldemar ein Bftnd-
niss zur Stellung einiger Schiffe einging*). Lebhaft sehen
Vrir sie aber -bemüht, in dem Durcheinander des dänischen Be-
gierungswiechisels und Proyinzenhandels ihre Privilegien un-
versehrt und ihren Handel ungeschädigt zu erhalten. Und
die Herren im Königreiche sind auch gern bereit gewesen,
sich durch Entgegenkommen in diesem Punkte die Gunst der
wichtigen, geldm&chtigen Nachbarn zu sichern. Wichtige Rechte
besonders für die schonensch^ Märkte stammen gerade ans
dieser Zeit; ihre Errungenschaften wied^ ausser Kraft su
setzen, ist später ein Hauptziel der Politik Waldemar Atteiv
dags gewesen. Lübeck hat nach einander Bestätigung oder
Erweiterung seiner Privilegien d-halten von Christoph (1323),
Waldemar (1326), wieder von Christoph (1328) und von Graf
Gertiard als Reichsverweser (1338) '). Christoph hat ihm sogar
1328, wahrscheinlich um es zur Unterstützung seines Wieder-
herstellungsversuchs willig zu machen, das wichtige Recht er-
theilt, auf Schonen durch seine Vögte richten zu lassen über
1) H. R. I, n. 105—110. Hamburg betheiligt sich t9S8 «n d«Bi Lud-
friedensbündnisse mit den FQrsten (Lfib. Urkb. I, n. 465), schliesst ItSO ein
Bändniss mit LübedL, Wismar, Lfinebarg and den Fiiraten von Meklenborg
gegen Albert von Sachsen (Lüb. Urkdb. II, n. 71).
2) Urkdl. Gesch. 11, S. 818 u. 8X0.
3) Lab. Urkdb. H, n. 448, 469, 499, 668.
im 14. Jahriniaderts; ihr Verluliriiiit DlbMiiMrk. 247
Hab oiid Hand * ). Und dasselbe Jus miyus et minus^^ erhält
Stralgund 1326 yon Waldemar '). Der junge König bestätigte
bd seiiieiD Segierungsantritte 1326 einer ganzen Beihe von
Städten ihre Redite: LObeck, Stralsund, GreiÜBwald, Anklam,
Denunm und einigen niederländischen'). Rostock liess sich
1328 innerhalb eines M(mats erst von Christoph, dann yon
Waldemar einen Freibrief ertheilen und dazu noch im nächsten
Jahre eine Bestätigung des Orafen Johann^).
In dieser Richtung haben die wendischen Städte auch im
Anfange der waldemarischen Regierung entschlossen eingegriffen
in die nordischen Händel^); es war der erste ofienkundige
Beweis ihrer wiederhergestellten festen Verbindung. Und diese
Einigkeit haben sie auch in den nächsten Jahrzehnten bewahrt.
* Die alten Zeiche engen Zusammengehens , die wir schon im
13. Jahrhundert beobachtet haben, mehren sich wieder um die
llitte des yierzehnt^. Wiederholte Bündnisse zur Befriedung
des Landes und der See haben wir aus den 40er und öOer
Jahren zu yerzeichnen. Nach jener Einigung der fOnf Städte
mit den beiden holsteinischen Grafen im Jahre 1339 wird ttber
fthnUdie Bttndnisse der Städte unter sich oder mit den Ftlrsten
berichtet aus deaa Jahr^ 1346, 1352, 1353, 1354«). Auch
Hamborg erscheint jetzt häufiger im Verein mit den wendi-
schen Städten. 1354 erlassen Lübeck, Rostock, Wismar, Stral-
lond, Orei&wald und Stettin gemeinsame Verordnungen für
1) ebd. II, n. 499: Judex sea «drocatiu eciam caiuMui ezigentes peoM
■•««s et eoUi 8«cuidun jus civitatis Lubieeniit libere judicabit
t) UrkdL Gesch. II, S. 816: totum jus mt^us et minus, yidelicet pote&tatem
Jadicmndi in manam et coUam, qaalibet exceptione procul mota. Frühere
IMbiiafa Stralsunds dnrch Hersog, dann KSnig Christoph, UrkdL Gesch. II,
a t96t 301 , 808.
8) Urkdl. Gesch. II, S. 818.
4) Meklbg. Urkb. Vn, n. 4956, 4965, VUI, n. 5078. Wegen Kiel s.
Urkdensmmlg d. Schi. H. Lbg. Ges. I, S. 486.
6) S. obeo S. 189 IL
6) Üb. Urkdb. III, n. 148, 916, S. 214 A. 1 ; H. R. I, n. 148, 181—188,
186—188.
248 ^UI* ^« CfemeiiMcliAft der StXdto im d«r mtea Hüft«
die Grapengiesser. 1358 einigeii sich die vier Stftdte Ychp-
pommems (Stralsund, Oreifswald, Anklam und Donmin) inf
Grundlage des lübischen Rechts, „auf das sie gegründet und
privilegirt sind^. Und wie diese Einigung beweist, dass die
alten Bande ihre frühere Kraft noch bewahrten, so auch die
noch in demselben Jahr geschlossene der fünf wendischoi Stidte,
EUunburgs, AnUams und Demmins, welche festsetzt, dass aDe
Städte unterhanddnd und yermittelnd eingreifen sollten, wenn
eine im Bunde von einem Fürsten oder Landesherren ange-
griffen werde ^).
Wie das Schicksal der wendischen Städte zur Zeit Erich
Menyeds nicht ohne Einfluss geblieben war auf die unter doa
norddeutschen Städten bestehende Gemeinschaft, so jetzt aneh
ihre erneuerte Einigung. Fün&ig Jahre nachdem Lübeck mk
dem Dänenkönige ergeben hatte, trat^ die durch die Frei-
heiten des deutschen Kaufmanns im Auslande geeinigten Stftdte
zum ersten Male wieder in ihrer Gesammtheit auf, Am da
auch der alte Bund der wendischen Städte wieder in frischer
Kraft stand. 1356 waren Gesandte von Lübeck, Hamburg und
Stralsimd, von Dortmund, Soest, Thom und Elbing, von Gol-
land und den livländischen Städten als Vertreter des lübischen,
des westphälisch-preussischen und des gotländischen Drittels
in Brügge versammelt, um die Verhütnisse des dortigen Kon-
tors zu ordnen. Schon neun Jahre zuvor war dies durch
die deutschen Kaufleute zu Brügge selbst geschehen ; sie hatten
1347 bestimmt, dass alljährlich aus jedem der drei Drittd
zwei Aelterleute zur Leitung des Kontors gewählt werden soll-
ten. Jetzt wurden ihre Ordnungen von den Bathssendebotea
der Städte erneuert und erweitert; die Städte warfen sich zu
Wächtern und Aufsehern derselben auf und ordneten sich das
1) H. R. I, n. 188, Tgl. n. 113. — Ebd. I, n. 2tO u. ttB Tom 6. Dee.
1358. Dicht vor dem offenen Brache mit Waldemar (84. Jani 1S61) wird
noch fiber die VerUngerung dieser Einigung berathen, ebd. I, n. 256 S. ISS.
4m li. MvhniidertB; ihr Verkehr mit DiüMaark. 249
Kimtor imter ^). Wk gerade in Flandern hundert Jahre zuvor
die Stidte zum ersten Male gemeinsam auftraten, so scheinen
auch jeitit die flandrischen Verhältnisse sie zuerst wieder zu-
suuBflogefUirt zu haben. Dass übrigens audi in der ersten
Hüfte des 14. Jahrhunderts durch die Gemeinschaft der deut-
sdioi Kanfleate eine gewisse Verbindung unter dm Städten
kfftestaiiden hatte und nidit ausser Bewusstsein gekommen
war, beweisen die V^handlung^ der Dorpater mit Schweden
im Jahre 1360»).
Zwei Jahre nach dieser Neuordnung des Eontors zu BrQgge,
am 20. Januar 1368, beschlossen zu Lübeck die Sendeboten
TW Goelar, Hamburg, Rostock, Stralsund, Wismar, Braun-
fldiweig und Lübeck als Vertreter des lübischen Drittels, die
fOä Thom und Elbing als Vertreter der preussischen Städte
rfm mancherlei Unrecht und Beschwerung, die dem geiheinen
Kaofinann y<m Alemanien von der deutschen Hanse in Flandern
geschehen sei^S ein Veri^ehrsverbot gegen dieses Land ^). Diese
Urkunde giebt ein ziemlich deutliches Bild von dem Stande
im Bundes. Sie zeigt, dass die alte Gemeinschaft wieder in
Kraft war, dass noch wie zuvor die Rechte des Kaufmanns
im Auslande den Einigungspunkt bildeten, dass aber einige
oene, fOr die spätere Zeit bedeutungsvolle Formen anfingen in
GetMranch zu kommoi. W^gstens für die flandrischen Ver-
hältnisse ist die Dreitheilung für das Auftreten der Städte
massgd)€nd; der Name Hanse (hense) fängt an, auch für den
Bund der Städte gebraucht zu werden.
Schon bei dem ersten Auftreten der Städte in Flandern
(1262) hatten wir Gelegenheit, eine Gruppirung derselben um
drei Vororte (Köln, Lübeck, Wisby) zu beobachten. Jetzt er-
1) ebd. I, a. 14B, 161, 169—171^ 200.
S) dM. I, n. 144: . . • • pro oerto scirent, qaod cirlUtM commanes mer-
eatons tmm Iptomm bonis non relinqo«reiit.
a) ebd. I, n. SIS und SIS.
250 ^'IL I>^ Gemeinsdnft der StXdte in der wn^m BttlU
scheint diese Theilung schärfer ausgebildet: dem Voiort Koh
entspricht das westfälisch -preossische, Lübeck das MbisdM,
Wisby das gotländisch-liTländische Drittd. Die anlBdleDde
Verbindung der preussischen mit den westfidisehen Stidtoi
harrt immer noch einer genttg^den Erklärung; man hat sie
wohl mit der starken westfälischen Einwandt ung nach PreosseD
in 2äi8ammenhang gebracht^), doch sind dagegen beroehtigte
Bedenken geltend gemacht word^*). Zum lübisclien Drittel
zählen nicht nur die wendischen, sondern auch alle 'sächaiachen
Städte. Den Gotländem haben sich die Livländer a&geachke-
sen, weil sie ihn^ in erster Linie ihren Ursprung, ihren Ver-
kehr, ihr Recht verdanken. Auch „die von Schweden^ zähkn
zu diesem Drittel; es sind die Kaufleute jener scfawedisehefl
Städte, in denen deutsche Bürger einen bedeutenden Bmdi-
1) Vgl. Lftppwberg, StahUiof I, 8. 88. DieMibe Ansicht trigt Hardof,
Ilbt. Ztschr. 88, 846 Ala neu Tor.
8) Von KoppoDftnn in den Hans. Geschbl. 1878, S. 88. In einer PriTat-
mittheilang legt Koppmana (Gewicht auf gemeinachaftlicfae Handelaw«ge. la
der That erwerben Westfalen and Preassen auf dem Wege nach FUndem, in
Holland, gemeinschaftlich Privilegien (vgl. Urkdl. Gesch. II, S. 364 und 399).
Aber der Handelsweg, um den es sich dort handelt, wird anch von Lflbeckern,
Hamburgern, Bremern benntat. Dass Westfalen and Preassen sonst gemein-
schaftliche Handelswege gehabt hätten, finde ich nicht; aus Hirsch, Dansigs
Handels- und Oewerbsgesch. S. 190 ff. geht das nicht hervor. — Der Er-
kUrungsTersoch Sattlers (Preass. Jahrb. 1878 Aprilh. S. S8C) ist schwerlich
BolAssig. Allerdings standen die Preassen in vielfacher Handelsverbindong mit
Westfalen, aber nicht weniger mit Lübeck. Nicht Köln hatte damab in Brügge
die grCsste Bedeatang ; in den Verhandlungen mit Flandern spielt Köln durchaus
keine besonders hervortretende Rolle. Mit Recht spricht Koppmann in diesem
Sinne von einem ,, Atavismus*'. Dass die Drittheilung zun&chst auf dem Kontor
zu Brfigge erscheint, ist richtig, aber nicht, dass sie bis 1370 nur für die
Verhiltnisse in Brfigge Bedeutung gehabt habe. Hftngt denn nicht mit der
Verbindung zwischen Preussen und Westfislen susammen, dass 1367 die Preussen
sich gerade mit den Niederlilndem einigen, die ja, soweit sie Hansestädte
waren , dem westflUisch-preussischen Drittel angehören , dass Köln zum Ver-
sammlungsort gewählt wird, dass die Preussen sich militärisch durch Kampen
vertreten lassen wollen? Dazu vgl. H. R. I, n. 876 §. 86. Mir scheint das
Wahrscheinlichste, dass die Erklärung, wenn überhaupt, aas der Ordenageschichte
kommen wird.
4m 14. Jmfariiaiiderte; ihr Verkehr mit DXMtuurk. 251
theü der BevOlkerasg aiunnachra , im Bathe Bitzen , ja diesen
beliemehen imd mit den Schweden zusammen tine Stadtr
l^eaoMinde bildm ; Stoddiolm und Kalmar erscheinen als solche
Slidte ^). Dodi findet die ganze Einiheilmig, wie es scheint,
tut war anf die flandrischen Yeriiältnisse Anw^dung. Wir
werden sehen, wie in den Kämpfen der nächsten Jahre fast
ausdiliesslich die alten landsdiaftlichen Verbindungen von
Bedentmig sind, die Drdtheilung w^g eingreift in die Ent-
wkkhmg der Verhältnisse. Auch auf den übrigen auswärtigen
Niederiassangen lässt sie sich um diese Zeit noch nicht nach-
lenen. Erst später ist sie von grösserer Wichtiglceit ge-
worden fOr die Organisation des hansischen Bundes.
Etwas Anderes, was uns in dieser Urkunde neu entgegen-
tritt, ist der bis gegen die Mitte des 14 Jahrhunderts nicht
nachzuweisende Gebrauch des Wortes „Hanse^^ fQr den Bund
der Städte. Der Ittbec&er Beschluss spricht wiederholt von
Städten ^^ van der Dudeschen hense^^ „Sollte irgend eine
Stadt von der deutschen Hanse das nicht halten wollen, die
Stadt solle ewig}ich ausserhalb der deutschen Hanse bleiben
md des deutschen Bechts ewiglich entbehren^^ *). Daneben
wird das Wort Hanse aber auch in dem früheren Sinne von
der Genossenschaft der deutschen Kaufleute in Brügge ge-
braneht Und auch dies ist schon eine Neuerung. Denn ur-
sprOn^^ch hatte man nur die Vereinigungen deutscher Kauf-
leute in den englische Städten so bezeichnet Erst um die
Mitte des 14. Jahrhunderts finden wir das Wort auch auf die
andern auswärtigen Niederlassungen und auf den Bund der
Städte selbst angewandt >). Eine Krämerrolle des Baths von
1) Vgl. H. B. I, m. 143, 1. Lappenberg (UrkdL GeMh. II, S. 596 A. S)
ftssl „de Tan Sw«den'* allein als die Deotschen in den schwedischen Städten
aaf. Koppmann (H. R. I, S. 75 A. 8) wiederholt das. Rydberg (Sverges tra-
dater & 807 A. 1) widenprlcM dem iiiitSecht. Vgl. Sybels hist Ztschr. 41.
S) H. R. I, n. SIS § 10.
8) Dass dia Wort auch schon frtther in Dentsohland in vertehiedenen
252 ^^11* I>^ OeiMiiischali der SUdto fai der entaa Bulla
Anklam allerdisgs, die man wohl als älteetes Zeugniss f&r
Bezeichnung „Hansestädte^^ angef&hrt hat, geIhSrt schweilkli
in das Jahr 1330, wohin sie sich selbst Terlegt^). Aber es
fehlt ausser den schon angeführten nicht an imdem ZeugnisseiL
Der König von Schweden klagt 1362 Ober die „Eanflente yqb
den Seestädten, genannt h^isebrodere^^'); die Städte sdbst
sprechen nicht mehr bloss in England, sondern 1354 aoch in
einem Schreiben an Norwegen yon „Kaufleuten von der Hanse
der Deutschen^^ *). Um die Mitte des 14 Jahrhunderts mxdm
auch die Niederlassungen des deutschen Kaufmann» in Now-
gorod und Bergen offidell Hansen genannt ^). Das Wort kommt
in allgemeinen Gebrauch f£lr die auswärtigen Niederlassungen.
Dass diese es dann sind, denen der Bund der Städte selbst
seinen Namen entlehnt, ist ein neuar Beleg für das, was wir
Bedeatiugen gebraucht wurde, kommt bier nieht weiter In Betracht VgL
Urkdl. Gescb. I, Einleitg S. XVIII. Aus Westfalen besonders lassen sieh noeh
manche dort nicht angeführte Stellen nachweisen. Ueber Auftreten und Be-
deutung des Wortes Hansa in England s. Pauli, Hans. GesehU. 187S, S. 15 C
1) Stovenhagen, Beschreibg d. Stadt Anklam S. 469. Es handelt sich hier
offenbar um zwei Urkunden ; nur die sweite, in der der Ausdruck „hansestede^
vorkommt, halte ich in dieser Form nicht fttr echt Dass wh-klich der Bath
von Anklam ISSO (resp. lSft6) swei solche Anordnungen erliesa, seheint Air
durch die richtige Aufsfihlung der Bathsherren erwiesen, von denen die meisten
auch sonst in der Zeit beglaubigt sind (s. ebd. S. S78 von 18S6 ; Hinrich Voss
1364—66, Peter Rosebart 1367, H. R. I). Die beiden Listen sUmman nldit
überein; die sweite aber stimmt in den Bürgermeistern und aueh aonst viel-
fach mit der von 1836, daher möchte ich sie in dieses Jahr setien. Was
Stavenhagen (ohne archivalische Notiz) giebt, halte ich ffir eine spätere Re-
daktion oder richtiger fKr die noch spätere Abschrift (etwa des 16. Jahilranderti,
1525 brannte das anklamer Rathhaus ab) einer solchen. Daiu veranlassen
mich die zum Theil hochdeutschen Wortformen und Wendungen, die Erwih-
nung des „bQssenkrud**, das Vorkommen der schottischen Krämer, das „papb
by holen rissen** u. A. Entscheidend scheint mir, dass diese Stelle ffir die
später durchaus gebräuchliche Form „hansestede** für das 14. Jahrhundert der
einzige Beleg sein würde.
2) H. R. I, n. 177.
3) Urkdl. Gesch. II, S. 484. H. R. I, n. 196. Vgl auch Lfib. ürkdb. II,
II. 985.
4) H. R. I, n. 388—385; Urkdl. Gesch. D, S. 891 nnd 219.
im 14. MurlMnderts; Ihr Verkdir mit Dinmark. 253
sdion eriuumt haben, dass nämlich sie das einzige alle Städte
umfassende Bindeglied bildete, dass die Rechte der Kaufleute
im Auslände zu wahren, ihre Interessen zu vertreten die Haupt-,
ja die einzige Aufgabe des unter den Städte bestdienden
Bmides war.
Wie schon im 13. Jahrhundert, so steh^ auch um die
Mitte des 14. Lübeck und die wendischen Städte im Mittel-
puikt dieses Bundes. In Lübeck versammeln sich die Städte ^),
LfibedL ladet zu den Tagoi ein, berichtet über dieselben und
empfingt etwaige Beschwerden *). Die wendischen Städte sind
68, wekhe 1358 eine Versammlung „aller zur Hanse der Deut-
Mken gdiörigen Städte^* nach Lübeck anberaumen und die
Stidte der Mark, Sachsens, Westfalens, Preussens, Livlands,
OoÜand und Köln zum Besuch auffordern '). Am deutlichsten
wird diese hervorragende Stellung der wendischen Städte bei
da* Wiederaufnahme Bremens in die Hanse. Diese Stadt hatte
mehr als 70 Jahre lang (seit dem Kriege mit Norwegen) ausser-
halb der Hanse gestanden, der Freiheiten des gemeinen deut-
sdien Kanfinanns im Auslande entbehrt^). Durch Seuchen
md Kri^;esnoth schwer geschädigt bat die Stadt jetzt, von
ftrea Kaufleuten gedrängt, um Wiederaufnahme in den Bund.
Da sind es denn eigentlich die „Seestädte^S welche die Be-
drängten wieder zulassen zu den Rechten „der gemeinen Kauf-
lente von der Hanse der Deutschen des heiligen römischen
Beiefas^. Sie verpflichten die Bremer nicht bloss zur Be-
dbaehtuttg d^ Satzungen des Kaufmanns, sie bedingen auch
f&r sich selbst Leistungen aus. Nur gegen das Versprechen
kriegerischen Beistandes, das sie d^ wendischen Städten Lü-
beck, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald und ausser-
1) 1851, 18M» 185S, 1869: H. R. I, S. 81, 99, 186, 185, 146, 156.
2) ebd. I, B. 168, 169, f 18, 814.
8) ebd. I, n. Sf4 und 885.
4) Vgl. Hans. OeschU. 1874, S. 8 ff.
254 Vm. Dto GtüMinseliall der Stidte im dir tnl« HIUU
dem noch besonders den Hamburgern, die mit jenen im engen
Bunde erscheinen, geben, können sie wieder der Freihdt des
gemeinen Kaufmanns theilhaf tig werden. Der Obrigea Stftdte
wird dabei nur ganz yorObergehend gedacht^). Die wendi-
schen Städte erscheinen als diejenigen, welche üb^ die Wieder*
aufoahme entscheide, der Akt der Wiederaufiialune zugleich
als ein besonderer Vertrag mit ihnen.
Gerade die wendischen Städte waren aber auch schon der
Lage nach die ersten, die zu der neuen dänischen Macht
Stellung nehmen, ihr g^ienüber die städtischen Intereenen ¥«r-
treten mussten. Möglichste Sicherung und Entfiütiing des
Verkehrs, Befriedung der dänischen Gewässer war der Inhalt
dieser Interessen. Allein sie zu fördern, hatten die wedischen
Städte Waldemar zu Anfang seiner Begierung mit aller Ent-
schiedenheit unterstützt. Es scheint, als seien ihre Bemühungen
nicht erfolglos gewesen. Denn abgesehen von einigen Aus^
rüstungen zur Befriedung der See, die ganz zu unterlassen in
jener Zeit ziemlich unmöglich war, deutet Nichts darauf hin,
dass das zucht- und zügellose Treiben der Gra&nzeit fortge-
9
dauert habe. Waldemar scheint selbst, im Gegensatz zu seinem
spätem Verhalte, seine Pflicht gethan zu haben. Im Jahre
1352 hatten Einige von seinem Hofe Seeraub verübt an lübe-
cker Büiigem. Es kam zu Unterhandlungen, und Waldemar
zahlte 1358 über 4000 MaA Entschädigung "*).
Auch ein anderes Verhältniss, das Waldemar eine Hand-
habe zu mancherlei Einmischung bot, wickelte sich glatt genug
1) H. R. L n. S16. — ..Consnlibns ciTitotiim BuuritimAnia tt etiam alia-
rum civitatum'^ Dass ausser den genannten 6 Stftdten noch andere auf der
lUbecker Versammlung, welche Bremen wieder aufnahm, Tertreten waren,
scheint aus n. 224 vom 6. Jan. 1S59 hervonugehen : ita quod omnes commu-
niter ad hansam Thevthonicomm pertinentes ciTÜataa, quo pront ia «state
anno novissime revoluto in Lnbeke fnerant eongregate. Anch dasa Kdln eine
Originalausfertigung von n. 216 bewahrt, deutet danuif hSa.
2) Langcb., Scr. VI, p. 526. — Lab. Urkdb. UI, n. S04.
dt» 14. Jtakilmiiderti; ihr VerUkr mit DlnMiRrk. 255
ab. Nieht otme Besorgniss hatten die Lübecker vernommen,
diss ihre Beidissteiier dem Dänenkönig verpfändet worden sei.
Sie beeilteo sich, alle ihre Privilegien vom Kaiser bestätigen
la laaeea, mid verschafften sich zweimal (1350 mid 1305) die
ansdrflckliche Zusicherung, nidit vom Reiche getrennt zu wer-
deo^). Der Kaiser selbst war nicht ohne Misstrauen. Ex
wies die LQbecker an, Waldemar die Huldigung nicht zu Idsten,
wenn er sie von der Stadt fordern solle, auch in diesem Falle
die ZaUung^. bis auf weiteren Bescheid des Kaisers einzu-
stelleii. Als Waldonar im Dec^nber 1364 zu einer Fürsten-
Versammlung nach Lübeck konunen wollte, gewährte ihm die
Stadt nur mit einer gewissen Anzahl von Begleitern Einlass,
nd Waldemar zog es dann vor gar nicht zu kommen '). Aber
auch das hat das Einvernehmen nicht ernstlich gestört. Wie
es eine gewöhnliche Weigerung der Städte Fürsten gegenüber
war, so scheint auch Waldemar es nicht allzuschwer genommen
zu haben. Zwei Jahre darauf nahm er in Lübeck an einer
glänzenden Fürstenversammlung TheiP). Lübeck aber ent-
richtete die Steuer Waldemar wie anderen Fürsten. War die-
sdbe doch schon so oft und zwar gleichzeitig Verschiedenen
verpfindet worden, dass die Stadt 1350 durch einen Notar
beim Kaiser anfragen liess, wem es denn jetzt eigentlich die
Steaer zu entrichten habe^). Ueberdies wurde auch schon
1360 die Beichssteuer wieder einem deutschen Fürsten, dem
Herzog Rudolf von Sachsen, überwiesen^).
Die . Beziehungen zu Waldemar wurden mannichfaltiger,
als 1360 Schonen wieder mit dem dänischen Reiche ver-
einigt wurde. Denn überaus wichtig war gerade dieses Land
1) Lftb. Urkdb. U, n. 97g oihI 974; lU, n. 85a
S) Lftngeb. VI, p. 6S8.
S) «bd. VI, I». 6tO; Komar bei Eocurd II, Sp. 1097.
4) Lab. Urkdb. II, n. 978; 1950 waren noch Badolf Ton Sachsen und
Lndwig Ton BraadeBbwrg im Betite der Seichisteuer.
5) Lftb. Urkdb. m, n. 361.
256 ^V^in. Die GemeinselHill der Stidte fai der enton HUfle
für die deutschen Städte. AlQfthrlich im SpätBonuner, weim
der Häring in endlosen Schaaren die Gewässer des sfldlicben
Sundes belebte, versammelten sich dort ihre Bflrger jedenfeDs
in nicht geringerer, wahrscheinlich in viel grosserer Anzahl
als die Dänen. Von der Lebhaftigkeit des Verkehrs, der sich
dann entwickelte (wenigstens in späterer Zeit, und ee ist kaom
Grund vorhanden, sich ihn im 14 Jahrhundert wesentUdi ge-
ringer zu denken), kann man sich einen ungefthren Begriff
machen, wenn man aus einer Auszeichnung des lübeddschen
Vogts im Anfange des 16. Jahrhunderts erfiShrt, dass in einen
Sonimer 7500 Boote zum Fischfang anwesend war^ ^). Auf
der im Südwesten Schönens hakenförmig sich weit ins Meer
hinaus erstreckenden Landzunge, auf welcher, fast im Sande ver-
weht, die beiden alten, jetzt überaus armseligen Städte SkanOr
und Falsterbo liegen'), entfaltete sich ungefthr von Jaoobi
bis Michaelis (25. Juli bis 29. Sept.) jeden Jahres ein flberattB
reiches und buntes Leben. Die Fischer, dänische und deutsche,
salzten dort den gefangenen Häring. Mit ihnen aber waren
aus den Städten zahlreiche Kaufleute und Handwerker herbei-
gekommen. Sie boten ihre Waaren feil, Tuch und Leinen m
den verschiedensten Sorten, Wein, Bier, Kurzwaaren aller Art;
wie es scheint, kamen selbst Nürnberger mit ihrem Kram. Ein
jahrmarktsartiges Treiben muss sich dann dort entwickelt haben.
Die lübecker Garbrater waren mit ihren Küchen da, deutsche
Schuster verkauften ihre geschätzte Arbeit; an Schenkbuden,
auch solchen recht unsoliden Charakters, fehlte es nicht Vor
1) Vgl. Danske Magasin VI, 818.
2) Die Gegeod sehUdern oach eigener Anschaaung Jiingluuii, Kaehriehteii
von der historischen Kommission 8. Jahrg. 8. Stfiek und AUen, de tre nordiske
Rigers Historie IV, 1, 76 ff. Aliens Bespreehung des ganten Verkehrs Ist wohl
gelungen, nur kann er die Neigung nicht unterdrtteken , alles den Deutschen
Ungfinstige recht deutlich herrorsuheben. Dass lose Frauen tur Zeit der
MIrkte sich auf Schonen einstellten, bt gewiss (Tgl. Lflb. ürkdb. II, n. 648),
aber ganse Schiffsladungen toII? Hfttte doch AUen auch dafür seine Quelle
angegeben.
to 14. Jalurfciinderto; ihr Verkahr mU DIaMiurk. 257
Al{em aber hatte das Gewerbe der Böttcher hier Bedeutung,
dam ungeheuer gross war der Bedarf an Tonnen. AUerdings
durften auf Schonen, um das städtische Gewerbe nicht zu
sch&digen, weder neue gemacht, noch alte ausgebessert werdra,
aber allein das Zuschlagen und Banduml^;en erforderte schon
zahlreiche, im Handwerk geübte Hände. Dass. es an ihnen zu
rechter Zeit nicht fehle, dass in Folge dessai der fE&r die
Städte so wichtige Häringshandel keine Schädigung erleide,
war frtth G^;enstand der Fürsorge in den Städten, der An-
fangspunkt ganeinsamer gewerblicher Gesetzgebung. Eine über-
aus grosse Bedeutung hatte die Zufuhr von Salz, das in un-
geheuren Moigen gebraucht wurde. Lüneburger spielte die
erste Rolle (über Lübeck kam es nach Schonen), daneben kol-
berger und das wdt hergeholte Baiensalz, alles von Deutschen
zugeführt Bei dem Zusammenströmen so vieler Tausender
rüstiger Männer, die ohne Zweifel in diesen Wochen drin-
gender Geschäftszeit nicht minder lebhaft genossen, als sie
rührig arbeiteten, wurde Bier in nicht geringer Menge ver-
braucht; auch dieses führten in erster Linie die Städter herbei.
Produkte des Landes nahmen sie mit hinweg. Vor Allem aber
verschifften sie von hier aus den unentbehrlichen Fisch, die
fast tägliche Nahrung so vieler Millionen, in alle Welt: nach
England, I>'rankreich, den Niederlanden, über die Ostsee, tief
ins Innere von Deutschland, nach Polen und Bussland. Wie
man später nicht ganz mit Unrecht gesagt hat, Amsterdam'
sei auf Häringen gebaut, so kann ohne Bedenken ein gutes
Stück hansischen Wohlstandes aus den schonenschen Fischereien
hergeleitet werden.
So waren es überaus wichtige Interessen, die die Städte
hier zu schützen hatten. Und sie sind früh und ausdauernd
in dieser Richtung bemüht gewesen. Sie erlangten das Recht,
für ilpre Angehörigen Ni^erlassungen (Vitten) auf vom Könige
dazu angewiesenen Grundstücken zu gründen, auf denen dann
Schlfrff, MC Hanwttidte. |Y
258 ^^lU- ^^ Gemeiiisekafk der Btidto !• dar mmm HBIto
Kaufleute und Fischer während der Fangzeit unter stidtiscfaoi
Vögten in ihren „Buden^^ hausten. Zölle und Abgaben zahlte
man dem Könige — die Einkünfte von dem schonenscben Ver-
kehr hatten für den dänischen Fiskus eine hervorragende Be-
deutung, schon Arnold von Lübeck (III, 5) leitet den Beich-
thum der Dänen aus dem dortigen Häringsfonge her — aber
andererseits erwarb man auch, höchst wahrscheinlich Geld-
verlegenheiten der dänischen Könige, wie sie sich in zahl-
reichen Schuldbriefen manifestiren, benutzend, mancherlei Frei-
heiten und Verkehrserleichterungen. Streitigkdten nach hei-
mischem Becht zu richten, war den meisten Städten gestattet;
nur die Gerichtsbarkeit über Hals und Hand stand, obgleich
auch sie von einzelnen Städten zeitweise geübt wurde, den
dänischen Vögten zu. Abweich^d von andern anawärtigai
Niederlassung^ treten die Städte hier überwi^end einzdn auf,
wenigstens fast immer so bei Erwerbung ihrer Vitten; jede
Stadt hat ihre besondere, die von ihr allein abhängt Doch
hat man sich gegen Bedrückungen von Seiten der Dänen wdd
gemeinsam zu wehren gesucht, so 13Q2 ^). Da Städte aDer
Landschaften vertreten waren, konnte auch hier sich leicht ein
Mittelpunkt umfassenden Zusammenschliessens bilden'), doch
waren am lebhaftesten, schon ihrer Lage nach, die wendischen
Städte betheiligt. Sie waren daher auch eifrig bemüht, durch
allen Wechsel der Herrschaft Schutz dieses gewinnbringenden
Verkehrs, Bestätigung ihrer alten Privilegien zu erlangen.
1) Vgl. Lüb. ürkdb. U, n. 147.
8) Dass einselne Streitf&lle swischen Stftdten der Oster- und Westersee,
wie zwischen Lübeck und SUvoren (1329 — 1885), swischen Kämpen elnendli
und Stralsund, Wismar, Rostock andererseits (136S — 1866), gerade auf Schonen
ihren Ursprung nehmen, kann wohl nicht auf einen dort hervortretenden Qegeo-
satB der oster- und westerseeischen StKdte surQckgef&hrt werden, denn in den
Streite swischen Kampen und den 8 StXdten ftbemehmen die beiden anders
wendischen SUdte, Lübeck und Greifswald, das Schiedsrichteramt (H. R. I,
n. 192, 198, 211). Auch unter den Ostseestftdten entstehen DlffiBrensen, wie
zwischen LUbeck und SteUin 1854 (H. R. I, S. 104).
^Us U. M«ftoadflrto; ihr V«rk«lMr ail DiMnark 259
WihreBd des sefawedisdien Regiments hatt^ sie entschlossen
ihre Ansprfldie geltend gemacht nnd audi durchgesetzt Als
jetzt Waldemar sich zum Herrn des Landes zu machen suchte
und m deai Zwiste mit Magnus von Schweden die Städte
l^ochwie den mddenburger Herzog als gtknstige Mittler wünschte,
(küMihalb sie um eine Gesandtschaft in sein Reich bat, war der
erste Gedanke der Städte, diese Gelegenheit zu benutzen, um
eine Bestätigung der schonenschen Privilegien zu erlangen ^).
Am 26L Juni, kamen die Boten von Rostock, Stralsund, Greifs-
wald md Wismar in Kopenhagen an; eine Woche später trafen
die LQbedcer dort ein.
Nicht ttbermäasig waren, wie der noch vorhandene Ent-
muf WM Freibriefe Waidemars *) zeigt, die Forderungen der
Staue; sie beschränkten sich auf ungehinderte Benutzung der
Land- und Waaserstrassen durchs ganze Rdch, auf Schutz
fffgeü Raab, Freiheit v<m der lästige Sitte des Arfkops*)
imd y<»n Stamdrecht. Aber die Städte sollten bald erfahroi,
diSB mit Waldemar schlecht verhandeln war, wenn er sich im
Beaitxe der Macht befand. Er dachte durchaus nicht daran,
Smeo jelzt leichten Kaufs zu gewähren, was er zu Anfang
seiner Regierung willig zugestanden hatte. Die angdiwtene
Somoie von 1000, höchstens 1200 Mark für die Erneuerung
der Privilegiai war ihm zu gering. Aber noch nicht gewillt,
oioB mit den Städten zu brechen, suchte er die Aufinerksam-
keil dar Gesandten auf Dinge zu lenken, derentwegoi sie
nicht gekommen waren: er firagte sie um Bath wegen neuer
1) Dmr Bcridit det ro§tock«r Stodtschraiben toh dieMr Qasftndtichall
U. R. ly a. Sit; er bUd«t sugleieh einen werthToUen Beitrag sor Oeacbiehte
4er Brobenug Sehonene. Vgl H. R. III, n. 16.
t> H. R. I, B. SN.
S) DI« Pflicht der Fremden, f&r einen Verstorbenen einen Begribnitsplats
sa kaafea, welche Pflicht dann den Landesherren den Vorwand gab, sich in
den Beate der Hlnterlaaiemchafft an seinen, damit ihr auch genttgt wfirde.
17*
260 ^^III- ^^ Gemdnteluift der StMto fai 4w mnkm flUAe
Münzausprägungen, suchte sie yor Allem in die VerhaBdlmigeii
mit Schwede hineinzuziehen ^). Die Gesandten erlangten nach
mehr als dreiwöchentlichem Aufenthalte, nachdem sie erst auf
den König gewartet und an ihn geschrieben hatt^ dann ihm
zur Belagerung von Helsingborg gefolgt waren, Nichts als eine
allgemeine Zusage seines Schutzes für die Kaufleute, die sein
Beich in Friede mit ihrer Kaufmannschaft besuchen woUt^ ').
Mit dem Versprechen des Königs, dass er am Olavstage
(21. Juli) seinen Rath versammeb werde, bricht der Bericht
des rostocker Stadtschreibers, dem wir unsere Kenntiiiss Aber
den Verlauf dieser Gesandtschaft verdanken, ab.
Nichts erfahren wir darüber, ob noch in demselben Jahre
weitere Verhandlungen mit Waldemar stattgefimden haben.
Schwerlich haben sie ganz geruht, doch sind die Städte zn
keinem Resultate gelangt Am 7. März 1361 fass^ sie zu
Stralsund den Beschluss, aufs Neue je zwei Rathmannen von
Lübeck und Stralsund an den Dänoikönig abzucHrdnen '). Klar
erkennoi wir jetzt, dass die wendischen Städte nicht fOr sich
allein verhandeln. Einladungen an LQneburg und Braunschwdg
zu Versammlungen im Mai, die Anwesenheit Hamburgs auf
dem rostocker Tage (Mai 19) zeigen deutlich, dass wenigst^is
die sächsischen Städte bei der Sache nicht unbetheiligt war^.
Doch entschlossen sich nur die wendischen Städte, das fOr
Erneuerung ihrer Privilegien von Waldemar geforderte Geld,
4000 Mark lübischer Pfennige (über 40000, resp. V« MilL Mark
Rw.) zu zahlen. Zu Rostock beriethen sie über die V^rtheilung
der Summe. Nach einer in jener Zeit häufig wiederkehrenden
Matrikel zahlte Lübeck ^Z,, Rostock und Wismar das zweite
Drittel, Stralsund und Stettin den Rest. Grei&wald, das sich
anfangs mit Berufung auf seine Sonderprivilegien zurückge-
1) H. B. I, n. 288 § 5, 6, 10, 11.
2) Lüb. Urkdb. III, n. 864; wefen der Dmibung rg\. oben 8. 168 A. 1
8) H. R. I, S. 180.
to 14. Jahrhanderts; ihr Verkehr mit Dlnemark. 261
zogen hatte, erklärte sich jedoch schon am 25. Mai bereit, in
^dcher Weise wie Stettin zu den Kosten beizutragen ^).
Doch wenn überhaupt, so doch niur kurze Zeit ist es den
Städtoi yergönnt gewesen, sich des Gausses ihrer mühsam
mid kostspielig a*worbenen schonenschen Privilegien zu freuen.
Schwerlich 18t die definitive Ausfertigung de« Vert/ags in ihre
H&ide gelangt, denn kaum zehn Wochen nach dem rostocker
Tige lief die erschreckende Kunde durch die Ostseestädte,
dass Waldemar die lnßd Gotland überfallen und die alte G^
BOBsiii der Hanse, das reiche Wisby, mit Waffengewalt er^
obert und geidfindert habe. An Frieden mit Waldemar war
nicht mehr zu denken.
1) H. R. I, n. 252— S56.
IX. Waldeman Angriff auf Wisby.
Gross muss die Aufregung in d» Ostseestftdtea genesen
sein, als die Nachricht übers Meer kam, Wisby sei in des
Händen des D&nenkönigs. Denn weithin erfreate sich die alte
Beherrscherin des Ostseehandels eines glftnsenden Rufes; nickt
geringes hansisches Kapital lag in ihren Mauern, wie man
glaubte, sicher geborgen. Jeder Schlag gegen sie musste ihre
hansischen Genossen mit trefifen.
Wer sich die Bedeutung von Waidemars Vorgehen gegen
Wisby klar machen will, der wird an der Hand der uns ^-
haltenen schriftlichen Ueberlieferungen nur zu ungenfigenden
Resultaten gelangen. Was uns an urkundlichem Material zur
mittelalterlichen Geschichte Goüands und seiner Hauptstadt
erhalten ist, beschränkt sich auf wenige Dutzend, zum TheH
recht unwesentlicher Schriftstücke, die nur ein sehr mattes
Licht auf einige zerstreute Punkte werfen. Chnmikalische
Nachrichten haben wir auch nur wenige und in zweifelhafter
XJeberlieferung. Dafür blieben uns aber in lehrreicher Fülle
die baulichen Ueberreste mittelalterlicher GrOsse. Wer za
Schiff sich den steilen Kalkfelsen der Westküste Gotlands nä-
hert und nun in einer Einsenkung die alte Stadt am Strande
sich ausdehnen sieht, der wird, besonders wenn er schon län-
gere Zeit in dem an alter Architektur so armen Norden sich
iiufliielt, überrascht sein über den fremdartigen, hochinteres-
santen Anblick. Auf der Höhe zieht sich die alte, im Gan-
zen wohlerhaltene Mauer hin; noch ragen von den 48 Thür-
IX. WaMatoiwrs Angriff «af WUby. 263
Den, die sie einst sählte, 38 so ziemlich in ihrer ursprüng-
lichen WSbß empor, zum grösseren Theil (28) voll ausgebaut,
QO—10 Foss hedu Einen weiten Raum umschliesst dieser die
Stadt yon drü Seiten, nur die Seeseite ist frei, umgdi)ende
Mauerkranz, der eine Länge von 11200 Fuss hat. Mindestens
hatte also Wisby die Grösse Lübecks. Jißjßhüg ragt noch jetzt
die alte Marienkirche der Deutsche, leider verunziert durch
die im vorigen Jahrhundert aufgesetzten Thurmspitzen , über
die Übrige Hftusermasse empor. Sie ist von 18 Kirchen, die
das alte Wisby einst zählte, die einzige fast ganz erhal-
tene, die einzige im Gebrauch; von zehn andern sind noch
grossere oder geringere Reste vorhanden, zum Theil die herr-
hAaten Roinoi, die man sehen kann. Kühn wölben sich die
Mehlen, schlanken Rippen der Katharinenkirche, hier wie in
Ulbeck und sonst Kirche der minderen Brüder, ragen herrlich
k den blauen Himmel hinein. Noch bewahrt die mächtige
Front det Nikolaikirche, des Sitzes der schwarzen Mönche,
die beiden grossmi zwölfblättrigaoi Rosetten, in denen nach
der Ydkssage dnst mächtige Karfunkelsteine dem Seemanne
bei Nacht die Stadt und die Einfahrt in den Hafen zeigten.
Diente der ragende Giebd vidldcht wirklich als Leuchtthurm ?
Die Heiligengeistkirche erregt als unten romanische, oben gothi-
8che Doppelkirche ein besonderes architektonisches Interesse.
Mächtig ragen diese Reste vergangner Grösse, diese Zeugen
erloschener Pracht empor über die ärmlichen Hütten der spär-
Kchen heutigen Bewohner. Wie Schwalbennester klammem
dch diese an die Stadtmauern, an Kirchen- und Klosterwände
an, dttarflig ringelt der dünne Rauch ihrer Schornsteine sich
an den Thürmen und Säulen hinauf. Ist Wisby auch nicht
80 gross gewesen, wie einer seider Lobredner im 17. Jahr-
hundert behauptet, wenn er ihm bloss an Kauf leuten und Gold-
schmieden (abgesehen von allen andern Handwerkern) 12000
Bürger andichtet, ihm Vorstädte giebt, eine Stunde weit aus-
264 ^' Waldnuurs Aagriff
gedehnt nach N(M*den und Süden, so kann doch -Kemer, dar
die Stadt heute sieht, zweifeln, dass sie zur Zeit ihrer BllUbe
im Mittelalter sich mit den grOssten der Ostseestidte messen
konnte, obgleich die schriftlichen Nachriditen ans jener Zeit,
die uns erhalten sind, das nicht eri^nen lassen ^).
Allerdings hatte um die Zeit, da Waldemar Wisby über-
fiel, tlie Stadt den Höhepunkt ihrer Bedeutung schon fiber-
schritten ; sie war von Lübeck überflügelt Häufiger als früher
ging der Handel von der Trave nach liyland und sur Newa
direkt, ohne die Zwischenstation Gotland zu berücksiditigaL
Aber zu günstig war ihre Lage, als dass ihre Bedeutung raadi
gesunken wäre. Noch war sie ein Hauptstapelplatz des Ost-
seehandels, das Haupt eines Drittels, neben Lübeck die Lei-
terin des Hofes zu Nowgorod. Die Erzählungen des Volks-
mundes l^en Zeugniss davon ab, welche Bedeutung man der
Stadt beimass. Detmar lässt Waldemar zu seinen SoldateB
sagen, er wolle sie bringen, wo Goldes und Silbers genug wäre
und die Schweine aus silbernen Trögen firässen. Dieselbe Wen-
dung kehrt im gotischen Volksliede wieder, Beweis genug f^
seinen alten Ursprung:
Nach Centnem wogen die Gk)tai das Gold,
Sie spielten mit Edelsteinen,
Die Frauen spannen mit Spindeln von Gold,
Aus silbernen Trögen gab man den Schweinen ').
1) Die hier gemachteB Bemerkungen beruhen auf eigener AnecluMiiuig. Der
Geschichtschreiber des 17. Jahrhunderts ist Spegel. In seinen Rndera GotUa-
dica (1683, Manuskr. der Gymnasialbibliothek zu WexiS) sagt er, dass die
Vorstftdte sich bis Hfistnis und Wibld ausgedehnt hätten, und fügt kirn«:
Hwarest finnu mänga sköna murade brunnar samt andra teckn tili folckets
formögenhet syoligeo Kre lembnade.
8) So nach Säve und Bergman : Gotland och Wisby i Taflor S. 47 :
Guld vXga de Gutar pa lispnnd-vag,
De spela med ftdlaste stenar.
Svinen äta ur silfver trag,
Och hustrurna spinna pa guldtenar.
•nfWIsby. 266
(Hme äSwefÜBl war ein bedeuteoder Reichthum, die Fracht
hmgjfliriger gewinnbringender Handelsverbindungen, aufgeh&nft
in der Stadt Die Sage, nnd sie ist ofGmbar alt, kennt kein
anderes Motiv ftr Waidemars Expediticm, als das Streben,
Schfttse 20 gewinnen. Sie lässt ein^ Goldschmied und seine
hofflbrt^ Toditer dem Könige verrathen, wie reich Wisby seL
Ean derartiger Verrath war nun wohl kaum noth wendig, aber
daflB die Wohlhabenheit der Stadt, die eine leichte Beute 2U
werden versprach, auf einen Mann wie Waldemar Eindruck
gnacht und vielleicht bestimmend gewirkt hat, kann kaum
beEweifelt werden.
Daneben gab es aber doch noch andere Motive, die Wal*
donar bei sanem Unternehmen leiteten. In erster Lmie war das-
Mfte ohne Zweifel gegen Schweden gerichtet. Das V^hält-
Bisa zu diesem Lande war durch die Abtretung Schönens nicht
gebessert. Die Rückeroberung war Waldemar leicht geworden ;
nur gering war der Widerstand gewesen, den ihm der schwache
Magnus mtgegengesetzt hatte. Schwedische Chroniken be«
sdiuldigaii den seinem Volke immer mehr entfremdeten König
geradezu des Verraths ^). Sicher ist, dass die Schweden den
Verlust der reichsten und fruchtbarsten Provinz ihres nordisch
unwirthbaren Landes nicht so leicht verschmerzten wie ihr
König. Darf man dem fast 100 Jahre späteren Verfasser der
Erich-Karls Chronik glauben, so hätte Jung und Alt auf den
König gespuckt, ihn mit faulem Kohl geworfen und durch
spottende Lieder und Reden beschimpft*). Mochte Walde-
n«i atrelow, Den Guthiltiidiske Chronica S. 174 helsst m in alter aber
ürtttaUter Fonn:
De Gnther haArer saa m0git gnld,
De knnde det Icke eigo,
Svinen J»tter äff ttefrer (sie) trog,
Hnstmer spinder med goldtbieno.
1) Laageb. I, p. S6S; Svenska Medeitidene Rim-Kr«nikor I, 180; Fant,
Str. rer. Svec I, %, S70 nnd II, 1, 106.
t) Tha konsng Yaldemar slotten i Skane intogh
266 ^- WiOdsMU» Attgriff
mar auch bei dem kOniglid^ Bruder jengeit des Sandeg
freundlicher Gesinnungeii gewiss sein , darflber komite er sich
nicht täuschen, dass er an dem m&chtigen echwedischeD Beichs-
rath einen carbitta*ten Feind besass; Und iauner bedeutungB-
loser wurde die Stellung, die Magnus Smek, mit diesem ve^
ächtlichen Namen nannten ihn die Schweden, einnfthm mImd
diesen gewalthabenden Grossen des Reichs. Dass er sa einer
Puppe herabgesunken war in ihrer Hand, das beweist deut-
lich genug der Vertrag, d^ in seinem Namen sein Sohn Etaig
Hakon yon Norwegen und der schwedische Reichsrath mit
Graf Heinrich von Holstein über die Verlobung Hakons mit
Heinrichs Schwester Elisabeth schlössen ^).
Seit Anfang 1359') war Hakon yerlobt mit Waldeman
ältester Tochter Margareta. Die folgaiden Femdseligkeitoi
zwischen den beiden Beichen hatten dies Verhältniss nicht
geltet ; hatten sie doch die beiderseitigen Höfe wenig berthrL
Jetzt knüpfte Hakon plötzlich ein neues Band, des altoi ver-
gessend. Zu Fastnacht 1361 verlobte er sich mit der holstei-
nischen Elisabeth >). Und dass es die Grossen des Beicbs
Ok konoDg Magnus ath »ff them drogh,
Tha spottade honom gamble ck «nghe
Ok kastade honom ms rothna kolangha
Ok beskimpaden mi vysor ok orde.
Tbl var-ey undher Uie saa giorde.
1) UrkdeoMimmlg d. scbl. bolst laabg. G«s. II, S. Sit rom t9. Jui
1861.
%) S. oben S. 166.
3) In diasar Verlobangsgwehkdita steht aar & Urkanda rem St. Jaai
1861 der Zeit nach vollkommen fest. Elard Sehonevelt (Jonghana, Hahirieh
der Eiserne S. 48 ff.) beriohtet von einer VtrloboBg am CaniisiiriTi«a. Da m
non in jener Urkunde heisst, „nemen scolen to wyve, de wy afarade haattrawet
hebbet*S so muss die Verlobung (hanttruwinge) sehen Toramsgegmngao seio,
kann also nicht ins Jahr 1862 fallen, an walohem dar Bericht SchoneTalts bei
Korner (ap. Eccard II, 1104) allerdings eingefilgi ist, sondern ins Jahr 1361,
Febr. 10. Dass die von den beiden Königen Graf Haiarich ausgestellte Ur-
kunde so viel spftter datirt ist, kann nicht auf&illen, da ja aach i. B. die
greifswalder Urkunden viel sp&ter ausgestellt (frfthestens im November) und
nur zurückdatirt sind. Zudem enthält diese Urkunde nur die Versprechungen
aar WUby. 967
, £e dmea Schritt hflfrbdgefahrt hatten, dass Magnus
uSbgt um nur nadi heftigem Widerstreben billigte, das zeigen
die BeBÖBBungen des Vertrags vom 29. Juli 1361 klar ge-
nug: Sollte dem Holsteiner das Versprechen nicht gehalten
wordeo, so gestatten die beiden Ki^nige, dass alle ihre Mamien
Hl den Beieben Schwede mid Norwegen ihm behülflich sein
ieBen und sich ihm zuwenden mit Schlössern und Landen
80 lange, bis aller Schade und alle Beschwerung fttr ihn gftnz-
Hdi KU Ende seien. Aufkündigung des Gehorsams, offener
Aufruhr werden erlaubt, wenn der König sein Versprechen
nidit halten sollte. Das Misstrau^ der Unterthanen, die
Sehwfidie des Rem können nicht schärfer ausgedrückt wer-
doL Ffir Waldemar aber war dieser Vertrag ein Schlag ins
Qesidit Nicht allein, dass ihm selbst Unrecht geschehen, in-
dem ein bestehender Vertrag gebrochen war, gebrochen zu
Gunsten seines schlimmsten Gegners, et musste auch deutlich
«kennen, dass in dem Nachbarlande seine Feinde, die Reichs*
rMhe, die Oberhand hatten, dass sein Einfluss auf den schwa-
ehen Magnus kaum noch politischen Werth besass.
dir kSnifa «nd des Rdchsraths an Heinrich, Nichts von den Gegenleistungen
te Graftn In Betndr KalniAn , die doch , wie ans dem Uerleht des Magister
SchoneTelt (S. 49 ff. und 52 ff.) hervorgeht, verabredet worden sind. Ohne
Zweifel hat es also noch eine vom Orafen aasgestellte Urkunde gegeben, die
diMMi Verpaichtiuigen In den Vordergrund stellte, fthnlich wie die beiden Ur-
twid— aber den greifswalder Vertrag (H. R. I, n. 260 und 262) versehied»-
B« iDhalti sind, und diese Urkunde mag friher datirt sein. Die Heirat durch
SliUvertretunf wirde dann am 25. Juli 1561 gewesen sein ; daiu passl ham-
Vwger Kimmereirechnungen I , S. 76. Oesandte des Königs von Norwegen
wtrea damals mit den holstelnisehen Grafen und Hersog Albrecht von Mehlen-
bürg (dieaar wird in schwedischen Chroniken wiederholt als Verwandter (frineka)
der Elisabeth und In der Rrimchronik als Vermittler der Verlobung beseicb-
Bit!) la Hamburg anwesand. Der BLrieg hat dann die Gesandten gehindert, die
Bnun tbars Meer su Ähren ; sie haben diesen Versuch erst gemacht, als gegea
Ende 1M2 der WalfeBaÜUstand geschlossen war. Dass E. Sehonevelt bei Körner
Hscho, die in t Jahre gehdrea, in einem erafthlt, kann nicht auffallen. Seiner
ii^aba, dass die Geaandlea die Braut direkt nach der Heirat fortAhrten (S. 50
■ad 59)f widerspricht er seibat, Indem er einen aeltraum von 5 Monaten da-
xwischm Iftsst (Juli-PMsember).
268 ^' WaldiBtt» Angriff
Waldemar war nicht <fo Mann; eine sdche Kränkimg
ruhig hinzunehmen. Er antwortete mit Krieg. Lftngst hatte
er sich darauf yorberdtet, aufgdyradit über die Yediaiidlnn-
gen mit dem holsteinischen Grafen und tiber andere Dinge ^);
zudem versprach ihm ein Angriff wd das schwache Nadibar-
reich leichte Erfolge. K5nig Magnus war nicht unimterridi-
tet über seine Absichten und über die Gefahr, die Gotiand
drohte. Denn schon am 13. Februar 1361 adireibt Magn«
von Hapsal in Estland aus an Rath und Gemeinde in Wisby
und ermahnt sie , Schiffe und Volk fertig zu halten Tag und
Nacht, um bereit zu sein zu des Reiches Verthddigang, wem
des Königs Drost das fordere; und am 1. Mai schreibt er deut-
licher, es sei ihm bekannt, dass Einige von seinm ,,Freim-
den'^') sich heimlich zu seines Reiches Schaden verbondei
hätten und ihr (der Gotländer) Land, als das ihnen n&chst-
gelegene, mit einem mächtigen Heere heimlich zu übeffaUen
trachteten; desshalb möge man Stadt, Mauern und Hafen in
gutem Stande und fleissig Wache halten*). Es kann kein
Anderer gemeint sein als Waldemar. Doch scheint Magnus
selbst Nichts gethan zu haben, dem drohenden Angriffe zu
begegnen; nicht der geringste Widerstand seinerseits wird er-
wähnt*).
1) Die V^orte der diniicheii Chronik Im ArehiT II , p. SS5 : CKum Intir
Magnam et Walderoamm at prias exorta raper nmltis uticnlls et pfoiiMi»-
nibns prios habitis et in postemm habendi« besieht schon HTitfeldt I, 5t4
auf die Verlobung zwischen Hakon und Elisabeth; diese Auffassnig ist ohas
Zweifel die richtige.
%) Amicis. Schon Snhm XIU, 448 steUt die Vemuithuag aof, dass iM-
micis statt amicis su lesen sei.
8) Strelow: Chronica Guthilandomm p. 168 ff. und IM.
4) Die Erich-Karls-Chronik und ihre Benntser (Olaas Petri , Brlou Olai)
sagen, Magnus selbst habe Waldemar aufgefordert an dem Zag«. Dass Mag-
nus zum Kriege gerfistet hat, ergiebt sich ans einer ungadniokten Urkmde des-
selben vom 8. Juli 1861 (sabbato infra oetaTam Petri et Pauli), In der 8t Klara-
Kloster vor Stockholm von der ausgeschriebenen KriegsleisUing befreit wird
(ab ezpeditione jam evocatam llberam dimittimas pariter et exemptem) , 0ni-
bjelms Abschriftensmuüg VII, 915 (histor. Kabinet des Beiehtmvsemns).
auf WUby. 269
Die Insd Gotlaad hatte yon jeher zu Schweden in einem
YvMtBMS politischer Abhängigkeit gestanden, das bei fast
¥oHsliBdiger Selbständigkeit nur in einer massigen Oeldzah-
lung (60 Marie jährlich) mid in Heeresfolge seinen Ausdruck
fnd ^). Ihre Eroberung konnte also direkt der schwedischen
Madit keinen empfindlichen Schaden zufügen, aber sie wurde
gefthrlidi durch die Lage der Insel, die ein vollständiges Be-
hotsdien der schwedischen Küste gestattete. Einen „Schlüssel
ZQ den drm Reichen^ nennt sie später Christian lU. Bedenkt
Bin dabei, dase Gotland für die Ostsee eine geradezu domi-
Btrende Poeition war, so kann man den Gedanken nicht ganz
znrfiekweisen , Waldemar Atterdag habe sich der Pläne seiner
groeaen Namensvettern vor 150 Jahren und seines Onkds Erich
Menved erinnert.
Die Sage weiss zu erzählen, wie Waldemar im Herbst des
Tofjahres (1360) als Kaufmann verkleidet nach Gotland kam,
wie er die Liebe der Tochter eines einflussreichen Inselbewoh-
Den erwart), diese ihm die Stärken und Schwächen des Landes
verrieth. Die Geschichte weiss davon Nichts. Im Juli 1361 finden
wir die staric bemannte dänische Flotte in See; Waidemars
Sohn Christoph und der deutsche Herzog Erich von Sachsen,
sein treuer Schildknappe, nahmen an dem Zuge Theil'). Auf
Oda&d wurde gelandet, Borgholm erobert und die ganze Insel
unterworfen. Dann gings weiter nach Gotland. Die Bewoh-
ner suchten zu widerstehen, aber nicht, wie es hätte erfolg-
reich sein können, hinter den Mauern des fest^ Wisby, son-
dern im offenen Felde. In wiederholten Kämpfen erlag das
Landvolk, schlecht bewaffnet und des Streites ungewohnt, den
dänischen Eisenrittem, die, fast ohne eigenen Verlust, ein
schracklicheB Blutbad unter ihren Gegnern anrichteten. 1800
Godflnder sdlen am 27. Juli grfallen sein; noch heute bezeich-
1) g. darftWr Sehikbner, GmU Lagh, Sintoltaiig 8. XXXIX ff.
S) Böhm Xm, S89 ist R^iog Erleb Zeage in der Urkmde WaldMiArt.
270 HL- WaMcmsn Angriff
net ein Krenz die Stätte, einen Bücfasensehiiss ireit ton der
Mauer an der Ostseite der Stadt ^Vor den Tharen Wiabjfi
fielen die Goten iint^ den Händen der Dänen^ 0* mddet die
Inschrift Am Tage nach der Niederlage ergab oLch Wisby
,4er Gnade des Königs, denn man sah wohl, daas Widerstaad
nicht mehr möglich war^'^). Nach Eroberersitte soll Walde-
mar nicht durch ein Thor, sondern durch eine LQcke, die er
zu diesem Zwecke in die Stadtmauer hatte brechen lassen (sie
wird noch heute gezeigt) in Schlachtordnung in das eroberte
Wisby eingezogen sein. Reiche Beute war der Lohn des keckei
Zuges; besonders Kirchen und Klöster soll Waldanar Ton ihres
Kostbarkeiten geleert haben; „Gold, Silber, mancheriei Prii»
werk und unendliche andere Beichthümer^^ zog er heraus. Del-
mar sagt : „He nam van den borgheren der stad grote beschal-
tinghe an gholde unde an sulver unde toch sinra wech^S alk^
dings erst nach vier Wochen (am 28. August), wenn man des
Annalen der Minoriten von Wisby Glauben schenken darf *)i
Seit diesem Siege führten die dänischen Herrscher ausser den
Titel eines Königs i&c Dänen und Wenden auch den emee
Königs der Goten. — Die Sage weiss wieder Bescmderes zu
erzählen: Es glückte Waldemar nicht, die Beute heimzubrin-
gen. Seine Schifie ereilte der Sturm ; mit genauer Noth rett^
er selbst das Leben ; der reiche Baub versank in den fluthea.
Noch jetzt sieht der gotländische Schiffer die grossen KarfinH
1) Ante portM Wisby in manibos Danonun oeeidernnt Gntoasa».
9; An des koninghes halde, wente se seghen wol, dat dar nyn wadsrki-
vent was, Detmar in 1860.
8) Die der Zeit nach am nXehsten stelieBden n«richto Sind der ««t 4m
dänischen Chronik Liappenbergs im Archiv II, 885 und Detmars flbchlJch
Bum Jahre 1860 mitgetheilte Ersfthlong. Die in den Ann. ICinor. Wisbj.
(Lgb. I, p. 859 nnd Fant, I, 1, p. 84 nnd 48) enthaHenen nieht oiwleMgea
Mittlieilnngen sind leider nicht vollkonimen naeh Ihrem Werthe s« wftrdlges
(s. darüber Sch&fer, dftnische Annalen nnd Chroniken S. 108 ff.). Die schwedische
Reimchronik nnd Olaos Petri bieten mehrere neue Zfige (Fant I, S» p. 57 nad
870), deren Qoelle nicht auaugeben ist Vgl. Bvitfeldt i, 584.
»«f Wisbf. 271
kd der Nikolaüdrehe zur Nachtzeit aus der Tiefe leuchten. —
Die YmritlMria, um Waldemar schmählich yerlassen, wurde
uHgctaBdzchaftet 9 nach Wisby gebracht und lebendig einge-
aaiort in den ^ungfriiienthümi^, einen der Thürme der Stadt-
Fttar Wisby ist Waidemars Angriff ein harter Schlag ge-
aber es würde falsch sein, wollte man denselben alldn
YamtwortMch machen für das sp&tere Sinken der Stadt Wal-
demar hatte die Gelegenheit, seinen Schatz zu füllen, zwar
reffidi benutzt, aber sich doch, wenigstens so weit die glaub-
wftrdigen Nachrichten reichen, keiner barbarischen Härte und
Granaamkeit schuldig gemacht; von einer „Zerstörung^' Wisbys
kam keine Rade sein. Am Tage nach seinem Einzüge (29. Juli)
bestätigte er der Stadt alle Rechte und Freiheiten, die sie
hisher besessen, ertheilte ihr für sdn Reich Theilnahme an
alkn Privilegien, die.seine eigenen Städte genossen, und liess
sogar Wisby im Genüsse des Münzrechts ^), So bedeutete der
gmie Hergang, abgesehen von dem beträchtlichen direkten
Veriost, zunächst wenig mehr für die Stadt als ein lieber*
gehen von der schwedischen an die dänische Oberherrschaft,
anter welcher Qotland nun nahezu 300 Jahre bleiben sollte.
So wenig aber erscheint dadurch die Sachlage geändert, dass
aan in Zweifel gerathen kann, ob denn die Insel schon jetzt
wiridich unter dänische Herrschaft gekommen sei. „Die von
Qottend sind in der Hanse der Deutschen und nicht Unter-
thanen des Königs von Dänemark'', erklären die Hansestädte
sdbst wenige Jahre später*). Aber dass das nicht anders
Mifgqfaast werden darf, als dass die Insel zu Dänemark in
krinem andern Verhältnisse stehe, als bisher zu Schweden,
also nach wie vor Glied der Hanse sei, zeigen andere Stellen.
1) sviuB ziii, saa.
t) H. B. I, n. SU I 1: mi d« OotUmdl* esarat in haau Tmümnico-
rm tt non tubditi ngis Daeie.
272 IX- WaldMBan Angriff
1364 sowohl als 1368 finden mr die Insel m dAnischem Be-
sitz; wenn die schwedische Erich-Karls Chronik zu berichten
weiss, dass die Gotländer alsbald nach Waldemars Absug sidi
erhoben und die Dänen vertrieben hätten, so irrt ihr Patrio-
tismus < ). Die dänische Oberherrschaft blieb , aber das hat
Wisby nicht yerhindert, sich,, wie früher unter Schweden, m
erster Linie als Hansestadt zu betrachten. Als solche erhdrt
es im ersten Kriege gegen Waldemar PfundzoU, erklärt sid
im zweiten bereit, „zum Kriege zu thun, was es mit Ehret
thun könne, wenn der Krieg zu Ende wäie^, eine Form, die
doch auf gewisse Rücksichten, die es gegen den DänenUtaig
zu nehmen hatte, schliessen lässt'). Auch noch nach der
Eroberung übt Wisby neben Lübeck den Haupteiniuss auf dem
Hofe zu Nowgorod, gilt für die flandrische Niederiassong ab
das Haupt des gotländisch-livländischen Drittels, wenngßeidi
in beiden Stellungen die livländischen Städte schon anfitngeii,
ihrer Mutterstadt Konkurrenz zu machen *).
Es ist nun auch erst in neuerer Zeit behauptet worden,
dass Waidemars Ueberfall es gewesen, der Wisby von seiner
alten Höhe herabgestürzt habe. Noch im 17. Jahrhundert
dachte man anders über die Sache. Der danziger Sekretär
Wessel Mittendorp sagt: „Da die Reussen nicht mehr nach
Gotland überfuhren, sondern ihre Waaren in livland begon-
den zu verhandeln, haben Riga und Reval zugmomm^ Wisby
ist zu Boden gegangenes und auch sein jüngerer Z^tgenosse
1) Schi. Holst. Lbg. Urkdensmig U, S. 269 (von 1864 Juli S6) a. S. S76
(von 1868 Jannar 28); Lfib. Urkdb. UI, n. 662 S. 716 ff ; Wolde ok Got,
d«t wii Godlande wnnnen, dat schal bliven bi konlnghe AIb«rte and« ün&m
rike to Sw«deii, unde de stat ande d*t Unt tho GkNiUode ande nMjDlikaa all«
kooplude scholeD al dar bi erer olden vriheyt unde rechticheTt bliTen, alse se
wereo, eer se de konlnch ran Denemarken wan; dat schal en konfaich Albert
vorbreven, wert id em in der tiit desser vorbindinghe.
2) H. R. I, n. 290, 825 § 1, 522 § 16, ebd. II, n. 68 | S.
8) ebd. I, n. 296 § 18, n. 876 $ 8, 9 a. 26, n. 8S7, S. 886 A. 1.
7 «tf Wiaby.= §78
HfitfeMt beittckiet Wisby ab. Stapel lind NieiUflagate tat
ZttUD, „dbe die Sttdte zimahiiieii^^ ^). Es herrschte, also dir
■als die nditige VorsteUung^ dass Wisbys Siidien in leister
Laie dÜ aatflriiche Fdge einer veränderten Sachlage war.
&MB WakiewBTO Angriff aber beschleunigend in dieser Bickr
tong wiikte, mnss wohl als ebenso richtig anerkannt wentan»
Die K<«karr^iz der livländischen Städte musste um so ra-
sdiere Fortschritte machen, je mehr Wisby seine Bedeutung
ab Stapdpiatz einbüsste. Und die ist doch stark gemindert
worden durch Waidemars Ueberfall. Allerdings hatten die
Borger Wbbys, die Wichtigkeit des Stapels fOr ihre Stadt er-
kennend, keine Kosten gescheut, das hansische Gut zu schü-
tzen, hatten es imit ihrem eigenen von der PlQnderung frei
gemacht'); aber es musste doch fraglich erscheinen, ob sie
dazu immer im Stande und bereit sein würden. Eine Stadt,
die im arsten Anlauf, gleichsam durch einen Handstreich eine
Beute des Eroberers wurde, konnte kein sehr verlockender Ort
ftir einen Stapelplatz sein. Dazu kam, dass schon im Jahre
nach dem dänischen Einfall eine Feuersbrunst Wisby ein-
ischerte'). Rasch sank dann die Bedeutung der Stadt. Ihre
günstige Lage, der Ausgangspunkt ihrer Grösse, wurde ihr jetzt
geradezu verderblich. Sie wurde den Seeräubern ein beliebter
Stützpunkt : die Vitalienbrüder, der abgesetzte König Erich der
Pommer, Iwar Axelsson, endlich Sören Norby haben den Vor-
tbeil der Lage auf die umfassendste Weise auszunutzen gewusst
Wo dnst der Kaufmann sichern Schutz gefunden, sich in Ruhe
1) mttandorp in ^em Ansrage hansischer Racetse, handschriftl. anf der
luoBbargier StadIbIbUoUiek , vgl. Warm in Schmidts allgem. Zeitsch. f. Oeseb.
V, tSOff. rnnd Sartorins, Oescb. d. hans. Bandes II, 744 ff. — ^vitfeldt II,
1180 n 1585.
9) H. B. I, n. 190: wi alsodane gad, alse mit ans was van den steden,
ia OBMii BOden Triaden mit anseme gude.
a) Langebek I, 259; Fant I, 1, 34.
Sckifer, Dit BMMttlit«. i g
2Ti XI. WaldoraHi Abgriff Mf WkVy.
im den MIUmmi der Fahrt ertiolt hatte» da «nie er jelit als
OflfaBgener emgebradit, muaate adn Sehtf uad seiii Gut fibr
gute Priae eridftrt sehen, selbst in den Kerhorn der ataibea
,,Wi8boig^ schmachten. So kam es, dass Stadt und Insel her-
absanken von der alten Höhe; seit den 16. Jahrhimdurt rdcht
ihre Bedeutong Ober die heimischen Kflsten nicht
t I
X. Jkat erste Krieg gegen Waldemar.
1) Dm BündniM der Stftdte mit Sohwedto-Vilrwegen«
Ak Waldemar den Zug nach Gtytland unternahm, hat er
sieh darober jedenfalb keinen Täuschungen hing^^eben , daaa
er mit dieser That den Städten den Fehdehandschuh hin-
werfe. Er mochte zweifebi, ob sie ihn aufnehmen würdet,
hatten sie doch in den Verhandlungen mit ihm GeduM und
Nachgiebigkeit genug bewiesen, er mochte, keck und wage-
halsig wie er war, sich in seinem kaum wiedergewonnenen
Besitzthura der vereinigten Macht der Städte und der bd^en
nordischen Reiche gewachsen fühlen — dass er die Hansen
schwer yerletee, konnte er sich kemenfalls yerhehlen. Un-
mO^ch konnten die Städte ruhig mit ansehen, wie emer ihrer
Vororte, das Haupt der östliche» (Uyländischen und schwedi^
sehen) Städte einem fremden Eroberer zur Beute wurde. Es
mnsste ihnen bange werden um die von derselben Seite her
elt bedrohte Sicherheit im eigenen Hanse, wenn sie sahen, wie
mitten im Frieden eins ihrer blühendsten GrKeder einem pldte-
lichen Ueberfalle erlag. Welches Vertrauen sollten sie noch
in die kaum veroinbarten, vielleicht gamicht einmal ratifidr-
ten Verträge mit einem Könige setzen, der nur das Recht an-
tfkannte, das die Schärfe des Schwerts zu schützen vermochte?
Deutlich mussten sie jetzt einsehen, wollten sie nicht zum
Spielball von Waidemars Launen werden, so mussten sie dem
18*
276 ^* ^r ^'^ ^^^"^
rücksichtslosen , gewaltthätigen Manne die Achtmig vor ihrem
Rechte nöthigenfalls abzwingen.
Sendeboten der wendischen und preussischen Stfidte waren
gerade in Greifswald versammelt, gewiss auf Veranlassung von
Waidemars gotländischer Expedition, als die Kunde von da*
Eroberung Wisbys übers Meer drang ; auch der Ordensmeister
war bei den Verhandlungen vertreten ^). Mit seltener Rasch-
heit wurden hier schon vier Tage nach der Einnahme Wisbys
(am 1. August) Beschlüsse gefasst, die deutliefr erkennen Hes-
sen, dass die Städte den Friedensbruch nicht ungeahndet hin-
gehen lassen würden. Ein Veikehrsverbot gegen DSnemark
ward beschlossen. Die Städte mochten sich von demselbm um so
grössere Wirkung versprechen, als das gegen Flandem erlassene
vor kaum Jahresfrist zur Beendigung des flandrischen Zwistes
(flandrische Gesandte waren im August 1360 auf die Iflbecker
Tagfahrt gekonunen) im Sinne der „gemeinen Städte des ge-
meinen Kaufinanns von der deutschen Hanse^^ geführt hatte *).
„Wer durch den Sund nach Flandem fahren wiU, soll bei
Strafe Leibes und Gutes verhüten, dass seine Güter nach Däne*
mark oder Schonen kommen ; Schiffte, die schon für diese Lande
geladen hab^, sollen wieder löschen. Für die Fahrt zwischen
den Städten soU jeder Kaufmann Kaution stellen, dass er seine
Güter nur nach einer Hansestadt führen wird, und soll Zeug-
nisse beibringen, dass das in der That geschehen ist. Unbe-
ladene Schiffe sollen nach Schonen geschickt werden, um die
dort lagernden Güter der Hansen in Sicherheit zu bringen.
Am 31. August wiU man sich aufe Neue in Greifewald ver-
sammdn^^ ').
1) Die Tbeilnehmer dar Versaminluig ergeben meh ms dem 8clureib«B Lft-
becks an Beval vom 19. November dess. Jahres, H. B. I, n. Sti 8. 19S, doch
sind Zweifel zulftssigf da der Brief awar sagt, dass am 1. August die „folgen-
den Beschlüsse^* geiSust seien, dann aber slmmtüche Punkte des Becesses von
7. September aoffUhrt
2) H. B. I, n. 251 vom 24. Aug. 1860. Vgl. n. 286—148.
8) ebd. I, n. 258; Beisfiiele Ton Bftrgschaften ebd. I, n. fTl snd ttl.
figtn WaldMuur. 27T
Ofenbir akid diese Bestimmimgeii nur ak Toriftofige Vor-
kebmogeD su betrachten. Udberraacht von dem Unerwarteten,
oho« iBBtmktion fBr einen solchen Fall fosaten die VerBam-
malten BeachUflse, wie sie der Angenblick forderte, und wie
sie der ffilUgOBg in den Bathsstuben dar Städte gewiss waren.
Daaa aber achon jetzt der Gedanke auftauchte, sich an die
beiden nordisehen Könige anzuschliessen und mit ihnen ge-
■einaain Waldeoiar entgegenzutreten, beweist die ansdrCick-
Uche Beatiomong des Beceases, dass den Königen von Sohwe-
itm and Norwegen Bewaffiiete und Lebensmittel aus den Häfen
der Stidte zugeführt werden dürften.
König Magnus konnte nicht anders, als den Krieg gegen
Dinemark anfiidonen. Hatte man in Schweden den Veriuat
dea oratt dänischen SchcmenB, das nur die Zerrüttung des
dänifldifm Reichs in schwedische Hände gebracht hatte, so
schwor empfunden, wie viel mehr den eines altschwedischen
Landes. Es schien auch anfangs, als ob Magnus sich zu Tha-
Um aufraffen werde. Am 15. August entlehnte d^ stets geld-
arme König vom Erzbischof von Upsala und seiner Geistlich-
kot 4400 Mark, Eigenthum der päpstlichen Kammer, gegen
Varpftndang der Kupferbergwerke in der Diöcese Weateräs,
m JKaub, Mord und Brand seines Nachbarn, des Königs
Waldemar von Dänemaik, der mit einem heimlich gesammel-
toi, zahlreichen Heere ohne sein Wissen seine Länder Gotland
ttdOeUuid über&llen habe, männlich zurückzuweisen^ 1). Gleich-
tätig schidcte er Gesandte nach Doitschland hinüber, um mit
Fürsten und Herren und mit den Städten zu verhandln über
anBündniss gegen Waldemar *). — Ein kurzer Blick auf
1) STUiik» Bikt-Archivets Pergamentsbref I, n. 511; Reg. bist Dan. I,
■. Mfl; Sniiiii Xni, 446 ff. Dms Waldemar niobt so gani beiaücb und
olme VHaatti des sebwediscben Königs sein Heer hatte sammeln können , wie
iieser in der Ui^nnde ansipricht, beweisen die Brieie Magnns Tom IS. Febmar
■nd 1. Kai 1861, t. oben S. 86Sff.
t) H. B. n, n. 8 S 1.
218: X. Bw «Nie K|i«c
SteDung der Letstem zo SduredeB «irird das ZBHMnimwgelieii
der beidfia Mächte in heileiem lichte eradMÜ« basea.
Der Verkehr mit Schweden tritt in der hanmechen Handeb-
geschichte nicht so lebhaft herror wie der mit aadem Gdm-
ten des Nordens, trotzdem mag er kaom minder bedwitmigfr
ToD gewesen sein. Jedenfalls ist er kaom weniger alt; dm
schon Heinrich der L5we hat ro seiner SJchernng einen Ve^
trag gesddoesai mit König Kanut mid Henmg Birger tm
Schweden. Eine Hauptrolle spielten auch in diesem Verkehr
die Lübecker; wiederiiolt ist ihnen Freiheit yob ZSllen uii
Strandrecht gewährt oder bestätigt worden 0« Daneben wer-
den an einzehien Städten Hamburg *), Riga*), Kanten ^)
genannt Eigenthttmlich ist die SteUmig der im Lande sich
aufhaltenden Deutschen. Sie gründen keine in sich abgeschlos*'
soien Niederlassungen wie in andom Ländern^ aber sie be*
wahren doch ihr Dentschthum. Sie leben, den Verträgen ge-
mäss, nach schwedischem Becht und unter den schwedischco
Gesetzen, gewinnen aber in manchen Städten dnrch Zahl umL
Stellung ein sdches Ansdien, dass sie die Hälfte aller Raihs*
stellen ja mehr besetzen , dass die Städte mehr als dutsc^
denn als schwedische erscheinen. Schwedische Orte nehmea
Theil an den Privilegien des Kaufmanns in Flandern. Stock-
holm beschickt Hansetage und wird als Hansestadt betrach-
tet; Kalmar versucht, wie wir sehen werden, Pfimdzoll sa
eriidi)en, um so als Glied des Städtebnades zu gelten. Dsr
Handd kam nach und nach ganz in die Hände der Deutschea
in den Seestädten; die gewinnbringende Ausfiihr des KupisTB,
des wichtigsten schwedischen Erzeugnisses, des Eänns, dar
Waldprodukte und Pelze geschah fast nur durch sie ; sie ver-
1) Lttb. Urkdb. I. n. 170 (i960 od«r ISftl), ■. SOS (1M7), n. 598 (1S9X),
II, n. 307 (181S), B. 689 (1888).
%) 1861 und 1875 (Otmh. Urkdb. I. a. 658 and f61).
3) 1871 und 1875 ^Bunge, Urkdb. I. n. 48T and 444).
4) 1813 und ISU (Urkdl. Gesch. U, S. 864).
fjf^jkn Waldtilar. fUf
Dia «i^niirtige fitelhmg 4ftr Deittsdnen in üoBem Ijoide,
das %ie afe mm Bürger in «kh aufiiahni^), mag mit dam
Mgeteagon hdbfltf, das« wir wenig bflren von Klagen ml
StraÜfglNitai nnd daher anek verlUUtnieeBnüteetg wenig ytjM
Vertiandlnngen und Yertrftgen simdwn Schweden nnd detf
imdUA. Eni als Magnna 1319 die Kronen Norwegen^ und
SdanimB anf «einem Hanpte vereinigte, ab er 1982 fierr
nm fikiMMMn wurde ud im die Mitte des Jahrhunderte in'
doB SriegB gegen die Bussen sieh vimrübergeliead der Han*
Mswege nach üTowgorod, der Newa imd des finnischen M eer-
bww&ohfigte , tritt auch der schwedische Ktaig ds
Faktor in das Gebiet hansische Politik. 1832 sehen
lir die St&dte mit Magnus Aber ihre norwegischen Privile«
f/m MBtrarhandrin '). Dem Kriege gegen ihn als Foiiid des
Königs Waldemsr folgt 1344 em Bündniss sur gemeinsamen
Bekflaq^img der Seorftuber*). Später wurden die Handdsin-
tarosecn der Städte von den schwedischen Fcddzfigoi gegen
die Bossen an der Newa nachtheilig berohrt. Dan klagten
die Stidte leUukft Ober i^griffe in ihre Rechte in Norwegen
snd nnff SchoMn (andi hei ihnen erregte Hensog Benedikt
wm Hidlnnd dwrdi nrae ZMle und Bedrückungen Unmifirieden*
holt), Kttdg Magnus aber ttber Missbrauch dieser Bechte nnd
•bct die so oft den deutschen Kauflenten sur Last getegtm
Gtwaltthatan in illorwegen. Es ierhoben sich emstfiehe Zwi^
sligkeitflB, die aber doch, besonders durch V^nrittlung des
ftnogi Albteeht von Meklenbuig, in einem am 9. August 1368
abgeschlossenen Waffenstillstand beigelegt wurden ^). Fünf Mal
1) SMTi de ettoro appelleDtttr, Lfib. Urkdb. 1, a, 170 hbA SfS.
S) H. B. I, S. 61.
. S) a. obw & ISS.
4) V^. Lab. UrMb. U, ■. SSi , lU, n. 140 $ H. R. 1, o. 144, 175-^177,
IM, lf7.
880 X. Bm
warde dann dieBer Waffemtilbtaäd terlftngeit^). Jetit eod*
lieh, als das gemeinsame Interesse smn Bunde ditngte, km
es zum definitiven Frieden« Am 23. August 18A2 wnide er
zwischen Lübeck und den Gesandten der beiden KAnige Mag-
nus und Hakon zu lAbeck Tereinbart *). Audi die frflhera
Vertrfige hatte Labeck abgeschlossen; es erscheint in diesei
Beziehungen als der Vertreter der Städte *).
Wenige Wochen nach dem lübecker Frieden (am 7. Sejj^
tember statt an dem festgesetzten 31. August) waren die Sende-
botoi der Stftdte abermals in Greifiswald versammelt: Lttbeck,
Wismar, Rostock, Stralsund, Grei&wald, Hamburg, Anklaa,
Stettin und Kolberg waren vertreten, dazu Bathsberren wn
Kulm und Danzig erschienen im Nunen der preussiadM
Städte. Die schwedisch -norwegischen Gesandten und solche
des Ordensmeisters waren ebenfalls zugegen. Der Krieg mit
Dänemark erscheint auf dieser Versammlung als eine beschlos-
sene Sache. Reisen nach Dänemaric und Schonen werden anf
das Strengste untersagt ; wer nicht zur Hanse gehört und das
feindliche Land besucht, soll ausgeschlossen sein von jedem
Verkehr mit den Städten. Wurde das Verbot strikte aufrecht
erhalten , ^o musste Dänemark so ziemlich jedes Handels ent-
behren, da es derzeit kaum einen andern kannte als den mit
Deutschland. Zum ersten Mal in der Geschichte ihrer Einung
entschliessen sich hier die Städte zu einer Art Bundesstener.
Um die Kosten des Krieges aufisubringen, wird ein PftmdzoD
verdnbart. Für alle aus einer Stadt ausgeftthrten Waaren
sollen von jedem Pfund Grote des Werths vier englische Pfen-
nige bezahlt werden und zwar fEkr die ganze Schiflfahrtszcit
1) Lüb. Urkdb. lU, n. 174, 210, 851, SOS, 808, 821; Stjflii, Bidng tUl
Skandin. mstorie I, S. 18.
2) Lüb. Urkdb. IH, n. 408.
3) Borghcrmestere ande radmanne der sUd Lnbeke, ▼•o w«giMn aller ttede
Tan see, nna na to dem anderen male hebben anghevaUen, Lflb. Urk. U,
n. 988 Tom 2. Juli 1849.
HiftB WaiacoMT. Sgl
to Jahres 198S rm den ^Brsten Wettertagen^^ bis Midiaelis
(also von F\Bbniar bis Ende S^tember). Auch wer nicht zur
HiMe gehSrt, soll diesen Zoll erlege; wrigert er sich, so
soll mit ilm Keiner mehr handeln ^).
Mit den Gesandten der Könige Ton Schweden und Nor-
wegen wurden in Greifewald Verträge ge8chh)68en, die einen
gODeiBsdiaftlichen Krieg gegen Dänemark verabredete *).- Je-
im der kontrahirenden Theile sollte dazu 2000 Mann und
Sdufle stellen. Und dass man nicht sftnmen wollte, beweist
die Bestimmung des Entwurfs, am Martinstage (11. Noiv.) solle
Alles fertig und bereit sein *). Erst später , wahrscheinlich
m den Verhandlungen mit den nordischen Königen über den
Mnitiven Abschluss, wurde die Kriegsbereitschaft auf den
S7. tUart des folgenden Jahres verschoben. Nutzen und Scha«
den, heisst es, sollen nach Mannzahl gemeinschaftlich getra-
gen werden. So lange sie leben, sollen die. Könige keine
Feinde der Städte werden. In allen Zwistigkeiten , die etwa
US dieser Verbindung hervorgehen könnten, soll einer dem
indem helfen und keine Sühne eingegangen werden, bis die
Siehe ganz beendet ist Den Städten soll als Pfand für ihre
Kosten das Schloss Bahus nebst Marstrand (an der Mündung
der Göta-Elf) mit allen Ehikünften übergeben werden und an
Miner Statt Warberg in Hailand, sobald die Könige Schonen
angreifen. Wird dieses Land erobert, so sollen die Städte
die SchUh^ser Helsingborg, Skanör und Falsterbo und alle
Efaricünfke der Provinz so lange behalten, bis alle ihre Kriegs-
1) H. B. I, n. t59. Der ZoU entspricht >/i4o ^^* Werthes, da das Pftind
mm 10 SeliiUinf k It Orote » 940 Orote Ist, 1 Orot aber gleidi 4 Pfenaige.
S) H. B. I, n. f 60 lud f Sf .
•) Dia greiünraMer Vertragientwfirfe s. bei Cateelf Ungedmckte bremi-
Mke Vrk&m 8. 419 fll Vgl. «ber die Zeit S. 490 a. 4SI. DaM in der Ur-
kttkta aber die VtrtheOaiiff der aa eteUendea ManaMhaft S. 497 das Kontia.
gwl flb Boetoak aad Wisauur feUt, ist ein Fehler dee Herausgebers; die Ur-
kaade der bremer Trese enthält den betreffeadea Passas.
koBten ersetzt sind, und die beiden kt^tgenauten ScUlteser
mit den Einkünften des Landas sogar noch zwei Jahr l&nger.
Auch im Fall einer Nied^lage, oder wem man SdMm nicht
erobern kann, sollen doch die Stidte die erstgeoaimten ScfalBa-
ser behalten, bis alle ihre Unkesten gedeckt amd. Den Kö-
nige soll es ohne Genehmigung der Stftdte nicht erlaubt aehi,
Schonen zu versetzen; die Städte soltei die Vorhand haben,
falls sie bereit sind, das Land in Pfand zu nehmen. Deut"
lieh sieht man, worauf es den Städten zunächst ankommt:
Sicherung des gewinnbringenden schonenschen Vericehrs.
Selbstverständlich vergassen die Städte ihrer Haadelapri-
vilegien nicht Ein Passiu des Vertrags sagte ihnen Bestäti-
gung ihrer alten Rechte und Freiheiten zu, wie sie dJeaelhai
nur je in grösster Ausdehnung genossen hätten ^). In einer
besondem Urkunde der Könige Magnus und Hakon werden
dieselben im Einzelnen aufgeführt^). Ausser den aUgeineiMn
und stets wiederkehrenden Bestimmungen der vollfc<MnmeneB
Handelsfreiheit im ganzen Reiche gegen den üblidieii Zoll,
der Befreiung von Arfkop und Strandrecht rathält diese Ur-
kunde noch eine Reihe besonderer Anordnung^, hauptsäch-
lich für Schonen, die dem Verkehr der Städte ausserardentr
lieh günstig waren. Der Kleinhandel soll ihnen gestattet sem;
Leinra und Wollenzeug dürfra sie in ganz Schonen nach der
Elle, andere Waaren nach Pfunden verkaufen. Frei kCnnen
sie einkaufen und verschitfen, auch unverkaufte Waaren gegen
den gewohnten Zoll wieder ausführen. In den Vitten darf
Niemand sich aufhalten als der Vogt mit den Seinigen, und
1) AlM 9% ter gy best gebruket hebben , H. K. 1, S. 1S9.
8) Torfaeas, Hist Norv. 4, S. 489 ff. Vgl. U. K. |, n. «61. DU Ur-
kunde gilt wohl in enter Linie für Schweden incl. Schonen, obgltleh noch
Norwegen berücksichtigt wird. Die Städte klagen später wiederfaoll darfthir,
dMs ihre Privilegien fOr Norwegen noch nicht bestätigt seien (Tgl. H. B. I«
u. 402 § 13) und König Hakon sagt im September 137t selbst (H. B. II, n. 40),
dass er nie die Privilegien bestätigt liabe.
die er BttküsoiirilL Ueter Alle, die auf der Vitte sind^ kam
der Vogt Tkhttt na«k lübiaehem Bechte; nur Strafe» über
Hib imd HMd dttrf ec nicht verhängen. Wer eich itterhaept
pgM iÜMB Hiofiiecheii vergangen hat, gehört vor sein F^
ruL Der kfinigliche Vogt darf derartige Uebelthiter nicht
Yor aeia Gericht ruÜBB. Nxmiand soU für dn ^sdieheiies
Vorbreeboi bOfleen, nicht die GKtter, nicht die Erben, nicht
iar Herr, aicht die Stadt, sondern stets nur der Thät^
sdbet Die Bestimmung, dass leichtfertige Leute nicht als
ZBOgoB gegen die Hauen zugelassea werden sollten, deutet
dock daniiif hin, wie UDSiefaer dar Reditssdiutx dee Kauf-
MiM in jeMu L&odem noch immer war. Güter, die aitf
WagiB geladen sind, um auf die Schiffe gebracht zu werden,
smi „uaverfiahren^S können noch verzoDt werden. Ankom-^
ttOMie Sdiiffd können zu jeder Zeit ohne Hindemiss löech^L
Die HanssR sollen erst am Sonntag vor Michaelis in neuem
Gelde zahlen (alUährlicfa pflegte d^ Kcmig neu zu prägm,
nckt selten schlechte, und nur die neue Münze galt), dann
aber bei Strafe von einem Pfund Groschen. „Tabemen^^ sol^
len auf den Vitten nicht sein, ab^ Bier kann geschenkt wer«
ta, aach in Krügen, wie bisher. Die ,3ttden^^ können ver-
erb! weiden, auch verkauft vor den städtischen Vögten oder
dflsi Batbe der heimischen Stadt Was ein königlicher Un*
tsthan baar (promptis denariis) gekauft hat, soll er auch
iaserhalb 3 Tagen bezahlen. Für Norwegen werden die alten
ZNle wieder hergestellt, wie sie zu König Erichs Zeit (1280
-1299) bestanden hatten; alle Auflagen aus Hakons Zeit
(1299 — 1319) sollen aufgehoben sein. Durch des Königs Län-
der können die Hansen vom östlichen zum westlichen Meere
mit ihren Waaren zu Lande reisen und schiffen. Die Be-
iQtzung dieses Haodelswegs, der wohl als Ersatz dien» 8<dlte
hr die durch den Krieg gesperrten dänischen Meerengen, ist
obne Zweifel der Grund dafür , dass die StMte sich Bahus
284 Z- ^^ «nte Brii«
ausbedingen, so lange nicht Schonen in ihren Binden ist
Der Veriuiuf von Salz ist gestattet, aber nicht in Quantititei
unter einem Schülspfund. Andi der Verkehr nach der Nen
und weiter wird vollständig frei gegeben. Kam der Vertng
zur Ausführung, so wurde dem Schonen-, dem Nowgoroi*
und Bergenfahrer manches Hindemiss aus dem Wege gerlnot,
manche alte Klage abgestellt Doch sollten die Stftdte din
Mal ihr Ziel noch nicht erreichen; die Zusagen erwiesen sick
als leere Versprechungen.
Verhandlungen, welche die Stftdte neun Jahre spiter,
nach dem zweiten waldemarischen Kriege, mit Magnus Sohie,
König Hakon von Norwegen, führten 0, geben uns werthfoUe
Nachrichten über die Natur dieses Bündnisses. Die Stidtc
forderten dem Vertrage gemäss Schadenersatz für die Unko-
sten des ersten Krieges; Hakon weigerte sich zu zahlen, weO
seine Gesandten dieses und andere Versprechen den StftdUa
gemacht hätten ohne sein und seines Vaters Wissen. Sie hät-
ten leider Vollmachten gehabt mit den Si^;eln beider Könige,
diese dann bei den Verhandlungen ausgefüllt mit Bestimmun-
gen weit über ihre Instrukticmen hinaus und die so abge-
schlossenen Verträge ihren Herrn verhennlidit'). Da die
Städte aus ihrea Archiven beweisen zu können behauptetes,
dass die Gesandten der Könige mit unbeschränkter Vdlmadit
ausgestattet gewesen seien ') , da sie femer nach der greib-
waldcr Versammlung ihre Boten an die Könige sandten zur
Besiegelung und Ratifikation der Verträge^), die dann auch,
wie die noch jetzt zu Lübeck vorhandenen Originale bewei-
1) H. R. U, n. 1-4.
S) ebd. U, n. S § S, H und 6, n. 40 $ 16. Hakon Mgi, er htm die
von den Städten ausgefertigten Vertrige erst jetst (t4. Jonl 1IT0) n GesieW
bekommen, die von den Gesandten den Stidten gegebtaen aber eeiea iha
nicht bekannt gewesen.
8) ebd. II, n. 8 § 1.
4) ebd. I, n. SM S. 191.
, foHsogon worden ist, ao kann Hakons Angabe nicht auf
WahriMÜ bflndioi. Aneli die Annahme, dasa der Reichsrath
mk dea ktai^^hra Siegob bemichtigt und gegen den Wil-
kB der FOraten besiegelt hätte, was er wollte, ist durchaus
■MmUfinig Denn am 22. Sept^nber 1361 verspricht Hakon
im Stidten ausdrOddich, dass Alles ausgeführt werden soUe
(die Städte mOgeii Zweifel gehegt haben), was zwischen ihnen
mA den Gesandten vereinbart sei i), und am 28. September
1362 eiiiemEieD beide Kdnige die von ihnen besiegelten Briefe
u *). Und doch wflrde HakcMi sich wohl nicht jener Ausrede
beünt haben, hätte sie nicht einen gewissen innem Grund
gBhabft, nämlich den, dass gerade die Ghrossen des Reichs es
men, die den innigsten Bund mit den Hansestädten und,
las dasselbe sagen woDte, die entschiedenste Fdndschaft ge-
ptk Waldemar wünschten. Um des guten Einvernehmens wil-
lea mit ihnen, sagt Hakan später, hätten sein Vater und er
die besiegdten Verträge anerkannt , obgleich sie gewusst hät-
tn, dass die Gesandten Ober ihre Vollmacht hinaus gegangen
iritai'); diese ihre Räthe aber seien gerade ihre wahren Ver-
Ttthor gewesen^). Gewiss waren es die Rdchsräthe, nicht,
wie die Städte später sagen , die Könige , die sie ,4nit videm
Bitten, Bereden und Ermahnen^ zum Bündnisse gdi>racht hat-
tet^). Sie suchten höchst wahrscheinlich an den Städten
1) H. B. I, D. S65.
I) «bd. 1, o. tes S. tot. Vgl. II, n. 3 1 1 and 40 I 6.
5) «bd. U, B. 40 t 5.
4) ebd. U, n. t | 7 and n. 40 § 6—8. Hakon widerkgt dmmit Mtn«
c%MM A— if roD ünkanntnJM d«r abgwcbkMMncn Vertrig«.
6) «bd. U, S. 1. Die DontoUang bei Fock (UI, 141) bt unoHurn an-
ridMif , ab sie die Stidte ^die Könige Ifegnae and Hekon Ten Sebweden
Mi Nerwegen fai die Koallliini hineiniieben«* UUtt. Hiebt von den Stidten,
MndtfB TOB Scbweden geht die Anregnng lom BOndnlM mu. „Bez Megnot
siiit BoackM »aee et legeloe ed tmeteadam et {ilaeitAndam eom prind|iibat et
tmnrmm dominii, ae leiai oun ciriUtibne loper aequirendo joraniiM eontra
legem Daeie" aegt ipiter Haken aelbet (H. B. U, a. t 1 1). Die Stidto aa-
gM Y^aaf Bitten der Könige and ihretwegen bitte man lieb aaf dea Bmid gegen
eitte Stütze geg^ Waldemar, dm sie nidn Mn* ds Fdnd der
Schweden, sondern wohl noch mehr als selbstimrlidieii, die
Vorrechte des Adels md der Oeistlictdteit nenen Ordmmga
beugenden Regenten hasstoi. Magnus md HakoB wiUigta
nur mit Widerstreben, nur von ihrem Beichsrathe geditagt
in diese mge Verbindung mit den Städten. Mit Hakoa ks-
ben sich die Grossen offenbar noch eher verstiadigt als mh
Magnus. Dass dieser am 11. November 1361 zu Kalmar ^on
seinem Sohne gefangen genommen wurde ^) zu etner Zeit, di
die nach Schweden geschickten städtischen Gesandten nod
auf die Ratifikation der Verträge warteten^), stand geirisB
nicht ausser Zusammenhang mit dem abgeschlossenen Bflnd-
niss ; später behauptet Magnus, dass er durch Gefiing^sdiaft
zur Besiegelung der Verträge gezwungen worden sei*). Die
zögernde Ratifikation, die lässige Ausführung zeigt, wie wenig
die Könige mit dem Herzen bei der Sache waren. Schon die
Verschiebung des ursprünglich in Greifiswald festgesetzten Te^
mins der Kriegsbereitschaft auf den nächsten IiYtthling wird
eine Folge davon gewesen sein, dass die Vertragsurkonden
so spät von den nordischen Königm besiegelt und ratifidrt
wurden.
Es lag in der Natur der Sache, dass das holsteinische
Grafenpaar dem Bündnisse nicht fremd Midi). Führte sie
schon ihre Stellung dem Dänenreiche gegenüber überall dahin,
den K5uif^ von Dinemark «ngelasien**. (H. R. II, 8. 1.) Von „Bainfihangeii
der lianüischen Diplomatie'^ die ,,aaf einen Ihichtbaren Boden flolen^S kann
demnaeb nicht die Bade miIb.
1) Fant, Scr. I, 1, p. 44 and STO. Enrihnt wird das BrrigafM noeh I.
1, p. M and 58. Die Bnlhloi^^ der aehwadiaokoa Chronilwn (besonders
dar Brfeli-Karb-Chroalk) Iber dieae Vorginge sind sehr vanrirrt Sie warfen
Schonen , Ootland, Margarata, Eüsabath, die Holstainar and Maklenbnrger ete.
bunt durelMinandar. Bina absehüesaanda Untanochong Ist nicht mSglieb. so
Uuige die Urkanden der Beit nicht ToUstlndlg inganglkh rind.
%) Am 19. Not. waren diasalban noeh nicht anrickgekahrt , a. den Brief
LiUbcoks an Beval vom 19. ITov. 1S61 , H. R. 1, n. SM 8. ItS.
a) ebd. 11, n. 40 § 7.
887
wo gtgm WaUesMur gekimpft wurde, ao musste das jttzt,
da für Oire Schweator die aorwegische Königskrone auf dem
Spiele stand, erst redit der Fall seiii. Dazu war Graf Hein*
nch dnrdi alte Bande dem Schwedenkteig verbunden, hatte
als Heorftlhrer für Om gri^ämpft und war durdi Pfaadachaf«
los belohnt worden*). Das wichtige Kalmar war in seinen
BUbiden. Okiehsam im Auftrage Schwedois scbemt er auch
diesmal mitgewirkt 2a haben; wenigstens stdlra es die Städte
aa dar, als der Qraf von ihnen Entschädigung verlangte*).
DüB MagnuB qi&ter bdiauptet, Graf Heinrich habe ihn ge«-
tuigeft genommen und so seut Unterzeichnimg der greifswal-
dor Verträge gesswungen, scheint darauf himmdeuten , dass
der Graf eine Haupttriebfedw der Koalition gewesen ist. Hat
tr doch bia zu den allemeoesten Untersuchungen hin f&r den
Heeifilhrer derselben gegolten, während wir in der That von
seiner eigentlichen Betheiligung am Kriege sehr wenig wissen.
Neben Sun und seinem Bruder sind auch Junker Addf von
Schauenburg und Herzog Waldemar von Schleswig und sein
Sohn Heinrich dem BOndnisse gegen Waldemar beigetreten ').
Doch sind leider von den abgeschlossenen Verträge keine
ehalten.
£a war ein umfassendes, aber doch nur loses Bttndniss,
das der geschlossenen Macht Waidemars gegenflberstand. Die
Finrigfn, die gewillt und im Stande waren, ihrer Vertrags-
pflicht nachzukommen , waren die Städte. Sie waren von der
Ueberzeogung durchdrungen, die Lübeck im Novmiber in
dnem Briefe an Beval aussprach, „dass es niemals so uöthig
gewesen sei fiär alle Kaufleute und das Meer Befahrenden»
1) JMglMM« H«iiir. 4. EiMTM S. 17 ff.; Lib. Urkdb. III, n. 148, 144;
H. n. I, n. 1T8.
S) H. & I, n. S76 I S: alcbü promistruit «i dan , qnl» fiUt pro parte
r««b£wwitt.
8) S. dU WaffOTütilhtendsarkoBde H. R. I, n. t7S S. 809.
288 ^ !>«* «nte Kffiag
Widerstand zu leisten''^). Nicht Vkm Aber dn Angriff auf
Wisbj, aiidi über zahlreiche direkte BedrQdningeii, Aber vom
Klkiige nicht alldn begünstigte und geduldete, nmn, yoa ihn
selbst aasgeübte Banboreien hatten sie sich zu beklagen ').
Olmch in Oreifswald verpflichteten sich die Yersanimelten Sei-
deboten der wendischen Städte daher zu Leistungen, die über
das verabredete Mass hinausgingen. Abgesdien von Hambuig
und den preussischen Städten vertheflten sie unter sieh eiB
Heer von 2400 Mann mit 48 Schüfen, deren eine Hallte gr<^
sere (Koggen), die andere kleinere (Snicken und Schulen) seia
sollten <). Lübeck sollte von dieser Macht V« i Rostock und
Wismar ebenfolls V«) ebenso Stralsund und 6rei&wald und
das letzte Viertel Stettin, Kolberg und Anklam stellen zu-
sammen mit den klemen Nachbarstädten ^). Ausserdm wur-
den 8 Wur^peschütze , 3 „ Werke'^ und 5 „Btiden^ zugesagt
Und wie militärisch, so übernahmen auch diplmnatisdi
die wendischen Städte, Lübeck an der S[ntze, diesmal wieder
die Führung, wurden auch als die Leiter aneriuuuit. Das
zeigt sich von vornherein deutlich in der Bestimmung des
greif 8 walder Becesses, dass der in Preussen erhöhte Pfund-
zoll ihnen überantwortet werden solle ^). Nach Ostesa und
Westai senden sie Briefe, um die Städte zu einem einmüthi-
gen Vorgehen gegen Waldemar zu vereinigen , sie zu Leistun-
gen an Schiffe und Mannschaften, zur Erhebung des Pfund-
1) Qttod nnnquAm Um necetM fait omnihoi mereatoribus «t mar« TiaiUii-
Ubas in resistendo, H. R. I, n. 264 S. 193.
9) ebd. I , n. 264 S. 192 and Detmar an 1862. Da im Jahre 1862 det
KriegM wagen keine^ f,8chonetehe reyse** stattfand, lo gehSrt Detman Notii
ohne Zweifel zum Jahre 1861.
8) H. R. I, n. 268.
4) Mit der holpe der y«gfaen stede, de vns tbo hnlpe gheren afait (es ist
wohl 8iini€h8t an Demmin und Stargard zu denken).
6) Wes me van desme tollen sammelet in deme lande tho Prataen , dat
scal men antwerden in dat Lubesche dordendel den steden by der aee Torbe«
niimet, H. R. I, n. 259 §8.
g«g«n Waldemar. 289
zdls, zum Festhalten an den greifswalder Beschlüssen zu be-
wegen. Das einzige dieser Sdireiben, das uns noch erhalten
ist, das von Lübeck an Reval, sagt ausdrücklich, dass auch
an Kämpen und andere Städte an der Südersee und an die
Flaminger Briefe ähnlichen Inhalts geschickt seien, und bit-
tet Reval, seinen Nachbarstädtai Mittheiluug zu machen ').
Gleichzeitig werden wiederholt Tagfahrten gehalten, von de-
nen wir nur gel^entlich Kunde bekommen, so durch die
hamburger Kämmereirechnungen von dreien, die zwischen dem
7. Sept. 1361 und 22. Febr. 1362 zu Rostock, Lübeck und
Wismar stattfanden ').
Doch hatten alle diese Bemühungen der wendische Städte
nur einen theilweisen Erfdg. Kriegerische Hülfe kam nur
von verhältnissmässig nahe gelegenen Bundesgliedem. Ver-
handlungen mit Hamburg und durch dieses wahrscheinlich
mit Bremen*) führten dahin, dass jenes 2 Koggen mit 200
Mann, dieses eine mit 100 Mann versprach. Kiel stellte ein
Sdiiff mit 40 Mann *). So war ein Heer von 2740 Mann statt
der vertragsmässigai 2000 und eine Flotte von 62 Segeln ge-
sichert allein von den wendische Städte und ihren nächsten
Nachbarn.
Schon der erste greifewalder Anschlag scheint darauf
hinzudeuten, dass die wendischen Städte auf weiteren kri^e-
rischen Beistand ihrer Genossen nicht ernstlich rechneten,
sonst hätten sie schwerlich gleich das stipulirte Kontingent
überschüssig unter sich aufgebracht Trotzdem sind, wie wir
noch sehen werden, auch niederländische Schiffe im nächsten
Frühlinge mit in den Sund gesegelt Im Uebrigen beschränkte
sich, so viel wir ^cennen können, die Theilnahme der ande-
1) H. B. I, n. t64 S. 198 ud 194.
9) Koppmmiin: Hamlnirger Klmiiier«irechniing«ii I, 75.
3) H. B. I, S. 186 B nnd Ana. 8^ KiinaMr«lrMliBMg«n 1, T5 v. 74
utor d«r Bobrik: mi reyiM.
4) H. B. I, ■. 988.
ScUlv, Die BauMliite. |^
290 ^- I>«r «nta Krieg
ren Hansaglieder auf Erhebung des Pfundzolls oder gar bd
den meisten nur auf Befolgung des Handelsverbots gegen Dä-
nemark. Die preussischen Städte und mit ihnen Stockholm
und Wisby erhoben Pfundzoll in ihren Häfen; von LOnebuig
wissen wir, dass es einen Beitrag von 200 Marie rein SIbcf
leistete, jedoch nur vorschusswdse ^). Alle anderen Stiidte
scheinen sich darauf beschränkt zu haben, d^ Verkehr mit
Dänemark einzustellen.
Wenig wissen wir von den Bfistungen der übrigen Va-
tragsmächte. Die der beiden nordischen Könige sind dürftig
genug ausgefallen; Unvermögen und Mangel an gatem Willeii
mögen gleichmässig die Ursache davon gewesra sein. Ihr
Bote Hermann von Vitzen erschien im Frülgahr 1362 in Lü-
beck und bat um Schiffe und Proviant. Stralsund, Hamburg
und Wismar erklärten sich ziur Beisteuer bereit'); so wur-
den fünf Schiffe für den Dienst der Könige ausgerüstet, deren
man drei dem Grafen Adolf, zwei Heinrich dem Eisernen zur
Verfügung stellte. Für Lieferung von Proviant allein bekai-
nen sich Magnus und Hakon am 1. Mai 1362 zu einer Schuld
von 2000 Mark lübischer Pfennige an Lübeck >); dieses hatte
zunächst die Kosten gedeckt und forderte erst später seine
Auslagen von Hamburg, Stralsund und Wismar wieder ein,
als die Könige ihre Schuld nicht berichtigten. Nicht gering
müssen in der That die Mittel gewesen sein, über die Lübeck
der Zeit verfügte, wenn es neben seinem eigenen beträchtli-
chen Kontingente noch solche Leistungen mit Ldchtigßiieit über-
nehmen konnte.
Werfen wir einen Blick hinüber in das feindliche Lager,
so liegen dort die Verhältnisse wesentlich einfacher. Fast
1) H. R. I, D. 287 § 19, n. 310 § 5; ebd. n. 290. Wegen Lftnebarg vgl.
II, n. 9 § 14.
2) ebd. 1, n. 269 vom 11. April 1362.
3) ebd. I, n. 270 mit der Anm. 2. Der Schlosi der Urkunde seigt aacli,
dasH der Roirlisrath eine Ilauptrolle spielte l>eim Abscbluu der Vertrige.
gtgea WaldeiDAr. 29X
ausschliesslich war Waldeinar auf seine eigenen Kräfte ange-
wiesen, aber es scheint auch, dass er verstanden hat, die-
selben der drohenden Gefahr gegenüber zusanunenzuhalt^.
Nichts wenigstens hören wir in diesai Jahren von irgend wel-
chen inneren Unruhen in Dänemark; auch den mächtigen und
trotzigen Adel finden wir auf des Kckiigs Seite. Nur ein
treuer Freund lieh diesem von aussen her seine Dienste, ein
Mann^ der während der ganzen Regierung Waidemars unauf-
löslich an dessen Interesse geknüpft scheint, Herzog Erich
von Sachsen. Er tritt schon früh als Waidemars Gefahrte
auf. Seitdem er mit diesem zusammen im heiligen Lande ge-
wesen war, spielte er in fast allen wichtigen Unternehmungen
des Dänenkönigs eine Rolle. Auch an dem Zuge nach Got-
land hatte er theilgenommen. Beträchtliche dänische Lehen
waren sein Lohn ; später besass er sogar das wichtige Bahus ^ ).
In dem drohenden Kriege konnte er nicht unthätig bleiben.
Aber eigenthümlich gestaltete sich Erichs Stellung, da die
liauenburger der Stadt Lübeck stets freundlich gewesen wa-
ren, er selbst erst vor Kurzem (am 6. März 1361) ein Freund-
schaftsbündniss mit diesem EUiupte der Gegner Waidemars
geschlossen hatte'). Ausdrücklich war darin der Fall eines
Krieges mit Dänemark vorgesehen worden. Der Herzog sollte
während eines solchen von den Schlössern und Landen, die
er inne hätte, dem dänischen Könige Dienste thun dürfen, wie
er pflichtig wäre, aber im Lande Sachsen sollte er nicht Feind
der Lübecker werden. Auf Grund dieses Vertrags*) wurde
dann im Februar 1362 unter Zustimmung des Grafen Hein-
rich ein Abkommen zwischen Lübeck und d^ Vasallen des
1) H. R. I, n. 829; vgl. «bd. U, ii.49 |9, (wnw Sohm XUI, 40S,
419, 4t8, 445, 469, 4«S, 490, Detmar M 186S.
t) IMh. Urkdb. III, ■. 8S9; Tfl. dm Dttmar la IMS S. 985.
8) PrtmiMa CmI» rant proptor ipMUlU |NroT6rbia, qiM hftb«ÜMU emm
diiee Erico et lub tapra diotb , H. R. I, n. 448.
