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Full text of "Die Hansestädte und König Waldemar von Dänemark"

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■4 


DIE  HANSESTÄDTE 


UND 


KÖNIG  WALDEMAR  VON  DÄNEMARK. 


HANSISCHE  GESCHICHTE  BIS  1376 


VON 


Db.  dietrigh  sghAfeb, 

A.    O.   PBOPESHOH  DRK   OKMCIllCUTE  A3H  DIEB   L'KIVERlUTÄT  JENA. 


GEKBÖNTE  PREISSCHKIFT. 


JENA, 
VERLAG  VON  GUSTAV  FISCHER 

VORMALS  FRIEUKICII  MAUKE. 
1879. 


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Motto:  An  seemächtige ,  meerbeherrschende  Bürger 
seiner  St&dte  denkt  der  Deutsche,  weuu  er  den 
Namen  „Hansa*'  nennen  hört.  Die  strenge  For- 
schung wird  manche  liebgewordene  Vorstellung 
zerstören  f  aber  auch  sie  wird  stets  mit  Stolz 
«nf  die  „Dudetohe  Ilcnse**  blicken. 


HERRN 


KOIfSUL  H.  H.  MEIEE 


IN   BREMEN, 


bM  VERDIENTEN  FÖRDEKER  DEUTSCHEN  HANDELS  UND 

DEUTSCHER  SCHIFFFAHRT, 


ZUGEEIGNET. 


Vorwort. 


Unterm  24.  Mai  1870 ,  dem  SOOSä^rigGi^  Gedenktage  des 
stralsimder  Friedens,  wurde  von  vier  norddeutschen  Greschichts- 
vereinen  die  „Ausarbeitung  eines  Geschichtswerkes  über  das 
Thema:  Die  deutschen  Hansestädte  und  König  Wal- 
demar  von  Dänemark"  als  Preisaufgabe  ausgeschrieben*). 
Mitglieder  jener  Vereine  (es  waren  der  Verein  für  hamburgi- 
sche Geschichte,  der  Verein  für  lübeckische  Geschichte  und 
Alterthumskunde,  die  Abtheilung  des  bremer  Künstlervereins 
für  Geschichte  und  Alterthumskunde,  die  rügisch-pommersche 
Abtheilung  der  Gesellschaft  für  pommersche  Geschichte  und 
Alterthumskunde)  waren  an  jenem  Tage  zur  Feier  genannten 
Friedens  in  Stralsund  versammelt;  das  Ergebniss  ihres  Zu- 
sammenseins war  die  Grundlegung  zum  hansischen  Geschichts- 
verein. Auf  der  6.  Jahresversammlung  dieses  Vereins,  abge- 
halten zu  Pfingsten  1876  in  Köln,  wurde  durch  den  Vorsitzen- 
den des  Vereins,  Herrn  Professor  Mantels,  einen  der  Herren 
Preisrichter,  die  vorliegende  Arbeit  als  eine  Lösung  der  ge- 
stellten Aufgabe  anerkannt  und  des  Preises  würdig  erklärt. 

Seitdem  sind  drei  Jahre  verflossen.  Der  Verfasser  hatte 
es  für  nöthig  gehalten,  beim  Einreichen  seiner  Arbeit  darauf 
aufmerksam  zu  machen,  dass  er  dieselbe  nicht  für  nach  allen 
Seiten  hin  abgeschlossen  erachte*).  Erst  in  jüngster  Ver- 
gangenheit aber  gelang  es  ihm,   den  selbstgefühlten  Mängeln 

1)  Vgl.  Hansbche  Oeschichtsblätter  1871 ,  Nachrichten  p.  VIII. 

2)  ebd.  1875,  Nachrichten  p.  XXXUI. 


VI  Vorwort. 

eiiiigeniiasscu  abzuhelfen.  Die  Uebernaluue  neuer  Pflichten, 
zunächst  der  Herausgabe  einer  3.  Serie  Hanserecesse,  dann 
des  lAihranits  an  hiesiger  Universität,  nöthigte  ihn,  die  äl- 
tere (Obliegenheit  einen  unerwünschten  Aufschub  erfahren  zu 
lassen.  Doch  darf  behauptet  werden,  dass  dieser  Aufschub 
der  Arbeit  zu  Gute  kam.  Vor  Allem  war  inzwischen  Gele- 
genheit, durch  mannichfache  Beschäftigung  mit  andern  Partien 
hansischer  und  nonlischer  Geschichte  die  Kenntnisse  zu  meh- 
ren, den  Blick  für  die  unmittelbar  vorliegenden  Hergänge  zu 
erweitem  und  zu  schärfen ,  es  war  durch  die  inzwischen  m(*)g- 
lich  gewordene  gänzliche  Hingabe  an  die  Wissenschaft  Gele- 
genheit, immer  fester  und  sicherer  einherschreiten  zu  lernen 
auf  dem  Boden,  den  der  Anfänger  nur  mit  dem  Gefühl  un- 
sicheren Schwankens  betritt.  So  hat  die  gegenwärtige  Arbeit, 
seitdem  sie  den  Herreu  Preisrichtern  vorlag,  gewissennassen 
ein  neues  Gewand  erhalten.  Einiges,  doch  im  Ganzen  Weniges, 
ist  verändert  oder  gekürzt  worden;  erheblicher  sind  die  Er- 
weiterungen, die  manche  Abschnitte  erfahren  haben,  am  er- 
heblichsten die  vollständig  neuen  Zusätze.  Dem  aufmerksamen 
lieser  wird  es  vielleicht  nicht  entgehen,  dass  der  Abschlies- 
sende nicht  mehr  derselbe  war  wie  der,  welcher  vor  5  Jahren 
die  erste  Ausarbeitung  anfing;  es  war  eben  nicht  wohl  mög- 
lich, die  Spuren  des  Wachsens  und  Werdens  ganz  zu  ver- 
wischen. 

Der  Verfasser  hat  sich  in  erster  Linie  bemüht,  allen  wis- 
senschaftlichen Anforderungen  gerecht  zu  werden;  er  luttTt, 
dass  ihm  die  Kritik  das  Zeugniss  gewissenhafter  Durchfor- 
schung und  Benutzung  der  Quellen  nicht  versagen  wird.  Er 
hat  sich  aber  auch  den  Anforderungen  nicht  entziehen  wi»llon, 
die  der  Leser  an  historische  Darstellung  zu  machen  berechtigt 
ist.  Dun  hat  immer  sonderlich  das.  wenn  auch  scharfe. 
Wort  Dahlmanns  gefallen,  mit  dem  dieser  zur  Abfassung 
iner  aDgemein   lesbaren  schleswig-holsteinischen    I^ndesge- 


Vorwort.  VII 

schichte  anregen  wollte:  ,^dere  wissenschaftliche  Betriebe 
mögen  den  Menschen  lehren,  sich  ausser  der  Zeit  zu  stellen; 
allein  die  Geschichtschreibung,  welche  nicht  stark  in  die  Ge- 
genwart dringt,  wird  in  Phantasterei  oder  wüstem  Sammler- 
flciss  ersterben".  Auch  von  Nichthistorikern  wünscht  die  ge- 
genwärtige Arbeit  gelesen  und  geschätzt  zu  werden,  den  In- 
tentionen jener  Männer  entsprechend,  die  mit  der  Stellung 
der  Aufgabe,  mit  der  Gründung  des  hansischen  Geschichts- 
vereins  nicht  zuletzt  auch  eme  Neubelebung  des  historischen 
Sinnes  in  den  bürgerlichen  Bereisen  der  alten  Hansestädte,  das 
will  sagen  so  ziemlich  aller  bedeutenderen  Städte  der  nord- 
deutschen Tiefebene,  im  Auge  hatten.  Hansische  Geschichts- 
stoffe verhalten  sich  gegenüber  den  Bemühungen  des  Dar- 
stellers manchmal  spröde ,  fast  immer  nüchtern ;  auch  das  vor- 
liegende Buch  hat  diese  Schwierigkeiten  wenn  überhaupt,  so 
d<>ch  nur  zum  Theil  überwinden  können.  Sollte  es  ihm  trotz- 
dem gelingen,  Eingang  zu  gewinnen  in  jene  Kreise,  an  seinem 
Theile  mitzuwirken  an  der  Wiedererweckung  und  Neubelebung 
althansischen,  mannhaften  Bürgersinnes,  so  würde  das  dem 
Verfasser  zur  besonderen  Befriedigung  gereichen. 

Das  über  den  Gegenstand  vorhandene  Quellenmaterial  ist 
zum  bei  Weitem  grössten  Tlieile  gedruckt  und,  soweit  der 
Verfasser  zur  Zeit  übersehen  kann,  vollständig  herangezogen. 
An  einigen  doch  zum  Theil  unerheblichen  Punkten  haben 
bisher  ungedruckte  Archivalien  erwünschte  Ergänzungen  und 
Aufklärungen  geliefert.  Den  Verwaltungen  des  Geh.  und  Haupt- 
archivs  zu  Schwerin,  des  Geheimarchivs  zu  Kopenhagen,  des 
Reichsarchivs  und  des  historischen  Kabinets  im  Reichsmuseum 
zu  Stockholm ,  der  städtischen  Archive  in  Lübeck  und  Bremen 
ist  der  Verfasser  für  freundliche  Förderung  und  mancherlei 
Mittheilungen  zu  Dank  verpflichtet.  Auch  die  Vorstände  der 
Stadtbibliotheken  zu  Bremen,  Lübeck  und  Hamburg,  der  kgl. 
Bibliothek  zu  Stockholm,  der  Universitätsbibliotheken  zu  Ko- 


VIII  Vorwort. 

penhagen,  Jena  und  I/^ipzig  und  der  grossherz.  Bibliothek  zu 
Weimar  haben  sich  durch  liberales  Entgegenkommen  Anspruch 
auf  seinen  Dank  erworben.  Gern  ergreift  der  Verfasser  die 
Gelegenheit,  werthen  hansischen  Freunden,  dem  Herrn  Pro- 
fessor Mantels  in  Lübeck  und  Herrn  Dr.  Karl  Koppmann  in 
Barmbeck  bei  Hamburg,  für  die  dieser  Arbeit  geschenkte  leb- 
hafte Theilnahme  und  vielfache  Förderung  auch  öffentlich  aufs 
Herzlichste  zu  danken. 

Jena,  22.  Mai  1879. 

D.  Schäfer. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 

Einleitung 1 — 8 

L   Das  Vordringen  der  Deutschen  nach  Osten  bis  zum 
14.  Jahrhundert 9—17 

Bedeutung  der  Germanisirung  9.  Otto  der  Grosse,  Otto  vou 
Bamberg  10.  Oottschalk  und  Heinrich  11.  Adolf  II.,  Heinrich 
der  Löwe,  Waldemar  I.  12.  Kolonisation  18.  St&dtegrQndung  14. 
Livland  15.    Der  deutsche  Orden  16.     Resultat  17. 

II.   Deutschland  und  Dänemark  bis  gegen  Ende  des 
13.  Jahrhunderts 18—29 

Bekehrung  der  D&nen  zum  Christenthum  18.  Friedliches  Ver- 
hjUtniss  19.  Stuns  Heinrichs  des  Löwen  20.  Waldemar  I.  und 
Knut  VI.  81.  Grafschaft  Holstein  82.  Dänische  Eroberungen  23. 
Abwerfen  der  d&nischen  Herrschaft  25.  Sinken  der  d&nischen 
Macht  26.     Die  Absonderung  Schleswigs  28. 

IIL   Die  norddeutschen  Städte  und  ihre  Einungen    30—91 

l.  Die  Verbindungen  deutscher  Kaufleute  im  Aus- 
lände 31 — 75:  Anfänge  des  deutschen  Handels  31.  SteUung 
des  Kaufmanns  im  Auslande  32.     Genossenschaften  dort  38. 

a)  Die  Ostsee  35  —  49:  Ihre  Bedeutung  für  den  Handel 
35.  GoÜand  37.  Die  Deutschen  auf  der  Ostsee  39,  auf  Got- 
land  40.  Die  deutschen  Bürger  Wisbys  41.  Die  gotländische 
Genossenschaft  42.  Livland  43.  Nowgorod  44.  Organisation 
und  Macht  der  Genossenschaft  45.     Einfluss  der  Städte  47. 

b)  Lübeck  50 — 59:  Grandung  50.  Verfassung  51.  Rath 
52.  Rasches  Aufblähen  53.  Ausbreitung  in  der  Ostsee  54. 
Appellationshof  für   Nowgorod   56.    Zurückdrängen   Wisbys  58. 

c)  Die  Nordsee  59  —  68:  Verkehr  mit  England  60. 
Köln  61.  Lübecks  Aunreten  62.  Gildhalle  der  Deutschen  64. 
Flandern  65.     Die  Privilegien  von  1258,  66.     Niederlassung  67. 


1  Inhaltsfiberaicht. 

Seite 

d)  Dio  Bedeatang  der  auswärtigen  Niederlassungen 
deutscher  Kaufleute  für  die  Verbindung  der  Städt<j 
68 — 75:  Die  Städte  xusammcngefQhrt  durch  die  Einigang 
ihrer  Bürger  im  Aaslande  68.  Gemeinsame  Beschlüsse  71.  Ver- 
tretung der  Interessen  des  gemeinen  Kaufmanns  Aufgabe  der 
Städte  74. 

2)  Norddeutsche  Städtebündnisse  75 — 91:  Mannich- 
faltiges  Za.<iammenschlicssen  75.  Zusammenhang  mit  den  Ange- 
legenheiten de.H  gemeinen  Kaufmanns  77. 

a)  Die  wendischen  Städte  78  —  82:  Lfiiiecks  Nach- 
barstädte 78.  Lflbisches  Recht  79.  Bündnisse  der  wendischen 
Städte  81. 

b)  Lübeck  und  Hamburg  82 — 86:  Hamburgs  NcugrUn- 
dung  88.  Bündnisse  mit  Lübeck  84.  Anschluss  an  die  wendischen 
Städte  85. 

liübeck  und  die  wendischen  Städte  in  der  allgemeinen  Einigung 
der  Städte  86.     Landfriedensbündniss  von  1283,  87.     Natur  der 
unter  den  Städten  bestehenden  Einigung  89. 

IV.   Erich  Menved  und  die  norddeutschen  Städte  und 
Fürsten 92—107 

Dänemark  unter  Erich  Menved  92.  Vorgehen  in  Meklenburg  93, 
in  Holstein  94.  Fehde  der  Holsteiner  mit  Lübeck  96.  Erich 
Menved  Lübecks  Schutzvogt  97.  Angriff  auf  Wismar  und  Ro- 
stock 99.  Deren  Niederlage  101.  Siegreicher  Widerstand  Stral- 
sunds 103.    Stellung  Dänemarks  106. 

V.   Dänemark  unter  deutschem  Einfluss  1319-1340.  108— 1 26 

Ausbreitung  des  Lehnwesens  in  Dänemark  108-  König  Chri- 
stoph 110.  Gerhard  von  Rendsburg  und  Johann  von  Plön- 
Kiel  111.  Streit  um  die  Vormundschaft  für  Waldemar  von 
Schleswig,  Aufstand  in  Dänemark  118.  Waldemar  K5nig,  Ger- 
hard Reichsverweser,  Dänemarks  Theilung  114.  Schonen  schwe- 
disch 117.  Unzufriedenheit  der  Dänen  118.  Eindringen  deutscher 
Adliger  119.  Gefährdung  des  Handels  121.  Waldemar  Atterdag 
123.  Schleswig  an  Gerhard  überlassen  124.  Gerhards  Ermor- 
dung 125. 

VI.   Die  ersten  zwanzig  Jahre  Waldemar  Atterdags    127 — 179 

Seine  RfickfOhmng  127.  Fürstentag  zu  Lübeck  129.  Landtag 
SU  Wiborg  130.  Krieg  mit  den  Söhnen  Gerhards  131.  Die 
wendischen  Städte  im  Bunde  mit  Waldemar  gegen  den  holsteini- 
schen Adel  132.  Ihr  Krieg  mit  den  holsteinischen  Grafen  134. 
Schwedens  Einmischung  135.  Friedensschlüsse  137.  Nieder- 
werfung der  Raubritter  138.  Das  Steigen  der  Macht  Waide- 
mars 139.  Waidemars  Reisen,  Verkauf  Estlands  141.  Theilnahme 
am  Markgrafenkriege  143.  Stellung  an  der  deutschen  Ostsee- 
kflste  145,  in  Dänemark  146.  Aufstand  der  Juten  148.  Danehof 
lu  Nyborg  1364,  160.  Waidemars  Verfahren  in  Jütland  151. 
Seine  Regierungsweise  152.  Weitauasehende  Pläne  (Frankreich) 
154.    Neuer  Aufstand   der  Juten    1357,   156.     Einmischen  der 


InhAltsfibersicht  XI 

Sdte 

Hobteiner,  Meklenbnrger  und  Erichs  von  Schweden  157.  Stral- 
snodcr  Vertrag  159.  Ermordung  vornehmer  JUten  160.  Neuer 
Krieg  161.  Vertrag  zu  Kailundborg  162.  König  Magnus  von 
Schweden  163.  Sein  Sohn  Erich  und  Bengt  Algotson  164.  Magnus 
und  Waldemar  165.  Waldemar  gewinnt  Schonen  lurück  1360,  167. 
Waldemar  Wiederhersteller  des  Reichs  1 69.  Sein  Regiment  und 
Charakter  170.  Seine  Machtstellutig  um  1860,  172.  Dftnemarks 
Bevölkerung  178.  Stfidte  174.  BauernsUnd  176.  Adel  und 
Geistlichkeit  177.     Deutsche  Adlige  in  Waidemars  Diensten  178. 

VII.   Die  norddeutschen  Städte  um  die  Mitte  des  14.  Jahr- 
hunderts   180—242 

Blflthe  der  St&dte  180.  Grösse  derselben  181.  Stellung  zu 
Kaiser  und  Landesherren  182.  Vertretung  dos  Handels  nach 
aussen,  Verträge,  Privilegien  183.  Handelsgebiot  184.  Russ- 
land 185.  Schweden,  Prenssen  187.  Wege  von  der  Ost-  zur 
Nordsee  188.  BrDgge  189.  England  190.  Sonstige  Handels- 
l)ewegung  (besonders  Getreide,  Bergbanprodukte,  Salz,  Bier)  191. 
Verh&ltniss  zu  den  Oberdeutschen  195.  Lokalverkehr  196.  Der 
Waarentransport  197.  Strandrecht  198.  Die  SchiffTahrt  199. 
Landreisen  200.  FlussschiflfTahrt  201.  Zölle  202.  Auswärtige 
Niederlassungen  (Kontore)  203.  Art  des  Handels  205.  Zahlmittcl, 
MQnzwessen  206.  Geldwechsel,  Kapitalanlage  209.  Umfang  des 
Handels  210.  Unternehmungslust  211.  Schiffsverkehr  212.  Waa- 
renmengen  218.  Städtische  Gewerbe  215.  Stellung  des  Hand- 
werkers 217.  Das  ,,Amt**  218.  Andere  städtische  Erwerbszweige 
219.  Bevölkerungszahl  220.  Herrschender  Wohlstand  223.  Kirch- 
liche Stiftungen  224.  Kirchliche  Architektur  226.  Andere  Ar- 
beiten des  Kunsthandwerks  228.  Die  Verbindung  der  Kunst  mit 
dem  täglichen  Leben  229.  Wissenschaftliche  Regungen  230.  Le- 
bensgenuss.  Luxus  231.  Der  Rath  233.  Zunftunruhen  234. 
Patriciat  234.  Die  Gemeinde  235.  Würdigung  des  aristokrati- 
schen Regiments  236.  Rathhaus  und  Markt  238.  Ausbildung 
des  städtischen  Rechts,  die  „Schreiberei* S  „Siegel  und  Brief**  239. 
Wesen  und  Bedeutung  der  Städte  als  politischer  Gebilde  240. 
Städtischer  Patriotismus  242. 

VIII.  Die  Gemeinschaft  der  Städte  in  der  ersten  Hälfte  des 

14  Jahrhunderts;  ihr  Verkehr  mit  Dänemark    243 — 261 

Dänemarks  Bedeutung  für  den  städtischen  Handel  243.  Be- 
sonders fUr  die  wendischen  Städte  245.  Deren  Haltung  nach 
Erich  Menveds  Tode  246.  Neue  und  festere  Einigung  derselben 
zur  Zeit  Waldemar  Atterdags  247.  Allgemein  hansisches  Auf- 
treten in  Flandern  248.  Die  Theilung  in  Drittel  260.  Gebrauch 
der  Bezeichnung  „Hanse*^  251.  Bremens  Wiederaufnahme  in  die 
Hanse  253.  Verhältniss  der  wendischen  Städte  und  Lübecks  zu 
Waldemar  254.  Bedeutung  Schönens  für  die  Städte  256.  Ihre 
Rechte  dort  257.  Verhandlungen  über  Bestätigung  der  schonen- 
schen  Privilegien  259. 

IX.    Waidemars  Angriff  auf  Wisby 262 — 274 

Bedeutung,  Blüthe  und  Reichthum  Wisbys  2G2.  Waidemars 
Verhältniss  zu  Schweden  26.5.  Verlobung  Hakons  von  Norwegen 
mit  der  holsteinischen  Elisabeth  266.  Machtlosigkeit  des  Magnus 
267.     Waidemars  Angriff  268.     Eroberung   Oelands    und   Got- 


Xn  Inhaltsübersicht. 

lands  269.  Wisby  unter  dänischer  Herrschaft;  Ursachen  seines 
Verfalles  271. 

X.   Der  erste  Krieg  gegen  Waldemar   ....    275—365 

1)  Das  Bündniss  zwischen  den  Städten  und  Schwe- 
den-Norwegen 275 — 293:  Eindruck  von  Wisbys  Fall  275. 
Städtetag  in  Oreifswald  276.  Magnus'  Verhalten  277.  Stellung 
der  Städte  zu  Schweden  278.  Zweiter  Tag  in  Greifswald  280. 
Verträge  mit  Schweden-Norwegen  281.  Handelsprivilegien  282. 
Der  schwedische  Reichsrath  284.  Die  holsteinischen  Grafen  286. 
Die  wendischen  Städte  287.  Waldemar  und  seine  Freunde  290. 
Meklenburg  293. 

2)  Heer  und  Flotte  der  Hansen  und  ihres  Gegners 

293 — 310:  Wehrhaftigkeit  der  Bürger  293.  Befestigung  der 
Städte  294.  Wehrpflicht  der  Burger,  ständige  Kriegsknechte, 
Beschaffung  des  Kriegsmaterials  295.  Söldner  297.  Hamburgs 
Rüstung,  Rathsherren  als  Führer  298.  Stärke  des  Heeres  299, 
der  Flotte  801.  Schiffe  302.  Kriegsmaschinen  304.  Verpfle- 
gung 305.     Kaperei  307.     Waidemars  Kriegswesen  308. 

3)  Der  Feldzug  des  Jahres  1362,  310 — 326:  Schonen 

das  Angriffsobjekt  310.  Mangelhaftigkeit  der  Nachrichten  311. 
Belagerung  von  Helsingborg  312.  Niederlage  der  Städter  313. 
Ihre  Verluste  314.  Waffenruhe  315.  Rückkehr  nach  Deutschland 
316.  Magnus  und  Hakon  317.  Neue  Verluste,  Oeland  den 
Städten  übcrlas.sen  318.  StKdtetng  zu  Stralsund  319.  Waffen- 
stillstand 320.     Das  Vcrhältniss  zu  Schweden -Norwegen  323. 

4)  Die  Zeit  des  Waffenstillstandes  (bis  6.  Jan.  1364) 

326 — 365  :  Lockerung  des  Bundes,  Waidemars  Uebermuth  326. 
Elisabeth  von  Holstein  gefangen  327.  Vertragsverletzungen  Wai- 
demars 328.  Die  prcussischcn  Städte  330.  Waidemars  Verhand- 
lungen mit  denselben  332.  Vermählung  Hakons  mitMargareta  333. 
Die  holsteinischen  Grafen  335.  Tag  zu  Nykjobing  836.  Mitt- 
sommertagfahrt  zu  Lübeck  341.  Verhandlungen  mit  den  Meklen- 
burgem  und  Holstoinerh  344.  Schwankende  Haltung  der  Städte 
345.  Tagfahrt  zu  Wismar  346.  Dänische  Räubereien  und  Er- 
pressungen 347.  Sonderangelegenheiten  und  Zersplitterung  der 
Städte  349.  Die  Kosten  des  Krieges  rSchiffspreise ,  Sold  ,  Ver- 
pflegung, Ausrü.stung,  Lösegelder  der  Gefangenen)  350.  Die  Han- 
delsverbote 356.  Verhandlungen  über  Deckung  der  Kriegskosten 
und  Schadenersatz  857.  Johann  Witti^nborgs  Hinrichtung  359. 
Die  Tagfahrten  zu  Stralsund  und  Greifswald  360.  Pommersche 
Vermittlung  361.  Waldemar  nach  Deutschland  363.  Kriegsaus- 
sicbten  864. 

XL  Vom  Ablauf  des  WaflFcnstillstandes  bis  zum  wor- 
dingborger  Vertrage  (Januar  1364  —  September 
1365) 366—385 

Tagfahrt  zu  Stralsund  366.  Waidemars  Reise  368.  Unent- 
schlossenheit  der  Städte,  V^ennittlnngsversuche  371.  Tagfahrt  zu 
Rostock  872.  Sonderfehden  der  Stüdte  374.  Tagfahrt  zu  Lübeck, 
neue  pommersche  Vermittlung  375.  Verlängerung  des  Stillstandes 
877.     Friedensyerbändlnngen   881.    Wordingborger  Friede  883. 


Inbaltsfibenicht.  XIII 

Seite 

XII.  Die  Verwicklungen  vor  dem  zweiten  Kriege  gegen 

Waldemar 386—399 

Die  MittsomxnerUgfahrt  za  Lübeck  1366,  886.  Klagen  der 
Stidte  Über  dftnuchen  Vertragsbruch  387.  Antrfige  der  preussi- 
schen  St&dte  aaf  ein  Bündniss  388.  Vermittlung  der  wendischen 
Stidte  389.  Ihre  Sendung  nach  Preussen  390.  Verbindung  der 
preussischen  und  süderseeischen  Stiidte  391.  Mittsommertagfahrt 
1367  SU  Stralsund  392.  Zweite  Tagfahrt  zu  Stralsund  393.  Ver- 
handlungen zu  Palsterbo  395.  Der  Krieg  beschlossen  397.  Ver- 
bindung mit  Meklenburg  und  Holstein  898. 

XIII.  Die  Meklenburgcr  in  Schweden.    Norwegen  und  die 
Städte 400—430 

Herzog  Albrecht  von  Meklenburg  400.  Seine  Verbindung 
mit  Schweden  402.  Sein  Sohn  dorthin  berufen  403.  Expedition 
nach  Schweden  404.  Königswahl  405.  Einnahme  des  Landes  406. 
Unternehmen  gegen  Finland  408.  Schlacht  bei  Enköping,  Magnus 
gefangen  409.  Waidemars  Einmischung  410.  Einfall  in  Schwe- 
den 411.  Vertrag  zu  Alholm  413.  Von  König  Albrecht  nicht 
anerkannt  415.  Machtbcreich  der  Meklcnburger  418.  Die  schwe- 
dischen Grossen  419.  Die  Meklcnburger  und  die  Städte  420.  — 
Die  Deutschen  in  Norwegen  423.  Handel  dorthin  424.  Kontor 
zu  Bergen  425.  Rechte  der  deutschen  Kaufleute  426.  Verhält- 
niss  der  Städte  zu  Hakon  427.  Streitigkeiten  nach  dem  ersten 
Kriege  428. 

XIV.  Der  zweite  Krieg  gegen  WaJdcmar      .    .    .    431 — 503 

1)  Die  kölner  Konföderation  431  —  437:  Hansetag 
zu  Köln  431.  BüuduUs  432.  PfuudzoU  434.  Bündniss  mit  den 
Forsten  436. 

2)  Weitere  Verhandlungen  mit  Dänemark  und  Kriegs- 
erklärung. BündnisBe  mit  den  Fürsten  437 — 446: 
Besultatlose  Verhandlungen  mit  Waldemar  437.  Schreiben  an 
Kaber,  Papst  und  nordische  Fürsten  439.  Bündniss  der  Meklcn- 
burger, Holsteiner  und  des  jütischen  Adels  440.  Deren  Bündniss 
mit  den  Stfidten  443. 

3)  Die  Rüstungen  der  Städte  446 — 468:  Die  Theil- 
nehmer  an  der  kölner  Konföderation  446.  Verhältniss  der  Kon- 
fSderation  zur  Hanse  448.  Die  wendischen  Städte  451.  Stargard 
458.  Anklam  453.  Kiel  454.  Hamburg  455.  Stade  und  Bre- 
men 457.  Die  Niederländer  458.  Die  preussischen  Städte  459. 
Die  liyländischen  Städte  460.  Die  auswärtigen  Niederlassungen 
461.  Wisby  463.  Die  Kriegsmacht  der  wendischen  Städte  465. 
Das  Kontingent  Lübecks  466.     Die  Führer  467. 

4)  Dänemark  und  König  Waldemar  vor  dem  zweiten 
Kriege  468 — 476:  Waidemars  innere  Politik  in  den  letzten 
Jahren  468.  Dänemarks  Machtstellung  471.  Waidemars  Freunde 
47S.  Erich  von  Sachsen  473.  Waldemar  verlässt  sein  Reich  474. 
Müthmassliche  Gründe  475. 

5)  Das  erste  Jahr  des  Krieges  476 — 495 :  Die  han- 
sische Flotte  am  Gelland  476.  Kopenhagen  genommen,  Erobe- 
rungen in  Schonen  477.    Eroberung  von  M0en,  Falster  und  Laa- 


Xiy  InhalUfibenioht. 

Seite 
land  478.  Die  Heimsachimg  der  norwegischen  Kästen  480.  Die 
Holsteiner  in  Jfitland  481.  Norwegen  sucht  nm  Frieden  nach  483. 
Verlcehrsanordnungen  der  Stfidte  484.  Verfahren  gegen  Nicht- 
hansen  486,  gegen  Ansllnder  487.  Schonenfahrt  1368,  489. 
Waidemars  Hfilfegesnche  490.  Tod  Erichs  von  Sachsen,  Mass- 
regeln der  Städte  gegen  Waidemars  Plftne  491.  Fehde  zwischen 
Pommern   und  Meklenbnrg  493.    Der  rflgensche  Adel  494. 

6)  Die  Fortsetzung   des   Krieges  im  Jahre  1369, 

495  —  503 :  Winterfeldsug  495.  Feldzugsplan  fQr  den  Sommer 
497.  Belagerung  Helsingborgs  498.  Einnahme  der  Feste,  Zer- 
störung der  Burg  Kopenhagen  500.  Brun  Warendorps  Tod,  wei- 
tere PUne  gegen  D&nemark  502. 

XV.   Der  stralsunder  Friede 504 — 514 

Magnus  von  Braunschweig-Lfineburg ,  Erich  von  Sachsen  der 
jüngere,  Adolf  von  Hobtein  504.  BQndniss  des  Braunschweig- 
Lüneburgers  mit  dem  Brandenburger  505.  Verhandlungen  des 
dänischen  Reichsraths  mit  den  Städten  507.  Vertrag  mit  Nor- 
wegen 508.  Vertrag  mit  den  Dänen  zu  Stralsund  Nov.  1369,  510. 
Der  strabunder  Friede  24.  Mai  1870,  511. 

_  m 

XVI.    Vom  stralsunder  Frieden  bis  zum  Tode  Waidemars, 

1370—1375 515—556 

Verhandlungen  mit  Norwegen  zu  Bahus  und  Tönsberg  515. 
Friede  zu  Kallundborg  517.  Waldemar  1369—1370,  618.  Ver- 
legenheiten der  Städte  521.  Verhandlungen  mit  Waldemar  523- 
Abschluss  zu  Stralsund  524.  Die  schonenschen  Schlösser  an 
Henning  von  Putbus  525.  Die  Brandenburger  und  Lüneburger 
gegen  Meklenbnrg  527.  Verhandlungen  zwischen  Schweden  und 
Norwegen  zu  Lödöse  580.  Aufstand  der  Schweden,  Hakon  vor 
Stockholm  531.  Uebermacht  des  Adels  in  Schweden  582.  Ver- 
trag zwischen  Hakon  und  Albrecht,  Magnus*  Befreiung  533. 
Friede  der  Meklenburger  mit  Waldemar  534.  Waldemar  gegen 
die  holsteinischen  Qrafen,  seine  Erfolge  in  Schleswig  536.  Friede 
mit  den  Holsteinem  und  dem  jütischen  Adel  538.  Waidemars  Vor- 
gehen in  Jütland  589,  in  Schleswig  540,  in  Holstein  541. 
Neue  Verwicklungen  der  Städte  mit  Waldemar,  dessen  Versuch, 
die  schonenschen  Schlösser  zurück  zu  erlangen  542.  Städtische 
Gesandtschaft  nach  Dänemark  544.  Waidemars  Tod  545.  Sein 
Charakter  und  seine  Bedeutung  für  Dänemark  546.  Die  Frage 
der  Nachfolge  548.  Bemühungen  der  Meklenburger,  Einmischung 
des  Kaisers  549.  Olaf  von  Norwegen  550.  Stellung  der  Städte 
551.  Wahl  Olafs  553.  Friedensschlüsse  zu  Kallundborg  und 
Korsör  554.    Königin  Margarete  555. 

Schluss 657—575 

Vorherrschaft  der  Hanse  im  Norden  557.  Adelsherrschaft  in 
Dänemark  558.  Bedeutung  der  kölner  Konföderation  für  die 
Entwicklung  der  Hanse  559.  Die  gemeinsamen  Rechte  des  Kauf- 
manns im  Auslände  auch  ferner  Mittelpunkt  der  Hanse  562. 
Streben  nach  Theilnahme  an  derselben  568.  Einmischung  des 
Bundes  in  innere  Angelegenheiten  der  Städte  564.  Unruhen  565. 
Organisation  des  Bundes  566.  Tagfahrten  567.  Recesse  568. 
Qliederung  569.  Hegemonie  der  wendischen  Städte  und  Lübecks 
570.    SteUung  der  Hanse  in  der  deutschen  Geschichte  572. 


Inhaltsfibenicht. 


XV 


Exkurs  I. 
Ezkora  n. 
Exkurs  III. 

Exkurs  IV. 

Exkurs  V. 
Anlage  A. 


Seite 

Wann  war  die  Schlacht  bei  Helsingborg  ?  576 — 5  7  9 

Das   Ende   des    Feldzugs   von    1362     580 — 586 

Kampen  und  die  süderseoischen  Städte 

im  ersten  Kriege  gegen  Waldemar  .     587 — 591 

Borgholm    (Oeland)    im    Besitz    der 

Städte  (1362—1366) 592—597 

Pfundzoll  in  Bergen? 598—599 

(Literaturübersicht  zu  Kap.  YII)  .     .     600—607 


Berichtigungen : 

S.  9  Z.  3  y.  o.  lies:  kolonjsirungsßlhigen  statt  kolonosirungsflbigen. 
S.  190  Z.  9  V.  u.  lies:  Ost  sUtt  West. 


Der  Kampf  der  Hansest&dte  mit  Kiteig  Waldemar  Atterdag 
Yon  Dänemark  führt  uns  in  eine  Periode  der  deutsehen  Ge- 
Bchichte,  die  man  als  eine  Zeit  dee  Niederganges  zu  bezeichnen 
pflegt.  Beichlidi  hundert  Jahre  waren  verflossen,  seitdem  der 
letzte  grosse  Stanfer,  Friedrich  II.,  vergeblich  versucht  hatte, 
dem  Gedanken  des  römischen  Eaiserthums,  des  imperium  mundi, 
greifbare  Gestalt  zu  verleihe.  Er  unterlag  der  fester  be- 
grtodeten  Macht  päpstlicher  Weltherrschaftsansprüche,  dem 
berechtigten  Widerstände  der  aufstrebenden  italienischen  Com- 
mimen.  Sein  Haus  hatte  sich  zum  Träger  eines  welthistori- 
sche Gedankens  gemacht,  dessen  vollständige  DurchfOhrung 
ohne  die  Verletzung  zahlloser  berechtigter  Interessen  nicht 
möglich  war;  es  musste  dem  Gange  der  Geschichte  zum  Opfer 
fallen. 

Ab^  mit  Recht  trauerte  das  deutsche  Volk  um  den  Unter- 
gang des  hochstrebeden  und  hochbegabten  Geschlechts,  knüpfte 
in  Sagen  und  liedem  seine  Hoflfhungen  an  die  stolzen  und 
kühnen  Männer,  die  mit  mehr  Tapferkeit  und  Muth  als  Glück 
und  Geschick  an  seiner  Spitze  nach  der  Weltherrschaft  gestrebt 
hattoi.  Denn  mit  dem  Glänze,  den  die  römische  Kaisertaxme 
auf  dem  Haupte  kraftvoller  deutscher  Könige  unserem  Volke 
verlieh,  schwand  auch  das  Ansehen  dahin,  das  die  Deutschen 
Yor  alle  andern  Völkern  des  Erdthdls  genösse  hatt^.  Waren 
sie  bisher  die  ersten  gewes^  in  Europa,  so  galten  sie  jetzt 
nicht  mdr  als  Franzosen  und  Engländer,  Spanier  und  Itali^er 
und  bald  noch  weniger.    Die  Franzosen  verstanden  es,  länger 

SchSkr.  Di«  ÜMMstUte.  | 


2  Einleitung. 

als  ein  halbes  Jahrhundert  das  Papstthum  unter  ihren  Einfluss 
zu  bringen  und  die  Früchte  einzueinten ,  die  der  Sieg  des- 
selben über  das  Kaiserthum  und  über  Deutschland  zeitigen 
musste.  In  der  alten  Rivalität  der  beiden  Nachbarvölker 
brachte  besonders  die  erste  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  ent- 
schieden eine  Wendung  zu  Gunsten  unserer  westlichen  Nachbarn. 

Allerdings  widmeten  sich  die  Nachfolger  der  Staufer  mehr 
den  heimischen  Angd^genheiten,  verzichteten  auf  die  Träume 
einer  Weltherrschaft.  Aber  keineswegs  gelang  ihnen,  was  jene 
Ober  ihr^r  auswärtigen  Politik  verabsäumt  hatten,  die  Be- 
sdu^nkung  der  immer  mächtiger  au&trebenden  Territorial- 
gewalten. Anstatt  diese  in  ihrer  Entwickdung  zu  hemm^, 
betrateu  sie  sodt  ihnen  die  gleiche  Bahn,  liefen  ihnen  auf  dieser, 
gerade  vermöge  ihrer  königlichen  Stellung,  den  Bang  ab.  Ihre 
Beschäftigang  mit  deutschen  Angelegenheiten  wurde  zu  einem 
rückaiditslosen  Streben  nach  Vergrösserung  der  eigenen  Haus- 
maclit.  Immer  mehr  erstarb  das  Gefühl  der  deutschen  Natio- 
nalität und  ihrer  Einheit,  das  dereinst  in  dem  gemeinsamen 
Kampf  für  Glanz  und  Hoheit  der'  Kaiserkrone  einen  festen 
Anhaltspunkt  gefunden  hatte;  nur  in  einzelnen  territorialoa 
Gebilden,  die  in  ihrer  ganzen  Stellung  und  Geschichte  auf  das 
Beich  hingewiesen  waren,  erhielt  es  sich  noch  rege,  so  beson- 
ders in  den  Städtmi.  Wie  kläglich  erscheint  uns  der  Kampf 
Ludwigs  des  Baiem  mit  den  Päpsten,  verglichen  mit  dem  ge- 
waltigen Bingen  der  Staufer  gegen  Boml  Nicht  mehr  macht 
das  deutsche  Beich  unter  Führung  des  universalen  Kais^- 
thums,  die  erste  Macht  der  Christenhdt,  den  römischen  Bi- 
schöfen die  Weltherrschaft  streitig  —  ein  Landesfürst  sucht 
sein  Becht  zu  wahren  gegenüber  den  Anmassungen  der  Curie. 

In  voller  Klarheit  tritt  dieser  nicht  auf  das  Beich,  nein 
auf  das  Territorium  sich  beschränkende  Standpunkt  der  deulr 
schen  Könige  hervor  in  Karl  lY.  Was  dieser  begabte,  ein- 
sichtsvolle ua^  durchaus  nicht  energielose  Herrscher  im  Laufe 


seiner  dreissigjährigen  Regierung  für  das  deutsche  Reich  ge- 
tban  hat,  verschwindet,  verglichen  mit  seiner  Thätigkeit  in 
im  böhmischen  Erblanden.  Die  Dinge  im  Reiche  gehen  ihren 
Gang;  nur  selten  greift  der  Kaiser  ein  und  dann  meistens  nur, 
am  seinen  eigenen  Vortheil  zu  verfolge,  nicht  sdten  die 
Reichsgewalt  missbrauchend,  um  sein  landesherriiches,  sein  terri- 
toriales Interesse  zu  fördern.  Kein  Wunder,  dass  sich  immer 
mehr  ein  System  der  Territorialpolitik  in  Deutschland  ent- 
wickdt,  wie  es  die  andern  grossen  Länder  Europas,  Italien 
ausgenommen,  nie  gekannt  haben.  Es  bilden  sich  innerhalb 
des  Reichs  dnzeln  oder  in  Gruppen  politische  Gewalten,  die 
wenig  Interessen  kennen  über  ihre  beschränkten  Grenzen  hinaus. 
Innerhalb  dieser  verleugnen  sie  allerdings  nicht  die  alte  deut- 
sche Kraft;  aber  die  kriegerische  Tüchtigkeit  des  Volks,  der 
fiiror  Teutonieus,  so  oft  der  Schrecken  der  Fremden,  wird 
jetzt  dem  Lande  zur  ^tsetzlichen  Plage.  Von  den  Alpen  bis 
zum  Heere  wiederhallt  es  vom  Waffeuklange;  in  erbitterten 
Fehden  kämpfen  die  kleinen  territorialen  Gebilde  mit  einander 
um  ihre  Existenz  und  greifen  dadurch  unendlich  hemmaid  und 
hiiidenid  in  unsere  Entwickelung  ein.  Nur  in  einem  TheQe 
miseres  Vaterlandes  wendet  sich  die  in  der  Selbständigkeit 
erstarkte  Kraft  der  particularen  Bildungen  einem  würdigeren 
Zide  zn:  es  ist  der  Nordosten. 

Schon  zu  den  Zeiten,  da  noch  die  Staufer  die  Kräfte  des 
Reiches  für  ihre  grossartigen  Pläne  in  Anspruch  nahmen,  ent- 
wid^dt^i  particulare  Kräfte  hier  eine  weitgehende  Initiative« 
Während  Friedrich  Barbarossa  den  Widerstand  der  italieni* 
sehen  Communen  zu  brechen  und  feindliche  Päpste  zu  beugett 
suchte,  gewannen  Heinrich  der  Löwe  und  Albrecht  der  Bär 
weite  slavische  Gebiete  deutscher  Herrschaft  und  deutscher 
Kultur.  In  den  Tagen,  da  Friedrich  II.  in  fruchtlosem  Ringen 
sich  abmühte  y  der  Kaisergewalt  in  Italien  unbedingte  Aner* 


4  Einleitung. 

kennung  zu  verschafifen ,  pflanzten  deutsche  Bitter  im  fernen 
Nordosten  das  Samenkorn,  aus  dem  sich  der  mächtige  Baum 
entwickehi  sollte,  in  dessen  Schatten  die  deutschen  Völker  jetzt 
sicher  wohnen.  Und  dieser  Geist  erlosch  nicht,  als  die  Bftner- 
Züge  ein  Ende  nahmen.  Als  das  Beich  den  umwohnenden  Völ- 
kern gegenüber  seine  Bedeutung  immer  mehr  verlor,  da  sorgten 
besonders  im  Nord^  und  Osten  die  frisch  emporblühendoi 
Territorialgewalten  dafür,  dass  die  Nachbarn  auch  femer  Ach- 
tung behielten  vor  deutscher  Thatkraft  und  deutscher  Macht 
Hier  zeigte  es  sich,  dass  das  deutsche  Leben  noch  in  kräftigen 
Pulsschlägen  sich  rege,  während  Kaiser  Ludwig,  nicht  ohne 
Schuld  des  Beiches,  im  Kampfe  mit  päpstlich -französischen 
Intriguen  eine  traurige  Bolle  spielte,  sein  Nachfolger  Karl  IV. 
die  blutumworbenen  Bechte  des  Beichs  in  Italien  in  MedUchai 
Uebereinkünften  als  verloren  anerkannte  und  im  Westen  da 
Abbröckelungsprocess  begann,  der  in  jahrhundertelangem  Ver- 
laufe die  französische  Macht  bis  unmittelbar  an  die  Ufer  des 
deutschen  Bheines  führen  sollte.  Denn  eben  in  jenen  Tagen 
sehen  wir  im  Norden  unseres  Vaterlandes  Dänemark  fast  zwei 
Jahnsehnte  in  der  Hand  der  holsteinischen  Grafen,  Schweden 
ein  Viertetjahrhundert  beherrscht  von  einem  MeUenburger, 
den  gefOrchteten  Dänenkönig  Waldemar  von  deutschen  Städten 
aus  seinem  Lande  vertrieben  und  die  Thronfolge  in  don  imh^ 
dischen  Inselreiche  von  ihrer  Zustimmung  abhängig  gemacht, 
während  gleichzeitig  der  deutsche  Orden  in  unablässigem  Kampfe 
mit  den  heidnischen  Litthauem  und  den  „ungläubigen,  ab- 
gesonderten^^ Bussen  in  einem  weiten  Gebiete  der  Ostseeküste, 
von  der  Weichsd  bis  zum  finnischen  Meerbusen,  deutsche 
Kultur  und  Sitte  verbreitet  und  befestigt. 

Sieht  man  ab  von  der  durch  Jahrhunderte  sich  hinzieheD- 
den  Arbeit  des  deutschen  Ordens,  deren  wichtigster  Theil 
mehr  in  das  13.  als  in  das  14.  Jahrhundert  fidlt,  so  ist  unter 
den  drd  erwähnten  Episoden  der  deutscheo  Geschichte  des 


Einleitang.  5 

14.  Jahrfamiderts  das  Auftreten  der  Städte  bei  Weitem  die 
historisch  wichtigste  und  merkwürdigste.  In  keinem  dieser 
drei  Fälle  ist  die  deutsche  Herrschaft  über  fremde  Gebiete 
?on  langer  Dauer  gewesen.  Auf  schmaler  Machtgrundlage  er- 
baut, zum  Theil  nur  getragen  von  einzelnen  Persönlichkeiten 
musste  sie  dahinsinken,  sobald  die  räumlich  und  an  BevOlke- 
rang  weit  überlegenen  nordischen  Länder  zum  lebhaften  Be- 
wosstsein  ihrer  Lage  kamen.  Lange  liess  sich  die  Herrschaft 
eines  dmitschen  Territoriums  über  ein  nordisches  Königreich 
lieht  aufrecht  erhalten.  So  sind  denn  die  Unternehmungen 
der  Hcdstdner  und  Meklenburger  in  Dänemai^  und  Schweden 
fmfibei^^egangen,  ohne  einen  tieferen  Eindruck  daheim  oder  in 
dem  fremden  Lande  zurückgelassen  zu  haben  und  ohne  auf 
den  Böhm  historischer  Tragweite  grossen  Anspruch  machen 
za  können.  Anders  mit  den  Städten.  Hur  siegreicher  Kampf 
gegen  Dänemark  hat  recht  eigentlich  jenem  Städtebunde  das 
Leben  gegeben,  in  dessen  Namen  sich  der  Ruhm  kaufrnänni- 
sdten  Unternehmungsgeistes  und  maritimer  Wehrkraft  in  un- 
eoer  deutschen  Geschichte  verkörpert  hat,  der  Hanse.  Der 
Kampf  der  Städte  gegen  Dänemark  machte  die  unter  diesen 
bestehende  Einigung  zu  einer  politischen  Macht,  die  durch 
zwei  Jahrhunderte  die  Interessen  der  Deutschen  zur  See  ver- 
trat und  stark  genug  war,  sich  in  allen  Fragen,  die  die  nord- 
eoropäischen  Meere  und  ihren  Verkehr  betrafen.  Gehör  zu 
verschaffen,  die  für  die  weiten  Gebiete  des  skandinavischen 
nnd  finnischen  Nordens  Träger  einer  Kultureinwirinmg  wurde, 
doen  Spuren  noch  die  Gegenwart  bewahrt 

Den  Zeitgenossen  ist  die  historische  Bedeutung  dieses  Er- 
eignisses nur  thdlweise  klar  geworden,  sonst  würden  sie  besser 
Sorge  getragen  haben,  getreue  Berichte  des  Hergangs  der 
Nachwelt  zu  überliefern.  Man  kann  das  im  Interesse  unserer 
geschichtlichen  Erkenntniss  beklagen,  aber  sich  doch  nicht 


6  Eiiil«itaiig. 

allzusehr  darüber  wundem.  D^m  war  der  historische  Sinn 
im  Mittelalter  überhaupt  nicht  allzu  gross,  so  ist  er  spedell 
in  den  norddeutschen  Städten  erst  ziemlich  spät  erwacht.  Erst 
mit  dem  Ende  des  14.  und  dem  Anfange  des  15.  Jahrhunderts 
zeigt  sich  hier  eine  lebhaftere  Thätigkeit  auf  dem  Gebiete  der 
Geschichtsschreibung.  Dazu  kommt,  dass  die  vorzuglichste 
und  in  ihren  Grundlagen  älteste  norddeutsche  Städtechronik, 
die  des  Frandskaner  Lesemeisters  Detmar  zu  Lübeck,  gerade 
für  die  fragliche  Zeit  eine  grosse  Lücke  zeigt.  Als  Detmar  im 
Auftrage  des  Raths  anfing,  die  Stadtchronik  fortzusetzen  und 
zu  bearbeiten,  war  an  derselben,  wie  er  sagt,  36  Jahre  lang, 
„seit  dem  grossen  Tode'S  der  im  Jahre  1350  Norddeutschland 
heimsuchte,  nicht  geschrieben  worden.  Und  nur  mangelhaft 
hat  er  vermocht,  diese  Lücke  zu  ergänzen,  so  mangelhaft,  dass 
die  grossen  Kämpfe  der  Städte  mit  König  Waldemar  von  Däne- 
mark in  wenigen  Zeilen  abgethan  werden.  Was  ihm  nicht 
möglich  war  oder  nicht  nöthig  erschien,  haben  seine  Nach- 
folger auf  dem  Gebiete  der  städtischen  Geschichtsschreibung 
weder  vermocht  noch  auch  nur  versucht.  Körner,  Albert  Krantz, 
Beimar  Kock,  der  Hamburger  Tratziger,  die  preussischen  Chro- 
nisten, sie  alle  smd  entweder  eben  so  dürftig  oder  noch  dürf- 
tiger als  Detmar  oder  ergänzen  seine  Nachrichten  durch  Zu- 
sätze, die  sich  bei  näherer  Betrachtung  als  werthlos  erweisen. 
Und  einem  ähnlichen  Mangel  begegnen  wir,  wenn  wir 
misem  Blick  nach  dem  Norden  wenden.  Man  sollte  d^iken, 
in  einem  so  bewegten  Jahrhundert,  wie  es  das  14.  für  die 
skandinavischen  Länder  gewesen  ist,  müsste  die  Geschicht- 
schreibung recht  angeregt  worden  sein.  Aber  gerade  das  Gegen- 
theO  ist  der  Fall  gewesen.  In  Schweden  b^^nt  sie,  abge- 
sdien  von  einigen  sehr  dürftigen  Erzeugnissen,  überhaupt  erst 
ziemlich  tief  im  15.  Jahrhundert,  in  Dänemark  liefert  sie  uns 
nach  lebhafter  Thätigkeit  in  den  beiden  vorhergehenden  Jahr- 
hunderten nur  eine  einzige  Chronik  von  Bedeutung  aus  dem  14. 


Einieitttog.  7 

Es  ist  die  bis  zum  Jahre  1863  reichende,  sogenannte  Fort« 
Setzung  der  seeländischen  Chronik,  der  wir  unsere  Kenntniss 
über  den  Fdnd  der  Städte,  König  Waldemar  Atterdag,  und 
seine  Begierung  wesentücfa  nüt  verdanken. 

So  ist  d^  Geschichtsschreiber  für  die  Darstdlung  dies«* 
Episode  in  erster  Linie  auf  das  urkundliche  Material  ange- 
wiesen.   Für  die  nordischen  Reiche  fliesst  dasselbe  aus  dieser 
Zeit  nicht  nur  recht  dürftig,  sondern  ist  auch  zum  grossen 
Theil  nur  in  recht  mangelhafter  Form  zugänglich,  f(ir  die 
deutschen  Städte  dagegen  seit  der  Publication  der  Hanserecesse 
nicht  nur  in  grösserer  Fülle  als  bisher,  sondern  auch  in  vor- 
tr^Flidier  Uebersicht  und  Bearbeitung.    Aber  eine  nur  auf  ur- 
kundliche Quellen  gestützte  Darstellung  wird  immer  manche 
Mängel  aufweisen  haben.     Die  Anfertigung  der  Urkunden 
geschah  zu  andern  Zwecken,  als  um  der  Nachwelt  eine  Kennt- 
niss des  Hergangs  geschichtlicher  Ereignisse  zu  übermitteln. 
Werden  sie  daher  unbeeinflusst  sein  von  der  Parteien  Liebe 
und  Hass,  so  werden  sie  doch  auch  andererseits  immer  ausser- 
(odentlich  lückenhaft  bleiben,  sich  nur  sehr  willkürlich  an  den 
Gang  der  Thatsachen  anschliessen  und  ihn  nur  unvoUkonunen 
erkennen  lassen.    Was  sie  an  Zuverlässigkeit  voraushaben,  das 
fehlt  ihnen  an  Zusammenhang  und  an  Stetigkeit  der  Ueber- 
lieferung.    Vor  allen  Dingen  aber  werden  sie  den  Personen, 
ihrem  Einflüsse,  ihren  Thaten  weit  weniger  gerecht  als  den 
Acten  von  Staats-  oder  privatrechtlicher  Bedeutung.    Leicht 
läuft  daher  die  Darstellung  Gefahr,  des  belebenden,  veranschau- 
lichenden Momentes,  der  plastischen  Gestaltung  zu  entbehren, 
wenn  sie  sich  allzusehr  auf  urkundliches  Material  stützen  muss. 
Diese  Gefahr  li^t  in  dem  vorliegenden  Falle  lun  so  näher, 
als  unsere  norddeutschen  Städtechroniken  fast  allzu  sehr  den 
Character  der  Nüchternheit  und  Sachlichkeit  tragen.    Und  ent- 
schädigt auch,  wie  der  beste  lebende  Kenner  dieser  Chroniken 


g  Einleitung. 

trefflich  sagt,  „für  die  fehlende  Buntheit  und  Mannigfaltigkeit 
der  Farben  das  Kömige,  Maridge  und  Sinnreiche  unserer  Er- 
zähler, entrollt  ein  Wort,  ein  Ausdruck  auch  oft  vor  dem 
Auge  des  mit  der  Zeit  Vertrauten  ein  ganzes  Bild^,  so  werd^ 
wir  doch  filr  unseren  Gegenstand  wenig  Grelegenheit  haben, 
diese  herriichen  Vorzflge^  durch  Beispiele  zu  iUustriren. 


L    Das  Vordiingen  der  Beutsdieii  nach  Osten 

bis  zun  14.  Jahrlrandert. 

Es  ist  em  wiederholt  beobachteter  Vorgang  in  der  Ge- 
schichte, dasB  auf  fremdem,  jmigfriLiiIichem  Boden  gegründete 
Niederlassungen  eines  tflchtig^,  kolonosirongsfähigen  Volkes 
gar  oft  sich  lebenskr&fliger  entwickehi  als  das  Mutteriand,  dass 
sie  dieses  überflügeln  und  rückwirkend  auf  dasselbe  bisweilen 
dnen  yeijüngenden  und  belebenden  Einfluss  äussern.  Im  Alter- 
Ürame  liefern  dafür  die  griechischen  Kolonien  an  der  Ostküste 
des  Archipelagus,  auf  Sidlien  und  in  Grossgriechenland  mau- 
cheriei  Belege,  in  der  unmittelbaren  Gegenwart  haben  wir  ein 
d)e&8o  grossartiges  wie  schlagendes  Beispiel  an  den  Vereinigten 
Staaten  von  Nord- Amerika.  Auch  die  Deutschen  hab^  ähn- 
liche Erfahrungen  gemacht.  Der  Staat,  der  in  unsem  Tagen 
die  Leitung  Deutschlands  übernommen,  es  politisch  regenerirt 
hat,  ist  auf  einem  Boden  erwachsen,  der,  als  vor  tausend  Jahren 
durch  den  Vertrag  zu  Verdun  ein  Reich  rein  deutscher  Stämme 
ins  Leben  trat,  diesem  Reiche  noch  nicht  angehörte,  und  der 
Städtebund  der  Hanse,  das  mittelalteiiiche  Deutschland  auf 
dem  Meere,  senkte  seine  festesten  Wurzeln  in  eine  Erde, 
die  noch  im  Anfange  des  12.  Jahrhunderts  nur  slavische  Be- 
bauer  kannte.  Vergegenwärtigen  wir  uns,  wie  diese  Gebiete 
in  dratsche  Hände  und  zum  deutschen  Reiche  in  Beziehung 
kamen  ^). 

1)  VgL  L.  Giesebrecht,  Wendische  Geschichten.  Den  hier  und  an  anderen 
SteUen,  betonders  von  G.  F.  Fabrieins  im  Meklbg.  Jahrb.  VI,  1  ft,   imletit 


10  I*    I^*A  Vordringen  der  Deutschen  nach  Osten 

Die  Zeit  Karls  des  Grossen  fand  alles  Land  östlich  der 
Elbe  und  Saale  von  Slaven  besetzt;  nur  im  westlichen  und 
mittleren  Holstein  hatten  sich  die  sächsischen  Nordalbinger 
als  die  einzigen  Deutschen  jenseit  der  Elbe  erhalten,  während 
andererseits  die  angegebene  Linie  an  manchen  SteUen  west- 
wärts  von  den  Slaven  überschritten  wurde.  Der  erste  wesent- 
liche Fortschritt  nach  Osten  fond  onter  Otto  dem  Grodßen 
statt.  In  hartem  Kampfe  dehnten  Gero  und  Hermann  Billing 
ihre  Marken  von  der  Elbe  und  Saale  bis  gegen  die  Oder  aus  ^). 
Da«  Erzbisthum  Magdeburg  mit  seinen  Suffiraganen  sollte  für 
Verbreitung  und  Befestigung  des  Ghrist^thums  unter  den 
heidnischen  Slaven  sorgen.  Aber  bald  zeigte  es  sich,  dass  die 
Kraft  derselben  nur  geschwächt,  nicht  gebrochen  sei.  Es  fehlte, 
was  später  diese  Lande  wirklich  zu  deutschen  gemacht  hat, 
das  Verdrängen  und  Ersetzen  der  slavischen  Bevölkerung  durch 
deutsche  Einwanderer.  Man  hatte  die  Slaven  der  deutschen 
Herrschaft  unterworfen,' an  ihrer  Christianisirung  gearbeitet, 
aber  sie  ruhig  in  ihren  Sitzen  gelassen.  Dies  Verhältniss  konnte 
bei  der  Schärfe  des  nationalen  Gegensatzes  nicht  von  Dauelr 
sein,  und  zwei  Jahrhunderte  später  mussten  andere  Kräfte  das 
Werk  noch  einmal  angreifen,  um  es  zu  einem  voUkommenoA 
Ende  zu  führen. 

Inzwischen  hatte  sich  die  Aufgabe  anders  gestaltet.  Böh* 
men  und  Polen  waren  seit  dem  Ende  des  10.  Jahrhunderts  dem 
Christenthum  vollständig  gewonnen.  Von  Polen  gerufen,  mit 
polnischer  Unterstützung  unternahm  Bischof  Otto  von  Bamberg 


von  C.  PUtner,  Forschongen  XVII,  409  tL  ansgef&hrten  Ansichten  Toa  efaier 
unter  sUvischer  Herrschaft  sich  erhaltenden  deutschen  Bevölkerung,  deren 
Vorhandensein  dann  die  spätere  rasche  Germanisirung  erkl&ren  soll,  kann  ich 
mich,  wenigstens  für  das  Oebiet  der  norddeutschen  Ebene,  durchaus  nicht  an- 
schliessen.  Vgl.  gegen  Fabricios  Boll,  Meklbg.  Jahrb.  IX,  1  ff.  und  XII,  57  iL 
und  gegen  Platner  6.  Wendt,  Die  Nationalität  der  Bevölkerung  der  deutschen 
Ostmarken  vor  dem  Beginne  der  Germanisirung. 

1)  Vgl  W.  GiMebncht,  Geicb.  d.  deutschen  KaUerseit  I,  8.  SM  ff,   . 


hig  mm  14.  Jahrhwidtrt«  H 

1124  die  B^ehnmg  der  Pommern;  um  die  Mitte  des  12.  Jahr- 
hmiderts  war  auch  an  den  Ostse^estaden  zwischen  Oder  und 
Weichsel  das  Christrathum  befestigt.  Die  heidnischen  Slaven 
waren  zwischen  Ostsee,  Elbe,  'Havel  und  Oder  vollkommen 
ton  Christen  eingeschloss^.  Es  war  nur  die  Frage,  ob  sie 
Ton  ihren  stammverwandten  Nachbarn  im  Osten,  oder  von 
ihren  Todfeinden  im  Westen  christianisirt  werden  sollten.  Das 
Letztere  geschah.  Albrecht  d^n  Bären,  dem  ersten  Maik- 
grafen  von  Brandenburg  und  Herzog  Heinrich  dem  Löwen  blieb 
es  vorbehalte,  diese  Gebiete  dem  Christenthum  und  zugleich 
dem  Deotschthum  zu  gewinnen.  Des  Letzteren  Thätigkeit  ist 
ihr  die  Geschichte  der  Ostseegebiete  von  entscheidender  Be- 
deutiuig  gewesen. 

Unter  den  Slaven  des  östlichen  Holsteins,  den  Wagnern, 
gdang  es  g^en  die  Mitte  des  11.  Jahrhunderts  einem  christlich 
enogenen  Volksgenossen,  Gottschalk,  dem  Schwiegersohn  des 
dänisch^i  Königs  Svend  Estrithson,  mit  sächsischer  und  däni* 
scher  Hülfe  eine  christliche  Herrschaft  zu  errichten  ^).  Auch 
sein  Sohn  Heinrich  hat  dieselbe  nach  harten  Kämpfen  als 
^Onig  der  Slaven  und  Nordalbinger^S  denn  auch  die  Letzteren 
leisteten  ihm  Heeresfolge,  bis  in  das  folgende  Jahrhundert 
hinein  zu  behaupten  vermocht*),  doch  Beide  unter  Anerkenn 
nung  der  Oberhoheit  des  sächsischen  Herzogs.  Fast  schien  es, 
als  sollte  auch  hier  am  innersten  Winkel  der  Ostsee,  an  dem 
ftr  Handel  und  V^kehr  gelegensten  Punkte  ein  christlich  sla* 
visches  Reich  sich  bilden  und  die  Deutschen  auf  immer  vom 
baltisdira  Meere  ausschliessen.  Denn  auch  nach  Heinrichs  Tode 
wurde  ein  Däne  sein  Nachfolger,  kein  Deutscher,  der  Herzog 

1)  Adun  Ton  Bremen  II,  64  und  III,  18  ff.,  Mon.  SS.  VlI;  Helmald  I, 
11  iL  Mon.  SS.  XXI.  Gegenüber  den  Ausftthriingen  Sehirrens  (Beiträge  sor 
Kritik  llterer  Holstein.  Geschiehtsqnellen  S.  114  ff.)  Tgl.  Wigger,  Meklb. 
Jalirb.  XLII,  AnL  D,  S.  40  ff. 

t)  Hobnold  1,  34. 


X2  I-   ^*A  Vordringen  der  Deatiohen  nach  Osten 

Knud  Laward  von  Schleswig,  den  Ednig  Lothar  mit  dem  Sla- 
venreiche  belehnte  ^). 

Doch  kaum  war  dieser  todt  (er  wurde  1131  von  seinem 
Vetter  Magnus  auf  Seeland  meuchlings  ermordet),  so  zeigte 
sich  die  Unhaltbarkeit  der  Zustande.  Trotz  der  aufopfernde 
Thatigkeit  des  frommen  Mönches  Yicdin  erhob  sich  das  Heiden- 
thum  in  alter  Stärke.  Erbitterter  als  je  entbrannte  der  Kampf 
zwischen  Slaven  und  Sachsen,  Heiden  und  Christa.  Tapfer, 
mit  ÜBisicht  und  nicht  ohne  Glück  führte  der  Graf  von  Hol* 
stein,  der  Schauenburger  Adolf  II.,  das  Schwert  gegen  de 
zahlreichen  und  unermüdlichen  Feind,  siedelte  fleissig  deutsche 
Kolonisten  auf  wagrischem  Lande  an^);  aber  zu  bändigen  ver- 
mochte er  die  Slaven  nicht.  Es  musste  ein  Stärkerer  komme, 
der  mit  gewaltiger  Faust  das  wilde  Volk  zu  Boden  warf: 
Herzog  Heinrich  der  Löwe. 

„Allein  vor  dem  Herzog  fürchten  die  Slaven  sich.  Er  hat 
ihre  Kraft  zerrieben  vor  allen  Führern,  die  vor  ihm  gewese 
sind,  viel  mehr  als  jener  Otto,  der  Kais^.  Er  legte  ihne 
das  Gebiss  zwischen  die  Kiefer  und  lenkt  sie,  wohin  er  wilL 
Er  gebietet  Frieden,  und  sie  gehorchen ;  er  befiehlt  Krieg  und 
sie  sprechen:  Hier  sind  wir."  So  spricht  Helmold,  der  Pfarrer 
von  Bosan  am  Plöner  See,  „Nordalbingiens  Tadtus",  über  die 
Thaten  seines  Herzogs^). 

Heinrich  der  Löwe  fand  einen  nicht  gesuchten  Bundes- 
geossen  an  König  Waldemar  I.  von  Dänemark.  In  jeem 
Inselreiche,  wo  in  Folge  der  endlosen  Thronwirren  die  noch 
wenig  verschmolzenen  Provinzen  mit  einander  in  blutigem  Hader 
lagen,  wo  man  „nur  in  Büi^rkriegen  etwas  vermochte,  zu 

1)  Helmold  I,  49. 

S)  Helmold  I,  57. 

S)  Helmold  II,  18:  Solos  eis  duz  est  formidini,  qni  protrivit  robos  ScU- 
vomm  super  omnes  daces  qui  fnerunt  ante  eum,  plos  multo  quam  Ule  nomi- 
natns  Otto  (Imperator  seil.)  et  misit  frenum  in  maxillas  eomm,  et  qao  volnerit 
declinat  eos.  Loqoitiir  pacem  et  obtemperant,  mandat  bellom  et  dicvnt :  Assvmns. 


bto  ram  14.  JihrliiiBdert.  18 

Hanse  kampflustig,  nach  Aussen  ftber  unkriegerisch  war^),^ 
hatte  man  doch  die  unablässigen  Einftlle  der  Slawen  längst 
als  eine  drOckende  Landplage  empfunden.  Erst  die  Energie 
Waidemars  des  Grossen  und  seines  Bischofis  Axel  Absalon, 
zwei  der  gräesten  Männer,  die  Dänemark  je  hervorgebracht 
hat,  wQsate  die  Kraft  des  tapferen  Volkes  zum  Kampfe  gegen 
seine  schlimmsten  Feinde  zusammenzufassen.  Die  mäditig  auf* 
blflhende  Seemacht  der  Dänen  yemichtete  die  langjährigen  er* 
Intterten  Gegner,  die  Rugianer,  und  eroberte  ihr  auf  der  Insel 
und  im  jetzigen  Vorpommern  belegenes  Gebiet,  während  Hein* 
richs  des  L5wen  Schaaren  siegreich  die  Länder  von  der  Elbe 
bis  zur  Oder  durchzogen  und  bis  an  die  Peene  hin  alle  Slaven 
dem  Sachsenherzog  unterwarfen;  sdbst  die  schon  chrisüichai 
Fürsten  von  Pommern  mussten  diesem  huldigen.  Drei  Bis* 
thfbner,  in  Lübeck,  Schwerin  und  Ratzeburg,  sorgten  für  die 
Christianisirung  und  ersetzten  zugleich  der  Hamburg- Bremer 
Kirche  die  seit  Errichtung  des  Erzbisthums  Lund  (1103)  ent* 
behrten  Suffragane.  Im  östlichen  Theile  des  heutigen  MeUen* 
bürg  bli^  ein  einheimisches  Fürstengeschlecht  unter  sächsischer 
Lehnshoheit  bestehen,  die  westliche  Hälfte  jenes  Landes  über- 
trug Herzog  Heinrich  einem  seiner  Getreuen,  Gunzd  von  Hagen, 
als  Grafschaft  Schwerin  >). 

Und  diese  Erfolge  waren  von  Dauer,  denn  dem  kriege- 
rischen Vordringen  folgte  die  deutsche  Kolonisation  auf  dem 
Fusse.  Gerade  im  12.  Jahrhundert  war  j^e  in  ihren  Ursache 
wie  in  ihrem  Verlaufe  noch  nicht  vollkommen  aufgeklärte  Be- 
wegung auf  ihrem  Höhepunkte,  die  endlose  Schaaren  aus  den 
westlichen  Gauen  unseres  Vaterlandes,  aus  Westfalen  und  d^ 
Bheinlanden,  aus  Holland,  Geldern,  Flandern  und  Brabant  in 


1)  Helmold  I,  51 :  Solls  enfan  clTillbos  beUis  prepoUent  (seil.  Dan!) ;  I,  65 : 
hH  enim  doml  pogoaees,  foris  hnbelles  sont;  I,  84:  Dan!  snim  semper  bellis 
Uborantes  domesticis,  ad  forinseca  bella  nallam  habnere  Tirtatem. 

t)  Helmold  I,  87  nnd  II,  7. 


14  I-    I>*s  Vordriagtii  d«r  DeiitMlMn  nach  Osten 

den  slavischen  Osten  führte  ^).  Die  Eroberer  versäumten  nicht, 
diese  Kräfte  herbeizozieben.  An  allen  Ecken  und  Enden  wuch- 
sen an  Stelle  der  vernichteten  oder  neben  den  noch  bestehende 
slavischen  Dörfern  deutsche  empor,  die  durch  ihre  U^rlegen- 
heit  im  Ackerbau  jene  rasch  überflügelten  und  verdrängten. 
Selbst  alavische  Fürste  begünstigten  diese  Ansiedlungen ,  da 
d^  leistungsfähigere  deutsche  Pflug  einen  höheren  Zehnten 
versprach  als  der  slavische  Haken'). 

Und  dem  deutschen  Bauer  schritt  der  deutsche  Bürger 
zur  Seite.  Längst  war  die  Zeit  vorüber,  da  der  freie  Germaae 
es  stolz  verschmähte,  sich  in  die  Mauern  einer  Stadt  ein- 
schliessen  zu  lassen.  Der  Deutsche  hatte  den  Yortheil  des 
sicheren  und  bequeme  Zusammenwohnens,  des  ruhige,  fleissi- 
gen  Betriebes  einer  Erwerbsthätigkeit  schätze  gelernt.  Auch 
als  Städtegründer  war  er  dem  Slave  überlege,  der  eiget- 
liches  Bürgerthum  nicht  kannte,  obgleich  er  Städte  besass. 
Ueberall  erhöbe  sich  deutsche  Städte,  meistens  an  der  Stelle 
früherer  slavischer  Ortschaften.  Die  Fürsten,  die  ebe  erst 
mit  de  Waffe  in  der  Hand  das  feindliche  Volk  bezwunge 
hatte,  zeigten  sich  zum  Theil  als  wahre  Organisatore.  Der 
Schauenburger  Graf  Adolf  H.,  „der  thatkräfüge  Mann,  die  ge- 
eignete Lage  und  den  vortrefflichen  Hafe  erkenned*^ ') ,  er- 


1)  Vgl.  darüber  das  von  der  kgl.  belg.  Akademie  gekrönte,  aber  wenig- 
stens was  die  geographischen  Fragen  anbetrifft,  mit  einer  staunenswerthen 
Nachlässigkeit  gearbeitete  Werk  Emile  de  Borchgrave's :  Histoire  des  Colonies 
Beiges  qoi  s'etablirent  en  Allemagne  etc. 

2)  Vgl.  üsinger  über  Heinrich  Borwin  in  Meklenbnrg,  deutsch  -  dXnische 
Geschichte  S.  283  ff.;  BoU  im  Meklbg.  Jahrb.  XIII,  57  ff.  und  118  ff.;  WIgger 
über  Bischof  Bemo  ron  Schwerin,  Meklbg.  Jahrb.  XXVIII,  8  ff.;  Ernst,  fib4r 
die  Kolonisation  Meldenburgs  im  12.  and  18.  Jahrhundert  in  Schirrmaehers 
Beitr&gen  zur  Qeschichte  Meklenbnrgs  Bd.  II;  dazu  Koppmann  in  den  Hans. 
Oeschbl.  1875,  S.  205  ff.,  dann  Ltib.  Urkdb.  1,  n.  98:  De  unoqao<ine  eciam 
thentonicali  arathro  nnam  mensnram  tritici  et  alteram  siliginis  Colmensis  men- 
sure,  qoi  schepel  dicitnr,  unanTquoqne  tritici  mensnram  de  nnco,  quo  Pmteni 
▼el  Poloni  terram  oolere  consneyernnt. 

8)  Helmold  I,  57 :   Videos  igitnr  indastrius  rir  competentiam  loci  portum- 


bift  nm  14.  Jahrbwidflrt  X& 

baute  in  der  Nfthe  eines  froheren  slavischen  Ortes  Stadt  und 
Hafoi  LObedL  Heinrich  der  Löwe  selbst  ist  es  dann  gewe^ 
sen,  der  die  eigentliche  Bedeutung  dieses  Hauptes  der  Hanse 
bq^rOndete.  Die  ausserordentliche  Gunst  der  Lage  Lttbedos 
enregte  die  Eifersucht  des  scharfblickenden  Sachsenherzogg,  der 
fitar  sein  Bardowik  f&rchtete.  Er  setzte  der  Stadt  und  ihrem 
6ra£eii  so  lange  zu,  bis  dieser  sie  1158  ihm  abtrat  0«  Rasch 
hlflhte  sie  jetzt  empor  und  wurde  eine  Musteranlage  für  zahl- 
racfae  St&dtegrOndungen  in  den  Ostseeländem.  So  entstanden  zu 
Ende  des  13.  und  im  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  Bostock« 
Wismar,  Stralsund,  Grdfswald,  Stettin,  Anklam,  Stargard, 
Kidbeig  und  eine  Beihe  kleinerer  Städte,  sämmtlich  fast  rein 
deutsch  mit  gfinzlichem  Zurücktreten  des  slavischen  Elements. 

Und  diese  Städte  ^twickelten  sich  um  so  rascher,  je  um- 
fassender und  lebhafter  der  Verkehr  mit  dem  Osten  wurda 
Denn  die  Deutschen  machten  an  der  Ostsee  nicht  Halt.  Ge- 
gen Ende  des  12.  Jahrhunderts  kamen  die  ersten  Glaubens- 
boten aus  deutschen  Landen  über  Goüand  nach  der  Mündung 
der  Düna').  Und  dem  Prediger  des  Christenthums  war  der 
deutsche  Kaufmann  schon  voraufgegangen,  folgten  alsbald  die 
dratschen  Bitter,  die  der  mannhafte  Bischof  Albert,  der  „ge- 
waffiiete  Apostel^  in  dem  neu^  Lande  zum  Orden  der  Schwert- 
brüder zusammenfasste.  In  harten  Kämpfen  mit  den  heidni- 
schen Letten  und  Liven  fasst^  Christenthum  und  Deutsch- 
thum  an  der  Dana  festen  Fuss;  das  neu  gegründete  Biga 
wurde  der  Stützpunkt  der  deutschen  Macht  und  Vermittler 
des  regen  Verkehrs  mit  den  Eingebomen  und  den  hinter  ihnen 
wohnenden  Bussen. 

Halt  und  Dauer  gewann  diese  Herrschaft  wenige  Jahre  dar* 

qi«  BobUom.  VgL  Helmold  I,  41  and  48  und  Detmar  bei  Gntutoff,  labeckiseb« 
Chroniken  I,  14  ff. 

1)  Helmold  I,  76  und  85.     Dotmar  S.  45  ff.  sa  1157. 

i)  Vgl  Höhlbaam,  Die  Grttndang  der  deutschen  Kolonie  en  der  Düne, 
Hans.  Geschbl.  187t,  8.  41  ff. 


16  I.    Dm  Vordringen  der  Deatsdien  naeh  Oeten 

auf  durch  die  Veremigung  der  Schwertbrftder  mit  dem  deatsdien 
Ord^  1237.  Denn  dieser  neu  gegründete,  lebenskräftige  Bitteat- 
orden,  der  sich  ergiebigere  und  lohnendere  Felder  für  seinen 
Kampf  gegen  die  Ungläubigen  suchte,  als  das  Morgenland  sie 
bot,  hatte  seit  1226,  gerufen  von  dem  polnisdien  Herzog  Eon- 
rad Y(m  MasoTien,  mit  Glüdc  und  (jeschick  sich  einer  Auf* 
gäbe  unterzogen,  welche  die  Ghristianisirung  der  Ostse^flste 
vollenden  sollte.  Das  einzige,  noch  heidnische  Land  an  den 
Ufen  der  Ostsee,  das  von  dem  Volke  der  Preussen  bewohnte 
Gebiet  zwisch^  Weichsel  und  Niemen  wurde  in  mehr  als 
fünfzigjährigem  Kampfe  von  ihm  unterworfm,  dessen  Insas- 
sen fast  vernichtet^).  Deutsche,  auch  hier  wieder  besondiors 
westftlische,  rheinische  und  niederländische  Emwanderer  nah* 
men  ihre  Stelle  ein.  Schon  in  den  30er  Jahren  entstanden 
an  der  Weichsel  die  Städte  Kulm,  Thom  und  Mbing,  1266 
am  Pre^  Königsberg.  Und  einmal  Herr  des  Gebiets  zwi- 
schen Weichsel  und  Niemen  musste  es  das  natürliche  Bestre- 
ben des  deutschen  Ordens  sein,  die  Verbindung  mit  dem  Mut- 
terlande zu  gewinnen,  nach  Westen  auf  dem  noch  slavischen 
Gebiete  zwischen  Weichsel  und  Oder  sich  auszudehnen.  Die- 
ses Bestreben  führte  zum  Erwerb  von  Pommerellen ;  1306  kam 
Damdg  in  die  Hände  des  deutschen  Ordens'). 

So  war  zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  fast  die  ganze 
Ostseeküste  von  der  Kieler  Bucht  bis  hinauf  zum  finnisdien 
Meerbusen  in  deutschen  Händen.  Wo  noch  slavische  Fürsten 
regierten,  wie  in  Pommern  und  Meklenburg,  hatte  doch  seh<m 
die  auch  von  ihnen  begünstigte  und  noch  immer  fortdauernde 
deutsche  Ansiedlung  der  gänzlichen  Germanisirung  mächtig 
vorgearbeitet.    Besonders,  was  an  Städten  vorhanden  war  und 


1)  Vgl.  Ewald,  Die  Eroberung  Prenssens  durch  die  Deutschen. 

2)  Vgl.  J.  Voigt,  Preuss.  Geschichte  IV,  215  ff.;   Hirsch,  Handels-  und 
Gewerbsgeschichte  Danzigs  S.  7. 


l>is  snm  14.  ^ahrhondert  l7 

diesen  Namen  verdiente,  war  entweder  deutschen  Ursprungs 
oder  doch  von  den  deutschen  Elemente  beherrscht.  Hatte 
ja  doch  Danzig  auch  schon  unter  der  Herrschaft  der  pohii- 
schen  Herzöge  von  Pommerellen  eine  Oberwiegend  deutsche 
Beräkening  und  nahm  an  den  Privilegien  der  deutschen  Eauf- 
leote  in  Nowgorod  Theil  ^).  Nur  an  zwei  Punkten  hatte  sidi 
eine  andere  Macht  festgesetzt,  die  wiederholt  Miene  machte, 
den  Deutschen  die  Herrschaft  streitig  zu  machen:  Rügen  und 
Estland  waren  im  Besitz  DSnonaiks.  Begünstigt,  ja  geradezu 
angefordert  durch  seine  Lage  hat  dieses  Land  im  Gebiete  der 
Ostsee  mehr  als  einmal  eine  Bolle  gespielt,  die  weit  hinaus 
ging  Aber  seinen  Umfang  und  die  Zahl  seiner  Bewohner,  ist 
■dir  als  einmal  eingetreten  in  den  Kampf  um  die  Herrschaft 
iber  das  baltische  Meer.  Es  sind  ähnliche  Bestrebungen,  die 
um  die  Mitte  des  14  Jahrhunderts  zum  Zusammenstoss  mit 
den  deutschen  Städten  fahren.  Zu  ihrem  Verständniss  wird 
es  Böthig  sein,  einen  Blick  zu  werfen  auf  die  Stellung  des 
(tentadien  Nordens  zu  dem  dänischen  Inselreiche. 


1)  Hineb ,  Dansi^  Hmd.-  n.  Gewgesch.  S.  6 ;  EEanse-Becesse  I,  n.  6S ,  9. 


ScUte.  DU  ITiMWlIiin 


n.    BeutsoUaiid  und  Dänemark  bis  g^en  Ende  des 

18.  Jahrlinnderts. 

Gar  zu  leicht  ist  man  geneigt,  die  Yon  der  Neuzeit  her- 
ausgebildete  Sdi&rfe  der  nationalaoi  Gegensätze  in  das  Mit- 
telalter zu  übertragen  und  die  /jeschichte  zweier  Nachbarvöl- 
ker allein  aus  dem  Gesichtspunkte  der  Nationalitätenfrage  zu 
betrachten.  Ist  das  gerechtfertigt,  wo  neben  dem  nationalen 
Gegensatz  noch  ein  religiöser  die  Kluft  zwischen  zwei  Völkern 
erweitert,  wie  in  den  Kämpfen  zwischen  den  christlichen  Deut- 
schen und.  den  heidnischen  Slaven,  Preussen  und  liven,  so 
ist  doch  eine  solche  Auffassung  durchaus  nicht  zulässig,  will 
man  z.  B.  das  Yerhältniss  zwischen  Deutschen  und  Dänen  im 
Mittelalter  in  seinem  Wesen  erkennen.  Jede  unbefangaie  Be- 
traditung  lehrt,  dass  in  erster  Linie  ganz  andere  Kräfte  als 
nationale  Bew^gründe  wirksam  waren  in  dem  Kampf  der  po- 
litischen Gewalten,  so  nahe  es  fClr  uns  auch  liegen  mag,  die 
letzteren  als  Hauptfactoren  der  Bewegung  zu  vermuthen  ^). 

Um  die  Zeit,  da  das  Volk  der  Dänen  durch  den  Zusam- 
menstoss  mit  den  vordringenden  Franken  zuerst  in  ein  helle- 
res historisches  Licht  tritt,  finden  wir  es  im  Besitz  der  ganzen 
jütischen  Halbinsel  bis  herab  gegen  die  Eider;  nur  an  der 
Westküste  Schleswig's  hatte  sich  der  deutsche  Stamm  der  Frie- 
sen behauptet.  Südlich  der  Eider,  in  den  Gauen  der  Stor- 
mam,  Holsten  und  Dithmarschen  sassen  die  nordalbingisch^ 
Sachsen.    Durch  Karl  den  Grossen  dem  Christenthum  gewon- 

1)  Vgl.   mr   das  folgende  Waiti,   Schleswig-Holsteins  Geschichte;   Dshl- 
mann,  Geschichte  von  Dänemark ;  Usinger,  deutsch-dänische  Geschichte. 


n.    DtolteUsiid  Qua  Dlatauurk  bis  gigw  All«  dtt  18.  Jalurliimderts.    19 

nen  hatten  sie,  so  luige  die  Dänen  noch  Heiden  waren,  geg^ 
diese  nicht  weniger  hart  zu  k&mpfen,  als  gegen  ihre  tetlichen 
Nachbarn,  die  Wenden  Wagriens.  Hamburg  wurde  845  v<m 
den  Dftnen  zerstört,  das  neugegrOndete  Erzbisthum,  das  recht 
eigentlich  der  Bekehrung  der  Heiden  obliegen  sollte  (legatio  g^i^ 
üom,  quod  primum  est  Hammaburgensis  ecdesiae  officium,  sagt 
Adam  y/oa  Bremen)  ^),  musste  rückwärts  an  die  Weser  nach  Bre- 
men Yedßgt  werden.  Eine  um  die  Mitte  des  9.  Jahrhunderts  in 
dem  Lande  zwischen  Eider  und  Schlei  erwähnte  Mark  hatte  kei* 
nen  Bestand ').  Erst  unter  den  sächsischen  Kaisem  gelangten 
die  Deutschen  im  Nord^  der  Elbe  wieder  zu  Macht  und  An- 
sehen.  Heinrich  L  begründete  aufis  Neue  und  fester  die  Mark 
g^gen  die  Dän^  *).  Unter  seinem  Sohn  und  Nachfolger  Otto 
dem  Grossen  mussten  die  Dänen  die  Errichtung  von  Bisthü- 
mem  auf  ihrem  Oebiete  gestatten,  zu  Schleswig  (ihrem  Für- 
steDsitze  Hethaby,  dem  alten  englischen  Sliaswic  oder  Slias* 
tborp),  zu  Bipen  und  Aarhuus.  Doch  gelangte  das  Christen- 
thom  zur  vollständigen  Durchführung  in  Dänemark  erst  durch 
Knud  den  Grossen  (1014—1035). 

Dieser  tiefgreifenden  Umwälzung  in  dem  nordischen  Nach- 
barreiche f(dgen  anderthalb  Jahrhunderte  friedlichen  Zusam- 
DieDlä)ens  der  beiden  Yiflker,  gemeinschaftlichen  Kampfes  gegen 
die  heidnischen  Slaven.  Einmal  zum  Christenthume  bekehrt 
erschienen  die  Dänen  dem  deutschen  Beiche  und  seinen  Kai- 
sern kaum  noch  als  ein  fremdes  Element  Die  deutsche  Mark 
jeaseit  der  Eider  wurde  v(m  Kaiser  Konrad  U.  dem  Dänen- 
kteige  Knud  dem  Grossen  Überiassen^);  Lothar  belehnt  einen 


1)  Ad.  Y.  Br.  lU,  1,  vgl.  ebd.  I,  15. 

t)  Vgl.  Wütx ,  Heinrich  I.  S.  264  ff.  Den  Zweifeln  Roppmanns  (Jahrb. 
f.  d.  Landeeknnd«  d.  HenogthOmer  Schi.,  Holst  o.  Lftnenborg  X,  18 ff.),  be- 
Srtedat  a«f  die  Auslegung  der  nMure»  als  Grenie,   kann   ich   mich   nicht  lAi* 


8)  Wahx,  Heinrioh  I.  S.  ie8ff.  «.  t61  ff. 
4)  Ad.  T.  Br.  U,  54. 


20  n.    Deatschland  und  DXnemark 

dänischen  Prinzen,  den  Herzog  Knud  Laward  von  Schleswig, 
mit  dem  Slavenreiche  Heinrichs^).  Im  Bunde  mit  Heinrich 
dem  Löwen  vernichtete  Waldemar  der  Grosse  die  letzten  Ueber- 
reste  slavischen  Heidenthimis  in  den  Landen  zwischen  Elbe 
und  Oder. 

Das  Yerhältniss  trat  in  eine  neue  Phase  der  Entwicklung, 
als  mit  dem  Sturze  Heinrichs  des  Löwen  (1181)  die  sächsische 
Herzogsmacht  zerfiel.  Nicht  ohne  die  Hülfe  des  rivalisir^den 
Dänenkönigs  benutzt  zu  haben,  hatte  Kaiser  Friedrich  den 
Löwen  bezwungen;  es  war  natürlich,  dass  die  Hülfe  nicht  ge- 
leistet war  ohne  Hoffiiung  auf  Gewinn  und  die  Verhältnisse 
versprachen  dieser  Hoflhung  baldige  Erfüllung.  Der  neue  Her- 
zog von  Sachsen,  Bernhard  aus  dem  askanischen  Hause,  Sohn 
Albrechts  des  Bären,  war  nur  ein  Schatten  seines  Yoigängers. 
An  allen  Enden  hatte  man  seine  Herrschaft  arg  beschnitten. 
Im  Osten  waren  die  pommerschen  Fürsten  zu  Herzogen  und 
BdchsfQrsten  erhoben,  im  Westen  in  Westfalen  dem  Erzbischof 
von  Köln  die  Herzogsrechte  übertragen  worden.  Die  flberd- 
bischen  Bischöfe  (zu  Lübeck,  Batzeburg,  Schwerin),  bisher  von 
Herzig  Heinrich  investirt*),  wollten,  wie  alle  andern  im  Reiche, 
direct  unter  dem  Kaiser  stehen  und  verweigerten  die  Huldi- 
gung; ebenso  machte  es  der  mächtigste  der  nordalbingischen 
Ffirst^,  Graf  Adolf  III.  von  Holstein.  Das  blühende  Lübeck 
war  trotz  treuer  Anhänglichkeit  an  seinen  weifischen  Wohl- 
thäter')  „wegen  des  Yortheils  seiner  Einkünfte  und  weil  es 
an  der  Grenze  des  Reiches  gelegen  war^'  von  Kaiser  Friedrich 


1)  Helmold  I,  49. 

t)  Helmold  I,  69,  70,  78,  87.  Die  Verleihang  des  Bechts  durah  Ksiief 
Friedrich  «n  Henog  Heinrich  aaf  Lebensseit  s.  Heklbg.  Urkdb.  I,  n.  56  n.  57. 

3)  Arnold  von  Labeck  II,  21  und  V,  8  und  12,  Mon.  SS.  XXI.  Ebdas. 
in,  4:  Imperator  vero  dvitatem  propter  ndllUtem  tribatoram  Tel  qnia  in  fine 
imperii  eita  est,  siU  retiünit 


bis  fagfA  Ende  des  18.  Jalirliiuiderts.  2X 

in  sdneii  mimittelbareii  Schutz  glommen  und  aus  einer  her- 
zoglichen in  dne  kaigerliche  Stadt  verwandelt  worden.  Und 
dazu  besass  der  neue  Herzog  nur  geringe  Hausmacht.  Kein 
Wander,  dass  Arnold  von  Lübeck  in  die  Worte  ausbricht: 
^  jenen  Tag^  war  kein  König  in  Israel,  sondern  Jeder  that, 
was  in  seinen  Augen  recht  schien^^  ^). 

Dieser  Zersplittenmg  stand  nun  das  Dänenreich  in  ge- 
schlossener Einheit  und  jugendkraftig  gegenüber.  Dort  war 
die  Grundlage  der  Macht  noch  die  Gesammtheit  der  freien 
angesessenen  Bauern;  die  Gewalt  war  bei  diesem  Stande,  der 
das  V<dk  ausmachte.  K(kiig  Waldemar  und  sein  grosser  Kanz- 
ler hatten  verstanden,  die  in  dieser  Masse  schlummernden  Kräfte 
SU  wecken  und  zu  einigen,  sie  in  kühnen,  gewaltigen  Kriegs- 
zftgen  g^en  den  slavischen  Erbfeind  zu  Sieg  und  Ruhm  zu 
fOhren.  Das  für  den  Seekrieg  von  jeher  hochbegabte  Volk 
herrschte  mit  sein^  Flotte  unbedingt  auf  dem  baltischen  Meere, 
ab  die  Macht  des  Löwenherzogs  in  den  Staub  sank.  Und  mit 
ifar^  Kraft  wuchs  den  Dänen  das  Bewusstsein  derselben.  Durch 
Jahrhunderte  hatten  ihre  Könige  die  Oberhoheit  der  deutschen 
Kaiser  anerkannt,  auch  Waldemar  der  Grosse  hatte,  als  er 
mit  seiner  Flotte  d^n  Kaiser  Lübeck  belagern  half,  diesem 
gehuldigt,  durch  Verlobung  semer  Tochter  mit  des  Kaisers 
Sohn,  Friedrich  von  Schwaben,  den  Bund  befestigt.  Sein  Sohn 
und  Nachfolger  Knud  VI.  aber  verweigerte  die  Huldigung, 
schickte  dem  Kaisersohne  die  verlobte  Schwester  fEist  ohne 
Mitgift,  so  dass  sie  von  Friedrich  zurückgesandt  wurde.  Es 
war  eine  Macht  im  Norden  erstanden,  die  bereit  war,  jede 
Gelegenheit  zu  ergreifen,  um  ihre  Herrschaft  über  die  südli- 
chen Nachbarländer,  über  die  durch  deutschen  Fleiss  aufblü- 
henden Gebiete  am  innem  Winkel  der  Ostsee  auszudehnen. 


1)  A.  T.  L.  m,  1:  In  diebns  Ulis  non  erat  rex  in  Israel,   sed  mmsqais- 
^pe  €fmod  rtetam  in  oenlis  suis  ridebator  fiiciebat. 


22  U.    DMtschUuid  und  Dlaeaark 

Dieser  Macht  gegenüber  aber  fehlten  nach  dem  Sturze 
Heinrichs  des  Löwen  die  Elemente  für  einen  genOgendai  Wi- 
derstand. Vom  Reiche  war  Nichts  zu  erwarten:  Die  italieni- 
schen Verhältnisse  und  der  Kreuzzug  Friedrich  Barbarossas, 
die  h(>chfliegenden  Pläne  Heinridis  VI.,  der  heftige  Kampf  zwi- 
schen Philipp  von  Schwaben  und  Otto  von  Braunschweig  liess^ 
nicht  an  eine  Deckung  der  Nordgrenzen,  an  ein  Erzwingen  der 
verweigerten  Huldigung  denken.  So  blieb  das  Abwehren  der 
vordringenden  dänischen  Macht  den  angrenzenden  Territorial- 
herren überlassen,  die  ohne  einigenden  Mittelpunkt  sieh  zu 
keinem  zusammenhängenden  Widerstände  aufschwangen.  Von 
einer  nationalen  Fassung  ihrer  Aufgabe  ist  bei  ihnen  kaum 
eine  Spur  zu  entdecken.  Im  Oegentheil:  die  Furcht  vor  der 
wiederaufleb^den  wdfischen  Macht,  welche  die  kaum  errun- 
gene Selbständigkeit  bedrohte,  wirkte  lähmend;  dazu  fiel  die 
festeste  Stütze  des  Deutschthums  in  den  nordalbingischen  Lan- 
den, die  Grafschaft  Holstein,  untergraben  durch  ihren  eigenoi 
Adel. 

Kaum  irgendwo  sonst  in  deutschen  Landen  war  die  alt- 
germanische Verfassung  so  treu  bewahrt  worden  wie  bei  den 
Sachsen  Nordalbingiens.  Neben  der  Grafengewalt,  die  in  Stor- 
mam  und  Holstein  die  sächsischen  Herzoge,  in  Dithmarschen 
die  Grafen  von  Stade  ausübten ,  hatte  sich  die  im  12.  Jahr- 
hundert in  einem  Geschlechte  erbliche  Würde  des  Landesälte- 
sten (Overboden)  an  der  Spitze  eines  zahlreichen  Landesadels 
in  grosser  Unabhängigkeit  erhalten.  In  den  blutigen  unab- 
lässigen Grenzkriegen  mit  den  Slaven  war  eine  rauhe,  wilde, 
freiheitsliebende,  aber  unbändige  Bevölkerung  herangewachsen, 
in  welcher  sich  der  Bitter  wenig  unterschied  von  dem  freien, 
Heeresfdge  leistenden  Bauern.  Beide  nahmen  das  Becht  des 
„freien  Gefolges"  in  Anspruch,  der  freien  Wahl,  ob  sie  sich 
dem  Aufgebot  des  Grafen  oder  des  Landesherm  anschliessen 
wollten;  wie  in  den  Zeiten  des  Tacitus  bei  allen  Germanen  gab 


hh  fg9gm  bdA  ies  lt.  Jalirkmidirtt.  28 

es  in  Holsteiii  im  12.  Jahrhundert  ein  Volkland  ^).  Die  Schauen- 
biiiga',  seit  1110  ans  den  Bergen  der  Weser  in  die  nördlichr 
sten  Gane  des  Reiches  Tersetzt  und  von  Herzog  Lothar  mit 
den  Graltturediten  bddmt,  hatten  einen  schweren  Stand  zwi- 
sdien  Slawen,  Dinm  und  dem  trotzigen  Mnth  der  Holsten. 
Es  bedurfte  der  ganzen  Energie  dieses  begabten  Geschlechts, 
um  im  Lande  fest»  Fuss  zu  Aussen;  wiederhat  musste  Hein* 
lieh  der  Löwe  ordnend  eingreifen.  Als  diesem  der  Untergang 
drohte,  der  Schanenburger  Graf  Adolf  HL  Ton  ihm  abfiel,  um 
frei  m  werden  von  der  Obergewalt  der  sächsischen  Herzoge, 
e&twidi  ein  grosser  Theil  des  hdsteinischen  Adels,  der  Ovot- 
bode  Marquard  an  der  Spitze,  über  die  Eider  zum  Dänen- 
könige, unterhielt  Ton  dort  aus  ebie  geheime  Verbindung  mit 
den  daheim  gebliebenen  Genossen.  Dazu  kam,  dass  Graf 
Addf  UL,  wie  es  scheint,  die  Kraft  seines  Landes  in  unnü- 
tzen Unternehmungen  und  übermässigem  Aufwände  unbedacht 
vergeudet  hatte.  Sein  Widerstand  konnte  König  Knud  nicht 
aufhalten.  Im  Jahre  1200  musste  Addf  Bendsburg,  den  Schlüssel 
sdnes  Landes,  den  Dänen  überlassen,  im  folgenden  Jahre  er- 
oberten diese  fast  das  ganze  Land.  Ein  Versuch,  dasselbe 
wiederzugewinnen,  kostete  dem  Grafen  seine  Freiheit  „Die 
Dänen  aber,  als  sie  die  Gefangenschaft  ihres  Feindes  erfahren 
hatten,  verkündeten  dieselbe  in  allen  Städten  und  Flecken,  wie 
die  Philist^  es  zur  Zeit  Saul's  gemacht  hatten,  Allen  zum 
Bei&H  und  zum  Frohlocken"^  *). 

Schon  vorher  waren  die  slavischen  Fürsten  des  Ostens, 
der  Herzog  von  Pommern  und  die  Fürsten  von  Meklenburg, 
gezwungen  worden,  ihr  Land  vom  dänischen  Könige  zu  Lehn 
zu  nehmen.    Adolf  von  Dassel,  des  Schauenburgers  Freund, 

1)  y^  miBMli,  dtr  holsttiiiische  Adel  im  IS.  Jahrhondart,  allgem.  Mo- 
natssehr.  1S64,  S.  556  ff. 

S)  Am.  T.  Lftb.  VI,  14:  Dani  antom  eognita  captiTÜato  siii  ininüci  in 
mnübat  civitatilmt  tt  rids  ut  tempore  Sani  Pbyliatei  &cenmt  omnibos  ad 
plaotUB  et  ezultationem  hoc  nanciavenrnt. 


24  ^'    DentschlAiid  und  Dftnenuurk 

verlor  seine  Grafischaft  Batzeburg  an  einen  dänischen  Lehns- 
mann, Graf  Albert  von  Orlamünde,  Schwestersohn  des  neuen 
Königs  Waidemars  des  „Si^ers/^  Audi  das  „berühmte^  LObeck 
fand  nicht  die  Kraft  Widerstand  zu  leisten.  Waldemar  wusste, 
dass  sein  Name  weithin  ,^tragen  werden  würde,  wenn  er  ttber 
eine  solche  Stadt  herrsche^'  ^).  „Ringsum  stand  ihm  das  Land 
o£fen;  weder  zur  See  noch  zu  Lande  konnten  die  Lttbecker 
Eingang  odw  Ausgang  haben/^  Ein  Angriff  der  Dän^  auf 
die  an  der  schonenschen  Küste  mit  dem  Häringsfang  beschäf- 
tigten Bürger  bestimmte  die  Stadt  endlich,  sich  gegen  Bestä- 
tigung ihrer  alten  Rechte  und  Freiheiten  dem  fremden  Kteige 
zu  ergeben*).  Als  dann  im  Jahre  1214  auch  die  Schweriner 
Grafen  diesem  huldigten,  erstreckte  sich  seine  Herrschaft  un- 
unterbrochen von  der  Elbe  bis  zur  Oder.  Deutschland  war 
von  d.er  Ostsee  ausgeschlossen.  —  Und  selbst  westlich  über 
die  Elbe  dehnte  Waldemar  seine  Macht  aus.  Im  Jahre  1208 
erbaute  er  ELamburg  g^;enüber  die  Eburburg  und  überbrückte 
die  Elbe,  und  noch  in  demselben  Jahre  empfing  der  Bremer 
Erzbischof  Burchard  von  Stumpenhusen  vom  dänische  KQnige 
die  Investitur.  Ja  selbst  die  kaum  gegründeten  deutschen  Kolo- 
nien am  fernen  Ufer  der  Düna  wurden  von  den  Dänen  bedroht, 
als  sie  im  nächsten  Jahrzehnt  in  Estland  festen  Fuss  fEissten  '). 
Die  Ostsee  schien  ein  dänisches  Binnenmeer  werden  zu  sollen. 
Es  ist  ausserordentlich  charakteristisch  für  die  Lage  des 
Reichs  und  fdr  die  Reichspolitik  der  Zeit,  aber  glücklicherweise 
für  die  thatsächliche  Entwicklung  von  untergeordneter  Bedeu- 

1)  Am.  ▼.  L&b.  VI,  18:  applicnit  ad  civiUtem  famos  am  Labeke,  scieiis 
BOBMB  tvam  dilatari,  ai  tante  dTitati  dominaretor. 

S)  Arn.  ▼.  Lüb.  VI,  18:  Cives  autem  propter  captivos  saos  sapra  dictos 
et  propter  naves  in  Sconia  detentas,  animadvertentes  qnoqne,  qnod  ex  omni 
parte  tota  terra  in  conapectn  dneia  parata  esset,  ita  nt  naUam  introitnm  rel 
exitnm  nee  per  terram  neo  per  mare  habere  potnissent  etc. 

8)  Vgl.  Hansmaan,  das  Singen  des  Deutschen  und  Dftnen  vm  den  Besiti 
▼on  Estland  bis  1SS7;  Herrn.  Hildebrand,  die  Chronik  Heinriehs  Ton  Lettland 
S.  107  ff. 


taug  geblidiMDL,  dass  im  die  Scheide  der  Jahre  1214  and  1215 
za  If rtx  der  jugendlidie  Eftnig  Friedrich  IL  dsm  Herrscher 
der  Diaen  alle  Erobernngai  jenseits  der  Elbe  und  Eide  und  in 
Slatien  bestfttigte  und  die  Ansprache  des  Reichs  auf  jene  Län- 
der fftr  alle  Zeit«  anl|gab.  Denn  so  wenig  die  Reichsgewalt 
gdiindert  hatte,  dass  im  Norden  deutsche  Kräfte  fremder  Herr« 
Schaft  diensibar  wurden,  so  wenig  yermochte  ihr  blosses  Wort 
jetzt  die  Fremden  in  ungestörtem  Besitz  ihrer  Eroberungen  zu 
eriialtcB.  Mit  dem  Schwerte  mussten  die  Dänen  behaupten, 
waa  de  mit  dem  Schwerte  erworben  hatten;  als  die  Gewalt 
gegen  sie  entschied,  war  es  auch  um  ihre  Herrschaft  geschehen. 
Sdiwer  hat  die  Hand  der  Dänen  auf  den  Deutschen  ge- 
lastet Die  hdsteinischen  Adelsgeschlechter  und  freien  Bauern 
fthlten  nidit  w^iger  den  Druck  als  die  Landesgemeinde  der 
Dithmarschen  und  die  Bürger  Lübecks,  als  die  Fürsten  der 
mcUenburgischen  und  pommerschen  Lande.  Es  bedurfte  nur 
ones  Anlasses,  um  alle  Kräfte  von  der  Oder  bis  zur  Elbe  und 
nun  Weserstrome  g^;en  den  gemeinsamen  Feind  zu  vereinigen. 
Die  verwegene  That  des  Grafen  Heinrich  von  Schwerin,  der 
in  der  Nacht  vom  6.  zum  7.  Mai  1223  auf  der  kleinen  Lisd 
Lyoe  an  der  Küste  von  Fünen  den  König  Waldemar  mit  sei- 
nem schon  gekrönten  Sohne  gefangen  nahm,  lieferte  den  Zün- 
der, der  den  angehäuften  Brennstoff  in  Flammen  setzte.  Li 
einer  einzigen  unglücklidien  Nacht  verlor  Waldemar  der  Sieger 
die  Früchte  SQjähriger  blutiger  Arbeit.  Denn  nur  um  ein 
ungeheures  Lösegeld  und  um  das  Versprechen,  alle  Länder 
diessdt  der  Eider,  das  alte  Besitzthum  Rügen  ausgenommen, 
wiederfaerauszugeben ,  erlangte  er  seine  Freiheit  zurück,  als 
die  Unterworfenen  grösstentheils  die  Gelegenheit  schon  benutzt 
hatten,  die  dänische  Herrschaft  abzuschüttehi.  Das  Reich  hatte 
sich,  wenig  eingedenk  der  vor  Metz  gegebenen  Zusage,  mit 
weitgehenden  Ansprüchen  in  die  Unterhandlungen  mit  dem 
gefangenen  K(biige  eingemischt. 


26  II«    DMtschluid  mnd  DliMBark 

Vergebens  hat  Waldemar,  zum  Bruch  seines  Eides  vom 
Papste  autorisirt,  ^versucht,  das  Verlorene  wiederzugewinnen. 
Auf  der  Heide  bei  Bomhöyed,  dem  Sitze  des  Overboden  und 
seines  Geschlechts,  dem  Orte  der  holsteinischen  Landesv^- 
Sammlung,  erlagen  an  einem  heissen  Julitage  des  Jahres  1227, 
es  war  Maria  Magdalenentag,  die  Dänen  den  vereinigten  WaflEen 
der  norddeutschen  Fürsten,  Bürger  und  Bauern.  „So  wnidoi 
an  dem  Tage  die  Lande  erlöst  aus  der  D&nen  Gewalt,  des  sie 
alle  Gott  loben  und  preisen  und  dazu  die  heilige  Maria  Mag*^ 
dalena^,  ruft  der  lübische  Chronist  aus  ^).  In  seiner  Vater- 
stadt und  in  ELamburg  stiftete  man  Klöster  zu  Ehren  der  Hei- 
ligen, die  in  der  Schlacht  über  den  Beihen  der  Deutschen  ge- 
schwebt, sie  mit  ihrem  Gewände  vor  den  ermattenden  Strahl 
len  der  Julisonne  geschützt  hatte.  —  Nie  hat  die  dänische 
Macht  die  verlorene  Höhe  wieder  zu  erreichen  vermocht 

An  Versuchen  dazu  hat  es  im  13.  Jahrhundert  nicht  ge- 
fehlt. Das  Bestreben,  das  reiche,  mächtige  Lübeck  dem  Reich 
zu  entziehen  und  zu  einer  holsteinischen  Stadt  zu  machen,  hat 
sogar  den  Schauenburger  Adolf  IV.  wenige  Jahre  nach  der 
Schlacht  von  Bomhöved  zu  einem  Bündnisse  mit  Waldemar 
gegen  die  deutsche  Stadt  gebracht.  Aber  zu  Erfolgen  hat  das 
nicht  geführt.  Immer  mehr  sinkt  im  13.  Jahrhundert  die  Kraft 
Dänemarks,  um  die  Mitte  desselben  finden  wir  die  deutschen 
Waffen  mitten  im  Lande.  Odense  wird  niedergebrannt,  das 
kaum  erstehende  Kopenhagen  legen  die  Lübecker  zugleich  mit 
seiner  Burg  in  Asche*).    Gerade  in  der  übermässigen  Macht- 


1)  Deimar  bei  Grautoff  I,  S.  106  su  1288:  Also  worden  des  daghes  de 
lant  gheloset  van  der  Denen  wolt,  des  se  alle  Gode  gheven  lof  nnde  ere  vnde 
dot  Jammer  mere,  darto  der  werden  snnte  Marien  Hagdalenen. 

2)  Vgl.  Langebeck,  Scr.  rer.  Dan.  I,  370  und  II,  526;  Ann.  Bjenses  an 
1248,  Mon.  SS.  XVI;  Lttb.  Urkdb.  I,  n.  149—151,  15«,  159,  160,  172,  201, 
203,  204,  290. 


hkm§m  Wa^  468  1>.  Jaluiuidirts.  27 


flDt&ltimg  des  ldeiii«D  Staates  lagen  die  Kdme  des  Verfalles. 
Dm  stets  eine  kriegsgewohnte  und  kriegslustige  Schaar  zur 
Verfligiing  m  habm,  hatte  man  auch  iu  Dänemark  die  Aus- 
UUhrag  eines  Ldinsadels  begünstigt,  der  bald  ansehnliche  Güter 
in  seiner  Hand  yereinigte  und  dem  Stande  der  fireien  Banem, 
anf  dem  deroinst  die  Kraft  des  Landes  geruht  hatte,  allmäh- 
lich jede  politische  und  militärische  Bedeutung  raubte.  In 
heftigen,  blutigen  Aufständen  suchte  dieser  Tcrgebens  sich  des 
ngewohnten  Druckes  zu  erwehren  und  die  alte  Stellung  zu 
behaupten.  Dazu  kam  die  Unsitte,  jüngere  oder  natüriiche 
Susime  des  Kftügs  mit  beträchtlichen  Theilen  des  Beichs  zu 
bdehnen,  die  gar  bald  anfingen,  in  den  Familien  der  Belehn- 
ten mehr  oder  minder  erblich  zu  werden:  in  einem  Lande, 
dessen  Bevölkerung  von  Alters  her  zu  innerem  Zwist  und  Bürger- 
kriegen geneigt  war,  ein  gefährlicher  Brauch.  Denn  an  ehr- 
geizigen Königssöhn^  fehlte  es  selten.  Es  ist  bezeichnend, 
dsss  ytm  den  Sölmen  und  Enkeln  Waidemars  keiner,  der  Aesk 
Thron  besti^,  eines  natürlichen  Todes  starb.  Langjährige 
Streitigkeiten  mit  den  anspruchsvollen  Lundener  Erzbischftfm 
and  der  Gdstlidikc^it  vermehrten  noch  diese  inneren  Wirren. 
Am  verhängnissvollsten  für  die  Entwicklung  Dänemarics 
in  den  nädistm  Jahrhunderte  ist  aber  das  Herzogthum  Süd- 
jütland  (Schleswig)  und  seine  allmähliche  LoslOsung  vom  Ge- 
sammtreiche  geworden.  Schon  lange  war  es  Sitte  gewesen, 
gerade  diesen  Landestheil  jüngeren  Prinzen  zur  Verwaltung 
zu  übertragen ;  einzelne  unter  ihnen,  wie  Knud  Laward,  hatten 
es  dort  zu  einer  sehr  selbständigen  Stellung  gebracht.  Im 
Jahre  1232  erhielt  ihn  Abel ,  der  zweite  der  damals  lebenden 
Söhne  Waidemars  des  Siegers.  „Er  erniedrigte  das  Reich  mit 
Hülfe  der  Deutschen  mehr  als  es  sein  Vater  je  erhöhte^',  sagt 
Detmar  ^),  und  in  der  That  soHte  seine  Verbindung  mit  Mecht- 

1)  OrMtoff  I,  S.  119  sa  1S41:  H«  nedderde  dat  rika  mit  kslpe  d«r  I>ap 
deKhen  mer,  den  et  nn  vader  gy  hoghede. 


28  H.    DMttchUad  and  DiaMMurk 

hild,  der  Tochter  Adol&  IV.  von  Holstein,  der  Aolass  werden, 
dass  Schleswig  mehr  als  zwei  Jahrhunderte  in  sein^  Familie 
bli^  und  endlich  gapz  mit  Holstein  vereinigt  wurde,  ja  dass 
das  dänische  Beich  selbst  zeitweilig  dem  Einflüsse  der  Hd- 
Steiner  zu  erliegen  schien.  Nicht  ganz  mit  Unrecht  datirt  ein 
von  lebhaftem  d&nischen  Patriotismus  erfüllter  Zeitgenosse,  der 
Annalist  des  Buhklosters  in  Schleswig,  von  diesem  Ereignisse 
und  vom  Tode  Waidemars  an  (1241)  das  Unglück  Dänemarba. 
„Denn  von  jenem  Tage  an  fehlte  nie  der  innere  Kri^  in  Dfiae- 
mariK  zwischen  den  Königen  und  den  Herzögen  auf  Anstäche- 
lung  der  Grafen,  die  immer  das  Böse  Dänemaite  suchen.^ 
„Mit  Waidemars  Tode  fiel  wahrlich  die  Krone  vom  Haupte 
der  Dänai.  Denn  seit  seiner  Zeit  sind  sie,  inneren  Kiiq^en 
und  g^enseitiger  Vernichtung  überlassen,  allen  Völkern  um- 
her lächerlich  geworden^^O-  Die  Verbindung  der  Herzöge  y(m 
Schleswig  mit  dem  holsteinischen  Grafengeschlechte  schaffte 
jenen  für  Befriedigung  ihrer  Unabhängigkeitsgelüste  stets  be- 
reite Helfer,  diesem,  da  die  Grenze  weiter  hinaus  geschoben 
wurde,  einen  erwünschten  Schutz  gegen  dänische  Angriffe.  Im- 
mer mehr  neigte  sich  Süd-Jütland  den  Holsteinem,  Deutsch- 
land zu;  der  Bischof  von  Schleswig  liess  sich  vom  bremischen 
Erzbischof  weihen.  Der  Umstand,  dass  schon  damals  das  Her- 
zogthum  zweisprachig*),  zum  Theile  von  Deutschen  bewohnt 
war,  gab  diesem  Vorgänge  eine  innere  Berechtigung,  die  auch 
allein  die  Festigkeit  und  Dauer  der  damals  noch  durchaus 


1)  AnnAles  Byenses  sa  1237  und  1S41,  Mon.  SS.  XVI:  Nam  ab  mo  die 
miDqiiam  defocit  beUam  iotestiDiim  in  DtudtL  inter  reges  et  dvees,  et  oomitibiis 
•M  instigaiitibiis  >  qni  semper  qnaenmt  mala  Daciae.  —  Obiit  Waldemanis,  in 
esjat  morte  vere  ceddit  eorona  capitis  Danonim.  Nam  ab  illo,  beUis  intesti- 
sb  et  destractioni  mataae  Tacantes,  omnibos  in  drenitii  nationibos  facti  sunt 
im  dtrftiiBi.  — 

t)  DsM  eine  deotsche  Uebersetxiing  des  ron  Waldamar  ü.  cingefthrteB 
Jitiscbea  Gesetses"  (fydsk  Iot)  nöthig  war,  ist  ein  Beweis  dalftr.  Die  Be- 
TÜksrwHr  ^  ^^^  Schleswig  war  damals  schon  iberwiegend  deutsch,  Sach, 
OiMh.  der  8t«dt  Schleswig  8.  llOtL 


Mt  g«s«i  Bnd«  des  18«  Jahrbonderts.  29 

neuen  Verbindung  mit  dem  deutschen  Nachbarlande  eiklären 
kann. 

Trotz  dieser  für  die  Dänen  ganz  und  gar  ungünstigen 
Entwicklung  der  Dinge  hat  100  Jahre  nach  Knud  und  Wal- 
demar  doch  noch  einmal  einer  ihrer  Könige  Pläne  gehegt,  die 
nach  neuer  Verwirklichung  der  auf  dem  Schlachtfelde  von  Born- 
hdved  zerstört^  Herrschaftsträume  strebten.  Die  Versuche 
Erich  Menveds  sind  nur  eine  schwache  Nachahmung  der  Tha- 
ten  seiner  waldemarischen  Vorfahren,  aber  die  politische  Lage 
Transaibiogiens  begünstigte  sie  so  sehr,  dass  einen  Augen- 
blick ähnliche  Erfdge  ihnen  zu  winken  schi^en.  Da  tritt 
ein  neuer  Factor  in  dem  Leben  jener  Lande  in  den  Vorder- 
gnmd  —  die  Städte. 


DDL    Die  norddeutschen  Städte  und  ihre  Eimingen 

bis  um  1800. 

Auf  dem  Gebiete  mittelalterlicher  Geschichte  hflUen  sich 
die  ersten  Anfi&nge  späterer  Entwicklungen  nur  allzu  oft  in 
geheimnissvolles  Dunkd;  des  Baumes  mit  seinem  wdtverzweig- 
ten  Geäst  und  seinem  schattigen  Laubdach  mag  mui  sich  ^- 
freuen,  von  dem  Samenkorn,  aus  dem  er  erwuchs,  dringt 
wenig  oder  keine  Kunde  zu  uns.  Mag  man  die  mangelnde 
Schreiblust  früherer  Jahrhunderte,  die  zu  Aufzeichnungen  we- 
der grosse  Neigung  noch  Befähigung  besassen,  und  die  Un- 
gunst der  zerstörenden  Zeit  verantwortlich  machen,  oder  mag 
man  mit  nicht  minderer  Berechtigung  in  dieser  Sachlage  ein 
Zeichen  erblicken,  dass  die  Gebilde  des  Mittelalters  hervor- 
wuchsen aus  dem  unmittelbarsten  Bedtlr&iiss,  dass  die  in  der 
Neuzeit  so  übermächtig  eingreifende  Theorie  wenig  schöpfe- 
rische Kraft  bewies,  auf  alle  Fälle  ist  es  für  den  forschenden 
Historiker  ein  unbefriedigendes  Gefühl,  seine  Untersuchungen 
mit  dem  Resultat  abschliessen  zu  müssen,  dass  es  nicht  mög- 
lich ist,  die  Anfänge  mancher  Ent¥dcklungen  klar  zu  legen. 

Dem  Forscher  nach  Art  und  Entstehung  des  ersten  Zu- 
sammenschliessens  unter  den  norddeutschen  Städten,  das  will 
sagen,  nach  dem  Ursprung  der  Hanse,  bleibt  das  gleiche  un- 
befriedigende Gefühl  nicht  erspart.  In  den  Kämpfen,  die  den 
Mittelpunkt  der  Darstellung  in  diesem  Buche  zu  bilden  be- 
stinunt  sind,  tritt  uns  der  Bund  der  norddeutschen  Städte 
schon  in  weitgediehener  Entwicklung  entgegen,  wird  durch 


m.    Die  BorddfliUMhtB  Stidle  «ad  ihr«  Sininifeii  Ue  wm  1800.      31 

sie  zum  Abschluss  gebracht;  auf  d^n  Wege  dahin  aber  var- 
mogen  wir  nur  Staticmen  ssu  erkennen,  die  uns  verschiedene 
Stadien  der  Entwicklung  zeigen.  Doch  sind  wir  genflgend 
imtorrichtet,  um  uns  Wesen  und  Grundgedanken  derselbe  klar 
machen  zu  können.  Dass  die  Hanse  ihre  Entstehung  dem  Zu- 
sammenwirken zwei^  ursprünglich  von  einander  unabhängiger 
Erscheinungen  verdankt,  ist  sicher:  es  sind  die  Verbindungen 
deutscher  Kanfleute  im  Auslande  und  die  Bündnisse  und  Ei- 
mmgen  norddeutscher  Städte  unter  einander. 

t    Ble  tTerbindnngen  deutaoher  Kaufleute  im  Auslände. 

Handel  und  Gewerbe  waren  mit  wenigen  Ausnahmen  im 
Mittelalter  die  Lebenselemente  der  Städte;  fast  mehr  noch 
als  heutzutage  bildeten  gerade  sie  die  Grundlage  städtischer 
Entwicklung.  Mit  Becht  hat  man  fdr  das  frühere  Mittel- 
alter die  Ausdrücke  Eaufinann  (mercator,  negotiator)  und  Stadt- 
bewohner als  gleichbedeutend  gesetzt  ^).  Stellt  man  sich  dar 
her  die  Aufgabe,  diese  Entwicklung  zu  verfolgen,  so  wird 
man  in  erster  Linie  das  Yerkehrsleben  beachten  müssen.  Und 
besonders  drängt  sich  gerade  diese  Seite  des  Bildes  in  den 
Vordergrund,  wenn  man  den  Anfängen  des  hansischen  Bundes 
nachspfirt  Denn  er  war  eine  Vereinigung,  die  sich  vor  allen 
Dingen  durch  die  Gemeinsamkeit  merkantiler  Interessen  bil- 
dete und  durch  diese  besonders  zusammengehalten  wurde. 

Den  Vorstellungen  unserer  Vorfahren  erschien  das  Hand- 
weric,  Ton  dem  Betrieb  weniger  Künste  abgesehen,  als  nur  des 
anfreien  Mannes  würdig;  den  Handel  aber  verschmähte  auch 
der  fireie  Germane  nicht  Auf  langen,  schmalen,  schnellen 
BadendiifliBn  befiifar  er  Ost-  und  Nordsee  als  Räuber  oder 
Kanfinanni  wie  es  die  Gelegenheit  brachte,  führte  die  Waaren 
desN^Hrdens,  vor  Allan  den  kostbaren  Bernstein,  an  die  Gren- 

1)  Yfl.  WAlts,  Vurfctwi^igmih.  V,  S67  ft  «ad  VH,  407  C 


3S  Ol-    IHe  norddentselieii  Stidtt 

zen  des  Römerreichs  ^).  Die  Ausbreitung  der  fränkischen  Herr- 
schaft b^Qnstigte  diese  Thätigkeit  und  gab  ihr  zugleich  einen 
friedlicheren  Character.  Denn  war  auch  der  Kaufmann  dar 
Bringer  des  Neuen,  eine  verhältnissmässig  gern  gesehene  Per- 
sönlichkeit, so  musste  doch  auch  er  mit  der  Anschauung  rech- 
nen, die  fremd  und  feind  als  gleichbedeutend  betrachtete.  Im 
Frankenreidie  aber  wurde  ihm  überall  das  Recht  gewährt,  das 
ihm  durch  Geburt  und  Abstammung  eigen  war  *).  Sicher  wie 
in  der  Heimat  konnte  der  friesische  Kaufmann ,  er  tritt  be- 
sonders als  Handeltreibender  hervor,  die  weiten  Graue  mero- 
yingischer  und  karolingischer  Herrschaft  durchwandern;  er 
war  nicht  mehr  rechtlos,  nicht  mehr  war  sein  Gut  und  Leben 
afir  fremde  Gnade  oder  die  Schärfe  des  eigenen  Schwerts  gestellt. 
Allerdings  überschritt  er  die  Grenzen  des  Reichs,  und 
dem  Norddeutschen  lagen  die  Fahrten  nach  England,  dem  Nor- 
den und  Osten  am  nächsten,  so  war  seine  Stellung  wieder 
die  alte.  Hier  galt  es  Wandel  zu  schaffen,  zu  rechtlicher  Gel- 
tung zu  kommen.  Fürstlicher  Einfiuss,  im  Nordwesten  des 
Kaisers,  im  Nordosten  des  Herzogs  von  Sachsen,  ist  es  ge- 
wesen, der  hier  die  ersten  Wege  gebahnt  hat  Es  gelingt 
wenigstens  an  einzelnen  Orten,  dem  heimischen  Recht  eine 
gewisse  Geltung  zu  verschaffen,  in  der  Gestalt  nämlich,  dass 
die  Deutschen  auch  im  Auslande  ihre  Streitigkeiten  unter  sich 
nach  angestammtem  Rechte  richten  konnten.  Bei  Konflikten 
mit  den  Fremden  aber,  und  sie  waren  ja  bei  Weitem  die  häu- 
figeren, galten  entweder  vertragsmässig  vereinbarte  neueRechts- 
sätze,  oder  der  Deutsche  wurde  geradezu  in  das  fremde  Recht 

1)  Vgl.  W.  Wackernagel,  Gewerbe ,  Handel  and  Schiffalnt  der  GermaiMB 
M  Haupt,  Ztsclir.  f.  dtsch.  Altertlnim  IX,  S.  5S0ff.  AnflkUend  Itt  die  Aelm- 
Uehkeit  iwisehen  dem  im  Nydammer  Moore  im  Snndewitt  186t  geftindeaen 
SO  Fast  langen  Boote,  das  aas  dem  S.  oder  8.  Jahrhnndert  n.  Chr.  stammt 
(s.  d.  Abbildung  bei  Kontelios,  Sveriges  hednatid  8.  SOI)  and  den  noeb  Jetst 
an  Norwegens  Westkflste  and  in  Dalame  gebriaehlielien  Booten.  Ich  sah  am 
Siya  ein  solehes  „Kirchboot**,  das  nicht  weniger  als  5S  Bader  führte. 

2)  Vgl.  Waiti,  Verfassgsgeseh.  U,  87  and  m,  806. 


nad  fkn  Bfamgiii  bis  Qfll  IMO.  88 

aufgoiommeii ,  es  wurde  ihm  gestattet,  die  ihm  im  fremden 
Lande  wiederfalurene  Unbill  vor  fremdem  Gerichte  und  nach 
frondem  Rechte  zu  verfolge,  gleich  als  wäre  er  ein  Eingebomer 
des  Landes  selbst  „Die  Leute  des  Kaisers  wurden  guter  Ge- 
setze wftardig  eraehtet  wie  wir  selbst^S  heisst  es  im  Londoner 
Stadtreckte  des  Königs  Aethelred.  —  Und  das  entsprach  auch 
der  inzwischen  geänderten  Auffassung  des  Rechts.  Die  Per- 
sonalität war  der  Territorialität  gewichen,  nidit  mehr  an  die 
Person  und  an  ihre  Nationalität,  an  das  Territorium  dachte 
man  sieh  das  Recht  geknüpft.  Für  das  12.  Jahrhundert  kann 
man  die  letztere  Anschauung  als  die  herrschaide  bezeichnen, 
die  Ausdehnung  der  Rechtsbücher  zeigt  sie  in  vollständiger 
Geltang  >). 

Die  Gleichheit  der  rechtlichen  Stellung  gegenüber  den 
Fremden,  die  Gemeinschaft  im  Genuss  der  Freiheiten  und 
Rechte,  die  etwa  für  die  Unterthanen  eines  Herrn  in  einem 
ftnnden  Lande  erworben  waren,  bildeten  ftir  diese  im  Auslande 
mächtige  Bindemittel.  Nur  durch  festes  Zusammenhalten  konnte 
man  die  Wahrung  der  erlangten  Rechte  überwachen,  nur  einem 
Vereine  Mehrerer  war  es  möglich,  interne  Streitigkeiten  aus- 
zugleichen. Eine  Reihe  anderer  Umstände  kam  hinzu,  die 
Bicht  minder  zu  engem  Zusammenschluss  drängten.  Grefahr- 
Toller,  als  wir  uns  heut  zu  Tage  vorzustellen  vermögen,  waren 
die  Reisen  ohne  Kompass  und  Chronometer,  fast  ohne  Schiff- 
bhrtszeichen,  in  zum  Theil  überaus  kleinen  Fahrzeugen,  einem 
grausamen  Strandrechte  preisgegeben,  bedroht  von  Seeräubern 
jeder  Art  Langwimger  waren  sie  bei  der  zum  grossen  Theil 
unbeholfenen  Bauart  der  Schiffe,  bei  der  Schwierigkeit,  die 
Hindamisse  zu  überwinden,  welche  die  Dunkelheit  der  Nacht, 

1)  Vgl.  O.  Stobbe,  PersotuJitftt  and  TerritorialiUt  des  Rechts  im  Jahrbacfa 
4t*  gwiintu  dfotsehea  R«ebU  VI,  S4  ff.;  K.  Scbuls,  das  Urtheil  des  Kdnigi- 
Ktrichts  mntar  Friedrieh  Barbarossa  in  d.  Ztschr.  d.  Vereins  f.  ThQring.  Gesch. 
n.  F.  I,  155  ff.  Damach  bt  sa  berichtigen  Sartorius  -  Lappenlierg ,  Urliandl. 
Geseb.  d.  dtMb.  Hanse  I,  p.  XIII. 

Schlier,   Df«  HsMettUt«.  3 


84  m.    Die  aorddMtMhen  fitiate 

Nebel  und  Unwetter  der  SchifiEfahrt  entg^ienstellea.  Am  Be- 
stimmungsorte angelangt  masste  dann  der  Kaufmann  oft  lange 
warten,  ehe  seine  Waaren  einen  Käufer  fanden.  Da  man  in 
der  stürmischen  Winterzeit  sich  nicht  hinauswagte  in  die  See, 
wurde  bei  der  Kürze  des  nordischen  S(»nmar8  nicht  sdten 
Ueberwinterung  nothwendig.  Da  flüüte  man  denn  daa  Bedürf- 
niss,  sich  an  Landsleute  anzuschliessen,  dq;>pelt  stark.  Schon 
die  Lust  an  der  Geselligkeit,  lebhaft  empfunden  von  den  Mai- 
schen des  Mittelalters  und  ganz  doch  nur  zu  befriedigen  unter 
Genossen  von  gleicher  Sprache  und  Sitte,  drängte  mächtig 
dazu.  Und  kaum  minder  das  Bedürfhiss  religiöser  Stärkung, 
das  der  so  mancher  Gefahr  glücklich  Entronnene  fühlte.  Wie 
manches  Gelübde  mag  Sturmes-  und  Wogennoth  den  geängstetai 
Seelen  der  Schiffenden  ausgepresst  haben.  Natürlich  war  der 
W^unsch,  solche  Gelübde  auch  auswärts  in  eigener  Kirche  erfüllen, 
auch  in  der  fYemde  den  Gottesdienst  nach  heimischer  W^eise 
halten,  den  verstorbenen  Landsmann  und  Freund  auch  fem  von 
der  Heimat  auf  eigenem  Grunde,  gleichsam  in  heimischem  Boden, 
beerdigen  zu  können,  durch  einen  heimischen  Priester  für  sän 
Seelenheil  beten  zu  lassen.  Ist  es  doch  noch  in  unsem  Tagen, 
wo  diese  Motive  zum  grössten  Theil  wegfallen,  die  R^el,  dass 
sich  die  Deutschen  im  Auslande,  wenn  auch  nur  lose,  zusammen- 
schliessen,  vde  viel  mehr  in  einer  Zeit,  in  der  sich  fast  das 
ganze  Leben  in  der  Form  von  Gilden,  Brüderschaften  und 
Vereinen  der  verschiedensten  Art  abspielte,  wie  viel  mehr  bei 
dem  deutschen  Kaufmann  des  12.  und  13.  Jahrhunderts ,  dem 
schon  in  seinen  heimischen  Gilden  und  „Hansen'^  die  Form 
gegeben  war,  in  der  er  auch  im  Auslande  auftreten  musste. 
Die  Verbindungen  der  deutschen  Kaufleute  an  den  Haupt- 
handelsplätzen des  Auslandes  können  kaum  etwas  Befremdendes 
für  uns  haben.  Auffallen  kann  nur,  dass  diese  Verbindung«! 
so  grosse  Selbständigkeit  erlangen  und  dass  sie,  darin  ganz 
abweichend  von  den  Niederlassungen  der  italienischen  Handels- 


mid  ihre  fliamigaii  Üb  mi  IdtO.  35 

republikeii ,  die  Angehörigen  so  weiter  Gebiete  umfassen  und 
dadurch  dann  einigend  auf  so  zahlreiche  und  so  weit  zerstreut 
hegende  Städte  wirken. 

Beide  Züge  tret^  am  frühesten  und  klarsten  an  d^  Ost- 
seeniederiassungeo  hervor;  sie  sind  die  wichtigste  für  die 
Entstehung  der  Hanfiie. 

a)  Die  Ostsee. 

In  dem  Verkehrsleben  des  letzten  Jahrtausends  nimmt  die 
Ostsee  ihre  Stdle  neben,  nicht  unter  dem  Mittelmeere  ein. 
Sie  gleicht  ihm  in  der  tief  eindringende  Verzweigung  seiner 
Glieder.  Steht  sie  ihm  in  der  Grösse  nach,  im  natürlichen 
Rdchthum  der  anliegenden  Länder,  in  der  Gunst  der  klima* 
tischen  Verhältnisse,  so  sind  ihr  andererseits  schwerwiegende 
VMzüge  beschieden.  Mächtige  Ströme  ergiessen  sich  in  ihr 
Becken,  lassen  sie  als  den  natürlichen  Zugang  zu  zehntausenden 
TOD  Quadratmeilen  fruchtbaren  Landes  arscheinen;  bewohnt 
sind  diese  Gebiete  von  Völkern,  die  zu  den  fleissigsten  und 
betriebsamsten  Europas  zählen;  was  die  Ostsee  auf  ihrem  Rü- 
ck^ trug  und  trägt,  sind  Producte,  die  wegen  ihrer  Massen- 
haftigkeit  und  Unentbehrlichkeit  einen  ebai  so  reichen  als 
sichern  Gewinn  abwerfen:  Getreide,  Holz,  Metalle,  Fische, 
Wachs.  Nicht  ganz  mit  Unrecht  hat  man  gesagt,  dass  seit 
den  Zeitm  der  Hanse  Besitz  des  Ostseehandels  und  Seeherr- 
schaft gleichbedeutend  gewesen  sei.  Hansen,  Holländer,  Eng- 
ländar  hab^  nach  einander  die  erste  Bolle  im  Ostseehandel 
gespidt 

Schon  aus  früher  Zeit  haben  wir  Kunde  von  Verkehr  auf 
don  baltischen  Meere;  seit  dem  Anfange  unseres  Jahrtausends, 
seit  dem  Vordringen  der  abendländischen  Kultur  an  seine  Ge- 
stade ist  derselbe  in  stetem  Wachsen  begriffen.  Ueber  die 
Ostsee  holte  der  Holmgardfahrer,  durch  Newa  und  Wolchow 
die  Wolga  ^reichend,  die  kostbaren  Waaren  des  fernen  Ostens: 

8» 


36  UL    Die  norddeotMhen  Stidto 

Gewürze,  Perlen,  leinene  und  seidene  Gewänder,  brachte  dafür 
vor  Allem  sein  Pelzwerk.  Zahlreiche  kufische  Mtozfimde  in 
Schweden  zeugen  von  diesem  Verkehr.  Ueber  die  Ostsee  fiihr 
nach  der  Mündung  der  Düna  der  Waräger,  diese  hinauf,  den 
Diyepr  hinabschiffend  erreichte  er  das  schwarze  Meer  und 
Konstantinopel,  zugleich  durch  Kriegsdienst  und  Handel  ge- 
winnend. Weichselaufwärts ,  am  Nordabhange  der 'Karpathen 
entlang  den  Dqestr  hinab  führte  ein  anderer  schon  von  den 
Römern  für  ihren  Bemsteinhandel  benutzter  Weg  nach  dem- 
selben Ziele.  Römische  und  byzantinische  Münzfunde  längs 
der  bezeichneten  Strasse  und  im  südlichen  Schweden  b^lau- 
bigen  auch  hier  die  Nachrichten  der  Quellen.  Auch  dem  Lauf 
der  March  und  Oder  folgend  kam  der  Römer  von  der  Adria 
und  von  Pannonien  aus  über  die  Ostsee  in  den  skandinavischen 
Norden.  Von  der  preussischen  Küste  wurde  Bernstein  in  den 
innem  westlichen  Winkel  der  Ostsee  verschifft,  ging  von  dort 
zu  Lande  über  Elbe  und  Weser  an  den  Rhein.  Auch  Völker 
des  Westens  finden  wir  in  der  Ostsee.  Mögen  auch  von  den 
20,000  angelsächsischen  Münzen  des  9.  und  10.  Jahrhunderts, 
die  man  besonders  im  östlichen  Schweden  gefunden  hat,  die 
meisten  durch  nordische  Wikinger  ihren  Weg  dorthin  gefund^ 
haben,  Wulfstans  Fahrten  beweisen  doch,  dass  auch  den  Angd- 
sachsen  dies  ferne  Meer  nicht  unbekannt  war»  Man  darf  sich 
den  Verkehr  nicht  allzu  unbedeutend  denken.  Das  wendische 
Jumne  an  der  Odermündung  schildert  Adam  von  Bremen  als 
eine  grosse,  herrliche  Stadt,  die  grösste  des  heidnischen  Europa. 
Schleswig,  der  Ausgangspunkt  des  Ostseehandels  von  Westen 
her,  galt  einem  arabischen  Geographen  als  eine  sehr  grosse 
Stadt;  es  entsandte,  wie  Adam  von  Bremen  erzählt,  aus  seinem 
Hafen  Schiffe  ins  Slavenland,  nach  Schweden  und  Preussen 
und  bis  ins  „Griechenland^^  (Russland),  sah  zahlreiche  russische 
Schiffe  unter  seinen  Mauern.  Im  Norden  war  Birka  (Björkö 
im  Mälar)  wenigstens   vom   9.  bis  IL  Jahrhundert  ein  von 


und  ihre  Biaangen  bis  um  1800.  37 

Dänen  und  Norwegern,  Slayen  und  Preussen  viel  besuchte 
Hafen  0- 

Weitaus  die  bedeutendste  Bolle  aber  in  diesem  Verkehr 
spielte  die  Insel  Gotland.  Den  Grund  zeigt  ein  Blick  auf  die 
Karte.  Zu  einer  Zeit,  wo  die  Seefahrer  auf  kurze  Stationen 
angewiesen  waren,  ungern  das  feste  Land  auf  längere  Zeit  aus 
den  Augm  verloren,  musste  Gotland,  in  der  grössten  Erweite- 
nmg  des  Ostsediiedcens  mitten  inne  liegend,  den  Einfahrten 
in  den  finnischen  und  rigaischen  Meerbusen,  in  Wdchselmfin- 
dung,  frisches  und  kurisches  Haflf  gerade  gegenüber,  eine  überaus 
günstige  Lage  haben.  Kaum  eine  weitere  Fahrt  auf  der  Ostsee 
war  möglich  ohne  die  Insd  zu  berühren.  In  der  heidnischen 
Zeit,  in  den  ersten  christlichen  Jahrhunderten  war  sie  der 
dgentlidie  Mittelpunkt  des  Ostseehandels,  in  dem  die  Kauf- 
kute  von  Osten  und  Westen,  „Leute  von  mancherlei  Zungen'^') 
zusammenkamen,  ihre  Produkte  gegen  einander  auszutauschen. 
Teber  Gotland  ging  die  russische  Fahrt,  von  Gotland  aus  ge- 
schah die  vielbesprochene  erste  „Aufsegelung^^  Livlands  ^).  Was 
ans  schriftliche  Ueberlieferungen  berichten,  wird  bestätigt  von 
den  zuverlässigsten  SIeugnissen  anderer  Art.  Von  den  ÖOOO 
römischen  Münzen,  die  man  aus  schwedischem  Boden  aufge- 

1)  Vgl.  Lassen  Rasmusseo,  de  Arabum  Persanimque  commercio  com  Rossia 
et  ScandinaTJa  medio  aevo,  Anniv.  Hafn.  1885;  W.  Waekernagel  a.  a.  O. 
8.  558 ;  Sadowiky ,  die  Handebstrassen  der  Oriechen  und  Römer  durch  das 
Plassgebiet  der  Oder,  Weichsel,  Digepr  und  Njemcn,  übers,  v.  Cohn;  Genthe, 
aber  den  etmskischen  Tauschhandel  nach  dem  Norden  S.  102 ;  Langebek,  Scr. 
rar.  Dan.  II,  118  ff ;  Ad.  ▼.  Er.  II,  19  and  daia  L.  Giesebrecht,  Wend.  Gesch. 
I,  S7  ff.;  yiU  Ansgarii  c.  U,  86,  27,  Mon.  SS.  U  und  Ad.  ▼.  Br.  I,  68;  vgl. 
anch  Herodot  IV,  83.  Dass  Birka  die  ideine  Insel  Björkö  im  Mälarsee ,  be- 
weisen die  flberans  erfolgreichen  Ausgrabungen,  die  unter  Leitung  des  Dr.  Stolpe 
dort  In  den  latsteo  Jahren  yorgenommen  worden  sind.  Bei  meiner  Anwesen- 
heit im  Sonmier  1877  waren  drca  600  Grftber  aufgegraben;  die  Insel  hat  deren 
aber  SOOO  ans  der  jüngeren  Eisenseit.  Vgl.  Stolpe,  grafnndersokningar  pa 
BjdrfcS  in  Tldskrüt  f5r  Antropologi  och  Kultnrhistoria,  B.  I. 

S)  Behljrier,  eorp.  jur.  Sueo-Gotorum  antSqni  VIII,  21. 

3)  VgL  HShlbanm,  die  Gründung  der  deutschen  Kolonie  an  der  Düna  in 
d.  Hans.  Ge«:hbl.  187S,  8.  64. 


gg  m.     Die  Borddifirtwheii  Stiite 

graben  hat,  sind  allein  auf  Qotland  3400  gefunden  worden, 
und  das  gleiche  Verhältniss  treffen  wir  wieder  in  den  viel 
zahlreicheren  und  werthvoUaren  Funden  bysantinischer  und 
kufiseher,  angelsächsischer  und  deutscher  Mflnzen^).  Einen 
nicht  minder  triftigen  Beweis  fftr  den  alten  Reiclithum,  die 
frohe  Entwicklung  der  Insel  lief«!  die  Menge  ihrer  alten 
stattlichen  Kirchen.  Während  im  ganzen  übrigen  Sdiweden 
die  Kirchspiele  sich  durch  ihre  Orösse  auszeichnen  (auch  im 
mittleren  Schweden  umfassen  manche  viele  Quadratmeilen),  hat 
Gotland  auf  kaum  60  Quadratmeilen  noch  jetzt  91  benutzte 
Kirchen,  je  eine  auf  600  Einwohner.  Und  wie  viele  liegen 
verfallen  und  unbenutzt!  Mit  wenigen  Ausnahmen  aber  stam- 
men  diese  Kirchen  sämmtlich  aus  den  ersten  christlichen  Jahr* 
hunderten,  zeichnen  sich  zum  grossen  TheO  durch  Grösse, 
architektonische  Schönheit  und  omamentalen  Schmuck  aus,  weit 
ttber  die  gewöhnliche  Austattung  von  Dorfkirchen  hinaus  *). 
Auch  unter  Voraussetzung  eines  weit  lebhafteren  kirchlichen 
Sinnes,  als  unsere  Zeit  ihn  zu  Ii^en  pflegt,  würde  die  arme, 
dünngesäete  Bevölkerung  der  Insel  in  ihrer  jetzigen  Lage  ni^t 
im  Stande  sein,  so  viele  und  so  stattliche  Gotteshäuser  auf- 
zurichten. Die  g^enwärtige  Verwahrlosung  mancher  derselben 
ist  wohl  ein  hinreichender  Beleg  dafür').  Diese  Bauten  ge- 
hören einer  besseren  Zeit  an;  sie  sind  redende  Zeugen  von 
der  Herrlichkeit  vergangener  Tage. 

Eben  diese  Insel  sollte  nun  auch  für  die  Stellung  der 
Deutschen   in  der  Ostsee  eine  entscheidende  Bedeutimg  ge- 

1)  Vgl.  Montolins,  Sveriges  hednutid  S.  179  und  294  ff. 

2)  Brunius,  Gotlands  Konsthistoria  I,  109  ff.  Der  kundige  VerfiaMor  sagt 
II,  p.  I :  Af  Gotlands  Ulrika  kyrkor  finnea  knappt  nagon,  som  ej  fSr^enar  att 
i  konsthistoriskt  afseende  tagas  i  nXnnare  skänkadande. 

3)  Dio  »chöne  Ruine  von  Roma-Kloster  wird  von  ihrem  gegenwSrtigen 
EigentbQmer,  trotxdom  er  ein  eifKger  „l&sare**  ist,  als  Heumagfaiin  benntxt. 
Das  Vorhaus  der  Kirche  von  Lau,  einer  der  grössten  und  schönsten  Gotlands, 
wird  von  der  verarmten  Gemeinde  zur  Aufbewahrung  des  elendesten  Gerumpels, 
sur  Vieh-  und  Ackerwirthschaft  vorwandt  (Sommer  1877). 


und  ikn  BfaHUig«»  bU  m  1800.  39 

winneD.  Sdien  wir  ab  von  jenen  frtthen  Zeiten,  da  die  Deut^ 
sehen  selbst  nodi  einen  grossen  Theil  der  Ostseeküste  be- 
wohnten, so  fehlt  es  uns  auch  fttr  jene  Periode,  in  der  sie 
voUstindig  vcMn  baltischen  Meere  verdrängt  waren  ^  nicht  an 
Zeognisseii  f&r  ihre  TheQnahme  am  Verkehr  auf  demselben. 
In  Boglettnng  von  Kaufleuten  unternahm  Ansgar,  der  Apostel 
des  Nordens,  seine  erste  Fahrt  zu  den  heidnischen  Schweden. 
Im  slavischen  Lubike  wohnten  schon  unter  dem  Wendenfiirsten 
Heinrich  deutsche  Kanfleuta  Dass  sich  auch  an  dem  von 
Schleswig  ausgehenden  Handel  Deutsche  betheiligten,  scheint 
die  Gilde  d^  Schleswikw  zu  Soest  zu  beweisen  ^).  Liegt  die 
Urkunde  fOr  das  kleine  westfälische  Städtchen  Medebach,  die 
TOB  einem  Handel  nach  Dänemark  und  Russland  redet,  auch 
einige  Jahre  später  als  die  Gründung  Lübecks^),  so  können 
wir  um  so  gewisser  auf  ein  früheres  Bestehen  dieses  Verkehrs 
sddiesseu,  als  er  sich  gerade  in  einer  so  kleinen,  nie  besonders 
hervorragenden  Stadt  zeigt;  auch  die  Art  der  Erwähnung  führt 
m  dieser  Annahme.  Und  auch  hier  wieder  hat  uns  die  Erde 
Zeugnisse  bewahrt,  die  den  vergänglichen  Pergamenten  mächtig 
zu  Hflife  kommen.  Unter  allen  in  Schweden  gefundenen  frem* 
den  Münzen  sind  die  deutschen  weitaus  die  zahlreichsten,  und 
sie  zählen  schon  aus  der  Zeit  von  der  Mitte  des  10.  bis  zum 
Ende  des  11.  Jahrhunderts  nach  Zeluitausenden ;  unter  den 
Kaisermtknzen  dieser  Zeit  sind  die  Otto  III.  die  häufigsten, 
unter  den  städtischen  die  des  entlegenen  Köln'). 

Und  wieder  ist  es  nun  Gotland,  das  auch  hier  in  den 
Vordeif;rund  tritt.  Nirgends  fand  man  deutsche  Münzen  so 
häufig  wie  gerade  auf  dieser  Insel;  nirgends  in  der  Ostsee 
finden  wir  das  Auftreten  der  Deutschen  urkundlich  so  früh 
beglaubigt  wie  hier.    Schon  Kaiser  Lothar  gewährt  den  übers 


1)  Vita  Ansg.  c.  10;  Helmold  I,  48;  Barthold,  Soe^t  S.  55  ff.  und  60. 
i)  Vgl.  Se&berts,  Urkdb.  b.  Landes-  und  Kecbtsgescb.  Westfalen»  I,  n.  55. 
Z)  Montelias,  Sveriges»  hednatid  S.  296. 


40  III.    Dm  norddenlMlMn  Stidte 

Meer  kemmenden  Goten  ein  Becht,  das  in  wesentlidura  Be- 
stjmmungra  mit  dem  sächsischen  übereinstimmt;  die  Deutschen 
sollen  in  Gotland  desselben  Rechtes  geoiessen.  1163  (1161?)  ^) 
schlichtet  dann  Rerzog  Heinrich  der  Löwe  den  zwisdien  Deut- 
schen und  Goten  ausgebrochenen  Streit  durch  Bestätigung  jenes 
Vertrags,  „d^  den  Goten  gewährten  Friedens-  und  Bechts- 
bestimmungen^S  Der  Herzog  erscheint  hier  als  Schiedsrichter, 
um  Vermittlung  angerufen  von  einem  gotischen  und  mtem  deut- 
schen Gesandten,  Lichnatus  und  Odelricus.  Der  Letztere  wird 
dann  als  Vogt  zu  seinen  Landsleuten  auf  Gotland  zuräck- 
gesandt.  Mag  Manches  dunkel  bleiben  in  dem  gegenseitige 
Verhsdtniss,  so  viel  ist  klsu*:  die  Deutschen  nehme  eine  ein- 
flussreiche Stellung  auf  der  Insel  ein;  sie  üben  unter  einem 
deutschen  Vogt  eine  eigene  Gerichtsbarkeit  nach  heimischem 
Recht;  ihr  Verhältniss  zu  den  Goten  ist  durch  einen  Vertrag 
geregelt^).  Wir  erfahren  auch,  woher  sie  konmien.  Offisnbar 
sind  es  vorzugsweise  Angehörige  des  Herzogthums  Sachse, 
besonders  Westfalen,  die  schon  bd  der  Gründung  Lübecks  eine 
so  hervorragende  Rolle  spielten  ^).  Von  der  unwirthlichen  Höhe 
des  kahlen  Asten  herab  ziehen  noch  heute  die  Winterberger 
mit  ihren  Waaren  hausirend  durch  viele  Länder,  ja  übers  Meer 
nach  Amerika  und  Australien.     Eigenthümlich  genug,   dass 


1)  Sollte  nicht  1161  zu  dfttiren  seinV  Jmhre  de&  Königs-  and  KAiserreicht 
sprechen  dmfQr.  Bischof  Gerold  starb  schon  im  Augast  1163,  Urkdb.  d.  Bisth. 
Lübeck  I,  S.  4. 

2)  Vgl.  Lüb.  Urkdb.  1,  n.  3  und  Schlyter,  corp.  jur.  Sueo-Goth.  VIII,  21. 
Vgl.  mit  den  Bestimmungen  der  Urkunde  Sachsenspiegel  II,  13,  5;  16,  2; 
14,  1 ;  III,  45,  6  ;  I,  28.  Gotlaudä-Lagen  (Schlyter  VII)  bat  keine  anklingenden 
Bestimmangen.  Das  Wehrgeld  von  40  Mark  findet  sich  wieder  in  Visby-SiMb* 
lag  I,  9,  auch  der  Verlost  der  Hand  als  subsidiäre  Bestimmung  ebd.  1,  13,  15 
u.  a.  a.  O.  —  Koppmann,  H.  B.  I,  p.  XXVIII  h&lt  den  Vogt  für  den  Vorsteher 
der  deutschen  Stadtgemeinde  Wisbys;  mir  scheint  richtiger,  seinen  Wirkungs- 
kreis als  auf  die  vorübergehend  auf  Gotland  sich  aufhaltenden  Deutschen  be- 
schrttukt  anzuüeheu.     Vgl.  unten  S.  41,  n.  1. 

3)  Vgl.  Nitzsch  in  d.  Jahrbüchern  f,  d.  Landkde  d.  Hzgthttmer  Schlesw., 
Holst,  u.  Lauenbg  V,  308  ff. 


vmi  Ikf  BiMuiffitt  bü  «n  1800.  41 

ÖD  UeiMR  StftdtcheD  Am  dieser  Gog^d  so  frühe  Zeugnisse 
aofniweisen  bst  yoh  .eiliem  in  weit^  Ferne  getriebenen  Ver- 
kdhr,  der  mit  dem  heutigen  Havsirhandel  gewiss  manche  Aehn- 
HeUrait  hatta 

Ob  mm  schon  damals  ein  Unterschied  bestand  z?rischai 
den  auf  Gotland  angesiedelten  und  den  sidi  nur  vorübergehend 
dort  aufhaltenden  Deutschen,  kann  sweifelhaft  erscheinen ' ). 
In  spftterer  Zrit  ist  eme  sdche  Trennung  deutlich  erkennbar. 
Schon  1235  wird  in  der  Benutzung  der  von  den  Händen  deut- 
scher Stifter  erbauten  Marienkirche  in  Wisby  ein  Unterschied 
gemacht  swisdira  deutschen  Bürgern  Wisbys  und  d^  kom- 
moideD  und  gdmiden  deutsdien  Gästen  ^).  Zwei  Jahre  später 
crtheilt  Papst  Honorius  UI.  dm  deutschen  Bürgern  Wisbys 
ihr  Stadt  und  Hafen  den  erbetenen  Schutz,  weil  sie  die  Be- 
kehnnig  dar  Bewohner  von  Oesel  und  anderer  Völkerschaften 
Inbaichtigen  *).  1280  besi^eln  dann  Rath  und  Gremeinde  von 
Wisby  ihre  Zusthnmung  zu  der  Verlegung  des  Stapels  von 
Brügge  nach  Ardenburg  mit  doppeltem  Si^el,  dem  der  Deut^ 
sehen  (der  Lilie)  und  der  Goten  (dem  Lamm  mit  der  Sieges- 


1)  Mir  •ehdiit  die  Tr«aiiiiiig  sebon  damals  yorhanden  lu  «ein.  Daflir 
»prieht  besondars  Haiu.  Urlidb.  I,  n.  448 ,  aus  welcher  Urkunde  hervorgeht, 
daaa  »chon  iwUchen  1178  und  1179,  ebenfalls  durch  Vertrag  mit  Heinrich  dem 
LSwea,  Tereinbart  war,  dasa  die  in  Schweden  sich  niederlaitsenden  Deutschen 
oaeb  sehwediadiem  Recht  leben  sollten.  Das  ist  auch  thatsächlich  die  SteU 
lang  der  nachher  sahireich  in  schwedischeu  St&dteu  auftretenden  Deutschen 
gewesen.  Die  Wahrsebeinliehkeit  spricht  dafür,  dass  es  in  Gotland  anfangs 
udrt  aaden  wmr  als  im  flbrigen  Schweden,  wenn  man  jenen  Vertrag  nicht 
geradean  als  fBr  GotUnd  mitgeltend  ansehen  will.  In  Wisby  leben  später  die 
devtsehen  Bftrger  nach  demselben  Recht  wie  die  gotischen ;  und  dies  Recht  ist 
allerdings  offenbar  unter  deutschem  Einfluss  entstanden,  hat  aber  doch  seine 
goUiodiselie  Omiidlage  unverkennbar  bewahrt.  —  Höhlbaom  giebt  (Hans.  Urkdb. 
8.  9,  A.  1)  den  Inhalt  von  n.  448  nicht  richtig  an,  wenn  er  sagt:  „Die  Be- 
dingungen für  das  Tragen  des  glühenden  Eisens  und  Gesetze  fiber  die  Schwanger- 
tehalt  nnvereheUehter  Frauensimmer  werden  erlassen.**  Wegen  der  Datirung 
»iebe  Rydberg,  Sverges  traktater  med  frftmmande  magter  I,  n.  50. 

S)  H.  U.  I,  B.  191. 

8)  lArl,  Urkdb.  I,  n.  94;  vgl.  aaeh  Li^egren,  Diplom.  Suecuittm  I,  n.  S3S. 


42  lU.     Die  norddeatichtii  BtAdte 

fahne)  <),  und  eine  Urkunde  dee  Jahres  1288  spricht  von 
„Vögten  und  Rathmanuen  der  Goten  und  Deutscten^  ').  Dass 
unter  den  Bürgern  Wisbys  zahhrdche  Deutsche  waren,  ist  klar. 
Der  Rath  uiusste  aus  „Leuten  von  beiden  Zungen^S  ans  Goten 
und  Deutschen  bestehen;  neb^  don  gotischen  Vogt  wachte 
ein  deutscher  über  Marktrecht  und  Marktfrieden  ').  Deutsdie 
und  Goten  lebten  gemeinsam  nach  denselben,  in  wesentlidiea 
Theilen  auf  dem  gotländischen  Landrecht  beruhenden  Stadt- 
rechte. Dass  die  Deutschen,  wenn  auch  nicht  an  Zahl  so  dodi 
der  Bedeutung  nach,  ihren  gotischen  Mitbürgern  überlegen 
waren,  ergiebt  sich  aus  Allem,  was  uns  überliefert  ist. 

Neben  diesem  aus  ansässigen  Leuten  bestehenden  deut- 
schen Theil  der  Stadtgemeinde  Wisby  besteht  nun  aber  in 
dieser  Stadt  eine  Genossenschaft  aller  nach  und  über  Ootland 
handelnden  und  sich  dort  kürzere  oder  längere  Zeit  aufhalten- 
den d^tschen  Kaufleute;  und  diese  Genossenschaft  ist  es, 
welclie  als  die  älteste,  Angehörige  zahlreicher  Städte  umfas- 
sende Vereinigung  deutscher  Kaufleute  im  Auslande  von  allen 
Verbindungen  der  Art  die  wichtigste  geworden  ist  und  am 
meisten  einigend  auf  die  Städte  daheim  zurückgewirkt  hat 

Selbständig  sehen  wir  diese  Genossenschaft  als  Vertreterin 
des  deutschen  Handels  auftreten,  nicht  nur  im  Ostsee-,  son- 
dern auch  im  Nordse^ebiete.  Wegen  des  eifrigen  Beistandes, 
den  sie  von  Anfang  an  in  der  Bekehrung  der  Heiden  geleistet 
habe,  gewährt  ihr  Biscliof  Albert  von  Riga,  der  Bekehrer  Liv- 
lands,  wichtige  Privilegien*).    Riga,  die  neugegründete  Düna- 


1)  LUb.  Urkdb.  1,  ii.  406. 

2)  H.  U.  I,  n.  1043;  vgl.  Ruch  Liljegren,  Diplomat.  Saec.  I.  n.  611  von 
1X76  and  Lttb.  Urkdb.  I,  u.  497. 

3)  Visby^tadslag  I,  1  (Schlyter  VIll). 

4)  H.  U.  If  D.  88.  Das»  unter  den  f,inercatoreii  Guttenses'^  die  auf  Got- 
Und  verkehrenden  deutschen  Kaufleutc,  nicht  blos»  die  dort  ansüssigen  Dent- 
scheu  oder  gar  die  Goteii  zu  ver»tehen  sind,  ergiebt  sich  deutlich  aus  der  Be- 
stimmung :  Ezcessus  suos  slngulae  civitates,  si  poterunt,  componaat  etc.    Ueber 


ud  ihre  Etammgm  hb  vh  ISOD.  4S 

Stadt ,  erhielt  das  Redit  der  Dentschen  auf  Gotland,  deren 
Mflnze  ^>.  Auf  dem  Wege  Dflna  aufwärts  nach  dem  altbesuch  ten 
Markte  von  Smolensk  treffen  wir  zuerst  die  gotländische  Ge- 
BosscBschaft  Im  S<mmier  1229  schliessen  die  ,4^aufleute  am 
gotischen  Ufer^  und  die  Stadt  Riga  dnen  Vertrag  mit  dem 
Ffirsten  von  Smolensk,  der  einen  Beleg  giebt  für  den  regen 
Veikehr  der  Deutsche  bis  ins  Innere  Russlands  hinein  und 
zugleieh  einen  Blidc  thun  lässt  in  die  Zusammensetzung  der 
Gesellscbaft  der  deutschen  Kaufleute  auf  Gotland.  Denn  diese, 
mcbt  die  deutsche  Stadtgemdnde  zu  Wisby  ist  es,  die  wir 
unter  den  ,4^aufleuten  am  gotischen  Ufer^'  zu  verstehen  haben. 
Es  schliessen  den  Vertrag  3  Bürger  von  den  gotischen  Ufern, 
(L  1l  Angehörige  der  deutschen  Stadtgemeinde  zu  Wisby, 
2Kanfleute  aus  Lübeck,  1  aus  Soest,  2  aus  Münster,  2  aus 
Groningen,  2  aus  Dortmund,  1  aus  Bremen  und  3  aus  Riga'). 
Die  auf  Gotland  ansässigen  Deutschen  nehmen  hier  zu  der 
allgemeinen  deutschen  Oenossenschaft  dieselbe  Stellung  ein  wie 
irgend  eine  Stadt  daheim,  welche  durch  Bürger  auf  Gotland 
vertreten  ist,  eine  Sachlage,  die  sich  auch  aus  andern  Zeug- 
nissen erkennen  lässt.  Was  die  Herkunft  der  deutschen  Kauf- 
lente  betrifft  (es  werden  im  13.  Jahrhundert  noch  deren  aus 
Köln,  Utrecht  und  Braunschweig  erwähnt  ^)),  so  finden  wir  die 
westlichen  Städte,  Westfalen  und  Friesen,  nocli  staiic  vertreten. 
Noch  warai  sie  nicht  durch  Lübeck  und  seine  Genossen  in 
den  Hintargrund  gedrängt. 


die  Theiluahme  der  Kaufleuie  am  Kampfe  gegen  die  Heiden  vgl.  besonders 
Li  vi.  Urkdb.  I,  u.  125. 

i)  Harn».  Urkdb.  I,  n.  194.  Auch  hier  i»t  unter  ,Jus  Gotomm*'  das  Recbt 
der  deoUcben  GeDossenscbaft  auf  GotI»nd,  nicht  dat»  der  dort  aasissigeu  Deut- 
schen SU  verstehen.  Das  seigt  H.  U.  1,  n.  71 :  eo  tempore,  quo  coo»nleü  in 
Wi»by  nos  nostrotque  eives  ac  ccteros  mereatores  Godlandiam  visitantes  tali 
jure  ac  Kbertate  nti  pennittnnt,  quemadmodum  noütri  predecewores  ibidem  freti 
saut,  »cilkel  in  Godlandia,  et  ab  ipsit  ad  nos  devolutum  esse  dinoscitur. 

t)  H.  U.  I,  n.  831. 

8)  ebd.  I,  B.  6S1,  9U,  1016. 


44  m.    Die  norddettitoliftn  BOMt 

Und  wie  auf  dem  Wege  zur  Dflna  und  nach  Smolenak, 
so  waren  auch  auf  dem  zur  Newa  und  nach  dem  normannisdi- 
rassischen  Nowgorod  die  ersten  Deutsche  Leute  der  goüftndi- 
sehen  Genossenschaft  Sie  folgen  hier  den  Spuren  der  Skandi- 
navier, spedell  der  Gotländer.  Denn  diese  sind  in  Nowgmrod 
schon  im  11.  Jahrhundert  als  Kaufleute  nachweisbar,  besaseen 
dort  schon  vor  1162  eine  eigene  Kirche.  Dass  die  Deotsehoi 
noch  über  100  Jahre  später  die  Wasserschndlen  der  Wolchow 
als  „vorsch^^  (schwed.  fors)  bezeichnen,  zeigt  ebensowohl  wie  die 
Namen  Berkö  und  Dhrelleborch ,  welche  W^weiser  sie  auf 
dieser  Fahrt  gehabt  hatten  ^).  In  der  2.  Hälfte  des  12.  Jahr- 
hunderts sind  die  Deutschen  in  Nowgorod  selbst  sicher  nadi- 
weisbar,  und  nicht  lange  dauert  es,  so  finden  wir  sie  im  Besitz 
einer  eigenen,  dem  Apostelf&rsten  geweihten  Kirche  und  des 
damit  verbundenen  Peterhofes.  Die  Gotländer  treten  zurttck; 
wird  ihr  Name  um  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  und  später 
in  den  Urkunden  genannt,  so  ist  ausser  an  die  deutschen 
Kaufleute  auf  Gotland  höchstens  an  die  zweisprachigen  Be- 
wohner Wisbys  zu  denken. 

Und  diese  neue  Niederlassung  steht  nun  ihrer  Entstehung 
gemäss  in  vollkommener  Abhängigkeit  von  der  deutschen  6e- 
nossensdiaft  auf  Gotland.  Deren  Recht  herrscht  wie  in  Riga 
so  auf  dem  Hofe  zu  Nowgorod*);  die  ältesten  Ordnungen 
(Skraen)  f)tr  diesen,  die  eine  ungefähr  der  Mitte,  die  andere 
wahrscheinlich  dem  Ende  des  13.  Jahrhunderts  angehörend, 
sind  gesetzt  von  ihr^).    In  der  früheren  wird  bestimmt,  dass 


1)  Vgl.  Höhlbaum  in  den  Haus.  Geschbl.  1872,  8.  49  ff.;  Lttb.  Urk.  I, 
S.  695  and  699;  H.  U.  I,  u.  50. 

8)  H.  R.  I,  n.  70:  libertates  et  jura  mercatorum  terram  Gk>tlandie  ac 
curiam  Nogardie  frequeutanciam ;  que  eciam  libertates  tarn  in  dieta  enria  (No- 
gardensi)  quam  in  terra  Ootlandie  ab  nniversis  mercatoribna  a  retroactis  tem- 
poribus  usqne  in  tempus  hodiernum  (1293)  »unt  concorditer  observate. 

3)  Vgl.  Lüb.  Urkdb.  I,  S.  700:  van  gancome  rade  ande  van  eneme  ge- 
menen   wilcore   dhere   wisesten  van  allen  steden  via  Dkattcheme  lande   und 


mi  flur*  Baugw  bif  im  1100.  45 

die  Qberschflssigen  Grolder  von  St  Peters  Hofe  zu  Nowgorod 
nach  Wisby  gebracht  und  dort  in  der  Marienkirche,  der  Kirche 
der  Deutachen,  aufbewahrt  werden  sollen.  Vier  Aelterleute 
sollen  dazu  einen  Schlüssel  haben:  jener  der  Deutschen  auf 
Gotland,  der  von  Lübeck,  der  von  Soest  und  der  Dortmunder  ^). 
Zagt  uns  diese  Bestimmung  einerseits,  welche  Städte  die  Haupt- 
pdle  spiden  im  Ostseehandel,  bestätigt  sie,  dass  die  Westfalen 
auch  om  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  noch  den  östlichen 
Städten  die  Wage  hidten,  so  lässt  sie  uns  andererseits  einen 
Blick  thun  in  die  Organisation  der  deutschen  Kaufleute  a^of 
GotUmd.  Aelterlaite  stehen  an  der  Spitze  der  Angehörigen  ein- 
zebar  Städte.  Erfahroi  wir  nun,  dass  Lübeck  auf  Ansuchen 
Sakwedels  seinen  Aeltermann  auf  Gotland  anweist,  die  Bürger 
SakwedelB  in  die  „Bank  und  Grenossenschaft^^  der  Lübecker^) 
anfninehmen,  so  wird  klar,  dass  (öne  Gliederung  des  deutschen 
Kufmanns  bestand,  dass  die  Angehörigen  der  grösseren  Städte 
mit  ihren  Aelterleuten  entweder  die  Glieder  ausmachten  oder 
wenigstens  an  ihrer  Spitze  standen,  dass  in  jedem  Falle  die  hei- 
miadie  Stadt  die  Aufnahme  der  Bürger  kleinerer  Städte  in  ihre 
3ank  und  Goioss^ischaft^^  anordnen  konnte. 

Ueber  die  leitende  Stdlung  der  gotländischen  Gesellschaft 
im  deutschen  Ostseehandel  währaid  des  grössten  Theils  des 
13.  Jahrhunderts  kann  kern  Zweifel  sein ;  wir  werden  sehen, 
dass  diese  Vereinigung  von  Kaufleuten  auch  im  Gebiet  der 
Nordsee  selbständig  und  bahnbrechend  vorgeht.    Unter  allen 


(Uso  ebd.  S.  708:  Over  see,  dat  sint  de  lande  de  of  dessit  ligget.  Das 
jüngere  Exemplar  der  Skra  ist  wohl  zwischen  129S  nnd  1298  zu  setzen,  vgl. 
S.  710:  Weret  dat  also,  dat  de  koplode  an  deme  hove  an  jenigeme  rechte 
twiyeldeo,  dat  ntekt  bescreTen  were,  dat  seolden  se  tbeen  an  den  raat  to 
Labeke  nad  H.  R.  I,  n.  72.  Vgl.  Lappenberg- Sartori us,  Urkdl.  Gesch.  II, 
S.  17  und  200,  aueh  Lttb.  Urkdb.  I,  n.  682. 

1)  Lab.  Urkdb.  I,  S.  708.  Spftter  sind  die  Gelder  an  den  Ittbecker  Rath 
gegangen,  Tgl.  LAb.  Urkdb.  II,  n.  619.  Riga  verwahrte  dann  einen  der  SchlUssel, 
Livl.  Urkdb.  II,  n.  908,  von  Bange  um  1350  gesetzt 

2)  in  sedilia  et  consortia  nostra,  H.  U.  I,  n.  593. 


46  m.    Die  noi  idiiatiiülma  Stite 

VerbinduDgen  dar  Datschen  im  Auslände  hat  gerade  diese  bei 
Weitem  zuerst,  schon  1229,  ein  eigenes  Siegd  geführt.  J^e 
Lilie,  das  Siegel  der  deutschen  Bürger  Wisbys,  diente  in  klei- 
nerer und  etwas  veränderter  Grestalt  auch  als  „Siegd  der  Got- 
land  besuchende  Deutschen^S  wird  auch  wohl  schlechthin  als 
„Siegel  aller  Kaufleute^^  bezeichnet.  Währed  die  anderen  han- 
sischen Niederlassungen  später  Siegel  haben,'  die  sämmtlich 
mehr  oder  weniger  auf  Lübeck  hinweisen,  bildet  sich  hier  in 
Wisby  schon  jener  spätere  hansische  Brauch  vor,  gemeinsaaie 
Beschlüsse  zu  siegeln  mit  dem  Siegel  der  Stadt,  in  der«  sie 
gefasst  waren  i).  Jenen  Umsdiriften  entsprechende  Ausdrücke, 
wie  „Gesammtheit  der  Kaufleute^S  „gesammte^  oder  „gemeine 
Kaufleute^S  Bezeichnungen,  die  später  gebraucht  werden  für 
die  Gesammtheit  aller  an  Am  Privilegien  der  deutsche  Kaiif- 
leute  im  Auslande  theilnehmenden  Angehörigen  deutscher  Städte, 
finden  wir  zuerst  angewandt  auf  die  gotländische  Genoesen- 
schaft^).  Ihre  Stellung  zu  den  Städten  selbst,  ihre  Macht  be- 
leuchtet eine  Urkunde  des  Jahres  1287  hell  genügt).  In  Folge 
eines  an  der  estländischen  Küste  verübtcai  Strandraubes  wird 
einstimmig  von  allen  Kaufleuten,  die  aus  verschiedenen  Städten 
und  Oertem  Gotland  zu  besuchen  pflegen,  beschlossen,  dass 
alle  Städte,  in  deren  Nähe  Güter  durch  Schiffbruch  oder  fiaub 
verloren  gegangen  sind,  den  Kauf  und  Verkauf  dieser  Güter  in 
öffentlicher  Bursprake  (communi  civiloqiüo)  verbieten  und  den 
Beschädigten  mit  Rath  und  That  zur  Rettung  oder  Wieder- 
erlangung des  Verlorenen  behülflich  sein  sollen.     Unterlässt 


1)  ygl  Wallin,  Oothländska  Samlingar  I,  125,  Üb.  III,  n.  4:  mercatorom 
terram  Gotlandiam  freqiientancinm ;  Sartorins  -  Lappenberg ,  Urkdl.  Geaeh.  II« 
S.  152:  sigillnm  omninm  mercatonim  und  S.  761;  H.  U.  I,  n.  232,  8.  79,  2. 
Vgl.  Ztscbr.  f.  hambg.  Gesch.  III,  159  ff. 

2)  LQb.  Urk.  II,  n.  12  von  1232:  nniversitas  conununitiin  mercatomm; 
ebd.  I,  n.  ISO  von  1252:  nniversi  mercatores  Romani  imperii  Godlandiam  fre- 
quentantium.     Spätere  Zeugnisse  ebd.   I,  n.  360,  520,  582,  750,  751. 

3)  H.   IT.  I,  n.  1024. 


nai  Our«  Wbnmgm  bis  mn  1100.  47 

das  irgend  eine  Stadt,  so  können  ihre  Bürger  nicht  Eides- 
bdfer  sein  f&r  einen  wegen  derartiger  Güter  angeklagten  Mit- 
bürger, und  zwei  Zeugen  genügen,  um  einen  solchen  Angeklagten 
zu  überführen.  Auch  soll  eine  solche  Stadt  die  dem  Ueber- 
führten  auferlegte  Busse  (20  Mark  Silber  «=  circa  900  resp. 
6 — 7000  M.  Reichsw.  * ))  nicht  einsiehen,  sondern  sie  den  „Kauf- 
leuten^  d«  h.  dar  gotländischen  Genossenschaft  überlassen.  Ja, 
welche  Stadt  sich  diesen  Anoninungen  nicht  fügt,  die  wird 
sogar  mit  Ausschliessung  aus  der  Genossenschaft  bedroht  an 
allen  Orten  und  auf  allen  Wegen,  es  sei  denn,  dass  sie  ihr 
Unredit  wieder  gut  mache.  Und  gegen  Reval  wird  sogleich 
m  dieser  Wdse  vorgegangai.  Also  eine  Gesdlschaft  deutscher 
Kaufleute,  die  ihren  Sitz  im  Auslande  hat,  trifft  Verfügungen, 
die  für  die  heimischen  Städte  verbindlich  sind,  bedroht  diese, 
nenn  sie  die  Anordnungen  missachten,  mit  Ausschliessung  ihrer 
AngehArigra  von  den  Rechten,  die  der  in  der  gotländischen 
Genossenschaft  geeinigte  deutsche  Kaufmann  im  Auslande  be- 
sitzt. In  der  That  eine  seltsame  Erscheinung  und  ein  Beweis 
hoher  Machtfttlle  und  wdttragcnder  Bedeutung  in  dieser  eigen- 
thümlicben  Bildung. 

Die  unter  diesen  Gotlandsfahrem  bestehende  Einigung, 
in  der  AngehlMge  von  mindestens  30  deutschen  Städten  von 
Köln  und  Utrecht  an  bis  hinauf  nach  Wisby,  Riga  und  Reval 
nachweisbar  sind,  die  mit  Recht  als  die  „geeinigten  Gotlands- 
fahrer  des  romischen  Reichs^^  ^ )  bezeichnet  werden  konnten, 
musste  in  demselben  Augenblicke  zu  einer  Einigung  der  Städte 


1)  Di«  n«nc]umog  der  Geldsummen  nach  beatigem  Werthe  ist  gemäss  einer 
ia  Cap.  VII  lu  gebenden  Auseinandersetzung  vollzogen ;  die  zwei  verschiedenen 
Bestimmungen  geb^n  die  eine  den  Silberwerth,  die  andere  den  lientigen  Geld-, 
rtep.  Waaren-  oder  Verkehrswerth  an.  Verschiedenheit  der  Berechnung  wird 
zuweilen  nöthig  durch  die  verschiedene  Zeit;  dabei  ist  zu  Grunde  gelegt 
Grantoff,  Geachichte  d.  lUbeck.  Mttnzfnsses  bis  zum  Jahre  14G3,  in  den  ,,Histor. 
Schriften"  B.  lU. 

2)  Lab.  Urkdb.  I,  n.  180. 


48  m.    Dl«  norddMtMhoi  fltidte 

selbst  f&hren,  wo  diese  oder  auch  nur  eine  von  ihnen  der  im 
Auslände  erstandenen,  im  Auslände  ihren  Site  habenden  Ge- 
nossenschaft die  Leitung  der  allgemeinen  Angelegenheiten  des 
deutschen  Kaufmanns  aus  der  Hand  nahm,  den  von  ihr  ge- 
übten Einfluss  selbst  zu  üben  begann.  Und  dazu  fehlte  es 
weder  an  Neigung,  noch  an  Fähigkeit 

Waren  die  deutschen  Kaufleute  in^  der  Ostsee  nach  d^n 
Sturze  der  weitreichenden  Herzogsmacht  Heinrichs  des  Löwen 
zunächst  auf  sich  selbst  angewiesen  und  zeigten  sie  sich  in 
der  Herausbildung  der  gotländischen  Genossenschaft,  in  ihrem 
Auftreten  an  der  Düna  und  in  Nowgorod  dieser  Stellung  ge- 
wachsen, so  sind  die  im  Laufe  des  13.  Jahrhunderts  immer 
mehr  erstarkenden  Städte  ihnen  doch  eine  wesentliche,  ja  un- 
entbehrliche Stütze  gewesen ,  ohne  die  ihr  Aufblühen  eigentlich 
gar  nicht  denkbar  ist.  Sie  sind  schwerlich  jemals  ganz  ohne 
Einfluss  gewesen  auf  die  Genossenschaft,  vor  Allem  Lübeck 
nicht.  Seit  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  haben  wir  die 
deutlichsten  Zeugnisse  flir  einen  solchen.  Wie  Lübeck  Anord- 
nungen trifft  für  die  Bank  seiner  Angehörigen  in  der  gotlän- 
dischen Genossenschaft  haben  wir  schon  gesehen.  Ein  Lübecker 
steht  an  der  Spitze  der  Gesandtschaft,  die  1269  vom  Fürsten 
von  Nowgorod  einen  neuen  Vertrag  mit  Deutschen  und  Goten 
erlangt^).  Auf  gemeinsamen  Beschluss  der  Städte  und  der 
Gotlandsfahrer  wird  1278  die  Fahrt  nach  Nowgorod  verbo- 
ten^). Auch  hinter  jenen  Beschlüssen  von  1287,  welche  die 
gotländische  Genossenschaft  in  so  grosser  Selbständigkeit  zei- 
gen, steckt  ein  Einfluss  Lübecks.  Die  geraubten  Güter  gehiM*- 
ten  einem  lübecker  Bürger,  Markward  mit  Namen.  Vom 
Könige  von  Dänemark  war  den  Boten  Lübecks  Ersatz  und 
Bestrafung  der  Schuldigen  zugesagt  worden,  aber  vergebens 


1)  H.  U.  I,  n.  665  und  667,  vgl.  Lttb.  Urkdb.  I,  n.  S05,  S15,  316  (H. 
U.  I,  656—657). 

2)  H.  R.  I,  n.  10.     Vgl.  Livl.  ürkdb.  VI,  8.  «Ol. 


vmi  ihre  ^luigen  bia  um  1^00.  49 

hatte  dann  der  lübecker  Bath  den  Johann  von  Dowaye  mit 
Markward  nach  Reyal  geschickt,  die  Güter  zu  erlangen.  Mit 
\eaea  Händen  waren  Beide  nadi  Gotland  zurückgekehrt.  Dort 
traf  sie  d^  Befehl  des  Rathes,  allen  Verhandlungen  des  Kauf- 
manns über  die  Sache  beizuwohnen.  Befriedigt  schreibt  Johann 
nach  Hause,  dass  er  das  gethan  und  mit  den  Vertretern  der 
emzelnen  Städte  den  Entwurf  eines  festzusetzenden  Rechtes 
vereinbart  habe,  den  er  beilege^).  Es  kann  an  nichts  An- 
deres gedacht  werden  als  an  die  besprochenen  Beschlüsse. 
Der  Kaufinann  fasste  sie,  aber  unter  dem  Einfluss  des  lü- 
becker Boten,  der  bestimmt  ist,  das  seiner  Stadt  angethane 
Unrecht  zu  verfolgen,  und  Lübeck  werden  sie  zur  Billigung 
vorgelegt  Es  ist  klar,  die  Genossenschaft  der  Kaufleute  will 
doch  nicht  vorgehen  ohne  der  Zustimmung  der  mächtigen 
Stadt  gewiss  zu  sein').  Neben  der  Genossenschaft,  zum  llieil 
durch  diese  äussert  also  Lübeck  einen  bestimmenden  Einfluss 
ul  die  Stellung  des  deutschen  Kaufmanns  in  der  Ostsee. 

Dieser  stadtische  Einfluss  musste  steigen,  je  mehr  die 
Triger  desselben  sich  materiell  entwickelten,  je  freier  und 
unabhängige  sie  in  ihren  Bewegungen  nach  aussen  wurden. 
Und  Lübeck,  von  dem  die  Einwirkimgen  auf  die  Stellung  des 
Kau&nanns  fast  allein  scheinen  ausgegangen  zu  sein,  entwi- 
ckelte sich  übeaus  rasch  und  nahm  als  Reichsstadt  eine  sehr 
selbständige  Stellung  ein.  Es  gelangte  bald  zu  d^n  entschei- 
denden Schritt,  den  Schwerpunkt  für  den  deutschen  Kauf- 
mann in  der  Ostsee  von  Wisby  an  die  Trave  zu  vertuen.  Es 
wird  nöthig  sein,  die  Stellung  Lübecks,  des  Erben  von  Got- 
land, näher  ins  Auge  zu  fassen. 


1)  Lib.  Urkdb.  I,  n.  511:  qaod  littenun  de  Jndicio  sedendo  cum  aliis 
(irubis  Tiris  de  dTitatibiis  singnlis  composui,  quam  vobis  transmitto.  Vgl. 
ebd.  n.  502,  506,  507. 

2)  Oder  soUten  unter  litteram  de  jndicio  sedendo  schon  die  fertigen  Be- 
scMOsse  SB  verstehen  sein,  deren  Original  ja  die  lUbecker  Trese  bewahrt? 

Schlfar,  Die  BaoMtllite.  4 


11  Llae«iL 


nur 

.^fdimfqHfi)  jflwr  Wt^kaditaL  4Sst  im  rmma,  Td^BB  «rf 
Mtt¥6i9t0tiif!M   B^4m   ift 
iViiiiHW:  isbfvt.   Mdulm  Henc  BoHkk  Asr  Live  lifcfirfc 

«M  ^iii#r  lifttog^iMadw»  f  inArnir  x 

f!4iiMr  KßiMfPtl  JiildM  ikr    Mi i*«rliihiii  &■§<  der  Lage 

n%  pjf^09  \x9(i¥t,  nifsih  ■MKUCHL  unMrcKBfli  oiMCMMacrany 
Mm  iMjMre  KecnMtanr  des  EststidcB»  mA  AiOMheis 
4^  7tt«4t  hftMMt  «I  Uar  mHi  deadidi  ukuta>  da»  Ubcck 
Hi^  AvrefauKi  jApwüiaiigr  AnhjBr  ww.  Sckn  söoe  La|>e 
M«h#!rt#;  d#!m  Trsurdufen  die  Erbsckaft  des  sbräckoi  Slar- 
l(«rd  ifMtn\mf(}  md  do  dinischai  Hethak;  iSdikswig), 
w^In*  UüscUre.  eben  hi  des  Jakren  der  Crtednag  Lübecks 
aM  Y^rMei»  anibiK.  Ma^  die  PHtaidenng  einer  rossisdMB  FkCte 
iai  M^IeJiwiKer  Hafen  durch  den  Dinenkoug  STend  Grathe^) 
4tmn  hmuHrnffitn  haben,  entgcheideoder  waren  die  VonOge, 
tnii  ibsneri  Her/^o^  Heinrich  die  nene  Stadt  ansEostattea  wusste*). 
Kr  firhkkte  Ifriten,  nagt  Helnndd,  nach  den  Stldten  und  Rei- 
rben  iUm  Nirrdenn,  nach  Dänemark,  Schweden,  Norwegen  und 
ittinnland  iiml  hid  ein,  seine  Stadt  Lfibeck  zu  besuchen*).  Er 

t|  Hnntt  OfftmfUAt.  «4.  Mflller  et  Vcltdiow  I,  718. 

S)  Vifl.  HttoMih,  HrhlimiriK,  SoMt  and  Lfib«;k  in  d.  Jahrb.  f.  d.  Laodkde 
i\  U%fiih\\mmr  Mehl.  Uo\ni,  I^orabg  V,  289  ff.  Ueber  das  schleswiger  Stadtrecht 
¥gl«  Korchhamtner  hei  ('arttetifl  o.  Falck,  StaatsbÜrgl.  Magaiin  HI,  5S7ff.  nnd 
lUan  nhd.  JX,  «16 ff. 

A)  ll«lififild  I,  NA:  tranntnlult  duz  nuncios  ad  civitates  et  regna  aqnilonis, 
llaiilam,  MiindUfn,  Norweglam,  Raciam,  offereos  eis  pacem,  at  habereut  liberum 
(Mtinifieatiiin  adeunUt  clvitaten  suam  Lublke. 


vmä  Um  mmagiti  bis  mt  1800.  51 

gewälirt  Bussen,  Güten,  Normannai  und  den  andern  Völkern 
des  Ostens  Freiheit  von  ZoU  und  der  Abgabe,  die  Hanse 
hMBs^).  Er  stellt  die  Goten  auf  gleichen  Fuss  mit  den  deut- 
sdien  Kanflraten ,  ^YCNrausgesetzt ,  dass  sie  „seinen  Hafen  in 
Lttbeck  ieissig  besnchen^^  * ).  Weder  der  Fremde  noeh  der 
Einheimische  brauchte  in  Lübeck  den  Erbkauf  zu  zahl^,  wie 
es  in  Schleswig  der  Fall  war*).  Die  Lübecker  selbst  sind 
frei  von  Zßü  und  Hanse  durch  das  ganze  Herzogthum  Sach- 
sen, die  ZollstdUe  Artlenburg  ausgenommen;  sie  können  sich 
aberall  nach  lübischem  Recht  vertheidigen ,  der  blosse  Eid 
bewahrt  dem  lübecker  Bürger  auswärts  seine  Freiheit^).  Zwar 
äbt  d«r  Bath  nicht  das  Münzrecht  aus,  aber  er  darf  die  Mün- 
len  prfifffln  auf  Gewicht  und  Gehalt^). 

Und  diesen  den  Handel  erleichtemden  und  fördernden 
Bestimmungen  stand  dne  d^  Bedürfiiissen  des  Verkehrs  an- 
gepasste  Ordnung  des  Rechts  und  der  Verfassung  zur  Seite. 
Die  Stadt  erhielt  das  früh  ausgebildete,  altbewährte  Recht 
fon  Soest,  in  erster  linie  wohl,  weil  Westfalen,  damals  das 
eigentliche  Handelsland  Norddeutschlands,  die  Hauptmasse  der 
Ansiedler  stdtte.  Mit  diesem  Rechte  wurde  es  eines  stetigen, 
ganzen,  geordneten  Marktfried^s  für  alle  Kaufleute  theilhaf- 
tig,  der,  aus  dem  Gottesfrieden  erwachsen,  durch  Rath  und 
BOiger  sdbst  verwaltet  wurde,  während  in  Schleswig  jeder 


1)  In  der  von  Kaiser  Friedrich  I.  bestätigten  Urkunde  Heinrichs  des  Lo* 
vea.  Lab.  Urkdb.  I,  n.  7  S.  10:  Ratheni ,  Gothi,  Nonnani  et  cetere  gentes 
■ci— lilei  abs^ne  Uieloneo  d  abtqne  bansa  ad  eiTitatem  veoiant  et  Hbere  re- 
cedaat     VfL  FkrwMdorfl;  Stadt-  o.  GeriehtsTeriassg  Lfibecks  S.  33  ff. 

1)  Lib.  Urfcdb.  I,  b.  3  S.  6:  portnm  noatmm  in  Li^Jbike  diligeiieiiia  Cre- 
<iacBteMt 

3)  ebd.  I«  B.  3:  bona  sna  heres  vel  eognatns  ^ns,  si  forte  presens  est,  reci- 
piai  et  fai  amlU  pac«  Iraatw;  vgl..  Schleswigs  Stadtrecbt,  H.  U.  I,  n.  1362,  S9. 

4)  Ltb.  Urkdb.  1,  n.  7  S.  U.  Si  aliqnis  de  ipsa  civiUte  alienbi  pol- 
«atas  faerift  de  soa  übertäte,  nbicnaqne  pnlsetor,  ibi  sola  mann  Ubertatem  soam 
oUiaeaL     Vgl.  Freasdorff,  a.  a.  O.  S.  34  a.  8.  46  ff. 

6)  VgL  PreMdorff;  a.  a.  O.  S.  37  ff.  (Dieses  Recht  ihirde  spfttar  aacb 
tadcm  Stidtaa  ertbeUi.) 

4« 


52  ni.    IMe  norddevtseheii  Mite 

einzebie  Kaufinann  befriedet  werden  musste  ^ ).  Daneben  war 
es  den  Bürgern  gestattet,  vorbehaltlich  der  herzogliche,  spä- 
ter kaiserlichen  Rechte,  durch  Willküren  neues  Recht  zu  bil- 
den'). Die  Stadt  bildete  eine  vollkommen  einheitliche  Ge- 
richtsgenossenschäft;  Ausnahmen  von  der  Gewalt  des  Vogts^ 
wie  in  andern  Städten,  gab  es  nicht  Und  dieser  Erhebung 
2u  einer  Gerichtsgenossenschaft  gleichzeitig  werden  die  Bedin^ 
gnngen  zu  einer  freien  Gemeindeverfassung  hergestellt  durdi 
Einsetzung  eines  Raths  —  „Ziele,  welche  ältere  Städte  nur 
allmählich,  nach  einander  und  nach  langen  Zwischenräumen 
erreichen"  *). 

Ausschliesslich  aus  Kaufleuten  wurde  der  neue  Rath  zu- 
sammengesetzt. Der  beste  Kenner  des  lübischen  Rechts  und 
der  lübischen  Verfassung  nennt  diese  eine  planmässig  aus  den 
Bedürfhissen  hervorgewachsene  Neugestaltung  *).  Die  Bedürf- 
nisse aber  wiesen  in  erster  Linie  auf  den  Handel  und  seine 
Förderung  hin.  Nur  wer  diesem  sich  widmete,  konnte  in  der 
neuen  Stadt  zur  Geltung  kommen.  Wie  zu  jener  Zeit  noch 
in  allen  andern  Städten  war  auch  in  Lübeck  vom  Rathe  aus- 
geschlossen, wer  „seinen  Lebensunterhalt  als  Handwerker  er- 
warb"*). Eine  grundbesitzende  Aristokratie,  wie  sie  in  an- 
dern Städten  Jahrhunderte  lang  die  Macht  behauptete,  gab 
es  wenigstens  im  Anfange  in  Lübeck  nicht;  sie  konnte  sich 
erst  im  Laufe  der  Jahrhunderte  im  Anschluss  an  den  durch 


1)  Arn.  ▼.  Lfib.  II,  21,  S.  141.  Vgl.  Frenadorff;  a.  a.  O.  S.  6Sff.  G««en 
Prensdorff  beweist  Nitzscb,  a.  a.  O.  S.  808  ff.,  dass  der  Aasdrack:  Jara  hone- 
stissima  oder  justitia  secimdam  jara  Snsatiae  glelcbmässig  das  Privat-  uod  das 
öffentlicbe  Becht  bezeichnet. 

2)  Lab.  Urkdb.  I ,  n.  7  8.  1 1 :  qnicqnid  infra  civitotem  sai  juris  in  po- 
sterum  emendare  valuerint,  sine  tarnen  prejadicio  nostri  judicis,  emendare  non 
obmittant. 

8)  Frensdorff,  a.  a.  O.  S.  25. 

4)  ebd.  S.  29. 

5)  Lüb.  Urkdb.  I,  n.  4:  dhe  sine  neringe  mit  handwerke  nicht  ghewon- 
nen  hebbe. 


ttiid  fkra  ffliMiii  bb  «m  1800.  53 

da  Handd  eilangteD  Beichthum  entwickeln  0-  So  nahmen 
fon  Tomliereni  die  Kaufleiite  die  einflussreichsten  Stellen  in 
der  Stadt  ein;  der  Handel  war  der  Ldiiensnerv,  seine  Vertre- 
ter die  Leiter  dee  Itfbiachen  Gemeinwesens.  Die  zuerst  im 
Rathe  dar  Stadt  sassen^  waren  gewiss  Männer,  die  in  kühnen 
HandelsfiEihrten  Moth  und  Thatkraft  gestählt,  in  umfassenden 
UnterDehmangeD  den  Blick  erweitert  und  geschärft  hatten. 
Und  ihr  Gtist  konnte  unter  den  gegebenen  Verhältnissen  nicht 
leicht  aussterben.  Jahrhunderte  hindurch  hat  sich  die  Ittbi- 
sehe  Politik  durch  Grossartigkeit  der  Auffassung,  durch  Um- 
sicht der  Durchführung  in  ihren  Plänen  ausgezeichnet  Eine 
Handelsrepublik  in  grossem  Stile  ist  hier  im  innersten  Win- 
kel der  Ostsee  erwachsen,  wie  Deutschland  keine  zweite  ge- 
sehen hat 

Heinrich  der  Löwe  hat  die  Freude  gehabt,  seine  Schö- 
pfung sich  rasch  entwickeln  zu  sehen.  „Es  gab  da  grossen 
Besuch^,  sagt  Detmar,  und  „Lübeck  gewann  sehr  an  Reich- 
thuni  und  Ansehen'^  *).  Mancher  Kanfhiann  aus  Westfalen 
nnd  Friesland,  der  im  Ostseehandel  beschäftigt  war,  mochte 
sich  den  wohlgelegenen  Hafenplatz  zum  Wohnorte  wählen.  So 
sammelte  sich  alsbald  eine  unternehmende,  thatkräftige  Be- 
Yölkerung.  Lübeck  wurde  eine  Hauptstütze  der  Macht  des 
liöwen.  Als  es  sich  doch  dem  Kaiser  unterwerfen  musste, 
wurde  es  von  diesem  „wegen  des  Vortheils  seiner  Einkünfte 
und  weil  es  an  der  Grenze  des  Reiches  gelegen  war'^  in  un- 
mittelbaren Schutz  genommen,  ihm  die  herzoglichen  Privile- 
gien bestätigt*).  Auch  der  Däne  Waldemar  erkannte  die  Be« 
deutung  der  Stadt;  „weithin  werde  sein  Name  berühmt  wer- 
den, wenn  er  über  eine  solche  Stadt  herrsche"*).    Die  Be- 


1)  Wehmuinn,  Dm  Ifibeckische  Patriciat,  Hans.  Oeschbl.  1872,  S.  97  ff. 
t)  Orantoff  S.  49  und  65,  su  1168  und  1170. 

3)  s.  oben  S.  SO.     LUb.  Urkdb.  I,  n.  7. 

4)  8.  oben  S.  84. 


54  ni.    Dia  norddrateoktti  Stidte 

freiung  der  nordelbischen  Lande  von  den  Dänen  geschah  nntcar 
thätiger  Mitwirkung  der  Lübecker,  aber  ausdrücklich  lassen 
sie  sich  von  Fürsten  und  Herren  verbriefen,  dass  sie  aus  freiem 
\¥iUen,  durch  keine  Verpflichtung  gebunden,  Hülfe  leisten. 
Eine  Gesandtschaft  nach  Italien  erwirbt  ihnen  vom  Kaisw 
1226  die  Beichsfreiheit  ^).  Rasch  blühte  die  Stadt  jetzt  auf» 
vertheidigte  sich  1234  siegreich  gegen  Dimea  und  Holßteiner  *), 
suchte  um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  jene  im  eigenen  Lande 
heim,  war  um  dieselbe  Zeit  ohne  Zweifel  zum  ersten  Handels- 
platz an  der  Ostsee  emporgewachsen. 

Die  Lübecker  sind  die  ersten,  welche  als  mit  der  so  wich- 
tigen  Fischerei  an  der  schonenschen  Küste  beschäftigt  erwähnt 
werden').  Sie  nehmen  einen  wesentliche  Antheil  an  der  got- 
ländischen  Genossenschaft.  Vielfach  tritt  ihr  Einfluss  im  Osten 
Imrvor.  Die  Schwertritter  benutzen  die  Vermittlung  Lübecks, 
um  ihre  Güter  als  ReichsfUrsten  in  Besitz  zu  bekommen^). 
Von  Lübeck  und  seinen  Nachbarstädten  aus  wurde  besonders 
die  livländische  Ansiedelung  gefördert^).  ,J)urcb  das  Blut 
eurer  Väter  und  Brüder,  eurer  Söhne  und  IVeunde^,  schreibt 
1261  der  Vicemeister  der  Deutschordenslnlider  in  Livland  an 
Lübeck,  „ist  das  Feld  des  Glaubens  in  diesen  Landen  wie  ein 
auserwählter  Garten  oft  benetzt  worden''^),  und  1274  der 
Bischof  von  Dorpat  auch  an  Lübeck:  ,J>urch  die  Mühen,  die 
Sehätze  und  das  Blut  der  Kaufleute  ist  die  junge  Kirche  in 
livland  und  Estland  zur  Erkenntniss  ihres  Schöpfers  unter 
göttlicher  Gnade  erstmals  geführt  worden^'  ^).  Selbst  mdurere 
Jahrhunderte  später  hatte  man  das  in  Livland  noch  nicht  ver- 

1)  Ltb.  Urkdb.  I,  n.  29  n.  37.    Detmar  sn  1227.    Lfib.  Urkdb.  I,  u.  34 
u.  86. 

2)  Vgl.  Hasse  in  d.  Hans.  Geschbl.  1874,  S.  119  ff. 

3)  Arn.  v.  Lübeck  VI,  13. 

4)  Vgl.  Usinger,  a.  a.  O.  S.  360. 

5)  HöblbHum  in  d.  Hans.  Geschbl.  1872,  S.  58  ff.     Vgl.  H.  U.  I,  n.  627. 

6)  Lüb.  Urkdb.  I,  n.  266. 

7)  ebd.  I,  n.  346. 


iumI  ilure  £iiii»g«A  bis  um  ISOO.  55 

gessen;  stete  bestanden  die  innigsten  Beziehungen  zwischen 
i&t  Stadt  imd  dem  Ordenslande.  „Wir  müssen  zusammen* 
haltai,  wie  die  zwei  Arme  eines  Kreuzes'^  schreibt  1274  Re- 
val  an  Lübeck  ^ ).  Zabbreich  sind  die  Zeugnisse ,  dass  die 
Kreuzfahrer  ihren  W  eg  nach  der  Düna  fast  ausschliesslich  über 
Lübeck  nahmen*).  Und  wie  die  italienischen  Städte  durch 
die  KreuzzOge  nach  dem  Morgenlande  heranwuchsen,  so  die 
balüschen,  vor  Allem  Idlbeck,  durch  die  Fahrten  nach  Liv- 
land  und  Preussen  unter  dem  Schutze  der  Kreuzesfahne  und 
papstlicher  Bullen.  Denn  nicht  bloss  an  die  Düna,  auch  nach 
Preussen  führte  der  W^  für  die  Westfalen,  Flaminger  und 
Niedersachsen,  die  ja  besonders  in  jene  Gebiete  einzogen,  über 
die  Travestadt.  £s  muss  in  der  That  ein  lebhafter  Verkehr 
gewes^i  sein,  der  die  Lübecker  auf  den  Gedanken  brachte,  an 
der  saniländischen  Küste,  wo  wenige  Jahre  später  Königsberg 
erstehen  sollte,  Stadt  imd  Hafen  zu  gründen').  Nach  und 
nach  kam  der  Ostseehandel  der  Westfalen  ganz  in  die  Hände 
Lübecks,  das  man  allenfalls  ihre  Pflanzstadt  nennen  könnte. 
Mochte  der  Kaufmann  auch  noch  so  sehr  gewohnt  sein,  seine 
Waaren  selbst  über  Land  und  Meer  weithin  dem  Käufer  zu- 
zuführen, der  Vortheil,  im  Einschiliuugsbafen,  im  Mittelpunkte 
des  Geschäfts  zu  wohnen,  war  zu  handgreiflich,  als  dass  er 
nicht  die  alten  Bahnbrecher  im  Ostseehandel  hätte  anlocken 
sollen.  Immer  seltener  werden  im  Laufe  des  13.  Jahrhunderts 
die  Westfalen  im  baltischen  Meere,  bis  sie  im  14  und  15. 
fast  daraus  verschwinden.    Lübeck  ist  an  ihre  Stelle  getreten. 


i)  ebd.  I,  n.  860.     Vgl.  Livl.  Urkdb.  IV,  n.  2888—86. 

3)  Lab.  Urkdb.  I,  n.  36,  65,  67.  Schi.  Holst.  LAa«nbg.  Urkdammlg.  |, 
n.  56.  Vgl.  noch  fQr  den  Verkehr  zwischen  Lübeck,  Gotlüod  and  Livland 
Lflb.  Urkdb.  I,  n.  199;  Arn.  v.  Lttb.  V,  30  S.  211  unten:  Fit  igitar  de  tote 
Sazonia,  Westiklia  vel  Frisla  prelAtorum,  clericomm,  militum,  negotiatomm, 
peoperain  et  divitum  conventos  plarimas,  qui  in  Lnibeka  comparatis  naribus, 
annis  et  victoalibus  Livoniam  osque  perrenerunt. 

3)  Lttb.  Urkdb.  I,  n.  98  von  1242,  ebd.  u.  110  u.  117;  vgl.  Ewald, 
die  Eroberung  Preassens  II,  212. 


56  in.    Die  norddeatschen  StIdU 

Und  wie  es  die  Konkurrenten  des  entlegenen  Westens  ttber- 
flfigelt)  so  verdrängt  es  auch  das  günstiger  situirte  Gotlaod 
aus  seiner  bisherigen  Stellung  im  OstseehandeL  Im  Jahre 
1280  verbündet  sich  Lübeck  mit  d^  Deutschen  zu  Wisby  auf 
10  Jahre  zur  Befriedung  der  Ostsee  von  der  Trave  und  dem 
Sunde  bis  hinauf  nach  Nowgorod  Die  beiden  St&dte  werfen 
sich  zu  Wächtern  des  Friedas  auf,  offißnbar  sind  sie  die  den 
Handel  beherrschenden  Mächte  im  baltischen  Meere,  aber  noch 
in  gleicher  Stellung  und  gemeinschaftlicher  Wirksamkeit  Das 
aufblühende  Riga,  das  Haupt  der  livländischen  Städte,  wel^ 
ches  zwei  Jahre  später  in  den  Bund  aufgenommen  wird,  steht 
im  Range  jenen  beiden  Häuptern  des  Ostseehandels  zunächst  ^). 
Aber  noch  vor  Ablauf  des  Jahrhunderts  ist  Lübecks  Ueber- 
gewicht  entschieden,  steht  es  allein  an  der  Spitze  der  Deut- 
schen in  der  Ostsee,  ist  Wisby  imd  die  deutsche  Genossen- 
schaft dort  in  den  Hintergrund  gedrängt. 

Von  wesentlichem  Einfluss  auf  diese  Entwicklung  der 
Dinge  ist  neben  jenen  handelspolitischen  Gründen  die  weite 
Verbreitung  des  lübischen  Rechts  geworden.  Es  war  mit  we- 
nigen Ausnahmen  in  fast  allen  Ostseestädten  herrschend.  Die 
grosse  Mehrzahl  der  auf  der  Ostsee  Handeltreibenden  lebte 
nach  demselben,  den  Westfalen  konnte  es  nicht  allzu  fremd- 
artig erscheinen.  Auf  dem  Hofe  zu  Nowgorod  scheint  den 
Kaufleuten  lübischen  Rechtes  schon  bisher  gestattet  worden 
zu  sein,  nach  diesem  zu  leben,  vielleicht  auch  in  streitigen 
Fällen  in  Lübeck  die  endgültige  Entscheidung  zu  suchen.  So 
lag  nahe  genug  der  Beschluss,  den  1293,  ohne  Zweifel  auf 
Anregimg  Lübecks,  die  Kaufleute  der  Städte  Sachsens  und 
Slaviens  (d.  h.  Meklenburgs  und  Vorpommerns)  zu  Rostock 
fassten,  dass  in  Zukunft  vom  Hofe  zu  Nowgorod  nur  noch 


1)  Lüb.    Urkdb.  I,   n.  402   u.    435;    Urkdl.    Gesch.   U,   S.  lie   u.    186. 
Vgl.  Lüb.  Urkdb.  I,  n.  582. 


and  ihr«  Efnangen  bis  um  IM).  57 

nach  Lobeck  appejiirt  werden  solle  ^\  Gleichzeitig  scheint 
man  versucht  zu  haben,  zahlreiche  lübische  Rechtssätze  in  die 
Noi^roder  Skra  zu  bringen,  auch  einen  Artikel,  der  die 
Appellation  nach  Lübeck  anordnete').  Es  war  vergebens, 
(lass  man  diesen  Artikel  aus  der  Skra  auf  dem  Hofe  zu  Now- 
gorod wieder  auslöschte*),  dass  Wisby  protestirte,  dass  es 
klugte,  Lübeck  wolle  das  alte,  von  allen  Kaufleuten  aufge- 
richtete Recht  der  Gotlands-  imd  Nowgorodfahrer  aufheben 
nod  in  lübisches  Recht  verwandeln,  wolle  Jeden,  der  in  Now- 
jpnmd  oder  Gotland  lebe,  zwingen,  zur  Erlangung  seines  Rechts 
nach  Lübeck  zu  gehen.  Nur  bei  zwei  Städten  fand  Wisby, 
so  viel  wir  wissen,  Gehör,  bei  Osnabrück  und  Riga,  und  von 
«iiesen  ging  Riga  bald  zu  Lübeck  über^).  Von  24  Städten 
aber  sind  uns  in  Lübeck  Zustimmungserklärungen  erhalten, 
radeich  ein  Zeugniss  für  die  Lebhaftigkeit  und  weite  Verzwei- 
ziD^  des  Handels  nach  Nowgorod.  Es  sind :  Köln,  Dortmund, 
Paderborn,  Minden,  Lemgo,  Lippstadt,  Herford,  Höxter,  Mag- 
Mmrg,  Halle,  Braunschweig,  Goslar,  Hildesheim,  Hannover, 
lüneburg,  Rostock,  Stralsund,  Wismar,  Greifswald,  Kiel,  Stade, 
Beval,  Daazig,  Elbing.    Kiel  spricht  am  deutlichsten  das  die 


1)  H.  R.  I,  n.  66:  mercatores  civiUtiun  Saxonie  et  Slavie  decreverunt 
ttABiaifter,   qnod   ipd   in   curia  Nogardensi   co  jnre  gaadero  volunt  perpetuo, 

fm  jam  Ürfdami  Rberalitor  perftuaotiir quod  honorandis  viris,   amicis 

■Httia  dÜMtiay  bwgaiiailma  elTitatia  Lubkensi»  iii  eo  jare,  quo  ipi»i  et  uo»  ac 
uivcrti  OMTcmtorea  in  curia  Nogardensi  usi  et  gavUi  sunt  hactenu»,  iu»sii»tere 
vohiBns  et  adaaae,  videKcet,  ut  si  aliqnis  mercator  in  eadem  curia  se  in  suo 
jvt  pmtat—  cofoaeerat  rel  tentiret,  qood  pro  recuperatione  sui  juris  ad 
uDm  mUwB  locmn  praterqoam  ad  civitatcm  Lubiccusem  respectuni  haboro 
Meat  «t  raenrMun.  Dies«  Behauptung  kann  nicht  vollständig  richtig  bciiif 
sbtr  sckwrOdi  fst  tle  docb  anch  gans  aus  der  Luft  gegriffen.  Anzunehmen, 
4u»  Ifibhrhaa  Rächt  auf  dem  Hufe  zu  Nowgorod  auch  vor  1893  schon  bis  zu 
«am  gcwiaeeB  Grade  in  Gebrauch  war,  auch  in  gewissen  FÄlleu  Appellation 
Utk  Libeek  geachah,  scbeint  mir  nothwendig. 

S)  Tgl.  Lab.  Urkdb.  I,  8.  704  ff.,  der  Artikel  S.  710. 

3)  H.  &  I,  n.  Tt. 

4)  &  R.  I,  s.  TO— TS;   ebd.  n.  68    u.  69.     In  n.  69  ist  wohl  sUtt  Riga 


58  m.    Die  Mrddevtetbtn  8lMte 

Städte  leitende  Motiv  aus:  es  dankt  für  die  V^rtretuBg  des 
lübischen  Rechts,  das  Lübeek  in  Nowgwod  und  an  andern 
Orten  zur  Greltung  gebracht  habe,  wo  es  den  andern  Stidloi 
nicht  möglich  gewesen  sei,  etwas  auszurichten. 

Doch  vermochte  diese  eine  Niederlage  die  Macht  Wisbys 
noch  nicht  zu  brechen.  Noch  im  folgende  Jahre,  1294,  er- 
scheint es  neben  Lübeck  in  der  Bewerbung  um  die  Erneue- 
rung der  dänischen  Privilegien  als  Führerin  ^).  Hatte  Lübed( 
doch  das  Hauptziel  seines  Strebens  beim  ersten  Angriffe  noch 
nicht  erreicht.  Vergebens  hatte  es  sich  bemüht ,  die  Beaifige- 
lung  der  für  den  gemeinen  Kaufmann  gültigen  Beschlüsse  aus 
der  Hand  der  gotländischen  Genossenschaft  in  die  eigene  zu 
bringen  ^).  Erst  6  Jahre  später  gelang  dieser  Schritt  1299 
beschlossen  zu  Lübeck  die  Gesandten  der  Seestädte  (so  wer* 
den  häufig  in  älterer  Zeit  die  „wendischen''  oder  „slavischen'' 
Städte  genannt:  Lübeck,  Wismar,  Rostock,  Stralsund,  Greife- 
wald,  einzeln  auch  Anklam,  Deunain,  Stettin  und  Stargard) 
zusammen  mit  denen  der  westfälischen  Städte,  dass  auf  Got- 
land  kein  Siegel  des  „gemeinen  Kaufmanns^'  mehr  gehalten 
werden  soUe,  denn  es  könne  damit  besiegelt  werden,  was  den 
andern  Städten  nicht  gefalle;  es  habe  ja  jede  Stadt  ihr  eige- 
nes Siegel,  mit  dem  sie  in  Angelegenheiten  ihrer  Bürger  nach 
Bedarf  siegeln  könne  ^).  Die  Tendenz  dieses  Beschlusses  ist 
klar  genug.  Man  will  nicht  mehr  die  Verbindung  der  eigene 
Bürger  im  Auslande  in  der  bisherigen  Selbständigkeit;  man 
will  deren  Angelegenheiten  in  der  obersten  Leitung  selbst  in 


1)  Lüb.  Urkdb.  I,  ti.  «25. 

8)  H.  B.  I,   n.  71:    dominoruin   conMÜam  in  Labeke  firmmn  in  hoc 
desideriam ,    ut  sigillam  ac  commune  Jas  mercatorum  iu  civitatem  Labeke  de- 

ducatar sigiUum  ac  commune  jus  mercatonim  niuqiiam  alibi  querere 

nee  tramtmutari  cupimns. 

3)  H.  R.  I ,  n.  80  S.  42 :  Placet  etiam  civitatibn»}  quod  in  Öodlaodia  non 
liabeatar  sigillum,  quod  sit  communium  mercatonim,  cum  illo  namque  sigtllari 
posnet,  quod  civitaübus  aliis  non  placeret;  queris  enim  clvitas  babet  per  se 
sigillum,  cum  quo  suorum  civium  negotia,  prout  ezpedit,  poteril  aiglUare. 


oad  il«e  Bisviign  bis  un  ISOO.  5B 

die  Hand  nehmeiL  An  die  Stelle  der  gotländischen  Genossen- 
scliaft  tr^;en  die  Stftdte  selbst,  deren  Vereinigung.  Die  6e- 
sellsdiaft  der  deutsche  Kauflente  auf  Gotland  verschwindet 
aus  der  Geschichte ;  sie  wird  nicht  mehr  genannt.  Damit  wird 
aber  sogleich  der  Schwerpunkt  des  Einflusses  auf  der  Ostsee, 
and  auf  den  sie  beüahrenden  deutschen  Kaufmann  von  Wisby 
iB  die  Trave,  nach  Lübeck  verlegt  Die  mächtigste,  die  reiche 
ste,  die  unternehmendste  Stadt  im  ganzen  Ostseegebiet,  die 
DstArliche  Ffihrerin  der  ssahlreichen  neuen  noch  nicht  ein  Jahr- 
hmidert  altra  deutschen  Städte  an  den  Gestaden  des  balti- 
schen Meeres,  wird  auch  die  Vorkämpferin  des  deutschen 
Kaa&iianns  im  skandinavischen  und  slavischen  Norden  und 
Nordoeten. 

c)    Die  Nordsee. 

Zu  demselben  Ziele,  wenn  auch  auf  ganz  anderen  Wegen 
filhrte  die  Entwicklung  im  Gebiete  der  Nordsee.  Seit  den 
ähesten  Zeiten  hatten  hier  deutsche  Schiiie  die  Wogen  durch- 
farcht.  Uralt  ist  die  Fahrt  von  den  Mündungen  des  Rheines 
hinüber  nach  England;  seitdem  Angeln  und  Sachsen  von  der 
Weser,  Elbe  uiid  Eider  aus  sich  Britanieu  unterwarfen,  kann 
man  auch  diese  Verbindung  als  eine  bekannte  imd  häufig  be- 
natzte betrachten.  An  der  Küste  entlang  schiffte  man  nach 
den  Märkten  Flanderns,  auch  das  entlegene  Norwegen  wurde 
von  deutschen  Seefahrern  fleissig  besucht  •)•  Trotzdem  er- 
langte dieser  Handel  für  die  Einigung  der  deutschen  Städte 
nicht  die  Wichtigkeit  des  baltischen.  Auf  viel  entwickeltere 
Verhältnisse  traf  man  hier  als  dort  im  rauhen,  zum  Thcil 
noch  heidnischen  Nordosten.  Verhältnissmässig  leicht  war  es, 
den  gewöhnlichsten  Rechtsschutz,  Sicherheit  für  Person  und 
Eigenthum,  zn  erlangen.    Auch  dem  nur  vorübergehend  An- 


i)  VfL  Ad.  ▼.  Br.  IV,  30  ff. 


40  HL    Df» 

webenden  wnrde  bald  TheOniliiiie  an  Landesre^  geiwilirt, 
andererseits  aber  ungeni  (oder  nie)  fremdes  Bedit  im  BereMi 
der  dgoieD  Herrschaft  geduldet  So  war  tod  dieser  Seita  ber 
die  Anfiirirdeniiig  zum  ZusammenscUoss  aicht  so  dringeiid  ah 
im  G^ete  der  Ostsee.  Dass  derselbe  trotidem  erfolgt  ist; 
dass  sich  auch  in  Ki^and,  dann  in  Flandern  sdion  frfih  in 
sich  abgeschlossene  deutsche  Niederlassungen  bildeteo,  kami 
nicht  Wunder  nehmen.  Aber  nicht  so  rasch  und  allseitig  ha- 
ben sich  dieselben  entwickelt  wie  auf  Gotland,  kcmnte  doch 
der  deutsche  Handel  hier  Oberhaupt  nicht  so  schnell  empor- 
blühen wie  gegenüber  den  unentwickelteren  Völkern  des  Nor- 
dens und  Ostens,  denen  die  Deutschen  in  der  Kultur  über- 
legen, als  Träger  derselben  erschienen.  Erst  die  alfanählich 
erwachsende  Handelsherrschaft  auf  der  Ostsee  hat  auch  dem 
Verkehr  nach  Westen  neues  Leben  zugeführt.  In  beschränk- 
terem Wirkungskreis  haben  sich  die  Niederlassungen  dort  dann 
immer  gehalten.  Aber  auch  so  konnten  sie  nicht  verfehle, 
zurückzuwirken  auf  die  heimischen  Städte,  deren  Angehörige 
sie  in  sich  vereinigten;  auch  hier  wiederholt  sich  in  wesent- 
lichen Zügen  der  Hergang,  den  wir  auf  der  Ostsee  beobach- 
ten konnten. 

Schon  früh  haben  die  Deutschen  im  Verkehr  mit  England 
sich  gesetzlichen  Schutzes  erfreut,  ohne  Zweifel  durch  die  Ver- 
mittlung ihres  Kaisers,  unter  der  Form  der  Theilnahme  am 
englischen  Rechte.  Bereits  unter  Aethelred  II.  (978  —  1016) 
werden  in  einem  Dokumente  über  die  Einrichtungen  der  Stadt 
I/md(m  „die  Leute  des  Kaisers  guter  Gesetze  würdig  erachtet 
wie  wir  selbst.'^  ^  Auch  später  ist  es  den  deutschen  Kauf- 
leuten zu  Gute  gekommen,  dass  sie  Unterthanen  des  Kaisers 
waren.    König  Heinrich  II.  sagte  ihnen  1157  in  einem  Briefe  an 

1)  II.  U.  I,  n.  2  :  Et  homines  imperatoris,  qai  veniebaut  in  navibns  lais, 
bonaram  legum  digni  tenebantar  sicut  et  oos. 


ttM  Bmmfiii  Ui  «B  IMO.  61 

Kaiser  Friedrich  I.  Sickerfaeit  des  Verkehrs  zu  ^).  Die  Unter- 
stfttzmig,  wdehe  deatsdie  Stftdte,  besonders  Köb,  dem  Ri- 
chard Uilenberz^  dann  seinen  und  König  Johanns  Neffen, 
Otto  IV.  von  Braunschweig ')  und  später  Ktoig  Richard 
aagBdmhen  liessen,  brachte  ihnen  neue  Handelsb^ttnstigun- 
gen*).  Auch  haben  wohl  ReichsfÜrsten ,  wie  Herzc^  Otto  von 
Bnumsdiweig  f&r  seine  Stadt  ftraunschweig,  Privilegien  von 
den  englischen  Königen  erwirkt^).  Bis  ins  13.  Jahrhundert 
UDem  werden  als  Vermittier  dieses  Verkehrs  fast  nur  Städte 
geaamit,  die  in  der  Nähe  der  Nordsee  liegen,  am  frühesten 
dis  sdioD  v(Hi  Alters  her  handeteberOhmte  Thiel  an  der  Waal, 
LSttidi,  Br^nen  und  Köln,  später  noch  Utrecht,  Stavoren, 
Groningen,  Emden,  Braunschweig  imd  Hamburg^).  Bei  wei- 
ten am  meisten  tritt  Köln  hervor.  Schon  kurz  nach  der  Mitte 
des  12.  Jahriiunderts  besitzen  seine  Kaufleute  ein  eigenes  Haus 
in  London,  Gildhalle  genannt;  sie  allein  von  allen  Deutschen 
haben  das  Recht,  eine  eigene  Genossenschaft,  eine  „Hansels 
m  bilden:  es  ist  das  erste  Mal,  dass  dieser  Ausdruck  im 
Auslände  als  Bezeichnung  für  eine  Gesellschaft  von  deutschen 
Kanflaiten  auftritt  Doch  ist  der  Zutritt  zu  dieser  Hanse 
auch  den  Bürgern  andrer  Städte  gegen  ein  Eintrittsgeld  ge- 
stattet; die  Westfalen  scheinen  sämmtlich  zur  kölnischen  Hanse 
gdiört  zu  haben.  Lange  Zeit  aber  behauptete  Köln  auf  dem 
englischen  Markte  einen  entschiedenen  Vorrang  vor  allen  übri- 
gen deutschen  Städten. 

Da  ist  es  besonders  Lübeck  gewesen,  welches  diesen  Vor- 


1)  Baderid  oontiiNiAftIo  der  g«ttA  Priderici  des  O.  t.  Prds.  III,  7,   Mon. 

XX,  41». 

1)  Wliikehnanti ,  PhllSpp  r.  Schwaben  and  Otto  ▼.  Brauntchwelg  I,  51 
■id  881  tr. 

8)  Liq^Miberf ,  Urkdl.  Gesell,  d.  hans.  Stahlhofs  in  London  S.  Abthlg. 
B.  ft— 8  Bild  87. 

4)  ebd.  U,  n.  86. 

6)  ebd.  I,  S.  6   u.  n,  n.  18,  80,  81 ,  85  ff.  ->  Hamb.  Urkdb.    I,  n.  481. 


62  nL    Die 

rang  gebrochen,  die  SonderBtelliiBg  Kölns  untorgraben  hat 
Unter  allen  Städten  im  Gebi^ie  der  Ostsee  ist  LQbed^  die 
erste,  die  im  englischen  Handd  «rwähnt  wird.  In  der  Ur- 
kunde, durch  welche  Friedrich  U.  LQbeck  1226  die  Reichs- 
freiheit  ertheilte,  ist  von  lübischen  Bfirgem  die  Rede^  wekhe 
nach  England  zu  reisen  pflegen.  Sie  werdoBt  befreit  von  Je- 
nem sdilechten  Missbrauche  und  der  Belastung  mit  Abgaben^, 
welche  die  Kölner,  Thieler  und  ihre  Bundesgenossen  gegen  sie 
erfunden  haben;  sie  sollen  gleiches  Recht  und  g^ehe  Bedin- 
gungen gemessen .  wie  diese  ^).  Der  Gegensatz  zwischen  West- 
uAd  Ostsee  ist  ein  scharfe  gewesen  und  tritt  wiederholt  hst^ 
vor.  Offenbar  hat  Köln  an  der  Spitze  der  N<Mrdseestädte  d«i 
Ostseeischen  den  Eintritt  in  seine  Hanse,  die  einzige  deut- 
sche, welche  bestand,  erschwert,  sie  dadurch  vom  engUschen 
Handel  auszuschliessen  versucht.  Lübeck  tritt  durch  Erlan- 
gung jen^  kaiserlichen  Zusage  d^  Politik  Kölns  entgegen  und 
bricht  die  Exklusivität  der  Nordseestädte. 

Es  könnte  gegen  diese  Auffassung  sprechen,  dass  audi 
noch  andere  Vertreter  des  Ostse^ebiets  schon  lun  diese  Zeit 
in  Verkehr  mit  England  stehen.  Schon  1235  werden  gotlän- 
dische  Kaufleute  in  England  erwähnt*).  König  Heinrich  UL 
giebt  im  Jahre  1237  den  ,JKaufleuten  von  Ootland''  Handels- 
und Zollfreiheit  in  seinem  Reiche').  Weist  sclM>n  der  Auf- 
bewahrungsort der  Urkunde,  Lübeck,  darauf  hin,  dass  es  sich 
hier  um  die  Deutschen  auf  Gotland  handelt,  so  zerstreut  ein 
anderes  Zeugniss  jeden  Zweifel  darüber.  Die  Städte  Kampen  und 


1)  Lab.  Urkdb.  I ,  n.  86  p.  46 :  Borgeoses  LaUeaaMt,  eantM  qnaadoqne 
in  Angliara,  ab  illo  pravo  abusu  et  ezactionis  onere,  quod  CoIonStmaes  «t  T»- 
leimes  et  eorum  aocii  contra  ipaos  inveiiisse  dicuntar,  omnino  abaolWmaa,  il> 
laut  penitus  delentes  abusum:  tet  illo  jure  et  conditione  utantar,  quibaa  C«lo- 
nienae»  et  Telenset  et  eorum  tocii  uti  no»cantur.  —  Ezactio  aUg^mein  als  Er- 
prenBung  s.  II.  U.  I,  n.  27  S.  17. 

2)  H.  U.  I ,  n.  270. 

3)  Lttb.  Urkdb.  I,  n.  77. 


ftn  Bwttfni  bis  wm  IM).  63 

Zirolle  dankea  den  Lfibeckern  für  ihre  Bemühungen,  das  alte 
Recht  wiederhennistdleiL»  nadi  welchem  die  Friese  und  Flam- 
linder  nieht  in  die  Ostsee  naclv  Gotland,  die  Grotländer  nicht 
in  die  Xordsee  fahren  dürfen,  und  bitten  zugldch,  auch  den 
EngUiHton  die  Ostsee  gänzlich  zu  verschliessen  Oi  ^^  neuer 
Beweis  für  den  G^^nsatz  zwischen  beiden  Meeren.  Aber  zu- 
§^ch  auch  dn  Beweis,  dass  es  ein  verknüpfendes  Band  gab: 
den  Gatmi  war  es  nicht  erlaubt,  die  Westsee  zu  befahrc», 
Eagland  zu  besuchen,  die  Deutschen  aber  auf  Gotland,  die 
goUändische  Genossenschaft,  an  der  westf&lische,  also  dem 
Xordseegehtete  angehörige  Städte  einen  so  wesentlichen,  in  der 
älteren  Zeit  den  wesentlichsten  Antheil  hatten,  durften  Nord- 
uBd  Ostsee  befahren,  handeln  von  England  bis  Nowgorod,  wie 
ja  auch  die  westfiüischen .  Städte  selbst  es  thaten.  Köln  mit 
seinen  Genossen  im  Westen,  Wisby  und  seine  deutsche  Ge- 
nossenschaft im  Osten  hatten  grössere  Rechte  als  sie  die  Ost- 
seestadt Lübeck  und  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  auch  ihre 
Nachbarn  besassen«  Diese  mussten  sich,  Lübeck  voran*),  in 
England  ihren  Boden  erst  erobern. 

Ijübeck  ist  nicht  stehen  geblieben  I)ei  jenen  allgemeinen 
Bestimmungen  der  kaiserlichen  Urkunde.  Es  hat  sich  zusam- 
men mit  Hamburg  eine  vollkommen  gleiche  Stelhmg  neben 
ICöln  zu  erringen  gewusst.  Unter  Vermittlung  des  Herzogs 
Albrecht  von  Braunschweig  (des  Schirmvogts  von  Lübeck)  ge- 
lang es  im  November  1266  den  Hamburgern,  zu  Anfang  des 


1)  Lfib.  Urkdb.  I,  n.  486  and  486 ,  oHdo  Angabe  der  OrOnde  su  1285 
gesetzt.  HSblbaam  im  H.  U.  I,  n.  1164  und  1165  setzt  es  su  1894.  Doch 
Ttfmftf  kb  die  angebliche  Beriehmig  la  n.  868,  906,  1169,  1189  niobt  s«  ent- 
decken, das  Schreiben  aach  nicht  als  „ZostiinmaDgserklining  so  dem  Bescblass 
der  Stfdts  fiber  die  Bemfmig  von  Nowgorod  nach  Lfibeek"  ansnsehea.  Rich- 
tiger sebeial  mir,  es  mit  dem  LandAriedensbfindniss  von  IMS  in  Verbindung 
to  bringen,  wie  Mitasch,  Preoss.  Jahrb.  86,  117  thot  Das  würde  also  aoeh 
uf  die  libieche  Datinug  binanskommen. 

S)  Im  Jahre  1288  erwirbt  Lftbeck  fBr  sich  und  andere  StXdte  Deatscb- 
Unds  von  Heinrich  III.  von  England  Privilegien,  Lflb.  Urkdb.  I ,  n.  80. 


64  m.    Die  DorddeBlMbeB  Mte 

folgenden  Jahres  den  LQbeckern,  das  Recht  zur  Orändmig 
einer  eigenen  Hanse  in  London  (,,in  derselben  Weise ,  wie  die 
Kölner  sie  haben  und  gehabt  haben^S  heisst  es  in  der  M- 
becker  Urkunde)  zu  erlangen  ^).  Auch  ihnen  stand  jetzt  j^di 
den  Kölnern  das  Recht  zu,  Angehörige  anderer  Stftdte  gegen 
einen  Beitrag  von  5  Schillingen  in  ihre  Hanse  aufzunehmen, 
eine  Berechtigung,  die  wenigstens  fär  Lübeck  bei  dem  Ein- 
flasse, den  es  schon  damals  in  vielen  Städtai  besonders  durdi 
die  Verbreitung  seines  Rechts  hatte,  von  weitreichender  Be- 
deutung war  und  Kölns  Ansehen  entschieden  verringern  mussta 
Gerade  um  jene  Zeit  tritt  nun  Köln  auch  mehr  und  mehr 
zurück  in  den  englischen  Verhältnissen.  Die  Gesammtheit  der 
deutschen  Kaufleute,  deren  Vertretung  Lübeck  neben  der  got- 
ländischen  Genossenschaft  anfing  zu  übernehmen,  tritt  an  seine 
Stelle.  Vom  Jahre  1235  ab  ist  von  einer  Gildhalle  der  Köl- 
ner nur  noch  die  Rede  auf  Anlass  von  Streitigkeiten  zwischen 
ihnen  und  den  übrigen  Hansen,  dagegen  erscheint  1260  zum 
ersten  Male  in  zwei  Urkunden  eine  „Gildhalle  der  Deutschen'^ 
und  „der  nach  England  kommenden  Kaufleute  Alemanniens^  '). 
Die  erste  Bestätigung  der  Privilegien  „der  Kaufleute  des  Rei- 
ches Alemannien,  welche  das  Haus  in  der  Stadt  London  ha- 
ben, das  gewöhnlich  die  Gildhalle  der  Deutschen  genannt 
wird,"  ist  von  1281  *).  Von  da  an  treten  die  deutschen  Kauf- 
leute als  eine  Gesellschaft  auf.  Streitigkeiten  mit  den  Eng- 
ländern über  den  Umfang  der  verliehenen  Freiheiten  mögen 
dazu  beigetragen  haben,   das  Zusammenschliessen  der  einzel- 


1)  Hamb.  Urkdb.  I,  n.  706;  Lab.  Urkdb.  I,  n.  S91;  rgl.  fUr  HMnbarg  H. 
U.  I,  n.  144,  fOr  LUb«ck  Lfib.  ü.  U,  n.  27. 

2)  Lab.  Urkdb.  I,  n.  250  und  Lappenberg,  Stahlh.,  O ,  n.  28.  —  Im 
Jahre  1290  lassen  sich  noch  die  KSlner  eine  alte  Freiheit  bestitigen,  nach 
dem  Anfknge  der  Urkunde  an  urtheilen  die  AbgabenfVeflieit  der  OildhaUei  wenn 
man  den  Anfang  vergleicht  mit  Stahlhof  II,  n.  5  n.  15.  S.  Urkdl.  Gesch.  II, 
8.  162. 

8)  Lfib.  Urkdb.  I,  n.  419. 


vmä  Ikrß  Ummgeti  Ms  iun  1800.  65 

Hansen  zu  beschleunigen.  Bei  den  Verhandlungen  mit 
der  Stadt  London  über  die  Unterhaltung  des  Bischofsthores 
im  Jahre  1282  ersdieinen  die  deutschen  Kaufleute  als  „Hanse 
Akmanniens^^  0«  Auch  aus  zwei  andern  englischen  Städten, 
Boston  und  Lynn  Begis,  wird  uns  um  dieselbe  Zeit  von  dem 
Bestehen  deutscher  Hansen  berichtet').  —  Wie  sich  in  Lon- 
don das  Au^äioi  der  Einzelhansen  in  die  iülgemeine  Hanse 
aUer  deutschen  Kaufleute  vollzog,  darüber  haben  wir  keine 
Nachrichten.  So  viel  aber  ist  klar  zu  erkennen,  das  Vorge- 
hen  Lübecks  und  mit  ihm  Hamburgs  hat  zur  Vertretung  der 
Sache  des  gesammten  deutschen  Kaufinannes,  nicht  neuer  Son- 
derint^essen  geführt  Geeinigt  stand  gegen  Ende  des  13.  Jahr- 
kimd^rts  audi  in  England  der  deutsche  Kaufmann  den  Ein- 
heimischen geg^iüber. 

Zu  demselben  Resultate  gelangte  man  auf  anderem  Wege 
in  Flandern«  Der  Handel  zwischen  diesem  Lande  und  den 
Rhemgegenden  war  früh  entwickelt;  Köln  spielte  in  demselben, 
sein^ar  Lage  entsprechend,  die  Hauptrolle  ^).    Zur  Zeit  aber, 

1)  LappMibarg,  Stahlhof  II,  o.  31;  H.  U.  I,  n.  902. 

S)  Lappenbwg,  a.  a.  O.  I,  8.  US  ff. 

S)  Vgl.  Hardug,  Dia  Entstahnag  da*  hant.  Comptoint  sn  nrOgga  in  Sy- 
ktb  kkt  SBtselir.  tS,  810  ff.  Dia  Khilaitang  in  diaaaiii  AufsaU  ist  lo  voll 
roa  UariektSgiLaUaa,  dais,  lowait  vom  daatachan  Kaufinann  dia  Rade  ist,  kaum 
•iaa  Saila  als  richtig  basaieliBat  wardan  kann.  Alla  dort  aufgestauten  falschen 
Bahaopteagan  sn  widarlagan,  würda  aina  Besprechnng  erfordern,  die  dem  Auf- 
■tia  t^baC  an  Umliuig  glaieh  kiaie,  lohat  aaeh  bei  dar  gKnslichen  Gruud- 
losiglMit  dar  Meisten  Bahaaptwigan  nicht  dia  Mfihe.  Der  Verfasser  bat  das 
▼orhaBdaaa  Qoallaniiiatarial  offenbar  eingesehen,  das  «eigen  verschiedene  Rin- 
ulkaitao,  aber  ai  in  dar  Darstallong  an  bar&eksichtigen,  bat  er  nicht  fUr  ndcbig 
gehaifan,  soadam  bat  seine  Phantasie  frei  spielen  lassen.  Bfan  verglaicha  nur 
die  Bamarknng  fibar.das  „gotlftndische  Stadtrecht"  (8.  808)  mit  Visby-Stadshig  I 
(SehlTtar  S,  S8).  Hier  möge  nur  die  Hypothese  von  dem  Erwachten  der  hau- 
riseben  Kontora  ana  den  Qanosaanschaftan  (Hanaan ,  Biokeu)  der  aiuselnen 
Slidta  anrSakgawiaian  wardan.  In  Brügge,  Nowgorod  und  Bergen  sind  der- 
titiga  Qaaoaaanaabaftaa.  ftbarhaapt  nicht  nachweisbar.  In  England  geht  allar- 
dmgs  die  Hansa  dar  Deatachen  ans  den  Hansen  einselner  Stfldte  hervor.  Aber 
•ach  hier  gabt  eine  Zeit  voraus,  da  die  Kaufleuta  aina  Einheit  bildaUn:  ho- 
Sekikr.  Die  ninssrtWti  5 


gg  m.    Die  norddentielien  Stidto 

als  es  nach  langen  Streitigkeiten  endlieh  auf  der  Onmdlage 
gegenseitigen  Rechtsschutzes  zu  einem  geordneten  V^icehr  mit 
Flandern  kam  (1249)  ^),  bahnten  sich  auch  die  norddmitschen 
Seestädte  unter  dem  Vorgange  von  Hamburg  und  Lübeck 
durch  Erlangung  sicheren  Greleits  und  R^elung  der  ZoUvcar- 
hältnisse  im  Gebiete  der  Grafen  von  Holland  und  der  Bischöfe 
von  Utrecht  den  Zugang  zu  den  wichtigen  flandrischen  Märk- 
ten*). Im  Jahre  1252  erlangten  dann  die  deutschen  Kauf- 
leute  die  ersten  gemeinschaftlichen  Privil^en  >). 

Aber  ganz  anders  traten  sie  hier  auf ,  als  wir  es  bisher 
haben  ])eobachten  können  beim  Fussfassen  in  fremden  Gebie- 
ten: nicht  als  Schützlinge  ihres  Landesherm^  wie  in  Gotland 
unter  Heinrich  dem  I^öwen,  nicht  als  Bürger  einer  einzebieD 
Stadt,  die  selbst  oder  unter  Vermittlung  eines  Fürsten  um 
Privilegien  wirbt,  sondern  als  im  grossen  Ganzen  schon  voll- 
endete Einheit,  als  die  Gesammtheit  der  „Kaufleute  des  romi- 
schen Reichs^^  Die  beiden  Unterhändler,  Hermann  Hoyer, 
Kathmann  von  Lübeck,  und  Jordan  von  Boizenbui^,  Raths- 
notar  von  Hani])urg,  werden  in  allen  Urkunden  als  Al^esandte 

luiues  iinperatoris.  In  WUby  kenuen  wir  arsprüaglich  nur  di«  I>eat«ch«ii  als 
Kolclie,  den  gesummten  deuUoliou  KauiViuuin,  erst  später  erfahren  vir  yoa  Ael- 
terleuten  einselner  Städte,  von  einer  ,,B«nk**  Lflbecks.  Hi«r  wie  in  London 
können  Angehörige  kleinerer  Städte  in  die  Bank  resp.  Hanse  einer  gHSsserea 
anfgcnoramen  werden.  Wa»  berechtigt  aber  gegen  dieQnellen  ansnaeh- 
m«n,  dasa  diesi  das  Ursprüngliche  gewesen  sei  ?  Das»  in  England  der  dentsche 
KaniVnann  laerst  Tom  Kaiser,  aaf  der  Ostsee  Tom  Henog  von  Saehaeo  (resp. 
auch  Ton  Kaiser  Lothar)  vertreten  wird,  bestätigt  doch  nar  die  UeberlMerang, 
welche  die  D^ntatehen  auerst  geschlossen  aoflratea  lisst.  Und  konnten  sich 
denn  Hansen  nnd  Bänke  der  einseinen  Städte  im  Avslaade  bilden,  bevor  dl^ne 
Städte  selbst  bestanden  resp.  an  einer  Stadtrerftttsnag  oder  wenigstens  an  einer 
Kauftnanasinaung  gelangt  war«nV  Und  wann  ist  denn  Letataraa  geadMlian, 
wann  LSbeek  gegründet? 

1)  H.  U.  I,  n.  375  und  376. 

S)  Lflb.  Urkdb.  I,  n.  100,  108,  lOS,  134,  139  (vgl.  H.  U.  I,  n.  373  and 
3S3);  mr  l>ortniand  H.  U.  I,  n.  367.  Vgl.  Brem.  Urkdb.  I,  ■.  t§3  nnd  »54, 
Seibcrta,  Urkdb.  a.  Landes-  and  Recktagesck.  Westfalens  I,  ■.  »74;  Lftb 
irrkdb.  I,  n.  197. 

3)  H.  U   I ,  a.  431—434. 


imA  fbrt  Bliimgm»  Ms  mn  1800.  Q7 

dies^  Kanflente  bezeichnet  Aber  neben  dieser  Allgemeinheit 
▼ertreten  sie  noch  drei  besondere  Gruppen:  die  Kaiifleute,  wel- 
che  Gotland  besuchen,  die  Bürger  von  Lübeck  und  die  Kauf- 
leote  d^  riieiiiisctaen  und  westfälischen  Stftdte:  Köln,  Dort- 
mimd,  Soest,  Münster,  AachBi;  für  diese  werden  die  Urkun- 
dcB  ausgestellt  Es  umfasst  also  ein  gemeinsames  Band  die 
gesammten  Kaufleute  des  Reiches;  aber  von  ihm  umschlossen 
smd  deutlich  drei  Abtheilimgen  zu  unterscheiden,  die  sich  um 
Wisby,  um  Lübeck  und  Köln  schaaren.  Die  leitende  Stellimg, 
die,  wie  wir  gesehen  haben,  Köln  in  England,  Wisby  als  Sitz 
(to*  gotländischen  Genossenschaft  in  der  Ostsee  einnahm  und 
liQbed^  wßgen  seines  ausserordentlichen  Aufschwungs  auf  letz- 
terem Gebiete  einzunehmen  nn  Begriff  stand,  wird  auch  bei 
diesem  gemeinsamen  Vorgehen  der  deutschen  Städte  auf  einem 
neuen  Fdde  deutlich  erkennbar ' ).  Es  ist  das  erste  Mal,  dass 
wir  sie  alle  zu  gemeinsamer  Vertretung  ihres  Kaufmanns  geei- 
nigt sehen. 

Den  errungenen  Privilegien  und  Zollennässigungen  folgte 
wahrscheinlich  bald  eine  dauernde  Niederlassung  des  deut- 
schen Kaufmanns  in  Brügge,  dem  wichtigsten  Markte  Flan- 
derns. Im  Jahre  1280  und  wieder  1307  wurde  der  Stapel  der 
deutschen  Kaufleute,  die  „nederlaghe^^  auf  kurze  Zeit  von 
Brl^^ge  nach  Ardenburg  verlegt*).  Das  Bestehen  einer  sol- 
chen Niederlage,  ihre  Verl^^g  in  eine  andere  Stadt  und 
Rüd&dnr  nach  Brügge  setzt  eine  Niederiassimg  deutscher 
Kanfleute  voraus,  die  allerdings  nicht  wie  in  London  und  Now- 
gorod ein  eigenes  gemeinschaftliches  Haus  besassen,  sondern 
gegen  Miethadns  für  sich  und  ihre  Waaren  bei  den  Bürgern 
Unterkommen  fanden ').    Sie  erlangten  jedoch  im  Jahre  1307 

1)  H.  R.  I,  Einleitg  p.  XXX  ff;  vgl.  Hans.  Geschbl.  1878,  S.  79.  —  Die 
TOD  Hardnng  vorgetragtoen  Ansichten  verdienen  wohl  die  scharfe  Abfertigung, 
die  ihnen  Koppmann  hier  hat  tu  Theil  werden  lassen. 

t)  H.  R.  I,  S.  8  a.  47. 

S)  UrkdI.  Gesch.  II,  S.  249:    Vord  so  irat  hnse  of  kelnare,  die  de  coop- 


^  IH.    Die  DorddaotMken  8Mto 

als  Preis  für  die  Rückkehr  nach  BrOgge,  in  die  allemal  nnr 
gegen  Erweiterung  der  früheren  Privilegien  gewilligt  wurde, 
eigene  Gerichtsbarkeit  nach  heimischem  Brauche;  nur  Tödes- 
und  schwere  Körperstrafen  blieben  den  flandrischen  €tmckteii 
vorbehalten  ^).  Damit  stand  auch  diese  Niederlassung  als  eine 
in  sich  geschlossene,  selbständige  Gemeinschaft  den  Eingeborr 
nen  des  Landes  gegenüber. 

d)   Die  Bedeutung  der  auswärtigen  Niederlassun- 
gen deutscher  Kaufleute  für  die  Verbindung  der 

Städta 

Ueberblickeii  ^ir  kurz  den  Gang  der  Entwiddung  und 
das  Ziel,  zu  dem  sie  führta  Im  fernen  Osten,  auf  GoUand 
und  in  Nowgorod,  wie  im  Westen,  in  London  und  in  Brügge, 
waren  Niederlassimgen  des  deutschen  Kaufmanns  entstanden, 
die  Angehörige  der  verschiedensten  deutschen  Städte  in  sich 
vereinigten.  Am  frühesten  und  umfassendsten  umschlangen 
die  gotländische  Genossenschaft  und  ihre  Tochterkokmie,  der 
Hof  zu  Nowgorod,  Bürger  der  rheinischen  und  westfUiseken, 
der  Nord-  und  Ostseestädte  mit  ein^n  gemeinsamen  Bande. 
In  Ijondon  schlössen  sich  unter  Kölns  Leitung  Angehörige  der 
westlichen  Städte  zu  einer  Vereinigung  zusammen,  in  die  auch 
allmählich  die  östlichen  Städte  Eingang  zu  finden  wussten, 
und  die  diese  zu  einer  Gesammtorganisation  aUer  deutschen 
Kaufleute  erweiterten.  In  Flandern  erscheinen  die  Kauflente 
des  römischen  Reichs  von  vornherein  als  geschlossene  Einheit 
Ueberall  aber  waren  sie  stets  in  nahem  Zusammenhange  mit 
der  Heimat  geblieben.    Sie  waren  zuerst  aufgetreten  gestützt 


manne  vorscreven  huren  willen  bin  der  stede  van  Bmcgbe  in  te  woene,  of  haer 
goet  in  te  licghene  etc. 

1)  UrkdI.  Gesch.  II,   S.  240: discordias,  forefacta  eoncordando 

inter  se  habitAH  et  alias  omnes  conditiones  sibi  inTicem  facta«  et  oontractas,  et 
secundom  eomm  Ordinationen!  corrigere ,  punire ,  termiaar«  yaleant  et.  libere. 


ni  mn  BiiMuigwi  Mi  im  1900.  gg 

auf  die  Verträge,  die  der  Kaiser,  der  Herzog  yon  Sachsen 
fttr  sie  mit  auswärtigeii  Mächten  schlösse.  Als  dann  die 
Kaiser  anfingen,  sich  tun  diese  Dinge  nicht  mehr  zu  kttm- 
nem,  ab  die  sädisisdie  Herzogsmacht  zerschlagen  war,  zeigte 
sich  theils  die  Stellmig  der  Kanfleute  im  Auslände  fest  genug 
begründet,  um  aus  eigener  Kraft  auf  der  betretenen  Bahn 
weiter  gehen  zu  könnra,  wie  auf  Gotland,  wo  man  allerdings 
sich  auf  ein  fiist  g^manisirtes  Gemeinwesen  stützen  konnte, 
theils  waren  die  deutschen  Städte  so  weit  entwickelt,  dass 
sie  dirdct  in  die  verlassene  Stelle  eintreten  konnten,  wie  Köln 
in  England,  oder  dass  sie  doch  auf  dem  besten  Wege  dazu 
waren,  wie  Lübeck  auf  der  Ostsee.  Da  die  auswärtigen  Nie- 
deriassun^^  sich  nicht  zusammensetzten  aus  Leuten,  die  im 
Auslände  ansässig  waren,  sondern  aus  solchen,  die  nur  vor- 
äbergehend  ihres  Geschäftes  wegen  sich  dort  aufhielten,  ihren 
dgentlicben  Wohnsitz  in  den  Städten  hatten,  Bürger  der 
Städte  blieben ,  so  konnte  der  Zusammenhang  mit  der  Heimat 
nie  unterbrochen  werden,  konnte  diese  nie  das  Interesse  ver- 
lieren an  der  Lage  ihrer  Angehörigen.  Sie  konnte  das  um 
so  weniger,  als  in  der  früheren  Zeit  der  Stand  der  Kaufleute 
sich  so  ziemlich  deckte  mit  dem  Begriffe  der  Stadtbewohner 
überhaupt^),  als  der  Rath  der  Städte  noch  lange  ausschliess- 
lich ans  Kaufleuten  bestand.  Je  mehr  nun  dieser  Rath  seine 
Gewalt  erweiterte,  und  wie  rasch  geschah  das  in  dem  Jahr- 
hundert, das  mit  den  Staufem  die  Kaisermacht  zu  Grunde 
gdien  sah,  je  mehr  er  auch  nach  aussen  hin  wirksam  auf- 
treten, wohl  gar  mit  den  Waffißh  eingreifen  konnte,  desto 
mdir  musste  natflrUdi  sein  Einfluss  auf  seine  in  ausländi- 
schen Verbindungen  stehenden  Bürger  wachsen,  desto  mehr 
mussten  diese  einen  solchen  Einfluss  auch  wünschen,  da  er 
ihnen  ersetze  konnte,  was  sie  verloren  hatten,  da  er  doch 


1)  Vgl.  WaiU ,  VerfassgsgMch.  V,  867  ff.  und  VII,  407  ff. 


