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Full text of "Die Neurologie des auges v.6, 1915"

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DIE 


NEUROLOGIE  DES  AUGES. 


DIE 


NEUROLOGIE  DES  AUGES. 


EIN  HANDBUCH 

FÜR 

NERVEN-  UND  AUGENÄRZTE 

VON 


Dr.  H.  ^LBRAND     und    DR.  A.  SAENGER 

AUGENARZT  NERVENARZT 

IN  HAMBURG. 


ERSTER  BAND. 

(ERSTE   UND   ZWEITE   ABTHEILÜNG.) 

DIE  BEZIEHUNGEN  DES  NERVENSYSTEMS  ZU  DEN  LIDERN. 


MIT  isi   TEXTABBILDUNGEN. 


WIESBADEN. 

VERLAG    VON    J.    F.    BERGMANN. 

1900. 

AI- 


Vorwort. 


Das  verspätete  Erscheinen  der  zweiten  Abtheilung  des  I.  Bandes  ist 
darin  begründet,  dass  der  a  priori  ins  Auge  gefasste  Umfang  sich  bei  der 
Bearbeitung  beträchtlich  erweitert  hatte.  Diese  Vermehrung  betrifft  nicht  nur 
den  Inhalt  einzelner  Kapitel,  sondern  es  wurde  uns  während  der  Arbeit  klar, 
dass  einige  neue  einzufügen  seien,  wenn  wir  dem  Plane  der  grösstmöglichsten 
Vollständigkeit  getreu  bleiben  wollten,  wie  z.  B.  die  Ptosis  bei  der  Gehirn- 
erweichung und  bei  dem  Gehimabscess.  Dabei  traten  gerade  in  letzterem 
Kapitel  einige  neue  Gesichtspunkte  hervor,  die  bei  dem  heutigen  Stande  der 
Himchirurgie  von  Bedeutung  sein  dürften.  Femer  wurde  die  Ptosis  bei  der 
Landry 'sehen  Paralyse  und  die  Mischform  der  Ptosis  mit  der  Pseudoptosis, 
auf  welche  bis  jetzt  zu  wenig  geachtet  worden  ist,  in  einem  zuvor  nicht 
angekündigten  Kapitel  behandelt. 

Was  nun  den  beträchtlichen  Umfang  einzelner  Abschnitte,  wie  die  Ptosis 
bei  Syphilis  und  bei  Traumen  anlangt,  so  verdienten  nach  unserer  Auffassung 
gerade  diese  Aflfektionen  wegen  ihrer  ungemein  praktischen  Bedeutung  und 
wegen  des  vorhandenen  grossen  litterarischen  Materials  eine  umfassende  Be- 
handlung, zumal  da  wir  auch  in  der  Lage  waren,  durch  eigene  Beobachtungen 
die  aus  dem  Studium  der  Litteratur  geschöpften  Ansichten  zu  erhärten  und 
zu  modifiziren.  Besonders  gilt  dies  für  die  hysterische  Ptosis,  deren  Dar- 
stellung wir  vielfach  durch  eigene  Fälle  zu  illustriren  vermochten. 

Dem  etwaigen  Vorwurf,  der  recidivirenden  Oculomotoriuslähmung  in 
diesem  Bande  einen  zu  grossen  Raum  zuertheilt  zu  haben,  begegnen 
wir  mit  der  Begründung,  dass  eine  oberflächliche  Behandlung  dieser  so 
äusserst  interessanten  und  dunklen  Afifektion  zu  einer  Ungleichmässigkeit 
den  anderen  Kapiteln  gegenüber  geführt  haben  würde. 


31fi9S 


VIII  Vorwort. 

Bezüglich  des  Facialis  wurde  besonderes  Gewicht  auf  die  anatomischen 
und  die  physiologischen  Verhältnisse  gelegt.  Dass  die  Bearbeitung  des  Orbi- 
culariskrampfes  einen  viel  grösseren  Umfang  für  sich  beansprucht  hatte,  als 
diejenige  des  Levatorspasmus,  war  in  der  Natur  der  Sache  begründet.  Das 
umgekehrte  Verhältniss  ergibt  sich  bemerkenswerther  Weise  aus  dem  Umfang 
des  Kapitels  über  die  Ptosis  gegenüber  der  Lähmung  des  oberen  Facialis. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  hervorgehoben,  dass  wir  die  Neurologie  der 
Bindehaut,  Hornhaut  etc.  in  diesen  Theil  nicht  mitaufgenommen  haben,  weil 
der  I.  Band  in  seiner  jetzigen  Gestaltung  lediglich  die  Beziehungen  des  Nerven- 
systems zu  den  Lidern  schildern  sollte,  um  dadurch  ein  in  sich  geschlossenes 
Ganze  darzustellen. 

Hamburg,   den  12.  November  1899. 

Die  Verfasser. 


Inhalt  der  L  und  IL  Abtheilung  des  I.  Bandes. 

I.  Abtheiliing. 

Seite 

Systematisches  Inhaltsverzeichniss IX 

Litteratur-Verzeichniss XXI 

Yerzeichniss  der  AbbildaDgen LVll 

Kapitel  I. 

La^e  und  Form  der  Augenlider 1—17 

ümgrenzuDg  and  Furchen  der  Lider  (§1) 1 

Halobildung,     Haut    der    Lider     und    Faltenentwickelung ,     ßlepharochalasis, 

Degeuerationszeichen  (§2) 5 

Die  Höhe  des  Oberlides  (§3) 5 

Die  sensiblen  Nerven  der  Lider  (§4) 6 

Zweck  der  Lider,  der  Cilien  und  der  Augenbrauen  (§5) 6 

Ganities  neurotica  und  Ausfallen  der  Wiropern  durch  nervöse  Einflüsse    ...  8 

Die  Stellung  der  Augenbraue  bei  Affekten 9 

Hydropathien,  periodische  Oedeme  und  Hämorrhagien  der  Lider 10 

Das  akute  cirkumskripte  periodische  Hautödem  an  den  Lidern  und  Ekchymosen 

an  denselben.    Herpes  der  Lider  und  spontane  Gangrän  (§7)       ...  12 

Misshandlung  der  Lider  bei  Geisteskranken  (§12) 16 

Kapitel  11. 

Form  und  Weite  der  Lidspalte  unter  physiologischen  und  pathologischen 

Bedingungen 17—26 

Die  weite  Lidspalte  der  Kinder  (§13) 17 

Abhängigkeit  der  Weite  der  Lidspalte  von  folgenden  Einflüssen: 

a)  der  Tonus  der  Lidmuskulatur  im  Yerhältniss  zur  Schwere  der  Lider  (§  14)  18 

b)  die  Spannung  der  an  den  Bulbus  sich  inserirenden  Muskeln  (§  15)   .     .     .  19 

c)  die  relative  Füllung  der  Orbita,  derMusculus  orbitalis  Mülleri  (§16)  20 

d)  Reizung  und  Lähmung  des  Sympathicus  (§  17),   Muscul.  palpebralis 

super,  et  inferior 21 

e)  reflektorische  Einwirkungen  auf  die  Weite  der  Lidspalte  (§  18)     .    .     .    .  25 

f)  Einfluss  der  Grösse  des  Bulbus  auf  die  Weite  der  Lidspalte  (§  19)  .     .     .  25 

g)  angeborene  Fehler  der  Lider  (§20) 25 

Die  Lidspalte  im  Tode  (§21) 26 


X  Inhaltsverzeichniss. 

Kapitel  III. 

Seite 

Die  Lidreflexe  und  das  anatomische  Verhalten   des  Musculus  orbicnlaris 

palpebrarum 26-37 

Lidreflexe  vom  Nervus  opticus  (§23) 27 

Lidreflexe  vom  TrigemiDus  (§  24),  das  Stellwagsche  Zeichen 29 

Der  Lidreflex  bei  Facialislfthmung  (§25) 31 

Anatomische  Verbältnisse  des  Musculus  orbicnlaris  (§  26)  und  die  Mechanik  des 

Lidschlags 32 

Andere  von  der  Conjunctiva  und  Cornea  ausgelöste  Reflexe  (§27) 36 

Kapitel  IV. 

Die  Mitbewegungen  zwischen  den  Lidern  und  dem  Bulbus 37—67 

a)  Mitbewegungeu  zwischen   dem  Levator  palpebrae   und    den   Hebern    und 

Senkern  des  Bulbus  unter  noimalen  Bedingungen  (§  28) 37 

Pathologische  Lockerung  dieses  Verhältnisses 41 

Mitbewegungen  des  Oberlids  bei  kompleter  Facialislähmung  (§  30)    .     .    .  42 

Das  von  Graefe'sche  Zeichen  (§31) 43 

b)  Mitbewegungen  zwischen  dem  Musculus  orbicnlaris  und  den  Hebern  des 

Bulbus  (§32) 53 

Das  Rosenbach*sche  Phänomen  (§33) 55 

c)  Zwangsweise  Lidbewegungen  bei  seitlichen  Bewegungen  des  Augapfels  (§  34)  56 

d)  Association  von  Lidbewegungen  mit  Veränderungen  der  Pupillenweite  (§  35)  59 

e)  Mitbewegungen  des  Oberlides  bei  Oefifnen  des  Mundes  und  bei  Kaubeweg- 

ungen (§36) 60 

f)  Mitbewegungen  zwischen  Lid  und  Nasenmuskulatur  (§40) 64 

g)  Facialislähmung    und  Lidpbänomen    bei    aktiver   und   bei    unwillkürlicher 

Innervation  verschiedener  Gesichtsmuskeln 64 

Kapitel  V. 
Der  Krampf  des  Muscnlus  levator  palpebrae 67—71 

Kapitel  VI. 

Die  Lähmung  des  Musculus  levator  palpebrae  superioris.    Die  Ptosis  .    .  71—541 

Allgemeines  über  Ptosis  (§43) 71 

a)  Die  kongenitale  Ptosis 78 

a)  Die  einfache  kongenitale  Ptosis  (§46) 78 

ß)  Die  kongenital-hereditäre  Ptosis  (§47) 82 

Anatomische  Befunde  bei  der  kongenitalen  Ptosis  (§48) 84 

Diagnose  der  kongenitalen  Ptosis  (§49) 91 

b)  Die  kortikale  Ptosis  (§50) 96 

c)  Die  isolirte  doppelseitige  Ptosis  (§51) 104 

d)  Die  Ptosis  bei  denNnklearlähmnngen  in  Folge  chronischer  Krank- 

heitszustände 109 

Allgemeines  über  Nuklearlähmungen  (§52) 109 

Die  Beziehungen  der  Kemlähmung  des  Musculus  levator  palpebrae  su- 
perioris zum  Augenfadalis  (M.  orbicul.  palpebr.  und  frontalis)  (§  53)  114 
a)  Die    Ptosis    bei    der    chronischen,    progressiven,    aber 

isolirt  bleibenden  Opbthalmoplegia  exterior  (§  54)    .  117 

Die  Diagnose  dieser  Krankheit  (§55) 120 


Inhaltsverzeichniss.  XI 

Seite 
Tabelle  über  die  bis  jetzt  in  der  Litteratur  bekannten  Fälle   dieser  Krankheit        116 

/?)  Die  Ptosis  bei  Tabes  und  Taboparalyse  (§  57) 134 

1.  Die  isolirte  Ptosis  bei  diesen  Erankheitszaständen  (§58) 185 

Vorkommen  der  Ptosis  mit  Abducenslähmung  bei  der  Tabes  (§  59)     .  137 

Die  Ptosis  als  Initialsymptom  (§60) 138 

Die  Differentialdiagnose  zwischen  cerebrospinaler  Syphilis  und  Tabes  in- 

cipiens  (§61) 138 

2.  Die  isolirte  komplete,  einseitige  Ocnlomotoriuslähmung  bei  Tabes  (§  63)  141 
Differentielle   Diagnose   zwischen    isolirter    kompleter    Oculomotorius- 
lähmung bei  Tabes  und  Lues  (§64)       143 

Das  interroittirende  Auftreten  der  Oculomotoriuslähmung  bei  Tabes  (§  65)  144 
Anatomischer  Befund  bei  der  isolirten  kompleten  Oculomotoriuslähmung 

bei  Tabes  (§66) 144 

3.  Die  Ptosis  bei  der  tabischen  Ophthalmoplegia  exterior  (g  67)      ...  145 
Das  vorübergehende  Auftreten  von  Ptosis  bei  der  tabischen  Ophthalmo- 
plegie    148 

Differentialdiagnose  bei  Ophthalmoplegia  exterior  zwischen  cerebrospinaler 

Lues  und  Tabes  (§68) 149 

Differentialdiagnose  bei  Ophthalmoplegia  exterior  zwischen   der  isolirt 

bleibenden  chron.  Ophth.   exter.  und  dem  Initialstadium   der  Tabes  152 
Anatomischer  Befund   bei   den  Fällen   von   tabischer   und   taboparalytischer 

Ophthalmoplegia  exterior  (§  69)     .     .     . 153 

Die  Ptosis  sympathica  bei  Tabes  (§70)       156 

Tabelle  der  Fälle  von  Ophth.  ext.  bei  Tabes  ohne  Sektionsbefund       .  158 

Tabelle  der  Fälle  von  Ophth.  ext.  bei  Tabes  mit  Sektionsbefund     .     .  168 
Tabelle  der  Fälle  von  Ophth.   bei  Tabes  mit  Paralyse  und  Psychosen 

mit  Sektionsbefnnd 179 

Die  Ptosis  bei  der  progressiven  Paralyse  (§73) 188 

Tabelle  der  Fälle  von  Ophthalmoplegie  bei  progressiver  Paralyse    .     .  191 

/)  Die  Ptosis  bei  der  multiplen  Sklerose  (§74) 194 

Differentialdiagnose  zwischen  andern  Nervenkrankheiten  (§  75)    .     .     .  196 

Pathol.-anatomischer  Befund  bei  Ptosis  bei  mult.  Sklerose  (§  76)     .     .  199 

6)  Die  Ptosis  bei  der  Syringomyelie  (§77) 200 

Differentiell-diagnostische  Bemerkungen  (§78) 202 

e)  DiePtosisbei  der  chronischen  nnd subchronischen  Ophthalmo- 
plegie,    kombinirt    mit    Bulbärkern-    und    Verde  rhorn- 

erkrankungen  (§79) 203 

I.  Gruppe:  Kombination  der  Ophthalmoplegie   mit  Bulbär- 

kern affekti  onen. 

a)  Anfängliche  Erkrankung  der  Augenmuskelkerne  und  späteres 
Uebergreifen  der  Affektion  auf  die  rückwärts  gelegenen  Bul- 
bärkeme  (§80) 206 

b)  Späteres  Hinzutreten  der  Augenmuskellähmungen  zu  den  vor- 
handenen Bulbärsymptomen  (§81) 208 

II.  Gruppe:    Ophthalmoplegie    kombinirt    mit    Bulbär-    und 

Vorderhornaffektionen 209 

a)  Anfanglich  Ophthalmoplegie,  dann  Auftreten  von  Bulbär-  und 
Spinalerkrankungen  (§82) 209 

b)  Anfänglich  spinale,  dann  bulbäre  Symptome  und  schliesslich 
Ophthalmoplegie  (§83) 211 

III.  Gruppe:  Kombination  von  Ophthalmoplegie  mitSpinal- 

affektion,  ohne  dass  es  zur  Entwickelung   vonBulbär- 
erscheinungen  gekommen  wäre 212 


oi     :. 


Seite 
>..■.- ui -s- ••i'T'iJr    cann  Vorder- 

'. 212 

.  ..«..^«»u    aOL  i»xinij»f  nnd  den  Ex- 

. .  -  ^  -x  •  «ii  -."lyditiiÄ \ m ople^ie  « §  85,.  212 
.  >.  %*;  B— T    >  f'B    Piosiö    bei    diesen 

214 

a    cLTonischer  Ophthalmoplegie, 

c    *.  V.  t-   us»i  V.vriedionierkrankimgen  (§  87)  215 
^^  .  ,aH.:^>:  ri-aö*-rkTiEgen  betreffs  dieser  Krank- 

.....%->             217 

.    :.  i  >^i#i  Bnlbirparalyse  (§  89).     ...  219 

>..->*. '^    >*aw Illingen  zu  dieser  Krankheit    §  90)  221 

.      V   .^  -    K-  Äv-^:ben  <§  91» 226 

.  >^ .    .V ..  ^e^iN:  a::9>*:Ä<ii  Balbftrparaljse  ( Asthenische  Ophthalmo- 

_"    ^  .,              * 226 

^  V  -.Vv     ..*c^   ir;*Ljlun  der  Lider  und  der  Balbusmoskulatar   bei 

v>   ^v::  SfkAcnirn  Fällen  von  asthenischer  Bulbärparalvse    .  232 
.   >    ."»t:    ies   Naklearlähmungen   in   Folge    sabakuter 

AvA.Tf:  Krankheitszustände  (§  93) 236 

.    cvv-'i^r. 237-263 

l^ie  :^o<:$  bei  derpostdiphtheritischen  Augenmuskellahmang(§94)  236 
Leber   den  Sitz  und   die  Natnr  des  pathol.  -anat.  Prozesses 

bei  dieser  Krankheit  (§95) 237 

Tabelle    Ober    die    Fälle    von    postdiphtheritischen    Augen- 

muskellähmungen  und  Ptosis 240 

>    Die  Ptosis  bei  Influenza  (§96) 248 

Tabelle  Ober  die  Fälle  von  Ptosis  und  Augenmuskellähmungen 

nach  Influenza 250 

'/)  Die  Ptosis  nach  Masern  (§97) 254 

6)  Die  Ptosis  bei  dem  Erysipel  (§98)       256 

e)  Die  Ptosis   bei  der  Meningitis  cerebrospinalis  epidemica  (§  99)  256 

f)  Die  Ptosis  bei  Typhus  (§100) 257 

j^)  Die  Ptosis  bei  der  Pneumonie  (§  101) 258 

^)  Die  Ptosis  bei  dem  Rheumatismus  acutus  (§  102) 259 

i)  Die  Gerlier'sche  Krankheit.  Le  vertige  ptosique.  Kubisagari. 

{§  103) 261 

2.  Die  Ptosis  bei  den  Intoxikationen  (§  104) 263-292 

a)  Die  Poliencephalitis  haemorrhagica  superior  (Wernicke)  (§  105).     .264-278 
Tabelle   über   die  in   der  Litteratur   vorhandenen   Fälle   von  Poli- 

encephal.  sup.  haemorrh 271 

ß)  Die  Ptosis  bei  der  chronischen  Bleivergiftung  (§108) 278 

/)  Die  Ptosis  beim  Botulismus  (^  109) 278 

Tabelle  über  die  Fälle  von  chronischer  Blei  Vergiftung  mit  Augen- 

muskelstorungen 280 

Tabelle  über  die  Fälle  von  Augenmuskelstörungen   bei  Botulismus  284 

6)  Die  Ptosis  bei  verschiedenen  anderen  Vergiftungen 291 

3.  Die  Ptosis  bei  der  akut  entstandenen  Ophthalmoplegie  ohne 
auffindbares  ätiologisches  Moment  (§  110) 292 

4.  Die  Ptosis  bei  der  akuten  Poliencephalomyelitis  ^§  111)     .     .  297 


n.  Abtheilung. 


Seite 
5.  Die  Ptosis  bei  der  Syphilis 307—368 

a)  Die  Tarsiiis  luetica 309 

b)  Die  Periostitis  des  Augenhöhlenrandes  mit  gummösen  Wucherungen  iu 

die  Orbita  hinein 310—314 

c)  Die    gummöse   Entzündung   der   Periorbita    in    der    Fissura    orbitalis 

superior  und  im  Gewebe  des  Sinus  cavernosus 3i4_3i9 

d)  Die  Ptosis  bei  den  basalen  syphilitischen  Affektionen  des  Nervus  ocolo- 

motorius 319—328 

a)  Die  selbständig  auftretende  Perineuritis-  und  Neuritis  interstiti^lis 
gummosa  eines  oder  beider  Oculomotorinsstämme  während  ihres 
intrakraniellen  Verlaufs 319—321 

ß)  Eompressionsneuritis  und  Druckatrophie  durch  Exostosen,  oder  gum- 
möse Neubildungen  an  der  Basis,  welche  entweder  direkt  den 
Stamm  des  Nervus  oculomotorius  bedrängt,  oder  durch  Fem- 
wirkung die  Leitung  in  demselben  unterbrochen  hatten       .     .    .  321 

y)  Direkte  Läsion  des  Oculomotoriusstammes  an  der  Basis  cranii  in  Folge 
von  Einschnürung  durch  anliegende  sklerotische  Arterien  (Arteriae 
cerebri  postenores,  Arteriae  cerebellares  superiores),  sowie  durch 
Thrombose  kleiner  zuführender  arterieller  Gefässe  z.  Nervenstamm    321—326 

6)    Die  Ptosis  bei  der  basalen  gummösen  Meningitis 326—328 

e)  Die  Alteration  des  Wurzelgebietes  vom  Nervus  oculomotorius      .     .     .    328—331 

f)  Die  Alteration  des  Kerngebiets  des  Oculomotorius 331 — 335 

g)  Die   Ptosis   bei    Alteration    des   supranucleären    Gebietes    des   Oculo- 

motorius    335—336 

h)    Alteration  des  kortikalen  Gebiets  des  Oculomotorius 336 — 339 

i)    Fehlen  der  Funktionsstörung   des  Oculomotorius   intra  vitam  bei   aos- 

gesprochenen  anatomischen  Veränderungen  post  mortem     ....  339 
Die  topische  Diagnostik  desSitzes  der  funktionellen  Störungen 

des  Oculomotorius  bei  der  Syphilis 339—349 

A.  Die  isolirt  bleibende  Ptosis        339—341 

L  Bei  orbitaler  Syphilis *  .     .     .  339 

IL  Bei  basalem  Sitze  der  Affektion 339 

IlL  Bei  syphilitischen  Herden  im  Wurzelgebiet  des  Oculomotorius  340 

TV.  Bei  syphilitischen  Herden  im  Wurzel-  und  Eerngebiet  .     .     .  340 

V.  Bei    syphilitischen    Affektionen  des    Kerngebiets    des   Oculo-  340 

motorius 340 


sei&t 

IL    Dl*  Pt«>4i*  h*L  «T'*klriicani<jr«ia 440—456 

•:«rte4lß  Ldjuüaoaaa    ^  'Hl   .  **1 

Ba—  •*  LafciliäaciHi.  'än^inafr  Ejnwirknxic   |  212) 442 

oiffimks»  Üawirkaii?   %  2U» 446 

Dift  *j*txkw^ilsc^  «fer  STpopcEjita    |  214) ^ 

Ehe  ijcaefav^iflfc»  ^^tr  •^jcmMhinueiiftak«!  j|  215) 449 

Die  TuBorem  4er  Tieriuto^   |  2l»5. 4öÖ 

Die  PonatamöP»    §  2I'>       -t-^l 

Die  KleiDhirutomarai    |  2S»>         4^ 

Durch  Fernwirkmur  htt^änzut  PteaU  '$222= 432 

Kortikale  Ptofti»  duTck  Tub>r«ii   f->iSi 453 

12.  Die  Ptosis  bei  der  maUiplen  Xearitis 4.5f>-46u 

13.  Die  Ptosis  bei  der  Landrj'seheD  Paralyse 46*)-4fö 

14.  Die  Ptosis  bei  der  PoIrniTositiA 46i 

15.  Die  Ptosis  als  fanktionell  nerv^öte  Störaog 46^— öl* 

a)  Die  Ptosis  hvsteriea 4fiS 

a)    Die  schlaffe  hysterische  Ptosis  and  die  Simalation  der  schlaffen  Ptosis  463 — 477 

Die  Simalation  einer  einseitig  schlaffen  LeTatorllhmang  (§  235)  .     .  471 

Die  Diagnose  der  schlaffen  hysterischen  Ptosis    (§236)  .....  47*3 

ß)   Die  Ptosis  spastica  (psendoparalyticai 477 — 4-33 

b)  Die  Ptosis  bei  der  recidirirenden  Ocalomotorinslihmang  -4-S3 — 51?= 

Die  Periode  des  Schmerzes 4>5 — 4fe 

Die  Periode  der  Lähman^  4SS-49i 

Das  Verhalten   des  Lerator  palpebrae  saperioris   bei   den  Anfällen 

von  recidivirender  Oculomotoriaslihmang 491  -  4d3 

Die  Periode  der  Paase  zwischen  den  Libmangsanfällen      ....  4^1 

a)  rein  periodische  Lfihmangen 493 

ß)  die  Gruppe  der  periodisch  exacerbirenden  Fälle     ....  41M 

Anderweitige   pathologische   Zustände,    welche    die   Anfälle    recidi- 
virender Oculomotoriuslähmung  nicht  selten  zn  begleiten  pflegen  491 
Die   Aetiologie   und   das  Wesen  der  recidivirenden  Ocalomotorius- 

lähraung 491 

Die  Diagnose  der  recidivirenden  Ocolomotorioslähmang  (§250)    .     .  50^ 

Die  Differentialdiagnose  bei  recidivir.  Ocnlomotoriuslähmung  (§  251)  504—51^ 

Eigene  Beobachtungen 515—51; 

16.  Die  Ptosis  beim  Schlaf 51S— 53: 

17.  Die  Ptosis  bei  Erkrankungen  der  Orbita  und  ihrer  Neben  höhlen; 

Die  Mischform  der  Ptosis  mit  Pseudoptosis 532—54 

Kapitel  VII. 

Die  Ptosis  sympathica 541—55 

Anatomisches  und  Physiologisches  über  den  Sympathicus 543—54 

Klinisches  über  den  Sympathicus 546—55 

Kapitel  VIII. 

Die  Beziehntigen  den  Facialis  zu  den  Ansrenlidern         .    .         559—66 

A.  Anatomisches. 

a)    Der  kortikale  Ursprung  des  Augenfacialis 559 — 56 

Repräsentation  des  Facialis  in  der  Hirnrinde  durch  sog.  Foci  (Monakow)  .56 

Le  signe  de  Torbiculaire 562u.6ä 


1 


InkaltsTeixeickuss.  WH 

b)  ]>er  sopimnBcleiiv  Terianf  des  AngeBfAcialts d'M— ^6T 

c)  Die  Kemrefioii  des  FadjJis ^67 — &T1 

Lftge  des  Kerns  i§577i  ...                            ^67 

Die  Verbindimgeii  des  Fsrisiiskerps  <$  ^S< $<T 

Die  doppelseitige  InoerrstioB  des  oberen  Fsctslis   $  279) S6S 

Der  Ursprung  des  Angenfscialis  sos  dem  Abdncenskem  (§  39i>^  .    .    .  $(i9 

Der  Ursprung  des  Angenfscislis  sns  dem  Ocnlomotorhiskem  i§2Sli    .  &?(> 

Der  Urspning  des  Orbicalsiis  oris  sos  dem  Hvpoglossoskem  ($  3$?)  .  570 

d)  Der  periphere  Verlsof  des  Angenfsdslis              571 — 573 

e)  Anstomie  der  Tom  oberen  Fsdslis  Tersorgtea  Mnskeln 57S— 576 

1.  des  M.  orbicnlsris  ocob 57S 

2.  des  IL  eorragat4M-  snperalü 5^ 

3.  des  IL  frontslis 575 

B.  Physiologisches 576->5^ 

1.  Zweck  des  IL  orbicalsns 576 — 57B 

2.  Die  Wirkongsweisen  des  If .  orbicnlsxis 57S — 5^ 

a)   Der  wfllkfirliche  Lidadiloss 57S 

ß)   Der  reflektorische  Lidschlnss 5S1 

Die  Bskn  des  Blinselreflexes  and  dss  Reflexeentmm  (§293i  .  .  .  582 
y)   Die  Mhbewegimgen  der  Bolbasmnakeln  mit  den  Kontrsktionai  des 

Orbicnlsris 584 

Mitbewegnng  der  Iris  bei  Kontrsktionen  des  Orbicnlsris  i§  2951  5S5 

Mitbewegnng  der  Nssenmosknlstar  (§  296i 5S$ 

Abnorme  Mitbewegnngen  der  OrbicalsriB  onter  psthoL  VerhIltnisseB 

(§297) 586 

3.  Die  Wirknngsweise  des  M.  comigstor  supercilü  5;97 

4.  Die  Wirkungsweise  des  M.  frontslis 5S7 

C.  Die  kongenitslen  Defekte  im  Gebiete  der  Fscislismnskn- 

Istnr  resp.  des  Angenfscislis 5$S — 600 

1.  Die  einfsch  kongenitsle  Form  5^ 

Einseitige  BQdongsdefdcte  der  Oesichtsmnsknlator  <§301) 5^9 

Defekt  ledigUdi  der  Moskolstor  des  Angenfscislis  ........  590 

Doppelseitige  kongenitsle  Bildongsdefekte  der  Gesichtsmnsknlstnr  {§  303)  590 
Die  sngeborene  Fseislis-Abdacenslihmang  sog.  Pieuroplegie  Schspringers 

(§304) 591 

KompUkstion  mit  Defekten  der  Biilbasbeweglichkeit 592 

Orbicnlsrisdefekt  mit  Ptosis  (§  305) 1^ 

2.  Die  kongenitsl  hereditire  Form  (§  306) 5^ 

Die  Disgnoee  der  kongenitslen  Bildongsdefekte  im  Fscislisgebiet  ({  307)  594 

Differentisldisgnose  von  in  frühester  Kindheit  erworbener  FscisÜsllhranng  595 

Verhslten  der  elektr.  Erregbsrkeit  bei  koDgenitslen  Bildaogsdefekten 

im  Fscislisgebiet  (§  308| 59; 

Eigene  Beobschtnngen 59^ 

Kapitel  IX. 

DieKrsmpfxDStlBde  im  OrMcvIaris  palpebrarom,  FronUlis  nnd Comgator  600-^26 

Allgemeines  Aber  den  Oibicnlsriskrmmpf ^-i^ 

Der  tonische,  clonische   nnd   gemischte   Krampf  des   Augenschliessmuskels  601 

Veriislten  des  M.  stspedins  bdm  Blephsrospasmus  (§311) ^1^ 

Amsorose  nseh  Blephsrospssmns  (§  312) ^>j 

Entropium  spsstieom 60Sn.6l!4 

Wilbrand-ttaeBger,  g—retosie  4m  Asgas.    I.  Bd.  IL  Abtheilang.  jj 


XVlU  Inhaltsverzeicbniss. 

S«ite 
a)   Organische     Läsionen,     welche     Orbicalariskrämpfo     ver- 
ursachen     603—616 

I.   Direkte  Reizung: 608—616 

1.  Des  kortikalen  Facialiscentrums 603—608 

a)   Durch  Geschwülste 604 

ß)   bei  Abscess  der  Gehimnnde 605 

y)   nach  Kalkeinlagerung  auf  der  vorderen  Centralwindung      ....  606 

6)   bei  Erweichungs-Herden 606 

e)    bei  hämorrhagischen  Cysten 607 

2.  Orbicalariskrämpfe  bei  direkter  Reizung  der  subkortikalen  Facialisbahn  608 
8.    Orbicalariskrämpfe  bei  direkter  Reizung  der  Facialiskernregion    .    .    .  608 

a)    Durch  Geschwülste 608 

ß)   Facialiskrämpfe  bei  Tabes 608 

y)   Nach  Blutungen 609 

Hyperaktion  des  Orbicularis  nach  schweren  Facialislähmungen  (§  323) .  609 
4.    Orbiculariskrämpfe   zufolge   direkter  Reizung  des  Facialisstammes  und 

seiner  peripheren  Aeste 610 

a)  Direkte  Reizung  des  N.  facialis  durch  Geschwülste 610 

ß)   Durch  entartete  Gefässe 611 

y)    Durch  meningitische  Prozesse 611 

6)   Bei  Affektionen  des  Mittelohra '.     .  611 

e)    Krampf  bei  direkter  Affektion  der  Facialiszweige 612 

IL    Der    Reflexkrampf    des    Orbicularis     zufolge     or- 

galnischer  Läsionen 612 

1.  Durch  Einwirkung   auf  die  Verbreitung  des  Trigeminus  in  der  Haut, 

dem  Auge,  den  Schleimhäuten  und  Zähnen 612 

Blepharospasmus  bei  skrophulösen  Comeal-  und  Conjunctivalleiden  (§  330)  613 

Fibrilläre  Zuckungen  der  Lider  bei  Conjunctivalkatarrhon  (§  331)     .    .  614 

Blepharosphasmns  bei  Schneeblindheit  (§  332) 614 

Blepharospasmus  bei  Krankheiten  der  Nasenschleimhaut,  der  Nebenhöhle, 

und  der  Zähne  (§  333) , 614 

Blepharospasmus  bei  neuralgischen  Zuständen  des  Trigeminus  und  bei  Ver- 
letzung desselben,  sowie  bei  Herpes  (§  334) 615 

2.  Reflexkrampf    des    Orbicularis    durch    intrakranielle    Affektionen    des 

Trigeminus 615 

b)  Orbiculariskrämpfe  als  reine  «funktionelle*  Störung  .    .    .  616 

1.  Funktionelle  Reizung  des  kortikalen  Facialisgebiets 616 

a)    Bei  Chorea 616 

Habit  Chorea.     Habit  spasm.    Gewohnheitskrampf 616 

ß)    bei  Migräne 619 

y)    bei  Epilepsie 620 

6)   bei  Hysterie 620 

2.  Reflektorischei    Krampf    des    Orbicularis    als    funktionell-nervöse    Er- 

scheinung       622 

a)    aus  dem  Gebiete  des  Trigeminus 622 

ß)    funktioneller  Reflexkrampf  des  Orbicularis  palpebr.   ausgehend  von 

Reizungen  des  N.  opticus 628 

y)   durch  Vermittlung  des  Sympathicus  bei  Reizung  des  Darms   durch 

Eingeweidewürmer 625 

c)  Tremor  der  Lider 625 


Inhaltsyerzeichniss.  XIX 

Seite 

Kapitel  X. 

Die  LähmnngBsiistände  der  vom  Aagenfacialia  versorgten  Masknlatnr  627—666 

Allgemeines  und  Symptomatologie 627—633 

A.  Lähmung  des  oberen  Facialisgebietes  nach  organischen  Ver. 

änderungen 633—660 

a)  bei  kortikalen  Herden 633 

a)   die  Orbiculaiislähmung  bei  kortikaler  Affektion  durch  Erweichung  633 

ß)  bei  Tumoren 637 

Le  eigne  de  Torbiculaire 638 

b)  Orbicularislähmung  bei  Läsion   des  subkortikalen  resp. 

supranuclearen  Faserverlaufs  des  Facialis   ....  639 

DasYerbalten  ,der  Ausdrucksbewegungen*  bei  supranuclearen  A  ffektionen  639 

c)  Die  Lähmung  der  orbiculo-frontalen  Partie  zufolge  von  Affektionen  der 

Kemwurzelregion 640 

bei  der  Tabes  (§  360) 641 

bei  der  chron.  progress.  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie  (§361)  642 

bei  Ophthalmoplegien  überhaupt  (§  362) 642 

bei  Ophthalmoplegie   mit  Vorderhornerkrankungen  (§  364)  ....  643 

bei  der  klassischen  Bulbärparalyse  (§  363) 642 

bei  Paralysie  bulbaire  progressive  infantile  et  familiale  (§  365)  .     .  643 

bei  Poliencephalitis  haemoiThagica  (Wernicke)  (§  366) 644 

bei  Poliencephalomyelitis  (§  367) 644 

bei  circumskripten  Ponserkrankungen  (§  368) 645 

bei  der  alternirenden  Lähmungsform  (Miliard  u.  Gubler)  (§  369)      .  645 

bei  der  asthenischen  Bulbärparalyse  (§  370) 648 

d)  DieLähmung  des Augenfacialis  inFolge  von  Affektionen 

des  peripheren  Theils  des  Nerven 649—655 

Verschiedenes  Befallensein  einzelner  Aesto  (§  372),  eig.  Beobachtungen  649 

Fall  sog.  rheumat.  Facialislähmung  mit  Autopsie  (§  373)    ....  652 

Charakter  der  Lähmung  und  Sitz  der  Erkrankung  (§  374)      ...  652 

Die  rheumatische  Facialislähmung  (§  376) 654 

Die  recidivirende  Facialislähmung  (§  377) 654 

Facialislähmung  bei  Traumen,  Schädelfrakturen,  Mittelohrerkrankung 

und  Garies  des  Felsenbeins  (§  378) 654 

e)  Die  doppelseitige  Gesichtsnervenlähmung 655—660 

a)   peripherer  Natur  (§  379) 655 

ß)  nucleärer  Natur  (§  380) 658 

y)   supranucleärer  Natur  (§381) 658 

6)  kortikaler  Natur  (§  382) 659 

B.  Die  «funktionelle**  Lähmung  des  Augenfacialis 660—663 

a)  bei  Hysterie  (§  383) 660 

b)  bei  Epilepsie  (§  384) 663 

c)  bei  Hemikranie  (§  385)       663 

0.  Die  Lähmung  des  Orbicularis  oculi  in  Folge  von  Erkrankung 

des  Muskelapparates 663 — 666 

Lähmung  des  Orbicularis  bei   Dystrophia  musculorum  progressiva 

(§  386) 663 

Alphabetisches  Sachregister 667 


II* 


Litteraturangabe  zum  I.  Bande. 


I.  Abtheiliing. 

1.  Merkel,  Graefe-Saemisch  Handbuch  d.  Augenheilk.  Bd.  I.  80. 

2.  Schwalbe,  Anatomie  des  Auges  p.  237. 

3.  Fuchs,  Wiener  klin.  Wochenschr.  1896  Nr.  7. 

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5.  Marie,  L'acrom^galie,  ^tude  clinique.  Progres  m^d.  Nr.  11,  1889. 

6.  Fuchs,  Arch.  f.  Ophth.  XXXI.  2.  p.  97.    Zur  Pathol.  u.  Physiol.  d.  Lidschlusses. 

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Menschen.  Arch.  f.  mikroskop.  Anatom,  u.  Entwickelungsgeschichte  Bd.  44,  p.  15. 

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13.  Hirschberg,  Centralbl.  f.  prakt.  Augenheilk.  Januar,  p.  15.  1888. 

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20.  Sattler,  Graefe-Saemisch  Handb.  d.  Augenheilk.  VL  998  u.  999. 

21.  A.  V.  Graefe,  Arch.  f.  Ophth.  IV.  2.  254. 

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4ß  K      tl     11     1.'  ■   ■''*    ""  **'*y^*""^''-  Nr.  17,  lbS6. 

An  Q    Ul^^        \ii'  .^    'k  ^*'    **•  ^^^^^-  l^ttsedowii.  Neurol.  Centralbl.  XI,  427. 

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.o  „  ,  .. •.>;!.  Uorlin  p.  20,  1894. 

48.  V.  Ren  SS.  ./     ...    ,,  1       ,^  „  «  . 

.q  „      kl'  Uv^iÄiung   mit  «eitl.  Bewegungen  des  Bulbus.     Beiträge 


.u-.:k  Hoft  x.xvi,  p.  r>3. 


50.  FuH.-^ 

51  M  :u: '  'i  ■ 

.  *  *  .'.  I,    v»i«litli.  Sur.  of  the  United  Kingd.  181)0. 

t)2.  I    U  I  .      ,        VV  I  I       V         i 


53.    \l.i 


.....jiionis  vi    the   cyelids  a.-isociated  with   movements    of   the 

Kill.-*  of  Mio   «fyobaÜH.  Johns  Hopkins  Ho.spital  Bullet.     July 

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^..»..lu»    hiMil    niiivuiiii^nlH   jiHMociated    with  nystagmus   occuiring  in  infants 
^  '   ..rJuMi    ii'l"   .IiihiTHbiT.  f.  Ophth.  427,  (89).  1894. 

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\i».tlui,.i    lilHi     W..I  hniihr.hr.    Nr.  42.    18K^. 

,^^,,11     Ni- I    J'i-riliJiIhl.   XIII,  :{:57. 

,  .^,.|,*.i.  i.l    .I.ihn^-lHi.  1.  Ophlh.  47:{,  ls«»2. 
\  ^„,.,     i-....ti.iihi.  I    Aiij.'rniHMlk.  April-Hofl,  p.  97.  1S91. 
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n.  Abtheilung. 


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752     Ron,  Fall  of  acut,  apoplectiform  bulbärparalysis  Hygiea.  1880. 

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med.  Wochenschrift  1892.  Nr.  49. 

792.  Ballet,  Progres  med.  1883.  Nr.  2. 

793.  vonPfungen,  Wiener  med.  Blätter.  1883.  Nr.  8—11. 

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IV* 


LH  Litteratur. 

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LIV  Litteratur. 

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La  presse  mddicale  16.  Aoüt  1899. 


Verzeichniss  der  Abbildungen  des  L  Bandes. 


Fig. 


9 
10 
11 
12 

13 
14 
15 
16 
17 

18 
19 
20 
21 
22 
23 
24 
25 

26 

27 


P»«. 


I.  Abtheilung. 


1: 
3: 
4: 
5: 


Farchen  und  Begrenzung  des  Aages. 

Fehlen  der  Deckfalte  und  des  Sulcos  orbito-palpebralis  snperior. 

Klaffende  Lidspalte  bei  Morbos  Basedowii. 

Klaffende  Lidspalte  bei  Moskelatrophie  und  Stellang  der  Augenbrauen 

bei  doppelseitiger  Facialislähmung. 

Schlaffe  hysterische  Ptosis  mit  Erythem  des  pto tischen  Lides. 

Herpes  am  Ober-  und  Unterlid. 

Exophthalmus  und  klaffende  Lidspalte  bei  Sinusthrombose  und  Orbital- 
phlegmone. 

Sagittalschnitt  durch  die   Orbita.    Anatomie  der  Muskelansätze  an  die 

Lider  und  den  Fomix  conjunctivae. 

Enge  Lidspalte  bei  Sympathicuslähmung. 
33 : 1  Die  Lage  der  epitarsalen  und  peritarsalen  Partie  der  Palpebralportion  des 
35 :  j  Muse,  orbicularis. 

38:    Einseitige  Ophthalmoplegie  mit  Exophthalmus,  wahrscheinlich  gummöse 

EntzOndung  der  Periorbita. 
38:    Darstellung  der  isolirten  Wirkungsweise  des  M.  palpebralis  super. 

I  Doppelseitige  kongenitale   Ptosis  mit  Erhaltung  der  Beweglichkeit  des 


15: 
16: 
20: 

22: 

24: 


39: 


I  Bulbus  nach  oben. 


I  Versuchter  Lidschluss  bei  doppelseitiger  kompleter  Facialislähmung. 
'  J  Mitbewegung  des  Lides  bei  Senkung  der  Blickebene  bei  doppelseitiger 
kompleter  Faciab'släbmung. 
43:    von  Graefe'sches  Zeichen  bei  Morbus  Basedowii. 


47:  >  Retraktion  des  Oberlides  durch  Krampf  des  Levator  palpebrae  super. 


48: 
49: 

54: 
55: 

57: 

58: 


Das  Klaffen  der  Lidspalte  bei  Morbus  Basedowii. 

Darstellung  des  Coojunctivalwulstes  im  Fornix  conjunctivae. 
\  Flucht  der  Cornea  nach  oben  in  den  verschiedenen  Stadien  versuchten 
I  Lidschlusses  bei  kompleter  Facialislähmung. 

Vollständiges  Verschwinden  der  Cornea  aus  der  Lidspalte  bei  versuchtem 

Lidschluss  bei  kompleter  Facialislähmung. 

Lidphänomen  bei  intendirter  Blickrichtung  nach  auswärts. 

Retraktion  des  früher  gelähmt  gewesenen  Oberlids  bei  luetischer  Nuklear- 
lähmung. 


LVIII  Verzeichniss  der  Abbildangen. 

Fig.  28    pag.  65 :    Lidphänomen  bei  alter  Facialislähinung.    Blepharospasmus  beim  Versnch 
zu  lachen. 

I  Krampf  des  Levator  palpebrae  superioris. 

Doppelseitige   Ptosis   bei   Tabes,     üeberstreckung  des   Kopfes,   um  die 
Pupille  in  den  Schlitz  der  Lidspalte  zu  bringen. 

Auffälliges  Herabhängen  des  Oberlides  ohne  Levatorlfthmung  bei  Kon- 
traktur beider  Frontalmuskeln. 

Einseitige  totale  Oculomotoriuslähmung.    Verauch  bei  grösster  Willens- 
anstrengung, das  gesunkene  Oberlid  zu  heben. 

Gelungene  Hebung  des  gelähmten  Oberlides  bei  derselben  Persönlichkeit 
wie  in  Fig.  38  bei  Zudrücken  des  anderen  Auges. 
In  Heilung  begriffene  Ptosis  bei  luetischer  Naklearlähmong. 
Ptosis  congenita,  Versuch  die  Blickebene  zu  heben.    Ungleich  starke 
Ptosis  auf  beiden  Augen. 
1  Einseitige  kongenitale  Ptosis  mit  Beweglichkeitsdefekt  des  Bulbus  nach 


29 
30 

70: 

31 

74: 

32 

75: 

33 

77: 

84 

77: 

35 

78: 

36 

81: 

37 

38 

81: 

39 

81: 

40 

88: 

41 

89: 

42 

91: 

43 

44 

95: 

45 

105: 

46 

107: 

47 

108: 

48 

110: 

49 

118: 

50 

137: 

51 

139: 

52 

142: 

58 

143: 

54 

147: 

55 

147: 

56 

152: 

57 

208: 

58 

213: 

59 

223: 

60 

226: 

61 

226: 

62 
63 

V 

227: 

j  oben. 


Kongenitale  Ptosis  mit  Epicanthus. 

Doppelseitige  angeborene  Ptosis. 

Aplasie  der  Ganglienzellen  im  Oculoniotoriuskern  bei  kongenitaler  Ptosis. 

Anscheiuende  Proptosis  bei  Schädelasymmetrie. 

1  Doppelseitige   kongenitale  Ptosis  mit  Erhaltung  der  Beweglichkeit  des 
Bulbus  nach  oben. 

Doppelseitige  isolirte  Ptosis  (nach  Sil  ex). 
Doppelseitige  isoliiie  Ptosis  bei  einer  alten  Frau. 
Doppelseitige  isolirte  Ptosis  bei  einer  alten  Frau. 
Schema  der  Kerne   in  dem  durchsichtig  gedachten  verlängerten  Mark 
nach  Edinger. 

Doppelseitige  isolirte  Ptosis,  als  forme  fruste  der  chronischen  progressiven, 
aber  isolirt  bleibenden  Ophtbalmoplegia  exterior. 

Doppelseitige  ungleiche  Ptosis  im  Verein  mit  Abducenslähmung  bei  Tabes. 
Einseitige  komplete  Oculomotoriuslähmung,  zweifelhaft  ob  nach  Lues 
oder  progressiver  isolirt  bleibender  Ophtbalmoplegia  exterior. 
Isolirte  komplete  Oculomotoriuslähmung  bei  Tabes. 
Linksseitige  Ophtbalmoplegia  interior;  rechts  totale  Oculomotorius-  und 
Trochlearislähmung. 

Doppelseitige  komplete  Ptosis  bei  Tabes. 

Bedeutende  Besserung  der  doppelseitigen  Ptosis  (Fig.  54)  bei  Tabes. 
Doppelseitige  Ophthalmoplegie,  zweifelhaft,  ob  Tabes  oder  Lues. 
Rechtsseitige  leichte  Ptosis  bei  beginnender  Bulbärerkrankung. 
Ophthalmoplegie  mit  Bulbäraffektion  ohne  Ptosis.    Bulbärmine. 
Mittlere  Ptosis  bei  asthenischer  Bulbärparalyse. 

Leichte  Ptosis  bei  asthenischer  Bulbärparalyse.   Versuch  die  Augen  nach 
links  zu  drehen. 

Leichte  Ptosis  bei  asthenischer  Bulbärparalyse.    Versuch  die  Augen  nach 
rechts  aussen  zu  drehen  (äussei-ste  Anstrengung). 

1  Oberlider  und  Bulbusbewegungen  bei  dem  Falle  von  asthenischer  Bulbär- 
paralyse (Fig.  60  und  61)  während  der  Besserung. 


n.  Abtheilung. 


64  pag. 

,  310: 

65  , 

312: 

66  , 

313: 

67  , 

314: 

68  , 

315: 

69  . 

316: 

70  , 

324: 

Fig.     64  pag.  310:  Gummöse  Periostitis  am  rechten  oberen  äusseren  Orbitalrand. 

lOjähr.  Junge  mit  einem  von  der  medialen  Fläche  der  Orbita  ausge- 
gangenen Spindelzellensarkom.  Schwellung  und  liyide  yei*fäi*bang  des 
Oberlides  durch  Blutstauung. 

Basale  gummöse  Neubildung,  nach  der  Fissura  orbitalis   fortgewuchert. 
Orbita  frontal  halbirt. 
Verlauf  der  basalen  Nervenstämme. 
Frontalschnitt  durch  den  Sinus  cavernosus. 

Querschnitt  durch  den  Oculomotorius  unmittelbar  nach  seinem  Austritt 
aus  dem  Pedunculus  In  der  oberen  Partie  des  Nervenquerschnitts  zahl- 
reiche degenerirte  Nervenbündel 

71  ^      331:  Frontalschnitt   durch  den  Pens.    In  der  linken  Brttckenhälfte    ein  Er- 
weichungsherd bei  cerebraler  Syphilis. 

72  j,      352:  In  der  Heilung  begriffene  Ophthalmoplegia  exterior  mit  Ptosis  bei  cere- 
braler Lues. 

73  j,      353:   Geheilte   Ophthalmoplegia   exterior    mit   Ptosis    bei    cerebraler    Lues. 
Krampf  des  Levator  beim  Versuche  die  Blick  ebene  zu  neigen. 

74  ^      361 :   Schema  der  Gefässversorgung  des  Hirnschenkels  und  des  Oculomotorius- 
Kem-  und  Wurzelgebiets 

75  u.  76  pag.  382:  Schrägschnitt  durch  die  drei  Schädelgruben. 
77  pag.  384:   Schema,    welches   die  Reihenfolge   der  Lähmungen  veranschaulicht,   die 

durch   einen  Abscess  im  Temporo-sphenoidallappen    verursacht  werden 

Komplete  Ptosis  nach  Meningitis  cerebrospinalis. 

Schema  der  intra-  und  extrakraniellen  ;^enösen  Anastomosen 

Die  Anastomosen  des  Sinus  cavernosus  mit  extrakraniellen  Venen. 

Exophthalmus  und  Lidödem  bei  Sinusthrombose. 

Schematisch  er  Sagittalschnitt  durch  die  Orbita. 

Frontalüchnitt  des  Sinus  cavernosus. 

Verlauf  der  basalen  Nervenstämme. 

Traumatische  Oculomotorius-  und  Facialislähmung,   Ptosis  und  Lagoph- 

tbalmus 

Sagittalschnitt  durch  den  hinteren  Abschnitt  und  das  Innere  des  Ge- 
hirns, der  das  „ Wasser po Ister **  veranschaulicht. 

Enophthalmus  traumaticus. 

Wie  Figur  65  pag   312. 

Tumor  orbitae  et  baseos  cranii. 

Basaler  und  orbitaler  Tumor  der  rechten  Seite  mit  Ptosis  und  Exoph- 
thalmus. 

Akromegalie.    Tumor  der  Hypophysis. 
464:  Schlaffe  hysterische  Ptosis. 
466:  Schlaffe  hysterische  Ptosis,  links  komplet,  rechts  inkomplet. 


78 

* 

397: 

79 

^ 

402: 

80 

ff 

403: 

81 

V 

406: 

8-2 

1» 

407: 

83 

p 

423: 

84 

9 

424: 

85 

* 

429: 

86 

» 

433: 

87 

1« 

438: 

88 

yt 

441: 

89 

1t 

442: 

90 

9 

444: 

91 

» 

448: 

92 

»1 

464: 

93 

» 

466: 

Verzeiohniss  der  AbbildungeD.  LXI 

Fig.  189  pag.  624:   Entropium  spasticum  bei  Blepharospasmus  hystericus. 

r     140     ,      624 :  Leichte  Kontraktion  der  oberen  Facialismuskeln  bei  nervöser  Asthenopie. 

^     141     ^      629: (Rechtsseitige  komplete    Pacialislähmung   bei  einem  jugendlichen  Indi- 

,     142     ,      629:1  viduum. 

„  143  ,  629:  Klaffen  der  Lidspalte  beim  Blick  geradeaus  bei  Facialislähmung  durch 
Retraktion  des  Oberlides  und  Senken  des  Unterlides. 

,  144  j,  629:  Retraktion  des  Oberlides  durch  üeberwiegen  des  Levatortonus  bei 
kompleter  Facialislähmung.    Blick  nach  unten. 

.  145  „  680:  Fester  Lidschluss  bei  kompleter  einseitiger  Facialislähmung.  Dabei  Yer- 
ziehung  der  Stimhaut  nach  dem  Augenwinkel  der  gesunden  Seite. 

,     146     ,      646:   Schema  der  Pousherde  nach  Leube. 

^     147     j,     653:  L.  komplete  Facialislähmung  seit  26  Jahren  bestehend  ohne  Kontrakturen. 

^     148     „      656: ^Doppelseitige  komplete  Facialislähmung  bei  versuchtem  Lidschluss  und 

r     149     ,      556:)  bei  Senkung  der  Blickebene. 

^     150     ^      664:  Klaffende  Lidspalte  bei  Muskeldystropbie. 

,  151  j,  665:  Familiäre  Form  der  Muskeldystrophie.  Klaffen  der  Lidspalte  in  ver- 
schiedener Intensität  bei  den  einzelnen  Geschwistern. 


Kapitel  I. 

Lage  und  Form  der  Augenlider. 


§  1.  Die  Augenlider  werden  nach  oben  durch  die  Augenbraue  (Figur  la) 
(Supercilium),  nach  unten  durch  den  absteigenden  (c)  und  aufsteigenden  Ast  (d) 
des  Sulcus  palpebro-malaris  oder  die  Wangenlidfurche  begrenzt.  Die  Letztere  ist 
bei  jungen  Individuen  oft  nur  angedeutet.  Sie  markirt  die  Grenze  zwischen 
dem  fetthaltigen  Unterhautbindegewebe  der  Wange  und  dem  fettlosen  der 
eigentlichen  Lider.  Wie  an  allen  Stellen,  an  welchen  reichlichere  Fettmengen 
plötzlich  endigen,  so  ist  auch  hier  das  Fett  der  umliegenden  Gesichtstheile 
durch  fascienartige  Bindegewebsblätter,  welche 
sich  bis  zum  Knochen  in  die  Tiefe  erstrecken, 
begrenzt,  und  dadurch  die  Augengegend  von 
ihrer  Umgebung  gewissermassen  abgeschlossen. 
Merkel  (1). 

Bei  geöffneter  Lidspalte  zeigt  sich 
am  Oberlid  unterhalb  der  Augenbraue  eine 
tiefe  Furche:  der  Sulcus  orbito-palpebralis 
superior  (6),  welcher  durch  Einziehung  des 
Tarsaltheils  des  oberen  Augenlides  beim 
Oeffnen  der  Lidspalte  zu  Stande  kommt. 
Bei  jüngeren  Individuen  gleicht  sich  derselbe 
nach  Schluss  der  Augen  meistens  aus,  oder 
bildet  doch  wenigstens  nur  eine  seichte  Rinne. 
Die  über  diesem  Sulcus  gelegene  Hautpartie,  welche  bei  Individuen  mit 
schlaffer  Haut  klappenartig  auf  dem  Lide  liegt  und  dasselbe  beschwert,  heisst 
die  Deckfalte. 

Bei  mageren  Individuen  mit  geringem  Fettgehalt  der  Orbita,  nicht  er- 
schlaflFter  Lidhaut  und  tiefliegenden  Augen  ist  kein  Sulcus  orbito-palpebralis 
super,  vorhanden.  Hier  finden  wir  die  meist  verdünnte  Haut  des  Oberlides 
zwischen  Orbitaldach  und  Bulbusoberfläche  tief  in  die  Orbita  hineingezogen, 

Wilbarud-Saenger,  Neurologie  des  Auges.  1 


Fig.  1. 


2  Lage  und  Form  der  Augenlider. 

resp.  durch  den  Druck  der  äusseren  Luft  in  die  Orbita  hineingepresst.  Zu- 
folge dieser  Zugwirkung  wird  die  Lidhaut  über  der  Rundung  des  Bulbus  ge- 
glättet, und  der  Sulcus  orbito-palpebralis  mit  der  Deckfalte  völlig  verstrichen 
(analog  wie  in  Figur  2).  Zwischen  dem  Lidrande  und  der  Augenbraue  bildet 
sich  also  bei  solchen  Individuen  ein  der  Bulbusrundung  folgender,  mehr 
oder  weniger  tiefer  Graben.  Bei  dem  Morbus  Basedowii  jedoch  finden 
wir  trotz  der  allgemeinen,  oft  sehr  hochgradigen  Abmagerung  meist  die  Deck- 
falte weit  überhängend,  und  die  Haut  über  dem  Sulcus  palpebro-malaris 
beutelartig  vorgetrieben  (vergl.  Figur  3),  weil  durch  den  vermehrten  Fett- 
gehalt der  Orbita,  resp.  durch  die  stärkere  Füllung  und  Ausdehnung  der 
Orbitalgefässe  der  Orbitalinhalt  eine  Vermehrung  erfahren  hat.  Dieser  zwischen 
Sulcus  orbito-palpebralis  und  Sulcus  palpebro-malaris  gelegene  Wulst  giebt 
neben  der  klaffenden  Lidspalte  und  der  sonstigen  Abmagerung  des  Gesichts, 
der  Physiognomie  der  Kranken  jenes  eigenthümliche  Gepräge. 

Der  Sulcus  orbito-palpebralis  inferior  (f)  kommt  am  unteren 'Augen- 
lide beim  Oeffnen  der  Lidspalte  oft  nicht  zu  Stande,  weil  bei  dieser  Bewegung  das 
untere  Augenlid  nicht  nur  nicht  herabsinkt,  sondern  sogar  mit  seinem  lateralen 
Ende  etwas  heraufsteigt.  Wohl  aber  bildet  sich  diese  Furche  beim  Senken 
des  Blicks  aus,  weil  hier  durch  die  Wirkung  des  Musculus  rectus  inferior 
das  untere  Lid  gesenkt  und  sein  Tarsaltheil  eingezogen  wird.    Schwalbe  (2). 

§  2.  Die  Epidermis  der  Lider  zeigt  bei  alternden  und  namentlich  bei  un- 
verheiratheten  weiblichen  Individuen  häufig  einen  starken  Pigmentgehalt, 
welcher  auf  der  medianen  Seite  zwischen  der  Wangenlidfurche  und  dem  Sulcus 
orbito  -  palpebralis  gewöhnlich  am  stärksten  ausgeprägt  ist  und  die  ganze 
untere  Hälfte  der  Augen  als  Halo  umzieht.  Bei  Individuen  mit  dünner 
Haut  schimmern  die  oberhalb  der  Wangenlidfurche  gelegenen  Venengeflechte 
bläulich  durch  und  tragen  dadurch  ebenfalls  zur  Bildung  eines  Halo  bei.  Bei 
Abnahme  der  Turgescenz  des  Körpers,  bei  Herzschwäche  oder  bei  konsumirenden 
Krankheiten  sinkt  die  Haut  mit  dem  Augapfel  tiefer  in  die  Orbita  ein,  hinter 
dem  vorspringenden  Orbitalrand  bildet  sich  ein  Graben,  und  der  auf  dieser  Ver- 
tiefung lagernde  Schatten  im  Verein  mit  den  durchschimmernden  Venen- 
geflechten giebt  solchen  Individuen  ein  ganz  besonders  krankhaftes  Aussehen. 

Die  Haut  der  Lider  ist  sehr  dünn  und  darum  zur  P'altenbildung  ganz 
besonders  geneigt;  und  da  sie  durch  ein  laxes  Bindegewebe  nur  locker  an- 
geheftet ist,  wird  durch  Faltung  und  Wiederausdehnung  derselben  die  Leichtig- 
keit des  Oeflnens  und  Schliessens  der  Augen  sehr  begünstigt.  Die  stärkere 
oder  geringere  Ausprägung  dieser  Falten  und  der  vorhin  erwähnten  Furchen 
nehmen  hervorragenden  Antheil  an  dem  Ausdrucke  des  Auges,  sowie  der  ganzen 
Physiognomie.  Wegen  Abnahme  der  Elasticität  der  Haut  tritt  bei  älteren 
Personen  eine  ganz  besonders  reichliche  Falten-  und  Runzelnbildung  an  den 
Lidern  hervor,  deren  Anordnung  meist  durch  die  emotionellen  Muskelkontrak- 
tionen bedingt  wird.  Die  gleichmässigen  Gesichtszüge  jugendlicher  Personen  be- 
ruhen dagegen  auf  dem  reichlicheren  Gehalte  der  Haut  an  elastischen  Fasern,  wo- 
durch selbst  die  Lähmungserscheinungen  der  Gesichtsmuskeln  hier  viel  weniger 


markant  hervartrtiten»  als  bei  den  iüteren  InLlividueii  mit  erschlatfter  Haut  Fällt 
bei  Lähmungen  der  Muskeltunus  weg,  so  verschwinden  die  Falten  und 
Runzeln  der  Haut  entweder  gauii  oder  äiulern  doch  ihre  Lage,  eine  Erschei- 
nung, welche  diagnostisch  von  höchster  Bedeutung  ist 

Bei  massiger  Intensität  ist  die  auf  dem  Schwunde  elastischer  Fasern  be- 
ruhende Erschlaffung  der  Lidhaut  f B 1  e  p  h  a  r  o c  h  a  1  a s  i s ,  Fuchs,  3)  eine  dem 
Alter  entsprechende,  gewöhnliche  Erscheinung,  Ausnahmsweise  tritt  dieselbe 
stärker  und  zuweilen  auch 
bei  jugendlichen  Indivi- 
duen auf  und  ist  dann 
als  ein  krankhafter,  atro- 
phischer Zustand  der  Lid- 
haut zu  bezeichnen.  Die 
Haut  wird  dann  der 
senilen  ähnlich,  sie  liegt 
dem  Knorpel  scblafi"  au. 
da  auch  das  subcutane 
Zellgewebe  atrophisch  ist , 
sie  zeigt  jedoch  keine 
Pignientanomahe ,  auch 
ist  dabei  nur  das  Oberlid 
befallen.  Die  Lidbaut 
hängt  als  scblafl'er  Sack 
herunter ,  und  bedeckt 
nun  meist  den  oberen 
Theil  der  Pupille.  Alle 
Falle,  die  Fuchs  gesehen 
hat,  datiren  aus  der 
frühesten  Jugend.  In 
einem  Falle  war  eine 
Hiniliautentzündung  vor- 
ausgegangen,  in  einem 
anderen  hatten  wieder- 
holte üileinatose  Schwell- 
ungen der  Lider  diesen 
Zustand  zur  Folge  gehabt. 


Fig.  2. 

€.    E.      Doppelseitigie    inkoiDplete    aügeborme   Ptosis.       Mikn»- 

ykopisi'lifrBt'fuinl :  einstellige  Aplasie  in  bfcstiDumienZellfögnippLTi 

*i Pt  Ouloniutori u  Bke r us. 


Aehnlicbe  Veränderungen  der  Lidliaut  zeigen  sich  bei  greisenhafter  Ver- 
änderung der  allgemeinen  Körperdecke  jugendiicher  Individuen.  Von  einem 
derartigen  Falle  hei  einem  18jährigen  Jüngling  giebt  Rossbach  (4)  folgende 
treffende  Beschreibung:  ,.Die  Augenöflnung  ist  schlitzförmig  eng  in  Folge 
des  tiefen  Herabgesunkenseins  der  stark  verlüngerten  oberen  Augenlider. 
Auch  die  Conjunctiva  zeigt  beim  Auseiuanderziehen  der  Augenlider  eine  starke 
Vergrosserung  (nicht  Verdickung)  und  dadurch  starke  Faltenbildung  und  Ab- 
hebung  vom  Auge.     Auch   ist   rings   um  die  Lider  die  Haut   in  eine  Masse 


Lage  und  Form  der  Augenlider* 


¥ 


grosser  und  kleiner  Falten  gelegt.  Das  Auge  selbst  ist  jugendlich  Irisch  und 
klar  und  macht,  Avenn  man  es  bei  auseinander  gezogenen  Augenlidern  be- 
trachtet, in  Folge  «les  Gegensatzes  zu  dem  übrigen  greisenhaften  Aussehen  einen 
merkwürdigen  Pjinlnirk*  Beim  Scbliessen  des  Auges  bleibt  in  den  oberen 
Augenlidern  noeh  eine  breite  Hautfalte  aufrecht  stehen/' 

Marie  (5)  hat  bei  Akromegali  e  die  Augenlider  bald  verlängert,  bald 
verdickt  und  ihren  Tarsus  hypertrophisch  gefunden. 

Das   Zusammenziehen   der   Augenbrauen   durch  Kontraktion    des    Muse* 

eorrugator  supercilii,  das  Hinauf- 
ziehen derselben  durch  den  Musa 
frontalis,  und  das  Zukneifen  der 
Lider  durch  energische  Kon- 
traktion aller  Theile  des  Muscuh 
orbicularis  palpebrarum  benutzen 
wir  zur  Prüfung  der  Funktion  des 
s.  g.  A  ugenfacialis,  d.  h.  der- 
jenigen Fasergattung  jenes  Nerven, 
welcher  die  mit  den  Lidern  uod 
Augenbrauen  in  Verbindung 
stehenden  Gesichtsmuskeln  in- 
nervirt.  Dass  von  manchen  Au- 
toren dieser  Fasergruppe  des 
Facialis  ein  gesondertes  Fr- 
sprimgsgehiet  zugesprochen  wird, 
werden  wir  später  noch  ein- 
gehender zu  betrachten  haben. 

Die  vorerwähnten  Suk-i  mit 
Ausnahme  des  Orbito-palpebrahs 
superior  sind  häutig  nur  an- 
deutungsw'eise  vorhanden.  Bei 
Lähmung  des  Muse,  levator  pai- 
pebrae  super,  ist  letzterwähnter 
Sulcus  und  die  DecktViIte  ver- 
strichen, weil  das  Lid  zufolge 
seiner  Schwere  nach  unten  sinkt,  andererseits  aber  durch  Beihilfe  des 
kontrahirten  Frontalis  die  Augenbraue  gehoben  wird  {siehe  Figur  2).  Indern 
nun  die  Haut  des  Oberlids  der  Lage  Veränderung  der  Augenbraue  nach  oben-j 
hin  folgt,  wird  durch  dit'  Zugwirkung  in  entgegengesetzter  Richtung  die  Haut 
des  Oberlids  geglättet  und  das  Letztere  anscheinend  verlängertj  während  die 
Stirnhaut  parallel  zur  Augenbraue  sich  in  mehrere  Falten  legt.  Dabei  steht 
das  nasale  Ende  der  Augenbraue  höher  als  das  temporale  (siehe  Figur  2  im  Ver- 
gleiche mit  Figur  1  und  3.  Figur  2  stellt  eine  doppelseitige  kongenitale 
Ptosis  dar.     Figur  3  eine  Patientin  mit  Morbus  Basedowii), 


Fifes  3. 
Stellwat^'sches  ZpiL-heii. 


Bei  Lähmung  des  Nervus  Facialis  sinkt  das  Untc^rlid  zufolge  seiner 
Schwere  herab,  und  demzufolge  tritt  der  Sulcns  orbito  iMilpebralis  inferior, 
zumal  in  seiner  nasalen  Partie,  etwas  stärker  hervor, 

§  2a.  Als  D  e  g  e  n  e  r  a  t  i  0  n  s  z  e  i  c  h  e  n  V  on  Seiten  der  Lider  si  ud  anzuführen : 
Trichiasis,  angeborene  Ptosis,  angeborene  Verkürzung  der  Oberlider,  Epican- 
thus,  angeborene  Phimose  der  Lidspalte,  Coloboni  der  Lider  und  Mangel  oder 
Verdoppelung  der  Thriinenpunkte. 


Die  Höhe  des  Oberlides. 

§  3.  Für  gewisse  pathologische  Zustände  ist  es  wichtig,  die  Länge  des  Ober- 
lides zu  kennen.  Als  Lidböhe  bezeichnet  Fuchs  (6)  die  grösste  Höhe  des 
Oberlids  vom  freien  Lidrande  bis 
zur  Mitte,  d.  h.  halben  Breite  der 
Augenbraue.  Zur  Ausführung  dieser 
Messung  muss  die  zu  untersuchende 
Person  die  Augen  ganz  leicht,  wie 
zum  Schlafe,  schliessen.  Die  verti- 
kale Ausdehnung  der  Lidbaut, 
d-  h.  die  grösste  Entfernung  zwischen 
dem  freien  Lidrande  und  der  Mitte 
der  Augenbraue  wird  gefunden, 
wenn  durch  Zug  an  den  Augen- 
wimpern die  Lidbaut  stark  ange- 
spannt wird.  \'or  allem  ist  die 
Lidhöhe  von  dem  vertikalen  Durch- 
messer der  Orbita  abhängig.  Sie 
ist  beim  erwachsenen  Menschen  un- 
gefähr doppelt  so  gross  wie  beim 
neugeborenen  Kinde,  die  Ausdehn- 
ung der  Lidhaut  sogar  2^2  mal  so 
gross.  Ein  normaler  Lidschhiss  ist 
nur  dann  möghch,  wenn  die  Hohe 
des  oberen  Lides  in  gespanntem 
Zustande  mindestens  um  die  Hälfte 
grösser  ist  als  die  Höhe  desselben  in  nicht  gespanntem  Zustande  l)ei  leicht 
geschlossenem  Auge,  Bei  vielen  Menschen  wird  ein  insufficienter  Lidschiusa 
durch  eine  unzureicliende  Länge  der  Augenlider  bewirkt,  welche  als  angeboren 
zu  betrachten  und  erblich  ist.  Derartige  Menschen  schlafen  meist  mit  meltr 
oder  weniger  geöftneter  Lidspalte,  ein  Umstand,  der  leicht  zu  katarrhalischer 
Reizung  der  Bindehaut  und  zu  Thränenträufeln  des  Morgens  nach  dem  Er- 
wachen Veranlassung  geben  kann.  Auch  ist  auf  diesen  Zustand  Rücksicht 
zu  nehmen,  wenn  eventuell  eine  Schwäche  des  Orbicularis  bei  einer  Facialis- 
affektion  zur  Erwägung  kommt. 


Fig.  4. 

A.  B,    Klaöfmle  LMsj^alte  bei  Muskeklystmphie : 

Tvpu»   Fiirio-scapulo-humemlis.      L.    der    Siilcufs 

orbitn-palpfiinilisi  in  f.  deiitltch  zu  erkeonen. 


6  Lage  und  Form  der  Augenlider. 

Die  sensiblen  Nerven  der  Lider. 

g  4.  Die  grössere  Partie  des  Augenlides  wird  von  einem  medialen,  aus  der 
Verbindung  des  Nervus  supratrochlearis  mit  dem  infratrochlearis  hervorgehen- 
den Aste  versorgt,  während  ein  lateraler  Stamm  den  übrigen  Theil  innervirt, 
mit  welchem  ebenso  wie  mit  den  von  oben  kommenden  Stämmen  langgestreckte 
Anastomosen  bestehen.  Aus  den  letzteren  bildet  sich  in  dem  lockeren  Binde- 
gewebe zwischen  Haut  und  Tarsus  auf  der  dem  Lidrande  abgewandten  Seite 
des  M.  ciliaris  Riolani  ein  reicher  Plexus:  der  Randplexus  der  Lider, 
v.  Mises  (7). 

Wie  aus  dem  F  r  o  h  s  e '  sehen  Atlas  über  die  oberflächlichen  Nerven  des 
Kopfes  (Berlin-Prag  1895  Fischer)  hervorgeht,  scheinen  offenbar  grosse  in- 
dividuelle Verschiedenheiten  in  der  Innervation  der  Augenlidhaut  zu  bestehen; 
denn  auf  Tafel  III  dieses  Werkes  finden  wir  zahlreiche  Abbildungen,  in 
welchen  die  nicht  übereinstimmenden  Angaben  der  Autoren  wiedergegeben  sind. 

Nach  Bach  (8)  verdichten  sich  die  Nervenplexus  in  einiger  Höhe  über 
der  inneren  Lidkante  zum  Tarsalgeflecht.  Ein  zweites  Geflecht  breitet 
sich  alsinterglandulargeflecht  in  den  Zwischenräumen  zwischen  den 
Läppchen  der  Meibom 'sehen  Drüsen  aus.  Auch  an  den  Cilien,  sowie  um 
die  MolPschen  Drüsen  kommt  es  zur  Geflechtbildung.  Unter  der  Tarsal- 
bindehaut  kommt  es  zu  dem  Conjunctivalgeflecht,  welches  mit  dem 
Tarsalgeflecht  in  Verbindung  steht.  Von  Dogi  el  (9)  sind  besonders  die  Nerven- 
endigungen in  der  Conjunctiva  und  den  Lidern  studirt  worden. 

Zuweilen  trifft  man  bei  Hysterischen  auf  eine  Anästhesie  der  Lider. 
So  hatte  Fer  e  (10)  Gelegenheit,  bei  einer  jungen,  neuropathisch  belasteten  Frau 
eine  Reihe  von  Zufällen  zu  beobachten,  welche  durch  das  elektrische  Licht 
verursacht  waren:  Kopfschmerz,  Schwindel,  Anästhesie  der  Hornhaut,  der 
Bindehaut  und  der  Lider.  Diese  von  Amblyopie  begleiteten  Erscheinungen 
dauerten  eine  Weile  an. 

Wir  beobachteten  diese  Erscheinungen  bei  einer  Reihe  von  hysterischen 
Kindern. 


Zweck  der  Lider,  der  Cilien  und  der  Augenbrauen. 

§  5.  Die  Cilien  und  Lider  sind  die  Tast-  und  Schutzorgane  des  Auges.  Die 
Augenbrauen,  deren  Haare  sich  am  spätesten  bleichen,  meist  bis  ins  höchste 
Alter  bestehen,  dann  aber  sich  krümmen  und  buschiger  werden,  verhindern 
das  Ueberströmen  des  Schweisses  über  Hornhaut  und  Conjunctiva,  indem  der- 
selbe zufolge  ihrer  bogenförmigen  Krümmung  entweder  nach  der  Schläfe  oder 
der  Glabella  abgeleitet  wird. 

Hinsichtlich  der  Sensibilität  der  Cornea  und  Conjunctiva  liegen  neue, 
eingehende  Untersuchungen  von  v.  Frey  (70),  W.  A.  Nagel  (71)  und  Krück- 
mann  (72)  vor,  aus  denen  im  Wesentlichen  folgendes  hervorgeht: 


Die  Conjunctiva  und  Cornea  sollen,  nach  den  Prüflingen  v.  Frey's 
mit  Hilfe  von  Haaren  in  verschiedener  Stärke,  des  Druck sinnes  enthehren- 
Der  Ortssinn,  das  Orientirun^s-  und  Lokalisationsverniugen  sei  äusserst  mangel- 
haft imd  die  Druckpunkte  fehlten,  wohin «^egen  der  Schmerzsinn  und  die  Tem- 
peraturen! piindung  auf  einzelne  Stellen  beschränkt  vorhanden  seien, 

W,  A*  Nagel  hestreitet  die  Richtigkeit  dieser  Angaben,  indem  er  in 
der  V.  Frey 'sehen  Untersuehiingsmetbode  wegen  der  stechenden  Wirkung 
der  Haare  nur  eine  Untersuchung  des  Schmerzsinnes  sieht.  Bei  Vermeidung 
stechender  Wirkung  erhält  man  reine  Beriihrungsempfindungen  auf  der  Con- 
junctiva  sowohl,  wie  auf  der  Cornea. 

Di©  Kaltberiihnmg  der  Cornea  und  Conjunctiva  wird  als  solche  specilisch 
empfunden,  während  die  Warmherührung  temperaturlos  percipirt  wird. 

Sowohl  die  Temperaturen,  wie  die  Berührungsreize  werden  an  manchen 
Stellen  deutlich,  an  anderen  unsicher,  wieder  an  anderen  gar  nicht  wahr- 
genommen. Die  Häuligkeit  der  anästhetischen  Punkte,  namentlich  der  Cornea, 
wechselt  bei  den  einzelnen  Individuen. 

Die  Conjunctiva  des  unteren  Lides  verhält  sich  wie  die  Conjunctiva 
bulbi.  Die  Umschlagsfalte  ist  für  Berührungen  weniger  empfindlich.  Die 
Kälteempfindung  geht  hier  leicht  ins  Schmerzhafte  über. 

Die  Conjunctiva  des  oberen  Lides,  künstlich  ektropionirt ,  ist  fast  un- 
empfindlich für  Berührung  und  Temperatur. 

Die  Plica  semilunaris  hat  die  gleichen  sensiblen  Eigenschaften  wie  die 
Conjunctiva  bulbi- 

Die  Caruncula  nimmt  sowohl  Warme  wie  Kälte  in  der  Mehrzahl  der 
Fälle  deutlich  wahr. 

Ein  Luftstrom,  der  die  Conjunctiva  und  Cornea  trifft,  wird  als  kalt 
empfunden,  gleichviel  ob  er  heiss  oder  kalt  ist.  Sehr  heisse  Luft  erzeugt 
neben  der  Kälteempfindung  Schmerz,  keine  Wärmeemptindung. 

Die  Cilien  sind  die  empfindlichsten  Haare  des  Körpers  und  sind  als 
Tastorgane  des  Auges  aufzufassen.  Ilirc  Nerven  bilden  mit  den  überaus  er- 
regbaren Nerven  der  Cornea  und  Conjunctiva  einen  besonders  fein  organi- 
sirten  Schutzapparat  des  Auge?.  Exner(Il).  Ein  durch  Gew^ohnlieit  fixirter, 
meist  retlektoriscli  auftretender  Lidschhiss  schützt  den  Bulbus  vor  dem  unvor- 
hergesehenen Andringen  fremder  Körper.  Durch  häufigen  Lidschlag  und  dabei 
erfolgender  Befeuchtung  der  BulbusoherHäche  wird  das  Hornhaut  epithel  vor 
Austrocknung  und  Trübung  bewahrt  und  durch  Abkehren  der  angefiogenen 
Staubtheilchen  rein  erhalten.  Durch  die  Mechanik  des  Lidschlusses  wird  für 
die  Sajnmhmg  der  Thränen  im  Thränensee  und  ihre  Fortleitung  durch  die 
Thränenahfuhrwege  nach  der  Nase  hin  Sorge  getragen.  Die  momentane  Ab- 
eperning  des  Lichtes  durch  häufigen  Lidschlag  während  des  Tages,  wie  die 
länger  dauernde  beim  Ausruhen  des  Auges  oder  im  Schlafe  ist  für  den  Wieder- 
ersatz der  unter  Liclitwirkung  verbrauchten  Sehsuhstanz  der  Retina  und  damit 
für  die  Brauchbarkeit  des  Auges  überhaupt  von  ebenso  grosser  Nothwendig- 
keit,    wie  die  Verengerung  der  Lidspalte   zur  Abwehr  gegen   zu  grellen  und 


8  Lage  und  Form  der  Aagenlider. 

blendenden  Lichteinfall.  Das  Dunkelheitsbedürfniss  der  Augen  während  des 
Schlafes  wird  dadurch  noch  unterstützt,  dass  während  dieses  Zustandes  die 
Augen  meist  nach  oben  und  aussen  gerichtet  sind,  und  somit  die  Papille 
durch  die  Augenbraue  und  den  oberen  Stimhöhlenrand  noch  mehr  beschattet 
wird.  Daneben  wirkt  bei  vorhandenen  Refraktionsanomalien  die  zusammen- 
gekniffene Lidspalte  gleich  einem  stenopäischen  Apparate,  blendet  die  nicht- 
centralen Strahlen  ab,  verringert  durch  Verengerung  der  Oeffnung  für  ein- 
fallendes Licht  die  Zerstreuungskreise  und  lässt  nur  die  centralen  Strahlen 
passiren,  welche  bekanntlich  wenig  oder  gar  nicht  gebrochen  werden,  ein 
Vorgang,  durch  welchen  das  Bild  zwar  lichtschwächer,  aber  doch  erheblich 
deutlicher  wird. 

Die  langen  und  dichten  Wimperhaare  des  Oberlides  schützen  die  Horn- 
haut und  Conjunctiva  vor  Staub  und  kleineren  Fremdkörpern  und  sind  bei 
kräftiger  Entwicklung  und  paralleler  Stellung  ein  erwünschter  Schmuck  des 
Auges,  welcher  den  Ausdruck  desselben  in  besonderer  Weise  beeinflusst.  Von 
einzelnen  Autoren  wird  über  ein  prämatures  plötzliches  Ergrauen  der  Wimpern 
(C a n  i t i e s  sive  poliosis  neurotica)  unter  Einwirkung  nervöser  Störungen 
berichtet. 

Bock  (12)  hat  selbst  derartige  Fälle  beobachtet  und  auch  die  Litteratur 
über  diese  Erscheinung  zusammengestellt.  Wiewohl  sich  die  Dermatologen 
skeptisch  verhalten,  so  scheint  doch  durch  eine  Reihe  klinischer  Thatsachen 
das  plötzliche  Ergrauen  der  Wimperhaare  unter  zur  Zeit  noch  dunkeln  ner- 
vösen Einflüssen  erwiesen  zu  sein.  Bekannt  ist  ja  dieser  Zusammenhang 
zwischen  Nervenapparat  und  Haarfarbe  bei  Psychosen.  Bei  den  bis  jetzt 
vorhandenen  Beobachtungen  trat  namentlich  nach  Aifektionen  des  Trigeminus, 
bei  Hemikranie  und  besonders  bei  sympathischer  Ophthalmie  und  schmerz- 
haften Erkrankungen  des  Augapfels  eine  rasche  Verfärbung  der  Haare  binnen 
wenigen  Tagen  hervor.  Wäre  die  Ansicht  der  Dermatologen  richtig,  so  müsste 
das  Ergrauen  der  Wimpern  sich  in  einem  Zeitraum  abspielen,  der  annähernd 
dem  physiologischen  Wachsthum  der  CiHen  entspräche.  Nachdem  aber  Donders 
die  Lebensdauer  einer  Wimper  auf  100  oder  150  Tage  geschätzt  hat,  und  das 
Ergrauen  der  Wimpern  in  sehr  viel  kürzerer  Zeit  zu  Stande  kommt,  so  bleibt 
nichts  anderes  übrig,  als  auch  beim  frühzeitigen  Ergrauen  der  Cilien  an  Ein- 
flüsse des  Nervensystems  zu  denken.  Wir  haben  einen  derartigen  Fall  beob- 
achtet bei  einem  jungen  Manne  einseitig  am  Oberlid;  derselbe  litt  häufig  an 
Migräneanfällen. 

Hirschberg  (13)  hat  bei  einem  14jährigen,  sonst  gesunden  und  auch 
nicht  von  einer  Augenaffektion  betroffenen  Mädchen  eine  nach  Angabe  der 
Mutter  seit  14  Tagen  eingetretene,  theil weise  Weissfärbung  der  Wimperhaare 
auf  dem  linken  Auge  beobachtet.  Die  rechte  Lidspalte  war  etwas  enger  als 
die  linke  (Nerv,  sympath.).  Die  Lider  zeigten  sich  empfindlich;  im  mittleren 
Dritttheile  des  oberen  Lidrandes  waren  die  Wimpern  weiss,  im  unteren 
wechselten  weisse  Bündel  mit  schwarzen.  Die  Entfärbung  der  Wimpern  wmr 
im  Zunehmen  begriffen. 


Cauitiea  und  Ausfallen  der  Wimpeni. 


0 


irtielle    Leucosis    der    Wimpern    kommt 


■h   angeboren    vor 

Streatfield  (13a).  In  dem  Falle  von  Käu  her  (14)  von  periodisch  wieder- 
kehrender Haarveränderung  hei  einem  Epileptischen  blieben  die  Augenbrauen 
und  Wiraperii  unversehrt,  und  bezogen  sich  die  pathologischen  Veränderungen 
hauptsächhch  auf  das  Haupthaar.  Hier  traten  auch  Ernährungsstöningen  an 
der  Haut  des  Kopfes,  Gesichtes  und  der  Lider  mit  anästhetischen  Erschei- 
nungen auf. 

Berg  er  (15)  beobachtete  bei  Hemiatrophia  facialis  eine  schlechte  Ent- 
wickehing  der  Augenbraue*  Ein  Ausfallen  der  Wimpern  zugleicli  uiit  dem  der 
Augenbrauen  und  Kopfhaaren  wird  zuweilen  im  Beginn  oder  N'erlauf  der 
Basedow 'sehen  Krankheit  gefunden.  Wir  haben  selbst  hei  einem  jungen 
Mädchen  einen  derartigen  Fall  gesehen ,  in  welchem  auf  beiden  Augen  nicht 
eine  einzige  Wimper  oder  Augenbraue  mehr  vorhanden  war.  Das  Aussehen 
derartiger  Patienten  ist  ein  in  hohem  Grade  unangenehmes.  Auch  Yeo  (16}  sah 
gleichzeitig  mit  dem  Entstehen  des  Exophthalmus  erst  linksseitig,  dann  viel 
später  auf  dem  rechten  Auge  einen  Schwund  der  Augenbrauen  und  Cilien 
sich  entwickeln.  Von  Mo  liiere  (17)  und  Chvostek  (18)  werden  analoge 
Fälle  veroftentlicht,  Dass  auch  hier  nervöse  Einflüsse  zu  Grunde  liegen, 
beweist  ein  Fall  Velar di's  (19):  Bei  einem  16jähngen  Burschen,  welcher 
seit  mehreren  Tagen  an  heftigen  Koi>fschmerzen  mit  leichten  Fieberaniallen 
litt,  waren  zwei  Tage  vor  der  Vorstellung  alle  Cilien  des  linken  oberen  und 
des  rechten  unteren  Augenlides  ausgefallen.  Weder  eine  Krankheit  des  Lid- 
randes, noch  eine  parasitäre  Erkrankung  der  übrigen  behaarten  Hauttheile 
war  Dachzuweisen.  Durch  starke  Chinindosen  ivurde  der  Kopfschmerz  beseitigt, 
und  nach  einem  Monat  waren  die  Cilien  wieder  vollständig  nachgewachsen. 
Sattler  (20)  will  dies  Ausfallen  der  Cilien  auf  Störung  der  trophischen 
Nerven  und  Centren  zurückgeführt  wessen. 

Die  Stellung  der  Augenbraue  ist  je  nach  dem  einseitigen  oder 
doppelseitigen  Reiz-  oder  Lähmungszustande  des  Musculus  levator  pal- 
pebrae,  des  Nerv,  facialis  und  trigeminus  verschieden.  Ganz  besonders 
wird  dieselbe  noch  beeintlusst  durch  das  momentane  psychische  Verhalten 
des  betreifenden  Individuums.  Denn  beim  Denken  und  bei  allen  Affekten 
zeigt  die  Form  und  Lage  der  Augenbrauen  Veränderungen.  Die  Ab- 
bildungen 2,  3  und  4  stellen  in  dieser  Hinsicht  gewisserniassen  die  drei 
Haupttjpen  dar.  In  Figur  2  sehen  wir  hei  einer  doppelseitigen,  angeborenen, 
inkompleten  Ptosis  die  Stirn  zufolge  der  Kontraktion  beider  Frontalmuskeln 
und  erschlafftem  Corrugator  in  parallele,  nach  oben  konvexe  Falten  gelegt. 
Wir  sehen  die  nasalen  Enden  der  Augenbrauen  weit  von  einander  entfernt 
und,  weil  sie  nach  oben  und  aussen  gezogen,  auch  die  Nasenstirnfalten  völlig 
hier  verstrichen.  Die  Koncavität  der  Augenbrauen  ist  nach  dem  inneren  Lidwinkel 
gerichtet.  Gerade  das  Gegentbeil  dieser  Stellung  zeigt  Figur  3  bei  einer  Frau  mit 
Morbus  Basedowii,  bei  welcher  der  MuscuL  corrugator  supercilii,  d»  h.  die- 
jenige Partie  des  Muse,  orbicularis^  welche  an  der  medialen  und  oberen 
Seite  der  Gesichtsöffnung  der  Augenhöhle  liegt,  innervirt  ist.     Wir  sehen  bei 


10  Lage  und  Form  der  Augenlider. 

dieser  Abbildung  die  nasalen  Enden  der  Augenbrauen  stark  gegen  die  Nasen- 
wurzeln hingezogen  und  einander  genähert,  die  Stimnasenfalten  beiderseits 
stark  vertieft  und  die  Koncavität  des  Augenbrauenbogens  mehr  nach  dem 
äusseren  Augenwinkel  hin  gerichtet.  Bei  stärkerer  Kontraktion  des  M.  corm- 
gator  treten  mit  ihrem  konvexen  Knie  auf  die  Nasenwurzel  gerichtete  Falten 
auf^  deren  oberer  Schenkel,  allmählich  sich  verflachend,  die  Stimhaut  schräg 
nach  oben  aussen  hin  durchfurcht,  und  deren  unterer  Schenkel  die  Augen- 
braue nach  unten  und  aussen  hin  schräg  durchschneidet. 

Figur  4  zeigt  uns  eine  Frau  mit  auffallend  glatter,  faltenloser  Stim- 
und  Gesichtshaut  zufolge  von  Lähmung  der  ganzen  Gesichtsmuskulatur  bei 
Dystrophia  musculorum.  Hier  sehen  wir  die  flache  Koncavität  der  Augen- 
braue gerade  nach  unten  gerichtet,  und  die  nasalen  Enden  der  Augenbrauen 
in  einer  Linie  liegen,  während  in  Figur  2  sich  deren  Verlängerung  nach  oben, 
und  in  Figur  3  sich  nach  unten  von  der  Nasenwurzel  schneiden  würde. 


Hidropathien,  periodische  Oedeme  und  Hämorrhagien  der  Lider. 

§  6.  a)  Hyperidrosis.  Es  liegen  von  A.  v.  Graefe  (21)  vier  ein- 
schlagende Beobachtungen  vor.  Zwei  davon  betrafen  junge  weibliche  Indi- 
viduen mit  allgemein  vermehrter  Schweisssekretion ,  die  nur  auf  den  Lidern 
stärker  hervortrat.  Bei  zwei  männlichen  Individuen  trat  das  Leiden  nur 
lokal  auf  den  Lidern  auf.  Das  eine  davon  zeigte  ein  progressives  Spinal- 
leiden. Durch  die  übermässige  Schweisssekretion  wurde  lokal  Erythem  und 
Conjunctivalleiden  erzeugt. 

b)  Hämatidrosis^  blutige  Schweisssekretion  des  Lides. 

Bei  einem  25jährigen,  mit  vielfachen  Motilitäts-,  Sensibilitäts-  und  Sekre- 
tionsanomalien behafteten  Epileptiker  beobachteten  Messedaglia  undLom- 
broso  (22)  diese  merkwürdige  Erscheinung,  welche  wohl  nur  als  Blutung  aus 
den  Ausführungsgängen  der  Hautdrüsen,  analog  den  Blutungen  stigmatisirter 
Jungfrauen  (sofern  kein  Betrug  vorliegt),  aufgefasst  werden  muss  (vergl.  Hebra 
u.  Kaposi,  Virchow's  Handbuch  der  spec.  Path.  u.  Ther.  III.  Bd.  1.  Lief. 
2.  Auflage.  Erlangen  1872,  p.  78). 

c)  Chromidrosis.  Diese  Sekretionsanomalie  wird  meist  bei  jungen 
schwächlichen,  hysterischen,  hysteroepileptischen  und  an  Menstruationsano- 
malien leidenden  Mädchen  gefunden.  Nur  ausnahmsweise  tritt  sie  bei  älteren 
Frauen  (Galezowski,  23)  und  bei  männlichen  Individuen  auf  (Douve,  24). 
Es  entwickeln  sich  um  die  unteren  Augenlider  schwarzblaue,  blaue  oder  dunkle 
Flecke  und  Ringe,  die  mit  trockenen  Läppchen  nicht  zu  entfernen  sind, 
wohl  aber  mit  in  Oel  getauchten  Wattebäuschen  abgewischt  werden  können 
Dabei  ist  die  Färbung  ganz  vorwiegend  in  den  Falten  der  Haut  ausgeprägt. 
Hulke  (64)  berichtet  über  einen  Fall  von  angeblich  spontan  entstandener 
Schwarzfärbung  der  Augenlider  bei  einem  Mädchen  von  15  Jahren.  Die 
chemische  Untersuchung  eines  Stückchens  der  Lidcutis  ergab  das  Vorhanden- 


Chromidrosis  der  Lider.  11 

sein  von  Argentuin  nitricum.  Wenn  auch  in  einer  Reihe  von  Fällen  beabsichtigte 
Täuschung  vorgelegen  hat  [Gubler  (25),  v.  Graefe  (26),  Wilhelm i  (27)] 
und  bei  anderen  wieder  die  aus  kosmetischen  Rücksichten  gefärbten  Wimper- 
haare, einem  Pinsel  gleich,  das  Unterlid  in  einem  Halbkreise  beim  Lidschlag 
allmählich  färbten,  so  liegt  doch  eine  ganze  Anzahl  zuverlässiger  Beobach- 
tungen \ov,  welche  eine  Simulation  mit  Sicherheit  ausschliessen  lassen.  So 
beobachtete  Rothmund  (28)  diese  Erscheinung  alle  vier  Wochen  bei  einem 
an  Menstruationsanomalien  leidenden,  17  jährigen  Mädchen,  und  spricht  sich 
hinsichtlich  der  Aetiologie  dahin  aus,  dass  durch  eine  Seborrhoe  der  Lidfläche 
die  Möglichkeit  für  das  Festhaften  von  Kohlenpartikelchen  gegeben  war,  welche 
sich  durch  den  Aufenthalt  in  einer  damit  geschwängerten  Luft  dort  nieder- 
schlagen konnten.  Auch  wir  hatten  einen  Fall  bei  einem  jungen  Kaufmanne 
zu  beobachten  Gelegenheit,  dem  dieser  Zustand  sehr  widerwärtig  war.  Hier 
trugen  Staubtheilchen  und  Tuchfäserchen  die  Schuld  an  der  Färbung,  da  der 
junge  Mann  als  Verkäufer  in  einem  Tuchgeschäft  angestellt  war. 

Delth  (29)  sah  die  Sache  bei  einem  an  Purpura  und  Ausfallen  der  Nägel 
leidenden,  17  jährigen,  hysteroepileptischen  Mädchen  in  mehr  oder  minder  regel- 
mässigen Zwischenräumen  auftreten. 

Bei  der  20jährigen  Hysterica  Fereors(30)  entwickelte  sich  unter  den 
Augen  des  Beobachters  eine  Blaufärbung  der  Lider,  welche  sofort  zunahm, 
w^enn  man  mit  der  Kranken  die  Erscheinung  besprach.  Fereol  hält  jede 
Möglichkeit  eines  Betruges  für  ausgeschlossen  und  macht  darauf  aufmerksam, 
dass  es  sich  in  seinem  Falle  nicht  um  eine  Schweisssekretion ,  sondern  um 
eine  Färbung  handle.  Für  die  Erklärung  dieses  Falles  muss  man  die  That- 
sache  in  Betracht  ziehen,  dass  jeder  dunkle  Gegenstand  durch  ein  trübes 
Medium  betrachtet  bläulich  erscheint,  daher  auch  die  Venengeflechte  des  Unter- 
lides beim  Halo  einen  bläulichen  Ring  bilden.  Offenbar  waren  in  diesem 
Falle  die  Lidgefässe  unter  psychischer  Beeinflussung  stark  dilatirt  worden 
und  gaben  im  Durchscheinen  durch  die  oft  bei  Hysterischen  zu  findende  zarte 
und  dünne  Haut  dem  ganzen  Lide  jenen  bläulichen  Schimmer. 

Dass  diese  Erscheinung  aber  nicht  auf  die  Lider  allein  beschränkt  bleibt, 
zeigen  die  folgenden  Beobachtungen.  So  traten  in  Camuset's  (31)  Falle 
bei  einem  21jährigen  blassen,  an  Metrorrhagie  leidenden  Mädchen  plötzlich 
um  die  unteren  Lider  beider  Augen  schwarze  Ringe  auf,  welche  im  Aussehen 
einer  Kontusion  glichen.  Nach  einiger  Zeit  hatten  sich  schwärzliche  Flecke 
an  anderen  Körperstellen  gezeigt. 

Bei  dem  einen  von  Fox  (32)  beschriebenen  Falle  handelte  es  sich  um 
ein  taubstummes  ISjähriges  Mädchen,  das  zeitweise  an  Kopfschmerzen  litt. 
Es  trat  zuerst  an  den  unteren  Lidern  eine  abnorme  Schweissabsonderung  auf, 
von  wo  sie  sich  auf  die  umgebenden  Theile  der  Wangen  ausbreitete.  Während 
der  Zeit  der  Menstruation  nahm  die  Absonderung  ab  und  zeigte  sich  reich- 
licher bei  länger  dauernder  Stuhlverstopfung.  Die  Untersuchung  des  Urins 
ergab  entsprechend  der  Zunahme  der  Schweissabsonderung  einen  höheren 
Säuregehalt,  diejenige  des  Pigments  unzweifelhafte  Indigoreaktion. 


12  Lage  und  Form  der  Augenlider. 

Wir  beobachteten  bei  einer  19  jährigen  Hysterica  eine  symmetrische 
Röthung  der  Haut  beider  unterer  Lider,  die  nach  einigen  Tagen  einen  bräun- 
Hchen  Farbenton  annahmen. 

Wie  Eingangs  erwähnt,  ist  namentlich  das  weibliche  Geschlecht  zwischen 
dem  17.  bis  20.  Lebensjahre  zu  dieser  krankhaften  Erscheinung  disponirt 
Von  46  sicher  konstatirten  Beobachtungen  betrafen  nach  Foot  (33)  6  das 
männliche  und  40  das  weibliche  Geschlecht.  Es  tritt  diese  Erscheinung 
namentlich  bei  hysterischen,  epileptischen,  schwächlichen  und  an  Menstruations- 
Störungen  leidenden  Individuen  zu  Tage.  Sicher  liegt  bei  Einzelnen  Simulation 
vor,  bei  der  grossen  Mehrzahl  tritt  die  Erscheinung  als  Folge  einer  Sekretions- 
anomalie auf,  die  sich  steigert  bei  Zuständen,  welche  im  allgemeinen  Gefass- 
aufregung bedingen.  Wieder  bei  Anderen  wird  durch  eine  Seborrhoe  der 
Lidflächen  eine  sehr  klebrige  Masse  abgesondert,  in  welcher  nach  der  Beob- 
achtung Galezowski's  (23)  Epidermiszellen,  Kohlenpartikelchen  und  blau 
gefärbte  Wollhaare  gefunden  werden.  Da  sehr  häufig  in  diesem  Sekret 
Indigoreaktion  gefunden  wird,  so  darf  man  mit  Foot  (33)  annehmen, 
dass  das  bei  allen  Schwächezuständen  vermehrt  im  Harn  vorkommende 
Tndican  durch  die  Schweissdrüsen  lokal  ausgeschieden  werde,  und  dass  dabei 
durch  eine  zerlegende  Wirkung  des  Seh  weisses  Indigo  sich  bilde.  Auch  giebt 
er  die  Möglichkeit  zu,  dass  die  Farbe  durch  die  Thätigkeit  von  Bakterien 
veranlasst  werden  könnte.  So  beobachtete  M  i  1 1  e  e  (68)  einen  Fall  von  Chrom- 
idrose  der  Lider.  Nachdem  die  Allgemeinbehandlung  erfolglos  gewesen,  ver- 
suchte man  Einreibungen  mit  3°/oiger  Quecksilberoxydsalbe  und  Umschläge 
mit  Karbolwasser,  worauf  in  einigen  Tagen  Heilung  eintrat.  Millee  glaubt 
daher,  als  Erzeuger  des  Schweisses  einen  Mikroorganismus  annehmen  zu 
müssen. 

Behufs  Feststellung  der  Simulation  bestreicht  man  am  besten  die  Lider, 
wie  dies  von  Warlomont  (34)  geschehen,  mit  KollodiunL  Wie  schwer  es 
aber  ist,  in  einzelnen  Fällen  der  Simulation  auf  die  Spur  zu  kommen,  zeigt 
Wilhelmi  (35).  Es  handelte  sich  um  ein  17jähriges  Mädchen,  welches  be- 
sonders nach  heftigeren  Schweissproduktionen  ein  intensiv  geröthetes  unteres 
Lid  zeigte.  Erst  nach  10  Tagen  gelang  es,  die  Simulation  nachzuweisen.  Die 
Patientin  hatte  sich  in  unbewachten  Augenblicken,  sogar  unter  einem  sorg- 
fältig angelegten  Verbände,  mit  einem  Phosphorschw^efelhölzchen  das  Lid  mit 
grosser  Raftinirtheit  immer  wieder  gefärbt. 

Die Litteratur  über  diese  Affektion  siehe  Michel ,  Graefe-Saemisch  IV, 
p.  379-382. 

Das  akute  cirkumskripte,  periodische  Hautödem  an  den  Lidern, 
und  Ekchymosen  an  denselben,  Herpes  der  Lider  und  spontane 

Gangrän. 

>i  7.  Bekanntlich  zeigen  nach  epileptischen  Anfällen  die  Lider  nicht  selten 
Sugillationen,  deren  Ursache  entweder  im  Aufschlagen  der  Augengegend  geg«n 


^ 


PerlodiBcke  Lidödenie.  IB 

feste  Gegenstände  oder  durch  Zerreissen  von  Blutgefässen  während  des  Anfalls 
begründet  ist.  Während  die  meisten  Autoren  der  Ansicht  sind,  dass  diese 
soliconjnnctivalen  ^iigillationeD,  ähnlich  wie  die  Bindelumtblutungen  beim 
Keuchhusten,  durch  die  exspiratorische  Blutdrucksteigerimg  zu  Stande  kommen, 
erklärt  Un  verriebt  (69)  in  seiner  neuesten  Abhandlung  ^iiber  die  Epilepsie"* 
die  Aetiologie  dieser  Blutungen  in  anderer  Weise,  llie  eigenartigen  Verände- 
rungen des  Kreislaufs  bei  der  Epilepsie  sollen  durch  eine  an  dem  Cirkula- 
tionsapparat  sich  abspielende,  selbständige  krampfhafte  Erregung  gewisser 
nervöser  Centralorgane  zu  Stande  kommen,  nicht  etwa  durch  die  Muskelkrämpfe 
oder  durch  Athenianstrengungen.  Bei  den  hier  jedoch  in  Betracht  kom- 
menden Fällen  handelt  es  sich  um  Ekchymosen  und  Oedeme,  welche  ohne 
Trauma  und  ohne  vorhergegangene  Krampfanfälle  sich  einstellten. 

§8.  Cuntz  (65)  beschreibt  mehrere  Fälle,  in  welchen  vasomotorische  Er- 
scheinungen sich  öfters  auch  auf  das  Auge  erstreckten.  Die  Lider  schwollen  unte 
Ruthung  sehr  stark  an,  manchmal  auch  mit  Betheiligiing  der  Conjunctiva 
bulbi  und  palpebrarum.  In  einem  Falle  entstand  unter  Photophobie  und 
Kitzelgefühl  eine  Blase  unter  dem  linken  unteren  Lid.  Nach  wenigen  Stunden 
war  die  Blase  verschwunden,  und  es  bildete  sich  eine  gleiche  am  Fräputium. 

Cuntz  verweist  auf  Wagner  und  Gaben  (66)  über  Kongestionsneurosen 
lies  Auges*  Ormerod  (36)  bespricht  drei  derartige  Fälle,  bei  welchen  im  Ver- 
laufe einer  Nacht  oder  seihst  in  wenigen  Stunden  die  Augenlider  Ekchymosen 
oder  nur  Oedeme  zeigten,  gerade  als  wenn  ein  Trauma  auf  das  Auge  ein- 
gewirkt hätte.  Couplaud  (36)  erinnerte  dabei  an  die  spontanen  Blutungen 
von  Hysterischen,  Hulke  (36)  wollte  die  Affektion  auf  GetUsser krankung 
zurückgeführt  wissen,  doch  waren  solche  nach  Ormerod's  Angaben  nicht 
nachzuweisen.  H  ad  den  (36)  hatte  ebenfalts  vorübergehende  spontane  Schweb 
langen  der  Lider,  viel  häutiger  aber  noch  solche  an  Händen  und  Füssen  beob- 
achtet, ohne  dass  eine  Ursache  zu  linden  gewesen  wäre. 

Jedenfalls  ist  der  paroxysmale  Charakter  dieser  Atfektion  hier  beson- 
ders hervorzuheben, 

Riebl  (37)  bespricht  vier  Fälle  von  akuten  und  umscfaxiebenen  Oedemen 

der  Haut,  bei  zweien  waren  die  beiden  Lider  ergriflen.  So  trat  bei  einem 
bis  dahin  völlig  gesund  gewesenen  51jährjgen  Lehrer  zum  ersten  Male  wiihrend 
der  Nacht  eine  so  starke  Schwellung  der  linkseitigen  Lider  auf,  dass  Patient 
am  Morgen  das  Auge  nicht  zu  öftnen  vermochte.  In  24  Stunden  war  die 
Schwellung  YoUständig  verschwunden.  In  den  nächsten  4  Jahren  wiederholte 
sich  die  Oedembildung  am  linken  Auge.  Dann  erkrankte  das  rechte  Auge 
in  derselben  Weise,  um  von  da  ab  rechts  und  links  abzuwechseln.  Elf  Jahre 
nach  dem  ersten  Unfälle  trat  auch  Larynx-  und  Pharynxüdem  auf  Im  nicht 
ödematüsen  Zustande  zeigte  die  Haut  der  Lider  eine  beträchtliche  Dehnung^ 
die  80  weit  gediehen  war,  dass  die  Unterlider  herabhängende  Säcke  bildeten, 
die  Oberlider  in  Form  einer  schlaffen  Falte  bis  in  die  Lidspalte  reichten. 
Der  Augenspiegel  bef und  war  immer  normal 


14  Lage  und  Form  der  Augenlider. 

Bei  einem  anderen  Falle  trat  die  AfFektion  als  Folge  eines  lokalen 
Traumas  (Anstossen  an  eine  Thürkante)  auf.  Seitdem  recidivirte  das  üebel 
häufig.  Die  Patientin  fand  meist  morgens  beim  Erwachen  die  Lider  geschwollen. 
Häufig  fühlte  sie  beim  Aufstehen  Schwindel,  Ohrensausen  und  Kopfschmerz. 
Es  darf  wohl  angenommen  w^erden,  dass  die  hier  beschriebenen  eigenthüm- 
liehen  Fälle  nichts  mit  Urticaria  zu  thun  haben;  denn  bei  letztgenannter 
Erkrankung  kommt  es  nicht  selten  zu  Quaddelbildung  am  Auge,  dessen 
lockeres  Zellgewebe  leicht  zu  starken  Oedemen  Gelegenheit  giebt.  Es 
handelt  sich  vielmehr  mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  um  eine  vom 
Centralnervensystem  ausgehende  Störung  der  vasomotorischen  Funktionen 
ähnlich  wie  bei  der  Raynaud' sehen  Krankheit.  So  hatte  die  Frau,  welche 
de  Schweinitz  (38)  beobachtete,  früher  häufig  an  Kopfschmerzen  gelitten. 
Kurze  Zeit  nach  dem  erstmaligen  Auftreten  des  Oedems  war  die  Patientin 
von  einer  heftigen  Supraorbitalneuralgie  der  Seite  des  Oedems  befallen  worden. 
Die  Schwellung  betraf  das  obere  Lid  und  die  gleichnamige  Stimhälfte. 

Die  46jährige  Frau  T.  Robinson's  (39)  hatte  ebenfalls  viel  an  Kopfweh 
gelitten  und  war  häufigen  Anfällen  von  Erysipelas  ausgesetzt.  Die  Menses 
hatten  seit  4  Monaten  cessirt.  Die  Schwellung  der  Augenlider  begann  zusam- 
menhängend mit  einem  Anfalle  von  Kopfweh,  in  der  Regel  am  Abend  und 
wuchs  bis  zum  anderen  Morgen,  wobei  ein  klebriger  Ausfluss  aus  den  Augen 
sich  bemerkbar  machte.  Die  einzelnen  Anfälle  der  Schwellung  dauerten 
ungefähr.  3  Tage. 

Wie  oben  bei  Rieh  1 's  Falle  erwähnt,  wechselt  der  Sitz  des  Oedems 
zuweilen  sowohl  zwischen  dem  rechten  und  linken  Auge,  aber  auch  mit  anderen 
Hautstellen  ab.  Das  Letztere  finden  wir  in  einer  Beobachtung  Loimann'8(40) 
erwähnt.  Hier  trat  die  Schwellung  der  Lider  fast  täglich  Morgens  auf,  um 
plötzlich  von  einer  Schwellung  der  Haut  des  Penis  abgelöst  zu  werden.  Nach 
einer  überstandenen  Pneumonie  cessirte  diese  LidafFektion  2^«  Jahre  lang,  um 
dann  ohne  ersichtliche  Ursache  sich  wieder  einzustellen,  aber  zugleich  auch 
auf  Lippen  und  Wangen  und  die  Rachenschleimhaut  überzugehen.  Während 
im  vorhin  erwähnten  Falle  die  Schwellung  3  Tage  anhielt,  dauerte  hier  das 
Oedem  nur  wenige  Stunden. 

Dünn  (41)  beschuldigt  in  seinem  Falle  bei  dem  anfallsweise  sich  wieder- 
holenden Lidödem  eines  19jährigen  Mädchens  Polypen  an  beiden  mittleren 
Muscheln  der  Nasenhöhle,  speziell  an  der  Seite  des  Oedems  und  will  die 
Anschwellung  der  Lider  auf  eine  reflektorisch  entstandene  Lähmung  der  Lid- 
gefässe  zurückgeführt  wissen.  Die  Entstehungsgeschichte  dieser  Krankheit  ist 
noch  dunkel,  und  allzuhäufig  scheinen  derartige  Fälle  nicht  vorzukonmien, 
jedenfalls  ist  sicher,  dass  bei  keinem  der  hier  erwähnten  Fälle  Eiweiss  im 
Urin  konstatirt  werden  konnte. 

Vielleicht  gehört  auch  hierher  jener  von  Stellwag  (42)  beobachtete 
Fall  von  cirkumskripter  und  ephemerer  sackartiger  Anschwellung  des  unteren 
Lides  mit  stark  hervortretender  Vene  bei  Morbus  Basedowii,  welche  sich  bei 


Ad  fällen  eines  überaus  heftigen,   von  der  linken  Schläfe  n»cK  dem  Schüitol 
ausstrahlenden  Schmerzes  wiederholt  einstellten. 

Wir  selbst  beobachteten  ein  löjähriges  Mädchen  mit  Morh.  Bii^eibnvii» 
bei  welchem  drei  Jahre  vor  dem  Auftreten  des  ExopUthiilnuis  plotzhch  die 
Augenlider  angei^cbwollen  sein  sollten,  ohne  geröthet  und  entzündet  211  »ein, 
(Siehe  auch  Mannheim:  Ueber  Mi-rliti-  itravesii  p,  31). 

Fieuzal  (07)  theilt  einen  Fall  \xni  Meningitis  bei  einem  *iiu(*untlicUen 
Kind  mit,  in  welchem  Lidödem, 
seröse  Chemosis  und  subconjunc- 
tivale  Blutaustritte  auftraten. 