19»
292 ^- ^^ «nte Krieg
Herzogs geschlossen^), das auch f&r den Efinig vmi Schwe-
den geltai sollte. Fester Friede sollte darnach auf dem Lande
herrschen, auf dem Meere aber durfte Herzog Erich mit de&
Seinigen den König unterstützen, durften dessen Feinde ihn
bekämpfen. Unbehindert sollten der König Ton Schweden nid
die Städte Mannschaften über die Elbe führen können. So
1) H. R. I, n. 448 and 444. Mit den VasallMi •ll«in bt diesef Abkoih
men wahrscheinlich desshalh abgeschlossen, weil Henof( Kiieh wohl in Dia»-
mark war. Diese beiden Urkunden sind ron Koppmann nach dem VorgaBge
▼on Lappenberg (Qaellensammlong d. Schi. Holst. Laabg. Oea. I, 161) aad
Janghans (Heinr. d. Eiserne 8. 87 A. 87) ins Jahr 1868 gesetrt worden, h
scheinbarer Beaiehung au ihnen steht H. R. I, n. 497 | 7. Bei nlharer Be-
trachtung seigt sich jedoch, dass der dort verabredete Vertrag nicht der ia
n. 448 erwähnte sein kann , denn
1) bei dem Vertrage in n. 448 spielt Hamburg dne Haaptrolle ; in Fe-
bruar 1868 aber standen die Stftdte au Hamburg in einem so gespannten Ver-
hältnissi dass man am 27. d. Hon. (n. 486 § 5) erwog, ob Hamburg nicht
aus der Hanse su stossen sei;
9) die in n. 427 § 7 erwähnten Verhandlungen werden mit Henog Erieh
selbst gef&hrt , in n. 448 ist nur von seinen Vasallen und Vögten die Bede ;
8) die Bestimmungen von n. 427 | 7 und n. 448 stimmen darebans nidit
fiberein. Dort ist davon die Rede, dass Henog Erich Jeden Zamg flir den
Dänenkdnig durch seine Lande verhindern soll, hier, dass an Lande Friede,
auf dem Meere aber Krieg sein soll ; Jene Bestimmung ist doch schwerlich ver-
einbar mit der in n. 448, dass städtischen und schwedischen Söldnern der Su-
sug durch Hersog Erichs Lande gestattet sein soll;
4) gehörte n. 443 aum Jahre 1868 , so wfirde doch JedenfaUs ▲Ibrecht
von Meklenburg, die Seele des damaligen BQndnisses, erwähnt worden sein,
nicht bloss der König von Schweden und Qnt Heinrich , die Bnndaagenoisen
von 1861 ;
5) der in n. 487 § 7 erwähnte Vertrag soll auf 2 Jahre geachloasen wer-
den ; davon wird in n. 448 Nichts erwähnt. —
Dagegen passt n. 448 sehr wohl su dem Vertrage vom 6. Man 1361 awi-
schen Lübeck und Herzog Erich , mit dem es im Texte verbunden worden ist
Auf n. 427 § 7 aber wird sich Lfib. Urkdb. lU, n. 642 vom 25. Febr. 1868
beziehen. Hier wird ein Vertrag auf 2 Jahre geschlossen, hier verspricht
Herzog Erich , dem König von Dänemark den Zuzug durch seine Lande abzu-
schneiden, hier wird abgeschlossen mit Lflbeck, mit Henog Albreeht von
Meklenburg und den holsteinischen Grafen Heinrich und Klans, die 427 § 8
erwähnt werden. Es ist also an Stelle von n. 448 und 444 in die H. R. auf-
zunehmen Lfib. Urkdb. UI, n. 642, 'jene beiden Urkunden aber sind vor n. 269
einzufügen.
gtgtn Wmldemar. 293
wurde dn YerhUtniss stipulirt, wie es nur in jener Zeit mög-
lich war, da der Krieg mehr als ein Spiel um Ehre, Beute,
Macht, deim als ein Ringen um Lebens- und Daseinsfragen
betrachtet wurde.
Oanz neutral hielt sich eine andere Macht, die im zwei-
teo Kriege gegen Waldemar eine Hauptrolle spielte und ihrer
Ijage nadi audi ganz dazu berufen war, Meklenburg. Her-
zog Albrecht hatte gegen Ende der ÖOer Jahre an den Krie-
gen gegen Waldemar lebhaften AntheU genommen; seit jenem
Tertrage Tor Helsingborg ^) stand er mehr auf dänischer Seite.
Doch hat er in diesem Kriege nicht gegen die Verbündeten
Partei ergriffen; wir sehen ihn mit beiden Theilen im besten
EinTemdimaL Waldemar leistete während des Krieges dem
Herzoge zwd ans der Mitgift seiner Töchter rücksttodige
Zahlungen und erhielt ihn dadurch in guter Freundschaft <).
Anderersdts hatte Lübeck schon am 11. Oktober 1361 be-
stdiende Zwistigkeiten mit Meklenburg durch einen Vergleich
geoidigt, und die enge Verwandtschaft mit Graf Adolf von
Idstein, don Bundesgenossen Schwedens und der Städte,
fBhrte die meUenburgischen Herzöge zu einem guten Verhält-
Ufls mit diesen ').
9) Heer und Flotte der Hansen und ihree Gtogneni.
Als um die Mitte des 16. Jahrhunderts Reimar Kock die
Geschichte seiner Vaterstadt schrieb, gedachte er auch^) je-
nes Grabsteines des lübecker Bürgermeisters und Flottenfüh-
rers Brun Warendorp, der mit seiner kunstreichen Metall-
platte noch jetzt die Besucher der S. Marienkirche anzieht,
1) 8. oImh S. 167.
i) Am 4. Juni und 15. Aagost 1868, Sahm XIII, 468 aad 468. Dass
Htriog AltHTteht odl Dlnamark in „imiderliker mindicbop and in relighem
rx96%^ war, i. Stoffe I, S. 56.
8) Lfib. Urjkdb. IE, n. 411 n. 419; Schi. Holst. Laabg. Urkdb. U, S. 846.
4) Christof; l8b. Chron. I, 475.
294 ^- ^^ ^f*^ Krieg
und fügte der citirten Grabschrift die Worte hinzu: „Damah
scheuten sich nicht Bürgermeister und Bfligermdsteikinder,
sich gebrauchen zu lassen zum Zuge gegen die Feinde in D&-
nemark/^ Dem Zeitgenossen Jürgen WuUenwevers mochte es
auffalle, dass selbst die Ersten der Stadt sich dem Dimste
im Felde nicht entzogen; das 14. Jahrhundert war noch dann
gewöhnt, die kriegskundigen Bathmannen an der Spitze waf-
fentüchtiger Bürger selbst ins Feld ziehen zu sehen.
Denn überwiegend beruhte doch zur Zeit der waldemari-
schen Kri^e das stadtische Heerwesen noch auf der allge-
meinen Wehrpflicht der Bürger. Es lag in den Verhältnissen
gegeben , dass man dieser Seite staatlichen Lebens eine unab-
lässige und scharfe Aufmerksamkeit widmete, vor allen Din-
gen die alte Lehre beherzigte, im Frieden zum Kriege zu rü-
sten. In erster Linie galt das für die DefensiTe, in der die
Städte, der natürlichen Lage der Dinge gemäss, weit stäilier
waren als im Angriff. Es gab unter den grösseren Städten
Norddeutsclüands damals wohl nur noch wenige, die sich nicht
hinter Graben und steinernen Mauern dem behaglichmi Ge-
fühl schwer zu gefährdender Sicherheit hingegeben hätten;
das alte Planken- und Pallisadenwerk war längst gelsllen.
Allerdings waren die Mauern keineswegs sehr hoch und dick
(im Durchschnitt wohl kaum über 20 — 25 resp. 8 — 10 Fnss),
auch waren sie keineswegs übermässig fest gebaut (ans Zie-
geln, oder auch wohl, wie in Wisby, aus sdüecht verbundenen
natürlichen Steine), noch auch immer wohl fundamentirt (m
Wisby sind die Steine einfach auf den Boden gelegt ohne jeg-
lichen Unterbau), aber sie erfüllten trotz alledem, der man-
j^clhaften Belagerungskunst der Zeit gegenüber, kaum weniger
ihren Zweck als die Festungswerke unserer Tage. Die man-
gelnde Bastionirung ersetzte man durch Thürme, die, theils
kleiner und auf der Mauer hängend gleich Reitern , theils in
doppelter ja dreifacher Höhe rund oder vierkantig über die-
gtgwi Waldeinar. 295
selbe emparragead, durch ihr Yorspriiigen über die Aussen-
linie der Mauer dne Bestreichung derselben gestatteten. Nach
oben sich veijQngend oder mit einer Brustwehr versehen, häufig
irmelirt^ trug die Mauer an der Innenseite auf eingelassenen,
hervOTragenden Balken eine Bretterlage, Standpunkt der Ver-
theidigerf sugleidi Umgang für sie. Mit grosseren und klei-
neren Wurfmaschinen, mit Pfeilen, Steinen, Balken, Pfannen
pflegte man zur Kriegszeit Thttrme und Mauern wohl zu ver-
sehen. An Händen, das alles zu bedienen, die Werice zu be-
mannen, fehlte es nicht, da nicht nur sämmtliche waflenfähige
Bürger, sondern auch die Oesellen der Aemter zur Verthei-
digimg der Stadt verpflichtet waren, im Frieden zu Wacht-
dicnsten. Denn stehende Soldtruppen gab es nicht, wenn man
nicht die wenigen berittenen Knechte als solche bezeichnen
win, die fast jede Stadt hielt, um Geleit zu geben , den Frie-
den auf den Strassen der nächsten Umgegend zu wahren, un-
ter Umstände auch einem Haubritter seinen Fang abzujagen,
flui in seine feste Behausung zu verfolgen, wenn das Glück wohl
wollte, ihn dort zu erschlagen oder zu fangen. An der Spitze
solcher stehenden Truppen stand ein „Ausreitevogt'S ein adli-
ge Hauptmann; Lübeck gab dem seinigen zur Zeit Albcrts
voD Bardowik (Ende des 13. Jahrhunderts) „reichen Sold'',
90 Mark jähriich (etwa 1000 resp. 7—8000 Mark unseres Gel-
te), jedem Reiter 10 Mark. Der Letzteren waren in Lübeck
30, in anderen Städten ohne Zweifel meist weniger. Für die
Vertheidigung der Stadt, für auswärtige Kriege hatten sie
natürlich nur eine sehr nebensächliche Bedeutimg.
Wenn auch nicht durch stehende Truppen, so waren die
Städte doch sonst auch im Frieden wohl vorbereitet für den Krieg.
In Lübeck ^) bewahrten zwei Rathsherren als Kriegszeugmeistcr
nder Stades armborste unde dat schot'^ Bogen und Pfeile;
1) Onntoff, Lflb. Chroniktn I, 418 ; Tgl. Pmü , Ittbeck. ZosUnde I, 94 ;
HtBbg. Klmmtreirechn. I, S. XCVIL
296 X* I>«r •nt« Krug
ähnliche Sorge lag dem ,^achiiiista", dem Blidennieister, ob.
Der stadtische „balistarius^^ (Armbrustmadier) hatte die ii5-
thigen Batisten herzustellen; mit Feuergeachoss, FeneipfieDtt
war man wohl versehen. Fleissig sorgte ein Eraamer Bith
für Vermehrung dieses Materials. Verträge wurden abgeschk»-
sen, die regelmässige Lieferung von Kriegsmaschinen rad-
chem. 1364 verpflichtete sich Johann Stuke, dem Bathe n
Lübeck al^ährlich ein „machinamentum sagittarium, vnlgari*
ter eyn schietende werk^' zu machen, was denn anch filr die
drei nächsten Jahre (nur für diese sind wir berichtet) ge-
schehen ist ^). Auch aus andern Städten sind uns derart^
Kontrakte erhalten; die Verhältnisse sind, wie auf so man-
chen andern Seiten städtischen Lebens, überaus gleichartig.
Wie für die Vertlieidigung, so musste auch für auswärtige
Kriege die Stadt sich zunächst auf ihre Bürger stützen, be-
sonders seewärts. Als 1374 der lübecker Bath von der Bürger-
schaft einen besonderen Schoss und Vorschoss verlangte und
die Matten erhöhte, baten die Aemter um Abstelhmg der
Neuerungen und beriefen sich unter Anderm darauf, dasa sie
dem Rathe stets willig gewesen seien zu Wasser und zu Lande
mit Leib und Gut und femer gern sein wollten zu allen Zeiten,
wenn der Bath es begehre, und lieber sterben wollten als ge-
schehen lassen, dass dem Rath ein Unrecht begegne *). Nodi
100 Jahre später sind die Aemter dem Bath zu Kri^^ensten
verpflichtet, 1471 müssen sie ihm 115 Beiter stellen, im folgen-
den Jahre 90 gegen die Engländer (up de Engeischen) zur
1) Lüb. Urkdb. Rh n..497. Vgl. Rüdiger, Die tlteeton hamlmrg. Zunft-
rollen S. 2; Lttnebg. Urkdb. II, n. 806 ; Liv-, Est- und Knrld. Ui^db. III,
n. 1038 b.
2) Wehrmann, Lttbeck. Zunftrollen S. 41 Note: Wente gy dat wol weien,
dnt wy ju wyllich hebbet ghewesen to l&nde nnde to watere myt lyre viide
myt Rudo unde noch gherne don wyllcn to allen tyden, wan gy des van ans
bcfi^hcrcnde syht, unde wy weiden alle sterven nmme jnwen wyllen, er wy
ju zcghcn vorunrechteu.
f«feii Waldeaiar. 297
Beschtttsnng einer Ittbeddsch^ Flotte auf der Fahrt nach
Flandeni; damals und auch noch später Hessen sie die jflng-
stra Meiste dienen , stellte aber auch^ schon Soldtnippen ^).
Dass der Rath wenigstes gegen Ende des* 13. Jahrhunderts
geradesu zur Heerfahrt konskribirte, erfahren wir aus der
Einforderung eines Tidemann Lange zur f^Reise^^ nach Nor-
wegen (wahrscheinlich 1284). Um diese Zeit waren auch ca
70 hlbeckische Bürger zur Haltung von Streitrossen und 6e^
waflfheten verlachtet, die auf den Wink des „Vogts^ bereit
sein mussten *). Besonders die zahlreiche und wichtige Scbifis-
mannschaft setzte sich wohl fast ausschliesslich aus Städtern
zusammen. Dass städtische Rathmannen den Oberbefehl in
Heer und Hotte hatten und Gehorsam fanden, lässt mit einiger
Sicherheit darauf schliessen, dass das bürgerliche Element im
Heere der Städte die Hauptrolle spielte.
Daneben hatte aber doch auch schon im 14 Jahrhundert
das Söldnerwesen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung;
zu bequem und zu vortheilhaft war dasselbe für <fie geld*
kräftigen Städte, als dass sie es nicht hätten adoptiren sollen.
War auch der Reiterdi^st in den Städten noch nicht ganz
abgdtommai (noch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts
wird in Wismar und Lüneburg Wachtdioist zu Pferde ge-
leistet) '), so bestand doch auf weiteren Heerfahrten die grös-
sere Menge der Schwerbewaffiieten wohl vorzugsweise aus Sold-
truppoi : Ritterbürtigen und Ritterdienste Thuenden mit ihren
Knappen und Knechten. Daneben warb man auch Leichter-
bewafhete an, Leute vom gemeinen Volke, de populo vulgaris ).
1) ebd. S. 111 ff. Sollte wirklich an Reiter so denken eelnf Die QueUe
wird ,,nitere^ Iiaben. Aber f,nitere tor see'* sind im iptteren Mittelalter ein-
ÜMbe Kriegtkneehte.
t) Lflb. Urkdb. 1, n. 749, II, n. 1016, 1017.
8) Bnnneister, Wismarsclie Bflrgenpr. S. 1 ; Tgl. Mitiseh, Das Sldisische
Heergewite and die Hobteinisch-Ditmarsisehe Basemrftstmig, Jabrb. f. Landkde
d. Hafthttmer I, 886 ff.
4) In dem Entwürfe eines Vertrafes awischen den Städten Wüd melureraii
298 ^' ^^ ^'^^ ^^'^
Auch mancher BOrgcr diente um Sold >); die nie ersterbende
deutsche Waflfeidust und Hangel an Erwerb in der KriegBidt
mochten dazu geneigt machen. Zahlreich sind die Nachridhtoi
über Anwerbungen und Soldzahlungen f&r den ersten Kriq;
gegen Waldemar*). Adlige Herren und Andere treten mit
ihren Dienern und Genossen fär längere oder kOnere Zeit in
den Dienst der Städte. Manche Ton ihnen haben gOum
Gefolgschaften um sich gesammelt, der Anfang der SOUmf*
fahrer und grossen Söldnerhaufen des späten Mittelaltera So
schliessen die Grafen von Wunstorf mit Lttbeck einen Vertrag,
in dem sie sich zur HerbeifQhrung von Gewafheten verpflidi-
ten'). Am deutlichsten erkennen wir, mit Hfllfe der KSm-
mereirechnungen^), die Art der hamburger Rtlstung. Otto
von Estorp und Bertram Haselhorst hatten es ObemammeB,
für den Rath die nöthigen Kriegsmannschaflen zu werben.
Ausser dem höheren Solde als Führer erhielten sie dafür eine
besondere Gratifikation, praerogativa. Die Soldlisten geben
uns einigermassen Auskunft Aber die Zusammensetzung des
Haufens. Neben den eigentlichen Kriegem führte er dnen
Arzt, zwei Bäcker, drei Köche und drei Pfeifer (fistulatores).
Dass Musiker auch sonst die Ausziehenden begldtetoi, beweist
die Abrechnung über eine lübecker Seeausrüstung, die Aus-
gaben für 2 Pfeifer aufführt, ja sogar für 6 joeulatores, Gaukler ^).
Waren nun auch die Soldtruppen von hervorragender Be-
FUrsten verpflichten sich erstere neben SOO Bittern «ad Knippen (niilitibiu et
fKmoUs) 600 Bewaffnete vom gemeinen Volke sn steUen (nltr» hoo csn (00
nrmatis de popolo valgari) , H. B. I, n. 296 § 5.
1) Z. B. Lub. Urkdb. HI, n. 425, 502 n. Anm. , n. 4— IS, 20, S7. Vgl.
auch U. B. I, n. 310 § 5, n. 287 § 20, n. 812 § 1.
2) Lab. Urkdb. III, n. 424, 425, 427, 482, 461, 47^, 475, 478, 502, be-
sonders S. 510 ond 532; vgl. n. 454 aud 492. Für Bostock H. B. I, a. 312.
Für Bremen Brem. Urkdb. UI, n. 182 u. 183.
3) LUb. Urkdb. III, n. 454.
4) S. 86 ; vgl. Nordalbing. Stadien I, 85.
5) 61 1, sol. pro duabas fistulis, item 10 aur. 5 jociüatoribiis, Ltlb. Urkdb. i
III, n. 737 S. 810.
fegen Waldeautr. 399
deutung im städÜBchen Heerwessen, so lag doeh die Ftthnrng
in erster Lmie in den Händen von Bflrgem, Baths^edem der
Städte. Ausdrücklich wird uns das berichtet jRbr den zwdtea
Krieg, während wir aus dem ersten allerdings nur gelegentlich
v<m bürgerlichen Hauptleuten erfahren, von Eolberg, Rostock,
Bremra^) und besonders v<m Lübeck. Sein Bürgormeisttf,
Johann Wittenborg, aus einem alten lübischen Rathsgeschlechtei
der schon auf der «itscheid^den grei&walder Versammlung
den Vorsitz geführt hatte, war der Oberanführer des hah-
sischen Heeres. Graf Heinrich von Holstein, dem lange der
Oberbefehl zugeschrieben worden ist'), hat man damit eine
unverdiente Ehre erwiesen.
Zur festgesetzten Zeit oder etwas später, um die Scheide
des März oder April, scheint sich die hansische Flotte ge-
sammelt zu haben. Sie war stärker, als sie vertragsmässig
hätte zu sein brauchen. 48 Schiffe mit 2440 Bewaflhetai hattai
allein die wendischen Städte unter sich vertheilt, allerdings
nur, wie die späteren Abrechnungen beweisen '), 2240 wiridieh
1) IL R. 1, B. tf9 (10: De prerogaiWa eapitaneit eoBMlaribiu fiiciüMla,
de s«i» coBftularilMU eapitaiieia. Die den „imthminniichen HanpÜenten ••
■Mckeade Prirogatire** war ohae ZweiiU eine besondere Verfiteng f&r die-
selben. Deaiaecb ecb^nen nmob die von Stralnmd, Stettin, nnd Kiel been-
eprmchten pmerof «tiTee enpitMieonun «uf biigerUobe Hnnpllente binsrnweisen. —
Ancb von Rostock werden swel geCuigene Batbsberren erwibnt (Priedr. Smder»
I«ad nnd Job. Knie, Hans. OeMsbbl. 1S7I, S. ISO A. 1), die mit der boben
Sname von 1000 Maatk fein geldet werden und gewist als Fibrer am betraebten
sind, U. R. I, n. S99 § 6, vgL n. S07 ( 9. Der bremUcbe HanpHnann war
Bftrgenneister Bembard von Dettenbaseo, RTnesbereb-Sebene bei Lappeaberg,
OeeeblcbtsqneUen des brem. Rraetifb S. 107. Kapitaine (Sebiflinr) der Haa-
bnrger Koggen waren Heino von Baren and Sweder, aber die eigentlieben
Leiter scbeinen die Batbsberren Ueraann Biseboping «nd Hartwiob von Hacbede
gewesen an sein^ Klmmereireebn. I, Sl II. — Der RathaMan Jobann MettMler
von Labeck fObrt die Stidter vor Borgbolm, Lüb. Urkdb. III, n. 47S.
S) Bis aaf Sobnif Dahbnann and selbst Jaagbaas and Fock. Koppmana
(H. R. 1, S. If9 ff.) bat aoerst aacbgewiesen , dass Jobann Wittenborg Ober-
anfllbrer der Stidte gewesen sei. Ibas scbllessea sieb an Mantels in den bans.
Qescbbl. 1S71, S. 116 ff nnd Reinbardt a. a. O. S. 167 tL
3) H. R. I, S. 268 Q. 335 ff. ; vgl. U, n. 9 $ 1 and III, S. t60.
300 X- X>^ «t« Kxkg
aufgebracht: 600 von Lübeck, je 400 Yon Bostock und Stral-
sund, je 200 von Wismar, GreifiBwald und Stettin, ICD ton
Eolberg, je 50 von Stargard und Anklam und 40 von Kid.
In den Verhandlungen mit Norwegen zu Bahus im Jahre 1370
behaupteten die Städte, mit 1000 Mann mehr in den Sand
gekommen zu sein, als sie eigentlich hättai aufinibringen brau-
chen 1). Rechnet man zu jener Zahl die SOO Hamburger und
Bremer und etwa noch die im Suqde anwesenden Stkderaeeischea
hinzu, die allerdings am Kampfe keinen AntheQ genommeD,
sondern nur zum Schutze ihres Handels dort gelegen haben,
so erhält man in der That gegen 3000 Mann als die Stäike
des hansischen Heeres*).
Und dabei waren nur die eigentlichen Truppen gezählt,
1) H. R. II, n. 8 § 1 : Venimiu ad passagiom OrMsnnd oam gente aoitra
doputata, ultra quam eciam addozimiis b«ne miUe annatos.
2) Zu dieMm Resultate kommt aueh Reinhardt in aeiner TortreflUchea
UDtenachuDg: Til Belysning af nogle Punkter i Valdemar Atterdaga mslorit,
Bist. Tidaskr. 4. Rskke IV, 185 ff. Nur scheint mir die Annahme, dais
die fiberschtlssigen 1000 Mann noch an den S740 (der von den Btidimi nnler
sich vertheilten Zahl) hinsugerechnet werden könnten, gans and gar onaidiMig.
Aach ans der Angabe Detmars (an 1868), daas die Lflbeoker 1500 llaaa
hätten SU speisen gehabt, während sie doch nur 600 Bewaflbat« angesagt
lintton, SU folgern, dass sie in Wirklichkeit mehr als 600 Maan ansgertstst
haben, ist gewiss unstatthaft. Denn aus dem Schreiben der lAMaehen Heir*
fUhrer im aweiten Kriege (Lftb. Urkdb. UI, n. 698) wisaea wir, daae ale 1861
nur 860 Gewaffhete im Heere hatten, wihrend sie 1100 Mann Terpiegten.
Schwerlich hat also Lttbeck wesentlich mehr Mannschaft gestelU ala dl« ftb«-
nommenen 600 und ebensowenig die flbrigen Städte. Aach die darauf basirts
Annahme Reinhardts, dass die Zahl der Schiffe und Maschinen eine grSssTS
gewesen sei, als die Städte selbst festgesetat, scheint mir nnbegrlndet Wai
die SchiffiB anbetrifft, so lässt sich fBr diese Annahme dnrchaaa kein Grand
anfuhren. Das bei den Maschinen gebrauchte „eft dea aood do" heiaat dock
wohl nur, wenn Maschinen nöthig sind, schliesst nicht die Verpflichtwig dn,
unter Umständen mehr au liefern als die angegebene Zahl. Auf die Angab«
der Chronik im Archiv (II, 886), dass Helsingborg TOn den Blldtarn ans
16 Kriegsmaschinen beschossen worden sei, möchte ich, wie aaf andera An-
gaben dieser Chronik Aber den Krieg, kein entiehddendea Gewicht legen.
Auch können darunter gans gut sogenannte balistae, die jode Kogge fihrte
(A. Ilanib. Kämmrechn. I, 88 u. Lüb. Urkdb. 111, n. 787) mit elBgeacUos-
sen sein.
giifltn Waldeauur. 901
die BmMUfinimg der Sdiiflfe, die Bedienung der Wurfmaschinen,
dar ganie fibrige Tross niGht mit eingerechnet. Dass dieser
kdnegwQgs unbedeutend war, sehm wir an den Lübeckern, die
ti^Udi 1500 Mann speisten, während sie doch nur 600 yer-
tagmigsig geateüt hatten, erfahren wir aus dem zweiten
Kriege gegen Waldemar, wo 260 Oewaflfhete im Heere waten,
fdoreüd man 1100 zu yerpflegen hatte. Wendet man diese
Zdilanrerliiltnisse auf das ganze Heer der Städte an, so er-
8(Mnt es nidit unwahrscheinlich, dass eine Gesammtzahl von
ft-8000 Menschen .in diesem Feldzuge in städtischen Solde
und städtischer Verpflq^g stand.
Schifie hatte man im Ganzen 52 aufgebracht, darunter
27 Koggra, die eigentlichen Schlachtschiffe der Zeit Schwer-
lieh hat man schon im Frieden Kriegsschiffe bereit gehalten.
HMite die Schndligkeit, mit der Seeansrflstungen bewerk-
stelligt werd^, dafür sprechen, so wird uns doch andererseits
ivdrllcldicfa flberliefert, dass die f&r eine Expedition nöthigen
Sddfle erst erworben, nach den Kric^ wieder verkauft wer-
da, auch das Recht der Requisition von Schiflfoi von den
Bttdtischen Magistraten geübt wird ^ ). Was über Bauart, Grösse,
Bonannung der Koggen, dieser in der hansischen Seefahrt
wkfatigsten SchiflEsgattung zu sagen ist, hat Fock in seiner
wchnlidien Darstellung zusammengestellt'). Doch genügt
es nicht vollkommen, um sich ein klares Bild von diesem so
oft genannten Fahrzeuge zu machen. Die Kogge scheint ein
nisrives, stark gebautes, dabei hochbordiges und vom und
hinten abgerundetes Schiff gewesen zu sein, in der Form den
loch liente von Friesen und HoUändem gebrauchten Kuffen
(Kogge?) und TJalken am meisten vergldchbar, nur höchst
1) Boibs. UBmerdrecho. I, TT : Dedfams ad gwerru contra regem Dacie
M 15 '•bMUit fc Stadto npra libsmam, ridelleet coggonem; S. Tf : l>e
Hgfu»! dvitilb TtBdtto per SCeenbeken In Lnbeke 80 HJ. Item 4A {6 ^ ^
«e. — We^ea d«r Beqmieitlon s. H. R. I, n. 440 A. 14.
t) ▲. a. O. II, 108, Ul, 145 n. S59.
302 X- D« ««te Kritff
wahrscheinlich weniger lang^); oach daas sie nur einen odff
höchstens zwei Masten führte, erinnert an diese. Ihre Grttte
war, in Vergleich zu den SchiflGskolossen unserer Tage, one
sehr geringe, aber für die Zeit nicht unbeträchtlich. Fod be-
rechnet sie auf ca 100 Last; jedenfalls sind in den norddeut-
schen Städten Schiffe über 100 Last im 14. Jahrhund^ wohl
noch nicht häufig, solche von 150 ausserordentlich selten oder
überhaupt nicht vorhanden gewesen'). Im Yerhiltniss xor
Grösse war die Bemannung eine starica Erscheint noch heut-
zutage Jedem, der einmal eine Seereise gemacht hat, die
Kunst bewundemswerth, mit der man es auf ScfaiflEon ve^
steht, möglichst viele Leute in einem mdg^chst engen Banme
unterzubringen, so zeichneten sich unsere Vorfiahren noch weit
mehr in dieser Kunst aus. Es war bei ihnen nicht anders,
als nodi jetzt in Kulturzuständen, die mit den damaligea
unseres Erdtheiles manche Aehnlichkeit bieten'). Die Kogge
fasste 100 Schwerbewaffnete, daneben eine zahlreiche Schifii-
mannschaft*), Wurfinaschinen mit ihrer Bedienung, sonstigei
Tross, unter Umständen auch noch Pferde. Durchschnittlich
1) Von einem Helgolftnder hdre ich, dasi dort nnd in Husviii noeh jetft
der Name Kogge Air eine gewisse Schiffsgmttnng gebraucht werde, dass logu
noch sur Zeit (1876) 8 ,,Koggen'* im BesiUe helgollnder SehiflSielgeBthlBicr
seien. Diese Koggen sollen sich durch knrsen, dabei breiten utd hohen Bu
Ausseichnen, vom und hinten abgerundet, grosse Schwerter, Kafliakelage ohM
Raaen. KuflT nnd Tjalk seichnen sich jetst eher durch Länge als durch KÜric
aus. Uebrigens stimmt jene Betchrelbung mit den wenigen auf Siegeln uad
sonst (Miniaturen sum hamburger Stadtrecht Ton 1497 ete.) eriialtenan Ab-
bildungen.
2) Vgl Hirsch, Dansigs Hand. n. Gew. Gesch. S. S64.
8) Den obem Nil befahren noch jetst Barken , die bei einer OrBiie Toa
30 — 60 Tonnen 50 — 80 Mann Besatsung und nicht selten im Gänsen aa
200 Menschen an Bord haben, s. Schweinfnrth, Im Hersen too Alirika I, 64.
4) Sie sählte mindestens 80 Mann, denn so Tiele reap. IS worden aaf
rostocker Koggen von den Dänen gefkngen genommen (H. R. I, a. §11). Dit
yrefangene Bedienung der Masckinen (schüttelnde) auf jenen Koggon betrag
14 resp. 12. — Die Schiffiimannschaft der beiden hambuiger Koggen war
mindestens 50 Mann stark, KXmmrechn. I, 86.
f«fen WaldMUur. 308
^ lecbnete man auf jede Tonne Schiffsramn, abgegeben yon der
■ Memfinnischen Besatzung, einen Mann zur Vertbeidigung^).
> Et kam in jener Zeit, die aucb den Seekrieg nacb den Prin-
i oipien des Landkriegs fübrte, vor allen Dingen darauf an,
li tteric an Mannscbaft zu sein. Die besten Kimpfor wurden
i dabei in die auf Hinter- und Vorderdeck festungsartig aicb
I «nfbauendai Kastelle und in den hocbgelegenen, Alles beberr-
■ehenden Mastkorb placirt, vorzugsweise mussten die Schützen
Ton diesen Punkten aus dem Feinde zu schaden suchen. In
der Mitte des Schiffes zwischen d^ beiden Kastellen standen
dann auf Deck die Maschinen, um ihre Geschosse (Balken,
Steine, Stangen, Pfeile und Wurfspiesse) auf das fdndlicfae
Schiff zu schleudern.
Neben diesen schwereren Schiffen versahen kleinere, die
^^iggen^' (Schnecken, Schlangen?)*) und „sehnten^, den leich-
terai Dienst ; die hansische Flotte zählte deren im Ganzen 24.
Sie dienten zum Transport von Menschen und Lebensmitteln, zur
Verbindung der Flotte unter sich [und mit der Heimat, zum
PUnketn und Kundschaften und zu Landungen an seichteren
Kflstenstellen. Auch Kaperdienste mSgen sie geleistet haben.
Die „snigge^, die nordische, kleinere Schwester der Galeere, war
lang und schmal gebaut, offen und für Buder und Segd zu-
1) Hads. Geschbl. 1874, S. 65 n. 7.
t) Eigenthfiinlich ist die so htafige Beselchnnng der Schiflkgattangen mit
Ttilemmen: BMce heissen noch Jetit die grosseren, BaUen die kleineren
OberweMrkiliBe , Matten die Bmaschiffs, Srer die Fahrienge der Nied^lbe.
Aach Kogge, Koff hat wohl eine solche Bedentang (ahd. chocho, ital. eochio,
▼gl. fnu coehon, die niederdeat»che Kinderbeseichnong knfswtn). Sonst vor-
komnnende Beseiehnnsgen Ar SeldflSs sind : Holk (die grOsete Art der Koggen),
Krejtr, Barte, Balinger, Bnsen, Einer, Espiag, Bording, fir Flassschiffe
kankel, bolscip, Prahm (promptnarinm) , tnnget sckip (navis lingnata), man-
kan, envar, lenthadesch k£n, Eichen (&), amae«!«!, katta«, bomansehyp (so
machte ich H. U. I, n. 57S mit der Handachrilt leaen; die Koi\fektar Lappen-
bergs und Höhlbaoms „bodmentekyF** hnHe ieh.fikr nnrleitig; ieb danke dabei
an ein ana einem BanaataaBa enfaiiBliltas Sehü; wie dofen in den baltiaehen
Provinsen, in Finland nnd Basaland noah heati gebribichlieli).
304 ^' I>w «nte Kxitg
gleich eingerichtet Die Schute, noch jetst an den Kttaten der
Nord- und Ostsee gebräuchlich, ist ein bedecktes, dnmastiges
Segelschiff. Beide Schiffe waren von geringer Grtsse; die
Schute fasst höchstens 50 Tonnen; doch kann das fftr oae
Zeit, da man überhaupt gewohnt war, das Meer mit kkineren
Fahrzeugen zu befahren als jetzt, nicht aiiAMlen, Sdbrt m
diesen kleinen Schiffen fand eine starke Mannsdiaft PhU;
35 Seeräuber werden auf einer Snicke erwähnt, die auBBoden
noch gefangene Kaufleute barg ^).
Die Kriegsmaschinen werden als „treibende oder sdue»-
sende Werke'^ und als Bilden unterschieden; Ton ersteren, den
grösseren, hatten die Städte 3, ¥on letzteren 5 anfgesUliL
Beide hat Fock genau besprochen*), jene abweichend tob
Jjappenberg und Dahlmann, aber jedenfalls das Bichtige tref-
fend. Das treibende oder schiessende Werk warf Balken oder
mächtige Pfeile in wagerechter Bichtung, arbeitete also gieick
einer riesigen Armbrust Dass Bau und Konstruktion einer
solchen Maschine umständlich genug waren, beweist der sdMi
erwähnte Vertragt), durch den die Stadt LQbeck einen b-
genieur mit der alljähriichen Erbauung eines solchen Werkes
beauftragte. Einfacher und wohlfeiler war die Blide, die ge-
bräuchlichste Wurfmaschine des Mittelalters, die Steine oder
andere schwere Geschosse im Bogen g^en den Feind warf;
die Städte waren daher auch reichlicher mit ihr verseheo.
Dass die hansischen Krieger auch feurige,, zündende Körper
mit diesen Maschinen zu werfen verstanden, unterliegt keinem
Zweifel; weniger sicher können wir entscheiden, ob sie auch
Schiesspulver anwandten. Fock hat auch diese Frage eio-
geh^d und erschöpf ^d untersucht^). F^erschützen werden
1) Lab. Chron. II, 888 sn 1460.
2) A. a. O. II, 186 ff. und IH, 146.
8) Lfib. Urkdb. III, n. 49T; s. ob«n S. 886.
4) III, 863 ff. Eine Stelle der hambnrger KimmeTvireclmg. mfcliie hier
noch herangezogen werden : 4 8 pro carbonibns, martchoty I, SS.
g««en Waldamur. 806
Während und schon vor den waldemarischen Kriegen in Lflheck
crwAhnt, dicht nach dem 2. Kric^ (1372) kennt man sogar
im der kleinen Stadt Bipen Schiesspolver (büssenkrud), die
Wahrscheinlichkeit spricht also dafür, dass man auch in den
Hansestädten, den Handelsmetropolen und Vermittlern alles
Neuen f&r den Norden, die neue Erfindung kannte und benutzte.
Man würde sich ein unvollkommenes Bild von dem Heer-
i wesen der Zeit und der Art der Kriegführung machen, wollte
man nicht auch einen Blick auf die Verpflegung der Truppen
I warfen. Dieselbe geschah in erster Linie direkt durch liefie-
nmgen der Kriegsherrn, daneben aber durch eine Art von
Marketendern, die auf eigene Gefahr dem Heere mit Lebens-
mitteln folgten^). Dass in Feindesland dieses den Unterhalt
liefern musste, soweit es nur eben im Stande war, braucht
wohl kaum erwähnt zu werden, auch dass dabei regellose
Hflnderung und geordnete Requisition bunt durcheinander-
liefen. Zu Letzterer waren die Hauptleute auch gegenüber
städtischem Eigenthum berechtigt, wenn die Bedflrfiiisse des
Krieges es gerade forderten*). Durch die hamburger Kam-
. mereirechnung^i, lübecker und stralsunder AufiEeichnungen er-
halten wir einen erwünschten Einblick in manche Einzelheiten
dea Verpflegimgswesens. Auffallend im Vergleich zum Brauche
unserer Zeit erscheint da zunächst der massenhafte Kerkimsum.
Von 750 Mark, die die Stralsunder im zweiten Kriege vor
HeLringborg für die Verpflegung ihrer Mannschaft ausgaben,
sind allein 560 Marie auf Bior verwendet wordoi'). Dass
I) Vgl. H. R. I, n. 440 B ( 11.
t) «bd. III, a. 81.
S) ebd. I, n. 4f 9. D* dtr PnU eiiMr LMt Bier dnrchsehnltaieli 10 Uuk
oder etww darfiber betrag, so wiren demiuieh c« 55 Lest eontomfart ■■ 660 Tob-
Ben k 180 QBATt. Die StraltBBder bfttteB 100 BewmAiete gestellt; die Lft-
beeker, welehe 500 Mabb gestellt ballMi, TtrpflegteB llOOPflnoBea, demaacb
die Stnüsmtfder m5glleherweise aa 700. Es kommt tlso B«f dea Mbbb, wobb
BiBB diese bebe Zahl aaBimmt, c« 1 Toaae Bier «- 180 Qaart •» 861 Liter.
Sckiftr, DI« HuMttidto. 20
dies k%ine auf besondem GrOnden bdrahende Abnonnitftt ist,
scheint mir daraus hervorzugehen, daas von 2639 Mark, nddie
die Lübecker auf eine voUst&ndige SeeansrOstung, Sdiiffie, fMA,
Geräthe u. s. w. eingeschlossen, verwendeten, nahem */5, sin-
lieh 1140 Biark fQr Bier ausgegeben wurden ^), dass die Hib-
burger bei einem Gesammtaufwande von 985 Pfimd Ihr die
Verpflegung fast 344 Pfund für Bier zahlten*). Der Mangd
des Kaffees, der bei der Verpflegung unserer Heere «ine so
grosse Rolle spielt, mag ein Hauptgrund gewesen sein ftr
diesen starken Verbrauch von Bier. Jedenfalls ist daasdbe
nicht nur getrunken worden, srnd^n hat auch in der Klldie
vielfach Verwendung gefundmi. Sonst würde nicht zu eiUirai
sein, dass 20 Mann ßn einem Tage durchschnitüidi eine Tonne
Bier verbrauchen, dass 18 Tonnen jährlich auf den Mann ge-
rechnet werden und selbst auf eine Klosteijungfran 14 *). Die
Ernährungsweise zu Hause hat sich nicht allzu sehr unter-
schieden von der im Felde, und so gewähren uns die Kriegs-
kostenrechnungen zugleich einen interessanten Einblick in jene
und geben uns ein Bild von der Wichtigkeit der Bierbraneni
als städtischen Gewerbszweiges. — Neben dem Bier bfldei
Brod und Mehl, Bohnen (mehr als Erbsen), Fische (besonden
Dorsch und Häring, daneben Stör, Lachs und N«mangen)i
Ochsen- und Schweinefleisch, Butter und Käse die hauptsäch-
lichsten Bestandtheile der Heeresverpflegung. Dass wenigstens
die Führer es nicht vergassen, sich feinere Genüsse zu ver-
schaffen, beweisen wieder die hamburger Kämmereirechnungen,
Die St&dter lagen wohl *|^ Jahr oder UUiger tot Helaingborg. Sdiwarlleh
handelt es sich um den Konsum fttr die gtazt Zeit, sonst hitto di« tigliebe
Ration des Mannes an Bier das darohans nicht auffallende i^naatiim von ca
1 Liter betragen, voransgesetst, dass obiger Maanschaftsanechiag riehtig ist
1) Lüb. Urkdb. III, n. 7S7 S. Sil: Item SOG mr. minns SOmr. pro c«^
visia item 660 mr. pro cervisla.
2) Ilambg. Kftmmereirechng. I, S8.
3) Danske Magasin I, 198.
Waldeauir. 507
fie Mandflhi, Feigoi, Safran, Pfeffer (damals sehr kostbar),
Iigwer,Hoiug8etmal8Yeri^egimg8geg«mtAndeaiifi^ Eben-
feHa almeidMBd von unserer jetzige Einrichtung , bei der
yrier Soldat ffir seine eigene Küche sorgen muss, f&hrten die
ffciriliwn Abtheilong«! besondere Köche mit sich, bei den Ham-^
hwnum einen Oberkocfa, einen grossen und einen kleinen „Unter-
Neben dieser wohl ausgerüsteten und geordneten Heeres-
Lt bediente man sich noch einer andern Art der Krieg-
;, «Be den handdtreibenden und seekrälügen Städten
lag, der Kaperd. Es scheint, als ob die Hansen sich
dsnelbeB vorzugsweise zugewandt haben, wenn sie militärisch
lidit mehr leistungsfiüiig waren. Nach dem unglücklichen
AtBgange des Feldzugs von 1362 gaben sie im Herbst Kaper-
feriheit gegen die Dänen '), und als der mit diesen geschlos-
MM Waffenstillstand Anfang 1364 zu Ende ging, und man zu
kriegerischen Massregeln noch nicht bereit war, griff man so-
iftkh wieder zur Kaperei, um dem Feinde zu schaden').
lUUL wurde alle Vorsicht angewandt, um Feindseligkeiten
logen die eigenen Bürger zu verhüten, die in jenen Zeitffli,
M jede Gelegenheit zum Rauben und Beutemachen zahlreiche
HiDde bereit fond, sie zu benutzen, nur zu leicht möglich
wann. Wurden doch die eigenen Söldner der Städte, die
nlnrscheinlich nach der Niederiage des Heeres sich als rau-
b«ide StreifEü^^^ (vispili<mes) von diesem getrennt hatten,
te Hannen nicht weniger verd^blich als den Fdnden^). Be-
1) HMBbg. Klnaereireehn. I, 88 ttnd 86.
9) H. R. I, n. 867 ( 8 Tom 8. Oct. 1868: Qaod qoivU rab tno proprio
TtUflear« poterit, rsgi Uaoie, suic tt predictarum dviUtun inimicU
Mctado «t dampnis eisdem inferendo.
8) ebd. I, n. 810 % 6. Vgl. n. 800 § 8 S. 850; a. 801 ( 6.
4) Lfib. Urkdb. III, n. 567 : Qnod «tiqne talw proioUti TiipilioAM tttnc,
mm iN^funodi tpolbmi porpotrirttnr, nostri non oraat ÜUBÜiMra«, ymmo nostri
pdbttei «onili «t adversaril, qaemadmodiim Adbac tuiit in prMeati, qai aon
20*
306 ^ I>«r «to Kiltf
vor ein Kaper auszog, mnsste er dmth Pfiuid oder BllrgBchaft
seiner heimischen Stadt Sidieriieit geben, dass er nur Feindai
nicht den Freunden Schaden thne. Erst dann bdoun er dses
Brief, nm ihn der Untersttttsimg der befrrandeten Stidte sa
empfehlen ^). Dass aosserdem jedes aoslaiifiBnde SchüF nir
Vertheidignng bereit ond gerüstet sein mnsste, bedarf kaum
der Erwähnung. Wie man überhaupt nicht unbewafihet ging,
so am wenigste der Kaufmann und ächiffer, der kostbare
Waaren Aber See führte; er versah sein Schiff mit Allem, wts
noth war, um es wenigstens nicht jedem ersten besten ohne
Kampf überlasse zu müssen. Damit es Niemand an der nS-
thigoi Fürsorge fehlen lasse, unt^liessen die Stftdte auch nidit,
Anordnungen in dieser Richtung zu treffen').
Viel mangelhafter sind wir unterrichtet über das dftnische
Kriegswesen der Zeit Die alte waldemarische Wehrverfisissung,
die auf der Eintheilung des Landes in „Schifbreden^ und auf
d«n Bossdienst des Adels beruhte, war l&ngst durchbrodm.
Schon Erich Menved hatte es für nöthig gehalten, sie dnrdi
eine neue Ordnung zu ersetzen, 1304 die Stellung einer Kogge
von je 10000 Mark Einkünften zu verfügen. Doch scheint
auch diese Einrichtung nur einen vorübergehenden Charakter
gehabt zu haben. In den Wirren der n&chsten Jahrzehnte
scheint vollständige Auflösung eingetreten zu sein. „Alles, was
die Kriegsverfassung anging, wurde mehr Sache des Zofidb
als des Gesetzes^^ '). Dass Waldemar Atterdag, der seine
Schule in Deutschland an Fürstenhöfen durchgemacht hatte, die
das Soldwesen genau kannte und mit Geschick verwertheten,
solom Teitros ▼emm ocimm alios bonos hominei similiter et not et noitntii
eodem prescripto tempore spoliarunt etc.
1) H. B. I, n. 810 % 6.
i) ebd. I, n. 418 S. 874 und n. 469 ( 6.
8) Vgl. Jahn, Almindelig Udslgt over Nordena, iaar DaamArka Krig»-
▼«•en i Ifiddelalderen S. 74 u. 180.
g«|^ Waldemar. 309
den Beiiai Kniich ebenfialls aimahm und in erster Linie als
Machtmittel ausnutzte, kann keinem Zweifel unterliegen. Ab-
gesehoi von direkten Zeugnissen, die uns Söldner in seinem
DiflDate xeigen — der deutsche Adel und der d^tsche Kriegs-
knecht spielen auch hier die Hauptrolle — weist schon der
grosse Werth, den Waldemar auf Geldanhäufung legte, und
die Art, wie er es verwandte, darauf hin, dass ihm klar ge-
worden war, wo der Kernpunkt politischer Macht in jener
Imt lag. Dass er aber neben Söldnertruppen auch die kriege-
risdien Kräfte des Landes selbst direkt zu verwertben suchte,
kam nach seinem schon geschilderte Verfahren ebenfalls nicht
bnweifelt worden. Die Rücksichtslosigkeit, mit der er sich
dabei Aber die herrschend gewordenen Anschauungen hinweg
aetste, hat wohl nicht am wenigsten dazu beigetragen, sein
Regiment verhasst zu machen. Zugleich fOr den Waffendioist
und fOr die Verpflegung des Heeres scheinen die Kräfte be-
sonders der Bauern angespannt worden zu sein. Durch Zahlen
n iadren, in welchem Umfange das geschah, ist aber voll-
sündig unmöglich. Wie wir gesehen haben, verspricht Walde-
Bar einmal, ein Heer von 12000 Mann aufzubringen. Im
Kriege mit den Städten hat er jedenfalls nur über eine weit
geringere Heeresmacht verfQgt Auch seine Flotte war d(^
hansischen offenbar nicht gewachsen — in beiden Feldzttgen
bdierrschen die Hansen bei ihrem ersten Auftreten die See,
wenden sich sogleich zur Belagerung fester Plätze — obgleich
er gerade, wie es schon in den Verhältnissen und in der histo-
rischen Entwicklung lag, der Ausbildimg der Seemacht sdne
Hanptaufinerksamkeit zugewandt haben soll. Auf der weit
vorspringenden Landzunge Knudshoved bei Wordingborg soll
er ein ständiges Lager von Bootsleuten gehalten haben, dort
seine Flottenstation gewesen sein, in der That ein wohlgewählter
Ort fbr Operationen in jeder Richtung, besonders aber gegen
die dratsehe Ktkste hin. Ueberhaupt soll Wordingborg in seiner
310 ^- I>^ «nte Krieg
Zeit, wie schon früher unter seinen grossen Namensvetten,
eine hervorragende militärische Bolle gespielt haben; die staika
Befestigungen des Orts, von denen der Thunn in der Mitte,
der „Gansthurm'S angeblich der Kerker der geEaagenen Hn-
seaten, noch jetzt steht, werden ihm zugeschrieben^). A«
der festen Stellung, die er dort inne hatte, erkl&rte man aneh
seinen Sieg über die Hansestädte im ersten Kriege'). Dodi
sind wir über Waidemars Massnahmen für diesm Krieg vidl-
ständig ununterrichtet. Nur das wissen vrir, dass im AipA
zwei seiner grossen Schiffe auf der Höhe v<m Möen Wacht
hielten, das Ansegeln der hansischen Flotte erwartend *). Der
weitere Erfolg lehrt, dass dies schwerlich die dnzige Hass-
regel war, die Waldemar getroffen hatte. Er scheint den
Angriff der Hansen in bedächtiger Buhe erwartet zu haboi,
ihm mit Umsicht begegnet zu sein.
3) Der FieldBUg des Jahres 1862.
Schonen, Gotland und Oeland waren in den greibwalder
Verträgen als Kampfobgekte aufgestellt worden. Oeland hat-
ten noch im verflossenen Jahre die Schweden, wie es scheiiit
unter Beihülfe der Städter, zurückgenommen^). Gtogen Got-
1) Antiqumriske Annaler I, 1 ff.
S) Sahm XIII, 763 ff.
8) H. R. I, n. 269.
4) Fant I, 1, p. 58 and Lgb. It p. 896. Di« Beüieillgiing der Stidte schebt
hervonngehen ans H. B. I, n. 299 § 5 : .... stipendio iUornm , qni fmrwA
Kalmarie cnm Johanne Raghen (Rathmann von Stralsund) ; . • . . naulo eoggo*
nis veraas Calmaren (von Wismar). Im November 1861 waren Mde KSoigs
in Kalmar , Oeland gegen&ber (s. oben 8. 286). Magaw wird« dort tob sei-
nem Sohue gefangen genommen ; er beschuldigte später Graf Heinrich tob Hol-
stein, dies gethan .sa haben (H. R. II, n. 40 § 7); jedenfalls ist also Orsf
Heinrich damals in dem ihm verpflndeten Kalmar anwesend gewesen. Et
scheint demnach, dass eine gemeinsame Expedition der drei verbAndeten Michls
Oeland mit Borgholm dem DXnenkonige wieder entrissen hat. Vgl. Lfib. Urkdb.
111, 11. 472. Auch Reinhardt (Hist. Tidsskr. IV, 188 ff.) kommt aa der An-
nahme, dass Oraf Heinrich an einer Expedition gegen Oeland and allerdings
auch gegen Gotland theilgenommen habe. — Bei Fant I, 1, p. 29 und Lgb. V,
gvgeii Waldemar. 311
Und sdieüit man, so viel wir erkennen können, keinen Yer-
•adi ^gaB•€ht so haben. Schwedische Quellen wissen aller-
dings sa erzählen, dass die Goüänder sich geg^ ihren däni-
fichm Vogt erhoben und ihn getödtet hätten ; aber diesen Nach-
richten ist, wie wir gesehen haben, kein Glauben zu schenken.
Die Insel blieb dänisch. Den Städten lag es auch viel näher,
sich dem dritten jener Kriegsschauplätze zuzuwenden. Sie
richteten ihren Angriff auf Schonen, den für sie weitaus wich-
tigsten Punkt
Ausserordentlich schlecht sind wir unterrichtet über die
Ereignisse des nächsten Sommers. Die zeitlich nahestehen-
den und allein glaubwürdigen Chroniken sind karger mit ihren
Berichten denn je, und was uns an urkundlichen Andeutungen
erhalten ist, ist so dürftig und so zersplittert, dass es nur
mit grosser Mühe zu einem lückenhaften und in den meisten
Theilen dazu noch sehr schwankenden Bilde vereinigt werden
kann. Das, welches die nächsten Seiten zu entwerfen versu-
chen, kann nur in einzelnen Theilen unbedingt auf Treue An-
q^mch machen; in den meisten zeigt es die Ereignisse nur,
wie sie uns nach gewissenhaftester Durchforschung und Abwä-
gung der Quellen erscheinen müssen, schliesst die Möglichkeit
eines anderen Hergangs nicht aus.
Schon die Abfahrtszeit der hansischen Flotte ist unbc-
gümmt; es lässt sich Nichts über dieselbe sagen, als dass sie
nicht vor dem 11. April stattgefunden hat^). Die Städter
hatten die Absicht gehabt, Kopenhagen anzugreifen, dessen
Besitz ihnen w^en der Nähe der schonenschen Fischereien
besonders wichtig erscheinen musste; stark genug wären sie
dazu gewesen, meinten sie später*). Aber die nordischen
p. 6t finditt sieh die Nachricht von der Bttckerobertuig OeUnds nach der oben
henuBgeMgenen Chronik, e. Schäfer, dftn. Ann. a. Chr. S. 89, 96, 99.
1) Dm folgt ans H. B. I, n. 269. Vgl. den Exkurs I.
1) H. B* II, o. 8 § 1 : Satis fortes foissemoe ad obsidendam caatmm Cop-
manhaveiie. Durch Verwechalang mit dem iweiten Kriege haben viele spätere
312 X- ^>^ «nte KriiK
Könige hatten die Hansen bitten lassen, sich gegen die Feste
Helsingborg zu wenden, dorthin wollten sie mit ihrer Macht
zu Hülfe kommen so schnell wie möglich ^). Die Stftdter folg-
ten der Anffordenmg. 12 Wochen lang lagen sie vor dem
starken Platze*); die Schweden und Norweger kamen nicht,
sei es, dass sie ausblieben, wie König Hakon sp&ter behaup-
tete, weil die auf sich warten Hessen, die den Vertrag eigent-
lich geschlossen hätten, die Grossen des Beiehsraths*), oder
weil die Wiederfreilassung des Königs Magnus, die in diese
Zeit fallt, nicht ohne innere Wirren vorüber ging^). Johann
Wittenberg hatte die Flotte von Soldaten entblösst*), um
desto eneigischer Helsingborg belagern zu ktanen; nur eine
schwache Besatzungsmannschaft, darunter die Kieler*), war
auf den Schiffen geblieben. Wie auch im zweiten Kriege spot-
tete aber die feste Sperrburg des Sundes, deren starker Haupt-
Chroniken die Nachricht, dmss Kopenhagen von den Stidtem eingCBsnaoi in4
verwflstet worden sei. Sie hat sich bi« auf Snhm und Pahlmann ertaHw
Ihre gftniliche Unhaltbarkeit hat Reinhardt a. a. O. 8. 190 Tortrefllieh nach-
gewiesen.
1) H. K. II, n. 8 S 1 : Sed qnia per Testros nnncios et Ufttvas no« ragsri
feceratis , nt ad Helsingborch diTerteremns etc. und ebd. n. 1 § I : Qood pre-
dicti domini reges per nuncios suo^ et litteras ciTitatensibiis demandaTemt
supplicantes, nt ad castmm Helsingborch direrterent illad inradendOy Ipei vtl-
lent eis cum gente sna quantocios in adjutorium venire.
8) ebd. II, n. 8 § 1: Et jacaimos ante Helsingborch cam magnis expe«-
sis bene ad 18 septimanas adventnm vestmm expectantes.
8) ebd. II, n. S S 4 : Qaod adventnm et anzllinm Ulorun ezspedaviaUi
qni placitaciones istas fecemnt
4) ICai S6 nach Fant I, 1 , p- 44. Dieses Datam hllt auch Suhm ÜMt,
obgleich er eine Urkonde anführt, die beweist, dass die VertOfaBrnng schon ebsr
erfolgt sein muss. Am 87. April schreiben Magnus nnd Hakon too LMte,
dass sie mit Zasiehung ihres Raths eine Versöhnung eingegangen seien, md
verbieten ihren Unterthanen, sich noch femer gegenseitig tu bekimpfen, XÜI,
461.
6) Das zeigt sich auch in der Nothwdtadigkeit, erst S Schiffe tu bemaa-
nen, als man ein durch die Dinen von Kopenhagen ans genommenes dea^
sches Schiff von Helsingborg ans wieder nehmen will, H. R. II, n. 27 : Do da
I)ude<<chen dat segbcii, de vor Helsincborch leghen, do bemanneden se tws
schcpe in deme selven daghe.
6) H. R. I, n. 899 § 4.
f^ftn Wftld«Biar. 313
thurm noch jetart imerechflttert Ober die Meer^ge blickt,
der hwtgiachfln Anstaroigiiiigra , ot^eich Bie, wie die seeländi-
sdie Ghraiik beriditet, yoa den Städtern mit 16 Maschinen Tag
und Nadit beworfen worden sein soll \). Diesen Augenblick
enah sieh KOnig Waldemar zum Angriff. Die St&dter warra
nicht stark genug, zugleich ,,zu Lande zu belagern und 4as
Meer zu behaopten^^*); sie erlitten eine empfindliche Nieder-
life. Es 1BUS6 etwa Mitte Juli gewesen sein ').
Der hansische Verlust war gross genug, um das ganze
Untemehmen zu Fall zu bringen. Nur gdegentlich er&hrra
wir aeinoi Umbng. Denn Ton den chronikalischen Berichten
fcrdienti wie Kcq^^pmann nachgewiesen hat ^), nur Detmar Be-
iditung. Er erzählt, dass Waldemar 12 grosse Haupt-Kog-
g» *) YoU Speise und Waffen und mancherlei Zeug, das zum
Streite gehfet, genommen habe *). Die Städte selbst schil*
dem spä^r ihren Verlust in den schlimmsten Ausdrücken.
nSdir grosses, unersetzliches und unermessliches Verderben
und Unglück hätte sie getroffen, indem sie von ihren Gegnern
niedergestreckt und gefangen worden seien und unendlichen
Schaden durch den Verlust von Schiffen, Gütern und andern
Dingen und durch Gelderpressungen und Lösegelder der Ge-
fangenen erlitten hätten^^ ''). Und lag es auch bei dieser Schil-
derung im Interesse der Städte, den Schade nicht zu klein
1) Anhhr U, SS6.
S) H. R. II, n. 8 S 1 : Non eramua per omnia salis robwti ad obaiden-
4mm in tarn at ad dafeodandwn märe.
3) Silnura L
4) H.. R. I, S. 197.
5) Ki«a daTOB gdiörte den Hamburffeni , H. B. I, a. S87 $ S4. Ihre aa*
d«e Terkaaftan die Hamborger ooeh 186S in Lttbeck , KInunerelrecliB. I,
Yf obflik
6) LSb. Chron. I, 98«.
7) B. B. II, n. 1 { i: Mazimaa, irreenperabiles et innnmeroaas inenrre*
nat ibi pemieieB et Jactaraa, in eo qnod per saoa adveraarioa proatrati et capci
faeninl ae iniftaita dampna reoeperant in naviam, boaoram et aüamm renm
■Bwaiaeieaibna et detalUaeionibaa ae redeBipeionilms eaptiTenun et in al&a
314 X* ^^ «1«^ IKrNr
dannistelleii, so beweisen dodi die Verliaiidhngen mter ihnoi
selbst, die sich^an die erlittenen Verloste ImflpAe&i dass sie
nicht mit allznscbwarzen Farben malten. Die Zahl der Todtan
und Verwundeten entzieht sich jeder Schfttnmgi aber mige-
fähr wenigstens vermögen wir die der Gefongeneo aa bestiBh
men. Die Kieler (40 Mann) gehörten sämmüich dasa ^); fon
den Bostockem waren 125 Mann in Grefangensohaft genttheo,
darunter mehrere Rathsherren, 2 oder 3 KoggenfBhrer and
54 Schwerbewa&ete und Bc^enschütaen')} ans den erhalte-
nen lobischen Soldquittungen lassen sich mindesteoa 36 Ge-
fangene au&ählen *), doch muss die Zahl viel grosser gewesen
sein , denn auf 40000 Marie berechneten die Lübecker die be-
zahlten LOsegelder und entsprechend die anderen Stidte*).
Noch am 25. Juli 1863 hatten sämmtliche wendische Stidte
Geüangene zu lösen ^), und Anfang 1364 betrug die Zahl der-
selben noch 116^). Eine Anzahl Handelsschiffe, die wah^
scheinlich im Schutze der Kriegsflotte vor Helsingborg gele-
gt hatten, waren verbrannt worden^). Um sich doch auch
dampnis maltis, in den Verhandlungen swischen den Hmnsestidten «od KSnig
Hakon la Bahas 1870. Unter den detalUaciones sind die tob den hanriscJm
Gefangenen erpresaten Gelder su Teratehen, nieht die eigmUicbiB Loe«gald«.
1) H. R. 1, n. S99 § 4.
9) ebd. n. 811 and n. 299 § 5: Rostock pro consalibns captivatis.
8) Lftb. Urkdb. UI, n. 47S mit Anm., n. 475, n. M)t nit Abbu.
4) H. R. II, n. 1 § 6.
5) ebd. I, n. S99 § 6 und n. 2S7 § 94.
6) ebd. I, B. 810 § 5.
7) ebd. II, n. 11 § 11 und 18 § 19. Sieben solelier Sebiils waren gegts
das Verbot der Hauptleute (contra prolübicionem capitaneomm) davongeftihres.
Sie waren gerettet, aber die Schiffer wurden für ihren Ungeborsam hernadi
aar Reehenscbaft gesogen und sollten durch Stra%slder die eatschidigen , wel-
che in Folge des Verbots der Befehlshaber ihre Scliiffe Terloren hatten. Schos
dies beweist, dass man nicht die davonfahrenden und verbrannten SoUib als
Kriegsschiffe auffassen darf, wie Reinhardt S. 198 und 900 thnt Di« Oavoa-
gefahrenen sind nicht Fahnenfl&ehtige gewesen (das w&rde eine viel höhere
Strafe nach sich gesogen haben), sondern transgressores mandati, Uebertretor
eines Verbots (H. R. 1, n. 980 § 4, n. 987 S 19). Vgl. ebd. o. 8ö4 $1,
356 § 5 , 874 { 10, besonders n. 856 § 5: Saper hiis (transgreseoribos ssaa-
ftfBo WaldMBMr. 315
eiiies Eifidgeft wo, rOhmca, ensählten die Städtor später, sie
Utttea don Sohne des Königs, Herzog Christopli von Lailand,
eine sckwere Verwundung beigebracht D^ Tod des Herzogs
im Bichirf.en Jahre mag die Entstehung dieses Gerächtes begün-
stigt haben ^X
Weit mangelhafter noch als über den Hergang des Kam*
j/Sm sind wir fiber die Ereignisse nach demselben unterrichtet.
Nur durch die Klagen der St&dte in den späteren Verhand-
bogen mit Hakcm erhalten wir ein unge&hres Bild von der
IjigB ihres Heeres und dem Verfahren Waldanars. Dieser
hatte sich mit seiner Macht in den Sund gelegt. Die Hansen,
durch den Vertust an Todten, Verwundeten und Gefangenen
gBsehwächt, üaet Schiffe, Güter und Geräthe beraubt, ver-
Boditen nicht mehr weiter mit ihm zu kämpfen. Weder Le-
benamittel noch Verstärkungen konnten ihnen zugeführt wer-
den; kamn konnten sie mit dem Leben davonkommen. In
dieser Noth, sagen sie, hätten sie einen Waffenstillstand mit
dem Könige geschloss^ ').
iati) qolYb AudUt snnm capitaneam, ntram aUqaem sciat nominare, qni sine
Snaeki TtUiMTit Gewiss wllr4«B dl« Hanpttento die Namen Ihrer eigenen
SfkHMihrer gewoMt nnd genannt haben, wftbrend ihnen die unter ihrem
SelmtB Hegenden Handelsschiffe wohl anbekannt sein konnten. Mandatnm be-
MUhaat ein tob den Stidten aasgehendes Ge- oder Verbot, besonders das Ver-
bal «la«r Reise, TgL noch H. R. I, a. S96 § 9. Hinflg worden den Han-
dabaefaUhn Fahrten rerboten, wenn man glaubte, dass nicht genügende Sicher-
hdt fir dleseHMn sei. Vgl. für den sweiten Krieg H. B. I, n. 4S8. — Ein
tai WiMilf Witten von Stralsand gehSrigee Schiff war Tor Helsingborg dorch-
bohrt (perforata, wahrscheinlich Tersenkt) worden, aus welcher Veranlassung,
wM aiehi klar, H. B. I, n. SSO § 4, 287 § 15, S96 § 8. Auch dieses Schiff
fiMi Beinhardt alt ein Kriegssehiff, lisst also die ganie hansische Flotte ver-
nkhtel werden (S. 900).
1) Darüber Koppmann in H. R. I, S. 199. Beinhardt S. SOS beschäftigt
sieh wohl etwas tu lange damit, die Möglichkeit einer VerleUung Christophs
am Kopfe anseinandersusetsen«
1) H. B. n, n. 8 { 7 : Qoia ciTitatenses a suis emulis prostrati , capti et
■aribn atque bonis et rebus »ms privati et adeo debilitati ftiernnt, qnod non
poCerant ulteriorem facere resistenciam , eo quod rez Dade Jaeuit in passagio
Oreisond cum mazima multitudine et potencia, ita qnod nee Yietnalla nac ho-
316 X. Der erst« Kritg
Wir wissen nicht, unter welchen Bedingungen es den Han-
sen gelungen ist, die Trümmer ihres Heeres nach DeutscUand
zu retten; hart genug mOgen dieselben gewesen sein. Dass
aber Waldemar sich überhaupt auf eine Waffsnmhe eingelas-
sen hat, scheint darauf hinzudeuten, dass Heer und Flotte
der Hansen nicht ganz so widerstandsunfithig wann, wie die
St&dte es später darstellten. Dazu konnte jeden AngenUick
die schwedisch - norwegische Hülfe herankommen. Es nun
auffallen, dass die St&dter nicht den Versuch gemacht haben,
sie durch Boten und Briefe zum rascheren Vorrücken zu be-
w^;en. Fast scheint es, als hätten die städtischen Führer
sich allzu sehr beeilt, aus ihrer bedrängten Lage heransin-
kommen. Die seeländische Chronik, die aUerdings den Erfolg
der Dänen übertreibt und sie alle hansischen Scluflb wegneh-
men lässt, sagt, dass „die grosse M^ige nach abgescUossenem
Waffenstillstand verwirrt zurückg^;ang^ sei in ihr Land^^).
Möglich, dass gerade hier der Fehler li^, der den Führer
Johann Wittenborg unter das Richtbeil führte.
Nur wenige Wochen nach der Schlacht scheinen die Beste
der stolzen städtischen Heeresrüstung in die Heimat zurück-
gekehrt zu sein. Schon in der zweiten Hälfte des August
sehen wir Waldemar wieder eifrig in Begierungsgesch&ften
thätig. Er hielt in Kaliundborg einen stark besuchten Dane-
hof ab, der mindestens 11 Tage (vom 21. — 31. August) dau-
erte ^). Schwerlich machten ihm damals die städtischen Krieger
mines pro a^j^^^^ afferendo poterant eis addad ; et qnU non potamnt talfi
yita recedere, oportait eos licet invitos com rege treogas inire. — Den Haeb-
weU, dass eine solche vorlKafige Waffennihe abgeschlossen worden, aneht Ei-
kurs II sa fahren. Die ganse nachfolgende DarsteUnng wird dort «lafBhr-
licher begründet
1) Archiv II , S26 : Trengb interpositis ad patriam IIU magna mnltl-
tudo confosibiliter remeavit. Aas H. B. I n. S87 § 8, n. S98 § 11 nnd Kte-
mereirechn. I, 86 geht hervor, dass wahrscheinlich vor 1869 Nor. 10 han-
sische Rathssendeboten in Akemees (Agersee an der Sfldwestkflste Seelands bei
Skjelskfir) mit den Dinen verhandelt haben.
2) Sohm XUI, 468. Vgl. Lgb. I, p. 810; Reg. bist. Dan. I, n. S488;
Reinhardt, a. a. O. S. 811.
gtfm WaldMBar. 317
I Sonde noch ScNrge. Diese hatten auch fftr ihre nordischen
■deggononnfP den Abschluss einer Waff(»iruhe verabredet.
Ib Kachridit dayon war denselben durch Boten sogleich über-
MMdit ivotden ^). Sie errdchte die Könige in Hahnstad. Seit
ide April hatten diese sich in den südwestlichen Provinzen
nß Beidies aufgehalten. In LOddse hatten sie sich „auf den
iA ihrer BAihe^ versöhnt, „wozu schon die natürliche Liebe
■lade"; bei Warberg hatten sie dann Truppen zusammenge-
Hn*) und befanden sich jetzt gerade, wie Hakon sp&ter
Bhanptete, auf dem Marsche nach Helsingborg. Sie verhan-
dln Bit dem in Halmstad anwesenden Herzog Christoph > ),
bar ohne Resultat Waldemar setzte den Krieg hier fort,
flUdrte eine Heeresabtheilung nach Finweden, eroberte diese
Wrinz und befestigte sie durch Anlegung von Burgen^).
Auch die Stftdter erlitten noch weitere Verluste. Sie hat-
m einige noch verfügbare Koggen im Sunde zurOckgdassen,
■ die im Vertrauen auf die hansische Flotte herankommen-
flü Handelsschifle durch die d&nischen Gewässer zu geleiten,
1) H. B. II, n. 8 § 7 : Inter qaas tameii vos et ▼«stros pUcitando con-
Himmt, ticat et hoc per saos naoclos vobis sUtim post intimabant
t) Am IT. April aind Magnnt «ad Hakon in Lfiddse (St. B. Areh. Perg.
, ■. 5Sa), am 6. Mai Hakon in Skeninge (Snhm XIU, 461), am 29. Mai
(ifMUi auf Schloss Warberg (ebd. S. 46S) , am 4. Juni derselbe im „Lager"
i Wmtbmff (St. B. Areh. Perg. I , n. 54S) , am 2S. Joni derselbe in War»
im M Skara (ebd. n. 648 nnd 849) and am 99. Joni wieder in LödSte
U. B. 581), dagegen Hakon am 4. Sept. in Bergen (Dipl. Norv. I, n. 876).
a) Am S8. Jnli macht derselbe eine Schenkang an die Kirche , Sohm XUI,
M; hMMl WBhrscbeinlioh in die Tage darnach Ollt seine Anwestoheii in
IilBilftd» Mdgiieh, dass er schon am 10. Angnst wieder in Wordiagborg war.
. JMtbir JBiduurt IL
4) H. R. n , n. 1 { 4 : ... proeessimns com iUa , qoam habnimns , po-
Tersos Halmstade, nbi nnncii dritatom nobis ocenrremnt, aarraatea oobis,
tgangataw. Et flUos rsgb Dacie, qni tnnc erat Ibi, nolnit re-
■obisena llnnare. Et ideo res Dade mis&t non molto post ho-
tt polisisw snarn in tenram Fiaaidia ad edifieandnm ibi oastra,
•nm tibi tue snltfngaTit — H. R. U, n. 4 $ 14: BditicaTit rex
I fiBBidia tt OMKpaTit magnam partea tarrmmi nottranun , ita qnod az hoc
rsotpimns «Itra triginta milia mareannn pari.
318 X- I>«r «nta Kiiig
und hatten die anwesenden Vredekoggen ton Kampen und ai-
deren sttderseeiBchen Städten gdbeten, die ZnrfldcgielasMDai
darin zu unterstütze. Die Niederlfinder versprachen es, hielten
aber ihr Versprechen nicht, sondern Hessen sich in Unterhand-
lungen mit de Dänen ein und verliessen die hansischen Ge-
nossen. Verlust hansischer Handelsschiflb war die Fdge da-
von ^ ). Als Belohnung für ihre WiUfthrigkdt, wie es schent,
bestätigte dann Waldemar am 21. August auf dem DanehoÜB
zu Kaliundborg den Kampenem den Gennsa aUer bisher e^
langten Privilegien in seinem Reiche*).
Haben die hansischen Kriegsftthrer vielleicht alLrosdmdl
ihre Sache im Felde verloren gegeben, so scheinen die Herrn
im Rathe der Städte daheim durchaus nicht so grosse Eik
gehabt zu haben, durch einen raschen Frieden dem Kriege ein
Ende zu machen. Im Gregentheil verfuhr man, als ob nun
aufs Neue das Glück der Waffen versuchen w<dle. Am 28. Sep-
tember waren hansische Gesandte zu Södericöping bei den no^
dischen Königen. Den greifswalder Versprechungen gemiai
hatten Lübeck, Rostock und Stralsund Bevollmächtigte nach
Bahus geschickt , um das den Städten v^fändete Schloaa zu
ül)emehmen. Aber sie hatten ihre Kosten, 600 MaA f&r jede
der drei Städte, umsonst aufgewandt; die für den Vericehr
durch Schweden so wichtige Burg war ihnen nicht flbergeben
worden '). Zu Söderköping üb^liessen ihnen jetzt die Kdnige
1) Den Beleg Ar dies« AnfTassong der Qaellenberiehte •• bkui SD.
9) Charters en Besebeldeii orer de betrekklng der Orerytseltche stodeB ej^
bet noorden van Europa n. 8S. Vgl. die allerdings nieht ▼oUlwmea klare SlaUe
H. B. I, n. 998 S SS, die mir aaeh aatadeaten seheiBt, daas WaldeaMur W die-
sem Vorgange die Hand im Spiele hatte.
8) H. R. II, n. 1 I 2: e«m Ipsi naneios snoe pro ■eteptadone dlett
castri Bavahiis Ulle legasseat, Aienint in negocio iUo frnslrati, qvla^ielnB eaamss
cum snis appertineiielis non ftiit eis presentatnm, qnamTle tusea lesaü LeM-
censes In legacione illa sezceatas marcas LnUeensliim denariomi et Isgati
Simdenses sezeentas mareas Sundensium deaarlenun eofMoipecraBt et legati
Bostoccenses 600 marcas eomm moaete consampsenmt
gtgtn WAldMBar. 819
das zurOckeroberte Oeland sammt dem festen Borgholm mit
deoselb«! Becbten, wie ihnen Bshvs oder Warberg zugesagt
worden war. Es wurde dem wismarschen Bathsherm Johann
detzow als Hauptmann übertragen ^). Zugleich aber wurde
der greife walder Vertrag in allen Punkten bestätigt; das be-
stehende Bttndniss sollte ungeschwftcht bleiben. Von einem
Aofigeben des Krieges war nicht die Bede').
Auch als die wendischen Städte sich am 8. Oktober, so
viel wir wissen zum ersten Haie nach den unglücklichen Kriegs-
ereignissen, zu Stralsund unter Theilnahme preussiacher Baths-
Sendeboten') versammelten, liessen ihre Berathungen nicht
durchblicken, dass sie bereit waren, dem Kriege durch Ver-
trag ein vorläufiges Ende zu machen. Die Bestinunungen des
greifswalder Becesses wurden hier noch versdiärft ^). Jeder
Handel wurde untersagt, so lange der Krieg mit Dänemark
dauere '). Wer gegen das Verbot Waaren nach Dänemark oder
Schonen führe, solle in Schonen des lübischen Bechtes nicht
mehr gemessen. Sollte ein Bürger einer der verbündeten Städte
sein Bürgerrecht aufgeben und das einer Stadt ausserhalb der
Verbindung erwerbe, um Güter nach Dänemark führen zu
können, so dürfe er in keiner jener Städte wieder aoi^genoai-
men werden als Bürger'). Kaperei gegen die Dänen wurde
I) U. R. I, n. S80 { 1. Ueber dl« Verwmlumg Borgholms doreh dk Städte
s. Kxkun IV.
S) IL n. I, n. S6S. Dam d«r Vertrag i« Sddarköpli^f gt— hIoMtn ward«,
geht berror ms H. R. I, n. S81 «ad II, a. 9 | 7. — Aocli notea Wfebjt
waren in Söderkoping anwesend (ebd. I, n. X90}.
9) ebd. I, tt. XS4: In chritate Snndb, «bl aCaemat nostri noaeU
4) ebd. I, n. 967.
5) ebd. % 6 : Stante gwerra inter regem Daeie et ciTitates predletas ete.
6) AainUltg kann ersebeiaea , dasa es dea IMaea erlaobt war , Uiriaga,
die in Dänemark and Schonen Ton iimen feesUen waren, In die Städte an bria*
gea ; aar darftea keiae deateshea Bam^ dabei tUMg gewesea seia. Wabr-
scb^nlich geschah das im Intereese der Verprtfiaalftnmg der Städte aad das
Handels mit dem Bianenlaade (f !)•
320 * X- l>w «nte Kriiff
Jedem erlaubt, der eine Kaution stellte, dass er kemem Kanf-
manne und Freunde der Stftdte Schaden zuAlgen werde. Die
Eiliebung des Pfundzolls beschloss man fftr ein wdteres Jahr,
bis MichaeUs 1363.
Und doch nahm an dieser Versammlung sehon der dft-
nische Gesandte Theil, der wenige Wochen darauf einen
Waffenstillstandsvertrag mit den St&dten abschlieBSOi sollte.
Man kann sich des Gedankens nicht erwehren, dass die Städte,
Lübeck an der Spitze, durch die altbewährte Kunst ihrer Di-
plomatie wieder gut zu machen yersucht haben, was sie im
Felde eingebOsst hatten. Der Best yon Heer und Flotte den
Untergange entrissen, in ihren heimischen Städten sicher ge-
nug gegen die Angriffe der Dänen, scheinen sie nach dem
Ablaufe der höchst wahrscheinlich nur kurzen Waffennihe von
Helsingborg sogleich ihre feste Haltung wiedergewonnen, ja
den Gedanken an eine Fortsetzung des Krieges nicht au^
geben zu habend- Der Erfolg zeigte, dass diese Taktik eine
richtige war. Der am 6. November zu Rostode zwischen Dän^
mark und den St&dten für die Zeit vom 11. November 1382
bis 6. Januar 1364 abgeschlossene Waffenstillstand gewährte
diesen Bedingungen, wie sie nach den schweren Un^üdoftl-
Icn des Feldzugs nicht zu erwarten waren. Trotz ihrer Nie-
derlage vergaben die Städte keins ihrer Rechte; Waldemar
erntete trotz seines Sieges keine neuen Vortheile.
„Im Namen aller Städte der Hanse der Deutschen
und besonders der Seestädte^^*) schlössen Rathsherren
von Lübeck, Wismar, Rostock und Stralsund (also der vier
bedeutendsten unter den wendischen Städten) mit dem däni-
schen Gesandten Vicko Moltke, Hauptmann zu Wordingborg '),
1) Lflbeck hat gegen Ende 186S nene Truppen geworben, Lib. Urkdb. HI,
n. 454 ; ebenso Stettin, H. B. I, n. 287 § U.
9) H. B. I, n. S76: Nomine omniam eiTHatnm hmaie TeatnalconnB M
spedaliter ciTitatnm mMritfanarom.
8) ebd. I, n. 877 und 878, S. 807 and t09.
«nd aeiiem Koter Boder den Vertrag; auch für Magnus von
Bchwedfli und Norwegen und seinen Sohn Hakim sollte der-
sdke gelttio. Die Y^hfiltnisse blieben im Allgemeinen in der
Schwebe; ihre definitive Regelung wurde künftigen Friedens-
mfluaidfaiiigen fibeilassen. Den Städten sagte Waldemar ge*
Bcherten Verkehr zu; nur die altgewohnten Abgaben sollten
ihre Kanfleiite zahlen. So lange der Waffenstillstand dauerte,
sditen die beiderseitigen Gefangenen frei sein und Aufsehub
hth&k in Zahlung des Lösegeldes, vorausgesetzt, dass dasselbe
nicht sdion bezahlt sei ^). Nur die beiden rostocker Baths-
1) H. n. I, n. S78 S. S09 : Vortmer «Ue de yiuigh«n«, de de konigb van
eder tyn sone eder ere vogbede hebben v«n erer we^^ene, de
dm dftgket ftl oth braken, se bebben gbedingbet nnde wiMent eder
wUkif deti dal gbtit niebt ntgbegbeven sy, behalrea her Prederik Suderlaiid
nde her Joban Kaie onde vire darto, de de kfinigh verwyiet heft. Des ghelyk
aOa Tangfaene, de deme kenlghe to Denemarken nnde einen belperen in deme
wl^gha af fbtFangben syn , de scholen des vorbenomeden daghes bniken , be-
halTMi dm Torwyset syn Tan der stede weghene er deme dagbe, do her Vicke
de stede sprak to deme Sonde, des men bewysen mach; dat schal ok
Dahhnaan II, 16 nnd Pock III, 156 lassen diese BestirnnMing
sa mat, dass die beiderseitigen Gefangenen ohne Lösegeld (soweit dasselbe nicht
elva s^on besablt worden sei) freigelassen werden sollten. Aber an eine Ans-
wvekaloig der Ckfangenen in unserer Weise Ist keinenfalls sn denken, denn
a) WaMeaiar, der eine weit grössere Zahl von Gefangenen nnd weit sah-
lufsllhigere hatte als die Stftdte, hätte dabei einen bedeutenden Verlost erlit-
tM, «B so grösser natürlich, als er diejenigen seiner Unterthanen, welche die
Odhogenen gemaeiit hatten, entsch&digeu mnsste, denn ihnen stand das Löse-
frii «B. 8ehw«rlich bitte er sieh a«f eine so nachiheilige Bedingung einge>
b) Die Stftdte erhalten Ihre Getangenen durchaas nicht omsonst sorflck,
Vürnm sie auch noch nach diesem Vertrage mit grossen Kosten: Vgl.
H. R. I, B. S87 S S4 Tom 6. Febr. 1868, ebd. n. 299 $ 5 vom M. Juli
lata (cApÜTi eripiandi), Lttb. Urkdb. UI, n. 450 vom 18. Jan. 1868, ebd. UI,
t. 4M Toai 19. Vtbt. 1868, IV, n. 89 vom 18. Juli 1868 n. s. w.
e) Vonkooimen klar wird der Sinn der VertragsbestimmuDg durch die Ur-
kids Lib. Urkdb. UI, n. 445 : Ein dftnlscher Johanniter , mit seinem Diener
v«B 4fm LttMskeni gelisngen, verpflichtet sich, in die Gefangenschaft turftck-
akskras, wenn sein Herr, König Waldemar, ihn nicht bis tum 6. Jan. 1864
■■sgelSst haben werde : Volumos et debemos eaptiTitatem pristinam , dummodo
in pladtis a domino nostro, rege Dacie, quiti pladtati non fuerimus, reintrare
(▼om 4. Dec 186S). — d) Vgl. unten S. 829, Anm. 2.
ScUfsr. Di« HaoMsUlite. 2 l
322 ^ I>«r «nto Kri^^
herren Friedlich Suderland und Johann Ktle und fltnf andere
Städter sonderte der König bus; er scheint sein Anrecht aa
sie Andern übergeben zu haben, TielleiGht befireundeten Her-
ren oder treuen Dienern ^). Auf den 1. Mai *) wurden neue
Verhandlungen zu Nylqöbing verabredet Die städtischen Ge-
sandten verpflichteten sich, bis Weihnacht durch Rostock eme
von den Städten Lübeck, Hamburg, Rostock, Wismar, Stral-
sund und Greifswald besiegelte Bestätigung des WaffianstSl-
standes aushändigen zu lassen; Vicko Moltke aber und seil
Geschlecht versprachen den Rathmannen von Rostock ebenso
einen Brief mit den Si^eln des Königs und seines Reichs-
raths zu liefern. Die Verbreitung der Kunde zu allen Bethei-
ligten wurde gleich in Rostock verabredet Lübeck übernahm
es, sie in alle westlichen Städte, nach Köln, Flandern, Ham-
burg und Bremen zu tragen, Stralsund ebenso in den Osten,
nach Kolberg, Stettin, Anklam, Greifswald, Danzig, Bigi,
Kalmar '). Wismar versprach, Briefe nach Beigen zu schidcea,
und Rostock, seinen Boten mit Herrn Vicko Moltke an des
König von Schweden zu senden^).
Den Bundesgenossen der Städte wurde der Beitritt zom
Waifenstillstand bis zum 6. Januar des nächsten Jahres offen
1) So möchte ich II. K. I, 8. 209 fAMen: Behalvoi her Fradeiik Sad»-
laiit uude her Jobau Kaie unde vive darto, de de ksnigh venryset h«ft V|L
ebd. S. 896. Die iwei Bathsherren wurden (fkr 1000 Mark SUber (Iber 40000
resp. '/4 ^iU. Rm.) gelöst, H. R. I, u. 299 f 5 ; vgl. Hans. Getehbl. 1971,
8. 180 A. 1. —
8) To soDte Wolburghe (Wolborghe) daghe, H. B. I, S. 807 lud 809, dert
irrthOmlich Febr. 85.
3) Wamm nach diesem Orte ist nicht recht ersichtUeh, ob, «m tob da
die Nachricht weiter nach Wisby und Stockholm tu rerbr^eii, oder Heliiridi
von Holsteins wegen, der sich vielleicht dort anlhielt. Oder ist Kalmar all
Hansestadt angesehen worden wie Wisby und Stockholm? Selbst betTMhhT
es sich als eine solche, da es Pfundgeld erhebt; aber von den ttMgen SlIdtM
scheint es doch nicht als Glied der Hanse angesehen worden an sein, denn
diese untersagen ihm weitere Erhebung des Pfundgeldes, vgl. H. &i I, o. 479
§ SO.
4) II. R. l,.n. 876.
gdttBOi. Besoadere Veriuuidlimgeii zwischen ihnen und Wal*
demar •oHtan. die Bedingungen dafür festsetzen, für den König
ynrn ScIiwedeB «nd seinen Sohn bis zum 6. Januar 1363 zwi-
ackoi Lahlolm und Halmstad, fttr den Herzog von Schleswig
wid aeiseii Sohn^ die Ghrafen Heinrich und Nikolaus von H<d*
stan laaA Junker Addf von Schauenburg bis zum 6. December
aaf FQiien, f&r Gral Adolf von Holstein, den Sohn Johanns
des MildBii) in derselben Frist auf Fehmam. Herzog Erich
VW Sachsen sollte mit den Grafen von Holstein und den Ltt-
backen als Vertretern der St&dte bis zum 6. Jan. in Lübeck
verhaadefan, wer vm d^ deutschen Herren sonst auf Seiten
des KSnigB vcm Dänemark gestanden hatte oder stdien wollte,
Ua aim S5. Deconber in Dammgarten.
Ofienbar haben die Städte diesen Schritt gethan, ohne
sich zuvor mit ihren Bundesgenossen ins Einvernehmen zu
setieD. Wir sind nur mangelhaft darttber unterrichtet, welche
Aufnahoie das bei den allürten Fürsten gefunden hat. König
Hakan beklagte sich 8 Jahre später darüber, dass die Städte
eher als er sich mit dem Dänenkönige verglichen hätten^).
Wir haben noch den Brief (vom 21.Dec 1362), m dem die
noidisclieii Könige melden, dass die hansischen Boten ihnen
die Nachricht vom Waffenstillstand überbracht hätten*), fin-
den aber Nidits darin von einer besondem Aufregung über
den Schritt der Städte. Gerade in d^ Tagen, da die ro-
stocker Verhandlungen zum Abschluss kamen , am 7. Novem-
ber, hatten die Könige von Stockholm aus bei den Städten
angefragt, was dieselben in Bezug auf den Krieg gegen Wal-
demar etwa gethan hätten oder zu thun gedächten; seit der
Zusammenkunft in Söderköping (Ende September) hätten sie
Nichts erüahren und bät^ daher um unverzügliche Nachricht ').
I) H. R. II, B. t f 6. Vgl. n. 8 § 7.
t) «M. I, n. MS.
8) ebd. I, n. SSI.
21
324 - ^ 1^ «nto Krieg
Trotzdem nun die erste Antwort darauf hflefaat wahnchein-
lieh die Nachricht von dem Abschlnas dee Waffenstfllstandas
war (sie erhielten diesdbe am 20.December in Skan) >), gingen
sie doch ohne Zögern auf diese neue Wmdung der hansischen
Politik ein. Schon am folgenden Tage yersprachen sie, der
Verabredung gemäss so schnell wie mOglich (cum oandmodi
aocderacione) Gesandte an König Waldemar za schickm, ob-
gleich dieser auch noch nach Abschluss dieses WaffenstiDstaadB
ihren Ländern grossen Schaden zugef> habe*). Sie erw8^
teten aber fernere Hülfe von den Städten, falls Waldfimtr
keinen Frieden halten wolle, und fragten an, warum die Stidte
Lebensmittel, die fQr die Könige gekauft seien, aus flirra Hir
fen nicht ausführen lassen wollten. Es ist kein Oftund j^
banden, anzunehmen, dass die Verhandlungen mit Waldemar
nicht wirklich stattgefunden haben sollten. Sieher ist, diSB
schon in den nächsten Monaten das Verhältniss zum Dinoh
könige ein ganz anderes wurde, die Feindschaft einem Bflnd-
nisse zwischen den drei skandinavischen Herrschem Fhti
machte*).
Der zwischen Schweden - Norwegen und den Städten in
Greifswald abgeschlossene Vertrag enthält keine VerpjBichtmig
fQr einen der beiden Kontrahenten, ohne den andern keinoi
Vergleich einzugehen. Aber auch ohne diese Bestimmung miiss
es als ein auffallendes Verfahren der Städte erschdnen, dass
sie einen Waffenstillstand schliessen ohne Zuziehung ihrer Bun-
desgenossen und es diesen tlberlassen , sich mit Waldonar zu
1) H. B. I, n. 288 (vom 21. Dec): Becepimos pridie littens Testns.
2) Licet idem res Dacie nobis et terris nostrU «dlme post recepeloMB
treag^uTun higasmodi intalerat magna dampna.
3) Koppmann (H. B. I, S. 196) und Beinhardt (Eist TIdsakr. IV, 215),
die den Abschluss einer Waffenruhe Tor Helsingborg renrerfen, alnd dadurch
geswungen, anzunehmen, dass die Verhandlungen iwischen Magnot, Hakon und
Waldemar zu keinem Besultat geführt bitten. Beinhardt llsst sie schon im
November stattfinden, beachtet aber nicht, dass er dadurch in neue Wider-
spruche geräth, s. darüber Exkurs II. ^
gtgtq Wftldamar. 325
eüugen. Nur der Verlauf des Feldzuges kann eine solche
HindlimgBweiBe erklären und rechtfertigen. Allein die Städte
hatten ihre Bundespflichten erfüllt, ja sie hatten mehr gelei-
Btety als sie versprochen. Dem gegenüber hatten die Fürsten
Wenig oder Nichts gethan, sogar die übernommenen Leistun-
gen noch Yorachussweise von den Städten ausrichten lassen.
Noch 1870 forderte Lübeck die Rückerstattung jenar 2000 Mark,
die es som Ankauf von Lebensmitteln für den König von Schwe-
den nasgegeben, und des Geldes, das es für die fünf den Hol-
itdnefn überwiesenen Schiffe ausgelegt^). Durch Oleichgül-
tigbeit oder bösen Willen hatten Magnus und Hakon den schwe-
ren Schlag herbeigeführt, der die Städter vor Helsingborg ge-
troffen; kein Wunder, dass diesen die- Lust fehlte, sich mit
denselben Leuten anfe Neue in kostspielige und gefährliche
Unternehmungen einzulassen. Fiel doch die Last in erster
linie auf sie, während bei einem Erfolge in Schonen der Ge-
winn natnrgemäss die Schweden nicht minder lohnte als die
Hansoi. Brauchten die Städte doch noch keinesw^ die Hoff-
nung anfinigeben, durdi die Diplomatie zu erreichen, was ihr
Hanptsifll war, und was mit gewaffneter Hand zu erzwingen,
m nickt im Stande gewesen: Sicherheit des Verkehrs. Wie
die Yeffaältnisse einmal lagen, thaten sie wohl daran, den
Weg no wählen, der ihnen zur Erreichung ihrer Ziele als der
ptflsendite erschien, und nicht einer Bundestreue zu huldigen,
die nnr zu nnts- und dankloser Aufopferung der eigenen Kräfte
flIhrteL In der That waren die lübecker Rathsherren, die
eigentlichen Leiter der Hansen, in der Politik auch viel zu ge-
idmlte Leute, als dass ihnen die (Gefahr eines solchen Feh-
lerg nahe treten kmmte. Wenn sie den Schein gewahrt hatten,
als wollten sie fortfahren, mit Waffengewalt ihren Zielen nach-
nistreben, so führte dazu wohl nur die Einsicht, dass einem
1) EL B. II, n. 8 S 10.
326 ^* i^w <■">*> ^^*^
Manne wie Waldemar gegenüber nur eine tete Haltimg Er-
folg haben könne, dass ihm nimmer Etwas durch Bitten, wohl
aber durch entschiedenes, ja drohendes Auftreten abzuringen sei
•
4) Die Zeit des WaffonstUlstandes (bis a Januar 1864).
Betraten die Städte mit dem Beginn diplomatisdier Ver-
handlmigen ein ihnen bdcannteres und gel&ufigeres Gebiet, so
sollten sie doch in den nächste Jahren die Erfiüurung machfln,
dass sie auf demselben über Waldemar nicht leicht grossen
Erfolge davontragen würden als im Felde. Im Oegenfhäl
zogen sie, wie die Sachen einmal lagen, entschieden den KB^
zem. Sie arbeiteten von vornherein unter dem Drucke eines
nicht mehr auszugleichenden Nachtheils. Die schwere Niedii^
läge ihrer Waffen hatte bei Freund und Feind das GewidU
ihrer Stimme herabgedrückt. Wie es KoaIiti(men zu ergehn
pflegt, dass sie Misserfolgen gegenüber nur wenig BUt seigai,
so auch diesem ohnehin nicht sehr festen Bunde. Die Schuld
der Verluste suchte Jeder auf den Andern zu wälzen und sidi
mit möglichst heiler Haut aus der Affure zu ziehen. Das
lockere Band, das die Städte umdchlang, genügte nicht, sie
zu neuen ernsten Anstrengungen zusammenzufassen; die eia-
zelnen Gruppen gingen ihre eigenen Wege. Selbst unter den
wendischen Städten lockerte sich der Zusammenhang, so dass
die Vorgänge fast an die Zeiten Erich Menveds erinnern. Die
erlittenen Verluste zu berechnen, sich auf Kosten der Allge-
meinheit möglichst gut entschädigen zu lassen, beschäftigte die
Meisten mehr als die ernste Verfolgung der den Ldtem der
hansischen Politik vorschwebenden Ziele. Die grösseren Städte,
Lübeck, Rostock, Stralsund, vermochten die übrigen nicht mehr
zu energischen Schritten fortzureissen ; ausserordentlidi schwer
wurde es daher auf den zahlreichen Hansetagen , einheitliche
Beschlüsse zu erzielen. FiS kam ein Schwanken, ein Zögern
fsg«n Waldemar. 327
nid Zandon in die hansische Politik, das ihr sonst nicht
eigen gewesen war.
Dieier Yenuigtheit der Hansen geg^über kehrte Walde-
mar dm Uebermuth des Siegers nur allzusehr heraus. Hatte
tf Ton jeher wenig Rücksicht genonim^ anf gegebenes Wort
and geflchlossene Verträge, so kannten seine Uebergriffe jetzt
toin Mass mehr. Bald genug durchschaute er klar, wie es
■it den Stidten stand, dass er ernstliche Gegenwehr in näch-
ster Zeit nicht wieder würde zu fürchten haben. Was konnte
iha abhalten, die sich ihm bietenden Chancen aufs Sücksichts-
kieeste auszmmtsen? Ein Zustapd zwischen Krieg und Frie-
den, für die Hansen der verderblichste, konnte für ihn ^-
qpnesBlicfa genug werden. Absichtlich zog er daher denselben
in die Länge, schleppte die Hansen von einer resultatlosen
Verhandlung zur andern und brachte sie so dahin, nahezu um
tai Frieden bettehi su gehen.
Wenn auch nicht geg^ den Wortlaut, so doch jedenfalls
gegen den Geist des rostocker Waffenstillstands handelte Wal-
demar schon gleich nach dem Abschlüsse desselben, indem er
die Feindseligsten gegen Magnus und Hakon fortsetzte ' ).
Wenige Wochen darauf geschah eine andere Crewaltthat, die
dentlich genug zeigte, wie er den WafiEonstillstand zu halten
gedachte. Noch war die junge Gemahlin Hakons von Norwe-
gen, Elisabeth von Holstein, die Schwester Graf Heinrichs
des Eisernen, in Deutschland. W^ahrscheinlich im Vertrauen
anf den roetocker Vertrag schickten die Grafen ihre Schwe-
ster am 17. December 1362 in See, zu Hakon zu komm^').
Unwetter trieb sie an die Küste von Schonen oder Bomholm^
in das Gebiet des neuen Erzbischofs Nikolaus von Limd, dem
der KSnig erst kurz zuvor durch die Verleihung der Insel
1) H. B. I, n. tss.
t) EUrd Schonevelt bti Janghan» 8. 60, M KoriMr ap. Eoeard 11^
8p. 1105.
328 ^* ^^ *^* K'*^
Bornholm sein Wohlwollen bewiesen hatte'). Der Kirchen-
fürst säumte nicht , sich der willkommenen Beute m bemidi-
tigen, um zu verhüten, dass gehandelt würde ngogen Gott
und das Gesetzes wie die Dänen später sagten'). Denn nodi
war ja die Verlobung nicht aufgehoben, die seit 1369 swiachen
König Hakon und Waidemars Tochter Margarete bestand*),
Wohl ein halbes Jahr oder länger ist Elisabeth ge£uigcn ge-
halten worden; am 20. Mai 1363 war sie noch in den Hindei
der Dänen, wenn man den Aussagen des Bdchsraihs tianoi
darf, noch im Gewahrsam des Erzbischob. Waldeniar hat
ihre Gefangenschaft als eine erwünschte Handhabe zur Ge-
winnung der schwachen und wankelmüthigen nordischen K5-
nig^ benutzt und sie erst wieder ausgeliefert, als er aeuMn
ZwedL erreicht hatte. Elisabeth verbrachte den Best ihrer
Tage im Kloster*).
Auch sonst gab es Grund, über Waldemar sa klagei.
Der für die Verhandlungen mit den holsteinischen Grafen und
dem Herzog von Schleswig festgesetzte Termin (6. Dec.) wurde
von ihm nidit innegehalten. Vergebens warteten die Grafen
auf Fünen auf den König oder seine Bevollmächtigten ^). Als
sie sich darüber bei den Städten beschwerten, antwortetet
diese am 9. Januar 1363, dass auch sie noch vergebens auf
1) Sahm XUI, 473 ff. Tom S. Dec 1861.
2) H. B. I, n. 293 % 25 : Des bebelt de bjscop grevea HinrÜMS stster,
de desse vorbenomeden echteskop breken wolde , nppe dat yegben God ande
de ee nicht ghedmn worde. EUrd Schonevelt llitt KSnig WaMemMr eelbit
die EÜMbeth gefangen nehmen und ihrer Sachen und DicnerBchaft bowibMi;
ähnlich Detmar S. 284 an 1362. Ist auch die Aussage der Diaan aof des
ny^Sbinger Verhaudlongen di^enige Quelle, welche am mebten Barflcksiehti-
gnng verdient, so scheinen die Berichte Detmars und Sehoaerelta doch wä
beweisen, dass der Enbischof von Land im Einverstftndniase mit K5nig Wal-
domar, wenn nicht im Auftrage desselben handelte. Das Vertreten seiner
Handlungsweise durch den d&nischen Beichsrath beseitigt das.
3) S. oben S. 166 u. 266.
4) Detmar a. a. O. : Qreve Hinrikes suster wart wedder sant to lande,
unde darna nicht laughe beghaf se sik in en kloster.
5) H. B. I, n. 283 S. 213.
gtipea Waldeauur. 989
heiligen 3 Königstage verBprochene Ratifikation des
[ertrages warteten ^). Am 13. Januar schridiien
itralsund versammelten Städte an Video Moltke,
^Interhändler, der sich für Besiegelung der ro-
durch seinen Herrn verbtlrgt hatte, und for-
mend die Batifikati(»i. Bitter beklagen sie sich,
.e Gefangenen schlecht behandelt würden, dass gegen
u Wortlaut der Verträge die Unterthanen des Königs sie
um das Lösegeld mahnten, ja dass man Gdd T<m ihnen er-
presse und sie in den Kericer werfe * ). Urkundlich wird hier
bestätigt, dass es wohl nicht ganz ohne Orund ist, was die
wiBbyschen Annalen erzählen, dass Waldemar die städtisdien
Gefangenen „durch Arbeit und Hunger au& Schwerste plag*
Uf^^). Die Sage lässt ihn auf dem Thurme seines Schlosses
Wofdingborg, in dessen Kerkern er die Gefangenen bewahrte,
eise Gans anbringen, den Hansen zum Hohne. — Die Rati-
fikation des Vertrags wurde den Städten erst nach wiederhol-
ter Mahnung Ende Februar oder Anfang März zugestellt^).
1) H. B. I, n. 88S.
t) cM. I, n. 988 S. f 14 : Ceteram noveriüs, qvod noilri eapÜTf, sUo-
tiWi klit finato trwfb pw tos TttttrosqiM nolus cerÜfteatU, nwlUia gniritor
•i «aus Uaporibas roonidonibos et verbis niMidatU (s. KoppiiMuiiit Note b)
per Taialios dictonun dominorain ▼estromm moneDtnr male et malidoie, qaod
iiri «lim pladta TMtra Yohiäteam AroüMr habita et fiieCa adnfaiia gpanHOMy el
—Hi a4lwe da noetrU ••omiter ezaodoiiaDtiir , omlti graviter c/ppia pvaiai-
Uur. Aach dieae Stelle bewebt, dass die Bestimmung des rostocker Vertrags
ww ab efaie bedingte Frellaaamig der Gefangenen an fassen Ist, Tgl. oben
8.tSI ▲. 1. — Einige au Jener Zeil erhaltaBa LibegeMsqiitttnigwi (SM,
UAib. in , n. 450 and 455) seheinen darauf hinandenten , dass den Dinen
Akra BipreasangsTersaehe in einseinen FUlen gelungen sind. Lftb. Urk. m,
■. 445 lal ein Beispiel Ar die strikte AasAknuig der Vertragabeatfanmong ron
SatttD der Hansen» indem hier ein I>ftne ram den Lftbeekem ans der Gefim-
geaachaft entlassen wird gegen das Versprechen, am 6. Jan. 1364 in dieselbe
BvMoakehran , wenn ihn sein Herr bis dahin nkht eingelSst habe.
8) Lgb. I, p. 859 und Fant I, 1, p. 44: omnes qaotqnot in eis
captiraTH et in Selaadiam misit, nbi Ipsoa labore et Came gimTlssime
I.
4) H. B. I, n. 897 I 4 ud 881 | 7.
330 X- I>«r «Ate Krieg
Dem gegenüber konnten diese wenig mdir tlmn als er-
malinen, Vorstellungen machen und auf Beaaenuig hoflhn. Un-
ter allen Umständen hätten sie wohl die auf Anfang Mai ia
Nykjöbing verabredeten FriedensuntertiandlungeB abgewartet;
wie die Dinge jetzt lagen, konntoi sie an ein entaduedenes
Auftrete kaum ernstlich denken. Denn es stellte sich baU
heraus, dass jede kriegerische Lust erloschen war in den mei-
sten der Städte, auf deren Mitwiikung man rechnen musile.
Die Preussen , die bisher nur durch Erhebung des Ffundaolb
mitgewirkt hatten, weigerte jetzt anch diesen ^). Sich streng
an die grei&walder Beschlüsse yom September 1361 haltod,
hatten sie schon seit Michaelis den Zoll eingehen lassen. Zur
Befriedung des Sundes, zum Schutze ihrer Waaren, meinta
sie, hätten sie ihr Odd ausgegeben. Dieser Zweck sei aber
so schlecht erreicht worden, dass nicht nur ihre Waaren ihnen
vom Könige von Dänemark weggenonunen worden seien, sim-
dem dass jetzt sogar unter dem Schutze des ^ron den Städten
abgeschlossenen Waffenstillstandes diese Waaren in den Städten
aus- und eingingen , ohne angehalten zu werden und ohne der
Preussen Zustimmung. Sie würden daher keinen Pfundzoll
mehr geben, müssten auch veriangen, dass das seit Michadis
in andern Städten von preussischen Kaufleuten erhobene Geld
zurückgezahlt würde. Der bei ihnen erhobene Pfundzoll, 780
Mark preuss. (= 1170 M. lüb., über 12000 resp. 80000 Rm.),
könne in Danzig oder Elbing den wendischen Städtai ausge-
zahlt werden. Sie beschwerten sich darüber, dass länger als
einen Monat der Waffenstillstand in den Städten verkündet
gewesen wäre, ehe er den Preussen mitgetheilt worden sei,
was man den Städten sehr verüble *). Sie wünschten Nach-
richt, wie mit den Gefangenen zu verfahren sei, und wunder-
1) H. B. I, n. 284.
2) Quod yobis utiqae egreferamos. Der WortUat dts Vertrags war ihan
m der Tliat noch nicht mitgetheilt, H. B. I, n. 186 8. tl6.
tn flidi, di88 sie ihr oft erbetenes und gefordertes flandri-
lehes Prifikg noch nidit erhalten hätten. Zum deutlichen
iaielMi, dsss sie diB femore Entwicklung der Sache als ru-
149» ftüctower abzuwarten gewillt waren^ stellten sie es dem
ftWMSiiun der Stftdte aaheün ^), ob sie den Frieden mit dem
miBige fbr immer oder nur auf Zelt schliessen wollten.
Yenfihnlidt, aber doch auch gebflhrlich zurechtweisend
iil die Antwort, welche die stralsunder Neigahrsversammhing
indi einen besonderen Boten den preussischen Städten
wwIte'X Sdbst habe man, ach, in der Vertheidigung des
iindfls so grosse Verluste erlitten an Schiffen, Waaren, Ver-
«andeten, QeCBngaien und Todten und habe doch, bei Gott,
lUit so nd geklagt wie die preussischen Städte *). Die die«
NB geraubten Gflter habe man zugelassen, um sie in einen
EaCon zn sammeln und den Eigenthümem den Rttckkauf zu
lanöi^ichen« Der Wafifenstillstand sei sogleich nadi dem Ab-
icUneae mitgetheilt worden, nur den Wortlaut der Verträge
^mMordanda placitorum) habe man nicht mitgeschickt, weil
■an die preussischen Gesandten zu Neigahr in Stralsund er-
mrtet habe. Für die preussischen Gefangenen setze der Ver-
Ing dieselben Bestimmungen fest wie fftr alle andern. Den
Rhndioll möchte man in Preussen doch weiter erheben bis
Jbhannis ; dann sei eine Versammlung in Lübeck, auf der man
■ndi die {ireussischen Rathsherm zu sehen und ihren Streit
■it Köln über die flandrischen Privilegien zu eriedigen hoflfe.
Wie Waldemar bei der Entfremdung und Loslösung der
BüderseeiBchen Städte von den wendischen seine Hand im
1) Ifigae ▼••tre eoDroittimas discrtdoiii.
S) H. R. I, D. 286.
S) Nottts, qaanto nos ibidem, ben, dampn« paMi tmniu in bonorum no-
itrarwM «t BaThun «miMioiM, MrmAtonim nostrormm Immmi«, capolone et iater-
fnÜsMi, per Boe pro defeaeione dieä portau expedltonuii ; de qaiUui noa taa-
tm, qaaatui de teetrie dei»pait dolemw, Deo leete.
S32 X. Dir «nU KfflBg
Spiele gehabt hatte 0* so lieBS er auch jetzt die Minetim-
mang der preussischeii nidit unbemttzt voifllwi'gdien. Er
knüpfte Unterhaadlimgen an mit dem damaligen Ebchmeister,
dem grossen Winrich von Kniprode , dem irerdiflBten FOrdenr
des preussischen Bürgerthums und Stidtewesens. Ein pfeo»-
sischer Edehnann, Herr Matthias Ketelhnd, der, ans seiner
Heimath vertrieben oder verbannt, ihr feindlich gegenfiber-
stand*), wurde von Waldemar herAbergeschickt and madite
dem Hochmeister Vorstellungen , dass er und die Seinen GeM
dazu gegeben, das Reich Dänemark zu verderben. Der BoA-
meister antwortete, es wäre nur ein Zoll erhoben worden, die
See zu befrieden zum Nutzen des gemeinen Kanftnanna ; er
theilte also die Auf&ssung seiner Städte. Es worden dam
besondere Verhandlungen zwischen dem Künige und dem Hodh
meister verabredet^); kein Wunder, dass die preoasisoheB
Städte ihren wendischen Genossen monatelang keine Antw«^
gaben auf ihr letztes Schreiben *). So war es Waldemar ge-
lungen, die wendischen Städte von ihren BundesverwandleD
im Osten und Westen zu trennen, während er doch bald da-
rauf, von jenen darüber zur Rede gestellt, gegen sie sich
gleissnerisch genug äusserte, dass er diesen wohl wttrde za
antworten wissen, wenn er seine Nachbarn, die Wendischen,
zu Freunden haben könne ^X
Es kann nicht auffaUen, dass dieselben unter diesm Um-
ständen mit entschiedeneren Massregeb zurOckhielten. Hatte
1) S. oben S. 318 und Exkoni III.
2) H. R. I, n. 893 § 5 and 16.
3) «bd. I, n. 898 § 27.
4) Noch am 17. Mira war keine ein^troiFen, H. B. I, n. 191 | 7. Ent
am 24. Juni ertheilten sie Bescheid Aber die Itenere Briiebuig dM PAuidMlls,
ebd. n. 296 § 17.
5) So , scheint mir , ist H. R. I, n. 893 % 88 tu fiuaea : Ubuim de oster-
sehen stede nnde de van westen antwerden ae aldos: wo we jm, de nue aa-
bere syn , tho rronden moghen hebben , de stede Tan ostta vnde wma wvsteii)
willen se ans yerghen umme scholdegheii , wy wiH«ii en wol mtworden.
doeh etti erncnerter kfiegMseher Tersueh nur Aussieht auf Er-
folg, wmm er aUgemeiiiar vom Bunde der St&dte uÄterstütet
wuBie. Denn die alkseit trttgerische Hofhung auf die nordi-
sdMD Bandeegenoesen mussto man, wie wir gleich sdien Win-
dol, giBsUch aufgeben. Dazu hatte der erste Krieg mit sei*
Ben Yerhistm dne Reihe Ton Fragen zwischen die yerbOnde-
ten Städte geworfen, die zahlreiche Versammlungen beschäf-
tigten und nicht ohne Differenzen und Zwistigkdten zu lOeen
waren. Man TertrOstete sich daher auf die verabredeten Ter-
hasdlungen zu NylgSbing im Mai und wartete diese zunftchst ab.
Ab sich aber am 23. April die Baihssendeboten der Stidte
m Wismar zu einem Tage versammelte ^), um von dort zu
den Yerhandlangen mit dem DänenkOnige hinüberzugehiNi,
hatten die VeihältBisse im Norden eine ganz veränderte Oe«
stalt ugenommen^ Es war Waldemar inzwischen gelungen,
die Könige von Schweden und Norwegen auf seine Seite zu
ziehen. Am 9. April hatte Hakon , Magnus' Sohn und Erbe
des sdiwedisdien und norwegischen Reichs, in Kopehagen die
lljflhrige Tochter Waidemars, Margarete, gehevatet*). Es
wv jene Verbindung, welche dfe kalmarische Union, die Ver-
cinigung d^ drei nordischen Reiche unter dem Scq>ter der
thatkrlfkigen Margarete zur F<dge haben sollte.
Nur unklar erkomen wir die Einzelheiten dieses widiti-
gen Umsdiwmigs. Jedefalls hat Waldemar diesen diploma-
tischen Sieg nicht unbestritten erfochten. Graf Heinrich von
Holstein, seit Jahren in nahen Beziehungen zu Schweden,
durch die Vermahlung seiner Schwester mit Hakon den nor-
discben Königen aufe Engste verbunden, hatte den Versuch
gemadit, diese ihren bisherigen Allürten zu erhalten. Er
hatte einen seiner Adligen, Wolf Rixdorf, hinübergeschickt
1) H. B. I, a. ni; r^. n. Ml 1 1.
S) AnUt n , tie. Am S4. April waf Rikon schon wieder in JankS-
pin|^, Sremlia-IUlit-AreliiTets-PergMnentibref I, n. 576.
mit der Nachricht, daes Hensdg Albrecht toh Mddoibiirg,
der Markgraf von Meiaaen, der Ersbiachaf von Magdeburg
auf seiner Seite wären. Aber der Gesandte war yoii WaUe-
mar aufgefangen und seiner Briefe beraubt worden >). Wir
wissen nicht, ob überhaupt eine Botschaft an Magnus und
Hakon gelangt ist, ob Heinrich mit ihnen' Untertiandlongai
hat führen können. Waldemar war glücklicher. KSnneB wir
Albert Krantz*) glauben, so hat Waldemar eine Gesandt-
schaft an die beiden Nachbarkönige geschickt und sie n
einer Berathung über wichtige Dinge eingeladen. Ein grosseB
Hoffest zu Boeskilde mit Ritterspielen und sonstigen Ln8^
barkeiten musste einen passenden Verwand liefern, um eine
Reise in das Nachbarland zu rechtfertigen. Enthält auch die
Beschuldigung späterer schwedischer Geschiehtschreiber *), dies
Magnus dem Waldemar die Reise der Elisabeth angezeigt und
ihn zu ihrer Gefangennahme aufgefordert habe, eine arge
Uebertreibung , so erscheint doch das rasche Eingehen des
Magnus auf die Pläne des Dänenktoigs ohne xwingendea
Grund als ein deutlicher Beweis, dass er von jeher mehr m
Waidemars Politik, als zu der des schwedischen Beichsraüis,
seiner eigenen Grossen, hinneigte. Der selbstherriiche Wal-
demar mochte ihm als eine passrade Stütze für seine Stel-
lung im eigenen Lande erscheinen. Auch Hakon kann sich
nicht sehr gesträubt haben geg^ das neue Bflndnisa; die
1) H. B. I, n. 893 | S6.
2) Sazonia IIb. IX cap. 88, Frankf. 1580 fol. p. 85t ff. Di« Angabe dat
Krante, da»» das reiche Heiratugut, Dinemark selbst, Hakoo Teriockt babe,
ist natflrllch nieht stkhhaltig, da Chrbtopb, WaUeman Soba, Moh labCt.
3) Die Erich • Karls • Chronik (a. a. O. I, 181) and nacb Hur Petnu Obi
bei Fant I, 8, p. 871. Die Reimcbronik fasst die Braut Hakons als «Ine Ver-
wandt« des Meklenbargers f neniit den Kamen Elisabeth nlobt. B«M« QaeB«
lassen dann den Herzog von Meklenborg (Petrus Olai auch Heinrieh tob Hol-
stein mit ihm) in Dftnemark einfallen, das Land ▼«rheerea und die Fiiilaasaiiff
erawingen. Die Bericht« der B«imchronik (oatfirlieb aueb Ihrer BemüMr) Aber
diese Zeit sind im htk'h.sten Grade verwirrt und uiwoverUesig.