70  liL    Dm  iMrdd«8tMlMn  flUdl» 

dem  Auslände  gegenüber  eine  festere  Stütze  bot  als  eine  nodi 
so  entwickelte  Genossenschaft  ohne  ttgentlidie  poUtische  Macht 
So  erklärt  sich  der  rasch  wachs^de  Einfluss  Lübedcs.  Dass 
dieser  Einfluss  dann  nicht  in  die  Bahnen  einlenkte,  die  nach 
dem  Zerfall  der  Kaisermacht  im  Reich  die  gewöhnlidMa  wur- 
den, in  die  des  Partikularismus,  dafür  sorgte  die  feste  Ein- 
heit, zu  der  sich  die  „Kaufleute  des  römischen  Beiches^  auf 
einer  Insel  mitten  in  der  Ostsee  zusammengeschlossen  hatten, 
aus  den  Tagen  der  Kaiserzeit  her  trotz  mancher  Unterschiede 
in  Sprache  und  Recht  dem  Auslande  gegenüber  als  G^iossen 
sich  fühlend.  Die  vielgeschmähte  römische  Kaiseridee,  der 
wir  trotz  alledem  doch  wesentlich  mit  den  Gedanken  natio- 
naler Einheit  verdanken,  zeitigte  hier,  als  ihr  Glanz  schon 
im  Erbleichen  war,  noch  eine  ihrer  schönsten  Früchte.  Denn 
wer  auf  diese  Gesellschaft  der  deutschen  Kaufleute  Einfluss 
üben,  ihren  Einfluss  zu  dem  seinigen  machen  widlte,  der 
durfte  an  dem  Gedanken  der  Einheit  nicht  rütteln,  der  musste, 
wie  Lübeck  es  that,  sich  mit  den  andern  betheiligten  Städten 
in  Verbindung  setzen,  musste,  wie  es  in  England  geschah, 
partikulare  Bildungen  zu  durchbrechen  suchen,  musste  die 
Sache  des  geeinigten  Kaufinanns  in  die  Hand  der  geeinigten 
Städte  übertragen.  So  führte  in  Deutschland  zu  festem  Zu- 
sammenschluss,  was  die  itali^schen  Handelsrepubliken  zum 
Kampfe  auf  Tod  und  Leben  g^en  einander  ridL  Oflbnbar 
liegt  gegen  Ende  des  13.  Jahrhunderts  die  Sache  so:  die 
im  Auslande  gegründeten  Niederlassungen  deutscher  Kauf- 
leute, die  Angehörige  zahlreicher  norddeutscher  Städte  aus 
dem  Osten  und  Westen  umfassen,  sind  Institutionen,  die  von 
der  Gesammtheit  dieser  Städte  mehr  oder  weniger  abhängen, 
zugleich  aber  auch  ein  Band  bilden,  das  diese  Städte  zu 
einer  Einheit  zusammenf asst ,  indem  es  ihnen  in  dem  gldch- 
artigen  Interesse  ihrer  Kaufleute  im  Auslande  einen  Hittel- 
punkt gemeinsamer  Politik  giebt 


«■i  ihre  Kjnangwn  bli  «v  ISOQ.  71 

Betraditet  man  die  dnxelnen  Niederlassnngen  in  Bezug 
auf  ihr  Yerbiltaiss  zu  den  Matterstädten  genauer,  so  stellt 
sidi  diese  Sadilage  klar  genug  dar.  Es  lassen  sich  eine 
Reihe  von  Beispielen  aus  dem  13.  Jahrhundert  au&ahlen ,  in 
doMD  die  Sttdte,  zum  Theil  in  weit  umfassender  Vereinigung, 
anftreten,  um  die  Verhältnisse  der  auswärtigen  Niederlassuh- 
gcn  za  ordnen,  im  Inta*es8e  des  nach  dem  Auslande  han- 
ddnden  deutschen  Kaufmanns  Beschlüsse  fassen,  Anordnungen 
treffen,  Vertrage  schliessra,  in  denen  allein  diese  auswärtigen 
Niederlassungen  als  einigende  Mittelpunkte  erscheinen. 

Der  deutsche  Hof  zu  Nowgorod  erscheint  von  vornherein 
durchaus  abhängig  vcm  d^  Heimat,  anfangs  von  seiner  Mut- 
ter, der  gotländischen  Genossenschaft,  als  diese  und  Wisby 
mehr  und  mehr  zurttcktreten  vor  der  wachsenden  Bedeutung 
Labecks,  besonders  von  dieser  Stadt.  Zahlreiche  Bestimmun- 
gen des  lübischen  Rechts,  welche  in  die  nowgoroder  Schra 
übergegangen  sind^),  zeugen  von  ihrem  Einfluss.  Aber  wenn 
Lfibeck  denselben  auch,  wie  frflher  Wisby  und  in  £q[)ateron 
Jahrhunderten  Biga,  Dorpat  und  Beval,  zur  Verfolgung  par- 
tikolaror  Interessen  verwerthete'),  so  war  es  doch  auf  die 
Zustimmung  und  Unterstützung  aller  übrigen  Städte  angewie- 
»an,  und  hier  zeigt  es  sich  deutlich,  wie  die  gemeinsamen 
Handelsinteressen  zahlreiche  deutsche  Städte  unter  der  Füh- 
rung der  in  diesem  Handel  hervorragendsten  vereinigte.    Je- 

1)  UrkdI.  Gesch.  II,  8.  800  ff.;  Lflb.  (Jrkdb.  I,  S.  703. 

t)  Besonders  in  Betreff  der  Wahlen  sa  Aeltermännern ,  indem  nach  der 
iltesten  Sehr«  (Urkdl.  Gesch.  II,  S.  18)  rnnfangs  Barger  aus  allen  SUdten  von 
den  anf  dem  Hofe  ankommenden  ,, Sommer-  und  Winterfahrern**  gewfthlt  wer- 
dM  keoBlea ,  spilar  diese  Freiheit  beschränkt ,  ja  das  Wahbreoht  gans  aufge- 
hoben wurde,  s.  Urkdl.  Gesch.  II,  8.  281.  Dsss  Wisby  auch  im  14.  Jahrhun- 
dert noch  nicht  gans  surflcktrat,  beweist  die  damals  geltende  Bestimmung,  dass 
der  Aenermnim  des  Hofse  abwechselnd  aas  Lfibeck  und  Gotland  gewfthlt  wer- 
den muate,  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  S75.  Um  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  he- 
■tht  sieh  dann  Riga,  an  der  Einsetzung  der  Aeltermftnner  Antlieil  su  bekom- 
men, bewahrt  um  diese  Zeit  auch  einen  Schlüssel  sur  Kiste  in  Nowgorod, 
▼gl.  Lirl.  Urkdb.  II,  n.  906  und  907  (von  Bunge  um  1860  gesetst). 


72  ni.     Di«  oorddeiittdiai  SOdle 

ner  Beschluss  von  1277  über  Abbruch  des  VerkelHTB  mit  Now- 
gorod wird  gefasst  ,,nach  g^neinsam^  Berathung  und  Zu- 
stimmung  der  Städte  und  der  Nowgorod  besuchenden  Kauf- 
leute'S  setzt  also  eine  Yersanuulung  der  Städte  Yorans^). 
Den  Beschluss  von  1293  über  Appdlation  von  Nowgorod  ^nach 
Lübeck  fassen  die  sächsischen  und  slavischen  Städte  auf  einer 
Versammlung  zu  Rostock').  Die  Zahl  der  Städte,  welche 
ihre  Erklärung  in  dieser  Sache  abgeben,  beweist,  wie  umfits* 
sende  Interessen  diese  Frage  berührte. 

Weniger  hat  die  gotländische  Genossenschaft  den  Städten 
zu  gemeinsamem  Handeln  direkten  Anlass  gegeben.  So  lange 
sie  noch  in  voller  Blüthe  stand,  ordnete  der  Kaufinann  in 
ihr  seine  Angelegenheiten  selbst  Als  statt  der  Vereinigung 
der  Kaufleute  die  Gemeinschaft  der  Städte  auftrat,  verschwand 
jene  alsbald  ganz  hinter  der  Stadt  Wisby,  die  ein  Glied  des 
neuen  Bundes  wurde.  Gerade  dieser  Uebergang  ab^  hat 
einen  gemeinsame  Beschluss  der  Städte  hervorgerufen,  näm- 
lich den  schon  erwähnten,  dass  auf  Gotland  kein  Siegel  des 
gemeinen  Kaufmanns  mehr  gehalten  werden  solle'). 

Häufiger  ist  die  flandrische  Niederlassung  Gegenstand  ge- 
meinsamer Berathung  und  Beschliessung  unter  den  Städtra 
gewesen.  Als  man  1280  den  Stapel  vorübergehend  von  Brügge 
nach  Ardenburg  verlegte,  wurden  eine  Beihe  von  V^hand- 
lungen  nöthig.  Dass  uns  nur  von  11  Städten  Schreiben  in 
dieser  Angelegenheit  erhalten  sind^),  ist  wohl  nur  ein  un- 
günstiger Zufall.  Ums  Jahr  1300  ladet  Lübeck  zu  gemein- 
schaftlicher Berathung  über  die  aufs  Neue  verwickelten  flan- 
drischen Verhältnisse  Städte  von  Westfalen,  Sachsen,  Slavien, 


1)  H.  R.  I,  u.  10:   „de  communi  conseiua  et  consilio  civiutum  oi  mtrca- 
tornm  NogardUm  Arequentandnin.**    Vgl.  ebd.  S.  7. 
8)  ebd.  I,  n.  66. 

3)  ebd.  I,  n.  80  S.  42;  s.  oben  S.  58. 

4)  ebd.  I,  n.  18—80  n.  85—87. 


und  in«  BItiVBg«!!  \A§  m»  ISOO.  73 

der  Mark,  Pden,  Gotland,  dann  Riga  und  andere  Oerter  ein, 
mid  «B  galt  dodi  nur  Städten,  welche  am  flandrischen  Han- 
del betheiligt  ntten  ^).  Wieder  im  Jahre  1305  kommen  auf 
eiMr  Yersanimhing  d^  Städte  zu  Lübeck  auch  flandrische 
Verliftltnisse  zur  Spradie  ^).  In  einer  durch  noch  zu  bespre- 
chend EreigBisse  allerdings  gelockerten  Einheit  stehen  we- 
nge  Jahre  darauf  die  Städte  wieder  in  Unterhandlung  mit 
dem  Grafen  von  Flandern  und  den  Städten  Ardenburg  und 
Brügge').  Eifrig  sehen  wir  sie  die  Interessen  ihrer  Angehö- 
rigen vertreten;  auch  kostspielige  Gesandtschaften  scheuen 
sie  nicht*). 

Aoffldlig  ist,  dass  bis  gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts 
Ins  nie  eine  grössere  Vereinigung  deutscher  Städte  in  Unter- 
handlung mit  England  erscheint  oder  sich  mit  den  Angele- 
genhdten  des  Kanfinanns  in  England  beschäftigt  So  lange 
die  Hansen  der  einzelnen  Städte  bestanden,  war  das  nur  na- 
tfirliclL  Als  aber  diese  in  die  „Hanse  Alemanniens'%  die 
^Gildhalle  der  Deutschen  in  England'^  aufgingen,  hätte  man 
häufigeres  Eingreifen  der  heimischen  Städte  erwarten  sollen. 
Vielleicht  hat  das  seinen  Grund  darin,  dass  der  deutsche 
Kaufmann  einerseits  in  England  im  14.  Jahrhundert  eine  sehr 
sichere  and  einflussreiche  SteUung  einnahm,  andererseits  aber 
auch  dem  franden  Gemeinwesen  näher  stand,  als  das  irgend- 
wo sonst  der  Fall  war^).  Doch  hat  er  den  Zusammenhang 
mit  dar  Hdmat  nicht  verloren.  Er  hält  an  ihrer  Gerichts- 
barkeit  fest.     Dass  er  ihre  Unterstützung  nicht   entbehren 

1)  qnamm  ciyes  frequenUre  FUndriam  consaeyeruut ,  U.  K.  I ,  n.  79. 

f)  ebd.  I,  B.  8f. 

S)  ebd.  I,  B.  84—81 ,  bei.  a.  88—91. 

4)  ebd.  I ,  S.  9. 

5)  Der  von  den  Deatschen  In  London  gewfthlte  Aeltermann  mnssle  lon- 
doBer  Bfirger  sein;  die  DeatteheB  moMten  ein  Thor  von  London  (BUhopsgate) 
mit  erliBlten  und  vertheidigen ;  nicht  vertragsmäiisig ,  nur  nach  gegenaeitiger 
UebereinkBBft  iLOnatea  aie  ihre  Streitigkeitea  unter  einander  nach  heimiachem 
Beekt  achlicbten.    Vgl.  Lappenberg,  StahUiof  S.  18  ff.  und  Hamb.  Urlidb.  n.  715. 


74  m*    IMt  BorddMttelMft  8Mlt 

konnte,  zeigt  deutlich  genug  das  Schmben  „des  Adfeummiiiis 
und  der  Brüder  der  Hanse  Alemanniens^^  an  die  Stadt  Ro- 
stock vom  Jahre  1303,  in  weldiau  um  Hfil£e  gebeten  wird 
zur  Durchführung  des  vom  dentsdien  Kaufinann  in  England 
gefassten  Beschlusses,  den  Hafen  Lynn,  wo  dem  Kaufmann 
Unrecht  geschehen  sei,  bis  zur  Sühnung  dieses  Unrechts  zu 
meiden  0*  Sie  berufen  sich  auf  ein  früheres  Schreibe  an 
Rostock  und  an  den  „gemeinen  Kaufinann  von  Westfalen''; 
die  westfälischen  Städte  hätten  den  Beschluss  der  deutschen 
Hanse  in  England  unterstützt  und  bäten  jetzt  mit  dieser  ver- 
eint, dass  auch  Rostock  für  die  Bestrafung  der  wegen  Nicht- 
achtung jenes  Beschlusses  aus  der  Hanse  ausgestossenen  Schif- 
fer und  Kaufleute  aus  verschiedenen  Städten  sorgra  mögeu 
Höchst  wahrscheinlich  sind  ähnliche  Schreiben  an  die  andram 
Städte  abgegangen.  Wie  sich  dieselben  diesem  Wunsche  gegen- 
über verhalten  haben,  wissen  wir  nicht,  aber  schwerlidi  wer^ 
d^  sie  es  versäumt  haben,  durch  eine  mög^chst  allgemein 
durchgeführte  Massregel  das  Ansehen  des  deutsche  Kauf- 
manns in  England  den  Einheimischen  geg^fiber  aufrecht  zu 
erhalten  ^). 

Es  kann  nach  diesen  Darlegungen  wohl  keinem  Zweifei 
mehr  unterworfen  bleiben,  dass  die  Interesse  der  deutschen 
Kaufleutc  im  Auslande  zu  vertrete  ums  Jahr  1300  eine  Ge- 
sammtaufgabe der  deutschen  Städte  geworden  war').  Die 
„Freiheiten  des  gemeinen  Kaufmanns  im  Auslande''  war  das 
Panier,  um  das  sich  die  norddeutschen  Städte  schaarten,  sie 
waren  das  zwar  lose,  aber  doch  dauerhafte  Band,  das  alle 
umfasste.  Innerhalb  dieses  Bandes  aber  hatten  sich  durch 
die  Macht  gegebener  Verhältnisse  drei  Sondergruppen  entwi- 


1)  Urkdl.  Oecch.  II,  8.  828.     AU  promiuom  llieiitonkoniiii  wird  4er  Be- 
fchlnsi  bezeichnet. 

2)  Lab.  Urkdb.  II,  u.  868  scheiat  dieM  Vermutliiiiig  sa  bestiOcen. 
8)  Vgl.  noch  U.  U.  I,  n.SlS;  Lfib.  Urkdb.  I,  a.  448. 


IUI«  Ikr«  Ekvm^m  bi«  am  laOO.  75 


ckdt,  die  sich  tun  die  drei  Leiter  des  deutschen  Handels, 
Wisby,  Köln  und  Lübeck  zu  kleineren  Einheiten  zusammen- 
thaten.  Die  Grundlage  des  Bundes,  wie  sie  durch  Jahrhun-c 
dorte  bestehen  sollte,  war  damit  g^;eben.  Will  man  aber  sein 
Wesen  und  seine  Entwicklung  ganz  verstehen,  so  muss  man 
noch  andere  Pukte  ins  Auge  fassen. 

3.    Norddeatsohe  Städtebündnisse. 

Habai  wir  in  der  Vertretung  des  deutschen  Kaufinanns 
im  Auslände  das  einheitliche  Motiv  gefunden,  welches  alle 
Städte  zusanunenfOhrte,  so  sind  die  Beweggründe,  welche  zur 
bescmderen  Vereinigung  einzelne  derselben  leiteten,  sehr  man- 
nigfaltiger Art  Ajn  allgemeinsten  bekannt  sind  jene  Verbin- 
dungen, die  ihren  Ursprung  hatten  in  dem  Streben  nach 
Selbsterhaltung  gegenüber  der  immer  mehr  erstarkenden  Macht 
der  T^rritorialherren  und  in  dem  eifrigen  Bemühen  der  Städte, 
der  Unsicherheit  der  Wege,  die  ihr^  Lebensnerv,  den  Han- 
dd ,  unterband ,  ein  Ende  zu  machen.  In  beiden  Fällen  über- 
stieg es  nicht  die  Kräfte  der  Städte,  Abhülfe  zu  schafien. 
Denn  die  Fürst^  waren  nicht  selten  durch  gegenseitige  Eifer- 
sucht gelähmt,  und  die  W^elagerer  und  Waarenräuber  wa- 
ren besonders  die  kleinen  Herren.  So  sind  denn  die  Schutz- 
und  Trutz-  und  die  Landfriedensbündnisse  unter  den  Städten 
in  den  drei  letzten  Jahrhunderten  des  Mittelalters  zahlreich 
genug.  Von  einem  sehr  umfassenden  Bündnisse  der  letzteren 
Art  erhalten  wir  durch  ein  Schreiben  Mindens  vom  Jahre 
1256  Kunde;  es  gehörten  ausser  Minden  dazu  Hamburg, 
Stade,  Lübedt,  Bremen  und  andere  Städte  „in  der  Nähe  und 
jensdt  der  Elbe^^;  es  stand,  wie  es  scheint,  in  einem  gewis- 
se Zusammenhange  mit  dem  unter  dem  Namen  des  „rheini- 
schen Städtebundes^  bekannten  grossen  Landfriedensbündnisse 
deutscher  Städte^).    Nicht  selten  wurden  die  Landfriedens- 

1)  UrkiU.  Gea^  U,   S.  74 ;  Lüb.   Urkdb.   I,   n.  SSO.    Vgl.    A.  BoMon, 
zur  Getchkhte  des  grottan  LaadfriedentbandM  deaticher  Städte  1S54,  S.  48  ff. 


76  m.    Di«  norddMlMtai  MMto 

bündnisse  anch  in  Norddeutschland   nnt^  Betheiligiuig  ¥oii 
Fürsten  und  Herren  geschlossen  >). 

Neben  diesen  mehr  politischen  Einigungspunkten  gab  es 
noch  gemeinschaftliche  Interessen  anderer  Art,  wdche  gerade 
die  Städte  zusammenführten.  Bei  der  Zersplitt^Bning  des  öf- 
fentlichen und  privaten  Rechts,  bei  der  Mamiigfalti|^eit  dar 
Verkehrsbestimmungen,  bei  der  verhältnissmassigen  Schutz- 
und  Hülflosigkeit  des  Kaufmanns  selbst  in  den  seiner  Vater- 
stadt nicht  allzufem  gelegenen  Orten  konnte  es  nicht  ausblei- 
ben, dass  mit  dem  wachsenden  Verkehr  mancherlei  Ueberein- 
kommen  zwischen  den  Städten  nöthig  wurden  zu  gegenseitiger 
Erleichterung  der  Handelsbeziehung^.  Dahin  gehören  die 
Münzverträge,  die  Zusagen  gegenseitigen  Rechtsschutzes ,  die 
Verabredungen  über  gleiche  Behandlung  der  Schuldner,  der 
Verfesteten,  die  Auslieferungsverträge  u.  s.  w.  Dass  besondens 
die  einander  bcmachbarten  Städte  derartige  Verbindungen  ein- 
gingen, liegt  in  der  Natur  der  Sache,  und  so  sehen  wir  denn 
die  Städte  Slaviens,  der  Mark,  Niedersadisens ,  WestfiEÜens 
durch  Bündnisse  dieser  oder  der  oben  erwähnten  Art  geei- 
nigt').   Doch  fehlt  es  auch  zwischen  verhältnissmässig  weit 


1)  z.B.  das  wichtige  von  1283,  8.  Urkdl.  QMch.  U,  S.  187  n.  Lab. 
Urkdb.  I ,  n.  446. 

S)  Am  wichtigsten  sind  die  anter  den  siehsiscben  and  WMtfUieeiMB  SlM> 
tan  errichteten  Einigungen  geworden.  Braunscbweig  schliesst  Schat>>  und  Hab- 
delsverträge  mit  Hamburg  1247  und  1258  (Hambg.  Urkdb.  I,  n.  542,  622  and 
625;  H.  U.  I,  n.  504),  mit  Stade  1249  (H.  U.  I,  n.  868—370),  mit  Bnrnm 
1256  (Brem.  Urkdb.  I,  n.  269),  ähnlich  Hannover  mit  Hamburg  1964  (Hanb. 
Urkdb.  I,  n.  676).  Bremen  schliesst  Verträge  Ober  Schuldyerfolgnng  mit  Köln 
1258  (Brem.  Urkdb.  I,  n.  291),  mit  Hamburg  1259  and  1297  (Brem.  Urkdb. 
I,  n.  292,  296  und  517),  mit  Hameln  1267  (Brem.  Urkdb.  I,  D.  328),  «iH 
Hannover  1301  (Brem.  Urkdb.  II,  n.  5  und  7),  Hildedieim  mit  HaiuiOTar  1298 
(Urkdb.  d.  St.  Hannover  I,  n.  70).  Schon  1252  stehen  Gk>slar,  Braonachweig 
und  Hildesheim  in  einer  „alten**  Verbindung  (H.  U.  t,  n.  426),  ebenso  disee 
und  Hannover  1256  (Urkdb.  d.  St.  Hannover  I,  n.  18),  io  einer  Orkmda,  4ie 
ohne  Zweifel  in  die  2.  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  gehört,  .treten  Bremen, 
Stade,  Hamburg,  Lüneburg,  Quedlinburg,  Halberstadt,  Helmstedt,  0<Mlar, 
Hildesheim,  Brannschweig,  Hannover,  Wernigerode  und  „atte  Städte  S^chaans** 


wd  flwa  BimagMi  Ws  om  liOO.  77 

ans  dnander  lieg^den  Städten  nicht  an  Beziehungen,  wie  ein 
Vertrag  zwischen  Bremen  und  Köln  von  12Ö8  und  ein  ande- 
rer zwischen  Hamburg  und  Köfai  von  demselben  Jahre  ^)  be- 
weisen. 

Wenigstois  in  manchen  Fällen  ist  diese  Gruppirung  der 
Stidte  auch  ftr  die  dem  Auslande  gegenüber  zu  vertretenden 
hiteressen  des  gemeinen  deutschen  Kaufmanns  von  Bedeutung 
geworden.  Das  beweist  fOr  Sachsen  die  Antwort  Goslars  an 
Lflbeck,  dass  es  in  der  flandrischen  Angelegenheit  bereit  sei 
n  thnB,  was  die  sfiehsisch^  Stftdte  beschliessen  würden ;  das 
beweisen  Dortmund  und  Münster  für  Westfalen,  indem  sie  in 


gMiugt  maf  (Hamb.  Urkdb.  I,  d.  616  und  H.  U.  I,  n.  650).  la  den»elben  Zeit 
imitm  wir  Nortbefan,  CHtttiagwi,  Münden,  Doderstadt,  Ostarod«  geeluigt  (Urkdb. 
d.  St.  Odttbifen  I,  n.  48— 50).  —  Schon  1846  schliessen  westOUische  StSdte 
dtr  DKeesen  Münster ,  OsnabrQek  und  Minden ,  unter  denen  diese  drei ,  dann 
Herford  nid  Koesfeld  ermittelt  werden  können,  eine  umfkssende  Markteinigung 
(H.  U.  I,  a.  S45),  1863  ebenliilU  Münster,  Dortmund,  Soest  und  Lippstadt 
daen  HaadalsTertrag  (H.  U.  I,  n.  460);  Münster,  Soest,  Warendorf,  Herford, 
Beekmn ,  Ahlen ,  Borken  ,  Osnabrück ,  Telgte ,  Vreden ,  Koesfeld ,  Lipp&tadt, 
AUandoni  achüeasen  sieh  1856  dem  LandfHedensbündnIss  der  rheinischen  Stftdte 
sa  (H.  U.  I,  S.  169  A.  4;  vgl.  ebd.  I,  o.  494).  Der  1253  geschlossene  Bund 
der  4  Stidte  wird  erneuert  1863  (ebd.  I,  n.  589),  erweitert  unter  Zutritt  von 
OflMbrick  1868  (ebd.  I,  n.  668),  wiederholt  verringert  resp.  in  einseinen  Be- 
ftmimongeD  erörtert  1870  (ebd.  I.  n.  680  und  681),  1874  (ebd.  I,  n.  731), 
1877  (ebd.  I,  n.  789),  1884  (ebd.  I,  n.  942),  1894  (ebd.  I,  n.  1141),  1896 
(ebd.  I,  n.  1817),  1898  (ebd.  I,  n.  1884).  Zahlreich  sind  die  Vertrftge  zwi- 
tehao  «iDaeliiaa  Städten:  Köln  mit  Utreeht,  Oldenaaal  mit  Koesfeld,  Deventer 
■it  Köln,  Soest  mit  KöUi,  Köki  mit  Nimwegen,  Köln  mit  Gent,  Deventer 
out  Koeafeld  (vgl  H.  U.  I,  n.  518—581,  586,  553,  564,  583,  685,  698, 
776,  884,  885,  940,  941,  1113).  Von  Verbindungen  der  Harsstädte  (Halber- 
•ladt,  Qaadliabarg,  Aschersltben ,  dann  diese  mit  Braunschweig  und  Gcnlar) 
▼«riaatet  soerst  im  14.  Jahrhundert,  vgl.  Urkdb.  d.  Stadt  Quedlinburg  n.  101 
(tob  1816),  108,  188.  •—  Ueber  die  Verbindung  der  livlXndischen  Städte  s. 
W.  Qff«MiHi1iac«D  ia  d.  Baitr.  s.  Runde  Bst-,  Liv-  und  Kurlands  I,  347  ff.; 
Back  ihm  war  dar  erste  Stidtetag  1368,  doch  bestand  schon  Mhw  eine  Eiai- 
gaag.  Di«  Stidte  der  Mark  erwerben  gemeinschaftlich  Privilegien  1858  in 
HaOiiid  (Biadal,  Ctod.  dipl.  Bndbg.,  Abthlg.  B,  I,  n.  48),  1886  und  1868  in 
Holtteia  (Urkdl.  Gesch.  U,  S.  44  n.  80,  Riedel,  Cod.  dipl.  Brdbg.  B,  I,  n.  87 
0.  101).  —  14  pommersche  und  meklenburgische  Städte  fassen  1310  in  Stral- 
sund gamainaehafUiehe  Beschlüsse,  H.  R.  I,  n.  96. 

1)  Bram.  Urkdb.  I,  n.  881  und  Hambg.  Urkdb.  I,  n.  688. 


78  m.  Die 

dersdben  Angelegeiiheit  auf  Beratkmiga  nt  ilifn  NachlMKr- 
stidten  verweisen  >),  beweist  fener  das  gauciMdiiMidie  Auf- 
treten der  westfiUischen  Stidte  anf  der  Ubecker  Versamm- 
lung von  1299,  die  Einladung  an  sie  zu  dar  v<m  1305*)  uad 
manches  andere  Zeugniss.  So  greifeB  ¥on  Virnlmwi  die  bei- 
den Ekitwidclungen ,  die  zur  YoUendaiig  des  Imnsisciiai  (Te- 
b&udes  führen  sollten,  aofe  innigste  in  ehumder. 

a)    Die  wendischen  Städte. 

Es  wOrde  zu  weit  f&hren,  wollte  man  das  provinzielle 
Zusammenschliessen  der  Städte  anf  dm  einadien  GcMeten 
auch  nur  in  grossen  Zügen  verfolgen;  eine  Landschaft  aber 
muss  nothwendiger  Weise  genauer  ins  Auge  gefosst  wanden. 
Ihre  Städte  sind  wichtiger  geworden  f&r  die  Entwidmung  der 
Hanse  als  die  irgend  eines  andern  Gdliiets.  Die  Beraehungea 
Lübecks  zu  seinen  Nachbarstädten  auf  altslavischem  (wendi- 
schem) Gebiet  haben  eine  geradezu  überwältigende  Bedeutung 
für  die  Entstehungsgeschichte  des  hansischen  Bundes.  Die 
Gegend  von  der  Elbe  und  Trave  bis  zur  Odermündung  ist 
recht  eigentlich  der  klassische  Boden  der  Hanse.  Es  ist  da- 
her unbedingt  nöthig,  das  enge  Zusammenschliessen  gerade 
dieser  „wendischen  oder  slavischen^^  Städtegruppe,  der  soge- 
nannten Seestädte  (civitates  maritimae)  genauer  zu  verfolgen, 
um  Werden  und  Wesen  des  hansischen  Bundes  klar  zu  er- 
kennen. 

Auf  dem  von  Heinrich  dem  LOwen  unterworfenen  und 
christianisirten  Gebiet  waren,  wie  schon  erwähnt  (S.  15),  eine 
Beihe  von  Städten  entstanden,  die,  durch  Lage,  Ursprlmg, 
Handelsgebiet  Lübeck  ausserordentlich  verwandt,  in  ihrer  Ent- 
wicklung sich  enge  an  die  Travestadt  anschlössen.  Es  wairei 
in  erster  Linie  Rostock,  Wismar,  Stralsund,  Greifswald;  eine 

1)  H.  R.  I,  n.  18,  19  Q.  90. 

2)  ebd.  I,  n.  80,  8f  u.  88. 


flm  Wknmgtn  U»  «d  IBOa  79 

etwas  mit^rgeordiietere  Stellung  nahmen  Stettin,  Anklam, 
Staiigard,  Demmin  ein;  ferner  stand  schon  das  weit  nach 
Osten,  mitten  im  alten  Pommern  belegene  Kolberg.  S&mmt- 
lidi  waren  sie  in  erster  Linie  auf  den  Ostseehandel  angewie- 
sen; wir  haben,  auch  wo  sie  nicht  ausdrüdclich  erwähnt  wer- 
den, ihre  Kaufleute  an  allra  jenen  Plätzen  zn  suchen,  wo 
wir  die  Lftbedcer  finden :  auf  Qotland  und  Schonen,  in  Sehwe- 
don  und  Nowgorod,  an  der  Düna  und  in  Preussen.  Auch  in 
das  Gebiet  der  Nordsee  mOgen  sie  den  Lübeckern  bald  genug 
liefolgt  sdn;  1278  erfahren  wir  ausdrücklich  vom  Handel  der 
Stralsunder  nadi  Flandern  und  England^). 

Um  Lübeck  gruppirten  sich  diese  Städte  wie  um  einen 
natlrlidien  Mitteipmkt  Es  war  die  älteste  deutsche  Stadt 
im  ehemals  slawischen  Transalbingien.  Die  Gunst  seiner  Lage, 
die  Umsicht  und  Sorgsamkeit,  mit  der  Heinrich  der  Löwe 
seine  Interessen  gepflegt  hatte,  sicherten  ihm  einen  weiten 
und  dauernden  Vorsprung  vor  seinai  Nachahmern  und  Kon- 
kurrenten. Dazu  kam  der  Glanz,  der  durch  die  Verbreitung 
des  lübisch^  Rechtes  auf  das  Handelsemporium  der  Ostsee 
fieL  Nicht  bloss  die  neu  gegründeten  Städte  Meklenburgs 
ind  Pommerns,  auch  im  preussisch^  Ordenslande  Danzig, 
Dirschau,  Elbing,  Braunsberg,  Memel  u.  a.  waren  mit  lübi- 
schem  Rechte  bewidmet,  erkannten  in  Lübeck  den  Oberhof  in 
streitigen  RechtsfSÜlen ').  Und  welche  zusammenschliessende 
Kraft  dieses  Recht  äusserte,  das  erfahren  wir  aus  den  Be- 
schlüssen einer  Städterersammhmg  zu  Wismar  in  den  60er 
Jahren  des  13.  Jahrhunderts :  „Zur  Unterstützung  aller  Kauf- 
Imte,  die  sich  des  lübischen  Rechts  erfreuen  und  von  ihm 


1)  8.  die  B««tiauiiiuigen  ib«r  itralgniider  Schifl]n>eclit,  Urkdl.  0«teh.  II, 
fl  IIS;  H.  V.  I,  11.810. 

t)  meMMB ,  6w  Ob«rbof  in  Lübeck  S.  47  ff.  Zn  d^m  dort  gegebenen 
V^neichniss  sind  noch  hinimnllgen.  In  Meklenbnrg  die  Orte  Alt-K«hlden,  R5- 
bel  and  Penslin  (Meklbg.  Urkdb.  II,  n.  718,  911,  987)  und  in  Pommern 
Dtmm  Yoo  1888—97  (H.  U.  I,  n.  1188  n.  1838). 


80  I1L    Die  norddwtidwa  Suite 

regiert  werden^S  verpfliehten  sich  die  Städte  (es  kann  wohl 
keinem  Zweifel  unterworfen  sein,  dass  es  die  wendischen  sind) 
zu  gemeinsamer  Befriedung  des  Meeres,  zu  gldchmässigier 
Verfestung  der  in  einer  Stadt  Proskribirten,  zu  gleichfim  Ver- 
halten in  Fehden  der  Herren  unter  sich  und  geg^  eine  der 
Städte,  zu  gleichmässiger  Handhabung  gewisser  Sitze  des 
labischen  Rechts  in  Bezug  auf  den  Loskanf  gefangene  Bür- 
ger u.  s.  w.  ^).  Wir  erfahren  es  femer,  wenn  wir  sehen,  wie 
die  fßnf  Städte  Lübeck,  Rostock,  Wismar,  Stralsund  und 
Greifswald  in  einer  1296  vollzogenen  Erneuerung  eines  drei 
Jahre  zuvor  geschlossenen  Schutz-  und  Trutzbündnisses  die- 
jenige Stadt,  welche  versäumt  hat,  die  verabredete  Kriegs- 
hülfe  zu  leisten,  und  sich  weigert,  die  dafür  festgesetzte  Ent- 
schädigung zu  zahlen,  ausser  mit  einer  Strafe  von  500  Mark 
Silber  (20000  resp.  120—150000  Rm.)  mit  Ausstossung  ans  dem 
lübisch^  Rechte  bedrohen '),  wie  femer  jene  vier  Städte  dme 
Lübeck  in  ein^n  1308  auf  fünf  Jahre  geschloss^ian  Bündnisse 
ähnliche  Bestimmungen  treffen  ').  Selbst  noch  ein  halbes  Jalur- 
hundert  später,  1358 ,  erscheint  das  lübische  Recht  ab  die 
Grundlage  gemeinschaftlicher  Abmachungen  zwischen  den  Städ- 
ten Greifswald,  Stralsund,  Anklam  und  Demmin^).  Ja,  andi 
auch  auf  die  auswärtige  Handelspolitik  gewann  das  gemein- 


1)  H.  R.  I ,  n.  7 :  in  sabsidium  omniam  mercatonun ,  qiii  Jare  LaUoensi 
gaadent  et  regnntor.  Vgl.  Frensdorff,  Hans.  Getchbl.  I,  S.  18  ff.  Zur  Dati- 
rang  dieses  and  des  zweiten  Recesses  (n.  9)  s.  Meltlb.  Urkdb.  II,  S.  164.  — 
Wohl  um  an  fthnlichen  Vortheilen  Antheil  sa  haben,  Usst  Bibaita  sieb  1167 
Ton  Rostock  beseugen ,  dass  es  Ifibisehes  Recht  habe  (Lfib.  Urk.  I ,  n.  S86). 

S)  H.  R.  I,  n.  78—76;  LQb.  Urk.  I,  n.  658;  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  186. 
Unter  Aasstossang  ans  dem  Ifibischen  Rechte  (eUminata  fore  ab  omni  jni«  La- 
bicensi)  ist  an  die  Verweigerung  der  Rechtshfilfe  fUr  die  Bürger  der  ausge> 
stossenen  Stadt  in  den  andern  Städten  au  denken.  Die  Urkunde  gestattet  uns 
einen  Blick  in  die  Machtverhältnisse  der  wendischen  Städte  su  Knde  des  18. 
Jahrhunderts.  Lübeck  verpflichtet  sich  zu  100  Bewaffneten ,  RosUiric  tu  70, 
Stralsund  tu  80 ,  Wismar  und  Grei&wald  su  je  88. 

8)  Meklbg.  Urkdb.  V,  n.  3268. 

4)  H.  R.  I,  n.  220. 


ni  Ihr«  Wkuatgn  hU  m  1800.  gl 

stme  Becht  dirrirtm  Emflnss.  Zur  Abstellung  der  Bedrückan- 
gm  in  Flandern  erklärt  sich  Wismar  um  1300  bereit,  zu 
Üum,  was  Lübeck  und  die  anderen  StSdte  seines  Bechts  zu 
tlnm  beacUieBsen  ^). 

Neben  diesem  auf  der  Basis  des  gemeinsamen  Bedits  er- 
wachsenden Zusammenhange  der  wendischen  Stftdte  finden 
wir  zwischen  ihnen  alle  jene  Vereinigungspunkte,  die  sonst 
flir  das  Zusammenschliessen  der  Städte  von  Bedeutung  ge- 
worden sind.  1256  gleicht  Wismar  einen  Streit  aus  zwischen 
LBbeck  und  Bostock');  1281  wird  zwischen  Stralsund  und 
Grnbwald  durch  die  drei  andern  wendische  Städte  ein  Zwist 
gttchlichtet,  der  gegen  die  ,,gemeine  Freiheit  der  Eaufleute^ 
gewesen  sei*);  wenige  Jahre  darauf  greifen  Lübeck,  Wismar 
and  Oreifswald  vermittefaid  in  eine  Bostocker  innere  Angele- 
genheit ein^).  —  Zur  Bekämpfung  der  See-  und  Strassenräuber 
vereinigt  sich  1259  die  „communitas^  der  Städte  Lübeck,  Bo- 
stodc  nnd  Wismar  und  ladet  die  benachbarten  Orte  zur  Mitwir- 
kimg  ein.  Von  Wedgast  ist  uns  noch  eine  zustimmende  Erklä- 
nmg  erhalten,  mit  Hamburg  hatte  Lübeck  w^en  Befriedung 
des  Gebiets  zwischen  Trave  und  E3be  unterhandelt  ^).  Im  Jahre 
1283  sehen  wir  s&mmtliehe  wendische  Städte  (Lübeck,  Bo- 
stodc,  Wismar,  Stralsund,  Greifiswald,  Stettin,  Danmin,  An- 
Uam)  mit  mebranen  Fürsten  in  einem  Landfriedensbündniss 
geeinigt;  der  Ausdruck  „universitas^ ,  unter  dem  sie  zusam- 
mengeCasst  werden,  zeigt,  dass  man  sie  als  eine  Einung  be- 
trachtet, und  dass  ein  Bund  der  wendischen  Städte  bestand  *). 


1)  H.  B.  I ,  B.  77 :  qtücqaid  alle  civiUtes  jus  restre  civitatb  habttites  f»- 
tn%  daereverint. 

S)  «M.  I,  n.  1;  Lab.  Urk.  I,  n.  S25. 

S)  H.  n.  I,  n.  11;  Lttb.  Urk.  I,  n.  417:  in  diserimen  «t  contra  conuni- 
Htm  tfbtttntam  BMreatoram. 

4)  H.  n.  I,  n.  61. 

5)  tbd.  I,  B.  •— 6. 

4)  LQb.  Urk.  I ,  n.  446.     In   einer  ohne  Zweifel   auf  diesen  Vertrair  iieh 
SdükSir,  Di«  fUaMftÜte.  Q 


82  I^    ^^  WrddMtiMNii  «<Mlll 

Dass  die  durch  das  Landfried^sbändniss  berbeigefttirte  Eiai- 
gung  der  Städte  auch  weiteren  Zwecken  di^te«  beweist  das 
Vorgeheu  gegen  Norwegw  im  nächsten  Jahre.  Die  wendi- 
schen Städte  beschliessen  als  „die  im  LaadfriedensbQndnisse 
geeinigten  Seestädte^^  ihre  Massregeln.  Auch  erwerben  sie 
vereinigt  Privilegien  im  Auslande  ^). 

b)  Lübeck  und  Hamburg. 

Für  die  Annäherung  dieses  wendischen  Bundes  an  die 
unter  seinen  Nachbarn,  den  sächsischen  Städten,  bestdien^e 
Einigung  und  dadurch  fär  das  um&ssradere  ZusanunenaehUes- 
sen  der  Städte  ist  es  nun  von  grosser  Wichti^eit  gewordtti, 
dass  das  Haupt  der  wendischen  Städte,  Lübeck,  mit  einw 
der  bedeutendsten,  für  den  Seehandd  jedenfalls  widitigstra 
der  sächsischen  Städte,  mit  Hamburg,  sdl>on  früh  in  en|^ 
Verbindung  trat.  Hat  doch  dn  im  Jahre  1341  zwischen  bei- 
den. Städten  zum  Sdiutze  der  Starassen  von  der  Elbe  bis  ur 
Travemündung  geschlossener  Vertrag*)  von  Adam  Tratzigere 
Zeit  bis  fast  auf  unsere  Tage  für  den  GrOndongsakt  ^  Hanse 
gegolten.  Allerdings  ist  nachgewies^  worden,  dass  gerade 
dieser  Vertrag,  der  auch  nicht  einmal  der  erste  zwischen  d» 
zwei  Städten  gewesen  ist,  vop  durchaas  lokale  und  tanpo- 
rarer  Bedeutung  war'),  aber  gewiss  kOnnen  die 


•Tii/:vi 


bMkliMden  Urknada,  in  der  Stettin  Ltbeek  am  HWs  bÜMI,  wit  FtritMi 
Stidte  Tenprochen  hXtten,  werden  diese  als  „commnnes  dvitates'*  beaeiehnet 
(•.  Lab.  Utk.  I,  n.  408).  Die  Urkunde  ist  in  das  Jahr  1283  oder  bald  dar» 
ii»ch  ■«  aatMb. 

1)  H.  B.  I ,  n.  80 ,  1 :  „consnles  istamm  eiyitatnm  maritimanun  oompre- 
hensamm  in  confederaeione  concepte  pacis  in  ciTitate  Rosstoc.**  —  Lüb.  Urkdb. 
I,  n.  898  «.  448. 

8)  Lab.  Urkdb.  I ,  n.  95. 

8)  Er  besog  sieh  nur  anf  den  Sehnt!  der  aiir  Umgehimg  aageablkkllcher 
Sehwierigkett  awfschen  Lftbeck  nad  Hamburg  rerabredeleii  neuen  Straise  durch 
lanenbnrgisches  Gebiet  aber  Gross-Barkentien  (ParkeaÜn) ,  t.  Koppmaim  in  d. 
Hans.  Geschbl.  1878 ,  S.  78  ff.  Dagegen  Hasse  in  d.  Zlsdir.  f.  sdtleaw.  holst 
lauenbg.  Gesch.  Y,  861  ff.  Vgl.  Koppmanns  Antwort  ebd.  VI,  188  ff.  und  Has- 
DupUk  ebd.  VI,  818  ff. ,  aueh  H^hlbamn  hi  d.  Jen.  Lit  Ztg.  1878,  S.  459. 


xtmi  Um  Kfanafta  bis  qai  IM^.  83 

zweier  so  wichtiger  Orte,  die  so  ziemlich  von  allen  Hanse- 
städten die  günstigste  Handelslage  hatten,  durch  die  ein  gros- 
ser Theü  des  Verkehrs  zwischen  Ost-  und  Westsee  damals 
aeineo  W^  nahm,  nicht  ohne  grossen  EiniBuss  geblieben  sein 
auf  die  Entwicklung  eines  Bandes,  der  sich  wesentlich  an  die 
Interessen  des  deutschen  Handels  anschloss.  Es  ist  wohl  nicht 
blosser  Zuüsll ,  dass  im  Jahre  1252  ein  Rathmann  yon  iAbeck 
und  ein  Bathsnotar  von  Hamburg  in  Flandeni  als  die  Abge^ 
sandten  der  „Kaufleute  des  römischen  Reichs'^  erscheinen« 
Wenn  man  sich  das  allmähliche  Emporwachsen  des  Städte 
bundes  klar  machen  will,  darf  der  vielfache  Zusammenhang 
dieser  beiden  Städte  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden  ^). 

Auch  Hambuig  war  eine  planmtosige  GrOndung.  Wair 
es  der  alten  Stadt  nicht  vergönnt  gewesen,  ihrer  Aufgabe  dec 
,4ßgatio  gentium'^  genug  zu  thun ,  so  sollte  es  ihrer  jüngere 
Schwester,  der  „Neustadt"  Hamburg,  beschieden  sein,  diese 
Auijgabe  in  einem  anderen  Sinne  zu  erfüllen.  „Damit  den  von 
vieleaa  Orten  herbeikommenden  Leuten  ein  pass^der  Hafen 
orstehe^S  gründete  Graf  Adolf  HL  v<m  Holstein  1189  die  Neu- 
stadt Hamburg.  Lübeck  war  die  Musteranlage.  Nach  Ittbi- 
sehem  Becht  wurden  den  Ansiedlem  die  Baustellen  überlas- 
soi,  nadi  lübischem  Bechte  sollten  sie  auch  in  derGra&chaft 
gerichtet  werden,  inneriialb  dieser  überall  von  Zoll  frei  sein. 
Einen  beträchtlichen  Theil  seiner  Gerichtsbarkeit  überliess  der 
Graf  der  Stadt.  Bald  wuchs  diese,  erwarb  neue,  wichtige 
Rechte  hinzu,  verschmolz  mit  der  Altstadt,  die  Antheil  ge- 
wann an  den  Privilegien  der  Neustadt,  zu  einer  Gemeinde')« 
So  trat  sie  mit  der  Nachbarstadt  an  der  Trave  in  Verbin- 


1)  Vgl.  Koppnuuin,  Hambargg  Stellang  in  der  Hahm,  Hans.  Geschbl. 
1875,  8.  8  ff. ;  d«nen>e,  die  Uteeten  Handelswege  Hamburgs,  Ztsclir.  f.  Händig. 
Gesdi.  VI,  408  ff. 

S)  Hamb.  Urkdb.  I,  n.  S85,  S86,  S98,  401.  Vgl.  K.  Koppmann,  kl. 
Bcitrige  s.  Oesch.  d.  Stadt  Hamburg,  S.Beitrag:  s.  Gesch.  d.  RecbU  n.  d. 
Verfittsg.     1848  war  die  Vereinigung  beider  Stidte  Yollsogen. 

6* 


34  ^'    ^^  norddevlMlien  StUto 

dung :  diese  die  GrOndung  des  mächtigen  Sachsenherzogs,  in- 
zwischen Reichsstadt  gew<H*den,  jene  die  eines  einfachen  Gra- 
fen, noch  lange  holsteinische  Landstadt  —  aber  beide  durch 
ihre  Lage  und  die  Art  ihres  Entstehens  zu  grosse  Dingen 
bestinmit  um  1230  schlössen  sie  ein  Abkommoi  über  glei- 
ches Becht  der  Bürger  beim  geg^seitigai  Verkehr  in  beiden 
Städten^);  ein  anderes  darüber,  dass  der  in  der  eiaea  Stadt 
Verfestete  es  auch  in  der  andern  sein  solle,  kam  in  demsd- 
ben  Jahre  mit  jenem  Vertrag  über  die  Hamburg -Lübedcer 
Strasse  zu  Stande').  Im  April  1255  einigten  sich  dann  beide 
Stftdte  über  eine  gemeinsame  Münze  und  schlössen  wenige 
Monate  darauf  ein  Bündniss  auf  drei  Jahre  gogesa  jeglichen 
Feind;  ihm  folgten  1259,  wohl  veranlasst  durch  das  erwähnte 
ähnliche  Uebereinkommen  der  wendischen  Städte  Lübedt,  Bo- 
sUxk  und  Wismar,  Verhandlungen  über  gemeinsame  Unt^- 
haltung  einer  Kriegsmacht  zum  Schutze  gegen  Land-  und  See- 
räuber von  der  Trave  bis  zur  Elbemündung.  Um  dieselbe  Zeit 
sehai  wir  die  beiden  Städte  über  schi&rechtliche  Bestimmun- 
gen unterhandln  >).  Vom  Jahre  1304  kennen  wir  femer  einen 
neuen  Mfinzvertrag  zwischen  Lübeck  und  Hamburg,  verbun- 
dBi  mit  Bestimmungen  über  das  Geleit  zwischen  beiden  Städ- 
tai,  die  1306  und  wieder  1309  erneuert  und  venrollstäiidigt 
wurden^).  1306  wurde  auch  ein  Bündniss  geschlossen  zur 
Zfflistörung  der  Schlösser  Travemünde,  Ahrensfölde  und  Wohl- 
dorf und  überhaupt  zur  Vernichtung  jedes  Schlosses ,  das  in- 
nerhalb einer  Entfernung  von  zwei  Meilen  zu  beiden  Seit«! 
^r  Trave  bis  Lübeck  und  der  Strasse  von  dort  über  Oldesloe 
nach  Hamburg  etwa  errichtet  werde  ^).    Zahlreiche  Urkunden 

1)  Lab.  Urkdb.  I,  n.  31 ;  Hambg.  Urkdb.  I,  n.  881.    Vgl.  über  das  Jahr 
Koppmann »  Beiträge  s.  G^sch.  der  Stadt  Hamburg  2 ,  S.  SO. 

5)  Lab.  Urkdb.  I ,  n.  96. 

8)  ebd.  I,  n.  S18,  »19,  S48,  S60;  H.  R.  1,  d.  5  a.  6. 
4)  Lfib.  ürkdb.  U,  n.  186,  199,  S41. 

6)  ebd.  II,  n.  205  a.  207.    Lfibeck  trfigt  •/,,  Hamburg  V,  der  Kosten; 
sam  Geleite  stellt  Lübeck  82,  Hamburg  8  Reiter. 


und  Ou%  BimafMi  Ut  vm  1800.  g5 

beBtAtigen;  dass  die  Sicherung  der  für  den  Eaufinann  so  wich- 
tigen Strasse  zwischen  Ost-  und  Westsee  eine  Hauptsorge  der 
beiden  Städte ,  besonders  Lübecks  war  ^). 

und  auch  im  Auslande  treten  die  Elb-  und  die  Trave- 
stadt  wiederholt  in  enger  Verbindung  auf.  Gemeinschaftlich 
yertreten  sie,  wie  erwähnt,  den  deutschen  Kaufinann  in  Flan- 
dern, dann  in  Holstein  auf  der  wichtigen  Strasse  zwischen 
Ostr  und  Westsee,  gemeinschaftlich  hatten  sie  sich  durch  Er- 
werbung Ton  Privilegien  in  Holland  und  Utrecht  den  Weg 
nach  Westen  gebahnt;  ebenso  machen  sie  es  in  der  Orafi9chaft 
Kleve  tBar  den  Rheinhandel;  in  England  folgen  sie  einander 
auf  dem  Fnsse  in  Durchsetzung  der  Oleichberechtigung  mit 
den  Kölnern,  auch  in  Schweden  und  Schottland  sehen  wir  sie 
gemeinschaftlich  auftreten ').  Nirgends  sonst  finden  wir  zwei 
Städte  des  späteren  Hansebundes  in  so  vielfacher  und  so  in- 
niger Vereinigung.  Und  dieses  Band  erscheint  um  so  wichti- 
ger, als  es  das  Büttel  vmrde,  eine  umfassendere  Verbindung 
zu  knttpfen.  Denn  Labeck  war  als  das  Haupt  der  wendischen 
Städte  mit  diesen  aufs  innigste  verbunden,  zog  Hamburg  und 
das  nahe  gel^^e  iJineburg  so  sehr  zu  sich  herüber,  dass 
beide  später  als  wendische  Städte  bezeichnet  wurden,  Ham- 


1)  Wie  sfthr  Hambnrf  and  Lttbeck  danuÜB  diese  Strasie  bebemebten,  wird 
•niektlieli  aas  dem  Zoiatee  bei  Ernenenuig  des  Vertreges  1809,  nseh  welebem 
keia  «aderes  Qeleit  dem  Ksofmann  aaf  diesem  Wege  gestattet  war  als  das  der 
beiden  Stidte ,  Lflb.  Urkdb.  II ,  n.  S41.  Diese  Bestimmimg  ist  um  so  anfftl- 
leader,  als  das  GelcStsredit  iwiscben  Hamburg  mid  Lflbeek  ein  den  Grafen  tob 
Holstein  anstehendes  Recht  war,  s.  Detmar  an  1806  bei  Qraatoil  I,  187  mid 
Schlesw.  Hobt.  Lanenbg.  Urkdsmlg  II,  S.  86  (1316). 

2)  In  Holland  1248  and  1249 ,  Lfib.  Urkdb.  I,  n.  100  n.  184,  in  Utrecht 
1244,  ebd.  I,  n.  102,  in  Kleve  1251,  ebd.  I,  n.  178  and  Hambg.  Urkdb.  I, 
n.  560,  in  Holstein  für  den  gemeinen  Kaoftnann  1258,  Lttb,  Urkdb.  I,  n.  197, 
in  Schottland  1297,  ebd.  I,  n.  668,  wegen  England  s.  oben  S.  68.  Vgl. 
aoeh  Hambg.  Urkdb.  I,  n.  708.  In  Schweden  in  den  Jahren  1256  —  60, 
Lib.  Uriidb.  II,  n.  22  und  Hambg.  Uriidb.  I,  n.  658.  Im  Hans.  Uikdb.  (n.  565 
■ad  566)  sind  Datirang  and  Anordnung  au  berichtigen  nach  Rydherg,  Syerges 
tractater  I,  n.  107. 


g6  UL    Dl#  oorddAtttoelian  MdU 

bürg  aber  spfelt  eine  hervcNPragende  Rolle  in  den  Eimmgen 
d^  sächsischen  Städte  ^).  Von  irgend  einer  besondem  Ver- 
bindung Hamburgs  mit  einer  wendischen  Stadt  ausser  Lübeck 
wissen  wir  Nichts,  andererseits  sind  Verträge  LQbecks  mit 
Städten  südlich  und  westlich  der  Elbe  äusserst  selten ').  So 
bildet  das  Band,  das  die  Trave-  und  die  Eibstadt,  das  Ostsee- 
und  Nordseeenporium  mit  einander  verknüpft,  auch  zugleich 
den  Ring,  der  die  wendischen  und  die  sächsischen  Städte,  die 
östlichen  und  westlichen  Glieder  des  spätem  lübischen  Drit- 
tes zu  einer  Kette  zusammenschliessi  Und  dass  gerade  die- 
ses Band  von  Wichtigkeit  war,  leuchtet  ein,  wenn  man  den 
ursprünglichen  Gegensatz  bedenkt,  der  zwischen  den  Städten 
der  Ost-  und  Westsee  bestand,  wie  er  in  England,  in  dem 
awähnten  Schreiben  Kampens  und  ZwoUes  an  Lübedc')  und 
besonders  auch  in  dem  wiederholten  Absondern  des  sächsi- 
schen Bremens  von  den  übrigen  Städten  ^)  deutlich  hervortritt 

Bliebe  die  landschaftlichen  Verbindungen  der  Städte  nicht 
ohne  Berührung  mit  der  allgemeinen  losen  Einigung,  die  durch 
die  gemeinsamen  Freiheiten  des  deutschen  Kaufinanns  im  Aus- 
lande zusammengehalten  wurde,  so  konnte  das  am  allerwenig- 
sten der  Fall  sein  mit  dem  Bunde  der  wendischen  Städte,  die 
gerade  in  den  llittelpunkt  der  ganzen  Entwicklung  gestellt 
waren.  Lübeck,  ihr  Haupt  und  Führer,  war  die  erste  Stadt 
un  ganzen  Ostseegebiete,  behauptete  auch  auf  den  ausländi- 
schen Plätzen  an  der  Nordsee  eine  hervorragende  Stellung. 
Seine  Nachbarn  und  Bundesgenossen,  die  ihm,  besonders  Ro- 


1)  S.  oben  S.  76,  Anna.  S. 

2)  1847  ichlieMiea  Hamburg  und  Lübeck  susammen  einen  Vertrag  mit 
Braanschweig,  Lflb.  Urk.  II,  n.  80. 

8)  S.  oben  S.  68  ff. 

4)  1884  im  Kriege  gegen  Norwegen,  in  der  langen  Trennang  Bremens. 
YQm  Bande,  in  dem  Vertrage  von  1858,  H.  B.  I,  n.  30  a.  816.  VgL  Schfi- 
fer,  Bremens  Stellang  in  der  Hanse,  Hans.  Geschbl.  1874,  S.  I  ff. 


BfaMMIptt  DM  WB   IvOO«  3  • 

stock  unfl  Stndsimd)  an  ktnfoiajmiBcher  Regsamkeit  und  Un- 
ternehmiingriiist  katun  naehatanden,  hatten  wesentlich  die  glei- 
chen iBtereasen  mit  ihm.  Es  konnte  nicht  ansbleiben,  dass 
diese  geachloaseu  Gitippe  in  den  allgemeinen  Angelegenhei- 
ten d«  dentaehta  Kanftnanns  ehien  weitreichenden  Einflnss 
gewann,  dass  ihr  Entschluss  von  entscheidradem  Gewicht  war. 
Eine  besondeis  hervorragende  Stellung  gewinnt  LQbeck  an 
der  SfitMiB  aeiner  Q&Mxm  f&r  sich  nnd  damit  zugleich  aach 
fltar  die  Gesammtheit  da*  St&dte  nnd  ihren  Kanfinann  in  den 
80er  Jahren  ^s  18.  Jahrhunderts.  Zusammen  mit  Wismar, 
Rostock,  Stralsund,  Qreifewald,  Stettin,  Demmin  und  Anklam 
Bchliesat  es  1283  zu  Rostock  mit  dem  Herzog  von  Sachsen 
md  den  Fürsten  und  Herren  Meklenburgs  und  Pommerns  ein 
IimdfriedeBsbftndmss,  dessen  Vortheile  entschieden  auf  Seiten 
der  Städte  liegen,  das  diesen  einen  wesentlichen  Einfluss  auf 
alle  im  Bflndniss  geeinigten  Gebiete  sichert  ^).  Es  war  die 
Forcht  vor  der  v^dringenden  Macht  Brandenburgs,  welche 
die  Forsten  LQbeck  und  den  Städten  in  die  Arme  trieb,  und 
dieae  waren  Amno  geneigt  wie  fähig,  die  Lage  auszunutzen. 
Eben  vmrher  hatte  Lübeck  sich  mit  Wisbj  und  Riga  zur  Be- 
friedung der  Ostsee  verbunden;  in  diese  Jahre  ist  am  wahr- 
scheinlichsten das  Ausschliessen  der  Friesen  und  Flamländer 
von  der  Ostsee,  der  Ootländer  von  der  Nordsee  zu  setzen;  in 
das  Landfriedensbftndniss  gelang  es,  die  holstdnischen  Grafen, 
den  Herzog  von  Schleswig  und  den  Kdnig  von  Dänemark  hin- 
einznbringen ;  die  Brandenburger  mussten  sich  zum  Frieden 
bequemen  ').  und  zum  ersten  Mal  gelangen  jetzt  die  Städte 
zu  einem  gemeinsamen  feindlichen  Auftreten  gegen  eine  aus- 
wärtige Macht  Man  hatte  über  allerlei  Belästigungen  durch 
die  Norweger  zu  klagen.    1284  beschlossen  „die  im  rostocker 


1)  lAh.  Urkdb.  I,   n.  4i«.    Vgl  ftber  dMselbe  NitsMh  in  den  PreiiM. 
Jahrb.  86,  115  ff. 

2)  Vgl.  oben  S.  «8;  Mb.  Uriidb.  I,  n.  466-,  MeUb.  Urkdb.  m,  n.  1749. 


g3  UL    Di»  norddMlMktii  flttte 

LandfriedensbündnisBe  gednigteD  Seestädte^,  die  Ausfuhr  von 
Getreide  und  die  Einfuhr  norwegischer  Güter  su  yarbieten. 
Und  dieser  Beschluss  wurde  für  eine  gri^ssere  Ansahl  Städte 
als  bindend  betrachtet,  wahrscheinlich  für  alle,  die  durch  das 
gemeinsame  Auftreten  ihrer  Eaufleute  im  Auslände  geeinigt 
waren.  Denn  in  Betreff  der  Bremer,  von  denen  man  ofienbar 
erwartete,  dass  sie  sich  demselben  nicht  fügen  würden,  wurde 
gleich  festgesetzt,  dass  man  den  Verkehr  mit  ihnm  abbrechen 
wolle,  wenn  sie  sich  dem  Vorgehen  der  Städte  nicht  anschlas- 
sen  ^).  Auch  die  Briefe  an  Riga  und  die  westftlischen  Städte, 
von  denen  in  der  Instruktion  der  lübischen  Sendeboten  die 
Rede  ist*),  zeigen  deutlich,  dass  man  an  eine  allgemefaie 
Massregel  dachte,  und  bestätigen  die  Worte  des  Chronisten: 
„des  loveden  sie  tosamende  de  stede  bi  der  Ostersee  unde  bi 
der  Westersee  alto  male,  ane*  de  van  Bremen.^ ')  So  rissen 
die  wendischen  Städte  in  kühner  Initiative  die  Qesammtheit 
zu  entscheidender  Handlung  fort  und  wussten  dann  ihrem 
Schritte  auch  durch  die  Waffen  Nachdruck  zu  geben*)« 

Um  die  Scheide  des  13.  und  14  Jahrhunderts  standen 
die  wendischen  Städte  mit  ihrem  Haupte  Lübeck  offenbar  an 
der  Spitze  der  ganzen  unter  den  Städten  bestehenden  Yerd«* 
nigung.  Sie  führen  Verhandlungen  „im  Namen  aller  Städte^  ^), 
richten  Schreiben  an  auswärtige  Fürsten,  setzen  Versammhm- 
gm  an  und  ladra  dazu  ein.  Die  V^legung  des  Appellhofs 
für  Nowgorod  von  Wisby  nach  Lübeck  ist  als  ein  Erfolg  der 
mit  lübischem  Recht  bewidmeten  w^dischen  Städte  anlEufäs- 
sen,  die  ihr  Recht  zum  Siege  führen  und  die  Interessen  ihres 
Kaufmanns  fördern.     Um  1300  beschliessen  die  wendischen 


1)  H.  B.  I,  n.  80,  1—8. 

2)  «bd.  I,  n.  29,  6. 

3)  Detmar  bei  Qritatoff  I,  S.  159. 

4)  Vgl.  Harttnng,  Norwegen  und  die  deutschen  Seestädte  hU  svm  Sehlnsse 
des  18.  Jahrhanderts  S.  41  ff. 

b)  oinniam  ehritatnm  nomiBe ,  H.  B.  I,  n.  80  S.  42. 


■att  "Bof-  Whmagm  bb  «m  1800.  g9 

Stidte  ifegn  der  BedrtckimgeD  in  Flandern  auf  Pfingsten  des 
nidttten  Jakres  dne  allgemeine  fitftdteversammlimg  in  Labedc, 
wekhes  ^^etctnam  in  der  Mitte  gelegen^  seiOi  ^^^  smden 
dm  Ehnladimggbriefe  nach  Westfalen,  Sachsen,  Slavien,  in 
die  llaik,  nach  Polen,  Gotland,  Riga  und  andere  passende 
Oerter  (loea  oongnia) ;  wer  nicht  komme,  möge  „nicht  für  un- 
gut nehnmi^*),  wenn  Etwas  ohne  ihn  beschlossen  werdet 
Admlidi  Yerfiduren  die  „Städte  Slayiens^^  nach  einer  in  Wis* 
mar'  abgehaltenen  Separatrersammhmg  im  Jahre  1305  >).  Lü- 
beck aber  wird  selbst  von  den  fernen  St&dten  der  Südersee 
ab  das  Jiaapt  unser  Aller^^  bezeichnet.  Als  der  „treuste 
Bewahrer  und  der  umsichtigste  Fttrsorger^^  habe  es  die  Ab- 
sefaafiimg  der  dnrdi  SchlafiTheit  und  Nachlässigkeit  eingerisse-^ 
um  Missbräuche  erstrebt  und  desshalb  wolle  man  ihm  ,4est 
anhangen  wie  die  Glieder  dem  Haupte.^^  *y 

UdMrbHckt  man  die  Resultate  der  dargelegten  Entwick- 
lang bis  zum  Anfange  des  14.  Jahrhunderts ,  so  gewahrt  man 
nngefiUir  folgoides  Bild.  An  den  deutschen  Nordkflsten  ent- 
lang zidit  sich  ein  breiter  Kranz  von  blühenden  Städten  von 
den  Mttndnngen  des  Rheins  bis  an  den  finnischen  Meerbusen. 
Ihre  Kanflente  besuchen  die  Märkte  des  Ostens  und  Westens 
Ton  Brügge  und  London  bis  hinauf  nach  Nowgorod.  Sie  ha- 
ben in  fremden  Landen,  unter  fremder  Bevölkerung  und  frem- 
der Oberherrschaft  wichtige  Niederlassungen  gegründet,  in  de- 
nen sie  nach  heimisdiem  Rechte  leben  und  einen  gewinnrei- 
choi  Handel  mit  den  Eingebomen  der  Länder  betreiben.    Das 

1)  qiuui  in  medio  siU,  H.  B.  I,  n.  79. 

2)  B«e  habeADt  pro  ingrAto. 
a)  H.  B.  I,  n.  81 

4)  Dm  mthrfkch  erw&hnte  Schreiben  Kampens  und  ZwoUei  an  L&beck 
▼00  12S5,  L&b.  Urkdb.  I,  n.  486  u.  486:  ad  rostauranda  Jura  nostra  antiqua, 
jam  fort  per  desidiam  et  negligeiiciam  abolita,  yos  qnasi  fideliMlmi  eonierra- 
torea  et  prwlentfaelmi  proriaoret,  tante  negügencfe  obviantea,  ei  quasi  ea- 
pnd  et  pfineipinm  omnium  nostrvm  tarn  laborioso  oneri  yos  sabdere 
Don  rennnistis  .  .....  qiasi  meübra  capiti  flnaiter  adlMrentea.  —   — 


90  HL    Die  äorddralMlMii  Sttte 

Interesse  an  diesem  Handel  ist  ein  iii  d^  Haoptsaehe  idkn 
Städten  gemeinsames  gewoiden.  Ihm  Sdiutz  und  Fdrdernng 
angedeihen  zu  lassen,  betrachten  eine  ganze  Reihe  von  Mrd* 
deutschen  Städten  als  ihre  gemeinsame  Aufgabe.  Sie  sind 
nicht  geeinigt  durch  einen  urkundlich  festgestellten  Akt,  durdi 
Verträge  und  Vereinbarung  von  Statuten,  aber  faktisch  bilden 
sie  mne  grosse  Gemeinschaft^),  die  in  den  Freibfliten  des 
deutschen  Kaufinanns  im  Auslande  ihren'  Mittelpunkt  hat; 
Theilnafame  an  diesen  ist  Theilnahme  am  Bunde.  Wo  es  bO* 
thig  ist,  ergreift  dieser  nach  gemeinscfaaftlidier  Berathung  ge* 
meinsame  Massregeln  zum  Schutz  der  Handelsintefess^.  Dem 
historischen  Werden  gemäss  gruppiren  sich  seine  Glieder  mn 
drei  Vororte:  Lübeck,  Wisby  und  Köln;  Lttbeck  aber  nimmt, 
allen  Andern  voraus,  eine  leitende  Stellung  ein. 

Neben  diesem  allgemeinen  Bunde  aber  bestehen  mannig- 
fache Einungen  zwischen  Städten  einer  Landschaft  oder  ein- 
zelnen, einander  benachbarten  Oertem.  Am  widitigsten  er- 
seheint die  der  waidischen  Städte  und  der  Zusammenhang 
Lübecks  mit  Hamburg.  Jene  übernehmen,  um  ihren  Vorort 
Lübeck  geschaart,  die  Führung  des  ganzen  Bundes,  v«rf ech- 
ten die  ihren  eigenen  Interessen  ziemlich  identischen  des  deut- 
schen Kaufinanns,  wenn  es  nöthig  ist,  auch  mit  den  Waflbn. 
Die  andern  Städte  folgen  im  Allgemeinen  willig  dieser  be- 
währten und  hingebende  Leitung,  da  Opfer  wenig  Tim  ihnen 
gefordert  werden,  die  Vortheile  aber  unleugbar  sind.  Kd- 
nerlei  Schranken  sind  dem  einzelnen  Gliede  aui^legt,  so  lange 
es  nicht  die  Interessen  des  gemeinen  deutschen  Kaufinanns 
verletzt. 

Es  ist  eine  umfassende,   aber  ausserordentlich  lose  Eini- 


1)  Auf  dM  Bestehen  einer  solcben  deutet  «neh  ein  Brief  des  BnUsehoft 
Giselbert  von  Bremen  an  die  Ditlinuursdien  tob  Jehre  1806  Un,  wekher 
diese  auf  die  Klagen  ,fHambnrg8  nnd  der  Städte  Ton  der  Weser  bis  Polen** 
auffordert,  Yom  Seeranb  absniassen,  Urkdl.  Oescli.  II,  S.  235. 


«nd  flire  Elniui^n  bis  um  1800.  91 

gung.  Noch  entbehrt  sie  sogar  eines  gemeinsamen  Namens. 
Der  Ausdruck  ,,Hanse^  kommt,  innerhalb  der  berührten  Ver- 
hältnisse, bis  zum  Ende  des  13.  Jahrhunderts  nur  in  England 
vor  als  Bezeichnung  für  eine  Genossenschaft  von  Kaufleuten, 
anfangs  einer  einzelnen  Stadt,  später  aus  ganz  Deutschland. 
Als  Bezeichnung  für  die  Gemeinschaft  der  Städte  wird  er  in 
dieaeni  Zeitrsmi  nie  geraucht  Es  ist  auch  nicht  möglich, 
den  Umfiang  dieser  Gemeinschaft  in  jener  Zeit  auch  nur  mit 
einiger  Genauigkeit  zu  bestimmen.  Selten  oder  nie  tritt  sie 
in  ihrw  Gesammtheit  auf,  wenn  es  sich  nicht  um  die  Yertre- 
tnng  des  deutschen  Kaufmanns  im  Auslande  handelt  Den- 
noch lag  wohl  ein  solches  Abweichen  von  dem  ursprünglichen, 
historisch  gewordenen  Ziele  der  Einigung  nahe  genug,  da  man 
die  Aufgabe,  den  Kaufinann  zu  schützen  und  zu  vertreten, 
leicht  enger  oder  weiter  fassen  konnte.  Dass  die  westfälischen 
und  die  Seestädte  z.  B.  auf  einer  Versammlung  zu  Lübeck  eine 
VerBShnimg  zwischen  Biga  und  den  Deutschherren  versuchen  ^), 
ist  ein  Beleg  dafür.  Im  Allgemeinen  aber  blieb  ein  derartiges 
Eingreifion  in  die  Geschicke  einer  einzelnen  Stadt  jenen  land- 
schaftlichen Verbänden  überlassen. 

Wir  werden  Wesen  und  Charakter  der  bestehenden  Ge-* 
meinschalt  noch  klarer  erkennen,  wenn  wir  uns  vergegenwär- 
tigen, wie  sie  die  Schläge  ertrug,  die  auswärtige  und  einhei- 
mische Fürsten  im  Anfange  des  14  Jahrhunderts  gegen  ihre 
vornehmsten  Glieder  führten.  Erich  Menveds,  des  Dänenkö- 
nigs, Eroberungspolitik  ist  auch  auf  die  Einigung  der  Städte 
in  ihrer  damaligen  Gestalt  nicht  ohne  Einfluss  geblieben. 

1)  H.  R.  f,  n.  80.    Albrecht  y.  Dardowlk  bei  Gnatoff,  Lfib.  Chroniken  I. 
Die  Städte  mischen  lich  ein,  weil  der  Handel  nach  Bnailand  leidet. 


IV.    Erich  Menyed  und  die  norddeutschen  Städte 

und  Ftkrsten. 

Als  im  Jahre  1286  Erich  Menved,  des  ermordeten  Erich 
G-lipping  Sohn,  den  dänischen  Thron  bestieg,  war  der  Zustand 
des  Reiches  keineswegs  der  Art,  dass  er  zu  grossen  Unter- 
nehmungen lockte  und  zu  glänzenden  Hoffiiungen  berechtigte. 
Wir  haben  oben^)  gesehen,  wie  sich  im  Laufe  des  13.  Jahr- 
hunderts an  der  deutsch-dänischen  Grenze  die  Dinge  keines- 
w^  zum  Vortheil  des  Nachbarreiches  entwickelt  hatten.  Dazu 
war  dieses  gerade  jetzt  von  vielen  Seiten  in  Anspruch  genom- 
men. Ein  erbitterter  mehrjähriger  Krieg  mit  Norwegen,  das 
wegen  Däniemarks  Bttndniss  mit  den  deutschen  Städten  die 
entflohenen  M9rder  Erich  Glippings,  mächtige  Grosse  des  Rei- 
ches, schtltzte  und  unterstützte,  Streitigkeiten  mit  den  schles- 
wigschen  Herzögen,  lebhafte  Theilnahme  an  den  schwedischen 
Händeln  beschäftigten  das  Land  vollauf.  Sein  innerer  Friede 
wurde  durch  den  langen  Zwist  des  Königs  mit  Johann  Grand, 
dem  stolzen  lundener  Erzbischofe,  durch  Bauemunruhen  und 
das  Zerwflrfiiiss  mit  dem  eigenen  Bruder  Christoph  empfind- 
lich gestört.  Trotzdem  versäumte  der  ehrgeizige  Erich  keine 
Gelegenheit,  sich  auch  in  die  deutschen  Verhältnisse  einzumi- 
schen, trug  sich  mit  waldemarischen  Plänen  und  träumte  von 
einer  danischen  Herrschaft  in  Slavien  und  Nordalbingien.  Nicht 
zum  Vortheile  Dänemarks,  denn  es  sollte  sich  bald  genug  zei- 

1)  S.  26  ff. 


IV.    Erieh  MeBTad  and  4U  BoiddMtMliMi  Stidte  uid  Pfirtton.         93 

gen,  dass  das  Insdreieh  jetzt  noch  weniger  ab  vor  hundert 
Jahren  im  Stande  war,  eine  dauernde  Machtstellung  an  den 
südlichen  Gestaden  des  baltischen  Meeres  zu  behaupten. 

Es  gab  in  den  deutschen  Ostseeländem  damals  genug, 
was  die  Ausführung  dieser  Pläne  begOnstigte  und  ihnen  einen 
zeit-  und  theilweisen  Erfolg  sicherte.  Wie  überall  im  Reiche, 
80  fehlte  es  auch  hier  nicht  an  F^den  zwischen  den  einzel- 
noi  Landesherren,  die  fremder  Einmischung  Thflr  und  Thor 
ötheten.  Besonders  brachte  die  Furcht  vor  der  wachsenden 
Macht  der  brandmburgischen  Markgrafen  dem  Dftnenkönige 
manche  YcHrtheile.  Dazu  kam  die  Eifersucht  der  Fürsten  ge- 
gen die  aufblühende  Macht  der  Städte,  die  sich  immer  mehr 
ihrem  Einflüsse  entzogen,  und  deren  Beichthum  den  geldar^ 
men  Landesherren  eine  lockende  Beute  schien.  Nach  einer 
nationalffli  Politik  sucht  man  in  diesem  Widerstreit  der  Inter- 
essen vergd[>ens.  Crorade  die  Zeit  Erich  Menveds  zeigt,  dass 
nationale  Gesichtspunkte  in  der  Gestaltung  der  politischen- 
Verhältnisse  jener  Lande  wenig  massgebend  waren. 

Wie  hundert  Jahre  zuvor  begann  diei  Ausbreitung  der  dä- 
nischen Macht  auch  diesmal  wieder  von  Osten  her.  Dort  war 
Rügen  noch  anter  dänischer  Lehnshoheit  geblieben,  ausser  dem 
fernen  Estland  der  einzige  Best  der  waldemarischen  Erobe- 
nmgeiL  Im  Jahre  1300  kam  Bestock  hinzu.  Eine  Fehde  des 
Fürsten  Nikokus  mit  dem  Markgrafen  von  Brandenburg  wurde 
die  Veranlassung,  dass  jener,  hart  bedrängt  und  seiner  StAdt 
Rostock  schww  verschuldet,  Stadt  und  Land  dem  Dänenkö- 
mge  flberliess  und  von  ihm  zu  Lehen  nahm  >).  Im  folgenden 
Jahre  erschien  Erich  mit  einem  Heere  im  wendischen  Lande'). 
Bestock  scheint  ihm  ohne  Widerstand  die  Thore  geöflhet  zu 


1)  YgL  M«klbg.  Urkdb.  IV,   n.  S648;    V,   n.  S749,   S880.    Detauu-  M 
Gnotoff  «nd  Ana.  LvUe.,  Mon.  SS.  XVI,  ra  ISOO. 
9)  Laagebek,  Ser.  rer.  Dan.  II,  S.  175  und  627. 


94  IV.    Krkh  M«nT«d 

haben  ^);  Nikolaus  von  Werle,  ein  Bimdesgenosse  der  Bran- 
denburger, musate  ihm  einen  Theil  seines  Landes  überlassen  *). 
So  hatte  er  in  Meklenburg  festen  Fuss  gefasst,  obgleich,  wie 
Detmar  sagt,  „die  wendiscli^i  Herren  und  die  Lande  rings- 
umher dadurch  bedroht  wurden,  und  Erich  seit  der  Zeit  set' 
ten  in  dem  Lande  ohne  Krieg  war,  so  lange  er  lebte.^^') 

Die  Pläne  des  Dänenkönigs  gingen  weiter.  Jene  Urkunde 
Kaiser  Friedrich  IL,  die  alles  Land  jenseit  der  Elbe  und  Eide 
dänische  Herrschaft  übergab,  liess  er  sich  zugleich  mit  ihrer 
päpstlichen  Bestätigung  daheim  beglaubigen.  Dann  wandte  ^ 
sich  an  König  Albrecht  und  erlangte  1304  zu  Konstanz  von 
diesem  eine  Bestätigung  jener  Abtretungen,  die  er  ebenfalls 
in  der  Heimat  beglaubigen  liess  ^).  Der  Habsburger  bewies 
nicht  mehr  Verständniss  für  die  Interessen  des  Reichs  im  Nor- 
den als  dereinst  der  Staufer.  Nur  Lübeck,  die  Reichsstadt, 
deren  Wichtigkeit  König  Albrecht  nicht  entging,  und  deren  er 
sich  desshalb  auch  wiederholt  annahm^),  war  diesmal  ausge- 
nommen. Und  doch  sollte  gerade  diese  Stadt  die  ^rste  sein, 
die  sich  dem  fremden  Einflüsse  ergab.  Günstige  Umstände 
kamen  den  Plän^  Erich  Menveds  hier  überraschend  entgegen. 

Die  holsteinischen  Grafen  hatten  es  mit  scheelen  Augen 
gesehen,  dass  die  von  ihnen  gegründete  Stadt  sich  so  bald 
ihrer  Herrschaft  ganz  entzog.  Nachdem  einmal  Heinrich  der 
Löwe  sie  ihnen  entfremdet  hatte,  haben  sie  vergebens  ver- 
sucht, wieder  Einfluss  auf  sie  zu  gewinnen.  Selbst  dänische 
Hülfe  haben  sie  bei  diesen  Versuchen  nicht  verschmäht;  1234 
schlug  Lübeck  einen  Angriff  der  vereinigten  Dänen  und  Hol- 


1)  Die  Urkande   (Meklbg.  Urkdb.  V,   n.  2740)   Ut  in  Bostock  AOigettelU 
(vom  4.  Juni  1301). 

S)  Mekibg.  Urkdb.  V,  n.  8748. 
8)  GrMitoff  I,  S.  176  zu  1300. 

4)  Schi.  Hobt.  Laaenbg.  Urkdsmlg  U,  S.  189,  130  und  188;  Lflb.  Urkdb. 
II,  n.  176. 

5)  Lüb.  Urkdb.  11,  n.  141  und  887. 


und  die  norddaiitMlieii  fltidte  mnd  Ffirsten.  95 

Steiner  ab.  Immer  unabhängiger  wurde  die  Stadt,  auch  vom 
Kaiser.  Die  Hechte  des  kaiserlichen  Vogts  gingen  allmählich 
auf  den  Kath  über;  nur  die  ihm  zustehenden  Ge£äUe  wurden 
dem  Kaiser  noch*  ausgezahlt  ^).  Als  eine  Beichssteuer  be- 
trachtet, waren  sie  von  diesem  gewöhnlich  befreundeten  Für- 
sten überlassen.  Das  selbständige,  kühne  Auftreten  der  Stadt 
iB  Vertretung  ihrer  Handelsinteressen  legt  schon  die  Vermu- 
tliiuig  nahe,  dass  sie  auch  den  benachbarten  Landesherren  ge^ 
genüber  ihr  Becht  und  ihren  Vortheil  zu  wahren  verstand. 
Durch  kluge  Benutzung  der  Umstände  wusste  sie  die  drohende 
Macht  der  holsteinischen  Grafen  zu  lähmen,  sich  unter  den 
Territorialgewalten  der  nordalbingischen  Lande  eine  bestim- 
mende und  entscheidende  Stelle  zu  sichern. 

Die  achwache  Seite  der  holsteinischen  Macht  war  das 
VerhalUlisB  der  Grafen  zu  ihrem  AdeL  Die  Stellung  des  Over- 
bodm  und  seines  Landesadels  war  allerdings  wesentlich  er- 
schüttert, die  der  Hofbeamten,  mit  dem  Truchsessen  an  der 
Spitze,  gehoben.  Aber  noch  sass  zwischen  Trave  und  Elbe 
nianch  trotziges  Geschlecht,  das  sich  der  gräflichen  Oberge- 
walt nur  schwer  fügte  >).  In  immer  neuen  Kämpfen  zeigt  sich 
dieser  Zwiespalt,  der  für  die  Grafen  um  so  gefahrlicher  wurde, 
ik  die  Ritterschaft  im  Westen  an  den  Dithmarschen  und  noch 
viel  mehr  im  Osten  an  Lübeck,  „dar  se  in  den  noden  jo  heb- 
tet tovlucht"^  *X  üine  stets  bereite  Stütze  fand.  Dazu  war  das 
Uad  durch  wiederholte  Theflungen  in  der  Familie  der  Schauen- 
bvger  geackwicht  Es  macht  einen  eigenthümlichen  Eindruck, 
a  selMi,  dass  es  gerade  der  mächtigste  der  holsteinischen 
ünfen,  Gerhard  IL  von  PUm,  war^),  der  1304  dem  Dänen- 
küBige  die  Ton  Albrecht  bestätigte  Abtretungsurkunde  beglau- 


1)  FVenadorff,  a  a.  O.  S.  98  ff.;  Detmar  zvl  1884. 
8)  VfL  Waitei  8eUM«if*Hobtoin8-GkMkioht6  S.  lOS  ff. 
S)  iHtmmr  m  1106,  S.  187. 
A)  SchL  Holst  LABMibg.  Urkdsmmig  II,  S.  138. 


96  IV.    Brieh  Mtartd 

bigte,  obgleich  es  sich  dabei  doch  auch  um  sein  eigenes  Land 
handalte.  Ohne  Zweifel  sachte  er  an  Erich  Menved  einen 
Rückhalt  gegen  Labeck  und  seinen  eigenen  Adel.  Denn  gegen 
die  mit  den  Dithmarschen  verbundenen  holsteinischen  Ritter 
und  „Hausleute^  entbrannte  damals  eine  heftige  Fehde,  Lft- 
bedc  aber  beschwerte  der  Graf  sehr  durch  seine  SdiNteser, 
besonders  durch  den  festen  Thurm  zu  Travemünde. 

Die  LQbecker  benutzten  j^e  Adelsfehde,  um  den  Gralni 
krifüg  entgegenzutreten;  die  geschlagenen  Ritter  fanden  Zu- 
flucht in  ihren  Mauern;  die  Stadt  verband  sich  mit  den  Ver- 
triebenen. Auch  Hamburg  stand  auf  ihrer  Seite.  Es  schloss 
mit  Labeck  1306  einen  Bund  zur  Zerstörung  der  Schlösser 
Travemande,  Wohldorf  und  Ahrensfelde  und  aller  Festen,  die 
etwa  noch  innerhalb  zweier  Meilen  auf  beiden  Seit^  der  Strasse 
von  der  Travemandung  nach  Hamburg  angelegt  werden  soll- 
ten. Die  Herzöge  von  Sachsen  und  Waldemar  von  SchleBwig 
schlössen  sich  den  Städten  an.  Andererseits  fanden  die  Ora* 
fen  Hülfe  bei  Heinrich  II.  von  Meklenburg  und  Nikcdaus  Ymk 
Werle.  Von  allen  Seiten  sammelten  sich  die  fehde-  und  beute- 
lustigen ritterlichen  Schaaren  der  Nachbarlande  unter  die  Ban- 
ner des  Grafen  Gerhard.  „Graf  G^hard  hatte  da  hohen 
Muth;  seine  Truh^  waren  voll  des  Gutes,  das  er  in  Düne- 
mari(  gesammelt  hatte;  das  kam  ihm  jetzt  zu^ Statten ^).^  Es 
war  eben  die  Zeit,  in  der  auch  in  Norddeutschland  der  SoU- 
dienst  das  Aufgebot  verdrängt  hatte;  wer  Geld  und  QeMes- 
werth  besass,  dem  konnte  es  an  Lanzen  nicht  fehlen. 

Gegen  Ende  des  Jahres  1306  entbrannte  der  Krieg  au6 
Heftigste.  Die  Lübecker  mit  ihren  Verbündete  fielen  in  Hol- 
stein ein,  besetzten  und  befestigten  das  wichtige  Oldesloe,  um 
das  umliegende  Land  zu  brandschatzen   und  zu  verheeren. 


1)  Detmar  sa  lft06,  8.  187:  GhreTe  G«rd  ww  do  itolt  siiMi  modos;  sine 
winkele  weren  val  ghudes,  dat  he  langhe  ata  Denemarlwn  hadd«  Munaielt 
Des  not  he  do. 


vad  die  sorddwiidieD  Stftdto  mid  Fürsten.  97 

Ihre  Gegner  kamen  bald  nach  Neiqahr  vor  die  Stadt  ^wohl 
mit  1400  schweren  Roaeen  und  vieler  Herren  Bannern/^  er- 
zählt Detmar.  „Sie  brannten  da  und  raubten,  was  sie  fanden. 
Dann  zogen  sie  Ober  die  Schwartau,  lagen  dort  über  eine  Woche 
und  q^rengten  aus  dem  Lager  vor  die  Stadt,  während  die  aus 
der  Stadt  ihnm  entgegenritten.  Wer  Glück  hatte,  der  gewann 
(w«me  heil  schnde,  de  haddet).  In  die  Trave  senkten  die  Hol- 
steiBer  Schiffe  und  grosse  Steine;  die  Mdd^burger  erbauten 
auf  dem  Priwalk  eine  Feste,  dem  Thurm  von  Travemünde 
gogoiüber:  doch  half  das  aUes  nichts ;  die  Schiffe  fuhren  trotz- 
dem aus  und  ein.^^  So  erz&hlt  Detmar  in  seinem  befriedigten 
Iflbiscfaen  Sdbstbewusstsein  ^ ). 

In  Wiridichkeit  lagen  die  Dinge  wohl  nicht  ganz  so  gün- 
stig. Die  Lübecker  zerstörten  zwar  die  Feste  auf  dem  Pri- 
walk, abor  es  wurde  ihnen  doch  schwer,  sich  der  Gegner  zu 
erwdireD*).  Hülfe  von  den  Nachbarstädten  kam  nicht.  Wis- 
mar ermahnte  zum  Frieden,  Rostock  begnügte  sich,  sein  Beileid 
mit  dan  Schicksale  der  Schwestarstadt  zu  bezeugen ').  Offenbar 
lag  die  Hand  der  Herren  schon  schwer  auf  den  Bürgern.  In  die- 
ser Noth  suchte  und  fand  die  Stadt  einen  Halt  an  dem  Dänenkö- 
uig.  Im  Mai  1907  vermittdte  Erich  auf  der  Insel  Fehmam  einen 
Frieden,  der  das  Schicksal  des  travemünder  Thumis  von  einem 
Urtheile  König  Albrechts  abhängig  machte^);  erst  1320  ist 
derselbe  gegen  eine  Geldentschädigung  abgebrochen  worden  ^). 
Harmlos  erzählt  Detmar"):  „Weil  der  König  sich  als  Ver- 
mittler so  brav  erwies,  nahm  ihn  die  Stadt  auf  10  Jahre  zum 


1)  Bei  Ornotoff  I,  187,  ftu  1S06. 

t)  Lab.  Urkdb.  II,  n.  806,  207,  209.     Detmar  zu  1806  und  1807. 

8)  Lfib.  Urkdb.  II,  n.  211  und  212. 

4)  ebd.  n,  n.  216—217.      Scbl.  Holst.   Lmuenbg.   Urkdsmmlg  II,  8.  16  ff. 

6)  Lab.  Urkdb.  II,  n.  896—898.     Nach  Detmar  erst  1821. 

6)  Zu  1807,  S.  189:  Umme  Uat  de  koning  an  den  degbedinghe  sie  so 
^llken  bewisede ,  des  nam  ene  de  stad  to  teyn  jaren  se  Yoretostaude ;  dat 
dede  seder  vromeliken  koning  Erik,  bet  dat  be  starf. 

Schifcr.  Die  HaofestSdi«.  7 


98  IV.    Blieb  mukwd 

Schutzvogt;  treulich  verwaltete  K(kiig  Erich  diesee  Amt  bis 
zu  seinem  Tode/'  Dem  ehrlichen  Chrcmisten  ^tgingen  liie  Ab- 
sichten des  dänischen  Nachbarn;  uns  ofifenbart  dieselben  tine 
von  Erich  Menved  ausgestellte  Urkunde ,  die  allerdings  mög- 
licherweise nur  Entwurf  geblieben  ist,  deutlich  genug.  In  ihr 
heisst  es:  ,,Wenn  wir  vom  römischen  Reiche  erlangen  köanoi, 
dass  die  Stadt  uns  angehöre,  so  sollen  uns  die  Rathmannen 
darin  auf  alle  mögliche  Weise  unterstüt«;en^  ^).  Dahin  ist  es 
nun  allerdings  nicht  gekommen ;  es  blieb  bei  der  Zahlung  eines 
jährlichen  Schutzgeldes  von  750  Mark  lüb.  Pfennige. 

So  wandte  Lübeck,  das  Haupt  der  Städte,  sich  vom  Reiche 
ab.  Als  vor  reichlich  100  Jahren  Adolf  von  Holstenoi  die  dem 
Löwenherzog  anhängende  Stadt  belagert  und  schwer  bedrängt 
hatte,  waren  auch  Stimmen  unter  den  Bürgern  laut  geworden, 
die  zu  einer  Ergebung  an  den  Dänenkönig  gerath^  hatten. 
„Er  wird  uns  von  allen  Feinden  befreien,  wird  uns  auch  er- 
lauben, in  seinem  Lande  Handel  zu  treiben.  Wer  kann  uns 
beunruhigen,  wenn  wir  ihn  als  Schutzherm  haben'' ^)?  So 
hatte  man  argumentirt.  Auch  jetzt  mögen  ähnliche  Erwägun- 
gen massgebend  gewesen  sein.  Man  muss  sich  nur  vergegen- 
wärtigen, dass  man  in  der  Politik  jener  Zeit  nicht  suchen  darf 
nach  nationaler  B^eisterung  oder  nach  Aufopferung  für  die 
Interessen  einer  grossen  Gemeinschaft,  wie  es  die  deutschen 
Städte  und  ihr  Kaufmann  damals  schon  waren.  Lübeck  hatte, 
auch  als  es  sich  die  Vorherrschaft  in  der  Ostsee  errang,  die 
Sache  des  deutschen  Kaufinanns  im  Auslande  vertrat,  eigentlich 
nichts  weiter  gethan  als  seine  eigenen  Interessen  verfochten, 
die  aber  am  Besten  gewahrt  wurden  durch  Anschluss  an  die 
Allgemeinheit.  Jetzt  drohte  ihm  die  Gefahr,  eine  Beute  der 
landesfßrstlichen  Gewalt  zu  werden,   von  einer  glänzenden, 

1)  Lüb.  Urkd.  II,  n.  218.  8i  preterea  nos  ab  imperio  Romano  contoqsi  po- 

taerimus,  qnod  ipsa  civltas attinere ,  in  eo  nos  debent  dicti  consnles  in 

omniboB  possibilibus  promovere. 

2)  Arn.  v.  Lüb.  V,  12,  Mon.  SS.  XXI. 


und  die  norMentsehen  Stftdte  und  Forsten.  99 

ntehtigeB  Reichsstadt  zu  einer  holsteinischen  Landstadt  her- 
abKQsinkeii.  Nirgends  regte  sich  in  der  grossen  Reihe  der 
St&dte,  die  durch  die  Interessen  des  gemeinen  Kaufmanns  zu- 
sammengehalten wurden,  eine  Hand  zur  Hülfe.  Wenn  nach 
mserer  Auffassung  auch  kein  sehr  patriotischer,  so  war  es 
doch  gewiss  ein  sehr  kluger  Schritt  der  Ittbischen  Politik,  als 
(äe  Stadt  eine  leichte  Abhängigkeit  von  einem  fremden  Herr- 
scher, der  wesentliche  Hanctelsvortheile  gewähren  konnte  und 
gewährte '),  dessm  Macht  nicht  leicht  ge^rlich  werden  konnte, 
dem  drohenden  Drude  einer  engherzigen  landesfUrstlichen  Ge- 
walt, die  leicht  die  ganze  Stellung  der  Stadt  untergraben  hätte, 
yoraog. 

Allerdings  von  der  Sadie  der  lange  befreundeten  Nach- 
barstädte hatte  Lübeck  sich  damit  losgesagt  An  dem  im 
nächsten  Jahre  geschlossenen  Bündnisse  der  wendischen  Städte, 
das  besonders  Schutz  gegen  Vergewaltigung  durch  die  Fürsten 
gewähren  sollte,  betheiligte  Lübeck  sich  nicht.  Ohne  die  bis- 
herige Ftthrerin  vereinigten  sich  Stralsund,  Greifswald,  Ro- 
stock und  Wismar  und  gelobten  gegenseitige  Unterstützung*). 
Und  auch  als  zwei  Jahre  darauf  die  Lübecker  einer  ähnlichen 
Verbindung  beitraten,  wiesen  sie  von  vornherein  Alles  zurück, 
was  gegen  den  K5nig  von  Dänemark  gerichtet  sei.  „Die  von 
Lflbe<^  wollten  durchaus  keine  Verbindung  machen  mit  Her- 
T&k  und  Städten  gegen  den  König  Erich  von  Dänemark^^  ^),  er- 
zählt  Detmar  und  setzt,  die  Anschauung  seiner  Zeit  kennzeich- 
nend, hinzu:  „Das  gerieth  ihnen  zu  grossem  Nutzen.^^ 

Gerade  vom  Dänenkönige  aber  drohte  den  anderen  Städ- 
ten die  Gefahr.  Einige  Monate  vor  dieser  Vereinigung  (12.  April 
1310)  hatte  Erich  sich  zu  Ribnitz  von  Wizlav  III.,  Fürsten 


1)  Lib.  Urkdb.  O,  n.  221. 

2)  Meklbg.  Urkdb.  V,  n.  82CS.     Vgl.  Detmars  charaktorUtischen  Bericht 
za  1310  und  dasa  Nitaach  in  den  Preus«.  Jabrb.  3&t  126  ff. 

S)  Detmar  za  1310.     LQb.  Urkdb.  II,  n.  269. 

7» 


100  IV.    Erich  MenTtd 

von  Rügen,  im  Aussterbdfalle  die  Nachfolge  znsidieni  lassen, 
hatte  den  Markgrafen  Waldemar  von  Brandenburg  auf  Johan- 
nis  nächsten  Jahres  nach  Bestock  eingeladen,  um  ihn  dort 
zum  Bitter  zu  schlagen  ^).  Es  zeigte  sich  bald,  dass  er  Et- 
was gegen  die  Städte  im  Schilde  führte.  Bostock  hatte  auf 
niannigfache  Weise  seinen  Unwillen  gereizt  ^).  Jetzt  bemühte 
er  sich,  durch  Ankauf  von  Schuldscheinen  der  noch  von  den 
letzten  Fehden  her  schwer  verschuldeten  Stadt  gegenüber  die 
Bechte  eines  Gläubigers  zu  gewinnen  >).  Als  nun  im  Juni 
1311  der  König  und  der  Markgraf  vor  der  Stadt  erschienen 
und  mit  zahlreichen  Fürsten  und  Herren,  mit  Bittem  und 
Beisigen  Einlass  begehrten,  um  das  verabredete  Fest  zu  feiern, 
wollten  die  Bürger,  aus  Furcht  vor  plötzlichem  Ueberfall,  im- 
mer nur  einzelne  Abtheilungen  einlassen.  Das  verdross  die 
l^türsten,  und  statt  zu  festlichem  Spiel  wandte  sich  die  ver- 
sanmielte  M^ge  der  hohen  Herren  zu  blutiger  kriegerischer 
Arbeit  gegen  die  unbotmässige  Stadt  ^). 

Die  Schwestertadt  Wismar,  die  sich  ebenfalls  geweigert 
hatte,  ihrem  Landesherm  Heinrich  von  Meklenburg  die  Feier 
seiner  Hochzeit  innerhalb  ihrer  Mauern  zu  gestatten,  wurde 
auch  angegriffen.  Vom  11.  Juli  an  belagerte  sie  Fürst  Hen- 
rich. Bostock  und  Stralsund  versäumten  nicht,  der  bedräng- 
ten Bundesg^ossin  zu  helfen;  ihre  Schiffe  vertrieben  die  dä- 
nische Flotte,  welche  Wismar  von  der  Seeseite  eingeschlossen 
hielt  ^).    Trotzdem  vermochte  die  Stadt  sich  nicht  zu  halUm. 

1)  Meklbg.  Urkdb.  V,  n.  3888;  Detmar  zu  1810. 

2)  S.  die  Beschwerdeschrift  König  Erichs  gegen  die  Rostocker,  Meklbg. 
Urkdb.  V,  n.  3504. 

8)  Meklbg.  Urkdb.  V,  n.  8481—33,  dazn  ebd.  IV,  n.  2&98,  V,  n.  2909, 
2986,  8075. 

4)  Detramr  zu  1811;  Ernst  von  Kirchberg  bei  Westphalen,  Mon.  ined. 
IV,  Sp.  789 ;  Langeb.,  Scr.  rer.  Dan.  VI,  p.  620. 

5)  Detmar  zu  1311;  Kirchberg  m.  a.  O.  IV,  Sp.  790  u.  791.  Uel>er  die 
bei  Schröder:  „Beiträge  zur  Meklenburg.  GeschSehtskunde''  gedruckte  Rostocker 
Chronik  als  Auszug  ans  Kirchberg  s.  Krause  im  Programm  der  gr.  Stadtschule 
SU  Rostock  1878. 


vad  die  norddeHlBchMi  Stftdte  und  Ffirston.  101 

Am  15.  Deoember  1311  musste  sie  einen  äusserst  nachthei- 
ligm  Frieden  eingehen,  dem  MeUenburger  ihre  Thore  öfihen 
and  lange  geübte  Rechte  wieder  aufgeben.  Doch  bedang  sie 
adi  ans,  ihren  Bundesgenossen  auch  noch  nach  dem  Friedens- 
schlnsse  eine  aDerdings  beschränkte  Unterstützung  gewähren 
zu  dürfen  ^). 

Denn  inzwischen  war  der  Kampf  auf  allen  Punkten  ent- 
brannt Heinridi  von  Mddenburg,  yom  Dänenkönige  zum  Haupt- 
mann des  Landes  Rostock  ernannt,  rückte  im  September,  nach- 
dem die  Stadt  auf  ein  Mahnschreiben  des  Königs  mit  einem 
Absagebride  geantwortet  hatte*),  nach  Wamemünde,  baute 
Befestigung^  auf  beiden  Seiten  der  Wamow  und  sperrte  den 
Fluss  durch  dne  Brücke  und  einen  Steindamm.  Gegen  Ende 
des  Monats  hatten  die  „Kaufleute  der  wendischen  Städte"  zu 
Falsterbo  auf  Schonen  einen  blutigen  Zusammenstoss  mit  den 
Dänen*).  Den  Rostockem  gelang  es,  die  wamemünder  Be- 
festigung^ bald  wieder  zu  zerstören;  sie  erbauten  nun  ihrer- 
seits aus  den  Steinen  der  Kirche  von  Wamemünde  und  des 
Thurmes  der  rostocker  Petrikirche  einen  starken  Thurm  an 
der  Mündung  des  Flusses^).  So  hielten  die  Städte  in  diesem 
Jahre  der  Macht  der  Fürsten  noch  so  ziemlich  das  Gleichge- 
wicht. 

Vor  Ostern  1312  war  ihre  Flotte  schon  wieder  in  See 
und  suchte  die  Schlösser  und  Inseln  in  Sund  und  Belt  (Fal- 
ster.  Amager,  Skanör,  Helsingör  werden  genannt)  mit  Brand 
and  Verwüstung  heim  ^).  Unterhandlungen  mit  König  Hakon 
von  Norweg^,  der  damals  zu  Erich  Menved  wieder  in  ge- 

1)  Meklbg.  Urkdb.  V,  n.  S501  u.  S.  609. 

2)  ebd.  y,  n.  3484,  3488,  3504. 

3)  Detmmr  bu  1311  und  181t.  Meklb.  Urkdb.  V,  n.  8574.  Kirchberg 
a.  a.  O.,  Sp.  793.  Nar  mit  Mühe  gelang  es  den  Lübeckern,  die  sieb  nicht 
«m  Kampfe  betheiligt  hatten,  einen  Theil  des  von  den  D&nen  mit  Beschlag 
belegt«n  Kaafiiuuinsgiites  snrück  zu  erhalten. 

4)  Detmar  zu  1311;  Kircbberg  a.  a.  O.,  Sp.  795. 

5)  Detmar  sn  1318;  Lgb.,  Scr.  rer.  Dan.  U,  p.  176  und  VI,  p.  680. 


102  IV.    Erich  ÜMiTtd 

ftpanntrai  VerhältBiss  stände  führten  nur  zum  Abaohhiss  eiaes 
Handelsvertrags  mit  den  fUnf  wendischen  Städten  (auch  Lttr 
beck  betheiligte  sich  hier)  ^).  Andererseits  hatten  sieb  im  Fe- 
bruar die  Markgrafen  Wald^nar  und  Johann  von  BrandeBbiirg 
mit  dem  Dänenköoige  und  Heinrich  von  Meklenbuig  vot^dnigt; 
Herzog  Erich  von  Sachsen  war  schon  im  Herbst  1311  den 
BCtodnisse  beigetreten^).  So  waren  die  michtigsten  Fikrsten 
Norddeutschlands  dem  Dänenkönige  verbunden  zum  Kampfis 
g^en  deutsche  StAdte.  Manche  schlössen  ßich  noch  an  ^  als 
das  verbündete  Heer  im  Juni  g^en  Bostock  zog  ')•  Die  Stadt 
vertheidigte  sich  tapfer.  11  Wochen  lang  wurde  der  warne- 
münder  Thurm  belagert;  im  September  musst^  sich  die  ta- 
pferen Vertheidiger  ergeben,  da  auf  Hülfe  ans  der  Stadt  nicht 
zu  rechnen  war.  Ein  Aufruhr  der  aufgeregte  Bürgerschaft, 
die  in  diesem  Unglück  nur  Verrath  sah,  war  die  Folge;  der 
Bath  wurde  aus  der  Stadt  vertrieben,  dnige  Mitglieder  des- 
selben sogar  ermordet  und  ein  neuer  Bath  angesetzt^).  Doch 
auch  dieser  vermochte  die  Stadt  nicht  zu  retten,  als  die  Feinde 
vor  Bostock  selbst  ersdiienen.  Am  7.  December  musste  man 
zu  Polchow  einen  Vertrag  eingehen,  in  dem  man  sich  veri^ch- 
tete,  König  Erich  von  Dänemark  und  Markgral  W  aldemar  von 
Brandenburg  14000  Mark  Silber  (gegen  600,000  resp.  3Vi— 
4  MiU.  Bm.)  zu  zahlen  und  Heinrich  von  Meklenburg  zu  Hän- 
den des  Dänekönigs  den  Eid  der  Treue  zu  leisten.  Die  Be- 
stätigung aller  Gerechtsame  „unserer  Stadt''  Bostock  im  da- 
nischen Beiche  war  die  Belohnung  für  diese  Unterwerfung^). 
Mit  dem  Falle  Bostocks  schien  der  Widerstand  der  Städte 
für  alle  Zeiten  gebrochen.    Stralsund  und  Greifiswald  mussten 

1)  Zu  Stralsand  mm  9.  Mai  1312,  H.  B.  I,  n.  104. 
S)  Meklbg.  Urkdb.  V,  n.  3489,  3515  und  3616. 

3)  ebd.  V,  n.  3545,  3547,  3565,  3566,  8567.     KirchbeiK,  Sp.  797. 

4)  Kirchberg,  Sp.  799;  Heklb.  Urkdb.  VI,  n.  3673,  3678,  4899;  Datmar 
fett  1312. 

5)  Meklbg.  Urkdb.  V,  D.-3576,  3577,  VI,  n.  3608. 


«sd  die  aoiidftodben  Städte  und  Ffirsteii.  IQS 

um  GMd  im  Frieden  eikanfeD,  obendrein  theuer  erworbene 
Redite  preisgeben^).  In  Rostock  gelang  es  dem  neuen  Rathe 
im  Jahre  1813  noch,  eine  neue  Verfassnng  zn  Gunsten  der 
Aemter  durchzufahren,  aber  schon  in  den  ersten  Tagen  des 
Bidigten  Jahres  kdirten  die  Mitglieder  des  alten  Rathes  mit 
Hfilfs  der  Forsten  zurück;  die  neue  Verfassung  wurde  wieder 
imgestarEt,  ihre  Urheber  und  die  Anstifter  jener  Empörung 
aas  der  Stadt  terbannt ').  In  eb^  diesen  Tag»  (am  9.  Ja- 
nuar) achlossoi  neun  norddeutsche  Fürsten  zu  Grevismühlen 
einen  Bund,  als  dessen  ,,Oberherr^^  K(kiig  Erich  von  Dänemaric 
anerkannt  wurde  ^).  Von  einer  Opposition  gegen  die  Ansprüche 
des  dfinisdien  Herrschers  war  bei  den  Fürsten  und  Städten 
Slaviens  und  Nordalbingiens  keine  Rede  mehr. 

Das  zeigte  sich  bald  in  dem  Vorgehen  Erich  Menveds  und 
seiner  deutschen  Vasallen  gegea  Stralsund.  Wie  die  Meklen- 
burger  üb^  Rostock  und  Wismar,  so  fand  Fürst  Wizlav  von 
Rügen  gegen  seine  Stadt  Stralsund  Grund  zur  Klage  und  Un- 
zofriedenheit.  War  sie  doch  in  offenem  Kampfe  gegen  sdnen 
Lehnsherrn,  den  Dänenkönig,  aufgetreten,  den  er  selbst  gegen 
Rostock  untorstüzte.  Unruhen  innerhalb  der  Stadt  suchte  Wiz- 
lav zur  Ausbreitung  seiner  Macht  über  sie  zu  benutzen  ^ ).  Stral- 
sund warf  sich  dem  brandenburgischen  Markgrafen  in  die  Arme, 
der  seinen  alten  Widerstand  gegen  Dänemark,  nach  kurzer 
Freundschaft  zu  gemeinsamem  Unternehmen  gegen  Rostock, 
bald  wieder  aufgenommen  hatte.  So  wurden  die  Brandenbur- 
ger Aet  letzten  noch  ungebeugten  deutschen  Ostseestadt  ein 
Schutz  dem  Auslande  gegenüber.    Ein  vorübergehender  Ver- 


1)  ebd.  VI,  n.  3689  und  3602;  Uvitfeldt,  Danemarkis  lUgis  Kr0iilke  I, 
364 ;  Pabricias ,  Urkuiiden  Bar  Gescbichte  des  F&rsteBthams  Rügen  IV,  n.  486 
und  4S9.     Vgl    Fock,  Rfigensch.-pommersche  Geschichten  III,  18  ff. 

t)  Meklbg.  Urkd.  VI,  n.  3590,  3669,  3672  und  3673. 

3)  Urkdsmmlg  der  Schi.  Holst.  Lauenbg.  Ges.  II,  S.  136. 

4)  Vgl.  O.  Fock,  a.  a.  O.  UI,  S.  20  ff. 


104  IV.    Erich  Menved- 

gleich  mit  Rügen  und  Dänemark  ^)  liess  den  Kampf  nur  bald 
um  so  heftiger  entbrennen.  Wiederum  wusaie  Erich  Menved 
sich  und  seine  Vasallen  durch  umfassende  Bündnisse,  die  sich 
nicht  bloss  auf  deutsche  Fürsten  beschränkten,  zu  stärken; 
selbst  Polen  wurde  herangezogen.  Die  Stralsunder  fanden  ndien 
den  Brandenburgern  an  „Rittern,  Knappen  und  allen  Einwoh-  ^ 
nem^'  der  Insel  Rügen  eine  Stütze^).  Sie  verloren  den  Math 
nicht.  Als  im  Juni  1316  ein  Theil  des  verbündeten  Heeres  mit 
Herzog  Erich  von  Sachsen  an  der  Spitze  vor  der  Stadt  erschien, 
versäumten  sie  die  Gelegenheit  nicht,  ihre  Feinde  einzeln  an- 
zugreifen. In  früher  Morgenstunde  des  21.  Juni  zogen  sie  hin- 
aus und  erfochten  einen  glänzenden  Sieg ;  Herzog  Erich  lE^elbst 
fiel  in  ihre  Gefangenschaft.  Vergebens  erschien  bald  darauf 
eine  starke  dänische  Flotte,  zu  der  auch  Rostock  sein  Kontin- 
gent gestellt  hatte,  vor  der  Stadt,  während  die  verbündeten 
deutschen  Fürsten  dieselbe  von  der  Landseite  einschlössen; 
um  Martini  mussten  die  Belagerer  unverrichteter  Dinge  wie- 
der abziehen  ^).  Ungeschmälert  ging  Stralsund  aus  dem  Kampfe 
hervor;  im  Frieden  mit  Wizlav  von  Rügen  wurden  ihm  seine 
sämmtlichen  Rechte  bestätigt.  Mit  Dänemaric  kam  erst  ein 
Jahr  später  eine  Sühne  zu  Stande^). 

Hat  Erich  Menved  auch  vergeblich  versucht,  Stralsund  in 
dieselbe  Abhängigkeit  zu  bringen  wie  Rostock,  so  kann  doch 
kein  Zweifel  sein :  am  Schlüsse  seines  Lebens  —  er  starb  1319 — 
nahm  der  Dänenkönig  an  der  deutschen  Ostseeküste  eine  do- 
minirende  Stellung  ein.  Man  kann  die  Verhältnisse,  wie  sie 
dort  im  Norden  lagen  zur  Zeit,  da  Ludwig  der  Baier  und 
Friedrich  von  Oesterreich  um  das  Reich  kämpften,  nicht  tref- 

1)  Zu  Templin  und  Brudersdorf  mm  9.  Dec.  1314  und  10.  Juni  1315  (Fa- 
bricius,  Urkunden  IV,  2,  S.  45  und  Meklbg.  Urkdb.  VI,  n.  3767). 

2)  Vgl.  Fock,  m.  a.  O.  S.  40  fr.;  Meklbg.  Urkdb.  VI,  n.  3770  (auch  3744 
und  3764);  Lgb.,  Scr.  rer.  Dan.  VI,  p.  520  zu  1315;  Fabricius,  Urkunden  IV, 
n.  479  und  480,  482—484. 

3)  Detmar  zu  1316;  Lgb.,  Scr.  rer.  Dan.  VI,  p.  520  und  628;  Meklbg. 
Urkdb.  VI,  n.  3837. 

4)  Fabrichis,  Urkden.  IV,  n.  732.     Urkdl.  Oetch.  U,  S.  299. 


«ad  ö»  norMMMeben  8tftdto  and  Ffirsten.  105 

faider  nudmen,  ab  es  durch  die  Bemerirong  einer  Urkunde 
des  Jahres  1390  geschieht  Die  nckermäridschen  Städte  Prenz- 
ian,  Pasewalk  und  TraipUn  bekennen  ihren  Landesfürsten,  den 
HenOgen  toh  Pommern,  dass  sie  den  ,,Herm^^  dieser  Fürsten, 
Kteig  Chmtoph  tod  Dänemark  (Erich  Menveds  Bmder  und 
NachMger)  zmn  „Vormmid  und  Schirmherm"  annehmen.  „Würde 
ein  rSmisdiar  KQnig  gewählt  einträchtig  von  allen  Kurherren, 
and  sende  er  einen  Fürsten  in  diese  Lande  zu  den  Städten 
and  dm  Mannen,  und  beweise  dieser,  dass  er  ein  besseres 
Redit  habe  auf  das  Land  als  der  König  von  Dänemark  oder 
die  Herzoge  von  Pommern  und  ihre  Erben,  so  sollen  der  Kö- 
nig und  die  Herzöge  von  ihrer  Vormundschaft  ablassen^^  vor- 
ansgesrtzt,  dass  ihnen  zuvor  alle  aufgewandte  Kosten  er- 
setzt wflrden^).  Zollfreiheit  in  Dänemark  und  Pommern  war 
der  Lohn,  der  den  Städten  zu  Theil  wurde  für  die  Anerken- 
nung der  dänisch-pommerschen  Herrschaft,  die  nach  dem  Aus- 
sterben der  brandeburgischen  Askanier  die  Gelegenheit  be- 
nutzte, auch  in  der  Mark  Fuss  zu  fassen.  Deutlich  sieht  man, 
wie  wenig  Halt  am  Reiche  damals  jene  Gegenden  fanden,  die 
mit  Strömen  deutschen  Blutes  den  Slaven  abgerungen  waren. 
In  Betr^  der  Städte  lassen  die  Angriffe  Erich  Menveds 
klar  erkennen,  welcher  Art  der  unter  ihnen  bestehende  Zu- 
sammenhang war.  Die  vornehmsten  Glieder  ihrer  Vereinigung 
werdra  eins  nach  dem  andern  von  ihm  bedrängt,  und  unter 
der  ganzen  grossen  Zahl  norddeutscher  Kommunen  ist  nicht 
ein  Zeichen  zu  bemerken,  dass  sich  irgend  Jemand  zu  thäti- 
ger  Hülfe  oder  auch  nur  zur  Vermittlung  regt.  Selbst  der 
Bund  der  w^dischen  Städte  bewährt  sich  nicht  vollkommen. 
Lübeck  sagt  sich  sogleich  von  ihm  los,  um  in  wohl  überl^ter 
Sonderpolitik  seinen  eignen  Vortheil  zu  verfolgen;  nur  durch 
Darlehen  an  Geld  hat  es  den  befreundeten  Städten  eine  ge- 
wisse Unterstützung  zu  Theil  werden  lassen ').    Die  übrigen 

1)  lUklbf .  ürkdb.  VI,  n.  4S1S. 

S)  VsL  L&l».  UrkdK  II,  n.  S87,  M8,  291 ,  SOS ,  809 ,  UI  n.  67 ;  Kom- 


106  IV.    Brich  UmmA 

Glieder  halten  ^erdings  fest  •  snisammra  und  liefen  doi 
Beweis,  dass  ein  enger  Zusammenhang  unto:  ihnen  bestand, 
und  sie  schon  einer  bedeutenden  Macht^tEedtung  iahig  wam. 
Denn  allein  halten  sie  nicht  ganz  (^ne  Erfidg  dar  remntok 
Macht  zahlreicher  Fürsten  Stand  und  erscheiaeoi  als  VoiÜm- 
irfer  des  Deutsehthums  gegen  auswärtige  Bedränger  und  die 
mit  ihnen  verbundenen  einheimischen  Herren.  Eise  Av^gabe, 
die  vor  hundert  Jahren  in  erster  linie  von  den  Ffinten  ge- 
löst wurde,  fallt  jetzt  vorzugsweise  den  Städten  zu,  nidit  ihrer 
GesammUieit,  sondern  nur  einzelnen,  besonders  entwickdtfln 
und  ^g  mit  einander  verbundenen  Gemeinden.  Jene  ist  nodi 
allzu  lose  geeinigt,  um  die  Unbill  gegen  einzelne  Glieder  schwer 
zu  empfinden.  So  lange  der  Handd  des  Kaufmanns  unbdä- 
stigt  bleibt  (und  Erich  Menved  hat  sich  keiner  Hemmung  des- 
selben schuldig  gemacht),  sieht  sie  keine  Veranlassung,  sich 
zu  regen,  auch  wenn  Wohlfahrt  und  Selbständigkeit  befreui- 
deter  Bundesglieder  schwer  bedroht  sind.  So  lose  ist  nodi 
der  Zusammenhang,  dass  der  Ausdruck  Bund  nur  in  Ekmange- 
lung  eines  besseren  gebraucht  werden  kann,  um  die  Gemein* 
Schaft  zu  bezeichnen.  Sie  ist  noch  kein  Bund,  sie  ist  nur  eine 
durch  die  Entwidmung  des  Handds  h^beigeführte  Einigung, 
die  gemeinschaftlich  in  durchaus  zwangloser,  nur  nadi  dem 
Bedttrfiiiss  sich  richtender  Form  die  Interessen  dessdbeii  zu 
wahren  sucht. 

Doch  hat  das  Schicksal  d^  wendischen  Städte  auch  auf 
diese  lose  Einigung  nicht  ohne  Einfluss  bidben  können;  dazu 
waren  sie  zu  wichtig.  Lübeck  an  der  Spitze,  waren  sie  gldch- 
sam  die  geschäftsführenden  Glieder  gewesen.  So  mussten  die 
schwere  Schläge,  die  sie  erlitten,  das  lose  Band,  das  um  die 


garten ,  Pommersche  und  Bügensche  Gteschichtsdenkm.  I,  90  ff.  D«m  Henog 
Erich  von  Sehweden,  Bandesgenossen  Hakons  von  Norwegen  und  GFegaer  Erich 
Meaveds,  leihen  Bürger  von  Lübeck  und  Wisby  Geld,  Sartorioa-Lappeaberg, 
Urkdl.  Gesch.  U,  S.  269  und  260.  —  Allerdings  zahlt  Lttbeck  gleichseitig  das 
dem  dänischen  König  schuldige  Schutzgeld  an  Heinrich  von  Mekleabnrg  und 
den  Markgrafen  Waldemar ,  Lftb.'  Urkdb.  U,  n«  250,  S84.  286,  289,  800. 


«ad  diA  norddmitecheD  Städte  und  Fürsten.  107 

Gesammtheit  der  Städte  geschlungen  war,  noch  mehr  lockern. 
Sdion  die  V^handlungen  mit  Flandern  (wegen  einer  neuen 
Verlegung  des  Stapels)  in  den  Jahren  1307—1309  zeigen  dies. 
Die  sächsischen  Städte  gehen  selbständig  vor,  ohne  die  Zu- 
stimmung der  osterschen  (wendischen)  abzuwarten^).  Es  scheint, 
als  hätten  die  Angriffe  Erich  Menveds  auf  die  wendischen 
Städte  auch  die  allgemeine  Einigung  auf  lange  Zeit  hinaus 
jmterbrochen  oder  schwer  geschädigt.  Denn  seit  jenen  Ver- 
haadlongra  mit  Flandern,  die  ungefähr  gleichzeitig  mit  Lü- 
becks Unterwerfung  unter  den  Dänenkönig  beginnen,  vergeht 
tut  ein  halbes  Jahrhundert,  ehe  wir  wieder  von  einem  ge- 
meinschaftlichen Auftreten  der  Städte  hören.  Der  Kaufmann 
im  Aaslande  scheint  in  dieser  langen  Zeit  allein  auf  sich  selbst 
and  auf  die  ihm  nächststeh^den  heimischen  Städte  angewie- 
sen zu  sein ').  So  wenig  Bedeutung  hatte  die  Allgemeinheit 
für  das  einzelne  Glied,  dass  eine  Stadt  wie  Bremen  länger 
als  ein  halbes  Jahrhundert  ausserhalb  dieser  Gemeinschaft 
stehen,  der  Theilnahme  an  den  Freiheiten  des  gemeinen  Kauf- 
manns im  Auslande  entbehren  konnte,  ohne  den  Nachtheil  all- 
zuschwer zu  empfinden.  Wir  werden  sehen,  dass  erst  mit 
einer  grosseren  Kräftigung  der  wendisclien  Städte,  mit  Wie- 
deraofrichtung  ihrer  alten  Vereinigung,  auch  der  allgemeiue 
Bund  der  Städte  seine  Funktionen  wieder  aufnimmt.  Glück- 
licherweise liess  diese  nicht  albsulange  auf  sich  warten ;  die 
Verhältnisse  in  den  nordalbingischen  Landen  gestalteten  sich 
so,  dass  die  Städte  an  ihre  bisherige  Entwicklung  in  frischer 
Kraft  wieder  anknüpfen  konnten. 

1)  H.  R.  I,  8.  44;  UrkdL  Oesch.  II,  S.  254  und  266. 

S)  unter  den  wendischen  Stftdteu  scheint  mach  zur  Zeit  ihrer  schwersten 
BedriDfBiM  das  BewmsstselB  gemeinsamer  Interessen  im  Aaslande  nicht  verloren 
gegangen  so  sein;  darauf  deatet  ein  Schreiben  Stralsunds  an  Lübeck  von  1316 
oder  1317  Aber  Beschwerung  des  Kaufmanns  in  Norwegen,  H.  R.  I,  n.  28. 
Ueber  die  Datirang  s.  Pabricius  im  Verfestuugsbuch  der  Stadt  Stralsund  p.  X. 
Damach  ist  au  berichtigen  H.  U.  I,  n.  935  und  Uarttung,  Norwegen  u.  d. 
deutBcboi  Seeatftdte  S.  48. 


V.  Dänemark  unter  deutschem  EinfluBS  1819 — 1840. 

Es  zeigte  sich  bald,  dass  es  nicht  so  leicht  möglich  ist, 
den  natürlichen  Verhältnissen  auf  die  Dauer  Zwang  anzuthun, 
dass  ein  kleines,  wenn  auch  noch  so  rühriges  und  tüchtiges 
Volk  keine  dauernde  Herrschaft  behaupten  kann  über  ausge- 
dehnte Gebiete  einer  grossen  Nachbamation.  Erich  Menved 
hatte  durch  eine  kluge  und  energische  Politik  Dänemarks  An- 
sehen weit  hinausgehoben  über  die  thatsächliche  Bedeutung 
des  kleinen  Reiches;  die  üblen  Folgen  konnten  nicht  ausblei- 
ben. Wohl  erkannten  die  Herren  von  Pommern  und  Rügen, 
von  Wenden  und  Meklenburg  die  Oberherrschaft  des  D&nen- 
königs  an  und  folgten  ihrem  Lehnsherrn  willig  auf  seinen 
Eriegszügen  in  Schweden  und  Deutschland,  aber  sie  so  wenig 
wie  die  übrigen  deutschen  Fürsten  und  Ritter,  die  einen  Haupt- 
theil  der  dänischen  Kriegsmacht  bildeten,  kämpften  ohne  Lohn. 
Aermer  und  ärmer  wurde  die  dänische  Krone  durch  Verpfän- 
dungen und  Verleihungen  für  geleistete  Kriegsdienste  ^).  Aus- 
länder gelangten  zu  ausgedehnten  Besitzungen  in  Dänemark, 
und  der  einheimische  Adel  versäumte  ebenfalls  die  Geleg^- 
heit  nicht,  sich  im  Dienste  des  Königs  zu  bereichem.  Spät 
aber  gründlich  breitete  sich  das  Lehnswesen  mit  all  seinen 
üblen  Folgen  über  Dänemark  aus.  Es  entstand  ein  Reichs- 
adel, dessen  Anmassung,  wie  überall,  um  so  rücksichtsloser, 
dessen  Gesinnung  um  so  vaterlandsloser  wurde,  je  mehr  seine 
Macht  wuchs. 


1)  Vgl.  Dahlmann  I,  S.  438  ff. 


V.    DIHMiri[  «ilv  dratsehan  mnini  1619^1840.  109 

Wie  w^g  dauernden  Vortheil  Erich  Menveds  Bestre- 
bungen braditen,  wie  sehr  er  schon  sdbst  fühlen  musste,  dass 
er  die  Kräfte  seines  Reiches  weit  überschätzt  hatte,  zeigt  sich 
darin,  dass  er  gegen  Ende  seines  Lebens  genöthigt  war,  die 
beste  seiner  Erwerbungen,  die  ihm  mehr  als  einen  Kriegszug 
gekostet  hatte,  die  Herrschaft  Rostock  mit  allen  Besitzungen 
im  Lande  Wenden,  den  Ausschiffimgshafen  Wamemünde  aus- 
geBonmien,  Heinrich  yon  Meklenburg  zu  überlassen  für  die  Ver- 
loste im  l^zten  Kriege  gegen  Stralsund  und  die  Markgrafen  ^). 
In  demaelbai  Jahre  1317  schuldete  er  der  Stadt  Rostock,  die 
ihm  erst  vor  Kurzem  14000  Mark  Kriegskosten  hatte  zahlen  müs- 
Boi,  schon  wiedor  4000  Maris,  dem  Herzog  Otto  von  Braun- 
achweig-LQneburg  2500  Marie').  In  jener  Zeit  aber  bedeutete 
Gdd  militirische  Macht,  und  König  Erich  hatte  seine  kriege- 
rischen Erfolge  in  erster  Linie  seinem  Reichthume  zu  verdan- 
ken, der  die  seid-  und  beutefrohen  Schaaren  der  ritterlichen 
Abentenrer  in  seine  Heere  führte.  Dieser  Reichthum  aber 
stammte  aus  einer  Quelle,  deren  Benutzung  den  Keim  des  Ver- 
derbens in  sich  trug:  schwere  Schätzungen  seiner  Untertha- 
Den  'X  die  ohne  Bücksicht  auf  herktaimliche  Vorrechte  aufge- 
legt wurden,  und  Beraubung  der  ihm  feindlich  gegenüberste- 
henden Geistlichkeit  Die  Folge  war  eine  aUgemeine  Unzufrie- 
denheit, die  um  so  gefthriicher  werden  musste,  als  man  in 
Dinenuurk  nie  gewohnt  gewesen  war,  die  königliche  Würde 
mit  groeser  Piet&t  zu  betrachten,  als  jedes  Glied  des  könig- 
lichen Hauses  sich  berechtigt  hielt,  nach  der  Krone  zu  grei- 
fen, wenn  sidi  ihm  Mittel  und  Wege  darboten.  Auch  Erichs 
Bruder  Oiristq^  hat  schweroi  bürgerlichen  Zwist  hervorge- 

1)  Jaaoar  T.  1S17,  Meklbg.  Urkdb.  VI,  n.  8871.  Langeb.,  Scr.  rer.  Dan. 
VI,  p.  ftSl. 

t)  IMübgL  Urkib.  VI,  a.  3896.  Vgl.  n.  S90A  und  8908  —  Fmbricias, 
Irkuden  IV,  o.  604. 

8)  Z.  B.  nmch  einander  in  den  Jahren  1816,  1817,  1818,  1819,  Langeb. 
VI,  p.  5S1. 


110  V.    DbiMMTk  unter  devtseiMm  IffloiMi 

rufen,  im  Bunde  erst  mit  Stralsund  und  den  Mariigrafcn,  dann 
mit  Schweden  gegen  sein  Vaterland  in  Waffen  gestandeo  ^> 

So  ist  es  gekomm^,  dass  der  Aufschwung,  den  die  dä- 
nische Macht  unter  Erich  Menved  nahm,  sehr  rasch 
ebenso  grossen  Erschlaffung  Platz  gemacht  hat.  Kaum 
Erich,  „de  wise,  weldighe  koning^S  tödt,  als  Adel  und  Oeiat- 
lichkeit  ihre  Ansprüche  anmassender  als  je  erhoben.  Yef-^ 
gebens  hatte  der  sterbende  K(^g  die  Grosse»  des  Reiches  ge- 
warnt vor  seinem  eigenen  Bruder,  der,  ein  gewaltthätiger,  feicbt* 
sinniger  Abenteurer,  seinem  Vaterlande  in  offener  Feindadiaft 
gegenüber  stand;  Willfährigkeit  g^en  die  Wünsche  der  Gtosm 
und  die  Unterstützung  des  holsteinischen  Grafen  Johann 
schafftai  ihm  doch  die  Krone  ^).  Auf  dem  Reichstage  zu 
beschwor  er  eine  von  den  Standen  ausgesetzte  Wahlkaiätolaticn, 
welche  die  Macht  des  Königs  auf  ein  Minimum  beschiiiilite 
und  ihm  dabei  Pflichten  auferlegte,  der^  Erfüllung  bei  des 
Umfange  seiner  Rechte  nahezu  unmöglich  war^).  Die  eag* 
herzige  Politik  der  Stände  sah  nur  den  nächsten  Vortheil, 
dachte  nicht  an  Ehre  und  Sicherheit  des  Reiches. 

Beide  waren  gerade  damals  um  so  mehr  gefilhrdet,  ab 
südlich  der  Elbe  eine  Macht  erwuchs,  die  den  Willen  mid  die 
Kraft  besass,  sich  mit  Erfolg  in  die  dänischen  V^hältnina 
dnzumischen.  Hier  bereitete  sich  in  jen^  Jahren  eine  W*and- 
lung  vor.  Gerhard  IL,  Graf  zu  Plön,  der  Stiefvater  Erich 
Menveds  (seine  zweite  Gemahlin,  die  brandenburgisclie  Agnes, 
war  Erichs  Mutter)  hatte  die  Macht  des  Adels  theils  gebrodian, 
theils  in  seine  Dienste  gezogen.  Seine  dänischen  Verböidnngen 
hatten  ihn  reich  gemacht,  so  dass  er  mit  starker  Heeresmacht 
aufzutreten  vermochte.    Dazu  kam,  dass  wenige  Jahre  nach 


1)  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  296^  6  und  9»S;  Langeb.  VI,  p.  6S1  ra  1816  u. 
1318. 

8)  Detmar  zn  1319;  Langeb.  VI,  p.  521  za  1320. 

8)  Die  WalilkApitulation  bei  Lndwi)^^  Reliquiae  Manuscript.  XU,  198. 


ISi»— 1S40.  111 

seinem  Tode,  1316,  die  Zahl  der  linien,  die  fast  ein  halbes 
Jahrlmiidart  in  buntem  Dnrchdnander  der  Territorien  über 
dis  holstdnisebe  Land  geherrscht  hatten,  auf  zwei  reducirt 
woide  ^).  In  Plön  herrschte  jetzt  der  Erbe  Gerhards  II.,  Graf 
Johann,  seiner  Freigebigkeit  wegen  der  Milde  genannt,  in  Rakls- 
bnrg  sasB  Graf  Gerhard,  den  die  Landeegeschiehte  als  „den 
Groasen^  kennt  Nicht  ohne  blutige,  schuldvolle  Gewaltthat 
wann  dar  alte  Johann  und  sein  Sohn  Adolf  von  der  kieler 
liiie  beseitigt  worden'). 

Graf  Gerhard  von  Boidsburg,  „de  grote  Ghert^S  war  ein 
ebenso  begabter  und  entschlossener  als  ehrgeiziger  Mann.  Von 
kksnen  AsxBkßgea  aus  ^)  (in  Rendsburg  soll  er  mit  seinen  grauen 
Jsgdhimdai,  seinem  einzigen  Eig^thum,  in  einem  Kornspeicher 
gehaust  haben)  hatte  er  sich  durch  sein  tapferes  Schwert  und 
eine  kluge  und  rilcksichtslose  Politik  zum  mächtigsten  Herrn 
in  Holstein  emporgearbeitet.  Sein  überiegener  Greist  machte 
das  kleine  Land  zu  grossen  Unternehmungen  fähig,  wusste 
vor  tJl&k  Dingen  die  altbewährte  kriegerische  Kraft  der  Hol- 
sten  wieder  zu  wecken  und  zu  glänzenden  Erfolgen  fortzu- 
neissen.  .Sein  Name  hat  noch  lange  fortgelebt  im  Munde  seiner 
sagfBireiclien  Landsleute;  durch  zwei  Jahrzehnte  dreht  sich  die 
Geaddchte  der  nordalbingischen  Lande  vorzugsweise  um  seine 
reckenhafte  Gestalt 

Wenige  unternehmend  und  rührig  war  sein  Vetter  Johann 
in  Plön,  aber  nicht  minder  ehrgeizig.  Beide  hatten  sich  schon 
1317  als  Belohnung  für  ihre  Di^ste  im  Kriege  gegen  Waldemar 
von  Brandenburg  von  König  Erich  die  Insel  Fünen  auf  drei 


1)  Waitz  8.  SOI.  Urkdsmmlg.  II,  S.  86.  Ueber  die  Art  der  (vorher)  be- 
ttehenden  Tbeüang,  Waita  S.  122. 

2)  Detmur  su  1316. 

3)  Die  Chroiük  det  Presbyter  Bremensis  weiss  davon,  wie  ttberhanpt  fiber 
Qeiliard,  maoche  sagonkafte  Sfige  an  ersfthlen ,  die  offenbar  um  die  Mitte  des 
16.  Jahrhaadarta  im  Volk«  vmliefen  (QneUensaannlg.  der  schl.  holst,  laaenbg. 
Oesellscb.  I,  p.  60). 


X12  ^*    Dänemark  unter  deataehem  EinfluM 

Jahre  verpfänden  lassen  ^)  und  so  Fuss  gefasst  mitten  im  dar 
nischen  Reiche.  Johann  hatte  seinen  Stiefbruder  Christoph  in 
seinen  Bemühungen  um  den  Thron  lebhaft  unterstützt,  aller- 
dings trotz  der  nahen  Verwandtschaft  nur  gegen  das  Ver- 
sprechen des  Abtretens  der  Insel  Fehmam. 

Es  zeigte  sich  bald,  wie  widersinnig  und  wie  wenig  im 
Interesse  des  Landes  man  in  Dänemark  die  königliche  Stdlung 
beschränkt  hatte.  Auch  ein  vorsichtigerer  und  aufrichtigerer 
Mann  als  Christoph  hätte  hier  schwerlich  ohne  Anstoss  seinen 
Weg  gefunden.  In  den  ersten  Jahren  liessen  sich  allardings 
die  Sachen  recht  gut  an.  Der  Erzbischof  kehrte  ins  Beich 
zurück  und  versöhnte  sich  mit  dem  Kckiige;  Fürst  Wizlav 
leistete  für  Rügen,  Heinrich  von  Meklenburg  für  Rostock, 
Gnoien  und  Schwan  den  Lehnseid.  Beide  gelobten  Heeresfolge, 
und  das  Gleiche  that  selbst  Graf  Gerhard  von  Hdstein.  Des 
Königs  Tochter  Margarete  wurde  dem  Sohne  des  deutschen 
Königs,  Markgrafen  Ludwig  von  Brandenbui^,  vermählt'). 
Aber  bald  zeigte  sich,  dass  die  dem  Könige  gdiUebenen  Güter 
und  Einkünfte  weitaus  nicht  genügten,  um  auch  nur  einiger- 
massen  der  Krone  Macht  und  Ansehen  zu  verleihen,  und 
Steuern  zu  erheben  war  nach  der  Wiborger  Kapitulation  dem 
Könige  nicht  erlaubt.  Als  er  trotzdem  eine  allgemeine  Schä- 
tzung ausschrieb,  weigerte  man,  der  Erzbischof  voran,  die  Zah- 
lung. Der  König  antwortete  mit  Einziehung  von  Gütern,  die 
sein  Bruder  den  Grossen  verpfändet  hatte.  In  Schemen,  wo 
schon  1321  im  Einverständnisss  mit  Magnus  von  Schweden 
und  Heinrich  von  Meklenburg  eine  Abtrennung  des  Landes  ge- 
plant worden  war,  erregten  darauf  mächtige  Adlige  einen  Auf- 
stand.   Derselbe  wurde  allerdings  unterdrückt,  auch  der  Erz- 

1)  Waitx  S.  205. 

2)  Hvitfeldt,  Danm.  rig.  krsn.  I,  S.  416,  419,  481;  Maklbf.  Urkdb.  VII, 
o.  4351,  4865,  4443;  Detmar  bu  1822  und  1824;  Langeb.  VI,  p.  521;  Fa- 
bricius,  Urkunden  IV,  n  614,  Abthlg.  4,  S  67.  Schi.  Hobt.  Laneiib«.  Urkd- 
tmmlg  II,  S.  158. 


isia^iMO.  113 

bischof  mit  den  Waffen  besiegt^);  als  aber  Christoph  sich 
bald  darauf  auch  noch  mit  seinem  südlichen  Nachbar,  dem 
Gfafen  Gefhard,  in  Streit  verwickelte,  war  es  aus  mit  seinem 
KöDigtkume. 

Am  12.  Mirz  starb  Herzog  Erich  von  Schleswig  mit  Hinter- 
kssnng  eines  lljShrigen  Sohnes,  Waldemar.  Obgleich  das 
Herzogthnm  seit  Ktaig  Abels  Zeiten  nach  und  nach  fast  un- 
ihhingig  vom  K&iigreiche  geworden  war  und  nicht  mehr  die 
Bede  davon  sein  konnte,  das  Erbrecht  Waidemars  anzuzweifeln, 
M  woDte  K&nig  Christoph  doch  nicht  die  Vortheile  aus  der 
Hand  g^ien,  wdche  ihm  die  Verwaltung  des  Landes  während 
der  llindeqährigkeit  des  jungen  Fürsten  gewähren  mussta 
Aber  wie  schon  früher  in  ähnlichen  Fällen ,  so  waren  auch 
jetit  die  holsteinischen  Grafen,  Gerhard  voran,  zur  Hand,  um 
den  Ansprüchen  des  Dänenkönigs  entgegenzutreten.  Schon  be- 
drängte Christoph  Gottorp  mit  enger  Belagerung,  da  zog  Graf 
Gerhard  heran  und  besiegte  die  Dänen  nach  hartem  Kampfe  *). 
Es  war  eine  Schlacht,  die  nicht  nur  auf  lange  Zeit  den  Deut- 
schen in  Schleswig  das  Uebergewicht  gab,  sondeni  auch  auf 
zwo  Jahrzehnte  Dänemark  deutschem  Einflüsse  unterwarf, 
schwere  Tage  Ober  das  innerlich  zerrissene  Land  brachte. 

Denn  im  März  des  nächsten  Jahres  verband  sich  der  junge 
Herzog  Waldemar  (oder  vielmehr  sein  Vormund  Graf  Gerhard) 
mit  den  Führern  des  dänischen  Adels,  den  mächtigen  Herren 
limrenz  Jonsson  und  Ludwig  Albrechtsson,  die  durch  die  Pfand- 
eJBziehangen  des  Königs  besonders  beuachtheiligt  waren  *^). 
Die  Unzufriedenheit  hatte  sich  inzwischen  über  das  ganze  Reich 
Yerbreitet.  Diesmal  war^  es  Jütland  und  Fünen,  die  sich 
nmst  erhoben.  Christophs  Sohn  Erich,  der  mit  dem  Vater 
gleichzeitig  zum  König  gekrönt  worden  war,  zog  zur  Dämpfung 


1)  HTiUeldt  1,  4Sft  ff. 

S)  Dvtinmr  su  18S6;  Urkdtmmlg  U,  S.  57  ff.;  Uvitfelüt  1,  428. 
3)  Hvitf.  I,  430;  Urkdsmmlg  II,  S.  161. 
SAlÜK,  DU  UaoMrtldte.  B 


]]4  ^'    DXnonark  unter  dtntschem  Einlliifs 

des  Aufruhrs  aus,  wagte  aber  nieht,  nach  Fümk  OberzwetKeD. 
Rasch  kamen  die  Sdioninger  und  Seelfinder  herbei,  sdüoBseii 
ihn  in  Taamborg  bei  Korsöer  ein  und  nahmen  ihn  gefangea. 
Auf  diese  Nachricht  hin  verliess  Christoph  mit  seinen  Sehfiten 
eilig  das  Reich  und  floh  nach  Rostock  zum  Herzog  Heinridi 
von  Meklenburg.  Mit  diesem  und  dem  Forsten  Ton  Werie, 
d^en  er  für  ihre  Hülfe  Laaland,  Falst^  und  MOen  ver- 
pfändete ^),  versuchte  er  dann  im  Juni  die  Rückeroberung  ssiaes 
Reichs,  erschien  mit  stattlicher  Schaar  in  Wordingborg  auf 
Seeland,  dann  auf  Falster.  Aber  Graf  Gerhard  an  der  Spitae 
der  Dänen  trat  ihm  mit  so  überlegener  Macht  entgegen ,  dass 
Christoph  das  Reich  gänzlich  räumen  musste.  In  Rostock 
nahm  dieser  seinen  Aufenthalt'). 

Inzwischen  hatte  man  auf  einer  neuen  Reichsversammlung 
zu  Wiborg  am  7.  Juni  1326  den  IS^jährigen  Herzog  Waldemar 
von  Schleswig,  allerdings  nur  g^en  neue  weitgehende  Ver- 
sprechungen >),  zum  König  gewählt;  Gerhard  von  H^dateia 
wurde  Vormund  des  Reiches  Dänemark.  Die  Leute^  die  Chri- 
stoph das  Versprechen  abgenommen  hatten,  kein^  Deutschen 
in  seinen  Rath  oder  zu  dnem  Lehen  zuinilassen,  übertrugen 
jetzt  die  mächtigste  tmd  einflussreichste  Stelle  des  Reiches 
einem  Deutschen.  Graf  Gerhard  beherrschte  das  dftnische 
Land,  imd  er  war  ein  anderer  Herrscher  als  Christoph.  „Die 
Frösche  hatten  statt  des  Klotzes  den  Storch  zum  König  er- 
halten", sagt  Hvitfeldt. 

Die  dänischen  Grossen  benutzten  natürlich  die  GelegeBheit, 
sich  auf  Kosten  des  Reiches  zu  stärken :  ein  grosser  Theil  dier 
Inseln  und  der  festländischen  Provinzen  kam  in  ihre  Hiada 
Die  Grafen  Johann  und  Gerhard  griflien  nicht  weniger  hcrzhi^ 


1)  M<jklbg.  ürkdb..VII,  n.  4726.     Vgl.  n.  4741,  4750,  4756. 

2)  Langeb.  VI,  p.  522;   Detmar   zu  1326.     Vgl.  Koppmann    fo   a    Hans. 
Geschbl.   1878,  S.  207  n.  2. 

3)  Die  Wahlkapitulation  bei  Dahlmann  I,  462  ff. 


Z1L  Jener  erliidt  Fafetor  mid  Laaiand  und  das  frtther  schon 
tenproctaiev  aber  oidit  ausgelieferte^)  Fehmam;  dazu  war 
flUB  das  iriditilge  Ffinen  verpftndet  Gerhard  Hess  sich  mit 
den  HenEdgÜnnn  Sddeswig  helebnen  und  herrschte  so  von  der 
Elbe  bis  mr  Kdnigsau*),  das  erste  Mal  in  der  Oesdiichte, 
tes  Scbleswig  und  Holstein  zu  einer  Herrschaft  geeinigt  waren, 
b  einer  besondem,  viel  besprodienen  und  bestrittenen  (jetzt 
verlorenen)  Urkunde,  der  sogenannten  Gonstitutio  Waldemariana, 
gdoMe  sogar  der  jugendliche  König,  dass  das  Herzogthum 
memals  wieder  mit  der  Krone  vereinigt  werden  solle.  Es  schien 
»ch  im  Norden  der  Elbe  eine  Macht  bild^  zu  sollen,  die  das 
dinische  KDnigthum  emstHch  in  Frage  stellte. 

Und  noch  tiefer  sdlte  das  Volk  siiduai,  gegisn  das  100  Jahre 
Mher  die  vereinten  Krftfte  des  deutschen  Nordens  die  Schlacht 
bd  BomhiWed  geschlagen  hatten.  Die  Dänen  fügten  sich  nicht 
wilHg  dem  neuen  Joch,  das  sie  bald  härter  fohlten  als  das 
früliere.  Auf  Seeland  erhobt  sie  sich,  allerdings  vergeblich, 
gegen  eine  neue  Auflage;  zwei  Mal  drangen  sie  sogar  in 
Sddeswig  vor  und  belagerten  Gottorp  ').  Als  daher  Christoph 
ndt  HiDfe  sones  Stiefbruders,  des  Grafen  Johann,  der  sich  ihm 
wieder  gentiiert  hatte,  1329  einen  Versuch  machte,  die  ver- 
lorene Kitaiigskrone  wiederzugewinnen,  konnte  er  um  so  mehr 
auf  Erfolg  hoffisn,  als  es  durch  Johanns  Vermittlung  gelungen 
war,  anch  Graf  Gerhard  für  seine  Wiederherstellung  zu  ge- 
whmen^).  Im  Anfange  des  Jahres  1S30  kam  es  zu  einem 
üebereinkommenj  das  Gfarristoph  wieder  als  König  anerkannte. 


1)  Vfl.  Detnuur  n  -1890,  S.  91«. 

S)  Langeb.  VII,  p.  867  ;  Detnuur  zu  18S6 ;  Hvitfeldt  I,  433  ff. ;  Urkdsmmlg 
II,  S.  64  nnd  66;  Meklbg.  Urkdb.  VII,  n.  4761. 

3)  Langeb.  VI,  p.  823  zu  1328;  Detmar  zn  1828  nnd  1829;  Lan^b.  II, 

r  881. 

4)  Datmar  iii  1829  nnd  1330;  Langeb.  VI,  p.  628  zn  1328  nnd  1329. 
Vfl.  Koppmanni  ehronologfsche  Flxlrung  der  Begebenbaiten  in  den  Hans. 
Oasehbl.  1873,  S.  207  ff. 

8^ 


1X6  V.    Dftnenuirk  unter  deatscham  BinlhiM 

Aber  seine  Machtspbäre  wurde  auf  den  Umfang  weniger  Städte 
und  Ortschaften  beschränkt  Der  junge  Waldemar  erhielt  sein 
Herzogthum  zurück,  Graf  Gerhard  die  Insel  Fünen  so  langiB, 
bis  bei  etwaigem  kinderlosen  Ableben  Herzog  Waidemars  Bdilet- 
wig  ihm  überlassen  würde.  .  Nicht  wenige  als  den  Feinden 
bewilligt  worden  war,  erhielt  Graf  Johann  für  seine  Frrand- 
schaftsdienste;  ihm  war  schon  im  Jahre  zuvor  zu  den  frfiherai 
Gebieten  noch  der  grössere  Theil  von  Schonen  und  Seebnd 
überlassen  worden  ^ ).  Der  Best  des  Reiches  war  meist  in  im 
Händen  des  Adels.  Dem  Könige  blieben  nur  elende  Trümmer 
von  der  Macht  seines  Bruders,  vor  der  sich  weite  Lande  ge- 
beugt hatten.  „Das  Reich  Dänemark  ist  getheilt  worden", 
ruft  ein  patriotischer  Zeitgenosse  aus^). 

Ein  neuer  Angriff  auf  Gerhard,  den  Christoph  im  fdgra- 
den  Jahre,  wieder  mit  Graf  Johann  im  Bunde,  unternahm, 
kostete  ihm  den  letzten  Rest  seiner  Macht.  Auf  der  Loheide 
am  Danewerke  wurde  sein  überlegnes  Heer  nach  hartem  Kampfe 
vom  „grossen  Gerd^^  und  seinen  „wacfcem  Hdsten'^  bedcigt 
Christoph  musste  nach  Kiel  fliehen.  „Als  Graf  Johann  dorthin 
kam,  fand  er  seinen  Bruder,  den  unglücklichen  König,  betrübt 
und  arm''').  Christophs  Sohn  Erich,  der  schwer  verwundet 
aus  der  Schlacht  entkommen  war,  starb  in  Kiel  nacb^  kurzer 
Zeit;  ihm  folgte  bald  darauf  (1332)  auf  Falster  der  Vater. 
Ganz  Non^fitland  und  die  Friesen  hatte  er  vorher  noch  Graf 
Gerhard  überlassen  müssen.  Laaland  allein  war  ihm  zuletzt 
geblieben,  imd  in  diesem  Besitz  wurde  er  noch  von  dänischen 
und  deutschen  Adligen  beunruhigt^). 

Dänemark  war  jetzt  ohne  König.    Ein  Versuch,  den  1334 


1)  Urkdenunmlg  U,  S.  76  und  176. 
S)  Langeb.  VI,  p.  583  za  1329. 
8)  Detnuur  su  1831,  S.  833. 

4)  D«tiiiar  sn  1331  und  1332;   Langab.  II,  p.  398  und  VI,  p.  523;   Ur- 
kdanunmlg  II,  S.  82. 


U19— 1840.  1X7 

Giristophs  zwdtor  Sohn  Otto  mit  Hälfe  seines  Schwagers,  des 
Mari^räfeii  von  Brandenburg,  machte,  das  Reich  zurückzu- 
erobem,  «digte  mit  Niederlage  und  Gefangenschaft^).  Auf 
der  Tapheide  bei  Wiborg  erlag  Otto  den  sieggewohnten  Schaaren 
des  Grafen.  Nicht  deutlicher  kann  uns  der  kühne  Krieger- 
stolz, die  fisst  flbermflihige  Siegesgewissheit ,  die  sich  in  deai 
Hobtenheere  unter  Oeihards  Leitung  entwickelt  hatten,  ent- 
gflgeatreten  ab  in  der  lebhaften  Schilderung  Detmars:  „Eine 
termeesene  Rotte  Holsten  stieg  vor  dem  Streite  von  ihren 
Boesen.  Sie  ftussten  einander  bei  den  H&nden  und  tanzten 
den  Reigen  zwischen  beiden  Heeren.  Unverzagt  sassen  sie 
dann  schnell  wieder  auf  ihren  Pferden  und  waren  unter  den 
Eisten  am  Feinde,  der  an  Zahl  viel  stärker  war.  Der  Streit 
war  hart  und  w&hrte  lange.  Die  Holsten  wehrten  sich  wie 
wackere  Helden;  sie  fingen  den  jungen  König.  Die  Dänen 
iMien;  ihrer  viele  wurden  erschlagen  und  gefangen.^  —  Die 
holsteiiiisdien  Ghrafen  waren  jetzt  die  thatsächlichen  Herren 
Dinemarks;  ein  dänisches  Reich  bestand  nicht  mehr.  Als 
Rddisverweser  in  Dänemark  handhabte  Graf  Gerhard  die  oberste 
Gewalt  im  Lande. 

Ein  anderes  Ereigniss  kam  hinzu,  die  Lage  noch  schwie- 
riger und  verwickelter  zu  machen.  In  Schonen  hatte  Graf 
Johann  hdsteinischen  Adlige  grosse  Gebiete  in  Pfandbesitz 
gegeben;  sie  erbitterten  die  Schoninger  durch  harte  Bedrttk- 
knngen;  besonders  machte  sich  Eggert  Brokdorp,  der  holstei- 
nische Lehnsmann  in  Hdsingborg,  verhasst.  1332  erhob  sich 
das  Volk  gegen  die  deutschen  Bedränger;  300  derselben  sollen 
an  einem  Morgen  im  Dome  zu  Lund  erschlagen  worden  sein  *). 


1)  Detmar  sn  1884,  8.  S87;  Langeb.  II,  p.  392  und  VI,  p.  524.  Vgl. 
Ürkdenfnunlg  II,  S.  181. 

S)  Selioii  ums  Jahr  1810  waren  die  Deutschen  in  Lund  liemlich  zahlreich, 
▼gl.  Urkdl.  Oeeeh.  H,  8.  258. 


Xlg  V.     Dänemark  nntor  denjtochem  EinfliiM 

Graf  Johann,  wohl  erkennaad,  dass  er  schwerlidi  Herr  des  Aof- 
standes  werden  würde,  yerkaufte  das  Land  um  34^000  Mark 
Silber  köhiischen  Gewichts  (l^t  resp-  d— 10  Mill.  Rm.)  an 
König  Magnus  von  Schweden,  an  den  sich  die  Schoninger  mn 
Hülfe  gewandt  hatt^L  Dem  Könige  von  Dänemark  blid)  das 
Rückkau&recht  gewahrt,  aber  es  war  eine  neue  Macht  in  den 
Kreis  der  Nachbarn  hineingessogen,  die  ein  Interesse  daran 
hatten,  das '  Aofkommen  einer  festen  nationalen  Gewalt  in 
Dänemarit  zu  verhindern^). 

Die  Unzufriedaiheit  war  nicht  bloss  in  Schonen,  sondern 
über  ganz  Dananark  verbreitet.  Es  sind  uns  Zeugnisse  der 
Zeit  erhalten,  die  das  deutlich  erkennen  lassen.  Mehr  als  die 
Deutschen  sind  schon  im  Mittelalter  die  Dänen  eifersüchtig;^ 
gewesen  auf  ihre  Nati(malität;  schwer  haben  sie  besonders  di^. '; 
deutsche  Herrschaft  ertragen ,  eigenes  Missgeschick  gern  dem ' . 
Eindringen  deutschen  Einflusses,  deutscher  Sitten  zugeschrieben. 
Schon  in  der  Wahlkapitulation  König  Christophs  ist  es  deutlich 
genug  ausgesprochen,  dass  man  erbittert  war  über  das  Hm:ein-' 
strömen  deutscher  Adliger  unter  Erich  Menved.  Jetzt  galten 
die  Einheimischen  so  gut  wie  Nichts  neben  den  Fremden,  denn 
auch  der  dänische  Adel  wurde  vollständig  zurückgedrängt  von 
den  Grafen  und  ihren  Dienern.  In  einem  ausserordentlich 
charakteristischen  Gedichte  der  Zeit  wird  der  tiefe  Fall  Däne- 
marks bitter  beklagt.  „Das  tapfere,  ruhmreiche  Volk,  die 
Blüthe  der  Reiche,  sei  jetzt  sieglos,  furchtsam,  besudelt,  treulos, 
wage  nicht  mehr  füir  das  Vaterland  zu  kämpfen,  liebe  die  Lüge 
und  dulde  Alles.  Seine  weite  Herrschaft  sei  immer  mehr  be* 
schnitten  worden;  Bügen,  Slavien,  Schonen,  Seeland,  Flandern 
(es  ist  wohl  Falster  gemeint),  Fehmam,  Angeln,  Holstein,  Süd- 


1)  Suhm,  Historie  af  Danmark  XII,  228  01  Detmar  zu  1381.  ürkden- 
äinmlg  d.  Schi.  Holst.  Lauenbg.  GeselUch.  11,  n.  341;  Rydberg,  Sverget 
Tractater  med  frfimmande  magter  I,  n.  216  uod  218. 


isi»— xaio.  119 

(itlaad  —  Alles  habe  der  Teufel  geholt  0-  Weich  und  weibisch 
sdeo  die  Sitten  geworden;  langes  Haar  und  enge  Kleider  ent- 
steUea  die  llftiiner.  Unzüchtige  Bräuche  hätten  sie  von  den  Deut- 
schen angmomnen;  rauschende,  schillernde  Prachtkleider,  weite 
Eapuien)  gehSnite  Aennel,  Fransen  trügen  sie  aus  Ueppigkeit, 
Mehta  aei  in  Dänemark,  als  Geiz,  Bosheit,  Betrug,  Ehrgeiz 
oad  V^rraih;  die  ^nst  seine  Magd  gewesen,  sei  jetzt  seine 
Honin,  DineoMik  Allen  zum  Crelächter  geworden.  Man  möge 
sidi  ennannen  und  zu  Qott  um  Hülfe  flehen.^^ 

Eb  ist  ein  trauriges  Bild,  das  der  Ver&sser  entwirft,  aber 
tianrig  ist  auch  die  Lage,  in  der  sich  Volk  und  Land  be* 
fuiden.  Fast  ein  Jahrhundert  später  sagt  eine  glaubwürdige 
Aoaaage,  daas  noch  hundert  Kirchen  uud  Pfarreien  verwüstet 
ligen  in  JMland  durch  die  Kriege  des  Grafen  Gerhard  und 
seiner  Sühne  Heinrich  und  Nikolaus  ^).  Hat  auch  der  National- 
hass  übertrieben,  wenn  ein  fast  gleichzeitiger  Chronist  erzählt : 
JUiese  Grafen  und  ihre  Diener  nahmen  alle  Werthsachen,  alle 
Kkinode  und  Alles,  was  schön  anzusehen  war  im  Reiche,  und 
führten  es  ins  Ausland^^^),  so  ist  doch  gewiss  manche  Gewalt* 

1)  Liuigvb.  VI,  583  Str.  9 : 

DMmon  föne  meii$aravit 

Terrmm  ante  Dominunif 
Tnom  sibi  nsurpavit 

H^si^iini  nitn  medium. 
Talit  Bhyanif  ScblavUm, 
Schaniam,  Selandiam, 
Flaadriam, 
Fimbriam, 
Angliam, 
Holsatiam 

▲tqmt  Syndeijutiam. 
Vgl  besonders  Str.  10  and  11. 

S)  Laafeb.  Vn,  p.  S68  in  dorn  ProceiHie  swischen  König  Eriob  und  dem 
Heraog  von  Schleswig  nebst  den  Grafen  von  Holstein :  Comes  Gerfaardus  et  sui 
filii,  Henricns  et  Nicolaus,  regnnm  Daoiae  infestarunt  cum  gnerris  et  litibus 
taliter,  qnod  centnm  ecdeelae  et  panroobiae  adhnc  hodiema  die  prupterea  desertae 
>Mnt  in  Joftlaade. 

3)  Die  Bittbomschronik  von  Land,  Lgb.  VI,  p.  689:  qol  quidrai  eomitea 


that  der  Deutschen  in  dänischem  Lande  ans  jenen  Jahren  za 
verzeichnen.  Die  Grafen  selbst,  Grerhard  voran,  brauchten  Geld 
über  Geld  zur  Erhaltung  ihrer  Heere.  Als  Gerbard  eümial 
ein  starkes  Söldnerheer  gesammelt  hatte,  soll  er  anf  die  Fnge, 
wo  er  den  Sold  hemehmBi  wolle,  geantwortet  haben,  „er  werde 
die  Leute  nach  Dithmarschen  führen;  als  Sieger  würden  sie 
dort  Soldes  genug  haben,  besi^  keinen  gebrauchend^).  Es 
kann  wohl  keinem  Zweifel  unterworfen  sein,  dass  man  wenig 
wählerisch  und  gewissenhaft  war  in  der  Wahl  der  Mittel,  vm 
das  Werkzeug  der  Macht,  das  Heer,  zu  erhalten.  Ausdrüddich 
bezeugt  wird  uns  nur,  dass  Graf  Gerhard  auch  die  Gteistlidi- 
keit  nicht  schonte,  Kirchen  und  Klüster  schwer  belastete*). 
Noch  lange  blieb  der  „kahle  Graf  ^  bei  den  Dünen  in  schlimmem 
Andenken.  Seiner  Herrschsucht  traute  man  zu,  dass  er  „nicht 
bloss  Dänemark,  sondern  noch  mehrere  Reiche  sich  unter- 
werfe wolle"'). 

Vor  Allem  aber  trugen  die  zahlreichen  deutsdien  Adligen, 
die  als  Lehnsleute  der  Grafen  nach  Dänemark  gekommen  waren, 
dazu  bei,  die  deutsche  Herrschaft  verhasst  zu  machen.  Immer 
mehr  verbreitete  sich  im  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  bei 
hohem  und  niederem  Adel  die  Sitte,  Ruhm  und  Ehre,  Sold 
und  Beute  in  fremden  Diensten  zu  suchen,  das  Schwert  zu 
ziehen,  wo  immer  es  nur  zu  kämpfen  gab,  wo  Geld  und  Lehen 
zu  erwerben  waren.  Nicht  am  wenigsten  hat  Gerhard  der  Grosse 
seine  überraschenden  Erfolge  der  Geschicklichkeit  zu  danken, 
mit  der  er  die  kriegerische  Kraft  des  nur  mit  Mühe  unter  die 
Grafengewalt  gebeugten  holsteinischen  Adels  nach  aussen  lenkte, 
im  Nachbarlande  Lehen,  Sold  und  Beute  als  Lohn  für  kühne 


et  eoraflü  servitores  omnem  substantiam,  omoia  denodia  et  onme,  qnod  pnlchrom 
visu  erat  in  regno,  ad  partes  exteras  abdaxenint. 

1)  Presb.  Brem.  in  der  QaeUenBammlg  S.  86. 

8)  Langeb.  VI,  p.  5S4  und  6S9,  I,  p.  808  su  1889. 

8)  Langeb.  VI,  p.  524  za  1340:  Cnpiebat  enim  non  solum  Daciam  sibt 
•■bder»,  Md  et  plora  regna. 


1819—1840.  121 

Waffenfhat  zeigte.  Doch  würden  die  Kräfte  seines  kleinen 
Lmdes  sdiwerlich  amgerddit  haben,  so  Grosses  zu  erringen. 
Er  nrasste  auf  Zuzug  von  Süden  rechnen,  und  wir  sehen  solchen 
rekUidi  über  die  Elbe  und  Eider  eil^.  Die  Grafen  von 
BmnkliorBt  und  Schwalenberg,  von  Teklenburg  und  Wölpe, 
im  Hoya  und  HaDermund  finden  wir  in  Gerhards  Diensten; 
nanelie  andere  norddeutsche  Herren  mögen  ihm  noch  gefdgt 
sein;  niedeisidisische,  westfälische,  rheinische  Söldner  bilden 
(He  Masse  seiner  Heere.  So  finden  wir  denn  bald  in  allen 
Theilen  des  Beiches  Dänemark  deutsche  Adlige,  in  erster  Linie 
eigatHehe  Hf^steiner,  als  Vögte  und  Lehnsmänner  der  Grafen, 
die  ja  Tom  Kafanarsunde  bis  zur  Nordsee  herrschten.  Manche 
jaer  GescUechter,  die  in  den  nächsten  Jahrzehnten  der  däni- 
Bcben  Geschichte  eine  so  grosse  Rolle  spielen,  wie  die  Lembek, 
sind  in  diesen  Tagen  aus  dem  Lande  südlich  der  Eider  nach 
Diaemark  gekommen. 

Eb  entspricht  vollkommen  dem  Geiste  der  Zeit  und  des 
Standes,  wenn  diese  Kriegsleute  yon  Beruf  ihre  Stellung  rück- 
sichtsloe  ausbeuten.  Besitz,  Kri^ruhm,  Macht  bilden  die 
enzigen  Triebfedern  ihres  Handelns.  Es  blieb  daher  nicht  bei 
harter  Bedrüdning  der  Untergebenen,  bei  Geringschätzung  und 
Hissachtung  alter  Rechte  an  Gütern  und  Einkünften  gegenüber 
der  Kirche  und  den  einheimischen  Herren  —  Raub  und  Plün- 
derung nahmen  überhand.  Selbst  ein  so  kräftiger  Herr  wie 
Graf  Gerhard  termochte  diese  Elemente  nur  schwer  im  Zaum 
zu  halten.  Weder  zu  Lande,  noch  zu  Wasser  waren  die  Han- 
ddswege  mehr  sicher.  Deutsche  und  dänische  Adlige  raubten 
am  die  Wette.  Noch  besitzen  wir  die  langen  Klagelisten,  in 
denen  einige  Jahre  später  Lübeck  und  Wismar,  Greifiswald 
und  Hamburg  ihre  Vwluste  aufisählten  ^).  Der  holsteinische 
Adel,  von  jeher  unbotmässig  und  raublustig,  zeichnete  sich 
besonders  aus.    Die  Krummendiek  und  Brokdorf,  die  Waldorf 

1)  Lfib.  Urkdb.  U,  n.  768*759|  UI,  n.  100,  IV,  n.  89. 


^20  ^-     DXnenuurk  apter  devt^ehem  BinflvM 

imd  Stove,  die  Alefdd,  Bdeoflath,  Westensee  und  Hummer»- 
bttttel  und  andere  holsteinische  Adelsgeschlechter  flbeifielea  von 
ihrra  Schlössern  aus  die  Schiffe  und  Waaranzfige  der  St&dte 
und  misshandelten  die  Gefangenen.  Nie  zuvor  war  die  Un- 
sicherheit so  gross  gewesen. 

Es  fehlte  den  beiden  holsteinischen  Grafen  nicht  an  gutem 
Willen,  ißü  raublusüg^  Adel  niederzuhalten,  und  wenn  irgend^ 
oioer,  so  besass  auch  Graf  Gerhard  die  Kraft  dazu.  In  den 
Jahren  1327  und  1328  gewähren  Beide  an  Läbeck  und  Qamr 
bürg  Frieden  durch  ganz  Hdstein  und  sicheres  Geleit  zwischen 
den  beiden  Städten  ^).  1338  treten  dann  13  norddeutsche  Für- 
sten, unter  ihnen  die  holsteinische  Grafen,  mit  den  Städten 
Lübeck,  Hamburg,  Rostock  und  Wismar  zu  einem  Landfriedens- 
bflndniss  zusammen,  das  den  raub-  und  fehdelustigen  Adel 
vor  das  Gericht  der  Fürsten  weist*).  Wichtiger  noch  ist  die 
Verbindung  der  beiden  Grafen  mit  den  fünf  wendischen  Städten 
zur  Befriedung  der  See  im  folgeden  Jahre.  „Mit  Hülfe  der 
Städte  will  man  den  Seeräubern  und  ihren  Helfern  wehren 
uimI  die  Schiffe  yertilgen,  die  unter  Sedands  Küste  und  sonst 
in  Dänemark  liegen  und  des  Raubes  warten^^ ').  Es  ist  das 
erste  Mal,  dass  eine  fÜrstUdie  Seemacht  auftaucht  in  den 
deutschen  Meeren,  dass  deutsche  Städte  sich  zur  B^nedung 
des  Elements,  das  sie  bisher  allein  beherrscht  hatteo^  loit 
einem  Fürsten  verbinden.  Zeigt  diese  Verbindung  die  wendi*» 
sehen  Städte  wieder  geeinigt,  ihre  Gemeinschaft  wiederher- 
gestellt, so  zeigt  sie  andererseits  eine  Macht  im  Entstehen, 
die  ihnen  nothwendigerweise  Misstrauen  einflössen  musste,  da 
sie  auf  d^n  Meere  nicht  weniger  gefährlich  zu  werden  drohte, 
als  sie  wenigstens  den  Lübeckern  daheim  schon  wiederiiolt  ge- 

1)  Lab.  Urkdb.  U,  n.  4S0  und  49S.  Ein  LaadfriedensbandiiiM  wIiUmmii 
Lübeck  und  Hamburg  mit  d«n  boltteinlsohen  Grafen  und  den  beiden  Henogen 
von  Sachsen  1338,  erneuert  1334,  Lflb.  Urkdb.  II,  n.  663,  564,  593. 

t)  Lflb.  Urkdb.  II,  n.  667. 

3)  ebd.  n,  n.  6S3. 


IM»— luo.  123 

worden  war.  Hatte  doch  sduni  eine  frühere  Seerttstong  des 
Grafiea  Gerhard  die  Lflbecker  mit  Beeorgniss  erfüllt^).  Dazu 
kim,  daaa  der  Zweck  jiuies  Bundes,  wie  die  späteren  Klage- 
aduiffceii  beweisen»  nur  sehr  unvdlkomnien  erreicht  wurde,  die 
Binbereifin  auch  femer  den  Handd  sfe&rten  und  beUustigten. 
Vemuclite  man  doch  sogar  mit  Hälfe  p&petlichen  Einschreitens 
te  Mkr  als  je  miasachteten  alten  verbrieften  Bestimmungen 
MPm  Staandraub  wieder  Nachachtung  zu  verschaffian ').  Grund 
goiQg  flkr  die  Städte,  um  räier  Aenderung  der  Dinge  in  Däne^ 
Mik,  die  von  anderer  Seite  her  versucht  wurde,  nicht  mit 
u^fflnatiger  Geeinnung  entgegenzutreten. 

Am  Bob  seines  Schwagens,  des  Mariegrafen  Ludwig  von 
Braadenbttg,  lebte  der  junge  Waldemar,  dritter  und  jüngster 
Sohn  des  veraUNrbenen  Dänenkteigs.  Seitdem  sein  Bruder  Otto 
(erst  in  S^geberg,  dann  in  Rendsburg)  in  der  Gefangenschaft 
des  grosaen  Grafen  schmachtete  und  die  Versuche  des  Mark- 
grafen und  sdbst  sdnes  Vaters,  des  Kaisers,  unter  Vermitt* 
hng  dar  Lübecker  ihn  zu  befmen,  vergeblich  gewesen  waren, 
richteten  aidi  dfe  Blicke  auf  ihn  als  den  Kandidaten  für  den 
dänisdieA  KSnigsthron.  Waldemar  war  am  Hofe  seines  Sdiwa* 
gsrs,  wenn  man  Hvitfeldt  *)  glauben  darf,  theilwdse  auch  am 
Hofe  des  Kaisers  selbst,  nach  der  Weise  der  Zeit  erzogen. 
Noch  hatte  er  Nichts  gethan,  das  zu  besondem  Erwartungen 
berechtigta  In  den  Fehden  des  Mariegrafen  hatte  er  sich  die 
Sporen  erworben,  auch  eine  kurze  Gefangenschaft  erlitten  in 
seinem  Dienste;  Dass  er  als  „Herzog  von  Estland^'  ^)  die  An- 
sprtche  seiner  Familie  auf  die  dMsche  Krone  nicht  .aufge- 
gebea  hatte,  beweisen  die  Handelsprivilegien,  die  er  schon 


1)  «bd.  U,  n.  5S6. 

S)  «bd.  II,  n.  583,  648,  658. 

8)  I,  469. 

4)  Urkdensmmlg  II,  S.  181. 


124  ^*    DXnemBrk  unter  dentschem  BinfliiM  '^ 

1338  AnUam  und  Greifewald  gewährte  0  9  beweist  die  Be- 
zeichnimg als  „wahrer  Erbe  des  Reiches  Dftnemailc^S  die  er 
sich  selbst,  der  Königstitel,  dra  ihm  Andere  beOegteo  *). 

Zu  Anfang  des  Jahres  1340  bot  sich  ihm  eine  Aussidit) 
in  die  Heimat  und  auf  den  Thron  seiner  Väter  zu  gelaagltt, 
die  sich  schneller  und  leichter  v^iRrirklichen  sollte,  als  seHmt 
der  Hoflfhungsfrohste  hätte  erwarte  können.  Graf  Gerharl 
hatte  auf  seiner  nur  allzu  kurzra  Laufbahn  einen  pölitisdien 
Scharfblick,  eine  Umsicht,  Ueberiegung  und  Beharriidikdt  in 
seinen  Plänen  gezeigt,  wie  sie  seit  den  Tag^  HeinridiB  deir 
Löwen  in  unserm  Norden  nicht  gesehen  worden  war.  Stets 
war  sein  Ang^unerk  darauf  gerichtet  gewesen^  eine  inöglichst 
geschlossene,  wohl  begründete  Macht  sich  zu  Terschaffen.  Um- 
sichtiger als  sein  Vetter  Johann,  hatte  er  desshalb  damadi 
getrachtet,  seine  Besitzthümer  in  möglichster  Abnindung  neben 
einander  zu  haben.  Aus  diesem  Bestreben  ging  ein  Vertrag 
hervor,  zu  dem  er  am  11.  Februar  1340  den  schwachen,  jetzt 
voiy ährigen  Herzog  Waldemar  von  Schleswig  brachte,  sein 
Herzogthum  Schleswig  gegen  des  Grafen  Besitzthömer  in  Nord- 
Jfitland  zu  vertauschen.  Wohlweislich  behielt  Gerhard  sidi 
aber  Schloss  Skanderborg  und  die  Brosharde,  Middelfahrt 
gegenüber,  vor;  so  lagen  seine  Länder  H<dstein,  Schleswig  und 
Fünen  geschlossen  zusammen;  von  der  Elbe  bis  zum  grossen 
Belt  erstreckte  sich  ununterbrochen  seine  Herrsdiaft  *). 

Nur  mit  Widerstreben  hatte  der  schleswiger  Herzog  in 
diesen  Vertrag  gewilligt;  völlig  müde  war  er  der  Herrschaft, 
die  der  überlegene  Mann  über  ihn  übte.  Im  Bunde  mit  däni- 
schen Grossen  liess  er  sich  in  Unterhandlungen  mit  dem  Bran- 


1)  SUvenhagen,  Beschreibg  d.  Sudt  Anklam  S.  366;  (Jesterding,  Pommer- 
sches  Magazin  II,  p.  83. 

S)  Riedel,  Cod.  dipl.  Brandb.,  2.  Hauptth.  II,  n.  749. 
3)  UrkdenBmmlg  II,  S.  194. 


denbuxgiBr  und  semem  Schfltsdiage  ein,  um  D&nemark  einen 
Kiteig  wiedenrogebeo  ^). 

Audi  in  Noid-JOtlgnd  erhob  8ic;h  Widerstand  gegen  diese 
neue  Abmacliung.  Gerbard  batte  es  schiverlicb  anders  er- 
wartet; er  hiett  sebon  ein  Heer  rheinischer  und  westftlischer 
SQldBor  bereit;  wn  10^000  Haan  wird  gesprochen.  Wie  ge- 
irahDliGh  war  er  siegreiek  Da  geschah  am  1.  April  1340  eine 
Hat,  die  tief  umgestaltend  in  das  Schicksal  dieser  Lande  ein- 
fjtgnBm  hat.  Gerhard  war  erkrankt  und  musste  das  Bett 
ktten;  unter  dem  Schutze  seiner  Söldner  lag  er  in  Randers. 
Da  drang  ein  edler  Jute,  Niels  Ebbeeon,^  der  vom  Grafen  per- 
italich  Terletat  war,  mit  60  Genossen  in  den  Ort  und  erschlug 
aeinai  und  setaeB  Landes  Feind*),  lieber  die  Massen  ist  das 
Verdienst  des  kühn^  Mörders  von  seinen  Landsleuten  ge- 
priesen worden;  noch  vor  wenigen  Jahrzehnten  hat  man  in 
Jütland  daran  gedacht,  ihm  ein  Denkmal  zu  setzen');  gewiss 
ist,  dass  seine  That  eine  ausserordentliche  historische  Be- 
deutung hat  und  dass  daher  die  Geschichte  jener  Lande  seinen 
Namen  für  alle  Zeiten  bewahren  wird.  Dass  man  gleichzeitig 
in  den  Herzogthttmem  damit  umging,  in  Rendsburg  Gerhard 
dem  Grossen  ein  Denkmal  zu  errichten,  zeigt,  wie  scharf  der  * 
Gegensatz  der  Nationalitäten  sich  zugespitzt  hatte  ^).  Der  dem 
einen  Volke  ein  harter,  gefährlicher  Bedränger  erschien,  den 
aas  dem  Wege  geräumt  zu  haben  als  ein  hohes  Verdienst  an- 


1)  Detmar  sa  1840,  S.  Si5;  Hvitfeldt  I,  S.  467.  Urkdensmmlg  II,  S.  203 
oben  (▼om  2S.  Juni  1840)  itt  von  einer  Fehde  zwischen  Herzog  Waldemar 
Qod  Graf  Oerfaard  mit  seinen  Söhnen  und  von  den  Gefangenen  die  Rede. 

S)  Detmar  zu  1840;  Langeb.  II,  p.  392  and  VI,  p.  524. 

3)  Frofesaor  Veltcbow  regte  1839  dazn  an,  vgl.  Danslc  Folkeblad  5.  Jahrg., 
n.  8  n.  6 ;  C.  Palndan-Mfiller  rieth  ab  in  seiner  Schrift :  Er  Oprettelsen  af  et 
Hsdersminde  for  Niels  Ebbeson  tilraadelig?  Odense  1839.  Thorraldsen  .soll 
ieine  Hälfe  zugesagt  haben.  —  In  Randers  erschien  1839  im  Zusammenhang 
mit  diesen  Bestrebungen:  Efterretninger  om  Niels  Ebbeson  og  hans  Daad  under 
GreTens-Feide  1340.     Af  Chr.  Olsen. 

4)  Schi.  Holst  Lauenbg.  Archiv  von  Falk  II,  S.  422  und  463  ff. 


126  ^'    DIn«iiuurk  anter  deotselian  Elnflnis  1S19 — 1840. 

gerechnet  wurde,  war  dem  andern  ein  nationaler  Held.  TJn 
in  der  That  wird  der  Schleswig-Holsteiner  stets  dem  „grosse 
Grafen^^  ein  dankbares  Andehkai  bewahren  müssen,  denn  „e 
hat  seiner  kleinen  Graiischaft  dne  Bedeutung  gegeben,  wie  si 
ihr  doch  unter  keinem  seiner  Vorgänger  bdwoitnte,  er  hat  de 
Ausbreitung  des  deutschen  Elementes  im  Nord^  und  zunftd» 
iin  Herzogthum  krftftig  Vorschub  geleistet,  er  hat  den  Gruni 
zu  der  Vereinigung  Holsteins  und  Schleswigs  gelegt^  >).  Ger 
hard  ist  zu  bald  dahingerafft ,  er  war  noch  nicht  50  Jahr  ah 
um  in  seinen  Bestrebimgen  Aber  das  Stadram  des  Kampf» 
und  der  Gewalt  hinauszukommen ;  hätte  er  lange  genug  gdebt 
um  das  oiganisatorische  Talent,  das  er  unzwdfelhaft  besass 
entfalten  zu  kennen,  cfie  Geschichte  der  nordalbingiscfaen  Landi 
mlk^te  leicht  eine  andere  Wendung  g^iommen  haben. 

1)  Waitt,  Scbleswig-Holsteint  Geschichte  S.  «28. 


L  Die  eraten  iwansdg  Jahre  Waldemar  Atterdags. 

Geriianis  Tod  (tflhete  Waldemar  den  Weg  auf  den  Thron 
iier  Vftter.  Der  erste  Schritt  war  nicht  allzuschwierig.  Weit 
riireitet  war  in  Dftnemark  die  Unzufriedenheit  über  Herr- 
bft  und  Druck  der  Ausländer;  einem  nationalen  König  waren 
Ureiche  Sympathien  gewiss.  Und  wie  in  Dänemark  selbst, 
I  wurde  auch  in  manchem  Nachbarlande  eine  Wiederherstellung 
ar  alten  Ordnung,  eine  Wiederaufrichtung  des  Königthums 
it  Freuden  begrOsst.  Nicht  bloss  Herzog  Waldemar  von 
ddeswig,  auch  andere  Fürsten,  selbst  der  Vetter  Johann  in 
id>),  sahen  nur  ungern  die  Macht  Gerhards  immer  höher 
dgen.  Aehnliche  Gefhhle  herrschten  in  den  wendischen  Städ- 
i;  allmählich  wieder  gekräftigt  und  neu  geeinigt,  fingen  sie 
I,  das  Gewicht  früherer  Jahre  in  der  Politik  jener  Lande 
Wer  zu  behaupten.  Nach  Gerhards  Tode  hatten  sie  dop- 
iten  Grund,  für  die  Befestigung  geordneter  Zustände  und 
Her  gesicherten  und  doch  sie  selbst  nicht  bedrohenden  Re- 
enragsgewalt  in  Dänemark  zu  wirken.  Denn  mit  dem  grossen 
rafen  war  die  starke  Hand  ins  Grab  gesunken,  die  den  tiber- 
üthigen  Adel  noch  einigermasscn  in  Zucht  gehalten  hatte. 
)l)ne  Zwang  und  ohne  Steuer  waren  die  Holsten  nach  dem 
>de  des  tapfem,  tugendreichen  Grafen  Gerd;  zu  Wasser  und 


])  De  marcgreve  unde  de  hertoghe  Woldemer  droghen  do  overeDf  dat  se 
Mcn  den  Woldemere ,  eren  swAgher ,  bringhen  in  sinea  Ttders  rike.  DriIo 
'  kin  veddere,  greve  Johan  van  Holsten  en  vorderere ,  Detmar  xn  1340, 
U7. 


128  ^I*    ^I«  ersten  iwaniig  Jahre 

ZU  Lande  tbaten  sie  den  Kaufleuten  manchen  grossen  Schaden; 
unwillig  ertrugen  das  die  Städte"^).  —  So  herrschte  überall 
jene  Stimmung,  von  der  Detmar  berichtet,  dass  sie  auch  dem 
Grafen  Gerhard  nicht  unbekannt  war:  „Auch  hörte  der  Graf 
damals  wohl,  dass  viele  Herren  und  Städte  gern  einen  König 
im  Lande  gesehen  hätten  um  des  Friedens  willen,  der  noth 
war,  sowohl  zu  Lande  wie  zu  Wasser"*). 

Drei  Söhne  hatte  Gerhard  hinterlassen,  doch  nur  die  ba- 
den älteren,  Heinrich  und  Klaua  f(dgten  in  der  Bogierung. 
Beide  standen  noch  in  jugendlichem  Alter.  Sodien  hatte 
Heinrich  das  20.  Lebensjahr  überschritten,  Klaus  war  dem- 
selben nahe.  Sie  haben  später  bewiesen,  dass  ^e  des  Vaters 
nicht  unwürdig  waren,  vor  Allem  in  der  Führung  der  Waffen. 
Dass  in  Waldemar  ihr  gefährlichster  (xogncr  stecke,  scheinen 
sie  damals  noch  nicht  erkannt  zu  haben;  weidgstens  haben 
sie  sich  seiner  allgemein  gewünschten  Einführung  ins  fteidi 
nicht  widersetzt.  Schon  drei  Wochen  nach  dem  blutigen  Tode 
des  Vaters  in  Randers,  am  22.  April  1340,  einigten  sie  und 
Waldemar  von  Schleswig ')  sich  in  einem  zu  Spandau  abge- 
schlossenen Vertrage  unter  Vermittlung  des  Markgrafen,  des 
Herzogs  Albert  von  Sachsen  und  Johanns  von  Kiel  mit  Junker 
Waldemar  über  dessen  Anerkennung  als  König  ^);  der  geÜEUi- 
gene  Otto  sollte  freigelassen  werden,  aber  der  K&iigskrone 
entsagen.  Welche  Gründe  bewogen  haben,  den  näher  Berech- 
tigten zu  übergehen,  ist  nicht  klar  zu  erkennen.  Doch  ist 
das  Verfahren  nicht  ohne  Seitenstück  in  der  Geschichte  der 
dänischen  Thronfolge. 


1)  Detmmr  so  1S40,  S.  249. 

2)  ebd.  S.  245. 

3)  Der  Verdacht  der  Sohne  Gerhards  gegen  Hersog  Waldemar  als  angeb- 
Uchen  Mitwisser  der  Unthat  und  ihr  Unwille  gegen  ihn,  wovon  Detnar  zum 
Jahre  1S40  (S.  247)  ersählt,  hat  sie  nicht  gehindert,  mit  dem  Feinde  rasch 
eine  gatliche  Einigung  zu  suchen.     Vgl.  LUb.  Urkd.  III,  n.  95. 

4)  Anualer  for  norüisk  Oldkyndighed  og  Historie  1860,  S.  37  7  ff. 


Waia«ii«r  Atterdags.  129 

• 

Im  Mai  endiien  der  Markgraf  mit  dem  jungen  Walde- 
Bar  in  Lübeck.  J)9l  waim  zu  der  Zeit  der  Fürsten,  der 
Gmien  und  Landesherren  viele  mit  ihren  Mannen^^  ^).  Auch 
der  Heraog  von  Sdileswig  und  die  holsteinischen  Grafen  waren 
eiMhienen.  Endgültig  wurden  hier  durch  Verträge  die  däni- 
schen Verhältnisse  geordnet  *)  und  zwar  wesentlich  auf  Grund- 
lage des  bestehenden,  durch  die  Abtretung  Schleswigs  an  Graf 
Oertiard  herbeigeführten  Besitzstandes.  Heilwig,  die  Schwester 
Henog  Waidemars,  verlobte  man  dem  jungen  König.  Ihre 
Mitgift  von  24000  Mark  sollte  von  den  100000  Mark  abge- 
rechnet werden,  f&r  die  Fünen  und  Nord-Jütland  1332  dem 
Grata  Gerhard  verpfiEüidet  word^  waren.  Jenes  blieb  in  den 
Binden  der  Söhne  Gerhards,  Nord-Jütland  erhielt  Herzog 
WiMemar,  dessen  Herzogthum  Schleswig  dem  mit  dem  Vater 
abgeschlossenen  Vertrage  gemäss  ebenfalls  Heinrich  und  Klaus 
zufiel.  Dem  König  selbst  trat  Herzog  Waldemar  für  jene 
2400O  Mark  die  nördlichsten  Distrikte  Jütlands  ab,  Aalborg 
■it  Zubehör :  den  Vend-,  Himmer-,  Thydsyssel  und  die  Hane- 
liarde,  mit  einigen  wenigen  Besitzungen  auf  Seeland  und  des- 
sea  Nd[)eninseln  die  Basis,  auf  der  die  königliche  Macht  sich 
lofbanen  sollte.  Der  König,  der  Herzog  und  die  holsteini- 
schen Grafen  gaben  sich  das  Versprechen  gegenseitiger  Kriegs- 
hflUe.  Deutlich  genug  zeigen  diese  Abmachungen,  dass  Qer- 
bards  Erfolge  nicht  auf  zwei  Augen  standen;  sie  waren  fest 
genug  begründet,  um  den  Uebergang  des  Regiments  an  Jugend- 
liebe Nachfolger  zu  ertragen. 

Aber  andererseits  war  die  Lage  Dänemarks  doch  zu  un- 
natürlich, um  von  langer  Dauer  zu  sein.  Ein  kräftiger,  seiner 
Würde  bewusster  König  konnte  und  durfte  sich  nicht  mit 
einer  Machtsphäre  begnügen,  die  ihm  in  seinem  eigenen  Lande 
nicht  die  zweite  oder  dritte,  nein  kaum  die  vierte  oder  fünfte 


1>  Detmar  zn  1840,  S.  247. 

a)  Urkd«iiniiinlg  U,  S.  108  nnd  198,  am  19.  und  21.  Mai. 
Sehifer.  IH«  HaaiMtldto.  9 


130  VI.    Di«  erateo  Ewaaig  Jahre 

Stelle  anwies.  Waldemur  war  nicht  der  Mann,  sidi  niUg  zu 
fügen,  um  so  mehr  als  die  Wünsche  zahlreicher  Männer  seines 
Volkes  ihm  entg^en  kamen.  „Von  Lübeck'',  erzäl]Jt  Detmar, 
„brachte  der  Herzog  den  König  nach  Sonderburg  auf  Alseo, 
dort  heiratete  er  seine  Schwester.  Nach  der  Hochzeit  führte 
er  ihn  nach  Wiborg  auf  die  Landes-  und  Gerichtsyersanun- 
lung.  Da  empfing  ihn  das  ganze  Land  (dat  mm%  land)  als 
König,  und  hofiFten  damals  Alle,  dass  „sie  frei  werden  sollte 
vom  schweren  Druck  der  Holsten"  ^). 

Gerade  in  Jütland  tobte  noch  der  Kampf.  Um  Niels 
Ebbeson,  den  verwegenen  Mörder  Gerhards,  hatte  sich  ein 
umfassender  Widerstand  organisirt;  Adel  und  Bauern  kämpf- 
ten gemeinschaftlich  gegen  die  holsteinischen  Grafen').  Wal- 
demar  hat  nicht  sogleich  in  diese  Bewegung  eingegriffen.  Das 
Jahr  1340  ist  vorüberg^angen ,  ohne  dass  das  gute  Einver- 
nehmen zwischen  ihm  und  den  Grafen  gestört  wurde.  Den 
lübecker  Verabredungen  gemäss  sollten  die  vertriebenen  oder 
landesflüchtigen  Anhänger  des  Königs  zurückkehren,  ihrer  alten 
Rechte  und  Besitzungen  geniessen  dürfen.  Andererseits  er- 
liess  Waldemar  am  6.  Januar  1341  zu  Boeskilde  eine  Amnestie 
für  Alle,  die  Etwas  gegen  seine  Familie  unternommen  hatten ; 
sie  sämmtlich  sollten  in  ihrem  Stande  ukid  Rechte  bleiben'). 
Wenige  Tage  darauf  (am  8.  Januar)  sprach  er  den  Grafen 
Fünen  erblich  zu,  wenn  er  selbst  unbeerbt  sterben  sollte^). 
Aber  das  sind  auch  die  letzten  Zeichen  eines  friedlichen  Var- 
hältnisses.  Kurze  Zeit  darnach,  wir  wissen  nicht  genau  wann, 
muss  der  Kampf  zwischen  den  beiden  natürlichen  Gegnern 
entbrannt  sein. 

Der  Vortheil  war  zunächst  entschieden  auf  Seite  der  hol- 


1)  Detmar,  a.  a.  O. 

2)  Detmar  zu  1340,  8.247  u.  248. 

3)  HvitfeKlt  I,  477. 

4)  Urkdsmmig  11,  S.  105. 


steiiriBcbm  Grafim.  Besondere  der  ältere  von  ihnen,  der  „eiseme 

Heinridi'*,  stead  an  kriegeriseher  Tüchtigkeit  und  rQcksichts- 

ksar  EntschloBseiiheit  seinem  Vater  nicht  nach.     Die  Feind- 

idigkeiteB  hatten  sie,  wie  es  scheint,  damit  eröfihet,  dass  sie 

mk  auf  der  Insel  ArrOe  durch  ein^  plötzlichen  Ueberfell 

im  ^nags  Waldemar  yon  Schleswig  bemächtigten  wid  ihn 

üdi  Nyborg  aaf  Fünen  führten,  wo  er  zwei  Jahre  gefangen 

Hieb').    Ein  Versuch  des  Königs,    durch  Vermittlung   des 

Orden  Jdiaaii   das  wichtige  Wordingborg  auf  Seeland  von 

Mnem  holsteinischen  Inhaber  wieder  einzulösen,  missglCtokte 

glBiUch. '  Jede  Kirche  li^rte  dazu  einen  Kelch;  Waldemar 

bnchte  auch  die  erste  Rate  glüddich  zusammen.    Da  er  aber 

die  späteren  Zahlungstermine  nicht  einhalten  konnte,  bOsste 

er  das  erste  Geld  nutzlos  ein ;  seine  deutschen  Söldner,  Baiem 

nd  Schwaben,  durch  die  Verbindung  mit  dem  Kaiser  und 

im  Markgraf^  ins  Bdch  gekommen,  erhielten   ihre  Dienste 

Bit  den  geweihten  Gtefitssen  bezahlt*).    Auch  der  Angriff  auf 

KtUundborg,  ein  Hauptnest  der  adligen  Piraten,  misslang; 

Graf  Heinrich  eilte  herbei  und  schlug  die  Dänen  gänzlich '). 

Ib  Jfttland  kämpften  Bauern  und  Adel  (bundere  imde  hove- 

Tolk)  veiig^lich  gegen  die  holsteinischen  Herren;  Niels  Ebbe- 

MB  erlag  mit  zweien  s^ner  Brüder  und  angeblich  mehr  denn 

220O  Dänen  den  Waffen  der  Holsteiner  ^). 

Eingedenk  seiner  alten  dänischen  Sympathien  und  seiner 
FiffersQcht  gegen  die  rendsburger  Linie  stand  Graf  Johann 
nm  Kiel  in  dieser  Fehde  auf  Seiten  des  Königs.    Auf  Seite 


1)  Detnuur  sa  IUI,  S.  S49. 

1)  LangBb.  VI,  524  la  1340  o.  41;  Dcftmar  tu  1341 ,  S.  SSO.  Nicht  ans 
Jobain»  HAnd«!  war  Wordingborg  su  erlösen,  wie  Dahlmann  I,  490  ff.  will, 
tondem  ein  Waldemar  feindlicher  Holsteiiier  hatte  Wordingborg  in  BesiU, 
Marqitard  toh  Schone  (wahrscheinlich  Stove  sa  lesen),  Langeb.  VI,  524  su 
1S4S. 

3)  Detmar  zu  1341,  S.  S50  ff. 

4)  Detnuu-  so  1840,  8.248;  Langeb.  VI,  524  su  1342.  Ueber  die  Zeit 
▼fL  ScbAfer,  dln.  Annalen  n.  Chroniken  S.  82. 

9» 


132  ^-    ^^  «ntan  nwuaäg  Jahre 

des  Königs  stellte  sieb  auch  ein  neuer  Bundeagenoflse,  der  in 
den  Kämpfen  der  letzten  Jahrzehnte  ganz  zurddcgetreten  war 
-^  die  wendischen  Städte. 

Nicht  in  letzter  Linie  hatte  bei  den  in  seinen  Mauern 
geführten  Verhandlungen  Lübeck  mitgewirkt,  Waldemar  md 
damit ,  wie  es  hoffte,  ein  Gegengewicht  gegen  die  Hdlsteiner 
und  ihren  Adel,  eine  Stütze  des  Land-  und  Seefriedais,  ins 
Reich  zurückzuführen.  Die  Privilegien,  die  der  neue  Ktai^; 
und  sein  naher  Verwandter,  der  deutsche  Kaiser,  in  jeaeD 
Tagen  gewährt  hatten,  bezeugen  das  ^).  Aber  diese  Privüegiefi 
nützten  Nichts,  so  lange  keine  anerkannte  Macht  im  Lande 
war,  die  über  deren  Beobachtung  wachen  konnte,  so  lange  Wal- 
demar nicht  Herr  war  im  eigenen  Beiche. 

So  sind  denn  die  Städte  weiter  gegangen  auf  dem  betre- 
tenen Wege,  haben  sich  Waldemar  und  dem  Grafen  Johann 
angeschlossen,  um  der  adligen  Seeräuber  ledig  zu  werden.  Am 
15.  Juli  1341  versprach  der  König  von  Dän^nark  im  Lager 
vor  Kallundborg  den  wendischen  Städten  (Lübeck,  Wismar^ 
Rostode,  Stralsund  und  Greifswald),  zu  helfen  gegen  Jeder- 
mann, der  sie  anfeinden  würde,  weil  sie  ihm  ihre  Schiffe  ge- 
sendet hätten  zur  Unterdrückung  der  „piratae^^  und  „spolia- 
tores/^  Zehn  Tage  darauf  sagt  Johann  von  Hdstein,  „auf 
dessen  Bitten  die  Städte  die  Schiffe  geschickt  hab^^,  gleidie 
Hülfe  zu^).  Es  ist  eine  eigenthümliche  Kombination:  Holstei- 
ner stehen  gegen  Holsteiner,  die  deutschen  Städte  sind  dem 
dänischen  Könige  verbunden.  Nationale  Gründe  sind  es  nicht, 
die  als  die  massgebenden  erscheinen.  Für  die  Städte  sind  es 
die  Interessen  des  Verkehrs,  welche  die  Grundlage  werden 
sollten  eines  Einflusses  im  Norden  grösser,  als  ihn  die  Poli- 
tik deutscher  Fürsten  jemals  zu  erringen  im  Stande  gewe- 
sen ist. 


1)  Lab.  Irkdb.  II.  n.  703  u.  704;  UrkdI.  Gesch.  II,  S.  361  (fflr  Lfibeck 
und  Stralsund). 

S)  Lttb.  Urkdb.  U,  n.  7Si  u.  726 ;  D«tmar  su  1841,  S.  160. 


WfddtMT  Attordagi.  183 

^Um  äD  jener  Noth,  Raub,  Gewalt,  Mord,  Ungerechtigkeit 
md  lüMmWifaltigeP  Sdiadeiis  willen,  zehn  mal  so  viel  an  uns 
fwttbt  als  in  diesem  Schadenverzeichniss  geschrieben  steht, 
beriethen  wir  ans  mit  den  andern  Seestädten  und  rüsteten 
ottore  Koggen  ana  zugleich  mit  den  ihren  mit  wehrhafter 
Ifaumsdiaft,  den  erwähnten  Räubern  und  ihren  Hdfem,  die 
ms  diesen  vielfachen  Schaden  gethan  hatten ,  Widerstand  zu 
kisten^,  so  erzählt  später  Lübeck  in  seiner  Beschwerdeschrift 
gogn  die  Grafen.  Eine  der. Koggen  kam  nach  Kallundboi^; 
sie  lig  dort,  als  Heinrich  der  Eiserne  die  Dänen  angriff 
nd  sddug.  Noch  war  Friede  zwischen  den  Städten  und  den 
Gnto;  nur  den  Dienern  der  Letzteren,  den  adligen  Seeräu- 
bern, sollten  die  Bflstungen  jener  gelten.  Dessungeachtet  ging 
Heinrich  unmittelbar  nach  dem  Siege  zum  Angriff  auf  die  Lü- 
beeker  über.  Die  genommenen  dänischen  Schiffe  wurden  be- 
mannt, mit  ihnen  dann  die  lübecker  Kogge  angegriffen  und 
erob^t.  Unvericennbar  offenbarte  sich  eine  besondere  Erbitte- 
nag  gegen  die  Städtischen:  „Graf  Heinrich  erschlug  einen 
Tbeil  der  Bürger,  die  auf  der  Kogge  waren,  einen  Theil  fing 
er.  Die  Ge&mgenen  liess  er  umhertreiben  und  hart  mit  Stö- 
cken schlagen  *),  liess  sie  draussen  liegen  wie  Vieh.  Kein 
Ende  war  der  schnöden,  losen,  unzüchtigen  Worte,  die  man 
den  Gefemgenen  zu  hören  gab,  und  ein  Theil  von  ihnen  wurde 
noch  todtgeschlagen,  als  sie  sich  sch<m  ergeben  hatten^'  ^). 

Nur  ungern  haben  von  jeher  die  Städte  das  Schwert  ge- 
logen ;  besonders  Lübeck  war  in  seiner  Politik  gewohnt,  mehr 
durch  die  Diplomatie  als  durch  Waffen  zu  erreichen.  Auch 
nadi  dem  Kallundborger  Ueberfalle  hat  man  sich  nicht  ent- 
sddossen,  den  Grafen  den  Krieg  zu  erklären.    Die  Niederlage 

1)  I>e  Tangenen  leth  he  ammedriven  unde  mit  sUken  sere  slAOf  yielleicht 
liiM  bestimmte  Art  der  Peinignog,  etwa  umtreiben  um  einen  Pfahl,  an  den  der 
Gepeinigte  gebunden  w»r.  Wenn  auch  nicht  lachlich,  50  doch  der  Bedentung 
nach  ist  das  Verfahren  wohl  dem  SpiessnUhenlanfen  an  Terglekhen. 

S)  Lftb.  Urkdb.  U,  8.  70S ;  Detmar  su  ISil,  8.  S60ff. 


134  VL    Dk  eralfD  swaaifg  Jahre 

der  Dänen  rietb  ob^drdn  davon  ab.  Am  2.  Septamber  1341 
kam  es,  nocb  vor  Kallundborg,  zu  einem  Vergleich  miter  den 
Parteien,  der  die  definitive  B^;elttng  des  Friedens  auf  eine 
Zusammenkunft  in  Roeskilde  am  15.  Sqitember  verschob  ^). 

Wir  wissen  nicht,  ob  diese  Zusammenkunft  stattgefiiiidei 
hat.  Detmar  erzählt^),  dass  durch  Herzog  Albert  s<m  Sadir 
sen  und  Johann  von  Holstein  ein  Stillstand  bis  Pfingsten  Bächr 
sten  Jahres  herbeigeführt  worden  sei.  Inzwischen  ruhten  die 
Städte  nicht  in  Verfolgung  ihres  Zieles  gegen  den  raubloati- 
gen  holsteinischen  Adel.  „Während  des  W^affenstillstandes 
sannen  die  von  Lübeck  und  die  vcm  Hamburg,  wie  sie  ilure 
Sache  gegen  die  Holsten  fi)rdem  könnt^^'').  Beide  Städte 
schlössen  am  22.  November  1341  ein  Bündniss  gegen  die  Krimi- 
mendiek  und  ihre  Helfer^).  Graf  Johann  stand  ihnen  zur 
Seite,  lieferte  ihnen  sogar  Segeberg  aus  und  verband  sich  aa 
17.  Februar  1342  mit  der  Stadt  Lübeck  zu  ihrem  und  dtes 
Königs  von  Dänemark  Schutze^).  Heinrich  und  Klaus  aber 
unterstützten  ihre  räuberischen  Mannen,  „vored^hedingheden 
erer  manne  unrechticheit.^^  Mit  dem  genommenen  Koggen  lief 
Graf  Heinrich  selbst  gegen  die  Städter  aus.  Klagten  diese 
über  die  Adligen,  so  erklärten  die  Herren,  sie  hätten  nicht 
genug  Macht  über  ihre  Mannen,  sie  zu  rechtlichem  Austrage 
anzuhalten  und  zur  Schadloshaltung  zu  bew^en.  „Daraus^, 
erklärt  Lübeck  später,  ,4st  fast  aller  Zwist  und  Krieg  entstan« 
den  bis  auf  den  heutigen  Tag"*). 

So  lief  die  Frist  ab,  ohne  dass  der  Friede  geschlossen 
war;  den  Städten  blieb  nichts  übrig-,  als  offen  an  der  Fehde 


1)  Hvitfeldt  I,  479.     Vgl.  dazu  Suhm  XIII,  S4.    H.  B.  I,  S.  63  u.  66  ist 
irrthümlich  der  29.  Sept.  angegeben. 
8)  Zu  1841,  S.  262. 

3)  Detmar,  a.  a.  O. 

4)  Lttb.  Urkdb.  U,  n.  732;  Urkdl.  Qt»ch.  U,  S.  368. 

5)  Lttb.  Urkdb.  U,  n.  734;  Detmar  su  1341,  S  251. 

6)  Lttb.  Urkdb.  II,  8.  706. 


WtliliMir  Attardag».  135 

tMlttndimeD.  Anf  Seite  der  holsteinischeD  Grafen  war  Kö- 
■ig  Migniis  von  Schweden  getreten,  wahrscheinlich  besorgt 
im  seiae  nene  Protinz.  Denn  obgleich  Waldemar  am  3.  Jan. 
1341  zu  HdsiBgborg  ^)  den  Handel  zwischen  Johann  und  Mag- 
ills «nerkaimt  und  Schonen  abgetreten  hatte,  so  konnte  ein 
SteigeD  seiner  Macht  ihn  doch  leicht  auf  andere  Gedanken 
tnriBgen;  hatte  ihn  doch  bei  der  Belagerung  Kaliundborgs  der 
Eixbiscbof  YOB  Lund  mit  Schiffen  und  Mannschaft  unterstützt. 
Ii  Sebonen  und  an  andern  Orten  liess  Magnus  die  Städte  ihre 
FramdBchaft  flUr  Waldemar  büssen.  Andererseits  hatten  sich 
die  LBbecker  an  den  Kaiser  und  den  brandenburger  Mark- 
gnka  um  Hfilfe  gewandt.  Kriegslustige  Söldner  gab  es  in 
Menge,  und  so  erschienen  denn  bald  kaiserliche  HaupÜeute 
mit  ihrrai  Schaaren  im  Norden:  Baiem,  Schwaben,  Märkei". 
Verwüstend  durchzog  der  Marschall  des  Königs  von  Däne- 
oark,  Friedrich  von  Lochen,  das  holsteinische  Land  bis  über 
die  Eider,  während  die  Grafen  ihrerseits  Segeberg  überfielen 
mid  zwei  Mal  vor  Lübeck  erschienen.  Sie  hatten  den  Heer- 
bann des  Landes  aufgeboten')  und  fanden  in  ihrer  Noth  eine 
Stütze  an  Graf  Johann,  der  sich  jetzt  auf  ihre  Seite  neigte; 
nGraf  Heinrich  hatte  seinen  Vetter  zu  sich  herübergezc^en/^ 
Am  26.  Juni  schlug  dann  Friedrich  von  Lochen,  der  nach  See* 
land  hinübergegangen  war,  „wo  er  dem  Könige  besser  helfen 
konnte  g^en  die  Holsteiner^\  diese  und  die  Schweden  bei 
Kopenhagen').  Tapfer  halfen  ihm  die  deutschen  Kaufleute, 
die,  aus  Schonen  vertrieben,  zahlreich  nach  Seeland,  beson- 
ders nach  Kopenhagen  gekommen  waren,  wo  Waldemar  „den 
Kaufmann  gern  hatte  zum  Häring£ange^^  Zum  zweiten  Male 
zogen  dann  König  Waldemar  und  sein  Marschall  vor  Kallund- 

1)  Ragest»  diplomatie«  historiAe  Danicae  n.  StOS. 

t)  Lftb.  Crkdb.  U,  n.  7iS-- 746,  UI,  n.  97  a.  98. 

S)  Am  17.  Jan.  1841  räunto  der  Bisehof  von  BoeskUde  Waldemar  Stadt 
■ad  Sehloss  Kopenhagen  ein  bis  smn  6.  Deo.  18iS ;  am  91.  Nov.  1860  wurde 
Bildes  Waldemar  gans  ftberlasseo,  Sahm  18,  96  u.  987. 


136  ^^    ^^  tnlWBL  swMiiig  Jahre 

borg.  Aber  gleichzeitig  litt  Lübeck  schwer  durch  die  Menge 
der  fremden  Söldner,  welche  die  Stadt  auf  üire  Kosten  er^ 
halten  musste.  „Und  es  gab  darunter,  die  den  Holsten  woU 
geneigt  waren,  wie  später  offenbar  wurde.  Sie  lagen  wohl 
zwei  Monate  und  zogen  kaum  zwei  Mal  aus  gegen  dm  Feind^^  ^X 
So  waren  beide  Theile  dem  Frieden  nicht  abgeneigt  Die 
Grafen  sandten  Boten  vor  die  Stadt,  „zu  einem  Vergleich  xa 
kommen^S  Sie  fanden  williges  Gehör  bei  den  Führern  des 
markgräflichen  Heeres,  Graf  Günther  von  Schwarzburg,  Hein- 
rieb  von  Reischach  und  Johann  vcm  Buch,  die  ihnen  gCknstig 
gesinnt  waren.  „Mit  Drohungen  setzten  diese  der  Stadt  und 
dem  Bathe  so  lange  zu,  bis  beide  die  Sache  ihnen  zur  Yer* 
mittlung  übergaben.^'  Am  13.  October  wurde  von  den  Ge* 
sandten  der  6  Städte  Lübeck,  Hamburg,  Rostock,  Wismiai^ 
Stralsund  und  Greifswald  mit  den  holsteinischen  Grafen  ver- 
einbart, dass  beide  Parteien  am  6.  December  in  Rostock  ihre 
Beschwerdeschriften  einreichen  und  ebendaselbst  am  6.  Januar 
1343  die  Entscheidung  erwarten  sollten.  Die  Könige  von 
Dänemark  und  Schweden  wurden  mit  eingeschlossen  in  dm 
Vertragt).  Die  von  den  Städten  in  Rostock  übergd>eBen 
Klagen  besitzen  wir  noch,  ein  langes  Sündenregister  adliger 
Unthaten  3);  die  Gegenbeschwerden  der  Holsteiner  und  Schwe- 
den sind  uns  nicht  bekannt.  Statt  zu  Rostock  kamen  die 
Schiedsrichter  am  6.  Jan.  1343  zu  Stralsund  zusammen,  aber 
ohne  dass  eine  Entscheidung  getrofifen  worden  wäre^).    Auch 


1)  Detmar  zu  1S42,  S.  253 ff.;  Langeb.  VI,  p.  5S4;  Lfib.  Urkdb.  II» 
n.  740  und  1078;  Snhm  XIU,  50  ff.;  UrkdI.  Oeseh.  II,  8.  870  a.  871. 

8)  Lüb.  Urkdb.  U,  n.  7&0~7Ö8. 

8)  ebd.  U,  n.  755,  756,  758,  759,  III,  n.  100,  IV,  n.  88. 

4)  Ein  gewinses  Licht  auf  diese  Verhandlungen  wie  auf  das  ganse  Ver- 
bältniss  Dänemarks  zu  Schweden  wirft  die  Behauptung  des  bekanntaii  Biachoft 
von  Linköping,  Johann  Brask,  der  1588  nachsuweisen  suchte,  dass  Schonen 
etc.  zu  Schweden  gehörten.  Er  berief  sich  dabei  u.  A.  auf  eine  Urkunde  Tom 
6.  Jan.  1848  (octava  Johannis  ap.  et  ev.),  nach  welcher  Waldemar  Sftd-Hal- 
land   nebst  der   Bierga  und   Norra-Asboo-Harde  in  Schonen  an  Magnus  von 


oie  ^ätcfe  Veraaminlnng  in  Bestock  führte  zu  keinem  Be- 
sdlat  A]0  daniif  des  Markgrafen  Hofmeister,  Heinrich  von 
Mschach,  starb,  steQte  da»  Schiedsgericht  seine  Thätigkeit 
gUE  eiiL 

'  Inxwisehen  hörten  die  Feindseligkeiten  nicht  auf;  beson- 
den  auf  Seeland  kämpften  im  Laufe  des  Jahres  1348  Dänen 
md  Hdstemar  heftig  mit  einander.  Doch  stellten  die  sechs 
Slidte  endlich  am  17.  Juli  1343  zu  Helsingborg  den  Frieden 
mit  Magnus  vcm  Schweden  wieder  her ,  Lübeck  und  Hamburg 
len^ttmten  sich  am  13.  December  mit  den  holsteinischen  Gra- 
foi.  Nur  der  nach  der  lübecker  Sühne  vom  13.  October  1342 
erlittene  Schaden  sollte  gegenseitig  ersetzt,  die  Städte  aber 
ii  ihren  alten  Bechten  und  Freiheiten  wiederhergestellt  wer- 
deor^).  Auch  unter  den  übrigen  Kriegführenden  ist  es  nicht 
iuge  darnach  zum  Frieden  gekommen,  schon  am  2.  August 
1343  zwischen  Schweden  und  Dänemaric  *),  am  29.  Jan.  1344 
zwiscben  König  Waldemar  und  Graf  Johann  ^),  am  ö.  Februar 
desselben  Jahres  zwischen  Herzog  Waldemar  von  Schleswig 
QBd  den  Grafen  Heinrich  und  Klaus  ^).  Wann  zwischen  diesen 
und  dem  dänischen  Könige  Friede  geschlossen  wurde ,  lehrt  uns 
keine  Urinmde  mehr;  wohl  aber  sehen  wir  schon  am  26.  Au- 
gast  1344  diese  Hauptgegner  in  einem  Bündniss  geeinigt^). 
Hat  das  Eingreifen  in  diesen  Kri^  den  wendischen  Städ- 

8ebv«deB  Terkaiift  habe  för  8000  löfch.  M.  köln.  Gew.  mit  Ziuttimmuug  des 
dlutehtn  BeichtraUi«  wegen  der  schweren  Schuld,  in  die  Waldemar  und  die 
^JitiKhn  Krone  gekommen  durch  Lösung  von  Waidemars  Gefangenschaft;  be- 
sisgelt  sei  die  Urkunde  vom  Markgrafen  Ludwig  von  Brandenburg,  Herzog 
Bogialaw  dem  iielteren  von  Stettin,  Graf  Johann  von  Holstein  und  dem  däni- 
schen Reicharath.     Vgl.  Gustav  1.  registratur  I,  S93. 

1)  Lfib.  Urkdb.  U,  n.  771,  776,  785;  Detmar  su  1343;  Langeb.  VI, 
^  514  au  1343. 

%)  Lftb.  Urkdb.  U,  n.  816 ;  vgl.  Regesta  diplomatic«  historiae  Danicae  I, 
s.  2339—41. 

3)  Urkdammlg  U,  S.  114. 

4)  ebd.  U,  S.  115. 
ft)  ebd.  n,  S.  118. 


188  '^'    ^^  •'•^•■i  twvulg  Jahre 

ten  auch  keine  grossen  direkten  Vortheile  gebracht,  so  kat 
es  doch  nicht  wenig  dazu  beigetragen,  ihre  Stellung  zu  be- 
festigen. Geeinigt  hatten  sie  seit  langer  Zeit  zum  ersten  Mal 
wieder  in  die  nordische  Politik  eingegriffen,  hatten  die  Aner- 
kennung ihrer  verbrieften  Rechte  durchgesetzt  und  mit  Etft- 
schlossenheit  und  nicht  ohne  Erfolg  die  Sicherheit  der  Strae- 
sen  zu  Wasser  und  zu  Lande  verfochten.  Dies  letztere  Ziri 
blieb  auch  hinfort  der  Gegenstand  ihrer  besonderen  Fürsoige. 
Mit  dem  eben  noch  feindlichen  Magnus,  der  ihnen  jetzt  duidi 
Privilegien  seine  Gunst  bewies  0,  schlössen  sie  schon  am 
30.  Mai  1344  ein  Bündniss  zur  Bekämpfung  der  Seeräuber; 
je  sechs  SchiÜe  sollten  dazu  von  beiden  Parteien  gestellt  wer- 
den^). Auch  zu  Lande  gab  ihnen  der  mit  den  holsteinischeD 
Grafen  geschlossene  Vertrag  freie  Hand  gegen  die  adligOD 
Wegelagerer.  „Der  Graf  und  die  Städte  blieben  bei  dem 
Frieden,  den  sie  gelobt  hatten;  aber  der  Herrra  unbändige 
Mannen  hielten  schlecht  Frieden;  Rauben,  Stehlen  und  lieber* 
fall  wurde  eine  gemeine  I^andplage;  Städte  mid  Land  ver- 
armten sehr;  den  jugendlichen  Landesherren  fehlte  die  Kraft, 
dem  Unwesen  zu  steuern ^),^^  so  schildert  Detmar  die  Lage. 
Besonders  die  Strassen  zwischen  Hamburg  und  Lübeck  wur- 
den von  den  adligen  Herren  beunruhigt;  Alster,  Trave  ued 
St«ckenitz  durch  Dämme  für  die  Schiffahrt  unbrauchbar  ge- 

1)  Lttb.  Urkdb.  II,  n.  774  am  9.  Sept  1343  für  Norwegen  an  6  Stidto; 
an  Lübeck  besonders  ebd.  II,  n.  806,  808,  809;  fQr  Anklam  UrkdI.  Gesell. 
II,  S.  374;  wegen  Stralsund  vgl.  ebd.  II,  S.  388.  —  In  der  ersten  Urkoode 
ist  hier  im  Osten  zuerst  von  einer  Hanse  der  Deutseben  die  Rede.  Die  Pri* 
trilegien  werden  ertheilt  ipsis  dritatibns  et  earum  incolis  necnon  unirersis 
mercatoribus  de  hansa  Tentonieornm. 

2)  H.  R.  I,  n.  189. 

8)  Detmar  zu  1348,  S.  Söö:  De  greve  unde  de  stede  bleven  Tort  bi  d«iii^ 
Trede,  de  betöret  was;  over  der  heren  balsturighe  man  beiden  qnadeii  rrede. 
Roven,  stelen,  bodenstulpen  gbemene  wart;  stede  unde  land  voranueden  Mre; 
stures  brak  an  den  kindeschen  landesheren.  Für  „bodenstulpen**  tefaien  mir 
hier  „Ueberfall**  die  beste  kurze  Uebersetzung ;  den  Sinn  deckt  es  wob!  nieht 
vollkommen. 


189 

Mcht.  In  doi  Bidistcii  Jahren  hörte  der  Kampf  mit  dem 
Adel  nicht  ant  Städtiadte  Heeihaufen  lagen  bald  vor  dieser, 
bdd  Yor  lener  Burg,  einsein  unterstützt  von  den  Fürst^. 
Manche  Adlige  achworen  Urfehde  und  entsagten  allen  Feind- 
uMfßuitaiL  Aber  eine  entaeheidende  Niederiage  erlitt  die  hol- 
steiiiaehe  Bitterschaft  erst,  als  sie  sich,  Johann  Hummers- 
btttd  ond  Marquard  von  Westensee  an  der  Spitze,  mit  König 
Waldemur  in  ein  Bflndniss  gegen  die  eigenen  Landesherren 
etalins  und  so  die  holsteinischen  Grafen  selbst  gegen  sich 
ii8  Feld  riet  Das.  Landfriedensbündniss  des  Herzogs  Erich 
voa  Sachsen  mit  den  holsteinischen  Grafen  und  den  Städten 
Hmburg  und  Lübeck  brachte  1349  durch  Zerstörung  zahlrei- 
cher Baobburgen  wesentliche  Besserung^).  Doch  haben  sich 
im  Bdchsten  Jahrzehnt  noch  wiederholt  Städte  und  Fürsten 
za  Landfriedensbündnissen  zusammenthun  müssen,  um  dem 
Uebd  zu  steuern'),  den  in  den  letzten  Kriegen  reich  gewor- 
denen, zügellosen  und  unbotmässigeu  Adel  zu  bändige. 

Während  das  Ansehen  der  Städte  in  diesen  Jahren  stieg, 
gewann  auch  die  Stellung  König  Waidemars.  Für  ihn  bedeu- 
tete es  schon  etwas,  sich  in  dem  Kriege  gegen  seine  über- 
nächtigen Gegner  behauptet  zu  haben.  Wir  sind  leider  nicht 
genau  unterrichtet  über  die  einzehen  Fortschritte,  die  er 
machte,  ab^  doch  genügend,  um  zu  erkennen,  dass  Walde- 
oiar  durch  Klugheit,  Kühnheit  und  Ausdauer  allmählich  die 
Königsmacht  wieder  zu  Ansehen  brachte.     Was  im  Frieden 

1)  Detmar  lu  1S4Ö  und  1S49 ;  LBb.  Urkdb.  II,  n.  S82 ,  841-44,  924, 
M$.    ÜMteU,  Labeck  und  Marqnard  von  Wettenaee. 

2)  186S  Febr.  20  and  27  swiseben  Meklenburg,  Werte,  mekleuborgUche 
Scidle  nad  Lfibeek;  Detmer  berichtet,  das»  mAD  in  dieeem  Jahre  6  Sehlötser 
sentdrt  habe.  1384  Not.  1  swinchen  Sachsen,  Meklenburg  und  den  Städten 
(Üb.  Urkdb.  III,  n.  158  und  818).  —  Die  St&dte  greifen  bei  der  Verfolgung 
der  Raubritter  auch  in  die  Mark  aber ,  Lftb.  Urkdb.  III,  n.  198  und  Detmar 
M  18Ö4,  8.  279.  Vgl.  Lappenbtrg,  tod  den  Schlteem  der  Sachtea-Lauenbg. 
Raabrilter. 


140  ^-    I^  erttoD  vninig  Jahre 

mit  den  Grafen  ausgemacht  war,  wissen  wir  nidit;  im  Osten 
hatte  Waldemar  die  Abtretmig  Schönens  neuerdings  bestäti- 
gen müssen^);  aber  auf  Seeland,  im  Kern  des  Reiches,  brsi- 
tete  sich  seine  Macht  aus.  Theils  durch  Wafiiangewalt,  theils 
durch  Unterhandlung  oder  um  Oeld  kamen  nach  einander  Ko- 
penhagen,  Kallundborg,  Sieborg,  Nestved,  KorsOr,  Wordiii^ 
borg  in  des  Königs  Gewalt ;  „so  ward  des  Königs  Macht  ga&i 
allmählich  grösser  auf  Seeland^,  sagt  Detmar;  1346  beherrschte 
er  die  ganze  Insel*).  Zwei  Jahre  zuYor  hatte  er  die  Noid- 
friesen  unterworfen  und  so  abhängig  gemacht,  wie  sie  nie  zor 
vor  gewesen  waren ').  Auch  Herzog  Waldemar  von  Schleswig 
wusste  er  auf  seiner  Seite  zu  erhalten  und  1345  zu  Zag^ 
Ständnissen  zu  bewegen,  wie  sie  em  Herzog  von  Schleswig 
lange  nicht  mehr  einem  dänischen  Könige  gemacht  hatte  ^). 
Die  Anhänger  der  Grafen  aber,  die  in  ihrem  Dienst  zu  Be* 
sitz  und  Ehren  gekommen  waren,  iGingen  schon  an,  es  zu 
ihrem  Vortbeil  zu  iind^,  wenn  sie  sich  der  aufgehenden  Sonne 
der  Königsmacht  zuwandten.  Der  Holsteiner  Klaus  Lembek, 
von  Gerhard  zum  Hauptmann  über  Nord-Jütland  gesetzt,  von 
seinen  Söhnen  und  dem  Herzog  Waldemar  mit  reichen  Lehen ' 
im  nördlichen  Schleswig  ausgestattet,  wurde  1344  Drost  des 
Königs  und  führte  zwei  Jahre  später  in  seinem  Dienste  ein 
Heer  nach  Laaland  gegen  die  Grafen  ^).  Gegen  diese  konnte 
der  Krieg  nicht  lange  ruhen.  Waldemar  benutzte  den  Auf* 
stand  der  Hunmiersbttttel  und  Westensee,  um  den  östlicheB 
'Theil  Fünens  von  Heinrich  und  Klaus  zurUckzuerwerfoen ;  nur 

1)  Beg.  hist.  Dan.  I,  n.  82S9~41. 

2)  Detmar  S.  S56 ,  S69,  262;  Laogeb.  VI,  p.  524  und  525.  Bter  wirl 
angegeben ,  dass  Waldemar  aus  eigenen  Mitteln  10  Mark  reinen  Golde»  gege- 
ben, vom  Lande  SO  erhoben  habe.  Hvitfeldt  (I,  488)  aprieht  Ton  10000  nd 
30000  Mark  Silber. 

3)  W^aita  S.  234  AT.,  dasn  Urkden^ammlg  H,  400;  Becktr,  da  »Idate 
danske  Archivregistraturer  I ,  S.  4  AT. 

4)  Waita  S.  233;  Urkdensammlg  U,  S.  121. 

5)  Langeb.  VI,  p.  524  und  525. 


WaldMMur  Attardifi.  141 

um  dieseD  Prds  erbidten  die  Grafik  die  Festen  der  Empö- 
rer»). 

SdMD  mr  Waldemar  so  mit  Eifer  wid  Umsicht  erfolg- 
rodi  bemtUit,  die  KönigsiDacbt  in  Dän^nark  wieder  aufzu- 
richlen,  wieder  Herr  zu  werden  im  eigenen  Lande,  so  fehlt 
Om  doch  auch  andererseits  jener  Zug  nicht,  der  seine  Vor- 
fahren flbocB  Meer  getriebeai,  sie  die  Kraft  des  kleinen  Lan- 
des in  writanssdieoden  politischen  Unternehmungen  ]jatte  er- 
seUpfoD  lasaeo.  Noch  war  seine  Stellung  daheim  nicht  yoU- 
komneB  beCsstigt,  so  sA&x  wir  ihn  schon  zwei  Mal  im  Or- 
deislaiide  Preussen,  um  an  den  damals  so  beliebten  Zügen 
gogen  die  heidnischen  litihauer  theilzunehmen.  Ja  mit  dem 
jungiai  Herzog  Erich  von  Sachsen  zusammen,  dessen  „edler 
Name*^,  wie  Detmar  sagt,  „durch  Wegelagerei  sehr  schlechten 
Ruf  gewann^S  unternahm  er  1347  sogar  eine  Reise  nach  dem 
bdiigen  Ghrabe*).  Es  war  ein  Glück  für  Waldemar,  dass 
auch  sein  Hauptgegner,  Graf  Heinrich  der  Eiserne  von  Hol- 
stem,  genfigraid  dem  Geiste  der  Zeit  huldigte,  um  Jahre  lang 
seine  Knlt  abenteuerlichen  Heerfahrten  zu  widmen.  Während 
der  bedächtigere  Bruder  daheim  des  Landes  wartete,  führte 
er  im  Kreuzzuge  Johanns  von  Böhmen  nach  Preussen,  als 
Feldherr  des  Königs  Magnus  von  Schweden,  in  englischen 
Diensten  das  Schwert  für  fremde  Angelegenheiten,  kämpfte 
a&  den  Ufern  des  Ladoga  und  auf  den  Gefilden  Frankreichs*). 
Glänzenden  Waffenrubm,  den  die  heimische  Sage  nicht  ver- 
fällt hat,  noch  vielfach  zu  vergrössem,  hat  Heinrich  davon- 

1)  I>etinar  xa  1846,  S.  S68  ff. ;  Mantels,  Lübeck  u.  Marq.  ▼.  Westensee 
8.  Se  C;  Waits  S.  S87  ff.;  Urkdmiminiflr  II,  S.  21«.  Aach  die  Herzöge 
Bogitlswy  Bftniim  «nd  Wartislaw  von  Stettin  standen  in  diesem  Kriefi^e  in  des 
Kteigt  Dienst,  Gesterding,  Pomm.  Mag.  II,  S.  78. 

1)  BeinlMurdt  in  Historisk  'Hdsskrift,  4.  B»kke  lU,  SOI  ff.  bestimmt  Ar 
fiflselbe  die  Zeit  vom  13.  Februar  bis  S4.  Juni  1347 ;  xu  demselben  Resolut 
var  scbon  vor  ihm  Mantels  gekommen ,  Marq.  v.  W.  8.  26  ff.  —  Detmar  xa 
1348. 

8)  Janghana ,  Heinrich  der  Eiserne  S.  9  ff. 


:iii 


143  VI.     Dto  •rston  wwtaoHi  Jahre 

getragen;  K(^g  Waldemar  gelang  es,  aus  seiner  Verbindung 
mit  dem  deutschen  Orden  einen  reelleren  Vortheil  zu  zielMü^ 
Das  entlegene  Estland,  als  d&nische  Provinz  ein  Denkstein 
der  gewaltigen  Pläne  Waidemars  des  Siegers,  aber  von  jdm 
von  zweifelhaftem  Werthe  filr  das  Reich  und  eben  jetzt  donii 
einen  furchtbaren  Aufstand  der  einheimischen  BevOlkenng 
und  durch  schwedische  AnnektirungsgdOste  in  Gefahr,  g«H 
von  demselben  losgerissen  zu  werden,  wurde  am  29.  AiigmÜ 
1346  von  Waldemar  um  19000  Mk  löth.  Silbers  {i 
resp.  gegen  5  Mill.  Rm.)  an  den  deutschen  Ordoi 
Für  ein  Besitzthum,  das  höchstens  eine  Qudle  von  Verlegen- 
heiten werden  konnte,  erhielt  Waldemar  eine  beträchtlidn 
Summe  Geldes,  dessen  er  zur  Einlösimg  der  verpfandetoi 
Landestheile  so  schwer  benöthigt  war.  Dazu  wurden  die  An- 
sprüche seines  Bruders  Otto,  der  in  den  Orden  eintretao 
wollte  und  nun  Estland,  wie  gesagt  wurde,  gleichsam  als 
Mitgift  dem  Orden  zubrachte*),  ein  fttr  allemal  befriedigt 

Möchte  dieser  Verkauf  als  ein  Beweis  ersehdnen,  dirii 
Waldemar  mit  den  unhaltbare  Plänen  der  Ostseepolitik  sei- 
ner Vorfahren  gebrochen  hatte,  so  zeigen  andererseits  die 
Ereignisse  der  nächsten  Jahre,  dass  er  keineswegs  geiwOlt 
war,  auf  die  Errungenschaften  der  Erich  Menvedsdien  Polüfll 
zu  verzichten  und  seine  Stellung  an  der  Südseite  des  baiCl'* 
sehe  Meeres  ohne  Weiteres  aufzugeben.    Schon  seine  Jugend- 

1)  Bunge,  Liv-,  Est-  u.  Knrläud.  Urkdb.  11,  n.  852  Wegen  des  Auftfeu- 
des  s.  Detmar  xn  1848,  S.  866  und  Hdhlbaiim,  die  jftngere  liTliad.  Bilto* 
Chronik  des  Bartbolom.  Hoeneke ,  Einleitg.  p.  XXIX  ff.  Vgl.  Livl.  Urkdb.  II, 
n.  770  u.  778. 

8)  Vgl.  Uy\.  Urkdb.  II,  n.  850  u.  861.  Waldemar  schrieb  an  den  F^wC; 
es  sei  vollkommen  geschenkt ;  dieser  sagt  in  seiner  Bestfitignng  Tom  8. 
1348,  dass  durch  die  geringe  Kaufonmme  Niemand  sieh  möge  yerltiten 
eine  T&uschnng  oder  Erschlekhnng  zu  argwdhnen,  Livl.  Urkdb.  II,  n.  877  nd 
886,  Tgl.  auch  n.  877.  Ein  Thell  des  Geldes  (6000  Mark)  diente  mr  B«nlh 
lang  der  Mitgift  von  Waidemars  Schwester  Margarete  an  den  Markgrafen  Lid- 
wig  von  Brandenburg.  Vgl.  Livl.  Urkdb.  II,  n.  755 ,  790,  805,  866,  868  iM 
Beg.  n.  944.  In  letzterem  iit  wohl  Silbers  statt  Goldes  tu  lesen. 


ViMMMff  Attmlagt.  143 

cradniiig  md  seioe  Verwaadtschaften  wiesen  ihn  nach  Deotseh- 

bid  hinüber  und  yerwickeltesi  ihn  in  das  Netz  der  Reichspo- 

Ml    Waldemar  hmt  sein  ganzes  Leben  Jiindurch  mit  Vorliebe 

fie  Verbindnngen  g^egt,  die  seine  Jugend  geknüpft  hatte, 

wied«rh<dt  auf  dem  Fdde  der  europäischen  Politik  Hülfe 

Bath  geeucht  f&r  heimische  Veriegenheiten.    Am  Schlüsse 

des  ersten  Decenniums  seiner  Regierung,  als  seine  Macht  da- 

Mb  sieh  sodi  nicht  weit  über  Seeland  und  das  nördlichste 

ittlnid  hinans  erstreckte,  sehan  wir  ihn  tief  verwickelt  in 

dea  Markgrafenkrieg  und  die  Gelegenheit  benutzen,  um  in 

dea  deataehen  Ostseeländem  der  dänischen  Macht  wieder  Bo- 

dea  m  gewinnen.    Nur  die  heimische  Besdiränktheit,  die  noch 

inner  anf  der  KOnigsgewalt  lastete,  ist  die  Ursache  gewesen, 

dasB  diese  Bestrebungen  wenig  über  das  Stadium  der  Versuche 

kiiiaos  gekcmmen  sind. 

Um  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  geschah,  was  sich 
seit  dem  Kampfe  der  Weifen  und  Staufer  nicht  mehr  ereignet 
hatte,  daaa  die  allgmneinen  Reichsverhältnisse  unmittdbar  und 
lebhaft  in  die  Geschichte  des  Nordostens  unseres  Vaterlandes 
engriffen.  War  doch  1347  die  deutsche  Krone  auf  einen  Für- 
sloi  übergegang^,  der  in  erster  Linie  Herrscher  eines  slavi- 
adn»  Volkes  war,  dessen  Lande  fast  nur  aus  altslavischen 
öebfeten  bestanden.  Nach  dem  Tode  Ludwigs  des  Baiem 
banden  sidi  Luxemburger  und  Witteisbacher  schroff  gegen- 
über. Gegen  Karl  von  Böhmen  erhoben  diese  den  Grafen 
Gtlniher  von  Schwarzbuig  zum  Könige ;  jene  unterstützten  den 
sogenannten  falschen  Waldemar,  der  sich  für  den  1319  ver- 
storbenen gleichnamigen  Mariegrafen  aus  dem  askanischen 
Banse  ausgab.  So  daditen  sie  den  Markgrafen  Ludwig,  des 
Yerstorbenen  Kaisers  Sohn,  aus  der  Mark  und  damit  die  Wit- 
tdabachw  aus  einem  Blauptsitze  ihrer  Macht  zu  verdrängen. 
Dar  Prätendent  fand  bei  norddeutschen  Fürsten  und  in  den 
Städten  der  Mark  Anhang  genug;  auch  die  Herren  der  Ost- 


144  ^I*    ^^^  entMi  iwmsig  Jahre 

seeküste,  die  Fürst^  von  Meldenburg  und  Pommern ,  stellten 
sich  auf  seine  Seite.  Andererseits  war  König  Waldenuur  vn 
Dänemark  seinem  Schwager,  dem  Maritgrafen  Ludwig,  sdui 
durch  die  Verwandtschaft  und  durch  Bande  der  Dankbarkdi) 
zur  Hülfe  verpflichtet;  war  doch  Ludwig  besonders  ihm  etm 
Sttttze  gewesen  bei  Wiedererlangung  seines  Reiches.  Utm 
galt  es ,  gerade  jetzt  einzuschreiten ,  wenn  nicht  die  Ostseih 
länder,  besonders  Meklenburg  sich  ganz  dem  dänischen  Efah 
fluss  entziehen  sollten.  Pommern  hatte  wegen  Rflgen,  Mekkt^ 
bürg  w^en  Rostock  die  dänische  Lehnshoheit  anerkannt  bi 
Juli  1348  aber  liessen  sich  die  Fürsten  des  letzteren  LandM 
zu  Prag  von  Karl  IV.  zu  Herzögen  machen  und  nahmen  iht 
Land  vom  Kaiser  zu  Lehen.  Rostock  wird  allerdings  nidrt 
erwähnt,  aber  dass  Waidemars  Rechte  bedroht  waren,  gdrt 
aus  seinem  Briefe  an  die  Rostocker  vom  23.  November  1348 
hervor,  der  diese  auffordert,  weder  den  Meklenburgem  noch 
irgend  einem  Andern  zu  gehorchen  ausser  ihm  ^).  und  f^&dh 
zeitig  wurde  Herzog  Barnim  IH.  von  Stettin  vom  Kaiser  mit 
Rügen  belehnt,  das  doch  schon  an  200  Jahre  unter  dänisdHr 
Oberherrschaft  gestanden,  dem  Sprengel  eines  dänischen  Bi- 
schofs angehört  hatte*).  Grund  genug  auch  für  einen  weid- 
ger  energischen  Charakter,  als  Waldemar  war,  zur  Wabnoig 
seiner  Rechte  das  Schwert  zu  ziehen.  So  sehen  wir  denn 
König  Waldemar  im  Sommer  1349  mit  einem  Heere  auf  der 
Insel  Pol  landen,  Meklenburg  durchziehen  und  dort,  in  Pen- 
mem  und  den  Marken  fQr  seines  Schwagers  und  die  eigOM 
Sache  streiten').  Es  ist  wohl  wesentlich  seinem  Auftrstni 
zuzuschreiben,  dass  die  luxemburgische  Partei  sich  zu  Fite- 
densverhandlungen    geneigt  zeigte.     Waldemar   sjHelte    am 


1)  Mekl.  Urkdb.  X,  n.  6898  nnd  6945.    Rostock  steht  auf  Seit«  dw 
lenbnrger  Waldemar  feiodlich  fi^genüber,  ebd.  X,  n.  6984. 
S)  Sabm  XIII,  197. 
8)  Detmar  su  1849. 


WftldMMur  Atlordafik  145 

HtnptroUe  in  demselben.  Auf  einer  Versaaunlnng  der  FOr- 
iloi  n  Buitien  vom  16.— 19.  Februar  1360  wurde  Karl  von 
Im  Wittelabadieni  als  Kfinig,  Ludwig  von  den  Luxemburgern 
dB  Maikgnf  aneri:$nnt;  Waldemar  aber  erfaidt  als  Lohn  für 
fie  Dienste,  „welche  er  Kaiser  und  Reich  gdeistet",  die 
Reichssteoer  der  Stadt  Lübeck,  1200  Ooldgulden  jährlich, 
600  Pfand  oder  750  Mark  lübisCher  Pfennige  (gleich  8—9000 
mf.  60^60000  Bmk),  als  Pfand  fOr  efaie  Summe  von  10000 
Kftik.  Ans  den  HSnden  des  Markgrafen  Ludwig,  d^n  sie 
mfBttißt  gewesen  war,  ging  sie  in  die  des  Dknenkftnigs 
iber').  Ein  Besuch  Waidemars  in  Prag  befestigte  die  neue 
ftwmdaehaft  zwischen  ihm  und  dem  K&iige;  et  wurde  sogar 
vm  Schiedsrichter  in  allen  künftigen  Streitigkeiten  zwischen 
Steig  Karl  und  Markgraf  Ludwig  ernannt*). 

Auch  an  der  deutschen  Ostseeküste  hatte  dieser  Krieg 
diB  Ansdien  der  dftnisdien  Macht  wieder  hergestellt  Am 
8.Mai  1360  wurde  Heinrich,  der  Sohn  Herzog  Albrechts  von 
Ifakknirarg,  mit  Waidemars  Tochter  Mairgarete  varlobt;  ans- 
drflddidi  nahmen  bei  der  Gdegenheit  die  meklenburgischen 
HenSge  Albrecht  und  Johann  Bestock  vom  D&nenk5nige  zu 
Lehen.  Als  Margarete  noch  in  demselben  Jahre  starb,  wurde 
die  Verlobung  f&r  ihre  Schwester  Ingdi>org  erneuert,  und  so 
ag  wurde  jetzt  das  BOndniss  gdmüpft,  dass  die  Meklenbur- 
ger  versprachen,  Waldemar  behülflich  zu  sein  zur  Wiederer- 
Ingmg  der  Länder,  die  Kttnig  Erich  und  Christoph  besessen 
luitten.  Zdm  Jahre,  nachdon  Waldemar  unter  dem  Sdintz 
befreondeter  Fürsten  in  sein  väterliches  Beich  wieder  einge- 
sogen war,  mit  wenigen  Harden  ausgestattet  den  Thron  seiner 
Yiter  bestiegen  hatte,  nahm  er  im  Ostseegebiete  eine  Stel- 
lang ein,  die  ihn  im  Innern  geachtet  und  gefürchtet,  nach 
aussen  zu  einem  gesuchten  Bundesgenossen  machte.    Auf  wdt- 

1)  Lftb.  Urkdb.  U,  a.  960,  Ml  «od  96t;  Tgl.  n.  SM,  S.  S47. 
S)  Btg.  Mtt.  Dan.  I,  n.  S8U ;  Sahm  XUI,  SS6. 
Svkifar,  Di«  HaoMfltUtt.  10 


rdch^de  Verbrndmigai  g^tütfA  (am  6.  Mai  1360  scUogs  -m 
auch  mit  Fden  ein  Bündniss)  ^),  komite  er  hoffen,  Dftaemaric 
sdbst  bald  wieder  vollkommen  sein  agen  za  maehen>  imi 
dachte  auch  sehoD  daran,  nadi  aussen  hin  die  Politik  dtt 
Waldemare  und  Erich  Menveds  wieder  au£ranehmeii. 

•    I 

Allerdings  dieser  Gedanke  hat  dring^deren  Aofgabtt 
weichen  müssen,  die  das  nächste  Jahrzehnt  dem  Kdnige  stellte 
Weder  sein  Verhältniss  zu  Lübeck,  noch  das  als  Herr  ym 
Ragen  und  Rostock  zu  den  Herzögen  von  Pommern  und  llek« 
Imburg  hat  Waldemar  benutze  kOnnen,  um  in  DeutschlMA 
seine  Macht  und  seinen  Einfluss  auszudehnen.  Sein  Bttndnin 
mit  den  letzteren  Herren  hat  ihn  allerdings  1352  m  ci— 
Zuge  nach  Deutschland  Teranlasst,  auf  dem  er  MeUenboif 
mit  Pommern  aussöhnte  und  gegen  den  Herrn  von  Werie,  der 
seinen  Zorn  erregt  hatte,  mit  einer  sdbst  für  jene  Zeit  uner- 
hJM;en  Hftrte  und  Grausamkeit  voi^^ing,  aber  irgend  welchen 
Maditzuwflchs  für  die  dftnisdie  Krone  in  deutschen  Landen 
hatte  er  diesar  Unternehmung  nicht  zu  verdanken.  Den  Mit^ 
tdpimkt'  von  Waidemars  ThAtigkeit  musste  auch  im  zweittt 
Deomnium  seiner  Regierung  das  Streben  nach  Befreiung  des 
heimischen  Bodras  von  d^  Fremden ,  nach  voller  Wiederveiw 
dmigong  der  alten  dänischen  Provinzen  mit  dem  Kfinigreiche 
bilden. 

Denn  iioch  reichte  sdne  unmittelbare  Herrschaft  wenig 
über  Seefamd,  Laaland  *)  und  die  nordtjütischen  Heiden  hinaizk 
Möen  war  noch  an  Meklenburg  verpfändet ,  Langeland  in  den 
Händen  des  Herzogs  von  Schleswig;  die  eine  Hälfte  von  Hh 
nen  gehörte  noch  d^  beiden  Orafisn.  Auch  Falster  wird  wohl 
damals  noch  im  Besitz  der  Herren  von  Werle  gewesen  sein  *)» 


1)  Mekl.  Urkdb.  X,  n.  7076  and  7180;  Sahm  XUI,  2S7,  229,  283. 

2)  Wegt^  LMdand  vgl.  Ifeklb.  Urkdb.  X,  n.  7182. 

3)  Diese  Insel  drehört  den  Herren  tob  Werte  aoeh  1847  (MekUig:  Urkdb. 


WiMwnar  Atterd^•.  147 

Und  wie  es  selbst  hier  an  eisaetoea  Orten  noch  um  des  K5- 
ligB  Madit  md  Ansehn  stand,-  das  beweist  eine  Uikunde 
des  8t.  PMriklosters  2u  Nestved  vom  Jahre  1353,  welche  be« 
leagt,  dass  Waldemar  um  einen  Platz  bat,  sich  ein  Haus  zu 
btiKD,  mfSkex  kk  Nertred  weder  Haus  noch,  Qol  habe,  wo 
er  sich,  wenn  er  dorthin  komme,  vor  Angriffen  seiner  Feinde 
aufhalten  kOnne. 

Schummer  noch  war  es  natOrlich  in  den  übrigen  Provin-» 
101  um  das  königliche  Ansehen  bestellt  OestliA  vom  Sunde 
gebot  der  König  von  Schwede,  in  Jütland  herrschte  Walde- 
■ar  nur  in  den  nördlichsten  Bezirken  und  in  einigen  Friesen- 
hsiden  anmittelbar.  Sonst  schaltete  die  Qraf^  Heinrich 
und  Klaus  und  Herzog  Waldemar  in  ihren  Pfandbesitzungen 
oder  liessea  vidmehr  die  deutschen  und  dftnisch^  Herren 
schalten,  denen  sie  ihre  Besitzungen  wieder  verpfändet  hat- 
ten. Um  Jfltland  dreht  sich  der  Kampf  in  den  nächsten  Jah-* 
reo.  Hier  bildeten  die  Besitzungen  des  Königs  einoi  passw- 
doi  Ausgangspunkt  für  die  Ausbreitung  seiner  Macht 

Gerade  Jfltland  aber  war  von  jeher  für  die  dftnischep 
Könige  rai  schwer  zu  regierendes  Land  gewesen;  stets  hatte 
eB  sich  nur  widerwillig  den  von  Seeland  ausgeh^den  Gebo- 
ten gafügt  Im  13.  Jahrhundert  hatten  vier  dfiniache  Könige 
lach  einander  auf  der  Halbinsel  einen  gewaltsamen  Tod  ge* 
fanden.  Jetzt  hatte  sich  in  den  langen  Unruhen  unter  Chri- 
stofdi  und  wAhorend  des  Zwischenreichs ,  dann  im  Kampfe  ge- 
gen Gerhard  den  Grossen  und  seine  Söhne  ein  ^bemo  mäch- 
tige, wie  trotziger  und  unbändiger  Adel  herausgebildet,  dar 
jeder  Beschränkung  seiner  Ungebund^eit  feindlich  entgegen- 
trat An  der  ^itze  dieses  Adels  stand  ein  Mann,  der  durch 
Tapferkeit  und  Klugheit  gross  geworden  war,  der  Holsteiner 
Nikolaus  Lembek.     Yoa  Graf  Gerhard  wahrscheinlich  1337 


X,  n.  $119);    1U4  bt  aie  Im  YoUen  n^ÜM  WaldamArt  (Salm  XIII,  SS8  ff.), 
walmdMiiilich  in  Folg«  des  Krieges  gegen  die  Herren  too  Werle  im  Jükre  IftM. 

10* 


]^48  ^*    ^^  «nton  iwiBriif  Jahr« 

zum  Statthalter  in  Nord-JttÜand  ernaimt,  hatte  er  durch  seine 
Heirat  mit  einer  reich  begüterten  Wittwe  im  Norden  tn 
Schleswig  bedeutende  Besitzthümer  erlangt^).  Im  Dienste 
der  holsteinisch^  Grafen,  dann  als  Ifarsdiall,  seit  1344  Drost 
des  dänischen  K5nigs  und  Verfechter  der  Sache  Waldemara  ■) 
wusste  er  seine  Macht  zu  behaupten  und  zu  mehren,  durch 
P&nddarlehen  an  den  schwachen  schleswiger  Herzog  seine 
Besitzungen  zu  erweitern.  Die  Schlösser  Tönung  in  Nord- 
Schleswig  und  Kallö  an  der  Ostküste  Jütlands  bildeten  die 
festen  Mittelpunkte  seiner  Macht. 

Wir  erkennen  nicht  klar,  was  jetzt  den  Droet^  mit  den 
Könige  entzweite ,  ob  es  wirklich  die  Weigerung  der  Huldi- 
gung war,  wie  Hvitfeldt  orzfthlt,  aber  sicher  ist,  dass  er  Un- 
zufriedene genug  fand,  die  ihn  in  seinem  Widerstände  unter- 
stützten*). Dehn  drohend  wuchs  die  Madit  des  KönigB. 
üeberall  machte  er  die  Ansprüche  der  Krone  gdtend,  for- 
derte zurück,  was  ihr  jahrdang  entfremdet  war,  was  die 
zeitigen  Besitzer  sch(Hi  lange  als  ihr  unveriierbares  Eigen- 
thum  zu  betrachten  sich  gewöhnt  hatten.  Wie  vide  Besitz- 
verfaftltnffise  mussten  dadurch  gestört  werden  zu  einer  Zeit» 
da  die  Terpifltaidungen  und  Afterverpfändungen  so  sehr  in 
Mode  waren,  da  in  5Qj&hrigen  Wirren  das  Königsgut  mit  und 
ohne  Schuld  und  Einwilligung  der  Herrscher  dazu  gedient 
hatte,  Macht  und  Reichthum  des  Adels  zu  stalten.  Dnsu 
kam,  dass  Waldanar,  um  seinen  eigenen  Einfluss  zu  heben, 
sich  zum  Beschützer  der  Leidenden  und  Unterdrückten,  nieht 
selt^  im  Widerspruch  mit  dem  Recht  des  Landes,  aufwnrf^ 
dass  er,  der  sdbst  Bauern  und  Geistlichkeit  nicht  sdionte, 
dieselben  in  JttHand  g^[Bi  die  Uebergriflfe  des  Adds  eifrig  in 

1)  Presb.  Brem. ,  QoeHenMinmlg  I ,  S.  78.  Vgl.  Stemaon  in  d.  Jkliri».  t 
d.  Landtskd«  d.  Higtlittmer  Sohl.,  Holst  n.  Laueabg  IX,  S88  ff. 