§  9,  Neben  dt?m  periodiscli 
auftretenden  Oedem  der  Lider 
kommen  auch  Fälle  zur  Be- 
obachtung, bei  welchen  inter- 
mittirenJ  Erytheme  an  den 
Lidern  sich  zeigen.  (C  u  i  g  n  e  1 43.) 

Auch  wir  waren  in  der 
Lage,  einen  derartigen  Fall  zii 
beobachten.  Bei  einem 20jährigen, 
zarten,  verwachsenen,  hysteri- 
schen Mädchen  trat  nach  längerem 
Bestände  einer  dopiielseitigen, 
schkft  en ,  hysterischen  Ptosi  s 
(Figur  5)  auf  dem  Oberlide  dt^r 
Seite  der  stärkeren  Ptosis  ein 
exsudatives  Erjthem  auf,  das 
sich  anfangs  auf  das  Oberlid 
beschränkte,  alfanäblicb  aber  in 
unregelmäasiger  Weise  auf  die 
Schlafe  und  Wange  überging. 
Nach    einiger   Zeit   rer^^bwand 

dasselbe  wieder.  INe  unregelmadsige  Form  deBselben  inprach  gegen  dtm 
Verdacht,  als  ob  Patientin  durch  zu  warme  oder  reizende  Aufschläge  atm 
Sensationsbedürfntas  ^icb  dasselbe  selbst  erzeugt  hätte. 


Fi«.  5. 

linlcMeitJf^ef»  Errtbem    d^r  Lider    «od    tlt^r    flaut   d«f 


§  10.  EineHerpesertiption  auf  den  Lidern  ^otl  nach  M  t  c  h  e  I  (44)  ««Iir 
eelten  sein:  t.  Wecker  «nd  Homer  (aielie  bei  Michel)  hätten  derartige 
BeobachtimgeD  beeekrieben.  Wir  erinnem  um,  mehrere  Fälle  gegeben  tu 
haben  und  gebt«  kier(i%Rr6)  dieAbbildong  einer  sokben,  &  bandek  iidi 
um  ein  12pattigw  WMmm,  im  |4ol2iich  Ton  beft%eiB  KofAdttMR,  flebwfndil 
und  Erbrectai  hfinlhm  wnde.    IHe  Zunge  war  rein*  Am  folgenden  Tage  trat 


{^  1  L  Ueber  Liclgaiigrän  als  Aeusserimg  der  Raynaud'schen  Krankheit 


Fig.  6. 
J.  J),     Rechts  Herpt'ä  am  Ober- 


und  Ud  teil  id. 


Ob  der  folgende  Fall  tiierber  gebort, 
bleibt  dabingestellt  Kipp  (45)  be- 
schreibt eine  doj>pelseitige  Gangrän 
der  Lider  bei  einem  in  einem  Alko- 
holdeliriiim  gestürmten,  mit  Koth  und 
t-ngezieferbedeckten  Manne,  welcher 
3  Tage  später  starb.  Es  batte  vor- 
her lediglich  nur  ein  einfacher  Binde- 
baiitkatarrh  bestanden,  sonst  waren 
keinerlei  entziind liebe  Zustande  in 
der  Haut  vorhanden. 

Eine  eigen thümliche  Tropho- 
neurose  am  Oberlide  beobachtete 
Bertbold (46).  Bei  einer  42jährigeD 
gesunden  Frau  zeigte  sich  nach 
vorausgegangenem  Jucken  ein  weisser 
Fleck  am  oberen  Lide  des  rechten 
Auges,  der  sich  vom  Lidrande  in 
sagittaler  Richtung  über  den  Augen- 
brauenbogen  fast  bis  zum  Ende  de^ 
Stirnbeins  erstreckte  und  sich 
kühler  anfüblte.  Ein  Nadelstich 
wurde  nur  als  Kältegefülil  em- 
lifunden.  Das  obere  Lid  war  durcli 
alle  Schiebten  bis  zur  Conjnnctiva 
an  dieser  Stelle  infiltrirt,  auch  zeigte 
letztere  bis  zum  Ende  des  Tarsus 
eine  weissliche  Beschaffenheit,     An 


der  ganzen  rechten  Gesichtshälfte  war  die  Empfindlichkeit  herabgesetzt. 


§  12,  Als  Vorkommnisse  bei  Geisteskranken  in  Beziehung  auf  die  Lider 
erwähnt  Schule  (47):  Das  Wegzupfen  der  Cilien,  mechanische  Beschädigungen 
durch  Einreiben  von  Sand  und  kleinen  Steinchen  in  den'Bindehautsack,  und 
in  einem  Falle  ein  beständiges  Reiben  der  Augen  mit  den  Äermeln. 


Form  und  Weite  der  Lidspalte  unter  verschiedenen  Bedingungen.  17 


Kapitel  II. 

Form  und  Weite  der  Lidspalte  unter  physiologischen 
und  pathologischen  Bedingungen. 


§  13.  Die  Form  der  Lidspalte  zeigt  sich  gewöhnlich  als  mandelförmig, 
jedoch  ist  dieselbe  sowie  ihre  Weite  und  Stellung  bei  den  verschiedenen 
Völkerfamilien  meist  verschieden. 

Bei  Thieren  ist  die  Lidspalte  meist  rund,  beim  Menschen  ist  sie  trans- 
versal, daher  kann  er  in  grösserem  Bogen  seine  Augen  horizontal  bewegen, 
ohne  die  Cornea  aus  der  Lidspalte  zu  bringen  und  erfreut  sich  eines  grossen 
Blickfeldes  auch   bei  unverrückter  Stellung  des  Kopfes. 

Im  Mittel  kann  man  die  Länge  einer  männlichen  Lidspalte  vom  Ende 
des  einen  Augenwinkels  zu  dem  andern  gemessen  als  30  mm  betragend  an- 
nehmen. Reu  SS  (48)  fand  27  und  28  mm.  Die  Höhe  der  normal  geöffneten 
Lidspalte  an  der  weitesten  Stelle  in  der  Mitte  zwischen  äusserem  Lidwinkel 
und  Thränenpunkt  gemessen  beträgt  höchstens  14  mm.  Reuss  hat  im 
Durchschnitt  11  mm  gefunden.  Nach  diesem  Autor  ändert  sich  die 
Höhe  der  Lidspalte  während  des  ganzen  Lebens  nur  unbedeutend.  Die 
Dimensionen  der  weiblichen  Lidspalte  seien  gewöhnlich  um  einige  Milli- 
meter kleiner.  Die  kindliche  Augenöffnung  zeige  besonders  den  Längendurch- 
messer meist  um  die  Hälfte  kleiner,  als  beim  Erwachsenen,  während  der 
Höhendurchmesser  mit  diesem  nur  wenig  verschieden  sei,  ein  Umstand,  wo- 
durch die  kindliche  Lidspalte  das  charakteristische,  weitgeöffnete  Ansehen  er- 
halte. Merkel  (49).  Demgegenüber  glaubt  Fuchs  (50)  die  Ursache  der 
weit  offenen  Augen  der  Kinder  in  der  bedeutenden  Länge  der  Lidspalte  zusammen 
mit  der  grösseren  Elasticität  der  Lidhaut  zu  finden,  während  Reuss  die  Ursache 
dieser  scheinbaren  Grösse  des  Kinderauges  darin  sucht,  dass  die  Cornea 
früher  ihre  volle  Grösse  erreiche,  womit  die  Höhe  der  Lidspalte  gleichfalls 
wachse,  während  deren  Länge  noch  eine  geringe  sei.  Denn  die  Höhe  der 
Lidspalte  hinge  im  Ganzen  von  der  Grösse  der  Hornhaut  ab.  Das  Eigen- 
thümliche  der  Kinderaugen  beruhe  also  auf  dem  Längenverhältnisse  der  Lid- 
spalte zur  Grösse  der  Hornhaut.  Während  nach  Reuss  die  Lidspalte  bei 
dem  2 monatlichen  Kinde  ungefähr  doppelt  so  lang  sei,  als  hoch,  sei  sie  bei 
dem  Erwachsenen  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  gerade  drei- 
mal so  lang  als  ihre  Weite  betrage.  Der  Durchmesser  der  Cornea  sei 
eine  viel  beständigere  Grösse,  als  die  Länge  der  Lidspalte,  und  ziemlich  von 
derselben  Konstanz,  wie  die  Höhe  der  letzteren,  was  natürlich  sei,  wenn  man 
bedenke,  dass  die  Stellung  der  Lidränder  zur  Cornea,  das  ist  die  Grösse  des 
in    der   Lidspalte   sichtbaren  Theils   derselben  während  des   ganzen  Lebens 

Wilbrand-Saenger,  Neurologie  des  Auges.  2 


18  Form  und  Weite  der  Lidspalte. 

gleich  bleibe,  und  dass  der  vertikale  Cornealdurchmesser  sein  Verhältniss  zum 
horizontalen  kaum  ändern  dürfte.  Dass  die  freiliegende  Skleralfläche  gegen- 
über der  Cornea  in  der  Lidspalte  der  Kinder  sehr  zurücktritt,  also  die  letz- 
tere relativ  sehr  gross  erscheint,  sei  gewiss  der  eigentliche  Grund  für  die 
scheinbare  Grösse  der  Kinderaugen. 

Zwischen  der  maximal  geöffneten  Lidspalte,  dem  sog.  Aufreissen  der 
Augen  und  dem  aufs  energischste  geschlossenen,  dem  sog.  zugekniffenen 
Auge  liegt  eine  Reihe  von  Veränderungen  der  Lidspalte,  welche  physiologisch 
und  pathologisch  von  grosser  Bedeutung  ist.  Bei  den  meisten  Menschen  be- 
deckt unter  normalen  Verhältnissen  das  Oberlid  das  oberste  Homhautsegment, 
während  der  untere  Lidrand  die  untere  Homhautgienze  tangirt.  Für  gewöhnlich 
ist  die  Lidspalte  auf  beiden  Augen  gleicli  weit  geöffnet.  Eine  Lidspalte  von 
ungleiclier  Weite  gewinnt  daher  stets  an  pathologischer  Bedeutung,  wobei  je- 
doch zu  beachten  ist,  dass  wir  bei  asymmetrisch  gebauten  Schädeln  auf 
Seiten  der  kleineren  Orbita  auch  die  engere  Lidspalte  finden. 

Für  die  Beweglichkeit  der  Lider  sorgt  der  Musculus  Levator  palpebrae 
superioris  und  der  Musculus  orbicularis  palpebrarum,  während  die  Weite  der 
Lidspalte  unter  den  kombinirten  Einflüssen  folgender  Faktoren  steht: 

a)  Der  Tonus  der  Lidmuskulatur  im  Verh&ltniss  zur  Schwere  der  Lider. 

§  14.  Der  vom  Nerv,  oculomotorius  versorgte  Muse.  Levator  palpebrae  ist 
bezüglich  der  Stellung  des  Oberlides  ein  Antagonist  des  vom  Facialis  inner- 
virten  Muse,  orbicularis  palpebrarum.  Eine  Lähmung  des  Nerv,  facialis  hat 
demnach :  Aufhören  des  Blinzelreflexes,  mangelnden  Lidschluss  beim  Versuche 
die  Augen  zuzukneifen,  ein  Offenbleiben  der  Lidspalte  auch  im  Schlafe  (Lagoph- 
thalmus)  und  eine  Erweiterung  derselben  im  wachen  Zustande  zur  Folge,  weil 
das  Unterlid  nicht  wie  sonst,  durch  den  Musculus  orbicularis  gehoben  und  an 
den  Bulbus  angedrängt  gelialten  wird,  sondern  dasselbe,  nur  lediglich  seiner 
eigenen  Schwere  gehorchend,  nach  unten  sinkt.  Dabei  wird  das  Oberlid  um  ein 
Geringes  durch  den  Levator  palpebrae  in  die  Höhe  gehoben,  indem  seiner 
Spannung  jetzt  nur  die  Schwere  des  Oberlides  allein  noch  entgegenwirkt.  In 
massigerem  Grade  treffen  wir  auf  diesen  lialbparetischen  Zustand  beider 
Muskeln  bei  Schwerkranken  mit  hochgradiger  Benommenheit  des  Sensoriunis. 
Hier  liegen  die  Patienten  Tag  und  Nacht  mit  halbgeöffneter  Lidspalte.  Die 
Conjunctiva  bulbi  ist  leicht  injizirt,  und  die  zwischen  den  Lidern  freiliegende 
Hornhautfläche  finden  wir  zum  Theil  mit  zähen  Schleimmassen  bedeckt,  welche 
ihres  weisslich  gelben  Aussehens  lialber  leicht  von  einem  Mindererfahrenen 
mit  Hornhauttrübungen  und  Keratitis  verwechselt  werden  können.  Ein  sorg- 
fältiges Abwaschen  mit  feuchten  W^attebäuschen  eventuell  ein  längeres  Bedeckt- 
halten mit  einem  feuchtwarmen  Umschlage  lässt  den  Irrthum  leicht  erkennen. 
Bei  einem  Theil  derartiger  Fälle,  namentlich  nach  Typhus,  Cholera  und  bei 
schweren  Fällen  von  Morb.  Basedowii  entwickelt  sich  dann  thatsächlich  in 
den  unteren  Partien  eine  Hornhauttrübung  mit  geschwürigem  Zerfall,  eine  sog. 


Weite  der  Lid  spalte  unter  verschiedenen  BediiTgungen.  19 

Keratitis  e  Lagoplithalmo.  Wir  haben  btvi  einem  Falle  von  schwerem 
Basedow  auf  diese  Weise  die  Honihaut  beider  Angen  zu  Onmde  gehen 
sehen.  Eine  derartige  Affektion  darf  nicht  mit  der  Keratitis  neuroparaljtica 
durch  Trigeminusaffektiou  verwechselt  werden. 

Die  gewöhnliche  Weite  der  Lidspalte  beim  unbefangen  gerade  vor  sich 
hin  blickenden  Menschen  und  bei  nüttlerer  Tagesbeleuchtung  wird  durch  die 
vom  Nervus  sympatbicus  versori^ten  Mm,  palpebralis  superior  et  inferiar,  durch 
denAntagunismus  zwischen  dem  M.  levator  palpebr.  sup,  und  Muse,  orbicnlaris 
palpebrarum,  sowie  durch  die  eigene  Schwere  der  Lider  bedingt,  indem 
hauptsächlich  durch  den  Tonus  des  M.  levator  das  Oberbd  in  die  Höhe 
gehalten  %vird. 

Beim  Schläfrigwerden  erschlafft  die  Sjiannung  des  Levator  mehr  und 
mehr,  und  das  Lid  sinkt  seiner  Schwere  zufolge  schlaff  über  das  Auge  herab. 
Mauthner  (51)  fasst  diese  Ptosis  im  Schlaf  als  eine  Kernlähmung  des 
Oculomotorius  auf,  zufolge  der  Ansamndung  von  Ermüdungsstoffen  wahrend 
des  wachen  Zustandes.  Wir  kommen  später  noch  eingebend  auf  diese  Ver* 
hältnisse  zurück. 

Am  meisten  wird  die  Lidspalte  verengt  oder  völlig  aufgehoben  durch 
die  Lähmung  des  Levator  palpebrae,  ein  Zustand,  den  wir  ausführlich  ebenfalls 
später  zu  besprechen  haben  werden.  Kontraktionen  des  Levator  sind  sehr  selten* 

b)  Die  Spiiuiinng  der  an  den  Bulbus  sieh  inserirenden  Muskeln. 

§  15.  Vier  gerade  und  zwei  schräge  Augenmuskeln  sorgen  für  die  Beweglich- 
keit des  Bulbus  und  erhalten  denselben  bei  sonst  normalen  Spanmings-  und  In- 
sertions Verhältnissen  im  Gleichgewicht.  Dabei  sind  die  Augenmuskeln  sowohl 
unter  sich  als  auch  mit  der  Periorbita  durch  Fascien  verknüpft,  welche  dafür 
Sorge  tragen,  dass  die  Lage  des  Drehpunktes  des  Auges  durch  die  Kon- 
traktion seiner  Muskulatur  in  der  Örbita  nicht  verschoben  werde.  Denn  be- 
stünde die  oben  erwähnte  Fascienverbindung  nicht,  so  würde  durch  den  Tonus 
der  vier  geraden  Augenmuskeln  der  Bulbus  in  die  Orbita  hineingezogen, 
während  die  Zugwirkung  der  beiden  Mm.  obliqui  ein  Hervortreten  des  Aug- 
apfels  aus  der  Augenhöhle  liegünstigt.  Daher  sehen  wir  nach  einer  Teno- 
tomie  eines  geraden  Augenmuskels,  oder  nach  einer  Lähmung,  namentlich  des 
Rectus  extemus,  die  Lidspalte  etwas  erweitert,  weil  der  Augapfel  etwas 
mehr  nach  vorn  gegen  die  Lider  gedrängt  wird.  Isolirte  Obli<iuus-I/ähmungen. 
welche  den  entgegengesetzten  Effekt  erzeugen  würden,  sind  sehr  selten.  Da- 
gegen finden  wir  eine  Verengerung  der  Lidspalte  nach  einer  Vorlagerung  des 
Uectus  externus,  weil  dann  durch  die  vermehrte  Sy)annung  und  Zugwirkung 
dieses  Muskels  nach  hinten  der  Augapfel  mehr  von  den  Lidern  ab  nach 
der  Tiefe  der  Orbita  gezogen  wird.  Es  ist  daher  wichtig  gegebenen  Falls 
hei  einer  Inkongruenz  der  Lidspalten  auch  dieser  Verhältnisse  eingedenk  zu 
sein.  Neuerdings  sind  noch  einige  Fälle  beobachtet  worden,  bei  welchen 
gleichzeitig   mit   der   Adduktion  des  Bulbus  eine  Verengerung  der  Lidspalte 

2* 


ao 


Form  und  Weite  der  Lidspalte. 


herv^orgebracht  wurde,  indem  der  Augapfel  in  die  Orbita  zurückgezogen  wurde. 
Diese  Ersclieinung  trat  nur  bei  solclien  Individuen  auf,  welche  einen  kongeni- 
talen Mangel  der  Abduktion  aufwiesen.  Man  findet  eben  bei  angeborenen 
Beweglicbkeitsdefekten  des  Bulbus  nicht  selten  die  Extemi  überhaupt  fehlend^ 
oder  in  einen  bindegewebigen  Strang  verwandelt,  wodurch  der  Bulbus  auf 
der  Seite  des  Externus  fixirt  wird.  Kontrabirt  sich  nun  der  Internus,  so 
weicht  naturgemäss  der  Bulbus  zurück»  und  die  Lidspalte  verengert  sich: 
denn  nun  wird  der  Orbicularis  von  deui  zurückweichenden  Auge  weniger 
gestützt,  seine  Fasern  verlieren  ihren  Halt  und,  ihrem  Tonus  folgend,  ver- 
kürzen sie  sich  vom  Bogen  zur  Sehne,     Türk  {52)  und  Mac  1  eh  ose  (53). 

e)  Die  relative  FtilJung  der  Orbita. 

§  16.    Ist  der  Fettreich tb um  der  (*rl)ita  ein  sehr  grosser,  oder  ist,  wie 
bei   der   Basedow'st'hen   Krankheit,    der   Tonus   der  Orbitalgefasi^e   erschbfft 

und  daher  der  Blut re ich thum  dieser 
Gegend  vermehrt,  oder  sind  da- 
selbst Neubildungen,  entzündliche 
Intiltnitionen  (siehe  Fig.  7)  oder 
Abseesse  vorlianden,  so  wird  der 
Bulbua  mehr  nach  vorn  und  damit 
weiter  in  die  Lidspalte  hinein- 
gedrängt. Bei  fettarmen  Personen 
oder  Patienten,  welche  starke  Säfte- 
verluste erlitten  haben,  ist  der 
Bulbus  oft  tief  in  die  Augenhöhle 
zurückgesunken ,  und  demzufolge 
die  Lidspalte  enger  als  gewöhnlich. 
Diesem  Zustande  begegnen  wir  auch 
bei  der  Heuiiatropbia  facialis.  So 
fand  Virchow  (54)  bei  einem  Falle 
von  neurotischer  Gesichtsatropbie 
den  Schwund  des  Orbital  fettes  sehr 
ausgesprochen.  Einige  glauben» 
dass  eine  geringe  Erweiterung  der 
LidspaUe  durch  den  Spasmus  des 
von  H.  Müller  entdeckten  Muscul. 


\V,  \v. 


Fig.  7.1) 

Ex  Ophthal  Ullis    un<J    kluflende   Litlspalte 
bei  Siaiii^thromboBe      Tod. 


orbital is  bedingt  werden  könne.  Durch  die  Kontraktion  desselben  werde  ein 
Druck  auf  den  Orbitalinhalt  ausgeübt,  und  damit  der  Bulbus  mehr  in  die 
Lidspalte  hineingetrieben.  An  der  Stelle  nämlich,  wo  das  Periost  der  örbita, 
die  sog.  Periorbita  als  sog.  Membrana  orbitalisdie  Fissura   orbital 


1)  Der  Pftti^Dtin,  einem  18 jährigen  MMchen,  wurde  v^r  8  Tagen  ein  Backenxalin 
Hnka  unten  extrahirt.  Seit  8  Tagen  Schwellung  des  liuken  Auges  und  Fieber.  Bdd  schwoll 
die  gfluze  linke  obere  Wangengegend  an  und  trat  eine  stiirke  Schwellung  der  Venen  immer 
deuthcber  hervor.     Dazu  kam   eine  starke  Protrusion    des  liuken  Bulbus    nach   unten  unJ 


i 


Reizung  und  Lähmung  des  Sympathicus.  21 

inferior  überbrückt,  sind  ihr  glatte  Muskelnfasern  in  grosser  Menge,  wenig- 
stens bei  den  Säugethieren,  eingewebt  und ,  bilden  den  vorhin  genannten 
Orbitalmuskel.  Die  überwiegende  Mehrzahl  dieser  Fasern  verläuft  parallel 
der  Richtung  der  Fissur,  nur  wenige  vertikale  Bündel  treten  im  dicksten 
Theile  des  Muskelstratum  hinzu.  Vom  oberen  Rande  der  Fissur  breitet  sich 
die  Muskellage  noch  einige  Millimeter  weit  im  Periost  der  Superficies  orbitalis 
alae  magnae  aus.  Innervirt  wird  dieser  Muskel  vom  Sympathicus.  Auf 
Reizung  des  Halstheiles  dieses  Nerven  drängt  der  sich  kontrahirende,  mäch- 
tiger entwickelte  Muskel  der  Säugethiere  den  Augapfel  vor.  Zum  Theil  wird 
der  Muskel  vom  Ganglion  spheno-palatinum  versorgt.  Schwalbe  (55).  Beim 
Menschen  ist  jedoch  der  M.  orbitalis  nach  Sattler  (56)  nur  auf  verhältniss- 
mässig  sparsame  Bündel  reduzirt,  welche  in  der  medialen  Partie  der  die  Fissura 
orbitalis  infer.  ausfüllenden  fibrösen  Membran  gelegen  sind  und  nicht  leicht 
einen  irgend  nennenswerthen  Einfluss  auf  die  Lage  des  Bulbus  äussern  können. 
Auch  haben  die  direkten  Versuche  von  R.  Wagner  und  H.  Müller  (56a) 
an  Hingerichteten  gezeigt ,  dass  beim  Menschen  ein  Hervortreten  des'  Bulbus 
bei  Reizung  des  Halssympathicus  nicht  zu  beobachten  ist.  Ebensowenig 
können  die  von  Sappey  (57)  beschriebenen  organischen  Muskeln  in  der 
Orbitalaponeurose,  welche  bei  Reizung  des  Halssympathicus  auch  zur  Protrusion 
mitwirken  sollen,  hier  in  Betracht  kommen. 


d)  Reizung  und  Lähmung  des  Sympathicus. 

§  17.  Die  eben  erwähnte  Wirkung  des  Orbitalmuskels  auf  die  Erweiterung 
der  Lidspalte  wird  mit  Recht  von  Vielen  angezweifelt.  Ein  grösserer  Effekt 
auf  die  Weite  der  Lidspalte  wird  jedoch  durch  Reizung  oder  Lähmung  der 
beiden  glatten,  ebenfalls  vom  Sympathicus  innervirten  Lidmuskeln:  Muse, 
palpebralis  super,  und  palpebr.  inf.  hervorgebracht.  Der  erstere  bildet  die 
mittlere  Schicht  der  Aponeurose  des  M.  levator  palpebr.  sup.  (siehe  Fig.  8,  6  b) 
und  inserirt  sich  am  vorderen  Rande  des  Tarsus.  Die  Faserung  des  M.  palpe- 
bralis sup.  ist  sagittal.  Nach  den  Untersuchungen  Sattler 's  (56)  ist  der 
M.  palpebr.  sup.  et  inf.  in  Stärke  und  Ausbreitung  sehr  verschieden,  nament- 
lich scheint  derselbe  bei  jüngeren  Individuen  im  Allgemeinen  besser  ausge- 
prägt zu  sein,  als  bei  älteren;  auch  bilden  die  schmalen,  theils  netzförmig 
angeordneten,  grösstentheils  aber  longitudinal  verlaufenden,  und  gegen  den 
konvexen  Rand  des  Tarsus  fächerförmig  ausstrahlenden  Faserbündel  des  Muskels 
keine  kontinuirliche  Schicht,  sondern  werden  von  Reihen  und  Gruppen  zahl- 
reicher Fettzellen  vielfach  von  einander  getrennt.  Ein  Theil  der  Aufgabe 
dieser  Muskeln  dürfte,  wie  auch  Sappey  (57)  angiebt,  wohl  darin  bestehen. 


aussen.  Starkes  LidOdem.  Die  Pupillenreaktion  etwas  träge.  Der  Fundus  oeuli  normal. 
Rechts  nor  ganz  geringes  Oedem,  auch  links  wurde  nun  eine  Zunahme  des  Exophthalmus 
konstatirt.  Bei  aasgedehnten  Incisionen  der  linken  äusseren  Wangenschleimhaut  fanden 
sich  alle  Venen  thrombosirt.    Patientin  starb  am  10.  Tage  ihrer  Erkrankung. 


00 


Form  und  Weite  der  Lidspalte. 


die  Lider  bei  allen  Bewegungen  und  Stellungen  der  Augen  stets  an  dasselbe 
gut  angeschmiegt  zu  erhalten.  Keineswegs  scheint  es  aber  plausibel,  dass 
eine  spastische  Kontraktion  dieser  Muskeln  der  freien  Aktion  des  vielmal 
stärkeren  Orbicularis  eine  erhebliche  Behinderung  entgegensetzen  könne.  Man 
hatte  bekanntlich  aus  einer  Reizung  dieser  Muskeln  das  Klaffen  der  Lidspalte 
beim  Morb.  Basedowii  erklären  wollen.    Im  unteren  Augenlide  tritt  an  Stelle 


P^rklärung  der  Figur  8. 
1  Huut  des  oberen  Augenlides;  2,2  Muse  orbicul.  palpebr. ;  3  Faioia  palpebr.  sup.; 
4  Band  des  Stirn1>eins;  5  Tursus  superior,  schematiseh  abgegrenzt,  Muse,  levator  pal]>ebr.  taper.; 
6a  dessen  Ilauptsehne,  welehe  sich  zwiseben  Tarsus  und  Muse,  orbicularis  ausbreitet;  66  der 
glatte  M.  pulpebralis  sup.;  6c  vereinigter  zur  Conjunetiva  ziehender  Fascien-Zipfel  des  M.  levator 
palpc^brae  und  des  Muse,  rectus  superior;  7  M.  reetus  super.;  8,8  Tenon'sche  Fasde;  9  Sehne 
des  M.  rectus  superior,  durch  den  Tenon'sehen  Kaum  ziehend;  10  Abgrenzung  des  inneren  Or- 
1)itulfettc>s ;  11  gegen  den  supravaginalen  Kaum  12;  13  Muse,  rectus  inferior;  13a  Min  Fsaden- 
zi]>fel  zum  unteren  Augenlid;  14  Querschnitt  des  Muse,  oblig.  infer.:  15  Haut  des  unteren  Augen- 
lids; 16  Tarsus  infer.  schematiseh  abgegrenzt:  17  Fascin  palpebr.  infer. ;  18,  18  Periorbita ;  19,20 
Fornix  Conjunct.  a  Sehnerv;  6  (rluskörper;  c  Linse;  d  Hornhaut.  Vertikaler  Durchschnitt  darch 
den  Augapfel  und  die  Orbita  in  der  Richtung  der  Orbitalachse  bei  geschlossener  lidsiwltc  nach 

Schwalbe. 

der  Levatorausbreitung  der  Fascienzipfel  des  Muse,  rectus  infer.  Er  lässt 
sich  ebenfalls,  wenn  auch  weniger  deutlich,  in  drei  Lagen  sondern,  von  denen 
die  inneren  und   äusseren  rein  bindegewebig  sind,   die  mittlere  dagegen  die 


ReizüDg  und  Lähmung  de 9  Sympftthicus. 


23 


glatten  Muskelbündel  des  M.  palpebralis  ini'er.  einscbliesst  (Fig.  8,  13a). 
Letztere  verlaufen  in  der  mittleren  Lidportion  !<agittal  und  znm  unteren 
äusseren  Trirsusrande  (Schwalbe  I.  a  242). 

Eine  Reizung  des  Grenzstninges  des  Sympathicus  hat  eine  Erweiterung 
der  Pupille,  Blässe  der  entsprechenden  Gesichtsbälfte  mit  Vermehrung  der 
Schweisssekretion  an  dieser  Seite,  eine  massige  Erweiterung  der  Lidspalte 
durch  Retraktion  der  Lider  und  ein  ganz  geringes  Hervortreten  des  liulbus 
durch  Kontraktion  des  glatten  Muse,  orbitalis  zur  Folge. 

Bezüglich  der  Reizung  des  Sympathicus  sind  wir  in  der  Lage,  fol- 
genden Fall  mitzutheilen: 

Ein  23  jähriger  Knecht  ist  wegen  Panaritien  der  linken  Hand  auf  der 
Chirurg;  Abtheilung  des  Herrn  Dr,  Wiesinger.  Im  ersten  Lebensjahr  Krämpfe. 
Angeborener  rechtss.     Torticollis;  Cataracta  zonularis  oc.  utr. 

Die  rechte  Pupille  ^ehr  viel  weiter  als  die  linke*  Reaktion 
lieiderseits  gut.  Rechte  L  i  d  s  p a  1 1  e  weiter  als  die  linke.  Der  rechte 
Bulbus  scheint  etwas  weiter  vorzustehen  als  der  linke,  (ianz  exquisit 
deutlich  w a r  e i n  halbseitiger  S c h w e is s a us b r u c h  auf  der  rechten 
G  esichtshälfte  genau  bis  zur  Medianlinie.  Die  rechte  Gesichts- 
halfte  war  blasser  als  die  linke. 

Im  Uebrigen  bot  Pat.  die  unzweifelhaften  Zeichen  einer  Syringomyelie  im 
unteren  Hals-  und  oberen  Brustuiark  dar:  Die  vier  Finger  der  linken 
Hand  waren  verdickt  und  standen  in  Beugestellung.  Hand  en  masse  ver- 
grüssert;  erinnert  an  eine  akromegalisdie  Hand.  Atrophien  des  Tbenar, 
Hypothenar  und  der  Interossei.  Reste  der  verheilten,  schmerzlos  gewesenen 
Panaritien  (Morvan'sche  Krankheit).  Ueber  dem  linken  Ellbogen  eine  ver- 
heilte Blase.  Am  ausgeprägtesten  ist  die  Störung  der  Schmerzeuiptindung 
und  des  Temperatursinns  (an  d.  L  Hand  besonders  für  Kältereize)  an  beiden 
Händen;  jedoch  auch  ganz  leichte  Störung  der  Tastemplindung.  Es  besteht 
ein  Ciibbus  am  Tebergang  von  der  Hals-  zur  Brustwirbelsäule,  Die  Reflexe 
an  den  unt.  Extremitäten,  die  nicht  atrophisch  erscheinen,  sind  gesteigert. 
Obwohl  man  nun  zweifeln  könnte,  ob  es  sich  hier  nicht  vielmehr  um  eine 
Sympathicuslähmung  auf  der  linken  Seite  handle,  da  bei  der  Syringomyelie 
sich  dieselbe  bekanntlich  in  der  Kegel  auf  der  Seite  befindet,  auf  welcher 
die  Muskelatrophien  stärker  ausgesprochen  sind,  und  die  Differenz  der  Lid- 
spalte, der  Pupille  und  der  Gefassfüllung  zu  Gunsten  eines  linksseitig  patho- 
logischen Processes  gedeutet  werden  konnte,  so  sind  wir  wegen  der  auf- 
fallenden Weite  der  rechten  Pupille  und  namentlich  wegen  des  hochgradigen 
halbseitigen  Schweisses  auf  der  rechten  Gesichtshälfte  und  wegen  der  niciit 
ausgesprochenen  Myosis  der  linken  Seite  der  Ansicht ,  dass  es  sich  hier  um 
eine  rechtsseitige  Halssympathicus  r  e  i  z  u  n  g  liandelt.  Dieselbe  dürfte  sich  dadurch 
erklären,  dass  die  in  Betracht  kommenden  Nerven  mit  dem  Bam.  comniun. 
des  ersten  Dorsalnerven  die  Mediiila  spinalis  verlassen,  also  aus  einer  Höhe 
kommen,  in  welcher  die  gliomatöse  Veränderung  Platz  gegriffen  hat,  was  sich 
aus  der  Lokalisation  der  trophischen  Störungen  an  der  Hand  erschliessen  lässt. 


u 


Fc-rrii   und  Weite  lier  Luis  palte. 


Kokain  auf  die  Conjiinctiva  appliÄirt,  iiilt  bezüglich  der  Lider  dieselbeü 
Ers^lieintmgen  hervor,  auch  eine  mangelhafte  Mitbewegung  der  oberen  Lider 
heim  Bhck  nach  unten,  bekannt  als  \\  Graefe Vches  Syniptoni.  Koller  und 
später  J es soj)  (bS)  fanden,  das8  man  einigte  Tatre  nach  Durchscbneidung  Jer 
sympathischen  Nervenendigungen  dieses  Symptom  nicht  mehr  erzeugen  könne. 
Darum  will  auch  H  u  ghl  ings- Jackson  (r>*Ja)  das  Kokain,  da  es  nur  auf 
den  Syrnpathicus  wirke,  als  rliagnostisehcs  Hillsmittel  benützt  wissen^  ob  z.  B. 

bei  Tabes  eine  Ptosis  auf 
einer  Lilhnumg  des  Levator, 
oder  der  glatten  Muskelfasern 
beruhe.  Weil  nun  beim  Morbus 
Basedowii  ganz  der  analoj^e 
Symptumenkomplex:  als  La- 
fj^ö[)btbaimus,  Retraktion  der 
Lider ,  mangelhafte  Mitbe- 
wegung des  Oberlides  hei 
Senkung  der  Bliekebene  vi«r- 
kommt,  hatte  schon  v.  G  r  a  e  f  e 
«liese  Erscheinungen  auf  einen 
Spasmus  des  Mü  Her  'scheij 
Lidmuskels  zurückgeführt.  — 
Wir  kommen  weiter  unten 
noch  ausführlicher  auf  diese 
Erscheinung  zurück. 

Lahmung  des  Syrnpathi- 
cus, etwa  durcli  Wunden  am 
Hals,  oder  Tumoren,  welche 
auf  den  Nerven  drücken,  be- 
wirkt enge,  aber  auf  Licht 
reagirende  Pupillen  (wegen 
überwiegender  Spannung  des 
vom  Oculomotorius  versorgten 
Sphincter  pupillae),  Ver- 
engerung   der    Lidspalte 


Fig.  y. 

A.   B,     Morbus  Basedowii  mit  8}'m]»athicuBlähTnuDg  auf 
dem  n'chh*n  Auge  ^cnge  Lideimlle ;  eii^e  PiipiU*"). 


theils  wegen  überwiegendem  Tonus  des  Orbicularis,  theils  wegen  eigener 
Schwere  des  Oberlides  und  vielleicht  wegen  geringen  Zorücksinkens  des 
Bulbus  durch  Erschlaitung  des  Müller' sehen  Orbitalmuskels  resp.  durch 
konsekutiven  Schwund  des  orbitalen  Fettgewebes  (Hemiatropbia  facialis). 
Die  leichte  Ptosis  nach  Sympatbicuslähmung  tritt  meist  nach  psychischen 
Alterationen  oder  nach  körperlichen  Anstrengungen  stärker  hervor,  da- 
neben Rijthung  und  vermehrte  Schweisssekretion  der  gleichen  Gesichts- 
hälfte, lieber  einen  derartigen  Schulfall  berichtet  L.  J  a  c  o  b  s  o  h  n  (60). 
Dieser  sah  bei  einem  l'/sjährigen  Kinde  nach  Eröft'nung  und  Auskratzung 
eines   Drüsenabscesses  der   linken  Halsseite   folgende  Erscheinungen   an  der 


Weite  der  Lidspalte  imti*r  Terscliiedeiieii  Bedingmigen.  25 

operirten  Seite  auftreten:  Verengerung  der  Pupille^  Yerengening  der  Lid- 
spalte, Blasse  und  Küble  der  Gesichtshälfte,  Anidrosis,  Enophthalmus, 
Eingefallensein  der  ganzen  Gesichtshälfte.  Anscheinend  war  das  Ganglion 
cervicale  suprenum  bezw.  die  von  diesen  ausgehenden  Fasern  des  Sjmpathi- 
cus  getroffen  worden.  Einen  ganz  analogen,  bloss  einen  16 jährigen  Schüler 
betreffenden  Fall  haben  auch  wir  beobachtet.  In  Fig.  9  zeigen  wir  die  Ab- 
bildung einer  41jährigen,  hereditär  nicht  belasteten  Frau,  welche  seit  Jahren 
von  Herzklopfen,  Kurzlufligkeit,  Angstgefühl,  Zittern  der  Hände,  Fliegen  des 
Körpers  und  zeitweisem  Doppeltsehen  litt.  Seit  einem  Jahr  zunehmende  Ge- 
dächtnissschwäche, erhöhte  Reizbarkeit,  unruhiger  Schlaf  und  nächtliche 
Schweisse.  Femer  unregelmässige  Menstruation  und  Abmagerung.  Bei  der 
Untersuchung  fatid  sich:  enorme  Struma  mit  Kompressionserscheinungen  der 
Trachea;  ausgedehntes  Venennetz  von  der  vorderen  Brustregion;  sehr  be- 
schleunigte Herzaktion;  beiderseits  leichter  Exophthalmus;  rechts  Pupille  enger 
als  die  linke;  deutliches  Graefe'sches  Symptom;  Insufficienz  der  Intemi; 
kein  Stellwag'sches  Zeichen. 

Die  Sympathicuslähmung  ist  hier  auf  den  Druck  der  Struma  auf  den 
rechten  Grenzstrang  zurückzuführen. 

e)  Reflektorische  Einwirkungen. 

§  18.  Die  Weite  der  Lidspalte  steht  auch  in  Wechselbeziehung  zu  der  je- 
weiligen Lichtmenge,  welche  auf  die  Netzhaut  fallt  (Zukneifen  der  Augen  bei 
Blendung).  Femer  steht  sie  in  Abhängigkeit  von  den  sensiblen  Reizen,  welche 
von  der  Hornhaut  und  Bindehaut  aus  den  Muse,  orbicularis  erregen  (Schluss 
der  Lider  bei  Läsionen  und  Infiltrationen  der  Hornhaut,  bei  Bindehaut- 
katarrhen etc.).  Auch  aus  der  psychischen  Sphäre,  namentlich  durch  die 
Affekte,  wird  die  Weite  der  Lidspalte  beeinflusst  (Aufreissen  der  Lidspalte 
bei  Schreck  und  Erstaunen,  Zusammenziehen  der  Augenbrauen  bei  Verenge- 
rung der  Lidspalte  bei  Hass  und  Zorn  etc.). 

f )  Die  Grösse  des  Bulbus  selbst. 

§  19.  Der  grosse  eiförmige  Bulbus  der  Myopen  drängt  sich  oft  weit  in  die 
Lidspalte  hinein,  täuscht  nicht  selten  einen  Exophthalmus  vor  und  verhilft 
seinem  Besitzer  zu  dem  charakteristischen  Ausdruck  ;,des  Glotzauges^. 
Ebenso  erweitem  der  Buphthalmos  und  Skleralektasien,  letztere  oft  unregel- 
mässig, die  Lidspalte. 

g)  Angeborene  Fehler. 

§  20.  Femer  wird  die  Weite  der  Lidspalte  durch  angeborene  Fehler  oder 
durch  Verwachsungen  beeinflusst:  Ankyloblepharon  (Verwachsung  des 
oberen  Lides  mit  dem  unteren  entlang  dem  Lidrande),  oder  durch  Symble- 
pharon, der  narbigen  Verwachsung  der  Conjunctiva  palpebrae*  mit  derCon- 


26  Die  Lidreflexe. 

junctiva  bulbi.  Auch  kongenitale  Blepharophimosis  wurde  beobachtet  wie 
in  dem  Falle  von  Rampoldi  (61),  ferner  Schrumpfung  der  Bindehaut  bei 
Trachom  und  Pemphigus. 

Die  Lidspalte  im  Tode. 

§  21.  Da  nach  Erschlaffung  resp.  Lähmung  des  Levator  palpebrae  und  orbi- 
cularis  komplete  Ptosis  entsteht,  so  ist  es  auffallend,  dass  bei  so  vielen  Leichen 
kein,  oder  nur  ein  geringer  Schluss  der  Lidspalte  gefunden  wird. 

Gazzaniga  (62)  hat  an  194  Leichen  Betrachtungen  über  den  Stand 
der  Lider  nach  dem  Tode  und  deren  postmortale  Bewegungen  gemacht  und 
gefunden,  dass  in  80®/o  der  Leichen  die  Augen  halb  geöffnet  sind  (d.  h.  die 
Lider  bedecken  die  halbe  Hornhaut),  in  12®/o  sind  die  Augen  offen  und  in 
8®/o  halbgeschlossen,  d.  h.  ^/4  der  Hornhaut  bedeckt.  Gazzaniga  suchte 
die  Erklärung  dieser  Beobachtung  darin,  dass  während  der  Agonie  Er- 
schlaffung des  Levator  palpebrae  und  des  Orbicularis  einträte,  da  aber  letz- 
terer später  als  die  übrigen  Sphinkteren  vollständig  erlahme,  die  mangelnde 
Thränensekretion  einer  Senkung  des  Oberlids  störend  entgegenträte,  und  die 
Todtenstarre  in  den  Gesichtsmuskeln  überhaupt  rascher  sich  einstelle,  so  werde 
auch  das  Halbgeöffnetsein  der  Augen  nach   dem  Tode  leichter  verständlich. 

In  65®/o  der  halbgeöffneten  Augen  tritt  eine  mehr  oder  weniger  voll- 
ständige postmortale  Schliessung  der  Lidspalte  ein;  dieselbe  tritt  30  bis 
60  Stunden  nach  dem  Tode  auf;  später  nicht  mehr.  Nach  akuten  Krank- 
heiten mit  rasch  eintretender  Todtenstarre  findet  man  die  Augen  eher  offen 
oder  halbgeöffnet,  bei  chronischen  Krankheiten  geschlossen  oder  halbgeschlossen. 
Auf  die  postmortale  Lidbewegung  habe  die  vorausgegangene  Krankheit  keinen 
Einfluss.  Zwei  Jahre  früher  hatte  auch  Valude  (63)  ähnliche  Unter- 
suchungen gemacht,  jedoch  an  einem  geringeren  Materiale. 


Kapitel  IIL 

Die  Lidreflexe  und  das  anatomische  Verhalten  des 
Muse,  orbicularis  palpebrarum. 


sj  22.  Wiewohl  der  Lidschlag  willkürlich  erzeugt  werden  kann,  so  entsteht  er 
doch  meist  auf  dem  Wege  des  Reflexes.  Bezüglich  der  reflektorischen  Vor- 
gänge an  den  Augenlidern  kommen  der  Nervus  opticus  und  der  Nen%  trige- 
minus  einerseits,  sowie  der  Nerv,  facialis  und  wahrscheinlich  auch  der  Nerv, 
sympathicus  andererseits  in  Betracht. 


Die  Zabi,  sowie  die  VollstänJigkeit  der  in  der  Zeiteinheit  ertblgenden 
Lidschläge  steht  in  reflekt  arisch  er  Wechselhejiiehung  zu  den  auf  die  Retina 
einwirkenden  Lichtuiengen,  wie  zu  den  sensiblen  Erregungen,  die  dem  Orbi- 
cularis  von  den  Emptindimgsnerven  der  Hornhaut,  der  Conjunctiva  und  Lid- 
haut üWrraittelt  werden. 

Bei  den  sog.  psychischen  ReÜexen,  den  emotionellen  Bewegungen  der 
Lider,  scheinen  auch  die  vom  iSympathicus  versorgten  glatten  Lidmuskeln  mit 
in  Aktion  zu  treten. 

Da  durch  Bedecktbleiben  der  Lidspalte  während  des  Schlafe  weder 
namhafte  Mengen  von  Licht  in  das  Auge  fallen,  noch  besondere  taktile  Reize 
von  der  Bulbusobertiäche  ausgelöst  werden,  so  fällt  auch  wahrend  dieses  Zu- 
standes  der  Lidschlag  weg. 

Der  reHektnrische  Lidschlag  zum  Schutze  der  Augen  geschieht  beim 
Menschen  immer  doppelseitig.  Es  erklärt  sieh  dies  nach  0.  Langen- 
dorff  (73)  aus  der  grossen  Nachbarschaft  beider  Augen  ^  untl  dem  dadurch 
,, gemeinschaftlichen  Gefahrfelde'',  weil  eine  Ciefahr,  welche  das  eine  Auge 
bedrohe,  zugleich  das  andere  mitbedrohe.  Daher  habe  der  Mensch  die  inter- 
centrale Bahn  der  beiden  Blinzelretlexcenlren  so  eingeschliften,  dass  der  Reflex 
ül>erhaupt  nie  mehr  einseitig  bleibe. 

Lidrefiexe  vom  Nervus  opticus. 

g  23.  Der  reflektorische  Lidschi uss  ist  eine  äusserst  zweckmässige  Schutz- 
vorrichtung für  das  Auge  und  wird  sehr  kräftig  dann  bewerkstelligt,  wenn  dem 
Auge  theils  durch  Einfall  zu  grellen  Lichtes  Unbehagen  oder  Gefahr  droht '),  theils 
wenn  plötzlich  Gegenstande  im  Gesichtsfelde  auftauchen,  deren  Fortbewegungs- 
richtung dem  ülrerraschten  Individuum  noch  nicht  bekannt  ist.  Meist  treten 
auch  im  Verein  mit  diesem  Lidschluss  Fluchtbewegungen  der  Augen,  Weg- 
wenden des  Kopfes  und  Oberkörpers,  auch  Abwehrbewegungen  mit  den  Händen 
auf.  Diese  letzteren  sind  bei  dem  neugeborenen  Kinde  nur  ganz  rudimentär 
vorhanden.  Hier  finden  wir  ledigliiK  einen  rertektorischen  Lidschluss  und 
vielleicht  Bewegungen  des  Kopfes, 

Je  nach  der  Richtung  des  einfallenden  Lichtes  wird  die  Kontraktion 
der  Lid|iortion  vom  Orhicularis  aiu  Ober-  und  rnterlide  mehr  in  Anspruch 
genommen.  Gegen  die  Beleuchtung  des  Auges  von  oben  ist  dem  Oherlide 
ein  grosser  Spielraum  gegeben.  Bei  Beleuchtung  von  unten  wird  das  untere 
Lid  etwas  gehoben,  wie  man  an  den  iiir  den  Lichtretlex  von  unten  unge- 
wohnten Augen  von  Reisenden  auf  den  Schnee-  und  Eisfeldern,  oder  hei  Schau- 
spielern auf  der  Bühne  w-egen  der  Prosceniumslampen  sehen  kann. 


1)  Die  durch  Einfall  zu  grellen  Lichtes  bewirkten  intensiven  Nachbilder  können 
namentlich  bei  nerv5i»en  Inclivtduen  sehr  lange  störend  das  Si,'hen  hoejnflussen,  andererseits 
kann  dnnh  dauernden  Einfall  zu  intensiven  Lichtes  eine  bleibende  organiarUe  Veränderung 
in  der  ilacula  Int^a  mit  8t'otom  hervorgerufen  werden. 


28  Die  Lidreflexe. 

Den  reflektorischen  Lidschluss  bei  unvorhergesehenen  Erregungen  des 
Opticus  benutzen  wir  zu  diagnostischen  Zwecken  und  zumeist  dann,  wenn  es 
sich  wie  z.  B.  bei  kleinen  Kindern  oder  bei  aphasischen  oder  benommenen 
Kranken,  mit  denen  wir  uns  nicht  verständigen  können,  um  die  FeststelluDg 
einer  Hemianopsie  handelt. 

Zur  Ausführung  dieses  Experiments  muss  die  Blickrichtung  des  zu  unter- 
suchenden geradeaus  gerichtet  sein.  Während  benommene  Patienten  meist 
in  dieser  Weise  im  Bette  liegen,  erscheint  es  bei  Aphasischen  oder  bei  kleinen 
Kindern  nothwendig,  durch  einen  vorgehaltenen  Gegenstand  zunächst  die 
Blickrichtung  des  Patienten  zu  fixiren,  um  dann  unvorhergesehen  ein  bren- 
nendes Licht  oder  einen  hell  glänzenden  Gegenstand  bald  von  der  einen,  bald 
von  der  anderen  Seite  im  Gesichtsfelde  auftauchen  zu  lassen.  Auf  Seiten 
des  hemianopischen  Gesichtsfeldausfalles  wird  dann  der  reflektorische  Lidschlag 
ausbleiben,  und  keine  Drehung  der  Augen  und  des  Kopfes  nach  dem  Liebte 
hin  erfolgen,  während  von  den  noch  funktionirenden  Retinalhälften  aus  dies 
in  prompterWeise  vor  sich  geht.  Dabei  bleibt  jedoch  strenge  zu  beachten,  dassman 
keinen  Luftzug  erregen  und  dadurch  taktile  Reize  auslösen,  noch  durch  zu 
nahes  Heranbringen  des  Lichtes  an  die  Wange  und  das  Auge  Wärmeempfind- 
ungen hervorbringen  darf,  weil  sonst  ein  Reflex  von  Seiten  des  Trigeminus 
ausgelöst,  und  das  Ausbleiben  des  Retinalttexes  dadurch  maskirt  werden  würde. 

Dass  dieser  Reflexbogen  zwischen  Opticus  und  Facialis  das  optische 
Wahmehmungscentrum  in  der  Rinde  der  Fissura  calcarina  durchläuft,  scheint 
uns  nach  den  Prüfungsergebnissen  bei  Hemianopischen  im  höchsten  Grade 
wahrscheinlich.  Bekanntlich  sind  die  Hemianopsien  zufolge  von  Himerkrank- 
ungen  im  Hinterhauptslappen  und  der  intracerebralen  optischen  Leitung  sehr 
viel  häufiger,  als  die  aus  einer  Zerstörung  des  Tractus  opticus  an  der  Basis 
hervorgegangenen.  Würde  nun  die  Erregung  zur  Erzeugung  des  Blinzelreflexes 
nicht  das  optische  Wahrnehmungscentrum  passiren,  sondern  ihren  Weg  durch 
die  primären  Opticuscentren  nehmen,  so  würden  wir  bei  der  überwiegenden 
Mehrzahl  der  Fälle  diesen  Reflex  zur  Diagnose  der  Hemianopsie  gar  nicht 
verwenden  können,  was  aber  den  praktischen  Erfahrungen  zuwider  läuft. 
Durch  Sektionsbefunde,  bei  welchen  vorher  auf  diese  Verhältnisse  geachtet 
worden  war,  würde  die  Frage  leicht  gelöst  werden  können. 

Nur  eine  bis  dahin  vereinzelt  gebliebene  Beobachtung  von  Knies  (74) 
steht  dieser  Annahme  entgegen.  Dieser  beobachtete  einen  12jährigen  an 
urämischer  Amaurose  total  erblindeten  Knaben,  bei  welchem,  ohne  dass  eine 
Spur  von  Lichtempfindung  zum  Bewusstsein  kam,  dann  ein  Lidschluss  eintrat, 
wenn  das  Sonnenlicht  direkt  von  vom  in  das  Auge  geworfen  wurde. 

Die  von  Eckhard  (75)  gefundene  Thatsache,  dass  nach  Abtragung  des 
Grosshirns  beim  Kaninchen  das  Phänomen  des  Lidreflexes  vom  Opticus  aus 
nicht  unterbleibt,  dürfen  wir  nicht  ohne  Weiteres  auf  den  Menschen  übertragen. 

Das  auffällige  Klaflfen  der  Lidspalte  bei  Blinden,  das  der  Physiognomie 
derartiger  Individuen  ein  so  eigenthümliches  Gepräge  verleiht,  steht  oflFen- 
bar  auch  mit  dem  Umstände  in  Zusammenhang,  dass  die  dem  gesunden  Auge 


Lidreflexe  vom  Nerv;  opticus.  20 

fortwährend  van  der  Retmti  ziifliessenden  und  den  Tonus  des  Orbicidaris  ver- 
stärkenden Reize  hier  völlig  in  Wegfall  kommen. 

Dass  das  auf  Lit-htreiz  erfolgende  Augenblinzeln  wirklich  durch  Reizung 
des  Opticus  zu  Stande  kommt  und  nicht,  wie  einige  behaupteten,  auf  einem 
vom  Trigeminus  unter  chemischer  Einwirkung  des  Lichtes  auf  die  Endgebilde 
desselben  eingeleiteten  KeHexakte  beruht,  hat  neuerdings  Eckhard  (75)  wenig- 
stens beim  Kaninchen  nachgewiesen;  denn  das  Phänomen  besteht  nicht  mehr 
weiter,  wenn  der  Opticus  der  zu  reizenden  Seite  mit  Sclxonimg  des  Trigeminus 
durchschnitten  wird.  Es  kommt  auch  durch  Reizung  des  centralen  Stumpfes 
des  durchschnittenen  Opticus  zu  Stande,  während  es  andererseits  ausbleibt 
nach  Durchschneidung  des  Trigeminus  und  Reizung  des  centralen  Stumpfes 
dieses  Nerven. 

Indirekt  wird  ebenfalls  noch  vom  Opticus  aus  ein  reflektorischer  Lid* 
schluss  bewirkt.  Viele  Menschen  müssen,  wenn  sie  aus  dem  Dunkeln  ins 
Helle  treten,  niesen.  Das  Niesen  ist  aber  stets  mit  einem  kräftigen  Lid- 
schluss  verbunden.  Auch  bei  lichtscheuen,  skrophulosen  Kindern  mit  Corneal* 
aftektionen  tritt  dieses  Niesen  mit  vermehrtem  Lidkrampf  auf,  wenn  gewalt- 
sam die  Augen  derselben  geoftnet  werden.  Nach  Donders  (70)  ist  der  Lid- 
scbluss  für  die  intraoculare  Bhitcirkulation  nicht  ohne  Bedeutung,  weil  der 
physiologische  Blepharospasmus  bei  starkem  Husten  und  Niesen  als  Regulator 
gegen  den  exspiratoriscben  Blutandrang  dient.  Trotz  dieser  Vorrichtung 
sehen  wir  dennoch  bei  Tussis  convulsiva  häufig  eine  Sugillation  der  Conjunc- 
tiva  bulbi  eintreten. 

Mit  Refraktionsfehlem  behaftete  Individuen  gelangen  auf  empirischem 
Wege  dahin,  ihre  Lider  derartig  zu  verengem,  dass  nach  Art  einer  steno- 
]Kiischen  Spalte  dann  nur  noch  die  centralen,  oder  den  centralen  benachbarte 
Strahlen  in  das  Auge  einfallen,  welche  ja  bekanntlich  gar  keine  oder  nur  eine 
geringe  Brechung  erleiden.  Durch  diese  Abbiendung  wird  das  Bild  zwar 
dunkeler,  aber  doch  deutlicher,  und  sehen  wir  bei  allen  Individuen  mit  hoch- 
gradigen Refraktionsfehlern  diese  Form  des  Kneifens  zur  Anwendung  gelangen. 
Bei  anderen,  welche  beim  Blinzeln  die  Lidspalte  nicht  so  weit  verengern, 
dass  durch  die  schiitzfiirmige  Einstellung  derselben  eine  stenopäische  Spalte 
gebildet  wird,  übt  die  Innervation  bestimmter  Muskelgmppen  des  so  komplizirt 
gebauten  Orbicularis,  wie  wir  später  sehen  werden,  einen  Druck  auf  den  Aug- 
apfel aus,  wodurch  ein  vorhandener  astigmatisclier  Bau  gemindert,  oder  selbst 
korrigirt  werden  kann.  Diese  Selbsthülfe  wird  ebenfalls  auf  emiiirischem  Wege 
erlangt.  Durch  häufige  Anwendung  werden  die  Bahnen  aber  dermassen  ein- 
geschliffen, dass  diese  Kontraktionen  später  fast  reflektorisch  erfolgen. 

Lfdreflexe  vom  Trigeminus, 

§  24.  Noch  häufiger  als  von  der  Retina  sehen  wir  von  der  Bulbusoberfiäche 
her  den  M.  orbicularis  refiektorisch  erregt  werden.  Schon  sehr  geringe  sen- 
sible Reize,  wie  sie  durch  die  Verdunstung  der  Flüssigkeit   von  der  Bulbus- 


30  Die  Lidreflexe. 

Oberfläche  und  durch  die  angeflogenen  Staubtheilchen  bedingt  werden,  lösen 
physiologisch  den  gewöhnlichen  Lidschlag  aus,  der  bei  vermehrten  Reizzuständen 
der  Conjunctiva  und  Cornea  noch  häufiger  und  intensiver  erfolgt.  Diesem 
zwischen  Trigeminus  und  Facialis  bestehenden  Reflexverhältniis  liegt  daneben 
auch  die  Feuchterhaltung  der  Hornhautoberfläche  ob.  Bei  jedem  Lidschlage 
werden  die  auf  derselben  haftenden  Staubtheilchen  weggekehrt,  und  wird  die 
Hornhaut  mit  einer  gleichmässigen  Schichte  von  Thränenflüssigkeit  von  dem 
gleichen  ßrechungsindex,  wie  sie  selbst,  überzogen,  und  dadurch  ein  Ausgleich 
derjenigen  Unebenheiten  bewirkt,  welche  temporär  durch  das  Abfallen  der 
Epithelzellen  entstanden  waren.  Die  Feuchtigkeiten,  mit  welchen  die  Epithel- 
schicht der  Cornea  fortwährend  in  Berührung  ist,  lassen  bei  normalem  Lid- 
schlage eine  Verhärtung  und  Trübung  wie  an  den  Epidermiszellen  nicht  zu 
Stande  kommen. 

In  schweren  fieberhaften  Krankheiten  ist  der  Lidschlag  überhaupt  w^en 
Damiederliegens  des  Sensoriums  vermindert,  und  bei  somnolenten  Kranken 
ganz  aufgehoben,  weil  Empfindungen  peripherer  Reize  nicht  mehr  zu  Stande 
kommen.  In  der  halbgeöfl'neten  Lidspalte  sammelt  sich  dann  auf  dem  unteren 
Hornhautsegment  zäher  Schleim  und  vertrocknetes  Epithel,  was  einem  Minder- 
erfahrenen als  Ulcus  corneae  oder  Keratitis  e  lagophthalmo  imponiren  möchte. 
Dies  ist  ein  Symptom  übelster  Vorbedeutung. 

Es  nimmt  nicht  Wunder,  dass  ein  so  ausgeschliflfenes  Reflexverhältnis 
bei  neuropathisch  angelegten  Individuen  selbst  auf  geringe  den  Opticus  oder 
Trigeminus  treff'ende  Reize  sehr  häufig  in  excessiver  Weise  durch  Krampf- 
zustände des  Orbicularis  antwortet. 

Was  die  Sensibilitätsverhältnisse  der  Hornhaut  und  Conjunctiva  anbe- 
langt, so  hatten  wir  in  §  4  bei  Besprechung  der  Lidnerven  das  Nähere  an- 
geführt. Es  darf  hier  noch  nachgetragen  werden,  dass  nach  Nagel  (77)  der 
Lidschlussreflex  bei  Berührung  der  Cornea  und  Conjunctiva  mit  einem  warmen 
Gegenstande  viel  weniger  stark  auftritt,  als  bei  Berührung  mit  einem  kalten. 
Eine  Berührung  an  Stellen  der  Cornea  und  Conjunctiva,  welche  zur  Empfind- 
ung unfähig  sind,  erzeugt  niemals  Lidschlussreflex.  Den  ßerührungsreflex  der 
Cornea  und  Conjunctiva  untersucht  man  am  besten  mit  einem  spitzen 
Pinsel  an  einem  langen  und  schmalen  Stiel,  wobei  man  verhüten  muss, 
das  Bild  desselben  im  Gesichtsfelde  auftauchen  zu  lassen,  um  jede  plötzliche 
Erregung  des  Opticus  auszuschliessen. 

Mob i US  (78)  hat  bei  zahlreichen  Gesunden  die  Reflexe  bei  Berührung 
der  Conjunctiva  geprüft.  Diese  sind  bei  Kindern  und  jugendlichen  Personen 
fast  immer  lebhaft:  rasches  Zukneifen  der  Augen,  bezw.  Fluchtbewegungen 
des  Kopfes.  Mit  zunehmendem  Alter  nehmen  dieselben  allmählich  ab.  Im 
Gegensatz  zu  W.  A.  Nagel  (77)  hat  er  nie  bei  Gesunden  eine  umschriebene 
rnempflndlichkeit  beobachtet.  Immer  erhielten  sich  beide  Augen  gleich;  die 
reflektorische  Bewegung  wurde  um  so  lebhafter,  je  näher  der  Cornea  die 
Berührung  stattfand.  Dagegen  konnte  M  ü  b  i  u  s  bei  einem  Falle  von  Ophthal- 
nioplegia  externa  eine  regionäre  Anästhesie  der  Hornhaut  mit  Ausbleiben  der 


ReHexe  beobachten.  Beriilirte  man  mit  einem  stumpfen  Gegenstande  die 
t'oTijiinctiva  oder  gar  die  Cornea  links,  so  erfolgte  lebhaftes  Zukneifen  des 
Auges  bezw.  Weiz/Jehen  des  Kopfes.  Am  recliten  Auj^^e  bewirkte  Beriilinmg 
der  medialen  Hälfte  der  Curnea ,  der  medialen  Conjunt-tiva  bulbi  und  der 
Conjunctiva  des  unteren  Lides  keinen  Retlew  Wir  beben  hierbei  noch  einmal 
hervor,  dass  nacli  den  rntersuchungen  von  Nagel  (TT)  sowohl  die  Temperatur- 
wie  die  Berührungsreize  an  manclien  Stellen  deutlich,  an  anderen  unsicher. 
an  anderen  gar  nicht  wahrgenommen  werden,  und  dass  die  HäuHgkeit  der 
anästhetischen  Punkte,  namentlich  der  Cornea  bei  den  einzelnen  Individuen 
wecLsele.  Zut^itände  der  Entzündung  verändern  die  Sensibilität  der  Hornliaut 
überhaupt. 

Die  Herabsetzung  der  Empfindlichkeit  der  Conjunctiva,  hauptsächlich 
des  linken  Auges,  soll  hei  HysteriJ^chen  so  konstant  sein,  dass  sie  nacli  Bri- 
quet  als  ein  charakteristisches  Zeichen  der  Hysterie  betrachtet  werden  könne. 
Dabei  ist  aber  nach  Gilles  de  la  Tou rette  (T9)  die  Hornhaut  selten  auf 
ihrer  gan^^en  Fläche  unemptindlich.  Nach  diesen  Autoren  wäre  auch  in  den 
Fällen,  bei  welchen  die  Anästhesie  der  Hornhaut  und  Conjunctiva  eine  voll- 
ständige  gewesen  sei,  der  oculo-palpebrale  Retlex  auch  nicht  mehr  zu  erzeugen 
gewesen,  während  aber  bei  Berührung  mit  einem  Stück  Papier  die  Thränen- 
sekretion  ebenso  reichlich,  als  bei  vorhaiulener  Sensibilität  sicli  erwiesen  hätte. 

Die  als  StelUvag'sches  Zeichen  bekannte  Seltenheit  und  UnvoUkommen- 
heit  des  unwillkürlichen  Lidschlags  bei  der  Basedo waschen  Krankheit,  mag 
zum  Theil  auf  Verminderung  der  Homhauteuipfindlichkeit  beruhen,  da  ja 
bei  Nervösen  derartige  HypÜstbesien  relativ  häutig  sind,  und  ein  hochgradig 
nervöser  Zustand  fast  regelmässig  bei  Basedow*  sehen  Patienten  gefunden  wird. 
Da  aber,  wie  S t  e  1 1  wa  g  selbst  gefunden  hat,  das  Seltenerwerden  des  unwillkür- 
liehen  Lid^schlags  der  Anästhesie  der  Hornhaut  oft  vorausgeht,  und  eines  der 
frühesten  Symptome  des  Morb.  Basedow*ii  ist,  kann  das  St  eil wag'sche  Zeichen 
nicht  von  der  Hornbautanästhesie  allein  bedingt  werden.  Sattler  (80)  will  es 
auf  eine  Liision  derjenigen  Reflexcent ren  zurückgeführt  wissen,  von  welchen 
aus  die  von  der  Netzhaut  und  den  Eniptindungsnerven  der  Bindehaut  und 
Hornhaut  zu  den  motorischen  Apparaten  der  Lider  ausstrahlenden  Reflexe 
beherrscht  werden, 

G,  Sa  vage  (92)  berichtet  von  einer  25  jährigen  nicht  belasteten  Schnei- 
derin, dass  dieselbe  eine  wunderbare  Fähigkeit  hatte,  ihre  Augen  ofl'en  zu 
halten,  ohne  zuzwinkern.  Sa  vage  konnte  die  I*apille  über  eine  halbe  Stunde 
mit  dem  Augenspiegel  beoliachten,  ohne  dass  Patientin  blinzelte.  Dieselbe 
litt  an  schweren  hysteroepileptischen  Anlallen.  Während  derselben  waren  die 
Pupillen  eng,  und  die  Bindehäute  weniger  empfindlich  als  für  gewöhnlich, 

§  25,  Man  sollte  meinen,  dass  bei  den  gewühnlichen  peripheren  Facialis- 
läbraungen  der  retlektoriscbe  Lidschlag  auf  Seiten  der  Lähmung  ganz  in  Ausfall 
komme.  Diese  theoretische  Forderung  stimmt  aber  nicht  mit  der  praktischen 
Erfahrung  überein:  denn  nach  unseren  Beobachtungen  findet  istetn  mit  dem 
ausgiebigen  Lidschlag  des  gesunden  Auges  gleichzeitig  ein  luehr  oder  niinder 


32  Die  Lidreflexe. 

deutliches  Zucken  des  Oberlides  der  gelähmten  Seite  statt.  Diese  Zuckung 
könnte  man  durch  das  event.  Vorhandensein  noch  leitungsfähiger  Fasern 
auf  der  erkrankten  Seite  erklären;  andererseits  darf  man  aber  nicht  ver- 
gessen, dass  nach  der  Ansicht  vieler  Autoren  jeder  Orbicalaris  mit  beiden 
Gehirnhälften  in  Verbindung  steht  und  somit  besser  innervirt  ist,  als  das 
übrige  vom  Facialis  innervirte  Muskelgebiet.  Da  wir  jedoch  in  einem 
Falle  von  operativer,  kompleter,  nicht  wieder  verheilter  Trennung  des  peri- 
pheren Facialis,  auf  der  aktiv  und  auf  elektrische  Reizung  völlig  unbeweg- 
lichen Seite,  jene  zuckende  Bewegung  der  Oberlids  synchron  mit  dem  Lid- 
schlag der  normalen  Seite  erfolgen  sahen,  so  muss  hierfür  noch  eine  andere  Erklär- 
ung gesucht  werden.  Wahrscheinlich  erfolgt  gleichzeitig  mit  der  Kontraktion 
des  Orbicularis  eine  Erschlaffung  des  antagonistisch  wirkenden  Levator.  Da 
dieselbe  gewohntermassen  doppelseitig  auftritt  und  von  sehr  kurzer  Dauer 
ist,  so  beginnt  im  Moment  der  Orbiculariskontraktion  der  gesunden  Seite 
das  Oberlid  auf  der  gelähmten  Seite  etwas  zu  sinken,  wird  aber  durch  den 
alsbald  wiederum  wirkenden  Tonus  des  Lidhebers  auch  gleich  wieder  gehoben. 
Dieser  ganze  Vorgang  tritt  als  leichte  Zuckung  in  die  Erscheinung. 

Bei  Affektionen  des  Trigeminus  fehlt  der  Erregungszuiiuss  von  diesem 
Nerven,  und  erscheint  die  Zahl  der  in  der  Zeiteinheit  erfolgenden  Lidschläge 
vermindert.  Der  willkürliche  und  der  vom  Opticus  aus  reflektorisch  erfolgende 
Lidschlag  ist  erhalten.  Da  der  gewöhnliche  Lidschlag  meist  zufolge  leichter 
Reize  aus  dem  Trigeminusgebiet  erfolgt,  so  erscheint  nach  Lähmungen  des 
Opticus  die  Zahl  der  Lidschläge  kaum  vermindert,  wohl  aber  macht  sich,  wie 
wir  dies  vorher  erwähnten,  durch  Klaffen  der  Lidspalte  eine  Verminderung 
des  Orbicularistonus  bemerklich. 

§  26.  Bezüglich  der  Mechanik  des  Lidschlages  und  der  Darstellung  der  ver- 
schiedenen Formen  desselben,  müssen  wir  den  anatomischen  Verhältnissen 
des  Muse,  orbicularis  etwas  näher  treten.  Wie  schon  früher  erwähnt, 
zerfällt  der  so  komplicirt  gebaute  Muse,  orbicularis  in  eine  orbitale  und 
eine  palpebrale  Portion. 

Der  reflektorische  Lidschlag  und  das  Kneifen  des  Auges  vollziehen  sich  für 
gewöhnlich  nur  in  der  Palpebralportion  dieses  Muskels,  und  tritt  die  Orbital- 
portion meist  nur  dann  in  Thätigkeit,  wenn  die  reflektorischen  Reize  starker 
sind,  oder  wenn  es  darauf  ankommt  durch  Herbeiziehung  der  Haut  von  allen 
Seiten  nach  der  Lidspalte  einen  möglichst  festen  Schluss  des  Auges  zu  ermög- 
lichen. Indem  sich  bei  diesem  Vorgange  die  Haut  der  Lider  in  zahlreiche 
Falten  legt,  wird  die  Bedeckung  des  Auges  in  zweckmässiger  Weise  ver- 
dickt, und  damit  der  Schutz  desselben  vermehrt.  Auch  gerathen  Theile  der 
orbitalen  Partie  sehr  häufig  bei  den  psychischen  Reflexen  im  Verein  mit 
dem  M.  malaris,  dem  M.  corrugator  supercilii  und  den  übrigen  Gesichts- 
muskeln in  Kontraktion. 

Wir  unterscheiden  demnach  den  gewöhnlichen  Lid  seh  lag  (reflektorisch 
meist  durch  Erregungen  vom  Trigeminus  aus  bedingt),  das  Kneifen  bei 
Blendung,  resp.  zur  Herstellung  einer  stenopäischen  Spalte  oder  Verbesserung 


Die  Mecbauik  des  Lid  schlag«. 


33 


von  Refraktionsfelilern,  und  den  festen  Sctluss  der  Augen  bei  drohenden 
Gefahren  und  bei  Aftekten. 

Wiewohl  beim  Lidschluss  eine  Verkürzung  der  Lidspalte  in  der  Richtung 
vom  äusseren  zum  inneren  Lidwinkel  hin  stattfindet,  so  wird  doch  diireh  das 
Vorhandensein  des  äusseren  und  inneren  Lidbandes  verhindert,  dass  der  Muse. 
orbiciilaris  die  Lidspalte  auf  eine  runde  Oeffnung  zusammenschnüre,  worauf 
ja  die  Wirkung  eines  jeden  Kreismuskels  zunächst  abzielt. 

Den  Mechanismus  des  Lidschlages  studiren  wir  am  besten  bei  hoch- 
gehobener Augenbraue  unter  starker  Kontraktion  des  Frontalis,  Hat  unser© 
Lidhaut  von  Hause  aus  die  normale  Lange,  dann  gelingt  uns  trotz  dieser 
Frontaliskontraktion  doch  ein  vollständiger  Lidschluss,  Dabei  geht  der  Schluss 
des  medianen  Theils  der  Lidspalte  sehr 
viel  leichter  von  Statten,  als  der  der 
übrigen.  Die  dabei  fest  geschlossene  und 
starker  verkürzte  Lidsjialte  bildet  eine 
leicht  S-iormig  gekrümmte  Linie.  Alte 
neu  entstehenden  Falten  und  Furchen 
konvergiren  nach  dem  irmeren  Lidw^inkeL 
Dabei  ist  der  äus,sere  Augenwinkel  gesenkt, 
der  untere  Lidrand  ist  im  medianen 
Theile  gehoben*).  Die  Lidspalte  ist  im 
ganzen  stark  verkürzt.  Die  Plica  semilunaris 
die  Thränenkarunkel  und  der  Thränensee 
sind  verschmmden.  Der  den  Thränensee 
kontonrirende  Theil  der  Lidränder  ist  stark 
verkürzt,  oberes  und  unteres  Lid  berühren 
eich  hier.  Die  Infraorbitalfurche  ist  im 
lateralen  Theile  dem  unteren  Lidrande 
genähert.  Um  den  inneren  Augenwinkel 
hat  sich,  unten  stärker  als  oben,  ein 
System  von  Falten  gebildet,  w^elche  gegen 
den  unverriickten  Augenwinkel  hin  konvergiren.  Die  übrigen,  bei  offenem 
Auge  vorhandenen  Falten  und  Furchen  sind  nur  insofern  modifizirt,  als  es 
sich  durch  die  Anspannung  des  Stimmuskels  erklärt.  Die  Cilien  beider  Lider 
werden  nach  dem  inneren  Augenwinkel  hin  verschoben.  Der  innere  Lidwinkel 
bleibt  unverrückt.  Diese  Art  des  Lidschlusses  ist  wesentlich  diejenige,  welche 
hei  dem  gewöhnlichen  unwillkürlichen  Lidschlag  eintritt. 

Nach  Gad  (81),  w^elcher  an  der  palpebralen  Portion  des  Orbicularis 
eine  epitarsale  und  eine  per i t  arsale  Partie  (Figur  10b  tmd  IIb)  unter- 
scheidet,  stellen  sich  die  hier  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse  folgender- 
massen  dar. 


Fig.  10 u  nach  Gad. 

Link  es  Ao^e :  VorJemTiaiciit.  aficric^epi- 

tarealo  Pjirtic  der  Palp^bralportiüii  d<^  m. 

Orliiculflri».  fg^^  peritareale  Partie 


1)  Sebr  deutlich  treten  diese  Verhältnisse  an  Figur  16  zu  Tage,  wo  ea  sich  um  eiDo 
doppelfteitige,  in  der  Besserung  begriffen«  Facialisparese  handelt. 


34 


Dad  anatomische  Verhalten  des  Muse,  orbicularis  palpebrar. 


Die  auf  breiter  Fläche  (a  Fig.  10a)  über  dem  Thränensack  und  an  der 
Crista  lacrymalis  aufsitzenden  und  einen  verhältnismässig  starken  Bauch  dar- 
stellenden Bündel  des  epitarsalen  Theils  konvergiren  nach  dem  inneren  Lid- 
winkel, wo  sie  sich  in  je  eine  Portion  für  das  obere  und  untere  Lid  sondern. 
Die  am  Augenwinkel  zunächst  entspringenden  Fasern  enden  in  der  Haut  des 
den  Thränensee  ))egrenzenden  Theils  der  Lidränder.  Die  übrigen  Fasern 
stellen  zwei  Muskelbäuche  dar,  welche  am  inneren  Augenwinkel  sehr  niedrig, 
dafür  aber  um  so  dicker  sind,  und  welche,  nachdem  sie  gewissermassen  hier 
eine  Enge  passirt  haben,  breit,  dafür  aber  um  so  dünner  die  Lidknorpel 
überziehen.  Die  Enge  wird  dadurch  gebildet,  dass  die  am  weitesten  von  der 
Lidspalte  entfernt  verlautenden  Fasern  (r  u.  e  Fig.  10a  u.  11  o)  oben  in  grösserer 
Zahl  als  unten,  ihren  Ursprung  an  den  beiden  lateralen  Schenkeln  des  inneren 
Lidbandes  nehmen.  Wegen  der  geringen  Höhe  des  unteren  Tarsus  bleibt 
aber  die  untere  Portion  geschlossener,  als  die  obere,  welche  sich  nicht 
nur  über  den  höheren  Tarsus,  sondern  lateral  auch  noch  etwas  darüber  hinaus 

ausbreitet,  sodass  sie  den  äusseren  Augenwinkel 
in  weit  geringerer  Stärke  erreicht,  als  die  untere 
Portion.  Hieraus  erklärt  sichdie  Senkung 
des  äusseren  Augenwinkels  beim  Lidschluss. 
Der  gewöhnliche  Lidschlag  geschieht  nun  nach 
den  Untersuchungen  Gad's  (81)  ausschliesslich 
durch  den  epitarsalen  Theil  des  Lidring- 
muskels. 

Eine  von  dieser  Art  des  Lidschlags  gründ- 
lich verschiedene  ist  diejenige,  welche  ausgeführt 
wird,  wenn  man  zu  starkes  Licht  abblenden 
will,  oder  wie  man  sie  die  meisten  Menschen 
ausführen  sieht,  wenn  man  ihnen  sagt,  sie  sollen  das  Auge  nicht  ganz  zukneifen. 
Hier  zeigen  alle  Falten  unterhalb  des  Auges  eine  Krümmung,  deren  Konvexität 
nach  dem  inneren  Winkel  gerichtet  ist,  während  bei  der  vorhin  erwähnten  Form 
die  Enden  aller  gebildeten  Falten  nach  dem  inneren  Augenwinkel  konvergiren. 
Ferner,  während  dort  das  obere  Lid  und  der  laterale  Theil  des  unteren  stark 
gesenkt  waren,  ist  hier  das  untere  Lid  gehoben,  das  obere  kaum  gesenkt.  Die 
Cilien  jedes  Lides  werden  bei  letzterer  Bewegung  nach  innen  gezogen,  die 
den  Thränensee  begrenzenden  Theile  der  Lidränder  behalten  ihre  Länge,  die 
Thränenkarunkel  wird  nicht  nach  innen  verschoben,  der  Thränensee  wird 
nicht  früher  geschlossen,  als  die  übrige  Lidspalte.  Der  Orbitaltheil  des  oberen 
Lides  wölbt  sich  stärker,  als  bei  dem  offenen  Auge  über  den  oberen  Lidrand 
herab,  und  diese  Wölbung  erstreckt  sich  über  den  lateralen  Augenwinkel 
hinaus.  Die  Haut  auf  dem  unteren  Lid  ist  ebenfalls  nicht  straff  gespannt, 
sondern  etwas  vorgewulstet.  Sehr  charakteristisch  für  diese  Art  des  Lid- 
schlusses ist  es,  dass  die  sich  mehr  und  mehr  nähernden  Lidränder 
von    oben    und    unten    nahezu   gleiche   Stücke    der    Pupille   ver- 


Fig.  10  b. 

Epitarsale Partie:  nicht  schraffirt ;  peri- 

tarsale  Partie:  schraffirt. 


Die  Mechanik  des  Lidsckloäses.  35 

decken,   während    bei    der   anderen  Art    die  Papille  sehr  bald 
hinter  dem  oberen  Augenlid  rerschwindet. 

Diese  Form  des  Lidsehlusses  wird  durch  den  peritarsalen  Theil  der 
palpebrakn  Lidportion  des  Orbicolaris  bewirkt.  Der  mediale  Vorsprung  des 
peritarsalen  Theils  des  Lidringmuskels  ist  oben  und  unten  verschieden.  Von 
dem  inneren  Lidbande  im  engeren  Sinne  entspringt  nur  ein  allerdings  starkes 
Muskelbändel  der  unteren  Portion  und  zwar  ron  dem  lateralen  Drittheil  der 
unteren  Torderen  Kante.  Dieses  Bändel  /  (Fig.  10a  u.  IIa)  verstärkt  am 
unteren  Lid  die  Fuge  für  den  Durchtritt  der  epitarsalen  Fasern  in  die 
Tiefe.  Die  ulvigen  peritarsalen  Fasern  (/^  Fig.  IIa)  des  unteren  Lides 
entspringen  aus  dem  einspringenden  Winkel  zwischen  innerem  Lid  band  und  vor- 
derem Abschnitt  der  Thränensack wand.  Die  peritarsalen  Fasern  des  Ober- 
lids g  (Fig.  IQa  u.  IIa)  entspringen  aus  dem  entsprechenden  Winkel  aber  dem 


Fig.  IIa  naeli  Gad. 

Linkes  Auge:   Hintenmsidit.     fg  =   peritareale 

Partie   der  Palpebralpoitioo  des  M.  orfoicnlaris. 

e  e  =  epitanale  Partie. 


Flg.  IIb. 

Epitarsale  Partie:  nicht  tchrtiffirt. 
Partie:  »»hraftiru 


Peritarsale 


Lidband  und  zwar  so,  dass  zwischen  ihnen  und  den  vom  freien  oberen  Lid- 
bandschenkel entspringenden  Fasern  eine  Lücke  bleibt.  Ein  Theil  der  Fasern 
dieses  Muskels  entspringt  auch  von  der  Kuppe  des  Thränensacks. 

Nach  Henle  (85)  hat  die  Palpebralportion  des  Orbicularis  im  erschlafften 
Zustande  einen  in  doppeltem  Sinne  bogenförmigen  Verlauf;  die  Fasern  des 
oberen  Augenlids  sind  durch  die  Wirkung  des  Levator  palpebrae  aufwärts 
konvex,  die  Fasern  des  unteren  Augenlides  durch  ihre  eigene  Schwere,  wenn 
auch  in  sehr  geringem  Grade,  abwärts  konvex,  und  beide  durch  die  Spann- 
ung, die  ihnen  der  Augapfel  ertheilt,  vorwärts  konvex.  Der  Effekt  ihrer 
Zusammenziehung  ist  also  zunächst  Senken  des  oberen,  geringes  Aufsteigen 
des  unteren  Augenb'des  und  Druck  auf  die  Oberfläche  des  Augapfels. 

Die  Portio  orbitalis  des  Lidkreismuskels  liegt  peripher  von  der  Palpebral- 
portion, aber  unmittelbar  sich  an  dieselbe  anschliessend  auf  dem  Augenhöhlen- 
rande und  dessen  Umgebung  auf.     Die  Orbitalportion  zieht  die  Haut  aus  der 

3* 


36  Das  anatomische  Verhalten  des  Muse,  orbicularis  palpebrar. 

Umgebung  der  Lider  zusammen  ^nd  gestattet  damit  unter  Gesammtwirkung 
des  Orbicularis  den  festen  Schluss  der  Lidspalte.  Nach  Merkel  (86)  ver- 
kürzt sich  die  Orbitalportion  des  Orbicularis  für  sich  ganz  allein,  wie  es 
scheint,  niemals. 

lieber  die  Ausdrucksbewegungen  und  die  dabei  hauptsächlich  in  Be- 
wegung tretenden  Fasergruppen  des  Orbicularis  hat  Merkel  1.  c.  eingehende 
Beobachtungen  angestellt.  Dieselben  hier  anzuführen,  würde  zu  weitgehend 
sein.  Diejenige  Partie  des  Muskels,  welche  an  der  medialen  und  oberen  Seite 
der  Gesichtsöflfnung  der  Augenhöhle  liegt,  wird  Muse,  corrugator  supercilii 
genannt.  Sie  kontrahirt  sich  meist  mit  dem  medialen  Theile  des  frontalis, 
führt  die  Augenbrauen  gegen  einander  und  vertieft  die  Stimnasenfalte. 

§  27.  Wenn  auch  nicht  zu  den  Lidreflexen  gehörend,  so  sind  doch  der  Voll- 
ständigkeit halber  noch  folgende  Reflexe  anzuführen,  welche  von  der  Ober- 
fläche der  Cornea  und  Conjunctiva  z.  B.  bei  Ausspritzen  des  Bindehautsackes, 
Einträufelungen  in  denselben  etc.  ausgelöst  werden. 

Feilchen feld  (82)  zählt,  abgesehen  von  dem  Schlüsse  der  Lidspalte 
folgende  auf: 

L  Eine  ungefähr  fünf  Sekunden  währende  Unterbrechung  der  Athmung 
nach  vorhergehender  einmaliger,  tiefer  Inspiration,  oder  wiederholte,  schnell 
aufeinander  folgende  saccadirte  Athmung. 

2.  Auslösung  einer  Schluck bewegung. 

3.  Ein  Niesen. 

4.  Ein  Schmeckreflex. 

Bei  Zustandekommen  dieser  Ileflexe  kommt  als  centripetale  Bahn  der 
sensible  Theil  des  Trigeminus  in  Betracht,  die  centrifugale  bilden  die  moto- 
rischen Nerven,  welche  zu  den  betreffenden  Organen  führen. 

Diese  Reflexe  treten  besonders  bei  Kindern  auf  und  bei  solchen  Erwachsenen, 
welche  den  Ausdruck  ihrer  Affekte  nicht  oder  nur  wenig  zu  beherrschen  gelernt 
haben.  Man  findet  sie  demgemäss  bei  Frauen  häufiger  als  bei  Männern,  bei 
Landleuten  öfters  als  bei  Städtern,  bei  Ungebildeten  zahlreicher  als  bei  Per- 
sonen, welche  durch  ihre  Bildung  oder  sociale  Stellung  sich  eine  gewisse 
Selbstbeherrschung  haben  angewöhnen  müssen.  Ausserdem  findet  man,  dass 
bei  öfter  wiederholter  Ausspülung  des  Conjunctivalsackes  bei  Erwachsenen  die 
zuerst  beobachteten  Reflexerscheinungen  seltener  und  bald  ganz  nnterdrückt 
werden,  während  das  bei  Kindern  auch,  aber  weniger  häufig  der  Fall  ist. 
Zu  trennen  von  den  specitischen  Reflexen  sind  diejenigen  Bewegungen, 
welche  sich  als  Ausdruck  der  unangenehmen  Empfindung  darstellen,  die 
das  Ausspülen  verursacht.  Es  gehören  dazu,  Abwehrbewegungen  mit  den 
Händen.  Zurückzucken  mit  dem  Kopfe  und  Ausweichen  der  Bulbi  nach  oben. 

Christiani  fand  auf  Reiz  der  Augenhöhlenzweige  des  Trigeminus, 
Atlimungsstillstand,  der  aber  im  Gegensatz  zur  Mehrzahl  der  Beobachtungen 
Feilchenfelds  in  der  Exspiration  eintrat. 

P.  Guttmann  (83)  erwähnte  bei  Besprechungeines  Falles  von  Atropin- 
vergiftung   bei   einem  4jährigen  Kinde,    dass   durch  Berührung   der  Cornea 


)ie  Mitbewegungen  zwischen  dem  Levator  palpebr.  und  den  Helern  und  Senkern  etc. 37 

nicht  Lidschluss,  sondern  Athmungsstillstand  für  5  bis  9  Sekunden  ausgelöst 
wurde. 

Dem  gegenüber  beobachtete  xMurri  (84)',  dass  die  Respirationspausen 
bei  dem  Cheyne*Stokes*schen  Phänomen  durch  Oeffnen  der  Augenlider 
willkürlich  abgekürzt  werden  konnten. 


Kapitel  IV. 


Die  Mitbewegungen  zwischen  den  Lidern  und  dem 

Bulbus- 


a)    Mitbewegung  zwischen   dem   Levator   imlpebrae   und  den  Hebern    und 

Senkern  des  Bulbus« 

§  28.  Nachdem  der  Nervus  oeulomotorius  den  Sinus  caveniosus  durchsetzt 
hat,  tritt  er  in  zwei  Aeste  getheilt  durch  die  P'is^ura  supraorbitalis  in  die 
Augenliöhle.  Der  kleinere  obere  Ast  versorgt  nun  gemeinsam  den  Muse, 
levator  palpebrae  und  den  Muse,  rectus  superior. 

Der  Muse,  levator  palpebrae  (Figur  8,  6}  ist  der  eigentliche  Heber  des 
Oberlides.  Er  entspringet  in  der  Periorbita  über  dem  Foramen  opticum,  liegt 
in  seinem  Verlaufe  nacli  vorn  dem  Muse,  rectus  super,  auf  und  geht  in  eine 
fibröse,  fächerfünnige  Platte  über,  welche  mit  ihren  vorderen,  rein  binde- 
gewebigen Fasergruppeu  (Figur  8,  6a)  vor  der  vorderen  Fläche  des  Taraus 
berabläuft  und  sich  zur  Haut  des  Lides  begiebt.  Mit  einer  zweiten,  voi*zugs- 
weise  aus  glatten  Muskelfasern  bestehenden  Schicht  (Figur  8,  66),  dem  Muse, 
palpebralis  superior,  heftet  er  sich  an  den  oberen  Rand  des  Tarsus  an.  Durch 
den  Tonus  des  Muse,  levator  palpebr,  mid  den  Tonus  des  Muse,  palpebralis 
sup.  wird  im  wachen  Zustande  das  Oberlid  in  die  Hohe  gehalten.  Gleich- 
zeitig mit  dem  Heben  desselben  wird .  die  Lidhaut  durch  die  Insertion  der 
fibrösen  Platte  {t5a}  entsprechend  dem  oberen  Tarsusrande  tief  in  die  Orbita 
zurückgezogen  und  bildet  den  Sulcus  orbito-palpebralis  (Fig.  1 6),  Dabei  faltet 
sich  die  lockere,  zwischen  ihm  und  dem  Orbitalrand  befindliche  Hautpartie^ 
sodass  ein  Wulst  entsteht,  welcher  oft  den  Tarsaltheil  des  Oberlides  bedeck t^ 
selbst  bis  zu  den  Wimpern  reichen  und  durch  seine  Schwere  den  Bewegungen 
des  Auges  nach  oben  hinderlich  werden  kaim.  Erheben  wir  unbefangen  unsere 
Blick  ebene  aus  der  Geneigten  in  die  Horizontale  oder  darüber  hinaus^  oder 
senken  wir  dieselbe,  so  eifolgt  stets  eine  Mitbewegung  des  Oberlides,  welche 
die  Bewegungen  des  Bulbus  um  seine  horizontale  Achse  begleitet.     Diese  Be- 


38 


Die  Miibewegun^üu  zwi^cben  den  Lidern  und  dem  Bulbutk 


we^ing  geschieht  unter  normaleti  YtTliältnissen  stets  gleiclxmässig  auf  Heiden 
Augen  nnd  in  gleicher  Stärke.  Sie  ist  in  liobeui  (irade  zweckmässig,  insofern 
durch  die  Hebung  der  Lider  beiui  Klick  nach  oben  das  Gesichtsfeld  frei  ge^ 
hulten  wird,  während  bei  der  Senkung  der  lUickebene  das  Lid  herabsinkt 
um  die  sonst  zu  wt*it  klätlendf  Lidspalte  vor  dem  Reize  der  Austrockniing 
zu  bewahren» 

Dirse  gemeinsarne  Aktion  des  Levator  palpebrae  einerseits  und  deij 
Rectus  super,  und  obliipius  infer*  anderseits  erreicht  in  einer  gewissen  Hijhe 
ihre  Grenze.  Wolleii  wir  jetzt  die  Itlickebene  noch  mehr  het»en.  dann  müssen 
wir  die  Augen  „aulreisscn".  Es  macht  dann  der  Levator  nocli  eine  h'tzt^i 
Anstrengung,  wobei  (b^r  Muse,  frontalis  sich  ebenfalls  kontrahirt.  um  durcl 
Hinaufziehen  der  AuüenbiMue   die  Haut    des  Oberlides  zu  lieben   nnd  dadurc 


Fig.  12. 


Fig.  13. 


H.  M,    liiilvs:  Lsihiming  drs  Fiiciiüie  und  Tricciuinus.    Kemtiti»  ueuroparaiytü'a.    Ophthnlmoplfgi* 
tf>tiiri8-      rnUrtiiio  bulbi.      Waiirseheinlieh  Tumür  ao  tJer  Fissiiru  stipniorbiüilis. 


die  Arbeit  des  Levator  zu  erleichtem.  Das  untere  Lid  wird  dabei  mechanisi 
etwas  mitgehoben  [Lang  utid  F  i  t  z  g  e  r  a  I  d  (87)  |.  Das  Aufreissen  der  Aug< 
ohne  gleichzeitige  Innervation  der  Mni>  frontales  gelingt  uns  nur  schwer,  und 
wir  müssen  diese  isolirte  Bewegung  des  Oberlides  erst  besonders  einübeiu 
Dass  dabei  die  forcirte  Anstrengung  des  Levator  noch  durch  die  glatten 
l*alpebraltnuskeln  unterstützt  wird,  scheint  folgende  Beobachtung  zu  beweisen. 
Bei  einem  Manne  mit  einer  linksseitigen  totalen  Ophthalmoplegie,  zugleich 
mit  linksseitiger  Lähmung  des  Facialis  und  Trigeniinus  und  leichter  Brotnisio 
bulbi  gehing  bei  äusserster  Willensanstrengung  nur  eine  ganz  minimale  Hebung 
des  linken  Oberlides  (siehe  Figur  12).  Sobald  aber  das  gesunde  rechte  Auge 
ad  raaximnni  gehoben  wurde,  hob  sich  auch  das  Überlid  des  linken  Auges 
etwa  bis  zur  Mitte  der  Cornea  {siehe  Figur  13).     Da  der  Oculomotorius  voll 


I 


iig  gelähmt  war,  der  linke 
alis  das  Oberlid  nicht  in  die 
palte    wohl  lediglich   nur  auf 

Erregung  der  glatten  Pal- 
ftlniuskel  zurtick  zu  führen.  Nur 
g  wurde  dabei  das  nasale  Ende 
linken  Augenbraue  durch  den 

von  der  rechten  iStirnhaut 
oben  gezogen.  Dieses  physio- 
che  Verbal  in  iss  des  Levator 
len  Hebera  des  Bulbus  wird 
anatomisch  unterstützt  durch 
1  dem  M.  levator  und  M,  rectus 
riorgemeinsamen  Kascienzipfel 
IT  8,  6e),  welcher  in  der  aberen 
chlagsfaltt:'  der  Ctmjunctiva 
anheftet.      Ausserdem   sollen 

nach  Mrrkel  (8Ü)  die  Pal- 
altheile  des  Muse,  orbiciilaris 
Heben  und  Senken  der  Blick- 
B  mit  bet  heil  igt  sein,  indem 
die  Palpebralportion  des  Ober- 

kontrahirt,  wenn  man  zu 
m  sieht,    die    des  Unterlides 

beim  Emporsehen» 

Anch  beziiglich  kongenital ei' 
piungsbil  düngen  treten  die 
n  Beziehungen  des  Levator 
m  Bulhushebern  hervor,  denn 
der  angeborenen  Ptosis 
Bhr  häutig  die  Unmöglichkeit 
aüpft,  nach  autwärts  blicken 
önnen.  Bei  einer  gewissen 
,ld  einschlägiger  Fälle  ist  dies 
alten  allerdings  nur  ein  schein- 
K  weil  die  bet  reft  enden 
rnten  ivegen  der  Ptosis  nie 
B  Lage  gekommen  w^aren,  den 
HS  zu  heben.    Hier  sieht  luan 

bei  energischer  Aufforderung 

nach  mechanisch  erfolgter 
mg  der  Augenlider  Bewegungen 
Augapfels  nach  oben  eintreten, 
8lt  werden  könnten.     In  Figur 


Fisr.  14. 

A.  C    D<>p|idst'itige.  itikoiiipltHe,  koiigt-nitwlii  rtüsis 

mit   ErimlLuiii?  il^r  Bewe§;Uebki*it  dva  Biilbiii*    nach 

nheo.    Bliuk  gerade  mi». 


Fig.    15. 

A,  V.    I>>ppelseitigi\   inkomi>lete,  kongenitiiJe  Pili}*!? 

mit  ErbaliuDg  ihr  BcwegUrlikt'it   de»  BuUuis  rnicli 

oben.     Biirk  nac^h  ob«-ii, 

welche  durch  Uebung  noch  leicht  w^eit^r  ent- 
14  und  15  ist  ein  derartiger  Fall  abgebildet. 


I 


40  Die  Mitbewegungen  zwischen  den  Lidern  und  dem  Bulbus. 

Diese  gemeinschaftliche  Aktion  des  Levator  palpebrae  und  Rectns  snperior 
wird  vielleicht  von  einem  bestimmten  Koordinationscentrum  aus  geleitet.  Gleich- 
zeitige Lähmung  dieser  Muskeln  bei  Unversehrtheit  aller  übrigen  könnte  daher 
als  associirte  Lähmung  aufgefasst  werden,  und  ist  auch  klinisch  folgender 
Fall  von  Kahler  und  Pick  (88)  beobachtet  worden.  Bei  linksseitiger  Hemi- 
plegie bestand  rechtsseitige  Lähmung  des  Levator,  des  Rectns  snperior  und 
Obliquus  inferior.  Die  Autopsie  ergab  eine  Schwellung  und  Erweichung  des 
rechten  Grosshimschenkels ,  besonders  des  Fusses;  von  den  Ociilomotoriüs- 
wurzeln  waren  auf  der  gleichen  Seite  zum  grösseren  Theile  nur  die  hinteren 
Wurzelbündel  betroffen. 

Da  der  Levator  aber  nicht  bloss  den  Hebern  des  Bulbus  derselben  Seite, 
sondern  auch  dem  Levator  der  anderen  Seite  associirt  ist,  denn  beide  Augen 
werden  gleichzeitig  aufgeschlagen,  so  kann  daher  auch  eine  isolirte  Lähmung 
beider  Lidheber  auftreten,  wie  in  Dujardins  Falle  (89),  wo  bei  einem 
22jährigen  männlichen  Individuum  ohne  nachweisbaren  Grund  eine  Ptosis 
isolee  bilaterale  aufgetreten  war.  Umgekehrt  sind  Fälle  beobachtet  worden,  wo 
bei  erhaltener  Beweglichkeit  der  Augenlider  die  Heber  beider  Bulbi  gelähmt 
waren.     So  erzählt  Nieden  (90)  folgenden  Fall: 

Ein  Bergmann,  welcher  vor  einem  Jahre  einen  einmaligen  epileptischen 
Anfall  gehabt  hatte,  erlitt  plötzlich  beim  Bücken  Verdunkelung  beider  Augen. 
Die  Sehschärfe  betrug  beiderseits  kaum  V20,  das  Gesichtsfeld  war  sehr  stark 
eingeschränkt,  die  ophthalmoskopische  Untersuchung  ergab  nichts  Abnormes. 
Der  Blick  konnte  auf  beiden  Augen  nicht  über  die  Horizontale  erhoben 
werden.  Wurde  behufs  Fixation  eines  über  der  Horizontalen  gehaltenen  Objekts 
der  Kopf  gehoben,  so  folgten  die  Augen  nicht  in  der  Richtung  nach  oben 
nach.  Wurde  das  zu  fixirende  Objekt  noch  weiter  gehoben,  so  bemühte  sich 
Patient  krampfhaft,  die  Lidspalte  durch  Hebung  des  oberen  Lides  und 
Verkürzung  der  Stimhaut  zu  erweitem,  ohne  indess  die  leisesten  Zuckungen 
in  dem  das  Auge  nach  oben  drehenden  Rect.  sup.  und  Obliq.  infer.  auszu- 
lösen.    Der  Patient  wurde  geheilt. 

Einen  analogen  Fall  beschreibt  Kahler  (91):  Ein  35 jähriger  Mann 
zeigte  rechtsseitige  Hemiplegie  nach  Apoplexie,  rechtsseitige  unvollständige 
Hemianästhesie  und  sekundäre  Kontraktur  in  den  gelähmten  Gliedern.  Beide 
Bulbi  waren  symmetrisch  um  ihre  transversale  Achse  nach  abwärts  gedreht, 
sodass  schon  bei  normal  geöffneten  Augen  beiderseits  der  obere  Comealrand 
unmittelbar  am  Augenlidrande  stand.  Der  Kranke  hielt,  um  seine  Blickebene 
möglichst  horizontal  zu  stellen,  den  Kopf  weit  zurückgebeugt.  Beim  Versuch, 
nach  aufwärts  zu  blicken,  machten  die  Bulbi  leichte,  zuckende  Rotations- 
bewegungen^ rührten  sich  aber  nicht  von  der  Stelle.  Dagegen  wurden  die 
oberen  Lider  stark  gehoben,  wodurch  ein  auffallendes  Klaffen  der 
Lidspalte  entstand.  Ausser  der  genannten  Augenbewegung  fanden  alle  übrigen 
Bewegungen  sicher  statt. 

Wir  selbst  beobachteten  folgenden  Fall:  Ein  nicht  belasteter,  SOjähriger 
Bureaubeamter  hatte  (ifter  des  Morgens  über  Erbrechen  und  Schwindel  geklagt. 


Die  Mitbewegungen  zwischen  dem  Levator  palpebr.  nnd  den  Hebern  und  Senkern  des  Bulbus.  41 

Plötzlich  fiel  er  eines  Tages,  ohne  das  Bewusstsein  verloren  zu  haben,  auf  die 
rechte  Seite.  Darauf  Benommenheit  und  leichte  Delirien.  Abends  Sensorium 
wieder  ganz  klar.     Lues,  Potatorium,  Unfall  nicht  nachweisbar. 

Während  die  oberen  Lider  mühelos  gehoben  werden  können,  bleiben 
die  Bulbi  auch  bei  der  grössten  Anstrengung,  nach  oben  zu  sehen,  unbeweg- 
lich in  der  Primärstellung  stehen,  und  die  Sklera  oberhalb  der  Cornea  wird 
beträchtlich  entblösst.  Wiederholt  man  die  Aufforderung,  nach  oben  zu  blicken, 
so  treten  unruhige  seitliche,  aber  koordinirte  Bewegungen  der  Bulbi  auf. 

Die  übrigen  Bulbusbewegungen  sind  frei.  Die  rechte  Pupille  lichtstarr, 
reagirte  schwach  bei  Konvergenz,  die  linke  normal.     Fundus  oculi  normal. 

Im  Uebrigen  fand  sich  eine  linksseitige  Hemianästhesie;  Herabsetzung 
der  groben  Kraft  der  linken  oberen  Extremität,  welche  zugleich  ataktisch 
war.  Parese  des  linken  Mundfacialis,  Die  Sehnenreflexe  waren  auf  der  linken 
Seite  gesteigert  (Fussclonus);  die  Hautreflexe  herabgesetzt  gegen  rechts. 

Gehör,  Geschmack  normal,  besonders  Geruch  links  herabgesetzt  gegen 
rechts.    Eine  Hemianopsie  bestand  nicht. 

Wenn  auch  die  Existenz  eines  Associationscentrums  für  die  Bulbusheber 
und  den  Levator  durch  die  eben  erwähnten  Fälle  an  Wahrscheinlichkeit  ge- 
winnt, so  muss  dem  doch  immer  entgegengehalten  werden,  dass  bei  der  Selten- 
heit einschlägiger  Kasuistik  die  eben  erwähnten  Fälle  als  eine  Nuklearlähmung 
aufgef asst  werden  könnten,  welche  durch  zufällige  Kombination  erkrankter  Muskel- 
keme  die  Lähmung  eines  supponirten  Associationscentrums  vorgetäuscht  haben 
dürfte.  Anderseits  muss  aber  auch  hervorgehoben  werden,  dass  die  Annahme 
einer  derartigen  Centralstation  überflüssig  erscheint,  denn  da  aus  Gründen 
der  Zweckmässigkeit  beim  Blick  nach  oben  das  Oberlid  von  Kindesbeinen  an 
ebenfalls  gehoben  wird,  so  ist  die  gemeinschaftliche  Innervation  der  Bul- 
busheber und  des  Levator  dem  Menschengeschlecht  gerade  so  zur  Gewohn- 
heit geworden,  wie  die  gleichzeitige  Innervation  der  Recti  intemi  und  des 
Accommodationsmuskels  beim  Nahesehen. 

Am  allerwahrscheinlichsten  beruht  jedoch  die  Mitbewegung  zwischen  dem 
Oberlid  und  den  Bulbusbewegiuigen  um  die  horizontale  Achse  auf  jener  vor- 
hin geschilderten  mechanischen  Verknüpfung  des  M.  levator  und  Rectus  super., 
auf  deren  Besprechung  wir  nachher  noch  näher  eingehen  werden. 

§  29.  Ebenso  wie  nun  für  gewöhnlich  beim  Blick  nach  oben  die  Bulbusheber 
und  der  Levator  palpebrae  gleichzeitig  innervirt  werden,  werden  diese  Muskeln 
beim  Blick  nach  unten  auch  gleichzeitig  erschlafft.  Ueber  eine  merkwürdige 
Lockerung  dieses  Verhältnisses  berichtet  J.  Brixa  (93).  Bei  einem  kräftigen 
Manne  wurde  folgende  Erscheinung  bemerkt.  Wies  man  den  Patienten  an, 
langsam  von  der  Primärstellung  nach  aufwärts  zu  schauen,  dann  blieb  das 
Auge  zunächst  noch  stille  stehen.  Es  hob  sich  aber  sofort  das  Oberlid,  sodass 
ein  breiter  Streifen  Sklera  über  der  Hornhaut  erschien,  dann  erst  folgte  der 
Augapfel  nach,  und  es  wurde  nun  die  Hornhaut  vom  Oberlide  etwas  bedeckt. 
Hiess  man  den  Patienten  nach  abwärts  schauen,  so  bewegte  sich  zunächst 
der  Augapfel  abwärts,   während  das  Oberlid  noch  stehen  blieb.     Es  wurde 


Fig.   lü.  Fig.   17. 

L.  E.     DoppelM^itigi^  kmiiplolt^  FucialijlühniiUinjy:.  I^,  E.    I>«ip]>elt^iti;ij;ej,  komplete  FacialislilhiuiiDf 

VersHchter    Lids<'hlusi    Im^i    ?iülrk»t**m     Willens-  Mithewej^ung    (Jen    OlHrlideB    Wi    Senkunsr   der 

impulä^e.  Blickebene. 


jedoch  nicht  in  so  beträchtlichem  Maasse,  gelimden  wurde,  ^Mirde  die  Bezeich- 
nung Pseudo-G raefeVhes  Symptom  beigelegt.  Mikraskopiscli  zeigten  sich 
die  Kerne  des  ( >cubniotürius  von  sklerotischen  Gefässen  durchsetzt, 

§  30.  In  merkwürdigt^r  Weise  tritt  die  Mitbewegung  des  Oberüdes  mit  den 
Hebern  nnd  Senkern  des  ButbuK  bei  der  kompleten  Facialislähmung  heiTor. 
liei  einer  Eeihe  von  inis  untersucliter  Fitle  mit  Facialislähmung  verengte  sich 
selbst  bei  den  Ktärksten  Willensini  pulsen  die  Lidspalte  gar  nicht  oder  rnfll 
ganz  minimal.  Lies*^  man  dagegen  den  vor  dem  Auge  auf-  und  abbewegten 
Finger  fixiren,  ho  folgt  das  Oberlid  der  gelähmten  Seite  den  Beweginigen  der 
Blickebene  gleichzeitig  mit  den  Lidbewegungen  des  Auges  der  gesimden  Seite. 


i 


Da»  von  Li  r  a  c  f e '  »che  Zeichen, 


Eb  wurde  also  jetzt  anscheinend  d*-r  M.  levator  erschlafft,  während  vorher 
bei  willkürlich  versuchter  Kontrakticm  des  Orbicularis  keine  Erschlaffung  des 
Antagonisten  eintrat.  In  Figur  !♦>  und  17  ündeo  wir  diese  Ersdieinung 
photographisch  wiedergegeben. 

Fuchs  (95)  beobachtete  einen  Fall,  bei  welchetn  ein  24jäliriges  Mäd- 
cher)  durch  einen  Sturz  im  dritt*^n  Lrbeusjalire  eine  v^dlstiindige  iJihniuug  des 
linken  Nervus  facialis  davongetragen  hatte.  Dabei  bestand  i^iiie  I'an\se  des 
motorischen  linken  Trigeniinusastes  und  eine  linksseitige  Abducenslähmong. 
Uie  Sensibilität  der  linken  tiesichtshiilft*'  war  nonnaL  dagegen  tiel  ein  ausser- 
ordentlich hoher  Stand  des  linken  Oberlides  auf.  welcher  als  eine  antago- 
nistische   Kontraktur    des    Levator  palpebrae    aufgefasst    wurde.      Virl    weifpr 

s   beim  Versuche    des  Lidschlusses 

wird  das   obere    Ijd   herabgebra(*ht, 

wenn    die    Patientin    nach    al>warts 

ckt.   Fiir  sehr  wahi-scheinlich  hält 

uchs,  dass  das  Lid  mechanisch  ujit 
herabgezogen  wurdr,  weil  es  durch 
FascieiUEiigp  (siehe  Figur  8,  6c)  mit 
dem  Rectus  superior  in  Verlundung 
stelle.  Jedenfalls  hat  diese  Erkläniugs- 
weise  sehr  viel  Wahrscht^iiihchkeit 
für  sich,  da  man  annehmen  daii", 
dass  ebensoviel  Mensehen  einseitig 
ihren  Levator  willkürlich  nicht  er- 
erschlaffen können,  als  solche,  welche 
einseitig  nicht  ihr  Auge  zu  sehliessen 
vennugeii» 

§  3L  Femer  begegnen  wir  einer 
auffallenden  Str»rung  der  Mitbewegung 
des  Oberlides  mit  den  Senkern  des 
Bnlbus   bei   dem   Morbus  BaKedowii, 

bekannt  unter  dem  Xanien:  von  Uraefe'sches  Zeichen.  I>a,sselhe  äussert  sich 
darin,  dass  beim  Blick  nach  unten  das  Olierlid  zunächst  der  Heweguug  des 
Bulbus  nicht  folgt,  sondern  wie  durch  einen  S|)asmus  zurückgebalteu  wird 
(vergleiche  Figur  18),  um  dann  ruckweise  schwache  Hewegungeti  nach  unten 
hin  auszuführen.  I>ahei  erreicht  aber  scidiesslich  das  (Hierlid  nicht  jenen 
Tiefstand,  welclier  fiir  die  meisten  Menschen  gewölnilicli  ist  rnigt^kehrt  aber 
beim  Itlick  nach  oben  folgt  entweder  gleich  anfangs,  oder  von  einer  gewissen 
Hi">he  ab  das  Oberlid  meist  energischer,  als  unter  gewrdmliclien  Verhältm'ssen, 
der  Uewegung  des  Bulbus.  Man  k<umte  also  nach  dem  Vorgänge  von  nruns(9G,) 
diese  Erscheinung  als  eine  Senkungsinsufficienz  des  Oberlides  bei  Senkung  der 
Visirebene   bezeichnen. 