Zeit, da er sidi mit dem ReidunAh gemdnsciMrftlidi sefaem
Vater eDtgegenstellte, war nur eise sehr kurse geweeea. Jetzt
leokte Br^ kaum weniger schwach und waokdmttthig ak seia
Vater, entschieden in das Fahrwasser der dänischen Politik ein;
Die in Wismar versammelten städtischen Sendeboten muss^
tcn Stellung nehmen zu dieser Gestaltung der Dinge.- Es
scheint, als ob die Städte versucht haben, den König von
Schweden als Vermittler in ihrem Streite mit Waldemar jsm
\}&mtxaL Wenigste» hatte Magnus eine AusgleicbuBg zwi-
schen Waldemar und den Städten mit &sterem vereinbart
und diesen davon Mittheilung gemacht, die hief in Wismar
zur Verlesung kam '). Doch ist das ohne Bedeutung geUto^
ben. Hatte man schon auf einer früheren Versammlung za
Wismar den einzeto^ Städten zur Erwägung gegeben, ob und
wie man die Könige von Schweden und Norwegm wegen dea
durch ihr Ausbleiben erlittenen Schadens mahnen wolle 'X s^
beschloss man jetzt, falls man den schwedischen König nodbi
treffe beim Könige von Dänemark, diese Mahnung auszuftihren,
und beauftragte, wie es scheint, den lübischai Bathsherr^
Hermann Osenbrügge damit *). Dazu hatten sich die wettdi*
sehen Städte ohnehin schon in Deutschland, \m den benach*
harten Forsten, nach einer festere Sttttze umgesehen.
Sie standen in Unterhandlungen mit den holsteinischeii
Grafen und d^n Herzog von Meklenburg. D^ Belsteineni
war es noch nicht gelungen , zu einer Einigung mit Waldemar
zu gelangen. Am 24 Januar schrieben sie an die Städte^),
daas eine Zusammenkunft mit d^ Bittem des dänische Kö-
nigs stattgefunden habe. Gern hätten diese mit den bolstd«
1) H. B. I, D. S93 8 4: D« «Bead«, qwun plMiU^H lator rtgMH DMit
et civitatos, oti iptU aascriptit. Vgl. n. MS S 1.
») «bd. I, B. S91 I 6.
S> ebd. I, n. S9S | 6$ TfL «M. •. t9S { 4.
4) «bd. I, D. 289.
336 X- 1>« Mte KikS
nischen Grafen emen StOktand TeniBbait, aber nidit mit
dem schleswiger Herzoge. Das sei das Hindeniiss geweaei,
welches Alles vereitelt habe. Der also auch hier iriederiiolte
Versach Waldemars, seine Gegner zu trennen, mfaftittng sonnt
für dies Mal. Die Grafen baten die Städte, als Vermittkr
aufzutreten und sich auch f&r die gefangene Elisabeth m nr-
wenden. Darauf beauftragten diese in der rostocker YersaniB-
lung vom 5. Februar die Bathssendeboten toq Hamburg und
Kiel mit den holsteinischen Grafen, die von Boatock und Wis-
mar mit dem Herzog von Meklenburg zu verhanddn *). Ab
Vermittler der Verbindung mit dem Meklenborger erachfliBt
Graf Heinrich *). Doch kam es zunächst noch nicht zu euMB
d^nitiven BOndniss , obgleich auf beiden Versammlimgen n
Wismar im März und April Gesandte der Hdsteiner zugi^
waren und auf den zweiten Tag die Baihssendeboten der
Städte sogar mit Vollmacht zur Abschliessung eines BQnd-
niflses nach den im März verabredeten Bestimmungen komnNB
sollten *).
So standen die Sachen, als der Tag der verabfedetan
Veihandlungen mit den Dänen herankam. Am 7. Mai 136S
waren Bathssendeboten der Städte Lflbedc, Wismar, Boetock,
Stralsund, Greifswald, Stettin und Kiel in Ny^Sbnig anf
Falster versammelt, dieselben zu ftthren. Nur mit einiger
Schwieri^eit lässt sich der Hergang erkennen. Bikmami,
AValdemars Notar, lud die hansischen Abgfeordneten ein, nach
Wordingborg vor den König zu kommen. Sie weigerten sich,
weil es nicht so vereinbart sei, sie dazu auch keinen Auftrag
hätten, kamen auch nicht, als der König ihnen fbr Hin- und
1) H. R. I, n. 287 f 17. Es ist wohl keine la gewagte Koi\}ektar, die
Anftrige so %n theilen, wie es oben gesehehen ist.
8) ebd. I, n. 298 f 11.
8) ebd. I, n. 291 § 1 : Qaelibet civitas mittet snoe eoBMUres pleaipoteiilM
ad acceptandnm dominos temmim seciud«m traetatu babüos oun prsdietis
militaribns , yel quid fscienduin sd hoc.
g«8wi Waldeaiar. 837
Rückweg Geleitsbriefe schickte >). Von Kop^hagen aus sandte
dann Waldemar am 11. Mai seine Bevollmächtigten: den Erz-
bischof Nikolaus von Lund, Vicko Moltke, jetzt Hauptmann
zu Kopenhagen , den Reichsmarschall Andreas Vrost und Ker-
sten Knie, den Hofmeister seines Sohnes ChrisU^h ; bis Pfing-
sten (21. Mai) hatten sie ganze Vollmacht, mit den St&dten
zu Terhandeln *).
Doch scheint diese Vollmacht wenig gefruchtet zu haben,
denn nur sehr Dürftiges wird uns berichtet über die Verhand-
lungen mit der dänischen Gresandtschaft Die preussischeii
Gefangenen Matthias Ketelhuds, eine Privatsache Lübecks mit
Johann Hummersbüttel, dnem auf dänischer Seite kämpfen-
den und in Dänemark reich begüterten holsteinischen Adligen,
die Waffenstillstandsbesieglung durch den Erzbischof von Lund:
das sind die einzigen Gegenstände, die erwähnt werden*).
Erst als zwei Tage vor Pfingsten der König selbst ersdiien
und in seiner Begleitung Herzog Erich von Sachsen und des
Reiches Drost, Nikolaus Lembek^), kamen die Verhandlun-
gen in Fluss, ohne jedoch zu einem Abschluss zu führen. Der
Kdmg klagte über Lübecker und Stralsunder, über die von
AnUam und Stargard wegen Gewaltthätigkeiten und Bruch
des vereinbarten Stillstandes; dazu hätten ihm die Lübecker,
jedenbUs ein seltsamer Vorwurf, das ihm gebührende jähr-
liche ächutzgeld vorenthalten, seine Sendeboten misshandelt ^).
Noch manche streitige EinzeUäUe kamen zur Sprache ^). Wal-
demar willigte ein, vier lübecker und einen hamburger Ge*
fangenen loszulassen^), und erklärte sich bereit zur Unter-
1) H. B. I, ■. t9S 1 1 nd t.
t) ebd. n. 893 f 8 «nd B. 194.
3) ebd. n. 293 f 5, 6 und 8; vgl. n. 891 | 4.
4) ebd. B. 898 S 7.
8) «bd. B. 198 S tO— 18. VgL oben 8. 146 «. 186 BBd «Bton S. 889 A.4.
<) H. B. I, n. 898 | 11—18 ; ebd. UI, a. 10.
7) «bd. I« B. 198 I 11: Diadtil qBBtnor oB|iCi?oe solBtot, qsl
Sckite, Die BiMMtldte. 22
338 ^ !>«' Mto Krieg
werfung unter das Urtheil eines Schiedsgerichts, das ans ^or
städtischen und vier königlichen Mitgliedern znsammengefletzt
sein und sich zwei oder einen Obmann wählen sdDte^). In
einem Klagepunkt der Städte trat Nikdaas Lraibdc ftr dn
König ein und tlbemahm die Verantwortung').
Mit Entschiedenheit wurde die Verwendung da* Stiklte
in den Angelegenheiten der holsteinischen Grafen zQrllckge>
wiesen. Wegen der verabredeten Tage wolle man auf etwaige
Klagen der Grafen Heinrich und Klaus gern antworten, aber
die Elisabeth habe man mit Recht verhindert, die besteheade
Verbindung zwischen Hakon und Margarete zu stören. Bdbet
wenn Margarete gestorben wäre, so hätte die Verwandtschaft')
Elisabeth abhalten müssen, eine Verbindung mit dem norwe-
gischen Könige, Margaretens feierlich Verlobten, eiamgehea.
Doch da die Ehe jetzt geschlossen sei und nicht mehr gestOct
werden könne, so wolle man dem Erzbischof aum Bestoi
rathen^). Graf Heinrichs Gesandten, den Holsteiner Wolf
Bixdorf, habe man gefangen gaiommen, weil er venehen
gewesen sei mit einem Beglaubigungsschreiben des Grafen
und 18 Briefen an den König von Schweden, dessen ScAi
und Reichsrath, in denen gestanden, dass auch der Henog
von Meklenburg sich geeinigt habe mit dem Grafen. Da aber
der Meklenburger mit seinen Söhnen dem Könige v(m Däne-
mark festen Frieden und Freundschaft gelobt habe, halte man
constmxernnt et posnenuit sibi ftmcUunentum , pront promiseniDt SoD dfti
heissen, dMs diese Oefangenen als Entgelt fßr ihre FreiUssuig tlne KapiÜB,
einen Altar oder dgl. su Händen Waidemars sa bauen Terspraekea nnd aas-
mhrten? (vgl. H. B. II, S. 408). Oder ist an eine Stetne an denken wie dit
von Marmor gefertigte Christophs , des Sohnes Waidemars , die noch jetst ibb
Dome sa Roeskilde gezeigt wird? Dass Waldemar monuDentale Briaaemiifs-
zeichen liebte, scheiot das Krens vor Wisbj au beweisen.
1) H. B. I, n. 293 § 15.
2) ebd. n. 293 § 13.
3) Beide waren Urenkelinnen König Erleh Olippings, s. Koppmann H. B.
I, S. 229 A. 3. Der Einwand war JedenfUls sehr gesneht.
4) Am 26. Juli 1363 war Elisabeth noch nicht befreit, s. H. B. I, n. t99 1 11-
gtgea WaldiBwr. 839
den Wulf so lange, bis man erfahren könne^ ob seine Bot-
schaft auf Wahrheit beruhe oder nicht ^).
Erst in den Verhandlungen mit Herzog Erich von Sach-
sen kamen die eigentlichen Wünsche und Beschwerden der
Hansen zur Sprache. Der Herzog ttbemahm die Rolle eines
Vermittlers zwischen König Waldemar und den Städten. Er
eignete sich um so mehr dazu, als ja zwischen ihm und den Lü-
beckern ein freundschaftliches Verhältniss herrschte*). Gleich
an demselben Tage, an dem er mit dem Könige nach Nykjöbing
kam^ hid er die lübischen Bathsherm zu sich ein in seine Her-
berge und verhandelte mit ihnen über eine Versöhnung *). Es
war von dem den Gotländem g^ommenen Gelde, von Bichenmg
durch Pfand oder Bürgschaft die Rede ^ ). Die Lübecker mögen
Schadenersatz gefordert haben. So vid sich erkennen lässt,
haben sie dann dem Herzog einen v<m den Städten ausgesetz-
ten Brief über die ihnen von Waldemar zu gewährenden Frei-
heiten vorgelesen. Der uns unbekannte Inhalt desselben miss-
fiel Herzog Erich aber sehr. Er legte seinerseits, wahrschein-
lich erst etwas später, dnen Entwurf des Königs vor und
sagte kurz, er habe keine Vollmacht weiter zu gehen ate die-
ser Entwurf. Wenn ihnen irgend ein Artikel missfiele, könne
er denselben weglassen, aber Nichts hinzufOgen ^). Es seheint
1) H. R. I, D. S98 t M— S6.
t) S. olMO S. S91.
8) H. R. I, B. 198 I 9 : Eodf di« »Isit domiout dvx Stxoiiie iiaBelttai
pro d^oÜBlt contttlibttt d« Labek«, qsi ▼enemnt ad eam ad liotpiciun muud;
•t tnetetim hai eom «o d« unieiek.
4) So MlMiDt mir kt H. R. I, n. S98 $ 10: Item «git du Saxooie d«
ycwto Gotlaikdoran , MeanidoiM «te. sa ftina.
5) IHM« Dwritelluif stitet deh moiebat mT H. R. I, a. 99« $ 18 (lit-
ter« coneept« a dTitatibiu de libartala ragia laete taat daanlao dad Saxonla,
qae tibi ditplicaernnt ; sed ipie dox fecit lag! littaraa eonceptaa a raga, at
dixit bravitar, aa nnllam habara aactoritataa mUarioraai, qaaaa in littaim con-
tioater ; aad ai aaaal aUqoia articalaa diapliaaaa aia , iUnm poaaat dlaftittara , ni-
ekU astan addara YaUai) «m1 ateiat ai^ daaa im diaaar MitHiallang ain Bariabi
dar L&backar an dia TaraaBMaalton iHldlliehan Qaaandtan 8bar ibra Varband-
22*
340 X* IMr ento Kritg
kaum einem Zweifel zu anterH^ra, dass es ach hier um da
uns erhaltenen Entwurf einer Sfihne handdt ^), denn dendbe
enthält weiter Nichts als eine ganz aligemein gehaltene Be-
stätigung der alten Handdsrechte und Vorkehnfreilieilai ge-
gen Erlegung der von Alters her ttblichm Gebühren. Voi
21. Mai datirt *), ist derselbe den LQbeckeni noch in N]iq5-
bing zur Kenntnissnahme zugestellt worden. Auf der JduB*
nisversammlung in ihrer Vaterstadt haben sie dann darCber
berichtet. Doch wurde die Einigung auf solcher Gnmdhge
einstimmig verworfen. Die Versammlung schickte Bithnei-
deboten an den Herzog vcm Sachsen, die ihm sagtsen, dm
die Städte nicht zufrieden sein könnte und wollten mit da
Freiheit^, die der König ihnen gewähren wolle. Waldeouar
müsse den von den Städten entworfene Brief besiegeln, mflsse
den schon vor dem Kriege, mitten im Frieden und wähnsMl
des Waffenstillstands den Städten zugefügten Schaden eraefasen;
Antwort darauf vom Herzog und vom Könige erwarte mii
bis Jacobi (25. Juli). Die von Erich gewünschte heue Zosan-
mekunft zwischen dem Könige und den Städten unter Zt«
Ziehung der älteren schonenschen Vögte, sowohl dar köni^
eben wie der städtischen, schlugen die Hansen rundweg ab:
Der König möge den vorgelegten Brief besiegeln *). •
So waren die nykjöbinger Verhandlungen und ihr Nach-
langen mit Erich von Sachsen vorliegt. Nimmt man dat nicht m, bo mfiisen
die Städte nach den nyl^öbinger VerhaDdlangen Gesandt» aa den Hanog ge-
schickt haben , die die n. S96 % 16 berichtete« VerhandhuigMi gefUirt hab«.
Ist das einmal unwahrscheinlich unmittelbar nach der VemmmlaDf ia Myi^
bing, so spricht aweitena dagegen sehr entschieden das Datnm tob Waldeman
Entwurf, der 21. Mai. So nehme ich denn an, dass die n. MS ( • «rwOntea
Verhandlangen iwischen Erich nnd den Lftbeekem tbaDweisa identifleb sind
mit den n. S96 | 16 genauer besprochenen.
1) H. R. I, n. 895.
8) Ma der gave des hilghen ghesten, des hoefatüd na is.
3) H. R. I, n. 896 § 19 nnd 80: Qoibas pladtls aerraadis sfanptteiter ftait
renunciatnm; et dicebatur dnci predicto, si dominus res YeUet tigiUare Utte-
ras conceptas, nt prius dictum est, libenter reeiperent
gegen Waldemar. 341
8^d verlaufen, ohne zu einem Resultate zu führen. Die
Hansen hatten zuletzt einen sehr entschiedenen Ton ange-
schlagen, und dTes^ Ton beherrschte nun auch die Johannisver-
sunmliing. Man war es offenbar mttde, die aussichtslosen Un-
tarhändlungen mit dem Dänenkönige fortzusetzen. Getäuscht
in ihren Erwartungen von der nylgöbinger Zusammenkunft,
liditeii die Führer der wendischen Städte an einen zweiten
Megerisehen Versuch ; Hoflhung auf friedliche Beilegung konn-
tm sie nicht mehr hegen ^). Auf der grossen liittsommer-
tigCahrt dieses Jahres zu Lübeck war Gelegenheit, zu Thaten
«Kuspomen und um Hülfe zu werben.
Abgesehen von der brennenden nordischen Frage hatte
tfsss Versammlung manche Dinge von allgemein hansischem
Meresse zu ordnen. In Brügge war ein Aeltermann einzu-
BSlMn, über das von Flandern gezahlte Entschädigungsgeld
n berathen, für den Hof zu Nowgorod der Wahlmodus zu
bwtimmen. lieber das Veihältniss Rigas zu diesem Hofe, über
its Privilegien Wisbys bei der Appellation musste verhandelt
«NvdflD. Zwischen den preussischen und westfälischen Städten
idiwebte schon seit längerer Zeit ein Streit über den Besitz
ler gemeinschaftlichen Privil^en des westfüisch-preussischen
Drittels '). So hatten sich denn die Genossen der Hanse zahl-
rridier als je eingefunden. Von den wendischen Städten waren
LBbeck, Bostodc, Wismar, Stralsund, Grei&wald, Hamburg,
Ltneburg, Kiel, Stettin und Stargard vertreten, von den preus-
rikdien Kulm und Elbing, noch weiter von Osten her Riga,
Doipat und Reval; auch zwei Rathssendeboten von Wisby
iraren erschienen und aus den Niederlanden Rathsherren von
Kämpen. Im „oberen Saale des lübecker Rathhauses^' tagte
1) Qttia Ben rMeretar esse tpes de composicione , H. R. I, n. 196 § 17.
9) ebd. n. M6 ( 8, 4, 7, 18—15, 28, S4. In Betreff der Forderung der
pff«MrifchtB Stidte, dai flmndrisdie PrivUeg ihres Drittelt Ton Lflbeek ans-
SdiefBrl I« erhalten, t. n. 184 und 286.
342 ^* ^^ «r*te Kr^
die Versammlung zum ,^meinen Nutzen des gmoinon Kauf-
manns^^ ^). Ei£rig bemühten sich die Bathmannei dar wendi-
schen Städte, ihre Kollegen v<»i Osten und Westen zu eneigi-
scher Unterstützung zu bewegen. Man kam in ai^em Pnnktai
den Wünschen derselben entgegen, wohl nicht <diiie die Ejc&
nung, sie dadurch zu Leistungen willig zu wachep.
Am wichtigsten erschien zunächst die Haltung der pieoi-
sischen Städte. Von ihrer Entscheidung in Betreff der feraen
Erhebung des Pfundzolls hatten im Februar die wendiscki
Städte es abhängig gemacht, ob auch bei ihnen der Pfimdsott
weiter erhoben werden solle*). Da diese EntscheiduDg aof
sich -wart^ liess, bestimmten die Letzteren im Min, für aDe
Güter, die durch den Sund gingen, sollte zunächst nur Bftig>
Schaft geleistet werden, dass man den Zdl nOthigen&Ua be-
zahlen würde; nur wer keine Büigen stellen kfinne, solle wiik-
lich zahlen*). Jetzt endlich kam ein vorläufiger Abscbluas ii
die Sache. Die zwischen den pr^issischen und westfiÜischeD
Städten streitigen flandrischen Privilegien wurden den entam
zugesprochen, weil die Kölner zum Tage nicht ersehieMB
waren. Gegen eine Bescheinigung der Städte, dass auf ihm
Beschluss die Uebergabe erfolgt sei, lieferten die Lübeckar
dieselben am 2. Juli aus*). Dafür erklärtoi sieh die prens-
sischen Städte dann bereit, den Pfhndzoll vom nächsten Ascher-
mittwoch an (6. Februar 1364, also nach Ablauf des bestehen-
den Waffenstillstandes) auf ein weiteres Jahr zu erheben, beim
Ordensmeister die Sache getreulidi zu vertreten und um Unter-
1) Propter commune bonmn communis mercatoris .... in raperiorl domo
contistorii Lubicensis, H. B. I, n. 997.
2) ebd. I, n. 287 g 7 und 8, zu Rostock am 5. Febnuur.
3) ebd. I, n. 291 g 3, su Wismar am 17. Mära.
4) ebd. I, n. 296 g 3 und 23, n. 297 und 298. Der Zait nach nUlt
11. 297 später als 298 ; n. 297 ist ohne Zweifel auf der Venammlonf in Wismiur
(25. Juli) ausgestellt und zurückdatirt auf den 24. Juni. Gegen Ende keisst
CS, dass Lübeck am 2. Juli (dominica die post octavas sancti Johannit baptiste)
den preussischen St&dton die flandrischen Privilegien übergdien habe.
fOf en Waldemar. 343
statsung mit Schiffen und Bewaffneten anzuhalten ; zum Wismar-
sdien Tage (Jaeobi, 25. Juli) wolle man Antwort schicken^).
AdmHeh ging es mit den livländem. Den Rigaem und
ihran Nacbban *) wurde ein Drittel auf dem nowgoroder Hofe
engeriiimt, zugleich aber auch das Ersuchen gestellt, mit
6 Sduftai und 600 Bewaffneten Hülfe zu leisten. Die Liv-
lliider wandten ein, dass ihr Land nur schwach bevölkert sei;
Sdiiffe und Bewaffiiete könnten sie nicht schicken, aber den
Ffandscdl wollten sie erheben, auch sonst die wendischen Stftdte
■it Gdd unterstützen. Im Uobrigen seien sie mit Allem ein-
fontaaden, was diese' in Betreff etwaiger Sistirung des Han-
Mb oder Schliessung eines Bündnisses anordnen würden. Als
die Stftdte ihnen dann die Wahl liessen, ob sie 2000 Mark
Silber (Über 80,000 resp. Vs Mill. Rm.) geben oder 200 Mann
«d 8 Schiffe stellen wollten, versprachen sie diesen Vor-
üUag ihrm Rathskollegien vorzulegen und Antwort zurück-
Midiicken *). — Auch den Kampenem, auf die man doch
rioht gut au sprechen war in den Städten, begegnete man
fanndlicb, weil man auf ihre Mitwirkung hoffte und um die-
idbe warb; die anwesenden Bathssendebotai Kampens ver-
ipiachflo, ihren Notar nach Hause zu schicken und die Ant-
wort zugleich in Lübeck und in Preussen mitzutheilen^).
1) H. R. I, a. 196 1 17.
9) ebd. n. S96 § 14: Uli de Riga admissi snnt etc.; weiter unten heisst w
ibtr: Ipsi de Riga et alii admitsi pro illo detrimento satitfacere tenerentnr.
Mb f^BÜ** kSnneo nur die flbrigeo livlindiachen Stidte eein, die an dem Rechte
Ups tbeilDahmea.
8) ebd. n. S96 § 18 and 21.
4) ebd. n. 896 | 1 n. 8. Die Kampener sind nicht mit anfgenommen in
Im VerBeidmisf der Tbeilnehmer der Versammlang. Einige Jahre spiter
rer4«n sie nicht als Glieder der Hanse angesehen. Sind sie ans gleichem
Irmde weggelassen, oder geschah es, weil sie noch mit den Stidten auf ge-
pttalm PsBse standen? — Dass die Antwort aneh naeh Preussen geschickt
rerden soU, hat wohl seinen Grand in der besondern Verbindung swischen den
ffWMsitchen und den westfUisch-niederlindischen Städten als Gliedern desselben
landrisclMa Drittels.
344 2- ^>^ «nto Kriag
Erlangte man so von den hanwachen Genossen wenig
Definitives, so führten die VerhandlnngeD mit den Fflnten noch
minder zu einem Endresultate. Es war der Entwurf eineB
Vertrags zwischen den Städten, dem Herzog yon MddeDbug
und dem holsteinischen Ghrafenpaar ausgearbeitet worden, der
die gegenseitigen Leistungen fOr einen goneinschaftlicheB Kiiog
bestimmte; aber zum Abschlüsse kam es nicht, weQ die Stidie
den Bogen allzustraff spannten und ihre Forderungen zu hodi
stellten. Jeder Theil sollte 1200 Bitter und Knappen atflOOi
die Städte ausserdem noch 600 Bewafihete vom „gemeiifli
Volke^^ (de populo yulgari, leichter böwafbete FnaekneditB),
dazu 1200 Mark Silber (ca. 60000, resp. 300000 Bm.) ahZn-
schuss zu den Unkosten der genannten Herren. Audi grosae
und kleine Schiffe sollten sie diesen liefern, so viel man m
einem derartigen Kriege bedürfe, und den Sdd der Bemannong
zahlen. Dazu mussten sie f&r die nöthigen Maschinell und
Geräthe sorgen. Die Dauer des Bflndnisses wurde auf eil
Jahr bestimmt, vom nächsten heiligen 3 K^iigstage (dem Ab-
lauf des Waffenstillstands, 6. Januar 1364) an gerechnet, und
zwar sollte in diesem Zeitraum keinem der beiden kontn-
hirenden Theile ohne Zustimmung des andern gestattet sein,
mit den Gegnern Vertrag, Waffenstillstand oder Frieden za
schliessen ^). Nach Ablauf jenes Jahres aber sollte dieses Band
gelöst sein, falls nicht vielleicht die Städte ¥orz9gen, du
Bündniss aufrecht zu erhalten.
Dies letztere Vorrecht, das sich die Städte vindicirtoi,
wird aber weit übertreffen von einer andern Forderung, wddie
sie stellten. Sie wollten in der Zwischenzeit, bis Januar 1364,
vollkommene Freiheit behalten, mit den Gegnern Frieden zn
schliessen, falls eine passende Gelegenheit sich böte, wollten
aber dasselbe Recht nicht den Fürsten einräumen. Sie waren
1) CoDCordiam, treugas vel composicionem.
fifea Waldaaiftr. 8i5
h&nit, dienn flOD Mari^ l^ber für dieses Voirecht zu zahlen,
aber huoi kami sich nidit wundern, dass die Fürsten um
dlawa Pnis nidit daraitf eingingen, scmdam für beide Thdle
Beehte und Piiditen verlangten. Die Folge war,
das BOncbiiss nicht zu Stande kam und einstweilen bis
toobi weiterer Berathung überlassen blieb. Inzwischen aber
MBte jeder der beiden Theile das Recht haben, sich mit den
OegucfB ananisttinen > ).
IktttUdi zeigt sich hier, dass die St&dte trotz der schlim-
IMB Brfidmmgen, die sie in den Verhandlungen mit dem Dä-
MdDBnige gemacht, doch den Gedanken an eine friedliche Einl-
gng mit ihm noch nicht anfgegeben hatten. Sie planten den
bieg, warben um Bundesgenossen, mochten aber doch die
BMcke nieht hinter sich abbrechen und den Weg zu friedlicher
VsTBtiadlgnng ganz abschneiden. Das Glück des Krieges war
ftMn zu ungünstig gewesen, als dass sie es zum zweiten Male
ihne Noih hätten versuchen sdlen; und um zu der Einsicht
in kommen, dass ein frischer Krieg besser ist als ein fauler
Mede, war ihnen die Lage noch nidit unerträglich gmug.
ihr ganzer Handel d^ grössten Gefahren ausgesetzt war,
man mit dem Beherrscher des Sundes in offenem Kriege
sind, war gewiss. Nicht so gewiss erschien es ihnen jetzt
wsnigrtenB noch, dass die ewigen Plackereien und Belästi-
gungea, denm sie auch im Frieden ausgesetzt waren, auf die
Dauer unerträglich und ihrran Handel kaum minder gefthrlich
werden würden. Im Grunde genommen war man auf der
groeeea Iflbecker Versammlung wenig wdter gekommen. Die
Hittfe von den preussischen und livländischen Städten war
•dur frtf^h, noch fraglicher die von Kampen und der Südersee ;
das Bflndniss mit den Fürsten hatte an Aussicht verloren;
mit Waidemars Vermittler Erich von Sachsen war man nicht
weiter gelangt als schon in NyKjöbing.
1) H. R. I, n. S96 § 5.
346 X- I>« «Me Kritg
Und nicht mehr wurde crreiGht, ab lieh am 86. Juli die
RathBsmdebotea you LObeek, Rottock, Wismar, Stralsoid,
Kiel, Stettin, Kolberg und Notare von Hamburg and Grais-
wald zu der verabredeten VersamnAmg in Wismar emflmifli.
Ein Schreiben Danzigs brachte nicht mehr, als man achon ■
Lttbeck erfahren hatte: ea solle mit den gemeinjen Städten da
Landes Preussen verhandelt werden, die BeachlilaBe wolle naa
dann mittheilen ^). Welche Antwort die von Kanq^ und Lir-
land gegeben, wissen wir nicht. Der Hersog von Badiaa
hatte eine Verlftngerung des Waffenstillstandee vorgeaddagea.
Darauf antworteten allerdings die Städte kun, der jetagB
werde nicht einmal gehalten; erst mflsae Oenugthmmg geleistat
sein fOr den während des jetzigen Waffenstillstandes sage-
fügten Schaden, dann könne von Verlängerung die Bede sein').
Ein Fall, der auf eben dieser Jaoobiversammhmg w^
handdt wurde, zeigt deutlich genug, daas dieser Unwille dar
Hansen berechtigt und ihr Handel den grOssten Beläatigungea
ausgesetzt war. Es war unter Waidemars Seepter wieder ein
Zustand in der Entwicklung begrifEon oder schon vorhanden,
wie er einst unter dar Herrschaft der Holsteiner in Dänemaik
geblüht hatte. Oottschalk Scharpenberg aus einer im Lauen-
bui^;ischen begüterten Adelsfamilie war Hauptmann des Her-
zogs Erich von Sachsen auf Bahus, das dieser ohne Zweifel
von Waldemar als Lohn für seme Dienste bdEommen hatte*).
Jetzt beklagten sich die Stralsunder über diesait Gottschalk
Scharpenberg, dass er ihnen im Kalvessund Gütor geraubt
habe, die in vier Koggen vim Kampen und einer v<m Harder-
1) H. B. I, n. S99 $ 7. Das in § 1 erwümto, alcht triuataBe 8direlb«i
der Bremer wird sich auch wohl auf eine etwaige Mitwirkimg bei eiaem
Kriege gegen Waldemar besogen haben.
8) ebd. I, D. 299 § 1 n. 18.
8) Wie Bahus in Waidemars Hände gekommen sain mag, da es noch
vor Jahresfrist Magnus und Hakon gehörte, ist nicht lu erkennen.
347
Wyk verladoi gewesen ^). Wfe Seharpenberg behauptete, hatten
die von Kampm, Stavoren und Harderwyk Oenosaen ?mi ihm
bei Kopoihagen unschuldig enthaupten lassen*); jetst nahm
er Bqiressalien. Auch einen Ifibeckmr Borger hatte er be-
raubt*), einen anderen bei dem Ueber&ll ge&ngen fortge-
führt Die Versammlung zu Wismar dekretirte, dass wedw
Güter noch Bftuber in irgend einer Stadt Schutz finden soUten.
Zum Ersatz des halben Sdiadens und zur Freilassung des
Oelangraen erkl&rte sich der Ritter erst auf Mahnung Lübecks
bereit und, wie es scheint, auch nur ftr diese Stadt, die in
freundlicher Gesinnung zu erhalten wegen seiner laoenburgi-
Bchen Besitzungen in des Bitters eigenem Interesse lag^).
Und wie die in Waidemars Dienst zu Besitz und Ansehen
gekommenen Adligen den Kaufinann ihre harte Hand fUden
lieesen, so nodi mehr Waldemar selbst Bittere Klagen kamen
von Schemen her vor die Versammlung, die am 8. September
in Stralsund zusammentrat Marquard Butensten, der Vogt
der IflUschen Vitte zu Falsterbo auf Schonen, schrieb an seine
Stadt aber die harten BedrQckungen, die der deutsche Fisdier
und Kaufmann von Waldanar zu erdulden habe, and der Brief
wurde auf der stralsunder Versammlung verksen, ehe er naA
Lübeck weiter ging^). Waldemar hatte seinen Vögten be-
fohlen, von jedtfr ankommenden Schute die unerbiMe Summe
von zwei Mark fein«) (80 reep. 500 Rbl) zu erheben« Mit
„grosser Noth^^ wurde durchgesetzt, dass man die Hälfte zahlte
(immer noch eine exorbitante Abgabe^ oder „sie wtrden Alle
1) B. R I, a. S99 } 17.
%) ebd. n. S04.
S) «bd.: De Tino luii Testro eoseivi per me recepto.
4) ebd. B. SOS und 804, S. t58 ▲. %.
b) ebd. •. 100 1 1 end n. 801.
5) AU die StidU beld denaf etnea AmtmiM ibrer eUen Keeble nd Frei-
beitea eof Scbooen mecbtea, beetimaiteo sie dieee i^bgabe Mif „ea er« pea-
aiacbe*« — 80 aeboaeatcbe P%e — Mt 4F> ««^b- i- 1 i lib.| t 4(. f. siad
7*1, 4P ttb., H. R. 1, IL 806 |18.
gefangen gesetzt haben nndsiebesdiwert, irienemir ktanten^^).
Als dann der König selbst nach Schonen kam und ^/, Mde
von Falsterbo sein Lager anfechlug, liess er alloi lahabn
von Tuchbuden die ebenso unerhörte Auflage von 9 iMUga
Mark für jede Bude *) auflegen und von «Uen Remdes nf
den Vitten nehmen, ,,wa8 sein dAnisehes Bedit wtte^ Kid
neuen Veriiandlungen und GegaivorstelluBgen nnuste man od
zur Zahlung von 3 Schilling Orote fttr jede Bude und 6 SdO-
ling Grote fOr jede Tuchbude verstehen. Das neue Geld, die
Kupferpfennige, wurde statt, wie es altes, verbrieflw Bedt
war, am Sonntage vor Michaelis am 1& August aasgegebei,
also mitten in der Geschäftszeit, und dadurch den KanfleBtas
schwerer Verlust zugefügt Auch die Kanfleute zu Mafanö
klagten aber grosses Unrecht „Ueber die Massen^, schkm
der Vogt seinen Bericht, „ist der gemeine Kanfinann aon^
und betrübt, dass ein Jeder so gebrandscfaatst wird, wie «
früher nie geschehen ist, und er beklagt sich über dieMasMS
sehr und sagt, dass schlecht fOr ihn gesorgt werde in den Ver-
handlungen, und bittet um Gottes willen, dass ihr anders vor-
fahret und uns zurücksdureibt, wie wir dies^ grossen Noih
widerstehen sollen^*).
Bei dieser Sachlage musste es den Städtern immer kkrer
werden, dass kaum etwas Anderes übrig bleiben würde, ak
das Glüdc der Wafifen von Neuem zu versuchaL Es feUte
1) Dat de loknte myd grot«r noot gßi «m lodegbe m«ri^ «dd« m «tMci
se alle vanghen hebben nnde arghet, wor ane se mochten.
2) Die Stfidte gaben später 1 ere n jer pemdngbe an , H. R. I, n. S0<
§ SO.
S) ebd. I, n. SOI S. S51: . . . so bidde wi jn witUk tho weende, dit
de meene kopman ntermaten ere is nnde bedro>Tet| dat jewvUt man aldos bt*
schattet wert, dat vere nee eer ghescheen is, nnde beklaghet nyk ntenBatcn
zere nnde spreken, dat ae erele an den deghedingken bewanC syn, mde biddca
der God, dat gy anders pruTen, nnde scriTen nns wedder, wo wl deaM grotsa
noot wederstaan scholen, de deme meenen kopnyume aa Uggkeude b, nnde wor
an wi uns holden moghen.
ttgra Waldaauir. 840
ch nicht aa Vorbereitungeii dazu; aber zugleich gab man
a Yemiehe friedUeher Verständigung nicht auf. Immer mehr
gnift die haadsche Politik eine Unentschkes^heit und Un-
inrheit, die ihr sonst nicht eigen ist Auch die wendischen
Ute lassen sich nicht mehr zu einem einheitlichen ent-
hloBsenen Vorgehen zusammenfassen. Zum Theil bedrängt
• besonderen Nöthen, zum Theil missmuthig Ober die Ver-
ite des ersten Krieges und noch grössere Opfer fürchtend,
hMdten mehrere Tcm ihnen vor kühnra Entschlüssen zurück;
li was man erwartet, was in ihrer Lage das Richtige und
Mtaüche gewesen wäre, geschieht nicht. Die Jacobiversamm-
■g SU Wismar giebt von dieser Sachlage ein Bild in dem
mUbt tbear das Verhalten dar Städte Hamburg und Greifs-
M. Beide hatten durch Notare das Ausbleiben ihrer Raths-
nen mitschuldigen lassen wegen Fehden, die keine Reisen
Statteten ^). Für die Hamburger war der Waffenstillstand
h Graf Adolf von Holstein al^elaufen, und sie hatten ihren
teisdien Strom zu vertheidigen; die Greifswalder lagen mit
■ Ritter Bolto Sepelin in einem Streite, der noch Jahre
Bg gedauert luit Dazu stellten sich Beide mehr, als in
nr Lage nftthig war, der Sache der Städte fremd gegenüber.
to Hamburger waren ohndiin mit den Städten gespannt wegen
r Vowendung des bei ihnen erhobenen Pfundzolls; sie er-
iMen, sie seien von den lübecker Rathsherren Johann Witten-
irg und S^gebodo Crispin ermächtigt word^, die Kriegs-
MteB aus demselben zu entnehmen. Auch weigerten sie sich,
m im Kriege schwer geschädigten Kielern 700 Mark aus
ICSI Pfandzoll zu geben, wie die Städte angeordnet hatten '):
B hätten den Kidem Nichts versprochen und wollten ihnen
iher auch Nichts geben; wenn sie erst sicher auf die Tag-
kit reisen konnten, würden sie die verlangte Rechnung gern
1) B. R. I, n. 199 1 1 and 8.
%) ebd I, n. 287 § 23 und 292 § 8.
350 X* I>« Mt« Kritg
ablegen. Mit eiiier Veriftiigenuig des WaflonstOlstandes oder
einem Friedensschlüsse seien Bie einvarstaaden; meam' man Kri^
anfangen ifoUe, wollten sie thim, was sie ktanten, eine Aen-
serung, so aügeniein gehalten, dass man wenig daiwtf biM
konnte. Und nicht ennnthigender spradien die GieifswaUff.
Sie hegten Bedenken gegen ein Bflndniss mit dea Flnta,
weil sie ffirchteten, dass ihr eigener Herr, Herzog Barnim von
Stettin, dem Dänenkönige Beistand lasten wolle; sie mflssta
sich daher erst besprechen mit ihren Nadibarstädten Anklim,
Stettin imd Stargard, die in dersdben Lage wfir^D. Bechnaag
könnten sie noch nicht ablegen wegen dar GefimgieBea, der
verlorenen Waffen und anderer Ursachen.
Es ist hier wohl die geeignete Stelle, eine Ansahl Fraget
näher zu behandeln, die durch doi Krieg gegoi Waldemar
unter die Städte geworfoi waren und in dm nächsten Jahra
einen wesentlichen Einfluss gewonnen haben auf das Yeihältp
niss derselben unter einander und nach aussen hin. Durch die
Tagfahrten, die dem rostocker Novembervertrag von 1362 fin-
gen, zieht sich wie ein rothar Faden eine Reihe von Vwhaad-
lungsgegenständen, die zum Theil allerlei Zwisti^^ten unter
den verbündeten Städten hervorgerufen, zum Theil vrenigstenB
durch manche Jahre die hansischen Bathssendeboten beachäftigt
haben.
Den ersten Bang darunter nimmt die Abrechnung Ober die
aufgewandten Kriegskosten und ihre Deckung ein. Wir sind
darüber auf zweifache Weise unterrichtet, erstens durch die
Schlussabrechnungen über die gesammten Unkosten des Krieges
und zweitens durch die erhaltenen Nachrichten über Bflstungei
einzelner Städte. Wes^Üich billiger stellte sich daniadi der
Krieg als in unseren Tagen, aber für die herrschenden Preifl-
Verhältnisse immer noch theuer genug. Werfisn wir einen Blick
in die Einzelheiten. Ausserordentlich varürend im Preise sind
Ue SchÜBL Hinch') f&hrt aus den Jiüiren 1382 bis 1448
Beispiele an von Koggen (oder Holken) im Preise von 305 —
MDO Mark. Aehnlich sind die Schwankungen, die wir wäh-
BB»i des waldemarischen Krieges wahrnehmen, natflrlich je
laeh Grosse und Seetfichtic^eit. Ein im zweiten Kriege vor
bpenhagen versenktes Schiff wird mit 42Vfl ^i ein anderes
iber sdMNi nit 144 ^ bezahlt (450 resp. gegen 3000 und an
1600 resp. 10000 Bm.); beide mochten, weil zum Versenken
bflrtinunt, alt und schlecht sein '). Die Hamburger verkaufen
eine der im Kriege gebrauchten Koggen 1362 für 320 A, zum
f^flidien Preise (400^—4500 resp. 27000 Bm.) wird eine andere
mgeaetzt*). Eine dritte im Kriege benutzte Kogge, die fiir
pMiiinsHimi Rechnung der Städte in Stralsund lag, wurde
1M6 für 666 Vs ¥ lüb. (7500 resp. 45000 Bm.) ausgeboten«);
fkt ein Bflffger von Harderwyk erhielt sogar 1363 vom lübecker
luthe für eine Kogge die ausserordentlich hohe Summe von
lfi02Vt ¥ (über 16000 resp. 100000 Bm.). Die Schwan-
kHgen sind also bedeutend, doch darf man wohl annehmen,
imm eine brauchbare Kriegskogge durchschnittlich 4 — 600 ^
Mk gekostet haben mag (4—7000 resp. 25—45000 Beichsmaric),
laeh heutigen BegrüBfan denn doch ein geringer Preis für ein
guuws Kriegsschiff^).
Genauer lassen sich andere Preise fixiren. Nach den ham-
1) HAndtb- n. Gewerbtgesch. Daniigs 8. 868.
fl) H. B. I, o. 484 S. 4S9 a. 440.
8) abd. I, o. 810 I 6 S. 868.
4) ebd. I, n. 866 $ 88.
5) I>em entoprechen aacb ein Jahrtehnt später die Schifbpreise in Ham>
:: Bin« Kogge, die 1879 nach Schonen fahren soll, kostet 600 ^ neu in
i, 1888 tili Schiff 8O8V4 ^, 1881 ein Ewer 440 4^ (er wird 1887 rer-
kufl ftr 870 ^); 1877 wird ein IToUl (grosse Kogge) im Zwin (Haflra von
Birtffe) gekAoft für 800 ^, in demselben Jahre noch wird * /^ ron '/^ des>
üHitn SehiffM wieder verkaiift für 68 ^/g 4P) '^^^ ^'^ ganse Schiff berechnet
laf 868*/g 41^, 1874 eine Kogge, die nach Prenssen mit Sali fthrt, fBr 800 4^,
1890 ein Schiff flir 480 4^» ^- Laurent, Das Älteste Hamburg. Handlnngsbnch
S.81 ff
352 X- I>« ««te KrlHT
bnrger Kämmereirecliiiungai erhidt ein gewöhnlicher Kriege
knecht oder Schiffinr f&r den Feldnig 4 Ifc :=» 5 ^ Ifih. (»
resp. an 350 Bm.) Sold; ein Herr, gewapfmeter Bitter, 15^
Der gewöhnlichen Mannschaft waren die KSche, Bid^ PftUer
ungefähr gleichgestellt, der Arzt aber erhielt 10 ^ Eine be-
sondere Gratifikation empfingen die beidm Führer, nuamiDa
260 ^ (gegen 9000, resp. 17000 Bm.)')- Aeludiite SiU-
verhältnisse treten ans im zweiten Kriege ans Quittungen ftt-
schiedraer St&dte entgegen, indem die Ritter und Km^po,
also die VoUbewaflheten , dnrdischnittlicfa 3 — 4 ^ fiflin —
9—12^ Ittb. erhalten'); einem Anderen werden alkidiagi
fQr eine etwas längere Zeit f&r jeden Vollbewa&eten (annigv)
10 ^ fein zugesagt '). Aus derselb«! Urkunde erfiducn wir,
dass ein solcher gewappneter Ritter gleich zwei Schfttien ge-
schätzt ward; diese erhalten je 5 ^. LQbeck nimmt 1366
auf 6 Monate 24 Schwerbewafihete (armigeri) in Sold fllr je
30 )^ Iflb., 24 Knechte für je 15 :^. Man kann also woU den
Durchschnittssold dnes Ritters fQr die Zeit eines Sommen,
die Dauer eines Feldzuges, auf etwa 20 ^ Iflbisch anndoMi,
225 resp. ca 13 — 1400 Rm., die eines gemeinen KriegskneditB
etwa auf Vs bis Vs dieser Summe. Dazu kamen dann nock
die Gratifikationen, praerogativa, fQr die HaupÜeute.
Einige andere für Verpflegung und SchiflbaugrOstung wich-
tige Preise hat Mantels in seiner Abhandlung über den hsB-
sischen Pfundzoll von 1367 zusammengestellt^). Ein Segd,
Anker und andere Schiflsinstrumente wurd^ in LQbeck auf
1) HAmbg. Kimmereirechn. I, 84 ff.
S) H. R. I, n. 45S. Eine erhebliehe Aiuiiahine cUtyoB mcht av QoitUag
15, in der aber wohl ein Dmekfehler Torliegt (ISS ttott SS, vgl. Qnittug St)-
Ausdracklich wird hier hinsagefBgt, dase die Mark fein an S 41^ ^^^' g«racbsat
werden solL
5) Lab. Urkdb. UI, n. 479.
4) S. 88.
50 ^ (ca 560 resp. 3S00 Rm.) berechnet, eine Last Weizen
kostete 9'/« ^ (ca 108 resp. 650 Rm.), eine Last Roggen,
Gerste oder Hafer 6—9 ^ (ca 66—99 resp. 4—600 Rm.),
eine Last Häringe zu 12 Tonnen 6—12 :^ (ca 66—132 resp.
4 — 800 Rm.), eine Last wismarschen Bieres 7Vf — 11 V« ¥
(ca 82 — 124 resp. 500 — 750 Rm.). Was die Kriegsmaschinen
asbetrifft, so sind wir nor fkber die kleineren unterrichtet
3 pixides (Wmftiaschinen) kosteten 11 ^ 6 0, also jede gegm
4 ^ reichlich 40 resp. 250 Rm. Etwas billiger waren die be-
kanntere und wohl kleineren ballistae, grosse ArmbrQste , die
mit joien zur Ausrüstung der Schiffe verwandt wurden. Zwei
▼on ihnen kosteten zusammen mit einer pixis 8^6 0, also jede
rdehUch 2 ^ '). Die Ausrüstung einer 1346 von Rostock
und Stralsund gemeinschaftlich ausgefertigten Kogge kostete
an Schifeger&th und Proviant 262 :^ 7 0 slav. (175 :^ lüb.
^ rdchl. 1900 resp. 11500 Rm.).
Würde es für uns ausserordentlich schwierig, ja unm($giich
sein, aus diesen Einzelangaben die Kosten einer ganzen Aus-
rüstung auch nur annähernd zu berechnen, so sind wir fgtXUkr
licherweise durch erhaltene Nachrichten dieser Aufgabe über-
hoben. Eine lübecker Schiffsexpedition ans der Zeit des zweiten
Krieges, die aus zwei Koggen mit Snikken und Schuten be-
standen zu haben scheint, kostete 2939 ^ 4 0 3 X (über
32000 resp. 200000 Rm.) *). Doch ist dabei offionbar der Preis
der Schiffe nicht mit berechnet, auch der Sold der Bemannung
wird gewiss nur theilweise erwähnt, und manches Andere scheint
noch zu fehlen. Vollständiger sind die liittheilungen der ham-
burger Kämmereirechnung^ *). Sie argeben für die
Koggen, die diese Stadt im ersten Kriege stellte,
1) Lab. Urkdb. IH, n. 7S7.
9) ebd. m, n. 7S7.
S) S. 81 ff.
ScUfv, Ut BaMMlUte. ^^
354 ^- ^>^ w>te k^Nf
für Ausrüstung .... 930 )^ 4 ß 3 ^
„ Verpflegung . • . 935 „ 6 „ 1 „
„ Schaden der Söldner 47 „ 4 ^ — „
„ Sold ...... 720 „ 19 „ 3 „
„ Löhnung der Schiffer 609 ^ 9 „ 4 ^
Summa 3242 }b 18 fi 11 ^
gleich 4053 :^ 14 fi 11 X (an 45000 resp. 270000 Bm.). Uad
eine ähnliche Summe entspricht auch der Sch&taung, irdck
die Städte selbst über die Kosten einer solche Äuaritetuig
machen. Sie stellen den livläudischen Städten die Wahl, en^
weder 2000 Mark fein = 6750 ^ lüb. zu zahlen oder 200 Kam
und 3 Schiffe zu stellen ; sie zahlen Wulf Wulflam, dem Sdue
des stralsunder Bürgermeisters Bertram Wulflam, 1386 filr
einen Koggen mit 100 Gewafiheten und so viel Snikken und
Schuten, als für diese nöthig sind, 5000 ^ sundisch (— 3333 Vs ^
lüb.) * ). Demnach würde also die Ausrüstung einer Kogge auf
2—3000 ^ lüb. sich belaufen haben, einer Flotte von 26 sol-
cher grossen Schiffe mit fast eben so vielen kleineren Falu^
zeugen also leicht auf nahe an 100000 Mark (über 1 MilL
resp. 7 Mill. Rm.).
Dazu kamen nun noch die ungeheuren Lösegelder filr die
Gefangenen. Das gebräuchliche Lösegeld für einen gefangenen
Büigcr scheint sich nur auf 30—35 ^ lüb. belaufen zu haben '),
aber es wird auch viel höheres gezahlt '), deinn Waldemar nnd
1) H. B. I, n. 896 § 18 u. U, n. 300.
2) Lüb. Urkdb. IV, n. 84 — 30 ^ , n. 85 — 35 4^, n. 89 — 8» j, ^^ f. -
32 4P lab., ebd. III, n. 450 — 30 4^, n. 481 — 30 !f..
3) ebd. III, n. 455 Bweinuil 100 4^, n. 477 --. 110 :y. D«r hunbirgir
SchifFsfllhrer Sweder ebenfalls für 80 15 ■» 100 4Pi Hambg. Kimmereirechn. 1,
88 u. 93. Aach die Bostoeker zahlten für Einielne 100, 86*/,, 66Vr
53 'l,, 51 4k 1^^* durchschnittlich wohl etwas weniger als die Lübecker, et
254p (swischen 15 und 40); gewöhnliche Schiffer sahlten 8 _ 204p, H. B.
III, n. 283. Dänische Gefangene aus dem iweiten Kriege sahlen auch sehr
verschieden: Ltider Ranzau 300 4P lüb. (Urkdb. IV, n. 123), Egbardus Bitter
400 4k> 2^<^i i^i^ *^"^ Gefangene 60 resp. 30 4P (ebd. III, n. 696).
Mfin W«]d«mar. 366
die SetnigiBn haboi es an Erpressung^ nicht fehlen lassen.
Die Stadt Boetock mnsste fttr ihre beid^ gefangenen Raths-
herroi Friedneh Suda-land und Johann Kaie 1000 ^ f . =
3760 4^ Ukb. und fttr den Ritter Berthold Stoltenberg 000^
iBh. LSeegeld zahlen^), also nach unserm Gelde für jeden
Batliwnn Aber 20000 resp. 120000 Bm. und für den Ritter
Iter 6000 resp. gegen 40000 Bm. Lübeck berechnete später,
dkrdings wohl reichlich hoch, die für Qefangene gezahlten
UngeUer auf 40000 ^ lüb. <).
Auf alle Fälle müssen sich, bei der grossen Zahl der
CMHigeMn, die Kosten des ersten Fddzugs auf weit über
lOOOÜO Mb. Mark belaufen haben, vielleicht auf über 200000;
od diflie Schätzung entspricht auch ungefähr der Abrechnung,
wekha die Städte nach dem Kriege unter sich vornahmen.
AllerdBigB ist es nicht möglich, die Gesamm tunkosten des
Kriegea aas den uns erhaltenen Nachrichten genau zu be-
ndmen. Denn diese sind nicht allein in Kleinigkeiten un-
gIMiau, sondern enthalten auch grössere Widersprüche. Hält
aaa aidi an die nach Ausweis der Beoesse unter den Städten
wiiUkh zur Verrechnung gelangte Summe, so betrugen die
QQnvmtkiOBten reichlich 180000 lübische Mark*), nach heu-
tigMi Oelde gegen 2 resp. 12 — 13 Mill. Beichsmark, und wie
oi seteint» sind dabei nur die haaren Ausgaben und die dirdcten
Yaiioste an Material berechnet, nicht die Abnutzung des letz-
tefco ^CL In den Verhandlungen mit Haken gßb&k später
allefai die vier Städte Lübeck, Bestock, Stralsund und Wismar
ihren Verlust auf 234—235000 $ an«), ob zu hoch, ob mit
Zqgnmdelegung einer anderen Auffassung lässt sich allerdings
nicht bestimmen. Nur ein sehr geringer Theil dieser Aus-
1) S. B. It n. S99 t 5, B. 812 % 7.
9) ebd. II, n. 1 S 6.
8) G«um 180796 ^ 1 8 2 X
4) H. R. I, n. 1 § 6.
28
366 X. Der mte Kfi^ff
gaben wurde durch den PfundsoU gededrt, der, soviel wir €^
kennen können, Alles in Allem nur ca 7500 Marie eiitnigi).
^^ Vfl4o ^^ Werthes angesetzt*), rqirisentirt er deaMdi
eine Handelsbewegung von 1,800,000 Mb. Mark, nach msorai
Gelde gegen 20 resp. 120 Mill. Reichsmark. Die dhnklBi
Kosten des Krieges betrugen mithin ca 11 Prooent der Haadeb-
bewegung des ganzen Jahres, eine Last, doren Dnick sdM
empfunden werden konnte.
Und dazu kam der Schaden, den der Handel selbst, diM
wichtigste Lebensquelle der Städte, litt Wenn andi dar Eii-
gang des Pfündzolls beweist, dass dersdbe nicht ganz dar-
nieder lag, so war er doch naturgemäss schweren HemmnisBai
unterworfen gewesen und noch unterworfen. Auch Handels-
schiffe waren verloren und wurden bei den unsichem Zostiadei
femer verioren. Der ergiebige schonensche Yericehr hatte eil
ganzes Jahr lang eingestellt werden mtlssen und kämpfte nod
mit den grössten Schwierigkeiten. Zeitweilig war der Handel
ja ganz verboten gewesen *). Diesen Zustand hatten sich die
kleinen pommerschen und meklenburgischen Stidte lum Nach-
theil der Hanseglieder zu Nutzen gemacht Bflbrger von Bibniti,
Wolgast, Wollin, Kamin, Greiflfenberg , Tr^tow, RllgenwaUe,
Stolp, Grevismtthlen^), die nicht in der Hanse waren, hattet
während des Krieges Schonen besucht, ja diese Städte hattet
sogar Angehörige von Hansestädten als Bürger bei sich aof-
genommen und ihnen dadurch die Möglichkeit gegd)en, des
verbotenen dänischen Handel zu treiben. Wiederholt habet
1) H. B. 1, n. SSO 8 6: ZuMmmen 704S 4^ 8 B 6 X. Dura komman die
Betrige toh Stode, Buxtehude, Writby «nd Stoekliolm (ebd. n. SIC | i 8. tef ,
n. SM), n. S87 g S8).
S) Es scheint mir richtig, mit Fook III, US A. annmehmen , dass \m
ersten Kriege der gleiche Procentsati gegolten hat wie im twelten, dais abo
die Bestimmung: „4 Pfennig Englisch Ton jedem PItoda** badavtat: eio«e
Groten von jedem Pfände.
3) H. R. I, n. 267 § 6 vom 8. Oct. 1868.
4) ebd. I, n. 374 $ 9 und 376 §15.
ftgen Waldenuur. 357
udk die JBBiBJwchftn Tagfidirten mit dieser Angdegenheit be-
Bdiiftigl ^). Wie die Hanieii überhaupt strikte auf die Be-
Mgmg der erlaesenen AnordnuDgen hielten ') und üebertre-
tngn mit Strenge verfolgten, so traten sie auch diesem Trei-
kSBiit aller Entschiedenheit entgegen. Angehörige der kleinen
Btfdte sollten das Bflrgerrecht in Hansestädten nicht mehr
«wetbci ktanen; auch die aus Hansestädten Ausgelaretenen
sofltiR mdit wieder aufgenommen werden, noch sollte sie irgend
«tat Vogt auf Schonen oder an andern Ort^ auf seine Vitten
Imbcb. Wurde durch derartige Massregeln auch ähnlichen
?ackDmmniasen fSr die Zukunft bis zu einem gewisse Grade
yptgsbwgt, 80 war damit der erlittene Schaden doch nicht zu
Waren die Städte auf all^ Tagfahrten einig in der stren-
gen Verfolgung A&c Mandatsttbertreter ^), so wurde die Frage
der Vertheilung der Kri^kosten nicht so rasch und glatt
gdOtt Von der Neigahrsversammlung 1363 bis zur Ittbecker
fchmiifitvereamndung 1366 beschäftigte sich fast alle grossem
Tsgfiiirten mit dieser Frage, ja an Hamburg, Anklam und
Stalgard wurden noch nach dem zweiten Kri^e gegen Wal-
donar Forderungen geltend gemacht^). Wie die meiste Koa-
Mtknen der Zeit, so hatte auch die Städte in ihrem BOnd-
sich unter einander yeipflichtet, „Nutze und Schaden
Wasser und zu Lande nach Mannzahl zu trage'^^). Nach-
1) B. B. I, B. 967 8 4 n. 5, n. tSO 8 4 , n. t87 | 9 «.19, n. 996
I 9, B. 999 8 9.
9) Noch 1871 worden Uebertretangen von Befehlen, die 1369 Tor Helsing-
bwf gegeben worden waren, geahndet, H. R. II, n. 18 8 19. — Bflrger von
Roetoek werden bestraft wegen Hopfenansfbhr nnd Schonenfahrt, H. R. I,^
B. 978 n. 974. Zwei hamborger Rathsherren halten einen Uebertreter (Hein-
rich TOB Rena) an anf dem Meere, Urkdl. Oesch. U, S. 634.
8) Auch daa Absegeln von Flandern troti Verbot wird geahndet, H. R. I,
B. 895 8 1< »nd 19.
4) ebd. U, n. 9 8 1*
5) ebd. I, n. 968 S. 199.
358 ^* ^^ ^i*^ i^>^
dem daher auf drei Versammlimgen Bedmung gdegt war^),
wurde im Januar 1364 zu Stralsund ein vorlinfiger AbtcUm
gemacht und die nachgewiesenen Kosten nach der Stftrin to
Kontingente unter die einzelnen St&dte yertheflt Auch in dn
nächsten Jahren wurde nur theilweise ein definitiver AbidihnB
erzielt. Dabei ging es nicht ohne Streittc^eitea ab. Kid
hatte besonders schweren Verlust erlitten; ihm wurde der preoB-
sische, der buxtehuder und stader Pfimdzoll als Ersate aa-
gewiesen, dazu sollten ihm die Hamburgs 700 %. ans ihrem
Pfundzoll geben*). Diese wdgerten sich trots wiederiiote
Mahnung^). Später kam es sogar zu Feindseligkeiten der
Kieler gegen die Hamburger^). Ein nicht näher bekannter
Zwist entbrannte zwischen diesen und den Bostockem, dOM
Schiffe und Güter genommen worden waren ^). Auch mit der
Gesammtheit der Städte kamen die Hamburger in Streit Sie
hatten den BOrgem von Wisby Pfundzoll abgenonunen in der
Mdnung, dass diese als Unterthanen des DänenkOnigs m be-
trachten seien, während diese schon in ihrer eigenen Stadt
Pfnndzoll erlegt hatten. Aufgefordert zur WiedwuntattOBg
weigerten sie sich, weil sie die Erhebung des Zolles eingesteDt
hätten, sobald sie erfahren, dass die von Wisby in der Haiee
und nicht Unteigebene des Königs von Dänemark seien*),
lieber die Art der Abrechnung konnten sie sich mit den Städten
nicht einigen ^). Später weigerten sich Hamburg, Anklam und
Stargard, den auf sie fallenden Theil der Kosten zu zahlen *),
und es musste der Rechtsweg beschritten, ja Zwang angewendet
1) H. R. I, n. 887 8 S4, 899 $ ft, SIC 8 5.
8) obd. I, n. 880 § 3, 887 f 88.
3) ebd. n. 899 § 8; vgl. n. 898 % 8, 896 § 88. Oben S. 349.
4) ebd. n. 388 § 4.
A) obd. n. 887 § 13, 899 8 3 a. 13, 306 8 2-
6) ebd. n. 887 8 6, 305 § 1, 385 8 1
7) ebd. n. 899 8 2, 325 § 7 ; s. oben S. 349.
8) ebd. u. 356 8 12.
gtfes Waldmar. 369
werden, m die Widanvilligen zu den v^langten Leistungen
xo bewegea.
Zeigen diese Vorgänge, dass Stoff zum Hadern genug
jmtMoim war unter den Städten, dass es Manche gab, die
lidi nothwendigen Opfern für jetzt und für die Zukunft gern
enteogea, so beweist ein anderes Ereigniss, wie schwer man
ii den Städten den erlittenen Verlust nahm, wie ernst und
ittenge man seine Aufgabe fasste. Es ist die Hinrichtung. des
Mbecker BOrgermeisters Johann Wittenberg eins der wenigen
Enignisse in dieser Höhenperiode hansischer Geschichte, das,
an eine hervorragende Persönlichkeit anknüpfend, den Leser
md Hörer nicht bloss historisch interessirt, sondern ihm per-
aflnüch nahe tritt Leider gewähren uns die erhaltenen Nach-
tkliten nur ein äusserst dürftiges Bild von dem Manne und
adnem Schid^sal. Einer der verdientesten Forscher in der
bansinchen Geschichte hat die wenigen Züge zu einem verhält*
nisemäseig klaren Gemälde zu vereinigen gewusst ^). Johann
Wittenborg, einer lübecker Bathsfamilie entstammend, hatte
ala Bürgermeister seiner Vaterstadt den Oberbefehl über das
hnniflohe Heer im Feldzuge von 1362 geführt Zurückgekehrt
$m dem Fdde wurde er in Lübeck ins Gefängniss gesetzt
Wiederholt wurde seine Sache auf den Tagfahrten verhandelt
Die Städte meinten, seine That müsse als ein Vergehen an-
gesehen werden^). Sie verzichteten aber darauf, ihn selbst
ttsoklagmi, überwiesen ihn den Lübeckern, die noch ihre be-
sonderen Klagoi gegen ihn hatt^. Vergebens verwandten sich
die Freunde Wittenbergs für ihn auf den hansischen Tagfahrten
zu Johannis und Jacobi 1363 in Lübeck imd Wismar. Sie
bmnten ihn nicht retten. Noch im Spätsommer desselben
Jahres erlitt er den Tod durch Henkershand auf dem Markte
1) lUntab in den Hans. OeschichUbl. 1871, S. lU C
t) H. B. I, n. 296 § 12: Qaod caiua ipstios et factum predicti domini Jo
luAnif wm poieet eese eine exeesia.
zu Lükeck. Wir erfahren nicht seine Schuld; wahrscheiiiliGk
war sie keine andere, als ein unglücklicher, mOglichenreise
auch nachlässiger und muthloser Heerführer gewesen zu seiii;
vielleicht hatte er sich nach der vor HelsingiMMrg editieMs
Niederlage zum yoreiligen Paktir^ mit Waldemar TOileiten
lassen. Die Sage, die ihn zum Hochverr&ther stempelt und
ihn die Insel Bomholm um einen Tanz mit der DfineokOiugii
-hingeben lässt, wird durch die Geschichte widerlegt So manche
Fragen diese aber auch unbeantwortet Iftsst, das zeigt sie klar,
dass man es mit der Verantwortlichkeit auch dar hScbstei
Machthaber in den StädU^i nicht leicht nahm.
Erst wo dem hansischen Historiker die Aufgabe zufiültt
Ereignisse wie Wittenbergs Tod in den Bahmen seintf Dtr^
Stellung aufzunehmen, zeigt es sich, wie unendlich dürftig und
unvollkonunen wir über wichtige Partien unserer GeschichtA
unterrichtet sind. Wir können die hochgehenden Bewegungen,
die den hansischen He^iÜhrer zum Bichtstuhl fahrten, n«
ahnen, nicht erkennen. In keinem Worte der Beeesse nnd
Urkunden der Zeit spiegeln sie sich wieder, und die Chio-
niken sind gerade f&r jene Zeit dürftiger denn je. Detmar
erwähnt nicht einmal Wittenbergs Tod. Und doch muss für
das Haupt der Hanse die Zeit eine nicht wenig aufgeregte
gewesen sein, die den ersten Bürgermeister dem Henketbeil
verfallen sah. Es muss eine Zeit gewesen sein, in der die
heftigsten Leidenschaften wogten und der empörte Sinn der
Bürger dn Opfer forderte. Von alle dem erfishren wir anf
den hansischen Tagfahrten Nichts; sie berichten uns nur das
nackte Facit der Verhandlungen und Berathungen.
Und dieses ist keinesw^ ein sehr erfreuliches. Statt
der Entschiedenheit in den Massregeln, die man erwarten sdlte,
zeigt sich eine ängstliche Vorsicht, eine schwankende Unent-
schlossenheit. Wohl sehen wir, dass die führenden Städte,
Lübeck voran, zu einem neuen Kriege bereit sind, aber sie
C«i«ii WaUUnar. 361
femOgoi lieht, den Bund mit f ortzurdssen , and tragen sich
neben deo Kiiegqd&aen noch immer mit dra (rft getäuschten,
aber IMigewerdeDeD FriedenshofhungeD. Anf den beiden Sep*
tanbervenaimidangen 1363 in Stralsund und Grei&wald wur*
te die KMitingente f&r d^ Krieg wieder bestimmt, wie sie
nr mei Jaluw festgesetzt waren; Ton Schonen sollten sich
die Bflrgor aller Städte ohne Verzug zurückziehen; im Falle
Krjflges BoUte jeder Handel aufhören, dagegen wollte
edem, der auf eigene Faust geg^ die Dänen ausziehen
vottte, Kaperbriefe gebra ^\ Und dabei konnte man doch
ntf keine Unterstützung der westlichen oder östlichen Städte
lechnen« IHe Preussen lehnte jede kriegerische Hülfe ab '),
da der Herzog tod Schweidnitz ihren Herren und dem preussi-
sden Lande abgesagt habe, und sie das Gleiche von mehreren
HerroB fOiehteten, währwd sie doch mit der Bdcämpfung der
Hflidea genug zu thun hätten. Den Pfundzoll aber wollten
de gern weiter eriieben und, falls es den Städten recht wäre,
aadk Kämpen senden, damit die Kampener einige Schiffe be-
flwuiten und in den Sund schickten für sich und sie, ein
miterer Beleg für den Znsammenhang zwischen den preussi-
iohen und niederiindischen Städten.
Neben diesen Vorbereitungen zum Kri^[e aber dauerten
die Eriedensunterfaandlungen fort Gerade jetzt traten diesd-
bm in ein neues Stadium durch Einmischung der Herzöge
Barnim des Aelteren und des Jüngeren yon Stettin und des
Biachefii ^cn Kamin. Diese Fürsten, dem Dänenkönig befreun-
det, battai ihre BevoUmächtigten Ekkehard Manteufel, Niko-
laoB Kobier und Arnold Makhow auf die stralsunder Ver-
aamBddig (8. Sept) geschickt und den Städten ihre Yennitt-
long angeboten. Diese gingen darauf ein, und es folgte eine
neoe Bdhe von resultatlosen Unterredungen. Sie schickten
1) H. R. I, n. SOG S 5, 7 a. 8 ff.
1) ebd. I, B. SOS.
362 ^* ^^ «r>te Ktfag
zwei Rathsherren, Ludolf y(m Kiüpeii toü Stralsond und Hetn-
rich Schuppelinberg von Grei&wald Oi au die Fftretm, erkid*
teQ aber nur den Bescheid, dass die Forsten erat die Klagen
und Gegenklagen (qnerelas et responsiones) beider TheBe haba
müssten und yor Allem baten, dass die in Stralamid Yena»
melten städtischen Sendeboten dort verweüen möditen bis nr
Ankunft des KOnigs').
Von Grei&wald aus beschickten dann am 22. Sept die dort
versammelten Rathsherren der Städte die drei verflritidadei
Fürsten auf Neue. Wieder hiess es, man mOchte auf denKS-
nig warten, der bei günstigem Winde in 8wei bis drei Tag«
herüberkommen werde. Sie, die Fürsten, hätten nicht so viel
Autorität wie der König selbst. Sollte Waldemar etwa nkfet
kommen, so wolle man Boten an ihn schicken, um VoBmadtt
zu erlangen xum Abschluss eines Friedens. Die Bevolfanich-
tigten der Städte möchten bis zur Ankunft des KOnigs as
Platze bleiben. Für drei Tage waren diese dazu bereit, weiter
aber, sagten sie, reiche ihr Auftrag nicht Man kam zidetit
dahin überein, dass die Vermittler den Sath von GieibwaU
benachrichtigen sollten, falls der König käme oder sie selbst
grössere Vollmacht hätten; Greifswald könne es den andm
Städten schreiben und dann ein neuer Tag angesetzt werden ').
Mit Meklenburg sind gleichzeitig andere Unteriuutdlongen g^
führt worden. Der Herzog hatte durch den rostocker Rath-
mann Arnold Kröplin mit der stralsunder Versammlung an-
geknüpft ; Kröplin und der wismarsche Rathmaim Jdiami Dar
gezow waren dann zu ihm geschickt worden. Die ZurOckg^
kehrten hatte man zusammen mit den von den pommersdMn
Fürsten Heimgekommenen, Ludolf von Kulpen and Heinrich
Schuppelinberg, nach Dammgarten geschickt, nochmals mit dem
1) Im Recess siud nur consnleB de Snndls geoftimt, aber das tat ein« Ua-
genauif^keit, da Schuppelinborg ein greifswalder Rathmann ist.
2) H. K. I, n. 300 § S S. 246.
3) ebd. n. 300 §1 S. 247 ff.
ftgen Waktoiuur. 86S
Mddeabarger asu veriiandeln. Kaum kami es sieh hier um
etwas anderes gehandelt haben als um ein Bündniss gegen Wal-
danar. So rochte man sich fttr alle M4iglidikeiten zn decken.
Anftmg November kam Waldemar wirklich nach Deutsch-
land herttber. Schon im Augast hatte Kaiser Karl IV. ihn
eingeladen, da Herzog Bc^islaw von Pommern- Wolgast, wel-
cher der Schwiegervater des Kaisers werden sollte, diesem ge-
sagt hatte, sein Vetter, der Dänenktaig, wünsche sehr den
Kaiser zu besuchen ^). Jetzt hielt er sich, auf der Beise zum
Kaiser begriffen, in Wdgast auf. Gleichzeitig wanm Raths*
herren simmtlicher wendischer Stftdte in OreiCswald versam-
mdt Auf die Einladung der vermittelnden Fürsten gingen
sie nach Wolgast hinüber zum Könige *). Sie machten einen
Aufiwtz „der Freiheit, die der gemeine Kaufmann von Alten
her in Dänemark und Schonen gehabt hat^, der ms erhalten
and vom & November datirt ist '). Aber sie wartti weit ent-
fernt, die Oenehmigung ihrer Forderungen vom Könige zu er^
langen. Hin und her wurde verhandelt, aber Nichts wurde
8U Ende geführt^). Als man nach €h-eilBwald zurttddcehrte,
war keine andere Aussicht voihanden, als dass mit AUanf
des Waffenstillstandes am 6. Januar des bevorstehenden Jahres
der Krieg wieder beginnen werde.
Im GrefOhl dieser Sachlage wiuden denn auch gleich in
Grmfswald Bestimmungen getroffen für Vorbereitungen zum
Kriege. Zur nächste Versammlung (Neiqahr 1364 in Stral-
sund) sollte jeder Rathsbote VoUrnacht mitbringen, das alte
Kontingent (defensio) wieder zu bewilligen , den Handel ganz
1) Sahm XllI, 601 rom 7. A«g. Ab 16. Aag. liatl WaldMMtf sieli 41«
EialadBBf rom Erabischof MikolAot von Lmnd und Bisehof IfagDOS von B«irg-
lam so Neslred Tidinunn , Bog. hiot Dm. 1, b. 2614 und Snhm Xlil, 609.
Wohrachoinlich war er nooii om 96. Sopt in JfitUnd, e. B«f . h. D. 1, a. S617
und Orom, Forbodringer p. IM.
2) H. B. 1, B. 606 § 3.
I) ebd. n. 606.
4) PUdU dirortimode eraat iaoofU, JiihU mOobi tortnuMtiaiy a« 606 1 6«
364 ^' ^^ <nte S>^
oder Uieilweise medenroleg« und mit den Landesf&ntai eh
BOndnisB zu schltossen^)« Denn min sah woU dn, dm es
niMug adn wttrde, „die Untentfttrang der Hnrren sn fcr-
dern^ '). Doch suchte man sich ihnen gegenfiber mOf^ickst
zu sichern gegen Vertragsbruch*) und das in den Stidta
offenbar misaliebige Bündniss dadurdi zu rachtfartigen und aa-
nehmbar zu machen, dass man es als durehaiw untermmdlid
darstellte*). Um Verlust an Schiffen und Waaren zu va^
meiden, sollte der hansische Kaufmann in England und Fhir
dem, in Schweden, Norw^en, Dftnemaik, GoÜand und dm
östlichen Lftndem benadirichtigt werden, nicht mehr dinh
den Sund zu fieüiuen, sondern der grösseni Sicheriwit wign
den Weg Ober L&bed^ und Hamburg, durch Elbe und Traie
zu benutzen; Greifiswald übernahm es, im Namen der SlIdtB
zu schreiben, Stralsund, die Briefe zu bestellen ^).
Aber alle diese Vorbereitungen zum Kriege wuiden vn
vornherein in ihrer Wirkung gelähmt durdi die Spaltung, die
sich gleichzeitig unter den St&dten zeigte. Der rostodnr
Schreiber fOgt seinem Becesse die Anfrage bei seinem Bathe
hinzu, wenn Stettin, Kdberg, Stargard und Anldam am Kriege
1) H. R. I, n. 807 $ 8 und 8.
8) Oportet nos jaramen dominonun tarrmmm pottoUre.
8) H. B. I, n. 800 g • B. 849 : TnetabKv com dondnis tämnun, li uio
fi«ri delMftt com eit et dTitattlme, qwüeoi camekNieBi ipcl domlni Iwimi— fe*
cient civitatibos; et postnUbiiiitiir primo eastra et nnniciones iapignonri pro
premissU. Et quiris Interim loqnatiir com consilio sno, ntnim eastra rel Utttft,
fid^^assorae aal Joramenta redpiaatv in eaaetoaeM.
4) ebd. D. 807 (8: QaeWs civitaa potast intiiiiari oommmaitati eae, li
valt , quod ex qao josticiam et eqaitatem a domino rege Daeie oonteqai hob
valemns, oportet nos jarameii dominomm terramm postolara.
5) ebd. n. 807 g 8 nnd 4; Tgl. n. 808 and 809 ; b. 808 ist an Witby g«-
ricbtet, nicht an Riga , s. n. 807 g 4 nnd in n. 808 : Keenon dTibns parciiB
orientaliam dignemini aeeribere. — Dieses Verbot sebeinen die 88 ScUffisr fib0^
treten zu haben, welche die Aelterlente des Kaaflnanas ta BrSgga dem Haase-
tage TOn 1364 Mai 85 inr Anieige bringen (H. R. I, n. 885 g 19). Sie sind
aus Stralsund, Oreifewald, Wismar, Dansig, Elbing, Königsberg, Braonsberg,
Lfibeck, Bremen, Zntfen, DeTenter und Klbnrg (oder TreUeborg fa Schonea?).
g«g«i WaUenar. 365
nicht thdliiehiiien wollten, ob dann sie, die Bostocker, mit
Lübeck, Wismar und Stralsund allein am Kriege festhalten
wollten ^ ). Greifswald und Kiel werden nicht erwfthnt Doch
werden die Greifswalder nach ihren schon früher*) geäusser-
ten Bedenken nicht allzu kriegslustig gewesen sein, da ihre
Nachbarn Stettin, Anklam und Stargard, die sich mit ihnen
in dieselben Lage befanden » Schwierigkeiten machten. Die
ganze Last nihte denmach auf Labeck, Boetocki Stralsund
und Wismar, von denen jene drei allerdings die drei gr5ssten
wendischen Kommunen waren, die eigentliche Grundlage der
milit&rischen Stärke des Bundes, doch allein schwerlich im
Stande, Waldanars Macht zu brechen. So ging der Waffen-
stillstand zu Ende, ohne dass man einen Frieden abgeschlos-
sen hatte, ohne dass man zum Kriege berdt und stark genug
gewesen wäre.
1) H. R. I, n. 807 § 13.
9) ebd. n. t9f % 8, ob« & 849.
XL Vom Ablauf des WaffenstfllstaiidjM Ms mm
wordmgborger Vertrage ( Jamiar 1864 —
September 1865).
Am Tage, da der Waffengtilbtand ablief, am 6. Jan«
1364, versammelten sich die Abgeordn^iai der wendia^oi
Stftdte vollzählig in Stralsond. Der Kriegainstand war irh-
der da, die Städte aber nichts weniger als bereit zum Kriega
Sie hatten im November zwei Rathsherren von Stratannd ml
Greifswald nach Preussen geschickt, mit den dortigen Stidtn
und dem Hochmeister über eine gemeinsame Politik zn be-
rathen. Jetzt kam die wenig tröstliche Antwort Wie m
Angust , so weig^en sich auch jetzt die prenssischen Stidte
„wegen Bekämpfung der Heiden^ Beistand mit Schiflien ud
Maimschaftcn zu leisten; nur Pfiindzoll wollten sie erfacta
und denselben, dem früheren Vorschlage gemäss, nach Kaffl-
pen schicken. Sie lehnten es auch ab, den Handel nied^io-
l^n und Kaper aus ihren Häfen gegen die Dänen analanfci
zu lassen. Ja, da sie nun doch einmal nicht mehr thun konn-
ten, so wollten sie auch zum gegenwärtigen stralsmider Tage
ihre Boten nicht schicken. So trennten sich die Preussen von
ihren wendischen Genossen.
Und kaum erfreulichere Nachrichten haben wohl die ans
Bremen, Hamburg, Stavoren und Kampen eingelaufenen Briefe
gebracht. Im December war der lübische Vogt anf Schonen,
Marquard von Rutensten, als Gesandter in den süderseeischen
Städten gewesen; in Dordrecht war eine TagCahrt gehalten
XI. Vmi AUiif «L WiftMtlllatancles bis s. wordlvgWwgtr Vertrag« «ke. 367
ier«tah Der Erfdg wird uns nicht direkt berichtet; aber es
nterliegt känrai Zweifel, dass auch Kämpen und seine Ge-
mmaea sich vcm den wendischen Städten zurückzogen. Ja,
dM VerhAltniBB wurde ein so gespanntes, dass sogar verboten
wurde, denen von Kampen die Ausfuhr von Waaren aus den
3ttdte& .20 gestatten, doch wohl, weil man fürchtete, sie ¥rür-
dn dieeelben den Dänen zuführen^). So wird es erklärlich,
4m6 die Bathssendeboten der wendischen Städte zu keinem
HitfifhluBse kamen, der der Bedrängniss der Zeit entsprochen
bitte. Eb wurde abgerechnet, Beschlüsse wurden gefasst we*
der Kaper, bis Ostern (24. März) ein Handelsverbot er-
i, mit Graf Klaus wegen Vereinbarung eines Waffienstill-
mt dem dänischen Beichsrath verhandelt und dgL;
awh beschloes man, Briefe zu senden an die Könige von Frank-
nidi imd England und an den Grafen von Flandern, um sie
n miterrichten v<m dem Unrecht, das den Städten durch den
iHnjaehen König zugefügt sei *). Die wichtigsten Sachen aber,
die Feststellong der Kontingente und der Abschluss eines Bund-
niaeet mit den Nachbarfiirsten , verschob man wieder auf die
Bichste Vorsammtamg, auf den 3. März*). Man hatte noch
immer die Hoffiiung nicht au^egeben, durch Verhandlungen
Ziele zu kommen.
Ee ist dem scharfblickenden Waldemar gewiss nicht eut-
b, wie uneinig und unentschlossen die Städte wai*en.
Seen mir eo ist et zu erklären, dass er gerade zu einer Zeit,
wt eio eeaer Krieg seinem Beiche drohte, wo Feinde, die,
wie «r vor kaum Jahresfrist erfahren hatte, eine bedeutende
Flette wd ein ansehnliches Heer aa&ubringen im Stande
wenn, aof eineQ Angriff sannen, sein Land verliess und —
auf Reisen ging, auf Besuch zu den Fürsten Europas und
I) B. R. UI, B. ST9 mnd 290 nebst BioMtnng daxu; vgl. ebd. 1, n. 815
1 1, SIS ff 8 BBd SSl 1 18.
t) «bd. I, n. 810 § 5 o. 12, 6, 9, 11.
3) ebd. § 10.
368 S* Vom AbiMf d. WAffniatfllstandM lib B. wwdlngbofVBr Vtflnift
zum obersten Hirten der Christenheit. Der «neige
nahestehende Chronist, der über diese Reise beriehtet, Det-
mar, sagt (zum Jahre 1364): „Do mmede de koniug ^an Dsm-
marken sin rilce van anghestes wegen^; aber gewiss liegt hier,
wie aach in den weiteren Mittheilungen ttber die Reise, eise
Verwechslung mit den Voiig&ngen des zweiten Krieges for
Für die Angst gab es Iceinen Grund , denn der „ernst der
zeestede^S von dem Detmar spricht , fehlte durchaus. Ei wsm
gewiss andere Motive, die Waldemar leiteten, zunAcbst noU
die Absicht, Bundesgenossen zu gewinnen, die Fürsten Ems-
pas auf seine Seite zu bringen und seine O^ner ra isolim.
Dass er das nicht zu erreichen suchte auf dne Weise, die
unter den gegebenen Verhältnissen naheliegender und vorlhd*
hafter war, durch Gesandtschaften und Unterhändler, est-
spricht der abenteuerlichen Reiselust des Königs, sdner Nei-
gung zu glänzendem Auftreten und persönlichem Verkehr ii
fremden Höfen. Während ein nicht zu verachtender Feiil
den heimischen Boden bedrohte, zog Waldemar mit gläniei-
dem , kostspieligem Gefolge von einer Königsburg zur anden;
es war nicht sein Verdienst, dass seine Abwesenheit den
Vaterlande nicht verderblich wurde.
Waidemars einziger Sohn Christoph , Herzog von Laalsod
und Hailand , war am 11. Juni des verflossenen Jahres is
Kopenhagen gestorben; b Roeskilde, wo noch eine Marmo^
Statue als sein Bild gezeigt wird, liegt er begraben^) ; Wakteman
Gemahlin, die schleswigsche Heilwig, lebte schon sat Jahren
von ihrem Manne getrennt, wie die Sage erzählt, gefangen snf
Schloss Sjeborg im nördlichen Seehind '). So musste das Lsnd
den Grossen , dem dänischen Reichsrathe zur Verwaltung flher-
1) Lib. dat Bosk., Lgb. Ser. III, p. 874. Vfl. di« Annaten ia Arebif
If, 2S6. Nach dieser letzteren Stelle war er nnr elniffe WocIwb krank gt*
Wesen.
8) Vgl. Subm III, 288 flf.
Januar ise4— September 1565. 369
kmea werden , als der König seine Reise antrat Ende October
1363 schiffte dieser sich ein ^ ) ; in den ersten Tagen des No-
veaiber war er in Wolgast und führte die erwähnten Verhand-
lingeii mit den Rathsherren der St&dte. Von da ging es mit
Bogislaw, dem wolgaster Herzog, nach Krakau zur glänzen-
den Hochzeit Kaiser Karls IV. mit Bogislaws Tochter, der
rtarken Jungfrau Elisabeth*). Am 13. December schloss
Waldemar dort ein Bündniss mit Kasimir von Polen, das
dieMn zor Waffienhttlfe yerpflichtete gegen alle Feinde des
DiaenkOnigs , den Kaiser und den König yon Ungarn ausge-
MNnmeii '). Obgleich dieses Bündniss nie eine praktische Be-
dmtQDg eriangt hat, so wird es doch schwerlich ohne Ein-
wirkiiDg besonders auf die Politik der preussischen Städte
geblieben sein, die ein etwaiges Eingreifen der Polen zunächst
fbichteii mnssten. Als der Kaiser mit seiner jungen Gemah-
lin Ton Krakau nach Prag reiste, gab ihm Waldemar das
GdeiL Am 5. Januar 1364 Hess er sich in Prag von seinem
alten Freunde Karl IV. jene Urkunde bestätigen, durch die
ihm 14 Jahre zuvor die Reichsteuer der Stadt Lübeck zuge-
qprochen war^). Von Prag reiste Waldemar mit König Peter
1) Snhrn XUI, 606.
t) Sahm XIU, 610. Es ist Bogislaw V., Sohn WartUlaws IV., s. Fock
lU, 166 Anm. 2.
S) Reff, hitt Dan. I, n. 2521 und Gram, Forbedringer p. 223 ff. Sohm
XIII, 610 sagt: Waldemar soll die Keise auf Kasimirs Kosten gemacht haben.
4) LIb. Urkdb. III, n. 484. Schon bei den Verhandlungen au Nykjöbing
(H. IL I, n. 298 f 20) hatte Waldemar sich beklagt , dass ihm sein Geld von
den Lftbeckem nicht ausbezahlt werde. Wäre auch der Krieg nicht gewesen,
•o bitten die Lfibecker doch vielleicht die Steuer nicht ohne Weiteres an
Waldemar entrichtet Denn 1360 hatte Karl IV. dieselbe dem Uersog Rudolf
▼OB Sachsen llberwiesen und diese Ueberweisung auch noch vor Kursem für
das Jahr 1864 wiederholt (Lfib. Urk. lU, n. 861 für 1860—68 und n. 473
ftbr 1864). Jetst wies er die Lfibecker wieder an , an Waldemar su zahlen
(Lftb. Ürk. III, n. 498). Schwerlich kann der Kaiser geglaubt haben, der
Betrag von 16000 J^ fein (s. oben S. 146) sei in den Jahren 1860—60 er-
reicht durch die Steuer von jährlich 1200 Goldgulden. Am auiRUligsten ist,
dass sehen im Aug. 1364 wieder Rudolf von Sachsen die Lfibecker um sein
Schttn-, Die Haniettldte. 24
370 ^I- "^om AbUaf d. WnffBDstiUf tindM bis B. wotdiagboigMr Vertnc»
von Cypern Ober K81n , wo er das Grab der heiligen 3 KSnige
besuchte, nach Flandern.
Dort wurden beide Könige vom Grafen Ludwig (^
zend aufgenommen. Waldemar reiste mit grossem Gefeige.
König Eduard IIL von England schickte ihm einen Geldtabrirf
für ihn und 300 Ritter nebst Dienerschaft und Pferden^).
Es fehlte also nicht an bedeutenden Kosten. Die Lösegelds
der Gefangenen , die Erpressungen auf Schonen hatten des K>-
nigs Kasse gefüllt. Noch im verflossenen Jahre hatte Walde-
mar dazu f^yon Reichen und Armen, yon den Fischern ud
Anderen eine grosse Summe Geld gesanmielt*)*\ Die vm
Kaufmann , yom ausgesogenen Lande erpressten Summm wu^
den so auf abenteuerlichen, mit yerschwenderischem Olaue
ausgeführten Reisen vergeudet. Denn die Verbindung mit des
mächtigsten Fürsten der Christenheit kam dem Lande doch
nur wenig zu Gute.
lieber Strassburg gelangte Waldemar gegen Ende Febmir
nach Avignon zu Papst Urban Y. und fand den freundlichsteo
Empfang. Wohl in der Hoiihung, den Dänenkönig für da
Kampf gegen die Ungläubigen zu gewinnen, beschenkte Urbtt
ihn mit der goldenen Rose und einer grossen Anzahl Reliquien,
ging auch auf seine Klagen ein über ungehorsame „Grosse,
Städte und Gebiete ausserhalb Dänemarks, die dem Könige
Geld mahnt (LUb. Urk. III, n. 600) , trotsdem er aU Zeuge gegenwirtig wir
bei der BestHtignngsarkiuide des Kaisers an Waldemar (vgl. ebd. n. 4S4 : Bod.
V. Sachsen , des heil. röm. Reichs Harschall , unser lieber Oheim). Die An-
nahme Grams (S. 148), dass Waldemar nnd Rudolf sich geeinigt hätten, damit
Ersterer die Steuer auch während des Krieges bekäme , Letiterer sie nur fir
ihn erhebe , ist schwerlich aulässig , wenn man auch Waldemar f&r flUiig hal-
ten wollte, trotsdem in NylijÖbing gemahnt lu haben, nnd den Kaiser, mit
ihm unter einer Decke au spielen. Als die Uebertragung an Bndolph dnitii
den Kaiser geschah , war ohnehin Ja noch nicht von Feindseligkeiten swischen
Waldemar und Lübeck die Rede.
1) Rymer, Foedera III, 2, 719.
2) Archiv II, 226.
jMttar 1864--8«]>teiiilMr 1865. 371
Tlrene geschworen h&tten, von ihm abgefallen wären und jetzt
den Yorsprocbenen Gehorsam verweigerten'^ Eine päpstliche
Bulle forderte die Bischöfe Ton Kamin , Linköping und Lübeck
Ulf, durch geistliche Mittel die Widersacher des Königs zu
tekimpfen; ihn selbst nahm der Papst unter seinen beson-
ioren Schuts^). Zu einem Kreuzzuge hat aber Waldemar,
wie Btt erwarten war, sich nicht bewegen lassen, obgleich
Petiarca sdbst klagte, dass er die Seufzer der Christenheit
■idit höre.
Die beabsichtigte Reise nach England unterblieb*). Doch
sAeint Waldemar nicht direkt von Avignon nach Dänemark
nrflckgekehrt zu sein ; denn im Juni war er noch nicht wieder
dahcun, auch die Zeit seiner Bttckkehr noch nicht im Lande
bekaant Wir erfahren das aus dem Waffenstillstände, der,
noch während Waidemars Abwesenheit, nun doch endlich aus
den neu au|genommenen Verhandlungen zwischen den Städten
und dem dänißchmi Beichsrath hervorging.
IKe Städte Hessen die günstige Zeit der Abwesenheit
Waldemars ungenutzt verstreichen. Gerade jetzt hätte ihnen
die Unternehmung der Meklenburger gegen Schweden, welche
die beiden nordischen Könige vollständig in Ansprudi nahm,
«M günstige Gelegenheit und leicht nützliche Bundesgenossen
geboten; aber sie waren nicht im Stande, sich zu einer ein-
keitlieben und energischen Politik aufzuschwingen , hatten nach
der erlittenen Schlappe nicht den Muth, ein entscheidendes
UBtemehmen zu wagen. Obgleich sie erfahren hatten, dass
iireh Verhandlungen Wenig oder vielmehr Nichts von Walde-
mar zu erreichen war, dass jeder neue Versuch nur zu neuer
Verzögerung und neuen Verlusten führte, konnten sie sich
doch nicht entschliessen , den , wie es schien , unvermeidlichen
1) Salun XIU, ÖS4 It; Gnun, Porbcdringer p. 1S6; Raynald, Ann. ecdes.
Ad aan. 1S64, p. iS5— S6.
t) S. oben S. 156.
24*
372 ^* ^^^ AbUaf d. WailiBnstlllitftod« bis i. wordlngboigw Vertng«
Krieg in dem Augenblicke za beginnen, wo ihre
am günstigsten standen. Sobald sich nur die entfernteste
Hoflfhung zeigte auf eine friedliche Beilegung dar Sadie, auf
Erlangung ihrer von altersher genossenen Privilegien duw
Waffengewalt , Hessen die Städte sich immer aafe Neue in das
Netz langwieriger Verhandlungen yerwickeln. So nahmen sie
jetzt bereitwillig die Vermittlung erst des Grafen Nikolaus^
dann Adolfs yon Holstein ^) und besonders die der pommer-
scben Herzöge und des Bischöfe von Kamin ') an , dem
Werth sie doch schon zur Genüge kennen gelernt hatten.
Die Letzteren erklärten sich durch die Stralsunder bereit, dm
Dänenkönig und seinen Räthen Boten nachzuschicken.
Und während die Hansen sich so immer von Neuem in
Friedenshoffnungen einwiegten, kamen sie mit den Vorbeni-
tungen zum Kriege nicht aus der Stelle. Als nach mehreno
zu Stralsund abgehaltenen Versammlungen Boten von Wismar,
Stralsund, Rostock, Kiel, Lübeck, Grei&wald und Stettin (die
drei letztem Städte waren nur durch Notare vertreten) am
14. April 1364 zu Rostock wieder zusammenkamen ^), mr
man im Grunde genommen noch nicht weiter als im November
des vorigen Jahres , und die Hauptfragen , die der Kontingente
und der Bündnisse mit den benachbarten Fürsten, worden
jetzt ebenso wenig wie damals klar und entschieden beant-
wortet. Wie schwer es den Städten wurde, sich zu entschei-
den, ersehen wir deutlich genug daraus, dass die MeinuDg
jeder einzelnen im Recesse zu Protokoll genonunen wurde.
Darin herrschte einigermassen Uebereinstimmung, dass man
bei der im September 1361 verabredeten Kriegsleiatung (de-
fensio, were) bleiben wolle; nur Stettin erklärte sich ausser
1) H. R. I, n. 310 § 9, 318 § 4, n. 320; ebd. n. 319.
2) ebd. n. 314 § 1 and 321 § 2. Aach mit Ilenog Erich Ton Sachsen
und andern Herren wurde verhandelt, ebd. n. 313 § 4, 315 § fi, 316 §6.
3) ebd. n. 321.
Auraar 18e4--8eptemlMr 1365. 373
Stande « mehr als ein Schiff mit 50 Mann zu stellen i). Aber
über das Bündniss mit den Fürsten gingen die Meinungen
sehr auseinander. Die Rostocker und Wismarschen, ohnehin
durch ihr Verhftltniss zum meklenburger Herzoge, der eben
jetst in Schweden gegen die nordischen Könige, Waidemars
Freunde , im Felde stand , auf ein Bündniss mit jenen hinge-
wieeen , stimmten unbedingt fär Anschluss an die Herren, weil
man allein Nichts ausrichten könne*). Ebenso urtheilten die
Kider ; sie waren bereit, in Kontingent und Bündniss zu wil-
ligen, wenn sie ihren Schaden ersetzt erhalten hätten'). Die
Lübecker wollten erst die Antwort der Herzöge von Stettin
und des kaminer Bischöfe abwarten, bevor etwas über ein
Bflndniss beschlossen würde ^); die Stralsunder und Greifs-
walder aber wollten auf keinen Fall ein Bündniss eingehen
ohne die übrigen im letzten Kriege gegen Waldemar vereinig-
ten Städte *)• Die Stralsunder waren es , welche die erneuerte
Vermittlung der Herren vor die Tagfahrt brachten; Die Stet-
tiner lehnten es ab, ohne Zustimmung ihres Herren irgend
dne Verbindung mit einem Fürsten einzugehen^). So verlief
anch diese Tagfahrt ohne Resultat , wenn man nicht die Ver-
liogening des Handelsverbots bis zum 26. Mai und die Be-
lehrftnkung desselben auf die Häfen westlich der Trave als
ein solches bezeichnen will 7).
Nicht wenig mag diese Unentschlossenheit, diese über-
triebene Friedenssehnsucht verursacht worden sein durch die
1) Stett S mit 200 Mann im ersten Feldznge.
S) Sine dominis non possunt in premissis prosperari, n. 821 § 5.
5) H. B. I, n. 821 % 4.
4) ebd. i 7.
6) Sine aliis civitatibus in unione eomm comprehensis , ebd. § 2. Unter
der „unio eomm" kann wohl nur die grei&walder Konföderation yerstanden
werden, an alle Hansestädte au denken ist nnstatthaft; schwerlicb sind anch
aasichUessIieh die eigentlich wendischen ^meint. Vgl. § 9.
6) ebd. I 10.
7) ebd. f 12.
374 ^I- ^^^ Ablmuf d. WaftnsttlbtaiidM Ms i. wlBff«Uiig1iors«r Tcftnce
Verlegenheit, in der sich die einselneii Stftdte, sam Tkil
nicht ohne Zuthun des Dänenköniga, befEuiden« Die Hanbniger,
in lebhaftem Streit mit ihrem Grafen Adolf über Anerkenirang
der holsteinischen Landeshoheit, hatten vor ihren eigeaen
Thoren schwer zu kämpfen. Die Herren von Klenaa oad
Qualen, die von Plesse, Moltke, Bfllow and Lfitsow fidea
in ihre Dörfer, raubten und plOnderten. Auch die Elbe wurde
bedroht, und die Schiffiahrt bedurfte der bewaffneten Ve^
theidigung. So erklärten sich die Hamburger ausser Stande,
zur Soe durch den Sund 0 Hülfe zu leisten. AUenftdls woIltcB
sie zu Lande mit den Grafen Heinrich und Nikolaus in paamid
gelegenes dänisches Gebiet einfallen. Und so wenig wie tk
die Tagfahrt vom 24 März zu Stralsund konnten die LAbednr
die vom 14. April in Rostock besuchen, weil die Giafn
Adolf VII. von Kiel und Adolf von Schauenburg ihnen abge-
sagt hatten. Jener, des 1359 gestorbenen Johann Sohn , nock
so eben Vermittlerrolle zwischen den Städten und den Däaei
spielend , hatte am 29. Februar Fehmam als Lehn des Dänen-
königs anerkannt und ein enges BOndniss mit ihm geaehlossei,
das auch zur Hülfe gegen die Städte verpflichtete'). Er
mochte hoffen, durch Anschluss an Waldemar dessen Einflon
auf Kaiser Karl im Streite mit Hamburg zu seinen eigenen
Gunsten benutzen zu können. Als offener Feind der Lübecker
trat er jetzt auf; dazu tobte heftige Fehde zwischen diesen
und den mächtigen und wilden holsteinischen Herren von
Buchwald, Parkentin und Krummendiek *). Die Wisma^
sehen aber hatten sich überwerfen mit Barnim dem Aelteren
von Stettin , weil sie einige stettiner Bürger gefiingen ges^t
1) Nftvigio trans portom Norewand, ebd. I, n. 817.
2) Seh. Holst. Laubg. Urkdb. II, S 265.
3) H. R. I, n. 321 § i mit Anm. ; vgl. Detmar sa 1364; Lib. Urkdb.
III, n 495, 499 (501), 505 (512 und 513), 523, 527, 545, 549, 580, 654;
IV, n. 98.
Mmuut lft«i— S^ptMübcr 1865. ' 375
hfttten ^>. Dsd während so die Stftdte in Verlegenheiten aller
Art sidi za keinem energischen Schritte entschliessen konnten,
miw ihre G^ner raech auf dem Platze und drohten diesmal
die Rotte des Angreifers zu übernehmen. Anfang Mai la-
gm 8000 Dänen mit Schifibn im GrOnsund, zwischen Falster
and Mfien'); in einer einzigen Nacht konnten sie bei gttn-
nfigtin Winde vor den Mauern Stralsunds oder Rostocks sein.
Dem gegenüber wussten die am 25. Mai zu Lübeck ver-
aeamelten Bathsherren der wendischen Städte Nichts zu be-
HrhKooDon als dass, falls die Dänen versuchen sollten, eine
Stadt zu belagern oder ihren Hafen zu verwüsten, alle ande-
rn Städte verlachtet sein sollten, nach Massgabe ihres
iBBlgeBetzten Kontingents Hülfe zu schicken*). Im Uebrigen
war von keiner kriegerischen Massregel die Bede. Man
Uammerte sich krampfhaft an die Friedensaussichten , die sich
aa die Vermittlung des Herzogs Barnim des Jüngeren von
Wolgast knüpften. Diesem VoUmacht zu geben zum Abschluss
mm WafifonstUlstandes zwischen dem Könige von Dänemark
and den Städten, beantragten die Stralsunder und Greifs-
valder, und ihre Bathsherren wurden dann abgeschickt, mit
dem Fürsten zu unterhandeln. Nur die von Bestock und
WiBDiar erklärten sich nicht gleich einverstanden, weil sie
flirsBi Herrn, wenn er dem Dänenkönige Feind sein wolle,
die Unterstützung nicht verweigern könnten^). Die Lübecker
lehnten sich so nach Frieden, dass sie den Stralsundem schrie-
ben, sie möchten die Vermittlung durch Herzog Barnim nur
iisdi betreiben, damit man im Falle eines Nichterfolgs sich
der andi angebotenen Vermittlung des Herzogs Erich von
Sachsen oder Waldemar Sappes bedienen könne ^). Wie
1) H. R. I» n. 316 § 4, 321 § 16, 326 % 8, 358 a.
2) «bd. n. 824 vom 6. HaL
8) ebd. n. 325 § 18.
4) ebd. n. 325 § 10 und 11.
5) ebd. m, n. 22.
376 ^I- ^o™ Abliaf d. WaifMuitUUtendM bb s. wonUagborgw Vertrag«
schmerzlich man es übrigens onpfand, daas nuui Ton den
Genossen der Ebnse im Stich gelassen wurde, das zeigt sich
auch in dem Zweifel, den man hegte, ob „die von PreosseB,
von den östlichen und anderen Städten , die Nichts zum Kriege
gethan haben^S in den Frieden oder WaflFenstiHatand auba-
uehmen seiend-
An die Hamburger , die seit längerer Zeit keine Tagfikrt
mehr vollgültig (durch Rathsherren) beschickt hatten, wurde
eine Gesandtschaft abgeordnet, um mit ihnen in ihrer eigenes
Stadt zu verhandeln. Auch ihnen erschien es angemessener,
erst durch den Herzog von Stettin über eine Einigung unter-
handeln zu lassen, als etwas über die Kontingente und das
Bündniss mit den Fürsten zu bestimmen. Ueber den mit Un-
recht von den Hamburgern erhobenen PfundzoU und die Ab-
rechnung konnte man sich nicht mit ihnen einigen« Die grofr-
walder Konföderation, zu der man sich durch neue Besiege-
lung und Austausch von Neuem verpflichten wollte, weigerten
sie zu besiegeln , wenn es nicht auch die Bremer zuvor gethan
hätten').
So hing jetzt die Hoflhung der Städte an dem Erfolg v<m
Barnims Vermittlung. Inzwischen litt ihr Handel schwer.
Die auf dem letzten Tage nur beschränkte Schi£Sahrt wurde
jetzt bis Johannis ganz verboten; nur den Kolbergem blieb
CS gestattet, ihr Salz nach Preussen auszuführen *). Schadete
man durch diese Handelsverbote den Dänen, so doch kaum
weniger den Einheimischen. Und das änderte sich auch nur
wenig, als durch die Vermittlung Barnims der gehoflfte Waf-
fenstillstand zu Stande kam, die Medensselige Politik dtf
Städte einen Erfolg errang, dessen geringer Werth doch im
1) H. R. I, n. 325 § 14 : Utrum illos de PracU et consales civitatom orieo-
talium atque alias civitates, qai nichil fecerimt ad gwerram , coUigere yeliot
ad composicionem prcdictam vel ad treugas.
2) ebd. § 1—7.
3) ebd. § 15.
JamuMT 1364— September 1S65. 377
Laufe der Jahre klar geworden sein musste. Mit Hfilfe sei*
MT BJUhe, des Marschalls Wedego Bugenhagen und des Kam*
Benneisten Engelke Mantenfel hatte der Herzog durch Ver-
hiwihiiigai mit den d&nischen Herren Vicko Moltke (Gelle«
kor — Erheber, J^innehmer — in Sdionen), Kersten Kule
(Hmptmann zu Alholm auf Laaland), Iwem Nickelsson , Olaf
Beni88<»i, Boiedikt von Anefdd zwischen den Städten Labeck,
BoBtodL, Wismar, Stralsund, Grei&wald, Kolberg, Stettin,
AiAlam und Kiel ^) und dem dänischen Reiche am 21. Juni
1364 za Stralsund einen Waffenstillstand zu Stande gd[)racht,
der mit dem nächsten Johannistage b^^end bis zum 2. Fe-
tenar 1368 dauern sollte. Für die ausgelaufenen Kaper bei-
dsr Theile wurde, soweit dieselben in den Meeren südlich
toBk Sunde sich aufhielten, der 7., nördlich vom Sunde der
14. Juli als Ausgangspunkt bestimmt Barnim und seine Brü-
dor« Bogislaw und Wartislaw, verpflichteten sich, demjenigen
ut Bath und That beizustehen, der zuerst g^en den Inhalt
diaBes Vertrages geschädigt werden sollte, und ihren Mannen
zu ertauben, diesem Theile zu dienen. Und dasselbe ver-
sprach der Bischof Johann von Kamin '). Bib Jacobi (25. Juli),
späleBtens bis Maria Himmelfahrt (15. August) sollte zu Stral-
smd die Ratifikation bewirkt werden. Sollte der K(kug in-
zwischen nicht wieder in sein Reich zurückkehren, so sollte
die dänische Urkunde übergeben werden besiegelt von den
1) Di« Bestimmung des Becesses vom 18. Juni 1S64 (H. K. I, n. 3S6 § 2,
4 ; Tgl. ebd. S. 284 A.) ist yielleicht so erklärlich : In der Urkunde , in wel-
cImt sieh die Städte aar BmtUlkation des abgeschlossenen Stillstandes yerpflich-
ten (b. 384), wird Kiel aasgelassen, obgleich ein kieler Bathmann an den
Verhandluigen theilnahm. Es seheint also, als wenn in die anssoliefemde
Vefltrsgsorkonde (den groten breO Kiel nicht mit aulgenommen war. Lfibeck
sollta dann diesen Brief amschreiben und die (aneh an den greifswalder Ver-
trigen beCbeiligten) Städte Hamburg, Bremen und Kiel mit hineinsehreiben
lasMB. Nur mit Kiel ist dies wirklich geschehen (s. n. 886 u. 337). Oder
sollte man troti des.$ 2, 4 des Becesses annehmen dürfin, dass in n. 334
bloss durch ein Versehen des SohrelberB Kiel «osgelassen worden ist?
2) H. B. I, n. 330 o. 883.
378 ^^ ^om AblAuf d. WaffBütlUlitMides Ui i. wwdingborfv V«rtnct
•
Bisch(tfen und dem ReichsraÜi. In einer beflcmdem (udb nidit
erhaltenen) Urkunde T^rpflichtete sich Barnim dafür m 8o^
gen , dass der Stillstand von K(kiig Waldemar adbat besiegdt
werde ^). Auch in Betreff der Zölle, aber die man sich nidit
einigen konnte, und des Strandrechts vecsprach der Herzog,
die Aufhebung des letzteren und die Minderung jener m be-
wirken, allerdings mit d«n ausdrficklidien Vorbehalte, dan
es ihm nicht zur Last fallen solle, wenn er darin keinen &
folg habe ') — offenbar eine Zusage ohne jeden .Werth. Fflr
Erich von Sachsen leisteten die dftnischen Unteiiiindler du
Versprechen, dass er und die Seinigen auf den Ton ihnen be
setzten dänischen Schlössern den Waffianstillstand halten w(b^
den. Die mit Lübeck in Fehde begriffienra Herren von Buck-
wald und Parkentin aber sollten als besondere Feinde Lübecks
vom Stillstande ausgeschlossen sein').
Das alles war abgemacht, ohne dass K(taig Waldemar n
den Verhandlungen theilgenommen hatte, wohl schwerlidi,
ohne dass er darum gewusst h&tte. Die Ratifikation erfolgte
dies Mal sogar noch eher als bestimmt, noch vor dem 15. Au-
gust, wie die Ansetzung von besonderen V«4uuidlungen mit
verschiedenen Fürsten, die in den Stillstand aufgraommen
waren, auf diesen Tag beweist^). Aber sie geschah nur
1) H. R. I, n. 827 n. 884 ; vgl. ebd. Ul, n. 28.
2) ebd. 1, n. 828, 881 a. 885.
8) ebd. n. 829 u. 882.
4) ebd. D. 386 a. 387 S. 297. Die erwihnteo Füreten eiod alle jene, dit
in den Krieg von 1862 yerwickelt waren : Der König von Sehweden vnd Min
Sohn, Henog Erich von Sechsen, die Hersöge von Scbleiwig, die beiden hol-
ttteinieohen Brfider, Qraf Adolf von Sehanenburg — aoeserdem noeh die beM«
Hersöge von Heklenbnrg, die Brfider Albrecht and Johann, die iniwiechtB
den Krieg gegen Magnus von Schweden begonnen hatten,. und der gegen L&-
beck kämpfende Adolf von Holstein. Die ebenfaUs genannten Herren vee
Bmnkhorst scheinen im Dienste der Grafen Heinrich vnd ^laoe oder AdelCi
von Schauenbarg gestanden lu haben, wie sie schon fkr&her unter den Banneni
Oerhards des Grossen in D&nemark gekämpft hatten. Ob die featfeeetatoa
Tage gehalten wurden, zu welchen Schlüssen sie ftthrten, ist uns nicht bekannt.
iM4-ä«pt«BlMr IHlk 979
durch dn Beichnwth, «tagleich Waldemar 14 Tage darnadi,
am 89. Augiirt, aueh sdioA wieder daheim, in Wordingborg,
war'X
Wenn der StUlstand nur gehalten wurde , k<mnten die
Stidte auf Wiederaufleben ihrea Handels rechnen. Ungehin-
derter Veriidir wurde ihnen zugesagt, die Ausübung ihres
BecMs in Sdionen, mancherlei Abgaben und Bestimmui^^
ftr den dortigen Handels- und Fischereibetrieb neu geregelt
AflerdiDga Ton sehr wichtigen Dingen, von Strandrechts- und
Ailkiqp&eiheit, von Herabsetzung der Waarens&Ue ist gar
nicht die Bede; das alles war nur durch die wenig verläss-
lidien Zusagen des Yarmittlers gesichert Auch hielt» es die
Stidte für nöthig, wenigstens bis zur Ratifikation die Fahrt
durch den Sund zu yerbieten, da „des Königs Diener noch
miehtig w&ren mit Schiffen und bewaffineten Leuten im Nord-
smde^'), auch den Handel mit Dänemark bis dahin ttber-
haapt zu untersagen und nur zum Verkauf ihrer Waaren den
Dillen in den Städten freien Zutritt zu gestatten. Ohne Zwei-
fel mit Beeug auf Bostock und Wismar, die als Städte des
llekknbiirgers mit den beiden nordischen Königen, den Freun-
tei WaUemars, im Kriege lagen, ist die Bestimmung aufge-
aoainieii, dass eine Stadt ihrem Herrn hdfen könne, wenn
dieser Feind des Dänenkönigs würde, <^e dadurch den Waf-
fsnatillstaad zu brechen.
Mit dem Abschlüsse dieses Waffenstillstandes tritt ein
kurser Buhepunkt ein in der Entwicklung der hansischen
1) B«f. hiil. Dm. I, n. 2560; dit Urkniide irt gedniekt Gnun, Forte-
dringvr p. Sil. Da Waldemar die Urknnde Kaiser Karls yom Januar 1864
▼idimireB liest, muss er aagegeo gewesen sein, wenn man nicht annehmen
wiU, dass er dit Urkunde yoraas in die ^sfanat geschickt liabe, was mir un-
ttattlMift scheint Der Reichsrath erwartet iha schon mit Bestimmtheit vor
dem 26. Angast surfick , H. B. III, n. 23.
1) H. R. I, n. 838. Dt» koninges denre mechtteh mit sohepen nnde wa-
ptnden laden sint in deme N«ressande.
380 ^' ^om AbUuf d. WAffNutUlMUndet bb ■. wwdingborfv Vtftnct
Stellung im Norden. Die wendischen St&dte bemflhen sidi
zunächst , den vereinbarten Vertrag auch bei den flbrigen Ge-
nossen zur Anerkennung zu bringen. Sie ersuchen um Zo-
stimmungs-Erklftrungen ^ ) ; ym Stade und sieben livlindischen
Städten (Riga, Wenden, Weimar, Reval, Dorpat, Pernan,
Fellin) sind uns solche erhalten'). Versammlungen fimdes,
so viel wir wissen, ausser der zu Stralsund am 22. September
in diesem Jahre nicht mehr statt Und auch auf dieser be-
schäftigte man sich nur mit inneren Angelegenheiten der
Städte , in erster Linie mit dem endlichen Absdüuss d«r Ab-
rechnung. Erst als sich im nächsten Jahre im März die Üb-
terzeichner des stralsunder Vertrags (Anklam ausgenommet)
zu Stralsund wieder versammelten, war wieder von den dfiid-
schen Angelegenheiten die Rede. Die Städte hielten es an
der Zeit, die lange verz(ygerte Besiegelung des Waflionstifl-
standes durch den König selbst jetzt endlich zu verlangen
und die mangelhaften und beschränkenden Bestimmungen des-
selben in einem wirklichen Friedensschlüsse zu ergänzen und
zu erweitern. Stralsund und Grei&wald sollten ihre Botei
nach Wolgast schicken und Herzog Barnim mahnen lassen
um Erfüllung seines Versprechens, die Besiegelung der Briefe
zu erwirken. Lübeck, Rostock und Stralsund aber vnudfln
bevollmächtigt, über einen Frieden mit dem Dänenkönige za
verhandeln. Um inzwischen aber einem verdeiblichen Mangd
des Waffenstillstandes abzuhelfen, wurde in Anregung ge-
bracht, dass schiffbrüchige und geraubte Güter nicht gekauft
werden sollten«).