S)  S.  oben  S.  140. 

8)  Die  Geaehichte  Ton  der  Belagernng  ron  Dorning,  Sofam  Xm,  848,  g«> 
hM  n  1878,  s.  Detmtr  8.  888. 


149 

SdmtE  Bahm,  wie  er  sodi  schon  im  Anfange  seiner  Begie- 
nmg  aidi  der  Gei8fl]i(tt:ett  en^egenkommend  gezeigt  hatte, 
OD  oe  ftr  sidi  za  gewinnen  ^)«. 

Was  immer  WaUemar  in  seinen  Bestrebungen  Oppositiofli 

madite,  fimd  eme  allezeit  bereite  Stütze  an  den  natflrticheii 

Feoden  dea  DinenkOnigs,  den  holsteinischen  Crrafen,  die  ge^ 

lade  jetzt,  wahrachemlich  wegen  VerkOmmerung  ihrer  Pfoad- 

mite  auf  Ftaen,  mit  Waldemar  in  Streit  lagen.    Sie  nnd 

wtA  Hinzog  Waldemar  traten  auf  Seite  der  Juten.    Ab  der 

KHaig  seinem  Sdiwager,  dem  Herzog,  ein  Heer  zur  Unter» 

8lfttzm^(  sandte,  mnsste  er  erleben,  dass  dieser  seinen  Tmp- 

pn  ftindlich  entgegentrat     Man  thut  wohl  nicht  Unrecht, 

die  Steihmg  des  scbleswiger  Herzogs  als  ein  Zeichen  aofzu- 

fttsen,   wie  sehr  sich  die  Sachlage  ge&ndert  hatte.     Nidit 

iwhr  Ton  den  Grafen,  vom  Könige  hatte  er  fOr  seine  Sdb- 

ständi^^ett  zn  f&rchten«    Während  Waldemar  in  Deutschland 

ii  Sadien  seines  Schwagers,  des  Markgrafen,  und  seines  Bon- 

desgenoesen,  des  mcMenburger  Herzogs,  thätig  war,  waren 

die  Jflten  im  Kampfe  siegreich.    Unterhandlungen  mit  ihneA 

flihrten,  so  weit  uns  bekannt  ist,  zu  keinem  Resultat    Mit 

den   holsteinischen  Grafoi   von  der  kider   und  rendsburger 

linie  und  dem  Herzoge  aber  kam  1353  eine  Sflhne  zu  Stande, 

die  im  Wesentlichen  Alles  beim  Alten  liess.    Es  war  ein  klei- 

sor  Gewinn  fOr  König  Waldemar,  dass  Graf  Johann  auf  sein 

natterlidies  Erbgut  in  D&nemark  verzichtete*).    Der  kider 

Graf  hatte  damit  wohl  die  letzten  seiner  Besitzungen  in  Dft« 

Donaik  aufgegeben;  im  ersten  Kriege  wie  in  diesem  sdieint 

er  die  Zeche  bezahlt  zu  haben. 

Audi  in  Jtttland  muss  der  Kampf  bald  beendigt  worden 
sein.    Denn  an  dem  grossen  Bdchstage  (Danehof),  der  im  fol- 


1)  Aanberetninger  fira  det  Kongelige  Geheime«rchiT  V,  p.  47  n.  IS  n.  19. 
y^.  dftsa  Sohm  XUI,  186  ff. 

%)  L«ig«b.  VI,  p.  5S6  ff. ;  Hvitfeldt  I,  507  ff. ;  Urkdeniammlg  U,  S.  S81. 


150  VI.    Dl«  «rstin  swaaüg  Jahre 

gndm  Jahre  (1S54)  nach  alter  fiitte  zu  Nyborg  auf  Fftnoi 
gehalten  wurde,  nahm  neben  drei  jfttiBebai  BiachOCBn  aadi 
Nikolaus  Lembek  als  Drost  des  Reiches  TheiL  Scharf  betooto 
die  Proklamation,  die  dort  durch  den  Bischof  von  Bipen  in 
Waldemars  Namen  verlesen  wurde,  des  K5nigs  GerichtriMP« 
kflit.  Wäre  sie  strikte  durchgeführt  worden  und  Hberall  strikte 
dnrdizuffihren  gewesen,  kein  ZweiM,  dass  wieder  besäen 
Ordnung  ins  Land  gekommen  w&re.  Die  Gesetse  des  zweiten 
Waldemar  und  der  andern  Vor&hr^  sdlten,  gebot  die  fm^ 
klamation,  wieder  fest  gehalten  werden  wie  vor  Alters.  Wa» 
gen  des  „allzutraurigen  Zustandes  des  Reiches  Dfinemark  nd 
der  ihm  drohenden  Gefahren^  solltoi  bisher  begangene  Ver* 
gehen  an  Leib  und  Leben  von  Kfinigsbusse  frei  sein,  nur 
nach  Landesgesetz  sollte  dem  Beschädigten  genuggethan  ww^ 
den*  Aber  Dijd)stahl ,  Vieh-  und  Häuserraub  (die  hölzenm 
Häuser  wegzuf&hren,  um  sie  zu  eignem  Gebrauche  wieder 
aufisnstellen  oder  auch  als  Brennmaterial  zu  benutzen,'  war  in 
Mittelalter  in  den  nordischen  Ländern  ehie  weit  verbreitete 
Art  und  Weise,  den  Gegner  zu  schädigen)  soUte  dem  Kteige 
gebüsst  werden,  ebenso  gewaltsame  Einquartirung  bei  OefaK» 
liehen  und  Laien  (eine  beliebte  Erpressung  der  Adligen).  De* 
Kteigs  Vogt  oder  Drost  sollte  gehalten  sein,  solche  Öewait- 
tiiat  abweisen  zu  helfen  wie  Raub  und  Diebstahl.  Niemanl 
sdlte  sich  der  GHiter  eines  verstorbenen  Geistlichen  beniä(^ 
tigen.  Alljährlich  einmal  sollte  „nach  alter  Gewohnheit  des 
dänisdien  Reichs^^  zu  Nyborg  Danehof  gehalten,  die  Hin-  und 
Herreise  durch  einen  Gottesfrieden  vom  10.  Juni — 25.  JuH 
gesichert  werden.  Wer  ihn  brach,  sdlte  dem  „orfoodemaal^, 
der  Friedlosigkeit  ohne  Sühne,  verfallen.  Welcher  kfini^iche 
Beamte  diese  Artikel  verletze,  der  solle  die  VerantwortOBg 
tragen,  aber  nicht  dem  Könige  Schuld  gegeben  werden  *). 


1)  Ltnseb.  Vi,  p.  6S7  ff.    Nach  einer  Urkunde  des   Geh.  Aroh.    in  Ko- 


161 

Es  wird  «iiB  y€ii  dtatt  Zeftgenateeii  enfilüt,  dass  nadk 
Veriesong  dieses  Schrif tstthte  aus  der  Mitte  detr  Versamm* 
log  sidi  JjBmand  eilioben  habe  und  gerufen :  ^^Alles  werde 
(MBBof^  (Omida  fore  nuia),  und  es  wird  hinzugeffigt:  „Der 
KArig  soDte  bei  :d0r  AnsfiOlirang  weniger  erreichen,  als  durch 
Taqmdrangeii  erflUt  worden  war  ^).^ 

Mehi&cheB'  Aufgebot  von  seeländer  Mannschaften   nach 
Jfltlind  ^)  dmMt  darauf  hin ,  dass  es  besonders  hier  aa  Wi^^ 
dantaad  nicht  fehlte.    Mit  grosser  Energie,  aber,  wie  es 
scheint,  auch  mit  grosser  BOcksichtslosigkeit ,  suchte  der  Kö» 
■ig  auf  der  Halbinsel  seine  Macht  zu  mehren.    Manchem  Un- 
twMdrten  verhalf  er  zu  seinen  Bechte,  die  jüngeren  Erben 
flchfitite  er  in  ihren  Beeitzthflmem  gegen  die  Gewalt  der  fil- 
tern Brttder  ^).    Wiederholt  trat  er  aber  auch  vor  dem  Land« 
gerichte  als  Kläger  auf,   um   alte,   entfremdete  Güter  der 
Knne  surücksagewinnen.    So  kls^  er  12  Höfe  im  Yendsyssd 
du,  die  sein  Onkel  Erich  gekauft  hatte,  die  aber  nie  abge* 
Märt  worden  waren,  so  11  Kirchspiele  im  Osten  Jütlands, 
mm  denen  5  dem  m&chtigen  Stig  Anderson,  dem  ehemaligen 
Statthalter  v<m  Estland,  gehörtai.    Auch  von  jenen  vendsys- 
sdsehen  Höfen  war  wenigst^is  ein  Theil  im  Besitz  eines  her- 
VQfragendeD  Mannes ,  des  Erich  Nidsson,  früheren  MarschaUs 
iw  Dinemark.    Mandie  Güter  wurden  dem  Könige,  wie  es 
iMisBt,  „freiwillig  und  gegen  vollen  Werth^^  überlassen,  ab«: 
garftde  sie  sind,  wie  einzdne  Ausdrücke  zdgoi,  nur  gezwun- 
gen abgrtreten  worden  ^).    Auch  durch  wirklichen  Kauf^  durch 

penbagen  Ist  dieser  Beschluss  abgedruckt  Aarsberetninger  fn,  det  Kongelige 
OihgJMUreMT  V»  4S  C 

J)  Langeb.  VI,  p^ftSS:  Bez  panoiora  experimeatU  prosecatanu,  quaaa 
pnMrisfia  completas  ftierat. 

1)  Zmi»  15.  Janaar  1366  aadi  Bipen,  aum  9.  Janoar  1856  ebendahin, 
wuä  t.  Febraar  1866  aaeh  Kolding ,  a.  Langeb.  VI,  p.  619. 

8)  abd.  p.  619:  „mnltorom  aTaritiam  caatigaWt,  ita  nt  haereditaa  mino- 
nun  ad  majores  vi  vel  aliqao  titolo  i^justo  divalsa  ▼emm  rediret  ad  haaredem. 

i)  Stthm  XIU,  805—809,  587,  819.    Vgl.  Becker,  de  »Idste  danske  Ar- 


1^  VI.    Die  •rttan  sw«Mig  Jtlira 

Darlehen  und  Pfiandbesitz  seine  Macht  in  Jadud  m  erwei- 
tern, war  der  K5nig  eifrig  bemfiht^). 

Aber  schwerer  als  das  Strogen  die  Juten  den  Veraiidi, 
sie  doiselben  Lasten  zu  unterwerfrai ,  weldie  die  HeeillBJhir 
trogen.  Diese  hatten  bisher  fast  ganx  allein  die  Mittel  a;if- 
gebracht,  deren  Waldemar  zur  Ansftthnmg  sdner  PlAae  bi^ 
durfte.  Sedand  war  der  Angelpunkt,  von  dem  ans  er  das 
Ganze  bewegte.  Schwer  lasteten  die  unanfhöilidien  Krieg»- 
untemelunmigen  Waidemars  auf  der  Insel.  Schififo  und  Maari- 
schalten,  Geld,  Eri^[sger&th  und  Lebensmittel  mussten  dfe 
Seeländer  in  unerschwinglichmi  Mengoi  aufbringen.  Waldfr» 
mar  war  ein  treflFlicher  Organisator.  Er  hatte  das  Begierai 
an  Höfen  gelernt,  an  denen  schon  moderne  Yerwaltungsmaxi^ 
men  sidi  Bahn  zu  brechen  begannen.  Er  wusste  dfe  Erifte 
seines  kleinen  Beiches  sehr  zu  steigern  und  systematisch  aus- 
zunutzen, so  dass.  sie  weiter  reichten  als  je  zuvor.  Abor  er 
bedachte  nicht,  dass  er  sie  überspannte,  und  dass  der  sa 
straff  angezogene  Bogen  breche  wflrde.  Nicht  allein,  dass 
Adlige,  Bürger  und  Bauern  zum  Kriegsdienste  herangezogen 
wurden,  auch  die  Geistlichkeit  bli^  nidit  versdiont;  die  S19- 
ster  mussten  Schiffe  zur  Flotte  des  Königs  stellen.  Und  wehe 
dem,  der  dem  Aufgebote  des  Königs  nidit  schleunigst  Folge 
Idstete;  schwere  Strafen  harrten  seiner.  Das  erfuhren  Adsl 
und  Bürger  Seelands,  als  sie  1355  widrigen  Windes  wegen 
dem  Befehle  Waidemars,  ihm  nach  Langeland  zu  folgen,  nidit 
nachkamen;  sie  mussten  mit  harten  Geldstrafen  büssen,  „dar 


chirragUtratarer  I,  p.  101  n.  119.  N«ch  den  ,tArchiyregiftratarer^  (Ven«lelH 
bIm  der  sn  KmUmidborg,  dem  frflhefteii  Sitse  des  dloiscben  ArehiTt,  aufbe- 
wahrten Urkonden)  wfirde  sich  Bosammenstellen  lassen,  wie  Waldemar  naA 
und  nach  eine  ganie  Beihe  grosserer  ond  kleinerer  BesftimigeB  an  die  Krone 
sarflckbrachte ,  mindestens  mehrere  hundert.  Eine  derartige  nach  Zeit  aod 
Lage  geordnete  Zusammenstellong  wfirde  gewiss  ein  fiberrasehendes  Licht  anf 
Waidemars  innere  Politik  werfen. 
1)  Sahm  XIII,  814  ff. 


Bit  die  Anden  in  Znkirnft  anJEmeiksainer  wflrdmi^V*  Das 
Qetraide  «of  dorn  AdBer,  das  Vieh  im  Stalle  stand  in  der 
Hand  des  ESnigs.  Auf  sein  (jeheiss  miurste  es  zur  Ernfth- 
nng  der  Soldaten,  zur  VerproTiantining  der  Borgen  nnd  Fe- 
fitagBD  gdiefert  werden.  Ueber  den  Yiehstand  wurden  Li* 
sin  gelBhit;  der  Bauer,  der  sein  Vieih  nicht  hatte  anschrei- 
bn  lassen,  irerfiel  der  ZOchtigung  durch  den  Vogt  In  gros- 
MB,  prftditigen  Komhänsem  und  auf  den  HOfen  der  Vögte 
uns  der  Kfliiig  das  Getreide  sammeln.  Daneben  wurden 
grosse  Smnmen  Geldes  orpresst;  ein  Tribut  drängte  den  an- 
dm;  die  Kdnigsbusse  wurde  verdoppelt.  In  zwei  Terminen, 
am  6.  Deeember  und  am  2.  Februar,  musste  al](}ährlich  eine 
Kopbteaer  von  6  Groschen  entrichtet  werden.  Und  dabei 
wurde  die  Mflnze  schlechter,  Silber  machte  dem  Kupfer  Platz. 
Dazu  kam  die  Zwangsarbeit  beim  Bau  der  königlichen  Bur- 
ffSk  und  Vorrathsh&user.  Jeder  Einzehie  musste  im  Sommer 
nad  Winter  je  14  Tage  f&r  den  König  arbeiten  und  zwar  bei 
eigener  Beköstigung.  Wer  unter  dem  König,  der  Kirche  oder 
einem  Kloster  wohnte,  dess^  Verpflichtung  zum  Arbeiten  war 
ohne  Schranken;  kaum  wurde  den  Ermüdete  Ruhe  gegönnt 
Dem  eigenen  Erwerb  entzogen,  verfielen  die  Leute  dem  Man- 
fjA  und  kamen  ginzlich  herunter.  —  Und  mit  welcher  Raffi- 
Birfheit  Waldemar  diese  Erpressungen  betrieb,  das  beweist 
eine  Notiz  ans  dem  Jahre  1357*):  „Weil  er  wusste,  dass 
seine  Vögte  und  Einnehmer  per  fas  et  nefas  Vieles  vom  Vdke 
erpresst  hatten,  besteuerte  er  sie  einzeln,  setzte  Einige  ab 
and  neue,  ,Jiungrige^'  dafür  ein,  damit  jene  zum  Theil  Ausge- 
leerten und  diese  Hungernden  um  so  nachdrttddicher  das  Volk, 

1)  LMiftb.  VI,  p.  5S9. 

1)  Arehir  Ar  StaaU-  imd  Kirohengetcbichto  der  Heraogthfimer  von  Hichel- 
MB  «nd  AflmnMeii  II,  S.  216:  Deinde  vertit  mangm  ad  advocatos  et  procnra- 
torw  nu»,  et  qnod  scivit,  eos  a  plebe  malta  per  fas  et  nefas  et  multas  cayü- 
lationei  extorsisse,  Iptos  talliat  nnamqaemque  eingiilariter  et  aliqaos  deponit, 
BOTOMiae  Manos  indacit ,  ut  Uli  ex  parte  eTacnati  et  ist!  famelici  c^ayius  a 
plebeciüa,  prout  sibi  placet,  extorqneant  et  emnlgeant. 


I 

154  ^-    I>^  «^  BWMnif  Jahre 


wie  es  ihm  gefiele,  an^pransten  tind  ausmelkteii^.  Es  wur 
das  System  der  JudenschaldentUgimgeD,  angewandt  in  nener 
und  erfinderiseher  Weise. 

Nicht  ausschliesslich  sollte  diese  scharfe  An8paiminig.:ilBr 
Kräfte  des  Reiches  dem  Kriege,  dem  Angriff  nnd  der  Yer- 
thddigmig  dienen.  Auch  manche  dem  Wohl  dee  IsndsB  förder- 
liche Arbeiten  verdanken  Waldemar  ihre  Entstehnng;  er  tetrieK 
sie  so  eifirig,  dass  er  auch  in  Kriegszeiten  nicht  abliesa.  Eine 
besondere  Vorliebe  hatte  er  für  die  Anlage  Yon  WassarmflhlA; 
er  setzte  dea  Fluthen  des  Meeres  zuerst  Dämn»  zum  SchntiB 
des  Landes  entgegen  und  lless  Wolfsnetze  zur  Ausrottimg  M 
schädlichen  Baubthieres  legen.  Man  wird  an  die  Zeitoi  des 
aufgeklärten  Despotismus  erinnert,  wenn  man  sieht,  wie  er 
diese  Massregeln  mit  nicht  weniger  Härte  und  Mcksiehtslosig- 
keit  durchf&hrte  als  seine  Kriegsrflstungen.  Aber  am  schwer^ 
sten  lasteten  doch  diese  auf  dem  Lande  ^). 

Aus  entlegener  Quelle  filUt  ein  eigenthümliches  Lidit  auf 
Waidemars  militärische  wie  politische  Thäti^^eit  Sfldfranzi^ 
sische  Städte  (Toulouse,  Carcassonne,  Ntmes,  Montpellier)  haben 
uns  Kunde  bewahrt  von  einem  weitaussehoiden  Plane  des  Bir 
nenkönigs.  13Ö9  (es  war  die  Zeit,  da  König  Johann  in  Eng* 
land  gefongen  sass)  erschienen  Boten  des  Prinzregenten  von 
Frankreich  (des  spätem  Karl  V.  des  Weisen)  in  jenen  Städten 
und  forderten  Geld.  Sie  setzten  aus  einander,  weldie  Furd^ 
noch  aus  alter  Zeit  in  England  vor  dea  Dänen  harsche.  Schon 
vor  6  Jahren  (1353)  habe  nun  der  König  von  Dänemark  Jo- 
hann dem  Guten  eine  Botschaft  geschidd;  und  für  seinen  Sohn 
um  eine  französische  Königstochter  geworb^  dallir  sich  bannt 
erklärt ,  gegen  Zahlung  von  600000  Gulden  12000  Mann  aus- 
crwählter  Truppen  nach  England  zu  fahren.  Darauf  seien  an- 
gesehene Franzosen  nach  Dänemark  geschickt  und  die  Sache 


1)  Langeb.  VI,  p.  526  ff. ;  Archiv  von  HicheUen  und  Asmusen  II,  114  ff. 


sä  schoB  der  AudfUünmg  taalie  geVr^Bon,  als  der  König  von 
EDgtand  dttfOD  Nadiricht  bekommea,  aa  die  Waldemar  be- 
utiämctm  uad  febidlicheii  Herren  gesandt  nnd  sie  nlit  grossen 
Gaboi  dtkin  geluBcht  habe,  dass  sie  dm  DänenkOnig  be- 
kiMgteB.  Jetit  habe  dieser  aber  gesiegt  und  mehrere  jener 
deatadm  Etoren  und  Bittar  und  Unterthanra  seines  Beicbes 
leqiffiditetv  ihm  nach  England  zu  folgen;  jenes  Heer  von 
1900O  Mann*8ei  versammelt,  auch  die  Flotte  läge  fertig,  der 
Zog  ktane  nntemmmnoi  werden,  wenn  nur  die  verlangte  Summe 
M^Sebracht  würde.  Der  Prinxregent  habe  Mehrere  aus  seinen 
Rathe  nach  Danemaric  geschickt,  um  zu  sehen,  ob  sich  auch 
ADes  so  verhalte,  und  diese  hätten  es  wirklich  so  gefanden. 
Der  dänische  KOnig  behaupte,  dass  England  eigentlich  ihm 
tjASin^  wolle  sich  auch  f&r  den  Schaden  rächen,  den  der  König 
Ton  England  ihm  habe  zufügen  wollen;  er  habe  sich  desshalb 
auch  mit  den  Schotten  und  Walisem  verbündet.  Waldemar 
mßid  als  Geisebi  seinen  Sohn  und  angesehene  Leute  seines 
Seiches  ttbergeben,  selbst  aber  nicht  eh^  etwas  dagegen  ver* 
langen,  als  bis  Erwählte  des  französischen  Volkes  und  Abge- 
sandte des  Königs  sich  überzeugt  hätten,  dass  in  Dänemark 
Alles  80  vorbereitet  sei  wie  versprochen. 

Der  FHede  von  Bretigny  (8.  Mai  1360),  der  König  Johann 
wenigstens  zunächst  die  Freiheit  wieder  schenkte,  machte  dieiBen 
Plänen  ein  Ende.  An  ihrer  Existenz  zu  zweifeln,  lässt  schon 
die  Art  der  Deberlieferung  kaum  zu.  Dazu  bestätigen  andere 
QiieDen  dieselbe.  Wir  wissen,  dass  französische  Gesandte  in 
Dänemark,  dänische  in  Frankreich  waren,  dass  Graf  Heinrich 
der  Eisenie  von  Holstein  in  enger  Verbindung  mit  England 
stand,  in  englischen  Diensten  kämpfte,  von  Zeit  zu  Zeit  Be- 
richte nach  England  lieferte  über  das,  was  sich  bei  ihm  und 
seinen  Nachbarn  ereignete,  dass  femer  Waldemar  auch  später 
noch  ein  lebhaftes  Interesse  für  den  gefangenen  Johann  bewies. 
Auf  seiner  grossen  Festlandsreise  1363/64  lieas  er  sich  am 


156  ^^    ^^  «'**•»  swaatlg  Jahre 

1.  Februar  1364  Geleit  g^imi,  nach  England  m  kommen,  ging 
aber  nicht,  weil  K5nig  Johann  iniswischen  (8.  Aprfl  1964)  in 
London  in  der  Qefengenschaft  starb.  OflRanbar  hegte  der  dir 
nieche  KOnig  kflhne,  mnfassende  Pläne,  Pläne,  die  nur  durch- 
zufahren  waren  durch  übermässige  Ausnutzung  seiner  doch 
nur  besdiränkten  Httlfequdlen.  Dass  durdi  geschickte  Hand- 
habung des  Söldnowesens  der  Zeit  ein  Fürst,  der  sidi  das 
nöthige  Geld  zu  yerschafifen  wusste,  politische  und  milHäriadie 
Bedeutung  gewinnen  konnte  weit  über  seine  natttrüdie  Stdinng 
hinaus,  hat  der  scharfblickende  Waldemar  offenbar  Uar  er- 
kannt und  ist  audi  entschlossen  gewesen,  diese  Sadilage  in 
grossartigster  Wdse  zu  verwerthen.  Dass  er  das  nur  konnte 
durch  härte  Belastung  des  eigene  Landes,  wird  ihm  ebenso- 
wenig entgangen  sein.  Aber  sein  Ehrgeiz  war  auf  aussen 
politische  Grösse  gerichtet,  nicht  auf  innere  Festigung.  So 
opfnrte  er,  nicht  zuerst  und  nicht  zuletzt  unt^  Dlnemarfcs 
Königen,  des  Landes  Buhe  und  Wohlstand,  um  unerrdehbaren 
Phantomen  europäischer  Machtstellung  nachztgagen^). 

Es  kann  nicht  überraschen,  dass  die  Juten  sich  weigerten, 
Waidemars  schweres  Joch  auf  sich  zu  nehmen.  Sie  wollten 
nicht  „sich  der  Tyrannei  des  KOnigs  unterwerfen  wie  die  See- 
länder, lieber  wollten  sie  glorreich  sterben  als,  die  Schande 
ihres  Volkes  vor  Augen,  schimpflich  fortlebend  So  entbrannte 
der  Kampf  von  Neuem,  als  der  König  im  Mai  1367  „Groese 
und  Kleine  mit  mannichfachen  Auflagen^  drückte,  nachdem 
kurz  vorher  noch  auf  öffentlichem  Beichstag  zu  Kallundborg 
versprochen  worden  war,  die  Nyborger  Proldamation  genauer 
als  bisher  zu  beobachten.  Auf  Seiten  der  Jüt^  standen  wieder 
ihre  alten  Bundesgenossen,  die  Gmiesa  von  Holstein  und  Herzog 


1)  Vgl.  Schiern,  Om  «n  paatenkt  Landgang  i  England  af  Kong  Wald< 
Atterdag  in  Foretiing  med  de  Franske,  Annaler  for  nord.  Oldkyndighed  og 
Historie  1858  (aach  sep.,  Kbh.  1860);  Langeb.  VI,  629  zn  1365;  Schi.  Holst 
Lanenbg.  Urkdsmmlg  II,  S.  401 ;  Bjuer,  act  pabl.  III,  2,  86. 


WaldMMT  AttiHiii.  157 

Waldemir  Ton  Schleswig.  Tondern,  das  eine  Veranlassung 
am  Streit  gewesen  sein  soll^),  wurde  von  den  Jttten  gau>m- 
MD,  ebenso  Schloss  Banders,  das  erst  kanslieh  vom  Könige 
MB  11  xeiBtfirten  Kirchen  erbaut  worden  war').  Dann  fielen 
ne  in  FOnen  ein,  eroberten  Odoise  und  belagerten  die  Feste 
Bioberg*).  Aber  auch  der  König  zeigte  dne  grosse  Energie. 
JBi  kargte  nieht  mit  den  Arbeiten  der  Bauern,  noch  anderer 
Lente;  er  machte  sein  Joch  nur  noch  schwerer;  aus  d^  Korn« 
hlnseoi  und  den  Höfen  der  Vögte  wurden  die  Burgen  reichlich 
wiiroTiantirt^  Die  Vertheidiger  von  Banders,  die  er  im  Var* 
datht  des  Eänverstftndnisses  mit  den  Feinden  hatte,  traf  er 
Bit  schwerer  Strafe.  Am  Martinstage  schiffte  er  nach  Fünen 
hindber  und  erfocht  bei  Brobarg,  nachdem  er  nach  einer  Sitte 
der  Zdt,  die  er  mit  Vorliebe  übte,  zu  Anfang  des  Kampfes 
Rittw  gesdilagen  hatte,  einen  glänzenden  Si^  über  die  Juten 
oDd  H^ten;  Graf  Nikolaus  selbst  entkam,  schwer  verwundet 
(er  hatte  ein  Auge  verloren),  nur  mit  genauer  Noth^).  Den 
gräflichen  Theil  vcm  Fünen  suchte  dann  Wald^nar  mit  Brand 
und  Plflndenmg  hetm. 

Doch  seine  Verlegenheit^  soUten  sich  noch  mehren.  Nach 
Seeland  zurflckgekelHrt,  erhielt  er  am  9.  Januar  1868  eine  Ab- 
sage von  dem  jungen  Könige  Erich  von  Schweden  und  dem 


1)  Archiv  II,  Sli:  proptor  qaod  lis  magU  orU  dieitar.  Oats  durch 
dnea  Streit  Henneket  (Johanns)  Ton  Lembek  mit  kieler  BQrgem  dieBor 
Kriig  Twmlant  worden  soi,  Itt  eine  anberechtigte  Annahme,  s.  Qaellensammlg 
im  SchL  Holat  Laneabg.  Ges.  I,  S.  76,  A.  IS  and  18 ;  Stemann  in  den  Jahr- 
bachem  f.  Landknde  d.  Higthfimer  IX,  248.  Damach  sind  s«  berichtigen 
Sehn  Xm,  944 ;  DaUmaim  I,  60«;  H.  B.  I,  S.  lei. 

1)  WahnehelnUeh  aas  den  Kirehea  Jener  11  Kirehspiele,  die  Waldemar 
▼on  drei  J&tisehen  Herren  als  Krongnt  eingeklagt  hatte  (s.  oben  S.  161;  Sahm 
Xm,  819);  sie  Hegen  simmtlleh  in  namittelbarer  Nfthe  Toa  Baaders. 

9)  Dass  daroater  aicht  Gamborg  bei  Hiddel&hrt  (wie  Hyitfeldt,  Sahm, 
TIsMmann  aaBehnea)  la  Terstehea  sei,  soadera  wahrscheinlieh  eine  von  Wal- 
demar bei  Bro  (Dorf  ia  Soogbj,  später  Veads  Haeret)  aaf|B(elllhrte  Befestigoag, 
weist  Beiabardt  ia  Biet  Tidsekr.,  4.  Bnkke  IV,  906  ff.  aach. 

4)  Vgl.  Presb.  Brem.,  QQelleasaaHnig  I,  S.  69  nad  89  ft. 


158  '^    »i*  «"ten  Kwaaüg  Jahre 

Herzog  von  Meklenburg,  die  sich  den  bobteinischen  Qnkm 
angeschlossen  hatten  ^).  Waldemar  verdoppelte  jetzt  seioe  Am- 
strengongen.  Aus  ganz  Seeland  wurde  ein  Verzeichnias  alkr 
Lebensmittel  aufgenommra  und  das  Vorhandene  auf  Wagoi 
und  Schiffen  in  die  Burgen  und  Städte  gebracht^  damit  am 
etwa  emdringendmi  Feinden  Nichts  unversehrt  zurflckgelansci 
werde.  Nach  zweimaligem  Aui^gd)ot  aller  Bittor,  Borger  und 
Bauern*)  führte  dann  im  April  eine  wohlausgerOatete  Flotte 
das  Heer  hinüber  nach  Nyboi^  auf  Fünen,  von  da  nach  Lang»- 
land,  das  erobert  wurde,  und  weiter  nach  dem  fttnenacheB 
Schlosse  Hinzgaffel  am  kleinen  Belt,  das  man  vergdl>lich  bfr* 
lagerte.  Auf  Seeland  durch  Mannschaften  und  Kriegsgeritli 
neu  gestärkt,  lief  Waldemar  Ende  Mai  wieder  aus  nach  Alsoi^ 
eroberte  diese  Insel  und  gewährte  in  Sonderburg  der  Qemahlin 
des  Herzogs  von  Schleswig,  einer  Schwester  seines  Freundoi 
Erich  von  Sachsen,  einen  Vergleich,  der  den  Herzog,  so  lange 
d&r  Krieg  dauerte,  von  seiner  eigenen  Stadt  Sonderbmg  ao»- 
schloss,  wenigstmis  wenn  er  Trupp»  mit  sich  führte*).  Die 
mit  Herzog  Waldemar  selbst  angeknüpften  Verhandlungen  führ- 
ten zu  keinem  Besultat  So  mussten  Angeln  und  Schwans» 
den  Zorn  des  Königs  fühlen  und  harte  Kontributionen  aufbrii* 
gen;  mehrere  Orte  gingen  in  Flammen  auf.  Fehmam  wurde 
nach  tapferer  G^enwehr  der  Einwohner  ebenfalls  erobert 
Auch  auf  Wismar  scheinen  die  Dänen  damals  einen  freilich 


1)  Die  Grafen  Ton  Holstein  verbinden  sich  mit  Erich  tob  Sehwodon  gefon 
König  Waldemar,  Bengt  Algotson  nnd  ihre  Verbfindeten  1M1  Sept.  6  (fer.  4« 
ante  nativ.  Mariae),  angefthrt  in  Brik  Kmnells  (Palmikdlds)  BegSatTMii  im 
BeichaarehiT,  Stockholm.  Das  Original  ist  verloren,  wahrscbeinliek  danli  den 
Schloesbrand  von  1697. 

2)  Za  Roeskild  and  Slagelae  am  Sl.  Januar  nnd  in  der  ersten  HiUle  dm 
Mftrs  1S5S. 

3)  Sahm  XHI,  831 ;  Urkdensmmlg  II,  S.  136.  Schon  1333  hatte  Waide- 
mar,  aar  Unterstfitsang  Benedikts  von  Alefeld  gegen  den  Hersog  von  Schleswig 
nach  Langeland  gesogen,  diesen  geswaugen,  seinem  Henogthmn  an  entaegen, 
aber  es  wurde  dann  bMd  Friede  geadUossen ,  Laogeb.  VI,  p.  6S8. 


WaUMMur  AtUrdafi.  169 

erfolc^osm  und  ?erlii8txelcheii  Angriff  gemacht  zu  haben  ^). 
Üau  ging  ea  wied^  nordwärts  nach  Flensburg  und  weiter 
udi  J^jöcndoerg^^  auf  der  von  Jütlands  Ostküste  ins  Kattegat 
hinmislaufeiiden  Halbinsel*).  „Furcht  und  Zittern  kam  über 
Alk,  die  Waldemar  heimsuchte,  denn  er  züchtigte  Alle  gewaltig 
mit  Faier  und  Schwert,  Gdangenschaft  und  Tod,  bis  sie  seinem 
Wilkn  gehorchtm^.  Mitte  August  kam  er  nach  Seeland  zurück. 
Sein  Erachfanen  schreckte  den  Herzog  von  Meklenburg, 
der  mit  einem  grossen  Heere  nach  Schonen  gdcraunen  war, 
m  in  Seeland  einzufallen,  yon  seinem  Vorhaben  ab.  Durch 
Vennittlung  des  Herzogs  Barnim  Yon  Stettin,  der  die  Meklen- 
bmgjer  nach  Schonen  begleitet  hatte,  wurde  dann  eine  Zu- 
stBunadranft  in  Stralsund  anberaumt  und  dort  eine  Einigung 

1)  Der  Ton  Korner  bei  Eccmrd  II,  1109   und  nach  ihm  von  Reimar  Kock 

fOnMto#I,  478)  ««    1S64   Jali  f  Im  Zasammenhao^  mit   der  Landung  dei 

KMigi  Mif  Ftliaiani  beriohtele   Angriif  der  Dftnen   auf  Wismar  ist   in  das 

Jahr  1858  an  setsen.     In  dem  1360  Aug.  10  zu  Uelsingborg  zwischen  König 

Waldemar  und  dem  Herzog  Ton  Sachsen  einerseits  und  Herzog  Albrecht  von  M ek- 

laztag   ■■€   selats  Söhnen  asdereraeita  abgeseUossenen  Vertrage  heiaat  ea: 

Vorlmer  acal  herthoghe  Alberd  van  Hekelenboreh  alle  vangbenen,  de  ua  noch 

Uw  der  Wlamer  afjgfheTanghen  sint,  und  wat  se  van  erer  bescattynghe  daer  noch 

■taldeeh  dnt,  Mich  «nd  los  maken,  und  wat  se  ntghegeven  hebben  van  erer 

ktscattSagka  aoder  den  deghedinghen  tho  dem  Sunde  (1368,  s.  unten),  dat  scal 

IBS  koningh  Woldemere  de  vorbenomede  herthoghe  Alberd  von  Hekelenboreh 

wedergfaevea  ete.'   Orossh.  Geheim-  und  Hauptarchiv  zu  Schwerin.     Vgl.  auch 

irdilr  11,  118.  —  Nach  Becker,   aaldate  danske  Archivregistraturer  I,  114 

aimat  JohaBB  von  Holstein  1868  Fehmarn  vom  König  Waldemar   zu  Leben. 

8)  8o  Arehiv  U,  119.    Lappenberg  bemerkt  dazu:   „Suhm  ist  aufrichtig 

gemg  WM  Wkennen,  daaa  dieses  Boer neber g  ihm  unbekannt  sei**.  —   Mir 

lekeist  dieaer  Ort  kein  anderer  au  sein ,   als  der  ebd.  8.  884  erwfthnte  CoUia 

momm ,    den  Lappenberg  richtig  mit  Bjfimholm   erklJbrt.     Die  Uebersetsung 

Viru  daa  geanchte  Bjnmeltf^rf .    Das«  Holm  und  Bjerg  durcheinander  gebraucht 

werden,  bnwdat  der  ebd.  8. 188  erwfthnte  CoUla  eatti,  den  Lappenberg  dwn- 

falla  riaktig  ala  Katteigerg  erkllrt.    Auf  der  Homannschen  Karte  von  Jfttland 

ist  neben  ^jemholm  Kalholm  angegeben.    Beide  Oerter  liegen  nahe  bei  einander 

aaf  der  anch  Osten  ina  Kattegat  auslaufenden  Halbinsel  des  Stifte  Aarhnna 

(AboajHtl),  eineai  Hnaptsitae  der  Xaeht  Waldemara  in  JOtland.    Wegen  Bjam- 

kotas  a.  BtyEt ,   Skandinavien  undar  Unionatiden  8. 10  und  Scr.  rer.  Dan.  IK 

(legband).     Trapa  atatistlak-topopradsk  Beskrivelse  af  Koageriet  Danmark  und 

der  dazu  gehdrige  Atlaa  afaid  mir  leider  nicht  aar  Hand. 


160  ^-    I>2«  •»*»  iwiniig  Jahre 

hergestellt  Den  holstemischen  Grafmi  gegenübw  sollten  alle 
(refangenen  sowohl  als  die  eroberten  Plätze  gegenseitig  hoans- 
gogeben,  mit  den  Juten  ein  Beichstag  zn  Nyb<»v  gehaltet 
werden  *). 

Aber  zum  Frieden  führte  diese  Vereinbarung  nicht  Wal- 
demar  kam  nicht  auf  den  Beichstag;  er  schickte  nur  seiiMB 
16jahrigen  Sohn  Christoph  mit  einigen  Bäthen.  Die  Jlttn 
zeigten  sich  entgegenkomm^d.  Unter  Geleit  kamen  sie  mit 
den  Bischöfen  yon  Odense  und  Bip^  nach  Slagelne,  wartetaa 
dort  aber  lange  vergeblich  auf  die  Ankunft  des  Königs.  Ab 
dieser  endlich  am  23.  December  erschien,  machte  er  Vorsdilige, 
die  durchaus  nicht  gefielen,  und  so  tränten  sich  die  Parteioi 
in  schlechterer  Stimmung,  als  sie  gekommen  waren  >)•  Ab 
dann  Niels  Bugge,  Offo  Stigson  und  Peter  Anderson,  drei  der 
hervorragendsten  Männer  Jütlands,  in  die  Heimat  zurOdi- 
kehrten,  fanden  sie  in  Middelfahrt  am  kleinen  Belt  einen  ge- 
waltsamen Tod,  nicht  ohne  Mitwissen  des  Königs,  wie  man 
allgemein  glaubte.  Zwar  leugnete  dieser  durch  einen  feier- 
lichen Eid  jeden  Antheil  an  dem  Verbrechen,  schwor  den  Mör- 
dern Hass,  dem  Sohne  des  Niels  Bugge,  Kanut,  aber  die  Liebe 
eines  Vaters,  liess  auch  seinen  Sohn  dem  Kanut  feste  und 
dauernde  Brüderschaft  versprechen  —  von  dem  Verdachte  ver- 
mochte er  sich  nicht  zu  befreien.  Stig  Anderson,  einst  Statt» 
halter  von  Estland  und  ein  treuer  Diener  des  Königs,  konnte 
diesem  den  Tod  seines  Sohnes  nicht  verzeihen;  er  verliess  die 
königliche  Sache,  obgleich  er  diesen  Abfall  mit  don  Verlast 

1)  UrkdenBammlg  U,  8.  S87.  Vgl.  Meklenbg.  Jahrb.  XVU,  115  C  Madi 
S.  117  ebd.  hätte  Albr.  v.  Heklbg  wirklieh  eine  Lendong  Mf  Seeland  TtrMMkL 
Versteht  man  mit  Lisch ,  Meklbg.  Jahrb.  XZ,  S40  unter  JeUand  (Detmar  n 
1860)  Seeland,  so  wäre  Erich  von  Sachsen  das  Verdienst  iwraselireiben ,  dm 
meklenbnrgisehen  Angriff  abgeschlagen  in  haben.  „JeUand**  des  Detaiar  all 
Oelland  (vgl.  Hans.  Geschbl.  1876,  S.  178  ff.)  anfknfassen,  scheint  mir  gwwagt 
Lisch  (a.  a.  O.  XVII,  118)  irrt,  wenn  er  Detmars  Nachricht  ron  Waldanars  Ver- 
mittlang zwischen  Erich  nnd  Albrecht  Ton  1860  nach  1888  Terlegt. 

8)  pejori  titulo  snnt  separat!  qnam  venemnt,  Archiv  n,  flO. 


WaldtniAr  Atlerdtgt.  X61 

floner  Gflter  bOsate.  Mit  den  Juten  begann  der  Streit  von 
Neuem  ^);  dar  Herzog  von  Meklenburg  aber  und  die  holsteini- 
sehen  Grafen,  denen  Waldemar  das  in  Stralsund  Versprochene 
ucht  gehalten  hatte  *),  griffen  Fehmam  an  und  eroberten  es 
nrfick.  Die  Jttten  waren  bereit,  an  Zahlungen  und  Eriegs- 
dieost  mehr  zu  leisten  als  ihre  Väter,  aber  sie  wollten  ihre 
lierkltamilichen  Freiheiten  nicht  missen,  die  ihnen  auf  dem 
Dinehafe  ja  auch  bestätigt  waren,  sie  wollten  sich  nicht  der 
Tjnumei  unterwerfen,  mit  welcher  der  König  die  Seeländer 
drtekte,  die  ,4^  Lehm  und  Ziegeln  an  den  Burgen  arbeiten 
mosstai,  ohne  auch  nur  eine  Streu  zu  haben,  bei  denen  das 
goneine  Volk,  besonders  das  der  Kirche  untergebene  durch 
die  sdiweren  Arbeiten  ins  tie&te  Elend  gerathen  war/^  Böse 
Bithe,  ewige  Feinde  des  Friedens,  wird  uns  erzählt,  wandten 
den  König  stets  vom  Guten  ab  und  verhinderten  eine  Ver- 
ständigung. Und  doch  erreichte  Waldemar  mit  Gewalt  der 
Waflfen  Nichts.  Randers  belagerten  die  Seinen  vergeblich;  als 
er  dann,  nach  einem  Feldzug  in  Schonen,  Michaelis  1359  selbst 
nach  Jfltland  kam,  errang  er  allerdings  einige  Erfolge,  bttsste 
ae  aber  alsbald  wieder  ein,  als  er  nach  Seeland  zurückkehrte. 
Ein  Sturm  fügte  seiner  Flotte  obendrein  schweren  Schaden  zu. 
Bald  darauf  ist  es  zum  Frieden  gekommen.  Aussichten 
nnf  grössere  Vortheile,  als  sie  Jütland  bieten  konnte,  machten 
Waldemar  zum  Entgegenkommen  geneigt.  Schonen,  die  schmerz- 
lich entbehrte  zweite  Haupt-Provinz,  der  Sitz  des  Erzbischofis, 
versprach  eine  leichte  Beute  zu  werden.  Pfingsten  1360  schloss 
Waldonar  auf  einem  Reichstage  zu  Kaliundborg  auf  Seeland 
mit  dui  Jflten  Frieden. .  Die  Versprechungen  von  Nyborg  wur- 
den ameuert.  Die  Gesetze  König  Waidemars  (ü.)  und  der  an- 
deren königlichen  Vorfahren  sollten  gehalten  werden  in  allen 


1)  WftldenHur  war  in  dtn  enten  HonAteii  des  Jähret  1869   in  Jütland, 
Urkdeatmalg  II,  S.  409;  Snlim  XUI,  MO. 
S)  ürkdeattunmlf  U,  8.  404  nnd  448. 

ScUfcr.  Die  UaiMfldMtc.  X  | 


162  VI.    Die  ersten  swans!^  Jahre 

Reichslanden;  ausdrücklich  wird,  unter  Hinblick  auf  den  be- 
vorstehenden Angriff  auf  Schonen,  hinzugefügt,  auch  „in  allen 
künftig  zu  erwerbenden".  Der  Herzog  Ton  Schleswig  und 
alle  geistlichen  und  weltliehen  Stände  des  Reiches  sollten  bd 
ihr^  Rechten  bleiben,  jährlich  ein  Reichstag  gehalten  werden, 
für  den  sicheres  Geleit  versprochen  wurde*). 

So  war  der  Friede  im  Innern  wiederhergestellt.  Auch 
mit  den  übrigen  G^nem  scheint  die  Fehde  geruht  zu  haben, 
obgleich  weder  die  holsteinischen  Grafen  noch  Herzog  Albrecht 
von  Meklenburg  Waidemars  Freunde  geworden  waren  >).  Wal- 
demar  hatte  freie  Hand  zur  Eroberung  Schönens. 

Seit  1332  war  diese  Provinz  in  den  Händen  der  Schweden. 
Sie  wiederzugewinnen  war  ein  Gedanke,  den  ein  Mann  wie 
Waldemar  nicht  aufgeben  konnte;  neben  Seeland  war  Schonen 
die  wichtigste  Provinz  des  Reiches.  Wiederholt  sehen  wir  den 
Dänenkönig  in  Unterhandlungen  und  p^:^önlichen  Besprechungen 
mit  Magnus  von  Schweden.  Er  unterwirft  sdne  Sache  ver- 
schiedenen Schiedsgerichten,  aber  immer  wieder  fällt  das  Urthdl 
gegen  ihn  aus.  Klare  und  unzweifelhafte  Yerzichtleistongen 
von  Seiten  W^aldemars  folgen  dann  gewöhnlich  den  Schieds- 
sprüchen ').  Und  doch  gab  dieser  weder  die  Hofihung,  noch 
seilte  Bemühungen  auf.  Und  sie  sollten  von  Erfolg  gd^rönt 
werden,  als  die  innem  Verhältnisse  des  benachbarten  König- 
reichs anfingen,  seine  Pläne  zu  unterstützen. 

In  Schweden  regierte  König  Magnus.  Nachdem  Vater 
und  Onkel  einen  selbst  für  die  an  dunkehi  That^  reiche  nor- 
dische Geschichte  schaudervollen  Tod  gefunden  hatten,  war 

1)  Hyitfeldt  1,  521  ff.;  Westphalen,  Hon.  ined.  IV,  1772  ff. 

2)  Hit  den  Ersteren  steht  König  Hagnns  v.  Schweden  «m  28.  Juni  1860 
im  Bandnisse,  dem  Letzteren  aberträgt  er  im  Juli  seine  Vertretung  Im  Schieds- 
gericht, Urkdensnmilg  U,  8.  240  nnd  241;  H.  R.  I,  n.  2S8,  11. 

8)  1343,  1351,  1358,  1354:  Reg.  hist.  Dnn.  I,  n.  2289,  2861,  2884; 
Langeb.  VI,  p.  526,  528.     Vgl.  HeUb.  Urkdb.  X,  n.  7182. 


WMmmr  AfttardagiL  ^68 


er  1319  als  dreüdiriger  Knabe  in  feieilicher  Beichsversamm- 
Imig  bei  den  Morasteinen  £u  Schwedens  König  erwählt  wor- 
den. Noch  in  demsäiben  Jahre  hatte  dann  Norwegens  Beichs- 
rath  auch  die  Krone  dieses  Landes,  auf  die  Magnus  als  Sohn 
der  bgeboig,  d^  Tocbtw  des  verstorbenen  Königs  Haken, 
ebenfidb  ErbanqprOche  hatte,  auf  sein  Haupt  gesetzt  Zum 
enten  Male  seit  den  Zeiten  Knuts  des  Machtigen  waren  wie- 
der xwtti  der  drei  nordischen  Reiche  unter  einem  Scepter  ver- 
einigt Aber  Magnus  war,  als  er  1334  mündig  geworden, 
flieht  der  Mann,  die  in  seine  Hand  gelegte  Macht  zu  seinem 
ud  seiner  Lftnder  Wohl  zu  benutzen.  Die  Erwerbung  Schö- 
nens 1333  war  das  Werk  des  lundener  Erzbischofe  Karl  imd 
des  sehwedischm  Beichsraths,  nicht  das  des  damals  16j&hri- 
gen  Magnus  gewesen.  Der  König  zeigte  sich  schwach,  unfiir 
higen  GOnstiingen  ergeben.  Ein  unglücklicher  Krieg  gegen 
die  Bussen  erschütterte  seine  Stellung  im  Lande  noch  mehr 
nad  brachte  ihn  besonders  mit  der  Geistlichkeit  in  Konflikt, 
deren  Einkünfte  er  für  seine  Büstungcn  nicht  gesch(mt  hatte. 
So  sehen  wir  denn  achoa  1350  die  Heichsräthe  die  Söhne  des 
Magnus  (in  Schweden  den  13jährigeu  Erich,  in  Norwegen  den 
l^i&hrigeB  Hak<m)  zu  Königen  und  Mitregenten  erheben.  Ein 
unwürdiger  Günstling  des  Königs,  Beugt  Algotson,  der  leicht- 
fertigen Königin,  Bianca  von  Namur,  nicht  weniger  lieb  als 
dem  flchwachm,  schlechten  Neigungen  ergebenen  Magnus,  er- 
regte allgemeinen  Unwillen  im  Lande.  Die  Schoninger,  die 
anbagB  nicht  ungern  unter  schwedischer  Herrschaft  gewesen 
waren,  da  sie  den  Druck  der  unglücklichen  Zustände  im  D^ 
aenreidie  schwer  empfunden  hatten,  fingen  wieder  an  über 
den  Sund  zu  schauen,  besonders  als  der  zum  Herzog  und 
Prftfekten  von  Schonen  erhobene  Bengt  (Benedictus,  lieber 
maledictus,  sagt  die  seel&ndische  Chronik)^)  1365  den  en- 
bischöflichen  Stuhl  seiner  Güter  beraubte.    Der  in  demselben 

1)  Lang^.  VI,  p.  5S9. 


1^  VI.    Die  eraten  swaaiiy  Jahre 

Jahre  erwählte  neue  Erzbischof  Jacob  Nidsson  war  entschieden 
dänischer  Gesinnung  und  wirkte  ebenso  eifrig  und  nachdrück- 
lich f&r  die  Rückkehr  zu  Dänemark  wie  dereinst  Erebischof 
Karl  fttr  die  Vereinigung  mit  Schweden. 

Erich,  der  zum  kräftigen  Manne  heranwachsende  älteste 
Sohn  des  Magnus,  empfand  es  schwer,  einem  Bengt  Algotson 
nachgestdlt  zu  werden.  Im  Bunde  mit  Graf  Adolf  v(m  Hol- 
stein, dem  Sohne  Johanns  HI.  von  Kiel,  und  Hersog  Albrecht 
von  Meklenburg  ^) ,  der  die  Schwester  des  König  Magnus, 
Euphemia,  zur  Gemahlin  hatte  und  daher  ein  reges  Interesse 
an  den  Vorgängen  in  Schweden  nahm,  erhob  er  sich  Ende 
1356  g^en  seinen  Vater  und  dessen  Günstling.  Kein  Zwei- 
fel, dass  auch  Waldemar  Erich  in  seinem  Vorhaben  bestärkte. 
Denn  unmittelbar  vor  dem  Losschlagen  war  der  mit  Waide- 
mars Schwestertochter,  der  brandenburgischen  Beatrix,  Neu- 
vermählte bei  seinem  Onkel  in  Kopenhagen  und  wurde  nadi 
des  Dänenkönigs  Weise  dort  glänzend  empfangen*).  Fast 
gleichzeitig  aber  suchte  Waldemar  auch  mit  Magnus  in  Unter- 
handlung zu  treten;  er  mochte  hoffen,  durch  dieses  zweideu- 
tige Spiel  am  ersten  zu  seinem  Ziele,  der  Bückerwerbung 
Schönens,  zu  gelangen.  Allerdings  ohne  Erfolg.  Er  gewann 
zunächst  Erich,  der  seinen  Boten  Bo  Falk  gefangen  nahm, 
zum  entschiedenen  Feind,  und  als  am  28.  April  1357  zu  Jön- 
köping  zwisdien  Vater  und  Sohn  ein  Vertrag  geschlossen 
wurde,  der  das  Reich  zwischen  Beiden  theilte  und  Bengt  Al- 
gotson aus  demselben  vertrieb,  ging  König  Waldemar  vollkom- 
men leer  aus').  Ja,  als  in  diesem  Jahre,  wie  wir  oben  ge- 
sehen haben ,  der  Kampf  mit  den  langjährigen  Feinden  Wal- 

1)  Urkdensmmlg  II ,  S.  S84.  Hersog  Albrecht  erhielt  SkaaSr  und  Fei- 
iterbo  und  seine  Sdhne  Sfid-HalUiid  und  die  nördlichen  Herden  Sehonene  von 
Erich  um  Hfllfe,  Badloif,  Pregmat  Handbuch  der  meklenbg.  Geeeh.  II,  8S9 
nach  Chemnits. 

2)  Langeb.  VI,  p.  530. 

8)  Hadorph,  Svenske  Rimknmikor,  Eil.  p.  41ff. ;  Snhm  XHI,  840  fH 


WaUMMur  Attordags.  Ig5 

deman,  den  Jttten,  den  ludstefaiischen  Grafen  und  dem  Her« 
mg  wn  Sddeswig  anfs  Nene  entbrannte,  trat  Erich  mit  Albrocht 
von  Moldenbiirg  den  Feinden  Waidemars  bei  und  schickte  dem 
Dftaenktaige  eine  förmliche  Absage  ^).  Am  10.  Dec.  1358  hat 
dann  Magnus  die  beiden  Gegner  wieder  ausgesöhnt  *). 

.  Inzwisdien  war  das  Verhfiltniss  zwischen  Waldemar  und 
Magnva  ein  ongestiM  freundschaftliches  gewesen.  Das  Bild 
da  Sdiwedenkönigs  ist  noch  mehr  als  das  des  Dänenherr- 
sdien  in  d^  Geschichte  verschiedenartigen  Auffassungen  be- 
gegnet Eifrige  schwedische  Patrioten  haben  Magnus,  trotz 
aDer  entgegenstehenden  Berichte  und  Urtheile  der  zddich  am 
Didisten  stehenden  Geschiditsquellen ,  als  das  Opfer  semes 
Bochsraths,  der  Herrschsucht  von  Adel  und  Klerus  hingestellt, 
der,  nidit  zufrieden,  dem  Könige  Leben  und  Regierung  ver- 
leidet zu  haben,  auch  sein  Andenken  der  Nachwelt  gefälscht 
und  aitstellt  flberiiefert  haben  soll.  Eine  unbefangene  Erwä- 
gm^  der  historischen  Ueberlieferung  fahrt  zu  einem  andern 
Eigdmiss.  Mag  besonders  in  der  Reimchronik  manche  ten- 
denziöse Uebertreibung  sein,  das  Gesammturtheil  kann  doch 
kaom  anders  ausfallen,  als  dass  Magnus  sich  seiner  Aufgabe 
nidM  gewachsen  zeigte,  ja  nicht  einmal  den  ernstlichen  Willen 
bewies,  die  Interessen  des  Reiches  energisch  zu  wahren. 

Es  Iftsst  sich  nicht  mit  vollkommener  Sicherheit  nach- 
weise, dass  Magnus  geneigt  war,  Schonen  Waldemar  in  die 
Hknde  zu  spielen,  um  an  ihm  eine  feste  Stütze  f&r  seine  wan- 
kende Stellung  im  eigenen  Reiche  zu  gewinnen.  In  Schweden 
aber  traute  man  ihm  jedenfalls  derartige  Absichten  zu,  oder 
wie  ist  es  sonst  zu  eridären,  dass  in  den  Vertrag  zwischen  Mag- 
nus und  Erich  die  allerdings,  wie  es  scheint,  nicht  zur  Aus- 
fthrung  gekommene  Bestimmung  aufglommen  wurde,  dass 


1)  8.  oben  S.  167 ff.;  ArchiT  tod   lCidiel8«n  n.  ▲smiuseii   II,   S16   (am 
8.  JftD.  ISftS) ;  Urkondensammlg  II,  S.  442  ff. 
t)  Suhm  Xm,  864  ff.  und  891  ff. 


|gg  VI.    Di«  ersten  iwuuig  Jahre 

Erstcrer  König  Waidemars  üikunden  über  den  schoneiisclien 
Handel  an  vier  schwedische  Beichsräthe  und  Ksdiöfe  anslie- 
fem  und  von  diesen  verwahren  lassen  sollte?    Zu  Weihnach- 
ten 1358,  kurz  nachdem  er  die  Aussöhnung  zwischm  Wal- 
demar  und  König  Erich  vollzogen,  wurde  Magnus  mit  seiner 
Gemahlin  vom  Dänenkönige  in  Kopenhagen  erwartet    Die  Zu- 
sammenkunft verzögerte  sich  bis  in  den  Anfang  des  ntehsten 
Jahres,  hatte  dann  aber  ein  Bündniss  gegen  Erich  zur  Folge. 
„Weil  Niemand  den  Magnus  mehr  ehrte  ,^  sagt  die  oft  er- 
wähnte zeitgenössische  Chronik,  „weil  er  sah,  dass  er  ver- 
achtet und  verspottet  werde,  währ^d  sein  trefflicher  Sohn 
(bene  omatus)  Allen  lieb  und  angenehm  war  und  ihm  Alle 
anhingen,  verband  er  sich  mit  dem  fremden  Kteige  gegen  den 
eigenen  Sohn/^    Es  wurde  eine  Heirat  zwischen  Magnus  zwei- 
tem Sohne,  Hakon  von  Norwegen,  und  König  Waidemars  da- 
mals kaum  siebenjähriger  Tochter  Margareta  verabredet  und 
di&ai  Dänenkönige  dasselbe  Helsingborg  versprochen ,  das  Mag- 
nus vor  wenigen  Wochen  in  jener  StUme  seinem  Sohne  auf 
März  desselben  Jahres  zugesagt  hatte  ^).     Waldemar  drang 
mit  einem  Heere  in  Schonen  ein.    Mangel  an  Lebensmitteln 
und  wohl  auch  das  von  Erich  rasch  gesammelte  Bauemheer 
(Knubbeheer  wegen  der  Knüppel  als  Waffen)  zwangen  um  zur 
Btlckkehr').    Dass  er  einen  Anhänger  des  Magnus  gefiangen 
nahm,  führte  einen  Bruch  mit  diesem  herbei;  nochmals  ver- 
söhnten sich  Vater  und  Sohn,  und  jener  schloss  sich  dem  B[ri^- 
bttndnisse  gegen  Waldemar  an  ^ ).    Gegen  Ende  des  Jahres  ist 
dann  Erich  und  mit  ihm  seine  Gemahlin  plötzlich  gestorboi, 
wie  der  religiöse  Aberglaube  der  Zeit  sagte,  weil  er  den  Erz- 
bischof von  Lund,  Jacob  Nielsson,  einen  eifrigen  Anhänger  und 

1)  Archiv  II,  221;  Suhm  XIII,  833. 

2)  Am  13.  April    war  er   noch   mit   dem  Heere  in  Schonen,  Lab.  Urkdb. 
III,  n.  322. 

3)  Das  Bündniss  mit  Albrecht  von  MekJeuburg  s.  Styffe,  Bidrag  ÜU  Skan- 
dinaviens Historia  ur  utliindska  arkiver  I,  S.  39  ff. 


WalcUoMur  Attordag».  JgY 

Förderer  der  Dioen,  gefangen  gesetzt  und  Kirche  und  Geist- 
lichkeit wenig  schonend  behandelt  hatte,  wie  die  Schweden 
munkelten,  vergiftet  von  seinen  eigenen  Eltern. 

Jetzt  stand  Waldemar  wieder  König  Magnus,  dessen  Stel- 
hmg  im  eigenen  Reiche  völlig  erschüttert  war,  allein  gegen- 
iber.    Offenbar  in  der  Hofhung,  Schonen  jetzt  sicher  wieder- 
gewinnen zu  können,  bot  Waldemar  auf  dem  kallundborger 
Reichstage  den  Jflten  die  Hand  zum  Frieden,  näherte  sich 
dem  Herzoge  von  Meklenburg.    Mit  seinem  16jährigen  Sohn 
Christoph,  der  im  vorigen  Jahre  von  ihm  zum  Herzog  von 
Hailand  und  zum  Thronfolger  ernannt  war,  rückte  er  in  Scho- 
nen ein.    Widerstand  wurde  wenig  geleistet ;  ohne  grosse  Mühe 
nahm  daher  W^aldemar  die  lang  entbehrte  Provinz  ein.    „Ge- 
gen das  Verspreche  der  Amnestie  leisteten  die  Adligen  frei- 
willig den  Huldigungseid.^^    Drohungen  und  bedeutende  Geld- 
Bommen  brachten  den  in  der  Nähe  der  Südküste  gelegenen 
stalten  Lindholm,  der  SDecennien  später  den  von  Schwedens 
Thron  gestürzten  Meklenburger  zu  ßjahriger  Gefangenschaft 
in  sdne  Mauern  aufiiehmen  sollte ,  in  dänische  Gewalt.    Nur 
der  irichtigste  und  festeste  Platz  des  Landes,  Helsingborg, 
scheint  eine  Belagerung  ausgehalten  zu  haben.     Am  9.  Juli 
rflckte  Waldemar  vor  diese  Stadt;  eine  Woche  später  finden 
wir  dann  die  beiden  Könige  schon  über  ein  Schiedsgericht 
einig,  dessen  Leitung  Herzog  Erich  von  Sachsen  und  Albrecht 
von  Meklenburg  übernahmen.    Beide  hatten  am  Kriege  theil- 
genommen,  jener,  Waidemars  treuer  Genosse,  auf  dänischer, 
dieser  auf  schwedischer  Seite.    Doch  auch  Letzteren  hat  Wal- 
demar bald  zu  sich  herüberzuziehen  gewusst,  dessen  Streitig- 
keiten mit  Erich  von  Sachsen  ausgleichend.    Am   10.  August 
verbinden  sich  Albrecht  imd  Waldemar  zu  gemeinschaftlicher 
Geltendmachung  ihrer  Ansprüche  an  Magnus.    Nicht  lange  dar- 
nach muss  dieser  Schonen  seinem  Gegner  überlassen  haben. 
Dass  der  Herzog  von  Meklenburg  wenigstens  bei  der  Wieder- 


16g  VI.     Die  ersten  swMnig  Jmbre 

erwerbung  Helsingborgs  mitgewirkt  hat,  ergiebt  sich  ans  im 
Geldansprüchen,  die  er  auf  Grund  des  vor  10  Jahren  abge- 
schlossenen Vertrages  für  seine  Hfilfe  an  den  König  stellte 
Eine  Abtretungsurkunde  ist  uns  nicht  erhalten.  Aber  dui 
Meklcnburger  und  Holsteiner  schon  am  31.  August  sich  wiedor 
nach  Hause  einschiffen,  dass  Magnus  Schonen  veriAsst,  wirft 
ein  genügendes  Licht  auf  die  Vorgänge.  Im  Herbst  1360 
Waldemar  im  Osten  seines  Reiches  wieder  Herr  ¥rie 
Väter  0. 

Die    lundener  Bisthumschronik ,  die  vielleicht  noch  zu 
Waidemars  Lebzeiten,  spätestens  wenige  Jahre  nach  seinen 


1)  Vgl.  Langeb.  VI,  p.  680 ;  Archiv  ü,  225 ;  H.  B.  I,  n.  288,  7,  8  o.  II, 
ebd.  III,  n.  17.  —  Wegen   der  Gewinnang  Helsingborgs  vgL  MekL  Urkdb.  Z« 
u.  7182  vom  8.  Nov.  1850  and  eine  Originalorkonde  des  Grossh.  HaopUrchivi 
sa  Schwerin,  in  welcher  die  Bischöfe  Wibert  von  Batzebnrg  und  Bertnm  VM 
Lübeck  Jenen  Vertrag  vidimiren,  8.  Sept  1862.    Dem   bei  Laogsbock  aagifs* 
benen  Datum  (Jali  9)  widerspricht  H.  B.  I,  n.  288,  7  nicht,  wie  Styflb,  bldiig 
I,  p.  XXVII  meint    Als  Zeit  der  Erobemng  Schönens  nehm«  ick  Joni  «.  JiH 
an.    Allerdings  heisst  es  in  dem  erwähnten  Vertrage  vom  8.  Febr.  (Smbai  Xm, 
835  ff. ;  Sejdelin,  Diplom.  Flensborgense  I,  p.  50),  dass  der  Krieg  swischen  dta 
beiden  Königen   schon  begonnen   habe.     Aber   da  Waldemar  damals  noch  !■ 
Jtttland  weUte,    auch  Mai  18   noch   in  Kolding  (H.  E.  III,  n.  16),  Hai  14  fai 
Kailandborg  war  (oben  S.  161),    so   lege  ich  den   in  diesen  Monaten  etwa  ge- 
schehenen kriegerischen  Ereignissen  (vielleicht  herrschte  Kriegsstand  ohne  solebe) 
keine  Wichtigkeit  bei.     Andererseits  verbietet  Waidemars  eigene  Aussage  vo« 
Joli  17  (Lüb.  Urkdb.  III,  n.  864 ;  wegen  des  Datams  vgl.  H.  E.  I,  b.  288,  12 ; 
in  Dänemark  ist  der  Margaretentag   meistens   der  20.  Joli ,  vgL  das  Hdligen- 
verzeichniss  in  Aarsberetninger  fra  det  Kong.  Geharchiv  I,  tilUpg),   dass  Gott 
ihn  wieder  sa  seinem  Erbe  Schonen  geholfen  habe,  die  Annahme,    dass  «rat 
nach  diesem  Tage  (and  damit  nach   der  Belagerang  Helsingborgs,   wie  Stytt§t 
bidrag  I,  p.  XXX  ansetst  and  wie  auch  die  seitgenössische  Chronik  im  Archiv 
angiebt)  Schonen  erobert  sei.     Dass  Waldemar  die  Kaafleate  svm  Besoeh  8cho* 
nens  eingeladen  und  geleitet  habe,  bevor  die  Erobemng  des  Landes  voUaogra 
war,  kann  nicht  angenommen  werden,   da  Waldemar  eben  des  aasbrechenden 
Krieges  wegen  die  Kaafleute  aufgefordert  hatte,  das  Land  sa  verlass«n  (H.  R. 
I,  n.  282).     Auch  dass  die  städtischen  Gesandten  schon  Jani  26  nach  Kopen- 
hagen kommen    mit  der  Absicht,    sich   die  Privilegien   fUr  Schonen  (am  diese 
handelt  es  sich  doch  nur)  von  Waldemar   bestätigen  zu  lassen ,   deutet  daranf, 
dass  um  diese  Zeit  die  Eroberung  des  Landes  im  Wesentlichen  vollendet 


WftMtBmr  AtlMrdags.  X69 

Tode  godiiMMB  ist,  sagt  vm  ihm,  er  habe  „männlich  k&m- 
\ßaiA  alle  Hdateiiier,  Deutsche,  Schweden  und  aUe  Anderen 
f«  wesOidieD  Meere  bis  an  die  Grenzen  Schwedens  zum 
Briche  hinansgetri^en^  ^).  Ist  das  auch  eine  Uebertreibung, 
m  beieiehiiet  dieser  Ausspruch  doch  den  Mittelpunkt  von  Wal- 
dOM»  Thätigkeit  in  den  ersten  zwanzig  Jahrai  seiner  Re- 
t^oroBg  und  zngleidi  das  grosse  Verdienst  seines  Lebens. 
Man  kann  ihm  das  Zeugniss  nicht  versagen,  dass  er  unabläs- 
sig dem  einen  Ziele  nachgestr^t  hat,  Befreiung  des  Landes 
fon  den  Fremden.  Kläglich  war  seine  Macht  gewesen,  als 
er  zu  WibcHTg  von  der  Versammlung  des  Dänenvolkes  als  Kö- 
mg  anerkannt  worden  war.  Jetzt,  nach  20  Jahren,  nannte  er 
den  grtssten  Theil  des  Reiches  irieder  sein  eigen.  Nur  mit 
HAUb  fremder  GOnner  hatte  er  damals  wieder  zurOckkehren 
Umiai  in  das  Erbe  seiner  Väter,  gleichsam  nur  zugelassen 
(tarch  die  politische  Lage  und  die  Stimmung  der  wirklichen 
Ihchthaber;  jetzt  war  seine  Herrschaft  im  Innern  fest  be- 
grltaidet,  nach  Aussen  angesehen  und  gefürchtet  Dänemark, 
dis  aus  der  Reihe  der  selbständigen  europäischen  Staaten  zu 
fWBchwinden  drohte,  war  durch  ihn  wieder  zu  seiner  fiüha^n 
Bedratnng  emporgehoben  worden.  Nahm  es  auch  nicht  jene 
beherrschende  Stellung  ein,  die  unter  Kanut  und  Waldemar 
dm  Sieger  ein  Schrecken  der  Nachbarlande  gewesen  war,  so 
behauptete  es  doch ,  wie  die  Dinge  einmal  lagen ,  schon  jetzt 
wieder  dm  vornehmsten  Rang  unter  den  Ostseemächten.  Wenn 
dinisehe  Geschichtsschrdber  König  Waldemar  diese  Erfolge 
zum  Verdienst  gerechnet,  ihn  als  einen  nationalen  Helden, 
einen  Befreier  seines  Volkes  gefeiert  haben,  so  kann  man  dess- 
wegen  schwerlich  begründete  Vorwürfe  gegen  sie  erheben. 


1)  WaMonianis  qomrtiu,  qni  ultimo  tempore  Tiriliter  debellftndo  omnee 
HolMtoe,  Alemanno«,  Svecoi  et  qaoscanqae  mlios  transiens  de  onmiboB  cMtrb, 
■nücionibos  a  mar!  Adriatico  (tic)  nsque  ad  terminos  Saecie  ijecit  a  regno, 
Uageb.  VI,  p.  680. 


170  VI.     Di«  «ratoA  iwauig  Jahre 

Aber  das  Bild  hat  auoh  eine  andere  Seite,  «nd  diese  ist 
von  nationalen  Eiferern  nur  zu  oft  übersehen  worden.  Warn 
man  sagt,  der  nach  der  dänischen  Sitte  des  Mittelalten  dem 
Könige  gegebene  volksthümliche  Beiname  „Atterdag^  (wiedfir 
ein  Tag)  habe  seinen  Ursprung  darin,  dass  Waldemar  diesen 
Ausspruch  häufig  im  Munde  geführt  habe,  um  zu  beEdcfaneii, 
dass,  um  zum  Ziele  zu  kommen,  man  geduldig  ausharreD,  aidi 
durch  Misserfolge  nicht  abschrecken  lassen  müsse,  so  ent- 
spricht  diese  Auffassung  allerdings  Waidemars  Charakter  und 
Handlungsweisa  Er  verfolgte  in  der  That  seine  Ziele  mit 
einer  Beharrlichkeit  und  einer  Ausdauer,  die  vortheilhaft  ab- 
sticht von  der  schwankenden  Haltung  mancher  seiner  fitost- 
lich^  Gegner,  und  die  nur  in  der  gleich  bdiarrlichen  und 
konsequente  Politik  der  Städte  oder  vielmdir  ihres  Haiqptes 
Lübeck  ihren  Meister  fand.  Aber  nicht  minder  berechtigt  ist 
doch  jene  andere  Auffassung,  die  jenen  Beinamm  aus  der 
rachsüchtigen  Gemüthsart  des  Königs  h^leitet,  die  nie  Feind- 
schaft verziehen  und  geduldig  und  ohne  Vergessen  dm  Tag 
der  Bache  abgewartet  habe.  Es  mischen  sich  in  Waldraums 
Begierung  oft  Motive  der  persönlichsten  Art  mit  der  So]^ 
für-  das  Interesse  des  Staates ;  wo  dieses  allein  massgebend 
sein  sollte,  wirken  jene  oft  ungebührlich  mit. 

Wir  haben  oben  gesehen,  wie  Waldeiar  seine  Unterthar 
neu  drückte.  Wiederholt  ist  sein  System  vertheidigt  worden: 
es  sd  nothwendig  gewesen,  die  geringen  dem  Könige  noch  zu 
Gebote  stehende  Kräfte  aufs  stra&te  zusammenzufasse,  um 
die  Befreiung  des  Landes  durchzusetzen;  manche  neue,  unge- 
wohnte Massregeln,  die  dem  Lande  wahrhaft  zum  Yortheile 
gereicht  hätte,  wären  mit  echt  staatsmännischem  Blick  vei 
Könige  durchgeführt  worden  gege  die  unbegründete  und  un- 
besonnene Opposition  seines  Volkes;  unsere  bessere  Einsicht 
müsse  sich  daher  entschiede  auf  Seite  Waidemars  stellen. 
Aber  hält  man  sich  an  die  Quellen,  so  ist  es  doch  schwerlich 


Wuldmar  Attordaft.  171 

.  adiaag,  Waldraiar  IV.  in  idealem  lichte  als  Vorkämpfer  neuer 
Ueen  gogen  eine  widerstrebende  Bevölkerung  aufkufassen.  Ein- 
mIm  MaflBregdn  mOgen  allerdings  eine  solche  AufiEassung  ge- 
stattoi,  aber  viele»  ja  die  meisten  dienten  doch  nicht  waiiger 
der  Befriedigiuig  der  eigene  Herrschsucht  als  den  Bedüif- 
vmm  des  Landes.    Weit  Ober  das  Nothwendige  hinaus  spannte 
er  4ie  Krftfke  des  Beiches  an.    In  weiten,  nutzlosen  Reisen, 
ii  koatspieUgem  Verkehr  mit  fremden  Fürsten,  in  üb^mftssig 
^tauseDdem  GeprSnge  ging  ein  grosser  Theil  des  Geldes  drauf, 
te  er  durch  harte  Fiohnden  d^n  seeländer  Bauern  abpresste. 
WaMemar  war  ausserordentlidi  prachtliebend;   gern  glänzte 
er  durch  Aufwand.    Als  1356  in  Ltlbeck  eine  FOrstenzusam* 
meikanft  gehalten  wurde,  nahm  auch  Waldemar  an  den  Fest- 
Ikkkdten  Theil  und  „machte  grosse  Ausgaben,  nicht  nur  für 
Bidk,  s^mdem  auch  für  andere  Fürsten^' 0-    Gesunde  Staats- 
mionische  Einsicht,  wahrhaftes  Gefühl  für  das  Wohl  seines 
liuideB  hätten  ihm  sagen  müssen,  dass  er  durch  übennässige 
Ausbeutung  sein^  Unterthanen  seine  Stellung   untergraben, 
8dner  eigenen  Macht  den  Boden  entziehen  würde.    Wie  ganz 
anders  hatte  Graf  Gerhard  der  Grosse  die  Kräfte  seines  klei- 
nen HolsteDlandes  zu  verwerthen  gewusst ;  welche  Erfolge  hatte 
er  enüalt,  ohne  die  heimischen  Gaue  jener  Erschöpfung  ent- 
gegen  zu  führen,  die  in  den  dänischen  Landen  Waldemar  ver* 
derfolich  werdiw  sollte. 

Gleich  Gerhard  dem  Grossen  ist  auch  Waldemar  Atter* 
dag  ein  Held  der  Sage  geworden.  Die  zahlreichen  Traditio- 
nen, die  sich  an  seinen  Namen  knüpfen,  beweisen  deutlich  ge- 
nug, wie  tief  sein  Wesen  und  Wirken  ihn  eingeprägt  hat  in 
das  Bewusstsein  seines  Volkes.  Aber  diese  Sagen  athmen  nicht 
dm  patriotisch  gehobenen,  in  Achtung  und  Liebe  theilnehmen- 
den  Grdst,  der  die  Figur  des  grossen  Grafen  bei  aller  Härte 

1)  Limgeb.  \%  p.  530:  Parlftmentum  {n  LabickOf  ubi  Rez  tolenniUirit  et 
mtgnas  fecit  ezpenftiones,   non  tantum  pro  se,  sed  pro  «llu  türanun  domiois. 


172  ^I*    ^^  ersten  zwanrig  Jahre 

doch  sympathisch  erschdnen  lässt;  sie  tragen  einett  anhdm- 
licfaen  Charakter,  zeigen  das  Volk  von  Furcht  und  Bfisstrsoen 
beseelt  gegen  einen  Despoten,  der  es  mit  harter,  graosamor 
Hand  unter  ein  schweres  Joch  beugt  Erzfthhmgen  wie  die 
Ober  den  Anschlag  gegen  Nikolaus  Lembek^),  über  Waidemars 
VerhAltniss  zu  seiner  Gemahlin  und  ähnliche  zdgen,  wddien 
Charakter  man  dem  Könige  beilegte.  Und  in  der  That  giebt 
es  historisch  b^laubigte  Ereignisse  genug,  die  denselben  im 
schlimmsten  Lichte  erscheinen  lassen.  Waldemar  verfolgte  seine 
Feinde  mit  einer  Härte  und  Grausamkeit,  die  einen  tiefen 
Sdiatten  wirft  auf  das  von  ihm  vollbrachte  Weik  der  Befrei- 
ung des  Landes;  er  verfuhr  mit  einer  Ge wissenloBigkeft ,  die 
keinen  Vertrags-,  kein^  Treu-  und  Wortbruch  scheute,  wom  es 
die  Errddiung  eines  vorgesetzten  Zieles  galt.  Ud)erra8diende 
AehnKchkeit  hat  dieser  König  mit  dem  besprochensten  und 
ungMcklichsten  seiner  Nachfdger  —  mit  Christian  n.,  dem  „Ty- 
rannen^ der  Schweden;  es  ist  ein  Vergleich,  der  dazu  beitra- 
gen mag,  von  Waldemar  Atterdag  eine  richtige  Vorstellung 
zu  erwecken. 

Ein  Mann  von  solchem  Charakter  und  mit  den  kriegm- 
schen  und  staatsmannischen  Fähigkeiten  eines  Waldemar  aus- 
gestattet war  ein  gefährliches  Element  in  einer  Gruppe  von 
politischen  Kräften,  wie  sie  damals  die  Ostseelande  bildetoi, 
wo  keine  festbegründete  Macht  bestand,  die  anmassenden  üeber- 
griffen  mit  Sicherheit  hätte  die  Spitze  bieten  können,  um  so 
gefährlicher  war  dieser  König  für  seine  Nachbarn,  als  er  über 
eine  für  die  Zeit  und  die  Verhältnisse  nicht  unbedaitende 
Macht  verfügte.  In  den  drei  Haupttheilen  des  Beiches,  in 
Schonen,  in  Jütland  und  auf  den  Inseln  konnte  seine  Stellung 
als  festbegründet  angesehen  werden.  Die  Inseln  beherrschte 
Waldemar  mit  Ausnahme  weniger  fünenscher  Schlösser,  die 
den  holsteinischen  Grafen  noch  geblieben  waren,  ganz,  ebenso 

1)  Hritfeldt  I,  485. 


WaldauMT  ▲tter<h«i.  173 

SdHHMB.  Da88  Halland  und  BI^ingeQ  noch  unter  Schweden 
slandoi,  konnte  als  keine  wesentliche  Machteinbusse  betrach- 
tet werden.  Den  Widerstand  der  JOten  hatte  Waldemar  aller- 
diBgB  nicht  brechen  können;  aber  reichte  seine  Königsmaeht 
hier  nidit  so  weit  wie  auf  Sedand,  so  war  sie  doch  auf  keine 
Weise  in  Frage  gestellt.  Bedeutende  Strecken  des  Landes, 
beBonders  hm  Norden  und  Osten,  waren  in  den  Händen  der 
Krone;  Schleswig  (Südjütland)  war  dieser,  wie  uns  spätere 
Zfflignimft  lehren,  fast  ganz  wiedergewonnen.  Nur  Gottorp 
kidt  hier  noch  der  Herzog,  Töming  Klaus  Lembek,  alle  an- 
dern Borgen,  die  Alseas  eingeschlossen,  besass  der  König ^). 
Dazn  war  er  Lehnsherr  von  Bügen  und  Bostock,  im  Besitz 
d«r  Beichssteaer  Lübecks.  Es  war  eine  Macht,  die  der  Erich 
Mcnveds  wenig  nachgab. 

Schwerer  ist  es  zu  einer  auch  nur  einigermassen  klaren 
Anschauung  über  die  inneren  Zustände  des  Landes  um  die 
Mitte  des  14  Jahrhunderts  zu  gelangen.  Grar  zu  sehr  ist 
man  bei  einem  derartigen  Versuche  auf  Vermuthungen  ange- 
wieaen,  die,  wenn  auch  an  historische  Thatsachen  anknüpfend, 
doch  nie  über  einen  gewissen  Grad  von  Wahrscheinlichkeit 
iunaosgelangen.  Was  zunächst  die  Volksmenge  anbetrifft',  so 
gewährt  die  von  Velschow  *)  angestellte  Berechnung  für  das 
13.  Jahrhundert,  die  zu  einer  Einwohnerzahl  von  ca.  1,600,000 
lununt,  wenigstens  einigen  Anhalt.  Schwerlich  war  dieselbe 
seit  jener  Zeit  gestiegen.  Die  endlosen  innem  Wirren  und  Feh- 
den nach  Erich  Menveds  Tode,  die  schreckliche  Pest  von 
1360,  die  ja  besonders  den  Norden  Europas  heimsuchte,  las- 

1)  B«s  WftldMMr  habnit  in  siu  potestat«,  qaod  nos  b«ne  probare  potai- 
Bot,  ia  pnescripU  terra  SandeijaÜaDd  caatra,  Tidalieet  Snnderborg,  Norborg, 
UMUMUg,  Broddi>org,  Openra,  HardMla  per  (sie)  Tnnderen,  et  pro  tone  tali 
aihfl  altra  habuaniiit  nottionim  praeseriptomm  aviinealoniiii  de  Holaten 
in  eomm  potestate  in  praetoripta  terra  praeter  Gotrop  enm  talibw 
■ttiiMwilii  pnmt  baee  in  eonun  pignoribns,  Lgb.,  Ser.  rer.  Dan.  VII,  26S. 

I)  Om  FoULemmgden  i  Danmark  i  det  18.  Aarbandrede,  Hist  Tidtskrift 
IV,  Jebrg.  1848. 


sen  eher  auf  eine  Vermindennig  sdüiessen.  Dua.  konnte  der 
gröBsere  Theil  der  jütischen  Halbinsel  kaum  noch  som  Beidw 
gerechnet  werden;  man  wird,  von  Velschows  Berechnmig  an»* 
gehend,  für  das  Jahr  1360  nicht  mehr  als  höchstens  1,000,000 
Einwohner  für  das  dänische  Reich  annehmen  dürfen,  nd- 
leicht  nur  die  Hälfte  0- 

Fast  ausschliesslich  fanden  dieselben  ihren  Unterhalt  ii 
der  Bodenkultur.  Zu  einer  Zeit,  da  Deutschland  schon  mit^ 
telalterliche  Grossstädte  kannte,  gab  es  in  Dänemark  noch 
keinen  Ort,  der  wirklich  den  Namen  Stadt  verdiente  ')•  Land, 
der  Erzbischofesitz,  mag  der  grösste  Ort  gewesen  sein.  Ko- 
penhagen bestand  aus  wenigen  zerstreut  angdegten  Strassen, 
die  sich  an  die  an  der  Stelle  des  jetzigen  Schlosses  gdegene 
Burg  anschlössen ;  die  Ecke  zwischen  dieser,  der  Norder-  und 
Westerpforte  umfasste  es,  nicht  ^/^  der  jetzige  eigentli- 
chen Stadt  >).  Allerdings  verliehen  ihm  die  günstige  Lage  mid 
der  treffliche  Hafen  eine  mehr  als  gewöhnliche  Bedeutung. 
Die  schonenschen  Plätze  gegenüber,  Skanör,  Falsterbo,  Malmö, 
waren  zu  gewissen  Jahreszeiten  von  Fischern  und  Händlern 
reich  belebt,  aber  unter  ihnen  spielten  neben  den  deutschen 
Hansen  die  Dänen  nur  eine  geringe  Rolle;  die  Orte  an  sich 
hatten  wohl  nur  einen  sehr  massigen  Umfang.  Helsingborg 
hatte  nur  als  fester  Schlüssel  des  Sundes  eine  höhere  Wich- 
tigkeit Helsingör  gegenüber  war  noch  ein  ottmec  Ort,  erst 
im  Entstehen  begrififen.  Die  übrigen  Plätze,  die  als  Aufent- 
haltsorte des  Königs,  als  Sitz  von  Reichsversammlungen  oder 
sonst  genannt  werden,    wie  Wordingborg,  Nestved,  Korsör, 

1)  1S65  betrag  die  Einwohnerubl  Dlnemarks  Busuttmen  mh  Schleswig, 
Schonen,  Halland  and  Blekiogen  S,900»000. 

8)  Ueber  du  städtische  Leben  fan  ansgehenden  lüttelaher  liefert  Alten, 
De  tre  Nord,  rigers  bist  IV ,  S7  ff.  eine  sehr  hfibsche  SusammeBtteUuig ,  die 
nnr  nicht  dentlioh  genug  hervortreten  Usst,  dass  avch  damals  slidtisches  Leben 
in  Dinemark  noch  sehr  wenig  entwickelt  war,  Alles  sich  In  kleinen  VerhXH- 
Bissen  abspielte. 

3)  O.  Nielsen,  Kjobcuhavn  i  Hiddelaldren  S.  42  ff. 


WaMtMr  Attardag».  175 

BoeskUde  auf  Seeland,  NylxHrg  anf  FQnen,  gehören  noch  jetzt 
IQ  dm  UeiBstea  der  Kkinstädte  und  sind  damals  wohl  noch 
«eniger  gewesen:   einfache  Bargen   oder   kleine  ummanerte 
Orte.    Selbst  Boesküde,  der  alte  Königssitz,  die  wichtigste 
BiadiofiMladt,  hatte  als  städtisches  Gemeinwesen  wenig  zu  be- 
deulCB*    Audi  die  jütischen  Bischofssitze  Ripen,  Wiborg  und 
Aarims  hat  man  sich  kaum  anders  zu  denk^.    Ripen  nahm 
ak  attor  Nordseehafen,  Jütlands  Ausfnhrplatz,  einen  gewissen 
Aathetl  am  Handel  auf  dem  deutschen  Meere.    Sein  Stadt- 
leeht  verbreitete  sich  durch  Nord-Jütland  und  Fflnen  (in  Sttd- 
Jjttland  hatten  die  Städte  schleswiger,  nur  Tondem  Ittbisches 
Recht),  wie  das  Kopenhagens  und  Boeskildes  durch  Seeland, 
das  Yoa  Land  durch  Schonen.    Im  Ganzen  bedeutete  stftdti- 
ttter  Betri^  gewiss  wenig  im  Lande.    Schon  das  vollstän- 
dige Fehlen  irgendwie  hcarvorragender  städtischer  kirchlicher 
Bauten  ans  j^er  Zeit  ist  ein  deutliches  Zeichen,  dass  bürger- 
Iklie  Nahrung  noch  nicht  zu  nennenswerthem  Wohlstande  ge- 
fthrt  hatte.    Was  an  Kaufleuten  und  Handwerkern  vorhan- 
den  war,  war  deutsch  oder  deutschen  Ursprungs.    In  Kopen- 
hagen wohnten  die  hansischen  Kaufleute  zusammen  in  der 
„Deatachenstrasse'S   bildeten   eine   geschlossene   K(Hnpagnie. 
Vor  dem  15.  Jahrhundert  wird  dort  kein  einheimischer  Kauf* 
mattB  erwähnt  ^).    Aehnlich  mag  es  an  andern  Orten  gewesen 
aeui;  auch  aas  Mafanö  wird  uns  von  einer  deutschen  Kom- 
pagnie berichtet,  aus  Kopenhagen  und  Boeskilde  von  deutschen 
Sehoatem,  den  im  Norden  am  zahlreichsten  vertretenen  deut- 
schen Handwerkern  >).    Der  deutsche  Hausirer  (Pebersvend, 
FfefiKbursche,  wdl  er  ein  Pfund  Pfeflbr  als  Abgabe  für  Aus- 
llbug  sdnes  Boufes   zahlte)   war  eine   populäre  Figur  im 
Lande.    Die  Dratschen  waren  es,  die  den  Eingebomen  mit 


1)  O.  Nielsen,  a.  a.  O.  S.  811  ff.  und  885. 

8)  Liili.  Crkdb.  II,  n.  606,  606;  Hans.  U.  I,  n.  418;  Nietoen,  a.  a.  O. 

a.isa. 


176  ^L    ^^  «raten  twamig  Jahn 

Allem  versorgten,  was  er  über  die  gew(äi]ilicli8ten  BedfliCnisse 
des  täglichen  Lebens  hinaus  gebrauchte.  Seltsam,  daas  in 
diesem  Handel  auch  nicht  einmal  die  dftnische  SdiifBEahrt  eine 
Bolle  spielte.  Obgleich  von  jeher  ein  seekfihnes  und  seetflcli- 
tiges  Volk  und  auch  um  diese  Zeit  des  Meeres  nicbt  unkun- 
dig, trieben  die  Dänen  doch  im  14  Jahrhundert  schworlick 
Seefahrt  über  ihre  heimischen  Gewässer  hinaus;  wenigHtins 
berichtet  uns  kein  Zeugniss  davon.  Mit  den  Uemen  Bauen- 
schififen,  wie  sie  noch  jetzt  die  dänischen  Küstenbewohner  in 
ungezählter  Menge  besitzen,  besuchten  sie  die  deutschen  Nord- 
und  Ostseehäfen,  vertauschten  die  Erzeugnisse  ihres  Ackeribaos 
und  ihrer  Viehzucht  gegen  deutsches  Bier,  Qewebe  aller  Art, 
Eisenwaaren  u.  s.  w.  Weiter  scheint  ihre  Fahrt  nicht  gegangen 
zu  sein.  Und  selbst  auf  dieser  fanden  sie  an  den  Kanfleuten 
der  deutschen  Städte  glückliche  Nebenbuhler.  Waldemar  sclMint 
diesen  Mangel  gefühlt  zu  haben.  Er  hat  manchen  seiner  Städte 
Privilegien  ertheilt,  ihren  Handel  zu  fördern,  ab^,  so  vid  wir 
erkennen  können,  sind  dieselben  wenigstens  für  die  nädisle 
Zeit  ohne  Wirkung  geblieben.  Abgesehen  von  den  schowii- 
schen  Märkten  hat  sich  kein  Handelsplatz  von  einiger  Bedeu- 
tung in  Dänemark  ^twickelt,  und  auch  auf  diesen  waren  es 
die  Fremden,  die  Deutschen,  die  überwiegend  den  Vortheil 
ernteten.  Wie  es  scheint,  hegte  Waldemar  den  Gedanken, 
dies  Handelsverhältniss  zu  Gunsten  seiner  Unterthanen  umzu- 
gestalten, als  er  den  deutschen  Städten  in  Schonen  Hinder- 
nisse aller  Art  in  den  Weg  legte,  besonders  ihren  Einfuhr- 
handel  zu  beschränken  suchte. 

Ohne  Zweifel  lieferte  der  Ackerbau  in  Schonen  und  anf 
den  Inseln,  deren  Fruchtbarkeit  schon  Adam  wm  Bremen 
rühmt,  namhafte  Erträge,  aber  schwer  belastete  Waldemar 
auch,  wie  wir  gesehen  haben,  den  Bauer  0*    ^^  Sdbstän- 


in 


1)  Ueber  den  BaoenistAnd  vgl.  K.  M.  Petersen,  Bonde,  Biydtr  of  Adel 
Aarbnger  for    Nord.  Oldkyndighed   etc.  1847 ,  S.  288  ff.     Der  Ansfftkniiig, 


WM&mu  Attordags.  177 

digkeit  dmes  StandeB  war  fast  schon  ^loech^,  nur  in  Jüt- 

knd  noch  bis  xa  einon  gewissen  Grade  erhalten;  sonst  hatte 

Aberill  das  von  Deatschland  hereingedningene  Lehnwesen  die 

alte  Gemeinfreiheit  Temichtet.    Der  Bauer  war  dem  K5nig, 

der  (xeiatlichkeit,  dem  Adel  eigen  geworden,  besonders  dem 

Ecstareai    Waklemar  benutzte  ihn  als  ein  willenloses  Werk- 

mg  adaer  PUiie.    Vieh  und  Korn  des  Bauern  fällten  seine 

VarrathahiJUBer,  om&hrten  seme  Kriegsschaaren ;  Frohnden  des 

Gedrttckteu  bauten  dem  Könige  seine  Burgen  und  Magazine, 

seiiie  Deich-  und  Mühlenanlagen;  mit  den  Waffen  musste  der 

Bner  auch  auf  der  Flotte  oder  im  Heer  fttr  sein^  König 

stieitai  und  dabei  selbst  f&r  seine  Ernährung  sorgen.    Wenn 

muL  die  MittheUungeD  der  bekannten  zeitgenössischen  Chronik 

lint,  so  raipftngt  man  den  Eindruck,  als  ob  Waldemar  sein 

Kdugreich  wie  eine  grosse  Domäne  verwaltet  und  verwandt 

habe. 

Und  oflTenbar  hat  Waldemar  Adel  und  Geistlichkeit  nidit 
andere  betrachten,  ebenso  seine  königliche  Allgewalt  über  sie 
anaflben  wollen.  Gründlich  hat  er  sich  dadurch  Beide  ver- 
ioBdet  Wir  haben  gesehen ,  welche  Früchte  ilmi  jenes  Stre- 
ben in  Jütland  eintrug,  wo  der  Adel  zahlreich  und  mächtig 
war.  Auf  Seeland,  dem  Hauptsitze  der  eigentlichen  Königs- 
madit,  kmnte  weder  Kirche  noch  Adel  erheblichen  Wider- 
stand leisten.  In  Schonen  aber ,  dem  Sitze  des  Erzbisthums, 
hat  Waldemar  durch  sein  Auftreten  die  anfangs  lebhaften  da- 
lusdioi  Sympathien  der  Geistlichkeit  bald  verwirkt  Derselbe 
Chronist  des  lundener  Erzbisthums,  der  seine  Thätigkeit  für 
die  Befreiung  des  Landes  freudig  anerkennt,  sagt  über  den 
sp&teren  Theil  seiner  Regierung:  „In  der  Zeit  Waidemars  lY. 
ist  jede  Ueberlieferung  der  Vorfahren,  alle  väterlichen  Ge- 


^  sieht  dmt  Eändringwi  das  Lehnwesens  ▼onngsweUe  den  Baaernstand  her- 
""NliWaeht  habe,  aaeh  Jener  fiber  die  Art,  wie  das  Lehnwesen  AalJKefcooi- 
i*^  Mb  loU,  yennag  ieb  nicht  laznatinimen. 

Schlfar,  Dte  HuuMOdte.  |2 


178  ^I*    ^^  entea  iwamif  Jmbre 

setze,  jede  Freiheit  der  dänischen  Kirche  abgesdiafft  worden; 
die  Riihe  der  Soldaten,  der  Kanfleute  und  d^  Bauern  ist  m 
verktlrzt  worden,  dass  im  ganzen  Reiche  ktine  Zeit  blieb  m 
essen ,  zu  ruhen ,  zu  schlafen ,  in  der  die  Leute  nicht,  iwnk 
die  Beamten  und  Vögte  des  KOnigs  zur  Arbeit  getrieben  wor- 
den, bei  Verlust  der  königlichen  Gnade,  des  Ldbens  und  aller 
Oüter^^  Mit  Gewalt  habe  sich  Waldemar  des  Siegels  des 
lundener  Kapitels  und  des  Erzbischctfs  Nikolaus  bemächtigt 
und  g^en  ihren  Will^  Urkunden  besi^elt,  die  der  Freflint 
der  Kirche  widersprachen*). 

Der  einheimische  Adel  so  wenig  wie  die  Geistlichkeit  ge- 
währte daher  Waldemar  einen  sicheren  Halt;  auch  der  ge- 
drückte Bauernstand  konnte  nicht  mit  Aufopferung  f&r  einn 
König  eintreten,  der  ihn  so  rücksichtslos  ausnutzte;  Städte, 
an  denen  Waldemar  eine  Stütze  hätte  find^  können,  gab  es 
nicht.  Ein  anderes  Band  war  nöthig,  um  die  widerstrebenden 
Elemente  zusammenzufassen  und  unter  tinrä  einheitlidira  Wiltei 
gebeugt  auf  ein  Ziel  zu  richten.  Die  Sitte  der  Zeit,  um  Geld 
fremden  Herren  Dienste  im  Felde  oder  im  Rathe  zu  leisten, 
lieferte  Waldemar  dieses  Band.  Mit  deutschen  Herr^  und 
Knechten  war  Waldemar  ins  Land  gekommen;  Märicer,  Baiem 
und  Schwaben  hatten  ihm  seine  Herrschaft  b^ründet  So 
lange  das  Geld  nicht  ausging,  und  dafür  wusste  Waldemar  sn 
sorgen,  gab  es  adlige  Herren  genug,  die  ihr  Schwert  ftlr  ihn 
zogen  und  ihm  kriegslustige  Schaaren  zuführten  odßt  auch 
im  Rathe  dienten.  Mehr  als  der  einheimische  Add  suchten 
Ausländer  in  solchen  Diensten  den  Königshof.  Während  der 
ganzen  Regierung  Waidemars  haben  deutsche  AdebgeecUedi* 

1)  LftD^b.  VI,  p.  631 :  „Valdomari  qiiArti  tempore  omiiis  traditio  eento- 
nun,  leges  pateme,  tota  Ubertas  ecdesie  Dmdftne  abolite  sant:  nuntarivii, 
mercatomm  et  rasticomm  quies  in  tantnm  abrogata  est,  qnod  non  erat  tcBpns 
in  toto  regno  comedendi,  qoiescendi,  dormSendi,  qirin  ad  laboreni  per  officialea 
et  advoeatos  ezdtarentnr,  sab  obtenta  regis  pratle,  reeaperathMM  Tita  ae  boso- 
nun  omnium  dilapidatioue'*. 


Waldemar  Atterdags.  179 

ter  im  Heere  und  im  Rathe  bei  ihm  eine  hervorragende  Bolle 
gespielt,  von  dem  schwäbischen  Marschall  Friedrich  von  Lochen, 
der  ihm  das  Reich  erkämpfen  half,  bis  zu  den  rügen-pommer- 
sehen  Patbus,  Moltke  und  Lanken,  die  in  Krieg  und  Frieden 
ab  Leiter  und  Führer  g^en  die  Städte  erscheinen.  Auf  sie 
und  einige  einheimische  Familien  gestützt  richtete  Waldeuiar 
das  Regiment  auf,  das  dem  dänischen  Reiche  das  Dasein  zu- 
rückgegeben hatte,  das  es  jetzt  zu  einer  Gefahr  für  seine 
Nachbarn  machen  sollte. 

Es  war  eine  Macht  anderer  Art,  als  sie  anderthalb  Jahr- 
hunderte zuvor  die  beiden  ersten  Waldemare  und  Knut  ent- 
faltet hatten.    Auf  durchaus  volksthümlichen  Grundlagen  war 
diese  erbaut,  hervorgegangen  aus  einer  natürlichen  Entfaltung 
scfahnnmemder  Kräfte;  die  Waldemar  Atterdags  war  gewis- 
sermassen  von  aussen  hineingetragen,  auf  unsicheren  Stützen 
errichtet,  Resultat  eines  Systems,  das  von  einer  Person  ge- 
tragen wurde.    Barg  die  frühere  mehr  wirkliche,  dauernde 
Gefahr  für  die  Nachbarländer,  so  war  doch  auch  die  jetzige 
eine  stetige  Bedrohung  ihrer  Ruhe  und  Sicherheit.    Sie  war 
es  um  so  mdir,  als  sie  in  der  Hand  eines  Mannes  lag,  der 
die  Fähigkeit  besass,  sie  mit  Kraft  und  Geschick  zu  gebrau- 
che, der  von  launenhafter  Willkür  nicht  frei  war  und  die 
Heiligkeit  geschlossener  Verträge  wenig  achtete,  eines  Mannes, 
der  den  Städten  um  so  gefährlicher  war,  als  ihn  lebhaft  jener 
Fürstenstolz  beseelte,  der  auf  die  Bürger  als  verächtliche  Krä- 
mer und  Handwerker  hochmüthig  herabsah.    Gerade  die  Städte 
sollten  zuerst  die  neue  Macht  fühlen  und  ihren  Uebergriffen 
mit  den  WafTen  entgegentreten. 


12 


Vn.    Die  norddeutschen  Städte  um  die  Mitte 

des  14.  Jahrhunderts  0* 

Das  14.  Jahrhundert  ist  in  mancher  Beziehung  die  Zeit 
der  höchsten  Blüthe  für  die  deutschen  Städte  gewesen.  We- 
der vorher  noch  nachher  haben  sie  je  wieder  eine  so  allsei- 
tige Bedeutung  fUr  das  Leben  der  Nation  gehabt  Die  Zeit, 
da  der  Minnegesang  dem  Meistersang  Platz  machte,  da  ge- 
lehrte Thätigkeit  aus  den  Klöstern  und  den  Kanzleien  der 
Fürsten  sich  in  bürgerliche  ICreise  verbreitete,  hat  den  Städ- 
ten auch  materielle  Blüthe  und  politische  Bedeutung  verliehen. 
Aus  ihr  stammen  die  grossartigen  Denkmäler  kirchlichen  Sin- 
nes, btlrgerlichen  Gemeingeistes  imd  thatkräftigex  Schaffens- 
lust, die  wir  noch  jetzt  imter  die  ersten  Leistungen  heimischer 
Baukunst  zählen.  Ihr  gehören  jene  grossen  Städtebündnisse 
an,  die  eine  Zeitlang  den  Schwerpunkt  politischer  Macht  im 
Reiche  in  die  bürgerlichen  Rathsstuben  zu  verl^en  schienen. 

Nicht  am  wenigsten  nahmen  die  norddeutschen  Städte, 
vor  Allem  die  der  Ostseelande,  auf  die  es  hier  zunächst  an- 
kommt, Theil  an  der  allgemeinen  Blüthe*).    Mit  Recht  führt 

1)  Vgl.  AnUge  A. 

S)  Ein  interessantes  Urtheil  Über  diese  Städte  und  die  umgebenden  Lande 
ist  das  des  Venetianers  Marino  Sanato  (bei  Bongars,  €(esta  Dei  per  F^aiiMe 
II,  p.  79):  Sont  antem  in  Holsatia  et  Sclaria,  nbi  personaUter  afflil,  notabÜes 
mnltae  terrae  Jnxta  flomina  ant  stagna  mnltis  pingoibna  babitatoribos  aAnentes, 
Ambarg  scilicet,  Labec,  Vismar,  Rostoc,  Xnndis,  Gnspinae  (Qreifiiwald),  Seetin, 

de  qoibna  trabi  posset  copia  mnlta  bonae  gentis Ulterina  propter  mag- 

nam  devotionem  grandemqae  Tolontatem  transfiretandi  quam  babent,  et  qaia 
sont  homines  ad  boc  apti,  possent  in  tanta  mnltitodine  transfretare,  nt  in 
ipsis  cnpldo  aliqna  insargeret  dominandi,   ex  qvo  posset  scandalvm   non  modi- 


VQ.    Die  — ydiirtwheB  SUdto  um  die  Mitte^  des  14.  Jehrhanderto.     Igl 

man  diese  zurück  auf  die  grossartige  Bewegung,  die  Europa 
in  Folge  der  Ereozztlge  und  im  Anschluss  an  dieselben  er- 
grifiL    Auf  das  Doppelte  war  das  Gebiet  des  Handels  durch 
die  Bekanntschaft  mit  dem  Orient  erweitert  worden ;  Länder  von 
hoher  Kultur,   von  unerhörtem  Reichthum  hatten  sich  durch 
die  Kriegszfige  nach  dem  Osten  dem  erstaunten  Abendländer  er- 
schlossen.   Hatte  diese  Entwicklung  in  erster  Linie  auf  Italien 
and  die  zunädist  li^enden  Oebiete  diesseit  der  Alpen  be- 
frachtend gewirict,  so  hatte  der  Norden  unseres  Vaterlandes 
in  allernächster  Nähe  eine  ganz  ähnliche  Erweiterung  seines 
Gesidits-  und  Wirkungskreises  erfahren.    Das  Vordringen  der 
Deutschen  an  der  Ostsee,  das  Einströmen  ihrer  Ansiedler  in 
die  neu  erschlossenen  und  erworbenen  Grebiete,  die  Verbrei- 
toDg  des  Christeothums  in  jenen  Gegenden  hat  überaus  be- 
ld»d  znrftckgewirkt  auf  die  heimischen  Verhältnisse.    Wie 
sich  diese  Entwicklung  überhaupt  mit  wunderbarer  Raschheit 
Tdbdfiht,  so  sind  vor  allen  Dingen  die  städtischen  Neugrün- 
duBgen  auf  dem  kolonisirten  Boden  überaus  schnell  emporge- 
wadisen.    Noch  im  Laufe  des  13.  Jahrhunderts,  spätestens  in 
der  ersten  Hälfte  des  14.  haben  die  Städte  von  Lübeck  bis 
Re?al  (nur  Stettin  und  Königsberg  machen  eine  erhebliche 
Angnahme)  die  Ausdehnung  gewonnen,  in  der  sie  dann  ein 
halbes  Jahrtausend  fortbestehen.    Eine  Erweiterung  folgt  der 
aodan  nach  Zwischenräumen  von  wenigen  Decennien,  bis  dann 
neistens  schon  im  ersten  Jahrhundert  nach  der  Gründung  die 
Stadtmauer  den  Raum  umschliesst,  der  bis  zum  jüngsten  An- 
sehwellen der  Städte,  wie  es  uns  die  letzten  Decennien  ge- 
bracht haben,  im  Wesratlichen  die  Gesammtheit  der  Bürger 
in  sich  aufnahm.    Und  dasselbe  lässt  sich  von  den  älteren, 
weiter  westlich  gelegenen  Städten  von  der  Elbe  bis  zum  Rhein 


Hiboriri,  prMdpiM  o«m  Ven«ti  relint  socios  et  non  dominos  obtinere. 
Marino  SAooto  reiste  nach  dem  Verlost  Akkons  amher,  ansioilndeii ,  wo  man 
aa  fnntan  Mittel  ufbrfngen  könne,  Syrien  and  Palistina  snrfieksnerobem. 


182  ^II*    ^«  nordd^otschMi  Siidl«  um  die  Mitte 

behaupt^i  wenn  sie  auch  im  AllgemeineD.  sich  langsamer  ent- 
wickelt haben.  Köb  fftllte  schon  in  noch  firttherer  Zeit  das 
Clewand  aus,  das  ihm  bis  zur  jüngsten  Vergangenheit  hin  ge- 
nügte. Kaum  kann  bezweifelt  werden,  dass  manche  Städte 
auch  grösser  waren  als  heutzutage.  Das  kleine  pommersche 
Demmin  soll  nach  glaubwürdigen  Nachrichten  im  Mittelalter 
dreimal  so  gross  gewes^  sein  als  Yor  100  Jahren.  Der  lan- 
des-  und  geschichtskundige  Seibertz  giebt  für  Brilon  im  14. 
Jahrhundert  die  Zahl  der  Häuser  auf  1400  an,  was  nach  seiner 
Meinung  auf  eine  Bevölkerung  von  11000  Einwohnern,  auf  alle 
Fälle  doch  wenigstens  auf  7000  schliessen  lässt  In  Büthen 
lebten  damals  ca.  70  adlige  Geschlechter,  und  die  jetzt  voll- 
ständig bedeutungslose  Stadt  konnte  allein  aus  der  Wein-  und 
Bieraodse  und  aus  den  ihr  zustdienden  höchsten  Brüchm  ihre 
ausgedehntai  Festungswerke  erbauen.  Auch  hier  tritt  die  her- 
vorragende Bedeutung,  welche  die  Westfalen  im  Handel  Nord- 
europas hatten,  zu  Tage.  Von  den  Städtei  des  deutschen 
Nordens,  die  ihre  Bedeutung  nicht  ihrem  Charakter  als  Resi- 
denz verdanken,  datirt  nur  Hamburgs  alle  (xenossen  weit  über- 
ragende Grösse  aus  nachmittelalterlicher  Zeit. 

Wie  das  äussere  Wachsthum  sich  veiiiältnissmässig  schnell 
vollzog,  so  auch  der  Fortschritt  in  der  Stellung  zum  Reich 
und  zu  den  landesherrlichen  Gewalten.  Reichsstädte  gab  es 
unter  den  spätem  Gliedern  des  Hansebundes  nur  äusserst  we- 
nige: Lübeck,  Goslar,  Dortmund,  Köln.  Ihre  Stellung  wurde 
sehr  früh  eine  so  gut  wie  vollständig  unabhängige.  Und  kaum 
weniger  frei  bewegten  sich  ihre  Genossen,  die  in  der  Stellung 
von  Landstädten  verharrten.  Ein  landesherrliches  Recht  nach 
dem  andern  kam  in  ihre  Gewalt:  niedere  und  höhere  Ge- 
richtsbarkeit, Vogtei,  Zoll,  Münze.  Es  erfolgen  hier  und  da 
riickläufige  Bewegungen,  wie  in  den  wendischen  Städten  zur 
Zeit  Erich  Menveds,  aber  im  Ganzen  ist  die  Entwicklung 
eine  stetig  fortschreitende.    Mit  einer  Klarheit  und  Beständig- 


dM  14.  JAbrhuMlarto.  183 

keit,  die  mir  durch  die  in  der  Natur  der  Dinge  liegende  Noth- 
lendi^Eeit  erklärt  werden  kann,  folgen  die  städtische  Baths- 
kflBegJflP  ihrer  Devise:  Lob  von  den  Landesherren.  Es  wird 
dn  Bfirgem  verboten,  städtische  Aemter  anzunehmen,  die 
adi  in  der  Hand  des  Landesherm  befinden,  so  einträglich 
das  anck  sein  moehte.  Als  Wismar  in  einem  Streit  mit  den 
DoninikaDera  wegen  Bauens  Aber  der  Stadtmauer  nachgeben 
noBte,  weil  der  Landesherr  den  Mönchen  gflnstig  und  zur 
Zdt  sa  mächtig  war,  zeichneten  die  Rathmannen  den  Fall 
OS  Stadtbuch  ein,  damit  man  zu  günstigerer  Zeit  daran 
doike  (mide  wente  se  dar  nicht  wedder  don  moghen  van  der 
«dt  der  herren,  so  bevelhen  se  wedder  tho  donde  de  ghenen, 
de  na  una  kamen). 

Und  mit  derselben  Nachhaltigkeit  und  Energie  traten  die 
Stidte  anf,  wenn  es  galt,  den  Bürger  in  seinem  Erwerbe  zu 
Bcfatttzen,  den  Handel,  diese  Lebensquelle  der  Städte,  zu  si- 
dieni.     War  der  deutsche  Kaufinann  auf  den  Märkten  des 
Nordens  an&ngs  erschienen  als  Mann  des  Kaisers  oder  des 
Bfehtigen  Herzogs  von  Sachsen,  so  musste  er  sich  nach  dem 
Verfalle  dieser  Gewalten  vorzugsweise  auf  die  Städte  stützen. 
Honderte  und  tausende   vcm  Verträgen  und  Freihdtsbriefen 
beweisen,  dass  die  Städte  diese  Aulgabe  eriomnt  und  gelöst 
kiben,  logen  Zeugniss  ab  von  einer  regen  diplomatischen  Thä- 
tjgkeit     Allerdings  stützen  sich  die  Städte   dabei  noch  im 
Laufe  des  13.  Jahrhunderts  gern  auf  fürstliche  Vermittlung, 
die  um  Geld  unsdiwer  zu  erwerben  war;  aber  das  selbstän- 
dige Auftreten  wird  bald  zur  Regel,  und  von  Frankreichs  Ge- 
fild»  bis  zu  den  russischen  Reichen  von  Smolensk,  Pleskau 
und  Nowgorod  breitet  sich  ein  dichtes  Netz  diplomatischer 
Beziehungen,  von  den  Städten  eifrig  unterhalten  und  erwei- 
tert    In  erster  Linie  sucht  man  von  den  Territorialherren 
Geleit  d.  h.  Sicherheit  für  Person  und  Waaren  gegen  räuberi- 
schen Anfall ,  Schutz  nadi  dem  Recht  des  Landes  gegen  der- 


184  ^^*    I>>«  norddeatsehan  Südte  um  die  Kitte 

artige  Unbill  zu  erwerben.  Daran  reiht  sidi  dann  Freiheit 
von  den  harten  Rechten  der  Gnmdnihr  und  der  StraadnDg, 
die  alles  Gut,  was  auf  Land-  und  Wasserstrassen  den  Bodoi 
berührte,  für  dem  Landesherm  verfallen  erldärten.  Weiter 
erscheinen  Befreiung  von  der  Haftbarkeit  für  die  Sdiulda 
und  Vergehen  von  Landsleuten,  Zusage  von  Bechtshülfe  ge- 
gen säumige  Zahler  im  fremden  Lande,  Freiheit  vom  Gottes- 
urthdl  unter  der  Form  des  glühenden  Eisens  oder  des  Zim- 
kampfes,  Regulirung,  Herabsetzung  oder  gar  Erlass  des  Zol- 
les, Vereinfachungen  in  der  Art  seiner  Erlegung,  Erleichte- 
rungen beim  Beladen  und  Entladen  der  SchifiiB,  beim  Wiegm 
der  Waaren,  Gestatten  des  Kleinhandels,  der  sonst  nur  dm 
Landeseingebomen  zustand,  Erlaubniss  zum  Holzschlagen  be- 
hufs Ausbesserung  der  Schiffe  und  manche  andere  Begünsti- 
gungen des  Verkehrs  als  gesuchte  Errungenschaften  der  stid- 
tischen  Handelspolitik.  Als  letztes  Ziel  derselben  steht  an 
allen  besuchteren  Orten  im  Hintergrunde  die  dauernde  Nie- 
derlassung, das  Kontor,  in  seiner  vollen  Entwicklung  ausge- 
stattet mit  eigener  Gerichtsbarkeit  nach  heimischem  Becht  f&r 
die  eigenen  Genossen,  mit  Theilnahme  am  Gerichte  in  allen 
Fällen,  wo  diese  mit  den  Landesangehörigen  in  Zwist  gerie- 
then.  Die  Städte  wussten  den  Vortheil  einer  derartigen  festen 
Niederlassung  gar  wohl  zu  schätzen ;  ihn  den  Fremden  daheim 
zu  gewähren,  haben  sie  stets  zu  umgehen  gewusst  In  KSbk 
war  es  den  fremden  Kaufleuten  nicht  gestattet,  sich  länger 
als  6  Wochen  zur  Zeit,  und  dies  nur  dreimal  im  Jahre,  ako 
zusammen  höchstens  18  Wochen,  in  der  Stadt  aufzuhalten. 
Aehnlich,  meistens  noch  mehr  beschränkt,  stand  der  Fremde 
in  andern  Städten. 

Auf  Grund  dieser  so  mannichfaltigen,  den  verschiedenar- 
tigsten Verhältnissen  und  Bedürfiiissen  eng  angepassten  Pri- 
vilegien wurden  nun  die  norddeutschen  Städte  der  Ausgangs- 
punkt eines  regen  Verkehrslebens.    Es  ist  nicht  schwer,  das- 


dm  14.  Jshrliuidertf.  185 

selbe  in  seinoi  hanptsftclilkhsten  Richtungen  zu  eri[ennen.    In 
ontor  Beike  kommt  hier  in  Betracht  jene  grosse  Yerkehrs- 
Ifflie  Br&gge-Rassfauid.    Auf  ihr  bewegten  sich  alQährlich  hun- 
dvte  fon  SehifiiBD,  sie  wurde  eine  Hauptquelle  des  Wohlstan- 
te ftr  die  OBtseestidte,  die  wohl  nahezu  zwei  Jahrhunderte 
jOBsdiMeBslich  auf  ihr  geherrscht  haben.    Die  Bussen,  in  frü- 
bcrar  Zeit  nicht  seltene  Gaste  in  den  H&fen  von  Schleswig 
nd  Lübeck,  Terschwinden  noch  im  13.  Jahrhundert  aus  der 
Ostsee ;  mdererseitB  fangen  die  Hollander,  Seeländer  und  Fries- 
kider  erst  im  15.  Jahrhundert  an,    den  „Osterlingen''  eine 
ensthche  Konkurrenz  zu  machen.     Durch  das  Oebot,  dass 
km  deutscher  TCaufinann  mit  Bussen,  Walen,  Flamingem  oder 
E^Ündem  Kompagniegesch&fte  treiben  dürfe,*  wurde  dieser 
ADdnbesitas  wenigstens  zum  Theil  mit  erreicht  und  aufrecht 
erhilten.    Auf  verschiedenen  Wegen  gelangte  man  in  das  In- 
nere Bnsskmds;  ursprünglich  und  überhaupt  im  13.  Jahrhun- 
dert vorherrschend  zu  Wasser,  durch  Newa,  Ladoga-See  und 
Wokhow;    seitdem  h&ufige  Kriege  zwischen  Schweden   und 
BmaoEL  diese  Strasse  gefährdeten  oder  gar  ganz  schlössen,  der 
Otdm  in  livland  seine  Herrschaft  ausbreitete,  traten  Land- 
w^e  in  den  Vordergrund.    In  Biga,  Pemau,  Beval  oder  Narwa 
sdufte  dann  der  Kaufmann  sein  Gut  aus,  gelangte  auf  be- 
sehwerüdien  Wegen  zu  seinem  entlegenen  2Sele:  von  Narwa 
Inf  der  jamborgschen  Strasse  direkt  nach  Nowgorod,    von 
Beval  flb^  Weissenstein,   von  Pemau  über  Fellin  zunächst 
ttch  Dcnrpat^),  dann  weiter  diurch  Embach  und  Pdpus-See 
nadi  Pleskau,  dem  russischen  Pskow,  an  der  schifibaren  We- 
Hkiqa.    Auch  von  Biga  führte  ein  Landweg,  die  marienburg- 

1)  Bestand  iwisehen  Pernaa  and  Dorpat  im  Mittelalter  eine  Wasser ver- 
bindvng?  Pernaa  biess  im  frfiheren  Mittelalter  ,)Embeck*S  welcher  Name  im 
Babach  wiederkehrt  Der  See  ron  FelUn  hat  noch  jetst  ingleich  einen  Ab- 
flms  smr  Pemau  «nd  inm  Wirt^erw-See,  durch  den  der  Bmbaeh  fliesst.  Dass 
die  Strasse  benatat  wurde ,  ergiebl  sich  aus  Lfib.  Urkdb.  U,  n.  672,  678 ,  Tgl. 
B.  6S0,  in,  n.  674. 


186  ^^*    l^<«  norddratochen  SUdto  Bm  die  Mitte 

sehe  Strasse,  nach  diesem  Orte,  dem  Mittelpiuikte  eiaes  rus- 
sischen Fürstenthums,  den  die  erhaltenen  Beste  seiner  mittel- 
alterlichen Mauern  noch  jetst  als  einen  Platz^  von  henronar 
gender  Bedeutung  kennzeichnen.  Für  den  deatschm  Kanfinann 
war  er  zugleich  durch  Eigenhandel  und  als  Statioii  auf  der 
Beise  nach  Nowgorod  von  Wichtigkeit.  Von  Biga  Mur  maii 
auch  die  Dfina  hinauf  nach  Polozk  und  Witebak,  auf  kareem 
Landwege  weiter  nach  Smolensk.  Pdzwerk  liierten  j^ie  tie* 
genden  in  erster  Linie.  ,3eichlich  wie  Dünger  hat  moa  es 
dort'%  sagt  der  fromme  Adam  von  Bremen  und  f&gt  hinm: 
„Wie  ich  glaube,  zu  unserer  Yerdammniss,  denn  per  fas  et  ne*- 
fas  suchen  wir  zu  einem  Gewände  von  Marderfell  zu  kenunen, 
als  wenn  es  die  ewige  Seligkeit  wäre^S  Nach  seiner  Meinung 
kam  dem  Abendlande  von  dorther  „das  tödtliche  Gift  des  üp- 
pigen Hochmuths^^  0-  ^^  Wachs,  beim  mittelalterlichen  Got- 
tesdienst in  ungewöhnlichen  Mengen  verbraucht,  waren  die  „Ho- 
nigbäume^^  der  Wälder  des  Ostens  eine  unersch(ypfliche  Quelle. 
Hftute  und  Leder,  Talg  und  Fettwaaren  spielten  ausserd^n  noch 
eine  Bolle  unter  den  von  dort  bezogenen  Produkten.  Erseog- 
nisse  der  Weberei  bildeten  den  werthvoUsten  Theil  der  Ein- 
fuhr :  die  feinen  flandrischen  Tuche,  die  gröberen  eng^isclm  und 
deutschen,  dann  Leinwand,  auch  Seide.  Wichtig  warra  femer 
Metall waaren  aller  Art,  Bier,  die  verschiedoieten  Kramwaa- 
ren,  sämmtlich  Erzeugnisse  der  städtischen  Industrie.  Auch 
ungemünztes  Silber  schätzte,  wie  noch  heute  so  schon  damals, 
der  Osten  als  Zahlungsmittel.  Was  er  lieferte,  wanderte  zum 
Theil  in  die  deutschen  Städte,  mehr  noch  auf  den  Wdtmarkt 
von  Brügge  und  nach  England.  Dorthin  brachte  der  deutsche 
Kaufinann  auch  Vieles  von  dem,  was  ihm  sonst  die  Ostsee- 


2)  Ad.  V.  Br.  IV,  18:    pellibas  h«baiidaot  peregrinis,  qiumiin  odor  lelife- 

ram   nostro   orbi    propinavit   saperbiae   Tenenam.     Et  illi  qnidein   ut  «teroora 

haec  habent  ad  nostram  credo  dampnationem ,   qni  per  fas  et  neflas  ad  ▼eatem 
aiibelamuä  marturinam ,  quasi  ad  sommam  beatitadiuem. 


dei  14.  Jaliriiaiideiii.  Ig7 

Iaii4e  boten;  er  war  der  unumgängliehe  Vermittler  zifvischen 
Westen  und  Osten.  Ans  Schweden  holte  er  Kupfer  und  Ose* 
mmd  (Eisenerz,  wie  es  mittelst  primitiver  Bearbeitung  an 
Dfarfnchen  Hdbsfeoem  [Waldschmieden]  gewonnm  wurde).  Die 
MioMD  des  JKupferbarges^  (nicht  die  in  neuerer  Zeit  berühm- 
taran  Graben  von  Falun,  sondern  der  Atridaberg  im  sfldlidien 
Ostgotland)  waren  wenigstens  theilweise  im  Besitz  Ittbeddscher 
Unternehmer.  Pelzwo^  neben  den  verschiedenen  Waldpro- 
dnkten  (Holz,  Pottasche,  Theer,  Pech)  lieferte  ausserdon  das 
BOfdfsche  Land.  Von  Bldüngen  holte  man,  wie  noch  heute, 
Granit,  v<m  Gotland  und  Bomholm  Kalksteine,  verwandte  sie 
u  der  Heimat  zu  baulichen  Zwecken,  denen  das  landesüb- 
lidie  Material  nicht  dienen  konnte.  Aus  den  ufurddeutschen 
Ostseelindem  versorgte  man  schon  damals  die  Niederlande 
mit  Gretreide,  einzeln  auch  wohl  umgekehrt,  wenn  Misswachs 
die  Ebenen  von  Preussen  und  Livland,  Pommern  und  Mdden- 
borg  heimsuchte.  Was  der  deutsche  Kaufmann  an  den  Ka- 
sten Schwedens  und  Finlands  absetzte,  waren  ganz  Überwiegrad 
jene  Artikel,  die  auch  den  Bussen  zugeführt  wurden.  Bis  auf 
die  Altarschrftnke  und  die  Hymnenbücher  der  Kirchen  ist  fast 
ADea,  was  d<»t  über  die  gewöhnlichen  Lebensbedürfnisse  hin* 
aasging,  die  Hülfe  des  Kunsthandwerks  erforderte,  in  deut- 
sdien  Städten  entstanden  oder  aus  den  Händen  der  in  die 
MNrdischra  Bürgerschaften  übergegangenen  Deutschen  hervor- 
gegangen. Verarbeitet  wanderten  das  Pelzwerk,  die  Erze  zu- 
rück in  ihre  nordische  Heimat  Ein  besonders  lebhafter  Ver- 
kdir  fand  zwischen  Preussen  und  England  statt;  Danzig  ver- 
dankt ihm  zum  grossen  Theil  seine  glänzende  Entwicklung. 
Auch  hier  handelte  es  sidi  besonders  um  die  genannten,  dem 
Ostra  eigenthümlichen  Produkte.  Die  Preussen  erhielten  sie 
aus  Polen  und  litthauen,  die  Weichsel  und  Meroel  herab.  An 
letzterem  Flusse  hatten  sie  in  Kauen  (Kowno)  ein  Kontor,  das 
ftlr  sie  wenigstens  eine  weit  grössere  Bedeutung  hatte  als  das 


188  VII.    Die  norddeatseheo  StSdta  nm  die  Mitte 

von  Nowgorod.  Selbst  ungfurische  und  österreichiflche  Pro- 
dukte führten  die  Danziger  von  ihrem  Hafen  seewärts  ras. 
Die  Starke  der  englischen  Heere  im  Mittelalter,  die  Bon;»- 
schützen,  bezogen  das  Holz  des  Eibenbaomes,  das  sie  aUeii 
zur  Anfertigung  ihrer  Wafle  für  geeignet  hielten  (BogenlmhX 
über  Danzig  aus  den  österreichischen  Bergen.  Wolle  imd  Tuch 
kamen  besonders  aus  England  zurüde 

So  weit  dieser  Handel  einen  Umsatz  zwischm  dem  Ostei 
und  den  Nordseehafen  vermittelte,  nahm  er  einen  doppelte^ 
Weg,  durch  den  Simd  oder  über  Lübeck  und  Hamburg,  dmdi 
Trave  und  Elbe.  Besonders  waren  es  wohl  die  werthvoDenm 
Produkte,  Pelzwerk,  Wachs  und  Tuch,  die  die  Kosten  des 
doppelten  Aus-  und  Einschiffens  tragen  konnten,  weldbe  den 
gefahrloseren  Weg  durch  Holstein  vorzogen.  Auf  diesem  Ver- 
kehr beruht  die  stark  hervortretende  Bedeutung  der  lübeck- 
hamburger  Strasse,  die  aus  zahlreichen  Verträgen  und  Privi* 
l^en  erhellt,  beruht  zum  grossen  Theil  mit  die  Bedeutmig 
dieser  beiden  Städte  selbst.  Von  Hamburg  bis  Flandern  hatte 
man  nur  Küstenfahrt,  und  auch  diese  liess  sich  noch  abkür- 
zen. Beliebt  war  die  Binnenfahrt  durch  den  Zuidersee  und 
die  Mündungsgewässer  des  Rheines  imd  der  Maas  nach  Brügge 
und  Antwerpen  ^).  Auch  wenn  man  in  den  Rhein  einfahren 
wollte,  um  deutschen  W^em  zu  holen,  schlug  man  diesen  Weg 
ein.  Die  Privilegien  der  Grafen  von  Holland  und  der  Bischfifie 
von  Utrecht  hatten  besonders  seinetwegen  Bedeutung,  da  mit 
den  eigenen  Landen  dieser  Herren,  deren  Bewohner  bald  zu 
gefährlichen  Konkurrenten  der  Hansen  erwachsen  sollten,  we- 
nig Handel  getrieben  wurde.  Nur  wenn  wegen  Streitigkeiten 
mit  Brügge  und  Flandern  der  Kaufmann  seine  Residenz  ver- 
legte, gewann  Dordrecht  für  ihn  eine  grössere  Wichtigkeit 


1)  Die  Fahrt  ging  durch  Vecht,  Jjssel,  Leck  an  den  ZoUatfttten  het  Qdm, 
Scboonhoven  (Gouda),  Oeervliet  rorbei,  rgl.  H.  U.  I,  n.  3S1  v.  334,  Lflb. 
Urkdb.  I,  n.  108 ,  Hans.  Oeaohbl.  1876,  S.  118  ff. 


dM  U.  Jalirtnaderts.  Igg 

Gern  waren  dann  die  hoHändiscben  Grafen  zu  besonderem 
Entgq;aik<«imai  bereit  in  der  Hoffiiimg,  den  einträglichen 
Yerkdir,  den  die  deutschen  Kaofleute,  die  Bringer  der  Waa- 
no  aDer  Ostaeelande,  h^ranssogen,  an  ihr  Dominium  fesseln 
zu  kBimen:  eine  mehr  als  einmal  getäuschte  Hoffiiung. 

Dem  durch  mehr  ab  drei  Jahrhunderte  behauptete  BrOgge 
seinen  Platz  als  Centralmarkt  des  ganzen  Europa  diesseit  der 
hlffgL  Hier  tnieaa  die  Kaufleute  aller  abendländischen  Völ- 
ker zusaamien:  Lombarden  und  I<lorentiner ,  Katalanen  und 
Portugiesen,  Franzosen  und  Basken,  Engländer  und  Schotten, 
Ober-  und  Niederdeutsche.  Die  Letzteren,  die  Hansen,  ver- 
traten hier  den  ganzen  Nordosten  Europas ;  was  man  von  des- 
sen geschätzten  und  werthvollen  Produkten  erwerben  wollte, 
war  nn:  von  ihnen  zu  erhandehi,  was  dorthin  absetzen,  nur 
durch  sie  anzubringen.  Nur  ganz  vereinzelt  erscheinen  bis 
gegen  E^de  des  14  Jahrhunderts  Flaminger  und  Engländer 
handehreibend  in  der  Ostsee^).  Von  Brügge  aus  versorgte 
der'niederdeutsdie  Kaufmann  die  Heimat  und  den  Norden  mit 
den  Produkten  des  Orients,  die  der  Oberdeutsche  von  Venedig 
über  die  Alpenpässe  den  Rhein  herab  dorthin  brachte.  In 
Brflgge  erwarb  er  die  Frftchte  der  Mittelmeerländer,  die  Seide 
Ton  FkHrenz,  das  Oel  der  Provence,  die  Weine  Spaniens  und 
Italiens,  vor  Allem  auch  die  kostbaren  Tuche  der  flandrischen 
Weber  vmi  Gent  und  Poperingen ,  von  Ypem  und  Kortrik,  von 
Aardenburg  und  Oudenaarden,  Dendermonde  und  Dixmuiden, 
Tnehe,  von  denen  einzehie  die  EUe  im  Osten  mit  22  0  Ittb. 
(16  reap.  90  Rm)  bezahlt  wurden.  In  dem  Gewinn,  den  der  Um- 
satz dieser  Waaren  gegen  nordisches  PebEweric  und  russisches 
Wadia,  oetseeiäches  Holz  tmd  schwedisches  Kupfer,  schonen- 
sehe Hftringe  und  norwegischen  Stockfisch,  norddeutsches  Ge- 
treide, mitteldetttsche  Metalle  und  städtisches  Bier  erzielte, 
lag  eine  Havptqndle  des  Reichthums  der  Bürger  in  den  Lan- 

1)  Vgl.  «.  tu  Meklbg.  Urkdb.  U,  n.  968  m.  962,  VII,  u.  4681,  VUI,  n.  6050. 


190  Vn.    Die  norddevtMlMn  Slldta  «m  dU  Mitte 

den  vom  Rhein  bis  zum  finnischen  Meerbusen.  Sie  alle 
ren  mehr  oder  weniger  an  demselben  bethefligt  Die  rOhrign 
Bewohner  der  westfälischen  Binnenstädte,  die  Bahnfarediar 
des  norddeutschen  Handels,  sehen  wir,  gemiethete  Schiffe  be* 
frachtend,  über  Lübeck  und  Hamburg  diesen  Verkehr  traben. 
Sehr  verschieden  davon  aber  auch  reichen  OewinE  brin- 
gend war  der  englische  Handel  Hier  spielten  fortdauend 
die  Kölnor  und  ihre  rheinischen  und  westfälischen  Genoesei 
eine  Hauptrolle;  rheinische  Weine  führten  sie  in  erster  Linie 
ein,  daneben  Seide  und  seid^e  Gewände;  englisches  Tuch 
nahmen  sie  hinweg  zur  frankfurter  Messe.  Die  flandrischflD 
Weber  befriedigten  ihren  Bedarf  an  Wolle  vonugsweise  ans 
England,  dessen  Wolle  schon  damals  sich  des  besten  BnÜBB 
erfreute;  an  der  Zufuhr  nahmen  deutsche  Kaufleute  einea 
senüichen,  wenn  nicht  vorherrschenden  Antheil.  Sie 
nahe  daran,  in  England  dieselbe  Bolle  zu  spielen  wie  in  den 
skandinavischen  Ländern,  Ein-  und  Ausfuhr  zum  grSssarn 
Theile  zu  vermitteln.  Die  Weine  von  Guienne,  Seide  und 
Waid  von  Toulouse,  das  Sabs  „Browasiens'^  und  der  JBaie'^  'X 
die  Fische  der  Nord-  und  Ostsee  f(ihrten  sie  fleissig  in  Eng- 
land ein,  zum  grössten  Leidwesen  der  englische  Kaufleate, 
die  wieder  und  wieder,  doch  lange  vergebens,  bei  König  und 
Parlament  darüber  klagten.  Deutsche  Kaufleute  finden  wir 
in  fast  allen  Häfen  der  West-  und  Südküste  Englands.  Ver- 
glichen mit  den  heutigen  lagen  die  Verhältnisse  damals  ge- 
rade umgekehrt  Besonders  hat  die  Zeit  der  grossen  englisch- 
französischen Kriege  dazu  beigetragen,  die  Handebsmacht  der 
Deutschen  in  England  zu  heben.  Den  geldbedürfügea  Köni- 
gen war  die  Benutzung  der  schwer  versiegenden  Quelle  haa- 
sischer Silbertruhen  allzu  erwünscht,  als  dass  sie  nicht  zu 
dem  weitesten  Entgegenkommen  hätten  bereit  sein  soll». 
Unter  Eduard  UL  waren  die  Wollzölle  in  mehreren  der  wich« 

1)  Ueber  die»e  s.   Hirsch,  Danxi|^  Handels-  u.  Gewerbs^Hichfehte  R.  90  ff. 


dM  14.  Jakriiwidtrlik  191 

tigBten  QDgüseheii  Hftfen  an  deutsclie  Kaufleute  (Lübecker  und 
WflBtEalen)  Turpftndet,  ebenso  die  Zinngruben  in  CiomwaU 
oad  andere  Regalien;  eben  diese  Kaufleute  hatten  die  an  köl- 
Der  Borger  verpftndete  Krone  der  Königin  nebst  werthvoUen 
Kro^jawden  wieder  eingelöst,  als  sie  verfallen  war.  Deutsche 
Gdder  hatfen  dem  Könige  sich  rüsten  zu  jenem  Zuge,  auf  dem 
er  die  Schlacht  bei  Creqr  schlug.  — 

Auf  die  Bedeutung  der  schoneuschen  Fischereien,  des  nor- 
wegisdien  Handels  ist  an  anderer  Stelle  einzugehen.  Alle 
andeni  so  überaus  mannigfaltigen  Bewegungen  des  vielseitig 
eatwidcetten  Verkehrslebens  der  Zeit  können  hier  nur  in  ihren 
henroratechoidsten  Zügen  berührt  werden.  Schon  im  13.  Jahr- 
bimdert  stand  man  zu  Irland  und  Schottland  in  Handels- 
benehmgen.  Von  der  Küste  Westfirankreichs  brachten  starke 
Flotten  jene  Waaren,  die  nach  England  eingeführt  wurden, 
aodi  in  alle  deutschen  Häfen.  Die  Lübecker  finden  wir,  zum 
Theü  von  Brügge  aus  (darauf  deutet  die  Zollstelle  Bapaume), 
die  Ifärkte  der  Champagne  und  Brie  besuchen.  Ueberhaupt 
war  das  Beziehen  der  Jahrmärkte  ein  beliebter  Nahrungszweig 
rndit  nur  der  städtischen  Kaufinannschaft,  sondern  auch  der 
Oewerbtreibenden ,  die  ihre  Arbeiten  so  absetzten.  Lübeck 
erhielt  1236  von  Kaiser  Friedrich  U.  das  Recht,  aUjährlich 
von  Pfingsten  bis  Jacobi  einen  allgemeinen  Markt  (generales 
nundinas)  abzuhalten,  und  um  den  Besuch  zu  fördern,  ver- 
sprach der  Kaiser  Allen,  die  ihn  besuchen  wollten,  sein  Geleit 
Diese  Art  des  V^kehrs  mag  kaum  sehr  verschieden  gewesen 
sein  von  d^  noch  jetzt  besteh^iden  grösseren  und  kleineren. 
Messen.  Reichen  doch  einige  von  diesen,  wie  z.  B.  der  ro- 
stodcer  PfingstmaiM,  mindestens  bis  ins  15.  Jahrhundert  zurück. 
Für  den  Handel  durch  ganz  Frankreich  sehen  wir  Städte  von 
Kampen  bis  Riga  und  Wisby  privilegirt;  in  der  That  erfahren 
wir  auch  von  einem  deutschen  Kaufinann  in  Avignon  und  Mont- 
pellier.   Mit  Brabant  und  Limburg  wurde  nicht  nur  von  den 


192  Vn.    Di«  wuMemlaAm  Slldto  «m  die  Mitto 

Kölnern,  sondern  auch  von  den  Labeekem  imd  Hamburgan 
ein  reger  Verkehr  unterhalten,  die  Märid»  zu  Bergen  ap  Zoom 
und  Antwerpen  besonders  von  Brügge  ans  fleissig  besucht 
Ausgangspunkt  eines  lebhaften  Handels  war  auch  Weat&lai; 
gröbere  Tuche,  dann  die  Produkte  des  Bergbaus  und  der  Eisen- 
industrie wurden  von  den  betriebsamen  Bewohnern  in  die  Nie- 
derlande, nach  England,  in  die  Ostseestädte  und  weiter  aus- 
geführt Die  sogenannte  „kölnische  Waare^,  (Gewebe  aller  Art 
und  Kurzwaaren,  in  Lübeck  von  „Gästen^^  feilgeboten,  staauiite 
wohl  vorzugsweise  aus  den  Gegenden  rechts  vom  Niederriiein. 
Dem  Harze  und  den  Weserbergen  war  eine  Reihe  aufblühender 
Städte  vorgelagert,  die  einerseits  über  Bremen  einen  lebhaften 
Komhandel  trieben,  andererseits  über  Hamburg,  von  Braim- 
sdiweig  durch  die  Heide  ziehend  oder  von  Magdeburg  die 
Elbe  hinabfahrend,  die  Erze  und  Waldprodukte  des  Harus 
ausführten.  Ueber  Hamburg  trieben  auch  die  mftridschen  Stidte 
Ausfuhrhandel  mit  Flandern,  von  Hamburg  bezogen  sie  auf 
Elbe  und  Havel  jene  Produkte,  die  ihnen  die  Heimat  nicht 
bot  Auch  für  die  Bewohner  Meissens  war  die  Elbe  die  natür- 
liche Strasse  zur  Theilnahme  am  Welthandel.  Andererseits 
kamen  wieder  die  Kaufleute  der  Seestädte  Getreide  aufkaufend 
in  die  Marken  oder  liessen  sich  das  Korn  von  dort  und  ans 
den  Saalgegenden  zuführen.  Ein  Handel  von  besondoner  Be- 
deutung knüpfte  sich  an  die  Schätze  der  lüneburger  Saline, 
die  so  reiche  Erträge  lieferte,  dass  die  reichsten  Klöeter  und 
Kapitalisten  Norddeutschlands  sich  glücklich  schätzten,  ihr  Geld 
in  einem  Pfannenantheil  anl^en  zu  können  ^).  Fast 


1)  Ein  eigM&th&akliehes  Licht  auf  die  AnsebaaungsweiM  dar  ZtAt  wirft  die 
Entdeckung  und  Ausbeutung  einer  neuen  Salzquelle  im  Jahre  1S78.  Die  Be- 
sitser  der  alten,  nimlich  die  Aebte  von  Amelunzborn,  Dobberan,  Reinfeld  mid 
anderen  Cisterclenserklfistern,  die  Aebte  einiger  BenediktinerklSster,  die  Pröpste 
mehrerer  Cistercienser-  sowohl  wie  Benediktinerlüdster,  die  Dekane  und  Kaoonlel 
der  Kirchen  von  Lübeck,  Bardowik  und  Ramelsloh,  mehrere  Bitter,  dann  Bfirger 
von  Lüneburg  und  andern  Städten  bitten,  ihnen  die  neue  Quelle  an  verkMifSNi, 


dei  14.  Jfthrhanderts.  (Qg 

lieh  seewärts  giBg  die  Ausfuhr  des  geschätzten  Salzes.  Sie 
gab  den  Anlass  zur  Anlage  des  Steckenitz-Kanals  0-  Auf  der 
jftttschen  Halbinsel  wurde  von  Lübeck,  Hamburg  und  Stade 
ans  ein  umfangreicher  Yiehhandel  getrieben.  Ausser  im  Sunde 
bot  die  Ostsee  noch  an  zwei  andern  Stellen  Gelegenheit  zum 
Betriebe  der  Häringsfischerei  im  Grossen,  im  Kalmarsunde  und 


nt  Pvrdit,  8e1iad«n  im  Betrieb«  der  alten  in  leiden.  Henog  Johann  von 
JinmmAinigf  ^daait  er  tk«iUiabe  an  den  Oebeten  und  andern  geisUiehen 
Handlrnngen,  die  tXglich  in  den  Klöstern  von  den  Mönchen  geschehen^^,  IXsst 
lidi  daau  bereit  finden.  Er  gestattet  den  Käufern,  die  neue  Saline  sa  ser- 
iMmif  crlillt  selbst  aus  der  alten  von  jeder  Siedung  150  Wispel  Sali  (ron 
jtdea  der  60  SaUhinser  8  Wispel)  und  eine  einmalige  Zahlung  von  1800  Mark 
Silber  (70 — 80,000  resp.  460,000  Rm.),  verspricht,  weder  in  der  Stadt  Lüne- 
birg  noch  Im  ganien  Hersogthnm  eine  neue  Saline  in  Ching  su  setsen.  ürkdb. 
i  8t  Lflnebiirg  I,  n.  111.  Was  die  Antheile  am  BesiU  der  Saline  betrifft, 
M  Tgl.  1.  B.  Lnb.  Urkdb.  U,  n.  239,  271,  486,  504,  608,  lU,  n.  196,  260, 
IV,  n.  61;  Meklbg.  Urkdb.  V,  n.  2729,  3028,  3229,  VI,  8783,  4091,  VIII, 
5150.  Noefa  heute  besitit  die  Stadt  Lfibeck  IBneburger  Baispfannen,  ebenso 
Kirchen  Lflbeeks.  Etwas  Aehnliches  in  Bezug  auf  Kolberg,  s.  Biemann,  Qe- 
Kbichte  d.  St  Kolberg,  Anh.  S.  60. 

1)  1890,  Lfib.  Urkdb.  FV,  n.  619.  Doch  scheint  schon  1341  eine  Wasser- 
T«bindaiif  bestanden  su  haben,  vgl.  Urkdb.  d.  St.  Lfineburg  I,  S.  281 :  Quod 
u  promptoariam  plus  quam  triginta  duos  choros  habuerit ,  pro  hoc  nostro  re- 
spondebitnr  thelonario  (in  Lauenburg),  quem  pro  tempore  duximns  ordinandam 
et  tBM  Uberel*«t  absqne  impedimento  transibit  Molne-  et  per  totam  Juri- 
dictioatm  noitram  et  (tistrictum.  Geht  daraus  nicht  hervor,  dass  Prahme  von 
Uuenburg  nach  Mölln  gelangten?  Lfib.  Urkdb.  II,  n.  747  heisst  es:  Were 
id,  dat  de  börger  von  LOneborg  vorden  ehr  gpiet  von  Mollen  tho  Hachede 
•ter  von  Bagede  naMölne,  dar  scholl  wie  nnse  truen  und  unse  ambtluede  so 
to  forderen  und  se  sehölen  tollen  davor  geven  tho  MöUne  und  anders  nergendes, 
(dat)  dat  gnet  to  Louenborg  toll  frie  sie.  Ist  daraus  su  schliessen ,  dass  das 
Kala  von  Oeerthicht  Aber  Lauenburg  nach  Mölln  geAhrt  wurde,  so  ging  es 
jsdenfiOla  sa  SehiiT.  Vgl.  auch  Lfib.  Urkdb.  IV,  619 :  Dat  water,  dat  de  Del- 
vene  gheheten  ys,  dat  dar  vlnt  twisschen  der  Elve  unde  deme  see  to  Molne, 
wtlkn  ramen  unde  dupen  laten.  —  Urkdb.  d.  St  Lfinebg  I,  S.  217  (von  1335) 
hriest  #•:  Worden  ok  de  borghere  (von  Lfineburg)  mit  us  des  to  rade,  dat 
■an  solt  los  konde  overbringen  (vgl.  ebd.  oben:  Vor  dhen  wispel  loses  soltes, 
dat  man  to  schepe  voret),  so  scolle  we  hertich  Albert  mit  usen  borgheren  to 
Meine  dat  vomogfaea,  dhat  se  sehep  dhar  to  buwen,  de  darto  sin  bequeme, 
dat  man  it  droghe  to  Lubeke  bringe.  Ist  das  nicht  der  Plan  einer  Wasser- 
verbindang  swfsehea  Delvenau  (Elbe)  und  MöUner  See  ?  Ich  möchte  die  erste 
HersteUang  einer  solchen  in  die  Jahre  1385 — 1841  setten. 

SckSicr,  Die  HtMntMtc  |3 


1^  Vn.     Die  norddeutschen  Stldte  am  die  lOtte 

an  den  Küsten  Rügens.  Hier  begann  der  Fang  im  November, 
wenn  er  an  der  schonenschen  Seite  sein  Ende  errdcht  hatte. 
Auf  Land-  und  Wasserstrassen  ging  das  un^tbehrliche  Ge- 
schenk des  Meeres  ins  obere  Deutschland.  Auch  vor  Kolberg 
wurde  gefischt ;  schon  in  slavischer  Zeit  bessog  Grosspolen  von 
dort  seine  Häringe  und  sein  Salz,  das  die  damals  ergiebige 
kolberger  Saline  lieferte  ^).  Auch  die  Lübecker  kamen  in  j^e 
Gegenden;  wir  finden  sie  in  Cujavien,  Lanzizien  und  Siradien, 
in  den  Gebieten  zwischen  der  obem  Oder  und  Weichsel;  über 
Danzig  und  von  dort  mit  Wagen  oder  auf  Schiffen  die  Weichsd 
hinauf  brachten  sie  Tuch,  Salz,  Haringe.  Auf  der  Strasse 
von  Lübeck  und  Hamburg  über  Berlin  und  Frankfurt  nach 
Breslau  erreichte  man  ebenfalls  jene  Gegenden.  Gubener  Wein 
wird  in  Lübeck  erwähnt.  Die  spätere  Zugehörigkeit  Krakaus 
zur  Hanse  spricht  deutlich  genug  für  die  Verbindung  jener 
Gegend  mit  den  Seestädten;  seitdem  Danzig  eine  Stadt  des 
Ordens  geworden  war  und  rasch  emporblühte,  wurde  es  die 
Hauptvermittlerin  dieses  Verkehrs.  —  Ein  wichtiger  Erwerbs- 
zweig war  für  manche  Städte  die  Ausfuhr  der  hämischen 
Brauereiprodukte,  in  deren  Erzeugung  damals  Norddeutschland 
dem  Süden  unseres  Vaterlandes  weit  voraus  war.  Wismar, 
Rostock,  Bremen,  seit  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  Hamburg, 
dann  Eimbeck  erzeugten  Biere,  die  von  Flandern  bis  Finland 
bei  keiner  Gasterei  fehlen  durften,  meistens  schwere  Getränke 
von  einer  nach  unsem  Begriffen  ungewöhnlichen  Konsistenz, 
wie  sie  sich  im  bremer  Seefahrts-  und  danziger  lopenbier  und 
in  der  braunschweiger  Mumme  als  Reliquie  vergangener  Sitte 
bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten  haben.  Den  Hopfen  daani 
lieferte  zum  Theil  Norddeutschland  selbst  (dass  bis  Riga  hinauf 
um  fast  alle  Städte  Norddeutschlands  Hopfengärten  waren, 
lehr^  uns  urkundliche  Zeugnisse),  zum  Theil  Thüringen.  Ham- 

1)  Erst  seit  1253  waren  die  SaUbergwerke  von  Wielicaka  in  Betrieb,  erst 
100  Jahre  später  von  Bedeatong. 


dai  14.  J«]irhiiiid«rtf.  X95 

barg  verdankt  weflentlich  seinem  Biere  den  Aufschwung,  den 
ihm  das  14.  Jahrhundert  brachte;  es  war  durch  mehrere  Jahr- 
hunderte ^die  grösste  Brauerstadt  des  Nordens''.  Yielldcht 
sebon  im  14.,  spätestens  im  15.  Jahrhundert  sti%  die  Zahl 
seiner  JBrauerb»''  auf  500.  Besonders  nach  Westen  ging 
sein  Bier;  in  den  Niederlanden  führte  die  Versendung  dorthin 
zu  mdireren  spedell  hamburgischen  Niederlassung^. 

AuffiEÜIend  selten  erscheinen  die  Seestädte  in  direkter  Ver- 
bindung mit  Oberdeutschland  > ).  Der  Weinhandel,  der  Lübecker 
and  Hamburger  mit  ihren  Schiffen  nach  dem  Rheine  führte, 
mag  es  gewesen  sein,  der  die  zwischen  Mainz  und  Lübeck 
angedeotetra  Beziehungen  hervorgerufen  hat;  Franken  weine 
werden  in  Lübeck,  Lüneburg  und  sonst  erwähnt  Nümbwger 
and  Frankfurter  erscheinen  mit  ihren  Kramwaaren  (es  werden 
„nümbergische  Messer*'  genannt,  auch  scheinen  Dolchmesser 
(stekemessede),  Schlösser,  Paternoster,  Papier  dazu  zu  gehören) 
in  Lübeck,  wo  auch  Erz-  und  Messinggiesserarbeiten  in  ,4iüm- 
berger  Kdlem**  ausgestellt  werden.  Auch  auf  dem  schonen- 
acheo  Markte  treffen  wir  einmal  einen  nürnberger  Händler 
mit  seinen  Waaren.  Erfurt,  das  an  der  Strasse  nach  Nürnberg 
lag,  erscheint  in  Beziehungen  zu  Lübeck.  Es  fiänd  nur  dünne 
und  spärliche  Fäden,  die  sich  erkennen  lassen.  Süd-  und 
Norddeutschland,  die  wenig  Produkte  mit  einander  auszutau* 
achen  hatten,  behaupteten  jedes  sein  eigenes  Handelsgebict; 
als  am  Ende  des  Mittelalters  die  Oberdeutschen  in  das  nieder- 
deutsche einzudringen  suchten  (in  Polen  und  Russland),  ent- 
stand in  den  Seestädten  grosse  Aufregung  gegen  die  „Hoch- 
i^  oder  „Fugger^S  wie  man  sie  auch  wohl  nannte; 

drahte  geradezu  mit  Gewalt 

Zu  diesen  mehr  in  die  Feme  reichenden  Verbindungen 
kam  die  bunte  Mannichfaltigkeit  des  lokalen  Verkehrs.    Jede 


1)  Vgl.  Lfib.  Urkdb.  II,  n.  644,  818,  919,  III,  n.  566,  IV,  n.  805;  Wehr- 
,  LftUekiMh«  SvaÜroUen  S.  159  u.  870. 

13* 


196  Vn.    Die  noMimtmhm  Sllite  m  die  Mitte 

Stadt,  80  Udn  sie  immer  Bein  mochte,  bfldete  ftr  einen  ge- 
wissen Beziri^  den  natdiüchen  Mittdpnnkt  des  Waarenaus- 
tansches,  in  dem  der  Landbewidmer  emen  llarict  fand  f&r  die 
FrOchte  seiner  Arbeit  in  Wald  mid  Fdd,  die  Lebeosbedfirf- 
nisse,  die  er  nicht  selbst  erzeugte,  ehikantpii  konnte.  Bau-, 
Brenn-  nnd  Nutzholz,  Steine^  Theor,  Pedi,  Asche,  Getreide 
nnd  andere  FddfrQchte«  WiA.  Wild  und  Fisdie  werden  den 
Städten  zngef&hrt,  die  iluwseits  mit  den  Erzeagnissm  ihres 
Gewerbfleisses,  mit  den  Produktoi  fnner  Linder  zahlen.  Unter 
besondem  Varhaltnissen  k<Nuite  jener  Handd  einen  ansso^ 
ordentlidien  Umfuig  gewinnen,  wie  z.  B.  die  Holzznfiihr  auf 
der  Dmenau  nach  Lüneburg  f&r  den  B^ridi  der  dortigen 
Saline«  in  kleinerem  Massstabe  die  nach  Eolbeig.  And^rer- 
s«ifs  machten  die  Stidter  oft  Ranzende  Gescliifte  dadurdi, 
das®  sie  nicht  nur  die  Menge«  Sonden  andi  die  Höfe  der 
Forsten  und  den  Adel  des  Landes  versorgten:  fltar  PdzweriE, 
flandrische  T\iche.  edle  Weine  hatten  sie  cft  bedeutende  Sum- 
men Ton  diesen  lu  ÜHdem.  Sie  sind  anch  ihre  Bankters,  die 
Siidte.  VW  Allem  Lübeck,  der  Mittdponkt  des  Gddvnckehrs, 
die  tVte^  an  deuen  man  gern  sein  Vermögen  anlegt  Selbst 
millen  in  Schweden  weiss  man  erworbene  Kaintalien  nidit 
biK^HT  in  bewahivn.  als  indem  man  sie  den  Binden  lobecfar 
Kanflenn^  anwnnut. 

In  mannichiickr  W^tse  untnschicd  sich  dieser  in  grossen 
/ü^ien  an^ü^^eutece  V^tkehr  wm  dem  Handd  unserer  Tage. 
Kr  Off «>ien^  v\w  alkn  Din$«  mehr  persönliches  Eintreten 
ww  KauAiiann^  FV^s^n  $ab  es  nicht:  briefliche  Auftrige 
um)  AWxhKls^  k^vuiien  daher  ^>  kicht  nicht  stattfinden  (es 
^ttd  un^  ;jJlefüin$s  Res^tir  kanfndnnischer  EoncEpcmdenz  er- 
haltanV  auch  der  \Vc<iis«ei^nnrkKhr  w;Mr  $iaik  beschrinkt.  Das 
iiiKichiJk  rnnsä^  pcrstelkh  Mttwhf  w^rdnu  Es  war  daher 
^Uc  Kc^  da;s$  der  Kaatsaann  ;§ieae  Wunen  biqsjhätirte,  mitzog 
über  ..S<>^  uihI  SaEKh-.    S^r  Mkfri  «mrcn  KfMapagnicgeachafte, 


dai  14.  Jmbrhimderts.  197 

oft  in  redit  klemen  ÄntheQcsi ;  in  der  Rhederd  kommen  Sechs- 
zdmteiiMirte  von  Schiffen  vor.    Ermöglichte  dies  die  im  Mittel- 
alter schwierige  Verwerthung  auch  kleiner  Kapitalien,  so  gab 
es  obendrein  Gelegenhdt,  die  Führung  grosserer  Waarenmengen 
einem  Einssdnen  zu  flbertragen.     Auch  sog^annte  Sendeve- 
Kontrakte  werden  zahlreich  abgeschlossen,  nach  denen  Jemand, 
der  keine  Eigenthumsrechte  an  den  Waaren  besass,  deren  Fflh- 
nmg  fibemahm  gegen   einen  gewissen  Antheil  am  Gewinn, 
meistens  die  Hälfte.    Besonders  suchen  Nichtkaufleute  (lütter, 
Geistliche)  so  ihre  Waaren  in  den  Handel  zu  bringen.    Dass 
der  Schiffer  (so  heisst  einfach  der  Kapitän),  ja  sämmtliche 
Bootsleute  das  Recht  haben,  eine  gewisse  Menge  eigener  Waaren 
im  Sdiiffe  mit  zu  verladen,  kommt  sehr  häufig  vor,  scheint 
die  Begel  gewesen  zu  sein.    So  hatte  Jeder,  der  sich  an  Bord 
befand,  ein  Interesse  daran,  das  Schiff  wohlbehalten  an  seinen 
Bestimmungsort  zu  bringen.    Und  das  war  nothwendig.    Denn 
grösser  als  heutzutage  waren  die  (xefahren,  die  dem  Kauf- 
manne  und  seinen  Waaren  drohten,  Assekuranzen  aber  gab  es 
damals^  wenigstens  in  den  Hansestädten  noch  nicht.    Das  6e- 
sdilecht  der  adligen  und  unadligen  Bäuber  zu  Lande  und  zu 
Wasser  starb  in  Norddeutschland  während  des  Mittelalters 
mdit  aus,  so  manche  Burg  die  Städter  auch  brachen,  so  man- 
chen üdbelthäter,  adlige  nicht  ausgenommen,  sie  auch  durch 
Schwert  und  Strang  zu  Tode  förderten,  so  manchen  Seeräuber 
auch  ihre  Friedekoggen  über  Bord  warfen.    Gar  leicht  konnten 
daher  Kaufinann  und  Schifler  in  die  Lage  kommen,  das  eigene 
oder  das  ihnen  anvertraute  Gut  mit  Einsetzimg  ihres  Lebens 
verthddigen  zu  müssen.    Dazu  kam  das  grausame  Strandrecht. 
Mochten  die  Päpste  und  ihre  Bischöfe  auch  noch  so  oft  Bullen 
erlassen  gegen  die  „verabscheuungs-  und  fluchwürdige,  aus  dem 
Hddenthum  herstammende  Gewohnhdt^S  mochten  sie  noch  so 
oft  daran  erinnern,  wie  freundlich  der  schiffbrüchige  Paulus 
von  den  Bewohnern  der  Insel  Melita  aufgenommen  worden  sei, 


198 


die  dwrwtMr  BrBrJM  icdHBt,  das  Ae<*  ^iddie  eelbBt 
Hufe  m  ikifB  Siika  ■ftüwhiB,  der  SittleideBdai  seh  er- 

TcranA  iBd  4m  Godz  der  Satv  foradirabeB, 


WidospfiKh 

Ton  Brenm 

G«ido  1265  im 


KketorDob- 

bcflSB  nmFlRttsi  Borvm  ath  dei  Eitng  des  Ihctis  Tonge- 

Td  «tilitatcm  ib 
Aack  Ae  Pririlcgieii,  wddie 
die  Slidte  iw  da  Btmm  der  Fi^wliBdfi  crvorbcB  hattea, 
Back  veldbei  ümb  djs  Beckt  la  Wiiti  nstiBd  oder  der 
Wiedeiei  mtah  der  letkucM  Gtiicr  «b  ob  redlickes  Beqi;egdd 

Ahedüt  BB  dcB  T BBili Hkiii B^  haba 

sckvBck  der  T<riwJjMg  yinekft>  die  IiiiBlunietcii  der 
Sei^  Bk  die  l^BeBe  öbcs  eratBsckteB  EneAcs  m  bcmrtjea. 
Als  die  Ldwckinr  Ij?;  Birf  GnMd  ikrer  Plniik^ieB  ^nm  dimr 
srkai  HBflptmiBB  ib  Be«Bl  HciBBs^Bke  gemiBdelm  GateB 
^ceilBBiMB,  BBiw^^tele  diesw  dcB  GesndtCB:  ^Wie  Tiefe,  wie 
civssif  BBd  ms  firBneif  BKk  I— wer  fccribogeKkickt  werden 
kijulw,  $i>  witoAem  dock  die  Y^SBÜiai  bei  den  Reckt  dieBes 
Lud»  Udkem  welkB:  bbI  w«u  eack  so  Bof  Bittea  oder 
Rrkie  c«re  Gtier  niick^KiBekiai  w«rdeB^  m  wiD  idi  mir  das 
neckte  Ab^  BBSsterkm  lassen^. 

Cwd  ZB  dmi  Geiikm.  mit  dwcB  Habeaer  und  Wfldheit 
der  Mqfc?ckeB  drokte.  Hbh!b  die  dem  ttcfckckcB  Efemente 
ewig  «ignML  Zwaur  Tcfwuied  bku  die  WiBtinnetse:  es  heisst 
Gott  Yers«rkeB.  w^bb  «ua  Bark  MartiBi  :scieeh«  BMmt  der 
Hdkfescke  Cknwttsi  Hait!^  Rei-keauauL  Aatk  «Btbckrte  nan  nicht 
so  lewz  >»er  Nrkifl^rtszekkm.  den»  wuU  iberdachte  und 
nekbUcke  Verv^rttdaa^  es  heote  dem  Sckiiier  «fBMf^idK&,  sicher 


dm  14.  JahrbaiidMis.  X99 

seinen  Kurs  m  steoan.    Leuditthfirme  finden  wir  schon  im 
13.  Jaluliundfirt  an  den  nördlichen  Küsten:  an  der  vorspringen- 
den Spitze  von'  Falsterbo  neben  der  Einfahrt  in  den  Sund, 
1236  bei  Travemttnde,  1266  auf  der  Insel  Liepz  vor  Wismar  ^  X 
128Q  zwei  bei  Brie!  an  der  Mündung  der  Maas,  gegen  Ende 
des  Jahriiunderts  für  die  Einfahrt  in  die  Elbe  auf  Neuwerk 
(die  Insel  erhielt  ihren  Nam^  vom  „novum  opus^S  dem  Thurme), 
1306  anf  Hiddense  für  die  Fahrt  nach  Stralsund.    Auch  Be- 
Umnimg  wird  erwähnt  vor  dem  rostocker  Hafen  und  auf  der 
Zoidersee,  selbst  eine  Stromkorrektur  kommt  schon  1288  vor. 
In  diesem  Jahre  erbot  sich  der  rostocker  Bürger  Rotger  Hom, 
allerdings  unter  lebhaftem  Staunen  der  Herren  vom  Rathe,  die 
BOT  unter  deckenden  Vorbehalten  auf  seinen  Antrag  eingehen 
wollten,  die  Wamow  von  Rostock  bis  zur  Mündung  auf  eine 
Tiefe  von  6  Ellen  zu  bringen;  leider  erfahren  wir  nicht,  ob 
etwas  ans  d»n  Plane  geworden.    Aber  das  alles  war^  doch 
Dar  erste,  schwache  Anfänge:  sie  konnten  den  Seefahrer  höch- 
stens davor  bewahren,  noch  im  Angesichte  des  Hafens  zu 
scheitern.     Auf  der  weiten  Reise  war  er  besonders  in  der 
Nordsee  und  ihren  Neb^gewässem,  deren  Beschiffung  durch 
Gezeiten,  durch  Strömungen  und  die  Wattenbildung  der  Küsten 
erschwert  wird,  übel  daran.    Kompass  und  Chronometer  besass 
er  nicht,  auch  Karten  fehlten  ihm.    Möglich  aber  kaum  wahr- 
scheinlich, dass  er  in  dieser  Zeit  schon  die  älteste  Redaktion 
des  sogenannten  „Seebuchs^S  einer  dürftigen  Segelanweisung, 
die  in  ihrer  ursprünglichsten  Form  nur  die  Küsten  von  Brügge 
bis  Cadiz  und  Cap  Landsend  berücksichtigte,  in  Händen  hatte. 
So  hielt  er  sich,  aus  Furcht,  den  Kurs  zu  verlieren,  nahe  am 
Lande,  dadurch  der  Gefahr  der  Strandung  noch  mehr  aus- 
gesetzt    Nur  wenn  ein  günstiger  Wind  wehte,  das  Wetter 


1)  Wegeo  diätes  Tharmes,  der  vieUeicht  beiweifelt  werden  könnte  vgl. 
Meklbg.  jAhrlmeh  II,  18S  ff.  n.  XXXI,  89  ff. ;  d«sa  Meklbg.  Urkdb.  U,  n.  1078: 
dt  inimlin  Lypex  usqae  ad  municionem  civitatis. 


200  VU.    JHe  DorddMüMlm  Sttdte  «m  die  Mitte 

Dauer  versprach,  wagte  er  eme  mehrtigige  Fahrt  durch  die 
hohe  See,  fem  von  allem  Lande,  etwa  vom  Skagerrak  oder 
Norwegens  Küste  hinüber  nach  Flandern  oder  En^^and,  von  dar 
Bretagne  durch  das  gefahiüche  Meer  von  ffiscaya  nadi  Fend 
in  Galiden,  dem  heiligen  St  Jacob  in  Compostella  Pilger  zu- 
zuführen. In  solchen  Fällen  ging  die  Fahrt  auch  übenraacheDd 
schnell  (von  Ripen  nach  Brügge  in  zwei,  von  Cap  Matthim 
nach  Ferrol  in  drei  Tagen),  ein  Beweis,  dass  der  deutsche 
Seemann  sein  Schiff  zu  bauen  und  auch  zu  brauchen  verstand  ^). 
Im  Allgemeinen  aber  waren  die  Beisen  langsam,  und  vor  Allem 
—  gefahrvoll. 

Und  wenigstens  das  erstere  galt  in  noch  höherem  Grade 
von  den  Landreisen.  Allerdings  fehltoi  auch  hier  nicht  die 
Anfilnge  einer  Fürsorge  für  den  Verkehr:  über  Anlage  und 
Instandhaltung  von  Wegen,  über  Bau  und  Ausbesserung  von 
Brücken  wird  uns  urkundlich  berichtet  Aber  schwerlidi  ist 
das  über  das  Allernothwendigste  hinausg^pingen ;  v<m  irgend 
einer  Pflasterung  der  Landstrass^  sei  es  auch  nur  mit  Holi- 
knüppeln,  erfahren  wir  nirgends;  höchstens  in  den  Stfidten 
sdbst  hören  wir  von  den  ersten  Anfingoi  des  Pflasterns. 
Wurde  das  Recht  der  Grundruhr  geübt,  das  allerdings  nicht 
so  z&h  festgehalten  worden  zu  sein  scheint  wie  das  des  Strandes, 
so  lag  es  ja  geradezu  im  Vortheil  des  Landesherm,  die  Wege 
nicht  zu  bessern.  So  schnell  man  daher  auch,  unter  Benutzung 
von  Pferden,  im  Allgemeinen  zu  reisen  pflegte,  so  langsam 
kamoi  jedonfoUs  die  Waaroizüge  fort,  die  wohl  meistens  in 
p?schlossenen  Kolonnen  und  unter  Gddt  dahereogen.  Natürlich, 
dass  man  den  I^andtransport«  wenn  nur  eben  mö^ch,  zu  ver- 
moidon  suchte«  Selbst  die  kleinlichste  und  umständlichste 
SchiAfsUirt  cr^hion  vortheilhafter.    Hat  in  unseren  Tagen  die 

1>  Adam  Ton  nmiN>n  IV.  U  S^WKob  9«.  Vgl.  <Us  lünerar  nmch  Reval 
b«i  l.Miprb..  Scr.  rer.  l>u>  V«  62).  mack  des  Peripl«s  OÜMri  Nonregi  et 
Walt^Uni.  «bd.  Ih  10$  ff. 


dM  14.  JahrilUidMrts.  201 

Aosbrdtirag  der  EiBeDbahneB  den  Werth  der  Wasserstrassen 
stark  herabgedrückt,  so  wurden  diese  in  jener  Zeit  mit  Eifer 
gesucht.  Nidit  nur  der  grossere  Wasserreichthum  ermöglichte 
eine  Bebhmng  y^m  Flüssen  wie  die  Oker  und  Leine,  die  ohete 
nnman  nnd  Jeetze,  ja  die  Stepnitz  und  Badegast  im  west- 
lichen, die  Trdtel  im  östUchoi  Mddenburg;  es  lohnte  auch 
uhsm  der  Vo:kehr  auf  überaus  kleinen  K&hnen,  wie  man 
sie  in  unsem  Tagen  nur  noch  selten  gebraucht  Müldenbau 
suchte  man  zu  hindern,  um  die  Fahrt  frei  zu  haken.  Audi 
Kanalanlagen  plante  man  und  führte  sie  aus.  Die  kleine 
mddenburgisdie  Stadt  Sülz  lässt  sich,  der  Ausfuhr  ihres  Salzes 
wegen,  renk  ihrem  Fürsten  1298  das  Versprechen  geben,  einen 
Kiaal  zwischen  Trebd  und  Becknitz  herzustellen,  auch  einen 
Mr>g  nach  Tribsees  anzulegen.  Die  Stedtenitz  war  mittdst 
diier  Sddeose  bei  Mölln  fahrbar  gemacht;  schon  1341  scheint 
eine  Wasserrerbindung  zwischen  dem  möllner  See  und  der 
Elbe  durch  die  Ddvenau  bestanden  zu  haben.  Sowohl  Fluss- 
ab  Landwege  aber  litten  unter  dem  Drucke  des  Strassenraubs 
und  der  Zollplackerd.  „Die  wahnsinnige  Verblendung  der 
Deatschen,  deren  unerstdgliche  Festen  sich  über  dem  Bette 
to  Bheines  eiiieben,  ist  so  begierig,  Gdd  zu  erwerben  oder 
ndaiehr  zu  erpressen,  dass  sie  kein  Verbrechen  schalt,  es 
rasammeozusdiarren,  und  jedes  mit  Waaren  bdadene,  den 
Flnsa  berabkonmiende  Schiff  vor  jeder  dieser  Festen  zu  un- 
gewöhnlichen oder  vielmehr  unerträglichen  Zöllen  zwingt,  weder 
durch  Furcht  yor  Gott  noch  durch  Scheu  vor  dem  König 
zurückgehaltenes  so  berichtet  ein  Engländer  schon  über  die 
Zeit  K(küg  Bichards  ^).    Sdtdem  war  es  jedenfalls  nicht  besser 

1)  Thonuit  W!k«s  lu  1269,  bei  Böhmer,  Fontes  II,  455:  Fnriosm  TentoDi- 
comm  insania,  qaonuii  manitiones  inexpagnabiles  saper  alveam  Rhenam  con- 
kbtere  digooscaotar,  qaietis  impatiens  et  acqnirende  pecanie  sea  potias  extor- 
qiende  tarn  avida,  qaod  pro  ea  congerenda  nullam  genns  facinoris  ezhorrescat, 
de  fiDgalis  pappibos,  qae  per  crepidinem  flaminis  sapradicti  victualia  sea  qae- 
caaqae  mercimonia  deferebant  et  per  manitiones  antedictAs,   qaas  elitäre  non 


202  VU.     Die  nordfUulMshen  StiUlto  um  die  Mitte 

geworden.  Die  Zollstätten  an  Flfissen  und  Landstrassen  diing- 
ton  ßich  geradezu.  Auf  den  nftchsten  12 — 15  Meüen  oberiiaHi 
Hamburgs  gab  es  deren  z.  B.  an  der  Elbe  nicht  weniger  als  9: 
Esslingen  (ZoUenspieker) ,  Krauel,  Greesthadit,  Artlenbuig, 
Lauenburg,  Boitz^burg,  Bleckede,  Hitzacker,  D^nitz  (daza 
Dannenberg  und  Lenzen  für  die  Nebenflüsse  Jeetze  und  Löcke- 
nitz)  ^).  Glücklicherweise  waren  die  ZoUtabellen  nicht  alfani 
complicirt  Häufig  wurde  einfach  schiff-  oder  wagenweaae  ge- 
zahlt,  sonst  nach  Fässern,  Packen,  Ball^  seltener  nadi  Ge- 
wicht, und  dann  immer  nur  nach  grossem,  meistens  Sclii&* 
pfimden  (von  je  300  gewöhnlichen  Pfunden).  Viele  Unter- 
scheidungen wurden  im  Tarif  nicht  gemacht;  es  handelte  sich 
eben  nur  um  Finanzzölle,  den  Begriff  des  Schutzzolls  kannte 
das  Mittelalter  nicht;  es  erreichte  die  Zwecke  desselben  auf 
anderem  Wege.  Charakteristisch  ist,  dass  der  Eid,  dar  über- 
haupt im  mittelalterlichen  Rechts-  und  Verkehrsleben  eine 
überaus  grosse  Rolle  spielt,  auch  angewandt  wurde,  die  Zolür 
abfertigung  zu  vereinfachen :  Ein  Krudfix  vorgehalten,  den  Eid 
darauf,  dass  man  nicht  defiraudire,  so  kam»  die  Kaufleute 
durch  den  Zoll,  deren  Vaterstadt  ihren  Bürgern  dieses  Privi- 
legium hatte  erwerben  können.  Bei  Landreisen  war  wohl  darauf 
zu  achten,  dass  man  auf  der  Zollstrasse  blieb;  wer  auf  anderm 
Wege  getroffen  wurde,  der  hatte  sein  Gut  verüahrm.  Eine 
genaue  Kenntniss  der  Zollstätten  war  dem  Kanfiuann  noth- 


poterant,  deftcendere  cogerentar,  insolida  et  prorsns  intoleimbilU  pacagi«,  qae 
Tulfco  thelone«  nnncnpantnr,  nee  Dei  timore  nee  regis  reverentiA  eoereiti  singoli 
tinguUriter  extorqaelMuit,  ande  iactBm  est,  qaod  Tili  pretio  ▼endereotar. 

1}  KoppmADD,  Die  Utesten  HandeUweg«  Hambnrgt  S.  7  meint,  von  Domits 
scheine  der  Hsmburger  trti  nach  Magdeburg  gefahren  la  sein.  Ich  glaube 
kaum.  Ans  Hambg.  Urkdb.  I,  n.  515:  qaod  Albiam  per  totam  Harchinm  secnre 
et  absqne  omni  iupedimento  navigio  ascendere  et  descendere  potestis  etc.  folgt 
nicht,  dft!»  die  Hamburger  sollfrei  waren.  Die  Magdeburger  sahlten  1136  auf 
dieser  Strecke  noch  Zoll  in  Elbey ,  Meilingen  und  Tangermfinde.  Der  Zoll- 
stXtten  werden  iniwischen  nicht  weniger  geworden  sein,  H.  U.  I,  n.  11. 


dei  14.  Jahrliiuideris.  203 

wendig ;  dass  er  meisteiis  nur  nach  bestimmte  Gegenden  han- 
delte» eileichterte  ihm  dieselbe. 

Hatte  er  sein  Ziü  g^flckiich  erreicht,  so  war  auch  hier 
wieder  genaue  Keimtniss  der  lokalen  Verhältnisse  ein  unent- 
bdirlidies  Erforderniss.  Denn  unendlich  mannichfaltig  war  die 
Art  reditÜGfaer  Befagniss,  die  dem  Kaufinanne  in  der  Fremde 
sastand.  Nur  an  sehr  wenigen  Orten  konnte  er  sich  so  frei 
nad  QSgehindart  bewegen  wie  daheim  oder  wie  ein  Einge- 
sessener des  Landes.  Audi  in  allen  deutschen  St&dten  war  der 
^Gast^,  der  Angehörige  einer  fremden,  sowohl  jeder  deutschen 
ab  nichtdeutschra  Stadt,  dem  eigenen  Bürger  nachgestellt 
Nur  eine  gewisse  Zeit  durfte  der  Kaufmann  sich  in  einer  fremden 
Stadt  handdtreibend  aufhalten,  nur  unter  gewissen  Beschrftn- 
knagen  seine  Waaren  feilbiete,  häufig  war  er  schon  durdi 
die  Festsetzung  eines  bestimmten  Verkaufspreises  dem  ein- 
gebwenen  Konkurrraten  geg^über  im  Nachtheil,  dazu  war  er, 
falls  er  Erzeugnisse  gewerbliche  Fleisses  zum  Verkaufe  herbei- 
fllhrte,  der  Aufsicht  der  betreffenden  Amtsmeister  unterworfen, 
die  m  benrtheilen  hatten,  ob  er  auch  schlechte  („wandelbare^) 
Waare  liefere.  Auch  rechtlich  stand  er  nur  in  den  Städten 
^cfaen  Redites,  und  auch  dort  nicht  einmal  immer,  in  gleicher 
Geltung  wie  daheim.  In  mancher  Beziehung  freier  als  in  den 
deotschea  Städten  war  er  nicht  selten  im  Auslande.  Dort 
erlangte  er  häufig  genug  das  Recht  fester  Niederlassung,  die 
dann  entweder  einen  allgemein  hansischen  Charakter  trug, 
aDe  deutschen  Kaufleute  umfasste,  wie  die  Kontore  zu  Now- 
gorod und  BrQgge,  zu  London  und  in  andern  Städten  Englands^ 
die  Niederiassung  zu  Bergen  in  Norwegen,  oder  aber  nur  den 
Kanflmten  einer  bestimmten  Landschaft  oder  Stadt  angehörte, 
wie  das  Kontor  zu  Polozk  für  Riga,  das  zu  Kauen  für  die 
Preosso),  die  Hansen  der  Hamburger  zu  Utrecht  und  Oost- 
kerken  (später  in  dem  nah^  Sluis),  zu  Stavoren  und  Amster- 
dam, die  Niederlassung  der  Rostocker  zu  Opslo  in  Norwegen. 


204  VIL    Die  nordde«ltelMii  StiUto  «m  die  lOtte 

Sehr  verschieden  war  auch  hier  wieder  der  Umfang  der  stets 
durch  VerhandluDgen  erworbenen,  durch  Vertrag  oder  Privi^g 
gewährleisteten  Rechte,  sehr  verschieden  der  Zuschnitt  des 
den  Verhältnissen  genau  angepassten  Lebens.  In  klfisteiticher 
Abgeschlossenheit  hauste  der  Kaufmann  auf  dem  ummanerten 
Hofe  St.  Peters  in  Nowgorod;  auf  das  Strengste  geregelt  war 
die  Art  des  Verkehrs  mit  den  Russen,  unter  scharfer  AufiEocht 
wurden  die  Glieder  des  Hofes  gehalt^  um  EonfÜScte  mit  dn 
Einheimischen,  die  so  leicht  verhängnissvoll  werden  k<mnte&, 
nach  Kräften  zu  meiden.  Trotzdem  hat  es  an  schlimmen 
Streitigkeiten,  an  Verlust  von  Gut  und  Menschenleben  in  dem 
fernen,  unwirthlichen  Lande  nicht  gefehlt.  Aber  imm^  von 
Neuem  wurde  es  aufgesucht;  allzu  einträglich  war  gerade  der 
dortige  Handel,  und  am  leichtesten  war  es  in  Nowgorod  md^üch, 
„mit  geringen  Mitteln^  wie  spätere  Recesse  es  ausdrücken, 
„zum  Manne  zu  gedeihen'^  Selbst  führte  der  Künftnaim  seine 
Waaren  hierher,  kam  und  ging  als  Sommer-  oder  Winter> 
fahrer,  wie  es  die  Verhältnisse  mit  sich  brachten.  —  Chmz 
anders  gestalteten  sich  die  Dinge  in  Brügge.  Dort  hattoi 
allerdings  die  Kaufleute  auch  ein  eigenes  Haus,  abtf  es  war 
nur  Waarenniederlage  (Stapel),  sie  selbst  mietheten  sich  ein 
bei  den  Bürgern  der  Stadt;  ihre  Versammlungen  hielt«!  sie  im 
Reventer  des  Kanneliterklosters.  Allerdings  war  der  Abschluss 
der  Geschäfte  an  den  Stapel  geknüpft,  aber  viel  näher  als  in 
Nowgorod  war  das  Verhältniss  zu  dem  einheimischen,  dem 
Hansen  so  nahe  verwandte  Bürger.  Andauernder  pflegte  der 
Kaufmann  sich  dort  aufzuhalten,  hielt  sich  auch  wohl  ständige 
Faktoren.  Wie  in  Nowgorod  stand  er  unter  selbstgew&hlten 
Aelterleuten,  doch  konnte  an  beiden  Orten  an  den  bestdienden 
Ordnungen  nichts  geändert  werden  ohne  Zustimmung  der  Städte 
daheim.  In  Nowgorod  wie  in  Brügge  hatte  man  für  Streitig- 
keiten der  Deutschen  unter  sich  heimische  Grerichtsbarkeit  er- 
worben, doch  nicht,  wie  zeitweise  in  Schonen,  die  höchste.  — 


das  14.  Jalnriraiiderts.  205 

•Am  nächsten  stand  der  deutsche  Kaufmann  dem  Engländer. 
Allerdings  lebte  er  auch  in  London  abgeschlossm  auf  sdnem 
Stahlhofe,  aber  er  galt  trotzdem  gleichsam  als  ein  Glied  der 
Bfliigerschaft  Sein  Adtermann  musste  londoner  Bürger  sein, 
mr  Bei¥rahning  der  Stadt  war  der  deutsche  Kaufmann  mit  ver- 
pflichte, er  stand  vertragsmässig  unter  englischer  Oerichts- 
iMirfceit.  Dauernd  hielt  er  sich  in  England  auf,  erschien  den 
Kiteigeo  so  wenig  fremd,  dass  sie  ihn,  wie  die  Engländer  wohl 
klagten,  fiber  die  eignen  Unterthanen  hinaus  begOnstigten. 
Nicht  nur  hier,  sondern  auch  in  Russland  und  Flandern  war 
aber  der  deutsche  Kaufmann,  wenigstens  in  der  Zeit,  von 
i&  hier  zunächst  die  Rede  ist,  eine  populäre  Figur,  ein 
gern  geaehener  Gast,  dessen  häufiger  und  zahlreicher  Be- 
such als  eine  Quelle  erwünschten  Gewinnes  freudig  begrüsst 
wurde.  Mochten  auch  DifiTerenzen  vorkommen,  man  fühlte, 
dass  man  einander  brauche,  auf  einander  angewiesen  sei,  und 
war  daher  bemüht,  die  alte  Verbindung  möglichst  rasch  wieder 
herzustellen. 

Es  braucht  wohl  kaum  bemerkt  zu  werden,  dass  der  da- 
malige Handel  fast  ausschliesslich  Properhandel  war.  Nicht, 
als  ob  Speditions-  und  Kommissionsgeschäfte  gänzlich  unbe- 
kannt gewesen  wärai ;  es  kommen  Verfahren  vor,  die  sich  kaum 
andeiB  bezeichnen  lassen  als  mit  diesen  Namen.  Auch  fehlte 
es  nicht  an  einer  gewissen  Spekulation,  besonders  in  dem  Kon- 
junkturen so  sehr  unterworfene  Getreidehandel,  der  Preis- 
schwankungen aufwies,  die  in  unserer  Zeit  überhaupt  nicht 
mdir  YoriLommen  würden.  Aber  gänzlich  unbekannt  war  doch 
das  aUen  modernen  Handel  so  sehr  überwuchernde  Differenz* 
gesdiift,  das  eine  Waare  ein  Dutzend  Mal  verkauft,  bevor  sie 
übeiliaiipt  vorhanden  ist.  Die  Geschäfte  auf  Lieferung,  die 
bisweflen  vorkommen,  sind  damit  gar  nicht  zu  vergleichen. 
Dorchweg  herrschte  der  echte,  wahre  Handel,  der  nur  umsetzt, 
was  vor  Augen  ist.     Dem  entsprechend  galt  auch  im  All- 


206  VII.     Die  norddMitaeh«B  Stidto  vm  die  Mitte 

gemeinen  der  Grundsatz:  Waare  um  Waare  oder  um  Gdd./ 
Im  russischen  Verkehr  war  noch  der  Tauschhandel  Oberwiegend, 
in  Norwegen  häufig.  Borgkauf  zu  treiben,  wurde  für  gewisse 
Handelsbeziehungen  wiederholt  und  strenge  verboten.  Doch 
war  das  Bedttr&iss  des  Kreditirens  ein  zu  ld>haft  empfimdenes, 
als  dass  dieses  Verbot  nicht  häufig  sollte  flbertreten  worden 
sein.  Wo  Kreditiren  gestattet  war,  wurde  die  Schuld  vom 
Rathe  in  „der  Stadt  Buch^^  eingetragen,  wenigstes  in  älterer 
Zeit.  Später  genügte  auch  die  Bez^igung  von  Rathsherrea 
oder  gar  von  erbgesessenen  Bürgern,  d^  Schuldner  zu  bindoi. 
Im  Allgemeinen  wurde  wohl  der  Grundsatz  befolgt,  dass  dem 
Fremden  nur,  wenn  er  genügende  Bürgschaft  stellen  konnte 
oder  ein  Erbe  in  der  Stadt  besass,  Kredit  gegebm  wurde, 
doch  häufig  genug  borgte  man  auch  ohne  diese  Vorsicht  Zahlte 
der  Schuldner  nicht,  so  setzte  sich  der  Gläubiger  in  den  Besitz 
seines  Erbes,  genügte  das  nicht  zur  Deckung,  so  war  die 
Person  des  Schuldners  haftbar.  Für  den  Fremden  haftete  der 
Bürge.  Auswärts  für  die  Schulden  von  Landsleuten  zur  Ver- 
antwortung gezogen  zu  werden,  war  eine  Gefahr,  gegen  wdche 
die  Städte  ihre  Bürger  eifrigst  durch  Privilegien  zu  decken 
suchten,  und  die  trotzdem  immer  wieder  drohte. 

Die  Zahlung  geschah  ganz  überwiegend  in  baar  und  zwar 
vorherrschend  mit  gemünztem  Gelde.  Doch  wurden  auch  Wechsel 
benutzt;  Lübeck  erscheint  nach  Brügge  als  der  Hauptgddmarict 
des  Nordens.  Anweisungen  auf  beide  Orte,  auch  auf  andere 
Städte  sind  in  ziemlicher  Zahl  auf  uüs  gekommen;  doch  er- 
fahren wir  auch  häufig  von  Kontantenversendungen.  Einer 
fast  ausschliesslichen  Herrschaft  erfreute  sich  die  Silberwfthrung. 
Mit  Goldausprägung  ging  zuerst  Lübeck  1341  vor,  auf  Grund 
eines  kaiserlichen  Privilegs.  Es  schlug  „Goldgulden^^  nach  flo- 
rentinischem  Muster,  von  denen  ca  67  auf  die  Mark  fein  gingen; 
das  dazu  nöthige  Gold  war  in  Brügge  angekauft  wordeü,  dem 
Vorherrschen  der  Silberwährung  entsprechend  stellte  sich  sein 


d«i  14  JalifliviidirU.  207 

Werth  za  dem  de&  Silbers  nur  wie  llVs  zu  1.  Es  waren 
demnach  nahezu  6  lübiache  Goldgulden  erst  einer  Mark  feinen 
Silbers  gleich,  ein  Yerhältniss,  das  durch  wiederholte  urkund* 
lidie  Werthangaben  der  Zeit  bestätigt  wird.  An  Werth  stand 
also  der  Gkddgulden  hinter  der  in  Pfennigen  ausgeprägten 
Hlbiachen  Marie  (Mark  lüb.  Pfge),  zurück,  denn  deren  wurden 
mn  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  SV« — 3'/«  aus  der  Marie 
kiü  Silber  geprägt;  erst  in  den  schlechten  Jahren  zwischen 
den  beiden  waldemarischen  Krisen  fing  man  an,  4  Mark  Pfge 
und  darttba:  aus  der  Mark  fein  zu  prägen.  Doch  wird  auch 
noch  in  dieser  Zeit,  wie  früher  in  Urkunden  häufig,  die  Mark 
lödiigen  Silbers  (d.  h.  wohl  meistens  nicht  reinen,  sondern, 
udk  lObjscher  Weise,  14Vi  löthigen  SUbers)  drei  Mark  lüb. 
P^  gleichgesetzt.  Diese  Mark,  in  16  Schillinge  ä  12  Pfennige 
getheilt,  f&r  Lübeck  und  Hamburg  seit  1255  der  allein  geltende 
MOnzfuas,  seit  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  auch 
ftr  Lüneburg  und  Wismar,  war  die  Münze  des  zunächst  aus 
diesen  nw  Städten  bestehenden  sogenannten  wendischen  Münz- 
vereins und  in  den  Landen  nördlich  der  Elbe  das  beliebteste 
Zahlungsmittel,  wurde,  wie  der  Geschichtsschreiber  des  lübi- 
sehen  Münzwesens  im  Mittdalter  meint,  in  Lübeck  in  sol- 
cher Menge  ausgeprägt,  dass  schwerlich  eine  andere  Prägestätte 
Deutachlands  eine  gleich  rege  Thätigkeit  entwickelte.  Sie  ent- 
sprach im  Silberwerth  um  1350  etwa  10 — 12  Reichsmark,  eher 
mdur  als  weniger.  Will  man  sich  bei  Erwähnung  von  Oeld- 
sommen  ans  damalige  Zeit  eine  richtige  Vorstellung  von  ihrer 
Bedeutung  machen,  so  ist  noch  jn  Erwägung  zu  ziehen,  dass 
der  Wertii  des  Gddes  ein  ungleich  höherer  war  als  heutzutage, 
man  darf  wohl  sagen  durchschnittlich  der  6 — Sfache^);  bei 


1)  In  dar  iltMtea  IflUekischen  BrodUze  (voii  1965,  Lflb.  Urkdb.  I,  n.  2S4) 
wtrdMi  PrelM  in  Anialeht  gtnommen  von  18—84  Pf.  (1— 8  i)  fttr  den  Scheffiil 
Rocken,  1«— 88  Pf.  (IVt  —  'Vs  ^)  ^  ^^  Sehoffel  Weisen,  nneh  unierem 
Oelde,  dn  die  lUrk  fein  damals  m  reiehlick  8'/«  Mark  Pfge  anegeprigt  ward) 


208  "^n.    Die  norddeutschen  Stidte  nm  die  lütte 

Umrechnung  einer  Geldsumme  jener  Zeit  in  die  entsprechende 
der  Gegenwart  wird  man  demnach  mit  70 — 75  zu  miiltipli- 
dren  haben. 

War  das  lübische  Geld  das  vornehmste  und  auch  Hber 
die  Grenzen  Nordalbingiens  hinaus  verbreitet  und  beliebt,  so 
waren  doch  neben  ihm  noch  eine  ganze  Reihe  anderer  Mflnzen 
im  Vericehr.  Im  östlichen  Meklenburg  und  in  Vorpommern 
rechnete  man  nach  der  slavisch^  (wendischen,  auch  sundischen) 
Mark,  die  um  die  Hälfte  geringer  war  als  die  Ittbische,  weiter 
östlich  in  Pommern  nach  der  Mark  Vinkenogen,  halb  so  gut 
als  die  lübische,  in  Preussen  galt  die  preussische  Mark,  2  =s  3 
iQbische,  in  Livland  die  rigaische,  die  2V4  Mark  lüb.  aus- 
machte, in  Dänemark  die  dänische  (schonensche),  der  slavischai 
gleich.  Von  der  Weser  an  westlich  herrschte  die  flämische 
Groschenrechnung  (1  Pfund  =»  20  Schilling  k  12  Groten),  dam 
Pfund  um  die  Zeit  des  waldemarischen  Krieges  6  lüb.  Mark 
werth  war  ^),  wenige  Jahrzehnte  früher  noch  7  ja  8,  im  13.  Jahr- 
hundert 9.  Durch  das  ganze  Gebiet  hansischen  Handels  war 
das  später  nur  in  England  im  Gebrauch  g^liebene  Pfund 

(vgl.  LHb.  Urkdb.  I,  n.  218),  nahesu  1—2  Mark  fQr  den  Rocken,  1*1«— 2*|t 
Mark  flir  den  Weisen,  als  Darehschnittspreis  gegen  l'|,  resp.  gegen  2  Mark. 
Der  beatige  Preis  ist  6—8  mal  so  boch  (der  Scheffel  als  *\^^  der  Lnat,  als 
Sollge wicht  von  100  Pfund  gefasst,  beim  Rocken  in  Wirklichkeit  110  ja  mehr 
Pfand  wiegend).  Zu  ihnlichen  Ergebnissen  führen  die  Reehnnngen  Iber  am 
bremer  Rathhaosban  ans  den  Jahren  1405 — 1407  (Brem.  Jahrb.  n,  10$  £>.  IHr 
Tagelobn  eines  Arbeiters  betrXgt  dort  5—6  Schwären  >=  50—60  Pfge  Reichs- 
wihrung  (vgl.  Jangk ,  Die  bremischen  MQnsen  S.  66) ,  ein  Schinken  koetet 
2  Oroten  «  1  — 1,10  Reichsmark ,  ein  Ochse  2  Marie  28  Qroten  ■«  mh&n 
50  Reichsmark. 

1)  Die  Werthang^ben  sind  hier  gemacht  nach  den  PftindioUbestimmiuigiB 
der  kdlner  KonfSderation  (H.  R.  I,  n.  418  8.  874;  vgl.  Mantels,  der  2.  tuneeal 
Pfundsoll  1867).  Ich  glaubte,  diese  annehmen  su  sollen,  weU  sie  den  sa 
schildernden  Verhältnissen  am  nfichsten  liegen,  also  wohl  suerst  als  massgebend 
betrachtet  werden  müssen.  Andere  Angaben  weichen  vielfkch  ab,  besonders 
auch  Grsatoffn  Bextimmangen  (Geschichte  des  Iflbeckischen  Mfinsfinses  In  seinen 
««Historischen  Schriften" ,  Bd.  III,  89  n.  156;  Tgl.  Oadeboseh,  pommersche 
Samminngen  I,  19).  Ich  gehe  mit  Mantels  von  der  Voraossetsong  ans,  dsss 
die  Griindlsgon  der  Zollsfttse-  als  gleiehwerthig  aa(\iafassen  sind. 


dm  14.  Jahrhimderts.  g09 

Starling  (za  20  Schillingen,  die  Mark  zu  13Vs  Schilling,  von 
Osterling,  easterling,  wie  die  Hansen  bei  den  Engländerin  Mes- 
sen) sehr  beliebt,  im  13.  Jahrhundert  als  Zahl-,  später  wohl 
nnr  noch  als  Rechnungsmünze.    Es  wird  bei  d^  ersten  Aus- 
pvägimgeii  Iflbischer  Pfennige  gleich  54  Schillingen  lüb.  gesetzt. 
Ndwn  diesen  gangbarste  Münzsorten  waren  noch  zahlreiche 
andore  im  Umlauf.    Hielt  man  sich  auch  nicht  an  jenes  kaiser- 
fiche  Gebot,  dass  an  Orten,  die  selbst  das  Prägerecht  übten, 
mir  die  eigenen  Münzen  im  Verkehr  erlaubt  sein  sollten,  so 
wmrde  der  Qddwedisel  doch  unumgänglich  nothwendig.    Aus 
den  Händen  der  Landesfürsten  hatten  die  Magistrate  der  Städte 
tiaa  Recht  bald  an  sich  gebracht;  in  den  Wechslerbuden  auf 
d«  Markte  hidten  des  Rathes  Päditer  das  heimische  Geld 
feil;  dem  fremden  war  vom  Rath  sein  bestimmter  Kurs  ge- 
gdien.    Lombarde,  im  Mittelalter  die  Wechsler  Europas,  haben 
sich  in  den  norddeutschen  Städten  nur  ganz  vorübergehend 
festsetzen  kernen.    Etwas  häufiger  kommen  Jud^  vor,  die 
aof  Pfand  odw  gegen  Zins  Darlehen  geben.    Das  kirchliche 
Verbot  des  Zinsnehmens  hinderte  so  wenig,  dass  der  Bischof 
Ton  Osnabrück  1309,  nachdem  er  mit  den  Lombarden  einen 
flusB^^flckten  Versuch  gemacht  hatte,  den  Juden  die  Darlehens- 
gesehifte  übertrug  und  ihnen  den  Zinsfuss  selbst  bestimmte, 
vedit  lioch,  nämlich  wöchentlich  einen  Pfennig  für  die  Mark. 
Audi  Christen  nahmen  Theil  an  dieser  Art  des  Erwerbes;  der 
ZinsfosB  bewegt  sich  meistens  zwischen  6  und  10  Procent, 
docb  kommen  auch  niedrigere  und  beträchtlich  höhere  Zinsen 
vor.    Unendlich  häufiger  aber  ist  die  im  Mittelalter  beliebteste 
Art  der  Kapitalanlage,  die  des  Rentenkaufs  in  Häusern  und 
Gnmdstücken,  in  städtischen  und  fürstlichen  regelmässigen 
Einkünften.    Auch  kauft  man  für  sein  Geld  Antheile  an  gros- 
aenfi  indnstridlen  Unternehmungen  (Saline  Bergwerken  etc.), 
kgt  es  in  Rhederei-  und  Handelsgeschäften  an,  kauft  Land- 
güter, giebt  Vorschüsse  an  die  eigene  und  andere  Städte,  an 


210  ^U.    Die  norddrateeliMi  Stidte  «m  die  lütte 

fremde  Ffirsten  u.  s.  w.    Es  würde  falsch  sein,  wollte  man  ans 
den  kirchlichen  Wuchergesetzen  schliessen,  dass  metetens  das 
Kapital  geruht  habe;  das  that  es  wohl  selten,  obgleich  es 
immerhin  nicht  in  modemer  Weise  ausg^utzt  wanden  konnte. 
Nur  schwer  gelangt  man  zu  einem  sicheren  UrtheU  über 
den  Umfang  des  mittelalterlichen  Handds.    Die  unerhörte  ma- 
terielle Entwicklung  der  letzten  Decennien  ruft  nur  za  leicht 
die  Vorstellung  wach,  als  hiesse  weiter  leben  auch  vorwftrts 
leben,  als  seien  die  Dinge  um  so  unvollkommoier  geweseOf 
je  weiter  sie  zurückliegen.    Allerdings  wer  heutzutage  über 
d^  Flur  der  hamburger  Börse  geht  und  an  den  Tafeln  die 
Anzeigen  liest ,  wie  dies  Schiff  für  Brasilien ,  jenes  fOr  Ostin- 
dien, ein  drittes  für  Galifomien,  andere  für  China,  Peru,  das 
Gap  etc.  etc.  laden,   alles  Schiffe,  die  hundarte  von  Lastei 
fassen,  und  alles  innerhalb  weniger  Tage,  wer  dann  bedenkt, 
wie  xmsete  Altvordern  vor  500  Jahren  sich  in  wochenlanger 
Reise  durch  die  engen  Gewässer  wanden,  die  der  Seemann 
jetzt  als  „kleine  Fahrt^^  zu  bezeichnen  pflegt,  dem  ist  es  wohl* 
zu  verzeihen,  wenn  ihn  einiger  modemer  Hochmuth  anwanddt 
Aber  man  darf  doch  auch  nicht  vergessen,  dass  es  noch  Leute 
gidi)t,  und  sie  brauchen  nicht  so  sehr  alt  zu  sein,  die  sidi 
d^  Zeit  erinnern,  da  der  deutsche  Schiffer  Winta^  daheim 
blieb  und  nur  in  „Wettertagen^^  die  See  befuhr,  da  der  hoch 
aufgeihürmte,  riesige  Frachtwagen  hinter  keuchendem  Vierge- 
spann auf  oft  nur  zu  holprigen  Weg^  mühsam  und  langsam 
seinem  nicht  allzu  fernen  Zide  entgegenstrebte,  da  der  Fluss- 
schifbr  den  Moment  abpassen  musste,  in  dem  unsere  Ströme, 
die   '/,  des  Jahres  entweder  zu  viel  oder  zu  wenig  Wasser 
hatten,  fahrbar  waren,  da  beide,  Fuhrmann  und  SchiflRer,  un- 
ter Umständen  täglich  das  Vergnügen  haben  konnten,  nach 
sorgsam  vorgenommener  Revision  zu  steuern  und  zu  zollen. 
Und  hinter  diesen  Zeiten  möchten  dam  doch  das  14  und  15. 
Jahrhundert  nicht  allzu  sehr  zurück  sein.  —  Aüeidings  auch 


def  14.  Jabrhmiderts.  211 

erste  Hälfte  unseres  Jahrhunderts  hatte  eine  Anzahl  von 
Hndebgegenstiaden  voraus,  die  das  Mittelalter  nicht  kannte, 
fieOeidit  auch  eine  etwas  entwi<^ltere  Konsumptionsfähigkeit, 
aber  andererseits  war  der  Häring-,  Stockfisch-  und  Wachs- 
haudd  vor  der  Einführung  der  Reformation  doch  von  gewal- 
tigem Umfange,  und  nicht  die  Luxuswaaren  femer  Länder, 
UBdeni  die  meist  ans  der  N&he  gewonnenen  Massenartikel 
des  täglichen,  allgemeinsten  Bedarfs  bilden  doch  die  Grundlage 
wirklich  firuchtbaren,  gewinnbringenden  Verkehrs  ^).    Un- 

jfingste  Vergangenheit  hatte  gesichertere  Zustände,  geord- 
letere  Rechtsverhältnisse,  entwickeltere  Verkehrsformen  auf- 
inweisen,  aber  andererseits  darf  man  doch,  wozu  entschieden 
Heigong  vorhanden  ist,  sich  die  Bedeutung  der  Hindemisse 
lud  G^ahren,  mit  denen  der  Kaufinann  des  Mittelalters  zu 
kämpfen  hatte,  nicht  allzu  gross  vorstellen.  Man  darf  nicht 
11  jedem  Busch  einen  Raubritter,  hinter  jeder  Klippe  einen 
Seeräuber  lauem  sehen.  Die  ruhige  Reise  war  doch  unzwei- 
Uhah  die  Regel;  naturgemäss  wird  mehr  von  Störungen  des 
bestdienden  Friedens  als  vom  Halten  desselben  berichtet  Und 
besser  wnsste  doch  auch  der  mittelalterliche  Kaufmann  der 
Oefiihr  2u  begegnen  als  etwa  sein  Berufsgenosse,  deir  Hand- 
hmgsreisende  von  heute.  Sein  Muth  war  gestählt  durch  die 
Oefidir,  sein  Leib  durch  die  Beschwerden  und  Entbehrungen 
der  Beiie.  Es  war  ein  „Kaufgeselle^S  ein  Handlungskommis 
nach  unserer  Ausdrucks  weise,  vom  berger  Kontor,  der  den 
grfQrchteten  Seeräuber  Märten  Pechlin  erlegte,  ein  friedlicher 
Schifier,  der  Schiff  und  Mannschaft  des  schlimmen  Piraten 
vendehtete.  Wohlgerüstet  zog  man  über  See  und  Land  und 
woBSte  JDegen  und  Handbeil  zu  schwingen^';  mancher  Räuber 


■•*- 


1)  ABmMhr  iil  die  VortUUimg  Ter^reHtt,  dMi  dtr  Reicfattimn  HoUandi 
mad  Engbuids  seinen  Urapniiig  «us  dem  Kolonialbendel  nahm.  Was  worden 
Spttüea  and  Portugal  mit  ihren  so  grossen  und  reichen  Kolonien?  1666  steckten 
V«  des  iMinflalmiiflheo  Kapitals  ▼«n  Amsterdam  im  Ostseehandel. 

14  ♦ 


212  ^^^^    ^1«  noi^dentflclieii  Stidto  «m  die  lütte 

büsste  seinen  Angriff  mit  dem  Leben.  Rechtlidi  gedeckt  durch 
die  vom  heimischen  Rath  fürsorglich  abgeschlossenen  Ver- 
träge, zog  der  Kaufinann  unverzagt  seine  Strasse  und  ging 
seinem  Gewerbe  nach ,  auf  seinen  Gott  vertrauend  und  seine 
Faust 

Dass  es  ein  überaus  rühriges,  unternehmendes  Geschlecht 
war,  wdches  in  den  deutschen  Städten  des  lä.  und  14  Jahrliim- 
derts  sein  Wesen  trieb,  wird  aus^  manchen  kleinen  Zügen  khr 
genug.  In  Livland  und  Estland,  auf  Gotland,  in  den  schwe- 
dischen Städten  sterben  reiche  Kaufleute;  ihre  nächsten  Erben 
sitzen  daheim  in  den  Städten  diesseit  der  Ostsee,  in  kleinen 
Ortschaften  Westfalens,  am  Rhein.  Ausserordentlich  h&ofig 
kommt  das  vor.  Einen  Lübecker  finden  wir  als  Bürger  in 
Troyes.  Dorpater  Gut  (Pelzwerk)  wurd  bei  Nienburg  im  Ge- 
biet des  Grafen  von  Hoya  genommen.  Von  einer  hamborger 
Schute  gehören  */,  einem  Bürger  der  Stadt,  Vs  ^nem  Ver- 
wandten desselben  in  Söderköping.  Ein  biederer  Schuhma- 
cher ist  erst  Bürger  in  Lübeck ,  besucht  dann  als  Wallfahr^ 
Rom  und  San  Jago  de  C!ompostella,  wird  Schuhmacher  des 
Ordens  in  Elbing,  hat  einen  Ritter,  der  in  Schwede  kämpft, 
zum  Schuldner  für  geliefertes  Schuhzeug.  Beweglicher,  als 
man  sich  gewöhnlich  denkt,  war  doch  das  Geschlecht  Am 
Seehandel  nehmen  auch  Bewohner  der  Binnenstädte  lebhaften 
Antheil :  Märker,  Braunschweig^,  Westfalen.    Sie  führen  ihre 

» 

Waaren  zum  Hafen ,  befrachten  Schifife  und  b^leiten  sie  über 
Meer.  Vergegenwärtigt  man  sich,  dass  die  Städte  damals 
den  Umfang  von  1820-— 30  erreicht  hatten,  dass  auch  die  Zahl 
ihrer  Bevölkerung,  wie  wir  noch  sehen  werden,  dieser  Grösse 
entsprach,  so  wird  man  vorsichtig  sein,  bevor  man  über  doi 
Handel  der  Zeit  so  gar  geringschätzig  denkt.  Wenigstens 
olne  ungefähre  Abschätzung  des  Verkehrs  wird  durch  einige 
lti)h)g()  ermöglicht.  Zu  Michaelis  1303  liefen  nicht  weniger 
k\U  22  Krössere  Schiffe  (Koggen)  mit  Fischen  in  den  doch  nur 


das  li.  Jahrliuid«rt8.  213 

besdieideDra  englischen  Hafen  Lynn  Regis  ein.  1271  werden 
alkin  16  lübtedie  Kaufleate  aufgezählt,  die  den  Markt  zu 
Boston  besuchen.  In  den  80er  Jahren  des  14  Jahrhunderts 
wird  das  Eigenthum  von  69  englischen  Eaufleuten  in  Elbing 
and  Danzig  mit  Beschlag  belegt;  1392  kommen  auf  einmal 
900  Sdiiflfe  zum  Getreidekauf  aus  England  nach  Danzig;  auf 
der  St5r  sind  1341  Qber  100  Schiffe  versammelt.  Die  Hol- 
land» treten  1438  mit  104  Schiffen  in  der  Nordsee  auf  und 
ndmien  eine  preussische  und  livländische  Flotte  von  23  Fahr- 
nagen;  5  Jahre  später  erscheinen  sie  mit  120  grossoi  Schif- 
fen vor  Danzig.  Offenbar  ist  die  Zahl  der  im  Handel  ver- 
woideten  Schiffs  eine  sehr  beträchtlicha  Allerdings  sind  sie 
Torwiegmd  klein,  doch  kaum  kleiner  als  durchschnittlich  die 
noch  halte  im  Ostseehandel  gebrauchten  Schiffe.  Das  Bild, 
das  noch  heute  ein  baltischer  Hafen  gewährt  mit  seiner  dicht- 
gedrängten Menge  kleinerer  Seeschiffe  und  Küstenfahrer,  wird 
nicht  allzusehr  verschieden  sein  von  der  mittelalterlichen  Wirk- 
Bdikeit,  besonders  wenn  man  sich  die  danziger  „lange  Brücke^^ 
und  ihre  wunderbaren,  mächtigen  Krahnbauten  oder  Lübed» 
Hokten-  und  Burgthor  hinzu  denkt 

Auch  über  die  Menge  der  umgesetzten  Waaren  künnen 
wir  wenigstens  an  einigen  Punkten  zu  festeren  Vorstellungen 
gefamgeD.  1438  laden  allein  die  Danziger  in  der  Baie  2700 
Last  Salz;  1388  führt  Greifswald  in  13  Schiffen  402  Last  Ge- 
treide ans.  1393  war  der  Beschluss  gefasst  worden,  in  die- 
sem Sommer  auf  Schonen  nicht  zu  fangen  und  zu  salzen.  Es 
wurde  von  den  mit  Häring  einlaufenden  Schiffen  Zeugniss  sei- 
tens der  betreffenden  Städte  gefordert,  dass  der  Häring  nicht 
in  Schonen  gefangen  oder  gesalzen  worden  sei,  oder,  wenn 
dies  geschehen,  doch  vor  der  Zeit  des  Verbots.  So  kamen 
von  dort  in  diesem  Jahre  nur  84 '/^  Last,  während  auf  Scho- 
nen im  Jahre  1368  verzollt  worden  waren  34000,  im  folgen- 
den Jahre  33000  Tonnen.    Trotzdem  belief  sich  die  Einfuhr 


214  VIL    Die  nonktetttoeheii  SOdU  wb  die  lütte 

(meistens  pommerscher  Häringe)  1393  nocb  auf  427  Last  ». 
5124  Tonnen,  während  die  durchschnittliche  Einfuhr  der  Jahre 
1865—1861  kaum  3700  Tonnen  betrug.  Einen  interessaiiten 
Einblick  in  den  Umfang  des  Verkehrs  gewährt  der  Ertrag 
des  1361  und  wieder  1367  beschlossenen  Pfimdzolles.  Er 
war  festgesetzt  auf  Vsio  des  Werthes  und  brachte  1362  aus 
22  Städten  (Lübeck,  Kiel,  Wismar,  Rostock,  Stralsund,  Greifr- 
wald,  Anklam,  Stargard,  Stettin,  Kolberg,  Hamburg,  Bremen, 
Stade,  Buxtehude,  Wisby,  Stockholm,  die.  preussischen  St&dte) 
ca.  7500  Mark  ein,  repräsentirte  also  eine  Ausfuhr  tqh 
1,800,000  Mark  lüb.  (20  resp.  120  Millionen  Bm.)  0*  D^^bei 
muss  in  Betracht  gezogen  werden,  dass  es  sich  um  ein  schlim- 
mes Kriegejahr  handelt,  in  dem  der  Verkehr  mit  Dänemark 
ganz  verboten  war  und  keine  „Schonenreise^  statt&nd*  Dass 
das  besonders  auf  die  westlichen  Ostseestädte,  Lübedc  und 
seine  Nachbarn,  einwirkte,  sieht  man  aus  einer  Vergleicfanng 
derselben  mit  Hamburg.  Dieses  nahm  2145  Mark  ein  *)  (eine 
Ausfuhr  von  514800  M.  lüb.,  5'/«  resp.  33—34  MAL  Bm.), 
während  das  doch  unzweifelhaft  viel  bedeutendere  LQbeck  nur 
1305  Mark  erhob.  Etwas  ungänstiger  stellt  sich  die  Handete- 
bewegung  des  Kri^sjahres  1368;  es  werd^  in  27  Städten 


1)  Im  Jahre  1872,  dem  ersten,  aas  welchem  «mtU^ie  Angaben  Aber 
Werth  der  Ein-  and  Aasftüir  vorbanden  sind,  betrag  die  Aasfabr  des  gesamm- 
ten  deutschen  Reichs  (mit  Laxembarg)  nahesa  2V«  Milliarden  Bm.,  die  der 
einen  Stadt  Bremen  seewärts  800  Mill.  Die  Einfahr  Lflbeeks  betrag  1834^4» 
dnrchschnittUch  40  MiU.  Mark  lUb.  (48  Mill.  Bm.),  die  Ansftibr  Ut  höchst  wahr- 
scheinlich am  1/^  bis  V41  ▼ielleicbt  am  Vs  niedriger  anaasetsen.  1846  belief 
sich  dieselbe  nach  Rassland,  Finland,  Schweden,  Norwegen,  DInemark  (die  mit 
der  gesammteu  Aasfahr  seewärts  wohl  so  aiemlleb  identiseh  ist)  anf  c«  88 
MiU.  Rro.  (83,188,857  Mark  Coar.).  Vgl.  Lübecks  Nordischer  Handel  (arsprOng- 
lich  Änl.  B  eines  als  Manuskript  gedruckten  Berichts  der  Kommission  sor  Be- 
ratlmng  der  bei  Aufrichtung  eines  allgemeinen  deutschen  Handels-  und  SSoHsy- 
stems  in  Frage  kommenden  Ifibischen  Interessen,  erstattet  an  den  Senat  8.  Not. 
1848). 

8)  So  H.  R.  I,  n.  880  §  5,  S.  818,  dagegen  nach  hambg.  KSmmereirechn. 
1,  S.  79  nur  1650  Pfd.  »  8068  V,  Mark  lab. 


def  14.  JAhrliiiBderU.  21Ö 

(LfibedE,  Bostockf  Wismar,  Stralsund,  Greifiswald,  Stettin, 
Staigard,  Eolberg,  Riga,  Beval,  Pemau,  Lemsal^),  Kämpen, 
Zteixee,  Harderwyk,  Stavoren,  Dordrecht,  Züt£^,  Elburg, 
Brid,  Amsterdam,  die  6  preussischen  Städte)  5826  Mark  er- 
hoben, eine  Ausfuhr  von  nahezu  1,400,000  Mark  (reichlich  lö 
resp.  90  MilL  Bm.).  Im  nächsten  Jahre  1369,  ebenfalls  noch 
Kriegsgahr,  nahm  man  in  ca.  30  Städten  8309  Mark  ein,  was 
einer  Ausfuhr  Ton  nahezu  2  MilL  Mark  lüb.  (22  resp.  über 
190  MilL  Rm.)  ^tspricht;  allerdings  ist  der  in  Schonen  erho- 
bene, jeden&Us  nicht  unbedeutende  Pfundzoll  (1368  wurden 
2315  Mark  Tm  dort  eingesandt)  eingerechnet. 

Spielte  der  Handel  auch  im  Leben  der  norddeutschen 
Städtfigemeind^,  besonders  der  Seestädte,  die  erste  Rolle,  so 
trat  doch  das  Gewerbe  keineswegs  ganz  hinter  demselben 
zurück.  Auch  dieses  blühte,  wie  das  ja  bei  so  entwickeltem 
Verkehr  kaum  anders  denkbar  ist.  Die  Zunahme  der  Bevöl- 
ktfung  und  ihres  Wohlstandes  musste  zunächst  wenigstens 
diqenigen  Gewerbe  fördern,  deren  Arbeit  für  die  Bedürfoisse 
des  täglichen  Lebens  unentbehrlich  ist  Die  Zahl  gerade  der- 
artigu*  Handwerker  war  wenigstes  in  Lübeck  im  14.  Jahr- 
hundert grösser  als  jetzt,  Bäcker  gab  es  1395  fast  doppelt 
80  ?iei  als  um  1870.  Auch  fehlte  das  Arbeiten  für  die  Aus- 
fuhr nicht  In  erster  Linie  steht  hier  der  Brauereibetrieb, 
wie  schon  erwähnt,  eine  Hauptquelle  des  Wohlstandes  man- 
cher Stadt  Der  Bierhandel  zusanunen  mit  dem  so  ausge- 
ddinten  Häringshandel  hatte  dann  wieder  eine  höhe  Blüthe 
des  Böttchergewerbes  zur  Folge.  In  Hamburg  gab  es  1376 
nidit  weniger  als  126  Brauer,  die  für  Amsterdam  brauten, 
55  für  Stayor^  dazu  101  Böttchermeister.  Die  Arbeit  deut- 
sdier  Schuhmacher,  Pelzarbeiter  (Buntmacher),  Gerber  war 
weithin  gesdiätzt    Deutsche  Schuster  finden  wir  im  ganzen 

1)  Lemsal  ist  das  einsige  Beispiel  Ton  Erhebung  des  Pfandsolles  an  einem 
Orta,  der  keine  Wassenrarbindang  mit  der  See  hat. 


216  VU.     Die  norddeatMshen  StKdte  um  die  lOtto 

Norden  verbreitet,  andererseits  in  Lissabon.  Yidib  Tohe  Hftnte 
wurden  eingefOhrt  und  verarbeitet  selbst  an  dsai  Urspmngsort 
zurückgesandt  Auch  Metallarbeiten  aller  Art  wurden  nidt 
nur  für  die  nähere  Umgegend,  sondern  auch  ftr  das  fene 
Ausland  geliefert.  Die  lübecker  Patemostermacher  arbeiteten 
für  den  ganzen  Norden ,  auch  Pergament  bezog  man  nur  ans 
der  Travestadt.  In  Hamburg  stellten  Bildschnitzer,  Makr 
und  Yergolder  herrliche  Bilder  her;  Altartafeln  wurden  fltar 
auswärtige,  besonders  nordische  Kirchen  geliefert  Städtische 
Weberarbeiten,  in  erster  Linie  Tuch,  dann  Leinwand,  wurden 
weithin  ausgeführt.  Die  lübischen  Garbrater  boten  zur  Zeit  der 
Märkte  ihre  Waaren  auf  der  schonenschen  Küste  feiL  U^r- 
haupt  galt  es  als  Regel,  dass  der  Handwerker  mit  dem  Er- 
zeugnisse seiner  eigenen  Arbeit  auch  frei  handeln  durfte;  er 
bezog  daher  auch  fleissig  die  Märkte,  war  besonders  in  frü- 
herer Zeit  wohl  häufig  Gewerbs-  und  Handelsmann  in  ein^ 
Person.  Andererseits  waren  doch  wieder  beide  Bera&iweige 
scharf  geschieden,  insofern  nämlich  der  Handwerker  aus- 
schliesslich auf  sein  eigenes  Fabrikat  angewiesen  war,  nur 
der  Kaufmann  jede  Waare,  auch  Handw^kserz^ignisse,  sofern 
sie  über  „See  und  Sand'^  eingeführt  waren,  verkaufen  durfte, 
wobei  er  allerdings  wieder  einem  Aufsichtsrechte  der  Aemter 
unterlag,  deren  „Meister"^  (so  hiessen  in  älterer  Zeit  die  ^^d- 
terleute^%  während  der  später  sogenannte  „Meister^^  sich  frü- 
her als  Selbstherr,  sulvesher,  bezeichnete)  das  Recht  hat- 
ten, die  firemde  Waare,  soweit  sie  in  den  Bereich  ihres  Am- 
tes fiel,  zu  untersuchen,  ob  sie  auch  „wandelbar^^  sei,  und  in 
diesem  Falle  zu  verbieten.  Mit  den  Krämern  (institores),  die 
sich  mit  dem  Vertriebe  aller  möglichen  eingeführten  Waaroi 
befasstcn,  kam  es  nicht  selten  zu  heftigen  ReiberdeiL 

Dem  Kaufmann  stand  der  Handwerker  weder  social  noch 
politisch  vollkommen  gleich,  doch  war  der  Unterschied  noch 
nicht  so  gn)ss,  wie  er  sich  später  herausgebildet  hat    Auch 


das  U.  Jahrhiudtfts.  217 

der  Handwerker  war  Iftngst  aus  seiner  alten  Hörigkeit  heraus- 
gewadiMD;  ex  war  eia  freier  Mann,  wie  jeder,  auch  der  Hö- 
rige Y€iB  Lande,  als  fr^i  betrachtet  wurde,  wenn  er  Jahr  und 
Tag  unangeqirodieli  in  der  Stadt  gelebt  hatte.  Darin  aber 
lag  ein  grosser  Segen  des  Bürger-  und  Geistlichenstandes, 
dm  sie  auch  dum  geknechteten  Unfr^eien  es  möglich  machten, 
in  geachtete,  ja  hoch  angesehene  Lebensstellungen  aufzu- 
rtdtan.  Denn  so  sehr  auch  allmählich  der  Kaufrnannsstand 
ach  über  den  Handwerker  zu  erheben  suchte  und  wirklich 
ertioh,  80  blieb  es  doch  yerhältnissmässig  leicht,  in  die  ersten 
Anfinge  der  Kaufinannschaft  als  Knecht  oder  Lehrling  eines 
Handhmgriianses  hinein  zu  kommen.  Gelang  es  dann,  sich 
zu  Besitz  und  zugleich  zu  Achtung  emporzuarbeiten,  so  wur- 
den Stellung  und  Wtkrden  v^hältnissm&ssig  leicht  errungen. 
Bis  in  die  Geg^wart  hinein  ist  so  mehr  als  ein  norddeut- 
sches weitberühmtes  Handlungshaus  und  Bathsgeschlecht  aus 
den  allertdeinsten  Anfängen  emporgewachsen  ^  der  beste  Be- 
weis f&r  die  Lebensfihigkeit  und  Tüchtigkeit  des  Standes,  die 
er  sich  durch  alle  Wechselfälle  bewahrt  hat  Nicht  weniger 
ab  der  Kaufmann  hielt  der  Handwerker  auf  seine  und  des 
Standes  Ehre.  Auch*  er  hätte  keinen  Mann  unehelicher  oder 
„nndeatscher*^  Geburt  in  seinem  Amte  neben  sich  arbeiten 
htten,  der  Geselle  keinen  solchen  neben  sich  geduldet  Die 
Berflhnmg  mit  „unehrlichen^^  Leuten  vermied  er  nicht  minder 
ängstlieh  als  der  Kaufinann.  —  Gerhard  von  Moden,  ein  Räu- 
ber, hatte  einen  Heinrich  Lüchow  in  Livland  überfallen  und 
Qun  sechs  Messerstiche  beigebracht;  er  wurde  von  den  Leuten 
des  Ordens  gefangen  genommen  und  auf  die  Klage  Lüchows 
in  Peman  hingerichtet  Ein  Schneider  Gottfrid,  Verwandter 
des  Gerhard,  drohte,  dm  Heinrich  dafür  zu  tödten.  „Als 
dieser  ihn  fragte,  ob  er  ihm  drohe,  antwortete  jener,  dass 
er  ihm  das  Leben  nehmen  wolle,  wo  er  ihn  fände,  und  ver- 
bot ihm  die  LSnder  flandem,  Holland,  Schonen  und  Norwe- 


218  VU.    Die  norddetttwimi  Stidto  im  die  Mitte 

gen/^  Es  ereignete  sich  nun,  dass  Heinrich  den  Gottfrid  im 
Hafen  Moldesund  (an  der  damals  norwegisdiffli,  jetzt  schwe- 
dischen Küste  nördlich  von  Ootenburg)  auf  dem  Lande  be- 
wa&et  stehend  antraf;  sogleich  wandte  sich  Gottfrid  gogea 
ihn,  ihn  zu  tödten.  Heinrich  vertheidigte  sich  und  siegte, 
tödtete  den  Oottfrid.  Er  wurde  vom  königlichen  Vogt  auf 
Bahus  zur  Rechenschaft  gezogen.  Da  beseugtm  Johami  Kauf- 
mann, Rathmann  zu  Biga,  Grottfrid  Ton  Unna,  Rathmann  zu 
Reval,  und  Bertold  Krukenberg  die  oben  mitgetheilte  Frage 
Heinrichs  und  die  Antwort  des  getödteten  Gottfrid,  dass  aldo 
„Oottfrid  dem  Heinrich  abgesagt  habe  wie  ein  Feind  dem 
Feinde,  und  dass  diese  That  daher  „„Nothwehr^^  seL^  Aus- 
ser ihnen  waren  noch  Walter  yon  Memel,  Rathmann  von 
Orei£swald,  und  der  lübecker  Bürger  Johann  Lange  zugegen. 
Heinrich  Lüchow  konnte  sich  mit  der  Königsbusse  lOsen.  So 
geschehen  im  Juli  132Ö.  —  Die  Urkunde  k^mzeidmet  deut- 
lich genug,  welcher  Geist  im  Handwerker  wie  im  Kaufmann 
lebte.  Auch  als  ein  Beispiel,  dass  nuin  nicht  still  daheim  zu 
sitzen  pflegte,  kann  sie  jdtienen. 

Schon  "früh  erscheine  in  den  norddeutschen  Stidtei 
die  Vertreter  des  Handwerks  in  Innungen  geeinigt  Sie 
ordnen  ihre  Angelegenheiten  selbst  in  Versammlungen  der 
Amtsgenossen,  „Morgensprachen^ ,  die  erst,  nachdem  im 
14.  Jahrhundert  die  Zunftbewegungen  sich  auch  nadi  Nord- 
deutschland verbreitet  hatten,  unter  strenge  AufiBicht  des 
Rathes  gestellt  wurden.  Doch  hatten  auch  schon  fiülier  die 
Beliebungen  der  Handwerker  ohne  Genehmigung  des  Baths 
keine  bindende  Kraft.  Ueberhaupt  waren  die  Gewerbtreiben- 
den  von  jeher  abhängige  vom  Rathe  als  die  Kaufleat&  Sie 
erscheinen  gleichsam,  der  hofinechtlichen  Stellung,  ans  der  sie 
hervorgegangen  waren,  entsprech^d,  als  Beamte  des  Raths, 
wie  denn  „Amt^  auch  durchs  ganze  Mittelalter  hindurch  die 
norddeutsche  Bezeichnung  für  die  Innung  ist    Die  Bftcker 


d«  U.  Jabrhiuidarts.  219 

empfimgen  häufig  ihre  Brodbänke,  die  Schlachter  ihre  Fleisch- 
schrangn,  die  Schnhinacher  ihre  Schuhbnden  o.  s.  w.  vom 
Bithe,  aAdten  gleichsam  im  Auftrage  des  Rathes  für  die 
Stadt  So  eridärt  sich  der  Ausdruck  ,Jieh^^S  der  h&ufig  ge- 
bnndit  wird,  das  Handwerk  zu  bezeichnen.  Erst  allmählich 
eatwidielt  sich  aus  dem  Amte  eine  Gerechtsame;  doch  hat 
dMBy  wie  wir  noch  sehen  werden,  an  der  GrundaufflAssung  nicht 
nd  geändert  Im  engen  Zusanmienhang  damit  steht  das  Zu- 
sammeawohnen  der  Handwerker,  wie  es  nicht  nur  manche 
Strassemuunen  erkoomen  lassen ,  sondern  auch ,  wie  z.  B.  in 
der  Altstadt  Ton  Bostock,  noch  die  gegenwärtige  Art  des 
Wohneos  und  die  Benutzung  der  Lokalität 

Nicht  ausschliesslich  bildeten  Handel  und  Gewerbe  die 
NahnmgBzweige  der  Städte.  Aus  zahlreichen  urkundlichen 
ond  andern  Ueberlieferungen  geht  hervor,  dass  auch  Acker- 
ten und  Viehzucht  eine  gewisse  Bolle  spielte ,  eine  um  so 
grössere,  je  kleiner  die  Stadt  war.  Der  Ackerbürger  abgele- 
gener Laadstädtchen  der  Gegenwart  war  wohl  im  Mittelalter 
auch  in  grössere  Orten  eine  gewöhnliche  Erscheinung.  Be- 
sonders scheint  man  in  manchen  Städten  einen  starken  Vieh- 
stand  gehalten  zu  haben;  die  städtische  Weide  bildet  häufig 
QUMii  Hauptgegenstand  der  Fttrsoige  des  Baths.  Doch  hat 
das  Alles  ohne  Zweifel  nur  subsidiäre  Bedeutung;  voran  ste- 
hen in  dm  Hansestädten  Handel  und  Gewerbe. 

Wo  sie  geblüht  haben,  pflegten  von  jeher  die  Menschen 
sidi  zahlreich  zu  sammeln,  Beichthum  und  Wohlleben  unter 
Omen  zu  erstehen.  In  den  mittelalterlichen  Städten  ist  das 
mdk  der  Fall  gewesen,  sie  sind  Mittelpunkte  der  Bevölke- 
nmgt  Pflegestätten  höherer,  glänzenderer  Lebensformen  gewe- 
sen; aber  schwor  ist  zu  bestimmen,  in  welchem  Grade,  vor 
Allem,  wenn  man  nach  den  Bevölkerungsverhältnissen  fragt. 
Eine  Berechnung  der  Bevölkerungszahl  einer  mittelalterlichen 
Stadt,  die  nicht  ^hd)lidien  Zweifebi  unterliege,  ist  bis  jetzt 


220  ^11    «!>>«  oorddMticlMa  Stfldto  «m  die  Mitte 

noch  nicht  gdungen.  Diese  Zweifel  schweigai  meistens  auch 
dann  nicht  vollständig,  wenn  geiradezu  Oudlenangaben  Torlie- 
gen.  Doch  lassen  sich  inunerhin  einige  Anhaltspunkte  gewin- 
nen. Für  die  vorliegende  Zeit  ist  zunädist  zu  berüdonditigw, 
dass  sie  unmittelbar  auf  die  grosse  Pest  folgt,  die  um  die 
Mitte  des  Jahrhunderts  ganz  Europa  durchzog,  eine  Pest,  die, 
wie  man  annimmt,  dem  Erdtheil  die  grössere  Hftlfte  seiner 
Bewohner  geraubt  hat.  Auch  in  Norddeutschland  hat  sie 
schrecklich  gewüthet,  wie  im  ganzen  Norden  Europas.  „An 
vielen  Stellen  blieb  kaum  der  zehnte  Mensch  am  Leben.  In 
der  Stadt  Lübeck  starben  an  dem  einen  Tag  St  Lanrentii 
(10.  August)  von  der  einen  Vesper  bis  zur  andern  2ö00  ge- 
zählte Leute",  berichtet  Detmar.  Waren  es  auch  nur  600,  wie 
die  alte  Rathslinie  Lübecks  meldet,  so  war  die  YerwOstong 
(loch  schrecklich  genug.  In  den  vier  Kirchspielen  der  Stadt 
Bremen  starben  1351  an  bekannte  und  genannte  Persimen 
6966,  „ohne  das  unzählige  Volk,  das  überall  auf  den  Strassen, 
ausserhalb  der  Mauern  und  auf  den  Friedhöfen  sein  Leben 
aushauchte'\  So  war  gewiss  in  den  nächsten  Jahrzehnten  die 
Volkszahl  unter  das  gewöhnliche  Mass  herabgedrückt  Ver- 
sucht man  sie  zu  bestimmen ,  so  lassen  sich  in  erster  Linie 
die  Bürgerbücher,  Verzeichnisse  der  aUjährlich  Bürger  Gewor- 
denen, dazu  verwenden.  Für  Hamburg  hat  Laurent,  indem  er 
annimmt,  dass  man  durchschnittlich  mit  25  Jahren  Bürger 
geword^  sei  und  dann  noch  (nach  Süssmilch)  eine  mittlere 
Lebensdauer  von  35  Jahren  habe,  indem  er  die  Familie  durdi- 
schnittlich  zu  vier  Köpfen  rechnet  und  die  Zahl  der  anwesen- 
den Nichtbürger  (Fremde,  Geistliche,  Kriegsleute,  Dienstboten, 
Arbeiter,  eine  grosse  Menge  der  Gesellen,  Lehiünge,  Boots- 
leute etc.)  auf  die  Hälfte  der  Angehörigen  von  Bürgerfiimilien 
schätzt,  die  Zahl  der  Bewohner  in  den  60er  Jahren  des  14. 
Jahrhunderts  auf  14000  berechnet.  Ungefähr  die  gleiche  Zahl 
neuer  Bürger  weist  um  dieselbe  Zeit  Bremen  auf;  es  würde 


dM  14.  Jahrhanderts.  221 

also  d[)en£aU8  gegen  14000  Einwohner  gehabt  haben,  und  da- 
mit Iftsst  sich  recht  gut  vereinigen  der  Bericht  der  bremer 
Chronik,  die  erzählt,  dass  während  jener  Seuche,  der  in  der 
Stadt  allein  7000  bekannter  und  genannter  Menschen  zum 
Opfer  fielen,  der  Gegner  der  Bremer,  Graf  Moritz  von  Olden- 
burg, vor  die  Stadt  gekommen  sei  und  die  Thore  offen,  die 
Strassen  Öde  und, leer  gefunden  habe;  so  pestgeschlagen  sei 
die  Stadt  gewesen,  dass  sie  den  Feind  in  ihre  Mauern  habe 
einziehen  lassen ,  ohne  Notiz  yon  ihm  zu  nehmen  < ).  Die  lü- 
becker  Bürgerverzdchnisse  zeigen  dreimal  so  starke  Register 
wie  die  Hamburgs;  das  Hesse  auf  über  40000  Einwohner 
schliessen.  Und  ungefähr  dieselbe  Zahl,  würde  sich  für  Lübeck 
herausstellen,  wenn  man  auf  der  gleichen  Grundlage  die  Sch&- 
tzung  fiir  die  um  einige  Decennien  zurückliegende  Jahre  vor- 
nimmt, ein  Resultat,  das  allerdings  nicht  übereinstimmt  mit 
der  Annahme  eines  der  besten  Kenner  des  lübischen  Mittel- 
alters, Paulis,  dass  Lübeck  in  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahr- 
hunderts 70 — 80000  Emwohner  gehabt  habe.  Yon  Lübedc 
kann  man  weitere  Schlüsse  auf  die  übrigen  wendischen  Städte 
machen,  wenn  man  die  bei  verschiedenen  Gelegenheiten  zu 
stellenden  Kontingente  mit  einander  vergleicht  *  Rostock  und 
Wismar  einerseits,  Stralsund  und  Greifswald  andererseits  müs^ 
sen  in  der  Regel  ungefthr  dasselbe  aufbringen  wie  Lübeck  und 
zwar  so,  dass  Rostock  und  Stralsund  jedes  ungefähr  */„  Wis- 
mar und  Greifiswald  je  ^Z,  von  Lübecks  Kontingent  zu  stel* 
len  haben.  Bringt  man  in  Anschlag,  dass  bei  derartigen  Kon« 
tingentirongen  die  kleineren  Theile  in  der  Regel  mit  etwas 
grösseren  Leistung^  angesetzt  werden,  so  würde  demnach  die 
Einwohnerzahl  von  Wismar  und  Grei&wald  ungefähr  auf  12000, 
die  von  Rostock  und  Stralsund  auf  etwa  25000  anzuschlagen 
sein.  —  Auch  flbr  Danzig  hat  Hirsch  die  Zahl  der  Emwohner 
ans  den  Listen  der  neuen  Büiger  zu  berechnen  versucht    Er 

1)  RfMtlMrd^MMM,  OesehiaIrtwimUM  d.  EnttiftM  BranMii  S.  96. 


222  ^^*    ^«  nofddMtteh«!  Südto  mn  die  Mitto 

nimmt  nur  eine  darchschnittliche  Daner  des  GeniisseB  bürger- 
licher Rechte  von  25  Jahren  an,  gleicht  das  aber  einigennas- 
sen  wieder  aus  dadurch,  dass  er  fünf  KOpfe  auf  die  Familie 
rechnet,  und  gelangt  so  zu  dem  Besultat,  dass  die  alleui  sor 
Hanse  gehörige  Rechtstadt  Danzig  in  der  Zeit  Ton  1390—1410 
ca.  21500,  die  an  den  hansischen  Privilegien  nicht  theihidi* 
mende  Jungstadt  in  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts 
ausserdem  noch  über  7000  bürgerlichen  Familim  angehörige 
Einwohner  gezahlt  habe,  im  Ganzen  also  über  40000  <»rt8ui- 
wesende  Bewohner  zu  rechnen  seien,  ein  Ergebniss,  das  mit 
Angaben  der  Zeit  selbst  ziemlich  zusammenstinunt  Demnach 
hätte  Danzig  kaum  weniger  Einwohner  gehabt  als  Lübeck,  wenn 
man  einerseits  die  etwas  spätere  Zeit  in  Anschlag  bringt,  ande- 
rerseits Laurents  höheren  Ansatz,  der  eine  Reduktion  von  fsst 
V»  (Vss)  ^^^P*  ^^  Aufschlag  von  £ast  Vs  (Vts)  erfordeni 
würde,  um  zu  einem  Vergleiche  zu  kommen.  Auch  für  Lüne- 
burg, Hannover  und  Braunsberg,  deren  Bürgerbücher  eboilalls 
grösstentheils  erhalten  sind  ^) ,  würden  sich  derartige  Beredi- 
nungen  machen  lassen,  allerdings  unter  der  Voraussetzung, 
dass  die  Bürgerbücher  sorgfältig  geführt,  dass  alle  neuen  Bür- 
ger wirklich  eingetragen  sind,  eine  Voraussetzung,  die  leider 
durchaus  nicht  immer  zutrifft  —  Für  Breslau  ist,  ebenfidls 
nach  der  Zahl  der  Bürger,  für  das  Jahr  140S  eine  Zahl  von 
21863  Bewohnern  berechnet  worden ;  die  Zahl  der  Einwohner 
Kiels  im  Jahre  1361  schätzt  Junghans,  allerdings  ohne  Angabe 
seiner  Gründe,  auf  4500*).  An  der  ungefähren  Richtigkeit 
dieser  Zahlen  zu  zweifeln  liegt  kein  Grund  vor.    Auch  dass 


1)  Vgl.  Urkdb.  d.  St  Lfineb«rg  I,  S.  108 ;  Zeilsehr.  d.  hUt.  Vereini  t 
Niederaachsen  1870,  S.  26  ff.;  Zeitochr.  f.  Gesch.  u.  Altertimmskde  Ennlmnds 
V,  8S4.  Ueber  die  in  Bremen  Bflrger  Gewordenen  s.  Brem.  Jnhrfcvoh  VI, 
847;   n&here  Nachricht  rerdanke  ich  Herrn  Begieningssekretir  Dr  t.  Bippen. 

8)  Zeitschr.  d.  Vereine  f.  Gesch.  u.  Alterthkde  Schlesiens  m,  176;  Jahrb. 
f.  Landeslcde  d.  Hsgthflmer  IX,  19.  Vgl.  die  Zosanunenstellnng  Ton  SehmoUer 
in  der  Tübinger  Ztschr.  f.  d.  gesammto  Staatswistensch.  ZZVII,  S9S. 


46t  14.  Jahrfaiindtrts.  223 

sie  die  Berölkemng  einiger  der  genaimteii  Städte  in  der  ersten 
Hülfte  unseres  Jahrhunderts  übertreffen,  die  einiger  noch  jetzt 
errdchen^),  kann  nach  dem,  was  bisher  über  die  Entwick- 
hng  des  norddeittschai  Städtewesens  im  Mittelalter  gesagt  ist, 
lieht  irre  machen.  Alles  daitet  eben  darauf  hin,  dass  die 
Zeit,  die  hier  in  Betracht  kommt,  für  unsere  Städte  die  Zeit 
inEBtrebender  Blüthe  war. 

Und  die  Be^äkerung  war  nicht  nur  zahlreich,  sondern 
auch  wohlhabend.  An  Zeugnissen  dafür  ist  kein  Mangel.  Ver- 
mögen, die  nach  unsem  heutigen  Verhältnissen  100000  und 
■dur  Beichsmark  betragen  würden,  sind  durchaus  nicht  selten. 
Lmrent  berechnet  das  Vermögen  des  hambuiger  Handelsherrn 
Vkdko  y.  Gddersen,  dessen  uns  erhaltenes  Handlungsbuch  so 
Btnehe  werthvolle  Aufschlüsse  über  die  Zeit  giebt,  auf  3566 
Mii^  10  fi,  ungefähr  ^|4  Million  nach  unserem  Gelde.  Die 
giaxe  Jahreeeinnahme  der  hamburger  Kämmerei  betrug  nur 
das  Dreifache.  Einen  ausserordentlich  reichen  Landbesitz 
findn  wir  oft  in  den  Händen  städtischer  Bürger.  Der  Lü- 
becker Gottschalk  von  Attendorn  verfügt  in  seinem  Testamente 
tttier  eine  ganze  Beihe  von  Dörfern  und  Höfen.  Grundbesitz, 
und  zwar  nicht  einmal  immer  in  der  Nähe,  zu  erwerben,  war 
ene  beliebte  Art,  städtisches  Kapital  zu  verwerthen.  Durch 
ihre  Gkldmacht  erwarben  die  Städte  und  ihre  Bürger  eine 
sdir  selbstjüidige  und  einflussreiche  Stellung  gegenüber  den 
Landesfürsten  und  d^m  AdeL  Welcher  Fürst  oder  Ritter  wäre 
nicht  einmal  in  Geldverlegenheit   gekommen?    Und  wo  war 


1)  Bi  ilhlten:  L&bMk  t6586  Einwohner  (1811),  Dansig  44511  (1806), 
Stnbrad  16876,  Gr«iftwftld  7471,  Rostock  14864,  Wismar  6698  (sämmtUcli 
1817),  TgL  Vollst  Handb.  d.  neuesten  Erdbeschrbg  ▼.  Oaspari,  Hassel,  Canna- 
bidi  tt.  Ootmrafhs  B.  8  n.  5.  Dagegen  1866:  Lttbeek  16600,  Dansig  61802 
(■Ü  »-T^OOO  M.  MiUtir),  Stralswid  14610,  Orei&wald  8867,  Rostock  19804, 
WliBar  9648,  vgL  Cannabich,  Lehi1>.  d.  Geographie,  Weimar  1886.  —  1864: 
LIbeek  81898  Ifinwohner,  Daniig  90884,  Stralsund  86698,  Greilswald  17640, 
Bettoek  M88«,  WisoMf  18188. 


224  ^I*    I>i«  norddeatieh«!!  SCIdt«  mm  die  lütte 

Rettung  aus  solcher,  wenn  nicht  in  d^  Städten?  Die  städti- 
schen Urkundenbücher  sind  voll  von  fürstlichen  und  adligen 
Schuldscheinen.  Bald  sind  es  die  Städte  als  solche,  die  das 
Darlehen  geben,  vertreten  durch  ihren  Rath,  bald  sind  ea  du- 
zelne  Bürger.  Weit  über  die  Grenzen  Dratschlands  hinMM 
gehen  diese  Beziehungen.  Nicht  nur  Englands,  sondern  atMJh 
Schwedens  Krone,  die  Reichskleinodien  Norwegens  finden  wir 
als  Pfand  in  den  Händen  hansischer  Kauflente.  In  ihrem  Be- 
sitz  waren  offenbar  die  reichste  Kapitalien,  Lübeck  war  nächi^t 
Brügge  der  vornehmste  Geldmarkt  Nord-Europas. 

Abgesehen  von  den  Belegen,  die  durch  nackte  Zahlen 
reden,  deuten  vielfache  Zeugnisse  anderer  Art  auf  einen- blü- 
henden Wohlstand  hin.  Der  Mittelpunkt  alles  idealen  Lebens 
war  im  Mittelalter  die  Kirche ;  Alles,  was  über  die  praktische 
Thätigkeit  des  täglichen  Daseins  hinausging,  jede  Art  der  Wdd- 
thäti^eit,  jedes  Streben  nach  Bildung,  jede  Regung  künstle- 
rischer und  wissenschaftlicher  Thätigkeit  hatte  eine  religiöse 
Grundlage,  knüpfte  an  die  Kirche  an.  In  den  norddeatachea 
Städten  haben  die  gefahrvollen  Reisen  fem  in  framde  Lande 
jedenfalls  nicht  schwächend  auf  den  kirchlichen  Sinn  gewirkt. 
In  Lübeck  stiften  1401  Kaufleute  und  Schiffer  „eine  ewige  Brü- 
derschaft und  Gilde  zur  Ehre  Gottes,  der  Maria,  seiner  lieboi 
Mutter,  und  aller  Heiligen  Gottes  und  besonders  dea  heiligen, 
treuen  Nothhelfers  St.  Nikolaus,  zu  Hülfe  und  Trpat  der  Le- 
benden und  Todten  und  all  derjenigen,  die  ihre  rechtmässige 
Nahrung  suchen  wasserwärts,  von  denen  leider  viele  von  Was- 
sersnoth  zu  Tode  kommen,  über  Bord  geworfen  werden  und 
in  anderer  Weise  vergehen  und  ungebeichtet  sterben  und  ohne 
Reue,  die  ihrer  Angst  wegen  weder  Leid  noch  Rene  empfin- 
den können  um  ihre  Sünde,  die  auch  Niemand  haben,  der  für 
sie  bittet,  ausser  dem  allgemeinen  Gebotes  Zahlreiche  Brü- 
derschaften anderer  Aemter,  reiche  Legate,  in  denen  oft  viele 
Tausende  unseres  Geldes  verschenkt,  50  und  mehr  Kirchen, 


4m  14.  Jahrbudertt.  220 

Klöfiter  und  geistliche  Stiftungen  in  weiten  Gebieten  (einmal 
YOD  Bt^en  aa  der  Weser  bis  Riga)  bedacht  werden,  weite 
und  hftofige  WaUfiahrten  nach  dem  heiligen  Grabe  und  nach 
Bim,  zmn  heiligen  Jakob  von  Gompostella  und  nach  Boccamap- 
dma  ^) ,  Krras&hrten  nach  Livland  und  Preussen ,  Stiftungen 
Ton  Kapdkn,  Yikarien,  Seelenmessen  sind  Zeugnisse  sowohl 
fltr  den  kirchlichen  Sinn  als  für  den  weiten  Gesichtskreis  und 
den  herrschoiden  Wohlstand.  Dass  Handelsrdsen  und  Wall- 
{dirten  bisweilen  verbunden  wurden,  kann  nicht  befremden, 
auch  nicht,  dass  Leute  aus  dem  Wallfahrten  um  Geld  für  rei- 
diere  lOtdiristai  dnen  Erwerbszweig  machten,  gleichsam  Wall- 
fdirer  yoii  Beruf  waren.  Petrus  und  Jakobus,  nach  ihnen 
Johamies ,  dann  Nikolaus  und  Klem^s,  die  Schutzpatrone  der 
Kaufleute,  ScfaifEBr  und  Fischer,  unter  den  Heiligen  vom  an- 
dern Geschlecht  die  Katharina  waren  es,  die  in  der  Andacht 
der  norddeutschen  Bürger  die  Hauptrolle  spielten.  Die  Hospi- 
tiler  und  Kranken-,  besonders  die  im  Mittelalter  in  keiner 
Stadt  feUmden  Leprosen-  d.  h.  Aussätzigenhäuser  waren  dem 
iieüigrai  Gdst  und  dem  ritteiüchen  S.  Georg,  dem  Drachen- 
tödter,  geweiht  Höher  als  sie  alle  aber  stand,  wie  überhaupt 
in  spMeren  Mittelalter,  die  Mutter  Maria.  Ihr  gehörten  die 
Bathskirchen  in  der  grossen  Mehrzahl  der  Ostseestädte,  we- 
Bigstens,  mit  der  einzige  Ausnahme  von  Reval,  in  allen  gros- 
sem ;  unter  ihrem  besonderen  Schutze  stand  der  Rath  und  mit 
ihm  die  ganze  Stadt  „Konigynne  der  himmele  bydde  vor  uns^^ 
stahlt  noch  jetzt  von  der  schönen  Thür  der  gewaltigen  danzi- 
ger  Marienkirche  dem  Besucher  in  goldenen  Lettern  entgegen. 