Bezüglich  des  Auftretens  des  v.  (iraefe 'sehen  l'hänomens  ist  zu  be- 
merken^ dass  es   beim  Morbus  Basedowii   niclit   allzu   häutig  gefunden  wird. 


K,  S 


Fijj.  18, 
( (  r  H  e  f  e '  Bcties   Zeiehcu    Ih^i    ]Morbui 


44  Die  MitbewegungeD  zwischen  den  Lidern  and  dem  Bulbus. 

Wenn  auch  A.Lew  in  (97)  in  55,5  *^/o  der  Fälle  demselben  begegnet  sein  will, 
so  konnten  doch  Hill  Griff  ith  (98)  nur  in  13,3^/0  der  Fälle,  H.  Pässler  (99) 
in  17,6^0  und  S.  West  (1(X))  nur  in  14,0^/o  der  Fälle  von  Basedow  diese 
Erscheinung  konstatiren. 

Beim  Morbus  Basedowii  wird  das  v.  Graefe'sche  Phänomen  fast  immer 
doppelseitig  gefunden.  R.  Hitschmann  (101)  und  Percy  Frieden- 
burg (102)  begegneten  demselben  in  je  einem  Falle  nur  einseitig  und  zwar 
auf  dem  linken  Auge,  vereint  mit  einem  auffallenden  Klaffen  der  Lid- 
spalte^)  beim  Blick  horizontal  in  die  Feme.  Long  und  Pringle  (103)  be- 
richten über  sechs  Fälle,  wo  ausser  einseitigem  Lidsymptom  keine  anderen 
Erscheinungen  von  Basedow 'scher  Krankheit  gefunden  worden  waren,  ausser 
bei  zwei  Fällen,  welche  eine  leichte  Vergrösserung  der  Schilddräse  zeigten. 
Auch  wir  hatten  mehrfach  Fälle  beobachtet,  in  denen  bei  völlig  gesunden 
Individuen  das  v.  Graefe'sche  Symptom  mehr  oder  weniger  stark  ausgeprägt 
gefunden  wurde,  und  scheint  uns  diese  Thatsache  für  die  Erklärung 
desselben  von  ganz  besonderer  Wichtigkeit  zu  sein.  Raymond  (104) 
will  das  Lidphänomen  auch  bei  der  Thomsen 'sehen  Krankheit  im  Zusammen- 
hang mit  anstrengenden  Körperbewegungen  und  Retraktion  •  der  Oberlider 
beobachtet  haben. 

Was  nun  die  Erklärung  dieser  Erscheinung  anbetrifft,  so  herrscht,  wie 
über  das  Wesen  des  Morbus  Basedowii  selbst,  so  auch  über  das  Lidphänomen 
der  gleiche  Mangel  an  Klarheit  und  Uebereinstimmung.  Früher  wollte  man 
dasselbe  von  einer  Reizung  des  Nerv,  sympathicus  herleiten,  weil  ein  ver- 
mehrter Tonus  der  glattenLidmuskeln  eine  Erweiterung  der  Lidspalte,  und 
eine  Kontraktion  des  Müller'schen  Orbital muskels  eine  leichte  Protrusion 
des  Augapfels  hervorrufen  sollte.    Eulenburg  und  Guttmann  (105). 

Sattler  (106)  nahm  dagegen  für  den  Morbus  Basedowii  eine  Lasion 
derjenigen  (wahrscheinlich  benachbarten)  vasomotorischen  Centren  an,  welche 
die  Glandula  thyreoidea  und  das  intraorbitale  Gewebe  innerviren,  sowie  eine 
Läsion  der  regulatorischen  Centren  des  Herzvagus  und  erklärt  das  v.  Graefe'sche 
Symptom  (den  mangelnden  Lidkonsensus)  durch  Störung  eines  besonderen 
Koordinationscentrums.  Der  Mangel  an  Blinzelbewegungen  (das  Stellwag'sche 
S}Tnptom)  soll  auf  einer  Stönmg  der  von  der  Retina,  sowie  von  den  sensiblen 
Ner\'en  der  Cornea  und  Conjunctiva  aus  erregten  Reflexcentren  beruhen. 

Mit  dieser  Sattler\schen  Theorie  wurden  auch  die  Versuche  von  Brown- 
Sequard  (107)  und  Filehne  (107)  in  Einklang  gebracht,  welche  Exophthal- 
mus durch  A'erletzung  des  Corpus  restiforme  bei  Thieren  hervorbrachten. 
Auch  glaubte  Sattler  eine  Stütze  für  seine  Theorie  in  der  Thatsache  zu 
finden,  dass  nicht  so  selten  nucleäre  Augenmuskellähmungen  im  Verlaufe 
des  Basedow  konstatirt  werden. 


M  Stellwag*8cbes  Zeichen:    Als  solches  gilt   aasserdem  noch   die  Seltenheit  und 
Mangelhaftigkeit  des  unwillkttrlichen  Lidschlags.  — 


Das  Ton  Graefe'sche  Zeichen.  45 

Hitschmann  (101)  schliesst  sich  der  Ansicht  Sattlers  an  und  glaubt, 
dass  es  sich  wegen  der  Halbseitigkeit  des  Symptoms  in  seinem  Falle  um 
bleibende  oder  Torübergehende  Alteration  im  Kontraktionszustande  von  Arterien 
handle,  welche  die  Medulla  oblongata,  ohne  Anastomosen  mit  einander  einzu- 
gehen^ mit  Bhit  versorgen. 

Demgegenüber  wollen  Long  und  Pringle  (103)  das  Lidphänomen  durch 
eine  tonische  Kontraktur  des  Levator  palpebrae  super,  bedingt  wissen. 
Auch  Ferri  (108)  glaubt  das  Graefe'sche  Symptom  vom  Levator  palpebrae 
abhangig  machen  zu  müssen.  In  einem  von  ihm  beobachteten  Falle  stieg  das 
Oberlid  bei  Reduktion  des  protundirten  Bulbus  durch  Druck  in  die  Orbita 
jedesmal  in  seine  normale  Stellung  herab,  und  es  stellte  sich  auch  die  kon- 
komitirende  Bewegung  des  Oberlides  mit  der  des  Bulbus  wieder  her.  Daraus 
ersehe  man,  dass  der  Exophthalmus  und  das  v.  Graefe'sche  Symptom 
aus  der  gleichen  Ursache  herzuleiten  sei,  nämlich  der  vasomotorischen 
Lähmung  der  Orbitalgefasse.  Li  Folge  einer  Erweiterung  derselben  würde  die 
Muskelsubstanz  der  quergestreiften  Muskeln  verkürzt,  und  zwar  durch  einen  rein 
mechanischen,  nicht  physiologischen  Vorgang.  Indem  sich  also  der  Levator 
palpebrae  mechanisch  verkürze,  bedinge  er  somit  die  Retraktion  des  Oberlides 
und  verhindere  zugleich  dasselbe,  bei  Abwärtsbewegung  des  Bulbus  diesem 
zu  folgen.  Beide  genannten  Symptome  seien  also  als  einziges  Symptom  zu- 
sammenzufassen. 

Nach  Sharkey's  (109)  Ansicht  sei  der  Orbicularis  in  seiner  Eigen- 
schaft als  Antagonist  des  Levator  durch  Inaktivität  bei  der  Basedow 'sehen 
Krankheit  geschwächt,  wodurch  schliesslich  das  Gleichgewicht  zwischen  dem 
Schliess-  und  Oeffnungsmuskel  zu  Ungunsten  des  ersteren  aufgehoben  würde,  und 
so  ein  Ueberge wicht  und  eine  Retraktion  des  Levator  palpebrae  zu  Stande  käme. 
Fassen  wir  das  seither  Gesagte  zusammen,  so  ergeben  sich  folgende 
Theorien  über  das  Wesen  des  von  Graefe 'sehen  Lidsymptoms: 

a)  Die  Sympathicustheorie  (v.  Graefe,  Remak,  Eulenburg- 
Guttmann), 

b)  die  Störung  der  betreffenden  Reflex-  und  Koordinations- 
centren (Sattler), 

c)  die    Einwirkung    der    erweiterten   Orbitalgefässe    auf    den 
Levator  (Ferri), 

d)  die  Insufficienz  des  Orbicularis  (Sharkey), 

e)  die  Steigerung  der  lidhebenden  Kräfte  (Möbius,  Bruns). 
Wollte  man  die  Liderscheinungen  beim  Basedow  auf  einen  Reizzustand 

des  Sympathicus  zurückführen,  dann  dürfte  auch  im  Krankheitsbilde  die 
der  Reizung  des  Halssympathicus  zukömmliche  Pupillenerweiterung  der  gleichen 
Seite ^)  nicht    fehlen^;.     Andererseits  würde  der    hochgradige  Exophthalmus 


1)  Lew  in  (110)  hat  unter  27  Fällen  von  Morb.  Basedowii  nur  zweimal  Mydriasis 
und  dreimal  Miosis  gefanden.  West  (111)  fand  nur  zuweilen  Erweiterung  der  Pupillen 
bei  M.  B. 

2)  Vergleiche  auch  pag.  23  unseren  Fall  von  Sympathicusreizung. 


46  Die  MitbewegUDgen  zwischen  den  Lidern  und  dem  Balbua. 

jedenfalls  nicht  von  einer  Kontraktion  des  Müll  er 'sehen  Orbitabnuskels,  der 
beim  Menschen  doch  nur  sehr  rudimentär  vorhanden  ist,  hergeleitet  werden 
können.  Auch  liegt  ein  Sektionsbefund  Drummond's  (112)  vor,  welcher  in 
dieser  Hinsicht  entscheidend  wirkt.  Bei  einem  Falle  von  Basedow  zeigten 
sich  beide  Orbitae  von  Fettgewebe  sehr  vollständig  ausgefüllt.  Die  Augen 
waren  aber  im  Tode  keineswegs  mehr  so  prominent,  als  wie  zu  Lebzeiten  des 
Patienten.  Von  dem  Müller'schen  Orbitalmuskel  war  keine  Spur  zu 
finden.  Daneben  wäre  gar  nicht  einzusehen,  inwiefern  eine  spastische  Kon- 
traktur der  beiden  glatten  Lidmuskeln  der  freien  Aktion  des  viel  stärkeren 
Muse,  orbicularis  auf  die  Dauer  eine  erhebliche  Behinderung  entgegensetzen 
könnte. 

Der  Satt  1er 'sehen  Theorie  von  der  Störung  der  Associationscentren  ist 
zunächst  entgegenzuhalten,  dass  man  von  dem  Vorhandensein  und  dem  Sitze 
derartiger  Centralstationen  bis  dahin  nur  vermuthungsweise  reden  darf,  und 
dass  das  im  Ji28  dieses  Kapitels  angeführte  pathologisch-anatomische  Beweis- 
material noch  viel  zu  geringfügig  ist,  um  weitere  Schlüsse  daraus  zu  gestatten. 
Wenn  auch  in  einer  ziemlichen  Anzahl  von  Fällen  Nuclearlähmungen  bei 
Morb.  Basedowii  gefunden  werden,  so  ist  doch  die  Zahl  der  Fälle  mit  von 
Graefe'schem  Symptom  in  vivo  und  Fehlen  jeglicher  Veränderung  bei  der 
Sektion  eine  viel  beträchtlichere.  Ausserdem  wäre  es  doch  wunderbar,  wenn 
so  häufig  nur  gerade  das  hypothetische  Koordinationscentrum  bei  dieser  Krank- 
heit aftizirt  werden  würde,  welches  den  Consensus  zwischen  Oberlid  und  den 
Senkern  des  Bulbus  vermittelt.  Ausserdem  macht  aber  das  Oberlid  bei  den 
Fällen  mit  v.  Graefe'schem  Symptom  die  Bewegungen  des  Bulbus  nach  unten 
thatsächlich  mit,  allerdings  nur  zögernd  und  ruckweise  und  nicht  in  der  Aus- 
giebigkeit, wie  bei  dem  normalen  Auge.  Bei  dem  langen  Bestände  des  Morbus 
Basedowii  müsste  aber  eine  Läsion  dieses  Koordinationscentrums  endlich  ein- 
mal zum  völligen  Untergange  der  betreffenden  Nervenelemente  führen  und 
damit  diesen  Bewegungsvorgang  in  dauernden  Wegfall  bringen,  was  erfahrungs- 
gemäss  nicht  der  Fall  ist. 

Ueberhaupt  macht  es  dem  Beobachter  weniger  den  Eindruck,  als  wenn 
die  Koordination  der  Bewegungen  gestört  wäre,  sondern  als  wenn  eine 
mechanische  Hemmung  des  Oberlides  gegenüber  der  Bewegungstendenz 
nach  unten  hin  sich  geltend  mache. 

Dem  Vorherrschen  dieses  Eindruckes  verdankt  auch  die  Theorie  des 
Obwaltens  einer  tonischen  Levatorkontraktion  ihre  Entstehung.  Hiermit 
wäre  dann  auch  für  die  Seltenheit  und  Unvollkommenheit  des  unwillkürlichen 
Lidschlages  eine  Erklärung  gegeben.  Doch  auch  dieser  Annahme  muss  ent- 
gegengehalten werden,  dass  beim  willkürlichen  Lidschluss  thatsächlich  eine 
Ei*schlaft*ung  des  Levator  erfolgt,  denn  bei  weitem  die  grösste  Mehrzahl  der 
Fälle  mit  v.  Graefeschem  Symptom  vennag  willkürlich  sehr  gut  die  Lid- 
spalte völlig  zu  schliessen.  Auch  erschlaffen  diese  Individuen  während  des 
Schlafes  die  Lidheber  vollständig  und  ist  da,  wo  im  Schlafe  ein  Klaffen  der 
Lidspalte  beobachtet  wird,  der  vorhandene  Exophthalmus  dafür  verantwortlich 


zu  machen.    Ausserdem  erzälilt  noch  Mosler  (tl3)  iniwn  Fiill  von  pKitzlicluT 
Schwellung  der  Schilddrüse  mit  sekundärem  rechtsseitigem  Exophthahnus  und 
erhr*hter  Hiränensekretion.     Ks  be- 
stiiml   Ft^chts    IHosis   und   trotzdem 
das  (i  r  a  e  f  e'sche  SymptouL 

l>:4ss  aber  thatsächhch  ein 
Kontraktionszustand  des  Levator  bei 
Morbus  liasedowiibenbachtet  werden 
kann,  beweist  folgende  Kranken- 
geschichte (siehe  Figur  19  und  2t)): 
F.  K.,  3i* jährige  Frau.  Seit  V^  Jahr 
soll  das  rechte  obere  Augenhd  siel» 
retrahirt  haben,  was  iliren  Mann 
zur  Aeusseiniug  veranlasste,  ihr 
rechtes  Auge  sehe  aus  wie  ein  Glas- 
auge. Mehrere  Aborte.  Keine  Zeiclien 
viui  Lues.  Sie  liat  zuweilen  Herz- 
klopfen, oft  Hitzegefiüd.  Neigung 
zu  Schweissfu.  Ilir  Hals  ist  nicht 
dicker  geworden.  Die  Sehscharfe 
beiderseits  normal,  die  Bulbus- 
nmskulatnr  ebenfalls,  Ophth.  und 
Ref.  normal  Pupillenverhältnisse 
noniial.  Patientin  war  sehr  matt 
in  den  Beinen.  Tremor  manuum 
besonders  links.  Puls  134.  Keine 
Stmma.  kein  Pulsiren  der  Hals- 
gefässe.  Sensibilität  intakt.  Der 
elektrische  Widerstand  ist  sehr  er- 
heblicli  herabgesetzt.  Links  leichte 
Ptosis.  Hechts  auffallende  Retrak- 
tion des  Oberlides.  Bei  der  Be- 
wegung des  Bulbus  nach  unten 
bleibt  das  Oberlid  des  rechten  Auges 
auffallend  zurück  (siehe  Figur  20). 
Heim  Blick  gerade  aus  steht  der 
Rand  des  Oberlides  melirere  Milli- 
meter über  dein  oberen  Coraeal- 
rande.  Wegen  des  Tremors,  der 
hocbgr  ad  ig  v  e  nueh  r  ten  Pu  Isf  requenz, 
der  vasomotoriscben  Sttlrungen  und 
der    erheblichen   Herabsetzung    des  ^^'?'  ^^ 

elektrischen      Leitungswiderstandes        ^^  ^^    Reimktiim  iles  roohi*'u  ObeHid».     Biirk 
_j  11*111  ■  tmdi    tiiit<?n.      Wulu^rbemHHi    fomie    fni.«'to    cb'jn 

wurde  das  Krankhettslnld   als  eme  Morbus  BM^-d^iwü. 


Fi^'    19. 

F.   K,      lUtrakriim    lifs   rr^-^bhMi  Öl^eilids.      Wuhr- 
schein  lirh  furmr  fnish-  des  Mnrb,  Bna^diiwü,    HMck 


18 


Die  MitbewegUDgen  zwischen  den  Liefern  und  dem  Bulbus. 


Fornie  fniste  des  Morb.  Basedowii  aiifgefasst.      Die  Erscheinuiigen  am  C)W- 

lide  worden  als  eine  doppelseitige  Affektioii  des  Levatorkernes  gedeut^^t  Es 
wurde  angenoinmen,  dass  reclitsseitig  durch  denselben  ein  Reizzustand  des 
Lidliebers,  links  ein  Lahnmiig^ziistand  bewirkt  worden  sei.  Im  Verlaufe  der 
lieobachtiing  machte  bei  Besserung  des  Allgemeinbefindens  die  Lähmting  des 
linken  Oberlides  Fortschritte,  w^ährend  die  Retraktion  des  rechten  Oberhdes 
iiachliess. 

MÖbius  (114)  hält  das  Stell wag'sche  Zeichen  (die  Seltenheit  und 
rnvollkumnienheit  des  nnwül kürlichen  Lidschlag^)  für  eine  Reizerscheinung. 
Die  Kräfte,  weiche  das  Auge  im  wachen  Zustande  ot!'en  halten,  seien  starker 
als  bei  <iesunden.    Es  Ijesteiie  sozusagen  ein  übermässiger  Tonus  der  dius  Au^'t' 

(jffTjenden  Muskeln  in  analoger 
Weise,  wie  bei  erregten  Menschen 
überhaupt,  mag  es  sich  imi  vorüber- 
gehende Aufregungszustände  oder 
nmeine  Maniebezw.  nianiakalischen 
Zustand  handeln.  Die  primäre 
Erscheinung  sei  Stellwag's 
Z  e  i  c h  e  n ,  u  nd  d i e  F  o  1  g  e  von 
diesem  sei  das  v.  Graefe'sche 
Phänomen. 

In  der  That  stellt  sich  diese 
Hrscheiruing  der  w^eitklaffenden 
I^idspalte  bei  horizontaler  BUck- 
richtung  im  Symptomenkomplexe 
der  B  a s  e  d  o  w '  sehen  Krankheit 
(Figur  21)  bei  einzelnen  Patienten 
in  der  Weise  dar,  dass  das  Lid 
schon  so  weit  nach  oben  gehoben 
erscheint,  als  wenn  eine  weitere 
Hebung  kaum  noch  möglich  wäre  (vergleiche  auch  Figur  3];  dabei  sehen  wir 
weniger  das  Unterlid  von  der  Comealoberfläche  retrahirt,  als  das  Oberlid. 
Auch  wir  sind  der  Meinung,  dass  dieses  Klaffen  der  Lidspalte  aus  der  gleichen 
U  r sacb  e  h  e  r v  o  r ge  b  räch  t  w  e rd  e ,  wie  das  v .  G  r  a  e  f  e '  s  ch  e  L  i dp  h  änom  en ,  und 
möchten  in  dem  Stell wag^schen  Zeichen  ein  neues  Ärgiunent  gegen  die 
Sattler  'sehe  Ansicht  von  einer  Stünmg  des  betreffenden  Koordinationscentnims 
erblicken.  Die  Störung  eines  Koordinationscentnuiis  sollte  doch  bei  längerem 
Bestände  eigentlich  zu  Lähinungsersch einungen  führen;  es  müssten  daiui 
alle  Fälle  von  Basedow  mit  v.  Gra  efe'scbem  Symptom  im  vorgerücktereii 
Stadium  eine  Ptosis  resp.  Blicklähroung  nach  oben  hervortreten  lassen,  was 
bekanntlich  nicht  der  Fall  ist.  Bei  dem  Siel  Iwag'schen  und  Graefe*scheD 
Zeichen  kann  es  sich  entweder  nur  um  Erregungszustände 
der  Muskulatur    in    dem   von   Möbius   und  Bruns   angedeuteten 


Kla&t!ti  der  Luispalte  bei  Morbus  Baiedowii. 


f 


Das  von  Graef ersehe  Zeiclieii. 

Sinne  handeln^),  oder  um  mechanische  Verhältnisse^  welche  in 
ihrer  individuell  verschiedenen  anatomischen  Anlage  unter  der 
Einwirkung  des  Exophthalmus  mehr  oder  weniger  auTfäilig  in  der 
Zahl  der  Fälle  hervortreten. 

Wir  hatten  Figur  8  gesehen,  dass  der  Levator  und  Rectus  super,  unter 
einander  und  mit  dem  Fomix  conjunctivae  durch  einen  gemeinsamen  Fascien- 
zipfel  (6c)  verbunden  sind,  und  da^s  ein  analoger  Fascienscipfel  (13  ö) 
vom  Rectus  infer.  zum  Unterlid  und  zur  Conjunctiva  des  Unterlides  geht.  — 
Ferner  findet  sich  bei  den  meisten  Menschen  im  Fornix  conjunctivae 
eine  bleibende  Schleimhautfalte  (Figur  22  ps)y  welche  auch  beim  Lidschloss 
nicht  verstreicht  (Merkel,  Graefe-Saemisch  I,  68),  und  welche  Substanz 
genug  hat.  um  der  Conjunctiva  zu  ermöglichen,  allen  Bewegungen  des  Augapfels 
nachzugeben,  ohne  eine  Zerrung  zu  erleiden.  Sie  läuft  im  Kreise  um  den 
Äugapfel  herum,  ist  jedoch  an  der  medialen 
Seite  am  stärksten  (siehe  Figur  22).  Unter- 
suchen wir  nun  viele  normale  Individuen 
auf  dieses  anatomische  Verhalten,  so 
werden  wir  finden,  dass  die  mehr  oder 
weniger  reichliche  Entwickelung  dieser 
Conjunktivalfalte  zahlreichen  individuellen 
Abstufungen  unterworfen  ist,  um  bei  einer 
grossen  Zahl  von  Menschen  sich  auffallend 
straff  gespannt  zu  zeigen,  so  dass  wir  hier 
von  jener  Faltung  der  Conjunctiva  eines 
Fomix  nichts  entdecken  können.  Bewegt 
sich  nun  bei  derartigen  Individuen  der 
Bulbus  nach  unten,  so  wird  dieser  Be- 
wegung durch  jenen  Fascienzipfel  (Fig.  8, 6c) 
am  ein  Geringes  Gegenpart  gehalten.    Denn 

einerseits  sind  Levator  und  Rectus  superior  durch  eigene  Fascien  in  ihrer  orbitalen 
Lage  tixirt,  anderseits  wird  durch  Bewegung  des  Bulbus  nach  abwärts  die 
Ansatzstelle  des  Rectus  su])erior  und  der  Fomix  conjunctivae  mehr  nach  vorne 
gezogen.  Ist  nun  jene  Verlöthung  des  Levator  mit  dem  Rectus  superior  durch 
den  Fascienzipfel  (Figur  8,  6c)  sehr  straff,  so  wird  bei  der  Abwiirtsbewegung 
des  Bulbus  der  Zug  an  der  Insertionsstelle  des  Rectus  superior  direkt  auf 
den  Levator  mit  übertragen  und  dem  Oberlid  Gelegenheit  gegeben,  der  Bewegung 
des  Augapfels  nach  unten  sofort  zu  folgen.  Ist  dagegen  die  Verlöthung  zwischen 
Levator  palpebr.  und  Rectus  superior  schlaffer ,  jener  Fascienzipfel  breiter, 
und  ist  im  Fornix  conjunvtivae  eine  etwas  ergiebige  Schleimhautfalte  vor- 
banden, in  welche  bekanntlich  vom  Levator  aus  sehnige  Fäden  einstrahlen, 
80  kann  der  Bulbus  bereits  eine  Weile  in  der  Bewegung  nach  unten  begriffen 


Fig.  22. 

p  s  ^^    Schlei mliuutwuht    im  Fomix  Coa- 
i  u  n  et  i  vtip ,     Niicli  if  e  r  k  c  L 


V)  Han   vergleiche   auch   auf  Abbildung  H  und   21   die  leichte   KoDtraktion   des  M. 
Corrugator  supercilii  und  der  vom  Mund  facialis  versorgte  n  Muskulatur. 

Williranil-Saenger,  ^tturologie  dea  Augeäi.  4 


•  ■    •  •   I 


•♦    ••»•4  •        •"■:• 


50  MitbeweguDgeD  zwischen  den  Lidern  und  dem  Bulbus. 

sein,  bevor  erst  das  Oberlid  in  diese  Bewegung  mit  eintritt.  Ja  es  könnte 
sich  sogar  bei  relativ  zu  geringer  Längeentwickelung  des  Levators  ereignen, 
dass,  während  der  Bulbus  eine  Bewegung  nach  unten  macht,  von  einem 
gewissen  Zeitpunkte  dieser  Bewegung  ab  das  Augenlid  etwas  nach  oben  gezogen 
würde,  wie  im  Falle  Ramsay  (124):  „das  obere  Lid  folgte  zunächst  dem 
Blick  nach  unten,  blieb  dann  beim  weiteren  Senken  zurück;  nach  einigen 
Sekunden  trat  eine  spasmodische  Retraktion  des  Lides  ein ,  sodass  die  Sklera 
sichtbar  wurde."  Auf  diese  Weise  möchte  sich  der  mehr  oder  minder  aus- 
giebige Mangel  an  Mitbewegung  des  Oberlides  bei  den  Bulbusbewegnngen 
sonst  normaler  Individuen  nach  unten  hin  erklären.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass 
diese  retrograde  Zugwirkung  am  Oberlid  in  denjenigen  Fällen  um  so  ausgeprägter 
sein  muss,  bei  welchen  zu  der  diese  Erscheinung  bedingenden  anatomischen 
Anlage  ein  Hervorgedrängtwerden  des  Bulbus  aus  der  Orbita  noch  hinzukommt. 
Wird,  wie  beim  Morbus  Basedowii,  durch  vermehrten  Fettgehalt  und  stärkere 
Füllung  der  Orbitalgefässe  der  Augapfel  aus  der  Orbita  nach  vom  getrieben, 
so  müssen  dann  auch  diese  mechanischen  Momente  beim  Blick  geradeaas 
schon  wirksam  werden  und  dadurch  in  einem  stärkeren  Klaffen  der  Lidspalte 
(Stellwag'sches  Zeichen)  und  unvollkommenen  Lidschlag  in  die  Erscheinung 
treten.  Bedenken  wir  nun,  dass  der  Tonus  des  Levator  (wie  auch  der  übrigen 
Bulbusmuskulatur)  durch  die  Zugwirkung  des  vorgetretenen  Augapfels  etwas 
erhöht  erscheint,  so  wird  dadurch  jene  retrograde  Zugwirkung  am  Oberlid 
gegebenen  Falls  noch  vermehrt,  und  das  Lid  kann,  wie  so  oft  beim  Basedow, 
nur  ruckweise  der  Bewegung  des  Bulbus  nach  unten  hin  folgen.  Dies  wird  dann 
geschehen,  sobald  sich  durch  die  anatomischen  Verhältnisse  die  retrograde  Zug- 
wirkung ausgeglichen  hat,  und  nun  die  durch  die  vermehrte  Senkung  der  Blick- 
ebene gesteigerte  Zugwirkung  am  Fascienzipfel  von  Seiten  des  M.  rectus  snperior 
aus  das  Uebergewicht  erlangt.  Bei  der  vollen  Senkung  der  Blickebene  wird 
dann  das  Oberlid  mehr  oder  weniger  weit,  je  nach  der  individuellen  anatomi- 
schen Anlage  der  besprochenen  Verhältnisse,  den  Bewegungen  des  Bulbus  nach 
unten  hin  gefolgt  sein.  Acceptiren  wir  dazu  noch  die  Ansicht  von  Mob  ins, 
es  sei  durch  einen  Erregungszustand  des  Nervensystems  ein  so  zu  sagen  über- 
mässiger Tonus  der  die  Augen  öffnenden  Muskeln  beim  Basedow  vorhanden, 
so  haben  wir  darin  nur  ein  jene  mechanischen  Verhältnisse  noch  unterstützendes 

Moment. 

« 

Unter  39  Fällen  von  Morbus  Basedowii  unserer  Beobachtung  finden  wir 
bei  27  Fällen  Exophthalmus  verzeichnet  und  zwar: 

doppelseitig  bei  23  Fällen  einseitig  bei  4  Fällen. 

Unter  diesen  23  Fällen  zeigte  sich: 

a)  Exophthalmus  i  *  h^   >*    h  '     ^^^  Exophthalmus  gleichzeitig 

v.Graefe'sSympt.         -   vu  Stellwag's Zeichen    bei  4  Fällen 

Stellwag's Zeichen  v.  Graefe'sSympt.       auf  dem- 

selben Auge. 


Das  ron  Graefe'sche  Zeichen. 


51 


b) 
c) 
d) 
e) 
f) 


Exophthalmus 
V.  Graefe 
Stellwag? 
Exophthalmus 
V.  Graefe? 
Stellwag? 
Exophthalmus 
V.  Graefe 
Stellwag 


gleichzeitig  bei  14  Fällen. 


in  4  Fällen. 


fehlten  gleichzeitig  bei  6  Fällen. 


V.  Graefe 
Stellwag 


in  1  Falle. 


Stell  wag 
(mangelhafter  Lidschlag) 


;  in  2  Fällen. 


g)     - 

V.  Graefe 


^  in  3  Fällen. 


Unter  diesen  39  Fällen  von  Morb.-Basedowii  sprechen  die  Gruppen  a, 
ai,  d  =  15  Fälle  direkt  für  diese  eben  entwickelte  Theorie,  die  Gruppen  b, 
c,  d,  f  =  18  Fälle  nicht  dagegen,  denn  bei  den  14  Fällen  von  Exophthalmus 
mit  von  Graefe'schem  Zeichen  der  Gruppe  b  finden  wir  zwar  in  den  Kranken- 
geschichten vom  Stellwag'schen  Zeichen  nichts  angegeben,  es  bleibt  aber 
dahingestellt,  ob  dasselbe  nicht  doch  vorhanden  gewesen  und  nur  zu  notiren 
vergessen  worden  war.  Bezüglich  der  4  Fälle  von  Exophthalmus  ohne 
V.  Graefe's  und  Stellwag's  Zeichen  (Gruppe  c)  verweisen  wir  auf  das,  was 
wir  früher  bezüglich  der  individuellen  Verschiedenheiten  der  anatomischen  Anlage 
gesagt  hatten,  ebenso  bei  dem  einen  Falle  der  Gruppe  e  und  bei  den  3  Fällen 
der  Gruppe  g,  denn  diese  Symptome  kommen  eben  auch  bei  ganz  gesunden 
Individuen  vor. 

Es  bleiben  also  von  den  39  Fällen  von  M.-Basedowii  nur  die  2  Fälle 
der  Gruppe  f  übrig  mit  Stellwag'schem  Zeichen  ohne  Exophthalmus  und  ohne 
V.  Graef  e'sche  Symptom.  Der  mangelhafte  Lidschlag  in  diesen  beiden  Phallen 
könnte  jedoch  auch  von  einer  Herabsetzung  der  Sensibilität  der  Cornea  und 
Conjunctiva  abhängig  gewesen  sein,  wie  solche  ja  bei  Nervösen  nicht  selten 
gefunden  wird. 

Als  weiteres  mechanisches  durch  den  Exophthalmus  bedingtes  Hindemiss 
würde  dann  auch  das  Prominiren  des  Homhautscheitels  über  die  durch  den 
oberen  und  unteren  Orbitalrand  gelegte  Frontalebene  zu  erwähnen  sein,  inso- 
fern das  Lid  hier  leichter  über  dem  Homhautrande  hängen  bleibt.  Zudem 
konnten  noch  Bannas  (115)  und  Wolfberg  (116)  konstatiren,  dass  das 
Herabsinken  des  Oberlides  überhaupt  seine  Grenze  nicht  etwa  an  der  Ergiebig- 

4* 


52  Mitbewegungen  zwischen  den  Lidern  und  dem  Bulbus. 

keit  der  Lidhaut  linde,  sondern  an  der  Exkursionsfähigkeit  der  Levatorsehne, 
welche  durch  einen  lateralen  und  medialen  Fascienzipfel  an  der  Orbitalwand 
fixirt  ist.  Bei  gleichbleibendem  Breitedurchmesser  der  Levatorsehne  würde 
dieselbe  um  so  leichter  dem  herabgleitenden  Lide  folgen,  je  schmäler  die 
Orbita  wäre,  um  so  schwerer,  je  breiter  dieselbe  sei.  Im  ersteren  Falle  ent- 
spräche der  die  Levatorsehne  tragende  Lidtheil  mehr  der  Sehne  eines  Kreises 
mit  kleinerem  Radius,  im  letzteren  mehr  der  eines  solchen  mit  grösserem  Radios. 

Trotz  jener  Insufticienz  der  Mitbewegung  des  Oberlids  bei  vielen  Fällen 
von  Morb.  Basedowii  vermögen  dennoch  die  meisten  dieser  Kranken,  wie  z.  B. 
jener  in  Figur  3  abgebildete  Fall,  das  Auge  zuzukneifen,  und  es  fragt 
sich,  wie  trotz  dieser  seither  beschriebenen  mechanischen  Behinderung  der 
vollständige  willkürliche  Lidschluss  dabei  zu  Stande  gebracht  werden  könne. 
Hier  muss  zunächst  hervorgehoben  werden,  dass  bei  Kontraktion  des  ganzen 
Orbicularis  die  Schlusswirkung  dieses  Muskels  gegenüber  den  entgegenwirkenden 
Kräften  als  eine  sehr  erhebliche  betrachtet  werden  muss.  Da  während  des 
Schlafes  der  Tonus  des  Levator  aufgehoben  ist,  wird  auch  je  nach  der  Stärke 
des  Exophthalmus,  und  dem  mehr  oder  weniger  deutlichen  Hervortreten  jener 
mechanischen  Momente  die  Lidspalte  mehr  oder  weniger  stark  klaffend  bleiben. 

Dass  trotz  des  Exophthalmus  das  von  Graefe'sche  Symptom  fehlen 
kann,  wie  in  einem  von  Mäher  (117)  referirten  Falle,  widerstreitet  den  seit- 
herigen Ausführungen  nicht,  da  ja,  wie  erwähnt,  das  Hervortreten  jener 
mechanischen  Einwirkungen  auf  eine  individuell  verschieden  ausgeprägte  ana- 
tomische Anlage  bezogen  werden  muss.  Jedenfalls  wirkt  aber  als  besonders 
begünstigendes  Moment  für  diese  Verhältnisse  der  Exophthalmus  unter  der 
Voraussetzung  mit,  dass  der  Levator  und  die  äussere  Bulbusmuskulatnr  von 
normaler  Beweglichkeit  geblieben  waren. 

Nach  Möbius  (1.  c.)  soll  der  Exophthalmus  bei  Basedow  fast  inmier 
vorhanden  sein,  wenn  auch  oft  nur  in  geringem  Maasse. 

Griffith  (118)  fand  unter  32  Fällen  von  Basedow: 
25  mal  den  Exophthalmus  doppelseitig, 
4  mal  rechtsseitig, 
3  mal  linksseitig. 

Von  einseitigen  Fällen  von  Exophthalmus  bei  Morbus  Basedowii 
erwähnen  femer  noch  A.  Völkel  (119),  Barella  (120),  neun,  Percy  (121) 
vierzehn  Fälle.  Da  demnach  der  Exophthalmus  einseitig  auftreten  kann, 
so  kann  auch  bei  Morbus  Basedowii,  je  nachdem  die  vorerwähnten  ana- 
tomischen Verhältnisse  dies  begünstigen,  das  von  Graefe'sche  Symptom 
hier  ei  nseit ig  beobachtet  werden.  Von  welcher  Bedeutung  nun  der  Exophthal- 
mus für  das  Hervortreten  des  v.  Graefe'schen  Symptoms  vielleicht  ist,  zeigt 
Fitzgerald  (122)  an  4  Fällen,  in  welchen  das  v.  Graefe'sche  Symptom  nur 
an  dem  Auge  mit  Exophthalmus  zu  finden  war.  Daneben  berichtet  Hack  (123) 
noch  über  einen  Fall,  bei  welchem  das  v.  Graefe'sche  Symptom  zugleich  mit 
dem  Exophthalmus  verschwand. 


Mitbewegung  zwischen  dem  Orl^ienlarij^  und  den  Hebern  des  Biilbue  53 

Scbliessitch  darf  auch  der  Konvexität  der  Sklera  und  dem  Umstände, 
daßs  durch  die  Palpebralportion  des  Orbikularis  die  Lider  gegen  den  Bulbus 
gedrückt  werden,  ein  gewisser  Einfluss  auf  die  Bewe^np;  des  Oberlides  mit 
dem  Bulbus  zuerkannt  werden,  insofern,  wie  ünwers  (125)  meint,  der  Aug- 
apfel durch  Druck  von  der  convexen  Sklera  das  Oberlid  mit  bewegt. 

b)   Mitbewegun^en  zwist^hen   dem    Muse,  orbieularis   und  deu  Hebern  des 

RulUus. 

§  32.  Bei  den  meisten  Menschen  fliehen  bei  dem  Versuche  beide  Augen 
kräftig  zu  schliesseji  die  Ruibi  nach  oben  und  aussen,  seltener  nach  oben  und 
innen.  Es  besteht  also  zwisclien  der  Innervation  des  ganzen  Orbicularis  und 
derjenigen  der  Heber  des  Bulbus^  namentlich  beider  M.  obliqui  infer.  ein 
bestimmter  Consensus*  Nur  bei  einer  kleinen  Zahl  von  Individuen  tritt  das 
ge^entheiüge  V erhält niss  ein,  und  wendet  sich  heim  Zukneifen  der  Augen  der 
Bulbus  nach  unten^  (v,  Graefe  126).  Das  sog.  ., Verdrehen  der  Äugen'*  bei 
mit  dem  Schlafe  käm[if enden  Personen,  ein  Zustand,  in  welchem  beide  BuJbi 
unter  dem  halberschlafften  Oberlide  in  der  Richtung  nach  oben  und  aussen 
verschwinden,  widerspricht  nur  anscheinend  dem  obigen  Satze;  denn  das 
Aufwärts  wenden  beider  Augäpfel  in  diesem  Falle  ist  der  Ausdruck  einer  be- 
wnssten  Flucht  vor  neuen  optischen  Sinneseindrücken.  Sind  aber  erst  beide 
Bulbi  imter  dem  Oberlid  verschwunden,  dami  tritt  auch  die  für  die  Blick- 
richtung nach  oben  physiologische  Divergenzstellung  derselben  hervor.  Mit 
der  letzteren  wird  dann  nun  thatsächlich  doppelt  gesehen,  sobald  das  schlaf- 
trunkene Individuum  sich  wieder  aufgerafft  hatte,  die  Lider  für  einige  Augen- 
blicke etwas  mehr  zn  heben.  Im  tiefen  Schlafe  dagegen  machen  die  Bulbi 
htngsame  und  inkoordinirte  Bewegungen  nach  allen  Richtungen  hin.  Diese 
Hucht  der  Augäpfel  nach  oben  beim  Zukneifen  der  Lider  ist  eine  äusserst 
zweckmässige  Mitbewegung,  indem  zugleich  bei  dem  reflektorischen  Lidschlag 
zum  Schutze  des  Auges  Hornhaut,  Iris  und  Linse  unter  den  Wulst  der  herab- 
gezogenen .\ugenbrauen  sich  flüchten,  um  hinter  einer,  durch  die  Kontraktion 
des  Muskels  und  die  Faltenbildung  der  Lidhaut  dicker  gewordenen,  schützenden 
Decke  besser  geborgen  zu  sein.  Auch  dringen  gegenüber  dem  plötzlich  ins 
Auge  fallenden  grellen  Lichte  dann  weniger  Strahlen  durch  das  zusammen- 
gezogene verdickte  Lid  in  das  Auge,  zumal  dabei  die  durchsichtige  Hornhaut 
und  l*upille  sich  gegen  die  dunkle  obere  Orbitalwand  gewendet  haben. 

Dass  bei  dieser  Flucht  der  Bnlhi  nach  oben  der  Augapfel  aktiv  durch 
das  Unterlid  nach  oben  geschoben  wurde,  konnte  A.  v.  Graefe  (h  c)  an 
folgendem  Falle  beobachten: 

Bei  einem  Frauenzimmer  mit  totaler  Unbeweglichkeit  des  Bulbus  war 
es  auffallend,  dass  die  unbewegliche  Hornhaut ,  welche  beim  wiUküriichen 
Blick  nach  oben  sich  nicht  im  Mindesten  erhob,  sofort  eine  aufsteigende 
Bewegung  einging,  wenn  Patientin  die  Lider  fest  schloss  oder  blinzelte.  Der 
früher  vollständig  s;tarre  Bulbus  schien  jetzt  plötzlich  beweglich  zu  sein.  Als 
Ursache  dieser  Bewegung  konnte  nur  die  Zusammenziehung  und  Hebung  de^ 


rA 


Mitbewe^ung  si wischen  dem  0^^^i<-'illrtm  un<l  den  Hebern  des  Bullmd. 


unteren  Lides  fHOfiesp rochen  werden,  dejin  sowie  das  Letztere  auf  die  Wa 
vom  Bulbus  abgezogen  wurde,  und  nun  die  Kranke  die  Augenlider  schlie 
sollte,  trat  nicht  mehr  die   geringste  Verschiebung   ein,  sogleich   aber,   -weil 
bei  nachlai^sendem  Zug  das   untere  Lid  den  Bulbus  wieder  berührte.  - 

Die  Flucht  des  Bulbus  nach  oben   bei  kräftig  intendirter  Zusanimenziehung 
des  Orbicularis  können  wir   am    deutlichsten    bei  Lagoplithalmus   zufolge  von 
Facialislähmnng    konstatiren ,    wie    aus   Figur    23   ohne  Weiteres    hervorgeht 
Lässt  man    vhwu  derartigen  Patienten  das  Lid    der  gesunden  Seite    nur  leis 
wie  zum  Schlafe  scldiessen,  dann  bewegt  sich  das»  Auge  meist  nur  wenige  na 
oben  (siehe  Figur  24),  auf   den  Befehl   aber    dns  Auge  zuz^jkneir^^n,  flieht 


L.  C.     Hedita^iligi*  kiuupkte  FiieiaÜHlähmung,     KoHuii^  des  liulliüi«  nacli  oben  iu   verschiedt:oi 

HtJidieu  des  veniuclilc'n   Lidschlussn's. 


I 


Bulbus  weit  nach  oben,  meist  nach  aussen  oben,  seltener  nach  oben  mnen^] 
Zugleich  damit  erweitert  sich  auch  zufolge  des  im  vorigen  Kapitel  beschriebenen  ' 
mechanischen  Moments  die  Lidspalte  (siebe  Figur  23}.  Bei  einzelnen  Individuen 
und  namentlich  bei  Leuten  mit  absoluter  Facialislahmung  verschwindet  dann 
oft  die  Hornhaut  ganz  aus  der  klafl'enden  Lidspalte  (siehe  F'igur  25),  und  das 
Auge  gleicht  den  Augen  antiker  Statuen,  bei  weichen  ja  bekanntlich  Hornhaut 
und  Pupille  nicht  modellirt  wurden.  | 

Diese  zweckmässige  und  der  Hornhaut  Schutz  gewährende  Flucht  des 
Bulbus  nach  oben  beim  Zukneifen  der  Augen  will  Oejnhardt  (127)  bei 
vielen  F'ällen  von  Facialislahmung  so  lange  bestehend  beobachtet  haben,  aU 
die  Lähmung  des  Musculus  orbicularis  andauerte.  Es  sei  das  Verharren  des 
Augapfels  in  seiner  Ruhestellung  bei  dem  Befehle  die  Lider  zu  sehliessen  eio 
unverkemibares  Zeichen  der  Besserung  der  Facialislahmung  gewesen.     Inwie- 


) 


weit  diese  Angaben  richtig  sind,  müsseu  iiuch  weitere  IWobachtungen 
bestätigen. 

§33.  Fordert  man  Nerv^ose  oder  an  Biisedow'st'ber  Krankheit  leidende 
Patienten  auf,  das  Ange  sanft  wie  zum  Schlafe  zu  selüiesseu,  sn  beubacliten 
wir  sehr  hantig  einen  auffallenden  Tremor  des  Oberlides,  der  aber  auch  bei 
sonst  ganz  gesunden  Menschen  nicht  selten  gefunden  wird.  Dies»*  unter  der 
Bezeichnung:  Rosenbach'sches  Phänomen  (12H|  bekannte  Erscln^inung  er- 
klären wir  aus  dem  Widerstreit  antrig<*nistiseli  auf  du^  Lider  wirkendt^r  Kraftev 
Indem  nämlich  bei  dem  Yei^uche,  das  Auge  zu  scbliessen,  beide  Bulbi  gesety.- 
mässig  nach  oben  gerollt  werden,  wird  durch  den  Fasrienzipfel  (Figur  8,  tsc) 
auf  den  Fomix  ctuijunctivae*  wie  auf  das  iHjerlul  ein  /avj  in  drr  Richtung 
nach  oben  ausgeübt,  wie  wir  das  ja  an 
Figur  23,  24  und  1*^  gesellen  haben. 
Scbliessen  wir  nun  sanft,  wie  zum 
Schlafe,  die  Augen,  so  überwiegt  zwar 
der  Tonus  der  Palpt  hralpnrtion  des 
Orbicularis  den  Gegeuzng  am  Oberlid, 
welcher  durch  das  11 1 na iif rollen  des 
Bulbus  nach  oben  bewirkt  wird,  ahei' 
nicht  so,  als  dass  nicht  das  Widerspiel 
dieser  antiigonistisch  wirkenden  Kräfte 
in  einem  so  beweglichen  Organe  wie 
dem  Oberlid  durch  einen  Tremor  sich 
bemerk  lieh  machen  würde.  Noch  auf- 
fälliger tritt  dieses  Spiel  gt  geir  einander 
wirkender  Kräfte  auf,  snhaltl  wir  he- 
w*usst  den  Bulbus  weit  nach  oben  bewegen 
und  nun  versuchen,  das  Auge  sanft  wie 
zum  Schlafe  zu  scbliessen.  In  wirklichem 
Schlaf  dagegen  verliert  sich  das  Kosen* 
bach'sche  Phänomen  aus  dem  Orun<le, 
weil   der  Orbicularis   erschlaÜ't  ist    und 

damit  die  eine  Zugkraft  am  Oberüde  in  W'egfall  kommt,  anderseits  aber  der 
Bulbus  ganz  langsame  inkoordinirte  Bewegimgen  nach  den  verschiedensten 
Richtungen  hin  unternimmt,  und  deshalb  ein  Widerspiel  der  Kräfte  gar  nicht 
zu  Stande  kommen  kann.  Das  Zittern  der  Lider  beim  Lidschluss  von 
Patienten,  welche  an  Morbus  Basedowii  leiden^  worauf  Homen  (129)  haupt- 
sächlich hingewiesen  hat,  wird  sich  aus  den  oben  angeführten  Ursachen 
wegen  des  Exophthalmus  dann  noch  um  so  leichter  erklären. 

Da  der  Tremor  der  Lider  bei  geöffneten  Augen  sich  verliert,  Mann- 
heim U30),  so  kann  auch  die  Ursache  desselben  bei  geschlossenem  Lide  nicht 
die  gleiche  sein,  die  etwa  den  Tremor  manuum  hervoiTuft. 

Während  die  seither  geschilderten  Mitbewegungen  zwischen  Lidern  und 
Bulbus  mehr  ein  Ausdruck  normal  physiologischer  Verhältnisse  waren,  welche 


Flg.  25. 

K.  N.    Rrvhtstsi'ilJ.ui'  kompletc  Füditliwlütunnnjy:. 

FJiirht  tk'r  Cornea  nach  nUvn   bei   verGUchletii 

LUisi'liJiiss. 


56  Zwangsweise  Lidbewegungen  bei  seitb'chen  Bewegungen  des  Augapfels. 

unter  dem  Einfluss  pathologischer  Zustände  gewisse  Veränderungen  erfuhren, 
wenden  wir  uns  nun  zu  einer  Gruppe  derartiger  Beziehungen,  welche  entweder 
einen  nur  bei  Einzelnen  vorkommenden  Ausnahmezustand  physiologischer  Mit- 
bewegungen darstellen,  oder  welche  erst  als  Folge  pathologischer  Verände- 
rungen zur  Entwickelung  gekommen  sind,  ohne  dass  vorher  eine  Andeutung 
davon  vorhanden  gewesen  wäre. 

c)  Zwangsweise  Lidbewegungen  bei  seitliehen  Bewegungen  des  Augapfels. 

§34.  Diesen eigenthümlichen Bewegungsformen hatFuchs(131)  vornehmlich 
seine  Aufmerksamkeit  geschenkt.  Meist  bei  Adduktion,  seltener  bei  Abduktion 
des  Auges  hebt  sich  das  Lid  derjenigen  Seite  höher,  auf  welcher  meist  Augen- 
muskellähmungen  vorhanden  sind,  während  sich  das  Oberlid  des  anderen  Auges 
tiefer  senkt  und  dann  durch  Willensimpuls  in  dieser  Stellung  nicht  gehoben 
werden  kann.  Vor  Kurzem  hatten  wir  Gelegenheit,  folgenden  hierher  ge- 
hörigen Fall  genauer  zu  beobachten.  Ein  28jähriger  junger  Mann  hatte  zu 
einer  Phthise  noch  eine  tuberkulöse  Meningitis  hinzubekonunen.  Die  linke 
Lidspalte  war  zufolge  einer  leichten  Ptosis  enger  als  die  rechte.  Die  Be- 
weglichkeit des  linken  Bulbus  nach  innen  war  beschränkt.  Später  entwickelte 
sich  auch  Ptosis  auf  dem  rechten  Auge.  Beim  Blick  nach  links  hin  wurde 
nun  das  linke  Oberlid,  und  namentlich  die  nasale  Partie  desselben  krampfhaft 
in  die  Höhe  gezogen,  während  das  Oberlid  des  rechten  Auges  herabsank,  und 
der  Bulbus  etwas  nach  innen  und  unten  hin  abwich.  Dabei  zog  sich  die  linke 
Augenbraue  durch  Kontraktion  des  Frontalis  lebhaft  in  die  Höhe,  und  war 
die  Hebung  des  Oberlides  demnach  wohl  weniger  auf  den  Levator,  als  auf 
eine  Kontraktion  des  Frontalis  zu  beziehen.  Liess  man  den  Patienten  weit 
nach  rechtshin  blicken,  so  trat  hier  das  analoge  Phänomen  auf,  indem  nun 
das  rechte  Oberlid  und  die  rechte  Augenbraue  in  die  Höhe  gezogen  wurde, 
während  das  linke  Oberlid  herabsank,  und  der  linke  Bulbus  in  der  Bewegung 
nach  rechts  hin  zurückblieb.  Der  Patient  ging  an  tuberkulöser  Meningitis  zu 
Grunde. 

Während  bei  diesem  Falle  in  der  Abduktionsstellung  das  Oberlid  des 
einen  Auges  gehoben,  das  des  anderen  gesenkt  wurde,  und  diese  Erscheinung 
abwechselnd  auf  beiden  Augen  hervorzubringen  war,  sehen  wir  in  dem  folgen- 
den Falle  aus  unserer  Beobachtung  dies  Phänomen  der  Lidhebung  nur  ein- 
seitig auftreten,  ohne  dass  das  Augenlid  des  anderen  Auges  dabei  herabge- 
sunken wäre. 

Seh.  K.,  34jähriger  Mann,  hatte  vor  drei  Jahren  Lues  durchgemacht. 
Wird  nun  unter  den  Erscheinungen  schwerer  Gehirnsyphilis  ins  Krankenhaus 
aufgenommen.  Rasende  Kopfschmerzen,  zeitweise  Stupor,  epileptiforme  An- 
fälle, beiderseits  Neuritis  optica,  rechts  Keratitis  neuroparaly tica ,  links  voll- 
ständige Abducenslähmung.  Schwindel,  Tremor  der  Hände,  Ataxie  der  Beine. 
Während  der  Rekonvalescenz  wurde  folgende  Erscheinung  beobachtet  (Figur  26). 
Die   linke  Lidspalte  wird   beim  Blick  nach   links  auffallend  weit,   sodass  ein 


Zwangsweise  Lidbew^gungen  liei  seitlichen  Bewegungen  de?f  Htjlbn«. 


!u 


breiter  Skleralstreifeii  über  dem  oberen  Honihautrande  sichtbar  wird,  gleich- 
zeitig wurde  durch  Kontraktion  dos  Muse,  frontalis  die  linke  Augenbraue  in 
die  Hohe  gezogen.  Der  linke  Bulbus  war  unvermögend,  über  die  Mittellinie 
nach  links  hinüberbewegt  zu  werden.  Beim  Blick  nach  rechts  hin  trat  bei 
normaler  Seitwärtshewegung  heider  Bulbi  das  Ilianonien  nicht  auf.  Da  keine 
sekundäre  Ablenkung  des  linken  Auges  trotz  des  absoluten  l'nverniogens,  das 
Auge  nach  auswärts  zu  bewegen  bestand ,  und  auch  der  Patient  nie  über 
Doppeltsehen  Klage  geführt  hatte,  mag  wobi  hier  diese  Erscheinung  angeboren 
gewesen  sein.  Auch  in  diesem  Falte  handelt  es  sich  offenbar  nicht  um 
eine  Innervation  des  Levator,  sondern  des  Frontalis,  welcher  die  Hebung  des 
linken  Oberlides  besorgte.  Eine  Ptosis 
war  hier  nicht  vorhanden.  Jedenfalls 
giebt  es  sichere  Beobachtungen,  wie  der 
gleich  anzuführende  Fall  Brownings 
(133),  bei  welchem  diese  Erscheinung 
nicht  auf  eine  Erkrankung  zurückgeführt 
werden  konnte,  während  dieselbe  bei 
anderen,  wie  z.  B.  im  Falte  H  ri  x  a  (132), 
pli>tzlich  entstanden  war.  Hier  bestand 
auf  dem  rechten  Auge  eine  Lähmung 
sämmtlicher  vom  Oculoraotoritis  ver- 
sorgter Muskeln.  Bei  kräftiger  Inner- 
vation gelang  es,  das  rechte  Auge  etwas 
über  die  Mittellinie  hinaus  zu  adduziren. 
Dabei  hob  sich  da^s  sonst  herabgesunkene 
rechte  Augenlid  so  sehr,  dass  ein  1,5  mm 
breiter  Skleralstreifen  über  der  Korn- 
haut  sichtbar  w^orde.  l^atientin  war  eine 
37  jährige  Frau,  Das  Leiden  war  plötzlich 
entstanden.     Lues  war  nicht  vorbanden. 

Bei  einem  anderen  unserer  Falle 
konnten  wir  die  in  Rede  vStehende  Er- 
scheinung unter  unseren  Augen  auftreten 

sehen.  Derselbe  ist  dadurch  auch  beraerkenswertb  ,  dass  die  Hebung  des 
Oberlides  beim  Blick  nach  unten  hin  erfolgte  und  eine  Theilnahme  des  Fron- 
talis der  gelähmten  Seite  viillig  auszuscb Hessen  war: 

L,  Seh.,  46jährige  Frau,  früher  Kellnerin,  jetzt  Wirthin,  hatte  viel  ge- 
trunken und  auch  einmal  Lues  acfjuirirt.  Seit  •*  4  Jahren  klagt  dieselbe  ül^er 
heftige  Kopfschmerzen  und  Angstzustände,  über  Schwere  im  linken  Oberlid 
lind  Doppeltsehen.  Eines  Morgens  w^ar  auf  dem  linken  Auge  eine  komplete 
Ptosis  aufgetreten,  und  zeigte  sich  bei  der  I'nt ersuchung  eine  Lähmung  des 
Trochlearis  und  aller  Aeste  des  Oculomotorius:  nur  die  Akkommodation  w\ar 
auf  dem  linken  Auge  frei  geblieben.  Mehrere  Monate  nach  einer  kräftigen 
Schmierkur    und    fortgesetztem    J od kali gebrauch    liochgradige    P»esserung    der 


Fip.  2G. 

Seil.  K.    Link^:  llf-wegunjErsHi'iehrÄukutJu  des 

Bulbus  luii'h  luiswarts.    Hei  intciidirtpr  Blick- 

nclituüg   unch   Uoks   auffikUige?-   He1>eii    dos 

link^'n  Oberlid». 


Zwangeweise  Lidhebung  1>ei  Bewegungen  des  balhus. 


Augenmuskt^lstorungeiL  Die  Ptosis  des  linken  Auges  ist  sehr  zuriickgegan§:eß, 
cUp  Stellung  der  Bulbi  beim  Blick  geradeaus  fast  normal.  Die  BeweglicKkeit 
des  Hnllnift  nach  nnten  noch  etwas  beschränkt.  Allgemeinbefinden  sehr  ge- 
bessert, lilk'ki  nun  ratieutin  mnglichst  weit  nach  unten  hin,  dann  wird  das 
früher  viÜlig  gelähmt  gewesene  linke  (*i>erlid  (siehe  Figur  27,  ohne  Theil- 
uahnif  des  M.  froutalis)  nach  «iben  gezerrt,  sodass  ein  breiter  Skleralstreifen 
zwis<  fien  übenan  Lid-  nud  t^oruLMlraud  inni  sichtbar  wird. 

ISei  einem  Falle  Fri  ciltMiwahrs  (KU  u.  135)  sanken  die  Lider  auch  bei 
Konvergenz,  während  bei  rim-r  zwiäten  Ijeubachlunfj  dieses  Autors  dies  nur  bei 

der  mit  Seitenbewegung  verknüpften 
Adduktion  des  hetreftenden  Auges 
geschalt 

liei  einem  Falle  FJrowning's 
(K-iS)  liolien  sieb  bei  der  Konvergenz 
die  Lidrr  stark.  Bei  der  Senkung 
der  Andren  gingen  die  Lider  nur  bis 
zum  Ihiriznntalen  Meridian  mit. 
Wnrden  die  Augen  noch  mehr  ge- 
senkt, dann  blieben  die  Lider  zuerst 
stehen  und  hoben  sich  zuletzt 
snjLMr  noch  mehr  in  die  Höhe. 
iJerartige  an  das  von  Graefe- 
srhe  rhänomen  beim  Basedow  er- 
innernde Erscheinungen  sind  auch 
von  Fuchs  (1.  c)  und  Pick  (136) 
unter  den  analogen  Umständen  ge- 
rn acht  worden. 

Aus  der  von  Sinclair  (137) 
gemachten     Zusamnienstellung     von 


L.  Sf'h*    lij   iltr  Hest-^eruntj  lu'urilKih'  i.)|^hlbaIniO' 
p]egja  fxierior   mit    l*tos]>.      IlfJuuig  drs  früher 
gelähiiü  ^'rwbseia*'!!   litikdi   <MKiiiilr.H  Whii   Küek 
iiiurli   uiitfn. 


Fällen    abnormer    Mitbew^egung    des 

Oberlides    emehen    wir,    dass    auch 

Beobachtungen  vorliegen,  wo  mit  der 

Bewegmig  des  Auges   nacli  innen    immer  Zusauimenziehuug  des  Orbicularis 

und  eine  Zurückziehung  des  Bulbus  verknüpft  war,  eine  Erscheinung,    welche 

auf  eine  anormale  angeborene  Muskelinsertiou  hinweist. 

Sinclair  hält  es  für  wahrscheinlich,  dass  in  einer  gerne  i  n  samen 
Nervenfaserversorgung  die  Erklärung  für  dieses  Phänomen  gesucht  werden 
müsse.  Wenn  auch  bei  Einzelnen  unstreitig  diese  F^rscbeinimg  von  Geburt 
an  bestanden  haben  muss.  so  waren  doch  bei  der  Mehrzahl  der  Fälle  nucleare 
Augenmuskellähmungen  dem  Auftreten  dieser  Erscheinung  vorausgegangen.  Es 
geht  darum  nicht  an,  bei  diesen  ac<|uirirten  Fällen  an  eine  von  der  Regel 
abweichende  anatomische  Einrichtuug  der  Bewegungscentren  zudenken.  Nach 
Fuchs's  Ansicht  käme  es  bei  dem  unzweifelhaft  atrophischen  Zustande,  in 
welchem  sich  die  Bewegungstentren  der  Augenruuskeln  befänden,  viel  leichter 


I 


w 


Association  von  Litlbewegungen  mit:  Veränderuugen  der  Pupillenweite.  59 

zum  Cebergreifen  des  Innen^ationsreizes  auf  benachbarte  Gebiete.  Man  beob- 
achte dieselben  häufig  bei  Lähmungen  sowohl  cerebralen,  als  spinalen  Ursprunges. 
Die  Mitbewegungen  können  die  andere  Seite  betreffen ,  viel  häufiger  beträfen 
sie  aber  Muskeln,  welche  derselben  Extremität  angehörten. 

Schliesslich  sei  hier  noch  folgender  interessa?)ter  Fall  von  Gold- 
scheider  (138)  erwähnt,  welcher  leicht  mit  diesen  Fällen  verwechselt  werden 
kfiimte.  Derselbe  beobachtete  bei  einer  Hysterischen,  dass,  wenn  dieselbe 
nach  rechts  unten  blickte,  der  linke  Bulbus  krampfhaft  nach  unten  innen 
gezogen  wurde,  während  das  linke  obere  Augenlid  sich  erhob.  Es  bestand 
also  ein  Krampf  im  oberen  Augenlide  und  im  Rectus  inferior. 

Lewi  (142)  erwähnt  rhytlniiischer  Lidbewegungen  bei  Xystagnius, 


d)  Association  yuu  Lidbeweguiigen  mit  \eriinderuugeti  der  Pupillen  weite. 

Jt  35,  Bei  zwei  von  Sidney  IMiilipi^s  (139)  beschriebenen  Fällen  waren  die 
eben  beschriebenen  Lidhewegungen  von  Piipillenbewegungen  begleitet,  indem 
die  Lidhebung  gleichzeitig  mit  einer  Pupillenkontraktion  eintrat  und  umge- 
kehrt. Rhvthniische  Vf^ränderungen  in  der  Weite  der  Lidspalte  zugleich  mit 
Pupiilenkontraktion  hat  ferner  Salzmann  (140)  bei  einem  21jälirigen  Mäd- 
chen beobachtet  Es  bestand  linkerseits  Ptosis,  Ablenkung  des  Auges  nach 
aussen  und  etwas  nach  oben  und  vollständige  T-nbeweglichkeit  des  Auges  nach 
innen  und  oben.  Die  Pupille  war  erweitert  und  reagirte  auf  Licht.  Die 
Weite  der  rechten  Lidsfialte  war  bei  normal  geöffnetem  Auge  10  mm,  die  der 
linken  Lidspalte  diigegen  schwankte  zwischen  3  und  9  mm.  IHese  Schwan- 
kungen erfolgen  in  ganz  regelmässiger  Weise,  Das  obere  Lid  hob  sich  unter 
zuckenden  Bewegungen,  bis  die  Ptosis  fast  ganz  geschwunden  war.  In  diesem 
Zustande  verhanle  das  Lid  einige  Sekunden,  worauf  es  sich  in  gleichmässiger 
\Veise  wieder  senkte,  bis  es  das  Maximum  der  Ptosis  erreicht  hatte.  Dieses 
Spiel  wiederholte  sich  ungefähr  zweimal  in  der  Minute  und  war  von  einer  ent- 
sprechenden Aenderung  in  der  Pupillenweite  begleitet.  Mit  der  Hebung  des 
Lides  verengerte  sich  nämlich  rasch  und  gleiclnnässig  die  Pupille  bis  auf  un- 
gefähr 3  mm  (eine  Enge,  welche  die  rechte  Pupille  nur  bei  starkem  Licht- 
einfall  erreichte);  dann,  gleichzeitig  mit  der  Senkung  des  Lides,  erfolgte  eine 
nickw*eise  Erweitenmg  der  Pupille,  welche  gleichzeitig  mit  der  stärksten  Sen- 
kung des  Lides  ihr  Maximum  (6— 8  mm)  erreichte.  Es  war,  sagt  Fuchs,  als 
ob  in  rhythmischer  Weise  die  Innervation  des  gelähmten  Levator  palpebrae 
und  des  Sphincter  iridis  zunehmen  und  abnehmen  w^ürde,  vielleicht  durch  rhyth- 
misch w^echselnde  Versorgung  der  entsprechenden  Ursprungskerne  mit  Blut. 
Auch  hier  hob  sich  das  Lid  bei  Addiiktion  des  Auges,  Avährend  es  bei  der 
Abduktion  desselben  noch  stärker  herabsank.  Die  Mutter  dieses  Mädchens 
hatte  an  Epilepsie  gelitten.  Die  ( k'nlonmtoriusläbmung  soll  im  zweiten  Lebens- 
jähre  nach   Diphtherie  aufgetreten  sein. 

Auch  Rampoldi  (141)  konnte  einen  ähnlichen  Fall  beobachten. 


60       Mitbewegungen  des  Oberlids  bei  Oeffnen  des  Mundes  and  bei  Kaubewegungen. 

e)  Mitbewegungen  des  Oberlids  bei  Oeffnen  des  Mundes  und  bei  Kaii> 

bewegungen. 

§  36.  Auf  die  Mitbewegung  des  Oberlides  bei  OeflFnen  des  Mundes  und  Inner- 
vation der  Kaumuskulatur  hatte  zwar  Gunn  (143)  zuerst  hingewiesen,  jedoch 
ist  von  Helfreich  (144)  diese  auffallende  Erscheinung  zuerst  genauer  studirt 
und  erklärt  worden.  Wir  selbst  hatten  auch  einmal  Gelegenheit,  bei  einer 
sehr  schönen  jungen  Dame  dies  entstellende  Phänomen  zu  beobachten.  Der- 
selben wurde  von  ihren  Mitpensionären  jedesmal  beim  Verzehren  ihres  Früh- 
stückes Vorwürfe  gemacht,  „sie  solle  doch  keine  solch  affektirten  Bew^ungen 
mit  ihrem  Auge  machen".  Für  gewöhnlich  merkte  man  dem  Auge  nichts  an, 
sobald  aber  die  betreffende  Dame  kaute  und  die  Blickebene  dabei  gesenkt 
hielt,  machte  das  linke  Oberlid  die  energischsten  Zuckungen,  wobei  der  obere 
Lidrand  weit  von  der  oberen  Cornealgrenze  sich  entfernte.  Die  Lidspalten 
waren  beide  gleich  weit ;  es  war  also  keine  Spur  von  Ptosis  vorhanden.  Auch 
unterblieb  das  Phänomen,  wenn  der  Mund  bei  geschlossenen  Kiefern  geöfhiet 
wurde. 

Die  meisten  Beobachter  sahen  diese  Erscheinung  beim  Kauen  und  bei 
weitem  Oeffnen  des  Mundes  eintreten,  sodann  bei  lautem  Reden  und  selbst 
beim  Schlucken.  Elschnig  (145)  und  Block  (146).  Letzterer  fand  dieselbe 
auch  hereditär  bei  zwei  Söhnen,  deren  Vater  an  Gehirntumor  gestorben  war. 
Auch  lediglich  beim  Aufblasen  des  Mundes  beobachtete  dieser  Autor  das 
Phänomen. 

In  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  handelt  es  sich  um  nervöse  Bezieh- 
ungen zwischen  dem  Nervus  oculomotorius  und  dem  Trigeminus;  und  haupt- 
sächlich scheint  die  Aktion  der  vom  letzteren  Nerven  versorgten  Muscnli 
pterygoidei  die  Mitbewegung  des  Oberlides  zu  bewirken.  Fast  alle  Beobachter 
sind  darüber  einig,  dass  bei  der  durch  die  Mm.  pterygoidei  bewirkten  seit- 
lichen Kieferverschiebung  das  Phänomen  dann  auftrat,  wenn  die  Kiefer  nach 
der  dem  zuckenden  Lide  entgegengesetzten  Seite  gedreht  wurden,  wenn  also 
der  Innervationsvorgang  sich  auf  die  M.  pterygoidei  der  Seite  des  zuckenden 
Lides  erstreckte.  Jedenfalls  ist  sicher,  dass  nicht  alle  vom  motorischen  Aste 
des  Trigeminus  innei-virten  Muskeln  in  gleicher  Weise  bei  der  Lidhebung  mit- 
betheiligt  sind,  denn  in  einigen  Fällen  (Just  [147])  werden  ausdrücklich 
einzelne  Kaumuskeln  als  nicht  wirksam  erwähnt,  welche  wieder  in  anderen 
als  von  besonderer  Wichtigkeit  für  das  Zustandekommen  des  Phänomens  an- 
gesehen wurden.  Der  Musculus  masseter  und  Temporaiis  scheint  nach  Bern- 
hardt (148)  ganz  auszuschliessen  zu  sein. 

Während  das  eine  Oberlid  zuckt,  steht  meistens  das  Oberlid  des  anderen 
Auges  völlig  still.  Bei  nicht  gesenkter  Blickebene  werden  die  Bewegungen 
des  Oberlides  weniger  ausgiebig  und  verschwinden  bei  stark  nach  oben  ge- 
richtetem Bulbus,  sofern  diese  Bewegung  überhaupt  möglich  ist,  denn  in  der 
folgenden  Zusammenstellung  Sinclair 's  (137)  fanden  sich  unter  32  Fällen  10, 
welche  eine  angeborene  Bewegungsbeschränkung  des  Bulbus  nach  oben  zeigten. 
Sinclair  hat  nämlich  32  theils  eigene,  theils  aus  der  Litteratur  gesammelte 


Mitbewegtingeti  i\ea  Oberlids  beim  OeffDen  des  Mundeä  und  beim  Kauen.  61 

Fälle  znsamineiigestellt  und  dieselben  nach  den  Bewegiiiigeii  des  Unterkiefers 
in  vier  Gruppen  eingetheilt.  Die  13  Fälle  der  ersten  Gruppe  zeigen  die  Mit- 
bewegung des  Überlides,  sowie  der  Mund  geoftnet  wird,  und  der  Unterkiefer 
sich  nach  der  entgegengesetzten  Seite  bewegt;  die  zweite  Gruppe  um fa,s st  die- 
jenigen Fälle,  bei  welchen  die  Hebung  des  Lides  nur  bei  Senkung  des  Unter- 
kiefers erfolgte  U6  Fälle),  Die  Fälle  der  dritten  Gruppe  zeigten  die  Mit- 
bewegung des  Überlidea  nur  bei  Seitwärtsbewegung  des  Unterkiefers  {2  Fälle)- 
Wäbrend  bei  28  Fällen  dieser  drei  Gruppen  Ptosis  des  mitbewegten  Lides 
bestand,  zeigten  vier  Fälle  der  vierten  Gruppe  da^  Phänomen  bei  Kiefer- 
bewe^ng,  ohne  dass  Ptosis  bestand.  Es  zeigte  sich  demnacb  in  der  Mehr- 
zahl der  Fälle  das  mitbewegte  Lid  mehr  oder  minder  paretisch*  Bei  vielen 
Fällen  war  auch  neben  der  Ptosis  eine  Parese  des  Rectus  superior  vorhanden 
(Goldzieher  [149J  und  Proskauer  [150]).  Bei  einem  Falle  Uhthoffs  (151) 
war  der  Rectus  internus  gelähmt.  In  einem  von  Vossius(lo2)  beschriebenen 
Falle  zeigte  sich  das  Phänomen  bei  einem  von  zwei  Brüdern,  welche  seit  ihrer 
Gebart  mit  einer  völligen  Unbeweglichkeit  des  Bulbus  behaftet  waren.  Hubbel 
(153)  beobachtete  einen  einschlägigen  Fall  mit  Strabismus  divergens,  Amblyopie 
und  mangelhafter  Beweglichkeit  des  Rectus  superior  und  inferior.  Im  Hill- 
ni  an n 'sehen  Falle  (154)  war  neben  der  leichten  Ptosis  noch  ein  Colobora  der 
Papilla  nei*vi  optici  als  Degenerationszeichen  vorhanden.  Gegenüber  diesen 
Fällen  von  Mitbewegung  des  Überlides  neben  angeborenen  Bildungsfehlem  und 
Beweglichkeitsdetekten  des  Auges  darf  wohl  noch  einmal  hervorgehoben  werden, 
dass  in  den  Beobachtungen  von  Fuchs  (155),  Just  (156),  Fränkel  (157)  und 
unserem  Falle  weder  Ptosis,  noch  sonst  irgend  eine  kongenitale  Anomalie  zu 
konstatiren  gewesen  war. 

Gegenüber  den  Fällen  mit  kongenitalem  Bestände  dieser  Erscheinung 
sind  auch  Fälle  beobachtet,  bei  welchen,  wie  z.  B«  in  der  Friedenwald- 
sehen  Beobachtung  (158),  diese  Mitbewegungen  erst  im  14.  Lebens^jahre 
auftraten.  FränkeTs  (157)  Patientin  hatte  in  ihrem  siebenten  Lebensjahre 
keine  Ptosis,  in  ihrem  13.  war  eine  solche  vorhanden,  dagegen  trat  die  ruck- 
weise Lidhebung  schwächer  auf  als  früher.  Andererseits  bemerkte  Kraus  (159) 
im  Falle  3  seiner  Beobachtungen,  dass  die  für  gewöhnlich  etwas  engere 
linke  Lidspalte  nach  neun  Jahren  immer  noch  etwas  enger  war,  als  die  rechte, 
dass  aber  die  früher  synchronisch  mit  der  Oeffnung  und  Schliessung  des 
Mundes  stattgehabte  Hebung  und  Senkung  des  oberen  Lides  nicht  mehr  zu 
konstatiren  war^  Umgekehrt  wurde  bei  Blockes  Patientin  (146)  das  Zucken 
des  Oberlides  mit  den  Jahren  stärker.  Da  also  die  Erscheinung  sich  mit  den 
Jahren  ändern  kann,  muss  man  mit  der  Prognose  vorsichtig  sein. 

?i  37.  Während  bei  der  Mehrzahl  der  Fälle  Beziehungen  zwischen  Oculomo- 
torius  und  Trigeminus  hervortreten,  weisen  auch  einzelne  Fälle  darauf  hin, 
dass  bei  diesen  abnormen  Lidbewegungen  dem  Nervus  facialis  eine  Vermittler- 
rolle zugestanden  werden  müsse.  So  trat  in  HubbeFs  Falle  <1d3)  das  Phä- 
nomen beim  Oeft'nen  des  Mundes,  nicht  aber  beim  Verschieben  des  Unter- 
kiefers hervor.    Bull  (160)  sah  bei  einem  19jährigen  Patienten,  dessen  rechtes 


62  MitbewegungeD  des  Oberlids  beim  Oeffnen  des  Muodes  und  beim  Kauen. 

Lid  seit  der  Kindheit  ptotisch  herabhing,  dasselbe  sich  beim  Mimdö£fnen  heben. 
Schloss  Patient  das  linke  Auge,  kontrahirte  er  also  den  linken  Orbicnlaris 
palpebrarum,  so  konnte  das  rechte  ptotische  Oberlid  dann  ebenso  weit  ge- 
hoben werden,  wie  wenn  der  Mund  geöffnet  wurde;  weiter  ging  es  aber  nicht 
mehr  in  die  Höhe,  auch  wenn  jetzt  der  Mund  sich  aufsperrte.  Einen  ähn- 
lichen Fall  erzählt  von  Reuss  (161).  Bei  einem  18jährigen  Patienten  hob 
sich  das  seit  der  Geburt  gesenkte  linke  Oberlid,  wenn  der  Mund  geöffnet, 
und  der  Unterkiefer  nach  rechts  verschoben  wurde.  Eine  Oeffnung  des  linken 
Auges  erfolgte  aber  auch  dann,  wenn  das  rechte  Auge  geschlossen  wurde. 
Noch  weiter  wurde  die  Lidspalte,  wenn  sich  dabei  der  Mund  weit  öffnete. 
In  dem  Uhthoff'schen  Falle  (151)  bestand  neben  der  linksseitigen  Ptosis 
und  der  unwillkürlichen  Hebung  dieses  paretischen  Lides  beim  Kauen  und 
Mundöffnen  eine  Art  von  Kontraktionszustand  des  linken  Facialisgebietes. 
Beim  Spitzen  des  Mundes  zum  Pfeifen  w^urde  die  linke  Augenlidspalte,  also 
die  des  leidenden  Auges,  kleiner,  während  sich  in  den  Fällen  von  Bull  und 
von  Reuss  die  Mitbewegung  des  Lides  auf  der  kontralateralen  Seite  ab- 
spielte. 

§  38.  Was  nun  die  Erklärung  dieses  Phänomens  anbelangt,  so  nehmen  die 
Einen  abnorme  anatomische  Verhältnisse  in  den  Ursprungsgebieten  der  be- 
treffenden Nerven  an,  wodurch  der  Kern  des  Oculomotorius  und  in  specie 
der  des  Levator  mit  dem  motorischen  Kenie  des  Trigeminus  oder  mit  dem 
Kerne  des  Facialis  in  Verbindung  stehen  soll  (Helfreich,  Bernhardt  und 
Siemerling)*  Andere  führen  diese  abnorme  Association  auf  Mitbewegungeu 
zurück,  welche  physiologischerseits  vorkommen  und  in  den  einzelnen  Fällen 
nur  eine  besondere  Ausdehnung  gewinnen.  Hei f reich  glaubt  eine  einfache 
physiologische  Synergie  aus  dem  Grunde  ausschliessen  zu  dürfen,  weil  es  nicht 
denkbar  sei,  dass  der  dem  normalen  Willensimpuls  nur  unvollkommen  ge- 
nügende Muse,  levator  palpebr.  sup.  in  der  Form  einer  Mitbewegnng  beim 
Oeffnen  des  Mundes  leicht  und  ausserordentlich  ergiebig  in  Aktton  treten 
sollte,  während  der  normal  leistungsfähige  Muskel  der  anderen  Seite  in  voller 
Ruhe  verharrte.  Offenbar  befinde  sich  in  den  vorliegenden  Fällen  der  Muse, 
levator  unter  der  Herrschaft  ganz  verschiedener  Innervationsgebiete.  Es  müsse 
geschlossen  werden,  dass  ein  grosser  Theil  der  im  Nerv,  oculomotorius  ver- 
laufenden Fasern  seinen  Ursprung  nicht  im  Oculomotoriuskeme,  sondern  viel- 
mehr in  dem  Kerne  des  Facialis  oder  des  motorischen  Trigeminus  oder  in 
Beiden  habe.  Bei  den  Kaubewegungen  werde  die  in  den  Facialis-  und  motori- 
schen Trigeminuskem  eintretende  Erregung  diejenigen  Fasern  mit  innenriren. 
welclie  aus  dem  eben  genannten  Kerne  heraus  zu  dem  M.  levator  sich  begeben, 
ohne  mit  dem  Nervus  oculomotorius  selbst  in  Verbindung  und  Urspmngs- 
beziehung  getreten  zu  sein.  Die  damit  angenommene  Mangelhaftigkeit  des 
Oculomotoriuskernes  lasse  sich  leicht  durch  die  vorhin  erwälinten  Fälle  von 
Beweglichkeitsbeschränkung  des  M.  internus,  des  M.  rectus  super.,  der  Ptosis, 
sowie  aller  sonst  vom  Oculomotorius  versorgten  Muskeln  (Vossius)  be- 
weisen. 


Milbe wegiingen  dt-a  Oberlids  beim  OeßToeti  des  Mundes  üe4  Ih  im  Knin.*n.  63 

Warum  es  nun  gerade  die  den  Unterkiefer  lienihziehenden  und  seitlich 
verschiebenden  Muskeln  sind,  durch  deren  Innervation  die  Hebung  eines  pareti- 
schen  Lides  bewirkt  wird,  wissen  wir  nicht  bestimmt.  Jedenfülis  sind  die 
motorischen  Kerne  des  Trigeininus  und  des  Oculumotorius  benachbart,  und  es 
dürfte  hier  der  hypothetischen  Verbindung  Siemerling's  zwischen  absteigen- 
der Trigeminnswurzel  und  dem  Oculomotnriuskenie  gedacht  werden.  Ausser- 
dem aber  könnte  bei  dieser  Nachbarschaft  der  Kerne  unter  aajuirirten  patho- 
logischen Zuständen  der  Innervationsvorgang  auf  benachbarte  Gebiete  über- 
greifen und  zu  Mitbewegnngen  Veranliwsung  geben. 

Die  Kreuzung  des  Innervati onsvorganges  im  Facialisgebiet  zur  einseitigen 
Mitbeweguni^  des  Oberlides  erklärt  Bernhardt  (148)  folgendermassen.  Das 
linke  Oberlid  z.  B.  zeigt  Ptosis  und  kann  aktiv  nicht  gehoben  werden.  Jetzt 
schliesst  der  Kranke  dan  rechte  Auge:  von  einem  bestimmten  I'iinkte  der 
Rinde  der  Unken  Hemisphäre  geht  der  Impuls  nach  abwärts,  die  Mittellinie 
kreuzend,  zu  demjenigen  Kemantlieil  des  rechten  Facialis,  der  die  Nerven  für 
den  Scbliessmuskel  des  rechten  Auges  entsendet.  Zugleich  aber  trifft  dieser 
Impuls  den  krankhaft  veränderten  oder  in  eigenthümlichem  Reizzustande  befind- 
lichen Punkt  (Theil  des  Oculomotoriuskernes  desselben  linken  Auges),  von  da 
aus  die  Nervenfasern  für  den  paretischen  linken  Lidheber  ihren  Ursprung 
nehmen,  und  innervirt  diesen  mit. 

Eine  etwas  von  den  in  Rede  stehenden  Fällen  abweichende  Beobachtung 
hat  Beaumont  (lö2)  gemacht.  Bei  einem  zweijährigen  Kinde  trat  beider- 
seits die  Oeffnung  der  Lider  nur  ein,  wenn  der  Kopf  liinten  4ibergeworfen, 
und  der  Kiefer  gesenkt  wurde.  Sobald  man  die  Bewegung  des  Kopfes  hinderte, 
nützte  die  Senkung  des  Kiefers  nichts.  Ausser  der  Ptosis  war  auch  Epicanthus 
beiderseits  vorhanden. 

Ji39.  Eng  an  die  seither  geschilderte  Erscheinung  schliesst  sich  eine  Beob- 
achtung von  Adamük  (163)  an»  Bei  einer  40jährigen  Nonne  hoben  sich 
mit  jeder  Kaubewegung  die  Lider  weiter  nach  oben  und  wurden  zurückgezogen. 
Hierbei  wurde  der  Gesichtsausdnick  ein  sehr  auffallender  und  unangenehmer, 
da  die  Augen  schliesslich  soweit  entblosst  voi-standen,  dass  kaum  das  hintere 
Drittel  dei*selben  von  den  Lidern  lie deckt  erschien.  Als  Patientin  das  Kauen 
einstellte,  gingen  die  Augen  nach  und  nach  in  ihre  normale  Lage  zurück,  so 
dass  keine  Spur  ihres  HeiTorsteliens  ebenso  wie  der  Retraktion  der  Lider 
zurückblieb.  Auch  sonst  boten  die  Augen  der  Patientin  nichts  von  der  Norm 
abweichendes  dar.  Während  des  Sprechens  wurde  das  Iliänomen  nicht  beob- 
achtet. Die  Sache  bestand  schon  lange,  schien  aber  zuzunehmen.  Adamük 
sucht  die  Ursache  dieses  Zustandes  in  den  Verhältnissen  der,  der  Augenhöhle 
entstammenden,  venösen  Gefässe  zum  Kaumuskel  und  sieht  diese  fragliche 
Anomalie  als  das  Resultat  einer  vennsen  Stase  an. 

Rampoldi  (141)  beschreibt  eine  merkivürdige,  wahrscheinlich  angeborene 
Motilitätsstörung,  die  er  bei  einem  4S'2Jäbrigen,  sonst  gesunden  Mädchen  beob- 
achtet hat.  Der  Lidschlag  ging  ruckweise,  unter  krampfhaften  Zuckungen 
vor  sich  und    war  nicht  synchronisch  auf  beiden  Augen,   d.  h.  es  wurde  das 


64  Mitbewegangen  zwischen  Lid-  und  Nasenmuskalatar. 

Oberlid  des  einen  Auges  gehoben,  während  jenes  des  anderen  Auges  sich 
senkte.  Der  Willensimpuls  ist  aufgehoben,  und  im  Schlafe  sind  beide  Lider 
geschlossen.  Das  rechte  Auge  ist  nach  aussen  gekehrt  und  kann  diese  Stel- 
lung nicht  verlassen,  nur  beim  Heben  des  Lides  rollt  es  etwas  nach  innen, 
erreicht  aber  nicht  die  Medianebene.  Der  linke  Bulbus  verhält  sich  ebenfalls 
so.  Bei  geschlossenen  Lidern  ist  er  nach  aussen  gewendet,  die  übrigen  Be- 
wegungen sind  jedoch  nicht  so  vollständig  aufgehoben  wie  rechts.  Die 
Pupillen  reagiren  normal  auf  Licht,  sind  aber  beim  Lidschluss  stark  erweitert 
und  verengem  sich  beim  üeffnen  des  Auges  unter  den  Zuckungen  des  Levator 
palpebrae  super.,  unter  synchronischen  Oscillationen.  Die  klonischen  Kontraktionen 
der  Lidmuskulatur  und  der  Iris  werden  auch  während  des  Schlafes  beobachtet 
Dabei  ist  das  rechte  Auge  nicht  vollkommen  geschlossen  und  erscheint  promi- 
nenter. Refraktion  und  Akkommodation  waren,  soweit  man  es  ermitteln 
konnte,  normal,  ebenso  der  Augenhintergrund. 

Bei  lichtscheuen,  meist  mit  skrofulösen  Comealaffektionen  behafteten 
Kindern  begegnet  man  häufig  einem  förmlichen  Aufreissen  des  Mundes  bei 
der  Aufforderung,  ohne  Zuhilfenahme  der  Finger  das  Auge  zu  öffnen.  Zweck 
dieser  synergischen  Bewegung  ist  die  Absicht,  durch  das  Herunterziehen  der 
Haut  der  Oberlippe  auch  auf  die  Haut  des  Unterlides  einen  Zug  nach  unten 
auszuüben,  während  gleichzeitig  durch  die  Kontraktion  der  Frontales  beide 
Oberlider  nach  oben  gezogen  werden. 

f)  Mitbewegungen  zwischen  Lid-  und  Nasenmuskulatur. 

§  40.  T  o  p  o  1  a  n  s  k  i  (164)  hat  in  einer  grossen  Zahl  von  Fällen  Mit- 
bewegungen zwischen  Auge  und  Nase  beobachtet.  Zog  sich  der  Orbicularis 
der  Lider  zusammen,  so  sprang  an  dem  gleichseitigen  Nasenflügel  eine  quere 
Hautleiste  als  Ausdruck  der  gleichzeitigen  Kontraktion  des  Levator  alae  nasi 
vor.  Die  Erklärung  findet  Topolanski  darin,  dass  der  laterale  Theil  des 
Muse,  malaris  bis  hinab  zum  Nasenflügel  reichen  kann,  dass  also  in  diesen 
Fällen  eine  Zusammengehörigkeit  des  Musculus  malaris  und  des  Nasenflügel- 
hebers bestand.  Eine  Mitbewegung  von  einer  dazwischen  liegenden  Hautpartie 
wurde  nicht  gesehen. 

g)  Facialislähmung  und  Lidphänomen  bei  aktiver  und  bei  unwillkfirlicher 
Innervation  verschiedener  Gesichtsmuskeln. 

§  41.  Bei  schweren  Facialislähmungen  kommen  nicht  selten  Kontraktur- 
zustände in  den  vorher  gelähmten  Muskeln  vor.  Zugleich  machen  sich  oft 
Zuckungen  und  früher  nicht  vorhandene  Mitbewegungen  an  den  Lidern  bemerkbar. 

So  beobachten  wir  gegenwärtig  einen  51jährigen  Schutzmann  (Figur  28), 
der  im  August  1896  eine  rechtsseitige,  totale  periphere  Facialislähmung  aequirirt 
hatte.  Seit  Juni  1897  kann  das  rechte  Auge  aktiv  fest  geschlossen  werden. 
Nun  trat  allmählich   immer  deutlicher  ein  Kontrakturzustand  in  der  rechts- 


Facialislälinmiig  und  Lidphänüinen 


K> 


ßt'itigen  Wiin^emmiskulatur  ^'iu,  Dii*  vtnlu-r  verstricliuni'  Xasulabialfalte  wurdt^ 
tiefer  als  auf  der  gesunden  Seite.  Die  rechte  Lulspalfe  wurde  enger  als  links, 
wahrend  die  rechte  Äiigeid>raue  in  Fulge  vt>n  leichter  Kantraktur  im  Frontalis 
[iidver  als  anf  der  linken  Seite  stand. 

Bei  diesem  Manne  heö!)aclitt*ten  wir  iolgendt*  Mitbewegnngen,  von  denen 
eine  recht  charakteristisch  auf  Figur  28  scuiii  Ausdruck  gekoinnuz-n  ist.  Beim 
Lachen  koutrahiren  sich  die  Lider  des  rechten  Auges  bis  zum  vidi  igen  Ver- 
schluss der  Lids[jalte  mit  starker  Faltenbihlung:  dabei  steht  auflVdlt'mlerweise 
die  rechte  Augenbraue  hoch.  Dasselbe  Verhalten  war  bei  willkürlichen  Ih- 
wegungen  dei"  Muskulatur  um  den  Mund 
(Zälmezeigen)  zu  kuustatiren.  Hei  ak- 
tiven Bewegungen  der  beiden  Nasen- 
tliigel  traten  kurze  mit  den  Bewegungen 
isiichrüne  Zuckungen  im  IL  frontalis, 
orbicularis  oculi  und  levator  menti  ein. 
Umgekehrt  hob  sich  bei  willkürlicheiu 
Schhiss  des  rechten  Auges  der  rechte 
Mundwinkel  in  die  Hohe. 

tianz  ähnliche  Erscheimuigen  be- 
oliiicbten  wir  bei  einem  oOjähr.  Kaufmann, 
<ter  an  leichtem  Diabetes  leidet.  Auch 
hier  hat  sich  eine  Kontraktur  in  der 
früher  gelähmten,  rechtsseitigen  Wangen- 
niuskulatur  eingestellt,  zugleicli  mit 
einer  beträchtlichen  Verengerung  der 
rechten  Lidspalte.  Fenier  traten  reclit 
lästige  til^rilUire  Zuckungen  in  der  rechten 
Gesichtshälfte  auf,  so  dass  Patient  be- 
hauptete, ihm  sei  die  frühere  Lähmung 
Heber  geweseru  In  h»tzter  Zeit  baljen 
die  Zuckungen  spontan  aufgehurt. 
Beim  willkürlichen  Schhiss  des  rechten 
Auges  zieht  sich  der  Mundwinkel  nach  rückwärts;  die  Nasolabialfaite 
vertieft  sich,  und  die  Kimdiaut  wird  auf  der  rechten  Seite  gehoben.  Bei 
aktiven  Bewegmigen  der  Mundmuskulatur,  speziell  beim  Flöten,  zieht  sieh  der 
rechte  Orbicularis  ocub  kräftig,  beinahe  bis  zu  vollständigeni  Schlüsse  der 
Lider  zusammen,  zeitweis«*  tritt  eine  schwache  Kontraktion  im  Frontalis  der- 
selben Seite  auf. 

Ferner  beobachteten  wir  bei  einer  25jährigen  Dame,  die  in  Folge  einer 
Operation  eine  linksseitige  totale  Facialislähmung  seit  denKiuderjahren  aaiuirirt 
hatte,  eine  starke  Kontraktur  im  linken  Triangularis  menti.  Auch  in  diesem 
Falle  traten  Mitbewegimgen  in  den  Lidern  des  linken  Auges  hei  Kontraktionen 
der  Muskulatur  um  den  Mund  auf.  Endlich  bot  ein  Ujähriges  Madchen,  das  iui 
3.,  6.  und  9.  Lebensjahre  an  einer  linksseitigen,  recidivirenden,  peripheren  Facialis- 

Wilbrand-Sattuger,  Ketirologie  d«s  Aoges.  5 


Fig.  28, 

H,  N.  R<H'htssciti^'e  totale  pen|ih<>re  Fat^tiiU^- 
liUimiiEij;^.  UDwiUkiirliclie  Knmniktion  <kT 
lAdvr  dieses  Aug**s  hi^hu  V^Tsnch,   zu  luclun. 


66  Facialislähmung  und  Lidphänomen. 

lähmung  litt,  die  erwähnten  Erscheinungen  in  markanter  Weise  dar.  Da 
in  jüngster  Zeit  eine  ganz  leichte  rechtsseitige  Facialislähmung  aafgetreten 
war,  die  in  einigen  Tagen  heilte,  so  ist  gegenwärtig  bei  ruhigem  Verhalten 
des  Gesichtes  schwierig  zu  erkennen,  dass  in  der  linken  Gesiehtshälfte  eine 
Parese  noch  besteht.  In  Folge  von  Kontraktur  in  den  früher  total  gelähmten 
Muskeln  ist  die  linke  Nasolabialfalte  etwas  angedeutet,  und  die  linke  Lidspalte 
enger  als  rechts.  Sowie  nun  die  Patientin  die  Zähne  zeigt,  oder  namentlich 
wenn  sie  lacht,  tritt  ungemein  charakteristisch  der  in  der  linken  Gesiehts- 
hälfte vorhandene  Kontrakturzustand  in  die  Erscheinung  und  zwar  so,  dass 
der  linke  Orbicularis  und  Frontalis  sich  stark  kontrahiren  und  der  linken 
Gesichtsseite  einen  weinerlichen  Ausdruck  verleihen,  während  die  rechte  Seite 
lachend  erscheint. 

Diese  spastischen  Phänomene  bei  einer  peripheren  Lähmung  sind  be- 
sonders bemerkenswerth  und  lassen  zur  Zeit  eine  ganz  einwandfreie  Deutung 
nicht  zu. 

Bernhardt  (166)  bezieht  die  Kontrakturen  bei  einer  früher  gelähmten 
Gesiehtshälfte  zum  grössten  Theil  auf  pathologisch-anatomische  Veränderungen 
in  den  gelähmten  Muskeln. 

Durch  die  neueren  verfeinerten  Untersuchungsmethoden  wurden  nament- 
lich von  Dar  k  sehe  witsch  (165)  bei  peripherer  Facialislähmung  Veränder- 
ungen in  dessen  Kern  nachgewiesen ;  speziell  auch  bei  der  traumatischen  Läsion 
dieses  Nerven.  Dadurch  gewinnt  die  von  Hitzig  zuerst  für  die  in  Rede 
stehenden  Erscheinungen  gegebene  Erklärung  an  Wahrscheinlichkeit,  dass  sich 
im  Reflexorgan  ein  konvulsivischer  Zustand  einstelle,  wenn  die  Leitung  eines 
motorischen  Nerven  imterbrochen  sei. 

Bernhardt,  Remak  und  Jacobi  sprachen  sich  gegen  diese 'Hitzig- 
sche  Annahme  aus.  Jacobi  glaubt,  dass  das  Centrum,  dessen  Facialis 
gelähmt  gewesen  sei,  in  der  Zeit  der  Paralyse  übermässig  innervirt  worden 
wäre,  um  die  unbeweglichen  Muskeln  zu  kontrahiren.  Hierdurch  acquirire 
das  Centrum  als  permanenten  Zustand  eine  ungewöhnliche  Energie,  die  in 
dreifacher  Weise  in  Erscheinung  träte.  Erstens  pflanze  sich  die  Erregung  leicht 
auf  die  benachbarten  Centren  der  Muskeln  desselben  Gebietes  fort.  Zweitens 
sei  der  Widerstand  der  Leitungsfähigkeit  in  den  betr.  Nervenbahnen  herab- 
gesetzt, und  drittens  wäre  durch  die  Gewöhnung,  die  gesammte  dem  Willens- 
einflusse  entzogene  Muskulatur  zu  kontrahiren,  die  Fähigkeit,  bloss  einen  Theil 
zu  innerviren,  verloren  gegangen. 

Dass  die  in  Rede  stehenden  Erscheinungen  wahrscheinlich  nicht  auf 
pathologisch-anatomischen  Veränderungen  in  den  Muskeln  beruhen,  möchten 
wir  schon  daraus  erschliessen ,  dass  in  zwei  Fällen  ganz  alter,  kompleter 
rechtsseitiger  Facialislähmung,  in  denen  keine  Beweglichkeit  wiedergekehrt 
war  (vergleiche  Figur  25,  pag.55),  keine  Spur  einer  Mitbewegung,  Kontraktur  oder 
Zuckung  sich  nachweisen  Hess.  Nur  bei  solchen  Facialislähmungen  sahen  wir 
diese  Symptome,  in  welchen  sich  die  aktive  Motilität,  wenn  auch  nicht  voll- 
ständig, wiederhergestellt  hatte.     Dieser  Umstand  dürfte  dafür  sprechen,  dass 


diese  Phänomene  mit  \'argängen  im  ('entmin  des  Faiiali:^  in  Zusammenhang 
zu  bringen  seien;  hierbei  müssen  wir  nns  jedoch  erinnern,  dass  die  stipulirten 
Keniveranderungen  ganz  besundorer  Art  sein  müssen,  da  wir  bei  den  Kern- 
aÖektionen  xat^  ^i^Xf^v  (Bulbärkeniparalys*^)  ein  pjanz  anderes  Verltalten  der 
Facialismuskulatnr be^:Jbachteu,  indem  dieseibeniuht  knntrakturirt,  sondern  schlaft', 
atrophis^li  erscheint  und  keine  Mitbewegiingen  zeigt.  Andererseits  konnten 
wir  auf  dem  Gebiete  eines  anderen  Hirnnerven,  des  Oeulomotorius,  in  dem 
Figur  27,  pag.  58  und  Fig.  35,  pag.  78  erwähnten  Falle  von  syphiütisclier 
Xaclearläbmung  Mitbewegungen  im  vorher  gelähmt  gewesenen  Oberlide  koii- 
statiren,  eine  Erseheiinmg,  die  wir  hier  auf  einen  zur  Heilung  tendiremlen 
Vorgang  im  Oeulomotoriuskeni  zurückführen  möchten. 


Kapitel  W 

Der  Krampf  des  Muse.  Levator  palpebrae. 


§42.  Wenn  wir  die  Augen  aufreissen.  hebt  der  M.  frontalis  die  Lidhaut  in 
die  Höhe,  und  der  Levator  macht  noch  eine  letzte  Anstrengung,  wodurch  er 
in  den  iiussersten,  unter  physiologischen  Bedingungen  mugliohen  Kontraktions- 
zustand  versetzt  wird.  Durch  lebung  vermögen  wir  auch  den  Levator  allein, 
ohne  Mithilfe  des  Frontalis  zu  inner vireu. 

Als  markante  Erscheinung  des  Levatorkrampfes  sehen  wir  ein  auf- 
fälliges Klaffen  der  Lidspalte  in  der  Weise  auftreten,  dass  die  Stellung  des 
unteren  Cornealrandes  zum  unteren  Lidrande  normal  und  die  gleiche  wie  am 
anderen  Ange  ist,  wahrend  zwischen  oberem  Lid-  und  oberem  Coniealrande 
ein  breites  Stück  Sklera  sichtbar  wird.  Aus  den  im  §  1  beschriebenen  Ursachen 
springt  an  dem  Auge  der  Levator-kontraktur ,  die  Deckfalte  des  Oberlides, 
stärker  hervor  und  verstreicht  auch  nicht  ganz  beim  Blick  nach  unten.  Beim 
Senken  der  Blickehene  bleibt  die  Lidspalte  des  affizirten  Auges  stärker  klaffen 
(siehe  Figur  29),  wiewohl  das  Äuge  unter  mehr  oder  weniger  starker  Mit- 
wirkung des  Orbicularis  geschlossen  werden  kann. 

Es  ist  klar,  dass  bei  den  bezüglich  des  Fascienzipfels  (Fig.  8,  6,  pag,  22  und 
pag*  49)  näher  beschriebenen  mechanischen  Verhältnissen  auch  hier  bei  der 
Senkung  der  Blickebene  das  v.  fxraefe^sche  Phänomen  hervortreten  muss, 
dessen  auch  Koppen  in  dem  gleich  zu  erwähnenden  Falle  gedenkt. 

Bei  Patienten  mit  paretischem  oder  durch  entzündliche  Zustände  schwerer 
gew*ordenem  Oberlide  des  einen  Auges,  tretten  wir  meist  auf  eine  sekundäre 
Ablenkung  des  Oberlides  der  gesunden  Seite  nach  oben,  sofern  die  Blickebene 
geradeaus  oder  nach  oben  gerichtet  wird.  Durch  das  Bedürfniss  das  hera!»- 
gesunkene  Lid  des  kranken  Auges  über  die  I*upille  zu  erheben,  und  bei  der 
gleichmäsöigen  Vertheilung  des  Innervationsvorganges  auf  beide  Oberlider 
(wenigstens  bei  den  meisten  Menschen),  muss   der  gleiche  Innervati  onsimpuls 

6^ 


(38  Der  Krampf  des  Levator  palpebrae. 

das  Oberlid  der  gesunden  Seite  auch  höher  erheben,  weil  hier  das  Lid  leichter 
beweglich  und  weniger  schwer  ist,  als  das  der  erkrankten  Seite.  Dieser  physio- 
logische Vorgang  darf  selbstverständlich  nicht  zu  den  Krampfzuständen  des 
Levator  gerechnet  werden.  p]s  liegt  nahe  die  Ursache  einer  Levatorkontraktur 
zunächst  in  einer  Lähmung  seines  Antagonisten,  des  M.  orbicularis,  zu  suchen. 
Dem  gegenüber  muss  nun  betont  werden,  dass  eine  totale  Lähmung  des 
Facialis  in  späteren  Jahren  nur  einen  geringen  Eintluss  auf  den  Eontraktions- 
zustand  des  Levator  ausübt,  weil  der  Höhe  der  Lidstellung  jetzt  weniger  der 
Tonus  des  Orbicularis,  als  die  durch  Erschlaffung  und  Faltung  der  Haut  ver- 
mehrte Schwere  des  Oberlides  entgegenwirkt.^)  Eine  in  früher  Kindheit  erworbene 
Facialislähmung  scheint  jedoch  schon  eher  eine  Kontraktur  des  Levator  begün- 
stigen zu  können.  So  erzählt  Euch  s  (167),  dass  ein  ISjähriger  Knabe  in  seinem 
3.  Lebensjahre  durch  Sturz  sich  eine  Schädelbasisfraktur  zugezogen  hatte. 
Als  er  10  Jahre  später  in  seine  Beobachtung  kam,  zeigte  er  linksseitige 
Lähmung  des  Facialis,  des  Abducens,  und  Parese  der  motorischen  Partien 
des  Trigeminus.  Die  linke  Lidspalte  w^ar  um  5  mm  weiter,  als  die  rechte 
und  wahrscheinlich  durch  antiigonistische  Kontraktur  des  Levator  bedingt 
worden.  Auch  klaft'te  beim  Versuche  das  Auge  zu  schliessen  die  Lidspalte 
ungewöhnlich  weit. 

Auch  Sil  ex  (168)  erwähnt  3  Fälle,  deren  Erkrankung  in  einseitigem 
Hochstand  des  Oberlides  bestand.  Auch  bei  diesen  glaubt  er  per  exclusionem 
die  Ursache  in  einer  Parese  des  Orbicularis,  in  specie  einer  partiellen  Erkrank- 
ung des  oberen  Facialisastes  mit  nunmehrigem,  stärkerem  Hervortreten  der 
antagonistischen  Zugwirkung  des  Levator,  suchen  zu  müssen.  Bei  den  zwei 
ersten  Fällen  war  die  Krankheit  um  das  15. — 20.  Jahr,  bei  dem  dritten  Falle 
im  45.  Jahre  entstanden.  Im  ersten  Falle  verschwand  die  Krankheit  nach 
anderthalbjährigem  Bestände  wieder  von  selbst. 

Trotz  dieser  Ansicht  der  Autoren  ist  es  nicht  recht  verständlich,  warum 
wir  bei  der  relativ  so  häutig  vorkommenden  kompleten  Facialislähmung  auch 
bei  Kindeni  so  selten  doch  einer  derartigen,  auf  antagonistischer  Zugwirkung 
beruhenden  Retraktion  des  Oberlides  begegnen. 

Der  eigentliche,  primär  entstandene  Krampf  des  Levator  ist  eine  sehr 
seltene  P>scheinung.  Pick  (169)  erzählt  einen  derartigen  Fall  von  einer 
Geisteskranken,  welche  einen  tonischen  Krampf  der  Lidheber  darbot,  sodass 
beim  BHck  nach  unten  das  obere  Lid  unwillkürlich  oder  krampfhaft  nach 
oben  gezogen  wurde.    Zeichen  von  Morbus  Basedowii  waren  nicht  vorhanden. 

Auch  durch    reflektorische    Reize  vom   sensiblen  Trigeminus  her    wird 

der  Krampf  des  Levator  erzeugt,  indem  kranke  Zähne  Zweige  des  3.  Astes 

\      dieses    Nerven  in    dauernden    Reizzustand    versetzen.     Hutchinson    (170) 

beobachtete    bei  einer  Dame  durch  Dnick  einer  Plombe  auf  die  Pulpa  des 

ersten  oberen  linken   Packzahnes   einen  Spasmus   des   M.   levator  derselben 

1)  Jedoch  haben  wir  in  jüngster  Zeit  unter  mehreren  Fällen  von  frischer  kompleter 
Facialislähmung  bei  Erwachsenen  2  mal  auf  der  gelähmten  Seite  eine  vergrösserte  Lidspalte 
gesehen. 


Seite.  Nach  Extraktion  des  Zahnes  besserte  sich  dann  ancli  dus  Leiden  und 
verschwand  nach  ehiigen  Munateii  vüllig.  Eine  andere  llL^abachtnng  von 
H,  K.  iioodin*^  il71]  citirt  Gowers.  Hier  war  ein  (d>erer  rechter  Molar- 
zulin  kariös  und  sehr  sclimer/Juift.  Wenige  Stunden  nach  Entfernung  des- 
selben trat  rechtsseitige  Ptosis  mit  intermittirenden  Anialien  von  kioniRclien 
Spasmen  in  dem  Levator  auf,  der  jfde^nial  einige  Minuten  anhieb.  Fünf 
Tage  später  war  alles  wieder  nürniah  Am  Ü,  'läge  waren  Schmerzen  vor- 
handen, welche  sich  auf  alle  Aeste  des  Quintus  erstreckten,  doch  gingen  die- 
selben  bald  wieder  znrück,  und  kein  Symptom  kehrte  wieder.  Diese  Fälle 
von  Krampf  des  Levator  hei  Heizung  des  Trigeniinus  erinnern  sehr  an  jene 
Falle  von  Akkorumodationskrampf  hei  Zahn  reizen. 

Auch  hei  Affektion  der  Kernregion  des  Ocnloniot  orius  treten 
neben  Lähmungserscheinmigen  einzelner  von  diesen  Nerven  versorgter  Muskeln 
auch  ReiztTSchöinungen  des  Levator  auf,  otfenhar  bedingt  durch  Kiregungen, 
ausgehend  von  erkrankten  Keinen  in  der  Xachljarschaft.  Höchst  wahrscheinlich 
werden  diese  Heize   durch  Veränderungen  <ler  Hlntgefasswundungen    bedingt.] 

So  theilt  Koppen  (172)  einen  Fall  mit,  weicher  im  Wesentlichen  para- 
lytische Symptome  zeigte.  Es  bestand  Nystagmus  und  Strabismus  divergens. 
l»eim  Pdick  nach  unten  ging  gewöhnlich  znerst  der  Bulbus  allein  herunter. 
Allmäldich  folgte  erst  das  obere  Lid,  wurde  aber  immer  nocli  zeitweilig  ge- 
hoben. Mikro.skopisch  zeigten  sich  die  Kerne  des  üculomotorius  von 
sklerotischen  Gelassen  durchsetzt.  Koppen  nennt  diese  Erscheinung,  wie 
schon  früher  erwähnt,   Pseudo-tiraef e'sclies  Phänomen,  ^ 

Einen  ganz  analogen  Fall  besehreibt  Alb  rand  ( 173).  Bei  einer  45jäb- 
rigeB,  spät  hietischen  Fran  folgte  in  der  Arrfangsperiode  der  Behandlung  hei 
der  Blieksenkung  das  rechte  Oberlid  in  ebenso  normaler  Weise,  wie  das  linke 
dem  Bulbus  nach  abwärts.  Wenn  aber  eine  gewisse  Senkung  des  Lides  erreicht 
war,  blieb  das  rechte  Oberlid  gegenüber  dem  linken  zurück  mit  einem  ca.  2  mm 
betragenden  Abstand,  um  dann  sofort  mit  einzelnen  zuckenden  Bewegungen 
an  einen  höheren  Standort  zu  rücken.  Zeitweilig  waren  lieim  Abwärtssehen 
Doppelbilder  (Parese  des  ^lusc.  rectus  infer.  dexter)  nachw^eisbar.  Auch  bestand 
rechtsseitig  leichte  Akkommodationsbeschränkung,  und  war  die  rechte  Pupille 
weiter  als  die  linke.  Im  feiTieren  Verlaufe  der  Beobachtung,  schon  nach 
einem  Monat,  schlug  die  anfangs  als  abnorme  Mitbewegung  imponirende 
Prewegungsanomalie  des  rechten  Oberlides  in  ein  einfaches  Zurückbleiben  des- 
selben Iieim  Bück  nach  unten  um,  und  trat  allmählich  ein  deutlicher  liagoph- 
tlialmus  des  rechten  Auges  bei  geradeaus  gericliteter  Blickebene  immer  mehr 
hervor.  Völliger  Lidschluss  war  dabei  rechts  nur  mühsam  zu  erreichen.  Diplopie 
war  aber  nicht  mehr  vorhanden,  auch  Exophthalmus  des  recliten  Auges  nie 
zu  beul  Jachten. 

Auch  der  37jährige  Patient  von  Schanz  (174)  w^ar  seit  mehreren  Jahren 
luetisch.  Er  hatte  eine  rechtsseitige  Liihmung  des  Bectus  superior  verbunden 
mit  einer  weiten  reaktionsiosen  Pupille  und  Parese  der  Akkommodation,  Dabei 
wurden  die  Lidspalten  beiderseits  abnorm  geöffnet.     Die  linke  Pupille  war  eng 


i 


70 


Der  Krttiniif  ilt?«  Lüvutor  pa!pebr«c\ 


und  refiektorisch  starr.    Früher  bestand  links  auch  eiu  geringer  Akkomino 
tionskramjif.     Es  bestand  simut  rurlits  eine  Lähmung  des  Kerns  des  Superilj 

rles  Akkoniinodation.s-  und  Sphinlf^ 
terkerns,  während  der  Kern  des 
LevatcM'  beiderseits,  der  linke 
Sjthiiikter-  und  früher  auch  der 
hnke  Akkommodationskern  erhöhte 
ItiMzung  zeigten. 