Die Verhandlungen mit Dänemark haben denn auch Ende
1) H. R. I, n. 340: Dorpat an Reral : Litteras caneienis dyitatibos maritiBifT
quam oocassione trengamm inter regem Danomm et ciTitates flnnatanim r»-
quirant sibi ficndam.
2) ebd. n. 839 a. 341—44.
3) ebd. n. 356 § 4, 10 u. 15.
JMnar 1864->86ptmnber 1M6. 381
Ifai in UÜbonk stattgefunden ^ ). Rostock hatte sich zwar ge-
strtabtf als Bevollmächtigte der Städte an den Unterhand-
hmgea theilzunehmen, war aber doch erschienen ^). Die Sache
des Dftnenkönigs führten Yicko Moltke und Peter Munk, auch
der Bischof von Lübeck, Bertram Kremon, ein treuer Anhän-
ger Waidemars, war zugegen. Die Städte forderten zunächst
BestätigoDg und Ratifikation des geschlossene Stillstandes
dnrdi den König, dann aber hielten sie um Gewährung aller
jeaut Bestimmungen an, deren Fehlen dem stralsunder Still-
stand einen für die Städte durchaus unzulänglichen Charakter
gab. Sie forderten Freiheit vom Strandrecht und Arfkop,
genaue Regelung der Waagen, die auf den ausländischen Han-
ddq^ätzen der Hanse so oft Anlass gaben zu Differenzen,
Ausgabe des neuen Geldes (der neuen Pfennige) erst am Tage
vor Michaelis , Vererbungs- und Vorkaufsrecht der Buden auf
Schonen *). Die dänischen Gesandten aber verweigerten nicht
war zwei der wichtigsten dieser Rechte, das über die schiff-
biflchigen Güter und das neue Grdd, sie stellten auch die
hauptsächlichsten der im stralsunder Vertrage schon zuge-
standenen Freiheiten wieder in Frage. Man einigte sich da-
hin, za Akemees am 1. Juli in Gegenwart des Königs sdbst
weiter zu berathen, und dort sollten denn auch die Städte
auf die Forderungen des Königs antworten. Deutlich zeigen
Bon diese, wohin die Politik des Königs zielte. Die Städte
1) H. R. I, n. S61.
' t) OMch Witmar ond Kolberg hatte ee die Ertbeilang der Vollmmcht im
4le drei genannten Städte an Stralsund im Hiürs erst an seinen Bath geaogen
(n. 856 i 4). Aus der Erklämng Greifkwalds (n. 360 vom 20. Mai) , dass es
Libeek und Stralsund allein Vollmacht ertheile, wenn Rostock nicht theilneh-
Ben woUe, scheint mir verglichen mit n. 363 hervoraogehen , dass Rostock
sich gestrinbt hat, ohne Wismar diese Verhandlangen mit lu ffihren. Seine
SteÜBBg als meklenborgische Stadt liess Verhandinngen mit Dänemark, das
adt dam Henog anf gespanntem Fnsse stand , nicht rathsam erscheinen. Ro-
stoefc wollte daher diesen gewagten Schritt wohl nicht thnn, ohne dass seine
in gleicher Lage befindliche Genossin Wismar sich denselben Folgen aussetate«
8) H. R. I, n. 861 § 1.
382 ^I* ^oBi Ablauf d. WilRmitillBteiidM bis i. «wfingboiiMr Vertn«»
sollten zufrieden sein mit demjenigen Rechten imd Freilieitai,
die sie zu d^ Zeiten Erich Menveds, Erich Glippings iiBd
ihrer Vorfahren besessen h&tten; sie sollten ako einfiich alhi
das aufgeben, was in den Wirren der letsten 40 Jahre doith
das nothgedrungene Entgegenkommen dftnischer Herrsdiar a
Handelsprivilegien erworben war. Mochte das von WaUleDUUi
Standpunkt aus als ein berechtigtes Verlangen erscheinen, die
Städte konnten auf Rechte, an deren Besitz ein gut Thd
ihres Wohlstandes hing, doch nur mit dem änssersten Wider
streben verzichten. — Auch hier wieder versuchte Waldemar,
den Bund seiner Gegner zu sprengen; er verlangte von deo
Städten, dass sie keiner Genossin Hülfe leisten sollten, die
sich etwa von dem mit ihm abzuschliessenden Frieden loeia-
gen werde').
Wir wiss^ nicht, ob die verabredeten Verhandhmgeo ii
Akemees zu Stande gekommen sind. Waldemar hielt sich
Ende Juni und Anfang Juli in Jfltland auf; zu Aall)org mt
am 25. Juni König Hakon bei ihm, Hfllfe zu suchen, im
7. Juli schloss Waldemar zu Kolding seinen Frieden mit da
holsteinischen Grafen *). Schwerlich kann er daher am 1. Jrii
in Akemees (an der Südwestkttste Seelands) ') gewesen seil.
Ebenso erscheint zweifelhaft, ob die städtischen GesandtflB
dort gewesen sind. Noch am 22. Juni weigert sich Rostock
ganz entschieden, an den bevorstehenden Verhandlungen ^tnm
mare^^ theilzunehmen, wenn nicht auch Wismar sich betheilige.
Dieses aber lehnt ebenso bestimmt ab, da es nicht aufgefor-
dert worden sei ^). Ob die erbetene Ermahnung Labecks und
1) H. B. I, n. 861 § 3 u. 4.
2) Diplom. Norveg. VI, n. 265 ; Snhm XIII, 658 fll
3) Koppmann ersetst seine Vennathnng (H. R. I, Register), dass nnter
Akernees Agger am Ausgange des LiimQord in JflÜand gemeint ael, in einer
Privatmittheilang durch doii Hinweis auf KEmmereirechn. I, 86: In portum
Ome et Alieruisse , Omtt und Agersee an der S8dwesfk0ste von Seeland nahe
Skjeläskfvr.
4) H R. I, II. 363.
J«iii«r 1864— Saptenbtr IMA. 383
Strataundg geBcheben, und wenn, ob sie genützt, wird uns
nicht berichtet. Der Umstand, dass später nirgends von Ko-
steo für eine Bdse nach Akemees die Bede ist, spricht da-
filr, dass eine. solche gar nicht stattgefunden. Dass Rostock
eifrig bemflbt war, das Woblwdlen des Dänenkönigs zu ge-
wümeo, oder vielleicht auch nicht zu verscherze, beweist
der Dank des Baths an Waldemar, dass er durch seine Die-
ner am 8. August 1364 bei Meen genommenes rostocker Bür-
gngat smrOckerstattet habe^), beweist die Aechtung, die der
iwtocker Bath tU)er ifewohner des Dorfes E3imenhorst (bei
(Mdesloe an der hamburg-lübecker Strasse) ausspricht, weil
sie Güter dänischer Leute geraubt haben ^).
An&ng Sq)tember finden wir Lübeck, Bostock und Stral-
sund wieder im Auftrag der Städte zu Wordingborg in Un-
terhandlung mit dem Dänenkönige'). Und diesmal kam es
wirklich zu einem abschliessenden Besultat; auch König Wal-
demar scheint endlich einen festen Frieden gewünscht zu ha-
ben, da die jüngsten Ereignisse in Schweden seine volle Auf-
merksamkeit erheischten. Von beiden Seiten wurden Zuge-
ständnisse gemacht Die Städte erlangten Freiheit des Stran-
des, konnten aber doch nicht durchsetzen, dass alle schon
un Stillstand des vorigen Jahres ihnen gewährte Bechte jetzt
auf die Dauer bestätigt wurden. Mehrere für Schonen wich-
tige Berechtigungen, wie das Au&ehmen von Gästen in die
Yitten, die Errichtung von Krügen, das Halt^ eigener Wa-
gen und Fischerschuten, den Detailhandel mit Tuch und Lei-
nwand gestand Waldemar ihnen nur auf sechs Jahre zu.
1) H. R. I, D. 864 yom 28. Juni 1865.
S) JahrbOcbar f. Ldkde von Scbl. Holst. Lbg Vil, 399 ff. vom 12. De-
IMft.
I) H. R. I, 866, 866, 878 «. 8. 817 C. Anch K&iig Hakon von Nor-
Wftr in Wordingborg (naneiis eontnlAriboji qaibnadMn nnper apnd vos
in W. eonstitatif , n. 882 vom 24. Jani 1866). Er ttollto sieb dort freand-
icbnlfflch g«gtn die Städte.
384 ^I- ^<^^ AblAuf d. WKffiBnstillatandes bis %, wordingborfer Veitng«
Von manchen sehr wichtigen Sachen (Arfkop, die neue Mflnze)
war einfach gar nicht die Rede. Es war eine Phrase ohne
Bedeutung, wenn gesagt wurde, dass der g^;enwftrtige Vor-
trag irgend welchen früheren Freibriefen der Hanse nicht hin-
derlich sein solle ^ ). Auch erhöhte es wol die Sicherheit der
Städte nicht allzusehr, wenn man sich vom Erzbischof tod
Lund die Freiheit vom Strandrecht für seinen Sprengd be-
sonders bestätigen liess'). Am 22. November stellte Walde
mar mit seinem Reichsrathe zu Nykjöbing auf Fabter den
12 Städten Lübeck, Rostock, Stralsund, Bremen, Hambnig,
Kiel, Wismar, Greifswald, Anklam, Stettin, Stargard imd
Kolberg, also denselben, die sich vor vier Jahren im greifa-
walder Bündnisse gegen ihn geeinigt hatten, die Vertragain^
künden aus. Damit war der Friede wieder hergestellt nsd
der Krieg beendigt, den die Städte unternommen hatten m
der festen Zuversicht , ihren Ansprüchen auf Handel und Net-
kehr im dänischen Reiche unter Beobachtung der ihnen vn^
brieften Rechte unbedingte Geltung zu verschaflisn.
Sie waren weit entfernt, ihr Ziel erreicht zu haben, und
konnten sich ihren Misserfolg auch nicht verhehlen. Der tvw-
dingborger Friede hatte für sie nur Werth, wefl sie sich über
die Massen nach Ruhe sehnten, und zur Zeit nicht im Stande
waren, dieselbe durch Entfaltung kri^erischer E[raft in gftn-
stigerer Form zu erzwingen. Dass sie sich manchen harten
Beschränkungen unterwerfen mussten, dass ihnen Freibeitei
verloren gingen, an deren Besitz sie sich schon gewöhnt hat^
tcn, haben sie gewiss schmerzlich genug empfundra. Aber
selbst eine beschränkte Handelsfreiheit war doch bei Weitem
1) H. R. I, n. 370 a. 371 S. 821 : Vortmer so schal desse j•gIl•D1n^
degbe bref den breven, de dessen vorbenomeden stoden TOre gheven siot, to
iiiiieiue hindere edder fco schftden komou; Zeugen sind in n. ft7l die BuchdA
von Lübeck und Linköping.
2) ebd. n. 372 vom 7. Jan. 1366.
Jumar ISSi^SeptomUr 1865. 3g5
m unendlidieii StOnmgen und Plackereien vorzuziehen, de-
der Handel , der Lebensnerv der Städte , während jahre-
gar Unsicherheit, in ewigem Schwanken zwischen Krieg und
lia und unter end- und resultatlosen Unterhandlungen
{Motzt war.
ÜBd ebenso wenig war Waldemar befriedigt; ihm musste
Eilangte ungenügend erscheinen, denn es gestattete den
riflchen Städten noch immer einen blühenden Handel in
Bächen, liess ihn weit entfernt von dem glänzoiden Bilde
Macht, das die Erinnerung an seine Vorfahren in
]%rzen' erweckte und belebte. Hätten nicht die dro-
in Fortschritte der Meklenburger in Schweden nothwen-
aeine Thätigkeit nach jener Seite gerufen, er würde schwer-
I tich herbeigelassen haben zum Abschlüsse des Vertrags,
kntte derselbe w^g Aussicht auf Dauer. Der Charakter
Mriiclier Politik war es nicht, auf einmal erworbene Bechte
htm Herzens zu verzichten und den Gedanken an ihre Wie-
vlangung rasch au&ugeben. Man konnte sicher sein, dass
Städte bei der ersten passenden Gd^enhdt auf ihre alten
yrtche zurückkommen würden. Und andererseits war auch
lAemiir nicht der Mann, der sich von der Verfolgung lange
iqgter Pläne durch ein Stück Pergament , durch g^ebene
Bprechungen abhalten liess. Der Zwiespalt bestand und
r 4iirch den Vertrag nicht gehoben. Von der Haltung, die
ia Theile den eing^;angenen Verpflichtungen gegenüber be-
ichteten, hing es ab, wie bald die verdeckte Feindschaft
ÜBT in hsUlea Flammen hervorbrechen sollte.
V Dit IUM«tiUlto. 25
Xn. IMe Verwicklungen vor dem «weiten Kriege
g^en Waldemar.
Die grosse lübecker Johannisversammlung des Jahres 1366,
die von 13 Städten, daranter Wisby, Stockholm^) nnd drei
liyl&ndische, beschickt war, verlief durchaus friedlich und be-
schäftigte sich fast ausschliesslich mit Ordnung innerer Ao-
gel^nheiten der Hanse. Zum ersten Male seit vielen Jahren
traten die alten Einigungs- und Mittelpunkte der hansischen
Gtemeinschaft, die auswärtigen Niederlassungen, wieder ganx
und gar in den Vordergrund. Die Kontore in Brfigge und
Nowgorod, der deutsche Kaufmann in Bergen gaben Anless
zu Beschlüssen , die deutlich das Bestreiben zeigen , die Yer
hältnisse jener Faktoreien fest zu regeln, vor allen Dingen sie
der Oberleitung der Städte nicht entwachsen zu lassen '). An-
dererseits aber bemühte sich die Versammlung, den losen imd
durch den Krieg noch mehr gelockerten Bund fester zusam-
menzuziehen, die hansische Städte und ihre Bürger streng
zu sondern von den Angehörigen der übrigen deutschen Städte.
Die Ausnutzung des waldemarischen Krieges durdi die Letzte-
ren zum Nachtheil der Hansen mochte der wohlbereditigte
Anlass dazu sein. Es wurde beschlossen, dass Niemand die
„Privilegien und Freiheiten der Deutschen^^ ') gemessen , Me-
1) Stockholm hatte während des ersten Krieges Auch Pftmdion bexsblt
s. H. R. I, n. 290.
2) Für Flandern H. R. I, n. 376 § 10 n. n. 880, fttr Nowgorod n. 376
§ 26, 1 u. n. 385, fDr Hergen n. 376 § 28 u. 82 u. n. 383 n. 884.
3) Gaudore privilegiis et libertatibus Theatonicomm.
XII. Die y«wiak]«H» ^^ ^^^ iwdiMi Krieg« g^gen Waldenuur. 387
maiid iB Fkadern oder Bergen AeHennann mn oder Nowgo-
rod boBuehen solle, der nicht Bftrger ein^ Stadt der deutschen
Hanse sd^). Aeltere Einigungen der St&dte, wie die über
gleiche Bdiandlung der Verfesteten und Sdiuldner, die BMt-
cherordnung von 1321, wurden theils erneuert, th^s wurde
über sie berathen'). Dazu beriethen die sechs wendischen
Städte Lübeck, Rostock, Wismar, Stralsund, Greifewald und
Stettin wiedw über die Erneuerung jenes alten Bündnisses
wm Sdiutse gegen die Fürsten, das schon vor nahezu hun-
dert Jahren diese St&dte geeinigt hatte*). Und im Sinne
dieees Vertrages- nimmt sich der Bund einzelner St&dte im
Streite mit ihren Landesherren oder anderen Fürsten lebhaft
an, fordert für das von seinem Erzbischof schmählich Über-
fallene Brem^ Schadenersatz von zwei Rittern des ErzstiÜB
und Achtet die Verr&ther der Stadt ^), wendet sich für Bo*
sloek an den Grafen Engelbert von der Marie und die Stadt
Hamm^), vermittelt zwischen Hamburg und seinem Grälen
Adolf •).
Aber nicht lange konnte der Bund sich dieser friedlichen
Entwicklung erfreuen. Es sollte sich bald genug herausstellmi,
daas mit Waldemar nur ein fauler Friede bestand. Kaum
dn Jahr verging nach Ratifikation des wordingboiger Friedens,
als schon wieder Klagen einliefen über grobe Vertragsbrüche
dea dftnischoi KGnigs. Am 17. December richteten sidben wen-
diacbe St&dte von Rostock aus, wo sie derzeit versammelt
waren, ein Schreiben an die d&nischen Bürgen des Vertrags,
die Grossen des Reichs, den Eizbischof Nikolaus v(m Lund,
1) H. B. I, B. 876 I 11^18, I te, 4. Vgi. b.*880, 881, 884, 888.
S) ebd. B. 878 | 17, 19 m. 87.
8) ebd. B. 878 f '^ t •• «^» ^ ^*
4) H. B. I, B. 877 u. 878 I 6 a. 7 ; Tgl. Verfestgsbudi der Stadt Strainnd
B. 886 8. 8T.
5) IL B. I, B. 876 S 80, 80 a. 81, b. 879.
6) ebd. B. 876 J 8.
388 ^^ ^^^ Yonriokluigwi vor dtm iwtUai Kriif«
die Bischöfe Magnus vcm Bipen und Paul von AftrhiiB, doi Dn>-
sten Nikolaus Lembek, den Kfimmerer Everhaid Mdtke, an
Stig Andersen, Friedrich Moltke, den Hauptmann auf Kalfa md
Schloss Banders, und an Henning Putbus und beklagten sich
bitter, dass Waldemar g^en den Vertrag fortfahre» Gdd voa
d^ Gästen auf den Vitten zu erheben, dass er und die Sei-
nen schiffbrüchige Güter w^nehmen^). Und schcm früher,
auf der Johannis Versammlung in Lübeck, hatte der Bflrgff-
meister von Danzig, Johannes Walrave, im Auftrage des Qr-
densmeisters über den Baub preussischer Güttf im Sunde ge-
klagt und gebeten, diese Güter und ihre B&uber in den Städ-
ten nicht zuzulassen *).
Diesmal waren es die Preussen, welche zuerst auf ent-
schiedene Massregeln drangen. Sie mochten üble Erfahrongen
gemacht haben bei ihren Sonderverhandlungen mit König Wal-
demar ') und mussten jetzt noch erleben, dass ihre LossagHOg
von der Politik der Städte ihnen schlechte Früchte trug. SdM»
bei der rostocker Versammlung im Decembw stellten sie brief-
lich den Antrag, man möchte mit ihnen ein Bflndniss eingdieD
g^;en die Könige von Dänemark und Norwegw ^). Aber die
wendischen Städte hatten das erste Bündniss noch zu Jiebhsfi
in der Erinnerung, um ohne Weiteres sich in ein zweites eia-
1) H. B. I, n. a9S. Vgl. Lfib. Urkdb. UI, n. 699 Tom 11. Mot. 1161. Dil
Klage, dass Waldemar Geld von den Gästen auf den Vitten erhoben, seheiat
mir, da sie sich nnr auf das Jahr 1S66 besieht, in beweisen, dass die ftit
gieiohseitige Aafseiehnong des Chron. episc. Lnnd., Lgb. VI, p. 681 : „Bote
anno (1866) nondine Sicanöör in tantom desolate erant, exceptls dnobos bod«
de Steethin, qaod onos qaidem mercator non companüt in eisdem'* nieht so ohnt
Weiteres für dieses Jahr verwendet werden darf, wie Pock III, 176 es thst
lieber die Zeit der lundenser Bisthumschronik s. Schäfer, dän. Ann. v. Chron.
S. 78ff; Es ist in beachten, dass diese Notii sich in swei Aasiiaaten der Bi»-
thums-Chronik zum Jahre 1364 findet, s. Lgb. I, p. IM n. VI, p. 818.
2) H. R. I, n. 876 §5. Job. Walrave war Bfligemiebter von Dansif
1363, 1866, 1875, 1879.
3) S. oben S. 332, 842, 346, 361, 366. Näheres über dieselben Ist nicht
bekannt.
4) U. R. I, n. 388 § 13.
g6g«B Waldemtf. 389
zulassen. Sie schidd;en den stralsimder Notar Alardus, der
nnch sonst schon Verhandlungen mit den preussischen St&dten
gef&hrt hatte, mit der Antwort nach Preuss^, dass sie wäh-
rend des dänischen Krieges durch Rathsherren, Notare und
andere Boten den Hochmeister und die preussischen Städte
oft und dringend genug um eine Verbindung mit ihnen geg^
den König gebeten hätten, aber nicht eiiiört worden wären.
Nur desshalb hätten sie in einen Frieden gewilligt Jetzt sei
an ein Bflndniss nicht zu denken; übrigens erkläre sich der
KGnig ja auch zum Schadenersatz bereit ').
In Preossen liess man sich durch diese Weigerung nicht
abschrecken. Als Alardus zurückkam, brachte er Tom Orden»-
mdster Winrich von Kniprode den Auftrag mit, die Werbung
zu wiederholffli. Aber die wendischen Städte scheinen den
schwer errungenen Frieden nicht so leicht haben aufgeboi zu
wollen. Statt auf den Vorschlag einzugehen, schickten sie Al-
ardus hinüber zum DänenkOnig, um Verhandlungen zwischra
diesem und dem Hochmeister zu verabreden *). Offenbar lag
ihnen viel daran, das mühsam hergestellte Einvernehmen nicht
gestört zu sehen. Von Rostock aus, wo die wendischen Städte
sich am 30. Mai 1367 versammelten*), konnten sie in der
Thal Alardus wieder nach Pieussen schicken mit der Nach-
richt^ dass Waldemar bereit sei, um Johannis in Stralsund mit
den Pressen zu verhandeln und nach dem Rath der Städte
(secundum consilia dvitatum) Schadenersatz zu geben und zu
nehmen. Aber schon lag ihnen der Gedanke auf das Bflnd-
niss einzugehen nicht mehr so fem. Denn ganz neuerdings,
nach der preussischen Botschaft des Alardus, hatte Walde-
mar mit den Seinen wieder städtische Güter und Schiffe ge-
raubt Dem Alardus wurde jetzt aufgetragen, dies dem Hoch-
1) ebd. I, n. 891.
t) 6bd. n. 899.
8) ebd. o. 400.
390 ^I- ^'^ Verwiaklmigtii tot 4«m iweitM Krits«
mdster und den preusBischen Stftdten mifamtheilen und anf
alle Fftlle, auch wenn diese nicht auf Verhandlungen mit
Dänemark scdlten eingehen wollen, doch darauf hinsuwhkn,
dass sie Bevollmfichtigte nach Stralsund zur YerständigOBg
mit den wendisdien Städten schickten. Diese dächten nidrt
daran, sich von der Einigung des Kaufinanns su tramen, nr
mttsste auf ihre Lage Bücksicht genommen werden^), b
Preussen sollte Alardus so lange bleiben , bis die mit Kib-
pen und den Städten der SQdersee von den preussischen Stu-
ten verabredeten Verhandlungen stattgefunden h&ttm. Uster
sich vereinbarten die wendischen Städte, dass zum strabon-
der Tage um Johannis Jeder bevollmächtigt kmnmen soDs»
mit den Preussischen und Süderseeischen, wenn diese encU»-
nen, gemeinsam ein Handebverbot gegen Dänemark n to-
schliessen und eine etwaige Sistirung der Schonmfahrt so b^*
rathen. Dass man dem Frieden mit dem Norden nur wodg
traute, beweist das Verbot, bis dahin Stahl, Wafiion oder ku-
pferne Geftese nach Dänemark oder Norwegen aussufUhm *).
Es waren die ersten Schritte zur Einleitung omstlieherer Fand-
Seligkeiten.
Zwischen den preussischen und süderseeischen Hansego-
nossen fanden im Laufe des Juni wii^ch DntertuuuHuigei
statt'). Es zeigt sich hier abermals eine enge Verinndiiiig
zwischen Städten des fernen Ostens und des ftussenten We-
1) H. B. I, D. 400 1 1 : qood iptf elvltatemat mint «Ü^m a^
merMtorem in mnione ptrmanert et ab eo se nen sagr«gare» donuiodo tgaripiii
tur illa, que toUerabilut fuerint, et in qoibos honori sno CATere postiBt.
t) ebd. n. 400 I 3 n. 5.
3) Dass es schon Tor dem 11. Joli xn einer fewisMR Biaigvng kam, dip
für sprechen nicht bloss einselne Stellen des an diesem Tage abgescUossentt
Vertrags, anf die schon Koppmann (H. R. I, S. 36t) anflnerksam gemadit bat,
sondern besonders ancb iwei SteUea des Beceeeaa tob 14. Jani ISSf. Damali
hatten die Preassen und die von der SQdersee schon beschlossen, DlaemariL
zn meiden (qaod Daciam et Schaniam vellent atique Titara, provfc ooBoepenut,
n. 402 § 3) f and die wendischen St&dte werden aafgefordert| lieh ia Preasseo
selbst über die Verabredungen und Absichten an onterrichtaB (ciTitatas, Tisis
*- gtgen WaldMiMr. 39]^
ik steiiB, wie sie uiifi enerst In dem preussisch-weetfillischen
K Drittel des brügger Kontors entgegentritt ^ ). Wie es scheint,
h hatte sieb diese letztere Verbindung etwas gelockert durch
r dm Zwist über den Besitz des flandrischen Freibriefes, der
I wAhrend des ersten waldeniarischen Krieges spielte. In ein^n
Streite, der 1366 die Drittel entzweite über Strafgelder, die
Ton den Aelt«*leuten des brügger Kontors unrechtmässig er-
hoben worden waren, standen die Westfalen auf Seiten des
lHbischen und gotlAndischen Drittels ; die Preuss^ waren an-
derer Ansicht <). Dafür aber hatt^ sich innige Beziehungen
swisdim ihnen und den niederländischen St&dten gebildet, die
auf dem brügger Kontor wohl zu den westfälischen ga^hnet
word^, sonst aber doch eine vollkommen gesonderte und selb-
ständig auftretende Gruppe bildeten. Mit Kampen, dem Haupte
der Städte an der Südersse, stehen die preussischen Städte
nach dem erst^ Kriege sehr intim ^). Jetzt betrieb man ge-
meinschaftlich den Bruch mit Dän^nark und Norwegen. Es
wird besonders Kampen gewesen sein, das auch zu Feindse-
ligkeiten g^en das letztere Reich den Anlass gegeben hat,
denn erst vor Jahresfrist, am SO. Juni 1366, war ein Zwist
zwischen Kampen und K(»iig Hakon durch einen Vertrag be-
endet worden ^). So wurde denn gegen beide Länder von den
preussiBchen und süderseeisdien Städten em Verkehrsverbot
Tereinbart Gemeinschaftlich wollte man die Reise durch den
Sund machen, um sich gegenseitig zu schützen, und zusam-
menhalten, bis man san Recht erlangt habe von den Kteigen.
Zu Martini verabredete man eine neue Zusammenkunft in Köln,
•t Miditis eonun traeUlilmi et Intwtit, ebd. § 4). Es besUndeii Alio dammls
sehoa y«rabr«diiiig«ii snd Pliae.
1) H. B. 1, n. 148 ¥011 1S47.
S; ebd. I, n. 876 § 10 v. t4.
8) Ygl. ebd. I, n. t96 § t mit A., besoadera n. 80t ; oben 8. 881 , 888.
4) S«bm XIII, 67t. Waldemar tlebl 1865 S«pt 8 la ZUtphen noeb frmud*
lieb, ygl. Tadam«, Tgdrekenkiuidig Register vMi bei trebief te Zu^tben a. t08.
392 ^^^ ^^ VenrickkuigMi ¥or d«n BwviteB Kricft
um weitere und wirksamere Massregeln fttr den nifJmtqi Fitt-
ling (zcu wetertagen) zu berathen ^).
Zu Johannis erschienen nun auf dem stntbnmder TagCi
der von neun wendischen Städten (Lfibeck, BoBtock, Wisbh;
Stralsund, GreiÜBwald, Hamburg, Stettin, Kolbecg und Ai-
klam) ') beschickt war, auch preusaische Boten. Der KornÜkm
von Danzig, Lüdeke von Essen, und drei Rathaherrai, Ertmar
von Hereke von Kuhn, Everhard Binhof von Thom und Jo-
hannes Volmesteen von Elbing. Zu den in AossiGht genm-
menen Verhandlung^ zwischen ihnen und den HfininAJüm G^
sandten, dem oft genannten Vicko Moltke und dem rffaMrfy
Notar Rigmann, scheint es nicht glommen zu sein; wemg-
stens wird Nichts davon erwähnt Aber die wendischen Stidte
wurden bewogen, ihrerseits Gesandte nach Preossen m sdu-
cken, um sich an Ort und Stelle Aber den Stand der Unto^
•
handlungen zwischen den preussischen und sflderseeisclien SUid-
ten zu unterrichten; fänden sie dann in den vereinbarten Punk-
ten etwas, was ihnen nicht passte, so könnten sie darin sack
ihrem Gutdünken handeln '). Sie schickten die drei hervor-
ragendsten Männer, die im Rath der w^disch^i Städte sasseo,
den lübecker Bürgermeister Johannes Pleskow, Arnold Kr5pe-
lin von Rostock und Bertram Wulflam von Stralsund. Vor
Allem sollten sie darauf hinzuwirk^ suchen, das wenigstens
noch in diesem Jahre dem Kaufmann die Fahrt nach Däne-
mark und Schonen freistehe, im nächsten Winter könne man
dann an einem passenden Orte berathen, was weiter zu thus
1) H. R. I, n. 403. Dieser Darstellang liegt die oben (S. 390 A. S) mottrirlc
AuffassuDg %n Grunde, dass der „apsatst der ordinancien*' »chon vor dem defi-
nitiven Abschlüsse des Bündnisses lu Elbiog (11. Juli 1867) ▼ereinbart ist
2) Anklam, obgleich im Anfange des Recesses nicht genaniii, moas aacli
vertreten gewesen sein, H. R. I, n. 402 § 19.
3) H. R. I, n. 401 § 1 u. 4 : Nuncios snos consolarea, qni d«b«nt vidert.
scrntari et aadire coobligacionem , qaam ipsi Pmceni et lUi de Campen et ex
Zaderzee facere et inire pretendant, et moduro procedandi, nac non catarat är-
cumstancias, qua ibi ordinabnntor.
g«CMi WaMwur. 398
Wäre. SoUten die Preussen und ihre BundeBgmossen dabei
bleibeB, Dftnemark und Sch(»ien durchaus schon jetzt vermei*
den SU wölk») so sollten die Gesandten das erst wieder an
ilure Stidte bringen« Aber aosdrficklidi lassen diese nochmals
betonen, dass sie durchaus bei der Einigung des Kaufinanns
Ueiben w<dlen«
Dinenuttk gegenüber gaben die wendischen St&dte die
Yensncbe, sn einer friedlichen Verständigung zu kommen, auch
jetst noch nicht auf. Obgleich sie der Meinung waren, dass
die Sachen so offenkundig wftren, dass, wenn es mit rech-
ten Dingen zuginge, Verhandlungen nicht mehr nOthig seien ^\
80 erid&rten sie sich doch bereit zu solchen. Nur dass die^
selben, wie die dänischen Gesandten wollten, in Dänemark giH
halten wOrden, konnten die städtisch» Rathssendeboten ohne
weitere Vollmacht nicht bewilligen. Als aber während des
stralsunder Tags der Bischof von Ripen und einige Bitter er*
seidenen und aufis Neue baten, gestanden LQbedc, Stralsund
und Anklam auch dieses zu; die üebrigen blidl)en dabei, erst
die Billigung ihres Raths einhol» zu müssen*). Das Ver*
bot der Waffenausfuhr wurde von der Versammlung erneuert *)•
Am 29. Juli versammelten uch die Städte abermals in
Stralsund; Hamburg war nicht vertreten, dafibr aber KieL
.Man war bereit, mit dem Ktaige in seinem eigened Lande
zu verhandeln, aber es kam zunächst nodi nicht dazu. Denn
noch innerhalb des letzten Termins (seit Johannis) waren neae
Bänbereien an städtischen Schififen und Gütern verübt worden.
Jetzt schickte der Ktaig anstatt der versprodiqien Bitter,
1) «bd. I, n. iOt S 14: in qvibvt onMiibM quti in noiofiit «I pnbll-
eis, si raete sUre deberet, non esMt opos, ut Tidetnr, plndtn eelebnuri.
t) ebd. n. 40S J 14 v. 19. nU mm S. JbM toUU J«d« Stedt daHlbtr Mftcb.
riebt nach Stimlsand g«ben. Dm sebeinl «neb gwdMben tn »ein, denn bii dtr
nichit<a Venammliing in Stralsnnd (S9. Jntt) «rtebebMn die VtrliMidfayiftn in
0AB«nnrfc all dcftnitiT Terabredet nnd aneb die Art der Baiaa dabin mter dem
Galeite der dlniMsben Bitter (n. 405 | 1).
8) ebd. n. 40t 1 1».
394 ^11- D>o VenrieklUBg«! vor ieai iw^ten Kriefe
welche die städtischen Qesandten „sicher iFor ihren vieleii Fein-
den in Dänemark^^ hinüberfuhren sollten, den ^schef Hemridi
von Boeskilde mit einem Geleitsbritf) der den Stftdten dmth-
aus nicht genügte Er »rwfthnte nur Lübeck, Wismar, Bostodr
mid Stralsund, war auf Papier geschrieben und an einipB
Stellen radirt. Die Städte schickten daher den Iflbecker Notar
Johannes Fritse mit dem roeskilder Bischof hinüber xmn Di-
nenkönige und liessen erklftren, sie würden nicht koMMi,
wären aber bereit in Stralsund asu warten, fdls der ECtig
einen genügenden Grcleitsbrief und die versprochenen Bitter
schicken wolle ^ ). Bis auf Weiteres aber wurde den Bülign
der Städte doch verboten, Schonen, Dänemark, Bomhcdm, Oe-
land und auch Norwegen zu besuchen, und jede Stadt sollte
die Ihrigen in Schone und Dänemaric anweisen, bis cum 8. Sep-
tember mit allen Gfitem heimzukehren , bei Strafe des Vo^
lustes der Ehre').
So hatten, in Folge der ^euen dänischen Räubweien,' die
wendischen Städte rasch den Standpunkt aufgegeben, den sio
in Betreff der diesjährigen Schonenfahrt noch um Johannis,
bei Absendung ihrer Gesandtschaft nach Preussen, entaehie-
den behaupteten. Mit dem auf Martini nadi K81n verab-
redeten Tage erklärten sie sich jetzt auch einverstanden*),
lieber die daselbst zu berathenden Gegenstände wünschten sie
vor MichaeliB in Stralsund oder Greifswald eine Verständi-
gung mit den preussischen Städten, die aber, wie es scfaeiBt,
nicht zu Stande gdsommen ist^). Wie ein theilweis eriialt»'
ner Brief, an Hamburg zeigt, wurden die zu Stralsund gefiMfr-
ten Beschlüsse den Gliedern des Bundes mitgetheilt ^).
1) H. B. I, n. 405 I 1 ; vgL n. 404.
S) ebd. If o. 405 § t n. S: Smb prhradoiie honorit; (hi^wnioA peua
RozstocheDses ratraxcnmt et Kjlonenses).
8) ebd. n. 405 % 5.
4) ebd. n. 405 § 6 u. n. 409 § 1.
5) ebd. n. 406. Hamburg wird aufgefordert , BrtAtD ■ mmd Stade u be*
M^ WaMmmt. 395
König Waldemar ist auf die Forderung der wendischeB
St&dte eingegangen; am 22. Aagust finden wir Bathsberm
Yon 6 Städtai (Labeck, Wismar, Boatock, Stralsund, Gretfi»-
waM und Anklam) zu Falsterbo in Schonoi, um mit dem K5*
nige EU unteiiiandeln. Die Rücksicktsloai^eit und jfthsor*
Dige Heftigkeit des dftnischen KOnigs zeigten sich hier in
ihrer ganzen Schärfe. Auf die wohl begründeten Klagen der
Städte ^) über Raub in verschiedenen Theikn des Königreichs,
Ober Wegnahme schiffbrüchiger GHiter, über ungerechte Er-
pressungen in Schonen entg^;nete Waldemar wenig*). Er
legte sich aufe Schelten (he yfl uppe en sdiddent) und rührte
mite Sachen wieder auf^ klagte über die Lübecker, dass sie ihm
dee Kaisers Zins vorenthielten, und^ wegen Maiquard von We*
sIensee, lauter IMnge, an welche die lübeckor Sendeboton ent*
framt nicht gedacht hatten *). Er mdnte, ea solle «*st einer
kommen, der von sich sagen könne, die Lübecker hätten ihm
gehalten, was sie besiegelt hätten^). Als diese antwcrteteä,
daaa die von Lübeck in ihren Briefen und Worten sich be*
BMhrichtifMi. Dms aebtn den Stidtoa des Iflbiiekea Drltleto mmIi die west-
fiUkcheii nad die des goUänditeh-lhrUtodiacheB Drittels WBMlirleht%i wot4m
siad, kmnn man nur TermaUien ; die prenasisehen und niederÜndiaclMa natir^
lieb In diesem PaOe nicht
1) Dia Klacepnnkle s. H. B. I, n. 410.
2) ebd. I, n. 408 ^l: .... dar ea antwardede de lumyogli nielit aer«
tho ete.
i) Unde dagliede nppe de ran Lnbeke Tan des kejsers tjns weglien «adtf
Maiqaardss Tan Westensae, dal oMm sake weren, der sik het Jaoab neskeva
nnde mester Johan nicht nterken verwüsten. Ueber den Kaiserains t. oben
8. ft69 A. 4 and S. 8S7 A. 5. Die fllr die Brmordong des Kaniaard rcn Westen-
SM nach dem Schiedsspnich TMS tt. Kai 1864 M laklanda Stttte vea 1000 ]$,
Iflb. Pfjie liatte die Stadt nach einer Anffordenuig Waldemars am 8. September
1886 entrichtet (Lftb. Urkdb. lU, n. 586, Tgl. ebd. n. tOl n. 660). Ueber
Marqaard von Westensee s. Mantels, Lflbeek and Marqoard Ton Westensee,
Lflbeek 1866, Sehniprograann. In der Datfarang Toa a. 660 sehÜesse ich
mich Hantelt an.
4) Unde seghede, weme se wat beseghelden aade dat heldaa, de aechte
segghen, dat se em dat holden hadden.
396 ^^- ^^ Verwicklangoi vor 4«ai iwelten Kriege
währt hätten als rechtschaffene Leute ^), meinte der Kdoig,
das habe er nicht gefanden. Er erklärte sich berdt, mit Omen
vor den Kaiser zu gehen, aber die Lübecker leimten ein Schieds-
gericht ab. Zu einer sachlichen Verhandlung war mit Wal-
demar nicht zu kommen. Die Bitte der Gesandten um Auf-
träge an ihren Rath war erfolglos. Am folgenden Moi]gen ritt
der König weg nach MalmG und Hess die städtischen Gesand-
ten mit seinem Rathe allein'). Es war ein Verfahren hA
diplomatischen Verhandlungen, dessen nur die Heftigkeit eines
Waldemar &hig war.
Mit dem Beicfasrathe, zu dem am Dienstag noch Herzog
Erich von Sachsen kam (auch Graf Adolf von Holstein wir
anwesend), einigte man sich nun dahin, dass am 13. October
abermals in Falsterbo und zwar unter Zuziehung der von den
Städten beschuldigten Vögte und Amtleute verhandelt werden
solle, vorausgesetzt, dass die Städte diese Verabredung ihrer
Gesandten billigen wQrden. Am 8. September sollte em
Bote dem Könige darüber Nachricht und zugldch einen Auf-
satz der städtischen Klagen bringen *). Es war ein ErgebnisB,
das eigentlich kaum als ein solches zu bezeichnen war. Man
war nach den mit Verlust an Zeit und Kosten ins Werk ge-
setzten Verhandlungen gerade so weit wie vorher, und nach
den Erfahrungen, die man mit Waldemar gemacht hatte,
konnte man auch kaum hoffen, auf einem neuen Tage viel
weiter zu kommen. Lag doch dem Dänenkönige Nichts daran,
die Sache zu beschleunigen, vielmehr war ein unsicherer,
zwischen Krieg und Frieden schwankender Zustand derjenige,
den er am besten auszunutzen verstand.
Die wendischen Städte dachten daher von jetzt an nicht
1) Dat de van Lubeke sik bewaret hadden in eren lyrerea imda wwda
alse bedderve lüde.
8) U. R. I, n. 408 $ S a. 4.
3) ebd. n. 408, § 8—8.
glgttB WMmui. 397
mehr an VerhaadluQgen, sondern &n Krieg. Von Falsterbo
nach Stralsund zurückgekehrt verabredeten sie, dass die Ab-
geordneten für den külner Tag am & October in Bostock zu-
tammenkommen sollten 0* Von neuen Verhandlungen mit
OiMiQark;.war nicht mehr die Rede. Vielmehr vertraten die
Stidle jetzt eine entschiedene Kriegspolitik. Waren bisher
die iweussischrniederländischen Städte die treibenden gewesen,
W^giiigen diese jetzt den wendischen, da dieselben einmal die
Fjrjedenshoffnungen aufgegeb^ hatten , lange nicht weit genug.
Bai dem elbinger Vertrage wollten diese jetzt nicht mehr
ftfibe&i bleiben, weil sie wohl einsahen, dass derselbe ihnen
die volle Feindschaft des Dänenkönigs zuziehen würde, ohne
sie aelbst in die Lage zu. setzen, demselben so viel zu scha-
den« wie sie konnten und auch mussten, wollten sie anders
Scfolg davon tragen. Sie machten mit Recht geltend, dass
W nicht immer möglich sein w^ de , gemeinschaftlich durch
im. .Sund zu fahren ; es mussten daher dem hansischen Han-
del .a<Awere Gefahren erwachsen. Der König sei sicher vor
Üuen, aber sie nicht vor dem König; er könne ihnen schaden,
sie, ihm nicht. Noch manches Andere hoben sie hervor, „was
auf, der Hand lag^^ (que occurrunt)*).
• Deutlich zeigt sich hier die Ueberiegenheit der wendischen
1) H. B. I» n. 409 § 1 IL 5.
t) 6bd. n. 41 1 § 2 : Quod hoc nailo modo sit conveniens ipsis aut nobis,
Im -pr«pl«r lM>e, qnia non semper eonrenire poterimns ad tnnseiuidiim per
Monsmmd et repertranseundom , unde pericula poterint evenire , tarn eciam,
qnla aSe lemper rez esset secums pre nobis, et nos essemns insecuri, et ipse
poaaet nobia nocere , et nos sibi non , et molta alia qae occommt. Toeppena
BaoMrkang: „In dem Kriege gegen König Waldemar IIX. von Dänemark rissen
die- prensaiacben StXdte im Beaonderen, ala die ftbrigen Hanseaten achon er*
matteten, durch energisches Vorgehen diese aom Siege aber den gefttrcbteten
F^nd mit sich fort** (Vorrede an den Akten der Stindetage Ost- and West-
prenwns A. I, S. VIII) moss, wenn man den Hergang nicht näher kennt,
an einer dnrchaos falschen Auffsssung der Dinge fUhran.
398 ^^- ^^ Yarwiohl— gf tot ten iwelton Krieg«
Stftdte in der Politik. Bie alMn sahen kfar genog, in n
erkennen, dass ein Vorgeben wie das der prellnBcllHliede^
ländiaehen Stfidte den Feind wohl reisen , aber nidit demMii-
gen, ja kaum ernstlich schAdigen konnte, daes ee den Stidten
selbst mehr als den Dänen schaden und unfehlbar m eiaer
Niederlage und zn schimpflichem and verderblichem NaA-
geben führen miisste. Einmal entschlossen, WaMemar ert-
gegenzntreten , schraken sie nicht zorflck vor dem eimigai
Mittel, das denselben zur Anerkennung ihrer Rechte swuigei
konnte, der Gewalt der Waffsn. Und da sie die Bfacht da
Feindes genügend kannte, um zu wissen, dass ibre eigOMi
Kräfte schwerlich ausreichen würden, ihn niederzuwerfen, so
bestanden sie auch mit aller Entschiedenheit darauf, die hol-
steinischen und meklenburgischen Herren in das Bündniss la
ziehen^). Heinrich von Holstein und Herzog Albrecht von
Meklenburg hatten sich schon ans eigenem Antriebe an den
Hochmeister und an einige Städte gewandt*). Den drei Batks^
herren der wendischen Städte war dann in Preussen der Aaf-
trag gegeben worden, mit den Fürsten zu unterhanddn, uad
dies auch schon so weit geschehen , dass es nicht wieder rück-
gängig gemacht werden konnte*). Man hatte angefragt, wes-
sen man sich von den beiden Fürsten versehen könne, wenn
der DänenköDig noch vor Weihnachten eine der Städte an-
greife^). Lübeck und Rostock, Stralsund und Wismar hatten
Herzog Heinrich von Meklenburg 800 Mk gq;eben zur Unter-
stützung seines Vaters in Schweden unter der Bedingung, dass
1) H. R. I, n. 411 § 9: Hoc nobis Tidetor, qaod sine ipcU non posra-
mas proflcere in hoc facto. Vorher hatte man in Lübeck schon an ein BttndaiM
mit dem Hersoge von Lüneburg gedacht, Lfib. Urkdb. IV, n. 106.
S) H. R. I, n. 40S § 5 und S.
8) ebd. n. 411 § t: Hoc jam irft fitctom et tantnm proftindatam, qaod
jam retractari non possit.
4) ebd. n. 405 § 14.
gegen WaldemAr. 399
er vor dem 6. December dieses Jalires keine Sühne eingehe
mit König Waldemar^).
Und wie die Dinge lagen, war auch Nichts mehr geeignet,
den Erfolg gegen Waldemar zu sichern als ein enger An-
Bcbliue an die Herren von Meklenburg und Holstein; denn
drohend standen diese im Norden Waldemar und seinen Bun-
gegeoflber.
1) Lttb. Urkdb. III , n. 623 und BW vom 27. Sept. und 12. Oct 1367.
Lflbeek lebtete ausserdem noch Voraussahlungen , ebd. 111, n. 647 und 658.
«II
Die Meklenbnrger in Sehwedfln. Vonregai
und die St&dte.
Der Versuch des meklenburger Herzogs Albrecht, aeiiM
Sohn auf den Thron Schwedens zu setzen, zählt anter die
kräftigsten Lebensäüsserungen norddeutscher Territorialmacht
im 15. Jahrhundert Er brachte Schweden auf ein Viertel-
jahrhundert in eine ähnliche Stellung zu Meklenbnrg, wie
Dänemark sie zur Zeit Gerhards des Grossen zu Holstein ein-
genommen hatte. Dabei äusserte er einen wesentlichen Ein-
fluss auf die Entwicklung der hansischen Macht: Grand ge-
nug , um ihm hier eine etwas nähere Betrachtang za widmeD.
Die der Reformationszeit angehörende Chronik des fran-
ciskaner Lesemeisters Slaggert zu Ribnitz weiss za enähleo,
dass Herzog AJbrecht, als er, noch unter Vormundschaft
stehend, einmal mit seinem Gefolge über Feld geritten sei,
einen Vogel gefangen und gerapft und dann sein Gefolge ge-
fragt habe, ob der so noch fliegen und leben könne; als man
ihm geantwortet: „nein^^ habe er gesagt, so gehe es ihm ohne
seine Schlösser und Burgen. — Erfunden oder nicht, die Er-
zählung kennzeichnet die Situation. Als Albrecht H., die
Landesgeschichte gab ihm später den Beinamen des Grossen,
1329 seinem Vater, Heinrich „dem Löwen^, in der Begiening
folgte, war er 12 Jahre alt; eine Vormundschaft, ans 16
Adligen und den Magistraten von Rostock und Wismar be-
stehend, übernahm für ihn das Regiment Zum grossen Theil
war das fürstliche Gut schon unter dem Vater verpfibidet,
Konr«gen und die 8tldte. 401
unter der ytHrmundsehaftlichen Regierung schmolz es noch
mehr zmammen. Als daher Albrecht, noch nicht 20 jährig,
1336 selbst ans Ruder kam, war seine dringendste Aufgabe,
dar wachsenden Macht des Adels Schranken zu setzen. 6e-
statzt auf seine Stadt Rostock , die dem Dürftigen vor Jahres-
frist bei seiner Rückkehr aus Schweden in einem Darlehen
^nai 60 ^ Biav. (40 ^ lüb. « 4ö0 resp. 2700 Rm.) eine er*
wflDSchte Unterstützung geboten hatte, und auf das treue
Land Stargard gelang es ihm, schon im erst^ Jahre den
Uebermath seiner Mannen empfindlich zu züchtigen, zahl-
nklie Bargen zu brechen oder niederzubrennen ; der junge
Henog „machte einen guten Frieden über das ganze Land*^
sagt Detmar. Es förderte ihn nicht wenig, dass der Herzog
TW Stettin und der Fürst von Werle gleichzeitig in derselben
Wehe gegen ihren Adel vorgingen. Gleich dem Grafen Ger-
haid gelangte dann auch Albrecht von kleinen Anfingen zu
gTMnr Macht Vom Kaiser erwarb er 1348 den Herzogstitel,
braebte 1359 die Grafschaft Schwerin an sein Haus. Mit den
Ftitten von Werle stand er in gutem Einvernehmen , obgleich
QeMste nach deren Erbe nicht fehlten; auch dem Dänen-
kOrige gegenüber wusste er sich, wie wir gesehen, eine
luglelch unabhängige und doch einflussreiche und vortheil-
halle Stellung zu verschaffen. Besonders gut aber stand er
mit den StAdten:
Denn von ihm sagt man süsse mähre,
Er hielt sein strass von placken rein ,
Der koufinann lobt das rüchte gemein.
Die auf seine Veranlassung geschriebene, nicht weniger als
25000 Verse umfassende Reimchronik des Ernst von Kirch-
berg,- die in ihrer noch jetzt erhaltenen Originalhandschrift
des Herzogs und seines Sohnes, des schwedischen Königs,
Bild auf Goldgrund bewahrt, zeigt deutlich, dass Albrecht
uch fühlte als den Neugründer seines Hauses , den Regenerator
Sriilhr, Die HuiMtUdU. 26
402 ^^^ ^^ Mektonburgtr ia 8elnr«deii.
Beines LandeSi dass er als solcher allgemeiii betrachte wurde,
dass er sich bewusst war, entscheideiid eingegriffen su haben
in den Gang der Zeitereignisse^).
Mit Schweden hatten meklenburger Forsten schon adt
dem Anfange des 14. Jahrhunderts in naher Verbindnng ge-
standen, in schwedischen Angelegenheiten eine Rolle gespielt').
Wenige Jahre nach der Thronbesteigung des Königs MagMS
von Schweden (1321) wurde dessen Schwester Euphemiaiit
Albrecht von Meklenburg verlobt, im Mai 1836 zu Bostod
mit Glanz die Hochzeit gefeiert; unter dem Gdtiit Iflbecto
Schiffe ging das junge Paar von dort hinOber nach Kahnsr
und weiter nach Stockholm. Albrecht, so eben erst in Bestock
vom Herzog Erich von Sachsen zum Bitter geschlagen, er-
theilte hier seinem gleichaltrigen Schwager, König Magnu,
selbst den Bitterschlag. Die glänzenden Festlichkeiten kann
Detmar nicht genug preisen. Das Einvernehmen war oflai-
bi^r das beste und blieb im Allgemeinen so durch mehr ab
zwei Jahrzehnte. Welche Bolle Meklenburg beim Uebeigaop
Schönens an Waldemar spielte , haben wir gesehen. Die Dop-
pelverwandtschaft mit Schweden und Dänemark, denn Alhnchts
ältester Sohn Heinrich war mit Waidemars Tochter Ingeborg
vermählt*), mag dann ein Anlass mehr gewesen sein, diso
die Meklenburger im ersten Kriege gegen Waldemar neutral
blieben. Eine andere Aussicht, im Norden eine BoUe zu 8pi^
len, eröffnete sich ihnen, als kaum der fOr die Städte so oo-
glückliche Feldzug des Jahres 1362 zu Ende und die Bube
durch einen Waffenstillstand vorläufig wieder hergestellt wor-
den war. Albrecht „der Grosse^^ war nicht der Mann, diese
Aussicht unbenutzt vorübergehen zu lassen.
1) Vgl. Badloff, Pragmat Huidb. d. meklbg. Geseh. II, 068 ff. ; LiMb,
meklbg. Jahrb. VII, 1 ff.; ebd. XV, 47; Detmar an 18S7.
2) Vgl. Styffe , Bidrag tili Skandinaviens Historia nr ntlindaka arklver
I, P. V.
3) S. oben S. 145:
Nonregen nnd die atidta. 40S
Wir sind sehr schlecht unterrichtet über die wichtigen
Vorgänge in Schweden im Anfange der 60 er Jahre des 14.
Jahrhunderts. Zeitgenössische Nachrichten fehlen fast ganz;
nach Urkunden, die Auskunft geben, sucht man vergeblich.
Zeitlich am nächsten stehen noch der Bericht des Magister
Elard Schoneveit bei Korner und die Mittheilungen der Chro*
mk des Minoritenklostars zu Wisby ^), und diese beiden Quel-
lon gehen in ihren Angaben auseinander. E. Schoneveit lässt
nach der Vermählung Hakons mit Margareta (9. April 1363)
die adiwedischen Grossen in Erfüllung des Vertrags mit Hein-
tkk von Holstein *) zu diesem gehen und ihm die schwedische
Krone anbieten. Heinrich von Holstein verweist sie, nachdem
m Magnns vergebens um Erfüllung seines Versprechens ge-
bahnt hat, an seine Schwäger, die Söhne des Herzogs AN
iMilit von Mddenburg. Die wisbysche Chronik hingegen be-
rietet, Magnus habe nach seiner Freilassung, erzürnt über
rntrn (Gefangenschaft, die ihm feindlichen Grossen vertrieben;
dtae hätten dann den Winter 1362/63 auf Gotland zugebracht
wären von dort Ostern 1363 hinübergegangen nach Wis-
zum Herzog von Meklenburg '). Sicher ist nur, dass
1) Koroer bei Eccmrd, corp. hUt 11, Sp. 1104 ff. und bei Janghaiit
a. 4$ A ; die wisb. Chronik bei Fant, Scr. rer. Soec. I, p. 89 ff. and L&ngeb.,
tcr. rer. Dml l, S66. Welche von diesen beiden QaeUen den Begebenheiten
idintl» näher steht, iat nicht mit voUkommener Sicherheit ta entscheiden,
hifhtt wahrscheinlich £. Schoneveit Beide enthalten IrrthOmer. Der wisb.
Chron. webt solche nach Styffe, p. XXXIV Anm. £. Schoneveit eraihlt,
daaa Heinrich von Holstein die Schwester Albrechts (Ingeborg) geheiratet
«ad desahalb die schwedische Königskrone Meklenbvrg fiberlassea habe ; Inga*
borge erster Gemahl, Ludwig von Brandenburg, starb aber erst am 14. Mai
l$M. — Ueber die Zeit der wisb. Chr. s. Schlfer, dänische Ann. und Chr.
10t. Dass dieselbe, wie Styffe in der oben erwähnten Anmerkung bemerkt,
vor 141t geechrieben sei, ist eine Behauptung, deren QrOnde Styflb leider
aieht angiebt. Ich vermag sie nicht su entdecken. — Der Dominikaner Blard
Schoneveit wirkt als Inquisitor in Norddeutschland seit 1M9 , in Lttbeek 1402,
s. ÜOTht*"* > de Beghardis et Beguinabos S. tS5.
t) 8. oben 8. t67.
I) S^fle nimmt beide Berichte in seine DanteUnng auf (p. ZXXIV und
26»
404 ^^^' I^ Meklenbnrger in 8eliw«deii.
Herzog Albrecht auf eine schwedische Anregung hin den Plan
fasste, einem seiner Söhne die schwedische Ednigskrone anfs
Haupt zu setzen^). Die Wahl fiel auf den zweiten , Albrecht
mit Namen wie der Vater, ohne Zweifel, weil der filteste,
Heinrich , seit dem Tode des d&nischen Kronprinzen die nftch-
sten Erbansprüche auf den dänischen Thron hatte, und es
den Schweden nicht in den Sinn kommen konnte, durch des
Meklenburger herbeizufOhren , was nicht am wenigsten ihna
die dänische Heirat Hakons verhasst machte.
Im Juni 1363 sehen wir den Meklenburger in Unterhand-
lungen mit Lübeck. Offenbar bandelte es sich um das schwe-
dische Unternehmen , für das der Herzog Unterstützung suchte,
wie wir gesehen haben, ohne Erfolg*). Schon Anfang No-
vember desselben Jahres verliess er dann die Wamow mit
einem stattlichen Heere. Oraf Heinrich yon Holstdn b^g^-
tete ihn , war also mit dem Unternehmen einverstanden, aoBser-
dem die Herren von Werle und Ruppin*). Ueber KitaMr,
XXXV 1L)f webt aber doch nach, dass mehrere Ton den in der wJahjielw
Chronik genannten Vertriebenen im Sommer 1868 noch in Schweden waren.
Gegen die wisb. Chr. scheint mir auch noch su sprechen, dasa Oec 186S
in den Verhandlangen zwischen Schweden und den Stfidten (Brief Magus*
an die Städte, H. R. I, n. 288) und in dem Briefe Wbbys (ebd. n. 890)
Nichts Ton yertriebenen schwedischen Grossen erwihnt wird. — JMe Bwiehti
der Erich-Bjurls-Chronik sind g^na and gar entstellt Styffe nennt sie nickt
gana mit Unrecht eine Sammlang von Sagen der aristokratischen Partei, maekt
sich aber ebenso angerechtfertig^ einer entschiedenen , qaellenmiaaig anf keine
Weise zu begründenden Parteinahme für König ICagnos und gegen den Beiehs-
rath schuldig. Die Berichte der Erich-Karls-Chronlk sind dann fibergegangen
in die Chronik des Olaus Petri , der sie , E. Schonevelt und die Berichte der
wisb. Chron. benatzt hat and wenig Neues bietet.
1) Dass Albrecht von Meklenburg wahrscheinlich schon heimliche Ver*
bindungen mit den MissYergnQgten in Schweden unterhalten habe, ist eise
Vermuthung von Styffe (p. XXXVI), die einer gewissen Wahncheinlichkeit
nicht entbehrt, sich aber nicht quellenmftssig belegen Iftsst
8) S. oben S. 844.
3) Junghans S. 58 und 66. Styffe IKsst Albrecht irrthfimlich am 18. Nov.
von der Wamow fahren (S. XXXVIII, wahrscheinlich nach Dahlmann II,
20); das bei E. Schonevelt gegebene Datum (10. Nov.) ist höchst wahr-
Norw€g6n und die StXdie. ^ 406
das schon seit Jahren im Besitze Heinrichs des Eisernen war,
kam man schon am 29. Nov. nach Stockholm, wo Bürger-
meiater and Rath der überwiegend deutschen Stadt schon am
luvenden Tage den jungen Albrecht als ihren Herrn aner-
kannten ^). Ein zu Upsala versammelter Reichstag beschloss
dann am 17. Februar 1364 die Absetzung des Magnus, weil
er die Reichsgesetze verletzt habe*), und w&hlte an seine
Statt den jungen Albrecht, den zweiten Sohn des Herzogs
fOD Heklenburg, zum Könige , der nach alter Landessitte feier-
Kdist auf den Morastein bei Upsala gehoben wurde. Schwe-
ihcher und deutscher Adel war zahlreich vertreten; es muss
dn glänzendes, prunkvolles Schauspiel gewesen sein. Der
jage König wurde vom Grafen Heinrich zum Ritter geschla-
gen und schlug dann selbst den jungen Herrn von Werle und
100 andere junge Adlige zu Rittern').
auf die Anknnft in Kalmar lu beliehen (H. B. I, 8. 817 Anm. 8),
Abfiüirt Ton der Wamow muss also Anfang Norember geschehen sein.
Albrecht schon bei der Ueberfahrt, wie Stjffe ans den Anscbuldignngen
■riuma (H. R. II, n. 4 $ 5) schliesst, Ton den „Hanseaten" mit Geld und
■riicibedarf unterstfitst worden sei, ist durch Nichts erweisbar. Das Ans-
ftlknr«rbot, Aber welches Magnus (H. R. I, n. 888) klagt , hatte andere Grflndc
((k oben 8. 819).
1) StTfTe n. 87.
8) Junghans 8. 58 ff. Gründe werden angeführt von Olans Petri (Fant,
Ser. I, 8, p. 278), dem hier andere Quellen zu Gebote gestanden haben als
MfaMH Torgingem. Es werden 9 Punkte aufgeführt : 1) des Magnus schlechter
Ltbenswandel ; 8) Missachtung des wiederholten päpstlichen Bannes; 8) der
Terlnst von Gotland und Oeland; 4) das Auflegen ungesetslicher Abgaben;
8) der Verlust von Halland und Schonen, die so theuer erkauft wurden;
8) Magnus habe Jedes Gesetz oder Recht im Reiche sugelassen ; 7) habe ge-
timebtet, den Reichsrath zu yerderben; 8) habe hlufig gegen seine Eide oder
OtKIbde gebandelt; 9) habe sich mit dem Kdnige ron Dftnemark rerbündet
11 des Reiches Schaden. — Styffe nennt (p. XXX vui) den Zug Albrechts
•faM „verritherische Ueberrumpelung ohne Kriegserklärung der deutschen
■iclite, ohne Aufkündigung von Treu und Gehorsam seitens der schwedischen
Herren^. Offenbar führt ihn sein patriotischer Eifer weit übers Ziel hinaus.
Wir wissen Micbts von einer Kriegserklärung oder einer Aufkündigung des
Geborsams; das ist Alles, was man sagen kann. Man Tgl. oben 8. 867.
8) Junghans 8. 60 ff. und H. R. I, n. 888.
406 ^^11- ^« Meklenbwrgtf in Sdiweden.
In den ersten Monaten ging Alles nach Wunsch. Sieg-
reich durchzogen der Meklenburger und Graf Heinrich ?on
Holstein das südliche Schweden mit ihren Schaaren. Gegen
Ende März war fast das ganze Land onterworfen, Magnus
und Hakon auf der Flucht, von allen festen SchlOsseni nur
noch Warberg in Halland ihr eigen; und auch Ober diean
hatte Hakon keine Macht ^). Ueber 150 schwedische Bitte
waren in die Gefangenschaft des neuen Königs und seinn
Vaters gerathen. So berichten triumphirend zwei Briefe Hein-
richs des Eisernen und Herzog Albrechts an die wendisdia
Städte im März 1364 *). Bald darauf; am 24 März, scUoflsa
1) Torkel Barun hatte es in Hftnden, H. R, 11, n. S § 8: Ad
Wartberg ingreasum habere non potuimns , nial qnocient TorUUo placmit Taide
bene; qoando eciam Yolait, nos et nostros ^ecit de caatro.
2) H. B. I, n. 322 : Totam terram fere Swecie subjagaase et omnia eaitia
cxpugnasse, quedam destraxiaie et quedam optinaisae, et ultra IftO BOItani
annatos captivasse; ebd. n. 328: Rex Magnus et filias suns Haqwinaa, mmd
fugientes extra et intra regnum vagando transennt, neacieDtea» quo ae paatatt
aut velint reclinare, non habentes aliqua loca manita. In qaibas audeail ir-
mare pedes suos preter solnmmodo in Castro Wartbergha. Diese beidaa Briefi
wacen Styfle nicht bekannt geworden. Mit ihnen stimmt nicht wohl,
p. XXXVIII ff. sagt, dass Albrechts Herrschaft sich wihrend das
ersten Jahres beschränkt habe auf die Qegend um den Milar und Qatgotlaad.
H. R. II, n. 4 § 5 sagt Hakon selbst: Usurpaverant sibi jam acta maTiiia«
partem regni nostri Zwecie. Nachweisbar fUr dieses Jahr lat König AIhrecht
allerdings nur am 16. M&ra in Örebro, 20. Mira ror Swanholm, 22. vad 2€.
Juli in J6nköping, 1. Aug. in Skeninge, 22. Aug. and 5. Sept. in Stoekhola
(Svenska Riks-Archiveto Pergamentobref I, n. 607, H. R. I, n. 888, STeuka
R. A. P. I, n. 616, Styffe I, S. 46, Schl.-Holst-Laabg. Urkda. II, 8. 261,
Svenska R. A. P. I, n. 620, 624 und 628), also westlich nicht fibar dea
Wetter, nordlich nicht aber Upsala, sfldlieh nicht Aber Kalmar hinana. Dies
Gebiet umfasst ungeflUir die Provinaen West- and Sddermanland , Noriks,
Ostgotland und Smaland. Auch mochten innerhalb dieses Gebietes noch Ver-
einzelte vorkommen, die sich gegen den fremden König striabten. Daa voa
Styffe angeführte, im Namen König Hakons an Trosa in Södannanlaad
(zwischen Stockholm und Nyköping) gesprochene Urtheil (Svenska R. A. P. I,
n 621) scheint darauf hinaudeuten. Es bt aber am so aalRLUiger, weil AI-
hrecht im März 1364 die Hauptküstenplätse beherrschte : Kalmar, Söderköping,
Nyköping, Stockholm (II. R. I , n. 823). Andererseits bt Hakon gamieht,
Magnus nur im Anfange dos Jahres in Schweden nach anweisen , nimlich an
20. Jan. in Skeningo (nahe am Ostafer des Wetter, in Ostgotland). Nach
Norwegen ind die Städte« 407
Abgeordnete der beiden Könige einen Waffenstillstand, der bis
mm 19. Mai dauern sollte ^). Zwei Monate nach Ablauf des-
selben, im Juli, erfahren wir von neuen Verhandlungen; in
JNtak^ing, am Südende des Wetter, kamen die beid^ Könige,
Korsog Albrecht von Meklenburg und andere Fürsten zusam-
jMB. Wie K Schonevelt erz&hlt, wurde folgendes Abkommen
gstnrfCen: Magnus sollte Westgotland auf Lebenszeit behalten,
ABnredit das übrige Reich beherrschen. Da Hakon nicht zu-
war, so wurde eine neue Zusamm^kunft für den näch-
Sommer verabredet, um dann einen definitiven Frieden
m sdüiessen, inzwischen aber der Waffcaisüllstand verlängert
Beide, Albrecht und Magnus, führten fortan den Titel König *).
Es war besonders Herzog Albrecht von Meklenburg ge-
wen, der bis dahin die Unternehmungen in Schweden ge-
llritit und das neue Königreich für seinen Sohn erobert hatte.
■MBkdem die Herrschaft des jugendlichen Allnrecht durch den
JUfipdnger Vertrag zu einem gewissen Bestände gekommen
«ar, kehrte Herzog Albrecht nach Deutschland zurück und
Mit ihm die Fürsten, welche an dem Kriegszuge theilgenom-
hatten*). Graf Heinrich der Eiserne wurde für seine
■cbeint , dass des Mechtgebiet König Albrechts doch schon einen grosse-
Umfing hatte, eis Styffe annimmt Auch dass Albreeht im Herbst 1S64
PInland hinfibenieht, sein Vater nach Deatschland inrftekkehrt, sowie
Tbatsache, dass seine surflclLbleibenden Anhinger aUein im Stande sind,
«nd Hakon im Mars 1866 bei Enkdping ginslich an schlagen, scheint
war das in bestitigen,
1) S^jrA I, n. SS S. 45.
S) B. SehoneTelt bei Jnnghans S. 6S ff. Albrecht bt am SS. und S6.
MI In Jdnkdping nachweisbar (STcnska B. A. P. I, n. 616 , Styfll» n. S9
8w 46 und Sehl.-Holst.-Laaenbg. Urkdb. II, S. S69). Dass König Hagnas mit
äBbmtht in Jönköping sosammentraf , geht aas der Urkande bei Styilift her-
mr. Sie leigt anch ein ToUstindig friedliches Veihiltniss, da Albrecht in
dhier Urkunde nicht bloss sich selbst, sondern auch Magnns Kteig Ton
idbiraden nennt. B. Schonerelts Bericht ist anch in diesem Pvnkte durchaas
gianbwSrdig, nnd es ist nicht einansehen , warum Styffe diesen wichtigen
Vsfftiaff in seiner Darstellnng nnr eben erwiUmt, von seinem Inhalte aber
SoHs nimmt.
B) E. Schonerelt bei Jnnghans S. 64. Snhm ZIU, 646 lisat Heraog
406 XIIL Dia Meklanbarger ia Bdnredea.
treuen Dienste mit 4000 ^ SUber (160-170000 resp. 1 MilL
Rm.) belohnt, f&r welche Summe ihm die allerdings noch nicht
in Albrechts Händen befindliche Btadt Wisby und die Insd
Gotland verpfändet worden ^). Der jnnge KlSfoig Albrecht aber
wandte sich im Herbst desselben Jahres fibers Meer nadi
Finland, wo in Abo Narve Ingewaldsson, der EUuipUnann von
Finland, noch als Anhänger des at^esetzten Eftnigs die Unttt-
werfung weigerte. * Das feste Schloss zwang Albrecht zu oner
langen Belagerung; vom 6. Oktober 1364 bis zum 26. Jan
1365 sind Urkunden Albrechts datirt aus dem Lager vor Aha
Einer der Hauptanhänger des Meklenburgers , der Droet du
Reichs, Nikolaus Thuresson, fand bei der Belagerung sdnet
Tod; doch wurde zuletzt die Feste genommen').
Inzwischen machten nun Magnus und Hakon, das jQn-
köpinger Abkommen brechend, einen Versuch, das Veriorane
wiederzugewinnen. Mit einem in Norwegen gesammelten Haere
fielen sie im Februar 1366 in Westmanland ein und dnaga
Aibrecht schon tm 18. Jnli 1864 wieder in Tengennflnde nriianden; aber «
war noch am 26. Juli in Jönkdping (Styffe n. 29 S. 46). Die Weiterflk-
rung des meklenburgischen ürkundenbuches wird wahrscheinlich fiber maneht
Fragen in diesen Ereignissen, besonders chronologischen, heUeres Lieht vir-
breiten. Sicher war Albrecht am 1. Febr. 1865 wieder in Oentschlrnnd , den
König Waldemar giebt ihm an diesem Tage Geleit, mit 100 Pforden nach
Jütland XU kommen, Rudloff, meklbg. Gesch. II, 47S. — Die Urkmdt
vom 11. Sept 1864 (Schl.-Hobt-Laabg. Urkds. n, S. 870) beweist nicht, wie
Junghans S. 31 behauptet, des Grafen Heinrich Anwesenheit
1) Schl.-Holst.*Laubg. Urkds. U, S. 269. Dass die Insel nicht in Al-
brechts Gewalt war , beweist die Stelle : Wi scolen em de vorbenomeden pande
scheppen brukelken to besittende mid minne eder mid macht mid gaasM
trnwen.
2) Styffe p. XXXIX Anm. ff; Chr. Wbb. ap. Fant I, 1, p. 45; E.
Schoneveit bei Junghans S. 64. In den Rechnnngsbficfaem des Raren von
Bamckow (Styffe I, S. 80) heisstes: „In octavam corporis Christi (1865) cum
separabantur a domino rege Arosie de placitacione cum Vesgociis". Mas
möchte daraus schliessen, dass Albrecht am 19. Juni 1865 in Wateras «•
Wesen sei , aber das widerspricht den bis Juni 26 vor Abo ausgestellten Ur-
kunden. Wie ist dieser Widerspruch zu lösen? Etwa auch hier Urkunden
aasgestellt in Abwesenheit des Königs?
H «rweg«!! und dU SCUto. 409
hm WeBteras am weBÜichen Ufer des Mälar vor. Am 27«
Itebmar erüessen sie yon Arboga aas dneu Aufruf an den
BnUschof Ton Upsala und die Ritter und Kleriker des Erz-
•lifts und forderten sie auf, ihren rechtmftBsigen Herren Bei-
■taad zu leisten ^). Aber sie hatten wenig Erfidg. Die An*
Albrechts, unter ihnen die Stockludmer, sammelte sich
logen auch ohne ihren Herrn den beiden Königen ent-
IßgfiXL Am 3. Mfirz kam es bei Enköping am MAlar zur
Bdüacht. Magnus und Hakon^ die, wie erzählt wird, einen
nefl ihrer Truppen in Westerls und Umgegend zurttckgelas-
MB hatten, wurden gänzlich geschlagen. Magnus selbst fiel
in Oeiuigenschaft , und nur mit Mühe entging Hakon dem-
nben Schicksal Sein Vater wurde nach Stockholm gef&hrt;
T^Mune lang sollte ihm seine eigene Hauptstadt zum Oeföng-
werden*). Hakon aber kehrte zurück nach Norwegen
ging von da nach Dänemark, um bei seinem Schwieger-
Hülfe zu suchen; im Juni finden wir ihn in Jütland*).
Ittwischen drohten, wie es scheint, die letzten Beste seines
iefawedischen Beiches ihm verloren zu gehen, denn im Juni
fthrte König Albrechts Diener, Baven von Bamdiow, zu
Westeras Verhandlungen mit den Westgoten^).
Albrecht stand so auf der Höhe seiner Macht, als Wal-
dnnar aufgefordert wurde, sich in die schwedischen Angele-
fsnheiten einzumischen. Bereitwillig folgte dieser der Auffor-
iorung; die Art, wie er es that, charakterisirt überaus deutlich
Waidemars Politik. Vor Allem lag ihm daran, bei Gelegen-
heit dieser schwedischen Wirren den Best dänischen Landes
1) arMMkft R. A. P. I, n. 647.
S) Fftnt, Ser. rer. Saec. I, 1, p. 46 and A8. Vgl. aaeh Olaas Petri ebd.
ly S, p. t7S mit einigen eigeathttmUchen ZosäUen.
a) HakoB war am S. und SA. Jani sa Aalborg, s. Dipl. Nonreg. I,
B. BS€ «nd VI, n. S6A.
4) atyife 1, p. 80 : Plaeitadoiie ewn VesgoeUs.
410 XIII. Di« ICekUnbvgw ia Sdnreden.
jenseit des Sundes, Halland und vielleicht auch BlekiDgen
(ob dies noch schwedisch oder sdion wieder dfinisch war, ist
nicht zu erkennen), wieder za gewinnen. Jeder Weg, der n
diesem Ziele fährte, war ihm recht, gldchvid ob an der
Seite des norwegischen oder des meUenburgischen Schwieger-
sohnes. Mit Meklenburg hatte es in den letzten Jahren einige
Reibereien g^eben. Herzog Albrecht ^) hatte Ansprach ge-
macht auf jene 10000 Mark, die ihm zugesagt wafen, hSk
durch seine Mitwirkung Helsingborg wiedergew<»meD wttrde;
er hatte, wie es scheint, diese Ansprüche an Waldemar Ui
vor den Kaiser verfolgt'). Das unternehmen gegen Schwe-
den konnte, besonders da auf der kopenhagener VenammluBK
die frühere Freundschaft unter den Königen des Nordens wie*
der hergestellt war, Waldemar keinesw^s sehr erwOnscht
kommen. Es f&hrte ihm auf alle Fälle einen für die Ausbrei-
tung seiner eigenen, Macht ge&hrlichen Konkurrenten üben
Meer. Doch hat er ofifenbar geschwankt, unschlüssig, wekke
Stellung einzunehmen sei. Dass er dem Herzog Albrecht an
1. Februar 1365 Geleit giebt, mit 100 Pferden nach Jfltland
zu kommen '), scheint darauf hinzudeuten, dass er schon dar
mals gewillt war, zu thun, was bald darauf im alholmer Ye^
trage geschah, Magnus und Hakon fetllen zu lassen und sich
mit den Meklenbuigem über Theilung des Raubes zu ve^
ständigen. Hat man damals nicht Handels einig werden kSn-
nen , so noch viel w^iiger nach dem Siege von Enk^ing und
1) Er lässt 1S62 Sept. a von den Bischöfen Wibert von Batiebiirg ud
Bertram von Lübeck Meklbg Urkdb. X , n. 713S Tldlmiren. Orig. im Haipt-
Arcbiv zu Schwerin, H. 38.
2) Albrecht Yon Meklenburg ernennt am 15. Juli 1963 den Jobann Swa-
lenberg, Kanonikus zu Schwerin und Rektor lu Gadebusofa, in lalnewi btroU-
mächtigten Prokurator und Specialgeaandten Yor Kaiser Karl gtgaa K5nig
Waldemar oder seinen Vertreter, , ,certos ärticulos , in qoibaa nobia tanatar per
jusjurandum et alias promissiones et obUgaciones astrictua et obligatoa'*, Torsa-
bringen und zu vertreten. Orig. im Haupt-Archiv tu Sehwerio, D I>w
3) Orig. im Haupt-Archiv au Schwerin, H. 42, datirt ana Wordingborg'
Monrtgea oad dl« 8lMle. 411
Gefieuigeiinahme des Magnus. Kein Wunder, dass der
Mifesacbende Hakon jetzt in Dftnraiark Gehör fand, ünter-
Mttznng des Norwegers und seiner Partei in Schweden war
HDi der einzig mögliche Weg ffir Waldemar, den Best dAni-
■dien Landes zurfick und vieUeicht nodi ein UdHiges dazu
■t gewinnen. Er säumte daher nicht, sich durch Vertrag mit
Oegnem freie Hand zu sdutfien, den lange hingezoge-
Friedensverhandlungen jetzt endlich ein Ende zu machen ;
7. Juli schloss er zu Eoküng mit den Orafen von Hol-
r
iMn, am 3. September zu Wordingborg mit den Städten ab ^).
$mm gegenüber, die bei dem schwedischen Unternehmen be-
Iktfiligt waren, bedang Waldemar sich aus, dass sie ihm das
iriditige Warberg, Hallands Hauptfeste, übergeben sdlten,
Irib es in ihre Hände käme.
rji * Höchst wahrscheinlich zu Anfang des nächsten Jahres hat
ßfBA der Dänenkönig einen Einfall in die sdiwedischen Grenz-
ipovinzen gemacht*). Er trat \mr als Bundesgenosse und
Beschützer des norwegischen Königs aul Vielleidit begegnete
m auch einem Angriffe, den Albrecht von Schweden auf das
imi Magnus verlorene Schonen untemonunen haben würde ^).
Hakon selbst begleitete Waldemar. Auch Herzog Erich von
1) Sabm XIU, A58 ff. a. H. B. I, S. S16 ff. U Wordlngborv war Meh
Bteif Hmkon am di«M ZeU, s. H. R. I, o. MS S. S4S. D«r Vertrmg twi-
wüktm Waldamar und d«n hoUteiiiiteh«! Orrnfwi w«r tolion frih«r Tenbndet,
jß sogar »ehou w&breod Waldenuirs Abwaaenbolt ron Dlnaoiark Tarkaodalt,
•. Ukh. Urkdb. IV, n. 98 S. 95: Na U de sooe Tort^baghaii , da da brach -
taat mj van Pragbe, da bat voltogbeii das koniagbaa droata oada ain
iml ran Danaaiarkan. Aahalich stand dia Sacba Ja aaeb alt daa SUdtaa , a.
Aa Darstelloiig oben S. 377 ff. — Aaa dam koldiager Vartraga gabt banror,
4mm dia bolatainisebeo Orafen noeb Gftter (pant) In Fttnaa beaaiaan ; ria rar-
^ffvchan, ibre diniscben Untertbaoan an bebandain nach diniaaham Baebta.
S) Naeb Becker, ArcbiTregUtratarar I, 156 wira WaMamar noch 1866 im
Koogsbak Slot in Boboa Mn gawatan. Viallalcbt siebt das mit dam Faldsaga
in Zosammaabang.
8) Das scheint au dem Briefe Heinrichs des Biseman henrorsogeben , H.
B. 1, n. 3SS: Sebaniam, Dao danta, intandlBaa risitora.
Sachsen, Waidemars treuer Hdfer, nahm an dem Zuge TheiL
Zu Pfingsten (24 Mai) konnte man sich schon bedeatender
Erfolge rühmen ^). Um die Mitte des Jahres belagerte lua
vereint das feste Kahnar, den Pfendbesitz Oraf Heinridu,
den wichtigsten Punkt des südlichen Schwedens. Damals ge-
lang es Hakon, die Insel Oeland mit Borghobn wieder m g^
winnen. Der städtische Befehlshaber, der rostodcer Baths-
herr Friedrich Suderland, liess sich bereden, das feste ScUm
den Mannen des Königs auszuliefern gegen das YerspredMi
desselben, mit den Städten die Sache vereinbaren zu wolkn
Wie Hakon später klagte, wären seine Feinde auf Oeland be-
günstig, seine Unterthanen und Diener durch Bänboreien be-
lästigt worden. In einem Briefe an die Städte wiederiiolfe
er sein Versprechen einer spätem Vereinbarung, löste es aber
nie ein. Die Städte erkannten dasselbe sogleich in seiDem
Werthe und zogen ihren Hauptmann zur Bechenschaft; er
büsste seine Nachlässigkeit (untreue?) schon nach weaign
Monaten mit dem Tode*).
1) Dm beweist eine Bestimmnng des sogleich in enrfthnenden aDiQlair
Vertrags.
2) H. R. I, n. 8S8 § 9 11. n, n. 1 t 8, 2 | 7, 8 | 8; Lttb. Urkdb. m,
n. 604 u. 608. Was die angegebene Zeit betrifft, so ergiebt sich dieselbe saf
folgende Weise: Aus den Verbandlangen swischen Hakon und den Stidtea
(1370) gebt berror, dass Waldemar und Hakon Kalmar belagerten » als Fried-
rich Suderland, dem der Henog von Sachsen das Schloss abgefordert hatte,
XU ihnen kam und mit Hakon eine Konrention absehloss, durek weldia Boif-
holm diesem fiberlassen wurde. Am 24. Juni 1866 wissen die Stidte noch
Nichts von dieser Uebergabe ; sie bestimmen, dass Friedr. Soderland das Sehlosf
bis xum 29. Sept. behalten soll (H. B. I, n. 876 $ 18). Am 16. Dec. recht-
fertigt sich Snderland auf dem rostocker Tage wegen Uebergabe dea Schlos-
ses (H. R. t, n. 388 § 9). Dieselbe kann also frfihestens eine Woche ror dem
24. Juni geschehen sein ^n diesem Zeiträume konnte auch bei ungünstigem Wet-
ter die Naphricht herüber kommen) und war schwerlieh spKtor ala am 29. Scpt
Man kann die fragliche Zeit noch mehr einschrXnken. Denn wfll man die
Uebergabe nach dem 28. Juli (Datum des alholmer Vertrags) setien , so nus
mau annehmen, dass Waldemar gleich nach diesem Vertrag schon wieder eiaea
neuen Feldzug mit Hakon nach Schweden unternommen habe. Dies tfaut Styffe
(S. XLUl), aber gewiss mit Unrecht, denn es war KSnig Albrecht aaadrflelE-
Korw6g«ii nnd dU BtSdlf. 413
Inzwisehen war König Albrecht gegen Ende des Sommers
1365 ans Finland zurückgd^ehrt ^ ). Bis znm Juli des näch-
sten Jahres ist er, so viel wir wissen, nur einmal südUeh
Über den „Wald^^) hinausgekommen und hitehstens auf einige
Moaate; Ende November 1365 kehrt er zurück*). Es schtint
abo nicht, als wenn er Waldemar einen erheblichen oder gar
orfdgrekhen Widerstand entgegengesetzt hätte. Diese Ver-
Bothung wird bestätigt durch den Vertrag, den am 28. Juli
1366 zu Alhofan auf Laaland sein Vater für ihn mit dem
DtnoikOnige abschloss; denn noch hielt der alte Hersog die
ZOgel i^ der Hand und fiberwachte die Schritte des jungen
Königs.
Ghraf Adolf von Holstein, der sich vor zwei Jahr^ auf
die dänische Seite gewandt hatte und zugleich mit dem mek-
lii smn 2. F«bniar 1867 Frist gel*M«D , sidi fibar Aniialimd dts Albol-
Vertngt tu erkllreo. Waldemar kann also nicht gut die Feindseligkeitaa
wieder angeOusgen haben. Demnach flUlt die Uebergabe ron Borg-
«nd die Belagemng Ton Kalmar wahrscheinlich in die Zeit von Mitte
JiDi bis gegen Ende Juli. Dagegen kann nicht sprechen, dass Gregorhu
SwerHiig, der von den Städten an Stelle des Friedrich Snderland ernannte neue
Hauptmann für Borgholm , Forderung stellt anf Schadenersats für Tergebliche
Iwlalmgen (H. B. I, n. 388 § 8). Denn diese konnte er andi fltar das in
September anmtretende Amt im Jnli gemacht haben.
I) Am 17. Sept. 1865 ist er wieder in Stockhohn, Srenska R. A. P. I,
a. 871 «. 87t.
8) Ueber diese Eintbeilnng s. Geyer, Gesch. Schwedens I, AS.
8) Not. 19. 1865 nrknndet Albrecht in Skeninge (Svenska E. A. P. I»
s. 879) , am 89. Nov. „venit rex trans silvam ad Wreta*' (Styffe I, S. 90).
Uater de» „Walde** kann wohl nor Holaveden verstanden werden; der KSnlg
aiehl von Wreta weiter nach NTkffping, Lndgo, Gasiage, also Ober Kolmar*
des. Da er Nov. 15 in Skeninge nrknndet, so ist er anch schwerlidi in der
Xfrls^eneit iwei Mal Aber Koimirden gegangen. Uebrigens mnss er Hola-
▼aian aaeh schon vor Nov. 15 ttberachritten haben oder swischen Nov. 16
mmd. 89 awel Mal hinfibergegangen sein. Sonst ist er noch am 88. — 80. Dec.
in tCaMlstana (Stjffe I, S. 88), am 81. Jan. 1866 in Westeras (Sv. B. A. P.
I, a. 688)» am 11. April in Stockhofan (ebd. n. 697), am 18.— 19. April in
Telgn (StjffB I, S. 84) , am 4. Mai in Stockholm (Sv. B. A. P. I, n. 698), am
II. n. 18. Jnni in Svartigö hn MUar (ebd. n. 706 u. 707), am 18. JuU in
Histholmen bei WesterSs (ebd. n. 718), am 88. Jnli in Stockholm (ebd. n. 781).
414 Xm. Dli Maklnbwg« ia
lenburg^r Herzoge verwandt war^), vennittelte den Vertrag.
Ohne Zweifel durch die Erfcdge Waldemars erscbieckt, auch
wohl mit der Absicht , den gefiUurlicfaen Feind yon der Sadie
HakoQs zu trennen und für seinen Sohn zu gewinnen, machte
Herzog Albrecht dem D&nenkOnige die weitgehendsten Znge-
stfindnisse. Waldemar sollte die Insel GoUand, die Proviniei
Finweden und Wärend (in Smäland), Kind und Mark (in West-
gotland), die halbe Insel Hysing und die El&burg mit ihrer
Harde und dazu alle Burgen behalten, die er zu Pfingstoi
des Jahres (24. Mai) inn^ehabt hatte. Das so beschnittoe
und von der Nordsee ganz zurückgedrängte Beich soUtm Al-
brecht und seine Nachkommen besitzen und Waldemar sie ii
diesem Besitze schützen. W^ollte Hakon etwa den Vertrag
nicht anerkennen, so verpflichtete sein Schwiegervater sich,
ihn mit den Waffen dazu zwingen zu heUirai. Ja, in der v«
Albrecht ausgefertigten und Waldemar übergebenen Uikmdc^
die etwas weitere Zugeständnisse enthält, verpflichtete sich
dieser sogar, gegen Hakon d^ König Albrecht mit aller Madit
zu unterstützen, während dieser versprach, Magnus nicht aos
der Gefangenschaft zu lassen und mit Hakon keinen FHeda
zu schliessen, wenn Beide nicht vorher den alholmer Vertrag an-
erkannt hätten. Ein rascherer Wechsel in der Politik, ein
schärferes, rücksichtsloseres Hervorkehren des eigmen Vor-
theils , Missachten der Bechte sdbst des Nächststehenden, als
der Dänenkönig hier zeigt, ist nicht denkbar. Am 2. Februar
1367 sollten König W^aldemar von Dänemark und König Al-
brecht von Schweden in Begleitung ihrer Bdchsräthe zwischen
Kalmar und Brömsebro zusammenkonmien, um diesen Vertrag
beiderseits zu bestätigen. In einer besonderen Urkunde e^
klärte Waldemar, die ihm von Graf Adolf als Ersatz fbr den
Schaden, den die meklenburgischen Städte Bostock und Wis-
1) S. oben S. 374 a. Schi. Holst Lanbf. UrUs. U, S. 275.
NorwcgMi Mild dit Mdto. 415
mar im Feldzuge von 1362 angerichtet hatten , zu^iumnten
10000 Mark ncü Herzog Albrecht emj^angen zu haben; es war
nur eine Form des ausserdem noch ausdrOcklich urkundlich
anerkannten Verzichts auf jene 10000 Mark , die Herzog AI-
brecht beanspruchte für seine BeihOlfe zur Wiedererlangimg
fon Haisingborg ^).
£a war ein glänzender Erfolg Waidemars, dieser Vertrag.
Daas er sich auf Kosten seiner beiden Schwiegersöhne ber^«
cherte, dass er die Rolle des theilenden Löwen in der Fabel
hielte, konnte einem Manne wie Waldemar die Freude nicht
fwderben. Doch sind offenbar die Abmachung^ auf dem
Poliere geblieben , yon König Albrecht nie anerkannt worden.
Sma Vater und seine Brüder hatten sich in Alholm verpflich-
tet, dahin zu wirken, dass auch der junge Schwedenkönig an
die abgeschlossenen und von ihnen schon besiegelten Verträge
silichtmess (2. Febr.) 1367 sein Siegel hänge; aber gesche-
ist das nicht*). Und in der That lag auch die Sache
1) Slyffe, S. XUl a. b. 81—88 S. 49. — Den Vendobt auf die 10000
bewahrt das Kgl. Oeh. Archiv sa Kopenhagen im Original: König AI-
▼OB Schweden, Albreeht, Heinrich and Magna«, Henöge in Haklea-
«rkllren Kdnig Waldemar loc von den 10000 Mark SUher, die er ibnea
MknkUc, und von allen Ertatsansprflchen für etwaige Verslnmniste , die er
lieh gegen bestehende Verträge hat su Schulden kommen lassen. Alholm,
iaS6 JnU SS. Fflr das erste Siegel (das König Albreohts) ist ein Sinsehnitt
tweriht, dooh hingt keb» Band in diesem Einsci>nitte. Das S. Siegel ist Her-
Mf Alhrtahts Sekret; das 8. Siegel fehlt, doch iat der Pergamentstreif Tor-
y allerdbigs aerrissen; von dem i. Siegel, dem dee Heriogs Magnns, ist
noth das natere Drittel Torbanden. — Der von Hritfeidt 1, 58S erwähnte
YartraK über die Aosweebslong der Gefangenen ist ebenfalls noch im Kgl.
Qtk Archiv la Kopenhagen im Original erhalten : König Albrecht von Schwe-
tei, Albreeht, Heinrich mnd Magna«, Heraöge an Mekleabarg, orkanden Ober
efaMB Virtng mit Waldemar, „dat alle Taaghenen nada alle dynknisse, de na
te diMem pnmghe to Sweden tnescbea hir onde pingstea, de negheet was,
gjbaraacfaaa slnt edder vordingbet sint, loolen an bejden siden laddich «nda
Ua weeaa««. AUmIos, 186« JnU SS. Aach an dieser Urkoade fehU das Sie-
gel KMf Albreehti (dar PargaoMatstreifen daAr iat Torhaodea) ; die drei her-
aogHefceii Siegel biagen wohlerhaltea an. —
S) Kgt Geh. Archiv sa Kopenhagen: Albrecht, Heinrich aad Magnoa
416 ^^^' ^^ Mekknborgw In 8ebw«d«D.
SO, dass König Albrecht diese Verträge nicht aneitemea
konnte, wollte er sich in Schweden nicht unmiiglich machea.
Hatte doch Magnus seinen Sturz nicht am wenigsten der
Schwachheit zn yerdanken, mit der er Schonen dem Nachbir
preisgaben, nnd Schonen war von jeher eine dftnische Pn-
vinz, gewesen; jetzt aber handelte es sich nm altschwedisde
Gebiete. Herzog Albrecht, dem Landesfiremden, der nmr da
Vortheil seines Hauses im Auge hatte, waren diese Erwigm-
gen fremd. Schwerlich hatte er sie in Rechnung gebradit,
als er den alholmer Vertrag so leichthin und eigenmicbtiK
abschloss. Sein Sohn aber, der junge König, musste mit
ihnen rechnen. Erkannte er den alholmer Vertrag an, n
war es um seine Stellung in Schweden geschehen ,* akamite
er ihn nicht an, so war ihm die Feindschaft des mftchtiga
Waldemar sicher.
Es war ohne Zweifel in dieser Lage der Dinge bcgrOi-
det , dass Herzog Albrecht selbst wieder hinüber ging nadi
Schweden, die Sache seines Hauses zu fahren. Denn noch
hatte er in allen wichtigen Angelegenheiten die Leltong; aeiii
Name wird stets neben dem des K&iigs genannt, obghäck
dieser gros^ährig war; er handelt in seines Sohnes Namea
von Meklenborg versprechen, „dat koniDgh Albert tui Zweden deo bref , im
wy besegelt bebben mit iisen ingbeseghelen , de sprekt np de dagfae to Bi>
kende tnsschen koningh HaqnSii Tmn Nonregben nnde koningh Albwte m
Bweden, unde den bref, de sprekt up de vanghenen nnde dyngnisea, de ssd-
der pingflten vangben nnde Tordingfaet sint, dat de seolen los wesen, den wj
alrede besegelt bebben mit nsen ingesegfaelen, Tortmtr den qnitebref, de sprakt
up de teyndosent lodighe mark nnde np Torsnmenisse , den wj mlred« b«e-
ghelt bebben mit onsen ingfaesegbelen, nnde Tortmer den qnilebref, de tosprekt
bertogben Erike ran Sassen, wes he nn nnde de stne in Sweden gbedaii beb-
ben , de ok mit nsen ingeseghelen alrede besegelt Is , dat koMng Albert fsa
Sweden vorbenomet alle desse Torbenomeden breve nn to Ijehtniseen, de
negest kumpt, ok mit sinem ingheseghele beseghelen leal nnde sin ingfaeteghel
vor desolven vorbenomeden breve bi nse ingeseghele, de daar rede vor bsn-
ghcn, henghen schal. Alholm, 1866 Jnli fS. Die 8 Siegel hangen an. —
Vgl. ft. 416 A. 1.
KMTw^gMi «ad 4li JtÜte. 417
guic bmIl eigenem Gutdünken ^X Spätestens gegen Ende des
Jahne auss der Vater wieder in Schweden angdLommen sein,
wahrsdiamMch bereitet von dem Herzog Ton Baehsen und
mdireren deutschen Herren*). Inzwischen hatte sein Sohn
sdMi im S^tember den Hauptmann v<« Nyköping, Baven
fwi: Blumekow, und Bo Jonsson zu Unterhandlungen an Wal-
doMT ud Hakon gesandt *). Wie dieselben verliefen, wissen
wur^Jiioht, auch ob die verabredete Zusammenkunft der K(^
mgb*vtiadiea Kabnar und Brömsebro am 2. Februar 1367
tfaiittgefanden hat, ist nicht mit vollkommener Sicherheit zu
mgesL^). Dafür spricht, dass der König und der Herzog,
Itator imd Sohn, um jene Zeit beide in Kalmar waren. . Fflr
dM. Schuld von 3500 Mark Silbers verpfändete Ktaig Albrecht
teC am 5. Februar jährlich 100 Schifispfund Kupfer aus sei-
Mü Kiqpferberg an die Grafen von Holstein, und Herzog Air
boMlt, dem das Kupfer schon verpfändet war, verzichtete
' i) Btyffe S. XLVIU.
a) & Urkude b«i Styffe I, 8. 59 ff.^ wo diesellMii aU Zauftn trsabeioMi.
Mait$ 1S66 (mofte circamcbionia Dom.) ut Henog Albrooht in 85d«rkdpiiig
{fkjW^ I, S. 108), Tom 1. — 8. Jannar 1867 in NykSping snsMnman mit König
äM/muhk (obd. 8. 94 n. 95). Am 16. Januar bt er wieder in Nyköping , . am
li. aber schon wieder , wenn man der Urkande ebd. 8. 59 ff. glauben darf, in
S^ckkolm. Die Entfernung tobeint mir flir eine Tagereise reieklich weit ; ali
iMga dar Urkunde braochte er aaeh wohl nioht bei der Anaetellong anweaend
■i acias die Anweaenheit in Stockholm möchte ich deeehalb in Zweifel liehen.
Arn St. Januar ist er dann wieder anf der Reiie nach Nyköping (Styife I,
a, t7)» offuibar anf dem Wege nach Kalmar, wo Beide, Vater and Sohn, am
a. V^bnunr elad (Schi. Holet Laaenbg. Urkde. II, S. 447).
$) 8«hm XIU, 577 , DipL Norr. UI, n. 851. Schon Saha spricht hier
dfe riehtife Vermuthaag ans, dass Attnreoht den alholmer Vertrag nieht aaer-
4) MttHMaios, Scondia iUnstrato XII« 808, tfieUt mit, sie habe stattgeftia.
JBiiia Wahrscbeialichkeit ist daAr. Auch die Mittbeifauig des Massenius,
dass dar Widerstand des Belehsraths König Albrecht hinderte, dsa Vertrag
TOB Alkohn ansnerkennen , enthUt Nichts, was, wie Styflb meint, „wH Recht
Ib FWife gesetst werden könnte" ; innere Qrtnde widersprechen dieser Mltthei-
l«i^ darchans nicht Am 85. Januar 1867 Hess Waldamar hi Stralsund den
aUiolaier Vertrag Tom Henog Wartislaw Tldimiran, wahrscheialich um ihn
auf der Zusammenkunft su benutaen.
Schlte, THe HantesUdte. j27
418 Xm. Dl» MckMlMTgOT ia 8dkw«d«i.
auf seifie Anspruches). Ende Febmar kehrten Vater and
Sohn von Kalmar nach dem Norden zurBdc *X ^u^^ die Ma»-
regeln, die sie jelzt treffen, neigen, daas es nicht Friede wir,
was sie erwartetOL
Es ist schwer oder vidmdir unmOe^ch, genau m bestiB-
men, wie weit sich KinünaB and Macht der MeUenbnrger n
Schweden am diese Zeit erstreckten. Beweist ein BeMd Es-
zog Albrechts vnn 11. MArz 1367»), dass selbst in dm
eigentlichen Sitae der m^enbnrgischen Macht, in link^piigi
Stift (Ostgotland) es nicht an Widersadieni nnd anfrflhrori-
schen Bewegungen fehlte, so erstreckte sich andererseits ik
Herrschaft dar Meklenbarger nach Norden doch weit flb«
den Mülar hinaus bis nach Dalame*), and vielleiAt haba
schon jetzt, jeden&dls einige Jahre später die Provinien am
hohai Nordens (Hdsmgland, Medelpad, Angennanland) rie
anerkannt *). Der Westen des Beichs, wo Jemtland im Nar-
den , Bohos im Süden ohnehin damals za Norwegen gehhta,
war in Hakons Besitz; aber in Westgotland gdang es da
Meklenboigem gerade jetzt ihre Herrschaft za befestigen, bh
dem Albrocht mit der wahrschdnlidi orzwangenen Znsti»
n Sclil. Hobt LttMBbf. rrkdi. n. S. 44T; vmk 4 tos nritfciritl,
darutar t ObcUfc. vkudM anL Ja^hut (S. 3S) «rUirt «Me F^Hm«!
TOB 3500 4^ Ar ^m B^t jeov 4000 4^, Ar «• Gollud an Hairnkk te
EiMfiM an tS. Jidi 1S«4 wtw^ttmdtt wov4n var (ScU. Hobt. Lbf. OMfc
IL 8. tCf m. obtB & 408^; Ar Oolbüi kaU Alhncte dM Kapfbr rwpOmkt,
veil jenM daa DiMakfiaigra aberbüi— wardaa a&L Dafafaa apiiekt, im
«üeM acaa Fovdtnuif voa S500 4^ afckt Hoividi aUaia, aomämm dbacai ni
A4otf nstakt, abo «akrMiMiancli Hiekli Bk JaMr ahaa m Ümn hatw VM-
leklit hat sie Uu^ca Unpnu; ia EisCaacaa dar baUaa Orafaa Ar dM
Z«f Haraof AlWachcs aaek Sckvedea. Bm frllMn Fbidwaag
Hcno^ Albrackt aad MfaiaB Soka HaiaiM war an t. Sapl. ISd« bb aaf 100
Mark beridMicc iSckL HobL Laabf . Cfkda. a S. ITS).
S> StjSt L äL »T.
S> SrHMka R A. P. I. a. TM.
4) Hiar wiid na Xaiaoa dea KWc «dar sakMa Aahft^n Bo JoB«ae
1347 Kacke f«a|MO(kM. Srawka K A. P. L a. ftO a. TM.
M S^ljtf^ L äL 141.
Korwegen «nd die Stiite. 419
vimg deB gefangenen Königs das fiberaus feste, die lAnd-
adiaft beherrschende Schloss Axewall im Januar 1367 von Mag-
ma^ Vogt, Gerhard Snakenborg, überlassen wurde ^). üeber-
aU aber blieben die von Deutschland herfibergebrachten Kriegs-
ieliaaren ihre Hauptstütze. Wie Gerhard der Grosse und sdne
BMme in Dänemark, so bedurften auch die Meklenburger in
Schweden vor Allem des kriegs- und lehnslustigen deutschen
Adels, um sich in der schwierigen Stellung unter den Frem-
den festzusetzen und zu behaupten. Und doch war ihre Stärke
m^eich ihre Schwäche. Ueberall nisteten sich die fremden
Ktter im Reiche ein, wurden Herren der Burgen und erhiel-
tlB ausgedehnte Lehen im Lande*). „Raubvögel besetzten
He Spitzen der Berge, denn die Deutschen tyrannisirten das
fiaid viele Jahre^S sagt eine schwedische Geschichtsquelle des
Vk Jahrhunderts*). Das musste nach und nach die Einhei-
en ganz abwenden von der neuen Herrschaft, sie aus-
mit dem alten Königshause und dem fremden Regi-
te einai sicheren Untergang bereiten.
Noch allerdings hielten die schwedischen Grossen, die
Albrecht auf den Königsthron gerufen hatten, fest an ihrem
Sckfitzling. Der Drost Nikolaus Thuresson hatte aUerdings
ler Abo seinen Tod gefunden, aber der Bischof Nikolaus von
LinkOping, der Marschall Karl Ulfsson zu Tofta, die mächti-
gn Edlen Bo Jonsson, Karl Ulfsson von Ulfasa, Benedikt
Philippusson, Erich Karlsson und Andere standen als eben
1) Styffe I, n. 36 S. 59. Ueber das Sohloes vgl. Alien,' de tre aord.
Bit. III, 1, 170.
t) So s. B. in der Urkunde bei Styffe I, n. 41 S. ItS rom S9. Sept 1370,
wm Henof Albreeht und seine 85hae Beeitnnngen, die ihnen offenbar ver-
waren, wieder mn deutsche Adlige, die Ummereise, yerpOnden. Diese
eie dann wieder an Andere aus, vgl Fromm, Qesch. d. Familie ▼. Ze-
B. S9 ff:
8) Das I>iariam Wadstenense bei Fant, 8er. I, 1, p. 100: Tone ares ra-
pnoccapaTemnt eaeomina moaeiam; nam Theatoniei tyranniaavenint in
terra maltis annb.
27*
420 ^^^ ^^ Meklanbnrgw in 8clnr«d«ii.
SO viele Stützen dem neuen Herrscher zur Seite. Sie zeigten
eine Opferwilligkeit, die deutlich genug bewies, dass sie we-
nig Heil erwarteten von der Wiederkehr der alten Begienrng»
besonders wenn dieselbe durch Waidemars Wafifian zurOdEge-
bracht werden sollte. Am 2. Mai bewilligten Karl Ulftson und
Erich Earlsson König Albrecht und seinem Vater „rein a»
freiem Willen'' die Hfilfte aller ihrer Einkünfte für ein Jakr,
versprachen, auch Andere zu dieser Leistung zu veranlassen
und zu bekämpfen, wer sich dessen etwa weigern wolle ^).
Und diese Auflage wurde, freiwillig oder gezwungen, von
allen geistlichen wie weltlichen Ständen bewilligt *) gegen da
Versprechen des Königs, die Abgabe nicht noch einmal n
verlange und sie nur zur Vartheidigung und zur Befreiung
des Reichs anzuwenden*). Zugleich suchten die Meklenb«>
ger in auswärtigen Bündnissen eine Stütze und wandten steh
zu diesem Zwecke zunächst nach Prenssen, wo Hoclmintar
und Städte über Waldemar und Hakon gleich au^lmtt
waren, und an einige der Seestädte. Wir haben oben*) gs-
sehen, wie ihre Werbung aufgenommen wurde.
Die Städte hatten sich bisher einer entschiedenen Partei-
nähme für das meklenburgische Unternehmen enthalten. Eine
1) Styffe I, n. 88 S. 118.
8) ebd. I, n. 89 8. 119 und Syentka B. A. P. I, o. 775. König Albneht
fügte dieser Urkande, die auch von seinem Vater mit besiegelt wurde, hinsa:
Ut sdatis, presens mandatnm tam de benepladto et consensa patria nostri
carissimi , quam nostri veraciter emanasse.
8) Svenska B. A. P. I, n. 778.
4) S. 398. Styffe (S. XLVI) enfthlt , Henog Albrteht habe aebon aaf
dem strakunder Tage vom 8i. Juni 1867 mit den Hanaestidten einen Bond
geschlossen und sich darauf nach Prenssen begeben. Fftr beide Nnobriebtea
ist mir keine Quelle bekannt, Styffe führt auch keine an. Die oben (8. 89t ff.)
gegebene Darstellung widerlegt die erstere; beiden widersprieht , dasa Henog
Albrecht noch am 6. Juli in Stockholm war (Styffe I, n. 40 8. It8). — Saho
XIII, 591 giebt an, dass Herzog Albrecht am tS. Juni in Sekwerin, am
C. Juli in Malchin gewesen sei, ohne jedoch seine Quelle sa nennen ; daa mass
auf einem Irrthum beruhen.
Norwegen und die Stidte. 421
Unterstütemig dessdben, yne Hakon sie ihnen später vorwarft),
lisst sich ffir die Jahre 1364 — 67 nicht nachweisen, in dem
Vertrage der St&dte mit dem dänischen Reichsrath vom Juni
1864 heisst Magnus noch König von Schweden, von d^
MeUenbargem aber ist die Bede als von „R&tzog Albrecht
mid seinen Söhnen^^'). Reval erklärt ausdrücklich, dass es
gegen keine der streitenden Parteien etwas Anderes h^e als
feste und aufrichtige Freundschaft, und lehnt es ab, einen Theil
n b^^lbstigen *). Dag^n ist wohl nicht zu vericennen, dass
die Städte das Vordringen einer dem übermächtigai Einflüsse
Waidemars im Norden nothwendig feindlichen Macht nicht ohne
fllympathien verfolgten und nicht ohne die Hofihung, in Schwe-
Abd an der Herrschaft Albrechts das Cregengewicht gegen die
iliiisehe Macht wiederzugewinnen, das ihnen seit Hakons
Ttemählung mit der Margareta veiloren gegangen war. Die
Mahr, dass diese neue Herrschaft sich g^n sie selbst wen-
lÜB möchte, war gering, so lange dieselbe g^en eine feind-
Idie Partei in Schweden und gegen die beiden anderen nor-
dbchen Reiche fester Stützen bedurfte. Dazu kam, dass zwei
der wichtigsten Glieder des wendischen Städtebundes als mek-
knbnrgische Landstädte mit dem Unternehmen an& Innigste
^erwachsen, zu Leistungen aller Art verpflichtet waren. So
war das Verhältniss zwischen den Meklenbuigem und den
wendischen Städten ein durchaus freundliches. Der Gedanke
eines Bündnisses mit dem Herzoge, seinen Söhnen und Freun-
den beschäftigte die Städte mehr als einmal. Graf Heinrich
1) H. R. n, n. 8 § 7 a. n. 4 § 5, 15, 16, 18. Die SUdte weiteii diese
Aatcholdifoiig«!! mit aller Enttchiedenheit snrftek , ebd. II, n. 8 | 8. Dam
Wiffnar und Rostock den Seerftubern Schuts in ihren HiUen geliehen hätten
{ß/tftt§ S. IV), Usst sieb meines Wissens durch keine Stelle belegen.
8) H. R. I, n. 837 S. 297.
8) Bunge, Lir-, Est- a. Karl. Urkdb. II, n. 1006. Dorpat dagegen hatte
i&di d«n Unwillen des schwedischen Drosten Bo Jonsson, einet treuen Anhingers
AIhreehti, sngesogen durch „ii^jiiriae et pompae**, ebd. II, n. 1088.
XIU. UM
sendet ilmeo Bericht über die Vorginge in Schweden und
bittet am gkicfae Mittheilonga ans DeutscUand ^). Aehnlichs
wänscht Herzog Albrecht von einer seiner Stfidte und sucht
diese zo^dch zu braatzea, um die dratschen Kanflente m
Zofohren aller Art in die tchi ihm besetzten schwediedia
Häfen zu ermanteriL Die Wahrscheinlichkeit spricht dafti;
dass bei dem jahrelangen Daniederliegen des Handels die
nntemdmiungslastigen hansischen Kaufleate gegen eine solche
Aoffordermig nicht taub gewesen sind. Rostock und Wismir,
die ja allerdings in einer Ausnahmestellung waren, wird noA
erlaubt, ihrem Landesfürsten Lebensmittel etc. zuzuftkhrea, ak
für die übrigoi St&dte durch gemeinsamen Beschluss jede Aus-
fuhr untersagt war'). Auch später schickt der junge ESlUg
einen Boten an die wendischen Städte (yon Abo aus), der sie
über das Geschehene unterrichten soll, und freut sich der ftsta
Freundschaft zwischen ihnen und seinem Vater, dam Hecng'Ji
Mit diesem hatten kurz zuvor die Lübecker ein besondem
Freundschaftsbündniss auf 4 Jahre geschlossen, demadben en
jährliches Schutzgeld von 400 ^ lüb. Pfennige (4600 reqi
27000 Rm.) zugesagt, das sich der geldbedürftige Herzog inner
lialb weniger Monate für alle 4 Jahre auszahlen liess *). Eine
direkte Unterstützung des schwedischen Unternehmens hat inan
vermieden. Eine solche musste die Städte nothwendig in neue
Feindseligkeiten verwickeln, nicht nur mit Hakon von Kor
wegen, sondern vor Allem auch mit dem Dänenkönig; upd wir
liabeu gesehen, wie eifrig sie mit diesem den Frieden suchten.
Erst als sie einsahen, dass dieser Friede ohne immer neue
Verluste auf keine Weise zu erhalten sei, entschlossen sie sich
mit Entschiedenheit zu der Bundesgenossenschaft, die sich
1) H. R. I, n. 322 u. 323.
2) ebd. I, n. 315 § 2 u. 316 § 2 vom 15. u. 24. M&rs 1364.
3) Urkdl. Gesch. II, 8. 611 vom 23. Juni 1865 (». Styffe I, S. XL A. 1).
4) Lüb. iTkdb. lUy n. 520, 521, 522, 524, 531, 582.
N«rwtgwi «Bd die Sftidte. 42S
ihneii lange geboten hatte. Von dem Augenblicke an, wo die
wmdisdien St&dte einen neaen Kri^ gegen Waldamar sannen,
schlössen sie sich aufe Engste den Meklenburgern an.
Es scheint ihnen nicht vid Bedenke gemacht zu haben,
dass sie mit dem neuen Bundesgenossen nothwendig auch einen
nraen Feind auf sich nehmen mussten — ihren alten Freund,
Hakon von Norwegen. An Beschwerden gegen ihn fehlte es
ohnehin nicht Sie vollkommen verständlich zu mach^ wird
es nothig sein, einen Blick auf das VerhAltniss der Stftdte zu
Norwegen zu werfen.
Kaum in irgend einem anderen Lande haben die deut-
schen Kanfleute so lange eine so gefiüirdete und so unsichere
Sldinng eingenommen wie in Norwegen. Nur ganz allm&hlich
irt es ihn^ gelungen, hier festen Fuss zu fassen. Die mühsam
«mmgenen dürftigen Privilegien wurden bei jedem Begierungs-
vochad ernstlich in Frage gestellt Lftnger als irgmdwo sonst
Muelt hier der Fremde den Charakter des Feindes, denn
nsh und ungastlich wie Land und Klima waren auch seine
Bewohner. Der WaSen kundig und bei der zornigen Ge-
^ Mtthsart stets bereit, sie zu gebrauchen, dazu verwildert in
^ Jahrhunderte langen Kriegen ehrgeiziger, nach dem Kfinigs-
tfarone strebender Oeschlechter war der Norweger für den
^tentschen Handelsmann ein gefthrlicher Kunde. Raub der
^^Mitgebrachten Waaren, Mord der EigenthOmer war nichts
Seltenes; und da der Fremde lange Zeit so gut wie rechtlos
mur, ging der Thäter nur zu oft straflos aus.