1)  Boeeamadona  (Baekamadone,  Bedaemedon,  Ratsemedun,  rttpes  amatorif 
•Ic)  ist  Baeaaadoiir  in  Goianna,  Dep.  Lot,  Didceae  Gabors  (nördlich  von  die« 
Mr  SCadt).  Vgl.  LUch  im  Heklbg.  Jahrb.  YIU,  825  ff.  Die  dortige  Erkli- 
ruf  das  n®^*'  mer**  im  Stader  Statut  (orer  mer  ofte  to  sonte  Jacob  ofte  to 
lüer  vrvwieB  to  Booamadone  ofte  to  Bighe)  damit,  dass  man  nach  B.  über 
SordeMu;  gerebt  sei,  ist  yerkehrt;  „over  mer**  heisst  „in  terram  sanctam'S 
Sich  den  gelobten  Lande.     Vgl.  Lttb.  Urkdb.  I,  n.  588:  ultra  mare  in  terram 


ScMfv,  Ol0  HuMttidte.    .  ]  5 


226  ^11-    Di«  Dorddeafcaehoi  StMto  un  die  Mitte 

Die  Kirchen  und  kirchlichen  Grebäude  aller  Art,  die  dar 
mittelalterliche  Bürger  nicht  müde  wurde«  zu  Ehren  seines 
Gottes,  der  Mutter  Maria  und  aller  Heiligen  immer  und  im- 
mer wieder  zu  planen  und  mächtig  auüzuthürmen,  sind,  wen 
auch  nicht  auf  uns  gd^ommen  in  der  ganzen  Fülle  ihres  mit- 
telalterlichen Glanzes,  doch,  wie  sie  jetzt  mächtig  und  in 
Wesentlichen  unversehrt  hineinragen  in  eine  ihnen  firemd  gio- 
wordene  Zeit,  die  sprechendsten  Zeugen  vergangner  Herrlich- 
keit, Zeugen,  die  lauter  und  vernehmlicher  reden  als  die  »- 
fällig  erhaltenen  Beste  mittelalterlicher  Pergamente.  Mit  einen 
Schlage  wird  klar,  was  die  deutschen  Seestädte  des  Mittel- 
alters zu  bedeuten  hatten  gegenüber  dem  skandinavischen  Nor- 
den, wenn  man  sieht,  wie  die  ragenden  Bauten  des  einzigm 
Lübecks  oder  Danzigs,  ja  Bostocks  und  Stralsunds,  nicht  nur 
an  künstlerischem  Werthe,  sondern  auch  an  äusserem  Umfange 
fast  Alles  aufwiegen,  was  das  ganze  mittelalterliche  Schweden 
von  Kalmar  und  Wexiö  bis  hinauf  nach  Upsala  und  Abo  aof« 
zuweisen  hat.  Von  Norwegen  lässt  sich  dasselbe  mit  noch 
viel  grösserem  Bechte  sagen  und  fast  auch  von  Dänemark. 
Und  was  sich  im  skandinavischen  Norden  findet,  ist  spedell 
kirchlichen  Ursprungs,  sind  die  Dome  der  Bischöfe,  Mittel- 
punkte und  einsame  Beherrscherinnen  weiter  Grebiete;  mittel- 
alterliche Stadtkirchen  von  einiger  Bedeutung  giebt  es  dort 
oben  überhaupt  nicht.  Dem  Nordländer,  der  in  Trave  oder 
Weichsel  einfuhr,  die  ragenden  Kirchthürme  dicht  neben  ein- 
ander schlank  und  leicht  in  die  Luft  emporsteigen  sah,  zu 
den  hohen  Mauern  und  Thoren  und  ihren  zahlreichen  Thür- 
men  hinaufblickte,  den  musste  ein  ähnliches  Gefühl  anwan- 
deln, wie  der  Deutsche  haben  mochte,  wenn  er  sich  dem  ewi- 
gen Bom  nahte.  Der  Deutsche  aber,  wenn  er  heimkehrte  von 
der  nordischen  Fahrt,  von  jenen  menschenleeren  Geg^den,  in 
denen  ein  ärmliches  Kirchlein  am  Strande  Sonntags  die  An- 
dächtigen aus  meilenweiter  Umgegend  in  seine  Mauern  auf- 


d«t  14.  JahrboncterU.  227 

nimmt,  konnte  nicht  umhin,  das  Schwergewicht  höherer  Kul- 
tur mit  altor  Entschiedenheit  auf  seiner  Seite  zu  fühlen. 

Dass  die  herrlichen  Kirchen  der  alten  hansischen  Metro- 
polen, besonders  der  Ostseestädte,  die  glänzendsten  Werke  des 
Bidcsteinbaues,  ein  gutes  Zeugniss  ablegen  nicht  nur  fttr  den 
kirdilichen  Sinn  unserer  Altvordern,  sondern  auch  für  ihre 
pebiniAre  Leistungsfähigkeit,  bedarf  keiner  weitem  Auseiuan- 
derseUUDg.  Sie  sind  es  aber  auch ,  die  uns  am  deutlichsten 
eikennen  lasseD,  dass  das  Leben  der  alten  Hansen  auch  noch 
eine  andere  Seite  besass,  als  die,  welche  im  Kampfe  mit  den 
Elementen  und  feindlichen  Menschen,  im  Ringen  ums  Dasein 
nBichst  hervortritt  Fast  alle  norddeutschen  Kirchenbauten 
zMchneii  sicfa  aus  durch  eine,  wenn  man  das  Material  bedenkt, 
angewöhnliche  Schlankheit  und  Leichtigkeit;  besonders  die  Mit- 
tdschiflfe  mancher  unserer  grössten  und  schönsten  Kirchen  steigen 
mit  einer  Kühnheit  empor,  die  in  der  ganzen  gothischen  Archi- 
tektur durch  Nichts  übertroffen  wird.  Dabei  herrscht  eine 
«ttserordoitliche  Liebe  zur  Ornamentik,  ein  entwickelter  Sinn 
fta  Gliederung.  Da  der  Backstein  der  omamentalen  Ausar- 
beitung enge  Grenzen  zog  —  sie  sind  in  der  That  an  man- 
chen Bauten  mit  wahrhaft  bewundem&werther  Technik  erwei- 
tert —  so  griff  man  zum  Wechsel  der  Farben  und  wandte 
bunte  Zi^;el  an.  Diese  Vorliebe  für  leichten  und  gefälligen, 
leicheD,  aber  nicht  überladenen  Schmuck,  besonders  in  schlan- 
ken und  symmetrischen  Formen,  zeigt  sich  in  fast  allen,  leider 
in  so  geringer  Zahl  auf  uns  gekommenen  Resten  der  künstle- 
rischen Thätigkeit  der  Stä^lter  jener  Zeit  ^).    Li  erster  Linie 

1)  Un^dlieh  viel  ist  ohne  Zweifel  yerloreii  gegangen  und  swar  nicht  n  a  r 
dutk  diM  BefomuUioD,  sondern  selbst  noch  in  ueaester  Zeit.  Die  bei  Chapuj, 
Le  Mo/en  age  pittoresqoe,  Paris  1888  abgebildete  rein  gothische,  gut  aasge- 
fikrte  Kaaiel  der  Kirche  lu  Hölln  ist  jetst  verschwunden.  In  Bremen  ist  der 
ilte  Bathsefnhl,  ein  Heisterwerk  mittelalterlicher  Holsschnitserei,  sur  Fransosen« 
seit  ▼eraiehtet  worden;  nv  erhaltene  Rudimente  seugen  noch  von  verlorener 
PTMhL  Ueber  das  Selüeksal  der  um  1800  abgebrochenen  hamburger  Dom- 
kirche sagt  Lappenberg  (Ztschr.  f.  hambg.  Oesch.  V,  277):   „Der  ganxe  histo- 

15» 


228  ^n.     Die  norddeatsehen  StKdte  om  die  lütte 

scheinen  hier  Metallarbeiten  zu  stehen.  Wer  kann  jene  wun- 
derbar fein,  in  reichstem  und  gefälligstem  gothischra  Stil  an»> 
geführten  grossen  metallenen  Grabplatte,  die  sogenannten 
„ylämischen  Platten^\  betrachten  ohne  Bewunderung  fOr  dk 
Kunstfertigkeit  und  den  Schönheitssinn  ihrer  Yerfertiger.  Nur 
wenige  Exemplare  dieser  kostbaren  Arbeiten  sind  uns  eriial- 
ten^);  schwerlich  sind  sie  überhaupt  zahlreich  hergesteDt 
worden,  da  sie  gewiss  sehr  kostspielig  waren;  wir  komci 
sie  nur  als  Grabplatte  für  Bischöfe  und  Bürgenneister.  Bor 
Name  „ylämische  Platten^^  deutet  an,  wo  man  diese  Kunst, 
wie  so  manche  andere ,  gelernt  hatte ;  dass  sie  in  den  Hanse- 
städten gar  nicht  geübt  worden ,  dass  alle  jene  Arbeite  an 
Flandern  bezöge  sein  sollten,  wie  man  wohl  gemeint  hat,  er- 
scheint schwer  glaublich.  Denn  die  kunstvolle  Tau^geAase 
der  Mariekirchen  zu  Rostock  und  Lübeck,  ein  Tarmiger 
Leuchter  einer  kolberger  Kirche  und  das  Taufbecke  der  St 
Nikolaikirche  zu  Kiel  (Arbeite  des  lübecker  Bürgers  Haas, 
des  „ Apegeters") ,  aus  jeer  Zeit  erhaltee  Glocke,  die  fei* 
nen  Arbeiten  auf  dem  Deckel  des  Lektieariums  der  St  Petri- 


rische,  wissenschaftliche  und  künstlerische  Schmnck  mit  wenigen,  ehren wetUbw 
Aoanehmen  verfiel  den  Trödelnden  nnd  Gkssenhnben  nnd  verstob  in  «Ue  'IHnde.** 
Im  Kloster  Oliva  bei  Dansig  Iftsst  man  noeh  jetst  die  schSn  geechnitsteii  aHm 
Kirchenstfihle  auf  dem  Kirchenboden  yerkommen,  wihrend  das  Schiff  dar  Klo- 
sterkhrche  angefüllt  ist  mit  der  denkbar  plattesten  Tischlerarbeit  Solche  Bil- 
spiele  Hessen  sich  zu  Dutzenden  anführen.  Was  Torhanden  war,  das  akit 
man  erst,  wenn  man  sich  in  Stftdten  wie  Danzig  aufs  Stöbern  legt  und  nn 
bis  ins  Einzelnste  hinein  das  Leben  unserer  Vorfahren  rdch  und  sinnig  ana- 
gestattet findet. 

1)  Den  von  Karl  von  Rosen  (Hans.  Gtoschbl.  1871 ,  S.  108)  au%efilhrlMi 
ist  noch  die  im  Dom  zu  Ripen  für  den  1868  gestorbenen  Bürgermeister  Ift- 
dreas  Bundison  hinzuzufügen ;  sie  ist  abgebildet  bei  Suhm,  Historie  af  Daamaili 
Xm,  516.  Im  Franciskanerkloster  zu  Baston  liess  der  Kanfinann  Weasel  tob 
Smalenburg  aus  Münster  1818  sein  Ghrab  mit  einer  Hetallplatte  veneben,  ^ 
aber  schwerlich  von  gleicher  Arbeit  war,  vgl.  Ztsohr.  d.  Vereins  f.  €h8ch.  «• 
Alterthkde  Westfalens  XVII,  171  ff.  Ueber  die  Frage,  ob  „Hesslngsebnitt«* 
oder  „Messingstich**  vgl.  Kugler,  im  deutschen  Kunstblatt  1860,  n.  17;  Liseh, 
Meklbg.  Jahrb.  XVI,  303  ff,  XXVII,  867  ff. 


des  14.  JjOirhiiiideiti.  229 

Kirche  xa  Hand^org  il  a.  legen  Zeugniss  davon  ab,  dass  man 
in  MetallarbeiteD  geschickt  war,  und  daas  es  an  Formensinn 
nidit  fehlte.  Und  dasselbe  kann  man  von  andern  Zweigen  des 
Kmsthandweiks  sagen.  Dass  man  sich  auf  Lederarbeit^  ver- 
stand, leigen  die  Einb&nde  erhaltener  Bücher.  Holzschnitze- 
iMB  haben  manche  Städte  ans  jener  Zeit  bewahrt,  obgleich 
gsrade  hier  das  Beste  verloren  zu  sein  scheint  Lebhaft  war 
der  Silin  fOr  Malerri.  Schon  früh  stand  man  mit  Italien  in 
Yeibliidung.  Lübeck  war  im  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  in 
der  (Hesmalerei  so  berühmt,  dass  Italiener  dorthin  kamen  zu 
kmen.  Einer  derselben,  Dominik  Livi  aus  Gambosso  im  Flo* 
RDtfadachen,  schuf  jene  herrlichen  Glasfenster  im  ehanaligen 
Mbedffir  Dominikanerkloster  zur  Burg,  die  jetzt  durch  die 
FBrsorge  des  verdienten  Milde  die  wohlerhaltene  Zierde  der 
Marienkirche  bilden.  Die  hamburger  Eämmereirechnungen  be- 
nagen, dass  der  Bath  seinen  Bildschnitzer  und  Maler,  Meister 
Bertram,  fleissig  mit  Aufträgen  bedachte,  durch  heilige  Jung- 
binen,  Engd,  Altartafeln,  Christoph  mit  dem  Christuskinde 
flkr  die  Verschönerung  der  Stadt  sorgte. 

Standen  die  Künste  in  erster  Linie  im  Dienste  des  kirch- 
fichen  Lebens,  so  wandte  man  sie  doch  auch  gern  auf  das 
Migerliche  an.  Schon  die  allgemeine  Vorliebe  für  dauerhafte 
oad  werthvolle  Arbeit  wirkte  f5rdemd  in  dieser  Richtung. 
Dass  Kunst  und  Handwerk  noch  nicht  geschieden  waren,  konnte 
dieses  nur  heben.  Was  man  in  profanen  Bauten  leistete,  be- 
weisen leider  feist  nur  noch  die  Rathhäuser;  Privatwohnungen 
und  uns  aus  dem  14.  Jahrhundert  wenig  mehr  erhalten.  Wo 
m  sich  noch  finden,  erwecken  sie  durch  jenen  soliden  und 
dodi  reich  verzierten,  treppenartigen  Giebelbau,  der  noch  heute 
Stidteo  wie  Lüneburg,  Lübeck,  Wismar  ^)  einen  so  eigenthüm- 
verleiht,  entschieden  günstige  Vorstellungen.    Zum 


1)  WUmar  hat,  wenn  auch  oar  wenige,  doch  die  sclionsteo  mittelalterlichen 
PrhratiMeksteInbaaten  aofiaweisen. 


230  ^''*    ^*®  norddeatochen  SUdte  «in  die  Mitte 

grossen  Theil  muss  man  sich  die  norddeutschen  Städte  des 
14  Jahrhunderts  noch  reichlich  mit  Holzhäusern  versehen  den- 
ken, so  sehr  auch  der  Rath  bemüht  war,  durch  Steinliefenm- 
g^  und  andere  Unterstützungen  den  Bau  feuerfester  Häuser 
zu  begünstigen.  Mit  Vorliebe  suchte  man  durch  künstlerische 
Darstellung  didaktisch  zu  wirken.  Die  nur  thätiges  Handdn 
und  warmen  Glauben,  nicht  aber  Theoretisiren  und  Systema- 
tisiien  kennende  und  schätzende  Zeit  spiegelt  sich  audi  hier 
deutlich  genug.  In  Rechtsbüchem  stellte  man  wohl  die  Strafen 
dar,  die  verhängt  zu  werden  pflegten,  wie  es  uns  das  wohl 
erhaltene  soester  Nequamsbuch  noch  jetzt  so  drastisch  zeigt 
Miniaturen  waren  überhaupt  beliebt,  wohl  Gegenstand  beson- 
derer Kunstübung.  Auch  für  Spott  und  Hohn  suchte  man  so 
einen  Ausdruck,  besonders  gegen  die  Geistlichkeit,  deren  Ueb^- 
griflfen  man  bei  aller  Frömmigkeit  immer  mit  ebenso  grosser 
Klugheit  wie  Ekitschiedenheit  zu  beg^nen  wusste.  Die  Tha- 
ten  des  Beineke  Fuchs  kommen  in  bildlichen  DarstdUungen 
und  eingewebt  in  Teppichen  vor;  seiner  pfäfflschen  Heuchelei 
wird  dabei  nicht  vergessen.  Nach  sächsischer  Sitte  war  im 
Gerichtssaal  der  Rathhäuser  stets  das  jüngste  Gericht  im  Bilde 
dargestellt;  über  das,  was  sich  der  hamburger  Rath  um  1340 
hatte  malen  lassen,  beschwerte  sich  das  Domkapitel,  weil  es 
Anzüglichkeiten  darauf  fand.  Es  gab  einen  langen  Process 
vor  der  Kurie  in  Avignon.  —  Vor  dem  Derben  schreckte  man 
weniger  zurück  als  heutzutage ;  DarsteUungen  wie  das  „Luder- 
ziehen" an  den  Rathhäuseni  von  Lübeck  und  Hannover  zeigen 
das  deutlich  genug. 

Wie  die  Kunst,  so  knüpfte  sich  auch  das  wissenschaftliche 
Leben,  so  weit  von  einem  solchen  die  Rede  sein  kann  —  denn 
viel  grösser  ist  hier  der  Abstand  von  der  Gegenwart  als  auf 
jenem  Gebiete,  wo  er  vielleicht  kaum  vorhanden  ist  —  über- 
wiegend an  die  Kirche.  Was  an  literarischen  Arbeiten  her- 
vorgegangen ist  aus  jener  Zeit,  hatte  kaum  andere  als  prakti- 


des  14.  JahrbnndcrtB.  231 

sehe  Zwedke.  Die  einzige  Ausnahme  davon  macht  etwa  der 
ChioDikeDB^reiber ,  sofern  er  „der  Stadt  Ghronik^^  nicht  in 
diraktem  Anftrage  des  Rathes  fOhrt;  und  die  Thätigkeit  auf 
diesem  Oebiete  ist  dtirftig  genug.  Auf  eine  gewisse  Schulbil- 
dang  hat  man  W^h  gelegt.  In  den  meisten  Städten  ent- 
stiBden  allmählich  an  allen  Pfarrkirchen  Schulen,  in  denen  die 
wohlhabendere  Jug^d  Lesen  und  Schreiben,  etwas  Rechnen, 
die  Anfinge  des  Lateinischen  und  Singen  lernte.  Wohl  die 
Hosten  Kanfleute  und  auch  manche  Handwerker  waren  des 
LesoiB  und  Scfareibras  kundig.  Mochte  die  ungewohnte  Thä- 
tigkeit auch  nicht  sehr  leicht  von  der  Hand  gehen,  so  brachte 
man  dodt  einen  deutschen  oder  auch  gar  einen  kurzen  latei- 
lischen  Geschäftsbrief  fertig.  Dass  die  Rathsherren  wenig- 
stens der  grösseren  Städte  meistens  Latein  verstanden,  kann 
nidit  bezweifelt  werden.  Im  Verkehr  kam  man  mit  d^n  Deut- 
schen weiter  als  heutzutage.  Von  Dünkirchen  bisNarwa  herrschte 
die  gleiche,  auch  dialektisch  nicht  allzusehr  abweichende  Sprache. 
Ib  skandinavischen  Norden  war  das  Niederdeutsche  wohl  noch 
bekannter  als  gegenwärtig  unser  Hochdeutsch,  wurde  jedenfalls 
BMhr  gebraucht  Wir  haben  zahlreiche  plattdeutsche  Briefe 
besonders  von  Dänen  und  Schweden.  Die  Privilegien  wurden 
den  Hansen  von  den  nordischen  Königen  in  älterer  Zeit  in 
lateinischer,  seit  dem  14.  Jahrhundert  in  deutscher  Sprache 
gegebmL  Das  Plattdeutsche  war  durch  mehr  als  ein  Jahr- 
himdert  bis  zu  einem  gewissen  Grade  die  Sprache  der  Diplo- 
matie im  ganzen  Ostseegebiet. 

Oab  der  Wohlstand  zur  Entfaltung  mancher  schönen  Bltt- 
then  besonders  auf  dem  Gebiete  künstlerischer  Thätigkeit  den 
Anlass,  so  fährte  er  doch  auch  naturgemäss  zu  weniger  er- 
beulichen  Erscheinungen.  Trotz  seines  kirchlichen  Sinnes  war 
das  Mittelalter  durchweg  eine  lebensfrohe,  sinnlichen  Genuss 
QnbeEsngen  schätzende  Zeit.  Gel^enheiten  zum  Essen  und 
Trinken,  die  der  Deutsche  ja  stets  nach  Gebühr  gewürdigt  hat, 


232  ^^    ^'®  norddeulsoheii  Städte  «m  die  MUto 

liess  man  so  leicht  nicht  vorttbeigeheou    In  Gilden  versam- 
melte man  sich  zu  Gelagen,  die  nach  festen  Ordnungen  abge- 
halten wurden.    Gern  strafte  man  Uebertretungen  mit  IMe- 
rung  von  Freibier.     Der  Neueintretende  mosste  sich  dnieh 
einen  Schmaus  oder  Trunk  einkaufen.    Auch  in  die  2älnfte  bnd 
das  Emgang  (Meister-  und  Geselleness^),  selbst  in  denBath; 
der  neu  Eintretende  musste  den  übrigen  Bathsherren  „enen 
guden  h(yghen  don'S  wie  es  die  greifswalder  Rathsordnong  aus- 
drückt.   Dass  kein  h&usslicher  Anlass  versftnmt  wurde,  sich 
der  Gaben  Gottes  zu  fireuen,  braucht  kaum  bemerkt  zn  wer- 
den.   Auch  einen  kirchlichen  Mantel  wusste  man  der  unaus- 
rottbaren Neigung  umzuhängen :  Die  Kalandsbrüderschaften  tru- 
gen ursprünglich  einen  rein  kirchlichen  Charakter,  auch  wenn 
Weltliche  theilnahmen,  allmählich  wurden  sie  weltlich  genug, 
nicht  ohne  lebhafte  Mitwirkung  der  betheiligten  Geistlichen. 
Fastnachtsscherze,  Mummereien  aller  Art,  Tanz,  Grauklerspiel 
waren  beliebt ;  Kirch  weihen  und  Jahrmärkte  gab  es  genug,  sie 
zu  üben.    Auch  der  Bath  liess  es  sich  bei  sdcher  Gelegen- 
heit, beim  Besuch  fremder  Herren  u.  s.  w.  etwas  kostm,  die 
Menge  zu  belustigen.    In  der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahriiun- 
derts,  besonders  gegen  Ende  desselben,  hören  wir  zuerst  von 
Schützenkompagnien  (Papagoyengesellschaften);  dieS(Huie  rei- 
cher Leute  fingen  an,  die  Bitter  nachzuahmen,  zu  „buhurdiren 
und  zu  reihen.^^     Bei  zunehmendem  Wohlstande  wurde  das 
alles  üppiger  und  kostspieliger.    Das  junge  Volk  wmrde  nicht 
selten  übermüthig,  tobte  lärmend  durch  die  Strassen,  störte 
die  Nachtruhe  der  Bürger,  prügelte  und  neckte  die  Nacht- 
wächter.   In  solchen  Fällen  wurde  dann  aber  auch  nicht  viel 
Federlesens  gemacht,  auch  nicht  mit  den  Söhnen  der  besten 
Familien.    Es  sind  deren  aus  der  Stadt  verbannt  wordm,  weil 
sie  die  Nachtwächter  molestirt  hatten.    Auch  gegen  den  zu- 
nehmenden Aufwand  bei  Festen,  die  steigende  Kleiderpradit 
besonders  bei  den  Frauen  suchte  man  schon  im  13.  Jahrhun- 


4m  14.  Jahrhunderts.  233 

dert  iB  mAntea  St&dten  mit  Lmnisord&imgen  eiiizuschreiten. 
D»88  »6  imm^  und  immer  wiederholt  wurden,  ist  wohl  der 
dentUchste  Beweis,  dass  sie  wenig  fruchteten.  Doch  darf  man 
fm  den  ersten  Jahrzdmten  der  2.  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts 
woU  sagen,  dass  sich  die  herrschende  Sitte  im  Allgemeinen 
DOck  innerhalb  der  Grenzen  des  Erlaubten  hielt  Die  furcht- 
bare Geissd  der  Pest  hatte  ohne  Zweifel  mässigend  gewirkt 
Eist  dem  Ib.  Jahrhundert  blieb  es  vorbehalten ,  zum  Theil  in 
wahre  Sittmloeigkeit  auszuarten. 

Vdknden  wir  dieses  Bild,  das  in  dem  engen  hier  gege- 
benen Bahmen  nur  die  Hauptzüge  der  Entwicklung  andeuten 
konnte,  durch  einige  Bemerkungen  über  die  Spitze  der  Bürger- 
schaft, den  Bath,  seine  Zusammensetzung  und  Bedeutung.  So 
?enchieden  die  Verhältnisse  waren,  so  fehlt  es  doch  in  den 
Sttdten  sächsisdien  Bechts,  also  von  Westfalen  bis  Estland, 
nicht  an  einer  gewissen  Gleichartigkeit  Die  Zahl  der  Baths- 
herren  (consules,  radmanne)  schwankt  zwischen  12  und  24; 
an  ihrer  Spitze  standen  2  oder  4  Bürgermeister  (proconsules, 
magistri  dvium,  consulum,  burgensium),  die  kein  Vorrecht  ge- 
nossen, ausser,  dass  sie  die  Geschäfte  leiteten,  in  Bathsver- 
sammlungen  den  Vorsitz  führten,  „das  Wort  hielten.^^  Alle 
Bathsherren  waren  gewählt  auf  Lebenszdt,  doch  nicht  im- 
mer im  Amte.  In  2  oder  3jährigem  Turnus  fand  eine  Um- 
B^Kung  resp.  Erneuerung  statt,  so  dass  die  bisherigen  Führer 
der  Geschäfte,  der  „sitzende  Bath^S  Anderen  Platz  machten, 
sdbet  in  den  „alten  Bath^^  traten.  Dabei  wurde  dann  in  eini- 
gen Städten  auch  eine  Neuwahl  von  Mitgliedern  vorgenommen. 
In  wichtigen  Fragen  wurden  sämmtliche  Bathmannen  (neuer 
and  alter  Bath)  zu  den  Berathungen  herangezogen.  Durch- 
weg hatte  der  Bath  das  Selbstergänzungsrecht.  Die  Baths- 
fiddgkeit  war  beschränkt.  In  Lübeck  konnte  von  Anfang  an 
nur  in  den  Bath  kommen,  wer  „seine  Nahrung  nicht  mit  Hand- 
werk gewann^^    In  andern  Städten  kommen  einzehi  (in  Wis- 


234  ^^     I^i«  uorddMkMbea  Slidto  «m  die  Mitte 

mar  z.  B.)  im  13.  Jahi4iuiideit  Ebad werfcer  im  Bath  vor,  ver- 
schwinden aber  später.  Durch  die  Zooftimmhea  des  14.  mid 
15.  Jahrhmiderts  sind  sie  vorübergehend  wieder  hiBem  gekom- 
men^  aber  meistens  nur  auf  wenige  Jahre.  Mochten  die  Be- 
stimmungen auch  anders  lauten,  thatsächlich  war  dodi  in  d» 
Seestädten  der  Kaufmannsstand  so  gut  wie  aussdüieesHch  im 
Besitz  der  Rathshermstellen ,  in  der  Zeit,  die  hi^  nmädist 
in  Betracht  kommt,  ganz  unzweifelhaft  Die  Auflehnang  da- 
gegen beginnt  schon  früh,  in  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahr- 
hunderts, vielleicht  schon  im  1 3.  Vorwiegend  scheinen  es  zu- 
erst unruhige,  ehrgeizige  Männer  aus  dem  herrschenden  Stande 
gewesen  zu  sein,  katilinarische  Existenzen,  wenn  man  will,  die 
unter  den  Gewerken  Unzufriedenheit  erraten,  sich  an  ihre 
Spitze  stellten  und  sie  gegen  den  Rath  fährten:  so  Heinridi 
Runge  in  Rostock,  Kord  Papenhagen  in  Stralsund,  Hermann 
Stote  in  Göttingen,  Johann  Hollmann  in  Bremen.  Zwei  der 
vornehmsten  Aemter,  das  der  Brauer  und  Gewandschndder, 
haben  nie  den  Anspruch  auf  Raths&higkeit  fallmi  lassen,  an 
manchen  Orten  auch,  wenigstens  die  Gewandschneider,  diesdbe 
von  Anfang  an  gehabt  und  dauernd  behauptet.  Auch  die  Kaof- 
leute  waren,  wenigstens  in  d^  meisten  Ostseestädten,  nicht 
ohne  Weiteres  rathsfähig.  Ein  eigentliches  Patriciat,  d.  h. 
abgeschlossene  Geschlechter,  deren  Mitglieder  allein  rathsfthig 
waren,  hat  sich  in  voller  Schärfe  wohl  nur  in  Lüneburg  aus- 
gebildet im  Anschluss  an  die  Saline.  Die  „Sülfineister^*  dort 
hatten  von  den  auswärtigen  Besitzern  der  Salzp&nnen  diese 
um  Ablieferung  der  Hälfte  des  Ertrages  gepachtet,  wurden  reich 
und  brachten  die  Herrschaft  der  Stadt  an  sich;  das  Sidiere, 
Stetige,  das  in  dieser  Einnahme  lag,  verlieh  dem  Wohlstand 
eine  Dauer  und  Beständigkeit,  die  beim  Handel  gar  nicht  denk- 
bar ist.  Eine  ähnliche  Stellung  gewannen  die  „Sttbsherr^^^ 
Kolbergs.  In  den  andern  Städten  hat  es  zwar  audi  an  ein^n 
sogenannten  Patriciat  (ich  erinnere  mich  nicht,  dass  mir  der  Aus- 


dM  14.  Jalirhand«r|0.  235 

druck  in  BittebdterMchen  norddeutschen  Quellen  begegnet  sei) 
nkht  gefiddt,  aber  es  war  nirgends  vollständig  geschlossen, 
rekmtirte  sidi  inuner  durch  ^h(Hnines  novi".  Es  hatte  sich 
berans  gdl>ildet  aunächst.  durch  Ansammlung  grossen,  in  kauf- 
«toiisdter  Thttig^ett  gewonnenen  Besitzes.  Mit  Vorliebe  legte 
man  diesen  Beichthum  in  Landbesitz  an,  kaufte  Dörfer  und 
Hufe,  <rft  in  grosser  Zahl,  kam  dadurch  in  die  Stellung  fürst- 
^duar  Lehnsleute,  ahmte  den  Lehnsadel  auch  äusseriich  nach 
durck  ritteriiches  Waffiraispiel,  Bossdienst  und  Erwerbung  dar 
Siegelfalugkeit ;  Schild  und  Hehn  traten  an  die  Stelle  der  ein* 
bdien  Haus-  und  Hofmarke.  In  Wirklichkeit  war  ja  ein  Un- 
terschied auch  kaum  yorhanden,  da  der  Gutsherr  auf  dem 
Lande,  der  Kaufherr  in  den  Städten  erst  unlängst  hervorge- 
gangen  waren  aus  demselben  freien  Manne.  Nicht  nur  die 
Bfliger  von  Lübeck  und  Bremen,  von  denen  die  Gründung  des 
deutsehen  Ordens  im  Morgenlande  ausgegangen  sein  sollte,  son- 
dern auch  Borgersöhne  anderer  Städte  finden  wir .  unter  den 
Rittern  des  Ordens.  Wie  es  scheint  zuerst  in  der  zweiten 
HiUte  des  14.  Jahrhunderts,  um  die  Zeit  der  waldemarischen 
Kriege,  schlössen  sich  diese  reicheren  Kaufleute  zu  besonde- 
ren ^^cHupagnien'^  zusammen :  Kaufleutekompagnie  und  Zirkel- 
geseUsdiaft  (Junkerkompagnie)  in  Lübeck,  Schwarzehäupter  m 
doi  baltischen  Städten,  Gesellschaften,  die  aber  keinesw^ 
imyeriaderlich  abgeschlossen  waren,  sondern  im  Allgemeinen 
Jedem  zugänglich,  der  den  nöthigen  Beichthum  erworboi  hatte 
iQid  sonat  allgemeine  Achtung  genoss.  Li  die  Hand  dieser 
»Gesdilechter^^  kam^  die  Bathsstellen.  Die  Verfassung  war 
also  eine  durchaus  aristokratische,  und  beim  Bestehen  des 
SelbstergänjEungsrechts  ohne  gewaltsamen  Umsturz  auch  nicht 
za  ändeni.  Doch  war  nun  die  Herrschaft  des  Kaths  keines- 
^tgß  eine  unumschränkte.  Neben  dem  Bath  behauptete  die 
„Gemeinde^\  die  „Gesammtheit*^  (commune,  universitas,  m^- 
heit)  inuner  eine  schwerwiegende  Bedeutung.    That  der  Kath 


236  ^11*    ^i«  norddoatsdieii  Stidto  mm  die  Mitte 

auch  bisweilen  Schritte,  die  zunAchBt  im  Interesse  des  Gau»» 
geheim  blieben,  „wusste  er  auch^S  wie  es  eine  wismarsdie 
Bürgersprache  einmal  aasdiückt,  „was  Andere  nidit  wissen",  so 
war  er  doch  in  allen  wesentlichen  Dingoi  an  die  Zostimmiiiig  der 
Gemeinde  gebunden.  „Handdte  es  sich  um  irgendwdche  wich- 
tige Angel^enheiten ,  bei  denen  ein  Recht  der  Stadt  nsd  der 
Gesammtheit  in  Frage  kam,  die  das  Recht  und  die  Verfossmig 
der  Stadt  irgendwie  berührten'',  so  musste  er  sich  die  Eüiwffli- 
gung  der  Bürger  holen,  deren  Vertretung  in  der  Regel  den 
Kirchgeschwomen  und  den  Amtsmeistem  zustand.  Es  lag  ja 
auch  in  der  Natur  der  Sache,  dass  in  Gemdnwesen,  wie  die 
Städte  waren,  eine  Entwicklung,  ein  Wirken  besonders  nach 
aussen  hin,  nur  möglich  war  durch  ein  Zusammengdien  der 
beiden  Faktoren,  „Rath  und  Bürgerschaft''.  Unter  diesem 
Panier  haben  die  Städte  geblüht.  Beide  rathen,  beide  thaten, 
aber  beim  Thun  behüt  der  Rath  die  ausschliessliche  FOhnrng. 
Es  ist  vollständig  verkehrt,  wenn  man  dem  aiistdarati- 
sehen  Regiment  in  den  Städten  die  Schuld  giebt,  dass  die 
Blüthe  nicht  gedauert  hat.  Fehlt  es  auch  nicht  an  Aussdirei- 
tungen  und  Pflichtverietzungen,  so  kann  das  unbefiangene  Ge- 
sammturtheil doch  nicht  anders  lauten,  als  dass  die  Magit. 
strate  der  Städte  sich  ihrer  Stellung  vollständig  würdig  ge- 
zeigt haben.  Besonders  gilt  das  von  Lübeck,  wo,  abgesehen 
von  wenigen  heftigen,  aber  kurzen  Zuckungen,  das  aristokra- 
tische Regiment  stets  am  Ruder  gewesen  ist  Bei  der  Stel- 
lung der  Städte,  die  gegenüber  lauernden  Feinden  doch  nur 
beschränkte  Machtmittel  besassen,  wenn  auch  in  der  Defensive 
stark,  doch  in  der  Ofifensive  schwach  waren,  kam  Alles  dar- 
auf an,  dass  die  Diplomatie  ersetzte,  was  der  Waffenmacht 
abging.  Und  das  konnte  sie  nur  durch  eine  Stetigkeit,  wie 
sie  in  der  Wandelbarkeit  demokratischer  Verfassungen  gar 
nicht  denkbar  ist,  durch  eine  Sachkenntniss ,  vor  allen  Din- 
gen in  den  Fragen  des  Verkehrs,  wie  sie  nur  der  Kaufmann, 


das  14.  JAlirhiinderts.  237 

der  wirkUche  Oroeshändler  sich  erwerben  konnte.  Ais  später, 
zQ  Ende  des  Mittelalters,  die  Ungunst  der  Verhältnisse  die 
answftrtigeB  Handdsniederiassungen  immer  mehr  schwächte, 
da  klagion  die  Rathsherren  der  Städte  in  erster  Linie,  dass 
man  jetit  nicht  mehr  wisse,  wie  man  „die  jungen  Leute  zu 
Miimeni  hersnbilden  solle,  zu  Lenkern  und  R^erem  der 
Städte^.  Wer  daheun  im  Bathe  der  Stadt  sass ,  der  hatte  in 
seiner  Jngend  erCahren,  wie  es  drauss^  herging,  der  wusste, 
W18  dort  iH>th  war.  Viele  und  schwere  Pflichten  l^te  die 
Stdlmg  eines  Rathsherren  auf,  wenig  Rechte  —  andererseits 
aOerdiflgs  viel  Ehre.  Und  diese  haben  sich  die  mittelalterli- 
dien  Väter  unserer  Städte  in  der  That  reichlich  verdient, 
wenn  sie  im  Dienste  des  Gemeinwohls  zur  Winter-  und  Som* 
meneit,  bei  Tag  und  Nacht,  über  Land  und  Meer  ihre  „Rei- 
sen** machten,  um  zu  verhandeln  mit  nahen  und  fernen  Ge- 
walthabern, oft  unter  Gefahr  ihres  Lebens,  wenn  sie  die 
Sdiiffo  imd  Kriegshaufen  der  Städte  hinausführte  vor  den 
Feind,  ans  dem  eigene  Vermögen  der  Stadt  Nothdurft  deck- 
ten, während  sie  doch  Bezahlung  aus  dem  öffentlichen  Gut 
kaum  eini»fingen.  Es  ist  die  Empfindung  des  „noblesse  oblige", 
die  jene  Männer  offenbar  beseelte.  Daheim  erstreckte  sich 
ihre  FOrsorge,  obgleich  der  städtische  Organismus  nicht  so 
vklgeataltig  war  wie  heutzutage,  doch  auf  zahlreiche  Dinge. 
Der  Stadt  Geld  (Kämmerei)  zu  verwalten,  des  Rathes  Wdn- 
iiäkr  txk  beaufsichtigen,  das  Rüstzeug  wohl  in  Stand  zu  hal- 
ten, Recht  und  Gericht  zu  handhaben,  den  Verkehr  des  Mark- 
tes ,  das  Treiben  der  Handwerker  zu  überwachen,  des  Rathes 
Büeher  und  Urkunden  zu  bewahren,  das  waren  im  Wesentli- 
AeM  die  Pflichten,  die  ihnen  oblagen;  meistens  je  2  und  2  in 
dnem  Amte  entledigten  sie  sich  derselben.  Zur  Versammlung 
lud  die  Glocke,  an&ngs  in  die  Kirche  des  Rathes,  erst  spä- 
iet  ins  Rathhans.  In  Lübeck  pfl^^  sich  stets  der  Rath  in 
einer  Kapelle  der  Marienkirche  zu  versammeln,  von  dort  hin- 


238  VU.     Die  norddentMbea  Stidte  «n  die  Mitte 

Über  zu  gehen  aufe  >Rathhaus ;  in  andern  Städten  fanden  in 
diesem  nur  die  geheimen  Sitzungen  Statt,  alle  andern  in  der 
Kirche  in  den  „Rathsstühlen^  Das  Rathhans  (radkus,  Sta- 
des hus,  theatrum  =  Schauhaus,  sp6HiU8,  danzdhua)  mit 
dem  vor  ihm  sich  ausbreitenden  Markte,  war  so  redit  der 
Mittdpunkt  des  städtischen  Lebens.  Hier  koneentrirte  sich 
der  Verkehr  nicht  nur  an  den  Markttagen.  Die  Buden  der 
Wechsler,  Goldschmiede,  der  Bäcker,  Fleischer,  Sdiulunadaißr 
und  anderer  Handwerker  standen  umher;  die  unteren  Bäume 
des  Rathhauses,  hallenartig  gebaut,  dienten  selbst  als  Lager- 
und Kaufräume  (Kaufhaus,  theatrum  i=  Schauhaus).  Auf  dem 
Markte  wurde  Gericht  gehalten,  unter  freien  Himmel  oder 
einer  bedeckten  Laube  am  Rathhause.  Hier  war  der  Mittel- 
punkt städtischer  Festlichkeiten ;  auch  vornehme  fremde  Gäste 
wurden  auf  dem  Rathhause  bewirthet;  dann  wiederhallten  die 
Bäume  von  Musik  und  Tanz  (spSlhus,  danzdhus).  Kein  Wun- 
der, dass  man  bei  wachsendem  Wohlstande  dies  Gebände  auch 
wflrdig  auszustatten  suchte:  die  Bathhäuser  von  Bremen  und 
Lübeck,  von  Stralsund  und  Danzig  bezeugen's,  was  unseren 
Vorfahren  dieses  Palladium  der  städtischen  Selbständigkeit 
bedeutete.  Mit  ihren  zahlreichen  Reliquien  aller  Art,  ihren 
gewölbten  Rathsweinkellem  sind  sie  echte  Repräsentanten  mit- 
telalterlichen Lebens  in  Wissen  und  Können,  in  Sdierz  und 
Ernst. 

Eine  besonders  wichtige  Thätigkeit  übte  der  Bath  auf 
dem  Gebiete  städtischen  Rechts.  War  dieses  hervorgegangen 
aus  dem  sächsischen  Landrecht,  so  war  es  besonders  der  Rath 
gewesen,  der  dasselbe  durch  Findung  neuer  Willküren  den 
städtischen,  in  erster  Linie  d^  Verkehrsbedürfnissen  entspre- 
chend weiter  gebildet  hatte.  Schriftlicher  Aufsseichnung  der 
neuen  Rechtssätze  verdankte  dann  der  Rath  wohl  hauptsäch- 
lich mit  die  Ueberlegenheit  seiner  Gerichtsbarkeit  üb^  die 
des  Vogts,  der  in  manchen  Fällen  das  Urtheil  nur  nach  Gut- 


dw  14.  JalirlMiDdarts.  239 

dünken  luuL  Es  kommt  vor,  dass  von  diesem  appelllrt  wird 
an  das  ^fiwih^  auf  d^n  Rathhause.  Bevor  die  Vogtei  auch 
formell  an  4ie  Städte  überging,  war  die  Bedeutung  ihrer  Ge- 
richtabaikeit  ndl)en  der  des  Rathes  schon  auf  ein  Minimum 
herabgesonken«  Den  Werth  schriftlicher  Aufzeichnung  aber 
Imite  n^an  würdigen  in  d^  Städten.  Ueberall  wurden  „Stadt- 
bflcher*^  geführt^  sehr  verschiedenen  Inhalts,  aber  doch  fast 
aasaeiilieflslich  anknüpfraid  an  das  Rechtsleben  der  Stadt 
„Ueber  das  Buch  geht  kein  Zeuge^^  wurde  Grundsatz  in  einer 
Zeit,  da  der  Zeugenbeweis  eine  überaus  grosse  Eolle  spielte. 
Auch  sonst  waren  die  Städte  darauf  angewiesen,  Sorgfalt  zu 
Terwenden  anf  ihre  „Schreiberd".  Sauer  erworbene  Privile- 
gien  und  Verträge  bildeten  die  Grundlage  ihrer  Existenz: 
Mit  Sorgfalt  hütete  man  die  kostbaren  Pergamente,  die  „der 
Stadt  Bechte^^  enthielten.  In  den  „Tresen^  (tr^sor,  thesaunis), 
feuer*  und  diebsfesten  Gewölben  in  den  Rathskirchen,  wurden 
sie  aufbewahrt  mit  des  Rathes  Kostbarkeiten,  seinem  Silber- 
schatz; in  Lübeck  liegen  sie  dort  noch  heute  über  der  alten 
Bath8ki^[)ette.  Als  Bremen  1366  nächtlicher  Weile  von  Schaa- 
ren  des  Erzbischofe  und  städtischen  Verräthem  ül)erfallen 
wurde,  lief  der  Rathmann  Johann  von  Haren,  sein  eigenes 
Gut  versäumend,  auf  die  Trese  in  der  Kirche  unserer  lieben 
Fraa  (auch  sie  dient  heute  noch  ihrem  alten  Zweck)  ^  nahm 
den  vom  Erzbischof  besiegelten  und  beschworenen  Friedebrief 
und  klagte  mit  demselben  draussen  über  das  geschehene  Un- 
recht ^).  Dass  9,Siegd  und  Briefe  die  Grundlagen  seien  des 
dfieatlichen  Ldbens,  das  prägte  sich  den  kaum  ins  staatliche 
Dasein  eingetretenen  Bürgern  ein  mit  dem  ganz^  R^ze  der 
Nenlieit 

Wollte  man  sich  Greist  und  Wesen  des  mittelalterlichen 
Stadtstaates,  wie  er  uns  in  den  spätem  Gliedern  der  Hanse 


1)  a7Miib«rcii*8obeae  a.  a.  O.  S.  116. 


240  VII.    Die  norddeatMhni  Stldto  «m  die  llüto 

entgegentritt ,  veranschaulidiai  in  einem  ffilde,  so  würde  ridi 
kein  passenderes  finden  lassen  als  das  der  Familie.  Mit  vir 
terlicher  Fürsorge  wacht  der  Bath  über  dem  Wohle  des  Gan- 
zen, erl^ennt,  auf  persönlichste  ErfiEihrungen  und  auf  die  lieber- 
lieferung  der  Vorfahren,  nicht  auf  theoretische  Bildung  ge- 
stützt, klar,  was  ihm  noth  thut  Sein  Haushalt,  wie  Wdir- 
mann  das  so  schön  hervorgehoben  hat,  gleicht  dem  einer  gros- 
sen Familie  ^).  Vor  Allem  sucht  der  Rath  Handel  und  Verkehr 
zu  ordnen,  ihm  die  Wege  zu  bahnen.  In  der  Nähe  und  Feme 
schliesst  er  Verträge,  strebt  nach  Sicherung  der  nothwendig- 
sten  Handelswege  (nach  Beherrschung  ihrer  Flussmündungen 
trachteten  die  Stfidte  früh  und  mit  Erfolg:  Lübeck,  Boetock, 
Hamburg,  Bremen),  fängt  auch  an,  fOr  Bau  und  Eilialtung 
der  Wege  zu  sorgen,  wenigstens  in  nächster  Nähe  der  Städta 
Man  findet  wohl  die  Verordnung,  dass  in  jedem  Testament 
etwas  für  Erhaltung  der  Wege,  ftUr  Verbesserung  des  Hafens 
ausgesetzt  werden  müsse,  was  übrigens  auch  ohne  das  häufig 
geschehen  ist  Vor  allem  lässt  der  Bath  sich  auch  die  Beel- 
lität  des  Verkehrs  angelegen  sein.  In  Nowgorod  wird  ein 
Packen  Leinwand  zu  schlecht  befunden  —  „kein  ehrenwerther 
und  guter  Mann  könne  mit  solcher  Waare  bezahlt  werden^  — 
er  wandert  zurück  nach  Biga,  von  dort  nach  Wisby,  von 
Wisby  nach  Lübeck,  wo  der  Bath  gebeten  wird,  auszufin- 
den,  wer  die  Leinwand  gemacht  habe.  Oar  häufig  gehen 
auf  diese  Weise  flandrische  Lakai  von  Nowgorod  zurück  in 
ihre  Heimat  von  Station  zu  Station.  Die  Klagen  der  Binnen- 
länder über  Häringsfässer,  in  die  oben  grosse  und  gute,  unten 
kleine  und  schlechte  Häringe  gepackt  waren ,  gaben  zu  man-. 
clieu  Verordnungen  Anlass;  „Häringswraker^^  wurden  ange- 
stellt, die  Tonnen  offidell  „gezirkelt^'.  Zurücksenden  liess 
sich  die  „verderbliche^^  Waare  nicht.  —  Der  Bath  verbietet 


1)  Vgl.  Ztschr.  d.  Vereins  f.  Lübeck.  Geioh.  b.  Alterthkde  II,  76. 


das  14.  Jafarhnndarts.  g41 

das  Segdn,  wenn  Geüahr  droht,  befiehlt  auch  wohl  besondere 
VorsiditsDiassregehi,  beides  selten  ohne  die  Meinung  der  Be- 
theiligten  gehört  zu  haben.  Es  wird  auch  wohl  angeordnet, 
di88  wer  reisen  wolle,  den  Rath  fragen  solle,  weil  „er  wisse, 
«as  Andere  nicht  wissen^S  Der  Rath  ordnet  auch  Münze, 
Mass  und  Gewicht  Wie  den  Handel,  so  überwacht  er  das 
Gewerbe.  Schon  die  Bezeichnung  „Amt^  —  lateinisch  stets 
<rfBdinn,  den  Ausdruck  „Zunft'^  kennt  das  norddeutsche  Mit- 
tdilter  nicht,  er  ist  von  Süddeutschland  übertragen  mehr 
mit  politischer  als  gewerblicher  Bedmtung  —  deutet  darauf 
kin,  dass  der  Inhaber  eines  solchen  eine  gewisse  Verpflich- 
tmig  gegen  die  Oesammtheit,  die  Stadt,  übernahm.  Nicht 
rar  dnrdi  seni  eigenes  Interesse,  um  der  Konkurrenz  zu  be- 
gegnen, sondern  moralisch  als  Bürger  der  Stadt,  als  ihr 
Jbntmann^  war  er  verpflichtet,  gute  Arbeit  zu  liefern.  Dem 
Rath  lag  es  ob ,  über  Erfüllung  dieser  Pflicht  zu  wachen,  an- 
derarseits  aber  auch  dafür  zu  sorgen,  dass  keinem  seine  Nah- 
roBg  TOTkflmmert  werde,  dass  nicht  einer  oder  wenige,  begün- 
stigt dnrdi  fördernde  Umstftnde,  alle  Arbeit  in  einem  Oewerbe 
an  sich  reissen,  dass  Fremde  nicht  den  Heimischen  das  Brod 
wegnehmen.  Den  Bedürfnisse  folgend,  und  das  so  oft  als 
gtarr  und  zopfig  Terschrieene  Mittelalter  hat  gerade  darin  sich 
ausserordentlich  tüchtig  gezeigt,  legt  er  schwache  Aemter  zu- 
sammen oder  theilt  allzusehr  angewachsene,  giebt  Beschäfti- 
gungen frei  oder  knüpft  sie  an  die  Erfüllung  gewisser  Vorbe- 
dnigongen,  damit  den  Wünschen  der  zunächst  Interessirten 
eDtgegnkommend  oder  auch  sie  nicht  berücksichtigend,  wie 
es,  das  Interesse  des  von  ihm  vertretenen  Ganzen  erheischte. 
Und  bdde,  der  einzelne  Bürger  wie  die  ganze  Stadt,  haben 
sich  lange  Zeit  wohl  befunden  bei  dieser  Ordnung  der  Dinge; 
vor  Allem  war  auch  der  Bürger  selbst  von  dieser  Auffassung 
des  gegenseitigen  Verhältnisses  durchdrungen,  trat  mit  Wärme 
für  dieselbe  dn.    Er  fühlte  sich  als  ein  Glied  des  Ganzen, 

ScUfv,  nie  Huwertidt«.  ]q 


242    ^^-  ^^  norddentschen  SOdto  Oi  dit  MMte  des  14.  Jahrliwidarts. 

das  an  seiner  Stelle  nicht  nur  für  das  eigene,  sondern  auch 
für  das  Gemeinwohl  arbeitete.  Aus  diesem  Gefühl  entsprang 
ein  lebhafter  Patriotismus,  eine  wanne  liebe  zur  eigoien 
Stadt  An  Belegen  dafür  fehlt  es  den  mittelalterlichen  Chro- 
niken nicht  Hier  möge  nur  erinnert  sein  an  die  kostbare 
Figur  des  Bremers  Heinrich  Bersing,  der  mit  dem  LObedcer 
Tileke  Bodendorp  zu  Hamburg  in  der  „gemeinen  Herbeige^ 
in  heftigen  Streit  gerieth  über  die  ang^Iichen  Vorzüge  Bre- 
mens vor  Lübeck,  den  Lübecker,  der  über  Bremra  und  sär 
nen  Bath  zu  spotten  anfing,  aufforderte,  „dat  he  sulker  werde 
hude  hedde  unde  druncke  syn  beer  myt  make*'  ^).  Gwade  in 
den  städtischen  Gemeinwesen  tritt  uns  zum  ersten  Mal  in  d^ 
deutschen  Greschichte  der  Staatsgedanke  entgegen;  das  Yer- 
hältniss  zum  politischen  Gebilde,  dem  man  angehört,  tritt 
als  Bindemittel  an  die  Stelle  des  persönlichen  TrwYeiliftlt- 
nisses.  Allerdings  lag  auch  wieder  eine  Gefahr  in  dieser  Eatr 
Wicklung,  die  sich  mit  der  Zeit  als  verhängnissydl  erwdsea 
sollte:  die  der  Absonderung  und  der  Kirchthurmspolitik.  Ans 
durchaus  realen  Bedürfiiissen,  meistens  unter  engstem  An- 
schlnss  an  lokale  Verhältnisse  erwachsen,  lag  für  die  Stftdte  die 
Gefahr,  sich  in  der  Ausbildung  dieser  zu  verlieren,  um  so  niher, 
als  die  Beziehungen  in  die  Feme,  wie  es  scheint,  sich  mehr  und 
mehr  in  den  Händen  der  grösseren  Städte  koncmitrirten.  Von 
Anfang  an  hat  die  Neigung  zur  Absonderung  nicht  gefehlt 
Auch  in  dem  jetzigen  Verhältniss  zu  Dänemark  hing  alles 
davon  ab,  wie  weit  man  im  Stande  sein  werde,  die  Erifte^ 
die  in  diesem  Kranze  blühender  Städte  von  den  Mündungen 
des  Bheins  bis  zum  finnische  Meerbusen  schlummerten,  zu 
gemeinsamen  Massregeln  zu  vereinigen.  Nur  wenn  ein  festes 
Zusammenfassen  gelang,  konnte  man  hofiEen,  Waldemar  mit 
Erfolg  zu  beg^nen. 

1)  Rynesbereb-Scbene  ».  a.  O.  S.  75  ff. 


VnL    JMm  Oomflinsehaft  der  Städte  in  der  enten 
Hilfte  des  14L  Jahrhunderts;  ihr  Verkehr  mit 

Dänemark. 

Eb  war^  &8t  ausschliesslich  Yerkehrsinteressen ,  die  die 
Stidte  ia  D&aemark  zu  yertreten  hatten.  Zum  grossen  Theil 
ging  der  Waarenzug  von  der  Ost-  zur  Westsee  und  umge- 
kdirt  durch  die  dänischen  Gtewässer;  der  ganze  Verkehr  der 
Ostseestftdte  mit  Norwegoi  musste  die  dänischen  Kttsten  pas- 
sireiL  Im  Lande  selbst  war  Gelegenheit  zu  gewinnbringendem 
Waarwianstausch ;  die  Fischereien  an  der  Westküste  Schönens 
imd  die  an  sie  sich  anknüpfenden  Märkte  zogen  zahlreiche 
Beeocher  an. 

Der  Verkehr  mit  Dänemark  selbst  geht  in  frühe  Zeiten 
zurede,  in  jene  Tage,  da  deutsche  Herrschaft  noch  nicht  die 
Oataeeküate  «reichte,  Lübeck  noch  nicht  gegründet  war.  Da- 
mals yermittelten  ihn  besonders  Hamburg  und  Bremen  im 
Afifffhliiafl  an  die  Verbindungen  ihrer  Erzbischöfe  mit  dem 
Koidfiii.  Als  Lübeck  erstand,  musste  dieser  Stadt  eine  Haupt- 
rolle im  dänischen  Verkehr  zufallen.  Der  Handelsvortheile 
wegen  warm  manche  ihrer  Bürger  geneigt,  sich  d^n  Dänen- 
kfiiuge  in  die  Arme  zu  werfen,  als  Graf  Adolf  von  Holstein 
die  Stadt  bedrängte  ^).  Ein  Angriff  der  Dänra  auf  die  mit 
dem  Hftrings&nge  an  der  schonenschen  Küste  beschäftigten 
LObedcer  trug  1201  besonders  dazu  bei,  dass  die  Stadt  sich 


1)  Am.  T.  L&b.  y,  IS ;  i.  oben  S.  98. 

16 


244  "^I^-    ^^  Gemeinschaft  der  Stidte  in  der  «rtlen  Hüft« 

dem  Dänenkönige  ergab  ^).  Befreiung  vom  Strandrecht  im 
ganzen  dänischen  Seiche,  wesentliche  Erleichterungen  des  Ver- 
kehrs mit  Schonen  waren  der  Lohn  ')^ 

Dass  der  dänische  Handel  weder  von  untergeordneter  Be- 
deutung, noch  auch  im  alleinigen  Besitz  Lübecks  war,  bewei- 
sen zahlreiche  Zeugnisse :  Zunächst  jene  Bestimmung  des  Frei- 
lassongsvertrags  zwischen  dam  Grafen  Heinrich  von  Schwem 
und  dem  gefangenen  König  Waldemar,  naeh  welcher: die  LQ- 
becker ,  Hamburger  und  die  übrigen  Kaufleute  der  transalbin- 
gischen  Lande  sowie  des  römischen  Seiches  beim  Handd  in 
Dänemark  ihrer  früheren  Sechte  gemessen  sollten ;  dann  zahl- 
reiche Privilegiai,  welche  norddeutsche  Städte  sdbstindig 
oder  unter  Vermittlung  ihrer  Landesherren  erwarbai,  Bremen 
und  Braunschweig  1228,  Soest  1232,  unter  der  Regierung  des 
deutschenfreundlichen  Königs  Abel  (1250—52)  Lübeck,  Ham- 
burg, Rostock  und  Wismar  >).  Abels  Nachfolger  Christoph 
(1252—59)  und  sein  Sohn  Erich  GUpping  (1259—86)  bestä- 
tigen wiederholt  derartige  Priyilegien^).  Sicheren  Verkebr 
gegen  die  gebräuchlichen  Zölle  und  Abgaben,  Freiheit  vom 
Strandrechte,  Erleichterungen  für  den  Besuch  der  Märkte, 
besonders  der  schonenschen ,  bilden  den  Inhalt  dersdben. 
Städte  des  Ostens  wie  des  fernen  Westens  werden  in  diesem 


1)  Am.  y.  Lfib.  VI,  18;  s.  oben  S.  24  A.  2. 

2)  Lfib.  Urikdb.  I,  n.  12,  18,  20,  28. 

8)  Brem.  Urkdb.  I,  d.  149;  Heklbg.  Urkdb.  I,  n.  867,  II,  n.  676,  679  { 
H.  U.  I,  n.  244  (fiber  du  Privileg  für  Köln  vgl.  ebd.  d.  676) ;  Lfib.  Urkdb. 
I,  n.  169;  Hftinbg.  Urkdb.  I,  n.  668. 

4)  Ffir  Lfibeek  1262,  1269,  1264,  1267,  1277,  1282  (Lfib.  Urkdb.  I, 
a.  190,  246,  277,  296,  429,  n,  n.  46);  ffir  WUmur  1268  und  1267  (Mekibg. 
Urkdb.  II,  n.  716  n.  1121);  auf  den  scbonenscben  Mlrkten  1261  für  Bottock 
und  Mnimur,  1268  für  Lfibeek  (Lfib.  Urkdb.  I,  n.  806),  1276  und  12n  Ar 
Stralsund  und  Greifswald  (Fabricins,  Urkden  z.  Gesch.  d.  Ffirstentimira  Bfigen  III, 
n.  124  n.  127),  1288  für  Hamburg  (Hambg.  Urkdb.  I,  n.  806),  in  demselben 
Jahre  ffir  Kiel  (Urkdsmmlg  d.  Schi.  H.  Lbg.  Ges.  I,  8.  47S),  bestätigt  1294 
(S.  481).  Wegen  Riga  vgl.  Liv-,  Est-  a.  Carl.  Urkdb.  I,  n.  466  a.  674  ron  1277 
n.  1298,  dann  Lüb.  Urkdb.  U,  n.  147  von  1802,  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  294 
n.  296  von  1316. 


das  14.  Jalirhiuiderto;  ihr  Verkehr  mit  DXnemmriL.  245 

Verkehr  erwähnt,  neben  Riga  die  Niederländer:  Deveuter, 
Zfttfen,  NÜDwegen,  Doesborg,  Harderwyk,  Kampen,  Stavo- 
ren.  Schon  begünstigt  durch  ihre  Lage  treten  aber  die  ww- 
dischen  Städte  vor  allen  andern  hervor.  Sie  zuerst  erwerben 
gemeiTischaftliche  Privilegien,  so  1278  für  den  Markt  „Hwi- 
tangherr*^  (Hvidding-Harde  in  Nordschleswig?)  ^);  Hamburg 
flriiält  1283  auf  Schonen  die  Rechte,  welche  „die  slavischen 
md  Seestädte  besitzen'^  Das  Landfriedensbündniss  der  wen- 
diKhen  Städte  mit  den  Fürsten  im  Jahre  1283,  das  für  ihr 
energisches  Auftreten  gegen  Norwegen  von  so  hoher  Bedeu- 
tng  widrde,  förderte  auch  ihre  Sache  in  Dänemark.  Denn 
•neh  Erich  Glipping  konnte  sich  dem  mächtigen  Bunde  nicht 
flDtriehen ;  die  wendischen  Städte  gewannen  für  die  Dauer  der 
Yereinigang  neue  Freiheiten  in  seinem  Lande*). 

Erich  Menved  hat  in  den  ersten  Jahren  seiner  Regierung 
wiederholt  bestehende  Privilegien  der  Städte  bestätigt  oder 
iMie  ertheilt  *).  Den  Angriffen  auf  die  wendischen  Städte  ging 
■B  aUerdings  eine  Unterdrückung  ihrer  Handelsfreiheiten  zur 
Seite,  aber  Lübeck  wenigstens,  das  Haupt  derselben,  blieb 
davon  dodi  ganz  verschont.  Die  Wendung,  durch  welche  dann 
Mch  Erich  Menveds  Tode  die  Kraft  der  nordalbingischen  Lande 
ihre  Richtung  nach  Norden  nahm,  ist  für  die  Städte  jedenfalls 
nmftehat  eine  günstige  gewes^.  Sie  erhielten  dadurch  einiger- 
Mssen  freie  Hand,  sich  von  den  Schlägen  des  letzten  Jahr- 
zehnts zu  erholen.  Den  holsteinischen  Grafen  musste  daran 
Bogen,  ihre  mächtigen  Nachbarn  nicht  zu  Widersachern  zu 
haben.  Oleich  1320  föllt  der  travemünder  Thurm,  der  den 
lifibeckem  so  lange  ein  Dom  im  Auge  gewesen  war.  Auch 
die  Mdndung  der  Wamow  wurde  1322  wfeder  frei ').    1321 

1)  Lftb.  Urkdb.  I,  n.  896 ;  vgl.  H.  U.  I,  n.  812. 
S)  Üb.  Urikdb.  I,  n.  448,  461,  466. 

3)  L&b.  Urk)lb.  I,  n.  502,  622,  626;   Meklbg.  Urkdb.  Ul,  n.  2062,    V, 
1.22M;  FftbriciQB  IV,  d.  233;  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  262  und  787. 

4)  Lftb.  Urkdb.  n,  n.  896 ;  Heklbg.  Urkdb.  Vn,  n.  4877  n.  4424. 


246  ^^ni.    Die  Q«iiieinfchAft  d«r  Stldto  In  d«r  «nlMi  HOlto 

sehen  wir  die  wendischen  Städte  zum  ersten  Male  nach  der 
Sprengung  ihres  Bundes  wieder  zu  einem  gefkieiMaiiMii  Be- 
schlüsse vereinigt,  und  zwar  unter  Beiheiligimg  Hamburgs, 
das  hier  zum  ersten  Male  mit  den  wendischen  Stftdten  in  na- 
mittelbarer,  rein  städtischer  Verbindung  erscheint  Sie  ateBen 
eine  neue  Ordnung  auf  f&r  die  BMtcherd,  dieses  f&r  den  Be- 
trieb der  schonenschen  Fischerei  so  wichtige  Gewerbe^).  An 
den  dänische  Wirren  haben  sie  sich  wenig  betheüigt  Wh* 
wiss^  nur,  dass  Stralsund  dem  Grafen  Gerhard  Geld  gdiehea, 
dass  Greifswald  mit  dem  jungen  König  Waldemar  ein  Bftnd- 
niss  zur  Stellung  einiger  Schiffe  einging*).  Lebhaft  sehen 
Vrir  sie  aber -bemüht,  in  dem  Durcheinander  des  dänischen  Be- 
gierungswiechisels  und  Proyinzenhandels  ihre  Privilegien  un- 
versehrt und  ihren  Handel  ungeschädigt  zu  erhalten.  Und 
die  Herren  im  Königreiche  sind  auch  gern  bereit  gewesen, 
sich  durch  Entgegenkommen  in  diesem  Punkte  die  Gunst  der 
wichtigen,  geldm&chtigen  Nachbarn  zu  sichern.  Wichtige  Rechte 
besonders  für  die  schonensch^  Märkte  stammen  gerade  ans 
dieser  Zeit;  ihre  Errungenschaften  wied^  ausser  Kraft  su 
setzen,  ist  später  ein  Hauptziel  der  Politik  Waldemar  Atteiv 
dags  gewesen.  Lübeck  hat  nach  einander  Bestätigung  oder 
Erweiterung  seiner  Privilegien  d-halten  von  Christoph  (1323), 
Waldemar  (1326),  wieder  von  Christoph  (1328)  und  von  Graf 
Gertiard  als  Reichsverweser  (1338) ').  Christoph  hat  ihm  sogar 
1328,  wahrscheinlich  um  es  zur  Unterstützung  seines  Wieder- 
herstellungsversuchs willig  zu  machen,  das  wichtige  Recht  er- 
theilt,  auf  Schonen  durch  seine  Vögte  richten  zu  lassen  über 


1)  H.  R.  I,  n.  105—110.  Hamburg  betheiligt  sich  t9S8  «n  d«Bi  Lud- 
friedensbündnisse  mit  den  FQrsten  (Lfib.  Urkb.  I,  n.  465),  schliesst  ItSO  ein 
Bändniss  mit  LübedL,  Wismar,  Lfinebarg  and  den  Fiiraten  von  Meklenborg 
gegen  Albert  von  Sachsen  (Lüb.  Urkdb.  II,  n.  71). 

2)  Urkdl.  Gesch.  11,  S.  818  u.  8X0. 

3)  Lab.  Urkdb.  H,  n.  448,  469,  499,  668. 


im  14.  Jahriniaderts;  ihr  Verluliriiiit  DlbMiiMrk.  247 

Hab  oiid  Hand  * ).  Und  dasselbe  Jus  miyus  et  minus^^  erhält 
Stralgund  1326  yon  Waldemar ').  Der  junge  König  bestätigte 
bd  seiiieiD  Segierungsantritte  1326  einer  ganzen  Beihe  von 
Städten  ihre  Redite:  LObeck,  Stralsund,  GreiÜBwald,  Anklam, 
Denunm  und  einigen  niederländischen').  Rostock  liess  sich 
1328  innerhalb  eines  M(mats  erst  von  Christoph,  dann  yon 
Waldemar  einen  Freibrief  ertheilen  und  dazu  noch  im  nächsten 
Jahre  eine  Bestätigung  des  Orafen  Johann^). 

In  dieser  Richtung  haben  die  wendischen  Städte  auch  im 
Anfange  der  waldemarischen  Regierung  entschlossen  eingegriffen 
in  die  nordischen  Händel^);  es  war  der  erste  ofienkundige 
Beweis  ihrer  wiederhergestellten  festen  Verbindung.  Und  diese 
Einigkeit  haben  sie  auch  in  den  nächsten  Jahrzehnten  bewahrt. 
*  Die  alten  Zeiche  engen  Zusammengehens ,  die  wir  schon  im 
13.  Jahrhundert  beobachtet  haben,  mehren  sich  wieder  um  die 
llitte  des  yierzehnt^.  Wiederholte  Bündnisse  zur  Befriedung 
des  Landes  und  der  See  haben  wir  aus  den  40er  und  öOer 
Jahren  zu  yerzeichnen.  Nach  jener  Einigung  der  fOnf  Städte 
mit  den  beiden  holsteinischen  Grafen  im  Jahre  1339  wird  ttber 
fthnUdie  Bttndnisse  der  Städte  unter  sich  oder  mit  den  Ftlrsten 
berichtet  aus  deaa  Jahr^  1346,  1352,  1353,  1354«).  Auch 
Hamborg  erscheint  jetzt  häufiger  im  Verein  mit  den  wendi- 
schen Städten.  1354  erlassen  Lübeck,  Rostock,  Wismar,  Stral- 
lond,  Orei&wald  und  Stettin  gemeinsame  Verordnungen  für 

1)  ebd.  II,  n.  499:  Judex  sea  «drocatiu  eciam  caiuMui  ezigentes  peoM 
■•««s  et  eoUi  8«cuidun  jus  civitatis  Lubieeniit  libere  judicabit 

t)  UrkdL  Gesch.  II,  S.  816:  totum  jus  mt^us  et  minus,  yidelicet  pote&tatem 
Jadicmndi  in  manam  et  coUam,  qaalibet  exceptione  procul  mota.  Frühere 
IMbiiafa  Stralsunds  dnrch  Hersog,  dann  KSnig  Christoph,  UrkdL  Gesch.  II, 
a  t96t  301 ,  808. 

8)  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  818. 

4)  Meklbg.  Urkb.  Vn,  n.  4956,  4965,  VUI,  n.  5078.  Wegen  Kiel  s. 
Urkdensmmlg  d.  Schi.  H.  Lbg.  Ges.  I,  S.  486. 

6)  S.  obeo  S.  189  IL 

6)  Üb.  Urkdb.  III,  n.  148,  916,  S.  214  A.  1 ;  H.  R.  I,  n.  148,  181—188, 
186—188. 


248  ^UI*    ^«  CfemeiiMcliAft  der  StXdto  im  d«r  mtea  Hüft« 

die  Grapengiesser.  1358  einigeii  sich  die  vier  Stftdte  Ychp- 
pommems  (Stralsund,  Oreifswald,  Anklam  und  Donmin)  inf 
Grundlage  des  lübischen  Rechts,  „auf  das  sie  gegründet  und 
privilegirt  sind^.  Und  wie  diese  Einigung  beweist,  dass  die 
alten  Bande  ihre  frühere  Kraft  noch  bewahrten,  so  auch  die 
noch  in  demselben  Jahr  geschlossene  der  fünf  wendischoi  Stidte, 
EUunburgs,  AnUams  und  Demmins,  welche  festsetzt,  dass  aDe 
Städte  unterhanddnd  und  yermittelnd  eingreifen  sollten,  wenn 
eine  im  Bunde  von  einem  Fürsten  oder  Landesherren  ange- 
griffen werde  ^). 

Wie  das  Schicksal  der  wendischen  Städte  zur  Zeit  Erich 
Menyeds  nicht  ohne  Einfluss  geblieben  war  auf  die  unter  doa 
norddeutschen  Städten  bestehende  Gemeinschaft,  so  jetzt  aneh 
ihre  erneuerte  Einigung.  Fün&ig  Jahre  nachdem  Lübeck  mk 
dem  Dänenkönige  ergeben  hatte,  trat^  die  durch  die  Frei- 
heiten des  deutschen  Kaufmanns  im  Auslande  geeinigten  Stftdte 
zum  ersten  Male  wieder  in  ihrer  Gesammtheit  auf,  Am  da 
auch  der  alte  Bund  der  wendischen  Städte  wieder  in  frischer 
Kraft  stand.  1356  waren  Gesandte  von  Lübeck,  Hamburg  und 
Stralsimd,  von  Dortmund,  Soest,  Thom  und  Elbing,  von  Gol- 
land  und  den  livländischen  Städten  als  Vertreter  des  lübischen, 
des  westphälisch-preussischen  und  des  gotländischen  Drittels 
in  Brügge  versammelt,  um  die  Verhütnisse  des  dortigen  Kon- 
tors zu  ordnen.  Schon  neun  Jahre  zuvor  war  dies  durch 
die  deutschen  Kaufleute  zu  Brügge  selbst  geschehen ;  sie  hatten 
1347  bestimmt,  dass  alljährlich  aus  jedem  der  drei  Drittd 
zwei  Aelterleute  zur  Leitung  des  Kontors  gewählt  werden  soll- 
ten. Jetzt  wurden  ihre  Ordnungen  von  den  Bathssendebotea 
der  Städte  erneuert  und  erweitert;  die  Städte  warfen  sich  zu 
Wächtern  und  Aufsehern  derselben  auf  und  ordneten  sich  das 


1)  H.  R.  I,  n.  188,  Tgl.  n.  113.  —  Ebd.  I,  n.  2tO  u.  ttB  Tom  6.  Dee. 
1358.  Dicht  vor  dem  offenen  Brache  mit  Waldemar  (84.  Jani  1S61)  wird 
noch    fiber  die  VerUngerung  dieser  Einigung  berathen,   ebd.  I,  n.  256  S.  ISS. 


4m  li.  MvhniidertB;  ihr  Verkehr  mit  DiüMaark.  249 

Kimtor  imter  ^).  Wk  gerade  in  Flandern  hundert  Jahre  zuvor 
die  Stidte  zum  ersten  Male  gemeinsam  auftraten,  so  scheinen 
auch  jeitit  die  flandrischen  Verhältnisse  sie  zuerst  wieder  zu- 
suuBflogefUirt  zu  haben.  Dass  übrigens  audi  in  der  ersten 
Hüfte  des  14.  Jahrhunderts  durch  die  Gemeinschaft  der  deut- 
sdioi  Kanfleate  eine  gewisse  Verbindung  unter  dm  Städten 
kfftestaiiden  hatte  und  nidit  ausser  Bewusstsein  gekommen 
war,  beweisen  die  V^handlung^  der  Dorpater  mit  Schweden 
im  Jahre  1360»). 

Zwei  Jahre  nach  dieser  Neuordnung  des  Eontors  zu  BrQgge, 
am  20.  Januar  1368,  beschlossen  zu  Lübeck  die  Sendeboten 
TW  Goelar,  Hamburg,  Rostock,  Stralsund,  Wismar,  Braun- 
fldiweig  und  Lübeck  als  Vertreter  des  lübischen  Drittels,  die 
fOä  Thom  und  Elbing  als  Vertreter  der  preussischen  Städte 
rfm  mancherlei  Unrecht  und  Beschwerung,  die  dem  geiheinen 
Kaofinann  y<m  Alemanien  von  der  deutschen  Hanse  in  Flandern 
geschehen  sei^S  ein  Veri^ehrsverbot  gegen  dieses  Land  ^).  Diese 
Urkunde  giebt  ein  ziemlich  deutliches  Bild  von  dem  Stande 
im  Bundes.  Sie  zeigt,  dass  die  alte  Gemeinschaft  wieder  in 
Kraft  war,  dass  noch  wie  zuvor  die  Rechte  des  Kaufmanns 
im  Auslande  den  Einigungspunkt  bildeten,  dass  aber  einige 
oene,  fOr  die  spätere  Zeit  bedeutungsvolle  Formen  anfingen  in 
GetMranch  zu  kommoi.  W^gstens  für  die  flandrischen  Ver- 
hältnisse ist  die  Dreitheilung  für  das  Auftreten  der  Städte 
massgd)€nd;  der  Name  Hanse  (hense)  fängt  an,  auch  für  den 
Bund  der  Städte  gebraucht  zu  werden. 

Schon  bei  dem  ersten  Auftreten  der  Städte  in  Flandern 
(1262)  hatten  wir  Gelegenheit,  eine  Gruppirung  derselben  um 
drei  Vororte  (Köln,  Lübeck,  Wisby)  zu  beobachten.    Jetzt  er- 


1)  ebd.  I,  a.  14B,  161,  169—171^  200. 

S)  dM.  I,  n.  144:  . .  •  •  pro  oerto  scirent,    qaod  cirlUtM  commanes  mer- 
eatons  tmm  Iptomm  bonis  non  relinqo«reiit. 
a)  ebd.  I,  n.  SIS  und  SIS. 


250  ^'IL    I>^  Gemeinsdnft  der  StXdte  in  der  wn^m  BttlU 

scheint  diese  Theilung  schärfer  ausgebildet:  dem  Voiort  Koh 
entspricht  das  westfälisch -preossische,  Lübeck  das  MbisdM, 
Wisby  das  gotländisch-liTländische  Drittd.  Die  anlBdleDde 
Verbindung  der  preussischen  mit  den  westfidisehen  Stidtoi 
harrt  immer  noch  einer  genttg^den  Erklärung;  man  hat  sie 
wohl  mit  der  starken  westfälischen  Einwandt ung  nach  PreosseD 
in  2äi8ammenhang  gebracht^),  doch  sind  dagegen  beroehtigte 
Bedenken  geltend  gemacht  word^*).  Zum  lübisclien  Drittel 
zählen  nicht  nur  die  wendischen,  sondern  auch  alle  'sächaiachen 
Städte.  Den  Gotländem  haben  sich  die  Livländer  a&geachke- 
sen,  weil  sie  ihn^  in  erster  Linie  ihren  Ursprung,  ihren  Ver- 
kehr, ihr  Recht  verdanken.  Auch  „die  von  Schweden^  zähkn 
zu  diesem  Drittel;  es  sind  die  Kaufleute  jener  scfawedisehefl 
Städte,  in  denen  deutsche  Bürger  einen  bedeutenden  Bmdi- 


1)  Vgl.  Lftppwberg,  StahUiof  I,  8.  88.  DieMibe  Ansicht  trigt  Hardof, 
Ilbt.  Ztschr.  88,  846  Ala  neu  Tor. 

8)  Von  KoppoDftnn  in  den  Hans.  Geschbl.  1878,  S.  88.  In  einer  PriTat- 
mittheilang  legt  Koppmana  (Gewicht  auf  gemeinachaftlicfae  Handelaw«ge.  la 
der  That  erwerben  Westfalen  and  Preassen  auf  dem  Wege  nach  FUndem,  in 
Holland,  gemeinschaftlich  Privilegien  (vgl.  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  364  und  399). 
Aber  der  Handelsweg,  um  den  es  sich  dort  handelt,  wird  anch  von  Lflbeckern, 
Hamburgern,  Bremern  benntat.  Dass  Westfalen  and  Preassen  sonst  gemein- 
schaftliche Handelswege  gehabt  hätten,  finde  ich  nicht;  aus  Hirsch,  Dansigs 
Handels-  und  Oewerbsgesch.  S.  190  ff.  geht  das  nicht  hervor.  —  Der  Er- 
kUrungsTersoch  Sattlers  (Preass.  Jahrb.  1878  Aprilh.  S.  S8C)  ist  schwerlich 
BolAssig.  Allerdings  standen  die  Preassen  in  vielfacher  Handelsverbindong  mit 
Westfalen,  aber  nicht  weniger  mit  Lübeck.  Nicht  Köln  hatte  damab  in  Brügge 
die  grCsste  Bedeatang ;  in  den  Verhandlungen  mit  Flandern  spielt  Köln  durchaus 
keine  besonders  hervortretende  Rolle.  Mit  Recht  spricht  Koppmann  in  diesem 
Sinne  von  einem  ,, Atavismus*'.  Dass  die  Drittheilung  zun&chst  auf  dem  Kontor 
zu  Brfigge  erscheint,  ist  richtig,  aber  nicht,  dass  sie  bis  1370  nur  für  die 
Verhiltnisse  in  Brfigge  Bedeutung  gehabt  habe.  Hftngt  denn  nicht  mit  der 
Verbindung  zwischen  Preussen  und  Westfislen  susammen,  dass  1367  die  Preussen 
sich  gerade  mit  den  Niederlilndem  einigen,  die  ja,  soweit  sie  Hansestädte 
waren ,  dem  westflUisch-preussischen  Drittel  angehören ,  dass  Köln  zum  Ver- 
sammlungsort gewählt  wird,  dass  die  Preussen  sich  militärisch  durch  Kampen 
vertreten  lassen  wollen?  Dazu  vgl.  H.  R.  I,  n.  876  §.  86.  Mir  scheint  das 
Wahrscheinlichste,  dass  die  Erklärung,  wenn  überhaupt,  aas  der  Ordenageschichte 
kommen  wird. 


4m  14.  Jmfariiaiiderte;  ihr  Verkehr  mit  DXMtuurk.  251 

theü  der  BevOlkerasg  aiunnachra ,  im  Bathe  Bitzen ,  ja  diesen 
beliemehen  imd  mit  den  Schweden  zusammen  tine  Stadtr 
l^eaoMinde  bildm ;  Stoddiolm  und  Kalmar  erscheinen  als  solche 
Slidte  ^).  Dodi  findet  die  ganze  Einiheilmig,  wie  es  scheint, 
tut  war  anf  die  flandrischen  Yeriiältnisse  Anw^dung.  Wir 
werden  sehen,  wie  in  den  Kämpfen  der  nächsten  Jahre  fast 
ausdiliesslich  die  alten  landsdiaftlichen  Verbindungen  von 
Bedentmig  sind,  die  Drdtheilung  w^g  eingreift  in  die  Ent- 
wkkhmg  der  Verhältnisse.  Auch  auf  den  übrigen  auswärtigen 
Niederiassangen  lässt  sie  sich  um  diese  Zeit  noch  nicht  nach- 
lenen.  Erst  später  ist  sie  von  grösserer  Wichtiglceit  ge- 
worden fOr  die  Organisation  des  hansischen  Bundes. 

Etwas  Anderes,  was  uns  in  dieser  Urkunde  neu  entgegen- 
tritt, ist  der  bis  gegen  die  Mitte  des  14  Jahrhunderts  nicht 
nachzuweisende  Gebrauch  des  Wortes  „Hanse^^  fQr  den  Bund 
der  Städte.  Der  Ittbec&er  Beschluss  spricht  wiederholt  von 
Städten  ^^  van  der  Dudeschen  hense^^  „Sollte  irgend  eine 
Stadt  von  der  deutschen  Hanse  das  nicht  halten  wollen,  die 
Stadt  solle  ewig}ich  ausserhalb  der  deutschen  Hanse  bleiben 
md  des  deutschen  Bechts  ewiglich  entbehren^^  *).  Daneben 
wird  das  Wort  Hanse  aber  auch  in  dem  früheren  Sinne  von 
der  Genossenschaft  der  deutschen  Kaufleute  in  Brügge  ge- 
braneht  Und  auch  dies  ist  schon  eine  Neuerung.  Denn  ur- 
sprOn^^ch  hatte  man  nur  die  Vereinigungen  deutscher  Kauf- 
leute  in  den  englische  Städten  so  bezeichnet  Erst  um  die 
Mitte  des  14.  Jahrhunderts  finden  wir  das  Wort  auch  auf  die 
andern  auswärtigen  Niederlassungen  und  auf  den  Bund  der 
Städte  selbst  angewandt  >).    Eine  Krämerrolle  des  Baths  von 

1)  Vgl.  H.  B.  I,  m.  143,  1.  Lappenberg  (UrkdL  GeMh.  II,  S.  596  A.  S) 
ftssl  „de  Tan  Sw«den'*  allein  als  die  Deotschen  in  den  schwedischen  Städten 
aaf.  Koppmann  (H.  R.  I,  S.  75  A.  8)  wiederholt  das.  Rydberg  (Sverges  tra- 
dater  &  807  A.  1)  widenprlcM  dem  iiiitSecht.     Vgl.  Sybels  hist  Ztschr.  41. 

S)  H.  R.  I,  n.  SIS  §  10. 

8)  Dass  dia  Wort  auch  schon   frtther  in  Dentsohland   in   vertehiedenen 


252  ^^11*    I>^  OeiMiiischali  der  SUdto  fai  der  entaa  Bulla 

Anklam  allerdisgs,  die  man  wohl  als  älteetes  Zeugniss  f&r 
Bezeichnung  „Hansestädte^^  angef&hrt  hat,  geIhSrt  schweilkli 
in  das  Jahr  1330,  wohin  sie  sich  selbst  Terlegt^).  Aber  es 
fehlt  ausser  den  schon  angeführten  nicht  an  imdem  ZeugnisseiL 
Der  König  von  Schweden  klagt  1362  Ober  die  „Eanflente  yqb 
den  Seestädten,  genannt  h^isebrodere^^');  die  Städte  sdbst 
sprechen  nicht  mehr  bloss  in  England,  sondern  1354  aoch  in 
einem  Schreiben  an  Norwegen  yon  „Kaufleuten  von  der  Hanse 
der  Deutschen^^  *).  Um  die  Mitte  des  14  Jahrhunderts  mxdm 
auch  die  Niederlassungen  des  deutschen  Kaufmann»  in  Now- 
gorod und  Bergen  offidell  Hansen  genannt  ^).  Das  Wort  kommt 
in  allgemeinen  Gebrauch  f£lr  die  auswärtigen  Niederlassungen. 
Dass  diese  es  dann  sind,  denen  der  Bund  der  Städte  selbst 
seinen  Namen  entlehnt,  ist  ein  neuar  Beleg  für  das,  was  wir 


Bedeatiugen  gebraucht  wurde,  kommt  bier  nieht  weiter  In  Betracht  VgL 
Urkdl.  Gescb.  I,  Einleitg  S.  XVIII.  Aus  Westfalen  besonders  lassen  sieh  noeh 
manche  dort  nicht  angeführte  Stellen  nachweisen.  Ueber  Auftreten  und  Be- 
deutung des  Wortes  Hansa  in  England  s.  Pauli,  Hans.  GesehU.  187S,  S.  15  C 

1)  Stovenhagen,  Beschreibg  d.  Stadt  Anklam  S.  469.  Es  handelt  sich  hier 
offenbar  um  zwei  Urkunden  ;  nur  die  sweite,  in  der  der  Ausdruck  „hansestede^ 
vorkommt,  halte  ich  in  dieser  Form  nicht  fttr  echt  Dass  wh-klich  der  Bath 
von  Anklam  ISSO  (resp.  lSft6)  swei  solche  Anordnungen  erliesa,  seheint  Air 
durch  die  richtige  Aufsfihlung  der  Bathsherren  erwiesen,  von  denen  die  meisten 
auch  sonst  in  der  Zeit  beglaubigt  sind  (s.  ebd.  S.  S78  von  18S6 ;  Hinrich  Voss 
1364—66,  Peter  Rosebart  1367,  H.  R.  I).  Die  beiden  Listen  sUmman  nldit 
überein;  die  sweite  aber  stimmt  in  den  Bürgermeistern  und  aueh  aonst  viel- 
fach mit  der  von  1836,  daher  möchte  ich  sie  in  dieses  Jahr  setien.  Was 
Stavenhagen  (ohne  archivalische  Notiz)  giebt,  halte  ich  ffir  eine  spätere  Re- 
daktion oder  richtiger  fKr  die  noch  spätere  Abschrift  (etwa  des  16.  Jahilranderti, 
1525  brannte  das  anklamer  Rathhaus  ab)  einer  solchen.  Daiu  veranlassen 
mich  die  zum  Theil  hochdeutschen  Wortformen  und  Wendungen,  die  Erwih- 
nung  des  „bQssenkrud**,  das  Vorkommen  der  schottischen  Krämer,  das  „papb 
by  holen  rissen**  u.  A.  Entscheidend  scheint  mir,  dass  diese  Stelle  ffir  die 
später  durchaus  gebräuchliche  Form  „hansestede**  für  das  14.  Jahrhundert  der 
einzige  Beleg  sein  würde. 

2)  H.  R.  I,  n.  177. 

3)  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  484.  H.  R.  I,  n.  196.  Vgl  auch  Lfib.  ürkdb.  II, 
II.  985. 

4)  H.  R.  I,  n.  388—385;  Urkdl.  Gesch.  D,  S.  891  nnd  219. 


im  14.  MurlMnderts;  Ihr  Verkdir  mit  Dinmark.  253 

sdion  eriuumt  haben,  dass  nämlich  sie  das  einzige  alle  Städte 
umfassende  Bindeglied  bildete,  dass  die  Rechte  der  Kaufleute 
im  Auslände  zu  wahren,  ihre  Interessen  zu  vertreten  die  Haupt-, 
ja  die  einzige  Aufgabe  des  unter  den  Städte  bestdienden 
Bmides  war. 

Wie  schon  im  13.  Jahrhundert,  so  steh^  auch  um  die 
Mitte  des  14.  Lübeck  und  die  wendischen  Städte  im  Mittel- 
puikt  dieses  Bundes.    In  Lübeck  versammeln  sich  die  Städte  ^), 
LfibedL  ladet  zu  den  Tagoi  ein,  berichtet  über  dieselben  und 
empfingt  etwaige  Beschwerden  *).    Die  wendischen  Städte  sind 
68,  wekhe  1358  eine  Versammlung  „aller  zur  Hanse  der  Deut- 
Mken  gdiörigen  Städte^*  nach  Lübeck  anberaumen  und  die 
Stidte  der  Mark,  Sachsens,  Westfalens,  Preussens,  Livlands, 
OoÜand  und  Köln  zum  Besuch  auffordern ').    Am  deutlichsten 
wird  diese  hervorragende  Stellung  der  wendischen  Städte  bei 
da*  Wiederaufnahme  Bremens  in  die  Hanse.    Diese  Stadt  hatte 
mehr  als  70  Jahre  lang  (seit  dem  Kriege  mit  Norwegen)  ausser- 
halb der  Hanse  gestanden,  der  Freiheiten  des  gemeinen  deut- 
sdien  Kanfinanns  im  Auslande  entbehrt^).     Durch  Seuchen 
md  Kri^;esnoth  schwer  geschädigt  bat  die  Stadt  jetzt,  von 
ftrea  Kaufleuten  gedrängt,  um  Wiederaufnahme  in  den  Bund. 
Da  sind  es  denn  eigentlich  die  „Seestädte^S  welche  die  Be- 
drängten wieder  zulassen  zu  den  Rechten  „der  gemeinen  Kauf- 
lente  von  der  Hanse  der  Deutschen  des  heiligen  römischen 
Beiefas^.     Sie  verpflichten  die  Bremer  nicht  bloss  zur  Be- 
dbaehtuttg  d^  Satzungen  des  Kaufmanns,  sie  bedingen  auch 
f&r  sich  selbst  Leistungen  aus.    Nur  gegen  das  Versprechen 
kriegerischen  Beistandes,  das  sie  d^  wendischen  Städten  Lü- 
beck, Wismar,  Rostock,  Stralsund  und  Greifswald  und  ausser- 


1)  1851,  18M»  185S,  1869:  H.  R.  I,  S.  81,  99,  186,  185,  146,  156. 

2)  ebd.  I,  B.  168,  169,  f  18,  814. 
8)  ebd.  I,  n.  Sf4  und  885. 

4)  Vgl.  Hans.  OeschU.  1874,  S.  8  ff. 


254  Vm.    Dto  GtüMinseliall  der  Stidte  im  dir  tnl«  HIUU 

dem  noch  besonders  den  Hamburgern,  die  mit  jenen  im  engen 
Bunde  erscheinen,  geben,  können  sie  wieder  der  Freihdt  des 
gemeinen  Kaufmanns  theilhaf tig  werden.  Der  Obrigea  Stftdte 
wird  dabei  nur  ganz  yorObergehend  gedacht^).  Die  wendi- 
schen Städte  erscheinen  als  diejenigen,  welche  üb^  die  Wieder* 
aufoahme  entscheide,  der  Akt  der  Wiederaufiialune  zugleich 
als  ein  besonderer  Vertrag  mit  ihnen. 

Gerade  die  wendischen  Städte  waren  aber  auch  schon  der 
Lage  nach  die  ersten,  die  zu  der  neuen  dänischen  Macht 
Stellung  nehmen,  ihr  g^ienüber  die  städtischen  Intereenen  ¥«r- 
treten  mussten.  Möglichste  Sicherung  und  Entfiütiing  des 
Verkehrs,  Befriedung  der  dänischen  Gewässer  war  der  Inhalt 
dieser  Interessen.  Allein  sie  zu  fördern,  hatten  die  wedischen 
Städte  Waldemar  zu  Anfang  seiner  Begierung  mit  aller  Ent- 
schiedenheit unterstützt.  Es  scheint,  als  seien  ihre  Bemühungen 
nicht  erfolglos  gewesen.  Denn  abgesehen  von  einigen  Aus^ 
rüstungen  zur  Befriedung  der  See,  die  ganz  zu  unterlassen  in 
jener  Zeit  ziemlich  unmöglich  war,  deutet  Nichts  darauf  hin, 
dass  das  zucht-  und  zügellose  Treiben  der  Gra&nzeit  fortge- 

9 

dauert  habe.  Waldemar  scheint  selbst,  im  Gegensatz  zu  seinem 
spätem  Verhalte,  seine  Pflicht  gethan  zu  haben.  Im  Jahre 
1352  hatten  Einige  von  seinem  Hofe  Seeraub  verübt  an  lübe- 
cker  Büiigem.  Es  kam  zu  Unterhandlungen,  und  Waldemar 
zahlte  1358  über  4000  MaA  Entschädigung  "*). 

Auch  ein  anderes  Verhältniss,  das  Waldemar  eine  Hand- 
habe zu  mancherlei  Einmischung  bot,  wickelte  sich  glatt  genug 


1)  H.  R.  L  n.  S16.  —  ..Consnlibns  ciTitotiim  BuuritimAnia  tt  etiam  alia- 
rum  civitatum'^  Dass  ausser  den  genannten  6  Stftdten  noch  andere  auf  der 
lUbecker  Versammlung,  welche  Bremen  wieder  aufnahm,  Tertreten  waren, 
scheint  aus  n.  224  vom  6.  Jan.  1S59  hervonugehen :  ita  quod  omnes  commu- 
niter  ad  hansam  Thevthonicomm  pertinentes  ciTÜataa,  quo  pront  ia  «state 
anno  novissime  revoluto  in  Lnbeke  fnerant  eongregate.  Anch  dasa  Kdln  eine 
Originalausfertigung  von  n.  216  bewahrt,  deutet  danuif  hSa. 

2)  Langcb.,  Scr.  VI,  p.  526.  —  Lab.  Urkdb.  UI,  n.  S04. 


dt»  14.  Jtakilmiiderti;  ihr  VerUkr  mit  DlnMiRrk.  255 

ab.    Nieht  otme  Besorgniss  hatten  die  Lübecker  vernommen, 
diss  ihre  Beidissteiier  dem  Dänenkönig  verpfändet  worden  sei. 
Sie  beeilteo  sich,  alle  ihre  Privilegien  vom  Kaiser  bestätigen 
la  laaeea,  mid  verschafften  sich  zweimal  (1350  mid  1305)  die 
ansdrflckliche  Zusicherung,  nidit  vom  Reiche  getrennt  zu  wer- 
deo^).     Der  Kaiser  selbst  war  nicht  ohne  Misstrauen.    Ex 
wies  die  LQbecker  an,  Waldemar  die  Huldigung  nicht  zu  Idsten, 
wenn  er  sie  von  der  Stadt  fordern  solle,  auch  in  diesem  Falle 
die  ZaUung^.  bis  auf  weiteren  Bescheid  des  Kaisers  einzu- 
stelleii.    Als  Waldonar  im  Dec^nber  1364  zu  einer  Fürsten- 
Versammlung  nach  Lübeck  konunen  wollte,  gewährte  ihm  die 
Stadt  nur  mit  einer  gewissen  Anzahl  von  Begleitern  Einlass, 
nd  Waldemar  zog  es  dann  vor  gar  nicht  zu  kommen ').    Aber 
auch  das  hat  das  Einvernehmen  nicht  ernstlich  gestört.    Wie 
es  eine  gewöhnliche  Weigerung  der  Städte  Fürsten  gegenüber 
war,  so  scheint  auch  Waldemar  es  nicht  allzuschwer  genommen 
zu  haben.    Zwei  Jahre  darauf  nahm  er  in  Lübeck  an  einer 
glänzenden  Fürstenversammlung  TheiP).     Lübeck  aber  ent- 
richtete die  Steuer  Waldemar  wie  anderen  Fürsten.    War  die- 
sdbe  doch  schon  so  oft  und  zwar  gleichzeitig  Verschiedenen 
verpfindet  worden,  dass  die  Stadt  1350  durch  einen  Notar 
beim  Kaiser  anfragen  liess,  wem  es  denn  jetzt  eigentlich  die 
Steaer  zu  entrichten  habe^).    Ueberdies  wurde  auch  schon 
1360  die  Beichssteuer  wieder  einem  deutschen  Fürsten,  dem 
Herzog  Rudolf  von  Sachsen,  überwiesen^). 

Die .  Beziehungen  zu  Waldemar  wurden  mannichfaltiger, 
als  1360  Schonen  wieder  mit  dem  dänischen  Reiche  ver- 
einigt wurde.    Denn  überaus  wichtig  war  gerade  dieses  Land 

1)  Lftb.  Urkdb.  U,  n.  97g  oihI  974;  lU,  n.  85a 

S)  Lftngeb.  VI,  p.  6S8. 

S)  «bd.  VI,  I».  6tO;  Komar  bei  Eocurd  II,  Sp.  1097. 

4)  Lab.  Urkdb.  II,  n.  978;   1950  waren  noch  Badolf  Ton  Sachsen  und 
Lndwig  Ton  BraadeBbwrg  im  Betite  der  Seichisteuer. 

5)  Lftb.  Urkdb.  m,  n.  361. 


256  ^V^in.    Die  GemeinselHill  der  Stidte  fai  der  enton  HUfle 

für  die  deutschen  Städte.  AlQfthrlich  im  SpätBonuner,  weim 
der  Häring  in  endlosen  Schaaren  die  Gewässer  des  sfldlicben 
Sundes  belebte,  versammelten  sich  dort  ihre  Bflrger  jedenfeDs 
in  nicht  geringerer,  wahrscheinlich  in  viel  grosserer  Anzahl 
als  die  Dänen.  Von  der  Lebhaftigkeit  des  Verkehrs,  der  sich 
dann  entwickelte  (wenigstens  in  späterer  Zeit,  und  ee  ist  kaom 
Grund  vorhanden,  sich  ihn  im  14  Jahrhundert  wesentUdi  ge- 
ringer zu  denken),  kann  man  sich  einen  ungefthren  Begriff 
machen,  wenn  man  aus  einer  Auszeichnung  des  lübeddschen 
Vogts  im  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  erfiShrt,  dass  in  einen 
Sonimer  7500  Boote  zum  Fischfang  anwesend  war^  ^).  Auf 
der  im  Südwesten  Schönens  hakenförmig  sich  weit  ins  Meer 
hinaus  erstreckenden  Landzunge,  auf  welcher,  fast  im  Sande  ver- 
weht, die  beiden  alten,  jetzt  überaus  armseligen  Städte  SkanOr 
und  Falsterbo  liegen'),  entfaltete  sich  ungefthr  von  Jaoobi 
bis  Michaelis  (25.  Juli  bis  29.  Sept.)  jeden  Jahres  ein  flberattB 
reiches  und  buntes  Leben.  Die  Fischer,  dänische  und  deutsche, 
salzten  dort  den  gefangenen  Häring.  Mit  ihnen  aber  waren 
aus  den  Städten  zahlreiche  Kaufleute  und  Handwerker  herbei- 
gekommen. Sie  boten  ihre  Waaren  feil,  Tuch  und  Leinen  m 
den  verschiedensten  Sorten,  Wein,  Bier,  Kurzwaaren  aller  Art; 
wie  es  scheint,  kamen  selbst  Nürnberger  mit  ihrem  Kram.  Ein 
jahrmarktsartiges  Treiben  muss  sich  dann  dort  entwickelt  haben. 
Die  lübecker  Garbrater  waren  mit  ihren  Küchen  da,  deutsche 
Schuster  verkauften  ihre  geschätzte  Arbeit;  an  Schenkbuden, 
auch  solchen  recht  unsoliden  Charakters,  fehlte  es  nicht    Vor 


1)  Vgl.  Danske  Magasin  VI,  818. 

2)  Die  Gegeod  sehUdern  oach  eigener  Anschaaung  Jiingluuii,  Kaehriehteii 
von  der  historischen  Kommission  8.  Jahrg.  8.  Stfiek  und  AUen,  de  tre  nordiske 
Rigers  Historie  IV,  1,  76  ff.  Aliens  Bespreehung  des  ganten  Verkehrs  Ist  wohl 
gelungen,  nur  kann  er  die  Neigung  nicht  unterdrtteken ,  alles  den  Deutschen 
Ungfinstige  recht  deutlich  herrorsuheben.  Dass  lose  Frauen  tur  Zeit  der 
MIrkte  sich  auf  Schonen  einstellten,  bt  gewiss  (Tgl.  Lflb.  ürkdb.  II,  n.  648), 
aber  ganse  Schiffsladungen  toII?  Hfttte  doch  AUen  auch  dafür  seine  Quelle 
angegeben. 


to  14.  Jalurfciinderto;  ihr  Verkahr  mU  DIaMiurk.  257 

Al{em  aber  hatte  das  Gewerbe  der  Böttcher  hier  Bedeutung, 
dam  ungeheuer  gross  war  der  Bedarf  an  Tonnen.  AUerdings 
durften  auf  Schonen,  um  das  städtische  Gewerbe  nicht  zu 
sch&digen,  weder  neue  gemacht,  noch  alte  ausgebessert  werdra, 
aber  allein  das  Zuschlagen  und  Banduml^;en  erforderte  schon 
zahlreiche,  im  Handwerk  geübte  Hände.  Dass.  es  an  ihnen  zu 
rechter  Zeit  nicht  fehle,  dass  in  Folge  dessai  der  fE&r  die 
Städte  so  wichtige  Häringshandel  keine  Schädigung  erleide, 
war  frtth  G^;enstand  der  Fürsorge  in  den  Städten,  der  An- 
fangspunkt ganeinsamer  gewerblicher  Gesetzgebung.  Eine  über- 
aus grosse  Bedeutung  hatte  die  Zufuhr  von  Salz,  das  in  un- 
geheuren Moigen  gebraucht  wurde.  Lüneburger  spielte  die 
erste  Rolle  (über  Lübeck  kam  es  nach  Schonen),  daneben  kol- 
berger  und  das  wdt  hergeholte  Baiensalz,  alles  von  Deutschen 
zugeführt  Bei  dem  Zusammenströmen  so  vieler  Tausender 
rüstiger  Männer,  die  ohne  Zweifel  in  diesen  Wochen  drin- 
gender Geschäftszeit  nicht  minder  lebhaft  genossen,  als  sie 
rührig  arbeiteten,  wurde  Bier  in  nicht  geringer  Menge  ver- 
braucht; auch  dieses  führten  in  erster  Linie  die  Städter  herbei. 
Produkte  des  Landes  nahmen  sie  mit  hinweg.  Vor  Allem  aber 
verschifften  sie  von  hier  aus  den  unentbehrlichen  Fisch,  die 
fast  tägliche  Nahrung  so  vieler  Millionen,  in  alle  Welt:  nach 
England,  I>'rankreich,  den  Niederlanden,  über  die  Ostsee,  tief 
ins  Innere  von  Deutschland,  nach  Polen  und  Bussland.  Wie 
man  später  nicht  ganz  mit  Unrecht  gesagt  hat,  Amsterdam' 
sei  auf  Häringen  gebaut,  so  kann  ohne  Bedenken  ein  gutes 
Stück  hansischen  Wohlstandes  aus  den  schonenschen  Fischereien 
hergeleitet  werden. 

So  waren  es  überaus  wichtige  Interessen,  die  die  Städte 
hier  zu  schützen  hatten.  Und  sie  sind  früh  und  ausdauernd 
in  dieser  Richtung  bemüht  gewesen.  Sie  erlangten  das  Recht, 
für  ilpre  Angehörigen  Ni^erlassungen  (Vitten)  auf  vom  Könige 
dazu  angewiesenen  Grundstücken  zu  gründen,  auf  denen  dann 

Schlfrff,   MC  Hanwttidte.  |Y 


258  ^^lU-    ^^  Gemeiiisekafk  der  Btidto  !•  dar  mmm  HBIto 

Kaufleute  und  Fischer  während  der  Fangzeit  unter  stidtiscfaoi 
Vögten  in  ihren  „Buden^^  hausten.  Zölle  und  Abgaben  zahlte 
man  dem  Könige  —  die  Einkünfte  von  dem  schonenscben  Ver- 
kehr hatten  für  den  dänischen  Fiskus  eine  hervorragende  Be- 
deutung, schon  Arnold  von  Lübeck  (III,  5)  leitet  den  Beich- 
thum  der  Dänen  aus  dem  dortigen  Häringsfonge  her  —  aber 
andererseits  erwarb  man  auch,  höchst  wahrscheinlich  Geld- 
verlegenheiten der  dänischen  Könige,  wie  sie  sich  in  zahl- 
reichen Schuldbriefen  manifestiren,  benutzend,  mancherlei  Frei- 
heiten und  Verkehrserleichterungen.  Streitigkdten  nach  hei- 
mischem Becht  zu  richten,  war  den  meisten  Städten  gestattet; 
nur  die  Gerichtsbarkeit  über  Hals  und  Hand  stand,  obgleich 
auch  sie  von  einzelnen  Städten  zeitweise  geübt  wurde,  den 
dänischen  Vögten  zu.  Abweich^d  von  andern  anawärtigai 
Niederlassung^  treten  die  Städte  hier  überwi^end  einzdn  auf, 
wenigstens  fast  immer  so  bei  Erwerbung  ihrer  Vitten;  jede 
Stadt  hat  ihre  besondere,  die  von  ihr  allein  abhängt  Doch 
hat  man  sich  gegen  Bedrückungen  von  Seiten  der  Dänen  wdd 
gemeinsam  zu  wehren  gesucht,  so  13Q2  ^).  Da  Städte  aDer 
Landschaften  vertreten  waren,  konnte  auch  hier  sich  leicht  ein 
Mittelpunkt  umfassenden  Zusammenschliessens  bilden'),  doch 
waren  am  lebhaftesten,  schon  ihrer  Lage  nach,  die  wendischen 
Städte  betheiligt.  Sie  waren  daher  auch  eifrig  bemüht,  durch 
allen  Wechsel  der  Herrschaft  Schutz  dieses  gewinnbringenden 
Verkehrs,  Bestätigung  ihrer  alten  Privilegien  zu  erlangen. 


1)  Vgl.  Lüb.  ürkdb.  U,  n.  147. 

8)  Dass  einselne  Streitf&lle  swischen  Stftdten  der  Oster-  und  Westersee, 
wie  zwischen  Lübeck  und  SUvoren  (1329 — 1885),  swischen  Kämpen  elnendli 
und  Stralsund,  Wismar,  Rostock  andererseits  (136S — 1866),  gerade  auf  Schonen 
ihren  Ursprung  nehmen,  kann  wohl  nicht  auf  einen  dort  hervortretenden  Qegeo- 
satB  der  oster-  und  westerseeischen  StKdte  surQckgef&hrt  werden,  denn  in  den 
Streite  swischen  Kampen  und  den  8  StXdten  ftbemehmen  die  beiden  anders 
wendischen  SUdte,  Lübeck  und  Greifswald,  das  Schiedsrichteramt  (H.  R.  I, 
n.  192,  198,  211).  Auch  unter  den  Ostseestftdten  entstehen  DlffiBrensen,  wie 
zwischen  LUbeck  und  SteUin  1854  (H.  R.  I,  S.  104). 


^Us  U.  M«ftoadflrto;  ihr  V«rk«lMr  ail  DiMnark  259 

WihreBd  des  sefawedisdien  Regiments  hatt^  sie  entschlossen 
ihre  Ansprfldie  geltend  gemacht  nnd  audi  durchgesetzt  Als 
jetzt  Waldemar  sich  zum  Herrn  des  Landes  zu  machen  suchte 
und  m  deai  Zwiste  mit  Magnus  von  Schweden  die  Städte 
l^ochwie  den  mddenburger  Herzog  als  gtknstige  Mittler  wünschte, 
(küMihalb  sie  um  eine  Gesandtschaft  in  sein  Reich  bat,  war  der 
erste  Gedanke  der  Städte,  diese  Gelegenheit  zu  benutzen,  um 
eine  Bestätigung  der  schonenschen  Privilegien  zu  erlangen  ^). 
Am  26L  Juni, kamen  die  Boten  von  Rostock,  Stralsund,  Greifs- 
wald md  Wismar  in  Kopenhagen  an;  eine  Woche  später  trafen 
die  LQbedcer  dort  ein. 

Nicht  ttbermäasig  waren,  wie  der  noch  vorhandene  Ent- 
muf  WM  Freibriefe  Waidemars  *)  zeigt,  die  Forderungen  der 
Staue;  sie  beschränkten  sich  auf  ungehinderte  Benutzung  der 
Land-  und  Waaserstrassen  durchs  ganze  Rdch,  auf  Schutz 
fffgeü  Raab,  Freiheit  v<m  der  lästige  Sitte  des  Arfkops*) 
imd  y<»n  Stamdrecht.  Aber  die  Städte  sollten  bald  erfahroi, 
diSB  mit  Waldemar  schlecht  verhandeln  war,  wenn  er  sich  im 
Beaitxe  der  Macht  befand.  Er  dachte  durchaus  nicht  daran, 
Smeo  jelzt  leichten  Kaufs  zu  gewähren,  was  er  zu  Anfang 
seiner  Regierung  willig  zugestanden  hatte.  Die  angdiwtene 
Somoie  von  1000,  höchstens  1200  Mark  für  die  Erneuerung 
der  Privilegiai  war  ihm  zu  gering.  Aber  noch  nicht  gewillt, 
oioB  mit  den  Städten  zu  brechen,  suchte  er  die  Aufinerksam- 
keil  dar  Gesandten  auf  Dinge  zu  lenken,  derentwegoi  sie 
nicht  gekommen  waren:  er  firagte  sie  um  Bath  wegen  neuer 


1)  Dmr  Bcridit  det  ro§tock«r  Stodtschraiben  toh  dieMr  Qasftndtichall 
U.  R.  ly  a.  Sit;  er  bUd«t  sugleieh  einen  werthToUen  Beitrag  sor  Oeacbiehte 
4er  Brobenug  Sehonene.     Vgl  H.  R.  III,  n.  16. 

t>  H.  R.  I,  B.  SN. 

S)  DI«  Pflicht  der  Fremden,  f&r  einen  Verstorbenen  einen  Begribnitsplats 
sa  kaafea,  welche  Pflicht  dann  den  Landesherren  den  Vorwand  gab,  sich  in 
den  Beate  der  Hlnterlaaiemchafft  an  seinen,  damit  ihr  auch  genttgt  wfirde. 

17* 


260  ^^III-   ^^  Gemdnteluift  der  StMto  fai  4w  mnkm  flUAe 

Münzausprägungen,  suchte  sie  yor  Allem  in  die  VerhaBdlmigeii 
mit  Schwede  hineinzuziehen  ^).  Die  Gesandten  erlangten  nach 
mehr  als  dreiwöchentlichem  Aufenthalte,  nachdem  sie  erst  auf 
den  König  gewartet  und  an  ihn  geschrieben  hatt^  dann  ihm 
zur  Belagerung  von  Helsingborg  gefolgt  waren,  Nichts  als  eine 
allgemeine  Zusage  seines  Schutzes  für  die  Kaufleute,  die  sein 
Beich  in  Friede  mit  ihrer  Kaufmannschaft  besuchen  woUt^  '). 
Mit  dem  Versprechen  des  Königs,  dass  er  am  Olavstage 
(21.  Juli)  seinen  Rath  versammeb  werde,  bricht  der  Bericht 
des  rostocker  Stadtschreibers,  dem  wir  unsere  Kenntiiiss  Aber 
den  Verlauf  dieser  Gesandtschaft  verdanken,  ab. 

Nichts  erfahren  wir  darüber,  ob  noch  in  demselben  Jahre 
weitere  Verhandlungen  mit  Waldemar  stattgefimden  haben. 
Schwerlich  haben  sie  ganz  geruht,  doch  sind  die  Städte  zn 
keinem  Resultate  gelangt  Am  7.  März  1361  fass^  sie  zu 
Stralsund  den  Beschluss,  aufs  Neue  je  zwei  Rathmannen  von 
Lübeck  und  Stralsund  an  den  Dänoikönig  abzucHrdnen  ').  Klar 
erkennoi  wir  jetzt,  dass  die  wendischen  Städte  nicht  fOr  sich 
allein  verhandeln.  Einladungen  an  LQneburg  und  Braunschwdg 
zu  Versammlungen  im  Mai,  die  Anwesenheit  Hamburgs  auf 
dem  rostocker  Tage  (Mai  19)  zeigen  deutlich,  dass  wenigst^is 
die  sächsischen  Städte  bei  der  Sache  nicht  unbetheiligt  war^. 
Doch  entschlossen  sich  nur  die  wendischen  Städte,  das  fOr 
Erneuerung  ihrer  Privilegien  von  Waldemar  geforderte  Geld, 
4000  Mark  lübischer  Pfennige  (über  40000,  resp.  V«  MilL  Mark 
Rw.)  zu  zahlen.  Zu  Rostock  beriethen  sie  über  die  V^rtheilung 
der  Summe.  Nach  einer  in  jener  Zeit  häufig  wiederkehrenden 
Matrikel  zahlte  Lübeck  ^Z,,  Rostock  und  Wismar  das  zweite 
Drittel,  Stralsund  und  Stettin  den  Rest.  Grei&wald,  das  sich 
anfangs  mit  Berufung  auf  seine  Sonderprivilegien  zurückge- 


1)  H.  B.  I,  n.  288  §  5,  6,  10,  11. 

2)  Lüb.  Urkdb.  III,  n.  864;  wefen  der  Dmibung  rg\.  oben  8.  168  A.  1 
8)  H.  R.  I,  S.  180. 


to  14.  Jahrhanderts;  ihr  Verkehr  mit  Dlnemark.  261 

zogen  hatte,  erklärte  sich  jedoch  schon  am  25.  Mai  bereit,  in 
^dcher  Weise  wie  Stettin  zu  den  Kosten  beizutragen  ^). 

Doch  wenn  überhaupt,  so  doch  niur  kurze  Zeit  ist  es  den 
Städtoi  yergönnt  gewesen,  sich  des  Gausses  ihrer  mühsam 
mid  kostspielig  a*worbenen  schonenschen  Privilegien  zu  freuen. 
Schwerlich  18t  die  definitive  Ausfertigung  de«  Vert/ags  in  ihre 
H&ide  gelangt,  denn  kaum  zehn  Wochen  nach  dem  rostocker 
Tige  lief  die  erschreckende  Kunde  durch  die  Ostseestädte, 
dass  Waldemar  die  lnßd  Gotland  überfallen  und  die  alte  G^ 
BOBsiii  der  Hanse,  das  reiche  Wisby,  mit  Waffengewalt  er^ 
obert  und  geidfindert  habe.  An  Frieden  mit  Waldemar  war 
nicht  mehr  zu  denken. 


1)  H.  R.  I,  n.  252— S56. 


IX.    Waldeman  Angriff  auf  Wisby. 

Gross  muss  die  Aufregung  in  d»  Ostseestftdtea  genesen 
sein,  als  die  Nachricht  übers  Meer  kam,  Wisby  sei  in  des 
Händen  des  D&nenkönigs.  Denn  weithin  erfreate  sich  die  alte 
Beherrscherin  des  Ostseehandels  eines  glftnsenden  Rufes;  nickt 
geringes  hansisches  Kapital  lag  in  ihren  Mauern,  wie  man 
glaubte,  sicher  geborgen.  Jeder  Schlag  gegen  sie  musste  ihre 
hansischen  Genossen  mit  trefifen. 

Wer  sich  die  Bedeutung  von  Waidemars  Vorgehen  gegen 
Wisby  klar  machen  will,  der  wird  an  der  Hand  der  uns  ^- 
haltenen  schriftlichen  Ueberlieferungen  nur  zu  ungenfigenden 
Resultaten  gelangen.  Was  uns  an  urkundlichem  Material  zur 
mittelalterlichen  Geschichte  Goüands  und  seiner  Hauptstadt 
erhalten  ist,  beschränkt  sich  auf  wenige  Dutzend,  zum  TheH 
recht  unwesentlicher  Schriftstücke,  die  nur  ein  sehr  mattes 
Licht  auf  einige  zerstreute  Punkte  werfen.  Chnmikalische 
Nachrichten  haben  wir  auch  nur  wenige  und  in  zweifelhafter 
XJeberlieferung.  Dafür  blieben  uns  aber  in  lehrreicher  Fülle 
die  baulichen  Ueberreste  mittelalterlicher  GrOsse.  Wer  za 
Schiff  sich  den  steilen  Kalkfelsen  der  Westküste  Gotlands  nä- 
hert und  nun  in  einer  Einsenkung  die  alte  Stadt  am  Strande 
sich  ausdehnen  sieht,  der  wird,  besonders  wenn  er  schon  län- 
gere Zeit  in  dem  an  alter  Architektur  so  armen  Norden  sich 
iiufliielt,  überrascht  sein  über  den  fremdartigen,  hochinteres- 
santen Anblick.  Auf  der  Höhe  zieht  sich  die  alte,  im  Gan- 
zen wohlerhaltene  Mauer  hin;  noch  ragen  von  den  48  Thür- 


IX.    WaMatoiwrs  Angriff  «af  WUby.  263 

Den,  die  sie  einst  sählte,  38  so  ziemlich  in  ihrer  ursprüng- 
lichen WSbß  empor,  zum  grösseren  Theil  (28)  voll  ausgebaut, 
QO—10  Foss  hedu    Einen  weiten  Raum  umschliesst  dieser  die 
Stadt  yon  drü  Seiten,  nur  die  Seeseite  ist  frei,  umgdi)ende 
Mauerkranz,  der  eine  Länge  von  11200  Fuss  hat.    Mindestens 
hatte  also  Wisby  die  Grösse  Lübecks.    Jißjßhüg  ragt  noch  jetzt 
die  alte  Marienkirche  der  Deutsche,  leider  verunziert  durch 
die  im  vorigen  Jahrhundert  aufgesetzten  Thurmspitzen ,  über 
die  Übrige  Hftusermasse  empor.    Sie  ist  von  18  Kirchen,  die 
das  alte  Wisby  einst  zählte,    die  einzige  fast  ganz  erhal- 
tene, die  einzige  im  Gebrauch;  von  zehn  andern  sind  noch 
grossere  oder  geringere  Reste  vorhanden,  zum  Theil  die  herr- 
hAaten  Roinoi,  die  man  sehen  kann.    Kühn  wölben  sich  die 
Mehlen,  schlanken  Rippen  der  Katharinenkirche,  hier  wie  in 
Ulbeck  und  sonst  Kirche  der  minderen  Brüder,  ragen  herrlich 
k  den  blauen  Himmel  hinein.    Noch  bewahrt  die  mächtige 
Front  det  Nikolaikirche,  des  Sitzes  der  schwarzen  Mönche, 
die  beiden  grossmi  zwölfblättrigaoi  Rosetten,  in  denen  nach 
der  Ydkssage  dnst  mächtige  Karfunkelsteine  dem  Seemanne 
bei  Nacht  die  Stadt  und  die  Einfahrt  in  den  Hafen  zeigten. 
Diente  der  ragende  Giebd  vidldcht  wirklich  als  Leuchtthurm  ? 
Die  Heiligengeistkirche  erregt  als  unten  romanische,  oben  gothi- 
8che  Doppelkirche  ein  besonderes  architektonisches  Interesse. 
Mächtig  ragen  diese  Reste  vergangner  Grösse,  diese  Zeugen 
erloschener  Pracht  empor  über  die  ärmlichen  Hütten  der  spär- 
Kchen  heutigen  Bewohner.     Wie  Schwalbennester   klammem 
dch  diese  an  die  Stadtmauern,  an  Kirchen-  und  Klosterwände 
an,  dttarflig  ringelt  der  dünne  Rauch  ihrer  Schornsteine  sich 
an  den  Thürmen  und  Säulen  hinauf.    Ist  Wisby  auch  nicht 
80  gross  gewesen,  wie  einer  seider  Lobredner  im  17.  Jahr- 
hundert behauptet,  wenn  er  ihm  bloss  an  Kauf  leuten  und  Gold- 
schmieden (abgesehen  von  allen  andern  Handwerkern)  12000 
Bürger  andichtet,  ihm  Vorstädte  giebt,  eine  Stunde  weit  aus- 


264  ^'    Waldnuurs  Aagriff 

gedehnt  nach  N(M*den  und  Süden,  so  kann  doch  -Kemer,  dar 
die  Stadt  heute  sieht,  zweifeln,  dass  sie  zur  Zeit  ihrer  BllUbe 
im  Mittelalter  sich  mit  den  grOssten  der  Ostseestidte  messen 
konnte,  obgleich  die  schriftlichen  Nachriditen  ans  jener  Zeit, 
die  uns  erhalten  sind,  das  nicht  eri^nen  lassen  ^). 

Allerdings  hatte  um  die  Zeit,  da  Waldemar  Wisby  über- 
fiel, tlie  Stadt  den  Höhepunkt  ihrer  Bedeutung  schon  fiber- 
schritten ;  sie  war  von  Lübeck  überflügelt  Häufiger  als  früher 
ging  der  Handel  von  der  Trave  nach  liyland  und  sur  Newa 
direkt,  ohne  die  Zwischenstation  Gotland  zu  berücksiditigaL 
Aber  zu  günstig  war  ihre  Lage,  als  dass  ihre  Bedeutung  raadi 
gesunken  wäre.  Noch  war  sie  ein  Hauptstapelplatz  des  Ost- 
seehandels, das  Haupt  eines  Drittels,  neben  Lübeck  die  Lei- 
terin des  Hofes  zu  Nowgorod.  Die  Erzählungen  des  Volks- 
mundes  l^en  Zeugniss  davon  ab,  welche  Bedeutung  man  der 
Stadt  beimass.  Detmar  lässt  Waldemar  zu  seinen  SoldateB 
sagen,  er  wolle  sie  bringen,  wo  Goldes  und  Silbers  genug  wäre 
und  die  Schweine  aus  silbernen  Trögen  firässen.  Dieselbe  Wen- 
dung kehrt  im  gotischen  Volksliede  wieder,  Beweis  genug  f^ 
seinen  alten  Ursprung: 

Nach  Centnem  wogen  die  Gk)tai  das  Gold, 

Sie  spielten  mit  Edelsteinen, 

Die  Frauen  spannen  mit  Spindeln  von  Gold, 

Aus  silbernen  Trögen  gab  man  den  Schweinen '). 


1)  Die  hier  gemachteB  Bemerkungen  beruhen  auf  eigener  AnecluMiiuig.  Der 
Geschichtschreiber  des  17.  Jahrhunderts  ist  Spegel.  In  seinen  Rndera  GotUa- 
dica  (1683,  Manuskr.  der  Gymnasialbibliothek  zu  WexiS)  sagt  er,  dass  die 
Vorstftdte  sich  bis  Hfistnis  und  Wibld  ausgedehnt  hätten,  und  fügt  kirn«: 
Hwarest  finnu  mänga  sköna  murade  brunnar  samt  andra  teckn  tili  folckets 
formögenhet  syoligeo  Kre  lembnade. 

8)  So  nach  Säve  und  Bergman :  Gotland  och  Wisby  i  Taflor  S.  47 : 

Guld  vXga  de  Gutar  pa  lispnnd-vag, 

De  spela  med  ftdlaste  stenar. 

Svinen  äta  ur  silfver  trag, 

Och  hustrurna  spinna  pa  guldtenar. 


•nfWIsby.  266 

(Hme  äSwefÜBl  war  ein  bedeuteoder  Reichthum,  die  Fracht 
hmgjfliriger  gewinnbringender  Handelsverbindungen,  aufgeh&nft 
in  der  Stadt  Die  Sage,  nnd  sie  ist  ofGmbar  alt,  kennt  kein 
anderes  Motiv  ftr  Waidemars  Expediticm,  als  das  Streben, 
Schfttse  20  gewinnen.  Sie  lässt  ein^  Goldschmied  und  seine 
hofflbrt^  Toditer  dem  Könige  verrathen,  wie  reich  Wisby  seL 
Ean  derartiger  Verrath  war  nun  wohl  kaum  noth wendig,  aber 
daflB  die  Wohlhabenheit  der  Stadt,  die  eine  leichte  Beute  2U 
werden  versprach,  auf  einen  Mann  wie  Waldemar  Eindruck 
gnacht  und  vielleicht  bestimmend  gewirkt  hat,  kann  kaum 
beEweifelt  werden. 

Daneben  gab  es  aber  doch  noch  andere  Motive,  die  Wal* 
donar  bei  sanem  Unternehmen  leiteten.  In  erster  Lmie  war  das- 
Mfte  ohne  Zweifel  gegen  Schweden  gerichtet.  Das  V^hält- 
Bisa  zu  diesem  Lande  war  durch  die  Abtretung  Schönens  nicht 
gebessert.  Die  Rückeroberung  war  Waldemar  leicht  geworden ; 
nur  gering  war  der  Widerstand  gewesen,  den  ihm  der  schwache 
Magnus  mtgegengesetzt  hatte.  Schwedische  Chroniken  be« 
sdiuldigaii  den  seinem  Volke  immer  mehr  entfremdeten  König 
geradezu  des  Verraths  ^).  Sicher  ist,  dass  die  Schweden  den 
Verlust  der  reichsten  und  fruchtbarsten  Provinz  ihres  nordisch 
unwirthbaren  Landes  nicht  so  leicht  verschmerzten  wie  ihr 
König.  Darf  man  dem  fast  100  Jahre  späteren  Verfasser  der 
Erich-Karls  Chronik  glauben,  so  hätte  Jung  und  Alt  auf  den 
König  gespuckt,  ihn  mit  faulem  Kohl  geworfen  und  durch 
spottende  Lieder  und  Reden  beschimpft*).     Mochte  Walde- 

n«i  atrelow,  Den  Guthiltiidiske  Chronica  S.  174  helsst  m  in  alter  aber 
ürtttaUter  Fonn: 

De  Gnther  haArer  saa  m0git  gnld, 
De  knnde  det  Icke  eigo, 
Svinen  J»tter  äff  ttefrer  (sie)  trog, 
Hnstmer  spinder  med  goldtbieno. 
1)  Laageb.  I,  p.  S6S;   Svenska   Medeitidene   Rim-Kr«nikor  I,  180;  Fant, 
Str.  rer.  Svec  I,  %,  S70  nnd  II,  1,  106. 

t)  Tha  konsng  Yaldemar  slotten  i  Skane  intogh 


266  ^-     WiOdsMU»  Attgriff 

mar  auch  bei  dem  kOniglid^  Bruder  jengeit  des  Sandeg 
freundlicher  Gesinnungeii  gewiss  sein ,  darflber  komite  er  sich 
nicht  täuschen,  dass  er  an  dem  m&chtigen  echwedischeD  Beichs- 
rath  einen  carbitta*ten  Feind  besass;  Und  iauner  bedeutungB- 
loser  wurde  die  Stellung,  die  Magnus  Smek,  mit  diesem  ve^ 
ächtlichen  Namen  nannten  ihn  die  Schweden,  einnfthm  mImd 
diesen  gewalthabenden  Grossen  des  Reichs.  Dass  er  sa  einer 
Puppe  herabgesunken  war  in  ihrer  Hand,  das  beweist  deut- 
lich genug  der  Vertrag,  d^  in  seinem  Namen  sein  Sohn  Etaig 
Hakon  yon  Norwegen  und  der  schwedische  Reichsrath  mit 
Graf  Heinrich  von  Holstein  über  die  Verlobung  Hakons  mit 
Heinrichs  Schwester  Elisabeth  schlössen  ^). 

Seit  Anfang  1359')  war  Hakon  yerlobt  mit  Waldeman 
ältester  Tochter  Margareta.  Die  folgaiden  Femdseligkeitoi 
zwischen  den  beiden  Beichen  hatten  dies  Verhältniss  nicht 
geltet ;  hatten  sie  doch  die  beiderseitigen  Höfe  wenig  berthrL 
Jetzt  knüpfte  Hakon  plötzlich  ein  neues  Band,  des  altoi  ver- 
gessend. Zu  Fastnacht  1361  verlobte  er  sich  mit  der  holstei- 
nischen Elisabeth  >).    Und  dass  es  die  Grossen  des  Beicbs 

Ok  konoDg  Magnus  ath  »ff  them  drogh, 

Tha  spottade  honom  gamble  ck  «nghe 

Ok  kastade  honom  ms  rothna  kolangha 

Ok  beskimpaden  mi  vysor  ok  orde. 

Tbl  var-ey  undher  Uie  saa  giorde. 
1)  UrkdeoMimmlg  d.   scbl.   bolst  laabg.   G«s.  II,  S.  Sit  rom  t9.  Jui 
1861. 

%)  S.  oben  S.  166. 

3)  In  diasar  Verlobangsgwehkdita  steht  aar  &  Urkanda  rem  St.  Jaai 
1861  der  Zeit  nach  vollkommen  fest.  Elard  Sehonevelt  (Jonghana,  Hahirieh 
der  Eiserne  S.  48  ff.)  beriohtet  von  einer  VtrloboBg  am  CaniisiiriTi«a.  Da  m 
non  in  jener  Urkunde  heisst,  „nemen  scolen  to  wyve,  de  wy  afarade  haattrawet 
hebbet*S  so  muss  die  Verlobung  (hanttruwinge)  sehen  Toramsgegmngao  seio, 
kann  also  nicht  ins  Jahr  1862  fallen,  an  walohem  dar  Bericht  SchoneTalts  bei 
Korner  (ap.  Eccard  II,  1104)  allerdings  eingefilgi  ist,  sondern  ins  Jahr  1361, 
Febr.  10.  Dass  die  von  den  beiden  Königen  Graf  Haiarich  ausgestellte  Ur- 
kunde so  viel  spftter  datirt  ist,  kann  nicht  auf&illen,  da  ja  aach  i.  B.  die 
greifswalder  Urkunden  viel  sp&ter  ausgestellt  (frfthestens  im  November)  und 
nur  zurückdatirt  sind.    Zudem  enthält  diese  Urkunde  nur  die  Versprechungen 


aar  WUby.  967 

,  £e  dmea  Schritt  hflfrbdgefahrt  hatten,  dass  Magnus 
uSbgt  um  nur  nadi  heftigem  Widerstreben  billigte,  das  zeigen 
die  BeBÖBBungen  des  Vertrags  vom  29.  Juli  1361  klar  ge- 
nug: Sollte  dem  Holsteiner  das  Versprechen  nicht  gehalten 
wordeo,  so  gestatten  die  beiden  Ki^nige,  dass  alle  ihre  Mamien 
Hl  den  Beieben  Schwede  mid  Norwegen  ihm  behülflich  sein 
ieBen  und  sich  ihm  zuwenden  mit  Schlössern  und  Landen 
80  lange,  bis  aller  Schade  und  alle  Beschwerung  fttr  ihn  gftnz- 
Hdi  KU  Ende  seien.  Aufkündigung  des  Gehorsams,  offener 
Aufruhr  werden  erlaubt,  wenn  der  König  sein  Versprechen 
nidit  halten  sollte.  Das  Misstrau^  der  Unterthanen,  die 
Sehwfidie  des  Rem  können  nicht  schärfer  ausgedrückt  wer- 
doL  Ffir  Waldemar  aber  war  dieser  Vertrag  ein  Schlag  ins 
Qesidit  Nicht  allein,  dass  ihm  selbst  Unrecht  geschehen,  in- 
dem ein  bestehender  Vertrag  gebrochen  war,  gebrochen  zu 
Gunsten  seines  schlimmsten  Gegners,  et  musste  auch  deutlich 
«kennen,  dass  in  dem  Nachbarlande  seine  Feinde,  die  Reichs* 
rMhe,  die  Oberhand  hatten,  dass  sein  Einfluss  auf  den  schwa- 
ehen  Magnus  kaum  noch  politischen  Werth  besass. 

dir  kSnifa  «nd  des  Rdchsraths  an  Heinrich,  Nichts  von  den  Gegenleistungen 
te  Graftn  In  Betndr  KalniAn ,  die  doch ,  wie  ans  dem  Uerleht  des  Magister 
SchoneTelt  (S.  49  ff.  und  52  ff.)  hervorgeht,  verabredet  worden  sind.  Ohne 
Zweifel  hat  es  also  noch  eine  vom  Orafen  aasgestellte  Urkunde  gegeben,  die 
diMMi  Verpaichtiuigen  In  den  Vordergrund  stellte,  fthnlich  wie  die  beiden  Ur- 
twid—  aber  den  greifswalder  Vertrag  (H.  R.  I,  n.  260  und  262)  versehied»- 
B«  iDhalti  sind,  und  diese  Urkunde  mag  friher  datirt  sein.  Die  Heirat  durch 
SliUvertretunf  wirde  dann  am  25.  Juli  1561  gewesen  sein ;  daiu  passl  ham- 
Vwger  Kimmereirechnungen  I ,  S.  76.  Oesandte  des  Königs  von  Norwegen 
wtrea  damals  mit  den  holstelnisehen  Grafen  und  Hersog  Albrecht  von  Mehlen- 
bürg  (dieaar  wird  in  schwedischen  Chroniken  wiederholt  als  Verwandter  (frineka) 
der  Elisabeth  und  In  der  Rrimchronik  als  Vermittler  der  Verlobung  beseicb- 
Bit!)  la  Hamburg  anwesand.  Der  BLrieg  hat  dann  die  Gesandten  gehindert,  die 
Bnun  tbars  Meer  su  Ähren ;  sie  haben  diesen  Versuch  erst  gemacht,  als  gegea 
Ende  1M2  der  WalfeBaÜUstand  geschlossen  war.  Dass  E.  Sehonevelt  bei  Körner 
Hscho,  die  in  t  Jahre  gehdrea,  in  einem  erafthlt,  kann  nicht  auffallen.  Seiner 
ii^aba,  dass  die  Geaandlea  die  Braut  direkt  nach  der  Heirat  fortAhrten  (S.  50 
■ad  59)f  widerspricht  er  seibat,  Indem  er  einen  aeltraum  von  5  Monaten  da- 
xwischm  Iftsst  (Juli-PMsember). 


268  ^'    WaldiBtt»  Angriff 

Waldemar  war  nicht  <fo  Mann;  eine  sdche  Kränkimg 
ruhig  hinzunehmen.  Er  antwortete  mit  Krieg.  Lftngst  hatte 
er  sich  darauf  yorberdtet,  aufgdyradit  über  die  Yediaiidlnn- 
gen  mit  dem  holsteinischen  Grafen  und  tiber  andere  Dinge  ^); 
zudem  versprach  ihm  ein  Angriff  wd  das  schwache  Nadibar- 
reich  leichte  Erfolge.  K5nig  Magnus  war  nicht  unimterridi- 
tet  über  seine  Absichten  und  über  die  Gefahr,  die  Gotiand 
drohte.  Denn  schon  am  13.  Februar  1361  adireibt  Magn« 
von  Hapsal  in  Estland  aus  an  Rath  und  Gemeinde  in  Wisby 
und  ermahnt  sie ,  Schiffe  und  Volk  fertig  zu  halten  Tag  und 
Nacht,  um  bereit  zu  sein  zu  des  Reiches  Verthddigang,  wem 
des  Königs  Drost  das  fordere;  und  am  1.  Mai  schreibt  er  deut- 
licher, es  sei  ihm  bekannt,  dass  Einige  von  seinm  ,,Freim- 
den'^')  sich  heimlich  zu  seines  Reiches  Schaden  verbondei 
hätten  und  ihr  (der  Gotländer)  Land,  als  das  ihnen  n&chst- 
gelegene,  mit  einem  mächtigen  Heere  heimlich  zu  übeffaUen 
trachteten;  desshalb  möge  man  Stadt,  Mauern  und  Hafen  in 
gutem  Stande  und  fleissig  Wache  halten*).  Es  kann  kein 
Anderer  gemeint  sein  als  Waldemar.  Doch  scheint  Magnus 
selbst  Nichts  gethan  zu  haben,  dem  drohenden  Angriffe  zu 
begegnen;  nicht  der  geringste  Widerstand  seinerseits  wird  er- 
wähnt*). 

1)  Die  V^orte  der  diniicheii  Chronik  Im  ArehiT  II ,  p.  SS5 :  CKum  Intir 
Magnam  et  Walderoamm  at  prias  exorta  raper  nmltis  uticnlls  et  pfoiiMi»- 
nibns  prios  habitis  et  in  postemm  habendi«  besieht  schon  HTitfeldt  I,  5t4 
auf  die  Verlobung  zwischen  Hakon  und  Elisabeth;  diese  Auffassnig  ist  ohas 
Zweifel  die  richtige. 

%)  Amicis.  Schon  Snhm  XIU,  448  steUt  die  Vemuithuag  aof,  dass  iM- 
micis  statt  amicis  su  lesen  sei. 

8)  Strelow:  Chronica  Guthilandomm  p.  168 ff.  und  IM. 

4)  Die  Erich-Karls-Chronik  und  ihre  Benntser  (Olaas  Petri ,  Brlou  Olai) 
sagen,  Magnus  selbst  habe  Waldemar  aufgefordert  an  dem  Zag«.  Dass  Mag- 
nus zum  Kriege  gerfistet  hat,  ergiebt  sich  ans  einer  ungadniokten  Urkmde  des- 
selben vom  8.  Juli  1861  (sabbato  infra  oetaTam  Petri  et  Pauli),  In  der  8t  Klara- 
Kloster  vor  Stockholm  von  der  ausgeschriebenen  KriegsleisUing  befreit  wird 
(ab  ezpeditione  jam  evocatam  llberam  dimittimas  pariter  et  exemptem) ,  0ni- 
bjelms  Abschriftensmuüg  VII,  915  (histor.  Kabinet  des  Beiehtmvsemns). 


auf  WUby.  269 

Die  Insd  Gotlaad  hatte  yon  jeher  zu  Schweden  in  einem 
YvMtBMS  politischer  Abhängigkeit  gestanden,  das  bei  fast 
¥oHsliBdiger  Selbständigkeit  nur  in  einer  massigen  Oeldzah- 
lung  (60  Marie  jährlich)  mid  in  Heeresfolge  seinen  Ausdruck 
fnd  ^).  Ihre  Eroberung  konnte  also  direkt  der  schwedischen 
Madit  keinen  empfindlichen  Schaden  zufügen,  aber  sie  wurde 
gefthrlidi  durch  die  Lage  der  Insel,  die  ein  vollständiges  Be- 
hotsdien  der  schwedischen  Küste  gestattete.  Einen  „Schlüssel 
ZQ  den  drm  Reichen^  nennt  sie  später  Christian  lU.  Bedenkt 
Bin  dabei,  dase  Gotland  für  die  Ostsee  eine  geradezu  domi- 
Btrende  Poeition  war,  so  kann  man  den  Gedanken  nicht  ganz 
znrfiekweisen ,  Waldemar  Atterdag  habe  sich  der  Pläne  seiner 
groeaen  Namensvettern  vor  150  Jahren  und  seines  Onkds  Erich 
Menved  erinnert. 

Die  Sage  weiss  zu  erzählen,  wie  Waldemar  im  Herbst  des 
Tofjahres  (1360)  als  Kaufmann  verkleidet  nach  Gotland  kam, 
wie  er  die  Liebe  der  Tochter  eines  einflussreichen  Inselbewoh- 
Den  erwart),  diese  ihm  die  Stärken  und  Schwächen  des  Landes 
verrieth.  Die  Geschichte  weiss  davon  Nichts.  Im  Juli  1361  finden 
wir  die  staric  bemannte  dänische  Flotte  in  See;  Waidemars 
Sohn  Christoph  und  der  deutsche  Herzog  Erich  von  Sachsen, 
sein  treuer  Schildknappe,  nahmen  an  dem  Zuge  Theil').  Auf 
Oda&d  wurde  gelandet,  Borgholm  erobert  und  die  ganze  Insel 
unterworfen.  Dann  gings  weiter  nach  Gotland.  Die  Bewoh- 
ner suchten  zu  widerstehen,  aber  nicht,  wie  es  hätte  erfolg- 
reich sein  können,  hinter  den  Mauern  des  fest^  Wisby,  son- 
dern im  offenen  Felde.  In  wiederholten  Kämpfen  erlag  das 
Landvolk,  schlecht  bewaffnet  und  des  Streites  ungewohnt,  den 
dänischen  Eisenrittem,  die,  fast  ohne  eigenen  Verlust,  ein 
schracklicheB  Blutbad  unter  ihren  Gegnern  anrichteten.  1800 
Godflnder  sdlen  am  27.  Juli  grfallen  sein;  noch  heute  bezeich- 

1)  g.  darftWr  Sehikbner,  GmU  Lagh,  Sintoltaiig  8.  XXXIX  ff. 

S)  Böhm  Xm,   S89  ist  R^iog  Erleb  Zeage  in   der  Urkmde  WaldMiArt. 


270  HL-    WaMcmsn  Angriff 

net  ein  Krenz  die  Stätte,  einen  Bücfasensehiiss  ireit  ton  der 
Mauer  an  der  Ostseite  der  Stadt  ^Vor  den  Tharen  Wiabjfi 
fielen  die  Goten  iint^  den  Händen  der  Dänen^  0*  mddet  die 
Inschrift  Am  Tage  nach  der  Niederlage  ergab  oLch  Wisby 
,4er  Gnade  des  Königs,  denn  man  sah  wohl,  daas  Widerstaad 
nicht  mehr  möglich  war^'^).  Nach  Eroberersitte  soll  Walde- 
mar  nicht  durch  ein  Thor,  sondern  durch  eine  LQcke,  die  er 
zu  diesem  Zwecke  in  die  Stadtmauer  hatte  brechen  lassen  (sie 
wird  noch  heute  gezeigt)  in  Schlachtordnung  in  das  eroberte 
Wisby  eingezogen  sein.  Reiche  Beute  war  der  Lohn  des  keckei 
Zuges;  besonders  Kirchen  und  Klöster  soll  Waldanar  Ton  ihres 
Kostbarkeiten  geleert  haben;  „Gold,  Silber,  mancheriei  Prii» 
werk  und  unendliche  andere  Beichthümer^^  zog  er  heraus.  Del- 
mar  sagt :  „He  nam  van  den  borgheren  der  stad  grote  beschal- 
tinghe  an  gholde  unde  an  sulver  unde  toch  sinra  wech^S  alk^ 
dings  erst  nach  vier  Wochen  (am  28.  August),  wenn  man  des 
Annalen  der  Minoriten  von  Wisby  Glauben  schenken  darf  *)i 
Seit  diesem  Siege  führten  die  dänischen  Herrscher  ausser  den 
Titel  eines  Königs  i&c  Dänen  und  Wenden  auch  den  emee 
Königs  der  Goten.  —  Die  Sage  weiss  wieder  Bescmderes  zu 
erzählen:  Es  glückte  Waldemar  nicht,  die  Beute  heimzubrin- 
gen. Seine  Schifie  ereilte  der  Sturm ;  mit  genauer  Noth  rett^ 
er  selbst  das  Leben ;  der  reiche  Baub  versank  in  den  fluthea. 
Noch  jetzt  sieht  der  gotländische  Schiffer  die  grossen  KarfinH 


1)  Ante  portM  Wisby  in  manibos  Danonun  oeeidernnt  Gntoasa». 

9;  An  des  koninghes  halde,  wente  se  seghen  wol,  dat  dar  nyn  wadsrki- 
vent  was,  Detmar  in  1860. 

8)  Die  der  Zeit  nach  am  nXehsten  stelieBden  n«richto  Sind  der  ««t  4m 
dänischen  Chronik  Liappenbergs  im  Archiv  II,  885  und  Detmars  flbchlJch 
Bum  Jahre  1860  mitgetheilte  Ersfthlong.  Die  in  den  Ann.  ICinor.  Wisbj. 
(Lgb.  I,  p.  859  nnd  Fant,  I,  1,  p.  84  nnd  48)  enthaHenen  nieht  oiwleMgea 
Mittlieilnngen  sind  leider  nicht  vollkonimen  naeh  Ihrem  Werthe  s«  wftrdlges 
(s.  darüber  Sch&fer,  dftnische  Annalen  nnd  Chroniken  S.  108  ff.).  Die  schwedische 
Reimchronik  nnd  Olaos  Petri  bieten  mehrere  neue  Zfige  (Fant  I,  S»  p.  57  nad 
870),  deren  Qoelle  nicht  auaugeben  ist     Vgl.  Bvitfeldt  i,  584. 


»«f  Wisbf.  271 

kd  der  Nikolaüdrehe  zur  Nachtzeit  aus  der  Tiefe  leuchten.  — 
Die  YmritlMria,  um  Waldemar  schmählich  yerlassen,  wurde 
uHgctaBdzchaftet  9  nach  Wisby  gebracht  und  lebendig  einge- 
aaiort  in  den  ^ungfriiienthümi^,  einen  der  Thürme  der  Stadt- 


Fttar  Wisby  ist  Waidemars  Angriff  ein  harter  Schlag  ge- 
aber  es  würde  falsch  sein,  wollte  man  denselben  alldn 
YamtwortMch  machen  für  das  sp&tere  Sinken  der  Stadt  Wal- 
demar hatte  die  Gelegenheit,  seinen  Schatz  zu  füllen,  zwar 
reffidi  benutzt,  aber  sich  doch,  wenigstens  so  weit  die  glaub- 
wftrdigen  Nachrichten  reichen,  keiner  barbarischen  Härte  und 
Granaamkeit  schuldig  gemacht;  von  einer  „Zerstörung^'  Wisbys 
kam  keine  Rade  sein.  Am  Tage  nach  seinem  Einzüge  (29.  Juli) 
bestätigte  er  der  Stadt  alle  Rechte  und  Freiheiten,  die  sie 
hisher  besessen,  ertheilte  ihr  für  sdn  Reich  Theilnahme  an 
alkn  Privilegien,  die.seine  eigenen  Städte  genossen,  und  liess 
sogar  Wisby  im  Genüsse  des  Münzrechts  ^),  So  bedeutete  der 
gmie  Hergang,  abgesehen  von  dem  beträchtlichen  direkten 
Veriost,  zunächst  wenig  mehr  für  die  Stadt  als  ein  lieber* 
gehen  von  der  schwedischen  an  die  dänische  Oberherrschaft, 
anter  welcher  Qotland  nun  nahezu  300  Jahre  bleiben  sollte. 
So  wenig  aber  erscheint  dadurch  die  Sachlage  geändert,  dass 
aan  in  Zweifel  gerathen  kann,  ob  denn  die  Insel  schon  jetzt 
wiridich  unter  dänische  Herrschaft  gekommen  sei.  „Die  von 
Qottend  sind  in  der  Hanse  der  Deutschen  und  nicht  Unter- 
thanen  des  Königs  von  Dänemark'',  erklären  die  Hansestädte 
sdbst  wenige  Jahre  später*).  Aber  dass  das  nicht  anders 
Mifgqfaast  werden  darf,  als  dass  die  Insel  zu  Dänemark  in 
krinem  andern  Verhältnisse  stehe,  als  bisher  zu  Schweden, 
also  nach  wie  vor  Glied  der  Hanse  sei,  zeigen  andere  Stellen. 


1)  sviuB  ziii,  saa. 

t)  H.  B.  I,  n.  SU  I  1:  mi   d«  OotUmdl*  esarat  in  haau  Tmümnico- 
rm  tt  non  tubditi  ngis  Daeie. 


272  IX-    WaldMBan  Angriff 

1364  sowohl  als  1368  finden  mr  die  Insel  m  dAnischem  Be- 
sitz; wenn  die  schwedische  Erich-Karls  Chronik  zu  berichten 
weiss,  dass  die  Gotländer  alsbald  nach  Waldemars  Absug  sidi 
erhoben  und  die  Dänen  vertrieben  hätten,  so  irrt  ihr  Patrio- 
tismus < ).  Die  dänische  Oberherrschaft  blieb ,  aber  das  hat 
Wisby  nicht  yerhindert,  sich,,  wie  früher  unter  Schweden,  m 
erster  Linie  als  Hansestadt  zu  betrachten.  Als  solche  erhdrt 
es  im  ersten  Kriege  gegen  Waldemar  PfundzoU,  erklärt  sid 
im  zweiten  bereit,  „zum  Kriege  zu  thun,  was  es  mit  Ehret 
thun  könne,  wenn  der  Krieg  zu  Ende  wäie^,  eine  Form,  die 
doch  auf  gewisse  Rücksichten,  die  es  gegen  den  DänenUtaig 
zu  nehmen  hatte,  schliessen  lässt').  Auch  noch  nach  der 
Eroberung  übt  Wisby  neben  Lübeck  den  Haupteiniuss  auf  dem 
Hofe  zu  Nowgorod,  gilt  für  die  flandrische  Niederiassong  ab 
das  Haupt  des  gotländisch-livländischen  Drittels,  wenngßeidi 
in  beiden  Stellungen  die  livländischen  Städte  schon  anfitngeii, 
ihrer  Mutterstadt  Konkurrenz  zu  machen  *). 

Es  ist  nun  auch  erst  in  neuerer  Zeit  behauptet  worden, 
dass  Waidemars  Ueberfall  es  gewesen,  der  Wisby  von  seiner 
alten  Höhe  herabgestürzt  habe.  Noch  im  17.  Jahrhundert 
dachte  man  anders  über  die  Sache.  Der  danziger  Sekretär 
Wessel  Mittendorp  sagt:  „Da  die  Reussen  nicht  mehr  nach 
Gotland  überfuhren,  sondern  ihre  Waaren  in  livland  begon- 
den  zu  verhandeln,  haben  Riga  und  Reval  zugmomm^  Wisby 
ist  zu  Boden  gegangenes  und  auch  sein  jüngerer  Z^tgenosse 


1)  Schi.  Holst.  Lbg.  Urkdensmig  U,  S.  269  (von  1864  Juli  S6)  a.  S.  S76 
(von  1868  Jannar  28);  Lfib.  Urkdb.  UI,  n.  662  S.  716  ff  ;  Wolde  ok  Got, 
d«t  wii  Godlande  wnnnen,  dat  schal  bliven  bi  konlnghe  AIb«rte  and«  ün&m 
rike  to  Sw«deii,  unde  de  stat  ande  d*t  Unt  tho  GkNiUode  ande  nMjDlikaa  all« 
kooplude  scholeD  al  dar  bi  erer  olden  vriheyt  unde  rechticheTt  bliTen,  alse  se 
wereo,  eer  se  de  konlnch  ran  Denemarken  wan;  dat  schal  en  konfaich  Albert 
vorbreven,  wert  id  em  in  der  tiit  desser  vorbindinghe. 

2)  H.  R.  I,  n.  290,  825  §  1,  522  §  16,  ebd.  II,  n.  68  |  S. 

8)  ebd.  I,  n.  296  §  18,  n.  876  $  8,  9  a.  26,  n.  8S7,  S.  886  A.  1. 


7         «tf  Wiaby.=  §78 

HfitfeMt  beittckiet  Wisby  ab.  Stapel  lind  NieiUflagate  tat 
ZttUD,  „dbe  die  Sttdte  zimahiiieii^^  ^).  Es  herrschte,  also  dir 
■als  die  nditige  VorsteUung^  dass  Wisbys  Siidien  in  leister 
Laie  dÜ  aatflriiche  Fdge  einer  veränderten  Sachlage  war. 
&MB  WakiewBTO  Angriff  aber  beschleunigend  in  dieser  Bickr 
tong  wiikte,  mnss  wohl  als  ebenso  richtig  anerkannt  wentan» 
Die  K<«karr^iz  der  livländischen  Städte  musste  um  so  ra- 
sdiere  Fortschritte  machen,  je  mehr  Wisby  seine  Bedeutung 
ab  Stapdpiatz  einbüsste.  Und  die  ist  doch  stark  gemindert 
worden  durch  Waidemars  Ueberfall.  Allerdings  hatten  die 
Borger  Wbbys,  die  Wichtigkeit  des  Stapels  fOr  ihre  Stadt  er- 
kennend, keine  Kosten  gescheut,  das  hansische  Gut  zu  schü- 
tzen, hatten  es  imit  ihrem  eigenen  von  der  PlQnderung  frei 
gemacht');  aber  es  musste  doch  fraglich  erscheinen,  ob  sie 
dazu  immer  im  Stande  und  bereit  sein  würden.  Eine  Stadt, 
die  im  arsten  Anlauf,  gleichsam  durch  einen  Handstreich  eine 
Beute  des  Eroberers  wurde,  konnte  kein  sehr  verlockender  Ort 
ftir  einen  Stapelplatz  sein.  Dazu  kam,  dass  schon  im  Jahre 
nach  dem  dänischen  Einfall  eine  Feuersbrunst  Wisby  ein- 
ischerte').  Rasch  sank  dann  die  Bedeutung  der  Stadt.  Ihre 
günstige  Lage,  der  Ausgangspunkt  ihrer  Grösse,  wurde  ihr  jetzt 
geradezu  verderblich.  Sie  wurde  den  Seeräubern  ein  beliebter 
Stützpunkt :  die  Vitalienbrüder,  der  abgesetzte  König  Erich  der 
Pommer,  Iwar  Axelsson,  endlich  Sören  Norby  haben  den  Vor- 
tbeil  der  Lage  auf  die  umfassendste  Weise  auszunutzen  gewusst 
Wo  dnst  der  Kaufmann  sichern  Schutz  gefunden,  sich  in  Ruhe 


1)  mttandorp  in  ^em  Ansrage  hansischer  Racetse,  handschriftl.  anf  der 
luoBbargier  StadIbIbUoUiek ,  vgl.  Warm  in  Schmidts  allgem.  Zeitsch.  f.  Oeseb. 
V,  tSOff.  rnnd  Sartorins,  Oescb.  d.  hans.  Bandes  II,  744 ff.  —  ^vitfeldt  II, 
1180  n  1585. 

9)  H.  B.  I,  n.  190:  wi  alsodane  gad,  alse  mit  ans  was  van  den  steden, 
ia  OBMii  BOden  Triaden  mit  anseme  gude. 

a)  Langebek  I,  259;  Fant  I,  1,  34. 
Sckifer,  Dit  BMMttlit«.  i  g 


2Ti  XI.    WaldoraHi  Abgriff  Mf  WkVy. 

im  den  MIUmmi  der  Fahrt  ertiolt  hatte»  da  «nie  er  jelit  als 
OflfaBgener  emgebradit,  muaate  adn  Sehtf  uad  seiii  Gut  fibr 
gute  Priae  eridftrt  sehen,  selbst  in  den  Kerhorn  der  ataibea 
,,Wi8boig^  schmachten.  So  kam  es,  dass  Stadt  und  Insel  her- 
absanken von  der  alten  Höhe;  seit  den  16.  Jahrhimdurt  rdcht 
ihre  Bedeutong  Ober  die  heimischen  Kflsten  nicht 


t  I 


X.    Jkat  erste  Krieg  gegen  Waldemar. 

1)  Dm  BündniM  der  Stftdte  mit  Sohwedto-Vilrwegen« 

Ak  Waldemar  den  Zug  nach  Gtytland  unternahm,  hat  er 
sieh  darober  jedenfalb  keinen  Täuschungen  hing^^eben ,  daaa 
er  mit  dieser  That  den  Städten  den  Fehdehandschuh  hin- 
werfe. Er  mochte  zweifebi,  ob  sie  ihn  aufnehmen  würdet, 
hatten  sie  doch  in  den  Verhandlungen  mit  ihm  GeduM  und 
Nachgiebigkeit  genug  bewiesen,  er  mochte,  keck  und  wage- 
halsig wie  er  war,  sich  in  seinem  kaum  wiedergewonnenen 
Besitzthura  der  vereinigten  Macht  der  Städte  und  der  bd^en 
nordischen  Reiche  gewachsen  fühlen  —  dass  er  die  Hansen 
schwer  yerletee,  konnte  er  sich  kemenfalls  yerhehlen.  Un- 
mO^ch  konnten  die  Städte  ruhig  mit  ansehen,  wie  emer  ihrer 
Vororte,  das  Haupt  der  östliche»  (Uyländischen  und  schwedi^ 
sehen)  Städte  einem  fremden  Eroberer  zur  Beute  wurde.  Es 
mnsste  ihnen  bange  werden  um  die  von  derselben  Seite  her 
elt  bedrohte  Sicherheit  im  eigenen  Hanse,  wenn  sie  sahen,  wie 
mitten  im  Frieden  eins  ihrer  blühendsten  GrKeder  einem  pldte- 
lichen  Ueberfalle  erlag.  Welches  Vertrauen  sollten  sie  noch 
in  die  kaum  veroinbarten,  vielleicht  gamicht  einmal  ratifidr- 
ten  Verträge  mit  einem  Könige  setzen,  der  nur  das  Recht  an- 
tfkannte,  das  die  Schärfe  des  Schwerts  zu  schützen  vermochte? 
Deutlich  mussten  sie  jetzt  einsehen,  wollten  sie  nicht  zum 
Spielball  von  Waidemars  Launen  werden,  so  mussten  sie  dem 

18* 


276  ^*    ^r  ^'^  ^^^"^ 

rücksichtslosen ,  gewaltthätigen  Manne  die  Achtmig  vor  ihrem 
Rechte  nöthigenfalls  abzwingen. 

Sendeboten  der  wendischen  und  preussischen  Stfidte  waren 
gerade  in  Greifswald  versammelt,  gewiss  auf  Veranlassung  von 
Waidemars  gotländischer  Expedition,  als  die  Kunde  von  da* 
Eroberung  Wisbys  übers  Meer  drang ;  auch  der  Ordensmeister 
war  bei  den  Verhandlungen  vertreten  ^).  Mit  seltener  Rasch- 
heit wurden  hier  schon  vier  Tage  nach  der  Einnahme  Wisbys 
(am  1.  August)  Beschlüsse  gefasst,  die  deutliefr  erkennen  Hes- 
sen, dass  die  Städte  den  Friedensbruch  nicht  ungeahndet  hin- 
gehen lassen  würden.  Ein  Veikehrsverbot  gegen  DSnemark 
ward  beschlossen.  Die  Städte  mochten  sich  von  demselbm  um  so 
grössere  Wirkung  versprechen,  als  das  gegen  Flandem  erlassene 
vor  kaum  Jahresfrist  zur  Beendigung  des  flandrischen  Zwistes 
(flandrische  Gesandte  waren  im  August  1360  auf  die  Iflbecker 
Tagfahrt  gekonunen)  im  Sinne  der  „gemeinen  Städte  des  ge- 
meinen Kaufinanns  von  der  deutschen  Hanse^^  geführt  hatte  *). 
„Wer  durch  den  Sund  nach  Flandem  fahren  wiU,  soll  bei 
Strafe  Leibes  und  Gutes  verhüten,  dass  seine  Güter  nach  Däne* 
mark  oder  Schonen  kommen ;  Schiffte,  die  schon  für  diese  Lande 
geladen  hab^,  sollen  wieder  löschen.  Für  die  Fahrt  zwischen 
den  Städten  soU  jeder  Kaufmann  Kaution  stellen,  dass  er  seine 
Güter  nur  nach  einer  Hansestadt  führen  wird,  und  soll  Zeug- 
nisse beibringen,  dass  das  in  der  That  geschehen  ist.  Unbe- 
ladene  Schiffe  sollen  nach  Schonen  geschickt  werden,  um  die 
dort  lagernden  Güter  der  Hansen  in  Sicherheit  zu  bringen. 
Am  31.  August  wiU  man  sich  aufe  Neue  in  Greifewald  ver- 
sammdn^^ '). 

1)  Die  Tbeilnehmer  dar  Versaminluig  ergeben  meh  ms  dem  8clureib«B  Lft- 
becks  an  Beval  vom  19.  November  dess.  Jahres,  H.  B.  I,  n.  Sti  8.  19S,  doch 
sind  Zweifel  zulftssigf  da  der  Brief  awar  sagt,  dass  am  1.  August  die  „folgen- 
den Beschlüsse^*  geiSust  seien,  dann  aber  slmmtüche  Punkte  des  Becesses  von 
7.  September  aoffUhrt 

2)  H.  B.  I,  n.  251  vom  24.  Aug.  1860.     Vgl.  n.  286—148. 

8)  ebd.  I,  n.  258;  Beisfiiele  Ton  Bftrgschaften  ebd.  I,  n.  fTl  snd  ttl. 


figtn  WaldMuur.  27T 

Ofenbir  akid  diese  Bestimmimgeii  nur  ak  Toriftofige  Vor- 
kebmogeD  su  betrachten.  Udberraacht  von  dem  Unerwarteten, 
oho«  iBBtmktion  fBr  einen  solchen  Fall  fosaten  die  VerBam- 
malten  BeachUflse,  wie  sie  der  Angenblick  forderte,  und  wie 
sie  der  ffilUgOBg  in  den  Bathsstuben  dar  Städte  gewiss  waren. 
Daaa  aber  achon  jetzt  der  Gedanke  auftauchte,  sich  an  die 
beiden  nordisehen  Könige  anzuschliessen  und  mit  ihnen  ge- 
■einaain  Waldeoiar  entgegenzutreten,  beweist  die  ansdrCick- 
Uche  Beatiomong  des  Beceases,  dass  den  Königen  von  Sohwe- 
itm  and  Norwegen  Bewaffiiete  und  Lebensmittel  aus  den  Häfen 
der  Stidte  zugeführt  werden  dürften. 

König  Magnus  konnte  nicht  anders,  als  den  Krieg  gegen 
Dinemark  anfiidonen.  Hatte  man  in  Schweden  den  Veriuat 
dea  oratt  dänischen  SchcmenB,  das  nur  die  Zerrüttung  des 
dänifldifm  Reichs  in  schwedische  Hände  gebracht  hatte,  so 
schwor  empfunden,  wie  viel  mehr  den  eines  altschwedischen 
Landes.  Es  schien  auch  anfangs,  als  ob  Magnus  sich  zu  Tha- 
Um  aufraffen  werde.  Am  15.  August  entlehnte  d^  stets  geld- 
arme  König  vom  Erzbischof  von  Upsala  und  seiner  Geistlich- 
kot  4400  Mark,  Eigenthum  der  päpstlichen  Kammer,  gegen 
Varpftndang  der  Kupferbergwerke  in  der  Diöcese  Weateräs, 
m  JKaub,  Mord  und  Brand  seines  Nachbarn,  des  Königs 
Waldemar  von  Dänemaik,  der  mit  einem  heimlich  gesammel- 
toi,  zahlreichen  Heere  ohne  sein  Wissen  seine  Länder  Gotland 
ttdOeUuid  über&llen  habe,  männlich  zurückzuweisen^  1).  Gleich- 
tätig  schidcte  er  Gesandte  nach  Doitschland  hinüber,  um  mit 
Fürsten  und  Herren  und  mit  den  Städten  zu  verhandln  über 
anBündniss  gegen  Waldemar  *).  —  Ein  kurzer  Blick  auf 


1)  STUiik»  Bikt-Archivets  Pergamentsbref  I,  n.  511;  Reg.  bist  Dan.  I, 
■.  Mfl;  Sniiiii  Xni,  446  ff.  Dms  Waldemar  niobt  so  gani  beiaücb  und 
olme  VHaatti  des  sebwediscben  Königs  sein  Heer  hatte  sammeln  können ,  wie 
iieser  in  der  Ui^nnde  ansipricht,  beweisen  die  Brieie  Magnns  Tom  IS.  Febmar 
■nd  1.  Kai  1861,  t.  oben  S.  86Sff. 

t)  H.  B.  n,  n.  8  S  1. 


218:  X.    Bw  «Nie  K|i«c 

SteDung  der  Letstem  zo  SduredeB  «irird  das  ZBHMnimwgelieii 
der  beidfia  Mächte  in  heileiem  lichte  eradMÜ«  basea. 

Der  Verkehr  mit  Schweden  tritt  in  der  hanmechen  Handeb- 
geschichte  nicht  so  lebhaft  herror  wie  der  mit  aadem  Gdm- 
ten  des  Nordens,  trotzdem  mag  er  kaom  minder  bedwitmigfr 
ToD  gewesen  sein.  Jedenfalls  ist  er  kaom  weniger  alt;  dm 
schon  Heinrich  der  L5we  hat  ro  seiner  SJchernng  einen  Ve^ 
trag  gesddoesai  mit  König  Kanut  mid  Henmg  Birger  tm 
Schweden.  Eine  Hauptrolle  spielten  auch  in  diesem  Verkehr 
die  Lübecker;  wiederiiolt  ist  ihnen  Freiheit  yob  ZSllen  uii 
Strandrecht  gewährt  oder  bestätigt  worden  0«  Daneben  wer- 
den an  einzehien  Städten  Hamburg *),  Riga*),  Kanten ^) 
genannt  Eigenthttmlich  ist  die  SteUmig  der  im  Lande  sich 
aufhaltenden  Deutschen.  Sie  gründen  keine  in  sich  abgeschlos*' 
soien  Niederlassungen  wie  in  andom  Ländern^  aber  sie  be* 
wahren  doch  ihr  Dentschthum.  Sie  leben,  den  Verträgen  ge- 
mäss, nach  schwedischem  Becht  und  unter  den  schwedischco 
Gesetzen,  gewinnen  aber  in  manchen  Städten  dnrch  Zahl  umL 
Stellung  ein  sdches  Ansdien,  dass  sie  die  Hälfte  aller  Raihs* 
stellen  ja  mehr  besetzen ,  dass  die  Städte  mehr  als  dutsc^ 
denn  als  schwedische  erscheinen.  Schwedische  Orte  nehmea 
Theil  an  den  Privilegien  des  Kaufmanns  in  Flandern.  Stock- 
holm beschickt  Hansetage  und  wird  als  Hansestadt  betrach- 
tet; Kalmar  versucht,  wie  wir  sehen  werden,  Pfimdzoll  sa 
eriidi)en,  um  so  als  Glied  des  Städtebnades  zu  gelten.  Dsr 
Handd  kam  nach  und  nach  ganz  in  die  Hände  der  Deutschea 
in  den  Seestädten;  die  gewinnbringende  Ausfiihr  des  KupisTB, 
des  wichtigsten  schwedischen  Erzeugnisses,  des  Eänns,  dar 
Waldprodukte  und  Pelze  geschah  fast  nur  durch  sie ;  sie  ver- 

1)  Lttb.  Urkdb.  I.  n.  170  (i960  od«r  ISftl),  ■.  SOS  (1M7),  n.  598  (1S9X), 
II,  n.  307  (181S),  B.  689  (1888). 

%)  1861  und  1875  (Otmh.  Urkdb.  I.  a.  658  and  f61). 

3)  1871  und  1875  ^Bunge,  Urkdb.  I.  n.  48T  and  444). 

4)  1813  und   ISU  (Urkdl.  Gesch.  U,  S.  864). 


fjf^jkn  Waldtilar.  fUf 

Dia  «i^niirtige  fitelhmg  4ftr  Deittsdnen  in  üoBem  Ijoide, 
das  %ie  afe  mm  Bürger  in  «kh  aufiiahni^),  mag  mit  dam 
Mgeteagon  hdbfltf,  das«  wir  wenig  bflren  von  Klagen  ml 
StraÜfglNitai  nnd  daher  anek  verlUUtnieeBnüteetg  wenig  ytjM 
Vertiandlnngen  und  Yertrftgen  simdwn  Schweden  nnd  detf 
imdUA.  Eni  als  Magnna  1319  die  Kronen  Norwegen^  und 
SdanimB  anf  «einem  Hanpte  vereinigte,  ab  er  1982  fierr 
nm  fikiMMMn  wurde  ud  im  die  Mitte  des  Jahrhunderte  in' 
doB  SriegB  gegen  die  Bussen  sieh  vimrübergeliead  der  Han* 
Mswege  nach  üTowgorod,  der  Newa  imd  des  finnischen  M eer- 
bww&ohfigte ,  tritt  auch  der  schwedische  Ktaig  ds 
Faktor  in  das  Gebiet  hansische  Politik.  1832  sehen 
lir  die  St&dte  mit  Magnus  Aber  ihre  norwegischen  Privile« 
f/m  MBtrarhandrin ').  Dem  Kriege  gegen  ihn  als  Foiiid  des 
Königs  Waldemsr  folgt  1344  em  Bündniss  sur  gemeinsamen 
Bekflaq^img  der  Seorftuber*).  Später  wurden  die  Handdsin- 
tarosecn  der  Städte  von  den  schwedischen  Fcddzfigoi  gegen 
die  Bossen  an  der  Newa  nachtheilig  berohrt.  Dan  klagten 
die  Stidte  leUukft  Ober  i^griffe  in  ihre  Rechte  in  Norwegen 
snd  nnff  SchoMn  (andi  hei  ihnen  erregte  Hensog  Benedikt 
wm  Hidlnnd  dwrdi  nrae  ZMle  und  Bedrückungen  Unmifirieden* 
holt),  Kttdg  Magnus  aber  ttber  Missbrauch  dieser  Bechte  nnd 
•bct  die  so  oft  den  deutschen  Kauflenten  sur  Last  getegtm 
Gtwaltthatan  in  illorwegen.  Es  ierhoben  sich  emstfiehe  Zwi^ 
sligkeitflB,  die  aber  doch,  besonders  durch  V^nrittlung  des 
ftnogi  Albteeht  von  Meklenbuig,  in  einem  am  9.  August  1368 
abgeschlossenen  Waffenstillstand  beigelegt  wurden  ^).  Fünf  Mal 

1)  SMTi  de  ettoro  appelleDtttr,  Lfib.  Urkdb.  1,  a,  170  hbA  SfS. 
S)  H.  B.  I,  S.  61. 
.     S)  a.  obw  &  ISS. 

4)  V^.  Lab.  UrMb.  U,  ■.  SSi ,  lU,  n.  140  $  H.  R.  1,  o.  144,  175-^177, 
IM,  lf7. 


880  X.    Bm 


warde  dann  dieBer  Waffemtilbtaäd  terlftngeit^).  Jetit  eod* 
lieh,  als  das  gemeinsame  Interesse  smn  Bunde  ditngte,  km 
es  zum  definitiven  Frieden«  Am  23.  August  18A2  wnide  er 
zwischen  Lübeck  und  den  Gesandten  der  beiden  KAnige  Mag- 
nus und  Hakon  zu  lAbeck  Tereinbart  *).  Audi  die  frflhera 
Vertrfige  hatte  Labeck  abgeschlossen;  es  erscheint  in  diesei 
Beziehungen  als  der  Vertreter  der  Städte  *). 

Wenige  Wochen  nach  dem  lübecker  Frieden  (am  7.  Sejj^ 
tember  statt  an  dem  festgesetzten  31.  August)  waren  die  Sende- 
botoi  der  Stftdte  abermals  in  Greifiswald  versammelt:  Lttbeck, 
Wismar,  Rostock,  Stralsund,  Grei&wald,  Hamburg,  Anklaa, 
Stettin  und  Kolberg  waren  vertreten,  dazu  Bathsberren  wn 
Kulm  und  Danzig  erschienen  im  Nunen  der  preussiadM 
Städte.  Die  schwedisch -norwegischen  Gesandten  und  solche 
des  Ordensmeisters  waren  ebenfalls  zugegen.  Der  Krieg  mit 
Dänemark  erscheint  auf  dieser  Versammlung  als  eine  beschlos- 
sene Sache.  Reisen  nach  Dänemaric  und  Schonen  werden  anf 
das  Strengste  untersagt ;  wer  nicht  zur  Hanse  gehört  und  das 
feindliche  Land  besucht,  soll  ausgeschlossen  sein  von  jedem 
Verkehr  mit  den  Städten.  Wurde  das  Verbot  strikte  aufrecht 
erhalten ,  ^o  musste  Dänemark  so  ziemlich  jedes  Handels  ent- 
behren, da  es  derzeit  kaum  einen  andern  kannte  als  den  mit 
Deutschland.  Zum  ersten  Mal  in  der  Geschichte  ihrer  Einung 
entschliessen  sich  hier  die  Städte  zu  einer  Art  Bundesstener. 
Um  die  Kosten  des  Krieges  aufisubringen,  wird  ein  PftmdzoD 
verdnbart.  Für  alle  aus  einer  Stadt  ausgeftthrten  Waaren 
sollen  von  jedem  Pfund  Grote  des  Werths  vier  englische  Pfen- 
nige bezahlt  werden  und  zwar  fEkr  die  ganze  Schiflfahrtszcit 

1)  Lüb.  Urkdb.  lU,  n.  174,  210,  851,  SOS,  808,  821;  Stjflii,  Bidng  tUl 
Skandin.  mstorie  I,  S.  18. 

2)  Lüb.  Urkdb.  IH,  n.  408. 

3)  Borghcrmestere  ande  radmanne  der  sUd  Lnbeke,  ▼•o  w«giMn  aller  ttede 
Tan  see,  nna  na  to  dem  anderen  male  hebben  anghevaUen,  Lflb.  Urk.  U, 
n.  988  Tom  2.  Juli  1849. 


HiftB  WaiacoMT.  Sgl 

to  Jahres  198S  rm  den  ^Brsten  Wettertagen^^  bis  Midiaelis 
(also  von  F\Bbniar  bis  Ende  S^tember).  Auch  wer  nicht  zur 
HiMe  gehSrt,  soll  diesen  Zoll  erlege;  wrigert  er  sich,  so 
soll  mit  ilm  Keiner  mehr  handeln  ^). 

Mit  den  Gesandten  der  Könige  Ton  Schweden  und  Nor- 
wegen wurden  in  Greifewald  Verträge  ge8chh)68en,  die  einen 
gODeiBsdiaftlichen  Krieg  gegen  Dänemark  verabredete  *).-  Je- 
im  der  kontrahirenden  Theile  sollte  dazu  2000  Mann  und 
Sdufle  stellen.  Und  dass  man  nicht  sftnmen  wollte,  beweist 
die  Bestimmung  des  Entwurfs,  am  Martinstage  (11.  Noiv.)  solle 
Alles  fertig  und  bereit  sein  *).  Erst  später ,  wahrscheinlich 
m  den  Verhandlungen  mit  den  nordischen  Königen  über  den 
Mnitiven  Abschluss,  wurde  die  Kriegsbereitschaft  auf  den 
S7.  tUart  des  folgenden  Jahres  verschoben.  Nutzen  und  Scha« 
den,  heisst  es,  sollen  nach  Mannzahl  gemeinschaftlich  getra- 
gen werden.  So  lange  sie  leben,  sollen  die.  Könige  keine 
Feinde  der  Städte  werden.  In  allen  Zwistigkeiten ,  die  etwa 
US  dieser  Verbindung  hervorgehen  könnten,  soll  einer  dem 
indem  helfen  und  keine  Sühne  eingegangen  werden,  bis  die 
Siehe  ganz  beendet  ist  Den  Städten  soll  als  Pfand  für  ihre 
Kosten  das  Schloss  Bahus  nebst  Marstrand  (an  der  Mündung 
der  Göta-Elf)  mit  allen  Ehikünften  übergeben  werden  und  an 
Miner  Statt  Warberg  in  Hailand,  sobald  die  Könige  Schonen 
angreifen.  Wird  dieses  Land  erobert,  so  sollen  die  Städte 
die  SchUh^ser  Helsingborg,  Skanör  und  Falsterbo  und  alle 
Efaricünfke  der  Provinz  so  lange  behalten,  bis  alle  ihre  Kriegs- 


1)  H.  B.  I,  n.  t59.  Der  ZoU  entspricht  >/i4o  ^^*  Werthes,  da  das  Pftind 
mm  10  SeliiUinf  k  It  Orote  »  940  Orote  Ist,    1  Orot  aber  gleidi  4  Pfenaige. 

S)  H.  B.  I,  n.  f  60  lud  f  Sf . 

•)  Dia  greiünraMer  Vertragientwfirfe  s.  bei  Cateelf  Ungedmckte  bremi- 
Mke  Vrk&m  8.  419  fll  Vgl.  «ber  die  Zeit  S.  490  a.  4SI.  DaM  in  der  Ur- 
kttkta  aber  die  VtrtheOaiiff  der  aa  eteUendea  ManaMhaft  S.  497  das  Kontia. 
gwl  flb  Boetoak  aad  Wisauur  feUt,  ist  ein  Fehler  dee  Herausgebers;  die  Ur- 
kaade  der  bremer  Trese  enthält  den  betreffeadea  Passas. 


koBten  ersetzt  sind,  und  die  beiden  kt^tgenauten  ScUlteser 
mit  den  Einkünften  des  Landas  sogar  noch  zwei  Jahr  l&nger. 
Auch  im  Fall  einer  Nied^lage,  oder  wem  man  SdMm  nicht 
erobern  kann,  sollen  doch  die  Stidte  die  erstgeoaimten  ScfalBa- 
ser  behalten,  bis  alle  ihre  Unkesten  gedeckt  amd.  Den  Kö- 
nige soll  es  ohne  Genehmigung  der  Stftdte  nicht  erlaubt  aehi, 
Schonen  zu  versetzen;  die  Städte  soltei  die  Vorhand  haben, 
falls  sie  bereit  sind,  das  Land  in  Pfand  zu  nehmen.  Deut" 
lieh  sieht  man,  worauf  es  den  Städten  zunächst  ankommt: 
Sicherung  des  gewinnbringenden  schonenschen  Vericehrs. 

Selbstverständlich  vergassen  die  Städte  ihrer  Haadelapri- 
vilegien  nicht  Ein  Passiu  des  Vertrags  sagte  ihnen  Bestäti- 
gung ihrer  alten  Rechte  und  Freiheiten  zu,  wie  sie  dJeaelhai 
nur  je  in  grösster  Ausdehnung  genossen  hätten  ^).  In  einer 
besondem  Urkunde  der  Könige  Magnus  und  Hakon  werden 
dieselben  im  Einzelnen  aufgeführt^).  Ausser  den  aUgeineiMn 
und  stets  wiederkehrenden  Bestimmungen  der  vollfc<MnmeneB 
Handelsfreiheit  im  ganzen  Reiche  gegen  den  üblidieii  Zoll, 
der  Befreiung  von  Arfkop  und  Strandrecht  rathält  diese  Ur- 
kunde noch  eine  Reihe  besonderer  Anordnung^,  hauptsäch- 
lich für  Schonen,  die  dem  Verkehr  der  Städte  ausserardentr 
lieh  günstig  waren.  Der  Kleinhandel  soll  ihnen  gestattet  sem; 
Leinra  und  Wollenzeug  dürfra  sie  in  ganz  Schonen  nach  der 
Elle,  andere  Waaren  nach  Pfunden  verkaufen.  Frei  kCnnen 
sie  einkaufen  und  verschitfen,  auch  unverkaufte  Waaren  gegen 
den  gewohnten  Zoll  wieder  ausführen.  In  den  Vitten  darf 
Niemand  sich  aufhalten  als  der  Vogt  mit  den  Seinigen,  und 


1)  AlM  9%  ter  gy  best  gebruket  hebben ,  H.  K.  1,  S.  1S9. 

8)  Torfaeas,  Hist  Norv.  4,  S.  489  ff.  Vgl.  U.  K.  |,  n.  «61.  DU  Ur- 
kunde gilt  wohl  in  enter  Linie  für  Schweden  incl.  Schonen,  obgltleh  noch 
Norwegen  berücksichtigt  wird.  Die  Städte  klagen  später  wiederfaoll  darfthir, 
dMs  ihre  Privilegien  fOr  Norwegen  noch  nicht  bestätigt  seien  (Tgl.  H.  B.  I« 
u.  402  §  13)  und  König  Hakon  sagt  im  September  137t  selbst  (H.  B.  II,  n.  40), 
dass  er  nie  die  Privilegien  bestätigt  liabe. 


die  er  BttküsoiirilL  Ueter  Alle,  die  auf  der  Vitte  sind^  kam 
der  Vogt  Tkhttt  na«k  lübiaehem  Bechte;  nur  Strafe»  über 
Hib  imd  HMd  dttrf  ec  nicht  verhängen.  Wer  eich  itterhaept 
pgM  iÜMB  Hiofiiecheii  vergangen  hat,  gehört  vor  sein  F^ 
ruL  Der  kfinigliche  Vogt  darf  derartige  Uebelthiter  nicht 
Yor  aeia  Gericht  ruÜBB.  Nxmiand  soU  für  dn  ^sdieheiies 
Vorbreeboi  bOfleen,  nicht  die  GKtter,  nicht  die  Erben,  nicht 
iar  Herr,  aicht  die  Stadt,  sondern  stets  nur  der  Thät^ 
sdbet  Die  Bestimmung,  dass  leichtfertige  Leute  nicht  als 
ZBOgoB  gegen  die  Hauen  zugelassea  werden  sollten,  deutet 
dock  daniiif  hin,  wie  UDSiefaer  dar  Reditssdiutx  dee  Kauf- 
MiM  in  jeMu  L&odem  noch  immer  war.  Güter,  die  aitf 
WagiB  geladen  sind,  um  auf  die  Schiffe  gebracht  zu  werden, 
smi  „uaverfiahren^S  können  noch  verzoDt  werden.  Ankom-^ 
ttOMie  Sdiiffd  können  zu  jeder  Zeit  ohne  Hindemiss  löech^L 
Die  HanssR  sollen  erst  am  Sonntag  vor  Michaelis  in  neuem 
Gelde  zahlen  (alUährlicfa  pflegte  d^  Kcmig  neu  zu  prägm, 
nckt  selten  schlechte,  und  nur  die  neue  Münze  galt),  dann 
aber  bei  Strafe  von  einem  Pfund  Groschen.  „Tabemen^^  sol^ 
len  auf  den  Vitten  nicht  sein,  ab^  Bier  kann  geschenkt  wer« 
ta,  aach  in  Krügen,  wie  bisher.  Die  ,3ttden^^  können  ver- 
erb! weiden,  auch  verkauft  vor  den  städtischen  Vögten  oder 
dflsi  Batbe  der  heimischen  Stadt  Was  ein  königlicher  Un* 
tsthan  baar  (promptis  denariis)  gekauft  hat,  soll  er  auch 
iaserhalb  3  Tagen  bezahlen.  Für  Norwegen  werden  die  alten 
ZNle  wieder  hergestellt,  wie  sie  zu  König  Erichs  Zeit  (1280 
-1299)  bestanden  hatten;  alle  Auflagen  aus  Hakons  Zeit 
(1299 — 1319)  sollen  aufgehoben  sein.  Durch  des  Königs  Län- 
der können  die  Hansen  vom  östlichen  zum  westlichen  Meere 
mit  ihren  Waaren  zu  Lande  reisen  und  schiffen.  Die  Be- 
iQtzung  dieses  Haodelswegs,  der  wohl  als  Ersatz  dien»  8<dlte 
hr  die  durch  den  Krieg  gesperrten  dänischen  Meerengen,  ist 
obne  Zweifel  der  Grund  dafür ,  dass  die  StMte  sich  Bahus 


284  Z-    ^^  «nte  Brii« 

ausbedingen,  so  lange  nicht  Schonen  in  ihren  Binden  ist 
Der  Veriuiuf  von  Salz  ist  gestattet,  aber  nicht  in  Quantititei 
unter  einem  Schülspfund.  Andi  der  Verkehr  nach  der  Nen 
und  weiter  wird  vollständig  frei  gegeben.  Kam  der  Vertng 
zur  Ausführung,  so  wurde  dem  Schonen-,  dem  Nowgoroi* 
und  Bergenfahrer  manches  Hindemiss  aus  dem  Wege  gerlnot, 
manche  alte  Klage  abgestellt  Doch  sollten  die  Stftdte  din 
Mal  ihr  Ziel  noch  nicht  erreichen;  die  Zusagen  erwiesen  sick 
als  leere  Versprechungen. 

Verhandlungen,    welche  die  Stftdte  neun  Jahre  spiter, 
nach  dem  zweiten  waldemarischen  Kriege,  mit  Magnus  Sohie, 
König  Hakon  von  Norwegen,  führten  0,  geben  uns  werthfoUe 
Nachrichten  über  die  Natur  dieses  Bündnisses.    Die  Stidtc 
forderten  dem  Vertrage  gemäss  Schadenersatz  für  die  Unko- 
sten des  ersten  Krieges;  Hakon  weigerte  sich  zu  zahlen,  weO 
seine  Gesandten  dieses  und  andere  Versprechen  den  StftdUa 
gemacht  hätten  ohne  sein  und  seines  Vaters  Wissen.    Sie  hät- 
ten leider  Vollmachten  gehabt  mit  den  Si^;eln  beider  Könige, 
diese  dann  bei  den  Verhandlungen  ausgefüllt  mit  Bestimmun- 
gen weit  über  ihre  Instrukticmen  hinaus  und  die  so  abge- 
schlossenen Verträge  ihren  Herrn    verhennlidit').     Da  die 
Städte  aus  ihrea  Archiven  beweisen  zu  können  behauptetes, 
dass  die  Gesandten  der  Könige  mit  unbeschränkter  Vdlmadit 
ausgestattet  gewesen  seien ') ,  da  sie  femer  nach  der  greib- 
waldcr  Versammlung  ihre  Boten  an  die  Könige  sandten  zur 
Besiegelung  und  Ratifikation  der  Verträge^),  die  dann  auch, 
wie  die  noch  jetzt  zu  Lübeck  vorhandenen  Originale  bewei- 


1)  H.  R.  U,  n.  1-4. 

S)  ebd.  U,  n.  S  §  S,  H  und  6,  n.  40  $  16.  Hakon  Mgi,  er  htm  die 
von  den  Städten  ausgefertigten  Vertrige  erst  jetst  (t4.  Jonl  1IT0)  n  GesieW 
bekommen,  die  von  den  Gesandten  den  Stidten  gegebtaen  aber  eeiea  iha 
nicht  bekannt  gewesen. 

8)  ebd.  II,  n.  8  §  1. 

4)  ebd.  I,  n.  SM  S.  191. 


,  foHsogon  worden  ist,  ao  kann  Hakons  Angabe  nicht  auf 
WahriMÜ  bflndioi.    Aneli  die  Annahme,  dasa  der  Reichsrath 
mk  dea  ktai^^hra  Siegob  bemichtigt  und  gegen  den  Wil- 
kB  der  FOraten  besiegelt  hätte,  was  er  wollte,  ist  durchaus 
■MmUfinig     Denn  am  22.  Sept^nber  1361  verspricht  Hakon 
im  Stidten  ausdrOddich,  dass  Alles  ausgeführt  werden  soUe 
(die  Städte  mOgeii  Zweifel  gehegt  haben),  was  zwischen  ihnen 
mA  den  Gesandten  vereinbart  sei  i),  und  am  28.  September 
1362  eiiiemEieD  beide  Kdnige  die  von  ihnen  besiegelten  Briefe 
u  *).    Und  doch  wflrde  HakcMi  sich  wohl  nicht  jener  Ausrede 
beünt  haben,  hätte  sie  nicht  einen  gewissen  innem  Grund 
gBhabft,  nämlich  den,  dass  gerade  die  Ghrossen  des  Reichs  es 
men,  die  den  innigsten  Bund  mit  den  Hansestädten  und, 
las  dasselbe  sagen  woDte,  die  entschiedenste  Fdndschaft  ge- 
ptk  Waldemar  wünschten.    Um  des  guten  Einvernehmens  wil- 
lea  mit  ihnen,  sagt  Hakan  später,  hätten  sein  Vater  und  er 
die  besiegdten  Verträge  anerkannt ,  obgleich  sie  gewusst  hät- 
tn,  dass  die  Gesandten  Ober  ihre  Vollmacht  hinaus  gegangen 
iritai');  diese  ihre  Räthe  aber  seien  gerade  ihre  wahren  Ver- 
Ttthor  gewesen^).    Gewiss  waren  es  die  Rdchsräthe,  nicht, 
wie  die  Städte  später  sagen ,  die  Könige ,  die  sie  ,4nit  videm 
Bitten,  Bereden  und  Ermahnen^  zum  Bündnisse  gdi>racht  hat- 
tet^).    Sie  suchten  höchst  wahrscheinlich    an  den  Städten 

1)  H.  B.  I,  D.  S65. 

I)  «bd.  1,  o.  tes  S.  tot.     Vgl.  II,  n.  3  1 1  and  40  I  6. 

5)  «bd.  U,  B.  40  t  5. 

4)  ebd.  U,    n.  t   |  7    and  n.  40  §  6—8.     Hakon   widerkgt  dmmit  Mtn« 
c%MM  A— if  roD  ünkanntnJM  d«r  abgwcbkMMncn  Vertrig«. 

6)  «bd.  U,  S.  1.  Die  DontoUang  bei  Fock  (UI,  141)  bt  unoHurn  an- 
ridMif ,  ab  sie  die  Stidte  ^die  Könige  Ifegnae  and  Hekon  Ten  Sebweden 
Mi  Nerwegen  fai  die  Koallliini  hineiniieben«*  UUtt.  Hiebt  von  den  Stidten, 
MndtfB  TOB  Scbweden  geht  die  Anregnng  lom  BOndnlM  mu.  „Bez  Megnot 
siiit  BoackM  »aee  et  legeloe  ed  tmeteadam  et  {ilaeitAndam  eom  prind|iibat  et 
tmnrmm  dominii,  ae  leiai  oun  ciriUtibne  loper  aequirendo  joraniiM  eontra 
legem  Daeie"  aegt  ipiter  Haken  aelbet  (H.  B.  U,  a.  t  1 1).  Die  Stidto  aa- 
gM  Y^aaf  Bitten  der  Könige  and  ihretwegen  bitte  man  lieb  aaf  dea  Bmid  gegen 


eitte  Stütze  geg^  Waldemar,  dm  sie  nidn  Mn*  ds  Fdnd  der 
Schweden,  sondern  wohl  noch  mehr  als  selbstimrlidieii,  die 
Vorrechte  des  Adels  md  der  Oeistlictdteit  nenen  Ordmmga 
beugenden  Regenten  hasstoi.    Magnus  md  HakoB  wiUigta 
nur  mit  Widerstreben,  nur  von  ihrem  Beichsrathe  geditagt 
in  diese  mge  Verbindung  mit  den  Städten.    Mit  Hakoa  ks- 
ben  sich  die  Grossen  offenbar  noch  eher  verstiadigt  als  mh 
Magnus.    Dass  dieser  am  11.  November  1361  zu  Kalmar  ^on 
seinem  Sohne  gefangen  genommen  wurde  ^)  zu  etner  Zeit,  di 
die  nach  Schweden  geschickten   städtischen  Gesandten  nod 
auf  die  Ratifikation  der  Verträge  warteten^),  stand  geirisB 
nicht  ausser  Zusammenhang  mit  dem  abgeschlossenen  Bflnd- 
niss ;  später  behauptet  Magnus,  dass  er  durch  Gefiing^sdiaft 
zur  Besiegelung  der  Verträge  gezwungen  worden  sei*).    Die 
zögernde  Ratifikation,  die  lässige  Ausführung  zeigt,  wie  wenig 
die  Könige  mit  dem  Herzen  bei  der  Sache  waren.    Schon  die 
Verschiebung  des  ursprünglich  in  Greifiswald  festgesetzten  Te^ 
mins  der  Kriegsbereitschaft  auf  den  nächsten  IiYtthling  wird 
eine  Folge  davon  gewesen  sein,  dass  die  Vertragsurkonden 
so  spät  von  den  nordischen  Königm  besiegelt  und  ratifidrt 
wurden. 

Es  lag  in  der  Natur  der  Sache,  dass  das  holsteinische 
Grafenpaar  dem  Bündnisse  nicht  fremd  Midi).  Führte  sie 
schon  ihre  Stellung  dem  Dänenreiche  gegenüber  überall  dahin, 

den  K5uif^  von  Dinemark  «ngelasien**.  (H.  R.  II,  8.  1.)  Von  „Bainfihangeii 
der  lianüischen  Diplomatie'^  die  ,,aaf  einen  Ihichtbaren  Boden  flolen^S  kann 
demnaeb  nicht  die  Bade  miIb. 

1)  Fant,  Scr.  I,  1,  p.  44  and  STO.  Enrihnt  wird  das  BrrigafM  noeh  I. 
1,  p.  M  and  58.  Die  Bnlhloi^^  der  aehwadiaokoa  Chronilwn  (besonders 
dar  Brfeli-Karb-Chroalk)  Iber  dieae  Vorginge  sind  sehr  vanrirrt  Sie  warfen 
Schonen ,  Ootland,  Margarata,  Eüsabath,  die  Holstainar  and  Maklenbnrger  ete. 
bunt  durelMinandar.  Bina  absehüesaanda  Untanochong  Ist  nicht  mSglieb.  so 
Uuige  die  Urkanden  der  Beit  nicht  ToUstlndlg  inganglkh  rind. 

%)  Am  19.  Not.  waren  diasalban  noeh  nicht  anrickgekahrt ,    a.  den  Brief 
LiUbcoks  an  Beval  vom  19.  ITov.   1S61 ,  H.  R.  1,  n.  SM  8.  ItS. 

a)  ebd.  11,  n.  40  §  7. 


887 

wo  gtgm  WaUesMur  gekimpft  wurde,  ao  musste  das  jttzt, 
da  für  Oire  Schweator  die  aorwegische  Königskrone  auf  dem 
Spiele  stand,  erst  redit  der  Fall  seiii.  Dazu  war  Graf  Hein* 
nch  dnrdi  alte  Bande  dem  Schwedenkteig  verbunden,  hatte 
als  Heorftlhrer  für  Om  gri^ämpft  und  war  durdi  Pfaadachaf« 
los  belohnt  worden*).  Das  wichtige  Kalmar  war  in  seinen 
BUbiden.  Okiehsam  im  Auftrage  Schwedois  scbemt  er  auch 
diesmal  mitgewirkt  2a  haben;  wenigstens  stdlra  es  die  Städte 
aa  dar,  als  der  Qraf  von  ihnen  Entschädigung  verlangte*). 
DüB  MagnuB  qi&ter  bdiauptet,  Graf  Heinrich  habe  ihn  ge«- 
tuigeft  genommen  und  so  seut  Unterzeichnimg  der  greifswal- 
dor  Verträge  gesswungen,  scheint  darauf  himmdeuten ,  dass 
der  Graf  eine  Haupttriebfedw  der  Koalition  gewesen  ist.  Hat 
tr  doch  bia  zu  den  allemeoesten  Untersuchungen  hin  f&r  den 
Heeifilhrer  derselben  gegolten,  während  wir  in  der  That  von 
seiner  eigentlichen  Betheiligung  am  Kriege  sehr  wenig  wissen. 
Neben  Sun  und  seinem  Bruder  sind  auch  Junker  Addf  von 
Schauenburg  und  Herzog  Waldemar  von  Schleswig  und  sein 
Sohn  Heinrich  dem  BOndnisse  gegen  Waldemar  beigetreten  '). 
Doch  sind  leider  von  den  abgeschlossenen  Verträge  keine 
ehalten. 

£a  war  ein  umfassendes,  aber  doch  nur  loses  Bttndniss, 
das  der  geschlossenen  Macht  Waidemars  gegenflberstand.  Die 
Finrigfn,  die  gewillt  und  im  Stande  waren,  ihrer  Vertrags- 
pflicht nachzukommen ,  waren  die  Städte.  Sie  waren  von  der 
Ueberzeogung  durchdrungen,  die  Lübeck  im  Novmiber  in 
dnem  Briefe  an  Beval  aussprach,  „dass  es  niemals  so  uöthig 
gewesen  sei  fiär  alle  Kaufleute  und  das  Meer  Befahrenden» 


1)  JMglMM«  H«iiir.  4.  EiMTM  S.  17  ff.;  Lib.  Urkdb.  III,  n.  148,  144; 
H.  n.  I,  n.  1T8. 

S)  H.  &  I,  n.  S76  I  S:  alcbü  promistruit  «i  dan ,  qnl»  fiUt  pro  parte 
r««b£wwitt. 

8)  S.  dU  WaffOTütilhtendsarkoBde  H.  R.  I,  n.  t7S  S.  809. 


288  ^    !>«*  «nte  Kffiag 

Widerstand  zu  leisten''^).  Nicht  Vkm  Aber  dn  Angriff  auf 
Wisbj,  aiidi  über  zahlreiche  direkte  BedrQdningeii,  Aber  vom 
Klkiige  nicht  alldn  begünstigte  und  geduldete,  nmn,  yoa  ihn 
selbst  aasgeübte  Banboreien  hatten  sie  sich  zu  beklagen '). 
Olmch  in  Oreifswald  verpflichteten  sich  die  Yersanimelten  Sei- 
deboten  der  wendischen  Städte  daher  zu  Leistungen,  die  über 
das  verabredete  Mass  hinausgingen.  Abgesdien  von  Hambuig 
und  den  preussischen  Städten  vertheflten  sie  unter  sieh  eiB 
Heer  von  2400  Mann  mit  48  Schüfen,  deren  eine  Hallte  gr<^ 
sere  (Koggen),  die  andere  kleinere  (Snicken  und  Schulen)  seia 
sollten  <).  Lübeck  sollte  von  dieser  Macht  V«  i  Rostock  und 
Wismar  ebenfolls  V«)  ebenso  Stralsund  und  6rei&wald  und 
das  letzte  Viertel  Stettin,  Kolberg  und  Anklam  stellen  zu- 
sammen mit  den  klemen  Nachbarstädten  ^).  Ausserdm  wur- 
den 8  Wur^peschütze ,  3  „  Werke'^  und  5  „Btiden^  zugesagt 

Und  wie  militärisch,  so  übernahmen  auch  diplmnatisdi 
die  wendischen  Städte,  Lübeck  an  der  S[ntze,  diesmal  wieder 
die  Führung,  wurden  auch  als  die  Leiter  aneriuuuit.  Das 
zeigt  sich  von  vornherein  deutlich  in  der  Bestimmung  des 
greif 8 walder  Becesses,  dass  der  in  Preussen  erhöhte  Pfund- 
zoll ihnen  überantwortet  werden  solle  ^).  Nach  Ostesa  und 
Westai  senden  sie  Briefe,  um  die  Städte  zu  einem  einmüthi- 
gen  Vorgehen  gegen  Waldemar  zu  vereinigen ,  sie  zu  Leistun- 
gen an  Schiffe  und  Mannschaften,  zur  Erhebung  des  Pfund- 


1)  Qttod  nnnquAm  Um  necetM  fait  omnihoi  mereatoribus  «t  mar«  TiaiUii- 
Ubas  in  resistendo,  H.  R.  I,  n.  264  S.  193. 

9)  ebd.  I ,  n.  264  S.  192  and  Detmar  an  1862.  Da  im  Jahre  1862  det 
KriegM  wagen  keine^  f,8chonetehe  reyse**  stattfand,  lo  gehSrt  Detman  Notii 
ohne  Zweifel  zum  Jahre  1861. 

8)  H.  R.  I,  n.  268. 

4)  Mit  der  holpe  der  y«gfaen  stede,  de  vns  tbo  hnlpe  gheren  afait  (es  ist 
wohl  8iini€h8t  an  Demmin  und  Stargard  zu  denken). 

6)  Wes  me  van  desme  tollen  sammelet  in  deme  lande  tho  Prataen ,  dat 
scal  men  antwerden  in  dat  Lubesche  dordendel  den  steden  by  der  aee  Torbe« 
niimet,  H.  R.  I,  n.  259  §8. 


g«g«n  Waldemar.  289 

zdls,  zum  Festhalten  an  den  greifswalder  Beschlüssen  zu  be- 
wegen. Das  einzige  dieser  Sdireiben,  das  uns  noch  erhalten 
ist,  das  von  Lübeck  an  Reval,  sagt  ausdrücklich,  dass  auch 
an  Kämpen  und  andere  Städte  an  der  Südersee  und  an  die 
Flaminger  Briefe  ähnlichen  Inhalts  geschickt  seien,  und  bit- 
tet Reval,  seinen  Nachbarstädtai  Mittheiluug  zu  machen '). 
Gleichzeitig  werden  wiederholt  Tagfahrten  gehalten,  von  de- 
nen wir  nur  gel^entlich  Kunde  bekommen,  so  durch  die 
hamburger  Kämmereirechnungen  von  dreien,  die  zwischen  dem 
7.  Sept.  1361  und  22.  Febr.  1362  zu  Rostock,  Lübeck  und 
Wismar  stattfanden '). 

Doch  hatten  alle  diese  Bemühungen  der  wendische  Städte 
nur  einen  theilweisen  Erfdg.  Kriegerische  Hülfe  kam  nur 
von  verhältnissmässig  nahe  gelegenen  Bundesgliedem.  Ver- 
handlungen mit  Hamburg  und  durch  dieses  wahrscheinlich 
mit  Bremen*)  führten  dahin,  dass  jenes  2  Koggen  mit  200 
Mann,  dieses  eine  mit  100  Mann  versprach.  Kiel  stellte  ein 
Sdiiff  mit  40  Mann  *).  So  war  ein  Heer  von  2740  Mann  statt 
der  vertragsmässigai  2000  und  eine  Flotte  von  62  Segeln  ge- 
sichert allein  von  den  wendische  Städte  und  ihren  nächsten 
Nachbarn. 

Schon  der  erste  greifewalder  Anschlag  scheint  darauf 
hinzudeuten,  dass  die  wendischen  Städte  auf  weiteren  kri^e- 
rischen  Beistand  ihrer  Genossen  nicht  ernstlich  rechneten, 
sonst  hätten  sie  schwerlich  gleich  das  stipulirte  Kontingent 
überschüssig  unter  sich  aufgebracht  Trotzdem  sind,  wie  wir 
noch  sehen  werden,  auch  niederländische  Schiffe  im  nächsten 
Frühlinge  mit  in  den  Sund  gesegelt  Im  Uebrigen  beschränkte 
sich,  so  viel  wir  ^cennen  können,  die  Theilnahme  der  ande- 

1)  H.  B.  I,  n.  t64  S.  198  ud  194. 

9)  Koppmmiin:  Hamlnirger  Klmiiier«irechniing«ii  I,  75. 

3)  H.  B.  I,  S.  186  B  nnd   Ana.  8^    KiinaMr«lrMliBMg«n  1,   T5  v.    74 
utor  d«r  Bobrik:  mi  reyiM. 

4)  H.  B.  I,  ■.  988. 

ScUlv,  Die  BauMliite.  |^ 


290  ^-    I>«r  «nta  Krieg 

ren  Hansaglieder  auf  Erhebung  des  Pfundzolls  oder  gar  bd 
den  meisten  nur  auf  Befolgung  des  Handelsverbots  gegen  Dä- 
nemark. Die  preussischen  Städte  und  mit  ihnen  Stockholm 
und  Wisby  erhoben  Pfundzoll  in  ihren  Häfen;  von  LOnebuig 
wissen  wir,  dass  es  einen  Beitrag  von  200  Marie  rein  SIbcf 
leistete,  jedoch  nur  vorschusswdse  ^).  Alle  anderen  Stiidte 
scheinen  sich  darauf  beschränkt  zu  haben,  d^  Verkehr  mit 
Dänemark  einzustellen. 

Wenig  wissen  wir  von  den  Bfistungen  der  übrigen  Va- 
tragsmächte.    Die  der  beiden  nordischen  Könige  sind  dürftig 
genug  ausgefallen;  Unvermögen  und  Mangel  an  gatem  Willeii 
mögen  gleichmässig   die  Ursache  davon  gewesra  sein.     Ihr 
Bote  Hermann  von  Vitzen  erschien  im  Frülgahr  1362  in  Lü- 
beck und  bat  um  Schiffe  und  Proviant.    Stralsund,  Hamburg 
und  Wismar  erklärten  sich  ziur  Beisteuer  bereit');  so  wur- 
den fünf  Schiffe  für  den  Dienst  der  Könige  ausgerüstet,  deren 
man  drei  dem  Grafen  Adolf,  zwei  Heinrich  dem  Eisernen  zur 
Verfügung  stellte.    Für  Lieferung  von  Proviant  allein  bekai- 
nen  sich  Magnus  und  Hakon  am  1.  Mai  1362  zu  einer  Schuld 
von  2000  Mark  lübischer  Pfennige  an  Lübeck  >);  dieses  hatte 
zunächst  die  Kosten  gedeckt  und  forderte  erst  später  seine 
Auslagen  von  Hamburg,  Stralsund  und  Wismar  wieder  ein, 
als  die  Könige  ihre  Schuld  nicht  berichtigten.    Nicht  gering 
müssen  in  der  That  die  Mittel  gewesen  sein,  über  die  Lübeck 
der  Zeit  verfügte,  wenn  es  neben  seinem  eigenen  beträchtli- 
chen Kontingente  noch  solche  Leistungen  mit  Ldchtigßiieit  über- 
nehmen konnte. 

Werfen  wir  einen  Blick  hinüber  in  das  feindliche  Lager, 
so  liegen  dort  die  Verhältnisse  wesentlich  einfacher.     Fast 

1)  H.  R.  I,  D.  287  §  19,  n.  310  §  5;  ebd.  n.  290.     Wegen  Lftnebarg  vgl. 
II,  n.  9  §  14. 

2)  ebd.  1,  n.  269  vom  11.  April  1362. 

3)  ebd.  I,  n.  270  mit  der  Anm.  2.     Der  Schlosi  der  Urkunde  seigt  aacli, 
dasH  der  Roirlisrath  eine  Ilauptrolle  spielte  l>eim  Abscbluu  der  Vertrige. 


gtgea  WaldeiDAr.  29X 

ausschliesslich  war  Waldeinar  auf  seine  eigenen  Kräfte  ange- 
wiesen, aber  es  scheint  auch,  dass  er  verstanden  hat,  die- 
selben der  drohenden  Gefahr  gegenüber  zusanunenzuhalt^. 
Nichts  wenigstens  hören  wir  in  diesai  Jahren  von  irgend  wel- 
chen inneren  Unruhen  in  Dänemark;  auch  den  mächtigen  und 
trotzigen  Adel  finden  wir  auf  des  Kckiigs  Seite.  Nur  ein 
treuer  Freund  lieh  diesem  von  aussen  her  seine  Dienste,  ein 
Mann^  der  während  der  ganzen  Regierung  Waidemars  unauf- 
löslich an  dessen  Interesse  geknüpft  scheint,  Herzog  Erich 
von  Sachsen.  Er  tritt  schon  früh  als  Waidemars  Gefahrte 
auf.  Seitdem  er  mit  diesem  zusammen  im  heiligen  Lande  ge- 
wesen war,  spielte  er  in  fast  allen  wichtigen  Unternehmungen 
des  Dänenkönigs  eine  Rolle.  Auch  an  dem  Zuge  nach  Got- 
land  hatte  er  theilgenommen.  Beträchtliche  dänische  Lehen 
waren  sein  Lohn ;  später  besass  er  sogar  das  wichtige  Bahus  ^ ). 
In  dem  drohenden  Kriege  konnte  er  nicht  unthätig  bleiben. 
Aber  eigenthümlich  gestaltete  sich  Erichs  Stellung,  da  die 
liauenburger  der  Stadt  Lübeck  stets  freundlich  gewesen  wa- 
ren, er  selbst  erst  vor  Kurzem  (am  6.  März  1361)  ein  Freund- 
schaftsbündniss  mit  diesem  EUiupte  der  Gegner  Waidemars 
geschlossen  hatte').  Ausdrücklich  war  darin  der  Fall  eines 
Krieges  mit  Dänemark  vorgesehen  worden.  Der  Herzog  sollte 
während  eines  solchen  von  den  Schlössern  und  Landen,  die 
er  inne  hätte,  dem  dänischen  Könige  Dienste  thun  dürfen,  wie 
er  pflichtig  wäre,  aber  im  Lande  Sachsen  sollte  er  nicht  Feind 
der  Lübecker  werden.  Auf  Grund  dieses  Vertrags*)  wurde 
dann  im  Februar  1362  unter  Zustimmung  des  Grafen  Hein- 
rich ein  Abkommen  zwischen  Lübeck  und  d^  Vasallen  des 


1)  H.  R.  I,  n.  829;  vgl.  «bd.  U,  ii.49  |9,  (wnw  Sohm  XUI,  40S, 
419,  4t8,  445,  469,  4«S,  490,  Detmar  M  186S. 

t)  IMh.  Urkdb.  III,  ■.  8S9;  Tfl.  dm  Dttmar  la  IMS  S.  985. 

8)  PrtmiMa  CmI»  rant  proptor  ipMUlU  |NroT6rbia,  qiM  hftb«ÜMU  emm 
diiee  Erico  et  lub  tapra  diotb ,  H.  R.  I,  n.  448. 

19» 


292  ^-    ^^  «nte  Krieg 

Herzogs  geschlossen^),  das  auch  f&r  den  Efinig  vmi  Schwe- 
den geltai  sollte.  Fester  Friede  sollte  darnach  auf  dem  Lande 
herrschen,  auf  dem  Meere  aber  durfte  Herzog  Erich  mit  de& 
Seinigen  den  König  unterstützen,  durften  dessen  Feinde  ihn 
bekämpfen.  Unbehindert  sollten  der  König  Ton  Schweden  nid 
die  Städte  Mannschaften  über  die  Elbe  führen  können.    So 


1)  H.  R.  I,  n.  448  and  444.  Mit  den  VasallMi  •ll«in  bt  diesef  Abkoih 
men  wahrscheinlich  desshalh  abgeschlossen,  weil  Henof(  Kiieh  wohl  in  Dia»- 
mark  war.  Diese  beiden  Urkunden  sind  ron  Koppmann  nach  dem  VorgaBge 
▼on  Lappenberg  (Qaellensammlong  d.  Schi.  Holst.  Laabg.  Oea.  I,  161)  aad 
Janghans  (Heinr.  d.  Eiserne  8.  87  A.  87)  ins  Jahr  1868  gesetrt  worden,  h 
scheinbarer  Beaiehung  au  ihnen  steht  H.  R.  I,  n.  497  |  7.  Bei  nlharer  Be- 
trachtung seigt  sich  jedoch,  dass  der  dort  verabredete  Vertrag  nicht  der  ia 
n.  448  erwähnte  sein  kann ,  denn 

1)  bei  dem  Vertrage  in  n.  448  spielt  Hamburg  dne  Haaptrolle ;  in  Fe- 
bruar 1868  aber  standen  die  Stftdte  au  Hamburg  in  einem  so  gespannten  Ver- 
hältnissi  dass  man  am  27.  d.  Hon.  (n.  486  §  5)  erwog,  ob  Hamburg  nicht 
aus  der  Hanse  su  stossen  sei; 

9)  die  in  n.  427  §  7  erwähnten  Verhandlungen  werden  mit  Henog  Erieh 
selbst  gef&hrt ,  in  n.  448  ist  nur  von  seinen  Vasallen  und  Vögten  die  Bede ; 

8)  die  Bestimmungen  von  n.  427  |  7  und  n.  448  stimmen  darebans  nidit 
fiberein.  Dort  ist  davon  die  Rede,  dass  Henog  Erich  Jeden  Zamg  flir  den 
Dänenkdnig  durch  seine  Lande  verhindern  soll,  hier,  dass  an  Lande  Friede, 
auf  dem  Meere  aber  Krieg  sein  soll ;  Jene  Bestimmung  ist  doch  schwerlich  ver- 
einbar mit  der  in  n.  448,  dass  städtischen  und  schwedischen  Söldnern  der  Su- 
sug  durch  Hersog  Erichs  Lande  gestattet  sein  soll; 

4)  gehörte  n.  443  aum  Jahre  1868 ,  so  wfirde  doch  JedenfaUs  ▲Ibrecht 
von  Meklenburg,  die  Seele  des  damaligen  BQndnisses,  erwähnt  worden  sein, 
nicht  bloss  der  König  von  Schweden  und  Qnt  Heinrich ,  die  Bnndaagenoisen 
von  1861 ; 

5)  der  in  n.  487  §  7  erwähnte  Vertrag  soll  auf  2  Jahre  geachloasen  wer- 
den ;  davon  wird  in  n.  448  Nichts  erwähnt.    — 

Dagegen  passt  n.  448  sehr  wohl  su  dem  Vertrage  vom  6.  Man  1361  awi- 
schen  Lübeck  und  Herzog  Erich ,  mit  dem  es  im  Texte  verbunden  worden  ist 
Auf  n.  427  §  7  aber  wird  sich  Lfib.  Urkdb.  lU,  n.  642  vom  25.  Febr.  1868 
beziehen.  Hier  wird  ein  Vertrag  auf  2  Jahre  geschlossen,  hier  verspricht 
Herzog  Erich ,  dem  König  von  Dänemark  den  Zuzug  durch  seine  Lande  abzu- 
schneiden, hier  wird  abgeschlossen  mit  Lflbeck,  mit  Henog  Albreeht  von 
Meklenburg  und  den  holsteinischen  Grafen  Heinrich  und  Klans,  die  427  §  8 
erwähnt  werden.  Es  ist  also  an  Stelle  von  n.  448  und  444  in  die  H.  R.  auf- 
zunehmen Lfib.  Urkdb.  UI,  n.  642,  'jene  beiden  Urkunden  aber  sind  vor  n.  269 
einzufügen. 


gtgtn  Wmldemar.  293 

wurde  dn  YerhUtniss  stipulirt,  wie  es  nur  in  jener  Zeit  mög- 
lich war,  da  der  Krieg  mehr  als  ein  Spiel  um  Ehre,  Beute, 
Macht,  deim  als  ein  Ringen  um  Lebens-  und  Daseinsfragen 
betrachtet  wurde. 

Oanz  neutral  hielt  sich  eine  andere  Macht,  die  im  zwei- 
teo  Kriege  gegen  Waldemar  eine  Hauptrolle  spielte  und  ihrer 
Ijage  nadi  audi  ganz  dazu  berufen  war,  Meklenburg.    Her- 
zog Albrecht  hatte  gegen  Ende  der  ÖOer  Jahre  an  den  Krie- 
gen gegen  Waldemar  lebhaften  AntheU  genommen;  seit  jenem 
Tertrage  Tor  Helsingborg  ^)  stand  er  mehr  auf  dänischer  Seite. 
Doch  hat  er  in  diesem  Kriege  nicht  gegen  die  Verbündeten 
Partei  ergriffen;  wir  sehen  ihn  mit  beiden  Theilen  im  besten 
EinTemdimaL    Waldemar  leistete  während  des  Krieges  dem 
Herzoge  zwd    ans  der  Mitgift  seiner  Töchter   rücksttodige 
Zahlungen  und  erhielt  ihn  dadurch  in  guter  Freundschaft  <). 
Anderersdts  hatte  Lübeck  schon  am  11.  Oktober  1361  be- 
stdiende  Zwistigkeiten  mit  Meklenburg  durch  einen  Vergleich 
geoidigt,  und  die  enge  Verwandtschaft  mit  Graf  Adolf  von 
Idstein,    don  Bundesgenossen  Schwedens  und  der  Städte, 
fBhrte  die  meUenburgischen  Herzöge  zu  einem  guten  Verhält- 
Ufls  mit  diesen '). 

9)  Heer  und  Flotte  der  Hansen  und  ihree  Gtogneni. 

Als  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  Reimar  Kock  die 
Geschichte  seiner  Vaterstadt  schrieb,  gedachte  er  auch^)  je- 
nes Grabsteines  des  lübecker  Bürgermeisters  und  Flottenfüh- 
rers  Brun  Warendorp,  der  mit  seiner  kunstreichen  Metall- 
platte noch  jetzt  die  Besucher  der  S.  Marienkirche  anzieht, 


1)  8.  oImh  S.  167. 

i)  Am  4.  Juni  und  15.  Aagost  1868,  Sahm  XIII,  468  aad  468.  Dass 
Htriog  AltHTteht  odl  Dlnamark  in  „imiderliker  mindicbop  and  in  relighem 
rx96%^  war,  i.  Stoffe  I,  S.  56. 

8)  Lfib.  Urjkdb.  IE,  n.  411  n.  419;  Schi.  Holst.  Laabg.  Urkdb.  U,  S.  846. 

4)  Christof;  l8b.  Chron.  I,  475. 


294  ^-     ^^  ^f*^  Krieg 

und  fügte  der  citirten  Grabschrift  die  Worte  hinzu:  „Damah 
scheuten  sich  nicht  Bürgermeister  und  Bfligermdsteikinder, 
sich  gebrauchen  zu  lassen  zum  Zuge  gegen  die  Feinde  in  D&- 
nemark/^  Dem  Zeitgenossen  Jürgen  WuUenwevers  mochte  es 
auffalle,  dass  selbst  die  Ersten  der  Stadt  sich  dem  Dimste 
im  Felde  nicht  entzogen;  das  14.  Jahrhundert  war  noch  dann 
gewöhnt,  die  kriegskundigen  Bathmannen  an  der  Spitze  waf- 
fentüchtiger Bürger  selbst  ins  Feld  ziehen  zu  sehen. 

Denn  überwiegend  beruhte  doch  zur  Zeit  der  waldemari- 
schen  Kri^e  das  stadtische  Heerwesen  noch  auf  der  allge- 
meinen Wehrpflicht  der  Bürger.  Es  lag  in  den  Verhältnissen 
gegeben ,  dass  man  dieser  Seite  staatlichen  Lebens  eine  unab- 
lässige und  scharfe  Aufmerksamkeit  widmete,  vor  allen  Din- 
gen die  alte  Lehre  beherzigte,  im  Frieden  zum  Kriege  zu  rü- 
sten. In  erster  Linie  galt  das  für  die  DefensiTe,  in  der  die 
Städte,  der  natürlichen  Lage  der  Dinge  gemäss,  weit  stäilier 
waren  als  im  Angriff.  Es  gab  unter  den  grösseren  Städten 
Norddeutsclüands  damals  wohl  nur  noch  wenige,  die  sich  nicht 
hinter  Graben  und  steinernen  Mauern  dem  behaglichmi  Ge- 
fühl schwer  zu  gefährdender  Sicherheit  hingegeben  hätten; 
das  alte  Planken-  und  Pallisadenwerk  war  längst  gelsllen. 
Allerdings  waren  die  Mauern  keineswegs  sehr  hoch  und  dick 
(im  Durchschnitt  wohl  kaum  über  20 — 25  resp.  8 — 10  Fnss), 
auch  waren  sie  keineswegs  übermässig  fest  gebaut  (ans  Zie- 
geln, oder  auch  wohl,  wie  in  Wisby,  aus  sdüecht  verbundenen 
natürlichen  Steine),  noch  auch  immer  wohl  fundamentirt  (m 
Wisby  sind  die  Steine  einfach  auf  den  Boden  gelegt  ohne  jeg- 
lichen Unterbau),  aber  sie  erfüllten  trotz  alledem,  der  man- 
j^clhaften  Belagerungskunst  der  Zeit  gegenüber,  kaum  weniger 
ihren  Zweck  als  die  Festungswerke  unserer  Tage.  Die  man- 
gelnde Bastionirung  ersetzte  man  durch  Thürme,  die,  theils 
kleiner  und  auf  der  Mauer  hängend  gleich  Reitern ,  theils  in 
doppelter  ja  dreifacher  Höhe  rund  oder  vierkantig  über  die- 


gtgwi  Waldeinar.  295 

selbe  emparragead,  durch  ihr  Yorspriiigen  über  die  Aussen- 
linie  der  Mauer  dne  Bestreichung  derselben  gestatteten.    Nach 
oben  sich  veijQngend  oder  mit  einer  Brustwehr  versehen,  häufig 
irmelirt^  trug  die  Mauer  an  der  Innenseite  auf  eingelassenen, 
hervOTragenden  Balken  eine  Bretterlage,  Standpunkt  der  Ver- 
theidigerf  sugleidi  Umgang  für  sie.    Mit  grosseren  und  klei- 
neren Wurfmaschinen,  mit  Pfeilen,  Steinen,  Balken,  Pfannen 
pflegte  man  zur  Kriegszeit  Thttrme  und  Mauern  wohl  zu  ver- 
sehen.   An  Händen,  das  alles  zu  bedienen,  die  Werice  zu  be- 
mannen, fehlte  es  nicht,  da  nicht  nur  sämmtliche  waflenfähige 
Bürger,  sondern  auch  die  Oesellen  der  Aemter  zur  Verthei- 
digimg  der  Stadt  verpflichtet  waren,  im  Frieden  zu  Wacht- 
dicnsten.    Denn  stehende  Soldtruppen  gab  es  nicht,  wenn  man 
nicht  die  wenigen  berittenen  Knechte  als  solche  bezeichnen 
win,  die  fast  jede  Stadt  hielt,  um  Geleit  zu  geben ,  den  Frie- 
den auf  den  Strassen  der  nächsten  Umgegend  zu  wahren,  un- 
ter Umstände  auch  einem  Haubritter  seinen  Fang  abzujagen, 
flui  in  seine  feste  Behausung  zu  verfolgen,  wenn  das  Glück  wohl 
wollte,  ihn  dort  zu  erschlagen  oder  zu  fangen.    An  der  Spitze 
solcher  stehenden  Truppen  stand  ein  „Ausreitevogt'S  ein  adli- 
ge Hauptmann;  Lübeck  gab  dem  seinigen  zur  Zeit  Albcrts 
voD   Bardowik  (Ende  des  13.  Jahrhunderts)  „reichen  Sold'', 
90  Mark  jähriich  (etwa  1000  resp.  7—8000  Mark  unseres  Gel- 
te), jedem  Reiter  10  Mark.    Der  Letzteren  waren  in  Lübeck 
30,  in  anderen  Städten  ohne  Zweifel  meist  weniger.    Für  die 
Vertheidigung  der  Stadt,  für  auswärtige  Kriege  hatten  sie 
natürlich  nur  eine  sehr  nebensächliche  Bedeutimg. 

Wenn  auch  nicht  durch  stehende  Truppen,  so  waren  die 
Städte  doch  sonst  auch  im  Frieden  wohl  vorbereitet  für  den  Krieg. 
In  Lübeck  ^)  bewahrten  zwei  Rathsherren  als  Kriegszeugmeistcr 
nder  Stades  armborste  unde  dat  schot'^  Bogen  und  Pfeile; 

1)  Onntoff,  Lflb.  Chroniktn  I,  418 ;  Tgl.  Pmü  ,  Ittbeck.  ZosUnde  I,  94 ; 
HtBbg.  Klmmtreirechn.  I,  S.  XCVIL 


296  X*    I>«r  •nt«  Krug 

ähnliche  Sorge  lag  dem  ,^achiiiista",  dem  Blidennieister,  ob. 
Der  stadtische  „balistarius^^  (Armbrustmadier)  hatte  die  ii5- 
thigen  Batisten  herzustellen;  mit  Feuergeachoss,  FeneipfieDtt 
war  man  wohl  versehen.    Fleissig  sorgte  ein  Eraamer  Bith 
für  Vermehrung  dieses  Materials.  Verträge  wurden  abgeschk»- 
sen,  die  regelmässige  Lieferung  von  Kriegsmaschinen  rad- 
chem.    1364  verpflichtete  sich  Johann  Stuke,  dem  Bathe  n 
Lübeck  al^ährlich  ein  „machinamentum  sagittarium,  vnlgari* 
ter  eyn  schietende  werk^'  zu  machen,  was  denn  anch  filr  die 
drei  nächsten  Jahre  (nur  für  diese  sind  wir  berichtet)  ge- 
schehen ist  ^).    Auch  aus  andern  Städten  sind  uns  derart^ 
Kontrakte  erhalten;  die  Verhältnisse  sind,  wie  auf  so  man- 
chen andern  Seiten  städtischen  Lebens,  überaus  gleichartig. 

Wie  für  die  Vertlieidigung,  so  musste  auch  für  auswärtige 
Kriege  die  Stadt  sich  zunächst  auf  ihre  Bürger  stützen,  be- 
sonders seewärts.  Als  1374  der  lübecker  Bath  von  der  Bürger- 
schaft einen  besonderen  Schoss  und  Vorschoss  verlangte  und 
die  Matten  erhöhte,  baten  die  Aemter  um  Abstelhmg  der 
Neuerungen  und  beriefen  sich  unter  Anderm  darauf,  dasa  sie 
dem  Rathe  stets  willig  gewesen  seien  zu  Wasser  und  zu  Lande 
mit  Leib  und  Gut  und  femer  gern  sein  wollten  zu  allen  Zeiten, 
wenn  der  Bath  es  begehre,  und  lieber  sterben  wollten  als  ge- 
schehen lassen,  dass  dem  Rath  ein  Unrecht  begegne  *).  Nodi 
100  Jahre  später  sind  die  Aemter  dem  Bath  zu  Kri^^ensten 
verpflichtet,  1471  müssen  sie  ihm  115  Beiter  stellen,  im  folgen- 
den Jahre  90  gegen  die  Engländer  (up  de  Engeischen)  zur 


1)  Lüb.  Urkdb.  Rh  n..497.  Vgl.  Rüdiger,  Die  tlteeton  hamlmrg.  Zunft- 
rollen  S.  2;  Lttnebg.  Urkdb.  II,  n.  806 ;  Liv-,  Est-  und  Knrld.  Ui^db.  III, 
n.   1038  b. 

2)  Wehrmann,  Lttbeck.  Zunftrollen  S.  41  Note:  Wente  gy  dat  wol  weien, 
dnt  wy  ju  wyllich  hebbet  ghewesen  to  l&nde  nnde  to  watere  myt  lyre  viide 
myt  Rudo  unde  noch  gherne  don  wyllcn  to  allen  tyden,  wan  gy  des  van  ans 
bcfi^hcrcnde  syht,  unde  wy  weiden  alle  sterven  nmme  jnwen  wyllen,  er  wy 
ju  zcghcn  vorunrechteu. 


f«feii  Waldeaiar.  297 

Beschtttsnng  einer  Ittbeddsch^  Flotte  auf  der  Fahrt  nach 
Flandeni;  damals  und  auch  noch  später  Hessen  sie  die  jflng- 
stra  Meiste  dienen ,  stellte  aber  auch^  schon  Soldtnippen  ^). 
Dass  der  Rath  wenigstes  gegen  Ende  des*  13.  Jahrhunderts 
geradesu  zur  Heerfahrt  konskribirte,  erfahren  wir  aus  der 
Einforderung  eines  Tidemann  Lange  zur  f^Reise^^  nach  Nor- 
wegen (wahrscheinlich  1284).  Um  diese  Zeit  waren  auch  ca 
70  hlbeckische  Bürger  zur  Haltung  von  Streitrossen  und  6e^ 
waflfheten  verlachtet,  die  auf  den  Wink  des  „Vogts^  bereit 
sein  mussten  *).  Besonders  die  zahlreiche  und  wichtige  Scbifis- 
mannschaft  setzte  sich  wohl  fast  ausschliesslich  aus  Städtern 
zusammen.  Dass  städtische  Rathmannen  den  Oberbefehl  in 
Heer  und  Hotte  hatten  und  Gehorsam  fanden,  lässt  mit  einiger 
Sicherheit  darauf  schliessen,  dass  das  bürgerliche  Element  im 
Heere  der  Städte  die  Hauptrolle  spielte. 

Daneben  hatte  aber  doch  auch  schon  im  14  Jahrhundert 
das  Söldnerwesen  eine  nicht  zu  unterschätzende  Bedeutung; 
zu  bequem  und  zu  vortheilhaft  war  dasselbe  für  <fie  geld* 
kräftigen  Städte,  als  dass  sie  es  nicht  hätten  adoptiren  sollen. 
War  auch  der  Reiterdi^st  in  den  Städten  noch  nicht  ganz 
abgdtommai  (noch  in  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts 
wird  in  Wismar  und  Lüneburg  Wachtdioist  zu  Pferde  ge- 
leistet) '),  so  bestand  doch  auf  weiteren  Heerfahrten  die  grös- 
sere Menge  der  Schwerbewaffiieten  wohl  vorzugsweise  aus  Sold- 
truppoi :  Ritterbürtigen  und  Ritterdienste  Thuenden  mit  ihren 
Knappen  und  Knechten.  Daneben  warb  man  auch  Leichter- 
bewafhete  an,  Leute  vom  gemeinen  Volke,  de  populo  vulgaris ). 

1)  ebd.  S.  111  ff.  Sollte  wirklich  an  Reiter  so  denken  eelnf  Die  QueUe 
wird  ,,nitere^  Iiaben.  Aber  f,nitere  tor  see'*  sind  im  iptteren  Mittelalter  ein- 
ÜMbe  Kriegtkneehte. 

t)  Lflb.  Urkdb.  1,  n.  749,  II,  n.  1016,  1017. 

8)  Bnnneister,  Wismarsclie  Bflrgenpr.  S.  1 ;  Tgl.  Mitiseh,  Das  Sldisische 
Heergewite  and  die  Hobteinisch-Ditmarsisehe  Basemrftstmig,  Jabrb.  f.  Landkde 
d.  Hafthttmer  I,  886  ff. 

4)  In  dem  Entwürfe  eines  Vertrafes  awischen   den  Städten  Wüd  melureraii 


298  ^'    ^^  ^'^^  ^^'^ 

Auch  mancher  BOrgcr  diente  um  Sold  >);  die  nie  ersterbende 
deutsche  Waflfeidust  und  Hangel  an  Erwerb  in  der  KriegBidt 
mochten  dazu  geneigt  machen.  Zahlreich  sind  die  Nachridhtoi 
über  Anwerbungen  und  Soldzahlungen  f&r  den  ersten  Kriq; 
gegen  Waldemar*).  Adlige  Herren  und  Andere  treten  mit 
ihren  Dienern  und  Genossen  fär  längere  oder  kOnere  Zeit  in 
den  Dienst  der  Städte.  Manche  Ton  ihnen  haben  gOum 
Gefolgschaften  um  sich  gesammelt,  der  Anfang  der  SOUmf* 
fahrer  und  grossen  Söldnerhaufen  des  späten  Mittelaltera  So 
schliessen  die  Grafen  von  Wunstorf  mit  Lttbeck  einen  Vertrag, 
in  dem  sie  sich  zur  HerbeifQhrung  von  Gewafheten  verpflidi- 
ten').  Am  deutlichsten  erkennen  wir,  mit  Hfllfe  der  KSm- 
mereirechnungen^),  die  Art  der  hamburger  Rtlstung.  Otto 
von  Estorp  und  Bertram  Haselhorst  hatten  es  ObemammeB, 
für  den  Rath  die  nöthigen  Kriegsmannschaflen  zu  werben. 
Ausser  dem  höheren  Solde  als  Führer  erhielten  sie  dafür  eine 
besondere  Gratifikation,  praerogativa.  Die  Soldlisten  geben 
uns  einigermassen  Auskunft  Aber  die  Zusammensetzung  des 
Haufens.  Neben  den  eigentlichen  Kriegem  führte  er  dnen 
Arzt,  zwei  Bäcker,  drei  Köche  und  drei  Pfeifer  (fistulatores). 
Dass  Musiker  auch  sonst  die  Ausziehenden  begldtetoi,  beweist 
die  Abrechnung  über  eine  lübecker  Seeausrüstung,  die  Aus- 
gaben für  2  Pfeifer  aufführt,  ja  sogar  für  6  joeulatores,  Gaukler  ^). 
Waren  nun  auch  die  Soldtruppen  von  hervorragender  Be- 

FUrsten  verpflichten  sich  erstere  neben  SOO  Bittern  «ad  Knippen  (niilitibiu  et 
fKmoUs)  600  Bewaffnete  vom  gemeinen  Volke  sn  steUen  (nltr»  hoo  csn  (00 
nrmatis  de  popolo  valgari) ,  H.  B.  I,  n.  296  §  5. 

1)  Z.  B.  Lub.  Urkdb.  HI,  n.  425,  502  n.  Anm. ,  n.  4— IS,  20,  S7.  Vgl. 
auch  U.  B.  I,  n.  310  §  5,  n.  287  §  20,  n.  812  §  1. 

2)  Lab.  Urkdb.  III,  n.  424,  425,  427,  482,  461,  47^,  475,  478,  502,  be- 
sonders S.  510  ond  532;  vgl.  n.  454  aud  492.  Für  Bostock  H.  B.  I,  a.  312. 
Für  Bremen  Brem.  Urkdb.  UI,  n.  182  u.  183. 

3)  LUb.  Urkdb.  III,  n.  454. 

4)  S.  86 ;  vgl.  Nordalbing.  Stadien  I,  85. 

5)  61 1,  sol.  pro  duabas  fistulis,  item  10  aur.  5  jociüatoribiis,  Ltlb.  Urkdb.   i 
III,  n.  737  S.  810. 


fegen  Waldeautr.  399 

deutung  im  städÜBchen  Heerwessen,  so  lag  doeh  die  Ftthnrng 
in  erster  Lmie  in  den  Händen  von  Bflrgem,  Baths^edem  der 
Städte.  Ausdrücklich  wird  uns  das  berichtet  jRbr  den  zwdtea 
Krieg,  während  wir  aus  dem  ersten  allerdings  nur  gelegentlich 
v<m  bürgerlichen  Hauptleuten  erfahren,  von  Eolberg,  Rostock, 
Bremra^)  und  besonders  v<m  Lübeck.  Sein  Bürgormeisttf, 
Johann  Wittenborg,  aus  einem  alten  lübischen  Rathsgeschlechtei 
der  schon  auf  der  «itscheid^den  grei&walder  Versammlung 
den  Vorsitz  geführt  hatte,  war  der  Oberanführer  des  hah- 
sischen  Heeres.  Graf  Heinrich  von  Holstein,  dem  lange  der 
Oberbefehl  zugeschrieben  worden  ist'),  hat  man  damit  eine 
unverdiente  Ehre  erwiesen. 

Zur  festgesetzten  Zeit  oder  etwas  später,  um  die  Scheide 
des  März  oder  April,  scheint  sich  die  hansische  Flotte  ge- 
sammelt zu  haben.  Sie  war  stärker,  als  sie  vertragsmässig 
hätte  zu  sein  brauchen.  48  Schiffe  mit  2440  Bewaflhetai  hattai 
allein  die  wendischen  Städte  unter  sich  vertheilt,  allerdings 
nur,  wie  die  späteren  Abrechnungen  beweisen '),  2240  wiridieh 


1)  IL  R.  1,  B.  tf9  (10:  De  prerogaiWa  eapitaneit  eoBMlaribiu  fiiciüMla, 
de  s«i»  coBftularilMU  eapitaiieia.  Die  den  „imthminniichen  HanpÜenten  •• 
■Mckeade  Prirogatire**  war  ohae  ZweiiU  eine  besondere  Verfiteng  f&r  die- 
selben. Deaiaecb  ecb^nen  nmob  die  von  Stralnmd,  Stettin,  nnd  Kiel  been- 
eprmchten  pmerof  «tiTee  enpitMieonun  «uf  biigerUobe  Hnnpllente  binsrnweisen.  — 
Ancb  von  Rostock  werden  swel  geCuigene  Batbsberren  erwibnt  (Priedr.  Smder» 
I«ad  nnd  Job.  Knie,  Hans.  OeMsbbl.  1S7I,  S.  ISO  A.  1),  die  mit  der  boben 
Sname  von  1000  Maatk  fein  geldet  werden  und  gewist  als  Fibrer  am  betraebten 
sind,  U.  R.  I,  n.  S99  §  6,  vgL  n.  S07  (  9.  Der  bremUcbe  HanpHnann  war 
Bftrgenneister  Bembard  von  Dettenbaseo,  RTnesbereb-Sebene  bei  Lappeaberg, 
OeeeblcbtsqneUen  des  brem.  Rraetifb  S.  107.  Kapitaine  (Sebiflinr)  der  Haa- 
bnrger  Koggen  waren  Heino  von  Baren  and  Sweder,  aber  die  eigentlieben 
Leiter  scbeinen  die  Batbsberren  Ueraann  Biseboping  «nd  Hartwiob  von  Hacbede 
gewesen  an  sein^  Klmmereireebn.  I,  Sl  II.  —  Der  RathaMan  Jobann  MettMler 
von  Labeck  fObrt  die  Stidter  vor  Borgbolm,  Lüb.  Urkdb.  III,  n.  47S. 

S)  Bis  aaf  Sobnif  Dahbnann  and  selbst  Jaagbaas  and  Fock.  Koppmana 
(H.  R.  1,  S.  If9  ff.)  bat  aoerst  aacbgewiesen ,  dass  Jobann  Wittenborg  Ober- 
anfllbrer  der  Stidte  gewesen  sei.  Ibas  scbllessea  sieb  an  Mantels  in  den  bans. 
Qescbbl.  1S71,  S.  116  ff  nnd  Reinbardt  a.  a.  O.  S.  167  tL 

3)  H.  R.  I,  S.  268  Q.  335  ff. ;  vgl.  U,  n.  9  $  1  and  III,  S.  t60. 


300  X-    X>^  «t«  Kxkg 

aufgebracht:  600  von  Lübeck,  je  400  Yon  Bostock  und  Stral- 
sund, je  200  von  Wismar,  GreifiBwald  und  Stettin,  ICD  ton 
Eolberg,  je  50  von  Stargard  und  Anklam  und  40  von  Kid. 
In  den  Verhandlungen  mit  Norwegen  zu  Bahus  im  Jahre  1370 
behaupteten  die  Städte,  mit  1000  Mann  mehr  in  den  Sand 
gekommen  zu  sein,  als  sie  eigentlich  hättai  aufinibringen  brau- 
chen 1).    Rechnet  man  zu  jener  Zahl  die  SOO  Hamburger  und 
Bremer  und  etwa  noch  die  im  Suqde  anwesenden  Stkderaeeischea 
hinzu,  die  allerdings  am  Kampfe  keinen  AntheQ  genommeD, 
sondern  nur  zum  Schutze  ihres  Handels  dort  gelegen  haben, 
so  erhält  man  in  der  That  gegen  3000  Mann  als  die  Stäike 
des  hansischen  Heeres*). 

Und  dabei  waren  nur  die  eigentlichen  Truppen  gezählt, 

1)  H.  R.  II,  n.  8  §  1 :  Venimiu  ad  passagiom  OrMsnnd  oam  gente  aoitra 
doputata,  ultra  quam  eciam  addozimiis  b«ne  miUe  annatos. 

2)  Zu  dieMm  Resultate  kommt  aueh  Reinhardt  in  aeiner  TortreflUchea 
UDtenachuDg:  Til  Belysning  af  nogle  Punkter  i  Valdemar  Atterdaga  mslorit, 
Bist.  Tidaskr.  4.  Rskke  IV,  185  ff.  Nur  scheint  mir  die  Annahme,  dais 
die  fiberschtlssigen  1000  Mann  noch  an  den  S740  (der  von  den  Btidimi  nnler 
sich  vertheilten  Zahl)  hinsugerechnet  werden  könnten,  gans  and  gar  onaidiMig. 
Aach  ans  der  Angabe  Detmars  (an  1868),  daas  die  Lflbeoker  1500  llaaa 
hätten  SU  speisen  gehabt,  während  sie  doch  nur  600  Bewaflbat«  angesagt 
lintton,  SU  folgern,  dass  sie  in  Wirklichkeit  mehr  als  600  Maan  ansgertstst 
haben,  ist  gewiss  unstatthaft.  Denn  aus  dem  Schreiben  der  lAMaehen  Heir* 
fUhrer  im  aweiten  Kriege  (Lftb.  Urkdb.  UI,  n.  698)  wisaea  wir,  daae  ale  1861 
nur  860  Gewaffhete  im  Heere  hatten,  wihrend  sie  1100  Mann  Terpiegten. 
Schwerlich  hat  also  Lttbeck  wesentlich  mehr  Mannschaft  gestelU  ala  dl«  ftb«- 
nommenen  600  und  ebensowenig  die  flbrigen  Städte.  Aach  die  darauf  basirts 
Annahme  Reinhardts,  dass  die  Zahl  der  Schiffe  und  Maschinen  eine  grSssTS 
gewesen  sei,  als  die  Städte  selbst  festgesetat,  scheint  mir  nnbegrlndet  Wai 
die  SchiffiB  anbetrifft,  so  lässt  sich  fBr  diese  Annahme  dnrchaaa  kein  Grand 
anfuhren.  Das  bei  den  Maschinen  gebrauchte  „eft  dea  aood  do"  heiaat  dock 
wohl  nur,  wenn  Maschinen  nöthig  sind,  schliesst  nicht  die  Verpflichtwig  dn, 
unter  Umständen  mehr  au  liefern  als  die  angegebene  Zahl.  Auf  die  Angab« 
der  Chronik  im  Archiv  (II,  886),  dass  Helsingborg  TOn  den  Blldtarn  ans 
16  Kriegsmaschinen  beschossen  worden  sei,  möchte  ich,  wie  aaf  andera  An- 
gaben dieser  Chronik  Aber  den  Krieg,  kein  entiehddendea  Gewicht  legen. 
Auch  können  darunter  gans  gut  sogenannte  balistae,  die  jode  Kogge  fihrte 
(A.  Ilanib.  Kämmrechn.  I,  88  u.  Lüb.  Urkdb.  111,  n.  787)  mit  elBgeacUos- 
sen  sein. 


giifltn  Waldeauur.  901 

die  BmMUfinimg  der  Sdiiflfe,  die  Bedienung  der  Wurfmaschinen, 
dar  ganie  fibrige  Tross  niGht  mit  eingerechnet.  Dass  dieser 
kdnegwQgs  unbedeutend  war,  sehm  wir  an  den  Lübeckern,  die 
ti^Udi  1500  Mann  speisten,  während  sie  doch  nur  600  yer- 
tagmigsig  geateüt  hatten,  erfahren  wir  aus  dem  zweiten 
Kriege  gegen  Waldemar,  wo  260  Oewaflfhete  im  Heere  waten, 
fdoreüd  man  1100  zu  yerpflegen  hatte.  Wendet  man  diese 
Zdilanrerliiltnisse  auf  das  ganze  Heer  der  Städte  an,  so  er- 
8(Mnt  es  nidit  unwahrscheinlich,  dass  eine  Gesammtzahl  von 
ft-8000  Menschen  .in  diesem  Feldzuge  in  städtischen  Solde 
und  städtischer  Verpflq^g  stand. 

Schifie  hatte  man  im  Ganzen  52  aufgebracht,  darunter 
27  Koggra,  die  eigentlichen  Schlachtschiffe  der  Zeit  Schwer- 
lieh hat  man  schon  im  Frieden  Kriegsschiffe  bereit  gehalten. 
HMite  die  Schndligkeit,  mit  der  Seeansrflstungen  bewerk- 
stelligt werd^,  dafür  sprechen,  so  wird  uns  doch  andererseits 
ivdrllcldicfa  flberliefert,  dass  die  f&r  eine  Expedition  nöthigen 
Sddfle  erst  erworben,  nach  den  Kric^  wieder  verkauft  wer- 
da,  auch  das  Recht  der  Requisition  von  Schiflfoi  von  den 
Bttdtischen  Magistraten  geübt  wird  ^ ).  Was  über  Bauart,  Grösse, 
Bonannung  der  Koggen,  dieser  in  der  hansischen  Seefahrt 
wkfatigsten  SchiflEsgattung  zu  sagen  ist,  hat  Fock  in  seiner 
wchnlidien  Darstellung  zusammengestellt').  Doch  genügt 
es  nicht  vollkommen,  um  sich  ein  klares  Bild  von  diesem  so 
oft  genannten  Fahrzeuge  zu  machen.  Die  Kogge  scheint  ein 
nisrives,  stark  gebautes,  dabei  hochbordiges  und  vom  und 
hinten  abgerundetes  Schiff  gewesen  zu  sein,  in  der  Form  den 
loch  liente  von  Friesen  und  HoUändem  gebrauchten  Kuffen 
(Kogge?)  und  TJalken  am  meisten  vergldchbar,  nur  höchst 

1)  Boibs.  UBmerdrecho.  I,  TT :  Dedfams  ad  gwerru  contra  regem  Dacie 
M  15  '•bMUit  fc  Stadto  npra  libsmam,  ridelleet  coggonem;  S.  Tf :  l>e 
Hgfu»!  dvitilb  TtBdtto  per  SCeenbeken  In  Lnbeke  80  HJ.  Item  4A  {6  ^  ^ 
«e.  —  We^ea  d«r  Beqmieitlon  s.  H.  R.  I,  n.  440  A.  14. 

t)  ▲.  a.  O.  II,  108,  Ul,  145  n.  S59. 


302  X-     D«  ««te  Kritff 

wahrscheinlich  weniger  lang^);  oach  daas  sie  nur  einen  odff 
höchstens  zwei  Masten  führte,  erinnert  an  diese.  Ihre  Grttte 
war,  in  Vergleich  zu  den  SchiflGskolossen  unserer  Tage,  one 
sehr  geringe,  aber  für  die  Zeit  nicht  unbeträchtlich.  Fod  be- 
rechnet sie  auf  ca  100  Last;  jedenfalls  sind  in  den  norddeut- 
schen Städten  Schiffe  über  100  Last  im  14.  Jahrhund^  wohl 
noch  nicht  häufig,  solche  von  150  ausserordentlich  selten  oder 
überhaupt  nicht  vorhanden  gewesen').  Im  Yerhiltniss  xor 
Grösse  war  die  Bemannung  eine  starica  Erscheint  noch  heut- 
zutage Jedem,  der  einmal  eine  Seereise  gemacht  hat,  die 
Kunst  bewundemswerth,  mit  der  man  es  auf  ScfaiflEon  ve^ 
steht,  möglichst  viele  Leute  in  einem  mdg^chst  engen  Banme 
unterzubringen,  so  zeichneten  sich  unsere  Vorfiahren  noch  weit 
mehr  in  dieser  Kunst  aus.  Es  war  bei  ihnen  nicht  anders, 
als  nodi  jetzt  in  Kulturzuständen,  die  mit  den  damaligea 
unseres  Erdtheiles  manche  Aehnlichkeit  bieten').  Die  Kogge 
fasste  100  Schwerbewaffnete,  daneben  eine  zahlreiche  Schifii- 
mannschaft*),  Wurfinaschinen  mit  ihrer  Bedienung,  sonstigei 
Tross,  unter  Umständen  auch  noch  Pferde.    Durchschnittlich 


1)  Von  einem  Helgolftnder  hdre  ich,  dasi  dort  nnd  in  Husviii  noeh  jetft 
der  Name  Kogge  Air  eine  gewisse  Schiffsgmttnng  gebraucht  werde,  dass  logu 
noch  sur  Zeit  (1876)  8  ,,Koggen'*  im  BesiUe  helgollnder  SehiflSielgeBthlBicr 
seien.  Diese  Koggen  sollen  sich  durch  knrsen,  dabei  breiten  utd  hohen  Bu 
Ausseichnen,  vom  und  hinten  abgerundet,  grosse  Schwerter,  Kafliakelage  ohM 
Raaen.  KuflT  nnd  Tjalk  seichnen  sich  jetst  eher  durch  Länge  als  durch  KÜric 
aus.  Uebrigens  stimmt  jene  Betchrelbung  mit  den  wenigen  auf  Siegeln  uad 
sonst  (Miniaturen  sum  hamburger  Stadtrecht  Ton  1497  ete.)  eriialtenan  Ab- 
bildungen. 