Auch  Marina  (175)  eitirt 
einen  dahin  fiehorigen  Fall  tod 
Parinaud.  Ein  41  jähriger  Mann 
btt  weit  8  Monaten  an  Doppel* 
sehen.  Seit  mehreren  Jahren  be- 
standen tabische  Syinj)tonie.  Ihuin 
erfolgte  Lähmung  der  M.  recti  ex- 
tern i,  Parese  der  Intern  i,  Lähmimg 
der  Kecti  sup,  und  int.  Mydriaj*iH, 
Starre  der  Pupillen  und  Hetrak- 
ticju  beider  Oberlider.  — 
1*  ar  i  na  u  d  gieht  hierfür  eine  etwas 
snnderhare  Erklärung:  „der  Kectus 
superior  und  der  Lidbeber  wirken 
xiisfinimen;  wenn  der  erste  gelähmt 
und  der  zweite  nornml  ist,  dann 
wirkt  die  ganze  Innerv^ation  auf 
dt"n  Heber,  und  man  hat  daher 
eine  erhöhte  Aktion,  einen  Spasmus 
des  Levator.**  — 

Aueh  wir  waren  in  der  Luge, 
tilgenden  Fall  zu  beobachteiit 
weli'hen  wir  als  Forme  frnste  des 
Morbus  liasedowii  betrachteten,  und 
tk*m^'eniäss  die  Ketraktiim  des  Lides 
der  reell ten  Seite  und  ilie  leichte 
Ptosis  der  linken  Seite  für  eine 
Kernaffektion  ansahen,  wie  solche 
ja  Itei  dieser  Kranklieit  nicht  selten 
zur  Heobachtung  kommt.  Es 
handelte  sich  (Figg.  2^J  u.  301  um 
eine  39jährige  Frau,  welche  mehr* 
maU  abortirt  hatte,  ohne  dass  Lues 
* '^'  "'^^  naeb/uweisen  gewiesen  wäre.     Die- 

F.  K,    Ileiniktmi,  iJeB  m-hioti  (>bcdid..     BIkk         j.^,|)„,    ,,.^^.    ]^,^^^^   erregbar,    klagte 
onoh    tmten.      W  iihi^<  briDlifb    forme    fnjste    ites  ii       .  i    tt-  ii 

Moiim»  Busedowij.  Über  Herzklopten  und  HitzegefühL 


Fi^.  29. 
F.  K.     Rfttaklititi    «k»  rprlirni  Ol^eilid».     Wuhi- 


Der  Krampf  des  Levator  paipebrae.  71 

Seit  einem  halben  Jahre  soll  das  rechte  obere  Lid  sich  retrahirt  haben,  und 
das  Oberlid  des  linken  Auges  allmählich  etwas  herabgesunken  sein.  Der  Hals 
war  nicht  dicker  geworden,  der  Schlaf  hatte  sich  verschlechtert,  es  war  Tremor 
manuum  vorhanden,  aber  keine  Pulsation  der  Halsgefässe.  Puls  112.  DiePatellar- 
retlexe  gesteigert.  Linke  Nasolabialfalte  etwas  verstrichen.  Die  Sensibilität 
intakt.  Der  elektrische  Widerstand  war  sehr  erheblich  herabgesetzt  im  Ver- 
gleich zu  einer  Frau  im  gleichen  Alter.  Die  Pupillen  waren  gleich  und  von 
normaler  Reaktion.  Sehschärfe  und  Augenspiegelbefund  normal.  Beim  Blick 
nach  unt^n  trat  rechts  das  Graefe^sche  Phänomen  auf,  die  Lidspalte  blieb 
klaifen  (Figur  29),  und  die  Deckfalte  w^ar  rechts  nicht  verstrichen,  während 
die  Haut  des  gesunden  rechten  Oberlides  völlig  glatt  erschien.  Unter  Jodkali- 
gebrauch besserte  sich  das  Allgemeinbefinden.  Der  Zustand  des  Oberlides 
blieb  der  gleiche,  eher  schien  die  Ptosis  des  linken  Auges  noch  zuzunehmen. 

Einen  Krampf  des  Levator  zugleich  mit  krampfhafter  Kontraktion  des 
Kectus  inferior  der  gleichen  Seite  beobachtete  Goldscheider  (176)  bei 
einer  Hysterischen,  welcher  dann  auftrat,  wenn  dieselbe  nach  rechts  und  unten 
blickte.'  Nacli  der  Annahme  dieses  Beobachters  wird  der  Krampf  für  gewöhn- 
lich durch  Willenskraft  überwunden  und  kommt  nur  zum  Vorschein,  wenn 
das  vom  Krampf  befallene  Auge  in  einer  Stellung  sich  befindet,  in  welcher 
es  nicht  mehr  fixirt.  Schliesslich  soll  nach  Gowers  (179)  im  höheren  Alter 
ein  Spasmus  des  Levator  als  eine  selbständige  AfiFektion  auftreten.  Das  Oberlid 
stehe  bei  geradeaus  gerichtetem  Blick  etwas  höher,  als  das  des  anderen  Auges 
und  bewege  sich  beim  Blick  nach  unten  nicht  mit.  Uns  ist  eine  derartige 
Störung  bis  jetzt  noch  nicht  zu  Gesicht  gekommen. 

Charcot  (177)  bezeichnet  als  Syndrome  de  Benedikt  ein  Krank- 
heitsbild, welches  Lähmung  des  linken  Oculomotorius  und  Zittern  des  rechten 
Armes  umfasst.  Das  Lid  ist  gehoben.  Es  bestehe  Doppeltsehen.  Der 
Sitz  der  Aifektion  sei  am  inneren  unteren  Theil  des  Pedunculus  cerebri.  Die 
Bewegung  des  Armes  bestehe  in  Pro-  und  Supination. 


Kapitel  VL 

Die  Lähmung  des  Muse.  Levator  paipebrae  superioris. 

Die  Ptosis. 


§  43.  Es  möchte  leicht  befremdlich  erscheinen,  warum  wir  die  Lähmung  des 
Levator  paipebrae  superioris  gesondert  aus  einer  Reihe  von  Krankheitsbildern 
hervorheben,  welche  durch  die  Lähmung  anderer,  anscheinend  gleichwerthiger 
Augenmuskeln,  und  durch   das  häufige  Voraufgehen   oder   Hinzutreten  cere- 


12  Allgemeines  über  Ptosis. 

braler,  spinaler  und  bulbärer  Krankheitsbilder  in  so  vielfacher  und  anscheinend 
regelloser  Weise  komplizirt  erscheinen.  Das  Bedürfniss  aber,  eine  festere  Grund- 
lage für  die  noch  äusserst  mangelhafte  Verwendbarkeit  der  Ptosis  zu  differentiell* 
diagnostischen  Zwecken  zu  schaffen,  dürfte  allein  schon  genügen,  ein  solches 
Beginnen  zu  rechtfertigen,  zumal  wenn  wir  bedenken,  auf  welch  verschiedenem 
Wege  ein  Herabhängen  des  oberen  Lides  zu  Stande  kommen  kann.  Wie  häutig 
handelt  es  sich  überhaupt  gar  nicht  um  eine  Lähmung  des  Muse,  levator  palpebrae 
superioris.  So  in  den  Fällen,  in  welchen  eine  organische  Veränderung  im  Ober- 
lide, im  Tarsus  oder  in  der  Conjunctiva  Platz  gegriffen  und  zur  sogenannten 
Ptosis  chemotica  s.  ex  tumore  Veranlassung  gegeben  hat.  Femer  bei  der 
durchaus  nicht  seltenen  sympathischen  Ptosis,  die  oft  wegen  ihres  leichten 
Grades  übersehen  wird,  endlich  bei  der  pseudoparalytischen  Ptosis,  die  der 
Hysterie  zukommt.  Andererseits  beansprucht  der  Levator  palpebrae  wegen 
seines  supponirten  Rindenfeldes  eine  eigenartige  und  gesonderte  Stellung  unter 
den  Augenmuskeln  für  sich.  Daneben  vermögen  wir  einer  Ptosis  nicht  ohne 
Weiteres  anzusehen,  ob  sie  kortikalen,  subkortikalen,  nuklearen,  fascikulären, 
peripheren  oder  muskulären  Ursprungs  ist,  und  ebensowenig  können  wir  aus 
der  klinischen  Erscheinungsform  der  Levatorlähmung  als  solcher  unmittelbar 
entnehmen,  ob  dieselbe  auf  encephalitischer,  neuritischer  oder  primär  degene- 
rativer Basis  entstanden  sei,  oder  ob  durch  Blutungen,  Druck  oder  Erweichung 
das  Kern-Fasersystem  des  Oculomotorius  eine  Beeinträchtigung  erfahren  habe, 
resp.  ob  eine  primäre  Dystrophie  der  Levatormuskulatur  vorliege.  Auch  die 
Klarlegung  des  inneren  Zusammenhangs  der  Ptosis  mit  den  dieselbe  begleiten- 
den Grundkrankheiten  ist  vielfach  noch  in  Dunkel  gehüllt.  Darum  erscheint 
es,  zur  Zeit  wenigstens,  noch  erforderlich,  durch  Zusammenstellung,  Gliederung 
und  Verarbeitung  des  zahlreich  vorliegenden  Materials  die  Wege  zu  ebnen, 
welche  uns  schliesslich  dahin  bringen,  aus  den  Erscheinungsformen  der  Ptosis 
mit  Begleitumständen  auch  den  Sitz  und  die  Natur  des  Grundprozesses  mit 
annähernder  Sicherheit  bestimmen  zu  können. 

Bei  der  Verfolgung  dieses  Zieles  muss  nun  zunächst  unser  Streben 
darauf  gerichtet  sein,  für  die  topische  Diagnostik  der  Ptosis  festere  Normen 
zu  suchen,  —  eine  schwere  Aufgabe,  die  nur  unter  genauester  Berücksichtigung 
der  die  Levatorlähmung  begleitenden  anderweitigen  Krankheitserscheinungen, 
unter  Gruppirung  und  Beachtung  der  Aufeinanderfolge  der  Symptome,  eme 
Aussicht  auf  Lösung  erwarten  lässt.  Dabei  muss  Bezug  genommen  w^erden  auf 
die  Fragen,  ob  die  Ptosis  als  Krankheit  für  sich,  oder  als  Symptom  in  einem 
Krankheitsbilde  auftritt,  und  ob  sie  im  letzteren  Falle  bei  einem  bestimmten 
Symptomenkomplexe  häufig  oder  selten,  ob  sie  einseitig  oder  doppelseitig,  ob 
sie  gleichzeitig,  nachträglich  oder  häufiger  als  Prodromerscheinung  dabei 
gefunden  wird,  und  schliesslich,  ob  sie  eine  komplete  oder  inkomplete  Lähm- 
ung darstellt,  und  ob  ihr  Erscheinen  als  dauernd,  ephemer  oder  als  reci- 
divirend  zu  bezeichnen  war. 

Ganz  besonders  grosse  Schwierigkeiten  bereitet  die  Verwerthung  der 
Ptosis  im  Prodromalstadium  schwerer   cerebrospinaler   Krankheiten,   da  wir 


im  voraus  nicht  wissen  könnten,  bis  7m  weldieni  (irade  die  Lidiiiiung  fort* 
schreiten,  und  wie  lan^e  sie  bestehen  wird.  Hier  hätten  wir  ganz  l>esnnders 
nach  anderen  begieitenden  Friihsynxptooieii  zu  suchen,  uui  an-s  doren  Kondiinatiun 
auch  bei  Zeiten  Diaguuse,  Prognose  und  Therapif  hestiuiuieu  zu  künnen. 
Wie  wichtig  für  das  frühe  Erkennen  der  Tabes  und  Paralyse  eine  derartige 
P^iTungenschaft  wäre,  liegt  auf  diT  Hand. 

rieziigbcb  der  allgeiueinen  Diagnostik  hätten  wir  fenier  fustzustellen, 
ob  der  Ptosi.^,  wenn  sie  gemeinschaftlich  mit  einer  anderen  wohlcharakteri- 
sirten  Krankbeitsbirm  auftritt^  stets  auch  das  nämliche  i>ath(dogisch-ana- 
tomische  Substrat  zu  (iiunde  liege,  sodass  man  in  der  Lage  wäre^  von  dem 
Grundprozesse  der  IJegleitkrankbeit  auf  den  der  Ptosis  und  vice  versa  schliessen 
y.ii  können.  Eine  derartige  Errungenschaft,  welche  ja  hei  so  vielen  Krank- 
heitsbildem  der  Enuittehing  der  Aetiologie  des  Leidens  fördernd  zu  Hilfe 
kommt,  würde  von  ausschlaggebender  Bedeutung  für  die  Therapie  werden, 
denn  Lähmungszustände,  welche  auf  Neuritis  beruhen,  bedürfen  einer  ganz 
anderen  iVhandlung,  als  eine  lluskeldystrophie,  und  diese  wieder  eine  andere, 
ak  die  Krankheitsbilder,  welche  z.  B.  aus  einer  bestehenden  Encephalitis  oder 
Malacie  hervorgegangen  sind. 

Weiterhin  hätten  wir  dann  noch  der  Differentialdiagnose  zu  gedenken, 
zwrischen  der  Ptosis  bei  Hysterie  und  derjenigen,  welche  durch  organische 
Läsionen  des  Nerv-Muskelapparafces  hervorgebracht  wird.  Auch  bei  der  Hysterie 
ist  das  Verhalten  des  Levator  gegenüber  den  Zuständen  der  anderen  Augen- 
muskeln bei  dem  gleichen  Leiden  ein  verschiedenes.  Während  das  Vorkommen 
hysterischer  Augennmskellähmungen  von  vielen  Seiten  angezweifelt  wird,  giebt 
es  in  der  That  auf  hjsterisciier  (iriindlage  eine  schlaffe  l*tosis  (s,  Fig.  5.  pag.  5) 
die  ihrerseits  wieder  nicht  mit  dem  ^o  ähnlichen  Herabhängen  der  Oberlider  bei 
der  asthenischen  llulbärparalye  verwechselt  werden  darf.  —  Abgesehen  von 
direkt  auf  das  Lid  einwirkenden  Traumen,  beruht  die  durch  organische 
Läsionen  bedingte  Ptosis  entweder  auf  einer  Lähmung  des  Oculomottirius- 
stammes  resp.  seines  I^evatorastes,  oder  auf  einer  Erkrankung  der  das  Höhlen- 
grau und  den  Himschenkel  durchziehenden  Wurzelbündel  resp.  der  Zellen- 
gruppen im  Gesaunntkerne  des  Oculomotorius,  aus  welchen  die  Wurzelfasern 
für  den  Muse,  levator  palpebrae  entspringen.  Die  Existenz  einer  kortikalen 
resp.  infrakortikalen  Ptosis,  also  eine  Unterbrechung  der  supponirten  Nerven- 
bahnen vom  Hindencentrum  des  Levator  bis  zu  seinem  Kern  im  Höblengrau, 
darf  noch  niclit  als  sicherstehend  hingenommen  werden.  Ebenso  bedarf  auch 
die  von  vielen  Autoren  angenommene  primäre  Degeneration  der  Muskelsubstanz 
des  Levator  palpebrae  noch  einer  unanfechtbaren  Bestätigung.  Während  die 
Lähmung  des  Oculomotoriusstammes  resp.  seines  Levatorastes  meist  neuritischer 
Natur,  oder  die  Folge  von  Druckatrophie  nach  Exsudaten  und  Tumoren  ist. 
sehen  wir  die  Wurzelbündel  des  Oculomotorius  meist  in  grösseren  apoplekti- 
schen  und  Erweichungsherden  untergehen,  oder  unter  der  Einwirkung  von 
Prjnstumoren  leiden ,  während  den  rein  nuklearen  Erkrankungen  meist  ent- 
ziindlicb-hämorrbagische,  oder   rein  degenerative  Zustände   zu  (irunde  liegen. 


n 


Allgemeines  über  Ptosis. 


Mitunter  seht-n  wir  auch  die  Ptosis  nach  Fleisch-  und  Wurstvergiftungen  her- 
vortreten. Ausserdem  wäre  dann  die  kongenitale  Ptosis  hier  noch  anzuführen, 
deren  I  rsache  in  einer  A|>hisie  irgend  eines  (xliedes  der  Kette  im  Nen- 
ninskehipparate  zu  suchen  ist.  Auch  hei  der  Hysterie  tritt  uns  die  Ptosis 
als  rein  funktionell  -  ner%^öse  Erscheinung  unter  zwei  sehr  charakteristischen 
Formen  entgegen ;  und  schliessHch  sei  noch  hemerkt,  dass  eine  leichte  beider- 
seitige Ptosis  bei  souinolenten  Kranken  kimstant  gefunden  wird. 

Bei  der  kompleten  Ptosis  (sielie  Fig.  33)  sinkt  das  Oherlid  zufolge  seiner 
Schwere  üher  die  Hornhaut  schlati"  herali.     Besteht  dabei  kein   I>oppeItseheii 

du rcii  Lähmung  der  äusseren  Bulbus- 
tijui-keln,  so  sucht  der  Patient  ver- 
mittelst ausgiehigster  Kontraktion  des 
iMusc,  frontalis  der  gelähmten  Seite 
der  durch  die  Lidiähmung  gesetzten 
Seh  Störung  r^ntgegenzu  wirken  .  indem 
durch  ilitt  Hebung  der  Augenbraue  die 
Haut  des  Oberlides  mit  nach  olien 
gezogen,  und  somit  eine  Oeffnung  der 
Lidsjjalte  bewirkt  wird  (siehe  Fig,  2, 
png.  2l  Dal>ei  tritt  zwischen  dem 
unteren  Rande  der  Augenbraue  imd 
dem  nun  sehr  deutlicli  sichtbar  werderi- 
deu  Orbitalrand  ein  breiter  Zwischen- 
raum auf.  Auch  wird  die  Deckfalte 
über  dem  Sulcus  orbito-palpebralis 
ivergleiche  Figur  2  und  Figur  33) 
verstrichen,  und  so  durch  den  nach 
oben  von  der  gehobenen  Augenbraue 
und  den  nach  unten  durch  die  eigene 
Schwere  des  Lides  wirkenden  Zug, 
der  Haut  des  Oberlides  jenes  falten- 
lose charakteristische  Aussehen  ver- 
liehen. Die  Stirntläche  erscheint 
dabei  durch  das  Hinaufrücken  der  Augenbraue  und  die  parallelen  nach 
oben  konvexen,  über  der  (rlabella  aber  nach  unten  konkaven  Haat- 
falten  (siehe  Figm^  2,  pag,  2}  versclnnälert.  Die  nasalen  Fanden  der 
Augenbrauen  sind  dabei  nach  oben  und  aussen  gezogen  und  weiter  von 
einander  abgewandt,  die  Konkavität  der  Augenbraue  ist  nach  dem  inneren 
Augenwinkel  hin  gerichtet,  und  die  Stelle  der  hrichsten  Rundung  der  Augenbraue 
über  der  Mitte  des  Oberlides  gelegen-  Je  länger  ntin  die  Haut  des  OberHdes 
von  Hause  aus  ist^  um  so  energischer  muss  der  Frontalis  wirken,  und  um 
so  weniger  wird  sich  auch  bei  dieser  Zugw^irkung  die  Lidsfialte  erweitem. 
Dasselbe  findet  statt  bei  der  Erschlaffung  der  Lidhaut  im  Alter  und  dadurch 
vermehrter  Schwere  des  Oberlides   selbst.     In  allen  jenen  Füllen,   in  welchen 


FiK.  31. 

N,  M.  Doppelseid^'p  Plosis  mit  Oriiloiiiot.  nml 
TmehleurMöhiiiuiij;  Ix'i  Tabci,  Pätititit  beiigl 
ili'a  Kojif  nach  i-üukwürts,  «iii  die  Pupille 
(iiitt^rhalb  tle«  gelUhnUm  OWdids  in  tue  Lki- 
sjuilte  /u   bring(*u. 


Allgemeinea  über  Ptosis. 


75 


die  Zugkraft  des  Frontalis  nicht  ausreicht,  um  durch  Hebung  des  Oberlides 
einen  Theil  der  Pupille  in  dit?  Lidspalte  zu  bringen,  sehen  wir  die  Patienten 
den  Kopf  naeh  rückwärts  beugen,  um  alsilann  bei  geradeaus  gi-richteter  Blick- 
ebene möglichst  viel  von  der  Pupille  iu  der  Lidspalte  ersuheioeu  zu  lassen 
(stehe  Fjg*  31).  Diese  Kopfhaltung  bei  Tiefstand  des  Oberlides,  im  Verein 
mit  den  tiefen,  parallelen  Stirnfalten,  verleibt  suh-ben  Patienten  ein  äusserst 
charakteristisches  Ausseben.  Hei  lange  bestehender  rttisis  iindert  sieb  jener 
eigenthümliche,  durch  Kontraktion  des  Frontalis  bewirkte  Oesicbtsausdruck 
fselbßt  beim  Sehliessen  der  Augen  nur  wenig,  als  Beweis,  dass  die  Veränder- 
ungen t  welche  durch  die 
andauernde  Kontraktion  des 
Frontulis  im  (iesicbte  her- 
vorgerufen worden  waren, 
habituell  geworden  sind.  Je 
länger  also  von  Hause  aus 
die  Haut  des  Oberlides  gc- 
i\esen  war,  um  so  seid  immer 
ist  der  Patient  bezüglich 
seines  Sehens  daran.  Um- 
gekehrt kann  aber  eine  von 
Hause  aus  relativ  kurze 
Lidhaut  trotz  vollständiger 
Lähmung  doch  eint*  inkom- 
plete  IHosis  vortäuschen, 
weil  mit  dem  umgekehrten 
Verhältniss  zur  Kürze  des 
Überlides  die  Wiikung  des 
Frontalis  eine  energisehere 
wird.  Bezügbch  der  Diagnose 
der  kompleten  unii  itikom- 
pleten  Ptosis  ist  es  daher 
angezeigt»  durch  Druck  des 
Fingers  gegen  den  Orhitalrand  die  Lidhaut  zu  tixiren,  und  somit  die  Wirkung 
des  Frontalis  auszuschalten.  Dadurch  wird  bei  dem  energischen  \'er8uche 
das  Lid  zu  heben  die  Intensität  d^*r  Lähmung  uucb  deutlich  hervortreten. 

Die  komplete  Ptosis  beobachten  wir  meist  bei  peripheren  Lähmungen 
zugleich  mit  der  Paralyse  der  vom  nculomotorius  versorgten  Pulliusmuskalatur. 
Die  in  komplete  Ptosis  ist  meist  doppelseitig  angeboren,  entweder  im  Verein 
mit  den  Hebern  des  Bulbus  wne  in  Figur  2,  pag.  2  oder  isolirt  bei  vorhandenem 
Hebungsvermögen  des  Bulbus  wie  in  Figur  14  und  15,  pag.  39,  Auch  bei 
den  Nuklearlähmungen  begegnen  wir  meist  der  inkompleten  Form  der  Ptosis 
(siehe  Figur  35,  pag.  78)  einseitig  uiul  doppelseitig,  und  oft  von  ungleicher  In- 
tensität der  Lähmung  auf  beiden  xViigen,  im  Verein  mit  Lähmung  der  Bulbus* 
muskulatur.  Von  hoher  diagnostiscber  Bedeutung  ist  die  vorübergehende 
Ptosis  als  Früh7.eichen  der  Tabes  und  der  progressiven  I*aralyse. 


Fi-.  ;j2. 

II.   D.      50]:ihr1gc    iJiinhinti-!    ^cMinde    Frjiii.      Aiifriillend»!* 

Heiiibjjinppn    Jw^ider  Olierlidfr  i^hnc   LüimmtjjL,^  thü  Lt'valur 

lind    beidi*rwitiiKt'    Kuntraklnr   ilcr    Frunlaili  s ,     fui    weiche 

keiu  <inii)d  aiifiiiütiden  \\m\ 


A 


76  Allgemeines  über  Ptosis. 

§  44.  Zuweilen  sehen  wir  bei  Leuten  der  niederen  Gesellschaftsklassen 
beide  PVontales  in  einem  Kontraktionszustande,  sodass  die  Augenbrauen 
dauernd  in  die  Höhe  gezogen  sind,  und  für  gewöhnlich  die  Stirne  durch 
die  vorhin  beschriebenen  Parallelfalten  mit  tiefen  Furchen  durchzogen  ist 
(siehe  Figur  32).  Dieser  dauernde  Kontraktionszustand  der  Frontales, 
welcher  willkürlich  nur  mit  Mühe  gelöst  werden  kann  und  gewissennassen 
habituell  geworden  ist,  verleiht  der  Physiognomie  derartiger  Leute  einen 
eigenthümlich  beschränkt-erstaunten  Ausdruck.  Als  (irund  für  diesen  krampf- 
artigen Zustand  muss  bei  vielen,  weil  keine  andere  Ursache  aufzufinden  ist, 
die  Gewohnheit  angesehen  werden,  beim  Sehen  die  Frontales  stark  zu  inner- 
viren.  Bei  anderen  mögen  häutige  und  chronische  Bindehautkatarrhe  zum 
Zustandekommen  dieser  Erscheinung  beigetragen  haben.  Da  nun  bei 
den  letzteren  häutig  die  Oberlider  auch  etwas  tiefer  herabhängen,  so 
könnte  ein  derartiger  Znstand  leicht  mit  einer  inkompleten  Ptosis  ver- 
wechselt werden.  Der  Grund  für  das  Herabhängen  der  Oberlider  liegt  bei 
letzteren  Fällen  wohl  in  der  durch  die  Hyperämie  der  Conjunctiva  bedingten 
Lidschwere  und  dem  davon  abhängigen  Gefühl  der  Schläfrigkeit,  was  die 
betreffenden  Individuen  dahin  bringt,  dauernd  die  Frontales  zu  Hebung  der 
Lider  zu  Hilfe  zu  nehmen. 

Sehr  merkwürdig  ist  überhaupt  das  Verhalten  des  Frontalis  bei  der 
Lähmung  des  Levator.  Die  wenigsten  Menschen  können  willkürlich  nur 
den  einen  Frontalis  bei  absolutem  Ruhestand  des  andern  kontrahiren.  Bei 
einseitiger  Ptosis  bildet  sich  dies  Vermögen  nun  unwillkürlich  aus,  um  mit 
der  Heilung  der  Ptosis  auch  wieder  zu  verschwinden.  So  konnte  Mauthner 
(178)  folgende  Beobachtung  an  sich  selbst  vornehmen,  als  er  kurze  Zeit  hin- 
durch an  einer  vollständigen,  durch  Trauma  hervorgerufenen  Ptosis  rechter- 
seits  zu  leiden  hatte.  Kaum  war  nämlich  die  durch  das  Trauma  hervorge- 
rufene Schwellung  des  Oberlides  zurückgegangen,  so  konnte  er  die  Lidspalte 
trotz  des  Fortbestandes  der  totalen  Levatorlähmung  soweit  öffnen,  dass  das 
direkte  Sehen  mit  dem  rechten  Auge  nicht  behindert  war.  Es  geschah  dies 
dadurch,  dass  der  rechte  Frontalis  —  und  dieser  allein  —  sich  kontrahirte, 
und  so  die  rechte  Augenbraue  mächtig  in  die  Höhe  zog.  Die  Kontraktion 
des  rechten  Frontalis  hing  aber  nicht  von  seiner  Willkür  ab.  Sobald  er  die 
Augen  öffnete,  erfolgte  auch  immer  die  Kontraktion  des  rechten  Frontahs, 
es  stand  nicht  in  seinem  Belieben  dieselbe  aufzugeben,  wiewohl  dieselbe  für 
die  Dauer  unangenehm  und  peinlich  w^urde,  und  zu  zeitweiligem  Schliessen 
der  Augen  nöthigte.  Als  die  Ptosis  wieder  geheilt  w^ar,  war  Mauthner 
ganz  und  gar  nicht  im  Stande,  den  rechten  Frontalis  allein  zur  Zusammen- 
ziehung zu  bringen,  und  schon  während  des  Heilungsprocesses  hatte  die 
Fähigkeit  der  selbständigen  einseitigen  Facialiskontraktion  proportional  dem 
Rückgänge  der  Lähmung  abgenommen. 

Eine  andere  merkwürdige  Erscheinung  bezüglich  des  Frontalis  ist  die 
Angabe   der  Patienten   bei  einer  Ptosis  nur  dann   das  Lid  heben  zu  können. 


l  sie  das  iiiclit  ptotische 
»  fest  mit  der  Hand  zu- 
ückt  hielten.*)   So  sahen 

hei  einem  Falle  von 
learlähmung  mit  links- 
|er  Üphthalmoplegia  in- 
►r  nrid  rechtsseitiger 
br  (k'ulouiotorias*  und 
äilearislähmung  in  Fignr 
iie  Patient  in  F.  S.  mit 
Btnioglicbster    Anstreng- 

bei  geöffnetem  linken 
B  eine  Hebung  des  recliten 
rüdes  versuchen.  In 
ir  34  sehen  wir  hei  zu- 
Jtenem  linkem  Auge 
leihen  Vorgang  nur  viel 
shiger     erfolgen.       Hier 

aucli    das   rechte   Auge 

Fixation  übernommen, 
cheint  demnach  bei  Aiis- 
IS8  des  anderen  Auges 
ann  die  volle  WillMUs- 
gie  und  Aufmerksamkeit 
Arbeitsleistung  des  einen 
italis  zugewandt  und  da- 
h  eine  kräftigere  Kon- 
tion erzielt  werden  zu 
len. 

Eine  andere  merk- 
iige,  nur  der  Ptosis 
i  Nuklear  lahm  engen  zü- 
rnende Erscheinung  ist 
kramiilluifteKontraktion 
vorher  gelähmt  gewesenen 
ttor  als  Mitbewegung  hei 
(n'ation  anderer  Augen* 
kein.  Frau  L.  Seh. 
,  35)  zeigt  einen  der- 
5en  Zustand.  Hier  war 
nglich  links  komplete 
18  und  totale  Oculo- 
)riuspara!yse  vorhanden 
Ißen.     Nach  tSnhmierkur 


Fig.  33. 
F,  8.     LiiikBai'iiigij:  0|ihtlmlmopl4;*v^ta  iiitf-rior^  riH'ljtsseiti|y!;e 
totale  Ol  ulomottirius-    uml    TraclilearblähiiJimjii.     Vorsufli 
li^j  grossU*r  YViUi^nsiiuslniigiini;  ik«  reihte  Ohr  rl  kl  zu  heben 


Fitr.  34, 

F.  8,    Von   Fii^ur  33  j^elLiiigene  Flebini^  «hs  rechten  Ol rt- 

lid>i  bei  ZTjdjüi'ken  dtn  linken  AuKe». 


1)  Ein  Zuetand,  welchen  Mello  Vianna  (195)  als  Ptosis  a  baseule  heKeichnet 


78 


Die  kongenitale  Ptosis. 


und  ilodkalibehanillung  ^iiif;  die  Ptosis  und  Lälinning  der  Bulbusniusku' 
latur  zurück,  sodass  auf  Figur  35  zur  Zeit  nur  noch  eine  ganz  leichte 
Ptosis  zu  konstatiren  ist.  B*?i  Senkung  der  Blickeltene  aber  wird  das  linke 
ptotisclie  Lid  stark  in  die  Hübe  gezogen  (Fig.  27,  pag.  58),  Hier  springt  offenbar, 
wie  bei  den  erworbenen  Mitbewegungen  des  ptotischen  Oberlides  beim  Kaueru 
der  lnne^vation8vo^^^ang  im  Bereiche  der  erkrankten  Oculomotoriuszellen  auf 
benachbarte  Hahnen  über.  — 

Die  Ptosis  kann  in  allen  Entwickebingsstadien  von  dem  absolut  schlaffen 
Herabhängen    des    (IberHdes    bei    rbiuernd    geschlossener    Lidspalte     bis    zu 

den  spurweisen  Andeutungen 
einer  Lähnuing  klinisch  her- 
vortreten» und  anf  jeder Ent- 
wiekelungsstufe  dauernd  be- 
stehen  bleiben.*»  Tritt  sie 
doppelseitig  auf,  so  kann 
der  (irad  der  Lähmung  auf 
beiden  Augen  der  gleiche 
sein,  oder  es  kann  die  Ptosis 
auf  je  einem  Auge  die  ver- 
sch  iedensten  Intensitätsgratie 
darbieten. 

Bei  der  traumatischen, 
durch  direkte  äussere  Ein- 
wirkung aut  das  Oberlni 
entstandenen  Ptosis  ist  das 
Herabhängen  des  Oberlitles 
tbeil weise  auf  die  durch  die 
Schwellung  des  Gewebes  ver* 
uudirte  Schwere,  tbeils  auf 
Päg  35  die    direkte    Lähmung    der 

Fniu  s.  sdi.    Links  lo  ch-r  iieikiug  beiifi-iffeue  Ophthalim»-      kleinen       Muskeläste       der 
plfgiu  exterior  mit  Pionis,    Vergi.  Fig  27  pag.  58-  Nerven  zurückzutuhren. 


a)  nie  kongenitale  Ptosis. 

Die  kongenitale  Ptosis  ordnet  sich  der  Gruppe  der  angeborenen  Beweg* 
lichkeitsdetekte  unter,  wie  solche  nicht  allein  am  Auge,  sondern  auch  an 
anderen  Körperstellen  und  meistens  an  der  Rumpfmuskulatur,  beobachtet 
werden.  Bezüglich  der  Aetiologie  der  kongenitalen  Ptosis  unterscheiden  i^ir 
zwei  Fornien: 

a)  die  einfach  kongenitale  Ptosis  und 

ß)  die    kongenital-hereditäre    Form,    bei    welcher    durch    mehrere 


M  Mit  Ptose  voloutaire   bezeichnen  diti  Franzosen  eine  Ptosis,   welche   bis  zu  einem 
gewissen  Grade  mit  AnstreDgung:  noch  nusgeglieheu  werden  kanu. 


Die  kongenitale  Ptosid. 


79 


( tenerationen  angeborene  I^tosis,  ofl  vergesellschaftet  mit  anJeren  Beweglitlj- 
keitsdefekten,  am  Auge  zur  Beobachtung  kommt.  Zwar  zeigt  sich  die  kon- 
genitale Ptosis  in  allen  Intensität,sgra<len,  meist  ist  dabei  aber  nur  eine  iu- 
komplete  l*tosis  (Broptüsis)  vorbanden,  sodass  melir  der  Gesichtsan.sdrurk 
(schläfriges  Aussehen),  als  das  Sehvenniigen  unter  diesem  Zustande  leidet. 
Die  leichtesten  Fülle  sind  diejenigen,  bei  welchen  dnrch  Hypertrophie,  abnorme 
Länge  und  Schlati'heit  des  oberen  Lides  hei  gut  entwickt^ltem,  aber  im  Ver- 
baltniss  zu  jenem  zu  schwachen  M. ^Levator  palpebjae  eine  Ptosis  zu  Stande 
kommt,  Ammon  (180),  Zuweilen  findet  man  Inkongruenz  in  der  Grösse  der 
Lid  spalten  bei  intakter  Funktion  der  Lidbeber,  dann  sind  aber^  wie  in  dem 
Falle  19  von  Kunn  (207),  andere  Erscheinungen  an  den  Lideni,  welche  auf 
kongenitale  defekte  hindeuten:  die  Oberlider  sind  beiderseits  glatt  oime 
Deck  falte  und  es  findet  sieb  unter  dem  oberen  Örbitalrande  eine  tiefe  F^in- 
ziehung.  Bei  Anderen  ist  wieder  die  Lähmung  bei  horizontaler  Blickrichtung 
kaum  zu  erkennen,  und  tritt  dieselbe  erst  bei  der  Aufforderung,  nach  oben 
zu  blicken,  hervor,  wie  bei  Figur  36,  in  w  elchem  die  Patientin,  ein  20 jähriges 
Dienstmädchen,  keine  Ahnung  von  ilirem  Entwickclungsdefekt  hatte.  Hier 
siebt  man  das  rechte  Oberlid  um  eine  Kleinigkeit  tiefer  stehen  als  das  linke. 
Höber  konnte  das  Mädchen  weder  den  Bulbus  noch  die  Oberlider  bewegen. 
Der  FVontalis  war  hier  nicht  kontrahirt,  weil  die  Oherlider  die  Pupillen  nicht 
bedeckten.  Auf  Abbildung  14  dagegen  sieht  man  diePtosis  deutlicher  ausgesprochen 
und  auch  beim  Blick  gerade  aus  eine  leichte  Kontraktur  des  Frontalis.  Noch 
stärker  tritt  das  Herabhängen  der  Oberlider  und  die  Kontraktur  beider  Fron- 
tales in  der  Abbildung  2  hervor.  Bei  den  stärksten  Formen  der  kongenitalen 
Ptosis  finden  wir  dann  neben  der  Kontraktur  der  Frontales  noch  ein  Ueber- 
strecken  des  Kopfes  analog  dem  Falle  erworbener  Ptosis  in  Figur  3L  Diese 
vermehrte  Innervation  der  Frontales  entwickelt  sich  bei  der  angeborenen 
Ptosis  erst  allmählich  mit  wachsender  Intelligenz,  Bei  dem  2jahrigen  Kintle 
Figur  39  zeigte  sich  schon  eine  Hebung  beider  Augenbrauen.  Tartuferi  (183) 
machte  bei  einem  derartigen  Falle  folgende  Beobachtung.  ,,Nacbdem  in  den 
ersten  Lebensmonaten  die  Augen  gar  nicht  geötfnet  worden  waren,  geschah 
dies  später  bald  rechts,  bald  links.  Noch  später  konnten  heide  Lider  ein 
wenig  gehoben  werden,  sodass  Patientin  etwas  zu  seilen  im  Stande  war."  Die 
kongenitale  Blepharoptosis  kommt  fast  immer  doppelseitig  vor  und  ist  dann  metst^ 
wie  in  den  Figuren  2  pag,  2,  14  jiag.  31*  und  39,  von  gleicher  Stärke,  Selten  zeigt 
sich,  wie  in  Figur  3B,  die  Ptosis  auf  dem  einen  Auge  stärker  als  auf  dem 
anderen.  Am  seltensten  sind  die  Fälle  einseitiger  angeborener  Ptosis,  Bei 
dem  einschlägigen  Falle  Mary  Putnam-Jacobi's  (182)  war  b^i  dem  ein- 
jährigen, sehr  kräftigen  Kinde  das  linke  Auge  anfänglich  ganz  geschlossen 
gewesen.  Nach  einigen  Wochen  hatte  es  sich  etwas  geöfi'net.  Das  linke  Auge 
schien  kleiner  zu  sein  und  tiefer  zu  liegen.  Das  herabhängende  Lid  zuckte 
zuw^eilen.  Der  Äugapfel  zeigte  Nystagmus,  schien  aber  frei  beweglich  zu 
sein.     Das  Sehvermögen  war  ofienbar  gut,  die  Pupille  war  normal 


80  Die  kongenitale  Ptosis. 

Auch  wir   sind   in   der   Lage,   einen  Fall   mit  einseitiger    kongenital 
Ptosis  hier  anzuführen:  siehe  Fif^ur  37  und  38. 

H.  0.,  22  Jahre  alter  Maurer,  kommt  wegen  anderweitiger  Klappn 
die    chirurgische    Abtheilung.     Links    kongenitale   Ptosis    mittleren    Gra^ 
(Figur  37).      Augenhintergrund   und  Sehschärfe  normal.     Die  Bewegung 
linken   Augapfels  nach    oben    ist    völlig   aufgehoben  (Figur  38).     Dabei 
Patient  keine  Doppelbilder.     Die  Pupille  und  Akkommodation  normaL 

Ein  andrer  Fall  betraf  einen  15  jährigen  Lehrling  H.  M.     Seit  der 
burt   hing  das  linke  Oberlid  herab.     Neuropathisch  nicht  belastet. 
nie  Krämpfe  gehabt.     Auch  hier  blieb  das  linke  Auge  beim  Blick  nach  ob 
nach  oben  innen  und  oben  aussen  völlig  zurück.     Sonst  waren  ncirgjgl^fg^y 
hältnisse,  vorhanden.  1^^^^^^^^^ 

Die  isolirt  vorkommende  Ptosis  congenita,  wie  in  Figur  14  unserer  Be- 
obachtung, stellt  gewissermassen  die  einfachste  und  bekannteste  Form  der 
kongenitalen  Dewegungsanomalien  vor.  Bei  einer  grossen  Anzahl  von  Fallen 
tindet  sich  daneben  ein  Beweglichkeitsdefekt  des  Bulbus  nach  oben  (siehe 
Figur  36,  37  und  38).  Hierbei  ist  aber  hervorzuheben,  dass  gewiss  sehr 
häufig  der  Ausfall  dieser  Bewegungen  nach  oben  nicht  kongenital,  sondern 
durch  Nichtgebrauch  entstanden  ist,  weil  wegen  der  Ptosis  das  ganze  Leben 
hindurch  von  der  vorhandenen  Fähigkeit^  beide  Bulbi  nach  oben  zu  bewegen. 
kein  Gebrauch  gemacht  worden  war.  Daneben  hat  man  nach  Heuck  (184) 
stets  zu  berücksichtigen,  dass  ein  Rectus  superior  zwar  vorhanden,  seine  In- 
sertion aber  abnorm  weit  nach  hinten  liegen  kann,  wodurch  die  Wirkungs- 
weise dieses  Muskels  schon  in  hohem  Grade  beeinträchtigt  wird.  —  Bei  einer 
anderen  Gruppe  von  Fällen  ist  die  kongenitale  Ptosis  mit  Beweglichkeits- 
defekten anderer  Augenmuskeln  komplizirt.  So  hat  Tilley  (185)  einen  Pill 
beschrieben,  in  welchem  beiderseits  ein  Beweglichkeitsdefekt  aller  änsseren 
vom  Oculomotorius  versorgten  Augenmuskeln  zu  konstatiren  war,  während 
Irisbewegung  und  Akkommodation  normal  vor  sich  gingen.  Andere  wieder, 
wie  Uhthoff  (186),  Ahlström  (187),  Guende  (188),  Grauer  (189), 
Gast  (190),  Schröder  (191),  Lucanus  (192),  Schiler  (193),  Hirschberg 
(194),  Recken  (196),  beobachteten  neben  der  kongenitalen  Ptosis  einen  Be- 
weglichkeitsdefekt sämmtlicher  äusseren  Bulbusmuskeln  auf  beiden  Augen, 
während  ebenfalls  die  Akkommodation  und  die  Irisbewegungen  intakt  waren. 
Bei  den  Fällen  von  Marina  (197)  und  Bach  (198)  zeigte  sich  noch  daneben 
die  Gesichtsinnervation  äusserst  mangelhaft.  Beiläufig  bemerkt  ist  bei  den 
Fällen  mit  kongenitalem  Beweglichkeitsdefekt  der  äusseren  Augenmuskeln  meist 
Strabismus  vorhanden.  Bemerkenswerth  ist,  dass  nach  Kunn  (206)  bei 
doppelseitiger  angeborener  Unbeweglichkeit  des  Abducens  kongenitale  Ptosis 
nie  beobachtet  wurde.  Wieder  bei  einer  Anzahl  von  Fällen  ist  die  angeborene 
Ptosis  vergesellschaftet  mit  Herabsetzung  der  Sehschärfe,  theils  durch  an- 
geborene Amblyopie,  [Bach  und  Lamhofer  (199)],  theils  durch  Fehler  der  Re- 
fraktion, wobei  der  Astigmatismus  eine  gewisse  Rolle  spielt,  Vossius  (200).  Bei 
Einzelnen  kommt  auch  zufolge  dieser  angeborenen  Sehschwäche  Nystagmus  vor. 


Fi^.  38. 

O.      KMiigeiiilide  Pk>sis  tle»  Hnken  An^es   mit 
^licIikeitAlefekt  des  liokcn  Bulbus  uuvh  oben. 

Stehe  Fig,  37,     Blick  oiieh  obeu. 
WUbrftnd-Saenger    Neurologie  des  Auges. 


Fig,  37. 

H,  O.     Kongenital*'  Ptosis  dam  linken  An^cH  uiil 
Bew<?jL:lichk^  i^Kilefckt     des    linken    Bkilhua    nacb 
obfii.     Sit*he  Fig.  38.     Blick  jt^entde  aus. 
6 


82  Die  kongenitale  Ptosis. 

Nicht  selten  finden  wir  bei  der  Ptosis  congenita  auch  Missbildungen  an 
anderen  Körperregionen  und  geistiges  Zurückgebliebensein.  Wir  beobachten 
zur  Zeit  eine  geistig  zurückgebliebene  Dame,  welche  beiderseits  neben  mittlerer 
Ptosis  mit  hochgradigem  Astigmatismus  hypermetropicus  behaftet  ist.  Der 
durch  die  Ptosis  bewirkte  schläfrige  Ausdruck,  und  die  durch  Dauerkontraktion 
des  Frontalis  in  Falten  gelegte  und  verkürzte  Stimhaut,  gab  ihr  dann  ein 
unangenehmes,  idiotisches  Aussehen,  das  wesentlich  gemildert  wurde,  sobald 
die  Patientin  durch  Tragen  einer  Ptosisbrille  eine  weitere  Lidspalte  erhalten 
hatte,  und  die  Frontaliskontraktion  damit  beseitigt  worden  war. 

Zuweilen  treten  bei  Kindeni  mit  kongenitaler  Ptosis  Krämpfe  auf, 
wie  im  Falle  Lamhofer  (199),  oder  es  ist,  wie  in  dem  Falle  von  Mob  ins. 
(199)  Migräne  mit  Erbrechen  in  der  Familie  erblich.  Bei  Anderen  finden 
wir  neben  der  isolirten  doppelseitigen  angeborenen  Ptosis  auf  beiden  Seiten 
Epicanthus,  eine  zu  beiden  Seiten  des  Nasenrückens  vorspringende,  über 
d^n  inneren  Augenw^inkel  vorgeschobene  und  denselben  zum  Theil  bedeckende 
Hautfalte  (siehe  Figur  39),  welche  sehr  entstellend  w^irken  kann.  Figur  39 
zeigt  das  zwx»ijährige  Kind  F.  C.  Hereditäre  Belastung  lag  nicht  vor.  Das 
Kind  soll  bei  der  Geburt  die  Augen  geschlossen  gehabt  haben.  Erst  nach 
3  Wochen  begannen  die  Lider  alhnählich  sich  zu  heben.  Zur  Zeit  ist  der  Frontalis 
in  Aktion.  Ausser  einem  Epicanthus  auf  beiden  Augen  ist  das  Kind  sonst 
nonnal  entwickelt.  Analoge  Beobachtungen  liegen  vor  von  Hirschberg  (194), 
Schmidgall  (201),  Bach  (202),  v.  Forster  (203),  Möbius  (199)  und 
Yignes  (204);  im  letzteren  Falle  war  ausserdem  noch  Blepharophimosis 
und  Cataracta  pyramidalis  vorhanden.  Auch  der  Fall  Rampoldi  (205)  zeigt 
kongenitale  Blepharophimosis.  In  v.  Forster's  Falle  (203)  fehlten  die 
Thränenkarunkehi. 

Bei  einem  anderen  Falle  aus  unserer  Beobachtung  handelte  es  sich  um 
eine  linksseitige  kongenitale  Ptosis.  Pupillen-  und  Augenbewegungen  waren 
frei.  Hereditäre  Momente  lagen  nicht  vor.  Dagegen  zeigte  sich  an  den 
5  Fingern  der  linken  Hand  eine  verkümmerte  Entwickelung  der  Endphalanx. 
Daselbst  fehlte  der  Nagel,  ebenso  wie  an  der  kleinen  Zehe  beider  Füsse. 
Ferner  bestand  am  Penis  eine  Hypospadie  geringen  Grades.  Gleich  nach  der 
Geburt  w^ar  das  linke  Auge  völlig  geschlossen,  dann  öffnete  es  sich  allmäh- 
lich von  selbst  und  blieb  aber  kleiner  als  das  andere. 


^  47.  Sehr  inteiessant  ist  die  gerade  nicht  seltene  Vererbung  dieser  Beweg- 
lichkeitsdefekte am  Auge.  Die  folgende  Tabelle  giebt  eine  üebersicht  über 
die  zur  Zeit  in  der  Litteratur  vorhandenen  Fälle  von  Ptosis  congenita 
liereditaria. 


Ptosis  congenita  heredit. 


83 


Tabelle   I. 

Über  die  Fälle  von  vererbter  Ptosis  congenita  mit  Beweglichkeitsdefekten  der 

Augenmuskeln. 


Autor 

4ii 

Hereditat 

Sonstige  Augenmuskel - 
Ijähmungen 

Sonstige  Störungen 

Rampoldi 

208 

Vater,      Sohn      und 
Tochter. 

Unbeweglichkeit  der  äusseren 
Bulbusmuskeln. 

Leichter  Astigmatis- 
mus. — 

Dagnillon 

209 

Ptosis ,     kongenitale, 
heredit&re. 

Strabismus  divergens. 

Myopie  et  Amblyopie 
coogenitale  heredi- 
taire. 

Lawford 

210 

Vater    und    3  Söhne 
unter  7  Kindern. 

Fehlen  der  Hebung  und  Senk- 
ung des  Bulbus;  mangel- 
hafte Seitenbewegung. 

normal. 

Homer 

211 

Durch  mehrere  Gene- 
rationen   in    einer 
FamUie. 

— 

— 

Henck 

184 

Die  Mutter,  2  Söhne 
und  1  Tochter. 

Die  Augen   nach   unten    ge- 
richtet, leicht  konvergent. 
Vollständige   Leistungsun- 
fähigkeit  der  M.  recti  inf. 
et    superior.     Die    übrige 
Bulbusmuskulatur      mehr 
weniger  funktionstüchtig. 

Etwas  herabgesetzte 
Sehschärfe.  — 

Hirschberg 

194 

Mutter,  Tochter,  deren 
Sohn     und    dessen 
Sohn. 

Hebung,  Abduktion  und  Ad- 
duktion  der  Augen  aufge- 
hoben.      Bei    dem    Sohn 
Epicanthus.     Die  Hebung 
des     Bulbus     unmöglich. 
Divergenz  abwechselnd  mit 
krampfhafter  Konvergenz. 

Astigmatismus. 

Vignes 

204 

Grossvater ,    5   Söhne 
und  1  Tochter  von 
11     Kindern,     ein 
Enkel.  — 

Epicanthus.  Eigen- 
thüroUches  Ver- 
halten der  Nasen- 
wurzel. 

tf 

204 

Vater,   2  Söhne  und 
eine    Tochter    von 
5  Kindern. 

— 

— 

Yossius 

200 

2  Brüder. 

Die    Hebung    und   Senkung 
des  Bulbus  unmöglich.  — 

Verminderung      der 
Sehschärfe.  — 

Ahlström 

187 

1 5  j  fthriger      K  nahe ; 
mehrere    Personen 
der  Verwandtschaft 
hatten  der  Aussage 
nach  herabhängende 
Augenlider  gehabt. 

Unbeweglichkeit  der  äusseren 
Bulbusmuskulatur. 

normal. 

Guende 

188 

3  Bruder   von  9  Ge- 
schwistern. 

Unbeweglichkeit  der  äusseren 
Bulbusmuskulatur. 

6* 


84 


Die  Ptosis  coogenita  hereditaria. 


Autor 

Heredität 

Sonstige  Augenmuskel- 
Lähmungen 

Sonstige  StOnmges 

Dujardin      • 

212 

DerGrossvater  mutter- 
Ucherseit«.    Mutter 
und  4  Töchter.  — 

Unbeweglichkeit  des  Bulbus 
nach     oben     und     unten. 
Starke  seiüiche  Beweglich- 
keitsbeschränkung. — 

— 

Schiler 

193 

Gro88vater,  Vater  und 
Sohn. 

Unbeweglichkeit  der  äusseren 
Bulbusmuskulatur. 

StarkeHypermetropie 
ponktfttrmige  lin- 
seotrübimgen.  — 

Gourfein 

213 

Grofisvater,  Vater  und 
4  Söhne.   Die  weib- 
lichen     MitgUeder 
der     zweiten     und 
dritten    Generation 
blieben  gesund. 

Augenbewegungen     bis    auf 
einen  konstanten  rotatori- 
schen Nystagmus  fast  voll- 
kommen fehlend. 

Amblyopie.  Yerinder- 
ungen  amSehnerren 
und  derBetina.Ter- 
flarhongder  Gegend 
der  Angenbraae.  — 

Ayres 

214 

Grossvater,  Enkel.  — 

Bewegungslosigkeit  der  Recti 
und  Obliqui. 

— 

Paul  Bloch 

215 

Zwei  Brüder.  — 

Abducenslähmung  mit  Ptosis. 

— 

Aus  der  tabellarischen  Gnippirung  der  in  der  Litteratur  yorhandenen 
einschlägigen  Fälle  ersehen  wir,  dass  die  hereditäre  kongenitale  Ptosis  fast 
ausnahmelos  als  Begleiterscheinung  von  Beweglichkeitsdefekten  der  äusseren 
Bulbusmuskulatur  gefunden  wird.  Merkwürdiger  Weise  ist  bei  allen  diesen 
Fällen,  wie  wir  dies  auch  bei  der  nicht  hereditären  Form  konstatiren  konnten, 
die  Pupillenbewegung  und  die  Accommodation  intakt  gewesen, 
ein  Umstand,  der  gegebenen  Falles  zu  Verwechselimg  mit  infantilem  Kem- 
schwunde  führen  könnte,  wie  wir  das  später  sehen  werden.  Bei  einzelnen 
Familien,  wie  in  den  Fällen  von  Lawford,  Vossius,  Guende,  Schiler 
und  Gourfein  trat  die  Erscheinung  durch  mehrere  Generationen  nur  bei 
einem  Theil  der  männlichen  Individuen  auf.  Bei  anderen  wieder,  wie  in 
den  Fällen  von  Rampoldi,  Heuck,  Hirschberg,  Vignes  zeigte  sich 
dieser  Zustand  bei  beiden  Geschlechtem  in  der  Descendenz.  Im  Falle  Ayres 
wurde  eine  Generation  übersprungen.  Wiewohl  die  Beweglichkeitsdefekte  bei 
den  einzelnen  Gliedern  der  befallenen  Familien  sehr  viel  üebereinstimmnng 
zeigten,  traten  doch  wieder  bei  Anderen  gewisse  Abweichungen  von  dem 
Familientypus  dieser  Beweglichkeitsdefekte  auf.  Als  ätiologisch  wichtig  ist 
hier  noch  der  Angabe  Kunn's  (207)  zu  gedenken,  welcher  unter  19  FäUen 
von  Beweglichkeitsdefekten  der  Augenmuskulatur  überhaupt  11  mal  Juden  fand. 
Wenige  Beobachter  beschuldigen  als  ätiologisches  Moment  für  diese  Bew^nngs- 
anomalien  den  Löffeldruck  bei  Zangengeburten.  So  bezieht  Berger  (216) 
eine  einseitige  Lähmung  des  Levator  und  Rectus  superior  und  Michel  (217) 
eine  einseitige  Ptosis  auf  diese  traumatische  Einwirkung.   Dass  angeborene 


Anatotnische  Befunde  bei  kongenitaler  Ptosis. 


Ptosis  massigen  Grades  nicht  selten  mit  jenen  Bewegungsanomalien  des 
Oberlidj!  verbunden  ist,  welche  beim  Kauen,  Schlucken  und  der  Bewegung 
der  üesichtsmuskulatur  zuweilen  beobachtet  werden,  hatten  wir  früher  im 
§  36  pag.  60  ausführlich  erwähnt. 

S  48.  Was  die  anatomische  Grundlage  dieser  angeborenen  Beweglichkeits- 
defekte des  Auges,  in  specie  die  kongenitale  Ptosis  anbelangt,  so  haben  theils 
versuchte  Operationen,  theils  vorgenommene  Sektionen  und  mikroskopische 
Untersuchungen  das  Folgende  ergeben: 

a)  Eine  schwache  Entwickelung  des  Levator  resp.  der  betreffen- 
den Bulbusmuskulatur  fanden: 

Lawford  (210).  Bei  einem  Manne,  der  seit  der  Geburt  an  Ablenkung 
beider  Augen  nach  rechts  gelitten  hatte,  zeigte  sich  bei  der  Sektion,  dass 
der  Rectus  internus  fehlte,  und  der  Rectus  lateralis  sinister  sehr  schlecht  ent- 
wickelt war. 

Heuck  (218)  fand  bei  einer  kongenitalen  Ptosis  einen  äusserst  zarten, 
nur  2  mm  breiten,  also  jedenfalls  ungewöhnlich  schwach  entwickelten  Mus- 
culus levator  palpebr.  sup, 

Bach  (202)  sah  in  einem  Falle  von  beiderseitiger  Ptosis  cong.  und  Be- 
ßchränkung  der  Bulbusbewegungen  nach  oben:  geringe  Entwickelung  des 
JI.  levator  und  massige  Atrophie  der  Recti  super.,  während  das  Kerngebiet 
des  Okulomotorius  normal  gewesen  war. 

b)  Bifurkation  des  betreffenden  Muskels. 

Dieffenbach  (219)  fand  Bifurkation  des  Rectus  internus  bei  Strabismus 
convergens  congenital  is. 

c)  Verwachsung  der  Muskeln  miteinander. 

Morgagni  (220)  sah  eine  Verwachsung  des  Muse,  obliquus  superior 
mit  der  Trochlea. 

Olbers  und  Wrisberg  (221)  fanden  rechterseits  den  Muse,  rectum 
superior  und  den  Rectus  extemus,  linkerseits  den  Rectus  superior,  den  Obli- 
quus superior  und  den  Rectus  internus  miteinander  verwachsen. 

In  einem  anderen  Falle  bestand  eine  Verwachsung  des  Rectus  superior 
mit  dem  Levator  palpebrae  superioris.  Femer  war  der  Rectus  extemus  mit 
dem  Rectus  inferior  und  der  Rectus  internus  mit  dem  Obliquus  superior 
verwachsen, 

d)  Abnorme  Insertion  der  Muskeln  sahen 
Rossi  (222),  Dieffenbach  (219),  Pflüger  (223)  und  Heuck  (184). 

e)  Bindegewebige  Stränge  statt  der  Muskeln  konstatirteni 
Ah  1  ström  (187).      Bei    einem    Falle   von   kongenitaler    Ptosis    konnte 
beim  Freilegen  des  Tarsalrandes  am  linken  Auge  keine  Spur  der  sonst  so  leicht 


i 


86  Anatomischer  Befand  bei  kongenitaler  Ptosis. 

zu  beobachtenden  Verbreiterung  der  Levatorsehne  gefunden  werden.  Am 
rechten  Auge  waren  nur  vereinzelte  Sehnenfäden  vorhanden. 

Uhthoff  (186)  fand  den  Rectus  internus  als  bindegewebigen,  normal 
inserirten  Strang. 

Baum  garten  (224)  beobachtete  einen  Fall  von  Strabismus  convergens 
rechterseits  mit  Unmöglichkeit,  das  Auge  nach  aussen  zu  bewegen.  An  SteDe 
des  Rectus  extemus  traf  man  auf  einige  bindegewebige  Stränge. 

Guende  (188).  Fall  mit  stärkster  angeborener  Divergenz.  Der  Intemos 
erwies  sich  als  dünner  atrophischer  Faden,  der  Extemus  dagegen  als  dick 
und  kontrahirt. 

f)  Vollständiges  Fehlen   des  Muskels. 

In  Lawford's  Fall  (210)  fehlte  der  Rectus  internus. 

Bei  Ahlström  (187)  war  keine  Spur  eines  Levator  zu  entdecken. 

In  Heuck's  Falle  (184)  fehlte  der  Levator. 

Harles  (225)  berichtet  über  einen  Fall,  in  welchem  beide  Obliqui  fehlten, 
während  alle  M.  recti  normal  entwickelt  waren. 

Bei  Seiler'«  (226)  erstem  Falle  fehlte  rechts  der  Obliquus  infer.  und 
Rectus  sup.  und  links  der  Obliq.  inf. 

Beim  zweiten  Falle  fehlte  rechts  der  Obliq.  sup.  und  Obliq.  infer.  und 
links  der  Obliq.  sup.,  der  Obliq.  infer.  und  der  Rectus  sup. 

Stein  heim  (227).  In  einem  Falle  von  Ptosis  congenita  mit  Beweg- 
lichkeitsdefekt nach  oben  wurde  bei  der  Operation  am  Bulbus  kein  M.  rectus 
superior  gefunden. 

g)  Mangelhafte  Entwickelung  der  Nerven. 

Cornaz  (228)  führt  einen  von  Cerutti  beobachteten  Fall  von  Hydro- 
cephalus  mit  Mikrophthalmus  an,  bei  welchem  der  Nerv,  oculomotorius,  der 
Nerv,  abducens  der  erste  Ast  des  Nerv,  trigeminus  nur  aus  einer  binde- 
gewebigen Scheide  bestanden. 

h)   Fehlen  der  Nerven. 

Seiler  (226)  beobachtete  drei  Fälle,  bei  welchen  neben  anderen  Ab- 
normitäten mehr  oder  weniger  grosse  Defekte  der  Augennerven  vorhanden 
waren.  Im  ersten,  einem  Hydrocephalus  mit  Mikrophthalmus,  fehlte  das 
Ganglion  ciliare  mit  seinen  Aesten,  der  Thränenast  des  Nerv,  trigeminus 
rechts  imd  alle  Nerven  bis  auf  den  Abducens  links. 

Im  zweiten  Falle,  ebenfalls  einem  Hydrocephalus,  fehlten  rechts  alle 
Nerven,  links  der  Nervus  trochlearis,  der  erste  Ast  des  Trigeminus  und  theil- 
weise  der  Nerv,  oculomotorius. 

In  dem  folgenden  Falle  von  Bach  (198)  mit  kongenitaler  Ptosis  wurde 
bei  der  Operation  festgestellt,  dass  die  Sehne  des  Muse,  levator  beiderseits 
normal  inserirt  und  auch  von  normaler  Länge  bezw.  Breite  erschien,   ebenso 


class  dies  mit  dem  am  meisten  gescbädigten  M.  rectus  internus  der  Fall  war. 
Hier  bestand  oft'enbar  etn  Defekt  in  der  Nervenlfcitimg  oder  eine  Aphivsie  in 
der  Keniregian  des  Ocalomoturius. 

Alle  derartigen  kongenitalen  Defekte  einzelner  Muskeln  oder  Muskel- 
grnppen,  seien  sie  mm  am  Rumpf,  oder  mit  ISeweglichkeitsdefekten  der  Lider 
und  der  Bulbusuiuskulatur  kombinirt  oder  nicht,  stellen  nur  verschiedene  Er- 
scheinungsformen einer  gleichartigen  Entwickelungsstörung  dar.  Nach  den 
Erfahrungen  Leonowa's  (229l  nämlich  entwickeln  sich  die  quergestreiften 
Muskeln  schon  in  früher  Fötalzeit  niiabhdngig  von  den  vorderen  Hückenmarks- 
wurzeln  und  ihren  Zentren.  Erst  später,  durch  die  Funktion  dieser  Theile 
tritt  ein  trophisches  Abhangigkeitsverhältniss  derselben  ein*  Ein  Bewegiich- 
keitsdefekt  kann  mm  sowohl  eintreten,  wenn  das  Nervencentnmi  fehlt,  oder 
eine  mangelhafte  Anlage  desselben  (Aplasie)  besteht,  ferner  wenn  der  Muskel 
schlecht  veranlagt  ist  oder  fehlt,  ids  aucli  bei  normaler  Anlage  des  Centrums, 
wie  des  Muskels,  aber  mungelhafter  Anlage  oder  Fehlen  der  Nervenleitung. 
Sobald  eben  ein  Glied  der  von  der  Hirnrinde  bis  zu  den  Maskelkernen 
resp.  bis  zu  den  fropliischen^  spinalen  Centren  und  den  peripherischen  Muskeln 
reichenden  Kette  ausfällt,  oder  im  Fotalleben  nicht  zur  normalen  Entwickelung 
kommt,  dürfen  wir  einen  Funktionsauafall,  einen  Bew^eglichkeitsdefekt  erwarten. 

Wenn  das  noniial  gewesene  ('entrum  zerstört  w^ird^  dann  degenerirt 
auch  die  periphere  Batin,  wenn  aber  dieses  Centrum  nie  angelegt  war,  so  fehlt 
die  funktionelle  Beeinflussung  der  peripheren  Theile,  die  nichts  destoweniger 
aus  dem  vorerwalinten  Grunde  normal  entwickelt  sein  können.  Aus  diesem 
(Tfunde  möchten  wir  auch  den  Fall  Siemerling  (181)  mit  einseitig 
kongenitaler  Ptosis  und  Degeneration  eines  Theils  des  Oculomotoriuskerns, 
mit  theilweiser  Atrophie  des  Oculomotoriusstammes  und  Zertall  der  Le- 
vatorfasern  nicht  als  kongenitalen  Beweglichkeitsdefekt,  sondern  als  einen 
in  frühester  Kindheit  entstandenen  partiellen  Schwund  des  Oculomotorius- 
kemes,  als  sogenannten  infantilen  Kernschwund  (\Mobius)  auffassen.  — 
Auch  Sil  ex  (230)  hatte  bei  einem  27  jahrigen  Mädchen  mit  kongenitaler  Ptosis 
Gelegenheit,  ein  Stück  des  Levator  mikrosko]nsch  zu  untersuchen.  Aus 
dem  mikroskopischen  Bilde  ergab  sich  eine  gieichmässige  Atrophie  des  Muskels, 
Es  bestand  eine  totale  bindegewebige  Degeneration  der  Muskelfasern,  nirgends 
war  (Querst reif ung  zu  erkennen.  Die  Kerne  waren  zahlreich  und  von  Spindel- 
fiirmiger  Gestalt,  dazwischen  etwas  Binde-  und  Fettgew^ebe,  Auch  dieser 
Befund  spricht  nicht  für  eine  Aplasie,  sondern  tur  einen  in  frühester  Kind- 
heit entstandenen  Degeneraiionsprozess  analog  dem  Falle  Siemerling 's. 

Im  vorigen  Jahre  hatten  wir  Gelegenheit,  eine  doppelseitige  angeborene 
Ptosis  bei  einem  Manne  zu  beobachten,  der  an  einer  Lungen phthise  zu 
Grunde  ging.  Dadurch  wurden  wir  in  den  Stand  gesetzt,  die  mikroskopische 
Untersuchung  vor>:imehmen. 

Es  handelte  sich  utu  einen  47Jährigen  Milchmann  C,  E,  (siehe  Figur 
40),    der    abgesehen    von    den  Kinderkrankheiten    nie     krank    gewesen    war. 


i 


Die  kongenitale  Ptoiis. 


1894  madite   er   angeblich 


Influenza  diirdi.     8eittk*m   hatte  er  Huste 
Kurzliit'tigkeit  und  eine  beträchthche  Abnahme  der  Knifte  bemerkt. 

i].  war  stark  abgeniaj^ert ,  hatte  eine  fahle  ttesichtsfarbe  und  bot  die 
Ijrscheinungen  einer  fortgeschrittenen  tuberkulösen  Erkrankung  beider  Ober- 
lapiJen  dar.  Die  Untersuchung  des  Nervensystems  ergab  im  Wesentlichen 
normale  Verhältnisse.  Die  Sehnenreflexe  waren  sanimtlicb  sehr  lebhaft, 
ebenso  wie  die  Hautreflexe.  Die  Sensibilität,  die  Hirnnerven,  Augenhinter- 
grund, Pupillen  etc,  waren  nonnal.    Das  einzig  Pathalogiscbe  bestand  in  einem 

doppelseitigen*  schlati'en 
Herabhängen   des  (Jbii- 
lides,   was  seit  der  Ge- 
burt bestand.   Wie  schrm 
früher  mitgetheilt^  koiii- 
pensirte   E.    die    Ptosis 
thircli    energische    Kon 
traktion    der  Frontale 
was      zu      ausgeprägter 
Faltenbildung      in     der 
Stirne      geführt      hatU^ 
(Fig.  40).  ( 

Nachzutragen  ist, 
dass  die  Mutter  des 
Patienten  an  Nerven* 
schwäche  litt,  häufig 
t>hnraachten  hatte  und 
an  Wassersucht  starb. 
Sonst  hereditär,  keine 
Belastung,  Lues  und 
Potus  negirt. 

Der  tuberkulöse 
I*rozess  in  der  Lunge 
machte  stetige  Fort- 
schritte und  am  6,  Febr* 
1897  trat  der  Exitus 
lethahs  ein. 

Die  Sektion  ergab 

Verwachsung  beider  Lungen  mit  der  Brustwand.  Dieselben  waren  durchsetzt 
mit  peribronchitischen  Herden.  Im  rechten  Oberlappen  befand  sich  eine  wall- 
nussgrosse  Kaverne.  Ausser  einer  atrophischen  Muskatmissleber  fanden  sich 
makroskopisch  keine  sichtlich  von  der  Norm  abweichende  Veränderungen, 
auch  nicht  im  Nervensystem. 

Das  Hirn  wurde   in  Müller  gehärtet >   und    der  Hirnstamm    in  Serien^ 
schnitte  zerlegt. 

Die  genaue   Durchsicht   der   Kemregion   zeigte   nur   die  gleich  zvl 


Fig.  40. 
C,  E.     I>i>ppel»eitige  angeborene  PtosU. 


Mikroskop.  Befund  bei  Ptosis  congenita  ^ 

schreibenden  Verändeningen  im  OculomotoriuskenL  Die  Facialis-,  Abducens-, 
Trigeminiiskerne,  sowie  deren  intramedulläre  Wurzeln  waren  normal;  ebenso 
die  Kerne  der  übrigen  H ininerven.  Die  Zellen  des  centralen  Höhlengnius, 
wenn  auch  nicht  besonders  zahlreich,  zeigten  normales  VerhalteiL 

Was  nun  den  Oculoraotoriuskern  betrifft,  so  sei  vorweg  genommen, 
dass  auf  der  rechten  Seite,  speziell  im  grosszelligen,  kterak*n  Kern,  eine 
ganz  auffallende  Verminderung  der  Zahl  der  Ganglienzellen  gefunden  wurde, 


Flg.  41. 

Mikrosko|n»(*h<^r  BefuDil  zu  Figur  40,     Dc»ppel.*eitijEe  koiigcnitak'  Pulsis.     i  =:  S(pUe  der  Aplasie 
im  Oculoniotoriuskero.     Von   Dr.  Justi  gezeichnet 

während  die  vorhandenen  normale  Formen  aufwiesen.  Entzündliche  und 
degenerative  Veränderungen  fehlten  vollständig  (siehe  Figur  41),  so  dass  man 
in  diesem  Falle  wohl  von  einer  Aplasie  auf  der  rechten  Seite  des  Oculo- 
motoriuskernes  sprechen  kann,  welche  speziell  im  grosszelligen  lateralen 
Kern  am  meisten  entwickelt  war.  In  geringerem  Grade  zeigte  sich  eine 
Aplasie  in  der  \Vestphal-Edinger*schen  Kerngruppe  der  anderen 
Seite  des  Oculomotoriuskernes. 


90  Mikroskopischer  Befund  bei  Ptosis  congeDita. 

Wie  bei  den  angeborenen  Missbildungen  würde  es  sich  also  hier  um 
eine  fötale  Aplasie  handeln,  die  sich  in  einer  numerisch  geringeren  Ausbildnng 
der  histologischen  Elemente  [Samuel  (233) J,  also  in  einer  kleineren  als 
normalen  Anzahl  der  Ganglienzellen  bekundet. 

Wir  zählten  natürlich  in  verschiedenen  Schnitthöhen  die  Ganglienzellen 
und  fanden  z.  B.  im  Schnitt  Nr.  12 

auf  der  linken  Seite  210  Ganglien, 
y,      ^     rechten     ^     109  ^' 

im  Schnitt  Nr.  32 

auf  der  linken  Seite  213  Ganglien, 
„      .,     rechten     „161  „ 

im  Schnitt  Nr.  52  (siehe  Figur  41) 

auf  der  linken  Seite  55  Ganglien, 
.,     y,     rechten     .,16  „ 

Wie  schon  erwähnt,  boten  die  vorhandenen  Ganglienzellen  in  den  ver- 
schiedenen Färbungen  ein  normales  Aussehen.  Die  Zellen  waren  nicht  ge- 
schrumpft, die  Kerne  waren  deutlich,  von  glatter  Oberfläche  und  rundlicher 
ßegrenzung.  Weder  fettige,  noch  körnige  Degeneration  war  nachzuweisen; 
ebensowenig  eine  Vakuolenbildung.  Nur  war  im  distalen  Theil  des  Kerns 
ein  auffallend  starker  Pigmentgehalt  der  Ganglienzellen  vorhanden.  Dabei 
war  in  den  meisten  derselben  ein  deutlicher  Kern  nachweisbar. 

Auf  Grund  dieser  vorliegenden  Beobachtung  und  Untersuchung  müssen 
wir  annehmen,  dass  der  grosszellige  laterale  und  der  Edinger-Westphal- 
sche  Kern  zum  Oculomotorius  gehören;  denn  wir  fanden  in  beiden  je  die  Aplasie 
der  Ganglienzellen,  die  wir  als  Ursache  der  kongenitalen  Ptosis  ansehen 
möchten.  Da  nun  die  Aplasie  in  beiden  Seiten  nachzuweisen  war,  so  liegt  es 
nahe,  dies  Verhalten  als  Stütze  der  von  v.  Gudden  (244)  und  Perlia  (239) 
verfochtenen  Ansicht  anzusehen,  nach  welcher  die  Oculomotoriuswurzeln  zum 
Theil  aus  der  entgegengesetzten  Seite  entspringen  sollen. 

Im  vorliegenden  Falle  würden  die  zum  Levator  palpebr.  sup.  gehen- 
den Fasern  theils  aus  dem  grosszellig  lateralen,  theils  aus  dem  Edinger- 
WestphaTbchen  Kern  entspringen.  Hierbei  ist  aber  der  Umstand  höchst 
bemerkenswerth ,  dass  die  Ptosis  doppelseitig  war.  Dies  dürfte  sich 
vielleicht  wohl  damit  erklären  lassen,  dass  der  Edinger-Westphal'sche 
Kern  auf  der  rechten  Seite  in  Verbindung  mit  dem  gleichseitigen  grosszellig 
lateralen  Kern  steht,  so  dass  die  Anordnung  der  Fasern  möglicherweise  eine 
Analogie  mit  denen  im  Chiasma  fände.  Die  doppelseitige  Ptosis  bilde  dem- 
nach eine  Analogie  zur  Hemianopsie,  die  sich  in  der  beiderseits  bestehenden 
UnVollständigkeit  der  Ptosis  kund  thut. 

Bei  einer  einseitigen  angeborenen  Ptosis  wäre  vielleicht  anzunehmen, 
dass  die  Aflfektion  lediglich  den  grosszelligen  lateralen  Kern  beträfe,  und  dass 
die  Edinger- WestphaTschen  Kerne  intakt  geblieben  seien. 

Leider  waren  wir  nicht  in  der  Lage,  den  M.  levator  palp.  sup.  und  den 
(.)julomotoriusstamm    mikroskopisch  zu   untersuchen,   da   dieselben   uns  nicht 


aufbewahrt  worden  wareiL  In  den  Okuloinotormswurzelfasern  konnten  mit 
Sicherheit  weder  in  ihrer  Struktur,  noch  in  ihrer  Vertheilung  Veränderujigen 
nachgewiesen  ^verden. 

Wenn  es  uns  daher  auch  wold  bewnsst  ist,  dass  unsere  Auseinander- 
setzungen bezüglich  des  Levator  in  diesem  Falle  keinen  Anspruch  auf  ein- 
wurfslVeie  Deutung  erheben,  so  erschien  uns  doch  der  knnstatirte  objektive 
Belund  bedeutsam  genug,  um  eine  so  ausfuhr  liehe  ^littbeihing  zu  rechtfertigen. 

In  einem  späteren  Kapitel  werden  wir  auf  die  Frage  der  Lokalisation 
in  der  Okuloniotoriuskernregion  in  noch  eingehenderer  Wei-se  zuriickkommen. 

S  49 ,  B  ez  ii  g  1  i  eh  de  r  D  iagnus  e 
der  angeborenen  Ptosis  wäre 
zunächst  auf  diejenigen  Fälle 
von  Asymmetrie  im  Scbädelbau 
aufmerksam  zu  machen,  bei 
welchen  die  Orbita löttVamg  auf 
beiden  Seiten  von  ungleiehent 
l'nifange  ist.  Wir  sehen  auf 
Figur  42  die  Maasse  der  rechten 
f  resiehtsbalfte  gegen  die  der 
linken  Seite  verkürzt,  und 
namentlich  die  rechte  Orbital- 
öünung  kleiner  als  die  linke, 
ein  l'mstand,  demzufolge  die 
rechte  Augenbraue  auch  einen 
grosseren  Tiefstand  zeigt,  als 
die  der  linken  Seite.  Da  aber 
beide  Lidspatten  in  diesem  Falle 
von  gleicher  Weite  sind,  so 
mnsB  demnacli  auch  die  F^nt- 
fernung  der  linken  Augenbraue 
von  dem  Mittelpunkte  des 
linken  oberen  Lidrandes  grösser, 
wüe  auf  dem  rechten  Auge  sein, 
und  demzufolge  auf  dem  linken  Auge  mehr  Haut,  als  auf  dem  recliten 
Öberlide  zu  Tage  treten.  Dadurch  könnte  aber  bei  obertiächlicher  Be- 
trachtung eine  leichte  Ptosis  vorgetäuscht  werden. 

Die  Diagnose  der  angeborenen  Ptosis  ist  im  Allgemeinen  nicht  schwer, 
zumal  wenn  sie  mit  anderen  bekannten  Bildungsfehlem  kombinirt,  imd  wenn 
ihre  Erblichkeit  nachweisbar  ist.  Schwieriger  wird  dieselbe  aber,  wenn  seit 
frühester  Kindheit  die  Ptosis  isobrt  bestand,  und  wenn  die  Verwerthung  der 
anamnestischen  Angaben  belanglos  wird;  denn  die  Aussagen  der  Eltern  über 
den  Beginn  des  Leidens  sind  oft  sehr  unsiclier,  da  deren  Intelligenz  und  die 
Sorgfalt,  mit  welcher  sie  ihre  Kinder  beobachten,  oft  viel  zu  wünschen  übrig 
lässt.      Es   handelt    sich    nümlich    uiu    das   Auseinanderhalten    vorerwähnter 


J.  V 


Anjicheiueade  Proptoöia  bei  Schüdelflayiümetrie, 


92  Die  kongenitale  Ptosis. 

Bildungsdefekte  von  der  chronischen,  stationären,  oder  bis  zn 
einem  gewissen  Grade  progressiven  Ophthalmoplegia 
exterior,  einem  Krankheitszustande,  bei  welchem  eine  Lähmung  aller, 
oder  nur  einzelner  äusserer  Augenmuskeln  mit  Ptosis,  oder  auch  Rosis 
allein  zur  Entwickelung  kommt,  und  welcher,  weil  er  so  häufig  in 
frühester  Kindheit  aufzutreten  pflegt,  von  Möbius  (231)  als  infantiler 
Kernschwund  bezeichnet  wurde.  P^s  ist  daher  bei  diesen  Zuständen  ein 
ganz  besonderes  Ge^vicht  auf  die  DiiFerentialdiagnose  der  angeborenen 
Beweglichkeitsdefekte  der  Bulbusmuskulatur  von  den  erworbenen  Augen- 
muskellähmungen zu  legen,  darf  ja  doch  dann  mit  Recht  auch  für  die  Ptosis 
die  gleiche  entwickelungshemmende  Ursache  angenommen  werden,  wie  für  die 
vorhandenen  Beweglichkeitsdefekte  der  Bulbusmuskulatur.  Sollte  aber,  was 
ja  nicht  auszuschliessen  ist,  zur  kongenitalen  Ptosis  noch  einmal  eine  erwor- 
bene exteriore  Augenmuskellähmung  hinzutreten,  so  müsste  dies  dann  als  ein 
seltenes  Ereignis  und  eine  zufällige  Komplikation  aufgefasst  werden.  Die 
Diagnose  der  kongenitalen  Ptosis  stützt  sich  daher  auf  die  Diagnose  der 
kongenitalen,  die  Ptosis  begleitenden  Beweglichkeitsdefekte  der  Bulbusmuskulatur, 
und  wir  müssen  darum,  wiewohl  zu  einem  anderen  Kapitel  gehörend,  die 
diflferentieU  diagnostischen  Momente  derselben  von  den  acquirirten  Augen- 
muskellähmungen hier  in  möglichster  Kürze  besprechen.  Als  differentiell 
diagnostische  Momente  sind  aber  neben  den  erwähnten  für  das  Vorhanden- 
sein einer  kongenitalen  Ptosis  noch  femer  anzusehen,  wie  diesKunn  angiebt: 

1.   Das  Fehlen  der   Sekundärkontraktur. 

Die  Bulbi  können  bei  den  angeborenen  Beweglichkeitsdefekten  die 
verschiedensten  Stellungen  in  der  Orbita  einnehmen.  Es  kann  je  nach  den 
primären  Gleichgewichtsverhältnissen  entweder  Parallelismus  der  Sehlinien 
oder  eine  andere  Stellung  derselben  bestehen.  Die  Augen  haben  sich  von 
vornherein  schlecht  orientiert  in  der  Orbita  entwickelt.  Man  hat  es  also 
auch  bezüglich  der  Stellung  der  Bulbi  mit  einer  Bildungsanomalie  zu  thun. 
Eine  Sekundärkontraktur  besteht  aber  nicht. 

Jede  erworbene  Augenmuskellähmung  ist  aber  von  Sekundärkontraktur 
gefolgt. 

Durch  den  Parallelismus  der  Sehlinien,  wie  er  nicht  selten  bei  Fällen  von 
angeborenen  Bildungsdefekten  der  Augenmuskulatur  gefunden  wird,  wird  schon 
an  und  für  sich  die  Annahme  einer  Sekundärkontraktur  hinfällig.  Denn 
Lähmung  und  gleichzeitigen  Parallelismus  der  Sehlinie  im  Zustande  der  Ruhe 
beobachtet  man  bei  erworbenen  Lähmungen  niemals,  es  müsste  denn  eine 
beiderseitige  komplete  Ophthalmoplegia  exterior  vorliegen. 

2.  Erhaltensein  der  Konvergenz  bei  aufgehobener  Seitenwendung. 

Während  sich  in  einer  ziemlich  beträchtlichen  Anzahl  von  Beweglich- 
keitsdefekten Störungen  der  associirten  Seitwärtsbewegungen  finden,  ohne  dass 


die  Konvergenz  gelitten  hatte,  rindet  Kich  diese  merk\vm*dige  Erscheinnng  bei 
den  später  erworbenen  Formen  von  Lähmung  niemals.  Nehmen  wir  an,  die 
Seitenbewegung  des  linken  Auges  nach  links  hin  sei  unmöglich,  so  hat  sich 
eben  auch  nie  eine  Association  dieses  Muskels  mit  dem  rechten  Rectus  in- 
ternus entwickelt,  und  darum  bat  auch  bei  dem  Befehl  niich  links  hin^uhlicken 
das  verdeckte  rechte  Auge,  welches  also  den  Fixirpunkt  nicht  sieht,  auch 
nicht  das  geringste  Interesse  sich  nach  innen  zu  bewegen. 


3.   Das   Fehlen  der  Sekundärablenkung. 

Bei  der  erworbenen  Lähmung  verhält  sich  dies  in  dem  analogen  Falle^ 
also  z.  B.  bei  Lähmung  der  Seitwärtswendung  des  linken  Auges  ganz  anders. 
Weil  hier  von  Hause  aus  sich  eine  Association  des  rechten  Internus  mit  dem 
linken  Externus  im  Sinne  der  associirten  Bewegung  nach  ünks  hin  gebildet 
hatte,  wird  nun  auch  der  Impuls  der  Seitenwendung  nach  links  hin  auf  die 
beiden  associirten  Muskeln  vertheilt,  selbst  dann,  wenn  das  eine  Auge,  wie 
hier  das  linke,  nicht  mehr  gehorchen  kann» 

4.    Der  Mangel   an  Doppelbildern, 

Bei  erworbenen  Augenmuskellähnmngen  treten  nur  dann  keine  Doppel- 
bilder auf,  wenn  es  sicli  um  Personen  bandelt^  w^elche  den  Zustand  der 
Lähmung  in  früher  Kindheit  noch  vor  der  Entwickelung  des  binokularen 
Sehaktes  (nach  Kunn  4-  — 5.  Lebensjahr)  erworben  haben, 

Acquirirte  Lähmungen  aber,  w^elche  nach  Entw^ickelung  des  binokularen 
Sehaktes  ein  Individuum  befallen,  sind  unter  allen  Umständen  {selbstredend 
sofern  beide  Äugen  sehtüchtig  sind)  mit  dem  Auftreten  von  Doppelbildern 
verknüpft. 

Bei  den  angeborenen  Bew^eglichkeitsdefekten  bestehen  dagegen  nie 
Doppelbilder,  wenn  die  Patienten  beim  Sehen  sich  selbst  über- 
lassen bleiben.^}  Daraus  geht  hervor,  dass  wir  es  entweder  mit  Leuten  zu 
thun  haben^  w^elche  einen  binokularen  Sehakt  überhaupt  nicht  besitzen,  oder 
mit  solchen,  die  bei  bestehendem  binokularen  Sehakte  im  Stande  waren,  durch 
Bewegungen  des  Kopfes  diejenigen  Blickrichtungen  zu  vermeiden,  hei  welchen 
kraft  der  bestehenden  Beweglichkeitsdefekte  Schielen  und  somit  Doppelseben 
hätte  eintreten  müssen. 

Bei  allen  Fällen  nun,  bei  welchen  im  Zustande  der  Ruhe  kein  Parallelis- 
mus der  Sehlinien  besteht,  kann  auch  kein  binokularer  Sebakt  bestehen,  Ist 
aber,  wie  bei  vielen  Fällen  von  angeborenen  Bildungsdefekten  der  Augen- 
muskulatur im  Zustand  der  Ruhe  Parallelismus  der  Sehlinien  vorhanden,  dann 
hängt  der  Bestand  des  binokularen  Sehaktes  davon  ab,  ob  die  Konvergenz 
erhalten  ist   oder  nicht.     Im    ersteren  Falle  können  wir   mit  Sicherheit  an- 


1)  D.  k  wenn  sie  ihren  Kopf  Dach  Beheben  bewegen  küanen. 


94  Die  kongenitiile  Ptosis. 

nehmen,  dass  der  binokulare  Sehakt  besteht,  und  solche  Leute  werden  doppelt 
sehen,  wenn  sie  nach  der  Seite  des  defekten  Muskels  blicken.  Dies  wird 
aber  eben  dadurch  vermieden,  dass  die  Patienten  den  Kopf 
drehen.  Bleiben  solche  Menschen  beim  Sehen  sich  also  selbst  überlassen, 
dann  werden  sie  auch  nie  doppelt  sehen,  ob  sie  nun  einen  binokularen  Seh- 
akt besitzen  oder  nicht. 

Bei  angeborenem  Beweglichkeitsdefekt  des  Seitenwenders  der  einen 
Seite  wird  der  Internus  des  anderen  Auges  zum  Blick  nach  der  Seite,  selbst 
bei  intakter  Konvergenz,  nur  unter  gewissen  Bedingungen  benutzt  werden: 
Fehlt  der  binokulare  Sehakt,  so  liegt  für  die  Benützung  des  Internus  als 
Seitenwender  kein  Hindernis  vor.  Es  fällt  diese  Aktion  dann,  physiologisch 
genommen,  mit  der  Konvergenzbewegung  zusammen.  Es  wird  dann  monokular 
nur  nach  einer  Seite  gesehen. 

5.  Für  angeborene  Beweglichkeitsdefekte  der  Bulbus- 
muskulatur  spricht  ferner  die  Erscheinung,  dass  ein  anscheinend  gelähmter 
Muskel  plötzlich  ruckweise  das  Auge  in  eine  andere  Stellung  zieht,  wobei 
Aufmerksamkeit  und  Wollen  Veränderungen  in  den  Leistungen  hervorbringen. 
Eine  solche  Erscheinung  wäre  bei  erworbenen  Lähmungen  einfach  un- 
denkbar. 

6.  Als  differentiell  diagnostisch  wichtig  hebt  Gourfein  (213)  bei 
seiner  Beobachtung  noch  hervor,  dass  Nystagmus  bestand,  was  bei  einer 
nuklearen  Lähmung  nicht  gut  möglich  wäre,  ferner  dass  die  Sehschärfe  und 
der  Augenspiegelbefund  sich  abnorm  verhielten,  und  die  Ptosis  eine  hoch- 
gradige gewesen  sei,  was  bei  der  erworbenen  Ophthalmoplegia  exterior  meist 
nicht  der  Fall  wäre. 

Bezüglich  der  speziellen  Diagnose:  ob  der  Levator  überhaupt  vorhanden 
oder  nicht,  und  welche  von  den  verschiedenen  Formen  der  Entwickelung.<J- 
störung  im  betreft'enden  Falle  vorliegen  möchten  etc.,  dürften  wohl 
folgende  Betrachtungen  über  unsere  Beobachtung  Figur  43  und  44  hier  am 
Platze  sein. 

Fr.  C,  ein  23jähriges  Dienstmädchen,  zeigte  beiderseits  Ptosis  congenita 
leichteren  Grades.  Beim  Blick  gerade  aus  war  kein  Sulcus  orbito-palpebralis 
(vergl.  Fig.  1  b)  sichtbar,  weil  offenbar  wegen  ungenügender  Wirk- 
ung des  Levator  resp.  mangelhafter  Insertion  die  Lidhaut 
nich  t  eingezogen  war,  und  die  Deckfalte  fehlte.  Beim  Blick  abwärts 
auf  die  Finger  klaffte  ziemlich  weit  die  Lidspalte,  und  die  Lidhaut  war  ver- 
strichen. Beim  Blick  geradeaus  aber  nach  dem  Horizont  lag  die  Lidhaut, 
wie  bei  der  Ptosis  adiposa,  in  leicht  gewellten  parallelen  Falten,  welche  noch 
bei  dem  BHck  nach  oben  zunahmen.  Die  Bewegung  des  Bulbus  nach  oben 
und  nach  den  anderen  Richtungen  ist  beiderseits  völlig  nonna'  vorhanden,  man 
muss  nur,  um  ausgiebigere  Bewegungen  nach  oben  zu  erhalten,  die  Patientin 
energisch  auftbrdern,  nach  oben  zu  blicken.  Der  Frontalis  ist  beiderseits 
nicht   kontrahirt.      Hier   waren    wohl    an   Stelle   des  Levator  bindegewebige 


Fig.  43. 

A.  C.    Dr>p|iels4?itige,  iiikoinpWte,  k<ingeniiiile  FtoHk 

mit  ErlinltUTitr  der  Mewe;L'li«'likrM{  de»  ßulbiLs    und* 

(►hin,    Blii'k  geniiie  nua. 


Stränge  \orhaoden,  die  eineiseits  das  Lid  aiii  vrilligen  Lid^chhiss  verlundcrten, 
gleicliwie  sie  einer  Hebung  des  Lids  über  die  Mittellinie  entgegenstanden  und, 
weil  die  Haut  durch  den  fehlenden 
Levator  nicht  in  die  Orbita  zurück- 
gezogen werden  konnte,  beim 
Blick  nach  oben  zu  leichten  Falten- 
bihhingen  auf  der  Lidhaut  Ge- 
legenheit gaben. 

Die  Angabe  von  \V.  M. 
Beaumont  \232),  dass  bei  dem- 
selben Individuum  der  Grad  der 
Ptosis  zu  verschiedenen  Zeiten 
sehr  wechseln  könne,  muss  wohl 
mit  grosser  Reserve  hingenommen 
werden.  Es  handelt  sich  wohl 
hier  um  eine  Verwechselung  mit 
der  Ptosis  bei  infantilem  Kern- 
Schwund*  Vielleicht  aber  kannte 
eine  Veränderlichkeit  in  der  Weite 
der  Lidspalte  bei  angeborener 
Ptosis  auf  verschiedenen  Kon- 
traktionsÄUständen  der  bei  dem 
betreffenden  Individuum  normal 
vorhandenen  glatten  Palpebral- 
niuskel  beruhen,  welche  ja  bei 
Geniiithsaffekten  mit  innervirt 
%verden.  Ausserdem  kann  aber 
mit  zunehmendem  Alter  die  Ptosis 
dadurch  hochgradiger  werden^  dass 
das  obere  Lid  bei  dem  alhuah- 
lichen  SchlalTerwerden  der  Haut 
vermöge  seiner  Schwere  mehr  und 
mehr  sinkt. 

Schliesslich  ist  die  Erschein- 
ung zu  berücksichtigen j  dass  der 
Grad  der  Ptosis  in  den  an- 
geborenen Fällen  in  gar  keinem 
Zusammenhang  mit  der  Wirk- 
samkeit der  Lid  lieber  stehen  muss. 
Die  Ptosis  kann  hier  ganz  gering 
sein,  und  der  Levator  ist  docli 
nicht  im  Stande,  das  Lid  nur  um 
einen  Millimeter  höher  zu  beben  ts.  Fig.  30)>  Bei  der  gewölmlit  lien  Lähnmng  ist  das 
anders,  denn  da  ist  der  G  rad  der  Ptosis  der  Ausdruck  der  Schwache  des  Muskels, 


Fip.  44, 

A.  C*    I>t(»pelsutHgf\   iokomplele,  kongenitale  Ptosjp- 

itiit  Erhaltung  diT  BewegUcbkcit  det  Bulbus   nncli 

obi'ü.     Blick  nach  oben. 


96  Die  kortikale  Ptosis. 

b)  Die  kortikale  Ptosis. 

§50.  Horsley  und  Schäferhaben  durch  ihre  berühmten  Experimente  am 
Affen  dargethaU)  dass  für  die  Augenbewegungen  analog  den  Bewegungen  der 
Extremitäten  und  des  Kopfes  ein  Centrum  in  der  Rinde  des  Gehirns  Tor- 
handen  sei  und  zwar  in  der  ersten  und  zweiten  Frontalwindong.  Für  den 
Menschen  ist  jedoch  durch  eindeutige  pathologische  Befunde  eine  derartige 
Rindenvertretung  für  die  Augenbewegungen  zur  Zeit  noch  nicht  mit  Sicher- 
heit festgestellt  worden.  Nur  so  viel  darf  man  zur  Zeit  wohl  an- 
nehmen, dass  die  Läsionen  der  Centren  höherer  Ordnimg,  welche  über  den 
Nervenkemen  gelegen  sind,  niemals  Lähmungen  einzelner  Augenmuskeln  zur 
Folge  haben.  Von  diesem  Satze  scheint  der  Levator  palpebrae  saper.  allein 
eine  Ausnahme  zu  machen« 

Vergegenwärtigen  wir  uns  die  Funktion  dieses  Muskels,  so  liegt  es  sehr 
nahe,  schon  auf  Gnmd  von  gewissen  Ueberlegungen  anzunehmen,  dass  die 
Oeffnung  der  Augen  einen  Akt  darstellt,  der  innig  mit  der  Thätigkeit  der 
Grosshimrinde  im  Zusammenhang  steht.  So  kündigt  sich  das  Erwachen  aus 
dem  Schlafe  zuerst  durch  Erheben  der  Augenlider  an.  Licht  fallt  auf  die 
Netzhaut  und  erregt  die  Rinde  des  Hinterhauptlappens,  Worauf  allmählich  die 
übrige  Hirnrinde  in  Thätigkeit  tritt. 

Im  entgegengesetzten  Falle,  wenn  die  Funktion  der  Grosshimrinde  nach- 
lässt,  fallen  die  Augenlider  der  Schwere  nach  nieder,  indem  der  Tonus  des 
Levator  palpr.  sup.  sich  vermindert.  Im  Hinblick  auf  die  später  noch  genauer 
zu  erwähnende  Mauthner'sche  Schlaftheorie  könnte  man  nun  einwerfen, 
es  sei  hierfür  kein  Centrum  in  der  Rinde  anzunehmen,  weil  derselbe  Vorgang 
sich  in  den  Kernen  am  Boden  der  Rautengrube  wie  in  der  Rinde  des  Gross- 
hims  geltend  machen  könnte.  Gegen  die  M au  thner^ sehe  Ansicht  der  Ptosis 
im  Schlafe,  als  von  einer  Nuklearläbmung  besonderer  Art  herrührend,  spricht 
aber  die  Thatsache,  dass  die  Athmung  und  Herzthätigkeit,  die  von  dem  Vagus- 
centrum  aus  regulirt  wird,  ununterbrochen  während  des  Schlafes  in  Thätig- 
keit ist.  Es  erscheint  schwer  verständlich,  dass  an  demselben  Orte  im  Central- 
organ  zugleich  Thätigkeit  und  Unthätigkeit  herrschen  soll,  zumal  wenn  wir 
annehmen,  dass  eine  gewisse  Gefässkontraktion  eine  lokale  Anämie  bedinge« 
welche  ihrerseits  wieder  die  Ursache  der  Funktionsherabsetzung  sei. 

Leider  lässt  sich  nun  über  ein  kortikales  Rindenfeld  des  Levators,  ge- 
schweige denn  über  die  subkortikalen  Bahnen  eines  solchen  zur  Zeit  noch 
keine  bestimmte  Angabe  machen.  Wir  sehen  uns  daher  genöthigt,  das 
brauchbare  einschlägige  Material  aus  der  menschlichen  Pathologie  hier  zu- 
sammenzustellen, um  daran,  so  weit  es  thunlich,  unsere  Betrachtungen  zu 
knüpfen. 

Der  Erste,  der  von  einer  kortikalen  Ptosis  sprach,  war  Grasset  (273). 
Im  Progres  medical  veröffentlichte  er  1876  eine  Beobachtung,  auf  Gnmd 
deren  er  zur  Annahme  gelangte,  dass  in  diesem  Falle  die  Ptosis  durch  eine 
lokalisirte  Affektion  in  der  Hirnrinde  verursacht  war. 


Die  kortikale  rtosis.  ^^^^H^  ^^ 

\in  26jähriger  Mann  kam  in  beinahe  völlig  komatösem  Zustande  ins 
Hospital  Saint-EIoi.  Es  bestand  eine  hüchgradige  Hyperästhesie  bei  Be- 
rührung der  Haut  Keine  Lähmung.  Temperatur  37 — ^37 ,5,  Puls  120. 
Arn  folgenden  Tag  Beginn  einer  linksseitigen  Ptosis*  Während  er  das  rechte 
Auge  freiwillig  öflnen  konnte ,  gelang  ihm  dies  auf  dem  zweiten  Auge  nur 
bis  zur  Hälfte,  Die  linke  Pupille  war  grösser  als  die  rechte.  Am  Tage  darauf  war 
die  Ptosis  noch  ausgesprochener;  unregelmässige  Athmung;  Hauthyperästhesie; 
Ungleichheit  der  Pupille.     In  der  folgenden  Nacht  Exitus  letalis. 

Die  Sektion  ergab  lebhafte  Injektion  der  Dura  mater.  Darunter  deut- 
liche Zeichen  von  difluser  Meningitis  der  Konvexität. 

Auf  der  rechten  Seite  eine  grosse,  schmutzigrothe  Stelle,  auf  der  die 
Injektion  stärker,  und  das  Exsudat  reichlicher  war.  Die  Stelle  lag  am  Ende 
der  Fissura  temporalis  sup.  (sciss*  parallele),  ohne  den  Grund  der  Fissur  zu  er- 
reichen, und  ohne  den  Oyrus  angularis  (Pli  courbe)  zu  berühren. 

Bei  der  Epikrise  dieses  Falles  sagt  Grasset:  „Der  Schw^erpunkt  dieser 
Beobachtung  ist  der  Zusammenhang  der  Lähmung  des  hnken  oberen  Lides 
mit  der  Läsion  vor  dem  Gyrus  angularis  (au-devant  du  pli  courbe). 

Während  des  Lebens  hatte  man  die  Meningitis  diagnostizirt ,  aber  man 
schrieb  die  Lähmung  des  oberen  Lides  den  Exsudaten  an  der  Basis  zu,  die 
theihveise  den  Oculomotorius  komprimirten*  Die  Autopsie  hatte  jedoch  klar 
ergeben,  dass  nichts  Pathologisches  an  der  Basis  in  der  Umgebung  dieses 
Nerven  aul'zutinden  w^ar,  und  dass  die  kortikale  Läsion  als  die  einzige  Ursache 
der  Ptosis  angesehen  werden  müsste/' 

Grasset  erwälmt  dann  noch,  dass  Ferrier  in  seinen  Untersuchungen 
über  das  Gehirn  des  Atfen  in  der  Hube  der  Fissura  tempor.  sup.  ein  Centrum 
fiir  gewisse  Augenbewegungen  gefunden  zu  haben  glaubte,  welches  ungefähr 
dem  Sitz  der  ebenerwähnten  Läsion  entspräche. 

Zu  denselben  Schlussfolgerungen  gelangten  Carvilie  und  Dur  et  durch 
ihre  Controluntersuchungen,  indem  sie  angaben,  dass  „auf  dem  Gyrus  angu- 
laris {pli  courbe)  gewisse  von  Ferrier  beschriebene  Centren  für  die  Augen- 
bewegungen gesucht  werden  müssten*', 

Landouzy  (245)  sammelte  in  der  Folge  eine  ziemlich  grosse  Anzahl 
von  Fällen  und  glaubt  die  Existenz  einer  isolirten  centralen  Ptosis,  welche 
gekreuzt  zur  Läsion  aufträte,  klar  gelegt  zu  haben.  Die  hervorragendsten  dieser 
Befunde  sind  die  folgenden: 

Fall  M.  ßaynaud  (246):  Encephalitis:  ein  Herd  von  4—5  cm  nimmt 
das  Hinterliirn  in  der  linken  Hemisphäre  ein;  ein  anderer  Herd  von  der 
Grösse  einer  Haselnuss  in  der  linken  Paracentralwindung  an  dem  Uebergang 
der  inneren  und  äusseren  Oberfläche  der  linken  Hemisphäre, 

Fall  Landouzy  (24Ö):  Ein  er bsen grosser  Tumor  der  mittleren  Partie 
des  Lobus  parietalis  sup.  dext. 

Fall  Dussaussay  (247):  Abscess  im  Lobus  parietalis  sup.  übergreifend 
auf  die  hintere  Centrahvindung  und  angrenzend  an  den  Gyrus  supramarginalis 
(lobule  du  pli  courbe). 

WUbr«u<l-S«ei]ger,  Kourologi«  d«a  Angot,  7 


D 


98  Die  kortikale  Ptosis. 

Verletzung,  die  die  Gegend  über  der  Fiss.  tempor.  sup.  betrifft 

Landouzy  (248):  Verschiedene  Rindenerweichungen  in  Folge  einer 
nicht  tuberkulösen  Meningoencephalitis  in  der  ersten  Temporalwindung,  über- 
greifend auf  die  dritte  Hirnwindung. 

Eine  Erweichung  von  vier  Fingerbreite  an  der  Basis  der  zweiten  und 
dritten  Hirnwindung,  zur  Hälfte  der  vorderen  Centralwindung ,  der  ersten 
Temporalwindung  des  Gyrus  supramarginalis. 

Dreyfus  (249):  Die  Occipitalwindungen  enthalten  eine  unregelmässige 
Höhlung.    Vor  derselben  ist  die  Himsubstanz  erweicht. 

Joanny  Rendu  (250):  Kortikale  Erweichung  des  unteren  Drittels  der 
hinteren  Centralwindung,  übergreifend  auf  den  Gyrus  supramarginalis. 

D  e  Boyer  (251):  Kortikale  Erweichung  ausschliesslich  auf  die  Tempoial- 
windungen  beschränkt. 

Landouzy  beschliesst  seine  Arbeit  mit  folgenden  Sätzen:  ^Es  scheint 
nach  den  angezogenen  Thatsachen: 

1.  dass  der  Ursprung,  oder  das  motorische  Centrum  des  Hebers  des 
Oberlids  in  dem  hinteren  Theil  des  Parietallappens  gesucht  werden  muss, 

2.  dass  dieses  Centrum  nicht  unmittelbar  an  die  motorischen  Centren 
der  Glieder  angrenzt,  da  die  Ptosis  ebenso  oft  isolirt  vorzukommen  scheint, 
wie  verbunden  mit  hemiplegischen  Störungen, 

3.  dass  unter  den  Nervenfasern,  die  das  dritte  Paar  zusammensetzen. 
diejenigen,  die  zur  Hebung  des  Augenlids  bestimmt  sind,  in  Verbindung  mit 
den  Hemisphären  stehen. 

Im  Jahre  1878  berichtete  Glynn  (252)  über  einen  Fall  von  dop{)el- 
seitiger  Neurit.  opt.  mit  vorübergehender  linksseitiger  Ptosis,  bei  dem  ein 
cirkumskripter  Abscess  im  Bereich  des  vorderen  Theils  der  ersten  Schläfen- 
windung gefunden  wurde. 

Brown-Sequard  (253)  widmete  der  Ptosis  eine  eigene  Vorlesung,  in 
der  er  zu  folgenden  Resultaten  kam.  Die  Ptosis  kann  eintreten  1.  bei  einer 
Veränderung  irgend  eines  Theils  des  Gehirns,  2.  bei  einer  solchen  des  Cor]). 
striatum  auf  derselben,  oder  der  entgegengesetzten  Seite,  3.  bei  einer  solchen 
im  Pons  Varoli,  der  MeduUa  obl.  und  Cerebellum  auf  derselben  oder  ent- 
gegengesetzten Seite,  4.  bei  einer  solchen  in  einer  Hälfte  des  Gehirns  auf 
beiden  Seiten  und  5.  im  Allgemeinen  in  einem  Auge  allein  in  Fällen  von 
beträchtlichen  Veränderungen  auf  einem  der  Gehimschenkel,  während  nach 
allgemeiner  Annahme  die  Ptosis  auf  beiden  Seiten  erscheinen  müsste. 

C  h  e  V  a  1 1  e  r  e  a  u  (254)  nimmt  an,  dass  eine  besondere  Beziehung  zwischen 
dem  Levator  palp.  sup.  und  dem  Gyrus  angularis  bestehe  und  führt  einen 
Fall  an,  bei  dem  nach  einer  in  der  Gegend  des  Gyrus  angularis  statt- 
gehabten Impression  des  Schädels  eine  Ptosis  allerdings  erst  nach  langer 
Zeit  sich  einstellte. 

Huguenin  (255)  beobachtete  eine  doppelseitige  Ptosis,  Neuritis 
descend.  n.  optic.  und  linksseitige  Hemiparese  bei  einer  Embolie  der  A. 
fossae  Sylvii. 


Chauffard  (256)  tbeilte  einen  Fall  von  inkompleter  rechtsseitiger 
Ptosis  mit  Blindheit  und  Taubheit  mit»  bei  dem  sich  eine  Läsion  des  linken 
LobuL  parietal,  inier.  und  des  Pli  courhe  fand. 

Wannebroncq  (258)  beobachtete  einen  Fall  von  rechtsseitiger  kom- 
pleter Ptosis,  bei  dem  post  mortem  eine  Häniorrhagie  geiunden  wurde,  welche 
oberriächlich  die  erste  Temporal-  und  die  untere  Parietalwindung  lädirt  hatte. 

Weiss  (257)  berichtet  über  einen  Fall  von  rechtsseitiger  kortikaler 
Epilepsie  mit  rechtsseitiger  Ptosis^  hei  der  .sich  eine  cirkumskripte  chronische 
Meningitis  über  der  linken  vorderen  und  hinteren  Centrahvindung  fand. 

In  einem  Falle  von  Drodza  (259)  bestand  Ptosis  dextr.  und  Embolie 
der  A,  foss,  Sylv.  sin,  mit  cirkumskripter  Meningitis  und  beginnender  Er- 
weichung der  linken  zweiten  und  dritten  Stirnwindung,  sowie  der  angrenzen- 
den Partie  der  vorderen  Centrahvindung. 

In  einem  zweiten  Fall  berichtet  derselbe  Autor  über  linksseitige  Ptosis 
und  Embolie  der  A,  foss,  Sylv.  dextr.  mit  Veränderungen  in  der  Ins.  Reilii, 
der  Caps,  ext.,  dem  Claustrum,  dem  Linsenkern,  der  Broc  ansehen  Windung,  dem 
unteren  und  hinteren  Abschnitt  der  Centralfurche,  dem  hinteren  Ende  der 
Fossa  Sylvii  und  den  henarhbarten  Partien  des  Cortex  incl.  dem  hinteren  und 
oberen  Theile  der  Schläfen  Windungen. 

T.  Pfungen  (260)  sah  in  einem  Falle  von  linkseitiger  Hemiplegie,  mit 
linksseitiger  Facialislähmung:  lieiderseitige  Ptosis  und  Trochlearisiähmung. 
Die  Sektion  ergab  einen  Abscess  im  (iyrus  parietalis  mit  Hjdrocephalus,  Ab- 
flacbung  des  Pons  und  Verklebung  beider  Fossae  Sylvii, 

Pye-Smith  (2til)  beobachtete  bei  einem  12jährigen  Knaben  Kopfweh^ 
Abnahme  des  Visus  und  Erbrechen.  Es  trat  doppelseitige  Stauungspapille, 
Parese  der  linken  oberen  Extremitäten  und  rechtsseitige  Ptosis  ein.  Bei  der 
Antojisie  fand  sich  im  unteren  Thalamus  opt.  ein  Tuberkel ,  der  theil weise 
auf  den  Hirnsehenkel  überging. 

Spitzka  (2ü2)  theilt  einen  Fall  von  doppelseitiger  Ptosis  mit,  bei  dem 
wiederholt  apoplektische  Insulte  aufgetreten  waren.  Die  Sektion  ergab  apo- 
plektische  Herde  in  den  verschiedensten  Theilen  des  Gehirns;  dieser  Fall 
ist  also  für  eine  Lokalisation  nicht  zu  verwerthen. 

Wilder  (263)  beobachtete  eine  Basisfraktur,  bei  der  aus  dem  linken 
Ohr  Hirnsubstanz  herausgekommen  sein  soll.  Am  dritten  Tage  linksseitige 
Facialislähmung;  nach  drei  Monaten  linksseitige  Ptosis.  Wilder  nimmt 
eine  Läsion  des  linken  mittleren  Hirnlappens  an  (zweite  oder  dritte  Schläfen- 
windung). 

Günther  (2ü4)  theilt  einen  Fall  von  linksseitiger  Ptosis  mit,  bei  dem 
sich  eine  wallnussgrosse  Cyste  im  unteren  Schläfenlappen  mit  gelber  Flüssig- 
keit fand. 

W^ising  (265)   beobachtete   einen  höchst  bemerkenswerthen  Fall.    Ein 
41  jähriger  Mann  hatte  eine  linksseitige  Ptosis,  ferner  eine  rechtsseitige  Hemi 
plegie   mit   Betheiügung   des  Facialis   und   Hypoglossus   rechts.     Die   Sektion 
ergab  zwei  Abscesse.      Einen    in  der  linken  Centrahvindung  und  einen   im 

7* 


i 


100  Die  kortikale  Ptosis. 

Gyrus  supramarginalis,  am  oberen,  hinteren  Ende  der  Fossa  Sylvii  nnd  am 
hinteren  Bogen  der  Windung  (damit  wird  die  Ptosis  in  Verbindung  gebracht). 