Trotz alledon entwickelte sich ein lebhafter und fQr den
Kaufinann gewinnbringender Handel. Die Eneognisse des deut^
■chen Fleisses oder des w&rmeren Klimas (Gtetreide, Bier,
Wein, Manufakturen etc.) erzielten emm hohoi Preis im Tausch
gegen die Rohprodukte des nordischen Landes. Der Fischfang
• im Nordmeer an den noch jetst so fiachrdchen Kfisten nördlich
424 ^UI. Die MeklanVvgw in Schweden.
von Bergen war überaus ergiebig, und sein Ertrag dabei leicht
zu erhandeln. Denn war der Norweger wild and gewalttUitig,
so war er andererseits auch em<igen Herz^is und unar&hra;
und das wusste der schlaue hansische Handelsnumn wohl zs
nutzen. Häufig sind die Klagen über Benachtheiligiuig ii
Handel und ünrechtfertigkeit^ aller Art, und meistens ent^
zogen sich dabei die Schuldigen der Strafe. Die Stftdte be-
mühten sich redlich, das abzustellen i). Sie ermahnen ihie
Kaufleute, den Frieden mit den Nonnannen zu bewahren md
dieselben nicht fllr „allzu einfältig und unbedeutend^ zu hal-
ten*). Auch unter den Hansen gab es Leute „leichtfertigoi
Sinnes und loser Zunge^'*), die durch ungebührliche Beden
gegen angesehene und direnwerthe Männer des Landes ?ei^
letzten, und was die Gewaltthaten anbetrifft, so verptiid
auch der deutsche Kaufmann das Schwert zu führen und ^rer-
liess nicht ungewai&iet den Hafen seiner Vaterstadt. Dub m
desshalb an gegenseitigen Klagen nicht fehlte, kann man oA
denken. Blutige Streitigkeiten waren keine Sdtenheit Mehr
als einmal haben Haufen übermüthiger junger Kauflente ni
Handwerker die Bewohner Bergens in Schrecken gesetzt ; weds
der königliche Vogt noch die Geistlichkeit, der Bischof nidit
ausgeschlossen, war sicher vor ihren Gewaltthaten. Zo KAiig
Sverrirs Zeit (1177—1202) wurde den Deutschen das Bddi
verboten; sie hatten so viel Wein eingefährt, dass er billig
war wie Bier, und blutige Raufereien, bei denen es Todte und
Verwundete gab, waren die Folge gewesen*).
Unter diesen Umständen und gegenüber der Konkurrenz
der Engländer und Schotten haben es die Deutschen erst sp&t
zu einer fest begründeten Niederlassung gebracht Beigen war
1) ir. R. I, n. 384.
2) Nimis simplices aut eziles H. B. I, n. 388 S.848.
3) ebd.: levis mcntis et dissolate ILngwe.
4) Torfaeus: Hist. Norv. IV, 1, 3, S. 5. Vgl. Yngvar Nielsen, Bergen
fra de seldste Tider indtil Natiden S. 187 ff.
ÜorwiBg«!! und die StUto. ^5
Im Laofe des 11. Jahrhtmd^tg zu einer der ansehnlichsteii
JEanfttftdte^ KorwegenB „westlich vomt fjeld^ heraagewadiBen.
Buddert Jahre später ist dn dfinischer Autor ^) erstiimt über
'•fe viAot^iche Stadt, findet ihren Hafen toU yob islftndischen,
grtnHhidiseh«, englischen, deutschen, dänischen, schwedischen
kmä godfliidisehen ScMfto, aber auch Sitten imd Gebahren
der Fladen wie der Einwohner roh und wild. Bkar in Bergen
Wrlditeten auch die Deutschen den Stapdplats ihres Handels.
Aker ihr dortiges „Kontor" stammt aus viel späterer Zeit als
Via Niederlassungen in London, NowgortMl und Flandern, aus
dMr Zbit, da die Städte daheim schon bi organisirter Eini-
^gttig die Leitung der auswärtigen Niederlassungen des Kauf-
itHlms an sich gezogen hatt^. Erst in den Tagen, da die
iKkälbe König Waldemar geg^überstanden (1360), läset sich
Mit Vorhandensein deutlich erkennen. Auch sonst wohl hätte
ÜMb* den herrsdienden Verhältnissen das berger Kontor sdiwer-
Wik eine selbstäncBge Stellung errungen; denn ohne eine Stütze
ll'^der Hdmat zu suchen, wäre eine Niederlassung in diesem
ihüde kaum möglich gewes^. Wir treffen daher zur Zeit der
tNMemarischen Kriege die Deutschmi in Bergoi in strikter
MAtagigkeit Ton dem Bunde der Städte, dessen Yerfftgungen
sie Gehorsam schuldig sind, der Uebertretungen ahndet, und
tMi dem jede Neuerung genehmigt werden muss ' ). Und ähnlich
^Nritü die Stellung der Deutschen auf dea kleineren Nieder-
iMimngen zu Tönsberg und Opslo gewesen sein.
Der Umftmg der Freiheiten , wdche die Hansen in Nor-
wcgon genossen, war nur ein gmnger, und im Allgemeinen
■diwieriger als in Dänemark ist es ihnen geworden, dieselben
von den Königen bestätigt zu erhalte. In den Jahren 1284
imd 1885 hatten die wradischen Städte nebst Wisby und Riga
1) Anonymus de profectione Danomm in terram sanetam, Lgb. V, p. 853
(e. 11). Vgl. Nielsen S. 12.
S) H. R. I, n. 857, 83S, 357» (S. 500), 884.
426 ^UI. DU MtUeabwi« ia SokwadeD.
sogar mit den Waffen um Sicherheit des Veikehrs f&r „da
gemeinen Kaufinann^^ gek&mpft. Aber seibat ihr Sieg yennodite
nur wenig die dürftigen „Immunit&ten^^ aoaiudahnea , untar
denen das Zugeständniss, dass Meineidige und andere libd
berüchtigte Personen nicht gegen die Eaufleate ala Zenga
zugelassen werden sollten, Freiheit vom NaditwacfaendiflHt
nnd vom Schiffsziehen in Bergen bei vorübergehendon Avfeit-
halte, die Erlaubniss, schiffbrüchiges Gut zu bergen, und ihi-
liehe Sachen schon für kostbare Rechte galten. Linger ak
ein Jahrzehnt dauerte es, bevor ihre im Frieden erbogifli
Ansprüche befriedigt waren, und schon wieder unter dem vMAr
sten Könige, Hakon, hatten sie in d^ Jahren, da Erich lienved
die wendischen Städte in Deutschland bedrängte, über baite
Bedrückungen zu klagen^). Auch als im Jahre 1319 dm
dreijährige Magnus von Schweden die Knme beider nordisdMi
Reiche erbte, trat keine wesentliche Aenderung in diesem Ver-
hältnisse ein und ebenso wenig, als 1360 Magnus' Sohn Ha-
kon 12 Jahre alt an des Vaters Stelle trat Denn in diMr
ganzen Zeit war die Königsmacht in Norwegen änsaerst gerbt
und die wenigen Urkunden, die sich die Städte erwerben konft*
ten, enthalten Nichts, was auf einen Fortschritt ihrer SteUBg
im Lande hindeutete.
Erst das greiüswalder Bündniss hat König Hakon dam
gebracht, sich den Städten in Bezug auf ihre Handdsfreihdtoi
entgegenkommend zu erweisen *). Kaum war aber der Krieg
zu Ende, Hakon als neuer Schwiegersohn Wald^nars auf dessen
Seite hinüber getreten, als auch er anfing, gerade so schwierig
zu werden wie die meisten seiner V<M^;änger. Er eiklärte
allerdings auf die Vorstellungen des nach Norwegen gesandten
lübecker Bürgermeisters Jakob Pleskow, die einmal verbrieften
Freiheiten den hansischen Kaufleuten lassen zu wollen, aber
1) H. K. I, S. 61.
2) S. oben S. 282 flf.
Morwagtii und die Btftdle. 42T
rtrenge wollte er doch darauf achten, dass man nicht über
üeaelben hinaiiBginge ^). Er liess die Kaufleute durch seine
¥Bgte und Beamten widerrechtlich besteuern*). Die Haupt-
leste airf seinen SchlöBsem Bahus, ElÜBborg, Warberg machten
tidk wiederholter Räubereien g^ea deutsche Kaufleute und
Bduffer schuldig*). Der Verlust der bergenscben Kaufleute
alkiB wurde später auf 5929 Mark Ittb. Pfennige (66000 resp.
gigpn 400000 Rm.) berechnet^). Hakon behauptete zwar, er
kabe das nicht hindern können, denn die Hauptleute jener
IBdilBBser hättoi derzeit wenig .nach seinen Befehlen gefragt,
ja Gottschalk Scharpenberg auf Bahus habe sogar des Königs
eigene Länder mit Raub und Brand heimgesucht, und Toridllus
Bwnn auf Warberg habe ihn und die Seinigen aus der Burg
IMfin können, wenn es ihm beliebt habe. Aber mit Recht
«Mirten doch die Städte Hakon verantwortlich fOr das, was
v^aeiiien Landen aus geschah').
Dem gegeaüber fehlte es aber auch Hakon nicht an Be-
aikwerden. Sein ganzer Unmuth gdgm die deutschen Kauf-
IpBte spricht sich aus in den Klagen, mit denen er bei späteren
Verhandlungen (Johannis 1370) den Städten antwortet Sie
ileQeft zugleich deutUcher, als es irgendwo sonst geschieht,
dfo Vorwürfe zusammen, welche die NcMrwQger den Städten zu
iMichen hatten. Alle Privilegien, sagt Hak<« dort*), die er
■ad besonders sein Vater König Magnus den Kauftouten ertheilt
hätten, seien nur zum Schaden und zum grössten Nachthdle des
BeicliRS und der Krone gebraucht worden. Gegen daa Recht
des Landes hätten die Kaufleute für sich neue Stetuten gemacht.
1) Slihm XIII, 850. Im Text (S. 567) ist dms ,,pydukie kAapmeD'* des
OrigiBmb flUseblich mit „lybske KjvbmaBiid** wiedergegebea.
%) H. R. U, n. 1 6 4.
8) ebd. I, n. 888, U, b. 1 $ 7; Lüb. Urkdb. III, n. 68S u. 598.
4) H. B. n, n. 1 § 7 a. 8.
5) ebd. II, n. 8 § 9.
•) ebd. U, n. 4 § 1—4 u. 13.
428 ^UI. Dia MeUenborgw In 8«hw«deii.
Streitigkeiten, an denen einer der Ihrigen bethefligt gewesen,
heimlich beigd^, Mörder und schwere Verbredier dem Geriete
entzogen und in ihren Schiffen entführt ^). Neue Stftdte an
in die Hanse aufgenommen worden mid hätten wid^reefailicl
an den ihnen nicht mitgew&hrten Privflegien theügenonuMa
Gegen das Verbot werde überall im Reiche Kleinhandd g»*
trieben, der norwegische Verkehr arg erschwert, die Mfln
des Königs verweigert, dafür labisches und sandisdies Gdl
in Kurs gesetzt') und Oewaltthaten aller Art (Raab, MoH,
Brand, Diebstahl der (hölzernen) Häuser) mitten im Frieda
begangen *); in Bergen habe man sich wiederholt dee Aufrohn
schuldig gemacht^).
Die Unternehmung der Meklenburger in Schweden tnf
nicht wenig dazu bei, Ebkon gegen die Hansoi in TTarnif^
zu bringen. Sie mussten darunter leid^, dass Haken die
nieklenburgischen Städte als Feinde betrachtete und behaadeKe
Seine Warnung, ihre Güter nicht in Schiffen semer FeiiMie ni
verfrachten, wurde nicht immer beachtet, und so blieben Koi-
flikte wegen w^genommener Waaren nicht aus ^). Die sin-
schen dem ersten und zweiten waldemarischen Kri^[e ao-
gebrochene Fehde der Norweger mit Kampen, deren Ursad»
wir nicht genau erkennen, mag auch dazu beigetragen haba,
Hakons Hass gegen die Städte neue Nahrung zu geben; wenig-
stens wird diese Fehde später von ihm mit dem Kriege gego
die Städte in den engsten Zusammenhang gebracht*).
Vergebens bemühten sich die Städte, nach Abschluss des
1) Diese Klagen über eigene Handhabung des Gerichts auf norwegitcheB
Boden wiederholen sich anch spftter, s. H. B. II, n. 89 § 1 — 8.
2) ebd. II, n. 4 § 8, 4 u. 89.
3) ebd. II, n. 4 §7—12, 20—88 u. 41; dieser langen Liste wird hinin-
gefUgt : Domini consules, hec vobis ad presens ; sed alia plara, com occnrrerint
nobis, volnmas intimare. Vgl. Felsen, Bergen S. 202 ff.
4) H. R. U, n. 4 § 10 u. 11.
5) ebd. II, n. 2 § 9 u. 12.
6) ebd. II, n. 4 § 19.
mit Waldemar auch mit Haloon in ein gutes Verhftlt-
kommen. Die Iflbeeker JohanmsveiBttBmkuig 1366
dnieb' an den König, an die dm BiächöfB, deren Sprengel
l»iKll8te boülHrten, and an drei Grioflae dee Bekhs «nd bat
■I' Anttckgabe der geranbten Qüter ^). GQeichzeitig wucdea
M Kanfleate in Borgen ermahnt, guten Frieden zu halten
Ü den Normannen und sich ,,zu hüten Yor ,,tm8t&re^Y die von
hiMii zu Bergen viel geschehen^^; sonst würd^ die Städte
i richten, „dass ein Andere daran gedenke^'*). Aber den
Heden vermochten diese Massregeln nicht zu bewahren. Auf
tar Johannisversammlung des nächsten Jahres erschien Bem-
mä Hulebruk als Abgesandter des Kaufmanns zu Bergen')
KA klagte über fortdauernde Bäuberden des Königs und der
und Unsicherheit überall; noch habe Hakon die Privi-
seines Vaters und seiner Vorgänger nicht bestätigt. Auf
M Niederlassung ahnte man schon, dass ein Bruch bevor-
Sollten die Städte etwas Unheilverkündendes bemer-
, bittet der Gesandte, „so möchten sie alsbald den Kauf-
warnen, ginge es nicht durch den Sund, so über Flau-
Im, auf Kosten des Kaufmanns^S In Stralsund wurde am
iL Juli wieder über die Lage in Bergen verhandelt ^). Durch
1» hinterlistige Entfremdung Borgholms war man noch mehr
igen Hakon aufgebracht. Die Prenssen und Niederlande*,
b das allgemeine Bündniss der Städte in Anregung brachten,
Bigten sich gegen den norwegischen König nicht weniger er-
ittert als gegen den dänischen, denn auch er hatte ihnen
idme alle Schuld und ohne Absage grossen Schaden gethan
n Leib und Gut^^^), trotzdem Kampen noch im Jahre zuvor
inen Stillstand mit ihm geschlossen hatte. An eine friedliche
1) H. R. I, n. 882 n. 888.
5) ebd. I, n. 888 n. 884.
8) ebd. I, n. 408 i 18.
4) ebd. I, n. 406 $ 8.
6) ebd. I, n. 408.
430 ^'I- ^^^ Meklenbnisttr te MiwcdeB. Vonregvn und dU Stidte.
Durchsetzung der städtischen Ansprüche war nicht zu dakem
auch em Bttndniss mit den MeUenburgem und Schwede war
nicht möglich, ohne Hakens Feind zu werden. So wurde den
der König von Norwegen neben seinem Schwiegervater xai
Bundesgenossen, dem Dänenkönige, als zu bekämpfender Fdni
der Städte in dem Bündniss bezeichnet, das diese unter einander
und mit den Nachbarfürsten schlössen.
XIV. Ber sweite Kriag gegen Waldemar.
1) Die kfilner KonlödamHoiL
Eb waren, wie wir gesehen haben, die wendischen Stftdte,
die die Idee eines ^gen Bündnisses mit Aesa Fflrsten ener*
k vertraten. Mit entsprechenden Instruktionen aiisgerOstet
Mtomelten sich am 31. Oktober die Gesandten der vier be-
Ittidsten derselbe (Lübeck, Rostock, Wismar and Stralsnnd)
UA>eck, aus jed^n Rathe zwei Herren. Gemeinschafüich
Ite man die weite und nicht ungefährliche Reise nach dem
ine machen ; die Lübecker sollten fOr Geleit sorgmi. Uri)er
MArarg und Hannover sollte der Weg gehen; ob Ton da
A die Grafischaft Schauenbuig oder über Hamdn zu zidien
blieb der Entscheidung der Lübecker überlassen ^). Gegen
rtim war man in Köln, machte also die weite Reise in ver-
brissmftssig kurzer Zeit, in höchstens 10 Tagen. Ausser
wendischen waren hier Boten des preussischHiiederländi-
BD Drittels versammelt, von Osten her aus Kulm, Tbom
i Elbing, von Westen aus Kampen, Harderwyk, Elborg,
iterdam, BrieL Sie waren nicht bloss bevollmächtigt für
I eigenen, sondern auch für manche benachbarte St&dte*).
& Ctesandte Gotlands und des hansischen Kontors in Brügge
m nach K^ gekommen, um einzelne ihrer Angelegenheiten
1) H. B. I, n. 411 1 1 IL 8.
t) «bd. I, n. 418: alianun qmumndam ciYiUtmii, qiuumai yIcm
Mnuit.
432 ^^^* ^^ iwieito Kii«f
regeln zu lassen ^). Der Bath hatte den Gesandtai der Städte
den soeben restaurirten oberen Rathhanssaal, eben dieser Yer-
handlungen wegen noch jetzt „Hansesaal^^ genannt, eingeiäiimtf
und nach 8 Tagen, am 19. November 1367, kam es hierö
der alten Rheinmetropole zu einem Btindnisse der St&dte gega
die Könige von Dänemark und Norwegen, der berOhmtm „kül-
ner Konföderation^^ *). „Um mancherlei Unrecht und Schadet,
den die Könige dem gemeinen Kanftnaiine tten uid geüia
haben, wollen die Städte ihre Feinde werden und eine der
anderen treulich helfen. Welche Stadt von der wendisd»
Seite, von Preossen, von livland und von der deutaclien Hanse
im Allgemeinen, von der Südensee, von Holland und von See-
land nicht dazu thun will, wie sie v<n den andern Stftdta
„ghepuntet unde ghezat^^ worden, deren Büiger und Kmflffitft
sollen keine Gemeinschaft mehr haben mit allen Stidten m
diesem Bunde, man soll ihnen nicht abkaufen, noch verkaiiie%
in keinen Hafen sollen sie ein- od^ ausfahren, laden oder
löschen zehn Jahre lang^.
Der Inhalt dieses Bflndnisses zeigt, dass in den Vecbaii-
lungen die entschiedene Politik der w^disch^ Städte flk«
die zahlreicher vertretenen preussisch- niederländischen Gl-
nossinnen das Uebergewicht gewann. Es kam zur beatimffita
Verabredung eines gemeinschaftlichen Kri^szugs f&r den nie-
sten Frühling; die Kontingente an Schiffen und Maiinyhaft
wurden genau festgesetzt Die wendischen Städte sollten zu-
1) H. R. If n. 416 n. 417. Gotlindische (^«sandte waren anwefend vod
versprachen : Wad se mit eren den mochten , dat wolden se gheme des tD
deme krighe, ebd. U, n. 58 § 8, 68, 180 S 7, 156 $ 1» a. I, n. 47S. Qmm
die Anwesenheit der Gesandten Wbbys bewebt das Nicbierwihnen dtrsalbci
im Recesse der kölner Versammlang Nichts , weil Aehnliehes andi sonst um-
kommt f wo die Ton Wisby gewiss anwesend waren : H. R. I, n. 469 (V«-
Sammlung vom 24. Jani 1368), dann n. 292 (vom 83. April 1863) und b. 417
(vom 2. Febr. 1368). Nur n. 376 (vom 24. Juni 1366) werden sie imReeesM
genannt
2) ebd. I, n 412 u 413.
gtgen Waldemar. 435
sanmieD mit den livländischen 10 Koggen stellen und zu jeder
Kogge zwei kleinere Schiffe, eine Schute und eine Snikke, die
86di8 preuBsischen Städte 5 Koggen, Kämpen eine Kogge und
8 BheiiMdiiffe, die Städte an der Südersee zusammen eine Kogge
«Bd die Yon Seeland zwei. Jede Kogge sollte mit hundert gut
towalliieten Leuten bemannt sein, darunter 20 gute Schätzen
■it ihran vollen Waffen und mit starken Armbrüsten ^y Kam-
poi sdlte fbr seine 3 Schiffe 150 Mann stelle. Es war eine
adiwidi^re Ausrüstung als die des Jahres 1362. . Damais hatten
lie wendischen Städte mit Hamburg und Kiel allein 61 Schiflfe
■it 9640 Mann aufgebracht, darunter die HäJfte grosse Schlachtr
ackiflh, Koggen ; diesmal belief sich die ganze städtische Macht
auf 41 Schiffo mit 1950 Glewafiheten. Warum man trotz
Ifiss^dges im Jahre 1362 diese geringere Streitmacht
fer'gentlg^d hielt, ist nicht ersichtlich. Schwächte vielleicht
^Pest, die gerade um diese Zeit in den Städten wüthete,
ttre Kraft«)?
Aufs Genaueste wurde der Fddzug für den nächsten FrOh-
Big verabredet. Die Nordseeflotte, auch diesmal die bei Wei-
tam Ueinere, nur aus 4 Koggen und 2 Bheinschiffen bestehend,
•ollto am 2. April zum Auslaufen bereit sein, sich dann bei
Matntrand sammeln und vereint in den Sund einlaufen. Die
OMseeflotte aber, 35 Segel stark, sdlte am 9. April mit allen
BdiiflfiBn, die durch den Sund fahren wollten, sich sammeln
vor dem Gellande (so hiess damals die Südspitze der Insel
1} Abwdchend Yon Fock III , 189 besiehe ich die Bestimmong Qber die
Sdditseii Auf die ganse AntrfiBtiuig, nicht bloss auf die Kontingente der nie-
ivliadlfeh«! Städte ; fikr die letttere Aüframing scheint mir kein genflgender
Ckvoi TonnUegen.
t) Lfibeek entscholdigt sich 1368 MXrs 1%, dMS es nicht Bathsherren snm
schicke „propter epydimiam et mortslltatem TaUdam, qne, hen, bto anno
personamm nostri eonsnlatos et innwnerositatem eiTiom absorpsit**,
Lib. Ui^db. m, n. 649 S. 696. Wegen Hamburg vgl. Kimmereirechng. I, 97 :
8 ^ domtaabos ad oraeiones faciendas contra mortalitatem. Im Herbat 1869
tritt auch In Harderwyk die Pest sehr heftig auf, H. R. HI, n. 88.
Sdütfv. Die HuiMttidte. 28
434 ^V. Der iweito Krieg
Hiddeasee) ^). Hier, m der äussersten Ed^e Vorpommerns,
war man der dänischea Kfiste am nädisten. Vom Domboach,
der hohen Nordspitse Hiddenaeea, sind bei klarem Wetter die
Kreidefelsen Möens sichtbar, die Einfahrt in den Sund Iftsst
sich Yon dorther geradezu überwachen. Dazu lag die Bucht
bequem für die wendischen Städte, hat ihnen oft ala Sammd-
punkt gedient. Mit dem niederländischen Zuzüge sollte man
sich Yon hier aus im Sunde vereinigen. So errdchte man einea
doppelten Zweck; man verlegte den Krieg mitten in den Haupt-
satz der feindlichen Macht und ö&ete zugleich die Lebensad^
des hansischen Handels, den Sund. Um Schaden zu verhü-
ten^ sollten die Handelsschiffe nur unter dem Schutze dar
Kriegsflotte durch die gefährliche, von den Dänen behenschte
Strasse segeln. Die Schiffer sollten sich dm Anordnung^ der
HaupÜeute unbedingt fügen bei Verlust der Ehre, Ldbes und
Gutes, sollten im Sunde bei den Kriegsschiffion bleibaiund
nicht eher fahren, als bis sie Erlaubniss erhalten hätten. Jede
Stadt soUte ihren Bürgern, die durch den Sund fahren woll-
ten, befehlen, sich mit guten Waffen zu versehe, damit sie
ihre Schiffe selbst vertheidigen könnten. Wie jed^ Handel
mit dem Feinde streng verboten wurde, so vor allen Dingen
auch, dass irgend ein SchiflEshorr oder Steuermann, ein Schif-
fer od^ Bootsmann aus den Städten in den Dienst der Kimige
trete, bei Strafe ewiger Verbannung aus allen Städten des
Bundes.
Zur Deckung der Kriegskosten wurde, wie 1361 zu Greife-
wald, ein Pfundzoll vereinbart. Damals hatte man durchweg
auf jedes Pfund Grote 4 ^glische Pennige gelegt, jetzt suchte
man sich den in den verschiedenen Städten herrschenden Münz-
systemen anzuschliessen und dadurch die Erhebung und Be-
rechnung zu erleichtem und zu vereinfachen. Man bestimmte,
1) H. B. I, n. 495 § 7 and Lüb. ürkdb. ni , n. 708 u. I, n. 7SS. Vgl.
Hans. Geschbl. 1876, S. 172 ff.
gdgm W«ldeaur. 485
dasB lon je €iiicf& Pfunde 1 Groten, van 6 Mark Mbisch 4
HUxiBdie Pfennige, v(m 9 Mark sundisch 6 sandische Pfennige,
um 12 Mark Vink«M>gen 8 Vinkenogen und von 4 Mark i>reus-
siadi 8 preossische Pfennige als Zoll gegeben würden, und
hatte dadurch fbr die Nordseeh&fen , fOr LQbeck und $tral-
suBd und ihre Nachbarn, fftr die pommerschen und preussi^
wAßB Städte den lokalen Bedürfinissen entsprechend gesorgt ^).
Der Werih der Schiffe wurde halb so hoch besteuert als der
dar Waaren').
Von Fastnacht 1368 bis dahin 1369 (20. Februar 1368—
18. Februar 1369) sollte die Erhebung des Pfundgeldes dauern,
md «war scdlte es erhoben werden in den Städten^ aus deren
Hifai die Schife ausliefen, auf den Eid dar Kanfleute und
8cld£Grf&hrer. Durch eine BescheiHigung sollte der einlaufende
Schiffer nadiweisen, dass er schon im Abfahrtshafen den Pfhnd-
«n entrichtet habe. Wer aus J^gland oder Fkndem kam
ans irgend einem «ideren Lande, wo kein FfeiNlgeld er-
1) SchwUrig, ja aamiglich ist es, dte Qleichmilstigksit in dsr BerechMmg
Nimmt msn nämlich mit Mantels (in der vortrefflichen Arbeit:
im Jahre 1867 sa Köln beschlossene zweite hanseatische ^uoldsolf, Lfl-
Sehnlprofram» tob 1S6S) an, 4ass die oMgea BefUm^iuige* (I Pfoml,
• Maik Ittblsch, 9 Mark soadisch, 12 Mark Viakenogen, 4 Mark frenssiscb)
^Uldnrerthig sind, eine Annahme, die auch darin einen Halt findet, dass sonst
•liiMB PfandsoH, bei dem also das Pftmd! die Orttn&ge der Bbstetie<-
bildflt, in den meisten Stüdten gamicht die Bsda sein könnle, so wird
dia Balastnng doch für die Terschiedenen Städtegrappen eine versehiedene. Sie
batrlgt Ar die Nordseehifen '/i^o* ^^ ^® wendlscfien StldCe Vsat* ^^r die
IM— ■ilifhsn gar nor '/«eo» ^^* Verschiedenheit, die siah nur dUMh die- Ao-
nakme erkUlren lisst, dass man den Handel im Allgemeinen nach seinem Er-
trage besteuerte, der niederländische aber mehr aufbrachte als der der östlichen
ftidto. Obige Annahme der €HeiehweflMgk<!f stimmt nicht mff der stldtis^Ben
nereelmnng: 1 Pfd « 5 ^ IQb. , U. B. 1, S. 440 bei Kampen; ebd. n. 469
I U Ar S PM gerechnet 4»^/, ^. — Sonet 1 PInnd — SO ft k It CkoCe, 1 ^
m». odar nnd. odar Vinkenogen ■■ 16 i k IS A oder Vinkenogen , 1 %.
prmMt. — 60 i k 19 X
S> Sclüfie mit Passagieren mussten ron dem Ueberfisiirtsgeld PfimdsoU
salilan, s. Mantels § 4. Aueh tou dem Proviant wfa^ gesahlt (H. B. I, n. 4i9
} 1) and vom baareu Gelde (ebd. n. 469 § 9).
28*
436 ^I^I^- ^«r «weite Krieg
hoben wurde, musste zaUen an seinem Bestunmungsorte. Be-
S(mdere AnordAungen wurden getrofiEen für den lebhaften Ver-
kehr, der yon der Ost- zur Westsee seinen Weg über Ham-
burg nahm, also an diesem Orte neu ein- oder ausschiffen
musste. Ausdrücklich wird bestimmt, dass das erhobene Pfimd-
geld den Btädten zu Gute kommen solle, die Kri^;s8chiflfe aus-
gerüstet hätten. Auf dem zum nächsten Johannistage (1368)
in Lübeck verabredete Hansetage sollte es nach „MannfAhl**
vertheilt werden. Um jeden Streit zu vermeiden , sollten alle
etwa in dem Kriege errungenen Vcurtheile gemeinschaftlich ge-
nossen werden, aber Keiner sollte dem Anderen seinen Scha-
den und V^lust berechnen, wie das nach dem ersten Kric^
geschehffii war und so viel Streitigkeiten veranlasst hatte ^).
Abgesehen von diesen durch die Erfahrung gelehrten Ab-
weichunge stimmen die kölner Verabredungen in allen we-
sentlichen Dingen überein mit dem Bündniss, das 1361 zn
Grei&wald die wendischen Städte unter sich geschlossen hat-
ten. Ohne Zweifel waren es auch in dem allgemeineren Bunde
wieder diese letzteren, die den Ton angaben, der ganzen
Bewegung ihre Bahn anwiesen. Nur in einem, jedoch wich-
tigen Punkte vermochten sie nur theilweis mit ihrer Ansicht
durchzudringen, in der Bündnissfrage. Ausdrücklich bedangen
sich die preussischen und niederländischen Städte aus, dass
ihnen keinerlei Koste oder Nachtheile erwachsen sollten aus
dem Verhältniss zum Könige von Schweden, zum Herzoge von
Meklenburg, zu Graf Heiarich von Holstein oder irgend einem
anderen Herren, v^zichteten aber andererseits auch auf alle
Vortheile, welche etwa die wendischen Städte aus einem Bünd-
1) Im ersten Kriege war die Besümmang gewesen : Dat wy vromen, koste,
schaden nnde verlost na mantale like dreghen scheiden, H. B. I, n. 898 8, 851.
Vgl. n. 864 S. 19S. Jetzt hiess es: Were ok dat wy geneghen vromen wor-
ven etc., den scheide wy ghelike delen na mantale Doch so schal
unser neen den anderen rekenen kost, schaden ofte verlns, H. B. I, n. 418
S. 375.
(fegen Waldemar. 437
nisfle mit diesen Fansten ziehen mochten. Sie liessen diesen
freie Hand, ein solches abzuschliessen ; sollte ihnen das gelin-
gen, 80 waren sie auch bereit, anf ein Jahr, Ton Ostern 1368
Ms dahin 1309, demselben beizutreten. Aber das volle Risiko
dieses Unternehmens lastete auf den wendischen Stftdten ^).
Das war der Inhalt der fOr die hansische Gesdiichte
80 widitigen kOlner Konföderation. Sie war zun&chst nur ein
Vertrag ad hoc, ein Bündniss zur Zurückweisung der uner-
tri^cben Belftstigungen Waidemars und seines von ihm ge-
gingelten norwegischen Schwiegersohnes. Aber sie sollte von
grSsserer Bedeutung werden als irgend eins der in der hansi-
sdien Geschichte so zahlreichen Bündnisse gleicher Art. Die
Schhissbestimmung der EonfSderation deutet darauf hin, dass
man das Bedürfidss ftthlte, sich fester zu einigen , als es bis-
her der Fall gewesen war, den geschlossenen Bund auch noch
nach Erreichung seiner Ziele aufrecht zu erhalten. „Drei Jahre
soD diese Verbindung mit allen Artikeln und Punkten fest ste-
hen, nachdem wir gemeinsam uns mit den EOnigen ausgesöhnt
haben*^. Diese Bestimmung ist der Anknüpfungspunkt gewor-
den fbr die Organisation der Hanse, die von der kölner Eon-
fitderaticm ihren Ausgangspunkt nimmt
1) Weitere Verhandlungen mit Dänemark und Kriega-
erklfirong. Bündnisse mit den Fürsten.
So war der Erieg gegen die beiden nordischen Eönige
dne beschlossene Sache. Aber obgleich man wusste, dass eine
friedliche Verständigung unmöglich war, so wollte man doch
den Schein vermeiden, als lehne man den Versuch einer sol-
chen von vornherein ab, und liess sich daher nochmals auf
Unterhandlungen ein. In Eöln war ein Gesandter eines dem
dftnischen Eönige befreundeten Fürsten (wahrscheinlich Erichs
1) 8ie haben aneh allein die Urkunden der spiter mit den Fürsten abge-
lutiknunnn Vcrtrlge In Händen, H. B. I, n. 479 $ S6.
438 ^^' ^^^ >^>to Krieg
von Sachsen) zugegen gewesen; ilun gab man die Antwort,
dass man allerdings noch einen Termin za Yerhandlmigen an-
setzen wolle, aber unbedingt auf vollen Schadenersatz von Sdl«i
WaldQmars bestehe müsse und sich auf die Vermittlung irgend
eines Fürst^ nicht einlasse könne ^ ). Dass man aber durch-
aus keine Hoffiiung hegte, auf diese Weise zu einem Resul-
tate zu gelangen, beweisen die ununterbrochenen Vorba^tun-
gea zum Kriege» beweist die Verabredung, dass bis zum 19. Ifta
1368 sftmmtliche Absagebriefe an den König in Lübeck sein
sdlten '). Man wusste sehr wohl, dass ein Schadenersatz, den
man auf 150000 Mark reinen Silbers (über 6 resp. 36 MUL
Bvl) berechnete ') , auQh beim besten Willen vom d&nischen
KQnige nicht geleistet werden konnte.
Als daher Waidemars Gesandte Hartwig von Hummers-
büttel und Bigmann von der Lanken am 2. Februar 1368 m
Lübeck dfin Städte Lübeck, Rostock, Stralsund und Wismar
gegenüber auch noch w^ter Nichts vorzuschlagen hatten als
einen neuen Termin für Verhandlungen, als sie für alle Schir
den und Nacbtheile „nur schöne Worte brachten, die da waren
wie eine Cbimftre"^), als die Bäubereien nnd Gewjiltthatai
auch jetzt noch kein Ende nahmen, da der König auch noch
nach der kölner Konföderation 3 oder 4 Schiffe gekapert hatte,
erfolgte die Absage^). Vergebens hatte Waldemar gedroht,
1) H. R. I, n. 415. Bestätigt wird dies aach darch H. R. I, n. 429, wo
di« StKdte an. Waldemar sehreiben: 8i illa potnissent (seil, legati Waidemari
regit) nobif obvlasM super termino pturiSeatianis Marie, secutdom quod in Co-
lonia fuimus separat! , videiicet dampnormn nostrorom refiisio , equitatis pro
illata Si^joria restaaracio, et ne amplias talia contingerent preservacio, Ubenter
ea racepiasemos. '^
2) ebd. I, n. 420 § 10 yom 8. Deo. 1567. Ueber das Verhältniss Ericbs
zu Lübeck vgl. Lttb. Urkdb. III, n. 628.
8) H. R. I, n. 481 § 13.
4) Kobis vero nichil obviare potqit pro dampnls et injarüs nostris, quam
▼erba pnlchra, qae füerunt ot sunt quasi chimera, H. R. I, n. 430. Der Aus-
druck kelirt in ähnlicher Weise in den Klageschreiben wieder.
5) ebd. I, n. 427 § 9 u. n. 429 : Et adhuc tolia et eoram similia focaatis
gegtn Waldrauur. 439
bei Fniimr md Papst, bei Herren und Fürsten Ober die Städte
klagea sa wollen. Die Städte kamen ihm darin noch zuvor.
Da sie 8ciM>n v<Hrfaer über diesen Schritt berathen hatten ^), so
eatwaifen sie jetzt gleich auf der lübecker Versaxnmhmg ein
SduttibeA, das an die Könige von Polen und England und an 27
nddiehe und geistliche Fürsten Norddentschlands erlassen
woEde'). Bitter beklagen sie sich über die Gewaltthaten Wal-
donan, die mehr nach einem ^Tyrannen und Piraten^^ als nach
einem KOttige aussähen, über den Bruch des feierlich geschlos-
dmmk IWedens, den er kaum 6 Wochen gehalten hätte. Und
^^i"!»^^*^ Briefe eriiess Lübeck am 12. März an Kaiser und
Papat^). Dem Ersteren hatte es kurz vorher auf eine Auf«
fofderong am Bömerzuge thmlzunehmen ablehnend geantwor*
tal imd sich mit seiner grossen eigenen Noth entschuldigt»
^ilim. Sehwerlich werden die Absagebriefe der Stftdte vor dem 19. Mini,
4tm Cwtgteelitea Termine (ebd. I, n. 420 § 10), abgeschickt worden sein , ob-
gltkh der in Lfibeck von den vier Stftdten gemeinschaftlich concipirte Tom
i. Prtnr. d«lirt Ist. Am S. Mars schreibt Kampen an Deventer wegen des Ab-
as^tkrtefiM-, ]>eyenter schickt ihn am 7. Mars (H. R. m , n. S96 f 4 ■. 6).
Dia Batiflkation der kölner Konföderation unter den Städten erfolgt erst gans
■BitfliBeb; sie war am 6. Okt 1368 noch nicht ToÜendet (ebd. 1, n. 469
i la» 4Tt, 479 JS; Iftb. Urkdb. TV, n. 649).
1) 1467 Dec 8 and 1868 Jan. 1 (ebd. n. 480 6 9 n. 481 § 84, 15).
8) ebd. I, n. 431. Es sind die Könige Kasimir von Polen and Edaard
voB Ihiglaiid, Markgraf Friedrich von Meissen, die HemSge Albert von Baiem
(Qraf TOB Holland, Seeland etc.), Ladwig von Brabant (Graf vot» Flandern),
Otto, Magnus and Albert von Braunschweig, Wilhelm von Brannschweig und
LftDalmrg, Bodolf von Sachsen, Barnim, Bogistaw, Wartisfaw scfti. and Jan.
TCO Stettin, der Hersog von Glogan, der rheinische Pfalsgraf Bobetft, der Land-
graf Heinrich von Hessen, die Grafen Engelbert von der Mark, Nikolaus von
Ttklaobarg, Johann und Gerhard von Hoya, die Edlen von der Lippe, von
WMa und Beiig, die E^bischöfSi von Trier (Verwilter von Mttii), MMfas und
BkcBMo, die BlKhofe von Paderborn, Hildesheim and Kamin.
8) Lftb. Urkdb. UI, n. 648 u. 649. Sämmtliche Klagebriefe gehen von
LUm^ ans. Jene 89 gewiss im Auftrage des Städtetags, da sie in der ursprUng-
lUktm Fsi— ng schlössen: Sigillo consnlam Labicensiumr quo obdcs utimar in
prctcntiy 8. darftber auch lilb. Urkdb. HI, n. 637 Anm. Auel^ von den beiden
8elir«ib«n an Kaiser und Papst möchte ich das Letstere annehmen, obgleich
der an den Kaiser einiges speeidl Lttbischcs «nthUt
440 ^^^' ^r sv«l«. Krieg
dabei aber nicht vergetaen , die in solcher Anfifordenmg ent-
haltene Ehre gebührend zu würdigen ^). Es reditfertigte sich
jetzt vor Karl IV., dass es für das letzte Jahr 1367 aeinon
Feinde Waldemar die Beichssteuer nicht bezahlt habe, da der-
selbe darnach strebe, „Eure Stadt Mbeck^^ Kais^ und Bekh
zu entziehen; es bedauerte, dass der Kaiser zu fem vroluie,
um seine schwache und verlassene Heerde mit bewaflhetor
Macht zu schützen, und bat Beide, Kaiser und Papst, Waldo-
mar nicht zu unterstützen, über dessen Glewalttfaaten der JELaitf-
mann des Westens und Ostens, des Südens und Nordens auf-
schreie. Herzöge und Grafen, Herren und Bitter, ja die eige-
nen Diener und Vasall^ des Königs sich beklagen und ge-
meinsam Widerstand zu leisten sich veiraiigen'^ Des Kaisers
bewfthrte Leutseli^eit möge es daher nicht übel nehmen, wenn
die Städte mit Grottes gnädiger Hülfe Etwas zu ihrer Verthei-
digung thäten.
So rhetorisch es klingen mag, es war nicht zuviel* gesagt,
was Lübeck hier behauptete. In der That bildete sich eine
Koalition gegen Waldemar umfassender als die, welche der-
einst seinem Namensvetter auf der bomhöveder Haide die
Arbeit eines Lebens vernichtet hatte. Nur die blinde Hals-
starrigkeit eines Atterdag konnte verkennen, dass ihm ein
ähnliches Schicksal drohe, dass er im Begriff stand, durch
Masslosigkeit , Uebermuth und Herrschsucht das Gebäude zu
zerstören, das er im Kampfe dreier Decennien mühsam auf-
gerichtet hatte.
Unabhängig von der Verbindung der Städte hatten auch
eine Anzahl Fürsten und Herren sich zu einem Bunde gegen
Waldemar verdnigt. Neben dem Meklenburger und seinen
Söhnen daheim und in Schweden, die nur durch Krieg gegen
1) Lüb. Urk. m, n. 648 vom SS. F«br. 1868.
fegMi Waldemar. 441
WaMenittr und Hakon sich halten konnten in dem neuen Kö-
nigraidiei stand, wie wir schon oben gesehen haben ^), Graf
Henrteh ?on Holstein, die Hauptstatze des schwedischen Un-
tegtebmcM und mit seinem Bruder Klaus der unwanddbare
GogMr des dinischen Königs. Hatte dieser sich neue Uebw-
grifie erlaubt gegen den Best der grftflichen Besitzungen auf
Ftam und in Jtttland, hatte er sich sonst nach d^n Frieden yühl
1866 «nb Nene die Feindschaft der Grafen zugezog^ wir sind
daittwr nicht unterrichtet, finden aber jetzt beide Brttder wieder
ab eifirige Glieder des Bflndnisses gegen Waldemar. Zu ihnen
md den Meklenburgem gesellte sich ein neuer, für Waldemar
tet noch gefiihrlicherer Genosse , der jütische AdeL Wir wis-
nicht, ob Waldemar auf der Höhe seiner Macht vielleicht
jOtischen Pläne wieder aufgenommen, die est 1360, ge-
kMkt durch das leichtere und lohnendere Zid der Eroberung
Sdwnens, plötzlich aufgegeben hatte '), ob er von Neuem ver-
sadit hat, die Juten unter die Herrschaft zu beugen, der See-
buid sich fügte; wir erfahren nur, dass um Neigahr 1368 jü-
tifldie Adlige, vielleicht ihrem Vaterlande entflohen, sich bei
da genannten Fürsten aufhalten '). Am 25. Januar schlies-
aen sie zu Wismar einen Bund mit den Meklenburgem und
Holsteinem gegen ihren König, „der sie dazu bringe durch
■mcherlei Unrecht, das er ihnen mitten im Frieden und guter
Treue zugefügt habe und zu ihrem Verderben ohne ihre Schuld
noch Tag für Tag vermehre'^ ^). König Albrecht von Schwe-
den, sein Vater Herzog Albrecht von Meklenburg nebst seinen
1) 8. 404 ff.
1) 8. obtn S. 161.
5) So maehte ich die Worte H. B. I, n. 4SI § 18 auslegen: De Jutit
taUter «st oonoordatnm , quod domini eos teneant (apnd se) nsqae ad feetnm
pMcbe. Fock fasst sie anders auf, III, 800.
4) fl^L Holst Laubg. Urkds. II , S. S77 : Dat manigerleie unrecht , dat
OM ksM koningh Woldemar van Denemarken ns binnen guden truwen, binnen
▼rede md binnen velicheit gedaen hell, und de he dach bi daghe ane «se
sehilt vp «se vorderf vermereti ns daer to bringht etc.
TW
442 XIV. Der swefle Krieg
Söhnen Heinrich nnd Magnus, die holsteinischen GraÜBii Hein*
rieh und Klans imd 12 jütisdie Adlige theils dAaisdier, theils
deutscher Herkunft^), dwumter Klaus Lemb^, der miditige
Drost'des Reiches, und Stig And^rssen, der alte Statüialter
von Estland und firOhere Freund des Königs, traten zosam-
men zu gemeinsamem Kämpft gegen Waldemar '). Wie es
sdieint, hat auch Herzog Heinrich vob Schlesw^, der Nadh
folger seines mt 1864 nicht mehr graanntea Vaters Walde-
mar, sich angeschlossen, denn in ein^n von Hvitfeldt erwihiH
ten Vertrage zwisch^ den holsteinischen Grafen und dem jfl-
tischen Adel verspreche die beiden Theile, dem Herzoge hd-
fen zu wollen^ seine und ihre Privil^en zu vertheidigen, und
keinen Frieden mit Waldemar zu schliessen ohne Zuziehung
des Herzogs, wie auch dieser nicht thun will, so lange Wal-
demar ihm nicht Langeland zurückgegeben habe. Erst vor
Jahresfrist war Letzt^es mit den umliegende kleien Ins^
Waldemar verfrf&ndet worden*); nur geringes Gebiet scheiBt
überhaupt noch in den Händen des Herzogs gewesen zu sein,
der grössere Theil seines Landes im Besitz Waidemars. Dem
jütischen Adel sollten seine Privilegien und Waldemars (U.)
Gesetz wieder werden ^). So zog sich ein Gürtel von Feinden
rings um Waidemars Lande zusammen ; und dass den Gegnern
der Wunsch nicht fem lag, das dänische Reich wieder auf den
1) Es sind die Ritter Stig Anderssen, Klaus von Lembekt Lüder von Lern-
bek, Ywar Nikiassen, Benedikt von Anefelde, Anders Offessen, Paul Jonssen,
Ißkolans Brikesen und die KaappeQ QotteckanE Scharpenberg, Lage Offessen,
Hartwig Poggewisch, Nikolaus Gloop. In. einem etwas spftteren Vertrage (vom
12. März, Hvitfeldt I, 542) werden 16 genannt. Es fehlen von jenen 12 Lüder
von Lembek Benedikt von Anefeld und dafQr treten hinan Christen Kaas, Niels
Torstensen, Lange Offessen, Jens Nielssen, Welfl Eskessan, Paul Glob.
2) Schlesw. Holst Laubg. Urkds. II, S. 276 o. 277; Hvitfeldt I, 542.
3) Becker, Arehivreg^straturer p. 106; vgL oben S. 178.
4) Der Vertrag ist nur erwähnt, nicht abgedruckt Qegen die Mittheilang
spricht, dass etwaige Eroberungen 'auf Langeland den holsteinischen Qrafen an-
gesprochen werden (Schi. Holst Lbg. Urkds. TL, S. 27fr).
fagMi Wald«mar. . 443
Staad imi 1840 xurüdczubringeD, das beweist die Verabre*
dang, uck welcher die Eroberungea in Schonen und Gotland
dem Kteige von Schweden« die in Seeland« Falster und Meen
den mekleDburgischen Herzögen, die in Jütland, FUnen und
Langelaiid den holsteinischen Grafen zufallen soUten *•).
Und mit diesen Qegnem vereinigte sich nun noch die f&r
den Kampf mit dem dänischen Inselreiche entscheidende Macht
dar geld- und flottenstarken Städte. Die vier wendischen
TkaOndimer an der kölner Versammlung (LObeck, Rostock,
Wismar und Stralsund) leiteten« von ihren wendischen Gre-
Bosaen bevollmächtigt*)« die Verhandlungen. Ein Streit zwi-
schen dem Herzoge von Meklenburg und der Stadt Kampen
wurde, wie es scheint« gütlich beigelegt'). Am 2. Februar
kam dann zu Lübeck, von wo die dänischen Gesandten mit
der sichern Aussicht auf Krieg nach Hause ziehen mussten«
dm Bündniss zwischen den Städten und den Fürsten zu Stande«
flr die wendischen Städte auf zwei« für die von Preussen und
den Niederlanden der kölner Uebereinkunft gemäss nur mS
ein Jahr ^). Wohl um die Unterhandlungen mit Dänemark erst
definitiv abgebrochen zu haben« hatte man nicht schon auf dem
Tage zu Wismar im Januar« wo die Fürsten selbst anwesend
waren ^)« mit ihnen abgeschlossen. Wie Magnus und Hakon
im greifewalder Vertrage 1361« so verpflichteten sich auch
jetst die Fürsten zu der gleichen Kriegsleistung wie ihre Mit-
kontrahenten« die wendischen Städte; sie wollten 1000 Ritter
1) Schi. Hobt Lbg. Urkda. II, S. 276.
1) H. S. I, n. 421 § 18 «. 28.
8) «bd. I, n. 420 f 1 o. 421 § 24, 1.
4) ebd. I, n. 427 § 1. Die Fttrsten haben sich, wie es scheint, nicht auf
ttn durchweg eii\}JUiriges Bttodniss einlassen wollen, vgl. ebd. n. 421 §13.
Für die wendischen Städte dauerte das Bündniss vom 22. Febr. 1S68— 14. April
1870, für die fibrigen nur bis 1. April 1869.
6) Dies beweisen die Verträge swischen ihnen, die in Wismar abgeschlos-
sen siöd , oben S. 441 . Nach Wismar waren auch ron den Städten die Ver-
handloagen mit. den Fttrsten verlegt, H. B. I, n. 421 §23.
444 XI^* I^w* "^«^ 'Kriei^
und Knechte stellen. Sollte ab^ König Albreeht stetiien oder
inaswischen sein Reich verli«!^en, so sollten es nur 400 sein.
Die Eroberungen in Schonen uroUte man theilen, dte Städte
sollten ihre Hftlfte behalten, bis durch die Einkünfte ihr Scha-
den ersetzt sei, und noch zwei Jahre l&nger; dann sollten sie
Alles dem Könige vm Schweden übergeben. Wollte dieser ia
Schonen etwas verkaufen oder verpfänden, so sollte er es zu-
nächst den Städten anbiete. Ihre alten Freiheiten aollta
diesen durch König Albrecht besiegelt werden (dies gesdiak
am 25. Juli durch eine Urkunde , die abgesehen von der Er-
höhung dnzelner Abgaben im Wesentlichen die Bestimmungen
des hansischen Entwürfe vom 6. November 1363 enthält) 0;
fttr die Dauer des Vertrags sollten sie von den Herzögen Ge-
leit durch ganz Meklenburg haben*). Kopenhagm, die ge-
fährliche, die Fischerei im Sunde beherrschende Burg des
Feindes, wollte man zerstören. Dass alles dieses treu gehab-
ten werde, dafür sollten die meklenburger Herzöge d^ Städ-
ten die Schlösser und Städte Wittenburg und Ribnitz zum
Pfände setzen').
Gewitzigt durch die Erfahrungen, die sie mit Magnus und
Hakon gemacht hatten, waren die Städte vorsichtig. Schon
am 26. Februar, einen Tag vor der nach GrevismOUen zn
weiteren Verhandlungen und zur Ratifikation der Verträge
angesetzten Zusammenkunft mit den meklenburgischen und
holsteinischen Fürsten, sollten Lübeck und Wismar sich in
den Besitz von Wittenbui^ setzen, die Bostocker und Stral-
sunder aber nach Beendigung des Tages ohne Aufenthalt nach
1) Lttb. Urkb. lU, n. 668 ; ygl. H. R. I, n. 806.
8) Der Geleitsbrief s. Lfib. Urkdb. m, n. 644 vom 1. Hin 1368.
d) Der Vertrag vom 20. Febr. 1868 Lüb. Urkdb. HI, n. 662 mit der Be-
stfttigODg König Albrechts vom 25. Juli, vgl. H. R. I, n. 427 § 2 and n. 453-
Greifswald l&sst sich seine Theilnahme am Vertrage and die volle Gerichtsbar-
keit, die es in Schonen besass, besonders verbriefen (H. R. I, n. 438 a. 460f
vgl. S. 182 Anm. 2).
fegen WaUiVuur.. 446
Ribnite leitoi, um dies^ Platz am 3. M&rz zu okkupiren. Er
ist aber trotzdem nicht in ihre Hand' gekommen^).
In QxeYismühlen, wohin auch die holsteinischen Grafen
H«im4A und IQaus*) kamen, wurde nun verhandelt über die
Rfistongen. Der Herzog von Meklenburg, die Grafen und auch
Kkns von Lanbdc wünschten Schiffe und liObensmittel von
den Bt&dten zu erhalten; in diesem Falle wollten sie mit ihnen
goneiiigdiafUich zu Felde ziehen. Die Auslagen sdlten den
St&dten durch Gefangene und durch Beute ersetzt werd^ ').
Mam ging darauf ein, um sich den Vortheil eines Feldzugs
mit geeinten Kräften zu sichern. Dem Herzoge von Mdclen-
burg wurden 10 Schiffe gestellt und Lebensmittel g^eben für
1000 Ifark lübisch; ja man leistete ihm obendrein noch einen
Vonchuas v<m 2000 Mark lübisch in baarem Gelde, die der
Hnog durch Gefangene und Kontributionen (dinghenisse, de-
IMMtationes) oder in Schweden in Kaufinannsgütem zu be-
zahlen versprach ^). Dafür verpflichtete er sich, am 27. April
mii SCO Rittern und Knechten in Wamemünde bereit zu sein,
1) H. E. I, n. 4S7 I S n. 6. Die Lfibecker aUein haben Wittenbvg in
Verwalurnng genommen, s. Lfib. Urkdb. III , n. 650 vom 14. Miri 1568, wo
die drei andern Stidte versprechen, Lübeck etwaige ünliosten xa e^vetxen.
VgL Bodi H. R. I, n. 474 §9, 476 §11 u. 18, 479 § S8. Mai 1870 Ist
WlttSBboff noeh in den Händen der Lfibecker, Lfib. Urkdb. III, n. 718^S0. —
Am 10. Angnst 1868 betchliessen die Stidte, sich bei Heriog Heinrich von
Meklenbmrg Aber Rinbereien seines Vogtes von Bibniti aas xa beklagen, H. R.
I, m. 476 1 18.
S) Der Vertrag mit ihnen und den jfitischen Adligen (H. R. I, n. 441 o.
Lfib. Urkdb. III, n. 641 vom 80. Febr.) enthXlt nichu Oenaneres fiber die
gegw— eitlgen Leistungen. Von den jfitischen Adligen werden hier nor 8 ge-
naut: St|g Andenton, Klans von Lembek, Lfider von Lembek, Andersson(!)
OffenaoBy Iwar Nickelsson, Benedikt von Anevelde, Gottschalk Scharpenberg,
Hartwig Poggewisch. #
i) H. B. I, n. 487 | 8, 436 fi 10. Vgl. aueh n. 440 A | 11.
4) ebd. I, n. 440 A § 11 und 15 und B § 1. Die Schaldverschreibang
flfar die 4 Stidte fiber 8000 Mark s. ebd. I, n. 448. Es fehlt hier Datnm und
Ort. Vaeb.n. 440 A { 11 u. 16 nnd B S 16 kann wohl kein Zweifel sein,
daae die Urlrande In Rostock swischen HXrx 88 and April 9 aasgestellt ist.
446 ^^^* I>w flwalto Krieg
um mit den Städtischen die Heerfahrt anzutret^ in den Sund ^).
Und auch Heinrich von Holstein imd Klaus von LembdE darf toi
die Lübedcer im Namen der vier Städte 500 Itib. Mark ver-
sprechen, falls sie bereit seien, mit 100 oder 80 BewafiBi^«i
mit hinüberzuziehen übers Meer^).
Neben diesen Kontingenten der Fürsten und Herren , die
wesentlich nur durch die Beihülfe städtisdioi Geldes ins Fdd
gestellt wurd^, mussten aber auch in milit&risdiar Beziebung
die St&dte selbst das gute Beste thun. Sdien wir, wie die
Bestimmungen der kölner Konföderation in diea^ Beziehimg
zur Ausführung kamen.
8) Die Büstongen der Städte.
Es kam nach dem Abschluss des Bundes zunädist dar-
auf an«, die Glieder der Hanse möglichst vdlzählig heranza»
zidien. Nur zwölf Städte werden als Theilnehmer des kStu&t
Tages genannt; hatten sie anch für manche andere nodi die
Vertretung, so war man doch weit entfernt von einer voll-
zähligen Betheiligung. Es wurden daher die in Köln an-
wesenden Städteboten beauftragt, die gefaseten Beschlüsse as-
dem Städten mitzutheilen, zum Beitritt zu ermahnen und an-
zuhalten: Kampen für Utrecht, Deventer, Zwolle und Hassdt;
Amsterdam und Briel für Stavoren, Zierixee, Middelborg, Dord-
recht und andere Städte in Holland und Seeland, desgleich^
die vier wendischen Besucher des kölner Tages (Lübeck, Wis-
mar, Bestock und Stralsund) für die sächsischen, wendischen
und livländischen Städte Braunschweig, Hildesheim^ Magdeburg,
Hameln, Hannover, Lüneburg, Bremen, Stade, Hamburg, Kid,
Greifswald, Anklam, Stettin, Stargard, Kolberg, Riga, Dorpat,
Reval und Pemau, endlich die drei preussischen Städte (Kulm,
1) H. R. I, n. 449. Statt Mid 4 ist sa setsen April 27.
2) ebd. I, n. 440 A § 12. Die Greiffwalder und Stettiner sogen das an
ihren Rath.
g«gMi WftldflmAT. ■ 447
Thoro und ElbiBg) für die westfälischen Dortmund, Münster,
Soest und Osnabrück ^). Das diesen letztere so nahe gelegene
Kdbi Uiab, abgesehen davon, dass es die in seinen Mauern
tigendon Bathmaunen der Städte als Gesandte an die Hanse-
gOMMsen beglaubigte, vollkomm^ unthätig. Im Ganzen sind
es, ausser den 12 Theilnehmem am kölner Tage, 31 Städte
(8 niederlindische, 4 westfälische, 8 sächsische, 7 wendische
(Bit Han^uig und Kiel) und 4 livl&ndische), die hier genannt
werden. Auffallend ist, dass Köhi selbst im Becesse gar nicht
erwähnt wird >).
Bei der allgemeinen Festsetzung der Kontingente in Köln
werden nur die Küst^städte herangezogen, die Binnenstädte
gfuslich unberücksichtigt gelassen. Also nur von jenen er-
wartete man militärische Leistungen. Von Mannschafts- oder
aich nur Geldbeiträgen irgend einer Binn^istadt wird auch
dvdiaufl Nichts bekannt, während man andererseits Küstcn-
stidte den kölner Beschlüssen gemäss mit Zwang zu kriege-
mchar Mitwirkung anzuhalten sucht, ohne dass von derartigen
Masaregeln gegen Binnenstädte irgendwo die Bede wäre. Doch
sind diese darum nicht als von der Konföderation fembleibend
zu betrachtaL Sie haben die Handelsverbote beachtet und
den Königen von Dänemark und Norwegen abgesagt; denn
Senat hätten sie nicht theilnehmen können an den Friedens-
sehlflssen oder an den durch den Kri% und die Bündnisse
erlangten Freiheiten, wie es thatsächlich der Fall gewesen ist.
Jene aftmmtlichen 43 Städte werd^, mit Ausnahme von An-
Uam und Hameln, in den erworbenen Privilegien erwähnt').
Ja, will man sich an dieses Erkennungszeichen halten , so ist
die ZbU der zur Konföderation haltenden Städte noch grösser.
1) H. K. I, n. 41S «. 419.
S) Die bald dAranf ausbrechenden Unruhen können auf Kölns. Haltung
•ehwerlkh Sininaft gehabt haban, Tgl. Eonen, Geaoh. d. St Köln II, 671 n. 661.
S) Vgl. H. B. I, n. 458 n. 524. Uabar Anklams StaUang s. unten. Dia
Mldit«fwik«BBg Hamelna Iftsit sich nur mit Yermuthungen begründen.
448 ^^^U. Der ureltd Krieg
Jenen 41 (ohne Anklam und Hameln) sind dann noch hinzu-
zufügen die niederländischen Städte Zütphen, Enkhuyzen, Wie-
ringen, Hindelopen, Groningen und Amemuiden ^). Auseerdem
lässt sich noch die Theilnahme der livländischen Städte Lemsal,
Wolmar, Wenden, Kokenhusen und Fellin*), der preussischen
Danzig, Königsberg und Braunsberg'), des niederländischa
Herzogenbusch ^) nachweisen, so dass, Köln eiBgerechnet,
welches später an allen Privilegien und Verträgen theilnimmt,
im Ganzen 57 Städte als Glieder der kölner KonföderatioM
deutlich erkennbar sind.
Es nehmen nun aber Städte an der Konföderation Theil
(wir wissen leider nidit welche, doch sind jedenfalls nieder-
ländische darunter gewesen)^), die nicht zur Hanse gehören,
d. h. nach dem damaligen Wesen dieser Verbindung keines
Theil haben an den Privilegien des deutschen Kaufmanns im
Auslande*). Ausdrücklich wird das durch die Quellen gele-
gentlich gesagt^). Und andererseits giebt es Hansestädte, die
sich nicht an der Konföderation betheiligen ^). Wie man daher
1) H. R. I, n. 458, 454, 456, 518.
2) Sie erheben PfondsoU: H. R. I, n. 484 S. 440 a. m, n. 29 | 1 n. t
8) Schon die SteUe des kölner Recesses: „Van Pmcen eise de sees stedi^*
beweist das. Ausserdem H. R. I, n. 458, 018 u. a. O.
4) Es liefert Püindsoll ab H. R. I, n. 490 S. 449.
5) So Kämpen und Stavoren, s. H. R. II, n. 266 | 8. Vgl. unten S. 449,
A. 1. Was Stayoren betrifft, so kann das nicht allsosehr auffaUen. Die
St&dte Hollands, Seelands und Frieslands stehen im 15. Jahrhundert au den
Hansestädten in einem scharfen Gegensats, werden nicht xu Ihnen gerechnet
Das entspricht auch der alten Ordnung, nach welcher Friesen und Flamlindsr
die OsUee nicht befahren dürfen. (Vgl. Lfib. Urkdb. I, n. 485 «. 486. Doch
erscheinen gleichzeitig die friesische Stadt Leeuwarden und die hoUindische
Mulden als den andern Städten gleichberechtigt, H. R. I, n. 44). — Fflr Käm-
pen ist diese Stellung doch auffUliger. Die utreohtsehen und geldemeehea
Städte werden früher und später als Glieder der Hanse angesehen.
6) Vgl. Koppmann in H. R. II, S. VI ff. , der darauf suerat auftnerksam
gemacht hat.
7) H. R. I, n. 428 S. 889: In omnibus civitatibus, que in hansa, et in
aliis, que nobiscum sunt in ista confederacione.
8) ebd. n. 453 S. 41 1 wird su den aufgezählten Städten Mnxngefilgt : „Unde
g«g«ii Waldemar. 449
die Frage nach den Theilnehmem an dieser nur ungenügend
beantworten kann, so lässt sich noch viel weniger die Zahl
der damalige Hansestädte mit Sicherheit bestimmen ^). Nur
alle d«i, de in der I>iideschen hense sint^*. Ebd. n. 489 § 19 heisit es: Con«
eeriftTenuit, quod qoAndocanqae fiunt aliqae ordinancie per commimes clTiteteSi
qaod me iU eerrmode snnt per iUos, qal non sunt in noetra confedemeione,
dtmt per illoe, qni sunt in confederacione. Ita enim erit servandam de preceptis
Jua ordiaatls ; et hoc erit asscribendum civitatibos Westlalie, Sazonie, Marchie,
FItiidrIt, Anglie et Forneranie. — Ist bei den „Städten Flanderns und Eng-
länder' nur an den deutseben Kaoftnann dort in denken?
1) Die Schwierigkeit liegt auch besonders darin, dass nicht nnr einzelne
Stidte, aondem aneh ganse Landschaften als Glieder der Hanse betrachtet
wortai ilad, ihre Einwohner Theil gehabt haben an den Beehten des dentschen
Kaalkiianna im Auslande. So ohne Zweifel die Westfalen im 16. Jahrhundert,
r^ Hans. Geschbl. 1878, p. LI und 1877, p. XXVII. Warendorf galt als Vorort
dar Städte „up den Dren** : Beckum , Ahlen , Rheine , Telgte , Werne ; Koes-
leid als Vorort der Städte „up den Braem'': Bocholt, Haltern, I>aimen, Borken
md Vreden (Mittheilung des Herrn Archivrath Wilmans in Mfinster) ; vgl. auch
Ilitor in d. Zeitschr. f. yaterländ. Gesch. u. Alterthumskunde, heransgeg. t.
Viiiio f. Gesch. Westfalens XV, 886 ff.; darnach hängen ron Arnsberg ab:
Vehalm , Eyersberg , Hirschberg , Grevenstein , Balve , Allendorf und 7 „Frei-
heltm**, die sämmtlich „yan aldes in die Hense** gehören. Nach dem Ent-
wleUnngigange, den die Hanse genonmien, liegt yiel näher ansunehmen, dass
die Zngehdrigkeit xu ihr sich im Laufe der Zeit beschränkt hat, als das Gegen-
tkeU. Ich möchte geradezu annehmen, dass von Anfang an jeder Westfale,
gleichviel ob Stadt- oder Landbewohner, cur Hanse gehörte, Theil hatte an
de« Rechten des Kanftnanns im Auslande. — In Preussea sind die Rechte der
Hanse gegen Ende des 15. Jahrhunderts nicht auf die sechs Städte beschränkt,
die gewöhnlich allein als Hansestädte betrachtet werden (nach handschr. Material
des daniiger Stadtarchivs; doch vgl. auch H. R. lU, n. 89 u. 40: Wi ratman
der alede Cohnen, Thorun, Elbingb, Dantsik, Coningesbergh, Brunsbergh und
alle der anderen stede under unseme heren, dem homestir, und ebd.: Vor
■na ande vor al de andern stede in Prucaenlande ghelegh^). — In Liv-
laad feiten im 14. Jahrhundert eine ganse Reihe kleiner Städte (Lenual, Koken-
hniWi, Wenden, Wolmar, Walk, Fellin, Roop). als Hansestädte, besenden Partika-
iactage Mmr Berathnng Über hansische Angelegenheiten (H. R. III^ S. 6 ff. n. sonst);
«I Ende dea Mittelalters erschienen nur noch Riga, Dorpat und Revai auf
leklieB Tagen. — Es ist daher wohl kaum allsu grosses Gewicht darauf an
legen , daai aieh manche Städte dhrekt ftbr diese Zeit als Glieder der Hanse
nackwaifen lassen, andere nicht Von deigenigen Städten, an die später ge-
•dbriehtn. wird, um sie snr Verwendung bei den Ft&rsten aa veranlassen (iL R.
I, n. 476 1 18 o* n. 476: Es sind ausser den aur Konföderation Gehörigen Erf^
Nordhaaaen, Goslar, Halle, Halberstadt, Eimbeck, Göttingea, Berlin, Fasewalk,
Preaalaa, Brandenburg, FrankHirt, Breslau, Gaben, Perleberg, Pritswalk, Havel-
8cUlw, Die HaiMMtiidte. 29
soviel ist gewiss, dass die Konftdoration daranf hidt, dass
keine Stadt, die der Hanse angehörte, also an dea Rechten
des Kaufmanns im Auslande theilnahm, sich offm anflehnea
durfte g^en die Bestimmungen des kölner Vertrags Aber Handd
und Verkehr. Der Varsuch, sich von der allgemeinen Sache
fernzuhalten und dem besonderen Vortheil nachzugehen, wird
natürlich d)enso waiig unterbliebe sdn, wie im ersten Kriege
die kleinen pommerschm und meklenburgischen Stidte der
Versuchung haben widerstdien können, die Lage zu Ungunsten
ihrer im Kriege begriffenen grosseren Nachbarn anszunutze ^).
Aber der Beschluss der an der kölner Konföderation fhefl-
nehmenden Städte, dass alle nicht derselben angehörenden
Kommunen ihre Bestimmungen (ordinande) befolgen sdlten
^dchwie sie sdbst, beweist deutlich, dass man gewillt war,
dem mit Entschiedenheit entgegenzutreten*). Und, wie es
sdieint, hat die Konföderation ihren Willen durchgesetzt, dem
abgesehen von einigen noch zu erwähnenden Schritten gegoi
einzelne Städte ist uns Nichts bekannt über Massregdn gegen
widerspenstige Hanseglieder, die gewiss nicht ausgeblieben
wären und in den zahlrdche Becessen der folgenden Jahit
eine Spur zurudcgelassen hätten. Denn strenge hielten die
berg, KyritB, Sieiidal, Gwdelegui, Tangenninde , Saliwedel) kaim wohl wb
▼OB Erfiirt, Nordkavsen «nd Oubon bosweifelt werden, dam sie smr Hanse ge-
hfirtea. Avuerdem lassen sieh noch nachweisen als Hansestidte Demmin (H. R
I, n. SM S. 193), Butehnde (ebd. I, n. M7 § 13), Seehansea (ebd. I, n. SSI),
Leenwarden, Maiden and Koeafeid (ebd. I, n. 44), Paderborn, Lappstadt, Lemgo,
Höxter, Heribrd, Minden (ebd. 1, n. €9), fan €(ansen, wenn man Srftnt, Kord-
hansen und Qnbea, dann das firiesiaehe Laeawarden nnd das hoUindis^t
Maiden ab-, dagegen Hamoln und Anklam hiasarachnei , 31, nut Wisby and
Stockholm 33, ansammen mit den in der KonfSderatSon aaehweisbaren 90.
Sechnel man die holUndischen, seelindisehen and firiesUndisehan Stidte (Am-
sterdam, Briel, I>ordrecht, Snkkniaen, Wieringen; Ziarixaa, Middelbnrg, Ar-
nemalden; Stavoren, Hindelopan) , die scbwerlicb ala Glieder der Hanse ss
betrachten sind, wieder sarttck, so bleflMn SO. Jedan&Ils war die Zabl aber
grSsser als geringer, wie gesagt, in gewissem Sinne anbegrenshar.
1) 8. oben S. 33«.
S) H. R. I, n. 489 § 19; Tgl. oben & 448 A. &
gegtti Wald«iiuur. 461
Hansen an den einmal- als bindend festgesetzten Ordnungen
und lieasen so leicht keinen Verstoss ungeahndet durchgehen.
Nor im AUgemeinen waren in Köln die militftrischen Lei*
stUBgen unter die einzekien Städtegruppen vertheilt; es zeigte
sidi bald, dass die einzelnen Glieder des Bundes nicht ohne
Wetterea zu den ihnen zugedachten Leistungen bereit waren.
Eb bedurfte erst zum Theil recht langwieriger Vorhandlungen,
um die verabredete Streitmacht aufzubringen und die Städte,
anf die man gerechnet hatte, zum thätigen Beistande zu be^
wegen. Als sich die acht wendischen Städte Lübeck, Hamburg,
Wiamar, Bestock, Stralsund, Greiswald, Stettin und Kolberg
in Nei^ahr 1368 in Bestock zusammenfanden, um das von
ümen zu stellende Kontingent von 1000 Mann unter sich zu
vertheilen, erklärten zwar Alle, bei der kölner Konföderation
Ueiben zu wollen, aber nur die vier Theihiehmer am kölner
Tage übernahmen ohne weitere Einrede die ihnen zugedachte
Ldstung: Lübedc drei Koggen mit 300, Stralsund zwei mit
20!0!| Bestock zwei mit 150 und Wismar eine mit 100 Maim ^).
Auch einen Monat später, auf dem lübecker Tage am 2. Fe-
bnuur, hatte man von den übrigen Städten noch keine be-
stimmte Zusage^). Greifswald, das sich schon vor der kölner
Konföderation von den übrigen Städten getrennt hatte '), schien
auch jetzt eine Sonderpolitik befolgen zu wollen und näherte
sich nur zögerüd den Genossen. Es schloss allein seinen Ver-
trag mit den Meklenburgem , liess sich seine schonenschen
Privilegien besonders bestätigen^) und stellte, als es sich
1) H. B. I, n. 421 § 1^6. Rostock ftellto spilter in WirkUebk«it aar 140,
1. n. 4S4 S. 441.
S) ebd. I, n. 427 § 10.
8) ebd. I, n. 409 § 5 rom 1. Sept. 1867.
4) a. obeD S. 444 A. 8; H. R. I, n.488 u. 460. Die Urkdl. Oetch. U, S. 115
«ufaeproelieiie Meinang , die Ausdehnung der CkrichtsberlEeit Mif HaIs nnd
Hand, welclie die Oreiffwalder besassen, sei ohne Beispiel and wahraehelnlich
als Folge einer gans besondern Begünstigung nur vorftbeigehend gewesen, ist
29*
452 ^^^' ^^ iwdtd Krieg
endlich dem Bunde anschloss, statt der veiiangten Kogge mit
7& Mann nur eine mit 60^). Die einer früheren Verabredung
genäds von den'Städten beschlossene Nachlieferung von 15 Mann
auf je 100 zögerte es zu gewfibren und blieb rOdratändig in
der Ernennung seiner Hauptleute*). — Die Kolberger stellten
nach wiederholter Mahnung dem Anschlage gemäss ein Schiff
mit 40 Mann. Sie hatten sich nach dem letzten Frieden mit
Dänemark über Zurücksetzung beklagt, den rostockar Tag vom
30. Mai 1367 weg^ feindlicher Anfälle nicht besucht; in Folge
eines blutigen Familienzwistes, der seit 1364 die Bürgerschaft
zerriss, war die Stadt in schwerer Bedrängniss; ohne Zweifid
hat das auf ihre Haltung Einfiuss gehabt*). Auch die Stet»
tiner genügten nur zögernd ihrer Pflicht; mit Stargard zu-
sammen stdlten sie 100 Mann,, während sie allein zu einer
Kogge mit 80 Mann veranschlagt waren ^). Sie beanstandeten
wie Grei&wald die Nachlieferung der 15 Mann und yerstanden
sich nur widerstrebend zur Lieferung einer Maschine^).
Nahm Stargard, das den übrigen Städten vom ersten
Kriege her noch schuldete, doch am Kriege Theil, so war
das nicht der Fall mit Anklam , das sich mit ihm in gleicher
unbegründet. Stavoren besass dies Recht auch, s. Schotanas, De Oeschiede-
nissen van Friesland S. 191 : Dock sollen se ende mögen se alle breaeken reehlsa
op baer witte, beyde aen hand ende hals, soo dat onse rooghten daer Inne sieh
niet hebben te bemoeyen, and Winsenios : Chroniqne ofte historische geecliiede-
nisse van Vriesland S. 207: Allerley breucke richten, bejde in handt nnde ia
hals (yom 9. Okt. 1868). Damit stimmt aoch H. R I, n. 518 S. 476:
id en were dat welke stad lieghere bewisinge hadde mit kenynges breve tho
Denemarken, de scholde des bruken (30. Nov. 1369). Vgl. aach Urkdl. Gesch.
II, 8. 816 Anm. 2. Lübeck und Stralsund haben demnaeh dasselbe Becht ge-
nossen, wenigstens zeitweise, wie Greifswald, Tgl. oben S. 246 iL
1) H. S. I, n. 421 § 7 u. n. 484 8. 441.
2) ebd. I, n. 440 A § 8 n. 7 ; Tgl. n. 421 fi 10.
8) ebd. I, n. 400 § 1 u. 402 § 12, dann 8. 441. VgL n. 421 § 8 u. 427
I 10. Biemann, Gesch. d. 8t. Kolberg 8. 82.
4) H. B. I, S. 441. VgL n. 421 § 9 u. 427 % 10.
5) ebd. I, n. 440 A § 7 o. 10.
fgtguk Waldtmar. 453
Lage be&iMt <). Wietofaolt wurden die Anklamer ihrer Schuld
w^gn gemahnt <), während wir von einem ähnlichen Verfahren
gegen die Stargarder Nichts wissen. Jene scheinen sieh auch
ReebMrflehe gegen hansische Genossen haben zu Schulden
kemmen lassen. Am 27. Februar wurde Wismar in Grevis-
nriUden beauftragt, den Anklamem zu schreiben, dass sie
BdBtock, Wismar, Greiftwald und Kiel ihre Schulden bezah-
len und den beraubten Bttrgem der Städte Genugthuung
Malen möchten; sonst müsse man die Bürger von Anklam
dafhr zur Rechenschaft ziehen, wenn sie in eine d» Städte
kitten*). Diese Angelegenheit scheint nun allerdings durch
Bntgegenkommeq der Anklamer beigelegt worden zu sein , denn
aodi in demselben Jahre werden sie auf den schonenschen
bitten zugelassen^), aber thätige Hülfe haben die Anklamer
in dickem Kriege nicht geleistet ^). Ihre Schulden hatten sie
wie auch die Stai^rder noch im Jahre 1374 nicht bezahlt*).
Noch mehr hielten sich die Kieler von der Sache d^
Stidte fem. Lübeck war beauftragt worden, sie zur Mitwir-
kung zu bewegen. Leider ist uns der Brief, der die Antwort
der Kider enthielt, nicht erhalten; gewiss haben Klagen über
<He Verluste des ersten Krieges und das Ausbleiben der zu-
ertcaanten Entschädigung die Hauptrolle darin gespielt^).
Wohl mit in Folge ihrer Verhiste hatten die Kieler schlechtes
Geld geprägt; dasselbe wurde, wie das von Flensburg und
Itzehoe, in den Städten verboten ^). Andererseits fügten sich
jene nicht einmal dem hansischen Handelsverbot; sie setzten
1) H. B. II, n. 18 § so S. 88.
5) ebd, I, n. 406 I 7 und 421 | 18.
8) ebd. I, n. 486 | t und 8.
4) ebd. I, n. 474 § 4 und 6 vom 10. Aug. 1868.
8) Damit fan ZuMunmenbrnnge stebt wobl , dass f ie in dem Freibrief det
Kdalgi Albreebt Tom 26. Juli 1868 niebt mitgenannt werden (ebd. I, n. 468).
6) ebd. II, n. 77 I 6 Tom 16. Juli 1874.
7) ebd. I, n. 4SI § 6, 486 § 1 , II, n. 9 I 1 und n. 18 I 80 S. 8S.
8) ebd. I, n. 4S0 | 17, 440 § 17, 489 | 84.
454 ^^^' ^^^ sweite Krieg
ihren Verkehr mit D&nemark fort Die Folge war, daas es
in den Städten untersagt wurde, ihnen Salz und Hopfen,
Stahl und Eisen zu verkaufen i); das Becht, Pfiindgeld zu
erheben, wurde ihnen abgesprochen >). Wiederholt wurden
die Kieler aufgefordert, sich zu erklären, ob sie in der Ver-
bindung sein wollten oder nicht'); weil sie desselben Rechtes
genössen, so wolle man sie nicht von der Kriegsfolge entbin-
den *). Thätige Hülfe hat man Ton ihnen nicht zu erlangen
vermocht Da sie sich aber in der Geldfrage fügtra und audi
das Versprechen abgaben , die genannten Artikel nur zu ihrem
eigenen Gebrauche zu verwenden, wurde ihnen doch der Ein-
kauf derselben wieder gestattet Auch werden sie sich wohl
den Verkehrsbestimmungen der kölner Konföderation gefttgt
haben, denn sie haben an den erlangten Privilegien Theil ge-
habt »).
TJnd eine ähnliche widerstrebende EUdtung zeigte das weit
wichtigere Hamburg. Auch dieses hatte wie Stargard und
Anklam noch Forderungen der Städte aus dem ersten Kriege
zu befriedigen, die sich auf 1600 Mark beliefen *). Einen Ter-
min zur schiedsrichterlichen Entscheidung des Streites durch
die Städte Hannover und Lüneburg Hessen die Hamburger
unbenutzt verstreichen und zahlten nicht Ihr Ausbleiben auf
den rostocker Tagen vom 16. December 1366 und 30. Mai
1) H. R. I, n. 469 § 16; vgl. n. 479 § 17 und 489 § 17.
2) ebd. I, n. 469 § 16.
5) Am 24. Juni 1968, ebd. I, n. 469 § 16 und am 6. Oet, ebd. I, n.
479 § 17.
4) ebd. I, n. 479 § 17: Kylensibus vero dizenmt civitotes, qaod qnift
ipsi sunt cum eis ono et eodem jnre partidpante» , nolnnt eos de aequela et
juvamine habere supportatos. Das ist doch wohl so su verstehen , daas den
Kielern Leistungen abverlangt werden, weil sie am Rechte des Kaufinanns im
Auslande theilnehmen. Kiel wird also als Hansestadt sur Theilnahme genöthigt
Unter „idem jus*' kann nicht an das lübiche Recht gedacht werden, weil auch
Städte anderen Rechts an der Versammlung theilnehmen.
6) ebd. I, n. 495 § 6 und n. 453.
6) ebd. I, n. 388 § 2, n. 390 und 893.
fegen Waldeknar. 455
1367 ODtachoUigteii sie mit feindlichen Angriffen, das zu
Stndrand am 29. Jali desselben Jahres mit Verhindening
durch ^gnmB Geschäfte und Sachen'^ ^). Man hat dabei wohl
an die Stratigkeiten mit den holsteinischen Grafen zu d^ken,
die erst, zu Anfang des nächsten Jahres durch Einmischung
des gerade in TangermOnde weilenden Kiusers zu einem Ab-
achltiBse geführt wurden*). Hamburg zahlte die Kiel zukom*
flMnden 400 Mark '), wegen der übrigen Schulden wurde ihm
den Städten „um der guten Eintradit willen^ nochmals
Termin zur Entscheidung durch LQneburg und Hannover
mgeboten. Ob in diesem Termin ein Schiedsspruch gefällt
worden ist, wissen wir nicht ^). Auf der Nem'ahrsversamm*
hmg SU Bostock aber, wo die Leistungen zum Kriege fest*
gesetzt wurden, nahm Hamburg Bedenkzeit, als man ihm ein
Sdiiff mit 100 Mann abverlangte. Ja , es fragte seinerseits
a, was die Städte zu thun bereit seien, wenn der König von
Dänemark oder ein anderer Fürst den Kaufmann auf der Elbe
beläatigen würde ^). Im Auftrage der Städte verhandelte dann
Libeck am 9. Februar mit den Hamburgern in Hamburg
selbst, wohin auch Bremen und Stade Abgesandte geschickt
hatten*). Vergebens ermässigten die Städte hier ihre For-
derung auf 60 Mann. Die Hamburger erwiderten , sie wollten
gern Pfundzoll erheben und das Land der Könige meiden,
auch wollten sie den Städten wohl 600 Ubische Mark vor-
1) «bd. I, n. S88 § 1, 400 6 1 md o 407.
8) Tratsigen Chronika der Stadt Hamburg , heravsgeg. von Lappenberg
8. 9S und Hyitf. I, 641. Vgl. Klmmereireehiig. I, 96 ff.: 1 15 pro simpti-
bns et ezpensis nuncii domini imperatoris in hospicio dominl Hinriei Hoygeri.
8) H. R. I, n. 398 8. 851 und n. 407; Kimmereirechng. I, 96.
4) H. R.. I, n. 411 § 9. — Besieht sich darauf die Stelle H. R. I, n. 469
I S7 (Tom 24. Juni 1868) : Vortmer worden de Tan Lubek scheiden mit rechte
Tan den van Hamborch umme de vorword, dar se se umme sehnidighen?
5) ebd. I, n. 421 § 6 und 12.
6) Hambg. KXmmereirechn. I, 97: Ad dooendnm eonsnles Studenies et
Bremenses 25 0.
456 XI^- I>«r swdto Krieg ^
scbiessen und das Geld ans dem Pfundzcll zurOekiiebmeii, im
äossersten Falle ein Schiff mit 60 Bewaffneten und 20 See-
leuten in den Sund schicken, aber dann müssten die St&dte
ihnen auch die Elbe vertheidigen helfen^) mit dem Zuzöge,
den die alte EonfiMLeration festsetze. Die St&dte sogen jetzt
von Neuem die schon früher*) aufgeworfene Frage in Er-
wägung, ob die Hamburger PfundzoU erheben dürften*), ja
sie beriethen sogar mit den Preussen und Niederländern, ob
die Hamburger nicht aus der Hanse und der Gremeinschaft
des Kaufmanns auszuschliessen seien ^). Doch kam es nickt
zu dieser äussersten MassregeL 6%en das Versprechen der
Hamburger, für den Kriegsgebrauch den wendischen Städten*)
900 Mark lüb. Pfge auszuzahlen, wurden sie am. 6. October
1868 zum Bunde zugelassen und durften Pfundgeid erheben,
doch mit der Verpflichtung, dasselbe abzuliefern, wo dte
Städte es haben wollten ; dem Könige von Dänemark mussten
sie ihren Fehdebrief schicken*);, auch zur Abrechnung vom
ersten Kriege her erklärten sie sich bereit^). In Boatoek
wurden am 8. November 1368 die 900 Mark dann wiridick
gezahlt und unter die wendischen Städte vertheilt*); die
1) Hambg. KXmmereirechn. I, 98: Dominis Johann! Langhen et Nico-
iao Roden 29 }5 ad defensionem Albee.
S) Am 8. Februar 1868 su Lflbeck, H. B. I, n. 487 § 11.
8) ebd. I, n. 487 § 11 und n. 484. Ab die angelogene alte Konfodei»?
tion mSchte ich das Bfindniss von 1806 (1859?) ansehen, s. oben S. 84.
4) H. R. I, n. 486 § 5.
5) Civitatibns lateris Slaviei. Es hat wohl noch eine Zusammenkunft mit
den Lübeckern stattgefunden: Hambg. KKumiereirechn. I, 98: Dominis Hin-
rico de Monte et Bertrammo Horborch 85 0, qui occurrerunt dominia eonsuli-
bos Lubicensibus in Zantskneve.
6) H. B. I, n. 479 § 15. Auf der stralsunder Versammlung vom 6. Oct
1868 waren drei hamburger Bathsherren anwesend, die aber im Becease nicht
erwähnt sind , Kilmmereirechn. I, 98 : Dominis Hinrico Hojgeri , Bertrammo
Horborch, Hartwico de Haghede 61 }g, Sundis octara Michaelis. Vgl. H. R.*
III, n. 86.
7) ebd. I, n. 479 § 35 und n. 489 § 25.
8) ebd. I, n. 490 S. 450. Vgl. n. 479 §40. KSmmerdrechn. I, 99:
gtgen Waldemar. 457
AbreehBOig rom ersten Kriege aber kam, doch nicht durch
Sdiiild dir Hamburger, erst zwei Jahre später zum Schhiss ^).
• Erlangte man von Hamburg nun doch wenigstens einen
GMdbeitrag) so musste man von Seiten der Städte Bremen
und Stade auf jede Unterstatzung verzichten. Schon in
Hamburg*) hatte Stade e^ärt, keine Hfilfe leisten zu kön-
Bflii, Wifl es keine Seeschiffe besitze. Bremen aber befand
sieh in au grosser Bedrängniss, um irgend etwas ausserhalb
sefner Mauern thun zu können. Es lag noch ganz darnieder
an den Folgen der harten Schläge, von denen es in den letz-
ten Jahren getroffen worden war, der Pest des Jahres 1351,
der erzstiftischen Fehde zwischen Moritz von Oldenburg und
Gottfried von Arnsberg, der Niederlage gegen den Grafen von
Heja und des Deberfalls der schwer geprüften Stadt durch
ihm eigmien Erzbischof im verflossenen Jahre (1366). Trotz-
weUten die Städte sich nicht mit dem Anerbieten Bre-
begnügen, Pfundzoll zu erheben und das Land der
IBDige zu meiden '). Erst auf der Oktoberversammlung zu
Stralsund entbanden sie Bremen in Anbetracht seiner Noth
uad bedrängten Lage von der Kriegsfolge f&r den Whiter,
bekMten sich aber, f&r den nächsten Sommer den Anspruch
auf seine Mitwirkung vor*). Doch haben die Bremer auch
später keinen Zuzug geleistet; ihre ganze Theilnahme be-
sdirinkte sich auf Erhebung des PfündzoUs , den sie in Lübeck
ablieferten ^).
Bei den Binnenstädten scheint man kaum den Versuch
gemacht zu haben, kriegerische Hülfe zu erlangen. In einem
Dedimu ad osiim ciyiUtum maritinuuram in sabsidivm gwerre contra regem
Daeie TSC ]5 denariornm.
1) H. B. U, n. IS i SO S. 33. Vgl. ebd. I, n. 4S9 § 20.
S) S. oben S. 455.
3) H. R. I, n. 434 und n. 4S9 | 33.
4) ebd. I, n. 479 § 16.
5) ebd. I, n. 490 and n. 513 S. 478. *
458 ^^ ^>^ «^«^ Krieg
SchreibeD der vier leitenden wendiedien Btadte an LOaeburg ^
wird dieses gebeten, über die Sache , welche man aaf der
Rücklcehr von Köln mit ihm verhandelt habe, mit Braun-
achweig und Hannover 2a sprechen. Mdglich, daas sich dies
aaf die kölner Konföderation besidit. £ine Leistosg dieser
StAdte an Mannschaft hat auf keinen Fall, an Geld .schweriidi
stattgefunden. Doch blieben sie vom Pfundzoll wenigsteoe nicht
g&nslich frei, da ihre Bürger sich ja auch am Seehaodel be-
theiligten und die über Meer auszuführenden Waaren in den
Seestädten verzollen mussten. So nahmen sie denn nachher
auch gleich den Seestädten Theil an den im Kri^e erwerbe*
nen Privilegien.
Günstiger für den Bond gestalteten sich die Dinge bei
den Städten des Westens und Ostens, in den Niederianden,
in Preussen und Livland. Unter den niederländi^hen Städten
nimmt Kampen eine hervorragende Stellung ein, ähnlich der
Lübecks unter den wendischen. Es wird gewöhnlich getrennt
aufgeführt unter den Städtegruppen der Niederlande, der von
der Südersee (aus dem Bisthum Utrecht), von Holland, joä
Seeland und Geldern*); ja, sein Name vertritt oft die gaaie
erste Gruppe'). Ist Etwas zu berichten an die NiederlAiider,
so geht es durch Kämpen^). In Bezug auf seine Leistungen
(von 425 Mann stellt es unter den 20 niederländischen Städten
allein 150) überragt es seine Nachbarn noch mehr ahi Lübeck
seine wendischen Genossen.
Es war von grosser Wichtigkeit, dass diese einflussreiche
Stadt in dem bevorstehenden Kriege mit aller Entschiedenheit
die hansische Sache vertrat In dem ersten Zusammenstosse
1) Vom 23. Jan. 1368, H. R. I, n. 4S6.
2) In der kdlner Konf5derfttion , H. R. I, n. 41S S. 373 und 376 , dann
n. 479 § 3 und 6. Die Eintheilung der niederländischen Städte in rier
Gruppen s. ebd. I, n. 469 § 13 und U, n. 45.
3) ebd. I, n, 428, n. 469 § 13, II, n. 5 and 45.
4) ebd. I, n. 421 § 11 and 436 § 5.
■\
gtgoi WAldamar. 459
mit Waldemar liatte es bald die östUcben Städte verlassen
und eine eigene Politik verfolgt. Es hatte nidit gefehlt an
Beibereien mit den Osterlingen, denn rflcksichtslos schdnt
das VerfiEihren der Kampener nnd ihrer Freunde gewesen za
sein. In Norwegen hatten sie lübische Schiffe verbrannt und
Iflbisches Eigenthum weggenommen; die Verhandlungen darü-
ber sieben sich durch den ganzen zweiten Kriegt). Doch
waren in diesem die Niederländer unter Kampens Vorgang
eine trelBiche Stütze der Konföderation. Mit 425 Mann^)
(25 weniger als die in Köln verabredete Zahl) stiessen sie
zur hansischen Streitmacht im Sunde. Leider wissen wir über
die Betheiligung der einzelnen Städte nur sehr wenig. Offen-
bar war das Korps aus sehr kleinen Kontingenten zusammen-
gesetzt; Deventer schickte z. B. 6 Söldner mit der Kogger
vm Harderwyk und 6 mit der von Amsterdam ^). Doch läset
Mb wohl annehmen f dass alle beim Abschluss der kölner
Konföderation genannten oder später an den erworb^en Pri-
vilegien theilnehmenden Städte im Heere vertreten waren.
Auch die preussischen Städte sind den Verpflichtungen
nachgekommen, die ihnen die kölner Konföderation auferlegte;
sie haben 500 Mann ins Feld gestellt*). Leider fehlt es uns
an sicheren Anhaltspunkten, um zu ermitteln, wie die Ver-
theilung unter den sechs Städten Danzig, Thom, Elbing,
Kidm, Braunsberg und Königsberg geschah. Danzig war da-
mals wohl schon der Bevölkerung nach die erste unter ihnen,
ihr nahe standen Thom und Elbing^). Die preussischen Ge-
1) H. &. I, n. 40S § 8, 480 § 7 a. 479 ( 80.
S) «bd. I, n. 484 S. 441 .
8) ebd. III, n. 898 § 16 u. 19. Dordrecht behauptet tp&ter in einem
Briefe an lAbeck, grosse Kosten vom Kriege gehabt sa haben, Lüb. Urkdb.
Uly n. 781- Mit der geringen Zahl von 18 Söldnern stimmen schlecht die
Kosten Deventers, die sich 1368 aaf 984 ]5 11 fi 8 ^ beliefen (H. R. III,
n. 801 { 1) ; Yielleicht sandte Deventer noch Mannschaft mit andern Schiffen.
4) ebd. I, n. 484 S. 441.
5) Vgl. Hirsob » Danaigs Handels- nnd Qewerbsgeichichta S. 80 ff. Das
460 ^V. Der swaite Krieg
Bchichtsquellen der Zeit, ganz in Ansprach genommen toe dea
Thaten der Ordensherr^ im Kampfe gegen die Heiden, ha-
ben kaum wenige Worte übrig für den Krieg der Städte um
die Befreimig der Meere and die Sicherung des Verkehrs
Tor den Oewaltätreichen eines herrsch- and habsüchtigen Kö-
nigs^).
Etwas besser sind wir unterrichtet über die Betheiligung
der livl&ndischen Städte. Auf der Neujahrsv^rsammlong wor-
den die Lübecker beauftragt, einen Rathsherm oder ihren
Notar Johann Fritze nach Livland zu senden, um die dorti-
gen Städte von deir Absicht der KcmfiMLoration zu unterrich-
ten. Man war zweifelhaft, ob man von den üyländem Un»
terstützung erwarten dürfe'). Sie leisteten solche in der
That, indem sie einen Koggen mit 100 Mann stellten >), des-
sen Ausrüstung einen Kostenaufwand von über 1700 Mark
verursachte. Die drei Drittel der livländischoi Städte: Riga
mit KdEenhusen, Lemsal, Wolmar und Wenden, dann Dorpat
mit Peniau und Fellin, endlich Reval trugen zu gleiche Thei-
len dazu bei^). Es war ein Kontingent, das nur den zehn-
ten Theil des wendischen ausmachte.
Werfen wir einen Blick auf die auswärtigen Niederlas-
8. 31 angefahrte Verhältniss der ,,Bfaonsa]il** , nach welcher (von 550 MaiiB)
Daniig 184, Thorn 96, Blbing 80, Königsberg SO, Braonsberg SO sn stoOei
hat, Knlm frei ist, war fUr die 60er Jahre des 14. Jahrhanderts wohl aedi
nicht massgebend. 1598 wird angesetxt: Thorn 95, Elbing 95, Dansig 160,
Königsberg 55, Braonsberg 15 Mann von 400. Ans H. B. I, n. 487 ver-
glichen mit n. 480 scheint hervorsugehen , dass Dansig >/g stellte , 40 von
200. Schwerlich war auch schon Kulm von Beiträgen befreit, denn ea spielt
als Führerin der prenssischen Städte eine Hauptrolle auf den VerMunmlongen
dieser Jahre. Ueber die Kontingentining unter den preossisehea Städten in
etwas späterer Zeit s. Hirsch , a. a. O. S. 58.
1) Nur Johann von Pnsilge und Konrad Bitschin (der Forteetaer des Pe-
ter yon Dnsburg) erwähnen des Krieges der Städte gegen Waldemar, Sor.
rer. Prnss. lU, 87 u. 479.
2) H. R. I, n. 4SI § 81.
3) ebd. I, n. 473 u. n. 484, S. 441.
4) Die Kosten betrugen 1744 ^^ 83 0re, H. B. HI, n. 89 a. 50.
g«g«ii Waldtnuur. 461
sungai d^ DentscheB in Flandern, England und N<H:w^[en
und ihre Stallnng zum Kri^e, so finden wir dieselben zu
dieser Zeit in unbedingter Abhängigkeit von den heimischen
StAdteiu Obgleich die Theilnahme an dem Recht des deut*
sdwQ Kaufinanns im Auslände noch das einzige gemeinsame,
Alle umdhssende Bindeglied der Städte, das wahre Kennzei-
chen eiMT Hansestadt war, so waren doch die Sammelpunkte
der Kaufleute im Auslande ganz und gar zurückgetreten vor
doi Städten selbst. In den Letztem lag der Schwerpunkt
isx hansischen Macht; sie waren die Leiter der hansischen
Haadelapolitik ; die Vereinigungen (Hansen) der deutschen
Kanfleote im Auslande waren von ihnen gelenkte und von
ihBon benutzte Institutionen ihres Verkehrs geworden. So
Mben wir denn auch jetzt, wie sich diese Niederlassungen im
AOgmonen dem fügen, was v(»n Heimatlande her dekretirt,
«18 ihnen als im Interesse des (ranzen liegend vorgeschrie-
ben wird ').
Am abhängigsten erscheint die jüngste der hansischen
Hiederlassungen , das Kontor zu Bergen. Es musste, sollte
es nicht dem norwegischen Könige eine willkommene Beute
werden, natürlich verlassen werden. Boten wurden mit Schif-
fen hinübergeschickt mit der Weisung an die Kaufleute, sich
gegen Ostern bereit zu halten, um unter dem Schutze der
niederländischen Kriegsflotte herüberzukommen. Die Schiffie
soUten sie nehmen, wo sie dieselben nur bekommen könnten,
in den Städten sollte man darauf sinnen, wie am besten leere
Schiffe hinüberzubringen seien; der Ankauf solcher in Flan-
1) 80 s. B. H. R. I , D. 475 ( 14. Doch habm die Gebote der Städte
nieht immer luibedini^ Nachachtang gefanden. Als die Aeherieate yod Brfigge
eigeamiclitig von einigen hansischen Kaaflenten Boaseo (eine Mark Oold, ein
gtUiaaehlklKi Straftats) erhoben hatten und aufgefordert worden, das Geld
Wiedtr b«raMs«geben , kamen sie dem Gebote nidit naeh. Den Besehldigten
wurde dam erlaubt, die Rflekgabe des Geldes tob den damaliges und splle-
ren Aelterlenten su erswingen, wo sie dieselben finden (ebd. I, n. 489 § 11).
462 ^^' !>«' ■^«*<« Krieg
dern wurde erlaubt^). Um die Qüter und Leute in den
minder wichtigen Handelsplätzen, in Tönsberg und Opsio, zu
retten, wurde Einzelnen gestattet, mit kleinen Schiffen die
Reise dorthin zu wagen *). Später besehlossen die fünf wen-
dischen Hauptstädte, Schiffe nach NorwegNi hinüberzusoiden,
doch sollten etwaigen Verlust die dortigen Kaufleute tragen *).
Etwas selbständiger erscheinen die älteren deutschen Nie-
derlassungen. Während in Bergen, wie es scheint, PfondzoD
erhoben^), der Platz also ganz betrachtet wurde wie die un-
ter vollständiger Direktion der Städte stehmden scfacmenscheti
Fischer* und Handelsplätze, wurde in Flandern und England
Pfundgdd nicht gezahlt. Die Deutsche an beiden Orten hat-
t^ sich schon gleich im Anfange an dem Bündniss der preus-
sisch- niederländischen Städte zu Elbing betheiligt ^). lieber
den Fortgang der Sache erhalten sie dann später von den
Verbttnd^ien Bericht'), aber zugleich auch Weisungen. Fftr
das Kontor in Brügge wurden ähnliche Massregeln getroffoD
wie für Bergen. Den daitschen Kaufleutm dort wurde am
2. Februar Yon Lübeck aus verboten, allein die Heise ia die
Ostsee zu machen; nur unter dem Schutze der Kriegsflotte
sollten sie in den Sund kommen, von dort nicht eher weiter
1) H. B. I, n. 420 § 5—14, 15, 10 vom 8. Dec. 1507 , n. 4SI § 14 tob
6. Jan. 1368. Ob sie früh genug gekommen sind, wn die bergenacheo Kaif-
leute eher von dem beabsichtigten Kriege sa onterrichten , als die Nonregvr
davon erAihren, ist fraglich, denn schon am Nei\|ahr wurde von dem Droetw
Agmand Findssoo ein Sehiff mit gmifswaUler und stralaander Gftteni geiioai-
men, das Briefe nach England und anderen Orten enthielt, die das beahsieh-
tigte BUndniss klar durchschauen Hessen. (H. B. II, n. 1 ( 7, 11 und n. S $ IS.)
2) ebd. I, n. 420 § 20 und 4SI § 15.
8) Urkdl. Gesch. n, 8. 641 vom 2. Febr. 1868; H. B. III, n. SOS.
4) S. Exkurs V.
5) Am 11. JttU 1367 , H. B. I, n. 408.
6) Die Preussen übemahipen es am 8. Deo. 1867 , ihneo dio Beachians
der Städte mitsutheilen (ebd. I, n. 420 § 9) ; Lübeck und Wiamar soUten sie
von dem Handelsverbot gegen Dänemark und Norwegen in Kenntiiiaa setseo
(ebd. 1, n 421 § 16 vom 1. Jan. 1868).
998MI WftkIttiiMr. 468
frlirai, ab bis die Ostseeflotte sidi mit der niederländischen
Tereodgt habe. Die Mannschaft der Handdsschilfe seilte sich
bewaflhen,' um zur Vertheidigung berdt zu sein. Nach Ber-
gm mflge man leere Schifie hinüberschicken, welche die Kauf«
leote md ihre (rflter zur Flotte nach Marstrand oder in den
Smd brachten. Ohne Widerrede sollte man den festgesetzten
PfondnU entrichten, den alle gemeinsam bewilligt hätten ^).
Ob ähnliche Vorschriften ftkr die Deutschen in England
erlassen worden sind, wissen wir nicht; die Nachrichten über
sie sind aas dieser Zeit ausserordentlich dürftig.
Eine unklare Stellung nimmt auch Wisby ein. In K^
hatten seine Sendeboten versprochen, „se wolden gheme den
to deme krighe, wat se mit eren den mochten, wan dat or«
hg enen ende hadde^^ '). Ohne Zweifel war Wisbys Stellung
a Dftn^nark die Ursache dieser Zurückhaltung. Doch war
igt Stadt nicht yergönnt, dem Gang der Dinge abwartend
sttusehen. König Albrecht drohte, gegen Gotland, das er
ab seinem Reiche angehörig betrachtete, und von dem er da«
her verlangte, dass es sich zu Schweden und nicht zu Däne-
halten solle, feindlich vorzugehen. AufEallend ist es ge-
, dass das von jeher schwedische Gotland keine Anstren-
gmig macht, die dänische Herrschaft abzuwerfen. Was die
Eridi-Karls-Ghronik von einem derartigen und zwar erfolgrei-
ehen Versuche zu erzählen weiss, steht mit allen bessern
Nachrichten in Widerspruch; ihr bei der Gelegenheit ertheil*
tes Lob: ,J)as ist ein treues Volk, welches es so macht^, ist
wenig am Platze. Gegen König Albrecht legten sich die Städte
zu Gunsten Gotlands ins Mittel. Von der stralsunder Ver-
sammlung aus (6. Oktober 1368) schrieben sie an Wisby '),
da sie und der Schwedenkönig mit Vater und Brüdern Feinde
1) H. B. I, II. 41S.
%) «bd. n, B. 68 § 8.
8) ebd. 1, n. 48S.
4M xiT.
MMB ESmg WaldeM», dn Wi^r ^wgliift mvonchul-
dcT" mcrmrioi td, alMla öe da Banm yim Yliabj als
ikfca Fieondca m froaiiKhdttKker FiailiMnig EtuM eiit-
hülai, da« Onea ftecht taäBmt. Won Wiibjr sieh nkdit
wieder der Kraae flchaeda ■■■iiili ^ ■!■» ce eineB fiundli-
ckca AsgrilEi and groeea Sdade» geviitig seiiL Wiebf
weid n^eiiifdert, eisige BrthAfim matk De»tadiland (ver-
m partes dosIibs) nm Kdaige imä Sckwedea herfibenEoseQ-
dei, die zu Litare Dicksten Jakras (IL Min 1368) m LA-
bed( mit den Ffirstea und Stidtea imkaBdefai Unten ^X ^
Gotland wieder mit der Krone Schweden m ireveinigen sei
Thite Wisby das nidit, dam misK ftr die Zdomft jede Ge-
meinsdiaft zwischen ihm und den Stadien anfgrimhen wwdea.
So rasch wie mö^^ich möchte es eiUirai, ob es dazn b^eit
sei oder nicht Gleichzeitig baten die Stidte Kfinig Albvechi
TOD Sdiweden imd Herzog Heinrich ¥on Mddenborg, nidrts
Feindliches gegen Gotland zn untemdimen, bis Antwort ein-
trftfe <). Wie diese Antwort lautre, wissen wir nkht Anf
alle Fälle wnrde das EinTemdmien mit den Städten nicht
wesentlich gest^t. Denn am 25. Februar 1370 ward aoch
Wisby erlanbt, Pfondgeld zu arhd>en wie die anderen Städts,
und damit die Zugehöri^dt zor hansischen Gemeinschaft ai-
erkannt *). Als dann aber nach AUauf des Krieges die Städte
als Bdtrag eine Summe Geldes^) yon Wisby forderten, lien
dieses sich lange mahnen; noch 1378 hatte es nicht bezahlt,
ob überhaupt, bleibt unbekannt Unter schwedische Herr-
1) Damaeh mius man tehliesseD, d«M K5iiSg Albreeht die Abaielil gehabt
bat , dieeeo Stldtetag oder wenigitena Deutschland um diete Zeit an beanchen.
2) H. B. I, n. 479 § 29.
8) ebd. I, n. 522 ( 16.
4) ebd. II, n. 53 § 8 und n. 62. Es werden 2000 nnd 200 Mark Silber
anf^egeben , s. n. 62 nnd n. 156 § 12. Ich möchte die letatere Smune (Qr die
richtige lialten, die erstere scheint mir zu gross, wenn man bedenkt, das«
Hamburg nur 900 Mark Pfennige >» 300 Mark fein sahlte.
sduA ist 68^ wenn überhaupt in diesen Jahren- wieder ge-
kommai, doch nicht lange geblieben, denn schon am 15. Au«
gnst 1376 huldigte es dem jungen König Olaf von Dänemark
und Terspradi Sühne allen denjenigen, die ssu seiner Unter-
werfimg durch König Waldemar, „unsem Harm", geholfen
hfttten^).
Die Last der kriegerischen Arbeit ruhte demnach, abge-
sdien Ton dem kleinen Zuzug der livländer, auf den wendi-
sdmi StAdten, den Preussen und den Niederländern; jene
stellten allein fest die Hälfte der ganzen Streitmacht, und
qpftter behaupteten sie sogar, allem Anscheine nach mit Recht,
bat noch ein Drittel mehr Mannschaft gestellt zu hab^, als
sie verpflichtet waren'). Was Zusammensetzung, Ausrüstung
und Führung anbetrifft, so sind wir über ihr Kontingent etwas
gnauer unterrichtet als über das der Preussen und Nieder-
Ibider. Nach dem erst^ Anschlage*) betrug das Aufgebot
iat wendischen Städte 1045 Mann in 12 Koggen, übertraf
ÜBO auch ohne die livländer die in Köln eingegangene Ver-
pffiditung um 2 Schiffe und 45 Mann. Da aber Hamburg und
mri gar keine Mannschaft, Rostock statt 150 nur 140, Oreifs-
wdd statt 75 nur 60, Stettin aber statt 80 mit Stargard zu-
mmnen nur 100 Mann stellte^), so schmolz jene Zahl auf
11 Koggen mit 940 Mann zusammen, mit den Livländem
jedodi noch mehr als genüg^d zur Erfüllung der eingegan-
genen Verpflichtungen. Wenn daher die Rede davon ist, die
Kontingente noch um 15 Mann auf 100, um Vs ^^ &^ ^^^
Hüfte zu vermehren ^), so hat das wohl nur sein^ Grund
1) H. B. U, n. 159. Vgl oben S. 87S.
S) ebd. II, D. 49 § 2.
5) ebd. I, n. 481 § 8—9; s. oben S. 461 ff.
4) 8. die Benebaiiog H. & I, n. 484 S. 441.
6) ebd. I, n. 440 A § 7 u. 8, B § 8. FOr Focks AaffflMOog (lU, 198),
diM diese Mehntellong Ükr besondere Defensivswecke bestimmt gewesen sei,
liest sieh kein ersichtlicher Grund anfuhren.
Dto Hsaaettidt«. 30
466 ^^^* 1^ HPBÜ» Krieg
in dem besonderen Eifer der wendiedien Stidte, wdche die
belebende Seele des ganzen Unternehmens warra und demsel-
ben auf alle Fälle den Erfolg sichern wollten, ihrer Lage uid
Bedeutung nach auch in erst^ linie Bichern mussten.
Die wendische Streitmadit setzte sich d^otnach auf fol-
gende Weise zusammen: Lübeck stellte 3 Koggen mit 300
Mann, Stralsund 2 mit 200, Bostock 2 mit 140, Wismar ]
mit 100, Stettin und Stargard zusammen 1 mit 100, Greifc-
wald 1 mit 60, Kolberg 1 mit 40. Ein auf der lübedur
Trese erhaltenes Verzeichniss giebt uns eine treflfliehe Ueber-
sicht ttber die Zusammensetzung des lübischen Kontingrats ^).
Damach vertheilte sich die bewaffiiete Mannschaft unter die
drei FOhrer, den Bärgermeister Bruno Warendorp und die
Bathsherren Gerhard von Attendorn und Johann Schepenstede,
folgendermassen. Die Genossenschaft (sodetas) des Bruno Wa-
rendorp umfasste die Bitter Heinrich Y<m Scheding mit 28 Wafr
nem (armigeri) und 40 Knechten, Eier Banzau mit 6 Waftien
und 9 Knechten, Brokhof mit 1 Wafiher und 3 Kneditei^
Heinrich von Offenhusen mit 2 Knechten und noch drei wdih
ständige Waflher, im Ganzen mit den 5 Waffiiem des Bt^
germeisters selbst 4 Bitter, 43 W^affiier und 54 Knechte, ako
101 Mann. Die Genossenschaft des Gerhard vim Attandon
umfasste ausser den 5 Waffiiem Gerhards den Bitter Lubbert
von AmhoU mit 31 Waffii^n und 38 Knechten, im Ganna
also 76 Mann. Zu der Genossenschaft des Johann Sch^eD«-
stede gehörten die Bitter Hermann von Horde mit 14 Waff*
nem und einer unbestimmten Zahl von Knechten, Eberhard
Stenbek mit 3 Waffiiem und 5 Knechten, Arnold von Laat-
husen mit 24 Waffii^n, 20 Mann, die flir 10 Waffiier ge-
rechnet werden, und 33 Knechten, zusammen mit den 7 Waflf-
nem des Führers 3 Bitter, 48 Waffii^, 20 etwas geringere
1) Lüb. Urkdb. III, n. 664 A. 1 u. IV, n. IIb.
Urieget VBd mdir als 88 Kneehte, also mindestBiis 109 Mann.
. Awsmrlifllh dieser drei Abtbeilungen werden noch erw&hnt
5- Kitter mit 44 Wafinem und 34 Knediten, zaeammen 73
Mann. Die Gesammtmaebt belief sich abo, voransgesetEt,
di8B die allein Aufgeführten nicht eine sp&ter nadigesmdete
Jbrsatmumnschaft ausmaditen, auf 184 SdiwerbewaffiDete , 20
Leiditerbewiflhete und mehr als 154 Knechte, zusammen mit
dSApS Ftihrem mindestens 858 Mann, also V5 mehr als fttr
Libeek angesetzt war.
Ein grosser Theil der Streitkräfte bestand demnach aus
Beiterei; um keinen Mangel zu haben an Pferde, gaben
die wmdischen Stftdte auf je 100 Mann 20 Pferde mit ^).
Auch fto die nöthige Artillerie war gesorgt. Die LAbecker
liefarten zwei Bilden, ein treibendes Werk und eine „Katze^^
(^ Rädern stehende Maschine zum Einrammen der Mauern),
dte Stralsunder zwei Hiden und ein treibendes Werk, die
laatocker und die Wismarschen je zwei, die Stettiner und
üa Oreifewalder je eine Bilde <). In allgemeiner Yersamm-
hng ernannte die wendischen Städte am 15. M&rz zu Rostock
ilnre Hauptleute, je drei von Lübeck und Stralsund, je zwei
TM den übrigen Städten <). Es waren von Lübeck Bruno
Wuendorp, Johann Schepenstede und Gerhard von Attendorn,
vün Stralsund Heino Schele, Borchard Plötze und Jolumn
Rage, von Stettin Marquard Vorrad (die Ernennung eines
zweiten blieb rückständig), von Wismar Johann Manderow
und Berthold Kalsow, von Rostock Johann Bomgarde und Jo-
hann Nacbtrave. Auch der Greifswalder Ernennung blieb ver-
1) H. ja. I, B. 440 A ( 18. DieM EMtimmiing hat doeh wohl nur d«n im
T«xt ADgenommenen Sinn ; denn jeder Solddienit thnende Ritter hatte doeh
wit Itr aehM WaAn, so aveh fHr tein Pferd in eorgen. SO Pferde anf 100
wireo aenat Ja auch bei der groiaen 2ahl der Schwerbewaffiieten viel
weaif.
2) ebd. I, D. 440 A ( 10.
8) ebd. I, n. 440 A § 8.
80*
46& XIV. Per nreilt Krieg
schoben; Edberg und Stargard weiden nielit erwilmt. Der
lObecker Bürgermeiater Bruno WarendcNrp, deeaen ^ame das
Stichwort für die ruhmreichen Knogß der Hanae, deaaen Fi-
gur, in Wort und BUd von modemer Sage neu gestaltet, der
Repräsentant des reisigen Kaufmanns" gewordea ist^), war
der Oberanführer nicht bloss der wendischen, sondern dv
ganzen städtischen Kriegsrttstung. Er hatte schon im ersten
Kriege der Städte gegen Waldemar gedient*). Unter seiner
Oberleitung standen die Rathsherren der Städte des Oatens
und Westens, die ihre Kontingente jetzt übar See in Feindes-
land führten *).
Am 9.) spätestens am 16. April, sollte die ganae Macht
der Ostsee-Städte am Oellande zur Abfahrt bereit sein^).
4) Dänemark und Kdnig Waldemar vor dem sweiten Krlaia.