2)  Vgl    Hirsch,  Dansigs  Hand.  n.  Gew.  Gesch.  S.  S64. 

8)  Den  obem  Nil  befahren  noch  jetst  Barken ,  die  bei  einer  OrBiie  Toa 
30  —  60  Tonnen  50 — 80  Mann  Besatsung  und  nicht  selten  im  Gänsen  aa 
200  Menschen  an  Bord  haben,  s.  Schweinfnrth,  Im  Hersen  too  Alirika  I,  64. 

4)  Sie  sählte  mindestens  80  Mann,  denn  so  Tiele  reap.  IS  worden  aaf 
rostocker  Koggen  von  den  Dänen  gefkngen  genommen  (H.  R.  I,  a.  §11).  Dit 
yrefangene  Bedienung  der  Masckinen  (schüttelnde)  auf  jenen  Koggon  betrag 
14  resp.  12.  —  Die  Schiffiimannschaft  der  beiden  hambuiger  Koggen  war 
mindestens  50  Mann  stark,  KXmmrechn.  I,  86. 


f«fen  WaldMUur.  308 

^  lecbnete  man  auf  jede  Tonne  Schiffsramn,  abgegeben  yon  der 

■  Memfinnischen  Besatzung,  einen  Mann  zur  Vertbeidigung^). 

>  Et  kam  in  jener  Zeit,  die  aucb  den  Seekrieg  nacb  den  Prin- 

i  oipien  des  Landkriegs  fübrte,  vor  allen  Dingen  darauf  an, 

li  tteric  an  Mannscbaft  zu  sein.    Die  besten  Kimpfor  wurden 

i  dabei  in  die  auf  Hinter-  und  Vorderdeck  festungsartig  aicb 

I  «nfbauendai  Kastelle  und  in  den  hocbgelegenen,  Alles  beberr- 

■ehenden  Mastkorb  placirt,  vorzugsweise  mussten  die  Schützen 

Ton  diesen  Punkten  aus  dem  Feinde  zu  schaden  suchen.    In 

der  Mitte  des  Schiffes  zwischen  d^  beiden  Kastellen  standen 

dann  auf  Deck  die  Maschinen,  um  ihre  Geschosse  (Balken, 

Steine,  Stangen,  Pfeile  und  Wurfspiesse)  auf  das  fdndlicfae 

Schiff  zu  schleudern. 

Neben  diesen  schwereren  Schiffen  versahen  kleinere,  die 
^^iggen^'  (Schnecken,  Schlangen?)*)  und  „sehnten^,  den  leich- 
terai  Dienst ;  die  hansische  Flotte  zählte  deren  im  Ganzen  24. 
Sie  dienten  zum  Transport  von  Menschen  und  Lebensmitteln,  zur 
Verbindung  der  Flotte  unter  sich  [und  mit  der  Heimat,  zum 
PUnketn  und  Kundschaften  und  zu  Landungen  an  seichteren 
Kflstenstellen.  Auch  Kaperdienste  mSgen  sie  geleistet  haben. 
Die  „snigge^,  die  nordische,  kleinere  Schwester  der  Galeere,  war 
lang  und  schmal  gebaut,  offen  und  für  Buder  und  Segd  zu- 


1)  Hads.  Geschbl.  1874,  S.  65  n.  7. 

t)  Eigenthfiinlich  ist  die  so  htafige  Beselchnnng  der  Schiflkgattangen  mit 
Ttilemmen:  BMce  heissen  noch  Jetit  die  grosseren,  BaUen  die  kleineren 
OberweMrkiliBe ,  Matten  die  Bmaschiffs,  Srer  die  Fahrienge  der  Nied^lbe. 
Aach  Kogge,  Koff  hat  wohl  eine  solche  Bedentang  (ahd.  chocho,  ital.  eochio, 
▼gl.  fnu  coehon,  die  niederdeat»che  Kinderbeseichnong  knfswtn).  Sonst  vor- 
komnnende  Beseiehnnsgen  Ar  SeldflSs  sind :  Holk  (die  grOsete  Art  der  Koggen), 
Krejtr,  Barte,  Balinger,  Bnsen,  Einer,  Espiag,  Bording,  fir  Flassschiffe 
kankel,  bolscip,  Prahm  (promptnarinm) ,  tnnget  sckip  (navis  lingnata),  man- 
kan,  envar,  lenthadesch  k£n,  Eichen  (&),  amae«!«!,  katta«,  bomansehyp  (so 
machte  ich  H.  U.  I,  n.  57S  mit  der  Handachrilt  leaen;  die  Koi\fektar  Lappen- 
bergs und  Höhlbaoms  „bodmentekyF**  hnHe  ieh.fikr  nnrleitig;  ieb  danke  dabei 
an  ein  ana  einem  BanaataaBa  enfaiiBliltas  Sehü;  wie  dofen  in  den  baltiaehen 
Provinsen,  in  Finland  nnd  Basaland  noah  heati  gebribichlieli). 


304  ^'    I>w  «nte  Kxitg 

gleich  eingerichtet  Die  Schute,  noch  jetst  an  den  Kttaten  der 
Nord-  und  Ostsee  gebräuchlich,  ist  ein  bedecktes,  dnmastiges 
Segelschiff.  Beide  Schiffe  waren  von  geringer  Grtsse;  die 
Schute  fasst  höchstens  50  Tonnen;  doch  kann  das  fftr  oae 
Zeit,  da  man  überhaupt  gewohnt  war,  das  Meer  mit  kkineren 
Fahrzeugen  zu  befahren  als  jetzt,  nicht  aiiAMlen,  Sdbrt  m 
diesen  kleinen  Schiffen  fand  eine  starke  Mannsdiaft  PhU; 
35  Seeräuber  werden  auf  einer  Snicke  erwähnt,  die  auBBoden 
noch  gefangene  Kaufleute  barg  ^). 

Die  Kriegsmaschinen  werden  als  „treibende  oder  sdue»- 
sende  Werke'^  und  als  Bilden  unterschieden;  Ton  ersteren,  den 
grösseren,  hatten  die  Städte  3,  ¥on  letzteren  5  anfgesUliL 
Beide  hat  Fock  genau  besprochen*),  jene  abweichend  tob 
Jjappenberg  und  Dahlmann,  aber  jedenfalls  das  Bichtige  tref- 
fend.   Das  treibende  oder  schiessende  Werk  warf  Balken  oder 
mächtige  Pfeile  in  wagerechter  Bichtung,  arbeitete  also  gieick 
einer  riesigen  Armbrust    Dass  Bau  und  Konstruktion  einer 
solchen  Maschine  umständlich  genug  waren,  beweist  der  sdMi 
erwähnte  Vertragt),  durch  den  die  Stadt  LQbeck  einen  b- 
genieur  mit  der  alljähriichen  Erbauung  eines  solchen  Werkes 
beauftragte.    Einfacher  und  wohlfeiler  war  die  Blide,  die  ge- 
bräuchlichste Wurfmaschine  des  Mittelalters,  die  Steine  oder 
andere  schwere  Geschosse  im  Bogen  g^en  den  Feind  warf; 
die  Städte  waren   daher  auch  reichlicher  mit  ihr  verseheo. 
Dass  die  hansischen  Krieger  auch  feurige,,  zündende  Körper 
mit  diesen  Maschinen  zu  werfen  verstanden,  unterliegt  keinem 
Zweifel;  weniger  sicher  können  wir  entscheiden,  ob  sie  auch 
Schiesspulver  anwandten.     Fock  hat  auch  diese  Frage  eio- 
geh^d  und  erschöpf ^d  untersucht^).    F^erschützen  werden 

1)  Lab.  Chron.  II,  888  sn  1460. 

2)  A.  a.  O.  II,  186  ff.  und  IH,  146. 

8)  Lfib.  Urkdb.  III,  n.  49T;  s.  ob«n  S.  886. 

4)  III,  863  ff.     Eine  Stelle  der   hambnrger  KimmeTvireclmg.  mfcliie  hier 
noch  herangezogen  werden :  4  8  pro  carbonibns,  martchoty  I,  SS. 


g««en  Waldamur.  806 

Während  und  schon  vor  den  waldemarischen  Kriegen  in  Lflheck 
crwAhnt,  dicht  nach  dem  2.  Kric^  (1372)  kennt  man  sogar 
im  der  kleinen  Stadt  Bipen  Schiesspolver  (büssenkrud),  die 
Wahrscheinlichkeit  spricht  also  dafür,  dass  man  auch  in  den 
Hansestädten,  den  Handelsmetropolen  und  Vermittlern  alles 
Neuen  f&r  den  Norden,  die  neue  Erfindung  kannte  und  benutzte. 
Man  würde  sich  ein  unvollkommenes  Bild  von  dem  Heer- 
i   wesen  der  Zeit  und  der  Art  der  Kriegführung  machen,  wollte 
man  nicht  auch  einen  Blick  auf  die  Verpflegung  der  Truppen 
I    warfen.    Dieselbe  geschah  in  erster  Linie  direkt  durch  liefie- 
nmgen  der  Kriegsherrn,  daneben  aber  durch  eine  Art  von 
Marketendern,  die  auf  eigene  Gefahr  dem  Heere  mit  Lebens- 
mitteln folgten^).    Dass  in  Feindesland  dieses  den  Unterhalt 
liefern  musste,  soweit  es  nur  eben  im  Stande  war,  braucht 
wohl  kaum  erwähnt  zu  werden,   auch  dass  dabei   regellose 
Hflnderung  und  geordnete  Requisition  bunt  durcheinander- 
liefen.    Zu  Letzterer  waren   die  Hauptleute  auch  gegenüber 
städtischem  Eigenthum  berechtigt,  wenn  die  Bedflrfiiisse  des 
Krieges  es  gerade  forderten*).    Durch  die  hamburger  Kam- 
.    mereirechnung^i,  lübecker  und  stralsunder  AufiEeichnungen  er- 
halten wir  einen  erwünschten  Einblick  in  manche  Einzelheiten 
dea  Verpflegimgswesens.    Auffallend  im  Vergleich  zum  Brauche 
unserer  Zeit  erscheint  da  zunächst  der  massenhafte  Kerkimsum. 
Von  750  Mark,  die  die  Stralsunder  im  zweiten  Kriege  vor 
HeLringborg  für  die  Verpflegung  ihrer  Mannschaft  ausgaben, 
sind  allein  560  Marie  auf  Bior  verwendet  wordoi').    Dass 


I)  Vgl.  H.  R.  I,  n.  440  B  (  11. 

t)  «bd.  III,  a.  81. 

S)  ebd.  I,  n.  4f  9.  D*  dtr  PnU  eiiMr  LMt  Bier  dnrchsehnltaieli  10  Uuk 
oder  etww  darfiber  betrag,  so  wiren  demiuieh  c«  55  Lest  eontomfart  ■■  660  Tob- 
Ben  k  180  QBATt.  Die  StraltBBder  bfttteB  100  BewmAiete  gestellt;  die  Lft- 
beeker,  welehe  500  Mabb  gestellt  ballMi,  TtrpflegteB  llOOPflnoBea,  demaacb 
die  Stnüsmtfder  m5glleherweise  aa  700.  Es  kommt  tlso  B«f  dea  Mbbb,  wobb 
BiBB  diese  bebe  Zahl  aaBimmt,  c«  1  Toaae  Bier  «-  180  Qaart  •»  861  Liter. 
Sckiftr,  DI«  HuMttidto.  20 


dies  k%ine  auf  besondem  GrOnden  bdrahende  Abnonnitftt  ist, 
scheint  mir  daraus  hervorzugehen,  daas  von  2639  Mark,  nddie 
die  Lübecker  auf  eine  voUst&ndige  SeeansrOstung,  Sdiiffie,  fMA, 
Geräthe  u.  s.  w.  eingeschlossen,  verwendeten,  nahem  */5,  sin- 
lieh  1140  Biark  fQr  Bier  ausgegeben  wurden  ^),  dass  die  Hib- 
burger  bei  einem  Gesammtaufwande  von  985  Pfimd  Ihr  die 
Verpflegung  fast  344  Pfund  für  Bier  zahlten*).  Der  Mangd 
des  Kaffees,  der  bei  der  Verpflegung  unserer  Heere  «ine  so 
grosse  Rolle  spielt,  mag  ein  Hauptgrund  gewesen  sein  ftr 
diesen  starken  Verbrauch  von  Bier.  Jedenfalls  ist  daasdbe 
nicht  nur  getrunken  worden,  srnd^n  hat  auch  in  der  Klldie 
vielfach  Verwendung  gefundmi.  Sonst  würde  nicht  zu  eiUirai 
sein,  dass  20  Mann  ßn  einem  Tage  durchschnitüidi  eine  Tonne 
Bier  verbrauchen,  dass  18  Tonnen  jährlich  auf  den  Mann  ge- 
rechnet werden  und  selbst  auf  eine  Klosteijungfran  14  *).  Die 
Ernährungsweise  zu  Hause  hat  sich  nicht  allzu  sehr  unter- 
schieden von  der  im  Felde,  und  so  gewähren  uns  die  Kriegs- 
kostenrechnungen zugleich  einen  interessanten  Einblick  in  jene 
und  geben  uns  ein  Bild  von  der  Wichtigkeit  der  Bierbraneni 
als  städtischen  Gewerbszweiges.  —  Neben  dem  Bier  bfldei 
Brod  und  Mehl,  Bohnen  (mehr  als  Erbsen),  Fische  (besonden 
Dorsch  und  Häring,  daneben  Stör,  Lachs  und  N«mangen)i 
Ochsen-  und  Schweinefleisch,  Butter  und  Käse  die  hauptsäch- 
lichsten Bestandtheile  der  Heeresverpflegung.  Dass  wenigstens 
die  Führer  es  nicht  vergassen,  sich  feinere  Genüsse  zu  ver- 
schaffen, beweisen  wieder  die  hamburger  Kämmereirechnungen, 


Die  St&dter  lagen  wohl  *|^  Jahr  oder  UUiger  tot  Helaingborg.  Sdiwarlleh 
handelt  es  sich  um  den  Konsum  fttr  die  gtazt  Zeit,  sonst  hitto  di«  tigliebe 
Ration  des  Mannes  an  Bier  das  darohans  nicht  auffallende  i^naatiim  von  ca 
1  Liter  betragen,  voransgesetst,  dass  obiger  Maanschaftsanechiag  riehtig  ist 

1)  Lüb.  Urkdb.  III,  n.  7S7  S.  Sil:  Item  SOG  mr.  minns  SOmr.  pro  c«^ 
visia item  660  mr.  pro  cervisla. 

2)  Ilambg.  Kftmmereirechng.  I,  S8. 

3)  Danske  Magasin  I,  198. 


Waldeauir.  507 

fie  Mandflhi,  Feigoi,  Safran,  Pfeffer  (damals  sehr  kostbar), 
Iigwer,Hoiug8etmal8Yeri^egimg8geg«mtAndeaiifi^  Eben- 
feHa  almeidMBd  von  unserer  jetzige  Einrichtung ,  bei  der 
yrier  Soldat  ffir  seine  eigene  Küche  sorgen  muss,  f&hrten  die 
ffciriliwn  Abtheilong«!  besondere  Köche  mit  sich,  bei  den  Ham-^ 
hwnum  einen  Oberkocfa,  einen  grossen  und  einen  kleinen  „Unter- 

Neben  dieser  wohl  ausgerüsteten  und  geordneten  Heeres- 
Lt  bediente  man  sich  noch  einer  andern  Art  der  Krieg- 
;,  «Be  den  handdtreibenden  und  seekrälügen  Städten 
lag,  der  Kaperd.  Es  scheint,  als  ob  die  Hansen  sich 
dsnelbeB  vorzugsweise  zugewandt  haben,  wenn  sie  militärisch 
lidit  mehr  leistungsfiüiig  waren.  Nach  dem  unglücklichen 
AtBgange  des  Feldzugs  von  1362  gaben  sie  im  Herbst  Kaper- 
feriheit  gegen  die  Dänen '),  und  als  der  mit  diesen  geschlos- 
MM  Waffenstillstand  Anfang  1364  zu  Ende  ging,  und  man  zu 
kriegerischen  Massregeln  noch  nicht  bereit  war,  griff  man  so- 
iftkh  wieder  zur  Kaperei,  um  dem  Feinde  zu  schaden'). 
lUUL  wurde  alle  Vorsicht  angewandt,  um  Feindseligkeiten 
logen  die  eigenen  Bürger  zu  verhüten,  die  in  jenen  Zeitffli, 
M  jede  Gelegenheit  zum  Rauben  und  Beutemachen  zahlreiche 
HiDde  bereit  fond,  sie  zu  benutzen,  nur  zu  leicht  möglich 
wann.  Wurden  doch  die  eigenen  Söldner  der  Städte,  die 
nlnrscheinlich  nach  der  Niederiage  des  Heeres  sich  als  rau- 
b«ide  StreifEü^^^  (vispili<mes)  von  diesem  getrennt  hatten, 
te  Hannen  nicht  weniger  verd^blich  als  den  Fdnden^).    Be- 


1)  HMBbg.   Klnaereireehn.  I,  88  ttnd  86. 

9)  H.  R.  I,  n.  867  (  8  Tom  8.  Oct.  1868:  Qaod  qoivU  rab  tno  proprio 
TtUflear«  poterit,  rsgi  Uaoie,  suic  tt  predictarum  dviUtun  inimicU 
Mctado  «t  dampnis  eisdem  inferendo. 

8)  ebd.  I,  n.  810  %  6.     Vgl.  n.  800  §  8  S.  850;  a.  801  (  6. 

4)  Lfib.  Urkdb.  III,  n.  567 :  Qnod  «tiqne  talw  proioUti  TiipilioAM  tttnc, 
mm  iN^funodi  tpolbmi  porpotrirttnr,  nostri  non  oraat  ÜUBÜiMra«,  ymmo  nostri 
pdbttei  «onili  «t  adversaril,   qaemadmodiim   Adbac   tuiit  in  prMeati,   qai  aon 

20* 


306  ^    I>«r  «to  Kiltf 

vor  ein  Kaper  auszog,  mnsste  er  dmth  Pfiuid  oder  BllrgBchaft 
seiner  heimischen  Stadt  Sidieriieit  geben,  dass  er  nur  Feindai 
nicht  den  Freunden  Schaden  thne.  Erst  dann  bdoun  er  dses 
Brief,  nm  ihn  der  Untersttttsimg  der  befrrandeten  Stidte  sa 
empfehlen  ^).  Dass  aosserdem  jedes  aoslaiifiBnde  SchüF  nir 
Vertheidignng  bereit  ond  gerüstet  sein  mnsste,  bedarf  kaum 
der  Erwähnung.  Wie  man  überhaupt  nicht  unbewafihet  ging, 
so  am  wenigste  der  Kaufmann  und  ächiffer,  der  kostbare 
Waaren  Aber  See  führte;  er  versah  sein  Schiff  mit  Allem,  wts 
noth  war,  um  es  wenigstens  nicht  jedem  ersten  besten  ohne 
Kampf  überlasse  zu  müssen.  Damit  es  Niemand  an  der  nS- 
thigoi  Fürsorge  fehlen  lasse,  unt^liessen  die  Stftdte  auch  nidit, 
Anordnungen  in  dieser  Richtung  zu  treffen'). 

Viel  mangelhafter  sind  wir  unterrichtet  über  das  dftnische 
Kriegswesen  der  Zeit  Die  alte  waldemarische  Wehrverfisissung, 
die  auf  der  Eintheilung  des  Landes  in  „Schifbreden^  und  auf 
d«n  Bossdienst  des  Adels  beruhte,  war  l&ngst  durchbrodm. 
Schon  Erich  Menved  hatte  es  für  nöthig  gehalten,  sie  dnrdi 
eine  neue  Ordnung  zu  ersetzen,  1304  die  Stellung  einer  Kogge 
von  je  10000  Mark  Einkünften  zu  verfügen.  Doch  scheint 
auch  diese  Einrichtung  nur  einen  vorübergehenden  Charakter 
gehabt  zu  haben.  In  den  Wirren  der  n&chsten  Jahrzehnte 
scheint  vollständige  Auflösung  eingetreten  zu  sein.  „Alles,  was 
die  Kriegsverfassung  anging,  wurde  mehr  Sache  des  Zofidb 
als  des  Gesetzes^^ ').  Dass  Waldemar  Atterdag,  der  seine 
Schule  in  Deutschland  an  Fürstenhöfen  durchgemacht  hatte,  die 
das  Soldwesen  genau  kannte  und  mit  Geschick  verwertheten, 

solom  Teitros  ▼emm  ocimm  alios  bonos  hominei  similiter  et  not  et  noitntii 
eodem  prescripto  tempore  spoliarunt  etc. 

1)  H.  B.  I,  n.  810  %  6. 

i)  ebd.  I,  n.  418  S.  874  und  n.  469  (  6. 

8)  Vgl.  Jahn,  Almindelig  Udslgt  over  Nordena,  iaar  DaamArka  Krig»- 
▼«•en  i  Ifiddelalderen  S.  74  u.  180. 


g«|^  Waldemar.  309 

den  Beiiai  Kniich  ebenfialls  aimahm  und  in  erster  Linie  als 
Machtmittel  ausnutzte,  kann  keinem  Zweifel  unterliegen.  Ab- 
gesehoi  von  direkten  Zeugnissen,  die  uns  Söldner  in  seinem 
DiflDate  xeigen  —  der  deutsche  Adel  und  der  d^tsche  Kriegs- 
knecht  spielen  auch  hier  die  Hauptrolle  —  weist  schon  der 
grosse  Werth,  den  Waldemar  auf  Geldanhäufung  legte,  und 
die  Art,  wie  er  es  verwandte,  darauf  hin,  dass  ihm  klar  ge- 
worden war,  wo  der  Kernpunkt  politischer  Macht  in  jener 
Imt  lag.  Dass  er  aber  neben  Söldnertruppen  auch  die  kriege- 
risdien  Kräfte  des  Landes  selbst  direkt  zu  verwertben  suchte, 
kam  nach  seinem  schon  geschilderte  Verfahren  ebenfalls  nicht 
bnweifelt  worden.  Die  Rücksichtslosigkeit,  mit  der  er  sich 
dabei  Aber  die  herrschend  gewordenen  Anschauungen  hinweg 
aetste,  hat  wohl  nicht  am  wenigsten  dazu  beigetragen,  sein 
Regiment  verhasst  zu  machen.  Zugleich  fOr  den  Waffendioist 
und  fOr  die  Verpflegung  des  Heeres  scheinen  die  Kräfte  be- 
sonders der  Bauern  angespannt  worden  zu  sein.  Durch  Zahlen 
n  iadren,  in  welchem  Umfange  das  geschah,  ist  aber  voll- 
sündig  unmöglich.  Wie  wir  gesehen  haben,  verspricht  Walde- 
Bar  einmal,  ein  Heer  von  12000  Mann  aufzubringen.  Im 
Kriege  mit  den  Städten  hat  er  jedenfalls  nur  über  eine  weit 
geringere  Heeresmacht  verfQgt  Auch  seine  Flotte  war  d(^ 
hansischen  offenbar  nicht  gewachsen  —  in  beiden  Feldzttgen 
bdierrschen  die  Hansen  bei  ihrem  ersten  Auftreten  die  See, 
wenden  sich  sogleich  zur  Belagerung  fester  Plätze  —  obgleich 
er  gerade,  wie  es  schon  in  den  Verhältnissen  und  in  der  histo- 
rischen Entwicklung  lag,  der  Ausbildimg  der  Seemacht  sdne 
Hanptaufinerksamkeit  zugewandt  haben  soll.  Auf  der  weit 
vorspringenden  Landzunge  Knudshoved  bei  Wordingborg  soll 
er  ein  ständiges  Lager  von  Bootsleuten  gehalten  haben,  dort 
seine  Flottenstation  gewesen  sein,  in  der  That  ein  wohlgewählter 
Ort  fbr  Operationen  in  jeder  Richtung,  besonders  aber  gegen 
die  dratsehe  Ktkste  hin.    Ueberhaupt  soll  Wordingborg  in  seiner 


310  ^-    I>^  «nte  Krieg 

Zeit,  wie  schon  früher  unter  seinen  grossen  Namensvetten, 
eine  hervorragende  militärische  Bolle  gespielt  haben;  die  staika 
Befestigungen  des  Orts,  von  denen  der  Thunn  in  der  Mitte, 
der  „Gansthurm'S  angeblich  der  Kerker  der  geEaagenen  Hn- 
seaten,  noch  jetzt  steht,  werden  ihm  zugeschrieben^).   A« 
der  festen  Stellung,  die  er  dort  inne  hatte,  erkl&rte  man  aneh 
seinen  Sieg  über  die  Hansestädte  im  ersten  Kriege').    Dodi 
sind  wir  über  Waidemars  Massnahmen  für  diesm  Krieg  vidl- 
ständig  ununterrichtet.    Nur  das  wissen  vrir,  dass  im  AipA 
zwei  seiner  grossen  Schiffe  auf  der  Höhe  v<m  Möen  Wacht 
hielten,  das  Ansegeln  der  hansischen  Flotte  erwartend  *).    Der 
weitere  Erfolg  lehrt,  dass  dies  schwerlich  die  dnzige  Hass- 
regel war,  die  Waldemar  getroffen  hatte.     Er  scheint  den 
Angriff  der  Hansen  in  bedächtiger  Buhe  erwartet  zu  haboi, 
ihm  mit  Umsicht  begegnet  zu  sein. 

3)  Der  FieldBUg  des  Jahres  1862. 

Schonen,  Gotland  und  Oeland  waren  in  den  greibwalder 
Verträgen  als  Kampfobgekte  aufgestellt  worden.  Oeland  hat- 
ten noch  im  verflossenen  Jahre  die  Schweden,  wie  es  scheiiit 
unter  Beihülfe  der  Städter,  zurückgenommen^).    Gtogen  Got- 

1)  Antiqumriske  Annaler  I,  1  ff. 

S)  Sahm  XIII,  763  ff. 

8)  H.  R.  I,  n.  269. 

4)  Fant  I,  1,  p.  58  and  Lgb.  It  p.  896.  Di«  Beüieillgiing  der  Stidte  schebt 
hervonngehen  ans  H.  B.  I,  n.  299  §  5 :  ....  stipendio  iUornm ,  qni  fmrwA 
Kalmarie  cnm  Johanne  Raghen  (Rathmann  von  Stralsund) ;  .  •  .  .  naulo  eoggo* 
nis  veraas  Calmaren  (von  Wismar).  Im  November  1861  waren  Mde  KSoigs 
in  Kalmar ,  Oeland  gegen&ber  (s.  oben  8.  286).  Magaw  wird«  dort  tob  sei- 
nem Sohue  gefangen  genommen ;  er  beschuldigte  später  Graf  Heinrich  tob  Hol- 
stein, dies  gethan  .sa  haben  (H.  R.  II,  n.  40  §  7);  jedenfalls  ist  also  Orsf 
Heinrich  damals  in  dem  ihm  verpflndeten  Kalmar  anwesend  gewesen.  Et 
scheint  demnach,  dass  eine  gemeinsame  Expedition  der  drei  verbAndeten  Michls 
Oeland  mit  Borgholm  dem  DXnenkonige  wieder  entrissen  hat.  Vgl.  Lfib.  Urkdb. 
111,  11.  472.  Auch  Reinhardt  (Hist.  Tidsskr.  IV,  188  ff.)  kommt  aa  der  An- 
nahme, dass  Oraf  Heinrich  an  einer  Expedition  gegen  Oeland  and  allerdings 
auch  gegen  Gotland  theilgenommen  habe.  —  Bei  Fant  I,  1,  p.  29  und  Lgb.  V, 


gvgeii  Waldemar.  311 

Und  sdieüit  man,  so  viel  wir  erkennen  können,  keinen  Yer- 
•adi  ^gaB•€ht  so  haben.  Schwedische  Quellen  wissen  aller- 
dings  sa  erzählen,  dass  die  Goüänder  sich  geg^  ihren  däni- 
fichm  Vogt  erhoben  und  ihn  getödtet  hätten ;  aber  diesen  Nach- 
richten ist,  wie  wir  gesehen  haben,  kein  Glauben  zu  schenken. 
Die  Insel  blieb  dänisch.  Den  Städten  lag  es  auch  viel  näher, 
sich  dem  dritten  jener  Kriegsschauplätze  zuzuwenden.  Sie 
richteten  ihren  Angriff  auf  Schonen,  den  für  sie  weitaus  wich- 
tigsten Punkt 

Ausserordentlich  schlecht  sind  wir  unterrichtet  über  die 
Ereignisse  des  nächsten  Sommers.  Die  zeitlich  nahestehen- 
den und  allein  glaubwürdigen  Chroniken  sind  karger  mit  ihren 
Berichten  denn  je,  und  was  uns  an  urkundlichen  Andeutungen 
erhalten  ist,  ist  so  dürftig  und  so  zersplittert,  dass  es  nur 
mit  grosser  Mühe  zu  einem  lückenhaften  und  in  den  meisten 
Theilen  dazu  noch  sehr  schwankenden  Bilde  vereinigt  werden 
kann.  Das,  welches  die  nächsten  Seiten  zu  entwerfen  versu- 
chen, kann  nur  in  einzelnen  Theilen  unbedingt  auf  Treue  An- 
q^mch  machen;  in  den  meisten  zeigt  es  die  Ereignisse  nur, 
wie  sie  uns  nach  gewissenhaftester  Durchforschung  und  Abwä- 
gung der  Quellen  erscheinen  müssen,  schliesst  die  Möglichkeit 
eines  anderen  Hergangs  nicht  aus. 

Schon  die  Abfahrtszeit  der  hansischen  Flotte  ist  unbc- 
gümmt;  es  lässt  sich  Nichts  über  dieselbe  sagen,  als  dass  sie 
nicht  vor  dem  11.  April  stattgefunden  hat^).  Die  Städter 
hatten  die  Absicht  gehabt,  Kopenhagen  anzugreifen,  dessen 
Besitz  ihnen  w^en  der  Nähe  der  schonenschen  Fischereien 
besonders  wichtig  erscheinen  musste;  stark  genug  wären  sie 
dazu  gewesen,  meinten  sie  später*).     Aber  die  nordischen 

p.  6t  finditt  sieh  die  Nachricht  von  der  Bttckerobertuig  OeUnds  nach  der  oben 
henuBgeMgenen  Chronik,  e.  Schäfer,  dftn.  Ann.  a.  Chr.  S.  89,  96,  99. 

1)  Dm  folgt  ans  H.  B.  I,  n.  269.    Vgl.  den  Exkurs  I. 

1)  H.  B*  II,  o.  8  §  1 :  Satis  fortes  foissemoe  ad  obsidendam  caatmm  Cop- 
manhaveiie.    Durch  Verwechalang  mit  dem  iweiten  Kriege  haben  viele  spätere 


312  X-    ^>^  «nte  KriiK 

Könige  hatten  die  Hansen  bitten  lassen,  sich  gegen  die  Feste 
Helsingborg  zu  wenden,  dorthin  wollten  sie  mit  ihrer  Macht 
zu  Hülfe  kommen  so  schnell  wie  möglich  ^).  Die  Stftdter  folg- 
ten der  Anffordenmg.  12  Wochen  lang  lagen  sie  vor  dem 
starken  Platze*);  die  Schweden  und  Norweger  kamen  nicht, 
sei  es,  dass  sie  ausblieben,  wie  König  Hakon  sp&ter  behaup- 
tete, weil  die  auf  sich  warten  Hessen,  die  den  Vertrag  eigent- 
lich geschlossen  hätten,  die  Grossen  des  Beiehsraths*),  oder 
weil  die  Wiederfreilassung  des  Königs  Magnus,  die  in  diese 
Zeit  fallt,  nicht  ohne  innere  Wirren  vorüber  ging^).  Johann 
Wittenberg  hatte  die  Flotte  von  Soldaten  entblösst*),  um 
desto  eneigischer  Helsingborg  belagern  zu  ktanen;  nur  eine 
schwache  Besatzungsmannschaft,  darunter  die  Kieler*),  war 
auf  den  Schiffen  geblieben.  Wie  auch  im  zweiten  Kriege  spot- 
tete aber  die  feste  Sperrburg  des  Sundes,  deren  starker  Haupt- 

Chroniken  die  Nachricht,  dmss  Kopenhagen  von  den  Stidtem  eingCBsnaoi  in4 
verwflstet  worden  sei.    Sie  hat  sich   bi«  auf  Snhm   und  Pahlmann   ertaHw 
Ihre   gftniliche  Unhaltbarkeit  hat  Reinhardt  a.  a.  O.  8.  190  Tortrefllieh  nach- 
gewiesen. 

1)  H.  K.  II,  n.  8  S  1 :  Sed  qnia  per  Testros  nnncios  et  Ufttvas  no«  ragsri 
feceratis ,  nt  ad  Helsingborch  diTerteremns  etc.  und  ebd.  n.  1  §  I :  Qood  pre- 
dicti  domini  reges  per  nuncios  suo^  et  litteras  ciTitatensibiis  demandaTemt 
supplicantes,  nt  ad  castmm  Helsingborch  direrterent  illad  inradendOy  Ipei  vtl- 
lent  eis  cum  gente  sna  quantocios  in  adjutorium  venire. 

8)  ebd.  II,  n.  8  §  1:  Et  jacaimos  ante  Helsingborch  cam  magnis  expe«- 
sis  bene  ad  18  septimanas  adventnm  vestmm  expectantes. 

8)  ebd.  II,  n.  S  S  4 :  Qaod  adventnm  et  anzllinm  Ulorun  ezspedaviaUi 
qni  placitaciones  istas  fecemnt 

4)  ICai  S6  nach  Fant  I,  1 ,  p-  44.  Dieses  Datam  hllt  auch  Suhm  ÜMt, 
obgleich  er  eine  Urkonde  anführt,  die  beweist,  dass  die  VertOfaBrnng  schon  ebsr 
erfolgt  sein  muss.  Am  87.  April  schreiben  Magnus  nnd  Hakon  too  LMte, 
dass  sie  mit  Zasiehung  ihres  Raths  eine  Versöhnung  eingegangen  seien,  md 
verbieten  ihren  Unterthanen,  sich  noch  femer  gegenseitig  tu  bekimpfen,  XÜI, 

461. 

6)  Das  zeigt  sich  auch  in  der  Nothwdtadigkeit,  erst  S  Schiffe  tu  bemaa- 
nen,  als  man  ein  durch  die  Dinen  von  Kopenhagen  ans  genommenes  dea^ 
sches  Schiff  von  Helsingborg  ans  wieder  nehmen  will,  H.  R.  II,  n.  27 :  Do  da 
I)ude<<chen  dat  segbcii,  de  vor  Helsincborch  leghen,  do  bemanneden  se  tws 
schcpe  in  deme  selven  daghe. 

6)  H.  R.  I,  n.  899  §  4. 


f^ftn  Wftld«Biar.  313 

thurm  noch  jetart  imerechflttert  Ober  die  Meer^ge  blickt, 
der  hwtgiachfln  Anstaroigiiiigra ,  ot^eich  Bie,  wie  die  seeländi- 
sdie  Ghraiik  beriditet,  yoa  den  Städtern  mit  16  Maschinen  Tag 
und  Nadit  beworfen  worden  sein  soll  \).  Diesen  Augenblick 
enah  sieh  KOnig  Waldemar  zum  Angriff.  Die  St&dter  warra 
nicht  stark  genug,  zugleich  ,,zu  Lande  zu  belagern  und  4as 
Meer  zu  behaopten^^*);  sie  erlitten  eine  empfindliche  Nieder- 
life.    Es  1BUS6  etwa  Mitte  Juli  gewesen  sein '). 

Der  hansische  Verlust  war  gross  genug,  um  das  ganze 
Untemehmen  zu  Fall  zu  bringen.  Nur  gdegentlich  er&hrra 
wir  aeinoi  Umbng.  Denn  Ton  den  chronikalischen  Berichten 
fcrdienti  wie  Kcq^^pmann  nachgewiesen  hat  ^),  nur  Detmar  Be- 
iditung.  Er  erzählt,  dass  Waldemar  12  grosse  Haupt-Kog- 
g»  *)  YoU  Speise  und  Waffen  und  mancherlei  Zeug,  das  zum 
Streite  gehfet,  genommen  habe  *).  Die  Städte  selbst  schil* 
dem  spä^r  ihren  Verlust  in  den  schlimmsten  Ausdrücken. 
nSdir  grosses,  unersetzliches  und  unermessliches  Verderben 
und  Unglück  hätte  sie  getroffen,  indem  sie  von  ihren  Gegnern 
niedergestreckt  und  gefangen  worden  seien  und  unendlichen 
Schaden  durch  den  Verlust  von  Schiffen,  Gütern  und  andern 
Dingen  und  durch  Gelderpressungen  und  Lösegelder  der  Ge- 
fangenen erlitten  hätten^^ '').  Und  lag  es  auch  bei  dieser  Schil- 
derung im  Interesse  der  Städte,  den  Schade  nicht  zu  klein 

1)  Anhhr  U,  SS6. 

S)  H.  R.  II,  n.  8  S  1 :  Non  eramua  per  omnia  salis  robwti  ad  obaiden- 
4mm  in  tarn  at  ad  dafeodandwn  märe. 

3)  Silnura  L 

4)  H..  R.  I,  S.  197. 

5)  Ki«a  daTOB  gdiörte  den  Hamburffeni ,  H.  B.  I,  a.  S87  $  S4.  Ihre  aa* 
d«e  Terkaaftan  die  Hamborger  ooeh  186S  in  Lttbeck ,  KInunerelrecliB.  I, 
Yf  obflik 

6)  LSb.  Chron.  I,  98«. 

7)  B.  B.  II,  n.  1  {  i:  Mazimaa,  irreenperabiles  et  innnmeroaas  inenrre* 
nat  ibi  pemieieB  et  Jactaraa,  in  eo  qnod  per  saoa  adveraarioa  proatrati  et  capci 
faeninl  ae  iniftaita  dampna  reoeperant  in  naviam,  boaoram  et  aüamm  renm 
■Bwaiaeieaibna  et  detalUaeionibaa   ae  redeBipeionilms   eaptiTenun  et  in  al&a 


314  X*    ^^  «1«^  IKrNr 

dannistelleii,  so  beweisen  dodi  die  Verliaiidhngen  mter  ihnoi 
selbst,  die  sich^an  die  erlittenen  Verloste  ImflpAe&i  dass  sie 
nicht  mit  allznscbwarzen  Farben  malten.  Die  Zahl  der  Todtan 
und  Verwundeten  entzieht  sich  jeder  Schfttnmgi  aber  mige- 
fähr  wenigstens  vermögen  wir  die  der  Gefongeneo  aa  bestiBh 
men.  Die  Kieler  (40  Mann)  gehörten  sämmüich  dasa  ^);  fon 
den  Bostockem  waren  125  Mann  in  Grefangensohaft  genttheo, 
darunter  mehrere  Rathsherren,  2  oder  3  KoggenfBhrer  and 
54  Schwerbewa&ete  und  Bc^enschütaen')}  ans  den  erhalte- 
nen lobischen  Soldquittungen  lassen  sich  mindesteoa  36  Ge- 
fangene au&ählen  *),  doch  muss  die  Zahl  viel  grosser  gewesen 
sein ,  denn  auf  40000  Marie  berechneten  die  Lübecker  die  be- 
zahlten LOsegelder  und  entsprechend  die  anderen  Stidte*). 
Noch  am  25.  Juli  1863  hatten  sämmtliche  wendische  Stidte 
Geüangene  zu  lösen  ^),  und  Anfang  1364  betrug  die  Zahl  der- 
selben noch  116^).  Eine  Anzahl  Handelsschiffe,  die  wah^ 
scheinlich  im  Schutze  der  Kriegsflotte  vor  Helsingborg  gele- 
gt hatten,  waren  verbrannt  worden^).    Um  sich  doch  auch 

dampnis  maltis,  in  den  Verhandlungen  swischen  den  Hmnsestidten  «od  KSnig 
Hakon  la  Bahas  1870.  Unter  den  detalUaciones  sind  die  tob  den  hanriscJm 
Gefangenen  erpresaten  Gelder  su  Teratehen,  nieht  die  eigmUicbiB  Loe«gald«. 

1)  H.  R.  1,  n.  S99  §  4. 

9)  ebd.  n.  811  and  n.  299  §  5:  Rostock  pro  consalibns  captivatis. 

8)  Lftb.  Urkdb.  UI,  n.  47S  mit  Anm.,  n.  475,  n.  M)t  nit  Abbu. 

4)  H.  R.  II,  n.  1  §  6. 

5)  ebd.  I,  n.  S99  §  6  und  n.  2S7  §  94. 

6)  ebd.  I,  B.  810  §  5. 

7)  ebd.  II,  n.  11  §  11  und  18  §  19.  Sieben  solelier  Sebiils  waren  gegts 
das  Verbot  der  Hauptleute  (contra  prolübicionem  capitaneomm)  davongeftihres. 
Sie  waren  gerettet,  aber  die  Schiffer  wurden  für  ihren  Ungeborsam  hernadi 
aar  Reehenscbaft  gesogen  und  sollten  durch  Stra%slder  die  eatschidigen ,  wel- 
che in  Folge  des  Verbots  der  Befehlshaber  ihre  Scliiffe  Terloren  hatten.  Schos 
dies  beweist,  dass  man  nicht  die  davonfahrenden  und  verbrannten  SoUib  als 
Kriegsschiffe  auffassen  darf,  wie  Reinhardt  S.  198  und  900  thnt  Di«  Oavoa- 
gefahrenen  sind  nicht  Fahnenfl&ehtige  gewesen  (das  w&rde  eine  viel  höhere 
Strafe  nach  sich  gesogen  haben),  sondern  transgressores  mandati,  Uebertretor 
eines  Verbots  (H.  R.  1,  n.  980  §  4,  n.  987  S  19).  Vgl.  ebd.  o.  8ö4  $1, 
356  §  5 ,  874  {  10,   besonders  n.  856  §  5:  Saper  hiis  (transgreseoribos   ssaa- 


ftfBo  WaldMBMr.  315 

eiiies  Eifidgeft  wo,  rOhmca,  ensählten  die  Städtor  später,  sie 
Utttea  don  Sohne  des  Königs,  Herzog  Christopli  von  Lailand, 
eine  sckwere  Verwundung  beigebracht  D^  Tod  des  Herzogs 
im  Bichirf.en  Jahre  mag  die  Entstehung  dieses  Gerächtes  begün- 
stigt haben  ^X 

Weit  mangelhafter  noch  als  über  den  Hergang  des  Kam* 
j/Sm  sind  wir  fiber  die  Ereignisse  nach  demselben  unterrichtet. 
Nur  durch  die  Klagen  der  St&dte  in  den  späteren  Verhand- 
bogen  mit  Hakcm  erhalten  wir  ein  unge&hres  Bild  von  der 
IjigB  ihres  Heeres  und  dem  Verfahren  Waldanars.  Dieser 
hatte  sich  mit  seiner  Macht  in  den  Sund  gelegt.  Die  Hansen, 
durch  den  Vertust  an  Todten,  Verwundeten  und  Gefangenen 
gBsehwächt,  üaet  Schiffe,  Güter  und  Geräthe  beraubt,  ver- 
Boditen  nicht  mehr  weiter  mit  ihm  zu  kämpfen.  Weder  Le- 
benamittel  noch  Verstärkungen  konnten  ihnen  zugeführt  wer- 
den; kamn  konnten  sie  mit  dem  Leben  davonkommen.  In 
dieser  Noth,  sagen  sie,  hätten  sie  einen  Waffenstillstand  mit 
dem  Könige  geschloss^ '). 

iati)  qolYb  AudUt  snnm  capitaneam,  ntram  aUqaem  sciat  nominare,  qni  sine 
Snaeki  TtUiMTit  Gewiss  wllr4«B  dl«  Hanpttento  die  Namen  Ihrer  eigenen 
SfkHMihrer  gewoMt  nnd  genannt  haben,  wftbrend  ihnen  die  unter  ihrem 
SelmtB  Hegenden  Handelsschiffe  wohl  anbekannt  sein  konnten.  Mandatnm  be- 
MUhaat  ein  tob  den  Stidten  aasgehendes  Ge-  oder  Verbot,  besonders  das  Ver- 
bal «la«r  Reise,  TgL  noch  H.  R.  I,  a.  S96  §  9.  Hinflg  worden  den  Han- 
dabaefaUhn  Fahrten  rerboten,  wenn  man  glaubte,  dass  nicht  genügende  Sicher- 
hdt  fir  dleseHMn  sei.  Vgl.  für  den  sweiten  Krieg  H.  B.  I,  n.  4S8.  —  Ein 
tai  WiMilf  Witten  von  Stralsand  gehSrigee  Schiff  war  Tor  Helsingborg  dorch- 
bohrt  (perforata,  wahrscheinlich  Tersenkt)  worden,  aus  welcher  Veranlassung, 
wM  aiehi  klar,  H.  B.  I,  n.  SSO  §  4,  287  §  15,  S96  §  8.  Auch  dieses  Schiff 
fiMi  Beinhardt  alt  ein  Kriegssehiff,  lisst  also  die  ganie  hansische  Flotte  ver- 
nkhtel  werden  (S.  900). 

1)  Darüber  Koppmann  in  H.  R.  I,  S.  199.  Beinhardt  S.  SOS  beschäftigt 
sieh  wohl  etwas  tu  lange  damit,  die  Möglichkeit  einer  VerleUung  Christophs 
am  Kopfe  anseinandersusetsen« 

1)  H.  B.  n,  n.  8  {  7 :  Qoia  ciTitatenses  a  suis  emulis  prostrati ,  capti  et 
■aribn  atque  bonis  et  rebus  »ms  privati  et  adeo  debilitati  ftiernnt,  qnod  non 
poCerant  ulteriorem  facere  resistenciam ,  eo  quod  rez  Dade  Jaeuit  in  passagio 
Oreisond  cum  mazima  multitudine  et  potencia,   ita  qnod  nee  Yietnalla  nac  ho- 


316  X.    Der  erst«  Kritg 

Wir  wissen  nicht,  unter  welchen  Bedingungen  es  den  Han- 
sen gelungen  ist,  die  Trümmer  ihres  Heeres  nach  DeutscUand 
zu  retten;  hart  genug  mOgen  dieselben  gewesen  sein.  Dass 
aber  Waldemar  sich  überhaupt  auf  eine  Waffsnmhe  eingelas- 
sen hat,  scheint  darauf  hinzudeuten,  dass  Heer  und  Flotte 
der  Hansen  nicht  ganz  so  widerstandsunfithig  wann,  wie  die 
St&dte  es  später  darstellten.  Dazu  konnte  jeden  AngenUick 
die  schwedisch  -  norwegische  Hülfe  herankommen.  Es  nun 
auffallen,  dass  die  St&dter  nicht  den  Versuch  gemacht  haben, 
sie  durch  Boten  und  Briefe  zum  rascheren  Vorrücken  zu  be- 
w^;en.  Fast  scheint  es,  als  hätten  die  städtischen  Führer 
sich  allzu  sehr  beeilt,  aus  ihrer  bedrängten  Lage  heransin- 
kommen.  Die  seeländische  Chronik,  die  aUerdings  den  Erfolg 
der  Dänen  übertreibt  und  sie  alle  hansischen  Scluflb  wegneh- 
men lässt,  sagt,  dass  „die  grosse  M^ige  nach  abgescUossenem 
Waffenstillstand  verwirrt  zurückg^;ang^  sei  in  ihr  Land^^). 
Möglich,  dass  gerade  hier  der  Fehler  li^,  der  den  Führer 
Johann  Wittenborg  unter  das  Richtbeil  führte. 

Nur  wenige  Wochen  nach  der  Schlacht  scheinen  die  Beste 
der  stolzen  städtischen  Heeresrüstung  in  die  Heimat  zurück- 
gekehrt zu  sein.  Schon  in  der  zweiten  Hälfte  des  August 
sehen  wir  Waldemar  wieder  eifrig  in  Begierungsgesch&ften 
thätig.  Er  hielt  in  Kaliundborg  einen  stark  besuchten  Dane- 
hof ab,  der  mindestens  11  Tage  (vom  21.  —  31.  August)  dau- 
erte ^).    Schwerlich  machten  ihm  damals  die  städtischen  Krieger 

mines  pro  a^j^^^^  afferendo  poterant  eis  addad ;  et  qnU  non  potamnt  talfi 
yita  recedere,  oportait  eos  licet  invitos  com  rege  treogas  inire.  —  Den  Haeb- 
weU,  dass  eine  solche  vorlKafige  Waffennihe  abgeschlossen  worden,  aneht  Ei- 
kurs  II  sa  fahren.  Die  ganse  nachfolgende  DarsteUnng  wird  dort  «lafBhr- 
licher  begründet 

1)  Archiv  II ,  S26 :  Trengb  interpositis  ad  patriam  IIU  magna  mnltl- 
tudo  confosibiliter  remeavit.  Aas  H.  B.  I  n.  S87  §  8,  n.  S98  §  11  nnd  Kte- 
mereirechn.  I,  86  geht  hervor,  dass  wahrscheinlich  vor  1869  Nor.  10  han- 
sische Rathssendeboten  in  Akemees  (Agersee  an  der  Sfldwestkflste  Seelands  bei 
Skjelskfir)  mit  den  Dinen  verhandelt  haben. 

2)  Sohm  XUI,  468.  Vgl.  Lgb.  I,  p.  810;  Reg.  bist.  Dan.  I,  n.  S488; 
Reinhardt,  a.  a.  O.  S.  811. 


gtfm  WaldMBar.  317 

I  Sonde  noch  ScNrge.  Diese  hatten  auch  fftr  ihre  nordischen 
■deggononnfP  den  Abschluss  einer  Waff(»iruhe  verabredet. 
Ib  Kachridit  dayon  war  denselben  durch  Boten  sogleich  über- 
MMdit  ivotden  ^).  Sie  errdchte  die  Könige  in  Hahnstad.  Seit 
ide  April  hatten  diese  sich  in  den  südwestlichen  Provinzen 
nß  Beidies  aufgehalten.  In  LOddse  hatten  sie  sich  „auf  den 
iA  ihrer  BAihe^  versöhnt,  „wozu  schon  die  natürliche  Liebe 
■lade";  bei  Warberg  hatten  sie  dann  Truppen  zusammenge- 
Hn*)  und  befanden  sich  jetzt  gerade,  wie  Hakon  sp&ter 
Bhanptete,  auf  dem  Marsche  nach  Helsingborg.  Sie  verhan- 
dln Bit  dem  in  Halmstad  anwesenden  Herzog  Christoph  > ), 
bar  ohne  Resultat  Waldemar  setzte  den  Krieg  hier  fort, 
flUdrte  eine  Heeresabtheilung  nach  Finweden,  eroberte  diese 
Wrinz  und  befestigte  sie  durch  Anlegung  von  Burgen^). 

Auch  die  Stftdter  erlitten  noch  weitere  Verluste.  Sie  hat- 
m  einige  noch  verfügbare  Koggen  im  Sunde  zurOckgdassen, 
■  die  im  Vertrauen  auf  die  hansische  Flotte  herankommen- 
flü  Handelsschifle  durch  die  d&nischen  Gewässer  zu  geleiten, 

1)  H.  B.  II,  n.  8  §  7  :  Inter  qaas  tameii   vos  et  ▼«stros  pUcitando   con- 
Himmt,  ticat  et  hoc  per  saos  naoclos  vobis  sUtim  post  intimabant 

t)  Am  IT.  April  aind  Magnnt  «ad  Hakon  in  Lfiddse  (St.  B.  Areh.  Perg. 
,  ■.  5Sa),  am  6.  Mai  Hakon  in  Skeninge  (Snhm  XIU,  461),  am  29.  Mai 
(ifMUi  auf  Schloss  Warberg  (ebd.  S.  46S) ,  am  4.  Juni  derselbe  im  „Lager" 
i  Wmtbmff  (St.  B.  Areh.  Perg.  I ,  n.  54S) ,  am  2S.  Joni  derselbe  in  War» 
im  M  Skara  (ebd.  n.  648  nnd  849)  and  am  99.  Joni  wieder  in  LödSte 
U.  B.  581),  dagegen  Hakon  am  4.  Sept.  in  Bergen  (Dipl.  Norv.  I,  n.  876). 
a)  Am  S8.  Jnli  macht  derselbe  eine  Schenkang  an  die  Kirche ,  Sohm  XUI, 
M;  hMMl  WBhrscbeinlioh  in  die  Tage  darnach  Ollt  seine  Anwestoheii  in 
IilBilftd»  Mdgiieh,  dass  er  schon  am  10.  Angnst  wieder  in  Wordiagborg  war. 
.  JMtbir  JBiduurt  IL 

4)  H.  R.  n ,  n.  1  {  4 :   ...  proeessimns  com   iUa ,   qoam  habnimns ,  po- 
Tersos  Halmstade,  nbi  nnncii  dritatom  nobis  ocenrremnt,  aarraatea  oobis, 
tgangataw.     Et  flUos  rsgb  Dacie,   qni  tnnc  erat  Ibi,   nolnit  re- 
■obisena  llnnare.    Et  ideo  res  Dade  mis&t  non  molto  post  ho- 
tt polisisw  snarn  in  tenram  Fiaaidia  ad  edifieandnm  ibi  oastra, 
•nm  tibi  tue  snltfngaTit  —  H.  R.  U,  n.  4  $  14:  BditicaTit  rex 
I  fiBBidia  tt  OMKpaTit  magnam  partea  tarrmmi  nottranun ,  ita  qnod  az  hoc 
rsotpimns  «Itra  triginta  milia  mareannn  pari. 


318  X-    I>«r  «nta  Kiiig 

und  hatten  die  anwesenden  Vredekoggen  ton  Kampen  und  ai- 
deren  sttderseeiBchen  Städten  gdbeten,  die  ZnrfldcgielasMDai 
darin  zu  unterstütze.  Die  Niederlfinder  versprachen  es,  hielten 
aber  ihr  Versprechen  nicht,  sondern  Hessen  sich  in  Unterhand- 
lungen mit  de  Dänen  ein  und  verliessen  die  hansischen  Ge- 
nossen. Verlust  hansischer  Handelsschiflb  war  die  Fdge  da- 
von ^ ).  Als  Belohnung  für  ihre  WiUfthrigkdt,  wie  es  schent, 
bestätigte  dann  Waldemar  am  21.  August  auf  dem  DanehoÜB 
zu  Kaliundborg  den  Kampenem  den  Gennsa  aUer  bisher  e^ 
langten  Privilegien  in  seinem  Reiche*). 

Haben  die  hansischen  Kriegsftthrer  vielleicht  alLrosdmdl 
ihre  Sache  im  Felde  verloren  gegeben,  so  scheinen  die  Herrn 
im  Rathe  der  Städte  daheim  durchaus  nicht  so  grosse  Eik 
gehabt  zu  haben,  durch  einen  raschen  Frieden  dem  Kriege  ein 
Ende  zu  machen.  Im  Gregentheil  verfuhr  man,  als  ob  nun 
aufs  Neue  das  Glück  der  Waffen  versuchen  w<dle.  Am  28.  Sep- 
tember waren  hansische  Gesandte  zu  Södericöping  bei  den  no^ 
dischen  Königen.  Den  greifswalder  Versprechungen  gemiai 
hatten  Lübeck,  Rostock  und  Stralsund  Bevollmächtigte  nach 
Bahus  geschickt ,  um  das  den  Städten  v^fändete  Schloaa  zu 
ül)emehmen.  Aber  sie  hatten  ihre  Kosten,  600  MaA  f&r  jede 
der  drei  Städte,  umsonst  aufgewandt;  die  für  den  Vericehr 
durch  Schweden  so  wichtige  Burg  war  ihnen  nicht  flbergeben 
worden ').    Zu  Söderköping  üb^liessen  ihnen  jetzt  die  Kdnige 


1)  Den  Beleg  Ar  dies«  AnfTassong  der  Qaellenberiehte  ••  bkui  SD. 

9)  Charters  en  Besebeldeii  orer  de  betrekklng  der  Orerytseltche  stodeB  ej^ 
bet  noorden  van  Europa  n.  8S.  Vgl.  die  allerdings  nieht  ▼oUlwmea  klare  SlaUe 
H.  B.  I,  n.  998  S  SS,  die  mir  aaeh  aatadeaten  seheiBt,  daas  WaldeaMur  W  die- 
sem Vorgange  die  Hand  im  Spiele  hatte. 

8)  H.  R.  II,  n.  1  I  2: e«m  Ipsi  naneios  snoe  pro  ■eteptadone  dlett 

castri  Bavahiis  Ulle  legasseat,  Aienint  in  negocio  iUo  frnslrati,  qvla^ielnB  eaamss 
cum  snis  appertineiielis  non  ftiit  eis  presentatnm,  qnamTle  tusea  lesaü  LeM- 
censes  In  legacione  illa  sezceatas  marcas  LnUeensliim  denariomi  et  Isgati 
Simdenses  sezeentas  mareas  Sundensium  deaarlenun  eofMoipecraBt  et  legati 
Bostoccenses  600  marcas  eomm  moaete  consampsenmt 


gtgtn  WAldMBar.  819 

das  zurOckeroberte  Oeland  sammt  dem  festen  Borgholm  mit 
deoselb«!  Becbten,  wie  ihnen  Bshvs  oder  Warberg  zugesagt 
worden  war.  Es  wurde  dem  wismarschen  Bathsherm  Johann 
detzow  als  Hauptmann  übertragen  ^).  Zugleich  aber  wurde 
der  greife  walder  Vertrag  in  allen  Punkten  bestätigt;  das  be- 
stehende Bttndniss  sollte  ungeschwftcht  bleiben.  Von  einem 
Aofigeben  des  Krieges  war  nicht  die  Bede'). 

Auch  als  die  wendischen  Städte  sich  am  8.  Oktober,  so 
viel  wir  wissen  zum  ersten  Haie  nach  den  unglücklichen  Kriegs- 
ereignissen,  zu  Stralsund  unter  Theilnahme  preussiacher  Baths- 
Sendeboten')  versammelten,  liessen  ihre  Berathungen  nicht 
durchblicken,  dass  sie  bereit  waren,  dem  Kriege  durch  Ver- 
trag ein  vorläufiges  Ende  zu  machen.  Die  Bestinunungen  des 
greifswalder  Becesses  wurden  hier  noch  versdiärft  ^).  Jeder 
Handel  wurde  untersagt,  so  lange  der  Krieg  mit  Dänemark 
dauere ').  Wer  gegen  das  Verbot  Waaren  nach  Dänemark  oder 
Schonen  führe,  solle  in  Schonen  des  lübischen  Bechtes  nicht 
mehr  gemessen.  Sollte  ein  Bürger  einer  der  verbündeten  Städte 
sein  Bürgerrecht  aufgeben  und  das  einer  Stadt  ausserhalb  der 
Verbindung  erwerbe,  um  Güter  nach  Dänemark  führen  zu 
können,  so  dürfe  er  in  keiner  jener  Städte  wieder  aoi^genoai- 
men  werden  als  Bürger').    Kaperei  gegen  die  Dänen  wurde 


I)  U.  R.  I,  n.  S80  {  1.  Ueber  dl«  Verwmlumg  Borgholms  doreh  dk  Städte 
s.  Kxkun  IV. 

S)  IL  n.  I,  n.  S6S.  Dam  d«r  Vertrag  i«  Sddarköpli^f  gt— hIoMtn  ward«, 
geht  berror  ms  H.  R.  I,  n.  S81  «ad  II,  a.  9  |  7.  —  Aocli  notea  Wfebjt 
waren  in  Söderkoping  anwesend  (ebd.  I,  n.  X90}. 

9)  ebd.  I,  tt.  XS4:  In  chritate  Snndb,  «bl   aCaemat  nostri   noaeU 


4)  ebd.  I,  n.  967. 

5)  ebd.  %  6 :  Stante  gwerra  inter  regem  Daeie  et  ciTitates  predletas  ete. 

6)  AainUltg  kann  ersebeiaea ,  dasa  es  dea  IMaea  erlaobt  war ,  Uiriaga, 
die  in  Dänemark  and  Schonen  Ton  iimen  feesUen  waren,  In  die  Städte  an  bria* 
gea ;  aar  darftea  keiae  deateshea  Bam^  dabei  tUMg  gewesea  seia.  Wabr- 
scb^nlich  geschah  das  im  Intereese  der  Verprtfiaalftnmg  der  Städte  aad  das 
Handels  mit  dem  Bianenlaade  (f  !)• 


320  *     X-    l>w  «nte  Kriiff 

Jedem  erlaubt,  der  eine  Kaution  stellte,  dass  er  kemem  Kanf- 
manne  und  Freunde  der  Stftdte  Schaden  zuAlgen  werde.  Die 
Eiliebung  des  Pfundzolls  beschloss  man  fftr  ein  wdteres  Jahr, 
bis  MichaeUs  1363. 

Und  doch  nahm  an  dieser  Versammlung  sehon  der  dft- 
nische  Gesandte  Theil,  der  wenige  Wochen  darauf  einen 
Waffenstillstandsvertrag  mit  den  St&dten  abschlieBSOi  sollte. 
Man  kann  sich  des  Gedankens  nicht  erwehren,  dass  die  Städte, 
Lübeck  an  der  Spitze,  durch  die  altbewährte  Kunst  ihrer  Di- 
plomatie wieder  gut  zu  machen  yersucht  haben,  was  sie  im 
Felde  eingebOsst  hatten.  Der  Best  yon  Heer  und  Flotte  den 
Untergange  entrissen,  in  ihren  heimischen  Städten  sicher  ge- 
nug gegen  die  Angriffe  der  Dänen,  scheinen  sie  nach  dem 
Ablaufe  der  höchst  wahrscheinlich  nur  kurzen  Waffennihe  von 
Helsingborg  sogleich  ihre  feste  Haltung  wiedergewonnen,  ja 
den  Gedanken  an  eine  Fortsetzung  des  Krieges  nicht  au^ 
geben  zu  habend-  Der  Erfolg  zeigte,  dass  diese  Taktik  eine 
richtige  war.  Der  am  6.  November  zu  Rostode  zwischen  Dän^ 
mark  und  den  St&dten  für  die  Zeit  vom  11.  November  1382 
bis  6.  Januar  1364  abgeschlossene  Waffenstillstand  gewährte 
diesen  Bedingungen,  wie  sie  nach  den  schweren  Un^üdoftl- 
Icn  des  Feldzugs  nicht  zu  erwarten  waren.  Trotz  ihrer  Nie- 
derlage vergaben  die  Städte  keins  ihrer  Rechte;  Waldemar 
erntete  trotz  seines  Sieges  keine  neuen  Vortheile. 

„Im  Namen  aller  Städte  der  Hanse  der  Deutschen 
und  besonders  der  Seestädte^^*)  schlössen Rathsherren 
von  Lübeck,  Wismar,  Rostock  und  Stralsund  (also  der  vier 
bedeutendsten  unter  den  wendischen  Städten)  mit  dem  däni- 
schen Gesandten  Vicko  Moltke,   Hauptmann  zu  Wordingborg '), 

1)  Lflbeck  hat  gegen  Ende  186S  nene  Truppen  geworben,  Lib.  Urkdb.  HI, 
n.  454 ;  ebenso  Stettin,  H.  B.  I,  n.  287  §  U. 

9)  H.  B.  I,  n.  S76:   Nomine  omniam  eiTHatnm  hmaie  TeatnalconnB  M 
spedaliter  ciTitatnm  mMritfanarom. 

8)  ebd.  I,  n.  877  und  878,  S.  807  and  t09. 


«nd  aeiiem  Koter  Boder  den  Vertrag;  auch  für  Magnus  von 
Bchwedfli  und  Norwegen  und  seinen  Sohn  Hakim  sollte  der- 
sdke  gelttio.  Die  Y^hfiltnisse  blieben  im  Allgemeinen  in  der 
Schwebe;  ihre  definitive  Regelung  wurde  künftigen  Friedens- 
mfluaidfaiiigen  fibeilassen.  Den  Städten  sagte  Waldemar  ge* 
Bcherten  Verkehr  zu;  nur  die  altgewohnten  Abgaben  sollten 
ihre  Kanfleiite  zahlen.  So  lange  der  Waffenstillstand  dauerte, 
sditen  die  beiderseitigen  Gefangenen  frei  sein  und  Aufsehub 
hth&k  in  Zahlung  des  Lösegeldes,  vorausgesetzt,  dass  dasselbe 
nicht  sdion  bezahlt  sei  ^).    Nur  die  beiden  rostocker  Baths- 


1)  H.  n.  I,  n.  S78  S.  S09 :  Vortmer  «Ue  de  yiuigh«n«,  de  de  konigb  van 
eder  tyn  sone  eder  ere  vogbede  hebben  v«n  erer  we^^ene,  de 
dm  dftgket  ftl  oth  braken,  se  bebben  gbedingbet  nnde  wiMent  eder 
wUkif  deti  dal  gbtit  niebt  ntgbegbeven  sy,  behalrea  her  Prederik  Suderlaiid 
nde  her  Joban  Kaie  onde  vire  darto,  de  de  kfinigh  verwyiet  heft.  Des  ghelyk 
aOa  Tangfaene,  de  deme  kenlghe  to  Denemarken  nnde  einen  belperen  in  deme 
wl^gha  af  fbtFangben  syn ,  de  scholen  des  vorbenomeden  daghes  bniken ,  be- 
halTMi  dm  Torwyset  syn  Tan  der  stede  weghene  er  deme  dagbe,  do  her  Vicke 
de  stede  sprak  to  deme  Sonde,  des  men  bewysen  mach;  dat  schal  ok 
Dahhnaan  II,  16  nnd  Pock  III,  156  lassen  diese  BestirnnMing 
sa  mat,  dass  die  beiderseitigen  Gefangenen  ohne  Lösegeld  (soweit  dasselbe  nicht 
elva  s^on  besablt  worden  sei)  freigelassen  werden  sollten.  Aber  an  eine  Ans- 
wvekaloig  der  Ckfangenen  in  unserer  Weise  Ist  keinenfalls  sn  denken,  denn 
a)  WaMeaiar,  der  eine  weit  grössere  Zahl  von  Gefangenen  nnd  weit  sah- 
lufsllhigere  hatte  als  die  Stftdte,  hätte  dabei  einen  bedeutenden  Verlost  erlit- 
tM,  «B  so  grösser  natürlich,  als  er  diejenigen  seiner  Unterthanen,  welche  die 
Odhogenen  gemaeiit  hatten,  entsch&digeu  mnsste,  denn  ihnen  stand  das  Löse- 
frii  «B.    8ehw«rlich  bitte  er  sieh   a«f  eine  so  nachiheilige  Bedingung  einge> 


b)  Die  Stftdte  erhalten  Ihre  Getangenen  durchaas  nicht  omsonst  sorflck, 
Vürnm  sie  auch  noch  nach  diesem  Vertrage  mit  grossen  Kosten:  Vgl. 
H.  R.  I,  B.  S87  S  S4  Tom  6.  Febr.  1868,  ebd.  n.  299  $  5  vom  M.  Juli 
lata  (cApÜTi  eripiandi),  Lttb.  Urkdb.  UI,  n.  450  vom  18.  Jan.  1868,  ebd.  UI, 
t.  4M  Toai  19.  Vtbt.  1868,  IV,  n.  89  vom  18.  Juli  1868  n.  s.  w. 

e)  Vonkooimen  klar  wird  der  Sinn  der  VertragsbestimmuDg  durch  die  Ur- 
kids  Lib.  Urkdb.  UI,  n.  445 :  Ein  dftnlscher  Johanniter ,  mit  seinem  Diener 
v«B  4fm  LttMskeni  gelisngen,  verpflichtet  sich,  in  die  Gefangenschaft  turftck- 
akskras,  wenn  sein  Herr,  König  Waldemar,  ihn  nicht  bis  tum  6.  Jan.  1864 
■■sgelSst  haben  werde :  Volumos  et  debemos  eaptiTitatem  pristinam ,  dummodo 
in  pladtis  a  domino  nostro,  rege  Dacie,  quiti  pladtati  non  fuerimus,  reintrare 
(▼om  4.  Dec  186S).  —  d)  Vgl.  unten  S.  829,  Anm.  2. 

ScUfsr.  Di«  HaoMsUlite.  2  l 


322  ^    I>«r  «nto  Kri^^ 

herren  Friedlich  Suderland  und  Johann  Ktle  und  fltnf  andere 
Städter  sonderte  der  König  bus;  er  scheint  sein  Anrecht  aa 
sie  Andern  übergeben  zu  haben,  TielleiGht  befireundeten  Her- 
ren  oder  treuen  Dienern  ^).  Auf  den  1.  Mai  *)  wurden  neue 
Verhandlungen  zu  Nylqöbing  verabredet  Die  städtischen  Ge- 
sandten verpflichteten  sich,  bis  Weihnacht  durch  Rostock  eme 
von  den  Städten  Lübeck,  Hamburg,  Rostock,  Wismar,  Stral- 
sund und  Greifswald  besiegelte  Bestätigung  des  WaffianstSl- 
standes  aushändigen  zu  lassen;  Vicko  Moltke  aber  und  seil 
Geschlecht  versprachen  den  Rathmannen  von  Rostock  ebenso 
einen  Brief  mit  den  Si^eln  des  Königs  und  seines  Reichs- 
raths  zu  liefern.  Die  Verbreitung  der  Kunde  zu  allen  Bethei- 
ligten wurde  gleich  in  Rostock  verabredet  Lübeck  übernahm 
es,  sie  in  alle  westlichen  Städte,  nach  Köln,  Flandern,  Ham- 
burg und  Bremen  zu  tragen,  Stralsund  ebenso  in  den  Osten, 
nach  Kolberg,  Stettin,  Anklam,  Greifswald,  Danzig,  Bigi, 
Kalmar ').  Wismar  versprach,  Briefe  nach  Beigen  zu  schidcea, 
und  Rostock,  seinen  Boten  mit  Herrn  Vicko  Moltke  an  des 
König  von  Schweden  zu  senden^). 

Den  Bundesgenossen  der  Städte  wurde  der  Beitritt  zom 
Waifenstillstand  bis  zum  6.  Januar  des  nächsten  Jahres  offen 


1)  So  möchte  ich  II.  K.  I,  8.  209  fAMen:  Behalvoi  her  Fradeiik  Sad»- 
laiit  uude  her  Jobau  Kaie  unde  vive  darto,  de  de  ksnigh  venryset  h«ft  V|L 
ebd.  S.  896.  Die  iwei  Bathsherren  wurden  (fkr  1000  Mark  SUber  (Iber  40000 
resp.  '/4  ^iU.  Rm.)  gelöst,  H.  R.  I,  u.  299  f  5 ;  vgl.  Hans.  Getehbl.  1971, 
8.  180  A.  1.  — 

8)  To  soDte  Wolburghe  (Wolborghe)  daghe,  H.  B.  I,  S.  807  lud  809,  dert 
irrthOmlich  Febr.  85. 

3)  Wamm  nach  diesem  Orte  ist  nicht  recht  ersichtUeh,  ob,  «m  tob  da 
die  Nachricht  weiter  nach  Wisby  und  Stockholm  tu  rerbr^eii,  oder  Heliiridi 
von  Holsteins  wegen,  der  sich  vielleicht  dort  anlhielt.  Oder  ist  Kalmar  all 
Hansestadt  angesehen  worden  wie  Wisby  und  Stockholm?  Selbst  betTMhhT 
es  sich  als  eine  solche,  da  es  Pfundgeld  erhebt;  aber  von  den  ttMgen  SlIdtM 
scheint  es  doch  nicht  als  Glied  der  Hanse  angesehen  worden  an  sein,  denn 
diese  untersagen  ihm  weitere  Erhebung  des  Pfundgeldes,  vgl.  H.  &i  I,  o.  479 
§  SO. 

4)  II.  R.  l,.n.  876. 


gdttBOi.  Besoadere  Veriuuidlimgeii  zwischen  ihnen  und  Wal* 
demar  •oHtan.  die  Bedingungen  dafür  festsetzen,  für  den  König 
ynrn  ScIiwedeB  «nd  seinen  Sohn  bis  zum  6.  Januar  1363  zwi- 
ackoi  Lahlolm  und  Halmstad,  fttr  den  Herzog  von  Schleswig 
wid  aeiseii  Sohn^  die  Ghrafen  Heinrich  und  Nikolaus  von  H<d* 
stan  laaA  Junker  Addf  von  Schauenburg  bis  zum  6.  December 
aaf  FQiien,  f&r  Gral  Adolf  von  Holstein,  den  Sohn  Johanns 
des  MildBii)  in  derselben  Frist  auf  Fehmam.  Herzog  Erich 
VW  Sachsen  sollte  mit  den  Grafen  von  Holstein  und  den  Ltt- 
backen  als  Vertretern  der  St&dte  bis  zum  6.  Jan.  in  Lübeck 
verhaadefan,  wer  vm  d^  deutschen  Herren  sonst  auf  Seiten 
des  KSnigB  vcm  Dänemark  gestanden  hatte  oder  stdien  wollte, 
Ua  aim  S5.  Deconber  in  Dammgarten. 

Ofienbar  haben  die  Städte  diesen  Schritt  gethan,  ohne 
sich  zuvor  mit  ihren  Bundesgenossen  ins  Einvernehmen  zu 
setieD.  Wir  sind  nur  mangelhaft  darttber  unterrichtet,  welche 
Aufnahoie  das  bei  den  allürten  Fürsten  gefunden  hat.  König 
Hakan  beklagte  sich  8  Jahre  später  darüber,  dass  die  Städte 
eher  als  er  sich  mit  dem  Dänenkönige  verglichen  hätten^). 
Wir  haben  noch  den  Brief  (vom  21.Dec  1362),  m  dem  die 
noidisclieii  Könige  melden,  dass  die  hansischen  Boten  ihnen 
die  Nachricht  vom  Waffenstillstand  überbracht  hätten*),  fin- 
den aber  Nidits  darin  von  einer  besondem  Aufregung  über 
den  Schritt  der  Städte.  Gerade  in  d^  Tagen,  da  die  ro- 
stocker  Verhandlungen  zum  Abschluss  kamen ,  am  7.  Novem- 
ber, hatten  die  Könige  von  Stockholm  aus  bei  den  Städten 
angefragt,  was  dieselben  in  Bezug  auf  den  Krieg  gegen  Wal- 
demar  etwa  gethan  hätten  oder  zu  thun  gedächten;  seit  der 
Zusammenkunft  in  Söderköping  (Ende  September)  hätten  sie 
Nichts  erüahren  und  bät^  daher  um  unverzügliche  Nachricht '). 


I)  H.  R.  II,  B.  t  f  6.    Vgl.  n.  8  §  7. 
t)  «M.  I,  n.  MS. 

8)  ebd.  I,  n.  SSI. 

21 


324  -  ^    1^  «nto  Krieg 

Trotzdem  nun  die  erste  Antwort  darauf  hflefaat  wahnchein- 
lieh  die  Nachricht  von  dem  Abschlnas  dee  Waffenstfllstandas 
war  (sie  erhielten  diesdbe  am  20.December  in  Skan)  >),  gingen 
sie  doch  ohne  Zögern  auf  diese  neue  Wmdung  der  hansischen 
Politik  ein.  Schon  am  folgenden  Tage  yersprachen  sie,  der 
Verabredung  gemäss  so  schnell  wie  mOglich  (cum  oandmodi 
aocderacione)  Gesandte  an  König  Waldemar  za  schickm,  ob- 
gleich dieser  auch  noch  nach  Abschluss  dieses  WaffenstiDstaadB 
ihren  Ländern  grossen  Schaden  zugef&gt  habe*).  Sie  erw8^ 
teten  aber  fernere  Hülfe  von  den  Städten,  falls  Waldfimtr 
keinen  Frieden  halten  wolle,  und  fragten  an,  warum  die  Stidte 
Lebensmittel,  die  fQr  die  Könige  gekauft  seien,  aus  flirra  Hir 
fen  nicht  ausführen  lassen  wollten.  Es  ist  kein  Oftund  j^ 
banden,  anzunehmen,  dass  die  Verhandlungen  mit  Waldemar 
nicht  wirklich  stattgefunden  haben  sollten.  Sieher  ist,  diSB 
schon  in  den  nächsten  Monaten  das  Verhältniss  zum  Dinoh 
könige  ein  ganz  anderes  wurde,  die  Feindschaft  einem  Bflnd- 
nisse  zwischen  den  drei  skandinavischen  Herrschem  Fhti 
machte*). 

Der  zwischen  Schweden  -  Norwegen  und  den  Städten  in 
Greifswald  abgeschlossene  Vertrag  enthält  keine  VerpjBichtmig 
fQr  einen  der  beiden  Kontrahenten,  ohne  den  andern  keinoi 
Vergleich  einzugehen.  Aber  auch  ohne  diese  Bestimmung  miiss 
es  als  ein  auffallendes  Verfahren  der  Städte  erschdnen,  dass 
sie  einen  Waffenstillstand  schliessen  ohne  Zuziehung  ihrer  Bun- 
desgenossen und  es  diesen  tlberlassen ,  sich  mit  Waldonar  zu 

1)  H.  B.  I,  n.  288  (vom  21.  Dec):  Becepimos  pridie  littens  Testns. 

2)  Licet  idem   res  Dacie   nobis   et  terris   nostrU  «dlme  post  recepeloMB 
treag^uTun  higasmodi  intalerat  magna  dampna. 

3)  Koppmann  (H.  B.  I,  S.  196)  und  Beinhardt  (Eist  TIdsakr.  IV,  215), 
die  den  Abschluss  einer  Waffenruhe  Tor  Helsingborg  renrerfen,  alnd  dadurch 
geswungen,  anzunehmen,  dass  die  Verhandlungen  iwischen  Magnot,  Hakon  und 
Waldemar  zu  keinem  Besultat  geführt  bitten.  Beinhardt  llsst  sie  schon  im 
November  stattfinden,  beachtet  aber  nicht,  dass  er  dadurch  in  neue  Wider- 
spruche geräth,  s.  darüber  Exkurs  II.  ^ 


gtgtq  Wftldamar.  325 

eüugen.  Nur  der  Verlauf  des  Feldzuges  kann  eine  solche 
HindlimgBweiBe  erklären  und  rechtfertigen.  Allein  die  Städte 
hatten  ihre  Bundespflichten  erfüllt,  ja  sie  hatten  mehr  gelei- 
Btety  als  sie  versprochen.  Dem  gegenüber  hatten  die  Fürsten 
Wenig  oder  Nichts  gethan,  sogar  die  übernommenen  Leistun- 
gen noch  Yorachussweise  von  den  Städten  ausrichten  lassen. 
Noch  1870  forderte  Lübeck  die  Rückerstattung  jenar  2000  Mark, 
die  es  som  Ankauf  von  Lebensmitteln  für  den  König  von  Schwe- 
den nasgegeben,  und  des  Geldes,  das  es  für  die  fünf  den  Hol- 
itdnefn  überwiesenen  Schiffe  ausgelegt^).  Durch  Oleichgül- 
tigbeit  oder  bösen  Willen  hatten  Magnus  und  Hakon  den  schwe- 
ren Schlag  herbeigeführt,  der  die  Städter  vor  Helsingborg  ge- 
troffen; kein  Wunder,  dass  diesen  die- Lust  fehlte,  sich  mit 
denselben  Leuten  anfe  Neue  in  kostspielige  und  gefährliche 
Unternehmungen  einzulassen.  Fiel  doch  die  Last  in  erster 
linie  auf  sie,  während  bei  einem  Erfolge  in  Schonen  der  Ge- 
winn natnrgemäss  die  Schweden  nicht  minder  lohnte  als  die 
Hansoi.  Brauchten  die  Städte  doch  noch  keinesw^  die  Hoff- 
nung anfinigeben,  durdi  die  Diplomatie  zu  erreichen,  was  ihr 
Hanptsifll  war,  und  was  mit  gewaffneter  Hand  zu  erzwingen, 
m  nickt  im  Stande  gewesen:  Sicherheit  des  Verkehrs.  Wie 
die  Yeffaältnisse  einmal  lagen,  thaten  sie  wohl  daran,  den 
Weg  no  wählen,  der  ihnen  zur  Erreichung  ihrer  Ziele  als  der 
ptflsendite  erschien,  und  nicht  einer  Bundestreue  zu  huldigen, 
die  nnr  zu  nnts-  und  dankloser  Aufopferung  der  eigenen  Kräfte 
flIhrteL  In  der  That  waren  die  lübecker  Rathsherren,  die 
eigentlichen  Leiter  der  Hansen,  in  der  Politik  auch  viel  zu  ge- 
idmlte  Leute,  als  dass  ihnen  die  (Gefahr  eines  solchen  Feh- 
lerg nahe  treten  kmmte.  Wenn  sie  den  Schein  gewahrt  hatten, 
als  wollten  sie  fortfahren,  mit  Waffengewalt  ihren  Zielen  nach- 
nistreben,  so  führte  dazu  wohl  nur  die  Einsicht,  dass  einem 


1)  EL  B.  II,  n.  8  S  10. 


326  ^*   i^w  <■">*>  ^^*^ 

Manne  wie  Waldemar  gegenüber  nur  eine  tete  Haltimg  Er- 
folg haben  könne,  dass  ihm  nimmer  Etwas  durch  Bitten,  wohl 
aber  durch  entschiedenes,  ja  drohendes  Auftreten  abzuringen  sei 

• 

4)  Die  Zeit  des  WaffonstUlstandes  (bis  a  Januar  1864). 

Betraten  die  Städte  mit  dem  Beginn  diplomatisdier  Ver- 
handlmigen  ein  ihnen  bdcannteres  und  gel&ufigeres  Gebiet,  so 
sollten  sie  doch  in  den  nächste  Jahren  die  Erfiüurung  machfln, 
dass  sie  auf  demselben  über  Waldemar  nicht  leicht  grossen 
Erfolge  davontragen  würden  als  im  Felde.  Im  Oegenfhäl 
zogen  sie,  wie  die  Sachen  einmal  lagen,  entschieden  den  KB^ 
zem.  Sie  arbeiteten  von  vornherein  unter  dem  Drucke  eines 
nicht  mehr  auszugleichenden  Nachtheils.  Die  schwere  Niedii^ 
läge  ihrer  Waffen  hatte  bei  Freund  und  Feind  das  GewidU 
ihrer  Stimme  herabgedrückt.  Wie  es  KoaIiti(men  zu  ergehn 
pflegt,  dass  sie  Misserfolgen  gegenüber  nur  wenig  BUt  seigai, 
so  auch  diesem  ohnehin  nicht  sehr  festen  Bunde.  Die  Schuld 
der  Verluste  suchte  Jeder  auf  den  Andern  zu  wälzen  und  sidi 
mit  möglichst  heiler  Haut  aus  der  Affure  zu  ziehen.  Das 
lockere  Band,  das  die  Städte  umdchlang,  genügte  nicht,  sie 
zu  neuen  ernsten  Anstrengungen  zusammenzufassen;  die  eia- 
zelnen  Gruppen  gingen  ihre  eigenen  Wege.  Selbst  unter  den 
wendischen  Städten  lockerte  sich  der  Zusammenhang,  so  dass 
die  Vorgänge  fast  an  die  Zeiten  Erich  Menveds  erinnern.  Die 
erlittenen  Verluste  zu  berechnen,  sich  auf  Kosten  der  Allge- 
meinheit möglichst  gut  entschädigen  zu  lassen,  beschäftigte  die 
Meisten  mehr  als  die  ernste  Verfolgung  der  den  Ldtem  der 
hansischen  Politik  vorschwebenden  Ziele.  Die  grösseren  Städte, 
Lübeck,  Rostock,  Stralsund,  vermochten  die  übrigen  nicht  mehr 
zu  energischen  Schritten  fortzureissen ;  ausserordentlidi  schwer 
wurde  es  daher  auf  den  zahlreichen  Hansetagen ,  einheitliche 
Beschlüsse  zu  erzielen.    FiS  kam  ein  Schwanken,  ein  Zögern 


fsg«n  Waldemar.  327 

nid  Zandon  in  die  hansische  Politik,  das  ihr  sonst  nicht 
eigen  gewesen  war. 

Dieier  Yenuigtheit  der  Hansen  geg^über  kehrte  Walde- 
mar  dm  Uebermuth  des  Siegers  nur  allzusehr  heraus.  Hatte 
tf  Ton  jeher  wenig  Rücksicht  genonim^  anf  gegebenes  Wort 
and  geflchlossene  Verträge,  so  kannten  seine  Uebergriffe  jetzt 
toin  Mass  mehr.  Bald  genug  durchschaute  er  klar,  wie  es 
■it  den  Stidten  stand,  dass  er  ernstliche  Gegenwehr  in  näch- 
ster Zeit  nicht  wieder  würde  zu  fürchten  haben.  Was  konnte 
iha  abhalten,  die  sich  ihm  bietenden  Chancen  aufs  Sücksichts- 
kieeste  auszmmtsen?  Ein  Zustapd  zwischen  Krieg  und  Frie- 
den, für  die  Hansen  der  verderblichste,  konnte  für  ihn  ^- 
qpnesBlicfa  genug  werden.  Absichtlich  zog  er  daher  denselben 
in  die  Länge,  schleppte  die  Hansen  von  einer  resultatlosen 
Verhandlung  zur  andern  und  brachte  sie  so  dahin,  nahezu  um 
tai  Frieden  bettehi  su  gehen. 

Wenn  auch  nicht  geg^  den  Wortlaut,  so  doch  jedenfalls 
gegen  den  Geist  des  rostocker  Waffenstillstands  handelte  Wal- 
demar  schon  gleich  nach  dem  Abschlüsse  desselben,  indem  er 
die  Feindseligsten  gegen  Magnus  und  Hakon  fortsetzte ' ). 
Wenige  Wochen  darauf  geschah  eine  andere  Crewaltthat,  die 
dentlich  genug  zeigte,  wie  er  den  WafiEonstillstand  zu  halten 
gedachte.  Noch  war  die  junge  Gemahlin  Hakons  von  Norwe- 
gen, Elisabeth  von  Holstein,  die  Schwester  Graf  Heinrichs 
des  Eisernen,  in  Deutschland.  W^ahrscheinlich  im  Vertrauen 
anf  den  roetocker  Vertrag  schickten  die  Grafen  ihre  Schwe- 
ster am  17.  December  1362  in  See,  zu  Hakon  zu  komm^'). 
Unwetter  trieb  sie  an  die  Küste  von  Schonen  oder  Bomholm^ 
in  das  Gebiet  des  neuen  Erzbischofs  Nikolaus  von  Limd,  dem 
der  KSnig  erst  kurz  zuvor  durch  die  Verleihung  der  Insel 


1)  H.  B.  I,  n.  tss. 

t)  EUrd   Schonevelt    bti  Janghan»  8.  60,    M  KoriMr  ap.   Eoeard   11^ 
8p.  1105. 


328  ^*    ^^  *^*  K'*^ 

Bornholm  sein  Wohlwollen  bewiesen  hatte').  Der  Kirchen- 
fürst  säumte  nicht ,  sich  der  willkommenen  Beute  m  bemidi- 
tigen,  um  zu  verhüten,  dass  gehandelt  würde  ngogen  Gott 
und  das  Gesetzes  wie  die  Dänen  später  sagten').  Denn  nodi 
war  ja  die  Verlobung  nicht  aufgehoben,  die  seit  1369  swiachen 
König  Hakon  und  Waidemars  Tochter  Margarete  bestand*), 
Wohl  ein  halbes  Jahr  oder  länger  ist  Elisabeth  ge£uigcn  ge- 
halten worden;  am  20.  Mai  1363  war  sie  noch  in  den  Hindei 
der  Dänen,  wenn  man  den  Aussagen  des  Bdchsraihs  tianoi 
darf,  noch  im  Gewahrsam  des  Erzbischob.  Waldeniar  hat 
ihre  Gefangenschaft  als  eine  erwünschte  Handhabe  zur  Ge- 
winnung der  schwachen  und  wankelmüthigen  nordischen  K5- 
nig^  benutzt  und  sie  erst  wieder  ausgeliefert,  als  er  aeuMn 
ZwedL  erreicht  hatte.  Elisabeth  verbrachte  den  Best  ihrer 
Tage  im  Kloster*). 

Auch  sonst  gab  es  Grund,  über  Waldemar  sa  klagei. 
Der  für  die  Verhandlungen  mit  den  holsteinischen  Grafen  und 
dem  Herzog  von  Schleswig  festgesetzte  Termin  (6.  Dec.)  wurde 
von  ihm  nidit  innegehalten.  Vergebens  warteten  die  Grafen 
auf  Fünen  auf  den  König  oder  seine  Bevollmächtigten  ^).  Als 
sie  sich  darüber  bei  den  Städten  beschwerten,  antwortetet 
diese  am  9.  Januar  1363,  dass  auch  sie  noch  vergebens  auf 

1)  Sahm  XUI,  473  ff.  Tom  S.  Dec  1861. 

2)  H.  B.  I,  n.  293  %  25 :  Des  bebelt  de  bjscop  grevea  HinrÜMS  stster, 
de  desse  vorbenomeden  echteskop  breken  wolde ,  nppe  dat  yegben  God  ande 
de  ee  nicht  ghedmn  worde.  EUrd  Schonevelt  llitt  KSnig  WaMemMr  eelbit 
die  EÜMbeth  gefangen  nehmen  und  ihrer  Sachen  und  DicnerBchaft  bowibMi; 
ähnlich  Detmar  S.  284  an  1362.  Ist  auch  die  Aussage  der  Diaan  aof  des 
ny^Sbinger  Verhaudlongen  di^enige  Quelle,  welche  am  mebten  Barflcksiehti- 
gnng  verdient,  so  scheinen  die  Berichte  Detmars  und  Sehoaerelta  doch  wä 
beweisen,  dass  der  Enbischof  von  Land  im  Einverstftndniase  mit  K5nig  Wal- 
domar, wenn  nicht  im  Auftrage  desselben  handelte.  Das  Vertreten  seiner 
Handlungsweise  durch  den  d&nischen  Beichsrath  beseitigt  das. 

3)  S.  oben  S.  166  u.  266. 

4)  Detmar  a.  a.  O. :  Qreve  Hinrikes  suster  wart  wedder  sant  to  lande, 
unde  darna  nicht  laughe  beghaf  se  sik  in  en  kloster. 

5)  H.  B.  I,  n.  283  S.  213. 


gtipea  Waldeauur.  989 

heiligen  3  Königstage  verBprochene  Ratifikation  des 
[ertrages    warteten  ^).     Am  13.  Januar  schridiien 
itralsund  versammelten  Städte  an  Video  Moltke, 
^Interhändler,  der  sich  für  Besiegelung  der  ro- 
durch  seinen  Herrn  verbtlrgt  hatte,  und  for- 
mend die  Batifikati(»i.     Bitter  beklagen  sie  sich, 
.e  Gefangenen  schlecht  behandelt  würden,  dass  gegen 
u  Wortlaut  der  Verträge  die  Unterthanen  des  Königs  sie 
um  das  Lösegeld  mahnten,  ja  dass  man  Gdd  T<m  ihnen  er- 
presse und  sie  in  den  Kericer  werfe  * ).    Urkundlich  wird  hier 
bestätigt,  dass  es  wohl  nicht  ganz  ohne  Orund  ist,  was  die 
wiBbyschen  Annalen  erzählen,  dass  Waldemar  die  städtisdien 
Gefangenen  „durch  Arbeit  und  Hunger  au&  Schwerste  plag* 
Uf^^).    Die  Sage  lässt  ihn  auf  dem  Thurme  seines  Schlosses 
Wofdingborg,  in  dessen  Kerkern  er  die  Gefangenen  bewahrte, 
eise  Gans  anbringen,  den  Hansen  zum  Hohne.  —  Die  Rati- 
fikation des  Vertrags  wurde  den  Städten  erst  nach  wiederhol- 
ter  Mahnung  Ende  Februar  oder  Anfang  März  zugestellt^). 

1)  H.  B.  I,  n.  88S. 

t)  cM.  I,  n.  988  S.  f  14 :  Ceteram  noveriüs,  qvod  noilri  eapÜTf,  sUo- 
tiWi  klit  finato  trwfb  pw  tos  TttttrosqiM  nolus  cerÜfteatU,  nwlUia  gniritor 
•i  «aus  Uaporibas  roonidonibos  et  verbis  niMidatU  (s.  KoppiiMuiiit  Note  b) 
per  Taialios  dictonun  dominorain  ▼estromm  moneDtnr  male  et  malidoie,  qaod 
iiri  «lim  pladta  TMtra  Yohiäteam  AroüMr  habita  et  fiieCa  adnfaiia  gpanHOMy  el 
—Hi  a4lwe  da  noetrU  ••omiter  ezaodoiiaDtiir ,  omlti  graviter  c/ppia  pvaiai- 
Uur.  Aach  dieae  Stelle  bewebt,  dass  die  Bestimmung  des  rostocker  Vertrags 
ww  ab  efaie  bedingte  Frellaaamig  der  Gefangenen  an  fassen  Ist,  Tgl.  oben 
8.tSI  ▲.  1.  —  Einige  au  Jener  Zeil  erhaltaBa  LibegeMsqiitttnigwi  (SM, 
UAib.  in ,  n.  450  and  455)  seheinen  darauf  hinandenten ,  dass  den  Dinen 
Akra  BipreasangsTersaehe  in  einseinen  FUlen  gelungen  sind.  Lftb.  Urk.  m, 
■.  445  lal  ein  Beispiel  Ar  die  strikte  AasAknuig  der  Vertragabeatfanmong  ron 
SatttD  der  Hansen»  indem  hier  ein  I>ftne  ram  den  Lftbeekem  ans  der  Gefim- 
geaachaft  entlassen  wird  gegen  das  Versprechen,  am  6.  Jan.  1364  in  dieselbe 
BvMoakehran ,  wenn  ihn  sein  Herr  bis  dahin  nkht  eingelSst  habe. 

8)  Lgb.  I,  p.  859  und  Fant  I,  1,  p.  44: omnes  qaotqnot  in  eis 

captiraTH  et  in  Selaadiam  misit,  nbi  Ipsoa  labore  et  Came  gimTlssime 
I. 

4)  H.  B.  I,  n.  897  I  4  ud  881  |  7. 


330  X-    I>«r  «Ate  Krieg 

Dem  gegenüber  konnten  diese  wenig  mdir  tlmn  als  er- 
malinen,  Vorstellungen  machen  und  auf  Beaaenuig  hoflhn.  Un- 
ter allen  Umständen  hätten  sie  wohl  die  auf  Anfang  Mai  ia 
Nykjöbing  verabredeten  FriedensuntertiandlungeB  abgewartet; 
wie  die  Dinge  jetzt  lagen,  konntoi  sie  an  ein  entaduedenes 
Auftrete  kaum  ernstlich  denken.  Denn  es  stellte  sich  baU 
heraus,  dass  jede  kriegerische  Lust  erloschen  war  in  den  mei- 
sten der  Städte,  auf  deren  Mitwiikung  man  rechnen  musile. 
Die  Preussen ,  die  bisher  nur  durch  Erhebung  des  Ffundaolb 
mitgewirkt  hatten,  weigerte  jetzt  anch  diesen  ^).  Sich  streng 
an  die  grei&walder  Beschlüsse  yom  September  1361  haltod, 
hatten  sie  schon  seit  Michaelis  den  Zoll  eingehen  lassen.  Zur 
Befriedung  des  Sundes,  zum  Schutze  ihrer  Waaren,  meinta 
sie,  hätten  sie  ihr  Odd  ausgegeben.  Dieser  Zweck  sei  aber 
so  schlecht  erreicht  worden,  dass  nicht  nur  ihre  Waaren  ihnen 
vom  Könige  von  Dänemark  weggenonunen  worden  seien,  sim- 
dem  dass  jetzt  sogar  unter  dem  Schutze  des  ^ron  den  Städten 
abgeschlossenen  Waffenstillstandes  diese  Waaren  in  den  Städten 
aus-  und  eingingen ,  ohne  angehalten  zu  werden  und  ohne  der 
Preussen  Zustimmung.  Sie  würden  daher  keinen  Pfundzoll 
mehr  geben,  müssten  auch  veriangen,  dass  das  seit  Michadis 
in  andern  Städten  von  preussischen  Kaufleuten  erhobene  Geld 
zurückgezahlt  würde.  Der  bei  ihnen  erhobene  Pfundzoll,  780 
Mark  preuss.  (=  1170  M.  lüb.,  über  12000  resp.  80000  Rm.), 
könne  in  Danzig  oder  Elbing  den  wendischen  Städtai  ausge- 
zahlt werden.  Sie  beschwerten  sich  darüber,  dass  länger  als 
einen  Monat  der  Waffenstillstand  in  den  Städten  verkündet 
gewesen  wäre,  ehe  er  den  Preussen  mitgetheilt  worden  sei, 
was  man  den  Städten  sehr  verüble  *).  Sie  wünschten  Nach- 
richt, wie  mit  den  Gefangenen  zu  verfahren  sei,  und  wunder- 


1)  H.  B.  I,  n.  284. 

2)  Quod  yobis  utiqae  egreferamos.     Der  WortUat  dts  Vertrags  war  ihan 
m  der  Tliat  noch  nicht  mitgetheilt,  H.  B.  I,  n.  186  8.  tl6. 


tn  flidi,  di88  sie  ihr  oft  erbetenes  und  gefordertes  flandri- 
lehes  Prifikg  noch  nidit  erhalten  hätten.  Zum  deutlichen 
iaielMi,  dsss  sie  diB  femore  Entwicklung  der  Sache  als  ru- 
149»  ftüctower  abzuwarten  gewillt  waren^  stellten  sie  es  dem 
ftWMSiiun  der  Stftdte  aaheün  ^),  ob  sie  den  Frieden  mit  dem 
miBige  fbr  immer  oder  nur  auf  Zelt  schliessen  wollten. 

Yenfihnlidt,  aber  doch  auch  gebflhrlich  zurechtweisend 
iil  die  Antwort,  welche  die  stralsunder  Neigahrsversammhing 
indi  einen  besonderen  Boten  den  preussischen  Städten 
wwIte'X  Sdbst  habe  man,  ach,  in  der  Vertheidigung  des 
iindfls  so  grosse  Verluste  erlitten  an  Schiffen,  Waaren,  Ver- 
«andeten,  QeCBngaien  und  Todten  und  habe  doch,  bei  Gott, 
lUit  so  nd  geklagt  wie  die  preussischen  Städte  *).  Die  die« 
NB  geraubten  Gflter  habe  man  zugelassen,  um  sie  in  einen 
EaCon  zn  sammeln  und  den  Eigenthümem  den  Rttckkauf  zu 
lanöi^ichen«  Der  Wafifenstillstand  sei  sogleich  nadi  dem  Ab- 
icUneae  mitgetheilt  worden,  nur  den  Wortlaut  der  Verträge 
^mMordanda  placitorum)  habe  man  nicht  mitgeschickt,  weil 
■an  die  preussischen  Gesandten  zu  Neigahr  in  Stralsund  er- 
mrtet  habe.  Für  die  preussischen  Gefangenen  setze  der  Ver- 
Ing  dieselben  Bestimmungen  fest  wie  fftr  alle  andern.  Den 
Rhndioll  möchte  man  in  Preussen  doch  weiter  erheben  bis 
Jbhannis ;  dann  sei  eine  Versammlung  in  Lübeck,  auf  der  man 
■ndi  die  {ireussischen  Rathsherm  zu  sehen  und  ihren  Streit 
■it  Köln  über  die  flandrischen  Privilegien  zu  eriedigen  hoflfe. 

Wie  Waldemar  bei  der  Entfremdung  und  Loslösung  der 
BüderseeiBchen  Städte   von  den  wendischen  seine  Hand    im 


1)  Ifigae  ▼••tre  eoDroittimas  discrtdoiii. 

S)  H.  R.  I,  D.  286. 

S)  Nottts,  qaanto  nos  ibidem,  ben,  dampn«  paMi  tmniu  in  bonorum  no- 
itrarwM  «t  BaThun  «miMioiM,  MrmAtonim  nostrormm  Immmi«,  capolone  et  iater- 
fnÜsMi,  per  Boe  pro  defeaeione  dieä  portau  expedltonuii ;  de  qaiUui  noa  taa- 
tm,  qaaatui  de  teetrie  dei»pait  dolemw,  Deo  leete. 


S32  X.    Dir  «nU  KfflBg 

Spiele  gehabt  hatte  0*  so  lieBS  er  auch  jetzt  die  Minetim- 
mang  der  preussischeii  nidit  unbemttzt  voifllwi'gdien.  Er 
knüpfte  Unterhaadlimgen  an  mit  dem  damaligen  Ebchmeister, 
dem  grossen  Winrich  von  Kniprode ,  dem  irerdiflBten  FOrdenr 
des  preussischen  Bürgerthums  und  Stidtewesens.  Ein  pfeo»- 
sischer  Edehnann,  Herr  Matthias  Ketelhnd,  der,  ans  seiner 
Heimath  vertrieben  oder  verbannt,  ihr  feindlich  gegenfiber- 
stand*),  wurde  von  Waldemar  herAbergeschickt  and  madite 
dem  Hochmeister  Vorstellungen ,  dass  er  und  die  Seinen  GeM 
dazu  gegeben,  das  Reich  Dänemark  zu  verderben.  Der  BoA- 
meister  antwortete,  es  wäre  nur  ein  Zoll  erhoben  worden,  die 
See  zu  befrieden  zum  Nutzen  des  gemeinen  Kanftnanna ;  er 
theilte  also  die  Auf&ssung  seiner  Städte.  Es  worden  dam 
besondere  Verhandlungen  zwischen  dem  Künige  und  dem  Hodh 
meister  verabredet^);  kein  Wunder,  dass  die  preoasisoheB 
Städte  ihren  wendischen  Genossen  monatelang  keine  Antw«^ 
gaben  auf  ihr  letztes  Schreiben  *).  So  war  es  Waldemar  ge- 
lungen, die  wendischen  Städte  von  ihren  BundesverwandleD 
im  Osten  und  Westen  zu  trennen,  während  er  doch  bald  da- 
rauf, von  jenen  darüber  zur  Rede  gestellt,  gegen  sie  sich 
gleissnerisch  genug  äusserte,  dass  er  diesen  wohl  wttrde  za 
antworten  wissen,  wenn  er  seine  Nachbarn,  die  Wendischen, 
zu  Freunden  haben  könne  ^X 

Es  kann  nicht  auffaUen,  dass  dieselben  unter  diesm  Um- 
ständen mit  entschiedeneren  Massregeb  zurOckhielten.    Hatte 

1)  S.  oben  S.  318  und  Exkoni  III. 

2)  H.  R.  I,  n.  893  §  5  and  16. 

3)  «bd.  I,  n.  898  §  27. 

4)  Noch  am  17.  Mira  war  keine  ein^troiFen,  H.  B.  I,  n.  191  |  7.  Ent 
am  24.  Juni  ertheilten  sie  Bescheid  Aber  die  Itenere  Briiebuig  dM  PAuidMlls, 
ebd.  n.  296  §  17. 

5)  So ,  scheint  mir ,  ist  H.  R.  I,  n.  893  %  88  tu  fiuaea :  Ubuim  de  oster- 
sehen  stede  nnde  de  van  westen  antwerden  ae  aldos:  wo  we  jm,  de  nue  aa- 
bere  syn ,  tho  rronden  moghen  hebben ,  de  stede  Tan  ostta  vnde  wma  wvsteii) 
willen  se  ans  yerghen  umme  scholdegheii ,  wy  wiH«ii  en  wol  mtworden. 


doeh  etti  erncnerter  kfiegMseher  Tersueh  nur  Aussieht  auf  Er- 
folg,  wmm  er  aUgemeiiiar  vom  Bunde  der  St&dte  uÄterstütet 
wuBie.  Denn  die  alkseit  trttgerische  Hofhung  auf  die  nordi- 
sdMD  Bandeegenoesen  mussto  man,  wie  wir  gleich  sdien  Win- 
dol, giBsUch  aufgeben.  Dazu  hatte  der  erste  Krieg  mit  sei* 
Ben  Yerhistm  dne  Reihe  Ton  Fragen  zwischen  die  yerbOnde- 
ten  Städte  geworfen,  die  zahlreiche  Versammlungen  beschäf- 
tigten  und  nicht  ohne  Differenzen  und  Zwistigkdten  zu  lOeen 
waren.  Man  TertrOstete  sich  daher  auf  die  verabredeten  Ter- 
hasdlungen  zu  NylgSbing  im  Mai  und  wartete  diese  zunftchst  ab. 

Ab  sich  aber  am  23.  April  die  Baihssendeboten  der  Stidte 
m  Wismar  zu  einem  Tage  versammelte  ^),  um  von  dort  zu 
den  Yerhandlangen  mit  dem  DänenkOnige  hinüberzugehiNi, 
hatten  die  VeihältBisse  im  Norden  eine  ganz  veränderte  Oe« 
stalt  ugenommen^  Es  war  Waldemar  inzwischen  gelungen, 
die  Könige  von  Schweden  und  Norwegen  auf  seine  Seite  zu 
ziehen.  Am  9.  April  hatte  Hakon ,  Magnus'  Sohn  und  Erbe 
des  sdiwedisdien  und  norwegischen  Reichs,  in  Kopehagen  die 
lljflhrige  Tochter  Waidemars,  Margarete,  gehevatet*).  Es 
wv  jene  Verbindung,  welche  dfe  kalmarische  Union,  die  Ver- 
cinigung  d^  drei  nordischen  Reiche  unter  dem  Scq>ter  der 
thatkrlfkigen  Margarete  zur  F<dge  haben  sollte. 

Nur  unklar  erkomen  wir  die  Einzelheiten  dieses  widiti- 
gen  Umsdiwmigs.  Jedefalls  hat  Waldemar  diesen  diploma- 
tischen Sieg  nicht  unbestritten  erfochten.  Graf  Heinrich  von 
Holstein,  seit  Jahren  in  nahen  Beziehungen  zu  Schweden, 
durch  die  Vermahlung  seiner  Schwester  mit  Hakon  den  nor- 
discben  Königen  aufe  Engste  verbunden,  hatte  den  Versuch 
gemadit,  diese  ihren  bisherigen  Allürten  zu  erhalten.  Er 
hatte  einen  seiner  Adligen,  Wolf  Rixdorf,  hinübergeschickt 


1)  H.  B.  I,  a.  ni;  r^.  n.  Ml  1 1. 

S)  AnUt  n ,   tie.    Am  S4.  April   waf  Rikon  schon   wieder  in  JankS- 
pin|^,  Sremlia-IUlit-AreliiTets-PergMnentibref  I,  n.  576. 


mit  der  Nachricht,  daes  Hensdg  Albrecht  toh  Mddoibiirg, 
der  Markgraf  von  Meiaaen,  der  Ersbiachaf  von  Magdeburg 
auf  seiner  Seite  wären.  Aber  der  Gesandte  war  yoii  WaUe- 
mar  aufgefangen  und  seiner  Briefe  beraubt  worden  >).  Wir 
wissen  nicht,  ob  überhaupt  eine  Botschaft  an  Magnus  und 
Hakon  gelangt  ist,  ob  Heinrich  mit  ihnen'  Untertiandlongai 
hat  führen  können.  Waldemar  war  glücklicher.  KSnneB  wir 
Albert  Krantz*)  glauben,  so  hat  Waldemar  eine  Gesandt- 
schaft an  die  beiden  Nachbarkönige  geschickt  und  sie  n 
einer  Berathung  über  wichtige  Dinge  eingeladen.  Ein  grosseB 
Hoffest  zu  Boeskilde  mit  Ritterspielen  und  sonstigen  Ln8^ 
barkeiten  musste  einen  passenden  Verwand  liefern,  um  eine 
Reise  in  das  Nachbarland  zu  rechtfertigen.  Enthält  auch  die 
Beschuldigung  späterer  schwedischer  Geschiehtschreiber  *),  dies 
Magnus  dem  Waldemar  die  Reise  der  Elisabeth  angezeigt  und 
ihn  zu  ihrer  Gefangennahme  aufgefordert  habe,  eine  arge 
Uebertreibung ,  so  erscheint  doch  das  rasche  Eingehen  des 
Magnus  auf  die  Pläne  des  Dänenktoigs  ohne  xwingendea 
Grund  als  ein  deutlicher  Beweis,  dass  er  von  jeher  mehr  m 
Waidemars  Politik,  als  zu  der  des  schwedischen  Beichsraüis, 
seiner  eigenen  Grossen,  hinneigte.  Der  selbstherriiche  Wal- 
demar mochte  ihm  als  eine  passrade  Stütze  für  seine  Stel- 
lung im  eigenen  Lande  erscheinen.  Auch  Hakon  kann  sich 
nicht  sehr  gesträubt  haben  geg^  das  neue  Bflndnisa;   die 


1)  H.  B.  I,  n.  893  |  S6. 

2)  Sazonia  IIb.  IX  cap.  88,  Frankf.  1580  fol.  p.  85t  ff.  Di«  Angabe  dat 
Krante,  da»»  das  reiche  Heiratugut,  Dinemark  selbst,  Hakoo  Teriockt  babe, 
ist  natflrllch  nieht  stkhhaltig,  da  Chrbtopb,  WaUeman  Soba,  Moh  labCt. 

3)  Die  Erich  •  Karls  •  Chronik  (a.  a.  O.  I,  181)  and  nacb  Hur  Petnu  Obi 
bei  Fant  I,  8,  p.  871.  Die  Reimcbronik  fasst  die  Braut  Hakons  als  «Ine  Ver- 
wandt« des  Meklenbargers  f  neniit  den  Kamen  Elisabeth  nlobt.  B«M«  QaeB« 
lassen  dann  den  Herzog  von  Meklenborg  (Petrus  Olai  auch  Heinrieh  tob  Hol- 
stein mit  ihm)  in  Dftnemark  einfallen,  das  Land  ▼«rheerea  und  die  Fiiilaasaiiff 
erawingen.  Die  Bericht«  der  B«imchronik  (oatfirlieb  aueb  Ihrer  BemüMr)  Aber 
diese  Zeit  sind  im  htk'h.sten  Grade  verwirrt  und  uiwoverUesig. 


Zeit,  da  er  sidi  mit  dem  ReidunAh  gemdnsciMrftlidi  sefaem 
Vater  eDtgegenstellte,  war  nur  eise  sehr  kurse  geweeea.  Jetzt 
leokte  Br^  kaum  weniger  schwach  und  waokdmttthig  ak  seia 
Vater,  entschieden  in  das  Fahrwasser  der  dänischen  Politik  ein; 

Die  in  Wismar  versammelten  städtischen  Sendeboten  muss^ 
tcn  Stellung  nehmen  zu  dieser  Gestaltung  der  Dinge.-  Es 
scheint,  als  ob  die  Städte  versucht  haben,  den  König  von 
Schweden  als  Vermittler  in  ihrem  Streite  mit  Waldemar  jsm 
\}&mtxaL  Wenigste»  hatte  Magnus  eine  AusgleicbuBg  zwi- 
schen Waldemar  und  den  Städten  mit  &sterem  vereinbart 
und  diesen  davon  Mittheilung  gemacht,  die  hief  in  Wismar 
zur  Verlesung  kam ').  Doch  ist  das  ohne  Bedeutung  geUto^ 
ben.  Hatte  man  schon  auf  einer  früheren  Versammlung  za 
Wismar  den  einzeto^  Städten  zur  Erwägung  gegeben,  ob  und 
wie  man  die  Könige  von  Schweden  und  Norwegm  wegen  dea 
durch  ihr  Ausbleiben  erlittenen  Schadens  mahnen  wolle  'X  s^ 
beschloss  man  jetzt,  falls  man  den  schwedischen  König  nodbi 
treffe  beim  Könige  von  Dänemark,  diese  Mahnung  auszuftihren, 
und  beauftragte,  wie  es  scheint,  den  lübischai  Bathsherr^ 
Hermann  Osenbrügge  damit  *).  Dazu  hatten  sich  die  wettdi* 
sehen  Städte  ohnehin  schon  in  Deutschland,  \m  den  benach* 
harten  Forsten,  nach  einer  festere  Sttttze  umgesehen. 

Sie  standen  in  Unterhandlungen  mit  den  holsteinischeii 
Grafen  und  d^n  Herzog  von  Meklenburg.  D^  Belsteineni 
war  es  noch  nicht  gelungen ,  zu  einer  Einigung  mit  Waldemar 
zu  gelangen.  Am  24  Januar  schrieben  sie  an  die  Städte^), 
daas  eine  Zusammenkunft  mit  d^  Bittem  des  dänische  Kö- 
nigs stattgefunden  habe.    Gern  hätten  diese  mit  den  bolstd« 


1)  H.  B.  I,   D.  S93  8  4:    D«  «Bead«,  qwun  plMiU^H  lator  rtgMH  DMit 
et  civitatos,  oti  iptU  aascriptit.     Vgl.  n.  MS  S  1. 
»)  «bd.  I,  B.  S91  I  6. 
S>  ebd.  I,  n.  S9S  |  6$  TfL  «M.  •.  t9S  {  4. 

4)  «bd.  I,  D.  289. 


336  X-    1>«  Mte  KikS 

nischen  Grafen  emen  StOktand  TeniBbait,  aber  nidit  mit 
dem  schleswiger  Herzoge.  Das  sei  das  Hindeniiss  geweaei, 
welches  Alles  vereitelt  habe.  Der  also  auch  hier  iriederiiolte 
Versach  Waldemars,  seine  Gegner  zu  trennen,  mfaftittng  sonnt 
für  dies  Mal.  Die  Grafen  baten  die  Städte,  als  Vermittkr 
aufzutreten  und  sich  auch  f&r  die  gefangene  Elisabeth  m  nr- 
wenden.  Darauf  beauftragten  diese  in  der  rostocker  YersaniB- 
lung  vom  5.  Februar  die  Bathssendeboten  toq  Hamburg  und 
Kiel  mit  den  holsteinischen  Grafen,  die  von  Boatock  und  Wis- 
mar mit  dem  Herzog  von  Meklenburg  zu  verhanddn  *).  Ab 
Vermittler  der  Verbindung  mit  dem  Meklenborger  erachfliBt 
Graf  Heinrich  *).  Doch  kam  es  zunächst  noch  nicht  zu  euMB 
d^nitiven  BOndniss ,  obgleich  auf  beiden  Versammlimgen  n 
Wismar  im  März  und  April  Gesandte  der  Hdsteiner  zugi^ 
waren  und  auf  den  zweiten  Tag  die  Baihssendeboten  der 
Städte  sogar  mit  Vollmacht  zur  Abschliessung  eines  BQnd- 
niflses  nach  den  im  März  verabredeten  Bestimmungen  komnNB 
sollten  *). 

So  standen  die  Sachen,  als  der  Tag  der  verabfedetan 
Veihandlungen  mit  den  Dänen  herankam.  Am  7.  Mai  136S 
waren  Bathssendeboten  der  Städte  Lflbedc,  Wismar,  Boetock, 
Stralsund,  Greifswald,  Stettin  und  Kiel  in  Ny^Sbnig  anf 
Falster  versammelt,  dieselben  zu  ftthren.  Nur  mit  einiger 
Schwieri^eit  lässt  sich  der  Hergang  erkennen.  Bikmami, 
AValdemars  Notar,  lud  die  hansischen  Abgfeordneten  ein,  nach 
Wordingborg  vor  den  König  zu  kommen.  Sie  weigerten  sich, 
weil  es  nicht  so  vereinbart  sei,  sie  dazu  auch  keinen  Auftrag 
hätten,  kamen  auch  nicht,  als  der  König  ihnen  fbr  Hin-  und 

1)  H.  R.  I,  n.  287  f  17.  Es  ist  wohl  keine  la  gewagte  Koi\}ektar,  die 
Anftrige  so  %n  theilen,  wie  es  oben  gesehehen  ist. 

8)  ebd.  I,  n.  298  f  11. 

8)  ebd.  I,  n.  291  §  1 :  Qaelibet  civitas  mittet  snoe  eoBMUres  pleaipoteiilM 
ad  acceptandnm  dominos  temmim  seciud«m  traetatu  babüos  oun  prsdietis 
militaribns ,  yel  quid  fscienduin  sd  hoc. 


g«8wi  Waldeaiar.  837 

Rückweg  Geleitsbriefe  schickte  >).  Von  Kop^hagen  aus  sandte 
dann  Waldemar  am  11.  Mai  seine  Bevollmächtigten:  den  Erz- 
bischof Nikolaus  von  Lund,  Vicko  Moltke,  jetzt  Hauptmann 
zu  Kopenhagen ,  den  Reichsmarschall  Andreas  Vrost  und  Ker- 
sten  Knie,  den  Hofmeister  seines  Sohnes  ChrisU^h ;  bis  Pfing- 
sten (21.  Mai)  hatten  sie  ganze  Vollmacht,  mit  den  St&dten 
zu  Terhandeln  *). 

Doch  scheint  diese  Vollmacht  wenig  gefruchtet  zu  haben, 
denn  nur  sehr  Dürftiges  wird  uns  berichtet  über  die  Verhand- 
lungen mit  der  dänischen  Gresandtschaft  Die  preussischeii 
Gefangenen  Matthias  Ketelhuds,  eine  Privatsache  Lübecks  mit 
Johann  Hummersbüttel,  dnem  auf  dänischer  Seite  kämpfen- 
den und  in  Dänemark  reich  begüterten  holsteinischen  Adligen, 
die  Waffenstillstandsbesieglung  durch  den  Erzbischof  von  Lund: 
das  sind  die  einzigen  Gegenstände,  die  erwähnt  werden*). 
Erst  als  zwei  Tage  vor  Pfingsten  der  König  selbst  ersdiien 
und  in  seiner  Begleitung  Herzog  Erich  von  Sachsen  und  des 
Reiches  Drost,  Nikolaus  Lembek^),  kamen  die  Verhandlun- 
gen in  Fluss,  ohne  jedoch  zu  einem  Abschluss  zu  führen.  Der 
Kdmg  klagte  über  Lübecker  und  Stralsunder,  über  die  von 
AnUam  und  Stargard  wegen  Gewaltthätigkeiten  und  Bruch 
des  vereinbarten  Stillstandes;  dazu  hätten  ihm  die  Lübecker, 
jedenbUs  ein  seltsamer  Vorwurf,  das  ihm  gebührende  jähr- 
liche ächutzgeld  vorenthalten,  seine  Sendeboten  misshandelt  ^). 
Noch  manche  streitige  EinzeUäUe  kamen  zur  Sprache  ^).  Wal- 
demar willigte  ein,  vier  lübecker  und  einen  hamburger  Ge* 
fangenen  loszulassen^),  und  erklärte  sich  bereit  zur  Unter- 


1)  H.  B.  I,  ■.  t9S  1 1  nd  t. 

t)  ebd.  n.  893  f  8  «nd  B.  194. 

3)  ebd.  n.  293  f  5,  6  und  8;  vgl.  n.  891  |  4. 

4)  ebd.  B.  898  S  7. 

8)  «bd.  B.  198  S  tO— 18.   VgL  oben  8. 146  «.  186  BBd  «Bton  S.  889  A.4. 
<)  H.  B.  I,  n.  898  |  11—18 ;  ebd.  UI,  a.  10. 

7)  «bd.  I«  B.  198  I  11:  Diadtil  qBBtnor  oB|iCi?oe solBtot,  qsl 

Sckite,  Die  BiMMtldte.  22 


338  ^    !>«'  Mto  Krieg 

werfung  unter  das  Urtheil  eines  Schiedsgerichts,  das  ans  ^or 
städtischen  und  vier  königlichen  Mitgliedern  znsammengefletzt 
sein  und  sich  zwei  oder  einen  Obmann  wählen  sdDte^).  In 
einem  Klagepunkt  der  Städte  trat  Nikdaas  Lraibdc  ftr  dn 
König  ein  und  tlbemahm  die  Verantwortung'). 

Mit  Entschiedenheit  wurde  die  Verwendung  da*  Stiklte 
in  den  Angelegenheiten  der  holsteinischen  Grafen  zQrllckge> 
wiesen.  Wegen  der  verabredeten  Tage  wolle  man  auf  etwaige 
Klagen  der  Grafen  Heinrich  und  Klaus  gern  antworten,  aber 
die  Elisabeth  habe  man  mit  Recht  verhindert,  die  besteheade 
Verbindung  zwischen  Hakon  und  Margarete  zu  stören.  Bdbet 
wenn  Margarete  gestorben  wäre,  so  hätte  die  Verwandtschaft') 
Elisabeth  abhalten  müssen,  eine  Verbindung  mit  dem  norwe- 
gischen Könige,  Margaretens  feierlich  Verlobten,  eiamgehea. 
Doch  da  die  Ehe  jetzt  geschlossen  sei  und  nicht  mehr  gestOct 
werden  könne,  so  wolle  man  dem  Erzbischof  aum  Bestoi 
rathen^).  Graf  Heinrichs  Gesandten,  den  Holsteiner  Wolf 
Bixdorf,  habe  man  gefangen  gaiommen,  weil  er  venehen 
gewesen  sei  mit  einem  Beglaubigungsschreiben  des  Grafen 
und  18  Briefen  an  den  König  von  Schweden,  dessen  ScAi 
und  Reichsrath,  in  denen  gestanden,  dass  auch  der  Henog 
von  Meklenburg  sich  geeinigt  habe  mit  dem  Grafen.  Da  aber 
der  Meklenburger  mit  seinen  Söhnen  dem  Könige  v(m  Däne- 
mark festen  Frieden  und  Freundschaft  gelobt  habe,  halte  man 

constmxernnt  et  posnenuit  sibi  ftmcUunentum ,  pront  promiseniDt  SoD  dfti 
heissen,  dMs  diese  Oefangenen  als  Entgelt  fßr  ihre  FreiUssuig  tlne  KapiÜB, 
einen  Altar  oder  dgl.  su  Händen  Waidemars  sa  bauen  Terspraekea  nnd  aas- 
mhrten?  (vgl.  H.  B.  II,  S.  408).  Oder  ist  an  eine  Stetne  an  denken  wie  dit 
von  Marmor  gefertigte  Christophs ,  des  Sohnes  Waidemars ,  die  noch  jetst  ibb 
Dome  sa  Roeskilde  gezeigt  wird?  Dass  Waldemar  monuDentale  Briaaemiifs- 
zeichen  liebte,  scheiot  das  Krens  vor  Wisbj  au  beweisen. 

1)  H.  B.  I,  n.  293  §  15. 

2)  ebd.  n.  293  §  13. 

3)  Beide  waren  Urenkelinnen  König  Erleh  Olippings,  s.  Koppmann  H.  B. 
I,  S.  229  A.  3.     Der  Einwand  war  JedenfUls  sehr  gesneht. 

4)  Am  26.  Juli  1363  war  Elisabeth  noch  nicht  befreit,  s.  H.  B.  I,  n.  t99  1 11- 


gtgea  WaldiBwr.  839 

den  Wulf  so  lange,  bis  man  erfahren  könne^  ob  seine  Bot- 
schaft auf  Wahrheit  beruhe  oder  nicht  ^). 

Erst  in  den  Verhandlungen  mit  Herzog  Erich  von  Sach- 
sen kamen  die  eigentlichen  Wünsche  und  Beschwerden  der 
Hansen  zur  Sprache.  Der  Herzog  ttbemahm  die  Rolle  eines 
Vermittlers  zwischen  König  Waldemar  und  den  Städten.  Er 
eignete  sich  um  so  mehr  dazu,  als  ja  zwischen  ihm  und  den  Lü- 
beckern ein  freundschaftliches  Verhältniss  herrschte*).  Gleich 
an  demselben  Tage,  an  dem  er  mit  dem  Könige  nach  Nykjöbing 
kam^  hid  er  die  lübischen  Bathsherm  zu  sich  ein  in  seine  Her- 
berge und  verhandelte  mit  ihnen  über  eine  Versöhnung  *).  Es 
war  von  dem  den  Gotländem  g^ommenen  Gelde,  von  Bichenmg 
durch  Pfand  oder  Bürgschaft  die  Rede  ^ ).  Die  Lübecker  mögen 
Schadenersatz  gefordert  haben.  So  vid  sich  erkennen  lässt, 
haben  sie  dann  dem  Herzog  einen  v<m  den  Städten  ausgesetz- 
ten Brief  über  die  ihnen  von  Waldemar  zu  gewährenden  Frei- 
heiten vorgelesen.  Der  uns  unbekannte  Inhalt  desselben  miss- 
fiel Herzog  Erich  aber  sehr.  Er  legte  seinerseits,  wahrschein- 
lich erst  etwas  später,  dnen  Entwurf  des  Königs  vor  und 
sagte  kurz,  er  habe  keine  Vollmacht  weiter  zu  gehen  ate  die- 
ser Entwurf.  Wenn  ihnen  irgend  ein  Artikel  missfiele,  könne 
er  denselben  weglassen,  aber  Nichts  hinzufOgen  ^).    Es  seheint 


1)  H.  R.  I,  D.  S98  t  M— S6. 

t)  S.  olMO  S.  S91. 

8)  H.  R.  I,  B.  198  I  9 :  Eodf  di«  »Isit  domiout  dvx  Stxoiiie  iiaBelttai 
pro  d^oÜBlt  contttlibttt  d«  Labek«,  qsi  ▼enemnt  ad  eam  ad  liotpiciun  muud; 
•t  tnetetim  hai  eom  «o  d«  unieiek. 

4)  So  MlMiDt  mir  kt  H.  R.  I,  n.  S98  $  10:  Item  «git  du  Saxooie  d« 
ycwto  Gotlaikdoran ,  MeanidoiM  «te.  sa  ftina. 

5)  IHM«  Dwritelluif  stitet  deh  moiebat  mT  H.  R.  I,  a.  99«  $  18  (lit- 
ter«  coneept«  a  dTitatibiu  de  libartala  ragia  laete  taat  daanlao  dad  Saxonla, 
qae  tibi  ditplicaernnt ;  sed  ipie  dox  fecit  lag!  littaraa  eonceptaa  a  raga,  at 
dixit  bravitar,  aa  nnllam  habara  aactoritataa  mUarioraai,  qaaaa  in  littaim  con- 
tioater ;  aad  ai  aaaal  aUqoia  articalaa  diapliaaaa  aia ,  iUnm  poaaat  dlaftittara ,  ni- 
ekU  astan  addara  YaUai)  «m1  ateiat  ai^  daaa  im  diaaar  MitHiallang  ain  Bariabi 
dar  L&backar  an  dia  TaraaBMaalton  iHldlliehan  Qaaandtan   8bar  ibra  Varband- 

22* 


340  X*    IMr  ento  Kritg 

kaum  einem  Zweifel  zu  anterH^ra,  dass  es  ach  hier  um  da 
uns  erhaltenen  Entwurf  einer  Sfihne  handdt  ^),  denn  dendbe 
enthält  weiter  Nichts  als  eine  ganz  aligemein  gehaltene  Be- 
stätigung der  alten  Handdsrechte  und  Vorkehnfreilieilai  ge- 
gen Erlegung  der  von  Alters  her  ttblichm  Gebühren.  Voi 
21.  Mai  datirt  *),  ist  derselbe  den  LQbeckeni  noch  in  N]iq5- 
bing  zur  Kenntnissnahme  zugestellt  worden.  Auf  der  JduB* 
nisversammlung  in  ihrer  Vaterstadt  haben  sie  dann  darCber 
berichtet.  Doch  wurde  die  Einigung  auf  solcher  Gnmdhge 
einstimmig  verworfen.  Die  Versammlung  schickte  Bithnei- 
deboten  an  den  Herzog  vcm  Sachsen,  die  ihm  sagtsen,  dm 
die  Städte  nicht  zufrieden  sein  könnte  und  wollten  mit  da 
Freiheit^,  die  der  König  ihnen  gewähren  wolle.  Waldeouar 
müsse  den  von  den  Städten  entworfene  Brief  besiegeln,  mflsse 
den  schon  vor  dem  Kriege,  mitten  im  Frieden  und  wähnsMl 
des  Waffenstillstands  den  Städten  zugefügten  Schaden  eraefasen; 
Antwort  darauf  vom  Herzog  und  vom  Könige  erwarte  mii 
bis  Jacobi  (25.  Juli).  Die  von  Erich  gewünschte  heue  Zosan- 
mekunft  zwischen  dem  Könige  und  den  Städten  unter  Zt« 
Ziehung  der  älteren  schonenschen  Vögte,  sowohl  dar  köni^ 
eben  wie  der  städtischen,  schlugen  die  Hansen  rundweg  ab: 
Der  König  möge  den  vorgelegten  Brief  besiegeln  *).  • 

So  waren  die  nykjöbinger  Verhandlungen  und  ihr  Nach- 

langen  mit  Erich  von  Sachsen  vorliegt.  Nimmt  man  dat  nicht  m,  bo  mfiisen 
die  Städte  nach  den  nyl^öbinger  VerhaDdlangen  Gesandt»  aa  den  Hanog  ge- 
schickt haben ,  die  die  n.  S96  %  16  berichtete«  VerhandhuigMi  gefUirt  hab«. 
Ist  das  einmal  unwahrscheinlich  unmittelbar  nach  der  VemmmlaDf  ia  Myi^ 
bing,  so  spricht  aweitena  dagegen  sehr  entschieden  das  Datnm  tob  Waldeman 
Entwurf,  der  21.  Mai.  So  nehme  ich  denn  an,  dass  die  n.  MS  (  •  «rwOntea 
Verhandlangen  iwischen  Erich  nnd  den  Lftbeekem  tbaDweisa  identifleb  sind 
mit  den  n.  S96  |  16  genauer  besprochenen. 

1)  H.  R.  I,  n.  895. 

8)  Ma  der  gave  des  hilghen  ghesten,  des  hoefatüd  na  is. 

3)  H.  R.  I,  n.  896  §  19  nnd  80:  Qoibas  pladtls  aerraadis  sfanptteiter  ftait 
renunciatnm;  et  dicebatur  dnci  predicto,  si  dominus  res  YeUet  tigiUare  Utte- 
ras  conceptas,  nt  prius  dictum  est,  libenter  reeiperent 


gegen  Waldemar.  341 

8^d  verlaufen,  ohne  zu  einem  Resultate  zu  führen.  Die 
Hansen  hatten  zuletzt  einen  sehr  entschiedenen  Ton  ange- 
schlagen,  und  dTes^  Ton  beherrschte  nun  auch  die  Johannisver- 
sunmliing.  Man  war  es  offenbar  mttde,  die  aussichtslosen  Un- 
tarhändlungen  mit  dem  Dänenkönige  fortzusetzen.  Getäuscht 
in  ihren  Erwartungen  von  der  nylgöbinger  Zusammenkunft, 
liditeii  die  Führer  der  wendischen  Städte  an  einen  zweiten 
Megerisehen  Versuch ;  Hoflhung  auf  friedliche  Beilegung  konn- 
tm  sie  nicht  mehr  hegen  ^).  Auf  der  grossen  liittsommer- 
tigCahrt  dieses  Jahres  zu  Lübeck  war  Gelegenheit,  zu  Thaten 
«Kuspomen  und  um  Hülfe  zu  werben. 

Abgesehen  von  der  brennenden  nordischen  Frage  hatte 
tfsss  Versammlung  manche  Dinge  von  allgemein  hansischem 
Meresse  zu  ordnen.  In  Brügge  war  ein  Aeltermann  einzu- 
BSlMn,  über  das  von  Flandern  gezahlte  Entschädigungsgeld 
n  berathen,  für  den  Hof  zu  Nowgorod  der  Wahlmodus  zu 
bwtimmen.  lieber  das  Veihältniss  Rigas  zu  diesem  Hofe,  über 
its  Privilegien  Wisbys  bei  der  Appellation  musste  verhandelt 
«NvdflD.  Zwischen  den  preussischen  und  westfälischen  Städten 
idiwebte  schon  seit  längerer  Zeit  ein  Streit  über  den  Besitz 
ler  gemeinschaftlichen  Privil^en  des  westfüisch-preussischen 
Drittels  ').  So  hatten  sich  denn  die  Genossen  der  Hanse  zahl- 
rridier  als  je  eingefunden.  Von  den  wendischen  Städten  waren 
LBbeck,  Bostodc,  Wismar,  Stralsund,  Grei&wald,  Hamburg, 
Ltneburg,  Kiel,  Stettin  und  Stargard  vertreten,  von  den  preus- 
rikdien  Kulm  und  Elbing,  noch  weiter  von  Osten  her  Riga, 
Doipat  und  Reval;  auch  zwei  Rathssendeboten  von  Wisby 
iraren  erschienen  und  aus  den  Niederlanden  Rathsherren  von 
Kämpen.    Im  „oberen  Saale  des  lübecker  Rathhauses^'  tagte 


1)  Qttia  Ben  rMeretar  esse  tpes  de  composicione ,   H.  R.  I,  n.  196  §  17. 

9)  ebd.  n.  M6  (  8,  4,  7,  18—15,  28,  S4.  In  Betreff  der  Forderung  der 
pff«MrifchtB  Stidte,  dai  flmndrisdie  PrivUeg  ihres  Drittelt  Ton  Lflbeek  ans- 
SdiefBrl  I«  erhalten,  t.  n.  184  und  286. 


342  ^*    ^^  «r*te  Kr^ 

die  Versammlung  zum  ,^meinen  Nutzen  des  gmoinon  Kauf- 
manns^^ ^).  Ei£rig  bemühten  sich  die  Bathmannei  dar  wendi- 
schen Städte,  ihre  Kollegen  v<»i  Osten  und  Westen  zu  eneigi- 
scher  Unterstützung  zu  bewegen.  Man  kam  in  ai^em  Pnnktai 
den  Wünschen  derselben  entgegen,  wohl  nicht  <diiie  die  Ejc& 
nung,  sie  dadurch  zu  Leistungen  willig  zu  wachep. 

Am  wichtigsten  erschien  zunächst  die  Haltung  der  pieoi- 
sischen  Städte.  Von  ihrer  Entscheidung  in  Betreff  der  feraen 
Erhebung  des  Pfundzolls  hatten  im  Februar  die  wendiscki 
Städte  es  abhängig  gemacht,  ob  auch  bei  ihnen  der  Pfimdsott 
weiter  erhoben  werden  solle*).  Da  diese  EntscheiduDg  aof 
sich  -wart^  liess,  bestimmten  die  Letzteren  im  Min,  für  aDe 
Güter,  die  durch  den  Sund  gingen,  sollte  zunächst  nur  Bftig> 
Schaft  geleistet  werden,  dass  man  den  Zdl  nOthigen&Ua  be- 
zahlen würde;  nur  wer  keine  Büigen  stellen  kfinne,  solle  wiik- 
lich  zahlen*).  Jetzt  endlich  kam  ein  vorläufiger  Abscbluas  ii 
die  Sache.  Die  zwischen  den  pr^issischen  und  westfiÜischeD 
Städten  streitigen  flandrischen  Privilegien  wurden  den  entam 
zugesprochen,  weil  die  Kölner  zum  Tage  nicht  ersehieMB 
waren.  Gegen  eine  Bescheinigung  der  Städte,  dass  auf  ihm 
Beschluss  die  Uebergabe  erfolgt  sei,  lieferten  die  Lübeckar 
dieselben  am  2.  Juli  aus*).  Dafür  erklärtoi  sieh  die  prens- 
sischen  Städte  dann  bereit,  den  Pfhndzoll  vom  nächsten  Ascher- 
mittwoch an  (6.  Februar  1364,  also  nach  Ablauf  des  bestehen- 
den Waffenstillstandes)  auf  ein  weiteres  Jahr  zu  erheben,  beim 
Ordensmeister  die  Sache  getreulidi  zu  vertreten  und  um  Unter- 

1)  Propter  commune  bonmn  communis  mercatoris  ....  in  raperiorl  domo 
contistorii  Lubicensis,  H.  B.  I,  n.  997. 

2)  ebd.  I,  n.  287  g  7  und  8,  zu  Rostock  am  5.  Febnuur. 

3)  ebd.  I,  n.  291  g  3,  su  Wismar  am  17.  Mära. 

4)  ebd.  I,  n.  296  g  3  und  23,  n.  297  und  298.  Der  Zait  nach  nUlt 
11.  297  später  als  298 ;  n.  297  ist  ohne  Zweifel  auf  der  Venammlonf  in  Wismiur 
(25.  Juli)  ausgestellt  und  zurückdatirt  auf  den  24.  Juni.  Gegen  Ende  keisst 
CS,  dass  Lübeck  am  2.  Juli  (dominica  die  post  octavas  sancti  Johannit  baptiste) 
den  preussischen  St&dton  die  flandrischen  Privilegien  übergdien  habe. 


fOf en  Waldemar.  343 

statsung  mit  Schiffen  und  Bewaffneten  anzuhalten ;  zum  Wismar- 
sdien  Tage  (Jaeobi,  25.  Juli)  wolle  man  Antwort  schicken^). 
AdmHeh  ging  es  mit  den  livländem.    Den  Rigaem  und 
ihran  Nacbban  *)  wurde  ein  Drittel  auf  dem  nowgoroder  Hofe 
engeriiimt,  zugleich  aber  auch  das  Ersuchen  gestellt,  mit 
6  Sduftai  und  600  Bewaffneten  Hülfe  zu  leisten.    Die  Liv- 
lliider  wandten  ein,  dass  ihr  Land  nur  schwach  bevölkert  sei; 
Sdiiffe  und  Bewaffiiete  könnten  sie  nicht  schicken,  aber  den 
Ffandscdl  wollten  sie  erheben,  auch  sonst  die  wendischen  Stftdte 
■it  Gdd  unterstützen.    Im  Uobrigen  seien  sie  mit  Allem  ein- 
fontaaden,  was  diese'  in  Betreff  etwaiger  Sistirung  des  Han- 
Mb  oder  Schliessung  eines  Bündnisses  anordnen  würden.    Als 
die  Stftdte  ihnen  dann  die  Wahl  liessen,  ob  sie  2000  Mark 
Silber  (Über  80,000  resp.  Vs  Mill.  Rm.)  geben  oder  200  Mann 
«d  8  Schiffe  stellen  wollten,  versprachen  sie  diesen  Vor- 
üUag  ihrm  Rathskollegien  vorzulegen  und  Antwort  zurück- 
Midiicken  *).  —  Auch  den  Kampenem,  auf  die  man  doch 
rioht  gut  au  sprechen  war  in  den  Städten,  begegnete  man 
fanndlicb,  weil  man  auf  ihre  Mitwirkung  hoffte  und  um  die- 
idbe  warb;  die  anwesenden  Bathssendebotai  Kampens  ver- 
ipiachflo,  ihren  Notar  nach  Hause  zu  schicken  und  die  Ant- 
wort zugleich  in  Lübeck  und  in  Preussen  mitzutheilen^). 


1)  H.  R.  I,  a.  196  1 17. 

9)  ebd.  n.  S96  §  14:  Uli  de  Riga  admissi  snnt  etc.;  weiter  unten  heisst  w 
ibtr:  Ipsi  de  Riga  et  alii  admitsi  pro  illo  detrimento  satitfacere  tenerentnr. 
Mb  f^BÜ**  kSnneo  nur  die  flbrigeo  livlindiachen  Stidte  eein,  die  an  dem  Rechte 
Ups  tbeilDahmea. 

8)  ebd.  n.  S96  §  18  and  21. 

4)  ebd.  n.  896  |  1  n.  8.  Die  Kampener  sind  nicht  mit  anfgenommen  in 
Im  VerBeidmisf  der  Tbeilnehmer  der  Versammlang.  Einige  Jahre  spiter 
rer4«n  sie  nicht  als  Glieder  der  Hanse  angesehen.  Sind  sie  ans  gleichem 
Irmde  weggelassen,  oder  geschah  es,  weil  sie  noch  mit  den  Stidten  auf  ge- 
pttalm  PsBse  standen?  —  Dass  die  Antwort  aneh  naeh  Preussen  geschickt 
rerden  soU,  hat  wohl  seinen  Grand  in  der  besondern  Verbindung  swischen  den 
ffWMsitchen  und  den  westfUisch-niederlindischen  Städten  als  Gliedern  desselben 
landrisclMa  Drittels. 


344  2-     ^>^  «nto  Kriag 

Erlangte  man  so  von  den  hanwachen  Genossen  wenig 
Definitives,  so  führten  die  VerhandlnngeD  mit  den  Fflnten  noch 
minder  zu  einem  Endresultate.    Es  war  der  Entwurf  eineB 
Vertrags  zwischen  den  Städten,  dem  Herzog  yon  MddeDbug 
und  dem  holsteinischen  Ghrafenpaar  ausgearbeitet  worden,  der 
die  gegenseitigen  Leistungen  fOr  einen  goneinschaftlicheB  Kiiog 
bestimmte;  aber  zum  Abschlüsse  kam  es  nicht,  weQ  die  Stidie 
den  Bogen  allzustraff  spannten  und  ihre  Forderungen  zu  hodi 
stellten.    Jeder  Theil  sollte  1200  Bitter  und  Knappen  atflOOi 
die  Städte  ausserdem  noch  600  Bewafihete  vom  „gemeiifli 
Volke^^  (de  populo  yulgari,  leichter  böwafbete  FnaekneditB), 
dazu  1200  Mark  Silber  (ca.  60000,  resp.  300000  Bm.)  ahZn- 
schuss  zu  den  Unkosten  der  genannten  Herren.    Audi  grosae 
und  kleine  Schiffe  sollten  sie  diesen  liefern,  so  viel  man  m 
einem  derartigen  Kriege  bedürfe,  und  den  Sdd  der  Bemannong 
zahlen.    Dazu  mussten  sie  f&r  die  nöthigen  Maschinell  und 
Geräthe  sorgen.    Die  Dauer  des  Bflndnisses  wurde  auf  eil 
Jahr  bestimmt,  vom  nächsten  heiligen  3  K^iigstage  (dem  Ab- 
lauf des  Waffenstillstands,  6.  Januar  1364)  an  gerechnet,  und 
zwar  sollte  in  diesem  Zeitraum  keinem  der  beiden  kontn- 
hirenden  Theile  ohne  Zustimmung  des  andern  gestattet  sein, 
mit  den  Gegnern  Vertrag,  Waffenstillstand  oder  Frieden  za 
schliessen  ^).    Nach  Ablauf  jenes  Jahres  aber  sollte  dieses  Band 
gelöst  sein,  falls  nicht  vielleicht  die  Städte  ¥orz9gen,  du 
Bündniss  aufrecht  zu  erhalten. 

Dies  letztere  Vorrecht,  das  sich  die  Städte  vindicirtoi, 
wird  aber  weit  übertreffen  von  einer  andern  Forderung,  wddie 
sie  stellten.  Sie  wollten  in  der  Zwischenzeit,  bis  Januar  1364, 
vollkommene  Freiheit  behalten,  mit  den  Gegnern  Frieden  zn 
schliessen,  falls  eine  passende  Gelegenheit  sich  böte,  wollten 
aber  dasselbe  Recht  nicht  den  Fürsten  einräumen.    Sie  waren 


1)  CoDCordiam,  treugas  vel  composicionem. 


fifea  Waldaaiftr.  8i5 

h&nit,  dienn  flOD  Mari^  l^ber  für  dieses  Voirecht  zu  zahlen, 
aber  huoi  kami  sich  nidit  wundern,  dass  die  Fürsten  um 
dlawa  Pnis  nidit  daraitf  eingingen,  scmdam  für  beide  Thdle 
Beehte  und  Piiditen  verlangten.  Die  Folge  war, 
das  BOncbiiss  nicht  zu  Stande  kam  und  einstweilen  bis 
toobi  weiterer  Berathung  überlassen  blieb.  Inzwischen  aber 
MBte  jeder  der  beiden  Theile  das  Recht  haben,  sich  mit  den 
OegucfB  ananisttinen  > ). 

IktttUdi  zeigt  sich  hier,  dass  die  St&dte  trotz  der  schlim- 
IMB  Brfidmmgen,  die  sie  in  den  Verhandlungen  mit  dem  Dä- 
MdDBnige  gemacht,  doch  den  Gedanken  an  eine  friedliche  Einl- 
gng  mit  ihm  noch  nicht  anfgegeben  hatten.  Sie  planten  den 
bieg,  warben  um  Bundesgenossen,  mochten  aber  doch  die 
BMcke  nieht  hinter  sich  abbrechen  und  den  Weg  zu  friedlicher 
VsTBtiadlgnng  ganz  abschneiden.  Das  Glück  des  Krieges  war 
ftMn  zu  ungünstig  gewesen,  als  dass  sie  es  zum  zweiten  Male 
ihne  Noih  hätten  versuchen  sdlen;  und  um  zu  der  Einsicht 
in  kommen,  dass  ein  frischer  Krieg  besser  ist  als  ein  fauler 
Mede,  war  ihnen  die  Lage  noch  nidit  unerträglich  gmug. 
ihr  ganzer  Handel  d^  grössten  Gefahren  ausgesetzt  war, 
man  mit  dem  Beherrscher  des  Sundes  in  offenem  Kriege 
sind,  war  gewiss.  Nicht  so  gewiss  erschien  es  ihnen  jetzt 
wsnigrtenB  noch,  dass  die  ewigen  Plackereien  und  Belästi- 
gungea,  denm  sie  auch  im  Frieden  ausgesetzt  waren,  auf  die 
Dauer  unerträglich  und  ihrran  Handel  kaum  minder  gefthrlich 
werden  würden.  Im  Grunde  genommen  war  man  auf  der 
groeeea  Iflbecker  Versammlung  wenig  wdter  gekommen.  Die 
Hittfe  von  den  preussischen  und  livländischen  Städten  war 
•dur  frtf^h,  noch  fraglicher  die  von  Kampen  und  der  Südersee ; 
das  Bflndniss  mit  den  Fürsten  hatte  an  Aussicht  verloren; 
mit  Waidemars  Vermittler  Erich  von  Sachsen  war  man  nicht 
weiter  gelangt  als  schon  in  NyKjöbing. 

1)  H.  R.  I,  n.  S96  §  5. 


346  X-    I>«  «Me  Kritg 

Und  nicht  mehr  wurde  crreiGht,  ab  lieh  am  86.  Juli  die 
RathBsmdebotea  you  LObeek,  Rottock,  Wismar,  Stralsoid, 
Kiel,  Stettin,  Kolberg  und  Notare  von  Hamburg  and  Grais- 
wald  zu  der  verabredeten  VersamnAmg  in  Wismar  emflmifli. 
Ein  Schreiben  Danzigs  brachte  nicht  mehr,  als  man  achon  ■ 
Lttbeck  erfahren  hatte:  ea  solle  mit  den  gemeinjen  Städten  da 
Landes  Preussen  verhandelt  werden,  die  BeachlilaBe  wolle  naa 
dann  mittheilen  ^).  Welche  Antwort  die  von  Kanq^  und  Lir- 
land  gegeben,  wissen  wir  nicht.  Der  Hersog  von  Badiaa 
hatte  eine  Verlftngerung  des  Waffenstillstandee  vorgeaddagea. 
Darauf  antworteten  allerdings  die  Städte  kun,  der  jetagB 
werde  nicht  einmal  gehalten;  erst  mflsae  Oenugthmmg  geleistat 
sein  fOr  den  während  des  jetzigen  Waffenstillstandes  sage- 
fügten  Schaden,  dann  könne  von  Verlängerung  die  Bede  sein'). 

Ein  Fall,  der  auf  eben  dieser  Jaoobiversammhmg  w^ 
handdt  wurde,  zeigt  deutlich  genug,  daas  dieser  Unwille  dar 
Hansen  berechtigt  und  ihr  Handel  den  grOssten  Beläatigungea 
ausgesetzt  war.  Es  war  unter  Waidemars  Seepter  wieder  ein 
Zustand  in  der  Entwicklung  begrifEon  oder  schon  vorhanden, 
wie  er  einst  unter  dar  Herrschaft  der  Holsteiner  in  Dänemaik 
geblüht  hatte.  Oottschalk  Scharpenberg  aus  einer  im  Lauen- 
bui^;ischen  begüterten  Adelsfamilie  war  Hauptmann  des  Her- 
zogs Erich  von  Sachsen  auf  Bahus,  das  dieser  ohne  Zweifel 
von  Waldemar  als  Lohn  für  seme  Dienste  bdEommen  hatte*). 
Jetzt  beklagten  sich  die  Stralsunder  über  diesait  Gottschalk 
Scharpenberg,  dass  er  ihnen  im  Kalvessund  Gütor  geraubt 
habe,  die  in  vier  Koggen  vim  Kampen  und  einer  v<m  Harder- 


1)  H.  B.  I,  n.  S99  $  7.  Das  in  §  1  erwümto,  alcht  triuataBe  8direlb«i 
der  Bremer  wird  sich  auch  wohl  auf  eine  etwaige  Mitwirkimg  bei  eiaem 
Kriege  gegen  Waldemar  besogen  haben. 

8)  ebd.  I,  D.  299  §  1  n.  18. 

8)  Wie  Bahus  in  Waidemars  Hände  gekommen  sain  mag,  da  es  noch 
vor  Jahresfrist  Magnus  und  Hakon  gehörte,  ist  nicht  lu  erkennen. 


347 

Wyk  verladoi  gewesen  ^).  Wfe  Seharpenberg  behauptete,  hatten 
die  von  Kampm,  Stavoren  und  Harderwyk  Oenosaen  ?mi  ihm 
bei  Kopoihagen  unschuldig  enthaupten  lassen*);  jetst  nahm 
er  Bqiressalien.  Auch  einen  Ifibeckmr  Borger  hatte  er  be- 
raubt*), einen  anderen  bei  dem  Ueber&ll  ge&ngen  fortge- 
führt Die  Versammlung  zu  Wismar  dekretirte,  dass  wedw 
Güter  noch  Bftuber  in  irgend  einer  Stadt  Schutz  finden  soUten. 
Zum  Ersatz  des  halben  Sdiadens  und  zur  Freilassung  des 
Oelangraen  erkl&rte  sich  der  Ritter  erst  auf  Mahnung  Lübecks 
bereit  und,  wie  es  scheint,  auch  nur  ftr  diese  Stadt,  die  in 
freundlicher  Gesinnung  zu  erhalten  wegen  seiner  laoenburgi- 
Bchen  Besitzungen  in  des  Bitters  eigenem  Interesse  lag^). 

Und  wie  die  in  Waidemars  Dienst  zu  Besitz  und  Ansehen 
gekommenen  Adligen  den  Kaufinann  ihre  harte  Hand  fUden 
lieesen,  so  nodi  mehr  Waldemar  selbst  Bittere  Klagen  kamen 
von  Schemen  her  vor  die  Versammlung,  die  am  8.  September 
in  Stralsund  zusammentrat  Marquard  Butensten,  der  Vogt 
der  IflUschen  Vitte  zu  Falsterbo  auf  Schonen,  schrieb  an  seine 
Stadt  aber  die  harten  BedrQckungen,  die  der  deutsche  Fisdier 
und  Kaufmann  von  Waldanar  zu  erdulden  habe,  and  der  Brief 
wurde  auf  der  stralsunder  Versammlung  verksen,  ehe  er  naA 
Lübeck  weiter  ging^).  Waldemar  hatte  seinen  Vögten  be- 
fohlen, von  jedtfr  ankommenden  Schute  die  unerbiMe  Summe 
von  zwei  Mark  fein«)  (80  reep.  500  Rbl)  zu  erheben«  Mit 
„grosser  Noth^^  wurde  durchgesetzt,  dass  man  die  Hälfte  zahlte 
(immer  noch  eine  exorbitante  Abgabe^  oder  „sie  wtrden  Alle 

1)  B.  R  I,  a.  S99  }  17. 

%)  ebd.  n.  S04. 

S)  «bd.:  De  Tino  luii  Testro  eoseivi  per  me  recepto. 

4)  ebd.  B.  SOS  und  804,  S.  t58  ▲.  %. 
b)  ebd.  •.  100  1 1  end  n.  801. 

5)  AU  die  StidU  beld  denaf  etnea  AmtmiM  ibrer  eUen  Keeble  nd  Frei- 
beitea  eof  Scbooen  mecbtea,  beetimaiteo  sie  dieee  i^bgabe  Mif  „ea  er«  pea- 
aiacbe*«  —  80  aeboaeatcbe  P%e  —  Mt  4F>  ««^b-  i-  1  i  lib.|  t  4(.  f.  siad 
7*1,  4P  ttb.,  H.  R.  1,  IL  806  |18. 


gefangen  gesetzt  haben  nndsiebesdiwert,  irienemir  ktanten^^). 
Als  dann  der  König  selbst  nach  Schonen  kam  und  ^/,  Mde 
von  Falsterbo  sein  Lager  anfechlug,  liess  er  alloi  lahabn 
von  Tuchbuden  die  ebenso  unerhörte  Auflage  von  9  iMUga 
Mark  für  jede  Bude  *)  auflegen  und  von  «Uen  Remdes  nf 
den  Vitten  nehmen,  ,,wa8  sein  dAnisehes  Bedit  wtte^  Kid 
neuen  Veriiandlungen  und  GegaivorstelluBgen  nnuste  man  od 
zur  Zahlung  von  3  Schilling  Orote  fttr  jede  Bude  und  6  SdO- 
ling  Grote  fOr  jede  Tuchbude  verstehen.  Das  neue  Geld,  die 
Kupferpfennige,  wurde  statt,  wie  es  altes,  verbrieflw  Bedt 
war,  am  Sonntage  vor  Michaelis  am  1&  August  aasgegebei, 
also  mitten  in  der  Geschäftszeit,  und  dadurch  den  KanfleBtas 
schwerer  Verlust  zugefügt  Auch  die  Kanfleute  zu  Mafanö 
klagten  aber  grosses  Unrecht  „Ueber  die  Massen^,  schkm 
der  Vogt  seinen  Bericht,  „ist  der  gemeine  Kanfinann  aon^ 
und  betrübt,  dass  ein  Jeder  so  gebrandscfaatst  wird,  wie  « 
früher  nie  geschehen  ist,  und  er  beklagt  sich  über  dieMasMS 
sehr  und  sagt,  dass  schlecht  fOr  ihn  gesorgt  werde  in  den  Ver- 
handlungen, und  bittet  um  Gottes  willen,  dass  ihr  anders  vor- 
fahret und  uns  zurücksdureibt,  wie  wir  dies^  grossen  Noih 
widerstehen  sollen^*). 

Bei  dieser  Sachlage  musste  es  den  Städtern  immer  kkrer 
werden,  dass  kaum  etwas  Anderes  übrig  bleiben  würde,  ak 
das  Glüdc  der  Wafifen  von  Neuem  zu  versuchaL    Es  feUte 


1)  Dat  de  loknte  myd  grot«r  noot  gßi  «m  lodegbe  m«ri^  «dd«  m  «tMci 
se  alle  vanghen  hebben  nnde  arghet,  wor  ane  se  mochten. 

2)  Die  Stfidte  gaben  später  1  ere  n jer  pemdngbe  an ,  H.  R.  I,  n.  S0< 
§  SO. 

S)  ebd.  I,  n.  SOI  S.  S51:  .  .  .  so  bidde  wi  jn  witUk  tho  weende,  dit 
de  meene  kopman  ntermaten  ere  is  nnde  bedro>Tet|  dat  jewvUt  man  aldos  bt* 
schattet  wert,  dat  vere  nee  eer  ghescheen  is,  nnde  beklaghet  nyk  ntenBatcn 
zere  nnde  spreken,  dat  ae  erele  an  den  deghedingken  bewanC  syn,  mde  biddca 
der  God,  dat  gy  anders  pruTen,  nnde  scriTen  nns  wedder,  wo  wl  deaM  grotsa 
noot  wederstaan  scholen,  de  deme  meenen  kopnyume  aa  Uggkeude  b,  nnde  wor 
an  wi  uns  holden  moghen. 


ttgra  Waldaauir.  840 

ch  nicht  aa  Vorbereitungeii  dazu;  aber  zugleich  gab  man 
a  Yemiehe  friedUeher  Verständigung  nicht  auf.  Immer  mehr 
gnift  die  haadsche  Politik  eine  Unentschkes^heit  und  Un- 
inrheit,  die  ihr  sonst  nicht  eigen  ist  Auch  die  wendischen 
Ute  lassen  sich  nicht  mehr  zu  einem  einheitlichen  ent- 
hloBsenen  Vorgehen  zusammenfassen.  Zum  Theil  bedrängt 
•  besonderen  Nöthen,  zum  Theil  missmuthig  Ober  die  Ver- 
ite  des  ersten  Krieges  und  noch  grössere  Opfer  fürchtend, 
hMdten  mehrere  Tcm  ihnen  vor  kühnra  Entschlüssen  zurück; 
li  was  man  erwartet,  was  in  ihrer  Lage  das  Richtige  und 
Mtaüche  gewesen  wäre,  geschieht  nicht.  Die  Jacobiversamm- 
■g  SU  Wismar  giebt  von  dieser  Sachlage  ein  Bild  in  dem 
mUbt  tbear  das  Verhalten  dar  Städte  Hamburg  und  Greifs- 
M.  Beide  hatten  durch  Notare  das  Ausbleiben  ihrer  Raths- 
nen  mitschuldigen  lassen  wegen  Fehden,  die  keine  Reisen 
Statteten  ^).  Für  die  Hamburger  war  der  Waffenstillstand 
h  Graf  Adolf  von  Holstein  al^elaufen,  und  sie  hatten  ihren 
teisdien  Strom  zu  vertheidigen;  die  Greifswalder  lagen  mit 
■  Ritter  Bolto  Sepelin  in  einem  Streite,  der  noch  Jahre 
Bg  gedauert  luit  Dazu  stellten  sich  Beide  mehr,  als  in 
nr  Lage  nftthig  war,  der  Sache  der  Städte  fremd  gegenüber. 
to  Hamburger  waren  ohndiin  mit  den  Städten  gespannt  wegen 
r  Vowendung  des  bei  ihnen  erhobenen  Pfundzolls;  sie  er- 
iMen,  sie  seien  von  den  lübecker  Rathsherren  Johann  Witten- 
irg  und  S^gebodo  Crispin  ermächtigt  word^,  die  Kriegs- 
MteB  aus  demselben  zu  entnehmen.  Auch  weigerten  sie  sich, 
m  im  Kriege  schwer  geschädigten  Kielern  700  Mark  aus 
ICSI  Pfandzoll  zu  geben,  wie  die  Städte  angeordnet  hatten  '): 
B  hätten  den  Kidem  Nichts  versprochen  und  wollten  ihnen 
iher  auch  Nichts  geben;  wenn  sie  erst  sicher  auf  die  Tag- 
kit  reisen  konnten,  würden  sie  die  verlangte  Rechnung  gern 

1)  B.  R.  I,  n.  199  1 1  and  8. 

%)  ebd  I,  n.  287  §  23  und  292  §  8. 


350  X*    I>«  Mt«  Kritg 

ablegen.  Mit  eiiier  Veriftiigenuig  des  WaflonstOlstandes  oder 
einem  Friedensschlüsse  seien  Bie  einvarstaaden;  meam'  man  Kri^ 
anfangen  ifoUe,  wollten  sie  thim,  was  sie  ktanten,  eine  Aen- 
serung,  so  aügeniein  gehalten,  dass  man  wenig  daiwtf  biM 
konnte.  Und  nicht  ennnthigender  spradien  die  GieifswaUff. 
Sie  hegten  Bedenken  gegen  ein  Bflndniss  mit  dea  Flnta, 
weil  sie  ffirchteten,  dass  ihr  eigener  Herr,  Herzog  Barnim  von 
Stettin,  dem  Dänenkönige  Beistand  lasten  wolle;  sie  mflssta 
sich  daher  erst  besprechen  mit  ihren  Nadibarstädten  Anklim, 
Stettin  imd  Stargard,  die  in  dersdben  Lage  wfir^D.  Bechnaag 
könnten  sie  noch  nicht  ablegen  wegen  dar  GefimgieBea,  der 
verlorenen  Waffen  und  anderer  Ursachen. 

Es  ist  hier  wohl  die  geeignete  Stelle,  eine  Ansahl  Fraget 
näher  zu  behandeln,  die  durch  doi  Krieg  gegoi  Waldemar 
unter  die  Städte  geworfoi  waren  und  in  dm  nächsten  Jahra 
einen  wesentlichen  Einfluss  gewonnen  haben  auf  das  Yeihältp 
niss  derselben  unter  einander  und  nach  aussen  hin.  Durch  die 
Tagfahrten,  die  dem  rostocker  Novembervertrag  von  1362  fin- 
gen, zieht  sich  wie  ein  rothar  Faden  eine  Reihe  von  Vwhaad- 
lungsgegenständen,  die  zum  Theil  allerlei  Zwisti^^ten  unter 
den  verbündeten  Städten  hervorgerufen,  zum  Theil  vrenigstenB 
durch  manche  Jahre  die  hansischen  Bathssendeboten  beachäftigt 
haben. 

Den  ersten  Bang  darunter  nimmt  die  Abrechnung  Ober  die 
aufgewandten  Kriegskosten  und  ihre  Deckung  ein.  Wir  sind 
darüber  auf  zweifache  Weise  unterrichtet,  erstens  durch  die 
Schlussabrechnungen  über  die  gesammten  Unkosten  des  Krieges 
und  zweitens  durch  die  erhaltenen  Nachrichten  über  Bflstungei 
einzelner  Städte.  Wes^Üich  billiger  stellte  sich  daniadi  der 
Krieg  als  in  unseren  Tagen,  aber  für  die  herrschenden  Preifl- 
Verhältnisse  immer  noch  theuer  genug.  Werfisn  wir  einen  Blick 
in  die  Einzelheiten.    Ausserordentlich  varürend  im  Preise  sind 


Ue  SchÜBL  Hinch')  f&hrt  aus  den  Jiüiren  1382  bis  1448 
Beispiele  an  von  Koggen  (oder  Holken)  im  Preise  von  305 — 
MDO  Mark.  Aehnlich  sind  die  Schwankungen,  die  wir  wäh- 
BB»i  des  waldemarischen  Krieges  wahrnehmen,  natflrlich  je 
laeh  Grosse  und  Seetfichtic^eit.  Ein  im  zweiten  Kriege  vor 
bpenhagen  versenktes  Schiff  wird  mit  42Vfl  ^i  ein  anderes 
iber  sdMNi  nit  144  ^  bezahlt  (450  resp.  gegen  3000  und  an 
1600  resp.  10000  Bm.);  beide  mochten,  weil  zum  Versenken 
bflrtinunt,  alt  und  schlecht  sein ').  Die  Hamburger  verkaufen 
eine  der  im  Kriege  gebrauchten  Koggen  1362  für  320  A,  zum 
f^flidien  Preise  (400^—4500  resp.  27000  Bm.)  wird  eine  andere 
mgeaetzt*).  Eine  dritte  im  Kriege  benutzte  Kogge,  die  fiir 
pMiiinsHimi  Rechnung  der  Städte  in  Stralsund  lag,  wurde 
1M6  für  666 Vs  ¥  lüb.  (7500  resp.  45000  Bm.)  ausgeboten«); 
fkt  ein  Bflffger  von  Harderwyk  erhielt  sogar  1363  vom  lübecker 
luthe  für  eine  Kogge  die  ausserordentlich  hohe  Summe  von 
lfi02Vt  ¥  (über  16000  resp.  100000  Bm.).  Die  Schwan- 
kHgen  sind  also  bedeutend,  doch  darf  man  wohl  annehmen, 
imm  eine  brauchbare  Kriegskogge  durchschnittlich  4 — 600  ^ 
Mk  gekostet  haben  mag  (4—7000  resp.  25—45000  Beichsmaric), 
laeh  heutigen  BegrüBfan  denn  doch  ein  geringer  Preis  für  ein 
guuws  Kriegsschiff^). 

Genauer  lassen  sich  andere  Preise  fixiren.    Nach  den  ham- 


1)  HAndtb-  n.  Gewerbtgesch.  Daniigs  8.  868. 
fl)  H.  B.  I,  o.  484  S.  4S9  a.  440. 
8)  abd.  I,  o.  810  I  6  S.  868. 

4)  ebd.  I,  n.  866  $  88. 

5)  I>em  entoprechen  aacb  ein  Jahrtehnt   später  die  Schifbpreise  in  Ham> 
::  Bin«  Kogge,  die  1879  nach  Schonen  fahren  soll,  kostet  600  ^  neu  in 

i,  1888  tili  Schiff  8O8V4  ^,  1881  ein  Ewer  440  4^  (er  wird  1887  rer- 
kufl  ftr  870  ^);  1877  wird  ein  IToUl  (grosse  Kogge)  im  Zwin  (Haflra  von 
Birtffe)  gekAoft  für  800  ^,  in  demselben  Jahre  noch  wird  *  /^  ron  '/^  des> 
üHitn  SehiffM  wieder  verkaiift  für  68  ^/g  4P)  '^^^  ^'^  ganse  Schiff  berechnet 
laf  868*/g  41^,  1874  eine  Kogge,  die  nach  Prenssen  mit  Sali  fthrt,  fBr  800  4^, 
1890  ein  Schiff  flir  480  4^»  ^-  Laurent,  Das  Älteste  Hamburg.  Handlnngsbnch 
S.81  ff 


352  X-    I>«  ««te  KrlHT 

bnrger  Kämmereirecliiiungai  erhidt  ein  gewöhnlicher  Kriege 
knecht  oder  Schiffinr  f&r  den  Feldnig  4  Ifc  :=»  5  ^  Ifih.  (» 
resp.  an  350  Bm.)  Sold;  ein  Herr,  gewapfmeter  Bitter,  15^ 
Der  gewöhnlichen  Mannschaft  waren  die  KSche,  Bid^  PftUer 
ungefähr  gleichgestellt,  der  Arzt  aber  erhielt  10  ^  Eine  be- 
sondere Gratifikation  empfingen  die  beidm  Führer,  nuamiDa 
260  ^  (gegen  9000,  resp.  17000  Bm.)')-  Aeludiite  SiU- 
verhältnisse  treten  ans  im  zweiten  Kriege  ans  Quittungen  ftt- 
schiedraer  St&dte  entgegen,  indem  die  Ritter  und  Km^po, 
also  die  VoUbewaflheten ,  dnrdischnittlicfa  3 — 4  ^  fiflin  — 
9—12^  Ittb.  erhalten');  einem  Anderen  werden  alkidiagi 
fQr  eine  etwas  längere  Zeit  f&r  jeden  Vollbewa&eten  (annigv) 
10  ^  fein  zugesagt ').  Aus  derselb«!  Urkunde  erfiducn  wir, 
dass  ein  solcher  gewappneter  Ritter  gleich  zwei  Schfttien  ge- 
schätzt ward;  diese  erhalten  je  5  ^.  LQbeck  nimmt  1366 
auf  6  Monate  24  Schwerbewafihete  (armigeri)  in  Sold  fllr  je 
30  )^  Iflb.,  24  Knechte  für  je  15  :^.  Man  kann  also  woU  den 
Durchschnittssold  dnes  Ritters  fQr  die  Zeit  eines  Sommen, 
die  Dauer  eines  Feldzuges,  auf  etwa  20  ^  Iflbisch  anndoMi, 
225  resp.  ca  13 — 1400  Rm.,  die  eines  gemeinen  KriegskneditB 
etwa  auf  Vs  bis  Vs  dieser  Summe.  Dazu  kamen  dann  nock 
die  Gratifikationen,  praerogativa,  fQr  die  HaupÜeute. 

Einige  andere  für  Verpflegung  und  SchiflbaugrOstung  wich- 
tige Preise  hat  Mantels  in  seiner  Abhandlung  über  den  hsB- 
sischen  Pfundzoll  von  1367  zusammengestellt^).  Ein  Segd, 
Anker  und  andere  Schiflsinstrumente  wurd^  in  LQbeck  auf 


1)  HAmbg.  Kimmereirechn.  I,  84  ff. 

S)  H.  R.  I,  n.  45S.  Eine  erhebliehe  Aiuiiahine  cUtyoB  mcht  av  QoitUag 
15,  in  der  aber  wohl  ein  Dmekfehler  Torliegt  (ISS  ttott  SS,  vgl.  Qnittug  St)- 
Ausdracklich  wird  hier  hinsagefBgt,  dase  die  Mark  fein  an  S  41^  ^^^'  g«racbsat 
werden  solL 

5)  Lab.  Urkdb.  UI,  n.  479. 

4)  S.  88. 


50  ^  (ca  560  resp.  3S00  Rm.)  berechnet,  eine  Last  Weizen 
kostete  9'/«  ^  (ca  108  resp.  650  Rm.),  eine  Last  Roggen, 
Gerste  oder  Hafer  6—9  ^  (ca  66—99  resp.  4—600  Rm.), 
eine  Last  Häringe  zu  12  Tonnen  6—12  :^  (ca  66—132  resp. 
4 — 800  Rm.),  eine  Last  wismarschen  Bieres  7Vf  — 11 V«  ¥ 
(ca  82 — 124  resp.  500 — 750  Rm.).  Was  die  Kriegsmaschinen 
asbetrifft,  so  sind  wir  nor  fkber  die  kleineren  unterrichtet 

3  pixides  (Wmftiaschinen)  kosteten  11  ^  6  0,  also  jede  gegm 

4  ^  reichlich  40  resp.  250  Rm.  Etwas  billiger  waren  die  be- 
kanntere und  wohl  kleineren  ballistae,  grosse  ArmbrQste ,  die 
mit  joien  zur  Ausrüstung  der  Schiffe  verwandt  wurden.  Zwei 
▼on  ihnen  kosteten  zusammen  mit  einer  pixis  8^6  0,  also  jede 
rdehUch  2  ^ ').  Die  Ausrüstung  einer  1346  von  Rostock 
und  Stralsund  gemeinschaftlich  ausgefertigten  Kogge  kostete 
an  Schifeger&th  und  Proviant  262  :^  7  0  slav.  (175  :^  lüb. 
^  rdchl.  1900  resp.  11500  Rm.). 

Würde  es  für  uns  ausserordentlich  schwierig,  ja  unm($giich 
sein,  aus  diesen  Einzelangaben  die  Kosten  einer  ganzen  Aus- 
rüstung auch  nur  annähernd  zu  berechnen,  so  sind  wir  fgtXUkr 
licherweise  durch  erhaltene  Nachrichten  dieser  Aufgabe  über- 
hoben. Eine  lübecker  Schiffsexpedition  ans  der  Zeit  des  zweiten 
Krieges,  die  aus  zwei  Koggen  mit  Snikken  und  Schuten  be- 
standen zu  haben  scheint,  kostete  2939  ^  4  0  3  X  (über 
32000  resp.  200000  Rm.)  *).  Doch  ist  dabei  offionbar  der  Preis 
der  Schiffe  nicht  mit  berechnet,  auch  der  Sold  der  Bemannung 
wird  gewiss  nur  theilweise  erwähnt,  und  manches  Andere  scheint 
noch  zu  fehlen.  Vollständiger  sind  die  liittheilungen  der  ham- 
burger  Kämmereirechnung^  *).  Sie  argeben  für  die 
Koggen,  die  diese  Stadt  im  ersten  Kriege  stellte, 


1)  Lab.  Urkdb.  IH,  n.  7S7. 
9)  ebd.  m,  n.  7S7. 
S)  S.  81  ff. 
ScUfv,  Ut  BaMMlUte.  ^^ 


354  ^-    ^>^  w>te  k^Nf 

für  Ausrüstung  ....  930  )^    4  ß    3  ^ 

„    Verpflegung     .    •    .  935   „     6  „     1   „ 

„    Schaden  der  Söldner  47  „     4  ^  —   „ 

„    Sold   ......  720  „    19  „    3   „ 

„    Löhnung  der  Schiffer  609  ^     9  „    4   ^ 


Summa  3242  }b  18  fi  11  ^ 
gleich  4053  :^  14  fi  11  X  (an  45000  resp.  270000  Bm.).  Uad 
eine  ähnliche  Summe  entspricht  auch  der  Sch&taung,  irdck 
die  Städte  selbst  über  die  Kosten  einer  solche  Äuaritetuig 
machen.  Sie  stellen  den  livläudischen  Städten  die  Wahl,  en^ 
weder  2000  Mark  fein  =  6750  ^  lüb.  zu  zahlen  oder  200  Kam 
und  3  Schiffe  zu  stellen ;  sie  zahlen  Wulf  Wulflam,  dem  Sdue 
des  stralsunder  Bürgermeisters  Bertram  Wulflam,  1386  filr 
einen  Koggen  mit  100  Gewafiheten  und  so  viel  Snikken  und 
Schuten,  als  für  diese  nöthig  sind,  5000  ^  sundisch  (—  3333  Vs  ^ 
lüb.)  * ).  Demnach  würde  also  die  Ausrüstung  einer  Kogge  auf 
2—3000  ^  lüb.  sich  belaufen  haben,  einer  Flotte  von  26  sol- 
cher grossen  Schiffe  mit  fast  eben  so  vielen  kleineren  Falu^ 
zeugen  also  leicht  auf  nahe  an  100000  Mark  (über  1  MilL 
resp.  7  Mill.  Rm.). 

Dazu  kamen  nun  noch  die  ungeheuren  Lösegelder  filr  die 
Gefangenen.  Das  gebräuchliche  Lösegeld  für  einen  gefangenen 
Büigcr  scheint  sich  nur  auf  30—35  ^  lüb.  belaufen  zu  haben '), 
aber  es  wird  auch  viel  höheres  gezahlt '),  deinn  Waldemar  nnd 


1)  H.  B.  I,  n.  896  §  18  u.  U,  n.  300. 

2)  Lüb.  Urkdb.  IV,  n.  84  —  30  ^  ,  n.  85  —  35  4^,  n.  89  —  8» j,  ^^  f.  - 
32  4P  lab.,  ebd.  III,  n.  450  —  30  4^,  n.  481  —  30  !f.. 

3)  ebd.  III,  n.  455  Bweinuil  100  4^,  n.  477  --.  110  :y.  D«r  hunbirgir 
SchifFsfllhrer  Sweder  ebenfalls  für  80  15  ■»  100  4Pi  Hambg.  Kimmereirechn.  1, 
88  u.  93.  Aach  die  Bostoeker  zahlten  für  Einielne  100,  86*/,,  66Vr 
53 'l,,  51  4k  1^^*  durchschnittlich  wohl  etwas  weniger  als  die  Lübecker,  et 
254p  (swischen  15  und  40);  gewöhnliche  Schiffer  sahlten  8  _  204p,  H.  B. 
III,  n.  283.  Dänische  Gefangene  aus  dem  iweiten  Kriege  sahlen  auch  sehr 
verschieden:  Ltider  Ranzau  300  4P  lüb.  (Urkdb.  IV,  n.  123),  Egbardus  Bitter 
400  4k>  2^<^i  i^i^  *^"^  Gefangene  60  resp.  30  4P  (ebd.  III,  n.  696). 


Mfin  W«]d«mar.  366 

die  SetnigiBn  haboi  es  an  Erpressung^  nicht  fehlen  lassen. 
Die  Stadt  Boetock  mnsste  fttr  ihre  beid^  gefangenen  Raths- 
herroi  Friedneh  Suda-land  und  Johann  Kaie  1000  ^  f .  = 
3760  4^  Ukb.  und  fttr  den  Ritter  Berthold  Stoltenberg  000^ 
iBh.  LSeegeld  zahlen^),  also  nach  unserm  Gelde  für  jeden 
Batliwnn  Aber  20000  resp.  120000  Bm.  und  für  den  Ritter 
Iter  6000  resp.  gegen  40000  Bm.  Lübeck  berechnete  später, 
dkrdings  wohl  reichlich  hoch,  die  für  Qefangene  gezahlten 
UngeUer  auf  40000  ^  lüb.  <). 

Auf  alle  Fälle  müssen  sich,  bei  der  grossen  Zahl  der 
CMHigeMn,  die  Kosten  des  ersten  Fddzugs  auf  weit  über 
lOOOÜO  Mb.  Mark  belaufen  haben,  vielleicht  auf  über  200000; 
od  diflie  Schätzung  entspricht  auch  ungefähr  der  Abrechnung, 
wekha  die  Städte  nach  dem  Kriege  unter  sich  vornahmen. 
AllerdBigB  ist  es  nicht  möglich,  die  Gesamm tunkosten  des 
Kriegea  aas  den  uns  erhaltenen  Nachrichten  genau  zu  be- 
ndmen.  Denn  diese  sind  nicht  allein  in  Kleinigkeiten  un- 
gIMiau,  sondern  enthalten  auch  grössere  Widersprüche.  Hält 
aaa  aidi  an  die  nach  Ausweis  der  Beoesse  unter  den  Städten 
wiiUkh  zur  Verrechnung  gelangte  Summe,  so  betrugen  die 
QQnvmtkiOBten  reichlich  180000  lübische  Mark*),  nach  heu- 
tigMi  Oelde  gegen  2  resp.  12 — 13  Mill.  Beichsmark,  und  wie 
oi  seteint»  sind  dabei  nur  die  haaren  Ausgaben  und  die  dirdcten 
Yaiioste  an  Material  berechnet,  nicht  die  Abnutzung  des  letz- 
tefco  ^CL  In  den  Verhandlungen  mit  Haken  gßb&k  später 
allefai  die  vier  Städte  Lübeck,  Bestock,  Stralsund  und  Wismar 
ihren  Verlust  auf  234—235000  $  an«),  ob  zu  hoch,  ob  mit 
Zqgnmdelegung  einer  anderen  Auffassung  lässt  sich  allerdings 
nicht  bestimmen.    Nur  ein  sehr  geringer  Theil  dieser  Aus- 


1)  S.  B.  It  n.  S99  t  5,  B.  812  %  7. 
9)  ebd.  II,  n.  1  S  6. 
8)  G«um  180796  ^  1  8  2  X 
4)  H.  R.  I,  n.  1  §  6. 

28 


366  X.    Der  mte  Kfi^ff 

gaben  wurde  durch  den  PfundsoU  gededrt,  der,  soviel  wir  €^ 
kennen  können,  Alles  in  Allem  nur  ca  7500  Marie  eiitnigi). 
^^  Vfl4o  ^^  Werthes  angesetzt*),  rqirisentirt  er  deaMdi 
eine  Handelsbewegung  von  1,800,000  Mb.  Mark,  nach  msorai 
Gelde  gegen  20  resp.  120  Mill.  Reichsmark.  Die  dhnklBi 
Kosten  des  Krieges  betrugen  mithin  ca  11  Prooent  der  Haadeb- 
bewegung  des  ganzen  Jahres,  eine  Last,  doren  Dnick  sdM 
empfunden  werden  konnte. 

Und  dazu  kam  der  Schaden,  den  der  Handel  selbst,  diM 
wichtigste  Lebensquelle  der  Städte,  litt  Wenn  andi  dar  Eii- 
gang  des  Pfündzolls  beweist,  dass  dersdbe  nicht  ganz  dar- 
nieder lag,  so  war  er  doch  naturgemäss  schweren  HemmnisBai 
unterworfen  gewesen  und  noch  unterworfen.  Auch  Handels- 
schiffe waren  verloren  und  wurden  bei  den  unsichem  Zostiadei 
femer  verioren.  Der  ergiebige  schonensche  Yericehr  hatte  eil 
ganzes  Jahr  lang  eingestellt  werden  mtlssen  und  kämpfte  nod 
mit  den  grössten  Schwierigkeiten.  Zeitweilig  war  der  Handel 
ja  ganz  verboten  gewesen  *).  Diesen  Zustand  hatten  sich  die 
kleinen  pommerschen  und  meklenburgischen  Stidte  lum  Nach- 
theil der  Hanseglieder  zu  Nutzen  gemacht  Bflbrger  von  Bibniti, 
Wolgast,  Wollin,  Kamin,  Greiflfenberg ,  Tr^tow,  RllgenwaUe, 
Stolp,  Grevismtthlen^),  die  nicht  in  der  Hanse  waren,  hattet 
während  des  Krieges  Schonen  besucht,  ja  diese  Städte  hattet 
sogar  Angehörige  von  Hansestädten  als  Bürger  bei  sich  aof- 
genommen  und  ihnen  dadurch  die  Möglichkeit  gegd)en,  des 
verbotenen  dänischen  Handel  zu  treiben.    Wiederholt  habet 


1)  H.  B.  1,  n.  SSO  8  6:  ZuMmmen  704S  4^  8  B  6  X.  Dura  komman  die 
Betrige  toh  Stode,  Buxtehude,  Writby  «nd  Stoekliolm  (ebd.  n.  SIC  |  i  8.  tef , 
n.  SM),  n.  S87  g  S8). 

S)  Es  scheint  mir  richtig,  mit  Fook  III,  US  A.  annmehmen ,  dass  \m 
ersten  Kriege  der  gleiche  Procentsati  gegolten  hat  wie  im  twelten,  dais  abo 
die  Bestimmung:  „4  Pfennig  Englisch  Ton  jedem  PItoda**  badavtat:  eio«e 
Groten  von  jedem  Pfände. 

3)  H.  R.  I,  n.  267  §  6  vom  8.  Oct.  1868. 

4)  ebd.  I,  n.  374  $  9  und  376  §15. 


ftgen  Waldenuur.  357 

udk  die  JBBiBJwchftn  Tagfidirten  mit  dieser  Angdegenheit  be- 
Bdiiftigl  ^).  Wie  die  Hanieii  überhaupt  strikte  auf  die  Be- 
Mgmg  der  erlaesenen  AnordnuDgen  hielten ')  und  üebertre- 
tngn  mit  Strenge  verfolgten,  so  traten  sie  auch  diesem  Trei- 
kSBiit  aller  Entschiedenheit  entgegen.  Angehörige  der  kleinen 
Btfdte  sollten  das  Bflrgerrecht  in  Hansestädten  nicht  mehr 
«wetbci  ktanen;  auch  die  aus  Hansestädten  Ausgelaretenen 
sofltiR  mdit  wieder  aufgenommen  werden,  noch  sollte  sie  irgend 
«tat  Vogt  auf  Schonen  oder  an  andern  Ort^  auf  seine  Vitten 
Imbcb.  Wurde  durch  derartige  Massregeln  auch  ähnlichen 
?ackDmmniasen  fSr  die  Zukunft  bis  zu  einem  gewisse  Grade 
yptgsbwgt,  80  war  damit  der  erlittene  Schaden  doch  nicht  zu 


Waren  die  Städte  auf  all^  Tagfahrten  einig  in  der  stren- 
gen Verfolgung  A&c  Mandatsttbertreter  ^),  so  wurde  die  Frage 
der  Vertheilung  der  Kri^kosten  nicht  so  rasch  und  glatt 
gdOtt  Von  der  Neigahrsversammlung  1363  bis  zur  Ittbecker 
fchmiifitvereamndung  1366  beschäftigte  sich  fast  alle  grossem 
Tsgfiiirten  mit  dieser  Frage,  ja  an  Hamburg,  Anklam  und 
Stalgard  wurden  noch  nach  dem  zweiten  Kri^e  gegen  Wal- 
donar  Forderungen  geltend  gemacht^).  Wie  die  meiste  Koa- 
Mtknen  der  Zeit,  so  hatte  auch  die  Städte  in  ihrem  BOnd- 
sich  unter  einander  yeipflichtet,  „Nutze  und  Schaden 
Wasser  und  zu  Lande  nach  Mannzahl  zu  trage'^^).    Nach- 


1)  B.  B.  I,   B.  967  8  4  n.  5,   n.  tSO  8  4 ,   n.  t87  |  9  «.19,    n.   996 
I  9,  B.  999  8  9. 

9)  Noch  1871  worden  Uebertretangen  von  Befehlen,  die  1369  Tor  Helsing- 
bwf  gegeben  worden  waren,  geahndet,  H.  R.  II,  n.  18  8  19.  —   Bflrger  von 
Roetoek  werden   bestraft   wegen   Hopfenansfbhr  nnd   Schonenfahrt,  H.  R.  I,^ 
B.  978  n.  974.     Zwei    hamborger  Rathsherren  halten  einen  Uebertreter  (Hein- 
rich TOB  Rena)  an  anf  dem  Meere,  Urkdl.  Oesch.  U,  S.  634. 

8)  Auch  daa  Absegeln  von  Flandern  troti  Verbot  wird  geahndet,  H.  R.  I, 
B.  895  8  1<  »nd  19. 

4)  ebd.  U,  n.  9  8  1* 

5)  ebd.  I,  n.  968  S.  199. 


358  ^*    ^^  ^i*^  i^>^ 

dem  daher  auf  drei  Versammlimgen  Bedmung  gdegt  war^), 
wurde  im  Januar  1364  zu  Stralsund  ein  vorlinfiger  AbtcUm 
gemacht  und  die  nachgewiesenen  Kosten  nach  der  Stftrin  to 
Kontingente  unter  die  einzelnen  St&dte  yertheflt    Auch  in  dn 
nächsten  Jahren  wurde  nur  theilweise  ein  definitiver  AbidihnB 
erzielt.     Dabei  ging  es  nicht  ohne  Streittc^eitea  ab.    Kid 
hatte  besonders  schweren  Verlust  erlitten;  ihm  wurde  der  preoB- 
sische,  der  buxtehuder  und  stader  Pfimdzoll  als  Ersate  aa- 
gewiesen,  dazu  sollten  ihm  die  Hamburgs  700  %.  ans  ihrem 
Pfundzoll  geben*).    Diese  wdgerten  sich  trots  wiederiiote 
Mahnung^).     Später  kam  es  sogar  zu  Feindseligkeiten  der 
Kieler  gegen  die  Hamburger^).    Ein  nicht  näher  bekannter 
Zwist  entbrannte  zwischen  diesen  und  den  Bostockem,  dOM 
Schiffe  und  Güter  genommen  worden  waren  ^).    Auch  mit  der 
Gesammtheit  der  Städte  kamen  die  Hamburger  in  Streit    Sie 
hatten  den  BOrgem  von  Wisby  Pfundzoll  abgenonunen  in  der 
Mdnung,  dass  diese  als  Unterthanen  des  DänenkOnigs  m  be- 
trachten seien,  während  diese  schon  in  ihrer  eigenen  Stadt 
Pfnndzoll  erlegt  hatten.    Aufgefordert  zur  WiedwuntattOBg 
weigerten  sie  sich,  weil  sie  die  Erhebung  des  Zolles  eingesteDt 
hätten,  sobald  sie  erfahren,  dass  die  von  Wisby  in  der  Haiee 
und  nicht  Unteigebene  des  Königs  von  Dänemark  seien*), 
lieber  die  Art  der  Abrechnung  konnten  sie  sich  mit  den  Städten 
nicht  einigen  ^).    Später  weigerten  sich  Hamburg,  Anklam  und 
Stargard,  den  auf  sie  fallenden  Theil  der  Kosten  zu  zahlen  *), 
und  es  musste  der  Rechtsweg  beschritten,  ja  Zwang  angewendet 


1)  H.  R.  I,  n.  887  8  S4,  899  $  ft,  SIC  8  5. 
8)  obd.  I,  n.  880  §  3,  887  f  88. 

3)  ebd.  n.  899  §  8;  vgl.  n.  898  %  8,  896  §  88.  Oben  S.  349. 

4)  ebd.  n.  388  §  4. 

A)  obd.  n.  887  §  13,  899  8  3  a.  13,  306  8  2- 

6)  ebd.  n.  887  8  6,  305  §  1,  385  8  1 

7)  ebd.  n.  899  8  2,  325  §  7 ;  s.  oben  S.  349. 

8)  ebd.  u.  356  8  12. 


gtfes  Waldmar.  369 

werden,  m  die  Widanvilligen  zu  den  v^langten  Leistungen 
xo  bewegea. 

Zeigen  diese  Vorgänge,  dass  Stoff  zum  Hadern  genug 
jmtMoim  war  unter  den  Städten,  dass  es  Manche  gab,  die 
lidi  nothwendigen  Opfern  für  jetzt  und  für  die  Zukunft  gern 
enteogea,  so  beweist  ein  anderes  Ereigniss,  wie  schwer  man 
ii  den  Städten  den  erlittenen  Verlust  nahm,  wie  ernst  und 
ittenge  man  seine  Aufgabe  fasste.    Es  ist  die  Hinrichtung. des 
Mbecker  BOrgermeisters  Johann  Wittenberg  eins  der  wenigen 
Enignisse  in  dieser  Höhenperiode  hansischer  Geschichte,  das, 
an  eine  hervorragende  Persönlichkeit  anknüpfend,  den  Leser 
md  Hörer  nicht  bloss  historisch  interessirt,  sondern  ihm  per- 
aflnüch  nahe  tritt    Leider  gewähren  uns  die  erhaltenen  Nach- 
tkliten  nur  ein  äusserst  dürftiges  Bild  von  dem  Manne  und 
adnem  Schid^sal.     Einer  der  verdientesten  Forscher  in  der 
bansinchen  Geschichte  hat  die  wenigen  Züge  zu  einem  verhält* 
nisemäseig  klaren  Gemälde  zu  vereinigen  gewusst  ^).    Johann 
Wittenborg,  einer  lübecker  Bathsfamilie  entstammend,  hatte 
ala  Bürgermeister  seiner  Vaterstadt  den  Oberbefehl  über  das 
hnniflohe  Heer  im  Feldzuge  von  1362  geführt    Zurückgekehrt 
$m  dem  Fdde  wurde  er  in  Lübeck  ins  Gefängniss  gesetzt 
Wiederholt  wurde  seine  Sache  auf  den  Tagfahrten  verhandelt 
Die  Städte  meinten,  seine  That  müsse  als  ein  Vergehen  an- 
gesehen werden^).    Sie  verzichteten  aber  darauf,  ihn  selbst 
ttsoklagmi,  überwiesen  ihn  den  Lübeckern,  die  noch  ihre  be- 
sonderen Klagoi  gegen  ihn  hatt^.    Vergebens  verwandten  sich 
die  Freunde  Wittenbergs  für  ihn  auf  den  hansischen  Tagfahrten 
zu  Johannis  und  Jacobi  1363  in  Lübeck  imd  Wismar.    Sie 
bmnten  ihn  nicht  retten.     Noch  im  Spätsommer  desselben 
Jahres  erlitt  er  den  Tod  durch  Henkershand  auf  dem  Markte 


1)  lUntab  in  den  Hans.  OeschichUbl.  1871,  S.  lU  C 
t)  H.  B.  I,  n.  296  §  12:  Qaod  caiua  ipstios  et  factum  predicti  domini  Jo 
luAnif  wm  poieet  eese  eine  exeesia. 


zu  Lükeck.  Wir  erfahren  nicht  seine  Schuld;  wahrscheiiiliGk 
war  sie  keine  andere,  als  ein  unglücklicher,  mOglichenreise 
auch  nachlässiger  und  muthloser  Heerführer  gewesen  zu  seiii; 
vielleicht  hatte  er  sich  nach  der  vor  HelsingiMMrg  editieMs 
Niederlage  zum  yoreiligen  Paktir^  mit  Waldemar  TOileiten 
lassen.  Die  Sage,  die  ihn  zum  Hochverr&ther  stempelt  und 
ihn  die  Insel  Bomholm  um  einen  Tanz  mit  der  DfineokOiugii 
-hingeben  lässt,  wird  durch  die  Geschichte  widerlegt  So  manche 
Fragen  diese  aber  auch  unbeantwortet  Iftsst,  das  zeigt  sie  klar, 
dass  man  es  mit  der  Verantwortlichkeit  auch  dar  hScbstei 
Machthaber  in  den  StädU^i  nicht  leicht  nahm. 

Erst  wo  dem  hansischen  Historiker  die  Aufgabe  zufiültt 
Ereignisse  wie  Wittenbergs  Tod  in  den  Bahmen  seintf  Dtr^ 
Stellung  aufzunehmen,  zeigt  es  sich,  wie  unendlich  dürftig  und 
unvollkonunen  wir  über  wichtige  Partien  unserer  GeschichtA 
unterrichtet  sind.  Wir  können  die  hochgehenden  Bewegungen, 
die  den  hansischen  He^iÜhrer  zum  Bichtstuhl  fahrten,  n« 
ahnen,  nicht  erkennen.  In  keinem  Worte  der  Beeesse  nnd 
Urkunden  der  Zeit  spiegeln  sie  sich  wieder,  und  die  Chio- 
niken  sind  gerade  f&r  jene  Zeit  dürftiger  denn  je.  Detmar 
erwähnt  nicht  einmal  Wittenbergs  Tod.  Und  doch  muss  für 
das  Haupt  der  Hanse  die  Zeit  eine  nicht  wenig  aufgeregte 
gewesen  sein,  die  den  ersten  Bürgermeister  dem  Henketbeil 
verfallen  sah.  Es  muss  eine  Zeit  gewesen  sein,  in  der  die 
heftigsten  Leidenschaften  wogten  und  der  empörte  Sinn  der 
Bürger  dn  Opfer  forderte.  Von  alle  dem  erfishren  wir  anf 
den  hansischen  Tagfahrten  Nichts;  sie  berichten  uns  nur  das 
nackte  Facit  der  Verhandlungen  und  Berathungen. 

Und  dieses  ist  keinesw^  ein  sehr  erfreuliches.  Statt 
der  Entschiedenheit  in  den  Massregeln,  die  man  erwarten  sdlte, 
zeigt  sich  eine  ängstliche  Vorsicht,  eine  schwankende  Unent- 
schlossenheit.  Wohl  sehen  wir,  dass  die  führenden  Städte, 
Lübeck  voran,  zu  einem  neuen  Kriege  bereit  sind,  aber  sie 


C«i«ii  WaUUnar.  361 

femOgoi  lieht,  den  Bund  mit  f ortzurdssen ,  and  tragen  sich 
neben  deo  Kiiegqd&aen  noch  immer  mit  dra  (rft  getäuschten, 
aber  IMigewerdeDeD  FriedenshofhungeD.  Anf  den  beiden  Sep* 
tanbervenaimidangen  1363  in  Stralsund  und  Grei&wald  wur* 
te  die  KMitingente  f&r  d^  Krieg  wieder  bestimmt,  wie  sie 
nr  mei  Jaluw  festgesetzt  waren;  Ton  Schonen  sollten  sich 
die  Bflrgor  aller  Städte  ohne  Verzug  zurückziehen;  im  Falle 
Krjflges  BoUte  jeder  Handel  aufhören,  dagegen  wollte 
edem,  der  auf  eigene  Faust  geg^  die  Dänen  ausziehen 
vottte,  Kaperbriefe  gebra  ^\  Und  dabei  konnte  man  doch 
ntf  keine  Unterstützung  der  westlichen  oder  östlichen  Städte 
lechnen«  IHe  Preussen  lehnte  jede  kriegerische  Hülfe  ab '), 
da  der  Herzog  tod  Schweidnitz  ihren  Herren  und  dem  preussi- 
sden  Lande  abgesagt  habe,  und  sie  das  Gleiche  von  mehreren 
HerroB  fOiehteten,  währwd  sie  doch  mit  der  Bdcämpfung  der 
Hflidea  genug  zu  thun  hätten.  Den  Pfundzoll  aber  wollten 
de  gern  weiter  eriieben  und,  falls  es  den  Städten  recht  wäre, 
aadk  Kämpen  senden,  damit  die  Kampener  einige  Schiffe  be- 
flwuiten  und  in  den  Sund  schickten  für  sich  und  sie,  ein 
miterer  Beleg  für  den  Znsammenhang  zwischen  den  preussi- 
iohen  und  niederiindischen  Städten. 

Neben  diesen  Vorbereitungen  zum  Kri^[e  aber  dauerten 
die  Eriedensunterfaandlungen  fort  Gerade  jetzt  traten  diesd- 
bm  in  ein  neues  Stadium  durch  Einmischung  der  Herzöge 
Barnim  des  Aelteren  und  des  Jüngeren  yon  Stettin  und  des 
Biachefii  ^cn  Kamin.  Diese  Fürsten,  dem  Dänenkönig  befreun- 
det, battai  ihre  BevoUmächtigten  Ekkehard  Manteufel,  Niko- 
laoB  Kobier  und  Arnold  Makhow  auf  die  stralsunder  Ver- 
aamBddig  (8.  Sept)  geschickt  und  den  Städten  ihre  Yennitt- 
long  angeboten.  Diese  gingen  darauf  ein,  und  es  folgte  eine 
neoe  Bdhe  von  resultatlosen  Unterredungen.     Sie  schickten 

1)  H.  R.  I,  n.  SOG  S  5,  7  a.  8  ff. 
1)  ebd.  I,  B.  SOS. 


362  ^*   ^^  «r>te  Ktfag 

zwei  Rathsherren,  Ludolf  y(m  Kiüpeii  toü  Stralsond  und  Hetn- 
rich  Schuppelinberg  von  Grei&wald  Oi  au  die  Fftretm,  erkid* 
teQ  aber  nur  den  Bescheid,  dass  die  Forsten  erat  die  Klagen 
und  Gegenklagen  (qnerelas  et  responsiones)  beider  TheBe  haba 
müssten  und  yor  Allem  baten,  dass  die  in  Stralamid  Yena» 
melten  städtischen  Sendeboten  dort  verweüen  möditen  bis  nr 
Ankunft  des  KOnigs'). 

Von  Grei&wald  aus  beschickten  dann  am  22.  Sept  die  dort 
versammelten  Rathsherren  der  Städte  die  drei  verflritidadei 
Fürsten  auf  Neue.  Wieder  hiess  es,  man  mOchte  auf  denKS- 
nig  warten,  der  bei  günstigem  Winde  in  8wei  bis  drei  Tag« 
herüberkommen  werde.  Sie,  die  Fürsten,  hätten  nicht  so  viel 
Autorität  wie  der  König  selbst.  Sollte  Waldemar  etwa  nkfet 
kommen,  so  wolle  man  Boten  an  ihn  schicken,  um  VoBmadtt 
zu  erlangen  xum  Abschluss  eines  Friedens.  Die  Bevolfanich- 
tigten  der  Städte  möchten  bis  zur  Ankunft  des  KOnigs  as 
Platze  bleiben.  Für  drei  Tage  waren  diese  dazu  bereit,  weiter 
aber,  sagten  sie,  reiche  ihr  Auftrag  nicht  Man  kam  zidetit 
dahin  überein,  dass  die  Vermittler  den  Sath  von  GieibwaU 
benachrichtigen  sollten,  falls  der  König  käme  oder  sie  selbst 
grössere  Vollmacht  hätten;  Greifswald  könne  es  den  andm 
Städten  schreiben  und  dann  ein  neuer  Tag  angesetzt  werden '). 
Mit  Meklenburg  sind  gleichzeitig  andere  Unteriuutdlongen  g^ 
führt  worden.  Der  Herzog  hatte  durch  den  rostocker  Rath- 
mann  Arnold  Kröplin  mit  der  stralsunder  Versammlung  an- 
geknüpft ;  Kröplin  und  der  wismarsche  Rathmaim  Jdiami  Dar 
gezow  waren  dann  zu  ihm  geschickt  worden.  Die  ZurOckg^ 
kehrten  hatte  man  zusammen  mit  den  von  den  pommersdMn 
Fürsten  Heimgekommenen,  Ludolf  von  Kulpen  and  Heinrich 
Schuppelinberg,  nach  Dammgarten  geschickt,  nochmals  mit  dem 

1)  Im  Recess  siud  nur  consnleB  de  Snndls  geoftimt,  aber  das  tat  ein«  Ua- 
genauif^keit,  da  Schuppelinborg  ein  greifswalder  Rathmann  ist. 

2)  H.  K.  I,  n.  300  §  S  S.  246. 

3)  ebd.  n.  300  §1  S.  247  ff. 


ftgen  Waktoiuur.  86S 

Mddeabarger  asu  veriiandeln.  Kaum  kami  es  sieh  hier  um 
etwas  anderes  gehandelt  haben  als  um  ein  Bündniss  gegen  Wal- 
danar.    So  rochte  man  sich  fttr  alle  M4iglidikeiten  zn  decken. 

Anftmg  November  kam  Waldemar  wirklich  nach  Deutsch- 
land  herttber.  Schon  im  Augast  hatte  Kaiser  Karl  IV.  ihn 
eingeladen,  da  Herzog  Bc^islaw  von  Pommern- Wolgast,  wel- 
cher der  Schwiegervater  des  Kaisers  werden  sollte,  diesem  ge- 
sagt hatte,  sein  Vetter,  der  Dänenktaig,  wünsche  sehr  den 
Kaiser  zu  besuchen  ^).  Jetzt  hielt  er  sich,  auf  der  Beise  zum 
Kaiser  begriffen,  in  Wdgast  auf.  Gleichzeitig  wanm  Raths* 
herren  simmtlicher  wendischer  Stftdte  in  OreiCswald  versam- 
mdt  Auf  die  Einladung  der  vermittelnden  Fürsten  gingen 
sie  nach  Wolgast  hinüber  zum  Könige  *).  Sie  machten  einen 
Aufiwtz  „der  Freiheit,  die  der  gemeine  Kaufmann  von  Alten 
her  in  Dänemark  und  Schonen  gehabt  hat^,  der  ms  erhalten 
and  vom  &  November  datirt  ist ').  Aber  sie  wartti  weit  ent- 
fernt, die  Oenehmigung  ihrer  Forderungen  vom  Könige  zu  er^ 
langen.  Hin  und  her  wurde  verhandelt,  aber  Nichts  wurde 
8U  Ende  geführt^).  Als  man  nach  €h-eilBwald  zurttddcehrte, 
war  keine  andere  Aussicht  voihanden,  als  dass  mit  AUanf 
des  Waffenstillstandes  am  6.  Januar  des  bevorstehenden  Jahres 
der  Krieg  wieder  beginnen  werde. 

Im  GrefOhl  dieser  Sachlage  wiuden  denn  auch  gleich  in 
Grmfswald  Bestimmungen  getroffen  für  Vorbereitungen  zum 
Kriege.  Zur  nächste  Versammlung  (Neiqahr  1364  in  Stral- 
sund) sollte  jeder  Rathsbote  VoUrnacht  mitbringen,  das  alte 
Kontingent  (defensio)  wieder  zu  bewilligen ,  den  Handel  ganz 

1)  Sahm  XllI,  601  rom  7.  A«g.  Ab  16.  Aag.  liatl  WaldMMtf  sieli  41« 
EialadBBf  rom  Erabischof  MikolAot  von  Lmnd  und  Bisehof  IfagDOS  von  B«irg- 
lam  so  Neslred  Tidinunn ,  Bog.  hiot  Dm.  1,  b.  2614  und  Snhm  Xlil,  609. 
Wohrachoinlich  war  er  nooii  om  96.  Sopt  in  JfitUnd,  e.  B«f .  h.  D.  1,  a.  S617 
und  Orom,  Forbodringer  p.  IM. 

2)  H.  B.  1,  B.  606  §  3. 
I)  ebd.  n.  606. 

4)  PUdU  dirortimode  eraat  iaoofU,  JiihU  mOobi  tortnuMtiaiy  a«  606  1 6« 


364  ^'  ^^  <nte  S>^ 

oder  Uieilweise  medenroleg«  und  mit  den  Landesf&ntai  eh 
BOndnisB  zu  schltossen^)«  Denn  min  sah  woU  dn,  dm  es 
niMug  adn  wttrde,  „die  Untentfttrang  der  Hnrren  sn  fcr- 
dern^ ').  Doch  suchte  man  sich  ihnen  gegenfiber  mOf^ickst 
zu  sichern  gegen  Vertragsbruch*)  und  das  in  den  Stidta 
offenbar  misaliebige  Bündniss  dadurdi  zu  rachtfartigen  und  aa- 
nehmbar  zu  machen,  dass  man  es  als  durehaiw  untermmdlid 
darstellte*).  Um  Verlust  an  Schiffen  und  Waaren  zu  va^ 
meiden,  sollte  der  hansische  Kaufmann  in  England  und  Fhir 
dem,  in  Schweden,  Norw^en,  Dftnemaik,  GoÜand  und  dm 
östlichen  Lftndem  benadirichtigt  werden,  nicht  mehr  dinh 
den  Sund  zu  fieüiuen,  sondern  der  grösseni  Sicheriwit  wign 
den  Weg  Ober  L&bed^  und  Hamburg,  durch  Elbe  und  Traie 
zu  benutzen;  Greifiswald  übernahm  es,  im  Namen  der  SlIdtB 
zu  schreiben,  Stralsund,  die  Briefe  zu  bestellen  ^). 

Aber  alle  diese  Vorbereitungen  zum  Kriege  wuiden  vn 
vornherein  in  ihrer  Wirkung  gelähmt  durdi  die  Spaltung,  die 
sich  gleichzeitig  unter  den  St&dten  zeigte.  Der  rostodnr 
Schreiber  fOgt  seinem  Becesse  die  Anfrage  bei  seinem  Bathe 
hinzu,  wenn  Stettin,  Kdberg,  Stargard  und  Anldam  am  Kriege 


1)  H.  R.  I,  n.  807  $  8  und  8. 

8)  Oportet  nos  jaramen  dominonun  tarrmmm  pottoUre. 

8)  H.  B.  I,  n.  800  g  •  B.  849 :  TnetabKv  com  dondnis  tämnun,  li  uio 
fi«ri  delMftt  com  eit  et  dTitattlme,  qwüeoi  camekNieBi  ipcl  domlni  Iwimi—  fe* 
cient  civitatibos;  et  postnUbiiiitiir  primo  eastra  et  nnniciones  iapignonri  pro 
premissU.  Et  quiris  Interim  loqnatiir  com  consilio  sno,  ntnim  eastra  rel  Utttft, 
fid^^assorae  aal  Joramenta  redpiaatv  in  eaaetoaeM. 

4)  ebd.  D.  807  (8:  QaeWs  civitaa  potast  intiiiiari  oommmaitati  eae,  li 
valt ,  quod  ex  qao  josticiam  et  eqaitatem  a  domino  rege  Daeie  oonteqai  hob 
valemns,  oportet  nos  jarameii  dominomm  terramm  postolara. 

5)  ebd.  n.  807  g  8  nnd  4;  Tgl.  n.  808  and  809 ;  b.  808  ist  an  Witby  g«- 
ricbtet,  nicht  an  Riga ,  s.  n.  807  g  4  nnd  in  n.  808 :  Keenon  dTibns  parciiB 
orientaliam  dignemini  aeeribere.  —  Dieses  Verbot  sebeinen  die  88  ScUffisr  fib0^ 
treten  zu  haben,  welche  die  Aelterlente  des  Kaaflnanas  ta  BrSgga  dem  Haase- 
tage  TOn  1364  Mai  85  inr  Anieige  bringen  (H.  R.  I,  n.  885  g  19).  Sie  sind 
aus  Stralsund,  Oreifewald,  Wismar,  Dansig,  Elbing,  Königsberg,  Braonsberg, 
Lfibeck,  Bremen,  Zntfen,  DeTenter  und  Klbnrg  (oder  TreUeborg  fa  Schonea?). 


g«g«i  WaUenar.  365 

nicht  thdliiehiiien  wollten,  ob  dann  sie,  die  Bostocker,  mit 
Lübeck,  Wismar  und  Stralsund  allein  am  Kriege  festhalten 
wollten  ^ ).  Greifswald  und  Kiel  werden  nicht  erwfthnt  Doch 
werden  die  Greifswalder  nach  ihren  schon  früher*)  geäusser- 
ten Bedenken  nicht  allzu  kriegslustig  gewesen  sein,  da  ihre 
Nachbarn  Stettin,  Anklam  und  Stargard,  die  sich  mit  ihnen 
in  dieselben  Lage  befanden »  Schwierigkeiten  machten.  Die 
ganze  Last  nihte  denmach  auf  Labeck,  Boetocki  Stralsund 
und  Wismar,  von  denen  jene  drei  allerdings  die  drei  gr5ssten 
wendischen  Kommunen  waren,  die  eigentliche  Grundlage  der 
milit&rischen  Stärke  des  Bundes,  doch  allein  schwerlich  im 
Stande,  Waldanars  Macht  zu  brechen.  So  ging  der  Waffen- 
stillstand  zu  Ende,  ohne  dass  man  einen  Frieden  abgeschlos- 
sen hatte,  ohne  dass  man  zum  Kriege  berdt  und  stark  genug 
gewesen  wäre. 

1)  H.  R.  I,  n.  807  §  13. 

9)  ebd.  n.  t9f  %  8,  ob«  &  849. 


XL    Vom  Ablauf  des  WaffenstfllstaiidjM  Ms  mm 
wordmgborger  Vertrage  ( Jamiar  1864  — 

September  1865). 


Am  Tage,  da  der  Waffengtilbtand  ablief,  am  6.  Jan« 
1364,  versammelten  sich  die  Abgeordn^iai  der  wendia^oi 
Stftdte  vollzählig  in  Stralsond.  Der  Kriegainstand  war  irh- 
der  da,  die  Städte  aber  nichts  weniger  als  bereit  zum  Kriega 
Sie  hatten  im  November  zwei  Rathsherren  von  Stratannd  ml 
Greifswald  nach  Preussen  geschickt,  mit  den  dortigen  Stidtn 
und  dem  Hochmeister  über  eine  gemeinsame  Politik  zn  be- 
rathen.  Jetzt  kam  die  wenig  tröstliche  Antwort  Wie  m 
Angust ,  so  weig^en  sich  auch  jetzt  die  prenssischen  Stidte 
„wegen  Bekämpfung  der  Heiden^  Beistand  mit  Schiflien  ud 
Maimschaftcn  zu  leisten;  nur  Pfiindzoll  wollten  sie  erfacta 
und  denselben,  dem  früheren  Vorschlage  gemäss,  nach  Kaffl- 
pen  schicken.  Sie  lehnten  es  auch  ab,  den  Handel  nied^io- 
l^n  und  Kaper  aus  ihren  Häfen  gegen  die  Dänen  analanfci 
zu  lassen.  Ja,  da  sie  nun  doch  einmal  nicht  mehr  thun  konn- 
ten, so  wollten  sie  auch  zum  gegenwärtigen  stralsmider  Tage 
ihre  Boten  nicht  schicken.  So  trennten  sich  die  Preussen  von 
ihren  wendischen  Genossen. 

Und  kaum  erfreulichere  Nachrichten  haben  wohl  die  ans 
Bremen,  Hamburg,  Stavoren  und  Kampen  eingelaufenen  Briefe 
gebracht.  Im  December  war  der  lübische  Vogt  anf  Schonen, 
Marquard  von  Rutensten,  als  Gesandter  in  den  süderseeischen 
Städten  gewesen;  in  Dordrecht  war  eine  TagCahrt  gehalten 


XI.  Vmi  AUiif  «L  WiftMtlllatancles  bis  s.  wordlvgWwgtr  Vertrag«  «ke.    367 

ier«tah  Der  Erfdg  wird  uns  nicht  direkt  berichtet;  aber  es 
nterliegt  känrai  Zweifel,  dass  auch  Kämpen  und  seine  Ge- 
mmaea  sich  vcm  den  wendischen  Städten  zurückzogen.  Ja, 
dM  VerhAltniBB  wurde  ein  so  gespanntes,  dass  sogar  verboten 
wurde,  denen  von  Kampen  die  Ausfuhr  von  Waaren  aus  den 
3ttdte&  .20  gestatten,  doch  wohl,  weil  man  fürchtete,  sie  ¥rür- 
dn  dieeelben  den  Dänen  zuführen^).  So  wird  es  erklärlich, 
4m6  die  Bathssendeboten  der  wendischen  Städte  zu  keinem 
HitfifhluBse  kamen,  der  der  Bedrängniss  der  Zeit  entsprochen 
bitte.    Eb  wurde  abgerechnet,  Beschlüsse  wurden  gefasst  we* 

der  Kaper,  bis  Ostern  (24.  März)  ein  Handelsverbot  er- 

i,  mit  Graf  Klaus  wegen  Vereinbarung  eines  Waffienstill- 
mt  dem  dänischen  Beichsrath  verhandelt  und  dgL; 
awh  beschloes  man,  Briefe  zu  senden  an  die  Könige  von  Frank- 
nidi  imd  England  und  an  den  Grafen  von  Flandern,  um  sie 
n  miterrichten  v<m  dem  Unrecht,  das  den  Städten  durch  den 
iHnjaehen  König  zugefügt  sei  *).  Die  wichtigsten  Sachen  aber, 
die  Feststellong  der  Kontingente  und  der  Abschluss  eines  Bund- 
niaeet  mit  den  Nachbarfiirsten ,  verschob  man  wieder  auf  die 
Bichste  Vorsammtamg,  auf  den  3.  März*).  Man  hatte  noch 
immer  die  Hoffiiung  nicht  au^egeben,  durch  Verhandlungen 

Ziele  zu  kommen. 

Ee  ist  dem  scharfblickenden  Waldemar  gewiss  nicht  eut- 
b,  wie  uneinig  und  unentschlossen  die  Städte  wai*en. 
Seen  mir  eo  ist  et  zu  erklären,  dass  er  gerade  zu  einer  Zeit, 
wt  eio  eeaer  Krieg  seinem  Beiche  drohte,  wo  Feinde,  die, 
wie  «r  vor  kaum  Jahresfrist  erfahren  hatte,  eine  bedeutende 
Flette  wd  ein  ansehnliches  Heer  aa&ubringen  im  Stande 
wenn,  aof  eineQ  Angriff  sannen,  sein  Land  verliess  und  — 
auf  Reisen  ging,  auf  Besuch  zu  den  Fürsten  Europas  und 

I)  B.  R.  UI,  B.  ST9  mnd  290  nebst  BioMtnng  daxu;  vgl.  ebd.  1,  n.  815 
1 1,  SIS  ff  8  BBd  SSl  1 18. 

t)  «bd.  I,  n.  810  §  5  o.  12,  6,  9,  11. 
3)  ebd.  §  10. 


368     S*   Vom  AbiMf  d.  WAffniatfllstandM  lib  B.  wwdlngbofVBr  Vtflnift 


zum  obersten  Hirten  der  Christenheit.  Der  «neige 
nahestehende  Chronist,  der  über  diese  Reise  beriehtet,  Det- 
mar,  sagt  (zum  Jahre  1364):  „Do  mmede  de  koniug  ^an  Dsm- 
marken  sin  rilce  van  anghestes  wegen^;  aber  gewiss  liegt  hier, 
wie  aach  in  den  weiteren  Mittheilungen  ttber  die  Reise,  eise 
Verwechslung  mit  den  Voiig&ngen  des  zweiten  Krieges  for 
Für  die  Angst  gab  es  Iceinen  Grund ,  denn  der  „ernst  der 
zeestede^S  von  dem  Detmar  spricht ,  fehlte  durchaus.  Ei  wsm 
gewiss  andere  Motive,  die  Waldemar  leiteten,  zunAcbst  noU 
die  Absicht,  Bundesgenossen  zu  gewinnen,  die  Fürsten  Ems- 
pas  auf  seine  Seite  zu  bringen  und  seine  O^ner  ra  isolim. 
Dass  er  das  nicht  zu  erreichen  suchte  auf  dne  Weise,  die 
unter  den  gegebenen  Verhältnissen  naheliegender  und  vorlhd* 
hafter  war,  durch  Gesandtschaften  und  Unterhändler,  est- 
spricht  der  abenteuerlichen  Reiselust  des  Königs,  sdner  Nei- 
gung zu  glänzendem  Auftreten  und  persönlichem  Verkehr  ii 
fremden  Höfen.  Während  ein  nicht  zu  verachtender  Feiil 
den  heimischen  Boden  bedrohte,  zog  Waldemar  mit  gläniei- 
dem ,  kostspieligem  Gefolge  von  einer  Königsburg  zur  anden; 
es  war  nicht  sein  Verdienst,  dass  seine  Abwesenheit  den 
Vaterlande  nicht  verderblich  wurde. 

Waidemars  einziger  Sohn  Christoph ,  Herzog  von  Laalsod 
und  Hailand ,  war  am  11.  Juni  des  verflossenen  Jahres  is 
Kopenhagen  gestorben;  b  Roeskilde,  wo  noch  eine  Marmo^ 
Statue  als  sein  Bild  gezeigt  wird,  liegt  er  begraben^) ;  Wakteman 
Gemahlin,  die  schleswigsche  Heilwig,  lebte  schon  sat  Jahren 
von  ihrem  Manne  getrennt,  wie  die  Sage  erzählt,  gefangen  snf 
Schloss  Sjeborg  im  nördlichen  Seehind  ').  So  musste  das  Lsnd 
den  Grossen ,  dem  dänischen  Reichsrathe  zur  Verwaltung  flher- 


1)  Lib.  dat  Bosk.,  Lgb.  Ser.  III,  p.  874.  Vfl.  di«  Annaten  ia  Arebif 
If,  2S6.  Nach  dieser  letzteren  Stelle  war  er  nnr  elniffe  WocIwb  krank  gt* 
Wesen. 

8)  Vgl.  Subm  III,  288  flf. 


Januar  ise4— September  1565.  369 

kmea  werden ,  als  der  König  seine  Reise  antrat    Ende  October 
1363  schiffte  dieser  sich  ein  ^ ) ;  in  den  ersten  Tagen  des  No- 
veaiber  war  er  in  Wolgast  und  führte  die  erwähnten  Verhand- 
lingeii  mit  den  Rathsherren  der  St&dte.    Von  da  ging  es  mit 
Bogislaw,  dem  wolgaster  Herzog,  nach  Krakau  zur  glänzen- 
den Hochzeit  Kaiser  Karls  IV.  mit  Bogislaws  Tochter,  der 
rtarken  Jungfrau    Elisabeth*).     Am    13.  December   schloss 
Waldemar  dort  ein  Bündniss  mit  Kasimir  von  Polen,    das 
dieMn    zor  Waffienhttlfe  yerpflichtete  gegen  alle  Feinde  des 
DiaenkOnigs ,  den  Kaiser  und  den  König  yon  Ungarn  ausge- 
MNnmeii ').    Obgleich  dieses  Bündniss  nie  eine  praktische  Be- 
dmtQDg  eriangt  hat,  so  wird  es  doch  schwerlich  ohne  Ein- 
wirkiiDg  besonders  auf  die  Politik  der  preussischen  Städte 
geblieben  sein,  die  ein  etwaiges  Eingreifen  der  Polen  zunächst 
fbichteii  mnssten.    Als  der  Kaiser  mit  seiner  jungen  Gemah- 
lin Ton  Krakau  nach  Prag  reiste,  gab  ihm  Waldemar  das 
GdeiL    Am  5.  Januar  1364  Hess  er  sich  in  Prag  von  seinem 
alten  Freunde  Karl  IV.  jene  Urkunde  bestätigen,  durch  die 
ihm  14  Jahre  zuvor  die  Reichsteuer  der  Stadt  Lübeck  zuge- 
qprochen  war^).    Von  Prag  reiste  Waldemar  mit  König  Peter 


1)  Snhrn  XUI,  606. 

t)  Sahm  XIU,  610.     Es  ist  Bogislaw  V.,   Sohn  WartUlaws  IV.,  s.  Fock 
lU,  166  Anm.  2. 

S)  Reff,  hitt  Dan.  I,  n.  2521  und  Gram,  Forbedringer  p.  223  ff.     Sohm 
XIII,  610  sagt:  Waldemar  soll  die  Keise  auf  Kasimirs  Kosten  gemacht  haben. 

4)  LIb.  Urkdb.  III,  n.  484.  Schon  bei  den  Verhandlungen  au  Nykjöbing 
(H.  IL  I,  n.  298  f  20)  hatte  Waldemar  sich  beklagt ,  dass  ihm  sein  Geld  von 
den  Lftbeckem  nicht  ausbezahlt  werde.  Wäre  auch  der  Krieg  nicht  gewesen, 
•o  bitten  die  Lfibecker  doch  vielleicht  die  Steuer  nicht  ohne  Weiteres  an 
Waldemar  entrichtet  Denn  1360  hatte  Karl  IV.  dieselbe  dem  Uersog  Rudolf 
▼OB  Sachsen  llberwiesen  und  diese  Ueberweisung  auch  noch  vor  Kursem  für 
das  Jahr  1864  wiederholt  (Lfib.  Urk.  lU,  n.  861  für  1860—68  und  n.  473 
ftbr  1864).  Jetst  wies  er  die  Lfibecker  wieder  an ,  an  Waldemar  su  zahlen 
(Lftb.  Ürk.  III,  n.  498).  Schwerlich  kann  der  Kaiser  geglaubt  haben,  der 
Betrag  von  16000  J^  fein  (s.  oben  S.  146)  sei  in  den  Jahren  1860—60  er- 
reicht durch  die  Steuer  von  jährlich  1200  Goldgulden.  Am  auiRUligsten  ist, 
dass  sehen  im  Aug.  1364  wieder  Rudolf  von  Sachsen  die  Lfibecker  um  sein 
Schttn-,  Die  Haniettldte.  24 


370    ^I-   "^om  AbUaf  d.  WnffBDstiUf tindM  bis  B.  wotdiagboigMr  Vertnc» 

von  Cypern  Ober  K81n ,  wo  er  das  Grab  der  heiligen  3  KSnige 
besuchte,  nach  Flandern. 

Dort  wurden  beide  Könige  vom  Grafen  Ludwig  (^ 
zend  aufgenommen.  Waldemar  reiste  mit  grossem  Gefeige. 
König  Eduard  IIL  von  England  schickte  ihm  einen  Geldtabrirf 
für  ihn  und  300  Ritter  nebst  Dienerschaft  und  Pferden^). 
Es  fehlte  also  nicht  an  bedeutenden  Kosten.  Die  Lösegelds 
der  Gefangenen ,  die  Erpressungen  auf  Schonen  hatten  des  K>- 
nigs  Kasse  gefüllt.  Noch  im  verflossenen  Jahre  hatte  Walde- 
mar dazu  f^yon  Reichen  und  Armen,  yon  den  Fischern  ud 
Anderen  eine  grosse  Summe  Geld  gesanmielt*)*\  Die  vm 
Kaufmann ,  yom  ausgesogenen  Lande  erpressten  Summm  wu^ 
den  so  auf  abenteuerlichen,  mit  yerschwenderischem  Olaue 
ausgeführten  Reisen  vergeudet.  Denn  die  Verbindung  mit  des 
mächtigsten  Fürsten  der  Christenheit  kam  dem  Lande  doch 
nur  wenig  zu  Gute. 

lieber  Strassburg  gelangte  Waldemar  gegen  Ende  Febmir 
nach  Avignon  zu  Papst  Urban  Y.  und  fand  den  freundlichsteo 
Empfang.  Wohl  in  der  Hoiihung,  den  Dänenkönig  für  da 
Kampf  gegen  die  Ungläubigen  zu  gewinnen,  beschenkte  Urbtt 
ihn  mit  der  goldenen  Rose  und  einer  grossen  Anzahl  Reliquien, 
ging  auch  auf  seine  Klagen  ein  über  ungehorsame  „Grosse, 
Städte  und  Gebiete  ausserhalb  Dänemarks,  die  dem  Könige 


Geld  mahnt  (LUb.  Urk.  III,  n.  600) ,  trotsdem  er  aU  Zeuge  gegenwirtig  wir 
bei  der  BestHtignngsarkiuide  des  Kaisers  an  Waldemar  (vgl.  ebd.  n.  4S4 :  Bod. 
V.  Sachsen ,  des  heil.  röm.  Reichs  Harschall ,  unser  lieber  Oheim).  Die  An- 
nahme Grams  (S.  148),  dass  Waldemar  nnd  Rudolf  sich  geeinigt  hätten,  damit 
Ersterer  die  Steuer  auch  während  des  Krieges  bekäme ,  Letiterer  sie  nur  fir 
ihn  erhebe ,  ist  schwerlich  aulässig ,  wenn  man  auch  Waldemar  f&r  flUiig  hal- 
ten wollte,  trotsdem  in  NylijÖbing  gemahnt  lu  haben,  nnd  den  Kaiser,  mit 
ihm  unter  einer  Decke  au  spielen.  Als  die  Uebertragung  an  Bndolph  dnitii 
den  Kaiser  geschah ,  war  ohnehin  Ja  noch  nicht  von  Feindseligkeiten  swischen 
Waldemar  und  Lübeck  die  Rede. 

1)  Rymer,  Foedera  III,  2,  719. 

2)  Archiv  II,  226. 


jMttar  1864--8«]>teiiilMr  1865.  371 

Tlrene  geschworen  h&tten,  von  ihm  abgefallen  wären  und  jetzt 
den  Yorsprocbenen  Gehorsam  verweigerten'^  Eine  päpstliche 
Bulle  forderte  die  Bischöfe  Ton  Kamin ,  Linköping  und  Lübeck 
Ulf,  durch  geistliche  Mittel  die  Widersacher  des  Königs  zu 
tekimpfen;  ihn  selbst  nahm  der  Papst  unter  seinen  beson- 
ioren  Schuts^).  Zu  einem  Kreuzzuge  hat  aber  Waldemar, 
wie  Btt  erwarten  war,  sich  nicht  bewegen  lassen,  obgleich 
Petiarca  sdbst  klagte,  dass  er  die  Seufzer  der  Christenheit 
■idit  höre. 

Die  beabsichtigte  Reise  nach  England  unterblieb*).  Doch 
sAeint  Waldemar  nicht  direkt  von  Avignon  nach  Dänemark 
nrflckgekehrt  zu  sein ;  denn  im  Juni  war  er  noch  nicht  wieder 
dahcun,  auch  die  Zeit  seiner  Bttckkehr  noch  nicht  im  Lande 
bekaant  Wir  erfahren  das  aus  dem  Waffenstillstände,  der, 
noch  während  Waidemars  Abwesenheit,  nun  doch  endlich  aus 
den  neu  au|genommenen  Verhandlungen  zwischen  den  Städten 
und  dem  dänißchmi  Beichsrath  hervorging. 

IKe  Städte  Hessen  die  günstige  Zeit  der  Abwesenheit 
Waldemars  ungenutzt  verstreichen.  Gerade  jetzt  hätte  ihnen 
die  Unternehmung  der  Meklenburger  gegen  Schweden,  welche 
die  beiden  nordischen  Könige  vollständig  in  Ansprudi  nahm, 
«M  günstige  Gelegenheit  und  leicht  nützliche  Bundesgenossen 
geboten;  aber  sie  waren  nicht  im  Stande,  sich  zu  einer  ein- 
keitlieben  und  energischen  Politik  aufzuschwingen ,  hatten  nach 
der  erlittenen  Schlappe  nicht  den  Muth,  ein  entscheidendes 
UBtemehmen  zu  wagen.  Obgleich  sie  erfahren  hatten,  dass 
iireh  Verhandlungen  Wenig  oder  vielmehr  Nichts  von  Walde- 
mar zu  erreichen  war,  dass  jeder  neue  Versuch  nur  zu  neuer 
Verzögerung  und  neuen  Verlusten  führte,  konnten  sie  sich 
doch  nicht  entschliessen ,  den ,  wie  es  schien ,  unvermeidlichen 


1)  Salun  XIU,  ÖS4  It;  Gnun,  Porbcdringer  p.  1S6;  Raynald,  Ann.  ecdes. 
Ad  aan.  1S64,  p.  iS5— S6. 
t)  S.  oben  S.  156. 

24* 


372    ^*    ^^^  AbUaf  d.  WailiBnstlllitftod«  bis  i.  wordlngboigw  Vertng« 


Krieg  in  dem  Augenblicke  za  beginnen,  wo  ihre 
am  günstigsten  standen.  Sobald  sich  nur  die  entfernteste 
Hoflfhung  zeigte  auf  eine  friedliche  Beilegung  dar  Sadie,  auf 
Erlangung  ihrer  von  altersher  genossenen  Privilegien  duw 
Waffengewalt ,  Hessen  die  Städte  sich  immer  aafe  Neue  in  das 
Netz  langwieriger  Verhandlungen  yerwickeln.  So  nahmen  sie 
jetzt  bereitwillig  die  Vermittlung  erst  des  Grafen  Nikolaus^ 
dann  Adolfs  yon  Holstein  ^)  und  besonders  die  der  pommer- 
scben  Herzöge  und  des  Bischöfe  von  Kamin ')  an ,  dem 
Werth  sie  doch  schon  zur  Genüge  kennen  gelernt  hatten. 
Die  Letzteren  erklärten  sich  durch  die  Stralsunder  bereit,  dm 
Dänenkönig  und  seinen  Räthen  Boten  nachzuschicken. 

Und  während  die  Hansen  sich  so  immer  von  Neuem  in 
Friedenshoffnungen  einwiegten,  kamen  sie  mit  den  Vorbeni- 
tungen  zum  Kriege  nicht  aus  der  Stelle.  Als  nach  mehreno 
zu  Stralsund  abgehaltenen  Versammlungen  Boten  von  Wismar, 
Stralsund,  Rostock,  Kiel,  Lübeck,  Grei&wald  und  Stettin  (die 
drei  letztem  Städte  waren  nur  durch  Notare  vertreten)  am 
14.  April  1364  zu  Rostock  wieder  zusammenkamen  ^),  mr 
man  im  Grunde  genommen  noch  nicht  weiter  als  im  November 
des  vorigen  Jahres ,  und  die  Hauptfragen ,  die  der  Kontingente 
und  der  Bündnisse  mit  den  benachbarten  Fürsten,  worden 
jetzt  ebenso  wenig  wie  damals  klar  und  entschieden  beant- 
wortet. Wie  schwer  es  den  Städten  wurde,  sich  zu  entschei- 
den, ersehen  wir  deutlich  genug  daraus,  dass  die  MeinuDg 
jeder  einzelnen  im  Recesse  zu  Protokoll  genonunen  wurde. 
Darin  herrschte  einigermassen  Uebereinstimmung,  dass  man 
bei  der  im  September  1361  verabredeten  Kriegsleiatung  (de- 
fensio,  were)  bleiben  wolle;  nur  Stettin  erklärte  sich  ausser 


1)  H.  R.  I,  n.  310  §  9,  318  §  4,  n.  320;  ebd.  n.  319. 

2)  ebd.  n.  314  §  1  and  321  §  2.     Aach   mit  Ilenog  Erich   Ton  Sachsen 
und  andern  Herren   wurde   verhandelt,    ebd.  n.  313  §  4,    315  §  fi,    316  §6. 

3)  ebd.  n.  321. 


Auraar  18e4--8eptemlMr  1365.  373 

Stande «  mehr  als  ein  Schiff  mit  50  Mann  zu  stellen  i).  Aber 
über  das  Bündniss  mit  den  Fürsten  gingen  die  Meinungen 
sehr  auseinander.  Die  Rostocker  und  Wismarschen,  ohnehin 
durch  ihr  Verhftltniss  zum  meklenburger  Herzoge,  der  eben 
jetst  in  Schweden  gegen  die  nordischen  Könige,  Waidemars 
Freunde ,  im  Felde  stand ,  auf  ein  Bündniss  mit  jenen  hinge- 
wieeen ,  stimmten  unbedingt  fär  Anschluss  an  die  Herren,  weil 
man  allein  Nichts  ausrichten  könne*).  Ebenso  urtheilten  die 
Kider ;  sie  waren  bereit,  in  Kontingent  und  Bündniss  zu  wil- 
ligen, wenn  sie  ihren  Schaden  ersetzt  erhalten  hätten').  Die 
Lübecker  wollten  erst  die  Antwort  der  Herzöge  von  Stettin 
und  des  kaminer  Bischöfe  abwarten,  bevor  etwas  über  ein 
Bflndniss  beschlossen  würde  ^);  die  Stralsunder  und  Greifs- 
walder  aber  wollten  auf  keinen  Fall  ein  Bündniss  eingehen 
ohne  die  übrigen  im  letzten  Kriege  gegen  Waldemar  vereinig- 
ten Städte  *)•  Die  Stralsunder  waren  es ,  welche  die  erneuerte 
Vermittlung  der  Herren  vor  die  Tagfahrt  brachten;  Die  Stet- 
tiner lehnten  es  ab,  ohne  Zustimmung  ihres  Herren  irgend 
dne  Verbindung  mit  einem  Fürsten  einzugehen^).  So  verlief 
anch  diese  Tagfahrt  ohne  Resultat ,  wenn  man  nicht  die  Ver- 
liogening  des  Handelsverbots  bis  zum  26.  Mai  und  die  Be- 
lehrftnkung  desselben  auf  die  Häfen  westlich  der  Trave  als 
ein  solches  bezeichnen  will  7). 

Nicht  wenig  mag  diese  Unentschlossenheit,  diese  über- 
triebene Friedenssehnsucht  verursacht  worden  sein  durch  die 


1)  Stett  S  mit  200  Mann  im  ersten  Feldznge. 

S)  Sine  dominis  non  possunt  in  premissis  prosperari,  n.  821  §  5. 

5)  H.  B.  I,  n.  821  %  4. 
4)  ebd.  i  7. 

6)  Sine  aliis  civitatibus  in  unione  eomm  comprehensis ,  ebd.  §  2.  Unter 
der  „unio  eomm"  kann  wohl  nur  die  grei&walder  Konföderation  yerstanden 
werden,  an  alle  Hansestädte  au  denken  ist  nnstatthaft;  schwerlicb  sind  anch 
aasichUessIieh  die  eigentlich  wendischen  ^meint.    Vgl.  §  9. 

6)  ebd.  I  10. 

7)  ebd.  f  12. 


374    ^I-  ^^^  Ablmuf  d.  WaftnsttlbtaiidM  Ms  i.  wlBff«Uiig1iors«r  Tcftnce 

Verlegenheit,  in  der  sich  die  einselneii  Stftdte,  sam  Tkil 
nicht  ohne  Zuthun  des  Dänenköniga,  befEuiden«  Die  Hanbniger, 
in  lebhaftem  Streit  mit  ihrem  Grafen  Adolf  über  Anerkenirang 
der  holsteinischen  Landeshoheit,  hatten  vor  ihren  eigeaen 
Thoren  schwer  zu  kämpfen.  Die  Herren  von  Klenaa  oad 
Qualen,  die  von  Plesse,  Moltke,  Bfllow  and  Lfitsow  fidea 
in  ihre  Dörfer,  raubten  und  plOnderten.  Auch  die  Elbe  wurde 
bedroht,  und  die  Schiffiahrt  bedurfte  der  bewaffneten  Ve^ 
theidigung.  So  erklärten  sich  die  Hamburger  ausser  Stande, 
zur  Soe  durch  den  Sund  0  Hülfe  zu  leisten.  AUenftdls  woIltcB 
sie  zu  Lande  mit  den  Grafen  Heinrich  und  Nikolaus  in  paamid 
gelegenes  dänisches  Gebiet  einfallen.  Und  so  wenig  wie  tk 
die  Tagfahrt  vom  24  März  zu  Stralsund  konnten  die  LAbednr 
die  vom  14.  April  in  Rostock  besuchen,  weil  die  Giafn 
Adolf  VII.  von  Kiel  und  Adolf  von  Schauenburg  ihnen  abge- 
sagt hatten.  Jener,  des  1359  gestorbenen  Johann  Sohn ,  nock 
so  eben  Vermittlerrolle  zwischen  den  Städten  und  den  Däaei 
spielend ,  hatte  am  29.  Februar  Fehmam  als  Lehn  des  Dänen- 
königs  anerkannt  und  ein  enges  BOndniss  mit  ihm  geaehlossei, 
das  auch  zur  Hülfe  gegen  die  Städte  verpflichtete').  Er 
mochte  hoffen,  durch  Anschluss  an  Waldemar  dessen  Einflon 
auf  Kaiser  Karl  im  Streite  mit  Hamburg  zu  seinen  eigenen 
Gunsten  benutzen  zu  können.  Als  offener  Feind  der  Lübecker 
trat  er  jetzt  auf;  dazu  tobte  heftige  Fehde  zwischen  diesen 
und  den  mächtigen  und  wilden  holsteinischen  Herren  von 
Buchwald,  Parkentin  und  Krummendiek  *).  Die  Wisma^ 
sehen  aber  hatten  sich  überwerfen  mit  Barnim  dem  Aelteren 
von  Stettin ,  weil  sie  einige  stettiner  Bürger  gefiingen  ges^t 


1)  Nftvigio  trans  portom  Norewand,  ebd.  I,  n.  817. 

2)  Seh.  Holst.  Laubg.  Urkdb.  II,  S    265. 

3)  H.  R.   I,  n.  321  §  i    mit  Anm. ;    vgl.  Detmar  sa  1364;   Lib.  Urkdb. 

III,  n    495,    499  (501),    505  (512  und  513),   523,    527,  545,  549,  580,  654; 

IV,  n.  98. 


Mmuut  lft«i— S^ptMübcr  1865.    '  375 

hfttten  ^>.  Dsd  während  so  die  Stftdte  in  Verlegenheiten  aller 
Art  sidi  za  keinem  energischen  Schritte  entschliessen  konnten, 
miw  ihre  G^ner  raech  auf  dem  Platze  und  drohten  diesmal 
die  Rotte  des  Angreifers  zu  übernehmen.  Anfang  Mai  la- 
gm  8000  Dänen  mit  Schifibn  im  GrOnsund,  zwischen  Falster 
and  Mfien');  in  einer  einzigen  Nacht  konnten  sie  bei  gttn- 
nfigtin  Winde  vor  den  Mauern  Stralsunds  oder  Rostocks  sein. 
Dem  gegenüber  wussten  die  am  25.  Mai  zu  Lübeck  ver- 
aeamelten  Bathsherren  der  wendischen  Städte  Nichts  zu  be- 
HrhKooDon  als  dass,  falls  die  Dänen  versuchen  sollten,  eine 
Stadt  zu  belagern  oder  ihren  Hafen  zu  verwüsten,  alle  ande- 
rn Städte  verlachtet  sein  sollten,  nach  Massgabe  ihres 
iBBlgeBetzten  Kontingents  Hülfe  zu  schicken*).  Im  Uebrigen 
war  von  keiner  kriegerischen  Massregel  die  Bede.  Man 
Uammerte  sich  krampfhaft  an  die  Friedensaussichten ,  die  sich 
aa  die  Vermittlung  des  Herzogs  Barnim  des  Jüngeren  von 
Wolgast  knüpften.  Diesem  VoUmacht  zu  geben  zum  Abschluss 
mm  WafifonstUlstandes  zwischen  dem  Könige  von  Dänemark 
and  den  Städten,  beantragten  die  Stralsunder  und  Greifs- 
valder,  und  ihre  Bathsherren  wurden  dann  abgeschickt,  mit 
dem  Fürsten  zu  unterhandeln.  Nur  die  von  Bestock  und 
WiBDiar  erklärten  sich  nicht  gleich  einverstanden,  weil  sie 
flirsBi  Herrn,  wenn  er  dem  Dänenkönige  Feind  sein  wolle, 
die  Unterstützung  nicht  verweigern  könnten^).  Die  Lübecker 
lehnten  sich  so  nach  Frieden,  dass  sie  den  Stralsundem  schrie- 
ben, sie  möchten  die  Vermittlung  durch  Herzog  Barnim  nur 
iisdi  betreiben,  damit  man  im  Falle  eines  Nichterfolgs  sich 
der  andi  angebotenen  Vermittlung  des  Herzogs  Erich  von 
Sachsen    oder  Waldemar   Sappes    bedienen    könne  ^).      Wie 

1)  H.  R.  I»  n.  316  §  4,  321  §  16,  326  %  8,  358  a. 

2)  «bd.  n.  824  vom  6.  HaL 
8)  ebd.  n.  325  §  18. 

4)  ebd.  n.  325  §  10  und  11. 

5)  ebd.  m,  n.  22. 


376    ^I-   ^o™  Abliaf  d.  WaifMuitUUtendM  bb  s.  wonUagborgw  Vertrag« 

schmerzlich  man  es  übrigens  onpfand,  daas  nuui  Ton  den 
Genossen  der  Ebnse  im  Stich  gelassen  wurde,  das  zeigt  sich 
auch  in  dem  Zweifel,  den  man  hegte,  ob  „die  von  PreosseB, 
von  den  östlichen  und  anderen  Städten ,  die  Nichts  zum  Kriege 
gethan  haben^S  in  den  Frieden  oder  WaflFenstiHatand  auba- 

uehmen  seiend- 

An  die  Hamburger ,  die  seit  längerer  Zeit  keine  Tagfikrt 
mehr  vollgültig  (durch  Rathsherren)  beschickt  hatten,  wurde 
eine  Gesandtschaft  abgeordnet,  um  mit  ihnen  in  ihrer  eigenes 
Stadt  zu  verhandeln.  Auch  ihnen  erschien  es  angemessener, 
erst  durch  den  Herzog  von  Stettin  über  eine  Einigung  unter- 
handeln zu  lassen,  als  etwas  über  die  Kontingente  und  das 
Bündniss  mit  den  Fürsten  zu  bestimmen.  Ueber  den  mit  Un- 
recht von  den  Hamburgern  erhobenen  PfundzoU  und  die  Ab- 
rechnung konnte  man  sich  nicht  mit  ihnen  einigen«  Die  grofr- 
walder  Konföderation,  zu  der  man  sich  durch  neue  Besiege- 
lung  und  Austausch  von  Neuem  verpflichten  wollte,  weigerten 
sie  zu  besiegeln ,  wenn  es  nicht  auch  die  Bremer  zuvor  gethan 
hätten'). 

So  hing  jetzt  die  Hoflhung  der  Städte  an  dem  Erfolg  v<m 
Barnims  Vermittlung.  Inzwischen  litt  ihr  Handel  schwer. 
Die  auf  dem  letzten  Tage  nur  beschränkte  Schi£Sahrt  wurde 
jetzt  bis  Johannis  ganz  verboten;  nur  den  Kolbergem  blieb 
CS  gestattet,  ihr  Salz  nach  Preussen  auszuführen  *).  Schadete 
man  durch  diese  Handelsverbote  den  Dänen,  so  doch  kaum 
weniger  den  Einheimischen.  Und  das  änderte  sich  auch  nur 
wenig,  als  durch  die  Vermittlung  Barnims  der  gehoflfte  Waf- 
fenstillstand zu  Stande  kam,  die  Medensselige  Politik  dtf 
Städte  einen  Erfolg  errang,  dessen  geringer  Werth  doch  im 

1)  H.  R.  I,  n.  325  §  14  :  Utrum  illos  de  PracU  et  consales  civitatom  orieo- 
talium  atque  alias  civitates,  qai  nichil  fecerimt  ad  gwerram  ,  coUigere  yeliot 
ad  composicionem  prcdictam  vel  ad  treugas. 

2)  ebd.  §  1—7. 

3)  ebd.  §  15. 


JamuMT  1364— September  1S65.  377 

Laufe  der  Jahre  klar  geworden  sein  musste.  Mit  Hfilfe  sei* 
MT  BJUhe,  des  Marschalls  Wedego  Bugenhagen  und  des  Kam* 
Benneisten  Engelke  Mantenfel  hatte  der  Herzog  durch  Ver- 
hiwihiiigai  mit  den  d&nischen  Herren  Vicko  Moltke  (Gelle« 
kor  —  Erheber,  J^innehmer  —  in  Sdionen),  Kersten  Kule 
(Hmptmann  zu  Alholm  auf  Laaland),  Iwem  Nickelsson ,  Olaf 
Beni88<»i,  Boiedikt  von  Anefdd  zwischen  den  Städten  Labeck, 
BoBtodL,  Wismar,  Stralsund,  Grei&wald,  Kolberg,  Stettin, 
AiAlam  und  Kiel  ^)  und  dem  dänischen  Reiche  am  21.  Juni 
1364  za  Stralsund  einen  Waffenstillstand  zu  Stande  gd[)racht, 
der  mit  dem  nächsten  Johannistage  b^^end  bis  zum  2.  Fe- 
tenar  1368  dauern  sollte.  Für  die  ausgelaufenen  Kaper  bei- 
dsr  Theile  wurde,  soweit  dieselben  in  den  Meeren  südlich 
toBk  Sunde  sich  aufhielten,  der  7.,  nördlich  vom  Sunde  der 
14.  Juli  als  Ausgangspunkt  bestimmt  Barnim  und  seine  Brü- 
dor«  Bogislaw  und  Wartislaw,  verpflichteten  sich,  demjenigen 
ut  Bath  und  That  beizustehen,  der  zuerst  g^en  den  Inhalt 
diaBes  Vertrages  geschädigt  werden  sollte,  und  ihren  Mannen 
zu  ertauben,  diesem  Theile  zu  dienen.  Und  dasselbe  ver- 
sprach der  Bischof  Johann  von  Kamin ').  Bib  Jacobi  (25.  Juli), 
späleBtens  bis  Maria  Himmelfahrt  (15.  August)  sollte  zu  Stral- 
smd  die  Ratifikation  bewirkt  werden.  Sollte  der  K(kug  in- 
zwischen nicht  wieder  in  sein  Reich  zurückkehren,  so  sollte 
die  dänische  Urkunde  übergeben  werden    besiegelt  von  den 

1)  Di«  Bestimmung  des  Becesses  vom  18.  Juni  1S64  (H.  K.  I,  n.  3S6  §  2, 
4 ;  Tgl.  ebd.  S.  284  A.)  ist  yielleicht  so  erklärlich :  In  der  Urkunde ,  in  wel- 
cImt  sieh  die  Städte  aar  BmtUlkation  des  abgeschlossenen  Stillstandes  yerpflich- 
ten  (b.  384),  wird  Kiel  aasgelassen,  obgleich  ein  kieler  Bathmann  an  den 
Verhandluigen  theilnahm.  Es  seheint  also,  als  wenn  in  die  anssoliefemde 
Vefltrsgsorkonde  (den  groten  breO  Kiel  nicht  mit  aulgenommen  war.  Lfibeck 
sollta  dann  diesen  Brief  amschreiben  und  die  (aneh  an  den  greifswalder  Ver- 
trigen  beCbeiligten)  Städte  Hamburg,  Bremen  und  Kiel  mit  hineinsehreiben 
lasMB.  Nur  mit  Kiel  ist  dies  wirklich  geschehen  (s.  n.  886  u.  337).  Oder 
sollte  man  troti  des.$  2,  4  des  Becesses  annehmen  dürfin,  dass  in  n.  334 
bloss  durch  ein  Versehen  des  SohrelberB  Kiel  «osgelassen  worden  ist? 

2)  H.  B.  I,  n.  330  o.  883. 