Richards  (266)  sah  in  einem  Falle  von  linksseitiger  Hemiparese  und 
Hemianästhesie  14  Tage  ante  mortem  zuerst  rechtsseitige^  später  linksseitige 
Ptosis.  Die  Sektion  ergab  einen  haselnussgrossen  Bluterguss  auf  der  oberen 
inneren  Fläche  der  Himschenkel,  vorwiegend  den  rechten  betreffend. 

Peabody  (267)  beobachtete  bei  einem  dreijährigen  Knaben  Strabismus 
und  doppelseitige  Ptosis,  bei  dem  ein  Rundzellensarkom  der  weissen  Substanz 
des  Cerebellums  gefunden  wurde. 

Macewen  (268)  sah  einen  neunjährigen  Knaben  mit  leichter  Ptosis; 
derselbe  hatte  einen  Gehimabscess,  welcher  durch  Trepanation  eröffnet  wurde. 

Lemoine  (269)  beobachtete  einen  43jährigen  Arbeiter  mit  Arterio- 
sklerose, der  nach  vorübergehender  linksseitiger  Hemiparese  eine  bleibende 
komplete  rechtsseitige  Ptosis  behielt.  Vier  Jahre  später  wiederum  links- 
seitige Hemiplegie.  Die  Sektion  ergab  auf  dem  Gyrus  angularis  Depression, 
und  einen  alten,  scharf  begrenzten,  bräunlichen  Erweichungsherd  in  der 
grauen  Substanz.  Femer  je  ein  frisches  Extravasat  auf  der  Pia  der 
linken  Himhemisphäre  in  der  Höhe  der  aufsteigenden  Parietal-  und  auf  der 
rechten  Hirnwindung.     Im  Uebrigen  Aortenatherom ;  Endocarditis  mitralis. 

Kirilzew  (270)  sah  bei  einem  Tumor  thalami  optici  geringe  Ptosis, 
Amblyopie,  träge  Pupillarreaktion,  Schielen  und  ataktische  Bewegungen. 

De  Bono  (271)  beobachtete  2  Fälle  von  Ptosis  mit  gleichseitigen  vom 
Arm  ausgehenden  Krämpfen  (Jackson 'sehen).  De  Bono  fand  eine  finger- 
breite eingedrückte  Knochenstelle,  die  ungefähr  in  der  Grenze  der  zwei  unteren 
mit  den  drei  oberen  Fünfteln  der  Centralwindungen  lag.  Verf.  glaubt  nicht, 
dass  das  Centrum  der  Lidhebung  im  Gyrus  angularis  (Grasset  und  Lan- 
douzy), sondern  im  mittleren  Theil  der  Centralwindung  vor  dem  Centrum 
des  Armes,  näher  der  Fissura  Rolandi  liege.  De  Bono  erhielt  bei  zwölf 
Hunden  nach  Abtragung  oder  Reizung  des  Gyrus  angularis  keine  Erscheinung 
am  Levator;  wohl  aber  durch  galvanische  Reizung  des  erwähnten  Centrums 
Hebung  des  Lides. 

C.  A.  Herter  (272)  beobachtete  bei  einem  60jährigen  Phthisiker  eine 
linksseitige  Ptosis  mit  geringer  Mydriasis  und  verlangsamter  Pupillarreaktion 
links  neben  leichter  rechtsseitiger  Hemiparese.  Die  Autopsie  ergab  am  hin- 
teren Ende  der  Fossa  Sylvii  im  rechten  Gyrus  angularis  einen  cirkumskripten 
Erweichungsherd  von  etwa  einem  Zoll  Durchmesser,  der  nur  wenig  in  das 
subkortikale  Gewebe  eindrang,  und  durch  den  die  Ptosis  gut  erklärt  werden 
konnte. 

Durch  die  Güte  des  Herrn  Direktors  Prof.  Lenhartz  sind  wir  in 
der  Lage,  folgenden  Fall  mitzutheilen,  der  auch  wegen  der  Gleich- 
seitigkeit der  Lähmung  von  besonderem  Interesse  ist. 

Der  47jährige  Maurer  G.  W.  S.  fiel,  nachdem  er  vier  Glas  Bier  ge- 
trunken hatte,  während  des  Tanzens  plötzlich  um,  war  sofort  bewusstlos  und 


Die  kortikale  Ptosis.  101 

blieb  es  bis  zur  Aufnahme  ins  Krankenhaus.  Er  soll  während  des  Tanzens 
mit  seinem  Kopf  an  den  seiner  Tänzerin  heftig  angestossen  sein. 

Früher  gesund.    Lues,  Potus  nicht  nachweisbar. 

St.  pr.  21.  Juni  97.  Gesicht  stark  geröthet,  mit  Schweiss  bedeckt. 
Starke  Benommenheit.    Rechts  nicht  vollständige  Ptosis ;  links  völlige  Ptosis. 

Pupillen  mittelweit,  reagiren  träge  auf  Licht.  Facialis  intakt.  Sprache 
deutlich.  Zunge  weicht  nach  links  ab.  Rechts  scheint  die  Bewegungsfähig- 
keit  erhalten  zu  sein.  Die  Bewegungen  haben  einen  leicht  ataktischen 
Charakter. 

Links  werden  die  Extremitäten  gar  nicht  bewegt:  oben  sowohl 
wie  unten  spastische  Kontraktur. 

Fusssohlenreflex  besonders  schwach. 

Cremasterreflex  nicht  auszulösen. 

Rechts  ist  die  Beweglichkeit  erhalten. 

Sensibilität  intakt. 

Augengrund :  normal. 

30.  6.  Links  kein  Spasmus,  sondern  schlaffe  Lähmung.  Patellarreflex 
rechts  erhöht  gegen  links.  Völlige  Ptosis  links.  Das  rechte  Auge  wird  auf 
Auffordenmg  träge  halb  geöffnet. 

Frontalis  beiderseitig  beweglich. 

Mundwinkel  links  gelähmt. 

Zunge  weicht  nach  links  ab. 

1.  7.    Lumbalpunktion  ergiebt  wasserklare  Flüssigkeit  von  95  mm  Druck. 

2.  7.    Patient  ist  klarer,  antwortet  richtig. 

Vollkommene  Ptosis  links.  Das  rechte  Oberlid  wird  mit  Schwierigkeit 
gehoben. 

Links  ausgeprägte  Hemiparese.  Rechts  ist  die  Beweglichkeit  vorhanden 
grobe  Kraft  ist  herabgesetzt. 

3.  7.  Patient  ist  wieder  benommen. 
Leichte  Zuckungen  im  rechten  Arm. 
9.  7.  38,9.     Cyanose.    Exitus. 

NB.  Patient  hat  bis  zu  seinem  Tode  seine  rechten  Extremitäten  aus- 
giebig und  zweckmässig  bewegen  können.  Die  Bewegungen  waren  zögernd, 
etwas  ataktisch ;  dann  wieder  hastig,  wie  bei  einem  Betrunkenen.  Zuckungen 
im  rechten  Arm  wurden  an  mehreren  Tagen  bemerkt.  Die  Sektion  ergab 
ein  sehr  grosses  Hämatom  der  Dura  mater  über  der  linken  Hemisphäre,  das 
den  Lobus  parietalis  am  beträchtlichsten  komprimirt  hatte. 

Die  Windungen  der  rechten  Hemisphäre  waren  stark  abgeflacht  und  ver- 
breitert, ähnlich  wie  bei  einem  Tumor  cerebri.     Sonst  keine  Veränderungen. 

Femer  beobachteten  wir  einen  66  jähr.  Mann  J.,  der  früher  stets  gesund  ge- 
wesen war.  Im  60.  Jahr  Beschwerden  von  Seiten  des  Herzens,  die  Jahre  lang 
anhielten  und  sich  erst  bei  der  später  eingeleiteten  antiluetischen  Kur,  speziell 
auf  Jodgebrauch,  besserten.  Patient  fiel  plötzlich  auf  der  Strasse  um  und 
wurde  bewusstlos  nach  Hause  gebracht.   Das  linke  obere  Lid  hing  vollständig 


102  Die  kortikale  Ptosis. 

herab.  Der  linke  Supraorbitalrand  war  empfindlich  und  etwas  geschwollen. 
Die  genaue  Anamnese  ergab,  dass  das  linke  obere  Lid  stets  etwas  herabhing. 
Im  Hause  wiederholte  sich  ein  Anfall  von  tiefer  Bewusstlosigkeit,  verbunden 
mit  heftigen  allgemeinen  klonischen  und  tonischen  Krämpfen,  mit  Deviation 
conjugee  der  Augen  nach  rechts,  dabei  war  komplete  linksseitig^  Ptosis 
bestehen  geblieben.  Patient  hatte  einen  gespannten  Puls  und  stark  geröthetes 
Gesicht,  so  dass  der  Hausarzt,  Herr  Dr.  G.  Cohen,  der  uns  diesen  Fall 
gütigst  überliess,  einen  Aderlass  machte,  mit  eklatant  günstiger  Wirkung, 
sowohl  auf  die  Bewusstlosigkeit,  wie  namentlich  auf  die  Krämpfe. 

Patient  erholte  sich  unter  grossen  Joddosen.  Selbst  die  Herzbeschwerden 
wurden  besser.  Der  Supraorbitalrand  schwoll  ab  und  war  nicht  mehr  em- 
pfindlich ;  nur  die  Ptosis  links  blieb  zurück,  jedoch  war  sie  nicht  mehr  komplet, 
und  Patient  konnte  mit  Zuhilfenahme  einer  linksseitigen  Frontaliskontraktion 
ganz  gut  das  Auge  öffnen. 

Nach  einem  halben  Jahre  trat  plötzlicher  Exitus  ein,  und  die  Sektion 
ergab  das  überraschende  Resultat  eines  grossen  Aneurysma  des  aufsteigenden 
Theils  der  Aorta,  welches  das  Sternum  usurirt  hatte,  so  dass  dasselbe  bei 
der  Sektion  zerbrach.  Im  linken  Nebenhoden  befanden  sich  Schwielen.  Es 
fand  sich  eine  Hyperostose  des  Schädelknochens.  Die  Dura  über  dem  linken 
Hirnlappen  war  mit  der  über  1  cm  dicken,  keine  Spongiosa  enthaltenden 
Schädelcalotte  verwachsen.  In  der  vorderen  und  mittleren  Schädelgnibe  war 
die  Dura  adhärent,  verdickt,  gelblich  und  mit  zarten  Pseudomembranen  bedeckt. 
Die  Pia  getrübt;  über  dem  Lobulus  parietalis  inferior  links  verdickt  und  ver- 
wachsen mit  der  Hirnrinde,  die  konsistenter  und  in  der  Ausdehnung 
von  2  cm  von  der  Grenze  zwischen  Gyrus  supramargin.  und  Gyrus  angularis 
graugelblich  verfärbt  erschien.  Auch  die  Dura  war  über  dieser  Stelle  mit 
der  Pia  verwachsen. 

Es  bestand  kein  Hydrocephalus ;  das  Ependym  der  Ventrikel  war  glatt. 
Im  Corpus  striatum  links,  ferner  im  Linsenkern  waren  drei  erbsengrosse, 
frische  Hämorrhagien.  Femer  erschien  die  Spitze  der  ersten  Stirnwindung, 
die  zweite  und  dritte  Stirnwindung  oberflächlich  im  geringen  Umfang  ver- 
ändert; gelblich  und  etwas  eingesunken.  Die  basalen  Gefässe  waren  nicht 
atheromatös.    Die  Pia  Hess  sich  auf  der  rechten  Seite  des  Gehirns  gut  abziehen. 


Also  unter  den  25  Fällen  von  Ptosis  der  Tabelle  II  fanden  sich  centrale 
Erkrankungen,  die  mehr  oder  weniger  cirkumskripte  Läsionen  darstellten. 
In  einer  Reihe  von  Fällen  war  es  wegen  der  Verschiedenheit  und  der  Mannig- 
faltigkeit der  Veränderungen  unmöglich,  eine  bestimmte  Lokalisation  der  Ptosis 
anzunehmen.  Diejenigen  Beobachtungen  aber,  welche  wegen  der  Umschrieben- 
heit der  Läsion  zur  Lokalisation  verwerthbar  sind,  weisen  mit  Ausnahme  der 


Die  kortikale  Ptosis. 


103 


Fälle  de  Bonos  auf  den  Scheitellappen  hin.  (Grasset,  Landouzy. 
Dussaussay,  V.  Pfungen,  Wising,  Lemoine,  Herter,  unsere  Fälle), 
und  hier  scheint  der  Lobulus  parietalis  inf.  resp.  angularis  am  meisten  be- 
vorzugt. 

Jedoch  möchten  wir  ausdrücklich  hervorheben,  dass  es  noch  vieler  exakter 
klinischer  und  pathologischer  Beobachtungen  bedarf,  um  diese  Ansicht  zu 
fundiren,  wobei  nicht  verschwiegen  werden  darf,  dass  in  der  Litteratur  viel- 
fach Herdläsionen  post  mortem  in  der  in  Rede  stehenden  Gegend  kon- 
statirt  worden  sind,  ohne  im  Leben  das  Symptom  der  Ptosis  dargeboten  zu 
haben. 

Tabelle  IL 
Fälle  von  kortikaler  Ptosis  mit  Sektionsbefund. 


Grasset  (273) 
Raynaud  (246) 
Landouzy  (248) 
Duäsausäay  (247) 
Landouzy  (248) 
Landouzy  (248) 

Dreyfus  (249) 
Ren  du  (250) 
De  Boyer  (251) 
Glynn  (252) 
V.  Pfungen  (260) 
Pye    Smith  (261) 
Spitzka  (262) 
Wilder  (263) 
Günther  (264) 
Wi«ing  (265) 
Richards  (266) 
Peabody  (267) 
Macewen  (268) 
Lemoine  (269) 
Kirilzew  (270) 
de  Bono  (271) 
C.  A.  Herter  (272) 
unser  FaU  G.  W.  S. 
unser  Fall  J. 


Gyrus  angularis 

Lob.  pariet.  sup. 
Gyr.  angul.  und  Lob.  pariet.  sup. 

Gyr.  pariet.  sup. 

Gyr.  angul. 

Gyr.  supramarg.  und  Gyr.  centr. 


Lob.  paracentralis 

1.  Temporal  Windung 
3.  Stimwindung 
1.  Temporal  Windung 
Yord.  Centralwindung 
Occipitalwindungen 

Temporal  winduog 
1.  Schläfen  Windung 


Gyr.  parietalis 
Thalam.  opt.  Himschenkel 
nicht  zu  verwerthen 

Schläfenwinduog 
r.  Schläfenlappen 
Gyr.  supramarg. 
Himschenkel 
Cerebellum 

Gyr.  angularis 
Thalam  opt. 
mittl.  Theil  der  Centralwindung 
Gyr.  angularis 
Hämatom  der  Dura  raater  über  dem  Lobus  pariet. 
Lob.  pariet.  inf. 


104  Die  isolirte  doppelseitige  Ptosis. 

c)  Die  isolirte  doppelseitige  Ptosis. 

§  51.  Die  isolirte  doppelseitige  Ptosis  ist  ein  höchst  merkwürdiges  Leiden, 
das  sonst,  soweit  wenigstens  unsere  Erfahrungen  bis  jetzt  reichen,  ganz  gesunde 
Individuen  und  hauptsächlich  Frauen  in  den  vorgeschritteneren  Jahren  befallt. 
Dasselbe  äussert  sich  in  einer  isolirt  bleibenden,  allmählich  fort- 
schreitenden Lähmung  des  M.  levator  palpebrae.  Auch  hier  können 
wir,  wie  bei  der  kongenitalen  Ptosis  eine  hereditär-familiäre  Form  von  einer 
nicht  erblichen  unterscheiden.  Bei  den  bislang  beobachteten  Fällen  war  es 
zweifelhaft  geblieben,  ob  dieselben  als  Unterabtheilimg  in  das  Kapitel  der 
Nuklearlähmungen  gehören,  oder  ob  es  sich  um  einen  primären,  auf  den  M. 
levator  palpebrae  beschränkten,  Muskelschwund  handelt,  eine  von  Fuchs  (274) 
unterstützte  Voraussetzung,  zufolge  deren  Goldzieher  (275)  dieser  Affek- 
tion die  Bezeichnung  Ptosis  amyotrophica  beigelegt  hat.  Auffallend  ist, 
dass  bis  jetzt  mit  Ausnahme  der  Fälle  Goldziehers  das  Leiden  nur  bei 
Frauen  beobachtet  worden  ist.  Fuchs  (274)  war  der  erste,  welcher  auf  diese 
eigenthümliche  Form  von  Ptosis  aufmerksam  gemacht  hatte.  Die  Entwickelung 
dieser  Krankheit  geht  so  allmählich  vor  sich,  dass  der  Beginn  des  Leidens, 
wenigstens  in  den  bis  jetzt  bekannten  Fällen  gar  nicht  recht  angegeben  werden 
konnte.  Die  Krankheit  begann  zwar  nicht  gleichmässig  auf  beiden  Augen, 
sie  war  aber  schliesslich  immer  doppelseitig.  Die  betroffenen  Individuen 
waren  sonst  völlig  gesund,  die  Augenbewegung  und  das  Pupillenspiel  waren 
ganz  normal.  In  dem  einen  von  uns  beobachteten  Fall  wurde  Eiweiss  im 
Urin  konstatirt,  und  handelte  es  sich  hier  um  eine  ausgesprochene  Athero- 
matose,  während  sonstige  Andeutungen  eines  Cerebralleidens  fehlten-  Hervor- 
zuheben bleibt  noch,  dass  die  Ptosis  dem  Grade  nach  wechselnd  war;  meist 
zeigte  sich  dieselbe  nach  körperlicher  Ermüdung  und  nach  deprimirter  Ge- 
miithsstimmung  stärker,  während  morgens  meist  das  Lid  höher  gestanden 
haben  soll,  als  abends.  Bei  allen  Fällen  zeigte  sich  eine  starke  Kontraktur 
beider  Frontales.  Im  Verlauf  der  Beobachtung  entstand  bei  den  bekannten 
Fällen  eine  auffällige  Dünnheit  der  Lider,  sowie  eine  vergrösserte  Ausdehnung 
derselben.  Besonders  auffallend  ist  die  starke  Einziehung  der  Haut  unter 
dem  Orbitalrand,  wie  man  sie  sonst  nur  bei  Personen  findet,  die  auf  das 
äusserste  abgemagert  sind,  dabei  ist  jedoch  die  Lidhaut  vollkonunen  frei  be- 
weglich und  keineswegs  in  irgend  einer  Weise  fixirt.  Als  Folge  entwickelt 
sich  dann  eine  Verlängerung  des  Lides  in  vertikaler  Richtung  durch  den  Zug 
des  Frontalis  nach  oben  und  die  Wirkung  der  Lidschwere  nach  unten.  Auch 
die  grosse  Dünnheit  des  Lides  mag  theilweise  eine  Folge  dieser  entgegenge- 
setzten Zugwirkung  auf  das  Oberlid  sein.  Der  Hauptsache  nach  will  aber 
Fuchs  dieselbe  auf  eine  Atrophie  des  Gewebes  in  der  Nachbarschaft  des 
Lidhebers  zurückgeführt  wissen,  wodurch  einerseits  die  Haut  selbst  dünner 
geworden,  und  andererseits  das  Fett  im  oberen  Theile  der  Orbita  geschwunden 
sei.  Letzterem  Umstände  wäre  dann  die  tiefere  Einziehung  der  Haut  unter 
dem  Orbitalrande  zur  Last  zu  legen. 


Die  in  einem  Falle  von  Fuchs  vorgenommene  Excision  eines  kleinen 
Stückchens  aus  dem  Levator  bei  Ausführung  der  Ptosisoperation  nach  Panas 
Hess  einen  Befund  erkennen,  welcher  sehr  an  den  hei  Dystrophia  muscu- 
Koruni  progressiva  erinnerte.  Diesem  letzterwähnten  Leiden  könne  man 
aber  die  Krankheit  nicht  zurechnen,  weil  dieselbe  die  Augenmuskeln  gerade 
Terschone  und  die  Tendenz  habe,  sich  auszubreiten,  während  sie  jijerade  hier  auf 
den  levator  isolirt  bliehe.  Fuchs  glaubt,  es  handele  gith  um  eine  primäre 
Muskelatrophie  sui  generis.  Kuun  (276)  dagegen  will  die  Sache  folgender- 
massen  formulirt  haben:  „Die  Dystrophia  muscularis  progressiva,  von  der 
wir  glaubten,  sie  komme  nur  ausnahmsweise  an  den  Augenmuskeln  vor,  sei 
eine  Krankheit,  welche  die  Augenmuskeln  auch  allein  befallen  könne.  Der 
Umstand,  dass  die  Erkrankung  nur  in 
einer  bestimmten  Muskelgruppe  aufträte, 
habe  nichts  Wunderbares ,  da  dies  zum 
Typus  dieser  Krankheit  gehöre.  Gegenüber 
der  Annahme  von  Fuchs  und  Kunn. 
welche  die  Krankheit  als  einen  primären 
Muskelschwund  auseben ,  erhebt 
Möbius  (277)  den  Einwand,  dass  ganz 
derselbe  mikroskopische  Befund  auch  nach 
einer  Keraliision  gefunden  werden  könne: 
denn  dass  bei  der  Kernläsion  eines  Nervten 
auch  der  betreffende  Muskel  schwinden 
müsse,  verstelle  sich  von  seihst.  Wohl 
würde  man  die  neurotische  von  der  pri- 
mären Muskelatrophie  in  frischen  Fällen 
unterscheiden  können.  Seien  aber  viele 
Jahre  verflossen,  so  müssten  eben  die  er- 
krankten Elemente  unter  allen  Beding- 
ungen zu  Grunde  gegangen  sein.  Man 
wHirde  nur  noch  einzelne  Fasern,  die  von 

vornherein  nicht  erkrankt  waren,  oder  die  so  zu  sagen  nur  gestreift  worden 
seien,  und  die  Lücken  füllendes  Binde-  beziehungsweise  Fettgewehe  finden.- 
Wiederum  könnten  einzelne  hypertrophii^ehe  Musikelfasern  sicli  hier  vorerst, 
wie  beim  primären  Muskelschwund  vorfinden.  Nach  alledem  sei  es  nicht 
wahr*^cheintich,  dass  die  Untersuchung  der  Muskeln  entscheidende  Aufschlüsse 
geben  würde. 

Neuerdings  hat  Silex  (278)  zwei  analoge  Fälle  beschrieben  und  die 
photographische  Abbildung  des  einen  Falles  beigegeben  (Figur  45).  Auch  war 
dieser  Autor  in  der  Lage  ein  grosses  Stück  des  Levators  der  einen  Patientin 
untersuchen  zu  können.  Die  Patienten  glichen  klinisch  genau  den  Fällen  von 
Fuchs,  anatomisch  aber  entsprach  das  Bild  fast  wörtlich  dem,  wie  es  von  den 
Neurologen  bei  der  Dj^strophia  musculorum  progressiva  so  häufig  beschrieben 
worden  ist.     Während  also  Fuchs  eine  primäre  Muskelatrophie  sui  generis 


Fig.  -15. 

Naoli  Silox  Arrh.  f.  Anffenh.  XXXIV.  I. 
p.  20.     l>oppels«itij?e  Isolirtp  Ptosis. 


ä 


106  Die  isolirte  doppelseitige  Ptosis. 

für  diese  Krankheit  annimmt,  will  Silex  diese  Krankheit  in  die  Gruppe  der 
progressiven  Muskelatrophie  eingereiht  wissen. 

Demgegenüber  muss  nun  wieder  hervorgehoben  werden,  dass  nur  zwei 
Beobachtungen  vorliegen,  wo  es  bei  Dystrophia  musculorum  progressiva  über- 
haupt zu  Augenmuskellähmungen  gekommen  war.  Ob  nun  dies  als  ein  zu- 
fälliges Zusammentreffen  anzusehen  ist,  oder  ob  die  Ptosis,  resp.  die  Augen- 
muskellähmungen  in  den  beiden  folgenden  Fällen  ebenfalls  durch  einen 
primären  Muskelschwund  bedingt  worden  waren,  bleibt  dahingestellt.  Von 
der  Lidmuskulatur  wird  sonst  nur  der  Orbicularis  palpebr.  von  dieser  Afifektion 
mit  ergriffen.  Es  erzählt  nämlich  Go  wer s  (279)  folgenden  Fall:  Ein  25jähriges 
Mädchen,  in  dessen  Familie  weder  Syphilis  noch  Muskelschwund  vorgekonmien 
war,  hatte  seit  dem  24.  Jahre  eine  fortschreitende  Augenmuskellähmung.  Die 
Bewegungen  beider  Augen  nach  oben,  die  des  linken  nach  innen,  des  rechten 
nach  aussen  waren  aufgehoben,  alle  übrigen  geschwächt.  Geringe  Ptosis.  Die 
übrigen  Augenmuskeln  waren  normal.  Das  Gesicht  war  nach  den  Augen 
betroflfen  worden.  Die  M.  zygomatici  waren  kraftlos,  die  Orbiculares  waren 
schwach.  Gaumen,  Schlund  und  Kehlkopf  normal.  Die  Arme  wurden  schwach 
und  die  Hüftbeuger  ganz  kraftlos.  Keine  sichtbare  Atrophie,  normale  elek- 
trische Reaktion,  normales  Kniephänomen. 

Einen  anderen  Fall  beobachteten  Wink  1er  und  von  derWeyde  (280). 
Ein  Mädchen  von  25  Jahren  zeigte  in  seiner  Jugend  schon  Schwerbeweglichkeit 
der  Gesichtsmuskeln.  Vor  5  Jahren  wurden  der  Schultergürtel  und  die  Brust- 
muskeln betroffen.  Im  Jahre  1887  begann  die  Ophthalmoplegia  progressiva.  Die 
Beweglichkeit  beider  Augen  \\  ar  nach  allen  Richtungen  hin  beschränkt,  hauptsäch- 
lich  rechts.  Es  bestanden  [gekreuzte  Doppelbilder,  schräg  übereinander,  die  Pu- 
pillen waren  ganz  normal.  Das  Gesicht  war  vollständig  ausdruckslos.  Dicke  aufge- 
worfene „Tapirlippen".  Ris  de  travers.  Die  Kranke  konnte  die  Lider  ganz 
schliessen.  Viele  der  Schulter-,  Arm-  und  Rumpfmuskeln  atrophisch.  Herabsetzung 
der  elektrischen  Erregbarkeit.  Nur  in  einzelnen  Muskeln  Entartungsreaktion. 
Während  im  ersten  Falle  die  Augenstörungen  vor  der  Erkrankung  der  übrigen 
Muskulatur  vorhanden  waren,  folgten  im  zweiten  Falle  die  Augenstörungen 
nach.  Demnach  dürfte  man  dieselben  auf  die  gleiche  Grundursache  zurück- 
führen.    Im   ersten  Falle  war  die  Ptosis  sehr  leicht,   im   zweiten    fehlte  sie. 

Im  vorigen  Jahre  beobachteten  wir  eine  79jährige  Frau  W.  S.,  die  wegen 
Cataracta  incipiens  die  Augenpoliklinik  aufgesucht  hatte.  Die  Anamnese,  w*elche 
von  der  dementen,  alten  Frau  schwer  zu  erheben  war,  ergab,  dass  sie  in  der 
Kindheit,  ebenso  wie  ihre  Mutter,  an  Krämpfen  gelitten  hatte.  Beiderseits 
waren  oberflächliche  Hornhauttrübungen ,  femer  beiderseits  beginnende 
Cataract  und  links  alte  Synechien  vorhanden. 

Beiderseits  bestand  eine  Ptosis,  rechts  etwas  stärker  als  links,  die  durch 
starke  Innervation  der  beiden  Frontales  aufgehoben  wurde  (Ptose  volontaire). 
Sonst  fanden  sich  keinerlei  Lähmungen  der  Augenmuskeln.     Siehe  Figur  46. 

Am  14.  Tage  ihres  Krankenhausaufenthaltes  stürzte  sie  nachts  beim  Ver- 


suche  aufzusteheB  aus   dem  Bett  und   brach  sich  den  linken  Oberarm, 
folgenden  Tag  trat  der  Exitus  letaHs  ein. 

EHe  Autopsie  ergab  massiges  Oedem  der  l*ia;  hocligradi^e  Arteriosklerose 
der  Gefasse  an  der  Basis  eerebri;  reichbche  Flüssigkeit  in  den  Seitenven- 
trikeln; Ependymitis  granulosa.  In  der  Hirnsiibstanz  fanden  sich  makroskopisch 
keine  Heerde.  In  der  Retina  links  dicht  nebeneinander  Stecknadelkopf  bis  linsen- 
grosse  Hämorrhagien. 

Im  iibrigen  fand  sich  eine  hochgradige  allgemeine  Atheromatose.  Hyper- 
trophie des  linken  Ventrikels,     Myocarditis  chrjn. 

Frische ,  fibrinöse  Pericarditis. 
Stauungsmilz,  -Leber  und  -Nieren. 

Der  Stamm  des  Gehirns  wurde 
in  Müllerscher  Flüssigkeit  gebartet. 
Yora  proximalen  Ende  des  Oculomu- 
turiuskerns  bis  zum  Eintrittsgebiet  des 
Nervus  tri*;eminus  wurden  lückenlose 
Serienschnitte  hergestellt. 

In  der  Kernregion  des  Trigeminiis 
fand  sich  eine  ausserordentlich  starke 
Füllung  der  Kapillaren.  Namenthch 
in  der  Umgebung  der  Gefässe  lagen  io 
dichten  Mengen  angehäuft  amyloide 
Korperchen.  Die  Ganglienzeilen,  wie 
die  intramedullaren  Wurzelbiindel  er- 
schienen normal. 

Im  Gebiete  des  TrochleariskernSj 
der  in  einer  Konkavität  des  hinteren 
Längsbündela  eingebettet  und  ganz 
scharf  als  runder  Kern  abgegrenzt  er- 
schien, fanden  sich  vereinzelt  frische, 
kapilläre  Hämorrhagien,  Die  (ianglien- 
Zellen,  die  zum  Theil  reichlich  pigmen- 
tirt    waren,   erschienen    in    Form    und 

Inhalt  nicht  verändert  Die  Zellen  des  centralen  Höhlengraus,  welche  leicht 
von  den  Ganglien  des  Trochleariskernes  abzugrenzen  waren,  zeigten  durchaus 
normales  Verb  alten. 

Die  Oculomotoriuskemregion  wurde  besonders  genau  durchforscht.  Was 
den  Aufbau  des  Kernes  betrift't,  so  entsprach  derselbe  am  meisten  dem  von 
Bernheim  er  angegebenen  Schema.  Zerstreut  im  ganzen  Kern  auf  beiden 
Seiten  fanden  sich  reichliche,  verschied  engrosse  kapilläre  Hämorrbagien,  jedocli 
von  verschiedenem  Alter,  Es  waren  da  ganz  frische  Blutungen,  bei  denen 
die  rothen  Blutkörperchen  genau  dasselbe  Verhalten  aufwiesen  wie  in  den 
Gefassen,  Die  Gestalt  war  kugelig  und  sciuirf  begrenzt.  Daneben  befanden 
sich  ältere  Hämorrhagien,   was  daran   deutlich   erkennbar  war,   dass  die  ein- 


W,  S,      Isctlirtc  üop|j€ls<'inj;o   Ptof^is.      Mikros*. 

kopisdi :     Starke     kapillüre     Hyperiimie     tles 

tk'uloiTnituriuskemgrbjpies  und  zahlreiehe  »Ite 

iitid  frische  kleine  ßluttiugf a  in  dasselbe. 


W6 


Die  jäolirte  doppelseiHge  Ptoais. 


zelnen    Elemente    sich    zösammengeballt    hatten    und    eine    duokelbräunJicb^j 
Masse  bildeten.     An  anderen   Stellen  Bpezieil   im   grosszelüg   lateralen  Ke^^| 
der   linken  Seite   fanden   sich   bräunliche  Pigmentschollen,    die  auf   das  Vnr^" 
handensein  älterer  Blutungen    hinwiesen.      Daneben  war  auf  vielen  Schnitten 
eine  ganz  beträchtliche  Anzahl  von  Amyloidkörperchen  zu  konstatiren.  i 

Die  Ganglienzellen  waren  überall  normal,  tiowobl  von  Foriii.  wie  in  der 
Zald.  Das  Fasernetz  erschien  nicht  verändert,  ebensowenig  die  Wurzel- 
bündel. An  manchen  Schnitten 
fanden  sich  in  der  Xähe  der 
austretenden  Wurzeln  Hämor- 
rhagien,  jedoch  waren  dieselben 
meistens  so  frischer  Natur,  dass 
die  schon  länger  bestehende 
Ptosis  jedenfalls  nicht  auf  diese 
Läsionen  bezogen  werden  konnte. 
An  einzelnen  Schnitten 
konnten  miliare  Aneurysmen 
konstatirt  werden,  wie  das 
auch  von  HeiTn  Dr.  Eugen 
Fraenkel  bestätigt  wurde. 
der  die  Oüte  hatte,  die  Prä- 
parate mit  durchzusehen.  Jeden- 
falls war  hierin  die  Ursache 
der  Entstellung  der  Blutungen 
gegeben:  zumal  entzündliche 
Veränderungen  an  der  (iefass- 
wand  nicht  nachweisbar  waren. 
Da  im  vorliegenden  Falle 
die  Levatorrauskeln  und  die 
üculomotorii  nicht  untersucht 
worden  waren,  so  ist  die  An- 
nahme, dass  die  im  Leben  be- 
obachtete doppelseitige  Ptosis 
auf  früher  stattgehabte  Blut- 
ungen im  ükulomotoriuskern  zurückzuführen  sei,  selbstverständlich  nicht  ein- 
wurfsfrei. Immerhin  hielten  wir  den  anatomischen  Befund,  der  uns  überraschte^ 
für  bemerkenswerth  genug,  um  ihn  eingehender  mitzutheilen;  zumal  da  er 
auf  ein  ätiologisches  Moment  der  isolirten  doppelseitigen  Ptosis  aufmerksam 
macht,  dessen  bisher  in  der  Litteratur  nicht  Erwähnung  gctban  worden  ist. 
Ob  die  Beobachtung  Figur  47  ebenfalls  hierher  gehört,  oder  unter  den 
in  §  44  pag.  76  geschilderten  Zustand,  müssen  wir  zur  Zeit  dahingestellt  sein 
lassen.  Es  handelt  sich  hier  um  eine  60jährige,  bis  dahin  völlig  gesund  ge- 
wesene Frau,  bei  welcher  seit  einiger  Zeit,  aber  unmerklich  die  Oberlider 
melir   und  melu^   herabgesunken  w^aren.     Dabei   standen   beide   Frontales  in 


A,  B. 


Fig.  47. 
Diippclseitlge  i&oUrte  Ptosis  bei  vöUig  nonufllem 
Gesund  hei  tMZUEtiind.     60  jährige  Fnuu 


Die  Ptosis  bei  den  Naklenrlähmungen.  109 

"      äusserster  Kontraktionsstellung.  Hereditäre  Momente  lagen  niclit  vor,  das  übrige 
Nen^ensystem  war  völlig  gesund. 

Jedenfalls  müssen  zur  Ergründung  der  in  Rede  stehenden  Erkrankung 
noch  viel  umfassendere  Untersuebungen  für  die  Zukunft  angestellt  werden. 

d)    Die  Ptosis  bei  den  Xuelearlähmungeii  infolge  eUroniseher  Krankheits- 

zu  stände. 

I  §  52.    Unter  Nuklearläbmang  verstehen  wir  einen  Funktionsausfall  der 

inneren  und  äusseren  Augenmuskeinj  welcher  durch  Erkrankung  der  am  Boden 
des  Aquaeductus  Sylvii  und  des  III.  Ventrikels  gelegenen  Nervenkerne  bedingt 
worden  ist  Je  nachdem  nur  die  inneren  Augenmuskeln  (Iris-  und  Ciliar- 
muskel),  oder  nur  die  äussere  Bulbusmuskulatnr  (die  verst^biedenen  Recti  und 
Obliqiii)  gelähmt  sind,  sprechen  wir  von  einer  Oplitlialmoplegia  interior  resp. 
exterior.  Sind  innere  und  äussere  Augetunuskeln  inklusive  Levator  gelahmt, 
dann  besteht  eine  Ophtha Imoplegia  totalis.  Als  eine  Üphthalmoplegia 
ext.  completa  bezeichnen  wir  eine  Lähmung  der  äusseren  Bulbusmuskulatur 
inkl.  Levator  palp.  sup.  Unter  inkompleter  Ophthalmoplegia  exterior 
verstehen  wir  entweder  die  Lähmung  einzelner  resp.  aller  von  dem  gleichen 
Nerven  versorgten  Augenmuskeln  an  einem  resp.  beiden  Augen,  oder  die 
Lähmung  einzehaer  von  verschiedenen  Nerven  versorgter  Muskeln  an  dem 
gleichen  Auge. 

Obwohl  diese  verschiedene  Lokalisation  meist  auf  elektiven  Ein- 
wirkungen beruht  und  keine  topographisch  bedingte  Anordnung  erkennen 
lässt,  kann  andererseits  die  Art  der  Vertheilung  der  Kernaflektion  in  einer 
anatomischen  Anlage  der  Gefässversorgung  begründet  sein.  Denn  aus  den 
Arbeiten  von  Heubner  (281),  Duret  (282)  undAlezais  et  d\4rtros  (283) 
gebt  hervor,  dass  die  die  Stammganglien  ernährenden  Arterien  Endarterien 
sind,  und  dass  die  Kerne  der  drei  Augenmuiäkelnerven  {Üculomotorius,  Troch- 
learis  und  Abducens)  von  verschiedenen  Gefässgebieten  aus  mit  Bhit  ver- 
sorgt werden.  Wir  wissen  ferner,  dass  der  Oculomotoriuskern  seihst  wiederum 
von  zwei  getrennten  Gefässgebieten  ernälirt  wird,  indem  der  vordere  Theil 
von  der  Arteria  cerebri  posterior,  der  hintere  von  der  Arteria  basilaris  sein 
Blut  erhält,  fKnies  (284)],  sodass  sehr  wohl  z,  B.  ein  Erkrankungsheerd  iui 
vorderen  Absclmitt  des  Oculomotoriuskerns,  ein  anderer  im  Trochleariskern^ 
lind  ein  dritter  im  Abducenskern  Zerstörungen  angerichtet  haben  kann,  ohne 
dass  der  dazwischen  liegende  hintere  Theil  des  Oculomotoriuskerns  aftizirt  zu  sein 
braucht.  Eiir  dieThatsache,  dass  dabei  die  vom  Üculomotorius  versorgten  Muskeln 
ganz  besonders  häutig  in  ihrer  Eunktion  beeinträchtigt  erscheinen,  macht 
Shimamura  (285)  folgende  Gründe  geltend.  Erwägt  man,  dass  der  Oculo- 
motoriuskern ungetahr  an  derjenigen  IS  teile  des  Gehirns  liegt,  wo  die  von  der 
Carotis  einerseits  und  der  Vertrehralis  andererseits  kommenden  Blutwellen  auf 
einander  stossen,  bedenkt  man  ferner,  dass  alle  die  Gelasse,  welche  sich  schliess- 
lich im  Oculomotoriuskern  in  Endäste  auflösen,  in  fast  senkrechtem  Verlauf 
von  der  Basis  nach  der  dorsalen  Seite  aufsteigen,  und  berücksichtigt  man  drittens, 


110 


Die  Ptosis  bei  den  Nuklearläbmuogen  infolge  chronischer  Krankheiteo. 


dass  diese  Gefässe  wie  die  Injektionsversuche  ergeben  liaben,  E^darterien  sind, 
dass  also  der  Oculomotoriuskern  nur  von  diesen  Aesten  und  von  keinen  anderen 
sonst  sein  Blut  erhält,  so  können  diese  drei  ungünstigen  Umstände  wohl  eine 
genügende  Erklärung  dafür  geben,  warum  der  Oculomotoriuskern  so  häufig 
der  Sitz  von  Erkrankungsprozessen  ist,  und  warum  eine  Reihe  von  Erkrank- 
ungen des  Centralnervensysteras  ihre  ersten  Zeichen  in  das  Gebiet  der  vom 
Oculomotorius  versorgten  Theile  verlegen.  Es  dürfte  bei  jeder  Störung  der 
Cirkulation,  besonders  bei  jeder  Herabsetzung  des  Blutdrucks  hier  am  aller- 
ersten eine  Blutleere  eintreten,  welche  zuerst  zu  vorübergehenden,  und  bei 
häufiger  Wiederholung  auch  zu  andauernden  Störungen  Veranlassung  geben 
könnte. 

Da  im  Verlaufe  dieses  Kapitels  nicht  allein  das  topographische  Verhältniss 
der  Augenmuskelner\'^enkerne  zu  einander,    sondern  auch   die  jeweilige  Lage 


der  medullären  Kerne  zu  den  ersteren  und  zu  einander  in  Betracht  zu  ziehen 
ist,  so  verNveisen  wir  hier  auf  die  Fig.  48.  welche  den  Vorlesungen  über  den 
Bau  der  nervösen  Centralorgane  von  Edinger  V.  Auflage  pag.  373  entlehnt  ist. 
Eine  Reihe  namhafter  Forscher  glaubte  festgestellt  zu  haben,  dass  die 
interioren  Augenmuskeln  von  dem  vordersten  Theile  der  Oculomotorius- 
kerngruppe  innervirt  würden;  so  Kahler  und  Pick  (241),  Darksche- 
witsch  (316),  Hensen  und  Völkers  (317).  Auf  Grund  eines  Falles 
von  nuklearer  Ophthalmoplegie  gelangte  Westphal  (318)  zu  einer  noch  ge- 
naueren Lokalisation,  indem  er  die  später  als  Edinger-Westphal  be- 
zeichnete Kerngruppe,  als  Centrum  für  den  Sphiiicter  pupillae  und  den  Äccom- 
modationsnuiskel  bezeichnete.  Wiewohl  diese  Annahme  durch  die  Befunde 
von  Boedeker  (319),  Kostenitsch  (320)  und  Pacetti  (321)  gestützt  zu 
werden  schien,  haben  Oppenheim  (322),  Siemerling  (324),  Böttiger  (323) 
und  neuerdings  C  a  s  si  r  e  r  und  Schi  ff  (325)  nachgewiesen,  dass  eine  Lähmung 
der  Irisumskulatur  trotz   Intaktheit  der  Edinger-Westpharschen  Kerne 


Die  Ptosis  bei  den  NoklearlähmuDgen  infolge  chronischer  Krankheiten.  111 

vorkäme.  Die  letztgenannten  Forscher  kommen  auf  Grund  ihrer  Untersuch- 
ungen zu  dem  Ergebniss,  dass  die  Darkschewitsch'schen,  die  vorderen 
kleinzelligen  Mediankeme  und  die  Edinger-WestphaTsche  Gruppe  keine 
Ursprungskeme  für  Oculomotoriusfasern  seien.  Es  blieben  also  als  wirkliche 
Oculomotoriuscentren  nur  die  grosszelligen  Lateralkerne  und  der  grosszellige 
Mediankem  übrig.  Zur  Zeit  sei  eine  Lokalisation  der  einzelnen  Augenmuskeln 
noch  unmöglich.  Die  Fasern  für  den  Levator  palp.  sup.  scheinen  in  den  lateralen 
Wurzelbündeln  zu  verlaufen.  Diese  Ansichten  werden  zum  grossen  Theil  in 
einer  in  allemeuster  Zeit  erschienenen  Arbeit  von  Siemerling  und  Boe- 
deker  (362)  bestätigt.  Auch  diese  Forscher  halten  es  nicht  für  möglich,  be- 
stimmte Abschnitte  oder  Zellgruppen  abzugrenzen,  welche  man  als  sog.  Centren 
einzelner  Augenmuskeln  verantwortlich  machen  könnte.  In  Beziehung  auf  den 
Edinger-Westpharschen  Kern  diflferirt  ihre  Ansicht  von  der  Cassirer's 
und  Schiffes,  indem  nach  ihrer  Meinung  diese  Gruppe  in  gewissem,  aller- 
dings bis  jetzt  noch  unklarem  Zusammenhang  mit  dem  Oculomotorius  zu 
stehen  scheine. 

Angesichts  dieser  neuesten  Erfahrungen  haben  die  von  verschiedenen 
Forschem  aufgestellten  Tabellen  für  die  Lokalisation  der  Augenmuskelcentren 
nur  sehr  bedingten  Werth.  Im  folgenden  geben  wir  einen  Ueberblick  über 
die  bekanntesten  derselben: 


Hensen  und  Völkers  (317) 

cerebralwärts 


Musculus  ciliaris 
Sphiucter  iridis 
Bcctus  internus 
Bectus  superior 
Levator  palp.  sup. 
Bectus  inferior 
Obliquus  inferior 
Obliquus  super. 


Musculus  ciliaris 
Sphincter  iridis 
Bectus  internus 
Bectus  superior 
Levator  palp.  sup. 
Bectus  inferior 
Obliquus  inferior 
Obliquus  super. 


Medianlinie 
spinalwärts 


Muscul.  ciliaris 
Sphincter  iridis 

Levator  palp.     Bectus  internus 

Bectus  super. 

Obliq.  inf.  Bectus  inf. 


Kahler  und  Pick  (326) 

cerebralwärts 

Muscul.  ciliaris 
Sphincter  iridis 


Obliq.  super. 

Medianlinie 
spinalwärts. 


Bectus  intern.       Levator  palp. 

Bectus  sup. 
Bectus  infer.  Obliq.  inf. 

Obliq.  su])er. 


112  Die  Ptosis  bei  den  Nuklearifthmangen  infolge  chronischer  Krankheiten. 

Allen  Starr  (327) 

oerebralwärtfl 


Öphinct.  iridis         Muse,  ciliaris 
Levat.  palp.  sup.     Rectus  iut^rnas 
llcKJt.  sup.  Eectas  iiifer. 

Obliq.  inf. 
Obliq    sup. 

Medianlinie 
»pinalwärts. 


Muse,  ciliaris;       Sphinct.  iridis 
Rectus  internus,  Leyat.  palp.  sup. 
Reetus  inf  er.,        Rectus  snp. 

Obliq.  inf. 

Obliq.  sup. 


Stuelp  (328) 

Akkommodation 
Levator  palp.  Sphinct.  irid, 
Rect.  sup.  Rect.  int. 

Obliq.  inf.  Rect.  inf. 

Obliq.  sup. 


Akkommodation  . 
Sphinct.  irid.     Levator  palp. 
Rect.  int.  Rect.  snp. 

Rect.  inf.  Obliq.  inf. 

Obliq    sup. 


Bernheimer  (329) 

Edinger-Westphal   |  Edinger-Westphal 

Centralkern 

Laterale      |      Laterale 

Hauptgruppe  |  Hauptgruppe 


Knies  (284) 

Darkttche  witsch  er  Kern Sphinct.  pupillae. 

Vord.  kleinzelliger  Mediankcru Levat.  palp.  sup. 

Edinger-Westpharscher  Kern      . Akkommodation. 

Vord.  dorsal,  grosszcll.  Kern Obliq.  inf. 

Vord.  ventral,  grosszell.  Kern Rectus  sup. 

Hiut.  dorsal,  grosszell.  Kern Rectus  inf. 

Hint.  dorsal,  grosszellig.  und  Mcdiankem     .     .     .  Rectus  intern. 


Was  nun  das  Centrum  desjenigen  Muskels  betrifft,  der  uns  am  meisten 
hier  interessirt,  nämlich  des  Levator  palp.  sup.,  so  zeigt  sich  auch  in  dieser 
Frage  unter  den  Autoren  noch  wenig  Uebereinstimmung. 

Kahler  und  Pick  (326)  gelangten  auf  Grund  der  mikroskopischen 
Untersuchung  zweier  Fälle  zu  der  Annahme,  dass  die  Heber  des  Oberlids  von 
den  hinteren  lateralen  Wurzelbündeln  innervirt  werden. 

Leube  (330)  eruirte  als  Ursache  einer  Ptosis  eine  Blutung  im  proxi- 
malen Ende  eines  Oculomotoriuskemes,  welche  die  daselbst  gelegenen  Ganglien 
zerstört  hatte. 

Dieselbe  Annahme  ist  aus  den  vorstehenden  Tabellen  von  Allen  Starr, 
Stuelp  und  Knies  ersichtlich. 


Die  Ptosie  bei  den  Nuklearlfibmungen  infolge  clironiBcher  Krkrankungen.  IIS 

Oppenheim  (331)  konstatirte  in  einem  Falle  von  rechtsseitiger  Ptosis 
mit  doppelseitiger  Mydriasis  Zerstönmg  desEdinger-WestpharschenKems* 

Siemerling  verlegte  (324)  das  Levatorcentmm  an  das  distale  Ende 
des  Oculomotoriuskernes. 

Wührend  Gas  sirer  und  Schiff  die  proximalen  Fasern  der  lateralsten 
Wurzetbiindel  mit  dem  Levator  palp.  sup.  in  Zusammenhang  bringen,  thut 
dies  Jacob  in  Bezug  auf  die  distalen  Fasern. 

Rossolimo  (361)  nimmt  auf  Grund  einer  anatorai.suhen  Untersucliung 
eines  Falles  die  Lokal isation  der  einzelnen  Muskeln  im  Kern  entsprechend 
der  Kahler-Pickschen  Tabelle  an  „nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  der 
Kern  des  Levator  palpebrae  et%vas  nach  innen  vom  Kerne  des  Rectus  sup. 
liegen  muss,  wenn  auch  unmittelbar  neben  demselben",  „Das  Gleiche  gelte 
von  den  Wurzelfasern.  Die  lateralen  Bündel  sind  für  die  Mm.  rectus  sup. 
und  obliq.  infen  bestimmt,  die  medialen  für  den  Rectus  intern.,  Rectus  inf. 
und  Levator  palpebrae/* 

Leyden  und  Golds ch eider  (243)  sprechen  sich  dahin  aus,  dass  wir 
bis  jetzt  weder  über  die  Lage  der  Kerne  der  inneren,  noch  der  äusseren 
Augenmuskeln  sichere  Kenntnis«  hätten.  Als  festgestellt  sei  nur  zu  be- 
trachten, dasa  die  Wurzeln  des  Oculomotorius,  wenigstens  die  hinteren,  zum 
Theil  aus  dem  ventralen  Gebiete  derselben  und  zum  Theil  aus  dem  dorsalen 
Gebiete  der  entgegengesetzten  Seite  entspringen,  und  dass  die  zum  Levator 
palpek  söp.  gehenden  Wurzelfaaem  in  den  lateralen  Bündeln  enthalten  seien, 
von  Monakow  (242)  sagt,  dass  für  die  Repräsentation  der  Heber 
des  Auges,  die  wahrscheinlich  dicht  nebeneinander  liegen,  unter  Berück- 
sichtigung einiger  pathologischer  Fälle  der  liintere  ventrale  Kern  in  Er- 
wägung zu  ziehen  sei.  Auch  er  bebt  besonders  hervor,  dass  die  Frage  der 
Art  und  Reibenfolge  der  Repräsentation  der  Muskeln  im  OciUomotoriuskeme 
noch  einer  gründlichen  Revision  und  Erweiterung  bedürfe. 

Auf  Grund  unserer  Untersuchungen  müssen  wir  uns  der  Ansicht 
KöUiker's  (234)  anschliessen,  dass  von  einer  wirklich  scharfen  Abgrenzung 
von  besonderen  Kernen  kaum  die  Rede  sein  kann.  Nur  der  grosszellige 
laterale  Kern  zeigte  eine  ziemlich  deutliche  Begrenzung.  Demnach  kann  man 
die  Edinger-WestphaTschen  Kerne  als  gesonderte  Gruppe  trennen, 
allerdings,  wie  wir  gestehen  müssen,  nur  wenn  man  weiss,  wie  jene  Autoren 
die  Lage  und  Form  dieser  Kerngruppe  beschrieben  haben.  Die  von  Kölliker 
hervorgehobene  Thatsache,  dass  sich  zwischen  den  Fasern  des  hinteren  Längs- 
bündeb  und  an  der  ventralen  Seite  desselben  grössere  und  kleinere  Zeilhauten 
befinden,  können  w^ir  bestätigen.  Endlich  w^ar  an  unseren  I*räparaten  der 
unpaarige  grosszellige  Mediankern  recht  deutlich  abzugrenzen. 

Am  meisten  Uebereinstimraung  zeigen  demnach  unsere  Befunde  mit  der 
von  Bernheimer  (329)  unlängst  gegebenen  Schilderung  der  anatomischen 
Gliedeiiing  des  Oculomotoriuskerns.  Bernheimer  gelangte  auf  Grundzahl- 
reicher  Untersuchungen  zu  dem  Schlüsse,  dass  eine  Theilung  in  einen  vorderen 

WUbrtad-Sftoiiger«  Koaroloi^e  des  Auges.  8 

K 22. 


114  Die  Ptosis  bei  den  Nuklearlähmungen  infolge  chronischer  Erkrankungen. 

und  hinteren,  ventralen  und  dorsalen  Kern  unberechtigt  sei.  Das  Oculomo- 
toriuscentrum  bestehe  jederseits  nur  aus  einer  unzertrennlichen  lateralen 
Hauptgruppe,  zu  welcher  auf  jeder  Seite  ein  Edinger-Westphal'scher 
Kern  als  Nebenkern  und  der  unpaarige,  beiden  Oculomotoriuscentren  ange- 
hörige  Centralkem  trete. 

Wenn  nun  Gas  sirer  und  Schiff  (235)  zu  dem  Schluss  kommen,  dass 
der  Edinger-Westphal'sche  Kern  nichts  mit  dem  Oculomotorius  zu 
thun  habe,  so  können  wir  dem  nicht  beistimmen. 

Sehen  wir  doch  im  Fall  Eggers  (p.  89),  wie  die  eine  Seite  dieser  Kem- 
gruppe  von  derselben  Aplasie  befallen  war,  wie  die  entgegengesetzte  der 
lateralen  Hauptgruppe.  Auch  Siemerling  und  Boedeker  (362)  haben, 
wie  wir  früher  en;v'ähnten,  in  ihrer  neuesten  Arbeit  darauf  besonders  hinge- 
wiesen, dass  diese  Kemgruppe  jedenfalls  in  Verbindung  mit  dem  Oculomo- 
torius gebracht  werden  müsse. 

Wenn  nun  auch,  wie  alle  neueren  Autoren  übereinstimmend  angeben, 
die  Beziehungen  der  einzelnen  Kerne  zur  Innervirung  der  einzelnen  Muskeln 
noch  sehr  strittig  sind,  so  dürfte  unser  Befund  im  Fall  Eggers  nahe  legen, 
einerseits,  dass  die  zum  Levator  palp.  sup.  gehenden  Fasern  theils  aus  dem 
grosszellig  lateralen,  theils  aus  dem  Edinger-WestphaTschen  Kern 
hervorgehen,  andererseits  dass,  wie  von  v.  Gudden  und  Perlia  (239)  be- 
hauptet wurde,  die  Oculomotoriuswurzeln  zum  Theil  gekreuzt,  zum  Theil 
ungekreuzt  entspringen.  Auch  Siemerling  und  Boedeker  haben  in  der 
letztgenannten  Arbeit  in  jedem  ihrer  Fälle  doppelseitige  Kemerkrankung  ge- 
funden, auch  da,  wo  sich  die  Lähmung  der  äusseren  Muskeln  auf  eine  Seite 
beschränkt  hatte. 

Dass  speziell  für  den  Levator  palpebr.  sup.  noch  komplizirtere  Ver- 
hältnisse vorliegen  dürften,  darauf  haben  wir  bei  Besprechung  des  Falles 
Eggers  (p.  89)  hingewiesen.  Zugleich  muss  noch  der  Umstand  in  Betracht 
gezogen  werden,  dass  die  für  den  Levator  palpebr.  bestimmten  cerebralen 
Bahnen  einen  anderen  Weg  von  dem  Cortex  nehmen,  wie  die  der  anderen  Augen- 
muskeln, da  die  bei  cortikalen  Erkrankungen  beobachtete  Ptosis  dem  Levator 
ein  ganz  besonderes  Centrum  in  der  Hirnrinde  anweist.  (Siehe  Kapitel:  die 
cortikale  Ptosis.) 


Die  Beziehungen  der  Kemlähmung  des  Muse,  levator  palpebr.  sup. 
zum  Augenfacialis  (M.  orbicuL  palpebr.  und  frontalis). 

§53.  Von  besonderem  Interesse  sind  diejenigen  Fälle  von  Kemerkrankungen, 
bei  welchen  Beziehungen  des  oberen  Facialis  zum  Oculomotorius  hervorzu- 
treten scheinen. 

Experimentell  beschäftigte  sich  Mendel  (332)  näher  mit  dieser  Frage^ 
indem  er  bei  Thieren  den  Orbicularis  oculi  und  den  M.  frontalis  exstirpirte. 


Die  Beziehung  der  Levatorlfthmung  zu  der  des  Augenfacialis.   •  115 

Während  er  den  Facialiskem  intakt  fand,  konstatirte  er  auf  der  operirten 
Seite  eine  Veränderung  der  hintersten  Partie  des  Oculomotoriuskemes.  Es 
erschienen  die  Zellen,  sowohl  an  Zahl,  wie  an  Grösse  geschädigt. 

Diese  Mendel'schen  Resultate  schienen  durch  die  anatomischen  Studien 
Spitz ka's  (333)  eine  Stütze  zu  finden. 

Auch  Ferrier  (339)  betonte  in  einem  Vortrag  den  innigen  Zusammen- 
hang zwischen  den  Kernen  des  oberen  Facialis  und  des  Oculomotorius. 

Goldscheider  und  Leyden  (243)  sehen  in  der  funktionellen  Synergie 
zwischen  dem  Orbicularis  palp.  und  dem  Rectus  sup.  (vergl.  §32  pg.  53)  ein 
„bisher  noch  nicht  beobachtetes  Moment,  welches  für  die  anatomischen  Be- 
ziehungen zwischen  Augenfacialis  und  Oculomotorius  ins  Feld  geführt  werden 
könnte.^ 

Ober  Steiner  (342)  hebt  als  ein  die  Mendel'schen  Experimente  stützendes 
Argument  hervor,  dass  nach  Zerstörung  einer  Oculomotoriuswurzel  dennoch 
das  hinterste  Gebiet  des  Oculomotoriuskems  gesund  befunden  wurde. 

Wichtiger  als  die  experimentellen  Ergebnisse  und  theoretischen  Ver- 
mnthungen  sind  jedenfalls  die  klinischen  Beobachtungen.  So  sind  gewiss 
diejenigen  Fälle  sehr  bemerkenswerth,  bei  welchen  neben  einer  Ophthalmoplegie 
auch  der  Orbicularis  mit  afficiert  erschien. 

Hughlings-Jackson  (334)  beschrieb  3  Fälle  von  Ophthalmoplegia 
externa  mit  Betheiligung  des  Orbicularis  oculi. 

Turner  (336)  beobachtete  einen  Fall  von  nuklearer  Ophthalmoplegie 
mit  Parese  des  Augenfacialis. 

Einen  analogen  Fall  theilte  Meyer  (338)  mit. 

Woods  (346)  sah  bei  Ophthalmoplegia  ext.  mit  Ptosis  eine  Schwäche 
beider  Orbiculares  oculi. 

Smith  (337)  konstatirte  bei  einem  Falle  von  totaler  Ophthalmoplegie 
eine  Betheiligung  des  Frontalis  und  Orbicularis  oculi. 

Fuchs  (347)  beobachtete  bei  einem  Falle  von  doppelseitiger  Ptosis  bei 
einer  Frau  eine  Schwäche  in  den  Frontalmuskeln. 

Hanke 's  (335)  Mittheilung  ist  ebenfalls  recht  bemerkenswerth.  Bei 
einem  Falle  von  angeborener  oder  in  frühester  Kindheit  entstandener,  beider- 
seitiger Ophthalmoplegia  ext.  trat  schliesslich  noch  eine  Ptosis  hinzu.  Zugleich 
entwickelte  sich  eine  Lähmung  des  Stimfacialis. 

Birdsall  (297)  konstatirte  neben  Lähmung  der  äusseren  Augenmuskeln 
eine  Herabsetzung  der  elektrischen  Erregbarkeit  des  Augenfacialis. 

Gegenüber  diesen  Fällen  erwähnen  Bernhardt,  Sauvineau  und 
Siemerling  ausdrücklich  das  Intaktsein  des  oberen  Facialis  bei  nuklearer 
Ophthalmoplegie.  In  den  ausgezeichnet  untersuchten  Fällen  von  Cassirer 
und  Schiff  (325)  war  trotz  völliger  Degeneration  der  Oculomotoriuskeme  (auch 
im  hinteren  Abschnitt)  die  Funktion  des  oberen  Facialis  nicht  beeinträchtigt. 
In  der  allemeusten  Arbeit  von  Siemerling  und  Boedeker  (362)  erwähnen 

8* 


IKb  Bcsiebatig  der  Levatarlähmung  zu  der  des  ÄagenfaciaÜs. 

gvnK  kompetenten  Autoren  ausdriicklich :  ^IriJjend  welche  Anhalts- 
i^  itm  Ursprung  des  Augenfacilis  im  üculumotoriüskem  anzunehmen, 
i  mtk  nach  unseren  vorliegenden  Resultaten  nicht  ergeben."^' 

Andererseits  ist  hervorzuheben,  dass  bei  der  progressiven,  amyotro- 
Bttibärparalyse  in  der  Regel  die  Muskeln  der  Stirn  und  der  Augen- 
täer  intakt  bleiben,  ebenso  wie  die  Äugenmuskehu  während  der  mittlere  und 
SBlere  Facialis  erkrankt  ist.  (ranz  auffallend  ist  der  Kontrast  zwischen  der 
ScUaifilieit  der  unteren  lieöichtshällte  und  der  Beweglichkeit  der  Lid-  \mi 
StimmnskuJatur. 

Jedoch  sind  von  W  a  c  h  s  m  u  t  h  ,  E  i  s  e  n  1  o  h  r  und  Bernhardt  Bulbiir- 
paralysen  beschrieben  worden  mit  Betheiligung  der  oberen  Partie  des  Cfesichts, 
Aach  Remak  (344)  beschrieb  einen  Fall  von  Bulbärparalyse  mit  beider- 
seits leichter  Ptosis  und  Parese  des  oberen  Facialis.  Ein  ganz  analoger  Fall 
wurde  von  Brissaud  und  Marie  (345)  beobachtet. 

Wenn  auch  für  die  vorliegende  Frage  nicht  entscheidend,  so  sei  doch 
darauf  hingewiesen,  dass  bei  der  asthenischen  Bulbarparalyse  neben  der 
Betheiligung  des  oberen  Facialis  auch  eine  Opbthahnoplegia  ext.  mit  Ptosis 
beobachtet  worden  ist,  so  von  W e s t p h a  1 ,  Hoppe,  E i s e n  1  o h r ,  Oppen- 
heim, Wilks,  Show,  Wachsmuth,  Karplus,  Bernhardt,  Adler, 
ßemak,  Strümpell  und  von  uns  in  einem  Falle. 

Der  Vollständigkeit  halber  sei  noch  des  Falles  von  Koshewnikow  (340) 
gedacht,  welcher  bei  einer  Poliomyelitis  eine  Poliencephalitis,  bestehend  in 
einer  doppelseitigen  Lähmung  des  Levator  palpebr.  sup.  und  Parese  des  M. 
orbicul.  palpebr.  und  corrugator  supercilii  links  beobachtete,  Koshewnikow 
betrzichtete  diesen  Fall  als  Stütze  für  die  Mendel' sehe  Ansicht,  ebenso  wie  Tooth 
und  Turner  (341)  ihre  Beobachtung  von  unterer  Bulbarparalyse  mit  spinaler 
Muskelatrophie.  Es  bestand  hier  eine  Lähmung  der  unteren  Facialisgebiete, 
und  es  fand  sich  totale  Atrophie  des  Facialiskems,  Dagegen  enthielt  die  aus- 
tretende Wurzel  des  Facialis  wieder  eine  Menge  gesunder  Fasern.  Nach  der 
Meinung  der  Verfasser  kommen  dieselben  auf  der  Bahn  des  hinteren  Längs- 
bündels von  dem  unteren  Abschnitte  des  Oculomotoriuskems  und  innen  iren 
das  obere  Gebiet  des  Facialis. 

ttegen  diese  Ansicht  muss  geltend  gemaclit  werden,  dass  es  Bregmann 
(343)  nicht  gelang,  nach  Durcbschneidung  des  Facialis  deL'enerirte  Fasern  nn 
hinteren  Längs  bündel  aufzufinden. 

Aus  diesen  Betrachtungen  geht  hervor,  dass  die  FraRa-**«yr  Kernlokiili- 
sation  des  oberen  Facialis  durchaus  noch  p'  ?ht  gelöst  ist.y='  ^  unserer 

Beobachtungen  und  Erfahrungen  schliesS'        ir  uns  der  Af  bj^fitgirff* 

und  Schiff,  Siemerling  und  Br  p  an,  dass  iV 

mit  den  vom  oberen  Facialis  vers  iskeln  nichf 

verweisen  wir    als  Beispiel  auf  Fi  ^die  kompe 

iraktur  bei  der  Levaiorparese  dei 

Ebenso   wie   Ca s sirer  und 
fertigt,  aus  dem  gleichzeitigen  Bei 


Die  Ptosis  bei  der  chroniaclien,  progressiven,  uljer  isolirt  bleibenden  Ophthfllmoplegie. 

liehe  Nähe  ihrer  Kerne  zu  schliessen  bei  ex<|nisit  elektiveii  Prozessen,  welche 
in  ihrer  Aiisbreitiuig  durchaus  nicht  ein  topographisches  Fortschreiten  erkennen 
lassen. 


a)   Die  Ptosis   bei  der  ehninisehcii,   pnjprressiven*   nber  isolirt  bleilieitden 

<)|i]itlia]iiioiile^iifc  exterior. 

S54.  Meist  im  frühesten  Kiiulesiilter  «Mler  in  der  Jiijj;entl,  Keltener  in  späteren 
Jahren,  entwickelt  t^ich  hei  dieser  Kninkljeit  langsam  und  ohne  andere 
Begleiterscheinungen  von  Seiten  des  Nervensystems,  sowie 
ohne  Fieber  eine  doppelseitige  fortschreitende  Lsihmung  der  äusseren  Augen- 
muskeln mit  Einschluss  des  Levators,  welche  auf  jeder  Stufe  ihrer  Entwicke- 
ttmg  dauernd  oder  für  längere  Perioden  Halt  machen  kann,  die  aber  meist 
in  einer  vollkommenen  oder  nahezu  totalen  (J{>hthalmoplegia  exterior  ihren 
Abschluss  findet.  Zur  leicliteren  (Jrientining  über  den  Symptomenkomplex 
bei  dieser  Krankheit  verweisen  wir  auf  die  nachstehende  Tabelle,  in  welcher 
wir  alle  bis  jetzt  bekannt  gewordenen,  einschlägigen  Fälle  aufgeführt  haben. 

Am  liaurtgsten  werden  beide  Seiten  zugleich,  seltener  eine  nach  der 
anderen,  von  den  Angennuiskelläbmungen  befalleD,  ohne  dass  die  Lähmungs- 
ersclieinungen  auf  beiden  Augen  in  symmetrischer  Weise  sich  zu  äussern 
brauchen.  Ueber  Doppeltselien  wird  bei  dieser  Krankheit  nur  selten  geklagt, 
vorzüglich  desshalt),  weil  die  Lähmung  langsam  und  häufig  symmetrisch  auf 
beiden  Augen  zur  Entwickeking  kommt,  und  weil  sie  häuHg  in  der  frühen 
Kindheit  auftritt,  noch  bevor  der  volle  binokulare  Sehakt  zur  Ent Wickelung 
gelangt  ist.  Häutig  wurde  dal>ei  spontan  überhaupt  über  Diplopie  keine  Klage 
geführt,  wiewohl  bei  einer  Anzahl  von  Fällen  dennoch  künstlicli  das  Doppelt- 
seben  nachgewiesen  werden  konnte.  Ist  die  Lähmung  ausgebildet,  so  bleibt 
sie  bestehen,  so  lange  der  Kranke  lebt  Die  Intensität  der  Lähmungen  ist 
aber  mannigfachen  Schwankungen  unterworfen.  Fast  allen  Füllen  gemeinsam 
ist  das  Freibleiben  des  Sphincter  iridis  und  des  Ciliarmuskels  (Pupille  und 
Accommodation),  sowie  der  Umstand^  dass  die  Krankheit  aut  den  Zustand  des 
Selivermögens  (Sehschärfe  und  Augenspiegelbefund)  nicht  den  geringsten  Ein- 
fluss  ausübt.  Daneben  erfreuen  sich  diese  Patienten  sonst  des  besten  Wobl- 
betindens,  und  es  fehlen,  was  ganz  besonders  hervorgehoben  zu  werden  ver- 
dient, sonstige  auf  eine  Erkrankung  des  übrigen  Nervensystems  hinweisende 
Erscheinungen.  Nur  vereinzelt  begegnen  wir  Klagen  über  Kopfschmerzen  und 
einer  auffallenden  Schläfrigkeit. 

Wiewohl  es  feststeht,  dass  diese  in  Rede  stehende  Gruppe  von  Nuklear- 
lätmtmgen  voniehmlich  im  Kindesalter  auftritt,  so  ist  doch  die  von  Möbius 
(287)  derselben  beigelegte  Bezeichnung  j,infantiler  Kernschwund'^  keine  glück- 
lich gewählte,  da  wir  die  klinisch  analogen,  aber  zwischen  dem  15,  und  60, 
Lebensjahre   aufgetretenen  Fälle   ebenfalls  hierher  zu  zählen  genöthigt  sind. 


j 


118    Die  Ptosis  bei  der  clironischeD,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Oplitbalmoptegie. 


Unter  32  Fällen  der  nebenstelienden  Tabelle  III  p.  125  war  die  Krank- 
heit in  frühester  Kindheit  bei  6  Fällen  aufgetreten: 

im  Alter  von     2 — 6     Jahren  bei    7  Fällen 
7-20        „         „     5      ,, 
21-30        „        „    6      ,, 
30—53        „        ,,    3      „ 
nicht  ungegehen  war  das  Alter  in  5  Fällen. 

Die  Entwickelung  der  Krankheit  zeigt,  wie  in  dem  Falle  Rum  sehe  witsch, 
No.  10  der  Tabelle,   anfänglich  bisweilen  einen  mehr  subaeuten    Charakter, 

um    dann    ins    chronisch    pro- 
gressive Stadium  überzugehen. 
Meist   ist   die   Krankheit  aber 
vom  Beginn  ihrer  Entwickelung 
chronisch  und  kann  iint^r  inter- 
mittirenden    Stillständen    sich, 
wie   in   dem  Falle  Beaumont 
(Xü.  4  der  Tabelle),    über  einen 
Zeitraum  von  30  bis  40  Jahren 
bis  zu  ihrer  vollen  Entwickelung 
erstrecken.  Wieder  hei  anderen 
treten  auch,  wie  in  dem  Falle 
Birdsall(No.  20  der  Tabelle), 
im    Beginne   des    Leidens   die 
Lähmungen    einzelner  Muskeln 
intermittirend   auf,    um    nach 
einigen  Wochen  stabil  zu  werden* 
Selbstverständlich     kann     man 
einem  solchen  Falle  von  inkom- 
pleter  Ophthal  moplegia  exterior 
resp.  isolirter  Ptosis  nicht  an- 
sehen,    ob   derselbe    auf   dem 
gegenwärtigen  Punkte  des  Lei- 
dens   dauernd   verharren    odeT 
gelegentlich  zur  totalen  Ophthalmoplegia  exterior  sich  erweitern  wird.     Nicht 
selten  beginnt  das  Leiden  mit  ein-  oder  doppelseitiger  Ptosis,  wie  in  den  Fällen 
von  Mauthner  (No.  25  der  Tabelle),  Nothnagel  (No.  12  d.  T.),  Marina 
(No.  6  d.  T.),  Lawford  (No,  23  d.  T,),  Birdsall  (No.  20  d.  T.),  xMitten- 
dorf  (No.  21    d.  T.)   und  Zalegowski  {No.  26   d.  T.).     Dujardin  (308) 
beobachtete  ein  isolirtes  do[»pelseitiges  Auftreten  der  Ptosis   bei  einem  sonst 
gesunden  jungen  Menschen.     Auch  wir  sind  in  der  Lage,  folgende  interessante 
Beobachtung    mit    Abbildung    (Figur  49)    hier    vorzuführen.     Der    61  jährige 
Dienstmann  G.  O.   will   bis  zu  seinem  4.  Lebensjahre  völlig  gesund  gewesen 
sein.     In  diesem  Jahre  entwickelte  sich  ganz  spontan  und  ohne  andere  Be- 
gleiterscheinungen  eine  doppelseitige,   fast  komplete  Ptosis,    die  bis  auf  den 


G.  O.     ÖljfiJirippr  Manu.     Stit   »einem    4.  Ive^Mnhjahre 
doppelB«it]ge    Ptotda,      Soßst  alle  Verhält  oisse  QormAt. 


Die  Ptosis  bei  der  clirönmchen.  progressiven,  aber  isolirt  bleibendeD  Oiihthalmoplegie.     119 

heutigen  Tag  völlig  stationär  geblieben  ist.  In  der  Schule  will  Patient  viel 
an  Kopfschmerzen  gelitten  und  einige  Jahre  nach  dem  Auftreten  der  Ptosia 
die  gewtjlmlichen  Kinderkrankheiten  durchgemacht  haben.  Die  genaueste 
UnterÄuchiing  des  uhrigen  Nervensystems  liess  nicht  die  geringste  krankhafte 
Erscheinung  konstatieren.  Die  Pupillen  sind  gleich  weit,  und  beide  von  nor- 
lualer  Reaktion.  Die  Sehschärfe  und  der  Äugenspiegelbefund  ist  beiderseits 
normal.  Auf  dem  rechten  Auge  besteht  komplete  Ptosis,  das  linke  Überlid 
bedeckt  beim  Blick  geradeaus  **/3  der  Pupille,  Der  Kopf  des  Patienten  ist 
überstreckt,  beide  Mm.  frontales  leicht  kontrahirt*  Sehr  ausgeprägt  ist 
der  auffällige  Schwund  des  orbitalen  Fettgewebes.  Von  Seiten  der  Bulbus- 
muskehl  keine  Störungen.  Die  Bewegungen  des  Bulbus  nach  oben  gehen  nur 
dann  gut  von  statten,  wenn  Patient  dazu  angespornt  wird.  Eine  Lähmung 
der  Bulbusheber  besteht  jedocli  nicht,  und  steht  offenbar  die  anschfiiiende 
Schwäche  der  Butbusmusknlatur  bei  Hebung  der  Blickebene  mit  dt*m  Mangel 
an  Uebung  in  Verbindung. 

In  Dufour's  Beobachtung  (No.  29  der  Tabelle)  entstand  bei  einem 
51  jährigen  Manne  vor  2ö  Jahren  vorübergehende  Ptosis,  vor  18  Jahren 
linksseitige  Ptosis,  welche  ebenfalls  wieder  verschwand.  Später  wurden 
die  äusseren  Bulbusmuskeln  und  die  Iris  mit  ergriffen.  Bei  anderen 
Fällen  wieder,  w^ie  z.  B.  im  Falle  Kunn  (So.  14  d.  T,)^  trat  die  Ptosis  mit 
den  Lähmungserscheinungen  der  Augenmuskulatur  zu  gleicher  Zeit  auf. 
Wieder  bei  anderen,  wie  im  Falle  Mob  ins  (No.  17  d.  T,),  zeigten  sich 
zuerst  die  LähmungserscheLnungen  der  äusseren  Bulbugmuskulatur,  dann 
linksseitige  und  später  rechtsseitige  Ptosis.  In  Hanke 's  Falle  (No.  7  d.  T.) 
entwickelte  sich  die  Levatorlähmung  erst  26  Jahre  na^h  Auftreten  der  Läh- 
mung der  Bulbusmuskulatur.  Bei  Lagrange's  Beobachtung  (No.  3  d.  T.) 
lag  sogar  ein  Zeitraum  von  37  Jahren  dazwischen-  Die  Ptosis  fehlt  über- 
haupt^ soweit  die  Erfahrungen  reichen,  bei  dieser  Gruppe  von  Nuklear- 
lähmungen nie.  Unter  den  32  Fällen  der  Tabelle  w^urde  sie  nur  in  der  Be- 
obachtung C  hall  in 's  (Xo.  16  d.  T.)  vermisst,  wobei  aber  immer  noch  die 
Möglichkeit  ihrer  Entwickelung  im  weiteren  Verlaufe  des  Lebens  zu  erwarten 
stand.  Die  Ptosis  kommt  mit  der  Zeit  immer  doppelseitig  bei  dieser 
Krankheit  zur  Entwickelung,  w^obei  jedoch  ein  gleicher  Intensitätsgrad  der 
Lähmung  auf  beiden  Augen  nicht  immer  hervorzutreten  braucht,  wie  z.  B. 
im  Falle  Cheney  (No.  7  d.  T.)  und  auf  unserer  Abbildung  Figur  49.  Dabei 
besteht  aber  kein  direktes  Verhältnis  zwischen  ihrem  Intensitätsgrade  und 
dem  der  Lähmung  der  äusseren  Bulbusmuskulatur,  Nicht  selten  finden  wir 
einen  mittleren  Grad  von  Ptosis  bei  vollständiger  Bewegungslosigkeit  der 
Bulbi  verzeichnet.  Der  Behauptung  von  Graefe's  aber,  dass  bei  diesen 
Fällen  die  Ptosis  stets  nur  eine  massige  sei,  kann  jedoch  nicht  zugestimmt 
werden,  wiewohl  dieselbe  bei  den  Nuklearlähmungen  im  allgemeinen  in  der 
That  sehr  häutig  schwach  ausgeprägt  erscheint.  Denn  in  den  Fällen  von 
Kecken  (No,  9  d.  T.),  Strürapell  (No,  18  d,  T,)  und  Birdsall  (No,  20 
d.  T.),    und    in   dem  von  uns  abgebildeten,   war  die  Ptosis  eine  sehr  starke. 


120    Die  Ptosis  bei  der  chronischen,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie. 

Bei  Rumschewitsch's  (No.  10  d.  T.)  und  Marina's  (No.  6  d.  T.)  Falle 
trat  dieselbe  rechts  stärker  als  links  auf. 

Sehr  bemerkenswerth  ist  die  Erscheinung,  dass  bisweilen  der  Grad  der 
Ptosis  zu  verschiedenen  Zeiten  ein  verschiedener  sein  kann ;  namentlich  nach 
Anstrengungen  und  Gemüthsbewegungen  stellt  sich  die  Ptosis  intensiver  ein. 
So  berichtet  Kunn  (300)  über  einen  25jährigen  Juristen  mit  Ophthalmopl^ia 
exterior  und  sonst  fehlenden  Erscheinungen  von  Seiten  des  Nenrensystems, 
mit  Ptosis  und  auffälligem  Wechsel  in  der  Intensität  der  Erscheinungen,  bei 
welchen  die  Lidspalte  des  Morgens,  wenn  Patient  ausgeruht  war,  viel  weiter 
offen  stand  als  am  Abend.  Während  einer  längeren  Beobachtungsdaner  war 
vor  allem  auffallend,  dass  die  Erscheinungen  von  Seiten  der  Augen  alltäglich 
schwankten,  bald  war  die  Ptosis  stärker,  bald  die  Lähmung  der  äusseren 
Bulbusmuskeln.  Noch  interessanter  ist  in  dieser  Hinsicht  die  Beobachtung  von 
W.  M.  Beaumont  (288).  Eine  41jährige  Wärterin  erinnerte  sich,  schon  als 
kleines  Kind  habe  sie  nicht,  ohne  den  Kopf  zu  bewegen,  in  die  Höhe  sehen  können. 
Als  sie  10  Jahre  alt  war,  wurde  die  linksseitige  Ptosis  bemerkt.  Diese 
dauerte  7  Jahre  an  und  war  im  Frühjahr  am  stärksten.  Dann  wurde  sie 
durch  Operation  beseitigt.  Mit  19  Jahren  wurde  die  Kranke  Pflegerin.  Nach 
anstrengendem  Dienste  fiel  das  rechte  obere  Augenlid  herunter;  in  der 
Ruhe  verschwand  die  Ptosis  wieder.  Gelegentlich  trat  auch  Doppeltsehen 
auf.  Vom  31.  Jahre  ab  wurde  die  rechtsseitige  Ptosis  dauernd,  und  es  ent- 
wickelte sich  vollständige  Ophthalmoplegia  exterior.  Pupillenverhältnisse  und 
Accommodation  blieben  völlig  normal.  P^s  bestand  Myopie  mit  Astigmatismus. 
Sonst  völliges  Wohlbefinden.  —  Auch  bei  dem  Patienten  von  Möbius  (301)  war 
der  Grad  der  Ptosis  sehr  verschieden,  wiederholt  wurde  dieselbe  durch  Erkältung 
verschlimmert.  Jede  seelische  Erregung,  besonders  die  Lenkung  der  Auf- 
merksamkeit auf  das  Lid,  Hess  dieses  weiter  herabsinken.  Da  auch  ander- 
weitige Erregungen  (Verdruss,  gesellige  Unruhe)  nachtheilig  auf  das  Lid 
wirkten,  war  Patient  bestrebt,  ein  möglichst  ruhiges,  gleichmässiges  Leben 
zu  führen.     Im  Uebrigen  fühlte  er  sich  vollständig  wohl. 

§55.  Bezüglich  der  Diagnose  dieser  Krankheit  liegt  die  Hauptschwierigkeit  in 
dem  eminent  chronischen  Verlauf  des  Leidens,  so  dass  oft  eine  langjährige 
Beobachtungsdauer  für  die  Sicherstellung  der  Diagnose  gefordert  werden 
muss.  Andrerseits  liegt  aber  gerade  wieder  in  dieser  langsamen  Entwickelang 
des  Leidens  ein  Fingerzeig  für  die  Diagnose,  denn  bei  anderen,  von  Nuklear- 
lähmungen  begleiteten  Krankheitsformen  würden  sich  im  Laufe  der  Jahre 
längst  Symptome  gezeigt  haben,  welche  auf  eine  cerebrale  oder  spinale  Grund- 
krankheit hinweisen  müssten.  Somit  sind  der  chronische  Verlauf,  die  Doppel- 
seitigkeit der  Augenmuskellähmungen  incl.  des  Levator,  das  absolute  Frei- 
bleiben von  anderen  Krankheiten  des  Nervensystems,  und  das  häufige  Auf- 
treten der  Erscheinungen  im  jugendlichen  Alter  vier  Faktoren,  welche  zu- 
nächst bei  der  Feststellung  dieser  Krankheit  in  Betracht  zu  ziehen  sind.  In 
zweiter  Linie  dürfte  die  begleitende  Ptosis,  das  Freibleiben  der  Lris  und  Accom- 
modation, und  das  Intaktbleiben  der  unteren  Nervenkeme  in  der  Medulla  zur 


Die  Ptosis  bei  der  chronischen,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie,     121 

Diagnose  heranzuziehen  sein.  Denn  nur  ganx  awanahmsweise  wird  der  Kern 
für  die  Iris  und  Acconimodation  bei  dieser  Krankheit  mit  befallen.  So  zeigten 
die  Fülle  Beanmont  und  Marina  (Nr.  4  und  0  d,  T.)  die  linke  Pupille 
etwas  weiter,  als  die  reclite,  aher  beide  von  guter  Keaktion,  während  in  dem 
von  Lehmann  referirten  Falle  (No.  15  d.  T.)  beiderseits  Iris  und  Accom- 
modaiion  gelälimt  w^aren.  In  Striinipeira  Fall  (No.  18  d.  F.)  war  nur  die 
Acconimodation  beiderseits  gelähmt,  in  Galezowskis  Fall  (No*  20  d.  T,)  war 
sie  beschränkt.  Bei  Ihifour's  Beobuelrtung  (No.  29  d.  T.)  trat  viele  Jahre 
nach  Beginn  des  Leidens  eine  Ahnalime  der  Pupillenreflexe  hei*vor.  Auch 
die  Betheiligung  des  Facialis  am  Kranklieitsbilde  darf  nur  als  Seltenheit  be- 
trachtet werden,  und  Hessen  sich  die  folgenden  Fälle  wohl  auch  als  kongenitale 
Beweglichkeitsdelekte  aus  dem  Facialisgehiete  deuten,  ohne  dass  ein  Zu- 
sammenhang mit  den  nuklearen  Symiitomen  bestünde.  Liegen  krank- 
hafte Erscheinungen  von  Seiten  des  Facialis  vor,  so  sind  dieselben  doch  nur 
äusserst  schwach-  So  waren  im  Falle  Becker  (No,  9  d*  T.)  alle  miraischen 
(iesichtsmuskeln,  besonders  die  der  unteren  Hälfte  schwach,  aber  vun  normaler 
Erregbarkeit.  Im  Falle  Strümpell  (No*  18  d,  T.)  war  Schlaftlieit  der  Ge- 
.sichtsmuskeln,  die  aber  sonst  gut  beweglich  waren,  vorhanden,  übt  hoff 
(No.  13  d.  T.)  konstatirte  in  einem  Falle  doppelseitige  leichte  Facialisparese. 
Bei  dem  Falle  Hanke  (No,  2  d*  T.)  zeigte  sich  eine  Lähmung  des  Augen- 
facialis,  und  bei  Birdsall  (No,  20  d/f.)  eine  Verminderung  der  elektrischen 
Erregbarkeit  im  oberen  Facialisgehiete  Erscheinungen,  welche,  wie  vorher 
erwähnt,  auf  einen  nuklearen  Zusammenhang  des  Augenfacialis  mit  demLevator 
hinweisen  sollen. 

Mit  diesem  eventuellen  Hineinziehen  der  benachbarten  Kernregion  in  den 
krankhaften  Prozess  nach  vorn  und  nachliinten  von  den  Nervenkernen  der  äussern 
Bulbitsmuskulatur,  ist  aber  auch  die  Ausdehnung  der  Krankheit  auf  weitere 
Kenigebiete  als  die   des  Levator  und  der  äusseren  Augenmuskeln  erschöpft. 

Wie  schon  im  ij  49  p.  91  erwälint,  bietet  hei  den  Fällen,  in  welchen  die  Er- 
krankung in  frühester  Kindheit  entstanden  war,  die  Differentialdiagnose  von 
den  angeborenen  Beweglichkeitsdefekten,  die  ja  ebenfalls  häufig  mit  ünheweg- 
lichkeit  des  Bulbus,  Doppeltsehen,  Ptosis,  freibeweglicher  Iris  und  normaler 
Accommodation  einhergehen,  die  grössten  Schwierigkeiten.  Man  konnte  hier 
noch  erwähnen,  dass  die  kongenitalen  Beweglichkeit sstorungen  au  den  Augen 
auch  einseitig  vorkommen,  während  die  Lähmungserscheinungen  bei  der  chro- 
nischen isoÜrt  bleibenden  (*phthalmopIegia  externa  immer  beide  Augen  be- 
treffen. Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  aber  auch  das  unwandelbare  Stationär- 
bleiben der  Bewegungsheschränkungen  hei  den  angeborenen  Beweglichkeits- 
defekten durch  das  ganze  Leben  hindurch,  während  der  fortschreitende,  wenn 
auch  oft  langsame  Entwickelungsgang  der  Lähmungen  für  die  progressive 
Ophthalmoplegie  spricht.  In  dieser  Hinsicht  sind  die  weiter  unten  zu  erwähnenden 
Fälle  von  Hanke,  Jocqs  und  Lagrange  von  grosser  Bedeutung.  Es  sind 
auch  Falte  bekannt,  in  welchen  zu  einer  anscheinend  isolirt  bleibenden 
chronischen  üpbtbalmoplegie  schliesslich  Erscheinungen  der  glosso-labio-pbaryn- 


122    Die  Ptosis  bei  der  chronischen»  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie. 

geallähmimg  hinzukamen,  also  ein  Weiterschreiten  der  Erkrankung  auf  die 
unteren  Bulbuskeme  konstatirt  werden  konnte.  Bezüglich  dieser  Erkrank- 
ungsform müssen  wir  auf  einen  späteren  Abschnitt  dieses  Buches  verweisen. 

Nur  selten  mag  es  vorkommen,  dass  man  gegebenen  Falls  im  Zweifel 
sein  könnte,  ob  es  sich  um  eine  chron.,  progressive,  isolirt  bleibende  Ophthal- 
moplegie, oder  um  Lähmungserscheinungen  im  Initialstadium  der  Tabes  handeb 
könne.  So  erzählt  Bernhardt  (363)  folgende  Beobachtung:  Ein  Sljähriger 
Mann  zeigte  links  eine  Lähmung  der  Iris  und  Accommodation.  Einige  Wochen 
später  kam  dazu  eine  Lähmung  der  äusseren  Oculomotoriusäste  der  gleichen 
Seite.  4  Jahre  nachher  war  die  Lähmung  der  äusseren  Augenmuskeln  ver- 
schwunden, die  Ophthalmoplegia  interna  bestand  aber  noch  auf  beiden  Seiten. 
Einige  Zeit  später  trat  zu  der  Ophthalmoplegia  interna  eine  Lähmung 
des  linken  Abducens.  Erst  nach  Tjährigem  Bestände  dieser  Augenmuskel- 
lähmungen traten  lancinirende  Schmerzen  mit  Schwäche  der  Extremitäten 
auf,  jedoch  noch  ohne  bestimmte  Symptome  der  Tabes.  Hier  hätte  wohl 
das  beharrliche  Vorhandensein  der  Ophthalmoplegia  interna  bei  dem  Ver- 
schwinden der  Lähmungserscheinungen  der  äusseren  Oculomotoriusäste  Zweifel 
in  die  Diagnose  einer  chron.  progr.  isol.  bleibenden  Ophthalmoplegia  externa, 
setzen  könnnen. 

Bei  dem  folgenden  von  uns  beobachteten  P'alle  dürfte  es  sich  dagegen 
wohl  um  eine  Nuklearlähmung  zufolge  von  hereditärer  Lues  handeln. 

B.  K.,  6V2  Jahre  alte  Maurerstochter.  20.  VE.  94.  Mit  seinem  zweiten 
Lebensjahre  soll  das  Kind  eigenthümlich  ^geguckt*^  haben.  Nach  der  Geburt 
nicht  krank.  Im  9.  Monat  Keuchhusten.  Im  3.  Lebensjahre  Diphtheritis. 
Die  Mutter  hatte  3  Umschläge,  sie  litt  auch  an  nächtlichen  Kopfschmerzen. 
Patientin  hatte  nie  Krämpfe,  in  letzter  Zeit  dagegen  Kopfschmerzen.  Sie  ist 
hereditär  neuropathisch  nicht  belastet.  Die  Grossmutter  litt  allerdings  auch 
an  Kopfschmerzen. 

Sämmtliche  Sehnenreflexe  gesteigert,  die  Hautrefiexe  nicht  gesteigert 
Die  Sensibilität  nicht  nachweislich  gestört.  Keine  Motilitätsstörungen  ausser 
an  den  Augen.  Der  rechte  Mundfacialis  schwächer,  als  der  linke.  Geruch, 
Geschmack,  Gehör  intakt. 

Die  rechte  Pupille  maximal  weit,  reagirt  nicht  auf  Licht.  Die  linke 
Pupille  halb  so  gross,  reagirt  träge  auf  Licht. 

Beide  Lidspalten  gleich  weit.  Patientin  kann  beiderseits  nicht  nach 
oben  sehen,  die  oberen  Lider  können  beiderseits  nicht  über  die  horizontale 
nach  oben  gehoben  werden.  Die  Bewegungen  beider  Bulbi  nach  aussen  hoch- 
gradig beschränkt.  Bewegung  beider  Bulbi  nach  innen  unvollkonmien.  Ebenso 
ist  auch  die  Bewegung  nach  oben,  aussen  und  unten  beschränkt.  Sonst 
nichts  abnormes. 

§  56.  Die  Ursache  des  Leidens  ist  in  absolutes  Dunkel  gehüllt.  Sektionsbefunde 
von  dieser  inkomplizirt  auftretenden  Gruppe  von  Nuklearlähmungen  sind  bis 
jetzt  noch  nicht  vorhanden.  Es  dürfte  sich  wohl  um  eine  langsame  Nekrose 
der  nervösen  Theile  handehi   und  zwar  zunächst  um  einen  atrophischen  Zu- 


Di«  Ptosis  bei  der  chroulschen,  progresöiveiif  aber  isolirt  bleibenden  Opbthalmoplegie.    123 

stand  der  Ganglienzellen  in  den  Kernen  mit   sekimdärer  Atropliie  der  zuge- 
hörigen Nervenfasern, 

Jedenfalls  ist  hier  auf  eine  Bemerkung  Sienierling's  aufmerksam  zu 
machen,  wie  auffällig  es  sei,  da^s  unter  den  zur  Sektion  gelangten  Beobacht- 
ungen von  Ophthalmoplegie  in  keinem  Falle  eine  komplizirende  Nervenkrank- 
heit bis  jetzt  vermisst  worden  sei,  wenn  auch  Fälle  Jahrzehnte  lang  ohne 
diese  verlaufen  und  bestehen  könnten.  In  anderen  treten  noch  spät  Kom- 
plikationen hinzu,  so  bei  Eichhorst  nach  {ireijahrigem Bestehen  ein  diffuser 
Prozess:  bei  Lichtheim  trat  nach  11  jährigem  Bestehen  der  Ophthalmoplegie 
Somnolenz  hinzu.  Bei  Bernhardt  traten  nach  7  Jahren  tabische  Erschein- 
ungen auf. 

In  einem  Falle  scheint  Erblichkeit  vorhanden  gewesen  eu  sein:  Ayres 
(No.  11  d.  T.).  Folgende  Fälle  scheinen  darauf  hinzudeuteUj  dass  wir  es,  wie 
Möbius  will,  bei  einer  Anzahl  von  Beobachtungen  wirklich  mit  Kernläsionen 
zu  thun  haben,  die  in  utero  bereits  zum  vorläufigen  Stillstand  gelangt  w^aren, 
um  einige  Zeit  nach  der  Geburt  wieder  weiter  zu  schreiten.  So  entwickelte 
sich  bei  einer  26jährigen  Patientin  Hanke's  (No.  2  d*  T.)  mit  theils  ange- 
borener, theils  in  frühester  Kindheit  entstandener,  beiderseitiger,  fast  totaler 
Ophthalmoplegia  exterior  noch  nachträglich  Ptosis, 

Bei  einem  12jährigen  Kinde,  aus  der  Beobachtung  Jocqs  (Nr,  30  der 
Tabelle),  bemerkten  die  Eltern  wenige  Tage  nach  der  Geburt,  dass  es  mit 
dem  rechten  Auge  nach  aussen  schiele,  und  dass  dieses  fast  unbewegliche 
Auge  nur  nach  dieser  Richtung  bewegt  werden  konnte.  Im  Alter  von  3  Jahren 
begann  das  Oberlid  herabzusinken,  imd  in  ganz  kurzer  Zeit  war  die  Ptosis 
eine  vollständige.  Während  diese  Erscheinungen  sich  einstellten,  war  der 
sonstige  Gesundheitszustand  des  Kindes  ein  vortrefflicher.  Die  Binnenmua- 
kulatur  des  Auges  war  frei  geblieben,  das  linke  Auge  war  normal 

Lagrange  (Nr.  3,  d.  T-)  berichtet  von  einem  37jährigen  Gärtner  aus 
gesunder  Familie,  der  seit  einigen  Monaten  doppelseitige  Ptosis  hatte.  Seit 
frühester  Kindheit  waren  beide  Augäpfel  unbeweglich.  Der  Kranke  war  sonst 
ganz  gesund.  Accomm. ,  Pupillenbewegung,  Sehschärfe  und  ophth.  Befund 
waren  völlig  normal. 

Gegenüber  der  Mob  ius'schen  Ansicht  steht  nun  Kunn  {1.  c.)  auf  dem 
Standpunkt,  dass  wir  es  hier  mit  einem  zufälligen  Zusaramentretfen  zweier 
ganz  verschiedener  Processe  zu  thun  haben,  der  eine,  die  fötale  Aplasie,  be- 
dinge den  Beweglichkeit^defekt  des  Auges,  der  andere  komme  zufällig  hinzu 
und  bedinge  die  Ptosis  etc. 

Weitere  Beobachtungen  und  namentlich  Fälle  mit  Sektionsbefimd  müssen 
darüber  weitere  AufTclärung geben.  8i  em  e  r  1  ing  (181)  untersuchte  mikroskopisch 
einen  Fall  von  angeblich  congenitaler  Ptosis,  Da  aber  Degenerationszustände 
in  der  Keroregion  des  Oculomotorius  imd  descendirende  Atrophie  in  den 
Ner%*enbahnen  desselben  sich  gefunden  hatten,  somuss  entweder  die  Möbius'sche 
Ansicht  als  richtig  anerkannt  werden,  oder  wir  haben  es  mit  einer  in  frühester 
Kindheit  entstandenen  Ptosis  zu  thun,  welche  gewissermassen  als  forme  fruste 


124     Die  Ptosis  bei  der  chronischen,  pro^essiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie. 

der    isolirt    bleibenden    chronischen    progressiven   Ophthalmoplegie    zu   be- 
trachten wäre. 

Es  mag  uns  gestattet  sein,  der  Tabelle  III  noch  folgende  eigene  Be- 
obachtungen vorauszuschicken : 

Fall  33.  J.  L.  18  Jahre  alter  kräftiger  Arbeiter  (23.  V.  93);  keine 
Lues,  kein  Potatorium.  Die  Mutter  leidet  an  Kopfschmerzen,  sonst  hereditär 
nicht  belastet.     Seit  V*  Jahr  hängt  das  linke  Oberlid  etwas  herunter. 

Patellarreflexe  beiderseits  deutUch.  Alle  anderen  Reflexe  vorhanden. 
Pupillen  beiderseits  gleich,  reagiren  normal.  Keine  Sensibilitätsstönmgen; 
keine  Ataxie.     Sehschärfe  und  Augenspiegelbefund  normal. 

Fall  34.  J.  R.  11  jähriger  Knabe.  Patient  hatte  früher  einmal  ein 
Ohrleiden,  sonst  ist  er  gesund.  Seit  dem  23.  XII.  96  besteht  linksseitige  un- 
vollständige Ptosis.  Die  Augenbewegungen  sind  sonst  frei.  Keine  Kopf- 
schmerzen.    Sonst  alle  Verhältnisse  normal.     Hereditär  nicht  belastet. 

Fall  35.  A.  Seh.  27 jähriger  Arbeiter;  hereditär  nicht  belastet;  kein 
Abusus.  Guter  Ernährungszustand,  kräftige  Muskulatur.  Klagt  seit  Februar 
1898  über  Doppeltsehen.  Bald  darauf  fiel  das  linke  Oberlid  herab,  dann 
auch  das  rechte.  Darauf  besserte  sich  im  Mai  etwas  die  Ptosis  des  linken 
Auges  und  einige  Monate  später  auch  die  des  rechten  Auges.  Am  18.  I.  98 
hing  das  linke  Oberlid  noch  etwas  herab.  Das  rechte  war  wieder  normal. 
Auf  dem  linken  Auge  waren  die  Bewegungen  nach  oben,  nach  innen,  nach 
unten,  nach  oben  innen  und  nach  unten  innen  beschränkt,  nur  nach  aussen 
frei.  Auf  dem  rechten  Auge  zeigten  sich  die  Bewegungen  nach  allen 
Richtungen  auffällig  beschränkt.  Die  linke  Pupille  etwas  weiter  als  rechts. 
Beide  reagiren  prompt  auf  Licht,  Accommodation  und  Convergenz.  Die  Seh- 
schärfe und  der  Augenhintergrund  beiderseits  normal.    — 

Die  Patellarreflexe  vielleicht  etwas  gesteigert.  Alle  anderen  Reflexe 
normal.  Keine  Sensibilitätsstörungen.  Sonstiges  Verhalten  des  Nervensystems 
völlig  normal.  — 

Fall  36.  Ch.  R.  70  jährige  Arbeiterin.  5.  12.  94.  Seit  14  Tagen  bei 
steht  auf  dem  rechten  Auge  Ptosis,  zu  gleicher  Zeit  trat  Doppeltsehen  auf. 
Will  vorher  nie  krank  gewesen  sein  und  auch  jetzt  sich  im  allgemeinen  wohl 
befinden.  Hereditäre  Belastung  liegt  nicht  vor.  Das  rechte  Auge  kann  nicht 
nach  innen,  nach  oben  und  unten,  wohl  aber  nach  aussen  bewegt  werden. 
Die  übrigen  Gehimnerven  völlig  normal.  Sensibilität  nicht  gestört.  Pupillen, 
Sehschärfe  und  ophth.  Befund  normal.     Sämmtliche  Reflexe  normal. 


Tabelle  III 

siehe  umstehend. 


126     Die  Ptosis  bei  der  chronischen,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  OphthalmoplogieL 


Tabelle  III.     Ueber  die  bis  jetzt  in  der  Litteratur  bekannten  Fälle i 


Autor  and  Nummer 

des 

Litteraturverzeichnisses 


b      -  •  k 


Bulbusmuskulatur 


Verhalten  des  Levator 


Papille 


Ami 

I   dati 


1.  Eliasberg  (286) 


2.  Hanke  (302) 


3.  Lag  ränge  (303) 


4.  Beaumont  (288) 


5.  Szilli  (309) 


<3.  Marina  (292) 


7    Cheney  (304) 


5  Monate.  |  beiders.    unvollständige 
I    Ophth.  exterior. 


angeboren 
oder  in 

frühester 
Kindheit 

erworben. 


Seit 

frühester 

Jugend 


Schon  als 

kleines 

Kind 

beiders. 

Ophthalm. 

exterior. 


Seit  den 
ersten 
Lebens- 
jahren. 

Seit  dem 
2.  Lebens- 
jahre. 


fast  totale  Ophth.  exter. 
auf  beiden  Augen.  — 


l)e8tand  beiderseits  Oph- 
thalmopl.  exterior. 


totale  beiderseitigeOphth, 
exter. 


Lähmung     sämmtlicher 
äusserer  Augenmuskeln, 


Im  28.  Lebensjahre 
Entwicklung  derOphtb. 
exterior  l>eideFBeits,  zur 
Zeit  der  Beobachtung 
noch  inkomplet. 


Heber  und  Senker  des 
Bulbus  gelähmt,  Be- 
wegung nach  aussen 
und  innen  beschränkt. 


beiderseits  Ptosis. 


normal      non 


Im  26.  Lebensjahre 
kam  noch  eine  Ptosis 
dazu. 


Im  37.  Jahre  ent- 
wickelte sich  beider- 
seits Ptosis. 


Im  10.  Jahre  linkss. 
Ptosis  von  7jähriger 
Dauer.  3  Jahre 
darauf  auch  rechtss. 
Ptosis.  Im  31.  Le- 
bensjahre wurde  die 
rechte  Ptosis  dau- 
ernd. 


beiderseits     massige 
Ptosis. 


Seit  dem  2.  Lebens- 
jahre mässigePtosis. 
Klagt  jetzt  über 
grosse  Schwere  in 
den  Lidern. 


beiderseits  mittlere 
Ptosis.  Links  stärker 
als  rechts. 


normal. 


Beide 

reagiren; 

die  linke 

gegenLicht 

stärker 

ak  die    ' 

rechte. 


normal. 


Beaktion 
beiderseits 

normal. 
Die  linke 
ist  etwas 
weiter  als 
die  rechte. 

normal. 


1( 
Pro 


PtosiB  bei  der  chronischen,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie.     127 


her,  progressiver,  isolirt  bleibender  Ophthalmoplegia  exterior  mit  Ptosis. 


Cialis        Sonstiger  Zustand 

• 

Verlauf 

Doppeltsehen 

Ophthalmosk.  Befund 
Sehschärfe 

normal. 

Im   Alter  von   5   Monaten 
trat  zuerst  Strab.  d.  rechten 
Auges    auf ,     verschwand 
wieder  nach  14  Tagen,  um 
nach    weiteren    14   Tagen 
dauernd    zu    werden.      2 
Monate  später  gesellte  sich 
Ptosis  dazu. 

? 

normal. 

^bens- 
rickelte 
ich  mit 
Ptosis 
ODgdes 
lis  und 
Cialis. 

' 

normal. 

Mit  frühester  Jugend  Oph- 
thalmopl.  exterior  beider- 
seits,   im   37.  Jahre   Ent- 
wickelung  d.  beiderseitigen 
Ptosis. 

normal. 
Astigmatismus. 

Sonst    gesund.      Zu- 

weilen    rechtsseitigen 

Kopfschmerz. 

Als  kleines  Kind  schon  Un- 
beweglichkeit  beider  Bulbi. 
Im     10.    Jahre     entstand 
linksseitige     Ptosis.       Mit 
19  Jahren  wurde  Patientin 
Pflegerin.  Nach  anstrengen- 
dem Dienste  fiel  das  rechte 
Augenlid    herunter.       Im 
31.  Lebensjahre  wurde  die 
rechte  Ptosis  dauernd. 

gelegentlich 
vorhanden. 

L.  Emmetopie. 
B.  Myopie  mit  Astigm. 

43  jährige  Frau.     Seit  dem 
ersten  Lebensjahre  besteht 
die  Krankheit. 

— 

— 

al. 

klagt  über  beständige 
SchläfrigkeitPatellar- 
reflex    ünks    normal, 
rechts    vermindert, 
wird  aber   beiderseits 
mit  Jendrassik  gleich. 

Seit    dem    2.    Lebensjahre 
Ptosis.  In  ihrem  28.  Lebens- 
jahre   Entwickelung    der 
Ophthalmopl.  exterior. 

Ophth.  Bef.  normal. 
Farbensinn   normal. 
S  beiderseits  =  »/lo. 

normal. 

13  jähriger     Knabe.       Das 
Leiden  begann  mit  links- 
seitiger Ptosis  im  3.  Lebens- 
jahr. 

normal. 

128    Die  PtosiB  bei  der  ohronischen,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  OphthilmopligiA. 


Autor  und  Nummer 

des 

Litteratarverzeichnisses 

Lebensalter,  in 

weleHem  das 

Auftreten  der 

Krankheit 

gemerkt  wurde 

Bulbusmuskulatur 

Verhalten  desLevator 

Papille 

Aceoi 

8.  Raehlmann   (310) 

3 

Lähmung     sämmtlicher 
BulbusmuBkein.       Die 
Trochleares   leicht  ge- 
lähmt.    Nystagmus. 

beideneito  Ptons. 

— 

^ 

9.  Becken  (295) 

4 

Ophthalmoplegia       ex- 
terior.    Die  Beweglich- 
keit der  Augen  ist  nach 
aussen  und  oben  yoll- 
ständig      aufgehoben ; 
nach      Innen      erfolgt 
beiderseits    eine   mini- 
male Bewegimg,  ebenso 
nach  unten. 

beideneiU    starke 
Ptosis. 

normaL 

Bon 

10.  Rumschewitsch 
(299)  Fall  n 

6 

Ophthalmopleg.  exterior 
totalis. 

doppelseitige  Ptods, 
redita    stärker   als 
links. 

normal. 

non 

11.  Ayres  (306) 

6 

Ophthalmoplegia     ex- 
terior beiderseits. 

beiderseits      inkom- 
plete  Ptosis. 

normal. 

nora 

12.  Nothnagel  (291) 

15 

Beiderseits  die  äusseren 
Oculomotoriusäfltc  und 
beide   Abduoentes   ge- 
lähmt. 

doppelseitige  Ptosis.  ' 

normal. 

non 

13.  ühthoff  (307) 

15 

Ophthalmoplegia     ex- 
terior beiderseits. 

beiderseiU      mittel- 
starke Ptosis. 

normal. 

nor 

14.  Birdsall  (297) 

FaU  I 

16 

Ophthalmoplegia     ex- 
terior beiderseit«. 

beiderseits     starke 
Ptosis. 

normal. 

noi 

15.  refer.  Lehmann 
(311) 

18 

beide    Nervi    oculomo- 
torii. 

beiderseits  Ptosis. 

beiderseits 
gelähmt 

beid 
gdl 

16.  Challin  (305) 

20 

beiderseits    Ophthalmo- 
plegia exterior. 

normal. 

noi 

de  Ptosis  bei  der  chronischen,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie.    129 


1  facialis 

Sonstiger  Zustand 

Verlauf 

Doppeltiehen 

Ophthalmosk.  Befund 
Sehschärfe 

limiBchen 
nmakelD, 
n  die  der 
Hälfte, 
aber  von 
r  elektri- 
Srregbar- 
?it. 

normal. 

— 

ist  spontan 
nicht  vor- 
handen, lässt 
sich  aber 
hervorrufen. 

Ä  Rechts  =  V«. 
—  L.  =  «/8.   Es  be- 
steht   hyperopischer 
Astigmatismus. 

normal. 

12  jähriger      Knabe,       bei 
welchem  sich  im  6.  Lebens- 
jahre eine  totale  Ophthal- 
mopl.    exterior   innerhalb 
zweier  Monate  entwickelt 
hatte    und    seitdem    ohne 
jede  Veränderung  blieb. 

Kein  Doppelt- 
sehen. 

normal. 

normal. 

38  jähriger  Mann.    Der  Zu- 
stand soll  angeblich  nach 
Scharlach   im   6.   Lebens- 
jahre entstanden  sein,  doch 
soll   auch  sein  Grossvater 
mütterlicherseits  an  einer 
ähnlichen     Affektion     ge- 
litten haben. 

normal. 

- 

— 

45  jähriger  Mann.    Mit  dem 
15.  Jahre  Ptosis,  mit  dem 
18.  Ophthalmoplegie. 

Begann  mit 
Doppeltsehen. 

— 

Iseitige 

FacialiB- 

*»e. 

normal. 

Die  Affektion  hatte  sich  vor 
einem    viertel  Jahr    ent- 
wickelt.    Seitdem  stabil. 

— 

normal. 

normal. 

18  jähriger   Jüngling.     Die 
Lähmung  hatte  vor  2  Jahren 
erst  das  rechte,   dann  das 
linke  Auge  ergriffen. 

normal. 

- 

Angenschmerzen, 
Thränen^sonst  gesund. 

Die    26  jährige  Frau    hatte 
bereits  vor  8  Jahren  über 
die  Augen  zu  klagen. 

Doppeltaehen 
vorhanden. 

normal 

normal. 

42jähr.  Mann.  Seit  22  Jahren 
Ülhmung     sämmtlicher 
Augenmuskeln. 

Wilbrand-Saenger,  Keorologie  des  Auges. 


130    Die  PtOBis  bei  der  chronischen,  progressiven,  aber  isolirt  Ueibenden  Ophtiiliiopirpr 


Autor  und  Nummer 

den 

LiUeraturverzeichnisaes 


J'l|  I 

Hin  i 


Bulbusmuskulatur 


Verhalten  des  Levator 


17.  Möbius  (301) 


21 


beiderseits  Ptosis, 
links  st&rker  als 
rechts. 


normsL      mo 


18.  Strümpell  (296)     I        25 


Beide  Augen  können 
nach  oben, innen,  aussen 
so  gut  wie  gar  nicht 
gedreht  werden.  Nach 
unipu  Ut  die  Boweg- 
lidikelt  erhalten.  Die 
Konvergenz  fehlt. 


Beide  Bulbi  vollkommen    beiderseits     starke        nonnsl. 
unbeweglich.  Ptosis. 


Pupille 


19.  Kunn  (300) 


24 


Im  Wechsel  Strabismus  |  Ptosis  zuerst   links, 
und   Konvergenzlähm-      dann  rechts, 
ung.  I 


I  I 

20.  Birdsall  (297)  28»/«      |  beiderseits    Ophthalmo- 

Fall  II  !    plegia  exterior. 