Gregenflber diesen für jene Zeit bedratenden Baatungen,
gegenüber dem festen Binge von Bündnissen, der sich wie eil
beklemmender Gürtel rund um die dänischen Lande legten
sollte man denken, habe auch Waldemar das Seinige gethaa,
dem drohenden Sturme zu trotzen. Gespannt richtet man m-
nen Blick nach dem Insebreiche und erwartet den rOhrign,
bisher doch keineswegs verzagten Dänenkünig in rüstigw V<«^
bereitung zu sehen zum energischen Widerstände. — Nichte
von alle dem; Waldemar macht nicht einmal den Versuch,
mit den Waffoi in der Hand der Gefiethr zu begegnen. Er ver-
lässt sein Beich, noch ehe einmal ein bansisdier Wimpel in
1) Lab. Urkdb. HI, n. 485.
2) Maotelf in d. Hans. Geschbl. 1871 , S. 188. Dort wird auch naoligt-
wiesen, dMs es falsch Ist, einen Unterschied m machen swisohen dem Bfir-
germeister und dem Hauptmann Bruno Warendorp.
3) Nur gelegentlich erfahren wir die Mamen yoi^ Bathsbennaii aadeier
StAdte, die einen Befehl im Kriege Übernommen hatten, so Hermann von Dül-
men von Thom (H. R. I, n. 487), Bernhard Hoppener von Riga (ebd. ■. 497
8. 458, n. 500), Johann Hund yon Zierixee (ebd. n. 495 u. 496 § 10).
4) H. R. 1, n. 440 A § 9.
gegmi WaldwiMr. 460
den dtnüielMSik Gewissem sich blicken lässt, und rieht hin-
über nach Deatschland , um bei firemden Forsten Hülfe zu
sudieii.
Eb ist das eine so rftthselhafte Handhmgsweise, dass man
erstaiait nach den Ursachen firagt Aber nur ungenag^id ver-
mögen wir auf eine solche Frage zu antworten. Schwerlich
kaan man Waldemar den Vorwurf der Feigheit machen; denn
eb^eich diese Eigenschalt oft nahe zusammen wohnt mit Härte,
üebermuth und Gtewaltthätigkeit , die der Dänenk^taig in so
rekhem Masse bewiesen hatte, so war das doch nicht bei
Waldemar der Fall. Wenn er das Spiel verloren gab, in glei-
cher Weise wie der ihm so ähnliche Christian IL anderthalb
Jahrlnmderte später, durch schimpfliches Zurfickweichen mit
driem Schlage aufopferte, was er in langem, mflhevoUem Rin-
gn per fas et nefas erworben hatte, so fehlte es ihm dazu
gewiss nicht an triftigen GrOnden. Aber wenig mehr als Ver-
ttuthongen kOnnen wir aussprechen, wenn wir dieselben an-
sqgetben versuchen. Die Geschichtschreibung lässt uns so ziem-
Heh ganz im Stich; Ui^unden giebt es nur wenige; man muss
ridi begnügen, aus einzehien Andeutungen schwankende Schlüsse
sti ziehen.
Wir haben oben ^) an der Hand der sogenannten Fort-
aetsung der seeländischen Chronik verfolgen kftmen, mit wel-
chen Mitteln Waldemar die kOnig^che Macht zu stärken und
zu befestigen strebte. Sonderrechte und Privilegien galten
ihm wenig. Ob er auch in den 60er Jahren auf diesem Wege
weiter ging, darüber fehlt es uns an sicheren Nachrichten, aber
wenn man Waidemars Charakter und seine Haltung in der
äusseren Politik erwägt, so ist allerdings dne grosse Wahr-
seheinliehkeit dafür. Einige Zeugnisse erheben diese Wahr-
scheinlichkeit fast zur Gewissheit Jene oben (S. 178) ange-
1) 8. 158 ff.
470 ^^* i>v ^^^ ^^^^
führte scharfe Verurtheilimg Waidemars in der lundeoer Bis-
Üiums-Chrcmik wird mitgethdlt zur Geschichte des Enä>i8chofii
Nikolaus, der erst 1361 zu seiner Würde gelangte, besrieht
sich also wohl vorzugsweise auf die spätere BegienmgSEeit Wai-
demars. Sie tritt in zwei späteren historischen Kompilatio-
nen,. Ableitung^ der Bisthums-Chronik^), auf mit den An-
fangsworten ^Waldemarus quum redüsset de curia^, wird also
hier ausdrücklich in die Jahre von 1364 an verlegt. Mit eben
jenem Erzbischof Nikolaus gerieth der König in heftigen Streit
Er bemächtigte sich gewaltsam des erzbischöflichen und des
Kapitelssiegels und besiegelte damit gewisse Briefe, die „den
Freiheiten der Kirche entgegen waren^^'). Schon mehreren
seiner Vorgänger war der Streit mit der Kirche zu schwerem
Nachtheil ausgeschlagen; auch Waldemar wird seine SteUnag
tfuf diesem W^e nicht gefestigt haben. — In einer Uriomde
vom Mai 1367 überlässt ein Jute dem Könige Güter und fügt
ausdrücklich hinzu, dass er das freiwillig thue, nicht im Bkxk
und nicht in eisernen Ketten ^). Suhm meint, dass man ans
diesem Zusätze gerade auf das Gegentheil schliessen möchte^
und man kann ihm darin wohl Recht geben. Schwerlich war
es eine Politik der Versöhnung, die Waldemar dem leicht auf-
sässigen jütischen Adel gegenüber befolgte. Und doch hätte
nur eine solche Waidemars Macht kräftigen, das unter ihm
neu erstandene Beich festigen können. Hatte des Ktoigs Stie-
1) Bei Petrus OUi, Lgb. I, p. 185 und daiu Lgb. VI, p. 829.
2) Lgb. VI , p. 681 (Chr. episc. Land.) : ValdemaruB Rex violenter accepit
sigillnm capitoU Lnndensis et ejnsdam domini Kicolai Areluepifteopi et sigü-
Uvit certas Utterat eisdem invitie contrm Ubertttem eeoletie. Dm kami mu
nach 1868 gewesen sein. Nikolaus ward erst 1861 Ersbischof; bei der Hoeh-
seit Hakons mit lUrgareta hielt er seine erste Messe, ebd. VI, p. 688 an 1868.
8) Suhm Xin, 687: Mec tnuicatiim, nee fisrrea cateoa aggravatm. Od«
soll „tnmcatam** hier gar etwa ,, verstümmelt'* heissen? Am 8ft. Jud 1867
entlftsät Waldemar deatsche Söldner (Reg. bist Dan. I, n. 8584 und 8686).
Wosa er dieselben verwendet hatte, wissen wir nicht. Im Mai hatte er sich
in Jütland aufgehalten. Hatten sie ihm dort yielleicht gedient?
gtgui Waldflouur. . 471
boB tnits aller BAdmohtsloeigkeit und Gewaltthätigkeit eine
innere Berechtigang, so lange es in erster Linie darauf ge-
richtet war, die alten Bestandthale des Beiches wieder her^
beisrabrii^^, die Macht der Fremde im Lande zu brechen,
so Terimr es diese gänzlich in dem Augenblicke, wo es anfing,
dm Bestand der Nachbarstaaten zu bedrohen, Handel und
Verkehr auf mathwillige und frivole Weise zu stören und da-
bei jenes scharfe Begim^t im Innern, das sich nur unter
efaier Voraussetzung rechtfertigen liess , unverändert beizube-
halten. Wie Christian II. nach dem stockhohner Blutbade
woBste auch Waldemar Atterdag auf dem Höhepunkte seiner
Madit nicht innezuhalten mit seinen HerrschaftsansprQchen
nadi anssen hin, nicht umzukehren auf der Bahn seiner in-
w&tü Politik. Das f&hrte zu seinem und — seines Landes
Verderben.
Denn selbst unter den günstigsten umem Verhältnissen
wären die Kräfte Dänemarks in der zweiten Hälfte des 14
Jahrhunderts doch keineswegs ausreich^d gewesen, die Pläne
der grossen waldemarischen Zeit wieder aufzunehmen. Sehr
tid ungOnstiger als damals lagen doch jetzt die Verhältnisse
für das Nachbarvolk. Damals gab es noch keine hansische
Flotte in dar Ostsee, an Weichsel, Pregel und DQna noch kei-
nen deutschen Ordensstaat mit blühenden Städten. Die Schaum-
barger, die Erbfeinde des dänischen Reiches, nahmen jetzt eiM
ganz andere Machtstellung ein als damals ; statt schwacher
Wenden sassm tapfere Fürsten und sedoAftige Städte in Pom-
mern, Rogen und Mddenburg. Wenig hatte es zu bedeuten,
daes Waldemar sich noch König der Wenden und Lehnshor
von Rostock und Rügen nannte. Auch im eigenen Reiche war
der König nicht in dem Masse Herr wie einst Waldemar der
Sieger und sein Bruder Knut Theüe von Norcljütland und
Fttnen waren noch immer in den Händen der holsteinischen
472 ^^^' ^>^
Gnfen^). In Söd*Jatl«id bat» WildMür svmr grtewre
Madil als irgend dn dänischer Kteig in den ktaslen hundert
Jahren, aber doch hatte der sdikBirigBche Herzog noch ha-
mer festen Fuss im Lande, hatte Yor allen Dingen Nichts foa
seinen Ansj^rOdien aa%egd>en ond war stets bereit, sich xor
GeHendmadrang derselben an die hobteiniachen Gmfan an-
nBchhessen. Dasa wtaea Add und Oejaflichkeii im Lande
weit miditiger als Yor anderthalb Jahriiondertm, ond WaUe-
mar hatte in ihrer Behandlnng weder grosse Kla^^beit noch Vor-
sicht geidgt Dem gegenüber konnte die Eroboimg Gotlands
vnd festländischer Landstridie Schwedens kaom ins Gewicht fid-
len« Es bitte der ganz^ angespannten Kraft des klonen Landes
und des festen Zosammenstdiens Yon Kteig und Vdk bednrfi,
der jetzt drohenden Gefahr zn widerstehen. Gerade im Ge-
gentheil war aber das Verfaältniss zwischen Herracker mri
Unterthanen auf keinen Fall ein sehr firamdlidies, und die
Kräfte des kleinen Landes warra durch das AussangesjstiB
des Kteigs an& Aeusserste orscbdpft
Im Lilande <^e die Mittd zum energisdien Widerstände^
musste sich Waldanars Blick nach aussen richten, und olne
Zweifel hat er Yon dorther auf kräftige Hülfe gdmflt Nickt
umsonst hatte ear ja auf weiten Basen und mit grossen Kostoi
das Vorhältaiss zn den Häuptern der Christenheit, zu Kaiser
und Papst, und zu manchoi Fürsten gepißgL Mit dem Hii-
weis auf diese Yersuchte er ja auch , wie wir gesdien habettf
die Städte euizuschOchtem *). In Deutschland fehlte es ihn
nicht an Freunden, w&an auch die mächtigsten unter seinen
Nachbarn ihm feindlich gegenüberstanden. Da war sein ixeoet
WafC^genosse Herzog Erich Yon Sachsen, der ihn auf allen
Kriegsfahrten begleitet, seit mehr als zwanzig Jahren an aUen
1) Vertrag sa Kolding rom 7. Jali 1365, Salim XUh 557. Wegen Sreod-
borg anf Fftnen vgl. H R. I. n. 272.
%) H. R. I, n. 487 § 9 ; s. oben S. 439.
gigttt WaMMMV. 473
Gcüdudmi de» dänisdien Reiches und seines Eftiigs Antbeil
genottmen hatte. Auch Graf Addf von Hdstein stand seit
ebdgen Jahren auf Waldemars Seite, hatte seine Freundschaft
dorth die Vermittlung des alhofaner Vertrags bewiesen ^) ;
ekenso hidten die pommerschen Fftrsten, sowie der Horsog
WiAelm* toh Lttneburg zu ihm. Lflbeck bat den Kaiser, diese
LeMaran zu ermahnen , dass sie nichts Feindliches gegen die
Sddte unternehmen mochten '). Ausserdem war^ Markgraf
Otto ^on Brandenburg, der Bruder von Waidemars Schwa-
ger, und KOnig Kasimir von Polen ihm wohl bekannt und be-
freundet.
Aber diese Hoffiiungen sollten sich als ziemlich trQge-
liseh erweisen. Erich von Sachsen und Adolf yon Holstein,
die nftehsten Stützen des dänischen Königs, waren mitten zwi«
tdMD seine Gegner eingeschlossen und wagten nicht, entschie«
dn ftlr ihn aufzutreten. Beide mochten einsehen, dass Wal«
donar nicht zu helfen sei, wenn er nicht durch Entgegen-
kommen seine Femde versöhnen könne, und zdgten wenig Nei-
gong, für den Uebermuth und die Unbedachtsamkeit des D&-
MBkönigB in die Bresche zu springen. Sie beschrankten sich
Ariier auf Vermittlungsversuche '). Erich von Sachsen hatte
zu L&beck 'ohnehin von jeher in einem freundlichoi Verhalt«
Bisse gestanden, und er zeigte auch jetzt keine Neigung, das^
selbe zu brechen. So kam ein Abkommen zu Stande, das
Bodi weitor ging als jenes im ersten Kriege. Erich verspricht
den Stidten, dass keiner seiner Unterthanen und auch kein
Fremder durch seine Lande dem Könige zu Hülfe ziehen solle;
1) Obn S. 418.
t) LAb. Urkdb. IIl, n. 649 S. 696.
8) DArmnf daatet hin Ar Erich von SachaeD H. B. 1, n. 415, wahrschein-
Beh tmi Uia m besiehon , tta Adolf von Holstoin seine Beise nach Dänemark,
wm dm «r aleh von- liUbeck im Mamen des Hersogs von Meklenbarg und des
Grafen Heinrich fttr die Zeit vom 9.— 86. Mlrs Oeleil «rtheilen liest, Lfib.
Urkdb. m, n. 646.
474
vmBdKn iluiiiid d« Stidtoi adle Uar n LiMte smi Juki»
lug lollkoiiiiiieMr Friede nam. i%, er wMiwwt aach ■&
Hocioge ym MMßB^bmg md da hoJrtrniiBclifn Gnioi
gjMdmi Yertn«;^; imd Labedi fthwnJMrt m. aach vit Gnf
Adolf iroa Hebleni ein ÜmlidM» Aktkammim m Udfan, dai
köAßl imbiBdienilidi n Stude gdmanoa iit'). Um
andi die poiuMraches BenOge umi Zuzüge ibnlHdteB,
Ende Febraar Straboad md Gieiimdd beairfbra«!, 8cki(h
¥Qr die Peese n kgea *). Bogislaw tobi WolgaBi ackloaB ach
sogar» wie wir Mdi adiOB werdes, den Slidtw «ad dea Mek-
kaborgem an.
So war amidBl jede Hofino« aaf Hilfe flir Walirwir
abgeadüitlai, den der Kaiaar« wam iborkaopt geauigi wad
iB Slaade n kdfea» war ia weüer Ferae airf dcai Zaga aadi
Itafiea gegea die Viaeonti; dea n^slaB Datcntttna« bedaa-
lele waug aad mi dea Freaadai ia Duatacbiaad rttrta aidi
kfliaer. Die baaTJarhr Flolla aber fcoaala jedea
losi^Iagea, aad ia aeiaeai Bekte iaad Wi
Mittd ihr aa witaatalHBL fii
adbe za iraiiaasea. Schoa njinml hatte ihs eia
Yerfihraa gate Fittchle gelragea. Ab er Ende 1363 dUt
rar Ahlanf das aul dea Slidlaa garifhlMiraM Wi
db Uatahaadk^ea mak da Slidtea gdeüat W
eaaent ao, ea waMUfi aeni wavae, aniagacae
za eriaagea and die Stidte aul gatea
h9h. Trk. HL ■. MS 4 M^
gtgM WakUnar. 475
halt«« Ohne Zweifel fohlte ee ihm auch nicht an souveräner
Verachtmg gogm ijUese Krämer, die mit einem Kfoige Krieg
Ükna woUten» Ist der ihm in den Mund gelegte derbe Spott*
veiB von den ,J7 Hensen^^ und ihren „77 Gftneeoi^^ auch nicht
antheotiach, die Gesinnung drückt er jedenfalls aus, die Wal^
demar erftUte. Sich gerade von diesen Städtern etwas ab-
trotMD lassen, musste ihm besonders empfindlich sein. Am
Ortodoniierstage dem 6. April 1368 verliees er Dänemark,
wie die Ghnmik des lundener Erzbischofe sagt, „wegen sein^
Vertnredien, getrieben von göttlicher Rache, aus freien Stflckmi,
ohne dass ihn Jemand verfolgte^^ ^). Er wandte sich zunächst
nach der Oder zu seinen Freimden, den pommerschen Her-
zögen. Seinen alten treuen Diener Henning von Putbus hatte
er ab Beichsverweser an der Spitze des Beichsraths zurück-
gilaaeen.
Es war eine ebenso kurzsichtige wie unkönigliche Hand-
tangHweiBe, der Waldemar sich schuldig machte *). Dass die*
aar Schritt auf die Zeitgenossen, Freunde wie Feinde, einen
wiehtigen Eindruck machte, kann nicht bezweifelt werd^.
A1»r die Geschichtsehreibung lag damals im Norden so dar-
■ieder, dass uns selbst in den zeitlich nächststehenden Quel-
In kein einaiger chronikalischer Bericht erhalten ist, der we*
SMlMch Aber die blosse Erwähnung der Thatsache hinaus«
ginge. Später hat dann die Sage auch diesen wichtigen Mo-
awnt aus Waidemars Geschichte reich mnwoben. Dänische
Qnelka und die hdsteinische Chronik lassen den König flie-
1) Lgb., Ser. nr. Dan. VI, p. esi : Qai taman Bez ob dMuerito, nkione
iMu^ «rgtnte, M ipMun a ngno upvlit namina prosaquaata sab anno Domini
lata in €wa Damini
i) 9mkmtf dar barfilnnta dlnisoha Hiatorikar daa yoHgan Jalarhandarts, thnl
Uar oiiM Aaoaaanuif , dia bai onMni jatsigan Baaiahangaa an dan ftamniTar-
wmnikm Maahbarn nicht ohna Intaraaaa ist. Er aagt : „Groaabarsigar handalta
PftMMM Friadrieh, wann ar antwadar »iagan odar als Kdnlg aterban wollta**.
HantBtttaga wird Priadrfeh dam Ckoaaan im Norden kalaa lo nnbaam^wa Wir-
•u TbaiL
476 ^^^^? ^^ tfnilib Krieg
hen, um der ihm dn^nden yergiftung durch Personen in
seiner nächsten Umgebung zu entgehen; Komer ensililt, die
Hansestftdte h&tten mit grossem Oeschidc die FOrsteo gegm
Waldemar aufgebracht Uns k(3nnen B<dche ErkUürmigen nur
den Beweis liefern, dass audi ihren Urhebern adion Waide-
mars Handlungsweise schwer verständlich war. Bediente sid
doch, um dieselbe zu erklärai, schon die zettgenOssische CSuronik
des limdener Erzbisthums des Motivs der göttlichen Bache;
reale OrOnde vermochte schon sie nicht zu entdecken; ihr
schien Waldemar „aus freien Stocken ^^ sein Reich zu ve^
lassen.
5) Das ante Jahr dos S^rleges (1808).
So ziemlich der getroffene Verabredung gemäss sdieint
der kriegerische Angriff auf Dänemark ins Werk gesetzt zu
sein. Um Ostern sammelte sich die Schiffe der wendischen
und preussischen Städte am Gelland ^) , und noch im April
muss die hansische Flotte voa dort aus in See gegangai sefan.
Sie zählte 17 grosse und 20 kleinere Kriegsschiffe und hatte
wohl 2000 Mann gut bewafheter Landtruppen an Bord. Mit
Reiterei und Artillerie war man wohl versehen; es war ehie
fQr Zeit und Umstände nicht unbeträchtliche Waffienmacht
Die Städte hatten, wie sie später behaupteten, wohl ein Drit-
tel Mannschaft mehr gestellt, als sie versprochen*).
Der erste Angriff richtete sich auf Kopenhagen, auf das
die Hansen es schon lange abgesehen hatten. Am 2. Mai fiel
1) Dasb das wirklich so aasg^eftthrt wurde, geht mu L&b. Urkdb. I« n. 728
heryor (die StAdter hatten am Qelland Hols verbraucht, das Bftrgem tob Bar-
derwyk gehörte). Vgl. H. R. I, n. 496 § 7 n. Lfib. Urkdb. m, n. 70r Nach
UrkdL Gesch. II, S. 641 (H. R. UI, n. 808) scheint es, als hltt« deh die
Preussen mit den Niederländern bei Marstrand gesammelt : „Des schal en yewel,
de dor den Norstond wil seghelen, tho der vlote der van Pratsen, Campen
unde van der Zudersee tho Mastrande etc.". Das widerspricht aber den Be-
stimmungen der kölner Konföderation, ygl. H. R. I, S. S74.
2) H. R. II, n. 49 § 2.
477
Fette in ibre BAnde ^). Der UaSea wusde durch Versen*)
kuDg VQB fiddffeA unbrauchbar gemacht*), das Schloas aber
nicht» wie ea urq^rOngUch verabredet war und auch noch jetst
emogan wurde , zerstört, sondern zunächst besetzt gehaltw
und aum Mittdpunkt der hansischen Kriegsoperationen ge-
Muirt*). Die Stadt scheint man aber schon jetzt dem Erd-
bodflR gleich gemacht zu haben (AUemannid HafiKaisem vil-
lain tfanditus desolabant).
Yw Seeland wandte man sich hinüber nadi Sdionen. Kfr*
aig Albrecht von Schweden scheint pünktlicher zur Stelle ge-
wesen zu sein als seine Vorgänger Magnus und Hakon, die
früheren Bundesgenossen der Städte. Schon im yorig^ Herbst
hatte er mehrere M<mate lang Borgholm auf Oeland belagert^)
und Feste und Insel damals wohl auch erobert Zwei Jahre
iifitiTr war dn Schwede, Erich Karlsson, dort „praefectus^S Kann
mm allerdings recht späten Nachrichten^) glauben, so er-
oberte Albredit 1368 nach einand^ Falsterbo, Skanör, Ystad,
(Saibriahamn und Lund. Vor Falsterbo, Skanör und Lund
sind jedenfalls auch Städter gewesen, denn sie machten dort
Geiuigene^). Wahrscheinlich hat man also gemeinschaftlidi
in Schonen gekämpft Bis zum Juli hin scheint der gr(ysste
Theil der Provinz erobert gewesen zu sein, darunter die wich-
tigen Plätze Falsterbo (noch am 17. Juni in den Händen
1) Lgb., Scr. VI, p. S7S and VIII, p. 648.
t) H. B. I, B. 469 t 4 n. SS. LttlMck sahlt Ar 9bk Schiff la diesMi
Zwuk» 8 Pftmd Grote ▼Umtsch, die barMlmet wtrden ta lt^\^ J^. Ifib., di«
Pmumh Ar 8 Schiff» 48 Pfd Qroto ▼Um., berechnet tu 888 4^ Iftb.
8) H. B. I, n. 468 ( 11 n. 478 ( 10.
4) Srenaka B. A. P. I, n. 787, H. B. I» n. 486 (Tom 81. Aag. and
16. Not. 1867); St. R. A. P. I, n. 807 Tom 11. Not. 1869.
6) HTitleldt I, 643 ; Meesenios , Scondie illattroU III, p. 86.
8) Mb. Urkdb. UI, n. 686 : Dit lint de Tenghene , dey gheransben wor-
den TOT Landen nnde vor Valtterboden. Die bei der Kinnehme von Sfcante
gwniuhten Qeliuigenen find tpiter in den HAnden Stnüanndt, ebd. I, n. 488
478 XIV. Dir twoiltt Krieg
der Dfinen)^), und SkanOr, da&B Malmö wd Werpinge (jetst
Trolleberg in unmittelbarer Nähe von Land, dmniis festeg
ScUoss) <). Am 25. Jnli best&tigte König Albredit in Fal-
sterbe das BttndnisB mit den Städte und die FraOieitan dor-
selben , sdienkte mehreren StAdten neue Vitten imd besti*
tigte alte '). Im August sdum konnten die vendiBcheä StAdle
zu Wismar über die fem^ne Besetzung d^ festen Plfttse in
Schonen berathen, die ihnen vertragsmässig zustand^). SdM«
zwei Monate früher, am 14. Juni, hatten die stfidtischeD Haupt-
leute zu Kopenhagen in dem Gefühl, die See vollkemmai n
beherrschen, den Kaoff ahrteischiffen Uilaub gegebmi zu segeln,
wohin sie wollten *).
Von Schemen aus unternahmen die Stftdter zusammen mit
Herzog Albrecht yon M^enburg und Graf Heinrich T<ni 'Hol-
stein einen Zug nach Meen, Falster und Laaland*)^ kuA
hier hattoi sie Erfolg. Am 15. August ergab sieh *Henmag
Alderstorp auf Nykjebing dem Herzog Albrecht unter deit Be*
dingung, dass das Schloss von ihm und Vicko Moltke verwal-
tet werde; nur wenn es K5nig Waldemar gelingen sollte^ dfli
Herzog mit Waffengewalt aus dem Lande zu vertreiben, soBte
1) Lüb. Urkdb. UI, n. 656.
1) H. R. I, n. 479 § 39.
8) Lflb. Urkdb. ni, n. 662 u. H. R. I, u. 458 ff. In der Urknnde n. 45S
werden die Städte Amsterdanif EnkhuUen , Wierin^a, Briel , Stayorett , Hinde*
lopeii, Harderwyk und Kämpen nicht genannt. Sie Ussen sich ihre Privilegien
besonders besULtigen (n. 464—468). Geschah das, weil sie an den Reektea
des deutschen BLaufmanns im Auslände sonst keinen Antheü hatten, also keine
Hansestädte waren? S. oben S. 449 A. 1.
4) H. R. It n. 475 % 1. Aach Kopenhagen wird nur ▼on Ihren HluipC-
lenten gehalten, ebd. n. 469 § 11.
5) ebd. I, n. 467.
6) ebd. II, n. 49 $ 8. Detmar fasst sum Jahre 1869 die Brlblge des
ganten Krieges snsammen: De koplnde (van der DndesdMn HaiiM)' wanoen
do Copenharen, Helsingore, Valsterboden , Schönere, Nykopingfaen «nde Als-
holm. Helsingborg ist hier, wie sonst liäufig, mit Helsingör gemeint, s. H. R. II,
n. 48 § 4 u. 49 § 4, auch I, n. 238 § 8, 9 u. 13.
dw ScUoss bei Waldemar bleiben >)• Unter älmlichen Bedin-
gmgen kamen die festen Burgen Laalands, der Alholm au
der SttdkOste bei Nysted und die fiavensburg, in der Norder-
harde am Meere gelegen, in die Hände der holsteinischen Gra-
te Hemrich nnd Klaus. Jenen übergab am 8. September der
Bitter Kanten Kule, diese, vor 33 Jahren von Graf Johun
criiMt, am IL desselben Monats Hartwig Hummersbüttel aus
tei beknmrtwi holsteinischen Geschlechte. Eine Wartefrist ward
fweinbarl, bevor die neuen Besitzer ihre Herrschaft antreten
tBÜten. Bis zum 1. Mai des nächsten Jahres seilten die bei-
doi Genannten und alle andern auf der Insel begüterten Adli-
gm sich erklären k5nn^ ob sie unter Hdnrich und Klaus im
Beaits ihrer bisherigen Lehen bleibe oder die Insel verlas-
Mi wollten. Auch der Fall, dass Waldemar nodi einen Ver*
machen sollte zur Wiedereroberung seines Königreichs,
vorgeeehen. Wenn er zwischen dem IL und 18. Mäns
des nächsten Jahres streiten wolle, solle den Rittern gestattet
Wfbkj ihm Heeresfolge zu solchem Streite zu leisten: eine ritter-
lidie Art der Verabredung, die doch auch schon in jener Zeit
ucht mehr häufig ist*). Den beiden lüttem mag doch wohl
for altai Dingen darum zu thun gewesen sein, im Besitz ihrer
Lehen zu bleiben, auf alle Fälle ans dem Streite der grossen
Herren unbeschädigt hervorzugehen.
Nahezu zwei Monate, vielleicht länger, scheint diese Ex*
pedition gedauert zu haben. Wind und Wetter erschwerten
die Rückkehr nach Schonen, zerstreuten die hansische Flotte;
doch fand sie sich wieder zusammen. Wahrscheinlich auf
dieser Expedition ist Herzog Albrecht erkrankt oder ver-
wundet worden *). Die wendischen Städte erklärten sich am
IQl August damit einverstanden, dass er zurückkehre, wenn
l)*PHHl im Bepertorium FAbridanam, CMitl. Havpl-ArchiT ni Schwerin.
DwT«it Mut
t) H. E. I, ■. 477 «. 478.
S) «bd. I, n. 47fi i 10.
480 ^>^* i^ >v«te iEriflg
er drüben nicht genügende ftnitliche Hülfe fiüidfi, und statt
seiner sein Sohn Heinrich hinübergehe. Im Okiober finden
wir dann auch dies^ bei seinem Bruder Ktoig Albrecht, be-
reit, mit ihm gemeinschaftlich Ootland anzugreilaii^).
Inzwischen hatte auch N<Nrwegen die Stärke der hanftiariMMi
Macht gefühlt. Die Niederländer sind, wie es scheint, etwas
später in See gegangen als die Osterlinge. Erst am 11. Afit&
wurdep die Söldner Deventers nach Harderwyk geführt, und
erst in der zweiten Hälfte des April scheinen sie sich dort einge-
schifft zu haben * ). Bei Marstrand sollten nach der YerabredniK
die Niederländer zusammenkonmiw und ym dort gemeinschaft-
lich nach dwi Sunde s^dn. Auf dieser Fahrt, scheint es^
haben sie, vielleicht unterstützt von einigen Schiffen der Oster-
linge, die langgestredcten norwegischen Küsten angegriflbn und
mit Raub und Brand heimgesucht^). Vorzüglich hatten die
Gebiete an der Mündung der Göta-Elf , wo die Niederiänder
1) H. R. I, n. 479 % 19.
2) ebd. lU, n. 297 § 9 u. 3, n. 298 { 1 o. 12.
3) Ob die Niederiftnder allein , auf ihrer Fahrt znr Vereinigung mit 3cr
Ostseeflotte den Angriff auf Norwegen ausführten , oder ob derselbe giifi
schafUieh mit dieser spfiter vom Suade ans unternommen wurde, Hast tleli ■■
den vorhandenen Nachrichten nicht mit vollkommener Sicherheit bestiauMB.
Fock (III, 204 Aum. ***) hftlt das Letztere fUr wahrscheinlich, doch sebsiat
mir die erstere Annahme mehr für sieh tu haben. Denn der Angriff aif Her-
wegen fand in der Zeit von Hitte April bis Mitte Juni statt, dm am 24. Joai
der König von Norwegen schon um Frieden nachsuchte (H. B. I, n. 469 { 24).
In dieser Zeit aber konnte man wohl kaum ein €(eschwader Töm Sonde nt-
senden, denn erst am 14. Juni fühlte man sieh auf der See genügend Xeistir,
um die Kauffahrteischiffe frei segeln lassen su können (H. B. I, n. 467), am
17. Juni war Falsterbo noch in dänischen Hilnden (Lüb. Urkdb. III, n. 656).
Man hatte also am Sunde noch voUauf sn thun. — Für die Anaehaie dncr
Betheiligung einiger Schiffe von der Ostseeflotte spricht aUerdlngs die Angabe
Ilakons, dass Bergen mit 10 Schiffen angegriffen worden seL Die aiederlin-
dliche Flotte sfthlte nur 6 Schiffe. Doch können auch klefaiere Sel^fib diese
btigleitet haben, die, wie die Schuten und Snikken der wendischen Städte, niel)t
welter erwähnt, von den Norwegern aber mitgezählt wurden; möglich anck,
daiiM sich Kauffahrteischiffe an dem Angriffe betheiligten. Vgl. oben S. 476,
A. 1.
g«gtn WaldMlAT. 481
aich sammeltai, und die Südwestküste 0 9 damals die ent-
widttltsten und bevülkertsten Theile Norwegens, zu leiden.
Manfcnmd mit Schloss, Kloster und Kirche wurde niederge-
brannt, ebenso Kongelf und LödOse; die Inseln Thiom, Bbt
hofan, HiBing und andere, eine Menge Dörfer in jener (jegend
worden geplündert und verwüstet An der Südwestküste lit-
tn besonders die Distrikte Agdesiden, Jäderen, Sognedal und
^iyika Bergen wurde mit 10 Schiffen angegriffsn, der feste
faiMjgHiAA Hof theils niedergebrannt, theils gebrochen. Auf
SeOOO Mark Silber (über 2Vs resp. gegen 14 MilL Bm.) be-
redmete Hakon sp&ter seinen Schaden*). Die Verwüstung
war um so vollständiger, als die hölzernen Häuser sich leicht
vdlkommen vernichten Hessen, in vielen Fällen auch als will-
kommene Beute zur Befriedigung des HolzbedarÜB entführt wur-
ksL Klagen über Raub von Häusern durch deutsche Kauf-
loote und Schiffer wiederholen sich häufig genug in der nor-
wegischen Geschichte.
Zu (Reicher Zeit kämpfte in den westlichen Gebieten Däne-
maite Graf Klaus von Holstein mit den jütischen Adligen
gogen die Diener des Königs. Sie scheinen wenig energischen
Widerstand gefunden zu haben. Mancher Jute mochte sich
den königsfeindlichen Landslenten und den im Lande wohl-
bekannten holsteinischen Grafen anschliessen *). Die Holsteiner
durchzogen mit ihren Bundesgoiossen ganz Jütland bis an den
Lim^rd und darüber hinaus. In Wiborg bestätigten am 20. Mai
die Grafen als „Herren Jütlands ihrer Stadt lUpen^ alle Privi-
1) Pöckt BcBcrkaof , dMs tos d«r OdU-Elf B^rdlicb bit lUp WAmA^^^^ ^y
Klüt lespMbidtrt wwd, ist nkht gBBX richtSf . VU Pllaacnuf tnUtkU »idb
■lekl Mf dUM Oeseod. loadmrB tmt dU Odl*-Klf-MlB4aiif mmd 4W KltC* Mrd-
wtididl TO« Kap LindctBit.
f) H. E. n, B. 4 I If ■ 40: rsl. 4W Ibrigm H- näkom abcki im
WhgM kricfetifcbt ABfriflie mmd «oMtfft AMtcWtfta»fMi bvat dmt^
Dm AagrW mat B«rfeB stellt er nU outtea hi Wrimdtm cssctufcsa 4w.
S) H. E. I, ■ 4Cf f tt
r. Di. If-n^r. ,1
482 ^^- I>«r iwiBito Krieg
legten und gaben derselben vollkommene HandebfreOieit in
„ihrem ganzen Beiche^S aufiEsdlender Wdae auch Zollfieiheit
auf den Märkten von Skanör *). Güter der Gegner verschenkten
sie an ihre Anhänger. Fast scheint es, als wollten sie die
Pläne ihres Vaters wieder aufnehmen, ja sich, gestützt auf den
jütischen Adel, auf den verlassenen Königsthron setzen. Das
Haupt der Aufständischen, Nikolaus von L^nbek, verpfiLndete
am 6. JuU „die känigliche Gerechtigkeit zu Sipen, genannt Z(dl"
an einen Bürger dieser Stadt*). Widerstand scheinen nur
Aalborg, Eolding und Skanderborg, vielleicht auch Randen
geleistet zu haben; Mitte September lag Klaus im Lager vor
Aalborg ; es war in jenen Tagen, da sein Bruder Heinridi sich
zum Meister von Laaland machte').
Nodi aus den Tagen Gerhards des Grossen war Ffinoa
zum Theil in holsteinischem Besitz. So gab es keinen Theil
des dänischen Reiches mehr, der von den Feindai freigeblie-
ben wäre. Widerstand war geleistet worden — die ^JMener
des Königs" hatten sogar Gefangene gemacht^) — doch war
derselbe zerstückelt und ohne Zusammenhang geblidi>en, wit
es sich bei der Abwesenheit des Königs kaum anders e^
warten liess; und ging, so weit wir ericennen können, nur von
Waidemars mindestens halbdeutschem Lehnsadel aus, dessen
ganze Existenz auf ihn und seine Herrschaft gebaut war. Das
1) Snhm XUl, S56.
2) Suhm XIII, 616.
3) Hambg. Kämmereirechn. I, 101 su 1369: 36 fi, quando illi de Schowen-
borch et de Homborch, qoi fuerunt (com) domino Nicoiao comiti Holtsacie
ante castnun Koldynghe, ducebantor veniui Horborch. Schi. Holst Laseiibf.
Urkds. II, n. 216 S. 280; Suhm XUI, 625. — Oraf Heinrich besiegelt aUeia
„vor ans nnde vor nnsen broder greven Clawese'S H. R. I, n. 477 n. 478. —
Wegen Randers vgl. ebd. I, n. 522 § 14. Demnach wären Aalborg, Randers,
Nykjabing und Stege auf Meen in der Hand stAdtefeindlicher Herren gablieben.
War der Hauptmann auf Nykjebing vielleioht von dem fküheren Vertrage
zurückgetreten?
4) H. R. I, n. 475 § 6.
gtgwi Waldcmar. 4g3
emheiiiiische Element tritt fast ganz zurück, von einer Be-
theüigimg des Volkes ist keine Spur zu entdecken; j^e Frem-
den aber kämpften auch nur so lange, als nöthig war, um
ihren eigenen Rückzug zu decken. War der Weg frei, um mit
Sadk und Pack hinüber zu gehen ins fremde Lager, so hat
die dem Könige geschworene Treue wenig Bedenken gemacht —
Nor an einem Punkte war der Widerstand von Dauer und von
dnigon Erfdg begleitet; es war in dem festen und wichtigen
Helfliiigborg, das in jenen Tagen eine ähnliche Bedeutung
hatte, wie später Helsingör mit Ktonborg. Nur hier wurde
am Schloss des Jahres noch gekämpft, sonst stand das Reich
dem Feinde offen. Und dass wenigstens die Städte diese Ge-
legenheit, den geföhrlichen Gegner zu sdiwächen, nicht un-
benutzt vorübei^hen Hessen, beweist ihr Beschluss, „vorerst
for allen Dingen darnach zu arbeiten, dass man den Dänen
ikie Schiffe nehme'^ ^).
Dazu kam nun noch, dass Waldemar bald auch den ein-
zigen Bundesgenossen verlor, den er gehabt hatte, seinen
Schwiegersohn Hakon von Norwegen. Die Verwüstungen d^
Städter hatten das arme Land offenbar schwer getroffc». Ge-
rade seine fruchtbarsten Distrikte waren heimgesucht, und
ohne Zufuhr von aussen her vermochte es seine Bewohner
nieht zu ernähren. Die Noth musste aufs Höchste steigen, da
in den letzten Jahrzehnten der „schwarze Tod^ gerade in Nor«
wegen grauenvolle Verheerungen angerichtet hattet Am 3. D^
cember 1S71 gestattete Papst Gregor XI. dem Erzbitchof von
I^rontheim, 20 unehdich Gebome und 10 Priestersöhne zu
dispensiren und zu allen geistlichen Würden zu befördern, da
„die Geistlichkeit des Erzstifts, die zuvor aus 300 Personen
bestanden habe, nach dem grossen Hinsterben durch die Pest
1) H. B. 1, n. 469 § 12. Ein VerseichniM yon SchUto, wtleh« di« Bo-
itoeker den Dänen genommen haben, i&hlt 64 auf, UrkdL Gesch. U, S. 6fi8 ff.
Doeh bleibt sweifelheft, ob dewelbe sa diesem Kriege gehört.
31 •
484 ^^^' ^>^ swdto Krieg
nur noch 40 schwache und hinftllige Prieetw zähle^^^). Wie
mochte es unter dem übrigen Volke ausseien, wenn es so mit
den Geistlichen stand? So erfahre wir d^m sdion auf der
Johannisversammlung 1368 zu Lttbeck, dass Hakon auf eine
Sühne angetragen hatte*). Mit Zustimmung des Sdbweden-
königs wurde ihm ein Waffenstillstand bis Ostern (1. April)
1369 gewährt'). Die städtischen Hauptleute, Mitglieder der
Rathskollegien, wurden beauftragt, die fernere Y^iiandlongeii
mit Hikon zu führen, Bestätigung der früh^en Privilegi^
und Schadenersatz nicht nur für die Beschädigungen haasisdiar
Bürg^ und hansischen Eigenthums, sondern vor allen Dingen
auch filr die im ersten Kriege durch die Wortbrüchigkeit der
nordischen Bundesg^ossen verursachten Verluste zu fordeni.
Kopien der früheren Freiheitsbriefe und Verträge, besonders
des greifswalder Bündnisses vom 7. Sept 1361 wurdw ihnen
zu diesem Zwecke übersandt*). Um aber den DrQ<&er nicht
fahren zu lassen, stellte man für die Dauer des Waffimstill*
Standes die Feindseligkeiten allerdings ein, erhielt aber, das
Vericehrsverbot aufrecht und zwang schon dadurch das Land,
sich den Forderungen der Städte anzubequemen^).
So waren die kri^rischen Unternehmung^ der Städte
und ihrer Bundesgenossen fast überall von Erfolg begleitet
gewesen. Nicht am Wenigsten war dieser Eifolg wohl d^r
Umsicht und Rührigkeit zuzuschreiben, mit der sie geidant
und ausgeführt worden waren. Fast mehr noch als im Felde
bewährten die Städte aber diese Eigenschaften in Schutz und
Förderung ihrer Verkehrsinteressen. Wie im ersten Kriege,
so hielten sie auch diesmal mit aller Strenge darauf, dass die
1) Dipl. Nonreg. V, n. SOI; ygl. II, 409, V, 194, VII, 160, 229 a. 311,
dann Keyser, den nonke Rirkes Hbtorie 11, 240 ff.
2) H. R. I, n. 469 § 24.
8) ebd. I, n. 475 § 14.
4) ebd. I, n. 476 § 2 n. 8.
ö) ebd. I, n. 475 § 14.
gegMi WaMtomar. 485
dnmal aoagegebenen Weisungen gehalten, die Verbote nicht
ungeBtralt übertreten wurden. Gewissenhaft wurden diejenigen
zur Bediteschalt gezogen, die im vorigen Jahre zu spät Scho-
nen verlassen, eine verbotene Reise gemacht, heimlich Verkehr
mit dem Feinde getrieben hatten; Verlust der Güter, Gdd*,
auch wohl Freiheitsstrafen und Aeehtung warteten ihrer ^).
(Hng die einzelne Stadt nicht vor, so übernahm die Gresammt-
heit die Bestrafong'). Um jede Uebertretung von Seiten hau- -
Bischer Bürger möglichst zu erschweren, wurde befohlen, dass
beim Auslaufen jeder Schiffsherr einen mit dem Stadtsiegd
versehenen Brief, der Bestimmungsort und Ladimg angebe,
münehmoi und beim Löschen der Ladung nachweisen solle,
dass er die Güter auch wirklich gebracht, die er eingenommen.
Dahdm musste er Bürgschaft leisten oder Kaution stellen,
ted erst, wenn er einen Schein beibringen konnte, dass er
seine Waaren am Bestunmungsorte richtig verkauft, waren
Bürge oder Kaution frei *). Ja zeitweilig wurde sogar jedes
Reisen ohne Erlaubniss des Rathes, für Männer wie für Frauen,
vollständig verboten *). Kein städtischer Gefangener sollte sich
1) B. B. I, n. 411 § 7 a. 8, 4SI § 17, 486 % 7 (wer ^e feisdUeheii Liadar
b«f«ebt, soll aU Feind betrachtet werden), n. 440 § 5, 479 { 18, 510 1 10
B. 11. Dass Jeder Bflrger, der den Uebertreter eines Verbotes traf, denselben
inr Rechenschaft sieben durfte, gab auch wohl zu OewaltthXtigkeiten Einielner
AalaM, s. Lttb. UrlLdb. UI, n. 698.
S) H. B. I, n. 4SI i 17: Qnelibet civitas jndicabit saos ciyes et mer-
catores et bona cedent civitati , in qua est ciris. Et si propria
etvUaa hoe non jndicaverit, tunc talia bona cedent nsibas rannhim dictanm
ciTitaiwn. Man hat nicht durchweg Vertrauen su der Haltung der einseinen
Stidte, denn man geht mit der Absicht um, keiner Stadt ohne Zustimmung
der Geeammtheit au gestatten, dass sie Erlaubniss giebt tu einer Heise nach
einem Terbotenen Orte, H. B. I, n. 610 §11, 10.
8) ebd. I, n. 411 § 11, 436 § 12, 510 f 11, 4.
4) ebd. I, n. 411 § 10: ConcordaTerunt , quod nullus de aliqua ciTitate
tsm Tirorum quam mulierum nullibi pergat in peregrinadone , nisi de consilio
consnlatns sue civitatis et istud durabit usque ad festum pasche. Der Zweck
war doch wohl, Nichts fiber die Vorbereitungen sum Kriege bekannt werden su
lassen.
486 ^^^' I>v iwetto Krieg
mit Dingen lösen, durch die d^ Feind sich starken kckine,
als da seien Bier, Mehl, Hopfen, Stahl, Eifien oder Sals ^). So
behielt eine der wirksamsten Waffen der Städte, nimlidi die,
den dürftigen nordischoi Staaten, welche die Artikel des han-
sischen Handels nicht entbdirm konnte, die Zufdlir abzu-
schneiden, ihre scharfe, schneidige Kraft
Am schwierigsten zu verhindern war die Zufiihr nach den
feindlichen Lande durch Kaufleute, die nicht St&dten der Kcw-
fbderation angehörte. Das Institut der Blokade kaimte jene
Zeit noch nicht; auch hätte die städtische Fk>tte auf keinen
Fall ausgereicht, die ausgedehnten Küsten Dänemarks und
Norwegens zu blokiren. Andererseits musste der Handd trotz
der hansischen Kaper und Kri^;sschiffe für die ausserhalb des
Bundes Stehenden um so lockender sdn, je gewinnbringender
er auf den leeren dänischai und norwegischen Märicten war:
Die Gefahr, durch die von Fremden angdmüpften Yerbindungen
auch für die künftige Friedenszeit aus ihrem Handelsgelnele
verdrängt zu werden, war auch wohl zu beherzigen, besondfln
für Norweg^, wo Engländer, Schotten und Viamingen von
jeher schlimme Konkurrenten gewesen waren, stets bereit, ihm
Vortheil auszubeuten, wenn der deutsche Kaufinann das Land
verlassen musste*). So sehen wir denn die Städte eifrig be-
mtüit, nicht bloss ihre eigenen, sondern auch die nicht zur
Konföderation gehörenden Kaufleute von d^oi bekri^^ten Lande
fem zu halten. Sie dekretirten, wie wir gesehen haben, dass
ihre Beschlüsse und Gebote auch fär diese Geltung haben
sollten *). Um zu verhüten, dass die kleineren deutschen Städte,
wie es im ersten Kriege geschah, den Dänen Zufuhren leisteten,
wurde z. B. Ribnitz alles das versagt, was nach Dänonark zu
1) H. R. 1, n. 475 § 6.
2) Vgl. ebd. II, n. 41 § 4.
3) ebd. 1, n. 489 § 19.
«egwi Waltenw. 4g7
{Uuen verboten war^). Ja, sie verstiegen sich sogar zu dem
Gedanken^ Jeden, der ,^cbt in ihrem Bunde sei^^ und nach
Dinemark fahre, für yogelfrei zu erklären, verhängten also
eine allerdings nur auf dem Papier stehende Bbkade über
das Land*). Nur der inzwisch^ eingetretene Waffenstillstand
scheint den Versuch einer definitiven Durchfahrung dieses Be-
stUttflseB veriiindert zu haben.
War es nicht allzuschwer, solche Anordnungen durchzu-
iBbren gegenüber den deutschen Kauf leuten, die die niurdischen
Meere befiihren und nicht zur Konföderation gehörten, so
konnten doch bei einer strengen Befolgung dieser Massr^eln
Konflikte mit den Ausländem nicht ausbleiben. Besonders
kandelte es sich dabei um Engländer imd Flamländer, in
swdter Linie um Schotten und Wallonen, die einzigen Handel-
trabenden, die neben den Deutschen in den nordischen Häfen
CBchienen. Auch gegen sie suchten die verbündeten Städte
ihr Princip strenge durchzuführen. Wie von allen Nichtkon-
ftdedrten, so wurde auch von ihnen Pfundgeld verlangt; wer
•idi weigerte zu zahlen, mit dem sollte man kdnen Verkehr
sehr haben'). Auf derselben Versammlung (Johannis 1368
so Lübeck) wurde beschlossen, sich brieflich an den Konig
Yen England und den Grafen von Flandern und an die Städte
ihrer Länder zu wenden, auch den Herzog von Meklenburg
«nd Graf Heinrich von Holstein zu bitten, dass sie bei jenen
Fürsten um ein Verbot der dänischen Fahrt für ihre Unter-
thanen nachsuchten *). Von den Flamländem wissen wir, dass
1) H. B. I, 11.411 8 IS
2) ebd. I, n. 510 § 11, 5: Segheide ok ymant tho Denenuurken van den
Jenen de baten unseii vorbunde sytten, wet deme weddervart, dat sohnl tnnder
broke wesen, wo me dat myd der werheyt mach bewyien ; dea »chal me breve
aenden tbo Norwegheu, tho Flanderen, tho Enghelande, to Schotten onde in
Sweden, tho Kellen, tho Weatfalen, yn dat Und tho Sasaen unde 3m de Marken,
dal en jewlyk de syne warne, dat se syk dar Yttr bewaren.
8) ebd. I, n. 469 § 2.
4) ebd. n. 469 § 22.
488 2^- Dw iweil»
sie sich darauf nicht dnliesseD. „Wegen der Freiheit ihres
Landes^S antworteten Graf und Städte vcm Flandern, ^tanten
sie ihren Eaufleut^ den Veikehr mit den Unt^thanen der
Könige vmi Dänemark und Norwegen nicht vertneten^ ^)« Was
die Englands geantwortet haben, wissen wir nicht Auf Sdio-
nen Pfundzoll zu zahlen hab^ sich wenigstens Einige von
ihnen wie von den Flamländem bequemt; sie entrichteten den-
sdben dem Vogt von Kampen*). Trotzdem wurde auf da
Versammlung zu Stralsund im Oktober 1369 beschlossen, des
Schotten, Engländern und Wallonen das Häringsalzen anf
Schonen zu verbieten und kemem Vogt zu erlauben, sie auf
seiner Vitte zu beherbergen; und dieser Beschluss wurde am
1. Mai 1370, als der Krieg schon vorbei war, bestätigt*). Am
21. Juli desselben Jahres beschwerte sich dann König Eduard IIL
bei Lübeck Ober Beeinträchtigung seiner Kiiufleute auf Sehonen
im verflossenen Jahre, erhielt aber nur eine zwar sehr höflicke
und verbindliche, aber ausweichende und hinhalt^ide Antwort;
die Sache ginge die gememen Städte an und müsse von diesa
. entschieden werden^). So entstanden Zwistigkeiten in Folge
des städtischen Verfahrens, die sich noch durch mehrere Jakre
hingezog^ haben. Von Differenzen mit den Flamländem wegei
ihrer Weigerung, den Verkehr mit Dänemark abzubrechen, ei^
fahren wir jedoch Nichts.
So hielten die Städte strenge an den einmal beschlosseDen
Ordnungen fest und machten überall mit Nachdruck und Ent-
1) H. R. I, n. 479 § 2.
2) ebd. I, n. 511 S. 473: A qaibusdam Ang^licis, Flamingfis, Brabantiiiis ;
€bd. III, n. 50.
3) ebd. I, n. 510 § 11, 11 n. n. 522 § 7. Am 18. Okt. 1369 ist die „Hum
Allenumnie, que Gildhalla Theotonicomin nuncupatiir*^ in London im besten
Einvernehmen mit der eng^lischen Begiernng^ ; sie macht König Eduard III. ein
GeschenlL von 100 Pftind (Urkdl. Gesch. II, 8. 674). Doch wird aas demselben
Jahre berichtet von Gütern , die deutschen Kanflenten in London ganonunen
sind, Lappenberg, Stahlhof II, n. 40 S 22.
4) Lüb. Urkdb. III, n. 730.
(gtgw WaidMuir. 499
flduednhdt ihre Fordenmgen geltend. Mag i)ur Verfahren
ms ii oimdneii Fällen &8t pedantisch erscheinen, so müssen
irir doA auch hier jene starenge und gemssenhafte Handhabung
des Rechts wiedererlcennen, die besonders unser norddeutsches
nitteblterlicbes Städteleben auszeichnet, und die unbedingt
MtiiwiBdig und natürlich ist bei einem Bechte, das sich so
ans dem Leben heraus entwickelt hatte. Innerhalb der
festgesetzten Bestimmungen war man nun auch weit
«rtfanit, dem Handel unnöthige Schranken aufzulegen. Der
echt kanfinimiische Odst, der damals noch den norddeutschen
BBrgersinn belebte, sorgte dafür, dass keine Grdegenheit zu
Erwerb und Gewinn unbenutzt vorüberging. So machte man
aaeh schon atebald nach der Eroberung der wesenüichsten
Mtie in Schonen diesen Mittelpunkt hansischen Yerkdtirs
wieder zugänglich, unbekümmert um die fortdauernde Unruhe
im Krieges. Auf der Johannisversammlung zu Lübeck 1368
wurde beschlossen, dass „man eine schonensche Reise haben
aril^ ^). Zu Jacobi (25. JuU) sollte das in jeder Stadt in der
JburBprake^ verkündet werden ; wer sein eigener Herr sei, der
■(die in voller Rüstung kommen*); denn Idcht konnte auch
Ar den Kaufbann und Fischer noch der Kampf nöthig werden.
Auch den Dänen sollte erlaubt sein, die hansischen Nieder-
tasBungen zu besuchen, lieber das ganze Land hin wurde es
verkündet, dass sie sicher ab- und zureisen könnten, aber
otme Waffen. Man wollte, nachdem sie einmal bezwungen
waren, des Vortheils nicht entbehren, den der Handd mit
ihnen gewährte, aber ihnen doch durchaus auch nicht Mittel
und Gelegenheit zu erneuertem Widerstände bieten; Eisen,
Stahl und Hopfen überhaupt nur nach Schonen auszuführen,
war verboten*).
1) H. B. I, n. 469 § 6.
1) De schal syn wllen hamasch babben.
3) H. R. I, n. 474 % 10. Man nichte das Dlnen Toniigiwaisa die gp-
490 ^v- ^^ *^^^
Wie überall auf hansischen Handdqplätasen, so wurde audi
hier der Verkehr sogleich streng geregelt. Vor dem 1. August
sollte Niemand auf das Land kommen zum Salaoi der Hftiinge;
nur mit Erlaubniss der Hauptleute oder ViSgte aottte mn
wieder davonfahren dürfen« Dazu durfte nur anf den alidth
sehen Yitten zu Skanör und Falsterbo gesalzen, Salz mi
leere Ftaser von diesen beiden Orten nach andecn adionfli-
sehen und dänischen Hafenplätzen nicht ausgefUirt wevda').
Auch Pfundzcdl sdlte in Schemen erhoben werden nach da
kidner Beetimmungen. Bei Verlust der Ehre und des Gut«
wird das alles festgesetzt Wer es briche, dessoi Gat soliie
zum dritten Theile sdner Vaterstadt anheimfallen, zum drittes
Theile der Stadt, in welcher er zur Rechenschaft gesogen
wordO) zum dritten Theile dem Ankliger. Und diese Bestin-
mungen sind nicht leere Worte gddieben, sondern zor Aas*
führung gekxmimen*).
Während so die Städte mit ihren BondeegettOBaen den
grOsaten Thal des dänisdien Beidies beherrschten, sich ii
dem neuen Besitze einriditet» und die erraagenen VortUk
ausbeuteten^ irrte Waldanar hfÜfesocheDd in der Fremde mt-
her. Er hatte bedeutende Summen Gddes, die Erträge ciia
zwar mit Scharfsinn angelegten, aber doch thfiricht hartes
Erpressungssyslans , ans seinem Lande mit hinaus genem-
men. Mit diesem Schatze, der ihm eine wesentliche Stitze
wurde, hatte er sich von INunmeim znnädist an sdne Ver-
wandten in der Mark gewandt« wo er ja aach in seiner Ja-
gend schon Schutz und Hälfe gefundoi hatte. ^Allen Herren
»MUfclf AitiktA whI Siib v^»n«t«thalftHi Wi4 wboc 4ahm 4mnm Ämaimkr mick
»IWii HliUiNi« w« vv Mt» »i# «M^^Uektrvtfiw ia 4m lHaät 4m Ftiad« g«-
Uwe«» k^iiliMk v^ «I 4<i:^ $ ü:! «. 4«9 $ 17.
)^ «M. L tt. 41» ^ I «1 5 : v$i IL ol t^ C«b«r «t Art 4v PfiudioU-
*rlt«^»C IM Sc^^«M 4^ «M L a.4Ti § ^ I « a. m.4M $ ». 610 § 11. 7.
m. «. ^ V^ «M. L iu 4IT^ $ 14. 4«5 $ I K. a. 491 $ 1.
g»g«a WaMMDar. 491
Uagte er som Leid^, sagt Detmar. Und er klagte, von Her-
aog Erich voii Sachsen, semem traoen Genossen, onterstfitzt,
licht ganz umsonst Durch Yennittltuig des befreandeten
Marfcgrain lon Meissen gelang es schon im Angost 1368,
dsD Henog Magnus von Bnumschweig, der vw seinem Vet-
ter Wilhdm ytm Ldmeburg zum Nachfolge und lütregenten
in aeineHi Lande ernannt vorden war, um 15000 Mark Silber
am Versprechen der Hfilfeleistung an Waldemar und Herzog
Brich in bewegen ^). Aber wir erfahren nicht, dass dieser
Vertrag Waldemar dnen Vortheil gerächt habe, wahrschein-
Udi weil unge&hr um dieselbe Zeit, im Sp&tsommer, Herzog
Erich, der tr^ieste Freund und die festeste Stütze Walde-
MUS, in Dänemark zu Kaliundborg starb *). Auch Waldanars
naher Verwandter, Markgraf Otto, scheint sich in diesem
lahre noch nicht gerührt zu haben. Dagegen waren die Städte
■dit ohne Besorgniss vor W^aldemars Gelde. Als bdcannt
«nrde, dass er grosse Summen aus Dänemark erwartete,
wurde in jeder Stadt in der Bursprake (dviloquio) öffentlich
bdcsant gemacht, dass wer den Schatz eriangen könne, ihn
behalten und dazu in jeder Stadt geschützt und vertheidigt
werden sdle, möge er nun Bürger, Gast oder Fremder sein,
Vkennd oder Feind'). Man war nicht ohne Besorgniss vor
einem Angriffe Waidemars von der Landseite her. Auf der
Johannisversammlung in Lübeck^) beriethen die wendischen
1) Sadeudorf, Urkdb. t. Cktelj. d. Hsge v. Bnehw. u. Lflaebg III, n. 879.
9) Detmar sa 1869 : TuMchen miMr beiden rroowea dage, wohl nicht mit
Sadendorf 8. CXLVm aU Nor. 21— Dec. 8 (praesenUtio — conceptio), son-
dam ala Aag. 18 — Sept. 8 (aatumptio — natiritas) aolkafaaMn. Vgl. Orote-
Cnd , Handb. d, hisL Cbronologie S. 100. — Koppmann weiat anf Detmar aa
1881 (8. 853) und auf Magd. Sehöppenebr. S. 862 Mn.
8) H. B. I, n. 479 § 12 rom 6. Okt 1868.
4) Die Berathuag kann nur die wendiscbea Stidte angehen, da die«e
Schaden nnd Vortheil des Bttndnistea mit den Firsten allein in tragen hatten.
In den Beeeas vom 24. Juni 1868 (n. 469) aind aom Schinase spedelle Ange-
leganhaitan der wendischen Stidte aufgenommen, ähnlich wie In den yom 6. Okt
1868 (n. 479 | 28-40).
492 ^^•' I^*' sirwto Krieg
Städte, was man tbim wolle, wean Waldemar Jemandeii M&
zvL Lande antaste, besonders den Meklrabvrger oder HerMg
Bogislaw (von Wolgast jenseit der Swine) 0* £s wurde ftr
nöthig gehalten, den König aufinerksam sni überwachen« Wo
immer er sich lagere, da wollte man in das nftchste be*
freundete Schloss ihm Mannschaft entgegen legesa. 200 Mam
wurden dazu vorgeschlagen, die die Städte nach ManmtaM
(ohne Zweifel ist hier die Matrikel fftr den im April begoa-
neuen Feldzug gemeint) zusammenbringen wollten. Unter Unh
ständen sollte diese Streitmacht verdoppelt oder noch mdir
verstärkt werden. Gemeinsam mit den Mannschaften der
Herren sollte dieses Korps d^n Könige ,4mmer unter des
Augen bleiben, wohin er sich auch wende^*). In Bostodc
beschlossen dann die wendischen Städte am 30. Juli, dem Her-
zog Bogislaw und jedem Freunde dieselbe Hülfe gegen den
König zu leisten wie dem Herzoge von Meklenburg und zwar
nach Massgabe des lübecker Anschlags*). Und um
1) Es kann wohl kein Andertr gMneint sein als Bogislaw V., 8«hB Wa^
tislaws IV. Ton Wolgast
2) H. B. I, n. 469 $ 28 n. 89 : ,,Dar malk to sende na mantale to im
ersten twe hundert man orer al** und „de sdiolen mit der heren noaii diae
koniDghe ander de oghen wesen, alse se best können, welkent dai he sQl
keret".
8) ebd. I, n. 474 %. 8. Die Verhandlungen der wendisehen Stidle ia
n. 474 § 1 n. 2, ob man bei der „defensto et resisteacia, Danomm reg! hr
cienda" bleiben wolle, mochte ich nicht mit Koppmann auf die kölner Konl5-
deraüon beaiehen, sondern auf die l&becker Verabredung vom 24. Juni (n. 469
§ 29) , denn 1) dass Kolberg und Neu-Stargard an der kölner KonISderafioo
theilnehmen wollten, unterlag keinem Zweifel ; ebenso braucht Stettin das nicht
mehr zu schreiben; die Yier StXdte aber können jetst unmöglich schreiben,
dass sie „apud talem defensionem'* bleiben wollen , wenn Kolberg und Neu-
Stargard dasselbe thun; 2) „prout nuper in festo bead Johannis In Lubeke
fait conceptum" kann nur auf die Abmachung unter den wendischen Städten beso-
gen werden, n. 469 § 29 : „Dar schal malk sinen willen segghen" ; 8) der ro-
stocker Tag war eigens sur Berathung dieser Angelegenheit angesetzt worden,
n. 469 § 29 ; 4) man h&tte Kolberg und Neu-Stargard gewiss ebenso wie Bre>
men , Hamburg und Kiel gemahnt , wenn noch Nichts ron Ihnen gethan wor-
den w&re ; 5) Stettin erklärt hier seine Zustimmung ; in n. 479 | 38, wo iwei-
gigMi WAldenar. 4^
Embroch des Königs zu verliüten, suchte man ihm in der
Mark und auch an anderen Orten den Boden zu entzidi^.
Ei winde ein Tag mit den mftridschen StAdten veralnredet, den
üb yior Hanptorte der wendischen Stftdtegruppe besenden sdl-
t»>). An 27 besonders märkische und sächsische Städte
wwdeD Briefe gesandt mit der Bitte, Forsten und Herrai ab-
von einer Unterstützung König Waidemars, gegen
sie „nothgedrungen die gemeinsame Sache aller Kanflente
lortheidigten^^ *). Schon am 6. Oktober war darauf die Ant*
Wort eingelaufen, dass man keine Fürsten wisse, die dem Da-
BOÜLOnige anhängen wollten; sollte man von solchen erfahren,
S0 werde man sie von dem Entschlüsse abbringen und stets
am Beste der Städte im Auge behalten *).
' In der Iliat scheinen sich auch nur wenige Hände gegen
#s Verbündete erhoben zu habe. Nur gegen die pommer-
mImd Herzöge hatten die Meklenbuiiger einen nennenswerthen
Knqrf auszufechten; wie weit Waldeiar hier im Spiel war,
IltBt mch nicht erkennen. Die Herzöge von Pommem-Wolgast
dtesBeit der Swine, die Brüder Wartislaw VI. und Bogislaw VI.,
SBfaiM Barnims IV., Neffen jenes Freundes der Städte, Herzog
Bogislaw V. von derselben Linie, lagen im Streit mit den Her-
IM v<m Werte, Bernhard und seinem Sohne Johann. Als ihre
Bmdesgenossen traten die stettiner Herzöge, die drei Brüder
Kasimir IV., Swantiborlll. und Bogislaw VU., auf, während
der Herzog von Meklenburg und seine Söhne auf Seiten derer
von Werte, ihrer stammverwandten Nachbarn, standen. Ge-
gen Martini kam es bei Dammgarten zur Schlacht^). Die
MkM Ton der Ratifikation der kölner Konföderation die Rede iat, heisst et:
aifttfai retrahit; also besieht sich die hi^nsmodi defensio in n. 474 nicht auf
db kSlner Konföderation.
1) H. R. I, n. 469 § 80. Derselbe hatte jedoch am 8. Nov. 1868 noch
aielit atattgeAinden , s. n. 485 § 3.
8) ebd. I, n. 475 § 18 vom 10. Aog. 1868 n. n. 476.
8) «bd. I, 479 § 1.
4} Datmar S. 891. Die Darstellang schliesst sich der Aufikssiing Kopp-
494 XIV. Dv
Meklenbnrger siegtoi and nafameD Wartidnr YL, Emwm im
Barth, gefangen; die Haren Ton Werie aber geriettai in die
Gefangeosdiaft der etdtiner HeR5g& SAoa $m 7. XotcBbar
siämtoi eich dann diese mit den MddeuhmgMM ans mri
schkesan sogar ein BfindnisB mit ihnen*). Ja, nrtier Ycr-
mittlnng Bogislaws VIL kam nicht nnr ein Kriede miaihM
diesen ond den beiden Henoögen tob Wolgast zo Stande;
smideni die Letzteren verpflichteten sidi anch im ioigiaiha
Jahre (am 7. Juli), den MeUenboigen HeeresÜDlge wm leista
über See mit 60 Bittem und Knechten*).
Die Stidte scheinen tob dieser Fehde wenig hcrihrt iror-*
den zu sein *). Nnr im JLaade zn Bjgrn" ernifanen die Hanse-
recesse Feinde der Städte«). Hier hielt der Adel tm ttne»-
könige fest Hciimagemle Minner aas WahhtntTS Umgeboag:
Henning Putbns, Video Mdtke, RTgmfirft tob der Laakm varea
ans rflgcnachen Gcschlediten. Sie waren in dcai fremden
Bödie. dem ihr Hrimif ImmI seit 300 Jahren ngMr^ dmdi
Hof- and KiiegadieBste zn hohen Ehren gelangt In sslchra
BezJAwngfn hatte es ohne Zweifd seinen Gnmd, dasa der
rilgensche Adel lebhaft die Partei des DmeokönigB cvgriffH
Hoch haben die Rügiaiier den Stidtcn nidit ¥id Soif^ g^
macht: das benachbarte Smlsnad aüein ttemahm es, sie in
Zanm zn hahea« gegen sie w'v Rechte zn thnn"^*).
i> H n. L ■. Sit f— i SL mi
d. g«ku. n<kr m. s^ st c
S) 1b Oalc« tSCS mm T^Xi
IlL B. «» : v^ «Kk H. a. DL ■. S»-ST.
4^ H. a. L ■. US i IT
y S. Pvck UL soc
gßgm WMtmMLT, 495
wiUkonuMDe Geleg^beit bot sich auf Sflgen , dem dänischen
Bdchsrerweser H^ning Putbus, der hier reich begütert war,
eisen emi^dlichea Schlag zu versetzen. Die Städter dach-
ten daran, seine und des übrigen feindlichen Adels Güter mit
Beschlag zu belegen und zu brandschatzen. Nur die Erklä-
rung Boranthos, des alten Vaters von Henning, dass er mit
dem Sohne noch nicht getheilt habe, scheint sie davon abg^
halten su haben ^).
6) Die FortoetBung des SMeges im Jahre 1900.
Die Erfolge der Städte waren bedeutend; sollten sie aber
1« dauerndem Gewinne führen, so durfte man das Schwert
noch nicht niederlegmi. Denn noch war der Widerstand des
FeoMleB nicht vollständig gebrochen '); vor Allem war ja das
widitige Helsingborg noch in seinen Händen. Dazu machte
wedar Waldemar noch der im Lande gdl)liebene Reichsrath
Ifiene, durch Befriedigung der städtischen Forderungen der
Kriegsnoth ein Ende zu machen. Auf keinen Fall durften
aho die KonfÖderirten in ihren Anstrengungen nachlassen.
Auf der vcm 25 Städten aller Drittel beschickten Oktobcrver-
saainilung des Jahres 1368 zu Stralsund wurde daher auch
beschlossen, den Winter über im Felde zu bleiben und das
Mar niebl tob der Sammlang auf dem QeUande , was aUerdinga wahrsehcin-
leb, «• Bede ist.
1) eM. I, n. 491 9 6 , II, d. 48 f • n. 49 % 6.
1) Wee den Brief des Thideke Boeehe, Befehlshaber eines Schlosses in
Sckoaeo, lAh. Urkdb. III, n. 734 v. H. B. lU, n. 809 , betrifft, so sehetnen
mir dl« ▼«■ Koppmami H. B. III, 8. 991 angefBhrleB OrBnde nieht genflgend«
daa Sefareibe« aof Helsingborg am beaiehen. Dagegen sprieht, daaa sekwerUeli
diese kämm tbergebene Barg la einer Zeit, da der WaflSsnsüllstaDd vor
der ThBr stand , Ja sehen geschlossen war, sehon wieder in Gefahr stand, ron
dea Dteen aagegrMTen an werden. Das Sehreiben seheint sieh anf irgend ein
anderes Miloes an beaiehen and ins Jahr 1868 la gebühren. Daaa stimmt,
daaa «nl am 9. Oktober der Besehlass gefaast wird, den Winter Aber im PeMe
8« bMbea, also die SSldner der Stadt an behalten. — Als Befehlshaber in
HelainilMtf kaaa man sieh doeh nar einen Baifamann denken. Vgl. lfaa«elS|-
«etebhi. 187», S. 191.
496 XIV. Dv
Pfimdgdd für mt wdieres Jahr (bis OBten, 14 April, 1370)
zu erlid)eiL Nur die Niederlinder eridirtoi, dafitar ohne In-
stmktioii zu sein, ond Toschoben ihre Zualimmmtg Ins zor
Mitt&stenTeisanimhing des nichstan Jahne ^); ihre SdiiSe
schdnen aadi, wenigetens zun Tlieil, den Winter über nidit
im Sonde gd)lieben zn sein*). Die Ptemeen aber verpflidi-
telen sich , doi Winter üb^ 200 Gewafiiele beini Efeere zo
halten, die spätestens zn Martini an Ort nnd Stelle sein soll-
ten, und veisprachra f&r den ganzen nadwtwi Sommer noch
200 Mann anssordem'). Auch die lirlinder scheinen ihre
Kogge den Winter über in See gelassen zn haben ^). Am
22. Oktober, beschloss die Yersammfamg, soDten die in die
Heimat herübog^ommenai sl&dtisdien Ebnpdeiile (Bnthsh^-
ren) bereit sein, zum Heere zmüdonkehren *). Aodi ndt den
l)H.R.I,B.47f§SB.9ndB.4SfSS.
1) VgL ebd. I, ■. 48f § 4.
3) «bd. I, B. 480: . . . . dsft wy owmr wialv tw« hmaämt wm^m^ warn
iB duM Imts keUwa aekokB; de wi a mi tsb ■!■<« aa Imttm wSImi, «t
^^k£ — — ^^^^^^^^^^^^ *^^^.Jm^ ^L^h^^l^^k^A ■■^k^^^Bi^^^h^M ^K.^^^^^k ^^mm «m^^^^^A ^■■^^mm ^I^^b ^h^^^fc ^^^^^^^^k ^^^
^^TB mMb ^I^HK^IBMr WMMfli ^IH^I^^^I^B ^^B^^^F^B^^^L^ H^^^^I^B ^VH ^^^H^^^K ^ ^V^^H ^^^B^r ^^^H^B ^^^^^^^B^B ^^H
WZ Wm V^BHWB Z^^BV ^^P^^l^BBB ^^H^^B^B^m Mm^^Km ^» ^^MB^tt ^ ^^^ ^BMB ^i^B^ ^^S^Bi^w ^^
brekt, de wille wy cb «tb Pi— «w icbif b— , ittjmimt^^m tmUtt
budert bmm tbI sy tot tBBt» McrtaBs dagb«. it cb w«r« 4am « (dttt) k Ht
wedder mode wiat beBeaie ÜBde tegbeB pBtcbiB rmt otbt 4tm ■biit tcbrit
wy ccbt tw« bBBdeit wapeadt bmb mH cb Btbe btbbcB ele. Ygi ebd. I. a. Itl.
4) H. R. m, B. 29 § 6: op dBsee tid to hnbfiin; ebd. b. JIl
5) So &aee icb H. R. I, b. 479 f 18, gestittst eaf b. 479 § SS, wb
MB 91. Oktober urftt^kebraideB HBBpÜwie Mit
beaaftragt irerdeB, die nefeblsbeber f8r die
ttCB. HU B. 467 atebt b. 479 f 18 sebveriM
ertheUte Urieeb besiebt sieb do^ webl bbt «af die bei dv
ItBdeB HBBdelsacbüe. Bse so BBSfedebale BesriBBbng (vi
gBYBB to seg eleade javelkea »BBse, w«r be bA and wbkC bell) k^
AasdiBck „siBgBli de oritBtibai'^ (b. 479 § 18) brii^ «af die VMBiaHiBt.
dass BMB TOB Jeder Stadt eiaaB Haa|HiMBB bwilaabt bBL Wir iadn is d«
1348er Veriawmla^^a iitidtiicbe naaptkle; Am U. Jbm as Libadk (m. 489)
Btbbo Waiaadorp vbb Labacb, BordMd Pfetae tob SftahBBd, ÜMBiSib Scbaff-
IcBberg TOB Qrei&wald; aa» 10. Aagaet sa Witaar (a. 478) Jb^bb Naebtrart
TOB noetock; aai 8. Okt. aa Strabaad (b. 479) nnua Wamdecp tob Ubick.
(bier »lad sUerdiags S tob dca S stralnadcr HaipdkMlm),
g«gen Wald«mar. 497
FürsteD suchten die wendischen Städte sich über die Fort-
setsrang des Krieges zu verständigen. Sie schickten direkt
von d^ stndsunder Versammlung drei Rathsherren, darunter
zwei Heerf&hrer (Bruno Warendorp und Johann Manderow
von Wismar) an den Herzog von Meklenburg, um mit ihm
über dm fiemeren Kriegsplan und das Schloss Kopenhagen
zu sprechen 0; auch mit den holsteinischen Grafen beabsich-
tigten sie zu tagen*).
Obgleich sich nun im Laufe des Winters die längst er-
wartete') Vermittlung der Waldemar befreundeten Fürsten
zu einer Aussicht auf einen bestimmten Tag mit dem däni-
schen Könige in Demmin gestaltete^), liessen sich doch die
Städte kluger Weise dadurch nicht verleiten , die Fortsetzung
der kriegerischen Operationen zu verabsäumen. Sie erkann-
ten, dass jeder neue Vortheil im Felde ihnen einen Vortheil
in den Friedensverhandlungen sichern werde, und handelten
darnach. Und diese Einsicht erfüllte nicht bloss die kriege-
rischen und politischen Führer, Lübeck und seine Gkmossen,
sie war so ziemlich Gemeingut Aller geworden. Mit dersel-
ben Einmüthi^eit wie vor IVt Jahren in Köln erklärten auf
der von zwanzig Städten beschickten Mittfastenversammlung
(11. März) 1369 zu Lübeck die Vertreter aller Drittel, bei der
froheren „defensio^^ (apud defensionem pristinam) bleiben zu
wdlen^). Den Niederländern wurde aufgetragen, ihren auf
der Versammlung nicht vertretenen Nachbarstädten unter Hin-
Manderow von WismaTf Marquard Vorrad von StettiD ; am 8. Not. iq Rostoek
Bnmo Wareodorp von Lübeck (n. 485). — Ei fehlt ftbrigeD* auch sonst nicht
tti Beispielaa, dass die HaopÜente das Heer verlassen, am als Rathmannen
aa dan Venammlnngen theilsanebmen'f s. n. 489 (von Riga), n. 495 | 10 ete.
1) H. R. I, n. 479 § 92.
9) ebd. I, n. 485 § 4.
8) ebd. I, n. 479 § 11 (vom 6. Okt. 1368).
4) abd. I, n. 489 f 19 (vom 11. Mira 1899).
6) ebd. I, n. 489 § 1. Weiren des Geldaufwandes s. LUb. Urkdb. HI,
B. 799 n. 786 , H. R. lU, n. 29, 80, 299, 300.
SdüUiBr, IH« HsDMitMte. 32
498 ^^- !>«' *v«^ Krieg
weis auf die Drahungen des kölner Konföderation einzuschär-
fen , dass sie mit ihrem Kcmtingente sich einstellten ^ ). Dass
trotzdem noch manche sämnig waren, noch im Mai ihre Mann-
schaften nicht gestellt hatten, erfahren wir ans einem späte-
ren Beschlüsse'), zugleich aber auch, dass die Städte nicht
gewillt waren, das ungeahndet hingehen zu lassen ^\ Audi
die rechtzeitige Mitwirkung der Bundesgenossen suchte man
sich zu sichern, um zu verhüten, dass „durch ihre Verzöge-
rung Schaden entstehet Herzog Albrecht von Meklmburg ver-
sprach, bis zum 29. April an Ort und Stelle zu sein und auch
seinen Sohn, den König von Schweden, zu benadiriditigGa,
dass er so schnell als möglich mit seinen Zuzüge k&me^).
Doch scheint dieser an dem Feldzuge keinen TheU genoHimen
zu haben, denn noch im Mai und Juni war er ruhig in Stock-
holm ^). Herzog Albrecht aber hat, selbst verhindert durch
Verwicklungen mit seinen Nachbarn, seinen Sohn Heinrich
geschickt*).
Noch blieb den Städten und ihren Bundesgenossen eine
schwere Aufgabe. Das feste Helsingborg, den Städten unentbehr-
lich, da es den Eingang des Sundes beherrschte, war noch ii
des Feindes Händen. Dorthin hatte sich eine Anzahl treuer An-
hänger Waidemars zurückgezogen, unter ihnen zahlreiche Adlige
aus deutschen Geschlechtern , nicht weniger als lder Moltke,
ein Manteuffel, ein Bamekow. An ihrer Spitze stand der mia
schon bekannte Vicko Moltke aus Rügen, einer der ergebensten
Diener Waidemars, gleich tüchtig im Felde wie im Rathe.
1) H. B.. 1, n. 489 § 4.
8) «M. I, n. 491 § a Tom 3. Mai 1369. JSnt am 7. April wm D«T«Btar
mit Zfltftn zasammeQ ein f,vr«desohyp** kmiif«B, so dtm es 4 MAnn stellt;
am 15. Juni erst fXhrt man nach Kampen , ebd. III, n. 899 { 6 — 80, n. 800 § 6.
3) ebd. I, n. 510 § 10 vom 21. Okt. 1369.
4) ebd. I, n. 489 § 2.
5) Am 29. Mai, Sahm XIII, 639, nnd am 15. Juni, STenaka R. A. P. I,
n. 878 u. 878.
6) n. R. I, n. 497.
fBgfB WaUkmar. -499
Den gaazen Winter, viie es sdidnt, hatten die Städtischen
adion das Schlosa blokirt^. Im Frflhling endlich dachten sie
an eine irirUicbe Belagerung. Es wird anf der Ittbecker Ver-
saanBlmig den nenemannten Hauptleoten, von den alten war
nur Doeh der Oba^anf&hter Bnino Warendorp beim Heere'),
ttbertaasen, was sie zu thnn fdr gut halten; wenn sie sich
ataik genug f&hlen , so mögen sie „in Gottes Namen belagern**,
weoD nicht, sichb^nügen mit Wegnahme dänischer Schiffe *).
Ifaii sldit , dass die Einnahme des festen und gut yertheidigten
SehlOBsea für k^ne leichte Arbeit gehalten wurde. Im Mai,-
Juni und JuH finden wir dann die Streitmacht der wendischen
md ÜTlindischen Städte zusammen mit Herzog Heinrich tou
Mddenburg vor Helmngborg^). Ihre Lage scheint nicht ohne
Sdiwierigkeit gewesen zu sein *), wenigstens bemühten sich die
VMhrer, ihre Heeresmacht weit grösser hinzustellen, als sie in
Wiridichkeit war. Der Ittbecker Rath hatte an seine Haupt-
leote geschrieben, wie er sich sehr wundere, dass sie 2200
Leute speiseten, während sie nur 300 Gewaffnete hätten. Treff-
1) Mar so scheint mir die Menge der von den Stralsundem vor Uelsiug-
borg Terbraiiehten Lebensmittel (s. oben S. 805) erkllrifch, denn dieselben
wwtai ▼«rinrMcht als Borchard PloUe (1868, H. R. I, n. 440 A ( 8) noth
Hasptmaiui war. Man erscheint aber schon am X7. Mai 1869 Amd von Sosad
als Hauptmann (ebd. n. 496) , und die neuen Ilauptleute sind doch aller Wahr-
nMnUelikait nacb so Beginn des Sommerfeldsvges ernannt worden. Borchard
Pinto« moM also im Herbat und Winter mit seiner Mannschaft vor llelaingborg
gelegen haben. Am 11. M&rs ist er mit dem 8. Hauptmann der Strabuuder
(Snnrich Schiele) 'auf der Ittbecker Tersammlung (ebd. n. 489).
t) Vgl. H. R. I, B. 496 «nd 497.
8) ebd. I, n. 489 $ 8.
4) ebd. I, n. 496 — 498 und n. 498. Dass nur die Kontingente dieser
SttUUa «ni Hartog Heiarieh von Meklenbnrg vor Helsingboig waren, scheint
mir hervonogehen aas n. 497 : Wi hebben gedegedinget amme dat has to
Helaingborg mit deme dorluchtigen vorsten, hertoge Hinrili van Mekelenborg,
■nd mit den erbaren laden , borgermesteren and raetmannen der seettede , also
Labak, Boalok, Stralessand, Wismar, Oripeewolt, Statin, Colberg mid Rige,
da uf 4mm Talde vor Helsingborg ein«
§) Ba sind aach Hansisobe gefsngaa genommen vor HelslBgl>orgf so iwei
Warendofps von LQbeck, LUb. Urkdb. IV, n. 1S5.
82*
500 ^^IV. ' D«r iweite Krieg
lieh in seiner KOrze und Schärfe ist der Brief, den Bmno
Warendorp und Thomas Morkerke, die Ifibischen AfifQhrer,
als Antwort schickten. Nicht 300 Gewaflfnete bfttten sie, son-
dern nur 260, speiseten aber auch nicht 2200 , sondern nur
1100 Leute. Dass der Stadt Proviant unnütz verzdirt würde,
wie man geschrieben hätte, sei ihnen so leid wie dem Rathe,
und könnten sie es mindern , sie wolltens nicht lassen. . Aber
was sie gesagt hätten, dass 2^X) Leute gespeist würden, das sag«
ten sie nodh und hofften , dass diese Worte keine Speise verzehr-
ten, sondern dass sie ihnen und dem Bathe, so Gott wolle, from-
«en sollten ^). In der That scheint die Verpflegung Schwieri^kdt
gemacht zu haben; wenigstens haben die hansischen Heerführer
es für nöthig gehalten , die Ausfuhr von Vieh aus Schonen m
verbieten ')• Im Juli war man endlich so weit, dass man täglich
den Fall dieses letzten Bollwerks der dänischen Herrschaft am
Sunde erwartete. Auf der lübecker Versammlung vom 13. Juli
1369 wurde ausgemacht, dass diejenige Stadt, welche zuerst den
Fall Helsingborgs erfahre, „ohne Verzug durch Tag und Nadit*^
den andern Nachricht geben solle. Dann sollten alsbald die
Lübecker, Stralsunder, Rostocker, die von Wismar und Greift-
wald ihre Steinhauer mit ihren Instrumenten hinüberschidm
nach Kopenhagen , das dortige Schloss zu brechen '). Eine der
beiden Festungen, Kopenhagen oder Helsingborg; genügte, den
Sund zu beherrschen. So lange Helsingborg noch in des Fein-
des Hand war, konnte man Kopenhagen nicht entbehren.
Als aber auch die stärkere und gelegenere Feste gefallen,
wollte man durch die gänzliche Zerstörung Kopenhagens ein
neues Emporkommen der dänischen Macht am Sunde möglichst
1) Lab. Urkdb. lU, n. 692.
2) ebd. IV, 224 S. 284.
8) H. R. I, n. 495 § 3. Die Zahl dieser lapiscidae betrfigt 47, niimlieh
20 von Lübeck, 10 von Stralsund, 8 von Uostock, 5 vod Wismar und 4 von
Greifswald. Dass Kopenhagen wirklich gebrochen ward, s. H. B. II, n. 48
§ 4, Suhm XIV, 493.
gtgvk Waldemar. 501
ersdiweren. Wie wir später erfahren, ist die Burg in der
That gebrochen worden.
Doefa täuschte man sich, wenn man glaubte, dass man
so bald die stolze Zwingburg des Sundes in der Gewalt haben
werdls. Noch beinahe zwei Monate sollte es dauern, ehe die
hantisehen Banner von ihren Zinnen wehten. Allerdings war
wohl die Widerstandskraft der Belagerten so ziemlich erschöpft,
aber doch nicht so sehr, dass sie auf Gnade oder Ungnade
sich hätten ergeben müssen. Zum letzten Erfolge hat, wie
es scheint, das städtische Geld beigetragen. Denn wir erfah-
ren unterm 29. September desselben Jahres, dass Vicko Moltke
und Hartwig Kaie, die Befehlshaber der Feste, 800 Mark fein
(S400 Mark lüb.) von Lübeck und den andern Seestädten zu
ferdern und davon am genannten Tage in Kopenhagen 350 ^
aaabezahlt erhalten haben ^ ). Diese Geldforderung wird nicht
ebne Zusammenhang sein mit dem Vertrage, den die Genann-
ten am 21. Juli mit den Belagerern schliessen *); nur allzunaho
Vitgl der Verdacht, dass auch hier der Ruhm tapferer Gegen«
wehr durch schmutzigen Eigennutz befleckt worden sei. Die
Yertheidiger versprechen, am 8. September die Feste dem Her-
sog Heinrich von Meklenburg und den Städten (Lübeck, Rostock,
Stralsund, Wismar, Greifewald, Stettin, Kolberg und Riga
WM*den genannt), „die auf dem Felde vor Helsingborg sind^,
am überliefern, wenn nicht inzwischen „König Waldemar und
seine Helfer so mächtig würden^S dass sie die Verbündeten
„mit Macht aus dem Reiche Dänemark trieben", oder bis
dahin Verhandlungen stattfänden, welche die Verbündeten be-
friedigten und Helsingborg lösten. Sollte es sein, dass der
Herzog oder die Städte zum bestimmten Tage (am 8. Sep-
tember) Niemand schickten, das Haus zu übernehmen, so
sollten die Belagerten es so lange zur Verfügung des Herzogs
1) Lib. Urkdb. IV, n. 121.
t) H. R. I, n. 497.
502 XIV. JHt iweite Krieg
und der Städte halten, bi8 diese Leute zur Uebernahme
schicken würden. — Dass man festes Vertrauen aetste in die
Erfüllung dieser Bestimmungen, sehen wir daran, daaa das
städtische Heer schon am 14 August in das ^Hub^^ > ) zog,
um den starke]^ Lindhohn, am Björringe See nicht weit von
der Südküste Schönens, zu belagern. Auf dem Marsche dort-
hin oder vor dem Lindholm selbst muss es gewesen sein, wo
der Führer der Lübecker und oberste Hauptmann der ganzen
städtischen Heeresmacht, Bruno Warendorp am 21. August
seinen Tod fand. Eine Erztafel mit Inschrift, die ihm der
Dank seiner Mitbürger in der Kirche des lübecker Bathes
setzte, legt noch jetzt Zeugniss ab von seinem ruhmvollen
Tode fbr die Sache seiner Vaterstadt.
Da bis zum 8. September weder Entsatz kam, noch ein
entsprechender Friede geschlossen wurde , so wird Helsingborg
dem Vertrage gemäss den Städten übergeben sein, in deren
Besitz wir es bald darauf finden^). Sie waren jetzt vollkom-
men Herren des Sundes; frei und ungehindert konnten ihre
Schiffe von der Ost- in die Westsee fahren, ungefährdet ihre
Bürger in Schonen der Fischerei und dem Handel obliegea
Der schon hart mitgenommenen dänischen Rhederei drohte der
gänzliche Untergang, denn mit ächter Kaufmannspolitik legten
es die Hansen besonders auf Zerstörung der feindlichen Flotte an.
Nach rechts und nach links stand das Land ihnen offen ; sie
konnten ihre Streifzüge richten, wohin sie wollten; erheblicher
Widerstand war nirgends zu fürchten. Und schon redeten sie
davon , dies gründlich auszunutzen , „in Dänemark zu brennen,
zu rauben, Schiffe zu nehmen und zu verbrennen und 2 oder
1) Koppmann (H. K. I, S. 508) conjicirt Hui, das er mit Hol, Hölviken
erklärt. Doch ist offenbar hier von einer Landschaft , nicht Ton einer Meeres-
bucht die liede.
2) Auch dass die bisherigen Vertheidiger , Vicko Moltke und Hartwig
Kaie, am 29. Sept. in Kopenhagen sind (Lüb. Urkdb. IV, n. ISl) spricht
dafür.
gegen Waldemar. 503
300 Pferde mit hinüber zu nehmen , das8 man damit das Rei-
ten haben möchte in den Landen'^ 0- Da bequemte sich in
Abwesenheit des Königs der dänische Beichsrath endlich zum
Nachgeben; am 30. November 1369 wurde ein Stillstand ge-
schlossen, der den Städten die weitgehendsten Zugeständnisse
machte.
1) H. R. I, n. 510 § 11, 1 und 2.
XV. Der straLeninder Friede.
Verhandlungen mit dem dänischen Gegner hatten die
Städte schon lange erwartet und wohl auch gewtlnscht; sie
waren ja der einzige Weg, die im Felde errungenen Erfolge
in dauernde Vortheile umzuwandeln. Schon in der Oktober-
versammlung des Jahres 1368 wurde daher beschlossen, wenn
irgend ein Fürst Verhandlungen mit Waldemar vermittele, auf
dieselben einzugehen, um zu sehen, was der König bieten kOnne,
vorausgesetzt , dass die verbündeten Fürsten damit einverstan-
den seien ; aber auf keinen Fall wolle man Etwas fest machen
(dare eifectum finalem), wenn man nicht vorher den Willen
derer von Kampen , Preussen und der Südersee erfahren habe ^).
Im Laufe des Winters verschlangen sich nun die diplo-
matischen Fäden mannichfaltig genug. Der dänische Beichs-
rath, der ja zu Unterhandlungen bevollmächtigt war'), liess
den jungen Herzog Erich von Sachsen -Lauenburg um Ver-
mittlung bitten , und dieser war auch bereit dazu. In seinem
Namen bat am 27. Januar 1369 Herzog Magnus von Braun-
schweig und Lüneburg Herren und Städte, diese Vermittlung
nicht zurückzuweisen ^). Die Verbindung mit diesem Fürsten,
die schon Erichs Vater unter Vermittlung des Markgrafen von
1) H. R. I, n. 479 § 11.
2) ,,Mit hcte , willen unde volborth unses heren vorbenomed node synes
rikes'* sagen die Reichsräthe, H. R. I, u. 524 , aach n. 513.
3) ebd. n. 488. Magnus war am 14. Sept. 1368 von Hersog Wilhelm
wirklich in den Besitz der lüneburgischen Lande eingesetzt worden , Suden-
dorf III, n. 381 ff.
XV. Der straliimder Friede. 506
MeiBsen fftr Waldemar geschlossen hatte ^), erneuerte also der
Sohn. Aber er Terfolgte dabei Zwecke, die dem Vater fem
gdegen hatten. Am 18. Februar 1369 yerpf&ndete er sein
ganzes Land mit den Schlössern Ratzebnrg und Laaenburg
fOr 70000 lAth. Mark an den braonschweiger Herzog und
schloBS ein Bündniss mit ihm*), und 14 Tage darnach , am
3. Mirz, verband er sich mit Graf Adolf von Holstein, „sich
als Vormünder des Reiches Dänemark zu unterwinden und
das Beich, die Burgen, Land, Mannschaft, Gold, Silber und
Habe, und was dem Reiche gehört, zu gleichen Theilen unter
steh zu theilen^ *). Hier handelt es sich nicht mehr um Hülfe
für Waldemar, sondern nur um Theilnahme an dem Raube.
Hatten die gegen Waldemar verbündeten Fürsten das Reich
in Voraus unter sich getheilt, schien ihr Kriegsglück ihnen
ErfQllung ihrer Hoffnungen zu versprechen, so wollten jetzt
atteh die Freunde Waidemars nicht leer ausgehen, wollten,
fttalt dem gestürzten Könige wieder aufzuhelfen, lieber selbst
ans seinem Sturze Vortheil ziehen. Zu dieser Politik mochte
besoBders bei Herzc^ Erich der Gedanke beitragen, dass die
saUreichen Besitzungen, die er in D&nemark, hauptsächlich
in den östlichen, den Schweden abgenommenen Provinzen
hattet), bei dem fortgesetzten Kriegsglück der Verbündeten
drohender Gefithr ausgesetzt waren.
Mit Hülfe des Braunschweigers besonders sollten diese
Pläne durchgeführt werden. Ein Bündniss, das dieser mit
Maitgraf Otto von Brandenburg schloss, macht dieselben
noch deutlicher. Detmar, und nach ihm Korner, lassen König
Waldemar in der Mark des aus Dänemark mitgenommenen
1) Vgl. oben 8. 491.
8) Sudeudorf III, o. 401 und 402; Schl.-Uobt.-I^ubg. Urkds. U, S. 261
(dM Datum ist hier irrtbOmlich als der 11. Mirs aufgelöst).
3) Sodeadorf 111, n. 405; Schi. -Holst -Lanbg. Urkds. 11, 8. 448 (irrthfim-
lich als vom 8. MSrz angegeben).
' 4) 8. oben S. 291 ; vgl. Styffe , Einleitung p. LU, Amn. 8.
506 X^< I>«r «^«blinder Fried«.
Schatzes beraubt werdeit, dne etwa gleichaeitice dAmtdie Qodle
sogar durch Yerrätfaerei des Markgrafen, mnes Sobvage»^).
Urkundlich b^laubigt ist, daas dieser deai Kfin^ zu Oder-
berg ,,6ut und Grdd:^ genonuneii*)» Wer m dieeem Stmte
Recht hatte, ist nicht zu entscheiden, idta wir weder dee
Schiedsapruch des Markgrafen von Meissen , noeh aonat N&heres
kennen, aber gewiss ist, dass Waldemar von der 8<diwSger-
scbaft wenig Vortheil gezogen , dasa auch der Markgraf ihm
gegenüber nur * seinen eigenen Nutzen im Auge gdiabt hat
Es hat dem Brandenburger der Gedanke aieht fem gelegen,
mit den Städten ein Bündniss einzugdien. Vielleieht hoSke
er so, seine Ansprüche auf meklenburgische Gebietstheile am
leichtesten durchzusetzen. Er liess durch adne Rftthe der
Stadt Lüneburg heimlich kund than, dass er gern mit ihr
und den Seestädten ein Bündniss schliessen und Lenzea dafttr
verpfänden wolle *). Der Bund kam nicht zu Stande, und Len-
zen ging am 10. Nov. 1368 in den Pfandbeaitz des Herzogs
Magnus von Braunschweig und Lüneburg über^). Al>er ftr
Waldemar trat der Markgraf darum doch nicht mit Entachie»
denheit ein. Er schloss am 8. April 1369 mit Herzog Magoos
auf drei Jahre ein Bündniss , das deutlich die Ziele der beid«
Herren erkennen läset: Otto soll die Besitzungen zorüokerfaal*
ten, die der meklenburger Herzog von der Mark zu Pfieinde
hat, der junge Herzog Erich von Lauenburg aber, des Magnus
Schützling , soll die Herrschaft oder Vormundschaft des Bdches
Dänemark bekommen. Erwerben Otto und Magnus durch
1) Detmar tu 1364 (S. 286 ff.), zu welchem er die Flttcht Waldeman
enlUüt, Korner an 1866, bei Eocard II, Sp. 1110 ff.; Langeb. VI, p. 538.
2) Gram, Forbedringer (Vidensk. Selsk. Skrifter IV, 239 ff.): „Umb
alles daz Gut, daz wir dem vorgenanten kunge genuemen haben su Oders-
bergh".
3) Lüb. Urkdb. III, u. 758. In der Anm. 5 ist diese Urkunde richtig
in die Zeit vor dem 10. Nov. 1368 verwiesen. Viel früher darf man sie auch
schwerlich ansetzen.
4) Sudendorf lU, n. 893.
ZV. Dar siriUaiuidw FrUda. 507
«der Hülfe Etwas von dem Kttlige von Dänemark , von
demH^sog^ von Meklenburg oder von den St&dten, so sollen,
litt danMi gleiche Antbeil haben ^).
Das war eine Hülfe« die weder König Waldemar noch
dmi Beichsrathe frommen konnte. Sie musste yielmehr Beide
best&rken in dem Bemühen , mit ihren Gegnern oder wenigstens
B^ einem derselben zu einer Verständigung zu kommen. Am
betten eigneten sich dazu die Städte, denn sie strebten am
wwgsten nach territorialem Gewinn. Sie hatten die ange»
botene Vermittlung nicht zurückgewiesen. Im März hatten
sie vom Herzog von Meklenburg und vom Grafen Heinrich
Vdhnacbt bekommen , nach Ostern (1. April) den Käthen der
Herzöge von Lüneburg und Sachsen Geleit geben zu können,
nach Dänemark zu gehen und dänische Gesandte herüberzu-
fllhren. Der lübecker Rath erhielt, zusammen mit den etwa
in Lübeck anwesenden Bathsherren anderer Städte , Vollmacht
an Verhandlungen; was etwa daraus hervorginge, wollten alle
Städte gemeinschaftlich tragen. Auf derselben Versammlung
wurdet sofern es den Fürsten gefiele, für die Unterhandlung
mit Waldemar ein Twmin auf den 8. April in Demmin an«
gesetzt").
Wir erfahren nicht, ob diese letztere Zusammenkunft m
Stande gekommen ist >) ; es wird uns überhaupt nichts Näheres
über weitere Verhandlung^ mit Waldemar berichtet Mit dem
Beichsrath aber erzielte man ein Einverständniss. Im Juli
waren dänische Gesandte in Lübeck. Es kam zu keinem
eigentlichen Vertrage , aber die Gegensätze waren so weit aus-
gesöhnt, dass man eine friedliche Schonenfahrt verabredete.
Die Kaufleute sollten vor den Dänen sicher sein , die dänischen
1) Südeodorf, lU, n. 410.
S) H. JL l, n. 489 g 5 and 12.
3) Die H. R. II, n. 48 § 7 erw&hntea Vorhaadlwngen mit WftldanAr, s«
denen fUtbrnannen von Lübeck mit dem Herioge von MekleBborg und leinen
Rithen reiten, können recht wohl die nach Demmin anfeeetsten stia.
508 ^CV. Der BtrmUimdw Friede.
Fischer, BGlrger und Baoern yor Horsog Heinrich und den
BtAdtischen Hauptleuten; es lag offenbar in beideraritigem In-
teresse , den alten Verkehr wieder an&unehmra. Am 19. August
wollte man wieder zusammenkommen. Zwei meklenborgische
Gesandte, die zugegen waren, stimmten diesen Abmachungen
zu*).
Es mag nicht ohne Einfluss auf den Grang der Verhand-
lungen geblieben sein, dass gerade in diesoi Tagen auch mit
Hakon von Norwegen ein Vertrag zu Stande kam. Hakon
hatte die bewilligte Frist, bis 1. April 1369, nicht YorQber-
gehen lassen , ohne neue Verhandlungen anzuknüpfen. Auf dem
Mbecker Tage zu Mittfasten 1369 ertheilten die St&dto den
in Lübeck bleibenden Rathmannen Vollmacht, Gesandte nach
Norwegen zu schicken, Boten des Königs herüber zu geleiten
und mit ihnen zu yerhandeln *). In Wolgast tagten dann am
3. Mai diese Boten mit den Gesandten d^ Städte. Man gab
ihnen Briefe an KOnig Hakon, die eine Zusammenkunft in
einem Hafen am Sunde oder im städtischen Heere anboten.
Die kommandir^den Bathsherren wurden bevollmächtigt und
beauftragt, dem norw^schen Könige sicheres Geleit so
geben >). Doch scheint dieser die Verhandlung durch Ge-
sandte vorg^ogen zu haben, hat aber nicht gezögert. Denn
schon am 19. Mai bevollmächtigte er den Bitter Nellarus Pik,
den Propst Peter von Opslo, Laurenz Biemsson, den Haupt-
mann auf Bakus, und Gote Erikson zu Unterhandlungen in
Deutschland mit Fürsten und Städten^). Am 13. Juli waren
1) H. R. I, n. 495 § 1 und 2 vom 13. Jali 1869. Auch hier wird wieder
die Schonenfahrt von den Städten aafii genaneste geregelt, § ^ und 5.
S) H. R. I, n. 489 § 28. Diese Gesandtschaft hat wohl Hermann von
Osenbrtiggou aasgeführt, s. n. 510 § 8. — Die hier und in § 9 erwähnten,
»chon vor H. v. O. geschiclEten und in Norwegen gefangenen Gesandten der
Lübeclcer and Preussim , die sich haben ISsen mOssen , sind doch wohl vor
Ausbruch des Krieges geschickt worden.
3) ebd. I, n. 491 § 4.
4) ebd. 1, n. 492.
XT. Der stralMiider Friede. g09
die GeBftDdtcD im Lager vor Heisingborg, am 21. Juli in
Bostook, firOluDeitig genug, um die in zahlreiciicr Versamm-
lang (20 Stftdte waren yertreten, dara die dänischen und mAr
lenburgischen Gesandten anwesend) in Lübeck tagenden Hans»-
boten noch bei einander zu trefifen ^ ). Am 3. August wurde
hier dann ein neuer Waffenstillstand abgeschlossen, der bis
nun 24. Juni des nächsten Jahres dauern sollte '). Für Pfing-
sten 1370 wurden zu Bahus neue Verhandlungen verabredet
swiacben Hakon und den Städten mit ihren Bundesgenossen.
Alle früheren Rechte und Freiheiten sollten die Hansen unge*
stOrt geniessen. Was von ihren Schuldforderungen an Nor-
wieger nach ihrem Abzüge aus dem Lande vom Könige oder
seinen Beamten eingezogen worden oder noch in den Händen
der Schuldner war, sollte erstattet werden. Einen Monat
ipAter, am 5. September, ratifidrte Hakon diesen Vertrag und
machte ihn dem Reiche bekannt. „Damit nicht femer die ge-
wohnten Schädigungen und noch schwerere dem Reiche zuge*
filgt würden^S ermahnt er seine Unterthaaen, den deutschen
Kaufleuten ja die schuldigen Zahlungen zu leisten*). Die
Stidte aber ermahnen die Ihrigen bei Wiedereröffnung der
Fahrt (8 Tage Tor Bfartini wollen die wendischen Kanfleote
gemeinschaftlich nach Bergen segeln^)), begangene Ungebühr
,^a bessern nach des Landes Recht, keine Sammlungen (Auf-
läufe) zu machen, keinen Uebelthäter von dannen zu fahren.
1) H. IL I, n. 498 und 494. — Die TerMuniiilwig Ut Ton 18. Juli datirt;
de tagt aber noch im Attgoat, s. n. 500: Bernhard Hoppener sieht von Hei-
singborg aar Tagfahrt, walurscheinlich noch am 14. Augnat
S) ebd. I, n. 508.
8) ebd. I, n. 506. Ein Verseichniaa von 17 Städten, die ihre Ratifi-
kationen in Stralaond eingeM^iclit haben , ist gedruckt Lab. Urlulb. UI, n. 74S
und H. R. U, n. 14.
4) H. R. m, n. 32 ; vgl. ebd. 1, n. 510 § 6. Anadrficklich werden die
einieintn Städte anigefordert i ihren Bürgern nieht eher die Fahrt naeh Nor-
wegen sa gestatten, als bis gemeinsam ein Termin dafür verabredet sei, s.
Lübeck an Reval ebd. 1, n. 504.
510 Z^- l>^ tCnlfoiider'fViedii.
keine Waffen am tragen mid gegen einander daä MesBer m
ziehen oder zu gebrauchea^ u. a. m.; sie beBtimnien Strafen
und droben den, der sieh Tergebt, hdnMrasQcbeii) daas „ein
Anderer daran denke^ und ^sloh davor hüte^ ^).
Wraige Tage nach AbschlusB dieses Vertrages, als die
dänischen Gesandten sidi am 19. August in Lübeck wieder
ehrfandea, kam man auch mit diesen wenigstens aber einen
Yertragsentwarf äberda. Ein Ratbmana begleitete die Ge-
sandten nach Dänemark, um sie im Oktober mm stralsmider
Tage herüber zu geleiten. Aber widrigen Windes wegM konn-
ten die Dänen nicht alle und auch der Rathmann sdbst nicht
kommen , und so erfolgte denn der Abschluss der Verhand-
hmgen erst auf der Versammlung, die Ende November zu
Stralsund gehalten wurde*), und zwar, wie wir aus den
Briefe eines livländischen Rathssendeboten erSEihren , unter noch
günstigeren Bedingungen für die Städte , als der Entwurf von
19. August enthalten hatte *). Wesentlich mochte zu diesem
Erfolge die feste Haltung der Städte beigetragen haben. Auch
nach dem Falle von Helmngborg, sdion mitten in den Frie-
densverhandlungen , ruhten ihre kriegerischen Massregeln nidit
Die stralsunder Oktoberversammlung beschäftigte sich sclnm
mit dem Feldzugsplan fttr den nächsten Frühling und regdte
die fernere Erhebung des Pfundzolls ^). Gestützt auf diese
Energie, die den Dänen nur die Wahl liess zwischen Nach-
geben und neuem , verderbenbringendem Einbruch des Feindes,
konnte die Diplomatie der Städte die reichen Früchte ein-
heimsen, welche die kriegerischen Erfolge gezeitigt hatten.
Hatte man den Norwegern einen billigen Frieden gewährt, der
1) H. B. 1, n. 511 : Also cUit dar eyn mnder aa denke, — dat yd eyn ander
beware ; vgl. n. 884.
9) ebd. I, n. 518 yam 80. Köv. 1869.
3) ebd. III, D. 41 und 8. 8S: Front in Lnbic prhno tempore ^H conoepta,
tarnen aliquid in melius oiTitatam addit«m. Vgl. ebd. III, SS.
4) ebd. I, n. 510 § 11, 1, 2 und 7. Vgl. oben S. 602 ff.
XV. Dar ■tnütuiider FiM» 511
nichts Nmc8 taraciite, nur längst genosflene Rechte best&tigte,
so erlangte inau, seine ganze Kraft auf diesen einen Punkt
richtend, in dem weit wichtigeren Dänemarlc Vortheile, wie
sie sieder Yorher noch nachher der Städtebnnd je wieder er*«
rangen hat, und wie man sie wohl schwerlich gehi^ hatte,
ik Awei Jahre zuvor in K5ln über die Abwehr der unerträg-
lichen dänischen Bedrückungen berathen worden war. Der
stralsunder Friede, wie er nach dem am 24 Mai 1370
in ßtratoand erfolgten definitiven Abschlüsse genannt wird , be-
zeichnet den H^epunkt städtischer Macht im Norden.
Die auf der Novemberversammlung vertretenen Städte
hatten nicht ohne die Zustimmung der abwesenden Bundes*
genossen, Herren und Städte, abschliessen wollen. Ausdrück-
lich lassen sie sich das v(Hn dänischen Reichsrath bezeugen ^).
So war es nöthig, eine zweite Versammlung abzuhalten. Aus
8a Städten: Lübeck, Stralsund, Greifswald, Stettin, Kolberg,
Staigsrd von den wendischen "*), Riga, Dorpat und Reval aus
Livlaad, Kulm, Thom, Elbing und Danzig aus Preussen,
Kämpen, Zierixee, Brid, Härder wyk, Zütphen, Elburg, Sta-
voren, Dordrecht, Amsterdam und Deventer aus den Nieder-
landen versammelten sich die Rathssendebot^ zum 1. Mai
1370 in Stralsund. Auch Dänen erschienen zahlreich. Der
ErdHschof von Lund, die Bischöfe von Roeskilde und Odense,
der Reichshauptmann Henning von Putbus und zahlreiche Grosse
des Reichs, Glieder des Reichsraths, beurkundeten die ge-
schlossenen Verträge, „auf Oeheiss, mit Willai und Vollmacht
ihres Herm'^ Freier Handel durch das ganze Reich sollte
dem deutschen Kaufmann wieder gestattet sein wie zuvor.
Das Verfahren mit gestrandeten Gütern wurde wieder sorgsam
geregelt, in Schonen die alten Freiheiten wieder, zugestanden«
1) H.' B. I, B. 516.
t) Bmamkmmwtrik ist dat Fehlen Rostocks und Wismars , der Stidte des
Hersogs von Meklenburg.
512 ^^- I>«r stnOsaiidar Fried».
Die Zollsätze wurden den yod altersher besaltlten wieder g^ch
gemacht, in der Hauptsache denen angenähert, die König Al-
brecht Ton Schweden vor zwei Jahren bewilligt hatte ^ >. Ganz
neu war aber der wirksame Schutz diesar Privilegien durch
die zeitweilige Erwerbung der wichtigsten schonenschen Festes,
die den Städten die Sicherung ihres schonensdi^ Handels und
eine yollständige Beherrschung des Sundes ermöglichte. „Um
mancherlei Schaden, den sie und ihre Bflrger genommen
in Jahren, die vergangen vor diesem Kriege^, sollten die
Städte 15 Jahre lang Vs ^^r Einkünfte zu Skanör, Falsteito,
Malmö und Helsingborg erhalten. „Und damit sie dies in
Frieden besässen und in Frieden erhöben'', sollten ihnen die
festen Schlösser an den genannten Plätzen mit den dasa ge-
hörigen Landstrichen, der Luthgud-, Sfiderasbo-, Btoeberg-,
Odens-, Hardager-, Froste- und Schotzeharde für die genannte
Zeit überliefert werden. Waldemar sollte Alles besiegdn, wenn
er sein Reich behalten wolle, „oft he by syme rike bliven wfl^
Ja, wolle Waldemar bei seinen Lebzeiten einen andern Henrn
in Dänemark einsetzen, oder würde nach Waidemars Tode dn
anderer König kommen, so sollte der ReichsraÜi ihn nicht an-
nehmen ohne die Einwilligung der Städte, und ohne dass die-
sen erst die gegenwärtigen Verträge besiegelt worden seien *).
Als Unterp&nd für die Erfüllung dieser Versprechung«! solUe
den Städten das Schloss Warberg in Halland jederzeit offen
1) H. B. I, n. 528 n. n. 618; Tgl. etd. n. 468.
2) ebd. I, n. 624 S. 487 : Vortmer were, dat ose here koDiogh Woldemor hj
syme levende to syme Hke to Denemarken enem anderen heren toeteden wolde,
deme scolde wy ande willen nieht tostedeni it en sy by der atedie aA%^ nade
he en bebbe den steden (ere vryfaeit) myt synem groten inghesegbele betaghelt,
mit byscopen, riddem unde knapen, de se dar to bebben willen In der aelven
wyse soal me dat holden, oft de rorbenomede nnee here de koningb af gbigbe,
dar ene Qot vor beware. Des ghelikes seole wy nenen heren nntÜMn, yd en sy
by rade der stede, unde he en hebbe den steden ere vryheyt myd synem groten
ingheseghele mit byscopen , ridderen unde knapen besegheld, de te dar to beb-
ben willen.
XV. Der strabiinder Friedtn. 5l3
Stehen, und Kort Moltke, der Hauptmann dieses Schlosses,
mosste sich verpflichten, dasselbe jederzeit bereit zu halten
zu Binden der Städte. Auch die nicht in Stralsund anwe-
senden Mitglieder des Reichsraths soUten dem Vertrage aus-
drfiddich beitreten, und es wurde sogleich ein Entwurf verein-
bart, dm sie besiegeln sollten. Bis Michaelis (29. Sept.) 1371
sollte Waldemar Frist gelassen werden, den Vertrag zu bestä-
tigen. Hatte er das bis dahin nicht gethan, so soUte es in der
Hand der Städte liegen, ob sie denselben auch femer aner-
kennen und halten wollten; wollten sie ihn etwa nicht halten,
so sdlte doch Friede bleiben bis Ostern 1372; wollten sie ihn
halten, so sollten auch die Dänen ihn anerkennen, auch wenn
er nicht vom Könige besiegelt wäre. — Mit Rostock traf der
Beichsrath ein besondres Abkommen : Im Falle eines Krieges
zwischen Dänemark und Meklenbuig soUten die Bostocker
aichem Verkehr in Dänemark haben, den Meklenburgem in
flurem Lande und im rostocker Hafen helfen dürfen, aber nicht
Aber See bei einem Angriflf auf Dänemark. Wollten sie Letz-
teres doch thun, so sollten sie vier Wochen vorher eine Ab-
sage nach Wordingborg schicken ^).