378    ^^  ^om  AblAuf  d.  WaffBütlUlitMides  Ui  i.  wwdingborfv  V«rtnct 

• 

Bisch(tfen  und  dem  ReichsraÜi.  In  einer  beflcmdem  (udb  nidit 
erhaltenen)  Urkunde  T^rpflichtete  sich  Barnim  dafür  m  8o^ 
gen ,  dass  der  Stillstand  von  K(kiig  Waldemar  adbat  besiegdt 
werde  ^).  Auch  in  Betreff  der  Zölle,  aber  die  man  sich  nidit 
einigen  konnte,  und  des  Strandrechts  vecsprach  der  Herzog, 
die  Aufhebung  des  letzteren  und  die  Minderung  jener  m  be- 
wirken, allerdings  mit  d«n  ausdrficklidien  Vorbehalte,  dan 
es  ihm  nicht  zur  Last  fallen  solle,  wenn  er  darin  keinen  & 
folg  habe ')  —  offenbar  eine  Zusage  ohne  jeden  .Werth.  Fflr 
Erich  von  Sachsen  leisteten  die  dftnischen  Unteiiiindler  du 
Versprechen,  dass  er  und  die  Seinigen  auf  den  Ton  ihnen  be 
setzten  dänischen  Schlössern  den  Waffianstillstand  halten  w(b^ 
den.  Die  mit  Lübeck  in  Fehde  begriffienra  Herren  von  Buck- 
wald und  Parkentin  aber  sollten  als  besondere  Feinde  Lübecks 
vom  Stillstande  ausgeschlossen  sein'). 

Das  alles  war  abgemacht,  ohne  dass  K(taig  Waldemar  n 
den  Verhandlungen  theilgenommen  hatte,  wohl  schwerlidi, 
ohne  dass  er  darum  gewusst  h&tte.  Die  Ratifikation  erfolgte 
dies  Mal  sogar  noch  eher  als  bestimmt,  noch  vor  dem  15.  Au- 
gust, wie  die  Ansetzung  von  besonderen  V«4uuidlungen  mit 
verschiedenen  Fürsten,  die  in  den  Stillstand  aufgraommen 
waren,   auf  diesen  Tag  beweist^).     Aber  sie  geschah  nur 


1)  H.  R.  I,  n.  827  n.  884 ;  vgl.  ebd.  Ul,  n.  28. 

2)  ebd.  1,  n.  828,  881  a.  885. 
8)  ebd.  n.  829  u.  882. 

4)  ebd.  D.  386  a.  387  S.  297.  Die  erwihnteo  Füreten  eiod  alle  jene,  dit 
in  den  Krieg  von  1862  yerwickelt  waren :  Der  König  von  Sehweden  vnd  Min 
Sohn,  Henog  Erich  von  Sechsen,  die  Hersöge  von  Scbleiwig,  die  beiden  hol- 
ttteinieohen  Brfider,  Qraf  Adolf  von  Sehanenburg  —  aoeserdem  noeh  die  beM« 
Hersöge  von  Heklenbnrg,  die  Brfider  Albrecht  and  Johann,  die  iniwiechtB 
den  Krieg  gegen  Magnus  von  Schweden  begonnen  hatten,. und  der  gegen  L&- 
beck  kämpfende  Adolf  von  Holstein.  Die  ebenfaUs  genannten  Herren  vee 
Bmnkhorst  scheinen  im  Dienste  der  Grafen  Heinrich  vnd  ^laoe  oder  AdelCi 
von  Schauenbarg  gestanden  lu  haben,  wie  sie  schon  fkr&her  unter  den  Banneni 
Oerhards  des  Grossen  in  D&nemark  gekämpft  hatten.  Ob  die  featfeeetatoa 
Tage  gehalten  wurden,  zu  welchen  Schlüssen  sie  ftthrten,  ist  uns  nicht  bekannt. 


iM4-ä«pt«BlMr  IHlk  979 

durch  dn  Beichnwth,  «tagleich  Waldemar  14  Tage  darnadi, 
am  89.  Augiirt,  aueh  sdioA  wieder  daheim,  in  Wordingborg, 
war'X 

Wenn  der  StUlstand  nur  gehalten  wurde ,  k<mnten  die 
Stidte  auf  Wiederaufleben  ihrea  Handels  rechnen.  Ungehin- 
derter Veriidir  wurde  ihnen  zugesagt,  die  Ausübung  ihres 
BecMs  in  Sdionen,  mancherlei  Abgaben  und  Bestimmui^^ 
ftr  den  dortigen  Handels-  und  Fischereibetrieb  neu  geregelt 
AflerdiDga  Ton  sehr  wichtigen  Dingen,  von  Strandrechts-  und 
Ailkiqp&eiheit,  von  Herabsetzung  der  Waarens&Ue  ist  gar 
nicht  die  Bede;  das  alles  war  nur  durch  die  wenig  verläss- 
lidien  Zusagen  des  Yarmittlers  gesichert  Auch  hielt»  es  die 
Stidte  für  nöthig,  wenigstens  bis  zur  Ratifikation  die  Fahrt 
durch  den  Sund  zu  yerbieten,  da  „des  Königs  Diener  noch 
miehtig  w&ren  mit  Schiffen  und  bewaffineten  Leuten  im  Nord- 
smde^'),  auch  den  Handel  mit  Dänemark  bis  dahin  ttber- 
haapt  zu  untersagen  und  nur  zum  Verkauf  ihrer  Waaren  den 
Dillen  in  den  Städten  freien  Zutritt  zu  gestatten.  Ohne  Zwei- 
fel mit  Beeug  auf  Bostock  und  Wismar,  die  als  Städte  des 
llekknbiirgers  mit  den  beiden  nordischen  Königen,  den  Freun- 
tei  WaUemars,  im  Kriege  lagen,  ist  die  Bestimmung  aufge- 
aoainieii,  dass  eine  Stadt  ihrem  Herrn  hdfen  könne,  wenn 
dieser  Feind  des  Dänenkönigs  würde,  <^e  dadurch  den  Waf- 
fsnatillstaad  zu  brechen. 

Mit  dem  Abschlüsse  dieses  Waffenstillstandes  tritt  ein 
kurser  Buhepunkt  ein   in  der  Entwicklung   der  hansischen 


1)  B«f.  hiil.  Dm.  I,  n.  2560;  dit  Urkniide  irt  gedniekt  Gnun,  Forte- 
dringvr  p.  Sil.  Da  Waldemar  die  Urknnde  Kaiser  Karls  yom  Januar  1864 
▼idimireB  liest,  muss  er  aagegeo  gewesen  sein,  wenn  man  nicht  annehmen 
wiU,  dass  er  dit  Urkunde  yoraas  in  die  ^sfanat  geschickt  liabe,  was  mir  un- 
ttattlMift  scheint  Der  Reichsrath  erwartet  iha  schon  mit  Bestimmtheit  vor 
dem  26.  Angast  surfick ,  H.  B.  III,  n.  23. 

1)  H.  R.  I,  n.  838.  Dt»  koninges  denre  mechtteh  mit  sohepen  nnde  wa- 
ptnden  laden  sint  in  deme  N«ressande. 


380    ^'  ^om  AbUuf  d.  WAffNutUlMUndet  bb  ■.  wwdingborfv  Vtftnct 

Stellung  im  Norden.  Die  wendischen  St&dte  bemflhen  sidi 
zunächst ,  den  vereinbarten  Vertrag  auch  bei  den  flbrigen  Ge- 
nossen zur  Anerkennung  zu  bringen.  Sie  ersuchen  um  Zo- 
stimmungs-Erklftrungen  ^ ) ;  ym  Stade  und  sieben  livlindischen 
Städten  (Riga,  Wenden,  Weimar,  Reval,  Dorpat,  Pernan, 
Fellin)  sind  uns  solche  erhalten').  Versammlungen  fimdes, 
so  viel  wir  wissen,  ausser  der  zu  Stralsund  am  22.  September 
in  diesem  Jahre  nicht  mehr  statt  Und  auch  auf  dieser  be- 
schäftigte man  sich  nur  mit  inneren  Angelegenheiten  der 
Städte ,  in  erster  Linie  mit  dem  endlichen  Absdüuss  d«r  Ab- 
rechnung. Erst  als  sich  im  nächsten  Jahre  im  März  die  Üb- 
terzeichner  des  stralsunder  Vertrags  (Anklam  ausgenommet) 
zu  Stralsund  wieder  versammelten,  war  wieder  von  den  dfiid- 
schen  Angelegenheiten  die  Rede.  Die  Städte  hielten  es  an 
der  Zeit,  die  lange  verz(ygerte  Besiegelung  des  Waflionstifl- 
standes  durch  den  König  selbst  jetzt  endlich  zu  verlangen 
und  die  mangelhaften  und  beschränkenden  Bestimmungen  des- 
selben in  einem  wirklichen  Friedensschlüsse  zu  ergänzen  und 
zu  erweitern.  Stralsund  und  Grei&wald  sollten  ihre  Botei 
nach  Wolgast  schicken  und  Herzog  Barnim  mahnen  lassen 
um  Erfüllung  seines  Versprechens,  die  Besiegelung  der  Briefe 
zu  erwirken.  Lübeck,  Rostock  und  Stralsund  aber  vnudfln 
bevollmächtigt,  über  einen  Frieden  mit  dem  Dänenkönige  za 
verhandeln.  Um  inzwischen  aber  einem  verdeiblichen  Mangd 
des  Waffenstillstandes  abzuhelfen,  wurde  in  Anregung  ge- 
bracht, dass  schiffbrüchige  und  geraubte  Güter  nicht  gekauft 
werden  sollten«). 

Die  Verhandlungen  mit  Dänemark  haben  denn  auch  Ende 


1)  H.  R.  I,  n.  340:  Dorpat  an  Reral :  Litteras  caneienis  dyitatibos  maritiBifT 
quam  oocassione  trengamm  inter  regem  Danomm  et  ciTitates  flnnatanim  r»- 
quirant  sibi  ficndam. 

2)  ebd.  n.  839  a.  341—44. 

3)  ebd.  n.  356  §  4,  10  u.  15. 


JMnar  1864->86ptmnber  1M6.  381 

Ifai  in  UÜbonk  stattgefunden  ^ ).  Rostock  hatte  sich  zwar  ge- 
strtabtf  als  Bevollmächtigte  der  Städte  an  den  Unterhand- 
hmgea  theilzunehmen,  war  aber  doch  erschienen  ^).  Die  Sache 
des  Dftnenkönigs  führten  Yicko  Moltke  und  Peter  Munk,  auch 
der  Bischof  von  Lübeck,  Bertram  Kremon,  ein  treuer  Anhän- 
ger Waidemars,  war  zugegen.  Die  Städte  forderten  zunächst 
BestätigoDg  und  Ratifikation  des  geschlossene  Stillstandes 
dnrdi  den  König,  dann  aber  hielten  sie  um  Gewährung  aller 
jeaut  Bestimmungen  an,  deren  Fehlen  dem  stralsunder  Still- 
stand einen  für  die  Städte  durchaus  unzulänglichen  Charakter 
gab.  Sie  forderten  Freiheit  vom  Strandrecht  und  Arfkop, 
genaue  Regelung  der  Waagen,  die  auf  den  ausländischen  Han- 
ddq^ätzen  der  Hanse  so  oft  Anlass  gaben  zu  Differenzen, 
Ausgabe  des  neuen  Geldes  (der  neuen  Pfennige)  erst  am  Tage 
vor  Michaelis ,  Vererbungs-  und  Vorkaufsrecht  der  Buden  auf 
Schonen  *).  Die  dänischen  Gesandten  aber  verweigerten  nicht 
war  zwei  der  wichtigsten  dieser  Rechte,  das  über  die  schiff- 
biflchigen  Güter  und  das  neue  Grdd,  sie  stellten  auch  die 
hauptsächlichsten  der  im  stralsunder  Vertrage  schon  zuge- 
standenen Freiheiten  wieder  in  Frage.  Man  einigte  sich  da- 
hin, za  Akemees  am  1.  Juli  in  Gegenwart  des  Königs  sdbst 
weiter  zu  berathen,  und  dort  sollten  denn  auch  die  Städte 
auf  die  Forderungen  des  Königs  antworten.  Deutlich  zeigen 
Bon  diese,  wohin  die  Politik  des  Königs  zielte.    Die  Städte 

1)  H.  R.  I,  n.  S61. 
'  t)  OMch  Witmar  ond  Kolberg  hatte  ee  die  Ertbeilang  der  Vollmmcht  im 
4le  drei  genannten  Städte  an  Stralsund  im  Hiürs  erst  an  seinen  Bath  geaogen 
(n.  856  i  4).  Aus  der  Erklämng  Greifkwalds  (n.  360  vom  20.  Mai) ,  dass  es 
Libeek  und  Stralsund  allein  Vollmacht  ertheile,  wenn  Rostock  nicht  theilneh- 
Ben  woUe,  scheint  mir  verglichen  mit  n.  363  hervoraogehen ,  dass  Rostock 
sich  gestrinbt  hat,  ohne  Wismar  diese  Verhandlangen  mit  lu  ffihren.  Seine 
SteÜBBg  als  meklenborgische  Stadt  liess  Verhandinngen  mit  Dänemark,  das 
adt  dam  Henog  anf  gespanntem  Fnsse  stand ,  nicht  rathsam  erscheinen.  Ro- 
stoefc  wollte  daher  diesen  gewagten  Schritt  wohl  nicht  thnn,  ohne  dass  seine 
in  gleicher  Lage  befindliche  Genossin  Wismar  sich  denselben  Folgen  aussetate« 
8)  H.  R.  I,  n.  861  §  1. 


382    ^I*  ^oBi  Ablauf  d.  WilRmitillBteiidM  bis  i.  «wfingboiiMr  Vertn«» 

sollten  zufrieden  sein  mit  demjenigen  Rechten  imd  Freilieitai, 
die  sie  zu  d^  Zeiten  Erich  Menveds,  Erich  Glippings  iiBd 
ihrer  Vorfahren  besessen  h&tten;  sie  sollten  ako  einfiich  alhi 
das  aufgeben,  was  in  den  Wirren  der  letsten  40  Jahre  doith 
das  nothgedrungene  Entgegenkommen  dftnischer  Herrsdiar  a 
Handelsprivilegien  erworben  war.  Mochte  das  von  WaUleDUUi 
Standpunkt  aus  als  ein  berechtigtes  Verlangen  erscheinen,  die 
Städte  konnten  auf  Rechte,  an  deren  Besitz  ein  gut  Thd 
ihres  Wohlstandes  hing,  doch  nur  mit  dem  änssersten  Wider 
streben  verzichten.  —  Auch  hier  wieder  versuchte  Waldemar, 
den  Bund  seiner  Gegner  zu  sprengen;  er  verlangte  von  deo 
Städten,  dass  sie  keiner  Genossin  Hülfe  leisten  sollten,  die 
sich  etwa  von  dem  mit  ihm  abzuschliessenden  Frieden  loeia- 
gen  werde'). 

Wir  wiss^  nicht,  ob  die  verabredeten  Verhandhmgeo  ii 
Akemees  zu  Stande  gekommen  sind.  Waldemar  hielt  sich 
Ende  Juni  und  Anfang  Juli  in  Jfltland  auf;  zu  Aall)org  mt 
am  25.  Juni  König  Hakon  bei  ihm,  Hfllfe  zu  suchen,  im 
7.  Juli  schloss  Waldemar  zu  Kolding  seinen  Frieden  mit  da 
holsteinischen  Grafen  *).  Schwerlich  kann  er  daher  am  1.  Jrii 
in  Akemees  (an  der  Südwestkttste  Seelands) ')  gewesen  seil. 
Ebenso  erscheint  zweifelhaft,  ob  die  städtischen  GesandtflB 
dort  gewesen  sind.  Noch  am  22.  Juni  weigert  sich  Rostock 
ganz  entschieden,  an  den  bevorstehenden  Verhandlungen  ^tnm 
mare^^  theilzunehmen,  wenn  nicht  auch  Wismar  sich  betheilige. 
Dieses  aber  lehnt  ebenso  bestimmt  ab,  da  es  nicht  aufgefor- 
dert worden  sei  ^).    Ob  die  erbetene  Ermahnung  Labecks  und 

1)  H.  B.  I,  n.  861  §  3  u.  4. 

2)  Diplom.  Norveg.  VI,  n.  265 ;  Snhm  XIII,  658  fll 

3)  Koppmann  ersetst  seine  Vennathnng  (H.  R.  I,  Register),  dass  nnter 
Akernees  Agger  am  Ausgange  des  LiimQord  in  JflÜand  gemeint  ael,  in  einer 
Privatmittheilang  durch  doii  Hinweis  auf  KEmmereirechn.  I,  86:  In  portum 
Ome  et  Alieruisse ,  Omtt  und  Agersee  an  der  S8dwesfk0ste  von  Seeland  nahe 
Skjeläskfvr. 

4)  H    R.  I,  II.  363. 


J«iii«r  1864— Saptenbtr  IMA.  383 

Strataundg  geBcheben,  und  wenn,  ob  sie  genützt,  wird  uns 
nicht  berichtet.  Der  Umstand,  dass  später  nirgends  von  Ko- 
steo  für  eine  Bdse  nach  Akemees  die  Bede  ist,  spricht  da- 
filr,  dass  eine. solche  gar  nicht  stattgefunden.  Dass  Rostock 
eifrig  bemflbt  war,  das  Woblwdlen  des  Dänenkönigs  zu  ge- 
wümeo,  oder  vielleicht  auch  nicht  zu  verscherze,  beweist 
der  Dank  des  Baths  an  Waldemar,  dass  er  durch  seine  Die- 
ner am  8.  August  1364  bei  Meen  genommenes  rostocker  Bür- 
gngat  smrOckerstattet  habe^),  beweist  die  Aechtung,  die  der 
iwtocker  Bath  tU)er  ifewohner  des  Dorfes  E3imenhorst  (bei 
(Mdesloe  an  der  hamburg-lübecker  Strasse)  ausspricht,  weil 
sie  Güter  dänischer  Leute  geraubt  haben  ^). 

An&ng  Sq)tember  finden  wir  Lübeck,  Bostock  und  Stral- 
sund wieder  im  Auftrag  der  Städte  zu  Wordingborg  in  Un- 
terhandlung mit  dem  Dänenkönige').  Und  diesmal  kam  es 
wirklich  zu  einem  abschliessenden  Besultat;  auch  König  Wal- 
demar scheint  endlich  einen  festen  Frieden  gewünscht  zu  ha- 
ben,  da  die  jüngsten  Ereignisse  in  Schweden  seine  volle  Auf- 
merksamkeit erheischten.  Von  beiden  Seiten  wurden  Zuge- 
ständnisse gemacht  Die  Städte  erlangten  Freiheit  des  Stran- 
des, konnten  aber  doch  nicht  durchsetzen,  dass  alle  schon 
un  Stillstand  des  vorigen  Jahres  ihnen  gewährte  Bechte  jetzt 
auf  die  Dauer  bestätigt  wurden.  Mehrere  für  Schonen  wich- 
tige Berechtigungen,  wie  das  Au&ehmen  von  Gästen  in  die 
Yitten,  die  Errichtung  von  Krügen,  das  Halt^  eigener  Wa- 
gen und  Fischerschuten,  den  Detailhandel  mit  Tuch  und  Lei- 
nwand gestand  Waldemar  ihnen  nur   auf  sechs  Jahre  zu. 


1)  H.  R.  I,  D.  864  yom  28.  Juni  1865. 

S)  JahrbOcbar   f.  Ldkde   von  Scbl.  Holst.  Lbg  Vil,   399  ff.    vom  12.  De- 

IMft. 
I)  H.  R.  I,  866,  866,  878  «.  8.  817  C.     Anch   K&iig  Hakon   von  Nor- 
Wftr  in  Wordingborg    (naneiis  eontnlAriboji  qaibnadMn  nnper  apnd  vos 
in  W.  eonstitatif ,   n.  882   vom  24.  Jani  1866).     Er  ttollto   sieb    dort  freand- 
icbnlfflch  g«gtn  die  Städte. 


384    ^I-   ^<^^  AblAuf  d.  WKffiBnstillatandes  bis  %,  wordingborfer  Veitng« 

Von  manchen  sehr  wichtigen  Sachen  (Arfkop,  die  neue  Mflnze) 
war  einfach  gar  nicht  die  Rede.  Es  war  eine  Phrase  ohne 
Bedeutung,  wenn  gesagt  wurde,  dass  der  g^;enwftrtige  Vor- 
trag irgend  welchen  früheren  Freibriefen  der  Hanse  nicht  hin- 
derlich sein  solle  ^ ).  Auch  erhöhte  es  wol  die  Sicherheit  der 
Städte  nicht  allzusehr,  wenn  man  sich  vom  Erzbischof  tod 
Lund  die  Freiheit  vom  Strandrecht  für  seinen  Sprengd  be- 
sonders bestätigen  liess').  Am  22.  November  stellte  Walde 
mar  mit  seinem  Reichsrathe  zu  Nykjöbing  auf  Fabter  den 
12  Städten  Lübeck,  Rostock,  Stralsund,  Bremen,  Hambnig, 
Kiel,  Wismar,  Greifswald,  Anklam,  Stettin,  Stargard  imd 
Kolberg,  also  denselben,  die  sich  vor  vier  Jahren  im  greifa- 
walder  Bündnisse  gegen  ihn  geeinigt  hatten,  die  Vertragain^ 
künden  aus.  Damit  war  der  Friede  wieder  hergestellt  nsd 
der  Krieg  beendigt,  den  die  Städte  unternommen  hatten  m 
der  festen  Zuversicht ,  ihren  Ansprüchen  auf  Handel  und  Net- 
kehr  im  dänischen  Reiche  unter  Beobachtung  der  ihnen  vn^ 
brieften  Rechte  unbedingte  Geltung  zu  verschaflisn. 

Sie  waren  weit  entfernt,  ihr  Ziel  erreicht  zu  haben,  und 
konnten  sich  ihren  Misserfolg  auch  nicht  verhehlen.  Der  tvw- 
dingborger  Friede  hatte  für  sie  nur  Werth,  wefl  sie  sich  über 
die  Massen  nach  Ruhe  sehnten,  und  zur  Zeit  nicht  im  Stande 
waren,  dieselbe  durch  Entfaltung  kri^erischer  E[raft  in  gftn- 
stigerer  Form  zu  erzwingen.  Dass  sie  sich  manchen  harten 
Beschränkungen  unterwerfen  mussten,  dass  ihnen  Freibeitei 
verloren  gingen,  an  deren  Besitz  sie  sich  schon  gewöhnt  hat^ 
tcn,  haben  sie  gewiss  schmerzlich  genug  empfundra.  Aber 
selbst  eine  beschränkte  Handelsfreiheit  war  doch  bei  Weitem 


1)  H.  R.  I,  n.  370  a.  371  S.  821 :  Vortmer  so  schal  desse  j•gIl•D1n^ 
degbe  bref  den  breven,  de  dessen  vorbenomeden  stoden  TOre  gheven  siot,  to 
iiiiieiue  hindere  edder  fco  schftden  komou;  Zeugen  sind  in  n.  ft7l  die  BuchdA 
von  Lübeck  und  Linköping. 

2)  ebd.  n.  372  vom  7.  Jan.   1366. 


Jumar  ISSi^SeptomUr  1865.  3g5 

m  unendlidieii  StOnmgen  und  Plackereien  vorzuziehen,  de- 
der  Handel ,  der  Lebensnerv  der  Städte ,  während  jahre- 
gar Unsicherheit,  in  ewigem  Schwanken  zwischen  Krieg  und 
lia  und  unter  end-  und  resultatlosen  Unterhandlungen 
{Motzt  war. 

ÜBd  ebenso  wenig  war  Waldemar  befriedigt;  ihm  musste 
Eilangte  ungenügend  erscheinen,  denn  es  gestattete  den 
riflchen  Städten  noch  immer  einen  blühenden  Handel  in 
Bächen,  liess  ihn  weit  entfernt  von  dem  glänzoiden  Bilde 
Macht,  das  die  Erinnerung  an  seine  Vorfahren  in 
]%rzen' erweckte  und  belebte.  Hätten  nicht  die  dro- 
in  Fortschritte  der  Meklenburger  in  Schweden  nothwen- 
aeine  Thätigkeit  nach  jener  Seite  gerufen,  er  würde  schwer- 
I  tich  herbeigelassen  haben  zum  Abschlüsse  des  Vertrags, 
kntte  derselbe  w^g  Aussicht  auf  Dauer.  Der  Charakter 
Mriiclier  Politik  war  es  nicht,  auf  einmal  erworbene  Bechte 
htm  Herzens  zu  verzichten  und  den  Gedanken  an  ihre  Wie- 
vlangung  rasch  au&ugeben.  Man  konnte  sicher  sein,  dass 
Städte  bei  der  ersten  passenden  Gd^enhdt  auf  ihre  alten 
yrtche  zurückkommen  würden.  Und  andererseits  war  auch 
lAemiir  nicht  der  Mann,  der  sich  von  der  Verfolgung  lange 
iqgter  Pläne  durch  ein  Stück  Pergament ,  durch  g^ebene 
Bprechungen  abhalten  liess.  Der  Zwiespalt  bestand  und 
r  4iirch  den  Vertrag  nicht  gehoben.  Von  der  Haltung,  die 
ia  Theile  den  eing^;angenen  Verpflichtungen  gegenüber  be- 
ichteten, hing  es  ab,  wie  bald  die  verdeckte  Feindschaft 
ÜBT  in  hsUlea  Flammen  hervorbrechen  sollte. 


V  Dit  IUM«tiUlto.  25 


Xn.    IMe  Verwicklungen  vor  dem  «weiten  Kriege 

g^en  Waldemar. 

Die  grosse  lübecker  Johannisversammlung  des  Jahres  1366, 
die  von  13  Städten,  daranter  Wisby,  Stockholm^)  nnd  drei 
liyl&ndische,  beschickt  war,  verlief  durchaus  friedlich  und  be- 
schäftigte sich  fast  ausschliesslich  mit  Ordnung  innerer  Ao- 
gel^nheiten  der  Hanse.  Zum  ersten  Male  seit  vielen  Jahren 
traten  die  alten  Einigungs-  und  Mittelpunkte  der  hansischen 
Gtemeinschaft,  die  auswärtigen  Niederlassungen,  wieder  ganx 
und  gar  in  den  Vordergrund.  Die  Kontore  in  Brfigge  und 
Nowgorod,  der  deutsche  Kaufmann  in  Bergen  gaben  Anless 
zu  Beschlüssen ,  die  deutlich  das  Bestreiben  zeigen ,  die  Yer 
hältnisse  jener  Faktoreien  fest  zu  regeln,  vor  allen  Dingen  sie 
der  Oberleitung  der  Städte  nicht  entwachsen  zu  lassen  ').  An- 
dererseits aber  bemühte  sich  die  Versammlung,  den  losen  imd 
durch  den  Krieg  noch  mehr  gelockerten  Bund  fester  zusam- 
menzuziehen, die  hansische  Städte  und  ihre  Bürger  streng 
zu  sondern  von  den  Angehörigen  der  übrigen  deutschen  Städte. 
Die  Ausnutzung  des  waldemarischen  Krieges  durdi  die  Letzte- 
ren zum  Nachtheil  der  Hansen  mochte  der  wohlbereditigte 
Anlass  dazu  sein.  Es  wurde  beschlossen,  dass  Niemand  die 
„Privilegien  und  Freiheiten  der  Deutschen^^ ')  gemessen ,  Me- 


1)  Stockholm  hatte  während   des   ersten  Krieges  Auch  Pftmdion  bexsblt 
s.  H.  R.  I,  n.  290. 

2)  Für  Flandern  H.  R.  I,  n.  376   §  10  n.  n.  880,  fttr  Nowgorod  n.  376 
§  26,  1  u.  n.  385,  fDr  Hergen  n.  376  §  28  u.  82  u.  n.  383  n.  884. 

3)  Gaudore  privilegiis  et  libertatibus  Theatonicomm. 


XII.    Die  y«wiak]«H»  ^^  ^^^  iwdiMi  Krieg«  g^gen  Waldenuur.    387 

maiid  iB  Fkadern  oder  Bergen  AeHennann  mn  oder  Nowgo- 
rod boBuehen  solle,  der  nicht  Bftrger  ein^  Stadt  der  deutschen 
Hanse  sd^).  Aeltere  Einigungen  der  St&dte,  wie  die  über 
gleiche  Bdiandlung  der  Verfesteten  und  Sdiuldner,  die  BMt- 
cherordnung  von  1321,  wurden  theils  erneuert,  th^s  wurde 
über  sie  berathen').  Dazu  beriethen  die  sechs  wendischen 
Städte  Lübeck,  Rostock,  Wismar,  Stralsund,  Greifewald  und 
Stettin  wiedw  über  die  Erneuerung  jenes  alten  Bündnisses 
wm  Sdiutse  gegen  die  Fürsten,  das  schon  vor  nahezu  hun- 
dert Jahren  diese  St&dte  geeinigt  hatte*).  Und  im  Sinne 
dieees  Vertrages-  nimmt  sich  der  Bund  einzelner  St&dte  im 
Streite  mit  ihren  Landesherren  oder  anderen  Fürsten  lebhaft 
an,  fordert  für  das  von  seinem  Erzbischof  schmählich  Über- 
fallene Brem^  Schadenersatz  von  zwei  Rittern  des  ErzstiÜB 
und  Achtet  die  Verr&ther  der  Stadt  ^),  wendet  sich  für  Bo* 
sloek  an  den  Grafen  Engelbert  von  der  Marie  und  die  Stadt 
Hamm^),  vermittelt  zwischen  Hamburg  und  seinem  Grälen 
Adolf  •). 

Aber  nicht  lange  konnte  der  Bund  sich  dieser  friedlichen 
Entwicklung  erfreuen.  Es  sollte  sich  bald  genug  herausstellmi, 
daas  mit  Waldemar  nur  ein  fauler  Friede  bestand.  Kaum 
dn  Jahr  verging  nach  Ratifikation  des  wordingboiger  Friedens, 
als  schon  wieder  Klagen  einliefen  über  grobe  Vertragsbrüche 
dea  dftnischoi  KGnigs.  Am  17.  December  richteten  sidben  wen- 
diacbe  St&dte  von  Rostock  aus,  wo  sie  derzeit  versammelt 
waren,  ein  Schreiben  an  die  d&nischen  Bürgen  des  Vertrags, 
die  Grossen  des  Reichs,  den  Eizbischof  Nikolaus  v(m  Lund, 


1)  H.  B.  I,  B.  876  I  11^18,  I  te,  4.    Vgi.  b.*880,  881,  884,  888. 
S)  ebd.  B.  878  |  17,  19  m.  87. 

8)  ebd.  B.  878  f  '^  t  ••  «^»  ^  ^* 

4)  H.  B.  I,  B.  877  u.  878  I  6  a.  7 ;  Tgl.  Verfestgsbudi  der  Stadt  Strainnd 
B.  886  8.  8T. 

5)  IL  B.  I,  B.  876  S  80,  80  a.  81,  b.  879. 

6)  ebd.  B.  876  J  8. 


388  ^^    ^^^  Yonriokluigwi  vor  dtm  iwtUai  Kriif« 

die  Bischöfe  Magnus  vcm  Bipen  und  Paul  von  AftrhiiB,  doi  Dn>- 
sten  Nikolaus  Lembek,  den  Kfimmerer  Everhaid  Mdtke,  an 
Stig  Andersen,  Friedrich  Moltke,  den  Hauptmann  auf  Kalfa  md 
Schloss  Banders,  und  an  Henning  Putbus  und  beklagten  sich 
bitter,  dass  Waldemar  g^en  den  Vertrag  fortfahre»  Gdd  voa 
d^  Gästen  auf  den  Vitten  zu  erheben,  dass  er  und  die  Sei- 
nen schiffbrüchige  Güter  w^nehmen^).  Und  schcm  früher, 
auf  der  Johannis Versammlung  in  Lübeck,  hatte  der  Bflrgff- 
meister  von  Danzig,  Johannes  Walrave,  im  Auftrage  des  Qr- 
densmeisters  über  den  Baub  preussischer  Güttf  im  Sunde  ge- 
klagt und  gebeten,  diese  Güter  und  ihre  B&uber  in  den  Städ- 
ten nicht  zuzulassen  *). 

Diesmal  waren  es  die  Preussen,  welche  zuerst  auf  ent- 
schiedene Massregeln  drangen.  Sie  mochten  üble  Erfahrongen 
gemacht  haben  bei  ihren  Sonderverhandlungen  mit  König  Wal- 
demar ')  und  mussten  jetzt  noch  erleben,  dass  ihre  LossagHOg 
von  der  Politik  der  Städte  ihnen  schlechte  Früchte  trug.  SdM» 
bei  der  rostocker  Versammlung  im  Decembw  stellten  sie  brief- 
lich den  Antrag,  man  möchte  mit  ihnen  ein  Bflndniss  eingdieD 
g^;en  die  Könige  von  Dänemark  und  Norwegw  ^).  Aber  die 
wendischen  Städte  hatten  das  erste  Bündniss  noch  zu  Jiebhsfi 
in  der  Erinnerung,  um  ohne  Weiteres  sich  in  ein  zweites  eia- 

1)  H.  B.  I,  n.  a9S.  Vgl.  Lfib.  Urkdb.  UI,  n.  699  Tom  11.  Mot.  1161.  Dil 
Klage,  dass  Waldemar  Geld  von  den  Gästen  auf  den  Vitten  erhoben,  seheiat 
mir,  da  sie  sich  nnr  auf  das  Jahr  1S66  besieht,  in  beweisen,  dass  die  ftit 
gieiohseitige  Aafseiehnong  des  Chron.  episc.  Lnnd.,  Lgb.  VI,  p.  681 :  „Bote 
anno  (1866)  nondine  Sicanöör  in  tantom  desolate  erant,  exceptls  dnobos  bod« 
de  Steethin,  qaod  onos  qaidem  mercator  non  companüt  in  eisdem'*  nieht  so  ohnt 
Weiteres  für  dieses  Jahr  verwendet  werden  darf,  wie  Pock  III,  176  es  thst 
lieber  die  Zeit  der  lundenser  Bisthumschronik  s.  Schäfer,  dän.  Ann.  v.  Chron. 
S.  78ff;  Es  ist  in  beachten,  dass  diese  Notii  sich  in  swei  Aasiiaaten  der  Bi»- 
thums-Chronik  zum  Jahre  1364  findet,  s.  Lgb.  I,  p.  IM  n.  VI,  p.  818. 

2)  H.  R.  I,  n.  876  §5.  Job.  Walrave  war  Bfligemiebter  von  Dansif 
1363,  1866,  1875,  1879. 

3)  S.  oben  S.  332,  842,  346,  361,  366.  Näheres  über  dieselben  Ist  nicht 
bekannt. 

4)  U.  R.  I,  n.  388  §  13. 


g6g«B  Waldemtf.  389 

zulassen.  Sie  schidd;en  den  stralsimder  Notar  Alardus,  der 
nnch  sonst  schon  Verhandlungen  mit  den  preussischen  St&dten 
gef&hrt  hatte,  mit  der  Antwort  nach  Preuss^,  dass  sie  wäh- 
rend des  dänischen  Krieges  durch  Rathsherren,  Notare  und 
andere  Boten  den  Hochmeister  und  die  preussischen  Städte 
oft  und  dringend  genug  um  eine  Verbindung  mit  ihnen  geg^ 
den  König  gebeten  hätten,  aber  nicht  eiiiört  worden  wären. 
Nur  desshalb  hätten  sie  in  einen  Frieden  gewilligt  Jetzt  sei 
an  ein  Bflndniss  nicht  zu  denken;  übrigens  erkläre  sich  der 
KGnig  ja  auch  zum  Schadenersatz  bereit '). 

In  Preossen  liess  man  sich  durch  diese  Weigerung  nicht 
abschrecken.  Als  Alardus  zurückkam,  brachte  er  Tom  Orden»- 
mdster  Winrich  von  Kniprode  den  Auftrag  mit,  die  Werbung 
zu  wiederholffli.  Aber  die  wendischen  Städte  scheinen  den 
schwer  errungenen  Frieden  nicht  so  leicht  haben  aufgeboi  zu 
wollen.  Statt  auf  den  Vorschlag  einzugehen,  schickten  sie  Al- 
ardus hinüber  zum  DänenkOnig,  um  Verhandlungen  zwischra 
diesem  und  dem  Hochmeister  zu  verabreden  *).  Offenbar  lag 
ihnen  viel  daran,  das  mühsam  hergestellte  Einvernehmen  nicht 
gestört  zu  sehen.  Von  Rostock  aus,  wo  die  wendischen  Städte 
sich  am  30.  Mai  1367  versammelten*),  konnten  sie  in  der 
Thal  Alardus  wieder  nach  Pieussen  schicken  mit  der  Nach- 
richt^ dass  Waldemar  bereit  sei,  um  Johannis  in  Stralsund  mit 
den  Pressen  zu  verhandeln  und  nach  dem  Rath  der  Städte 
(secundum  consilia  dvitatum)  Schadenersatz  zu  geben  und  zu 
nehmen.  Aber  schon  lag  ihnen  der  Gedanke  auf  das  Bflnd- 
niss einzugehen  nicht  mehr  so  fem.  Denn  ganz  neuerdings, 
nach  der  preussischen  Botschaft  des  Alardus,  hatte  Walde- 
mar mit  den  Seinen  wieder  städtische  Güter  und  Schiffe  ge- 
raubt   Dem  Alardus  wurde  jetzt  aufgetragen,  dies  dem  Hoch- 


1)  ebd.  I,  n.  891. 
t)  6bd.  n.  899. 
8)  ebd.  o.  400. 


390  ^I-    ^'^  Verwiaklmigtii  tot  4«m  iweitM  Krits« 


mdster  und  den  preusBischen  Stftdten  mifamtheilen  und  anf 
alle  Fftlle,  auch  wenn  diese  nicht  auf  Verhandlungen  mit 
Dänemark  scdlten  eingehen  wollen,  doch  darauf  hinsuwhkn, 
dass  sie  Bevollmfichtigte  nach  Stralsund  zur  YerständigOBg 
mit  den  wendisdien  Städten  schickten.  Diese  dächten  nidrt 
daran,  sich  von  der  Einigung  des  Kaufinanns  su  tramen,  nr 
mttsste  auf  ihre  Lage  Bücksicht  genommen  werden^),  b 
Preussen  sollte  Alardus  so  lange  bleiben ,  bis  die  mit  Kib- 
pen  und  den  Städten  der  SQdersee  von  den  preussischen  Stu- 
ten verabredeten  Verhandlungen  stattgefunden  h&ttm.  Uster 
sich  vereinbarten  die  wendischen  Städte,  dass  zum  strabon- 
der  Tage  um  Johannis  Jeder  bevollmächtigt  kmnmen  soDs» 
mit  den  Preussischen  und  Süderseeischen,  wenn  diese  encU»- 
nen,  gemeinsam  ein  Handebverbot  gegen  Dänemark  n  to- 
schliessen  und  eine  etwaige  Sistirung  der  Schonmfahrt  so  b^* 
rathen.  Dass  man  dem  Frieden  mit  dem  Norden  nur  wodg 
traute,  beweist  das  Verbot,  bis  dahin  Stahl,  Wafiion  oder  ku- 
pferne Geftese  nach  Dänemark  oder  Norwegen  aussufUhm  *). 
Es  waren  die  ersten  Schritte  zur  Einleitung  omstlieherer  Fand- 
Seligkeiten. 

Zwischen  den  preussischen  und  süderseeischen  Hansego- 
nossen  fanden  im  Laufe  des  Juni  wii^ch  DntertuuuHuigei 
statt').  Es  zeigt  sich  hier  abermals  eine  enge  Verinndiiiig 
zwischen  Städten  des  fernen  Ostens  und  des  ftussenten  We- 

1)  H.  B.  I,  D.  400  1 1 : qood  iptf  elvltatemat  mint  «Ü^m  a^ 

merMtorem  in  mnione  ptrmanert  et  ab  eo  se  nen  sagr«gare»  donuiodo  tgaripiii 
tur  illa,  que  toUerabilut  fuerint,  et  in  qoibos  honori  sno  CATere  postiBt. 

t)  ebd.  n.  400  I  3  n.  5. 

3)  Dass  es  schon  Tor  dem  11.  Joli  xn  einer  fewisMR  Biaigvng  kam,  dip 
für  sprechen  nicht  bloss  einselne  Stellen  des  an  diesem  Tage  abgescUossentt 
Vertrags,  anf  die  schon  Koppmann  (H.  R.  I,  S.  36t)  anflnerksam  gemadit  bat, 
sondern  besonders  ancb  iwei  SteUea  des  Beceeeaa  tob  14.  Jani  ISSf.  Damali 
hatten  die  Preassen  und  die  von  der  SQdersee  schon  beschlossen,  DlaemariL 
zn  meiden  (qaod  Daciam  et  Schaniam  vellent  atique  Titara,  provfc  ooBoepenut, 
n.  402  §  3)  f  and  die  wendischen  St&dte  werden  aafgefordert|  lieh  ia  Preasseo 
selbst  über  die  Verabredungen   und  Absichten  an   onterrichtaB  (ciTitatas,  Tisis 


*-  gtgen  WaldMiMr.  39]^ 

ik  steiiB,   wie  sie  uiifi  enerst   In   dem   preussisch-weetfillischen 
K   Drittel  des  brügger  Kontors  entgegentritt  ^ ).    Wie  es  scheint, 
h   hatte  sieb  diese  letztere  Verbindung  etwas  gelockert  durch 
r    dm  Zwist  über  den  Besitz  des  flandrischen  Freibriefes,  der 
I    wAhrend  des  ersten  waldeniarischen  Krieges  spielte.    In  ein^n 
Streite,  der  1366  die  Drittel  entzweite  über  Strafgelder,  die 
Ton  den  Aelt«*leuten  des  brügger  Kontors  unrechtmässig  er- 
hoben worden  waren,  standen  die  Westfalen  auf  Seiten  des 
lHbischen  und  gotlAndischen  Drittels ;  die  Preuss^  waren  an- 
derer Ansicht  <).    Dafür  aber  hatt^  sich  innige  Beziehungen 
swisdim  ihnen  und  den  niederländischen  St&dten  gebildet,  die 
auf  dem  brügger  Kontor  wohl  zu  den  westfälischen  ga^hnet 
word^,  sonst  aber  doch  eine  vollkommen  gesonderte  und  selb- 
ständig auftretende  Gruppe  bildeten.  Mit  Kampen,  dem  Haupte 
der  Städte  an  der  Südersse,  stehen  die  preussischen  Städte 
nach  dem  erst^  Kriege  sehr  intim  ^).    Jetzt  betrieb  man  ge- 
meinschaftlich den  Bruch  mit  Dän^nark  und  Norwegen.    Es 
wird  besonders  Kampen  gewesen  sein,  das  auch  zu  Feindse- 
ligkeiten g^en  das  letztere  Reich  den  Anlass  gegeben  hat, 
denn  erst  vor  Jahresfrist,  am  SO.  Juni  1366,  war  ein  Zwist 
zwischen  Kampen  und  K(»iig  Hakon  durch  einen  Vertrag  be- 
endet worden  ^).    So  wurde  denn  gegen  beide  Länder  von  den 
preussiBchen  und  süderseeisdien  Städten  em  Verkehrsverbot 
Tereinbart    Gemeinschaftlich  wollte  man  die  Reise  durch  den 
Sund  machen,  um  sich  gegenseitig  zu  schützen,  und  zusam- 
menhalten, bis  man  san  Recht  erlangt  habe  von  den  Kteigen. 
Zu  Martini  verabredete  man  eine  neue  Zusammenkunft  in  Köln, 


•t  Miditis  eonun  traeUlilmi  et  Intwtit,  ebd.  §  4).  Es  besUndeii  Alio  dammls 
sehoa  y«rabr«diiiig«ii  snd  Pliae. 

1)  H.  B.  1,  n.  148  ¥011  1S47. 

S;  ebd.  I,  n.  876  §  10  v.  t4. 

8)  Ygl.  ebd.  I,  n.  t96  §  t  mit  A.,  besoadera  n.  80t ;  oben  8.  881  ,  888. 

4)  S«bm  XIII,  67t.  Waldemar  tlebl  1865  S«pt  8  la  ZUtphen  noeb  frmud* 
lieb,  ygl.  Tadam«,  Tgdrekenkiuidig  Register  vMi  bei  trebief  te  Zu^tben  a.  t08. 


392  ^^^    ^^  VenrickkuigMi  ¥or  d«n  BwviteB  Kricft 

um  weitere  und  wirksamere  Massregeln  fttr  den  nifJmtqi  Fitt- 
ling  (zcu  wetertagen)  zu  berathen  ^). 

Zu  Johannis  erschienen  nun  auf  dem  stntbnmder  TagCi 
der  von  neun  wendischen  Städten  (Lfibeck,  BoBtock,  Wisbh; 
Stralsund,  GreiÜBwald,  Hamburg,  Stettin,  Kolbecg  und  Ai- 
klam) ')  beschickt  war,  auch  preusaische  Boten.  Der  KornÜkm 
von  Danzig,  Lüdeke  von  Essen,  und  drei  Rathaherrai,  Ertmar 
von  Hereke  von  Kuhn,  Everhard  Binhof  von  Thom  und  Jo- 
hannes Volmesteen  von  Elbing.  Zu  den  in  AossiGht  genm- 
menen  Verhandlung^  zwischen  ihnen  und  den  HfininAJüm  G^ 
sandten,  dem  oft  genannten  Vicko  Moltke  und  dem  rffaMrfy 
Notar  Rigmann,  scheint  es  nicht  glommen  zu  sein;  wemg- 
stens  wird  Nichts  davon  erwähnt  Aber  die  wendischen  Stidte 
wurden  bewogen,  ihrerseits  Gesandte  nach  Preossen  m  sdu- 

cken,  um  sich  an  Ort  und  Stelle  Aber  den  Stand  der  Unto^ 

• 

handlungen  zwischen  den  preussischen  und  sflderseeisclien  SUid- 
ten  zu  unterrichten;  fänden  sie  dann  in  den  vereinbarten  Punk- 
ten etwas,  was  ihnen  nicht  passte,  so  könnten  sie  darin  sack 
ihrem  Gutdünken  handeln ').  Sie  schickten  die  drei  hervor- 
ragendsten Männer,  die  im  Rath  der  w^disch^i  Städte  sasseo, 
den  lübecker  Bürgermeister  Johannes  Pleskow,  Arnold  Kr5pe- 
lin  von  Rostock  und  Bertram  Wulflam  von  Stralsund.  Vor 
Allem  sollten  sie  darauf  hinzuwirk^  suchen,  das  wenigstens 
noch  in  diesem  Jahre  dem  Kaufmann  die  Fahrt  nach  Däne- 
mark und  Schonen  freistehe,  im  nächsten  Winter  könne  man 
dann  an  einem  passenden  Orte  berathen,  was  weiter  zu  thus 


1)  H.  R.  I,  n.  403.  Dieser  Darstellang  liegt  die  oben  (S.  390  A.  S)  mottrirlc 
AuffassuDg  %n  Grunde,  dass  der  „apsatst  der  ordinancien*'  »chon  vor  dem  defi- 
nitiven Abschlüsse  des  Bündnisses  lu  Elbiog  (11.  Juli  1867)  ▼ereinbart  ist 

2)  Anklam,  obgleich  im  Anfange  des  Recesses  nicht  genaniii,  moas  aacli 
vertreten  gewesen  sein,  H.  R.  I,  n.  402  §  19. 

3)  H.  R.  I,  n.  401  §  1  u.  4 :  Nuncios  snos  consolarea,  qni  d«b«nt  vidert. 
scrntari  et  aadire  coobligacionem ,  qaam  ipsi  Pmceni  et  lUi  de  Campen  et  ex 
Zaderzee  facere  et  inire  pretendant,  et  moduro  procedandi,  nac  non  catarat  är- 
cumstancias,  qua  ibi  ordinabnntor. 


g«CMi  WaMwur.  398 

Wäre.  SoUten  die  Preussen  und  ihre  BundeBgmossen  dabei 
bleibeB,  Dftnemark  und  Sch(»ien  durchaus  schon  jetzt  vermei* 
den  SU  wölk»)  so  sollten  die  Gesandten  das  erst  wieder  an 
ilure  Stidte  bringen«  Aber  aosdrficklidi  lassen  diese  nochmals 
betonen,  dass  sie  durchaus  bei  der  Einigung  des  Kaufinanns 
Ueiben  w<dlen« 

Dinenuttk  gegenüber  gaben  die  wendischen  St&dte  die 
Yensncbe,  sn  einer  friedlichen  Verständigung  zu  kommen,  auch 
jetst  noch  nicht  auf.  Obgleich  sie  der  Meinung  waren,  dass 
die  Sachen  so  offenkundig  wftren,  dass,  wenn  es  mit  rech- 
ten Dingen  zuginge,  Verhandlungen  nicht  mehr  nOthig  seien  ^\ 
80  erid&rten  sie  sich  doch  bereit  zu  solchen.  Nur  dass  die^ 
selben,  wie  die  dänischen  Gesandten  wollten,  in  Dänemark  giH 
halten  wOrden,  konnten  die  städtisch»  Rathssendeboten  ohne 
weitere  Vollmacht  nicht  bewilligen.  Als  aber  während  des 
stralsunder  Tags  der  Bischof  von  Ripen  und  einige  Bitter  er* 
seidenen  und  aufis  Neue  baten,  gestanden  LQbedc,  Stralsund 
und  Anklam  auch  dieses  zu;  die  üebrigen  blidl)en  dabei,  erst 
die  Billigung  ihres  Raths  einhol»  zu  müssen*).  Das  Ver* 
bot  der  Waffenausfuhr  wurde  von  der  Versammlung  erneuert  *)• 

Am  29.  Juli  versammelten  uch  die  Städte  abermals  in 
Stralsund;  Hamburg  war  nicht  vertreten,  dafibr  aber  KieL 
.Man  war  bereit,  mit  dem  Ktaige  in  seinem  eigened  Lande 
zu  verhandeln,  aber  es  kam  zunächst  nodi  nicht  dazu.  Denn 
noch  innerhalb  des  letzten  Termins  (seit  Johannis)  waren  neae 
Bänbereien  an  städtischen  Schififen  und  Gütern  verübt  worden. 
Jetzt  schickte  der  Ktaig  anstatt  der  versprodiqien  Bitter, 

1)  «bd.  I,  n.  iOt  S  14:    in  qvibvt  onMiibM  quti  in  noiofiit  «I  pnbll- 

eis,  si  raete  sUre  deberet,  non  esMt  opos,  ut  Tidetnr,  plndtn  eelebnuri. 

t)  ebd.  n.  40S  J  14  v.  19.  nU  mm  S.  JbM  toUU  J«d«  Stedt  daHlbtr  Mftcb. 
riebt  nach  Stimlsand  g«ben.  Dm  sebeinl  «neb  gwdMben  tn  »ein,  denn  bii  dtr 
nichit<a  Venammliing  in  Stralsnnd  (S9.  Jntt)  «rtebebMn  die  VtrliMidfayiftn  in 
0AB«nnrfc  all  dcftnitiT  Terabredet  nnd  aneb  die  Art  der  Baiaa  dabin  mter  dem 
Galeite  der  dlniMsben  Bitter  (n.  405  |  1). 

8)  ebd.  n.  40t  1 1». 


394  ^11-    D>o  VenrieklUBg«!  vor  ieai  iw^ten  Kriefe 

welche  die  städtischen  Qesandten  „sicher  iFor  ihren  vieleii  Fein- 
den in  Dänemark^^  hinüberfuhren  sollten,  den  ^schef  Hemridi 
von  Boeskilde  mit  einem  Geleitsbritf)  der  den  Stftdten  dmth- 
aus  nicht  genügte  Er  »rwfthnte  nur  Lübeck,  Wismar,  Bostodr 
mid  Stralsund,  war  auf  Papier  geschrieben  und  an  einipB 
Stellen  radirt.  Die  Städte  schickten  daher  den  Iflbecker  Notar 
Johannes  Fritse  mit  dem  roeskilder  Bischof  hinüber  xmn  Di- 
nenkönige  und  liessen  erklftren,  sie  würden  nicht  koMMi, 
wären  aber  bereit  in  Stralsund  asu  warten,  fdls  der  ECtig 
einen  genügenden  Grcleitsbrief  und  die  versprochenen  Bitter 
schicken  wolle  ^ ).  Bis  auf  Weiteres  aber  wurde  den  Bülign 
der  Städte  doch  verboten,  Schonen,  Dänemark,  Bomhcdm,  Oe- 
land  und  auch  Norwegen  zu  besuchen,  und  jede  Stadt  sollte 
die  Ihrigen  in  Schone  und  Dänemaric  anweisen,  bis  cum  8.  Sep- 
tember mit  allen  Gfitem  heimzukehren ,  bei  Strafe  des  Vo^ 
lustes  der  Ehre'). 

So  hatten,  in  Folge  der  ^euen  dänischen  Räubweien,'  die 
wendischen  Städte  rasch  den  Standpunkt  aufgegeben,  den  sio 
in  Betreff  der  diesjährigen  Schonenfahrt  noch  um  Johannis, 
bei  Absendung  ihrer  Gesandtschaft  nach  Preussen,  entaehie- 
den  behaupteten.  Mit  dem  auf  Martini  nadi  K81n  verab- 
redeten Tage  erklärten  sie  sich  jetzt  auch  einverstanden*), 
lieber  die  daselbst  zu  berathenden  Gegenstände  wünschten  sie 
vor  MichaeliB  in  Stralsund  oder  Greifswald  eine  Verständi- 
gung mit  den  preussischen  Städten,  die  aber,  wie  es  scfaeiBt, 
nicht  zu  Stande  gdsommen  ist^).  Wie  ein  theilweis  eriialt»' 
ner  Brief,  an  Hamburg  zeigt,  wurden  die  zu  Stralsund  gefiMfr- 
ten  Beschlüsse  den  Gliedern  des  Bundes  mitgetheilt  ^). 


1)  H.  B.  I,  n.  405  I  1 ;  vgL  n.  404. 

S)  ebd.  If  o.  405  §  t  n.  S:   Smb  prhradoiie   honorit;   (hi^wnioA  peua 
RozstocheDses  ratraxcnmt  et  Kjlonenses). 
8)  ebd.  n.  405  %  5. 

4)  ebd.  n.  405  §  6  u.  n.  409  §  1. 

5)  ebd.  n.  406.    Hamburg  wird   aufgefordert ,   BrtAtD  ■  mmd  Stade  u  be* 


M^  WaMmmt.  395 

König  Waldemar  ist  auf  die  Forderung  der  wendischeB 
St&dte  eingegangen;  am  22.  Aagust  finden  wir  Bathsberm 
Yon  6  Städtai  (Labeck,  Wismar,  Boatock,  Stralsund,  Gretfi»- 
waM  und  Anklam)  zu  Falsterbo  in  Schonoi,  um  mit  dem  K5* 
nige  EU  unteiiiandeln.  Die  Rücksicktsloai^eit  und  jfthsor* 
Dige  Heftigkeit  des  dftnischen  KOnigs  zeigten  sich  hier  in 
ihrer  ganzen  Schärfe.  Auf  die  wohl  begründeten  Klagen  der 
Städte  ^)  über  Raub  in  verschiedenen  Theikn  des  Königreichs, 
Ober  Wegnahme  schiffbrüchiger  GHiter,  über  ungerechte  Er- 
pressungen in  Schonen  entg^;nete  Waldemar  wenig*).  Er 
legte  sich  aufe  Schelten  (he  yfl  uppe  en  sdiddent)  und  rührte 
mite  Sachen  wieder  auf^  klagte  über  die  Lübecker,  dass  sie  ihm 
dee  Kaisers  Zins  vorenthielten,  und^  wegen  Maiquard  von  We* 
sIensee,  lauter  IMnge,  an  welche  die  lübeckor  Sendeboton  ent* 
framt  nicht  gedacht  hatten  *).  Er  mdnte,  ea  solle  «*st  einer 
kommen,  der  von  sich  sagen  könne,  die  Lübecker  hätten  ihm 
gehalten,  was  sie  besiegelt  hätten^).  Als  diese  antwcrteteä, 
daaa  die  von  Lübeck  in  ihren  Briefen  und  Worten  sich  be* 


BMhrichtifMi.  Dms  aebtn  den  Stidtoa  des  Iflbiiekea  Drltleto  mmIi  die  west- 
fiUkcheii  nad  die  des  goUänditeh-lhrUtodiacheB  Drittels  WBMlirleht%i  wot4m 
siad,  kmnn  man  nur  TermaUien ;  die  prenasisehen  und  niederÜndiaclMa  natir^ 
lieb  In  diesem  PaOe  nicht 

1)  Dia  Klacepnnkle  s.  H.  B.  I,  n.  410. 

2)  ebd.  I,  n.  408  ^l:  ....  dar  ea  antwardede  de  lumyogli  nielit  aer« 
tho  ete. 

i)  Unde  dagliede  nppe  de  ran  Lnbeke  Tan  des  kejsers  tjns  weglien  «adtf 
Maiqaardss  Tan  Westensae,  dal  oMm  sake  weren,  der  sik  het  Jaoab  neskeva 
nnde  mester  Johan  nicht  nterken  verwüsten.  Ueber  den  Kaiserains  t.  oben 
8.  ft69  A.  4  and  S.  8S7  A.  5.  Die  fllr  die  Brmordong  des  Kaniaard  rcn  Westen- 
SM  nach  dem  Schiedsspnich  TMS  tt.  Kai  1864  M  laklanda  Stttte  vea  1000  ]$, 
Iflb.  Pfjie  liatte  die  Stadt  nach  einer  Anffordenuig  Waldemars  am  8.  September 
1886  entrichtet  (Lftb.  Urkdb.  lU,  n.  586,  Tgl.  ebd.  n.  tOl  n.  660).  Ueber 
Marqaard  von  Westensee  s.  Mantels,  Lflbeek  and  Marqoard  Ton  Westensee, 
Lflbeek  1866,  Sehniprograann.  In  der  Datfarang  Toa  a.  660  sehÜesse  ich 
mich  Hantelt  an. 

4)  Unde  seghede,  weme  se  wat  beseghelden  aade  dat  heldaa,  de  aechte 
segghen,  dat  se  em  dat  holden  hadden. 


396  ^^-    ^^  Verwicklangoi  vor  4«ai  iwelten  Kriege 

währt  hätten  als  rechtschaffene  Leute  ^),  meinte  der  Kdoig, 
das  habe  er  nicht  gefanden.  Er  erklärte  sich  berdt,  mit  Omen 
vor  den  Kaiser  zu  gehen,  aber  die  Lübecker  leimten  ein  Schieds- 
gericht ab.  Zu  einer  sachlichen  Verhandlung  war  mit  Wal- 
demar  nicht  zu  kommen.  Die  Bitte  der  Gesandten  um  Auf- 
träge an  ihren  Rath  war  erfolglos.  Am  folgenden  Moi]gen  ritt 
der  König  weg  nach  MalmG  und  Hess  die  städtischen  Gesand- 
ten mit  seinem  Rathe  allein').  Es  war  ein  Verfahren  hA 
diplomatischen  Verhandlungen,  dessen  nur  die  Heftigkeit  eines 
Waldemar  &hig  war. 

Mit  dem  Beicfasrathe,  zu  dem  am  Dienstag  noch  Herzog 
Erich  von  Sachsen  kam  (auch  Graf  Adolf  von  Holstein  wir 
anwesend),  einigte  man  sich  nun  dahin,  dass  am  13.  October 
abermals  in  Falsterbo  und  zwar  unter  Zuziehung  der  von  den 
Städten  beschuldigten  Vögte  und  Amtleute  verhandelt  werden 
solle,  vorausgesetzt,  dass  die  Städte  diese  Verabredung  ihrer 
Gesandten  billigen  wQrden.  Am  8.  September  sollte  em 
Bote  dem  Könige  darüber  Nachricht  und  zugldch  einen  Auf- 
satz der  städtischen  Klagen  bringen  *).  Es  war  ein  ErgebnisB, 
das  eigentlich  kaum  als  ein  solches  zu  bezeichnen  war.  Man 
war  nach  den  mit  Verlust  an  Zeit  und  Kosten  ins  Werk  ge- 
setzten Verhandlungen  gerade  so  weit  wie  vorher,  und  nach 
den  Erfahrungen,  die  man  mit  Waldemar  gemacht  hatte, 
konnte  man  auch  kaum  hoffen,  auf  einem  neuen  Tage  viel 
weiter  zu  kommen.  Lag  doch  dem  Dänenkönige  Nichts  daran, 
die  Sache  zu  beschleunigen,  vielmehr  war  ein  unsicherer, 
zwischen  Krieg  und  Frieden  schwankender  Zustand  derjenige, 
den  er  am  besten  auszunutzen  verstand. 

Die  wendischen  Städte  dachten  daher  von  jetzt  an  nicht 


1)  Dat  de  van  Lubeke  sik  bewaret  hadden  in  eren  lyrerea   imda  wwda 
alse  bedderve  lüde. 

8)  U.  R.  I,  n.  408  $  S  a.  4. 
3)  ebd.  n.  408,  §  8—8. 


glgttB  WMmui.  397 

mehr  an  VerhaadluQgen,  sondern  &n  Krieg.  Von  Falsterbo 
nach  Stralsund  zurückgekehrt  verabredeten  sie,  dass  die  Ab- 
geordneten für  den  külner  Tag  am  &  October  in  Bostock  zu- 
tammenkommen  sollten  0*  Von  neuen  Verhandlungen  mit 
OiMiQark;.war  nicht  mehr  die  Rede.  Vielmehr  vertraten  die 
Stidle  jetzt  eine  entschiedene  Kriegspolitik.  Waren  bisher 
die  iweussischrniederländischen  Städte  die  treibenden  gewesen, 
W^giiigen  diese  jetzt  den  wendischen,  da  dieselben  einmal  die 
Fjrjedenshoffnungen  aufgegeb^  hatten ,  lange  nicht  weit  genug. 
Bai  dem  elbinger  Vertrage  wollten  diese  jetzt  nicht  mehr 
ftfibe&i  bleiben,  weil  sie  wohl  einsahen,  dass  derselbe  ihnen 
die  volle  Feindschaft  des  Dänenkönigs  zuziehen  würde,  ohne 
sie  aelbst  in  die  Lage  zu. setzen,  demselben  so  viel  zu  scha- 
den« wie  sie  konnten  und  auch  mussten,  wollten  sie  anders 
Scfolg  davon  tragen.  Sie  machten  mit  Recht  geltend,  dass 
W  nicht  immer  möglich  sein  w^ de ,  gemeinschaftlich  durch 
im.  .Sund  zu  fahren ;  es  mussten  daher  dem  hansischen  Han- 
del .a<Awere  Gefahren  erwachsen.  Der  König  sei  sicher  vor 
Üuen,  aber  sie  nicht  vor  dem  König;  er  könne  ihnen  schaden, 
sie, ihm  nicht.  Noch  manches  Andere  hoben  sie  hervor,  „was 
auf,  der  Hand  lag^^  (que  occurrunt)*). 

•  Deutlich  zeigt  sich  hier  die  Ueberiegenheit  der  wendischen 


1)  H.  B.  I»  n.  409  §  1  IL  5. 

t)  6bd.  n.  41 1  §  2 :  Quod  hoc  nailo  modo  sit  conveniens  ipsis  aut  nobis, 
Im -pr«pl«r  lM>e,  qnia  non  semper  eonrenire  poterimns  ad  tnnseiuidiim  per 
Monsmmd  et  repertranseundom ,  unde  pericula  poterint  evenire ,  tarn  eciam, 
qnla  aSe  lemper  rez  esset  secums  pre  nobis,  et  nos  essemns  insecuri,  et  ipse 
poaaet  nobia  nocere ,  et  nos  sibi  non ,  et  molta  alia  qae  occommt.  Toeppena 
BaoMrkang:  „In  dem  Kriege  gegen  König  Waldemar  IIX.  von  Dänemark  rissen 
die- prensaiacben  StXdte  im  Beaonderen,  ala  die  ftbrigen  Hanseaten  achon  er* 
matteten,  durch  energisches  Vorgehen  diese  aom  Siege  aber  den  gefttrcbteten 
F^nd  mit  sich  fort**  (Vorrede  an  den  Akten  der  Stindetage  Ost-  and  West- 
prenwns  A.  I,  S.  VIII)  moss,  wenn  man  den  Hergang  nicht  näher  kennt, 
an  einer  dnrchaos  falschen  Auffsssung  der  Dinge  fUhran. 


398  ^^-    ^^  Yarwiohl— gf  tot  ten  iwelton  Krieg« 

Stftdte  in  der  Politik.    Bie  alMn  sahen  kfar  genog,  in  n 
erkennen,  dass  ein  Vorgeben  wie  das  der  prellnBcllHliede^ 
ländiaehen  Stfidte  den  Feind  wohl  reisen ,  aber  nidit  demMii- 
gen,  ja  kaum  ernstlich  schAdigen  konnte,  daes  ee  den  Stidten 
selbst  mehr  als  den  Dänen  schaden  und  unfehlbar  m  eiaer 
Niederlage  und  zn  schimpflichem  and  verderblichem  NaA- 
geben  führen  miisste.    Einmal  entschlossen,    WaMemar  ert- 
gegenzntreten ,  schraken  sie  nicht  zorflck  vor  dem  eimigai 
Mittel,  das  denselben  zur  Anerkennung  ihrer  Rechte  swuigei 
konnte,  der  Gewalt  der  Waffsn.    Und  da  sie  die  Bfacht  da 
Feindes  genügend  kannte,  um  zu  wissen,  dass  ibre  eigOMi 
Kräfte  schwerlich  ausreichen  würden,  ihn  niederzuwerfen,  so 
bestanden  sie  auch  mit  aller  Entschiedenheit  darauf,  die  hol- 
steinischen und  meklenburgischen  Herren  in  das  Bündniss  la 
ziehen^).    Heinrich  von  Holstein  und  Herzog  Albrecht  von 
Meklenburg  hatten  sich  schon  ans  eigenem  Antriebe  an  den 
Hochmeister  und  an  einige  Städte  gewandt*).    Den  drei  Batks^ 
herren  der  wendischen  Städte  war  dann  in  Preussen  der  Aaf- 
trag  gegeben  worden,  mit  den  Fürsten  zu  unterhanddn,  uad 
dies  auch  schon  so  weit  geschehen ,  dass  es  nicht  wieder  rück- 
gängig gemacht  werden  konnte*).    Man  hatte  angefragt,  wes- 
sen man  sich  von  den  beiden  Fürsten  versehen  könne,  wenn 
der  DänenköDig  noch  vor  Weihnachten  eine  der  Städte  an- 
greife^).   Lübeck  und  Rostock,  Stralsund  und  Wismar  hatten 
Herzog  Heinrich  von  Meklenburg  800  Mk  gq;eben  zur  Unter- 
stützung seines  Vaters  in  Schweden  unter  der  Bedingung,  dass 


1)  H.  R.  I,  n.  411  §  9:  Hoc  nobis  Tidetor,  qaod  sine  ipcU  non  posra- 
mas  proflcere  in  hoc  facto.  Vorher  hatte  man  in  Lübeck  schon  an  ein  BttndaiM 
mit  dem  Hersoge  von  Lüneburg  gedacht,  Lfib.  Urkdb.  IV,  n.  106. 

S)  H.  R.  I,  n.  40S  §  5  und  S. 

8)  ebd.  n.  411  §  t:  Hoc  jam  irft  fitctom  et  tantnm  proftindatam,  qaod 
jam  retractari  non  possit. 

4)  ebd.  n.  405  §  14. 


gegen  WaldemAr.  399 

er  vor  dem  6.  December  dieses  Jalires  keine  Sühne  eingehe 
mit  König  Waldemar^). 

Und  wie  die  Dinge  lagen,  war  auch  Nichts  mehr  geeignet, 
den  Erfolg  gegen  Waldemar  zu  sichern  als  ein  enger  An- 
Bcbliue  an  die  Herren  von  Meklenburg  und  Holstein;  denn 
drohend  standen  diese  im  Norden  Waldemar  und  seinen  Bun- 

gegeoflber. 


1)  Lttb.  Urkdb.  III ,  n.  623  und  BW  vom    27.  Sept.  und  12.  Oct  1367. 
Lflbeek  lebtete  ausserdem  noch  Voraussahlungen ,  ebd.  111,  n.  647  und  658. 


«II 


Die  Meklenbnrger  in  Sehwedfln.    Vonregai 

und  die  St&dte. 


Der  Versuch  des  meklenburger  Herzogs  Albrecht,  aeiiM 
Sohn  auf  den  Thron  Schwedens  zu  setzen,  zählt  anter  die 
kräftigsten  Lebensäüsserungen  norddeutscher  Territorialmacht 
im  15.  Jahrhundert  Er  brachte  Schweden  auf  ein  Viertel- 
jahrhundert in  eine  ähnliche  Stellung  zu  Meklenbnrg,  wie 
Dänemark  sie  zur  Zeit  Gerhards  des  Grossen  zu  Holstein  ein- 
genommen hatte.  Dabei  äusserte  er  einen  wesentlichen  Ein- 
fluss  auf  die  Entwicklung  der  hansischen  Macht:  Grand  ge- 
nug ,  um  ihm  hier  eine  etwas  nähere  Betrachtang  za  widmeD. 

Die  der  Reformationszeit  angehörende  Chronik  des  fran- 
ciskaner  Lesemeisters  Slaggert  zu  Ribnitz  weiss  za  enähleo, 
dass  Herzog  AJbrecht,  als  er,  noch  unter  Vormundschaft 
stehend,  einmal  mit  seinem  Gefolge  über  Feld  geritten  sei, 
einen  Vogel  gefangen  und  gerapft  und  dann  sein  Gefolge  ge- 
fragt habe,  ob  der  so  noch  fliegen  und  leben  könne;  als  man 
ihm  geantwortet:  „nein^^  habe  er  gesagt,  so  gehe  es  ihm  ohne 
seine  Schlösser  und  Burgen.  —  Erfunden  oder  nicht,  die  Er- 
zählung kennzeichnet  die  Situation.  Als  Albrecht  H.,  die 
Landesgeschichte  gab  ihm  später  den  Beinamen  des  Grossen, 
1329  seinem  Vater,  Heinrich  „dem  Löwen^,  in  der  Begiening 
folgte,  war  er  12  Jahre  alt;  eine  Vormundschaft,  ans  16 
Adligen  und  den  Magistraten  von  Rostock  und  Wismar  be- 
stehend, übernahm  für  ihn  das  Regiment  Zum  grossen  Theil 
war  das  fürstliche  Gut  schon  unter  dem  Vater  verpfibidet, 


Konr«gen  und  die  8tldte.  401 

unter    der  ytHrmundsehaftlichen  Regierung   schmolz  es  noch 
mehr  zmammen.    Als  daher  Albrecht,  noch  nicht  20 jährig, 
1336  selbst  ans  Ruder  kam,  war  seine  dringendste  Aufgabe, 
dar  wachsenden  Macht  des  Adels  Schranken  zu  setzen.    6e- 
statzt  auf  seine  Stadt  Rostock ,  die  dem  Dürftigen  vor  Jahres- 
frist bei  seiner  Rückkehr  aus  Schweden  in  einem  Darlehen 
^nai  60  ^  Biav.  (40  ^  lüb.  «  4ö0  resp.  2700  Rm.)  eine  er* 
wflDSchte  Unterstützung  geboten  hatte,  und  auf  das  treue 
Land  Stargard   gelang  es  ihm,  schon  im  erst^  Jahre  den 
Uebermath   seiner  Mannen  empfindlich  zu  züchtigen,  zahl- 
nklie  Bargen  zu  brechen  oder  niederzubrennen ;  der  junge 
Henog  „machte  einen  guten  Frieden  über  das  ganze  Land*^ 
sagt  Detmar.    Es  förderte  ihn  nicht  wenig,  dass  der  Herzog 
TW  Stettin  und  der  Fürst  von  Werle  gleichzeitig  in  derselben 
Wehe  gegen  ihren  Adel  vorgingen.    Gleich  dem  Grafen  Ger- 
haid  gelangte  dann  auch  Albrecht  von  kleinen  Anfingen  zu 
gTMnr  Macht    Vom  Kaiser  erwarb  er  1348  den  Herzogstitel, 
braebte  1359  die  Grafschaft  Schwerin  an  sein  Haus.    Mit  den 
Ftitten  von  Werle  stand  er  in  gutem  Einvernehmen ,  obgleich 
QeMste  nach  deren  Erbe  nicht  fehlten;  auch  dem  Dänen- 
kOrige   gegenüber  wusste   er   sich,   wie  wir   gesehen,   eine 
luglelch  unabhängige  und  doch  einflussreiche  und   vortheil- 
halle  Stellung  zu  verschaffen.    Besonders  gut  aber  stand  er 
mit  den  StAdten: 

Denn  von  ihm  sagt  man  süsse  mähre, 
Er  hielt  sein  strass  von  placken  rein , 
Der  koufinann  lobt  das  rüchte  gemein. 
Die  auf  seine  Veranlassung  geschriebene,  nicht  weniger  als 
25000  Verse  umfassende  Reimchronik  des  Ernst  von  Kirch- 
berg,-  die  in  ihrer  noch  jetzt  erhaltenen  Originalhandschrift 
des  Herzogs  und  seines  Sohnes,    des  schwedischen  Königs, 
Bild  auf  Goldgrund  bewahrt,  zeigt  deutlich,  dass  Albrecht 
uch  fühlte  als  den  Neugründer  seines  Hauses ,  den  Regenerator 

Sriilhr,  Die  HuiMtUdU.  26 


402  ^^^    ^^  Mektonburgtr  ia  8elnr«deii. 

Beines  LandeSi  dass  er  als  solcher  allgemeiii  betrachte  wurde, 
dass  er  sich  bewusst  war,  entscheideiid  eingegriffen  su  haben 
in  den  Gang  der  Zeitereignisse^). 

Mit  Schweden  hatten  meklenburger  Forsten  schon  adt 
dem  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  in  naher  Verbindnng  ge- 
standen, in  schwedischen  Angelegenheiten  eine  Rolle  gespielt'). 
Wenige  Jahre  nach  der  Thronbesteigung  des  Königs  MagMS 
von  Schweden  (1321)  wurde  dessen  Schwester  Euphemiaiit 
Albrecht  von  Meklenburg  verlobt,  im  Mai  1836  zu  Bostod 
mit  Glanz  die  Hochzeit  gefeiert;  unter  dem  Gdtiit  Iflbecto 
Schiffe  ging  das  junge  Paar  von  dort  hinOber  nach  Kahnsr 
und  weiter  nach  Stockholm.  Albrecht,  so  eben  erst  in  Bestock 
vom  Herzog  Erich  von  Sachsen  zum  Bitter  geschlagen,  er- 
theilte  hier  seinem  gleichaltrigen  Schwager,  König  Magnu, 
selbst  den  Bitterschlag.  Die  glänzenden  Festlichkeiten  kann 
Detmar  nicht  genug  preisen.  Das  Einvernehmen  war  oflai- 
bi^r  das  beste  und  blieb  im  Allgemeinen  so  durch  mehr  ab 
zwei  Jahrzehnte.  Welche  Bolle  Meklenburg  beim  Uebeigaop 
Schönens  an  Waldemar  spielte ,  haben  wir  gesehen.  Die  Dop- 
pelverwandtschaft mit  Schweden  und  Dänemark,  denn  Alhnchts 
ältester  Sohn  Heinrich  war  mit  Waidemars  Tochter  Ingeborg 
vermählt*),  mag  dann  ein  Anlass  mehr  gewesen  sein,  diso 
die  Meklenburger  im  ersten  Kriege  gegen  Waldemar  neutral 
blieben.  Eine  andere  Aussicht,  im  Norden  eine  BoUe  zu  8pi^ 
len,  eröffnete  sich  ihnen,  als  kaum  der  fOr  die  Städte  so  oo- 
glückliche  Feldzug  des  Jahres  1362  zu  Ende  und  die  Bube 
durch  einen  Waffenstillstand  vorläufig  wieder  hergestellt  wor- 
den war.  Albrecht  „der  Grosse^^  war  nicht  der  Mann,  diese 
Aussicht  unbenutzt  vorübergehen  zu  lassen. 

1)  Vgl.  Badloff,  Pragmat  Huidb.  d.  meklbg.  Geseh.  II,  068  ff. ;   LiMb, 
meklbg.  Jahrb.  VII,  1  ff.;  ebd.  XV,  47;  Detmar  an  18S7. 

2)  Vgl.  Styffe ,  Bidrag   tili   Skandinaviens  Historia   nr   ntlindaka  arklver 
I,  P.  V. 

3)  S.  oben  S.  145: 


Nonregen  nnd  die  atidta.  40S 

Wir  sind  sehr  schlecht  unterrichtet  über  die  wichtigen 
Vorgänge  in  Schweden  im  Anfange  der  60  er  Jahre  des  14. 
Jahrhunderts.  Zeitgenössische  Nachrichten  fehlen  fast  ganz; 
nach  Urkunden,  die  Auskunft  geben,  sucht  man  vergeblich. 
Zeitlich  am  nächsten  stehen  noch  der  Bericht  des  Magister 
Elard  Schoneveit  bei  Korner  und  die  Mittheilungen  der  Chro* 
mk  des  Minoritenklostars  zu  Wisby  ^),  und  diese  beiden  Quel- 
lon  gehen  in  ihren  Angaben  auseinander.  E.  Schoneveit  lässt 
nach  der  Vermählung  Hakons  mit  Margareta  (9.  April  1363) 
die  adiwedischen  Grossen  in  Erfüllung  des  Vertrags  mit  Hein- 
tkk  von  Holstein  *)  zu  diesem  gehen  und  ihm  die  schwedische 
Krone  anbieten.  Heinrich  von  Holstein  verweist  sie,  nachdem 
m  Magnns  vergebens  um  Erfüllung  seines  Versprechens  ge- 
bahnt hat,  an  seine  Schwäger,  die  Söhne  des  Herzogs  AN 
iMilit  von  Mddenburg.  Die  wisbysche  Chronik  hingegen  be- 
rietet, Magnus  habe  nach  seiner  Freilassung,  erzürnt  über 
rntrn  (Gefangenschaft,  die  ihm  feindlichen  Grossen  vertrieben; 
dtae  hätten  dann  den  Winter  1362/63  auf  Gotland  zugebracht 
wären  von  dort  Ostern  1363  hinübergegangen  nach  Wis- 
zum  Herzog  von  Meklenburg ').     Sicher  ist  nur,  dass 


1)  Koroer   bei    Eccmrd,  corp.   hUt  11,   Sp.  1104  ff.   und   bei   Janghaiit 

a.  4$  A ;  die  wisb.  Chronik  bei  Fant,  Scr.  rer.  Soec.  I,  p.  89  ff.  and  L&ngeb., 

tcr.  rer.  Dml  l,  S66.     Welche  von  diesen  beiden  QaeUen  den  Begebenheiten 

idintl»  näher  steht,   iat   nicht  mit  voUkommener  Sicherheit  ta    entscheiden, 

hifhtt   wahrscheinlich  £.  Schoneveit     Beide  enthalten  IrrthOmer.    Der  wisb. 

Chron.   webt  solche    nach  Styffe,   p.  XXXIV  Anm.     £.   Schoneveit  eraihlt, 

daaa    Heinrich   von    Holstein   die    Schwester  Albrechts   (Ingeborg)   geheiratet 

«ad  desahalb  die  schwedische  Königskrone  Meklenbvrg  fiberlassea  habe ;  Inga* 

borge  erster  Gemahl,   Ludwig  von  Brandenburg,  starb  aber  erst  am  14.  Mai 

l$M.  —  Ueber   die  Zeit  der  wisb.  Chr.  s.  Schlfer,   dänische  Ann.  und  Chr. 

10t.     Dass  dieselbe,   wie  Styffe  in   der  oben   erwähnten  Anmerkung  bemerkt, 

vor   141t  geechrieben   sei,  ist  eine  Behauptung,   deren  QrOnde  Styflb  leider 

aieht  angiebt.  Ich  vermag  sie  nicht  su  entdecken.  —  Der  Dominikaner  Blard 

Schoneveit  wirkt  als  Inquisitor  in  Norddeutschland  seit  1M9 ,  in  Lttbeek  1402, 

s.  ÜOTht*"*  >  de  Beghardis  et  Beguinabos  S.  tS5. 

t)  8.  oben  8.  t67. 

I)  S^fle  nimmt  beide  Berichte  in  seine  DanteUnng  auf  (p.  ZXXIV  und 

26» 


404  ^^^'    I^  Meklenbnrger  in  8eliw«deii. 

Herzog  Albrecht  auf  eine  schwedische  Anregung  hin  den  Plan 
fasste,  einem  seiner  Söhne  die  schwedische  Ednigskrone  anfs 
Haupt  zu  setzen^).  Die  Wahl  fiel  auf  den  zweiten ,  Albrecht 
mit  Namen  wie  der  Vater,  ohne  Zweifel,  weil  der  filteste, 
Heinrich ,  seit  dem  Tode  des  d&nischen  Kronprinzen  die  nftch- 
sten  Erbansprüche  auf  den  dänischen  Thron  hatte,  und  es 
den  Schweden  nicht  in  den  Sinn  kommen  konnte,  durch  des 
Meklenburger  herbeizufOhren ,  was  nicht  am  wenigsten  ihna 
die  dänische  Heirat  Hakons  verhasst  machte. 

Im  Juni  1363  sehen  wir  den  Meklenburger  in  Unterhand- 
lungen mit  Lübeck.  Offenbar  bandelte  es  sich  um  das  schwe- 
dische Unternehmen ,  für  das  der  Herzog  Unterstützung  suchte, 
wie  wir  gesehen  haben,  ohne  Erfolg*).  Schon  Anfang  No- 
vember desselben  Jahres  verliess  er  dann  die  Wamow  mit 
einem  stattlichen  Heere.  Oraf  Heinrich  yon  Holstdn  b^g^- 
tete  ihn ,  war  also  mit  dem  Unternehmen  einverstanden,  aoBser- 
dem  die  Herren  von  Werle  und  Ruppin*).    Ueber  KitaMr, 


XXXV  1L)f  webt  aber  doch  nach,  dass  mehrere  Ton  den  in  der  wJahjielw 
Chronik  genannten  Vertriebenen  im  Sommer  1868  noch  in  Schweden  waren. 
Gegen  die  wisb.  Chr.  scheint  mir  auch  noch  su  sprechen,  dasa  Oec  186S 
in  den  Verhandlangen  zwischen  Schweden  und  den  Stfidten  (Brief  Magus* 
an  die  Städte,  H.  R.  I,  n.  288)  und  in  dem  Briefe  Wbbys  (ebd.  n.  890) 
Nichts  Ton  yertriebenen  schwedischen  Grossen  erwihnt  wird.  —  JMe  Bwiehti 
der  Erich-Bjurls-Chronik  sind  g^na  and  gar  entstellt  Styffe  nennt  sie  nickt 
gana  mit  Unrecht  eine  Sammlang  von  Sagen  der  aristokratischen  Partei,  maekt 
sich  aber  ebenso  angerechtfertig^  einer  entschiedenen ,  qaellenmiaaig  anf  keine 
Weise  zu  begründenden  Parteinahme  für  König  ICagnos  und  gegen  den  Beiehs- 
rath  schuldig.  Die  Berichte  der  Erich-Karls-Chronlk  sind  dann  fibergegangen 
in  die  Chronik  des  Olaus  Petri ,  der  sie ,  E.  Schonevelt  und  die  Berichte  der 
wisb.  Chron.  benatzt  hat  and  wenig  Neues  bietet. 

1)  Dass  Albrecht  von  Meklenburg  wahrscheinlich  schon  heimliche  Ver* 
bindungen  mit  den  MissYergnQgten  in  Schweden  unterhalten  habe,  ist  eise 
Vermuthung  von  Styffe  (p.  XXXVI),  die  einer  gewissen  Wahncheinlichkeit 
nicht  entbehrt,  sich  aber  nicht  quellenmftssig  belegen  Iftsst 

8)  S.  oben  S.  844. 

3)  Junghans  S.  58  und  66.  Styffe  IKsst  Albrecht  irrthfimlich  am  18.  Nov. 
von  der  Wamow  fahren  (S.  XXXVIII,  wahrscheinlich  nach  Dahlmann  II, 
20);    das   bei    E.  Schonevelt   gegebene   Datum   (10.  Nov.)   ist   höchst   wahr- 


Norw€g6n  und  die  StXdie.   ^  406 

das  schon  seit  Jahren  im  Besitze  Heinrichs  des  Eisernen  war, 
kam  man  schon  am  29.  Nov.  nach  Stockholm,  wo  Bürger- 
meiater  and  Rath  der  überwiegend  deutschen  Stadt  schon  am 
luvenden  Tage  den  jungen  Albrecht  als  ihren  Herrn  aner- 
kannten ^).  Ein  zu  Upsala  versammelter  Reichstag  beschloss 
dann  am  17.  Februar  1364  die  Absetzung  des  Magnus,  weil 
er  die  Reichsgesetze  verletzt  habe*),  und  w&hlte  an  seine 
Statt  den  jungen  Albrecht,  den  zweiten  Sohn  des  Herzogs 
fOD  Heklenburg,  zum  Könige ,  der  nach  alter  Landessitte  feier- 
Kdist  auf  den  Morastein  bei  Upsala  gehoben  wurde.  Schwe- 
ihcher  und  deutscher  Adel  war  zahlreich  vertreten;  es  muss 
dn  glänzendes,  prunkvolles  Schauspiel  gewesen  sein.  Der 
jage  König  wurde  vom  Grafen  Heinrich  zum  Ritter  geschla- 
gen und  schlug  dann  selbst  den  jungen  Herrn  von  Werle  und 
100  andere  junge  Adlige  zu  Rittern'). 


auf  die  Anknnft  in  Kalmar  lu  beliehen  (H.  B.  I,  8.  817  Anm.  8), 

Abfiüirt  Ton  der  Wamow  muss  also  Anfang  Norember  geschehen  sein. 
Albrecht  schon  bei  der  Ueberfahrt,  wie  Stjffe  ans  den  Anscbuldignngen 
■riuma  (H.  R.  II,  n.  4  $  5)  schliesst,  Ton  den  „Hanseaten"  mit  Geld  und 
■riicibedarf  unterstfitst  worden  sei,  ist  durch  Nichts  erweisbar.  Das  Ans- 
ftlknr«rbot,  Aber  welches  Magnus  (H.  R.  I,  n.  888)  klagt ,  hatte  andere  Grflndc 
((k  oben  8.  819). 

1)  StTfTe  n.  87. 

8)  Junghans  8.  58  ff.  Gründe  werden  angeführt  von  Olans  Petri  (Fant, 
Ser.  I,  8,  p.  278),  dem  hier  andere  Quellen  zu  Gebote  gestanden  haben  als 
MfaMH  Torgingem.  Es  werden  9  Punkte  aufgeführt :  1)  des  Magnus  schlechter 
Ltbenswandel ;  8)  Missachtung  des  wiederholten  päpstlichen  Bannes;  8)  der 
Terlnst  von  Gotland  und  Oeland;  4)  das  Auflegen  ungesetslicher  Abgaben; 
8)  der  Verlust  von  Halland  und  Schonen,  die  so  theuer  erkauft  wurden; 
8)  Magnus  habe  Jedes  Gesetz  oder  Recht  im  Reiche  sugelassen ;  7)  habe  ge- 
timebtet,  den  Reichsrath  zu  yerderben;  8)  habe  hlufig  gegen  seine  Eide  oder 
OtKIbde  gebandelt;  9)  habe  sich  mit  dem  Kdnige  ron  Dftnemark  rerbündet 
11  des  Reiches  Schaden.  —  Styffe  nennt  (p.  XXX vui)  den  Zug  Albrechts 
•faM  „verritherische  Ueberrumpelung  ohne  Kriegserklärung  der  deutschen 
■iclite,  ohne  Aufkündigung  von  Treu  und  Gehorsam  seitens  der  schwedischen 
Herren^.  Offenbar  führt  ihn  sein  patriotischer  Eifer  weit  übers  Ziel  hinaus. 
Wir  wissen  Micbts  von  einer  Kriegserklärung  oder  einer  Aufkündigung  des 
Geborsams;  das  ist  Alles,  was  man  sagen  kann.    Man  Tgl.  oben  8.  867. 

8)  Junghans  8.  60  ff.  und  H.  R.  I,  n.  888. 


406  ^^11-     ^«  Meklenbwrgtf  in  Sdiweden. 

In  den  ersten  Monaten  ging  Alles  nach  Wunsch.    Sieg- 
reich durchzogen  der  Meklenburger  und  Graf  Heinrich  ?on 
Holstein  das  südliche  Schweden  mit  ihren  Schaaren.    Gegen 
Ende  März  war  fast  das  ganze  Land  onterworfen,  Magnus 
und  Hakon  auf  der  Flucht,  von  allen  festen  SchlOsseni  nur 
noch  Warberg  in  Halland  ihr  eigen;  und  auch  Ober  diean 
hatte  Hakon  keine  Macht  ^).    Ueber  150  schwedische  Bitte 
waren  in  die  Gefangenschaft   des  neuen  Königs  und  seinn 
Vaters  gerathen.    So  berichten  triumphirend  zwei  Briefe  Hein- 
richs des  Eisernen  und  Herzog  Albrechts  an  die  wendisdia 
Städte  im  März  1364  *).    Bald  darauf;  am  24  März,  scUoflsa 


1)  Torkel  Barun  hatte   es  in  Hftnden,  H.  R,  11,   n.  S  §  8:  Ad 
Wartberg  ingreasum  habere  non  potuimns ,  nial  qnocient  TorUUo  placmit  Taide 
bene;  qoando  eciam  Yolait,  nos  et  nostros  ^ecit  de  caatro. 

2)  H.  B.  I,  n.  322 :  Totam  terram  fere  Swecie  subjagaase  et  omnia  eaitia 
cxpugnasse,  quedam  destraxiaie  et  quedam  optinaisae,  et  ultra  IftO  BOItani 
annatos  captivasse;  ebd.  n.  328:  Rex  Magnus  et  filias  suns  Haqwinaa,  mmd 
fugientes  extra  et  intra  regnum  vagando  transennt,  neacieDtea»  quo  ae  paatatt 
aut  velint  reclinare,  non  habentes  aliqua  loca  manita.  In  qaibas  audeail  ir- 
mare  pedes  suos  preter  solnmmodo  in  Castro  Wartbergha.  Diese  beidaa  Briefi 
wacen  Styfle  nicht  bekannt  geworden.  Mit  ihnen  stimmt  nicht  wohl, 
p.  XXXVIII  ff.  sagt,  dass  Albrechts  Herrschaft  sich  wihrend  das 
ersten  Jahres  beschränkt  habe  auf  die  Qegend  um  den  Milar  und  Qatgotlaad. 
H.  R.  II,  n.  4  §  5  sagt  Hakon  selbst:  Usurpaverant  sibi  jam  acta  maTiiia« 
partem  regni  nostri  Zwecie.  Nachweisbar  fUr  dieses  Jahr  lat  König  AIhrecht 
allerdings  nur  am  16.  M&ra  in  Örebro,  20.  Mira  ror  Swanholm,  22.  vad  2€. 
Juli  in  J6nköping,  1.  Aug.  in  Skeninge,  22.  Aug.  and  5.  Sept.  in  Stoekhola 
(Svenska  Riks-Archiveto  Pergamentobref  I,  n.  607,  H.  R.  I,  n.  888,  STeuka 
R.  A.  P.  I,  n.  616,  Styffe  I,  S.  46,  Schl.-Holst-Laabg.  Urkda.  II,  8.  261, 
Svenska  R.  A.  P.  I,  n.  620,  624  und  628),  also  westlich  nicht  fibar  dea 
Wetter,  nordlich  nicht  aber  Upsala,  sfldlieh  nicht  Aber  Kalmar  hinana.  Dies 
Gebiet  umfasst  ungeflUir  die  Provinaen  West-  and  Sddermanland ,  Noriks, 
Ostgotland  und  Smaland.  Auch  mochten  innerhalb  dieses  Gebietes  noch  Ver- 
einzelte vorkommen,  die  sich  gegen  den  fremden  König  striabten.  Daa  voa 
Styffe  angeführte,  im  Namen  König  Hakons  an  Trosa  in  Södannanlaad 
(zwischen  Stockholm  und  Nyköping)  gesprochene  Urtheil  (Svenska  R.  A.  P.  I, 
n  621)  scheint  darauf  hinaudeuten.  Es  bt  aber  am  so  aalRLUiger,  weil  AI- 
hrecht im  März  1364  die  Hauptküstenplätse  beherrschte :  Kalmar,  Söderköping, 
Nyköping,  Stockholm  (II.  R.  I ,  n.  823).  Andererseits  bt  Hakon  gamieht, 
Magnus  nur  im  Anfange  dos  Jahres  in  Schweden  nach  anweisen ,  nimlich  an 
20.  Jan.    in  Skeningo   (nahe  am  Ostafer   des   Wetter,   in   Ostgotland).     Nach 


Norwegen  ind  die  Städte«  407 

Abgeordnete  der  beiden  Könige  einen  Waffenstillstand,  der  bis 
mm  19.  Mai  dauern  sollte  ^).  Zwei  Monate  nach  Ablauf  des- 
selben, im  Juli,  erfahren  wir  von  neuen  Verhandlungen;  in 
JNtak^ing,  am  Südende  des  Wetter,  kamen  die  beid^  Könige, 
Korsog  Albrecht  von  Meklenburg  und  andere  Fürsten  zusam- 
jMB.  Wie  K  Schonevelt  erz&hlt,  wurde  folgendes  Abkommen 
gstnrfCen:  Magnus  sollte  Westgotland  auf  Lebenszeit  behalten, 
ABnredit  das  übrige  Reich  beherrschen.  Da  Hakon  nicht  zu- 
war, so  wurde  eine  neue  Zusamm^kunft  für  den  näch- 

Sommer  verabredet,  um  dann  einen  definitiven  Frieden 
m  sdüiessen,  inzwischen  aber  der  Waffcaisüllstand  verlängert 
Beide,  Albrecht  und  Magnus,  führten  fortan  den  Titel  König  *). 

Es  war  besonders  Herzog  Albrecht  von  Meklenburg  ge- 
wen,  der  bis  dahin  die  Unternehmungen  in  Schweden  ge- 
llritit  und  das  neue  Königreich  für  seinen  Sohn  erobert  hatte. 
■MBkdem  die  Herrschaft  des  jugendlichen  Allnrecht  durch  den 
JUfipdnger  Vertrag  zu  einem  gewissen  Bestände  gekommen 
«ar,  kehrte  Herzog  Albrecht  nach  Deutschland  zurück  und 
Mit  ihm  die  Fürsten,  welche  an  dem  Kriegszuge  theilgenom- 

hatten*).    Graf  Heinrich  der  Eiserne  wurde  für  seine 


■cbeint ,  dass  des  Mechtgebiet  König  Albrechts  doch  schon  einen  grosse- 
Umfing  hatte,  eis  Styffe  annimmt     Auch  dass  Albreeht  im  Herbst  1S64 
PInland  hinfibenieht,    sein  Vater  nach  Deatschland  inrftekkehrt,  sowie 
Tbatsache,    dass  seine  surflclLbleibenden  Anhinger  aUein  im  Stande  sind, 
«nd  Hakon  im  Mars  1866  bei  Enkdping  ginslich  an  schlagen,  scheint 
war  das  in  bestitigen, 

1)  S^jrA  I,  n.  SS  S.  45. 

S)  B.  SehoneTelt  bei  Jnnghans  S.  6S  ff.  Albrecht  bt  am  SS.  und  S6. 
MI  In  Jdnkdping  nachweisbar  (STcnska  B.  A.  P.  I,  n.  616 ,  Styfll»  n.  S9 
8w  46  und  Sehl.-Holst.-Laaenbg.  Urkdb.  II,  S.  S69).  Dass  König  Hagnas  mit 
äBbmtht  in  Jönköping  sosammentraf ,  geht  aas  der  Urkande  bei  Styilift  her- 
mr.  Sie  leigt  anch  ein  ToUstindig  friedliches  Veihiltniss,  da  Albrecht  in 
dhier  Urkunde  nicht  bloss  sich  selbst,  sondern  auch  Magnns  Kteig  Ton 
idbiraden  nennt.  B.  Schonerelts  Bericht  ist  anch  in  diesem  Pvnkte  durchaas 
gianbwSrdig,  nnd  es  ist  nicht  einansehen ,  warum  Styffe  diesen  wichtigen 
Vsfftiaff  in  seiner  Darstellnng  nnr  eben  erwiUmt,  von  seinem  Inhalte  aber 
SoHs  nimmt. 
B)  E.  Schonerelt  bei   Jnnghans  S.  64.     Snhm  ZIU,   646   lisat  Heraog 


406  XIIL    Dia  Meklanbarger  ia  Bdnredea. 

treuen  Dienste  mit  4000  ^  SUber  (160-170000  resp.  1  MilL 
Rm.)  belohnt,  f&r  welche  Summe  ihm  die  allerdings  noch  nicht 
in  Albrechts  Händen  befindliche  Btadt  Wisby  und  die  Insd 
Gotland  verpfändet  worden  ^).    Der  jnnge  KlSfoig  Albrecht  aber 
wandte  sich   im  Herbst  desselben  Jahres  fibers  Meer  nadi 
Finland,  wo  in  Abo  Narve  Ingewaldsson,  der  EUuipUnann  von 
Finland,  noch  als  Anhänger  des  at^esetzten  Eftnigs  die  Unttt- 
werfung  weigerte.  *  Das  feste  Schloss  zwang  Albrecht  zu  oner 
langen  Belagerung;  vom  6.  Oktober  1364  bis  zum  26.  Jan 
1365  sind  Urkunden  Albrechts  datirt  aus  dem  Lager  vor  Aha 
Einer  der  Hauptanhänger  des  Meklenburgers ,  der  Droet  du 
Reichs,  Nikolaus  Thuresson,  fand  bei  der  Belagerung  sdnet 
Tod;  doch  wurde  zuletzt  die  Feste  genommen'). 

Inzwischen  machten  nun  Magnus  und  Hakon,  das  jQn- 
köpinger  Abkommen  brechend,  einen  Versuch,  das  Veriorane 
wiederzugewinnen.  Mit  einem  in  Norwegen  gesammelten  Haere 
fielen  sie  im  Februar  1366  in  Westmanland  ein  und  dnaga 


Aibrecht  schon  tm  18.  Jnli  1864  wieder  in  Tengennflnde  nriianden;  aber  « 
war  noch  am  26.  Juli  in  Jönkdping  (Styffe  n.  29  S.  46).  Die  Weiterflk- 
rung  des  meklenburgischen  ürkundenbuches  wird  wahrscheinlich  fiber  maneht 
Fragen  in  diesen  Ereignissen,  besonders  chronologischen,  heUeres  Lieht  vir- 
breiten.  Sicher  war  Albrecht  am  1.  Febr.  1865  wieder  in  Oentschlrnnd ,  den 
König  Waldemar  giebt  ihm  an  diesem  Tage  Geleit,  mit  100  Pforden  nach 
Jütland  XU  kommen,  Rudloff,  meklbg.  Gesch.  II,  47S.  —  Die  Urkmdt 
vom  11.  Sept  1864  (Schl.-Hobt-Laabg.  Urkds.  n,  S.  870)  beweist  nicht,  wie 
Junghans  S.  31  behauptet,  des  Grafen  Heinrich  Anwesenheit 

1)  Schl.-Holst.*Laubg.  Urkds.  U,  S.  269.  Dass  die  Insel  nicht  in  Al- 
brechts Gewalt  war ,  beweist  die  Stelle :  Wi  scolen  em  de  vorbenomeden  pande 
scheppen  brukelken  to  besittende  mid  minne  eder  mid  macht  mid  gaasM 
trnwen. 

2)  Styffe  p.  XXXIX  Anm.  ff;  Chr.  Wbb.  ap.  Fant  I,  1,  p.  45;  E. 
Schoneveit  bei  Junghans  S.  64.  In  den  Rechnnngsbficfaem  des  Raren  von 
Bamckow  (Styffe  I,  S.  80)  heisstes:  „In  octavam  corporis  Christi  (1865)  cum 
separabantur  a  domino  rege  Arosie  de  placitacione  cum  Vesgociis".  Mas 
möchte  daraus  schliessen,  dass  Albrecht  am  19.  Juni  1865  in  Wateras  «• 
Wesen  sei ,  aber  das  widerspricht  den  bis  Juni  26  vor  Abo  ausgestellten  Ur- 
kunden. Wie  ist  dieser  Widerspruch  zu  lösen?  Etwa  auch  hier  Urkunden 
aasgestellt  in  Abwesenheit  des  Königs? 


H «rweg«!!  und  dU  SCUto.  409 

hm  WeBteras  am  weBÜichen  Ufer  des  Mälar  vor.  Am  27« 
Itebmar  erüessen  sie  yon  Arboga  aas  dneu  Aufruf  an  den 
BnUschof  Ton  Upsala  und  die  Ritter  und  Kleriker  des  Erz- 
•lifts  und  forderten  sie  auf,  ihren  rechtmftBsigen  Herren  Bei- 
■taad  zu  leisten  ^).  Aber  sie  hatten  wenig  Erfidg.  Die  An* 
Albrechts,  unter  ihnen  die  Stockludmer,  sammelte  sich 

logen  auch  ohne  ihren  Herrn  den  beiden  Königen  ent- 
IßgfiXL  Am  3.  Mfirz  kam  es  bei  Enköping  am  MAlar  zur 
Bdüacht.  Magnus  und  Hakon^  die,  wie  erzählt  wird,  einen 
nefl  ihrer  Truppen  in  Westerls  und  Umgegend  zurttckgelas- 
MB  hatten,  wurden  gänzlich  geschlagen.  Magnus  selbst  fiel 
in  Oeiuigenschaft ,  und  nur  mit  Mühe  entging  Hakon  dem- 
nben  Schicksal  Sein  Vater  wurde  nach  Stockholm  gef&hrt; 
T^Mune  lang  sollte  ihm  seine  eigene  Hauptstadt  zum  Oeföng- 

werden*).     Hakon  aber  kehrte  zurück  nach  Norwegen 

ging  von  da  nach  Dänemark,  um  bei  seinem  Schwieger- 
Hülfe  zu  suchen;  im  Juni  finden  wir  ihn  in  Jütland*). 
Ittwischen  drohten,  wie  es  scheint,  die  letzten  Beste  seines 
iefawedischen  Beiches  ihm  verloren  zu  gehen,  denn  im  Juni 
fthrte  König  Albrechts  Diener,  Baven  von  Bamdiow,  zu 
Westeras  Verhandlungen  mit  den  Westgoten^). 

Albrecht  stand  so  auf  der  Höhe  seiner  Macht,  als  Wal- 
dnnar  aufgefordert  wurde,  sich  in  die  schwedischen  Angele- 
fsnheiten  einzumischen.  Bereitwillig  folgte  dieser  der  Auffor- 
iorung;  die  Art,  wie  er  es  that,  charakterisirt  überaus  deutlich 
Waidemars  Politik.  Vor  Allem  lag  ihm  daran,  bei  Gelegen- 
heit dieser  schwedischen  Wirren  den  Best  dänischen  Landes 


1)  arMMkft  R.  A.  P.  I,  n.  647. 

S)  Fftnt,  Ser.  rer.  Saec.  I,  1,  p.  46  and  A8.  Vgl.  aaeh  Olaas  Petri  ebd. 
ly  S,  p.  t7S  mit  einigen  eigeathttmUchen  ZosäUen. 

a)  HakoB  war  am  S.  und  SA.  Jani  sa  Aalborg,  s.  Dipl.  Nonreg.  I, 
B.  BS€  «nd  VI,  n.  S6A. 

4)  atyife  1,  p.  80 :  Plaeitadoiie  ewn  VesgoeUs. 


410  XIII.    Di«  ICekUnbvgw  ia  Sdnreden. 

jenseit  des  Sundes,  Halland  und  vielleicht  auch  BlekiDgen 
(ob  dies  noch  schwedisch  oder  sdion  wieder  dfinisch  war,  ist 
nicht  zu  erkennen),  wieder  za  gewinnen.  Jeder  Weg,  der  n 
diesem  Ziele  fährte,  war  ihm  recht,  gldchvid  ob  an  der 
Seite  des  norwegischen  oder  des  meUenburgischen  Schwieger- 
sohnes. Mit  Meklenburg  hatte  es  in  den  letzten  Jahren  einige 
Reibereien  g^eben.  Herzog  Albrecht  ^)  hatte  Ansprach  ge- 
macht auf  jene  10000  Mark,  die  ihm  zugesagt  wafen,  hSk 
durch  seine  Mitwirkung  Helsingborg  wiedergew<»meD  wttrde; 
er  hatte,  wie  es  scheint,  diese  Ansprüche  an  Waldemar  Ui 
vor  den  Kaiser  verfolgt').  Das  unternehmen  gegen  Schwe- 
den konnte,  besonders  da  auf  der  kopenhagener  VenammluBK 
die  frühere  Freundschaft  unter  den  Königen  des  Nordens  wie* 
der  hergestellt  war,  Waldemar  keinesw^s  sehr  erwOnscht 
kommen.  Es  f&hrte  ihm  auf  alle  Fälle  einen  für  die  Ausbrei- 
tung seiner  eigenen,  Macht  ge&hrlichen  Konkurrenten  üben 
Meer.  Doch  hat  er  ofifenbar  geschwankt,  unschlüssig,  wekke 
Stellung  einzunehmen  sei.  Dass  er  dem  Herzog  Albrecht  an 
1.  Februar  1365  Geleit  giebt,  mit  100  Pferden  nach  Jfltland 
zu  kommen  '),  scheint  darauf  hinzudeuten,  dass  er  schon  dar 
mals  gewillt  war,  zu  thun,  was  bald  darauf  im  alholmer  Ye^ 
trage  geschah,  Magnus  und  Hakon  fetllen  zu  lassen  und  sich 
mit  den  Meklenbuigem  über  Theilung  des  Raubes  zu  ve^ 
ständigen.  Hat  man  damals  nicht  Handels  einig  werden  kSn- 
nen ,  so  noch  viel  w^iiger  nach  dem  Siege  von  Enk^ing  und 


1)  Er  lässt  1S62  Sept.  a  von  den  Bischöfen  Wibert  von  Batiebiirg  ud 
Bertram  von  Lübeck  Meklbg  Urkdb.  X ,  n.  713S  Tldlmiren.  Orig.  im  Haipt- 
Arcbiv  zu  Schwerin,  H.  38. 

2)  Albrecht  Yon  Meklenburg  ernennt  am  15.  Juli  1963  den  Jobann  Swa- 
lenberg,  Kanonikus  zu  Schwerin  und  Rektor  lu  Gadebusofa,  in  lalnewi  btroU- 
mächtigten  Prokurator  und  Specialgeaandten  Yor  Kaiser  Karl  gtgaa  K5nig 
Waldemar  oder  seinen  Vertreter,  , ,certos  ärticulos ,  in  qoibaa  nobia  tanatar  per 
jusjurandum  et  alias  promissiones  et  obUgaciones  astrictua  et  obligatoa'*,  Torsa- 
bringen  und  zu  vertreten.     Orig.  im  Haupt-Archiv  tu  Sehwerio,  D  I>w 

3)  Orig.   im   Haupt-Archiv  au  Schwerin,   H.  42,    datirt  ana  Wordingborg' 


Monrtgea  oad  dl«  8lMle.  411 

Gefieuigeiinahme  des  Magnus.  Kein  Wunder,  dass  der 
Mifesacbende  Hakon  jetzt  in  Dftnraiark  Gehör  fand,  ünter- 
Mttznng  des  Norwegers  und  seiner  Partei  in  Schweden  war 
HDi  der  einzig  mögliche  Weg  ffir  Waldemar,  den  Best  dAni- 
■dien  Landes  zurfick  und  vieUeicht  nodi  ein  UdHiges  dazu 
■t  gewinnen.  Er  säumte  daher  nicht,  sich  durch  Vertrag  mit 
Oegnem  freie  Hand  zu  sdutfien,  den  lange  hingezoge- 

Friedensverhandlungen  jetzt  endlich  ein  Ende  zu  machen ; 

7.  Juli  schloss  er  zu  Eoküng  mit  den  Orafen  von  Hol- 

r 

iMn,  am  3.  September  zu  Wordingborg  mit  den  Städten  ab  ^). 
$mm  gegenüber,  die  bei  dem  schwedischen  Unternehmen  be- 
Iktfiligt  waren,  bedang  Waldemar  sich  aus,  dass  sie  ihm  das 
iriditige  Warberg,  Hallands  Hauptfeste,  übergeben  sdlten, 
Irib  es  in  ihre  Hände  käme. 

rji  *  Höchst  wahrscheinlich  zu  Anfang  des  nächsten  Jahres  hat 
ßfBA  der  Dänenkönig  einen  Einfall  in  die  sdiwedischen  Grenz- 
ipovinzen  gemacht*).  Er  trat  \mr  als  Bundesgenosse  und 
Beschützer  des  norwegischen  Königs  aul  Vielleidit  begegnete 
m  auch  einem  Angriffe,  den  Albrecht  von  Schweden  auf  das 
imi  Magnus  verlorene  Schonen  untemonunen  haben  würde  ^). 
Hakon  selbst  begleitete  Waldemar.    Auch  Herzog  Erich  von 


1)  Sabm  XIU,  A58  ff.  a.  H.  B.  I,  S.  S16  ff.  U  Wordlngborv  war  Meh 
Bteif  Hmkon  am  di«M  ZeU,  s.  H.  R.  I,  o.  MS  S.  S4S.  D«r  Vertrmg  twi- 
wüktm  Waldamar  und  d«n  hoUteiiiiteh«!  Orrnfwi  w«r  tolion  frih«r  Tenbndet, 
jß  sogar  »ehou  w&breod  Waldenuirs  Abwaaenbolt  ron  Dlnaoiark  Tarkaodalt, 
•.  Ukh.  Urkdb.  IV,  n.  98  S.  95:  Na  U  de  sooe  Tort^baghaii ,  da  da  brach - 
taat  mj  van  Pragbe,  da  bat  voltogbeii  das  koniagbaa  droata  oada  ain 
iml  ran  Danaaiarkan.  Aahalich  stand  dia  Sacba  Ja  aaeb  alt  daa  SUdtaa ,  a. 
Aa  Darstelloiig  oben  S.  377  ff.  —  Aaa  dam  koldiager  Vartraga  gabt  banror, 
4mm  dia  bolatainisebeo  Orafen  noeb  Gftter  (pant)  In  Fttnaa  beaaiaan ;  ria  rar- 
^ffvchan,  ibre  diniscben  Untertbaoan  an  bebandain  nach  diniaaham  Baebta. 

S)  Naeb  Becker,  ArcbiTregUtratarar  I,  156  wira  WaMamar  noch  1866  im 
Koogsbak  Slot  in  Boboa  Mn  gawatan.  Viallalcbt  siebt  das  mit  dam  Faldsaga 
in  Zosammaabang. 

8)  Das  scheint  au  dem  Briefe  Heinrichs  des  Biseman  henrorsogeben ,  H. 
B.  1,  n.  3SS:  Sebaniam,  Dao  danta,  intandlBaa  risitora. 


Sachsen,  Waidemars  treuer  Hdfer,  nahm  an  dem  Zuge  TheiL 
Zu  Pfingsten  (24  Mai)  konnte  man  sich  schon  bedeatender 
Erfolge  rühmen  ^).    Um  die  Mitte  des  Jahres  belagerte  lua 
vereint  das  feste  Kahnar,  den  Pfendbesitz  Oraf  Heinridu, 
den  wichtigsten  Punkt  des  südlichen  Schwedens.    Damals  ge- 
lang es  Hakon,  die  Insel  Oeland  mit  Borghobn  wieder  m  g^ 
winnen.    Der  städtische  Befehlshaber,  der  rostodcer  Baths- 
herr  Friedrich  Suderland,  liess  sich  bereden,  das  feste  ScUm 
den  Mannen  des  Königs  auszuliefern  gegen  das  YerspredMi 
desselben,  mit  den  Städten  die  Sache  vereinbaren  zu  wolkn 
Wie  Hakon  später  klagte,  wären  seine  Feinde  auf  Oeland  be- 
günstig, seine  Unterthanen  und  Diener  durch  Bänboreien  be- 
lästigt worden.    In  einem  Briefe  an  die  Städte  wiederiiolfe 
er  sein  Versprechen  einer  spätem  Vereinbarung,  löste  es  aber 
nie  ein.    Die  Städte  erkannten  dasselbe  sogleich   in  seiDem 
Werthe  und  zogen  ihren  Hauptmann  zur  Bechenschaft;  er 
büsste  seine  Nachlässigkeit  (untreue?)   schon  nach  weaign 
Monaten  mit  dem  Tode*). 

1)  Dm  beweist  eine  Bestimmnng  des  sogleich  in  enrfthnenden  aDiQlair 
Vertrags. 

2)  H.  R.  I,  n.  8S8  §  9  11.  n,  n.  1  t  8,  2  |  7,  8  |  8;  Lttb.  Urkdb.  m, 
n.  604  u.  608.  Was  die  angegebene  Zeit  betrifft,  so  ergiebt  sich  dieselbe  saf 
folgende  Weise:  Aus  den  Verbandlangen  swischen  Hakon  und  den  Stidtea 
(1370)  gebt  berror,  dass  Waldemar  und  Hakon  Kalmar  belagerten »  als  Fried- 
rich Suderland,  dem  der  Henog  von  Sachsen  das  Schloss  abgefordert  hatte, 
XU  ihnen  kam  und  mit  Hakon  eine  Konrention  absehloss,  durek  weldia  Boif- 
holm  diesem  fiberlassen  wurde.  Am  24.  Juni  1866  wissen  die  Stidte  noch 
Nichts  von  dieser  Uebergabe ;  sie  bestimmen,  dass  Friedr.  Soderland  das  Sehlosf 
bis  xum  29.  Sept.  behalten  soll  (H.  B.  I,  n.  876  $  18).  Am  16.  Dec.  recht- 
fertigt sich  Snderland  auf  dem  rostocker  Tage  wegen  Uebergabe  dea  Schlos- 
ses (H.  R.  t,  n.  388  §  9).  Dieselbe  kann  also  frfihestens  eine  Woche  ror  dem 
24.  Juni  geschehen  sein  ^n  diesem  Zeiträume  konnte  auch  bei  ungünstigem  Wet- 
ter die  Naphricht  herüber  kommen)  und  war  schwerlieh  spKtor  ala  am  29.  Scpt 
Man  kann  die  fragliche  Zeit  noch  mehr  einschrXnken.  Denn  wfll  man  die 
Uebergabe  nach  dem  28.  Juli  (Datum  des  alholmer  Vertrags)  setien ,  so  nus 
mau  annehmen,  dass  Waldemar  gleich  nach  diesem  Vertrag  schon  wieder  eiaea 
neuen  Feldzug  mit  Hakon  nach  Schweden  unternommen  habe.  Dies  tfaut  Styffe 
(S.  XLUl),   aber  gewiss  mit  Unrecht,    denn  es  war  KSnig  Albrecht  aaadrflelE- 


Korw6g«ii  nnd  dU  BtSdlf.  413 

Inzwisehen  war  König  Albrecht  gegen  Ende  des  Sommers 

1365  ans  Finland  zurückgd^ehrt  ^ ).  Bis  znm  Juli  des  näch- 
sten Jahres  ist  er,  so  viel  wir  wissen,  nur  einmal  südUeh 
Über  den  „Wald^^)  hinausgekommen  und  hitehstens  auf  einige 
Moaate;  Ende  November  1365  kehrt  er  zurück*).  Es  schtint 
abo  nicht,  als  wenn  er  Waldemar  einen  erheblichen  oder  gar 
orfdgrekhen  Widerstand  entgegengesetzt  hätte.  Diese  Ver- 
Bothung  wird  bestätigt  durch  den  Vertrag,  den  am  28.  Juli 

1366  zu  Alhofan  auf  Laaland  sein  Vater  für  ihn  mit  dem 
DtnoikOnige  abschloss;  denn  noch  hielt  der  alte  Hersog  die 
ZOgel  i^  der  Hand  und  fiberwachte  die  Schritte  des  jungen 
Königs. 

Ghraf  Adolf  von  Holstein,  der  sich  vor  zwei  Jahr^  auf 
die  dänische  Seite  gewandt  hatte  und  zugleich  mit  dem  mek- 


lii   smn  2.  F«bniar  1867  Frist  gel*M«D ,   sidi   fibar  Aniialimd  dts  Albol- 

Vertngt  tu  erkllreo.  Waldemar  kann  also  nicht  gut  die  Feindseligkeitaa 
wieder  angeOusgen  haben.  Demnach  flUlt  die  Uebergabe  ron  Borg- 
«nd  die  Belagemng  Ton  Kalmar  wahrscheinlich  in  die  Zeit  von  Mitte 
JiDi  bis  gegen  Ende  Juli.  Dagegen  kann  nicht  sprechen,  dass  Gregorhu 
SwerHiig,  der  von  den  Städten  an  Stelle  des  Friedrich  Snderland  ernannte  neue 
Hauptmann  für  Borgholm ,  Forderung  stellt  anf  Schadenersats  für  Tergebliche 
Iwlalmgen  (H.  B.  I,  n.  388  §  8).  Denn  diese  konnte  er  andi  fltar  das  in 
September  anmtretende  Amt  im  Jnli  gemacht  haben. 

I)  Am  17.  Sept.  1865  ist  er  wieder  in  Stockhohn,  Srenska  R.  A.  P.  I, 
a.  871  «.  87t. 

8)  Ueber  diese  Eintbeilnng  s.  Geyer,  Gesch.  Schwedens  I,  AS. 

8)  Not.  19.  1865  nrknndet  Albrecht  in  Skeninge  (Svenska  E.  A.  P.  I» 
s.  879) ,  am  89.  Nov.  „venit  rex  trans  silvam  ad  Wreta*'  (Styffe  I,  S.  90). 
Uater  de»  „Walde**  kann  wohl  nor  Holaveden  verstanden  werden;  der  KSnlg 
aiehl  von  Wreta  weiter  nach  NTkffping,  Lndgo,  Gasiage,  also  Ober  Kolmar* 
des.  Da  er  Nov.  15  in  Skeninge  nrknndet,  so  ist  er  anch  schwerlidi  in  der 
Xfrls^eneit  iwei  Mal  Aber  Koimirden  gegangen.  Uebrigens  mnss  er  Hola- 
▼aian  aaeh  schon  vor  Nov.  15  ttberachritten  haben  oder  swischen  Nov.  16 
mmd.  89  awel  Mal  hinfibergegangen  sein.  Sonst  ist  er  noch  am  88. — 80.  Dec. 
in  tCaMlstana   (Stjffe  I,  S.  88),   am  81.  Jan.  1866  in  Westeras   (Sv.  B.  A.  P. 

I,  a.  688)»  am   11.  April  in  Stockhofan  (ebd.  n.  697),   am  18.— 19.  April  in 
Telgn  (StjffB  I,  S.  84) ,  am  4.  Mai  in  Stockholm  (Sv.  B.  A.  P.  I,  n.  698),  am 

II.  n.  18.  Jnni   in  Svartigö   hn   MUar   (ebd.  n.  706  u.  707),  am   18.  JuU   in 
Histholmen  bei  WesterSs  (ebd.  n.  718),  am  88.  Jnli  in  Stockholm  (ebd.  n.  781). 


414  Xm.    Dli  Maklnbwg«  ia 

lenburg^r  Herzoge  verwandt  war^),  vennittelte  den  Vertrag. 
Ohne  Zweifel  durch  die  Erfcdge  Waldemars  erscbieckt,  auch 
wohl  mit  der  Absicht ,  den  gefiUurlicfaen  Feind  yon  der  Sadie 
HakoQs  zu  trennen  und  für  seinen  Sohn  zu  gewinnen,  machte 
Herzog  Albrecht  dem  D&nenkOnige  die  weitgehendsten  Znge- 
stfindnisse.  Waldemar  sollte  die  Insel  GoUand,  die  Proviniei 
Finweden  und  Wärend  (in  Smäland),  Kind  und  Mark  (in  West- 
gotland),  die  halbe  Insel  Hysing  und  die  El&burg  mit  ihrer 
Harde  und  dazu  alle  Burgen  behalten,  die  er  zu  Pfingstoi 
des  Jahres  (24.  Mai)  inn^ehabt  hatte.  Das  so  beschnittoe 
und  von  der  Nordsee  ganz  zurückgedrängte  Beich  soUtm  Al- 
brecht und  seine  Nachkommen  besitzen  und  Waldemar  sie  ii 
diesem  Besitze  schützen.  W^ollte  Hakon  etwa  den  Vertrag 
nicht  anerkennen,  so  verpflichtete  sein  Schwiegervater  sich, 
ihn  mit  den  Waffen  dazu  zwingen  zu  heUirai.  Ja,  in  der  v« 
Albrecht  ausgefertigten  und  Waldemar  übergebenen  Uikmdc^ 
die  etwas  weitere  Zugeständnisse  enthält,  verpflichtete  sich 
dieser  sogar,  gegen  Hakon  d^  König  Albrecht  mit  aller  Madit 
zu  unterstützen,  während  dieser  versprach,  Magnus  nicht  aos 
der  Gefangenschaft  zu  lassen  und  mit  Hakon  keinen  FHeda 
zu  schliessen,  wenn  Beide  nicht  vorher  den  alholmer  Vertrag  an- 
erkannt hätten.  Ein  rascherer  Wechsel  in  der  Politik,  ein 
schärferes,  rücksichtsloseres  Hervorkehren  des  eigmen  Vor- 
theils ,  Missachten  der  Bechte  sdbst  des  Nächststehenden,  als 
der  Dänenkönig  hier  zeigt,  ist  nicht  denkbar.  Am  2.  Februar 
1367  sollten  König  W^aldemar  von  Dänemark  und  König  Al- 
brecht von  Schweden  in  Begleitung  ihrer  Bdchsräthe  zwischen 
Kalmar  und  Brömsebro  zusammenkonmien,  um  diesen  Vertrag 
beiderseits  zu  bestätigen.  In  einer  besonderen  Urkunde  e^ 
klärte  Waldemar,  die  ihm  von  Graf  Adolf  als  Ersatz  fbr  den 
Schaden,  den  die  meklenburgischen  Städte  Bostock  und  Wis- 


1)  S.  oben  S.  374  a.  Schi.  Holst  Lanbf.  UrUs.  U,  S.  275. 


NorwcgMi  Mild  dit  Mdto.  415 

mar  im  Feldzuge  von  1362  angerichtet  hatten ,  zu^iumnten 
10000  Mark  ncü  Herzog  Albrecht  emj^angen  zu  haben;  es  war 
nur  eine  Form  des  ausserdem  noch  ausdrOcklich  urkundlich 
anerkannten  Verzichts  auf  jene  10000  Mark ,  die  Herzog  AI- 
brecht  beanspruchte  für  seine  BeihOlfe  zur  Wiedererlangimg 
fon  Haisingborg  ^). 

£a  war  ein  glänzender  Erfolg  Waidemars,  dieser  Vertrag. 
Daas  er  sich  auf  Kosten  seiner  beiden  Schwiegersöhne  ber^« 
cherte,  dass  er  die  Rolle  des  theilenden  Löwen  in  der  Fabel 
hielte,  konnte  einem  Manne  wie  Waldemar  die  Freude  nicht 
fwderben.  Doch  sind  offenbar  die  Abmachung^  auf  dem 
Poliere  geblieben ,  yon  König  Albrecht  nie  anerkannt  worden. 
Sma  Vater  und  seine  Brüder  hatten  sich  in  Alholm  verpflich- 
tet, dahin  zu  wirken,  dass  auch  der  junge  Schwedenkönig  an 
die  abgeschlossenen  und  von  ihnen  schon  besiegelten  Verträge 
silichtmess  (2.  Febr.)  1367  sein  Siegel  hänge;  aber  gesche- 

ist  das  nicht*).    Und  in  der  That  lag  auch  die  Sache 


1)  Slyffe,  S.  XUl  a.  b.  81—88  S.  49.  —  Den  Vendobt  auf  die  10000 
bewahrt  das  Kgl.  Oeh.  Archiv  sa  Kopenhagen  im  Original:  König  AI- 
▼OB  Schweden,  Albreeht,  Heinrich  and  Magna«,  Henöge  in  Haklea- 
«rkllren  Kdnig  Waldemar  loc  von  den  10000  Mark  SUher,  die  er  ibnea 
MknkUc,  und  von  allen  Ertatsansprflchen  für  etwaige  Verslnmniste ,  die  er 
lieh  gegen  bestehende  Verträge  hat  su  Schulden  kommen  lassen.  Alholm, 
iaS6  JnU  SS.  Fflr  das  erste  Siegel  (das  König  Albreohts)  ist  ein  Sinsehnitt 
tweriht,  dooh  hingt  keb»  Band  in  diesem  Einsci>nitte.  Das  S.  Siegel  ist  Her- 
Mf  Alhrtahts  Sekret;  das  8.  Siegel  fehlt,  doch  iat  der  Pergamentstreif  Tor- 
y  allerdbigs  aerrissen;  von  dem  i.  Siegel,  dem  dee  Heriogs  Magnns,  ist 

noth  das  natere  Drittel  Torbanden.  —  Der  von  Hritfeidt  1,  58S  erwähnte 
YartraK  über  die  Aosweebslong  der  Gefangenen  ist  ebenfalls  noch  im  Kgl. 
Qtk  Archiv  la  Kopenhagen  im  Original  erhalten :  König  Albrecht  von  Schwe- 
tei,  Albreeht,  Heinrich  mnd  Magna«,  Heraöge  an  Mekleabarg,  orkanden  Ober 
efaMB  Virtng  mit  Waldemar,  „dat  alle  Taaghenen  nada  alle  dynknisse,  de  na 
te  diMem  pnmghe  to  Sweden  tnescbea  hir  onde  pingstea,  de  negheet  was, 
gjbaraacfaaa  slnt  edder  vordingbet  sint,  loolen  an  bejden  siden  laddich  «nda 
Ua  weeaa««.  AUmIos,  186«  JnU  SS.  Aach  an  dieser  Urkoade  fehU  das  Sie- 
gel KMf  Albreehti  (dar  PargaoMatstreifen  daAr  iat  Torhaodea) ;  die  drei  her- 
aogHefceii  Siegel  biagen  wohlerhaltea  an.  — 

S)  Kgt  Geh.   Archiv   sa   Kopenhagen:   Albrecht,   Heinrich  aad  Magnoa 


416  ^^^'    ^^  Mekknborgw  In  8ebw«d«D. 

SO,    dass  König  Albrecht    diese  Verträge   nicht  aneitemea 
konnte,  wollte  er  sich  in  Schweden  nicht  unmiiglich  machea. 
Hatte  doch  Magnus   seinen  Sturz  nicht  am  wenigsten  der 
Schwachheit  zn  yerdanken,  mit  der  er  Schonen  dem  Nachbir 
preisgaben,  nnd  Schonen  war  von  jeher  eine  dftnische  Pn- 
vinz, gewesen;  jetzt  aber  handelte  es  sich  nm  altschwedisde 
Gebiete.    Herzog  Albrecht,  dem  Landesfiremden,  der  nmr  da 
Vortheil  seines  Hauses  im  Auge  hatte,  waren  diese  Erwigm- 
gen  fremd.    Schwerlich  hatte  er  sie  in  Rechnung  gebradit, 
als  er  den  alholmer  Vertrag  so  leichthin  und  eigenmicbtiK 
abschloss.     Sein  Sohn  aber,  der  junge  König,    musste  mit 
ihnen  rechnen.     Erkannte  er  den  alholmer  Vertrag  an,  n 
war  es  um  seine  Stellung  in  Schweden  geschehen  ,*  akamite 
er  ihn  nicht  an,  so  war  ihm  die  Feindschaft  des  mftchtiga 
Waldemar  sicher. 

Es  war  ohne  Zweifel  in  dieser  Lage  der  Dinge  bcgrOi- 
det ,  dass  Herzog  Albrecht  selbst  wieder  hinüber  ging  nadi 
Schweden,  die  Sache  seines  Hauses  zu  fahren.  Denn  noch 
hatte  er  in  allen  wichtigen  Angelegenheiten  die  Leltong;  aeiii 
Name  wird  stets  neben  dem  des  K&iigs  genannt,  obghäck 
dieser  gros^ährig  war;  er  handelt  in  seines  Sohnes  Namea 


von  Meklenborg  versprechen,  „dat  koniDgh  Albert  tui  Zweden  deo  bref ,  im 
wy  besegelt  bebben  mit  iisen  ingbeseghelen ,  de  sprekt  np  de  dagfae  to  Bi> 
kende  tnsschen  koningh  HaqnSii  Tmn  Nonregben  nnde  koningh  Albwte  m 
Bweden,  unde  den  bref,  de  sprekt  up  de  vanghenen  nnde  dyngnisea,  de  ssd- 
der  pingflten  vangben  nnde  Tordingfaet  sint,  dat  de  seolen  los  wesen,  den  wj 
alrede  besegelt  bebben  mit  nsen  ingesegfaelen,  Tortmtr  den  qnitebref,  de  sprakt 
up  de  teyndosent  lodighe  mark  nnde  np  Torsnmenisse ,  den  wj  mlred«  b«e- 
ghelt  bebben  mit  onsen  ingfaesegbelen,  nnde  Tortmer  den  qnilebref,  de  tosprekt 
bertogben  Erike  ran  Sassen,  wes  he  nn  nnde  de  stne  in  Sweden  gbedaii  beb- 
ben ,  de  ok  mit  nsen  ingeseghelen  alrede  besegelt  Is ,  dat  koMng  Albert  fsa 
Sweden  vorbenomet  alle  desse  Torbenomeden  breve  nn  to  Ijehtniseen,  de 
negest  kumpt,  ok  mit  sinem  ingheseghele  beseghelen  leal  nnde  sin  ingfaeteghel 
vor  desolven  vorbenomeden  breve  bi  nse  ingeseghele,  de  daar  rede  vor  bsn- 
ghcn,  henghen  schal.  Alholm,  1866  Jnli  fS.  Die  8  Siegel  hangen  an.  — 
Vgl.  ft.  416  A.  1. 


KMTw^gMi  «ad  4li  JtÜte.  417 

guic  bmIl  eigenem  Gutdünken  ^X  Spätestens  gegen  Ende  des 
Jahne  auss  der  Vater  wieder  in  Schweden  angdLommen  sein, 
wahrsdiamMch  bereitet  von  dem  Herzog  Ton  Baehsen  und 
mdireren  deutschen  Herren*).  Inzwischen  hatte  sein  Sohn 
sdMi  im  S^tember  den  Hauptmann  v<«  Nyköping,  Baven 
fwi:  Blumekow,  und  Bo  Jonsson  zu  Unterhandlungen  an  Wal- 
doMT  ud  Hakon  gesandt  *).  Wie  dieselben  verliefen,  wissen 
wur^Jiioht,  auch  ob  die  verabredete  Zusammenkunft  der  K(^ 
mgb*vtiadiea  Kabnar  und  Brömsebro  am  2.  Februar  1367 
tfaiittgefanden  hat,  ist  nicht  mit  vollkommener  Sicherheit  zu 
mgesL^).  Dafür  spricht,  dass  der  König  und  der  Herzog, 
Itator  imd  Sohn,  um  jene  Zeit  beide  in  Kalmar  waren. .  Fflr 
dM.  Schuld  von  3500  Mark  Silbers  verpfändete  Ktaig  Albrecht 
teC  am  5.  Februar  jährlich  100  Schifispfund  Kupfer  aus  sei- 
Mü  Kiqpferberg  an  die  Grafen  von  Holstein,  und  Herzog  Air 
boMlt,  dem  das  Kupfer  schon  verpfändet  war,  verzichtete 

'  i)  Btyffe  S.  XLVIU. 
a)  &  Urkude  b«i  Styffe  I,  8.  59  ff.^  wo  diesellMii  aU  Zauftn  trsabeioMi. 
Mait$  1S66  (mofte  circamcbionia  Dom.)  ut  Henog  Albrooht  in  85d«rkdpiiig 
{fkjW^  I,  S.  108),  Tom  1. — 8.  Jannar  1867  in  NykSping  snsMnman  mit  König 
äM/muhk  (obd.  8.  94  n.  95).  Am  16.  Januar  bt  er  wieder  in  Nyköping , .  am 
li.  aber  schon  wieder ,  wenn  man  der  Urkande  ebd.  8.  59  ff.  glauben  darf,  in 
S^ckkolm.  Die  Entfernung  tobeint  mir  flir  eine  Tagereise  reieklich  weit ;  ali 
iMga  dar  Urkunde  braochte  er  aaeh  wohl  nioht  bei  der  Anaetellong  anweaend 
■i  acias  die  Anweaenheit  in  Stockholm  möchte  ich  deeehalb  in  Zweifel  liehen. 
Arn  St.  Januar  ist  er  dann  wieder  anf  der  Reiie  nach  Nyköping  (Styife  I, 
a,  t7)»  offuibar  anf  dem  Wege  nach  Kalmar,  wo  Beide,  Vater  and  Sohn,  am 
a.  V^bnunr  elad  (Schi.  Holet  Laaenbg.  Urkde.  II,  S.  447). 

$)  8«hm  XIU,  577 ,   DipL  Norr.  UI,  n.  851.    Schon  Saha  spricht  hier 
dfe  riehtife  Vermuthaag  ans,  dass  Attnreoht  den  alholmer  Vertrag  nieht  aaer- 


4)  MttHMaios,  Scondia  iUnstrato  XII«  808,  tfieUt  mit,  sie  habe  stattgeftia. 
JBiiia  Wahrscbeialichkeit  ist  daAr.  Auch  die  Mittbeifauig  des  Massenius, 
dass  dar  Widerstand  des  Belehsraths  König  Albrecht  hinderte,  dsa  Vertrag 
TOB  Alkohn  ansnerkennen ,  enthUt  Nichts,  was,  wie  Styflb  meint,  „wH  Recht 
Ib  FWife  gesetst  werden  könnte" ;  innere  Qrtnde  widersprechen  dieser  Mltthei- 
l«i^  darchans  nicht  Am  85.  Januar  1867  Hess  Waldamar  hi  Stralsund  den 
aUiolaier  Vertrag  Tom  Henog  Wartislaw  Tldimiran,  wahrscheialich  um  ihn 
auf  der  Zusammenkunft  su  benutaen. 

Schlte,   THe  HantesUdte.  j27 


418  Xm.    Dl»  MckMlMTgOT  ia  8dkw«d«i. 

auf  seifie  Anspruches).  Ende  Febmar  kehrten  Vater  and 
Sohn  von  Kalmar  nach  dem  Norden  zurBdc  *X  ^u^^  die  Ma»- 
regeln,  die  sie  jelzt  treffen,  neigen,  daas  es  nicht  Friede  wir, 
was  sie  erwartetOL 

Es  ist  schwer  oder  vidmdir  unmOe^ch,  genau  m  bestiB- 
men,  wie  weit  sich  KinünaB  and  Macht  der  MeUenbnrger  n 
Schweden  am  diese  Zeit  erstreckten.  Beweist  ein  BeMd  Es- 
zog  Albrechts  vnn  11.  MArz  1367»),  dass  selbst  in  dm 
eigentlichen  Sitae  der  m^enbnrgischen  Macht,  in  link^piigi 
Stift  (Ostgotland)  es  nicht  an  Widersadieni  nnd  anfrflhrori- 
schen  Bewegungen  fehlte,  so  erstreckte  sich  andererseits  ik 
Herrschaft  dar  Meklenbarger  nach  Norden  doch  weit  flb« 
den  Mülar  hinaus  bis  nach  Dalame*),  and  vielleiAt  haba 
schon  jetzt,  jeden&dls  einige  Jahre  später  die  Provinien  am 
hohai  Nordens  (Hdsmgland,  Medelpad,  Angennanland)  rie 
anerkannt  *).  Der  Westen  des  Beichs,  wo  Jemtland  im  Nar- 
den ,  Bohos  im  Süden  ohnehin  damals  za  Norwegen  gehhta, 
war  in  Hakons  Besitz;  aber  in  Westgotland  gdang  es  da 
Meklenboigem  gerade  jetzt  ihre  Herrschaft  za  befestigen,  bh 
dem  Albrocht  mit  der  wahrschdnlidi  orzwangenen  Znsti» 


n  Sclil.  Hobt  LttMBbf.  rrkdi.  n.  S.  44T;  vmk  4  tos  nritfciritl, 
darutar  t  ObcUfc.  vkudM  anL  Ja^hut  (S.  3S)  «rUirt  «Me  F^Hm«! 
TOB  3500  4^  Ar  ^m  B^t  jeov  4000  4^,  Ar  «•  Gollud  an  Hairnkk  te 
EiMfiM  an  tS.  Jidi  1S«4  wtw^ttmdtt  wov4n  var  (ScU.  Hobt.  Lbf.  OMfc 
IL  8.  tCf  m.  obtB  &  408^;  Ar  Oolbüi  kaU  Alhncte  dM  Kapfbr  rwpOmkt, 
veil  jenM  daa  DiMakfiaigra  aberbüi—  wardaa  a&L  Dafafaa  apiiekt,  im 
«üeM  acaa  Fovdtnuif  voa  S500  4^  afckt  Hoividi  aUaia,  aomämm  dbacai  ni 
A4otf  nstakt,  abo  «akrMiMiancli  Hiekli  Bk  JaMr  ahaa  m  Ümn  hatw  VM- 
leklit  hat  sie  Uu^ca  Unpnu;  ia  EisCaacaa  dar  baUaa  Orafaa  Ar  dM 
Z«f  Haraof  AlWachcs  aaek  Sckvedea.  Bm  frllMn  Fbidwaag 
Hcno^  Albrackt  aad  MfaiaB  Soka  HaiaiM  war  an  t.  Sapl.  ISd«  bb  aaf  100 
Mark  beridMicc  iSckL  HobL  Laabf .  Cfkda.  a  S.  ITS). 

S>  StjSt  L  äL  »T. 

S>  SrHMka  R  A.  P.  I.  a.  TM. 

4)  Hiar  wiid   na  Xaiaoa   dea  KWc  «dar   sakMa  Aahft^n  Bo  JoB«ae 
1347  Kacke  f«a|MO(kM.  Srawka  K    A.  P.  L  a.  ftO  a.  TM. 

M  S^ljtf^  L  äL  141. 


Korwegen  «nd  die  Stiite.  419 

vimg  deB  gefangenen  Königs  das  fiberaus  feste,  die  lAnd- 
adiaft  beherrschende  Schloss  Axewall  im  Januar  1367  von  Mag- 
ma^ Vogt,  Gerhard  Snakenborg,  überlassen  wurde  ^).  üeber- 
aU  aber  blieben  die  von  Deutschland  herfibergebrachten  Kriegs- 
ieliaaren  ihre  Hauptstütze.  Wie  Gerhard  der  Grosse  und  sdne 
BMme  in  Dänemark,  so  bedurften  auch  die  Meklenburger  in 
Schweden  vor  Allem  des  kriegs-  und  lehnslustigen  deutschen 
Adels,  um  sich  in  der  schwierigen  Stellung  unter  den  Frem- 
den festzusetzen  und  zu  behaupten.  Und  doch  war  ihre  Stärke 
m^eich  ihre  Schwäche.  Ueberall  nisteten  sich  die  fremden 
Ktter  im  Reiche  ein,  wurden  Herren  der  Burgen  und  erhiel- 
tlB  ausgedehnte  Lehen  im  Lande*).  „Raubvögel  besetzten 
He  Spitzen  der  Berge,  denn  die  Deutschen  tyrannisirten  das 
fiaid  viele  Jahre^S  sagt  eine  schwedische  Geschichtsquelle  des 
Vk Jahrhunderts*).  Das  musste  nach  und  nach  die  Einhei- 
en  ganz  abwenden  von  der  neuen  Herrschaft,  sie  aus- 
mit  dem  alten  Königshause  und  dem  fremden  Regi- 

te  einai  sicheren  Untergang  bereiten. 

Noch  allerdings  hielten  die  schwedischen  Grossen,  die 
Albrecht  auf  den  Königsthron  gerufen  hatten,  fest  an  ihrem 
Sckfitzling.  Der  Drost  Nikolaus  Thuresson  hatte  aUerdings 
ler  Abo  seinen  Tod  gefunden,  aber  der  Bischof  Nikolaus  von 
LinkOping,  der  Marschall  Karl  Ulfsson  zu  Tofta,  die  mächti- 
gn  Edlen  Bo  Jonsson,  Karl  Ulfsson  von  Ulfasa,  Benedikt 
Philippusson,  Erich  Karlsson  und  Andere  standen  als  eben 


1)  Styffe  I,   n.  36   S.  59.     Ueber   das    Sohloes    vgl.  Alien,' de  tre  aord. 

Bit.  III,  1,  170. 

t)  So  s.  B.  in  der  Urkunde  bei  Styffe  I,  n.  41  S.  ItS  rom  S9.  Sept  1370, 
wm  Henof  Albreeht  und  seine  85hae  Beeitnnngen,   die  ihnen  offenbar  ver- 
waren,  wieder  mn  deutsche  Adlige,  die  Ummereise,  yerpOnden.    Diese 
eie  dann  wieder  an  Andere  aus,  vgl  Fromm,  Qesch.  d.  Familie  ▼.  Ze- 
B.  S9  ff: 

8)  Das  I>iariam  Wadstenense  bei  Fant,  8er.  I,  1,  p.  100:  Tone  ares  ra- 
pnoccapaTemnt  eaeomina  moaeiam;    nam  Theatoniei  tyranniaavenint  in 
terra  maltis  annb. 

27* 


420  ^^^    ^^  Meklanbnrgw  in  8clnr«d«ii. 

SO  viele  Stützen  dem  neuen  Herrscher  zur  Seite.  Sie  zeigten 
eine  Opferwilligkeit,  die  deutlich  genug  bewies,  dass  sie  we- 
nig Heil  erwarteten  von  der  Wiederkehr  der  alten  Begienrng» 
besonders  wenn  dieselbe  durch  Waidemars  Wafifian  zurOdEge- 
bracht  werden  sollte.  Am  2.  Mai  bewilligten  Karl  Ulftson  und 
Erich  Earlsson  König  Albrecht  und  seinem  Vater  „rein  a» 
freiem  Willen''  die  Hfilfte  aller  ihrer  Einkünfte  für  ein  Jakr, 
versprachen,  auch  Andere  zu  dieser  Leistung  zu  veranlassen 
und  zu  bekämpfen,  wer  sich  dessen  etwa  weigern  wolle ^). 
Und  diese  Auflage  wurde,  freiwillig  oder  gezwungen,  von 
allen  geistlichen  wie  weltlichen  Ständen  bewilligt  *)  gegen  da 
Versprechen  des  Königs,  die  Abgabe  nicht  noch  einmal  n 
verlange  und  sie  nur  zur  Vartheidigung  und  zur  Befreiung 
des  Reichs  anzuwenden*).  Zugleich  suchten  die  Meklenb«> 
ger  in  auswärtigen  Bündnissen  eine  Stütze  und  wandten  steh 
zu  diesem  Zwecke  zunächst  nach  Prenssen,  wo  Hoclmintar 
und  Städte  über  Waldemar  und  Hakon  gleich  au^lmtt 
waren,  und  an  einige  der  Seestädte.  Wir  haben  oben*)  gs- 
sehen,  wie  ihre  Werbung  aufgenommen  wurde. 

Die  Städte  hatten  sich  bisher  einer  entschiedenen  Partei- 
nähme  für  das  meklenburgische  Unternehmen  enthalten.    Eine 


1)  Styffe  I,  n.  88  S.  118. 

8)  ebd.  I,  n.  89  8.  119  und  Syentka  B.  A.  P.  I,  o.  775.  König  Albneht 
fügte  dieser  Urkande,  die  auch  von  seinem  Vater  mit  besiegelt  wurde,  hinsa: 
Ut  sdatis,  presens  mandatnm  tam  de  benepladto  et  consensa  patria  nostri 
carissimi ,  quam  nostri  veraciter  emanasse. 

8)  Svenska  B.  A.  P.  I,  n.  778. 

4)  S.  398.  Styffe  (S.  XLVI)  enfthlt ,  Henog  Albrteht  habe  aebon  aaf 
dem  strakunder  Tage  vom  8i.  Juni  1867  mit  den  Hanaestidten  einen  Bond 
geschlossen  und  sich  darauf  nach  Prenssen  begeben.  Fftr  beide  Nnobriebtea 
ist  mir  keine  Quelle  bekannt,  Styffe  führt  auch  keine  an.  Die  oben  (8.  89t  ff.) 
gegebene  Darstellung  widerlegt  die  erstere;  beiden  widersprieht ,  dasa  Henog 
Albrecht  noch  am  6.  Juli  in  Stockholm  war  (Styffe  I,  n.  40  8.  It8).  —  Saho 
XIII,  591  giebt  an,  dass  Herzog  Albrecht  am  tS.  Juni  in  Sekwerin,  am 
C.  Juli  in  Malchin  gewesen  sei,  ohne  jedoch  seine  Quelle  sa  nennen ;  daa  mass 
auf  einem  Irrthum  beruhen. 


Norwegen  und  die  Stidte.  421 

Unterstütemig  dessdben,  yne  Hakon  sie  ihnen  später  vorwarft), 
lisst  sich  ffir  die  Jahre  1364 — 67  nicht  nachweisen,    in  dem 
Vertrage  der  St&dte  mit  dem  dänischen  Reichsrath  vom  Juni 
1864  heisst  Magnus   noch  König   von  Schweden,   von  d^ 
MeUenbargem  aber  ist  die  Bede  als  von  „R&tzog  Albrecht 
mid  seinen  Söhnen^^').    Reval  erklärt  ausdrücklich,  dass  es 
gegen  keine  der  streitenden  Parteien  etwas  Anderes  h^e  als 
feste  und  aufrichtige  Freundschaft,  und  lehnt  es  ab,  einen  Theil 
n  b^^lbstigen  *).    Dag^n  ist  wohl  nicht  zu  vericennen,  dass 
die  Städte  das  Vordringen  einer  dem  übermächtigai  Einflüsse 
Waidemars  im  Norden  nothwendig  feindlichen  Macht  nicht  ohne 
fllympathien  verfolgten  und  nicht  ohne  die  Hofihung,  in  Schwe- 
Abd  an  der  Herrschaft  Albrechts  das  Cregengewicht  gegen  die 
iliiisehe  Macht  wiederzugewinnen,    das   ihnen  seit  Hakons 
Ttemählung  mit  der  Margareta  veiloren  gegangen  war.    Die 
Mahr,  dass  diese  neue  Herrschaft  sich  g^n  sie  selbst  wen- 
lÜB  möchte,  war  gering,  so  lange  dieselbe  g^en  eine  feind- 
Idie  Partei  in  Schweden  und  gegen  die  beiden  anderen  nor- 
dbchen  Reiche  fester  Stützen  bedurfte.    Dazu  kam,  dass  zwei 
der  wichtigsten  Glieder  des  wendischen  Städtebundes  als  mek- 
knbnrgische  Landstädte  mit  dem  Unternehmen  an&  Innigste 
^erwachsen,  zu  Leistungen  aller  Art  verpflichtet  waren.    So 
war  das  Verhältniss  zwischen  den  Meklenbuigem  und  den 
wendischen  Städten  ein  durchaus  freundliches.    Der  Gedanke 
eines  Bündnisses  mit  dem  Herzoge,  seinen  Söhnen  und  Freun- 
den beschäftigte  die  Städte  mehr  als  einmal.    Graf  Heinrich 


1)  H.  R.  n,  n.  8  §  7  a.  n.  4  §  5,  15,  16,  18.  Die  SUdte  weiteii  diese 
Aatcholdifoiig«!!  mit  aller  Enttchiedenheit  snrftek ,  ebd.  II,  n.  8  |  8.  Dam 
Wiffnar  und  Rostock  den  Seerftubern  Schuts  in  ihren  HiUen  geliehen  hätten 
{ß/tftt§  S.  IV),  Usst  sieb  meines  Wissens  durch  keine  Stelle  belegen. 

8)  H.  R.  I,  n.  837  S.  297. 

8)  Bunge,  Lir-,  Est-  a.  Karl.  Urkdb.  II,  n.  1006.  Dorpat  dagegen  hatte 
i&di  d«n  Unwillen  des  schwedischen  Drosten  Bo  Jonsson,  einet  treuen  Anhingers 
AIhreehti,  sngesogen  durch  „ii^jiiriae  et  pompae**,  ebd.  II,  n.  1088. 


XIU.     UM 

sendet  ilmeo  Bericht  über  die  Vorginge  in  Schweden  und 
bittet  am  gkicfae  Mittheilonga  ans  DeutscUand  ^).  Aehnlichs 
wänscht  Herzog  Albrecht  von  einer  seiner  Stfidte  und  sucht 
diese  zo^dch  zu  braatzea,  um  die  dratschen  Kanflente  m 
Zofohren  aller  Art  in  die  tchi  ihm  besetzten  schwediedia 
Häfen  zu  ermanteriL  Die  Wahrscheinlichkeit  spricht  dafti; 
dass  bei  dem  jahrelangen  Daniederliegen  des  Handels  die 
nntemdmiungslastigen  hansischen  Kaufleate  gegen  eine  solche 
Aoffordermig  nicht  taub  gewesen  sind.  Rostock  und  Wismir, 
die  ja  allerdings  in  einer  Ausnahmestellung  waren,  wird  noA 
erlaubt,  ihrem  Landesfürsten  Lebensmittel  etc.  zuzuftkhrea,  ak 
für  die  übrigoi  St&dte  durch  gemeinsamen  Beschluss  jede  Aus- 
fuhr untersagt  war').  Auch  später  schickt  der  junge  ESlUg 
einen  Boten  an  die  wendischen  Städte  (yon  Abo  aus),  der  sie 
über  das  Geschehene  unterrichten  soll,  und  freut  sich  der  ftsta 
Freundschaft  zwischen  ihnen  und  seinem  Vater,  dam  Hecng'Ji 
Mit  diesem  hatten  kurz  zuvor  die  Lübecker  ein  besondem 
Freundschaftsbündniss  auf  4  Jahre  geschlossen,  demadben  en 
jährliches  Schutzgeld  von  400  ^  lüb.  Pfennige  (4600  reqi 
27000  Rm.)  zugesagt,  das  sich  der  geldbedürftige  Herzog  inner 
lialb  weniger  Monate  für  alle  4  Jahre  auszahlen  liess  *).  Eine 
direkte  Unterstützung  des  schwedischen  Unternehmens  hat  inan 
vermieden.  Eine  solche  musste  die  Städte  nothwendig  in  neue 
Feindseligkeiten  verwickeln,  nicht  nur  mit  Hakon  von  Kor 
wegen,  sondern  vor  Allem  auch  mit  dem  Dänenkönig;  upd  wir 
liabeu  gesehen,  wie  eifrig  sie  mit  diesem  den  Frieden  suchten. 
Erst  als  sie  einsahen,  dass  dieser  Friede  ohne  immer  neue 
Verluste  auf  keine  Weise  zu  erhalten  sei,  entschlossen  sie  sich 
mit  Entschiedenheit  zu  der  Bundesgenossenschaft,   die  sich 


1)  H.  R.  I,  n.  322  u.  323. 

2)  ebd.  I,  n.  315  §  2  u.  316  §  2  vom  15.  u.  24.  M&rs  1364. 

3)  Urkdl.  Gesch.  II,  8.  611  vom  23.  Juni  1865   (».  Styffe  I,  S.  XL  A.  1). 

4)  Lüb.  iTkdb.  lUy  n.  520,  521,  522,  524,  531,  582. 


N«rwtgwi  «Bd  die  Sftidte.  42S 

ihneii  lange  geboten  hatte.  Von  dem  Augenblicke  an,  wo  die 
wmdisdien  St&dte  einen  neaen  Kri^  gegen  Waldamar  sannen, 
schlössen  sie  sich  aufe  Engste  den  Meklenburgern  an. 

Es  scheint  ihnen  nicht  vid  Bedenke  gemacht  zu  haben, 
dass  sie  mit  dem  neuen  Bundesgenossen  nothwendig  auch  einen 
nraen  Feind  auf  sich  nehmen  mussten  —  ihren  alten  Freund, 
Hakon  von  Norwegen.  An  Beschwerden  gegen  ihn  fehlte  es 
ohnehin  nicht  Sie  vollkommen  verständlich  zu  mach^  wird 
es  nothig  sein,  einen  Blick  auf  das  VerhAltniss  der  Stftdte  zu 
Norwegen  zu  werfen. 

Kaum  in  irgend  einem  anderen  Lande  haben  die  deut- 
schen Kanfleute  so  lange  eine  so  gefiüirdete  und  so  unsichere 
Sldinng  eingenommen  wie  in  Norwegen.    Nur  ganz  allm&hlich 
irt  es  ihn^  gelungen,  hier  festen  Fuss  zu  fassen.    Die  mühsam 
«mmgenen  dürftigen  Privilegien  wurden  bei  jedem  Begierungs- 
vochad  ernstlich  in  Frage  gestellt    Lftnger  als  irgmdwo  sonst 
Muelt  hier  der  Fremde  den  Charakter  des  Feindes,  denn 
nsh  und  ungastlich  wie  Land  und  Klima  waren  auch  seine 
Bewohner.    Der  WaSen  kundig  und  bei  der  zornigen  Ge- 
^  Mtthsart  stets  bereit,  sie  zu  gebrauchen,  dazu  verwildert  in 
^  Jahrhunderte  langen  Kriegen  ehrgeiziger,  nach  dem  Kfinigs- 
tfarone  strebender  Oeschlechter  war  der  Norweger  für  den 
^tentschen  Handelsmann  ein  gefthrlicher  Kunde.    Raub  der 
^^Mitgebrachten  Waaren,  Mord  der  EigenthOmer  war  nichts 
Seltenes;  und  da  der  Fremde  lange  Zeit  so  gut  wie  rechtlos 
mur,  ging  der  Thäter  nur  zu  oft  straflos  aus. 

Trotz  alledon  entwickelte  sich  ein  lebhafter  und  fQr  den 
Kaufinann  gewinnbringender  Handel.  Die  Eneognisse  des  deut^ 
■chen  Fleisses  oder  des  w&rmeren  Klimas  (Gtetreide,  Bier, 
Wein,  Manufakturen  etc.)  erzielten  emm  hohoi  Preis  im  Tausch 
gegen  die  Rohprodukte  des  nordischen  Landes.  Der  Fischfang 
•  im  Nordmeer  an  den  noch  jetst  so  fiachrdchen  Kfisten  nördlich 


424  ^UI.    Die  MeklanVvgw  in  Schweden. 

von  Bergen  war  überaus  ergiebig,  und  sein  Ertrag  dabei  leicht 
zu  erhandeln.  Denn  war  der  Norweger  wild  and  gewalttUitig, 
so  war  er  andererseits  auch  em&ltigen  Herz^is  und  unar&hra; 
und  das  wusste  der  schlaue  hansische  Handelsnumn  wohl  zs 
nutzen.  Häufig  sind  die  Klagen  über  Benachtheiligiuig  ii 
Handel  und  ünrechtfertigkeit^  aller  Art,  und  meistens  ent^ 
zogen  sich  dabei  die  Schuldigen  der  Strafe.  Die  Stftdte  be- 
mühten sich  redlich,  das  abzustellen  i).  Sie  ermahnen  ihie 
Kaufleute,  den  Frieden  mit  den  Nonnannen  zu  bewahren  md 
dieselben  nicht  fllr  „allzu  einfältig  und  unbedeutend^  zu  hal- 
ten*). Auch  unter  den  Hansen  gab  es  Leute  „leichtfertigoi 
Sinnes  und  loser  Zunge^'*),  die  durch  ungebührliche  Beden 
gegen  angesehene  und  direnwerthe  Männer  des  Landes  ?ei^ 
letzten,  und  was  die  Gewaltthaten  anbetrifft,  so  verptiid 
auch  der  deutsche  Kaufmann  das  Schwert  zu  führen  und  ^rer- 
liess  nicht  ungewai&iet  den  Hafen  seiner  Vaterstadt.  Dub  m 
desshalb  an  gegenseitigen  Klagen  nicht  fehlte,  kann  man  oA 
denken.  Blutige  Streitigkeiten  waren  keine  Sdtenheit  Mehr 
als  einmal  haben  Haufen  übermüthiger  junger  Kauflente  ni 
Handwerker  die  Bewohner  Bergens  in  Schrecken  gesetzt ;  weds 
der  königliche  Vogt  noch  die  Geistlichkeit,  der  Bischof  nidit 
ausgeschlossen,  war  sicher  vor  ihren  Gewaltthaten.  Zo  KAiig 
Sverrirs  Zeit  (1177—1202)  wurde  den  Deutschen  das  Bddi 
verboten;  sie  hatten  so  viel  Wein  eingefährt,  dass  er  billig 
war  wie  Bier,  und  blutige  Raufereien,  bei  denen  es  Todte  und 
Verwundete  gab,  waren  die  Folge  gewesen*). 

Unter  diesen  Umständen  und  gegenüber  der  Konkurrenz 
der  Engländer  und  Schotten  haben  es  die  Deutschen  erst  sp&t 
zu  einer  fest  begründeten  Niederlassung  gebracht    Beigen  war 

1)  ir.  R.  I,  n.  384. 

2)  Nimis  simplices  aut  eziles  H.  B.  I,  n.  388  S.848. 

3)  ebd.:  levis  mcntis  et  dissolate  ILngwe. 

4)  Torfaeus:   Hist.  Norv.  IV,  1,  3,  S.  5.     Vgl.   Yngvar   Nielsen,   Bergen 
fra  de  seldste  Tider  indtil  Natiden  S.  187  ff. 


ÜorwiBg«!!  und  die  StUto.  ^5 

Im  Laofe  des  11.  Jahrhtmd^tg  zu  einer  der  ansehnlichsteii 
JEanfttftdte^  KorwegenB  „westlich  vomt  fjeld^  heraagewadiBen. 
Buddert  Jahre  später  ist  dn  dfinischer  Autor  ^)  erstiimt  über 
'•fe  viAot^iche  Stadt,  findet  ihren  Hafen  toU  yob  islftndischen, 
grtnHhidiseh«,  englischen,  deutschen,  dänischen,  schwedischen 
kmä  godfliidisehen  ScMfto,  aber  auch  Sitten  imd  Gebahren 
der  Fladen  wie  der  Einwohner  roh  und  wild.  Bkar  in  Bergen 
Wrlditeten  auch  die  Deutschen  den  Stapdplats  ihres  Handels. 
Aker  ihr  dortiges  „Kontor"  stammt  aus  viel  späterer  Zeit  als 
Via  Niederlassungen  in  London,  NowgortMl  und  Flandern,  aus 
dMr  Zbit,  da  die  Städte  daheim  schon  bi  organisirter  Eini- 
^gttig  die  Leitung  der  auswärtigen  Niederlassungen  des  Kauf- 
itHlms  an  sich  gezogen  hatt^.  Erst  in  den  Tagen,  da  die 
iKkälbe  König  Waldemar  geg^überstanden  (1360),  läset  sich 
Mit  Vorhandensein  deutlich  erkennen.  Auch  sonst  wohl  hätte 
ÜMb*  den  herrsdienden  Verhältnissen  das  berger  Kontor  sdiwer- 
Wik  eine  selbstäncBge  Stellung  errungen;  denn  ohne  eine  Stütze 
ll'^der  Hdmat  zu  suchen,  wäre  eine  Niederlassung  in  diesem 
ihüde  kaum  möglich  gewes^.  Wir  treffen  daher  zur  Zeit  der 
tNMemarischen  Kriege  die  Deutschmi  in  Bergoi  in  strikter 
MAtagigkeit  Ton  dem  Bunde  der  Städte,  dessen  Yerfftgungen 
sie  Gehorsam  schuldig  sind,  der  Uebertretungen  ahndet,  und 
tMi  dem  jede  Neuerung  genehmigt  werden  muss ' ).  Und  ähnlich 
^Nritü  die  Stellung  der  Deutschen  auf  dea  kleineren  Nieder- 
iMimngen  zu  Tönsberg  und  Opslo  gewesen  sein. 

Der  Umftmg  der  Freiheiten ,  wdche  die  Hansen  in  Nor- 
wcgon  genossen,  war  nur  ein  gmnger,  und  im  Allgemeinen 
■diwieriger  als  in  Dänemark  ist  es  ihnen  geworden,  dieselben 
von  den  Königen  bestätigt  zu  erhalte.  In  den  Jahren  1284 
imd  1885  hatten  die  wradischen  Städte  nebst  Wisby  und  Riga 


1)  Anonymus  de  profectione  Danomm  in  terram  sanetam,  Lgb.  V,  p.  853 
(e.  11).     Vgl.  Nielsen  S.  12. 

S)  H.  R.  I,  n.  857,  83S,  357»  (S.  500),  884. 


426  ^UI.    DU  MtUeabwi«  ia  SokwadeD. 

sogar  mit  den  Waffen  um  Sicherheit  des  Veikehrs  f&r  „da 
gemeinen  Kaufinann^^  gek&mpft.  Aber  seibat  ihr  Sieg  yennodite 
nur  wenig  die  dürftigen  „Immunit&ten^^  aoaiudahnea ,  untar 
denen  das  Zugeständniss,  dass  Meineidige  und  andere  libd 
berüchtigte  Personen  nicht  gegen  die  Eaufleate  ala  Zenga 
zugelassen  werden  sollten,  Freiheit  vom  NaditwacfaendiflHt 
nnd  vom  Schiffsziehen  in  Bergen  bei  vorübergehendon  Avfeit- 
halte,  die  Erlaubniss,  schiffbrüchiges  Gut  zu  bergen,  und  ihi- 
liehe  Sachen  schon  für  kostbare  Rechte  galten.  Linger  ak 
ein  Jahrzehnt  dauerte  es,  bevor  ihre  im  Frieden  erbogifli 
Ansprüche  befriedigt  waren,  und  schon  wieder  unter  dem  vMAr 
sten  Könige,  Hakon,  hatten  sie  in  d^  Jahren,  da  Erich  lienved 
die  wendischen  Städte  in  Deutschland  bedrängte,  über  baite 
Bedrückungen  zu  klagen^).  Auch  als  im  Jahre  1319  dm 
dreijährige  Magnus  von  Schweden  die  Knme  beider  nordisdMi 
Reiche  erbte,  trat  keine  wesentliche  Aenderung  in  diesem  Ver- 
hältnisse ein  und  ebenso  wenig,  als  1360  Magnus'  Sohn  Ha- 
kon 12  Jahre  alt  an  des  Vaters  Stelle  trat  Denn  in  diMr 
ganzen  Zeit  war  die  Königsmacht  in  Norwegen  änsaerst  gerbt 
und  die  wenigen  Urkunden,  die  sich  die  Städte  erwerben  konft* 
ten,  enthalten  Nichts,  was  auf  einen  Fortschritt  ihrer  SteUBg 
im  Lande  hindeutete. 

Erst  das  greiüswalder  Bündniss  hat  König  Hakon  dam 
gebracht,  sich  den  Städten  in  Bezug  auf  ihre  Handdsfreihdtoi 
entgegenkommend  zu  erweisen  *).  Kaum  war  aber  der  Krieg 
zu  Ende,  Hakon  als  neuer  Schwiegersohn  Wald^nars  auf  dessen 
Seite  hinüber  getreten,  als  auch  er  anfing,  gerade  so  schwierig 
zu  werden  wie  die  meisten  seiner  V<M^;änger.  Er  eiklärte 
allerdings  auf  die  Vorstellungen  des  nach  Norwegen  gesandten 
lübecker  Bürgermeisters  Jakob  Pleskow,  die  einmal  verbrieften 
Freiheiten  den  hansischen  Kaufleuten  lassen  zu  wollen,  aber 

1)  H.  K.  I,  S.  61. 

2)  S.  oben  S.  282  flf. 


Morwagtii  und  die  Btftdle.  42T 

rtrenge  wollte  er  doch  darauf  achten,  dass  man  nicht  über 
üeaelben  hinaiiBginge  ^).  Er  liess  die  Kaufleute  durch  seine 
¥Bgte  und  Beamten  widerrechtlich  besteuern*).  Die  Haupt- 
leste  airf  seinen  SchlöBsem  Bahus,  ElÜBborg,  Warberg  machten 
tidk  wiederholter  Räubereien  g^ea  deutsche  Kaufleute  und 
Bduffer  schuldig*).  Der  Verlust  der  bergenscben  Kaufleute 
alkiB  wurde  später  auf  5929  Mark  Ittb.  Pfennige  (66000  resp. 
gigpn  400000  Rm.)  berechnet^).  Hakon  behauptete  zwar,  er 
kabe  das  nicht  hindern  können,  denn  die  Hauptleute  jener 
IBdilBBser  hättoi  derzeit  wenig  .nach  seinen  Befehlen  gefragt, 
ja  Gottschalk  Scharpenberg  auf  Bahus  habe  sogar  des  Königs 
eigene  Länder  mit  Raub  und  Brand  heimgesucht,  und  Toridllus 
Bwnn  auf  Warberg  habe  ihn  und  die  Seinigen  aus  der  Burg 
IMfin  können,  wenn  es  ihm  beliebt  habe.  Aber  mit  Recht 
«Mirten  doch  die  Städte  Hakon  verantwortlich  fOr  das,  was 
v^aeiiien  Landen  aus  geschah'). 

Dem  gegeaüber  fehlte  es  aber  auch  Hakon  nicht  an  Be- 
aikwerden.  Sein  ganzer  Unmuth  gdgm  die  deutschen  Kauf- 
IpBte  spricht  sich  aus  in  den  Klagen,  mit  denen  er  bei  späteren 
Verhandlungen  (Johannis  1370)  den  Städten  antwortet  Sie 
ileQeft  zugleich  deutUcher,  als  es  irgendwo  sonst  geschieht, 
dfo  Vorwürfe  zusammen,  welche  die  NcMrwQger  den  Städten  zu 
iMichen  hatten.  Alle  Privilegien,  sagt  Hak<«  dort*),  die  er 
■ad  besonders  sein  Vater  König  Magnus  den  Kauftouten  ertheilt 
hätten,  seien  nur  zum  Schaden  und  zum  grössten  Nachthdle  des 
BeicliRS  und  der  Krone  gebraucht  worden.  Gegen  daa  Recht 
des  Landes  hätten  die  Kaufleute  für  sich  neue  Stetuten  gemacht. 


1)  Slihm  XIII,  850.     Im  Text  (S.  567)  ist  dms   ,,pydukie  kAapmeD'*    des 
OrigiBmb  flUseblich  mit  „lybske  KjvbmaBiid**  wiedergegebea. 
%)  H.  R.  U,  n.  1  6  4. 
8)  ebd.  I,  n.  888,  U,  b.  1  $  7;  Lüb.  Urkdb.  III,  n.  68S  u.  598. 

4)  H.  B.  n,  n.  1  §  7  a.  8. 

5)  ebd.  II,  n.  8  §  9. 

•)  ebd.  U,  n.  4  §  1—4  u.  13. 


428  ^UI.    Dia  MeUenborgw  In  8«hw«deii. 

Streitigkeiten,  an  denen  einer  der  Ihrigen  bethefligt  gewesen, 
heimlich  beigd^,  Mörder  und  schwere  Verbredier  dem  Geriete 
entzogen  und  in  ihren  Schiffen  entführt  ^).  Neue  Stftdte  an 
in  die  Hanse  aufgenommen  worden  mid  hätten  wid^reefailicl 
an  den  ihnen  nicht  mitgew&hrten  Privflegien  theügenonuMa 
Gegen  das  Verbot  werde  überall  im  Reiche  Kleinhandd  g»* 
trieben,  der  norwegische  Verkehr  arg  erschwert,  die  Mfln 
des  Königs  verweigert,  dafür  labisches  und  sandisdies  Gdl 
in  Kurs  gesetzt')  und  Oewaltthaten  aller  Art  (Raab,  MoH, 
Brand,  Diebstahl  der  (hölzernen)  Häuser)  mitten  im  Frieda 
begangen *);  in  Bergen  habe  man  sich  wiederholt  dee  Aufrohn 
schuldig  gemacht^). 

Die  Unternehmung  der  Meklenburger  in  Schweden  tnf 
nicht  wenig  dazu  bei,  Ebkon  gegen  die  Hansoi  in  TTarnif^ 
zu  bringen.  Sie  mussten  darunter  leid^,  dass  Haken  die 
nieklenburgischen  Städte  als  Feinde  betrachtete  und  behaadeKe 
Seine  Warnung,  ihre  Güter  nicht  in  Schiffen  semer  FeiiMie  ni 
verfrachten,  wurde  nicht  immer  beachtet,  und  so  blieben  Koi- 
flikte  wegen  w^genommener  Waaren  nicht  aus  ^).  Die  sin- 
schen  dem  ersten  und  zweiten  waldemarischen  Kri^[e  ao- 
gebrochene  Fehde  der  Norweger  mit  Kampen,  deren  Ursad» 
wir  nicht  genau  erkennen,  mag  auch  dazu  beigetragen  haba, 
Hakons  Hass  gegen  die  Städte  neue  Nahrung  zu  geben;  wenig- 
stens wird  diese  Fehde  später  von  ihm  mit  dem  Kriege  gego 
die  Städte  in  den  engsten  Zusammenhang  gebracht*). 

Vergebens  bemühten  sich  die  Städte,  nach  Abschluss  des 

1)  Diese  Klagen  über  eigene  Handhabung  des  Gerichts  auf  norwegitcheB 
Boden  wiederholen  sich  anch  spftter,  s.  H.  B.  II,  n.  89  §  1 — 8. 

2)  ebd.  II,  n.  4  §  8,  4  u.  89. 

3)  ebd.  II,  n.  4  §7—12,  20—88  u.  41;  dieser  langen  Liste  wird  hinin- 
gefUgt :  Domini  consules,  hec  vobis  ad  presens ;  sed  alia  plara,  com  occnrrerint 
nobis,  volnmas  intimare.     Vgl.  Felsen,  Bergen  S.  202  ff. 

4)  H.  R.  U,  n.  4  §  10  u.  11. 

5)  ebd.  II,  n.  2  §  9  u.  12. 

6)  ebd.  II,  n.  4  §  19. 


mit  Waldemar  auch  mit  Haloon  in  ein  gutes  Verhftlt- 
kommen.  Die  Iflbeeker  JohanmsveiBttBmkuig  1366 
dnieb'  an  den  König,  an  die  dm  BiächöfB,  deren  Sprengel 
l»iKll8te  boülHrten,  and  an  drei  Grioflae  dee  Bekhs  «nd  bat 
■I'  Anttckgabe  der  geranbten  Qüter  ^).  GQeichzeitig  wucdea 
M  Kanfleate  in  Borgen  ermahnt,  guten  Frieden  zu  halten 
Ü  den  Normannen  und  sich  ,,zu  hüten  Yor  ,,tm8t&re^Y  die  von 
hiMii  zu  Bergen  viel  geschehen^^;  sonst  würd^  die  Städte 
i  richten,  „dass  ein  Andere  daran  gedenke^'*).  Aber  den 
Heden  vermochten  diese  Massregeln  nicht  zu  bewahren.  Auf 
tar  Johannisversammlung  des  nächsten  Jahres  erschien  Bem- 
mä  Hulebruk  als  Abgesandter  des  Kaufmanns  zu  Bergen') 
KA  klagte  über  fortdauernde  Bäuberden  des  Königs  und  der 
und  Unsicherheit  überall;  noch  habe  Hakon  die  Privi- 

seines  Vaters  und  seiner  Vorgänger  nicht  bestätigt.    Auf 
M  Niederlassung  ahnte  man  schon,  dass  ein  Bruch  bevor- 
Sollten  die  Städte  etwas  Unheilverkündendes  bemer- 
,  bittet  der  Gesandte,  „so  möchten  sie  alsbald  den  Kauf- 

warnen,  ginge  es  nicht  durch  den  Sund,  so  über  Flau- 
Im,  auf  Kosten  des  Kaufmanns^S  In  Stralsund  wurde  am 
iL  Juli  wieder  über  die  Lage  in  Bergen  verhandelt  ^).  Durch 
1»  hinterlistige  Entfremdung  Borgholms  war  man  noch  mehr 
igen  Hakon  aufgebracht.  Die  Prenssen  und  Niederlande*, 
b  das  allgemeine  Bündniss  der  Städte  in  Anregung  brachten, 
Bigten  sich  gegen  den  norwegischen  König  nicht  weniger  er- 
ittert  als  gegen  den  dänischen,  denn  auch  er  hatte  ihnen 
idme  alle  Schuld  und  ohne  Absage  grossen  Schaden  gethan 
n  Leib  und  Gut^^^),  trotzdem  Kampen  noch  im  Jahre  zuvor 
inen  Stillstand  mit  ihm  geschlossen  hatte.    An  eine  friedliche 

1)  H.  R.  I,  n.  882  n.  888. 

5)  ebd.  I,  n.  888  n.  884. 
8)  ebd.  I,  n.  408  i  18. 
4)  ebd.  I,  n.  406  $  8. 

6)  ebd.  I,  n.  408. 


430     ^'I-  ^^^  Meklenbnisttr  te  MiwcdeB.    Vonregvn  und  dU  Stidte. 

Durchsetzung  der  städtischen  Ansprüche  war  nicht  zu  dakem 
auch  em  Bttndniss  mit  den  MeUenburgem  und  Schwede  war 
nicht  möglich,  ohne  Hakens  Feind  zu  werden.  So  wurde  den 
der  König  von  Norwegen  neben  seinem  Schwiegervater  xai 
Bundesgenossen,  dem  Dänenkönige,  als  zu  bekämpfender  Fdni 
der  Städte  in  dem  Bündniss  bezeichnet,  das  diese  unter  einander 
und  mit  den  Nachbarfürsten  schlössen. 


XIV.    Ber  sweite  Kriag  gegen  Waldemar. 

1)  Die  kfilner  KonlödamHoiL 

Eb  waren,  wie  wir  gesehen  haben,  die  wendischen  Stftdte, 
die  die  Idee  eines  ^gen  Bündnisses  mit  Aesa  Fflrsten  ener* 
k  vertraten.  Mit  entsprechenden  Instruktionen  aiisgerOstet 
Mtomelten  sich  am  31.  Oktober  die  Gesandten  der  vier  be- 
Ittidsten  derselbe  (Lübeck,  Rostock,  Wismar  and  Stralsnnd) 
UA>eck,  aus  jed^n  Rathe  zwei  Herren.  Gemeinschafüich 
Ite  man  die  weite  und  nicht  ungefährliche  Reise  nach  dem 
ine  machen ;  die  Lübecker  sollten  fOr  Geleit  sorgmi.  Uri)er 
MArarg  und  Hannover  sollte  der  Weg  gehen;  ob  Ton  da 
A  die  Grafischaft  Schauenbuig  oder  über  Hamdn  zu  zidien 

blieb  der  Entscheidung  der  Lübecker  überlassen  ^).  Gegen 
rtim  war  man  in  Köln,  machte  also  die  weite  Reise  in  ver- 
brissmftssig  kurzer  Zeit,  in  höchstens  10  Tagen.    Ausser 

wendischen  waren  hier  Boten  des  preussischHiiederländi- 
BD  Drittels  versammelt,  von  Osten  her  aus  Kulm,  Tbom 
i  Elbing,  von  Westen  aus  Kampen,  Harderwyk,  Elborg, 
iterdam,  BrieL  Sie  waren  nicht  bloss  bevollmächtigt  für 
I  eigenen,  sondern  auch  für  manche  benachbarte  St&dte*). 
&  Ctesandte  Gotlands  und  des  hansischen  Kontors  in  Brügge 
m  nach  K^  gekommen,  um  einzelne  ihrer  Angelegenheiten 


1)  H.  B.  I,  n.  411  1 1  IL  8. 

t)  «bd.  I,  n.  418: alianun  qmumndam  ciYiUtmii,  qiuumai  yIcm 

Mnuit. 


432  ^^^*    ^^  iwieito  Kii«f 

regeln  zu  lassen  ^).  Der  Bath  hatte  den  Gesandtai  der  Städte 
den  soeben  restaurirten  oberen  Rathhanssaal,  eben  dieser  Yer- 
handlungen  wegen  noch  jetzt  „Hansesaal^^  genannt,  eingeiäiimtf 
und  nach  8  Tagen,  am  19.  November  1367,  kam  es  hierö 
der  alten  Rheinmetropole  zu  einem  Btindnisse  der  St&dte  gega 
die  Könige  von  Dänemark  und  Norwegen,  der  berOhmtm  „kül- 
ner  Konföderation^^  *).  „Um  mancherlei  Unrecht  und  Schadet, 
den  die  Könige  dem  gemeinen  Kanftnaiine  tten  uid  geüia 
haben,  wollen  die  Städte  ihre  Feinde  werden  und  eine  der 
anderen  treulich  helfen.  Welche  Stadt  von  der  wendisd» 
Seite,  von  Preossen,  von  livland  und  von  der  deutaclien  Hanse 
im  Allgemeinen,  von  der  Südensee,  von  Holland  und  von  See- 
land nicht  dazu  thun  will,  wie  sie  v<n  den  andern  Stftdta 
„ghepuntet  unde  ghezat^^  worden,  deren  Büiger  und  Kmflffitft 
sollen  keine  Gemeinschaft  mehr  haben  mit  allen  Stidten  m 
diesem  Bunde,  man  soll  ihnen  nicht  abkaufen,  noch  verkaiiie% 
in  keinen  Hafen  sollen  sie  ein-  od^  ausfahren,  laden  oder 
löschen  zehn  Jahre  lang^. 

Der  Inhalt  dieses  Bflndnisses  zeigt,  dass  in  den  Vecbaii- 
lungen  die  entschiedene  Politik  der  w^disch^  Städte  flk« 
die  zahlreicher  vertretenen  preussisch- niederländischen  Gl- 
nossinnen  das  Uebergewicht  gewann.  Es  kam  zur  beatimffita 
Verabredung  eines  gemeinschaftlichen  Kri^szugs  f&r  den  nie- 
sten Frühling;  die  Kontingente  an  Schiffen  und  Maiinyhaft 
wurden  genau  festgesetzt    Die  wendischen  Städte  sollten  zu- 


1)  H.  R.  If  n.  416  n.  417.  Gotlindische  (^«sandte  waren  anwefend  vod 
versprachen :  Wad  se  mit  eren  den  mochten ,  dat  wolden  se  gheme  des  tD 
deme  krighe,  ebd.  U,  n.  58  §  8,  68,  180  S  7,  156  $  1»  a.  I,  n.  47S.  Qmm 
die  Anwesenheit  der  Gesandten  Wbbys  bewebt  das  Nicbierwihnen  dtrsalbci 
im  Recesse  der  kölner  Versammlang  Nichts ,  weil  Aehnliehes  andi  sonst  um- 
kommt f  wo  die  Ton  Wisby  gewiss  anwesend  waren :  H.  R.  I,  n.  469  (V«- 
Sammlung  vom  24.  Jani  1368),  dann  n.  292  (vom  83.  April  1863)  und  b.  417 
(vom  2.  Febr.  1368).  Nur  n.  376  (vom  24.  Juni  1366)  werden  sie  imReeesM 
genannt 

2)  ebd.  I,  n   412  u    413. 


gtgen  Waldemar.  435 

sanmieD  mit  den  livländischen  10  Koggen  stellen  und  zu  jeder 
Kogge  zwei  kleinere  Schiffe,  eine  Schute  und  eine  Snikke,  die 
86di8  preuBsischen  Städte  5  Koggen,  Kämpen  eine  Kogge  und 
8  BheiiMdiiffe,  die  Städte  an  der  Südersee  zusammen  eine  Kogge 
«Bd  die  Yon  Seeland  zwei.  Jede  Kogge  sollte  mit  hundert  gut 
towalliieten  Leuten  bemannt  sein,  darunter  20  gute  Schätzen 
■it  ihran  vollen  Waffen  und  mit  starken  Armbrüsten  ^y  Kam- 
poi  sdlte  fbr  seine  3  Schiffe  150  Mann  stelle.  Es  war  eine 
adiwidi^re  Ausrüstung  als  die  des  Jahres  1362. .  Damais  hatten 
lie  wendischen  Städte  mit  Hamburg  und  Kiel  allein  61  Schiflfe 
■it  9640  Mann  aufgebracht,  darunter  die  HäJfte  grosse  Schlachtr 
ackiflh,  Koggen ;  diesmal  belief  sich  die  ganze  städtische  Macht 
auf  41  Schiffo  mit  1950  Glewafiheten.  Warum  man  trotz 
Ifiss^dges  im  Jahre  1362  diese  geringere  Streitmacht 
fer'gentlg^d  hielt,  ist  nicht  ersichtlich.  Schwächte  vielleicht 
^Pest,  die  gerade  um  diese  Zeit  in  den  Städten  wüthete, 
ttre  Kraft«)? 

Aufs  Genaueste  wurde  der  Fddzug  für  den  nächsten  FrOh- 
Big  verabredet.  Die  Nordseeflotte,  auch  diesmal  die  bei  Wei- 
tam  Ueinere,  nur  aus  4  Koggen  und  2  Bheinschiffen  bestehend, 
•ollto  am  2.  April  zum  Auslaufen  bereit  sein,  sich  dann  bei 
Matntrand  sammeln  und  vereint  in  den  Sund  einlaufen.  Die 
OMseeflotte  aber,  35  Segel  stark,  sdlte  am  9.  April  mit  allen 
BdiiflfiBn,  die  durch  den  Sund  fahren  wollten,  sich  sammeln 
vor  dem  Gellande  (so  hiess  damals  die  Südspitze  der  Insel 


1}  Abwdchend  Yon  Fock  III ,  189  besiehe  ich  die  Bestimmong  Qber  die 
Sdditseii  Auf  die  ganse  AntrfiBtiuig,  nicht  bloss  auf  die  Kontingente  der  nie- 
ivliadlfeh«!  Städte ;  fikr  die  letttere  Aüframing  scheint  mir  kein  genflgender 
Ckvoi  TonnUegen. 

t)  Lfibeek  entscholdigt  sich  1368  MXrs  1%,  dMS  es  nicht  Bathsherren  snm 

schicke  „propter  epydimiam  et  mortslltatem  TaUdam,  qne,  hen,  bto  anno 

personamm  nostri  eonsnlatos  et  innwnerositatem  eiTiom  absorpsit**, 

Lib.  Ui^db.  m,  n.  649  S.  696.    Wegen  Hamburg  vgl.  Kimmereirechng.  I,  97 : 

8  ^  domtaabos  ad  oraeiones   faciendas  contra  mortalitatem.     Im  Herbat  1869 

tritt  auch  In  Harderwyk  die  Pest  sehr  heftig  auf,  H.  R.  HI,  n.  88. 

Sdütfv.  Die  HuiMttidte.  28 


434  ^V.    Der  iweito  Krieg 

Hiddeasee)  ^).  Hier,  m  der  äussersten  Ed^e  Vorpommerns, 
war  man  der  dänischea  Kfiste  am  nädisten.  Vom  Domboach, 
der  hohen  Nordspitse  Hiddenaeea,  sind  bei  klarem  Wetter  die 
Kreidefelsen  Möens  sichtbar,  die  Einfahrt  in  den  Sund  Iftsst 
sich  Yon  dorther  geradezu  überwachen.  Dazu  lag  die  Bucht 
bequem  für  die  wendischen  Städte,  hat  ihnen  oft  ala  Sammd- 
punkt  gedient.  Mit  dem  niederländischen  Zuzüge  sollte  man 
sich  Yon  hier  aus  im  Sunde  vereinigen.  So  errdchte  man  einea 
doppelten  Zweck;  man  verlegte  den  Krieg  mitten  in  den  Haupt- 
satz der  feindlichen  Macht  und  ö&ete  zugleich  die  Lebensad^ 
des  hansischen  Handels,  den  Sund.  Um  Schaden  zu  verhü- 
ten^ sollten  die  Handelsschiffe  nur  unter  dem  Schutze  dar 
Kriegsflotte  durch  die  gefährliche,  von  den  Dänen  behenschte 
Strasse  segeln.  Die  Schiffer  sollten  sich  dm  Anordnung^  der 
HaupÜeute  unbedingt  fügen  bei  Verlust  der  Ehre,  Ldbes  und 
Gutes,  sollten  im  Sunde  bei  den  Kriegsschiffion  bleibaiund 
nicht  eher  fahren,  als  bis  sie  Erlaubniss  erhalten  hätten.  Jede 
Stadt  soUte  ihren  Bürgern,  die  durch  den  Sund  fahren  woll- 
ten, befehlen,  sich  mit  guten  Waffen  zu  versehe,  damit  sie 
ihre  Schiffe  selbst  vertheidigen  könnten.  Wie  jed^  Handel 
mit  dem  Feinde  streng  verboten  wurde,  so  vor  allen  Dingen 
auch,  dass  irgend  ein  SchiflEshorr  oder  Steuermann,  ein  Schif- 
fer od^  Bootsmann  aus  den  Städten  in  den  Dienst  der  Kimige 
trete,  bei  Strafe  ewiger  Verbannung  aus  allen  Städten  des 
Bundes. 

Zur  Deckung  der  Kriegskosten  wurde,  wie  1361  zu  Greife- 
wald,  ein  Pfundzoll  vereinbart.  Damals  hatte  man  durchweg 
auf  jedes  Pfund  Grote  4  ^glische  Pennige  gelegt,  jetzt  suchte 
man  sich  den  in  den  verschiedenen  Städten  herrschenden  Münz- 
systemen anzuschliessen  und  dadurch  die  Erhebung  und  Be- 
rechnung zu  erleichtem  und  zu  vereinfachen.    Man  bestimmte, 


1)  H.  B.  I,  n.  495  §  7  and  Lüb.  ürkdb.  ni ,  n.  708  u.  I,  n.  7SS.     Vgl. 
Hans.  Geschbl.  1876,  S.  172  ff. 


gdgm  W«ldeaur.  485 

dasB  lon  je  €iiicf&  Pfunde  1  Groten,  van  6  Mark  Mbisch  4 
HUxiBdie  Pfennige,  v(m  9  Mark  sundisch  6  sandische  Pfennige, 
um  12  Mark  Vink«M>gen  8  Vinkenogen  und  von  4  Mark  i>reus- 
siadi  8  preossische  Pfennige  als  Zoll  gegeben  würden,  und 
hatte  dadurch  fbr  die  Nordseeh&fen ,  fOr  LQbeck  und  $tral- 
suBd  und  ihre  Nachbarn,  fftr  die  pommerschen  und  preussi^ 
wAßB  Städte  den  lokalen  Bedürfinissen  entsprechend  gesorgt  ^). 
Der  Werih  der  Schiffe  wurde  halb  so  hoch  besteuert  als  der 
dar  Waaren'). 

Von  Fastnacht  1368  bis  dahin  1369  (20.  Februar  1368— 
18.  Februar  1369)  sollte  die  Erhebung  des  Pfundgeldes  dauern, 
md  «war  scdlte  es  erhoben  werden  in  den  Städten^  aus  deren 
Hifai  die  Schife  ausliefen,  auf  den  Eid  dar  Kanfleute  und 
8cld£Grf&hrer.  Durch  eine  BescheiHigung  sollte  der  einlaufende 
Schiffer  nadiweisen,  dass  er  schon  im  Abfahrtshafen  den  Pfhnd- 
«n  entrichtet  habe.  Wer  aus  J^gland  oder  Fkndem  kam 
ans  irgend  einem  «ideren  Lande,  wo  kein  FfeiNlgeld  er- 


1)  SchwUrig,  ja  aamiglich  ist  es,  dte  Qleichmilstigksit  in  dsr  BerechMmg 
Nimmt  msn   nämlich   mit  Mantels  (in  der   vortrefflichen  Arbeit: 

im  Jahre  1867  sa  Köln  beschlossene  zweite  hanseatische  ^uoldsolf,  Lfl- 
Sehnlprofram»  tob  1S6S)  an,  4ass  die  oMgea  BefUm^iuige*  (I  Pfoml, 
•  Maik  Ittblsch,  9  Mark  soadisch,  12  Mark  Viakenogen,  4  Mark  frenssiscb) 
^Uldnrerthig  sind,  eine  Annahme,  die  auch  darin  einen  Halt  findet,  dass  sonst 

•liiMB  PfandsoH,  bei  dem  also  das  Pftmd!  die  Orttn&ge  der  Bbstetie<- 
bildflt,  in  den  meisten  Stüdten  gamicht  die  Bsda  sein  könnle,  so  wird 
dia  Balastnng  doch  für  die  Terschiedenen  Städtegrappen  eine  versehiedene.  Sie 
batrlgt  Ar  die  Nordseehifen  '/i^o*  ^^  ^®  wendlscfien  StldCe  Vsat*  ^^r  die 
IM— ■ilifhsn  gar  nor  '/«eo»  ^^*  Verschiedenheit,  die  siah  nur  dUMh  die-  Ao- 
nakme  erkUlren  lisst,  dass  man  den  Handel  im  Allgemeinen  nach  seinem  Er- 
trage besteuerte,  der  niederländische  aber  mehr  aufbrachte  als  der  der  östlichen 
ftidto.  Obige  Annahme  der  €HeiehweflMgk<!f  stimmt  nicht  mff  der  stldtis^Ben 
nereelmnng:  1  Pfd  «  5  ^  IQb. ,  U.  B.  1,  S.  440  bei  Kampen;  ebd.  n.  469 
I  U  Ar  S  PM  gerechnet  4»^/,  ^.  —  Sonet  1  PInnd  —  SO  ft  k  It  CkoCe,  1  ^ 
m».  odar  nnd.  odar  Vinkenogen  ■■  16  i  k  IS  A  oder  Vinkenogen ,  1  %. 
prmMt.  —  60  i  k  19  X 

S>  Sclüfie  mit  Passagieren  mussten  ron  dem  Ueberfisiirtsgeld  PfimdsoU 
salilan,  s.  Mantels  §  4.  Aueh  tou  dem  Proviant  wfa^  gesahlt  (H.  B.  I,  n.  4i9 
}  1)  and  vom  baareu  Gelde  (ebd.  n.  469  §  9). 

28* 


436  ^I^I^-    ^«r  «weite  Krieg 

hoben  wurde,  musste  zaUen  an  seinem  Bestunmungsorte.  Be- 
S(mdere  AnordAungen  wurden  getrofiEen  für  den  lebhaften  Ver- 
kehr, der  yon  der  Ost-  zur  Westsee  seinen  Weg  über  Ham- 
burg nahm,  also  an  diesem  Orte  neu  ein-  oder  ausschiffen 
musste.  Ausdrücklich  wird  bestimmt,  dass  das  erhobene  Pfimd- 
geld  den  Btädten  zu  Gute  kommen  solle,  die  Kri^;s8chiflfe  aus- 
gerüstet hätten.  Auf  dem  zum  nächsten  Johannistage  (1368) 
in  Lübeck  verabredete  Hansetage  sollte  es  nach  „MannfAhl** 
vertheilt  werden.  Um  jeden  Streit  zu  vermeiden ,  sollten  alle 
etwa  in  dem  Kriege  errungenen  Vcurtheile  gemeinschaftlich  ge- 
nossen werden,  aber  Keiner  sollte  dem  Anderen  seinen  Scha- 
den und  V^lust  berechnen,  wie  das  nach  dem  ersten  Kric^ 
geschehffii  war  und  so  viel  Streitigkeiten  veranlasst  hatte  ^). 

Abgesehen  von  diesen  durch  die  Erfahrung  gelehrten  Ab- 
weichunge  stimmen  die  kölner  Verabredungen  in  allen  we- 
sentlichen Dingen  überein  mit  dem  Bündniss,  das  1361  zn 
Grei&wald  die  wendischen  Städte  unter  sich  geschlossen  hat- 
ten. Ohne  Zweifel  waren  es  auch  in  dem  allgemeineren  Bunde 
wieder  diese  letzteren,  die  den  Ton  angaben,  der  ganzen 
Bewegung  ihre  Bahn  anwiesen.  Nur  in  einem,  jedoch  wich- 
tigen Punkte  vermochten  sie  nur  theilweis  mit  ihrer  Ansicht 
durchzudringen,  in  der  Bündnissfrage.  Ausdrücklich  bedangen 
sich  die  preussischen  und  niederländischen  Städte  aus,  dass 
ihnen  keinerlei  Koste  oder  Nachtheile  erwachsen  sollten  aus 
dem  Verhältniss  zum  Könige  von  Schweden,  zum  Herzoge  von 
Meklenburg,  zu  Graf  Heiarich  von  Holstein  oder  irgend  einem 
anderen  Herren,  v^zichteten  aber  andererseits  auch  auf  alle 
Vortheile,  welche  etwa  die  wendischen  Städte  aus  einem  Bünd- 


1)  Im  ersten  Kriege  war  die  Besümmang  gewesen :  Dat  wy  vromen,  koste, 
schaden  nnde  verlost  na  mantale  like  dreghen  scheiden,  H.  B.  I,  n.  898  8,  851. 
Vgl.  n.  864  S.  19S.     Jetzt  hiess  es:   Were  ok  dat  wy  geneghen  vromen  wor- 

ven  etc.,  den  scheide  wy  ghelike  delen  na  mantale Doch   so   schal 

unser  neen  den  anderen  rekenen  kost,   schaden   ofte  verlns,   H.  B.  I,  n.  418 
S.  375. 


(fegen  Waldemar.  437 

nisfle  mit  diesen  Fansten  ziehen  mochten.  Sie  liessen  diesen 
freie  Hand,  ein  solches  abzuschliessen ;  sollte  ihnen  das  gelin- 
gen, 80  waren  sie  auch  bereit,  anf  ein  Jahr,  Ton  Ostern  1368 
Ms  dahin  1309,  demselben  beizutreten.  Aber  das  volle  Risiko 
dieses  Unternehmens  lastete  auf  den  wendischen  Stftdten  ^). 

Das  war  der  Inhalt  der  fOr  die  hansische  Gesdiichte 
80  widitigen  kOlner  Konföderation.  Sie  war  zun&chst  nur  ein 
Vertrag  ad  hoc,  ein  Bündniss  zur  Zurückweisung  der  uner- 
tri^cben  Belftstigungen  Waidemars  und  seines  von  ihm  ge- 
gingelten  norwegischen  Schwiegersohnes.  Aber  sie  sollte  von 
grSsserer  Bedeutung  werden  als  irgend  eins  der  in  der  hansi- 
sdien  Geschichte  so  zahlreichen  Bündnisse  gleicher  Art.  Die 
Schhissbestimmung  der  EonfSderation  deutet  darauf  hin,  dass 
man  das  Bedürfidss  ftthlte,  sich  fester  zu  einigen ,  als  es  bis- 
her der  Fall  gewesen  war,  den  geschlossenen  Bund  auch  noch 
nach  Erreichung  seiner  Ziele  aufrecht  zu  erhalten.  „Drei  Jahre 
soD  diese  Verbindung  mit  allen  Artikeln  und  Punkten  fest  ste- 
hen, nachdem  wir  gemeinsam  uns  mit  den  EOnigen  ausgesöhnt 
haben*^.  Diese  Bestimmung  ist  der  Anknüpfungspunkt  gewor- 
den fbr  die  Organisation  der  Hanse,  die  von  der  kölner  Eon- 
fitderaticm  ihren  Ausgangspunkt  nimmt 

1)  Weitere  Verhandlungen  mit  Dänemark  und  Kriega- 
erklfirong.    Bündnisse  mit  den  Fürsten. 

So  war  der  Erieg  gegen  die  beiden  nordischen  Eönige 
dne  beschlossene  Sache.  Aber  obgleich  man  wusste,  dass  eine 
friedliche  Verständigung  unmöglich  war,  so  wollte  man  doch 
den  Schein  vermeiden,  als  lehne  man  den  Versuch  einer  sol- 
chen von  vornherein  ab,  und  liess  sich  daher  nochmals  auf 
Unterhandlungen  ein.  In  Eöln  war  ein  Gesandter  eines  dem 
dftnischen  Eönige  befreundeten  Fürsten  (wahrscheinlich  Erichs 


1)  8ie  haben  aneh  allein  die  Urkunden  der  spiter  mit  den  Fürsten  abge- 
lutiknunnn  Vcrtrlge  In  Händen,  H.  B.  I,  n.  479  $  S6. 


438  ^^'    ^^^  >^>to  Krieg 

von  Sachsen)  zugegen  gewesen;  ilun  gab  man  die  Antwort, 
dass  man  allerdings  noch  einen  Termin  za  Yerhandlmigen  an- 
setzen wolle,  aber  unbedingt  auf  vollen  Schadenersatz  von  Sdl«i 
WaldQmars  bestehe  müsse  und  sich  auf  die  Vermittlung  irgend 
eines  Fürst^  nicht  einlasse  könne  ^ ).  Dass  man  aber  durch- 
aus keine  Hoffiiung  hegte,  auf  diese  Weise  zu  einem  Resul- 
tate zu  gelangen,  beweisen  die  ununterbrochenen  Vorba^tun- 
gea  zum  Kriege»  beweist  die  Verabredung,  dass  bis  zum  19.  Ifta 
1368  sftmmtliche  Absagebriefe  an  den  König  in  Lübeck  sein 
sdlten ').  Man  wusste  sehr  wohl,  dass  ein  Schadenersatz,  den 
man  auf  150000  Mark  reinen  Silbers  (über  6  resp.  36  MUL 
Bvl)  berechnete ') ,  auQh  beim  besten  Willen  vom  d&nischen 
KQnige  nicht  geleistet  werden  konnte. 

Als  daher  Waidemars  Gesandte  Hartwig  von  Hummers- 
büttel  und  Bigmann  von  der  Lanken  am  2.  Februar  1368  m 
Lübeck  dfin  Städte  Lübeck,  Rostock,  Stralsund  und  Wismar 
gegenüber  auch  noch  w^ter  Nichts  vorzuschlagen  hatten  als 
einen  neuen  Termin  für  Verhandlungen,  als  sie  für  alle  Schir 
den  und  Nacbtheile  „nur  schöne  Worte  brachten,  die  da  waren 
wie  eine  Cbimftre"^),  als  die  Bäubereien  nnd  Gewjiltthatai 
auch  jetzt  noch  kein  Ende  nahmen,  da  der  König  auch  noch 
nach  der  kölner  Konföderation  3  oder  4  Schiffe  gekapert  hatte, 
erfolgte  die  Absage^).    Vergebens  hatte  Waldemar  gedroht, 


1)  H.  R.  I,  n.  415.  Bestätigt  wird  dies  aach  darch  H.  R.  I,  n.  429,  wo 
di«  StKdte  an. Waldemar  sehreiben:  8i  illa  potnissent  (seil,  legati  Waidemari 
regit)  nobif  obvlasM  super  termino  pturiSeatianis  Marie,  secutdom  quod  in  Co- 
lonia  fuimus  separat! ,  videiicet  dampnormn  nostrorom  refiisio ,  equitatis  pro 
illata  Si^joria  restaaracio,  et  ne  amplias  talia  contingerent  preservacio,  Ubenter 
ea  racepiasemos.  '^ 

2)  ebd.  I,  n.  420  §  10  yom  8.  Deo.  1567.  Ueber  das  Verhältniss  Ericbs 
zu  Lübeck  vgl.  Lttb.  Urkdb.  III,  n.  628. 

8)  H.  R.  I,  n.  481  §  13. 

4)  Kobis  vero  nichil  obviare  potqit  pro  dampnls  et  injarüs  nostris,  quam 
▼erba  pnlchra,  qae  füerunt  ot  sunt  quasi  chimera,  H.  R.  I,  n.  430.  Der  Aus- 
druck kelirt  in  ähnlicher  Weise  in  den  Klageschreiben  wieder. 

5)  ebd.  I,  n.  427  §  9  u.  n.  429 :  Et  adhuc  tolia  et  eoram  similia  focaatis 


gegtn  Waldrauur.  439 

bei  Fniimr  md  Papst,  bei  Herren  und  Fürsten  Ober  die  Städte 
klagea  sa  wollen.  Die  Städte  kamen  ihm  darin  noch  zuvor. 
Da  sie  8ciM>n  v<Hrfaer  über  diesen  Schritt  berathen  hatten  ^),  so 
eatwaifen  sie  jetzt  gleich  auf  der  lübecker  Versaxnmhmg  ein 
SduttibeA,  das  an  die  Könige  von  Polen  und  England  und  an  27 
nddiehe  und  geistliche  Fürsten  Norddentschlands  erlassen 
woEde').  Bitter  beklagen  sie  sich  über  die  Gewaltthaten  Wal- 
donan,  die  mehr  nach  einem  ^Tyrannen  und  Piraten^^  als  nach 
einem  KOttige  aussähen,  über  den  Bruch  des  feierlich  geschlos- 
dmmk  IWedens,  den  er  kaum  6  Wochen  gehalten  hätte.  Und 
^^i"!»^^*^  Briefe  eriiess  Lübeck  am  12.  März  an  Kaiser  und 
Papat^).  Dem  Ersteren  hatte  es  kurz  vorher  auf  eine  Auf« 
fofderong  am  Bömerzuge  thmlzunehmen  ablehnend  geantwor* 
tal  imd  sich  mit  seiner  grossen  eigenen  Noth  entschuldigt» 


^ilim.  Sehwerlich  werden  die  Absagebriefe  der  Stftdte  vor  dem  19.  Mini, 
4tm  Cwtgteelitea  Termine  (ebd.  I,  n.  420  §  10),  abgeschickt  worden  sein ,  ob- 
gltkh  der  in  Lfibeck  von  den  vier  Stftdten  gemeinschaftlich  concipirte  Tom 
i.  Prtnr.  d«lirt  Ist.  Am  S.  Mars  schreibt  Kampen  an  Deventer  wegen  des  Ab- 
as^tkrtefiM-,  ]>eyenter  schickt  ihn  am  7.  Mars  (H.  R.  m ,  n.  S96  f  4  ■.  6). 
Dia  Batiflkation  der  kölner  Konföderation  unter  den  Städten  erfolgt  erst  gans 
■BitfliBeb;  sie  war  am  6.  Okt  1368  noch  nicht  ToÜendet  (ebd.  1,  n.  469 
i  la»  4Tt,  479 JS;  Iftb.  Urkdb.  TV,  n.  649). 

1)  1467  Dec  8  and  1868  Jan.  1  (ebd.  n.  480  6  9  n.  481  §  84,  15). 

8)  ebd.  I,  n.  431.  Es  sind  die  Könige  Kasimir  von  Polen  and  Edaard 
voB  Ihiglaiid,  Markgraf  Friedrich  von  Meissen,  die  HemSge  Albert  von  Baiem 
(Qraf  TOB  Holland,  Seeland  etc.),  Ladwig  von  Brabant  (Graf  vot»  Flandern), 
Otto,  Magnus  and  Albert  von  Braunschweig,  Wilhelm  von  Brannschweig  und 
LftDalmrg,  Bodolf  von  Sachsen,  Barnim,  Bogistaw,  Wartisfaw  scfti.  and  Jan. 
TCO  Stettin,  der  Hersog  von  Glogan,  der  rheinische  Pfalsgraf  Bobetft,  der  Land- 
graf Heinrich  von  Hessen,  die  Grafen  Engelbert  von  der  Mark,  Nikolaus  von 
Ttklaobarg,  Johann  und  Gerhard  von  Hoya,  die  Edlen  von  der  Lippe,  von 
WMa  und  Beiig,  die  E^bischöfSi  von  Trier  (Verwilter  von  Mttii),  MMfas  und 
BkcBMo,  die  BlKhofe  von  Paderborn,  Hildesheim  and  Kamin. 

8)  Lftb.  Urkdb.  UI,  n.  648  u.  649.  Sämmtliche  Klagebriefe  gehen  von 
LUm^  ans.  Jene  89  gewiss  im  Auftrage  des  Städtetags,  da  sie  in  der  ursprUng- 
lUktm  Fsi— ng  schlössen:  Sigillo  consnlam  Labicensiumr  quo  obdcs  utimar  in 
prctcntiy  8.  darftber  auch  lilb.  Urkdb.  HI,  n.  637  Anm.  Auel^  von  den  beiden 
8elir«ib«n  an  Kaiser  und  Papst  möchte  ich  das  Letstere  annehmen,  obgleich 
der  an  den  Kaiser  einiges  speeidl  Lttbischcs  «nthUt 


440  ^^^'    ^r  sv«l«.  Krieg 

dabei  aber  nicht  vergetaen ,  die  in  solcher  Anfifordenmg  ent- 
haltene Ehre  gebührend  zu  würdigen  ^).  Es  reditfertigte  sich 
jetzt  vor  Karl  IV.,  dass  es  für  das  letzte  Jahr  1367  aeinon 
Feinde  Waldemar  die  Beichssteuer  nicht  bezahlt  habe,  da  der- 
selbe darnach  strebe,  „Eure  Stadt  Mbeck^^  Kais^  und  Bekh 
zu  entziehen;  es  bedauerte,  dass  der  Kaiser  zu  fem  vroluie, 
um  seine  schwache  und  verlassene  Heerde  mit  bewaflhetor 
Macht  zu  schützen,  und  bat  Beide,  Kaiser  und  Papst,  Waldo- 
mar nicht  zu  unterstützen,  über  dessen  Glewalttfaaten  der  JELaitf- 
mann  des  Westens  und  Ostens,  des  Südens  und  Nordens  auf- 
schreie. Herzöge  und  Grafen,  Herren  und  Bitter,  ja  die  eige- 
nen Diener  und  Vasall^  des  Königs  sich  beklagen  und  ge- 
meinsam Widerstand  zu  leisten  sich  veiraiigen'^  Des  Kaisers 
bewfthrte  Leutseli^eit  möge  es  daher  nicht  übel  nehmen,  wenn 
die  Städte  mit  Grottes  gnädiger  Hülfe  Etwas  zu  ihrer  Verthei- 
digung  thäten. 

So  rhetorisch  es  klingen  mag,  es  war  nicht  zuviel*  gesagt, 
was  Lübeck  hier  behauptete.  In  der  That  bildete  sich  eine 
Koalition  gegen  Waldemar  umfassender  als  die,  welche  der- 
einst seinem  Namensvetter  auf  der  bomhöveder  Haide  die 
Arbeit  eines  Lebens  vernichtet  hatte.  Nur  die  blinde  Hals- 
starrigkeit eines  Atterdag  konnte  verkennen,  dass  ihm  ein 
ähnliches  Schicksal  drohe,  dass  er  im  Begriff  stand,  durch 
Masslosigkeit ,  Uebermuth  und  Herrschsucht  das  Gebäude  zu 
zerstören,  das  er  im  Kampfe  dreier  Decennien  mühsam  auf- 
gerichtet hatte. 

Unabhängig  von  der  Verbindung  der  Städte  hatten  auch 
eine  Anzahl  Fürsten  und  Herren  sich  zu  einem  Bunde  gegen 
Waldemar  verdnigt.  Neben  dem  Meklenburger  und  seinen 
Söhnen  daheim  und  in  Schweden,  die  nur  durch  Krieg  gegen 


1)  Lüb.  Urk.  m,  n.  648  vom  SS.  F«br.  1868. 


fegMi  Waldemar.  441 

WaMenittr  und  Hakon  sich  halten  konnten  in  dem  neuen  Kö- 
nigraidiei  stand,  wie  wir  schon  oben  gesehen  haben  ^),  Graf 
Henrteh  ?on  Holstein,  die  Hauptstatze  des  schwedischen  Un- 
tegtebmcM  und  mit  seinem  Bruder  Klaus  der  unwanddbare 
GogMr  des  dinischen  Königs.  Hatte  dieser  sich  neue  Uebw- 
grifie  erlaubt  gegen  den  Best  der  grftflichen  Besitzungen  auf 
Ftam  und  in  Jtttland,  hatte  er  sich  sonst  nach  d^n  Frieden  yühl 
1866  «nb  Nene  die  Feindschaft  der  Grafen  zugezog^  wir  sind 
daittwr  nicht  unterrichtet,  finden  aber  jetzt  beide  Brttder  wieder 
ab  eifirige  Glieder  des  Bflndnisses  gegen  Waldemar.  Zu  ihnen 
md  den  Meklenburgem  gesellte  sich  ein  neuer,  für  Waldemar 
tet  noch  gefiihrlicherer  Genosse ,  der  jütische  AdeL  Wir  wis- 
nicht,  ob  Waldemar  auf  der  Höhe  seiner  Macht  vielleicht 
jOtischen  Pläne  wieder  aufgenommen,  die  est  1360,  ge- 
kMkt  durch  das  leichtere  und  lohnendere  Zid  der  Eroberung 
Sdwnens,  plötzlich  aufgegeben  hatte '),  ob  er  von  Neuem  ver- 
sadit  hat,  die  Juten  unter  die  Herrschaft  zu  beugen,  der  See- 
buid  sich  fügte;  wir  erfahren  nur,  dass  um  Neigahr  1368  jü- 
tifldie  Adlige,  vielleicht  ihrem  Vaterlande  entflohen,  sich  bei 
da  genannten  Fürsten  aufhalten ').  Am  25.  Januar  schlies- 
aen  sie  zu  Wismar  einen  Bund  mit  den  Meklenburgem  und 
Holsteinem  gegen  ihren  König,  „der  sie  dazu  bringe  durch 
■mcherlei  Unrecht,  das  er  ihnen  mitten  im  Frieden  und  guter 
Treue  zugefügt  habe  und  zu  ihrem  Verderben  ohne  ihre  Schuld 
noch  Tag  für  Tag  vermehre'^  ^).  König  Albrecht  von  Schwe- 
den, sein  Vater  Herzog  Albrecht  von  Meklenburg  nebst  seinen 

1)  8.  404  ff. 

1)  8.  obtn  S.  161. 

5)  So  maehte  ich  die  Worte  H.  B.  I,  n.  4SI  §  18  auslegen:  De  Jutit 
taUter  «st  oonoordatnm ,  quod  domini  eos  teneant  (apnd  se)  nsqae  ad  feetnm 
pMcbe.     Fock  fasst  sie  anders  auf,  III,  800. 

4)  fl^L  Holst  Laubg.  Urkds.  II ,  S.  S77 :  Dat  manigerleie  unrecht ,  dat 
OM  ksM  koningh  Woldemar  van  Denemarken  ns  binnen  guden  truwen,  binnen 
▼rede  md  binnen  velicheit  gedaen  hell,  und  de  he  dach  bi  daghe  ane  «se 
sehilt  vp  «se  vorderf  vermereti  ns  daer  to  bringht  etc. 


TW 


442  XIV.    Der  swefle  Krieg 

Söhnen  Heinrich  nnd  Magnus,  die  holsteinischen  GraÜBii  Hein* 
rieh  und  Klans  imd  12  jütisdie  Adlige  theils  dAaisdier,  theils 
deutscher  Herkunft^),  dwumter  Klaus  Lemb^,  der  miditige 
Drost'des  Reiches,  und  Stig  And^rssen,  der  alte  Statüialter 
von  Estland  und  firOhere  Freund  des  Königs,  traten  zosam- 
men  zu  gemeinsamem  Kämpft  gegen  Waldemar ').  Wie  es 
sdieint,  hat  auch  Herzog  Heinrich  vob  Schlesw^,  der  Nadh 
folger  seines  mt  1864  nicht  mehr  graanntea  Vaters  Walde- 
mar,  sich  angeschlossen,  denn  in  ein^n  von  Hvitfeldt  erwihiH 
ten  Vertrage  zwisch^  den  holsteinischen  Grafen  und  dem  jfl- 
tischen  Adel  verspreche  die  beiden  Theile,  dem  Herzoge  hd- 
fen  zu  wollen^  seine  und  ihre  Privil^en  zu  vertheidigen,  und 
keinen  Frieden  mit  Waldemar  zu  schliessen  ohne  Zuziehung 
des  Herzogs,  wie  auch  dieser  nicht  thun  will,  so  lange  Wal- 
demar ihm  nicht  Langeland  zurückgegeben  habe.  Erst  vor 
Jahresfrist  war  Letzt^es  mit  den  umliegende  kleien  Ins^ 
Waldemar  verfrf&ndet  worden*);  nur  geringes  Gebiet  scheiBt 
überhaupt  noch  in  den  Händen  des  Herzogs  gewesen  zu  sein, 
der  grössere  Theil  seines  Landes  im  Besitz  Waidemars.  Dem 
jütischen  Adel  sollten  seine  Privilegien  und  Waldemars  (U.) 
Gesetz  wieder  werden  ^).  So  zog  sich  ein  Gürtel  von  Feinden 
rings  um  Waidemars  Lande  zusammen ;  und  dass  den  Gegnern 
der  Wunsch  nicht  fem  lag,  das  dänische  Reich  wieder  auf  den 


1)  Es  sind  die  Ritter  Stig  Anderssen,  Klaus  von  Lembekt  Lüder  von  Lern- 
bek,  Ywar  Nikiassen,  Benedikt  von  Anefelde,  Anders  Offessen,  Paul  Jonssen, 
Ißkolans  Brikesen  und  die  KaappeQ  QotteckanE  Scharpenberg,  Lage  Offessen, 
Hartwig  Poggewisch,  Nikolaus  Gloop.  In.  einem  etwas  spftteren  Vertrage  (vom 
12.  März,  Hvitfeldt  I,  542)  werden  16  genannt.  Es  fehlen  von  jenen  12  Lüder 
von  Lembek  Benedikt  von  Anefeld  und  dafQr  treten  hinan  Christen  Kaas,  Niels 
Torstensen,  Lange  Offessen,  Jens  Nielssen,  Welfl  Eskessan,  Paul  Glob. 

2)  Schlesw.  Holst  Laubg.  Urkds.  II,  S.  276  o.  277;  Hvitfeldt  I,  542. 

3)  Becker,  Arehivreg^straturer  p.  106;  vgL  oben  S.  178. 

4)  Der  Vertrag  ist  nur  erwähnt,  nicht  abgedruckt  Qegen  die  Mittheilang 
spricht,  dass  etwaige  Eroberungen 'auf  Langeland  den  holsteinischen  Qrafen  an- 
gesprochen werden  (Schi.  Holst  Lbg.  Urkds.  TL,  S.  27fr). 


fagMi  Wald«mar.  .  443 

Staad  imi  1840  xurüdczubringeD,  das  beweist  die  Verabre* 
dang,  uck  welcher  die  Eroberungea  in  Schonen  und  Gotland 
dem  Kteige  von  Schweden«  die  in  Seeland«  Falster  und  Meen 
den  mekleDburgischen  Herzögen,  die  in  Jütland,  FUnen  und 
Langelaiid  den  holsteinischen  Grafen  zufallen  soUten  *•). 

Und  mit  diesen  Qegnem  vereinigte  sich  nun  noch  die  f&r 
den  Kampf  mit  dem  dänischen  Inselreiche  entscheidende  Macht 
dar  geld-  und  flottenstarken  Städte.  Die  vier  wendischen 
TkaOndimer  an  der  kölner  Versammlung  (LObeck,  Rostock, 
Wismar  und  Stralsund)  leiteten«  von  ihren  wendischen  Gre- 
Bosaen  bevollmächtigt*)«  die  Verhandlungen.  Ein  Streit  zwi- 
schen dem  Herzoge  von  Meklenburg  und  der  Stadt  Kampen 
wurde,  wie  es  scheint«  gütlich  beigelegt').  Am  2.  Februar 
kam  dann  zu  Lübeck,  von  wo  die  dänischen  Gesandten  mit 
der  sichern  Aussicht  auf  Krieg  nach  Hause  ziehen  mussten« 
dm  Bündniss  zwischen  den  Städten  und  den  Fürsten  zu  Stande« 
flr  die  wendischen  Städte  auf  zwei«  für  die  von  Preussen  und 
den  Niederlanden  der  kölner  Uebereinkunft  gemäss  nur  mS 
ein  Jahr  ^).  Wohl  um  die  Unterhandlungen  mit  Dänemark  erst 
definitiv  abgebrochen  zu  haben«  hatte  man  nicht  schon  auf  dem 
Tage  zu  Wismar  im  Januar«  wo  die  Fürsten  selbst  anwesend 
waren  ^)«  mit  ihnen  abgeschlossen.  Wie  Magnus  und  Hakon 
im  greifewalder  Vertrage  1361«  so  verpflichteten  sich  auch 
jetst  die  Fürsten  zu  der  gleichen  Kriegsleistung  wie  ihre  Mit- 
kontrahenten« die  wendischen  Städte;  sie  wollten  1000  Ritter 


1)  Schi.  Hobt  Lbg.  Urkda.  II,  S.  276. 

1)  H.  S.  I,  n.  421  §  18  «.  28. 

8)  «bd.  I,  n.  420  f  1  o.  421  §  24,  1. 

4)  ebd.  I,  n.  427  §  1.  Die  Fttrsten  haben  sich,  wie  es  scheint,  nicht  auf 
ttn  durchweg  eii\}JUiriges  Bttodniss  einlassen  wollen,  vgl.  ebd.  n.  421  §13. 
Für  die  wendischen  Städte  dauerte  das  Bündniss  vom  22.  Febr.  1S68— 14.  April 
1870,  für  die  fibrigen  nur  bis  1.  April  1869. 

6)  Dies  beweisen  die  Verträge  swischen  ihnen,  die  in  Wismar  abgeschlos- 
sen siöd ,  oben  S.  441 .  Nach  Wismar  waren  auch  ron  den  Städten  die  Ver- 
handloagen  mit. den  Fttrsten  verlegt,  H.  B.  I,  n.  421  §23. 


444  XI^*    I^w*  "^«^  'Kriei^ 

und  Knechte  stellen.  Sollte  ab^  König  Albreeht  stetiien  oder 
inaswischen  sein  Reich  verli«!^en,  so  sollten  es  nur  400  sein. 
Die  Eroberungen  in  Schonen  uroUte  man  theilen,  dte  Städte 
sollten  ihre  Hftlfte  behalten,  bis  durch  die  Einkünfte  ihr  Scha- 
den ersetzt  sei,  und  noch  zwei  Jahre  l&nger;  dann  sollten  sie 
Alles  dem  Könige  vm  Schweden  übergeben.  Wollte  dieser  ia 
Schonen  etwas  verkaufen  oder  verpfänden,  so  sollte  er  es  zu- 
nächst den  Städten  anbiete.  Ihre  alten  Freiheiten  aollta 
diesen  durch  König  Albrecht  besiegelt  werden  (dies  gesdiak 
am  25.  Juli  durch  eine  Urkunde ,  die  abgesehen  von  der  Er- 
höhung dnzelner  Abgaben  im  Wesentlichen  die  Bestimmungen 
des  hansischen  Entwürfe  vom  6.  November  1363  enthält)  0; 
fttr  die  Dauer  des  Vertrags  sollten  sie  von  den  Herzögen  Ge- 
leit durch  ganz  Meklenburg  haben*).  Kopenhagm,  die  ge- 
fährliche, die  Fischerei  im  Sunde  beherrschende  Burg  des 
Feindes,  wollte  man  zerstören.  Dass  alles  dieses  treu  gehab- 
ten werde,  dafür  sollten  die  meklenburger  Herzöge  d^  Städ- 
ten die  Schlösser  und  Städte  Wittenburg  und  Ribnitz  zum 
Pfände  setzen'). 

Gewitzigt  durch  die  Erfahrungen,  die  sie  mit  Magnus  und 
Hakon  gemacht  hatten,  waren  die  Städte  vorsichtig.  Schon 
am  26.  Februar,  einen  Tag  vor  der  nach  GrevismOUen  zn 
weiteren  Verhandlungen  und  zur  Ratifikation  der  Verträge 
angesetzten  Zusammenkunft  mit  den  meklenburgischen  und 
holsteinischen  Fürsten,  sollten  Lübeck  und  Wismar  sich  in 
den  Besitz  von  Wittenbui^  setzen,  die  Bostocker  und  Stral- 
sunder aber  nach  Beendigung  des  Tages  ohne  Aufenthalt  nach 


1)  Lttb.  Urkb.  lU,  n.  668 ;  ygl.  H.  R.  I,  n.  806. 

8)  Der  Geleitsbrief  s.  Lfib.  Urkdb.  m,  n.  644  vom  1.  Hin  1368. 

d)  Der  Vertrag  vom  20.  Febr.  1868  Lüb.  Urkdb.  HI,  n.  662  mit  der  Be- 
stfttigODg  König  Albrechts  vom  25.  Juli,  vgl.  H.  R.  I,  n.  427  §  2  and  n.  453- 
Greifswald  l&sst  sich  seine  Theilnahme  am  Vertrage  and  die  volle  Gerichtsbar- 
keit, die  es  in  Schonen  besass,  besonders  verbriefen  (H.  R.  I,  n.  438  a.  460f 
vgl.  S.  182  Anm.  2). 


fegen  WaUiVuur..  446 

Ribnite  leitoi,  um  dies^  Platz  am  3.  M&rz  zu  okkupiren.    Er 
ist  aber  trotzdem  nicht  in  ihre  Hand' gekommen^). 

In  QxeYismühlen,  wohin  auch  die  holsteinischen  Grafen 
H«im4A  und  IQaus*)  kamen,  wurde  nun  verhandelt  über  die 
Rfistongen.  Der  Herzog  von  Meklenburg,  die  Grafen  und  auch 
Kkns  von  Lanbdc  wünschten  Schiffe  und  liObensmittel  von 
den  Bt&dten  zu  erhalten;  in  diesem  Falle  wollten  sie  mit  ihnen 
goneiiigdiafUich  zu  Felde  ziehen.  Die  Auslagen  sdlten  den 
St&dten  durch  Gefangene  und  durch  Beute  ersetzt  werd^ '). 
Mam  ging  darauf  ein,  um  sich  den  Vortheil  eines  Feldzugs 
mit  geeinten  Kräften  zu  sichern.  Dem  Herzoge  von  Mdclen- 
burg  wurden  10  Schiffe  gestellt  und  Lebensmittel  g^eben  für 
1000  Ifark  lübisch;  ja  man  leistete  ihm  obendrein  noch  einen 
Vonchuas  v<m  2000  Mark  lübisch  in  baarem  Gelde,  die  der 
Hnog  durch  Gefangene  und  Kontributionen  (dinghenisse,  de- 
IMMtationes)  oder  in  Schweden  in  Kaufinannsgütem  zu  be- 
zahlen versprach  ^).  Dafür  verpflichtete  er  sich,  am  27.  April 
mii  SCO  Rittern  und  Knechten  in  Wamemünde  bereit  zu  sein, 


1)  H.  E.  I,  n.  4S7  I  S  n.  6.  Die  Lfibecker  aUein  haben  Wittenbvg  in 
Verwalurnng  genommen,  s.  Lfib.  Urkdb.  III ,  n.  650  vom  14.  Miri  1568,  wo 
die  drei  andern  Stidte  versprechen,  Lübeck  etwaige  ünliosten  xa  e^vetxen. 
VgL  Bodi  H.  R.  I,  n.  474  §9,  476  §11  u.  18,  479  §  S8.  Mai  1870  Ist 
WlttSBboff  noeh  in  den  Händen  der  Lfibecker,  Lfib.  Urkdb.  III,  n.  718^S0.  — 
Am  10.  Angnst  1868  betchliessen  die  Stidte,  sich  bei  Heriog  Heinrich  von 
Meklenbmrg  Aber  Rinbereien  seines  Vogtes  von  Bibniti  aas  xa  beklagen,  H.  R. 
I,  m.  476  1 18. 

S)  Der  Vertrag  mit  ihnen  und  den  jfitischen  Adligen  (H.  R.  I,  n.  441  o. 
Lfib.  Urkdb.  III,  n.  641  vom  80.  Febr.)  enthXlt  nichu  Oenaneres  fiber  die 
gegw— eitlgen  Leistungen.  Von  den  jfitischen  Adligen  werden  hier  nor  8  ge- 
naut:  St|g  Andenton,  Klans  von  Lembek,  Lfider  von  Lembek,  Andersson(!) 
OffenaoBy  Iwar  Nickelsson,  Benedikt  von  Anevelde,  Gottschalk  Scharpenberg, 
Hartwig  Poggewisch.  # 

i)  H.  B.  I,  n.  487  |  8,  436  fi  10.     Vgl.  aueh  n.  440  A  |  11. 

4)  ebd.  I,  n.  440  A  §  11  und  15  und  B  §  1.  Die  Schaldverschreibang 
flfar  die  4  Stidte  fiber  8000  Mark  s.  ebd.  I,  n.  448.  Es  fehlt  hier  Datnm  und 
Ort.  Vaeb.n.  440  A  {  11  u.  16  nnd  B  S  16  kann  wohl  kein  Zweifel  sein, 
daae  die  Urlrande  In  Rostock  swischen  HXrx  88  and  April  9  aasgestellt  ist. 


446  ^^^*    I>w  flwalto  Krieg 

um  mit  den  Städtischen  die  Heerfahrt  anzutret^  in  den  Sund  ^). 
Und  auch  Heinrich  von  Holstein  imd  Klaus  von  LembdE  darf  toi 
die  Lübedcer  im  Namen  der  vier  Städte  500  Itib.  Mark  ver- 
sprechen, falls  sie  bereit  seien,  mit  100  oder  80  BewafiBi^«i 
mit  hinüberzuziehen  übers  Meer^). 

Neben  diesen  Kontingenten  der  Fürsten  und  Herren ,  die 
wesentlich  nur  durch  die  Beihülfe  städtisdioi  Geldes  ins  Fdd 
gestellt  wurd^,  mussten  aber  auch  in  milit&risdiar  Beziebung 
die  St&dte  selbst  das  gute  Beste  thun.  Sdien  wir,  wie  die 
Bestimmungen  der  kölner  Konföderation  in  diea^  Beziehimg 
zur  Ausführung  kamen. 

8)    Die  Büstongen  der  Städte. 

Es  kam  nach  dem  Abschluss  des  Bundes  zunädist  dar- 
auf an«,  die  Glieder  der  Hanse  möglichst  vdlzählig  heranza» 
zidien.  Nur  zwölf  Städte  werden  als  Theilnehmer  des  kStu&t 
Tages  genannt;  hatten  sie  anch  für  manche  andere  nodi  die 
Vertretung,  so  war  man  doch  weit  entfernt  von  einer  voll- 
zähligen Betheiligung.  Es  wurden  daher  die  in  Köln  an- 
wesenden Städteboten  beauftragt,  die  gefaseten  Beschlüsse  as- 
dem  Städten  mitzutheilen,  zum  Beitritt  zu  ermahnen  und  an- 
zuhalten: Kampen  für  Utrecht,  Deventer,  Zwolle  und  Hassdt; 
Amsterdam  und  Briel  für  Stavoren,  Zierixee,  Middelborg,  Dord- 
recht  und  andere  Städte  in  Holland  und  Seeland,  desgleich^ 
die  vier  wendischen  Besucher  des  kölner  Tages  (Lübeck,  Wis- 
mar, Bestock  und  Stralsund)  für  die  sächsischen,  wendischen 
und  livländischen  Städte  Braunschweig,  Hildesheim^  Magdeburg, 
Hameln,  Hannover,  Lüneburg,  Bremen,  Stade,  Hamburg,  Kid, 
Greifswald,  Anklam,  Stettin,  Stargard,  Kolberg,  Riga,  Dorpat, 
Reval  und  Pemau,  endlich  die  drei  preussischen  Städte  (Kulm, 


1)  H.  R.  I,  n.  449.     Statt  Mid  4  ist  sa  setsen  April  27. 

2)  ebd.  I,  n.  440  A  §  12.     Die  Greiffwalder  und  Stettiner   sogen  das  an 
ihren  Rath. 


g«gMi  WftldflmAT.  ■  447 

Thoro  und  ElbiBg)  für  die  westfälischen  Dortmund,  Münster, 
Soest  und  Osnabrück  ^).  Das  diesen  letztere  so  nahe  gelegene 
Kdbi  Uiab,  abgesehen  davon,  dass  es  die  in  seinen  Mauern 
tigendon  Bathmaunen  der  Städte  als  Gesandte  an  die  Hanse- 
gOMMsen  beglaubigte,  vollkomm^  unthätig.  Im  Ganzen  sind 
es,  ausser  den  12  Theilnehmem  am  kölner  Tage,  31  Städte 
(8  niederlindische,  4  westfälische,  8  sächsische,  7  wendische 
(Bit  Han^uig  und  Kiel)  und  4  livl&ndische),  die  hier  genannt 
werden.  Auffallend  ist,  dass  Köhi  selbst  im  Becesse  gar  nicht 
erwähnt  wird  >). 

Bei  der  allgemeinen  Festsetzung  der  Kontingente  in  Köln 
werden  nur  die  Küst^städte  herangezogen,  die  Binnenstädte 
gfuslich  unberücksichtigt  gelassen.  Also  nur  von  jenen  er- 
wartete man  militärische  Leistungen.  Von  Mannschafts-  oder 
aich  nur  Geldbeiträgen  irgend  einer  Binn^istadt  wird  auch 
dvdiaufl  Nichts  bekannt,  während  man  andererseits  Küstcn- 
stidte  den  kölner  Beschlüssen  gemäss  mit  Zwang  zu  kriege- 
mchar  Mitwirkung  anzuhalten  sucht,  ohne  dass  von  derartigen 
Masaregeln  gegen  Binnenstädte  irgendwo  die  Bede  wäre.  Doch 
sind  diese  darum  nicht  als  von  der  Konföderation  fembleibend 
zu  betrachtaL  Sie  haben  die  Handelsverbote  beachtet  und 
den  Königen  von  Dänemark  und  Norwegen  abgesagt;  denn 
Senat  hätten  sie  nicht  theilnehmen  können  an  den  Friedens- 
sehlflssen  oder  an  den  durch  den  Kri%  und  die  Bündnisse 
erlangten  Freiheiten,  wie  es  thatsächlich  der  Fall  gewesen  ist. 
Jene  aftmmtlichen  43  Städte  werd^,  mit  Ausnahme  von  An- 
Uam  und  Hameln,  in  den  erworbenen  Privilegien  erwähnt'). 
Ja,  will  man  sich  an  dieses  Erkennungszeichen  halten ,  so  ist 
die  ZbU  der  zur  Konföderation  haltenden  Städte  noch  grösser. 

1)  H.  K.  I,  n.  41S  «.  419. 

S)  Die  bald  dAranf  ausbrechenden  Unruhen  können  auf  Kölns.  Haltung 
•ehwerlkh  Sininaft  gehabt  haban,  Tgl.  Eonen,  Geaoh.  d.  St  Köln  II,  671  n.  661. 

S)  Vgl.  H.  B.  I,  n.  458  n.  524.  Uabar  Anklams  StaUang  s.  unten.  Dia 
Mldit«fwik«BBg  Hamelna  Iftsit  sich  nur  mit  Yermuthungen  begründen. 


448  ^^^U.    Der  ureltd  Krieg 

Jenen  41  (ohne  Anklam  und  Hameln)  sind  dann  noch  hinzu- 
zufügen die  niederländischen  Städte  Zütphen,  Enkhuyzen,  Wie- 
ringen, Hindelopen,  Groningen  und  Amemuiden  ^).  Auseerdem 
lässt  sich  noch  die  Theilnahme  der  livländischen  Städte  Lemsal, 
Wolmar,  Wenden,  Kokenhusen  und  Fellin*),  der  preussischen 
Danzig,  Königsberg  und  Braunsberg'),  des  niederländischa 
Herzogenbusch ^)  nachweisen,  so  dass,  Köln  eiBgerechnet, 
welches  später  an  allen  Privilegien  und  Verträgen  theilnimmt, 
im  Ganzen  57  Städte  als  Glieder  der  kölner  KonföderatioM 
deutlich  erkennbar  sind. 

Es  nehmen  nun  aber  Städte  an  der  Konföderation  Theil 
(wir  wissen  leider  nidit  welche,  doch  sind  jedenfalls  nieder- 
ländische darunter  gewesen)^),  die  nicht  zur  Hanse  gehören, 
d.  h.  nach  dem  damaligen  Wesen  dieser  Verbindung  keines 
Theil  haben  an  den  Privilegien  des  deutschen  Kaufmanns  im 
Auslande*).  Ausdrücklich  wird  das  durch  die  Quellen  gele- 
gentlich gesagt^).  Und  andererseits  giebt  es  Hansestädte,  die 
sich  nicht  an  der  Konföderation  betheiligen  ^).    Wie  man  daher 


1)  H.  R.  I,  n.  458,  454,  456,  518. 

2)  Sie  erheben  PfondsoU:  H.  R.  I,  n.  484  S.  440  a.  m,  n.  29  |  1  n.  t 
8)  Schon  die  SteUe  des  kölner  Recesses:  „Van  Pmcen  eise  de  sees  stedi^* 

beweist  das.    Ausserdem  H.  R.  I,  n.  458,  018  u.  a.  O. 

4)  Es  liefert  Püindsoll  ab  H.  R.  I,  n.  490  S.  449. 

5)  So  Kämpen  und  Stavoren,  s.  H.  R.  II,  n.  266  |  8.  Vgl.  unten  S.  449, 
A.  1.  Was  Stayoren  betrifft,  so  kann  das  nicht  allsosehr  auffaUen.  Die 
St&dte  Hollands,  Seelands  und  Frieslands  stehen  im  15.  Jahrhundert  au  den 
Hansestädten  in  einem  scharfen  Gegensats,  werden  nicht  xu  Ihnen  gerechnet 
Das  entspricht  auch  der  alten  Ordnung,  nach  welcher  Friesen  und  Flamlindsr 
die  OsUee  nicht  befahren  dürfen.  (Vgl.  Lfib.  Urkdb.  I,  n.  485  «.  486.  Doch 
erscheinen  gleichzeitig  die  friesische  Stadt  Leeuwarden  und  die  hoUindische 
Mulden  als  den  andern  Städten  gleichberechtigt,  H.  R.  I,  n.  44).  —  Fflr  Käm- 
pen ist  diese  Stellung  doch  auffUliger.  Die  utreohtsehen  und  geldemeehea 
Städte  werden  früher  und  später  als  Glieder  der  Hanse  angesehen. 

6)  Vgl.  Koppmann  in  H.  R.  II,  S.  VI  ff. ,  der  darauf  suerat  auftnerksam 
gemacht  hat. 

7)  H.  R.  I,  n.  428  S.  889:  In  omnibus  civitatibus,  que  in  hansa,  et  in 
aliis,  que  nobiscum  sunt  in  ista  confederacione. 

8)  ebd.  n.  453  S.  41 1  wird  su  den  aufgezählten  Städten  Mnxngefilgt :  „Unde 


g«g«ii  Waldemar.  449 

die  Frage  nach  den  Theilnehmem  an  dieser  nur  ungenügend 
beantworten  kann,  so  lässt  sich  noch  viel  weniger  die  Zahl 
der  damalige  Hansestädte  mit  Sicherheit  bestimmen  ^).    Nur 

alle  d«i,  de  in  der  I>iideschen  hense  sint^*.  Ebd.  n.  489  §  19  heisit  es:  Con« 
eeriftTenuit,  quod  qoAndocanqae  fiunt  aliqae  ordinancie  per  commimes  clTiteteSi 
qaod  me  iU  eerrmode  snnt  per  iUos,  qal  non  sunt  in  noetra  confedemeione, 
dtmt  per  illoe,  qni  sunt  in  confederacione.  Ita  enim  erit  servandam  de  preceptis 
Jua  ordiaatls ;  et  hoc  erit  asscribendum  civitatibos  Westlalie,  Sazonie,  Marchie, 
FItiidrIt,  Anglie  et  Forneranie.  —  Ist  bei  den  „Städten  Flanderns  und  Eng- 
länder' nur  an  den  deutseben  Kaoftnann  dort  in  denken? 

1)  Die  Schwierigkeit  liegt  auch  besonders  darin,   dass  nicht  nnr  einzelne 

Stidte,   aondem   aneh   ganse  Landschaften  als  Glieder  der  Hanse   betrachtet 

wortai  ilad,  ihre  Einwohner  Theil  gehabt  haben  an  den  Beehten  des  dentschen 

Kaalkiianna  im  Auslande.     So  ohne  Zweifel  die  Westfalen  im  16.  Jahrhundert, 

r^  Hans.  Geschbl.  1878,  p.  LI  und  1877,  p.  XXVII.   Warendorf  galt  als  Vorort 

dar  Städte  „up  den  Dren** :  Beckum ,  Ahlen ,  Rheine ,  Telgte ,  Werne  ;   Koes- 

leid  als  Vorort  der  Städte  „up  den  Braem'':  Bocholt,  Haltern,  I>aimen,  Borken 

md  Vreden  (Mittheilung  des  Herrn  Archivrath  Wilmans  in  Mfinster) ;  vgl.  auch 

Ilitor  in  d.  Zeitschr.   f.  yaterländ.  Gesch.  u.  Alterthumskunde,    heransgeg.  t. 

Viiiio   f.  Gesch.  Westfalens  XV,  886  ff.;   darnach  hängen  ron  Arnsberg  ab: 

Vehalm ,  Eyersberg ,  Hirschberg ,  Grevenstein ,  Balve ,  Allendorf  und  7  „Frei- 

heltm**,   die  sämmtlich   „yan  aldes  in   die  Hense**  gehören.    Nach  dem  Ent- 

wleUnngigange,  den  die  Hanse  genonmien,  liegt  yiel  näher  ansunehmen,  dass 

die  Zngehdrigkeit  xu  ihr  sich  im  Laufe  der  Zeit  beschränkt  hat,  als  das  Gegen- 

tkeU.     Ich  möchte  geradezu  annehmen,   dass  von  Anfang  an  jeder  Westfale, 

gleichviel  ob  Stadt-  oder  Landbewohner,   cur  Hanse  gehörte,   Theil  hatte  an 

de«  Rechten  des  Kanftnanns  im  Auslande.  —  In  Preussea  sind  die  Rechte  der 

Hanse  gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts  nicht  auf  die  sechs  Städte  beschränkt, 

die  gewöhnlich  allein  als  Hansestädte  betrachtet  werden  (nach  handschr.  Material 

des  daniiger  Stadtarchivs;  doch  vgl.  auch  H.  R.  lU,  n.  89  u.  40:  Wi  ratman 

der  alede  Cohnen,  Thorun,  Elbingb,  Dantsik,  Coningesbergh,  Brunsbergh  und 

alle  der  anderen  stede  under  unseme  heren,  dem  homestir,  und  ebd.:  Vor 

■na  ande  vor  al  de  andern  stede  in  Prucaenlande  ghelegh^).  —  In  Liv- 

laad  feiten  im  14.  Jahrhundert  eine  ganse  Reihe  kleiner  Städte  (Lenual,  Koken- 

hniWi,  Wenden,  Wolmar,  Walk,  Fellin,  Roop). als  Hansestädte,  besenden  Partika- 

iactage  Mmr  Berathnng  Über  hansische  Angelegenheiten  (H.  R.  III^  S.  6  ff.  n.  sonst); 

«I  Ende  dea  Mittelalters  erschienen  nur  noch  Riga,  Dorpat  und  Revai  auf 

leklieB  Tagen.  —  Es  ist  daher  wohl  kaum  allsu  grosses  Gewicht  darauf  an 

legen ,   daai  aieh  manche  Städte   dhrekt  ftbr  diese  Zeit  als  Glieder  der  Hanse 

nackwaifen  lassen,  andere  nicht    Von  deigenigen  Städten,   an  die  später  ge- 

•dbriehtn.  wird,  um  sie  snr  Verwendung  bei  den  Ft&rsten  aa  veranlassen  (iL  R. 

I,  n.  476  1 18  o*  n.  476:  Es  sind  ausser  den  aur  Konföderation  Gehörigen  Erf^ 

Nordhaaaen,  Goslar,  Halle,  Halberstadt,  Eimbeck,  Göttingea,  Berlin,  Fasewalk, 

Preaalaa,  Brandenburg,  FrankHirt,  Breslau,  Gaben,  Perleberg,  Pritswalk,  Havel- 

8cUlw,  Die  HaiMMtiidte.  29 


soviel  ist  gewiss,  dass  die  Konftdoration  daranf  hidt,  dass 
keine  Stadt,  die  der  Hanse  angehörte,  also  an  dea  Rechten 
des  Kaufmanns  im  Auslande  theilnahm,  sich  offm  anflehnea 
durfte  g^en  die  Bestimmungen  des  kölner  Vertrags  Aber  Handd 
und  Verkehr.  Der  Varsuch,  sich  von  der  allgemeinen  Sache 
fernzuhalten  und  dem  besonderen  Vortheil  nachzugehen,  wird 
natürlich  d)enso  waiig  unterbliebe  sdn,  wie  im  ersten  Kriege 
die  kleinen  pommerschm  und  meklenburgischen  Stidte  der 
Versuchung  haben  widerstdien  können,  die  Lage  zu  Ungunsten 
ihrer  im  Kriege  begriffenen  grosseren  Nachbarn  anszunutze  ^). 
Aber  der  Beschluss  der  an  der  kölner  Konföderation  fhefl- 
nehmenden  Städte,  dass  alle  nicht  derselben  angehörenden 
Kommunen  ihre  Bestimmungen  (ordinande)  befolgen  sdlten 
^dchwie  sie  sdbst,  beweist  deutlich,  dass  man  gewillt  war, 
dem  mit  Entschiedenheit  entgegenzutreten*).  Und,  wie  es 
sdieint,  hat  die  Konföderation  ihren  Willen  durchgesetzt,  dem 
abgesehen  von  einigen  noch  zu  erwähnenden  Schritten  gegoi 
einzelne  Städte  ist  uns  Nichts  bekannt  über  Massregdn  gegen 
widerspenstige  Hanseglieder,  die  gewiss  nicht  ausgeblieben 
wären  und  in  den  zahlrdche  Becessen  der  folgenden  Jahit 
eine  Spur  zurudcgelassen  hätten.    Denn  strenge  hielten  die 

berg,  KyritB,  Sieiidal,  Gwdelegui,  Tangenninde ,  Saliwedel)  kaim  wohl  wb 
▼OB  Erfiirt,  Nordkavsen  «nd  Oubon  bosweifelt  werden,  dam  sie  smr  Hanse  ge- 
hfirtea.  Avuerdem  lassen  sieh  noch  nachweisen  als  Hansestidte  Demmin  (H.  R 
I,  n.  SM  S.  193),  Butehnde  (ebd.  I,  n.  M7  §  13),  Seehansea  (ebd.  I,  n.  SSI), 
Leenwarden,  Maiden  and  Koeafeid  (ebd.  I,  n.  44),  Paderborn,  Lappstadt,  Lemgo, 
Höxter,  Heribrd,  Minden  (ebd.  1,  n.  €9),  fan  €(ansen,  wenn  man  Srftnt,  Kord- 
hansen  und  Qnbea,  dann  das  firiesiaehe  Laeawarden  nnd  das  hoUindis^t 
Maiden  ab-,  dagegen  Hamoln  und  Anklam  hiasarachnei ,  31,  nut  Wisby  and 
Stockholm  33,  ansammen  mit  den  in  der  KonfSderatSon  aaehweisbaren  90. 
Sechnel  man  die  holUndischen,  seelindisehen  and  firiesUndisehan  Stidte  (Am- 
sterdam, Briel,  I>ordrecht,  Snkkniaen,  Wieringen;  Ziarixaa,  Middelbnrg,  Ar- 
nemalden;  Stavoren,  Hindelopan) ,  die  scbwerlicb  ala  Glieder  der  Hanse  ss 
betrachten  sind,  wieder  sarttck,  so  bleflMn  SO.  Jedan&Ils  war  die  Zabl  aber 
grSsser  als  geringer,  wie  gesagt,  in  gewissem  Sinne  anbegrenshar. 

1)  8.  oben  S.  33«. 

S)  H.  R.  I,  n.  489  §  19;  Tgl.  oben  &  448  A.  & 


gegtti  Wald«iiuur.  461 

Hansen  an  den  einmal-  als  bindend  festgesetzten  Ordnungen 
und  lieasen  so  leicht  keinen  Verstoss  ungeahndet  durchgehen. 
Nor  im  AUgemeinen  waren  in  Köln  die  militftrischen  Lei* 
stUBgen  unter  die  einzekien  Städtegruppen  vertheilt;  es  zeigte 
sidi  bald,  dass  die  einzelnen  Glieder  des  Bundes  nicht  ohne 
Wetterea  zu  den  ihnen  zugedachten  Leistungen  bereit  waren. 
Eb  bedurfte  erst  zum  Theil  recht  langwieriger  Vorhandlungen, 
um  die  verabredete  Streitmacht  aufzubringen  und  die  Städte, 
anf  die  man  gerechnet  hatte,  zum  thätigen  Beistande  zu  be^ 
wegen.  Als  sich  die  acht  wendischen  Städte  Lübeck,  Hamburg, 
Wiamar,  Bestock,  Stralsund,  Greiswald,  Stettin  und  Kolberg 
in  Nei^ahr  1368  in  Bestock  zusammenfanden,  um  das  von 
ümen  zu  stellende  Kontingent  von  1000  Mann  unter  sich  zu 
vertheilen,  erklärten  zwar  Alle,  bei  der  kölner  Konföderation 
Ueiben  zu  wollen,  aber  nur  die  vier  Theihiehmer  am  kölner 
Tage  übernahmen  ohne  weitere  Einrede  die  ihnen  zugedachte 
Ldstung:  Lübedc  drei  Koggen  mit  300,  Stralsund  zwei  mit 
20!0!|  Bestock  zwei  mit  150  und  Wismar  eine  mit  100  Maim  ^). 
Auch  einen  Monat  später,  auf  dem  lübecker  Tage  am  2.  Fe- 
bnuur,  hatte  man  von  den  übrigen  Städten  noch  keine  be- 
stimmte Zusage^).  Greifswald,  das  sich  schon  vor  der  kölner 
Konföderation  von  den  übrigen  Städten  getrennt  hatte '),  schien 
auch  jetzt  eine  Sonderpolitik  befolgen  zu  wollen  und  näherte 
sich  nur  zögerüd  den  Genossen.  Es  schloss  allein  seinen  Ver- 
trag mit  den  Meklenburgem ,  liess  sich  seine  schonenschen 
Privilegien  besonders  bestätigen^)  und  stellte,  als  es  sich 


1)  H.  B.  I,  n.  421  §  1^6.  Rostock  ftellto  spilter  in  WirkUebk«it  aar  140, 
1.  n.  4S4  S.  441. 

S)  ebd.  I,  n.  427  §  10. 

8)  ebd.  I,  n.  409  §  5  rom  1.  Sept.  1867. 