;«ti 
^7^ 


hak 


tiki 


normal,      no 


l)eiderBeit8  Ptosis. 


21.  Mittendorf  (298)   !      29 


22.  Rumschewitsoh    j      41 
(299)  FaU  1 1 


Ophthalmoplegia    ex- 
terior beiderseits. 


beiderseits    totale  Oph- 
thalmoplegia   exterior. 


beiderseits     geringe 
Ptosis. 


beiderseits      leichte 
Ptosis. 


normsL      n< 


nonnal.  1  n 


E^tosis  bei  der  ohroniechen,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie.    131 


sialis 


Sonstiger  Zustand 


Verlauf 


normal. 


der 
«kein, 
isf  gut 
sind. 


nichts  besonderes. 


normal. 


t  rieche 
keit 
»bereu 
•iet  an- 
Ge- 
iskeln 
:was 
:zt  zu 


Im  21.  Lebensjahre  trat 
plötzlich  Doppeltsehen  auf, 
dann  fiel  nach  4  Jahren 
das  linke  Oberlid  herab, 
später  auch  das  rechte 
Oberlid.  Patient  trSgt  den 
Kopf  ül)er8treckt. 


Doppeltsehen 


Ophthalmosk.  Befund 
Sehschärfe 


Doppeltsehen 
bestand  fort. 


50  jähriger  Patient  bemerkte  iKein  Doppelt- 


Starker  Raucher, 

früher  Blennorrhoe 

gehabt. 


normal. 


vor  25  Jahren  ein  Herab- 
fallen der  Augenlider,  und 
dass  er  beim  seitlichen 
Sehen  seinen  Kopf  drehen 
niusste.  Sehr  langsam  und 
ohne  sonstige  Neben- 
enK'heinungen     nahm    die 

I    Bewegungsstörung  allniäh- 

j    lieh  zu. 

i  Seit    Vs  Jahr   undeutliches 
I    Sehen,  dann  Schielen  und 

beginnende    Ptosis.      Auf-  , 
I    fallendes     Schwanken     in  i 

der  Intensität  der  Paresen. 

Der  29  jährige  Patient  er- 
krunkto  vor  einem  halben  j 
Jahre  anfänglich  an  inter-  | 
mittirendem ,  dann  per-  i 
nianentem  Dop]>elt8ehen,  I 
doni  sich  8])äter  Ptosis  und 
Fixation  der  Bulbi  an-  | 
sohloss.  I 


sehen. 


beiderseits  starke 
Myopie. 


vorhanden. 


vorhanden. 


SOjähriger  Mann.  Die  Oph- 
thalniopl.  hatte  vor  einem 
Jahre  begonnen.  Nach 
2  Jahren  keine  wesent- 
liche Veränderung.  j 

45jähr.  Mann,  bei  welchem  i 
sich      im     Verlauf      von  | 
4  Jahren   allmählich  eine 
totale  Ophthalmoplegia  ex- 
terior  entwickelt  hatte.       i 


Farbensinn    normal. 
Gesichtafeid  normaU 

ÄL  =  ««/60.R=»^/70. 

Ophth.  Bef.  normal. 


normal. 


normal. 


normal. 


normal. 


9* 


133    Pie  Ptosis  bei  der  chrooiachen,  progressiveD,  aber  isolirt  bleibenden  QfAÜuilflMpkgii. 


Autor  nnd  Nummer 

bensalter,  in 
reichem  das 
aftreten  der 
Krankheit 
nerkt  wnrde 

des 

Bulbusmusk  ulatur 

Verhalten  des  Leyator 

Papille 

AflM 

latteraturverzeichnisses 

,3'^   1 

23.  Lawford  (293) 

1 

50 

beiderseits   Ophthalmo- 

beiderseits  i^t  totale 

normsL     oon 

plegia  exterior. 

PtOfOB. 

24.  Kunn  (312) 

53 

beiderseits    Ophthalmo- 
plegia  exterior. 

? 

• 

normal. 

1 

oon 

25.  Mauthner  (289) 

?  Bicher 

beiderseits    Ophthalmo- 

beiderseiUPtomierBt 

nomuü. 

Don 

seit  dem 

plegia  exterior. 

links,     20     Jahre 

1 

18.  Jahr. 

später  auch  rechts. 
Komplete       PtooB 

1 

beiderseits 

26.  Galezowski  (294) 

? 

beiderseits    Ophthalmo- 
plegia  exterior. 

beiderseiU  Ptosis. 

normal. 

besci 

27.  A.  V.  Graefe  (313) 

9 

beiderseits    Ophthalmo- 
plegia  exterior. 

beiderseits      Ptosis 
massigen  Grades. 

normaL 

DOl 

28.  Alfr.  Graefe  (314) 

? 

Ophthalmoplegia    ex- 
terior. 

beiderseits  Ptosis. 

normal. 

noi 

29.  Dulour  (290) 

26 

Vor    3  Monaten    links- 

doppelseitige Ptosis. 

früher 

DOl 

seitige  Abducensparese,    Im  26.  Jahre  doppel- 1 

normal, 

neuerdings     Lähmung 

seitigePtosi«,  welche 

jetst  Ab-  { 

des  Trochlearis. 

wieder  yerscdiwand. 
Im  33  Jahre  links 
Ptosis,  welche  wieder 

nähme  der 
Reflexe.  ! 

verschwand.        Im 

49.  Ja^re  abermals 

links     Ptosis    und 

2     Monate     später 

rechts. 

30.  Jocqs  (315) 

Wenige 
Tage  nach 
der  Geburt 
bemerkten 
die  Eltern 
Strabismus 
divergens. 

fast  unbewegliches  rech- 
tes Auge. 

rechtsseitige  Ptosis. 

normaL 

DO 

31.  eigene  Beobachtung 

4 

normal. 

doppelseitige ,      fast 
komplete  Ptosis. 

normal. 

n( 

32.  Dujardin  (308) 

junger 
Mann. 

normal. 

doppelseitige  Ptosis. 

normal. 

n< 

£^818  bei  der  chronischen,  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie.    133 


oiaUs 

Sonstiger  Zustand 

Verlauf 

Doppeltsehen 

Ophthalmosk.  Befund 
Sehschärfe 

normal. 

60 jähriger  Mann,   der  seit 
10     Jahren     fast     totale 
Ptosis  hatte. 

— 

normal. 

normal. 

55jährige  Frau,  bei  welcher 
sich  vor  IV«  Jahren  eine 
doppeis.  Ophth.  exter.  ent- 
wickelte, die  ein  Jahr  hin- 
durch   vollständig    unver- 
ändert blieb. 

? 

normal. 

normal. 

46jähriger    Herr,    hat    die 
Ptosis     linkerseits     sicher 
seit  28  Jahren.  Mindestens 
ein  Zeitraum  von  20  Jahren 
verfloss,     bis    auch     am 
rechten     Auge     Erschein- 
ungen von  Ptosis  auftraten. 

nie  doppelt 
gesehen. 

Links  Myopie  Vio 
5  =  «/6,  RS  =  */is 
Homhautflecken. 

Ophth.  Bef.  normal. 

Gesichtsfeld :  normal. 

normal. 

41  jähriger     Mann.        Die 
Krankheit  hatte  mit  Ptosis 
begonnen ,     welche    beide 
Augen  abwechselnd  befiel. 

normal. 

gesund. 

Patientin,    bei   welcher    in 
einem    Zeitraum     von     6 
Jahren  sämmtliche  äusseren 
Augenmuskeln       gelähmt 
wurden. 

gesund. 

Die  Krankheit   besteht  seit 
15  Jahren. 

— 

— 

gesund. 

Im  Beginn  des  Leidens  inter- 
mittirendes  Auftreten  von 
Ptosis,    fast   sieben  Jahre 
später  traten  Lähmungen 
der  Bulbusmuskulatur  auf. 

normaL 

normal. 

12jährigesMädchen.  Wenige 
Tage  nach  der  Geburt  be- 
merkten die  Eltern,   dass 
es   mit  dem   Unken  Auge 
nach  aussen  schiele,    und 
dass   der  Bulbus   fast  un- 
beweglich sei.    Im  9.  Jahre 
begann   das  linke  Oberlid 
herunter  zu  sinken.  — 

— 

normal. 

l. 

normal. 

61  jähriger    Mann.      Im    4. 
Lebensjahre      entwickelte 
sich   spontan   die  doppel- 
seitige    Ptosis.       Seitdem 
stabil. 

normal. 

1. 

normal. 

Spontan  entstanden. 

normal. 

134  Di6  Ptosis  bei  der  Tabes  and  Taboparalyse. 

ß.  Die  Ptosis  bei  Tabes  und  bei  Taboparalyse. 

§  57.  Unter  den  die  Tabes  komplizirenden  Affektionen  der  Grehimnerven 
stehen  bekanntlich  diejenigen  des  Nervus  oculomotorius  oben  an,  und  es  tritt 
hier  ganz  besonders  häufig  jenes  als  reflektorische  Lichtstarre  be- 
kannte und  zum  Oculomotorius  in  noch  nicht  klar  gelegten  Beziehungen 
stehende  Phänomen  hervor,  das  als  ein  sehr  frühes  und  zuverlässiges 
Symptom  für  die  Diagnose  der  Tabes  von  der  grössten  Bedeutung  ist. 

In  zweiter  Linie  kommen  dann  hier  die  Störungen  der  vom  Oculo- 
motorius versorgten,  äusseren  Augenmuskeln  bei  der  Tabes  in  Betracht,  von 
welchen  Dill  mann  in  26  %^) 

Marina        „     8,9^/o 
Wir  „    15,8«/o 

Lähmungen  zu  konstatiren  Gelegenheit  hatten.  Dabei  konnte  Dillmann  be- 
stätigen, dass  die  Lähmungen  der  Augenmuskelnerven  recht  häufig  die  ersten 
Erscheinungen  der  Tabes  bildeten  und  so  also  neben  der  reflekt.  Starre 
als  ein  wichtiges  Initialsymptom  der  Tabes  anzusehen  wären. 
Es  bestand  nämlich  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  (35  von  41) 
neben  der  Augenmuskellähmung  das  Robertson'sche  Phänomen.  Unter  41 
Fällen  fehlten  31mal  die  Patellarreflexe.  Der  Nervus  oculomotorius  war  26 
mal,  der  Abducens  12mal,  der  Nervus  trochlearis  3mal  gelähmt,  eine  Reihen- 
folge der  Häufigkeit,  die  mit  den  Erfahrungen  anderer  Beobachter  überein- 
stimmt. 

Von  den  äusseren  Aesten  des  Oculomotorius  ist  nun  ganz  besonders 
häufig  wieder  der  Levator  ergrift'en. 

p]s  fanden: 
Marina        unter  150  Tabesfällen  in  10,6^/o  isolirte  Ptosis 
L  e  i  m  b  ach       .,     400  .,  in  6,2  ®/o  ein  oder  doppelseitige  Ptosis  (25mal) 

Grainger  Stewart  15,0 ^'o  Ptosis 

Dillmann  5,0 ^/o  Ptosis 

Wir  unter  302  Tabesfällen  in  3,3 ®/o  isolirte  Ptosis. 

Unsere  Zahlen  sind  nun  offenbar  nicht  hoch  genug  gegriffen,  weil  nicht 

alle  dazu  verwandten  Krankengeschichten  unter  den  gleichen  Gesichtspunkten 

und  von  demselben  Beobachter  aufgenommen  worden  waren,  ein  Uebelstand, 

dem   man    bei  grossen  Krankenhausstatistiken   leider   nicht   entgehen    kann. 

Die  Ptosis  beobachten  wir  bei  der  Tabes 

1.  als  isolirte  einzige  Lähmungsform  der  äusseren  Augen- 
muskeln, 

2.  mit  isolirt  bleibender  kompleter  einseitiger  Oculomo- 
toriuslähmung, 


1)  Die  hohe  Zahl  erklärt  sich  daher,  dass  die  ZusammeDstellung  das  Material  einer 
AugenkliDlk  betraf.  Unter  100  Tabeskrankeii  der  Schoe  1er' sehen  AngeDkJinik  war  bei 
26  Fällen  der  Oculomotorias  betroffen. 


im  vereine  mi t  uphthalraoplegia  intenor,   extenor  un< 
totalis,    und  wir  wollen  nun  diese  verschiedenen  Formen  einer  genaueren 
Besprechung  unterziehen. 

1.  Die  isolirte  Ptosis. 

>5  58.  Am  seltensten  beobachten  wir  bei  Tabes  die  isoHrt  bleibende,  also  nicht 
mit  Lähmungserscheinungen  der  anderen  äusseren  Augenmuskeln  komplizierte 
Levatorlälmiung. 

Marina  (L  c)  hatte  unter  150  Tabetikern  in  10,6 ^/o  der  Fälle  isoürt 
bleibende  Levatorlähmung  konstatiren  können. 

l'nter  302  Patienten  der  beiden  gi'ossen  Hamburger  Krankenhäuser 
fanden  wir  nur  in  3,3 *Vo  isolirte  Ptosis.  Hier  dürfen  aber  wolil  die  An- 
gaben Marina's  die  zutreffenderen  sein,  weil  seine  Fälle  eben  von  dem  gleichen 
Un tersucher  beobachtet  worden  waren. 

Die  isolirte  Ptosis  kommt  meist  nur  in  den  A n fang ssta dien  der 
Tabes  zur  Beobachtung  und  ist  dann  meistens  n  i  c  h  t  von  dauerndem  Bestand. 
Renault  (348)  verörtentlicht  einen  derartigen  Fall  von  linksseitiger  Ptosis 
bei  Tabes  nach  Syphilis. 

Als  dauernde,  bis  zum  Tode  des  Patienten  bestehende  alleinige  Lähmungs- 
form der  Augenmuskeln  mag  sie  wohl  bei  Tabes  nur  selten  gefunden  werden. 
So  trat  im  Falle  von  Sachs  (349)  dieselbe  zuerst  auf  dem  rechten  Auge, 
wenige  Monate  darauf  auch  auf  dem  linken  Auge  auf;  es  folgten  aber  dann 
die  Lähmungen  der  äusseren  Augenmuskeln  nach. 

Bei  Krau  SS  (357)  findet  sich  in  Beobachtung  12  eine  Atrophie  des  Seh- 
nerven verbunden  mit  Miosis,  absoluter  Pupillenstarre  und  rechtsseitiger 
Ptosis.  Die  rechte  Pupille  war  weiter  als  die  linke.  Die  Ptosis  war  sehr 
früh  entstanden. 

In  Beobachtung  13  desselben  Autors  fand  sich  eine  linksseitige  Ptosis; 
die  linke  Pupille  war  weiter  als  die  rechte,  es  bestand  fast  absolute  Pupillen- 
starre.     Hier  war  die  Ptosis  erst  spät  entstanden. 

Debove  {358)  sah  in  einem  Falle  von  Tabes  rechtsseitige  Ptosis  bei 
rechtsseitiger  Hemiplegie, 

Da  die  isolirte  Ptosis  meist  in  den  Initialstadien  der  Tabes  auf- 
tritt, so  ist  die  Kenntniss  der  anderen  Frühsymptome,  mit  welchen  dieselbe 
durchschnittlich    vergesellschaftet    ist,    von    hoher   diagnostischer  Bedeutung. 

Die  von  uns  beobachteten  Fälle,  bei  w^elchen  die  Ptosis  wenigstens  so 
lange  isolirt  bestand,  als  der  Patient  unter  unserer  Beobachtung  verblieb,  sind 
kurz  skizzirt  folgende: 

1.  T.  52jähr.  Mann,  Ulcus.  Rechts  in  ihrer  Intensität  wechselnde 
Ptosis.  Pupillen  beiderseits  weit  und  starr  auf  Licht  und  Accomraodation. 
Fehlen  der  Pate  Harr  eflexe,  Incontinentia  Urinae,  lancinirende  Schmerzen,  ge- 
ringe SensibÜitätsstörungen. 

2.  G.  M.  3Gjähr.  Maurer,  Beiderseits  Proptosis^  schläfriges  Aussehen, 
Patellarreflexe  fehlen.     Analgesien,  Incontinentia  Urinae.     Romberg. 


I 


136  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparalyse. 

3.  J.  H.  53jähr.  Polizist.  Rechts  besteht  leichte  Ptosis.  Lues  nnd 
Schanker  negirt.  Rechte  Pupille  eng  und  starr.  Linke  Papille  weit,  von 
prompter  Reaktion.  Konvergenzreaktion  beiderseits  erhalten.  Lancinirende 
Schmerzen,  Ataxie,  Fehlen  der  Patellarreflexe. 

4.  H.  M.  Links  Ptosis.  Beginnende  Atrophie  des  linken  Opticus. 
Pupillen  reflekt.  starr.     Fehlen  der  Patellarreflexe. 

5.  E.  Ptosis  sinist.  Pupillen  weit,  reagiren  prompt.  Fehlen  der 
Patellarreflexe,  lancinirende  Schmerzen. 

6.  B.  50  Jahre  alt.  Links  Ptosis.  9  lebende  Kinder.  Seit  langen 
Jahren  Schmerzen  im  linken  Fuss,  Kriebeln  und  Stechen.  Früher  Lues.  Pu- 
pillen beiderseits  reflektor.  starr.  Patellarreflexe  fehlen.  Romberg.  Leichte 
Ataxie.     Analgesien  in  den  unteren  Extremitäten. 

7.  N.  40  Jahre  alt.  Links  leichte  Ptosis.  Schanker.  Beiderseits  weite 
Pupillen.  Rechts  weiter  als  links.  Rechts  reflektorisch  starr,  links  Spuren 
von  Reaktion  auf  Licht.     Reaktion  auf  Konvergenz  gut. 

8.  A.  35  Jahre,  Kaufmann.  Ulcus  mit  Sekundärerscheinungen.  Erstes 
Tabessymptom:  reissende  Schmerzen  im  Knie  und  linksseitige  Ptosis,  die 
nach  mehrmonatlichem  Bestehen  verschwand  und  später  wiederkehrte.  Später 
Fehlen  der  Patellarreflexe,  Ataxie,  Analgesien,  Blasenstörung. 

Ob  eine  solche  isolirte  Ptosis  dauernd  bleiben  oder  vorübergehen 
wird,  können  wir  selbstverständlich  zur  Zeit  der  Beobachtung  und  beim  Be- 
ginne der  Levatorlähmung  ebensowenig  wissen,  wie  wir  wissen  können,  ob 
sich  noch  andere  Augenmuskellähmungen  zur  Ptosis  hinzugesellen  werden. 
Die  Erfahrung  sagt  uns  aber,  dass  diese  Ptosisformen  im  allgemeinen  leicht 
sind,  bald  vorübergehen  und  meist  im  Beginne  des  Leidens  zur  Beobachtung 
kommen.  Wir  werden  daher  wohl  nie  fehl  gehen,  wenn  wir  eine  ein- 
seitige oder  doppelseitige  Ptosis,  sei  sie  mit  allen  oder  mit 
einzelnen  derfolgenden  Symptome  als:  reflektorische  Pupillen- 
starre, lancinirende  Schmerzen^),  Fehlen  der  Patellarreflexe 
oder  mit  Opticusatrophie^)  vergesellschaftet  auf  beginnende 
Tabes  beziehen. 


1)  Nach  Leimbach  fanden  sich  lancinirende  Schmerzen  in  80,5  ^/o  bei  Tabes.  In 
67  ^/o  der  Fälle  hatte  die  Tabes  überhaupt  mit  lancinirenden  Schmerzen  begonnen. 

2)  Alle  Autoren  sind  darüber  einig,  dass  sich  der  Sehnervenschwond  fast  immer  im 
ersten  Stadium  der  Krankheit  findet.  Ausnahmen  kommen  natürlich  vor.  So  fand  Leim- 
bach (1.  c.)  ihn  hur  bei  6,75  V,  Gowers  (359)  bei  Ib^jo,  wfihrend  ans  anderen  Statistiken 
sich  10 ^'o  ergaben.  Nach  Leimbach  war  Sehnervenatrophie  in  1,5 ®/o  das  erste  Zeichen 
der  Tabes  gewesen. 

Nach  Peltesohn  (883)  fanden  sich  unter  25  tabischen  Sehnervenatrophien  in  84 
bis  SS^jo  das  WestphaPsche  Kniephänomen,  in  24*^/0  lancinirende  Schmersen,  in  20 ^» 
Ataxie  und  in  16  °/o  das  Romberg'sche  Symptom.  Unter  diesen  Patienten  hatte  bei  xwekn 
schon  vor  10  Jahren  die  Verschlechterung  der  Sehkraft  begonnen.  —  Nach  Moritx  (4SS) 
ist  die  Sehnervenatrophie  bei  Tabes,  wenn  vorhanden,  stets  früh,  wenn  nicht  als  erstes 
Symptom  und  jedenfalls  vor  Eintritt  ataktischer  Erscheinungen  nachxaweiseiL 


§  59,  Für  die  Sicherung  der  Diagnose  Tabes  im  Prodromalstadium 
kann  auch  nach  Kahler  (360)  das  gemeinschaftliche  Vor- 
kommen von  r  t o  s  i  s  mit  A  b  d u  c  en ^  1  ä h  m  u n g  herangezogen  werden, 
welches  nach  dessen  Zusamraenstt'Uung  ganz  besonders  häufig  im  Frühstadium 
der  Tabes  zur  Beobaclitung  kommen  soll. 

Wir  waren  in  der  Lage,  folgende  Falle  mit  doppelseitiger  isolirter 
Ptosis  und  Abducenslahmimg  zu  beobachten. 

9.  L,  (>,  40 jähriger  Mann  (Figur  50);  vor  13  Jahren  Schanker. 
Schmierkur.  Linke  PupitU*  reflektorisch  starr,  die  rechte  reagirt  auf  Licht- 
einfall träge.  Seit  5  Jahren  be- 
steht *auf  dem  linken  Auge  eine 
Parese  des  Abducens.  Vor 
zwei  Jahren  trat  zuerst  links- 
seitige leichte  Ptosis  und 
mittlere  Ptosis  des  rechten 
Auges  auf*  Zur  Zeit  nun  hat 
sich  die  früher  vorhanden  ge* 
wesene  leichte  Ptosis  des  Unken 
und  mittlere  Ptosis  des  rechten 
Auges  dermassen  zu  Gunsten  des 
Patienten  geändert,  dass  nun  links 
gar  keine  Ptosis  und  rechts  nur 
ein  geringer  Tiefstand  des  Ober- 
lides zu  bemerken  ist.  Die  rechte 
Lidspalte  wird  bei  Bedeckt  halten 
des  linken  Auges  ohne  Zuhilfe- 
nahme des  rechten  Frontalis  ad 
maximum  erweitert.  Die  linke 
Abducenslähmung  besteht  noch 
fort.  Beiderseits  fehlen  die  Pa- 
tellarretlexe. 

10.  H.  E.  51  jähriger  Zahn- 
arzt. Pupillen  beiderseits  weit 
und  starr  auf  Licht.  Links;  Ab- 
ducenslähmung, beiderseits  hängende  Oberliderj  schläfriger  Aus- 
druck ,  links  ist  die  Ptosis  stärker  ausgesprochen.  Die  Patellarreflexe  sind 
beiderseits  vorhanden.  Analgesien  an  den  unteren  Extremitäten.  Trophische 
Gelenkerkrankung. 

IL  Sp,  37  Jahre,  Kaufmann^  vor  6  Jahren  linksseitige  Abducens- 
lähmung und  Ptosis,  welche  von  selbst  wieder  verschwanden.  Seit  vier 
Wochen  von  neuem  Abducenslähmung,  Retlekt.  Pupillar«tarre,  L,  Patellar- 
reflex  fehlt.  Sensibilitätsstörungen  und  Accommodationsläbmung,  Blasen- 
schwache,  Ataxie,  Impotenz. 

NB.  Später  Fehlen  d.  r.  Patellarrefl. 


Fig.  50. 

L   n.  TabeB,  Iiuksseitiee  AbdueeiisIfihiTiuiig,  doppe!- 

seitijfe   aa  IntensitÄt    wechsi^'lnde  riosi».      Zur  Zdt 

BeaseriiDg  cUt  LäbmungderseheitiUDgen. 


i 


138  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparalyse. 

12.  40jähr.  Kaufmann.  Inkomplete  Ptosis  links  und  leichte  Parese 
des  1.  Abducens.  Ungleichheit  der  Pupillen,  reflekt.  Lichtstarre.  Opticns 
verfärbt;  d.  rechte  hyperämisch,  Analgesien. 

Bezüglich  weiterer  Beobachtungen  über  isolirte  Ptosis  und  Abducens- 
lähmung  bei  Tabes  verweisen  wir  auf  die  Fälle  56  und  59  der  Tabelle  IV 
und  den  Fall  5  der  Tabelle  VIII. 

Sehr  viel  häufiger  sind  die  Fälle  von  Abducenslähmung  mit  Ptosis 
und  Lähmung  anderer  Aeste  vom  Oculomotorius,  wie  in  den  folgenden 
Fällen  der 

Tabelle  IV:  Fall  7,  8,  9,  15,  26,  29,  32,  34,  35,  40,  41,  42,  43,  44,  45,47, 
49,  52,  55. 
V:  Fall  1,  7,  10,  13,  17,  19,  20,  23. 
„       VI:  Fall  3,  4,  5,  6,  9,  10,  11,  15. 
^    VIII:  Fall  4,  5,  6. 
§  60.    Eine  späterhin  zur  Tabes  führende  Ptosis,  als  Initialsymptom, 
könnte  aber,  zumal  bei  Fällen,  bei  welchen  anamnestisch  keine  Hinweise  auf 
Lues  gegeben  sind,  anfänglich  zur  Verwechslung  mit  der  chronischen, 
progressiven,    isolirt   bleibenden   Ophthalmoplegie    führen,    wie 
wir   dies    schon    auf  pag.    122    erwähnt    hatten.     Wie    schwierig    in    dieser 
Hinsicht  die  Diagnose  werden  kann,   zeigt  folgender  Fall  aus   unserer  Be- 
obachtung. 

13.  Frau  T.,  Wittwe  (Fig.  51)  42  Jahre  alt,  war  nie  geschlechiskrank.  Here- 
ditär nicht  belastet.  Der  Mann  ist  an  Rückenmarkskrankheit  zu  Grunde 
gegangen.  Nie  abortirt.  Hat  ein  gesundes,  jetzt  16  Jahre  altes  Kind.  War 
bis  vor  vier  Jahren  völlig  gesund.  Damals  bekam  sie  eine  Augenmuskel- 
lähmung  auf  dem  rechten  Auge,  wobei  die  Hornhaut  ganz  in  der  Ecke  ge- 
sessen haben  soll.  Das  Lid  sei  nicht  herabgefallen.  Wenige  Monate  darauf  war 
die  Lähmung  wieder  geheilt.  Dann  lediglich  Ptosis,  die  wieder  vorüberging. 
Seit  V4  Jahr  hat  sich  jetzt  (18.  I.  98)  auf  dem  linken  Auge  partielle  Oculo- 
motoriuslähmung und  zwar  sämmtlicher  äusseren  Aeste  eingestellt.  Zuerst 
sah  sie  doppelt,  dann  nach  etwa  3  Wochen  fiel  das  Oberlid  plötzlich  in  der 
Nacht  herab.  Seit  dieser  Zeit  besteht  auf  dem  linken  Auge  schlaffe  kom- 
plete  Ptosis.  Die  Iris  und  der  Ciliarmuskel  sind  normal.  Die  Sehschärfe 
beiderseits  normal,  ebenso  der  Augenspiegelbefund.  Die  Patellarreflexe  sind 
beiderseits  lebhaft.  Achillesretiex  beiderseits  vorhanden,  Vorderarm-  und 
Tricepsreflex  fehlen.  Plantarretiexe  beiderseits  vorhanden,  die  Abdominal- 
reflexe fehlen  beiderseits.  Sonst  ist  Patientin  gesund,  nur  giebt  sie  an, 
seit  Beginn  der  Augenmuskellähmungen  auffallend  schläfrig  geworden  zu 
sein.     Zu  jeder  Tageszeit,  w^enn  sie  wolle,  könne  sie  einschlafen. 

§61.  Schwieriger  noch  wird  sich  die  Differentialdiagnose  zwischen 
cerebrospinaler  Syphilis  und  Tabes  incipiens  gestalten,  wenn  als 
hervorragendes  Symptom  eine  isolirte  Ptosis  vorhanden  ist  Selbst  wenn  die- 
selbe von  reflektorischer  Lichtstarre  begleitet    sein    sollte,    können  wir  nicht 


Die  Ptosis  bei  der  Tnbef  und  TabojiarÄlyse. 


K 


ohne  weiteres  die  Diagnose  auf  lieginneude  Tabes  stellen,  da  nach  unseren 
Erfahrungen  reHektorische  Licht  starre  auch  bei  cerebrospinaler  Lues  ge- 
funden wird  \).  Auch  das  Fehlen  des  KniepbänonienK  kommt  bei  cerebro- 
spinaler Lut's  vor,  ganz  abgesehen  davon,  dass  bei  Tabes,  wenn  aiicfi  selten,  die 
PatellarreHexe  erhalten  sein  können-). 

Ferner  sind  bei  der  Lues  Paralysen  im  Bereiche  des  Nerv,  oculoinotarius 
ebenfalls  sehr  häutig,  bald  ist  es  ausschliesslich  Ptosis^  bald  eine  Ldhmiing 
des  Sphincter  iridis  mit  Mvdri' 
asis,  welche  alleine  lange  Zeit 
hindun:h  bestehen  können.  Ein- 
seitige Pupillen-  und  Accommo- 
dationslähmung  entwickelt  sich 
aber  gewöhnlich  auf  luetiscljer 
Basis.  [VrgL  Rumpf  (435), 
Zeissl  (436),  Alexander  (437) 
und  V,  Graefe  (434)]. 

Oppenheim  und  Eiseu- 
lohr  haben  speziell  auf  die 
Aehnlichkeit  der  Tabes  mit 
Lues  cerebrospinalis  in  manchen 
Fällen  hingewiesen  (Pseudo- 
tabes syphilitica).  Das  auf- 
fallende  Seh  wankend  es  Patellar- 
rertexes,  das  Auftreten  von 
Paresen,  von  Jluskelrigidität 
<  E  r  b'scherS}  mptomeiikomplex) 
im  weiteren  Verlaufe  wird  in 
manchen  Fällen  die  Stellung 
der  DiagnoRe  zu  Gunsten  der 
cerebrospinalen  Lues  ermög- 
lichen. 

So  beobachteten  wir  (Fall 
4)  einen  69jäbrigen  Arbeiter 
G. ,  welcher  von  Kind  an 
augen]eidend,  sonst  aber  gesund  gewesen  sein  will  Seit  dem  2.  X.  96 
kann  Patient  die  Augen  nicht  mehr  öffnen.  Die  Ptosis  soll  allmählich 
eingetreten  sein;  sie  ist  beiderseits  gleich.     Die  Cornea  trübe   in  Folge  von 


Fig.  51. 

Fnni  T.      Kriihf-r  rcdits,    jotxi    Unk»    parliflle  <JcuIo- 

inut^Hiushihiiiun^;,     /weifeihnft,   nli  liiitialHtünliuin  von 

Tuh^Ti,    Iawe   (xiiT    zur  isolirt  lileihcndt^n  pro|^re«given 

Oplilhaluioplegia  exterior  gebdriger  Faü, 


M  Uhthoff  (388)  fand  unter  100  Füllen  von  Lues  des  Gentraltiervefisy&t^ms  10  mal 
reflektorische  Lichtstarre  meistens  mit  erlüiltener  Konvergpnzreaktifin  (Wi  Tabi*a  60— 90**^«. 
bei  progresäiver  Paralyse  50 '^o). —  4niul  fand  er  Felden  der  Pupiilarreaktiun  aaf  Licht  umi 
Convergenz. 

'i)  Vun  400  Tabetikern  hatten  nacli  Leimhach  92  ^^  kein  KniephUnomen,  4,25  **'o 
«in  krankhaft  verändertes;  also  waren  die  Piitelhureticxe  in  Z,lh^;o  enthalten. 


140  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparalyse. 

Keratitis.  Es  bestehen  keine  Störungen  der  Bulbusmuskulatur.  Seit  Vs  Jahr 
kann  er  auf  dem  linken  Ohr  nicht  hören.  Nie  geschlechtskrank  gewesen. 
Die  Pupillen  reagiren  beiderseits.  Rechts  scheint  der  Patellarreflex  zu  fehlen, 
links  ist  er  vorhanden.  Kein  Romberg.  Keine  Sensibilitätsstörungen.  Die 
übrigen  Reflexe  normal.  An  der  Aussenseite  des  linken  Oberschenkels  und 
unterhalb  der  linken  Brustwarze  deutliche  Herabsetzung  der  Schmerzempfindung. 
Für  eine  luetische  Erkrankung  dürfte  die  frühere  Keratitis  und  das  Schwanken 
der  Patellarreflexe  in  diesem  Falle  sprechen. 

Fall  15.  F.  S.  31  jähr.  Frau  hat  als  Kind  einen  Ausschlag  am  Kopf  ge- 
habt. Sie  hat  4  mal  todtfaule  Kinder  geboren.  Patientin  leidet  viel  an 
Kopfschmerzen.  Seit  einiger  Zeit  auffalliger  Tiefstand  beider  Augenlider, 
was  Patientin  sehr  beunruhigt.  Wenn  die  Kranke  die  Blickebene  hebt, 
folgen  die  Oberlider  nur  ruckweise.  Die  linke  Pupille  ist  weiter  als  die 
rechte  und  von  elliptischer  Gestalt.  Beiderseits  besteht  reflektorische  Starre. 
Ophthalmoscopisch  sieht  man  beiderseits  ausgedehnte  chorioiditische  Ver- 
änderungen. Die  Patellarreflexe  fehlen.  Tricepsreflex  linkerseits  nicht 
auslösbar.  Kein  Romberg,  kein  Hitzig,  keine  lancinirenden  Schmerzen. 
Diesen  Fall  möchten  wir  als  Pseudotabes  luetica  auffassen. 

Bezüglich  des  Charakters  der  pathologischen  Veränderung  nun,  durch 
welche  die  isolirte  Ptosis  bei  der  Tabes  hervorgerufen  wird,  liegt  nur  eine  Be- 
obachtung und  zwar  von  De  j  er  ine  (365)  vor.  Derselbe  hatte  in  einem  Falle 
Ton  doppelseitiger  Ptosis  bei  einem  Tabetiker  mikroskopisch  eine  periphere 
Neuritis  der  zum  Levator  gehenden  Nervenäste  konstatirt,  während  die 
anderen  Aeste  und  der  Stamm  des  Oculomotorius  selbst  unversehrt  waren. 
Leider  sind  jedoch  in  diesem  Falle  die  Nervenkeme  nicht  untersucht  worden. 
Da  jedoch,  wie  wir  später  sehen  werden,  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der 
Fälle  die  Ptosis  im  Verein  mit  Ophthalmoplegie  bei  der  Tabes  nuklearer  Natur 
ist,  so  wird  man  auch  für  die  meisten  Fälle  isolirter  Ptosis  wohl  einen  primär 
degenerativen  Prozess  im  Levatorkem  annehmen  dürfen. 

§  62.  Das  Vorkommen  der  isolirten  Ptosis  ist  wissenschaftlich  von  hohem 
Interesse.  Eigentlich  sollte  man  meinen,  die  Lähmung  eines  Oberlides  mnsste 
immer  auf  eine  Nuclearlähmung  hinweisen.  Uhthoff  fand  aber  unter  250 
Fällen  von  Syphilis  des  Zentralnervensystems,  die  einseitige  isolirte  Ptosis 
8mal  (ohne  gekreuzte  Körperlähmung),  dreimal  waren  basale  Erkrankungs- 
herde daran  schuld,  4mal  war  der  Sitz  der  Läsion  unsicher,  und  einmal  war 
der  Sitz  der  Läsion  in  der  entgegengesetzten  Hirnrinde  zweifelhaft. 

Ferner  beobachtete  Uhthoff  die  isolirte  Ptosis  viermal  bei  luetischer 
Oculomotoriusaflektion  mit  gekreuzter  Körperlähmung.  Hier  w^ar  der  Sitz  der 
Läsion  bei  3  Fällen  ein  fasciculärer,  einmal  war  ein  Tumor  in  der  Hirnrinde 
vorhanden.  Wir  werden  im  Kapitel  über  die  Ptosis  bei  der  Syphilis  noch 
genauer  auf  diesen  Punkt  zurückkommen.  Jedenfalls  ist  daraus  zu  entnehmen, 
dass  die  isolirte  einseitige  Ptosis  auch  durch  basale  Herde  hervorgerufen 
werden  kann.     Dasselbe  hat  auch  Bezug  auf  die  isolirte  doppelseitige 


Ptosis  bei  Lues  des  Centralnervensystems,     U  h  t  li  o  f f  fand  dieselbe  bei  vier 
Fällen,  und  stets  war  der  Sitz  der  Läsion  ein  basaler. 


ie     isolirte    komplete    einseitige    Oculoraotoriuslähmung 

bei  Tabe&. 


D 


§  63.  Die  isolirte,  komplete,  einseitige  Ocnlomotoriuslähmung  ist  bei 
Tabes  eine  seltene  Erscheinung,  Die  Levatorlähmung  ist  selbstverständ- 
lich dabei  immer  vorhanden  und  äussert  sich  in  einer  absolut  schlaffen^ 
totalen  Ptosis. 

Die  komplete  Oculomotonuslähmung  kommt  als  erstes  Symptom  der 
Tabes  vor,  wie  in  den  beiden  von  Fischer  (366)  beobachteten  Fällen:  Ein 
Mann  von  40  Jahren,  luetisch,  zeigte  anfangs  rechtsseitige  Oculomotoriuslähmung^ 
Sjjäter  traten  tiibische  Erscheinungen  hinzu. 

Beobaciityng  IL  Ein  47jähriger  Mann,  luetisch,  zeigte  linksseitige  Oculo- 
motoriuslähmung, anfangs  ohne  jegliche  Spinalsymptome*  Spater  ausgeprägte 
Tabes. 

Auch  bei  Marina  (1.  c.  pg.  211)  tinden  wir  eine  einschlägige  Beob- 
achtung. Ein  67jähriger  Patient  acquirirte  im  21.  Lebensjahr  Lues.  Seit 
25  Jahren  langsam  sich  entwickelnde  vollständige  linksseitige  Oculomotorius- 
lähmung. Seit  15  Jahren  lancinirende  Schmerzen,  Jet^t  vollständige  Lähmung 
des  linken  Oculoinotorius  mit  leichter  Parese  des  Rectus  internus  der  rechten 
Seite.  Starke  Miosis,  beiderseits  Pupillenstarre.  Die  linksseitige  Oculo- 
motoriuslähmung war  lange  als  erstes  und  einziges  Symptom 
der  Tabes  hier  vorhanden. 

Auch  der  von  Pribram  (367)  veröfTentlichte  Fall  zeigte  Lues.  Hier 
war  aber  als  erstes  Zeichen  der  Tabes  reflektorische  Pupillenstarre  aufge- 
treten. Der  Patient  hatte  vor  14  Jahren  ein  Ulcus.  l>ie  Tabes  begann  mit 
reflektorischer  Pupillenstarre.  Später  trat  vollständige  linksseitige 
Oculomot  oriuslähmung  hinzu. 

Auch  wir  sind  in  der  Lage  folgenden  Fall  niitzutheilen  ohne  jedoch  an- 
geben zu  können,  ob  die  Oculomotoriusiähmung  als  erstes  oder  späteres 
Symptom  der  bei  der  Untersuchung  des  Patienten  bereits  ausgeprägten 
Tabes  aufgetreten  war.  Während  die  seither  erwähnten  Fälle  sämratlich 
luetisch  waren,  konnte  bei  der  folgenden  Beobachtung  Syphilis  nicht  nachge» 
wiesen  werden. 

Fall  16.  J,  B.,  57jähriger  Schifler,  zeigt  auf  dem  linken  Auge  eine  isolirte^ 
komplete  Oculomotoriuslähmung  (siehe  Figur  52).  Es  bestand  rechts  reflekt. 
Pupillenstarre,  die  linke  Pupille  war  absolut  starr  und  weiter  als  die  rechte. 
Die  Sehschärfe  war  beiderseits  normal*  Der  Patient  ist  angeblich  seit  1  Jahre 
krank.  Keine  Syphilis,  kein  Schanker.  In  diesem  Falle  von  Ptosis  ist  der 
linke  Frontalis  nicht  kontrahirt,  weil  aus  Widerwillen  gegen  das  Doppeltsehea 
das  linke  Auge  bedeckt  bleiben  musste. 


Iti 


Die  Ptosis  bei  dar  Tabes  und  Taboparaljs*-. 


Auch  in  dem  vun  tU^  Bobo  (368)  beschriebenen  Falle  von  rechtsseitiger 
kompkter  Oculomotoriuslähmung  bei  Tabes  war  keine  Syphilid  vorhanden, 
die  tabischen  Ersrheinun^en  traten  aber  mit  der  OculomotoriiLsläliinimg  zu- 
gleich in  die  Erscheinung,  üleicbzeitig  bestand  hier  rechts  ein  Spa*miu 
des  Orbicularis. 

Als  spät  auftretendem  Sym|>tüin  der  Tabes  begegneten  wir  der 
isolirten  einseitigen  kompleten  Oculümotöriusläbmung  in  folgendem  Fallt* 
{Nr,   17)  nuserer  Beobacbtung: 

K,  J.,  59jähr.  Zollbeamter, 
leidet  seit  15  Jal^ren  an  blitz- 
iirtigen  Schmerzen.  Vor  -U).biLren 
<  beschwur  am  Penis,  nie  Sekundir- 
erscbeinungen»  Vor  18  Jahren 
Stoss  gegen  das  linke  Au^e.  Kam- 
berg.  Unsicherheit  beim  (lehen. 
Ataxie  beim  Knie  fersen  versuch. 
Fehlen  der  Patellarretlexe.  N;ich- 
triuifeln  des  rrins.  Hochgradige 
Aijili^ien.  Beiderseits  reflek* 
toUM  iie  Starre  der  Pupillen,  beide 
\ün  unregelniiissiger  Fi^iin.  Seit 
14  Tagen  links  k  o  m  p  1«? te 
< )  c  u  I  o  m  o  1 0  r  i  u  s  1  ä  b  ui  n  n  g. 

In  der  f  o  l  g  e  n  d  e  n  B  i»- 
obachtung  ist  zwar  'li*' 
( )  c  u  1  o  m  o  t  o  r  i  u  sl  ä  b  ni  u  n  g  a  n  t 
dem  einen  Auge  isolirt  und 
komplet,  auf  dem  anderen 
besteht  aber  absolute  Tu 
pilienstarre:  Glorieux  <369) 
lierichtet  über  einen  Mann,  der 
ohne  Prodrome  gehabt  zu  haben, 
mit  VUmn  erwaclite.  Es  zeigte 
sich  rechts  komplett-OculomotoriuS' 
lähmung  bei  intaktem  Trochlearis  und  Aliducens,  ausserdem  beiderseits 
absolute  rupillonstarre-  Lues  wurde  negirt.  Hechts  fehlen  die  Patellar« 
reflexe,  links  waren  sie  herabgesetzt.  Blasensebwäche.  Impotenz.  Zeitweise 
trat  noch  intermittirendes  Doppeltsehen  dazu. 

In  dem  von  Mobius  (370)  erwähnten  Falle  trat  noch  später  zur  Oculo- 
Hiotoriuslähmung  Parese  des  Trige minus  bin^u.  Es  handelte  sich  um 
eine  37jährige  Frau,  welche  seit  einigen  Jahren  luetisch  war.  Die  Pupillen 
w^aren  eng,  ungleich  weit  und  refiektorisch  starr.  Die  Sehschärfe  war  beider- 
seits normal.  Es  fehlten  beiderseits  die  I*atellarretlexe.  Leichte  Aniüithe>iL' 
der  Finger. 


Flg.  52, 

J.  B.     iH^lirte   komplete    nDkeä*<4tljure  Oculomotorius- 
lühmung  bei  ThIh"». 


Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Tabopftralyse. 


14;^ 


Zuweilen  ist  aber  nur  d ie  kumplete  üculomot oriuslälimuBg 
Vorläufer  einer  Ophthalmoplegie,  wie  in  dem  bereits  erwrähnten  Falle 
von  Glorieux  und  in  den  beiden  folgenden  Beobachtungen  von  Sauvinean 
(371):  Fall  I.  SUjäbriger  Mann.  Im  27.  Jahre  Syphilis.  Anfangs  Labmunjz 
des  linken  Oculomotorius.  Seit  einem  Jahre  Unbeweglichkeit  des  linken 
Bulbus,  dann  Ptosis  und  später  Lälmiung  des  ganzen  rechten  <k'ulomotoriiis. 

Fall  II.  37jiihriger  Mann.  Vor  10  Jahren  Lues.  Die  Aftektion  rtn^^ 
mit  Doppeltsehen  an.  Vollständige  totale  Lähmung  des  rechten  üculomotorius. 
Lähmung  der  Binnen nniskulainr  links.  März  Ul  :  Läbnmng  des  rechten 
Trocblearis,  des  rechten 
( Jculoniotorius  mit  geringer 
Ptosig.  Linkes  Auge  unbe- 
we^liclh  aber  keine  Ptosis. 

$64.  In ditlerentiell  dia- 
gnostischer Hinsicht  könnte 
leicht  diese  isolirte  Orulo- 
inotnriiislähmung  bei  labes, 
zumal  wenn  sie  das  einzige 
Imtialsyraptom  bildet,  wie 
in  den  eingangs  erwähnten 
Fällen  von  Marina  und 
Fische  r ,  mit  cerebraler 
Lues  verwechselt  werden. 

Auch  wir  kfinnen  fol- 
genden Fall  (Nr,  18  Fig.  53) 
au§  unserer  Beobachtung  hier 
anführen : 

Frau  F,  S.,  33jährige 
Arbeit  er  flau  ist  hereditär 
nervös  belastet.  Die  Schwester 
leidet  an  Kupfschmerzen,  der 
Bruder  hat  sich  im  Xer- 
folgungswahn      das      Leben 

genoonnen,  Patientin  zweimal  verheirathet,  ist  in  beiden  Eben  kinder- 
los geblieben.  Schon  als  Kind  hatte  sie  einmal  an  Kopfsclimerzen  zu 
leiden.  Nie  Erbrecben.  Seit  3  Wochen  Doppeltsehen  mit  Schielstellung  des 
Auges  nach  aussen.  Vor  14  Tagen  fiel  auch  das  rechte  Oberlid  herunter. 
Sonst  fühlt  sich  Patientin  wohl.  Es  besteht  zur  Zeit  rechts  eine  fast  kom- 
plete  Ptosis  (siebe  auch  Fig.  33  p.  77),  Sie  kann  aktiv  das  rechte  Auge  etwas 
üönen  —  die  übrigen  Zweige  des  Oculoniotorius  rechts  ebenfalls  gelähmt. 
Der  Trochlearis  und  Abducens  frei.  Beiderseits  besteht  Accommodationsparese. 
Die  rechte  Pupille  ist  enger  als  die  linke,  beiderseits  reflektorische  Licht- 
starre und  Konvergenzstarre.  Die  Patellarreflexe,  die  Ächillesreflexe  sind 
vorhanden.     Der  Plantarreflex  beiderseits  lebhaft.     Keine  Ataxie.    Sensibihtät 


F.  S.     IJnkssf^ti^e  Öi»hthalmopl<'gia  mterior,  rH.'hlsseitigp 
umle   Ocalooiotoiius*    uiul    TniHili^jirisIalimtiiig ,    iinsii'hcr 
tmUt  begitiuenil«  Tabc?*. 


ob  cerebral**  Luc 


144  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparalyse. 

gut.  Sonst  alles  normal.  Bezüglich  der  Kinderlosigkeit  dieser  Patientin  in 
zwei  Ehen  könnte  man  an  Lues  denken,  dafür  würde  auch  die  beiderseitige 
Accommodationsparese  sprechen. 

Ueber  einen  anderen  Fall  berichtet  Uhthoff  (385):  Derselbe  stellte 
einen  Kranken  vor,  welcher  seit  2  Jahren  eine  rechtsseitige  Trigeminuslähmimg 
hatte,  eine  Affektion  aller  drei  Aeste  mit  Betheiligung  der  Gescbmacksfasern. 
Dazu  hat  sich  eine  komplete  Lähmung  des  Oculomotorius  derselben 
Seite  gesellt.  Der  Kranke  war  vor  20  und  vor  4  Jahren  syphilitisch  infizirt, 
und  man  nahm  daher  eine  gummöse  Erkrankung  des  Trigeminus  und  Ocnlo- 
motoriusstammes  an  der  Basis  cranii  an.  Indess  Inunctionen  hatten  wenig  ge- 
holfen. In  allemeuester  Zeit  haben  sich  aber  neue  Erscheinungen,  die  früher 
nicht  da  waren,  gezeigt  als :  lancinirende  Schmerzen  in  einem  Intercostahaum 
links  nebst  einer  kleinen  anästhetischen  Zone  daselbst;  femer  taubes  Gefühl 
und  Herabsetzung  der  Schmerzempfindung  in  den  Händen  (Ulnarisgebiet). 
Die  Pupillen  waren  links  normal.  Die  Kniephänomene  normal,  keine  Blasen- 
beschwerden. 

Nach  Fournier  (386)  ist  die  syphilitische  Oculomotoriuslähmung  aus- 
gebreiteter und  betrifft  mehrere  Muskeln;  gleichzeitig  bestehen  Kopfschmerz, 
Schwindel,  epileptiforme  Anfälle,  Aphasie,  geistige  Störungen  u.  dergl.;  bei 
der  tabischen,  bei  der  vorwiegend  die  Nervenwurzeln  erkrankt  seien,  wäre 
oft  nur  ein  einzelner  Muskel  erkrankt.  Bei  Lues  leide  die  Acconunodation 
frühe,  bei  Tabes  bliebe  sie  lange  erhalten.  Tabische  Lähmungen  seien  oft 
nur  vorübergehend,  manchmal  nur  wenige  Stunden  anhaltend  und  würden  oft 
rückfällig;  syphilitische  Lähmungen  seien  konstanter  und  entwickelten  sich 
allmählich.  Diese  Angaben  können  jedoch  nur  im  grossen  und  ganzen  von 
differentiell  diagnostischem  Werthe  sein. 

§65.  Auch  liegt  eine  Beobachtung  vor,  wo  das  intermittirende  Auftreten  der 
Oculomotoriuslähmung  bei  Tabes  anfänglich  zu  einer  Verwechslung  mit  reci- 
d i vir end er  Oculomotoriuslähmung  geführt  hatte.  So  beobachtete  Pel  (364) 
innerhalb  zweier  Jahre  bei  einem  Kranken  siebenmal  recidivirende  partielle 
Oculomotoriuslähmung.  Der  erste  Anfall  dauerte  zwei  Tage,  der  letzte  noch 
nicht  zurückgegangene  schon  2  Monate.  Es  war  immer  geringe  Ptosis 
vorhanden,  und  das  Auge  stand  nach  unten  und  aussen  abgelenkt.  Die  nicht 
erweiterte  Pupille  reagirte  träge.  Sonst  war  alles  normal,  aber  Fehlen  der 
Patellarreflexe,  lancinirende  Schmerzen  und  Gürtelgefühl  wiesen  auf  beginnende 
Tabes  hin. 

§  66.  Ein  Sektionsbefund  eines  Falles  von  isolirter^  kompleter,  einseitiger 
Oculomotoriuslähmung  bei  Tabes  ist  leider  noch  nicht  vorhanden,  wiewohl  der 
Besitz  eines  solchen  in  hohem  Grade  interessant  wäre.  Es  liegt  nämlich  die 
Yermuthung  nahe,  dass  diese  Form  der  Augenmuskellähmung  durch  einen 
neuritischen  Prozess  im  Oculomotoriusstamm  bedingt  sein  möchte.  Jeden- 
falls könnte  hier  schon  eher  an  Neuritis  gedacht  werden,  als  bei  den  tabe- 
tischen  Formen  der  isolirten  Ptosis. 


»leuritis  des  OcuJomotoriiisstammes 
degetieration  bestehen  kann,  liut  Marina  (I.  e.  pag.  200  Fall  XXII)  bei  der 
fi»l£?enflen  Beobaclitung  inikrask<ipisc!i  nachgewiesen.  Ein  38jäliriger  Sänger 
hatte  vor  18  Jahren  Ulcus  oline  Sekundärer  scheinungen.  Links  Lähmung 
des  Oculomotorius  mit  Ptosis.  Die  rechte  Pupille  mydriatisch,  die  linke 
leicht  niiotisch,  reUektorisch  starn  Beide  Abducentes  paretisch.  Tabes  mit 
Larynxcrisen.  Äi)aplexie  durch  Hätuorrhagie  in  die  rechte  Kleinhirnhemi- 
spliäre.  Massige  Atrophie  des  Vagus-,  des  Acusticus-,  stärkere  des  linken 
Oculomotoriuskerns,    Neuritis  des  Vagus,  des  Acusticus  und  des  Oculoniutorius. 

Auch  Oppenheim  und  Siemerling  (372)  haben  in  einer  Reihe  von 
Tabesi  allen  ächte  interstitielle  Neuritis  resp.  Perineuritis  kons  tat!  ren 
ktmnen.  Allerdings  erstreckte  sich  die  Untersuchung  nur  auf  die  peri- 
pheren Nerven,  und  wurde  nicht  gleichzeitig  die  Kernregion  untersucht, 

Dass  aber  auch  andererseits  bei  cerebraler  Lues  mit  Oculomotorius- 
lähmung eine  Kerndegeneration  bei  der  Autopsie  gefunden  werden  kann, 
zeigt  folgender  Fall  von  Oppenheim  (373),  weicherauch  in  therapeutischer 
Hinsicht  von  Interesse  ist. 

Ein  31  jähriger  Kranker  zeigte  abgelaufene  Keratitis  parenchymatosa^ 
Iridochorioiditis  syphilitica,  Lähmung  des  rechten  Oculomotorius,  Pupillenstarre 
(iritische  Synechien),  lancinirende  Schmerzen,  krampfiiafte  Hustenanfälle  mit 
Schlingbeschwerden,  i*arese  des  (iaumenseegels,  des  rechten  Stimm bandes  und 
des  rechten  Cucullaris,  Brechanfälle,  Fehlen  des  Kniephänomens,  Sensibilitätsstör- 
nngen  an  den  Beinen,  Blasenbeschwerden.  Besserung  du  rch  Schmierkur 
Die  Lichtreaktion  der  linken  Pupille  war  wieder  nachweisbar.  Ein  Jahr 
später  wurde  Patient  wegen  Verschhmnierung  wieder  in  die  Klinik  aufgenommen. 
Nun  konnte  trotz  Fehlen  des  Kniephänomens  Fusszittern  hervorgerufen 
werden.  II.  Sclimierkur  erfolgtos.  2  Jahre  darauf  bestand  spastische  Parese 
der  Beine  mit  lebhafter  Steigerung  des  Kniephänomens  und  Fussclonus.  Tod 
drei  Jahre  darauf  an  Carcinoma  uteri. 

Die  anatomische  Untersuchung  ergab  einen  Erweichungsherd  im  linken 
Corpus  striatum,  Pachyuieningitis  interna  chronica  et  Arachnitis  gummosa 
im  liiickenniarkskanal.  Die  spinale  Meningitis  war  am  stärksten  am  unteren 
Brust-  und  oberen  Lendentheil.  Graulich  speckiges  (iewebe  uiugab  das  Mark, 
umklammerte  und  durchwuichs  die  Wurzeln,  drang  zum  Theil  auch  in  das 
Ifark  ein  und  hatte  im  unteren  Brusttheil  den  ganzen  Querschnitt  einge* 
nommen,  sodass  auf-  und  absteigende  Entartung  zu  Stande  gekommen  war. 
Im  verlängerten  Mark  waren  atrophisch :  das  rechte  Solitärbündel,  iler  liintere 
Vaguskern  und  besonders  der  Olossopharv^ngenskern  und  die  Wurzelfasem, 
sow^ie  der  Abducenskern.  Deutlich  war  auch  eine  Atrophie  der 
( ) c  u  1  o  nio  t  o  r  i  u  s  k  e  r n e. 

3.  Die  Ptosis  bei  der  tabischen  Ophthalmoplegia  exterior. 
§  tj7.     Marina  (1.  c.)  konnte  bei  150  Tabetikern  in  3,3 ^o  Ophthalmo- 
plegie konstatiren. 

Wilbr*nd-Saengeir«   Neurologie  des  Augea.  10 


146  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparalyse. 

Wir  fanden  unter  302  Fällen  von  Tabes  in  22  Fällen  Ophthalmoplegie^), 
also  in  7,2o/o. 

Unter  einer  Zahl  von  99  Fällen  von  Ophthalmoplegie  bei  Tabes  (siehe 
Tabelle  IV  bis  IX)  und  Taboparalyse  wurde  Ptosis  überhaupt  in  69  Fällen 
konstatirt,  keine  Ptosis  nur  in  12  Fällen,  Zweifel,  ob  Ptosis  Torhanden 
war,  weil  in  den  Krankengeschichten  ihrer  neben  der  Ophthalmoplegie  nicht 
besonders  Ei-wähnung  gethan,  bestand  in  18  Fällen.  Man  ersieht  daraus,  wie 
ausserordentlich  häufig  der  Levator  bei  der  tabetischen  Ophthalmoplegia 
exterior  mitafficirt  wird. 

Unter  den  69  sicher  konstatirten  Fällen  von  Ptosis  bei  tabetischer  Oph- 
thalmoplegia exterior  war  dieselbe  in  25  Fällen  einseitig,  in  44  doppelseitig 
angegeben,  wenigstens  zur  Zeit  der  Niederschrift  der  Krankengeschichten.  Dass 
aber  hier  so  häufig  Ptosis  gefunden  wird,  nimmt  nicht  Wunder,  wenn  man 
berücksichtigt,  dass  bei  der  Ophthalmoplegia  exterior  bei  Tabes  nur  in  einer 
ganz  verschwindenden  Anzahl  von  Fällen  der  Oculomotorius  überhaupt  nicht 
mit  afficirt  ist  (Siehe  die  Tabellen  IV  bis  VI.).  Meist  sind  dabei  anfangs  nur 
einige  der  von  ihm  versorgten  Muskeln  neben  dem  Levator  paretisch,  und  es 
kommt  im  weiteren  Verlauf  oft  zur  kompleten  Lähmung  dieses  Nerven. 

In  der  Mehrzahl  der  Fälle  ist  das  Auftreten  der  Ptosis  ein  plötzliches 
wie  z.  1{.  in  der  Beobachtung  von  Glorieux  (369),  wo  ein  Tabetiker,  ohne 
Prodrome  gehabt  zu  haben,  mit  Ptosis  erwachte. 

Die  Ptosis  war  in  allen  Intensitätsgraden  vorhanden,  meistens  aber  nur 
leicht  und  wechselnd  in  ihrer  Stärke. 

Siemerling  und  Boedeker  (362)  fanden  in  allen  vorgeschrittenen 
Fällen  der  Taboparalyse  auch  starke  Grade  der  Ptosis.  Es  machte  den  Ein- 
druck, als  ob  diese  mit  der  Intensität  der  Lähmungen  in  den  übrigen  vom 
Oculomotorius  versorgten  Muskeln  Hand  in  Hand  ginge.  Bei  anderen  konnte 
die  Ptosis  noch  überwunden  resp.  bis  zu  einem  gewissen  Grade  noch  ausge- 
glichen werden,  ein  Verhalten,  welches  die  Franzosen  mit  „Ptose  volontaire' 
bezeichnen.  Die  Symptome  der  leichteren  Ermüdbarkeit  des  paretischen 
Levators  waren  dagegen  bei  den  Fällen  von  Siemerling  und  Boedeker  nicht 
deutlich  zu  Tage  getreten. 

Ob  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  von  Ophthalm.  exter.  bei  Tabes  die 
Ptosis  zuerst  aufgetreten  war,  oder  erst;  nachdem  die  anderen  Augenmuskel- 
lähmungen sich  entwickelt  hatten,  konnte  aus  der  Beschreibung  der  einzelnen 
Beobachtungen  in  einer  für  die  Statistik  zu  verwerthenden  Weise  aus  unserem 
Materiale  nicht  entnommen  werden.  Jedenfalls  gehören  die  Fälle,  bei  welchen 
schliesslich  sämmtliche  Augenmuskeln  mit  Ausnahme  des  Levator 


1)  Abgesehen  von  der  doppelseitigen  reflektorischen  Starre  der  Papille,  die  oebeo 
einseitiger  Augeninuskellähmung  von  Marina  ebenfalls  der  Ophthalmoplegie  zagezihlt 
wurde. 


Die  Ptosis  bei  der  Talies  und  TaboparaljÄe. 


147 


gelähmt  waren,  zu  den  st'lteu- 
ßten  Ausnahmen.  So  begann  bei 
dem  Fa  1  le  B  o  e  d  e k  e  r * s  ( 374)  die 
Krankheit  mit  einer  Lähmung  der 
Externi,waraof  huld  reflektorische 
Pupiüeiislarre  folgte.  Erst  5  Jalire 
spater  traten  sichere  Zeichen  von 
Tabes  und  Paralyse  auf,  wie  ein- 
seitiges Fehlen  des  Kniephänomens, 
hincinirende8chmerzen,Schwindel- 
antlille.  Stöniug  der  S]jrache  und 
Intelligenz.  Später  wurden  alle 
Augen  m  u  s  k  e  1  n  mit  A  u  s- 
n  ah  nie  des   Levator  gelähmt. 

Häutiger  dagegen  sind  schon 
die  Fäile.  bei  welchen  die  an- 
fänglich vorhandene  komplete 
Ptosis  hei  fortschreitendem  G rund- 
leiden  sich  besserte  und  fast  ver- 
schwand ,  wie  in  dem  folgenden 
Falle  (Fig.  54  u.  55)  aus  unserer 
Beobachtung. 

(Nr.  19.)  H.  M  39]ähriger 
Matrose.  Ausgesprochene  Tabes. 
Im  Juni  1895  fiel  ganz  plötzlich 
das  rechte  Oberlid  herunter.  Die 
Ptosis  besserte  sich  etwas,  als 
plötzlich  nach  einigen  Wochen 
beide  (Oberlider  gelähmt  wurdt-n, 
Patient  (siehe  Figur  54)  miisste, 
um  sehen  2u  können,  den  Kopf 
weit  zuriickbiegen.  Nachdem  dieser 
Zustand  eine  Reihe  von  Wochen 
angehalten  hatte,  gingen  alhnäh- 
lich  beide  Lider  von  selbst  wieder 
in  die  Hohe;  dabei  zeigte  sich, 
dass  inzwischen  Doppeltsehen  auf- 
getreten war,  und  die  beiden  Recti 
inteiTii,  sowie  der  eine  Rectus 
superior  gelähmt  waren.  Pupillen 
besonders  eng  und  reaktionshis 
auf  Licht.  Beiderseits  normale 
Sehschärfe  und  normaler  ophth. 
Befund.     Im  November    war    die 


Fig    54. 
H.  M.    Dnppi'lfseilig^  Ptosis  bei  Talw*«. 


H.  M.  I>iM-Sfi>Jbe  Pftiient  wie  Fig.  54  (jeUt  niU 
Vollbflrt).  Kt^leuteiidf  BeastTunff  der  Ptoüin; 
^f  Jahr  hf litter.  als  zur  Zeil  derAufDahme  Fig.  54, 


148  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparaljae. 

Ptosis  noch  mehr  zurückgegangen.  Am  4.  Dezember  ist  erwähnt,  dass  der  Grad  der 
Ptosis  fast  einem  täglichen  Wechsel  unterworfen  sei.  Einen  Monat  darauf  im 
Jan.  1896  hatte  die  Ptosis  wieder  zugenommen,  sodass  links  das  Auge  überhaupt 
nicht  mehr  geöffnet  werden  konnte  (s.  Fig.  54).  Einige  Wochen  später  war  beider- 
seits  die  Ptosis  komplet.  Im  Februar  entwickelten  sich  allmählich  Schmerzen  in 
der  rechten  Gesichtshälfte,  taubes  Gefühl  in  der  Zunge,  hochgradige  Herab- 
setzung der  Sensibilität  im  Gebiete  des  I.  und  II.  Trigeminusastes.  Rechts 
fehlte  der  Konjunktivalreflex,  und  der  Komealreflex  war  sehr  schwach.  Rechts 
Kaubeschwerden,  Geschmacksstörungen  und  rechterseits  Affektion  des  Mund- 
facialis,  Taubheit  und  Ameisenlaufen  in  den  Händen  und  Füssen.  Vom  15. 
April  1897  ab  ging  das  Heben  der  Oberlider  langsam  besser.  Am  18.  Juni 
1897  war  links  die  Ptosis  noch  stärker  als  rechts. 

Am  18.  VIII  1897  war  rechts  die  Bewegung  des  Bulbus  nur  nach  aussen 
möglich,  links  die  Bewegung  desselben  nach  allen  Richtungen  aufgehoben, 
nur  etwas  Beweglichkeit  nach  aussen  möglich.  Das  linke  Oberlid  bedeckt 
nur  noch  das  obere  Drittel  -der  Hornhaut,  rechts  kaum  noch  Ptosis  (siehe 
Figur  55). 

Am  häufigsten  sind  jedoch  die  Fälle  mit  vorübergehender  Ptosis  im 
Initialstadium  der  Tabes  und  späterem  Auftreten  stationärer  Lähmungen  der 
äusseren  Bulbusmuskulatur. 

Ueberhaupt  ist  das  vorübergehende  Auftreten  von  Ptosis  bei  der 
tabischen  Ophthalmoplegia  exterior  ein  sehr  häufiges.  So  beobachteten  wir 
(Nr.  20)  einen  47jährigen  tabischen  Herrn  mit  träger  Pupillenreaktion, 
hincinirenden  Schmerzen,  Analgesien  rechts,  abgeschwächtem  Patellarreflexe  etc., 
bei  welchem  drei  Mal  Ptosis  mit  Doppeltsehen  aufgetreten  und  wieder  zurück- 
gegangen w^ar.  Wie  schnell  überhaupt  diese  Lähmungen  bei  Tabes,  selbst  ohne 
Behandlung,  wieder  verschwinden  und  wieder  auftreten  können,  zeigt  folgende 
Beobachtung  von  W  o  i  n  o  w  (375) ,  bei  welcher  anderthalb  Wochen  nach 
Lähmung  des  Rectus  intc^rnus  am  rechten  Auge  sich  Paralyse  des  M.  rectus 
internus  und  Obliquus  super,  des  linken  Auges  einstellte.  Dann  wurde 
fünf  Tage  später  Paralyse  des  M.  rectus  und  obliquus  des  rechten  Auges  kon- 
statirt,  und  nach  vier  Wochen  waren  alle  Muskeln  wieder  normal,  bis  wieder 
zwei  Wochen  später  Lähmung  des  Rectus  super,  beiderseits  auftrat. 

Es  ist  dies  ephemere  Auftreten  von  Ptosis  und  Diplopie  bei  der  Tabes 
um  so  auftauender,  als  wir  hier  ni  emals  vorübergehende  Affektionen 
des  Sehnerven  beobachten.  Denn  treten  einmal  bei  der  Tabes  Symptome 
von  P'rkrankiing  des  Nervus  opticus  auf,  so  ist  auch  sicher  mit  dem  Beginne 
der  progressiven  Seimervenatrophie  der  vollständige  Verfall  des  Sehvermögens, 
und  zw.ir  auf  beiden  Augen  unabweisbar. 

Ein  vorül)ergehendes  Auftreten  von  Ptosis  und  von  Augenmuskel lähmungen 
vollzieht  sich  nun  nicht  allein  auf  dem  einen  befallen  gewesenen  Auge,  sondern 
es  kann  der  ganze  bis  daliin  einseitig  vorhandene  Komplex  von  Lähmungen 
rasch  verschwinden,  um  dann  im  gleichen  Masse  auf  dem  anderen  Auge  auf- 
zutreten,   wie    in    der    folgenden    Beobachtung    Jendrassik's    (376).      Ein 


Die  Ptosis  bei  t!er  Tabes  und  'Inbopamlyae.  149 


Tabetiker  zeigte  bei  der  Aufnahme  eine  reclitsseitige  Oculomotoriuslähmung: 
ais  weite  Pupille,  Ptosis^  (die  Kornea  stand  im  äusseren  Winkel  der  Lid- 
spalte),  Faciiilis-  und  sensibele  Trigeminuslähmung.  Der  ganze  SYUiptomen- 
komplex  begann  nach  einem  halben  Jahre  sich  zu  bessern,  und  die  vollständige 
Heilung  vollzog  sich  in  8  —  10  Tagen,  Wahrend  dieser  Zeit  entstand  aber 
ilie  gleiche  Ijähmiingsforra  auf  der  linken  8eite  in  gleichem  Schritt  mit  der 
Besserung  auf  der  rechten  Seite.  Ein  halbes  Jahr  spiiter  wanderte  die  ganze 
Lähmung  wieder  nach  der  rechten  Seite  zurück.  Bei  der  Sektion  war  nichts 
Aufteilen  des  an  der  Medulla  oblongata  zu  erkennen,  Audi  die  mikroskopische 
Unti^rsuchung   erwies   keine  Veränderung   in  den   betrutienden  Neivenkernt^n, 

Wenn  auch  in  diesem  Falle  ein  symmetrisches  Befallen  werden  der  Kern- 
region der  anderen  Seite  hervorzuheben  ist.  so  ist  jedoch  der  Hang  zu  sym- 
metrischer Erkrankung  der  gleichen  Kernregionen ,  m  i  t  Ausnahme  der 
Lev  atorkerne,  bei  den  tabiscben  Nuklearliihmungen  nicht  sehr  in  die 
Augen  springend,  während  hingegen  am  Sehnerven  oft  an  den  korrespondiren- 
den  Steilen  der  beiden  Nervi  optici  Gesichtsfelddefekte  hervortreten. 

§  68.  Sehr  schwierig  ist  oft  die  DitFerentialdiagnose  bei  Oplithalraoplegia 
exterior  mit  Ptosis  zwischen  cerebrospinaler  Lues  und  beginnender  Tabes,  Para- 
lyse und  Psychose*  Die  Ophthalmoplegie  ist  hier  Theilerscbeinung  einer  diftusen 
Erkrankung  des  Nervensystems,  in  der  bald  die  »spinalen  und  cerebralen, 
bald  die  psychischen  Symptome  vorherrschen.  Aber  auch  die  Syj»hitis  kann 
Kernerkrankungen  hervorrufen,  *)  wenn  auch,  vielleicht  in  der  Mehrzahl  der 
Fälle,  eine  gummöse  Meningitis  eine  basale  neuri tische  und  selbst  isolirte 
Augenmuskellähuiung  verursacht;  denn  ühthoft'  fand  bei  250  Fällen  cere- 
braler Lues  mit  Sektionsbefund  Folgendes: 

L  Nur   die   vom   Oculoraotorius    versorgten   Zweige    für    die    äusseren 
Augenmuskeln  betrofien  :    3mal  (Imal  basale  Läsion,  2mal  fasciculäre). 

2.  Alle   Ae^te   des  Oculomotorius  ohne   Sphincter  pupillae,   wohl   aber 
Accommodation  mitbetroffen.     (Imal  unbestimmter  Sitz  der  Läsion L 

3.  Alle   Äeste    mit   Ausnahme    des   Levator    palpebrae.     (imal    unbe- 
stimmter Sitz  der  Ursache). 

4.  Levator   palpebrae,  Rectus  infer,    und  Rectus  internus.     (Imal  SitK 
der  Läsion  basal). 

5.  Rectus    internus,   Sphincter   pupillae    und    Accommodation.      (Imal 
basaler  Sitz  der  Liision), 

6.  Rectus  internus  und  Rectus  super.     (Imal  basaler  Sitz  der  Läsion), 

7.  Rectus  internus   und   RectuS  infer.     (Imal  basaler  Sitz  der  Läsion). 

8.  Levator  palpebrae  und  innere  Augenmuskulatur:     6mal  {3mal  basal, 
3mal  unbestimmter  Sitz  der  Läsion). 

9.  Rectus  internus  und  innere  Augenmuskulatur;     Imal  (basaler  Sitz 
der  Läsion). 


1)  VonGraefe  (434)  fand  unter  160  Fällen  von  Lähmungen  des  Oculomotorius  mehr 
ils  die  Hälfte  durch  Lues  bedingt. 


ä 


150  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  and  Taboparalyse. 

10.  Levator  palpebrae  und  Rectus  super.:     2 mal  (basaler Sitz  der  Läsion. 

11.  Isolirt  Rectus  superior:     7  mal  (basal). 

12.  Levator  palpebrae  und  Rect.  internus:     2 mal  (basal). 

13.  Keine  Funktionsstörungen  bei  deutlichen  anatomischen  Veränderungen 
6mal  (Imal  war  der  Oculomotorius  blassgrau  verfärbt,  5mal  bestanden 
basale  perineuritische  Veränderungen. 

Im  Allgemeinen  kann  man  hier  sagen,  dass  die  tabische  Ophthalmoplegie 
in  der  Regel  einseitig  beginnt  und,  wenn  das  zweite  Auge  ergriffen  wird,  auch 
dann  gewöhnlich  die  tabische  Natur  unverkennbar  hervortritt.  Jedenfalls  bleibt 
aber  sicher,  dass  auch  die  Syphilis  sehr  häufig  die  Ursache  von  Oculomotorius- 
lähmung ist,^)  und  es  sich  dabei  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  um  partielle 
Lähmungen  dieses  Nerven  handelt.  Während  bei  beginnender  Tabes  meistens 
reflektorische  Lichtstarre  beobachtet  wird,  finden  wir  sehr  gern  als  Initial- 
symptom der  cerebralen  Lues  eine  einseitige  absolute  Pupillenlähmnng  isolirt 
oder  verknüpft  mit  Accommodationslähmung  resp.  Schwäche  der  gleichen 
Seite.  So  konnte  Alexander  (437)  bei  35  Fällen  von  einseitiger  Oculomotorius- 
lähmung in  72°/o  mit  Sicherheit,  in  14°/o  mit  Wahrscheinlichkeit  Lues  nach- 
weisen. Es  handelte  sich  hierbei  wesentlich  um  einseitige  Pupillen-  und 
Accommodationslähmung.  Auch  Rumpf  (435)  bestätigt  dies  und  fügt  in  seiner 
Monographie  eine  eigene  Beobachtimg  hinzu.  —  Ueber  folgende  dahingehörige 
Beobachtung  berichtet  Rosenthal  (439):  36 jähr.  Frau.  Vor  6  Jahren  Syphilis. 
Vor  8  Wochen  Strabismus  converg.  4  Wochen  nachher  Lähmung  der  linken 
Körperseite.  Linksseitige  Ptosis.  Lähmung  des  Rect.  sup.  und  inf.  sin.  Links 
Pupillenerweiterung  und  Accommodationslähmung.  Linksseitige  Abducens- 
lähmung.  Links  Parese  des  äusseren  Facialis.  Später  wurde  die  linksseitige 
Ptosis  vollständig.  Die  Sektion  zeigte  ein  haselnussgrosses  Syphilom  im 
Schweife  des  rechten  Streifenhügels.  An  der  Hirnbasis  war  der  linke  N.  ocu- 
lomotorius atrophirt  und  erweicht.  Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung 
fanden  sich  nur  wenige  intakte  Nervenröhren. 

Auch  wir  könnten  hier  mehrere  diesbezügliche,  eigene  Fälle  anfuhren, 
in  w^elchen  bei  sicher  konstatirter  Lues  nur  einseitige  Pupillen-  und  Acconmio- 
dationslähmung  vorhanden  war,  welche  auf  eine  antisyphilitische  Kur 
zurückging. 

Erscliwert  wird  noch  die  Differentialdiagnose  zwischen  cerebraler  Lues 
und  Tabes  durch  die  Thatsache,  dass  bei  Tabetikem  mit  luetischer  Ver- 
gangenheit Augenmuskellähmungen  und  somit  auch  Ptosis  häufiger,  als  bei 
nicht  luetisch  gewesenen  Tabikern  gefunden  werden. 

Nach  Berg  er 's  Angaben  (377)  bestand  bei  früher  syphilitisch  gewesenen 
tabischen  Männern  in  32  ^/o  ein  üeberwiegen  der  Augenmuskellähmungen, 
während   bei  nicht  syphilitisch   gewesenen  Männern  dieselben  nur   in   17®/o 

1)  Hutchinson  (438)  konnte  unter  17  Fällen  von  Nuklearlähmungen  10 mal  Syphilis 
mehr  oder  minder  sicher  nachweisen. 


gefunden   wurden.      Bei  sypbilitisdi   gewesenen    weiblichen  Tabisdien  stehen 
25^*i'o  den  nicht  syphilitisdi  gewesenen  mit  18^Vo  gegeniiben 

Nach  Di II mann  (351)  war  in  der  Hälfte  der  Fälle  von  Aiigenniuskel- 
lahmungen  Sjijhiüs  nachweiöbar  entsprechend  den  Angaben  von  Oppenheim 
und  Remak* 

Nach  Eulenbiir  g*s  Zusaminenstellung  (378)  zeigte  sich  unter  39  sicher 
luetischen  Tabikern  7mal^  also  in  17,9'^/o  der  Fälle  der  Oculomotorius  in  seinen 
Zuneigen  alter irt 

Bezüglich  der  Beleuchtung  dieser  difierentiell-diagnostischen  Scliwierig- 
keiten  zwischen  cerebrospinaler  Lues  und  Tabes  mag  es  gestattet  sein,  einige  fremde 
und  eigene  Beobachtungen  hier  anzuführen.  Su  beobachtete  Seguin  (379)  einen 
31  jährigen  Luetischen  mit  beiderseitiger  Ptosis  und  Paralyse  resp.  Parese 
der  vom  Oculomotorius  versorgten  Augenmuskeln.  Die  linke  Pupille  war  weiter 
als  die  rechte.  Beiderseits  bestand  Pupillenstarre  auf  Licht  und  Accommodation. 
Bhisenheschwerden,  Steigerung  der  Patellarref  lexe,  blitzartige  Schmerzen, 
fortschreitende  Atrophie  der  Muse,  temporales  und  niasseteres.  Zwei  Jahre 
darauf  war  die  Tabes  roll  ausgesprochen  mit  Fehlen  der  Patellarref  lex  e 
und  Ataxie  aller  vier  Extremitäten. 

In  dem  von  Sachs  (349)  erzählten  Falle  trat  zuerst  Ptosis  auf  dem 
rechten,  w^enige  Monate  später  auf  dem  linken  Auge  auf.  Es  folgte  Lähmung 
der  übrigen  Augenmuskeln,  schliesslich  konnte  nur  das  linke  Auge  noch  etw^as 
nach  innen  und  oben  bew^egt  werden.  Die  linke  Pupille  reagirte  auf  Accommo- 
dation,  aber  nicht  mehr  auf  Licht,  die  rechte  war  durch  Hornhauttrübungen 
verdeckt.  Das  Kniephänomen  fehlte  beiderseits.  Während  dessen 
führte  akute  Poliomyelitis  zu  Atrophie  des  rechten  Beines.  Sonst  verhielt 
sich  der  Kranke  normal. 

Lang  (380)citirt  folgende  Beobachtung  Donath's,  Bei  einem  55jährigen 
Manne,  w^elcher  allabendlich  heftige  Interkostalschmerzen  bekam,  waren  die 
Pupillen  enge,  reagirten  aber  auf  Licht.  Rechts  Lähmung  des  Trochlearis, 
Pateltarretlex  rechts  fehlend,  links  schwach.  Ausserdem  Schmerzen  in  den 
Beinen,  Maculopapulöses  Syphilid  am  Rumpf  und  den  Extremitäten,  sodass 
die  Infektion  auf  drei  Monate  zuriickdatirt  werden  konnte.  Der  Kranke 
hatte  jede  Genitalaffektion  geleugnet  und  will  seit  Jahren  den  Coitus  nicht 
ausgeführt  liaben.  Im  Laufe  der  nächsten  vier  Wochen  wurden  die  Pupiüen 
ungleich  und  verloren  die  Lichtreaktion.  Es  entwickelte  sich  ferner  links- 
seitige Ptosis  und  rechtsseitige  Facialisparese.  Eine  Inunctionskur 
beseitigte  rasch  die  Schmerzen,  die  Trochlearis-  und  Oculomotoriuslähmung, 
sowie  das  Hautsyphilid.  Die  Ungleichheit  der  Pupillen,  das  Robertson'sche, 
das  Westphat'sche  Zeichen,  sowie  die  rechtsseitige  Facialisparese  blieben  jedoch 
bestehen. 

Hier  bestand  offenbar  ein  Parallelverlauf  zwischen  Tabes 
u nd  Lues. 

Wir  hatten  Gelegenheit,  folgenden  Fall  zu  beobachten  (Nn  17).  E.  0. 
39jährige  Plätterin.     Patientin  hat  ein  gesundes  Kind,  welches  jetzt  20  Jahre 


i I. 


im 


Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparalyse. 


alt  ist;  drei  Kinder  sind  im  Alter  von  ^/,  Jahren  an  Schwäche  gestorben,  ikx 
Mann  ist  an  Nervenlähmung  zu  Grunde  |j;egangei),  war  aber  sonst  gesund  gewe^tüi. 
Patientin  leidet  jetzt  an  Schwindel  und  taubem  Uefühl  in  der  linken  Hand  und 
klagt  seit  einem  Monat  über  Sehschwache,  welche  sich  als  Accommodatioa^- 
parese  entpuppte»  Die  Selisdüirte  sonst  normal.  Beiderseits  sind  die  Pupillen 
starr  auf  Licht;  auf  Konvergenz  geringe  Reaktion.  Die  linke  Pupille  >  aU 
die  rechte.  Die  Patientin  giebt  an^  dass  gegen  Abend  das  rech  te  Oberlid 
herabfällt,  und  sie  bis  zum  nächsten  Tage  dasselbe  nicht  heben  kann.  Kh^^X 
über  nachtliche  Kopfschmerzen:  konnte  eine  Zeit  lang  keinen  Urin 
lassen.  PatellarreHexe  lehliaft,  kein  Ruinberg,  keine  Ataxie,  keine  Sensibili- 
tätsstörungen, leichte  Spannungen  uu 
linken  Schultergelenk ,  Händedruck 
abgeschwächt.  Neuerdings  zeigen 
sich  die  Bewegungen  des 
rechten  Augapfels  allseitig 
beschränkt,  und  zwar  fällt  die 
Iknvegung  nach  oben  ganz  au?, 
während  die  Beweglichkeit  nach 
aussen,  innen  ond  unten  nur  wenig 
beschränkt  ist.  Daneben  wird  auf 
dera  linken  Auge  eine  ganz  geringe 
Reaktion  gegen  Licht  wieder  kon- 
Ntatirt.  Wir  werden  wohl  nicht  fehl 
gehen,  wenn  wir  diesen  Fall  ebenso 
wie  den  folgenden  als  Lues  cerebralis 
auffassen. 

Beobachtung  18,  siehe  Fig.  56. 
L,  M.  45jähriger  Matrose.  Vor  zwei 
Jahren  Syphilis.  Seit  einem  Jabr 
heftige  Kopfschmerzen,  links  Ptosis 
mittleren  Grades.  Beim  Blick 
nach  oben  bleibt  der  Bulbus  sehr 
erheblich  zurück,  Blick  nach  unten  und  nach  oben  innen  beschränkt. 
Rechts  keine  Ptosis,  jedoch  die  Beweglichkeit  des  Bulbus  nach  allen 
Seiten  bin  erheblich  beschränkt.  Die  rechte  Pupille  weiter  als  die  linke, 
die  rechte  starr  auf  Licht,  die  linke  zeigt  träge  Reaktion,  beiderseits  die 
Konvergenz  und  Accommodationsreaktion  erhalten,  linker  Mundfacialis  gelähmt, 
Augenhintergrund,  Sehschärfe,  (iesichtsfeld  nomial,  P  a  te  1 1  ar  re  fl  e  xe  gesteigert* 
keine  Ataxie. 

Dann  giebt  es  wieder  Fälle,  bei  denen  es  fraglich  ist,  ob  man  sie  als 
atypische  Form  der  isolirt  bleibenden  progressiven  Üphthal- 
moplegia  exterior  zuthei  len  soll,  oder  ob  sie  als  Initialstadium 
der  Tabes  aufzufassen  wären,  (Beobachtung  19).  Ein  36jähriger  sonst  gesunder 
Patient,  welcher  hereditär  nicht  belastet  ist,  kein  Zeichen  von  Syphilis  dar- 


Fig.  56. 

L.  M.     45jjlhngcir   Matrofii\     Dop|ie]seiti^e  0|>h- 
ihlilmoplegie.  Z weife]  huft  ul^Tiibt's;  wahrMihdulich 


^ 


Die  Ptosis  bei  der  Taties  und  Taboparalyse*  153 

bietet,  sich  nie  infieirt  haben  will  uiul  zwei  lebende  Kimler  hat,  bemerkte 
seit  einem  Jahre  eine  Beschränkung  der  Augen  beivegungen,  Doppelt  sehen  und 
Herabsinken  des  Oberlids  auf  dem  rechten  Auf^e.  Die  Untersuchunj^  ergab 
eine  Parese  des  Trocblearis,  des  Oculoniotoriiis  und  Lähmung  der  Accommo- 
dation  und  I^tpille  auf  dem  rechten  Auge.  Beiderseits  bestand  eine  Unmög- 
lichkeit, nach  aussen  zu  sehen.  Die  linke  Pupille  war  retlektorisch  starr  auf 
Licht.  Kein  Hoinberg.  Keine  Motilitätsstörungen,  Patellarreflexe  beiderseits 
vorhanden.  Sehschärfe  und  nphthalm.  Befund  normal.  Später  etwas  Besserung 
der  Ptosis.  Schmierkur  ohne  Erfolg,  —  Die  Pupillenverbältnisse  lassen  in 
diesem  Falle  eine  progressive,  isolirt  bleibende  Ophtbalmoplegie  fraglich  er- 
scheinen, wälirend  andererseits  wieder  eine  Schmierkur  ohne  Erfolg  blieb. 

Gehen  wir  nun  auf  den  pathologisch-anatonii sehen  Befund  naher  ein,  so 
hatten  wir  schon  des  Vorkommens  der  Neuritis  an  den  Stämmen  der  Augen- 
muskelnerven  auf  Seite  140  Erw\ähnung  getban. 

S  G9.  Wir  verdanken  namentlicli  S i e m  e  r  1  i  ng  und  B  o e d e k er  umfassende 
Unt-ersuebungen  über  den  mikrüskopischen  Befund  bei  den  Fallen  von  tabischer 
und  tabo-[>ara!ytischer  Ot>hthalmüplegie.  Bei  der  Mehrzahl  aller  Beobachtungen 
war  eine  hochgradige  Atrophie  der  betreffenden  Kerne,  der  zugehörigen 
Wurzeln,  Nerven  und  Muskeln  vorhanden.  In  tlen  Kernen  ist  es  die  Degeneration 
der  Ganglienzellen  und  der  Schwund  des  Fasemetzes,  welches  als  konstantes 
SjtQptom  uns  überall  entgegentritt.  Da  eine  i>rimäre  Degeneration  der  Kerne 
das  ursprüngliche  Wesen  dieser  chronischen  Ophthalmoplegie  bei  Tabes  und 
Taboparalyse  darstellt,  so  verfällt  damit  auch  das  ganze  motorische  Neuron 
der  Entartung.  An  den  zugehörigen  Augenmuskeln  konnten  Si  ein  erlin  g 
und  Bocdekerdie  verschiedensten  Grade  der  Degeneration»  von  der  einfachen 
Verfettung  der  Faser  bis  zur  vollkommenen  Schrumpfung  mit  grösserer  oder 
geringerer  Betheiligung  des  interstitiellen  Bindegewebe«  tinden,  und  man  sah 
in  einem  und  demselben  Muskel  die  verschiedensten  Prozesse  des  Verfalls 
nebeneinander.  Im  Allgemeinen  konnte  man  sagen,  je  hochgradiger  die 
klinischen  Ausfallserscheinungen  gewesen  waren,  um  so  stärker  manifestirte 
sich  auch  der  Verfall  im  Kern. 

Bei  einer  Keihe  von  Fällen  wurde  auch  eine  Verdickung  des  Ependyma 
gefunden  {siehe  Eichhorst,  Fall  6  der  Tr belle  V,  und  Kahler,  Fall  9  der 
Tabelle  V).  Im  letzteren  Falle  waren  noch  zahlreiche  erweiterte  Getlisse 
mit  verdickten  Wandungen  in  der  Umgebung  des  Aquaeductus  Sylvii  vor- 
handen,   so  auch  im  Falle  Marina,  No.  10  der  Tabelle  V. 

Rosenthal  (Fall  11  der  Tabelle  V)  fand  Ependym verdickungen  ara 
Boden  des  Aquaeduktus  und  des  III.  Ventrikels.  Jedenfalls  ist  aber  diese 
Verdickung  des  Ependym s  kein  konstantes  Zeichen.  Ebenso  verhält  es  sich 
mit  den  Hämorrbagien,  welche  von  Beevan,  Fall  2  Tabelle  V,  Buzzard, 
Fall  1  Tabelle  V  und  Siemerling  und  Boedeker  Fall  6  Tabelle  VIII 
konstatirt  wurden.  Die  letzterwähnten  Forscher  konnten  jedoch  Gelässer- 
krankungen  in  den  meisten  Fällen  nicht  nachweisen.  Dagegen  w  ird  von  diesen 


154  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparalyse. 

Autoren  die  Wahrscheinlichkeit  betont,  dass  in  den  meisten  Fällen  ein  Theil 
der  Blutungen  erst  verhältnismässig  kurz  vor  dem  Tode  zu  Stande  gekonmien 
sei.  Im  Fall  Eichhorst,  Fall  6  Tab.  V  wurde  eine  frische  Blutung  auf  der 
Eminentia  teres  gefunden. 

Es  ist  nicht  von  der  Hand  zu  weisen,  dass  in  vereinzelten  Fällen,  wie 
z.  B.  bei  Glorieux(369)  die  plötzlich  entstandene  Ptosis  durch  eine  Hämor- 
rhagie  bewirkt  worden  sein  könnte,  zumal  hier  Biergenuss  zugestanden 
worden  war. 

Bezüglich  der  auffallenden  Erscheinung  vorübergehender  Lähmung,  oder 
des  Schwankens  in  der  Intensität  der  Augenmuskellähmungen  bei  Tabes  ist 
folgendes  zu  bemerken: 

Zunächst  müssen  wir,  zur  Zeit  wenigstens  noch,  die  Eventualität  offen 
lassen,  dass  die  vorübergehenden  Lähmungsformen  rein  funktioneller  Nator 
sein  könnten,  d.  h.  durch  solche  Schädlichkeiten  bedingt  würden,  deren  Nach- 
weis mit  unseren  jetzigen  Hilfsmitteln  noch  nicht  gelingt.  Andererseits  könnte 
man  aber  auch  annehmen,  dass  unter  Umständen  die  Affektion  so  geringe 
Spuren  hinterlassen  habe,  dass  wir  diese  später  anatomisch  nachzuweisen 
nicht  mehr  im  Stande  wären.  Wir  verweisen  hier  auf  den  Fall  Jendrassik 
Fall  8  Tabelle  V,  den  Fall  Sharkey  Fall  14  Tabelle  V  und  auf  die  Fälle 
von  asthenischer  Bulbärparalyse  (siehe  das  betreffende  Kapitel). 

Kahler  (Fall  9  Tabelle  V)  führte  in  seinem  Falle  die  vorübergehende 
Oculomotoriuslähmung  auf  Cirkulationsstörungen  zurück,  bedingt  durch  die 
Wucherung  des  Ependyms  im  Aquaeductus  Sylvii  und  die  zahlreichen  er- 
weiterten Gefasse  in  der  Umgebung  desselben. 

Siemerling  und  Boedeker  kommen  nach  ihren  ausführlichen  Unter- 
suchungen zu  dem  Schluss,  dass  erst  ein  gewisser  Grad  der  Zerstörung  der 
im  Kerne  befindlichen  Elemente,  hauptsächlich  der  Ganglienzellen  erreicht 
sein  müsse,  um  die  Funktion  der  Nerven  nachweislich  zu  beeinträchtigen  resp. 
aufzuheben.  Die  Zerstörung  der  Ganglienzellen  gehe  nicht  mit  einem  Male 
oder  plötzlich  vor  sich,  sondern  successive  fielen  sie  der  Schädigung  anheim. 
Bei  einem  derartigen  Verlaufe  in  der  Erkrankungsweise  des  Kerns  sei  die 
a  priori  wahrscheinliche  Möglichkeit  einer  Wiederherstellung,  eines  Ausgleichs 
der  Läsion  leicht  erklärlich.  Das  verschiedenartige  Aussehen  der  Zellen,  wie 
es  sich  in  ihren  Fällen  schon  bei  den  meisten  Färbungen  ohne  Weiteres 
darbot,  der  Wechsel  in  der  Gestalt  und  Grösse,  das  mannigfache  Verhalten 
der  Fortsätze,  alles  dies  lasse  erkennen,  dass  der  Zerfall  des  Kerns  Schwank- 
ungen unterworfen  sei,  welche  auch  in  der  Funktion  zum  Ausdruck  kämen. 
Die  Veränderungen  der  Gestalt  der  Zelle  sei  das  erste  pathologische 
Zeichen,  während  der  Schwund  der  Granula  erst  in  zweiter  Linie  hervor- 
trete. Daher  habe  man  es  allem  Anschein  nach  mit  zwei  verschiedenen 
Stadien  des  pathol.  Prozesses  zu  thun.  Auf  Grund  vorhandener  Befunde 
dürfe  man  annehmen,  dass  die  früheste  Veränderung,  mit  der  die  ZeUe  auf 
einen  Heiz  antworte,  im  Verhalten  der  Granula  und  zwar  in  einem  Zerfall 
derselben  sich  kund  gebe,  wobei  die  äussere  Form  und  Grösse  der  Zelle  durch- 


Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparalyse. 


im 


aus  erhalten  bleiben  könne.  Es  sei  nun  eine  Tliatsathej  dass  in  einem  grossen 
Theile  der  in  ihrer  Form  und  Gnisse  bereits  stark  beeintrüchtigten  Zellen 
woblerhaltene  Gramila  sich  tamlen,  sodass  man  annehmen  müsse»  es  fände  eine 
Restitution  der  zerfallenen  Granula  statt,  und  dass  somit  der 
Befund  des  Zerfalls  der  Granula  auf  einen  akuten,  sich  etappen- 
weise abspielenden  Zellprozess  hinweise,  während  die  Form  Ver- 
änderung der  Zelle  das  Dauerprodukt  des  jeweiligen  K rank- 
te itsTorgan  ges  darstelle.  A  priori  spräche  nichts  gegen  die  Annahme, 
dass  eine  bereits  formveränderte  Zelle  mit  vorhandenen  Granulis  bis  zu  einem 
gewissen  trrade  funktioniren  könne.  Es  läge  nahe,  in  dem  vermutheten  Ver- 
halten der  Ganglienzellen  während  des  Krankheitsprozesses  den  Grund  iiir 
den  Wechsel  im  Grade  der  klinischen  Ausfallserscheinungen  zu  suchen. 

Die  Zellgehiete  für  den  Levator  scheinen  ganz  besonders  für  derartige 
Erholungszustände  disponirt  zu  sein,  denn  wir  begegnen  sehr  häutig  anam- 
nestisch  Angaben  von  vorübergehendem  Herabhängen  eines  oder  beider  Lider, 
oder  sehen  eine  anfängliche  komplete  oder  hochgradige  Ptosis  im  Verlaufe 
der  Tabes  entweder  ganz  vergehen  oder  geringer  werden,  um  auf  einem  be- 
stimmten Intensitätsgrade  längere  Zeit  oder  für  den  ganzen  Ivrankbeits ver- 
lauf zu  verharren.  Im  Sinne  Siemerling's  und  Boedeker's  ist  hier  die 
Schädigung,  nachdem  die  ersten  dadurch  gesetzten  Störungen  überwunden 
waren,  nicht  weiter  fortgeschritten,  es  hat  eine  Wiederherstellung,  ein  Aus- 
gleich des  Prozesses  stattgefunden,  und  wir  haben  in  der  dauernden  Parese 
die  Reste  der  vorhanden  gewesenen  Läsion  vor  uns. 

In  den  eben  entwickelten  Anschauungen  dieser  Autoren  würden  w^ir 
dann  auch  eine  Erklärmig  für  die  Zustände  rascher  Ermüdbarkeit  resp.  Zu- 
nebmens  der  Lähmungserscheinungen  während  des  Tags  und  Besserung  der- 
selben durch  die  Nachtruhe  resp.  hei  Hebung  des  allgemeinen  Kräftezustandes 
des  erkrankten  Individuums  ünden. 

Um  ein  Beispiel  für  ein  derartiges  Schwanken  der  Ptosis  bei  Tabes  mit 
Sektionsbefund  anzuführen,  wollen  wir  die  Beobachtung  Oppenheim's  (381) 
hier  kurz  .skizziren.  Es  hing  das  rechte  Oberlid  tiefer  herab  als  das  linke, 
doch  bestand  bei  forcirtem  Äufreissen  der  Augen  keine  Difierenz  zwischen 
rechts  und  links.  Ungefähr  ein  Jahr  später  wird  berichtet:  Die  Augen  können 
gut  geöffnet  werden,  die  rechte  Lidspalte  ist  aber  für  gewöhnlich  etwas  kleiner 
als  die  linke.  Häutig  hängen  die  oberen  Augenlider  weit  herab,  ohne  dass 
von  einer  eigentlichen  Ptosis  die  Rede  sein  kann.  Bei  der  mikroskopischen 
Untersuchung  konnte  in  der  Hölie  der  vorderen  Vierhügelgegend  kurz  hinter 
der  hinteren  Kommissur  ein  deutlich  atrophischer  Zustand  des  rechten 
Oculomotoriuskerns  konstatirt  werden.  Die  Ganglienzellen  waren  zum  grossen 
ITieile  untergegangen,  die  austretenden  Wurzelfasern  verdünnt  und  zum  Theil 
degenerirt.  Im  Stamm  des  rechten  Oculomotorius  fand  sich  eine  grossere 
Anzahl  atrophischer  l'rimitivfasern,  ebenso  im  Abducens. 

Bezüglich  der  doppelseitigen  Funktionsstörung  des  Levator  bei  einseitig 


156  Die  Ptosis  bei  der  Tabes  und  Taboparaljse. 

gefundenem  Krankheitsherd  haben  wir  §  48  p.  90  schon  des  Wissenswerthen 
Erwähnung  gethan. 

§  70.  Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  E.  Berger  darauf  aufmerksam 
gemacht  hat,  dass  eine  leichte  Verengerung  der  Lidspalte  bei  Tabes  nicht 
durch  Ptosis  sondern  durch  Lähmung  der  glatten  Muskelfasern  der  Augen- 
lider (siehe  Figur  8  p.  22)  hervorgerufen  werden  könne.  Unter  109  Tabetikern 
habe  dieselbe  in  22  Fällen  theils  einseitig  theils  doppelseitig  bestanden. 
17mal  sei  gleichzeitig  Miosis  derselben  Seite  vorhanden  gewesen,  ein  Symp- 
tomenkomplex, der,  wie  wir  §  17  pag.  21  gesehen  haben,  der  Lähmung  des 
Halssympathicus  zugeschrieben  wird. 

§71.  Als  differentiell-diagnostisches  Hülfsmittel  für  derartige  Fälle  empfiehlt 
Hughlings- Jackson  (59)  das  Cocain,  da  dasselbe  nur  auf  den  Sympathicus 
wirke.  Bestehe  also  eine  Verengerung  der  Lidspalte  und  der  Pupille  als 
Folge  einer  Sympathicuslähmung,  so  würde  die  Cocaineinträufelung  auf  die 
Weite  der  Lidspalte  und  der  Pupille  keinen  Einfluss  ausüben  können. 

Wir  haben  uns  von  der  Richtigkeit  dieser  Angaben  in  jüngster  Zeit 
bei  einem  Fall  von  rechtsseitiger  Sympathicuslähmung,  bedingt  durch  das 
Hineinwuchern  einer  Neubildung  in  den  rechten  Grenzstrang,  überzeugt. 

§  72.  Resümiren  wir  angesichts  der  eminenten  Schwierigkeit,  die  sich  oft 
bei  der  Stellung  einer  sicheren  Diagnose  erhebt,  noch  einmal  kurz  die  im  vor- 
stehenden Kapitel  gemachten  Ausführungen,  so  ergiebt  sich,  dass  bei  der 
Tabes  und  Taboparalyse  ganz  besonders  früh  und  häufig  der  Levator  pal- 
pebrae  afficirt  erscheint  und  zwar  in  Form  einer  meist  ephemeren  Ptosis. 
Die  Ptosis  bleibt  in  einzelnen  Fällen  isolirt.  Hiebei  muss  diflferential- 
diagnostisch  das  Vorkommen  einer  isolirten  Ptosis  bei  der  chronischen,  pro- 
gressiven, isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie  und  bei  der  cerebrospinalen 
Lues  berücksichtigt  werden.  Als  Hülfsmoment  für  die  tabische  Ptosis  fällt 
deren  Zusammenvorkommen  mit  Abducenslähmung  ins  Gewicht.  In  anderen 
Fällen  von  Tabes  ist  die  Ptosis  Theilerscheinung  einer  isolirten,  kompleten, 
einseitigen  Oculomotoriuslähmung.  Auch  hiebei  muss  die  leichte  Verwechs- 
lung mit  cerebraler  Lues  und  einer  recidivirenden  Oculomotoriuslähmung 
berücksichtigt  werden. 

Am  meisten  Schwierigkeiten  macht  die  Ptosis,  welche  bei  der  tabischen 
Ophthalmoplegia  exterior  auftritt,  da  die  Syphilis  ein  ganz  ähnliches  Krank- 
heitsbild produzieren  kann.  Bei  der  Spärlichkeit  der  brauchbaren  patho- 
logisch-anatomischen Befunde  war  es  nicht  anders  möglich,  als  nach 
klinischen  Gesichtspunkten  die  gegebene  Eintheilung  vorzunehmen,  weil  da- 
durch allein  die  differentiell  diagnostischen  Momente  deutlicher  hervorgehoben 
w^erden  konnten.  Der  Zukunft  ist  die  nächste  Aufgabe  gestellt,  für  diese 
klinische  Eintheilung  die  pathologische  anatomische  Grundlage  sicherer  zu 
fixieren. 


Tabelle  IV,  V  und  VI 


sielie  amstehenü. 


158 


Tabelle  IV.    Ophthalmoplegie 


Tabelle  IV.     Ophthalmop 


Szi 


Autor  und  Litteratur 


Nervus   oculomo  tor  i  us 


Ptosis 


äussere  Bulbusmuskeln 


Iris 


1     A  b  a  d  i  e  ref .  Dufour  obs.  72 


2  Bousquet     ref.     Dufour 
obs.  73 

3  B  a  d  a  1 ,  Gaz.  d.  scienc.  mM., 
d.  Bordeaux  1893  Nr.  16 

De    Bono,    Riforma    med. 
I       1891,  649 


Bernhardt  Arch.  f.  Psreh. 
u.  N.  XIX.  2 


6  :  Bristowe,Brainl885.313| 


Barret,  Austral  med.Joum. 
Melbourne  XVI.  225 


8  i  Chabcrt,  Ek;ho  me'd.  Nr.  24 
i      1892 


9  I  C  h  V  o  8 1  e  k ,  Neur.  Centralbl. 
,       1893,  762 


beiderseits 
Ptosis 


10 
11 
12 
13 
14 


Despngnct,   ref.  Dufour  ' 
obs.  54  I 

Despagnet,    ref.  Dufour  i 
obs.  55  j 

Despagnet,    ref.  Dufour  ' 

obs.  56  I 

I 

De8i)agnet,    iTf.  Dufour  j 

obs.  57  I 

I 

D  a  n  i  1 1  o  ,    Petersb.    Psych.  ' 

Ges.  1889  p.  51  '        1 


R.  Ptosis 


Ptosis 
R.  >L. 


beiderseits 
Ptosis 

beiderseits 
Ptosis 

beiderseits 
Ptosis 


alle  äusseren  M.  des  Oculom. 


Ophthalmoplegie  compl^te 


doppelseitige  Ophthalmopleg. 


R.  Lähmung   des   Oculomo- 

torius 
unvollkommene  Ophthalmo- 

plegia  exterior 


einiger  äusserer  Muskeln 


Ophthalmoplegie 
R.  Rectus  intern,   und  Obli- 
qaus  inf.  gelähmt 

L.  Rect.   intern,    und    beide 
Obliqui  inf. 


L    Rect.  sup.   inter.     Beide 

Obliqui 
R.  internus 

I  Lähmung     beider    M.    recti 
I      int«rni 

'  Ophthalniopl.  mixte  bilat^r. 
I      compl^tc 

Ophthalm.      mixte     bilat^r. 
comp]. 

Ophthalm.      mixte      comp), 
unilaterale 

I  Ophthalm.      mixte      compl. 
i      unilat. 

I  Ophthalm.  ext.  et  intern. 


beiderseits 

totale  Opthal. 

inter. 


R.  Ophthal 
intemaCspäter)' 
L.  Ophthalmo-i 

plegia  inter. 


L.  Mydriasis 

R.  Sphincter 

Iridis 

refl.  starr 


ungleich, 
geringe  Keaet 


Ophthalm. 
intern. 


bei  Tabes  (Ptosis)  ohne  Sektionsbefand. 


159 


(Ptosis)  ohne  Sektionsbefund. 


18 

an 


Nervus 
trochlearis 


Nervus 
facialis 


Sehnerv 


Andere    Erschei  nn  nge  n 


R.  Krampf  des  |  Ophth.  be-  Lancinirende  Schmerzen.     Anormale  Lokalisation 
orbicul.  und       ginnende        der  Empfindungen.     Fehlen  der  Patellarreflexe. 
Atrophie. 


der  mim. 
Muskeln 


Seh- 
störung 


ing 


Qg  R.      Lähmung  L. 


ang     I       Lähmung 


Zuckungen  im  | 
Mundwinkel    ', 


Lähmung 


Amblyopie 


Später  lancinirende  Schmerzen  in  den  Unter- 
extreuiitäten.  Jahrelanges  Bestehen  der  Oph- 
thalm.  inter.,  ohne  dass  weitere  auf  centrale 
Erkrankung  hindeutende  Symptome  auftraten. 

Muskelatrophie  der  Schultern  des  Oberarms  und 
des  rechten  Masseter. 


Anästhesie  der  linken  Gesichtshälfte.  Erhöhte 
Kniephänomene.     Links  Exophthalm. 

Bulbärerschcinungen.  Reizerscheinangen  des 
sensiblen  Trigeminus,  Lähmungserscheinungen 
des  motor.  Trigeminus.  Fehlen  der  Sehnen- 
reflexe an  den  l-nterexti-emitäten. 


160 


Tabelle  IV.    Ophthalmoplegie 


Nervus    ooulom o tori ns 

Autor  und  Litteratur 

Ptosis 

äussere  Bulbusmuskeln 

iri»     '  1 

15 

Dinkler,    Berl.    klin    W. 
1693  Nr.  16  und  17 

L.  Ptosis 

L.  Totale  Ophthalmoplegie 
R.  Oculomotoriua 

refl.  surr 

16 
17 

Eigene  Beobachtung  W. 

Eulenburg,  Deutsche  med. 
Woch.  1887  Nr.  35 

beiderseiu 
leichte  Ptosis 

beiderseits   fast  vollständige 
Ophthalmopleg.  ext. 

refl    starr 

Miosis 
refl.  starr 

Sl 

18 

Fcrrier,  Lancet  1891  p.  84 

beiderseits 
Ptosis 

komplete  Ophthalm.  exterior 

kompl.  Ophth. 
inter. 

19 

Eigene  Beobachtung  H.  B. 

keine  Ptosis 

L.  A.    Rectus  intemua    und 
Bewegung  nach  oben 

R.  A.    Rectus  internus  und 
Bewegung  nach  oben 

L.  Hchtstarr. 
R.  träge 
Re«kUon 

D 

20 

Glorieux,   ref.  Neurol.  C. 
XrV.  780  Fall  I 

R.  Ptosis 

R.     kompl.    Oculomotorius- 
lähmung 

beiderseits 

absolute 

Pupillenstarre 

B-1 

21 

Glorieux,  1.  c.  Fall  II 

beiderseits 

Ptosis,  später 

Besserung 

beiderseits    komplete    totale 
Ophthalm. 

22 

V.  Graefe,  Arch.  f.  Ophth. 
II.  2.  p.  299 

L.  Ptosis 

beiderseits        vollkommene 
Lähmung  aller  6  Muskeln 

Reaktion  auf 

Aooommo- 

dationerhalten 

beiderseits 

reflekt.  starr 

b« 

23 

R.  P.  H  0  w  a r  d  Amer.  Journ. 
of  med.  sc.   1889  März 

erst  links, 
später  rechts 

beiderseite   Ophthalmoplegia 
exterior 

Ophthalmopl. 
interna 

24 

K  e  1 1  i ,  Wien.  med.  Wochen- 
schrift No.  9 

beiderseits 
Ptosis 

beiderseits  Ophthalmoplegie, 
links  unvollständig,  redits 
fast  vollständig 

ungleich 

weit 

Pupillenstarre 

P 

25 

Meyer,    A.,    Ueber    einen 
Fall  von  Ophthalmoplegie 
bei  Tabes.   In.-Diss.  Berlin 

beiderseits 

Ptosis 

R.  >L. 

beiderseits    Ophthalmoplegia 
totalis 

Pupillenstarre 

26 

Parinaud,  ref.  Marina   p. 
194  Fall  I                            ' 

i 

beiderseits 

Retraktion  der 

Lidheber 

beiderseits  Interni,  Rect.  sup. 
et  inf. 

reflekt. 
Pupillenstarre 
R.  Mjdriasis 

bei  Ptosis  (Tabes)  ohne  Sektionsbefund. 


161 


Nervus 
Trochleari» 


eD8  I  L.  Trocblearis 
K.  Trocblearis 


ts 

18 


ex- 
ex- 


Nervus 
Facialis 


früber 

Jj&bmuDg  des 

L.  Facial. 


Paralyse 


Sebnerv 


Atropbie 


ober.  Facialis 
L.  paretisch 


Atrophie. 
—  Rechts 
begiiinen- 
dcAtropliie 


Atrophie 


Andere    Erscheinungen 


Schwäche  der  unteren  Extremitäten  und  Par- 
aestbesien.  Crises  gastriques.  Ataxie.  Romberg- 
Westplial'scbes  Phänomen.  Patellarreflexe  fehlen. 
Analgesien  an  den  unteren  Extremitäten.  Hocb- 
gradige  Ataxie. 


Die  Kniereflexe  waren  noch  vorhanden  und  die 
Bewegungen  noch  nicht  ataktisch,  doch  wiesen 
schiessende  Schmerzen  und  gastrische  Krisen, 
sowie  die  Sehnervenatrophie  auf  Tabes  hin; 
früher  auch  Lähmung  des  Blickes  nach  oben, 
jetzt  nur  noch  doppelseitige  Abduoensparese. 
Ausgesprochene  Tabes,  Fehlen  der  Patellar- 
reflexe, hochgradige  Ataxie  und  Blasenstörungen. 