Das war der stralsunder Friede, das Eigebniss des zwei-
ten Krieges gegen Waldemar. Merkantil setzte er die StMtß
in keine bessere Position, als sie schon zu Waidemars Regie-
nmgszeit unter der schwedischen Herrschaft in Schonen und
unter Christoph H. inne gehabt hatten. Ja, in einzelnen Stücken
hatten sie schon grössere Privilegien genossen, als ihnen der
stnlsunder Friede gewährte. Was dieser zusagte, genügte aber,
um den wichtigen schonenschen Vericehr und den ganzen übri-
gen dänischen Handel in dem bisherigen Um&nge aufrecht
sn erhalten, den Städten in jenem ein entscheidendes Ueber-
gBwicht zu sichern. Dass sie den Dänen für die Zeit ihrer
1) H. R. I, n. 61S. 6S8— 681 ; Billig«, Urkdb. lU, n. 106S a. 1068.
; Di« HauMtadtc 33
514 ^^« ^^ ffcndfiuider IVIedfo;
Herrschaft in Schonen dieselben Rechte zusagten, die sie sdbst
übten , war für sie jetzt so wenig wie bisher ein Hindemiss.
Neue Bedeutung aber gewannen alle diese Hechte durch das
politische Uebergewicht im N(»rden, das der stralsunder Friede
den Städten verlieh. Nie zuvor war ihre politische und mili-
tärische Macht in jenen Gegenden so gross gewesen wie jetzt
Nun erst durften sie hoffen, der in den Verträgen gewährlei-
steten Hechte wirklich froh werden zu können. Da^s sie den
niedergeworfenen Gegner nicht leichte Kaufs davon Hessen,
kann man ihnen nidit verargen, besonders wenn man die Her-
gänge der letzten Jahre und Waidemars Charakter bedenkt
Pie Städte haben niemals leicht zum Schwert gegriffen, be-
sonders das vorsichtige und wohl abwägende Lübeck nicht;
sie haben, wenn irgend möglich, durd^ Verhandlungen , wenn
es nöthig war, durch Opfern einer Summe (Feldes zum Zid
zu kommen gesucht. Wenn sie trotzdem das Schwert ssogen,
und wenn dann dieses Schwert Si%e erfocht, so war es wobl
nur ein rühndiches Zeichen, ein Beweis festen WoUens und Uar
durchdachten Strebens, wenn sie die durch Blut emmgeBeo
Vortheile nicht durch unzeitige Nachgiebigkeit in den Ver-
handlungen wieder verscherzten. Die diplomatische Haltung
der Städte im stralsunder Frieden verdient daher mindestens
dben so viel, ja noch mehr Anerkennung als die kriegerische in
dem voraufgegangenen Kampfe. Ihr vor Allem ist es ou ver-
danken, dass dieser Sieg der Städte der Anfangspunkt wurde
für eine ganz neue Epoche in der Entwicklung derselben, dass
er den Grund legte zu einer ganz veränderten Stellung der
norddeutschen Städte im eigenen Vaterlande und noch nehr
gegenüber d^n Norden Europas, dass er in der Geschichte
jener Gegenden unseres Erdtheils ein neues Elem^t in den
Vordergrund schob. Eine Betrachtung der dem stralsunder
Frieden folgenden Ereignisse wird, wenn auch nur übersicht-
lich gehalten, das deutlich zeigen.
XVI. Vom Btralrander Frieden bis zum Tode
Waldeman, 1870—1875.
Grosses hatten die Städte erreicht; doch fehlte ihren Er-
folgen sowohl in Norwegen wie in Dftnemai^ noch die sichere
ftossere Garantie, ohne die am wenigsten die Städte sich des
Errungenen freuen konnten. In Norw^en beruhte ihre Stel-
lung nur auf einem Stillstandsvertrage, nicht auf definitivem
Frieden; mit Dänemark war ein solcher geschlossen, aber er
entbehrte der Bestätigung des Königs, ohne die doch auch die
verfoindlichste Zusage seiner Grossen immer nur einen frag-
lichen Werth besass. Beiden Mängeln abzuhelfen sehen wir
die Städte in den nächsten Jahren eifrig bemüht, allerdings
in beiden Ländern, so lange Waldemar lebte, nur mit sehr
theflweisem Erfolge.
Die mit Norwegen verabredeten Verhandlungen zu Bahus
frnden um Johanni des Jahres 1370 wirklich statt Wir haben
schon wiederholt Gelegenheit gehabt, sie zu erwähnen, denn
sie sind eine wichtige GeschichtsqueUe für die frohere Zeit,
besonders fQr die Ereignisse des ersten Krieges. Von beiden
Seiten wurde eifrig hervorgesucht, was seit dem gräfswalder
Bttndniss (1361) an Beschwerden aufisufinden war^). Die
Städte hatten die schweren Verluste des ersten Krieges noch
nicht verschmerzt, auch die Hofihung noch nicht au%Qgeben,
wenigstens theilweise Anerkennung ihrer Ansprüche und Er-
satz ihres Schadens zu erlangen. Sie klagten, Hakon und
1) 8. H. B. II, n. 1—4.
33
516 XTI. Vom stralsttnder Frieden bis zum Tode Waldeauurs,
sein Vater Magnus hätten durch ihr Ausbleiben das Unglück
im Feldzuge von 1362 verschuldet, hätten ihr Versprechen,
Bahus und Warberg auszuliefern, nicht gebalten, Borgholm
den Städten wieder entrissen, ohne Zustimmung dieser mit
Dänemark Frieden geschlossen und Güter und Schiffe hansi-
scher Bürger in Menge geraubt. Huren Schaden berechneten
sie auf über 200000 Mark lüb. Pfennige (über 2 Mill. resp.
13 Mill. Rm.) ^). Hakon antwortete mit Ausreden, die die Han-
sen mit Recht nicht gelten lassen wollten. Er schob die Schuld
auf die Grossen des Reichs, die die Verträge gegen seinen, des
Mindeijährigen , Willen abgeschlossen und sie ihm ganz und
gar verheimlicht hätten '). Auf die Klagen wegen Räubereien
antwortete er mit noch zahlreicheren Gegenklagen. Man kam
zu keinem Resultate. Die Entscheidung wurde hinausgescho-
ben, indem man den bestehenden Waffenstillstand auf 5 Jahre
bis zum 24 Juni 1375 verlängerte*). Um aber eine der
Hauptursachen des Streites für die Zukunft zu entfernen, wur-
den für das Verhältniss zu den beiden meklenburgischen Städ-
ten besondere Bestimmung^ getroffen. Die von Rostock und
Wismar verpflichteten sich, den Meklenburger nicht zu unter-
stützen, höchstens dürfe er für sein Geld Mannschaften, Schifie
und Lebensmittel in ihren Mauern kaufen und ausführen ; auch
gegen einen Einfall Hakons in das Herzogthum durften sie
ihrem Landesherm Hülfe leisten ; es waren ähnliche Abmachun-
gen, wie sie das Verhältniss Rostocks zu Dänemark regelten.
Neue Verhandlungen, die im September 1372 zu Töns-
berg mit Hakon und seinem jetzt befreiten Vater Magnus statt-
1) Lfibeck 78000 ^, Wismar 80000 ^, Stralsund 70000 ^ snndisch, Ro-
stock 80000 4p.
2) Siehe oben S. S84.
3) H. R. n, n. 6, mit der Bestätigung Hakons Urkdl. Gesch. II, S. 703.
Der früher (H. B. I, n. 502 und 505) versprochene Schadenersatz war noch
nicht entrichtet, die Schulden waren noch nicht bezahlt, Urkdl. Qesch. II,
S. 704 : Preterea de restitucione pecuniarnm etc.
1S70— 1876. 517
fimden, fahrten nicht weiter^). Dieselben Forderungen und
Anschuldigungen wurden von beiden Seiten wiederholt; Hakon
eridArte, die Privilegien in seinem Reiche sei^ den Hansen
nie Tim ihm bestätigt worden, sie hätten sich dieselben ganz
ungerechtfertigter Weise angemasst, und nicht ohne eine Ge-
genteiBtung werde er sie im Guusse derselben lassen. Ja
später behauptete er sogar, er habe diese oft vorgeschfltzten
Privilegien nie gesehen, und verlangte Abschrift derselben').
Es nützte den Städten wenig, dass sie sich auf die beim greifs-
wakler Bündnisse vollzogene Bestätigung ihrer Freiheiten be-
riefioD; wie früher, so wälzte der König auch in diesem Falle
die Verantwortung dafür auf den schwedischen Rdchsrath.
Dazu kam, dass beide Theile schon jetzt wieder üba* Ver-
letzung der kaum geschlossenen Uebereinkunft klagten *). Alles,
was nach wochenlangen Verhandlungen erreicht wurde, war
eine Verlängerung des bestehenden Stillstandes um weitere
zwei Jahre , bis zum 24. Juni 1377. Innerhalb dieses Zeit-
rmitms ist denn endlich, nachdem Magnus und Waldemar beide
gestorben waren, Hakon nach der Herrschaft über alle drei
Reiche strebte und daher ein gutes Einvernehmen mit den
Städten brauchte, der Friede zu Stande gekommen. Am 14 Au-
gust 1376 bestätigte König Hakon zu Kaliundborg auf Seeland
den deutschen Kauf leuten alle Freiheiten, die ihnen je von seinen
Vorfahren ertheilt worden seien. Zwei neue Rechte wurden hin-
zugefügt, die die Machtstellung der Hansen im Reiche kenn-
zeichnen: Vor der Königsbusse sollten alle Schulden des Ueber-
treters aus dessen Vermögen bezahlt werden; mit wehendem
Flflger durften die Schiffe der Hansen in alle norwegischen
Häfen einfahren , nur erst beim Anlegen sollte das heimische
Zeichen heruntergenommen werden^). Von einem Schadener-
1) H. R. n, n. 40, 4S und 43.
S) ebd. n, n. 89 $ 7.
8) ebd. U, n. 11 S S and 42 8 4—7.
4) ebd. II, n. 184; vgl. n. 185—128. Item ti que nAves ad portam elvi-
518 ^^I- ^<>™ stralBonder Frieden bU lam Tode Waldeman,
8at£ ist in dem Vertrage nicht die Rede — wie wäre Hakon
daen auch bei einer Qeldnoth, die ihn sogar zur Versetzung
der Reichskleinodien an einen stralsunder BCb^gisr swang *), im
Stande gewesen — aber auch nicht mehr von einer Gegenleistung
der Städte für die erlangte Bestätigung der Privilegien.
Oleich lange verzögerte sich der endgültige Abschkus
mit Dänemark und kam doch auch hier nur zu Stande durch
Nachgd>en in nebensächlichen Punkten, ^uf Befehl, mit Zu-
stimmung und Vollmacht König Waldemars^ hatte sein Beichs-
rath den stralsunder Frieden abgeschlossen, aber zu eatbdi-
ren war darum die allerhöchste Bestätigung nicht Der Beidis-
rath hatte solche auch in sichere Aussicht gestellt; ,,wenn
Waldemar beim Reiche bleiben wolle, solle er mit dem gros-
sen Siegel die geschlossenen Verträge besiegeln^. Aber trotz
alledem entstanden doch Schwierigkeiten; diese Bestimmung
des Friedens ist nie zur Ausftthrung gekommen.
lieber Waidemars Aufenthalt in der zweiten Hälfte des
Jahres 1369 sind wir nur sehr mangelhaft unterrichtet Ein
späterer, aber beachtenswerther Autor (Aventin) giebt an, dass
Waldemar (rex Cimbrorum) zusammen mit d^n Kais^ am
29. Sept 1369 zwischen den bairischen und österreichiscken
^i^— ^— ^.i^^ ■ ^
tatom et vUlamm nostramm for«nsinm cum summo mniiito casteUo, propri«
topcasteel, applScuerint, hoo ipiis esM debebit iioe peiut ; ad pontttB taneii aas
applicabttiit nee nllam pontam ad ttrram facere debebant, niai ante omnia di-
ctam topcasteel depositnm ait de malo. Vgl. Lappenberg, Von den Bvndea-
Zeichen der dentachen Hanse, Ztsehr. f. Hambg. Qeibh. III, 167 ff. Budel-
mann, Die letaten Zeiten hansischer Uebermaeht im skandinavischen Narden
8. 4 sagt, die Hansen hfttten „mit fliegendem Wimpel am höchsten Mast ihrer
Schiflie in alle Hilfen des Reiches einfahren dürfen**. Jetst fDhren die Schiffe
allerdings den Flüger, sofern sie überhanpt einen solchen haben, am Haapt-
mast. Aber der Urknndentext spricht doch zu deutlich von einer Befeatigiuig
auf dem Kastell, also, da es zugleich heisst „de malo**, wahrscheinlich in der-
selben Welse, wie noch jetzt die Flagge geführt wird. Oder iet der Stadt
Wappen auf dem Kastell befestigt worden ? Vgl. Hirsch, Danaigs Handels- n.
Gewgeäch. S. 138 n. 322, 2: Dat een islik schipper siner stat wapen achter
utsteke upp dem castele mit eener Stangen efte glifeneyen.
1) Fock lU, 220.
1370— 1S75. 519
Herzogen d^ Streit über Tirol vermittelt habe; deniBacb wäre
Waldemar damals in Baiem gewesen. Sicherer können wir
ihn za Anfang des folgenden Jahres in Preuss^ nachweisen.
Dort suchte er, und zwar nicht ohne Erfolg, den Hochmeister,
den stftdtefreundlichen Winrich von Kniprode, und die prenasi*
schi^ Hans^lieder für seine Sache zu gewiimeu. Auf Für*
spräche des Hochmeist^s gewährte er am 28. Januar 1370
den sechs preussischen Städtai eine Vitte bei Falsterbo; man
sah ihn hier also noch trotz des Bündnisses mit Schweden*
Meklenburg und trotz der Eroberung Schemens als den eigent*
lichai Herrn dieses Landes an, eine Anschauung, von der aller*
dings auch die Städte beim Abschluss des Friedens zu Stral*
Bund ausgingen, indem sie, ihrem Bündniss mit Schweden und
Meklenbivrg entgegen, versprachen, die ihnen überlieferten
Schlösser nach der festgesetzten Frist von 15 Jahren an Däne*
mark zurückzugeben. Dass übrigens Waldemar beabsichtigt
hat, den stralsunder Tag zu besuchen, selbst die Verhand-
lungen mit d^ Städten zu führen, kann wohl kaum bezweifelt
werdeiL Indem er den preussischen Städten für ihre neu er*
worbene Vitte dieselben Rechte gewährt, die alle andern deut-
schen Kaufleute besitzen, verspricht er ihnen zu^eich, falls
ihm zu Stralsund am 1. Mai weitergehende Privilegien vor-
gelegt würden — man erwartete offenbar, dass die Städte dort
mehr Rechte erwerben würden, als sie bisher besessen hatten —
diese zu bestätigen. Die StädJ^ aber scheinen ihrerseits nicht
gewünscht zu haben, mit Waldemar persönlich zu verhanddn«
Sie schickten ihm von Stralsund aus einen Geleitsbrief, der
aosdrücklidi nur für den Fall Sicherheit zusagte, dass Waldemar
vorher die abgeschlossenen Verträge besiegelt habe. Der Bürger-
meister von Kulm, Ertmar von Hereke, überbrachte den Brief;
ihn suchte Waldemar auch zu weiteren Unterhandlungen zu
benutzen, bat die Städte, dem Kulmer Glauben zu schenken
in dem, was er über Waldemar mittheile, und verlangte einen
520 ^^^- ^^^ strahnnder Frieden bis Bmn Tode WaldeoMn,
andern „schlichten, gemeinen^' Geldtsbrief. Damals (27. Jimi)
hielt er sich in Kaiisch auf 0; möglich, dass ec seinen Fremid,
den Polenkönig Kasimir „den Grossen^', der in seinen Begie-
rnngsmaximen wie in einzelnen Charakterzflgen so manche Aehn-
lichkeit mit ihm hatte, mn Hülfe ansprach. Vier Wochen
später finden wir Waldemar in Prag beim Kaiser. Hier scheint
er sich längere Zeit aui^ehalten zu haben, Karl IV. ihm mit
Freundlichkeit b^egnet zu sein. Doch waren es Freandlich-
keiten, die dem umhmrrenden Waldemar wenig nützen konnten.
Karl rekurrirte auf seine Kaiserstellung, beauftragte am 27. Juli
die wahren und vermeintlichen Freunde Waidemars, die mäss-
nischen Markgrafen Friedrich, Balthasar und Wilhelm, den
Herzog Bogislaw von Stettin und Graf Adolf von Holstein, die
untreuen und rebellischen Lehnsleute und Unterthanen König
Waidemars zur Rechenschaft zu ziehen und, wenn es nöthig
sei, in des Reiches Acht zu thun, gab dem befreundeten Herr-
scher einen allgemeinen Geleits- und Empfehlungsbrief^ Erlasse,
die schwerlich irgend welche Wirkung geäussert haben wer-
den*). Auch dass Kaiser Karl am 24 Noy^nber 1370 als
1) Vgl. H. R. I, n. 519, 520, 588, 689. Vgl. Lflb. Urkdb. UI, n. 7SB,
datirt aus Kalys, hier erklfirt mit „Kirchspiel in Westerbotten, Kgr. Sohwedea^*
(was natfirlich unrichtig), in H. R. I, S. 608 als „Kaiisch, Prenssen, Regrgsbea.
Bansig**. Warum nicht das bekannte grosspolnisohe Kaiisch an der Prosna,
Hauptort einer der wichtigsten polnischen Woiwodschaften?
2) Suhm XIII, 676 u. 866 ; Schi. Holst Lauenbg. ürkdsmmlg II, 8. SS6 ff.
In dem von Alteren Historikern mit gfosser Heftigkeit gefBhrten Streite über
die mittelalterliche Stellung Dftnemarks lu Deutschland ist gerade dieser Brief
Gegenstand mUssiger Dispute gewesen. Hvitfeldt und Oram tadein Waldemar
hart, dass er beim Kaiser Hfilfe gesucht, diesem eine Jurisdiktion Qber seine
Unterthanen zugestanden habe. Christiani (Geschichte der Henogthflmer Sehles-
wig und Holstein HI, 269) sucht diese hinwegsudeuten ; er meint» die Acht
habe sich nur auf die deutschen Unterthanen Waidemars besogen; ebenso
Suhm. Der rationalistisch deutelnde Heinse (Diplomatische Geschichte des
d&nischen Königs Waldemar Christophersen, Leipiig 1781, S. 220 ff.) vermittelt:
Er hSlt die Benenftung „lieber Bruder*', die der Kaiser Waldemar giebt, fBr
ein Zeichen, dass er ihn ffir einen Gleichen und Unabhängigen hielt; Waldemar
habe nur gegen die Deutschen die Acht verlangt, aber im Briefe sei das, ans
157a-.1S75. 621
Ersatz filr die Bdchssteaer Lflbecks, die d^n Herzog Rudolf
Tim Sadumi flberwiesen war, dem dinischen Könige Einkünfte
ans dem prager ZoU yerlieh, konnte auf den Ghing der Dinge
nicht wesentlich einwirken 0. Waldemar mnsste es immer
klarer werden, dass er vor allen Dingen mit den Stftdten zu
einer -YerstAndigung kommen mOsse, dass nur Ober diese der
Weg ins Reich zurttckfohre.
Im stralsunder Frieden war der Michaelistag 1371 (Sept 29)
als &usserBter Termin festgesetzt worden, bis zu welchem Wal-
demar die Besiegdung der Vertragsuikunde noch vollziehen
kOnne. Ihrerseits sandten die Stftdte ihre Ratifikationen des
Friedens nach Stralsund; man war überein gekommen, sie
simmtlich vom 29. Sept 1370 zu datiren, bis zum Martinitage
einzusenden. Letzteres scheint auch geschehen zu sein; nur
Rostock und Wismar werden als säumig erwähnt; sie waren
es wohl in Folge ihrer Stellung zum Landesherm. Für den
Fall, dass Waldemar in der festgesetzten Frist die Besiegdung
nidit vollziehen werde, hatte man schon in Stralsund die
Städte beauftragt, zu der auf Michaelis 1871 eb^alls zu
Stralsund angesetzten Tagfahrt Instruktion mitzubringen, ob
man dann auch beim Frieden bldben, sich mit den vom Rdchs-
rath erhaltenen Urkunden begnügen wolle *). Inzwischen suchte
man sich in der neuen Stellung einzuriditen. Dass man dem
Frieden noch nicht traute, beweist die Anordnung, dass jeder
Kaufmann in Schonen seine Waffen mit aufe Land bringen
solle, dass man das Pfundgeld in der bisherigen Weise wdter
erheben wolle bis Michadis 1371 *). Lübeck mit den wendi-
schen Städten hielt die schonenschen Sdilösser besetzt; die
Veneli«n oder absichtlich, weiter aasgedehnt. — Das Mittelalter dachte prak-
tiecber in diesen Fragen. Noch König Hans Iftsst Über seine ,, ungetreuen
Uiit«rUianeB'S die Schweden, ron Kaiser Maximilian die Reichsacbt rerhlngen.
1) Lttb. ürkdb. U, n. 74S ; rgl. ebd. n. 667 u. 704.
S) H. B. I, n. 5S2 | S u. 16, n. 681—637 ; rgl. II, n. 9 $ 16.
S) ebd. I, n. 6tt $ 8 u. 6 ; n, n. 11 f 1, 6 «. 8 u. n. 18 f 14.
522 ^^I- ^<>™ itrabiuider FfItdMi bb lum Tode Waldeman,
BathmaBfien Johann Lange yoä Lübedc und Dietrich Emden«*
von Stralsimd cfrhoben in Fatoteibo und Skanör den könig-
lichen Zoll. Aber trotadem «e in der kurzen Marktjwit eines
Jahres (1371) an 3500 llärk lüb. (ca^SOOO resp. 230000 Bm.)
einnahmen, reichten die Einkünfte doch nidit aus, die Kosten
zu decken. Nicht nur die Erhaltung d^ ScUdsaer und ihrer
Besatzung erforderte bedeutende Sunmilan, sondern .vor allem
auch die nothwendig gewordene Bdriedung der See, AusrSßtung
und Erhaltung der Fnedescbiffe ^). Es sdieinen aueh nach
diesem Kriege wieder Zustände eingetreten zu sein wie zu
Anfang der Begierung Waldemar Atterdags nach den Fdd-
zügen Gerhards des Grossen. Manchem Kriegsmann von Benif
mochte es schwer fidlen, so rasch wieder zum Frieden über-
zugehen. Vielleicht gab es auch in Dänemark kedce und
trotzige Leute genug, die den Krieg auf eigene Hand fort-
setzten, trotzdem die in Stralsund anwesenden Bdchsräth«
yersprochen hatten, auch die heimischen Mitglieder des Beidis-
ratha zum Beitritt zu bewegen. Den Kaufinann g^^i solche
Feinde zu schütze, war nicht leicht; das haben die Städte in
den nächsten Jahrzehnten erfahren. So lange man nicht sut
Waldemar sdbst zu einem defimti?ai Frieden gelangt war,
konnte man kaum auf AbsteUung hoff^; das Treiben hatte
dann stets eine gewisse rechtliche Grundlage. Von solchen
Erwägungen mochten die Städte ausgehen, als sie sich anf
der Herbstyersammlung zu Stralsund 1371 entgegenkommend
zeigten.
Erst einige Wochen später als sie angesetzt war, gegen
Ende Oktober, fand diese statt. Waldemar war selbst zu-
gegen. Schon im Mai scheint er sich zu einer Tagfahrt der
1) H. R. II, n. 18 § 3, 6, 14 n. 15. Die ZoUeiniuJiiiM betrug in den
beiden Schlösseru 3*458 4(: 8 d 4 ^ lüb. In Malmö , wo Schreiber den Zoll
erhoben, trug derselbe nar 63 4^ Ifib. ein. Es handelt sich dabei jedenfalls
nur um */, der sämmtlichen Einnahmen, da mehr den St£dten nicht zustand.
1570--1876. 528
BtAdte in Stralsimd eingefiudeB zu haben ; cU)ch damals war
et nieht gelungen, zu einem Einverndmien mit ibnen zu ge-
langen ^). Waldemar hatte die Verträge nieht besiegeln wollen,
die Stftdte aber mochten ihrerseits auch noch nicht zum Ent-
g^genkodunen bereit sein, da der Beichsrath (^Biscbfile, Ritter
imd Knappen^^) nochmals erklärt hatte, das von ihm Be-
riegelte halten zu wollen. Vom Mai bis zum Oktober scheint
sidi dann Waldemar vorzugsweise in Pommern au^gebnlten zu
haben. Sein Streit mit dem Markgrafen Otto v<m Brandimburg
ist in dies^ Zeit zum Austrag gekommen; die Entscheidung
wvde am 4 Juli Waidemars Freunde, dem Markgrafen Fried-
ridi von Meissen, Qbertrag^L Wie dw Sdiiedsspruch (er soUte
am 27^ Juli ge&llt werden) ausgefallen ist, erfahren wir leider
sieht, jedenfidls aber war Waidemars Yerhältniss zu dem
ftnandenburg^ ein nicht allzu unfreundliches, denn am 20. Juli
vermittelte er zusammen mit dem rheinischen P&lzgraf^
Friedrkh den alten Streit über die Ukermark zwischen Otto
md den Herzögen von Pommern-Stettin *). Eben dieser ihm
wieder n&her gerächten Fürsten scheint sieh dann Waldemar
rar Ausc^eichung mit den Städten bedi^t zu haben. In einem
mm Stralsund datirten Schreiben vom 24. Juni lehnen die
Bathssendeboten der Hansestädte Verhandlungen ab, die K5nig
Hakon von Norwegen im Sq>tember gewünscht hat, ,^weil.sie
um dieselbe Zeit daheim mit anderen Herren zu verhandeln
1) H. £. II» 0. IS: Mo* gtneritlittr ^per dato presMeimn in StnÜMsimd
congrtgftti placiUbaniiis eam rege Danomin et suis pro pladtit nomine sui
per iptlos coniiliArios in anno preterito com commonibos ciritatibas placitatii
et eigiUatla, hi q«n>iis nobie be&e videtor, qvod idem rez nondvm Telit hi^iis-
nodi placita ligiUo proprio sigiHare. Nos tarnen ignoramus, ci^aamodi volan-
tatit pradieloniB ipee flerl poterit Infra biac et feetwn Miohaelis prozime
S) 8«]rai XIII, 686 ff. n. 867. Sebwerlieh ist aaiuiiehinen, dass Waldemar,
wie Sahm wiU, in dem Streite swisckan Brandenburg and Pommern auf Seite
des ertteren gestanden babe ; das Entgefengesetite Ist dnrchans wabrsebeinlicber.
524 ^^^* ^om straltunder Frieden bU iiim Tode WaldeniMrs,
hätten^ ^). Kaum kann man dabei aa andere VeiiiandlongeD
denken als an die, wdcbe sidi auf das Verhfiltmfls m Walde-
mar bezogen, weil keine anderen allen StAdten gemeinschaftlich
waren.
>
Verhältnissmfissig leicht scheint man dann anf der atral-
sundor Oktd)enrersammhmg zu dnem Einverstftndniss gelangt
zu sein. Waldemar besiegelte, aber nidit mit dm grossen,
sondern nur mit dem ,4^eimlichen^ Siegel, seinem Sekrete.
Die Stftdte gaben sich zufrieden mit dem Versprechen, dass
die Besiegelnng mit dem grossoi Siegel bis Jaoobi (25. Juli)
des nächsten Jahres vollzogen werden sdle, eine Zusage, ttber
donen Werth sie wohl von vornherein die richtigen Ansichten
hatten. Ja, sie kamen noch weiter entgegen; sie vernchteten
auf jene Zusage, dass während der 15 Jahre, f&r welche die
schonenschen Besitzungen abgetreten waren, Sdiloss Waibevg
in Halland ihnen als Pfand offen stehen wdle*). Unter diesen
yerftndertoi Bedingungen vollzogen sie dann neuerdings die
Ratifikaticm des stralsunder Friedens unter Stralsunds Siegel
im Namen aller Stidte, lieferten ausserdem Raüfikationen aller
Hanse^ieder nach landschaftlichen Gruppen (wendisd» und
preussisdie Städte) oder nach den einzdnen Städten, empfingoi
daftür die des Königs mit dem hdmlichen Siegd *).
Erst jetzt schien der y<dle Friede wiederheigestdlt. Den-
gemäss stellten auch die Städte die Erhebung des PfinidgddeB
ein^). Veber die in Schemen eriangten Besitzung^oi verfbgteD
sie auf eine eigenthümliche Art. Die schlechten Erfahrungen,
die mit Borgholm gemacht waren, das ungünstige Resultat,
das man sogleich nach dem ersten Jahre auf Schonen zu ver-
1) H. IL II, n. 13: Q«od Uk» Bnekw, q«oe libeMor vehiiMWiBs robb
ad eumdem tenmiiiim transmisisse obsenrmDdvD, jam ad alia plaeita <wdiaaTi-
raas hoc pradicto tarmiao cam alüs dowms aobbcaa ia paitib«» caMmuida.
S) ebd. U, a. 18 § 10 a. B. 21 a. SS.
SWbd. II, a. IS § 11, B. SS, S4, SC.
4) ebd. II. B. 18 § 1.
U70- 1S75. 525
zeichneD hatte, wirkten ohne Zweifel auf die Entschliessnngen
der Stftdte ein. Hatten diese früher sich gesträubt, das eine
Borghofai ein^m ,,curiensis'' anzuv^rauen, so abergaben sie
jetzt ihre sämmtlichen schonenschen Schlösser keinen Oeringe-
ren als dem dänischen Reichsverwes^ selbst, Henning von
Potbus. Falsterbo scheint dieser schon vorher in Händen ge-
habt zu haben, ob im Einverständniss mit den Städten oder
Bicht, ist nicht klar zu erkennen ^). Jetzt wurden ihm auch
die drei andern Schlösser zunächst bis zum 25. Juli 1374 flber-
tragen; länger hatte er sie nicht annehmen woUen, obgleich die
Städte es fOr die ganze Zeit von 15 Jahren gewünscht hatten*
Für die Erhaltung und Bewachung derselben sollte Henning
von den den Städten auf Schonen zustehende Einkünften zu*
nächst alle Einnahmen aus den zu den Schlössern gehörigen
Harden ' erbalten , dann Vi ^^^ ^^^ Antheil der Städte am
Zolle in Falsterbo, Skanör und Malmö (V« vom ganzen Zoll,
da nur */s den Städten :^tanden, Va ^^^ König behielt);
aiuföerdei gab man ihm noch 600 Mark „voraus^', gleichsam
als Antrittsgeld, für die ^rste Ausrüstung. Während der Fang-
zeit sollte auf den drei Schlössern Falsterbo, Skanör und
Malmö Beauftragte der Städte neben den Beamten des Königs
den Zoll erheben, Henning von Putbus denselben mit ihren
Leuten auf den Schlössern tin genügendes Unterkommen schaf-
fen; durch Jahre sind die Rathmannen Jobann Lange von
Lübeck und Dietrich Krudener von Stralsund diese Erheber
gewesen. Nur Rathmannen dieser beiden Städte, die ihm im
Namen Aller die Schlösser übergaben, soUte Henning diese
wieder ausliefern. Deutsche Adlige: 2 Vicko Moltke, der
1) H. B. II, n. 1 1 } 4 : Vortmtr tipnk me mit heni Henningbe rma Pnt*
bvBch, wo me cUumne weten leholde mit dem hos to Falsterbode ; des sede he
ot, dst alle, de dar qaemen van den atetden, aeholden Telieh weaen ÜTee nnde
l^ndea. Vgl. ebd. II, n. 73 § t : Vordmer sprak de anlre ber Hennjmk «mme
de eoite, de be badde nppe deme bnae to Vabterb«de eer der tyd, dat be
id Tan os anmunede to boldende.
526 3^^- ^oiB ttralinnder Fii«den liit lam Tode WaldMnarty
jüngere Henning Ton Patbus, drei von der Osten, ein Yom
Rosengarten — sie standen wöM grösstentheils in dfinischen
Diensten oder hatten d&nische Lehen — gelobtem nut ihm,
dies alles den Städte trea und unverbrüchlich au halten ^).
Erwägt man, dass Lübedi: imd die wendischen Stftdte nach
der Verwaltung des ersten Jahres erklärt hatten, ihre auf-
gewandten Kosten seien nicht gedeckt, und sie müssten sidi
schadlos halten an dem Ersten, was im nächsten Jahre auf
Schonen einkomme, dass diese Erklärung vcm den Sendeboten
Preussens^ Kampens und der Sttdersee an ihren Bath gezogen
war, so liegt die Varmuthung nahe, dass die Theilnahme aller
Städte an der Verwaltung mit dazu beigetragen hat, dieses
Abkommen mit einem Adligen und dazu noch mit einem in
dänischen Di^isten stehende herbeimfOhren*).
i
FVa Waldemar aber waren jene Oktobertage in Stralaond
erfolgreiche Tage. Sie führten ihn ^icht nur zu einer unter össk
obwaltenden Umständen vortheilhaften Verständigung mit den
Städten, sie schlichteten in noch viel günstigerer Weise die
Feindschaft mit Meklenburg, öffiieten ihm so den Weg zur
Rückkehr in sein Reich.
Die Versuche Waidemars, seinem bedrängten Reiche Luft
zu machen, waren fast ausschliesslich gegen Mddraburg g^
richtet gewesen. Musste dieses mit seinen auf eigene und
schwedische Bestrebungen gegründeten territorialen Ansprü-
chen als der weitaus gefährlichere Feind erscheinen, so bot es
1) H. B. II, n. 19 a. 20; vfl. «bd. 11, n. 182: lotuper «eilot«, qaod
unanimiter concordatnm existit, qaod domini Johannes Langhe et Thidemannos
Crndenere ■emper in Soania debaant parsonaliter esse coaatitati ad redpieodam
et coUigendam theoloninm et alia prout priaa eciam . liacere eona«eveninl etc.
2) H. R. II, n. 18 § 8. Offenbar standen die Stftdte mit Hanaii« von
Pntbns in gutem Einvernehmen. Hat yielleicht die R&ckaichft, die sie in der
Frage der rügenschen Güter genommen hatten, hier einen RiaflniiB geXaasert?
Vgl oben S. 495.
1870—187». B27
aiick schau darch seine Lage ein yiel bequemeres und leidi-
ieros Angriftobjekt als die Stftdte. Dazu hatten die Für-
sten, auf deren Hlllfe sich Waldemar zunächst zu stützen
suchte, Bulu grossen Theil eigene Differenz^ mit den Meklen-
butgem auszufechten, bei ihren weiteren Plänen auf Dänemark
stand ihnen Meklenburg in erster Linie im Wege. So finden
wir denn Herzog Albrecht und seine Söhne in heftigem Kampfe
mit jenen norddeutschen Fürsten, die die günstige Gelegenheit
nicht versäumen wollten, sich in Deutschland od^ Dänemark
aussabreiten.
DaiB Bündniss des brandenburger Markgrafen mit Magnus
von Braunschweig und Lünei)urg vom 8. April 1369 bedrohte
vor Allem d^n Herzog von Meklenburg. Denn nicht nur wollte
Markgraf Otto Gebiete erobern, die sich im Besitz des Meklen-
burgers befanden, dieser war auch das Haupthindemiss, das
sich den von Herzog Magnus geförderten Plänen Erichs von
Sachsen und Adolfs von Holstein entgegenstellte. Als daher
am 18. Juli 1369 meklenburgisehe Boten in Lübedc sich an
den Friedensberathungen der Städte mit den Dftnen betheiligten,
baten sie jmie um Beistand hier zu Lande (hie in partibus))
wennes noth thue^). Einige Zeit darnach gaben dann Mag-
nus von Brauttschweig und Otto von Brandenburg (jener am
17. September*), dieser zu nicht genauer zu bestimmender
Zeit')) die im Grunde genommen ja auch richtige Erklärung
ab, der Eneg zwischen ihnen und dem MeklenbuiigOT werde
nicht wegen Waldemar gefAhrt, sondern wegen besonderer
Streitigkeiten. Offenbar wollten sie dadurch die Städte von
der Hülfeleistung abhalten, die stipulirt war für den Fall,
dass einer der Verbündeten Waidemars w^gen angegriffen
würde. In der That leisteten die wendischem Städte auch
1) H. S. I, it 405 §11.
S) L&b. Urkdb UI, n. 697.
S) H. B. I, n 610 § 1 ; vgl. U, n. 48 § 1 «. 49 g 1.
528 ^^* ^<^ stnlsnnder Frieden bis srnn Tode Waldemftn,
keine Hülfe, und Lübeck berief sich zur Entschuldigong dafür
auf jene Erklärung. Sie begnügten sich damit, den stralsunder
Rathsnotar Nikolaus von Rode zur Vermittlung zwischen Bran-
denburg und Meklenburg zu schicken^), wie es scheint aber
zu spät. Denn noch am 21. Oktober wurde zwischen Beidoi
Friede geschlossen bis zum 14 April 1370') und zugleich
auch zwischen Otto und dem Herzog Kasimir von Stettin, der
sich wie seme beiden Brüder dem Meklenburger, seinem frühem
Feinde, angeschlossen hatte*).
Inzwischen waren aber die Lüneburger von den ihnen
verpfändeten lauenburgisehen Landen und Burgen ans in mek-
lenburgisches Gebiet eingefallen und hatten geraubt und ge-
plündert Auf der Oktoberversammlung zu Stralsand be-
schwerte sich Herzog Heinrich darüber bei den Städten und be-
hauptete sogar, dass die Feinde von Lübeck aus vorproviantiit
und begünstigt worden sden. Es wurden daher Briefe der
Städte an Herzog Hemrich von Meklenburg und Herzog Erich
von Sachsen-Lauenburg geschickt^). Aber die Mddenburger
warteten den Erfolg derselben nicht ab; sie fielen in Erichs
Land ein, um sich zu rächen, verfolgten die Fliehenden bis
auf lübeckisches Grebiet, vor das der Stadt verpfändete Mfllh,
und thaten auch da Schaden ^). Die Folge dav<m war, dass
Otto von Brandenburg, als Verbündeter der Herzöge Magnus
und Erich, die in den Stillstand aufglommen waroi, üb»
Friedensbruch klagte*) und sogleich wieder zu den Waffi»
griff. Lübeck aber brachte den ihm zugefligten Schaden vor
1) H. R. I, n. 510 §S Tom Sl. Okt. 1869
8) ebd. I, n. 51Sa S.501. ^^^4 V^i.
8) ebd, I, n. 51S1 S. 604 ü. Lüb. Url^.;. :f^^ &.^^5 Anm. %; Tgl. H. R.
I, n. 51Sk S. 508.
4) H. R. I, n. 510 $ 8 u. 4.
5) LUb. Urkdb. UI, o. 706 : Circa featam b«aU Martiiii prMtoritam. Vgl.
H. R. II« n. 48 § 8 u. 49 § 9.
6) Ltib. Urkdb. UI, n. 708.
ivto-^iKH. 529
das 8chied^^ri€ht seiiies Bischöfe Bertram und erhielt im
ttiehslgii Jahre eine Entachftdigtmg von 1000 ^ fein seitens
der MekleDlmrger zugesprochen^).
Inzwischen waren Herzog Magnus und Markgraf Otto mit
einem aahlreidien Heere (Herzog Albrecht von Meklenburg er-
hielt zuj^eich von 18 Fürsten und Herren Absagebriefe) aufe
Nene in Meklenburg eingefellen« Bei Bc^^gendorf traten ihnen
am 29. November 1S69 die Mekl^burger, unterstützt vom
(xrafen Heinrich von Holstein, entgegmi, schlugen sie gänz-
lich. So gross war die Zahl deac Oe&ngenen, besonders an
adligen Herren, die mit dem Lün^urger gekommen waren,
dass aa ein Wiederaufnehmen der Feindseligkeiten nicht zu
denken war. Dazu war eben in jen^ Tagen (23. Nov.) Her->
zog Wilhdm von Braunschweig-Lüneburg gestorben; Magnus
BMisste jetzt selbst in arster Linie gegen die Ansprüche Sachr
stti- Wittenbergs auf sein Herzogthum eintreten, bedurfte dazu
nur Allem des Kaisers. Der Kaiser aber wünschte Friede,
um sieh bei der geplanten Erwerbung der Mark auf Lüneburg
und Meklenburg zugleich stützen zu könn^. Dazu war in*
zwischen der Friede zwischen Dänemark und den Stftdten her-
geetdlt, die Aussicht, durch Einmischung in die dänischen An-
gelegenheiten gewinnen zu kOnnen, stark verringert. Vielleicht
ist es geradezu städtischer Einfluss gewesen, der im unmit-
tdbaren Anschluss an den stralsunder Frieden am 19. Juni
1870 auch zwischen Herzog Albrecht von Meklenburg mid
Herzog Magnus von Lüneburg den Frieden hergestellt hat
Die hellenischen und jnekl^burgischen Gefangenen sollten
see^ich iif Freih M^.fese.tzt, für die lüneburgischen und lauen-
burgischen ein Lösegeia .oh 3000 Mark fein (über 120000
resp. 750000 Rm.) gezahlt werden; 8 Jahre sollte der Friede
dauern ^). 3 Tage später schloss Herzog Erich von Sachsen mit
1) Lflb. Urkdb. 111, b. 716, 716, 7Se.
8) Sndendorf, Urkdb. d. Hanöga t. Brtehwfi^-Lttiiabg IV, n. 31 n. S. XI ff.;
ScIriUiBr, Die HMt^tXdte. 34
590 X^I- ^om stnlsnnder FiMen liif snm Tode Wftideman,
den Grafm Heinrich und Ekua von Holstein eiim Frieden
auf diesdbe Zeit und Tags darauf Lübeck mit dem lüiid>ar-
ger Herzog. Für Markgraf Otto von Brandenbarg war die
Theilnahme an der Sühne offen gelBssen miter der Bedin-
gmig, dass er seine Streitigkeiten mit den Meklenburgem
dmrch ein Schiedsgericht schlichten lasse-; er war zur Zeit, in
seiner vom Kaiser anfe Emstlichste gefiLhrdeten Steüung, un-
ter den Feinde Meklenbnigs am wenigsten zu fürditen.
So trat um dieselbe Zeit, als deac stralsunder Friede im
Norden dem Waffenl&rm ein Ende machte, auch auf deut-
schem Boden wieder Buhe ein. Weder die Städte noch Mdc-
lenburg brauchten noch einen Angriff von ihren Nachbarn zu
fürchten. Einige Jahre später (1373) erhob Herzog Albrecht
heftige Klage gegen Lübeck, dass es zusammen out den an-
dern Städten Unterhandlungen mit den Feinden angeknl^
und eine Sühne mit ihnen geschlossen habe ^). LÜbedc wies
diese Anschuldigungen zurück, und wenigstes in sofern scheint
es Becht gehabt zu haben, ate im unmittelbare Zusammen-
hange mit den städtischen Unterhandlungen und Abschlüssen
mit dßsk Gegnern auch solche der v^bündeten Fürsten vorge-
sehen waren. Kommt man auf diese Vermuthung durch die
unmittelbar an den Stralsunds Frieden sich anschliessende
Bdlegung der Streitigkeiten Meklenburgs in Deutschland, so
noch mehr durch die Verhandlungen König Albrecfats von
Schwede mit Hakon von Norw^en in Lüdöse, unmittelbar
nach imi allerdings ziemlich resultatlos verlaufenen Tagen
der Städte mit König Hakon zu Bahus. Schon am 9. Mai
hatte König Albredit (er hielt sich damals in örebio auO
Schi. Holst Laaenbg. UrkdAmlg U, S. 884 ; Lttb. Urkdb. UI, n. 7SS. Vgl.
Kftmmereireohn. d. St. Haittbg I, IIS sa 1370: Domino Bertrammo Hör-
boreh et Hartwieo de Haci^ede neenon NiooUo Eodea S^ft Bradeovelde, in
oeonranm domino Erieo Sezonie cam dominis consnlibos Lubicensibos. — Rad-
loff, PragmAt. Handbuch d. meklenbg. Geich. U, 4SI ff.
1) H. a. U, n. 48 I i a. 48 | 8.
1S70— 1876. 531
den Bischöfen von Linkdping und Skara, dem MaiBcball Karl
UlÜBSKm, dann Benedikt Philippu8s<m und Bo Jonaaon Auftrag
gegeben, am 16. Juni (dominica proxima trinitatis) zu Lödöse
theilzunehmen an Verhandlungen Hakens mit seinen Gegnern ;
auch die Städte werden hier genannt ^). Hakon stellte, sei-
nerseits am 12. Juli zu Bahus Vollmacht aus für 8 norwe-
gisdie und schwedische Herren ebenfalls zu Unterhandlungen
in Lödtae, allerdings erst im August; König Magnus Befreiung
aus der Gefangenschaft und die Festsetzung ,,der Bestand-
tbeile beider Beiche^^ sollten den Hauptgegenstand der Be-
sprechungen bilden. Ob sie zu Stande gekommen sind, wel-
chen Gang sie genommen haben, ist uns nicht bekannt Je-
denfalls fahrten sie nicht zum Frieden; der Krieg entbrannte
von Neuem').
Diesmal führte ihn Hakon mit grösserem Erfolge als bis-^
her. Eine von den mittleren Provinzen Schwedens ausgehende
Vdkserhebung kam ihm fördernd entgeg^. Die Schweden
„nördlich des Waldes^^ (Kolmirden und Tiveden) richteten
an ihre Brüder südlich desselben einen Aufruf, forderten sie
auf, der deutsche Gewaltherrschaft des „meineidigen^' Kö«
nigs Albrecht und seines Vaters, des „rechten Beichsverrä-
thers'S ein Ende zu machen, sich zu befreien vom Drucke der
Fremden. Angesehene Schweden, darunter Erik Kettilsson
und jener zu den Verhandlungen in I^öse gebrauchte Bi-
schof Nikolaus von Linköping standen an der Spitze der Auf-
ständischen. Sie drangen bis Stockholm vor, schlössen dort
1) Per iUnttrem priiieipem domiainB Haqviottm regem NervegiM ac tiuiiii
refDOin et nos ac aostmin regnum et per dominos dritatam nuuritiiiiAmm nee
wm et per elios principet et dominos terranun, aliat diverses personas, quo-
nim et qeArun interett aaa poterit interetse. Datirt: örebrOf fbiia qaintn
proodma post inTenÜonem eanctae erocii. BeicIwarehiT sn Stockhoim, Abscbr.
im Kopiebnch J S, p. 111. (In Erik Baneüs (Palmskölds) Begistrant noeli ab
Original veraeiehnet.)
S) Sabm XIU, 674 ff. und StyflSi 1, p. LV ff.
34»
583 ^^^- ^om stralsander PrUden bis nun Tode Waldoiiuri,
im April 1371 mit den Anh&ngern Albrechts und den deut-
schen Bathmannen vom Stockholm einen Waffenstillstand, der
König Magnus gute Behandlung sicherte, seine Fortführung
von Stodkholm verbot; der mächtige Bo Jonsson, der sein«i
Einfluss benutzt hatte, fast das halbe Reich in seinen Besitz
zu bringen, musste versprechen, keine anderen Auflagen ein-
zutreiben als die, zu denen man von altersher verpflichtet
gewesen sei^). Im Sommer erschien dann Hakon selbst iB
Schweden, erreichte Stockholm mit leichter Mühe. „Eungs-
holmen^S dl® neben Norre-Mahn gelegene, jetzt dicht bebaute
hohe Insel, soll durch ihren Namen noch heute an seine An-
wesenheit erinnern, an eine damals von ihm au^worfene
Schanze. Doch entsprach das Endresultat des Zuges nur zum
kleinen Theil seinen Wünschen und Hoffnungen. Den Haupt-
vortheil ernteten die schwedischen Grossen.
König Albrecht muss um die Zeit von Hakons Einfall in
Schweden aus Deutschland, von seinem Vater, zurückgekehrt
sein. Als er nach Stockholm kam, sah er nur eine Möglich-
keit, sich in dem empörten Lande zu halten: die vollständige
Hingabe an den Adel desselben oder vielmehr an den aO-
mächtigen Beichsrath. Am 9. August stellte er im Minoritcs-
kloster zu Stockholm eine Urkunde aus, in der er eine bes-
sere Regierung gelobte, als er bisher geführt habe. Seine
Beamten hätten, wiewohl gegen seinen Will^, den Bewohnern
des Reiches manchen Schaden zugefUgt; daher übergäbe et
alle Schlösser und alle fest^ Städte in Schweden, Schonen,
Hailand und Blekingen an den Beichsrath und den Drosten
Bo Jonsson Grip ; nur Eingebome sollten noch in den Beichs-
rath kommen, dieser sich selbst ergänzen. Der Reichsrath
sollte die Vögte und Amtleute der Schlösser bestellen, der
König von keinem Beschlüsse desselben abweichen *). In klu-
1) Fant, Scr. rer. Suecic. I, 8, 878; Styffe I, n. 44.
2) Hftdorph, Svenüke Rimkrönikor, BiU^ror f. 34 ff.
1870—1876. 533
ger Weise sind hier die Fordenmgen der Aufständischen ne-
ben den Wfinschen des bishar auf Albredits Seite stehenden,
ihn vorzugsweise stützenden tingebomen Adels berficksichtigt;
man kann sich des Verdachts nicht erwehren, als habe dieser
die Erhdinmg des Volkes nur angestiftet, seine eigenen Pläne
dnrchznfOhren; wenn nicht, so hat er dieselbe jedenfalls auf
ausserordentlich kluge Weise benutzt. — Mit dieser Wendung
beginnt das Regiment des einheimischen Adels in Schweden,
das jedenfalls nicht weniger als die Hab- und Ländergier der
Deutsdien Albrechts dazu beigetragen hat, dessen Regierung
verhasst zu machen. Wie die ganze Praxis des Lehnswesens,
80 ^lernte auch diese Seite desselben der nordische Adel
sdindl genug, gab bald seinen deutschen Lehrmeistern nichts
nach, ja Übte den Brauch um so schäm- und rücksichtsloser,
als in dem von der liehnsverfassung bisher noch wenig be-
rührten Lande, um einen modernen Ausdruck zu gebrauchen,
^ocfa etwas zu machen war*^ Glücklicherweise erwies sich
der Bauernstand in Schweden zu fest begründet, das ganze
BDttelalteriiche Wesen schon zu nahe seinem Untergange, als
dass es dort oben noch wie in Deutschland und Dänemark
h&tte zur Geltung kommen können.
König Hakon lag während dieser Zeit noch vor Stock-
holm. Wenige Tage nach jenem offenbar nothgedrungenen Zu-
geständniss Albrechts an den schwedischen Adel (am 14. Aug.
1371) ist es auch mit ihm zu einer Verständigung gekommen.
Sein Vater wurde endlich aus 7jähriger, zum Theil wohl recht
harter Gefangenschaft befreit ; aber nicht weniger als 12000 ^
Silber (gegen Vi ^U. resp. 3 Mill. Rm.) musste Hakon
dafür versprechen , GO Ritter als Bürgen fOr die Zahlung stel-
len. Beide, Vater und Sohn, entsagten allen Ansprüche auf
Schweden, auch auf Schonen, Halland und Blekingen, nur die
Einkünfte aus einigen an der Grenze Norwegens gelegenen
Landstrichen (Wärmeland, Dal und emem Theile Westgotlands)
534 ^^- ^^^ stralsnoder Frieden bis iiim Tode Waldemarti
wurden Magnus zum Unterhalt angewiesen, doch dabei aus-
dräcklich alles Adels- und Eönigsgnt ausgenommen^). Es
waren überaus harte Bestimmungen, die Hakon eingiiig un-
mittelbar vor den Thor^ Stockholms, nur zu erklftran da-
durch, dass die Leute, denen er seine militärischen Erfolge
verdankte, auf die sich seine augenblickliche günstige SteUung
in erster Linie stützte, nicht eigentlich für ihn dnzutreten
gewillt waren, sondern nur für sich selbst Das Reich war
für Hakon verloren; Magnus hat sein schuld- und wechsd-
voUes Ld)en wenige Jahre darauf (1374) auf einer unglückli-
chen Bootfahrt in einem der norwegischen Fjorde beschlossen *).
Werden in diesem Vertrage die Ansprüche Schwedens auf
die dänischen Provinzen jenseit des Sundes noch aufrecht er-
halten, so liegt darin woM mehr die Anschauung des schwe-
dischen Beichsraths ausgesprochen als die des Königs, Denn
bald darauf hat dessen Vater, der Herzog, auf alle Erobe-
rungen in Dänemark verzichtet, und nirgends finden wir auch
nur eine leise Andeutung, dass König Albrecht, wie einst
beim alholmer Vertrage, sich diesem Abkommen widersetzt
habe. War einmal der Streit über die Krone Schwedens be-
1) Fant, Scr. rer. Saec. I, 8, 874; vgl. Sahm XIII, 669 ff., Stjlh I,
p. LX. — Styffe I, p. LVIII legt Gewicht darauf, dass Heraog Albrecht die
Anweseoheit des erwählten Bischofs Qottsohalk von Linkdping, der von Kfeif
Hakon von Norwegen wegen Verhandlongen mit den Hansesttdten nach Deutsch-
land gesandt worden war (R. R. II, n. 11 § 8 n. n. 13), benutst habe, diesen
an sieh herflbersatiehen , ihn durch das Versprechen der Einftthmng in Linkd-
ping-Stift, dessen bisheriger Inhaber ja Führer der Aufstftndisehen war, ver-
anlasst habe, flir eine Verständigung zwischen Hakon und König Albrecht su
wirken. Zu dem Vertrage vom 14. August konnte Gottschalk wohl nicht mehr
mitwirken , denn Styffe I, n. 45 ist an datiren Äugest 4, nicht April 18 : Des
mandages na sunte Peters dage, dy in dem oste (August) knmmet. Wie
Styffe zum 19. April, der obendrein nicht einmal ein Montag ist, gekommen,
bleibt mir unklar. — Will man coqjiciren , so liegt näher au vermuthea , dass
beide Albrecht, Vater and Sohn, über das Entgegenkommen gegen den.schwe-
dischen Reichsrath sich vereinbart hatten und jeder an seinem Theile vorging,
die Grossen zu gewinnen.
8) Vgl. Langeb., Scr. rer. Dan. I, p. 860.
/ 1870-.lft76. 685
endigt, so lagen fiir Mddenbnrg die Vortheile eines guten
EioTernehmeni mit Waldemar auf der Hand. Denn schon
seit Jahren hatte Herzog Albrecht im Norden noch andore
Ziele im Auge als nur die Befestigung sdnes Hauses auf dem
schwediachen Thron. Auch nach Dänemark selbst stand sein
^asL Sem ältester Sohn Heinrich war nach einander mit
zwei dänischen Prinzessinnen verlobt resp. vermählt gewesen,
beide älter als die überlebende, mit Hakon verbundene Mar-
garete. Seitdem Waidemars einziger Sohn Oiristoph 1363 ge-
stieben , war Heinrich nach deutscher Auffassung der nächste
Erbe zum Reiche. Da man sich in Dänemark nicht so streng
an die Erbfolge band, kam ausserordentlich viel darauf an,
welchem Nachfolger Waldemar selbst am günstigsten gesinnt
war. Der Versuch auf Schweden hatte nicht dazu beitragen
ktanen, Waldemar den Meklenburgem geneigter zu machen.
Der alholmer Vertrag ist aufzufassen als ein Versuch Herzog
Albrechts , das V^hältniss wieder zu seinen Gunsten zu wen-
den, Waldemar auf seine Seite zu ziehen; ihm konnte ja gleich
sein, was zu Schweden, was zu Dänemark gehöre, wenn nur
beide Reiche seinem Hause blieben. Der Versuch scheiterte
oüNibar an dem Nationalhass der Sdiweden gegen das Nach-
barvolk; an seine Stelle trat rasch ein anderer, Dänemark
mit Gewalt der Waffen zu unterwerfen. Auch er konnte jetzt
alz misslmgen angesehen worden. In rasche Wendung nahm
daher Herzog Albrecht die alte Pditik wieder auf, sehi Ziel
itt Einverständniss mit KOnig Waldemar zu «reichen. Er
sddoss mit diesem einen Vertrag, nach wdchem er ihm Alles
herausgab, was in Dänemark erobert worden war, der K(teig
aber dafür „und um besonderer liebe und natürlichen Rech-
tes willen^^ versprach, im Fall seines Todes ohne männliche
Erben sein Reich dem Sohne Herzog Heinrichs und der Inge-
borg, d^n jüngsten Albrecht, zu vermachen. Der Tochter
Margarete, König Hakons Gemahlin, und ihrem Kinde sollte
536 ^^* ^o"^ stralsander FfMea bi« sam Tode Waldeman,
man vom Erbe geben , ^^soviel möglich mid billig sei^S Es
war in den Tagen, da Waldemar zu Stralaund öesa Frieden
mit den Städten besiegelte, am 30. Oktober, als er dem mek*
lenburger Herzog seine Urlomde über diesen Vertrag aus-
stellte ^). Dieser konnte zufrieden sein mit dem Erfolge sei-
ner Waffan und seiner Politik; in Deutschland hatte er aU^
seinen Gegnern si^preich widerstanden ; das eine der beiden
nordischen Reiche hatte er seinem Sohne behauptet, auf das
andere seinem Hause die nächste Anwartschaft erworben.
Mochte Schoneil mit seinen Nebenprovinzoa d&nisch bleiben
oder schwedisch werden, in beiden Fällen gehörte es eiuon
Mekleaburger.
Waldemar aber konnte jetzt zurflckkehren in sein Beidi;
nicht mehr standen ihm Hansen , nicht Meklenburger im W^ge.
Nur ein Gegner war noch unversöhnt , der erste und dßt letale
überall , wo es galt g^;en Waldemar au kämpfen. Es war das
holsteinisehe Grafenpaar, Heinrich der Eiserne und sein Bru-
der Klaus.
Noch in den Tagen , da Waldemar in Stralsund mit des
Städten verhandelte, hatte Graf Heinrich einen seiner Getreaei,
Hartwig van der Suiten , an den Bürgermeister Jakob Pleakof
von Lübeck schreiben lassen, dass er in keinerlei Verhaid-
lungen mit dem Dänenkönige stehe. Er hatte sidi gegen
Hartwig vernehmen lassen, dass es den Lübeckwn wohl lieb
sein würde, wenn sie das wüssten'). Doch haben diese sich
dadurch nicht abhalten lassen, mit Waldemar abzuschliessen.
Die beiden Brüder aber beharrten unverdrossen in ihrer feind-
1) Original mit Siegel im Geh.- und Hauptarchiv za Schwerin. Ueber die
ADsprflche der Margarete heisstet: Doch so schal men aaaer anderen dochter,
konigh Haken wjves, husvrowen van Norweghen, and creme kinde luame
fure deyl unses erves dun also vele also moghelik unde redelik is.
2) H. R. II, n. 29: Unde meynede wo! kegen my, wo id em lef were,
dat gy dyt wüsten. Hir ut moghe gy keaen, wat gy nviäte sj.
laro— U70. &S7
Ifehei Hidtniigi Die jOtisdieii JkdHgeii hidtea bei ihnen au8|
mxiilprteiis die hervotragendsten deradben. Doch fehlte es
Mdi iB Jfitiand nidit aa Gegnctra det Holsteiner ; der kleine
Krieg daaerte dort fort; in unmittdbarer Nihe des acbon
kage in d^ Hiaden der Grafen befindliche Ripens sehen
wir ihre Leute noch um die Mitte des Jahnes 1372 mit der
Bcftämpfbng der feindlicben Festa Gram beschäftigt; DOmlng
wird ton d^a Danen belagert. Um dieselbe Zeit finden wir
attch WAldemar wieder in seinem Reiche , und der erste Schritt,
der OBS von ihm urkundlich überliefert wird^ ist wahrschein«
lieh gegen die holsteinischen Grafen gmichtet Er war nicht
umnitt^Mur von der stralsonder Versammlung zurOckgekehrt
in sein Bekh; getreu seiner Vorliebe fQr die hohe Politik
iadeii wir ihn Mitte November 1371 in Boitaenburg, sich ein-
misehend in den lüneburgischen Streit Ueber 8 Monate er-
fahren "wir dann Nichts von ihm, bis wir ihn Ende Juli 1372
daheim wiederfinde, den Edlen Johann Hummersbuttd und
Hartwig Zabel auf Ravensburg in Lalland 800 Mark Iflhisch
aaszahlend. Kaum handelt es sich hier um etwas Anderes,
ala um eine Bestechung zu dem Zwecke, die seit 1868 be-
siegenden Verpflichtungen der Inhaber jener Burg gegen die
InMeinischen Gnien zu Ksen ^). In erster Linie richtet sich
jetat Waidemars Th&tigkeit darauf, seine Stellung auf der jfi-
fiadiBn Halbinsd wieder zu gewinnen. Und er hatte Erfolg
in diesem Streben. Es gelang, mit Güte oder Gewalt, Fraa
Rtse, Wittwe des schleswigschen Herzogs Waldemar, vollstän-
dig auf die königliche Seite zu ziehen. Am 1. Januar 1373
■ahm m auf ihrem Sitze Sonderburg König Waldemar zum
Vormund und Vertreter an fQr sich und ihr ganzes Leibgedinge,
1) Sahm XlII, 699 ff; H. R. I, n. 80; DetBtf s« 1S7S, Tgl. Siihm XIII,
S4S: Johuin H«iiiiii«nlmttal ist d«r Brader das Hartwig, s. Schl.-HoUt.-L«abg.
UAdfl. U, a. %%6. Am S. 291 «bd. unten geht horror, djiw die Verpflidi-
tnagen Hartwig HommenbatteU noch beftnodtB. Vgl. Snbai ZIU, 7S7.
588 ^^I- ^<>™ straltander FrUden llit sam Tode Waldenuurs,
d. h. Akren, den ganzen Sandewitt mid betrftchdidie Theik
der Aemter Haderelebon, Apenmde und Tondern, Yomditete
aaf das Recht, je dtoen andern Vormund za nehmen, and
Obeiüess Waldemar und seinen Erben Alles, was etwa too
ihrem Leibgedinge abhanden gekommen sei ond von ihm' wieder
erworben werde, oder was er vielleidit jetzt schon in Wkodea
habe. Nur ihrem Sohne , Herzog Heinridi , bbhielt sie das
Einlösangsrecht vor. Und dass in Waidemars Hand die er-
langten Rechte nicht ruhten, dass ihn die alte QeicUeUdi-
kcit noch nicht verlassen hatte, beweist die gleich Tags'daranf
ausgestellte Urkunde des Johann Thonnendsön , der ^wohl be*
dacht und freien Willens^' (deliberato animo et oonsenaa votan-
tario) den Hof Kekenis und das Dorf Skovbye (auf Aisen), die
ihm von Herzog Hdnrich von Schleswig für 200 ^ vserpfikadet
waren, KOnig Waldemar g^en Zahlung der P&ndsamme tkbe^
Hess ^). Wenige Wochen darauf ist es dann zu einem Frieden
mit den Bcdsteinem und Jtttea gekommen, der WaUemar
wieder einsetzte in alle jene Rechte und Besttzthümer , die er
vor dem Kriege gehabt hatte. Die Vermittlung seiner neaen
meklenburgischen Freunde ist Waldemar hier oflenbar zu Stal-
ten gekommen. Ihnen musste , wie jetzt dier Sachen Standes,
Alles daran liegen , Waldemar in seinem Besitze zo befastjga
und bei guter Stimmung zu erhalten. So waren sie bemüht,
den Frieden möglichst fest zu machen: „Und kann man hfgmi
etwas erdenken, das geeignet ist zu verhüten, daas diese
Herren (Waldemar und die Holsteiner) je wieder Feinde werden,
so soll man es mit in diese Urkunde schreiben" *). Aalboii;,
das Erland Kalf zugleich mit Ripen von den Holsteineni zu
■ — ^^■^■^^^^ ■■!■■■ ■
1) Schl.-Holst-Laubg. Urkds. II, S. 288 and 297. Die letstore Urkunde
ist dort fälschlich vom 26. December 1373 datirt, sie gehört sam 2. JmDiur
genannten Jahres (octava die beati Stephan! prothomartiris).
2) ebd. II, S. 289 ff.: Unde kan men jenich dyngh bedenken, d»t maglie-
lik is, dat desse vorbenomden heren is nene vyende mer %n werden, dat
schal men mede seryyen In den bref.
1870— lftT5. 689
Lehen hatte , sollte dieser behalten , aber Mann des Königs
ifeiden; auch alle Andern, die in NordjftÜand den Oralen
gehuldigt hatten, sollten di^ an den König weisen. In Süd-
jfitland sollten die Lehnsleute des Herzogs beim Herzog, die
dea Königs beim Könige bleiben. Dem jütischen Adel gegen*
über sollte Alles wieder geordnet werden, wie es in der letzten
mit ibn geschlossenen Sflhne bestimmt worden; was dem
Könige im letzten Kri^e vom Adel genommen, sollte ihm
zurückgegeben werden. Karsten Knie und Hartwig Hummers-
buttel sollten ihrer Verpflichtungen gegen die holsteinischen
Grafen wegen Alheim resp. Rayensburg los sein. Es war eine
Tollst&ndige Wiederherstellung des Status quo ante. Einige
besondere Fragen, wie der Streit Lüder Lembeks mit dem
Könige um die Lundtoftharde, die Diflerenz des Benedikt von
Anevelde mit Waldemar sollten der schiedsrichterlichen Ent-
scheidung der beiden meklenburgischen Vermittler unterliegen.
Waren es kriegerische Erfolge Waidemars , die den jü-
tischen Adel und die holsteinischen Grafen zum Eingehen eines
so ungünstigen Friedens bereit machten , oder war es der Ein«
fluss der auch den Grafen verwandtschaftlich sehr nahe stehen-
den* (Ingeborg, Heinrich des Eisernen zweite Gemahlin, war
Albrechte Tochter) meklenburgischen Herzöge? Wahrsdiein-
lieher erscheint je4enfalls das Erstere, wenn man sieht, wie
Waldemar fast unmittelbar nach abgeschloesenan Frieden die
neue Lage rücksichtslos und offmbar gegen Sinn und Wort^
laut des Vertrages ausnutzt Am 9. M&rz 1378 verbricht
Nikolaus Erikson, einer der Theilnehmer am jütischen Adels-
bande, dem Könige die Aggersburg (in der Nfthe des jetzigen
Westeingangs zum LiimQord) zu übergeben und Alles wieder
in den vorigen Stand setzen zu lassen, am 10. April gelobt
Magnus Mattisson dasselbe für die in der Nähe liegende Burg
0rum , verspricht zugleich , das dem Johann Jonsson auf Tofte
Abgeschätzte zurückzuzahlen) bia. Jcdiannis eine starke Lie-
540 ^VI. Vom stnüsander Pritdea bi« smn Tode Waldemmn,
femog Vieh, Fleisch, Getreide und Kriegsbedarf zur Barg za
schicken. Vob Ersats des im Kriege angerichteteii Schadens
war doch im Friedeasvertrage nicht die Rede. Und dazo
bringt nan Waldemar hier im Norden Jtttlands, im Yendsyssel^
eine Pfandscbaft nach der andern an sich, besonders "yob liea-
ten, die ihm feindlich gegenübeigestanden hatten 0. Eb war
dasselbe Verfahren, darch das er früher seine Macht in Jttt-
land ausg^reitet, den jütischen Adel gegen sich in Bewegnng
gesetzt hatte.
Und wie hier so blieb er auch weiter südlich gegen den
Herz(^ von Schleswig und die Holsteiner der alten Pruds
treu. Noch in den letzten Jahren seines Lebens hat er sriie
Macht südlich der Königsau wesentlich erweitert Unmittdbar
nach geschlossenem Frieden nahm er Flensburg mit WalÜBB"
gewalt. Im Februar 1374 griff er die Nordfrieseh an; in 14
Jahren hatten sie ihm keine Abgaben gezahlt; jetat strafke er
sie hart , brannte und plünderte und legte jedem Haoae eine
Abgabe von einem Pfund Sterling auf. Alle Freiheiten wnrdeo
den Bauern genommen ; zusammen mit den schlimmen Fluthei
der letzten Jahrzehnte, die grosse Theile des Landes weg-
gerissen hatten , hat dad die politische Selbständigkeit der Flie-
sen vernichtet Vom Grafen Adolf von Holstein erwarb Wald»-
mar dann am 16. Juni 1374 dessen Bechjie auf Haderskbes
um 1000 Mark, um die es dem Grafen verpfiüidet war. Eni
noch wichtigeres Zugest&ndniss erlangte er eine Woche spAter
auf dem nyborger Reichstage vom schwachen schleswiger Her-
zog Heinrich. Dieser überliess Waldemar das Beeht, das den
holsteinischen Grafen verpfändete Schloss Gottorp mit der
ganzen dazu gehörigen Landschaft einzulösen , und verpflichtete
1) Sahm XIII, 712 ff. und 736 ff. ; vgl auch S. 876. Auch der GeistUcb-
keit gegenüber scheint er wieder da^ friihere Verfahren eing«schUgen sa haben,
ihr Gut als eine Beisteuer zu den Bedürfnissen des Fiskus zu betrachten, vgl.
Reg. dipl. hlst. Dan I, n. S682, 2688, 2686.
1S79---1S75. 541
skh sogar, wenn er etwa selbst das Pfiuid vom Könige ein-
lösra wolle, nicht nur die Pfsadsomme, sondern Oberhaupt
alles Geld wieder zu bezahlen, das Waldemar nur je aaf das
Herzogthnm Schleswig verwandt habe, eine Klausel , die Wal-
demar gegen eine Wiedereinlösung Gottorps so gut wie voll-
ständig sicherte. Mit Recht wiesen dann Heinrich und KUns
des Dänenkönig ab, als er Gottorp von ihnen einzuHtoea be«
gebrte. Aber dieser ruhte darum nicht in seinem Streben.
Er suchte die haseldorfer Blarsch an der Elbe, die nodi
immer im Besitz der bremischen Erzbischöfe und von diesen
gewöhnlich an kleine Herren verpfändet war, ein bequemer
Stfttzpunkt fttr Angriffe auf Hcristein , in die Hand eines seiner
Getreuen zu bringen , gab dem Henning Meinerstorp zu diesem
Zwecke 6000 Mark y^ des Lrades Verderb zu Holstein^
So fasste er keck den Plan , den Fdnd im eigenen Lande an-
n^greifen. Als Herzog Heinrich von Schleswig, der zwischen
diesen scharfen Gctgensätzen ganz verschwindet, im Jahre
1876 starb, det letzte von Abels Stamm, konnte es fraglich
erscheinen, wer in Schleswig die Oberhand behaupten würde,
Deotache oder Danen, üeber die Wittwe des Verstorbenen
gewann Waldemar sofort einen massgebenden Einfluss. Aber
seiM eigene Stunde hatte geschlagen. Die Situation kenn-
zeidmet der „FreehjUst Bremensis"^ richtig, wenn er sagt,
dass nach Waidemars Tode Graf Nikolaus noch dnmal vor
seinem Lebensende die Luft des Friedens athmete und den
Herrn des Himmels pries , dass er ihn von einem so m&chtlgen
Feinde befreite ^).
Von idlen Feinden , die Waldemar im letzten Kriege gegen-
flber gestanden hatten, waren nach abgeschk>ssenem Frieden
1) Sdü.-HoUt..LAabf. Urkds. U, S. SOS ff. and SOS; Snhiii XiU, 71S)
Waito , Schl.-HoUt Gesch. I, 288 ; Pr. Brem. c. S7, Quellens, d. Selil..Uolsl.-
Laabg. Ges. I, 98. Wegen Flensborg s. H. B. II, ■. 80 nd 58.
542 ^^I* ^^^ stntkiinder Kritdoi bif sum Tode Waldcman,
allein noch die Städte im Besitz errungener Vortheile und
zwar Vortheile, die tief leiiigriflfeii in Dänemarks Leben. Wal-
demar müsste sich selbst untreu geworden sein — und das
war, wie aus seinem Vorgehen gegen die Holsteiner su ersehen
ist, nicht der FaU — hätte er die Hamten ruhig im Besitz
derselben lassen , nicht wenigstens den Versuch machen soUen,
das Verlorene wiederzugewinnen. Zunächst dachte er gar nicht
daran , die versprochene Ratifikation der stralsunder Verträge
unter dem grossen Siegel zu vollziehen. Der festgesetirte Ter-
min (25. Juli 1372) verging, ohne dass das Verbrechen eis-
geUtot wurde. Im Mai des nächsten Jahres erschien dana der
Schreiber Hennings von Putbos anf der VersammUuig der
Städte zu Lübeck, klagte, dass der König s^em Esm das
Sechstel der Einkünfte aus den schonenschem Zollen , mit dem
er die Schlösser halten soHe , genommen habe, bat , die Städte
möchten Herrn Henning nicht an Ihrem Dienst Verderbes
lassen. Die Städte schrieben von derselben Versammlung ss
den König, baten um die versprochene Besiegelung, beachwer-
ten sich über neuerdings verübten Raub schiffbrüchiger Güter,
über die Wegnahme hansischer Schiffe und Waareii durch
Waidemars Soldaten im nördlichen Schleswig, über neue harte
Auflagen dänischer Vögte und Magistrate 0* Was Waldemar
geantwortet hat, wird uns nicht berichtet Vielleicht hat er
sich in Betreff der Beschwerden entgegenkommend erwieaeo,
denn ein Jahr später (Mai 1374) kam Henning ■ Patbus im
Auftrage des Königs in eine Versammlung wendischer und
preussischer Städte in Lübeck mit dem seltsamen Ansinnen,
dass man doch „dem Könige sein väterliches Erbe zurück-
geben möchte, nämlich die Schlösser auf dem Lande zu Scho-
nea^^ Gleichzeitig berichtete er, dass Waldemar ihm auch
im Jahre 1373 sein Sechstel der ZöUe genommen habe, und
forderte von den Städten Ersatz. Da Henning von Putbus
1) H. R. II, IL 6S § 7, n. 56.
1870-nlt7i. 548
m den letzten Jahrea Waldemars mit diesem stete im besten
Einvernehmen steht, als sein treuer Bathgeber eraeheint, so
kam t man den Verdacht nicht abwehren , dsas Herr und Die*
ncr unter einer Decke gespielt haben. Erfolg hatten sie nicht.
Dia St&dte wichen einer EAl&rung Aber die BQckgabe Schö-
nens zunichat aus mit der Erwiderung, dass sie ohne die
sieht anwesenden niederländischen und anderen Städte auf
Waldenars Antrag nicht antworten könnten ^ und als derselbe
auf der Jaoobiversammlung ra Stralsund durch Henning von
Pntbus und Rigmann. von derLanken wiederholt wurde, ver^f
flchoben sie den Entscheid auf die Mittsomm«rtagfahrt nächsten
Jahres zu Lübeck. Mit Henning aber trafen sie, da zum
25. JqU 1374 der Vertrag wegen der Schlösser ablief, eine
neue Vereinbarung. Tausend Msürk Sundisch (666*/, lab.)
sollte er jetzt jährlich von den Städten empfangen , 500 Mark
im Herbst, 500 zu Jacobi; die Städte sollten ihm das Geld
ans dem Zoll bezahlen. Zwar machte Henning die Annahme
von der Zustimmung des Königs abhängig; aber da er die
Verwaltung der Schlösser fortführte , so wird Waldemar diese
niidit versagt haben, sich die Abwehr seiner Einmischung
haben gefaUen lassen^).
HeSke er durch dieses Entgegenkonunen die Städte seinen
Wünschen günstiger zu stimmen, so irrte er sich. Auf der
aaUreich besnckten Johanaisversammlung zu Lübeck 1875 (es
waren wendische, Uvländische, preussische und niederländische
Städte vertreten) wurde beschlossen. Alles beim Alten zu
lassen, Schlösser und Zölle nicht aus den Händen zu geben.
i) H. B. II, n. 7B § 1 and S» II. 77 S S und 4. D» nuui sieht Aim«h-
■MA kuA, dftM in d«r 06a«n Vereinbaniiig d«m Verwalter weniger siige»tMi«
den wurde, eb er bisher gehabt hatte, so mvss man wohl 1000 Mark sond. sa
1/4 der 4m Städten anstehenden ZSIle ansetaen. Diese hatten demnaeh in den
letnten Jahren abgenemaen. 1971 betmgen sie noch fther SfiOO Mark Üb.,
s. H. B. II, n. 18 ( 14.
544 ^^I- ^<>iB stndMtnder iVMIen bU sam Tode W«ldenian,
Doch wdlte man ein gewisse» Entgegenkommen seigen. Ein
Bote wurde hinübergedandt zu König Waldemar ^ eine Zosam-
menknnft mit ihm za verabreden « lieber, wenn WaUemar
herüber kommen wolle, wie man berichtet sei, dieaeeit (kr
See, doch auch, wenn das nicht mOglich, in Dänemaric, dann
aber in erster Linie anf Schonen , da man der dortigen Yagte
KU den Verbandhmgen bedürfe. In der That kun es xu ■okhon
im Oktober. Bathssendeboten der wendischen Stftdte wurden
nach Schoneü hinfiber gesandt ; ihre Instruktionen lauteten aaf
Forderung der verq^rochenen Besi^dung, auf ESnmahnen da
schiffbrüchigen Gutes und der anderen Hälfte von Helsiagborg,
auf Abstellung der Bedrückungen in Schonen und an anderes
Orten Dtaematks (Kopenhagen , Kjege werden früher ^naant),
wo der Kaufinann zu liegen pflege. Von Rückgabe der ßchUSsr
ser und Zölle an den König ist nicht die Bede * )•
Der Bericht der Bathssendeboten ist uns erhalten*). Um
Michaelis anf Schonen angekommai, erneuerten sie nmäckst
den Vertrag mit Henning yon Putbus über die Bewahrung der
schonenschen Schlösser auf ein weiteres Jahr; die dänisch«!
Vögte von Skanör, Falsterbo und Helsingborg (ebenfalls deot*
sehe Adlige) leisteten mit Henning Handschlag und Eid, diss
der Vertrag gehalten werden solle. Dann zog man Kusammen
mit den stftdtisdien Vögten anf Schone zum Könige; Hei'-
ning geleitete die städtischen Sendeboten. Waldemar weBte
airf seinem Lieblingssitze Gurre in der Nähe des jetadgen Hel-
singör, einem jener, schön gelegenen Schlösser, die das mit
1) H. R. II, n. 86 § 1—6, n. 87 und 88. Der Passus 8 der Instruktion
ist auffiüleod: Vortmer scolen see manen nnde bidden umme andren helphte
van Helaingiienborg, dat de den steden werde, als ere lyre^e yone hbbben.
Vorher wird nirg^ends erwibnt , dass Helsingborg nnr halb \m Besits der Stidte
sei, vgl. ebd. II, n. 9 § 7, n. 11 § 10 and 18, n. If — 81. In dem nenea
Vertrage mit Henning von Putbos (ebd. n. 106) ist nur von dem halbea
Schlosse von Helsingborg nnd dem halben ,)Baa** von MalmS die Bede. Wi«
war die andere Hälfte den Stftdten abhanden gekommen?
2) H. R. II, u. 105.
1S70— 1876. 545
fr&chen Bnchenwftldern und klaren Seen so heniich ausge-
stattete nordfetUche Seeland sdunflcken. Dort braditen die
Hansen ihr Anliegen vor. Die letzte Antwort, die sie erhiel-
toi, war diese: Der Erzbischof von Lund, der Bischirf von
RoeskUde und Herr H^uiing von Putbus, Herr Olaf ]^6mson,
Herr Peter Grubbe, Herr Evert Moltke , Herr Anders Jakobs-
son, Herr Tove GMle und Rigmann von der Lankmi erkl&r-
tm, dass sie leider einen kranken Herr^ h&tten, der also
krank und ohnmftchtig wäre, dass er weder um Schlösser,
noch um irgend ein irdisch Out tagen und handeln ktane.
Wbne es, dass ihm Gott hfllfe, dass er wieder aufkftme, so
wollte er gerne halten, was die Abmachungen zwischen ihm
und den Städten bestimmtai. Wäre es, dass er stürbe, so
versprächod sie d^ Städten von des Rdches wegen, dass sie
Alles halten wollten, was sie den Städten besiegelt hätten, als
rechtschaffene Leute. Daran sollten die Sendeboten nicht zwei-
feln. — Damit schieden diese.
Als sie wieder hinüber kamen nach Helsingborg, folgte
ihnen Herr Henning. Er sagte, dass der König ihm und den
andern genannten Herren befohlen habe, sie zu bitten, sie
mochten in den Städten ausrichten, dass die Bürger wohl thun
würden, wenn er sie irgendwie beschwert habe, ihm das um
Gottes willen zu vorgebe. Auch hatte er ihn^ befohlen,
fslla er stürbe, das Tuch zurückzugeben, das auf Kap Skagen
geblieben wäre, femer den Sendeboten zu sagen, helfe ihm
Gott, dass er am Leben bleibe bis Johannis nächsten Jahres,
so käme des Reiches Rath zusammen, und er woUe dann die
Briefe besiegeln^).
1) Do wy do wedder over queoMii to Heltinghonborgh , do Tol^iade im
btr BEMinyog tad Podbutch uode Mghede ans, dat de konyng ein nnde des
da hir TorscreTen sint , bovolen hadde , to uns to wenrende , dat wj
wold«B to amen ttadon , dat m wol dodan , yft Im m yorgliMie »ad«
■oyad hadda, dat ta am dat dor God TorgfaeTan; vnda hadda an boTolan,
warad, dat ha storve, dat sa waddar gharan aooldan dat want, dat appa dama
Scklfv. Dk UuMMtUdt«. ;^5
546 ^^I* ^o»^ stralaunder FrM«n bb zum Tode Waidemars,
Unmittelbar daraach, vielieicht noch an dBmselken Tage,
ist Waldemar gestorben, auf Ghirre am 24 Oktober ld7& IHe
Aeasaemngeii seiner letzten Stunden wecf^ ein scharfes Lieht
auf seine Denkweise und die Zeit.
Und doch mildem sie das Bild, das frühere Zeiten von
ihm entworfen haben, und don bis zur Publikation jenes Be^
rieht« in den Hanserecessen der historische Boden nicht vollstän-
dig entzogen werden konnte. Man liess Waldemar noch in seinen
letzten Augenblicken beklage dass er die hansischen Gesand-
ten nicht habe im Bade ersticken, Klaus Lembek nicht in aiedea-
des Wasser habe werfen lassen. Auch seiner BeligiOsit&t traute
man nicht viel zu. Man wusste von einem Briefe zu enih'*
len, den OT dem Papste geschrieben haben sollte, als dieser
nicht eingehen wollte auf sein Verlangen, seine aufrlUuneriachei
Unterthanen zu bannen, sondern ihm selbst drohte: ^JKiSmg
Waldemar dem Papste seinen Grussl Die Natur haben wir
von Gott, das Beich von den Bewohnern, den Rmchthum vtti
dea Eltern, den Glauben von Deinen Vorfahren. Grönnnt Du
uns denselben nicht, so schicken wir ihn Dir hiermit Kurflck
Lebe wohl'^I Ein Brief, ohne Zweifel späteren . Ursprungs,
doch diarakteristisch für das BUd, das man sich von Wdde-
mar machte. Auch dass Waldemar auf dem Sterbebett sciiwidi
gewordm sei, an seiner Seele Seligkeit gezweifelt habe, be-
richtet die Sage, hier mit der beglaubigten Ud)erliefennig
flbereinstimmend. „Hilf mir Esrom^ hilf mir Sore und Da
grosse Glocke von lAmd^^ soll er gerufen haben , vertrauend
auf die Spenden, die er jenen Klöstern zugewendet. An sei«
nen Sterbeort, Gurre, knüpft sich die einzige f raundHdie Sage,
die sich mit seinem Namen verbindet. Das Schloss soll dem
Verhältniss zur „Tove lille^' seinen Namen verdanken. Mit
Schaifhen gbebleven wat. Ok hadde he en bovolen, ans to se^gJliMde: bal|M
em God, dat he levede wente to aonte Johaanes daghe, so qaeme des rykci
red tosameode, dar wolde he uns de bre^'e boaeghelen.
1870— livft. 547
seiner Gemahlin, der schleswigsch^ Heiling, soll Waldemar,
wie die Sage will, in keinem guten Verhältniss gelebt haben,
obgleich sechs Kinder der Ehe entsprossm. Desto grösser
war seine Neigung zur „Tove lille^S die aus dem Geschlecht
der rOgenschen Putbus gewesen sdn soll, eine Verwandte
Hennings. So sehr liebte er sie, dass nur durch ein« 2^ber
diese heftige Leidenschaft zu eridären war: „"j^ove lille^ trug
ein Amulet Als sie starb, wollte der König von ihrem Leich-
nam nicht lassen. Ein Diener nahm das Amulet von der Leiche
und warf es, da die auf ihn sich richtende Neigung des Kö-
nigs ihm unbequrai wurde, in den See, an dem jrtzt die Rui«
nen von Gurre liegen. Des Ktoigs Neigung wandte sich dem
Platze zu; er baute dort ein Schloss, das sein lieblingsauf-
anthalt wurde. Gern erinnert sich der Däne, der noch jetzt
die geringen Mauerreste aufsucht, der romantischen Geschichte.
Waldemars Vorliebe fOr den Platz zu erklären aber bedarf
ea kaum einer solchen, denn „schwer wird sich eine mehr dir
nische, idillischere Gegend finden lassen als die Gurres"^.
Deutlich lassen alle diese ZOge eriiiennen, dass Waldemar
Atterdags Figur sich tief eingeprägt hat in das Bewusstsein
seines Volkes. Von Waldemar dem Sieger bis zum „grimmen
Christian^^ ist Keiner, der einen entscheidenderen Einfluss ge-
flbt hätte auf die Geschicke seiner Nation. Die Uebediefe-
rang, sowohl die geschichtliche wie die sagenhafte, kehrt ein-
stimmig die rauhe, abschreckende Seite seines Wesens her-
vor; und sie hat darin nicht Unrecht, denn in dem unabläs-
sigen Kämpfen und Ringen, das Waidemars Leben ausfüllt,
musste diese sich am stärksten herausbilden und am meisten
den Zeitgenossen entgegentreten. Das Drtheil der Geschichte
wird trotzdem milder über ihn ausfallen. Dass er Dänemark
vom Untergange rettete, das nationale Bestehen des Reiches
sicher stellte, ist ein Verdienst, das Gharakterfehler wohl ver-
dunkeln und entstellen, nicht aber vernichten könnoi. Hätte
35»
548 ^^^ ^oiA 8tralMuider FcMen bis smn Tode Wald^man,
Waldemar in besonnener Mässigung das Erreichbare vom Wün-
schenswarth^ unterschiede, berechtigte und unberechtigte
Bestrebungen aus einander gehalten, er würde sich noch rei-
cherer Erfolge haben rdhmen kOnnen. Schwerlich wäre Schles-
wig den Dänen verloren gegangen, wäre Waldranar klug ge-
nug gewesen, sich durch Aufopferung entbehrlicher Vortheile
die feste Freundschaft der dratschen Städte zu erwerben^).
Denn recht eigentlich diesen Städten verdankten es die
Dänen doch, dass Waldeiars Bemühen nicht fruchtlos blid),
dass das Land nicht nach seinem Tode in der Gefahr unter-
ging, V€(r der er es durch einen mehr als 3Qjährigen Kampf
glücklich bewahrt hatte — eine Beute der Fremden zu wer-
den. Wohl erkannte man in Dänemark die Bedeutung des
Augenblicks. Als die hansischen Sendeboten sich trennten ym
den Bis^öfen und von Henning von Putbus verhehlten diese
nicht, dass „sie fürchteten, ginge ihr Herr ab, so möchte es
übel um das Reich stehen^^ Sie baten die Gesandten, dahdm
anzufragen, ob man ihnen helfen wolle, wenn es noth wäre;
denn gerne wolle der Reichsrath sich richten nach dem Ratb
der Städte. Die Rathssendeboteh beschlossen , dass jeder ib
seinem Rathe die Sache vorbringen solle, darüber zu eat-
scheiden bis zur nächsten Tagfahrt der Städte*).
Mit Waldemar war der Mannesstamm Svend Estrithsoos
1) Die Streitfrage, ob Waldemar Atterdag als der ,,Dritte« oder „Vierte**
zu afthlen sei, ist in diesem Buche gamicht berührt worden. Um wenigstens
über meinen Standpunkt zu derselben nicht im Unklaren zu lassen, bemerlce
ich hier, dass nach meiner Ansicht nur von „Waldemar IV. ** gesprochen wer-
den kann. Die entseheidenden Gründe sind so oft von Andern hervorgehoben
worden, dass es nicht nöthig ist, sie hier zu wiederholen.
8) H. B. II, n. 106 § 5 : Do wy lest schededen van den byscopen nnde
van her Hennynghe onde van dessen vorbonomeden, do «eg^eden se uns wol:
Dat se vmchteden, ghinghe ere here af, dat id ovele stan wolde in deme rike ;
dat wy dat worven to hus, yfte des not were, wo wy by en doen wolden,
wente se gherne ere dyng na uzeme rade holden wolden. Hir scal malk um-
me spreken yn syneroe rade wente to deme neghesten daghe.
1870—1876. 549
ins Grab gesunken; auch sein schleswigscher Zweig war we-
nige Monate vorher ausgestorb^ ; nothwendig tnusste in Däne-
mark ein Fremder herrschen. MeMenburg schien die meisten
Aussichten zu haben; hatte es doch Waidemars eigene Zu-
sage für sich. Nichts hatte der umsichtige Herzog Albrecht
▼ersftumt, die Sache seines Hauses recht sicher zu machoi;
in dm letzten Jahren war seine Politik nur von diesem einen
Gesichtspunkt beherrscht gewesen. Zweimal hatte er von Kai-
ser Karl sich und den Seinigen die Anwartschaft auf d^ dil-'
nischen Thron bestätigen lassen , am 6. Juni 1373 und wieder
am 28. April 1374, hatte das letzte Mal sich versprechen ' las-
sen, dass d^ Kaiser ihm „rathen und helfen solle und wolle
als ein Freund dem andem^^ ^). Kaum war Waldemar todt —
noch nicht 14 Tage waren verflossen ; überraschend schnell ist
die Nachricht in die Mark gekommen, wenn der Kaiser sie
nicht selbst aus Lübeck, wo er sich vom 22. Oktober bis zum
1. November aufhielt, mitbrachte — so mischte sich Karl IV.,
okne Zweifel auf Anregung des Meklenburgers , abermals in
die Sache. Von Pritzwalk aus forderte er am 6. Novembar
anter Bezeugung seiner Trauer über den Tod „seines Freun-
dest^ Waldemar die Dänen auf, den jungen Meklenburger Al-
brecht als den altem der beiden erbberechtigten Enkel zum
Kteige anzunehmen und ihm zu gehorchen*). Es waren
Schritte, deren Werth zweifelhaft war. War es schon frag-
lich, ob Karl sich wirklich so fär die meklenburgische Erb-
fiidge interessire, wie es aus seinen Erlassen hervorzugehen
schien — am 13. Mai 1374 forderte er Waldemar auf, sich
1) StyfTe I, p. LXn u. n. 62.
S) Ori^. im Geh. a. HanpUrchhr sn Schwerin. Ueber WaldeoMurs Tod
heiest es: Tanto mijori cordis dolore revolvimiu qoanto nos et eam molta
per tempora fratemis constat fayoribns slncerius glutinatos. Sperabat etenim
oebitiido Cesarea regem emidem cum longeya corporis sanitate sepins pro no-
stromm amborum terramm et hominum republica, comodo e^ profecta leto
wnlta ridere, et ob hoc in istas nostras regno Dacie Ticinas partes potissime
noper direximns gressas nostros.
550 ^^^ ^<^ stnlsunder Friedeo bis sam Tode WaldMBan,
doch wieder zu verheiraten; die ganze Politik des Kaisers
wird nur von dem Strd)en diktirt, die neue brandenborgifldie
Erwerbung mög^chst sicher zu stellen — so musste noch vid
unwahrsdieinlich^ sein, dass man in Dänraiark so ohne Wei-
teres auf Karls Auffassung eingehe werde, dass er ,,al8 Kai-
ser der RBmer fOr das Wohl der Einzelnen Sorge zu träges
habe^; dier das Gcg^theiL Dass der junge Mddenburger
auf diesen Bechtstitel hin und auf Grund setner Erbschafte-
ansprüche alsbald den Titd eines ,,KOnigs der Dänen und
Wenden^ annahm, missfiel drüben nicht wenig. Und noch un-
glücklicher war eine andere Massregel getroAbn, die den Er-
Mg sichern sdlte, ein enges Bündniss mit den ludsteinischen
Grafen. Am 21. Januar 1376 versprach der junge KOnig mit
seinen Verwandten den Brüdern Heinrich und Klans und dem
Grafen Adolf vcm Kiel nicht nur das erledigte, strdtige Her-
zogthum Sdüeswig, sondern auch alle Besitzungen, die dnst
Gerhard der Grosse seinen Söhnen hinterlasse und die im
letzten Kri^e vorübergehend in die Hand der Grafen gdran-
men waren : Alsen und die Königsfriesen, Laaland und Ltnge-
land, den ganzen Süden v<hi Norcyütland resp. Fünen als Et-
satz für diese letzten Besitzungen ^). In allzu frischem An-
denken war noch die Herrschaft der Holsteiner im Reiche.
Hatte Waldemar besonders dadurch Halt gehabt im Lande,
dass er sie hinausgetrieben, so konnte der neue König sich
nicht dadurch empfehlen, dass er sie wieder hereinführte.
So wandte sich weit überwiegend die Neigung der D&nen
dem andern Erben zu, dem 5jährigen Sohne König Halums
und der Margarete, Olaf von Norwegen. Im Späth^bst auf
einer Reichsversammlung zu Odense, die Henning von Putbus
berufen hatte, war die Stimmung noch getheilt gewesen; als
aber in denselben Tagen, wenige Wochen nach des Vaters
1) Schi Holst. Laubg. Urkdsmlg U, S. 315—820.
1870— H76. '551
Tode die einzige überlebende Tochter WaldemaiB, die 2^fth-
tige Margarete, mit ihrem Sohne ans Norwegen herfibericain,
gewann sie rasch das ganze Land. Zu Slagelse auf Seeland
wiijrde Olaf am 3. Hai vom versammdten Reiche zum K9nige
gewfthlt Noch blieb das Blut Svend Estrhhsons bei der Hen>
Schaft.
Alles kam darauf an, welche Stellung die Hansestädte zu
diesen Vorgängen einnehmen würden. Sie waren die einzige
Macht, die gegenüber dem drohenden Angriffe der Meklenr
burger und Holsteiner eine zuverlässige Stütze gewähren kimnte^
Die kluge Margarete, die fllr ihren unmündigen Sohn die Re*
gierung führte, erkannte das nicht weniger klar als der däni-
sche Rdchsrath, und Beide handelten darnach. F4lr die P<h
Utik der Hansen gab es nur den einen, immer gleichen Ge-
sichtspunkt — Schutz und Förderung ihres Handels. Als
Waldcmar gestorben war, bedachten sogleich die nodi in Dä-
nemark weilenden Bathssendeboten, dass, „wenn sich das Land
im Laufe des Winter nicht beruhige, es über Sommer schlimm
stdien werde auf der See^S Sie gaben das zu weiterer üä)er-
legung in den Städten anheim^), verabredeten auf den 20. Ja-
nuar 1S76 eine Versammlung der 5 wendischen Städte (Lübeck,
Rostock, Stralsund, Wismar und Oreifimald) zu Wismar. Deut-
lich zeigte sich auf diesem Tage, welches Gewicht man auf
die Entscheidung Lübecks und seiner Genossen l^te, und zu-
gleich, auf wdche Seite sich dieselbe wenden werde. Herzog
Albrecht hatte bei den Städten „um das Reich zu Dänemark
gewort)en^S andereiseits aber auch der Kftnig und die Königin
1) H. B. II, n. 105 I 9: Wered rIbo, dat sik I>«M9iarkflii niebt «■ sAtod«
oTer wynter, so were dar yare ane, dat id oyer 8om«r oyele stan wolde opp«
d«r 866. Dar spreke malk amme in sineme rad6, wo m6n dar bwt bj do.
DtM daiBukU (frÜlMstAiit 1. Not.) d6r Tod Waldanuurs d6n RaihtMndoboton in
Kopenbag6n noch nicht sollte bekannt gewesen sein, wie Anm. 1 ebd. will,
ist tehwerlicb anzunehmen, da er am 6. Noy. mitten in der Mark bekannt war.
Dieser Beschloss selbst dentet aneh auf ein Bekaimtsein bin.
552 ^^'- ^^^ stralionder Fritden bis sam Tod« WftldoDArt,
von Norw^en und der dftnisdie Beichsrath; der Vorsteher
des letEteren, Henning von Putbus, hatte zusammen mit Herrn
Anders Jakobsson bei Stralsund — es stand dem rfigenschen
AdelsgescUechte wohl am nächsten — um Yeimittlimg eines
Friedens zwischen Norwegen und den Stidten angehalten.
Offenbar war die Klausel von 1370, nach welcher der Beichs-
rath keinen neuen König annehmen sollte, ohne die Städte
gefragt zu haben, keine leere Formel Die St&dte aber wand-
ten sich der nordischen Seite zu. Leider sind wir nur sehr
mangelhaft unterrichtet über die Gründe, durch die sie sich
leiten Hessen, imd über ihr Verfahren, aber deutlich ist, dass
sie der meklenburgischen Herrschaft im Norden entschiedeii
abgeneigt waren. Vergebens hatte Herzog Albrecht angebotoi,
den Städten alle Freiheiten zu besiegeln , so viel ja mehr als
ein Anderer gewähre, die Hansen fürchteten offenbar die Fest-
setzung einer und derselben Macht im ganzen Norden und za-
gleicfa in ihrer unmittelbarsten, bedrohlichsten Nähe diesseit dar
Ostsee. Wie sie einst dazu beigetragen hatten, die holsteiniscbe
Herrschaft zu brechen, als sie zugleich an Sund und Trave
machtig war, so suchten sie jetzt zu verhindern, dass ein Zu-
stand wie jener ihnen so lästige, noch in frischer ErinneniBg
stehende sich zum zweiten Male herausbilde. Die definitiire
Erklärung verschoben sie auf eine neue Versammlung im Man,
wie dieselbe aber ausfallen werde, darüber herrschten achoD
jetzt keine Zweifel mehr. Mit Recht hat der Herausgeber der
Hanserecesse hervorgehoben, dass der Kaiser, der auch jetzt
wieder mit einem Schreiben (vom 16. Januar) für die Meklea-
burger eintrat, Lübeck nicht gebot, diesen zu helfen, sondern,
dem Norweger keinen Beistand zu leisten und Albiecht kein
Hindemiss zu bereiten ^).
Die ausgeschriebene Versammlung fand zur bestimmten
1; H. R. Uy ju 113 a. 114; Lüb. Urkdb. IV, n. S88.
1S70~1S76. 563
Zrit (S3. MAn) in Stralsund statt D&nische Gesandte und
Bftthe des Heraogs ¥<m Meklenburg hatten sich eingefdnden«
Aber sie mnssten mit dem Bescheide heimkehren, dass man
erst atf eitler neuen Tagfahrt zu Himmelfahrt sich ^tscheiden
ktaiie, da wed^ preus^scbe noch niederländische Gesandte
endueneB seien. Bevor aber dieser Tag herankam, war der
diBiflche Reichsrath zur Wahl geschritten; der Verlust, der,
wie die Dftnen klagten, dem Reiche während des Interregnums
s«Keftlgt wurde (es ist wohl an die Fortschritte der Holsteiner
auf der Halbinsel zu denken), drängte dazu. ,J)ie Städte
hatten trotz wiederhdten Ersuchens die Verständigung ober
die Wahl hinausgeschoben^^ ^). Dass man in Dänemark ihrer
Zustimmung gewiss war, kann kaum bezwdfelt werdm; nir-
gends lassen die Städte verlauten, dass sie mit dem Vorgehe
des Reichsraths unzufrieden sind. Auf der Tagfahrt zu Stral«
sund am 18. Mai ^schien^ der Bischof Nikolaus von Roes-
kilde und Herr Anders Jakobsson, zeigten die geschehene Wahl
an, erldärten die Bereitwilligkeit des Königs und Reichsraths,
alle Privilegien zu besiegeln, und baten um die Hülfe der
Städte zur Vertheidigung des Reiches. Ofifenbar kam diesen
der Gang der Dinge erwünscht; aber vorsichtig hielten sie
zurück. Da auch jetzt wieder die Preussen und die Süder-
seeischen nicht vertrete waren, versprachen sie eine neue
Versanmilung zu Johannis in Stralsund und dann weitere
Verhandlungen unmittelbar nachher in Wordingborg auf See-
land mit dem „Könige von Norwegen^^ und „des Reiches Rath
von Dänemark^^
1) H. B. II, B. 116 ( 8, 117 1 1, III, n. 81 : GraTiter Umwi conqvflreii^o,
dictum regnam Daeie magna et irrecoparabilia dampna in mnltomm caatrorom
alienacionibns sostinnitse et snstinere pro eo, nt asserant, qnod nos sepins per
eos reqnisiti unacnm eis in electione novi regis distulimos concordare, ac
ultimo nobis sincere snpplicamnt , ut eis aoxilio defensionis regni aasistere
dignaremnr.
554 ^^I- '^om stralsander Frieden Ms zam Tode Waldenukn,
In dem Beotese der strakunder IfittiommervarBammluiig ^\
aaf der auch Thom und Elbing, Eampien und Zütfan durch
RatiisseiHleboten ▼«r(reten waren, ist mit keinem Worte die
Rede von der Anerkennung CMa&, yom definitiTen Frieden mit
Dänemark und Norwegen. Troüidem ist ohne Zweifel gerade
hier die endgültige Entscheidung getroffen worden. Uimdttdbar
yon der Vergammlung, im Juli, zidien die Vertreter der Stftdte
übers Meer, um in Wordingborg ,,yom Könige vpn Dänemark
ihre Freiheiten und Privilegien besiegen zu liS8en^^ Einen
Monat später hatte man das Zid erreicht Zu Kalhmdborg
wurde der schon erwähnte Friede mit KOnig Hakon von No^
wegen geschlossen, der sich entgegenkommend zeigte, um seinem
Sohne den dänischen Thron zu sidiem*); in Korsör bekräftigte
König Olaf den stralsunder Friede durch das bisber aoch
immer entbehrte grosse Siegel ^). Die Hanse setzte sidi in
vollen Besitz d^ Errungensdiaften des letzten Krieges, die
einzige Gegnerin Waidemars, die sich solcher dauernd rOhmeii
konnte. Dass sie jene Klausel von der Königswahl ausgab,
beweist nur ihren richtigen politischen Takt Hatte man ddeh
an den jüngsten Vorgängen sattsam erfahren, dass, wran man
wirkliche Macht besass, es an einem entscheidenden Einflns
auch auf die innem Angelegenheiten des nordischen Rekhes
nicht fehlen werde, dass aber andererseits der blosse Wortlaut
geschlossener Verträge bei Weitem nicht ausreiche , fehlende
Machtmittel zu ersetzen. Klttger daher, ein Recht aufisugeben,
das wenig nützen, wohl aber, gegenüber einem auf seine natio-
nale Ehre eifersüchtigen Volke, den Frieden stören, zu man-
cherlei Verwicklungen Anlass geben konnte. Die wirklichen
Vortheile behaupteten die Hansen um so fester. Nach wie
vor hielten sie die schonenschen Schlösser und den Zoll; im
1) H. B. II, D. 120.
2) S. oben S. 617.
3) H. R. II, n 133-138, 140, III, n. 92 u. 93.
1S70— 1SY5. 5&5
dortigen Fischfang beanspruchten sie geradezu ein Vorrecht
vor den Eingebomen; des Königs Vögten sdbst woQten sie
nur einen Tag das Salzen gestatten. Der Zusatz ,,al8o dat
oMinghes heft ghewesen'^ beweist wohl weiter nichts, als dass
sich der Brauch in den jtkngsten Jahren hansischer Uebennacht
herausgebildet hatte.
Es war neben dem dänischen Reichsrath, Henning von
PotboB an der Spitze, vor Allem die junge Königin gewesen,
die durch engen Anschluss an die Städte ihrem Hanse cBe
Herrschaft im Nord^ gesichert hatte. Sie dankte diesem
Bunde auch den Fortbesitz Gotlands. In eben jenen Tagen,
da in Kallundborg und Korsör den Hansen ihre Freiheiten
bestätigt wurden, huldigte Wisby dem jungen Dänenkönige,
wandte sich entschieden von Schweden ab*). Gestützt auf
das freundschaftliche Verhältniss zu den Städten widerstand
dann auch die „Semiramis des Nordens^^ die seit dem Tode
ihres (jemahls (1380) allein das Regiment in beiden Reichen
fOhrte , siegreich allen militärischen und diplomatischen An-
griiTen der Meklenburger. Schleswig vermochte sie allerdings
dem Reiche nicht wieder zu gewinnen, aber der Kampf um
Schweden, auf das die Ansprüche nicht aufgegeben wurden,
endigte mit der gänzlichen Niederlage König Albrechts, von
dem sich der Adel abgewandt hatte, und der nach dem Tode
seines Vaters (1378) seiner festesten Stütze entbehrte*). Auf
1) H. R. II, n. 189. Es ist dabei wohl an ein Entgegenkommen der Hanse-
städte DXnemark gegenüber, aber nicht an ein Opfer ihrerseits ao denken.
Wisbj steht unter DXnemark in derselben Stellang wie einst unter Schweden.
Die Auffassung H. R. II, p. V: „Ein Ausgang, den man hansischerseits voU-
stftndig befriedigend nennen müsste, wenn man nicht stillschweigend Wisby
geopfert hätte*' entspricht nicht dem Sachverhalte.
S) Den Hauptgrund f&r Albrechts Sturm spricht am treffendsten die Chronik
der Minoritenbrflder von Wisby aus: Post ciyus (seil. Boecii Jonsson) mortem
milites et optimates Swecie cum rege Alberto discordare ceperunt, eo quod
idem rex ab ipsis qnandam partem bonorum regalinm, quam ipsi a multis retro-
actis temporibus ac progenitores eorum tempore guerrarum sibi usurpaTermnt,
556 ^^I- Vom stnOsnnder Frieden bis «nm Tode Waldemara, 1S70 — 1876.
den Ebenen Westgotlands unterlag er 1389 In der Schlacht
bei Falköping den Schaaren der Königin; Bieben Jahre nahm
ihn der starke Lindholm als Gefangener in seine Mauern aof,
eine Sfthne für die siebenjährige Gefangenschaft des Magnus
in Stockholm. Als er wieder herauskam, musste er auf sein
Reich verzichten. Margarete aber, deren Sohn schon 1887, ohne
das Mannesalter erreicht zu haben, gestorben war, stiftete die
skandinavische Union, beherrschte die drei nordischen Rddie.
Der Geist ihres Vaters war auf sie tibergegangen. „Id is böge
tho vorwunderende in euer vrouwen'^, sagt Detmar.
Jqridice ezigebat, qood quidein predicti nobiles re^i indigne foreiites conin
regem conspirare ceperunt , allegmndo , quod rez patrimonia ipttonun vellet
dliipere ac Theutonicii suis elargiri. Insuper ▼oluerunt, quod rex naUo modo
aliqnod eastnim yel beneficinm in regno qnibuseonqne peraonis eztraneb eora-
mStteret ten cODferret sed tantum Swecis in regno Swede natis. In quo rez
in nullo acquievit seu conj^ensit. Vidoutes igitur Svevi , quod regem non po-
tnerunt ad ipsomm Toluntatem indiuare, ab ipso reoeMernnt et ad dominam
Margaretam se diverterunt, Langeb., Scr. rer. Dan. I, SSO ff. ; Fant,
Scr. rer. Suec. I, 1, 46.
Mit den Friedensschlüssen von Kallundborg und Korsör
ist die Bewegung abgeschlossen, die sich an die kötaer Kon-
föderation knüpft; indem Wisby dem jungen d&nisehen Könige
huldigt, klingt der erste Krieg gegen Waldemar aus. Kann
dieser nur lokal auf dauernde Bedeutung Anspruch mach^,
indem er Gotland von der schwedischen Krone hinüberbringt
an die dänische, damit gleichsam eine Zeit des Ueberge-
wichts der Dänen unter den drei skandinavischen Yölkem
einleitend, so giebt dagegen der zweite Krieg den nordi-
schen Verhältnissen eine ganz neue Wendung. Es beginnt die
Zeit des vorherrschenden Einflusses der Hanse im Norden, in
den skandinavischen Reichen selbst die der Adelsherrschaft.
Allein die Städte waren aus dem Kriege gegen Waldemar mit
bleibenden Vortheilen hervorgegangen. Die sch(menschen ßchlös«
ser behaupteten sie ihre vollen 15 Jahre; dann allerdings konnten
sie der Königin ihr Eigenthum nicht länger vwenthalten. Aber
die Zeit hatte genügt, sich gründlich auf Schonen festzusetzen,
den so gewinnbringenden Fischfang und Handelsverkehr dort
vollständig in städtische Hände zu bringen. Engländer, Flam«
länder, Wallonen wurden damals von Schonen ausgeschlossen.
Und in der Pditik hielten die Hansen das Oleichgewicht zwi-
schen den um den Norden ringenden Mächten ; wohin sie sidi
neigten, da war der Sieg. Verdankte die Margarete ihrer
Haltung wesentlich die Herrschaft in Dänemark, die Eroberung
Schwedens, so waren sie es anderersdts, die den gefallenen
König Albrecht aus dem Kerker befreiten. Und dieser Ein-
558 Schlnis.
fluss dauert durch anderthalb Jahrhunderte, wird innerhalb
dieses Zeitraums wohl zeitweise zurückgedrängt, doch nie wirk-
lich gebrochen. — Die Bedeutung der Hanse steigt und sinkt
mit ihrer Stellung in den skandinavischen Reichen. Ihre
Blüthezeit beginnt mit dem Tage, da die hansischen Banner
auf den Zinnen von Helsingborg flatterten, die Mauern des
kopenhagener Schlosses unter den Händen städtischer Stdn-
hauer in Trümmer sanken; sie sinkt in Bedeutungslosigkeit
zurück , als im Spätherbst 1535 die haosisclie Flotte erfolg-
und ruhmlos aus. dem Sunde heimkehrte, weder Malmö n^h
Kopenhagen hatte Hülfe bringen können. Kaum ist in der
Zwischenzeit im ganzen Norden irgend etwas von politisdi^
Bedeutung geschehen, an dem die Hansen nicht in ihrer Weise
mitgewirkt hätten. Wie aber diese Stellung im Nordmi er-
rungen war im Wett- und Widerstreit mit deutschen Mächten,
so wurde sie verloren im Kampf mit diesen. D^ Schleswig-
Holsteiner Christian UL mit seinen deutschen Landsknediten
befreite Dänemark von erdrückender hansischer Uebermaoht
Denn schwerlich wären die Dänen allein im Stande g^
wesen, das verhasste Joch abzuschütteln. Einen traurigan Ein-
druck macht doch die Oeschichte des Nachbarvolkes in der
Zeit von den Tagen Wäld^nar Atterdags und sein^ hoch-
herzigen Tochter Margarete bis hin zu Christian UL, ja weiter
zur Bevolution von 1660, in der Zeit der vorwiegenden Adels-
herrschaft. Ueberall macht das Jagen nach Lehen einen häss-
lichen Eindruck, im Norden, wo es so spät auftritt, trotsdem
vielleicht mehr als anderswo. Graf Gterhard von Holstein,
Herzog Albrecht von Meklenbuig war es gelungra, ihren flbsr-
mächtigen Adel zu bändigen, dessen übermüthige Kraft in
glänzenden Unternehmungen nach aussen zu verwerthen. Däne-
mark ist dies glückliche Loos nicht beschieden gewesen. Auch
Waldemar hatte die Macht des in dem Jahrhundert vor ihm
empor gewachsenen Adels nicht zu brechen vermocht; selbst
ScUoBt. 559
mufiste. er sich zuletzt vonsugBweise auf einen neu herange-
bildeten liebnsadel stiitsen. Unter seinen Nachfolgern wuchs
derselbe rasch an Besitz und Einfluss. Die Kämpfe in den
Zeiten der Union sind vorzugsweise ein Bingen des Adels
beider BeiGhe um Landerwerb und einträgliche Stellungen, das
sich in eine nationale Crewandung hüllt Die Macht des König-
thums' sinkt bei jed^n Thronwechsel Und dazu waren die
grossen Herren wohl stark genug, ihren Fürst^ das Leben
sau^r zu maeheUf aber nicht, dem heimischen Staate Kraft zu
verleihe. Wo w&re auch die Neigung vorhanden gewesen,
etwas für diesen zu thun, wenn man nidit zugleich den eig^ien
VcNTtheil fördern kcmnte. Eine wie klft^che BoUe spielt doch
der dftnische ReichsraÜi nach der Vertreibung Christians ILI
Wie für die äussere Machtstellung der Hanse, so bildet
auch für ihre innere Entwicklung die köhier Konföderation
^mea entscheidenden Wendepunkt Allerdings waren ja Kon-
föderation und Bund der Städte nicht gleichbedeutend, aber die
Haupt^lieder in beiden waren doch dieselben. Nach wie vor
gnippirte sich dieser um die gemeinsamen Freiheiten des deut-
schen Kaufmanns im Auslande, war eine Bechtsgemeinschaft ^\
aber jene hatte doch sod^en diese Freiheiten, dieses Becht an
zwei Oberaus wichtigen Punkten wesentlich erweital, hatte das
Errungene und das zum Schutz desselben vorübergehoid Er-
worbacie zu vertreten und zu bewahren. Nothwendig war es
daher > dass auch sie zusammenblieb. Nach dem stralsunder
Frieden war wenigstens abzuwarten, ob der König ihn auch
bestätige werde; als das dann im Oktober 1371 mit dem
Sekrete gesdiah, war weiter die Frage, ob Waldemar auch das
1) Lftb««k an den Papst 136S: Kodem jure, qaod apud nos Hanta Theo-
tonica dicitur, participantea , LUb. Urkdb. III, n. 648; vgl. auch Sehl. HolaL
LAaenbg. Urkdb. 11, S. S79 ^n 211): Qu! in eanim jaaticia, qmi Hanta Teu-
tonica proprie dicitur, coinprohendi dinotcnntur.