4)  a.  obeD  S.  444  A.  8;  H.  R.  I,  n.488  u.  460.  Die  Urkdl.  Oetch.  U,  S.  115 
«ufaeproelieiie  Meinang ,  die  Ausdehnung  der  CkrichtsberlEeit  Mif  HaIs  nnd 
Hand,  welclie  die  Oreiffwalder  besassen,  sei  ohne  Beispiel  and  wahraehelnlich 
als  Folge  einer  gans  besondern  Begünstigung  nur  vorftbeigehend  gewesen,  ist 

29* 


452  ^^^'    ^^  iwdtd  Krieg 

endlich  dem  Bunde  anschloss,  statt  der  veiiangten  Kogge  mit 
7&  Mann  nur  eine  mit  60^).    Die  einer  früheren  Verabredung 
genäds  von  den'Städten  beschlossene  Nachlieferung  von  15  Mann 
auf  je  100  zögerte  es  zu  gewfibren  und  blieb  rOdratändig  in 
der  Ernennung  seiner  Hauptleute*).  —  Die  Kolberger  stellten 
nach  wiederholter  Mahnung  dem  Anschlage  gemäss  ein  Schiff 
mit  40  Mann.    Sie  hatten  sich  nach  dem  letzten  Frieden  mit 
Dänemark  über  Zurücksetzung  beklagt,  den  rostockar  Tag  vom 
30.  Mai  1367  weg^  feindlicher  Anfälle  nicht  besucht;  in  Folge 
eines  blutigen  Familienzwistes,  der  seit  1364  die  Bürgerschaft 
zerriss,  war  die  Stadt  in  schwerer  Bedrängniss;  ohne  Zweifid 
hat  das  auf  ihre  Haltung  Einfiuss  gehabt*).    Auch  die  Stet» 
tiner  genügten  nur  zögernd  ihrer  Pflicht;  mit  Stargard  zu- 
sammen stdlten  sie  100  Mann,,  während  sie  allein  zu  einer 
Kogge  mit  80  Mann  veranschlagt  waren  ^).    Sie  beanstandeten 
wie  Grei&wald  die  Nachlieferung  der  15  Mann  und  yerstanden 
sich  nur  widerstrebend  zur  Lieferung  einer  Maschine^). 

Nahm  Stargard,  das  den  übrigen  Städten  vom  ersten 
Kriege  her  noch  schuldete,  doch  am  Kriege  Theil,  so  war 
das  nicht  der  Fall  mit  Anklam ,  das  sich  mit  ihm  in  gleicher 


unbegründet.  Stavoren  besass  dies  Recht  auch,  s.  Schotanas,  De  Oeschiede- 
nissen  van  Friesland  S.  191 :  Dock  sollen  se  ende  mögen  se  alle  breaeken  reehlsa 
op  baer  witte,  beyde  aen  hand  ende  hals,  soo  dat  onse  rooghten  daer  Inne  sieh 
niet  hebben  te  bemoeyen,  and  Winsenios :  Chroniqne  ofte  historische  geecliiede- 
nisse  van  Vriesland  S.  207:  Allerley  breucke  richten,  bejde  in  handt  nnde  ia 

hals  (yom  9.  Okt.  1868).    Damit  stimmt  aoch  H.  R  I,  n.  518  S.  476: 

id  en  were  dat  welke  stad  lieghere  bewisinge  hadde  mit  kenynges  breve  tho 
Denemarken,  de  scholde  des  bruken  (30.  Nov.  1369).  Vgl.  aach  Urkdl.  Gesch. 
II,  8.  816  Anm.  2.  Lübeck  und  Stralsund  haben  demnaeh  dasselbe  Becht  ge- 
nossen, wenigstens  zeitweise,  wie  Greifswald,  Tgl.  oben  S.  246  iL 

1)  H.  S.  I,  n.  421  §  7  u.  n.  484  8.  441. 

2)  ebd.  I,  n.  440  A  §  8  n.  7 ;  Tgl.  n.  421  fi  10. 

8)  ebd.  I,  n.  400  §  1  u.  402  §  12,  dann  8.  441.     VgL  n.  421  §  8  u.  427 
I  10.     Biemann,  Gesch.  d.  8t.  Kolberg  8.  82. 

4)  H.  B.  I,  S.  441.     VgL  n.  421  §  9  u.  427  %  10. 

5)  ebd.  I,  n.  440  A  §  7  o.  10. 


fgtguk  Waldtmar.  453 

Lage  be&iMt  <).    Wietofaolt  wurden  die  Anklamer  ihrer  Schuld 
w^gn  gemahnt  <),  während  wir  von  einem  ähnlichen  Verfahren 
gegen  die  Stargarder  Nichts  wissen.    Jene  scheinen  sieh  auch 
ReebMrflehe  gegen  hansische  Genossen  haben  zu  Schulden 
kemmen  lassen.    Am  27.  Februar  wurde  Wismar  in  Grevis- 
nriUden  beauftragt,   den  Anklamem   zu  schreiben,  dass  sie 
BdBtock,  Wismar,  Greiftwald  und  Kiel  ihre  Schulden  bezah- 
len  und   den    beraubten  Bttrgem   der  Städte  Genugthuung 
Malen  möchten;   sonst  müsse  man  die  Bürger  von  Anklam 
dafhr  zur  Rechenschaft  ziehen,  wenn  sie  in  eine  d»  Städte 
kitten*).    Diese  Angelegenheit  scheint  nun  allerdings  durch 
Bntgegenkommeq  der  Anklamer  beigelegt  worden  zu  sein ,  denn 
aodi  in  demselben  Jahre  werden  sie  auf  den  schonenschen 
bitten  zugelassen^),  aber  thätige  Hülfe  haben  die  Anklamer 
in  dickem  Kriege  nicht  geleistet  ^).    Ihre  Schulden  hatten  sie 
wie  auch  die  Stai^rder  noch  im  Jahre  1374  nicht  bezahlt*). 
Noch  mehr  hielten  sich  die  Kieler  von  der  Sache  d^ 
Stidte  fem.    Lübeck  war  beauftragt  worden,  sie  zur  Mitwir- 
kung zu  bewegen.    Leider  ist  uns  der  Brief,  der  die  Antwort 
der  Kider  enthielt,  nicht  erhalten;  gewiss  haben  Klagen  über 
<He  Verluste  des  ersten  Krieges  und  das  Ausbleiben  der  zu- 
ertcaanten    Entschädigung   die   Hauptrolle  darin   gespielt^). 
Wohl  mit  in  Folge  ihrer  Verhiste  hatten  die  Kieler  schlechtes 
Geld  geprägt;  dasselbe  wurde,  wie  das  von  Flensburg  und 
Itzehoe,  in  den  Städten  verboten  ^).    Andererseits  fügten  sich 
jene  nicht  einmal  dem  hansischen  Handelsverbot;  sie  setzten 


1)  H.  B.  II,  n.  18  §  so  S.  88. 

5)  ebd,  I,  n.  406  I  7  und  421  |  18. 
8)  ebd.  I,  n.  486  |  t  und  8. 

4)  ebd.  I,  n.  474  §  4  und  6  vom  10.  Aug.  1868. 

8)  Damit  fan  ZuMunmenbrnnge  stebt  wobl ,  dass  f ie  in  dem  Freibrief  det 
Kdalgi  Albreebt  Tom  26.  Juli  1868  niebt  mitgenannt  werden  (ebd.  I,  n.  468). 

6)  ebd.  II,  n.  77  I  6  Tom  16.  Juli  1874. 

7)  ebd.  I,  n.  4SI  §  6,  486  §  1 ,  II,  n.  9  I  1  und  n.  18  I  80  S.  8S. 

8)  ebd.  I,  n.  4S0  |  17,  440  §  17,  489  |  84. 


454  ^^^'    ^^^  sweite  Krieg 

ihren  Verkehr  mit  D&nemark  fort  Die  Folge  war,  daas  es 
in  den  Städten  untersagt  wurde,  ihnen  Salz  und  Hopfen, 
Stahl  und  Eisen  zu  verkaufen  i);  das  Becht,  Pfiindgeld  zu 
erheben,  wurde  ihnen  abgesprochen >).  Wiederholt  wurden 
die  Kieler  aufgefordert,  sich  zu  erklären,  ob  sie  in  der  Ver- 
bindung sein  wollten  oder  nicht');  weil  sie  desselben  Rechtes 
genössen,  so  wolle  man  sie  nicht  von  der  Kriegsfolge  entbin- 
den *).  Thätige  Hülfe  hat  man  Ton  ihnen  nicht  zu  erlangen 
vermocht  Da  sie  sich  aber  in  der  Geldfrage  fügtra  und  audi 
das  Versprechen  abgaben ,  die  genannten  Artikel  nur  zu  ihrem 
eigenen  Gebrauche  zu  verwenden,  wurde  ihnen  doch  der  Ein- 
kauf derselben  wieder  gestattet  Auch  werden  sie  sich  wohl 
den  Verkehrsbestimmungen  der  kölner  Konföderation  gefttgt 
haben,  denn  sie  haben  an  den  erlangten  Privilegien  Theil  ge- 
habt »). 

TJnd  eine  ähnliche  widerstrebende  EUdtung  zeigte  das  weit 
wichtigere  Hamburg.  Auch  dieses  hatte  wie  Stargard  und 
Anklam  noch  Forderungen  der  Städte  aus  dem  ersten  Kriege 
zu  befriedigen,  die  sich  auf  1600  Mark  beliefen  *).  Einen  Ter- 
min zur  schiedsrichterlichen  Entscheidung  des  Streites  durch 
die  Städte  Hannover  und  Lüneburg  Hessen  die  Hamburger 
unbenutzt  verstreichen  und  zahlten  nicht  Ihr  Ausbleiben  auf 
den  rostocker  Tagen  vom  16.  December  1366  und  30.  Mai 


1)  H.  R.  I,  n.  469  §  16;  vgl.  n.  479  §  17  und  489  §  17. 

2)  ebd.  I,  n.  469  §  16. 

5)  Am  24.  Juni  1968,  ebd.  I,  n.  469  §  16  und  am  6.  Oet,  ebd.  I,  n. 
479  §  17. 

4)  ebd.  I,  n.  479  §  17:  Kylensibus  vero  dizenmt  civitotes,  qaod  qnift 
ipsi  sunt  cum  eis  ono  et  eodem  jnre  partidpante» ,  nolnnt  eos  de  aequela  et 
juvamine  habere  supportatos.  Das  ist  doch  wohl  so  su  verstehen ,  daas  den 
Kielern  Leistungen  abverlangt  werden,  weil  sie  am  Rechte  des  Kaufinanns  im 
Auslande  theilnehmen.  Kiel  wird  also  als  Hansestadt  sur  Theilnahme  genöthigt 
Unter  „idem  jus*'  kann  nicht  an  das  lübiche  Recht  gedacht  werden,  weil  auch 
Städte  anderen  Rechts  an  der  Versammlung  theilnehmen. 

6)  ebd.  I,  n.  495  §  6  und  n.  453. 

6)  ebd.  I,  n.  388  §  2,  n.  390  und  893. 


fegen  Waldeknar.  455 

1367   ODtachoUigteii    sie  mit  feindlichen  Angriffen,  das  zu 
Stndrand  am   29.  Jali   desselben  Jahres  mit  Verhindening 
durch  ^gnmB  Geschäfte  und  Sachen'^  ^).    Man  hat  dabei  wohl 
an  die  Stratigkeiten  mit  den  holsteinischen  Grafen  zu  d^ken, 
die  erst,  zu  Anfang  des  nächsten  Jahres  durch  Einmischung 
des  gerade  in  TangermOnde  weilenden  Kiusers  zu  einem  Ab- 
achltiBse  geführt  wurden*).    Hamburg  zahlte  die  Kiel  zukom* 
flMnden  400  Mark '),  wegen  der  übrigen  Schulden  wurde  ihm 
den  Städten  „um  der  guten  Eintradit  willen^   nochmals 
Termin  zur  Entscheidung  durch  LQneburg  und  Hannover 
mgeboten.    Ob  in  diesem  Termin  ein  Schiedsspruch  gefällt 
worden  ist,  wissen  wir  nicht  ^).    Auf  der  Nem'ahrsversamm* 
hmg  SU  Bostock  aber,  wo  die  Leistungen  zum  Kriege  fest* 
gesetzt  wurden,  nahm  Hamburg  Bedenkzeit,  als  man  ihm  ein 
Sdiiff  mit  100  Mann  abverlangte.    Ja ,  es  fragte  seinerseits 
a,  was  die  Städte  zu  thun  bereit  seien,  wenn  der  König  von 
Dänemark  oder  ein  anderer  Fürst  den  Kaufmann  auf  der  Elbe 
beläatigen  würde  ^).    Im  Auftrage  der  Städte  verhandelte  dann 
Libeck  am  9.  Februar   mit   den  Hamburgern  in  Hamburg 
selbst,  wohin  auch  Bremen  und  Stade  Abgesandte  geschickt 
hatten*).    Vergebens  ermässigten  die  Städte  hier  ihre  For- 
derung auf  60  Mann.    Die  Hamburger  erwiderten ,  sie  wollten 
gern  Pfundzoll  erheben   und  das  Land  der  Könige  meiden, 
auch  wollten  sie  den  Städten  wohl  600  Ubische  Mark   vor- 


1)  «bd.  I,  n.  S88  §  1,  400  6  1  md  o   407. 

8)  Tratsigen  Chronika  der  Stadt  Hamburg ,  heravsgeg.  von  Lappenberg 
8.  9S  und  Hyitf.  I,  641.  Vgl.  Klmmereireehiig.  I,  96  ff.:  1  15  pro  simpti- 
bns  et  ezpensis  nuncii  domini  imperatoris  in  hospicio  dominl  Hinriei  Hoygeri. 

8)  H.  R.  I,  n.  398  8.  851  und  n.  407;  Kimmereirechng.  I,  96. 

4)  H.  R..  I,  n.  411  §  9.  —  Besieht  sich  darauf  die  Stelle  H.  R.  I,  n.  469 
I  S7  (Tom  24.  Juni  1868) :  Vortmer  worden  de  Tan  Lubek  scheiden  mit  rechte 
Tan  den  van  Hamborch  umme  de  vorword,  dar  se  se  umme  sehnidighen? 

5)  ebd.  I,  n.  421  §  6  und  12. 

6)  Hambg.  KXmmereirechn.  I,  97:  Ad  dooendnm  eonsnles  Studenies  et 
Bremenses  25  0. 


456  XI^-     I>«r  swdto  Krieg        ^ 

scbiessen  und  das  Geld  ans  dem  Pfundzcll  zurOekiiebmeii,  im 
äossersten  Falle  ein  Schiff  mit  60  Bewaffneten  und  20  See- 
leuten in  den  Sund  schicken,  aber  dann  müssten  die  St&dte 
ihnen  auch  die  Elbe  vertheidigen  helfen^)  mit  dem  Zuzöge, 
den  die  alte  EonfiMLeration  festsetze.  Die  St&dte  sogen  jetzt 
von  Neuem  die  schon  früher*)  aufgeworfene  Frage  in  Er- 
wägung, ob  die  Hamburger  PfundzoU  erheben  dürften*),  ja 
sie  beriethen  sogar  mit  den  Preussen  und  Niederländern,  ob 
die  Hamburger  nicht  aus  der  Hanse  und  der  Gremeinschaft 
des  Kaufmanns  auszuschliessen  seien  ^).  Doch  kam  es  nickt 
zu  dieser  äussersten  MassregeL  6%en  das  Versprechen  der 
Hamburger,  für  den  Kriegsgebrauch  den  wendischen  Städten*) 
900  Mark  lüb.  Pfge  auszuzahlen,  wurden  sie  am.  6.  October 
1868  zum  Bunde  zugelassen  und  durften  Pfundgeid  erheben, 
doch  mit  der  Verpflichtung,  dasselbe  abzuliefern,  wo  dte 
Städte  es  haben  wollten ;  dem  Könige  von  Dänemark  mussten 
sie  ihren  Fehdebrief  schicken*);,  auch  zur  Abrechnung  vom 
ersten  Kriege  her  erklärten  sie  sich  bereit^).  In  Boatoek 
wurden  am  8.  November  1368  die  900  Mark  dann  wiridick 
gezahlt    und  unter  die   wendischen  Städte   vertheilt*);   die 


1)  Hambg.  KXmmereirechn.  I,  98:  Dominis  Johann!  Langhen  et  Nico- 
iao Roden  29  }5  ad  defensionem  Albee. 

S)  Am  8.  Februar  1868  su  Lflbeck,  H.  B.  I,  n.  487  §  11. 

8)  ebd.  I,  n.  487  §  11  und  n.  484.  Ab  die  angelogene  alte  Konfodei»? 
tion  mSchte  ich  das  Bfindniss  von  1806  (1859?)  ansehen,  s.  oben  S.  84. 

4)  H.  R.  I,  n.  486  §  5. 

5)  Civitatibns  lateris  Slaviei.  Es  hat  wohl  noch  eine  Zusammenkunft  mit 
den  Lübeckern  stattgefunden:  Hambg.  KKumiereirechn.  I,  98:  Dominis  Hin- 
rico  de  Monte  et  Bertrammo  Horborch  85  0,  qui  occurrerunt  dominia  eonsuli- 
bos  Lubicensibus  in  Zantskneve. 

6)  H.  B.  I,  n.  479  §  15.  Auf  der  stralsunder  Versammlung  vom  6.  Oct 
1868  waren  drei  hamburger  Bathsherren  anwesend,  die  aber  im  Becease  nicht 
erwähnt  sind ,  Kilmmereirechn.  I,  98 :  Dominis  Hinrico  Hojgeri ,  Bertrammo 
Horborch,  Hartwico  de  Haghede  61  }g,  Sundis  octara  Michaelis.  Vgl.  H.  R.* 
III,  n.  86. 

7)  ebd.  I,  n.  479  §  35  und  n.  489  §  25. 

8)  ebd.  I,   n.  490   S.  450.    Vgl.  n.  479  §40.     KSmmerdrechn.   I,  99: 


gtgen  Waldemar.  457 

AbreehBOig  rom  ersten  Kriege  aber  kam,  doch  nicht  durch 
Sdiiild  dir  Hamburger,  erst  zwei  Jahre  später  zum  Schhiss  ^). 
•  Erlangte  man  von  Hamburg  nun  doch  wenigstens  einen 
GMdbeitrag)  so  musste  man  von  Seiten  der  Städte  Bremen 
und  Stade  auf  jede  Unterstatzung  verzichten.  Schon  in 
Hamburg*)  hatte  Stade  e^ärt,  keine  Hfilfe  leisten  zu  kön- 
Bflii,  Wifl  es  keine  Seeschiffe  besitze.  Bremen  aber  befand 
sieh  in  au  grosser  Bedrängniss,  um  irgend  etwas  ausserhalb 
sefner  Mauern  thun  zu  können.  Es  lag  noch  ganz  darnieder 
an  den  Folgen  der  harten  Schläge,  von  denen  es  in  den  letz- 
ten  Jahren  getroffen  worden  war,  der  Pest  des  Jahres  1351, 
der  erzstiftischen  Fehde  zwischen  Moritz  von  Oldenburg  und 
Gottfried  von  Arnsberg,  der  Niederlage  gegen  den  Grafen  von 
Heja  und  des  Deberfalls  der  schwer  geprüften  Stadt  durch 
ihm  eigmien  Erzbischof  im  verflossenen  Jahre  (1366).  Trotz- 
weUten  die  Städte  sich  nicht  mit  dem  Anerbieten  Bre- 
begnügen,  Pfundzoll  zu  erheben  und  das  Land  der 
IBDige  zu  meiden ').  Erst  auf  der  Oktoberversammlung  zu 
Stralsund  entbanden  sie  Bremen  in  Anbetracht  seiner  Noth 
uad  bedrängten  Lage  von  der  Kriegsfolge  f&r  den  Whiter, 
bekMten  sich  aber,  f&r  den  nächsten  Sommer  den  Anspruch 
auf  seine  Mitwirkung  vor*).  Doch  haben  die  Bremer  auch 
später  keinen  Zuzug  geleistet;  ihre  ganze  Theilnahme  be- 
sdirinkte  sich  auf  Erhebung  des  PfündzoUs ,  den  sie  in  Lübeck 
ablieferten  ^). 

Bei  den  Binnenstädten  scheint  man  kaum  den  Versuch 
gemacht  zu  haben,  kriegerische  Hülfe  zu  erlangen.    In  einem 


Dedimu  ad  osiim  ciyiUtum  maritinuuram   in  sabsidivm  gwerre  contra  regem 
Daeie  TSC  ]5  denariornm. 

1)  H.  B.  U,  n.  IS  i  SO  S.  33.     Vgl.  ebd.  I,  n.  4S9  §  20. 

S)  S.  oben  S.  455. 

3)  H.  R.  I,  n.  434  und  n.  4S9  |  33. 

4)  ebd.  I,  n.  479  §  16. 

5)  ebd.  I,  n.  490  and  n.  513  S.  478.  * 


458  ^^     ^>^  «^«^  Krieg 

SchreibeD  der  vier  leitenden  wendiedien  Btadte  an  LOaeburg  ^ 
wird  dieses  gebeten,  über  die  Sache ,  welche  man  aaf  der 
Rücklcehr  von  Köln  mit  ihm  verhandelt  habe,  mit  Braun- 
achweig  und  Hannover  2a  sprechen.  Mdglich,  daas  sich  dies 
aaf  die  kölner  Konföderation  besidit.  £ine  Leistosg  dieser 
StAdte  an  Mannschaft  hat  auf  keinen  Fall,  an  Geld  .schweriidi 
stattgefunden.  Doch  blieben  sie  vom  Pfundzoll  wenigsteoe  nicht 
g&nslich  frei,  da  ihre  Bürger  sich  ja  auch  am  Seehaodel  be- 
theiligten und  die  über  Meer  auszuführenden  Waaren  in  den 
Seestädten  verzollen  mussten.  So  nahmen  sie  denn  nachher 
auch  gleich  den  Seestädten  Theil  an  den  im  Kri^e  erwerbe* 
nen  Privilegien. 

Günstiger  für  den  Bond  gestalteten  sich  die  Dinge  bei 
den  Städten  des  Westens  und  Ostens,  in  den  Niederianden, 
in  Preussen  und  Livland.  Unter  den  niederländi^hen  Städten 
nimmt  Kampen  eine  hervorragende  Stellung  ein,  ähnlich  der 
Lübecks  unter  den  wendischen.  Es  wird  gewöhnlich  getrennt 
aufgeführt  unter  den  Städtegruppen  der  Niederlande,  der  von 
der  Südersee  (aus  dem  Bisthum  Utrecht),  von  Holland,  joä 
Seeland  und  Geldern*);  ja,  sein  Name  vertritt  oft  die  gaaie 
erste  Gruppe').  Ist  Etwas  zu  berichten  an  die  NiederlAiider, 
so  geht  es  durch  Kämpen^).  In  Bezug  auf  seine  Leistungen 
(von  425  Mann  stellt  es  unter  den  20  niederländischen  Städten 
allein  150)  überragt  es  seine  Nachbarn  noch  mehr  ahi  Lübeck 
seine  wendischen  Genossen. 

Es  war  von  grosser  Wichtigkeit,  dass  diese  einflussreiche 
Stadt  in  dem  bevorstehenden  Kriege  mit  aller  Entschiedenheit 
die  hansische  Sache  vertrat    In  dem  ersten  Zusammenstosse 


1)  Vom  23.  Jan.  1368,  H.  R.  I,  n.  4S6. 

2)  In  der  kdlner  Konf5derfttion ,  H.  R.  I,  n.  41S  S.  373  und  376 ,  dann 
n.  479  §  3  und  6.  Die  Eintheilung  der  niederländischen  Städte  in  rier 
Gruppen  s.  ebd.  I,  n.  469  §  13  und  U,  n.  45. 

3)  ebd.  I,  n,  428,  n.  469  §  13,  II,  n.  5  and  45. 

4)  ebd.  I,  n.  421  §  11  and  436  §  5. 


■\ 


gtgoi  WAldamar.  459 

mit  Waldemar  liatte  es  bald  die  östUcben  Städte  verlassen 
und  eine  eigene  Politik  verfolgt.  Es  hatte  nidit  gefehlt  an 
Beibereien  mit  den  Osterlingen,  denn  rflcksichtslos  schdnt 
das  VerfiEihren  der  Kampener  nnd  ihrer  Freunde  gewesen  za 
sein.  In  Norwegen  hatten  sie  lübische  Schiffe  verbrannt  und 
Iflbisches  Eigenthum  weggenommen;  die  Verhandlungen  darü- 
ber sieben  sich  durch  den  ganzen  zweiten  Kriegt).  Doch 
waren  in  diesem  die  Niederländer  unter  Kampens  Vorgang 
eine  trelBiche  Stütze  der  Konföderation.  Mit  425  Mann^) 
(25  weniger  als  die  in  Köln  verabredete  Zahl)  stiessen  sie 
zur  hansischen  Streitmacht  im  Sunde.  Leider  wissen  wir  über 
die  Betheiligung  der  einzelnen  Städte  nur  sehr  wenig.  Offen- 
bar war  das  Korps  aus  sehr  kleinen  Kontingenten  zusammen- 
gesetzt; Deventer  schickte  z.  B.  6  Söldner  mit  der  Kogger 
vm  Harderwyk  und  6  mit  der  von  Amsterdam  ^).  Doch  läset 
Mb  wohl  annehmen  f  dass  alle  beim  Abschluss  der  kölner 
Konföderation  genannten  oder  später  an  den  erworb^en  Pri- 
vilegien theilnehmenden  Städte  im  Heere  vertreten  waren. 

Auch  die  preussischen  Städte  sind  den  Verpflichtungen 
nachgekommen,  die  ihnen  die  kölner  Konföderation  auferlegte; 
sie  haben  500  Mann  ins  Feld  gestellt*).  Leider  fehlt  es  uns 
an  sicheren  Anhaltspunkten,  um  zu  ermitteln,  wie  die  Ver- 
theilung  unter  den  sechs  Städten  Danzig,  Thom,  Elbing, 
Kidm,  Braunsberg  und  Königsberg  geschah.  Danzig  war  da- 
mals wohl  schon  der  Bevölkerung  nach  die  erste  unter  ihnen, 
ihr  nahe  standen  Thom  und  Elbing^).    Die  preussischen  Ge- 

1)  H.  &.  I,  n.  40S  §  8,  480  §  7  a.  479  (  80. 

S)  «bd.  I,  n.  484  S.  441 . 

8)  ebd.  III,  n.  898  §  16  u.  19.  Dordrecht  behauptet  tp&ter  in  einem 
Briefe  an  lAbeck,  grosse  Kosten  vom  Kriege  gehabt  sa  haben,  Lüb.  Urkdb. 
Uly  n.  781-  Mit  der  geringen  Zahl  von  18  Söldnern  stimmen  schlecht  die 
Kosten  Deventers,  die  sich  1368  aaf  984  ]5  11  fi  8  ^  beliefen  (H.  R.  III, 
n.  801  {  1) ;   Yielleicht  sandte  Deventer  noch  Mannschaft  mit  andern  Schiffen. 

4)  ebd.  I,  n.  484  S.  441. 

5)  Vgl.  Hirsob »   Danaigs  Handels-  nnd  Qewerbsgeichichta   S.  80  ff.    Das 


460  ^V.    Der  swaite  Krieg 

Bchichtsquellen  der  Zeit,  ganz  in  Ansprach  genommen  toe  dea 
Thaten  der  Ordensherr^  im  Kampfe  gegen  die  Heiden,  ha- 
ben kaum  wenige  Worte  übrig  für  den  Krieg  der  Städte  um 
die  Befreimig  der  Meere  and  die  Sicherung  des  Verkehrs 
Tor  den  Oewaltätreichen  eines  herrsch-  and  habsüchtigen  Kö- 
nigs^). 

Etwas  besser  sind  wir  unterrichtet  über  die  Betheiligung 
der  livl&ndischen  Städte.  Auf  der  Neujahrsv^rsammlong  wor- 
den die  Lübecker  beauftragt,  einen  Rathsherm  oder  ihren 
Notar  Johann  Fritze  nach  Livland  zu  senden,  um  die  dorti- 
gen Städte  von  deir  Absicht  der  KcmfiMLoration  zu  unterrich- 
ten. Man  war  zweifelhaft,  ob  man  von  den  üyländem  Un» 
terstützung  erwarten  dürfe').  Sie  leisteten  solche  in  der 
That,  indem  sie  einen  Koggen  mit  100  Mann  stellten  >),  des- 
sen Ausrüstung  einen  Kostenaufwand  von  über  1700  Mark 
verursachte.  Die  drei  Drittel  der  livländischoi  Städte:  Riga 
mit  KdEenhusen,  Lemsal,  Wolmar  und  Wenden,  dann  Dorpat 
mit  Peniau  und  Fellin,  endlich  Reval  trugen  zu  gleiche  Thei- 
len  dazu  bei^).  Es  war  ein  Kontingent,  das  nur  den  zehn- 
ten Theil  des  wendischen  ausmachte. 

Werfen  wir  einen  Blick  auf  die  auswärtigen  Niederlas- 

8.  31  angefahrte  Verhältniss  der  ,,Bfaonsa]il** ,  nach  welcher  (von  550  MaiiB) 
Daniig  184,  Thorn  96,  Blbing  80,  Königsberg  SO,  Braonsberg  SO  sn  stoOei 
hat,  Knlm  frei  ist,  war  fUr  die  60er  Jahre  des  14.  Jahrhanderts  wohl  aedi 
nicht  massgebend.  1598  wird  angesetxt:  Thorn  95,  Elbing  95,  Dansig  160, 
Königsberg  55,  Braonsberg  15  Mann  von  400.  Ans  H.  B.  I,  n.  487  ver- 
glichen mit  n.  480  scheint  hervorsugehen ,  dass  Dansig  >/g  stellte ,  40  von 
200.  Schwerlich  war  auch  schon  Kulm  von  Beiträgen  befreit,  denn  ea  spielt 
als  Führerin  der  prenssischen  Städte  eine  Hauptrolle  auf  den  VerMunmlongen 
dieser  Jahre.  Ueber  die  Kontingentining  unter  den  preossisehea  Städten  in 
etwas  späterer  Zeit  s.  Hirsch ,  a.  a.  O.  S.  58. 

1)  Nur  Johann  von  Pnsilge  und  Konrad  Bitschin  (der  Forteetaer  des  Pe- 
ter yon  Dnsburg)  erwähnen  des  Krieges  der  Städte  gegen  Waldemar,  Sor. 
rer.  Prnss.  lU,  87  u.  479. 

2)  H.  R.  I,  n.  4SI  §  81. 

3)  ebd.  I,  n.  473  u.  n.  484,  S.  441. 

4)  Die  Kosten  betrugen  1744  ^^  83  0re,  H.  B.  HI,  n.  89  a.  50. 


g«g«ii  Waldtnuur.  461 

sungai  d^  DentscheB  in  Flandern,  England  und  N<H:w^[en 
und  ihre  Stallnng  zum  Kri^e,  so  finden  wir  dieselben  zu 
dieser  Zeit  in  unbedingter  Abhängigkeit  von  den  heimischen 
StAdteiu  Obgleich  die  Theilnahme  an  dem  Recht  des  deut* 
sdwQ  Kaufinanns  im  Auslände  noch  das  einzige  gemeinsame, 
Alle  umdhssende  Bindeglied  der  Städte,  das  wahre  Kennzei- 
chen eiMT  Hansestadt  war,  so  waren  doch  die  Sammelpunkte 
der  Kaufleute  im  Auslande  ganz  und  gar  zurückgetreten  vor 
doi  Städten  selbst.  In  den  Letztem  lag  der  Schwerpunkt 
isx  hansischen  Macht;  sie  waren  die  Leiter  der  hansischen 
Haadelapolitik ;  die  Vereinigungen  (Hansen)  der  deutschen 
Kanfleote  im  Auslande  waren  von  ihnen  gelenkte  und  von 
ihBon  benutzte  Institutionen  ihres  Verkehrs  geworden.  So 
Mben  wir  denn  auch  jetzt,  wie  sich  diese  Niederlassungen  im 
AOgmonen  dem  fügen,  was  v(»n  Heimatlande  her  dekretirt, 
«18  ihnen  als  im  Interesse  des  (ranzen  liegend  vorgeschrie- 
ben wird '). 

Am  abhängigsten  erscheint  die  jüngste  der  hansischen 
Hiederlassungen ,  das  Kontor  zu  Bergen.  Es  musste,  sollte 
es  nicht  dem  norwegischen  Könige  eine  willkommene  Beute 
werden,  natürlich  verlassen  werden.  Boten  wurden  mit  Schif- 
fen hinübergeschickt  mit  der  Weisung  an  die  Kaufleute,  sich 
gegen  Ostern  bereit  zu  halten,  um  unter  dem  Schutze  der 
niederländischen  Kriegsflotte  herüberzukommen.  Die  Schiffie 
soUten  sie  nehmen,  wo  sie  dieselben  nur  bekommen  könnten, 
in  den  Städten  sollte  man  darauf  sinnen,  wie  am  besten  leere 
Schiffe  hinüberzubringen  seien;  der  Ankauf  solcher  in  Flan- 


1)  80  s.  B.  H.  R.  I ,  D.  475  (  14.  Doch  habm  die  Gebote  der  Städte 
nieht  immer  luibedini^  Nachachtang  gefanden.  Als  die  Aeherieate  yod  Brfigge 
eigeamiclitig  von  einigen  hansischen  Kaaflenten  Boaseo  (eine  Mark  Oold,  ein 
gtUiaaehlklKi  Straftats)  erhoben  hatten  und  aufgefordert  worden,  das  Geld 
Wiedtr  b«raMs«geben ,  kamen  sie  dem  Gebote  nidit  naeh.  Den  Besehldigten 
wurde  dam  erlaubt,  die  Rflekgabe  des  Geldes  tob  den  damaliges  und  splle- 
ren  Aelterlenten  su  erswingen,  wo  sie  dieselben  finden  (ebd.  I,  n.  489  §  11). 


462  ^^'    !>«'  ■^«*<«  Krieg 

dern  wurde  erlaubt^).  Um  die  Qüter  und  Leute  in  den 
minder  wichtigen  Handelsplätzen,  in  Tönsberg  und  Opsio,  zu 
retten,  wurde  Einzelnen  gestattet,  mit  kleinen  Schiffen  die 
Reise  dorthin  zu  wagen  *).  Später  besehlossen  die  fünf  wen- 
dischen Hauptstädte,  Schiffe  nach  NorwegNi  hinüberzusoiden, 
doch  sollten  etwaigen  Verlust  die  dortigen  Kaufleute  tragen  *). 
Etwas  selbständiger  erscheinen  die  älteren  deutschen  Nie- 
derlassungen. Während  in  Bergen,  wie  es  scheint,  PfondzoD 
erhoben^),  der  Platz  also  ganz  betrachtet  wurde  wie  die  un- 
ter vollständiger  Direktion  der  Städte  stehmden  scfacmenscheti 
Fischer*  und  Handelsplätze,  wurde  in  Flandern  und  England 
Pfundgdd  nicht  gezahlt.  Die  Deutsche  an  beiden  Orten  hat- 
t^  sich  schon  gleich  im  Anfange  an  dem  Bündniss  der  preus- 
sisch- niederländischen  Städte  zu  Elbing  betheiligt  ^).  lieber 
den  Fortgang  der  Sache  erhalten  sie  dann  später  von  den 
Verbttnd^ien  Bericht'),  aber  zugleich  auch  Weisungen.  Fftr 
das  Kontor  in  Brügge  wurden  ähnliche  Massregeln  getroffoD 
wie  für  Bergen.  Den  daitschen  Kaufleutm  dort  wurde  am 
2.  Februar  Yon  Lübeck  aus  verboten,  allein  die  Heise  ia  die 
Ostsee  zu  machen;  nur  unter  dem  Schutze  der  Kriegsflotte 
sollten  sie  in  den  Sund  kommen,  von  dort  nicht  eher  weiter 


1)  H.  B.  I,  n.  420  §  5—14,  15,  10  vom  8.  Dec.  1507 ,  n.  4SI  §  14  tob 
6.  Jan.  1368.  Ob  sie  früh  genug  gekommen  sind,  wn  die  bergenacheo  Kaif- 
leute  eher  von  dem  beabsichtigten  Kriege  sa  onterrichten ,  als  die  Nonregvr 
davon  erAihren,  ist  fraglich,  denn  schon  am  Nei\|ahr  wurde  von  dem  Droetw 
Agmand  Findssoo  ein  Sehiff  mit  gmifswaUler  und  stralaander  Gftteni  geiioai- 
men,  das  Briefe  nach  England  und  anderen  Orten  enthielt,  die  das  beahsieh- 
tigte  BUndniss  klar  durchschauen  Hessen.    (H.  B.  II,  n.  1  (  7,  11  und  n.  S  $  IS.) 

2)  ebd.  I,  n.  420  §  20  und  4SI  §  15. 

8)  Urkdl.  Gesch.  n,  8.  641  vom  2.  Febr.  1868;  H.  B.  III,  n.  SOS. 

4)  S.  Exkurs  V. 

5)  Am  11.  JttU  1367  ,  H.  B.  I,  n.  408. 

6)  Die  Preussen  übemahipen  es  am  8.  Deo.  1867 ,  ihneo  dio  Beachians 
der  Städte  mitsutheilen  (ebd.  I,  n.  420  §  9) ;  Lübeck  und  Wiamar  soUten  sie 
von  dem  Handelsverbot  gegen  Dänemark  und  Norwegen  in  Kenntiiiaa  setseo 
(ebd.  1,  n  421  §  16  vom  1.  Jan.  1868). 


998MI  WftkIttiiMr.  468 

frlirai,  ab  bis  die  Ostseeflotte  sidi  mit  der  niederländischen 
Tereodgt  habe.  Die  Mannschaft  der  Handdsschilfe  seilte  sich 
bewaflhen,'  um  zur  Vertheidigung  berdt  zu  sein.  Nach  Ber- 
gm  mflge  man  leere  Schifie  hinüberschicken,  welche  die  Kauf« 
leote  md  ihre  (rflter  zur  Flotte  nach  Marstrand  oder  in  den 
Smd  brachten.  Ohne  Widerrede  sollte  man  den  festgesetzten 
PfondnU  entrichten,  den  alle  gemeinsam  bewilligt  hätten  ^). 

Ob  ähnliche  Vorschriften  ftkr  die  Deutschen  in  England 
erlassen  worden  sind,  wissen  wir  nicht;  die  Nachrichten  über 
sie  sind  aas  dieser  Zeit  ausserordentlich  dürftig. 

Eine  unklare  Stellung  nimmt  auch  Wisby  ein.  In  K^ 
hatten  seine  Sendeboten  versprochen,  „se  wolden  gheme  den 
to  deme  krighe,  wat  se  mit  eren  den  mochten,  wan  dat  or« 
hg  enen  ende  hadde^^ ').  Ohne  Zweifel  war  Wisbys  Stellung 
a  Dftn^nark  die  Ursache  dieser  Zurückhaltung.  Doch  war 
igt  Stadt  nicht  yergönnt,  dem  Gang  der  Dinge  abwartend 
sttusehen.  König  Albrecht  drohte,  gegen  Gotland,  das  er 
ab  seinem  Reiche  angehörig  betrachtete,  und  von  dem  er  da« 
her  verlangte,  dass  es  sich  zu  Schweden  und  nicht  zu  Däne- 
halten solle,  feindlich  vorzugehen.    AufEallend  ist  es  ge- 

,  dass  das  von  jeher  schwedische  Gotland  keine  Anstren- 
gmig  macht,  die  dänische  Herrschaft  abzuwerfen.  Was  die 
Eridi-Karls-Ghronik  von  einem  derartigen  und  zwar  erfolgrei- 
ehen  Versuche  zu  erzählen  weiss,  steht  mit  allen  bessern 
Nachrichten  in  Widerspruch;  ihr  bei  der  Gelegenheit  ertheil* 
tes  Lob:  ,J)as  ist  ein  treues  Volk,  welches  es  so  macht^,  ist 
wenig  am  Platze.  Gegen  König  Albrecht  legten  sich  die  Städte 
zu  Gunsten  Gotlands  ins  Mittel.  Von  der  stralsunder  Ver- 
sammlung aus  (6.  Oktober  1368)  schrieben  sie  an  Wisby '), 
da  sie  und  der  Schwedenkönig  mit  Vater  und  Brüdern  Feinde 


1)  H.  B.  I,  II.  41S. 

%)  «bd.  n,  B.  68  §  8. 
8)  ebd.  1,  n.  48S. 


4M  xiT. 

MMB  ESmg  WaldeM»,  dn  Wi^r  ^wgliift  mvonchul- 
dcT"  mcrmrioi  td,  alMla  öe  da  Banm  yim  Yliabj  als 
ikfca  Fieondca  m  froaiiKhdttKker  FiailiMnig  EtuM  eiit- 
hülai,  da«  Onea  ftecht  taäBmt.  Won  Wiibjr  sieh  nkdit 
wieder  der  Kraae  flchaeda  ■■■iiili  ^  ■!■»  ce  eineB  fiundli- 
ckca  AsgrilEi  and  groeea  Sdade»  geviitig  seiiL  Wiebf 
weid  n^eiiifdert,  eisige  BrthAfim  matk  De»tadiland  (ver- 
m  partes  dosIibs)  nm  Kdaige  imä  Sckwedea  herfibenEoseQ- 
dei,  die  zu  Litare  Dicksten  Jakras  (IL  Min  1368)  m  LA- 
bed(  mit  den  Ffirstea  und  Stidtea  imkaBdefai  Unten  ^X  ^ 
Gotland  wieder  mit  der  Krone  Schweden  m  ireveinigen  sei 
Thite  Wisby  das  nidit,  dam  misK  ftr  die  Zdomft  jede  Ge- 
meinsdiaft  zwischen  ihm  und  den  Stadien  anfgrimhen  wwdea. 
So  rasch  wie  mö^^ich  möchte  es  eiUirai,  ob  es  dazn  b^eit 
sei  oder  nicht  Gleichzeitig  baten  die  Stidte  Kfinig  Albvechi 
TOD  Sdiweden  imd  Herzog  Heinrich  ¥on  Mddenborg,  nidrts 
Feindliches  gegen  Gotland  zn  untemdimen,  bis  Antwort  ein- 
trftfe  <).  Wie  diese  Antwort  lautre,  wissen  wir  nkht  Anf 
alle  Fälle  wnrde  das  EinTemdmien  mit  den  Städten  nicht 
wesentlich  gest^t.  Denn  am  25.  Februar  1370  ward  aoch 
Wisby  erlanbt,  Pfondgeld  zu  arhd>en  wie  die  anderen  Städts, 
und  damit  die  Zugehöri^dt  zor  hansischen  Gemeinschaft  ai- 
erkannt  *).  Als  dann  aber  nach  AUauf  des  Krieges  die  Städte 
als  Bdtrag  eine  Summe  Geldes^)  yon  Wisby  forderten,  lien 
dieses  sich  lange  mahnen;  noch  1378  hatte  es  nicht  bezahlt, 
ob  überhaupt,  bleibt  unbekannt     Unter  schwedische  Herr- 


1)  Damaeh  mius  man  tehliesseD,  d«M  K5iiSg  Albreeht  die  Abaielil  gehabt 
bat ,  dieeeo  Stldtetag  oder  wenigitena  Deutschland  um  diete  Zeit  an  beanchen. 

2)  H.  B.  I,  n.  479  §  29. 
8)  ebd.  I,  n.  522  (  16. 

4)  ebd.  II,  n.  53  §  8  und  n.  62.  Es  werden  2000  nnd  200  Mark  Silber 
anf^egeben ,  s.  n.  62  nnd  n.  156  §  12.  Ich  möchte  die  letatere  Smune  (Qr  die 
richtige  lialten,  die  erstere  scheint  mir  zu  gross,  wenn  man  bedenkt,  das« 
Hamburg  nur  900  Mark  Pfennige  >»  300  Mark  fein  sahlte. 


sduA  ist  68^  wenn  überhaupt  in  diesen  Jahren-  wieder  ge- 
kommai,  doch  nicht  lange  geblieben,  denn  schon  am  15.  Au« 
gnst  1376  huldigte  es  dem  jungen  König  Olaf  von  Dänemark 
und  Terspradi  Sühne  allen  denjenigen,  die  ssu  seiner  Unter- 
werfimg  durch  König  Waldemar,  „unsem  Harm",  geholfen 
hfttten^). 

Die  Last  der  kriegerischen  Arbeit  ruhte  demnach,  abge- 
sdien  Ton  dem  kleinen  Zuzug  der  livländer,  auf  den  wendi- 
sdmi  StAdten,  den  Preussen  und  den  Niederländern;  jene 
stellten  allein  fest  die  Hälfte  der  ganzen  Streitmacht,  und 
qpftter  behaupteten  sie  sogar,  allem  Anscheine  nach  mit  Recht, 
bat  noch  ein  Drittel  mehr  Mannschaft  gestellt  zu  hab^,  als 
sie  verpflichtet  waren').  Was  Zusammensetzung,  Ausrüstung 
und  Führung  anbetrifft,  so  sind  wir  über  ihr  Kontingent  etwas 
gnauer  unterrichtet  als  über  das  der  Preussen  und  Nieder- 
Ibider.  Nach  dem  erst^  Anschlage*)  betrug  das  Aufgebot 
iat  wendischen  Städte  1045  Mann  in  12  Koggen,  übertraf 
ÜBO  auch  ohne  die  livländer  die  in  Köln  eingegangene  Ver- 
pffiditung  um  2  Schiffe  und  45  Mann.  Da  aber  Hamburg  und 
mri  gar  keine  Mannschaft,  Rostock  statt  150  nur  140,  Oreifs- 
wdd  statt  75  nur  60,  Stettin  aber  statt  80  mit  Stargard  zu- 
mmnen  nur  100  Mann  stellte^),  so  schmolz  jene  Zahl  auf 
11  Koggen  mit  940  Mann  zusammen,  mit  den  Livländem 
jedodi  noch  mehr  als  genüg^d  zur  Erfüllung  der  eingegan- 
genen Verpflichtungen.  Wenn  daher  die  Rede  davon  ist,  die 
Kontingente  noch  um  15  Mann  auf  100,  um  Vs  ^^  &^  ^^^ 
Hüfte  zu  vermehren  ^),  so  hat  das  wohl  nur  sein^  Grund 


1)  H.  B.  U,  n.  159.     Vgl  oben  S.  87S. 
S)  ebd.  II,  D.  49  §  2. 

5)  ebd.  I,  n.  481  §  8—9;  s.  oben  S.  461  ff. 
4)  8.  die  Benebaiiog  H.  &  I,  n.  484  S.  441. 

6)  ebd.  I,  n.  440  A  §  7  u.  8,  B  §  8.  FOr  Focks  AaffflMOog  (lU,  198), 
diM  diese  Mehntellong  Ükr  besondere  Defensivswecke  bestimmt  gewesen  sei, 
liest  sieh  kein  ersichtlicher  Grund  anfuhren. 

Dto  Hsaaettidt«.  30 


466  ^^^*    1^  HPBÜ»  Krieg 

in  dem  besonderen  Eifer  der  wendiedien  Stidte,  wdche  die 
belebende  Seele  des  ganzen  Unternehmens  warra  und  demsel- 
ben auf  alle  Fälle  den  Erfolg  sichern  wollten,  ihrer  Lage  uid 
Bedeutung  nach  auch  in  erst^  linie  Bichern  mussten. 

Die  wendische  Streitmadit  setzte  sich  d^otnach  auf  fol- 
gende Weise  zusammen:  Lübeck  stellte  3  Koggen  mit  300 
Mann,  Stralsund  2  mit  200,  Bostock  2  mit  140,  Wismar  ] 
mit  100,  Stettin  und  Stargard  zusammen  1  mit  100,  Greifc- 
wald  1  mit  60,  Kolberg  1  mit  40.  Ein  auf  der  lübedur 
Trese  erhaltenes  Verzeichniss  giebt  uns  eine  treflfliehe  Ueber- 
sicht  ttber  die  Zusammensetzung  des  lübischen  Kontingrats  ^). 
Damach  vertheilte  sich  die  bewaffiiete  Mannschaft  unter  die 
drei  FOhrer,  den  Bärgermeister  Bruno  Warendorp  und  die 
Bathsherren  Gerhard  von  Attendorn  und  Johann  Schepenstede, 
folgendermassen.  Die  Genossenschaft  (sodetas)  des  Bruno  Wa- 
rendorp umfasste  die  Bitter  Heinrich  Y<m  Scheding  mit  28  Wafr 
nem  (armigeri)  und  40  Knechten,  Eier  Banzau  mit  6  Waftien 
und  9  Knechten,  Brokhof  mit  1  Wafiher  und  3  Kneditei^ 
Heinrich  von  Offenhusen  mit  2  Knechten  und  noch  drei  wdih 
ständige  Waflher,  im  Ganzen  mit  den  5  Waffiiem  des  Bt^ 
germeisters  selbst  4  Bitter,  43  W^affiier  und  54  Knechte,  ako 
101  Mann.  Die  Genossenschaft  des  Gerhard  vim  Attandon 
umfasste  ausser  den  5  Waffiiem  Gerhards  den  Bitter  Lubbert 
von  AmhoU  mit  31  Waffii^n  und  38  Knechten,  im  Ganna 
also  76  Mann.  Zu  der  Genossenschaft  des  Johann  Sch^eD«- 
stede  gehörten  die  Bitter  Hermann  von  Horde  mit  14  Waff* 
nem  und  einer  unbestimmten  Zahl  von  Knechten,  Eberhard 
Stenbek  mit  3  Waffiiem  und  5  Knechten,  Arnold  von  Laat- 
husen  mit  24  Waffii^n,  20  Mann,  die  flir  10  Waffiier  ge- 
rechnet werden,  und  33  Knechten,  zusammen  mit  den  7  Waflf- 
nem  des  Führers  3  Bitter,  48  Waffii^,  20  etwas  geringere 


1)  Lüb.  Urkdb.  III,  n.  664  A.  1  u.  IV,  n.  IIb. 


Urieget  VBd  mdir  als  88  Kneehte,  also  mindestBiis  109  Mann. 
.  Awsmrlifllh  dieser  drei  Abtbeilungen  werden  noch  erw&hnt 
5- Kitter  mit  44  Wafinem  und  34  Knediten,  zaeammen  73 
Mann.  Die  Gesammtmaebt  belief  sich  abo,  voransgesetEt, 
di8B  die  allein  Aufgeführten  nicht  eine  sp&ter  nadigesmdete 
Jbrsatmumnschaft  ausmaditen,  auf  184  SdiwerbewaffiDete ,  20 
Leiditerbewiflhete  und  mehr  als  154  Knechte,  zusammen  mit 
dSApS  Ftihrem  mindestens  858  Mann,  also  V5  mehr  als  fttr 
Libeek  angesetzt  war. 

Ein  grosser  Theil  der  Streitkräfte  bestand  demnach  aus 
Beiterei;  um  keinen  Mangel  zu  haben  an  Pferde,  gaben 
die  wmdischen  Stftdte  auf  je  100  Mann  20  Pferde  mit  ^). 
Auch  fto  die  nöthige  Artillerie  war  gesorgt.  Die  LAbecker 
liefarten  zwei  Bilden,  ein  treibendes  Werk  und  eine  „Katze^^ 
(^  Rädern  stehende  Maschine  zum  Einrammen  der  Mauern), 
dte  Stralsunder  zwei  Hiden  und  ein  treibendes  Werk,  die 
laatocker  und  die  Wismarschen  je  zwei,  die  Stettiner  und 
üa  Oreifewalder  je  eine  Bilde  <).  In  allgemeiner  Yersamm- 
hng  ernannte  die  wendischen  Städte  am  15.  M&rz  zu  Rostock 
ilnre  Hauptleute,  je  drei  von  Lübeck  und  Stralsund,  je  zwei 
TM  den  übrigen  Städten  <).  Es  waren  von  Lübeck  Bruno 
Wuendorp,  Johann  Schepenstede  und  Gerhard  von  Attendorn, 
vün  Stralsund  Heino  Schele,  Borchard  Plötze  und  Jolumn 
Rage,  von  Stettin  Marquard  Vorrad  (die  Ernennung  eines 
zweiten  blieb  rückständig),  von  Wismar  Johann  Manderow 
und  Berthold  Kalsow,  von  Rostock  Johann  Bomgarde  und  Jo- 
hann Nacbtrave.    Auch  der  Greifswalder  Ernennung  blieb  ver- 


1)  H.  ja.  I,  B.  440  A  (  18.  DieM  EMtimmiing  hat  doeh  wohl  nur  d«n  im 
T«xt  ADgenommenen  Sinn ;  denn  jeder  Solddienit  thnende  Ritter  hatte  doeh 
wit  Itr  aehM  WaAn,  so  aveh  fHr  tein  Pferd  in  eorgen.    SO  Pferde  anf  100 

wireo  aenat  Ja  auch    bei  der  groiaen  2ahl  der  Schwerbewaffiieten   viel 
weaif. 

2)  ebd.  I,  D.  440  A  (  10. 
8)  ebd.  I,  n.  440  A  §  8. 

80* 


46&  XIV.    Per  nreilt  Krieg 

schoben;  Edberg  und  Stargard  weiden  nielit  erwilmt.  Der 
lObecker  Bürgermeiater  Bruno  WarendcNrp,  deeaen  ^ame  das 
Stichwort  für  die  ruhmreichen  Knogß  der  Hanae,  deaaen  Fi- 
gur, in  Wort  und  BUd  von  modemer  Sage  neu  gestaltet,  der 
Repräsentant  des  reisigen  Kaufmanns"  gewordea  ist^),  war 
der  Oberanführer  nicht  bloss  der  wendischen,  sondern  dv 
ganzen  städtischen  Kriegsrttstung.  Er  hatte  schon  im  ersten 
Kriege  der  Städte  gegen  Waldemar  gedient*).  Unter  seiner 
Oberleitung  standen  die  Rathsherren  der  Städte  des  Oatens 
und  Westens,  die  ihre  Kontingente  jetzt  übar  See  in  Feindes- 
land führten  *). 

Am  9.)  spätestens  am  16.  April,  sollte  die  ganae  Macht 
der  Ostsee-Städte  am  Oellande  zur  Abfahrt  bereit  sein^). 

4)  Dänemark  und  Kdnig  Waldemar  vor  dem  sweiten  Krlaia. 

Gregenflber  diesen  für  jene  Zeit  bedratenden  Baatungen, 
gegenüber  dem  festen  Binge  von  Bündnissen,  der  sich  wie  eil 
beklemmender  Gürtel  rund  um  die  dänischen  Lande  legten 
sollte  man  denken,  habe  auch  Waldemar  das  Seinige  gethaa, 
dem  drohenden  Sturme  zu  trotzen.  Gespannt  richtet  man  m- 
nen  Blick  nach  dem  Insebreiche  und  erwartet  den  rOhrign, 
bisher  doch  keineswegs  verzagten  Dänenkünig  in  rüstigw  V<«^ 
bereitung  zu  sehen  zum  energischen  Widerstände.  —  Nichte 
von  alle  dem;  Waldemar  macht  nicht  einmal  den  Versuch, 
mit  den  Waffoi  in  der  Hand  der  Gefiethr  zu  begegnen.  Er  ver- 
lässt  sein  Beich,  noch  ehe  einmal  ein  bansisdier  Wimpel  in 


1)  Lab.  Urkdb.  HI,  n.  485. 

2)  Maotelf  in  d.  Hans.  Geschbl.  1871 ,  S.  188.  Dort  wird  auch  naoligt- 
wiesen,  dMs  es  falsch  Ist,  einen  Unterschied  m  machen  swisohen  dem  Bfir- 
germeister  und  dem  Hauptmann  Bruno  Warendorp. 

3)  Nur  gelegentlich  erfahren  wir  die  Mamen  yoi^  Bathsbennaii  aadeier 
StAdte,  die  einen  Befehl  im  Kriege  Übernommen  hatten,  so  Hermann  von  Dül- 
men von  Thom  (H.  R.  I,  n.  487),  Bernhard  Hoppener  von  Riga  (ebd.  ■.  497 
8.  458,  n.  500),  Johann  Hund  yon  Zierixee  (ebd.  n.  495  u.  496  §  10). 

4)  H.  R.  1,  n.  440  A  §  9. 


gegmi  WaldwiMr.  460 

den  dtnüielMSik  Gewissem  sich  blicken  lässt,  und  rieht  hin- 
über nach  Deatschland ,  um  bei  firemden  Forsten  Hülfe  zu 
sudieii. 

Eb  ist  das  eine  so  rftthselhafte  Handhmgsweise,  dass  man 
erstaiait  nach  den  Ursachen  firagt  Aber  nur  ungenag^id  ver- 
mögen wir  auf  eine  solche  Frage  zu  antworten.  Schwerlich 
kaan  man  Waldemar  den  Vorwurf  der  Feigheit  machen;  denn 
eb^eich  diese  Eigenschalt  oft  nahe  zusammen  wohnt  mit  Härte, 
üebermuth  und  Gtewaltthätigkeit ,  die  der  Dänenk^taig  in  so 
rekhem  Masse  bewiesen  hatte,  so  war  das  doch  nicht  bei 
Waldemar  der  Fall.  Wenn  er  das  Spiel  verloren  gab,  in  glei- 
cher Weise  wie  der  ihm  so  ähnliche  Christian  IL  anderthalb 
Jahrlnmderte  später,  durch  schimpfliches  Zurfickweichen  mit 
driem  Schlage  aufopferte,  was  er  in  langem,  mflhevoUem  Rin- 
gn  per  fas  et  nefas  erworben  hatte,  so  fehlte  es  ihm  dazu 
gewiss  nicht  an  triftigen  GrOnden.  Aber  wenig  mehr  als  Ver- 
ttuthongen  kOnnen  wir  aussprechen,  wenn  wir  dieselben  an- 
sqgetben  versuchen.  Die  Geschichtschreibung  lässt  uns  so  ziem- 
Heh  ganz  im  Stich;  Ui^unden  giebt  es  nur  wenige;  man  muss 
ridi  begnügen,  aus  einzehien  Andeutungen  schwankende  Schlüsse 
sti  ziehen. 

Wir  haben  oben  ^)  an  der  Hand  der  sogenannten  Fort- 
aetsung  der  seeländischen  Chronik  verfolgen  kftmen,  mit  wel- 
chen Mitteln  Waldemar  die  kOnig^che  Macht  zu  stärken  und 
zu  befestigen  strebte.  Sonderrechte  und  Privilegien  galten 
ihm  wenig.  Ob  er  auch  in  den  60er  Jahren  auf  diesem  Wege 
weiter  ging,  darüber  fehlt  es  uns  an  sicheren  Nachrichten,  aber 
wenn  man  Waidemars  Charakter  und  seine  Haltung  in  der 
äusseren  Politik  erwägt,  so  ist  allerdings  dne  grosse  Wahr- 
seheinliehkeit  dafür.  Einige  Zeugnisse  erheben  diese  Wahr- 
scheinlichkeit fast  zur  Gewissheit    Jene  oben  (S.  178)  ange- 

1)  8.  158  ff. 


470  ^^*   i>v  ^^^  ^^^^ 

führte  scharfe  Verurtheilimg  Waidemars  in  der  lundeoer  Bis- 
Üiums-Chrcmik  wird  mitgethdlt  zur  Geschichte  des  Enä>i8chofii 
Nikolaus,  der  erst  1361  zu  seiner  Würde  gelangte,  besrieht 
sich  also  wohl  vorzugsweise  auf  die  spätere  BegienmgSEeit  Wai- 
demars. Sie  tritt  in  zwei  späteren  historischen  Kompilatio- 
nen,. Ableitung^  der  Bisthums-Chronik^),  auf  mit  den  An- 
fangsworten ^Waldemarus  quum  redüsset  de  curia^,  wird  also 
hier  ausdrücklich  in  die  Jahre  von  1364  an  verlegt.  Mit  eben 
jenem  Erzbischof  Nikolaus  gerieth  der  König  in  heftigen  Streit 
Er  bemächtigte  sich  gewaltsam  des  erzbischöflichen  und  des 
Kapitelssiegels  und  besiegelte  damit  gewisse  Briefe,  die  „den 
Freiheiten  der  Kirche  entgegen  waren^^').  Schon  mehreren 
seiner  Vorgänger  war  der  Streit  mit  der  Kirche  zu  schwerem 
Nachtheil  ausgeschlagen;  auch  Waldemar  wird  seine  SteUnag 
tfuf  diesem  W^e  nicht  gefestigt  haben.  —  In  einer  Uriomde 
vom  Mai  1367  überlässt  ein  Jute  dem  Könige  Güter  und  fügt 
ausdrücklich  hinzu,  dass  er  das  freiwillig  thue,  nicht  im  Bkxk 
und  nicht  in  eisernen  Ketten  ^).  Suhm  meint,  dass  man  ans 
diesem  Zusätze  gerade  auf  das  Gegentheil  schliessen  möchte^ 
und  man  kann  ihm  darin  wohl  Recht  geben.  Schwerlich  war 
es  eine  Politik  der  Versöhnung,  die  Waldemar  dem  leicht  auf- 
sässigen jütischen  Adel  gegenüber  befolgte.  Und  doch  hätte 
nur  eine  solche  Waidemars  Macht  kräftigen,  das  unter  ihm 
neu  erstandene  Beich  festigen  können.    Hatte  des  Ktoigs  Stie- 


1)  Bei  Petrus  OUi,  Lgb.  I,  p.  185  und  daiu  Lgb.  VI,  p.  829. 

2)  Lgb.  VI ,  p.  681  (Chr.  episc.  Land.) :  ValdemaruB  Rex  violenter  accepit 
sigillnm  capitoU  Lnndensis  et  ejnsdam  domini  Kicolai  Areluepifteopi  et  sigü- 
Uvit  certas  Utterat  eisdem  invitie  contrm  Ubertttem  eeoletie.  Dm  kami  mu 
nach  1868  gewesen  sein.  Nikolaus  ward  erst  1861  Ersbischof;  bei  der  Hoeh- 
seit  Hakons  mit  lUrgareta  hielt  er  seine  erste  Messe,  ebd.  VI,  p.  688  an  1868. 

8)  Suhm  Xin,  687:  Mec  tnuicatiim,  nee  fisrrea  cateoa  aggravatm.  Od« 
soll  „tnmcatam**  hier  gar  etwa  ,, verstümmelt'*  heissen?  Am  8ft.  Jud  1867 
entlftsät  Waldemar  deatsche  Söldner  (Reg.  bist  Dan.  I,  n.  8584  und  8686). 
Wosa  er  dieselben  verwendet  hatte,  wissen  wir  nicht.  Im  Mai  hatte  er  sich 
in  Jütland  aufgehalten.     Hatten  sie  ihm  dort  yielleicht  gedient? 


gtgui  Waldflouur.   .  471 

boB  tnits  aller  BAdmohtsloeigkeit  und  Gewaltthätigkeit  eine 
innere  Berechtigang,  so  lange  es  in  erster  Linie  darauf  ge- 
richtet war,  die  alten  Bestandthale  des  Beiches  wieder  her^ 
beisrabrii^^,  die  Macht  der  Fremde  im  Lande  zu  brechen, 
so  Terimr  es  diese  gänzlich  in  dem  Augenblicke,  wo  es  anfing, 
dm  Bestand  der  Nachbarstaaten  zu  bedrohen,  Handel  und 
Verkehr  auf  mathwillige  und  frivole  Weise  zu  stören  und  da- 
bei jenes  scharfe  Begim^t  im  Innern,  das  sich  nur  unter 
efaier  Voraussetzung  rechtfertigen  liess ,  unverändert  beizube- 
halten. Wie  Christian  II.  nach  dem  stockhohner  Blutbade 
woBste  auch  Waldemar  Atterdag  auf  dem  Höhepunkte  seiner 
Madit  nicht  innezuhalten  mit  seinen  HerrschaftsansprQchen 
nadi  anssen  hin,  nicht  umzukehren  auf  der  Bahn  seiner  in- 
w&tü  Politik.  Das  f&hrte  zu  seinem  und  —  seines  Landes 
Verderben. 

Denn  selbst  unter  den  günstigsten  umem  Verhältnissen 
wären  die  Kräfte  Dänemarks  in  der  zweiten  Hälfte  des  14 
Jahrhunderts  doch  keineswegs  ausreich^d  gewesen,  die  Pläne 
der  grossen  waldemarischen  Zeit  wieder  aufzunehmen.  Sehr 
tid  ungOnstiger  als  damals  lagen  doch  jetzt  die  Verhältnisse 
für  das  Nachbarvolk.  Damals  gab  es  noch  keine  hansische 
Flotte  in  dar  Ostsee,  an  Weichsel,  Pregel  und  DQna  noch  kei- 
nen deutschen  Ordensstaat  mit  blühenden  Städten.  Die  Schaum- 
barger,  die  Erbfeinde  des  dänischen  Reiches,  nahmen  jetzt  eiM 
ganz  andere  Machtstellung  ein  als  damals ;  statt  schwacher 
Wenden  sassm  tapfere  Fürsten  und  sedoAftige  Städte  in  Pom- 
mern, Rogen  und  Mddenburg.  Wenig  hatte  es  zu  bedeuten, 
daes  Waldemar  sich  noch  König  der  Wenden  und  Lehnshor 
von  Rostock  und  Rügen  nannte.  Auch  im  eigenen  Reiche  war 
der  König  nicht  in  dem  Masse  Herr  wie  einst  Waldemar  der 
Sieger  und  sein  Bruder  Knut  Theüe  von  Norcljütland  und 
Fttnen  waren  noch  immer  in  den  Händen  der  holsteinischen 


472  ^^^'   ^>^ 

Gnfen^).  In  Söd*Jatl«id  bat»  WildMür  svmr  grtewre 
Madil  als  irgend  dn  dänischer  Kteig  in  den  ktaslen  hundert 
Jahren,  aber  doch  hatte  der  sdikBirigBche  Herzog  noch  ha- 
mer  festen  Fuss  im  Lande,  hatte  Yor  allen  Dingen  Nichts  foa 
seinen  Ansj^rOdien  aa%egd>en  ond  war  stets  bereit,  sich  xor 
GeHendmadrang  derselben  an  die  hobteiniachen  Gmfan  an- 
nBchhessen.  Dasa  wtaea  Add  und  Oejaflichkeii  im  Lande 
weit  miditiger  als  Yor  anderthalb  Jahriiondertm,  ond  WaUe- 
mar  hatte  in  ihrer  Behandlnng  weder  grosse  Kla^^beit  noch  Vor- 
sicht geidgt  Dem  gegenüber  konnte  die  Eroboimg  Gotlands 
vnd  festländischer  Landstridie  Schwedens  kaom  ins  Gewicht  fid- 
len« Es  bitte  der  ganz^  angespannten  Kraft  des  klonen  Landes 
und  des  festen  Zosammenstdiens  Yon  Kteig  und  Vdk  bednrfi, 
der  jetzt  drohenden  Gefahr  zn  widerstehen.  Gerade  im  Ge- 
gentheil  war  aber  das  Verfaältniss  zwischen  Herracker  mri 
Unterthanen  auf  keinen  Fall  ein  sehr  firamdlidies,  und  die 
Kräfte  des  kleinen  Landes  warra  durch  das  AussangesjstiB 
des  Kteigs  an&  Aeusserste  orscbdpft 

Im  Lilande  <^e  die  Mittd  zum  energisdien  Widerstände^ 
musste  sich  Waldanars  Blick  nach  aussen  richten,  und  olne 
Zweifel  hat  er  Yon  dorther  auf  kräftige  Hülfe  gdmflt  Nickt 
umsonst  hatte  ear  ja  auf  weiten  Basen  und  mit  grossen  Kostoi 
das  Vorhältaiss  zn  den  Häuptern  der  Christenheit,  zu  Kaiser 
und  Papst,  und  zu  manchoi  Fürsten  gepißgL  Mit  dem  Hii- 
weis  auf  diese  Yersuchte  er  ja  auch ,  wie  wir  gesdien  habettf 
die  Städte  euizuschOchtem  *).  In  Deutschland  fehlte  es  ihn 
nicht  an  Freunden,  w&an  auch  die  mächtigsten  unter  seinen 
Nachbarn  ihm  feindlich  gegenüberstanden.  Da  war  sein  ixeoet 
WafC^genosse  Herzog  Erich  Yon  Sachsen,  der  ihn  auf  allen 
Kriegsfahrten  begleitet,  seit  mehr  als  zwanzig  Jahren  an  aUen 

1)  Vertrag  sa  Kolding  rom  7.  Jali  1365,  Salim  XUh  557.     Wegen  Sreod- 
borg  anf  Fftnen  vgl.  H   R.  I.  n.  272. 

%)  H.  R.  I,  n.  487  §  9 ;  s.  oben  S.  439. 


gigttt  WaMMMV.  473 

Gcüdudmi  de»  dänisdien  Reiches  und  seines  Eftiigs  Antbeil 
genottmen  hatte.  Auch  Graf  Addf  von  Hdstein  stand  seit 
ebdgen  Jahren  auf  Waldemars  Seite,  hatte  seine  Freundschaft 
dorth  die  Vermittlung  des  alhofaner  Vertrags  bewiesen  ^) ; 
ekenso  hidten  die  pommerschen  Fftrsten,  sowie  der  Horsog 
WiAelm*  toh  Lttneburg  zu  ihm.  Lflbeck  bat  den  Kaiser,  diese 
LeMaran  zu  ermahnen ,  dass  sie  nichts  Feindliches  gegen  die 
Sddte  unternehmen  mochten ').  Ausserdem  war^  Markgraf 
Otto  ^on  Brandenburg,  der  Bruder  von  Waidemars  Schwa- 
ger,  und  KOnig  Kasimir  von  Polen  ihm  wohl  bekannt  und  be- 
freundet. 

Aber  diese  Hoffiiungen  sollten  sich  als  ziemlich  trQge- 
liseh  erweisen.  Erich  von  Sachsen  und  Adolf  yon  Holstein, 
die  nftehsten  Stützen  des  dänischen  Königs,  waren  mitten  zwi« 
tdMD  seine  Gegner  eingeschlossen  und  wagten  nicht,  entschie« 
dn  ftlr  ihn  aufzutreten.  Beide  mochten  einsehen,  dass  Wal« 
donar  nicht  zu  helfen  sei,  wenn  er  nicht  durch  Entgegen- 
kommen seine  Femde  versöhnen  könne,  und  zdgten  wenig  Nei- 
gong,  für  den  Uebermuth  und  die  Unbedachtsamkeit  des  D&- 
MBkönigB  in  die  Bresche  zu  springen.  Sie  beschrankten  sich 
Ariier  auf  Vermittlungsversuche ').  Erich  von  Sachsen  hatte 
zu  L&beck  'ohnehin  von  jeher  in  einem  freundlichoi  Verhalt« 
Bisse  gestanden,  und  er  zeigte  auch  jetzt  keine  Neigung,  das^ 
selbe  zu  brechen.  So  kam  ein  Abkommen  zu  Stande,  das 
Bodi  weitor  ging  als  jenes  im  ersten  Kriege.  Erich  verspricht 
den  Stidten,  dass  keiner  seiner  Unterthanen  und  auch  kein 
Fremder  durch  seine  Lande  dem  Könige  zu  Hülfe  ziehen  solle; 


1)  Obn  S.  418. 

t)  LAb.  Urkdb.  IIl,  n.  649  S.  696. 

8)  DArmnf  daatet  hin  Ar  Erich  von  SachaeD  H.  B.  1,  n.  415,  wahrschein- 
Beh  tmi  Uia  m  besiehon ,  tta  Adolf  von  Holstoin  seine  Beise  nach  Dänemark, 
wm  dm  «r  aleh  von-  liUbeck  im  Mamen  des  Hersogs  von  Meklenbarg  und  des 
Grafen  Heinrich  fttr  die  Zeit  vom  9.— 86.  Mlrs  Oeleil  «rtheilen  liest,  Lfib. 
Urkdb.  m,  n.  646. 


474 

vmBdKn  iluiiiid  d«  Stidtoi  adle  Uar  n  LiMte  smi  Juki» 
lug  lollkoiiiiiieMr  Friede  nam.  i%,  er  wMiwwt  aach  ■& 
Hocioge  ym  MMßB^bmg  md  da  hoJrtrniiBclifn  Gnioi 
gjMdmi  Yertn«;^;  imd  Labedi  fthwnJMrt  m.  aach  vit  Gnf 
Adolf  iroa  Hebleni  ein  ÜmlidM»  Aktkammim  m  Udfan,  dai 
köAßl  imbiBdienilidi  n  Stude  gdmanoa  iit').  Um 
andi  die  poiuMraches  BenOge  umi  Zuzüge  ibnlHdteB, 
Ende  Febraar  Straboad  md  Gieiimdd  beairfbra«!,  8cki(h 
¥Qr  die  Peese  n  kgea  *).  Bogislaw  tobi  WolgaBi  ackloaB  ach 
sogar»  wie  wir  Mdi  adiOB  werdes,  den  Slidtw  «ad  dea  Mek- 
kaborgem  an. 

So  war  amidBl  jede  Hofino«  aaf  Hilfe  flir  Walirwir 
abgeadüitlai,  den  der  Kaiaar«  wam  iborkaopt  geauigi  wad 
iB  Slaade  n  kdfea»  war  ia  weüer  Ferae  airf  dcai  Zaga  aadi 
Itafiea  gegea  die  Viaeonti;  dea  n^slaB  Datcntttna«  bedaa- 
lele  waug  aad  mi  dea  Freaadai  ia  Duatacbiaad  rttrta  aidi 
kfliaer.  Die  baaTJarhr  Flolla  aber  fcoaala  jedea 
losi^Iagea,  aad  ia  aeiaeai  Bekte  iaad  Wi 
Mittd  ihr  aa  witaatalHBL  fii 
adbe  za  iraiiaasea.  Schoa  njinml  hatte  ihs  eia 
Yerfihraa  gate  Fittchle  gelragea.  Ab  er  Ende  1363  dUt 
rar  Ahlanf  das  aul  dea  Slidlaa  garifhlMiraM  Wi 


db  Uatahaadk^ea  mak  da  Slidtea  gdeüat     W 


eaaent  ao,  ea  waMUfi  aeni  wavae,  aniagacae 
za  eriaagea  and  die  Stidte  aul  gatea 


h9h.  Trk.  HL  ■.  MS  4  M^ 


gtgM  WakUnar.  475 

halt««  Ohne  Zweifel  fohlte  ee  ihm  auch  nicht  an  souveräner 
Verachtmg  gogm  ijUese  Krämer,  die  mit  einem  Kfoige  Krieg 
Ükna  woUten»  Ist  der  ihm  in  den  Mund  gelegte  derbe  Spott* 
veiB  von  den  ,J7  Hensen^^  und  ihren  „77  Gftneeoi^^  auch  nicht 
antheotiach,  die  Gesinnung  drückt  er  jedenfalls  aus,  die  Wal^ 
demar  erftUte.  Sich  gerade  von  diesen  Städtern  etwas  ab- 
trotMD  lassen,  musste  ihm  besonders  empfindlich  sein.  Am 
Ortodoniierstage  dem  6.  April  1368  verliees  er  Dänemark, 
wie  die  Ghnmik  des  lundener  Erzbischofe  sagt,  „wegen  sein^ 
Vertnredien,  getrieben  von  göttlicher  Rache,  aus  freien  Stflckmi, 
ohne  dass  ihn  Jemand  verfolgte^^  ^).  Er  wandte  sich  zunächst 
nach  der  Oder  zu  seinen  Freimden,  den  pommerschen  Her- 
zögen. Seinen  alten  treuen  Diener  Henning  von  Putbus  hatte 
er  ab  Beichsverweser  an  der  Spitze  des  Beichsraths  zurück- 
gilaaeen. 

Es  war  eine  ebenso  kurzsichtige  wie  unkönigliche  Hand- 
tangHweiBe,  der  Waldemar  sich  schuldig  machte  *).  Dass  die* 
aar  Schritt  auf  die  Zeitgenossen,  Freunde  wie  Feinde,  einen 
wiehtigen  Eindruck  machte,  kann  nicht  bezweifelt  werd^. 
A1»r  die  Geschichtsehreibung  lag  damals  im  Norden  so  dar- 
■ieder,  dass  uns  selbst  in  den  zeitlich  nächststehenden  Quel- 
In  kein  einaiger  chronikalischer  Bericht  erhalten  ist,  der  we* 
SMlMch  Aber  die  blosse  Erwähnung  der  Thatsache  hinaus« 
ginge.  Später  hat  dann  die  Sage  auch  diesen  wichtigen  Mo- 
awnt  aus  Waidemars  Geschichte  reich  mnwoben.  Dänische 
Qnelka  und  die  hdsteinische  Chronik  lassen  den  König  flie- 

1)  Lgb.,  Ser.  nr.  Dan.  VI,  p.  esi :  Qai  taman  Bez  ob  dMuerito,  nkione 
iMu^  «rgtnte,  M  ipMun  a  ngno  upvlit  namina  prosaquaata  sab  anno  Domini 
lata  in  €wa  Damini 

i)  9mkmtf  dar  barfilnnta  dlnisoha  Hiatorikar  daa  yoHgan  Jalarhandarts,  thnl 
Uar  oiiM  Aaoaaanuif ,  dia  bai  onMni  jatsigan  Baaiahangaa  an  dan  ftamniTar- 
wmnikm  Maahbarn  nicht  ohna  Intaraaaa  ist.  Er  aagt :  „Groaabarsigar  handalta 
PftMMM  Friadrieh,  wann  ar  antwadar  »iagan  odar  als  Kdnlg  aterban  wollta**. 
HantBtttaga  wird  Priadrfeh  dam  Ckoaaan  im  Norden  kalaa  lo  nnbaam^wa  Wir- 
•u  TbaiL 


476  ^^^^?    ^^  tfnilib  Krieg 

hen,  um  der  ihm  dn^nden  yergiftung  durch  Personen  in 
seiner  nächsten  Umgebung  zu  entgehen;  Komer  ensililt,  die 
Hansestftdte  h&tten  mit  grossem  Oeschidc  die  FOrsteo  gegm 
Waldemar  aufgebracht  Uns  k(3nnen  B<dche  ErkUürmigen  nur 
den  Beweis  liefern,  dass  audi  ihren  Urhebern  adion  Waide- 
mars Handlungsweise  schwer  verständlich  war.  Bediente  sid 
doch,  um  dieselbe  zu  erklärai,  schon  die  zettgenOssische  CSuronik 
des  limdener  Erzbisthums  des  Motivs  der  göttlichen  Bache; 
reale  OrOnde  vermochte  schon  sie  nicht  zu  entdecken;  ihr 
schien  Waldemar  „aus  freien  Stocken ^^  sein  Reich  zu  ve^ 
lassen. 

5)  Das  ante  Jahr  dos  S^rleges  (1808). 

So  ziemlich  der  getroffene  Verabredung  gemäss  sdieint 
der  kriegerische  Angriff  auf  Dänemark  ins  Werk  gesetzt  zu 
sein.  Um  Ostern  sammelte  sich  die  Schiffe  der  wendischen 
und  preussischen  Städte  am  Gelland  ^) ,  und  noch  im  April 
muss  die  hansische  Flotte  voa  dort  aus  in  See  gegangai  sefan. 
Sie  zählte  17  grosse  und  20  kleinere  Kriegsschiffe  und  hatte 
wohl  2000  Mann  gut  bewafheter  Landtruppen  an  Bord.  Mit 
Reiterei  und  Artillerie  war  man  wohl  versehen;  es  war  ehie 
fQr  Zeit  und  Umstände  nicht  unbeträchtliche  Waffienmacht 
Die  Städte  hatten,  wie  sie  später  behaupteten,  wohl  ein  Drit- 
tel Mannschaft  mehr  gestellt,  als  sie  versprochen*). 

Der  erste  Angriff  richtete  sich  auf  Kopenhagen,  auf  das 
die  Hansen  es  schon  lange  abgesehen  hatten.    Am  2.  Mai  fiel 

1)  Dasb  das  wirklich  so  aasg^eftthrt  wurde,  geht  mu  L&b.  Urkdb.  I«  n.  728 
heryor  (die  StAdter  hatten  am  Qelland  Hols  verbraucht,  das  Bftrgem  tob  Bar- 
derwyk  gehörte).  Vgl.  H.  R.  I,  n.  496  §  7  n.  Lfib.  Urkdb.  m,  n.  70r  Nach 
UrkdL  Gesch.  II,  S.  641  (H.  R.  UI,  n.  808)  scheint  es,  als  hltt«  deh  die 
Preussen  mit  den  Niederländern  bei  Marstrand  gesammelt :  „Des  schal  en  yewel, 
de  dor  den  Norstond  wil  seghelen,  tho  der  vlote  der  van  Pratsen,  Campen 
unde  van  der  Zudersee  tho  Mastrande  etc.".  Das  widerspricht  aber  den  Be- 
stimmungen der  kölner  Konföderation,  ygl.  H.  R.  I,  S.  S74. 

2)  H.  R.  II,  n.  49  §  2. 


477 

Fette  in  ibre  BAnde  ^).  Der  UaSea  wusde  durch  Versen*) 
kuDg  VQB  fiddffeA  unbrauchbar  gemacht*),  das  Schloas  aber 
nicht»  wie  ea  urq^rOngUch  verabredet  war  und  auch  noch  jetst 
emogan  wurde ,  zerstört,  sondern  zunächst  besetzt  gehaltw 
und  aum  Mittdpunkt  der  hansischen  Kriegsoperationen  ge- 
Muirt*).  Die  Stadt  scheint  man  aber  schon  jetzt  dem  Erd- 
bodflR  gleich  gemacht  zu  haben  (AUemannid  HafiKaisem  vil- 
lain  tfanditus  desolabant). 

Yw  Seeland  wandte  man  sich  hinüber  nadi  Sdionen.  Kfr* 
aig  Albrecht  von  Schweden  scheint  pünktlicher  zur  Stelle  ge- 
wesen zu  sein  als  seine  Vorgänger  Magnus  und  Hakon,  die 
früheren  Bundesgenossen  der  Städte.  Schon  im  yorig^  Herbst 
hatte  er  mehrere  M<mate  lang  Borgholm  auf  Oeland  belagert^) 
und  Feste  und  Insel  damals  wohl  auch  erobert  Zwei  Jahre 
iifitiTr  war  dn  Schwede,  Erich  Karlsson,  dort  „praefectus^S  Kann 
mm  allerdings  recht  späten  Nachrichten^)  glauben,  so  er- 
oberte Albredit  1368  nach  einand^  Falsterbo,  Skanör,  Ystad, 
(Saibriahamn  und  Lund.  Vor  Falsterbo,  Skanör  und  Lund 
sind  jedenfalls  auch  Städter  gewesen,  denn  sie  machten  dort 
Geiuigene^).  Wahrscheinlich  hat  man  also  gemeinschaftlidi 
in  Schonen  gekämpft  Bis  zum  Juli  hin  scheint  der  gr(ysste 
Theil  der  Provinz  erobert  gewesen  zu  sein,  darunter  die  wich- 
tigen Plätze  Falsterbo   (noch    am   17.  Juni  in  den  Händen 

1)  Lgb.,  Scr.  VI,  p.  S7S  and  VIII,  p.  648. 

t)  H.  B.  I,  B.  469  t  4  n.  SS.  LttlMck  sahlt  Ar  9bk  Schiff  la  diesMi 
Zwuk»  8  Pftmd  Grote  ▼Umtsch,  die  barMlmet  wtrden  ta  lt^\^  J^.  Ifib.,  di« 
Pmumh  Ar  8  Schiff»  48  Pfd  Qroto  ▼Um.,  berechnet  tu  888  4^  Iftb. 

8)  H.  B.  I,  n.  468  (  11  n.  478  (  10. 

4)  Srenaka  B.  A.  P.  I,  n.  787,  H.  B.  I»  n.  486  (Tom  81.  Aag.  and 
16.  Not.  1867);  St.  R.  A.  P.  I,  n.  807  Tom  11.  Not.  1869. 

6)  HTitleldt  I,  643 ;  Meesenios ,    Scondie  illattroU  III,  p.  86. 

8)  Mb.  Urkdb.  UI,  n.  686 :  Dit  lint  de  Tenghene ,  dey  gheransben  wor- 
den TOT  Landen  nnde  vor  Valtterboden.  Die  bei  der  Kinnehme  von  Sfcante 
gwniuhten  Qeliuigenen  find  tpiter  in   den  HAnden  Stnüanndt,  ebd.  I,  n.  488 


478  XIV.    Dir  twoiltt  Krieg 

der  Dfinen)^),  und  SkanOr,  da&B  Malmö  wd  Werpinge  (jetst 
Trolleberg  in  unmittelbarer  Nähe  von  Land,  dmniis  festeg 
ScUoss)  <).  Am  25.  Jnli  best&tigte  König  Albredit  in  Fal- 
sterbe  das  BttndnisB  mit  den  Städte  und  die  FraOieitan  dor- 
selben ,  sdienkte  mehreren  StAdten  neue  Vitten  imd  besti* 
tigte  alte ').  Im  August  sdum  konnten  die  vendiBcheä  StAdle 
zu  Wismar  über  die  fem^ne  Besetzung  d^  festen  Plfttse  in 
Schonen  berathen,  die  ihnen  vertragsmässig  zustand^).  SdM« 
zwei  Monate  früher,  am  14.  Juni,  hatten  die  stfidtischeD  Haupt- 
leute zu  Kopenhagen  in  dem  Gefühl,  die  See  vollkemmai  n 
beherrschen,  den  Kaoff ahrteischiffen  Uilaub  gegebmi  zu  segeln, 
wohin  sie  wollten  *). 

Von  Schemen  aus  unternahmen  die  Stftdter  zusammen  mit 
Herzog  Albrecht  yon  M^enburg  und  Graf  Heinrich  T<ni 'Hol- 
stein einen  Zug  nach  Meen,  Falster  und  Laaland*)^  kuA 
hier  hattoi  sie  Erfolg.  Am  15.  August  ergab  sieh  *Henmag 
Alderstorp  auf  Nykjebing  dem  Herzog  Albrecht  unter  deit  Be* 
dingung,  dass  das  Schloss  von  ihm  und  Vicko  Moltke  verwal- 
tet werde;  nur  wenn  es  K5nig  Waldemar  gelingen  sollte^  dfli 
Herzog  mit  Waffengewalt  aus  dem  Lande  zu  vertreiben,  soBte 


1)  Lüb.  Urkdb.  UI,  n.  656. 

1)  H.  R.  I,  n.  479  §  39. 

8)  Lflb.  Urkdb.  ni,  n.  662  u.  H.  R.  I,  u.  458  ff.  In  der  Urknnde  n.  45S 
werden  die  Städte  Amsterdanif  EnkhuUen ,  Wierin^a,  Briel ,  Stayorett ,  Hinde* 
lopeii,  Harderwyk  und  Kämpen  nicht  genannt.  Sie  Ussen  sich  ihre  Privilegien 
besonders  besULtigen  (n.  464—468).  Geschah  das,  weil  sie  an  den  Reektea 
des  deutschen  BLaufmanns  im  Auslände  sonst  keinen  Antheü  hatten,  also  keine 
Hansestädte  waren?     S.  oben  S.  449  A.  1. 

4)  H.  R.  It  n.  475  %  1.  Aach  Kopenhagen  wird  nur  ▼on  Ihren  HluipC- 
lenten  gehalten,  ebd.  n.  469  §  11. 

5)  ebd.  I,  n.  467. 

6)  ebd.  II,  n.  49  $  8.  Detmar  fasst  sum  Jahre  1869  die  Brlblge  des 
ganten  Krieges  snsammen:  De  koplnde  (van  der  DndesdMn  HaiiM)'  wanoen 
do  Copenharen,  Helsingore,  Valsterboden ,  Schönere,  Nykopingfaen  «nde  Als- 
holm.  Helsingborg  ist  hier,  wie  sonst  liäufig,  mit  Helsingör  gemeint,  s.  H.  R.  II, 
n.  48  §  4  u.  49  §  4,  auch  I,  n.  238  §  8,  9  u.   13. 


dw  ScUoss  bei  Waldemar  bleiben  >)•  Unter  älmlichen  Bedin- 
gmgen  kamen  die  festen  Burgen  Laalands,  der  Alholm  au 
der  SttdkOste  bei  Nysted  und  die  fiavensburg,  in  der  Norder- 
harde  am  Meere  gelegen,  in  die  Hände  der  holsteinischen  Gra- 
te Hemrich  nnd  Klaus.  Jenen  übergab  am  8.  September  der 
Bitter  Kanten  Kule,  diese,  vor  33  Jahren  von  Graf  Johun 
criiMt,  am  IL  desselben  Monats  Hartwig  Hummersbüttel  aus 
tei  beknmrtwi  holsteinischen  Geschlechte.  Eine  Wartefrist  ward 
fweinbarl,  bevor  die  neuen  Besitzer  ihre  Herrschaft  antreten 
tBÜten.  Bis  zum  1.  Mai  des  nächsten  Jahres  seilten  die  bei- 
doi  Genannten  und  alle  andern  auf  der  Insel  begüterten  Adli- 
gm  sich  erklären  k5nn^  ob  sie  unter  Hdnrich  und  Klaus  im 
Beaits  ihrer  bisherigen  Lehen  bleibe  oder  die  Insel  verlas- 
Mi  wollten.  Auch  der  Fall,  dass  Waldemar  nodi  einen  Ver* 
machen  sollte  zur  Wiedereroberung  seines  Königreichs, 
vorgeeehen.  Wenn  er  zwischen  dem  IL  und  18.  Mäns 
des  nächsten  Jahres  streiten  wolle,  solle  den  Rittern  gestattet 
Wfbkj  ihm  Heeresfolge  zu  solchem  Streite  zu  leisten:  eine  ritter- 
lidie  Art  der  Verabredung,  die  doch  auch  schon  in  jener  Zeit 
ucht  mehr  häufig  ist*).  Den  beiden  lüttem  mag  doch  wohl 
for  altai  Dingen  darum  zu  thun  gewesen  sein,  im  Besitz  ihrer 
Lehen  zu  bleiben,  auf  alle  Fälle  ans  dem  Streite  der  grossen 
Herren  unbeschädigt  hervorzugehen. 

Nahezu  zwei  Monate,  vielleicht  länger,  scheint  diese  Ex* 
pedition  gedauert  zu  haben.  Wind  und  Wetter  erschwerten 
die  Rückkehr  nach  Schonen,  zerstreuten  die  hansische  Flotte; 
doch  fand  sie  sich  wieder  zusammen.  Wahrscheinlich  auf 
dieser  Expedition  ist  Herzog  Albrecht  erkrankt  oder  ver- 
wundet worden  *).  Die  wendischen  Städte  erklärten  sich  am 
IQl  August  damit  einverstanden,  dass  er  zurückkehre,  wenn 

l)*PHHl  im  Bepertorium  FAbridanam,  CMitl.  Havpl-ArchiT  ni  Schwerin. 
DwT«it  Mut 

t)  H.  E.  I,  ■.  477  «.  478. 
S)  «bd.  I,  n.  47fi  i  10. 


480  ^>^*  i^  >v«te  iEriflg 

er  drüben  nicht  genügende  ftnitliche  Hülfe  fiüidfi,  und  statt 
seiner  sein  Sohn  Heinrich  hinübergehe.  Im  Okiober  finden 
wir  dann  auch  dies^  bei  seinem  Bruder  Ktoig  Albrecht,  be- 
reit, mit  ihm  gemeinschaftlich  Ootland  anzugreilaii^). 

Inzwischen  hatte  auch  N<Nrwegen  die  Stärke  der  hanftiariMMi 
Macht  gefühlt.  Die  Niederländer  sind,  wie  es  scheint,  etwas 
später  in  See  gegangen  als  die  Osterlinge.  Erst  am  11.  Afit& 
wurdep  die  Söldner  Deventers  nach  Harderwyk  geführt,  und 
erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  April  scheinen  sie  sich  dort  einge- 
schifft zu  haben  * ).  Bei  Marstrand  sollten  nach  der  YerabredniK 
die  Niederländer  zusammenkonmiw  und  ym  dort  gemeinschaft- 
lich nach  dwi  Sunde  s^dn.  Auf  dieser  Fahrt,  scheint  es^ 
haben  sie,  vielleicht  unterstützt  von  einigen  Schiffen  der  Oster- 
linge, die  langgestredcten  norwegischen  Küsten  angegriflbn  und 
mit  Raub  und  Brand  heimgesucht^).  Vorzüglich  hatten  die 
Gebiete  an  der  Mündung  der  Göta-Elf ,  wo  die  Niederiänder 


1)  H.  R.  I,  n.  479  %  19. 

2)  ebd.  lU,  n.  297  §  9  u.  3,  n.  298  {  1  o.  12. 

3)  Ob  die  Niederiftnder  allein ,  auf  ihrer  Fahrt  znr  Vereinigung  mit  3cr 
Ostseeflotte  den  Angriff  auf  Norwegen  ausführten ,  oder  ob  derselbe  giifi 
schafUieh  mit  dieser  spfiter  vom  Suade  ans  unternommen  wurde,  Hast  tleli  ■■ 
den  vorhandenen  Nachrichten  nicht  mit  vollkommener  Sicherheit  bestiauMB. 
Fock  (III,  204  Aum.  ***)  hftlt  das  Letztere  fUr  wahrscheinlich,  doch  sebsiat 
mir  die  erstere  Annahme  mehr  für  sieh  tu  haben.  Denn  der  Angriff  aif  Her- 
wegen fand  in  der  Zeit  von  Hitte  April  bis  Mitte  Juni  statt,  dm  am  24.  Joai 
der  König  von  Norwegen  schon  um  Frieden  nachsuchte  (H.  B.  I,  n.  469  {  24). 
In  dieser  Zeit  aber  konnte  man  wohl  kaum  ein  €(eschwader  Töm  Sonde  nt- 
senden,  denn  erst  am  14.  Juni  fühlte  man  sieh  auf  der  See  genügend  Xeistir, 
um  die  Kauffahrteischiffe  frei  segeln  lassen  su  können  (H.  B.  I,  n.  467),  am 
17.  Juni  war  Falsterbo  noch  in  dänischen  Hilnden  (Lüb.  Urkdb.  III,  n.  656). 
Man  hatte  also  am  Sunde  noch  voUauf  sn  thun.  —  Für  die  Anaehaie  dncr 
Betheiligung  einiger  Schiffe  von  der  Ostseeflotte  spricht  aUerdlngs  die  Angabe 
Ilakons,  dass  Bergen  mit  10  Schiffen  angegriffen  worden  seL  Die  aiederlin- 
dliche  Flotte  sfthlte  nur  6  Schiffe.  Doch  können  auch  klefaiere  Sel^fib  diese 
btigleitet  haben,  die,  wie  die  Schuten  und  Snikken  der  wendischen  Städte,  niel)t 
welter  erwähnt,  von  den  Norwegern  aber  mitgezählt  wurden;  möglich  anck, 
daiiM  sich  Kauffahrteischiffe  an  dem  Angriffe  betheiligten.  Vgl.  oben  S.  476, 
A.  1. 


g«gtn  WaldMlAT.  481 

aich  sammeltai,  und  die  Südwestküste  0 9  damals  die  ent- 
widttltsten  und  bevülkertsten  Theile  Norwegens,  zu  leiden. 
Manfcnmd  mit  Schloss,  Kloster  und  Kirche  wurde  niederge- 
brannt, ebenso  Kongelf  und  LödOse;  die  Inseln  Thiom,  Bbt 
hofan,  HiBing  und  andere,  eine  Menge  Dörfer  in  jener  (jegend 
worden  geplündert  und  verwüstet  An  der  Südwestküste  lit- 
tn  besonders  die  Distrikte  Agdesiden,  Jäderen,  Sognedal  und 
^iyika  Bergen  wurde  mit  10  Schiffen  angegriffsn,  der  feste 
faiMjgHiAA  Hof  theils  niedergebrannt,  theils  gebrochen.  Auf 
SeOOO  Mark  Silber  (über  2Vs  resp.  gegen  14  MilL  Bm.)  be- 
redmete  Hakon  sp&ter  seinen  Schaden*).  Die  Verwüstung 
war  um  so  vollständiger,  als  die  hölzernen  Häuser  sich  leicht 
vdlkommen  vernichten  Hessen,  in  vielen  Fällen  auch  als  will- 
kommene Beute  zur  Befriedigung  des  HolzbedarÜB  entführt  wur- 
ksL  Klagen  über  Raub  von  Häusern  durch  deutsche  Kauf- 
loote  und  Schiffer  wiederholen  sich  häufig  genug  in  der  nor- 
wegischen Geschichte. 

Zu  (Reicher  Zeit  kämpfte  in  den  westlichen  Gebieten  Däne- 
maite  Graf  Klaus  von  Holstein  mit  den  jütischen  Adligen 
gogen  die  Diener  des  Königs.  Sie  scheinen  wenig  energischen 
Widerstand  gefunden  zu  haben.  Mancher  Jute  mochte  sich 
den  königsfeindlichen  Landslenten  und  den  im  Lande  wohl- 
bekannten holsteinischen  Grafen  anschliessen  *).  Die  Holsteiner 
durchzogen  mit  ihren  Bundesgoiossen  ganz  Jütland  bis  an  den 
Lim^rd  und  darüber  hinaus.  In  Wiborg  bestätigten  am  20.  Mai 
die  Grafen  als  „Herren  Jütlands  ihrer  Stadt  lUpen^  alle  Privi- 


1)  Pöckt  BcBcrkaof ,  dMs  tos  d«r  OdU-Elf  B^rdlicb  bit  lUp  WAmA^^^^  ^y 
Klüt  lespMbidtrt  wwd,  ist  nkht  gBBX  richtSf .  VU  Pllaacnuf  tnUtkU  »idb 
■lekl  Mf  dUM  Oeseod.  loadmrB  tmt  dU  Odl*-Klf-MlB4aiif  mmd  4W  KltC*  Mrd- 
wtididl  TO«  Kap  LindctBit. 

f)  H.  E.  n,   B.  4  I  If  ■    40:   rsl.  4W   Ibrigm    H-     näkom   abcki  im 
WhgM   kricfetifcbt  ABfriflie  mmd   «oMtfft  AMtcWtfta»fMi   bvat  dmt^ 
Dm  AagrW  mat  B«rfeB  stellt  er  nU  outtea  hi  Wrimdtm  cssctufcsa  4w. 
S)  H.  E.  I,  ■  4Cf  f  tt 

r.  Di.  If-n^r.  ,1 


482  ^^-    I>«r  iwiBito  Krieg 

legten  und  gaben  derselben  vollkommene  HandebfreOieit  in 
„ihrem  ganzen  Beiche^S  aufiEsdlender  Wdae  auch  Zollfieiheit 
auf  den  Märkten  von  Skanör  *).  Güter  der  Gegner  verschenkten 
sie  an  ihre  Anhänger.  Fast  scheint  es,  als  wollten  sie  die 
Pläne  ihres  Vaters  wieder  aufnehmen,  ja  sich,  gestützt  auf  den 
jütischen  Adel,  auf  den  verlassenen  Königsthron  setzen.  Das 
Haupt  der  Aufständischen,  Nikolaus  von  L^nbek,  verpfiLndete 
am  6.  JuU  „die  känigliche  Gerechtigkeit  zu  Sipen,  genannt  Z(dl" 
an  einen  Bürger  dieser  Stadt*).  Widerstand  scheinen  nur 
Aalborg,  Eolding  und  Skanderborg,  vielleicht  auch  Randen 
geleistet  zu  haben;  Mitte  September  lag  Klaus  im  Lager  vor 
Aalborg ;  es  war  in  jenen  Tagen,  da  sein  Bruder  Heinridi  sich 
zum  Meister  von  Laaland  machte'). 

Nodi  aus  den  Tagen  Gerhards  des  Grossen  war  Ffinoa 
zum  Theil  in  holsteinischem  Besitz.  So  gab  es  keinen  Theil 
des  dänischen  Reiches  mehr,  der  von  den  Feindai  freigeblie- 
ben wäre.  Widerstand  war  geleistet  worden  —  die  ^JMener 
des  Königs"  hatten  sogar  Gefangene  gemacht^)  —  doch  war 
derselbe  zerstückelt  und  ohne  Zusammenhang  geblidi>en,  wit 
es  sich  bei  der  Abwesenheit  des  Königs  kaum  anders  e^ 
warten  liess;  und  ging,  so  weit  wir  ericennen  können,  nur  von 
Waidemars  mindestens  halbdeutschem  Lehnsadel  aus,  dessen 
ganze  Existenz  auf  ihn  und  seine  Herrschaft  gebaut  war.    Das 


1)  Snhm  XUl,  S56. 

2)  Suhm  XIII,  616. 

3)  Hambg.  Kämmereirechn.  I,  101  su  1369:  36  fi,  quando  illi  de  Schowen- 
borch  et  de  Homborch,  qoi  fuerunt  (com)  domino  Nicoiao  comiti  Holtsacie 
ante  castnun  Koldynghe,  ducebantor  veniui  Horborch.  Schi.  Holst  Laseiibf. 
Urkds.  II,  n.  216  S.  280;  Suhm  XUI,  625.  —  Oraf  Heinrich  besiegelt  aUeia 
„vor  ans  nnde  vor  nnsen  broder  greven  Clawese'S  H.  R.  I,  n.  477  n.  478.  — 
Wegen  Randers  vgl.  ebd.  I,  n.  522  §  14.  Demnach  wären  Aalborg,  Randers, 
Nykjabing  und  Stege  auf  Meen  in  der  Hand  stAdtefeindlicher  Herren  gablieben. 
War  der  Hauptmann  auf  Nykjebing  vielleioht  von  dem  fküheren  Vertrage 
zurückgetreten? 

4)  H.  R.  I,  n.  475  §  6. 


gtgwi  Waldcmar.  4g3 

emheiiiiische  Element  tritt  fast  ganz  zurück,  von  einer  Be- 
theüigimg  des  Volkes  ist  keine  Spur  zu  entdecken;  j^e  Frem- 
den aber  kämpften  auch  nur  so  lange,  als  nöthig  war,  um 
ihren  eigenen  Rückzug  zu  decken.  War  der  Weg  frei,  um  mit 
Sadk  und  Pack  hinüber  zu  gehen  ins  fremde  Lager,  so  hat 
die  dem  Könige  geschworene  Treue  wenig  Bedenken  gemacht  — 
Nor  an  einem  Punkte  war  der  Widerstand  von  Dauer  und  von 
dnigon  Erfdg  begleitet;  es  war  in  dem  festen  und  wichtigen 
Helfliiigborg,  das  in  jenen  Tagen  eine  ähnliche  Bedeutung 
hatte,  wie  später  Helsingör  mit  Ktonborg.  Nur  hier  wurde 
am  Schloss  des  Jahres  noch  gekämpft,  sonst  stand  das  Reich 
dem  Feinde  offen.  Und  dass  wenigstens  die  Städte  diese  Ge- 
legenheit, den  geföhrlichen  Gegner  zu  sdiwächen,  nicht  un- 
benutzt vorübei^hen  Hessen,  beweist  ihr  Beschluss,  „vorerst 
for  allen  Dingen  darnach  zu  arbeiten,  dass  man  den  Dänen 
ikie  Schiffe  nehme'^  ^). 

Dazu  kam  nun  noch,  dass  Waldemar  bald  auch  den  ein- 
zigen Bundesgenossen  verlor,  den  er  gehabt  hatte,  seinen 
Schwiegersohn  Hakon  von  Norwegen.  Die  Verwüstungen  d^ 
Städter  hatten  das  arme  Land  offenbar  schwer  getroffc».  Ge- 
rade seine  fruchtbarsten  Distrikte  waren  heimgesucht,  und 
ohne  Zufuhr  von  aussen  her  vermochte  es  seine  Bewohner 
nieht  zu  ernähren.  Die  Noth  musste  aufs  Höchste  steigen,  da 
in  den  letzten  Jahrzehnten  der  „schwarze  Tod^  gerade  in  Nor« 
wegen  grauenvolle  Verheerungen  angerichtet  hattet  Am  3.  D^ 
cember  1S71  gestattete  Papst  Gregor  XI.  dem  Erzbitchof  von 
I^rontheim,  20  unehdich  Gebome  und  10  Priestersöhne  zu 
dispensiren  und  zu  allen  geistlichen  Würden  zu  befördern,  da 
„die  Geistlichkeit  des  Erzstifts,  die  zuvor  aus  300  Personen 
bestanden  habe,  nach  dem  grossen  Hinsterben  durch  die  Pest 

1)  H.  B.  1,  n.  469  §  12.  Ein  VerseichniM  yon  SchUto,  wtleh«  di«  Bo- 
itoeker  den  Dänen  genommen  haben,  i&hlt  64  auf,  UrkdL  Gesch.  U,  S.  6fi8  ff. 
Doeh  bleibt  sweifelheft,  ob  dewelbe  sa  diesem  Kriege  gehört. 

31  • 


484  ^^^'    ^>^  swdto  Krieg 

nur  noch  40  schwache  und  hinftllige  Prieetw  zähle^^^).    Wie 
mochte  es  unter  dem  übrigen  Volke  ausseien,  wenn  es  so  mit 
den  Geistlichen  stand?    So  erfahre  wir  d^m  sdion  auf  der 
Johannisversammlung  1368  zu  Lttbeck,  dass  Hakon  auf  eine 
Sühne  angetragen  hatte*).    Mit  Zustimmung  des  Sdbweden- 
königs  wurde  ihm  ein  Waffenstillstand  bis  Ostern  (1.  April) 
1369  gewährt').    Die  städtischen  Hauptleute,  Mitglieder  der 
Rathskollegien,  wurden  beauftragt,  die  fernere  Y^iiandlongeii 
mit  Hikon  zu  führen,  Bestätigung  der  früh^en  Privilegi^ 
und  Schadenersatz  nicht  nur  für  die  Beschädigungen  haasisdiar 
Bürg^  und  hansischen  Eigenthums,  sondern  vor  allen  Dingen 
auch  filr  die  im  ersten  Kriege  durch  die  Wortbrüchigkeit  der 
nordischen  Bundesg^ossen  verursachten  Verluste  zu  fordeni. 
Kopien  der  früheren  Freiheitsbriefe  und  Verträge,  besonders 
des  greifswalder  Bündnisses  vom  7.  Sept  1361  wurdw  ihnen 
zu  diesem  Zwecke  übersandt*).    Um  aber  den  DrQ<&er  nicht 
fahren  zu  lassen,  stellte  man  für  die  Dauer  des  Waffimstill* 
Standes  die  Feindseligkeiten  allerdings  ein,  erhielt  aber,  das 
Vericehrsverbot  aufrecht  und  zwang  schon  dadurch  das  Land, 
sich  den  Forderungen  der  Städte  anzubequemen^). 

So  waren  die  kri^rischen  Unternehmung^  der  Städte 
und  ihrer  Bundesgenossen  fast  überall  von  Erfolg  begleitet 
gewesen.  Nicht  am  Wenigsten  war  dieser  Eifolg  wohl  d^r 
Umsicht  und  Rührigkeit  zuzuschreiben,  mit  der  sie  geidant 
und  ausgeführt  worden  waren.  Fast  mehr  noch  als  im  Felde 
bewährten  die  Städte  aber  diese  Eigenschaften  in  Schutz  und 
Förderung  ihrer  Verkehrsinteressen.  Wie  im  ersten  Kriege, 
so  hielten  sie  auch  diesmal  mit  aller  Strenge  darauf,  dass  die 


1)  Dipl.  Nonreg.  V,  n.  SOI;  ygl.  II,  409,  V,  194,  VII,  160,  229  a.  311, 
dann  Keyser,  den  nonke  Rirkes  Hbtorie  11,  240  ff. 

2)  H.  R.  I,  n.  469  §  24. 
8)  ebd.  I,  n.  475  §  14. 

4)  ebd.  I,  n.  476  §  2  n.  8. 
ö)  ebd.  I,  n.  475  §  14. 


gegMi  WaMtomar.  485 

dnmal  aoagegebenen  Weisungen  gehalten,  die  Verbote  nicht 
ungeBtralt  übertreten  wurden.  Gewissenhaft  wurden  diejenigen 
zur  Bediteschalt  gezogen,  die  im  vorigen  Jahre  zu  spät  Scho- 
nen verlassen,  eine  verbotene  Reise  gemacht,  heimlich  Verkehr 
mit  dem  Feinde  getrieben  hatten;  Verlust  der  Güter,  Gdd*, 
auch  wohl  Freiheitsstrafen  und  Aeehtung  warteten  ihrer  ^). 
(Hng  die  einzelne  Stadt  nicht  vor,  so  übernahm  die  Gresammt- 
heit  die  Bestrafong').  Um  jede  Uebertretung  von  Seiten  hau-  - 
Bischer  Bürger  möglichst  zu  erschweren,  wurde  befohlen,  dass 
beim  Auslaufen  jeder  Schiffsherr  einen  mit  dem  Stadtsiegd 
versehenen  Brief,  der  Bestimmungsort  und  Ladimg  angebe, 
münehmoi  und  beim  Löschen  der  Ladung  nachweisen  solle, 
dass  er  die  Güter  auch  wirklich  gebracht,  die  er  eingenommen. 
Dahdm  musste  er  Bürgschaft  leisten  oder  Kaution  stellen, 
ted  erst,  wenn  er  einen  Schein  beibringen  konnte,  dass  er 
seine  Waaren  am  Bestunmungsorte  richtig  verkauft,  waren 
Bürge  oder  Kaution  frei  *).  Ja  zeitweilig  wurde  sogar  jedes 
Reisen  ohne  Erlaubniss  des  Rathes,  für  Männer  wie  für  Frauen, 
vollständig  verboten  *).    Kein  städtischer  Gefangener  sollte  sich 


1)  B.  B.  I,  n.  411  §  7  a.  8,  4SI  §  17,  486  %  7  (wer  ^e  feisdUeheii  Liadar 
b«f«ebt,  soll  aU  Feind  betrachtet  werden),  n.  440  §  5,  479  {  18,  510  1 10 
B.  11.  Dass  Jeder  Bflrger,  der  den  Uebertreter  eines  Verbotes  traf,  denselben 
inr  Rechenschaft  sieben  durfte,  gab  auch  wohl  zu  OewaltthXtigkeiten  Einielner 
AalaM,  s.  Lttb.  UrlLdb.  UI,  n.  698. 

S)  H.  B.  I,  n.  4SI  i  17:    Qnelibet  civitas  jndicabit  saos  ciyes  et  mer- 

catores et  bona  cedent  civitati ,  in  qua  est  ciris.     Et  si  propria 

etvUaa  hoe  non  jndicaverit,  tunc  talia  bona  cedent  nsibas  rannhim  dictanm 
ciTitaiwn.  Man  hat  nicht  durchweg  Vertrauen  su  der  Haltung  der  einseinen 
Stidte,  denn  man  geht  mit  der  Absicht  um,  keiner  Stadt  ohne  Zustimmung 
der  Geeammtheit  au  gestatten,  dass  sie  Erlaubniss  giebt  tu  einer  Heise  nach 
einem  Terbotenen  Orte,  H.  B.  I,  n.  610  §11,  10. 

8)  ebd.  I,  n.  411  §  11,  436  §  12,  510  f  11,  4. 

4)  ebd.  I,  n.  411  §  10:  ConcordaTerunt ,  quod  nullus  de  aliqua  ciTitate 
tsm  Tirorum  quam  mulierum  nullibi  pergat  in  peregrinadone ,  nisi  de  consilio 
consnlatns  sue  civitatis  et  istud  durabit  usque  ad  festum  pasche.  Der  Zweck 
war  doch  wohl,  Nichts  fiber  die  Vorbereitungen  sum  Kriege  bekannt  werden  su 
lassen. 


486  ^^^'    I>v  iwetto  Krieg 

mit  Dingen  lösen,  durch  die  d^  Feind  sich  starken  kckine, 
als  da  seien  Bier,  Mehl,  Hopfen,  Stahl,  Eifien  oder  Sals  ^).  So 
behielt  eine  der  wirksamsten  Waffen  der  Städte,  nimlidi  die, 
den  dürftigen  nordischoi  Staaten,  welche  die  Artikel  des  han- 
sischen Handels  nicht  entbdirm  konnte,  die  Zufdlir  abzu- 
schneiden, ihre  scharfe,  schneidige  Kraft 

Am  schwierigsten  zu  verhindern  war  die  Zufiihr  nach  den 
feindlichen  Lande  durch  Kaufleute,  die  nicht  St&dten  der  Kcw- 
fbderation  angehörte.  Das  Institut  der  Blokade  kaimte  jene 
Zeit  noch  nicht;  auch  hätte  die  städtische  Fk>tte  auf  keinen 
Fall  ausgereicht,  die  ausgedehnten  Küsten  Dänemarks  und 
Norwegens  zu  blokiren.  Andererseits  musste  der  Handd  trotz 
der  hansischen  Kaper  und  Kri^;sschiffe  für  die  ausserhalb  des 
Bundes  Stehenden  um  so  lockender  sdn,  je  gewinnbringender 
er  auf  den  leeren  dänischai  und  norwegischen  Märicten  war: 
Die  Gefahr,  durch  die  von  Fremden  angdmüpften  Yerbindungen 
auch  für  die  künftige  Friedenszeit  aus  ihrem  Handelsgelnele 
verdrängt  zu  werden,  war  auch  wohl  zu  beherzigen,  besondfln 
für  Norweg^,  wo  Engländer,  Schotten  und  Viamingen  von 
jeher  schlimme  Konkurrenten  gewesen  waren,  stets  bereit,  ihm 
Vortheil  auszubeuten,  wenn  der  deutsche  Kaufinann  das  Land 
verlassen  musste*).  So  sehen  wir  denn  die  Städte  eifrig  be- 
mtüit,  nicht  bloss  ihre  eigenen,  sondern  auch  die  nicht  zur 
Konföderation  gehörenden  Kaufleute  von  d^oi  bekri^^ten  Lande 
fem  zu  halten.  Sie  dekretirten,  wie  wir  gesehen  haben,  dass 
ihre  Beschlüsse  und  Gebote  auch  fär  diese  Geltung  haben 
sollten  *).  Um  zu  verhüten,  dass  die  kleineren  deutschen  Städte, 
wie  es  im  ersten  Kriege  geschah,  den  Dänen  Zufuhren  leisteten, 
wurde  z.  B.  Ribnitz  alles  das  versagt,  was  nach  Dänonark  zu 

1)  H.  R.  1,  n.  475  §  6. 

2)  Vgl.  ebd.  II,  n.  41  §  4. 

3)  ebd.  1,  n.  489  §  19. 


«egwi  Waltenw.  4g7 

{Uuen  verboten  war^).  Ja,  sie  verstiegen  sich  sogar  zu  dem 
Gedanken^  Jeden,  der  ,^cbt  in  ihrem  Bunde  sei^^  und  nach 
Dinemark  fahre,  für  yogelfrei  zu  erklären,  verhängten  also 
eine  allerdings  nur  auf  dem  Papier  stehende  Bbkade  über 
das  Land*).  Nur  der  inzwisch^  eingetretene  Waffenstillstand 
scheint  den  Versuch  einer  definitiven  Durchfahrung  dieses  Be- 
stUttflseB  veriiindert  zu  haben. 

War  es  nicht  allzuschwer,  solche  Anordnungen  durchzu- 
iBbren  gegenüber  den  deutschen  Kauf  leuten,  die  die  niurdischen 
Meere  befiihren  und  nicht  zur  Konföderation  gehörten,  so 
konnten  doch  bei  einer  strengen  Befolgung  dieser  Massr^eln 
Konflikte  mit  den  Ausländem  nicht  ausbleiben.  Besonders 
kandelte  es  sich  dabei  um  Engländer  imd  Flamländer,  in 
swdter  Linie  um  Schotten  und  Wallonen,  die  einzigen  Handel- 
trabenden,  die  neben  den  Deutschen  in  den  nordischen  Häfen 
CBchienen.  Auch  gegen  sie  suchten  die  verbündeten  Städte 
ihr  Princip  strenge  durchzuführen.  Wie  von  allen  Nichtkon- 
ftdedrten,  so  wurde  auch  von  ihnen  Pfundgeld  verlangt;  wer 
•idi  weigerte  zu  zahlen,  mit  dem  sollte  man  kdnen  Verkehr 
sehr  haben').  Auf  derselben  Versammlung  (Johannis  1368 
so  Lübeck)  wurde  beschlossen,  sich  brieflich  an  den  Konig 
Yen  England  und  den  Grafen  von  Flandern  und  an  die  Städte 
ihrer  Länder  zu  wenden,  auch  den  Herzog  von  Meklenburg 
«nd  Graf  Heinrich  von  Holstein  zu  bitten,  dass  sie  bei  jenen 
Fürsten  um  ein  Verbot  der  dänischen  Fahrt  für  ihre  Unter- 
thanen  nachsuchten  *).    Von  den  Flamländem  wissen  wir,  dass 

1)  H.  B.  I,  11.411  8  IS 

2)  ebd.  I,  n.  510  §  11,  5:  Segheide  ok  ymant  tho  Denenuurken  van  den 
Jenen  de  baten  unseii  vorbunde  sytten,  wet  deme  weddervart,  dat  sohnl  tnnder 
broke  wesen,  wo  me  dat  myd  der  werheyt  mach  bewyien ;  dea  »chal  me  breve 
aenden  tbo  Norwegheu,  tho  Flanderen,  tho  Enghelande,  to  Schotten  onde  in 
Sweden,  tho  Kellen,  tho  Weatfalen,  yn  dat  Und  tho  Sasaen  unde  3m  de  Marken, 
dal  en  jewlyk  de  syne  warne,  dat  se  syk  dar  Yttr  bewaren. 

8)  ebd.  I,  n.  469  §  2. 
4)  ebd.  n.  469  §  22. 


488  2^-    Dw  iweil» 

sie  sich  darauf  nicht  dnliesseD.  „Wegen  der  Freiheit  ihres 
Landes^S  antworteten  Graf  und  Städte  vcm  Flandern,  ^tanten 
sie  ihren  Eaufleut^  den  Veikehr  mit  den  Unt^thanen  der 
Könige  vmi  Dänemark  und  Norwegen  nicht  vertneten^  ^)«  Was 
die  Englands  geantwortet  haben,  wissen  wir  nicht  Auf  Sdio- 
nen  Pfundzoll  zu  zahlen  hab^  sich  wenigstens  Einige  von 
ihnen  wie  von  den  Flamländem  bequemt;  sie  entrichteten  den- 
sdben  dem  Vogt  von  Kampen*).  Trotzdem  wurde  auf  da 
Versammlung  zu  Stralsund  im  Oktober  1369  beschlossen,  des 
Schotten,  Engländern  und  Wallonen  das  Häringsalzen  anf 
Schonen  zu  verbieten  und  kemem  Vogt  zu  erlauben,  sie  auf 
seiner  Vitte  zu  beherbergen;  und  dieser  Beschluss  wurde  am 
1.  Mai  1370,  als  der  Krieg  schon  vorbei  war,  bestätigt*).  Am 
21.  Juli  desselben  Jahres  beschwerte  sich  dann  König  Eduard  IIL 
bei  Lübeck  Ober  Beeinträchtigung  seiner  Kiiufleute  auf  Sehonen 
im  verflossenen  Jahre,  erhielt  aber  nur  eine  zwar  sehr  höflicke 
und  verbindliche,  aber  ausweichende  und  hinhalt^ide  Antwort; 
die  Sache  ginge  die  gememen  Städte  an  und  müsse  von  diesa 
.  entschieden  werden^).  So  entstanden  Zwistigkeiten  in  Folge 
des  städtischen  Verfahrens,  die  sich  noch  durch  mehrere  Jakre 
hingezog^  haben.  Von  Differenzen  mit  den  Flamländem  wegei 
ihrer  Weigerung,  den  Verkehr  mit  Dänemark  abzubrechen,  ei^ 
fahren  wir  jedoch  Nichts. 

So  hielten  die  Städte  strenge  an  den  einmal  beschlosseDen 
Ordnungen  fest  und  machten  überall  mit  Nachdruck  und  Ent- 


1)  H.  R.  I,  n.  479  §  2. 

2)  ebd.  I,  n.  511  S.  473:  A  qaibusdam  Ang^licis,  Flamingfis,  Brabantiiiis ; 
€bd.  III,  n.  50. 

3)  ebd.  I,  n.  510  §  11,  11  n.  n.  522  §  7.  Am  18.  Okt.  1369  ist  die  „Hum 
Allenumnie,  que  Gildhalla  Theotonicomin  nuncupatiir*^  in  London  im  besten 
Einvernehmen  mit  der  eng^lischen  Begiernng^ ;  sie  macht  König  Eduard  III.  ein 
GeschenlL  von  100  Pftind  (Urkdl.  Gesch.  II,  8.  674).  Doch  wird  aas  demselben 
Jahre  berichtet  von  Gütern ,  die  deutschen  Kanflenten  in  London  ganonunen 
sind,  Lappenberg,  Stahlhof  II,  n.  40  S  22. 

4)  Lüb.  Urkdb.  III,  n.  730. 


(gtgw  WaidMuir.  499 

flduednhdt  ihre  Fordenmgen  geltend.  Mag  i)ur  Verfahren 
ms  ii  oimdneii  Fällen  &8t  pedantisch  erscheinen,  so  müssen 
irir  doA  auch  hier  jene  starenge  und  gemssenhafte  Handhabung 
des  Rechts  wiedererlcennen,  die  besonders  unser  norddeutsches 
nitteblterlicbes  Städteleben  auszeichnet,  und  die  unbedingt 
MtiiwiBdig  und  natürlich  ist  bei  einem  Bechte,  das  sich  so 
ans  dem  Leben  heraus  entwickelt  hatte.  Innerhalb  der 
festgesetzten  Bestimmungen  war  man  nun  auch  weit 
«rtfanit,  dem  Handel  unnöthige  Schranken  aufzulegen.  Der 
echt  kanfinimiische  Odst,  der  damals  noch  den  norddeutschen 
BBrgersinn  belebte,  sorgte  dafür,  dass  keine  Grdegenheit  zu 
Erwerb  und  Gewinn  unbenutzt  vorüberging.  So  machte  man 
aaeh  schon  atebald  nach  der  Eroberung  der  wesenüichsten 
Mtie  in  Schonen  diesen  Mittelpunkt  hansischen  Yerkdtirs 
wieder  zugänglich,  unbekümmert  um  die  fortdauernde  Unruhe 
im  Krieges.  Auf  der  Johannisversammlung  zu  Lübeck  1368 
wurde  beschlossen,  dass  „man  eine  schonensche  Reise  haben 
aril^  ^).  Zu  Jacobi  (25.  JuU)  sollte  das  in  jeder  Stadt  in  der 
JburBprake^  verkündet  werden ;  wer  sein  eigener  Herr  sei,  der 
■(die  in  voller  Rüstung  kommen*);  denn  Idcht  konnte  auch 
Ar  den  Kaufbann  und  Fischer  noch  der  Kampf  nöthig  werden. 
Auch  den  Dänen  sollte  erlaubt  sein,  die  hansischen  Nieder- 
tasBungen  zu  besuchen,  lieber  das  ganze  Land  hin  wurde  es 
verkündet,  dass  sie  sicher  ab-  und  zureisen  könnten,  aber 
otme  Waffen.  Man  wollte,  nachdem  sie  einmal  bezwungen 
waren,  des  Vortheils  nicht  entbehren,  den  der  Handd  mit 
ihnen  gewährte,  aber  ihnen  doch  durchaus  auch  nicht  Mittel 
und  Gelegenheit  zu  erneuertem  Widerstände  bieten;  Eisen, 
Stahl  und  Hopfen  überhaupt  nur  nach  Schonen  auszuführen, 
war  verboten*). 


1)  H.  B.  I,  n.  469  §  6. 

1)  De  schal  syn  wllen  hamasch  babben. 

3)  H.  R.  I,  n.  474  %  10.    Man  nichte  das  Dlnen  Toniigiwaisa   die  gp- 


490  ^v-   ^^  *^^^ 

Wie  überall  auf  hansischen  Handdqplätasen,  so  wurde  audi 
hier  der  Verkehr  sogleich  streng  geregelt.  Vor  dem  1.  August 
sollte  Niemand  auf  das  Land  kommen  zum  Salaoi  der  Hftiinge; 
nur  mit  Erlaubniss  der  Hauptleute  oder  ViSgte  aottte  mn 
wieder  davonfahren  dürfen«  Dazu  durfte  nur  anf  den  alidth 
sehen  Yitten  zu  Skanör  und  Falsterbo  gesalzen,  Salz  mi 
leere  Ftaser  von  diesen  beiden  Orten  nach  andecn  adionfli- 
sehen  und  dänischen  Hafenplätzen  nicht  ausgefUirt  wevda'). 
Auch  Pfundzcdl  sdlte  in  Schemen  erhoben  werden  nach  da 
kidner  Beetimmungen.  Bei  Verlust  der  Ehre  und  des  Gut« 
wird  das  alles  festgesetzt  Wer  es  briche,  dessoi  Gat  soliie 
zum  dritten  Theile  sdner  Vaterstadt  anheimfallen,  zum  drittes 
Theile  der  Stadt,  in  welcher  er  zur  Rechenschaft  gesogen 
wordO)  zum  dritten  Theile  dem  Ankliger.  Und  diese  Bestin- 
mungen  sind  nicht  leere  Worte  gddieben,  sondern  zor  Aas* 
führung  gekxmimen*). 

Während  so  die  Städte  mit  ihren  BondeegettOBaen  den 
grOsaten  Thal  des  dänisdien  Beidies  beherrschten,  sich  ii 
dem  neuen  Besitze  einriditet»  und  die  erraagenen  VortUk 
ausbeuteten^  irrte  Waldanar  hfÜfesocheDd  in  der  Fremde  mt- 
her.  Er  hatte  bedeutende  Summen  Gddes,  die  Erträge  ciia 
zwar  mit  Scharfsinn  angelegten,  aber  doch  thfiricht  hartes 
Erpressungssyslans ,  ans  seinem  Lande  mit  hinaus  genem- 
men.  Mit  diesem  Schatze,  der  ihm  eine  wesentliche  Stitze 
wurde,  hatte  er  sich  von  INunmeim  znnädist  an  sdne  Ver- 
wandten in  der  Mark  gewandt«  wo  er  ja  aach  in  seiner  Ja- 
gend schon  Schutz  und  Hälfe  gefundoi  hatte.    ^Allen  Herren 


»MUfclf  AitiktA  whI  Siib  v^»n«t«thalftHi  Wi4  wboc  4ahm  4mnm  Ämaimkr  mick 
»IWii  HliUiNi«  w«  vv  Mt»  »i#  «M^^Uektrvtfiw  ia  4m  lHaät  4m  Ftiad«  g«- 
Uwe«»  k^iiliMk  v^   «I  4<i:^  $  ü:!  «.  4«9  $  17. 

)^  «M.  L  tt.  41»  ^  I  «1  5 :  v$i  IL  ol  t^  C«b«r  «t  Art  4v  PfiudioU- 
*rlt«^»C  IM  Sc^^«M  4^  «M  L  a.4Ti  §  ^  I  «  a.  m.4M  $  ».  610  §  11.  7. 
m.  «.  ^     V^  «M.    L  iu  4IT^  $  14.  4«5  $  I  K.  a.  491  $  1. 


g»g«a  WaMMDar.  491 

Uagte  er  som  Leid^,  sagt  Detmar.  Und  er  klagte,  von  Her- 
aog  Erich  voii  Sachsen,  semem  traoen  Genossen,  onterstfitzt, 
licht  ganz  umsonst  Durch  Yennittltuig  des  befreandeten 
Marfcgrain  lon  Meissen  gelang  es  schon  im  Angost  1368, 
dsD  Henog  Magnus  von  Bnumschweig,  der  vw  seinem  Vet- 
ter Wilhdm  ytm  Ldmeburg  zum  Nachfolge  und  lütregenten 
in  aeineHi  Lande  ernannt  vorden  war,  um  15000  Mark  Silber 
am  Versprechen  der  Hfilfeleistung  an  Waldemar  und  Herzog 
Brich  in  bewegen  ^).  Aber  wir  erfahren  nicht,  dass  dieser 
Vertrag  Waldemar  dnen  Vortheil  gerächt  habe,  wahrschein- 
Udi  weil  unge&hr  um  dieselbe  Zeit,  im  Sp&tsommer,  Herzog 
Erich,  der  tr^ieste  Freund  und  die  festeste  Stütze  Walde- 
MUS,  in  Dänemark  zu  Kaliundborg  starb  *).  Auch  Waldanars 
naher  Verwandter,  Markgraf  Otto,  scheint  sich  in  diesem 
lahre  noch  nicht  gerührt  zu  haben.  Dagegen  waren  die  Städte 
■dit  ohne  Besorgniss  vor  W^aldemars  Gelde.  Als  bdcannt 
«nrde,  dass  er  grosse  Summen  aus  Dänemark  erwartete, 
wurde  in  jeder  Stadt  in  der  Bursprake  (dviloquio)  öffentlich 
bdcsant  gemacht,  dass  wer  den  Schatz  eriangen  könne,  ihn 
behalten  und  dazu  in  jeder  Stadt  geschützt  und  vertheidigt 
werden  sdle,  möge  er  nun  Bürger,  Gast  oder  Fremder  sein, 
Vkennd  oder  Feind').  Man  war  nicht  ohne  Besorgniss  vor 
einem  Angriffe  Waidemars  von  der  Landseite  her.  Auf  der 
Johannisversammlung  in  Lübeck^)  beriethen  die  wendischen 

1)  Sadeudorf,  Urkdb.  t.  Cktelj.  d.  Hsge  v.  Bnehw.  u.  Lflaebg  III,  n.  879. 

9)  Detmar  sa  1869 :  TuMchen  miMr  beiden  rroowea  dage,  wohl  nicht  mit 
Sadendorf  8.  CXLVm  aU  Nor.  21— Dec.  8  (praesenUtio  —  conceptio),  son- 
dam  ala  Aag.  18 — Sept.  8  (aatumptio  —  natiritas)  aolkafaaMn.  Vgl.  Orote- 
Cnd ,  Handb.  d,  hisL  Cbronologie  S.  100.  —  Koppmann  weiat  anf  Detmar  aa 
1881  (8.  853)  und  auf  Magd.  Sehöppenebr.  S.  862  Mn. 

8)  H.  B.  I,  n.  479  §  12  rom  6.  Okt  1868. 

4)  Die  Berathuag  kann  nur  die  wendiscbea  Stidte  angehen,  da  die«e 
Schaden  nnd  Vortheil  des  Bttndnistea  mit  den  Firsten  allein  in  tragen  hatten. 
In  den  Beeeas  vom  24.  Juni  1868  (n.  469)  aind  aom  Schinase  spedelle  Ange- 
leganhaitan  der  wendischen  Stidte  aufgenommen,  ähnlich  wie  In  den  yom  6.  Okt 
1868  (n.  479  |  28-40). 


492  ^^•'  I^*'  sirwto  Krieg 

Städte,  was  man  tbim  wolle,  wean  Waldemar  Jemandeii  M& 
zvL  Lande  antaste,  besonders  den  Meklrabvrger  oder  HerMg 
Bogislaw  (von  Wolgast  jenseit  der  Swine)  0*  £s  wurde  ftr 
nöthig  gehalten,  den  König  aufinerksam  sni  überwachen«  Wo 
immer  er  sich  lagere,  da  wollte  man  in  das  nftchste  be* 
freundete  Schloss  ihm  Mannschaft  entgegen  legesa.  200  Mam 
wurden  dazu  vorgeschlagen,  die  die  Städte  nach  ManmtaM 
(ohne  Zweifel  ist  hier  die  Matrikel  fftr  den  im  April  begoa- 
neuen  Feldzug  gemeint)  zusammenbringen  wollten.  Unter  Unh 
ständen  sollte  diese  Streitmacht  verdoppelt  oder  noch  mdir 
verstärkt  werden.  Gemeinsam  mit  den  Mannschaften  der 
Herren  sollte  dieses  Korps  d^n  Könige  ,4mmer  unter  des 
Augen  bleiben,  wohin  er  sich  auch  wende^*).  In  Bostodc 
beschlossen  dann  die  wendischen  Städte  am  30.  Juli,  dem  Her- 
zog Bogislaw  und  jedem  Freunde  dieselbe  Hülfe  gegen  den 
König  zu  leisten  wie  dem  Herzoge  von  Meklenburg  und  zwar 
nach  Massgabe  des   lübecker  Anschlags*).     Und  um 


1)  Es  kann  wohl  kein  Andertr  gMneint  sein  als  Bogislaw  V.,  8«hB  Wa^ 
tislaws  IV.  Ton  Wolgast 

2)  H.  B.  I,  n.  469  $  28  n.  89 :  ,,Dar  malk  to  sende  na  mantale  to  im 
ersten  twe  hundert  man  orer  al**  und  „de  sdiolen  mit  der  heren  noaii  diae 
koniDghe  ander  de  oghen  wesen,  alse  se  best  können,  welkent  dai  he  sQl 
keret". 

8)  ebd.  I,  n.  474  %.  8.  Die  Verhandlungen  der  wendisehen  Stidle  ia 
n.  474  §  1  n.  2,  ob  man  bei  der  „defensto  et  resisteacia,  Danomm  reg!  hr 
cienda"  bleiben  wolle,  mochte  ich  nicht  mit  Koppmann  auf  die  kölner  Konl5- 
deraüon  beaiehen,  sondern  auf  die  l&becker  Verabredung  vom  24.  Juni  (n.  469 
§  29) ,  denn  1)  dass  Kolberg  und  Neu-Stargard  an  der  kölner  KonISderafioo 
theilnehmen  wollten,  unterlag  keinem  Zweifel ;  ebenso  braucht  Stettin  das  nicht 
mehr  zu  schreiben;  die  Yier  StXdte  aber  können  jetst  unmöglich  schreiben, 
dass  sie  „apud  talem  defensionem'*  bleiben  wollen ,  wenn  Kolberg  und  Neu- 
Stargard  dasselbe  thun;  2)  „prout  nuper  in  festo  bead  Johannis  In  Lubeke 
fait  conceptum"  kann  nur  auf  die  Abmachung  unter  den  wendischen  Städten  beso- 
gen  werden,  n.  469  §  29 :  „Dar  schal  malk  sinen  willen  segghen" ;  8)  der  ro- 
stocker Tag  war  eigens  sur  Berathung  dieser  Angelegenheit  angesetzt  worden, 
n.  469  §  29 ;  4)  man  h&tte  Kolberg  und  Neu-Stargard  gewiss  ebenso  wie  Bre> 
men ,  Hamburg  und  Kiel  gemahnt ,  wenn  noch  Nichts  ron  Ihnen  gethan  wor- 
den w&re ;  5)  Stettin  erklärt  hier  seine  Zustimmung ;  in  n.  479  |  38,  wo  iwei- 


gigMi  WAldenar.  4^ 

Embroch  des  Königs  zu  verliüten,  suchte  man  ihm  in  der 
Mark  und  auch  an  anderen  Orten  den  Boden  zu  entzidi^. 
Ei  winde  ein  Tag  mit  den  mftridschen  StAdten  veralnredet,  den 
üb  yior  Hanptorte  der  wendischen  Stftdtegruppe  besenden  sdl- 
t»>).  An  27  besonders  märkische  und  sächsische  Städte 
wwdeD  Briefe  gesandt  mit  der  Bitte,  Forsten  und  Herrai  ab- 
von  einer  Unterstützung  König  Waidemars,  gegen 
sie  „nothgedrungen  die  gemeinsame  Sache  aller  Kanflente 
lortheidigten^^  *).  Schon  am  6.  Oktober  war  darauf  die  Ant* 
Wort  eingelaufen,  dass  man  keine  Fürsten  wisse,  die  dem  Da- 
BOÜLOnige  anhängen  wollten;  sollte  man  von  solchen  erfahren, 
S0  werde  man  sie  von  dem  Entschlüsse  abbringen  und  stets 
am  Beste  der  Städte  im  Auge  behalten  *). 

'  In  der  Iliat  scheinen  sich  auch  nur  wenige  Hände  gegen 
#s  Verbündete  erhoben  zu  habe.  Nur  gegen  die  pommer- 
mImd  Herzöge  hatten  die  Meklenbuiiger  einen  nennenswerthen 
Knqrf  auszufechten;  wie  weit  Waldeiar  hier  im  Spiel  war, 
IltBt  mch  nicht  erkennen.  Die  Herzöge  von  Pommem-Wolgast 
dtesBeit  der  Swine,  die  Brüder  Wartislaw  VI.  und  Bogislaw  VI., 
SBfaiM  Barnims  IV.,  Neffen  jenes  Freundes  der  Städte,  Herzog 
Bogislaw  V.  von  derselben  Linie,  lagen  im  Streit  mit  den  Her- 
IM  v<m  Werte,  Bernhard  und  seinem  Sohne  Johann.  Als  ihre 
Bmdesgenossen  traten  die  stettiner  Herzöge,  die  drei  Brüder 
Kasimir  IV.,  Swantiborlll.  und  Bogislaw  VU.,  auf,  während 
der  Herzog  von  Meklenburg  und  seine  Söhne  auf  Seiten  derer 
von  Werte,  ihrer  stammverwandten  Nachbarn,  standen.  Ge- 
gen Martini  kam  es  bei  Dammgarten  zur  Schlacht^).    Die 

MkM  Ton  der  Ratifikation  der  kölner  Konföderation  die  Rede  iat,  heisst  et: 
aifttfai  retrahit;  also  besieht  sich  die  hi^nsmodi  defensio  in  n.  474  nicht  auf 
db  kSlner  Konföderation. 

1)  H.  R.  I,  n.  469  §  80.  Derselbe  hatte  jedoch  am  8.  Nov.  1868  noch 
aielit  atattgeAinden ,  s.  n.  485  §  3. 

8)  ebd.  I,  n.  475  §  18  vom  10.  Aog.  1868  n.  n.  476. 

8)  «bd.  I,  479  §  1. 

4}  Datmar  S.  891.    Die  Darstellang  schliesst  sich   der  Aufikssiing  Kopp- 


494  XIV.   Dv 

Meklenbnrger  siegtoi  and  nafameD  Wartidnr  YL,  Emwm  im 
Barth,  gefangen;  die  Haren  Ton  Werie  aber  geriettai  in  die 
Gefangeosdiaft  der  etdtiner  HeR5g&  SAoa  $m  7.  XotcBbar 
siämtoi  eich  dann  diese  mit  den  MddeuhmgMM  ans  mri 
schkesan  sogar  ein  BfindnisB  mit  ihnen*).  Ja,  nrtier  Ycr- 
mittlnng  Bogislaws  VIL  kam  nicht  nnr  ein  Kriede  miaihM 
diesen  ond  den  beiden  Henoögen  tob  Wolgast  zo  Stande; 
smideni  die  Letzteren  verpflichteten  sidi  anch  im  ioigiaiha 
Jahre  (am  7.  Juli),  den  MeUenboigen  HeeresÜDlge  wm  leista 
über  See  mit  60  Bittem  und  Knechten*). 

Die  Stidte  scheinen  tob  dieser  Fehde  wenig  hcrihrt  iror-* 
den  zu  sein  *).  Nnr  im  JLaade  zn  Bjgrn"  ernifanen  die  Hanse- 
recesse  Feinde  der  Städte«).  Hier  hielt  der  Adel  tm  ttne»- 
könige  fest  Hciimagemle  Minner  aas  WahhtntTS  Umgeboag: 
Henning  Putbns,  Video  Mdtke,  RTgmfirft  tob  der  Laakm  varea 
ans  rflgcnachen  Gcschlediten.  Sie  waren  in  dcai  fremden 
Bödie.  dem  ihr  Hrimif ImmI  seit  300  Jahren  ngMr^  dmdi 
Hof-  and  KiiegadieBste  zn  hohen  Ehren  gelangt  In  sslchra 
BezJAwngfn  hatte  es  ohne  Zweifd  seinen  Gnmd,  dasa  der 
rilgensche  Adel  lebhaft  die  Partei  des  DmeokönigB  cvgriffH 
Hoch  haben  die  Rügiaiier  den  Stidtcn  nidit  ¥id  Soif^  g^ 
macht:  das  benachbarte  Smlsnad  aüein  ttemahm  es,  sie  in 
Zanm  zn  hahea«  gegen  sie  w'v  Rechte  zn  thnn"^*). 


i>  H  n.  L  ■.  Sit  f— i  SL  mi 
d.  g«ku.  n<kr  m.  s^  st  c 

S)  1b  Oalc«  tSCS  mm  T^Xi 

IlL  B.  «» :  v^  «Kk  H.  a.  DL  ■.  S»-ST. 
4^  H.  a.  L  ■.  US  i  IT 

y  S.  Pvck  UL  soc 


gßgm  WMtmMLT,  495 

wiUkonuMDe  Geleg^beit  bot  sich  auf  Sflgen ,  dem  dänischen 
Bdchsrerweser  H^ning  Putbus,  der  hier  reich  begütert  war, 
eisen  emi^dlichea  Schlag  zu  versetzen.  Die  Städter  dach- 
ten daran,  seine  und  des  übrigen  feindlichen  Adels  Güter  mit 
Beschlag  zu  belegen  und  zu  brandschatzen.  Nur  die  Erklä- 
rung Boranthos,  des  alten  Vaters  von  Henning,  dass  er  mit 
dem  Sohne  noch  nicht  getheilt  habe,  scheint  sie  davon  abg^ 
halten  su  haben  ^). 

6)    Die  FortoetBung  des  SMeges  im  Jahre  1900. 

Die  Erfolge  der  Städte  waren  bedeutend;  sollten  sie  aber 
1«  dauerndem  Gewinne  führen,  so  durfte  man  das  Schwert 
noch  nicht  niederlegmi.  Denn  noch  war  der  Widerstand  des 
FeoMleB  nicht  vollständig  gebrochen ');  vor  Allem  war  ja  das 
widitige  Helsingborg  noch  in  seinen  Händen.  Dazu  machte 
wedar  Waldemar  noch  der  im  Lande  gdl)liebene  Reichsrath 
Ifiene,  durch  Befriedigung  der  städtischen  Forderungen  der 
Kriegsnoth  ein  Ende  zu  machen.  Auf  keinen  Fall  durften 
aho  die  KonfÖderirten  in  ihren  Anstrengungen  nachlassen. 
Auf  der  vcm  25  Städten  aller  Drittel  beschickten  Oktobcrver- 
saainilung  des  Jahres  1368  zu  Stralsund  wurde  daher  auch 
beschlossen,  den  Winter  über  im  Felde  zu  bleiben  und  das 

Mar  niebl  tob  der  Sammlang  auf  dem  QeUande ,  was  aUerdinga  wahrsehcin- 
leb,  «•  Bede  ist. 

1)  eM.  I,  n.  491  9  6 ,  II,  d.  48  f  •  n.  49  %  6. 

1)  Wee  den  Brief  des  Thideke  Boeehe,  Befehlshaber  eines  Schlosses  in 
Sckoaeo,  lAh.  Urkdb.  III,  n.  734  v.  H.  B.  lU,  n.  809  ,  betrifft,  so  sehetnen 
mir  dl«  ▼«■  Koppmami  H.  B.  III,  8.  991  angefBhrleB  OrBnde  nieht  genflgend« 
daa  Sefareibe«  aof  Helsingborg  am  beaiehen.  Dagegen  sprieht,  daaa  sekwerUeli 
diese  kämm  tbergebene  Barg  la  einer  Zeit,  da  der  WaflSsnsüllstaDd  vor 
der  ThBr  stand ,  Ja  sehen  geschlossen  war,  sehon  wieder  in  Gefahr  stand,  ron 
dea  Dteen  aagegrMTen  an  werden.  Das  Sehreiben  seheint  sieh  anf  irgend  ein 
anderes  Miloes  an  beaiehen  and  ins  Jahr  1868  la  gebühren.  Daaa  stimmt, 
daaa  «nl  am  9.  Oktober  der  Besehlass  gefaast  wird,  den  Winter  Aber  im  PeMe 
8«  bMbea,  also  die  SSldner  der  Stadt  an  behalten.  —  Als  Befehlshaber  in 
HelainilMtf  kaaa  man  sieh  doeh  nar  einen  Baifamann  denken.  Vgl.  lfaa«elS|- 
«etebhi.  187»,  S.  191. 


496  XIV.    Dv 

Pfimdgdd  für  mt  wdieres  Jahr  (bis  OBten,  14  April,  1370) 
zu  erlid)eiL  Nur  die  Niederlinder  eridirtoi,  dafitar  ohne  In- 
stmktioii  zu  sein,  ond  Toschoben  ihre  Zualimmmtg  Ins  zor 
Mitt&stenTeisanimhing  des  nichstan  Jahne  ^);  ihre  SdiiSe 
schdnen  aadi,  wenigetens  zun  Tlieil,  den  Winter  über  nidit 
im  Sonde  gd)lieben  zn  sein*).  Die  Ptemeen  aber  verpflidi- 
telen  sich ,  doi  Winter  üb^  200  Gewafiiele  beini  Efeere  zo 
halten,  die  spätestens  zn  Martini  an  Ort  nnd  Stelle  sein  soll- 
ten, und  veisprachra  f&r  den  ganzen  nadwtwi  Sommer  noch 
200  Mann  anssordem').  Auch  die  lirlinder  scheinen  ihre 
Kogge  den  Winter  über  in  See  gelassen  zn  haben  ^).  Am 
22.  Oktober,  beschloss  die  Yersammfamg,  soDten  die  in  die 
Heimat  herübog^ommenai  sl&dtisdien  Ebnpdeiile  (Bnthsh^- 
ren)  bereit  sein,  zum  Heere  zmüdonkehren  *).    Aodi  ndt  den 

l)H.R.I,B.47f§SB.9ndB.4SfSS. 
1)  VgL  ebd.  I,  ■.  48f  §  4. 

3)  «bd.  I,  B.  480:   .  .  .  .  dsft  wy  owmr  wialv  tw«  hmaämt  wm^m^  warn 
iB  duM   Imts  keUwa   aekokB;   de  wi  a  mi  tsb  ■!■<«  aa  Imttm  wSImi,  «t 

^^k£         —  —         ^^^^^^^^^^^^       *^^^.Jm^       ^L^h^^l^^k^A         ■■^k^^^Bi^^^h^M  ^K.^^^^^k      ^^mm      «m^^^^^A  ^■■^^mm      ^I^^b      ^h^^^fc      ^^^^^^^^k      ^^^ 

^^TB        mMb       ^I^HK^IBMr       WMMfli        ^IH^I^^^I^B        ^^B^^^F^B^^^L^  H^^^^I^B     ^VH      ^^^H^^^K  ^         ^V^^H     ^^^B^r      ^^^H^B      ^^^^^^^B^B     ^^H 

WZ        Wm       V^BHWB         Z^^BV        ^^P^^l^BBB        ^^H^^B^B^m  Mm^^Km      ^»      ^^MB^tt  ^         ^^^     ^BMB       ^i^B^      ^^S^Bi^w     ^^ 

brekt,  de  wille  wy  cb  «tb  Pi—  «w  icbif b— ,  ittjmimt^^m  tmUtt 
budert  bmm  tbI  sy  tot  tBBt»  McrtaBs  dagb«.  it  cb  w«r«  4am «  (dttt)  k  Ht 
wedder  mode  wiat  beBeaie  ÜBde  tegbeB  pBtcbiB  rmt  otbt  4tm  ■biit  tcbrit 
wy  ccbt  tw«  bBBdeit  wapeadt  bmb  mH  cb  Btbe  btbbcB  ele.    Ygi  ebd.  I.  a.  Itl. 

4)  H.  R.  m,  B.  29  §  6: op  dBsee  tid  to  hnbfiin;  ebd.  b.  JIl 

5)  So  &aee  icb  H.  R.  I,  b.  479  f  18,  gestittst  eaf  b.  479  §  SS,  wb 
MB  91.  Oktober  urftt^kebraideB  HBBpÜwie   Mit 
beaaftragt  irerdeB,    die  nefeblsbeber  f8r  die 
ttCB.    HU  B.  467  atebt  b.  479  f  18   sebveriM 
ertheUte  Urieeb  besiebt  sieb  do^  webl  bbt  «af  die   bei  dv 
ItBdeB  HBBdelsacbüe.    Bse  so  BBSfedebale  BesriBBbng  (vi 
gBYBB  to  seg eleade  javelkea  »BBse,   w«r  be  bA  and  wbkC  bell)  k^ 

AasdiBck  „siBgBli  de  oritBtibai'^  (b.  479  §  18)  brii^  «af  die  VMBiaHiBt. 
dass  BMB  TOB  Jeder  Stadt  eiaaB  Haa|HiMBB  bwilaabt  bBL  Wir  iadn  is  d« 
1348er  Veriawmla^^a  iitidtiicbe  naaptkle;  Am  U.  Jbm  as  Libadk  (m.  489) 
Btbbo  Waiaadorp  vbb  Labacb,  BordMd  Pfetae  tob  SftahBBd,  ÜMBiSib  Scbaff- 
IcBberg  TOB  Qrei&wald;  aa»  10.  Aagaet  sa  Witaar  (a.  478)  Jb^bb  Naebtrart 
TOB  noetock;  aai  8.  Okt.  aa  Strabaad  (b.  479)  nnua  Wamdecp  tob  Ubick. 


(bier  »lad  sUerdiags  S  tob  dca  S  stralnadcr  HaipdkMlm), 


g«gen  Wald«mar.  497 

FürsteD  suchten  die  wendischen  Städte  sich  über  die  Fort- 
setsrang des  Krieges  zu  verständigen.  Sie  schickten  direkt 
von  d^  stndsunder  Versammlung  drei  Rathsherren,  darunter 
zwei  Heerf&hrer  (Bruno  Warendorp  und  Johann  Manderow 
von  Wismar)  an  den  Herzog  von  Meklenburg,  um  mit  ihm 
über  dm  fiemeren  Kriegsplan  und  das  Schloss  Kopenhagen 
zu  sprechen  0;  auch  mit  den  holsteinischen  Grafen  beabsich- 
tigten sie  zu  tagen*). 

Obgleich  sich  nun  im  Laufe  des  Winters  die  längst  er- 
wartete') Vermittlung  der  Waldemar  befreundeten  Fürsten 
zu  einer  Aussicht  auf  einen  bestimmten  Tag  mit  dem  däni- 
schen Könige  in  Demmin  gestaltete^),  liessen  sich  doch  die 
Städte  kluger  Weise  dadurch  nicht  verleiten ,  die  Fortsetzung 
der  kriegerischen  Operationen  zu  verabsäumen.  Sie  erkann- 
ten, dass  jeder  neue  Vortheil  im  Felde  ihnen  einen  Vortheil 
in  den  Friedensverhandlungen  sichern  werde,  und  handelten 
darnach.  Und  diese  Einsicht  erfüllte  nicht  bloss  die  kriege- 
rischen und  politischen  Führer,  Lübeck  und  seine  Gkmossen, 
sie  war  so  ziemlich  Gemeingut  Aller  geworden.  Mit  dersel- 
ben Einmüthi^eit  wie  vor  IVt  Jahren  in  Köln  erklärten  auf 
der  von  zwanzig  Städten  beschickten  Mittfastenversammlung 
(11.  März)  1369  zu  Lübeck  die  Vertreter  aller  Drittel,  bei  der 
froheren  „defensio^^  (apud  defensionem  pristinam)  bleiben  zu 
wdlen^).  Den  Niederländern  wurde  aufgetragen,  ihren  auf 
der  Versammlung  nicht  vertretenen  Nachbarstädten  unter  Hin- 


Manderow  von  WismaTf  Marquard  Vorrad  von  StettiD ;  am  8.  Not.  iq  Rostoek 
Bnmo  Wareodorp  von  Lübeck  (n.  485).  —  Ei  fehlt  ftbrigeD*  auch  sonst  nicht 
tti  Beispielaa,  dass  die  HaopÜente  das  Heer  verlassen,  am  als  Rathmannen 
aa  dan  Venammlnngen  theilsanebmen'f  s.  n.  489  (von  Riga),  n.  495  |  10  ete. 

1)  H.  R.  I,  n.  479  §  92. 

9)  ebd.  I,  n.  485  §  4. 

8)  ebd.  I,  n.  479  §  11  (vom  6.  Okt.  1368). 

4)  abd.  I,  n.  489  f  19  (vom  11.  Mira  1899). 

6)  ebd.  I,    n.  489   §  1.     Weiren   des    Geldaufwandes   s.  LUb.   Urkdb.  HI, 
B.  799  n.  786 ,  H.  R.  lU,  n.  29,  80,  299,  300. 

SdüUiBr,  IH«  HsDMitMte.  32 


498  ^^-    !>«'  *v«^  Krieg 

weis  auf  die  Drahungen  des  kölner  Konföderation  einzuschär- 
fen ,  dass  sie  mit  ihrem  Kcmtingente  sich  einstellten  ^ ).  Dass 
trotzdem  noch  manche  sämnig  waren,  noch  im  Mai  ihre  Mann- 
schaften nicht  gestellt  hatten,  erfahren  wir  ans  einem  späte- 
ren Beschlüsse'),  zugleich  aber  auch,  dass  die  Städte  nicht 
gewillt  waren,  das  ungeahndet  hingehen  zu  lassen  ^\  Audi 
die  rechtzeitige  Mitwirkung  der  Bundesgenossen  suchte  man 
sich  zu  sichern,  um  zu  verhüten,  dass  „durch  ihre  Verzöge- 
rung Schaden  entstehet  Herzog  Albrecht  von  Meklmburg  ver- 
sprach, bis  zum  29.  April  an  Ort  und  Stelle  zu  sein  und  auch 
seinen  Sohn,  den  König  von  Schweden,  zu  benadiriditigGa, 
dass  er  so  schnell  als  möglich  mit  seinen  Zuzüge  k&me^). 
Doch  scheint  dieser  an  dem  Feldzuge  keinen  TheU  genoHimen 
zu  haben,  denn  noch  im  Mai  und  Juni  war  er  ruhig  in  Stock- 
holm ^).  Herzog  Albrecht  aber  hat,  selbst  verhindert  durch 
Verwicklungen  mit  seinen  Nachbarn,  seinen  Sohn  Heinrich 
geschickt*). 

Noch  blieb  den  Städten  und  ihren  Bundesgenossen  eine 
schwere  Aufgabe.  Das  feste  Helsingborg,  den  Städten  unentbehr- 
lich, da  es  den  Eingang  des  Sundes  beherrschte,  war  noch  ii 
des  Feindes  Händen.  Dorthin  hatte  sich  eine  Anzahl  treuer  An- 
hänger Waidemars  zurückgezogen,  unter  ihnen  zahlreiche  Adlige 
aus  deutschen  Geschlechtern ,  nicht  weniger  als  lder  Moltke, 
ein  Manteuffel,  ein  Bamekow.  An  ihrer  Spitze  stand  der  mia 
schon  bekannte  Vicko  Moltke  aus  Rügen,  einer  der  ergebensten 
Diener  Waidemars,  gleich  tüchtig  im  Felde  wie  im  Rathe. 

1)  H.  B..  1,  n.  489  §  4. 

8)  «M.  I,  n.  491  §  a  Tom  3.  Mai  1369.  JSnt  am  7.  April  wm  D«T«Btar 
mit  Zfltftn  zasammeQ  ein  f,vr«desohyp**  kmiif«B,  so  dtm  es  4  MAnn  stellt; 
am  15.  Juni  erst  fXhrt  man  nach  Kampen ,  ebd.  III,  n.  899  {  6 — 80,  n.  800  §  6. 

3)  ebd.  I,  n.  510  §  10  vom  21.  Okt.  1369. 

4)  ebd.  I,  n.  489  §  2. 

5)  Am  29.  Mai,  Sahm  XIII,  639,  nnd  am  15.  Juni,  STenaka  R.  A.  P.  I, 
n.  878  u.  878. 

6)  n.  R.  I,  n.  497. 


fBgfB  WaUkmar.  -499 

Den  gaazen  Winter,  viie  es  sdidnt,  hatten  die  Städtischen 
adion  das  Schlosa  blokirt^.  Im  Frflhling  endlich  dachten  sie 
an  eine  irirUicbe  Belagerung.  Es  wird  anf  der  Ittbecker  Ver- 
saanBlmig  den  nenemannten  Hauptleoten,  von  den  alten  war 
nur  Doeh  der  Oba^anf&hter  Bnino  Warendorp  beim  Heere'), 
ttbertaasen,  was  sie  zu  thnn  fdr  gut  halten;  wenn  sie  sich 
ataik  genug  f&hlen ,  so  mögen  sie  „in  Gottes  Namen  belagern**, 
weoD  nicht,  sichb^nügen  mit  Wegnahme  dänischer  Schiffe  *). 
Ifaii  sldit ,  dass  die  Einnahme  des  festen  und  gut  yertheidigten 
SehlOBsea  für  k^ne  leichte  Arbeit  gehalten  wurde.  Im  Mai,- 
Juni  und  JuH  finden  wir  dann  die  Streitmacht  der  wendischen 
md  ÜTlindischen  Städte  zusammen  mit  Herzog  Heinrich  tou 
Mddenburg  vor  Helmngborg^).  Ihre  Lage  scheint  nicht  ohne 
Sdiwierigkeit  gewesen  zu  sein  *),  wenigstens  bemühten  sich  die 
VMhrer,  ihre  Heeresmacht  weit  grösser  hinzustellen,  als  sie  in 
Wiridichkeit  war.  Der  Ittbecker  Rath  hatte  an  seine  Haupt- 
leote  geschrieben,  wie  er  sich  sehr  wundere,  dass  sie  2200 
Leute  speiseten,  während  sie  nur  300  Gewaffnete  hätten.    Treff- 

1)  Mar  so  scheint  mir  die  Menge  der  von  den  Stralsundem  vor  Uelsiug- 
borg  Terbraiiehten  Lebensmittel  (s.  oben  S.  805)  erkllrifch,  denn  dieselben 
wwtai  ▼«rinrMcht  als  Borchard  PloUe  (1868,  H.  R.  I,  n.  440  A  (  8)  noth 
Hasptmaiui  war.  Man  erscheint  aber  schon  am  X7.  Mai  1869  Amd  von  Sosad 
als  Hauptmann  (ebd.  n.  496) ,  und  die  neuen  Ilauptleute  sind  doch  aller  Wahr- 
nMnUelikait  nacb  so  Beginn  des  Sommerfeldsvges  ernannt  worden.  Borchard 
Pinto«  moM  also  im  Herbat  und  Winter  mit  seiner  Mannschaft  vor  llelaingborg 
gelegen  haben.  Am  11.  M&rs  ist  er  mit  dem  8.  Hauptmann  der  Strabuuder 
(Snnrich  Schiele)  'auf  der  Ittbecker  Tersammlung  (ebd.  n.  489). 

t)  Vgl.  H.  R.  I,  B.  496  «nd  497. 

8)  ebd.  I,  n.  489  $  8. 

4)  ebd.  I,  n.  496 — 498  und  n.  498.  Dass  nur  die  Kontingente  dieser 
SttUUa  «ni  Hartog  Heiarieh  von  Meklenbnrg  vor  Helsingboig  waren,  scheint 
mir  hervonogehen  aas  n.  497  :  Wi  hebben  gedegedinget  amme  dat  has  to 
Helaingborg  mit  deme  dorluchtigen  vorsten,  hertoge  Hinrili  van  Mekelenborg, 
■nd  mit  den  erbaren  laden ,  borgermesteren  and  raetmannen  der  seettede ,  also 
Labak,  Boalok,  Stralessand,  Wismar,  Oripeewolt,  Statin,  Colberg  mid  Rige, 
da  uf  4mm  Talde  vor  Helsingborg  ein« 

§)  Ba  sind  aach  Hansisobe  gefsngaa  genommen  vor  HelslBgl>orgf  so  iwei 
Warendofps  von  LQbeck,  LUb.  Urkdb.  IV,  n.  1S5. 

82* 


500  ^^IV. '  D«r  iweite  Krieg 

lieh  in  seiner  KOrze  und  Schärfe  ist  der  Brief,  den  Bmno 
Warendorp  und  Thomas  Morkerke,  die  Ifibischen  AfifQhrer, 
als  Antwort  schickten.  Nicht  300  Gewaflfnete  bfttten  sie,  son- 
dern nur  260,  speiseten  aber  auch  nicht  2200 ,  sondern  nur 
1100  Leute.  Dass  der  Stadt  Proviant  unnütz  verzdirt  würde, 
wie  man  geschrieben  hätte,  sei  ihnen  so  leid  wie  dem  Rathe, 
und  könnten  sie  es  mindern ,  sie  wolltens  nicht  lassen. .  Aber 
was  sie  gesagt  hätten,  dass  2^X)  Leute  gespeist  würden,  das  sag« 
ten  sie  nodh  und  hofften ,  dass  diese  Worte  keine  Speise  verzehr- 
ten,  sondern  dass  sie  ihnen  und  dem  Bathe,  so  Gott  wolle,  from- 
«en  sollten  ^).  In  der  That  scheint  die  Verpflegung  Schwieri^kdt 
gemacht  zu  haben;  wenigstens  haben  die  hansischen  Heerführer 
es  für  nöthig  gehalten ,  die  Ausfuhr  von  Vieh  aus  Schonen  m 
verbieten  ')•  Im  Juli  war  man  endlich  so  weit,  dass  man  täglich 
den  Fall  dieses  letzten  Bollwerks  der  dänischen  Herrschaft  am 
Sunde  erwartete.  Auf  der  lübecker  Versammlung  vom  13.  Juli 
1369  wurde  ausgemacht,  dass  diejenige  Stadt,  welche  zuerst  den 
Fall  Helsingborgs  erfahre,  „ohne  Verzug  durch  Tag  und  Nadit*^ 
den  andern  Nachricht  geben  solle.  Dann  sollten  alsbald  die 
Lübecker,  Stralsunder,  Rostocker,  die  von  Wismar  und  Greift- 
wald  ihre  Steinhauer  mit  ihren  Instrumenten  hinüberschidm 
nach  Kopenhagen ,  das  dortige  Schloss  zu  brechen ').  Eine  der 
beiden  Festungen,  Kopenhagen  oder  Helsingborg;  genügte,  den 
Sund  zu  beherrschen.  So  lange  Helsingborg  noch  in  des  Fein- 
des Hand  war,  konnte  man  Kopenhagen  nicht  entbehren. 
Als  aber  auch  die  stärkere  und  gelegenere  Feste  gefallen, 
wollte  man  durch  die  gänzliche  Zerstörung  Kopenhagens  ein 
neues  Emporkommen  der  dänischen  Macht  am  Sunde  möglichst 


1)  Lab.  Urkdb.  lU,  n.  692. 

2)  ebd.  IV,  224  S.  284. 

8)  H.  R.  I,  n.  495  §  3.  Die  Zahl  dieser  lapiscidae  betrfigt  47,  niimlieh 
20  von  Lübeck,  10  von  Stralsund,  8  von  Uostock,  5  vod  Wismar  und  4  von 
Greifswald.  Dass  Kopenhagen  wirklich  gebrochen  ward,  s.  H.  B.  II,  n.  48 
§  4,  Suhm  XIV,  493. 


gtgvk  Waldemar.  501 

ersdiweren.    Wie  wir  später  erfahren,  ist  die  Burg  in  der 
That  gebrochen  worden. 

Doefa  täuschte  man  sich,  wenn  man  glaubte,  dass  man 
so  bald  die  stolze  Zwingburg  des  Sundes  in  der  Gewalt  haben 
werdls.  Noch  beinahe  zwei  Monate  sollte  es  dauern,  ehe  die 
hantisehen  Banner  von  ihren  Zinnen  wehten.  Allerdings  war 
wohl  die  Widerstandskraft  der  Belagerten  so  ziemlich  erschöpft, 
aber  doch  nicht  so  sehr,  dass  sie  auf  Gnade  oder  Ungnade 
sich  hätten  ergeben  müssen.  Zum  letzten  Erfolge  hat,  wie 
es  scheint,  das  städtische  Geld  beigetragen.  Denn  wir  erfah- 
ren unterm  29.  September  desselben  Jahres,  dass  Vicko  Moltke 
und  Hartwig  Kaie,  die  Befehlshaber  der  Feste,  800  Mark  fein 
(S400  Mark  lüb.)  von  Lübeck  und  den  andern  Seestädten  zu 
ferdern  und  davon  am  genannten  Tage  in  Kopenhagen  350  ^ 
aaabezahlt  erhalten  haben  ^ ).  Diese  Geldforderung  wird  nicht 
ebne  Zusammenhang  sein  mit  dem  Vertrage,  den  die  Genann- 
ten am  21.  Juli  mit  den  Belagerern  schliessen  *);  nur  allzunaho 
Vitgl  der  Verdacht,  dass  auch  hier  der  Ruhm  tapferer  Gegen« 
wehr  durch  schmutzigen  Eigennutz  befleckt  worden  sei.  Die 
Yertheidiger  versprechen,  am  8.  September  die  Feste  dem  Her- 
sog Heinrich  von  Meklenburg  und  den  Städten  (Lübeck,  Rostock, 
Stralsund,  Wismar,  Greifewald,  Stettin,  Kolberg  und  Riga 
WM*den  genannt),  „die  auf  dem  Felde  vor  Helsingborg  sind^, 
am  überliefern,  wenn  nicht  inzwischen  „König  Waldemar  und 
seine  Helfer  so  mächtig  würden^S  dass  sie  die  Verbündeten 
„mit  Macht  aus  dem  Reiche  Dänemark  trieben",  oder  bis 
dahin  Verhandlungen  stattfänden,  welche  die  Verbündeten  be- 
friedigten und  Helsingborg  lösten.  Sollte  es  sein,  dass  der 
Herzog  oder  die  Städte  zum  bestimmten  Tage  (am  8.  Sep- 
tember) Niemand  schickten,  das  Haus  zu  übernehmen,  so 
sollten  die  Belagerten  es  so  lange  zur  Verfügung  des  Herzogs 

1)  Lib.  Urkdb.  IV,  n.  121. 
t)  H.  R.  I,  n.  497. 


502  XIV.    JHt  iweite  Krieg 

und  der  Städte  halten,  bi8  diese  Leute  zur  Uebernahme 
schicken  würden.  —  Dass  man  festes  Vertrauen  aetste  in  die 
Erfüllung  dieser  Bestimmungen,  sehen  wir  daran,  daaa  das 
städtische  Heer  schon  am  14  August  in  das  ^Hub^^  > )  zog, 
um  den  starke]^  Lindhohn,  am  Björringe  See  nicht  weit  von 
der  Südküste  Schönens,  zu  belagern.  Auf  dem  Marsche  dort- 
hin oder  vor  dem  Lindholm  selbst  muss  es  gewesen  sein,  wo 
der  Führer  der  Lübecker  und  oberste  Hauptmann  der  ganzen 
städtischen  Heeresmacht,  Bruno  Warendorp  am  21.  August 
seinen  Tod  fand.  Eine  Erztafel  mit  Inschrift,  die  ihm  der 
Dank  seiner  Mitbürger  in  der  Kirche  des  lübecker  Bathes 
setzte,  legt  noch  jetzt  Zeugniss  ab  von  seinem  ruhmvollen 
Tode  fbr  die  Sache  seiner  Vaterstadt. 

Da  bis  zum  8.  September  weder  Entsatz  kam,  noch  ein 
entsprechender  Friede  geschlossen  wurde ,  so  wird  Helsingborg 
dem  Vertrage  gemäss  den  Städten  übergeben  sein,  in  deren 
Besitz  wir  es  bald  darauf  finden^).  Sie  waren  jetzt  vollkom- 
men Herren  des  Sundes;  frei  und  ungehindert  konnten  ihre 
Schiffe  von  der  Ost-  in  die  Westsee  fahren,  ungefährdet  ihre 
Bürger  in  Schonen  der  Fischerei  und  dem  Handel  obliegea 
Der  schon  hart  mitgenommenen  dänischen  Rhederei  drohte  der 
gänzliche  Untergang,  denn  mit  ächter  Kaufmannspolitik  legten 
es  die  Hansen  besonders  auf  Zerstörung  der  feindlichen  Flotte  an. 
Nach  rechts  und  nach  links  stand  das  Land  ihnen  offen ;  sie 
konnten  ihre  Streifzüge  richten,  wohin  sie  wollten;  erheblicher 
Widerstand  war  nirgends  zu  fürchten.  Und  schon  redeten  sie 
davon ,  dies  gründlich  auszunutzen ,  „in  Dänemark  zu  brennen, 
zu  rauben,  Schiffe  zu  nehmen  und  zu  verbrennen  und  2  oder 

1)  Koppmann  (H.  K.  I,  S.  508)  conjicirt  Hui,  das  er  mit  Hol,  Hölviken 
erklärt.  Doch  ist  offenbar  hier  von  einer  Landschaft ,  nicht  Ton  einer  Meeres- 
bucht die  liede. 

2)  Auch  dass  die  bisherigen  Vertheidiger ,  Vicko  Moltke  und  Hartwig 
Kaie,  am  29.  Sept.  in  Kopenhagen  sind  (Lüb.  Urkdb.  IV,  n.  ISl)  spricht 
dafür. 


gegen  Waldemar.  503 

300  Pferde  mit  hinüber  zu  nehmen ,  das8  man  damit  das  Rei- 
ten haben  möchte  in  den  Landen'^  0-  Da  bequemte  sich  in 
Abwesenheit  des  Königs  der  dänische  Beichsrath  endlich  zum 
Nachgeben;  am  30.  November  1369  wurde  ein  Stillstand  ge- 
schlossen, der  den  Städten  die  weitgehendsten  Zugeständnisse 
machte. 


1)  H.  R.  I,  n.  510  §  11,  1  und  2. 


XV.    Der  straLeninder  Friede. 

Verhandlungen  mit  dem  dänischen  Gegner  hatten  die 
Städte  schon  lange  erwartet  und  wohl  auch  gewtlnscht;  sie 
waren  ja  der  einzige  Weg,  die  im  Felde  errungenen  Erfolge 
in  dauernde  Vortheile  umzuwandeln.  Schon  in  der  Oktober- 
versammlung des  Jahres  1368  wurde  daher  beschlossen,  wenn 
irgend  ein  Fürst  Verhandlungen  mit  Waldemar  vermittele,  auf 
dieselben  einzugehen,  um  zu  sehen,  was  der  König  bieten  kOnne, 
vorausgesetzt ,  dass  die  verbündeten  Fürsten  damit  einverstan- 
den seien ;  aber  auf  keinen  Fall  wolle  man  Etwas  fest  machen 
(dare  eifectum  finalem),  wenn  man  nicht  vorher  den  Willen 
derer  von  Kampen ,  Preussen  und  der  Südersee  erfahren  habe  ^). 

Im  Laufe  des  Winters  verschlangen  sich  nun  die  diplo- 
matischen Fäden  mannichfaltig  genug.  Der  dänische  Beichs- 
rath,  der  ja  zu  Unterhandlungen  bevollmächtigt  war'),  liess 
den  jungen  Herzog  Erich  von  Sachsen -Lauenburg  um  Ver- 
mittlung bitten ,  und  dieser  war  auch  bereit  dazu.  In  seinem 
Namen  bat  am  27.  Januar  1369  Herzog  Magnus  von  Braun- 
schweig und  Lüneburg  Herren  und  Städte,  diese  Vermittlung 
nicht  zurückzuweisen  ^).  Die  Verbindung  mit  diesem  Fürsten, 
die  schon  Erichs  Vater  unter  Vermittlung  des  Markgrafen  von 


1)  H.  R.  I,  n.  479  §  11. 

2)  ,,Mit  hcte ,  willen  unde  volborth  unses  heren  vorbenomed  node  synes 
rikes'*  sagen  die  Reichsräthe,  H.  R.  I,  u.  524 ,  aach  n.  513. 

3)  ebd.  n.  488.  Magnus  war  am  14.  Sept.  1368  von  Hersog  Wilhelm 
wirklich  in  den  Besitz  der  lüneburgischen  Lande  eingesetzt  worden ,  Suden- 
dorf III,  n.  381  ff. 


XV.    Der  straliimder  Friede.  506 

MeiBsen  fftr  Waldemar  geschlossen  hatte  ^),  erneuerte  also  der 
Sohn.  Aber  er  Terfolgte  dabei  Zwecke,  die  dem  Vater  fem 
gdegen  hatten.  Am  18.  Februar  1369  yerpf&ndete  er  sein 
ganzes  Land  mit  den  Schlössern  Ratzebnrg  und  Laaenburg 
fOr  70000  lAth.  Mark  an  den  braonschweiger  Herzog  und 
schloBS  ein  Bündniss  mit  ihm*),  und  14  Tage  darnach ,  am 
3.  Mirz,  verband  er  sich  mit  Graf  Adolf  von  Holstein,  „sich 
als  Vormünder  des  Reiches  Dänemark  zu  unterwinden  und 
das  Beich,  die  Burgen,  Land,  Mannschaft,  Gold,  Silber  und 
Habe,  und  was  dem  Reiche  gehört,  zu  gleichen  Theilen  unter 
steh  zu  theilen^  *).  Hier  handelt  es  sich  nicht  mehr  um  Hülfe 
für  Waldemar,  sondern  nur  um  Theilnahme  an  dem  Raube. 
Hatten  die  gegen  Waldemar  verbündeten  Fürsten  das  Reich 
in  Voraus  unter  sich  getheilt,  schien  ihr  Kriegsglück  ihnen 
ErfQllung  ihrer  Hoffnungen  zu  versprechen,  so  wollten  jetzt 
atteh  die  Freunde  Waidemars  nicht  leer  ausgehen,  wollten, 
fttalt  dem  gestürzten  Könige  wieder  aufzuhelfen,  lieber  selbst 
ans  seinem  Sturze  Vortheil  ziehen.  Zu  dieser  Politik  mochte 
besoBders  bei  Herzc^  Erich  der  Gedanke  beitragen,  dass  die 
saUreichen  Besitzungen,  die  er  in  D&nemark,  hauptsächlich 
in  den  östlichen,  den  Schweden  abgenommenen  Provinzen 
hattet),  bei  dem  fortgesetzten  Kriegsglück  der  Verbündeten 
drohender  Gefithr  ausgesetzt  waren. 

Mit  Hülfe  des  Braunschweigers  besonders  sollten  diese 
Pläne  durchgeführt  werden.  Ein  Bündniss,  das  dieser  mit 
Maitgraf  Otto  von  Brandenburg  schloss,  macht  dieselben 
noch  deutlicher.  Detmar,  und  nach  ihm  Korner,  lassen  König 
Waldemar  in  der  Mark  des  aus  Dänemark  mitgenommenen 

1)  Vgl.  oben  8.  491. 

8)  Sudeudorf  III,  o.  401  und  402;  Schl.-Uobt.-I^ubg.  Urkds.  U,  S.  261 
(dM  Datum  ist  hier  irrtbOmlich  als  der  11.  Mirs  aufgelöst). 

3)  Sodeadorf  111,  n.  405;  Schi. -Holst -Lanbg.  Urkds.  11,  8.  448  (irrthfim- 
lich  als  vom  8.  MSrz  angegeben). 

'  4)  8.  oben  S.  291 ;  vgl.  Styffe ,  Einleitung  p.  LU,  Amn.  8. 


506  X^<    I>«r  «^«blinder  Fried«. 

Schatzes  beraubt  werdeit,  dne  etwa  gleichaeitice  dAmtdie  Qodle 
sogar  durch  Yerrätfaerei  des  Markgrafen,  mnes  Sobvage»^). 
Urkundlich  b^laubigt  ist,  daas  dieser  deai  Kfin^  zu  Oder- 
berg ,,6ut  und  Grdd:^  genonuneii*)»  Wer  m  dieeem  Stmte 
Recht  hatte,  ist  nicht  zu  entscheiden,  idta  wir  weder  dee 
Schiedsapruch  des  Markgrafen  von  Meissen ,  noeh  aonat  N&heres 
kennen,  aber  gewiss  ist,  dass  Waldemar  von  der  8<diwSger- 
scbaft  wenig  Vortheil  gezogen ,  dasa  auch  der  Markgraf  ihm 
gegenüber  nur  *  seinen  eigenen  Nutzen  im  Auge  gdiabt  hat 
Es  hat  dem  Brandenburger  der  Gedanke  aieht  fem  gelegen, 
mit  den  Städten  ein  Bündniss  einzugdien.  Vielleieht  hoSke 
er  so,  seine  Ansprüche  auf  meklenburgische  Gebietstheile  am 
leichtesten  durchzusetzen.  Er  liess  durch  adne  Rftthe  der 
Stadt  Lüneburg  heimlich  kund  than,  dass  er  gern  mit  ihr 
und  den  Seestädten  ein  Bündniss  schliessen  und  Lenzea  dafttr 
verpfänden  wolle  *).  Der  Bund  kam  nicht  zu  Stande,  und  Len- 
zen ging  am  10.  Nov.  1368  in  den  Pfandbeaitz  des  Herzogs 
Magnus  von  Braunschweig  und  Lüneburg  über^).  Al>er  ftr 
Waldemar  trat  der  Markgraf  darum  doch  nicht  mit  Entachie» 
denheit  ein.  Er  schloss  am  8.  April  1369  mit  Herzog  Magoos 
auf  drei  Jahre  ein  Bündniss ,  das  deutlich  die  Ziele  der  beid« 
Herren  erkennen  läset:  Otto  soll  die  Besitzungen  zorüokerfaal* 
ten,  die  der  meklenburger  Herzog  von  der  Mark  zu  Pfieinde 
hat,  der  junge  Herzog  Erich  von  Lauenburg  aber,  des  Magnus 
Schützling ,  soll  die  Herrschaft  oder  Vormundschaft  des  Bdches 
Dänemark   bekommen.     Erwerben  Otto   und   Magnus    durch 


1)  Detmar  tu  1364  (S.  286  ff.),  zu  welchem  er  die  Flttcht  Waldeman 
enlUüt,  Korner  an  1866,  bei  Eocard  II,  Sp.  1110  ff.;  Langeb.  VI,  p.  538. 

2)  Gram,  Forbedringer  (Vidensk.  Selsk.  Skrifter  IV,  239  ff.):  „Umb 
alles  daz  Gut,  daz  wir  dem  vorgenanten  kunge  genuemen  haben  su  Oders- 
bergh". 

3)  Lüb.  Urkdb.  III,  u.  758.  In  der  Anm.  5  ist  diese  Urkunde  richtig 
in  die  Zeit  vor  dem  10.  Nov.  1368  verwiesen.  Viel  früher  darf  man  sie  auch 
schwerlich  ansetzen. 

4)  Sudendorf  lU,  n.  893. 


ZV.    Dar  siriUaiuidw  FrUda.  507 

«der  Hülfe  Etwas  von  dem  Kttlige  von  Dänemark ,  von 
demH^sog^  von  Meklenburg  oder  von  den  St&dten,  so  sollen, 
litt  danMi  gleiche  Antbeil  haben  ^). 

Das  war  eine  Hülfe«  die  weder  König  Waldemar  noch 
dmi  Beichsrathe  frommen  konnte.  Sie  musste  yielmehr  Beide 
best&rken  in  dem  Bemühen ,  mit  ihren  Gegnern  oder  wenigstens 
B^  einem  derselben  zu  einer  Verständigung  zu  kommen.  Am 
betten  eigneten  sich  dazu  die  Städte,  denn  sie  strebten  am 
wwgsten  nach  territorialem  Gewinn.  Sie  hatten  die  ange» 
botene  Vermittlung  nicht  zurückgewiesen.  Im  März  hatten 
sie  vom  Herzog  von  Meklenburg  und  vom  Grafen  Heinrich 
Vdhnacbt  bekommen ,  nach  Ostern  (1.  April)  den  Käthen  der 
Herzöge  von  Lüneburg  und  Sachsen  Geleit  geben  zu  können, 
nach  Dänemark  zu  gehen  und  dänische  Gesandte  herüberzu- 
fllhren.  Der  lübecker  Rath  erhielt,  zusammen  mit  den  etwa 
in  Lübeck  anwesenden  Bathsherren  anderer  Städte ,  Vollmacht 
an  Verhandlungen;  was  etwa  daraus  hervorginge,  wollten  alle 
Städte  gemeinschaftlich  tragen.  Auf  derselben  Versammlung 
wurdet  sofern  es  den  Fürsten  gefiele,  für  die  Unterhandlung 
mit  Waldemar  ein  Twmin  auf  den  8.  April  in  Demmin  an« 
gesetzt"). 

Wir  erfahren  nicht,  ob  diese  letztere  Zusammenkunft  m 
Stande  gekommen  ist  >) ;  es  wird  uns  überhaupt  nichts  Näheres 
über  weitere  Verhandlung^  mit  Waldemar  berichtet  Mit  dem 
Beichsrath  aber  erzielte  man  ein  Einverständniss.  Im  Juli 
waren  dänische  Gesandte  in  Lübeck.  Es  kam  zu  keinem 
eigentlichen  Vertrage ,  aber  die  Gegensätze  waren  so  weit  aus- 
gesöhnt, dass  man  eine  friedliche  Schonenfahrt  verabredete. 
Die  Kaufleute  sollten  vor  den  Dänen  sicher  sein ,  die  dänischen 

1)  Südeodorf,  lU,  n.  410. 

S)  H.  JL  l,  n.  489  g  5  and  12. 

3)  Die  H.  R.  II,  n.  48  §  7  erw&hntea  Vorhaadlwngen  mit  WftldanAr,  s« 
denen  fUtbrnannen  von  Lübeck  mit  dem  Herioge  von  MekleBborg  und  leinen 
Rithen  reiten,  können  recht  wohl  die  nach  Demmin  anfeeetsten  stia. 


508  ^CV.    Der  BtrmUimdw  Friede. 

Fischer,  BGlrger  und  Baoern  yor  Horsog  Heinrich  und  den 
BtAdtischen  Hauptleuten;  es  lag  offenbar  in  beideraritigem  In- 
teresse ,  den  alten  Verkehr  wieder  an&unehmra.  Am  19.  August 
wollte  man  wieder  zusammenkommen.  Zwei  meklenborgische 
Gesandte,  die  zugegen  waren,  stimmten  diesen  Abmachungen 
zu*). 

Es  mag  nicht  ohne  Einfluss  auf  den  Grang  der  Verhand- 
lungen geblieben  sein,  dass  gerade  in  diesoi  Tagen  auch  mit 
Hakon  von  Norwegen  ein  Vertrag  zu  Stande  kam.  Hakon 
hatte  die  bewilligte  Frist,  bis  1.  April  1369,  nicht  YorQber- 
gehen  lassen ,  ohne  neue  Verhandlungen  anzuknüpfen.  Auf  dem 
Mbecker  Tage  zu  Mittfasten  1369  ertheilten  die  St&dto  den 
in  Lübeck  bleibenden  Rathmannen  Vollmacht,  Gesandte  nach 
Norwegen  zu  schicken,  Boten  des  Königs  herüber  zu  geleiten 
und  mit  ihnen  zu  yerhandeln  *).  In  Wolgast  tagten  dann  am 
3.  Mai  diese  Boten  mit  den  Gesandten  d^  Städte.  Man  gab 
ihnen  Briefe  an  KOnig  Hakon,  die  eine  Zusammenkunft  in 
einem  Hafen  am  Sunde  oder  im  städtischen  Heere  anboten. 
Die  kommandir^den  Bathsherren  wurden  bevollmächtigt  und 
beauftragt,  dem  norw^schen  Könige  sicheres  Geleit  so 
geben  >).  Doch  scheint  dieser  die  Verhandlung  durch  Ge- 
sandte vorg^ogen  zu  haben,  hat  aber  nicht  gezögert.  Denn 
schon  am  19.  Mai  bevollmächtigte  er  den  Bitter  Nellarus  Pik, 
den  Propst  Peter  von  Opslo,  Laurenz  Biemsson,  den  Haupt- 
mann auf  Bakus,  und  Gote  Erikson  zu  Unterhandlungen  in 
Deutschland  mit  Fürsten  und  Städten^).    Am  13.  Juli  waren 

1)  H.  R.  I,  n.  495  §  1  und  2  vom  13.  Jali  1869.  Auch  hier  wird  wieder 
die  Schonenfahrt  von  den  Städten  aafii  genaneste  geregelt,  §  ^  und  5. 

S)  H.  R.  I,  n.  489  §  28.  Diese  Gesandtschaft  hat  wohl  Hermann  von 
Osenbrtiggou  aasgeführt,  s.  n.  510  §  8.  —  Die  hier  und  in  §  9  erwähnten, 
»chon  vor  H.  v.  O.  geschiclEten  und  in  Norwegen  gefangenen  Gesandten  der 
Lübeclcer  and  Preussim ,  die  sich  haben  ISsen  mOssen ,  sind  doch  wohl  vor 
Ausbruch  des  Krieges  geschickt  worden. 

3)  ebd.  I,  n.  491  §  4. 

4)  ebd.  1,  n.  492. 


XT.    Der  stralMiider  Friede.  g09 

die  GeBftDdtcD  im  Lager  vor  Heisingborg,  am  21.  Juli  in 
Bostook,  firOluDeitig  genug,  um  die  in  zahlreiciicr  Versamm- 
lang  (20  Stftdte  waren  yertreten,  dara  die  dänischen  und  mAr 
lenburgischen  Gesandten  anwesend)  in  Lübeck  tagenden  Hans»- 
boten  noch  bei  einander  zu  trefifen  ^ ).  Am  3.  August  wurde 
hier  dann  ein  neuer  Waffenstillstand  abgeschlossen,  der  bis 
nun  24.  Juni  des  nächsten  Jahres  dauern  sollte ').  Für  Pfing- 
sten 1370  wurden  zu  Bahus  neue  Verhandlungen  verabredet 
swiacben  Hakon  und  den  Städten  mit  ihren  Bundesgenossen. 
Alle  früheren  Rechte  und  Freiheiten  sollten  die  Hansen  unge* 
stOrt  geniessen.  Was  von  ihren  Schuldforderungen  an  Nor- 
wieger  nach  ihrem  Abzüge  aus  dem  Lande  vom  Könige  oder 
seinen  Beamten  eingezogen  worden  oder  noch  in  den  Händen 
der  Schuldner  war,  sollte  erstattet  werden.  Einen  Monat 
ipAter,  am  5.  September,  ratifidrte  Hakon  diesen  Vertrag  und 
machte  ihn  dem  Reiche  bekannt.  „Damit  nicht  femer  die  ge- 
wohnten Schädigungen  und  noch  schwerere  dem  Reiche  zuge* 
filgt  würden^S  ermahnt  er  seine  Unterthaaen,  den  deutschen 
Kaufleuten  ja  die  schuldigen  Zahlungen  zu  leisten*).  Die 
Stidte  aber  ermahnen  die  Ihrigen  bei  Wiedereröffnung  der 
Fahrt  (8  Tage  Tor  Bfartini  wollen  die  wendischen  Kanfleote 
gemeinschaftlich  nach  Bergen  segeln^)),  begangene  Ungebühr 
,^a  bessern  nach  des  Landes  Recht,  keine  Sammlungen  (Auf- 
läufe) zu  machen,  keinen  Uebelthäter  von  dannen  zu  fahren. 


1)  H.  IL  I,  n.  498  und  494.  —  Die  TerMuniiilwig  Ut  Ton  18.  Juli  datirt; 
de  tagt  aber  noch  im  Attgoat,  s.  n.  500:  Bernhard  Hoppener  sieht  von  Hei- 
singborg aar  Tagfahrt,  walurscheinlich  noch  am  14.  Augnat 

S)  ebd.  I,  n.  508. 

8)  ebd.  I,  n.  506.  Ein  Verseichniaa  von  17  Städten,  die  ihre  Ratifi- 
kationen  in  Stralaond  eingeM^iclit  haben ,  ist  gedruckt  Lab.  Urlulb.  UI,  n.  74S 
und  H.  R.  U,  n.  14. 

4)  H.  R.  m,  n.  32 ;  vgl.  ebd.  1,  n.  510  §  6.  Anadrficklich  werden  die 
einieintn  Städte  anigefordert  i  ihren  Bürgern  nieht  eher  die  Fahrt  naeh  Nor- 
wegen sa  gestatten,  als  bis  gemeinsam  ein  Termin  dafür  verabredet  sei,  s. 
Lübeck  an  Reval  ebd.  1,  n.  504. 


510  Z^-    l>^  tCnlfoiider'fViedii. 

keine  Waffen  am  tragen  mid  gegen  einander  daä  MesBer  m 
ziehen  oder  zu  gebrauchea^  u.  a.  m.;  sie  beBtimnien  Strafen 
und  droben  den,  der  sieh  Tergebt,  hdnMrasQcbeii)  daas  „ein 
Anderer  daran  denke^  und  ^sloh  davor  hüte^  ^). 

Wraige  Tage  nach  AbschlusB  dieses  Vertrages,  als  die 
dänischen  Gesandten  sidi  am  19.  August  in  Lübeck  wieder 
ehrfandea,  kam  man  auch  mit  diesen  wenigstens  aber  einen 
Yertragsentwarf  äberda.  Ein  Ratbmana  begleitete  die  Ge- 
sandten nach  Dänemark,  um  sie  im  Oktober  mm  stralsmider 
Tage  herüber  zu  geleiten.  Aber  widrigen  Windes  wegM  konn- 
ten die  Dänen  nicht  alle  und  auch  der  Rathmann  sdbst  nicht 
kommen ,  und  so  erfolgte  denn  der  Abschluss  der  Verhand- 
hmgen  erst  auf  der  Versammlung,  die  Ende  November  zu 
Stralsund  gehalten  wurde*),  und  zwar,  wie  wir  aus  den 
Briefe  eines  livländischen  Rathssendeboten  erSEihren ,  unter  noch 
günstigeren  Bedingungen  für  die  Städte ,  als  der  Entwurf  von 
19.  August  enthalten  hatte  *).  Wesentlich  mochte  zu  diesem 
Erfolge  die  feste  Haltung  der  Städte  beigetragen  haben.  Auch 
nach  dem  Falle  von  Helmngborg,  sdion  mitten  in  den  Frie- 
densverhandlungen ,  ruhten  ihre  kriegerischen  Massregeln  nidit 
Die  stralsunder  Oktoberversammlung  beschäftigte  sich  sclnm 
mit  dem  Feldzugsplan  fttr  den  nächsten  Frühling  und  regdte 
die  fernere  Erhebung  des  Pfundzolls  ^).  Gestützt  auf  diese 
Energie,  die  den  Dänen  nur  die  Wahl  liess  zwischen  Nach- 
geben und  neuem ,  verderbenbringendem  Einbruch  des  Feindes, 
konnte  die  Diplomatie  der  Städte  die  reichen  Früchte  ein- 
heimsen, welche  die  kriegerischen  Erfolge  gezeitigt  hatten. 
Hatte  man  den  Norwegern  einen  billigen  Frieden  gewährt,  der 

1)  H.  B.  1,  n.  511 :  Also  cUit  dar  eyn  mnder  aa  denke,  —  dat  yd  eyn  ander 
beware ;  vgl.  n.  884. 

9)  ebd.  I,  n.  518  yam  80.  Köv.  1869. 

3)  ebd.  III,  D.  41  und  8.  8S:  Front  in  Lnbic  prhno  tempore  ^H  conoepta, 
tarnen  aliquid  in  melius  oiTitatam  addit«m.     Vgl.  ebd.  III,  SS. 

4)  ebd.  I,  n.  510  §  11,  1,  2  und  7.     Vgl.  oben  S.  602  ff. 


XV.    Dar  ■tnütuiider  FiM»  511 

nichts  Nmc8  taraciite,  nur  längst  genosflene  Rechte  best&tigte, 
so  erlangte  inau,  seine  ganze  Kraft  auf  diesen  einen  Punkt 
richtend,  in  dem  weit  wichtigeren  Dänemarlc  Vortheile,  wie 
sie  sieder  Yorher  noch  nachher  der  Städtebnnd  je  wieder  er*« 
rangen  hat,  und  wie  man  sie  wohl  schwerlich  gehi^  hatte, 
ik  Awei  Jahre  zuvor  in  K5ln  über  die  Abwehr  der  unerträg- 
lichen dänischen  Bedrückungen  berathen  worden  war.  Der 
stralsunder  Friede,  wie  er  nach  dem  am  24  Mai  1370 
in  ßtratoand  erfolgten  definitiven  Abschlüsse  genannt  wird ,  be- 
zeichnet den  H^epunkt  städtischer  Macht  im  Norden. 

Die  auf  der  Novemberversammlung  vertretenen  Städte 
hatten  nicht  ohne  die  Zustimmung  der  abwesenden  Bundes* 
genossen,  Herren  und  Städte,  abschliessen  wollen.  Ausdrück- 
lich lassen  sie  sich  das  v(Hn  dänischen  Reichsrath  bezeugen  ^). 
So  war  es  nöthig,  eine  zweite  Versammlung  abzuhalten.  Aus 
8a  Städten:  Lübeck,  Stralsund,  Greifswald,  Stettin,  Kolberg, 
Staigsrd  von  den  wendischen  "*),  Riga,  Dorpat  und  Reval  aus 
Livlaad,  Kulm,  Thom,  Elbing  und  Danzig  aus  Preussen, 
Kämpen,  Zierixee,  Brid,  Härder wyk,  Zütphen,  Elburg,  Sta- 
voren,  Dordrecht,  Amsterdam  und  Deventer  aus  den  Nieder- 
landen versammelten  sich  die  Rathssendebot^  zum  1.  Mai 
1370  in  Stralsund.  Auch  Dänen  erschienen  zahlreich.  Der 
ErdHschof  von  Lund,  die  Bischöfe  von  Roeskilde  und  Odense, 
der  Reichshauptmann  Henning  von  Putbus  und  zahlreiche  Grosse 
des  Reichs,  Glieder  des  Reichsraths,  beurkundeten  die  ge- 
schlossenen Verträge,  „auf  Oeheiss,  mit  Willai  und  Vollmacht 
ihres  Herm'^  Freier  Handel  durch  das  ganze  Reich  sollte 
dem  deutschen  Kaufmann  wieder  gestattet  sein  wie  zuvor. 
Das  Verfahren  mit  gestrandeten  Gütern  wurde  wieder  sorgsam 
geregelt,  in  Schonen  die  alten  Freiheiten  wieder,  zugestanden« 


1)  H.'  B.  I,  B.  516. 

t)  Bmamkmmwtrik  ist  dat  Fehlen  Rostocks  und  Wismars ,  der  Stidte  des 
Hersogs  von  Meklenburg. 


512  ^^-    I>«r  stnOsaiidar  Fried». 

Die  Zollsätze  wurden  den  yod  altersher  besaltlten  wieder  g^ch 
gemacht,  in  der  Hauptsache  denen  angenähert,  die  König  Al- 
brecht Ton  Schweden  vor  zwei  Jahren  bewilligt  hatte  ^  >.  Ganz 
neu  war  aber  der  wirksame  Schutz  diesar  Privilegien  durch 
die  zeitweilige  Erwerbung  der  wichtigsten  schonenschen  Festes, 
die  den  Städten  die  Sicherung  ihres  schonensdi^  Handels  und 
eine  yollständige  Beherrschung  des  Sundes  ermöglichte.  „Um 
mancherlei  Schaden,  den  sie  und  ihre  Bflrger  genommen 
in  Jahren,  die  vergangen  vor  diesem  Kriege^,  sollten  die 
Städte  15  Jahre  lang  Vs  ^^r  Einkünfte  zu  Skanör,  Falsteito, 
Malmö  und  Helsingborg  erhalten.  „Und  damit  sie  dies  in 
Frieden  besässen  und  in  Frieden  erhöben'',  sollten  ihnen  die 
festen  Schlösser  an  den  genannten  Plätzen  mit  den  dasa  ge- 
hörigen Landstrichen,  der  Luthgud-,  Sfiderasbo-,  Btoeberg-, 
Odens-,  Hardager-,  Froste-  und  Schotzeharde  für  die  genannte 
Zeit  überliefert  werden.  Waldemar  sollte  Alles  besiegdn,  wenn 
er  sein  Reich  behalten  wolle,  „oft  he  by  syme  rike  bliven  wfl^ 
Ja,  wolle  Waldemar  bei  seinen  Lebzeiten  einen  andern  Henrn 
in  Dänemark  einsetzen,  oder  würde  nach  Waidemars  Tode  dn 
anderer  König  kommen,  so  sollte  der  ReichsraÜi  ihn  nicht  an- 
nehmen ohne  die  Einwilligung  der  Städte,  und  ohne  dass  die- 
sen erst  die  gegenwärtigen  Verträge  besiegelt  worden  seien  *). 
Als  Unterp&nd  für  die  Erfüllung  dieser  Versprechung«!  solUe 
den  Städten  das  Schloss  Warberg  in  Halland  jederzeit  offen 


1)  H.  B.  I,  n.  528  n.  n.  618;  Tgl.  etd.  n.  468. 

2)  ebd.  I,  n.  624  S.  487 :  Vortmer  were,  dat  ose  here  koDiogh  Woldemor  hj 
syme  levende  to  syme  Hke  to  Denemarken  enem  anderen  heren  toeteden  wolde, 
deme  scolde  wy  ande  willen  nieht  tostedeni  it  en  sy  by  der  atedie  aA%^  nade 
he  en  bebbe  den  steden  (ere  vryfaeit)  myt  synem  groten  inghesegbele  betaghelt, 
mit  byscopen,  riddem  unde  knapen,  de  se  dar  to  bebben  willen  In  der  aelven 
wyse  soal  me  dat  holden,  oft  de  rorbenomede  nnee  here  de  koningb  af  gbigbe, 
dar  ene  Qot  vor  beware.  Des  ghelikes  seole  wy  nenen  heren  nntÜMn,  yd  en  sy 
by  rade  der  stede,  unde  he  en  hebbe  den  steden  ere  vryheyt  myd  synem  groten 
ingheseghele  mit  byscopen ,  ridderen  unde  knapen  besegheld,  de  te  dar  to  beb- 
ben willen. 


XV.    Der  strabiinder  Friedtn.  5l3 

Stehen,  und  Kort  Moltke,  der  Hauptmann  dieses  Schlosses, 
mosste  sich  verpflichten,  dasselbe  jederzeit  bereit  zu  halten 
zu  Binden  der  Städte.  Auch  die  nicht  in  Stralsund  anwe- 
senden Mitglieder  des  Reichsraths  soUten  dem  Vertrage  aus- 
drfiddich  beitreten,  und  es  wurde  sogleich  ein  Entwurf  verein- 
bart, dm  sie  besiegeln  sollten.  Bis  Michaelis  (29.  Sept.)  1371 
sollte  Waldemar  Frist  gelassen  werden,  den  Vertrag  zu  bestä- 
tigen. Hatte  er  das  bis  dahin  nicht  gethan,  so  soUte  es  in  der 
Hand  der  Städte  liegen,  ob  sie  denselben  auch  femer  aner- 
kennen und  halten  wollten;  wollten  sie  ihn  etwa  nicht  halten, 
so  sdlte  doch  Friede  bleiben  bis  Ostern  1372;  wollten  sie  ihn 
halten,  so  sollten  auch  die  Dänen  ihn  anerkennen,  auch  wenn 
er  nicht  vom  Könige  besiegelt  wäre.  —  Mit  Rostock  traf  der 
Beichsrath  ein  besondres  Abkommen :  Im  Falle  eines  Krieges 
zwischen  Dänemark  und  Meklenbuig  soUten  die  Bostocker 
aichem  Verkehr  in  Dänemark  haben,  den  Meklenburgem  in 
flurem  Lande  und  im  rostocker  Hafen  helfen  dürfen,  aber  nicht 
Aber  See  bei  einem  Angriflf  auf  Dänemark.  Wollten  sie  Letz- 
teres doch  thun,  so  sollten  sie  vier  Wochen  vorher  eine  Ab- 
sage nach  Wordingborg  schicken  ^). 

Das  war  der  stralsunder  Friede,  das  Eigebniss  des  zwei- 
ten Krieges  gegen  Waldemar.  Merkantil  setzte  er  die  StMtß 
in  keine  bessere  Position,  als  sie  schon  zu  Waidemars  Regie- 
nmgszeit  unter  der  schwedischen  Herrschaft  in  Schonen  und 
unter  Christoph  H.  inne  gehabt  hatten.  Ja,  in  einzelnen  Stücken 
hatten  sie  schon  grössere  Privilegien  genossen,  als  ihnen  der 
stnlsunder  Friede  gewährte.  Was  dieser  zusagte,  genügte  aber, 
um  den  wichtigen  schonenschen  Vericehr  und  den  ganzen  übri- 
gen dänischen  Handel  in  dem  bisherigen  Um&nge  aufrecht 
sn  erhalten,  den  Städten  in  jenem  ein  entscheidendes  Ueber- 
gBwicht  zu  sichern.    Dass  sie  den  Dänen  für  die  Zeit  ihrer 


1)  H.  R.  I,  n.  61S.  6S8— 681 ;  Billig«,  Urkdb.  lU,  n.  106S  a.  1068. 
;  Di«  HauMtadtc  33 


514  ^^«    ^^  ffcndfiuider  IVIedfo; 

Herrschaft  in  Schonen  dieselben  Rechte  zusagten,  die  sie  sdbst 
übten ,  war  für  sie  jetzt  so  wenig  wie  bisher  ein  Hindemiss. 
Neue  Bedeutung  aber  gewannen  alle  diese  Hechte  durch  das 
politische  Uebergewicht  im  N(»rden,  das  der  stralsunder  Friede 
den  Städten  verlieh.  Nie  zuvor  war  ihre  politische  und  mili- 
tärische Macht  in  jenen  Gegenden  so  gross  gewesen  wie  jetzt 
Nun  erst  durften  sie  hoffen,  der  in  den  Verträgen  gewährlei- 
steten  Hechte  wirklich  froh  werden  zu  können.  Da^s  sie  den 
niedergeworfenen  Gegner  nicht  leichte  Kaufs  davon  Hessen, 
kann  man  ihnen  nidit  verargen,  besonders  wenn  man  die  Her- 
gänge der  letzten  Jahre  und  Waidemars  Charakter  bedenkt 
Pie  Städte  haben  niemals  leicht  zum  Schwert  gegriffen,  be- 
sonders das  vorsichtige  und  wohl  abwägende  Lübeck  nicht; 
sie  haben,  wenn  irgend  möglich,  durd^  Verhandlungen ,  wenn 
es  nöthig  war,  durch  Opfern  einer  Summe  (Feldes  zum  Zid 
zu  kommen  gesucht.  Wenn  sie  trotzdem  das  Schwert  ssogen, 
und  wenn  dann  dieses  Schwert  Si%e  erfocht,  so  war  es  wobl 
nur  ein  rühndiches  Zeichen,  ein  Beweis  festen  WoUens  und  Uar 
durchdachten  Strebens,  wenn  sie  die  durch  Blut  emmgeBeo 
Vortheile  nicht  durch  unzeitige  Nachgiebigkeit  in  den  Ver- 
handlungen wieder  verscherzten.  Die  diplomatische  Haltung 
der  Städte  im  stralsunder  Frieden  verdient  daher  mindestens 
dben  so  viel,  ja  noch  mehr  Anerkennung  als  die  kriegerische  in 
dem  voraufgegangenen  Kampfe.  Ihr  vor  Allem  ist  es  ou  ver- 
danken, dass  dieser  Sieg  der  Städte  der  Anfangspunkt  wurde 
für  eine  ganz  neue  Epoche  in  der  Entwicklung  derselben,  dass 
er  den  Grund  legte  zu  einer  ganz  veränderten  Stellung  der 
norddeutschen  Städte  im  eigenen  Vaterlande  und  noch  nehr 
gegenüber  d^n  Norden  Europas,  dass  er  in  der  Geschichte 
jener  Gegenden  unseres  Erdtheils  ein  neues  Elem^t  in  den 
Vordergrund  schob.  Eine  Betrachtung  der  dem  stralsunder 
Frieden  folgenden  Ereignisse  wird,  wenn  auch  nur  übersicht- 
lich gehalten,  das  deutlich  zeigen. 


XVI.    Vom  Btralrander  Frieden  bis  zum  Tode 

Waldeman,  1870—1875. 

Grosses  hatten  die  Städte  erreicht;  doch  fehlte  ihren  Er- 
folgen sowohl  in  Norwegen  wie  in  Dftnemai^  noch  die  sichere 
ftossere  Garantie,  ohne  die  am  wenigsten  die  Städte  sich  des 
Errungenen  freuen  konnten.  In  Norw^en  beruhte  ihre  Stel- 
lung nur  auf  einem  Stillstandsvertrage,  nicht  auf  definitivem 
Frieden;  mit  Dänemark  war  ein  solcher  geschlossen,  aber  er 
entbehrte  der  Bestätigung  des  Königs,  ohne  die  doch  auch  die 
verfoindlichste  Zusage  seiner  Grossen  immer  nur  einen  frag- 
lichen Werth  besass.  Beiden  Mängeln  abzuhelfen  sehen  wir 
die  Städte  in  den  nächsten  Jahren  eifrig  bemüht,  allerdings 
in  beiden  Ländern,  so  lange  Waldemar  lebte,  nur  mit  sehr 
theflweisem  Erfolge. 

Die  mit  Norwegen  verabredeten  Verhandlungen  zu  Bahus 
frnden  um  Johanni  des  Jahres  1370  wirklich  statt  Wir  haben 
schon  wiederholt  Gelegenheit  gehabt,  sie  zu  erwähnen,  denn 
sie  sind  eine  wichtige  GeschichtsqueUe  für  die  frohere  Zeit, 
besonders  fQr  die  Ereignisse  des  ersten  Krieges.  Von  beiden 
Seiten  wurde  eifrig  hervorgesucht,  was  seit  dem  gräfswalder 
Bttndniss  (1361)  an  Beschwerden  aufisufinden  war^).  Die 
Städte  hatten  die  schweren  Verluste  des  ersten  Krieges  noch 
nicht  verschmerzt,  auch  die  Hofihung  noch  nicht  au%Qgeben, 
wenigstens  theilweise  Anerkennung  ihrer  Ansprüche  und  Er- 
satz ihres  Schadens  zu  erlangen.    Sie  klagten,  Hakon  und 


1)  8.  H.  B.  II,  n.  1—4. 

33 


516         XTI.    Vom  stralsttnder  Frieden  bis  zum  Tode  Waldeauurs, 

sein  Vater  Magnus  hätten  durch  ihr  Ausbleiben  das  Unglück 
im  Feldzuge  von  1362  verschuldet,  hätten  ihr  Versprechen, 
Bahus  und  Warberg  auszuliefern,  nicht  gebalten,  Borgholm 
den  Städten  wieder  entrissen,  ohne  Zustimmung  dieser  mit 
Dänemark  Frieden  geschlossen  und  Güter  und  Schiffe  hansi- 
scher Bürger  in  Menge  geraubt.    Huren  Schaden  berechneten 
sie  auf  über  200000  Mark  lüb.  Pfennige  (über  2  Mill.  resp. 
13  Mill.  Rm.)  ^).   Hakon  antwortete  mit  Ausreden,  die  die  Han- 
sen mit  Recht  nicht  gelten  lassen  wollten.    Er  schob  die  Schuld 
auf  die  Grossen  des  Reichs,  die  die  Verträge  gegen  seinen,  des 
Mindeijährigen ,  Willen  abgeschlossen  und  sie  ihm  ganz  und 
gar  verheimlicht  hätten ').    Auf  die  Klagen  wegen  Räubereien 
antwortete  er  mit  noch  zahlreicheren  Gegenklagen.    Man  kam 
zu  keinem  Resultate.    Die  Entscheidung  wurde  hinausgescho- 
ben, indem  man  den  bestehenden  Waffenstillstand  auf  5  Jahre 
bis  zum  24  Juni  1375  verlängerte*).      Um  aber  eine  der 
Hauptursachen  des  Streites  für  die  Zukunft  zu  entfernen,  wur- 
den für  das  Verhältniss  zu  den  beiden  meklenburgischen  Städ- 
ten besondere  Bestimmung^  getroffen.    Die  von  Rostock  und 
Wismar  verpflichteten  sich,  den  Meklenburger  nicht  zu  unter- 
stützen, höchstens  dürfe  er  für  sein  Geld  Mannschaften,  Schifie 
und  Lebensmittel  in  ihren  Mauern  kaufen  und  ausführen ;  auch 
gegen  einen  Einfall  Hakons  in  das  Herzogthum  durften  sie 
ihrem  Landesherm  Hülfe  leisten ;  es  waren  ähnliche  Abmachun- 
gen, wie  sie  das  Verhältniss  Rostocks  zu  Dänemark  regelten. 
Neue  Verhandlungen,  die  im  September  1372  zu  Töns- 
berg mit  Hakon  und  seinem  jetzt  befreiten  Vater  Magnus  statt- 


1)  Lfibeck  78000  ^,  Wismar  80000  ^,  Stralsund  70000  ^  snndisch,  Ro- 
stock 80000  4p. 

2)  Siehe  oben  S.  S84. 

3)  H.  R.  n,  n.  6,  mit  der  Bestätigung  Hakons  Urkdl.  Gesch.  II,  S.  703. 
Der  früher  (H.  B.  I,  n.  502  und  505)  versprochene  Schadenersatz  war  noch 
nicht  entrichtet,  die  Schulden  waren  noch  nicht  bezahlt,  Urkdl.  Qesch.  II, 
S.  704 :  Preterea  de  restitucione  pecuniarnm  etc. 


1S70— 1876.  517 

fimden,  fahrten  nicht  weiter^).    Dieselben  Forderungen  und 
Anschuldigungen  wurden  von  beiden  Seiten  wiederholt;  Hakon 
eridArte,  die  Privilegien  in  seinem  Reiche  sei^  den  Hansen 
nie  Tim  ihm  bestätigt  worden,  sie  hätten  sich  dieselben  ganz 
ungerechtfertigter  Weise  angemasst,  und  nicht  ohne  eine  Ge- 
genteiBtung  werde  er  sie  im  Guusse  derselben  lassen.     Ja 
später  behauptete  er  sogar,  er  habe  diese  oft  vorgeschfltzten 
Privilegien  nie  gesehen,  und  verlangte  Abschrift  derselben'). 
Es  nützte  den  Städten  wenig,  dass  sie  sich  auf  die  beim  greifs- 
wakler  Bündnisse  vollzogene  Bestätigung  ihrer  Freiheiten  be- 
riefioD;  wie  früher,  so  wälzte  der  König  auch  in  diesem  Falle 
die  Verantwortung  dafür  auf  den  schwedischen  Rdchsrath. 
Dazu  kam,  dass  beide  Theile  schon  jetzt  wieder  üba*  Ver- 
letzung der  kaum  geschlossenen  Uebereinkunft  klagten  *).   Alles, 
was  nach  wochenlangen  Verhandlungen  erreicht  wurde,  war 
eine  Verlängerung  des  bestehenden  Stillstandes  um   weitere 
zwei  Jahre ,  bis  zum  24.  Juni  1377.    Innerhalb  dieses  Zeit- 
rmitms  ist  denn  endlich,  nachdem  Magnus  und  Waldemar  beide 
gestorben  waren,  Hakon  nach  der  Herrschaft  über  alle  drei 
Reiche  strebte  und  daher  ein  gutes  Einvernehmen  mit  den 
Städten  brauchte,  der  Friede  zu  Stande  gekommen.  Am  14  Au- 
gust 1376  bestätigte  König  Hakon  zu  Kaliundborg  auf  Seeland 
den  deutschen  Kauf  leuten  alle  Freiheiten,  die  ihnen  je  von  seinen 
Vorfahren  ertheilt  worden  seien.  Zwei  neue  Rechte  wurden  hin- 
zugefügt, die  die  Machtstellung  der  Hansen  im  Reiche  kenn- 
zeichnen: Vor  der  Königsbusse  sollten  alle  Schulden  des  Ueber- 
treters  aus  dessen  Vermögen  bezahlt  werden;  mit  wehendem 
Flflger  durften  die  Schiffe  der  Hansen  in  alle  norwegischen 
Häfen  einfahren ,  nur  erst  beim  Anlegen  sollte  das  heimische 
Zeichen  heruntergenommen  werden^).    Von  einem  Schadener- 

1)  H.  R.  n,  n.  40,  4S  und  43. 

S)  ebd.  n,  n.  89  $  7. 

8)  ebd.  U,  n.  11  S  S  and  42  8  4—7. 

4)  ebd.  II,  n.  184;  vgl.  n.  185—128.    Item  ti  que  nAves  ad  portam  elvi- 


518  ^^I-     ^<>™  stralBonder  Frieden  bU  lam  Tode  Waldeman, 

8at£  ist  in  dem  Vertrage  nicht  die  Rede  —  wie  wäre  Hakon 
daen  auch  bei  einer  Qeldnoth,  die  ihn  sogar  zur  Versetzung 
der  Reichskleinodien  an  einen  stralsunder  BCb^gisr  swang  *),  im 
Stande  gewesen — aber  auch  nicht  mehr  von  einer  Gegenleistung 
der  Städte  für  die  erlangte  Bestätigung  der  Privilegien. 

Oleich  lange  verzögerte  sich  der  endgültige  Abschkus 
mit  Dänemark  und  kam  doch  auch  hier  nur  zu  Stande  durch 
Nachgd>en  in  nebensächlichen  Punkten,  ^uf  Befehl,  mit  Zu- 
stimmung und  Vollmacht  König  Waldemars^  hatte  sein  Beichs- 
rath  den  stralsunder  Frieden  abgeschlossen,  aber  zu  eatbdi- 
ren  war  darum  die  allerhöchste  Bestätigung  nicht  Der  Beidis- 
rath  hatte  solche  auch  in  sichere  Aussicht  gestellt;  ,,wenn 
Waldemar  beim  Reiche  bleiben  wolle,  solle  er  mit  dem  gros- 
sen Siegel  die  geschlossenen  Verträge  besiegeln^.  Aber  trotz 
alledem  entstanden  doch  Schwierigkeiten;  diese  Bestimmung 
des  Friedens  ist  nie  zur  Ausftthrung  gekommen. 

lieber  Waidemars  Aufenthalt  in  der  zweiten  Hälfte  des 
Jahres  1369  sind  wir  nur  sehr  mangelhaft  unterrichtet  Ein 
späterer,  aber  beachtenswerther  Autor  (Aventin)  giebt  an,  dass 
Waldemar  (rex  Cimbrorum)  zusammen  mit  d^n  Kais^  am 
29.  Sept  1369  zwischen  den  bairischen  und  österreichiscken 

^i^— ^— ^.i^^  ■     ^ 

tatom  et  vUlamm  nostramm  for«nsinm  cum  summo  mniiito  casteUo,  propri« 
topcasteel,  applScuerint,  hoo  ipiis  esM  debebit  iioe  peiut ;  ad  pontttB  taneii  aas 
applicabttiit  nee  nllam  pontam  ad  ttrram  facere  debebant,  niai  ante  omnia  di- 
ctam  topcasteel  depositnm  ait  de  malo.  Vgl.  Lappenberg,  Von  den  Bvndea- 
Zeichen  der  dentachen  Hanse,  Ztsehr.  f.  Hambg.  Qeibh.  III,  167  ff.  Budel- 
mann,  Die  letaten  Zeiten  hansischer  Uebermaeht  im  skandinavischen  Narden 
8.  4  sagt,  die  Hansen  hfttten  „mit  fliegendem  Wimpel  am  höchsten  Mast  ihrer 
Schiflie  in  alle  Hilfen  des  Reiches  einfahren  dürfen**.  Jetst  fDhren  die  Schiffe 
allerdings  den  Flüger,  sofern  sie  überhanpt  einen  solchen  haben,  am  Haapt- 
mast.  Aber  der  Urknndentext  spricht  doch  zu  deutlich  von  einer  Befeatigiuig 
auf  dem  Kastell,  also,  da  es  zugleich  heisst  „de  malo**,  wahrscheinlich  in  der- 
selben Welse,  wie  noch  jetzt  die  Flagge  geführt  wird.  Oder  iet  der  Stadt 
Wappen  auf  dem  Kastell  befestigt  worden  ?  Vgl.  Hirsch,  Danaigs  Handels-  n. 
Gewgeäch.  S.  138  n.  322,  2:  Dat  een  islik  schipper  siner  stat  wapen  achter 
utsteke  upp  dem  castele  mit  eener  Stangen  efte  glifeneyen. 
1)  Fock  lU,  220. 


1370— 1S75.  519 

Herzogen  d^  Streit  über  Tirol  vermittelt  habe;  deniBacb  wäre 
Waldemar  damals  in  Baiem  gewesen.  Sicherer  können  wir 
ihn  za  Anfang  des  folgenden  Jahres  in  Preuss^  nachweisen. 
Dort  suchte  er,  und  zwar  nicht  ohne  Erfolg,  den  Hochmeister, 
den  stftdtefreundlichen  Winrich  von  Kniprode,  und  die  prenasi* 
schi^  Hans^lieder  für  seine  Sache  zu  gewiimeu.  Auf  Für* 
spräche  des  Hochmeist^s  gewährte  er  am  28.  Januar  1370 
den  sechs  preussischen  Städtai  eine  Vitte  bei  Falsterbo;  man 
sah  ihn  hier  also  noch  trotz  des  Bündnisses  mit  Schweden* 
Meklenburg  und  trotz  der  Eroberung  Schemens  als  den  eigent* 
lichai  Herrn  dieses  Landes  an,  eine  Anschauung,  von  der  aller* 
dings  auch  die  Städte  beim  Abschluss  des  Friedens  zu  Stral* 
Bund  ausgingen,  indem  sie,  ihrem  Bündniss  mit  Schweden  und 
Meklenbivrg  entgegen,  versprachen,  die  ihnen  überlieferten 
Schlösser  nach  der  festgesetzten  Frist  von  15  Jahren  an  Däne* 
mark  zurückzugeben.  Dass  übrigens  Waldemar  beabsichtigt 
hat,  den  stralsunder  Tag  zu  besuchen,  selbst  die  Verhand- 
lungen mit  d^  Städten  zu  führen,  kann  wohl  kaum  bezweifelt 
werdeiL  Indem  er  den  preussischen  Städten  für  ihre  neu  er* 
worbene  Vitte  dieselben  Rechte  gewährt,  die  alle  andern  deut- 
schen Kaufleute  besitzen,  verspricht  er  ihnen  zu^eich,  falls 
ihm  zu  Stralsund  am  1.  Mai  weitergehende  Privilegien  vor- 
gelegt würden  —  man  erwartete  offenbar,  dass  die  Städte  dort 
mehr  Rechte  erwerben  würden,  als  sie  bisher  besessen  hatten  — 
diese  zu  bestätigen.  Die  StädJ^  aber  scheinen  ihrerseits  nicht 
gewünscht  zu  haben,  mit  Waldemar  persönlich  zu  verhanddn« 
Sie  schickten  ihm  von  Stralsund  aus  einen  Geleitsbrief,  der 
aosdrücklidi  nur  für  den  Fall  Sicherheit  zusagte,  dass  Waldemar 
vorher  die  abgeschlossenen  Verträge  besiegelt  habe.  Der  Bürger- 
meister von  Kulm,  Ertmar  von  Hereke,  überbrachte  den  Brief; 
ihn  suchte  Waldemar  auch  zu  weiteren  Unterhandlungen  zu 
benutzen,  bat  die  Städte,  dem  Kulmer  Glauben  zu  schenken 
in  dem,  was  er  über  Waldemar  mittheile,  und  verlangte  einen 


520  ^^^-    ^^^  strahnnder  Frieden  bis  Bmn  Tode  WaldeoMn, 

andern  „schlichten,  gemeinen^'  Geldtsbrief.  Damals  (27.  Jimi) 
hielt  er  sich  in  Kaiisch  auf  0;  möglich,  dass  ec  seinen  Fremid, 
den  Polenkönig  Kasimir  „den  Grossen^',  der  in  seinen  Begie- 
rnngsmaximen  wie  in  einzelnen  Charakterzflgen  so  manche  Aehn- 
lichkeit  mit  ihm  hatte,  mn  Hülfe  ansprach.  Vier  Wochen 
später  finden  wir  Waldemar  in  Prag  beim  Kaiser.  Hier  scheint 
er  sich  längere  Zeit  aui^ehalten  zu  haben,  Karl  IV.  ihm  mit 
Freundlichkeit  b^egnet  zu  sein.  Doch  waren  es  Freandlich- 
keiten,  die  dem  umhmrrenden  Waldemar  wenig  nützen  konnten. 
Karl  rekurrirte  auf  seine  Kaiserstellung,  beauftragte  am  27.  Juli 
die  wahren  und  vermeintlichen  Freunde  Waidemars,  die  mäss- 
nischen  Markgrafen  Friedrich,  Balthasar  und  Wilhelm,  den 
Herzog  Bogislaw  von  Stettin  und  Graf  Adolf  von  Holstein,  die 
untreuen  und  rebellischen  Lehnsleute  und  Unterthanen  König 
Waidemars  zur  Rechenschaft  zu  ziehen  und,  wenn  es  nöthig 
sei,  in  des  Reiches  Acht  zu  thun,  gab  dem  befreundeten  Herr- 
scher einen  allgemeinen  Geleits-  und  Empfehlungsbrief^  Erlasse, 
die  schwerlich  irgend  welche  Wirkung  geäussert  haben  wer- 
den*).   Auch  dass  Kaiser  Karl  am  24  Noy^nber  1370  als 


1)  Vgl.  H.  R.  I,  n.  519,  520,  588,  689.  Vgl.  Lflb.  Urkdb.  UI,  n.  7SB, 
datirt  aus  Kalys,  hier  erklfirt  mit  „Kirchspiel  in  Westerbotten,  Kgr.  Sohwedea^* 
(was  natfirlich  unrichtig),  in  H.  R.  I,  S.  608  als  „Kaiisch,  Prenssen,  Regrgsbea. 
Bansig**.  Warum  nicht  das  bekannte  grosspolnisohe  Kaiisch  an  der  Prosna, 
Hauptort  einer  der  wichtigsten  polnischen  Woiwodschaften? 

2)  Suhm  XIII,  676  u.  866 ;  Schi.  Holst  Lauenbg.  ürkdsmmlg  II,  8.  SS6  ff. 
In  dem  von  Alteren  Historikern  mit  gfosser  Heftigkeit  gefBhrten  Streite  über 
die  mittelalterliche  Stellung  Dftnemarks  lu  Deutschland  ist  gerade  dieser  Brief 
Gegenstand  mUssiger  Dispute  gewesen.  Hvitfeldt  und  Oram  tadein  Waldemar 
hart,  dass  er  beim  Kaiser  Hfilfe  gesucht,  diesem  eine  Jurisdiktion  Qber  seine 
Unterthanen  zugestanden  habe.  Christiani  (Geschichte  der  Henogthflmer  Sehles- 
wig  und  Holstein  HI,  269)  sucht  diese  hinwegsudeuten ;  er  meint»  die  Acht 
habe  sich  nur  auf  die  deutschen  Unterthanen  Waidemars  besogen;  ebenso 
Suhm.  Der  rationalistisch  deutelnde  Heinse  (Diplomatische  Geschichte  des 
d&nischen  Königs  Waldemar  Christophersen,  Leipiig  1781,  S.  220  ff.)  vermittelt: 
Er  hSlt  die  Benenftung  „lieber  Bruder*',  die  der  Kaiser  Waldemar  giebt,  fBr 
ein  Zeichen,  dass  er  ihn  ffir  einen  Gleichen  und  Unabhängigen  hielt;  Waldemar 
habe  nur  gegen  die  Deutschen  die  Acht  verlangt,  aber  im  Briefe  sei  das,  ans 


157a-.1S75.  621 

Ersatz  filr  die  Bdchssteaer  Lflbecks,  die  d^n  Herzog  Rudolf 
Tim  Sadumi  flberwiesen  war,  dem  dinischen  Könige  Einkünfte 
ans  dem  prager  ZoU  yerlieh,  konnte  auf  den  Ghing  der  Dinge 
nicht  wesentlich  einwirken  0.  Waldemar  mnsste  es  immer 
klarer  werden,  dass  er  vor  allen  Dingen  mit  den  Stftdten  zu 
einer  -YerstAndigung  kommen  mOsse,  dass  nur  Ober  diese  der 
Weg  ins  Reich  zurttckfohre. 

Im  stralsunder  Frieden  war  der  Michaelistag  1371  (Sept  29) 
als  &usserBter  Termin  festgesetzt  worden,  bis  zu  welchem  Wal- 
demar die  Besiegdung  der  Vertragsuikunde  noch  vollziehen 
kOnne.  Ihrerseits  sandten  die  Stftdte  ihre  Ratifikationen  des 
Friedens  nach  Stralsund;  man  war  überein  gekommen,  sie 
simmtlich  vom  29.  Sept  1370  zu  datiren,  bis  zum  Martinitage 
einzusenden.  Letzteres  scheint  auch  geschehen  zu  sein;  nur 
Rostock  und  Wismar  werden  als  säumig  erwähnt;  sie  waren 
es  wohl  in  Folge  ihrer  Stellung  zum  Landesherm.  Für  den 
Fall,  dass  Waldemar  in  der  festgesetzten  Frist  die  Besiegdung 
nidit  vollziehen  werde,  hatte  man  schon  in  Stralsund  die 
Städte  beauftragt,  zu  der  auf  Michaelis  1871  eb^alls  zu 
Stralsund  angesetzten  Tagfahrt  Instruktion  mitzubringen,  ob 
man  dann  auch  beim  Frieden  bldben,  sich  mit  den  vom  Rdchs- 
rath  erhaltenen  Urkunden  begnügen  wolle  *).  Inzwischen  suchte 
man  sich  in  der  neuen  Stellung  einzuriditen.  Dass  man  dem 
Frieden  noch  nicht  traute,  beweist  die  Anordnung,  dass  jeder 
Kaufmann  in  Schonen  seine  Waffen  mit  aufe  Land  bringen 
solle,  dass  man  das  Pfundgeld  in  der  bisherigen  Weise  wdter 
erheben  wolle  bis  Michadis  1371  *).  Lübeck  mit  den  wendi- 
schen Städten  hielt  die  schonenschen  Sdilösser  besetzt;  die 


Veneli«n  oder  absichtlich,  weiter  aasgedehnt.  —  Das  Mittelalter  dachte  prak- 
tiecber  in  diesen  Fragen.  Noch  König  Hans  Iftsst  Über  seine  ,, ungetreuen 
Uiit«rUianeB'S  die  Schweden,  ron  Kaiser  Maximilian  die  Reichsacbt  rerhlngen. 

1)  Lttb.  ürkdb.  U,  n.  74S ;  rgl.  ebd.  n.  667  u.  704. 

S)  H.  B.  I,  n.  5S2  |  S  u.  16,  n.  681—637 ;  rgl.  II,  n.  9  $  16. 

S)  ebd.  I,  n.  6tt  $  8  u.  6 ;  n,  n.  11  f  1,  6  «.  8  u.  n.  18  f  14. 


522  ^^I-     ^<>™  itrabiuider  FfItdMi  bb  lum  Tode  Waldeman, 

BathmaBfien  Johann  Lange  yoä  Lübedc  und  Dietrich  Emden«* 
von  Stralsimd  cfrhoben  in  Fatoteibo  und  Skanör  den  könig- 
lichen Zoll.  Aber  trotadem  «e  in  der  kurzen  Marktjwit  eines 
Jahres  (1371)  an  3500  llärk  lüb.  (ca^SOOO  resp.  230000  Bm.) 
einnahmen,  reichten  die  Einkünfte  doch  nidit  aus,  die  Kosten 
zu  decken.  Nicht  nur  die  Erhaltung  d^  ScUdsaer  und  ihrer 
Besatzung  erforderte  bedeutende  Sunmilan,  sondern  .vor  allem 
auch  die  nothwendig  gewordene  Bdriedung  der  See,  AusrSßtung 
und  Erhaltung  der  Fnedescbiffe  ^).  Es  sdieinen  aueh  nach 
diesem  Kriege  wieder  Zustände  eingetreten  zu  sein  wie  zu 
Anfang  der  Begierung  Waldemar  Atterdags  nach  den  Fdd- 
zügen  Gerhards  des  Grossen.  Manchem  Kriegsmann  von  Benif 
mochte  es  schwer  fidlen,  so  rasch  wieder  zum  Frieden  über- 
zugehen. Vielleicht  gab  es  auch  in  Dänemark  kedce  und 
trotzige  Leute  genug,  die  den  Krieg  auf  eigene  Hand  fort- 
setzten, trotzdem  die  in  Stralsund  anwesenden  Bdchsräth« 
yersprochen  hatten,  auch  die  heimischen  Mitglieder  des  Beidis- 
ratha  zum  Beitritt  zu  bewegen.  Den  Kaufinann  g^^i  solche 
Feinde  zu  schütze,  war  nicht  leicht;  das  haben  die  Städte  in 
den  nächsten  Jahrzehnten  erfahren.  So  lange  man  nicht  sut 
Waldemar  sdbst  zu  einem  defimti?ai  Frieden  gelangt  war, 
konnte  man  kaum  auf  AbsteUung  hoff^;  das  Treiben  hatte 
dann  stets  eine  gewisse  rechtliche  Grundlage.  Von  solchen 
Erwägungen  mochten  die  Städte  ausgehen,  als  sie  sich  anf 
der  Herbstyersammlung  zu  Stralsund  1371  entgegenkommend 
zeigten. 

Erst  einige  Wochen  später  als  sie  angesetzt  war,  gegen 
Ende  Oktober,  fand  diese  statt.  Waldemar  war  selbst  zu- 
gegen.   Schon  im  Mai  scheint  er  sich  zu  einer  Tagfahrt  der 


1)  H.  R.  II,  n.  18  §  3,  6,  14  n.  15.  Die  ZoUeiniuJiiiM  betrug  in  den 
beiden  Schlösseru  3*458  4(:  8  d  4  ^  lüb.  In  Malmö ,  wo  Schreiber  den  Zoll 
erhoben,  trug  derselbe  nar  63  4^  Ifib.  ein.  Es  handelt  sich  dabei  jedenfalls 
nur  um  */,  der  sämmtlichen  Einnahmen,  da  mehr  den  St£dten  nicht  zustand. 


1570--1876.  528 

BtAdte  in  Stralsimd  eingefiudeB  zu  haben ;  cU)ch  damals  war 
et  nieht  gelungen,  zu  einem  Einverndmien  mit  ibnen  zu  ge- 
langen ^).  Waldemar  hatte  die  Verträge  nieht  besiegeln  wollen, 
die  Stftdte  aber  mochten  ihrerseits  auch  noch  nicht  zum  Ent- 
g^genkodunen  bereit  sein,  da  der  Beichsrath  (^Biscbfile,  Ritter 
imd  Knappen^^)  nochmals  erklärt  hatte,  das  von  ihm  Be- 
riegelte halten  zu  wollen.  Vom  Mai  bis  zum  Oktober  scheint 
sidi  dann  Waldemar  vorzugsweise  in  Pommern  au^gebnlten  zu 
haben.  Sein  Streit  mit  dem  Markgrafen  Otto  v<m  Brandimburg 
ist  in  dies^  Zeit  zum  Austrag  gekommen;  die  Entscheidung 
wvde  am  4  Juli  Waidemars  Freunde,  dem  Markgrafen  Fried- 
ridi  von  Meissen,  Qbertrag^L  Wie  dw  Sdiiedsspruch  (er  soUte 
am  27^  Juli  ge&llt  werden)  ausgefallen  ist,  erfahren  wir  leider 
sieht,  jedenfidls  aber  war  Waidemars  Yerhältniss  zu  dem 
ftnandenburg^  ein  nicht  allzu  unfreundliches,  denn  am  20.  Juli 
vermittelte  er  zusammen  mit  dem  rheinischen  P&lzgraf^ 
Friedrkh  den  alten  Streit  über  die  Ukermark  zwischen  Otto 
md  den  Herzögen  von  Pommern-Stettin  *).  Eben  dieser  ihm 
wieder  n&her  gerächten  Fürsten  scheint  sieh  dann  Waldemar 
rar  Ausc^eichung  mit  den  Städten  bedi^t  zu  haben.  In  einem 
mm  Stralsund  datirten  Schreiben  vom  24.  Juni  lehnen  die 
Bathssendeboten  der  Hansestädte  Verhandlungen  ab,  die  K5nig 
Hakon  von  Norwegen  im  Sq>tember  gewünscht  hat,  ,^weil.sie 
um  dieselbe  Zeit  daheim  mit  anderen  Herren  zu  verhandeln 


1)  H.  £.  II»  0.  IS:  Mo*  gtneritlittr  ^per  dato  presMeimn  in  StnÜMsimd 
congrtgftti  placiUbaniiis  eam  rege  Danomin  et  suis  pro  pladtit  nomine  sui 
per  iptlos  coniiliArios  in  anno  preterito  com  commonibos  ciritatibas  placitatii 
et  eigiUatla,  hi  q«n>iis  nobie  be&e  videtor,  qvod  idem  rez  nondvm  Telit  hi^iis- 
nodi  placita  ligiUo  proprio  sigiHare.  Nos  tarnen  ignoramus,  ci^aamodi  volan- 
tatit  pradieloniB   ipee  flerl  poterit  Infra   biac   et  feetwn   Miohaelis  prozime 


S)  8«]rai  XIII,  686  ff.  n.  867.  Sebwerlieh  ist  aaiuiiehinen,  dass  Waldemar, 
wie  Sahm  wiU,  in  dem  Streite  swisckan  Brandenburg  and  Pommern  auf  Seite 
des  ertteren  gestanden  babe ;  das  Entgefengesetite  Ist  dnrchans  wabrsebeinlicber. 


524         ^^^*    ^om  straltunder  Frieden  bU  iiim  Tode  WaldeniMrs, 

hätten^  ^).  Kaum  kann  man  dabei  aa  andere  VeiiiandlongeD 
denken  als  an  die,  wdcbe  sidi  auf  das  Verhfiltmfls  m  Walde- 
mar  bezogen,  weil  keine  anderen  allen  StAdten  gemeinschaftlich 
waren. 

> 

Verhältnissmfissig  leicht  scheint  man  dann  anf  der  atral- 
sundor  Oktd)enrersammhmg  zu  dnem  Einverstftndniss  gelangt 
zu  sein.  Waldemar  besiegelte,  aber  nidit  mit  dm  grossen, 
sondern  nur  mit  dem  ,4^eimlichen^  Siegel,  seinem  Sekrete. 
Die  Stftdte  gaben  sich  zufrieden  mit  dem  Versprechen,  dass 
die  Besiegelnng  mit  dem  grossoi  Siegel  bis  Jaoobi  (25.  Juli) 
des  nächsten  Jahres  vollzogen  werden  sdle,  eine  Zusage,  ttber 
donen  Werth  sie  wohl  von  vornherein  die  richtigen  Ansichten 
hatten.  Ja,  sie  kamen  noch  weiter  entgegen;  sie  vernchteten 
auf  jene  Zusage,  dass  während  der  15  Jahre,  f&r  welche  die 
schonenschen  Besitzungen  abgetreten  waren,  Sdiloss  Waibevg 
in  Halland  ihnen  als  Pfand  offen  stehen  wdle*).  Unter  diesen 
yerftndertoi  Bedingungen  vollzogen  sie  dann  neuerdings  die 
Ratifikaticm  des  stralsunder  Friedens  unter  Stralsunds  Siegel 
im  Namen  aller  Stidte,  lieferten  ausserdem  Raüfikationen  aller 
Hanse^ieder  nach  landschaftlichen  Gruppen  (wendisd»  und 
preussisdie  Städte)  oder  nach  den  einzdnen  Städten,  empfingoi 
daftür  die  des  Königs  mit  dem  hdmlichen  Siegd  *). 

Erst  jetzt  schien  der  y<dle  Friede  wiederheigestdlt.  Den- 
gemäss  stellten  auch  die  Städte  die  Erhebung  des  PfinidgddeB 
ein^).  Veber  die  in  Schemen  eriangten  Besitzung^oi  verfbgteD 
sie  auf  eine  eigenthümliche  Art.  Die  schlechten  Erfahrungen, 
die  mit  Borgholm  gemacht  waren,  das  ungünstige  Resultat, 
das  man  sogleich  nach  dem  ersten  Jahre  auf  Schonen  zu  ver- 


1)  H.  IL  II,  n.  13:  Q«od  Uk»  Bnekw,  q«oe  libeMor  vehiiMWiBs  robb 
ad  eumdem  tenmiiiim  transmisisse  obsenrmDdvD,  jam  ad  alia  plaeita  <wdiaaTi- 
raas  hoc  pradicto  tarmiao  cam  alüs  dowms  aobbcaa  ia  paitib«»  caMmuida. 

S)  ebd.  U,  a.  18  §  10  a.  B.  21  a.  SS. 

SWbd.  II,  a.  IS  §  11,  B.  SS,  S4,  SC. 

4)  ebd.  II.  B.  18  §  1. 


U70- 1S75.  525 

zeichneD  hatte,  wirkten  ohne  Zweifel  auf  die  Entschliessnngen 
der  Stftdte  ein.  Hatten  diese  früher  sich  gesträubt,  das  eine 
Borghofai  ein^m  ,,curiensis''  anzuv^rauen,  so  abergaben  sie 
jetzt  ihre  sämmtlichen  schonenschen  Schlösser  keinen  Oeringe- 
ren  als  dem  dänischen  Reichsverwes^  selbst,  Henning  von 
Potbus.  Falsterbo  scheint  dieser  schon  vorher  in  Händen  ge- 
habt  zu  haben,  ob  im  Einverständniss  mit  den  Städten  oder 
Bicht,  ist  nicht  klar  zu  erkennen  ^).  Jetzt  wurden  ihm  auch 
die  drei  andern  Schlösser  zunächst  bis  zum  25.  Juli  1374  flber- 
tragen;  länger  hatte  er  sie  nicht  annehmen  woUen,  obgleich  die 
Städte  es  fOr  die  ganze  Zeit  von  15  Jahren  gewünscht  hatten* 
Für  die  Erhaltung  und  Bewachung  derselben  sollte  Henning 
von  den  den  Städten  auf  Schonen  zustehende  Einkünften  zu* 
nächst  alle  Einnahmen  aus  den  zu  den  Schlössern  gehörigen 
Harden '  erbalten ,  dann  Vi  ^^^  ^^^  Antheil  der  Städte  am 
Zolle  in  Falsterbo,  Skanör  und  Malmö  (V«  vom  ganzen  Zoll, 
da  nur  */s  den  Städten  :^tanden,  Va  ^^^  König  behielt); 
aiuföerdei  gab  man  ihm  noch  600  Mark  „voraus^',  gleichsam 
als  Antrittsgeld,  für  die  ^rste  Ausrüstung.  Während  der  Fang- 
zeit sollte  auf  den  drei  Schlössern  Falsterbo,  Skanör  und 
Malmö  Beauftragte  der  Städte  neben  den  Beamten  des  Königs 
den  Zoll  erheben,  Henning  von  Putbus  denselben  mit  ihren 
Leuten  auf  den  Schlössern  tin  genügendes  Unterkommen  schaf- 
fen; durch  Jahre  sind  die  Rathmannen  Jobann  Lange  von 
Lübeck  und  Dietrich  Krudener  von  Stralsund  diese  Erheber 
gewesen.  Nur  Rathmannen  dieser  beiden  Städte,  die  ihm  im 
Namen  Aller  die  Schlösser  übergaben,  soUte  Henning  diese 
wieder  ausliefern.     Deutsche  Adlige:    2  Vicko  Moltke,  der 

1)  H.  B.  II,  n.  1 1  }  4 :  Vortmtr  tipnk  me  mit  heni  Henningbe  rma  Pnt* 
bvBch,  wo  me  cUumne  weten  leholde  mit  dem  hos  to  Falsterbode ;  des  sede  he 
ot,  dst  alle,  de  dar  qaemen  van  den  atetden,  aeholden  Telieh  weaen  ÜTee  nnde 
l^ndea.  Vgl.  ebd.  II,  n.  73  §  t :  Vordmer  sprak  de  anlre  ber  Hennjmk  «mme 
de  eoite,  de  be  badde  nppe  deme  bnae  to  Vabterb«de  eer  der  tyd,  dat  be 
id  Tan  os  anmunede  to  boldende. 


526         3^^-    ^oiB  ttralinnder  Fii«den  liit  lam  Tode  WaldMnarty 

jüngere  Henning  Ton  Patbus,  drei  von  der  Osten,  ein  Yom 

Rosengarten  —  sie  standen  wöM  grösstentheils  in  dfinischen 

Diensten  oder  hatten  d&nische  Lehen  —  gelobtem  nut  ihm, 

dies  alles  den  Städte  trea  und  unverbrüchlich  au  halten  ^). 

Erwägt  man,  dass  Lübedi:  imd  die  wendischen  Stftdte  nach 

der  Verwaltung  des  ersten  Jahres  erklärt  hatten,  ihre  auf- 

gewandten  Kosten  seien  nicht  gedeckt,  und  sie  müssten  sidi 

schadlos  halten  an  dem  Ersten,  was  im  nächsten  Jahre  auf 

Schonen  einkomme,  dass  diese  Erklärung  vcm  den  Sendeboten 

Preussens^  Kampens  und  der  Sttdersee  an  ihren  Bath  gezogen 

war,  so  liegt  die  Varmuthung  nahe,  dass  die  Theilnahme  aller 

Städte  an  der  Verwaltung  mit  dazu  beigetragen  hat,  dieses 

Abkommen  mit  einem  Adligen  und  dazu  noch  mit  einem  in 

dänischen  Di^isten  stehende  herbeimfOhren*). 

i 

FVa  Waldemar  aber  waren  jene  Oktobertage  in  Stralaond 
erfolgreiche  Tage.  Sie  führten  ihn  ^icht  nur  zu  einer  unter  össk 
obwaltenden  Umständen  vortheilhaften  Verständigung  mit  den 
Städten,  sie  schlichteten  in  noch  viel  günstigerer  Weise  die 
Feindschaft  mit  Meklenburg,  öffiieten  ihm  so  den  Weg  zur 
Rückkehr  in  sein  Reich. 

Die  Versuche  Waidemars,  seinem  bedrängten  Reiche  Luft 
zu  machen,  waren  fast  ausschliesslich  gegen  Mddraburg  g^ 
richtet  gewesen.  Musste  dieses  mit  seinen  auf  eigene  und 
schwedische  Bestrebungen  gegründeten  territorialen  Ansprü- 
chen als  der  weitaus  gefährlichere  Feind  erscheinen,  so  bot  es 


1)  H.  B.  II,  n.  19  a.  20;  vfl.  «bd.  11,  n.  182:  lotuper  «eilot«,  qaod 
unanimiter  concordatnm  existit,  qaod  domini  Johannes  Langhe  et  Thidemannos 
Crndenere  ■emper  in  Soania  debaant  parsonaliter  esse  coaatitati  ad  redpieodam 
et  coUigendam  theoloninm   et  alia  prout  priaa  eciam .  liacere  eona«eveninl  etc. 

2)  H.  R.  II,  n.  18  §  8.  Offenbar  standen  die  Stftdte  mit  Hanaii«  von 
Pntbns  in  gutem  Einvernehmen.  Hat  yielleicht  die  R&ckaichft,  die  sie  in  der 
Frage  der  rügenschen  Güter  genommen  hatten,  hier  einen  RiaflniiB  geXaasert? 
Vgl    oben  S.  495. 


1870—187».  B27 

aiick  schau  darch  seine  Lage  ein  yiel  bequemeres  und  leidi- 
ieros  Angriftobjekt  als  die  Stftdte.  Dazu  hatten  die  Für- 
sten, auf  deren  Hlllfe  sich  Waldemar  zunächst  zu  stützen 
suchte,  Bulu  grossen  Theil  eigene  Differenz^  mit  den  Meklen- 
butgem  auszufechten,  bei  ihren  weiteren  Plänen  auf  Dänemark 
stand  ihnen  Meklenburg  in  erster  Linie  im  Wege.  So  finden 
wir  denn  Herzog  Albrecht  und  seine  Söhne  in  heftigem  Kampfe 
mit  jenen  norddeutschen  Fürsten,  die  die  günstige  Gelegenheit 
nicht  versäumen  wollten,  sich  in  Deutschland  od^  Dänemark 
aussabreiten. 

DaiB  Bündniss  des  brandenburger  Markgrafen  mit  Magnus 
von  Braunschweig  und  Lünei)urg  vom  8.  April  1369  bedrohte 
vor  Allem  d^n  Herzog  von  Meklenburg.  Denn  nicht  nur  wollte 
Markgraf  Otto  Gebiete  erobern,  die  sich  im  Besitz  des  Meklen- 
burgers  befanden,  dieser  war  auch  das  Haupthindemiss,  das 
sich  den  von  Herzog  Magnus  geförderten  Plänen  Erichs  von 
Sachsen  und  Adolfs  von  Holstein  entgegenstellte.  Als  daher 
am  18.  Juli  1369  meklenburgisehe  Boten  in  Lübedc  sich  an 
den  Friedensberathungen  der  Städte  mit  den  Dftnen  betheiligten, 
baten  sie  jmie  um  Beistand  hier  zu  Lande  (hie  in  partibus)) 
wennes  noth  thue^).  Einige  Zeit  darnach  gaben  dann  Mag- 
nus von  Brauttschweig  und  Otto  von  Brandenburg  (jener  am 
17.  September*),  dieser  zu  nicht  genauer  zu  bestimmender 
Zeit'))  die  im  Grunde  genommen  ja  auch  richtige  Erklärung 
ab,  der  Eneg  zwischen  ihnen  und  dem  MeklenbuiigOT  werde 
nicht  wegen  Waldemar  gefAhrt,  sondern  wegen  besonderer 
Streitigkeiten.  Offenbar  wollten  sie  dadurch  die  Städte  von 
der  Hülfeleistung  abhalten,  die  stipulirt  war  für  den  Fall, 
dass  einer  der  Verbündeten  Waidemars  w^gen  angegriffen 
würde.     In  der  That  leisteten  die  wendischem  Städte  auch 


1)  H.  S.  I,  it  405  §11. 

S)  L&b.  Urkdb   UI,  n.  697. 

S)  H.  B.  I,  n  610  §  1 ;  vgl.  U,  n.  48  §  1  «.  49  g  1. 


528  ^^*    ^<^  stnlsnnder  Frieden  bis  srnn  Tode  Waldemftn, 

keine  Hülfe,  und  Lübeck  berief  sich  zur  Entschuldigong  dafür 
auf  jene  Erklärung.  Sie  begnügten  sich  damit,  den  stralsunder 
Rathsnotar  Nikolaus  von  Rode  zur  Vermittlung  zwischen  Bran- 
denburg und  Meklenburg  zu  schicken^),  wie  es  scheint  aber 
zu  spät.  Denn  noch  am  21.  Oktober  wurde  zwischen  Beidoi 
Friede  geschlossen  bis  zum  14  April  1370')  und  zugleich 
auch  zwischen  Otto  und  dem  Herzog  Kasimir  von  Stettin,  der 
sich  wie  seme  beiden  Brüder  dem  Meklenburger,  seinem  frühem 
Feinde,  angeschlossen  hatte*). 