R.  Fehlen,  Links  Herabsetzung  der  Patellarreflexe. 
Blasenstörungen ,  Impotenz ,  intermittirende 
Diplopie. 

Später  kehrte  R.  die  Beweglichkeit  des  Obliq.  sup. 
wieder,  L.  war  die  Ptosis  geschwunden  und  der 
Rectus  Inf.  und  intern,  etwas  gebessert.  Vor 
einigen  Monaten  bulbäre  Symptome 


Bulbärerscheinungen ,  Taubheit.  Störungen  des 
motor.  und  sensibelnTrigeminus,  rechts  Atrophie 
der  Zungenhälfte.  Anästhesie  beider  Corneae. 
Fehlen  beider  Patellarreflexe. 

Kopfschmerzen,  Fehlen  der  Patellarreflexe. 


Fehlen  des  Patellarreflexes ,  hereditär  belastet. 
Zunge  rechts  atrophisch.  L.  Trigeminus  leicht 
gestört.  Larynxkrisen.  Atrophien  der  Mus- 
kulatur in  der  oberen  Extremität. 

Durchschiessende  Schmerzen.  Westphal '  sches 
Zeichen.     Romberg.     Blasenbeschwerden. 


Wilbrand-Saenger,  Neurologie  dos  Auges. 


11 


162 


Tabelle  IV.    Ophthalmoplegie 


Nervus   oculom  o  t  o  ri  u« 


Autor  und  Litteratur 


PtO!*i8 


äussere  Bulbnsmuskeln 


Iris 


27 


28 


29 


30 


Parinaud,  1.  e.  Fall  II 


Petersen,  Journ.  of  nerv, 
and  ment.  diseases  Nr.  7 
1890 


Bosenthal,  Deut.  Arch.  f. 
klin.  Med.   Bd.  38.  Z.  263 


Ben  du,    Bull.   med.    Paris 
VI  p.  253.  1892 


31  I  Bossolimo,  N.  C.  IX.  612 
Ophthalmoplegia  externa 
polyneuritica 


32 


normal 


beiderseits 
Ptosis 


L.  Ophthalmoplegia  exter. 


B.  Ophthalmoplegia  exter. 
L.  vorübergehende  Oculomo- 
toriuspareie 


L.  Ptosis       L.  rect.  internus 


beiderseits 
Ptosis 


beiderseits 
Ptosis 


beiderseits    Lähmung    aller 
äusserenOculomotoriusäfite 


beiderseits   Ophthalmoplegia         anfangs 
'      exter.  normal,  später 

I    reaktionslo«  ' 


beiderseits 
Pupillenstarre 
B.  Ophthalmo- 
plegia inter. 

R.  Ophthahuo- 
plegia  inter. 


L.  refl.  starr ! 


Szili,  J.  f.  O.  1885,  308 


33     Sauvineau,     ref.    Marina 
p.  193 


34 


35 


36 


37 


Sauvineau,  1.  e.  194 


Schule,  Arch.  f.  Psych,  u. 
Nervenkr.  XXVII.  S.  295  ' 


Sachs,  Bost.  med.  and  surg. 

journ.  CXXI.  p.  188.  1889' 

I 

Marina,    cit.    bei    Dufour . 

Obs.  58 


beiderseits 
Ptosis 

beiderseits 
Ptosis 


B.  massige 
Ptosis 


beiderseits    Ophthalmoplegia  ! 
exter.  I 


starr 


1  L.  Unbeweglichkeit  der  Bulbi  iL.  absolut  starr 
B.  totale  Oculomotoriuslähm-  1   B.  starr  auf  , 


ung 


L.  mäs:sige 
Ptosis 


B.  totale  Oculomotoriuslähm- 
ung 

L.  absolute  Un1)eweglichkeit 
der  Bulbi 

beiderseits  Ophthalmoplegia 
exter. 


beiderseits     |  beiderseits    Ophthalmoplegia 


Ptosis 

beiderseits 
Ptosis 


I 


exter. 


Lieht 


L.  Iris  gelähmt!  Ae 
R.  refl.  starr 


B.  vorüber-  ' 
gehende  Oph- 
thalmoplegia I 

inter. 
später  beider- ; 

seita  starr     ' 

L.  reflekt.     , 
starr 

i 

R.  Mydriasis 
L.  Miosis  I 
beiderseits 
lichtstarr  | 
reagirt  aaf  ' 
Accommo- 
dation 


bei  Ptosis  (Tabes)  ebne  Sektionsbefand. 


163 


Nervus 
Tnxjhlearis« 


I 


beiderHeits 
Trochlearis 


Nervus 
Facialis 


:s  beiderseits 

I     I     Trochlcaris 

L  Trochlearis 


L.  Facialis 


Sehnerv 


Andere    Erscheinungen 


I 


Der  Ophthalmoplegie  gingen  Kopfschmerzen 
voraus.  Vor  einem  Jahr  L.  Hemiplegie.  Durch- 
schiessende  Schmerzen.  Ataxie.  Hemiatrophie 
der  Zunge.     Westphal'sches  Phänomen. 

Amblyopie  1875  Syph.  infic.  1882  Sehschwäche  und  Strab. 
diverg.  links,  später  lancinirende  Schmerzen. 
1887  epileptiformer  Anfall,  1884  doppelseitige 
Ptosis  und  R.  Ophthalmoplegie.  Parese  des 
linken  Oculoniot.  und  Facialis.  1885  Wieder- 
herstellung der  Beweglichkeit  des  linken  Auges. 
Lähmung  der  Kaumuskeln.  1888  Abnahme 
der  Patellarreflexe. 

L.Röthungl  Der  linke  Trigeminus  zeigte  sich   auffällig  abge- 
der  Papille'      stumpft,  femer  bestand  Analgesie  der  unteren 
Extremitäten.  Fehlen  der  Plantar-  und  Patellar- 
I      reflexe. 

'  Durchschiessende  Schmerzen.  Schwanken  bei 
geschlossenen  Augen.  Fehleu  der  Patellar- 
reflexe.    Blascnbeschwerden  etc. 

Die  Bewegungsstörungen  der  Augen  später  V('>IIig 
verschwunden.  Paraesthesien ,  Roniberg.  Im- 
]>otenz.     Eetentio  urinae. 


Atrophie 


Atrophie  des  Sehnerven   als  erstes  Symptom   be- 
ginnender Tabes. 

I  Fehlen  der  Patellarreflexe. 


I  Trochlearis 


Fehlen  der  Patellarreflexe.     Romberg. 


Beginnende  Tal>es. 


beiderseits  Fehlen  des  Kniephänomens.     Atrophie 
des  rechten  Beines. 

38  jähriger  Syphilitiker.     Tabes. 


11* 


164 


Tabelle  IV.    Ophthalmoplegie 


1 
1 

i 

Nervus   oculom  otorins 

,J:    1        Autor  und  Littcratur 
'^    1 

1 

Ptosis 

äussere  Bulbusmuskeln 

Iris 

Am 

k 

38     Schwarz,  ref.  Marina  191 

1 
L.  Rectus  super.                      1    beide  starr 
R.  Rectus  internus                  ' 

1 

39  'Dinkler,    Berl     klin.  W. 
1      1893  Nr.  16 

1 

R.  Oculoniotorius                        R  Mydriasis. , 

lieiderseits 
starr 

1 
40  i  Charcot,Progr.  mM.  1893 

Nr.  24 

i 

R.  Ptosis 

R.  Rect.  intern,  sup.  et  inf. 

beideneits 
refl.  starr 

be* 

1 
41     Marina,  p.  208 

L.  Ptosis 

R.  Rectus  sup.  et  infer. 
L.  Rectus  sup. 

Miofib       1 
beideiaeits    . 
reflekt.  starr 

gd 

42  .Marina,  p.  209 

Im  Ptosis 

R.  Rect.  internus  und  superior 
L.  Rectus  sup. 

reflekt.  starr  l 
Mioais       > 

Ptosis 


44  1  Buzzard,  J.  f.O.  1879,  413  beiderseits 
I  Cliuical  lectures  1881  p.  180  !  Ptosis 

!  I 

!  ; 

45  iDutil,    Progr.    med.   1892.  beiderseits 
'      Nr.  46  Ptosis 


Ophthalmopleg.  ext ,  rechta  |  Ophthalniopl. ; 
wirkt  nur  noch  der  Troch-  1  inter.  I 
learis  I     refl.  sUrr 


46     Marina,  1.  c.  ]>.   11 


47     Unser  Fall  Gorezko 


48         •       Fall  Rabe 


49         -       Fall  Nor 


'  keine  Ptosis 


I 

I     beiderseits 
Ptosis 
K.>L. 


I 


keine  Ptosis 


I 


beiderseits    Ophthalmoplegia 

exter. 
R.  nur  ObIi(i.  infer.  beweglich 
L.  Rectus  externus  frei. 

leichte  Parese  der  Augen- 
bewegungen nach  oben  und 
nach  den  Seiten 


l>eider8eits  Parese  der  vom 
Oeulomotorius  innervirten 
^[uskeln 


L  Obliquus  infer.  paretisch 


K.  Ptosis     .  R.  Parese  des  Rectus  internus 
schwach      , 


beiderseits 
refl.  starr 


ungleich  weit' 

beide  reflekt. . 

starr         '• 


beiderseita 

Mioeia  und 

refl.  atarr 


R.  >L. 

L.  atarr.     | 

R.  apurweiae  , 

Reaktion      ' 

L.>R.beider- 

aeits  Mioais.  ' 

Sehr  träge    | 

Lichtreaktion  '• 

beidcrseita    | 

R.  geringe  Re-' 
aktion       . 
L.  fehlend 


bei  Ptosis  (Tabes)  ohne  Sektionsbefand. 


165 


Nervus 
Trochlearis 


Nervus 
Facialis 


Sehnerv 


Andere    Erscheinungen 


*ns 
»ns 


untere  Zweige 
L.  schwach 


untere  Zweige 

beiderseits 

Facialis 


ts 

8 


ts      L.  Trochlearis 


"«!R)Tn>chlearis|     ^'  ^^"^"^^ 


ts 


links  fibrilläre 

Zuckungen  in 

den  unteren 

Gesichts- 

uiuskeln 


;ns      L.  Trochleariü 
1  paretistch 

derl 

:e8 


Westphal'sches  Phänomen. 


Parästhesien  im  Gebiete  des  rechten  QuintuH, 
lanciniremle  Schmerzen.  Larynxcrisen.  Kau- 
muskeln atrophisch.    Fehlen  der  Patcllarreflexe. 

I  Bulbärerscheinungen.  Anftsthesie  an  verschiedenen 
;      Körperstellen.  Westphal'sches  Ph&nomen.    Im- 
potenz.    Sphincterenlähmung  etc.  — 

Lancinirende  Schmerzen.  Fehlen  der  Patcllar- 
reflexe.    Romberg.     Ataxie.     Früher  Iritis. 


Ataxie,  lancinirende  Schmerzen.     Westphal'sches 
Zeichen.     Komberg.     Herabsetzung  der   Sensi- 
I      bilität.     Impotenz.     Blasenschwäche. 

I  Herabsetzung  der   Sensibilität.     Fehlen  der  Pa- 
tcllarreflexe. 


locomot.  Ataxie.  Crises  gastriques,  Atrophie  der 
Scapnlamnskulntur.  Fehlen  der  Patellarrcflexe, 
massige  Anästhesie  der  Beine. 


Tabes.     Früher  Lucs. 


Komberg.     Westphal'sches  Phänomen. 


I 


Vor  11  Jahren  Lues,  ausgesprochene  Tabes. 


Früher    Sehanker.      Fehlen    der    Patcllarreflexe, 
breitspuriger  Gang,  Incontinentia  urinae. 


■  ausgesprochene  Tabes. 


166 


Tabelle  IV.    Ophthalmoplegie 


Nervus    oculomotorins 


^    I        Alltor  und  Litteretur 


'        Ptosis        I 


uutfsore  Bulbusmuskeln 


Iris 


Am 

dl 


50  '  Unser  Fall  Langbein 


.1 


Fall  Kölschen 


52  I  ,  Fall  Woitersdorf 

I 

53  j,  Füll  Martin 

54  „  Fall  Bohne 

55  1,  Fall  Mooruiann 

56  „  Fall  Keinke 

57  j,  Fall  Roller 

58  „  Fall  Hantz 

59  „  Fall  H.  E. 

60  „  Fall  M.  P. 

! 
! 

1 

Ol  I  ,  Fall  A,  L. 


keine  Ptosis  I  K.  Kectus  internus 


keine  Ptosis 


R.  >  L.  beide 
'         starr 

beiderseits 
I  Miosis,  starr 


'    beiderseite    :  R.  Obliq.  infer.  Rectnsraper. 

I  leichte  Ptosis  '      et  infer. 

I  j  L.  Bulbus  fast  völlig  starr 

<  keine  Ptosis  ,  L.  rectus  internus 


I  R.  Ptosis  R.  alle  Aeste  des  Oculomo-  ■ 

I      schwach  |      torius  | 

I  beiderseits  i  R.  alle  Oculomotoriosäste 

I        Ptosis  I  L.    Rectus    infer.    und  Rect. 
I  internus 

i      L.  Ptosis 


R.  Ptosis       R.   komplete  Oculomotorius- 
koniplet      '      lihmung 


R.  Ptosis      ■  beiderseits       Oculomotorius-  , 
I      lühniuug  I 


beiderseits 
leichte  Ptosis 


K.  Ptosis  in-    L.  rectus  internus 
komplet      ' 


I 


beiderseits     l  R.  Oculoiuotorius 
Ptosis 
R.  >  I..      ' 


I 


beiderseits 
reflekt.  starr  I 


[Mydriasis, 
beiderseits    ' 
reflekt.  starr 

beiderseits    | 
{  reflekt.  starr  , 

R  absolut  starr 
iL  reflekt.  starr 

I  Miosis,  beide 
j  starr 

!L.  >  R.  UMdei 
|8tarr  auf  Lieht 
I  und  Konver- 
genz        ' 

beide  absolut ' 
starr         ■ 

beiderseits 

weit  und  starr, 

auf  Lieht 


i 


L.>R.  beider-|  L J 

seits  reflekt.  '       < 

starr  li 


beiderseits     \     he 
absolut  starr       A< 


bei  Ptosis  (Tabes)  ohne  Sektionsbefand. 


167 


I        Nervus 
8  Trochlearis 


e         beiderseits 
Trochlearis 


ns     L.  Trochlearis 
i  gelähmt 


R  Trochlearis 
!        gelähmt 


Trochlearis 


Nervus 
Facialis 


Sehnerv 


Andere    Erscheinungen 


Atrophie 


Atrophie 


ausgesprochene  Tabes, 
ausgesprochene  Tabes. 

Tabes  mit  Bulbärsymptomen. 

Vor  12  Jahren  Lues,  ausgesprochene  Tabes. 

Früher  Schanker   und   Lues.     Crises  gastriques, 
ausgesprochene  Tabes. 

Vor     18    Jahren     Schanker,     keine     Sekundär- 
erscheinungen, ausgesprochene  Tabes. 

Kinderlos,  nusgesprodiene  Tabes. 

Keine  Lues,  kein  Schanker,  ausgesprochene  Tabes. 

keine  Patellarreflexe,  beginnende  Tabes. 


Die  Patellarreflexe  sind  bcidersi'ita  vorhanden. 
Analgesien  an  den  unteren  Extremitäten. 
Trophische  Geleukerkrankungeu. 

Lues.  Anfangs  rechts  Ptosis,  dann  Unsicherheit 
im  Gang.  R.  Mundfacialis  afficirt,  dann  Dop))el- 
bilder.  Beiderseits  Fehlen  der  Patellarreflexe, 
Analgesien  an  den  Extremitäten.  Hitzig'sche 
Zone. 

Lues,  ausgesprochene  Tabes  mit  Blasenst^Jrungen . 


168 


Tabelle  V.    Ophthalmoplegie 


Tabelle  V.     Ophthahnoplegi 


Nervus    Ocu lom  o  t  or i u s 


Autor  und  Litteratur 


Ptosis 


äussere  Bulbusmuskeln 


Iris 


Am 


r  .  ^  --  .      - 

1  jBuzzard,   Braio  V.  p.  34    leichte  Ptosis 

I  1 

'  I 

2  iBevan    Lewis    Braiu    1882  i 


3  !  Bloeq  und  Onanof  f ,  Gaz. 
I      hebdom.  297,  1892 


4  I  Dejeriue  und  Darkseho-  , 

I      witsch,  ref .  Jahresbiirieht . 

für    Ophthalmologie     von  ' 

'      Michel  1887,  293  i 


5|Dejerine,     1884    Progri^s 


I 


m6d.  43 


Ophthalmoplegia  externa 
Ophthalmoplegia  externa 


Lähmung  des  Nerv,  oculo- 
motorius  und  Anaesthesie 
des  Gesichts 


beiderseits     | 
Ptosis 


beiderseits 
absolut  starr  I 


R.  Miosis    I 
L.  Mydriasis ' 


6  Eichhorst,Korrespondeuz- 
I  blatt  für  Schweizer  Aerzte 
I      Nr.  14.  1889 


7  Hutchinson,  ref.  Dufour 
I  obs.  50.  Med.  Chirurg. 
I       Transaet.  LXII.  307,  1879 


beiderseits     '  L  rcctus  internus 
Ptosis        I 


Ophthalmopl. 
interior       i 


bei  Ptosis  (Tabes)  mit  Sektionsbefund. 


169 


(Ptosis)  mit  Sektionsbefund. 


Nervus 
Trocblearis 


Nervus 
Facialis 


Sehnerv 


Bemerkenswert bes  und  Sekt ionsbef und 


!  In  einem  Falle  miliare  Blutergüsse  in  der  Gegend 
des  Abducenskems. 


j  Die  Kerne  des  N.  Aecessorius,  Vagus,  Hypoglossns 
'      entartet,  der  des  Abducena  verkleinert,  in  seiner 
Umgebung  miliare  Apoplexien. 

! 

'  Die  Sektion  ergab  im  Rückenmark  die  Veränder- 
I  ungen  bei  beginnender  Tabes,  dann  Atrophie 
I  der  Kerne  des  Oculomotorius  und  Trigeminus. 
Atrophie  der  Oculomotoriuswnrzeln,  des  Kerns 
I      und  der  von  ihm  versorgten  Muskeln. 


I  Luetische  Vergangenheit.  Tabes :  Ausgesprochene 
Hinterstrangdegeneration,  Leptomeningitis,  Wur- 

!  zelatrophie.  Neuritis  der  vorderen  Wurzeln 
und    Ilautäste    an    den    unteren   Extremitäten, 

!  starke  Atrophie  des  linken  Nervus  und  Mus- 
culus  abducens,    der    Wurzelfasem    und    des 

I      Kernes   der  gesammten    Nerven.     Der   Oculo- 

I      motorius  war  unbetheiligt. 

I 

j  Tabes.  Bei  der  Autopsie  fand  sich  eine  De- 
j  generation  der  zum  I^vator  gehenden  Nerven - 
I  äste  vor,  während  die  anderen  Aeste  und  der 
I  Stamm  des  Oculomotorius  selbst  unversehrt 
waren. 


Fast  latent  verlaufene  Tabes,  Fehlen  der  Patellar- 
reflexe.     Sektion :  graue  Entartung  der  Hinter- 
I      stränge,    Ependym -Verdickung    des  IV.   Ven- 
trikels  und  ein  frisches  Blutgerinnsel    auf  der 
Eminentia  teres  rechts. 


kb-l      beiderseits 
Trocblearis 


Atrophie  \  Tabes.  Sektion :  Vei*dickung  des  Ependyms  und 
Degeneration  der  Kerne  des  III.,  IV.  und  VI. 
I  Paares  Graue  Degeneration  der  Optici  und 
I  Oculomotorii;  die  Fasern  der  letzteren  im 
,  Hirnschenkel  waren  nur  durch  Bindegewebe 
I  angedeutet.  Vom  Trocblearis  war  nichts  zu 
sehen.  Ausgeprägte  Atrophie  der  Abduoentes. 
i  Partielle  Degeneration  des  Trigeminus.  Die 
I  Veränderungen  waren  histologisch  denen  bei 
'      progressiver  Muskelatrophie  gleich. 


170 


Tabelle  Y.    Ophthalmoplegie 


.•   I 


k; 


Autor  und  Litteratur 


Nervus   Oculomotorins 


Ptosis 


äussere  Bulbusmuskeln 


8     Jendrassik,  Nourol.  Cen-i     K.  Ptosis 


tralbl.   IX.  377 


1 


R.   kompletc  Ocolomotorius- 
Lähmung 


I  j 

9   I  Kahler,  Prager  Zeitschrift  , 

I      II,  1882,  432  ' 


plötzlich  linksseitige  partielle 
Oculomotorius  •  Lähmung, 
welche  später  wieder  ver- 
schwand 


10  I  Marina,  p.  200 


L.  Ptosis 


L.  Oculomotorius 


Iris 


_L 


B.  Mydriasis 


reflektor.  starr 


L.  Miosis 

j  B.  Mydriasis, 

beide  starr 


11     Rosen  thal,  Deutsch. Archiv  I     K.  Ptosis      'Diplopie 
I      f.  klin.  Medicin  XXXVIIL  I 

I      3.  S    263.  1886  '  | 


bei  Ptosis  (Tabes)  mit  Sektionsbefund. 


171 


ns 
sens 


NerviiM 
Trochlearis 


Nervus 
Facialis 


Sehnerv 


Beine rkenswerlhes  und  Sektionsbefund 


icbt 
lach 


R.  Facialis 


I 


später 
Atrophie 


Tabes.  Sensible  Trigeminuslähmung.  —  Nach 
^/a  Jahre  vollständige  Heilung  des  Symp- 
tomenkomplexes  binnen  8 — 10  Tagen  ;  während 
dieser  Zeit  entstand  ganz  die  gleiche  Lähmungs- 
form auf  der  linken  Seite  in  gleichem  Schritt 
mit  der  Besserung  rechts.  Ein  halbes  Jahr 
später  wanderte  die  ganze  Lähmung  wieder  auf 
gleiche  Weise  auf  die  rechte  Seite  zurück.  Bei 
der  Sektion  war  nichts  Auffallendes  an  der 
Oblongata,  die  mikroskopische  Untersuchung 
erwies  auch  keine  Veränderungen  in  den  be- 
treffenden Nerven kernen. 


Tabes.  Starke  Kopfschmerzen  während  der  Ent- 
wickelung  der  Oculomotoriuslähmung.  Sektion : 
Ausser  den  gewöhnlichen  tabetischen  Er- 
scheinungen, als  Sklerose  der  Hinterstränge  und 
chron.  Meningitis  spinalis,  zeigte  sich  eine 
Wucherung  des  Ependyms  im  Aquaeductus 
Sylvii,  welche  den  Kanal  ganz  ausfällte  an 
dieser  Stelle.  Die  Umgebung  des  Aquaeductus 
zeigte  zahlreiche  erweiterte  Gefässe  mit  ver- 
dickten Wandungen.  Die  Kerne  und  Wurzel- 
fasern des  Oculomotorius  waren  normal. 


Tabes  mit  Larynxkrisen.  Sektion:  Tod  durch 
llämorrhagie  in  die  rechte  Kleinhimhemisphäre. 
Massige  Atrophie  des  Vagus-,  des  Acusticus- 
und  stärkere  des  Oculomotoriuskems.  Neuritis 
des  Vagus,  des«  Acusticus  und  des  Oculomotorius. 
Das  Ependym  des  HL  Ventrikels  und  des  Aquae- 
ductus etwas  verdickt  und  knotig  aufgetrieben. 
Die  Arterien  zeigten  verdickte  Wandungen. 
In  der  Gegend  zwi«chen  Trochlearis  und  Oculo- 
motoriuskern  konnte  man  durch  einige  Schnitte 
ein  Gefäss  verfolgen ,  welches  rosenkranzartig 
aufgetrieben  war.  Der  linke  Oculomotorius- 
stamm  zeigte  Degeneration  der  Fasern  mit 
Verdickung  des  interstitiellen  Bindegewebes. 
Ebenso  beim  Vagus  und  Acusticus. 


Tabes.  Hinterstrangsklerose.  Bei  Eröffnung  des 
HL  Ventrikels  beträchtliche  ependymärc 
Wucherungen  mit  partieller  Obliteration  des 
Aquaeductus  Sylvii ;  diese  mikroskopisch  aus 
Bindegewebsfasern  mit  eingestreuten  Rundzellen 
und  Kernen  bestehenden  Wucherungen  er- 
streckten sich  am  Boden  des  IH.  Ventrikels 
nach  hinten  zu,  wo  bekanntlich  der  längliche 
Oculomotoriuskem  gelegen  ist. 


I 


172 


Tabelle  V.    Ophthalmoplegie 


tz;  ! 


Autor  und  Litteratur 


Nervus   Oculoniotorius 


Ptosis 


äussere  Bulbusmiukelii 


Iris 


Am 


12  ,  Ross,  Brain  1886,  April  24  leichte  doppel- 
i  ,  seitige  Ptosis 


Oculoiuotorius  und  Trochle- 
aris  beiderseits 


13  IRoss,  1.  0. 


beiderseits     I  Ophthalmoplegia    exterior 
Ptosis  totalis 


reflekt.  starr 


14  I  SharkcySeymour,  1886 
I      ref.  Dufour  obs.  52 

15  'Oppenheim,  A.  f.  Psveh. 
1      u.  Nerv.  XX.  131 


i 
16  I  Oppenheim,  A.  f.  P.  u. N. 
XX,  p.   158 


17     Pacetti,  ref.  Si«'merling  u. 
lioedeker,  A.  f.  Pj*vch.»  u. 
I      Nerv.  XXIX,   423* 


Reaktion 
beiderseits 
vorhanden 


II.  Pt(»sis       Ophthalmoplegia  incompleta .         mlxta 


Beweglichkeit  des  rechten  R.  >  L  1 
Bulbus  nach  oben ,  unten  1  beiderseits  ' 
und  namentlich  nach  innen  .  reflekt.  starr  ■ 
beschränkt,  Bewegung  des  '  | 

linken  Bulbus  frei.  { 


L    konii)lete  |  beiderseits  Parese  des  Nerv.  .  L.  >  R. 

Ptosis        I      oculomotorius  in  den  ver-  '  Reaktion 

I      schiedenen  Zweigen,  links  i  gering.  al>er 

I      noch   ausgesprochener  als '  erhalten 


I 


rechts 


I 


L.  Ptosis 


I  hochgradige  Beschränkung  ■  beiderseits  ' 
der  Beweglichkeit  der  1  reflekt.  starr  | 
Bulbi.     Es  war  eine  ge-  ,  ' 

ringe  Hebung  und  Senkung  | 

i      noch  möglich.  i 

I 


bei  Ptosis  (Tabes)  mit  Sektionsbefund. 


173 


Nervus 
Trochlearis 


Nervus 
Facialis 


Sehnerv 


Uemerkenswerthes  und  Sektionsbefund 


Trochlearis 


beiderseits 
Trochlearis 


s  Trochlearis 


Atrophie  |  In  der  MeduUa  oblongata  und  dem  Himstamni 
Fortsetzung  der  Degeneration  des  Rückenmarks 
femer  Degeneration  der  abi*teigenden  Tri^e- 
minuswurzel,  dos  Fascic.  rotundus  und  des 
grössten  Theiles  vom  Vaguskem.  Im  Oculo- 
motorius-  und  Trochleariskem  und  ihrer  Nach- 
barschaft bestanden  betrücht  liehe  Veränderungen^ 
sowie  Atrophie  der  Wurzelfasem  dieser  Nerven. 
Die  Ganglienzellen  au  Zahl  vermindert.  Kaum 
eine  Spur  des  Bündels  von  I^ongitudinalfasern, 
welche  die  absteigende  Quintuswurzel  enthHlt, 
war  vorhanden,  indem  die  von  den  vorderen 
Vierhügeln  durch  diesellK»  quer  hindurch  zum 
Oculomotoriuskem  ziehenden  Fasern  unter- 
brochen und  atrophirt  sind. 

Das  centrale  HOhlengrau  um  den  Aquaeductus 
Sylvii  hatte  sich  mit  Karmin  intensiv  roth  ge- 
fiirbt.  Das  Gewebe  war  dicht  mit  Kernen  be- 
setzt. Die  Ganglienzellen  des  Oculomotorius 
und  Trochlearis  waren  verkümmert.  Die  Fasern 
des  Oculomotorius  waren  zu  feinsten  Fibrillen 
geworden  in  ihrem  intramedullären  Verlauf. 

Bei  der  Sektion  nichts  Pathologisches  gefunden !  ? 


In  einer  Höhe,  der  vorderen  Vierhügelgegend  kurz 
hinter  der  hinteren  Commissur  entsprechend^ 
zeigt  sich  der  recht«  Oculomotoriuskem  deut- 
lich atrophisch,  indem  die  Ganglienzellen  zum 
grossen  Theil  untergegaagen  sind;  ebenso  sind 
die  ausstrahlenden  Wurzelfasem  verdünnt  und 
zum  Theil  degenerirt.  Im  Stamme  des  rechten 
Oculomotorius   fand  sich   eine  grössere  Anzahl 

I  atrophischer  Primitivfusern,  ebenso  im  Abdue<»n8. 
Tabes  dorsalis.    Beide  Trigemini  und  Vagi  dege- 

j      nerirt. 

.  Trochleariskcmc,  Oculomotoriuskeme  (incl.  West- 
phal'sche  Gruppe)  von  normaler  Beschaffenheit,. 

I      ebenso    die    Wurzeln    dieser   Nerven.      Peri- 

I  pheri  sehe  Nerven  nicht  untersucht.  Tabes. 
Störungen    im   Trigeminusgebiete;    die    aufstei- 

I  gende  Trigeminuswurzel  ist  in  ihrer  ganzen 
Ausdehnung  atrophirt. 

Atrophie  '  Degeneration  der  Ilinterst ränge,  der  aufsteigenden 
■      Trigeminuswurzel  beiders.  Partielle  beiderseitige 

Degeneration   der   aufsteigenden   Gloasopharyn- 

geuswurzel. 
j  Atrophie  der  Abducens-,  Trochlearis-  und  Oculomo- 
I      toriuskerne  mit  ihren  Wurzeln.     Die  medialen 

und  lateralen  Gruppen  gleichfalls  degenerirt. 
I  Der  Darkschewitsch'sche  Kern  am  wenigsten  be- 
I      troffen.    Der  im  hinteren  Längsbündel  liegende 

Oculomotoriuskem  war  links  besonders  dege- 
I      nerirt. 


174 


Tabelle  V.     Ophtbalmoplegie 


Autor  und  Littoratur 


18  I  Sieiuorling  u.  Boedeker, 
I      A.  f.  Psych,  u.  N.  XXIX, 
452,  F^l  VI 


Nerv  DB    Oculomotorim 


Ptosis 


I 


äuss>ero  Bulbusmoskoln 


Iris 


Im 


19 


Krauss-Bcrjjer,  A.  f.  Ps. 
u.  N.  XXIII,  412,  Fall  V 


20 


keine  Ptosis 


Cassirer  und  Schiff,  Fall 
IL  Arbeiten  aus  dem  Ober- 
Bteiner'schen  Institut.  Wien 
u.  Leipzig,  Deutieke  1896  Hl.  mittlere  Pt. 
|8]>üter  auch  R; 


R.  Ptosis  mitt- 
leren Grades, 

später 
beiders.  Ptosis 

incompleta. 
Das  rechte  Lid 
soll  vor  zwei 
Monaten   ganz 
herunter- 
gehangen 
haben,  jetzt 
wiedergehoben 
beiderseits 

Ptosis, 
L.  komplet, 


total 


Augenbewegungen  nach  allen 
Richtungen  beschränkt, 
namentlich  rechts.  Nystag- 
musartige  Zuckungen  bei 
Bewegungen. 


Die  Aufwärtsbewegung  beider 
Bulbi  sehr  unvollkommen, 
sodass  fast  gar  keine  will- 
kürliche Bewegung  mög- 
lich ;  links  nur  soweit,  dass 
der  untere  Rand  der  Horn- 
haut sich  kaum  1  mm 
vom  Unterlid  entfernt. 
EinigeMonate  später  wurde 
Oculomotorius-  und  Abdu- 
censparese  konstatirt 

Beide  Bulbi  sind  etwas  nach 
aussen  abgelenkt  und  voll- 
stündig  unbeweglich 


R   >L.     I 

reflekt.  starr ! 


I 

beiderseits    - 
träge  Reaktion; 
auf  Licht 


OphthalmopL  I 
inter.        ' 
beiderseits, 
Pupillen 
massig  weit 
L.  >  R. 
reagiren  weder 
I  reflektorisch, 
Inochaooommo- 
I         dativ 


A.Iii 

B.I 

henl 

spät« 


21 


I  Cassirer  und  Schiff,  Fall  : 
I      III,  1.  c.  137 


keine  Ptosis  j  Augenbewegungen  nach  allen 

Richtungen    frei ,     jedoch 

weicht    beim    Blick    nach 

oben  das  rechte  Auge  stark 

nach    oben    innen,    beim 

Blick  nach  vom  bisweilen 

I      (las  linke  Auge  nach  innen 

I      ab.    Bei  allen  Bewegungen 

I      leichter  Nystagmus 


beiderseit« 
ad  maximum 
dilatirt,  voll- 
kommen 
reaktionslos 
auf  Licht, 
Acc.  u.  Konr. 


bei  Ptosis  (Tabes)  mit  Sektionsbefand. 


175 


Nervus 
ts  TrcK'hlearis 

18         Tn>chlcaris 


Trochlearis 


Nen'us 
Facialis 


Sehnerv 


BemerkeDswerthes  und  Sektion8l>efund 


Atrophie  !  Tabes.  Senile  Demenz.  Abdiicf^nskem  massig 
I  de^nerirt,  ebenso  die  Wnrzeln  und  Nerv. 
I  Trochleariskem  beiderseits  massig  dcgenerirt. 
I  Massige  Degeneration  der  Oculomotoriuskerue, 
die  Wurzeln  dünn.  Nerv  degenerirt.  Wc^st- 
phal'sche  Gruppe  gut.  Die  Augenmuskeln  dege- 
nerirt.    Optici  nicht  untersucht. 


Pupille 
stark 
geröthet, 
Venen 
stark  in- 
jicirt  und 
geschlän- 
gelt 


Mikroskop.  Untersuchung  des  Rückenmarkes.  Die 
Mednlla  und  Gegend  des  Aquactluctus  nicht  unter- 
sucht. 


K.  Mund- 
facialis 


Links  Naso- 

labialfalte 

etwas  schlaffer 


I 


normal      Tabes     Sensibilitätsstörungen  im  Trigeminusgebiet. 
I      Leichte  Störungen  im  Uereiche  des  Facialis  und 
Hypoglossus.  Schluckbeschwerden.  Geschmacks- 
st<")rung.    Atrophie  der  rechten  Armmuskulntur. 
I      Athetoseurfigc  Bewegungen.  Graue  Degeneration 
1      der  Ilinterstränge.    Kleines  Spindelzellensarkoni 
I      des  rechten  Vorderhorns  iiu  Cervikalmark. 
Beiderseitige  hochgradige  Degeneration  der  spinalen 
I      Trigeminus-  und  Glossopharyngeuswurzel.    Ver- 
änderungen  im    kleinzelligen    dorsalen  Glosso- 
phar^-ngeus- Vaguskern.  Gefässveränderungen  am 
I      Bmlen  der  Rautengrubc.  Degeneration  der  beider- 
'      seitigen    Kerne   und   Wurzeln   des   Trochlearis 
und  Abduceus.     Grotiszellige  laterale  Oculomo- 
I      toriuskerne  und  grosszelliger  Centralkern,  sowie 
Oculomotoriuswurzeln  degenerirt.  Edinger-West- 
I      phal'sche,  Darkschewitsch'sche  und  kleinzellige 
'      vordere  Median  kerne  intakt.   — 
I  Die   perivaskulären  Lymph räume  am  Boden   des 
I      IV.  Ventrikels  stark  erweitert  und  erfüllt  von 
Exsudatmassen,  in  der  an  manchen  Stellen  rotlie 
I      Blutkörperchen   auffindbar   sind.     In   der  Um- 
gebung  dieser  erweiterten  Lymphräume  kleine 
I      Hämorrhagien.      Die  Gefäss«;   zeigen   eine   auf- 
I      fallend  verdickte  adventitielle  Scheide. 

Atrophie  I  Tabes.  Rechte  Zungenhälfte  atrophisch,  Zunge 
'  weicht  nach  rechts  ab.  Sensibilität  im  ganzen 
j  Gesichte  herabgesetzt.  Konjunktival-  und  Kor- 
I      nealreflex  fehlen  vollständig.     Tuberkulosis. 

Grosse   Degenerntion    der   Hinterstränge.     Chron. 
I      tuberkul.  Meningitis.    Degeneration  der  spinalen 

Trigeminus-  und  der  spinalen  Glossopharyngeus- 
I      wurzeln.     Degeneration   in  den  Oculomotorius- 

kernen.  Degeneration  der  peripheren  Hypo- 
I  glossusäste  in  der  atro])hischen  Zungenhälfte, 
,  eigenthümliche  fettige  Degeneration  der  Mus- 
I  kulatur  ders<>lben  Zungenhälfte.  Graue  Dege- 
'      neration  beider  Nerv,  optici. 


176 


Tabelle  Y.    Ophthalmoplegie 


22 


i 

Nervus    Oculomotorios 

;        Autor  und  Litteratur 

1 

Ptosis 

ttussere  Bulbusmuskeln       i          Iris 

Au 

Cassirer  und  Schiff,  Fall 

beiderseits 

Links  fast  totale  Ophthalmo- 

L.admaximuin 

IV,  1.  c.  144 

Ptosis 

plegie.   Rechts  Bulbus  frei 

erweitert, 

L.  >  R. 

beweglich 

voUkommen 

Recht»  Ptosis 

reaktionslos. 

angedeutet 

Hechts 

ebenialli 

vollkommen 

reaktionslos 

23 


Th.     Buzzard,      Clinical  '    beiderseits 


lectures  1881,  p.  180 


Ptosis 
R.  >  L. 


Beide  Bulbi  bewegungslos 
mit  Divergenz  der  Seh- 
achsen. 


R.>L.ieflekt.*      gdi 
starr 


bei  Ptosis  (Tabes)  mit  Sektionsbefund. 


177 


I      I        Nervus 
DS     I     Trochlearia 


R.  Trochlearis 


TnK'hlearis 


Nervus 
Facialis 


leichte 
Störungen 


Sehnerv 


Opticus- 
atrophie 


Schwäche  der 

unteren 

Faeialisgebiete 

))e8onder8 

links 


Bemerkenswerthes  und  Sektionsbefund 


Tabes.  Meningitis  1>a8ilari8  tuberculosa  acuta. 
Leichte  Facialis-  und  Hjrpoglossusstorungen. 
Keine  Sensibilit&tsstörungen  im  Bereiche  des 
Trigeminus. 

GraueDegeneration  der  Hinicrstränge,  meningitische 
y  erfi  nderungen.  Einseitige  partielle  Degeneration 
der  spinalen  Trigeminuswurzel.  Rechter  Troch- 
leariskem  und  rechtseitige  Wurzeln  degenerirt. 
Degeneration  in  den  linkseitigen  grosszelligen 
Kemgruppen  des  Oculomotorius  und  in  den 
intramedullllren  linkseitigen  Wurzelbündeln  des 
Oculomotorius.  Edinger-Westphal ,  Darksche* 
witsch  und  vordere  kleinzellige  Mediankeme 
intakt.  — 

Tabes.  Tod  in  einem  Anfalle  von  Dyspnoe.  Die 
Nerven  des  VI.  Paares  wurden  bei  der  Sektion 
nicht  gefunden.  Graue  Degeneration  der  Hinter- 
stränge. Sklerose  der  GolTschen  Stränge  nach 
unten  abnehmend.  Atrophie  der  Hinterhömer. 
Die  untere  Hälfte  des  IV.  Ventrikels  und  die 
Kerne  des  Aceessor,  Hypoglossus,  Vagus,  Glosso- 
pharyngeuB  erschienen  normal,  desgleich,  des 
Corp.  restifonu.  und  die  Oliven.  Die  Wurzel- 
fasem  des  Abducens,  des  Facialis- Abducenskems 
waren  in  hohem  Grnde  atrophisch;  in  ihrer 
Umgebung  zahlreiche  verdickte  und  erweiterte 
Blutgefr&se,  miliare  Hämorrhagien. 


Wilbrsnd-Ssenger,  Neurologie  des  Auges. 


12 


178 


Tabelle  VI.    Ophthalmoplegie 


Tabelle  VI.    Ophthalmoplegie  bei  Tal 


Ncryns    Oculo  m  ot  o  r  i  u  s 


Autor  und  Litteratur 


Ptosis 


üussoro  Bulbusmunkeln 


Iris 


d 


Boedeker,  Arch.  f.  Psych.,         keine  Ophthalmoplegia  completa      '     beidorseit:« 


u.  Xerv.  XXIII  3l3,  1892 


Thomson,    Festschrift    zu  ,         keine 


Ehren  des  Geh.Rath Meyer, 


Perthes,  Besser  und  Mauke  I 
Hamburg  I 


reflekt.  starr 
K.  >  L. 


I 


R.  erliebliohe  !  reflekt.  starr 

i  L.  geringere  Beweg! ichkeits-  später  erlischt 

beschränkung  |   die  KoDver- 

i  '  genzreaktion 

I  I 


bei  Tabes  mit  Paralyse  oder  Psychosen  mit  Sektionsbefand. 


179 


oder  Psychosen  mit  Sektionsbefund. 


Nervus 
Trochleariö 


lü. 


Nervus 
Facialis 


Sehnerv 


Bemerkens werthes  und  Sektionsbefund 


centrale     Einseit.  Fehlen  des  Patellarreflezes.     I^ianeinironde 
Scotonie  f.       Schmerzen ,     Schwindelanfftlle ,     Störung     der 

Farben  Sprache  und  Intelligenz.     Tabes- Puralj^ssf, 

Amblropiei  Die  Rfbiion   erinib   den   der  TubfS   uod  Paralyse 
bloss  entÄprecbondeu  Befund.    Die  Kerne  der  Äugen- 

nerven z^'i^len  Kntartiing,  ebentio  deren  Stümtn« 
und  ilie  WurEeln  selhKt.  Nur  das  distale  Ende 
des  <  k^iilomotormekei^i  war  zk^mllch  uover- 
K^hri  jjrrM  lln'  cnlupricht  wnhrsM'hHnlich  de^m 
Levatorkem.  D  Sehnerv  geigte  einen  inter- 
stitiell-neuritischen  Prozess.  Keilförmig  dicht 
hinter  der  Papille,  weiter  nach  hinten  halb- 
moDdfdruif^  ongeordDet  (chronische  Neuritis  der 
papiliomakuUron  FiiseHiünilt^I).  Die  Sehstü- 
mngen  hotti^ii  auch  wÄhrc^ud  des  Lebens  das 
Bild  einer  Tntoxikuüonäaniblytsple  ilargeboten. 
Der  Kranke  war  während  seint  r  Kranklieit  zum 
Säufer  geworden. 


R.Atrophie  Gewisse  Symptome  dtr  Tabes  dorudis,  (We«tpbiil- 
schesZeifhcn  Reichte  Ataxie  Jnkonüopnz)  zu  denen 
sich  üUJsei'de.m  Zeichen  emer  Krknmkung  der 
^eitenstrfinge  (ivchwitcbe,  Trt^inor)  gesellen, 
Paralyse:  Unregi^luiÄsslge,  mehr  fleckweise  ak 
»ygtcmutbchc  Erkrankung  der  Hinter-  und 
SeitcustrUnge  in  den  obt'r«n\  ausserdem  aber 
Degeneration  der  Vordi' rat  ränge  Ij^ondcra  einer- 
seits und  Erkrankung  beider  V<irtlerh6mer 
besonders  des  einen  in  dera  unteren  Abüchnllltt 
ii^i=  Kiickfiiamrkä.  <ätre<*k weise  Enlartnng  der 
hintt^rcn  Wnrat'ln  des  Rutkenmarka*  Ycrftn 
derung  der  Gefüsst^  iin  gestimmten  liückenmark, 
dle«4'lben  vermehrt,  t heilweise  oblitcrirt. 
Hochgradige  HeLTt^neraiton  beider  Hypogloaiius^ 
kerne  mit  Atrophie  der  Wurzeln.  Ausgi?- 
fjprorhene  Erkmnknni^'  der  Abd litten skeme  mit 
entBpret'hetifier  Atroj^hio  der  Wurzeln,  Eine 
entschiedene  Degeneration  der  Ocalorao torlas- 
kerne  ( mit  den  daKUgehöngen  linkseitigeu 
WvirzelhüniJeln)  besonders  in  den  unteren  Ab- 
schnitten de»  Kfrncitj  während  der  Unk«  Ocu- 
Inmotoriuskern  nur  eine  geringe  Atrophie  und 
ein  nonuah'N  Verhalten  der  rechttcitjgen 
Wurzel  Uli  ndil  aufweist.  Die  Westpbal'scben 
Kerne  sind  gesund.  Von  den  AiiL^enn^^-ireii 
sind  beide  Alxlucentes  hochgradig  atrophisch, 
der  linke  Oculomotorius  ist  massig  atrophisch, 
der  rechte  dagegen  g(>sund.  Ebenso  sind  beide 
Trochleares  gesund. 


12* 


180 


Tabelle  VI.    Ophthalmoplegie 


Autor  und  Littcratur 


Nervus    Oculomo  torius 


Ptosis 


äussere  Bulbusmuskeln 


Iris 


Aß 

i 


SiemerliDg,  Arch.  f.  Psveh. 
und  Nerv.  XXII  194  Falll 


Siemerling,  1.  c.  Fall  II 


Siemerling,  1.  c.  Fall  III 


beiderseits 
Ptosis 


beiderseits 
leichte  Ptosis 


beiderseits 
massige  Ptosis 


Vollständige  Lähmung  aller 
Augenmuskeln 


Zunehmende  Beweglichkeits- 
beschränkung erst  rechts, 
dann  links.  Nur  noch 
schwache  Bewegungen  nach 
abwärts  möglich 


Nach  den  Seiten  Bewegungen 
am  stärksten  eingeschränkt, 
nach  oben  und  unten  besser. 


auf  Konver- 
genz eihalten 

beiderseits 
reflekt.  starr 


R.  >  L.  Beide 
absolut  starr 


L.  >B. 
reflekt.  starr 


bei  Tabes  mit  Paralyse  oder  Psychosen  mit  Sektionsbefund. 


181 


NervuB 
Trochlearis 


Nervus 
Facialis 


Sehuerv  | 


Andere    Erscheinungen 


ns 


beiderseits 
Trochlearis» 


Abblas- 
suDg  der 
Papillen 


its 
ns 


beiderseits 
Trochlearis 


'its 
sns 


Ophthal- 

mosk. 
Atrophie 
Blindheit 


Atrophie 


Der  linke  Musculus  rectus  ist  in  einzelnen  Bündeln 
erkrankt,  die  kleinen  Muskelnervenäst«  des 
Abducehs  zeigen  eine  leichte  Degeneration,  in 
den  übrigen  Augenmuskeln  zeigen  sich  geringe 
Veränderungen.  Die  Erkrankung  charakterisirt 
sich  anatomisch  überall  als  ein  Zugrundegehen 
der  Ganglienzellen  der  Nervenkerae  ohne  deut- 
liehe Zeichen  einer  abgelaufenen  oder  noch  be- 
stehenden Entzündung.  Den  Blutungen  kommt, 
da  sie  meistens  jüngsten  Datums  sind,  eine 
Bedeutung  für  die  Genese  des  schon  mehr- 
jährigen Krankheitsprozesses  nicht  zu.  Wenn 
auch  mit  ziemlicher  Sicherheit  angenommen 
werden  darf,  dass  der  rechtsseitige  Oculomo- 
toriuskern  ebenfalls,  allerdings  in  weit  ge- 
ringerem Maasse  erkrankt  ist,  so  findet  sich  eine 
Atrophie  der  Wurzelbündel  doch  nur  auf  der 
linken  Seite  und  dementsprechend  ist  der  linke 
Nerv  massig  atroi)hisch,  der  rechte  dagegen 
gesund.  Der  Prozess  ist  am  intensivsten  und 
illtesten  in  beiden  Ab<lucenskernen,  und  dem 
entspricht  klinisch  die  frühzeitige  komplete 
Ab<lucenslähmung,und  anatomisch  die  peripherie- 
wärts  abnehmende,  aber  hochgradige  Atrophie 
der  Nerven.  — 


Tabes  und  Paralyse.  Abducenskem  und  -Nerv 
atrophisch.  —  Oculomotorius-Kem  und  -Nerv 
atrophisch.  Westphal'sche  Gruppe  gut.  — 
Trochlearis:  Kern  gut,  Nerv  atrophisch.  Par- 
tielle interstitielle  Veränderungen  an  beiden 
Optici.  Fettige  Degeneration  der  Augenmuskeln 
beiderseits.  Die  Atrophie  der  N.  N.  abdu- 
centes,  oculomotorii  und  trochleares  bis  in 
ihre  Endverbreitungen  ausgeprAgt.  Degeneration 
der  Augenmuskeln  mit  Hypertrophie  der  Fasern. 


Tabes  mit  hallucinatorischen  Angstzuständen  und 
Hinterseitenstrangsklerose.  Degeneration  der 
Kerne  des  Oculomotorius,  des  Abducens,  leichte 
Degeneration  der  Ganglienzellen  im  Hypoglossus- 
kern.  Atrophie  der  N.  N.  oculomotorii,  ab- 
ducentcs,  trochleares. 


Tabes.  Hypochondrisclic  Stimmung.  Degeneration 
der  Kerne  des  Oculomotorius;  am  leichtesten 
im  distalen  Beginn.  Degeneration  des  Abducens- 
kerns,  beiderseits  leichter  Zerfall  der  Ganglien- 
zellen im  Hypoglossus.  Atrophie  der  Nervi 
oculomotorii  und  abdncentes.  Degeneration 
der  Augenmuskeln.  Graue  Degeneration  der 
Optici.  — 


182 


Tabelle  VI.    Ophthalmoplegie 


j^  Autor  und  Litteratur 


Nervus    Oculomotorias 


Ptosis 


äussere  Bulbusmuskeln 


Iris 


6  I  Siemerling,   Fall  VI 


beiderseits 

deutliche 

Ptosis 


I 


7  !  Siemerling,  Fall  VIII  I.e. 


8  I  Siemerling,  und  Boc- 
I  deker,  A.  f.  Psych,  u. 
I      Nerv.  XXIX  427    Fall  I 


9     Siemerling      und      Boe- 
deker,  1.  e.  Fall  III 


keine  Ptosis 


Die  Beweglichkeit  der  vom 
Oculomotorius  Tersox^n 
Muskeln  deutlich  be- 
schränkt 


beiderseits 
reflekt.  starr 


L.  Ausgesprochene  Oculomo- 
toriuslähmung 
B.  angedeutet 


beiderseits 
absolut  starr 


keine  Ptosis 


K.  Andeutung  einer  Parese 
der  Augenmuskeln  mit 
Ausnahme  des  Trochlearis 
und  Obliq.  inferior 

L.  Parese  des  Beet.  inf.  und 
Obliq.  super. 


beiderseits 
absolut  starr 


I 


beiderseits    I  Fortschreitende        Lähmung 
starke  Ptosis  |      aller  Augenmuskeln.  Deut- 
liche nystagmusartigeZuek- 
ungen  auch  in  der  Ruhe 


beiderseits    I 
reflekt.  starr  i 


bei  Tabes  mit  Paralyse  oder  Psychoseu  mit  Sektionsbefund. 


183 


Nervus 
Trochlearis 


Nervus 
Facialis 


Sehnerv 


Andere    Erscheinungen 


ts 

18 


beiderseits 
Trochlearis 


ts 

IS 


Trochlearis 


Atrophie 


normal 


Atrophie 


L.  normal  Tabes  mit  Paralyse.  Degeneration  der  Kerne  des 
R.  Abblas-  Ocnlomotorius  (Westphal'sche  Gruppe  gesund), 
sung  nach  Degeneration  des  Abducenskems  beiderseits  und 
innen  des    Trochleariskems   beiderseits.      Zerfall  der 

Zellen  im  Hypoglossuskem.  Degeneration  der 
N.  N.  ocnlomotorii ,  abducentes,  trochlearcs. 
Atrophie  der  Augenmuskeln.  Partielle  graue 
Degeneration  des  rechten  Optikus  bis  in  die 
Papille  hinein.  Beide  Optici  intakt.  Der 
ganze  Oculomotoriuskem  ist  von  stark  gewun- 
denen und  gesohlängelten ,  mit  Blut  gefüllten 
Gefässen  durchzogen.  Im  centralen  Theil  des 
Kerns  finden  sich  in  der  Mitte  und  im  rechten 
Kern  grössere,  im  linken  kleinere  Blutaustritte. 

Paralyse  mit  Degeneration  der  Hinter-  und  Seiten- 
stränge. 

Unregelmässige  Erkrankung  der  Hinter-  und  Seiten- 
strünge  im  Lendenmark,  auch  der  Vorderstränge 
und  Vorderhömer.  Degeneration  der  hinteren 
Wurzeln. 

Massige  Atrophie  des  Hypoglossuskemi.  Hoch- 
gradige Atrophie  beider  Abducenskeme  und 
der  Nervi  abducentes.  Oculomotoriuskem  links 
ausgesprochen,  rechts  angedeutet  atrophisch. 
Westphal'sche  Kerne  und  distales  Ende  der 
Oculomotoriuskeme  gesund.  Die  Wurzelbündel 
und  der  Nervus  ocnlomotorius  links  atrophisch, 
rechts  gesund.  Augenmuskeln  leicht  d^^erirt. 
Bechter  Optikus  total  atrophisch,  linker  par- 
tiell. — 

Paralyse.  Apath.  Demenz. -Tabes.  Mikr.  Befund. 
Beide  Kerne  des  Abduoens  degenerirt,  rechts 
mehr.  Die  Wurzeln  rechts  dünner.  Bechter 
Abducens  erheblich  degenerirt,  links  wenig 
zerfallene  Fasern.  Der  linke  Trochleariskem 
zeigt  geringe  Degeneration.  Die  Wunel  gut. 
Rechter  Trochleariskem  stark  degenerirt,  ebenso 
die  Wurzel.  Der  Oculomotoriuskem  ist  beider- 
seits atrophisch.  Hier  und  da  finden  sich  in 
den  Kemen  in  der  Nähe  der  Gefässe  kleine 
Blutungen.  Die  Westphal'schen  Gmppen  gut. 
Wurzeln  degenerirt.  Die  Wurzel&ste  degenerirt. 
Links  sind  sie  besser. 

Paralyt.  Grössendelirien,  dann  apathisch.    Seiten- 

und  Hinterstrangsklerose. 
I  Der  Abducenskera  beiderseits,  ebenso  die  Wurzeln 
i  und  der  Nerv  degenerirt.  Der  Trochleariskem 
beiderseits,  ebenso  die  Wurzeln  und  der  Nerv 
degenerirt.  Vom  Ocnlomotorius  ist  der  Kern 
beiderseits  sehr  stark  degenerirt,  ebenso  die 
Westphal'sche  Gmppe.  Femer  sind  die  Ocnlo- 
motorius-Wurzeln  und  -Nerv  degenerirt.  Alle 
Augenmuskeln  stark  degenerirt,  ebenso  beide 
Levatores  paipebr. 


184 


Tabelle  VI.    Ophthalmoplegie 


Nervus    Oonlo  m  o  t  o  ri  ns 


u 

Autor  und  Litteratur 

Ptosis 

äussere  Bulbusmoskeln                  Iris 

ACQ 

10 

Siemerling      und     Boe- 

beiderseits      Lähmung  nach    allen   Rieh- 

1                         1 
L.  >B.     , 

deker,  1.  c.  Fall  IV 

mittlere  Ptosis       tungen 

beideneits 

absolut  starr 

11 

Siemerling     und      Boe- 

R.  Ptosis 

1887    Paralyse   des    rechten 

beiderseits 

deker,  1.  c.  Fall  V 

L.  Ptosis      (      Oculomotorius    und    par- 

absolut  starr 

angedeütet 

tielle  des  linken 

1891  Paralyse    des    rechten 

) 

Oculomotorius 

Parese  des  linken  Oculomo- 

torius, Intentionsnystagmus 

12 

Siemerling     und      Boc- 

keine  Ptosis 

L.  scheinen  die  Augenbeweg- 

R. >L, 

deker,  1.  c.  Fall  Wll 

ungen  frei 

Reaktion 

R.  Beschränkung  nach  oben 

auf  licht  links! 

fehlend,  rechts! 

vermindert 

13 

Siemerling     und     Boe- 

beiderseits 

Rechts  Lähmung  aller  Ocu- 

R.  >L. 

deker,  1.  c.  Fall  IX 

Ptosis,  rechts 

lomotorinsmuskeln ,      nur 

absolut  starr. 

mehr 

Beweglichkeit   nach    oben 
etwas  erhalten.    Links  frei 

beiderseits 

1 

14 

Boedeker,  N.  C.  XIV  191 

R.  Ptosis 

R.  Lähmung  sämmtlicherOca- 
lomotoriusäste  nur  die  Be- 
weglichkeit nach  oben  ist 

beiderseits 
reflekt.  sterr 
R.  keine  Kon- 

etwas  erhalten.    Augenbe- 

vei-genxreak- | 

wegungen  im  übrigen  frei. 

tion 

Der   rechte  Bulbus   etwas 

L.  Miosis     ! 

prominenter  als  der  linke 

Reaktion  auf 

L.  Sämmtlichc  Augenbeweg- 

Konvergenz  | 

ungen  frei 

erhalten 

1 

1 

bei  Tabes  mit  Paralyse  oder  Psychosen  mit  Sektionsbefand. 


185 


I 
I       I        Nervus 
18     I     Trochlearis 


Nervus 
Facialis 


Trochlearis 


lysCj     Trochlearis 
en 

18       I 

ter  I 

m 


es 
du- 


Sehnerv 


Abblas- 
sung 
namentlich 
temporal 


Atrophie 


Atrophie 


Partielle 
Atrophie 


R.  Papille 

tem])oral 

vielleicht 

i  etwas  ab- 

geblasst 


Andere    Erscheinungen 


Tabo  -  Paralyse.  Vom  Abdueons  beiderseits  die 
Kerne,  die  Wurzeln  und  der  Nerv  degenerirt. 
Vom  Trochlearis  beiderseits  Kerne,  Wurzel  und 
Nerv  degenerirt.  Vom  Oculomotorius  beider- 
seits Kern,  Wurzel  (inel.  Westphal'sche  Gruppen) 
und  Nerven  degenerirt.  Alle  Augenmuskeln 
degenerirt.  Partielle  Atrophie  des  Optikus, 
indem  beide  Sehnerven  in  ihrem  grösbten  Theile 
atro])hisch  sind. 

Paralyt.-apath.  Demenz.  Degeneration  der  Seiten- 
und  Hinterstränge. 

Beiderseits  leichte  Degeneration  des  Abducenskems, 
namentlich  rechts.  Im  linken  Abducens  kleine 
Fasern. 

Der  Trochleariskern  beiderseits  degenerirt,  nament- 
lich rechts.     Die  Wurzeln  ebenfalls  degenerirt. 

Degeneration  beider  Oculomotoriuskeme  im  Be- 
ginne gleich,  dann  rechte  Seite  stärker  befallen. 
Die  Oculomotoriuswurzeln  rechts  dünner  als 
links.  Westphal'sche  Grupi>e  gut.  Alle  Augen- 
muskeln degenerirt. 

Verwirrt,  Grössenideen.  Taboa.  Abducenskern  und 
Nerv  intakt.  Trochleariskern  und  Nerv  intakt. 
Leichte  Degeneration  beider  Oculomotorius- 
keme. 


Paralyt.  Demenz.      Grö«senideen.     Tabes. 

Abducens:  Kern,  W^urzeln,  Nerven  intakt.  Beide 
Kerne  des  Trochlearis  nur  massig  degenerirt 
im  distalen  Theil,  im  proximalen  Theil  stärker. 
Wurzeln  und  Nerven  intakt.  — 

Der  Oculomotoriuskern  beiderseits  degenerirt, 
rechts  noch  mehr  in  der  vorderen  Hälfte. 
Intramed.  Wurzeln  links  intakt,  rechts  stark 
atrophisch.  Westphal-Edinger'sche  Kerne  dege- 
nerirt. Rechts  Oculomotorius  stark  degenerirt.  — 

Lues  hat  wahrscheinlich  bestanden.  Potus?  Tabo- 
paralyse.  Rechter  Oculomotorius  hochgradig 
verdünnt.  Der  Abducenskern  wenig  verändert. 
Vom  Oculomotoriuskern  ab  tritt  deutliche  De- 
generation der  Kerne  zu  Tage,  recht«  meist 
(aber  nicht  auf  allen  Schnitten)  in  höherem 
Grade  als  links.  Der  auffallendste  Unterschied 
besteht  bezüglich  der  austretenden  Fasern :  Diese 
sind  rechts  verschwunden  oder  zu  dünneren 
Fäden  verschmälert,  links  von  normaler  Breite. 
Dieser  Unterschied  der  Fasern  bleibt  in  der 
ganzen  Länge  des  Kerns  derselbe.  Die  dorsal 
vom  Kenigebiet  in  schräger  Richtung  noch 
medial- ventral wärts  verlaufenden  Fasern  sind 
rechts  degenerirt.  Eine  fast  bis  zu  vollkom- 
menem Schwunde  vorgeschrittene  Atrophie  weist 
der  rechte  dorsal  gelegeue  Kern  auf  (Kreis- 
gruppe) und  dessen  nach  der  Mittellinie  hin 
austretenden  Fasern.  Die  vorderen  medianen 
Kerne  endlich  sind  ebenfalls  beide  hochgradig 
zerfallen,   der  rechte  noch  mehr  als  der  linke 


186 


Tabelle  VI.    Ophthalmoplegie 


hi: 


Nervus   Ocnlomotorins 


^    !        Autor  und  Litteratur 


I 


i        Ptosis        I      äussere  Bulbusmuskeln 


15  ,  Westphal,  A.  f.  P.  u.  X.       L.  Ptosis 
i      XVIII  840  ! 


beiderseits  starker  Strabismus 
diverg.jWillkürlichoAagen- 
l>cwegungea  vollständig 
fehleud 


Iris 


i0 

d 


L.  auf  Licht 

starr 

R.  unmerklich, 

reagirend. 


bei  Tabes  mit  Paralyse  oder  Psychosen  mit  Sektionsbe  und. 


187 


Tn>chleari8 


ÜDM-illkür- 
liche  Beweg- 
ungen um  den 
Mund. 


beginnende 
Atrophie 


Sektion:  Ahducentes  und  Ocnlomotorii  grau, 
verdünnt,  Augenmuskeln  mehr  oder  weniger 
verfettet.  Wurzelfasem  der  Ocnlomotorii  stark 
degenerirt,  den  entsprechenden  Befund  ergeben 
die  Stämme  der  N.  ocnlomotorii.  Hochgradige 
Atrophie  der  Ganglienzellen  im  Kern  des  Ocu- 
lomotorius,  die  Grundsubstanz  scheint  normal. 
An  dem  Trochleariskeme  fand  sich  eine  voll- 
ständige Atrophie  bisher  nicht  beschriebener 
Gruppen  kleiner  Ganglienzellen ;  die  intra- 
medullären Abschnitte  der  Trochleares  zeigen 
fast  vollständige  Atrophie.  Die  AbducensM'urzeln 
sind  hochgradig  atrophisch. 


188 


Die  Ptosis  bei  der  progressiven  Paralyse. 


Was  von  der  Tabes  gesagt  wurde,  gilt  auch  für  die  Kombination  der 
Tabes  mit  Paralyse.  Bei  den  von  Siemerling  und  Boedeker  beschriebenen 
Fällen  von  Taboparalyse  sehen  wir  die  Augenstörungen  meist  nicht  als  weit 
zurückliegende  Vorläufererscheinungen  des  cerebralen  und  spinalen  Leidens 
auftreten,  sondern  gleichzeitig  mit  diesem,  oder  oft  im  Verlaufe  desselben, 
auftreten. 

y)  Die  Ptosis  bei  der  progressiven  Paralyse. 

S  73.  Nach  Moeli  (384)  sind  graue  Atrophie  der  Sehnerven  und  Augen- 
muskellähmungen sehr  viel  häufiger,  wenn  gleichzeitig  mit  der  Tabes  psychische 
Störungen  vorhanden  sind:  graue  Atrophie  mit  solchen  35^/o,  ohne  solche  8^o: 
Muskellähmungen  mit  solchen  47®/o,  ohne  solche  15^/o. 

Während  Lähmungserscheinungen  der  Iris  und  des  Ciliarmuskels  (retlekt. 
Starre  auf  Licht,  auf  Konvergenz,  und  Accommodation ,  Accommodations- 
lähmung,  Ophthalmoplegia  interior)  zu  den  frühesten  und  konstantesten 
krankhaften  Symptomen  von  Seiten  der  Augen  bei  der  progressiven  Paralyse 
gehören,  so  steht  diesen  so  häufigen  Aflfektionen  des  vorderen  Kerngebiets 
des  Nervus  oculomotorius  die  bleibende  Lähmung  der  äusseren  Augenmuskel 
resp.  des  Levator  palpebrac  als  relative  Seltenheit  gegenüber. 

Ueber  das  Vorkommen  der  Lähmung  eines  Augenmuskels  oder  der  Ent- 
wdckelung  einer  Ophthalmoplegia  exterior  bei  Paralytikern  giebt  uns  folgende 
statistische  Zusammenstellung  beredte  Auskunft: 


Tabelle  VIL 

Ueber  das  Vorkommen  der  Lähmung  eines  Augenmuskels  oder  Entwickelung 
einer  Ophtlialmoplegia  exterior  bei  Paralyse. 


Autor  und  Litteratur 

Männer 

Weiber 

Gesammt- 
Zahl 

Anzahl  der  Fälle 

von 

Paralyse 

Siemerling  und  Boedeker, 
Arch.  f.  Psych,  u.  N.  XXIX. 
722 

2,0  ^,0 

2,2  o/o 

676 
223 

Ilirschl,  eitirt  bei  Siemerling 
und  Boedeker 

• 

10,0 

Kaes,  Allg.  Zeitschrift  f.  Pfvch. 
LI.  Heft  I 

3,6  '^,  0 

2,0  V 

3,3 

A.Mario,  (Kontribution  il  V  etude 
des    troubles    ocul.    dans    la 
paralysie   generale    Tht*se    de 
Paris 

14,3  <>;0 

300 

Gilbert    Ballet,    Neurolog. 
Centralbl.  XII.  626 

27 

37. 

Die  Ptosis  bei  der  progressiven  Paralyse.  189 

Im  Allgemeinen  können  wir  also  einen  Prozentsatz  von  2 — 3  für  das 
Vorkommen  von  dauernden  Augenmiiskellähmungen  bei  der  progressiven  nicht 
mit  Tabes  komplizirten  Paralyse  annehmen.  Der  hohe  Prozentsatz  von  14,3 
bei  Marie  erklärt  sich  wohl  daraus,  dass  die  nystagmusartigen  Zuckungen 
in  den  Endstellungen,  welchen  wir  ja  auch  so  häufig  bei  anderen  Nerven- 
leiden begegnen,  den  Augenmuskelstörungen  zugezählt  sind. 

Was  die  Ptosis  anbelangt,  so  konnte  in  allen  von  Siemerling  und 
Boedeker  untersuchten  Fällen  starke  Grade  derselben  konstatirt  werden, 
und  es  machte  den  Eindruck,  als  ob  diese  mit  der  Intensität  der  Lähmung 
in  den.  übrigen  Muskeln  des  Oculomotoriusgebietes  Hand  in  Hand  gingen. 
Im  Beginne  konnte  die  Ptosis  oft  noch  überwunden,  wenigstens  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  ausgeglichen  werden,  später  hing  das  Lid  schlaff  herab,  und 
war  keine  Hebung  mehr  möglich. 

Unter  den  sieben  inkomplizirten  Fällen  von  Paralyse  auf  Tabelle  VIII 
fanden  wir  5mal  Ptosis  verzeichnet.  Erwähnenswerth  scheint  noch,  dass 
im  Falle  6  dieser  Tabelle  bei  doppelseitiger  starker  Ptosis  und  vollständiger 
Degeneration  aller  Gruppen  des  Oculomotoriuskems  neben  Degeneration  der 
Wurzeln  und  Nerven  die  Degeneration  in  den  beiden  Mm.  levatores  palpebr. 
am  wenigsten  gegenüber  den  anderen  äusseren  Augenmuskeln  ausgesprochen  war. 


190 


Tabelle  VIII.    Ophthalmoplegie 


Tabelle  VIII.    Ophthalnw 


^ 


Autor  und  Litteratur 


Nervus   oculomotorias 


Ptosis 


1   I  Böttiger^    A.    f.  P.    u.  N. 
XXI  2 


beiderseiUi 
Ptosis,  später 

R.  starke 

L.  geringe 

Ptosis 


änssi're  Bulbusmuskeln 


Iris 


dtt 


beiderseits  Oculomotoriuslfth- 
mung 


I 


Siemerling,  A.  f.  P.  u.  N.  ,  keine  eigent-  I  Nach  allen  Kichtungen  sind 
'^  ^  ,,  „,  I   j.^j^^  Ptosis         dieAugenbewegungen  stark 

I  beschränkt 


XXII  194  Fall  IV 


Siemerling,  I.e.  Fall  VII 


I 
4  I  Siemerling     und     Boe- 
deker,    A.   f.  Ps.    u.   N. 
XXIX  720  Fall  X 


Siemerling     und      Boe- 
deker,  1.  c.  Fall  VIII 


keine  Ptosis 


Augenbewegungen  sehr  be- 
schränkt, nur  rechts  nach 
aussen  gut 


L.  Ptosis 


L.zunehmende 
Ptosis 


L.  Parese  säm ratlicher  Ocu- 
lomotoriuȊste.  Beweglich- 
keit nach  unten  noch  am 
besten  erbalten,  nach  innen 
und  oben  stark  einge- 
schränkt.    Nystagmus 


beiderseits 

starr 

auf  Licht  und 

Konvergenz 

R.  >  L. 

starr  auf  Licht 
und  Konver- 
genz 


L.  >  R.      I 
R.  starr  auf  ; 
Licht 


L.  >  R.      I 
auf  Licht  starr! 


bei  progressiver  Paralyse  (Ptosis). 


191 


essiver  Paralyse  (Ptosis). 


Nervus 
Trochlearis 


Trochlearifl 


Trochleariö 


TrochleariR 


ts 

8 


Nervus 
Facialis 


ZuckuugcD  am 
rechteo  Mund- 
winkel 


Sehnerv 


Andere    Erscheinungen 


Atrophie 


Abblass- 


Der  Facialis-  und  Abducenskem  sind  links  ärmer 
an  Ganglienzellen.  Die  linke  aufsteigende 
Quintuswurzel  ist  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung 
zum  grössten  Theile  entartet. 

Die  hinteren  Trochleariskeme  fehlen  beiderseits. 
Die  Hauptkeme  des  Trochlearis  sind  beider- 
seits, besonders  der  rechte  stark  atrophisch. 
Der  Oculomotorius  sowohl  in  Kernen  als  Wur- 
zeln hochgradig  entartet.  Die  Westphal'schen 
Kerne  sind  relativ  gesund.  In  den  Ganglien- 
zellen Vakuolen.  Der  Blutreichthum  ist  im 
ganzen  Himstamm  erhöht ;  prall  gefüllte  Kapil- 
laren, l)esonder8  in  der  grauen  Substanz  äusserst 
zahlreich.  Im  Hoden  des  III.  Ventrikels,  zum 
Theil  in  seinen  Seitenwänden  zahlreiche  punkt- 
förmige kapilläre  Hämorrhagien,  Ependymitis 
ebenda. 


Abducenskem  atrophisch,  rechts  stärker  als  links, 
ung  Nervus  Abducens  atrophisch.  Der  Oculomotorius» 

namentlich       kern  und  Nerv  atrophisch, 
temporal  I  Trochlearis:    Kern    und    Nerv    atrophisch.      Die 
Augenmuskeln  degenerirt. 


normal 


normal 


Abducens :  Linker  Kern  und  Nerv  stark  atrophisch. 
Rechter  Kern  und  Nerv  gut. 

Oculomotorius:  Kern  und  Nerv  atrophisch.  West- 
phal'sche  Kerne  gut. 

Trochlearis:  Kern  atrophisch;  Nerv  atrophisch. 
Augenmuskeln  degenerirt. 

Beiderseits  aufsteigende  Trigeminuswurzel,  sen- 
sibler Trigeminuskern  und  austretender  sensibler 
Trigeminus  degenerirt. 

Abducens :  Beide  Kerne  degenerirt.    Links  stärker. 

Trochlearis:  Kern  beiderseits  sehr  wenig  degenerirt, 
links  stärker.     Trochleariswurzeln  gut. 

Oculomotorius : 

Westphal'sche  Gruppe  gut.  Beide  Kerne  dege- 
nerirt, links  stärker.  Wurzeln  links  stark 
atrophisch,  reckts  intakt.  Kern  im  centralen 
Höhlengrau  gut  erhalten. 

Abducens:  Kerne  degenerirt,  Wurzeln  dünn,  Nerv 
degenerirt. 

Trochlearis:  Beiderseits  wenig  zerfallene  Zellen. 
Wurzel  gut. 

Oculomotorius:  Degeneration  beider  Kerne  nament- 
lich von  der  Mitte  un.  Linker  Kern  sehr  stark 
degenerirt.  Wurzeln  links  stark  degenerirt. 
Westphal'sche  Gruppe  gut.  Kern  im  centralen 
Höhlengrau  gut.  Blutungen  im  centralen 
Höhlengrau  und  der  hinteren  Commissur. 

Augenmuskeln  degenerirt.  Linker  Obliquus  su- 
perior  intakt. 


192 


Tabelle  VIII.    Ophthalmoplegie 


Nervus   oculomo  to  rins 


Ptosis 


SiemerÜDg     und     Boe- 
deker,  1.  c.  Fall  II 


7  Jessen,  citirt  bei  Dufour 
les  paralysies  nucleaires 
observ.   189 


beiderseits 
starke  Ptosis 


äussere  Bulbusrnnakeln 


Iris 


Am 
dl 


Fortschreitende  Lähmang 
aller  Augenmuskeln.  Zu- 
letzt kaum  Bewegung  yor- 
banden.     Proinisio   bulbi 


L  >  R.     i 
auf  Licht  und; 
Konvergenz  ' 
starr 


bei  progressiver  Paralyse  (Ptosis). 


193 


Nervus        ■        Nervus 

Trochlearis     I        Facialis 

I 

I 


Sehnerv 


Andere    Erscheinungen 


Trochlearis 


Atrophie  '  Abducens:    beiderseits   Kern,   Wurzel  und  Nerv 
i      degenerirt. 

i  Trochlearis :   Beiderseits  Kern,  Wurzel  und  Nerv 
I      degenerirt. 

Oculomotorius :   Alle  Kerne  degenerirt,  auch  die 
Westphal'schen.     Wurzel  und  Nerv  degenerirt. 
Blutungen  im  centralen  Höhlengrau. 
Alle   Augenmuskeln    degenerirt.      Levatores    am 
wenigsten. 

Progressive  Paralyse.     On  trouva  des  16sions  du 
noyau  d'origine  de  Poculo-moteur  externe. 


Wilbraud-Saenger,  Neurologie  des  Auges. 


13 


UM  Die  PtosiB  bei  der  omltiplca  Sklerose. 


/   Die  Ptosis  bei  der  mvltiplem  Sklerase. 

^  74.  Eingehende  Untersuchungen  über  die  Augemnaskelstömngen  bei  der 
rliftseminirten  Herdsklerose  verdanken  wir  U h thof f  «443».  Derselbe  konstsürte 
in  18^0  der  Fälle  Augenmuskellähmungen  «abgesehen  Ton  den  Zacknngen  der 
Bulbi  in  den  Endstellungen  >,  darunter  3  mal  Lähmungen  des  Ocalomotorius. 
Zweimal  fand  sich  eine  ausgesprochene  Ophthalmoplegia  exterior.  Unter  den 
Fällen  von  A.  Lübbers  i510»  handelte  es  sich  4mal  um  Parese  des  Ocalo- 
motorius mur  partiell  und  fast  ausschliesslich  auf  den  Rectas  internus  be 
schränkt;.     Ptosis  wurde  nicht  beobachtet. 

Auch  Parinaud  (511)  giebt  eine  Zusammenstellung  der  Augenstorungen 
Im  der  disseminirten  Sklerose.     Hie  und  da  wurde  Ptosis  konstatirt 

Unter  den  35  Fällen  von  multipler  Sklerose  aus  der  Beobachtung  von 
Probst  (440i  traten  als  erstes  Symptom  leichte  Augenmaskelstönmgen  auf. 
Der  I^vatorlähmung  ist  jedoch  dabei   keiner  besonderen  Erwähnung  gethaB. 

Unter  68  Fällen  von  multipler  Sklerose  aus  den  beiden  grossen  Ham- 
burgischen  Staatskrankenhäusem  fanden  wir  18 mal  den  Oculomotorius  afficirt. 

Ptosis  wurde  in  14,7  ^'o  der  Fälle  von  uns  gefunden.  Wir 
geben  dieselben  in  kurzer  Skizzirung  hier  wieder. 

1.  Ein  37  jähriger  Töpfer  erkrankte  mit  Kreuzschmerzen  und  Lähmung  des 
rechten  Armes.  Später  spastische  Lähmung  des  rechten  Beines.  Rechter 
PatellarreHex  gesteigert.  Lähmung  des  rechten  Oculomotorius  inkl.  des  Le- 
v  a  t  o  r  p  a  1  p.  s  u  p.     Intentionszittem.     Links  Herabsetzung  des  Sehvermögens. 

2.  oOjähriger  Maurergeselle.  Allmähliche  Lähmung  der  linken  Körper- 
seite, die  sich  wieder  Ijesserte.  Sehstörung.  Linksseitige  Ptosis.  Beider- 
seith  Trochlearis,  Abducens  und  Obliquus  inf.  paretisch.  L.  Sehnerv  blässer 
als  rechts.  Träge  I^ichtreaktion  der  Pupillen.  Beiderseits  Intentionszittem. 
PatellarreHex  gesteigert,   links  mehr  als  rechts.     Langsame  Sprache. 

3.  49jähriger  Kaufmann.  Seit  3  Jahren  zunehmende  Steifigkeit  in  den 
deinen.  Schwindel.  Ab  und  zu  Incontinentia  urinae.  Patellarreflex  ge- 
steigert. Fussklonus.  Nystagmus.  PupillendilFerenz.  Ataxie  der  Beine. 
Linke  Augenlidspalte  kleiner  als  die  rechte. 

4.  Ein  40jähriger  Mann  erkrankte  mit  Koj)f schmerzen,  Sehstörungen, 
Doppeltsehen  und  Ptosis.  Vollkommene  Heilung.  1  Jahr  später  wieder  Kopf- 
schmerz, Herabsetzung  des  Sehvermögens  links  und  Schwäche  im  linken  Bein. 
Krhöhung  der  Sehnenreflexe.  Rechtsseitige  homonyme  Hemianojisie.  Beider- 
seits Atrophia  nerv.  opt.  Pupillendifferenz.  Links  Ptosis  geringen 
Grades,  (iang  spastisch.  Spraclistörung.  Schwäche  im  rechten  Arm  und 
reichten  l^Mn. 

f).  Fil.  L.,  27  J.  Häufig  Schwindel,  Doppeltsehen  vorübergehend. 
Hochgradigfi  si)astische  Kontrakturen  beider  Beine.  Beiderseits  Fussklonus. 
Verlangsamte,  stossweise  Sprache.  Intentionstremor  beider  Hände.  Lacht 
viel.     Beiderseits  temporale  Abblassung  der  Optici.     Links  Skotom  für  Weiss 


d  Farben.      Nystaginische    Zuckungen.      Links    inkomplete   Ttosis. 
Pupillen  beiderseits  gleicli,  Reaktion  etwas  träge. 

6.  M.  A,5   24jührige3  Dienstmädchen.      Beginn  mit  Schwindel   und  apo- 
■lectiformera   Anfall     Beiderseits  Intentionsxittern   der  Hände;    hochgradige 

Steigerung  der  Patellarretlexe.  Beiderseits  Fussklonus.  Nystagmische 
Zuckungen  der  Bulbi  in  den  Endstellungen.  Leichter  Tremor  des  Kopfes. 
Kontraktur  im  FuBsgelenk.     Gang  unsicher.     Link^  leichte  Ptosis. 

7.  Katharina  R*,  00  J.  Beginn  mit  Schwäche  und  l:^chwere  im  linken 
Bein ;  der  linke  Arm  folgte  nach.  Dann  Zucken  im  linken  Auge,  Zittern  der 
rechten  Hand  und  Sehschwäche,     Linke  Lidspalte  enger  als  die  rechte, 

8.  J.  F,  A.  M.,  50  J.,  Hutmacher.  Nystagmus,  Pupillendifferenz; 
Amblyopie  seit  4  Jahren,  Intentionstremor ;  Steigerung  der  Patellarredexe, 
Spastische  Kontrakturen  heider  Beine.  Leichte  Ptosis  des  linken 
Auges.  Nach  6  Tagen  verschwunden.  Nach  w  e  i  t  e  r  e  n  3  Wochen 
ausgesprochene  linksseitige  Ptosis. 

9.  A.  Seh.,  41  J.,  Haushälterin,  litt  schon  als  Kind  an  Heniicranie.  Im 
25.  Jahr  Kopfschmerzen  und  Augenmuskel Ulhmung.  Im  36.  Jahr  Abnahme 
des  Hör-  und  Sehvermögens  links,  frehaufte  linksseitige  Migräneanfalle  mit 
Erbrechen-  Die  o  b.e  r e  n  Augenlider  hängen  beiderseits  tiefer 
aU  normal.     Links  centrales  Skotom.     Die  linke  Papille  ist  weiss. 

10.  H.  A.  B.  Früher  hing  das  linke,  später  das  rechte 
Oberlid  herab. 

In  diesen  Fällen  stellte  sich  die  Ptosis 
Imal  als  komplete  einseitige, 
5 mal  als  inkomplete  leichte  Lähmung  eines  Levator  palp.  sup.  dar» 

2  mal  fanden  wir  die  eine  Lidspalte  kleiner  als  die  andere  notiii. 

In   l  Fall   war  eine  leichte  Ptosis  bald  rechts,    bald  links   aufgetreten. 

In  1   Falle  endlich  hingen  beide  Oberlider  tiefer  herab  als  normal 

Wie  bei  der  äusseren  Bulbusmuskulatur  die  Lähmungen  keinen  ausge- 
sprochenen Charakter  zeigen,  sondern  etisvas  Unvollkommenes,  Verschwommenes 
an  sich  haben,  so  finden  wir  auch  die  I'tosis  bei  der  multiplen  Sklerose 
meist  als  eine  inkomplete  und  unfertige.  Dieselbe  zeigt  ebenso  wie  bei  der 
Tat>es  oft  ein  ephemeres  Auftreten  [siehe  Nr.  8  der  olien  mitgetheilten 
Fälle  und  Taylor  (44<^  Fall  1)]. 

Auch  die  isolirte  Lähmung  des  Levator  kommt  neben  Nystagmus  bei  der 
multiplen  Sklerose  vor,  wie  in  dem  folgenden  durch  die  Sektion  bestätigten  Falle 
von  Schule  (449).  Ein  23jähriger  Forstbeamter  zeigte  Schwindelantalle, 
Koordinationsstörungen  der  Arme  und  Beine,  Tremor  capitis,  Parese  des 
rechten  Arms  und  Beins ,  Nystagmus  und  Ptosis.  Dabei  bestanden 
Schüttelkrämpfe,  Schlingbeschwerden  und  scandirende  Sprache. 

Meist  tritt  jedoch  die  Ptosis  zugleich  mit  Doppeltsehen  und  folgenden 
mehr  oder  minder  stark  ausgesprochenen  Störungen  von  Seiten  des  Auges 
ein,  für  welche  die  Beobachtung  lU  von  Leube  (447)  typisch  ist.     Bei  einem 

n* 


196 


Die  Ptosis  bei  der  multiplen  Sklerose. 


26  jährigen  Menschen  mit  multipler  Sklerose  bestand  Doppeltsehen,  Strabismog, 
Pqpillendifferenz  bei  erhaltener  Reaktion,  Sehschwäche,  Nystagmus  und  Ptosis. 
Ebstein  (450)  beobachtete  einen  Fall  von  multipler  Sklerose  mit  Atrophie 
beider  Sehnerven,  wobei  später  eine  beiderseitigePtosis  auftrat.  Nystag- 
mus fehlte  jedoch  dabei. 

§  75.  In  differential-diagnostischer  Besiehung  käme  zunächst  die 
Verwerthung  der  Ptosis  gegenüber  der  cerebrospinalen  Lues,  der  Paralyse, 
der  Tabes  und  besonders  der  Hysterie  in  Betracht.  Dabei  wäre  mm 
zuerst  wieder  die  Frage  zu  berücksichtigen,  wie  sich  überhaupt  das  Ver- 
hältniss  der  Augenmuskellähmungen  bei  diesen  Krankheiten  unter  einander 
gestaltet.  Nach  einer  Zusammenstellung  von  Liebrecht  (MüJich.  med. 
Wochenschr.  No.  24,  1891)  aus  dem  Materiale  der  Schöler^ sehen  Augenklinik 
zeigten  sich  unter  25000  Augenkranken  312  Augenmuskellähmungen.  Tabel- 
larisch geordnet  traten  dabei  folgende  Ergebnisse  zu  Tage: 

Tabelle  IX. 


3 

< 


2 

rtiell 
total 

halmo- 

egia 

erior 

Ifl 

9  £ 

:ll 

^ 

1 
1 

Oeulo 

pa 

und 

-5  ^a 

O 

i'» 

ri 

i^ 

Lues  cerebri 
Tabes 
Paralyse 
Multiple  Sklerose 


14 
34 


11 

34 

3 

1 


13 
4 
6 


4 


43 

90 

11 

3 


I 


13»? 

28.'2 
3,8 
0,3 


Auf  das  Vorkommen  der  Levatorlähmung  ist  jedoch  in  dieser  Tabelle 
leider  keine  Rücksicht  genommen  worden. 

p]s  muss  nun  hervorgehoben  werden,  dass  das  Vorhandensein  einer  Ptosis 
für  die  Diagnose  der  multiplen  Sklerose  im  allgemeinen  wenig  von  Belang  ist, 
jedoch  für  den  speziellen  Fall,  wie  wir  noch  ausführen  werden,  von  hoher 
diagnostischer  Bedeutung  werden  kann.  Giebt  es  doch  kaum  eine  Krankheit, 
die  so  latent,  und  so  oft  im  klinischen  Gewände  einer  anderen  Krankheit  ver- 
läuft, wie  gerade  die  disserainirte  Herdsklerose. 

So  machte  in  der  folgenden  Beobachtung  von  Mann  (441)  die  Unter- 
scheidung von  cerebrospinaler  Lues  Schwierigkeiten. 

Yaw  26jähriger  Mann  erkrankte  mit  Diplopie  und  etwas  Kopfsehmerzen 
im  Mai  1888.  Drei  Monate  später  ergab  die  Untersuchung  am  linken  Auge 
eine  unvollständige  Ptosis  und  Parese  des  M.  rectus  internus«  Wenn 
Patient  aufgefordert  wurde,  nach  der  rechten  Seite  zu  blicken,  so  traten  am 


linken  Auge  nystaginiisartige  Zuckungen  nach  innen  ein*  Die  übrigen  B(*weg:ungen 
des  linken  Auges,  sowie  sämintliche  des  rechten  waren  normal.  Die  Pupillen 
waren  mittelweit,  gleich  und  reagirten  prompt.  Als  Ursache  dieser  Affektion 
wurde  eine  frühere  luetische  Infektion  angenommen  nnd  Jodkali  verordnet.  Im 
Oktober  sah  er  den  Kranken  wieder;  zu  dieser  Zeit  waren  ab^r  am  linken  Auge 
sohon  die  Mm.  rect.  snp*  obliq.  sup.  nnd  infer,  auch  gelähmt.  Die  Pupillen  waren 
immer  normal.  Patellarretlexe  erhöht.  Schwindelgefühl,  welches  am  Geben 
hinderte;  auch  ermüdete  Patient  sehr  leicht  und  fühlte  sich  matt.  Eine  anti- 
hietische  Kur  blieb  erfolglos.  Im  Februar  1889  schien  auch  der  M.  rectus 
extern,  am  linken  Auge  paretisch,  dieser  Muskel  war  ebenfalls  am  rechten  Auge 
schwächer.  Die  linke  Pupille  w^ar  etwas  weiter,  die  Reaktion  jedoch  gut;  an 
der  Zunge  fibrilläre  Zuckungen;  das  Kauen  und  Schlingen  fiel  dem  Kranken 
etwas  schwer,  Sprache  scandirentl,  er  hörte  etwas  schlechter  auf  dem  linken  Ohr, 
Die  oberen  Extremitäten  waren  normal,  an  den  unteren  trat  bei  intendirten 
Be%vegungen  ein  heftiges  Zittern  ein,  sodass  der  Patient  kaum  gehen  konnte. 
Die  I*atellarrertexe  sehr  erhobt.  Blase  und  Darm  normal.  Weder  apoplektiforme, 
noch  epilepti forme  Anfalle. 

In  dem  einen  von  Greif f  (442)  beschriebenen  Falle  handelt  es  sich  um 
eine  Kombination  der  multiplen  Sklerose  mit  progressiver  Paralyse,  im 
anderen  Falle  um  die  Kombination  von  Lues  und  Leptomen.ingitis 
mit  multipler  Sklerose;  hier  war  aber  in  vivo  kein  Zeichen  vorhanden,  welches 
auf  multiple  Sklerose  schliessen  Hess, 

Der  erste  Fall  betrifft  eine  43jährige  Frau,  die  unter  den  Zeichen 
der  Paralyse  erkrankt  war  (Silbenstolpem,  Pupillendifferenz),  Parese  des 
Mundfacialis  rechts,  des  Gaumensegels,  schlechter  Gang.  Nach  Jahresfrist 
Demenz.  Dann  Zittern  des  paretischen  Arms.  Später  Decubitus,  rechts- 
seitige Ptosis,  Intentionszittern ,  Kontrakturen.  Nach  1^/*  Jaliren  Tod- 
Sektion:  In  der  Mitte  der  ersten  rechten  Frontahvindung,  Wurzel  der 
zweiten  rechten  Frontalwindung  und  Spitze  der  dritten  Frontalwindung 
Atrophie.  Substanz  derb.  Die  w^eichen  Haute  sind  getrübt  und  adhärent.  — 
Der  zweite  Fall  betraf  einen  45jahrigen,  schwächlichen,  neuropathisch  be- 
lasteten Mann  mit  luetischer  Infektion,  1875  Zittern  der  Beine,  Sprach- 
störung, Blasen-  und  Mastdarmstörung;  1875  ausgeprägte  Paralyse.  Zu- 
nehinende  Demenz,  Tremor  manuum,  Piipillenditferenz.  Geringe  Ptosis 
links,  Silbenstolpem,  Zuckungen  in  den  Lippen.  Exitus.  Anatomisch: 
diffuse  Sklerose  des  Gehirns^  chronische  Leptomeningitisi  diffuse  Sklerose  des 
Kückenmarks;  disseminirte  sklerotische  Herde  in  den  verschiedenen  Strängen. 

Mit  Tabes  dorsal is  kann  sich  die  multiple  Sklerose  auch  kombiniren, 
wie  dies  Westphal  in  einem  Falle  beobachtet  hat.  Hierbei  muss  hervor- 
gehoben werden,  dass  im  Verlaufe  der  multiplen  Sklerose  durch  Lokalisation 
der  sklerotischen  Platjues  in  den  Hintersträngen  tabesähnliche  Symptome 
hervorgerufen  werden  können.  Kin  wichtiges  Unterscheidungsmerkmal  zwischen 
Tabes  und  Sklerose  liegt  aber,  wie  bekannt,  vor  allen  Dingen  in  dem  t'harakter 
event  vorhandener  Sehstörungen  von  Seiten  des  N,  opticus;   denn  während 


198  Die  Ptosis  bei  der  multiplen  Sklerose. 

dieselben  bei  der  Tabes  stets  einen  progressiven  Verlauf  nehmen  und  über 
kurz  oder  lang  zu  absoluter  Amaurose  führen,  ist  bei  der  multiplen  Sklerose 
die  Sehnervenaffektion  in  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  und  im  B^nne 
des  Leidens  von  flüclitigem  Bestand.  Eine  progressive  Opticusatrophie  mit 
völliger  Erblindung  ist  sehr  selten.  Femer  sind  die  reflektorische  Lichtstarre, 
welche  bei  der  multiplen  Sklerose  ebenfalls  selten  vorkommt,  und  der  Umstand 
ins  Feld  zu  führen,  dass  bei  der  Tabes  die  Augenmuskellähmungen  nicht 
jenen  verschwommenen,  unklaren  Charakter  haben,  der  ihnen  bei  der  multiplen 
Sklerose  anhaftet. 

Sehr  häufig  giebt  die  disseminirte  Herdsklerose  Veranlassung  zur  Ver- 
wechslung mit  Hysterie,  zumal  da  sie  oft  mit  derselben  kombinirt  verläuft. 
Tritt  nun  bei  einer  vermeintlichen  Hysterie  eine  Ptosis  mittleren  Grades  auf, 
so  wird  hiedurch  die  Diagnose  einer  multiplen  Sklerose  an  Wahrscheinlichkeit 
gewinnen,  weil  bei  der  Hysterie  für  gewöhnlich  die  sog.  Ptosis  pseudopara- 
lytica  gefunden  wird.  Dieselbe  hat  aber  mit  dem  Levator  gar  nichts  zu 
schaffen,  sondern  beruht  auf  einein  Spasmus  der  Palpebralportion  des 
Orbicularis,  wie  wir  dies  in  dem  Kapitel:  über  die  hysterische  Ptosis 
später  noch  eingehender  auseinandersetzen  werden.  Bei  der  Differential- 
diagnose zwischen  Hysterie  und  multipler  Sklerose  sind  die  weit  häutiger 
vorkommenden  krankhaften  Erscheinungen  am  Sehnerven  von  viel  bedeuten- 
derer Valenz  als  die  relativ  seltene  Ptosis. 

Dass  aber  im  speziellen  Falle  das  Vorhandensein  einer  selbst  leichten  Ptosis 
von  der  gröbsten  Bedeutung  werden  kann,  wird  jedem  klar  werden,  der  den 
so  häufig  atypischen  Verlauf  der  multiplen  Sklerose  kennt  und  berücksichtigt, 
dass,  wie  wir  gesehen  haben,  eine  isolirte  Levatorlähmung  auch  bei  dieser  Krank- 
heit vorkommt.  Eine  unter  dem  Bilde  einer  spastischen  Spinalparalyse,  einer 
kombinirten  Hinterseitenstrangaffektion,  einer  Myelitis  transversa,  ja  amyo- 
trophischen Lateralsklerose  verlaufende  multiple  Sklerose  wird  als  solche  dann 
sicher  diagnosticirt  werden  können,  sobald  eine  Ptosis,  selbst  geringeren 
Grades,  zu  dem  Krankheitsbilde  hinzutritt.  Denn  bei  den  erwähnten  Affek- 
tionen wird  überhaupt  keine  Ptosis  gefunden;  bei  der  amyotrophischen 
Lateralsklerose  pflegen  aber  zunächst  immer  die  unteren  Bulbärkeme  be- 
troffen zu  werden. 

Schwieriger  gestaltet  sich  die  Diagnose  für  diejenigen  Fälle,  bei  welchen 
die  multiple  Sklerose  mit  bulbären  Symptomen  in  akuter  Weise  einsetzt:  mit 
Ataxie  der  oberen  Extremitäten,  Hemiparesis  und  Gefühlsstörungen,  da  eine 
akute  Encephalitis  pontis  et  med.  obl.  denselben  Symptomenkomplex,  eventuell 
auch  mit  Ptosis,  darbieten  kann. 

Sehr  wichtig  ist  ferner  das  Vorhandensein  einer  Ptosis  bei  der  hemi- 
paretischen  Form  det  multiplen  Sklerose  zur  Unterscheidung  von  einer  Hemi- 
parese  aus  anderer  Ursache,  zumal  in  den  letzten  Jahren  diese  hemiparetische 
Form  der  Sklerose  mehrfach  (so  auch  von  uns)  beobachtet  worden  ist. 

Da  bei  Tumor  cerebri,  Apoplexien  und  Encephalitis  das 
Auftreten  einer  Ptosis  möglich  ist,   und   diese  Erkrankungen  mit  multipler 


Sklerose  verwechselt  werden  künnten,  namentlit^h  wenn  letztere  mit  Hirn- 
Symptomen  beginnt,  so  verweisen  wir  wegen  der  differentielJ-diagnosti sehen 
Erwiigun)i:;fen  auf  die  späteren  Kiipitel,  w^elclie  die  Ptüsis  hei  den  erwiilinten 
Affekt ionen  behandelt. 

JeJenl'alls  ist  die  Ptosis  bei  der  mnltiplen  Sklerose  ein  klinisch 
w^ichliges  und  bisher  nirht  genug  gewürdigtes  Syniptom,  tbis  tmter  Umstünden 
mehr  zu  bedeuten  hat  und  luisschlaggebender  für  die  Diagnose  wertlen  kann,  als 
die  bekannten  nystaginisehen  Zuckungen  in  den  Endstellnn^en,  weil  dieselben 
sogar  bei  Gesunden  vorkummen  können.  Natürlicli  muss  bei  der  Benrtheiking 
der  Ptosis  eine  eventuelle  At!ektion  des  Synipathicus  mit  Bestimmtheit 
ausgeschlossen  werden,  was  im  Allgemeinen  bei  der  stets  vorhamlenen  gleich- 
seitigen Miosis  nicht  schwer  fallen  dürfte. 

i;  70.  I*atbologisdi-anatomiscb  kann  die  Ptosis  bei  der  multijden  Sklerose 
sowohl  kortikalen,  als  subkortikalen,  nuklearen,  fascikulären  and  peripheren 
Ursprungs  sein,  je  nach  der  Lokaiisation  der  sklerotischen  Platjues.  Aus 
iliesen  njannigfaltigen  Bedingungen  gebt  schon  die  Bedeutsamkeit  der  Levator- 
liibmung  hervor  und  zeigt,  wie  selir  eine  Ptosis  an  Dignitat  die  anderen 
Augenmuskellähmungen  übertriH't. 

Wilbreml  wir  in  der  Litterat ur  keinen  Fall  von  Ptosis  bei  der  nudtiplen 
Sklerose  mit  rein  kortikaler  Lokaiisation,  eventuell  im  Gyrus  angularis,  tinden 
konnten,  lasst  folgender  Fall  von  Taylor  (446)  es  zweifelhaft,  ob  der  Sitz 
kortikalen  oder  nuklearen  Ursprungs  sei. 

Bei  einem  34jährigen  Manne  mit  üpbtbalmojilegia  exterior  completa, 
soviel  sich  beurtheilen  liess,  war  vorzugsweise  die  innere  Kapsel,  die  Gross- 
und Kleinhirn-Rinde  betbeiligt.  Ein  Theil  des  Oculomotoriuskerns  war  be- 
einträchtigt- 

In  dem  früher  erwilhnten  Falle  Greiff's  (442)  zeigte  die  mikroskopische 
l-ntersuchung  eine  starke  iSklerose  der  Gefässe  und  deutliche  Ependym- 
wueherung  im  IV,  Ventrikel,  Die  Nervenkerne  waren  normal.  Die  Ptosis 
war  daher  wohl  durch  intracerebrale  Veränderungen  verursacht  worden. 

Rein  nuklearer  Natur  war  die  geringe  Ptosis  in  dem  folgenden  Falle 
Yon  Siemerling  (451). 

47jäbriger  Mann  mit  geistiger  Schwäche,  Bewegungen  der  Augen- 
muskeln tbeils  aufgehoben,  tbeils  äusserst  beschränkt,  das  rechte  Auge  wird 
etwas  mehr  vom  oberen  Lide  bedeckt;  Fehlen  der  PupillenreHexe,  Abblassung 
der  temporalen  Papülenhälften,  Kniephänomen  erbalten.  Decubitus,  ^Symptome 
von  Geistesstörung.  Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigte  das  Rückenmark 
gesund,  Degeneration  der  Kerne  des  t)cu!omotoriii!ü.  Die  Westpharscijen 
Gruppen  und  das  dorsale  Ende  des  Kerns  gesund.  Abducens  und  Trochlearis 
mit  ihren  Nerven  atrophisch.  Atrophie  der  Augenmuskeln.  Partielle  graue 
Degeneration  des  rechten  Nervus  opticus. 

In  dem  Falle  von  (*laus  (445)  war  die  Ptosis  sowohl  durch  nukleare, 
wie  periphere  Veränderungen  bedingt.  Bei  einem  22jährigen  Patienten  be- 
stand neben  langsamer  Sprache,  gesteigerten  Sebnenreflexen  (Fussklonus)  ein 


i 


200  Die  Ptosis  bei  der  multiplen  Sklerose. 

auffallendes  Herabhängen  beider  oberen  Augenlider,  besonders  während  der  Ruhe. 
Auch  beim  Sprechen  wurden  dieselben  nur  bis  zur  Hälfte  geöffnet.  Bei  Auf- 
forderung kann  er  sie  eine  Ze^it  lang  vollständig  öffnen,  lässt  sie 
aber  bald  wieder  sinken.  Ausser  der  multiplen  Sklerose  waren  über  der 
Konvexität  meningitische  Veränderungen  an  den  Stirn-  und  Centralwindnngen 
vorhanden.  Unter  anderem  fanden  sich  im  Haubengebiet,  hie  und  da  im 
rothen  Kern,  in  den  Vierhügeln  und  im  Bereich  des  Oculomotorius-Trochlearis- 
kems  einzelne  Herde  mit  massenhaften  Kömchenzellen,  welche  sowohl  frei 
im  Gewebe,  als  auch  an  den  Gefässen  vorhanden  waren.  Ausserdem  er- 
schienen daselbst  die  Nervenfasern  in  geringerer  Anzahl  und  ersetzt  durch 
eine  verbreiterte  Bindesubstanz.  In  den  Himnerven  und  besonders  im  Oculo- 
motorius  fanden  sich  vielfach  Körnchenzellen  und  stellenweise  eine  Ver- 
breiterung des  interstitiellen  Gewebes. 

In  den  Fällen  von  Leube  (447)  und  Liouville  (448)  waren  sklerotische 
Herde  im  Oculomotoriusstamme  gefunden  worden.  Somit  kann  auch  eine 
Ptosis  bei  der  multii)len  Sklerose  auf  rein  peripherischen  Veränderungen 
beruhen. 

d)  Ptosis  bei  der  Syringomyelie. 

v^  77.  Das  eingehende  Studium  der  Syringomyelie  in  neuester  Zeit  hat  dar- 
gethan,  dass  Bulbärsymptome  bei  dieser  Krankheit  durch  Weiterfortschreiten 
des  krankhaften  Prozesses  nach  derMedulla  oblongata  hier  nicht  selten  auftreten, 
und  zwar  im  Allgemeinen  erst  in  den  vorgerückteren  Stadien.  Von  den  Augen- 
muskelnerven wird  am  häufigsten  der  Abducens,  als  der  am  tiefsten  gelegene, 
befallen.  Jedoch  treten  mitunter  auch  Lähmungen  des  Oculomotorius  auf. 
von  denen  es  noch  nicht  ganz  sicher  ist,  ob  sie  nicht  als  Komplikationen  zu 
betrachten  sind,  weil  nach  Schultzens  (499)  Angaben  die  Spaltbildung  und 
Gliawucherung  sich  nie  so  hoch  hinauf  erstrecken  soll.  Ganz  besonders 
bemerkenswerth  erscheint  nun  das  zuweilen  beobachtete  Auftreten  von  Augen- 
muskellähmungen im  Initialstadium  der  Syringomyelie,  eine  Erscheinung,  welche 
durch  die  Flüchtigkeit  ihres  Charakters  und  die  Bevorzugung  des  Abducens 
eine  grosse  Aehnlichkeit  mit  den  Augenmuskelstörungen  im  Frühstadium  der 
Tabes  zeigt. 

Bezüglich  des  Vorkommens  der  Ptosis  bei  der  Syringomyelie  nun  muss 
die  Levatorlähmung  scharf  von  der  durch  eine  SympathicusaflFektion  erzeugten 
sogenannten  sympathischen  Ptosis  unterschieden  werden,  welch'  letztere,  wenn 
auch  oft  nur  schwach  angedeutet,  gar  nicht  so  selten  bei  der  Syringomyelie 
zur  Beobachtung  kommt. 

Was  die  Häufigkeit  des  Vorkommens  der  Augenmuskelstörungen  überhaupt 
bei  Syringomyelie  anbelangt,  so  konnte  L.  Lamacq  (501)  in  50  Fällen  dieser 
Krankheit  mit  Bulbärerscheinungen  bei  7  Fällen  Diplopie  und  in  1  Falle 
Strabismus  feststellen. 

Schlesinger  (500)    hat    unter   200  Fällen   von   Syringomyelie   Augen- 
muskellähmungen und  vorübergehende  Diplopie  24  mal  bei  22  Fällen  gefunden, 


also  in  12 ^^o.  Ptosis  in  Folge  von  Ui'ulomotoriusaftektion  bezeichnet  dieser 
Autor  als  selten, 

Angaben  iilier  Ptosis  fanden  wir  bei  folgenden  uns  aus  der  Litteratur 
2  ugäng]  i  ch  en  F  ä !  l  e  n : 

H.  Nenhaus  (502).  1.  2t\jähriges  Mädchen.  Rechtsseitige  Ptosis. 
Tlethte  Pupille  etwas  weit.  Schwäche  der  Finder  beider  Hände;  Atrophie 
derselben,  Skoliose.  Ausgebreitete  partielle  Einptindungslähmung,  Cjanose  am 
Unterarm  und  Handrücken.  Rechtsseitige  Svmpathicusparese.  NB.  Anffallend 
ist  hierbei  die  rechtsseitige  l*upmener Weiterung,  wetclie  für  eine  Sympathicus- 
reizunfj:  spricht. 

2.  Von  demselben  Autor  (5l>2).  27jährige  Näherin.  Rechts  Ptosis. 
Verengerung  der  Pupille.  Unilaterale  Schweisssekretion.  Abmagerung  des 
rechten  Armes:  später  Taubheitsgefühl  im  linken  Bein.  Motilitätsstörungen 
an  der  recliten  oberen  und  unteren  F^xtreinitat.  Teuiperutursinn  an  <len  unteren 
Extremitäten  gestört.  Tropbische  Störungen.  An  der  rechten  Schläfengegend 
weisse  Haare.     Vasomotorische  Störung?. 

3.  Emil  Tornow  {503).  38)ähriger  Arbeiter.  1892  schmerzlose  Pana- 
ritien  der  rechten  Hand.  SensibilitätFstörung;  Ptosis,  (ielenkerkrankung: 
Blasenstörung.     Seit  einigen  Jahren  Scbmerüeu  in  den  unteren  Extremitäten. 

4.  Ür.  W.  Rosenblath  (504).  40jäbrige  Frau  erkrankte  mit  Kopf- 
schmerzen. Ungefähr  1  Jahr  später  Schwäche,  Schwere  und  Parästhesien  in 
den  Extremitäten.  Gleichzeitig  Krlimoiuiig  der  Finger.  Nach  vorübergehender 
Besserung  Lähmung,  Spasmen,  Muskelatrophien  und  Sensibilitätsstönmgen. 
Danelien  rechtsseitige  Ptosis,  Nystaguiu.s.  Schiefstand  des  Gaumens  und 
B  läse  nstorun  gen. 

Die  Sektion  ergab  Syringomyelie  und  l*achymcningitis  cervicalis  hyper- 
troph ica  in  der  Höhe  des  1.  Cervi kainerven.  Weiter  nach  unten  ausgedeliute 
Hf*hlenbildung,  die  bis  zum  7.  Halsnerven  reicht. 

5.  A.  Raichline  (505).  Bei  einer  47jäbrigen  Frau  mit  Syringomyelie 
bestand  rmksseitige  Ptosis  mit  Pu[>illenverengernng  und  Nystagmus  horizontalis 
besonders  bei  linksseitiger  Blickrichtung.  Vielleicht  bandelte  es  sich  liier 
um  eine  Ptosis  sympatbica. 

6.  Jolly  (Ö06)  stellte  eine  luetische  Kranke  vor,  die  zum  zweiten  Mal  an 
vollständiger  beiderseitiger  Oculomotoriuslähmung  litt,  und  welche  mau  auf  eine 
basale  Erkrankung  zurückführen  ktmnte.  Jedoch  war  in  Erwägung  zu  ziehen, 
ob  niclit  das  Augenleiden  niiclearer  Natur  sei,  da  die  übrigen  bei  der  i*atientin 
beobachteten  Erscheinungen  (Gefühls-,  Muskel-,  Ernabrungsstönmgen)  auf  eine 
Syringomyelie  hinwiesen. 

Aus  den  w^enigen  hier  mitgetheilten  Fällen  ist  zu  entnehmen.  da?s 
in  der  Tliat  die  Levatorläbmung,  wenn  auch  nicht  liäulig,  bei  der  Syringomyelie 
zur  Beobachtung  k(mimt. 

(jar  nicht  so  selten  ist  aber,  wie  wir  schon  eingangs  erwähnten,  eine 
Ptosis  auf  sympathiscfier  tiruudlage;  denn  eine  einseitige  Sympathicuslähmung 
wird  bei  der  Syringomyelie  recht  häutig  beobachtet  durch  Läsion  der  pupillen- 


202  Die  Ptosis  bei  der  Syringomyelie. 

erweiternden  Fasern  im  oberen  Brustmark,  die  mit  dem  Ramns  conununicaDS 
des  1.  Bnistnerven  das  Rückenmark  verlassen. 

So  beobachteten  wir  folgenden  Fall  von  Syringomyelie  mit  dieser 
Komplikation: 

A.  S.,  löjähriges  Mädchen.  Schwäche  der  rechten  Hand,  Finger  stehen  in 
leichter  Krallenstellung.  Die  Haut  über  dem  Handrücken  ist  cyanotisch.  Thenar 
und  Hypothenar  atrophisch.  Tastempfindung  gut,  Temperatur-  und  Schmen- 
empfindung  sehr  herabgesetzt. 

Patientin  verbrannte  sich  öfter  die  rechte  Hand,  ohne  dass  sie  es  meikte. 
Die  Kraft  derselben  ist  hochgradig  herabgesetzt.  Dynamom.  rechts  0. 
links  60. 

Es  besteht  eine  deutliche  rechtsseitige  inkomplete  Ptosis.  Beim  Blick 
gerade  aus  ist  die  rechte  Lidspalte  (>  mm;  die  linke  8  mm. 

Die  rechte  Pupille  ist  eng  und  um  ^/s  kleiner  als  die  linke. 

Zugleich  besteht  ein  geringer,  aber  deutlicher  rechtsseitiger  Exophthalmus. 

Die  Pupillarreaktion  ist  beiderseits  normal. 