560 SdÜius.
versprochene grosse Siegel anh&ngen werde. Im Juli 1374
sind die Stftdte einstimmig der Meinung, dass ,,die kölner
Konföderaticm noch in voller Kraft sei, da der K^g von
Dänemark der Städte Stthnebriefe noch nicht besiegelt habe,
sie auch mit dem Könige von Norwegen noch zu kmter voll-
kommenen Sühne gdcommen seien^S Und als nun dieses Sei
durch die Verträge von Kallundborg und Korsör errdcht war,
da hatte man doch noch die sch(»i«ischen Schlösser su be-
wache und den Zoll dort zu erheben. Demgemäss beriden
sich die preussischen Städte noch im Mai 1377 auf die Bestini-
mungen der Konföderati(m , betrachteten sie als fortbestehend.
Auf ein oder mehrere Jahre pflegte man dieselbe nach vorher-
gegangwer Berathung formell zu verlängern ^). Als 1384 einmal
diese Verlängerung nicht rechtzeitig beschlossen worden war,
hielten die pr^issisch^ Städte die Konföderation für erloscheo,
Wollten die von ihnen ausgestellten Urkunden zurückfordern,
um ue zu vernichten. Unmittdbar darauf aber, als von den
Städten zur Berathung gestellt ward, ob man das BündnisB
verlängern wolle oder es aufg^en, eridärtan gerade die prens-
sischen Städte als ihre Ansicht, dass man das Bündniss beste-
hen lassen müsse, wie es bisher gehalten worden sei. Und ae
waren es dann auch, die deutlich aussprachen, woran wenigstens
der äussere Bestand des Bundes hing: „Wenn die gemeinen
Städte die Schlösser wirklich übergeben wollen, so dass das
Bündniss zergeht, so ist unsere Meinung, dass wir mit
Hülfe unseres Herrn, des Hochmeisters, mit denen von livkuid
und der Südersee eine Tagfahrt halten und mit ihnen ein
neues Bündniss aufiichten^^*). Auf der Johannisversammlung
zu Stralsund 1385 wurde noch einmal die kölner Konföderation
1) Vgl. H. R I , n 5SS $ 1, II, n. 73 § 3, 77 § 8, 9, n. 14T § 13, 156
§ 28, 170 § 5.
2) H. R. II, n. 275 § 5, 290 § 8, n. 276 § 11, 99S §3, 297 § 3, 298 § 2,
n. 305 § 2, 306 § 23.
Sehlofls. 561
yerlesen. Die StSdte waren der Meinung, dass sie ihrem Wort-
laute naeh ein Ende habe; die schonenschen Schlösser waren
zurOckgBgebeD. Trotzdem wurde doch den anwesendai Raths-
sendeboten aufgetragen, daheim berathen zu lassen, ob es nicht
nOtzUch sei, das Bündniss in irgend einer Weise zu verlängern.
Die Preussen beriethen sogleich in Stralsund mit den Süder-
seeisdieii, ob diese nicht mit ihnen und den Livländem sich
yerbindeB wollten^).
Deutlich c^enbart sidi hier die Bedeutung der vor 18 Jah-
rea zu Köln geschlossenen Konföderation. Allerdings war sie
nur. ein Bündniss ad hoc, geschlossen, um den dänisch-nor-
wegischea Handel zu schützen, die Wasserwege von der Ost«^
zur Weatsee wieder frei zu machen für die hansische Schiff-
fahrt ; - in diesem ihrem formdien Charakter war sie nicht ver-
schieden von hundert anderen Verträgen, die zu bestimmten
Zwecken unter norddeutschen Städten geschlossen worden sind.
Aber die Hanse ist nicht theoretischer Staatsweisheit, sondern
der Logik der Thatsachen entsprossen. Und Thatsache war,
das6 bisher noch kein so umlassender Bund norddeutsche
Städte zu einem Streben geeinigt, noch keiner so grosse Macht-
mittal so geschlossen und ausdauernd aufgewandt, vor Allem
noch keiner so durchschlagrade Erfolge errung^ hatte. Noch
nie hatte man so deutlich gefühlt, was man vermochte, wenn
man einig war. Granz von sdbst musste der Gedanke kom-
men, diese Einigkeit unter aUen Umständen festzuhalten, sie
vor allen Dingen zu verwerthen im Dienste dessen, was noch
immer in erster Linie die Städte zusammenßihrte, der gemein-
samen Yerkehrsrechte im Auslande. Auch hier erfahren wir
wieder aus dem Munde der preussischen Städte, wie man die
kölner Konföderation in Verbindung brachte mit dem eigent-
lichen Grundgedanken der Hanse. Sie antworten 1386 auf
1) H. R. II, D. 806 § 22 a. 28, n. 808.
Sch&fer, rue HanteatAdte. 3 g
562
den Vorschlag zur Aufrichtung eines neam Bundes als Ersatz
für die abgelaufene Konfikleration: „In Allem, was die Kauf-
mannschaft und die Segelation betrifft, möge das Bündniss
mit den gemeine Städten zehn oder mdir Jahre dauern^ ^).
Einen direkte Einfluss übt die kölner Konl&derati<Mi aiif die
Hanse, die Städte, die „in des Kai^anns Rechte sind^
„Jede Stadt soll der andern Bestes bedenken , wo sie es mit
Recht und Ehren thun mag, wie es zu Köln beschlossen worda
Wäre es , was (xott verhüte , dass Streit unter Städten ent-
stände, die in des Kaufinanns Recht sind, so sollen sie ihren
Streit schlichten nach dem Rath der Nachbarst&dte" *). Käm-
pen und Stavoren bitten 1383, dass man sie thdlnehmai lasse
an allen weiteren Privilegien, die die Städte (die der Hanse,
nicht die der Konföderation) in Norwegen, Dänemark, HoHand
und Flandern erwerben würden. Die ErflLlhmg dieses Wim-
sches wird von weiterer Berathung der Städte aUi&ngig ge-
macht, von vornherein aber von Kampen und Stavormi ver-
langt, dass sie dann auch „gehorsam sein müssten dem Rechte
des Kaufinanns an allen Orten, da das Recht des Kaufinanns
ist^^; von den preussischen Städten aber meinen wenigstens
Danzig und Elbing, dass man jenen „die Aufiiahme unmög-
lich versagen könne, wenn sie sich verpflichten wollten, ge-
horsam zu sein gleich den andem^^*). In erster Linie ihre
Stellung als Konföderationsmitglieder schuf ihnen also einen
so leichten Zugang zu den Privilegien der Hanse^
1) H. B. II, n. 831 § 2 : Item als umme das rorbind csu vorlengin , so
es das der stete rat, al das der kofenschatzt ond der segelacionen anrnrende
es , das der vorbind sta 10 jar , 9 Jare adir S jare uyn adir meere mit den
gemeyneo steden.
S) ebd. II, n. 232 § 24 : . . . . en jewelk stad myt der andren baste schal
umme gan , dar se id myd like imd mit eren doen mach , alse dat to Colne
liegrepen ward. Unde wer et, dat Gk>t yorbed«, dat jenicfa schelinge upstonds
twisschen Jenigen steden , de in des kopmans rechte sind , de schnilen sik an*
derlwisschen vlyen na rade der stede, de by en beseten synt.
8) ebd. II, n. 266 § 8 u. 270 § 5.
Sehluff. 638
Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass die kölner
Konföderation dem Auftreten der Hanse nicht nur im skandi-
navischen Norden grössere Festigkeit verlieh. Energischer als
je zuvor sehen wir den aus dem Verfalle zur Zeit Erich Men-»
veds glänzend wieder aufgerichteten Bund die Rechte des deut-
schen Kaufmanns überall im Auslande vertreten, in Flandern,
in England und Russland. Man fühlt seine Kraft, denkt da-
ran, Flandern „dieselben demüthigenden Bedingungen aufzu-
zwingen^ , die das verhanste Braunschweig sich hatte gefallen
lassen müssen >). Wie in diesem Falle, so erfreute man sich
auch sonst nicht immer eines durchschlagenden Erfolges; die
Wirren im skandinavischen Norden, die sich an den Kampf
um den dänischen und schwedischen Thron knüpfen, haben
den Städten manche schwere Stunden gemacht; ihren Handel
von der Geissei der Vitalienbrüder zu befreien, hat ihnen
kaum weniger Anstrengung gekostet als die Demüthigung des
dänischen Reichs'). Aber sie wussten ihrer Stimme doch
Gehör zu verschaffen; nirgends verhallte sie unbeachtet; eine
Mahnung, gar eine Drohung aus Lübeck legte man an keinem
Hofe des Nordeos stillschweigend zu den Akten. Deutlich ist
diese gehobene Stellung des Bundes zu erkennen aus den Ben
Werbungen um Aufnahme in ihn , um Theilnahnie an den Pri-
vilegien seiner Glieder. Ausser Kampen und Stavoren sehen
wir in den nächste Jahren Rügenwalde und Stolp, Amheim
und Nymwegen mit solchen Gesuchen kommen. Offenbar war
es nicht mehr möglich, auf den auswärtigen Märkten mit Er-»
folg der Handlung obzuliegen, wenn man nicht der Hanse
angehörte, sich „vordegedingen^^ liess „mit des kopmans rechtens
Stellt doch sogar die englische Kaufmannschaft den Antrag,
in den Bund aufgenommen zu werden : So meneden se, dat it
■II ■ ^M - ■ ■■ ■ ^ ^ m ■
1) Vgl. KoppmanD , H. R. U, p. VII.
2) Vgl. Koppmano , H. R. IV , Einleituog.
86*
564 Schlnai.
nutte unde gut were, dat wy eoer lüde weren uiide ere cop-
lude an uiisen vorbunt unde vryheyt nemen^).
Ohne eine solche, den ganzen norddeutschen Handel im
In- und Auslande beherrschende Stellung wäre es auch nicht
denkbar gewesen, dass ein Schritt, wie ihn der Bund in den
nächste Jahr^ nach dem Kri^e gegen Braunschweig wagte,
von so vollständigem Erfolg hätte b^leitet sein k&uien, wie
es der Fall war. Ein ganz neues Feld d^ Wirksamkeit be-
trat hier die Hanse, ein Feld, das sie noch oft betreten sdlte
und nicht inuner ziun Heil ihrer weitem Entwicklung , das
der Einmischung in die innem Streitigkeiten der einzdnen
Städte. In Braunschweig hatten sich im April 1374 die Hand-
werker gegen den Rath erhoben , 10 Bütglieder desselben hin-
gerichtet, die übrigen, soweit sie nicht schon aus der Stadt
entflohen waren, verwiesen. Da sich der neue Rath der Ver-
mittlung der Städte nicht fUgte, wurde Braunschweig aus der
Hause gethan, aller Verkehr mit ihm untersagt, seinen Kauf-
leuten die auswärtigen Märkte verboten. Nur unter d^ de-
müthigendsten Bedingungen konnte die Stadt fünf Jahre spä-
ter ihre Wiederaufnahme erlangen. Häufiger als früher ka-
men jetzt die Städte in die Lage, zu derartigen Bewegungen
Stellung nehmen zu müssen. Zunftunruhen fingen an, auch
in Norddeutschland häufiger zu werden. Die Last, die die
Städte an d^ Kosten des letzten Krieges zu tragen hatten,
fohlten die Bürger; die Ausrüstung von Kriegsschiffen zur
Befriedung der See wurde in den nächsten Jahren zum dauern-
den Bedürftiiss und belastete das Kaufmannsgut mit einem
1) H. B. U, o. 210 § 8, 6, ebd. II, n. 190 § 1, 192 § 19, 254 § 2, 842
§ 14. Wie verhfilt es sich mit der Behaoptung Arnheims and Nymwe^ns,
dass sie schon „von sHersher in der Hsnse and des KAaftmuins Reclite** ge-
wesen seien ? Schwerlich ist diese Behsaptong gans unbegründet. Hat etwa
die kölner Konföderation jene Entwicklang gefordert, die das Recht des deut-
schen Kaufmanns auf die deutschen Städte resp auf einselne StSdte be-
schränkte? Vgl. oben S. 449 A. 1.
Schluss. 566
drückenden Pfündzoll ; auf den Rath wälzte man zunächst die
Verantwortung dafür. In Hamburg und Stade, in Lübeck
und Anklam kam es zu Aufständen, die zum Theil zum Ver*
giessen von Bürgerblut führten. Möglich, dass auch der Rath
und die reichen Bürger Anlass gaben zu gerechtfertigter Un-
zufried^heit In den nächsten Jahrzehnte nach dem Kriege
schdnen sich die vornehmeren Kaufmannsgeschlechter zu je-
nen Gesellschaften zusammengeschlossen zu haben, aus denen
nachher in den hervorragendsten Städten der Rath sich aus-
schliesslich ergänzte. Reichthum und Ansehen nach innen und
aussen war unzweifelhaft gewachsen, damit aber auch Stolz
und Hochmuth eingezogen, und diese führten zu Aufwand und
Pracht. Es kam zu Vergehen am gemeinen Out. Bertram
Wulflam aus einer der angesehensten Familien Stralsunds, seit
dem ersten dänischen Kriege auf allen wichtigen hansischen
Versammlungen der Vertreter seiner Vaterstadt, ihr Bürger-
meister seit 1364, einer der Leiter der hansischen Politik in'
ihrer glänzendsten Zeit, verliess 1391 in schimpflicher Flucht
die Stätte seines Ruhmes und seines Glanzes wegen Verun-
treuung städtischen Geldes. „Seit 28 Jahren hat Herr Ber-
tram erhoben den Schoss und der Stadt Gut und hat das an
sein Haus gebracht und bringen lassen sonder Befehl des
Raths ; er und sein Weib haben mehr darüber verfQgt als der
Rath^^^). Gar zu sehr hatten er und sein Sohn Wulf den
Junker zu spielen gesucht, nachahmend den landsässigen Her-
ren. Es ist wieder einer der wenigen Fälle, in denen auf
1) Vgl H. B. IV, o. 40. Die Nachricht des Dietrich von Nieheim , aaf
die Harttiing (Hans. Gesehbl. 1876 i S. 165 ff.) aufmerksam macht, daas Wal-
demar in sein Reich zurückgelangt sei „cansante proditione aliquonun poten-
tnm ex eisdem civitaiibus et oppidis pecunia corruptomm^S kann allenfalls, wenn
man sie mit dieser Thatsache znsammenhilt und dabei bedenkt, dass Stralsund
eine Hanptrolle spielt in dem Abschluss der Vertrige mit Dänemark, anf eine
gewisse Berficksichtignng Anspruch machen. Die Art ihrer Ueberlieferung kann
ihr solchen nicht verleihen, denn Dietrich von Nieheim seigt sich in dem an*
gezogeneu Passus über nordische Verhältnisse offenbar sehr sdileekt unterriebtet
666 s«u«M.
Charakter und persönliches Geschick eines der in der hansi-
sohen Geschichte dieser Zeit hervorragendsten Männer ein hel-
les licht Mt
Auch des hansischen Bundes Verfassung , wenn man yon
einer solchen überhaupt reden darf, ist von der kölner Kon-
föderation und dem glücklichen Kriege g^en Dänemark nicht
unberührt geblieben. In festeren Formen als zuvor bewegt
sich jetzt das hansische Leben. Häufiger sind die Versamm-
lungen seit dem ersten kriegerischen Zusammenstoss mit Dä-
nemaric; nicht bloss auf die besser bewahrte Ueberli^erung
lässt sich das schieben. Mehr als einmal treten wenigstens
die wendischen Städte aiyährlich zusammen; die Mittsonuner-
(Johannis-) Versammlung wird seit den 60er Jahren zur Re-
gel; sie ist durchweg eine allgemein hansische, von Vertre-
tern aller G^enden besucht. Wie es der Gang der Ereig-
nisse mit sich brachte, nahm^ zunächst die Küstenstädte
eine hervorragende Stellung ein; in den Jahren 1367 — 70 er-
scheint keine Binnenstadt auf hansischen Tagfahrten« Die
westfälischen Städte, die früher eine so bedeutende Rolle
spielten, treten in dieser Zeit zurück vor d^ preussiscfaen,
livländischen und süderseeischen. Nur durch Mitglieder des
Raths (radess^deboden) kann eine hansische Tagfahrt voll-
gültig besandt werden ; durch ein Beglaubigungsschreiben ihrer
Stadt mnss sich die Vertretung als bevollmächtigt erweisen^).
In Nothfällen kann allerdings eine Stadt statt eines Raths-
gliedes ihren „Schreiber" (notarius, secretarius) schicken; aber
nur hörend und über die eigenen Angelegenheiten berichtend
darf dieser an den Verhandlungen theilnehmen; mitbeschlies-
sen kann er nicht. — Nie ist ein Hansetag zusammengekom-
men, auf dem alle Städte vertreten gewesen wären; meistens
nahm nur ein kleiner Bruchtheil direkt an der Versammlung
1) Si«be H. B. I, u. 510 § 11, 8.
Sokioii. 567
Theil, häufig bevollmächtigt zugleich für nachbarliche Geuossen.
Die Weite der Entfernung (die grosse Mehrzahl der Tage
wurde in den wendischen Städten abgehalten) und die dem-
gemäss ^tstehenden Kosten, Beschwerden und Ge&hren der
9eise waren der Hauptgrund dafOr. Keineswegs darf man
daraus schon in dieser Zeit auf Gleichgültigkeit gegen die
aUgemeine Sache schliessen. Offenbar bemühte man sich, die
angedehensten und tüchtigsten Männer des heimisdien Rathes
auf diese Versammlungen zu schicken, mit Vorliebe die Bür-
germeister. Grössere Städte sandten in der Regel mehrere
Vertreter, darunter üast immer 1 oder 2 Bürgermeister, lieber
Alles, was die Interessen des gemeinen Kaufmanns betraf,
wurde hier verhandelt. So weit sich sein Handelsgebiet er-
streckte, reicht daher auch der Gesichtskreis dieser bürger-
lichen Politiker, ein Feld bebauend, wie es kein Kabinet der
Zeit umfassender beherrschte. In den bewegten Tagen der
waldemarischen Kri^e und häufig auch später drängt sich
die hohe Politik auf den Tagen in den Vordergrund; mussten
doch die Hansen in die Reihe der um politischen Einfluss
ringenden Mächte eintreten, wenn sie überhaupt ihren For-
derungen, die ja an sich eine andere Richtung nahmen, Gel-
tung verschaffen wollten. Da fehlte es denn auf den Hanse-
tagen nicht an Herren und fürstlichen Vertretern, die um die
Gunst des mächtigen Bundes warben. Auch Partikular- und
Privatangdegenheiten kamen auf den Tagfahrten zur Verhand-
lung, doch suchte man sie möglichst zurückzudrängen hinter
den allgemeinen, berücksichtigte sie erst nach diesen ^ ). Was
beschlossen wurde, war verbindlich für Alle, so weit es die
Angelegenheiten des gemeinen Kaufmanns betraf. Nicht aber
schloss der Bund als solcher politische Verträge, die seine
Mitglieder zu bestimmten Leistungen verpflichtet hätten. Die
1) H. R. I, o. ÖSS § 9.
568 Sofahus.
Hanse als solche hat wohl Privilegien erworben, Anordnungen
in Betrefif des Handels erlassen, die Angeleg^iheiten aller
ihrer Kaufleate im In- und Auslände geregt, auch Verkehrs-
beschränkungen auferlegt auf Grund herrschenden Kri^gsstan-
des, aber nidit hat sie als Ganzes Kri^ erklärt oder solehen
geführt Da war es jeder einzelnen Stadt, soweit sie nidit
schon etwa durch Sonderv^rträge mit benachbarten Genossen ge-
bunden war, freigestellt, ob sie mitmachen wollte oder nicht;
in beiden Fällen musste sie aber die fttr den Verkehr erlas-
senen Bestimmungen befolgen. Kriegerische Leistungen ge-
schehen nur auf Grund besonderer Abmachungen; d^ Be-
schluss einer hansischen Tagfiahrt konnte kdneswegs alle
Städte zu solchen verpflichten. Nur das von ihr etwa ansge-
sprochene Handelsverbot musste jede Hansestadt respektiren,
auch die fär den Sdiutz des Handels etwa beliebtem Auflagen
(Pfundgelder) unweigerlich tragen; sonst lief sie (Gefahr, aas
der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden.
Die auf den hansischen Tagfahrten gefasstai Beschlüsse
wurden niedergeschrieben, anfangs nur in knappestor Form,
bald ausfährlicher , gleichsam als kurzes Protokoll der Vor-
handlungen. Von den 60er Jahren des 14 Jahrhunderts an
werden diese Aufzeichnungen als Recesse bezeichnet Dass
gerade diese Zeit ein entscheidender Wendepunkt sei in d^
hansische Geschichte , ist schon den Zeitgenossen klar gewe-
s&k. Mit Recht hat der Herausgeber der Hans^eoesse darauf
aufmerksam gemacht, dass man in Lttbeck die Entstdiung
des hansischen Städtebundes von der greifswalder Konfödera-
tion von 1361 datirte^). Mit dieser beginnt die grosse lü-
becker Recesssammlung (jetzt Eigenthum des Grafen Holstein-
Ledraborg auf Seeland) ; bei der kölner Konföderation machte
der Schreiber, offenbar absichtlich, einen Abschnitt. Mit den-
1) Vgl. H. B. I, p. XI.
SchiM. 569
Bdbra Ereignissen beginnen die drei andern Receßssammlungen
der Zeit: 1868 die von Wismar und Stralsund, 1369 die von
Hamburg. Es wirft an beachtenswerthes Licht auf den hi-
sleriscben Sinn der Zeit, dass Ereignisse, die offenbar auf
die Mitlebenden den tiefsten Eindrudc machten, in ihrer Be*
dentung von ihnen klar erkannt wurden, nur so schwache
Spuren hinterlassen haben in den Chroniken der Zeit ^).
In der Gliederung des hansischen Bundes spiden auch
je^ noch die Landschaften die Hauptrolle. Ueberhaupt haben
Territörimn und Landesherr doch wohl einen grösseren Ein«
flufls auf ^e Entwicklung der Hanse geübt, als man von vom«
herein anzundmien geneigt ist Auf Partikulartagfahrten ver-
haadefai die Stftdte einzelner Landschaften allgemein hansische
Angelegenheiten, fassen Beschlüsse über ihre Stellung zu den*
selben, ' vertheilen unter sich die übernommenen Lasten. Nicht
immer stehen die landschaftlichen Gruppen in geschlossener
Einigkeit n^hm einander. Besonders die Preussen sondern
sich gern ab, gehen gestützt auf ihren Hochmeister selbstän-
dig vor. In Betreff der Verwaltung der schonenschen Schlös-
ser und des dortigen Zolles vertreten sie gegenüber den wen-
dischen Städten eine vdlständig abweichende, schwerlich zu
reditfertigende Anschauung; andererseits nehmen die wendi-
schen Städte in dem Streite mit den Engländern in den 70er
und 80er Jahren eine Haltung an, die auf die Stellung der
Preussen in dieser Frage doch kaum genug Rücksicht nimmt *).
Mit diesen erscheinen seit den waldemarischen Kriegen die
süderseeisdien (niederländischen) Städte in naher Verbindung '),
1) Aücfh die Erintiening späterer Jahre legte diesen Ereignlsteo eine eot-
»cheiden^e fiedevtang bei. Wiederiiolt werfen in späteren Verbnndlangen (An-
fang de# 16. Jahrhunderts) die Dänen den LQbeckern diese Kriege und die
Vertreibung Waidemars vor, allerdings auch die Verpfändung Schonen» an
Schweden.' Hattea die LSbeeker bei Letsterer wirklich so entscheidend mitge«
wirkt?
S) Vgl. H. B. II, S. 4ÖS u. lU^ S. 56 ; ebd. UI, Einleitg p. VII ff.
3) Vgl. noch ausser den angefllhrten Thatsnehen H. B. I, n. 489 J 6, UI,
n. 38.
570 SoUwf.
während die livländer, der alten Ueberliefarang getreu , sich
doch mehr an die Wendischen halten. Die Letzter«! aber
sind offenbar, wie zu Anfang und bis gegen £^de hin, die
eigentUchen Leiter des Bundes. Sie ymsammeln sich am häu-
figsten, nicht nur zur Berathung ihrer eigenen, WNidem auch
der allgemeinen Angelegenheiten. Sie schreiben die hansi-
schen Tagfahrten aus, bestimmen meistens die YerhandluiigB-
g^enstände; fast ausschliesslich tagen die Bathssendeboten in
ihren Mauern. Aus den dargestellten Begebenheiten wird kkur
geworden sein, dass sie die echten Träger hansischer Politik
sind. Sdten handelt man anders, als in ihren Bathsstuben
geplant war. Leider ist es uns vollständig Yieraagt, einen
Blick in diese hinein zu thun: Nicht ein einziges BathsproCo-
koll der Zeit ist uns erhaltai. Und wären solche audi vor-
handen, wir würden doch schwerüeh die mächtigen Persön-
lidikeiten klar erkennen, die hier dm entscheidendoi Einfluss
übten, die Bathsgenoesen, die Stadt und den Bund nach ihrem
Sinn und Geiste lenkten. Denn schweilich sind die grossen
Erfolge einem rein kollegialischen Wirken zuzuschreiben ; dass
nicht einzelne hervorragende Männer einen bestimmenden Ein-
fluss geübt, den Dingen die Bichtnng gegeben haben 8(dlten,
davon kann man sich schwer überzeugen. Jakob Pleskow und
Brun Warendorp in Lübeck, Arnold KrGpelin in Boetock, Bert-
ram Wulflam in Stralsund mögen s<dche Männ^ gewesen sein.
Wir wissen wenig mehr üb^ sie als ihre Namm und dass sie
auf allen Tagfahrten der Zeit ihre Städte vertreten.
Auch im Kreise der wendische Städte ist das Verhält-
niss das alte, Lübeck nach wie vor ihr Haupt und damit zu-
gleich das des ganzen Bundes. Die Trävestadt in erster Linie
fährt die Geschäfte, die meisten Versammlungen werden in
ihr abgehalten, die so recht in der Mitte gelegt; demnach
führt sie den bei Weitem grössten Theil der Korrespondenz,
bewahrt das hansische Archiv. Es war alte hansische Sitte
Schi«M. 571
nad ist es stets geblieben, gemdnsamo Schreiben aus der
„Schreiberei"' und unt^ dem Siegel der Stadt za senden, in
der man versammelt war ^). Auch die abgeschlossenen Ver-
träge scheinen in älterer Zeit eben dort verwahrt worden zu
sein, wo sie zum Abschluss kamen; wenigstens ist das mit
den dänischen Ausfertigungen des stralsunder Friedens der
Fall. Stralsund spielt auch in dem ersten Jahrzehnt nach den
waldemarischen Kriegen als Versammluugs- und Verhandlungs-
ort neben Lübeck noch eine gewisse Rolle, dann aber tritt
dieses in die so gut wie ausschliessliche Leitung der Geschäfte
ein. Das musste die ohnehin blühende Stadt noch mehr heben,
der Aufechwung der Htmse auch zu einer wachsenden Bedeu-
tui^ Lübecks führen. Zahlreich und zuverlässig sind die Zeug-
nisse, dass die Stadt in den letzte Jahrzehnten des 14. Jahr-
hunderts mächtig wuchs an Reichthum, Einfluss und Ansehen.
In den 70er Jahren war ihr fast das ganze Herzogthum Sach-
sen-Lauenburg verpfändet, dazu Stormam mit Oldesloe und
Schloss Trittau. In den Landen nördlich der Elbe gab es
keine politische Macht, die fester begründet gewesen wäre.
Das erkannte Kaiser Karl auch klar genug, als er im Oktober
1375 die Stadt besuchte, offenbar in der Absicht, ihre Ounst
zu gewinnen, auf die er grossen Werth legen musste, seitdran
er durch die Erwerbung Brandenburgs selbst ein norddeutscher
Landesherr geworden war. Die Lübecker nahmen ihn glänzend
auf, bewirtheten ihn herrlich, sparten weder Kosten noch Mühe,
zu zeigen, was ihre Stadt bedeute. Der Kaiser wohnte einer
1] Ein Allgemein hansisches Siegel (des Reiches Doppeladler mit der Um-
^ch^ift: Signnm dvltatam marltimamm) ist snerst fBr die schonenschen Pfund-
zollquittangen hergestellt worden vnd stets nur auf den Kontoren , also dem
Auslände gegenfiber, gebraucht worden. Auch hier tritt der Begriff „hansisch**
wieder als ein solcher henror, der tutiichst dem Auslande gegenfiber Geltung
hat Vgl. Mantels, Hans. Ge.«chbl. 187S, S. 8 ff. — Von geschlossenen Ver-
trügen erbÜten sich einxelne StXdte oft Abschriften des in Lübeck verwahrten
Original^ Tgl. H. R. I, n. 876 § 6, 888 f iO, 420 $ 18, 434, 436 § t, 459,
479 § 27 u. 87, 489 § 20 u. 28.
572 Schliiss.
Rathssitzung bd , redete die Bürgermeister mit Herren an ;
bescheiden wiegen diese den Titel zurück. Der Kaiser aber
bestand darauf: ^Gi sint her^; de olden r^stra d^r keiser
wis^ dat ut, dat Lubeke is en der vif stede, de Tan keiseren
unde ereme rade is de narae der herscop gbegheven, dat se
mögen gan in des kaisers raat, wor se sin da de keiser is^
So weiss Detmar zu erzählen. Stolz fügt er hinzu : De vif
stede sint Roma, V^edie, Pisa, Florentie unde ' Lubeke^ ^).
Detmar hatte so Unrecht nicht , wenn er Lübeck eine Aus-
nahmestellung vindicirte vor allen deutschen Städten. In allen
Landen nördlich der Alpen ist die 2. Hälfte des 14 Jahr-
hunderts das Zeitalter mächtiger populärer Bewegungen. Hef-
tig klopft das bürgerliche Element an die Pforten der Lehns-
monarchie, droht, schon jetzt ihr Gefüge zu zertrümmern,
den Staat in einen Bund bürgerlicher Gemeinden umzugestalten.
Es erliegt dem Uebergewicht fürstlicher and adliger Waffen-
, macht, rettet höchstdns seine Existenz, verzichtend auf den
Gedanken, einen entscheidenden Einfluss zu üben auf die poli-
tische Weiterbildung der Nationen, in Deutschland die unheil-
volle Zersplitterung nur vermehrend. An zwei Punkten allein
hat die Bewegung Erfolg. Der Gedanke, der Oberdeutschland
beherrscht : ,,zwischen den vier Wäldern eine grosse Schweiz^^
kommt zur Durchführung in einem Bunde von Bauern und
Bürgern in den Alpen, der „deutschen^^ Eidgenossenschaft,
in die bis zu ihrer napoleonischen Umgestaltung hin kein
1) An der Erz&blang sa zweifeln ist man wohl berechtigt. Die Bezeich-
nung „her (dominus)*' für die Rathmannen kommt gleichzeitig and früher b&nfig
genug vor und ist nicht auf Lübeck beschränkt. Dass man gern die der
eigenen Stadt wieder fahrenen Ehren hervorhob, beweist der Bericht des wis-
marschen Rathsschreibers Heinrich von Baisee , der über Karls Aufenthalt in
Wismar zu erz&hlen wei:»s: . . . . ita quod ipse dominis meis minores gracia-
rum Actiuues quam dominis consulibns Lubicensibns , prout fama sonuit, reie-
rebat Meklbg. Jahrb. XLIII, 185.
SchiuM. 573
ffWelachet^^ als Gleichberecht^ter Aufnahme gefunden hat.
Herrschaft im eigenen Hause frei von aller Einmischung der
Herren ist das Princip, das sie vertritt und siegreich durch-
fährt Die Bttrgerfreiheit des Nordens , die „deutsche^' Hanse
baut sich auf breiterer Grundlage auf. Durch bürgerliche
Arbeit, durch Handel und Gewert)e waren die norddeutschen
Städte gross und stark und frei geworden; nur durch den
Schutz derselben konnten sie stark und frei bleiben. Hier ist
der Angelpunkt ihres Strebens, ihre grosse Bedeutung für die
Geschichte der Kultur: Schutz der bürgerlichen Arbeit, Aner-
kennung ihres Rechtes durch Jedermann. Hart und rücksichts-
k)8 haben sie nicht selten dies Recht verfochten , es zu schützen,
fremdes schwer gd^ränkt; aber wo wäre damals anders ver-
fahren worden , wo erschiene überhaupt die Politik eines Han-
delsvolkea nicht hart und egoistisch? Wenn die Städte die Herr-
schaft in den nordischen Meeren an sich rissen — und ihrer
SeeOMU^ht war in der Tbat von den waldemarischen Kriegen
bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts hinein keine andere in
jenen Gewässern gewachsen — so konnten sie vor allen andern
Mächten dort eine innere Berechtigung dazu aufweisen. Denn
sie waren die Vermittler höherer Kultur für weite Gebiete
Europas, die Träger abendländischer Gesittung, höherer
Lebensfonnen auf allen Gebieten des staatlichen und socialen
Seins für Millionen. Der durchschlagende Erfolg ihrer Han-
delssperren beweist deutlich genug, dass man sie nicht ent-
behren konnte, dass der Norden in seiner damaligen I^age
solcher Vermittler bedurfte. Nur durch harte Strafandrohungen
haben im 16. Jahrhundert die Könige von Schweden und
Dänemark-Norwegen ihre Unterthanen zwingen können, aus
Kunden hansischer Kaufleute solche der heimischen Händler
zu werden; nur durch die schrofiisten, gewaltthätigsten Mass-
regeln hat Eugland den hansischen Handel vernichten können.
Dass aber die Hanse diesem Vorgehen gegenüber erlag , das
574 Seliliist.
fahrt auf die andere, nationale fiedeutong dieses StAdtebundes.
Die Hanse war es , die die Einhat der Nation bewahrte in
greifbarster Gestalt; als Alles in Üeatschland , der Kaiser
nicht ausgeschlossen, partikular wurde, blieb die Hanse, unser
Volk auf dem Meere , deutsch. Durch zwei Jahrhunderte und
länger haben die Hansen die deutsche Flagge ruhmvoll ge-
zeigt auf den europäischen Oewässern. Zu einer Steit, wo es
kaum noch ein Reich gab, des Beiches Banner in schimpflicher
Flucht vor den Htisiten entehrt wurde , gab es ein Deutschland
auf dem Meere, wusste sich der deutsche Kaufmann in allen
Gewässern vom Gap Finisterre bis hinauf nach Island , den Lo-
fodden und der Newa sicher unter dem Schutze hansischer
Koggen. Erst als die übrigen Länder Europas, dem Ldins-
wesen ein Ende machend, sich su modernen Monarchien
herausbildeten, in Deutschland aber die Macht der Landes-
hen*en von Jahr zu Jahr wuchs, die Städte eine nach der
andern von ihnen abhängig , in den engsten Kreis territorialer
Interessen hineingezogen wurden, bis auf wenige den Blick
fQr das Weite ganz verloren, erst da vermochte der dflnne
Kranz geschwächter Gemeinden, der sich an den deutschen
Küsten entlang zog , der geschlossenen Macht der grossen nor-
dischen Monarchien nicht mehr die Waage zu halten. Das
Reich konnte nicht helfen; bei den Fürsten war kein Ver-
ständniss fUr die deutsche Sache; unsere Flagge verschwand
von den Meeren, die einst unser waren. Schüchtern suchte
der hansische Schiffer seinen Weg durch die Gewässer, die
vorher seine Koggen beherrschten; er, der einst eingrfahren
war in fremde Häfen unter dem Flüger seiner Stadt, strich
jetzt auf heimischer Rhede die Flagge vor Dänen, Schweden
und Engländern. Was vielleicht gesündigt war, wurde jetzt
schwer gebüsst. Aber mit Recht gedenken wir, in denen der
Geist der Väter wieder erblühte , dankbar jener Männer unseres
Volkes , die schon vor einem halben Jahrtausend den deutschen
Schlau. 575
Kaufmann zu schirmen wussten in allen Meeren, die sein
Schiff durchfurchte, auf allen Strassen, die sein Wagen zog,
die auf sich selbst gestützt, ohne Kaiser und Reich, dem
deutschen Namen Achtung, deutscher Kultur Boden zu schaffen
Termochten, die als schlichte BQrger ihrer Städte den Frem-
den gegenüber nicht schlechtere Vertreter ihres Volkes waren,
als König und Kaiser salbst Dankbar gedenken wir jener
namenlosen Männer; mit Recht erwärmt noch jetzt das Herz
jedes Deutschen, wenn er hört von der „Dudeschen Hense''.
Eikirs 1
Wann war die Sohlaoht bei Helsingborg?
Diese Frage ist zuerst von Reinhardt (Hist. Tidsskr. 4. R., IT,
205 ff.) genauer untersucht worden ; sie gestaltet sich so ziemlich
als eine Frage nach der Chronologie des ganzen Feldzogs. Mit
Recht setzt Reinhardt die Abfahrt der hansischen Flotte nach dem
11. Aprily an welchem Tage die Stralsunder an Lübeck berichten,
dass zwei grosse dänische Schiffe an der Küste von Möen statio-
nirt seien (K. R. I, n. 269). Aber wie lange nach dem 11. April
die Abfahrt erfolgt sein mag, scheint mir mit dem vorhandenen
Material unmöglich zu bestimmen. Der von Reinhardt angeführte
Grund, diese Abfahrt erst nach dem 1. Mai geschehen zu laasen,
eracheint mir durchaus unzureichend. Denn wenn auch der Aus-
druck „nos rogari feceratis (ihr hattet uns bitten lassen), ut
ad Helsingborch diverteremus" (H. R. II, n. 8 § 1), darauf hin-
deuten mag, dass die schwedischen Gesandten diese Bitte schon vor
der Abfahrt der Flotte gethan hatten, so folgt daraus doch nicht,
dass diese erst am 1. Mai oder später geschehen ist, da die schwe-
dischen Gesandten, wenn der Schi ffslieferungs vertrag auch erst von
diesem Jahre datirt ist, doch schon vor dem 11. April in Lübeck
gewesen sein müssen (H. R. I, n. 269).
lieber die Schlacht bei Helsingborg nun haben wir nur eine
und dazu sehr ungenügende Datirung. Detmar (S. 286) sagt:
„£n Sterne wart gheseen bi der sunnen in deme middage sunti
kyliani , de bedudede to dessen saken nicht gudes". Wie Rein-
hardt richtig sagt, beweist diese Notiz weiter nichts, als dass die
Schlacht nicht vor dem 8. Juli gewesen ist. Damit stimmt auch
die Aussage der Städter in den späteren Verhandlungen mit Ha-
kon (H. R. ir, n. 3 § 1): Jacuimus ante Helsingborch cum magnis
expensis, bene ad 12 septimanas adventum vestrum expectantes,
Ezkon I. Wann war die Schlacht bei HelsingWg ? 57^
et quia non yeneratis, illas quas prediximus inourrimus jacturas, eo
qaod non eramus per omnia satis robusti ad obsidendum in terra
et ad defendendnm mare." Nimmt man eine Woche für die Fahrt
bis Helaingborg und die Landung, bo kann also die Sohlacht
frühestens Mitte Juli gewesen sein.
Reinhardt setzt dieselbe nun noch viel später, in den Anfang
September, und kommt dazu durch folgende Erwägungen. Er
nimmt an, dass die Städter die oben angegebenen 12 Wochen
so ziemlich thaüos, nur die Schweden erwartend, vor Helsingborg
gelegen hätten und erst nach Ablauf dieser Zeit zur Belagerung
geschritten wären. Er gründet diese Annahme allein darauf, dass
die Städter sagen, sie hätten „cum magnis expensis" 12 Wochen
vor Helsingborg gelegen. Sie würden, meint R, die grossen
Kosten nicht erwähnt haben, wenn sie in dieser Zeit etwas We-
sentliches unternommen hätten. Aber die Städter schieben nicht
so sehr das Warten vor Helsingborg den nordischen Königen zur
Last als das Misslingen des ganzen Feldzugs und die unnütz
darans erwachsenen Kosten. Hätten sie noch länger als 12 Wochen
vor Helsingborg zugebracht, so würden sie das gewiss in den
Verhandlungen zu Bahus geltend gemacht haben. Dazu scheint
mir die Annahme, dass sie 12 Wochen so gut wie unthätig, in
blossem Warten vor Helsingborg gelegen hätten, schon an und
für sich wenig Wahrscheinliches zu haben. Wer die oben ge-
gebene Darstellung der Städte unbefangen betrachtet, wird das
auch so leicht nicht herauslesen. Es ist auch vor allen Dingen
das Streben, keinen ersten Waffenstillstand zugeben zu müssen,
welches Reinhardt zu dieser Auffassung der städtischen Darstel-
lung führt, eine Auffassung, die durch keine andere Quelle auch
nur einen Schatten von Bestätigung erhält. Im Oegentheil sagt
die seeländische Chronik ausdrücklich (Archiv II, 226): „In
Schaniam introierunt et castrum Helsingbnrgh obsede-
runt , admoventes X VI maohinas, jactantes et non pausantes die
neque nocte". Die Städter sind also mit besonderer Rührigkeit
ans Werk gegangen, haben schwerlich 12 Wochen unthätig ge-
legen.
Erweist sich aber diese Annahme als unzulässig, so ist die
übrige Berechnung Reinhardts werthlos. Denn der Nachweis, dass
Waldemar im August den Angriff nicht machen konnte, wird über-
flüssig, wenn sich ergiebt, dass die Schlacht unmittelbar nach
Schäfer, Die UuiiettSdte. 3^
578 fixkura I.
Ablauf jener 12 Wochen, in die Mitte, spätestenB in die zweite
Hälfte des Juli fallen kann. Im Gegentheil dient er nur dazu,
diese Annahme, die durch die städtische Darstellung in BahuB
zunächst nahe gelegt wird, zu bestätigen. Denn schwerlich würde
Waldemar sich so sorglos den Begierungsgesohäften hingegeben
haben, wenn eine der wichtigsten Festen noch vom Feinde hart
bedrängt worden wäre. Am 10. August zahlte er zu Wording-
borg meklenburgischen Gesandten rückständiges Aussteuergeld
(Suhm XIII, 468; Gram, Forbedringer p. 219 ff.), wobei mehrere
seiner tüchtigsten Diener im Felde und im Rathe zugegen waren,
mindestens vom 21. August bis zum Ende des Monats hielt er
zu Kallundborg Danehof ab (Reinhardt, a. a. 0. p. 210 ff.; Suhm
XIU, 468) ^), der vom Erzbischof und sämmtliohen Bisohöfea
des Reichs besucht war (s. die in kirdiliohen Dingen gut unter-
richtete Chronologie Hamsforts, Lgb. I, p. 810). Wahrschein-
lich scheint mir daher, dass um diese Zeit die Gefahr vor dem
Feinde verschwunden war, die Schlacht also in die Zeit von frü-
hestens 12. Juli (8 Monate nach der möglich frühesten Ausfahrt)
bis 10. August fällt.
Versucht man den Zeitpunkt noch genauer zu bestimmen,
so gibt es dafür nur unsichere Anhaltspunkte. Die Städter sagen
später (H. R. IL, n. 3 § 7): „Eo quod rex Dacie jaouit iu
passagio Oressund cum maxima multitudine et potencia, ita quod
nee victualia nee homines pro adjutorio afferendo poterant eis
adduci; et quia non poterant salya vita recedere, oportuit eos
licet invitos cum rege treugas inire". Also Waldemar lieg^ nach
der Schlacht im Sunde und schneidet den Städtern Zuführ, Zuzug
und Rückkehr ab; wie lange, das wird allerdings nicht gesagt
Auffallen muss es, dass die Städter nicht den Schritt gethan haben, der
doch der nächstliegende für sie gewesen zu sein scheint, nämlich
den, sogleich nach der Niederlage zu ihren Bundesgenossen zu
schicken und schleunige Hülfe zu fordern. Doch das müssen sie
unterlassen haben, denn wenn sie es vergeblich gethan- hätten,
würden sie das in den Verhandlungen zu Bahus wohl nicht ver-
schwiegen haben. Sie müssen also doch wohl etwas übereilt ge-
1) Nach dem Diplom. Langeb. Tom. XVU (Geb. Archiv, KopeDbageo)
war Waldemar Sept. 17 in Land, Sept. 24 m Skänör., Okt 1 inüalmöe, Okt 8
in Kopenhagen, Dec. 20 in Lund. Schlüsse lassen sich daraus kaom aiehen.
fibd. auch Urkunden Tom 80. und 31. August vom Danehof zu Kaliandborg.
Waan war die Schlacht bei Helsingborg? 579
handelt haben, und hier, glaube ich, liegt einer der Fehler, welche
Joh. Wittenberg das Leben kosteten. Trotzdem scheint es mir,
dass man wohl eine Zeit von einigen (3 — 4 yielleioht 7) Tagen
annehmen kann, die verstrich, ehe der Niederlage die Waf-
fenruhe folgte. Bei dieser Annahme würde dann die Schlacht
spätestens auf den 5. oder 6. August fallen.
Zu einem ähnlichen Resultat kommt man, wenn man aus
dem Ausdruck der Urkunde bei Gram (p. 219), König Waldemar
und sein Sohn Christoph hätten den meklenburgischen Gesandten
die Zahlung gelehtet, folgern will, dass auch Heiteog Christoph
am 10. August in Wordingborg gewesen sei. Denn da er in
Hahastad oder dessen Nähe ist, als die Nachricht von der Waf-
fenruhe zu König Uakon kommt (H. B. II, n. 2 § 4), so muss
ihm Zeit gelassen werden » von da wieder nach Wordingborg zu
kommen, worauf, den Weg der hansischen Boten von Helsingborg
nach Halmstad und die Verhandlungen zwischen Hakon und
Christoph eingeschlossen, leicht eine Woche hingehen konnte.
Die Waffenruhe könnte dann kaum nach dem 8. August geschlos-
sen, die oben angenommenen Tage abgerechnet, die Schlacht nicht
vor Ende Juli gewesen sein. — Vielleicht giebt die Verleihung
von Gütern an die Kirche , die Herzog Christoph am 25. Juli
vornimmt (Suhm XIII, 466), einen Fingerzeig. Steht sie mit dem
Siege bei Helsingborg in Zusammenhang, so kann sie kaum
anders aufgefasst werden als ein Dank für denselben (die Auf-
fisasung Snhms erscheint nach der Verwerfung der Nachridit von
Christophs Verwundung nicht mehr zulässig), und die Schlacht
muss dann in die Zeit vom 12. — 24. Juli fallen. — Die Differenz
von dem bisher angenommenen 8. Juli ist in keinem Falle sehr
gross.
37
Bikirs IL
Daa Bnde des FaldsugeB von A3Q2.
Die im Text gegebene Darstellong der Ereignisse des Jahres
1362 nach der Sohlacht bei Helsingborg stellt sich nicht auf die
Seite der neuesten Untersuchungen von KoppmMin (H. R. I, 8.
195 ff.) und Beinhardt (Eist. Tidsskr. lY, 205 ff.)» sondern auf
die der älteren Darstellungen ron Dahlmami II, 14 und Foek
III, 153 ff. Die Gründe daför mag folgende üntersnehiing dar-
legen.
Die Berichte der Chroniken über das, was nach der Schlacht
bei Helsingborg geschehen, sind sehr ungenügend. Detmar (8. 286)
sagt nur: „Darna wart dat orloghe daghet tusschen den konink
unde den steden dre jar^'. Diese Nachricht wird wiederholt ron
drei Handschriften des Eomer (der wolfbnbüttler, dftnziger ubd
linköpinger) , während die (bei Eccard gedruckte) lünebtrrger
und die hamburger gänzlich schweigen. Alb. Krantz in der
Wandalia (Frankf. Ausg. von 1580, S. 199) schliesst seine Er^
Zählung mit den nichtssagenden Worten: „Redenntes antem qni
praedatum abibant , aegre reliquis in navibus omissa praeda rever-
tuntur"; und Reimar Kock (Lüb. Ghron. I, S. 478) zwar wort-,
aber nicht inhaltreicher: „Do de Lubeschen wedderquemen, segen
sc, dat de Denschen dar mit eren grotesten schepen darran lepen,
unde leten de bute up dem lande liggen, unnd dankeden Oade,
dat se mit den anderen schepen, welck de Dehnen hedden liggen
laten, wegh na Lübeck quemen'^
So haben wir von deutscher Seite keine irgendwie zu ver-
werthende chronikalische Nachricht; etwas besser ist es auf dä-
nischer Seite bestellt. Von den Kompilationen des 16. Jahrhun-
derts bieten zwei, die des Petrus Olai ap. Lgb. I, p. 134 und
die werthlose Chronik ap. Lgb. VI, p. 228, nur eine Wiederho-
lung der Nachrichten von Krantz. Dagegen kennt die unendlich
Exkurs II. Dm Ende des Feldsuges ron 1862. 581
wichtigere und zeitlich nädiBtetehende Fortsetzong der seeländi-
sohen Chronik (Archiv II , 226) einen Waffenstillstand, der vor
der Rückkehr des städtischen Heeres abgeschlossen sei: „Ad ul*
timum treugis interpositis ad patriam illa magna mnltitudo
confdsibiliter remeavit''. Ist mit diesen trengae der rostocker
Vertrag gemeint, so kann die Rückkehr erst nach dem 10. No-
vember erfolgt sein. Das Heer- der Städter muss sich also, setzt
man die Schlacht bei Helsingborg mit Reinhardt (a. a. 0. p. 211 ff.)
in den Anfang September, über 2 Monate, setzt man sie in den
Juli, reichlich 4 Monate nach der grossen Niederlage noch in
Schonen behauptet haben, den Angriffen Waldemars natürlich
fortwährend ausgesetzt.
Erscheint ein solcher Hergang unwahrscheinlich, so wird die
Schwierigkeit gehoben, wenn man annimmt, dass die „treugae"
der seeländischen Chronik auf einen dem rostocker Vertrag vor-
ausgehenden Waffenstillstand zu beziehen sind, geschlossen, um
den Trümmern des städtischen Heeres die Rückkehr zu ermög-
lichen. Gerechtfertigt wird diese Annahme durch das Zengniss
einer Gesehichtsquelle, über deren Werth allerdings jetzt noch
nicht ins Klare zu kommen ist, die aber Beachtung verdient, der
Ann. Wisbyenses ^). Biese sagen ausdrücklich (Fant I, 1, p. 44 und
Lgb. I^ p. 259) : . . . „Et continuo ante Helsingaboreh quod castrum
tuno Theotunici oiroumvallaverant inter regem et civitates paz
est reformata''. Dass unter diesem „vor Helsingborg zwischen
dem König und den Städten geschlossenen Frieden^ nur ein dem
rostooker Vertrage vorausgehender Waffenstillstand verstanden
werden kann, erhöht die Glaubwürdigkeit der Nachricht; sie passt
oben sehr g^t zu den übrigen Berichten.
Nur mit der Annahme eines vorläufigen Waffenstillstandes vor
Helsingborg lassen sich nämlich die urkundlichen Nachrichten über
die Vorgänge nach der Schlacht bei Helsingborg, die uns beson-
ders in den Verhandlungen zwischen König Hakon und den Städten
zu Bahus im Jahre 1370 erhalten sind, vereinigen. Koppmann
(H. R. I, S. 196) sieht sich genöthigt zu der Annahme, dass
König Hakon zu einer Verwirrung und Entstellung der That-
sachen seine Zuflucht genommen habe; Reinhardt (a. a. 0. S. 214)
weist diese Annahme zwar zurück, sieht sich aber dadurch zu
1) lieber dieselben s. Scb&ferf D&nische Annalen und Chroniken 8. lOS;
T. d. Kopp, Zar deatech-tkaadittSTischen Geschiehte dei 16. Jahrii. 8. 18S ft
682 Exkurs II.
einer andern nieht minder willkürliolien geswaogen, nämlich der»
dass die nordischen Könige zwei Züg^ g^gen die Bchonensche
(}rense unternommen hätten. Das alles wird unndthig, wenn
man die Angabe der wisbysohen Annalen festhält, ja, die ur-
kundlichen Nachrichten werden allein so Yerständlieh. Denn:
1) Auf den Vorwurf der Städte, dass König Hakon nicht,
wie er yersprochen habe, nach Helsingborg gekommen sei, ant-
wortet dieser (H. R. II, n. 2 § 4): . . • „reepondemus , qnod ad-
ventum et anzilium illorum exispectayimus , qui plaoitaeiones istas
fiBcerunt, sed intelleoto ipsos venire, prooessimus cum illa, qaam
habnimuB, potencia versus Halmstade, ubi nuncii civitatum nobis
occurrerunt, narrantes nobis, gwerram esse trengatam^^ Also Ha-
kon erwartet Hülfe von seinen Grossen, die den Vertrag mit den
Städten geschlossen; als er hört, dass dieselben im Anxuge seien,
zieht er mit der Macht, die er zur Hand hat, nach Halmstad
in der Absicht, sich mit den Städtern [vor Helsingborg] zu
vereinigen. In Halmstad angekommen, begegnen ihm schon die
hansischen Boten, die über den abgeschlossenen Waffenstillstand
berichten sollen. — Ohne Zweifel fallt der Zug Hakons nach
Halmstad zur Unterstützung der Städtischen in eine Zeit, da
die städtische Macht noch nicht gänzlich geschlagen war, nicht
mindestens zwei, höchst wahrscheinlich sogar vier Monate (s. oben
S. 578 ff.) nach der Niederlage. Wäre dieses Letztere der Fall, wäre
also der in Halmstad König Hakon bekannt gewordene WaffenstiU-
stand der rostooker Vertrag, so würden die Städte in ihrer Er-
widerung nicht verfehlt haben, darauf hinzuweisen, dass Hakon
sich viel zu spät in Marsch gesetzt habe, diiss auch seine An-
kunft die Niederlage vor Helsingborg nicht mehr habe abwenden
können. Davon aber sagen sie Nichts, sondern gerade im Oe-
gentheil (H. R. II, n. 8 § 5): „Item hoc quod nuncii vestri ad
vos tarn repente non fuerunt reversi, non poterit vos ezcusare
de eo , quod ad nos versus Helsingborch non veneratis. Nos enim
diutine vos expectavimus , et si illi numquam ad vos rediissent,
nichilominus vos cum aliis vestris homiuibus venire debuistis, prent
nobis demandastis et promisistis. Quod quia minime fecistis,
causa fuistis daropnorum nobis irrogatorum'^ Dazu
kommt, dass die nordischen Könige sich schon am 4. Juni „im
Lager bei Warberg'', also auf dem Marsche gegen Halmstad und
die schoueuBche Grenze bcfaudeu (Syeuska Biks Arch. Pergam. I,
Das Ende des Feldiagcs Ton 1362. 538
n. 542). Ihr Kückzug bleibt anverBtändlioh , wonn er nicht we-
gen dos vor Helsingborg abgeschlossenen Waffenstillstandes er-
folgte. Einen «weiten Zug im November anzunehmen , wie Bein-
hardt thut, der dazu noch in kolossalen Eilmärschen (in 12 Tagen
die mehr als 60 deutsche Meilen lange Strecke von Stockholm
nach Halmstad) gemacht sein müsste zu einer Zeit, da er Nichts
mehr nützen konnte, da die Könige so eben abwartend anfrugen,
was die Städte zu thun gedächten (H. R. I, n. 281 und Kein-
hardt, a. a. O. S. 214), scheint mir eben so unberechtigt wie un-
nöthig.
2) König Hakon wirft den Städten vor (U. K. II, n. 2 § 6),
„quod ciyitates receperunt treugas cum eo (rege Daciae) ao
eoiam confederabant se cum ipso prius, quam nos'S Er
unterscheidet also treugae und das, was er confoederatio nennt.
„Die Städte hätten treugae mit dem Könige von Dänemark ge-
schlossen, ja sogar eine confoederatio eher als er**. Unter der
confoederatio kann nur der rostocker Vertrag verstanden sein.
Auch die Städte halten die Unterscheidung fest Sie antworten
(H. K. II, n. 3 § 7): „Ad hoc, quod dioitis, quod civitates iniere
confederaoionem et treugas cum rege Danorum, prius quam
vos, hoc modo respondemus, quod null am cum eo fecerant
confederaoionem. Verum quia civitatenses oocasione ab-
sencie vestre a suis emulis prostrati , capti et navibus atque bonis
et rebus suis privati et adeo debilitati fuerunt, quod non pote-
rant ulteriorem facere resistenciam , eo quod rex Daoie jacuit in
passagio Oressund cum maxima multitudine et potencia, ita quod
uec victualia nee homines pro adjutorio afferendo poterant eis
adduci; et quia non poterant salva vita recedere, oportuit
eoB licet invitos cum rege treu gas inire, inter quas tamen
vos et vestros plaoitando oonstituerunt , sicut et hoc per suos
nuncios vobis statim post intimabant*'. Die Städte sagen also :
„Die Städte hatten keine confoederatio mit dem Dänenkönige ge-
macht, sondern die Städter (civitatenses, eos^ die, welche in
Schonen lagen) schlössen, um aus ihrer grossen Noth lebend zu
entkommen, treugas". Hätten die Städter sich in dieser ihrer
Noth nach der Schlacht bei Helsingborg noch mehr als zwei,
drei, ja vier Monate in Schonen gehalten ^), sie würden nicht ver-
1) Vgl. Exkurs 1.
584 Exkurs II.
säumt haben, das Hakon gegenüber gebührend hervorzuheben.
Aber die ganze Darstellung maoht doch keinen andern Eindruck,
als dass die dringende Noth des Augenblicks zum Abschluss des
Stillstandes geführt, nicht monatelange Verhandlungen. Zudem
ist ja im rostocker Vertrag mit keiner Silbe von unbelästigter
Rückkehr der hansischen Heerestrümmer , die doch den Haupt-
inhalt der hier erwähnten treugae gebildet haben muss, die Bede.
3) Hakon oder Magnus oder Beide schreiben von Skara am
21. December an die Städte (H. K I, n. 288): „Eecepimus pridie
litteras vestras", die Nachricht vom rostocker Vertrage, die sie
also am 20. December in Skara oder nahe bei diesem Orte er-
halten haben ^). Sie fahren dann fort : „Infra hinc et festum epi-
phanie Domini jam proxime venturum ipsi regi Dacie inter
Helmstede et Langeholm certitudinem earum observacione facie-
mus. Circa quod yestra sciat honestas, quod ad ipsum regem
nuncios nostros cum omnimoda acceleracione mittere Yolumus ad
faciendam sibi certitudinem de premissis, licet idem rex Daeie
nobis et terris nostris adhuc post recepcionem treugarum hujus-
modi intulerat magna dampna'^
Ganz anders ist aber die Darstellung, die Hakon 1370 giebt
(H. R. U, n. 2 § 4) : „Processimus .... versus Halmstade^ ubi
nuncii civitatum nobis occurrerunt, narrantes nobis, gwerram esse
treugatam. Et filius regis Dacie, qui tunc eratibi, noluit
receptas treugas nobiscum firmare. Et ideo rex Dacie misit
non multo post homines suos et potenciam suam in
terram Finnidie ad edificandum ibi castra, quam eciam terram
sibi tunc subjugavit". Also dort kommt die Nachricht nach Skara,
hier nach Halmstad, dort kommt einfach ein Brief, den der ro-
stocker Bote (H. R. I, n. 276 § 4) überbringt, hier sind es „Bo-
ten, die erzählen"; dort schickt man an den König von Däne-
1) Es mass aufTallen , dass die Nachricht erst so spät %n den nordischen
Königen kommt. Aber jedenfalls war sie erst nach dem 16. November ans
Rostock abgegangen, das beweist die Terminbestimmnng (bis 6. Jan.), die in
der Entwarfsarkunde vom 10. Nov. (H. R. I, u. 277) noch nicht enthalten ist.
Der Bote war dann mit dem dänischen Gesandten Vicko Moltke gereist (H.
R. I, n. 276 §4), jedenfalls keine Beschleunigung der Reise. Ungunst der
Witterung konnte dieselbe ausserdem in jenen Zeiten und besonders in der
fraglichen Jahreszeit sehr verzögern. Die Dänen werden sich gewiss nicht
beeilt haben , den Boten zu befördern , da sie ja durch die Verzögerung nur
gewiunen konnten.
Das End« des Feldsngts won 186S. 586
mark selbst Boten, um die VerhaDdlungen zwisohen Halmstad
und Langeholm (Laholm) sa föhren, hier ist Herzog Christoph
gleich gegenwärtig zum Verhandeln; dort hat der Dänenkönig
schon Tor Ankunft der Nachricht vom Waffenstillstand „grossen
Schaden'* zugefügt, hier schickt er erst seine Mannschaft und
macht Eroberungen, nachdem die Verhandlungen resultatlos ge-
blieben sind. Mir scheinen diese Widersprüche sich nur aufzu-
klären, wenn man sie auf zwei yerschiedene Ereignisse bezieht
Koppmanns Annahme einer Entstellung und Verwirrung der That-
sachen von Seiten Hakons scheint mir schon deeshalb unstatthaft,
weil man nicht einsieht, was Uakon damit bezweckt haben sollte.
Die Wahrheit) wie Koppmann sie annimmt, hätte ihm eben so gut
als Vorwurf gegen die Städte dienen können. Dazu bemühen sich die
Städte mit keinem Worte, die Thatsachen richtig zu stellen, was
sie nicht unterlassen haben würden, wenn eine Entstellung vor-
läge. Beinhardts Annahme, dass Hakon im November nach Halm-
stad gezogen sei, hebt die Widersprüche durchaus nicht, sondern
zwingt nur zu neuen willkürlichen Annahmen und zu andern Wider-
sprüchen. Er müsste dann z. B. von Halmstad nach Skara zu-
rückgegangen sein, um von dort aus nach dem 21. Dezember
wieder Boten nach Halmstad zu schicken. Dazu müsste Hakon
doch die Thatsachen entstellt haben, vor welchem Vorwurf Rein-
hardt ihn in Schutz nimmt, denn 1362 will er erst am 21. Dez.
die Verhandlungen beginnen, 1370 aber soll er sie schon im No-
vember geführt haben (so fasst Beinhardt S. 216 Hakons Aus-
sage auf). Es bleibt also, wie mir scheint, Nichts übrig, als die
in Halmstad erhaltene Botschaft auf den vor Helsingborg ge-
schlossenen Waffenstillstand, die in Skara erhaltene auf den ro-
stocker Vertrag zu beziehen.
4) Dass das städtische Heer zur Zeit des rostocker Vertrags
nicht mehr vor Helsingborg lag und nicht erst durch diesen aus
seiner Lage befreit wurde, geht auch aus den vor definitivem
Abschluss des Vertrags, und ehe die Nachricht davon in Däne-
mark bekannt sein konnte, ausgestellten Urkunden Lüb. Urkdb.
IV, n. 84 und 85 (vom 13. Nov. 1362) heiTor, in denen es heisst:
„Quem in gwerra, dum civitateuses pro castro Helsingborgh fuerunt,
captivavi ; in gwerra , dum civitatenses pro Haelsingborgh fuerunt,
captivatum".
Auch Beinhardt giebt der Annahme eines dem rostocker
586 Exkurs II. D«t Eade des FeldKcei Ton 1862.
Vertrage vorangegaDgenen Abkommens zwischen den städtischen
Heerfährem nnd Waldemar gewissermassen Baum, indem er
(84 200) sagt: y,Under det moralske Indtryk af det lidte Nederlag
bar da Besten af Fjendens Krigsmagt B0gt at indlede
de Forhandlinger om en Vaabenstilstand , der senere fandt deres
endolige Afslutning i Eostook^'. Die Anknüpfung solcher Ver-
handlungen aber lässt sich doch kaum denken ohne eine Waffen-
ruhe; und der Abschlnss einer solchen zum Zwecke der Erhaltung
der hansischen Heeres- und JTlottenreste scheint mir vor Helsing-
borg erfolgt zu sein.
Eikars III.
Kampen und die süderseeisohen St&dte im ersten Kriege
gegen Waldemar.
Aus den uns erhaltenen Naohriohten ist es leider nioht mög-
lich, die Haltung Kampens und der andern süderseeisohen Städte
im ersten Kriege gegen Waldemar klar zu erkennen. Auch an
sie war die Bitte gerichtet worden um Unterstützung mit Schiffen
und Bewaffneten, um Geben und Erheben des FfundzoUs (H. E.
I, n. 264 S. 193 unten). In der That waren auch Schiffe von
Kämpen und der Süderseo im Sunde erschienen, aber die Art
ihrer Theilnahme an den Ereignissen vermögen wir nur ungenü-
gend zu ermitteln.
In den Verhandlungen zu Bahus (H. R. II, n. 4 $ 19) klagt
Hakon über die Städte: „Miserunt civitates ad dominum nostrum
et patrem ac ad nos nuncios suos, dominum Jobannem Fleming*),
dominum Amoldum Kropelin*), dominum Jobannem de Twvten
et Vickonem Scharpenberg'), qui ex parte civitatum coram ipso
domino nostro et patre ac nobis proponebant, quod illi de Cam-
pen ac plures eciam de civitatibus Maris occidentalis^) civitatibus
promisissent, quod cum eis in passagio Oressund mansisse debuissent
in defensionem et assistenciam navibus civitatum, qua« ibi pro
facienda navigantibus pace reliquissent , donec in manus auxilium
1) Er sUnd in Diensten der SUdt Stralsund, H. R. I, n. S96 § 1 mit Anm.
t) Ratbmmnn tod Rostock.
I) Werden sonst nicht n^enannt, wenn nidit der H. R. I, n. ftf f 11
in Dieaeto dee Orafea Heinrich Ton Holstein enrilmte Jobana Tweat bU
Johann too Tweten identisch ist.
4) Welche die andern Stftdte gewesen « ist nicht zo erkennen. H. K. 1,
n. S04 fordert Gottschalk Scbarpenherg Ersatz ffir seine bei Kopenhagen dorcb
die Ton Kämpen, Staroren and Harderwjk enthanpteten Freande.
XAgfkh. ja wahrsebeinlicb, daes diese Enthaaptaog ron l/eafen. die sieh woU
des tteeraabes scheidig gemacht hatten, ia Soauaer !••! geaehehcu isL
588 Eikurs m.
de A^lmania habuisscnt, et quod sub ista promissione reeesse-
runt illi de Campen et plures de ipsis civitatibus cum eorum
classo a navibus supradictis et occultam placitacionem
cum rege Dacie habuerunt £t ex hoc receperunt civitates
dampna, et idciro fecerunt domino nostro et patri ao nobis per
8U08 nuncioB supplicari, quod nobis dampna hujusmodi displicerent,
et propter hoc intravimus. jgwerram cum illis de Campen ac plu-
ribus civitatibus Maris occidentalis etc.''.
Dass diese Angaben Hakens im Wesentlichen richtig waren,
wird bestätigt durch die Kampener selbst , H. E. I, n. 296 § 1:
„Illi de Campen egerunt negocium suum, apportantes litteras do-
minorum regum Dacie et Swecie, quod haberent eos excusatos de
snspicione facta contra eos ex parte nayium civitatibus in No-
ressund anno preterito ablatarum, et pecierunt eciam litteras ciTi-
tatum, ut ipsos eciam haberent supportatos ab hujusmodi suspi-
cione, quam eciam haberent contra eos occassione premissorum.
Quibus respondebatur , quod absque litteris ipsorum ipsis assi-
stere velint, quod nullas querimonias fecissent de eis radone pre-
missorum, quamvis dicti Campenses allegaverunt, quod per domi-
num Johannem Ylemyngh militem, nuncium consulnm Sundensium,
coram rege Swecie querimonic facte sunt de ipsis in premissis".
Die Städte leugnen also, über Kampen beim Könige von
Schweden wegen Wegnahme von Schiffen geklagt zu haben, aber
das schliesst nicht aus, dass sie den Kampenern die Schuld ihres
Verlustes beigemessen haben.
£s ist daher kein Grund vorhanden, die Darstellung Hakens
zurückzuweisen: „Die von Kampen und der Südersee haben den
Städtern versprochen, bei ihnen im Sunde zu bleiben, um die
von den Städtern dort zur Befriedung der See oder zum Schutze
der Seefahrer (pro facienda navigantibus pace) zurückgelassenen
Schiffe zu unterstützen so lange, bis die Städter Hülfe von Deutsch-
land her erhalten. Die Kampener und Genossen aber trennten
sich von den Friedeschiffen der Städter, knüpften Unterhand-
lungen mit dem Dänen könige an und verursachten dadurch den
Städtern einen grossen Verlust''. Die Süderseeischen haben also
nicht am Kriege, wohl aber an der Befriedung der See zum
Nutzen der hansischeu Seefahrer theilgenommen. Damit stimmt
die Justiz, die sie, nach H. K. I, n. 304 (s. oben S. 587 Anm. 4) üben;
dass mit jenen Verhandlungen die Bestätigung aller Privilegien,
Kämpen a. die sfideraeeischen Stildte in «rtten Kriege gegen Waldenutr. 589
die König Waldemar der Sta^t Kampen am 21. Auguat 1862 anf
dem Danehof zu Kallundborg ertheilt (Charters en bescheiden over
de betrekking der overijsselsche steden bijsonder van Kampen
op het Noorden yan Europa n. 32) in Zusammenhang steht, ist
wohl nicht zu bezweifeln.
Es handelt sich nun um die Frage, wann während des Feld-
zttgs Ton 1862 haben diese Vorgänge stattgefunden? Reinhardt
(a. a. O. S. 199) setzt sie vor die Schlacht bei Uelsingborg. Er
lässt die Schiffe von Kämpen und den andern Städten ein Beob«
achtungsgesohwader bilden, das im Fahrvrasser des Sundes zwi-
schen Uyen und Falsterbo gekreuzt habe, um die vor Helsing*
borg liegende städtische Flotte vor einem Ueberfall zu sichern.
Waldemar veranlasst jene Schiffe durch Verhandlungen sich zu*
rückzuziehen, und so wird der Weg zum plötzlichen Angriff auf
die hansische Flotte frei.
Gegen diese Auffassung spricht aber Verschiedenes:
1) Das Zeugniss der Könige von Dänemark und Schweden
(H. R. I, n. 296 § 1) erklärt die Kampener nicht unschuldig
an der Niederlage der Städte, wie Reinhardt S. 198 sagt, sondern
nur an der Wegnahme der SchiffiB (excusatos de suspicione ex
parte navium ablatarum) , womit mindestens eben so gut Handelt-
wie Kriegsschiffe gemeint sein können.
2) Ausdrücklich wird gesagt, dass die Kampener und Genos*
sen geblieben seien zur Befriedung der See (pro facienda navi*
gantibus paoe), nicht als Beobaohtungsgeschwader.
8) Sie bleiben ausdrücklich zur Unterstützung einer
Anzahl hansischer Schiffe, die denselben Zweck haben. Hätte
es sich um ein Observationsgeschwader gehandelt, so hätte das
Wegsegeln der Kampener gar die böse Folge nicht haben kön*
nen, denn die übrigen Schiffe hätten ja noch hingereicht, einen
drohenden Ueberfall der Dänen rechtzeitig der Flotte vor Helsing^
borg anzuzeigen.
4) Die Kampener sollen nur so lange bleiben, bis Hülfe aus
DeutseUand kommt. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass die
Städter schon vor der Schlacht bei Helsingborg den Gedanken
gelabt haben, zu ihren 52 Segeln noch mehr Schiffe ans Deutsch-
land kommen zu lassen« Dieser Gedanke müsste dazu gleich im
Anfange des Feldzuges von ihnen geflssst sein, denn ausdrücklich
heisst e», dass sie die Schifte, welche von den Kampenern unter-
590 Aiknri OL
Stützt werden sollen , zurüokgekssan hätten (reliquissent) ; das
müsste also auf der Fahrt naeh Helsinghorg gewesen sein.
Nur diese letstere recht unwahrscheinliche Annahme bleibt
übrig y wenn man die firagliohen Ereignisse yor die Schlacht bei
Helsingborg setzen will. Mir scheint es weit gerechtfertigter,
sie nach jener Schlacht sich abspielen m lassen. Bieten die
Quellen dafür anoh kein direktes Zeugniss, so widenprecbeu aie
doch auch in keiner Weise. Der Hergang könnte dann ungefähr
folgender gewesen sein:
Die Süderseeischen kommen in den Sund, um ihren Handel,
der durch den Krieg gefährdet werden musste, zu schützen. Dass
sie in dieser Richtung thätig gewesen sind, darauf scheinen die
Hinrichtungen bei Kopenhagen hinzudeuten. Am Kriege bethei*
hgen sie sich nicht Nach der Schlacht bei Helsingborg und der
darauf folgenden Wafifenruhe, also Ende Juli oder Anfimg August,
übernehmen sie die Verpflichtung mit den yon der hansischen
Flotte zurückbleibenden (wahrscheinlich allen noch verfügbaren)
Schiffen gemeinsam den Sund für die durchfahrenden hansischen
Seefahrer zu befrieden, die, yon dem Un&ll nicht unterrichtet,
im Vertrauen auf die Flotte der Hansen unbesorgt die Fahrt nach
der Ostsee angetreten hatten.
Leider kennen wir die Bestimmungen der Waffenruhe nicht,
aber sie hat jedenfalls auch die hansischen Handelsschiffe yor
direkten Angriffen des dänischen Königs sichergestellt, was aller-
dings bei den Zuständen in Dänemark und der Denkweise Waide-
mars eine Fahrt durch den Sund noch durchaus nicht gefahrlos
machte. Dieser Gefahr zu begegnen (Angriffen der eigentlichen
dänischen Kriegsmacht gegenüber wäre es gewiss zu schwach
gewesen) blieb das Befriedungsgeschwader zurück. Die Trennung
der Kampener und ihrer Genossen von demselben, die demnach
in den August fiele, führte dann zum Verlust yon Handels-
schiffen.
Wäre durch das Verhalten der Kampener die Niederlage
yor Helsingborg herbeigeführt worden, so würden wahrscheinlich
die Könige yon Dänemark und Schweden ihnen die Entschuldi-
gungszeugnisse nicht ausgestellt, gewiss aber die Städte ihnen
nicht 80 leicht yerziehen haben.
Diese Auffassung scheint mir diejenige zu sein, die sich am
besten mit den Quellen vereinigen läset. Ob sie die Wahrheit
Kämpen a. die süderseeischen Stidte im ersten Kriege gegen Waldemar. 5iU
tri£ft, ist eine Frage, die natürlich nicht mit Bestimmtheit beant-
wortet werden kann. Auch dass Puthshcrren von Lübeck und
Hamburg gegen Ende Oktober in Harderw'vk waren und dort
mit den süderseeischen Städten (gewiss mit Harderwyk und
Dementer) verhandelten (H 11. III, n. 276 § 2 — 4), giebt wenig
neuen Aufschluss. Wahrscheinlich ist der Versuch gemacht wor-
den, auch jetzt noch die süderseeischen Städte zu kriegerischem
Vorgehen gegen Waldemar zu bewegen.
Bikirs IV.
Borgholm (Oeland) im Besits der Städte (1862—1366).
Am 28. September war das Schloss Borgholm mit der Insel
Oeland als Ersatz für die versprocheneni aber nicht übergebenen
Schlösser Bahas oder Warberg (zu Süderköping ?) von Magnus
und Hakon den Städten zugesagt worden unter denselben Bedin*
gungen wie zuvor diese beiden Schlösser ^). Die Städte haben
dieses Schloss fast vier Jahre in Besitz gehabt, und die Art der
Verwaltung wie die lange Kette der Verhandlungen, die über
diesen Gemeinbesitz geführt werden, ist charakteristisch genug
für das Verfahren der Städte, um eine nähere Betrachtung der-
selben zu rechtfertigen.
Zur Uebemahme scheint man sogleich ein Bathmann ausersehen
zu haben: Johannes Glessow (Gletzow) von Wismar; die Neujahrs-
yersammlung 1363 zu Stralsund beschliesst: Johannes Glessow
wird Hauptmann bleiben (manebit) im Schlosse Borgholm bis zum
nächsten Johannistage. Die Städte sollen ihm geben, was sich
gebühre (quod racionabile fuerit) ; der Bath yon Wismar soll ihm
diesen Beschluss mittheilen (H. R. 1, n. 280 § 1). — Am 23. April
beschliesst man, sogleich nach den bevorstehenden Verhandlungen
mit dem Dänenkönige zu Nykj0bing eine Versammlung za halten.
1) H. B. I, n. 268; vgl. oben 8. 818 ff. Im Regest von n. 268 werden
als die ertheilten Pfandschaften bezeichnet: „Das Schloss Borgholm, das Land
Oeland und die Mfinze in Schweden und Norwegen**. Diese letztere Angabe
beniht wohl auf einem Missverstftndnisse der Worte: ,yOeh scholen se der
munten ghebruken, de wy hebben in nnsen riken, in eren panden, also up dem
lande vorbenomet**. Sie sind doch so zu verstehen: Das Hünzrecht, das wir
in unsem Reichen haben, sollen die Stftdte in ihrem Pfände ausfiben, also auf
Oeland. — Ein so weitgehendes Recht wie das der Mfinze in ganz Schweden
und Norwegen haben die Könige auf keinen Fall bewilligt. Hfitten sie es ge-
than, die Städte würden sicherlich später bei ihren Klagen auf diesen Punkt
zurückgekommen sein.
Ezknrs IV. Borgholm (Oelai^d) im Besits der SUUlt« 1368—1366. 593
um über einen Hauptmann für Borgholm 2U berathen (H. K. I,
n. 292 § 7). Aber das festgesetzte Ende yon Glessows Verwal-
tung, der Johannistag, Icommt heran, und man hat noch keinen
Ersatzmann gefunden. Man denlct an den Ritter Johann Fle-
ming , der als Gesandter der Stralsunder bei dem Könige yon
Schweden gewesen war (H. E. I, n. 296 § 1), und beauftragt
die Stralsunder, mit ihm zu yerhandeln (H. B. I, n. 296 § 25). Zu
Jacobi (25. Juli) wird dann beschlossen , Johannes Glessow , der
schon yor einem Monate hätte zurüolclcehren müssen, solle bleiben
bis zur nächsten Versammlung der Städte (8. Sept. in Stralsund) ;
Wismar solle ihn darum ersuchen; auf dieser Versammlung solle
dann über den Ritter Johann Fleming weiter berathen werden.
Uebrigens scheint es den Städten weit basser, auf Borgholm einen
Rathmann oder sonst einen tüchtigen und branchbaren Bürger zu
haben als einen „curiensis'', yon dem sie fürchten, dass er zu
grosse Kosten mache und auch Streitigkeiten mit den Bewohnern
der Insel yeranlassen könne (H. R. I, n. 299 § 15).
Am 22. Sept. 1363 wird Johannes Glessow dann wirklich
abgerufen (am 1. Noy. nimmt er schon als Sendebote Wismars
an der Versammlung zu Greifswald Theil, U. R. I, n. 305), aber
Ersatz hat man noch nicht gefunden. Es wird ihm geschrieben,
er möge so schnell wie möglich kommen, das Schloss wohl yer-
wahrt (sub bona custodia) den Seinigen übergeben bis Weihnach-
ten ; man wolle seine Abrechnung hören und durch diese orientirt
das Schloss einem andern Hauptmann übertragen. Die Lübecker
werden ausersehen, Borgholm in ihre Verwahmng zu nehmen und
einen Hauptmann hinzuschicken. Sie weigern sich aber und er-
klären, dazu nicht beyoUmächtigt zu sein. Als die Uebrigen gel-
tend machen, dass nach alter Gewohnheit eine Stadt sich den
Beschlüssen der Rathmannen aller andern fügen müsse, antworten
die Lübecker nur, sie wollten das ihrem Rath mittheilen, fragen
aber gleich, wenn dieser die Sache annehme, wer für die Kosten,
die Söldner und andere nothwendige Dinge sorge und wie ? Man
will sich darüber Raths erholen bei Johannes Glessow (H. R. I,
n. 300 %2 &. 248).
Die Lübecker nahmen den Auftrag an; sie schickten ihren
Rathmann Dethard Sachteleyent hinüber (ebd. n. 356 § 1 1 u. 27).
Aus dem Bericht Johannes Glessows mochte klar geworden sein,
dass der Ertrag Oelands nicht hinreiche, die Kosten zu decken.
SchXfer, Di« lUiMMtadte. 3 g
594 Sxkun IV.
Am 19. Noyember 1363 einigen si^ daher die Städte zu Greifi-
wald über einen jährlichen Beitrag yon 300 Mark (dass diese
Zahlung jährlich erfolgte, geht ans H. E. I, n. 376 § 25 hervor) ;
Lübeck soll 75 ^ zahlen, Wismar und Rostock ynsammen eben-
soriel , dsgl. Stralsund und Greifswald , Stettin und Hamburg je
25 ^y Stargard und Anklam zusammen 12^/^ ^, Kolberg allein
so yiel (H. K. I, n. 307 § 10) i). Doch zeigt sich alsbald aus
der Abrechnung Johann Ülessows, die am 14. April 1364 zu Ro-
stock erfolgt, nachdem über seine Bache schon am 15. März zu
Stralsund yerhandelt worden war, dass diese Summe nicht genügt.
Denn Johann Glessow berechnet an Einnahmen 1152 ^ 4 fi, an
Ausgaben 1504 ^ 12 ß ausser 497^/, ^ an Sold, den er noch
bezahlen muss ; so sind ihm im Ganzen noch zu erstatten 850 ^,
also 550 ^ mehr als bewilligt worden waren (H. E. I, n. 315
§ 7 u. 321 § 14). Die Städte kommen daher auf den Gedanken,
das Schloss zu yerkaufen oder zu yerpfänden : Nichil aliud fBLcere
yolunt ad premissa (H. R. I , n. 825 § 4). Sie beschliessen am
25. Mai 1364, die Könige yon Schweden und Norwegen zum
Rückkauf aufzufordern (ebd. I, n. 325 § 17).
Am 27. März 1365, auf der Versammlung zu Stralsund, wird
die Antwort yerlesen (H. R. I, n. 356 § 1). Wir kennen sie nichts
aber die Polge lehrt, dass die nordischen Könige auf den Vor-
schlag nicht eingegangen sind. Sie waren ja auch gerade da-
mals yollauf in Anspruch genommen durch den meklenburgischen
Angriff.
Auf derselben Versammlung wird nun Abrechnung gehalten
über die Verwaltung Johann Glessows yon Wismar und Dethard
Sachteleyents yon Lübeck. Wir erfahren, dass zu des Enteren
Zeit, also, so yiel wir erkennen können, yon Oktober 1362 bis
dahin 1363, jede der 4 Städte Stralsund, Lübeck, Rostock, Wis-
mar für Borgholm 751^ 20 8.-^ ausgegeben hat, also zusam-
men 3004 ^ 10 fi 8 X (H. R. I, n. 356 § 11, ygL ebd. n. 376
§ 25). Woher diese grossen Ausgaben kommen, die mit der frü-
heren Berechnung nicht stimmen, ist nicht ersichtlich« Die Söld-
ner wurden, wie es scheint, theils yon den Hauptleuten gewor-
1) Es ist UDgefKhr dasselbe Verhältniss, das in der Kontiogentstellan^
hervortritt: Stargard, Anklam ■« l, Kolberg •« 8, Hamburg, Stettin, Ureüs-
wald, Wismar » 4, Rostock, Stralsund » 8, Lübeck «» is.
Borgholm (Oeland) im Besits der Stidte 1S6S— 1366. 595
ben (H. R. I, n. 356 § 11 n. 27), theils Ton den heimisohen
Städten (Lüb. TJrkdb. I£I, n. 472). Ob die an Johann Giessow
noch zu zahlenden 550 ^ darin eingerechnet sind» scheint zwei«
felhaft. Allerdings hatten ihm jene vier Städte am 22. Septem*
ber 1364 zu Stralsund 200 ^ bewilligt, Weihnachten an zahlen,
auch schon früher, wenn die in ^^iral8und fUr Kechnung der Städte
liegende Kogge inzwischen yerkaoft würde (H. B. I, n. 364 § 2),
aber noch am 27. März 1365 wird den drei Baihmannen Johann
Meteier Ton Lübeck, Arnold Kröplin yon Rostock und Johannes
Rnge yon Stralsund aufgetragen, an Johann Olessow die ihm yer*
sprochenen 25 ^ zu geben, und hinzugefügt, was Johann Gies-
sow ausserdem noch fiir seine Mühe und seinen Dienst fordere,
darüber möge Jeder mit seinem Rathe sprechen (iL R. I, u. 356
§ 14). Von späteren Porderungen Glessows ist jedoch liichts
bekannt
Und wie dem wismarsohen, so wird es aueh dem lübecker
Rathmann nicht leicht, auf seine Kosten zu kommen. £r be«
rechnet am 27. März 1365 an Einnahmen 248 ^h 15 ß yon Borg-
holm und 300 ^ als Beitrag der Städte, an Ausgaben aber 1042 ^
7 0 10 A., hat also noch zu fordern 493 ^ 8 fi 10 ^ (H«
R- I, n. 356 § 27) *).
Die fernere Bewachung yon Borgholm bis Johannis 1365
werden die Stralsunder ersucht zu übernehmen. Wollen sie das
nicht, so sollen es dieRostocker thun (ebd. I, n. 356 $ 20). Hier
bleibt Etwas unyerständlioh. Da der stralsunder Rathmann En-
gelbert Dalyitz am 3. Juli 1366 Rechnung ablegt, so muss er
jedenfialls die Verwaltung Borgholms geführt haben, gewiss auoh
für ein ganzes Jahr oder eine annähernd so lange Zeit. Das be-
weist die Höhe der Einnahmen und Ausgaben und besonders die
Anrechnung des städtischen Zuschusses yon 300 Mark (H. R. I,
n. 376 % 25). Wie es damit zu yereinigen ist, das« die Stral-
sunder am 27. März 1365 gebeten werden sollen, Borgholm au
übernehmen, während ihr Rathskumpan Engelbert Dalyitc schon
am 5. Oktober desselben Jahres wieder an der Yersannnlung der
Städte zu Rostock theilnimmt (H. R. I, n. 374 § 7) und die Ro-
stocker an diesem Tage beauftragt werden, das Schloss bis Johan-
1) An S. JuU berechnet er an Ausgaben 906 4f. 16 M, an Einnahaara
649 4^ 7 i, so (Um das DeücH 867>/t J^ beträgt, U. B. i, n. 876 j| 86.
38 ♦
596 Edran IV.
nis nächBten Jahres zu halten, yennag ich mit Sicherheit nicht
XU sagen. Das Wahrscheinlichste erscheint mir, anzunehmen,
dass wiedeifaolt solche Pansen entstanden wie nach der Rück-
kehr Johann Olessows, in der das Schloss durch untergeordnete
Männer verwahrt wurde ^). Johann Glessow von Wismar hat es
gehalten Ton Oktober 1862 bis spätestens dahin 1863; nach ihm,
doch mit Einschiebung einer Pause (er nimmt noch am 1. Not.
1868 an der Versammlung zu Greifswald Theil, H. K. I, n. 305)
ist Dethard Sachtelevent Ton Llibeck gekommen, wahrscheinlich
mit dem Auftrage bis Johannis 1364, denn die üebertragung ge-
schieht, so weit wir sie yerfolgen können, immer bis zu diesem
Termin. Am 27. März 1865 aber ist noch kein Btellyertreter
für ihn ernannt, während er selbst zu diesem Tage in Stralsund
ist (H. R. I, n. 356 § 1 1 u. 27 und besonders n. 358. Im Re-
cesse wird er nicht als Rathssendebote genannt. Sollte das dar-
auf hindeuten, dass er erst nach Beginn der Verhandlungen etwa
Ton Borgholm eingetroffen?). Entweder ist Dethard Sachteleyent
über seine Zeit hinaus, ToUe 1^/, Jahr, auf Borgholm gewesen,
oder er hat das Schloss tou Johannis 1864 bis März 1865 einem
Untergebenen übertragen. Und ähnlich ist es mit Engelbert Dal-
yitz von Stralsund. (Auch er hat 907 ^50 Ausgaben, da-
gegen nur 842 ^ 12 fi Einnahmen, also ein Deficit yon 64 ^
9 fi.) Ihm folgt, yon Rostock eingesetzt, Friedrich Suderland,
der noch am 24. Juni 1866 als Hauptmann yon Borgholm ge-
nannt wird (H. R. I, n. 376 § 18). Man beschliesst an diesem
Tage, ihn zu bitten, das Schloss zu verwalten bis Michaelis.
Sollte er Borgholm verlassen und sich ein ünfitll ereignen, so
sollen die GreifiBwalder und Stettiner die Verantwortung tragen.
Denn jetzt war die Reihe an diesen, Borgholm zu übernehmen;
schon am 5. Oktober des vorigen Jahres war ihnen das angezeigt
worden, und vergebens hatte Stettin gebeten, ihm die Verwaltung
zu erlassen (ebd. I, n. 376 § 1 u. 18). Beide Städte knüpften
Unterhandlungen an mit Gregorius Swerting, einem Ritter, wichen
also von der frühem Verwaltungsweise der Städte ab. Aber be-
1) Der städtische Hauptmann scheint , wenn seine Frist abgelaufen war,
da« Recht gehabt tu haben , das Schloss su verlassen , vgl. H. R. I, n. 376
§18: ... et si Interim recederet et quid sinistri in eo accideret, quod absit,
de hoc Gripeswoldenses et Stetlnensei respondebnnt
Borgholm (Oeland) im BesiU der Stidte 186S— 1866. 597
Tor der neue Hauptmann sein Amt antreten konnte, war das
Schloss verloren; man war der Verwaltung überhoben. Als Er-
satz für Zurüstungen zu der neuen Stelle forderte Gregorius später
126 ^ von den Städten; man verwies ihn mit seinen Ansprüchen
an Stettin und Oreifswald (ebd. I, n. 388 § 8); wiederholt ist
noch auf den Versammlungen von denselben die Rede gewesen
(ebd. I, n. 400 § 6, 402 § 18, 405 % 11).
Das Schloss hatte den Städten viele Mühe und Kosten verur-
sacht, ersichtliche Vortheile nicht gebracht.
Eikirs \.
PfündsoU in Bergen P
(Zu S. 462).
Die Frage, ob in Bergen Ffundzoll erhoben wurde , wird von
Mantels (S. 26) verneint, wie mir scheint, nicht mit genügendem
Grunde. In dem undatirten Schreiben, das H. B. I, n. 357 a
(8. 500) mitgetheilt ist, bitten die Kaufleute zu Bergen um £r-
laubniss, „dat zulve schot up th0 borende alzo langhe, alze de
dach is begrepen tusschen en unde deme koninghe van Norweghen".
Dass die Worte „dat zulve schot" sich nicht auf den von der stral-
sunder Versammlung am 21. Oktober 1369 (H. E. I, n. 511)
dekretirten Schoss beziehen, sondern auf den am 27. März 1365
zu Stralsund (H. B. I, n. 357) von den bergenschen Kaufleuten
verlangten und (s. H. R. I, n. 358) bewilligten, hat schon Kopp-
mann (H. B. I, S. 499) richtig hervorgehoben. Was nun die
Datirung der Urkunde H. B. I, n. 357 a S. 500 betrifft, so
scheinen mir dafür die Worte des Schreibens „alze de dach is
begprepen tusschen en unde deme koninghe van Norweghen'' einen
Anhaltspunkt zu gewähren. Stillstände mit Norwegen wurden
geschlossen am 6. Oktober 1368 bis 1. April 1369 (H. B. I, n.
475 § 14), am 3. August 1369 bis 24. Juni 1370 (H. B. I, n.
503), am 2. Juli 1370 bis 24. Juni 1375 (H. B. II, n. 5) und
am 30. September 1372 bis 24. Juni 1377 (H. B. II, n. 45).
Der erste kann nicht gemeint sein, da während dieser Zeit der
Verkehr mit Norwegen verboten war. Nach dem zweiten Still-
stände wurde derselbe wieder erlaubt, seine Eröffnung auf den
11. November 1369 festgesetzt (H. B. I, n. 510 § 6). Der
deutsche Kaufmann kann also kaum vor Anfang des neuen Jahres
nach Norwegen zurückgekehrt sein, und der Brief an Hermann
von Osenbrüggen kann auf keinen Fall vor dem 11. November
1369 geschrieben sein, höchst wahrscheinlich erst im nächsten
Exkurs V. Pfandsoll in Bergen? 599
Jahre oder noch später. Daraus folgt nun , dass der Schoss , den
die Städte am 21. Oktober 1369 (H. R. I, n. 511) für Bergen
dekretiren , nicht der sein ^ann , um den die Kaufleute bald darauf
bitten. Die Vermuthung, dass er ein Pfundzoll gewesen sei, liegt
um 80 näher y als es ganz dieselbe Abgabe ist (1 Grote vom
Pfunde), während der berger Schoss, wie Koppmann S. 500 schon
hervorgehoben hat, nur 1 Pfennig vom Pfunde, also nur den
vierten Theil betrug (s. H. E. I, n. 367).
Was die genaue Datirung der Urkunde betrifft, so glaube
ich, dass dieselbe in den Frühling des Jahres 1370 gehört. Die
Kaufleute bitten also darum, den Schoss bis zum 24. Juni 1371,
denn so lange durften sie ja nach dem Vertrage (H. E. I, n. 503
und 505) auf alle Fälle in Norwegen bleiben, erheben zu dürfen«
Aus einer ähnlichen Bitte des berger Kaufmanns im Jahre 1372
(H. R. U, n. 41 § 1) möchte man folgern, dass die Urkuodo
erst in dieses Jahr gehöre, aber dagegen spricht, dass hier die
Erhebung des Schosses gefordert wird bis zur Abtragung der
Schulden, nicht bis zum Schlüsse des bestehenden Stillstandes.
Anlage A.
(Za Kap. VU).
Die in diesem Kapitel versuchte Daratellang der städtiBohen
Verhältnisse um die Mitte des 14. Jahrhunderts musste sich na-
turgemäss darauf beschränken , nur die hervorstechendsten Züge
erkennen zu lassen. Die grosse Mehrzahl derselben lassen sich
durch zahlreiche Quellenstellen belegen. Ein fortwährendes Ver-
weisen auf dieselben würde den Text mit Citaten vollständig über-
füllt haben, was am allerwenigsten gerade diesem Passus hätte
forderlich sein können. Es schien mir daher gerathener, hier
eine Uebersicht derjenigen Literatur zu geben , auf deren Studium
jene Darstellung beruht. Ich füge hinzu, dass manche Bemer-
kungen eigener Anschauung des alten hansischen Handelsgebietes,
soweit es Ost- und Nordsee umfasst, entspringen, andere den
für die Herausgabe der dritten Abtheilung Hanserecesse gemachten
Sammlungen , die hier und da auch auf rückwärts liegende Dinge
Licht werfen, entstammen. Jene Anschauung verdanke ich zum
• grossen Theil, diese Sammlungen vollständig den im Auftrage des
hansischen Geschichtsvereins ausgeführten Beisen und Arbeiten.
Hanse-Kecesse und andere Akten der Hansetage von
1256—1430, B. I— IV. — Hanse-Kecesse von 1431—1476,
B. I und II. — Hansisches Urkundenbuch, B. I. — Sar-
torius-Lappenberg, Urkundliche Geschichte des Ursprunges
der deutschen Hanse, B. I und U. — Hansische Geschichts-
blätter, Jahrg. 1871--1877. — Lappenberg, Urkundliche
Geschichte des hansischen Stahlhofes zu London. — The Libell
ofEnglishe Folicye 1436. Text und metrische Uebersetzung
von Wilhelm Hertzberg mit einer Einleitung von Reinhold Pauli.
— Pardessus, Collection de lois maritimes Vol. I, III und IV.
— Das Seebuch, herausgegeben von Karl Koppmann, mit einer
AnUs« A. 601
nauÜBohen Einleituog von Arthur Breusing, mit Glossar von
Christoph Walther. — JohannesFalke, Geschichte des deutschen
Zollwesens. — Kl öden, Ueber die Stellung des Kaufinanns wäh-
rend des Mittelalters besonders im nordöstlichen Deutschland (3 Pro-
gramme der Gewerbeschule zu Berlin, 1841 — 43). — Neumann,
Geschichte des Wechsels im Hansagebiete bis zum 17. Jahrhun-
dert. Beilageheft zur Zeitschrift für das gesammte Handelsrecht,
B. VIT. — R. Pauli, Die Beziehungen der Hansa zur Kirche,
Preuss. Jahrb. 1878, März. — E. Pauli, Der hansische Stahl-
hof in London, in den Bildern aus Alt-England S. 168 ff.; vgl.
ebd. S. 163.
Urkundenbuch der Stadt Lübeck, B. I— V. — Wehr-
mann, Die lübeckischen Zunftrollen. — Hach, Das lübische
Recht — Pauli, Abhandlungen ans dem lübischen Recht —
Frensdorff, Die Stadt und Gerichtsverfassung Lübecks im 12.
und 13. Jahrhundert — Kirchring, Yerzeichniss von denen
adlichen Familien der Zirkel-Gesellschaft in Lübeck. Lübeck
1689. — Fahne, Westfalen in Lübeck (ist ein Abdruck eines
Manuskripts von Melle, betitelt: Die zu Lübeck wohlaufgenom-
menen Westphälinger, vgl. Zeitschr. d. Vereins t lübeck. Gesch.
I, 17). — Pauli, Lübeckische Zustände, B. I— IIL -- Pauli,
Ueber die ursprüngliche Bedeutung der ehemaligen Wette, Ztschr.
des Vereins f. lübeck. Gesch. I, 197 ff. — Wehrmann, Der
lübeckische Rathsweinkeller, ebd. II, 75 ff. — Mantels, Ueber
die beiden ältesten lübeckischen Bürgermatrikeln (Programm des
Katharineums in Lübeck 1854). — Mantels, Der im Jahre 1367
zu Köln beschlossene zweite hanseatische Pfundzoll (dsgl. von
1862). — Graut off, Geschichte des lübeckischen Münzfusses bis
1463 in seinen „Historischen Schriften'*, B. IIL — Grautoff,
Abhandlung über den Zustand der öffentlichen Unterrichtsanstalten
in Lübeck vor der Reformation der Kirche, ebd. I, 329 ff. —
Dittmer, Geschichte der ersten Goldausmünzung zu Lübeck im
U.Jahrhundert, Zeitschr. d. Vereins f. lübeck. Gesch. I, 22 ff. —
Th. Hach, Beiträge zur lübeckischen Glockenkunde, ebd. III,
593 ff. — Eine auf Leinen gestickte Altardecke des 14. Jahrhun-
derts, ebd. I, 122 ff. mit Abbildung. — Milde und Deecke,
Denkmäler der bildenden Kunst zu Lübeok.
g02 AiiUf« A.
HamburgiBches Urkundenbuoh B. L — Lappen-
berg, HambuTgische Kcohtsalterthümer. — Koppmaun, Ham-
burger Kämmereirechnungen B. I und IL — Rüdiger, Die
ältesten hamburgiechen Zunftrollen und Brüderschaftsstatuten. —
Küdiger, Aeltere hamburgische und hansestädtische HJandwerks-
gesellen-Dokumente. ^ Lambeccii» Origines Hamburgenses
B. II. — Lappenberg, Von der Bathswahl und BathaTerfaaaung
zu Hamburg vor dem Wahlrecesse von 1668, Zeitsohr. d. Yereint
f. hamb. Gesch. III, 281 ff. — Lappenberg, Ueber Entstehung
der bürgerlichen Verfassung Hamburgs, Programm zur 3. Säcular-
feier der bürgersohaftlichen Verfassung Hamburgs. — Koppmann,
Zur Geschichte des Raths und der Verfassung (2. Beitrag s. Gesch.
d. Stadt Hamburg). — Koppmann, Die ältesten Handelswege
Hamburgs, Zeitschr. d« Vereins f. hambg. Gesch. VI, 406 E. —
Koppmann, Das hamburgische Schuldbuch, ebd. VI, 482 ff. —
Die hamburger Kapelle zu Amsterdam, ebd. IV, 296 ff. — Lau-
rent, Das älteste hamburgisdie Handlungsbuch. — Laurent,
Ueber das älteste hamburgische Bürgerbuch, Zeitsohr. d. Vereins
f. hambg. Gesch. I, 141 ff. — Lappenberg, ArohiTalbe-
rieht über den Ursprung und das Bestehen der Realgewerbe-
rochto in Hamburg. — Lappenberg, Historischer Bericht
über Hamburgs Hechte an der Alster. — Gries, Die ham-
burgischen Stadt-, Erbe- und Bentebücher. — Beymarus, Das
älteste hamburgische Stadterbebuch (Über actorum coram consuli-
bus in resignatione hereditatum) , Zeitschr. d. V. f. hambg. Gesch.
I, 329 ff. — Gädechens, Die hamburgischen MünjEcn und Me-
daillen, B. I. — Lapponberg, Nachträge über die hamburgi-
schen Münzbeamten , Zeitschr. d. V. f. hambg. Gesch. IV, 365 ff.
— Lappenberg, Von den Arbeiten der Kunstgewerke des Mit-
telalters zu Hamburg. — Lappenberg und John, Geschicht-
liches und Heortologisches über ein Lectionarium der St Petri-
Kirche aus dem 14. Jahrhundert, Zeitschr. d. V. f. hambg. Gesch.
I, 601 ff. — Lappenberg, Die Miniaturen zum hamburger
Stadtrecht von 1497. — Beiträge zur altem Kunstgeschichte
Hamburgs, Zeitschr. d. V. f. hambg. Gesch. V, 224 ff. — Notizen
zur hamburgischen Literargeschichte, ebd. II, 819 ff. — Lappen*
berg, Von den älteren Schauspielen zu Hamburg, ebd. I, 132 ff.
— Gädechens, Geschichte des hamburger Bathhauses. — Ed.
Meyer, Das eimbeckische Haus in Hamburg. — Koppmann,
ÄnUgt A. 603
Hamburgs Wohlthätigkeits- und kirchliche Anstalten im Mittel-
alter. — 0. Beneke, Die Gräber zu St. Marien Magdalenen,
Zeitschr. d. V. f. hambg. Gesch. Y, 592 ff. — Lappenberg,
Von den älteren Spuren der Juden in Hamburg, ebd. I, 28 1 ff. —
Koppmann, Zur ältesten Geschichte der Juden in Hamburg,
ebd. VI, 256 ff. und 461 ff. — Otto Küdiger, Siegfried Buns-
torps Meisterstück , kulturgeschichtlicher Boman aus der Zeit der
Zunftunruhen B. L und U.
XJrkundensammlung der Schleswig-Holstein-Lauenburgi*
sehen Gesellschaft B. I. — Burchardi, Bemerkungen über das
alte Weichbild der Stadt Kiel und deren Recht am Kieler Hafen,
Zeitschr. d. Gesellsch. f. d. Gesch. d. Hersogthümer Schleswig,
Holstein u. Lauenburg 2, 317 ff.
Bremisches Urkundenbach B. I — III, 2. — Oel-
richs, Vollständige Sammlung alter und neuer Gesetebücher der
Stadt Bremen. — Donandt, Geschichte des bremischen Stadt-
rechts. — Denkmale der Geschichte und Kunst der freien
Hansestadt Bremen, L u. III. Abthlg. — Jungk, Die bren^i-
Bchen Münzen. — Böhmert, Urkundliche Geschichte der bre-
mer Schusterzunft. — Donandt, Der bremische Ciyilprooess im
H.Jahrhundert, Brem. Jahrb. V, ] ff. — Ehmck und Schu-
macher, Das Bathhaus zu Bremen, Brem. Jahrbuch II, 259 ff.
— Ehmck, Festungen und Häfen an der untern Weser, ebd. I,
39 ff. — Ehmck, Die Friedeburg. Ein Beitrag zur Geschichte
der Weserpolitik Bremens, ebd. III, 69 ff. — £. H. Meyer,
Ueber die Sprüche der Bathhaushalle in Bremen , ebd. I, 68 ff.
— Kohl, Beiträge zur Geschichte des Bathskellers, ebd. II, 89 ff.
— Loschen, Ueber mittelalterliche Backsteinarchitekturin Bre-
men insbesondere am Katharinenkloster , ebd. I, 309 ff. — Be-
richt über die Bearbeitung bremischer Geschichtsquellen, ebd. VI,
p. XXVII.
Sudondorf, Urkundenbuch zur Geschichte der Herzöge von
Braunschweig und Lüneburg und ihrer Lande B. I — IV. — Ur-
kundenbuch der Stadt Braunschweig. — Urkundenbuch der Stadt
Lüneburg H. I — III. — Urkundenbuch der Stadt Hannover. —
Urkundenbuch der Stadt Göttingen 3. L — Quedlinbuiger Urkon-
604 Anlage A.
denbach B. I. — Das hannorenohe Stadireoht, Vaterl. ArohiT d.
bist. Vereins f. Niedersachsen 1844, S. 117 ff. — Fiedeler, Mii-
theilungen ans dem alten Bürgerbnche und dem alten Stadibnohe
der Stadt Hannover, Zeitschr. d. bist Vereins f. Niedere. 1876,
S. 20. — Chroniken der dentschen Städte, B. VI n. VII (Brann-
schweig, Magdeburg). — Qrotefend, Bntwiokelnng der Stadt
Hannover bis 1369. — V olger, Der Ursprung und der älteste
Zustand der Stadt Lüneburg. — Bodemann, üeber den alte-
^ sten Handelsverkehr der Stadt Hannover, vornehmlich mit Bre-
men, Zeitsohr. d. bist. V. f. Nieders. 1872, S. 48 ff. — Have-
mann, Haushalt der Stadt Göttingen am Ende des 14. und wäh-
rend der 1. Hälfte des 15. Jahrhundert, ebd. 1857, S. 204 iL —
Bode, Mittheilungen aus dem Arohiv der Stadt Goslar, Zeitsohr.
d. Harz Vereins V, 466 ff. — Die untern Stadtbedienten in Lüne-
burg aus dem 14. Jahrhundert, Vaterl. Archiv d. bist. V. f. Nie-
ders. 1836, S. 523 ff. — Dtirre, Die Stadtvogtei zu Braun-
schweig von der Mitte des 12. bis in den AnfMig des 15. Jahr-
hunderts, ebd. 1847, S. 171 ff. — Sack, Die Mtlnse su Braun-
schweig, ein ehemaliges Besitzthum der Stadt, Zeitschr. d. bist
V. f. Nieders. 1857, S. 267 ff. — Sack, Geschichte des Sohütien-
wesens der Stadt Braunschweig, Vaterl. Aroh. d. bist. V. f. Nie-
ders. 1845, S. 179 ff.
Regesta historiae Westfaüae B. I u. II u. Westfälisches Ur-
kundenbuch B. IH. — Seibertz, XJrkundenbuch zur Landes-
und Rechtsgeschiohte des Herzogthums Westfiden B. I — lU. —
Eriedländer, Ostfriesisches XJrkundenbuch H. 1. — Dort-
munder Statuten, Zeitschr. f. vaterländ. Gesch. , herausgeg.
V. westf. Verein zu Münster III, 289 ff. — Statuten zahlreicher
westfälischer Städte bei Wigand, Archiv f. Gesch. u. Alterthkde
Westfalens B. I — VI. — Seibertz, Ueber den Verfiill der west-
fälischen Städte besonders der Stadt Ruthen , ebd. I, 4, 32 ff. —
Stüve, Beiträge zur Geschichte des westfälischen Handels, ebd.
I, 3, 1 ff. und 4, 1 ff. — Geisberg, Ueber den Handel West-
Mens mit England im Mittelalter, Zeitschr. f. vaterld. Gesch. u.
Alterthkde, herausgeg. v. V. f. Gesch. Westfc XVII, 174 ff. —
Stüve, Osnabrücks Handel, Zeitschr. d. bist V. t Osnabrück
IV, 321 ff. und VI, 17 ff. u. 80 ff. — Stüve, Gewerbswesen
und Zünfte Osnabrücks, ebd. VII, 23 ff. — Stüve, Zur Ge-
Anlage A. G05
Bohichte der Stadtverfitssung Ton Osnabrück, ebd. YIII, 1 ff. —
Ueber das soester Nequamsbuch , wesiffQ. Proyinzialblätter I, 4,
150 ff. u. III, 1, 157 ff., mit Abbildungen. — Meister Hermann,
ein Glasmaler, Zeitschr. d. Y. f. Westfalen XIX, 365 ff. — Jung-
h a n 8, Utrecht im Mittelalter, Deutsche Forschungen IX, 5 1 1 ff. —
Meklenburgisches Urkundenbuch B. I — X. — Grull,
Rathslinie der Stadt Wismar (Hans. Geschichtsquellen II). —
Rurmeister, Beiträge z. Geschichte Europas im 16. Jahrhun«
dort — Burmeister, Alterthümer des wismarschen Stadtrechts.
— Schröder, Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft
Wismar. — Schildt, Geschichte der Stadt Wismar Ton der
Gründung bis zum Ende des 13. Jahrhunderts (in Schirrmachers
Beiträgen zur Geschichte Meklenburgs). — Herrlich, (beschichte
der Stadt Rostock bis zum Jahre 1300, ebd. — Crull, £. £.
Raths Weinkeller zu Wismar, Meklbg. Jahrb. XXXIII, 41 ff. —
Lisch, Geschichte des Schlosses zu Wismar, ebd. V, 1 ff. —
Burmeister, Urkundliche Geschichte der Schulen in Wismar.
— Nettelbladt, Origines Rostockienses , histor. diplom. Ab-
handlung über d. Ursprung der Stadt Rostock Gerechtsame. —
Lisch und Mann, Beiträge zur älteren Geschichte Rostocks,
Meklbg. Jahrb. XXI, 1 ff. — Lisch, Ueber das rostockische
Fatriciat, ebd. XI, 169 ff. — Lisch, Bas broncene Tauflass in
der Marienkirche zu Rostock, ebd. XXIX, 216 ff. — Lisch,
Geschichte der Eisengewinnung im Mittelalter aus inländischem
Rasenerz, ebd. YII, 52 ff. — Lisch, Geschichte der Saline zu
Sülz an der Recknitz , Meklbg. Jahrb. XI, 97 ff.
G. G. Fabrioius, Urkunden zur Geschichte des Fürsten*
thums Rügen B. I — lY. — D reger, Codex Pomeraniae diplo-
maticus B. I. — Hasselbach und Kosegarten, Codex Po«
meraniae diplomaticus B. I. — F. Fabrioius, Das älteste stral-
Bunder Stadtbuch. — Francke, Yerfestungsbuch der Stadt Stral*
sund (mit Einleitung Ton Frensdorff, Hans. Geschichtsquellen
B. I). — Kosegarten, Pommersche und rügensohe Geschichts-
denkmäler B. I (ebd. n, 113 eine Uebersicht der greifswalder
Schifffahrt im Jahre 1388). — Kugler, Pommersche Kunstge-
schichte, Balt. Studien YIIL — C. 0. Fabricius, Stralsund in
den Tagen des rostocker Landfriedens. — Kruse, Geschichte
606 AnUige A.
der stralsunder Stadt-Verfii88ung. — Brandenburg, Oeschichte
des Magistrats der Stadt Stralsund. — Eranoke, Abriss der Ge«
schichte der stralsunder Stadtyerfassnng, Balt Studien XXI, 2,
21 ff. — Stayenhagen, Beschreibung der Stadt Anklam. —
Stolle, Oeschichte der Hansestadt Demmin. — Hering, Bei-
träge zur Topographie Stettins in älterer Zeit, Balt. Studien X,
1, 1 ff. — Kiemann, Geschichte der Stadt Kolberg. — üeber
die Entwicklung Greiffenhageus, Balt. Studien V, 2, 151 ff., VIII,
153 ff. — Hakens, Diplomatische Geschichte Ton Köslin.
Riedel, Codex diplomaticus BrandenburgCDsis Abthlg. I,
B. 1—26 und Abthlg n, B. 1—6. — Fidicin, Historisch-diplo-
matische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin, B. I — III. —
Fidicin, Gründung Berlins. — K l Ö d e n , Ueber die Entstehung,
Alter etc. der Städte Berlin und Köln. — Kl öden, Beiträge
zur Geschichte des Oderhandels (8 Programme der Gewerbeschule
zu Berlin 1845 — 52). — Rudi off, Beziehungen Frankfurts a. d.
Oder zu Lübeck und zur Hanse, Ztschr. d. Vereins f. Lübeck.
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den Landen sächsiohen Yolksstammes mit besonderer Rücksicht
auf die Mark Brandenburg, Märkische Forschungen lY, 7 ff. —
Götze, Geschichte der Stadt Stendal. — y. Mülyerstedt,
Das älteste Innungspriyilegium der Tuchmacher zu Burg, Ge-
schichtsbl. f. Stadt u. Land Magdeburg VI, 516 ff. — Geis-
heim, Ueber das Kaufhaus der Stadt Burg in Magdeburg und
den Begriff und die Bedeutung Ton Kauf- und Spielhäusem im
Allgemeinen, ebd. YII, 287 ff. — Götze, Ist die Tuchmacherei
in Burg auf niederländische Ansiedler zurückzuführen, ebd. Xlf,
309 ff.
Hirsch, Danzigs Handels- und Gewerbsgeschichte. —
Hirsch, Geschichte der Kirche von St. Marien zu Danzig. —
Toppen, Elbinger Antiquitäten.
Bunge, LiT-, Est- und Kurländisohes Urkundenbuch B. I —
YI. — H. Hildebrand, Das Rigische Schuld buch. — Rie-
senkampf, Der Hof zu Nowgorod. — H. Hildebrand, Das
deutsche Kontor zu Polozk, Balt. Monatsschrift XXU, 342 ff. —
^ansen, Geschichte der Stadt Narwa. — Russwurm, Ueber
AnUge A. 007
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d. Gesch. Liv-, Est- u. Kurlands, herausgeg. y. d. Gesellsch. f.
(icsch. u. Alterthkde d. Ostseeprovinzen Pusslands X , 3 ff . —
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bis 1673. — Böthführ, Die rigische Kathslinie yon 1220 bis
auf die Gegenwart. — W. y. Gutzeit, Zur Geschichte der Kir-
chen Rigas , Ifittheil. aus d. Gebiete d. Gesch. Liy-, Est- u. Kur-
lands , herausgeg. y. d. Gesellsch. f. Gesch. u. Alterthkde d. Ost-
seeproyinzen Husslands X, 313 ff. — Bunge, Die reyaler Kaths-
linie. — W. Arndt, Beiträge zur Geschichte des Kaths zu He-
yal, Archiy f. Gesch. Liy-, Est- u. Kurlands III, 55 ff. — G. y.
Hansen, Die Kirchen und ehemaligen Klöster Keyais. — E.
Pal» st. Der Maigraf und seine Feste.
Druck TOQ Kd. FroBmami !■ Hbm.
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