Inzwischen  waren  aber  die  Lüneburger  von  den  ihnen 
verpfändeten  lauenburgisehen  Landen  und  Burgen  ans  in  mek- 
lenburgisches  Gebiet  eingefallen  und  hatten  geraubt  und  ge- 
plündert  Auf  der  Oktoberversammlung  zu  Stralsand  be- 
schwerte sich  Herzog  Heinrich  darüber  bei  den  Städten  und  be- 
hauptete sogar,  dass  die  Feinde  von  Lübeck  aus  vorproviantiit 
und  begünstigt  worden  sden.  Es  wurden  daher  Briefe  der 
Städte  an  Herzog  Hemrich  von  Meklenburg  und  Herzog  Erich 
von  Sachsen-Lauenburg  geschickt^).  Aber  die  Mddenburger 
warteten  den  Erfolg  derselben  nicht  ab;  sie  fielen  in  Erichs 
Land  ein,  um  sich  zu  rächen,  verfolgten  die  Fliehenden  bis 
auf  lübeckisches  Grebiet,  vor  das  der  Stadt  verpfändete  Mfllh, 
und  thaten  auch  da  Schaden  ^).  Die  Folge  dav<m  war,  dass 
Otto  von  Brandenburg,  als  Verbündeter  der  Herzöge  Magnus 
und  Erich,  die  in  den  Stillstand  aufglommen  waroi,  üb» 
Friedensbruch  klagte*)  und  sogleich  wieder  zu  den  Waffi» 
griff.    Lübeck  aber  brachte  den  ihm  zugefligten  Schaden  vor 


1)  H.  R.  I,  n.  510  §S  Tom  Sl.  Okt.  1869 
8)  ebd.  I,  n.  51Sa  S.501.  ^^^4  V^i. 

8)  ebd,  I,  n.  51S1  S.  604  ü.  Lüb.  Url^.;.  :f^^  &.^^5  Anm.  %;  Tgl.  H.  R. 
I,  n.  51Sk  S.  508. 

4)  H.  R.  I,  n.  510  $  8  u.  4. 

5)  LUb.  Urkdb.  UI,  o.  706 :  Circa  featam  b«aU  Martiiii  prMtoritam.     Vgl. 
H.  R.  II«  n.  48  §  8  u.  49  §  9. 

6)  Ltib.  Urkdb.  UI,  n.  708. 


ivto-^iKH.  529 

das  8chied^^ri€ht  seiiies  Bischöfe  Bertram  und  erhielt  im 
ttiehslgii  Jahre  eine  Entachftdigtmg  von  1000  ^  fein  seitens 
der  MekleDlmrger  zugesprochen^). 

Inzwischen  waren  Herzog  Magnus  und  Markgraf  Otto  mit 
einem  aahlreidien  Heere  (Herzog  Albrecht  von  Meklenburg  er- 
hielt zuj^eich  von  18  Fürsten  und  Herren  Absagebriefe)  aufe 
Nene  in  Meklenburg  eingefellen«  Bei  Bc^^gendorf  traten  ihnen 
am  29.  November  1S69  die  Mekl^burger,  unterstützt  vom 
(xrafen  Heinrich  von  Holstein,  entgegmi,  schlugen  sie  gänz- 
lich. So  gross  war  die  Zahl  deac  Oe&ngenen,  besonders  an 
adligen  Herren,  die  mit  dem  Lün^urger  gekommen  waren, 
dass  aa  ein  Wiederaufnehmen  der  Feindseligkeiten  nicht  zu 
denken  war.  Dazu  war  eben  in  jen^  Tagen  (23.  Nov.)  Her-> 
zog  Wilhdm  von  Braunschweig-Lüneburg  gestorben;  Magnus 
BMisste  jetzt  selbst  in  arster  Linie  gegen  die  Ansprüche  Sachr 
stti- Wittenbergs  auf  sein  Herzogthum  eintreten,  bedurfte  dazu 
nur  Allem  des  Kaisers.  Der  Kaiser  aber  wünschte  Friede, 
um  sieh  bei  der  geplanten  Erwerbung  der  Mark  auf  Lüneburg 
und  Meklenburg  zugleich  stützen  zu  könn^.  Dazu  war  in* 
zwischen  der  Friede  zwischen  Dänemark  und  den  Stftdten  her- 
geetdlt,  die  Aussicht,  durch  Einmischung  in  die  dänischen  An- 
gelegenheiten gewinnen  zu  kOnnen,  stark  verringert.  Vielleicht 
ist  es  geradezu  städtischer  Einfluss  gewesen,  der  im  unmit- 
tdbaren  Anschluss  an  den  stralsunder  Frieden  am  19.  Juni 
1870  auch  zwischen  Herzog  Albrecht  von  Meklenburg  mid 
Herzog  Magnus  von  Lüneburg  den  Frieden  hergestellt  hat 
Die  hellenischen  und  jnekl^burgischen  Gefangenen  sollten 
see^ich  iif  Freih  M^.fese.tzt,  für  die  lüneburgischen  und  lauen- 
burgischen  ein  Lösegeia  .oh  3000  Mark  fein  (über  120000 
resp.  750000  Rm.)  gezahlt  werden;  8  Jahre  sollte  der  Friede 
dauern  ^).  3  Tage  später  schloss  Herzog  Erich  von  Sachsen  mit 

1)  Lflb.  Urkdb.  111,  b.  716,  716,  7Se. 

8)  Sndendorf,  Urkdb.  d.  Hanöga  t.  Brtehwfi^-Lttiiabg  IV,  n.  31  n.  S.  XI  ff.; 
ScIriUiBr,  Die  HMt^tXdte.  34 


590  X^I-    ^om  stnlsnnder  FiMen  liif  snm  Tode  Wftideman, 

den  Grafm  Heinrich  und  Ekua  von  Holstein  eiim  Frieden 
auf  diesdbe  Zeit  und  Tags  darauf  Lübeck  mit  dem  lüiid>ar- 
ger  Herzog.  Für  Markgraf  Otto  von  Brandenbarg  war  die 
Theilnahme  an  der  Sühne  offen  gelBssen  miter  der  Bedin- 
gmig,  dass  er  seine  Streitigkeiten  mit  den  Meklenburgem 
dmrch  ein  Schiedsgericht  schlichten  lasse-;  er  war  zur  Zeit,  in 
seiner  vom  Kaiser  anfe  Emstlichste  gefiLhrdeten  Steüung,  un- 
ter den  Feinde  Meklenbnigs  am  wenigsten  zu  fürditen. 

So  trat  um  dieselbe  Zeit,  als  deac  stralsunder  Friede  im 
Norden  dem  Waffenl&rm  ein  Ende  machte,  auch  auf  deut- 
schem Boden  wieder  Buhe  ein.  Weder  die  Städte  noch  Mdc- 
lenburg  brauchten  noch  einen  Angriff  von  ihren  Nachbarn  zu 
fürchten.  Einige  Jahre  später  (1373)  erhob  Herzog  Albrecht 
heftige  Klage  gegen  Lübeck,  dass  es  zusammen  out  den  an- 
dern Städten  Unterhandlungen  mit  den  Feinden  angeknl^ 
und  eine  Sühne  mit  ihnen  geschlossen  habe  ^).  LÜbedc  wies 
diese  Anschuldigungen  zurück,  und  wenigstes  in  sofern  scheint 
es  Becht  gehabt  zu  haben,  ate  im  unmittelbare  Zusammen- 
hange mit  den  städtischen  Unterhandlungen  und  Abschlüssen 
mit  dßsk  Gegnern  auch  solche  der  v^bündeten  Fürsten  vorge- 
sehen waren.  Kommt  man  auf  diese  Vermuthung  durch  die 
unmittelbar  an  den  Stralsunds  Frieden  sich  anschliessende 
Bdlegung  der  Streitigkeiten  Meklenburgs  in  Deutschland,  so 
noch  mehr  durch  die  Verhandlungen  König  Albrecfats  von 
Schwede  mit  Hakon  von  Norw^en  in  Lüdöse,  unmittelbar 
nach  imi  allerdings  ziemlich  resultatlos  verlaufenen  Tagen 
der  Städte  mit  König  Hakon  zu  Bahus.  Schon  am  9.  Mai 
hatte  König  Albredit  (er  hielt  sich  damals  in  örebio  auO 

Schi.  Holst  Laaenbg.  UrkdAmlg  U,  S.  884 ;  Lttb.  Urkdb.  UI,  n.  7SS.  Vgl. 
Kftmmereireohn.  d.  St.  Haittbg  I,  IIS  sa  1370:  Domino  Bertrammo  Hör- 
boreh  et  Hartwieo  de  Haci^ede  neenon  NiooUo  Eodea  S^ft  Bradeovelde,  in 
oeonranm  domino  Erieo  Sezonie  cam  dominis  consnlibos  Lubicensibos.  —  Rad- 
loff,  PragmAt.  Handbuch  d.  meklenbg.  Geich.  U,  4SI  ff. 
1)  H.  a.  U,  n.  48  I  i  a.  48  |  8. 


1S70— 1876.  531 

den  Bischöfen  von  Linkdping  und  Skara,  dem  MaiBcball  Karl 
UlÜBSKm,  dann  Benedikt  Philippu8s<m  und  Bo  Jonaaon  Auftrag 
gegeben,  am  16.  Juni  (dominica  proxima  trinitatis)  zu  Lödöse 
theilzunehmen  an  Verhandlungen  Hakens  mit  seinen  Gegnern ; 
auch  die  Städte  werden  hier  genannt  ^).  Hakon  stellte,  sei- 
nerseits am  12.  Juli  zu  Bahus  Vollmacht  aus  für  8  norwe- 
gisdie  und  schwedische  Herren  ebenfalls  zu  Unterhandlungen 
in  Lödtae,  allerdings  erst  im  August;  König  Magnus  Befreiung 
aus  der  Gefangenschaft  und  die  Festsetzung  ,,der  Bestand- 
tbeile  beider  Beiche^^  sollten  den  Hauptgegenstand  der  Be- 
sprechungen bilden.  Ob  sie  zu  Stande  gekommen  sind,  wel- 
chen Gang  sie  genommen  haben,  ist  uns  nicht  bekannt  Je- 
denfalls fahrten  sie  nicht  zum  Frieden;  der  Krieg  entbrannte 
von  Neuem'). 

Diesmal  führte  ihn  Hakon  mit  grösserem  Erfolge  als  bis-^ 
her.  Eine  von  den  mittleren  Provinzen  Schwedens  ausgehende 
Vdkserhebung  kam  ihm  fördernd  entgeg^.  Die  Schweden 
„nördlich  des  Waldes^^  (Kolmirden  und  Tiveden)  richteten 
an  ihre  Brüder  südlich  desselben  einen  Aufruf,  forderten  sie 
auf,  der  deutsche  Gewaltherrschaft  des  „meineidigen^'  Kö« 
nigs  Albrecht  und  seines  Vaters,  des  „rechten  Beichsverrä- 
thers'S  ein  Ende  zu  machen,  sich  zu  befreien  vom  Drucke  der 
Fremden.  Angesehene  Schweden,  darunter  Erik  Kettilsson 
und  jener  zu  den  Verhandlungen  in  I^öse  gebrauchte  Bi- 
schof Nikolaus  von  Linköping  standen  an  der  Spitze  der  Auf- 
ständischen.   Sie  drangen  bis  Stockholm  vor,  schlössen  dort 


1)  Per  iUnttrem  priiieipem  domiainB  Haqviottm  regem  NervegiM  ac  tiuiiii 
refDOin  et  nos  ac  aostmin  regnum  et  per  dominos  dritatam  nuuritiiiiAmm  nee 
wm  et  per  elios  principet  et  dominos  terranun,  aliat  diverses  personas,  quo- 
nim  et  qeArun  interett  aaa  poterit  interetse.  Datirt:  örebrOf  fbiia  qaintn 
proodma  post  inTenÜonem  eanctae  erocii.  BeicIwarehiT  sn  Stockhoim,  Abscbr. 
im  Kopiebnch  J  S,  p.  111.  (In  Erik  Baneüs  (Palmskölds)  Begistrant  noeli  ab 
Original  veraeiehnet.) 

S)  Sabm  XIU,  674  ff.  und  StyflSi  1,  p.  LV  ff. 

34» 


583  ^^^-    ^om  stralsander  PrUden  bis  nun  Tode  Waldoiiuri, 

im  April  1371  mit  den  Anh&ngern  Albrechts  und  den  deut- 
schen Bathmannen  vom  Stockholm  einen  Waffenstillstand,  der 
König  Magnus  gute  Behandlung  sicherte,  seine  Fortführung 
von  Stodkholm  verbot;  der  mächtige  Bo  Jonsson,  der  sein«i 
Einfluss  benutzt  hatte,  fast  das  halbe  Reich  in  seinen  Besitz 
zu  bringen,  musste  versprechen,  keine  anderen  Auflagen  ein- 
zutreiben als  die,  zu  denen  man  von  altersher  verpflichtet 
gewesen  sei^).  Im  Sommer  erschien  dann  Hakon  selbst  iB 
Schweden,  erreichte  Stockholm  mit  leichter  Mühe.  „Eungs- 
holmen^S  dl®  neben  Norre-Mahn  gelegene,  jetzt  dicht  bebaute 
hohe  Insel,  soll  durch  ihren  Namen  noch  heute  an  seine  An- 
wesenheit erinnern,  an  eine  damals  von  ihm  au^worfene 
Schanze.  Doch  entsprach  das  Endresultat  des  Zuges  nur  zum 
kleinen  Theil  seinen  Wünschen  und  Hoffnungen.  Den  Haupt- 
vortheil  ernteten  die  schwedischen  Grossen. 

König  Albrecht  muss  um  die  Zeit  von  Hakons  Einfall  in 
Schweden  aus  Deutschland,  von  seinem  Vater,  zurückgekehrt 
sein.  Als  er  nach  Stockholm  kam,  sah  er  nur  eine  Möglich- 
keit, sich  in  dem  empörten  Lande  zu  halten:  die  vollständige 
Hingabe  an  den  Adel  desselben  oder  vielmehr  an  den  aO- 
mächtigen  Beichsrath.  Am  9.  August  stellte  er  im  Minoritcs- 
kloster  zu  Stockholm  eine  Urkunde  aus,  in  der  er  eine  bes- 
sere Regierung  gelobte,  als  er  bisher  geführt  habe.  Seine 
Beamten  hätten,  wiewohl  gegen  seinen  Will^,  den  Bewohnern 
des  Reiches  manchen  Schaden  zugefUgt;  daher  übergäbe  et 
alle  Schlösser  und  alle  fest^  Städte  in  Schweden,  Schonen, 
Hailand  und  Blekingen  an  den  Beichsrath  und  den  Drosten 
Bo  Jonsson  Grip ;  nur  Eingebome  sollten  noch  in  den  Beichs- 
rath kommen,  dieser  sich  selbst  ergänzen.  Der  Reichsrath 
sollte  die  Vögte  und  Amtleute  der  Schlösser  bestellen,  der 
König  von  keinem  Beschlüsse  desselben  abweichen  *).    In  klu- 

1)  Fant,  Scr.  rer.  Suecic.  I,  8,  878;  Styffe  I,  n.  44. 

2)  Hftdorph,  Svenüke  Rimkrönikor,  BiU^ror  f.  34  ff. 


1870—1876.  533 

ger  Weise  sind  hier  die  Fordenmgen  der  Aufständischen  ne- 
ben den  Wfinschen  des  bishar  auf  Albredits  Seite  stehenden, 
ihn  vorzugsweise  stützenden  tingebomen  Adels  berficksichtigt; 
man  kann  sich  des  Verdachts  nicht  erwehren,  als  habe  dieser 
die  Erhdinmg  des  Volkes  nur  angestiftet,  seine  eigenen  Pläne 
dnrchznfOhren;  wenn  nicht,  so  hat  er  dieselbe  jedenfalls  auf 
ausserordentlich  kluge  Weise  benutzt.  —  Mit  dieser  Wendung 
beginnt  das  Regiment  des  einheimischen  Adels  in  Schweden, 
das  jedenfalls  nicht  weniger  als  die  Hab-  und  Ländergier  der 
Deutsdien  Albrechts  dazu  beigetragen  hat,  dessen  Regierung 
verhasst  zu  machen.  Wie  die  ganze  Praxis  des  Lehnswesens, 
80  ^lernte  auch  diese  Seite  desselben  der  nordische  Adel 
sdindl  genug,  gab  bald  seinen  deutschen  Lehrmeistern  nichts 
nach,  ja  Übte  den  Brauch  um  so  schäm-  und  rücksichtsloser, 
als  in  dem  von  der  liehnsverfassung  bisher  noch  wenig  be- 
rührten Lande,  um  einen  modernen  Ausdruck  zu  gebrauchen, 
^ocfa  etwas  zu  machen  war*^  Glücklicherweise  erwies  sich 
der  Bauernstand  in  Schweden  zu  fest  begründet,  das  ganze 
BDttelalteriiche  Wesen  schon  zu  nahe  seinem  Untergange,  als 
dass  es  dort  oben  noch  wie  in  Deutschland  und  Dänemark 
h&tte  zur  Geltung  kommen  können. 

König  Hakon  lag  während  dieser  Zeit  noch  vor  Stock- 
holm. Wenige  Tage  nach  jenem  offenbar  nothgedrungenen  Zu- 
geständniss  Albrechts  an  den  schwedischen  Adel  (am  14.  Aug. 
1371)  ist  es  auch  mit  ihm  zu  einer  Verständigung  gekommen. 
Sein  Vater  wurde  endlich  aus  7jähriger,  zum  Theil  wohl  recht 
harter  Gefangenschaft  befreit ;  aber  nicht  weniger  als  12000  ^ 
Silber  (gegen  Vi  ^U.  resp.  3  Mill.  Rm.)  musste  Hakon 
dafür  versprechen ,  GO  Ritter  als  Bürgen  fOr  die  Zahlung  stel- 
len. Beide,  Vater  und  Sohn,  entsagten  allen  Ansprüche  auf 
Schweden,  auch  auf  Schonen,  Halland  und  Blekingen,  nur  die 
Einkünfte  aus  einigen  an  der  Grenze  Norwegens  gelegenen 
Landstrichen  (Wärmeland,  Dal  und  emem  Theile  Westgotlands) 


534  ^^-     ^^^  stralsnoder  Frieden  bis  iiim  Tode  Waldemarti 

wurden  Magnus  zum  Unterhalt  angewiesen,  doch  dabei  aus- 
dräcklich  alles  Adels-  und  Eönigsgnt  ausgenommen^).  Es 
waren  überaus  harte  Bestimmungen,  die  Hakon  eingiiig  un- 
mittelbar vor  den  Thor^  Stockholms,  nur  zu  erklftran  da- 
durch, dass  die  Leute,  denen  er  seine  militärischen  Erfolge 
verdankte,  auf  die  sich  seine  augenblickliche  günstige  SteUung 
in  erster  Linie  stützte,  nicht  eigentlich  für  ihn  dnzutreten 
gewillt  waren,  sondern  nur  für  sich  selbst  Das  Reich  war 
für  Hakon  verloren;  Magnus  hat  sein  schuld-  und  wechsd- 
voUes  Ld)en  wenige  Jahre  darauf  (1374)  auf  einer  unglückli- 
chen Bootfahrt  in  einem  der  norwegischen  Fjorde  beschlossen  *). 
Werden  in  diesem  Vertrage  die  Ansprüche  Schwedens  auf 
die  dänischen  Provinzen  jenseit  des  Sundes  noch  aufrecht  er- 
halten, so  liegt  darin  woM  mehr  die  Anschauung  des  schwe- 
dischen Beichsraths  ausgesprochen  als  die  des  Königs,  Denn 
bald  darauf  hat  dessen  Vater,  der  Herzog,  auf  alle  Erobe- 
rungen in  Dänemark  verzichtet,  und  nirgends  finden  wir  auch 
nur  eine  leise  Andeutung,  dass  König  Albrecht,  wie  einst 
beim  alholmer  Vertrage,  sich  diesem  Abkommen  widersetzt 
habe.    War  einmal  der  Streit  über  die  Krone  Schwedens  be- 


1)  Fant,  Scr.  rer.  Saec.  I,  8,  874;  vgl.  Sahm  XIII,  669  ff.,  Stjlh  I, 
p.  LX.  —  Styffe  I,  p.  LVIII  legt  Gewicht  darauf,  dass  Heraog  Albrecht  die 
Anweseoheit  des  erwählten  Bischofs  Qottsohalk  von  Linkdping,  der  von  Kfeif 
Hakon  von  Norwegen  wegen  Verhandlongen  mit  den  Hansesttdten  nach  Deutsch- 
land gesandt  worden  war  (R.  R.  II,  n.  11  §  8  n.  n.  13),  benutst  habe,  diesen 
an  sieh  herflbersatiehen ,  ihn  durch  das  Versprechen  der  Einftthmng  in  Linkd- 
ping-Stift,  dessen  bisheriger  Inhaber  ja  Führer  der  Aufstftndisehen  war,  ver- 
anlasst habe,  flir  eine  Verständigung  zwischen  Hakon  und  König  Albrecht  su 
wirken.  Zu  dem  Vertrage  vom  14.  August  konnte  Gottschalk  wohl  nicht  mehr 
mitwirken ,  denn  Styffe  I,  n.  45  ist  an  datiren  Äugest  4,  nicht  April  18 :  Des 
mandages  na  sunte  Peters  dage,  dy  in  dem  oste  (August)  knmmet.  Wie 
Styffe  zum  19.  April,  der  obendrein  nicht  einmal  ein  Montag  ist,  gekommen, 
bleibt  mir  unklar.  —  Will  man  coqjiciren ,  so  liegt  näher  au  vermuthea ,  dass 
beide  Albrecht,  Vater  and  Sohn,  über  das  Entgegenkommen  gegen  den.schwe- 
dischen  Reichsrath  sich  vereinbart  hatten  und  jeder  an  seinem  Theile  vorging, 
die  Grossen  zu  gewinnen. 

8)  Vgl.  Langeb.,  Scr.  rer.  Dan.  I,  p.  860. 


/  1870-.lft76.  685 

endigt,  so  lagen  fiir  Mddenbnrg  die  Vortheile  eines  guten 
EioTernehmeni  mit  Waldemar  auf  der  Hand.     Denn  schon 
seit  Jahren  hatte  Herzog  Albrecht  im  Norden  noch  andore 
Ziele  im  Auge  als  nur  die  Befestigung  sdnes  Hauses  auf  dem 
schwediachen  Thron.    Auch  nach  Dänemark  selbst  stand  sein 
^asL     Sem  ältester  Sohn  Heinrich  war  nach  einander  mit 
zwei  dänischen  Prinzessinnen  verlobt  resp.  vermählt  gewesen, 
beide  älter  als  die  überlebende,  mit  Hakon  verbundene  Mar- 
garete.   Seitdem  Waidemars  einziger  Sohn  Oiristoph  1363  ge- 
stieben ,  war  Heinrich  nach  deutscher  Auffassung  der  nächste 
Erbe  zum  Reiche.    Da  man  sich  in  Dänemark  nicht  so  streng 
an  die  Erbfolge  band,  kam  ausserordentlich  viel  darauf  an, 
welchem  Nachfolger  Waldemar  selbst  am  günstigsten  gesinnt 
war.    Der  Versuch  auf  Schweden  hatte  nicht  dazu  beitragen 
ktanen,  Waldemar  den  Meklenburgem  geneigter  zu  machen. 
Der  alholmer  Vertrag  ist  aufzufassen  als  ein  Versuch  Herzog 
Albrechts ,  das  V^hältniss  wieder  zu  seinen  Gunsten  zu  wen- 
den, Waldemar  auf  seine  Seite  zu  ziehen;  ihm  konnte  ja  gleich 
sein,  was  zu  Schweden,  was  zu  Dänemark  gehöre,  wenn  nur 
beide  Reiche  seinem  Hause  blieben.    Der  Versuch  scheiterte 
oüNibar  an  dem  Nationalhass  der  Sdiweden  gegen  das  Nach- 
barvolk; an  seine  Stelle  trat  rasch  ein  anderer,  Dänemark 
mit  Gewalt  der  Waffen  zu  unterwerfen.    Auch  er  konnte  jetzt 
alz  misslmgen  angesehen  worden.    In  rasche  Wendung  nahm 
daher  Herzog  Albrecht  die  alte  Pditik  wieder  auf,  sehi  Ziel 
itt  Einverständniss  mit  KOnig  Waldemar  zu  «reichen.     Er 
sddoss  mit  diesem  einen  Vertrag,  nach  wdchem  er  ihm  Alles 
herausgab,  was  in  Dänemark  erobert  worden  war,  der  K(teig 
aber  dafür  „und  um  besonderer  liebe  und  natürlichen  Rech- 
tes willen^^  versprach,  im  Fall  seines  Todes  ohne  männliche 
Erben  sein  Reich  dem  Sohne  Herzog  Heinrichs  und  der  Inge- 
borg,  d^n  jüngsten  Albrecht,  zu  vermachen.     Der  Tochter 
Margarete,  König  Hakons  Gemahlin,  und  ihrem  Kinde  sollte 


536  ^^*    ^o"^  stralsander  FfMea  bi«  sam  Tode  Waldeman, 

man  vom  Erbe  geben ,  ^^soviel  möglich  mid  billig  sei^S  Es 
war  in  den  Tagen,  da  Waldemar  zu  Stralaund  öesa  Frieden 
mit  den  Städten  besiegelte,  am  30.  Oktober,  als  er  dem  mek* 
lenburger  Herzog  seine  Urlomde  über  diesen  Vertrag  aus- 
stellte ^).  Dieser  konnte  zufrieden  sein  mit  dem  Erfolge  sei- 
ner Waffan  und  seiner  Politik;  in  Deutschland  hatte  er  aU^ 
seinen  Gegnern  si^preich  widerstanden ;  das  eine  der  beiden 
nordischen  Reiche  hatte  er  seinem  Sohne  behauptet,  auf  das 
andere  seinem  Hause  die  nächste  Anwartschaft  erworben. 
Mochte  Schoneil  mit  seinen  Nebenprovinzoa  d&nisch  bleiben 
oder  schwedisch  werden,  in  beiden  Fällen  gehörte  es  eiuon 
Mekleaburger. 

Waldemar  aber  konnte  jetzt  zurflckkehren  in  sein  Beidi; 
nicht  mehr  standen  ihm  Hansen ,  nicht  Meklenburger  im  W^ge. 
Nur  ein  Gegner  war  noch  unversöhnt ,  der  erste  und  dßt  letale 
überall ,  wo  es  galt  g^;en  Waldemar  au  kämpfen.  Es  war  das 
holsteinisehe  Grafenpaar,  Heinrich  der  Eiserne  und  sein  Bru- 
der Klaus. 

Noch  in  den  Tagen ,  da  Waldemar  in  Stralsund  mit  des 
Städten  verhandelte,  hatte  Graf  Heinrich  einen  seiner  Getreaei, 
Hartwig  van  der  Suiten ,  an  den  Bürgermeister  Jakob  Pleakof 
von  Lübeck  schreiben  lassen,  dass  er  in  keinerlei  Verhaid- 
lungen  mit  dem  Dänenkönige  stehe.  Er  hatte  sidi  gegen 
Hartwig  vernehmen  lassen,  dass  es  den  Lübeckwn  wohl  lieb 
sein  würde,  wenn  sie  das  wüssten').  Doch  haben  diese  sich 
dadurch  nicht  abhalten  lassen,  mit  Waldemar  abzuschliessen. 
Die  beiden  Brüder  aber  beharrten  unverdrossen  in  ihrer  feind- 


1)  Original  mit  Siegel  im  Geh.-  und  Hauptarchiv  za  Schwerin.  Ueber  die 
ADsprflche  der  Margarete  heisstet:  Doch  so  schal  men  aaaer  anderen  dochter, 
konigh  Haken  wjves,  husvrowen  van  Norweghen,  and  creme  kinde  luame 
fure  deyl  unses  erves  dun  also  vele  also  moghelik  unde  redelik  is. 

2)  H.  R.  II,  n.  29:  Unde  meynede  wo!  kegen  my,  wo  id  em  lef  were, 
dat  gy  dyt  wüsten.     Hir  ut  moghe  gy  keaen,  wat  gy  nviäte  sj. 


laro— U70.  &S7 


Ifehei  Hidtniigi  Die  jOtisdieii  JkdHgeii  hidtea  bei  ihnen  au8| 
mxiilprteiis  die  hervotragendsten  deradben.  Doch  fehlte  es 
Mdi  iB  Jfitiand  nidit  aa  Gegnctra  det  Holsteiner ;  der  kleine 
Krieg  daaerte  dort  fort;  in  unmittdbarer  Nihe  des  acbon 
kage  in  d^  Hiaden  der  Grafen  befindliche  Ripens  sehen 
wir  ihre  Leute  noch  um  die  Mitte  des  Jahnes  1372  mit  der 
Bcftämpfbng  der  feindlicben  Festa  Gram  beschäftigt;  DOmlng 
wird  ton  d^a  Danen  belagert.  Um  dieselbe  Zeit  finden  wir 
attch  WAldemar  wieder  in  seinem  Reiche ,  und  der  erste  Schritt, 
der  OBS  von  ihm  urkundlich  überliefert  wird^  ist  wahrschein« 
lieh  gegen  die  holsteinischen  Grafen  gmichtet  Er  war  nicht 
umnitt^Mur  von  der  stralsonder  Versammlung  zurOckgekehrt 
in  sein  Bekh;  getreu  seiner  Vorliebe  fQr  die  hohe  Politik 
iadeii  wir  ihn  Mitte  November  1371  in  Boitaenburg,  sich  ein- 
misehend  in  den  lüneburgischen  Streit  Ueber  8  Monate  er- 
fahren "wir  dann  Nichts  von  ihm,  bis  wir  ihn  Ende  Juli  1372 
daheim  wiederfinde,  den  Edlen  Johann  Hummersbuttd  und 
Hartwig  Zabel  auf  Ravensburg  in  Lalland  800  Mark  Iflhisch 
aaszahlend.  Kaum  handelt  es  sich  hier  um  etwas  Anderes, 
ala  um  eine  Bestechung  zu  dem  Zwecke,  die  seit  1868  be- 
siegenden Verpflichtungen  der  Inhaber  jener  Burg  gegen  die 
InMeinischen  Gnien  zu  Ksen  ^).  In  erster  Linie  richtet  sich 
jetat  Waidemars  Th&tigkeit  darauf,  seine  Stellung  auf  der  jfi- 
fiadiBn  Halbinsd  wieder  zu  gewinnen.  Und  er  hatte  Erfolg 
in  diesem  Streben.  Es  gelang,  mit  Güte  oder  Gewalt,  Fraa 
Rtse,  Wittwe  des  schleswigschen  Herzogs  Waldemar,  vollstän- 
dig auf  die  königliche  Seite  zu  ziehen.  Am  1.  Januar  1373 
■ahm  m  auf  ihrem  Sitze  Sonderburg  König  Waldemar  zum 
Vormund  und  Vertreter  an  fQr  sich  und  ihr  ganzes  Leibgedinge, 


1)  Sahm  XlII,  699  ff;  H.  R.  I,  n.  80;  DetBtf  s«  1S7S,  Tgl.  Siihm  XIII, 
S4S:  Johuin  H«iiiiii«nlmttal  ist  d«r  Brader  das  Hartwig,  s.  Schl.-HoUt.-L«abg. 
UAdfl.  U,  a.  %%6.  Am  S.  291  «bd.  unten  geht  horror,  djiw  die  Verpflidi- 
tnagen  Hartwig  HommenbatteU  noch  beftnodtB.    Vgl.  Snbai  ZIU,  7S7. 


588  ^^I-    ^<>™  straltander  FrUden  llit  sam  Tode  Waldenuurs, 

d.  h.  Akren,  den  ganzen  Sandewitt  mid  betrftchdidie  Theik 
der  Aemter  Haderelebon,  Apenmde  und  Tondern,  Yomditete 
aaf  das  Recht,  je  dtoen  andern  Vormund  za  nehmen,  and 
Obeiüess  Waldemar  und  seinen  Erben  Alles,  was  etwa  too 
ihrem  Leibgedinge  abhanden  gekommen  sei  ond  von  ihm' wieder 
erworben  werde,  oder  was  er  vielleidit  jetzt  schon  in  Wkodea 
habe.  Nur  ihrem  Sohne ,  Herzog  Heinridi ,  bbhielt  sie  das 
Einlösangsrecht  vor.  Und  dass  in  Waidemars  Hand  die  er- 
langten Rechte  nicht  ruhten,  dass  ihn  die  alte  QeicUeUdi- 
kcit  noch  nicht  verlassen  hatte,  beweist  die  gleich  Tags'daranf 
ausgestellte  Urkunde  des  Johann  Thonnendsön ,  der  ^wohl  be* 
dacht  und  freien  Willens^'  (deliberato  animo  et  oonsenaa  votan- 
tario)  den  Hof  Kekenis  und  das  Dorf  Skovbye  (auf  Aisen),  die 
ihm  von  Herzog  Hdnrich  von  Schleswig  für  200  ^  vserpfikadet 
waren,  KOnig  Waldemar  g^en  Zahlung  der P&ndsamme  tkbe^ 
Hess  ^).  Wenige  Wochen  darauf  ist  es  dann  zu  einem  Frieden 
mit  den  Bcdsteinem  und  Jtttea  gekommen,  der  WaUemar 
wieder  einsetzte  in  alle  jene  Rechte  und  Besttzthümer ,  die  er 
vor  dem  Kriege  gehabt  hatte.  Die  Vermittlung  seiner  neaen 
meklenburgischen  Freunde  ist  Waldemar  hier  oflenbar  zu  Stal- 
ten gekommen.  Ihnen  musste ,  wie  jetzt  dier  Sachen  Standes, 
Alles  daran  liegen ,  Waldemar  in  seinem  Besitze  zo  befastjga 
und  bei  guter  Stimmung  zu  erhalten.  So  waren  sie  bemüht, 
den  Frieden  möglichst  fest  zu  machen:  „Und  kann  man  hfgmi 
etwas  erdenken,  das  geeignet  ist  zu  verhüten,  daas  diese 
Herren  (Waldemar  und  die  Holsteiner)  je  wieder  Feinde  werden, 
so  soll  man  es  mit  in  diese  Urkunde  schreiben"  *).  Aalboii;, 
das  Erland  Kalf  zugleich  mit  Ripen  von  den  Holsteineni  zu 

■    — ^^■^■^^^^  ■■!■■■      ■ 

1)  Schl.-Holst-Laubg.  Urkds.  II,  S.  288  and  297.  Die  letstore  Urkunde 
ist  dort  fälschlich  vom  26.  December  1373  datirt,  sie  gehört  sam  2.  JmDiur 
genannten  Jahres  (octava  die  beati  Stephan!  prothomartiris). 

2)  ebd.  II,  S.  289  ff.:  Unde  kan  men  jenich  dyngh  bedenken,  d»t  maglie- 
lik  is,  dat  desse  vorbenomden  heren  is  nene  vyende  mer  %n  werden,  dat 
schal  men  mede  seryyen  In  den  bref. 


1870— lftT5.  689 

Lehen  hatte ,  sollte  dieser  behalten ,  aber  Mann  des  Königs 
ifeiden;  auch  alle  Andern,  die  in  NordjftÜand  den  Oralen 
gehuldigt  hatten,  sollten  di^  an  den  König  weisen.  In  Süd- 
jfitland  sollten  die  Lehnsleute  des  Herzogs  beim  Herzog,  die 
dea  Königs  beim  Könige  bleiben.  Dem  jütischen  Adel  gegen* 
über  sollte  Alles  wieder  geordnet  werden,  wie  es  in  der  letzten 
mit  ibn  geschlossenen  Sflhne  bestimmt  worden;  was  dem 
Könige  im  letzten  Kri^e  vom  Adel  genommen,  sollte  ihm 
zurückgegeben  werden.  Karsten  Knie  und  Hartwig  Hummers- 
buttel  sollten  ihrer  Verpflichtungen  gegen  die  holsteinischen 
Grafen  wegen  Alheim  resp.  Rayensburg  los  sein.  Es  war  eine 
Tollst&ndige  Wiederherstellung  des  Status  quo  ante.  Einige 
besondere  Fragen,  wie  der  Streit  Lüder  Lembeks  mit  dem 
Könige  um  die  Lundtoftharde,  die  Diflerenz  des  Benedikt  von 
Anevelde  mit  Waldemar  sollten  der  schiedsrichterlichen  Ent- 
scheidung der  beiden  meklenburgischen  Vermittler  unterliegen. 
Waren  es  kriegerische  Erfolge  Waidemars ,  die  den  jü- 
tischen Adel  und  die  holsteinischen  Grafen  zum  Eingehen  eines 
so  ungünstigen  Friedens  bereit  machten ,  oder  war  es  der  Ein« 
fluss  der  auch  den  Grafen  verwandtschaftlich  sehr  nahe  stehen- 
den* (Ingeborg,  Heinrich  des  Eisernen  zweite  Gemahlin,  war 
Albrechte  Tochter)  meklenburgischen  Herzöge?  Wahrsdiein- 
lieher  erscheint  je4enfalls  das  Erstere,  wenn  man  sieht,  wie 
Waldemar  fast  unmittelbar  nach  abgeschloesenan  Frieden  die 
neue  Lage  rücksichtslos  und  offmbar  gegen  Sinn  und  Wort^ 
laut  des  Vertrages  ausnutzt  Am  9.  M&rz  1378  verbricht 
Nikolaus  Erikson,  einer  der  Theilnehmer  am  jütischen  Adels- 
bande, dem  Könige  die  Aggersburg  (in  der  Nfthe  des  jetzigen 
Westeingangs  zum  LiimQord)  zu  übergeben  und  Alles  wieder 
in  den  vorigen  Stand  setzen  zu  lassen,  am  10.  April  gelobt 
Magnus  Mattisson  dasselbe  für  die  in  der  Nähe  liegende  Burg 
0rum ,  verspricht  zugleich ,  das  dem  Johann  Jonsson  auf  Tofte 
Abgeschätzte  zurückzuzahlen)  bia.  Jcdiannis  eine  starke  Lie- 


540         ^VI.    Vom  stnüsander  Pritdea  bi«  smn  Tode  Waldemmn, 

femog  Vieh,  Fleisch,  Getreide  und  Kriegsbedarf  zur  Barg  za 
schicken.  Vob  Ersats  des  im  Kriege  angerichteteii  Schadens 
war  doch  im  Friedeasvertrage  nicht  die  Rede.  Und  dazo 
bringt  nan  Waldemar  hier  im  Norden  Jtttlands,  im  Yendsyssel^ 
eine  Pfandscbaft  nach  der  andern  an  sich,  besonders  "yob  liea- 
ten,  die  ihm  feindlich  gegenübeigestanden  hatten  0.  Eb  war 
dasselbe  Verfahren,  darch  das  er  früher  seine  Macht  in  Jttt- 
land  ausg^reitet,  den  jütischen  Adel  gegen  sich  in  Bewegnng 
gesetzt  hatte. 

Und  wie  hier  so  blieb  er  auch  weiter  südlich  gegen  den 
Herz(^  von  Schleswig  und  die  Holsteiner  der  alten  Pruds 
treu.  Noch  in  den  letzten  Jahren  seines  Lebens  hat  er  sriie 
Macht  südlich  der  Königsau  wesentlich  erweitert  Unmittdbar 
nach  geschlossenem  Frieden  nahm  er  Flensburg  mit  WalÜBB" 
gewalt.  Im  Februar  1374  griff  er  die  Nordfrieseh  an;  in  14 
Jahren  hatten  sie  ihm  keine  Abgaben  gezahlt;  jetat  strafke  er 
sie  hart ,  brannte  und  plünderte  und  legte  jedem  Haoae  eine 
Abgabe  von  einem  Pfund  Sterling  auf.  Alle  Freiheiten  wnrdeo 
den  Bauern  genommen ;  zusammen  mit  den  schlimmen  Fluthei 
der  letzten  Jahrzehnte,  die  grosse  Theile  des  Landes  weg- 
gerissen hatten ,  hat  dad  die  politische  Selbständigkeit  der  Flie- 
sen vernichtet  Vom  Grafen  Adolf  von  Holstein  erwarb  Wald»- 
mar  dann  am  16.  Juni  1374  dessen  Bechjie  auf  Haderskbes 
um  1000  Mark,  um  die  es  dem  Grafen  verpfiüidet  war.  Eni 
noch  wichtigeres  Zugest&ndniss  erlangte  er  eine  Woche  spAter 
auf  dem  nyborger  Reichstage  vom  schwachen  schleswiger  Her- 
zog Heinrich.  Dieser  überliess  Waldemar  das  Beeht,  das  den 
holsteinischen  Grafen  verpfändete  Schloss  Gottorp  mit  der 
ganzen  dazu  gehörigen  Landschaft  einzulösen ,  und  verpflichtete 


1)  Sahm  XIII,  712  ff.  und  736  ff. ;  vgl  auch  S.  876.  Auch  der  GeistUcb- 
keit  gegenüber  scheint  er  wieder  da^  friihere  Verfahren  eing«schUgen  sa  haben, 
ihr  Gut  als  eine  Beisteuer  zu  den  Bedürfnissen  des  Fiskus  zu  betrachten,  vgl. 
Reg.  dipl.  hlst.  Dan    I,  n.  S682,  2688,  2686. 


1S79---1S75.  541 

skh  sogar,  wenn  er  etwa  selbst  das  Pfiuid  vom  Könige  ein- 
lösra  wolle,  nicht  nur  die  Pfsadsomme,  sondern  Oberhaupt 
alles  Geld  wieder  zu  bezahlen,  das  Waldemar  nur  je  aaf  das 
Herzogthnm  Schleswig  verwandt  habe,  eine  Klausel ,  die  Wal- 
demar  gegen  eine  Wiedereinlösung  Gottorps  so  gut  wie  voll- 
ständig  sicherte.  Mit  Recht  wiesen  dann  Heinrich  und  KUns 
des  Dänenkönig  ab,  als  er  Gottorp  von  ihnen  einzuHtoea  be« 
gebrte.  Aber  dieser  ruhte  darum  nicht  in  seinem  Streben. 
Er  suchte  die  haseldorfer  Blarsch  an  der  Elbe,  die  nodi 
immer  im  Besitz  der  bremischen  Erzbischöfe  und  von  diesen 
gewöhnlich  an  kleine  Herren  verpfändet  war,  ein  bequemer 
Stfttzpunkt  fttr  Angriffe  auf  Hcristein ,  in  die  Hand  eines  seiner 
Getreuen  zu  bringen ,  gab  dem  Henning  Meinerstorp  zu  diesem 
Zwecke  6000  Mark  y^  des  Lrades  Verderb  zu  Holstein^ 
So  fasste  er  keck  den  Plan ,  den  Fdnd  im  eigenen  Lande  an- 
n^greifen.  Als  Herzog  Heinrich  von  Schleswig,  der  zwischen 
diesen  scharfen  Gctgensätzen  ganz  verschwindet,  im  Jahre 
1876  starb,  det  letzte  von  Abels  Stamm,  konnte  es  fraglich 
erscheinen,  wer  in  Schleswig  die  Oberhand  behaupten  würde, 
Deotache  oder  Danen,  üeber  die  Wittwe  des  Verstorbenen 
gewann  Waldemar  sofort  einen  massgebenden  Einfluss.  Aber 
seiM  eigene  Stunde  hatte  geschlagen.  Die  Situation  kenn- 
zeidmet  der  „FreehjUst  Bremensis"^  richtig,  wenn  er  sagt, 
dass  nach  Waidemars  Tode  Graf  Nikolaus  noch  dnmal  vor 
seinem  Lebensende  die  Luft  des  Friedens  athmete  und  den 
Herrn  des  Himmels  pries ,  dass  er  ihn  von  einem  so  m&chtlgen 
Feinde  befreite  ^). 

Von  idlen  Feinden ,  die  Waldemar  im  letzten  Kriege  gegen- 
flber  gestanden  hatten,  waren  nach  abgeschk>ssenem  Frieden 


1)  Sdü.-HoUt..LAabf.  Urkds.  U,  S.  SOS  ff.  and  SOS;  Snhiii  XiU,  71S) 
Waito ,  Schl.-HoUt  Gesch.  I,  288 ;  Pr.  Brem.  c.  S7,  Quellens,  d.  Selil..Uolsl.- 
Laabg.  Ges.  I,  98.     Wegen  Flensborg  s.  H.  B.  II,  ■.  80  nd  58. 


542         ^^I*    ^^^  stntkiinder  Kritdoi  bif  sum  Tode  Waldcman, 

allein  noch  die  Städte  im  Besitz  errungener  Vortheile  und 
zwar  Vortheile,  die  tief  leiiigriflfeii  in  Dänemarks  Leben.  Wal- 
demar  müsste  sich  selbst  untreu  geworden  sein  —  und  das 
war,  wie  aus  seinem  Vorgehen  gegen  die  Holsteiner  su  ersehen 
ist,  nicht  der  FaU  —  hätte  er  die  Hamten  ruhig  im  Besitz 
derselben  lassen ,  nicht  wenigstens  den  Versuch  machen  soUen, 
das  Verlorene  wiederzugewinnen.  Zunächst  dachte  er  gar  nicht 
daran ,  die  versprochene  Ratifikation  der  stralsunder  Verträge 
unter  dem  grossen  Siegel  zu  vollziehen.  Der  festgesetirte  Ter- 
min (25.  Juli  1372)  verging,  ohne  dass  das  Verbrechen  eis- 
geUtot  wurde.  Im  Mai  des  nächsten  Jahres  erschien  dana  der 
Schreiber  Hennings  von  Putbos  anf  der  VersammUuig  der 
Städte  zu  Lübeck,  klagte,  dass  der  König  s^em  Esm  das 
Sechstel  der  Einkünfte  aus  den  schonenschem  Zollen ,  mit  dem 
er  die  Schlösser  halten  soHe ,  genommen  habe,  bat ,  die  Städte 
möchten  Herrn  Henning  nicht  an  Ihrem  Dienst  Verderbes 
lassen.  Die  Städte  schrieben  von  derselben  Versammlung  ss 
den  König,  baten  um  die  versprochene  Besiegelung,  beachwer- 
ten  sich  über  neuerdings  verübten  Raub  schiffbrüchiger  Güter, 
über  die  Wegnahme  hansischer  Schiffe  und  Waareii  durch 
Waidemars  Soldaten  im  nördlichen  Schleswig,  über  neue  harte 
Auflagen  dänischer  Vögte  und  Magistrate  0*  Was  Waldemar 
geantwortet  hat,  wird  uns  nicht  berichtet  Vielleicht  hat  er 
sich  in  Betreff  der  Beschwerden  entgegenkommend  erwieaeo, 
denn  ein  Jahr  später  (Mai  1374)  kam  Henning  ■  Patbus  im 
Auftrage  des  Königs  in  eine  Versammlung  wendischer  und 
preussischer  Städte  in  Lübeck  mit  dem  seltsamen  Ansinnen, 
dass  man  doch  „dem  Könige  sein  väterliches  Erbe  zurück- 
geben möchte,  nämlich  die  Schlösser  auf  dem  Lande  zu  Scho- 
nea^^  Gleichzeitig  berichtete  er,  dass  Waldemar  ihm  auch 
im  Jahre  1373  sein  Sechstel  der  ZöUe  genommen  habe,  und 
forderte  von  den  Städten  Ersatz.    Da  Henning  von  Putbus 

1)  H.  R.  II,  IL  6S  §  7,  n.  56. 


1870-nlt7i.  548 

m  den  letzten  Jahrea  Waldemars  mit  diesem  stete  im  besten 
Einvernehmen  steht,  als  sein  treuer  Bathgeber  eraeheint,  so 
kam  t  man  den  Verdacht  nicht  abwehren ,  dsas  Herr  und  Die* 
ncr  unter  einer  Decke  gespielt  haben.  Erfolg  hatten  sie  nicht. 
Dia  St&dte  wichen  einer  EAl&rung  Aber  die  BQckgabe  Schö- 
nens zunichat  aus  mit  der  Erwiderung,  dass  sie  ohne  die 
sieht  anwesenden  niederländischen  und  anderen  Städte  auf 
Waldenars  Antrag  nicht  antworten  könnten  ^  und  als  derselbe 
auf  der  Jaoobiversammlung  ra  Stralsund  durch  Henning  von 
Pntbus  und  Rigmann.  von  derLanken  wiederholt  wurde,  ver^f 
flchoben  sie  den  Entscheid  auf  die  Mittsomm«rtagfahrt  nächsten 
Jahres  zu  Lübeck.  Mit  Henning  aber  trafen  sie,  da  zum 
25.  JqU  1374  der  Vertrag  wegen  der  Schlösser  ablief,  eine 
neue  Vereinbarung.  Tausend  Msürk  Sundisch  (666*/,  lab.) 
sollte  er  jetzt  jährlich  von  den  Städten  empfangen ,  500  Mark 
im  Herbst,  500  zu  Jacobi;  die  Städte  sollten  ihm  das  Geld 
ans  dem  Zoll  bezahlen.  Zwar  machte  Henning  die  Annahme 
von  der  Zustimmung  des  Königs  abhängig;  aber  da  er  die 
Verwaltung  der  Schlösser  fortführte ,  so  wird  Waldemar  diese 
niidit  versagt  haben,  sich  die  Abwehr  seiner  Einmischung 
haben  gefaUen  lassen^). 

HeSke  er  durch  dieses  Entgegenkonunen  die  Städte  seinen 
Wünschen  günstiger  zu  stimmen,  so  irrte  er  sich.  Auf  der 
aaUreich  besnckten  Johanaisversammlung  zu  Lübeck  1875  (es 
waren  wendische,  Uvländische,  preussische  und  niederländische 
Städte  vertreten)  wurde  beschlossen.  Alles  beim  Alten  zu 
lassen,  Schlösser  und  Zölle  nicht  aus  den  Händen  zu  geben. 


i)  H.  B.  II,  n.  7B  §  1  and  S»  II.  77  S  S  und  4.  D»  nuui  sieht  Aim«h- 
■MA  kuA,  dftM  in  d«r  06a«n  Vereinbaniiig  d«m  Verwalter  weniger  siige»tMi« 
den  wurde,  eb  er  bisher  gehabt  hatte,  so  mvss  man  wohl  1000  Mark  sond.  sa 
1/4  der  4m  Städten  anstehenden  ZSIle  ansetaen.  Diese  hatten  demnaeh  in  den 
letnten  Jahren  abgenemaen.  1971  betmgen  sie  noch  fther  SfiOO  Mark  Üb., 
s.  H.  B.  II,  n.  18  (  14. 


544         ^^I-    ^<>iB  stndMtnder  iVMIen  bU  sam  Tode  W«ldenian, 

Doch  wdlte  man  ein  gewisse»  Entgegenkommen  seigen.  Ein 
Bote  wurde  hinübergedandt  zu  König  Waldemar  ^  eine  Zosam- 
menknnft  mit  ihm  za  verabreden «  lieber,  wenn  WaUemar 
herüber  kommen  wolle,  wie  man  berichtet  sei,  dieaeeit  (kr 
See,  doch  auch,  wenn  das  nicht  mOglich,  in  Dänemaric,  dann 
aber  in  erster  Linie  anf  Schonen ,  da  man  der  dortigen  Yagte 
KU  den  Verbandhmgen  bedürfe.  In  der  That  kun  es  xu  ■okhon 
im  Oktober.  Bathssendeboten  der  wendischen  Stftdte  wurden 
nach  Schoneü  hinfiber  gesandt ;  ihre  Instruktionen  lauteten  aaf 
Forderung  der  verq^rochenen  Besi^dung,  auf  ESnmahnen  da 
schiffbrüchigen  Gutes  und  der  anderen  Hälfte  von  Helsiagborg, 
auf  Abstellung  der  Bedrückungen  in  Schonen  und  an  anderes 
Orten  Dtaematks  (Kopenhagen ,  Kjege  werden  früher  ^naant), 
wo  der  Kaufinann  zu  liegen  pflege.  Von  Rückgabe  der  ßchUSsr 
ser  und  Zölle  an  den  König  ist  nicht  die  Bede  *  )• 

Der  Bericht  der  Bathssendeboten  ist  uns  erhalten*).  Um 
Michaelis  anf  Schonen  angekommai,  erneuerten  sie  nmäckst 
den  Vertrag  mit  Henning  yon  Putbus  über  die  Bewahrung  der 
schonenschen  Schlösser  auf  ein  weiteres  Jahr;  die  dänisch«! 
Vögte  von  Skanör,  Falsterbo  und  Helsingborg  (ebenfalls  deot* 
sehe  Adlige)  leisteten  mit  Henning  Handschlag  und  Eid,  diss 
der  Vertrag  gehalten  werden  solle.  Dann  zog  man  Kusammen 
mit  den  stftdtisdien  Vögten  anf  Schone  zum  Könige;  Hei'- 
ning  geleitete  die  städtischen  Sendeboten.  Waldemar  weBte 
airf  seinem  Lieblingssitze  Gurre  in  der  Nähe  des  jetadgen  Hel- 
singör,  einem  jener,  schön  gelegenen  Schlösser,  die  das  mit 

1)  H.  R.  II,  n.  86  §  1—6,  n.  87  und  88.  Der  Passus  8  der  Instruktion 
ist  auffiüleod:  Vortmer  scolen  see  manen  nnde  bidden  umme  andren  helphte 
van  Helaingiienborg,  dat  de  den  steden  werde,  als  ere  lyre^e  yone  hbbben. 
Vorher  wird  nirg^ends  erwibnt ,  dass  Helsingborg  nnr  halb  \m  Besits  der  Stidte 
sei,  vgl.  ebd.  II,  n.  9  §  7,  n.  11  §  10  and  18,  n.  If — 81.  In  dem  nenea 
Vertrage  mit  Henning  von  Putbos  (ebd.  n.  106)  ist  nur  von  dem  halbea 
Schlosse  von  Helsingborg  nnd  dem  halben  ,)Baa**  von  MalmS  die  Bede.  Wi« 
war  die  andere  Hälfte  den  Stftdten  abhanden  gekommen? 

2)  H.  R.  II,  u.   105. 


1S70— 1876.  545 

fr&chen  Bnchenwftldern  und  klaren  Seen  so  heniich  ausge- 
stattete nordfetUche  Seeland  sdunflcken.  Dort  braditen  die 
Hansen  ihr  Anliegen  vor.  Die  letzte  Antwort,  die  sie  erhiel- 
toi,  war  diese:  Der  Erzbischof  von  Lund,  der  Bischirf  von 
RoeskUde  und  Herr  H^uiing  von  Putbus,  Herr  Olaf  ]^6mson, 
Herr  Peter  Grubbe,  Herr  Evert  Moltke ,  Herr  Anders  Jakobs- 
son,  Herr  Tove  GMle  und  Rigmann  von  der  Lankmi  erkl&r- 
tm,  dass  sie  leider  einen  kranken  Herr^  h&tten,  der  also 
krank  und  ohnmftchtig  wäre,  dass  er  weder  um  Schlösser, 
noch  um  irgend  ein  irdisch  Out  tagen  und  handeln  ktane. 
Wbne  es,  dass  ihm  Gott  hfllfe,  dass  er  wieder  aufkftme,  so 
wollte  er  gerne  halten,  was  die  Abmachungen  zwischen  ihm 
und  den  Städten  bestimmtai.  Wäre  es,  dass  er  stürbe,  so 
versprächod  sie  d^  Städten  von  des  Rdches  wegen,  dass  sie 
Alles  halten  wollten,  was  sie  den  Städten  besiegelt  hätten,  als 
rechtschaffene  Leute.  Daran  sollten  die  Sendeboten  nicht  zwei- 
feln. —  Damit  schieden  diese. 

Als  sie  wieder  hinüber  kamen  nach  Helsingborg,  folgte 
ihnen  Herr  Henning.  Er  sagte,  dass  der  König  ihm  und  den 
andern  genannten  Herren  befohlen  habe,  sie  zu  bitten,  sie 
mochten  in  den  Städten  ausrichten,  dass  die  Bürger  wohl  thun 
würden,  wenn  er  sie  irgendwie  beschwert  habe,  ihm  das  um 
Gottes  willen  zu  vorgebe.  Auch  hatte  er  ihn^  befohlen, 
fslla  er  stürbe,  das  Tuch  zurückzugeben,  das  auf  Kap  Skagen 
geblieben  wäre,  femer  den  Sendeboten  zu  sagen,  helfe  ihm 
Gott,  dass  er  am  Leben  bleibe  bis  Johannis  nächsten  Jahres, 
so  käme  des  Reiches  Rath  zusammen,  und  er  woUe  dann  die 
Briefe  besiegeln^). 


1)  Do  wy  do  wedder  over  queoMii  to  Heltinghonborgh ,    do  Tol^iade  im 

btr  BEMinyog  tad  Podbutch  uode  Mghede  ans,   dat  de   konyng   ein  nnde  des 

da  hir  TorscreTen  sint ,  bovolen  hadde ,  to  uns  to  wenrende ,  dat   wj 

wold«B  to  amen  ttadon ,  dat  m  wol  dodan ,  yft  Im  m  yorgliMie  »ad« 

■oyad  hadda,    dat  ta  am   dat   dor  God  TorgfaeTan;  vnda  hadda  an  boTolan, 

warad,  dat  ha  storve,  dat  sa  waddar  gharan  aooldan  dat  want,  dat  appa  dama 

Scklfv.  Dk  UuMMtUdt«.  ;^5 


546  ^^I*    ^o»^  stralaunder  FrM«n  bb  zum  Tode  Waidemars, 

Unmittelbar  daraach,  vielieicht  noch  an  dBmselken  Tage, 
ist  Waldemar  gestorben,  auf  Ghirre  am  24  Oktober  ld7&  IHe 
Aeasaemngeii  seiner  letzten  Stunden  wecf^  ein  scharfes  Lieht 
auf  seine  Denkweise  und  die  Zeit. 

Und  doch  mildem  sie  das  Bild,  das  frühere  Zeiten  von 
ihm  entworfen  haben,  und  don  bis  zur  Publikation  jenes  Be^ 
rieht«  in  den  Hanserecessen  der  historische  Boden  nicht  vollstän- 
dig entzogen  werden  konnte.  Man  liess  Waldemar  noch  in  seinen 
letzten  Augenblicken  beklage  dass  er  die  hansischen  Gesand- 
ten nicht  habe  im  Bade  ersticken,  Klaus  Lembek  nicht  in  aiedea- 
des  Wasser  habe  werfen  lassen.   Auch  seiner  BeligiOsit&t  traute 
man  nicht  viel  zu.    Man  wusste  von  einem  Briefe  zu  enih'* 
len,  den  OT  dem  Papste  geschrieben  haben  sollte,  als  dieser 
nicht  eingehen  wollte  auf  sein  Verlangen,  seine  aufrlUuneriachei 
Unterthanen  zu  bannen,  sondern  ihm  selbst  drohte:  ^JKiSmg 
Waldemar  dem  Papste  seinen  Grussl    Die  Natur  haben  wir 
von  Gott,  das  Beich  von  den  Bewohnern,  den  Rmchthum  vtti 
dea  Eltern,  den  Glauben  von  Deinen  Vorfahren.    Grönnnt  Du 
uns  denselben  nicht,  so  schicken  wir  ihn  Dir  hiermit  Kurflck 
Lebe  wohl'^I     Ein  Brief,   ohne  Zweifel  späteren .  Ursprungs, 
doch  diarakteristisch  für  das  BUd,  das  man  sich  von  Wdde- 
mar  machte.    Auch  dass  Waldemar  auf  dem  Sterbebett  sciiwidi 
gewordm  sei,  an  seiner  Seele  Seligkeit  gezweifelt  habe,  be- 
richtet die  Sage,  hier  mit  der  beglaubigten  Ud)erliefennig 
flbereinstimmend.    „Hilf  mir  Esrom^  hilf  mir  Sore  und  Da 
grosse  Glocke  von  lAmd^^  soll  er  gerufen  haben ,  vertrauend 
auf  die  Spenden,  die  er  jenen  Klöstern  zugewendet.    An  sei« 
nen  Sterbeort,  Gurre,  knüpft  sich  die  einzige  f raundHdie  Sage, 
die  sich  mit  seinem  Namen  verbindet.    Das  Schloss  soll  dem 
Verhältniss  zur  „Tove  lille^'  seinen  Namen  verdanken.    Mit 


Schaifhen  gbebleven  wat.  Ok  hadde  he  en  bovolen,  ans  to  se^gJliMde:  bal|M 
em  God,  dat  he  levede  wente  to  aonte  Johaanes  daghe,  so  qaeme  des  rykci 
red  tosameode,   dar  wolde  he  uns  de  bre^'e  boaeghelen. 


1870— livft.  547 

seiner  Gemahlin,  der  schleswigsch^  Heiling,  soll  Waldemar, 
wie  die  Sage  will,  in  keinem  guten  Verhältniss  gelebt  haben, 
obgleich  sechs  Kinder  der  Ehe  entsprossm.  Desto  grösser 
war  seine  Neigung  zur  „Tove  lille^S  die  aus  dem  Geschlecht 
der  rOgenschen  Putbus  gewesen  sdn  soll,  eine  Verwandte 
Hennings.  So  sehr  liebte  er  sie,  dass  nur  durch  ein«  2^ber 
diese  heftige  Leidenschaft  zu  eridären  war:  „"j^ove  lille^  trug 
ein  Amulet  Als  sie  starb,  wollte  der  König  von  ihrem  Leich- 
nam nicht  lassen.  Ein  Diener  nahm  das  Amulet  von  der  Leiche 
und  warf  es,  da  die  auf  ihn  sich  richtende  Neigung  des  Kö- 
nigs ihm  unbequrai  wurde,  in  den  See,  an  dem  jrtzt  die  Rui« 
nen  von  Gurre  liegen.  Des  Ktoigs  Neigung  wandte  sich  dem 
Platze  zu;  er  baute  dort  ein  Schloss,  das  sein  lieblingsauf- 
anthalt  wurde.  Gern  erinnert  sich  der  Däne,  der  noch  jetzt 
die  geringen  Mauerreste  aufsucht,  der  romantischen  Geschichte. 
Waldemars  Vorliebe  fOr  den  Platz  zu  erklären  aber  bedarf 
ea  kaum  einer  solchen,  denn  „schwer  wird  sich  eine  mehr  dir 
nische,  idillischere  Gegend  finden  lassen  als  die  Gurres"^. 

Deutlich  lassen  alle  diese  ZOge  eriiiennen,  dass  Waldemar 
Atterdags  Figur  sich  tief  eingeprägt  hat  in  das  Bewusstsein 
seines  Volkes.  Von  Waldemar  dem  Sieger  bis  zum  „grimmen 
Christian^^  ist  Keiner,  der  einen  entscheidenderen  Einfluss  ge- 
flbt  hätte  auf  die  Geschicke  seiner  Nation.  Die  Uebediefe- 
rang,  sowohl  die  geschichtliche  wie  die  sagenhafte,  kehrt  ein- 
stimmig die  rauhe,  abschreckende  Seite  seines  Wesens  her- 
vor; und  sie  hat  darin  nicht  Unrecht,  denn  in  dem  unabläs- 
sigen Kämpfen  und  Ringen,  das  Waidemars  Leben  ausfüllt, 
musste  diese  sich  am  stärksten  herausbilden  und  am  meisten 
den  Zeitgenossen  entgegentreten.  Das  Drtheil  der  Geschichte 
wird  trotzdem  milder  über  ihn  ausfallen.  Dass  er  Dänemark 
vom  Untergange  rettete,  das  nationale  Bestehen  des  Reiches 
sicher  stellte,  ist  ein  Verdienst,  das  Gharakterfehler  wohl  ver- 
dunkeln und  entstellen,  nicht  aber  vernichten  könnoi.    Hätte 

35» 


548         ^^^    ^oiA  8tralMuider  FcMen  bis  smn  Tode  Wald^man, 

Waldemar  in  besonnener  Mässigung  das  Erreichbare  vom  Wün- 
schenswarth^  unterschiede,  berechtigte  und  unberechtigte 
Bestrebungen  aus  einander  gehalten,  er  würde  sich  noch  rei- 
cherer Erfolge  haben  rdhmen  kOnnen.  Schwerlich  wäre  Schles- 
wig den  Dänen  verloren  gegangen,  wäre  Waldranar  klug  ge- 
nug gewesen,  sich  durch  Aufopferung  entbehrlicher  Vortheile 
die  feste  Freundschaft  der  dratschen  Städte  zu  erwerben^). 

Denn  recht  eigentlich  diesen  Städten  verdankten  es  die 
Dänen  doch,  dass  Waldeiars  Bemühen  nicht  fruchtlos  blid), 
dass  das  Land  nicht  nach  seinem  Tode  in  der  Gefahr  unter- 
ging, V€(r  der  er  es  durch  einen  mehr  als  3Qjährigen  Kampf 
glücklich  bewahrt  hatte  —  eine  Beute  der  Fremden  zu  wer- 
den. Wohl  erkannte  man  in  Dänemark  die  Bedeutung  des 
Augenblicks.  Als  die  hansischen  Sendeboten  sich  trennten  ym 
den  Bis^öfen  und  von  Henning  von  Putbus  verhehlten  diese 
nicht,  dass  „sie  fürchteten,  ginge  ihr  Herr  ab,  so  möchte  es 
übel  um  das  Reich  stehen^^  Sie  baten  die  Gesandten,  dahdm 
anzufragen,  ob  man  ihnen  helfen  wolle,  wenn  es  noth  wäre; 
denn  gerne  wolle  der  Reichsrath  sich  richten  nach  dem  Ratb 
der  Städte.  Die  Rathssendeboteh  beschlossen ,  dass  jeder  ib 
seinem  Rathe  die  Sache  vorbringen  solle,  darüber  zu  eat- 
scheiden  bis  zur  nächsten  Tagfahrt  der  Städte*). 

Mit  Waldemar  war  der  Mannesstamm  Svend  Estrithsoos 

1)  Die  Streitfrage,  ob  Waldemar  Atterdag  als  der  ,,Dritte«  oder  „Vierte** 
zu  afthlen  sei,  ist  in  diesem  Buche  gamicht  berührt  worden.  Um  wenigstens 
über  meinen  Standpunkt  zu  derselben  nicht  im  Unklaren  zu  lassen,  bemerlce 
ich  hier,  dass  nach  meiner  Ansicht  nur  von  „Waldemar  IV. **  gesprochen  wer- 
den kann.  Die  entseheidenden  Gründe  sind  so  oft  von  Andern  hervorgehoben 
worden,  dass  es  nicht  nöthig  ist,  sie  hier  zu  wiederholen. 

8)  H.  B.  II,  n.  106  §  5 :  Do  wy  lest  schededen  van  den  byscopen  nnde 
van  her  Hennynghe  onde  van  dessen  vorbonomeden,  do  «eg^eden  se  uns  wol: 
Dat  se  vmchteden,  ghinghe  ere  here  af,  dat  id  ovele  stan  wolde  in  deme  rike ; 
dat  wy  dat  worven  to  hus,  yfte  des  not  were,  wo  wy  by  en  doen  wolden, 
wente  se  gherne  ere  dyng  na  uzeme  rade  holden  wolden.  Hir  scal  malk  um- 
me  spreken  yn  syneroe  rade  wente  to  deme  neghesten  daghe. 


1870—1876.  549 

ins  Grab  gesunken;  auch  sein  schleswigscher  Zweig  war  we- 
nige Monate  vorher  ausgestorb^ ;  nothwendig  tnusste  in  Däne- 
mark ein  Fremder  herrschen.    MeMenburg  schien  die  meisten 
Aussichten  zu  haben;  hatte  es  doch  Waidemars  eigene  Zu- 
sage für  sich.    Nichts  hatte  der  umsichtige  Herzog  Albrecht 
▼ersftumt,  die  Sache  seines  Hauses  recht  sicher  zu  machoi; 
in  dm  letzten  Jahren  war  seine  Politik  nur  von  diesem  einen 
Gesichtspunkt  beherrscht  gewesen.    Zweimal  hatte  er  von  Kai- 
ser Karl  sich  und  den  Seinigen  die  Anwartschaft  auf  d^  dil-' 
nischen  Thron  bestätigen  lassen ,  am  6.  Juni  1373  und  wieder 
am  28.  April  1374,  hatte  das  letzte  Mal  sich  versprechen '  las- 
sen, dass  d^  Kaiser  ihm  „rathen  und  helfen  solle  und  wolle 
als  ein  Freund  dem  andem^^  ^).    Kaum  war  Waldemar  todt  — 
noch  nicht  14  Tage  waren  verflossen ;  überraschend  schnell  ist 
die  Nachricht  in  die  Mark  gekommen,  wenn  der  Kaiser  sie 
nicht  selbst  aus  Lübeck,  wo  er  sich  vom  22.  Oktober  bis  zum 
1.  November  aufhielt,  mitbrachte  —  so  mischte  sich  Karl  IV., 
okne  Zweifel  auf  Anregung  des  Meklenburgers ,  abermals  in 
die  Sache.    Von  Pritzwalk  aus  forderte  er  am  6.  Novembar 
anter  Bezeugung  seiner  Trauer  über  den  Tod  „seines  Freun- 
dest^ Waldemar  die  Dänen  auf,  den  jungen  Meklenburger  Al- 
brecht als  den  altem  der  beiden  erbberechtigten  Enkel  zum 
Kteige   anzunehmen   und  ihm    zu  gehorchen*).     Es  waren 
Schritte,  deren  Werth  zweifelhaft  war.    War  es  schon  frag- 
lich, ob  Karl  sich  wirklich  so  fär  die  meklenburgische  Erb- 
fiidge  interessire,  wie  es  aus  seinen  Erlassen  hervorzugehen 
schien  —  am  13.  Mai  1374  forderte  er  Waldemar  auf,  sich 

1)  StyfTe  I,  p.  LXn  u.  n.  62. 

S)  Ori^.  im  Geh.  a.  HanpUrchhr  sn  Schwerin.  Ueber  WaldeoMurs  Tod 
heiest  es:  Tanto  mijori  cordis  dolore  revolvimiu  qoanto  nos  et  eam  molta 
per  tempora  fratemis  constat  fayoribns  slncerius  glutinatos.  Sperabat  etenim 
oebitiido  Cesarea  regem  emidem  cum  longeya  corporis  sanitate  sepins  pro  no- 
stromm  amborum  terramm  et  hominum  republica,  comodo  e^  profecta  leto 
wnlta  ridere,  et  ob  hoc  in  istas  nostras  regno  Dacie  Ticinas  partes  potissime 
noper  direximns  gressas  nostros. 


550  ^^^    ^<^  stnlsunder  Friedeo  bis  sam  Tode  WaldMBan, 

doch  wieder  zu  verheiraten;  die  ganze  Politik  des  Kaisers 
wird  nur  von  dem  Strd)en  diktirt,  die  neue  brandenborgifldie 
Erwerbung  mög^chst  sicher  zu  stellen  —  so  musste  noch  vid 
unwahrsdieinlich^  sein,  dass  man  in  Dänraiark  so  ohne  Wei- 
teres auf  Karls  Auffassung  eingehe  werde,  dass  er  ,,al8  Kai- 
ser der  RBmer  fOr  das  Wohl  der  Einzelnen  Sorge  zu  träges 
habe^;  dier  das  Gcg^theiL  Dass  der  junge  Mddenburger 
auf  diesen  Bechtstitel  hin  und  auf  Grund  setner  Erbschafte- 
ansprüche  alsbald  den  Titd  eines  ,,KOnigs  der  Dänen  und 
Wenden^  annahm,  missfiel  drüben  nicht  wenig.  Und  noch  un- 
glücklicher war  eine  andere  Massregel  getroAbn,  die  den  Er- 
Mg  sichern  sdlte,  ein  enges  Bündniss  mit  den  ludsteinischen 
Grafen.  Am  21.  Januar  1376  versprach  der  junge  KOnig  mit 
seinen  Verwandten  den  Brüdern  Heinrich  und  Klans  und  dem 
Grafen  Adolf  vcm  Kiel  nicht  nur  das  erledigte,  strdtige  Her- 
zogthum  Sdüeswig,  sondern  auch  alle  Besitzungen,  die  dnst 
Gerhard  der  Grosse  seinen  Söhnen  hinterlasse  und  die  im 
letzten  Kri^e  vorübergehend  in  die  Hand  der  Grafen  gdran- 
men  waren :  Alsen  und  die  Königsfriesen,  Laaland  und  Ltnge- 
land,  den  ganzen  Süden  v<hi  Norcyütland  resp.  Fünen  als  Et- 
satz  für  diese  letzten  Besitzungen  ^).  In  allzu  frischem  An- 
denken war  noch  die  Herrschaft  der  Holsteiner  im  Reiche. 
Hatte  Waldemar  besonders  dadurch  Halt  gehabt  im  Lande, 
dass  er  sie  hinausgetrieben,  so  konnte  der  neue  König  sich 
nicht  dadurch  empfehlen,  dass  er  sie  wieder  hereinführte. 

So  wandte  sich  weit  überwiegend  die  Neigung  der  D&nen 
dem  andern  Erben  zu,  dem  5jährigen  Sohne  König  Halums 
und  der  Margarete,  Olaf  von  Norwegen.  Im  Späth^bst  auf 
einer  Reichsversammlung  zu  Odense,  die  Henning  von  Putbus 
berufen  hatte,  war  die  Stimmung  noch  getheilt  gewesen;  als 
aber  in  denselben  Tagen,    wenige  Wochen  nach  des  Vaters 

1)  Schi    Holst.  Laubg.  Urkdsmlg  U,  S.  315—820. 


1870— H76.  '551 

Tode  die  einzige  überlebende  Tochter  WaldemaiB,  die  2^fth- 
tige  Margarete,  mit  ihrem  Sohne  ans  Norwegen  herfibericain, 
gewann  sie  rasch  das  ganze  Land.  Zu  Slagelse  auf  Seeland 
wiijrde  Olaf  am  3.  Hai  vom  versammdten  Reiche  zum  K9nige 
gewfthlt  Noch  blieb  das  Blut  Svend  Estrhhsons  bei  der  Hen> 
Schaft. 

Alles  kam  darauf  an,  welche  Stellung  die  Hansestädte  zu 
diesen  Vorgängen  einnehmen  würden.  Sie  waren  die  einzige 
Macht,  die  gegenüber  dem  drohenden  Angriffe  der  Meklenr 
burger  und  Holsteiner  eine  zuverlässige  Stütze  gewähren  kimnte^ 
Die  kluge  Margarete,  die  fllr  ihren  unmündigen  Sohn  die  Re* 
gierung  führte,  erkannte  das  nicht  weniger  klar  als  der  däni- 
sche Rdchsrath,  und  Beide  handelten  darnach.  F4lr  die  P<h 
Utik  der  Hansen  gab  es  nur  den  einen,  immer  gleichen  Ge- 
sichtspunkt —  Schutz  und  Förderung  ihres  Handels.  Als 
Waldcmar  gestorben  war,  bedachten  sogleich  die  nodi  in  Dä- 
nemark weilenden  Bathssendeboten,  dass,  „wenn  sich  das  Land 
im  Laufe  des  Winter  nicht  beruhige,  es  über  Sommer  schlimm 
stdien  werde  auf  der  See^S  Sie  gaben  das  zu  weiterer  üä)er- 
legung  in  den  Städten  anheim^),  verabredeten  auf  den  20.  Ja- 
nuar 1S76  eine  Versammlung  der  5  wendischen  Städte  (Lübeck, 
Rostock,  Stralsund,  Wismar  und  Oreifimald)  zu  Wismar.  Deut- 
lich zeigte  sich  auf  diesem  Tage,  welches  Gewicht  man  auf 
die  Entscheidung  Lübecks  und  seiner  Genossen  l^te,  und  zu- 
gleich, auf  wdche  Seite  sich  dieselbe  wenden  werde.  Herzog 
Albrecht  hatte  bei  den  Städten  „um  das  Reich  zu  Dänemark 
gewort)en^S  andereiseits  aber  auch  der  Kftnig  und  die  Königin 


1)  H.  B.  II,  n.  105  I  9:  Wered  rIbo,  dat  sik  I>«M9iarkflii  niebt  «■  sAtod« 
oTer  wynter,  so  were  dar  yare  ane,  dat  id  oyer  8om«r  oyele  stan  wolde  opp« 
d«r  866.  Dar  spreke  malk  amme  in  sineme  rad6,  wo  m6n  dar  bwt  bj  do. 
DtM  daiBukU  (frÜlMstAiit  1.  Not.)  d6r  Tod  Waldanuurs  d6n  RaihtMndoboton  in 
Kopenbag6n  noch  nicht  sollte  bekannt  gewesen  sein,  wie  Anm.  1  ebd.  will, 
ist  tehwerlicb  anzunehmen,  da  er  am  6.  Noy.  mitten  in  der  Mark  bekannt  war. 
Dieser  Beschloss  selbst  dentet  aneh  auf  ein  Bekaimtsein  bin. 


552         ^^'-    ^^^  stralionder  Fritden  bis  sam  Tod«  WftldoDArt, 

von  Norw^en  und  der  dftnisdie  Beichsrath;  der  Vorsteher 
des  letEteren,  Henning  von  Putbus,  hatte  zusammen  mit  Herrn 
Anders  Jakobsson  bei  Stralsund  —  es  stand  dem  rfigenschen 
AdelsgescUechte  wohl  am  nächsten  —  um  Yeimittlimg  eines 
Friedens  zwischen  Norwegen  und  den  Stidten  angehalten. 
Offenbar  war  die  Klausel  von  1370,  nach  welcher  der  Beichs- 
rath keinen  neuen  König  annehmen  sollte,  ohne  die  Städte 
gefragt  zu  haben,  keine  leere  Formel  Die  St&dte  aber  wand- 
ten sich  der  nordischen  Seite  zu.  Leider  sind  wir  nur  sehr 
mangelhaft  unterrichtet  über  die  Gründe,  durch  die  sie  sich 
leiten  Hessen,  imd  über  ihr  Verfahren,  aber  deutlich  ist,  dass 
sie  der  meklenburgischen  Herrschaft  im  Norden  entschiedeii 
abgeneigt  waren.  Vergebens  hatte  Herzog  Albrecht  angebotoi, 
den  Städten  alle  Freiheiten  zu  besiegeln ,  so  viel  ja  mehr  als 
ein  Anderer  gewähre,  die  Hansen  fürchteten  offenbar  die  Fest- 
setzung einer  und  derselben  Macht  im  ganzen  Norden  und  za- 
gleicfa  in  ihrer  unmittelbarsten,  bedrohlichsten  Nähe  diesseit  dar 
Ostsee.  Wie  sie  einst  dazu  beigetragen  hatten,  die  holsteiniscbe 
Herrschaft  zu  brechen,  als  sie  zugleich  an  Sund  und  Trave 
machtig  war,  so  suchten  sie  jetzt  zu  verhindern,  dass  ein  Zu- 
stand wie  jener  ihnen  so  lästige,  noch  in  frischer  ErinneniBg 
stehende  sich  zum  zweiten  Male  herausbilde.  Die  definitiire 
Erklärung  verschoben  sie  auf  eine  neue  Versammlung  im  Man, 
wie  dieselbe  aber  ausfallen  werde,  darüber  herrschten  achoD 
jetzt  keine  Zweifel  mehr.  Mit  Recht  hat  der  Herausgeber  der 
Hanserecesse  hervorgehoben,  dass  der  Kaiser,  der  auch  jetzt 
wieder  mit  einem  Schreiben  (vom  16.  Januar)  für  die  Meklea- 
burger  eintrat,  Lübeck  nicht  gebot,  diesen  zu  helfen,  sondern, 
dem  Norweger  keinen  Beistand  zu  leisten  und  Albiecht  kein 
Hindemiss  zu  bereiten  ^). 

Die  ausgeschriebene  Versammlung  fand  zur  bestimmten 


1;  H.  R.  Uy  ju  113  a.  114;  Lüb.  Urkdb.  IV,  n.  S88. 


1S70~1S76.  563 

Zrit  (S3.  MAn)  in  Stralsund  statt  D&nische  Gesandte  und 
Bftthe  des  Heraogs  ¥<m  Meklenburg  hatten  sich  eingefdnden« 
Aber  sie  mnssten  mit  dem  Bescheide  heimkehren,  dass  man 
erst  atf  eitler  neuen  Tagfahrt  zu  Himmelfahrt  sich  ^tscheiden 
ktaiie,  da  wed^  preus^scbe  noch  niederländische  Gesandte 
endueneB  seien.  Bevor  aber  dieser  Tag  herankam,  war  der 
diBiflche  Reichsrath  zur  Wahl  geschritten;  der  Verlust,  der, 
wie  die  Dftnen  klagten,  dem  Reiche  während  des  Interregnums 
s«Keftlgt  wurde  (es  ist  wohl  an  die  Fortschritte  der  Holsteiner 
auf  der  Halbinsel  zu  denken),  drängte  dazu.  ,J)ie  Städte 
hatten  trotz  wiederhdten  Ersuchens  die  Verständigung  ober 
die  Wahl  hinausgeschoben^^  ^).  Dass  man  in  Dänemark  ihrer 
Zustimmung  gewiss  war,  kann  kaum  bezwdfelt  werdm;  nir- 
gends lassen  die  Städte  verlauten,  dass  sie  mit  dem  Vorgehe 
des  Reichsraths  unzufrieden  sind.  Auf  der  Tagfahrt  zu  Stral« 
sund  am  18.  Mai  ^schien^  der  Bischof  Nikolaus  von  Roes- 
kilde  und  Herr  Anders  Jakobsson,  zeigten  die  geschehene  Wahl 
an,  erldärten  die  Bereitwilligkeit  des  Königs  und  Reichsraths, 
alle  Privilegien  zu  besiegeln,  und  baten  um  die  Hülfe  der 
Städte  zur  Vertheidigung  des  Reiches.  Ofifenbar  kam  diesen 
der  Gang  der  Dinge  erwünscht;  aber  vorsichtig  hielten  sie 
zurück.  Da  auch  jetzt  wieder  die  Preussen  und  die  Süder- 
seeischen  nicht  vertrete  waren,  versprachen  sie  eine  neue 
Versanmilung  zu  Johannis  in  Stralsund  und  dann  weitere 
Verhandlungen  unmittelbar  nachher  in  Wordingborg  auf  See- 
land mit  dem  „Könige  von  Norwegen^^  und  „des  Reiches  Rath 
von  Dänemark^^ 


1)  H.  B.  II,  B.  116  (  8,  117  1 1,  III,  n.  81 :  GraTiter  Umwi  conqvflreii^o, 
dictum  regnam  Daeie  magna  et  irrecoparabilia  dampna  in  mnltomm  caatrorom 
alienacionibns  sostinnitse  et  snstinere  pro  eo,  nt  asserant,  qnod  nos  sepins  per 
eos  reqnisiti  unacnm  eis  in  electione  novi  regis  distulimos  concordare,  ac 
ultimo  nobis  sincere  snpplicamnt ,  ut  eis  aoxilio  defensionis  regni  aasistere 
dignaremnr. 


554         ^^I-    '^om  stralsander  Frieden  Ms  zam  Tode  Waldenukn, 

In  dem  Beotese  der  strakunder  IfittiommervarBammluiig  ^\ 
aaf  der  auch  Thom  und  Elbing,  Eampien  und  Zütfan  durch 
RatiisseiHleboten  ▼«r(reten  waren,  ist  mit  keinem  Worte  die 
Rede  von  der  Anerkennung  CMa&,  yom  definitiTen  Frieden  mit 
Dänemark  und  Norwegen.  Troüidem  ist  ohne  Zweifel  gerade 
hier  die  endgültige  Entscheidung  getroffen  worden.  Uimdttdbar 
yon  der  Vergammlung,  im  Juli,  zidien  die  Vertreter  der  Stftdte 
übers  Meer,  um  in  Wordingborg  ,,yom  Könige  vpn  Dänemark 
ihre  Freiheiten  und  Privilegien  besiegen  zu  liS8en^^  Einen 
Monat  später  hatte  man  das  Zid  erreicht  Zu  Kalhmdborg 
wurde  der  schon  erwähnte  Friede  mit  KOnig  Hakon  von  No^ 
wegen  geschlossen,  der  sich  entgegenkommend  zeigte,  um  seinem 
Sohne  den  dänischen  Thron  zu  sidiem*);  in  Korsör  bekräftigte 
König  Olaf  den  stralsunder  Friede  durch  das  bisber  aoch 
immer  entbehrte  grosse  Siegel  ^).  Die  Hanse  setzte  sidi  in 
vollen  Besitz  d^  Errungensdiaften  des  letzten  Krieges,  die 
einzige  Gegnerin  Waidemars,  die  sich  solcher  dauernd  rOhmeii 
konnte.  Dass  sie  jene  Klausel  von  der  Königswahl  ausgab, 
beweist  nur  ihren  richtigen  politischen  Takt  Hatte  man  ddeh 
an  den  jüngsten  Vorgängen  sattsam  erfahren,  dass,  wran  man 
wirkliche  Macht  besass,  es  an  einem  entscheidenden  Einflns 
auch  auf  die  innem  Angelegenheiten  des  nordischen  Rekhes 
nicht  fehlen  werde,  dass  aber  andererseits  der  blosse  Wortlaut 
geschlossener  Verträge  bei  Weitem  nicht  ausreiche ,  fehlende 
Machtmittel  zu  ersetzen.  Klttger  daher,  ein  Recht  aufisugeben, 
das  wenig  nützen,  wohl  aber,  gegenüber  einem  auf  seine  natio- 
nale Ehre  eifersüchtigen  Volke,  den  Frieden  stören,  zu  man- 
cherlei Verwicklungen  Anlass  geben  konnte.  Die  wirklichen 
Vortheile  behaupteten  die  Hansen  um  so  fester.  Nach  wie 
vor  hielten  sie  die  schonenschen  Schlösser  und  den  Zoll;  im 


1)  H.  B.  II,  D.  120. 

2)  S.  oben  S.  617. 

3)  H.  R.  II,  n   133-138,  140,  III,  n.  92  u.  93. 


1S70— 1SY5.  5&5 

dortigen  Fischfang  beanspruchten  sie  geradezu  ein  Vorrecht 
vor  den  Eingebomen;  des  Königs  Vögten  sdbst  woQten  sie 
nur  einen  Tag  das  Salzen  gestatten.  Der  Zusatz  ,,al8o  dat 
oMinghes  heft  ghewesen'^  beweist  wohl  weiter  nichts,  als  dass 
sich  der  Brauch  in  den  jtkngsten  Jahren  hansischer  Uebennacht 
herausgebildet  hatte. 

Es  war  neben  dem  dänischen  Reichsrath,  Henning  von 
PotboB  an  der  Spitze,  vor  Allem  die  junge  Königin  gewesen, 
die  durch  engen  Anschluss  an  die  Städte  ihrem  Hanse  cBe 
Herrschaft  im  Nord^  gesichert  hatte.  Sie  dankte  diesem 
Bunde  auch  den  Fortbesitz  Gotlands.  In  eben  jenen  Tagen, 
da  in  Kallundborg  und  Korsör  den  Hansen  ihre  Freiheiten 
bestätigt  wurden,  huldigte  Wisby  dem  jungen  Dänenkönige, 
wandte  sich  entschieden  von  Schweden  ab*).  Gestützt  auf 
das  freundschaftliche  Verhältniss  zu  den  Städten  widerstand 
dann  auch  die  „Semiramis  des  Nordens^^  die  seit  dem  Tode 
ihres  (jemahls  (1380)  allein  das  Regiment  in  beiden  Reichen 
fOhrte ,  siegreich  allen  militärischen  und  diplomatischen  An- 
griiTen  der  Meklenburger.  Schleswig  vermochte  sie  allerdings 
dem  Reiche  nicht  wieder  zu  gewinnen,  aber  der  Kampf  um 
Schweden,  auf  das  die  Ansprüche  nicht  aufgegeben  wurden, 
endigte  mit  der  gänzlichen  Niederlage  König  Albrechts,  von 
dem  sich  der  Adel  abgewandt  hatte,  und  der  nach  dem  Tode 
seines  Vaters  (1378)  seiner  festesten  Stütze  entbehrte*).    Auf 


1)  H.  R.  II,  n.  189.  Es  ist  dabei  wohl  an  ein  Entgegenkommen  der  Hanse- 
städte DXnemark  gegenüber,  aber  nicht  an  ein  Opfer  ihrerseits  ao  denken. 
Wisbj  steht  unter  DXnemark  in  derselben  Stellang  wie  einst  unter  Schweden. 
Die  Auffassung  H.  R.  II,  p.  V:  „Ein  Ausgang,  den  man  hansischerseits  voU- 
stftndig  befriedigend  nennen  müsste,  wenn  man  nicht  stillschweigend  Wisby 
geopfert  hätte*'  entspricht  nicht  dem  Sachverhalte. 

S)  Den  Hauptgrund  f&r  Albrechts  Sturm  spricht  am  treffendsten  die  Chronik 
der  Minoritenbrflder  von  Wisby  aus:  Post  ciyus  (seil.  Boecii  Jonsson)  mortem 
milites  et  optimates  Swecie  cum  rege  Alberto  discordare  ceperunt,  eo  quod 
idem  rex  ab  ipsis  qnandam  partem  bonorum  regalinm,  quam  ipsi  a  multis  retro- 
actis  temporibus   ac  progenitores  eorum  tempore  guerrarum  sibi  usurpaTermnt, 


556    ^^I-  Vom  stnOsnnder  Frieden  bis  «nm  Tode  Waldemara,  1S70 — 1876. 

den  Ebenen  Westgotlands  unterlag  er  1389  In  der  Schlacht 
bei  Falköping  den  Schaaren  der  Königin;  Bieben  Jahre  nahm 
ihn  der  starke  Lindholm  als  Gefangener  in  seine  Mauern  aof, 
eine  Sfthne  für  die  siebenjährige  Gefangenschaft  des  Magnus 
in  Stockholm.  Als  er  wieder  herauskam,  musste  er  auf  sein 
Reich  verzichten.  Margarete  aber,  deren  Sohn  schon  1887,  ohne 
das  Mannesalter  erreicht  zu  haben,  gestorben  war,  stiftete  die 
skandinavische  Union,  beherrschte  die  drei  nordischen  Rddie. 
Der  Geist  ihres  Vaters  war  auf  sie  tibergegangen.  „Id  is  böge 
tho  vorwunderende  in  euer  vrouwen'^,  sagt  Detmar. 


Jqridice  ezigebat,  qood  quidein  predicti  nobiles  re^i  indigne  foreiites  conin 
regem  conspirare  ceperunt ,  allegmndo ,  quod  rez  patrimonia  ipttonun  vellet 
dliipere  ac  Theutonicii  suis  elargiri.  Insuper  ▼oluerunt,  quod  rex  naUo  modo 
aliqnod  eastnim  yel  beneficinm  in  regno  qnibuseonqne  peraonis  eztraneb  eora- 
mStteret  ten  cODferret  sed  tantum  Swecis  in  regno  Swede  natis.  In  quo  rez 
in  nullo  acquievit  seu  conj^ensit.  Vidoutes  igitur  Svevi ,  quod  regem  non  po- 
tnerunt  ad  ipsomm  Toluntatem  indiuare,   ab  ipso  reoeMernnt  et  ad  dominam 

Margaretam se  diverterunt,  Langeb.,  Scr.  rer.  Dan.  I,  SSO  ff. ;  Fant, 

Scr.  rer.  Suec.  I,  1,  46. 


Mit  den  Friedensschlüssen  von  Kallundborg  und  Korsör 
ist  die  Bewegung  abgeschlossen,  die  sich  an  die  kötaer  Kon- 
föderation knüpft;  indem  Wisby  dem  jungen  d&nisehen  Könige 
huldigt,  klingt  der  erste  Krieg  gegen  Waldemar  aus.  Kann 
dieser  nur  lokal  auf  dauernde  Bedeutung  Anspruch  mach^, 
indem  er  Gotland  von  der  schwedischen  Krone  hinüberbringt 
an  die  dänische,  damit  gleichsam  eine  Zeit  des  Ueberge- 
wichts  der  Dänen  unter  den  drei  skandinavischen  Yölkem 
einleitend,  so  giebt  dagegen  der  zweite  Krieg  den  nordi- 
schen Verhältnissen  eine  ganz  neue  Wendung.  Es  beginnt  die 
Zeit  des  vorherrschenden  Einflusses  der  Hanse  im  Norden,  in 
den  skandinavischen  Reichen  selbst  die  der  Adelsherrschaft. 
Allein  die  Städte  waren  aus  dem  Kriege  gegen  Waldemar  mit 
bleibenden  Vortheilen  hervorgegangen.  Die  sch(menschen  ßchlös« 
ser  behaupteten  sie  ihre  vollen  15  Jahre;  dann  allerdings  konnten 
sie  der  Königin  ihr  Eigenthum  nicht  länger  vwenthalten.  Aber 
die  Zeit  hatte  genügt,  sich  gründlich  auf  Schonen  festzusetzen, 
den  so  gewinnbringenden  Fischfang  und  Handelsverkehr  dort 
vollständig  in  städtische  Hände  zu  bringen.  Engländer,  Flam« 
länder,  Wallonen  wurden  damals  von  Schonen  ausgeschlossen. 
Und  in  der  Pditik  hielten  die  Hansen  das  Oleichgewicht  zwi- 
schen den  um  den  Norden  ringenden  Mächten ;  wohin  sie  sidi 
neigten,  da  war  der  Sieg.  Verdankte  die  Margarete  ihrer 
Haltung  wesentlich  die  Herrschaft  in  Dänemark,  die  Eroberung 
Schwedens,  so  waren  sie  es  anderersdts,  die  den  gefallenen 
König  Albrecht  aus  dem  Kerker  befreiten.    Und  dieser  Ein- 


558  Schlnis. 

fluss  dauert  durch  anderthalb  Jahrhunderte,  wird  innerhalb 
dieses  Zeitraums  wohl  zeitweise  zurückgedrängt,  doch  nie  wirk- 
lich gebrochen.  —  Die  Bedeutung  der  Hanse  steigt  und  sinkt 
mit  ihrer  Stellung  in  den  skandinavischen  Reichen.  Ihre 
Blüthezeit  beginnt  mit  dem  Tage,  da  die  hansischen  Banner 
auf  den  Zinnen  von  Helsingborg  flatterten,  die  Mauern  des 
kopenhagener  Schlosses  unter  den  Händen  städtischer  Stdn- 
hauer  in  Trümmer  sanken;  sie  sinkt  in  Bedeutungslosigkeit 
zurück ,  als  im  Spätherbst  1535  die  haosisclie  Flotte  erfolg- 
und  ruhmlos  aus.  dem  Sunde  heimkehrte,  weder  Malmö  n^h 
Kopenhagen  hatte  Hülfe  bringen  können.  Kaum  ist  in  der 
Zwischenzeit  im  ganzen  Norden  irgend  etwas  von  politisdi^ 
Bedeutung  geschehen,  an  dem  die  Hansen  nicht  in  ihrer  Weise 
mitgewirkt  hätten.  Wie  aber  diese  Stellung  im  Nordmi  er- 
rungen war  im  Wett-  und  Widerstreit  mit  deutschen  Mächten, 
so  wurde  sie  verloren  im  Kampf  mit  diesen.  D^  Schleswig- 
Holsteiner  Christian  UL  mit  seinen  deutschen  Landsknediten 
befreite  Dänemark  von  erdrückender  hansischer  Uebermaoht 
Denn  schwerlich  wären  die  Dänen  allein  im  Stande  g^ 
wesen,  das  verhasste  Joch  abzuschütteln.  Einen  traurigan  Ein- 
druck macht  doch  die  Oeschichte  des  Nachbarvolkes  in  der 
Zeit  von  den  Tagen  Wäld^nar  Atterdags  und  sein^  hoch- 
herzigen Tochter  Margarete  bis  hin  zu  Christian  UL,  ja  weiter 
zur  Bevolution  von  1660,  in  der  Zeit  der  vorwiegenden  Adels- 
herrschaft.  Ueberall  macht  das  Jagen  nach  Lehen  einen  häss- 
lichen  Eindruck,  im  Norden,  wo  es  so  spät  auftritt,  trotsdem 
vielleicht  mehr  als  anderswo.  Graf  Gterhard  von  Holstein, 
Herzog  Albrecht  von  Meklenbuig  war  es  gelungra,  ihren  flbsr- 
mächtigen  Adel  zu  bändigen,  dessen  übermüthige  Kraft  in 
glänzenden  Unternehmungen  nach  aussen  zu  verwerthen.  Däne- 
mark ist  dies  glückliche  Loos  nicht  beschieden  gewesen.  Auch 
Waldemar  hatte  die  Macht  des  in  dem  Jahrhundert  vor  ihm 
empor  gewachsenen  Adels  nicht  zu  brechen  vermocht;  selbst 


ScUoBt.  559 

mufiste.  er  sich  zuletzt  vonsugBweise  auf  einen  neu  herange- 
bildeten liebnsadel  stiitsen.  Unter  seinen  Nachfolgern  wuchs 
derselbe  rasch  an  Besitz  und  Einfluss.  Die  Kämpfe  in  den 
Zeiten  der  Union  sind  vorzugsweise  ein  Bingen  des  Adels 
beider  BeiGhe  um  Landerwerb  und  einträgliche  Stellungen,  das 
sich  in  eine  nationale  Crewandung  hüllt  Die  Macht  des  König- 
thums'  sinkt  bei  jed^n  Thronwechsel  Und  dazu  waren  die 
grossen  Herren  wohl  stark  genug,  ihren  Fürst^  das  Leben 
sau^r  zu  maeheUf  aber  nicht,  dem  heimischen  Staate  Kraft  zu 
verleihe.  Wo  w&re  auch  die  Neigung  vorhanden  gewesen, 
etwas  für  diesen  zu  thun,  wenn  man  nidit  zugleich  den  eig^ien 
VcNTtheil  fördern  kcmnte.  Eine  wie  klft^che  BoUe  spielt  doch 
der  dftnische  ReichsraÜi  nach  der  Vertreibung  Christians  ILI 

Wie  für  die  äussere  Machtstellung  der  Hanse,  so  bildet 
auch  für  ihre  innere  Entwicklung  die  köhier  Konföderation 
^mea  entscheidenden  Wendepunkt  Allerdings  waren  ja  Kon- 
föderation und  Bund  der  Städte  nicht  gleichbedeutend,  aber  die 
Haupt^lieder  in  beiden  waren  doch  dieselben.  Nach  wie  vor 
gnippirte  sich  dieser  um  die  gemeinsamen  Freiheiten  des  deut- 
schen Kaufmanns  im  Auslande,  war  eine  Bechtsgemeinschaft  ^\ 
aber  jene  hatte  doch  sod^en  diese  Freiheiten,  dieses  Becht  an 
zwei  Oberaus  wichtigen  Punkten  wesentlich  erweital,  hatte  das 
Errungene  und  das  zum  Schutz  desselben  vorübergehoid  Er- 
worbacie  zu  vertreten  und  zu  bewahren.  Nothwendig  war  es 
daher  >  dass  auch  sie  zusammenblieb.  Nach  dem  stralsunder 
Frieden  war  wenigstens  abzuwarten,  ob  der  König  ihn  auch 
bestätige  werde;  als  das  dann  im  Oktober  1371  mit  dem 
Sekrete  gesdiah,  war  weiter  die  Frage,  ob  Waldemar  auch  das 


1)  Lftb««k  an  den  Papst  136S:  Kodem  jure,  qaod  apud  nos  Hanta  Theo- 
tonica  dicitur,  participantea ,  LUb.  Urkdb.  III,  n.  648;  vgl.  auch  Sehl.  HolaL 
LAaenbg.  Urkdb.  11,  S.  S79  ^n  211):  Qu!  in  eanim  jaaticia,  qmi  Hanta  Teu- 
tonica  proprie  dicitur,  coinprohendi  dinotcnntur. 


560  SdÜius. 

versprochene  grosse  Siegel  anh&ngen  werde.  Im  Juli  1374 
sind  die  Stftdte  einstimmig  der  Meinung,  dass  ,,die  kölner 
Konföderaticm  noch  in  voller  Kraft  sei,  da  der  K^g  von 
Dänemark  der  Städte  Stthnebriefe  noch  nicht  besiegelt  habe, 
sie  auch  mit  dem  Könige  von  Norwegen  noch  zu  kmter  voll- 
kommenen Sühne  gdcommen  seien^S  Und  als  nun  dieses  Sei 
durch  die  Verträge  von  Kallundborg  und  Korsör  errdcht  war, 
da  hatte  man  doch  noch  die  sch(»i«ischen  Schlösser  su  be- 
wache und  den  Zoll  dort  zu  erheben.  Demgemäss  beriden 
sich  die  preussischen  Städte  noch  im  Mai  1377  auf  die  Bestini- 
mungen  der  Konföderati(m ,  betrachteten  sie  als  fortbestehend. 
Auf  ein  oder  mehrere  Jahre  pflegte  man  dieselbe  nach  vorher- 
gegangwer  Berathung  formell  zu  verlängern  ^).  Als  1384  einmal 
diese  Verlängerung  nicht  rechtzeitig  beschlossen  worden  war, 
hielten  die  pr^issisch^  Städte  die  Konföderation  für  erloscheo, 
Wollten  die  von  ihnen  ausgestellten  Urkunden  zurückfordern, 
um  ue  zu  vernichten.  Unmittdbar  darauf  aber,  als  von  den 
Städten  zur  Berathung  gestellt  ward,  ob  man  das  BündnisB 
verlängern  wolle  oder  es  aufg^en,  eridärtan  gerade  die  prens- 
sischen  Städte  als  ihre  Ansicht,  dass  man  das  Bündniss  beste- 
hen lassen  müsse,  wie  es  bisher  gehalten  worden  sei.  Und  ae 
waren  es  dann  auch,  die  deutlich  aussprachen,  woran  wenigstens 
der  äussere  Bestand  des  Bundes  hing:  „Wenn  die  gemeinen 
Städte  die  Schlösser  wirklich  übergeben  wollen,  so  dass  das 
Bündniss  zergeht,  so  ist  unsere  Meinung,  dass  wir  mit 
Hülfe  unseres  Herrn,  des  Hochmeisters,  mit  denen  von  livkuid 
und  der  Südersee  eine  Tagfahrt  halten  und  mit  ihnen  ein 
neues  Bündniss  aufiichten^^*).  Auf  der  Johannisversammlung 
zu  Stralsund  1385  wurde  noch  einmal  die  kölner  Konföderation 


1)  Vgl.  H.  R  I ,  n  5SS  $  1,  II,  n.  73  §  3,  77  §  8,  9,  n.  14T  §  13,  156 
§  28,  170  §  5. 

2)  H.  R.  II,  n.  275  §  5,  290  §  8,  n.  276  §  11,  99S  §3,  297  §  3,  298  §  2, 

n.  305  §  2,  306  §  23. 


Sehlofls.  561 

yerlesen.  Die  StSdte  waren  der  Meinung,  dass  sie  ihrem  Wort- 
laute naeh  ein  Ende  habe;  die  schonenschen  Schlösser  waren 
zurOckgBgebeD.  Trotzdem  wurde  doch  den  anwesendai  Raths- 
sendeboten  aufgetragen,  daheim  berathen  zu  lassen,  ob  es  nicht 
nOtzUch  sei,  das  Bündniss  in  irgend  einer  Weise  zu  verlängern. 
Die  Preussen  beriethen  sogleich  in  Stralsund  mit  den  Süder- 
seeisdieii,  ob  diese  nicht  mit  ihnen  und  den  Livländem  sich 
yerbindeB  wollten^). 

Deutlich  c^enbart  sidi  hier  die  Bedeutung  der  vor  18  Jah- 
rea  zu  Köln  geschlossenen  Konföderation.    Allerdings  war  sie 
nur. ein  Bündniss  ad  hoc,   geschlossen,  um  den  dänisch-nor- 
wegischea  Handel  zu  schützen,  die  Wasserwege  von  der  Ost«^ 
zur  Weatsee  wieder  frei  zu  machen  für  die  hansische  Schiff- 
fahrt ;  -  in  diesem  ihrem  formdien  Charakter  war  sie  nicht  ver- 
schieden von  hundert  anderen  Verträgen,  die  zu  bestimmten 
Zwecken  unter  norddeutschen  Städten  geschlossen  worden  sind. 
Aber  die  Hanse  ist  nicht  theoretischer  Staatsweisheit,  sondern 
der  Logik  der  Thatsachen  entsprossen.    Und  Thatsache  war, 
das6  bisher   noch  kein  so  umlassender  Bund    norddeutsche 
Städte  zu  einem  Streben  geeinigt,  noch  keiner  so  grosse  Macht- 
mittal so  geschlossen  und  ausdauernd  aufgewandt,  vor  Allem 
noch  keiner  so  durchschlagrade  Erfolge  errung^  hatte.    Noch 
nie  hatte  man  so  deutlich  gefühlt,  was  man  vermochte,  wenn 
man  einig  war.    Granz  von  sdbst  musste  der  Gedanke  kom- 
men, diese  Einigkeit  unter  aUen  Umständen  festzuhalten,  sie 
vor  allen  Dingen  zu  verwerthen  im  Dienste  dessen,  was  noch 
immer  in  erster  Linie  die  Städte  zusammenßihrte,  der  gemein- 
samen Yerkehrsrechte  im  Auslande.    Auch  hier  erfahren  wir 
wieder  aus  dem  Munde  der  preussischen  Städte,  wie  man  die 
kölner  Konföderation  in  Verbindung  brachte  mit  dem  eigent- 
lichen Grundgedanken   der  Hanse.    Sie  antworten  1386  auf 


1)  H.  R.  II,  D.  806  §  22  a.  28,  n.  808. 
Sch&fer,  rue  HanteatAdte.  3  g 


562 

den  Vorschlag  zur  Aufrichtung  eines  neam  Bundes  als  Ersatz 
für  die  abgelaufene  Konfikleration:  „In  Allem,  was  die  Kauf- 
mannschaft und  die  Segelation  betrifft,  möge  das  Bündniss 
mit  den  gemeine  Städten  zehn  oder  mdir  Jahre  dauern^  ^). 
Einen  direkte  Einfluss  übt  die  kölner  Konl&derati<Mi  aiif  die 
Hanse,  die  Städte,  die  „in  des  Kai^anns  Rechte  sind^ 
„Jede  Stadt  soll  der  andern  Bestes  bedenken ,  wo  sie  es  mit 
Recht  und  Ehren  thun  mag,  wie  es  zu  Köln  beschlossen  worda 
Wäre  es ,  was  (xott  verhüte ,  dass  Streit  unter  Städten  ent- 
stände, die  in  des  Kaufinanns  Recht  sind,  so  sollen  sie  ihren 
Streit  schlichten  nach  dem  Rath  der  Nachbarst&dte"  *).  Käm- 
pen und  Stavoren  bitten  1383,  dass  man  sie  thdlnehmai  lasse 
an  allen  weiteren  Privilegien,  die  die  Städte  (die  der  Hanse, 
nicht  die  der  Konföderation)  in  Norwegen,  Dänemark,  HoHand 
und  Flandern  erwerben  würden.  Die  ErflLlhmg  dieses  Wim- 
sches  wird  von  weiterer  Berathung  der  Städte  aUi&ngig  ge- 
macht, von  vornherein  aber  von  Kampen  und  Stavormi  ver- 
langt, dass  sie  dann  auch  „gehorsam  sein  müssten  dem  Rechte 
des  Kaufinanns  an  allen  Orten,  da  das  Recht  des  Kaufinanns 
ist^^;  von  den  preussischen  Städten  aber  meinen  wenigstens 
Danzig  und  Elbing,  dass  man  jenen  „die  Aufiiahme  unmög- 
lich versagen  könne,  wenn  sie  sich  verpflichten  wollten,  ge- 
horsam zu  sein  gleich  den  andem^^*).  In  erster  Linie  ihre 
Stellung  als  Konföderationsmitglieder  schuf  ihnen  also  einen 
so  leichten  Zugang  zu  den  Privilegien  der  Hanse^ 


1)  H.  B.  II,  n.  831  §  2 :  Item  als  umme  das  rorbind  csu  vorlengin ,  so 
es  das  der  stete  rat,  al  das  der  kofenschatzt  ond  der  segelacionen  anrnrende 
es ,  das  der  vorbind  sta  10  jar ,  9  Jare  adir  S  jare  uyn  adir  meere  mit  den 
gemeyneo  steden. 

S)  ebd.  II,  n.  232  §  24 :  .  .  .  .  en  jewelk  stad  myt  der  andren  baste  schal 
umme  gan ,  dar  se  id  myd  like  imd  mit  eren  doen  mach ,  alse  dat  to  Colne 
liegrepen  ward.  Unde  wer  et,  dat  Gk>t  yorbed«,  dat  jenicfa  schelinge  upstonds 
twisschen  Jenigen  steden ,  de  in  des  kopmans  rechte  sind ,  de  schnilen  sik  an* 
derlwisschen  vlyen  na  rade  der  stede,  de  by  en  beseten  synt. 
8)  ebd.  II,  n.  266  §  8  u.  270  §  5. 


Sehluff.  638 

Es  bedarf  wohl  kaum  der  Erwähnung,  dass  die  kölner 
Konföderation  dem  Auftreten  der  Hanse  nicht  nur  im  skandi- 
navischen Norden  grössere  Festigkeit  verlieh.  Energischer  als 
je  zuvor  sehen  wir  den  aus  dem  Verfalle  zur  Zeit  Erich  Men-» 
veds  glänzend  wieder  aufgerichteten  Bund  die  Rechte  des  deut- 
schen Kaufmanns  überall  im  Auslande  vertreten,  in  Flandern, 
in  England  und  Russland.  Man  fühlt  seine  Kraft,  denkt  da- 
ran, Flandern  „dieselben  demüthigenden  Bedingungen  aufzu- 
zwingen^ ,  die  das  verhanste  Braunschweig  sich  hatte  gefallen 
lassen  müssen  >).  Wie  in  diesem  Falle,  so  erfreute  man  sich 
auch  sonst  nicht  immer  eines  durchschlagenden  Erfolges;  die 
Wirren  im  skandinavischen  Norden,  die  sich  an  den  Kampf 
um  den  dänischen  und  schwedischen  Thron  knüpfen,  haben 
den  Städten  manche  schwere  Stunden  gemacht;  ihren  Handel 
von  der  Geissei  der  Vitalienbrüder  zu  befreien,  hat  ihnen 
kaum  weniger  Anstrengung  gekostet  als  die  Demüthigung  des 
dänischen  Reichs').  Aber  sie  wussten  ihrer  Stimme  doch 
Gehör  zu  verschaffen;  nirgends  verhallte  sie  unbeachtet;  eine 
Mahnung,  gar  eine  Drohung  aus  Lübeck  legte  man  an  keinem 
Hofe  des  Nordeos  stillschweigend  zu  den  Akten.  Deutlich  ist 
diese  gehobene  Stellung  des  Bundes  zu  erkennen  aus  den  Ben 
Werbungen  um  Aufnahme  in  ihn ,  um  Theilnahnie  an  den  Pri- 
vilegien seiner  Glieder.  Ausser  Kampen  und  Stavoren  sehen 
wir  in  den  nächste  Jahren  Rügenwalde  und  Stolp,  Amheim 
und  Nymwegen  mit  solchen  Gesuchen  kommen.  Offenbar  war 
es  nicht  mehr  möglich,  auf  den  auswärtigen  Märkten  mit  Er-» 
folg  der  Handlung  obzuliegen,  wenn  man  nicht  der  Hanse 
angehörte,  sich  „vordegedingen^^  liess  „mit  des  kopmans  rechtens 
Stellt  doch  sogar  die  englische  Kaufmannschaft  den  Antrag, 
in  den  Bund  aufgenommen  zu  werden :  So  meneden  se,  dat  it 

■II      ■    ^M  -         ■  ■■    ■   ^    ^  m        ■ 

1)  Vgl.  KoppmanD ,  H.  R.  U,  p.  VII. 

2)  Vgl.  Koppmano ,  H.  R.  IV ,  Einleituog. 

86* 


564  Schlnai. 

nutte  unde  gut  were,  dat  wy  eoer  lüde  weren  uiide  ere  cop- 
lude  an  uiisen  vorbunt  unde  vryheyt  nemen^). 

Ohne  eine  solche,  den  ganzen  norddeutschen  Handel  im 
In-  und  Auslande  beherrschende  Stellung  wäre  es  auch  nicht 
denkbar  gewesen,  dass  ein  Schritt,  wie  ihn  der  Bund  in  den 
nächste  Jahr^  nach  dem  Kri^e  gegen  Braunschweig  wagte, 
von  so  vollständigem  Erfolg  hätte  b^leitet  sein  k&uien,  wie 
es  der  Fall  war.  Ein  ganz  neues  Feld  d^  Wirksamkeit  be- 
trat hier  die  Hanse,  ein  Feld,  das  sie  noch  oft  betreten  sdlte 
und  nicht  inuner  ziun  Heil  ihrer  weitem  Entwicklung ,  das 
der  Einmischung  in  die  innem  Streitigkeiten  der  einzdnen 
Städte.  In  Braunschweig  hatten  sich  im  April  1374  die  Hand- 
werker gegen  den  Rath  erhoben ,  10  Bütglieder  desselben  hin- 
gerichtet, die  übrigen,  soweit  sie  nicht  schon  aus  der  Stadt 
entflohen  waren,  verwiesen.  Da  sich  der  neue  Rath  der  Ver- 
mittlung der  Städte  nicht  fUgte,  wurde  Braunschweig  aus  der 
Hause  gethan,  aller  Verkehr  mit  ihm  untersagt,  seinen  Kauf- 
leuten die  auswärtigen  Märkte  verboten.  Nur  unter  d^  de- 
müthigendsten  Bedingungen  konnte  die  Stadt  fünf  Jahre  spä- 
ter ihre  Wiederaufnahme  erlangen.  Häufiger  als  früher  ka- 
men jetzt  die  Städte  in  die  Lage,  zu  derartigen  Bewegungen 
Stellung  nehmen  zu  müssen.  Zunftunruhen  fingen  an,  auch 
in  Norddeutschland  häufiger  zu  werden.  Die  Last,  die  die 
Städte  an  d^  Kosten  des  letzten  Krieges  zu  tragen  hatten, 
fohlten  die  Bürger;  die  Ausrüstung  von  Kriegsschiffen  zur 
Befriedung  der  See  wurde  in  den  nächsten  Jahren  zum  dauern- 
den Bedürftiiss  und  belastete  das  Kaufmannsgut  mit  einem 


1)  H.  B.  U,  o.  210  §  8,  6,  ebd.  II,  n.  190  §  1,  192  §  19,  254  §  2,  842 
§  14.  Wie  verhfilt  es  sich  mit  der  Behaoptung  Arnheims  and  Nymwe^ns, 
dass  sie  schon  „von  sHersher  in  der  Hsnse  and  des  KAaftmuins  Reclite**  ge- 
wesen seien  ?  Schwerlich  ist  diese  Behsaptong  gans  unbegründet.  Hat  etwa 
die  kölner  Konföderation  jene  Entwicklang  gefordert,  die  das  Recht  des  deut- 
schen Kaufmanns  auf  die  deutschen  Städte  resp  auf  einselne  StSdte  be- 
schränkte?    Vgl.  oben  S.  449  A.  1. 


Schluss.  566 

drückenden  Pfündzoll ;  auf  den  Rath  wälzte  man  zunächst  die 
Verantwortung  dafür.  In  Hamburg  und  Stade,  in  Lübeck 
und  Anklam  kam  es  zu  Aufständen,  die  zum  Theil  zum  Ver* 
giessen  von  Bürgerblut  führten.  Möglich,  dass  auch  der  Rath 
und  die  reichen  Bürger  Anlass  gaben  zu  gerechtfertigter  Un- 
zufried^heit  In  den  nächsten  Jahrzehnte  nach  dem  Kriege 
schdnen  sich  die  vornehmeren  Kaufmannsgeschlechter  zu  je- 
nen Gesellschaften  zusammengeschlossen  zu  haben,  aus  denen 
nachher  in  den  hervorragendsten  Städten  der  Rath  sich  aus- 
schliesslich ergänzte.  Reichthum  und  Ansehen  nach  innen  und 
aussen  war  unzweifelhaft  gewachsen,  damit  aber  auch  Stolz 
und  Hochmuth  eingezogen,  und  diese  führten  zu  Aufwand  und 
Pracht.  Es  kam  zu  Vergehen  am  gemeinen  Out.  Bertram 
Wulflam  aus  einer  der  angesehensten  Familien  Stralsunds,  seit 
dem  ersten  dänischen  Kriege  auf  allen  wichtigen  hansischen 
Versammlungen  der  Vertreter  seiner  Vaterstadt,  ihr  Bürger- 
meister seit  1364,  einer  der  Leiter  der  hansischen  Politik  in' 
ihrer  glänzendsten  Zeit,  verliess  1391  in  schimpflicher  Flucht 
die  Stätte  seines  Ruhmes  und  seines  Glanzes  wegen  Verun- 
treuung städtischen  Geldes.  „Seit  28  Jahren  hat  Herr  Ber- 
tram erhoben  den  Schoss  und  der  Stadt  Gut  und  hat  das  an 
sein  Haus  gebracht  und  bringen  lassen  sonder  Befehl  des 
Raths ;  er  und  sein  Weib  haben  mehr  darüber  verfQgt  als  der 
Rath^^^).  Gar  zu  sehr  hatten  er  und  sein  Sohn  Wulf  den 
Junker  zu  spielen  gesucht,  nachahmend  den  landsässigen  Her- 
ren.   Es  ist  wieder  einer  der  wenigen  Fälle,  in  denen  auf 

1)  Vgl  H.  B.  IV,  o.  40.  Die  Nachricht  des  Dietrich  von  Nieheim ,  aaf 
die  Harttiing  (Hans.  Gesehbl.  1876  i  S.  165  ff.)  aufmerksam  macht,  daas  Wal- 
demar  in  sein  Reich  zurückgelangt  sei  „cansante  proditione  aliquonun  poten- 
tnm  ex  eisdem  civitaiibus  et  oppidis  pecunia  corruptomm^S  kann  allenfalls,  wenn 
man  sie  mit  dieser  Thatsache  znsammenhilt  und  dabei  bedenkt,  dass  Stralsund 
eine  Hanptrolle  spielt  in  dem  Abschluss  der  Vertrige  mit  Dänemark,  anf  eine 
gewisse  Berficksichtignng  Anspruch  machen.  Die  Art  ihrer  Ueberlieferung  kann 
ihr  solchen  nicht  verleihen,  denn  Dietrich  von  Nieheim  seigt  sich  in  dem  an* 
gezogeneu  Passus  über  nordische  Verhältnisse  offenbar  sehr  sdileekt  unterriebtet 


666  s«u«M. 

Charakter  und  persönliches  Geschick  eines  der  in  der  hansi- 
sohen  Geschichte  dieser  Zeit  hervorragendsten  Männer  ein  hel- 
les licht  Mt 

Auch  des  hansischen  Bundes  Verfassung ,  wenn  man  yon 
einer  solchen  überhaupt  reden  darf,  ist  von  der  kölner  Kon- 
föderation und  dem  glücklichen  Kriege  g^en  Dänemark  nicht 
unberührt  geblieben.  In  festeren  Formen  als  zuvor  bewegt 
sich  jetzt  das  hansische  Leben.  Häufiger  sind  die  Versamm- 
lungen seit  dem  ersten  kriegerischen  Zusammenstoss  mit  Dä- 
nemaric;  nicht  bloss  auf  die  besser  bewahrte  Ueberli^erung 
lässt  sich  das  schieben.  Mehr  als  einmal  treten  wenigstens 
die  wendischen  Städte  aiyährlich  zusammen;  die  Mittsonuner- 
(Johannis-)  Versammlung  wird  seit  den  60er  Jahren  zur  Re- 
gel; sie  ist  durchweg  eine  allgemein  hansische,  von  Vertre- 
tern aller  G^enden  besucht.  Wie  es  der  Gang  der  Ereig- 
nisse mit  sich  brachte,  nahm^  zunächst  die  Küstenstädte 
eine  hervorragende  Stellung  ein;  in  den  Jahren  1367 — 70  er- 
scheint keine  Binnenstadt  auf  hansischen  Tagfahrten«  Die 
westfälischen  Städte,  die  früher  eine  so  bedeutende  Rolle 
spielten,  treten  in  dieser  Zeit  zurück  vor  d^  preussiscfaen, 
livländischen  und  süderseeischen.  Nur  durch  Mitglieder  des 
Raths  (radess^deboden)  kann  eine  hansische  Tagfahrt  voll- 
gültig besandt  werden ;  durch  ein  Beglaubigungsschreiben  ihrer 
Stadt  mnss  sich  die  Vertretung  als  bevollmächtigt  erweisen^). 
In  Nothfällen  kann  allerdings  eine  Stadt  statt  eines  Raths- 
gliedes  ihren  „Schreiber"  (notarius,  secretarius)  schicken;  aber 
nur  hörend  und  über  die  eigenen  Angelegenheiten  berichtend 
darf  dieser  an  den  Verhandlungen  theilnehmen;  mitbeschlies- 
sen  kann  er  nicht.  —  Nie  ist  ein  Hansetag  zusammengekom- 
men, auf  dem  alle  Städte  vertreten  gewesen  wären;  meistens 
nahm  nur  ein  kleiner  Bruchtheil  direkt  an  der  Versammlung 


1)  Si«be  H.  B.  I,  u.  510  §  11,  8. 


Sokioii.  567 

Theil,  häufig  bevollmächtigt  zugleich  für  nachbarliche  Geuossen. 
Die  Weite  der  Entfernung  (die  grosse  Mehrzahl  der  Tage 
wurde  in  den  wendischen  Städten  abgehalten)  und  die  dem- 
gemäss  ^tstehenden  Kosten,  Beschwerden  und  Ge&hren  der 
9eise  waren  der  Hauptgrund  dafOr.  Keineswegs  darf  man 
daraus  schon  in  dieser  Zeit  auf  Gleichgültigkeit  gegen  die 
aUgemeine  Sache  schliessen.  Offenbar  bemühte  man  sich,  die 
angedehensten  und  tüchtigsten  Männer  des  heimisdien  Rathes 
auf  diese  Versammlungen  zu  schicken,  mit  Vorliebe  die  Bür- 
germeister. Grössere  Städte  sandten  in  der  Regel  mehrere 
Vertreter,  darunter  üast  immer  1  oder  2  Bürgermeister,  lieber 
Alles,  was  die  Interessen  des  gemeinen  Kaufmanns  betraf, 
wurde  hier  verhandelt.  So  weit  sich  sein  Handelsgebiet  er- 
streckte, reicht  daher  auch  der  Gesichtskreis  dieser  bürger- 
lichen Politiker,  ein  Feld  bebauend,  wie  es  kein  Kabinet  der 
Zeit  umfassender  beherrschte.  In  den  bewegten  Tagen  der 
waldemarischen  Kri^e  und  häufig  auch  später  drängt  sich 
die  hohe  Politik  auf  den  Tagen  in  den  Vordergrund;  mussten 
doch  die  Hansen  in  die  Reihe  der  um  politischen  Einfluss 
ringenden  Mächte  eintreten,  wenn  sie  überhaupt  ihren  For- 
derungen, die  ja  an  sich  eine  andere  Richtung  nahmen,  Gel- 
tung verschaffen  wollten.  Da  fehlte  es  denn  auf  den  Hanse- 
tagen nicht  an  Herren  und  fürstlichen  Vertretern,  die  um  die 
Gunst  des  mächtigen  Bundes  warben.  Auch  Partikular-  und 
Privatangdegenheiten  kamen  auf  den  Tagfahrten  zur  Verhand- 
lung, doch  suchte  man  sie  möglichst  zurückzudrängen  hinter 
den  allgemeinen,  berücksichtigte  sie  erst  nach  diesen  ^ ).  Was 
beschlossen  wurde,  war  verbindlich  für  Alle,  so  weit  es  die 
Angelegenheiten  des  gemeinen  Kaufmanns  betraf.  Nicht  aber 
schloss  der  Bund  als  solcher  politische  Verträge,  die  seine 
Mitglieder  zu  bestimmten  Leistungen  verpflichtet  hätten.    Die 


1)  H.  R.  I,  o.  ÖSS  §  9. 


568  Sofahus. 

Hanse  als  solche  hat  wohl  Privilegien  erworben,  Anordnungen 
in  Betrefif  des  Handels  erlassen,  die  Angeleg^iheiten  aller 
ihrer  Kaufleate  im  In-  und  Auslände  geregt,  auch  Verkehrs- 
beschränkungen  auferlegt  auf  Grund  herrschenden  Kri^gsstan- 
des,  aber  nidit  hat  sie  als  Ganzes  Kri^  erklärt  oder  solehen 
geführt  Da  war  es  jeder  einzelnen  Stadt,  soweit  sie  nidit 
schon  etwa  durch  Sonderv^rträge  mit  benachbarten  Genossen  ge- 
bunden war,  freigestellt,  ob  sie  mitmachen  wollte  oder  nicht; 
in  beiden  Fällen  musste  sie  aber  die  fttr  den  Verkehr  erlas- 
senen Bestimmungen  befolgen.  Kriegerische  Leistungen  ge- 
schehen nur  auf  Grund  besonderer  Abmachungen;  d^  Be- 
schluss  einer  hansischen  Tagfiahrt  konnte  kdneswegs  alle 
Städte  zu  solchen  verpflichten.  Nur  das  von  ihr  etwa  ansge- 
sprochene  Handelsverbot  musste  jede  Hansestadt  respektiren, 
auch  die  fär  den  Sdiutz  des  Handels  etwa  beliebtem  Auflagen 
(Pfundgelder)  unweigerlich  tragen;  sonst  lief  sie  (Gefahr,  aas 
der  Gemeinschaft  ausgeschlossen  zu  werden. 

Die  auf  den  hansischen  Tagfahrten  gefasstai  Beschlüsse 
wurden  niedergeschrieben,  anfangs  nur  in  knappestor  Form, 
bald  ausfährlicher ,  gleichsam  als  kurzes  Protokoll  der  Vor- 
handlungen.  Von  den  60er  Jahren  des  14  Jahrhunderts  an 
werden  diese  Aufzeichnungen  als  Recesse  bezeichnet  Dass 
gerade  diese  Zeit  ein  entscheidender  Wendepunkt  sei  in  d^ 
hansische  Geschichte ,  ist  schon  den  Zeitgenossen  klar  gewe- 
s&k.  Mit  Recht  hat  der  Herausgeber  der  Hans^eoesse  darauf 
aufmerksam  gemacht,  dass  man  in  Lttbeck  die  Entstdiung 
des  hansischen  Städtebundes  von  der  greifswalder  Konfödera- 
tion von  1361  datirte^).  Mit  dieser  beginnt  die  grosse  lü- 
becker  Recesssammlung  (jetzt  Eigenthum  des  Grafen  Holstein- 
Ledraborg  auf  Seeland) ;  bei  der  kölner  Konföderation  machte 
der  Schreiber,  offenbar  absichtlich,  einen  Abschnitt.    Mit  den- 


1)  Vgl.  H.  B.  I,  p.  XI. 


SchiM.  569 

Bdbra  Ereignissen  beginnen  die  drei  andern  Receßssammlungen 
der  Zeit:  1868  die  von  Wismar  und  Stralsund,  1369  die  von 
Hamburg.  Es  wirft  an  beachtenswerthes  Licht  auf  den  hi- 
sleriscben  Sinn  der  Zeit,  dass  Ereignisse,  die  offenbar  auf 
die  Mitlebenden  den  tiefsten  Eindrudc  machten,  in  ihrer  Be* 
dentung  von  ihnen  klar  erkannt  wurden,  nur  so  schwache 
Spuren  hinterlassen  haben  in  den  Chroniken  der  Zeit  ^). 

In  der  Gliederung  des  hansischen  Bundes  spiden  auch 
je^  noch  die  Landschaften  die  Hauptrolle.  Ueberhaupt  haben 
Territörimn  und  Landesherr  doch  wohl  einen  grösseren  Ein« 
flufls  auf  ^e  Entwicklung  der  Hanse  geübt,  als  man  von  vom« 
herein  anzundmien  geneigt  ist  Auf  Partikulartagfahrten  ver- 
haadefai  die  Stftdte  einzelner  Landschaften  allgemein  hansische 
Angelegenheiten,  fassen  Beschlüsse  über  ihre  Stellung  zu  den* 
selben, '  vertheilen  unter  sich  die  übernommenen  Lasten.  Nicht 
immer  stehen  die  landschaftlichen  Gruppen  in  geschlossener 
Einigkeit  n^hm  einander.  Besonders  die  Preussen  sondern 
sich  gern  ab,  gehen  gestützt  auf  ihren  Hochmeister  selbstän- 
dig vor.  In  Betreff  der  Verwaltung  der  schonenschen  Schlös- 
ser und  des  dortigen  Zolles  vertreten  sie  gegenüber  den  wen- 
dischen Städten  eine  vdlständig  abweichende,  schwerlich  zu 
reditfertigende  Anschauung;  andererseits  nehmen  die  wendi- 
schen Städte  in  dem  Streite  mit  den  Engländern  in  den  70er 
und  80er  Jahren  eine  Haltung  an,  die  auf  die  Stellung  der 
Preussen  in  dieser  Frage  doch  kaum  genug  Rücksicht  nimmt  *). 
Mit  diesen  erscheinen  seit  den  waldemarischen  Kriegen  die 
süderseeisdien  (niederländischen)  Städte  in  naher  Verbindung '), 

1)  Aücfh  die  Erintiening  späterer  Jahre  legte  diesen  Ereignlsteo  eine  eot- 
»cheiden^e  fiedevtang  bei.  Wiederiiolt  werfen  in  späteren  Verbnndlangen  (An- 
fang de#  16.  Jahrhunderts)  die  Dänen  den  LQbeckern  diese  Kriege  und  die 
Vertreibung  Waidemars  vor,  allerdings  auch  die  Verpfändung  Schonen»  an 
Schweden.'  Hattea  die  LSbeeker  bei  Letsterer  wirklich  so  entscheidend  mitge« 
wirkt? 

S)  Vgl.  H.  B.  II,  S.  4ÖS  u.  lU^  S.  56 ;  ebd.  UI,  Einleitg  p.  VII  ff. 

3)  Vgl.  noch  ausser  den  angefllhrten  Thatsnehen  H.  B.  I,  n.  489  J  6,  UI, 
n.  38. 


570  SoUwf. 

während  die  livländer,  der  alten  Ueberliefarang  getreu ,  sich 
doch  mehr  an  die  Wendischen  halten.  Die  Letzter«!  aber 
sind  offenbar,  wie  zu  Anfang  und  bis  gegen  £^de  hin,  die 
eigentUchen  Leiter  des  Bundes.  Sie  ymsammeln  sich  am  häu- 
figsten, nicht  nur  zur  Berathung  ihrer  eigenen,  WNidem  auch 
der  allgemeinen  Angelegenheiten.  Sie  schreiben  die  hansi- 
schen Tagfahrten  aus,  bestimmen  meistens  die  YerhandluiigB- 
g^enstände;  fast  ausschliesslich  tagen  die  Bathssendeboten  in 
ihren  Mauern.  Aus  den  dargestellten  Begebenheiten  wird  kkur 
geworden  sein,  dass  sie  die  echten  Träger  hansischer  Politik 
sind.  Sdten  handelt  man  anders,  als  in  ihren  Bathsstuben 
geplant  war.  Leider  ist  es  uns  vollständig  Yieraagt,  einen 
Blick  in  diese  hinein  zu  thun:  Nicht  ein  einziges  BathsproCo- 
koll  der  Zeit  ist  uns  erhaltai.  Und  wären  solche  audi  vor- 
handen, wir  würden  doch  schwerüeh  die  mächtigen  Persön- 
lidikeiten  klar  erkennen,  die  hier  dm  entscheidendoi  Einfluss 
übten,  die  Bathsgenoesen,  die  Stadt  und  den  Bund  nach  ihrem 
Sinn  und  Geiste  lenkten.  Denn  schweilich  sind  die  grossen 
Erfolge  einem  rein  kollegialischen  Wirken  zuzuschreiben ;  dass 
nicht  einzelne  hervorragende  Männer  einen  bestimmenden  Ein- 
fluss  geübt,  den  Dingen  die  Bichtnng  gegeben  haben  8(dlten, 
davon  kann  man  sich  schwer  überzeugen.  Jakob  Pleskow  und 
Brun  Warendorp  in  Lübeck,  Arnold  KrGpelin  in  Boetock,  Bert- 
ram Wulflam  in  Stralsund  mögen  s<dche  Männ^  gewesen  sein. 
Wir  wissen  wenig  mehr  üb^  sie  als  ihre  Namm  und  dass  sie 
auf  allen  Tagfahrten  der  Zeit  ihre  Städte  vertreten. 

Auch  im  Kreise  der  wendische  Städte  ist  das  Verhält- 
niss  das  alte,  Lübeck  nach  wie  vor  ihr  Haupt  und  damit  zu- 
gleich das  des  ganzen  Bundes.  Die  Trävestadt  in  erster  Linie 
fährt  die  Geschäfte,  die  meisten  Versammlungen  werden  in 
ihr  abgehalten,  die  so  recht  in  der  Mitte  gelegt;  demnach 
führt  sie  den  bei  Weitem  grössten  Theil  der  Korrespondenz, 
bewahrt  das  hansische  Archiv.    Es  war  alte  hansische  Sitte 


Schi«M.  571 

nad  ist  es  stets  geblieben,  gemdnsamo  Schreiben  aus  der 
„Schreiberei"'  und  unt^  dem  Siegel  der  Stadt  za  senden,  in 
der  man  versammelt  war  ^).  Auch  die  abgeschlossenen  Ver- 
träge scheinen  in  älterer  Zeit  eben  dort  verwahrt  worden  zu 
sein,  wo  sie  zum  Abschluss  kamen;  wenigstens  ist  das  mit 
den  dänischen  Ausfertigungen  des  stralsunder  Friedens  der 
Fall.  Stralsund  spielt  auch  in  dem  ersten  Jahrzehnt  nach  den 
waldemarischen  Kriegen  als  Versammluugs-  und  Verhandlungs- 
ort neben  Lübeck  noch  eine  gewisse  Rolle,  dann  aber  tritt 
dieses  in  die  so  gut  wie  ausschliessliche  Leitung  der  Geschäfte 
ein.  Das  musste  die  ohnehin  blühende  Stadt  noch  mehr  heben, 
der  Aufechwung  der  Htmse  auch  zu  einer  wachsenden  Bedeu- 
tui^  Lübecks  führen.  Zahlreich  und  zuverlässig  sind  die  Zeug- 
nisse, dass  die  Stadt  in  den  letzte  Jahrzehnten  des  14.  Jahr- 
hunderts mächtig  wuchs  an  Reichthum,  Einfluss  und  Ansehen. 
In  den  70er  Jahren  war  ihr  fast  das  ganze  Herzogthum  Sach- 
sen-Lauenburg verpfändet,  dazu  Stormam  mit  Oldesloe  und 
Schloss  Trittau.  In  den  Landen  nördlich  der  Elbe  gab  es 
keine  politische  Macht,  die  fester  begründet  gewesen  wäre. 
Das  erkannte  Kaiser  Karl  auch  klar  genug,  als  er  im  Oktober 
1375  die  Stadt  besuchte,  offenbar  in  der  Absicht,  ihre  Ounst 
zu  gewinnen,  auf  die  er  grossen  Werth  legen  musste,  seitdran 
er  durch  die  Erwerbung  Brandenburgs  selbst  ein  norddeutscher 
Landesherr  geworden  war.  Die  Lübecker  nahmen  ihn  glänzend 
auf,  bewirtheten  ihn  herrlich,  sparten  weder  Kosten  noch  Mühe, 
zu  zeigen,  was  ihre  Stadt  bedeute.    Der  Kaiser  wohnte  einer 

1]  Ein  Allgemein  hansisches  Siegel  (des  Reiches  Doppeladler  mit  der  Um- 
^ch^ift:  Signnm  dvltatam  marltimamm)  ist  snerst  fBr  die  schonenschen  Pfund- 
zollquittangen  hergestellt  worden  vnd  stets  nur  auf  den  Kontoren ,  also  dem 
Auslände  gegenfiber,  gebraucht  worden.  Auch  hier  tritt  der  Begriff  „hansisch** 
wieder  als  ein  solcher  henror,  der  tutiichst  dem  Auslande  gegenfiber  Geltung 
hat  Vgl.  Mantels,  Hans.  Ge.«chbl.  187S,  S.  8  ff.  —  Von  geschlossenen  Ver- 
trügen erbÜten  sich  einxelne  StXdte  oft  Abschriften  des  in  Lübeck  verwahrten 
Original^  Tgl.  H.  R.  I,  n.  876  §  6,  888  f  iO,  420  $  18,  434,  436  §  t,  459, 
479  §  27  u.  87,  489  §  20  u.  28. 


572  Schliiss. 

Rathssitzung  bd ,  redete  die  Bürgermeister  mit  Herren  an ; 
bescheiden  wiegen  diese  den  Titel  zurück.  Der  Kaiser  aber 
bestand  darauf:  ^Gi  sint  her^;  de  olden  r^stra  d^r  keiser 
wis^  dat  ut,  dat  Lubeke  is  en  der  vif  stede,  de  Tan  keiseren 
unde  ereme  rade  is  de  narae  der  herscop  gbegheven,  dat  se 
mögen  gan  in  des  kaisers  raat,  wor  se  sin  da  de  keiser  is^ 
So  weiss  Detmar  zu  erzählen.  Stolz  fügt  er  hinzu :  De  vif 
stede  sint  Roma,  V^edie,  Pisa,  Florentie  unde '  Lubeke^  ^). 

Detmar  hatte  so  Unrecht  nicht ,  wenn  er  Lübeck  eine  Aus- 
nahmestellung vindicirte  vor  allen  deutschen  Städten.  In  allen 
Landen  nördlich  der  Alpen  ist  die  2.  Hälfte  des  14  Jahr- 
hunderts das  Zeitalter  mächtiger  populärer  Bewegungen.  Hef- 
tig klopft  das  bürgerliche  Element  an  die  Pforten  der  Lehns- 
monarchie, droht,  schon  jetzt  ihr  Gefüge  zu  zertrümmern, 
den  Staat  in  einen  Bund  bürgerlicher  Gemeinden  umzugestalten. 
Es  erliegt  dem  Uebergewicht  fürstlicher  and  adliger  Waffen- 
,  macht,  rettet  höchstdns  seine  Existenz,  verzichtend  auf  den 
Gedanken,  einen  entscheidenden  Einfluss  zu  üben  auf  die  poli- 
tische Weiterbildung  der  Nationen,  in  Deutschland  die  unheil- 
volle Zersplitterung  nur  vermehrend.  An  zwei  Punkten  allein 
hat  die  Bewegung  Erfolg.  Der  Gedanke,  der  Oberdeutschland 
beherrscht :  ,,zwischen  den  vier  Wäldern  eine  grosse  Schweiz^^ 
kommt  zur  Durchführung  in  einem  Bunde  von  Bauern  und 
Bürgern  in  den  Alpen,  der  „deutschen^^  Eidgenossenschaft, 
in  die  bis  zu  ihrer   napoleonischen  Umgestaltung  hin  kein 


1)  An  der  Erz&blang  sa  zweifeln  ist  man  wohl  berechtigt.  Die  Bezeich- 
nung „her  (dominus)*'  für  die  Rathmannen  kommt  gleichzeitig  and  früher  b&nfig 
genug  vor  und  ist  nicht  auf  Lübeck  beschränkt.  Dass  man  gern  die  der 
eigenen  Stadt  wieder fahrenen  Ehren  hervorhob,  beweist  der  Bericht  des  wis- 
marschen  Rathsschreibers  Heinrich  von  Baisee ,  der  über  Karls  Aufenthalt  in 
Wismar  zu  erz&hlen  wei:»s:  .  .  .  .  ita  quod  ipse  dominis  meis  minores  gracia- 
rum  Actiuues  quam  dominis  consulibns  Lubicensibns ,  prout  fama  sonuit,  reie- 
rebat  Meklbg.  Jahrb.  XLIII,  185. 


SchiuM.  573 

ffWelachet^^  als  Gleichberecht^ter  Aufnahme  gefunden  hat. 
Herrschaft  im  eigenen  Hause  frei  von  aller  Einmischung  der 
Herren  ist  das  Princip,  das  sie  vertritt  und  siegreich  durch- 
fährt Die  Bttrgerfreiheit  des  Nordens ,  die  „deutsche^'  Hanse 
baut  sich  auf  breiterer  Grundlage  auf.  Durch  bürgerliche 
Arbeit,  durch  Handel  und  Gewert)e  waren  die  norddeutschen 
Städte  gross  und  stark  und  frei  geworden;  nur  durch  den 
Schutz  derselben  konnten  sie  stark  und  frei  bleiben.  Hier  ist 
der  Angelpunkt  ihres  Strebens,  ihre  grosse  Bedeutung  für  die 
Geschichte  der  Kultur:  Schutz  der  bürgerlichen  Arbeit,  Aner- 
kennung ihres  Rechtes  durch  Jedermann.  Hart  und  rücksichts- 
k)8  haben  sie  nicht  selten  dies  Recht  verfochten ,  es  zu  schützen, 
fremdes  schwer  gd^ränkt;  aber  wo  wäre  damals  anders  ver- 
fahren worden ,  wo  erschiene  überhaupt  die  Politik  eines  Han- 
delsvolkea  nicht  hart  und  egoistisch?  Wenn  die  Städte  die  Herr- 
schaft in  den  nordischen  Meeren  an  sich  rissen  —  und  ihrer 
SeeOMU^ht  war  in  der  Tbat  von  den  waldemarischen  Kriegen 
bis  in  den  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  hinein  keine  andere  in 
jenen  Gewässern  gewachsen  —  so  konnten  sie  vor  allen  andern 
Mächten  dort  eine  innere  Berechtigung  dazu  aufweisen.  Denn 
sie  waren  die  Vermittler  höherer  Kultur  für  weite  Gebiete 
Europas,  die  Träger  abendländischer  Gesittung,  höherer 
Lebensfonnen  auf  allen  Gebieten  des  staatlichen  und  socialen 
Seins  für  Millionen.  Der  durchschlagende  Erfolg  ihrer  Han- 
delssperren beweist  deutlich  genug,  dass  man  sie  nicht  ent- 
behren konnte,  dass  der  Norden  in  seiner  damaligen  I^age 
solcher  Vermittler  bedurfte.  Nur  durch  harte  Strafandrohungen 
haben  im  16.  Jahrhundert  die  Könige  von  Schweden  und 
Dänemark-Norwegen  ihre  Unterthanen  zwingen  können,  aus 
Kunden  hansischer  Kaufleute  solche  der  heimischen  Händler 
zu  werden;  nur  durch  die  schrofiisten,  gewaltthätigsten  Mass- 
regeln hat  Eugland  den  hansischen  Handel  vernichten  können. 
Dass  aber  die  Hanse  diesem  Vorgehen  gegenüber  erlag ,  das 


574  Seliliist. 

fahrt  auf  die  andere,  nationale  fiedeutong  dieses  StAdtebundes. 
Die  Hanse  war  es ,  die  die  Einhat  der  Nation  bewahrte  in 
greifbarster  Gestalt;  als  Alles  in  Üeatschland ,  der  Kaiser 
nicht  ausgeschlossen,  partikular  wurde,  blieb  die  Hanse,  unser 
Volk  auf  dem  Meere ,  deutsch.  Durch  zwei  Jahrhunderte  und 
länger  haben  die  Hansen  die  deutsche  Flagge  ruhmvoll  ge- 
zeigt auf  den  europäischen  Oewässern.  Zu  einer  Steit,  wo  es 
kaum  noch  ein  Reich  gab,  des  Beiches  Banner  in  schimpflicher 
Flucht  vor  den  Htisiten  entehrt  wurde ,  gab  es  ein  Deutschland 
auf  dem  Meere,  wusste  sich  der  deutsche  Kaufmann  in  allen 
Gewässern  vom  Gap  Finisterre  bis  hinauf  nach  Island ,  den  Lo- 
fodden  und  der  Newa  sicher  unter  dem  Schutze  hansischer 
Koggen.  Erst  als  die  übrigen  Länder  Europas,  dem  Ldins- 
wesen  ein  Ende  machend,  sich  su  modernen  Monarchien 
herausbildeten,  in  Deutschland  aber  die  Macht  der  Landes- 
hen*en  von  Jahr  zu  Jahr  wuchs,  die  Städte  eine  nach  der 
andern  von  ihnen  abhängig ,  in  den  engsten  Kreis  territorialer 
Interessen  hineingezogen  wurden,  bis  auf  wenige  den  Blick 
fQr  das  Weite  ganz  verloren,  erst  da  vermochte  der  dflnne 
Kranz  geschwächter  Gemeinden,  der  sich  an  den  deutschen 
Küsten  entlang  zog ,  der  geschlossenen  Macht  der  grossen  nor- 
dischen Monarchien  nicht  mehr  die  Waage  zu  halten.  Das 
Reich  konnte  nicht  helfen;  bei  den  Fürsten  war  kein  Ver- 
ständniss  fUr  die  deutsche  Sache;  unsere  Flagge  verschwand 
von  den  Meeren,  die  einst  unser  waren.  Schüchtern  suchte 
der  hansische  Schiffer  seinen  Weg  durch  die  Gewässer,  die 
vorher  seine  Koggen  beherrschten;  er,  der  einst  eingrfahren 
war  in  fremde  Häfen  unter  dem  Flüger  seiner  Stadt,  strich 
jetzt  auf  heimischer  Rhede  die  Flagge  vor  Dänen,  Schweden 
und  Engländern.  Was  vielleicht  gesündigt  war,  wurde  jetzt 
schwer  gebüsst.  Aber  mit  Recht  gedenken  wir,  in  denen  der 
Geist  der  Väter  wieder  erblühte ,  dankbar  jener  Männer  unseres 
Volkes ,  die  schon  vor  einem  halben  Jahrtausend  den  deutschen 


Schlau.  575 

Kaufmann  zu  schirmen  wussten  in  allen  Meeren,  die  sein 
Schiff  durchfurchte,  auf  allen  Strassen,  die  sein  Wagen  zog, 
die  auf  sich  selbst  gestützt,  ohne  Kaiser  und  Reich,  dem 
deutschen  Namen  Achtung,  deutscher  Kultur  Boden  zu  schaffen 
Termochten,  die  als  schlichte  BQrger  ihrer  Städte  den  Frem- 
den gegenüber  nicht  schlechtere  Vertreter  ihres  Volkes  waren, 
als  König  und  Kaiser  salbst  Dankbar  gedenken  wir  jener 
namenlosen  Männer;  mit  Recht  erwärmt  noch  jetzt  das  Herz 
jedes  Deutschen,  wenn  er  hört  von  der  „Dudeschen  Hense''. 


Eikirs  1 

Wann  war  die  Sohlaoht  bei  Helsingborg? 

Diese  Frage  ist  zuerst  von  Reinhardt  (Hist.  Tidsskr.  4.  R.,  IT, 
205  ff.)  genauer  untersucht  worden ;  sie  gestaltet  sich  so  ziemlich 
als  eine  Frage  nach  der  Chronologie  des  ganzen  Feldzogs.  Mit 
Recht  setzt  Reinhardt  die  Abfahrt  der  hansischen  Flotte  nach  dem 
11.  Aprily  an  welchem  Tage  die  Stralsunder  an  Lübeck  berichten, 
dass  zwei  grosse  dänische  Schiffe  an  der  Küste  von  Möen  statio- 
nirt  seien  (K.  R.  I,  n.  269).  Aber  wie  lange  nach  dem  11.  April 
die  Abfahrt  erfolgt  sein  mag,  scheint  mir  mit  dem  vorhandenen 
Material  unmöglich  zu  bestimmen.  Der  von  Reinhardt  angeführte 
Grund,  diese  Abfahrt  erst  nach  dem  1.  Mai  geschehen  zu  laasen, 
eracheint  mir  durchaus  unzureichend.  Denn  wenn  auch  der  Aus- 
druck „nos  rogari  feceratis  (ihr  hattet  uns  bitten  lassen),  ut 
ad  Helsingborch  diverteremus"  (H.  R.  II,  n.  8  §  1),  darauf  hin- 
deuten mag,  dass  die  schwedischen  Gesandten  diese  Bitte  schon  vor 
der  Abfahrt  der  Flotte  gethan  hatten,  so  folgt  daraus  doch  nicht, 
dass  diese  erst  am  1.  Mai  oder  später  geschehen  ist,  da  die  schwe- 
dischen Gesandten,  wenn  der  Schi ffslieferungs vertrag  auch  erst  von 
diesem  Jahre  datirt  ist,  doch  schon  vor  dem  11.  April  in  Lübeck 
gewesen  sein  müssen  (H.  R.  I,  n.  269). 

lieber  die  Schlacht  bei  Helsingborg  nun  haben  wir  nur  eine 
und  dazu  sehr  ungenügende  Datirung.  Detmar  (S.  286)  sagt: 
„£n  Sterne  wart  gheseen  bi  der  sunnen  in  deme  middage  sunti 
kyliani ,  de  bedudede  to  dessen  saken  nicht  gudes".  Wie  Rein- 
hardt richtig  sagt,  beweist  diese  Notiz  weiter  nichts,  als  dass  die 
Schlacht  nicht  vor  dem  8.  Juli  gewesen  ist.  Damit  stimmt  auch 
die  Aussage  der  Städter  in  den  späteren  Verhandlungen  mit  Ha- 
kon  (H.  R.  ir,  n.  3  §  1):  Jacuimus  ante  Helsingborch  cum  magnis 
expensis,    bene   ad   12  septimanas  adventum  vestrum  expectantes, 


Ezkon  I.    Wann  war  die  Schlacht  bei  HelsingWg  ?  57^ 

et  quia  non  yeneratis,  illas  quas  prediximus  inourrimus  jacturas,  eo 
qaod  non  eramus  per  omnia  satis  robusti  ad  obsidendum  in  terra 
et  ad  defendendnm  mare."  Nimmt  man  eine  Woche  für  die  Fahrt 
bis  Helaingborg  und  die  Landung,  bo  kann  also  die  Sohlacht 
frühestens  Mitte  Juli  gewesen  sein. 

Reinhardt  setzt  dieselbe  nun  noch  viel  später,  in  den  Anfang 
September,  und  kommt  dazu  durch  folgende  Erwägungen.  Er 
nimmt  an,  dass  die  Städter  die  oben  angegebenen  12  Wochen 
so  ziemlich  thaüos,  nur  die  Schweden  erwartend,  vor  Helsingborg 
gelegen  hätten  und  erst  nach  Ablauf  dieser  Zeit  zur  Belagerung 
geschritten  wären.  Er  gründet  diese  Annahme  allein  darauf,  dass 
die  Städter  sagen,  sie  hätten  „cum  magnis  expensis"  12  Wochen 
vor  Helsingborg  gelegen.  Sie  würden,  meint  R,  die  grossen 
Kosten  nicht  erwähnt  haben,  wenn  sie  in  dieser  Zeit  etwas  We- 
sentliches unternommen  hätten.  Aber  die  Städter  schieben  nicht 
so  sehr  das  Warten  vor  Helsingborg  den  nordischen  Königen  zur 
Last  als  das  Misslingen  des  ganzen  Feldzugs  und  die  unnütz 
darans  erwachsenen  Kosten.  Hätten  sie  noch  länger  als  12  Wochen 
vor  Helsingborg  zugebracht,  so  würden  sie  das  gewiss  in  den 
Verhandlungen  zu  Bahus  geltend  gemacht  haben.  Dazu  scheint 
mir  die  Annahme,  dass  sie  12  Wochen  so  gut  wie  unthätig,  in 
blossem  Warten  vor  Helsingborg  gelegen  hätten,  schon  an  und 
für  sich  wenig  Wahrscheinliches  zu  haben.  Wer  die  oben  ge- 
gebene Darstellung  der  Städte  unbefangen  betrachtet,  wird  das 
auch  so  leicht  nicht  herauslesen.  Es  ist  auch  vor  allen  Dingen 
das  Streben,  keinen  ersten  Waffenstillstand  zugeben  zu  müssen, 
welches  Reinhardt  zu  dieser  Auffassung  der  städtischen  Darstel- 
lung führt,  eine  Auffassung,  die  durch  keine  andere  Quelle  auch 
nur  einen  Schatten  von  Bestätigung  erhält.  Im  Oegentheil  sagt 
die    seeländische    Chronik    ausdrücklich    (Archiv  II,    226):    „In 

Schaniam introierunt    et  castrum   Helsingbnrgh   obsede- 

runt ,  admoventes X VI  maohinas,  jactantes  et  non  pausantes  die 
neque  nocte".  Die  Städter  sind  also  mit  besonderer  Rührigkeit 
ans  Werk  gegangen,  haben  schwerlich  12  Wochen  unthätig  ge- 
legen. 

Erweist  sich  aber  diese  Annahme  als  unzulässig,  so  ist  die 
übrige  Berechnung  Reinhardts  werthlos.  Denn  der  Nachweis,  dass 
Waldemar  im  August  den  Angriff  nicht  machen  konnte,  wird  über- 
flüssig,  wenn   sich    ergiebt,   dass  die  Schlacht   unmittelbar  nach 

Schäfer,  Die  UuiiettSdte.  3^ 


578  fixkura  I. 

Ablauf  jener  12  Wochen,  in  die  Mitte,  spätestenB  in  die  zweite 
Hälfte  des  Juli  fallen  kann.  Im  Gegentheil  dient  er  nur  dazu, 
diese  Annahme,  die  durch  die  städtische  Darstellung  in  BahuB 
zunächst  nahe  gelegt  wird,  zu  bestätigen.  Denn  schwerlich  würde 
Waldemar  sich  so  sorglos  den  Begierungsgesohäften  hingegeben 
haben,  wenn  eine  der  wichtigsten  Festen  noch  vom  Feinde  hart 
bedrängt  worden  wäre.  Am  10.  August  zahlte  er  zu  Wording- 
borg  meklenburgischen  Gesandten  rückständiges  Aussteuergeld 
(Suhm  XIII,  468;  Gram,  Forbedringer  p.  219  ff.),  wobei  mehrere 
seiner  tüchtigsten  Diener  im  Felde  und  im  Rathe  zugegen  waren, 
mindestens  vom  21.  August  bis  zum  Ende  des  Monats  hielt  er 
zu  Kallundborg  Danehof  ab  (Reinhardt,  a.  a.  0.  p.  210  ff.;  Suhm 
XIU,  468)  ^),  der  vom  Erzbischof  und  sämmtliohen  Bisohöfea 
des  Reichs  besucht  war  (s.  die  in  kirdiliohen  Dingen  gut  unter- 
richtete Chronologie  Hamsforts,  Lgb.  I,  p.  810).  Wahrschein- 
lich scheint  mir  daher,  dass  um  diese  Zeit  die  Gefahr  vor  dem 
Feinde  verschwunden  war,  die  Schlacht  also  in  die  Zeit  von  frü- 
hestens 12.  Juli  (8  Monate  nach  der  möglich  frühesten  Ausfahrt) 
bis  10.  August  fällt. 

Versucht  man  den  Zeitpunkt  noch  genauer  zu  bestimmen, 
so  gibt  es  dafür  nur  unsichere  Anhaltspunkte.  Die  Städter  sagen 
später  (H.  R.  IL,  n.  3  §  7):  „Eo  quod  rex  Dacie  jaouit  iu 
passagio  Oressund  cum  maxima  multitudine  et  potencia,  ita  quod 
nee  victualia  nee  homines  pro  adjutorio  afferendo  poterant  eis 
adduci;  et  quia  non  poterant  salya  vita  recedere,  oportuit  eos 
licet  invitos  cum  rege  treugas  inire".  Also  Waldemar  lieg^  nach 
der  Schlacht  im  Sunde  und  schneidet  den  Städtern  Zuführ,  Zuzug 
und  Rückkehr  ab;  wie  lange,  das  wird  allerdings  nicht  gesagt 
Auffallen  muss  es,  dass  die  Städter  nicht  den  Schritt  gethan  haben,  der 
doch  der  nächstliegende  für  sie  gewesen  zu  sein  scheint,  nämlich 
den,  sogleich  nach  der  Niederlage  zu  ihren  Bundesgenossen  zu 
schicken  und  schleunige  Hülfe  zu  fordern.  Doch  das  müssen  sie 
unterlassen  haben,  denn  wenn  sie  es  vergeblich  gethan-  hätten, 
würden  sie  das  in  den  Verhandlungen  zu  Bahus  wohl  nicht  ver- 
schwiegen haben.     Sie  müssen  also  doch  wohl  etwas  übereilt  ge- 


1)  Nach  dem  Diplom.  Langeb.  Tom.  XVU  (Geb.  Archiv,  KopeDbageo) 
war  Waldemar  Sept.  17  in  Land,  Sept.  24  m  Skänör.,  Okt  1  inüalmöe,  Okt  8 
in  Kopenhagen,  Dec.  20  in  Lund.  Schlüsse  lassen  sich  daraus  kaom  aiehen. 
fibd.  auch  Urkunden  Tom  80.  und  31.  August  vom  Danehof  zu  Kaliandborg. 


Waan  war  die  Schlacht  bei  Helsingborg?  579 

handelt  haben,  und  hier,  glaube  ich,  liegt  einer  der  Fehler,  welche 
Joh.  Wittenberg  das  Leben  kosteten.  Trotzdem  scheint  es  mir, 
dass  man  wohl  eine  Zeit  von  einigen  (3 — 4  yielleioht  7)  Tagen 
annehmen  kann,  die  verstrich,  ehe  der  Niederlage  die  Waf- 
fenruhe folgte.  Bei  dieser  Annahme  würde  dann  die  Schlacht 
spätestens  auf  den  5.  oder  6.  August  fallen. 

Zu  einem  ähnlichen  Resultat  kommt  man,  wenn  man  aus 
dem  Ausdruck  der  Urkunde  bei  Gram  (p.  219),  König  Waldemar 
und  sein  Sohn  Christoph  hätten  den  meklenburgischen  Gesandten 
die  Zahlung  gelehtet,  folgern  will,  dass  auch  Heiteog  Christoph 
am  10.  August  in  Wordingborg  gewesen  sei.  Denn  da  er  in 
Hahastad  oder  dessen  Nähe  ist,  als  die  Nachricht  von  der  Waf- 
fenruhe zu  König  Uakon  kommt  (H.  B.  II,  n.  2  §  4),  so  muss 
ihm  Zeit  gelassen  werden »  von  da  wieder  nach  Wordingborg  zu 
kommen,  worauf,  den  Weg  der  hansischen  Boten  von  Helsingborg 
nach  Halmstad  und  die  Verhandlungen  zwischen  Hakon  und 
Christoph  eingeschlossen,  leicht  eine  Woche  hingehen  konnte. 
Die  Waffenruhe  könnte  dann  kaum  nach  dem  8.  August  geschlos- 
sen, die  oben  angenommenen  Tage  abgerechnet,  die  Schlacht  nicht 
vor  Ende  Juli  gewesen  sein.  —  Vielleicht  giebt  die  Verleihung 
von  Gütern  an  die  Kirche ,  die  Herzog  Christoph  am  25.  Juli 
vornimmt  (Suhm  XIII,  466),  einen  Fingerzeig.  Steht  sie  mit  dem 
Siege  bei  Helsingborg  in  Zusammenhang,  so  kann  sie  kaum 
anders  aufgefasst  werden  als  ein  Dank  für  denselben  (die  Auf- 
fisasung  Snhms  erscheint  nach  der  Verwerfung  der  Nachridit  von 
Christophs  Verwundung  nicht  mehr  zulässig),  und  die  Schlacht 
muss  dann  in  die  Zeit  vom  12. —  24.  Juli  fallen.  —  Die  Differenz 
von  dem  bisher  angenommenen  8.  Juli  ist  in  keinem  Falle  sehr 
gross. 


37 


Bikirs  IL 

Daa  Bnde  des  FaldsugeB  von  A3Q2. 

Die  im  Text  gegebene  Darstellong  der  Ereignisse  des  Jahres 
1362  nach  der  Sohlacht  bei  Helsingborg  stellt  sich  nicht  auf  die 
Seite  der  neuesten  Untersuchungen  von  KoppmMin  (H.  R.  I,  8. 
195  ff.)  und  Beinhardt  (Eist.  Tidsskr.  lY,  205  ff.)»  sondern  auf 
die  der  älteren  Darstellungen  ron  Dahlmami  II,  14  und  Foek 
III,  153  ff.  Die  Gründe  daför  mag  folgende  üntersnehiing  dar- 
legen. 

Die  Berichte  der  Chroniken  über  das,  was  nach  der  Schlacht 
bei  Helsingborg  geschehen,  sind  sehr  ungenügend.  Detmar  (8. 286) 
sagt  nur:  „Darna  wart  dat  orloghe  daghet  tusschen  den  konink 
unde  den  steden  dre  jar^'.  Diese  Nachricht  wird  wiederholt  ron 
drei  Handschriften  des  Eomer  (der  wolfbnbüttler,  dftnziger  ubd 
linköpinger) ,  während  die  (bei  Eccard  gedruckte)  lünebtrrger 
und  die  hamburger  gänzlich  schweigen.  Alb.  Krantz  in  der 
Wandalia  (Frankf.  Ausg.  von  1580,  S.  199)  schliesst  seine  Er^ 
Zählung  mit  den  nichtssagenden  Worten:  „Redenntes  antem  qni 
praedatum  abibant ,  aegre  reliquis  in  navibus  omissa  praeda  rever- 
tuntur";  und  Reimar  Kock  (Lüb.  Ghron.  I,  S.  478)  zwar  wort-, 
aber  nicht  inhaltreicher:  „Do  de  Lubeschen  wedderquemen,  segen 
sc,  dat  de  Denschen  dar  mit  eren  grotesten  schepen  darran  lepen, 
unde  leten  de  bute  up  dem  lande  liggen,  unnd  dankeden  Oade, 
dat  se  mit  den  anderen  schepen,  welck  de  Dehnen  hedden  liggen 
laten,   wegh  na  Lübeck  quemen'^ 

So  haben  wir  von  deutscher  Seite  keine  irgendwie  zu  ver- 
werthende  chronikalische  Nachricht;  etwas  besser  ist  es  auf  dä- 
nischer Seite  bestellt.  Von  den  Kompilationen  des  16.  Jahrhun- 
derts bieten  zwei,  die  des  Petrus  Olai  ap.  Lgb.  I,  p.  134  und 
die  werthlose  Chronik  ap.  Lgb.  VI,  p.  228,  nur  eine  Wiederho- 
lung der  Nachrichten  von  Krantz.     Dagegen  kennt  die  unendlich 


Exkurs  II.     Dm  Ende  des  Feldsuges  ron  1862.  581 

wichtigere  und  zeitlich  nädiBtetehende  Fortsetzong  der  seeländi- 
sohen  Chronik  (Archiv  II ,  226)  einen  Waffenstillstand,  der  vor 
der  Rückkehr  des  städtischen  Heeres  abgeschlossen  sei:  „Ad  ul* 
timum  treugis  interpositis  ad  patriam  illa  magna  mnltitudo 
confdsibiliter  remeavit''.  Ist  mit  diesen  trengae  der  rostocker 
Vertrag  gemeint,  so  kann  die  Rückkehr  erst  nach  dem  10.  No- 
vember erfolgt  sein.  Das  Heer-  der  Städter  muss  sich  also,  setzt 
man  die  Schlacht  bei  Helsingborg  mit  Reinhardt  (a.  a.  0.  p.  211  ff.) 
in  den  Anfang  September,  über  2  Monate,  setzt  man  sie  in  den 
Juli,  reichlich  4  Monate  nach  der  grossen  Niederlage  noch  in 
Schonen  behauptet  haben,  den  Angriffen  Waldemars  natürlich 
fortwährend  ausgesetzt. 

Erscheint  ein  solcher  Hergang  unwahrscheinlich,  so  wird  die 
Schwierigkeit  gehoben,  wenn  man  annimmt,  dass  die  „treugae" 
der  seeländischen  Chronik  auf  einen  dem  rostocker  Vertrag  vor- 
ausgehenden Waffenstillstand  zu  beziehen  sind,  geschlossen,  um 
den  Trümmern  des  städtischen  Heeres  die  Rückkehr  zu  ermög- 
lichen. Gerechtfertigt  wird  diese  Annahme  durch  das  Zengniss 
einer  Gesehichtsquelle,  über  deren  Werth  allerdings  jetzt  noch 
nicht  ins  Klare  zu  kommen  ist,  die  aber  Beachtung  verdient,  der 
Ann.  Wisbyenses  ^).  Biese  sagen  ausdrücklich  (Fant  I,  1,  p.  44  und 
Lgb.  I^  p.  259) :  .  .  .  „Et  continuo  ante  Helsingaboreh  quod  castrum 
tuno  Theotunici  oiroumvallaverant  inter  regem  et  civitates  paz 
est  reformata''.  Dass  unter  diesem  „vor  Helsingborg  zwischen 
dem  König  und  den  Städten  geschlossenen  Frieden^  nur  ein  dem 
rostooker  Vertrage  vorausgehender  Waffenstillstand  verstanden 
werden  kann,  erhöht  die  Glaubwürdigkeit  der  Nachricht;  sie  passt 
oben  sehr  g^t  zu  den  übrigen  Berichten. 

Nur  mit  der  Annahme  eines  vorläufigen  Waffenstillstandes  vor 
Helsingborg  lassen  sich  nämlich  die  urkundlichen  Nachrichten  über 
die  Vorgänge  nach  der  Schlacht  bei  Helsingborg,  die  uns  beson- 
ders in  den  Verhandlungen  zwischen  König  Hakon  und  den  Städten 
zu  Bahus  im  Jahre  1370  erhalten  sind,  vereinigen.  Koppmann 
(H.  R.  I,  S.  196)  sieht  sich  genöthigt  zu  der  Annahme,  dass 
König  Hakon  zu  einer  Verwirrung  und  Entstellung  der  That- 
sachen  seine  Zuflucht  genommen  habe;  Reinhardt  (a.  a.  0.  S.  214) 
weist  diese  Annahme  zwar  zurück,   sieht  sich   aber  dadurch   zu 

1)  lieber  dieselben  s.  Scb&ferf  D&nische  Annalen  und  Chroniken  8.  lOS; 
T.  d.  Kopp,  Zar  deatech-tkaadittSTischen  Geschiehte  dei  16.  Jahrii.  8.  18S  ft 


682  Exkurs  II. 

einer  andern  nieht  minder  willkürliolien  geswaogen,  nämlich  der» 
dass  die  nordischen  Könige  zwei  Züg^  g^gen  die  Bchonensche 
(}rense  unternommen  hätten.  Das  alles  wird  unndthig,  wenn 
man  die  Angabe  der  wisbysohen  Annalen  festhält,  ja,  die  ur- 
kundlichen Nachrichten  werden  allein  so  Yerständlieh.  Denn: 
1)  Auf  den  Vorwurf  der  Städte,  dass  König  Hakon  nicht, 
wie  er  yersprochen  habe,  nach  Helsingborg  gekommen  sei,  ant- 
wortet dieser  (H.  R.  II,  n.  2  §  4):  .  .  •  „reepondemus ,  qnod  ad- 
ventum  et  anzilium  illorum  exispectayimus ,  qui  plaoitaeiones  istas 
fiBcerunt,  sed  intelleoto  ipsos  venire,  prooessimus  cum  illa,  qaam 
habnimuB,  potencia  versus  Halmstade,  ubi  nuncii  civitatum  nobis 
occurrerunt,  narrantes  nobis,  gwerram  esse  trengatam^^  Also  Ha- 
kon erwartet  Hülfe  von  seinen  Grossen,  die  den  Vertrag  mit  den 
Städten  geschlossen;  als  er  hört,  dass  dieselben  im  Anxuge  seien, 
zieht  er  mit  der  Macht,  die  er  zur  Hand  hat,  nach  Halmstad 
in  der  Absicht,  sich  mit  den  Städtern  [vor  Helsingborg]  zu 
vereinigen.  In  Halmstad  angekommen,  begegnen  ihm  schon  die 
hansischen  Boten,  die  über  den  abgeschlossenen  Waffenstillstand 
berichten  sollen.  —  Ohne  Zweifel  fallt  der  Zug  Hakons  nach 
Halmstad  zur  Unterstützung  der  Städtischen  in  eine  Zeit,  da 
die  städtische  Macht  noch  nicht  gänzlich  geschlagen  war,  nicht 
mindestens  zwei,  höchst  wahrscheinlich  sogar  vier  Monate  (s.  oben 
S.  578  ff.)  nach  der  Niederlage.  Wäre  dieses  Letztere  der  Fall,  wäre 
also  der  in  Halmstad  König  Hakon  bekannt  gewordene  WaffenstiU- 
stand  der  rostooker  Vertrag,  so  würden  die  Städte  in  ihrer  Er- 
widerung nicht  verfehlt  haben,  darauf  hinzuweisen,  dass  Hakon 
sich  viel  zu  spät  in  Marsch  gesetzt  habe,  diiss  auch  seine  An- 
kunft die  Niederlage  vor  Helsingborg  nicht  mehr  habe  abwenden 
können.  Davon  aber  sagen  sie  Nichts,  sondern  gerade  im  Oe- 
gentheil  (H.  R.  II,  n.  8  §  5):  „Item  hoc  quod  nuncii  vestri  ad 
vos  tarn  repente  non  fuerunt  reversi,  non  poterit  vos  ezcusare 
de  eo ,  quod  ad  nos  versus  Helsingborch  non  veneratis.  Nos  enim 
diutine  vos  expectavimus ,  et  si  illi  numquam  ad  vos  rediissent, 
nichilominus  vos  cum  aliis  vestris  homiuibus  venire  debuistis,  prent 
nobis  demandastis  et  promisistis.  Quod  quia  minime  fecistis, 
causa  fuistis  daropnorum  nobis  irrogatorum'^  Dazu 
kommt,  dass  die  nordischen  Könige  sich  schon  am  4.  Juni  „im 
Lager  bei  Warberg'',  also  auf  dem  Marsche  gegen  Halmstad  und 
die  schoueuBche  Grenze  bcfaudeu  (Syeuska  Biks  Arch.  Pergam.  I, 


Das  Ende  des  Feldiagcs  Ton  1362.  538 

n.  542).  Ihr  Kückzug  bleibt  anverBtändlioh ,  wonn  er  nicht  we- 
gen dos  vor  Helsingborg  abgeschlossenen  Waffenstillstandes  er- 
folgte. Einen  «weiten  Zug  im  November  anzunehmen ,  wie  Bein- 
hardt  thut,  der  dazu  noch  in  kolossalen  Eilmärschen  (in  12  Tagen 
die  mehr  als  60  deutsche  Meilen  lange  Strecke  von  Stockholm 
nach  Halmstad)  gemacht  sein  müsste  zu  einer  Zeit,  da  er  Nichts 
mehr  nützen  konnte,  da  die  Könige  so  eben  abwartend  anfrugen, 
was  die  Städte  zu  thun  gedächten  (H.  R.  I,  n.  281  und  Kein- 
hardt,  a.  a.  O.  S.  214),  scheint  mir  eben  so  unberechtigt  wie  un- 
nöthig. 

2)  König  Hakon  wirft  den  Städten  vor  (U.  K.  II,  n.  2  §  6), 
„quod  ciyitates  receperunt  treugas  cum  eo  (rege  Daciae)  ao 
eoiam  confederabant  se  cum  ipso  prius,  quam  nos'S  Er 
unterscheidet  also  treugae  und  das,  was  er  confoederatio  nennt. 
„Die  Städte  hätten  treugae  mit  dem  Könige  von  Dänemark  ge- 
schlossen, ja  sogar  eine  confoederatio  eher  als  er**.  Unter  der 
confoederatio  kann  nur  der  rostocker  Vertrag  verstanden  sein. 
Auch  die  Städte  halten  die  Unterscheidung  fest  Sie  antworten 
(H.  K.  II,  n.  3  §  7):  „Ad  hoc,  quod  dioitis,  quod  civitates  iniere 
confederaoionem  et  treugas  cum  rege  Danorum,  prius  quam 
vos,  hoc  modo  respondemus,  quod  null  am  cum  eo  fecerant 
confederaoionem.  Verum  quia  civitatenses  oocasione  ab- 
sencie  vestre  a  suis  emulis  prostrati ,  capti  et  navibus  atque  bonis 
et  rebus  suis  privati  et  adeo  debilitati  fuerunt,  quod  non  pote- 
rant  ulteriorem  facere  resistenciam ,  eo  quod  rex  Daoie  jacuit  in 
passagio  Oressund  cum  maxima  multitudine  et  potencia,  ita  quod 
uec  victualia  nee  homines  pro  adjutorio  afferendo  poterant  eis 
adduci;  et  quia  non  poterant  salva  vita  recedere,  oportuit 
eoB  licet  invitos  cum  rege  treu  gas  inire,  inter  quas  tamen 
vos  et  vestros  plaoitando  oonstituerunt ,  sicut  et  hoc  per  suos 
nuncios  vobis  statim  post  intimabant*'.  Die  Städte  sagen  also : 
„Die  Städte  hatten  keine  confoederatio  mit  dem  Dänenkönige  ge- 
macht, sondern  die  Städter  (civitatenses,  eos^  die,  welche  in 
Schonen  lagen)  schlössen,  um  aus  ihrer  grossen  Noth  lebend  zu 
entkommen,  treugas".  Hätten  die  Städter  sich  in  dieser  ihrer 
Noth  nach  der  Schlacht  bei  Helsingborg  noch  mehr  als  zwei, 
drei,  ja  vier  Monate  in  Schonen  gehalten  ^),  sie  würden  nicht  ver- 


1)   Vgl.  Exkurs  1. 


584  Exkurs  II. 

säumt  haben,  das  Hakon  gegenüber  gebührend  hervorzuheben. 
Aber  die  ganze  Darstellung  maoht  doch  keinen  andern  Eindruck, 
als  dass  die  dringende  Noth  des  Augenblicks  zum  Abschluss  des 
Stillstandes  geführt,  nicht  monatelange  Verhandlungen.  Zudem 
ist  ja  im  rostocker  Vertrag  mit  keiner  Silbe  von  unbelästigter 
Rückkehr  der  hansischen  Heerestrümmer ,  die  doch  den  Haupt- 
inhalt der  hier  erwähnten  treugae  gebildet  haben  muss,  die  Bede. 

3)  Hakon  oder  Magnus  oder  Beide  schreiben  von  Skara  am 
21.  December  an  die  Städte  (H.  K  I,  n.  288):  „Eecepimus  pridie 
litteras  vestras",  die  Nachricht  vom  rostocker  Vertrage,  die  sie 
also  am  20.  December  in  Skara  oder  nahe  bei  diesem  Orte  er- 
halten haben  ^).  Sie  fahren  dann  fort :  „Infra  hinc  et  festum  epi- 
phanie  Domini  jam  proxime  venturum  ipsi  regi  Dacie  inter 
Helmstede  et  Langeholm  certitudinem  earum  observacione  facie- 
mus.  Circa  quod  yestra  sciat  honestas,  quod  ad  ipsum  regem 
nuncios  nostros  cum  omnimoda  acceleracione  mittere  Yolumus  ad 
faciendam  sibi  certitudinem  de  premissis,  licet  idem  rex  Daeie 
nobis  et  terris  nostris  adhuc  post  recepcionem  treugarum  hujus- 
modi  intulerat  magna  dampna'^ 

Ganz  anders  ist  aber  die  Darstellung,  die  Hakon  1370  giebt 
(H.  R.  U,  n.  2  §  4) :  „Processimus  ....  versus  Halmstade^  ubi 
nuncii  civitatum  nobis  occurrerunt,  narrantes  nobis,  gwerram  esse 
treugatam.  Et  filius  regis  Dacie,  qui  tunc  eratibi,  noluit 
receptas  treugas  nobiscum  firmare.  Et  ideo  rex  Dacie  misit 
non  multo  post  homines  suos  et  potenciam  suam  in 
terram  Finnidie  ad  edificandum  ibi  castra,  quam  eciam  terram 
sibi  tunc  subjugavit".  Also  dort  kommt  die  Nachricht  nach  Skara, 
hier  nach  Halmstad,  dort  kommt  einfach  ein  Brief,  den  der  ro- 
stocker Bote  (H.  R.  I,  n.  276  §  4)  überbringt,  hier  sind  es  „Bo- 
ten,  die  erzählen";   dort  schickt  man  an  den  König  von  Däne- 


1)  Es  mass  aufTallen ,  dass  die  Nachricht  erst  so  spät  %n  den  nordischen 
Königen  kommt.  Aber  jedenfalls  war  sie  erst  nach  dem  16.  November  ans 
Rostock  abgegangen,  das  beweist  die  Terminbestimmnng  (bis  6.  Jan.),  die  in 
der  Entwarfsarkunde  vom  10.  Nov.  (H.  R.  I,  u.  277)  noch  nicht  enthalten  ist. 
Der  Bote  war  dann  mit  dem  dänischen  Gesandten  Vicko  Moltke  gereist  (H. 
R.  I,  n.  276  §4),  jedenfalls  keine  Beschleunigung  der  Reise.  Ungunst  der 
Witterung  konnte  dieselbe  ausserdem  in  jenen  Zeiten  und  besonders  in  der 
fraglichen  Jahreszeit  sehr  verzögern.  Die  Dänen  werden  sich  gewiss  nicht 
beeilt  haben ,  den  Boten  zu  befördern ,  da  sie  ja  durch  die  Verzögerung  nur 
gewiunen  konnten. 


Das  End«  des  Feldsngts  won  186S.  586 

mark  selbst  Boten,  um  die  VerhaDdlungen  zwisohen  Halmstad 
und  Langeholm  (Laholm)  sa  föhren,  hier  ist  Herzog  Christoph 
gleich  gegenwärtig  zum  Verhandeln;  dort  hat  der  Dänenkönig 
schon  Tor  Ankunft  der  Nachricht  vom  Waffenstillstand  „grossen 
Schaden'*  zugefügt,  hier  schickt  er  erst  seine  Mannschaft  und 
macht  Eroberungen,  nachdem  die  Verhandlungen  resultatlos  ge- 
blieben sind.  Mir  scheinen  diese  Widersprüche  sich  nur  aufzu- 
klären, wenn  man  sie  auf  zwei  yerschiedene  Ereignisse  bezieht 
Koppmanns  Annahme  einer  Entstellung  und  Verwirrung  der  That- 
sachen  von  Seiten  Hakons  scheint  mir  schon  deeshalb  unstatthaft, 
weil  man  nicht  einsieht,  was  Uakon  damit  bezweckt  haben  sollte. 
Die  Wahrheit)  wie  Koppmann  sie  annimmt,  hätte  ihm  eben  so  gut 
als  Vorwurf  gegen  die  Städte  dienen  können.  Dazu  bemühen  sich  die 
Städte  mit  keinem  Worte,  die  Thatsachen  richtig  zu  stellen,  was 
sie  nicht  unterlassen  haben  würden,  wenn  eine  Entstellung  vor- 
läge. Beinhardts  Annahme,  dass  Hakon  im  November  nach  Halm- 
stad gezogen  sei,  hebt  die  Widersprüche  durchaus  nicht,  sondern 
zwingt  nur  zu  neuen  willkürlichen  Annahmen  und  zu  andern  Wider- 
sprüchen. Er  müsste  dann  z.  B.  von  Halmstad  nach  Skara  zu- 
rückgegangen sein,  um  von  dort  aus  nach  dem  21.  Dezember 
wieder  Boten  nach  Halmstad  zu  schicken.  Dazu  müsste  Hakon 
doch  die  Thatsachen  entstellt  haben,  vor  welchem  Vorwurf  Rein- 
hardt ihn  in  Schutz  nimmt,  denn  1362  will  er  erst  am  21.  Dez. 
die  Verhandlungen  beginnen,  1370  aber  soll  er  sie  schon  im  No- 
vember geführt  haben  (so  fasst  Beinhardt  S.  216  Hakons  Aus- 
sage auf).  Es  bleibt  also,  wie  mir  scheint,  Nichts  übrig,  als  die 
in  Halmstad  erhaltene  Botschaft  auf  den  vor  Helsingborg  ge- 
schlossenen Waffenstillstand,  die  in  Skara  erhaltene  auf  den  ro- 
stocker Vertrag  zu  beziehen. 

4)  Dass  das  städtische  Heer  zur  Zeit  des  rostocker  Vertrags 
nicht  mehr  vor  Helsingborg  lag  und  nicht  erst  durch  diesen  aus 
seiner  Lage  befreit  wurde,  geht  auch  aus  den  vor  definitivem 
Abschluss  des  Vertrags,  und  ehe  die  Nachricht  davon  in  Däne- 
mark bekannt  sein  konnte,  ausgestellten  Urkunden  Lüb.  Urkdb. 
IV,  n.  84  und  85  (vom  13.  Nov.  1362)  heiTor,  in  denen  es  heisst: 
„Quem  in  gwerra,  dum  civitateuses  pro  castro  Helsingborgh  fuerunt, 
captivavi ;  in  gwerra ,  dum  civitatenses  pro  Haelsingborgh  fuerunt, 
captivatum". 

Auch   Beinhardt   giebt    der   Annahme   eines   dem   rostocker 


586  Exkurs  II.     D«t  Eade  des  FeldKcei  Ton  1862. 

Vertrage  vorangegaDgenen  Abkommens  zwischen  den  städtischen 
Heerfährem  nnd  Waldemar  gewissermassen  Baum,  indem  er 
(84  200)  sagt:  y,Under  det  moralske  Indtryk  af  det  lidte  Nederlag 

bar   da  Besten   af  Fjendens  Krigsmagt   B0gt  at  indlede 

de  Forhandlinger  om  en  Vaabenstilstand ,  der  senere  fandt  deres 
endolige  Afslutning  i  Eostook^'.  Die  Anknüpfung  solcher  Ver- 
handlungen aber  lässt  sich  doch  kaum  denken  ohne  eine  Waffen- 
ruhe; und  der  Abschlnss  einer  solchen  zum  Zwecke  der  Erhaltung 
der  hansischen  Heeres-  und  JTlottenreste  scheint  mir  vor  Helsing- 
borg  erfolgt  zu  sein. 


Eikars  III. 

Kampen  und  die  süderseeisohen  St&dte  im  ersten  Kriege 

gegen  Waldemar. 

Aus  den  uns  erhaltenen  Naohriohten  ist  es  leider  nioht  mög- 
lich, die  Haltung  Kampens  und  der  andern  süderseeisohen  Städte 
im  ersten  Kriege  gegen  Waldemar  klar  zu  erkennen.  Auch  an 
sie  war  die  Bitte  gerichtet  worden  um  Unterstützung  mit  Schiffen 
und  Bewaffneten,  um  Geben  und  Erheben  des  FfundzoUs  (H.  E. 
I,  n.  264  S.  193  unten).  In  der  That  waren  auch  Schiffe  von 
Kämpen  und  der  Süderseo  im  Sunde  erschienen,  aber  die  Art 
ihrer  Theilnahme  an  den  Ereignissen  vermögen  wir  nur  ungenü- 
gend zu  ermitteln. 

In  den  Verhandlungen  zu  Bahus  (H.  R.  II,  n.  4  $  19)  klagt 
Hakon  über  die  Städte:  „Miserunt  civitates  ad  dominum  nostrum 
et  patrem  ac  ad  nos  nuncios  suos,  dominum  Jobannem  Fleming*), 
dominum  Amoldum  Kropelin*),  dominum  Jobannem  de  Twvten 
et  Vickonem  Scharpenberg'),  qui  ex  parte  civitatum  coram  ipso 
domino  nostro  et  patre  ac  nobis  proponebant,  quod  illi  de  Cam- 
pen ac  plures  eciam  de  civitatibus  Maris  occidentalis^)  civitatibus 
promisissent,  quod  cum  eis  in  passagio  Oressund  mansisse  debuissent 
in  defensionem  et  assistenciam  navibus  civitatum,  qua«  ibi  pro 
facienda  navigantibus  pace  reliquissent ,  donec  in  manus  auxilium 


1)  Er  sUnd  in  Diensten  der  SUdt  Stralsund,  H.  R.  I,  n.  S96  §  1  mit  Anm. 

t)  Ratbmmnn  tod  Rostock. 

I)  Werden  sonst  nicht  n^enannt,  wenn  nidit  der  H.  R.  I,  n.  ftf  f  11 
in  Dieaeto  dee  Orafea  Heinrich  Ton  Holstein  enrilmte  Jobana  Tweat  bU 
Johann  too  Tweten  identisch  ist. 

4)  Welche  die  andern  Stftdte  gewesen  «  ist  nicht  zo  erkennen.  H.  K.  1, 
n.  S04  fordert  Gottschalk  Scbarpenherg  Ersatz  ffir  seine  bei  Kopenhagen  dorcb 
die  Ton  Kämpen,  Staroren  and  Harderwjk  enthanpteten  Freande. 
XAgfkh.  ja  wahrsebeinlicb,  daes  diese  Enthaaptaog  ron  l/eafen.  die  sieh  woU 
des  tteeraabes  scheidig  gemacht  hatten,  ia  Soauaer  !••!  geaehehcu  isL 


588  Eikurs  m. 

de  A^lmania  habuisscnt,  et  quod  sub  ista  promissione  reeesse- 
runt  illi  de  Campen  et  plures  de  ipsis  civitatibus  cum  eorum 
classo  a  navibus  supradictis  et  occultam  placitacionem 
cum  rege  Dacie  habuerunt  £t  ex  hoc  receperunt  civitates 
dampna,  et  idciro  fecerunt  domino  nostro  et  patri  ao  nobis  per 
8U08  nuncioB  supplicari,  quod  nobis  dampna  hujusmodi  displicerent, 
et  propter  hoc  intravimus.  jgwerram  cum  illis  de  Campen  ac  plu- 
ribus  civitatibus  Maris  occidentalis  etc.''. 

Dass  diese  Angaben  Hakens  im  Wesentlichen  richtig  waren, 
wird  bestätigt  durch  die  Kampener  selbst ,  H.  E.  I,  n.  296  §  1: 
„Illi  de  Campen  egerunt  negocium  suum,  apportantes  litteras  do- 
minorum  regum  Dacie  et  Swecie,  quod  haberent  eos  excusatos  de 
snspicione  facta  contra  eos  ex  parte  nayium  civitatibus  in  No- 
ressund  anno  preterito  ablatarum,  et  pecierunt  eciam  litteras  ciTi- 
tatum,  ut  ipsos  eciam  haberent  supportatos  ab  hujusmodi  suspi- 
cione,  quam  eciam  haberent  contra  eos  occassione  premissorum. 
Quibus  respondebatur ,  quod  absque  litteris  ipsorum  ipsis  assi- 
stere  velint,  quod  nullas  querimonias  fecissent  de  eis  radone  pre- 
missorum, quamvis  dicti  Campenses  allegaverunt,  quod  per  domi- 
num Johannem  Ylemyngh  militem,  nuncium  consulnm  Sundensium, 
coram  rege  Swecie  querimonic  facte  sunt  de  ipsis  in  premissis". 

Die  Städte  leugnen  also,  über  Kampen  beim  Könige  von 
Schweden  wegen  Wegnahme  von  Schiffen  geklagt  zu  haben,  aber 
das  schliesst  nicht  aus,  dass  sie  den  Kampenern  die  Schuld  ihres 
Verlustes  beigemessen  haben. 

£s  ist  daher  kein  Grund  vorhanden,  die  Darstellung  Hakens 
zurückzuweisen:  „Die  von  Kampen  und  der  Südersee  haben  den 
Städtern  versprochen,  bei  ihnen  im  Sunde  zu  bleiben,  um  die 
von  den  Städtern  dort  zur  Befriedung  der  See  oder  zum  Schutze 
der  Seefahrer  (pro  facienda  navigantibus  pace)  zurückgelassenen 
Schiffe  zu  unterstützen  so  lange,  bis  die  Städter  Hülfe  von  Deutsch- 
land her  erhalten.  Die  Kampener  und  Genossen  aber  trennten 
sich  von  den  Friedeschiffen  der  Städter,  knüpften  Unterhand- 
lungen mit  dem  Dänen könige  an  und  verursachten  dadurch  den 
Städtern  einen  grossen  Verlust''.  Die  Süderseeischen  haben  also 
nicht  am  Kriege,  wohl  aber  an  der  Befriedung  der  See  zum 
Nutzen  der  hansischeu  Seefahrer  theilgenommen.  Damit  stimmt 
die  Justiz,  die  sie,  nach  H.  K.  I,  n.  304  (s.  oben  S.  587  Anm.  4)  üben; 
dass  mit   jenen    Verhandlungen  die  Bestätigung  aller  Privilegien, 


Kämpen  a.  die  sfideraeeischen  Stildte  in  «rtten  Kriege  gegen  Waldenutr.    589 

die  König  Waldemar  der  Sta^t  Kampen  am  21.  Auguat  1862  anf 
dem  Danehof  zu  Kallundborg  ertheilt  (Charters  en  bescheiden  over 
de  betrekking  der  overijsselsche  steden  bijsonder  van  Kampen 
op  het  Noorden  yan  Europa  n.  32)  in  Zusammenhang  steht,  ist 
wohl  nicht  zu  bezweifeln. 

Es  handelt  sich  nun  um  die  Frage,  wann  während  des  Feld- 
zttgs  Ton  1862  haben  diese  Vorgänge  stattgefunden?  Reinhardt 
(a.  a.  O.  S.  199)  setzt  sie  vor  die  Schlacht  bei  Uelsingborg.  Er 
lässt  die  Schiffe  von  Kämpen  und  den  andern  Städten  ein  Beob« 
achtungsgesohwader  bilden,  das  im  Fahrvrasser  des  Sundes  zwi- 
schen Uyen  und  Falsterbo  gekreuzt  habe,  um  die  vor  Helsing* 
borg  liegende  städtische  Flotte  vor  einem  Ueberfall  zu  sichern. 
Waldemar  veranlasst  jene  Schiffe  durch  Verhandlungen  sich  zu* 
rückzuziehen,  und  so  wird  der  Weg  zum  plötzlichen  Angriff  auf 
die  hansische  Flotte  frei. 

Gegen  diese  Auffassung  spricht  aber  Verschiedenes: 

1)  Das  Zeugniss  der  Könige  von  Dänemark  und  Schweden 
(H.  R.  I,  n.  296  §  1)  erklärt  die  Kampener  nicht  unschuldig 
an  der  Niederlage  der  Städte,  wie  Reinhardt  S.  198  sagt,  sondern 
nur  an  der  Wegnahme  der  SchiffiB  (excusatos  de  suspicione  ex 
parte  navium  ablatarum) ,  womit  mindestens  eben  so  gut  Handelt- 
wie  Kriegsschiffe  gemeint  sein  können. 

2)  Ausdrücklich  wird  gesagt,  dass  die  Kampener  und  Genos* 
sen  geblieben  seien  zur  Befriedung  der  See  (pro  facienda  navi* 
gantibus  paoe),  nicht  als  Beobaohtungsgeschwader. 

8)  Sie  bleiben  ausdrücklich  zur  Unterstützung  einer 
Anzahl  hansischer  Schiffe,  die  denselben  Zweck  haben.  Hätte 
es  sich  um  ein  Observationsgeschwader  gehandelt,  so  hätte  das 
Wegsegeln  der  Kampener  gar  die  böse  Folge  nicht  haben  kön* 
nen,  denn  die  übrigen  Schiffe  hätten  ja  noch  hingereicht,  einen 
drohenden  Ueberfall  der  Dänen  rechtzeitig  der  Flotte  vor  Helsing^ 
borg  anzuzeigen. 

4)  Die  Kampener  sollen  nur  so  lange  bleiben,  bis  Hülfe  aus 
DeutseUand  kommt.  Es  ist  aber  sehr  unwahrscheinlich,  dass  die 
Städter  schon  vor  der  Schlacht  bei  Helsingborg  den  Gedanken 
gelabt  haben,  zu  ihren  52  Segeln  noch  mehr  Schiffe  ans  Deutsch- 
land kommen  zu  lassen«  Dieser  Gedanke  müsste  dazu  gleich  im 
Anfange  des  Feldzuges  von  ihnen  geflssst  sein,  denn  ausdrücklich 
heisst  e»,  dass  sie  die  Schifte,  welche  von  den  Kampenern  unter- 


590  Aiknri  OL 

Stützt  werden  sollen ,  zurüokgekssan  hätten  (reliquissent) ;  das 
müsste  also  auf  der  Fahrt  naeh  Helsinghorg  gewesen  sein. 

Nur  diese  letstere  recht  unwahrscheinliche  Annahme  bleibt 
übrig y  wenn  man  die  firagliohen  Ereignisse  yor  die  Schlacht  bei 
Helsingborg  setzen  will.  Mir  scheint  es  weit  gerechtfertigter, 
sie  nach  jener  Schlacht  sich  abspielen  m  lassen.  Bieten  die 
Quellen  dafür  anoh  kein  direktes  Zeugniss,  so  widenprecbeu  aie 
doch  auch  in  keiner  Weise.  Der  Hergang  könnte  dann  ungefähr 
folgender  gewesen  sein: 

Die  Süderseeischen  kommen  in  den  Sund,  um  ihren  Handel, 
der  durch  den  Krieg  gefährdet  werden  musste,  zu  schützen.  Dass 
sie  in  dieser  Richtung  thätig  gewesen  sind,  darauf  scheinen  die 
Hinrichtungen  bei  Kopenhagen  hinzudeuten.  Am  Kriege  bethei* 
hgen  sie  sich  nicht  Nach  der  Schlacht  bei  Helsingborg  und  der 
darauf  folgenden  Wafifenruhe,  also  Ende  Juli  oder  Anfimg  August, 
übernehmen  sie  die  Verpflichtung  mit  den  yon  der  hansischen 
Flotte  zurückbleibenden  (wahrscheinlich  allen  noch  verfügbaren) 
Schiffen  gemeinsam  den  Sund  für  die  durchfahrenden  hansischen 
Seefahrer  zu  befrieden,  die,  yon  dem  Un&ll  nicht  unterrichtet, 
im  Vertrauen  auf  die  Flotte  der  Hansen  unbesorgt  die  Fahrt  nach 
der  Ostsee  angetreten  hatten. 

Leider  kennen  wir  die  Bestimmungen  der  Waffenruhe  nicht, 
aber  sie  hat  jedenfalls  auch  die  hansischen  Handelsschiffe  yor 
direkten  Angriffen  des  dänischen  Königs  sichergestellt,  was  aller- 
dings bei  den  Zuständen  in  Dänemark  und  der  Denkweise  Waide- 
mars eine  Fahrt  durch  den  Sund  noch  durchaus  nicht  gefahrlos 
machte.  Dieser  Gefahr  zu  begegnen  (Angriffen  der  eigentlichen 
dänischen  Kriegsmacht  gegenüber  wäre  es  gewiss  zu  schwach 
gewesen)  blieb  das  Befriedungsgeschwader  zurück.  Die  Trennung 
der  Kampener  und  ihrer  Genossen  von  demselben,  die  demnach 
in  den  August  fiele,  führte  dann  zum  Verlust  yon  Handels- 
schiffen. 

Wäre  durch  das  Verhalten  der  Kampener  die  Niederlage 
yor  Helsingborg  herbeigeführt  worden,  so  würden  wahrscheinlich 
die  Könige  yon  Dänemark  und  Schweden  ihnen  die  Entschuldi- 
gungszeugnisse nicht  ausgestellt,  gewiss  aber  die  Städte  ihnen 
nicht  80  leicht  yerziehen  haben. 

Diese  Auffassung  scheint  mir  diejenige  zu  sein,  die  sich  am 
besten    mit   den  Quellen  vereinigen    läset.     Ob   sie  die  Wahrheit 


Kämpen  a.  die  süderseeischen  Stidte  im  ersten  Kriege  gegen  Waldemar.      5iU 

tri£ft,  ist  eine  Frage,  die  natürlich  nicht  mit  Bestimmtheit  beant- 
wortet werden  kann.  Auch  dass  Puthshcrren  von  Lübeck  und 
Hamburg  gegen  Ende  Oktober  in  Harderw'vk  waren  und  dort 
mit  den  süderseeischen  Städten  (gewiss  mit  Harderwyk  und 
Dementer)  verhandelten  (H  11.  III,  n.  276  §  2 — 4),  giebt  wenig 
neuen  Aufschluss.  Wahrscheinlich  ist  der  Versuch  gemacht  wor- 
den, auch  jetzt  noch  die  süderseeischen  Städte  zu  kriegerischem 
Vorgehen  gegen  Waldemar  zu  bewegen. 


Bikirs  IV. 

Borgholm  (Oeland)  im  Besits  der  Städte  (1862—1366). 

Am  28.  September  war  das  Schloss  Borgholm  mit  der  Insel 
Oeland  als  Ersatz  für  die  versprocheneni  aber  nicht  übergebenen 
Schlösser  Bahas  oder  Warberg  (zu  Süderköping  ?)  von  Magnus 
und  Hakon  den  Städten  zugesagt  worden  unter  denselben  Bedin* 
gungen  wie  zuvor  diese  beiden  Schlösser  ^).  Die  Städte  haben 
dieses  Schloss  fast  vier  Jahre  in  Besitz  gehabt,  und  die  Art  der 
Verwaltung  wie  die  lange  Kette  der  Verhandlungen,  die  über 
diesen  Gemeinbesitz  geführt  werden,  ist  charakteristisch  genug 
für  das  Verfahren  der  Städte,  um  eine  nähere  Betrachtung  der- 
selben zu  rechtfertigen. 

Zur  Uebemahme  scheint  man  sogleich  ein  Bathmann  ausersehen 
zu  haben:  Johannes  Glessow  (Gletzow)  von  Wismar;  die  Neujahrs- 
yersammlung  1363  zu  Stralsund  beschliesst:  Johannes  Glessow 
wird  Hauptmann  bleiben  (manebit)  im  Schlosse  Borgholm  bis  zum 
nächsten  Johannistage.  Die  Städte  sollen  ihm  geben,  was  sich 
gebühre  (quod  racionabile  fuerit) ;  der  Bath  yon  Wismar  soll  ihm 
diesen  Beschluss  mittheilen  (H.  R.  1,  n.  280  §  1).  —  Am  23.  April 
beschliesst  man,  sogleich  nach  den  bevorstehenden  Verhandlungen 
mit  dem  Dänenkönige  zu  Nykj0bing  eine  Versammlung  za  halten. 


1)  H.  B.  I,  n.  268;  vgl.  oben  8.  818  ff.  Im  Regest  von  n.  268  werden 
als  die  ertheilten  Pfandschaften  bezeichnet:  „Das  Schloss  Borgholm,  das  Land 
Oeland  und  die  Mfinze  in  Schweden  und  Norwegen**.  Diese  letztere  Angabe 
beniht  wohl  auf  einem  Missverstftndnisse  der  Worte:  ,yOeh  scholen  se  der 
munten  ghebruken,  de  wy  hebben  in  nnsen  riken,  in  eren  panden,  also  up  dem 
lande  vorbenomet**.  Sie  sind  doch  so  zu  verstehen:  Das  Hünzrecht,  das  wir 
in  unsem  Reichen  haben,  sollen  die  Stftdte  in  ihrem  Pfände  ausfiben,  also  auf 
Oeland.  —  Ein  so  weitgehendes  Recht  wie  das  der  Mfinze  in  ganz  Schweden 
und  Norwegen  haben  die  Könige  auf  keinen  Fall  bewilligt.  Hfitten  sie  es  ge- 
than,  die  Städte  würden  sicherlich  später  bei  ihren  Klagen  auf  diesen  Punkt 
zurückgekommen  sein. 


Ezknrs  IV.    Borgholm  (Oelai^d)  im  Besits  der  SUUlt«  1368—1366.     593 

um  über  einen  Hauptmann  für  Borgholm  2U  berathen  (H.  K.  I, 
n.  292  §  7).  Aber  das  festgesetzte  Ende  yon  Glessows  Verwal- 
tung, der  Johannistag,  Icommt  heran,  und  man  hat  noch  keinen 
Ersatzmann  gefunden.  Man  denlct  an  den  Ritter  Johann  Fle- 
ming ,  der  als  Gesandter  der  Stralsunder  bei  dem  Könige  yon 
Schweden  gewesen  war  (H.  E.  I,  n.  296  §  1),  und  beauftragt 
die  Stralsunder,  mit  ihm  zu  yerhandeln  (H.  B.  I,  n.  296  §  25).  Zu 
Jacobi  (25.  Juli)  wird  dann  beschlossen ,  Johannes  Glessow ,  der 
schon  yor  einem  Monate  hätte  zurüolclcehren  müssen,  solle  bleiben 
bis  zur  nächsten  Versammlung  der  Städte  (8.  Sept.  in  Stralsund) ; 
Wismar  solle  ihn  darum  ersuchen;  auf  dieser  Versammlung  solle 
dann  über  den  Ritter  Johann  Fleming  weiter  berathen  werden. 
Uebrigens  scheint  es  den  Städten  weit  basser,  auf  Borgholm  einen 
Rathmann  oder  sonst  einen  tüchtigen  und  branchbaren  Bürger  zu 
haben  als  einen  „curiensis'',  yon  dem  sie  fürchten,  dass  er  zu 
grosse  Kosten  mache  und  auch  Streitigkeiten  mit  den  Bewohnern 
der  Insel  yeranlassen  könne  (H.  R.  I,  n.  299  §  15). 

Am  22.  Sept.  1363  wird  Johannes  Glessow  dann  wirklich 
abgerufen  (am  1.  Noy.  nimmt  er  schon  als  Sendebote  Wismars 
an  der  Versammlung  zu  Greifswald  Theil,  U.  R.  I,  n.  305),  aber 
Ersatz  hat  man  noch  nicht  gefunden.  Es  wird  ihm  geschrieben, 
er  möge  so  schnell  wie  möglich  kommen,  das  Schloss  wohl  yer- 
wahrt  (sub  bona  custodia)  den  Seinigen  übergeben  bis  Weihnach- 
ten ;  man  wolle  seine  Abrechnung  hören  und  durch  diese  orientirt 
das  Schloss  einem  andern  Hauptmann  übertragen.  Die  Lübecker 
werden  ausersehen,  Borgholm  in  ihre  Verwahmng  zu  nehmen  und 
einen  Hauptmann  hinzuschicken.  Sie  weigern  sich  aber  und  er- 
klären, dazu  nicht  beyoUmächtigt  zu  sein.  Als  die  Uebrigen  gel- 
tend machen,  dass  nach  alter  Gewohnheit  eine  Stadt  sich  den 
Beschlüssen  der  Rathmannen  aller  andern  fügen  müsse,  antworten 
die  Lübecker  nur,  sie  wollten  das  ihrem  Rath  mittheilen,  fragen 
aber  gleich,  wenn  dieser  die  Sache  annehme,  wer  für  die  Kosten, 
die  Söldner  und  andere  nothwendige  Dinge  sorge  und  wie  ?  Man 
will  sich  darüber  Raths  erholen  bei  Johannes  Glessow  (H.  R.  I, 
n.  300  %2  &.  248). 

Die  Lübecker  nahmen  den  Auftrag  an;  sie  schickten  ihren 
Rathmann  Dethard  Sachteleyent  hinüber  (ebd.  n.  356  §  1 1  u.  27). 
Aus  dem  Bericht  Johannes  Glessows  mochte  klar  geworden  sein, 
dass  der  Ertrag  Oelands  nicht  hinreiche,  die  Kosten  zu  decken. 

SchXfer,  Di«  lUiMMtadte.  3  g 


594  Sxkun  IV. 

Am  19.  Noyember  1363  einigen  si^  daher  die  Städte  zu  Greifi- 
wald  über  einen  jährlichen   Beitrag   yon   300  Mark   (dass  diese 
Zahlung  jährlich  erfolgte,  geht  ans  H.  E.  I,  n.  376  §  25  hervor) ; 
Lübeck  soll  75  ^  zahlen,  Wismar  und  Rostock  ynsammen  eben- 
soriel ,   dsgl.  Stralsund  und  Greifswald ,    Stettin  und  Hamburg  je 
25  ^y  Stargard  und  Anklam  zusammen  12^/^  ^,  Kolberg  allein 
so  yiel  (H.  K.  I,  n.  307  §  10)  i).     Doch  zeigt  sich   alsbald  aus 
der  Abrechnung  Johann  Ülessows,  die  am  14.  April  1364  zu  Ro- 
stock erfolgt,  nachdem  über  seine  Bache  schon  am  15.  März  zu 
Stralsund  yerhandelt  worden  war,  dass  diese  Summe  nicht  genügt. 
Denn  Johann  Glessow  berechnet  an  Einnahmen  1152  ^  4  fi,  an 
Ausgaben  1504  ^  12  ß  ausser  497^/,  ^  an  Sold,  den  er  noch 
bezahlen  muss ;  so  sind  ihm  im  Ganzen  noch  zu  erstatten  850  ^, 
also  550  ^  mehr  als  bewilligt  worden    waren  (H.  E.  I,  n.  315 
§  7  u.  321  §  14).     Die  Städte  kommen  daher  auf  den  Gedanken, 
das  Schloss  zu  yerkaufen  oder  zu  yerpfänden :  Nichil  aliud  fBLcere 
yolunt  ad   premissa  (H.  R.  I ,  n.  825  §  4).     Sie   beschliessen  am 
25.  Mai  1364,  die  Könige   yon   Schweden   und   Norwegen   zum 
Rückkauf  aufzufordern  (ebd.  I,  n.  325  §  17). 

Am  27.  März  1365,  auf  der  Versammlung  zu  Stralsund,  wird 
die  Antwort  yerlesen  (H.  R.  I,  n.  356  §  1).  Wir  kennen  sie  nichts 
aber  die  Polge  lehrt,  dass  die  nordischen  Könige  auf  den  Vor- 
schlag nicht  eingegangen  sind.  Sie  waren  ja  auch  gerade  da- 
mals yollauf  in  Anspruch  genommen  durch  den  meklenburgischen 
Angriff. 

Auf  derselben  Versammlung  wird  nun  Abrechnung  gehalten 
über  die  Verwaltung  Johann  Glessows  yon  Wismar  und  Dethard 
Sachteleyents  yon  Lübeck.  Wir  erfahren,  dass  zu  des  Enteren 
Zeit,  also,  so  yiel  wir  erkennen  können,  yon  Oktober  1362  bis 
dahin  1363,  jede  der  4  Städte  Stralsund,  Lübeck,  Rostock,  Wis- 
mar für  Borgholm  751^  20  8.-^  ausgegeben  hat,  also  zusam- 
men 3004  ^  10  fi  8  X  (H.  R.  I,  n.  356  §  11,  ygL  ebd.  n.  376 
§  25).  Woher  diese  grossen  Ausgaben  kommen,  die  mit  der  frü- 
heren Berechnung  nicht  stimmen,  ist  nicht  ersichtlich«  Die  Söld- 
ner wurden,  wie  es  scheint,  theils  yon  den  Hauptleuten  gewor- 


1)  Es  ist  UDgefKhr  dasselbe  Verhältniss,  das  in  der  Kontiogentstellan^ 
hervortritt:  Stargard,  Anklam  ■«  l,  Kolberg  •«  8,  Hamburg,  Stettin,  Ureüs- 
wald,  Wismar  »  4,  Rostock,  Stralsund  »  8,  Lübeck  «»  is. 


Borgholm  (Oeland)  im  Besits  der  Stidte  1S6S— 1366.  595 

ben  (H.  R.  I,  n.  356  §  11  n.  27),  theils  Ton  den  heimisohen 
Städten  (Lüb.  TJrkdb.  I£I,  n.  472).  Ob  die  an  Johann  Giessow 
noch  zu  zahlenden  550  ^  darin  eingerechnet  sind»  scheint  zwei« 
felhaft.  Allerdings  hatten  ihm  jene  vier  Städte  am  22.  Septem* 
ber  1364  zu  Stralsund  200  ^  bewilligt,  Weihnachten  an  zahlen, 
auch  schon  früher,  wenn  die  in  ^^iral8und  fUr  Kechnung  der  Städte 
liegende  Kogge  inzwischen  yerkaoft  würde  (H.  B.  I,  n.  364  §  2), 
aber  noch  am  27.  März  1365  wird  den  drei  Baihmannen  Johann 
Meteier  Ton  Lübeck,  Arnold  Kröplin  yon  Rostock  und  Johannes 
Rnge  yon  Stralsund  aufgetragen,  an  Johann  Olessow  die  ihm  yer* 
sprochenen  25  ^  zu  geben,  und  hinzugefügt,  was  Johann  Gies- 
sow ausserdem  noch  fiir  seine  Mühe  und  seinen  Dienst  fordere, 
darüber  möge  Jeder  mit  seinem  Rathe  sprechen  (iL  R.  I,  u.  356 
§  14).  Von  späteren  Porderungen  Glessows  ist  jedoch  liichts 
bekannt 

Und  wie  dem  wismarsohen,  so  wird  es  aueh  dem  lübecker 
Rathmann  nicht  leicht,  auf  seine  Kosten  zu  kommen.  £r  be« 
rechnet  am  27.  März  1365  an  Einnahmen  248  ^h  15  ß  yon  Borg- 
holm und  300  ^  als  Beitrag  der  Städte,  an  Ausgaben  aber  1042  ^ 
7  0  10  A.,  hat  also  noch  zu  fordern  493  ^  8  fi  10  ^  (H« 
R-  I,  n.  356  §  27)  *). 

Die  fernere  Bewachung  yon  Borgholm  bis  Johannis  1365 
werden  die  Stralsunder  ersucht  zu  übernehmen.  Wollen  sie  das 
nicht,  so  sollen  es  dieRostocker  thun  (ebd.  I,  n.  356  $  20).  Hier 
bleibt  Etwas  unyerständlioh.  Da  der  stralsunder  Rathmann  En- 
gelbert Dalyitz  am  3.  Juli  1366  Rechnung  ablegt,  so  muss  er 
jedenfialls  die  Verwaltung  Borgholms  geführt  haben,  gewiss  auoh 
für  ein  ganzes  Jahr  oder  eine  annähernd  so  lange  Zeit.  Das  be- 
weist die  Höhe  der  Einnahmen  und  Ausgaben  und  besonders  die 
Anrechnung  des  städtischen  Zuschusses  yon  300  Mark  (H.  R.  I, 
n.  376  %  25).  Wie  es  damit  zu  yereinigen  ist,  das«  die  Stral- 
sunder am  27.  März  1365  gebeten  werden  sollen,  Borgholm  au 
übernehmen,  während  ihr  Rathskumpan  Engelbert  Dalyitc  schon 
am  5.  Oktober  desselben  Jahres  wieder  an  der  Yersannnlung  der 
Städte  zu  Rostock  theilnimmt  (H.  R.  I,  n.  374  §  7)  und  die  Ro- 
stocker an  diesem  Tage  beauftragt  werden,  das  Schloss  bis  Johan- 


1)  An   S.  JuU   berechnet  er  an  Ausgaben    906  4f.  16  M,    an  Einnahaara 
649  4^  7  i,  so  (Um  das  DeücH  867>/t  J^  beträgt,  U.  B.  i,  n.  876  j|  86. 

38  ♦ 


596  Edran  IV. 

nis  nächBten  Jahres  zu  halten,  yennag  ich  mit  Sicherheit  nicht 
XU  sagen.  Das  Wahrscheinlichste  erscheint  mir,  anzunehmen, 
dass  wiedeifaolt  solche  Pansen  entstanden  wie  nach  der  Rück- 
kehr Johann  Olessows,  in  der  das  Schloss  durch  untergeordnete 
Männer  verwahrt  wurde  ^).  Johann  Glessow  von  Wismar  hat  es 
gehalten  Ton  Oktober  1862  bis  spätestens  dahin  1863;  nach  ihm, 
doch  mit  Einschiebung  einer  Pause  (er  nimmt  noch  am  1.  Not. 
1868  an  der  Versammlung  zu  Greifswald  Theil,  H.  K.  I,  n.  305) 
ist  Dethard  Sachtelevent  Ton  Llibeck  gekommen,  wahrscheinlich 
mit  dem  Auftrage  bis  Johannis  1364,  denn  die  üebertragung  ge- 
schieht, so  weit  wir  sie  yerfolgen  können,  immer  bis  zu  diesem 
Termin.  Am  27.  März  1865  aber  ist  noch  kein  Btellyertreter 
für  ihn  ernannt,  während  er  selbst  zu  diesem  Tage  in  Stralsund 
ist  (H.  R.  I,  n.  356  §  1 1  u.  27  und  besonders  n.  358.  Im  Re- 
cesse  wird  er  nicht  als  Rathssendebote  genannt.  Sollte  das  dar- 
auf hindeuten,  dass  er  erst  nach  Beginn  der  Verhandlungen  etwa 
Ton  Borgholm  eingetroffen?).  Entweder  ist  Dethard  Sachteleyent 
über  seine  Zeit  hinaus,  ToUe  1^/,  Jahr,  auf  Borgholm  gewesen, 
oder  er  hat  das  Schloss  tou  Johannis  1864  bis  März  1865  einem 
Untergebenen  übertragen.  Und  ähnlich  ist  es  mit  Engelbert  Dal- 
yitz  von  Stralsund.  (Auch  er  hat  907  ^50  Ausgaben,  da- 
gegen nur  842  ^  12  fi  Einnahmen,  also  ein  Deficit  yon  64  ^ 
9  fi.)  Ihm  folgt,  yon  Rostock  eingesetzt,  Friedrich  Suderland, 
der  noch  am  24.  Juni  1866  als  Hauptmann  yon  Borgholm  ge- 
nannt  wird  (H.  R.  I,  n.  376  §  18).  Man  beschliesst  an  diesem 
Tage,  ihn  zu  bitten,  das  Schloss  zu  verwalten  bis  Michaelis. 
Sollte  er  Borgholm  verlassen  und  sich  ein  ünfitll  ereignen,  so 
sollen  die  GreifiBwalder  und  Stettiner  die  Verantwortung  tragen. 
Denn  jetzt  war  die  Reihe  an  diesen,  Borgholm  zu  übernehmen; 
schon  am  5.  Oktober  des  vorigen  Jahres  war  ihnen  das  angezeigt 
worden,  und  vergebens  hatte  Stettin  gebeten,  ihm  die  Verwaltung 
zu  erlassen  (ebd.  I,  n.  376  §  1  u.  18).  Beide  Städte  knüpften 
Unterhandlungen  an  mit  Gregorius  Swerting,  einem  Ritter,  wichen 
also  von  der  frühem  Verwaltungsweise  der  Städte  ab.     Aber  be- 


1)  Der  städtische  Hauptmann  scheint ,  wenn  seine  Frist  abgelaufen  war, 
da«  Recht  gehabt  tu  haben ,  das  Schloss  su  verlassen ,  vgl.  H.  R.  I,  n.  376 
§18:  ...  et  si  Interim  recederet  et  quid  sinistri  in  eo  accideret,  quod  absit, 
de  hoc  Gripeswoldenses  et  Stetlnensei  respondebnnt 


Borgholm  (Oeland)  im  BesiU  der  Stidte  186S— 1866.  597 

Tor  der  neue  Hauptmann  sein  Amt  antreten  konnte,  war  das 
Schloss  verloren;  man  war  der  Verwaltung  überhoben.  Als  Er- 
satz für  Zurüstungen  zu  der  neuen  Stelle  forderte  Gregorius  später 
126  ^  von  den  Städten;  man  verwies  ihn  mit  seinen  Ansprüchen 
an  Stettin  und  Oreifswald  (ebd.  I,  n.  388  §  8);  wiederholt  ist 
noch  auf  den  Versammlungen  von  denselben  die  Rede  gewesen 
(ebd.  I,  n.  400  §  6,  402  §  18,  405  %  11). 

Das  Schloss  hatte  den  Städten  viele  Mühe  und  Kosten  verur- 
sacht, ersichtliche  Vortheile  nicht  gebracht. 


Eikirs  \. 

PfündsoU  in  Bergen  P 

(Zu  S.  462). 

Die  Frage,  ob  in  Bergen  Ffundzoll  erhoben  wurde ,  wird  von 
Mantels  (S.  26)  verneint,  wie  mir  scheint,  nicht  mit  genügendem 
Grunde.  In  dem  undatirten  Schreiben,  das  H.  B.  I,  n.  357  a 
(8.  500)  mitgetheilt  ist,  bitten  die  Kaufleute  zu  Bergen  um  £r- 
laubniss,  „dat  zulve  schot  up  th0  borende  alzo  langhe,  alze  de 
dach  is  begrepen  tusschen  en  unde  deme  koninghe  van  Norweghen". 
Dass  die  Worte  „dat  zulve  schot"  sich  nicht  auf  den  von  der  stral- 
sunder Versammlung  am  21.  Oktober  1369  (H.  E.  I,  n.  511) 
dekretirten  Schoss  beziehen,  sondern  auf  den  am  27.  März  1365 
zu  Stralsund  (H.  B.  I,  n.  357)  von  den  bergenschen  Kaufleuten 
verlangten  und  (s.  H.  R.  I,  n.  358)  bewilligten,  hat  schon  Kopp- 
mann (H.  B.  I,  S.  499)  richtig  hervorgehoben.  Was  nun  die 
Datirung  der  Urkunde  H.  B.  I,  n.  357  a  S.  500  betrifft,  so 
scheinen  mir  dafür  die  Worte  des  Schreibens  „alze  de  dach  is 
begprepen  tusschen  en  unde  deme  koninghe  van  Norweghen''  einen 
Anhaltspunkt  zu  gewähren.  Stillstände  mit  Norwegen  wurden 
geschlossen  am  6.  Oktober  1368  bis  1.  April  1369  (H.  B.  I,  n. 
475  §  14),  am  3.  August  1369  bis  24.  Juni  1370  (H.  B.  I,  n. 
503),  am  2.  Juli  1370  bis  24.  Juni  1375  (H.  B.  II,  n.  5)  und 
am  30.  September  1372  bis  24.  Juni  1377  (H.  B.  II,  n.  45). 
Der  erste  kann  nicht  gemeint  sein,  da  während  dieser  Zeit  der 
Verkehr  mit  Norwegen  verboten  war.  Nach  dem  zweiten  Still- 
stände wurde  derselbe  wieder  erlaubt,  seine  Eröffnung  auf  den 
11.  November  1369  festgesetzt  (H.  B.  I,  n.  510  §  6).  Der 
deutsche  Kaufmann  kann  also  kaum  vor  Anfang  des  neuen  Jahres 
nach  Norwegen  zurückgekehrt  sein,  und  der  Brief  an  Hermann 
von  Osenbrüggen  kann  auf  keinen  Fall  vor  dem  11.  November 
1369    geschrieben   sein,   höchst  wahrscheinlich   erst    im  nächsten 


Exkurs  V.    Pfandsoll  in  Bergen?  599 

Jahre  oder  noch  später.  Daraus  folgt  nun ,  dass  der  Schoss ,  den 
die  Städte  am  21.  Oktober  1369  (H.  R.  I,  n.  511)  für  Bergen 
dekretiren ,  nicht  der  sein  ^ann ,  um  den  die  Kaufleute  bald  darauf 
bitten.  Die  Vermuthung,  dass  er  ein  Pfundzoll  gewesen  sei,  liegt 
um  80  näher  y  als  es  ganz  dieselbe  Abgabe  ist  (1  Grote  vom 
Pfunde),  während  der  berger  Schoss,  wie  Koppmann  S.  500  schon 
hervorgehoben  hat,  nur  1  Pfennig  vom  Pfunde,  also  nur  den 
vierten  Theil  betrug  (s.  H.  E.  I,  n.  367). 

Was  die  genaue  Datirung  der  Urkunde  betrifft,  so  glaube 
ich,  dass  dieselbe  in  den  Frühling  des  Jahres  1370  gehört.  Die 
Kaufleute  bitten  also  darum,  den  Schoss  bis  zum  24.  Juni  1371, 
denn  so  lange  durften  sie  ja  nach  dem  Vertrage  (H.  E.  I,  n.  503 
und  505)  auf  alle  Fälle  in  Norwegen  bleiben,  erheben  zu  dürfen« 
Aus  einer  ähnlichen  Bitte  des  berger  Kaufmanns  im  Jahre  1372 
(H.  R.  U,  n.  41  §  1)  möchte  man  folgern,  dass  die  Urkuodo 
erst  in  dieses  Jahr  gehöre,  aber  dagegen  spricht,  dass  hier  die 
Erhebung  des  Schosses  gefordert  wird  bis  zur  Abtragung  der 
Schulden,  nicht  bis  zum  Schlüsse  des  bestehenden  Stillstandes. 


Anlage  A. 

(Za  Kap.  VU). 

Die  in  diesem  Kapitel  versuchte  Daratellang  der  städtiBohen 
Verhältnisse  um  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  musste  sich  na- 
turgemäss  darauf  beschränken ,  nur  die  hervorstechendsten  Züge 
erkennen  zu  lassen.  Die  grosse  Mehrzahl  derselben  lassen  sich 
durch  zahlreiche  Quellenstellen  belegen.  Ein  fortwährendes  Ver- 
weisen auf  dieselben  würde  den  Text  mit  Citaten  vollständig  über- 
füllt haben,  was  am  allerwenigsten  gerade  diesem  Passus  hätte 
forderlich  sein  können.  Es  schien  mir  daher  gerathener,  hier 
eine  Uebersicht  derjenigen  Literatur  zu  geben ,  auf  deren  Studium 
jene  Darstellung  beruht.  Ich  füge  hinzu,  dass  manche  Bemer- 
kungen eigener  Anschauung  des  alten  hansischen  Handelsgebietes, 
soweit  es  Ost-  und  Nordsee  umfasst,  entspringen,  andere  den 
für  die  Herausgabe  der  dritten  Abtheilung  Hanserecesse  gemachten 
Sammlungen ,  die  hier  und  da  auch  auf  rückwärts  liegende  Dinge 
Licht  werfen,  entstammen.  Jene  Anschauung  verdanke  ich  zum 
•  grossen  Theil,  diese  Sammlungen  vollständig  den  im  Auftrage  des 
hansischen  Geschichtsvereins  ausgeführten  Beisen  und  Arbeiten. 

Hanse-Kecesse  und  andere  Akten  der  Hansetage  von 
1256—1430,  B.  I— IV.  —  Hanse-Kecesse  von  1431—1476, 
B.  I  und  II.  —  Hansisches  Urkundenbuch,  B.  I.  —  Sar- 
torius-Lappenberg,  Urkundliche  Geschichte  des  Ursprunges 
der  deutschen  Hanse,  B.  I  und  U.  —  Hansische  Geschichts- 
blätter, Jahrg.  1871--1877.  —  Lappenberg,  Urkundliche 
Geschichte  des  hansischen  Stahlhofes  zu  London.  —  The  Libell 
ofEnglishe  Folicye  1436.  Text  und  metrische  Uebersetzung 
von  Wilhelm  Hertzberg  mit  einer  Einleitung  von  Reinhold  Pauli. 

—  Pardessus,  Collection  de  lois  maritimes  Vol.  I,  III  und  IV. 

—  Das  Seebuch,  herausgegeben  von  Karl  Koppmann,  mit  einer 


AnUs«  A.  601 

nauÜBohen  Einleituog  von  Arthur  Breusing,  mit  Glossar  von 
Christoph  Walther.  —  JohannesFalke,  Geschichte  des  deutschen 
Zollwesens.  —  Kl  öden,  Ueber  die  Stellung  des  Kaufinanns  wäh- 
rend des  Mittelalters  besonders  im  nordöstlichen  Deutschland  (3  Pro- 
gramme der  Gewerbeschule  zu  Berlin,  1841 — 43).  —  Neumann, 
Geschichte  des  Wechsels  im  Hansagebiete  bis  zum  17.  Jahrhun- 
dert. Beilageheft  zur  Zeitschrift  für  das  gesammte  Handelsrecht, 
B.  VIT.  —  R.  Pauli,  Die  Beziehungen  der  Hansa  zur  Kirche, 
Preuss.  Jahrb.  1878,  März.  —  E.  Pauli,  Der  hansische  Stahl- 
hof in  London,  in  den  Bildern  aus  Alt-England  S.  168  ff.;  vgl. 
ebd.  S.  163. 

Urkundenbuch  der  Stadt  Lübeck,  B.  I— V.  — Wehr- 
mann,  Die  lübeckischen  Zunftrollen.  —  Hach,  Das  lübische 
Recht  —  Pauli,  Abhandlungen  ans  dem  lübischen  Recht  — 
Frensdorff,  Die  Stadt  und  Gerichtsverfassung  Lübecks  im  12. 
und  13.  Jahrhundert  —  Kirchring,  Yerzeichniss  von  denen 
adlichen  Familien  der  Zirkel-Gesellschaft  in  Lübeck.  Lübeck 
1689.  —  Fahne,  Westfalen  in  Lübeck  (ist  ein  Abdruck  eines 
Manuskripts  von  Melle,  betitelt:  Die  zu  Lübeck  wohlaufgenom- 
menen Westphälinger,  vgl.  Zeitschr.  d.  Vereins  t  lübeck.  Gesch. 
I,  17).  —  Pauli,  Lübeckische  Zustände,  B.  I— IIL  --  Pauli, 
Ueber  die  ursprüngliche  Bedeutung  der  ehemaligen  Wette,  Ztschr. 
des  Vereins  f.  lübeck.  Gesch.  I,  197  ff.  —  Wehrmann,  Der 
lübeckische  Rathsweinkeller,  ebd.  II,  75  ff.  —  Mantels,  Ueber 
die  beiden  ältesten  lübeckischen  Bürgermatrikeln  (Programm  des 
Katharineums  in  Lübeck  1854).  —  Mantels,  Der  im  Jahre  1367 
zu  Köln  beschlossene  zweite  hanseatische  Pfundzoll  (dsgl.  von 
1862).  —  Graut  off,  Geschichte  des  lübeckischen  Münzfusses  bis 
1463  in  seinen  „Historischen  Schriften'*,  B.  IIL  —  Grautoff, 
Abhandlung  über  den  Zustand  der  öffentlichen  Unterrichtsanstalten 
in  Lübeck  vor  der  Reformation  der  Kirche,  ebd.  I,  329  ff.  — 
Dittmer,  Geschichte  der  ersten  Goldausmünzung  zu  Lübeck  im 
U.Jahrhundert,  Zeitschr.  d.  Vereins  f.  lübeck.  Gesch.  I,  22  ff.  — 
Th.  Hach,  Beiträge  zur  lübeckischen  Glockenkunde,  ebd.  III, 
593  ff.  —  Eine  auf  Leinen  gestickte  Altardecke  des  14.  Jahrhun- 
derts, ebd.  I,  122  ff.  mit  Abbildung.  —  Milde  und  Deecke, 
Denkmäler  der  bildenden  Kunst  zu  Lübeok. 


g02  AiiUf«  A. 

HamburgiBches  Urkundenbuoh  B.  L  —  Lappen- 
berg,  HambuTgische  Kcohtsalterthümer.  —  Koppmaun,  Ham- 
burger Kämmereirechnungen  B.  I  und  IL  —  Rüdiger,  Die 
ältesten  hamburgiechen  Zunftrollen  und  Brüderschaftsstatuten.  — 
Küdiger,  Aeltere  hamburgische  und  hansestädtische  HJandwerks- 
gesellen-Dokumente.  ^  Lambeccii»  Origines  Hamburgenses 
B.  II.  —  Lappenberg,  Von  der  Bathswahl  und  BathaTerfaaaung 
zu  Hamburg  vor  dem  Wahlrecesse  von  1668,  Zeitsohr.  d.  Yereint 
f.  hamb.  Gesch.  III,  281  ff.  —  Lappenberg,  Ueber  Entstehung 
der  bürgerlichen  Verfassung  Hamburgs,  Programm  zur  3.  Säcular- 
feier  der  bürgersohaftlichen  Verfassung  Hamburgs.  —  Koppmann, 
Zur  Geschichte  des  Raths  und  der  Verfassung  (2.  Beitrag  s.  Gesch. 
d.  Stadt  Hamburg).  —  Koppmann,  Die  ältesten  Handelswege 
Hamburgs,  Zeitschr.  d«  Vereins  f.  hambg.  Gesch.  VI,  406  E.  — 
Koppmann,  Das  hamburgische  Schuldbuch,  ebd.  VI,  482  ff.  — 
Die  hamburger  Kapelle  zu  Amsterdam,  ebd.  IV,  296  ff.  —  Lau- 
rent, Das  älteste  hamburgisdie  Handlungsbuch.  —  Laurent, 
Ueber  das  älteste  hamburgische  Bürgerbuch,  Zeitsohr.  d.  Vereins 
f.  hambg.  Gesch.  I,  141  ff.  —  Lappenberg,  ArohiTalbe- 
rieht  über  den  Ursprung  und  das  Bestehen  der  Realgewerbe- 
rochto  in  Hamburg.  —  Lappenberg,  Historischer  Bericht 
über  Hamburgs  Hechte  an  der  Alster.  —  Gries,  Die  ham- 
burgischen Stadt-,  Erbe-  und  Bentebücher.  —  Beymarus,  Das 
älteste  hamburgische  Stadterbebuch  (Über  actorum  coram  consuli- 
bus  in  resignatione  hereditatum) ,  Zeitschr.  d.  V.  f.  hambg.  Gesch. 
I,  329  ff.  —  Gädechens,  Die  hamburgischen  MünjEcn  und  Me- 
daillen, B.  I.  —  Lapponberg,  Nachträge  über  die  hamburgi- 
schen Münzbeamten ,  Zeitschr.  d.  V.  f.  hambg.  Gesch.  IV,  365  ff. 

—  Lappenberg,  Von  den  Arbeiten  der  Kunstgewerke  des  Mit- 
telalters zu  Hamburg.  —  Lappenberg  und  John,  Geschicht- 
liches und  Heortologisches  über  ein  Lectionarium  der  St  Petri- 
Kirche  aus  dem  14.  Jahrhundert,  Zeitschr.  d.  V.  f.  hambg.  Gesch. 
I,  601  ff.  —  Lappenberg,  Die  Miniaturen  zum  hamburger 
Stadtrecht  von  1497.  —  Beiträge  zur  altem  Kunstgeschichte 
Hamburgs,  Zeitschr.  d.  V.  f.  hambg.  Gesch.  V,  224  ff.  —  Notizen 
zur  hamburgischen  Literargeschichte,  ebd.  II,  819  ff.  —  Lappen* 
berg,  Von  den  älteren  Schauspielen  zu  Hamburg,  ebd.  I,  132  ff. 

—  Gädechens,  Geschichte  des  hamburger  Bathhauses.  —  Ed. 
Meyer,  Das  eimbeckische  Haus  in  Hamburg.  —  Koppmann, 


ÄnUgt  A.  603 

Hamburgs  Wohlthätigkeits-  und  kirchliche  Anstalten  im  Mittel- 
alter. —  0.  Beneke,  Die  Gräber  zu  St.  Marien  Magdalenen, 
Zeitschr.  d.  V.  f.  hambg.  Gesch.  Y,  592  ff.  —  Lappenberg, 
Von  den  älteren  Spuren  der  Juden  in  Hamburg,  ebd.  I,  28 1  ff.  — 
Koppmann,  Zur  ältesten  Geschichte  der  Juden  in  Hamburg, 
ebd.  VI,  256  ff.  und  461  ff.  —  Otto  Küdiger,  Siegfried  Buns- 
torps  Meisterstück ,  kulturgeschichtlicher  Boman  aus  der  Zeit  der 
Zunftunruhen  B.  L  und  U. 

XJrkundensammlung  der  Schleswig-Holstein-Lauenburgi* 
sehen  Gesellschaft  B.  I.  —  Burchardi,  Bemerkungen  über  das 
alte  Weichbild  der  Stadt  Kiel  und  deren  Recht  am  Kieler  Hafen, 
Zeitschr.  d.  Gesellsch.  f.  d.  Gesch.  d.  Hersogthümer  Schleswig, 
Holstein  u.  Lauenburg  2,  317  ff. 

Bremisches  Urkundenbach  B.  I  —  III,  2.  —  Oel- 
richs,  Vollständige  Sammlung  alter  und  neuer  Gesetebücher  der 
Stadt  Bremen.  —  Donandt,  Geschichte  des  bremischen  Stadt- 
rechts. —  Denkmale  der  Geschichte  und  Kunst  der  freien 
Hansestadt  Bremen,  L  u.  III.  Abthlg.  —  Jungk,  Die  bren^i- 
Bchen  Münzen.  —  Böhmert,  Urkundliche  Geschichte  der  bre- 
mer  Schusterzunft.  —  Donandt,  Der  bremische  Ciyilprooess  im 
H.Jahrhundert,  Brem.  Jahrb.  V,  ]  ff.  —  Ehmck  und  Schu- 
macher, Das  Bathhaus  zu  Bremen,  Brem.  Jahrbuch  II,  259  ff. 

—  Ehmck,  Festungen  und  Häfen  an  der  untern  Weser,  ebd.  I, 
39  ff.  —  Ehmck,  Die  Friedeburg.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte 
der  Weserpolitik  Bremens,  ebd.  III,  69  ff.  —  £.  H.  Meyer, 
Ueber  die  Sprüche   der  Bathhaushalle    in  Bremen ,   ebd.  I,  68  ff. 

—  Kohl,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Bathskellers,  ebd.  II,  89  ff. 

—  Loschen,  Ueber  mittelalterliche  Backsteinarchitekturin  Bre- 
men insbesondere  am  Katharinenkloster ,  ebd.  I,  309  ff.  —  Be- 
richt über  die  Bearbeitung  bremischer  Geschichtsquellen,  ebd.  VI, 
p.  XXVII. 

Sudondorf,  Urkundenbuch  zur  Geschichte  der  Herzöge  von 
Braunschweig  und  Lüneburg  und  ihrer  Lande  B.  I — IV.  —  Ur- 
kundenbuch der  Stadt  Braunschweig.  —  Urkundenbuch  der  Stadt 
Lüneburg  H.  I  —  III.  —  Urkundenbuch  der  Stadt  Hannover.  — 
Urkundenbuch  der  Stadt  Göttingen  3.  L  —  Quedlinbuiger  Urkon- 


604  Anlage  A. 

denbach  B.  I.  —  Das  hannorenohe  Stadireoht,  Vaterl.  ArohiT  d. 
bist.  Vereins  f.  Niedersachsen  1844,  S.  117  ff.  —  Fiedeler,  Mii- 
theilungen  ans  dem  alten  Bürgerbnche  und  dem  alten  Stadibnohe 
der  Stadt  Hannover,  Zeitschr.  d.  bist  Vereins  f.  Niedere.  1876, 
S.  20.  —  Chroniken  der  dentschen  Städte,  B.  VI  n.  VII  (Brann- 
schweig,  Magdeburg).  —  Qrotefend,  Bntwiokelnng  der  Stadt 
Hannover  bis  1369.  —  V olger,  Der  Ursprung  und  der  älteste 
Zustand  der  Stadt  Lüneburg.  —  Bodemann,  üeber  den  alte- 
^  sten  Handelsverkehr  der  Stadt  Hannover,  vornehmlich  mit  Bre- 
men, Zeitsohr.  d.  bist.  V.  f.  Nieders.  1872,  S.  48  ff.  —  Have- 
mann,  Haushalt  der  Stadt  Göttingen  am  Ende  des  14.  und  wäh- 
rend der  1.  Hälfte  des  15.  Jahrhundert,  ebd.  1857,  S.  204  iL  — 
Bode,  Mittheilungen  aus  dem  Arohiv  der  Stadt  Goslar,  Zeitsohr. 
d.  Harz  Vereins  V,  466  ff.  —  Die  untern  Stadtbedienten  in  Lüne- 
burg aus  dem  14.  Jahrhundert,  Vaterl.  Archiv  d.  bist.  V.  f.  Nie- 
ders. 1836,  S.  523  ff.  —  Dtirre,  Die  Stadtvogtei  zu  Braun- 
schweig von  der  Mitte  des  12.  bis  in  den  AnfMig  des  15.  Jahr- 
hunderts, ebd.  1847,  S.  171  ff.  —  Sack,  Die  Mtlnse  su  Braun- 
schweig, ein  ehemaliges  Besitzthum  der  Stadt,  Zeitschr.  d.  bist 
V.  f.  Nieders.  1857,  S.  267  ff.  —  Sack,  Geschichte  des  Sohütien- 
wesens  der  Stadt  Braunschweig,  Vaterl.  Aroh.  d.  bist.  V.  f.  Nie- 
ders. 1845,  S.  179  ff. 

Regesta  historiae  Westfaüae  B.  I  u.  II  u.  Westfälisches  Ur- 
kundenbuch  B.  IH.  —  Seibertz,  XJrkundenbuch  zur  Landes- 
und Rechtsgeschiohte  des  Herzogthums  Westfiden  B.  I — lU.  — 
Eriedländer,  Ostfriesisches  XJrkundenbuch  H.  1.  —  Dort- 
munder Statuten,  Zeitschr.  f.  vaterländ.  Gesch. ,  herausgeg. 
V.  westf.  Verein  zu  Münster  III,  289  ff.  —  Statuten  zahlreicher 
westfälischer  Städte  bei  Wigand,  Archiv  f.  Gesch.  u.  Alterthkde 
Westfalens  B.  I — VI.  —  Seibertz,  Ueber  den  Verfiill  der  west- 
fälischen Städte  besonders  der  Stadt  Ruthen ,  ebd.  I,  4,  32  ff.  — 
Stüve,  Beiträge  zur  Geschichte  des  westfälischen  Handels,  ebd. 
I,  3,  1  ff.  und  4,  1  ff.  —  Geisberg,  Ueber  den  Handel  West- 
Mens  mit  England  im  Mittelalter,  Zeitschr.  f.  vaterld.  Gesch.  u. 
Alterthkde,  herausgeg.  v.  V.  f.  Gesch.  Westfc  XVII,  174  ff.  — 
Stüve,  Osnabrücks  Handel,  Zeitschr.  d.  bist  V.  t  Osnabrück 
IV,  321  ff.  und  VI,  17  ff.  u.  80  ff.  —  Stüve,  Gewerbswesen 
und  Zünfte  Osnabrücks,   ebd.  VII,  23  ff.  —   Stüve,    Zur  Ge- 


Anlage  A.  G05 

Bohichte  der  Stadtverfitssung  Ton  Osnabrück,  ebd.  YIII,  1  ff.  — 
Ueber  das  soester  Nequamsbuch ,  wesiffQ.  Proyinzialblätter  I,  4, 
150  ff.  u.  III,  1,  157  ff.,  mit  Abbildungen.  —  Meister  Hermann, 
ein  Glasmaler,  Zeitschr.  d.  Y.  f.  Westfalen  XIX,  365  ff.  —  Jung- 
h  a  n  8,  Utrecht  im  Mittelalter,  Deutsche  Forschungen  IX,  5 1 1  ff.  — 

Meklenburgisches  Urkundenbuch  B.  I — X.  —  Grull, 
Rathslinie  der  Stadt  Wismar  (Hans.  Geschichtsquellen  II).  — 
Rurmeister,  Beiträge  z.  Geschichte  Europas  im  16.  Jahrhun« 
dort  —  Burmeister,  Alterthümer  des  wismarschen  Stadtrechts. 

—  Schröder,  Kurze  Beschreibung  der  Stadt  und  Herrschaft 
Wismar.  —  Schildt,  Geschichte  der  Stadt  Wismar  Ton  der 
Gründung  bis  zum  Ende  des  13.  Jahrhunderts  (in  Schirrmachers 
Beiträgen  zur  Geschichte  Meklenburgs).  —  Herrlich,  (beschichte 
der  Stadt  Rostock  bis  zum  Jahre  1300,  ebd.  —  Crull,  £.  £. 
Raths  Weinkeller  zu  Wismar,  Meklbg.  Jahrb.  XXXIII,  41  ff.  — 
Lisch,  Geschichte  des  Schlosses  zu  Wismar,  ebd.  V,  1  ff.  — 
Burmeister,   Urkundliche  Geschichte   der  Schulen    in  Wismar. 

—  Nettelbladt,  Origines  Rostockienses ,  histor.  diplom.  Ab- 
handlung über  d.  Ursprung  der  Stadt  Rostock  Gerechtsame.  — 
Lisch  und  Mann,  Beiträge  zur  älteren  Geschichte  Rostocks, 
Meklbg.  Jahrb.  XXI,  1  ff.  —  Lisch,  Ueber  das  rostockische 
Fatriciat,  ebd.  XI,  169  ff.  —  Lisch,  Bas  broncene  Tauflass  in 
der  Marienkirche  zu  Rostock,  ebd.  XXIX,  216  ff.  —  Lisch, 
Geschichte  der  Eisengewinnung  im  Mittelalter  aus  inländischem 
Rasenerz,  ebd.  YII,  52  ff.  —  Lisch,  Geschichte  der  Saline  zu 
Sülz  an  der  Recknitz ,  Meklbg.  Jahrb.  XI,  97  ff. 

G.  G.  Fabrioius,  Urkunden  zur  Geschichte  des  Fürsten* 
thums  Rügen  B.  I — lY.  —  D reger,  Codex  Pomeraniae  diplo- 
maticus  B.  I.  —  Hasselbach  und  Kosegarten,  Codex  Po« 
meraniae  diplomaticus  B.  I.  —  F.  Fabrioius,  Das  älteste  stral- 
Bunder  Stadtbuch.  —  Francke,  Yerfestungsbuch  der  Stadt  Stral* 
sund  (mit  Einleitung  Ton  Frensdorff,  Hans.  Geschichtsquellen 
B.  I).  —  Kosegarten,  Pommersche  und  rügensohe  Geschichts- 
denkmäler B.  I  (ebd.  n,  113  eine  Uebersicht  der  greifswalder 
Schifffahrt  im  Jahre  1388).  —  Kugler,  Pommersche  Kunstge- 
schichte, Balt.  Studien  YIIL  —  C.  0.  Fabricius,  Stralsund  in 
den   Tagen   des  rostocker  Landfriedens.  —   Kruse,   Geschichte 


606  AnUige  A. 

der  stralsunder  Stadt-Verfii88ung.  —  Brandenburg,  Oeschichte 
des  Magistrats  der  Stadt  Stralsund.  —  Eranoke,  Abriss  der  Ge« 
schichte  der  stralsunder  Stadtyerfassnng,  Balt  Studien  XXI,  2, 
21  ff.  —  Stayenhagen,  Beschreibung  der  Stadt  Anklam.  — 
Stolle,  Oeschichte  der  Hansestadt  Demmin.  —  Hering,  Bei- 
träge zur  Topographie  Stettins  in  älterer  Zeit,  Balt.  Studien  X, 
1,  1  ff.  —  Kiemann,  Geschichte  der  Stadt  Kolberg.  —  üeber 
die  Entwicklung  Greiffenhageus,  Balt.  Studien  V,  2,  151  ff.,  VIII, 
153  ff.  —  Hakens,  Diplomatische  Geschichte  Ton  Köslin. 

Riedel,  Codex  diplomaticus  BrandenburgCDsis  Abthlg.  I, 
B.  1—26  und  Abthlg  n,  B.  1—6.  —  Fidicin,  Historisch-diplo- 
matische Beiträge  zur  Geschichte  der  Stadt  Berlin,  B.  I — III.  — 
Fidicin,  Gründung  Berlins.  —  K  l  Ö  d  e  n ,  Ueber  die  Entstehung, 
Alter  etc.  der  Städte  Berlin  und  Köln.  —  Kl  öden,  Beiträge 
zur  Geschichte  des  Oderhandels  (8  Programme  der  Gewerbeschule 
zu  Berlin  1845 — 52).  —  Rudi  off,  Beziehungen  Frankfurts  a.  d. 
Oder  zu  Lübeck  und  zur  Hanse,  Ztschr.  d.  Vereins  f.  Lübeck. 
Gesch.  U,  488  ff.  —  Ledebur,  Die  Kalandsverbrüderungen  in 
den  Landen  sächsiohen  Yolksstammes  mit  besonderer  Rücksicht 
auf  die  Mark  Brandenburg,  Märkische  Forschungen  lY,  7  ff.  — 
Götze,  Geschichte  der  Stadt  Stendal.  —  y.  Mülyerstedt, 
Das  älteste  Innungspriyilegium  der  Tuchmacher  zu  Burg,  Ge- 
schichtsbl.  f.  Stadt  u.  Land  Magdeburg  VI,  516  ff.  —  Geis- 
heim,  Ueber  das  Kaufhaus  der  Stadt  Burg  in  Magdeburg  und 
den  Begriff  und  die  Bedeutung  Ton  Kauf-  und  Spielhäusem  im 
Allgemeinen,  ebd.  YII,  287  ff.  —  Götze,  Ist  die  Tuchmacherei 
in  Burg  auf  niederländische  Ansiedler  zurückzuführen,  ebd.  Xlf, 
309  ff. 

Hirsch,  Danzigs  Handels-  und  Gewerbsgeschichte.  — 
Hirsch,  Geschichte  der  Kirche  von  St.  Marien  zu  Danzig.  — 
Toppen,  Elbinger  Antiquitäten. 

Bunge,  LiT-,  Est-  und  Kurländisohes  Urkundenbuch  B.  I — 
YI.  —  H.  Hildebrand,  Das  Rigische  Schuld  buch.  —  Rie- 
senkampf, Der  Hof  zu  Nowgorod.  —  H.  Hildebrand,  Das 
deutsche  Kontor  zu  Polozk,  Balt.  Monatsschrift  XXU,  342  ff.  — 
^ansen,  Geschichte  der  Stadt  Narwa.  —   Russwurm,  Ueber 


AnUge  A.  007 

das  Strandrechi  in  den  Ostseeprovinzen ,  Mittheil,  aus  d.  Gebiete 
d.  Gesch.  Liv-,  Est-  u.  Kurlands,  herausgeg.  y.  d.  Gesellsch.  f. 
(icsch.  u.  Alterthkde  d.  Ostseeprovinzen  Pusslands  X ,  3  ff .  — 
C.  y.  Napiersky,  Beiträge  zur  altern  Geschichte  der  Stadt 
Kiga.  —  L.  Napiersky,  Die  Quellen  des  rigischen  Stadtrechts 
bis  1673.  —  Böthführ,  Die  rigische  Kathslinie  yon  1220  bis 
auf  die  Gegenwart.  —  W.  y.  Gutzeit,  Zur  Geschichte  der  Kir- 
chen Rigas ,  Ifittheil.  aus  d.  Gebiete  d.  Gesch.  Liy-,  Est-  u.  Kur- 
lands ,  herausgeg.  y.  d.  Gesellsch.  f.  Gesch.  u.  Alterthkde  d.  Ost- 
seeproyinzen  Husslands  X,  313  ff.  —  Bunge,  Die  reyaler  Kaths- 
linie. —  W.  Arndt,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Kaths  zu  He- 
yal,  Archiy  f.  Gesch.  Liy-,  Est-  u.  Kurlands  III,  55  ff.  —  G.  y. 
Hansen,  Die  Kirchen  und  ehemaligen  Klöster  Keyais.  —  E. 
Pal» st.  Der  Maigraf  und  seine  Feste. 


Druck  TOQ  Kd.  FroBmami  !■  Hbm. 


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