In  der  ersten  Beobachtung  Kopp ens  (507)  über  akute  Höhlenbildung 
im  Kückenmark  trat  rechterseits  kurz  vor  dem  Tode  Ptosis  und  Pupillenenge  auf. 
Es  bestand  eine  atrophische  Lähmung  beider  Beine  mit  unerheblicher  Sen- 
sibilitäts-  und  Blasenstörung.  Bei  der  Obduktion  fand  sich  im  Halsmark  in 
der  Mitte  der  grauen  Substanz  eine  Höhle  ohne  Zusammenhang  mit  dem 
Centralkanal  und  ohne  Wandung. 

Die  Lähmung  der  Beine  war  infolge  einer  Kompression  des  Plex.  sacr. 
und  lumbalis  durch  sarkomatöse  Massen  zu  beiden  Seiten  der  Wirbelsäule 
entstanden. 

Dejerine  (508)  und  Mitraille  (508)  beobachteten  bei  einer  57jährigen 
Frau,  welche  an  den  Erscheinungen  der  Syringomyelie  litt,  die  für  eine 
Lähmung  des  linken  Halssympathicus  charakteristischen  Symptome. 

Vielleicht  gehören  Fall  2  und  5  auch  zur  sympathischen  Ptosis. 

$  78.  Jedem  Neurologen  ist  bekannt,  welche  Schwierigkeit  unter  Umständen 
die  Erkennung  einer  Syringomyelie  bereitet.  Giebt  es  doch  f^älle  dieser 
Krankheit,  welche  trotz  ausgedehnter  Höhlenbildung  symptondos  verlaufen  sind. 
Wenn  nun  auch  hierbei  in  Betracht  gezogen  werden  muss,  dass  die  meisten 
dieser  Fälle  einer  Zeit  angehören,  welche  vor  der  Entdeckung  Schultzens 
und  K ahlers  liegt,  so  existiren  doch  zahlreiche  Fälle  aus  neuester  Zeit 
deren  klinisches  Bild  sehr  wenig  hervortritt  und  mit  anderen  Krankheiten 
leicht  verwechselt  werden  kann.  Jeder  auch  noch  so  geringfügige  Anhalts- 
punkt, jede  Bereicherung  des  Symi)tomenkomplexes  dieser  gar  nicht  so  seltenen 
Krankheit  darf  als  bedeutungsvoll  bezeichnet  werden;  und  so  erscheint  es 
daher  auch  wohl  berechtigt.,  die  difFerential- diagnostische  Wichtigkeit  einer 
Ptosis  in  einem  zweifelhaften  Falle  von  Syringomyelie  hier  zu  betonen. 

Speciell  die  oft  geringe  sympathische  Ptosis  mit  der  dazu  gehörigen 
Pupillenverengerung   wird    unter   Umständen    die    Unterscheidung  von   einer 


Die  Ptosis  l»Gi  der  8yringorayelie.  2Ü3 

i}'^terie  erleichtern,  bei  der  die  Ptosis  meist  in  pseudoparalytischer  Form 
lud  ohne  Piipillenverengerung  auftritt. 

Die  grüsste  Schwierigkeit  kann,  wie  auch  Schnitze  dies  in  seinem  Lehr- 
buche  S.  307  an  einem  prägnanten  Beispiel  hervorhebt,  sogar  die  Tabes  machen, 
im  Anfangs  Stadium  beider  Krankheiten  flüchtige  Augenmuskeltähmungen^ 
trnphische  Störungen  an  den  Gelenken,  der  Haut,  partielle  Empündungs- 
lahmongen,  Schmerzen,  Alteration  der  Retlexthatigkeit  und  endlich  auch 
rupilienstü Hingen  beobachtet  werden.  Die  Ptosis  kann  aber  hier  wie  dort  von 
gleicher  Natur  sein.  Wird  jedoch  eine  inkomplete  einseitige  Levatorläbmung 
mit  gleichseitiger  Pupillenveränderung  gefunden^  imd  zeigt  sich  das  in  den 
betretenden  ('onjimctivalsack  instillirte  Cocain  unwirksam,  so  spriclit  dies 
sicher  für  eine  durch  Sympathicuslahmung  bewirkte  Ptosis,  welche  ihrerseits 
wieder  in  Rücksicht  auf  die  Häufigkeit  des  Vorkommens  für  eine  bestehende 
Syringomyelie  venverthet  werden  könnte. 

Kommt  die  Möglichkeit  der  Vortauschung  einer  Syringomyelie  durch 
amyotrophische  Lateralsklerose,  progressive  Muskelatrophie,  multiple  Sklerose, 
oder  progressive  Dulbärparalyse  in  Frage,  so  kann  wiederum  eine  sympathische 
Ptosis  und  paralytische  Miosis  ausschlaggebend  für  die  S}Tingomyelie  werden, 
abgesehen  von  der  eventuell  vorhandenen  Halbseitigkeit  vonbulbiiren  Störungen, 
wie  das  ja  besonders  bei  der  Syringomyelie  beobachtet  w^ird.  Dagegen  können 
Riickenniarkstimioren  (wne  wrir  es  in  einem  Falle  erlebtem,  Konipressionsmyelitis, 
Pachymeningitis  cervicalis  hypertroph,  und  Plexuslähmungen  diesen  Symptom- 
komplex  isymp.  Ptosis  njit  Pupillenenge)  ebenso  darbieten,  wie  die  Syringo- 
myelie, jedoch  niemals  eine  Ptosis  in  Folge  von  Levattirlähmung. 

Bei  der  syphilitischen  Meningomyelitis  kann  gewiss  in  manchen  Fällen 
die  Difi'erentialdiagnose  recht  schwierig  werden;  jedoch  wird  eine  antisyphili- 
tische Kur  Klarheit  schaffen  können,  insofern  dieselbe  bei  der  Syringomyelie 
unwirksam  bleibt. 

Eine  vorhandene  Ptosis  kann  endlich  bei  der  Differentialdiagnose  zwischen 
Friedreich'scher  Krankheit,  Lepra,  Polyneuritis,  Arthritis  deformans  und 
Syringomyelie  zu  Gunsten  der  letzteren  verwerthet  werden. 

b)  Die  Ptosis  bei  rter  chronischen  ued  subchrüiiisehen  Ophthalnioiile^ief 
kombinirt  mit  Ilulbärkent-  uud  YoTderliomerkraiikuiigen. 

?i  7H.  Nach  Guinon  und  Parmentier(388)  kombinirt  sich  die  doppelseitige 
chronische  Ophthalmoplegie  nicht  selten  mit  der  (ilosso-labio-pharyngealparalyse. 
Die  erstere  wird  als  eine  obere,  die  letztere  als  eine  untere  Bulbärlähmung 
von  diesen  Autoren  aufgefasst.  Vereinigt  würden  dann  beide  eine  vollständige 
l'olioencephalitis  darstellen,  mit  welcher  sich  eine  Poliomyelitis  anterior,  bald 
in  Gestalt  des  Duchenne- Ar  an 'sehen  Typus,  bald  als  subakute  vordere 
Spinal lähmung  verbinden  könne.  — 

Von  dem  l*mstande  abgesehen,  dass  es  uns  richtiger  erscheint,  die  Bezeich- 
nung Polioencephalitis  für  den  in  Rede  stehenden  Krankheitsprozess  ganz  zu  ver- 


%i  Die  Ptosis  bei  der  chronischen  und  subchronischen  OphthAlmopIegit. 

meiden,  weil  es  sich  weniger  um  entzündliche,  als  um  degeneratiTt 
durch  ihren  chronischen  Verlauf  charakterisirte  Vorgänge  handelt,  id 
die  Beziehungen  der  Ophthalmoplegie  zur  klassischen  Balbärparalvft  «i 
der  progressiven  Muskelatrophie  nicht  so  weitgehend  und  einheitlich,  wie  dl« 
Autoren  es  darstellen.  So  häufig  man  auch  in  der  Litteratur  die  Kombintki 
der  Ophthalmoplegie  mit  degenerativen  Vorgängen  in  den  Bulbärkenien  ol 
den  Vorderhornganglien  des  Rückenmarks  finden  mag,  so  selten  zeigt  sich  deni 
Verknüi)fung  mit  der  classischen  progressiven  Bulbärparalyse.  Letztere  stdh 
bekanntlich  eine  allmählich  sich  entwickelnde  progressiv-atrophische  LähmoK 
der  Zungen-,  (iaumen-,  Lippen-  und  oft  auch  der  Kehlkopfmuskulatur  dir. 
welche  entweder  i)rimär  auftritt,  oder  zur  progressiven  und  der  amyolropiu- 
sehen  Muskelatrophie  sich  hinzugesellen  kann.  Bei  der  mit  Ophthaimopleipe 
verbundenen  Bulbärparalyse  aber  sehen  wir  oft  ein  atypisches,  unvollständiges 
Hefaliensein  der  Nervenkerne,  bei  welcher  Atrophien  mit  den  so  cbarak- 
teristischen  fibrillären  Zuckungen  ebenso  häufig,  wie  die  qualitativen  Ver- 
änderungen der  elektrischen  Erregbarkeit  vermisst  werden. 

Dasselbe  beobachten  wir  bei  den  mit  Ophthalmoplegie  kombinirten  Vorder- 
hornaffektionen.  Beinahe  niemals  handelt  es  sich  um  das  typische  Bild  einer 
Duchenne- Aran' sehen  spinalen  Muskelatrophie,  sondern  meist  um  eine 
atyi)ische,  oft  sprunghaft  auftretende  atrophische  Spinallähmung  von  bald 
chronischem,  bald  subchronischera  Charakter,  bei  welcher  dann  meist  die  Sehnen- 
reHexe  und  häufig  auch  die  fibrillären  Zuckungen  fehlen.  Bei  einigen  Fälleninir^ 
trotz  vorhandener  Lähmung  eine  deutliche  Atrophie  vermisst,  und  wieder  bei 
anderen  war  auch  die  weisse  Substanz  besonders  in  den  Seiten-  und  Hint€^ 
strängen  mit  ergritten.  (Hutchinson,  Westphal-Siemerling  und  unser 
Fall.)  —  Kurz  es  handelt  sich  im  Orossen  und  (lanzen  um  einen  parencbymatos- 
degenerativen  Prozess,  welcher  die  Xenenkerne  des  Mittelhirns,  des  Pons.  der 
Medulla  oblongata  und  der  Vorderhörner  in  wechselnder  Intensität  und  Aus- 
wahl ergreift.  Meist(»ns  tritt  zu  Anfang  eine  Ophthalmoplegie  in  die  Er- 
scheinung. Seltener  sind  die  Fälle,  in  welchen  die  bulbär-parairtischen 
Symptome  den  Augenmuskellälimungen  voraufgehen.  Andererseits  kann  sich 
eine  Ophthalmoplegie  mit  Vorderhornerkrankung  kombiniren,  ohne  dass  Bulbär- 
erscheinungen  hinzuzutreten  brauchen.  Dass,  daneben  aber  jedes  der  erwähnten 
(lebiete  im  klinischen  Bilde  für  sich  selbständig  erkranken  kann,  brauchen 
wir  hier  nicht  erst  noch  hervorzuheben.  Wohl  aber  sei  betont,  dass  bei  den 
fortschreitenden  Erkrankungen  der  motorischen  Leitungs- 
bahnen (Dr.  M.  Probst  [509])  eine  Attektion  der  Bulbärkeme  und  der 
(Ganglienzellen  der  Vorderhörner  bei  Intaktbleiben  der  Augenmuskelkeme  ge- 
funden wird,  eine  Thatsache,  welche  gegen  die  von  G  uinon  und  Parmentier 
verfochtene  Zusammengehörigkeit  der  Ophthalmoplegie  zur  typischen  amvo- 
trophischen  Bulbärparalyse  und  progressiven  Muskelatrophie  ins  Feld  gefuhrt 
werden  kann. 

Bezüglich  des  Richtiingsverlaufes,  in  welchem  die  einzelnen  Nervenkerne 
von  oben  nach  unten  und  vice  versa  befallen  werden,  giebt  uns  folgende  Zu- 


Die  Ptosis  bei  der  chronischen  und  subchronischen  Ophthalmoplegie.  205 

.  iMomenstellung  von  40  Krankheitsfallen  einen  Aufschluss.     Dieselben  lassen 
^iish  Tom  klinischen  Gesichtspunkte  aus  am  besten  in  drei  Gruppen  ordnen: 

r^-       I.  Ophthalmoplegie  mit  bulbärparaly tischen  Erscheinungen. 
5f      11.  Ophthalmoplegie  mit  Bulbär-  und  Vorderhornaffektion. 
k.   III.  Ophthalmoplegie  mit  Vorderhornerkrankung. 


Gruppe 

Absteigende 
Richtung  der 
Kernaffekiion 

Aufsteigende 
Richtung  der 
Kemaffektion 

I 

11 
III 

11 
8 
3 

9 
5 
4 

^22 

18 

=  40  Fälle 

Zunächst  entnehmen  wir  aus  dieser  Zusammenstellung,  dass  die  Zahl 
der  Fälle  mit  absteigender  Erkrankungsrichtung  grösser  ist  als  die  mit  auf- 
steigender. 

Während  bei  einzelnen  Krankheitsbildem  ein  stetiges  Befallenwerden 
von  Kern  zu  benachbartem  Kerne  beobachtet  wird,  zeigt  sich  bei  vielen  ein 
spmngweises,  nicht  an  die  anatomische  Reihenfolge  geknüpftes  Auftreten  der 
KemaiTektion.  Dabei  muss  hervorgehoben  werden,  dass,  trotz  dieses  oft  sprung- 
weisen Auftretens  der  Erkrankung,  die  Aehnlichkeit  mit  der  typischen  pro- 
gressiven amyotrophischen  Bulbärparalyse  darin  zum  Ausdruck  kommt,  dass 
fast  lediglich  nur  die  motorischen  Kerne  affizirt  werden.  Denn  unter  40  Be- 
obachtungen konnten  wir  nur  in  6  Fällen  (Hirschberg  (390),  Eisenlohr  (391), 
Cassirer  und  Schiff  (395),  Mauthner  (411),  Duboys  (412),  Brasch(414) 
Störungen  im  Gebiete  des  sensiblen  Trigeminus  nachweisen.  Ausserdem  war 
noch  in  dem  Falle  von  Cassirer  und  Schiff  (395)  Sehstörung  und  Opti- 
eusatrophie  vorhanden.  Bei  8  Fällen  (1,  2,  3,  4,  5,  27,  28,  30)  bestand  auch 
eine  Ophthalmoplegia  interior,  und  im  Falle  36  eine  reflektorische  Lichtstarre. 

Mit  Absicht  ist  die  folgende  Gruppirung  aus  klinischen  und  nicht 
ätiologischen  Gesichtspunkten  erfolgt,  weil  der  zu  Grunde  liegende  Prozess 
aus  den  vorhandenen  Mittheilungen  oft  nicht  mit  Sicherheit  erkannt  werden 
konnte.  Dass  bei  einigen  Beobachtungen  auf  Jodkalium  eine  Besserung 
eintrat,  beweist  noch  nicht  die  luetische  Basis  des  gegebenen  Falles, 
weil  eben  bei  anderen  auf  Strychnin,  und  wieder  bei  Anderen  auch 
spontan  eine  Heilung  beobachtet  worden  ist.  Bernhardt  sagt  (Arch. 
f.  Psych.  Bd.  19,  S.  512)  bei  der  Epicrise  zu  seinen  drei  Fällen  von 
Nuclearlähmung:  ^Welcher  Natur  die  pathologischen  Prozesse  waren,  wage 
ich  nicht  in  irgend  wie  bestimmter  Weise  anzugeben:  jedenfalls  waren  es  in 


206  Die  Ptosis  bei  der  chronischen  und  subchroniscben  Ophthalmoplegie.  I  i'ftt^i'* 

den  beiden  letzten  Fällen  Veränderungen,  welche,  des  Ausgleichs  fikk  iBi>«^*^* 
der  Zeit  zu  einer  mehr  oder  weniger  vollständigen  Heilang  geführt  Ua'Bl^  ^ 
Ist  es  doch  auch  durch  die  Mauthner' sehen  Untersuchungen  unddieaUmhi|b>^'  -^ 
nachher  veröflFentlichten  Arbeiten  unzweifelhaft  festgestellt,  dass  die  rendiej»  I  f**^ 
artigsten  pathologischen  Prozesse  dem  Symptomenkomplexe  der  Nuclwa^  Mbn:^^^ 
zu  Grunde  liegen  können.  Daneben  haben  wir  auch  noch  mit  demUuMlK^^^ 
zu  rechnen,  dass  selbst  dann  und  wann  ein  Fall  zur  Sektion  gehnrifUl  ^^ 
welchem,  analog  bekannten  Fällen  von  Sclerose  en  plaques,  von  Bdbäniiihi  ■*i-'?^ 
und  anderen  sogar  zum  Tode  führenden  Erkrankungen  des  Centraha»«»*^^'- 
Systems,  die  mikroskopische  Untersuchung  bedeutender  Forscher  rnihh  B^^^ 
geblieben  war  (Eisenlohr,  Neurol.  Centralbl.  1887,  15  und  16).  ■S«^^' 


h^' 


1 


I.  Gruppe.  4>ift 

Kombination  der  Ophthalmoplegie  mit  Bnlbärkernaffektimi. 
(In  einigen  Fällen  mit  t}i)i8eher  Bnlbärparalyse.) 

a)  Anfängliche  Erkrankung  der  Augenmuskelkerne   und  spätem 
Uebergreifen  der  Affektion  auf  die  rückwärts  gelegenen 

IJulbärkerne. 

§  80.  Bei  den  3  ersten  Fällen  sehen  wir  die  AflFektion  ganz  von» 
beginnen,  indem  neben  den  Erscheinungen  der  Ophthalmoplegia  exterior  an- 
fänglich auch  solche  der  Ophthalmoplegia  interior  vorhanden  sind. 

Fall  1.  Hirschberg  (390)  fand  bei  einem  50jährigen  Arbeiter 
rechts  totale  Lähmung  des  Abducens,  Mydriasis  und  Accommodationspinse. 
0  Monate  später  trat  Lähnmng  sämmtlicher  äusserer  und  innerer  Auaco- 
muskeln  nebst  Ptosis  und  Anästhesie  der  Cornea  und  Conjunctiva  bulbi  auf. 
Leichte  Schlingbeschwerden.  Nach  weiteren  10  Monaten  trat  Lähmuns  des 
linken  Abducens  hinzu. 

Fall  2.  Prisen  loh r  (391).  Lähmung  beider  Abducentes.  Die  rechte 
Pupille  ist  weiter  als  die  linke,  die  Lichtreaktion  ist  rechts  aufgehoben.  Ms 
normal.  Dann  stellte  sich  Taubheitsgefühl  und  später  hochgradige  Anästhesie 
im  (jebiete  beider  Trigemini,  besonders  in  der  Schleimhaut  der  Lippen  der 
Zunge  und  d(?s  (iaumens  ein,  sowie  eine  Schwierigkeit  im  Schlucken,  d.  h.  den 
Bissen  an  den  richtigen  Ort  zu  dirigiren.  Lues  war  nicht  vorhanden.  Eisen- 
lohr hielt  die  Aftektion  für  nuclear  verbunden  mit  eventueller  skierotischer 
Veränderung  der  Trigeminuswurzeln. 

Fall  3.  Laufen  au  er  (389).  Völlige  Ophthalmoplegie  beider  Augen, 
nur  die  Externi  noch  einigermassen  wirksam.  Pupillen  weit  und  starr.  Bnlbär- 
paralyse. 

Fall  4.  Cassirer  und  Schiff  (39o).  42  Jahre  alter  Mann.  Alcobo- 
lismus  chronic.  Delirium  tremens.  Ophthalmoplegia  exterior  et  interior  fere 
totalis.    Links  Ptosis.    Atrophia  nerv,  optici  utriusque.    Lähmung  und  Atrophie 


Die  Ptosis  b.  d.  chroDischen  u.  subchronischen  Ophthalmoplegie,  komb.  m.  Balbftraffektion.  207 

im  Bereiche  der  motorischen  Portion  des  rechten  Trigeminus,  Störungen  im 
Bereiche  der  sensiblen  Trigeminusäste,  leichte  Erscheinungen  von  Seiten  des 
Facialis  und  Hypoglossus.     Schwere  Gehörstörung.     Sektion. 

Fall  5.  Dufour  (393).  Von  diesem  Falle  ist  es  zweifelhaft,  ob  er 
hierhergehört,  indem  allerdings  die  Erkrankung  in  der  Richtung  auf  die 
Bulbärkeme  weiter  fortschritt,  dieselben  aber  noch  nicht  erreicht  hatte.^ 

Ein  öljähriger  Mann  hatte  vor  25  Jahren  eine  vorübergehende  doppel- 
seitige  Ptosis.  Vor  18  Jahren  abermals  eine  linksseitige  Ptosis,  welche 
wieder  vorüberging.  Eine  Lähmung  der  linken  Bulbusheber  trat  vor  18  Monaten 
auf,  und  2  Monate  später  wurden  auch  die  rechten  Bulbusheber  befallen.  Seit 
3  Monaten  besteht  eine  Lähmung  des  linken  Abducens,  dann  kam  eine  Lähmung 
beider  Trochleares  mit  Abnahme  des  Pupillarreflexes  auf  Licht  hinzu.  Oph- 
thalmoskopisch normal.  Patellarreflexe  normal.  Es  bleibt,  wie  schon  gesagt, 
zweifelhaft,  ob  dieser  Fall  hierher,  oder  als  irreguläre  Form  unter  die  isolirt 
bleibende  chronische  Ophthalmoplegia  exterior  (Seite  117)  gehört. 

In  den  folgenden  Fällen  fehlen  Erscheinungen  von  Ophthalmoplegia 
interior.  Wir  sehen  gradalim  den  bulbären  Symptomen-Komplex  neben  der 
Ophthalmoplegia  exterior  mehr  und  mehr  hervortreten,  bis  er  im  Falle  11, 
Bresgen,  zur  vollen  Entwickelung  kommt. 

Fall  6.  Bernhardt  (394).  Fall  IL  44jähriger  Mann.  Beginn  der  Krank- 
heit mit  Mattigkeit  und  Spannung  in  den  Augen.  Nach  3  Monaten  trat 
beiderseits  Ptosis  auf.  Lähmung  des  Rectus  super,  links.  Parese  des 
motorischen  Trigeminusastes.     Heilung  durch  Jodkali  und  Galvanisation. 

Fall  7.  In  Uhthoffs  Fall  (396)  ging  die  Parese  nur  auf  den  Facialis 
über.  Es  hatte  sich  doppelseitige  Ophthalmoplegia  exterior  entwickelt,  und 
die  Beweglichkeit  beider  Augen  war  völlig  aufgehoben;  mittlere  Ptosis. 
Parese  des  Facialis,  sonst  alles  normal.  Die  Aifektion  besteht  seit  einem 
Vierteljahr  unverändert. 

Fall  8.  Förster  (397,  Fall  I).  Beiderseits  Ptosis  und  Ophthalmoplegia 
exterior.     Parese  beider  Faciales.     Schlingbeschwerden  namentlich  Abends. 

Fall  9.  Nussbaum  (399)  sah  einen  43jährigen  Kranken  mit  Ptosis 
auf  beiden  Augen  und  hochgradiger  Beweglichkeitsbeschränkung  beider  bulbi. 
Die  Pupillen  reagirten  gut.  Ausserdem  war  der  rechte  Nerv,  facialis  und 
Glossopharyngeus  betheiligt. 

Fall  10.  Bernhardt  (400)  sah  eine  33jährige  Kranke  mit  Lähmung 
sämmtlicher  äusseren  Augenmuskeln.  Ptosis  angedeutet.  Pupillen  normal. 
Später  traten  Schling-  und  Kaubeschwerden  hinzu. 

Fall  11.  Bresgen  (401).  Zuerst  Erkrankung  des  rechten  Abducens, 
6  Monate  darauf  doppelseitige  Ptosis  mit  Lähmung  sämmtlicher  äusseren 
Augenmuskeln  auf  der  linken  Seite.  Zwei  Jahre  später  Bulbärparalyse.  Iris, 
Accommodation  sowie  der  Sehnerv  blieben  frei. 

Unter  den  11  Fällen  der  Gruppe  la  sahen  wir  die  Ptosis 
überhaupt  nur  im  Falle  2  fehlen,  im  Falle  4  einseitig  auftreten, 
während  sie  bei  9  Fällen  doppelseitig  gefunden  wurde. 


2C8  Die  Ptosis  k  d.  chronischen  u.  subchruntschenOphthalmoplegiej  komb.  m,  BulbftniCrekticiQ, 


Gruppe  L  b)  Bei  den  folgenden  Beobachtungen  bestandei 
anfänglich  Bulbärsymptome^  und  es  traten  später  Lahmnngen 
der  Allgenmuskeln  hinzu. 

§  8L  Fall  12.  Iiemak(402}.  48jiihr.  Frau  rait  Sprachstörung  und  Schling- 
beschwerden. Unniöghckeit  zu  pfeifen,  unregelniässige  Herzthätigkeit.  Gesichts- 
ausdruck  raaskenartig;  Augensdiluss  unvüUkammen.  Erbrechen,  Stinikopf- 
schmerz.  Nach  und  nach  entwickelte  sich  eine  Ptosis,  links  starker  als  rechts, 
und  gleichzeitig  eine  Parese  des  Facialis.  Tod  an  SchUickimeumonie*  Krank- 
heitsdauer vom  10*  November 
Wm  bis  lö.  Februar  1887. 
Sektionsbeftind* 

Remak  sagte  in  der 

Epicrise:  „Es  hatte  sich 
hier  also^  anscheinend  in 
apoplek  tisch  er  \V  ei.se  <iuf- 
tretend,  eine  Para  lysis  glosso- 
labio-pharj^ngea    entwickelt. 

Fall  13  u.  14.  Herald 
(citirt  bei  Dufour  [393], 
Obser^'ation  27  und  28)  sah 
zwei  Fälle  einer  einseitigen 
Oculomotorius-  Lähmung  im 
Verlaufe  einer  Ulosso-labio 
pliaryngeal  -  F'aralyse  auf- 
treten. 

Fall  15,  Romberg 
(citirt  bei  Dufour  fäi^S],  Ob- 
servation 29).  Bei  einem 
40jiihrigen  Manne  trat  zu 
einer  schon  bestehenden  Bul- 
bärtiaralyse  eine  doppel- 
seitige Lähmung  des  Kectus 
superior  hinzu. 

Fall  16.  Euienburg  (citirt  bei  Dufour  [395],  Observatiao  30).  Zu 
einer  Bulbärparalyse  trat  eine  einseitige  Abducenslähmung. 

Fall  17.  Minot  (404)  beobachtete  bei  einem  als  Bulbärparalyse 
diagnosticirten  Falle  eine  linksseitige  Ptosis. 

Fall  18.  Eigene  Beobachtung:  E.  R.  (Fig.  57),  13^'*  J.  alt,  hereditär  neuro 
pathisch  belastet.  Seit  längerer  Zeit  bestehen  Sprachstörungen  mit  Inspirations- 
kram pfen  und  Seh  luckbeschwerden,  Schwindel,  Kopfschmerzen,  hau  Hgen  Scbnierzeii 
beim  Kauen.  Lst  vergesslicber  geworden  und  schläft  leicht  ein.  Das  Gehör 
für  tiefe  Tone  rechts  herabgesetzt.  Zittern  der  h erausgestreckten  Zunge.  In 
letzterer  Zeit  trat  rechts  Ptosis  auf,   sowie  horizontaler  Nystagmus  beim 


F\g,  57. 

n.    n,      IIiiizuti''et^n    von    ri'L'htsscUJiL'C'r    Ptneis    zu    vor- 
biindt'iiiii   Syittptoiiifn   liner   nulbürerkrankung. 


Die  Ptosis  b.  d.  cfaromscfaeD  n.  subchronisch eni  Ophthalmoplegie,  komb.  m.BulbärafTektion.  209 

Fixiren.  Pupillenverhältnisse  normal.  Sonst  keine  Augenmuskellähmungen. 
Polyurie.  —  Sämmtliche  Reflexe  normal  (siehe  Fig.  57). 

Fall  19  und  20.  Als  Paralysie  bulbaire  progressive  infantile 
et  familiale  beschreibt  Londe  (405)  zwei  Fälle  bei  zwei  Brüdern  von 
9  und  5  Jahren.  Es  trat  zuerst  Thränenträufeln  auf,  dann  erschwertes 
Sprechen,  Veränderung  des  Gesichtsausdrucks,  mangelhafter  Verschluss  der 
Augen  im  Schlaf,  Schlingbeschwerden,  vollständige  Unbeweglichkeit  der  oberen 
Gesichtshälfte.  Die  Augen  schlössen  unvollständig  und  wurden  nur  langsam 
geöffnet.  Links  Ptosis.  Lippen  und  Zunge  paretisch.  Der  Lidreflex  herab- 
gesetzt. Auffallend  seltenes  Blinzeln  der  Augen.  Auch  Charcot  und  Fazio 
haben  eine  Form  der  progressiven  Bulbärparalyse  im  Kindesalter  beschrieben, 
bei  der  eine  Ptosis  und  Lähmung  im  oberen  Facialisgebiet  bestand. 

Unter  den  9  Fällen  der  Gruppe  Ib  finden  wir  bei  4  Fällen  Ptosis 
angegeben,  bei  zweien  fehlte  dieselbe,  bei  zweien  war  es  zweifelhaft,  ob  sie 
vorhanden  war,  weil  in  der  Krankengeschichte  keine  dahin  bezügliche  Be- 
merkung sich  vorfand. 


IL  Gruppe. 

In  dieser  Grnppe  yon  Beobachtungen  sehen  wir  die  Ophthalmoplegie 
kombinirt  mit  Bulbär-  und  Yorderhomaffektion  auftreten. 

a)  In  der  Reihenfolge:   Ophthalmoplegie,  Bulbär-Spinal- 

Erkrankung. 

§  82.  Fall.  21.  Förster  (397,  Fall  III).  Vor  1  Jahr  beiderseitige 
Ptosis.  Beiderseits  Ophthalmoplegia  exterior.  Seit  acht  Tagen  Zeichen  von 
Hypoglossuslähmung,  Gaumensegellähmung,  Behinderung  der  Speisenbewegung 
im  Munde,  schwierige  Phonation  des  S.  Bald  Lähmung  des  Facialis.  Später 
Lähmung  der  Extensoren  der  Hände  und  Sehstörung. 

Fall  22.  Bernhardt  (408).  Rechts  Lähmung  des  Rectus  internus  und 
extemus,  links  des  Internus,  leichte  Ptosis.  Kauen  rechts  erschwert. 
Geschmack  in  der  rechten  Zungenhälfte  vermindert,  (Besserung).  Nach  einigen 
Jahren  Schwäche  der  Extremitäten.  Die  40jährige  Frau  litt  in  der  Kindheit 
an  oft  sich  wiederholenden  Migräneanfällen. 

Fall  23.  Schaffer  (409).  39jähriger  Metallarbeiter.  Seit  7  Monaten 
krank.  Beiderseits  Ptosis.  Rechts  Parese  des  Rectus  sup.  infer.  und 
obUq.  super.  Links  Lähmung  des  Rectus  extern,  intern,  infer.  und  des  Obliq. 
super.  Parese  beider  Faciales,  der  Hypoglossi,  der  Vagi  und  Accessorii. 
Atrophie  und  Parese  der  oberen  Extremitäten.  Pupille  rechts  >  links.  Normale 
Reaktion. 

Fall 24.  Mauthner  (411).  Heine's  Krankengeschichte.  Rechts  Mydriasis 
und  Accommodationslähmung.  8  Jahre  später  Ophthalmoplegia  exterior,  links 
mit  vollständiger  Ptosis;   rechts  war  die  Ptosis  geringer.     Läh- 

Wilbr«nd-8A«ng«r,  Neurologie  des  Anges.  14 


210  Ptosis  b.  d.  chronisch,  u.  subcbronisch.  Ophthalmoplegie,  korab.  m.  Bolhirerkranlnmg  ste. 

mung  des  sensiblen  Trigeminus.  Lähmung  der  Beine  und  Bnlbärsymptome. 
20jähriges  Leiden.     Tod. 

Fall  25.  Duboys  (412).  Vor  6  Jahren  Kopfschmerzen  mit  Doppel- 
sehen und  linksseitiger  Ptosis,  welche  nach  einigen  Wochen  wieder  verschwand. 
Dann  jedes  Frühjahr  erneutes  Auftreten  dieser  Lähmungserscheinungen  mit 
Spontanheilung  nach  einigen  Wochen.  Später  beiderseits  Ophthalmoplegia 
exterior.  Beiderseits  Ptosis.  Verlust  der  Accommodation,  dann  fÄhiniing 
des  Pharynx  mit  kompleter  Anästhesie  und  Schluckbeschwerden.  Alsdann 
Lähmung  des  rechten  Arms.     Lähmung  der  Respirationsmuskeln.     Tod. 

Fall  26.  Brasch  (414)  berichtet  über  einen  nicht  luetischen  47jährigen 
Mann  mit  beiderseitiger  Abducenslähmung,  rechts  mit  völliger  Lähmung  aller 
äusseren  Zweige  des  Oculomotorius,  rechts  Ptosis,  zeitweise  auch 
links  Ptosis,  links  nur  der  Internus  gelähmt.  Kechts  Anästhesie  in  beiden 
oberen  Aesten  des  Trigeminus,  und  Parese  des  oberen  und  unteren  Facialis. 
Im  weiteren  Verlaufe  Ausbreitung  der  Lähmung  auf  die  Extremitäten,  Er- 
schwerung des  Schlingens,  der  Phonation  und  der  Sprache.  Pupiüenverhält- 
nisse  normal.  Sektion:  Degeneration  der  Ganglienzellen  der  Vorderhömer 
besonders  im  Brust-  und  Cervikalmark.  Degeneration  der  Seiten-  und  Hinter- 
stränge und  der  Wurzeln.  Die  Gefasswände  etwas  verdickt.  Degeneration 
aller  Ganglienzellen  der  Oblongata,  nur  die  des  Acusticus  waren  normal.  In 
der  rechten  Hälfte  der  Brücke  traf  ein  Degenerationsheerd  die  austretenden 
Facialis-  und  Trigeminuswurzeln.  Die  Ganglionzellen  des  Facialis  waren  normal, 
die  des  Quintus  zum  Theil  degenerirt,  und  ebenso  auch  ein  Theil  der  Pyramiden- 
bahn. Degeneration  des  hinteren  Thciles  des  Oculomotorius-  und 
Abducenskernes.  Degeneration  des  hinteren  Längsbündels,  der  Schleife 
Hnks  und  einer  kleinen  Kegion  am  linken  Pes  pedunculi.  Die  Degeneration 
bestand  in  Rarefikation  der  grauen  Substanz,  Verminderung  der  Nervenfasern, 
und  Ausfall  von  Ganglienzellen.  Die  Gefilsse  waren  strotzend  mit  Blut  gefüllt, 
die  Wände  reich  an  Kernen.  Viele  Ganglienzellen  waren  degenerirt,  entweder 
pigmentlos,  oder  körnig  getrübt  mit  erweiterten  pericellulären  Räumen. 

Fall  27.  Eigene  Beobachtung.  Herr  M.  hereditär  neuropathisch  be- 
lastet. Seit  Kindheit  ^rasendes  Migräneleiden ^.  Im  Jahre  1888  zuerst 
Lähmung  des  Abducens,  dann  Starre  der  Pupillen.  Hierauf  doppelseitige 
komplete  Ptosis  und  Entwickelung  einer  beiderseitigen  vollständigen  Oph- 
thalmoplegia exterior.  Alsdann  entwickelte  sich  eine  Lähmung  der  ünter- 
extreniitäten  und  der  Si)hinkteren,  eine  Erschwerung  der  Sprache,  Schling- 
und  Athembeschwerden.  Das  Sehvermögen,  der  Augenspiegelbefund  und  die 
Accoramodation  normal  auf  beiden  Augen.  Der  Facialis  und  Trigeminus  frei. 
Zuletzt  zunehmende  Schwäche  in  den  Oberextremitäten  und  Abnahme  des 
Gefühls  in  denselben.  Die  beiden  Hände  machten  fortwährend  Pronations- 
bewegungen.    Tod  durch  Schluckpneumonie.     Sektion  verweigert. 

Fall  28.  Mauthner  (411).  Im  Beginn  der  Krankheit  Lähmung  des 
rechten  Rectus  infer.  und  des  linken  Abducens  mit  Ptosis.  Später  kam 
rechts  eine  Lähmung  des  Rectus  internus  mit  Lähmung  der  Iris  und  Acoom- 


PtösiftK  d.  chronisch,  n,  subclironiscb.Ophihalnioplegie,  komb.  m,  Bulbärerkr&ukung  etc.  211 

modation  binzu.     Etwas  später  Unemptindlichkeit  im  Trigeminus  rechts  und 
Symptome  von  progressiver  Muskelatropliie. 

b)  In  der  Reilien folge:  Spinale-,  dann  bulbäre  Symptome  und 
schliesslich  Ophthalmoplegie. 

§  83.  Fall.  29.  Seeligmüller  (415).  Seit  4  Jahren  Schwäche  aller  Extre- 
mitäten und  im  Genick.  Seit  drei  Jaljxen  Lähmung  des  rechten  Oculomotorius: 
Rectus  Slip.,  obliijiius  infer.,  Rectus  inf.  Rectus  intern,  gelähmt;  Levator 
rechts  pare tisch.  Links  Rectus  extemus  gelähmt,  Rectus  internus 
paretisch.  Beginnende  Facialislähmung.  Kau-  und  Schluckbeschwerden. 
Rapide  Zunahme  der  Muskelschwäche. 

Fall  3(X  Marina  (417)*  33jähriger  Arbeiter.  Ulcus  ohne  Sekundär- 
erseheinungen.  Nach  14  Jahren  Schwäche  der  Extremitäten,  Muskelatrophie 
mit  dem  Typus  Duchenne-Äran-We  stphal.  Leichte  Ptosis  links, 
rechts  stärker.  Parese  des  linken  Abducens.  Pupille  für  Licht  wenig, 
für  Convergenz  gut  beweglich.  Links  Pupille  weiter  als  rechts.  Farben- 
perct'ptiun  normal.  Facialis  und  Trigeminus  normal,  r'harynxlähmung.  Später 
Lähmung  der  Scitenbewegung  der  Bulbi  nach  rechts.  Die  Pupillen  weit  und 
unbeweglich.  Anhaltende  Hustenanfälle.  Verschluckt  sich  leicht.  Die  hervor- 
gestreckte Zunge  weicht  nach  rechts  ab.     Lancinirende  Schmerzen. 

Fall  31.  H ig i er  {418).  25jährige  Frau.  Im  neunten  Lebensjahre  nach 
Typhus:  Schwäche  in  beiden  Augenlidern,  welche  bis  jetzt  fort- 
dauerte. Im  25.  Lebensjahre  Abort.  Eine  Woche  darauf  Schmerzen^  An- 
schwellung und  Scliwäche  in  den  Beinen.  In  der  letzten  Zeit  Veränderung 
der  Sprache  und  des  Gesichtsausdrucks,  Lähmung  beider  Faciales  in  allen 
Aesten.  Leichte  Ermüdbarkeit  der  Kaumuskeln.  Zunge  dünn.  Schlucken 
erschwert.  Sprache  hat  einen  nasalen  Klang.  Paralysis  ner\'.  recurrentis. 
Parese  der  M.  crico-aryth.  iwstici.  Puls  106—108.  Leichte  Ermüdbarkeit 
der  Nackenmuskulatur.  Ahnahme  der  Kraft  der  Oberextremitäten.  Blitzartige 
Schmerzen  in  den  unteren  Extremitäten.  Parästhesien  und  Anaesthesia  dolorosa. 
Parese  im  Gebiet  der  Peronei.  Westphal'sches  Phänomen.  Paralyse  der 
äusseren  Aeste  des  N.  oculomotorius,  der  N.  N.  trochleares  und  Abducentes. 
Beiderseits  Ptosis. 

Fall  32.  Charcot  (420).  41jähriger  Mann.  Bleikoliken  seit  dem  18.  Jahr. 
Die  Krankheit  begann  mit  atrophischer  Lähmung  in  der  Hand-,  Arm-  und 
Schultermuskulatur.  Nachher  wurden  die  unteren  Extremitäten  befallen.  Die 
Sehnenretlexe  au  den  oberen  Extremitäten  fehlten,  an  den  unteren  waren  sie 
erhalten ;  hier  flbriJläre  Zuckungen.  Unvollständige  Ophthalmoplegia  exterior, 
welche  1  Jahr  nach  der  Muskelerkrankung  anfing,  Pupillen  und  Accommo- 
dation  normal,     Üphthalm.  Befund  normal.     Leichte  Schluckbeschwerden. 

Fall  33.  Probst,  VI.  Fall  (509).  40jährige  Taglöhnerin,  Parästhesien 
am  ganzen  Körper,  Begann  schwer  zu  reden;  hierauf  Schwäche  in  den  oberen 
Extremitäten.  Später  wurde  das  Gehen  beschwerlich.  Baibärmiene.  Rechte 
Lidspalte  enger  als  die  linke.    Rechter  Mundwinkel  tiefer  als  der  linke.    Starke 

14* 


j 


212  Ptosis  bei  der  chron.  u.  subchron.  Ophthalmoplegie,  komb.  m.  Vorderhonutffektkm. 

Sprachstörung.  Muskulatur  der  oberen  Extremitäten  erheblich  abgemagert  ood 
abgeschwächt,  besonders  in  den  Handmuskeln;  Krallenhand.  Herabsetzung 
der  elektrischen  Erregbarkeit,  keine  Entartungsreaktion.  Im  weiteren  Verlaufe 
trat  beiderseits  eine  leichte  Ptosis  auf.     Der  Gang  war  steif,  paraparetisch. 


ni.  Gruppe. 

Kombination  yon  Ophthalmoplegie  mit  Spinalaffektion,  ohne  dass  es 
dabei  znr  Entwickelnng  yon  Bnlbärerseheinnngen  gekommen  wäre. 

a)  In  der  Reihenfolge:  Ophthalmoplegie,  Vorderhorn- 

Erkrankung. 

§  84.  Fall  34.  Hotz  (421)  sah  einen  Mann  mit  Lähmung  beider  Intemi  und 
Extemi  und  des  rechten  Facialis.  Später  wurden  auch  Arme  und  Beine 
gelähmt.     Nach  Gebrauch  von  Strychnin  verschwand  die  Lähmung. 

Fall  35.  Fürstner  (422).  ISjähriger  Patient.  Doppeltsehen.  14  Tage 
später  Schmerzen  in  den  Schultern,  dann  folgte  Schwäche  in  den  beiden 
Armen.  Darauf  rechts  Abducenslähmung.  Links  Beweglichkeitsbeschränkung 
des  Auges.  Ptosis  duplex.  Pupillen  K  >  L.  Reaktion  normal.  Lähmung 
beider  Oberarme  und  des  Schultergürtels,  links  stärker.  Beträchtliche  Schwank- 
ungen in  der  Intensität  der  Funktionsstörungen  an  den  Augen  und  Armen. 
Die  sehr  rasche  Ermüdbarkeit  der  Muskeln  macht  eine  häufige  Wiederholung 
aktiver  Bewegungen  unmöglich. 

Fall  36.  Sachs  (423).  Bei  diesem  Falle  trat  zur  Ptosis  auf  dem 
rechten  Auge  wenige  Monate  später  auch  Ptosis  auf  dem  linken 
Auge  hinge.  Es  folgte  Lähmung  der  übrigen  Augenmuskeln.  Schliesslich 
konnte  nur  das  linke  Auge  noch  etwas  nach  innen  und  oben  bewegt  werden. 
Die  linke  Pupille  auf  Licht  starr,  auf  Accommodation  reagirend.  Einige  Jahre 
nach  der  Augenmuskellähmung  entwickelte  sich  eine  ausgedehnte  Atrophie 
der  Muskulatur  der  rechten  Unterextremitäten.  Beiderseits  Fehlen  der  Pupillar- 
refiexe.     Kopfschmerz. 

b)  In  den  folgenden  Fällen  bestanden  zuerst  Lähmungserscheinungen 

am  Rumpfe  und  den  Extremitäten  und   traten  die  Erscheinungen 

der  Ophthalmoplegie  erst  später  hinzu. 

§85.  Fall  37.  Charcot  (420).  37  jähriger  Mann.  Fraktur  der  Fibula.  Als 
der  Kranke  nach  der  Heilung  der  Fraktur  aufstehen  wollte,  war  er  an  den 
ünterextremitäten,  bald  nachher  auch  an  den  Oberextremitäten  gelähmt. 
Massenatropliie  an  den  Gliedern  mit  Ausnahme  von  den  Oberschenkeladductoren. 
FibrilläreZuckungen.  Fehlen  der  Reflexe  und  der  Sehnenphänomene.  Anaestbesie 
des  Velum  und  des  Pharynx.  Drei  Monate  nach  der  Extremitätenlähmung 
beiderseits  Ptosis,  links  stärker  als  rechts,  und  Lähmung  der  Intemi 


id  Externi.     Die  Bewegungen  nach  oben  und   ujiten  besclii'änkt      Leichte 
Icoommodationsparese.       Pupillen     nonnaK       Der     Grad     der     Ptosis 
wechselte  während  des  Tages. 

Fall  38.  Sauvineau  (425)  sah  ein  14 jähriges  Miidchen,  welches 
18  Monate  alt,  Lahumng  der  Beine  und  Strahismus  bekommen  hatte.  Die 
Lähmung  der  Beine  verschwand  nach  vier  Monaten,  während  der  Strabismus 
blieb.  Die  Bewegungen  der  Augen  nach  aussen  waren  beschränkt.  Es  bestand 
gleichnamiges  Doppeltsehen. 

Fall  39.  Hadden  (426).  40 jähriger  Mann.  Vor  15  Jahren  Lues. 
Bekam  eine  Atrophie  der  Mm.  interossei,  sowie  der  Dannienmuskeln  und 
eine  doppelseitige  Ptosis  mit 
unvollständijier  Beweglichkeit  der 
Augenmuskeln  nach  oben  und 
unten.  Die  Pupille  zeigte  keine 
Lichtreaktion  und  nur  eine  ge- 
ringe lieaktion  hei  der  Accommo- 
dation. 

Fall  40.  Eigene  Beobachtung. 
Ein  44 jähriger  Schuh uiacher  von 
der  Abtheilung  des  Herrn  Oberarztes 
I>r.  Jo  Hasse,  der  uns  diesen  Fall 
gütigst  zur  Publikation  überliess, 
ist  seit  seiner  Kindheit  krank.  Im 
Anscbluss  an  eine  Infektionskrank- 
heit bekam  Patient  eine  „schwer- 
ßllige"  Sprache  und  einen  „latschi- 
gen" Gang.  Seit  15  Jahren  besteht 
stärkere  Sprachstörung.  Vor  zwölf 
Jahren  traten  Augenstörungen 
(Doppeltsehen)  ein,  seit  einem  Jahre 
Blasen-  und  Mastdarnistörnng.  Seit 
dem  letzten  halben  Jahre  kann 
Patient  gar  nicht  mehr  gehen.  Er 
ist  verbeirathet  und  hat  vier  gesunde  Kinder.  Lues  und  F'otus  sind  nicht 
nachweisbar. 

Die  Untersuchung  ergab  eine  spastische  Paraparese  mit  Ataxie  der 
unteren  Extremitäten.  Die  Patellarredexe  sind  gesteigert.  Es  findet  sich 
beiderseits  Fussclonus;  ferner  an  Ober-  und  Unterschenkeln  Analgesien.  Auch 
in  den  Oberextremitäten  bestehen  Spannungen  mit  gesteigerten  Refiexen, 
keine  Atrophien,  keine  fibrillären  Zuckungen,  daneben  Ataxie»  Die  Sensi- 
bilität in  ihren  verschiedenen  Qualitäten  an  den  oberen  Extremitäten,  Brust 
und  Rücken  intakt.  Im  3.  Ast  des  recliten  Quintus  ist  die  Schmerzempfin- 
dung herabgesetzt. 


Fig.  58, 

Chronbche  Ophthal  moplcfie  bei  eint- r  koinbioirten 

HinttrseileiiätrangEttektJon  ohne  Ptonit. 

Bulbärmiene, 


M 


214  PtoBis  bei  der  chron.  u.  subcbron.  Ophthalrooplegie,  komb.  m.  VorderlioniaffektiQii. 

Patient  macht  einen  stupiden  Eindruck;  Bulbärmiene  (siehe  Figur  57)  und 
bulbäre  Sprache  (F.  G.  K.  P.  Q.  R.  können  nicht  ordentlich  ausgesprochen 
werden);  die  Oberlippen  sind  etwas  dünn.  Patient  kann  nicht  pfeifen.  Die 
Zunge  zittert  etwas,  kann  aber  gut  bewegt  werden  und  zeigt  keine  Atrophie. 
Beim  Sprechen  wird  der  Mund  ungleich  innervirt;  dabei  besteht  keine  FaciaKs- 
lähmung. 

Die  elektrische  Untersuchung  ergab  nur  in  den  Oberlippen  und  den 
Händen  geringe  Abweichungen  von  der  normalen  Reaktion.  JedeDfalls  war 
keine  typische  Entartungsreaktion  vorhanden. 

Was  nun  die  Augen  betrifft,  so  bestand  eine  hochgradige  Beweglichkeits- 
beschränkung nach  allen  Richtungen  hin.  Beiderseits  keine  Ptosis. 
Die  Pupillen  waren  gleich  weit  und  reagirten  normal.  Accommodation  normal. 
Ophthalmoskopisch  war  links  eine  beginnende  Opticusatrophie  zu  konstatiren. 
Die  Sehschärfe  war  beiderseits  herabgesetzt.  Das  Gehör  war  beiderseits  gleich. 
Der  Geschmack  war   rechts    hinten   auf  der  Zunge  gegen  links  herabgesetzt 

Die  Prüfung  des  Geruchs  ergab  unsichere  Resultate. 

Kurz  es  handelt  sich  hier  um  eine  chronische  Ophthalmoplegie  bei 
einer  kombinirten  Hinterseitenstrangaffektion  verbunden  mit  Bulbärkem- 
und  beginnende  Opticuserkrankung.     (Multiple  Sklerose?) 

§  86.  Was  nun  das  Vorkommen  von  Ptosis  bei  diesen  Zuständen  be- 
trifft, so  ist  die  Yertheilung  der  Levatorlähmung  auf  die  einzelnen  Kfuikheits- 
gruppen  aus  der  folgenden  Tabelle  ersichtlich. 

Tabelle   X. 


• 

Ptosis 

fraglich,  ob 

Anzahl  der  Fälle 

fehlende  Ptosis 

Ptods  vor- 

doppelseitig 

einseitig 

handen 

[  a  =  11 

9 

1 

1 

Gruppe  I    { 

1  b  =  9 

1 

4 

2 

2 

f  a  =  8 

8 



^^ 

_^ 

Gruppe  II 

1  b  =  5 

3 

1 

— 

1 

(  a  =  3 

2 

__ 

1 

_ 

Gruppe  III 

b  =  4 

2 

— 

2 

— 

« 

25  .-=  84,24% 

6  =  15,5  V 

6 

3 

79,1 

90/0 

Ptosis  bei  der  cbron.  n.  sübchroii.  Ophthalmopfegie,  korob.  m.  Vor^erhornaffektion.  2! 5 


Wir  entnehmen  daraus,  dass  in  denjenigen  Fällen,  in  welchen  sich  die 
phthalmoplegie  mit  Bulbärkem-  und  VorderhornafFt'ktiimen  konipüzirt  hatte 
(abgesehen  von  den  Fällen  typischer  Tabes,  l*aralyse,  multipler  Sklerose, 
SyringomyeHe)  die  Ptosis  in  79"/o  der  Beobachtungen  aufgetreten  war  und 
mithin  als  eines  der  konstantesten  Symptome  bei  diesen  Zuständen  betrachtet 
werden  mnss. 

In  84 ^/o  der  Fälle  war  die  Ptosis  doppelseitig  vorhanden,  wenn  auch 
ihrem  Intensitätsgrade  nach  verschieden. 

In  6^1  Q  einseitig. 

Auch  hier  sehen  wir  die  Ptosis  isolirt  auftreten  wie  im  Falle  36  {im 
Beginne  des  Leidens)  und  zwar  auf  beiden  Augen.  In  den  Fällen  17,  18, 
19  und  20  war  die  Levatorlähmung  isoÜrt,  aber  nur  auf  dem  einen  Auge, 
In  den  Fällen  12  und  20  war  dieselbe  mit  einer  Facialislähmun^   kombinirt. 

In  den  Fällen  13  und  14  bestand  eine  einseitige  Oculomütüriuslähuning. 

Im  Falle  25  ging  die  Ptosis  viele  Jahre  dem  Auftreten  der  bulharen 
und  S|)inalon  Erscheinungen  voraus. 

Wie  bei  der  chronischen  progressiven,  isolirt  bleibenden  üphthalmoplegia 
exterior  sehen  wir  auch  hier  hei  einigen  Fällen  die  Intensität  der  Ptosis 
tätlichen  Schwankungen  unterworfen. 

Im  Falle  B  ras  eh  (Nr.  26)  trat  die  linksseitige  Ptosis  nur  zeitweise 
auf,  während  die  des  rechten  Auges  dauernd  vorhanden  war* 

Was  den  Verlauf  der  Fälle  anbetrifft,  so  w^ar  derselbe  theils  ein  chronischer, 
theils  ein  subchronischer.  In  den  Fällen  6  und  34  trat  Heilung  ein,  bei  dem 
Falle  6  durch  Jodkali,  bei  dem  Falle  34  angeblich  durch  Strychnin. 

§  87.  Bezüglich  des  anatomischen  Befimdes  liegen  von  vier  Fällen  mit 
ßubchronischem  Verlaufe  mikroskopische  Untersuchungen  vor. 

Bei  der  Beobachtung  von  Remak  (Fall  12)  liess  die  von  Oppenheim 
gemachte  mikroskopische  Untersuchung  in  der  Gegend  der  Pyramidenkreuzung 
noch  nichts  Pathologisches  erkennen;  aber  sofort  mit  dem  Erreichen  des 
Hypoglossuskerns  traf  er  auf  die  Erkrankung:  zahlreiche  Spindelzeilen,  ver- 
dickte Gefässe,  Schwund  der  Zellen,  und  zwar  am  stärksten  in  der  oberen 
Hälfte  des  XIL  Kernes:  aucli  die  Kerne  des  Vago-Accessorius  und  Glosso- 
pharyngeus  waren  erkrankt,  desgleichen  der  Facialiskern,  dieser  besonders 
in  seiner  unteren  Hälfte.  Am  Abducens-Quintus  und  Oculomotoriuskem  war 
nichts  Krankliaftes  zu  erkennen;  auch  die  Wurzeln  aller  Gehirnnerven  er- 
schienen intakt.  Die  Untersuclmng  des  Oculömotoriuskerns  konnte  jedoch 
keine  vollständige  sein,  weil  das  Präparat  bei  der  Sektion  an  dieser  Stelle 
durchtrennt  war,  und  somit  eine  lückenlose  Serie  nicht  gewonnen  werden 
konnte. 

Im  Falle  Duboys  {Fall  25)  ^ne  laissa  voir  I'autopsie  rigoureusement 
faite,  qu'une  congestion  legere  des  enveloppes  meningees,  sans  lesion  des 
centres  nerveux:  cerveau,  bulbe  ou  moelle,""  — 

Sehr  genau  ist  der  Fall  26  von  B rasch  untersucht. 


$ 


216   Ptosis  bei  der  chron.  u.  subchron.  Ophthalmoplegie,  komb.  m.  VorderhoniaffBktiji«. 

Bei   demselben  ergab   die   anatomische   Untersuchung   im   Rückenmark 
eine  Erkrankung  der  Vorderhornzellen  (gering  im  Lendenmark,   erhebiidier 
im  Brust-  und  Halsmark),  wechselnde  Läsionen  der  Hinter-  und  Seitenstrange 
und   der  Wurzeln,    massige    Gefässerkrankungen.     An    der   Medalla    wurden 
Degenerationen    fast    aller  Kerne    (exclusive  Acusticus)   und    der   Pyramiden 
gefunden.     Li  der  rechten  Brückenhälfte  fand  sich   ein   Herd,   welcher  den 
austretenden  Facialis  und  Trigeminus  in  sich  begriff,  den  Kern  des  ersteren 
fast  ganz  verschonte,   den  des  letzteren  aber  zerstörte  und  stellenweise  auch 
auf  die  Pyramidenstränge  der  rechten  Seite  übergrifip.  Isolirt  erkrankt  gefunden 
wurden    ausserdem    die  Kerne    des  Abducens,    die    hinteren  Abschnitte  der 
Oculomotoriuskeme,   die   hinteren  Längsbündel   und  die  linksseitige  Schleife, 
endlich  ein  kleiner  Bezirk  im  Hirnschenkelfuss.   Die  anatomische  Untersuchung 
hatte   freilich  auch  im  Bulbus  eine  f>krankung  fast  aller  Kerne  aufgedeckt, 
indessen   war  eine  Degeneration  in  dem  Facialiskerrie  kaum  erkennbar,  und 
in  den  anderen  Kernen  war  sie  keine  so  vorgeschrittene,  wie  bei  der  klassischen 
Bulbärparalyse,  und  man  wird  deshalb  in  dem  vorliegenden  Falle,  wo  übrigens 
auch  schon  vor  Eintritt  der  Bulbärsyraptome  der  rechte  obere  Facialisantheil 
gelähmt  war,   die  bulbären  Symptome   wenigstens  als  vom  Ponsherd  mit  ver- 
anlasst auffassen  dürfen. 

In  der  Beobachtung  vonCassirer  undSchiff  (Nr.  4)  tritt  der  degenerative 
Charakter  noch  mehr  in  den  Vordergrund.  Es  wurde  gefunden:  leichte 
Degeneration  des  Hypoglossuskerns  und  seiner  Wurzeln.  Massig  starke 
Degeneration  beider  aufsteigender  Glossopharyngeuswurzeln.  Die  spinalen 
Wurzeln  des  Trigeminus  waren  beiderseits  hochgradig  degenerirt,  sensibele 
Kerne  und  sensibele  Wurzeln  sonst  intakt.  Motorischer  Kern  und  motorische 
W^irzel  rechts  massig  stark  degenerirt. 

VI.  Kern  und  Wurzel  beiderseits  total  degenerirt. 

IV.  Kern  beiderseits  stark  degenerirt,  besonders  links.  Entsprechende 
Degeneration   der  intramedullären  Wurzelbündel  und  der  Trochlearisstamme. 

III.  Totale  Degeneration  der  beiden  grosszelligen  Lateralkeme  und 
des  grosszelligen  hinteren  Centralkerns.  Wurzelbündel  des  HI.  degenerirt 
mit  Ausnahme  der  lateralsten.  Edinger-,  Westphal-  und  Darkschewitsch- 
scher  Kern  vollkommen  intakt.     Atrophia  optici  utriusque. 

W'as  die  Gelasse  betrifft,  so  linden  wir  eine  auffallende  Blutfiillung 
wesentlich  nur  an  den  ausserhalb  der  Himsubstanz  gelegenen  Gefassen, 
namentlich  in  der  Höhe  des  Austrittes  des  Facialis,  Acusticus,  Glossopharyngeus. 
Eine  etwas  stärkere  Ausdehnung  und  Füllung  der  Gefässe  wurde  allerdings 
auch  in  dem  Gebiete  der  Trochlearis-  und  Oculomotoriusgegend  konstatirt 
Im  Uebrigen  wurden  nirgends  wesentliche  pathologische  Veränderungen  der 
Gefässwandungen  oder  Zeichen  von  Blutungen  angetroffen. 

Ob  die  folgende  Beobachtung  Gayet's  (427)  hierher  gehört,  oder 
zur  Püliencephalitis  hämorrh.  sup.  Wernicke  (siehe  daselbst),  ist  zweifel- 
haft, da  eine  mikroskopische  Untersuchung  nur  oberflächlich  vorgenommen 
wurde.    Der  Kranke  erlebte  eine  Kesselexplosion,  ohne  dadurch  einen  direkten 


Ptosis  hei  der  chron,  n,  sabchron.  Ophthalmoplegie,  komh.  m.  Votderbornaffektian.  217 

::liadeii  zu  erleiden.  Seit  dieser  Zeit  Zustand  höchster  Aufregunj^.  Nach 
'einij^eu  Wochen  unbesiegbare  Schlafsucht.  Gay  et  fand  bei  der  ersten  Unter- 
suchung beiderseits  fast  vollständige  Ptosis,  alle  vom  (Jculomotorius  versorgten 
Muskeln  beiderseits  gelähmt,  Strabismus  divergens,  Pupillenreaktian  auf  Licht 
und  Accommodation  normal,  das  ganze  Muskelsystern  im  Zustande  der  Atonie. 
Bewegungen  energielos,  Sensibilität  intakt,  Sensor i um  frei.  Im  Verlaufe  der 
Krankheit  hatte  sich  rechtsseitige  Hemiplegie  eingestellt,  die  aber  wieder 
verschwand.  Kurz  vor  dem  Tode  war  die  rechte  Pupille  enger  als  die  linke. 
Kach  fünfmonatlicher  Krankheitsdauer  starb  Patient  in  Folge  von  Inanition 
im  Zustande  der  h<ichsten  Scbwäclie.  Die  Sektion  zeigte  in  der  ganzt^n  Partie 
der  Pedunculi,  wo  sich  die  Üculomotorii  verlieren,  und  besonders  in  dem 
ganzen  Umfange  des  erweiterten  Aquaeductus  Sylvü.  rückwärts  vom  Boden 
des  IV,  Ventrikels  bis  zum  Calamus-scriptorius  (beide  Thalauii  und  die  liintere 
Commisusr  sind  mit  afficirt)  eine  allgemeine  gelbgraue  Verfärbung  des  Gewebes, 
auffallende  Injektion  der  Gefässe  und  eine  Unzahl  capillärer  Blutungen. 
Gay  et  deutet  diesen  Befund  als  eine  entzündliche  Alterration^  einhergehend 
mit  entzündiicber  Röthe,  Hyperaemie,  anscheinend  etwas  Gewebsskterose  mit 
einem  gewissen  Grade  von  Erweichung,  kurz  gesagt,  eine  diffuse  Encephalitis, 

§  88.  In  diflerentiell  diagnostischer  Hinsicht  ist  zu  erwähnen,  dassDejerine 
<|428)  einen  Fall  von  doppelseitiger  Ophthalmoplegia  exterior,  nachdem  eine 
Lähuiung  der  Extremitäten  wiederholt  aufgetreten  und  verschwunden  war, 
aof  eine  periphere  Neuritis  zurückführt,  —  Auch  können  die  Augenmuskeln 
in  seltenen  Fällen  der  progressiven  Muskelatrophie  des  facio-scapulo- 
humeralen  Typus  mit  betroffen  sein.  So  lag  Ptosis  in  einem  Falle  von 
Landouzv   und  Dejerine  (429)  von 

Oppenheim  (430)  berichtet  über  einen  durch  Stöningen  im  Bereiche 
der  Augenmuskeln  und  derKehlkopfnxuskulatur  merkwürdigen  Fall  von  juveniler 
progressiver  Muskelatrophie.  Die  Pupillen  waren  von  gleicher  Weite  und 
reagirten  gut  auf  Lichteiufall.  Die  Beweglichkeit  der  Bulbi  war  entschieden 
beeinträchtigt  und  zwar  in"  seitlicher  Richtung.  Es  \i^rden  die  entsprechenden 
Augenwinkel  nicht  erreicht  und  war  der  Defekt  besonders  gross  für  den  Rectus 
externus.  Auch  trat  bei  forcirten  Seitvvärtsbewegimgen  Nystagmus  ein. 
Patient  soll  aber  nie  doppelt  gesehen  haben.  Oppenheim  fuhrt  auch  noch 
eine  analoge  Beobachtung  von  Bay  (ref.  Cannstatter  Jahresbericht  für  1877) 
an.  Hier  bestand  bedeutende  Schwäche  der  Mundbewegungen,  Strabismus 
divergens,  die  Augen  konnten  nicht  nach  aufwärts  und  abwärts  bewegt  werden. 
Das  Kauen  war  behindert,  beim  Schlucken  gerieth  häufig  ein  Theil  des 
Genossenen  in  den  Larynx.  Sprachstörungen;  ausserdem  waren  die  Papillen 
atrophisch. 

Der  von  Oppenheim  mitgetheilte  Fall  gehört  in  die  Klasse  der  primären 
progressiven  Muskelatrophien.  Die  Art  der  Entwickeln ng,  die  Lokalisation, 
der  Charakter  der  Muakclentartung,  namentlich  die  durch  die  mikroskopische 
Untersuchung  nachgewiesene  Hy|jertrophie  der  Muskelprimitivfasern,  das  Fehlen 
der  tibrillären  Zuckungen,  alle  diese  Momente  wiesen  in  seinem  Falle  darauf 


218  Ptosis  bei  der  chron.  u.  subchron.  Ophthalmoplegie,  komb.  m.  VorderhoniailektioD. 

bin,   dass   es  sich   um   einen  Muskelschwund  nicht  neurotischen   Charakten 
handelte. 

Vielleicht  gehört  auch  die  Beobachtung  Bristow's  (431)  hierher,  worin 
kurz  über  einen  Fall  von  Ophthalmoplegie  bei  einem  53 jährigen  Manne  mit 
Muskelatrophie  der  Schultern  und  des  rechten  Masseters  neben  Ophthahnoplegie 
berichtet  wird. 

Ferner  verweisen  wir  hier  auf  die  pag.  106  erwähnten  Fälle  ton 
Gowers,  Winkler  und  von  der  Weyde. 

Die  grösste  Schwierigkeit  bei  der  DiiFerentialdiagnose  machte  die  Ab- 
grenzung der  Fälle  von  der  Poliencephalomyelitis,  zumal  dieser  von  Rosenthal 
zuerst  gebrauchte  Name  sich  auf  Fälle  von  chronischem  Verlauf  bezog,  wie 
die  erwähnten  von  Guinon  und  Parmentier  u.  A. 

Neuerdings  nun  trennt  man  die  chronischen  von  den  aknteD  und  snb- 
akuten  Erkrankungen,  und  auch  wir  folgen  darin  Oppenheim's  Ansicht, 
die  er  in  seiner  mustergültigen  Arbeit-„die.  Encephalitis"  (512)  niedergel^  hat 
Bei  den  letzteren  handelt  es  sich  in  histologischer  Beziehung  nm  eine  Erkrankung 
der  Blutgefässe,  um  eine  akute  oder  subakute  hämorrhagische  Encephalitis 
von  einigen  Wochen,  oder  höchstens  einigen  Monaten  Dauer.  Unsere  im 
vorliegenden  Kapitel  mitgetheilten  Fälle  rechnen  wir  wegen  des  meist  schleichen- 
den, chronischen  Verlaufes  zu  den  atrophisch  degenerativen  Prozessen, 
bei  welchen  der  encephalitische  Prozess  nicht  festzustellen  ist.  Zugleich 
möchten  wir  nicht  unerwähnt  lassen,  dass  bei  manchen  der  Fälle  die  Rubri- 
cirung  aus  dem  Grunde  sehr  schwierig  war,  weil  es  zweifelhaft  bUeb,  ob 
derselbe  nicht  besser  als  Poliencephalomyelitis  zu  bezeichnen  wäre. 

Was  nun  andere  Krankheiten  mit  ähnlichen  Symptomen  und  Ptosis  be- 
triflFt,  die  ev.  das  Grundleiden  verdecken  könnten,  so  ist  in  erster  Linie  die 
bulbäre  Form  der  multiplen  Sklerose  zu  berücksichtigen.  Jedoch  wird  die 
Steigerung  der  Reflexe,  werden  die  nystagmusartigen  Zuckungen,  der  Intentions- 
tremor,  ferner  endlich  der  meist  unter  Remissionen  einhergehende  Verlauf 
genügende  Anhaltspunkte  zur  Unterscheidung  darbieten. 

Ferner  könnte  ein  langsam  wachsender  Tumor  in  der  MeduUa  oblongata, 
imPons  und  in  der  Vierhügelgegend  ein  ähnliches  Krankheitsbild  produzieren; 
in  der  Regel  sind  jedoch  die  Symptome  bei  den  Tumoren  stürmischer  und 
treten  schubweise  mit  Kopfschmerz,  Schwindel,  Erbrechen,  Konvulsionen  und 
meist  mit  Stauungspapille  auf. 

Des  weiteren  wären  basale  Prozesse  wie  Lues,  Tuberkulose,  Sarkom, 
Carcinom  in's  Auge  zu  fassen,  welche  ebenfalls  oft  eine  Ptosis  zeigen  und 
die  Gehirnnerven  sowie  die  Extremitäten  in  Mitleidenschaft  ziehen.  BezügUch 
der  differentialdiagnostischen  Momente  verweisen  wir  auf  die  späteren  Kapitel 
dieses  Buches. 

Mit  Pseudobulbärparalyse,  das  heisst  der  cerebrobulbären  Glosso-pharyngo- 
labialparalyse  ist  eine  Verwechselung  nicht  leicht  möglich,  da  bei  dieser  Er- 
krankung Augenmuskellähmungen,  speziell  auch  eine  Ptosis  nicht  YorkcHnmen, 


Die  Ptosis  bei  der  astbenisclieii  ßulbärpuraly&e.  219 

Ind  die  gelähmten  Muskeln  ihr  normales  Volumen  und  ihre  normale  elektrische 
Erregbarkeit  behalten. 

Ebenso  können  leicht  durcli  die  Art  des  Beginnes  alle  Prozesse  ausge- 
schlossen werden,  die  man  unter  dem  Namen  der  akuten  Bulbärparalyse  zu- 
sammen fasst,  also  vor  allen  Dingen  die  Apoplexie  der  Med.  oblong.,  die  bul- 
bare  Myelitis  ^  die  Erweichung  durch  Embolie  oder  Thrombose  der  Basilar- 
arterien*  Durch  akutes  Einsetzen  zeichnen  sich  ferner  die  Neuritis  der  bul- 
baren  Nerven  (Eisenlohr,  Käst)  und  die  bulbäre  Form  der  L an dry sehen 
Paralyse  aus,  welche  letztere  auch  mit  Ophthalmoplegie  und  Ptosis  einher- 
gehen kann  (Goebel,  513.) 

So  grosse  Schwierigkeit  unter  Umständen  die  Unterscheidung  von  der 
asthenischen  Bulbärparalyse,  bei  der  sich  ja  fast  immer  eine  Ptosis  findet, 
machen  kann,  so  dürfte  letztere  doch  in  den  meisten  Fällen  durch  die  charak- 
teristischen Remissionen,  durch  das  Fehlen  von  Muskelatrophien,  von  quali- 
tativen Veränderungen  der  elektrischen  Erregbarkeit,  durch  die  ev.  vorhan- 
dene myasthenische  Reaktion  Jolly's  erkannt  werden  können.  Hierbei  muss 
aber  stets  berücksichtigt  werden ,  dass  die  Hysterie  sicli  öfter  mit  der 
asthenivschen  Bulhärparalyse  kombiniert. 

Der  Vollständigkeit  halber  sei  erwähnt,  dass  unter  dem  Bilde  einer  atro- 
phischen Bulhärlähmung  eine  heilbare  Form  von  Pohencephalitis  speziell  im 
jugendlichen  Alter  vorkommen  kann* 

Ueber  die  ähnlichen  Symptomenbilder,  welche  als  Folge  einer  luetischen 
Erkrankung  des  Centralnervensystems  auftreten,  werden  wir  in  einem  speziel- 
len Kapitel  zu  sprechen  haben. 

Endlich  muss  noch  auf  die  Ger  Herrsche  Krankheit  und  die  japanische 
Kubisagari  hingewiesen  werden,  welche  sich  mit  den  Symptomen  der  Oph- 
thalmoplegie (speziell  der  Ptosis),  Parese  der  Hals-Rumpfmuskeln,  Störungen  der 
Sprache,  des  Kauens  und  Schluckens  verbindet.  Beide  Krankheiten  werden 
eingehender  mit  den  akuten  Poliencephalitiden  infektiösen  Ursprungs  be- 
handelt werden. 

e)  Die  Ptosis  bei  der  iistheiiiselieii  Bulbärparalyse, 

§  89.  Von  grossem  diagnostischem  Interesse  ist  das  Vorkommen  und  das 
Verhalten  der  Ptosis,  bei  der  von  Strümpell  (452)  mit  asthenischer  Eni- 
bärparalyse,  von  Jolly  (453)  mit  Myasthenia  pseudoparaly tica 
gravis  benannten  Aflektionj  die  in  Wilks,  Erb,  Oppenheim  und  Eis en- 
1  o  h  r  ihre  ersten  Beschreiber  gefunden  hatte.  Als  Fundamentalerscheinung  der 
Krankheit  ist  die  abnorme  Erschüpfbarkeit  der  Moskeln  neben  frühzeitigem 
Auftreten  von  Bulbärsymptomen  hervorzuheben.  Diese  abnorme  Ermüd- 
barkeit der  Muskeln,  sagt  Strümpell,  unterscheidet  sich  von  der  gewöhn- 
lichen raschen  Ermüdbarkeit  im  paretischen  Zustande  dadurch,  dass  sie  in 
solchen  Muskeln  hervortritt,  welche  zunächst  den  Eindruck  völlig  normaler 
Funktionsfähigkeit  machen.  Ausserdem  setzt  die  Ermüdung  zuweilen  so  rasch 


ff 


220  Die  Ptosis  bei  der  asthenischen  Bolbärparalyse. 

und  in  so  hohem  Maasse  ein,  wie  es  bei  sonstigen  Muskelparesen  kaum 
jemals  der  Fall  zu  sein  pflegt.  Dieses  Symptom  d^arf  jedoch  nicht  als 
ausschliessliche  Eigentümlichkeit  der  asthenischen  Bulbärparalyse  betrachtet 
werden;  wir  hatten  schon  bei  der  inkomplizirten  Ophthalmoplegia  interior. 
bei  den  tabetischen  Nuklearlähmungen  und  anderen  Kemaffektionen  auf 
das  Vorkommen  desselben  hingewiesen.  Bei  der  asthenischen  Bulbär- 
paralyse jedoch  zeigt  sich  aber  gerade  diese  Erscheinung  ganz  besonders 
prägnant.  Im  Allgemeinen  darf  man  wohl  behaupten,  dass  die  Krankheit  in 
ausgesprochenen  Fällen  die  gesammte  willkürlich  bewegte  Körpermuskulatur 
befällt,  wenn  auch  gewisse  Gebiete,  wie  vor  allem  die  bulbären  Muskelgebiete 
(Augenlider,  mimische  Gesichtsmuskeln,  Kaumuskeln,  Zunge,  weicher  Gaumen) 
in  besonders  hohem  Grade.  Am  wenigsten  scheinen  in  einigen  sonst  schweren 
Fällen  die  Bewegungsmuskeln  des  Augapfels  betroffen  zu  sein.  Die  reflek- 
torisch bewegten  inneren  Augenmuskeln  bleiben  aber  stets 
verschont.  Die  doppelseitige  Ptosis  ist  zugleich  mit  der  Schwäche  der 
Kaubewegungen  und  der  Nackenmuskulatur  eines  der  konstantesten  und  am 
deutlichsten  hervortretenden  Symptome  dieser  Krankheit.  Meist  nicht  stark 
ausgeprägt,  ist  sie  häufig  das  erste,  dem  Patienten  auflFallige  Symptom. 

Aus  einer  Zusammenstellung  der  bis  jetzt  in  der  Litteratur  bekannten  Fälle 
dieser  Krankheit  (siehe  Tabelle  XI),  denen  wir  drei  selbstbeobacbtete  noch  hin- 
zufügen konnten,  treflfen  wir  in  78,5^/o  auf  beiderseitige  Ptosis,  und  zwar 
ist  die  Doppelseitigkeit  dieser  inkompleten  Levatorlähraung  als  Charakteristikum 
für  diese  Krankheit  anzusehen.  Uebereinstimmend  melden  die  Autoren,  dass 
das  Herabhängen  der  Augenlider  Abends  am  stärksten  ausgeprägt  sei.  So 
war  bei  dem  von  Devic  und  Roux  (454)  mitgetheilten  Falle  die  Ptosis  des 
Morgens  früh  kaum  wahrnehmbar,  aber  während  des  Tages  deutlich  vorhanden. 
Sehr  gut  schildert  Fajersztejn  (455)  dieses  Verhalten:  „Die  oberen  Lider 
hängen  ein  wenig  herab  und  bedecken  das  obere  Homhautviertel,  was  dem 
Gesicht  einen  müden  und  schläfrigen  Ausdruck  verleiht.  Beim  Hinaufschaoen 
fallen  die  Lider  immer  tiefer  und  tiefer  herab.  Patient  versucht,  diesem 
Herabsinken  durch  Kontraktion  des  Musculus  frontalis  entgegen  zu  wirken. 
Nach  wenigen  Minuten  stellt  sich  aber  eine  vollständige  Ptosis  ein.""  Wenn,  wie 
in  dem  Falle  Fajersztejns  die  Ptosis  bei  ausgeruhtem  Nervensystem 
ursprünglich  nur  eine  geringe  war,  und  erst  in  Folge  der  gesteigerten  An- 
forderungen an  die  Augen  während  des  Tages  stärker  hervortrat,  so  wird 
jedoch  bei  einzelnen  Kranken,  wie  z.  B.  in  dem  Falle  von  Erb  (456)  und 
vonGoldflam  (457)  immerhin  auch  einer  starken  Ptosis  Erwähnung  gethan. 
Im  Falle  Eisenlohr  war  die  Ptosis  zeitweise  so  stark,  dass  Patientin,  tun 
sehen  zu  können,  den  Kopf  hinten  übergestreckt  halten  musste. 

Schon  Eisenlohr  (458)  macht  auf  den  häufigen  und  raschen  Wechsel 
aufmerksam,  welchem  die  Ptosis  im  Laufe  der  Beobachtung  unterworfen  sein 
kann.     Wie  erwähnt,   fing   bei   einer  Reihe   von  Fällen   die  Krankheit  über- 
haupt  mit  Ptosis  an.     So    berichtet  Goldflam,   dass   bei   seinem  Patienten 
schon   im   Beginn   der  Erkrankung   die  Augenlider   herabgefallen   seien,  dikI 


Die  Ptosie  bei  der  astheDiacheii  iJolbärparaljBe.  221 

olly  erwähnt  als  ers^tes  Symptom  der  seit  einem  halben  Jahre  bestehenden 
Krankheit  seines  14jährigen  Patienten  das  Unvermögen,  die  Augen  nicht 
läDgere  Zeit  hinter  einander  offen  halten  zu  können,  was  zuerst  in  der 
Schale  heim  Blicken  auf  die  Tafel  autgefallen  sei.  Nach  einer  HuJiepause 
hätten  dann  die  Li dh eher  wieder  hesser  funktionirt. 

Meist  zeigen  beide  Lider  die  lähmungsartrge  Schwäche.  So  fanden  wir 
unter  42  Fällen  von  asthenischer  llulhärparalyse  hei  29  Fällen  doppel- 
seitige, und  in  3  Fällen  [Goldflani  (460 J,  Ivoshewnikow  (465)  und 
llaymond  (406)  einseitige  Ptosis,  Das  Auftreten  dieser  einseitigen  Levator- 
parese  ist  auffallend  und  weist  dncli  wieder  auf  einen  Lähmungszustan<l  hin; 
denn  wenn  die  ganze  Körper muskulatur  von  einer  lähmungsartigen  Schwäche 
befallen  ist,  so  kann  man  nicht  recht  begreifen,  warum  der  Levator  des  einen 
Auges  davon  eben  ausgenommen  sein  soll.  Bei  13  Fällen  unter  42  trat  die 
Ptosis  ohne  Lälimnngserscbeinungen  von  Seiten  des  Oculo- 
niotorius,  des  Abducens  und  Trochlearis  auf.  Bei  19  Fällen  waren 
neben  der  Ptosis  Symptome  von  Ophthal moplegia  exterior  resp.  Dopjjelt- 
sehen  vorhanden.  Bei  vier  Fällen  fanden  wir  nur  Üoppeltsehen  resp. 
Ophthahnoplegia  exterior  ohne  Ptosis  verzeichnet,  ebenfalls  eine  auf- 
fällige Erscheinung  in  Anbetracht  der  lähmimgsartigen  Schwäche  der  ge- 
sammten  Kürpermuskulatur  und  der  dauernden  Anstrengung  des  Levators  im 
wachen  Zustande.  Bei  (j  Fällen  lagen  keine  Störungen  der  äusseren  Augen- 
muskehi,  abgesehen  vom  Orbicularis,  vor.  Im  Allgemeinen  ist  bei  dieser  Krank- 
heit die  Häufigkeit  und  Stärke  der  Ptosis  ^^egenüher  dem  Unversehrtbleil*en 
der  ßewegungsmuskeln  für  die  Bulbi  zu  betonen,  weil  sich  auch  hier  wieder 
die  Sonderstellung  der  Levator  es  gegenüber  den  anderen  Augenmuskeln  aus- 
zudrücken scheint.  Bei  den  Fällen  Bernhardt  (459),  Eisenlohr  (458), 
tioldflam  (4*j0),  Hoppe  (461)  war  die  Ptosis  auf  dem  einen  Auge  stärker, 
aU  auf  dem  anderen.  In  der  Beobaclitmig  von  Kar  plus  (462)  war  die 
Ptosis  bald  auf  dem  linken,  baki  auf  dem  rechten  Auge  stärker.  Meist  ist 
sie  von  geringer  bis  mittlerer  Intensität, 

Was  das  Verhalten  des  Orbicularis  anbelangt,  so  tinden  wir  im  Falle  III 
von  Erb  (456),  im  Falle  Karjilus  (462),  Goldflam  (460),  Fajersztajn  (4Ö5), 
gleichzeitig  neben  der  Ptosis  auch  eine  lähnvungsartige  Schwäche  im  Lid- 
scbliessmuskel ,  ein  Parailelverlauf  von  Lahmiingserscheinungen,  dessen  Be- 
deutung wir  in  S  53  pag,  114  näher  besprochen  hatten.  In  den  Fällen:  Eisen- 
lohr (458),  Hoppe  (461),  Bris  Saud  und  Lantzenberg  (463),  Widal  und 
Marinesco  (464),  Koschewnikow  (465),  Raymond  (466)  war  neben 
doppelseitiger  Ptosis  der  ganze  Facialis  schwach, 
f  §  90,     In  differentiell-diagnostischer  Hinsicht  macht  die  Untersclieidung 

I      zwischen  asthenischer  Bulbärparalyse  und  Poliencephalomyelitis   die   grössten 
Schwierigkeiten.  Wir  werden  in  einem  folgenden  Kai>itel  sehen,  wie  ganz  besonders 
häufig  auch  bei  dieser  Krankheit  eine  doppelseitige  Ptosis  vorzukommen  ptlegt. 
I      Nach  den  zur  Zeit  vorliegenden  Ileobachtungen  spricht  eine  0 p  Vi  t  h alm o p  le g i a 
[     interna  gegen  die  asthenische  Bulbärparalyse.     Schwarz  (467)  hebt  hervor, 


222  Die  Ptosis  bei  der  aeiheDisohen  Balbftrparalyse. 

dass  die  durch  Ermüdung  sich  steigernde  Ptosis  leicht  den  Eindruck  von 
Somnolenz  machen  könne,  welche  der  asthenischen  Bulbärparalyse  als 
Symptom  nicht  zukomme,  wohl  aber  der  Poliencephalitis. 

Es  wurde  anfänglich  erwähnt,  dass  das  Leiden  ziemlich  rasch  einsetze, 
und  meist  nach  wenigen  Wochen  den  Höhepunkt  erreiche.  Etwa  die  Hälfte 
der  Fälle  erliegt  dann  den  bulbären  Sjrmptomen,  bei  der  anderen  Hälfte 
kommt  es  allmählich  zur  Heilung.  Einzelne  Beobachter  erzählen  von 
Remissionen  und  Exacerbationen.  So  trat  in  der  Beobachtung  von  Devic  und 
ßoux  (454),  bei  welcher  die  Patientin  vor  26  Jahren  Lues  acquirirt  hatte, 
nach  einer  Schmierkur  Heilung  ein.  Später  nahm  aber  namentlich  links  die 
Ptosis  zweimal  von  neuem  zu,  um  sich  unter  dem  Gebrauch  von  Jodkali 
grösstentheils  zu  verlieren.  Ob  Syphilis  in  diesem  Falle  wirklich  die  Ursache 
des  Leidens  gewesen  sei,  bleibt  dahingestellt.  In  diesem  Falle,  dem  einzigen 
unserer  Tabelle,  wurde  auch  eine  leichte  Neuroretinitis  beobachtet,  und  dürfte 
die  letztere  wohl  von  der  Lues  abhängig  gewesen  sein,  und  könnte  demnach 
auf  einen  Parallelverlauf  zwischen  asthenischer  Bulbärparalyse  und  cerebraler 
Lues  geschlossen  werden. 

In  dem  IL  Falle  von  Koshewnikow  (465),  in  welchem  eine  rasche 
Ermüdbarkeit  des  Sehnerven  mit  koncentrischer Gesichtsfeldeinschränkong 
neben  doppelseitiger  Ptosis  und  erschwertem  Lidschluss  beobachtet  wurde,  kann 
man  wohl  einen  Parallelverlauf  der  asthenischen  Bulbärparalyse  mit  Hysterie 
annehmen.  Der  Fall  betraf  ein  ITjähriges  Mädchen,  deren  beide  Brüder 
an  nervöser  Asthenopie  litten.  Auch  wurde  in  diesem  Falle  eine  zeitweihge 
Schwäche  des  Sphinkter  iridis  und  des  Muscul.  ciliaris  bemerkt,  eine  Er- 
scheinung, die  bei  keinem  sonstigen  Falle  der  Tabelle  zur  Beobachtung  ge- 
kommen war. 

Ätiologisch  interessant  und  klinisch  von  hohem  Interesse  ist  auch  die 
Beobachtung  von  Karplus  (462),  dessen  Fall  19  Jahre  lang  zur  stationären 
Ophthalmoplegie  gerechnet  worden  war,  bis  sich  endlich  die  Erscheinungen 
der  asthenischen  bulbärparalyse  entwickelten.  Im  fünften  Lebensjahre  einer 
jetzt  24jälirigen  Frau  trat  nämlich  ohne  äussere  Veranlassung  eine  geringgradige 
rechtsseitige  Ptosis  auf,  welche  in  den  nächsten  Tagen  an  Intensität 
zunahm,  und  welcher  sich  im  Laufe  der  nächsten  Wochen  auch  eine  links- 
seitige Ptosis  hinzugesellte.  Nach  einem  Jahre  ging  die  beiderseitige  Ptosis 
langsam  zurück.  Seither  aber  traten  alljährlich  mehrwöchentliche  Perioden 
starker  beiderseitiger  Ptosis  auf.  Während  dieser  Zeiten  Froh- 
Kemissionen,  Abends  P^xacerbationen  der  Parese.  Hier  und  da  Doppelbilder. 
Später  abermals  Ptosis,  die  diesmal  monatelang  anhielt.  Ausserdem  Parästhesien, 
Schwäche  und  auffallende  Ermüdbarkeit  der  oberen  und  unteren  Extremitäten. 
Dann  Paralyse  der  den  Bulbus  bewegenden  Muskeln.  Beiderseits  Ptosis 
mittleren  Grades,  Parese  des  Stirn-  und  Augenfacialis.  Vorübergehende 
Kauschwäche.  Die  interioren  Augenmuskeln  und  der  untere  Facialis  blieben 
normal.     Auffallend  war  in  den  frühen  Perioden  der  Krankheit  die  KonstAW 


Dh  Ptosis  bei  der  asthenischen  Btilhärparalyi 


223 


-ähmiiTig  tler  äuäseren  Augeamuskeln  bei  dem  periodischen  Schwanken 
Levatorpiirese. 
Wt^iter  oben  wurde  in  Kürze  auf  die  differentialdiagiiostisclien  Momente 
"fischen  der  urgaiiischen  und  der  asthenischen  Bulbärparaljse  aufraerksani 
^^^Uiacht.  Dasselbe  gilt  für  die  Pseudobnlbärparalyset  die  Tumoren  und  die 
"^philitisehen  Plrkrankungen  dieser  Gegend. 

S  91.  Bei  der  geringen  Zahl  der  bis  jetzt  von  dieser  Krankheit  beschriebenen 
!"  ma^  es  uns  gestattet  sein, 
bliebst  drei  eigene  Beubacb- 
^ua^eri  hier  folgen  zu  lassen. 
Fall  1.     Frl.  M.  C,  20  .1. 
(Fig.  59.) 

Anamnese:   Der  Vater 
ilÄtb  an  Diabetes.     IH^  Motter 
nervös. 

In  früher  Kindheit  spinale 
Kinderlähmung.  Das  linke  Hein 
5  t    im   Wachstimm    zu  rück  ge- 
llieben   und   magerer    als   das 
»cbte.  Sie  trat  von  jeher  kurz. 
Da    sie     Ende     Februar 
1896    eine    grössere    Schwäche 
11  linken  Bein  bemerkte,  liess 
ie  «ich  täglich  massiren.     Seit 
Fanuar  1896   litt  sie   Öfter   an 
Lopfsch  merzen. 

Anfang  April  liel  sie  ganz 
llötziich  auf  der  Strasse  bin. 

In  letzter  Zeit:  Be- 
schwerden beim  Sjirechen; 
Schwäche  in  den  unteren   und 


Fig.  59. 

M.  (',    20  Jjihre    bIl      Mittlere  Ploali    bei  aathenisrher 
BiiUiiirpuralyse.     Tmitlither  Au.s^ang. 


oberen  Extremitäten;  Herabsinken  der  beiden  oberen  Lider.  — 

8Jd  189tj,  St.  pr.  Graciles,  blasses  Mädchen  mit  etwas  kindlichem 
Habitus:  innervirt  beim  Sprechen  verschieden  den  Mundwinkel  und  lacht 
sehr  viel  mit  eif^entliiimlich  grimmassierendem  Ciesichtsausdruek, 

Besonders  auffallend  ist  eine  nicht  ganz  vollständige  Ptosis.  Sie 
innerviert  stark  den  Frontalis  und  biegt  den  Kopf  nach  hinten,  um  sehen 
zu  können, 

Beweglichkeit  der  Balbi  sehr  beschränkt. 

Das  reclite  Auge  kann  etwas  nach  oben, 
„        „  „      sehr  wenig  nach  rechts, 

),        ,,  „      sehr  wenig  nach  links, 

„        „  ,,      besser  nach  unten 

bewegt  werden. 


224  Die  Ptosis  bei  der  asthenischen  BoIbArparalyse. 

Das  linke  Auge  kann  etwas  nach  oben, 
„        ,,        „     sehr  wenig  nach  rechts, 
,,       ;,        „     sehr  wenig  nach  links, 
„       „        „      etwas  nach  unten 
bewegt  werden. 

Pupille  rechts  weiter  als  links,  reagirt  direkt  und  indirekt. 
Kein  Doppeltsehen  (mit  rothem  Glas  geprüft).  Geruch,  Geschmack,  Gehör: 
besonders  gut;  letzteres  sogar  sehr  fein.  Am  Gaumen  besteht  deutliche 
Analgesie.  Der  Gaumen  wird  gehoben,  aber  mit  schwacher  Kraft.  Es  kommt 
öfter  beim  Trinken  Flüssigkeit  aus  der  Nase.  Gaumen-  und  Rachenreflex 
gut.     Die  Kraft  der  Kaumuskeln  ist  herabgesetzt. 

Patientin  verschluckt  sich  leicht.  Stimme  ist  leise.  Kehlkopfunter- 
suchung: Die  Aryknorpel  schliessen  gut;  ebenso  die  Stimmbänder. 

Es  besteht  eine  deutliche  Schwäche  in  den  Armen,  «so  dass  Patientin 
sich  die  Haare  nicht  machen  kann.  Ebenso  sind  die  unteren  Extremitäten 
schwach. 

Patellarreflex  links  abgeschwächt  im  Vergleich  zu  rechts. 

Vorderarmreflex  =  |  ,    . ,        .  ,      _  .  , 

rr  '  n  \  beiderseits  vorhanden  und  normal. 

Tncepsreflex        =  | 

Hautreflexe  sämmtlich  vorhanden.  Sensibilität  nicht  alterirt,  ausser  am 
Gaumen,  an  der  linken  Wangenschleimhaut  Herabsetzung  der  Schmerzempfindung. 
Hier  und  da  Parästhesien  in  der  linken  Wange  und  im  linken  Ohr.  Patientin 
klagt  über  Kückenschmerzen  und  Reissen  in  den  Armen.  Keine  Blasen-  und 
Mastdarmstörungen.  Urin  frei  von  Eiweiss  und  Zucker.  Die  Beobachtung 
ergibt  ein  auffallendes  Schwanken  und  Wechseln  im  klinischen  Bilde. 

Am  3/6.  klagt  sie  über  vermehrte  Erschwerung  beim  Sprechen.  Klang 
wie  bei  Gaumensegellähmiing. 

5/6.     Sprechen  besser;  Ptosis  stärker. 

8/6.     Grössere  Schwäche  in  den  Armen. 

15  6.     Manchmal  spontane  Zuckungen  in  den  Zehen  beider  Fasse. 

17/6.  Vermehrte  Schwäche.  Patientin  kann  sich  nicht  mehr  allein 
im  Bette  aufrichten.    Hyperalgesie  der  Lendenwirbelsäule  bei  Druck. 

26/6.  Seit  zehn  bis  zwölf  Tagen  keine  Schluckstörung.  Sprache  sehr 
schwach;  ebenso  Husten. 

30/6.  Patientin  kann  sich  wieder  besser  aufrichten.  Innervirt  den  rechten 
Mundfacialis  stärker  als  den  linken. 

Herzaktion  oft  ungleichmässig. 

2/7.  Bedeutendere  Schwäche  der  Nackenmuskulatur,  Sprache  sehr  schlecht, 
die  oberen  Extremitäten  kräftiger;  Polyurie. 

10/7.  Heute  wurden  die  Augen  besser  geöffnet.  Zum  ersten  Mal 
vorübergehend  Doppeltsehen,  auch  von  Dr.  Eisenlohr  konstatirt,  welcher 
die  Diagnose  der  asthenischen  Bulbärparalyse  bestätigte.  Der  Rücken  bei  Druck 
empfindlich.     Bewegimg  der  Beine  gut. 

18/7.     Ptosis   stärker.     Kauen  und  Schlucken  besser.     Seine  schwerer. 


Die  Ptosis  bei  der  ndtheniächeii  Butbärparaljae.  225 

7/8.     Zuweilen   Doppt^ltselien.     Patientin   verschluckt  sich  hier   und  da, 

Patientin  geht  auf  vier  Wochen  in  eine  Kliuik.  Status  fere  idem.  Dann 
nach  CuxJiaven,  wo  sie  sich  entschieden  erholt  hat*  Sie  sieht  besser  aus; 
fühlt  sich  besser.  Jedoc!i  die  objektiven  Symptome  sind  ungefähr  dieselben: 
Ptosis;  Augcnmuskelliihmung;  Neigung  zum  Verschlucken.  Schwäche  der  Ex- 
tremitäten ohne  sichtliche  Atropliien. 

Die  Verwandten  der  Patientin  bestimmten  die  Mutter,  sich  an  Iloniüo- 
patben  und  Kurpfuscher  zu  wenden. 

Im  .Ajifang  December  letzte  Untersuchung.  Sie  war  selir  erregt  und 
hatte  hysterische  Zufalle.  Einige  Tage  spater  Eieber.  j  20.  12  an  Pneumonie. 
Die  Sektion  wurde  verweigert, 

Fall  IL     Wilhelmine  K.,  22  Jahre,  Cigarrenarbeitersfrau. 

29/12.  97.  Vor  sechs  W^ochen  Schmerzen  heim  Schlucken.  Ihr  Vater 
und  ihr  Mann  behaupteten,  ,,es  sei  rotb  und  dick  im  Hals/'  Kein  Fieber. 
Nach  fünf  bis  sechs  Ta^en  keine  Schmerzen  mehr.  Nach  drei  bis  vier  Tagen 
Doppeltsehen  heim  Blick  nach  rechts. 

NB.     Sechs   Wochen    vor   der  Kranklieit  sagte   der   Mann,   sie   schiele. 
Einmal  lief  ihr  beim  Essen  W^asser  au.s  der  Nase. 

St<  pr. 

Das  linke  Auge  kann  nicht  nach  aus.^ien  bewegt  werden  (siehe  Figur  60 
und  61),  da.s  rechte  ebenfalls  nicht,  bei  Bewegungen  nach  der  Seite  hin  treten 
gleichnamige  Doppelbilder  auf,  nach  oben  hin  gekreuzte.  Pupillen  in  Ordnung. 
Patientin  blinkt  fortwiibrend;  gegen  Abend  fallen  die  Augen  zu  (Ptosis).  Die 
Zunge  zittert  beim  Herausstrecken  zuweilen.  Schluck  Störung,  Dynam.  beider- 
seits 50,  beim  zweiten  Mal  25,  beim  dritten  Mal  15.  Patientin  ermüdet 
leicht.  Hier  und  da  Schwere  imd  Schmerzen  im  Nacken.  Sehnen-  und  Haut- 
Teäexe  beiderseits  gleich  lebhaft.  Sensib.  intakt.  Gesichtsausdiiick  schlaff  und 
nichtssagend.  (lalvauiache  und  faradische  Untersuchung  normal,  auch  im 
schlaffen  Facialisgebiet.  Wenn  sie  lacht,  bewegen  sich  die  Gesichtsmuskeln 
etwas  langsam,  so  dass  das  Lachen  etwas  Grimassenhaftes  an  sich  hat.  Der 
Stirntheil  des  Facialis  zeigt  keine  besonders  auffällige  Schwäche,  Der  Mund 
ist  in  die  Breite  gezogen. 

Patientin  ermüdet  ausserordentlich  leicht  beim  Gehen,  beim  Treppen- 
steigen und  Arbeiten;  Sensoriuui  frei^  die  Zunge  zittert  nicht,  sie  wird  gerade 
herausgestreckt.  Der  weiche  Gaumen  wird  ziemlich  gut  gehoben.  Die 
Patientin  schluckt  etwas  mühsam,  aber  doch  ganz  gut.  Keine  Muskel- 
atrophieen.  Keine  myasthenische  Keaktion  (Jolly).  Keine  Sphinkterenstö- 
rxxng.  Urin  frei.  Puls  etwas  beschleunigt.  Verord.  viel  Ruhe,  Eisen,  InHuenz- 
douche. 

1/1,  97.  Im  ganzen  etwas  besser.  L,  Abducensaparese  und  Abducens- 
scbwäche,  beiderseits  Krampf  der  Intemi.  Patientin  blinkt  wx^niger.  Patientin 
hat  hie  und  da  trockenen  Husten.     Lungen-,  Rachen-  und  Nackenschmerzen. 

10./ 1.     Gehen  wieder  schlechter. 

13./1*    Stärkeres  Üoppelsehen;   immer  noch  Husten, 

Willir«iid-S««iifer,  NDurologie  des  Auges.  15 


226 


J}ie  Ptosis  bei  der  »ätboDi^hen  ßulbärparalyse. 


Fig.  60. 

W.  K*     Leif'litf   I^ri^ii-H   Iwn  astlit^uiM^lier  Bylburpiiniiyse. 

Versuch,  tlie  Au)ir*^ti   nach   liuks  auj^wHitH  zu   drehen. 


Fi|f.  61, 

W»    K.      Linchtp    Vimh    Ijm'i     KsthiMiischer    Bnlbüi'pnralyBf. 

Versuch,  die  Aivvren  oat'h  ricklÄ  aiuswilrls  eh  drelK-u  {siusscrste 

ADStrt^iitriißg). 


19JL  Basrditek 

bewegt  sich  gut:  uf 
linken  Auge  noch 
parese. 

Patientin  ist  jeWi 
1893)  grravida  (4, 
Die  Augenstörungen 
besser  (siehe  Figur  62  ü 
63).  Die  Bulbi  könnmiaa 
allen  Richtungen  frei  b«TO 
werden.  Die  Lidsp&htn  sil 
normal  weit.  PaÜeiitin fiü 
keine  Schwäche  tneliit  ^tiä 
im  Nacken,  noch  indf^nli- 
tremitäten.  Sie  verscUndR 
sich  nicht  und  klagt  woik 
nicht  mehr  über  Irocköffl 
Husten. 

Fall  IIL     Fräulein  W. 
41  Jahre,  leidet  seitmehr^Tf» 
Jahren      an      nervöst^n   B^ 
seh  werden.  Seit  vergangenm 
Winter  fiililt  sie  sich  äiisserrt 
matt,    konnte    ihre  GÜtNk 
kaum  mehr  bewegen*  nickt 
mehr  Treppen  steigen,  Benn 
Ej?sen  wurden  ihr  die  Kiefer 
müde,    so    dass    sie   m\M 
nur    tliissige    Xahmngr   aof- 
niihm.       Vor     zwei    JÄhren 
hätte   sie   ihre    Lider   nicht 
tm'lir  heben  können  und  httbe 
dojjpelt  gesehen.     Sie  wurde 
damals  von  einen»  Augenarzt 
am  Schielen  operirt. 

St.  praes.  —  ( 
Hiagere  Pei^on  von  mödeui 
Aussehen,  Die  Augen  hui 
Patientin  halb  gescJd^ 
Fordert  man  sie  auf,  in  die 
Ihihe  zu  blicken,  so  thut  m 
(las  ganz  gut,  die  Lider 
sinken  aber  sofort,  wieder 
herab,  dann  benutzt  sie  den 


^ 


Die  Ptosis  bei  der  nBtheniaclien  Bnlhfirparalyae, 


^  -  ^efinger  zum  Heben  der 
'  ^V^T.  Bei  starrem  Fixiren 
"*V^ii  beide  Augen  ganz  zu, 
^  -\Ba  Blick  geradeaus  bestellt 
^I^Xitlicher  Stahismus  conver- 
t-^^T5s.  Der  linke  Bulbus  ist 
1  ^Xir  massig  in  der  Horizontal- 
^^ie  nach  aussen  zu  bewegen, 
^*ewegnngen  nach  oben  innen 
^nd  oben  aussen  ganz  unmög- 
lich* Bewegung  horizontal  nach 
.*  innen  sehr  ergiebig.  Die  Be- 
^  ^*eg:iingen  nach  unten  und  unten 
^  innen  norraalj  nach  unten  aussen 
^    aber  erschwert. 

Rechtes  Auge:  in  der 
Horizontalen  nach  aussen  sind 
die  Bewegungen  ergiebiger  als 
links»  aber  doch  deutlich  be- 
schränkt. Bew^egungen  gerade 
nach  üben  unmöglich,  ebenso 
nach  oben  aussen,  nach  oben 
innen  schwach.  Bewegungen 
nach  unten  aussen  völHg  auf- 
gehoben, ebenso  nach  unten 
und  unten  innen, 
irten  Blick  nach 
das  tinke 
ab. 


Auge 


innen 

eine  Zeitlang 


Beim  associ- 
oben  weicht 
stark  nach 
Patientin  konnte 
nicht  schlucken. 
Im  Gesichtsfeld  leichte 
Ermüdbarkeit.  Nach  Erholung 
der  Augen  volle  Sehscliarfe. 
Klagt  über  Lichtblendung  und 
Photopsieen  bei  gescldossenen 
Augen.  F*upil[enverhältnisse, 
Accomraodation ,  ophthalmosk, 
Befund  beiderseits  normal. 
Patientin  kann  momentan  die 
Augen  nicht  schliessen.  Beim 
Geschlossenhalten  fortw^ährende 
Zuckungen  und  Tendenz  die 
Lider  zu  öffnen.  Zeitweise 
Zuckungen    im    linken    Mund- 


Die   nüitilii'lic   Piitkutio   wie   in    Fig;   60   und  61   nach 
BeHjtcrtnig  der  ast heu i sehen  BuU)»rpimily,He. 


Fig.  63. 

DieM"]be  Patit^ntin  wir  in  Fig.  60  ii.  61  naeii  Besserung 

der    astlienisehen    Bulhürparalrae.      Blick    seitsw&rU 

nach  linkN  hin, 

15* 


i 


228  Pie  Ptosis  bei  der  ftstfaenischen  Balbärparalyae. 

Winkel.  Die  Funktion  des  Frontalis  und  Corrugator  supexcilii  beiderseits 
normal.  Patientin  wacht  häufig  Nachts  auf,  weil  der  Mond  hin  und  her 
gezogen  wurde. 

Die  Sprache  ist  eigenthümlich  verschleiert,  manche  Worte  kommen 
zischend  heraus.  Bei  längerem  Sprechen  tritt  sehr  schnell  Ermüdung  ein; 
z.  B.  kann  Patientin  nicht  weiter  als  bis  20  zählen,  dann  sagt  sie,  es  ginge 
nicht  mehr,  sie  sei  müde.  Auch  in  der  Unterhaltung  tritt  nach  kurzer  Zeit 
diese  Ermüdung  ein.     Allgemeine  Sensibiliät  intakt.     Reflexe  vorhanden. 

Später  wurde  Patientin  sehr  gebessert  aus  der  Krankenhausbehandlung 
entlassen. 

In  diesem  Falle  bestanden  neben  den  Symptomen  der  asthenischen  Bulbär- 
paralyse  auch  die  Erscheinungen  der  nervösen  Asthenopie. 

§  91.  Fragen  wir  nach  dem  Wesen  dieser  interessanten  Krankheit,  so  ist  uns 
die  pathologische  Anatomie  bei  den  jetzigen  Untersuchungsmethoden  die 
Antwort  noch  schuldig  geblieben.  So  konnte  Eisenlohr  (458)  bei  seinem 
Falle  nur  ganz  zuletzt  entstandene  kapilläre  Hämorrhagien  in  der  Mednlla 
entdecken.  Hoppe  (461)  fand  ebenfalls  kleine  agonale  Blutungen  im  centralen 
und  vorderen  lateralen  Okulomotoriuskem,  im  Westphalschen  und  im  Vagus- 
keme.  Dreschfeld  (468)  konnte  trotz  sorgfältigster  mikroskopischer  Unter- 
suchung in  seinem  Falle  nichts  Pathologisches  nachweisen. 

C.  Mayer  (473)  fand  an  den  Zellen  des  Hypoglossuskems  mit  Aus- 
nahme einer  minimalen  Zahl  vacuolenhaltiger  Zellen  normale  Verhältnisse. 
ebenso  die  Rückenmarksvorderhörner,  sowie  die  Pyramidenbahnen  völlig  normal. 
Hingegen  waren  ausgesprochene  Erkrankungen  des  intramedullären  Abschnittes 
der  Vorderwurzeln,  sowie  der  Hypoglossuswurzel ,  insbesondere  an  Marchi- 
Präparaten  deutlich  zu  erkennen;  die  Präparate  zeigten  längs  der  Vorderwurzebi, 
sowie  an  einzelnen  Stellen  der  Hypoglossuswurzel  Streifen  und  Schollen 
geschwärzten  Myelins.  Die  intramedullären  Vorderwurzelantheile ,  sowie  die 
Hypoglossuswurzel  erschienen  bei  Markscheidenfärbung  deutlich  atrophisch. 

S  92.  Gewissermassen  als  Forme  fr uste  der  asthenischen  Bulbärparalyse 
und  von  Karplus  (462)  als  asthenische  Ophthalmoplegie  bezeichnet. 
dürften  die  folgenden  Beobachtungen   angesehen  werden. 

Kar  plus  (462).  Bei  einer  24  jährigen  Frau  trat  im  6.  Jahre  ohne 
äussere  Veranlassung  eine  geringgradige  rechtsseitige  Ptosis  auf,  die  in  den 
nächsten  Tagen  an  Intensität  zunahm,  und  welcher  sich  im  Laufe  der  nächsten 
Wochen  auch  linksseitige  Ptosis  zugesellt^.  Nach  einem  Jahre  ging  die  beider- 
seitige Ptosis  allmählich  zurück.  Seither  traten  alljährlich  mehrwöchentlich 
dauernde  Anfälle  starker  beiderseitiger  Ptosis  auf.  Während  dieser  Zeiten  früh 
Remissionen,  Abends  Exacerbationen  der  Parese.  Später  Schwäche  und 
auffallende  Ermüdbarkeit  in  den  über-  und  Unterextremitäten.  Darauf 
Ophthalmoplegia  exter.  Beiderseits  Ptosis  mittleren  Grades,  Parese  des 
Stirn-  und  Augenfacialis,  vorübergehende  Kauschwäche. 

K.  Kunn  (469)  berichtet  von  einem  25jährigen  Juristen,  welcher  (nie 
luetisch)  Mitte  Oktober  1895  verkapptes  Doppelsehen,  seit  November  desselben 


Die  Ptosis  bei  der  asthenischen  Bulbärparalyse.  292 

Jahres  Auftreten  von  Schielen  und  beginnende  Ptosis  zuerst  auf  dem 
linken,  später  auf  dem  rechten  Auge  bemerkte.  Es  konnte  dabei  ein  auf- 
fallender Wechsel  in  der  Intensität  der  Erscheinungen  konstatirt  werden, 
indem  die  Lidspalte  am  Morgen,  wenn  der  Patient  ausgeruht  war,  viel  weiter 
offen  stand,  als  am  Abend.  Während  einer  längeren  BeobacbtuUgszeit  fiel 
auf,  dass  die  Erscheinungen  an  den  Augen  alltäglich  schwankten ,  bald 
war  die  Ptosis  stärker  oder  geringer,  dann  trat  vorübergehend  Convergenz- 
lähmung  oder  Strabismus  auf.  Sonst  völlig  normaler  Befund  von  Seiten  des 
Nervensystems ;  insbesondere  war  die  motorische  Kraft  und  die  Ausdauer  der 
Körpermuskulatur  des  Patienten  vollständig  normal. 

Einen  diesem  ganz  analogen  Fall  erzählt  Ho  che  (470).  Eine  49  jährige 
Virgo  litt  bisweilen  an  Kopfschmerzen,  in  letzter  Zeit  auch  an  Schwindel. 
Seit  Herbst  1891  auch  Gefühl  von  Müdigkeit  in  den  Augen,  nur  immer 
Abends.  Im  Frühjahr  1892  leichte  Ptosis  links,  die  bis  zum  Sommer 
komplet  wurde;  alsdann  auch  fast  völlige  rechtsseitige  Ptosis.  Im  August 
1892  wurde  doppelseitige  Ophthalmoplegia  exterior  konstatiert.  Es  war  über- 
haupt nur  eine  geringe  Abduktion  des  rechten  Bulbus  möglich. 

Goldzieh  er  (471).  Der  37  jährige  Kranke  war  nie  syphilitisch,  jedoch 
hereditär  neuropathisch  belastet.  Es  bestand  Ophthalmoplegia  exterior 
bilateralis.  Bemerkenswerth  war  aber,  dass  am  Morgen  nach  dem  Erwachen 
die  Augen  ganz  normal  sich  bewegten,  sie  waren  vollständig  offen,  nach  1 
bis  2  Stunden  fielen  aber  dann  die  Augenlider  nieder,  und  die  Augenmuskeln 
verloren  ihre  Beweglichkeit.  Der  Patient  war  von  Zeit  zu  Zeit  äusserst  ver- 
gesslich,  so  dass  er  zu  gewissen  Zeiten  nicht  wusste,  wo  er  war. 

Camus  et  (472).  Ein  55  Jahre  alter  Kapitän  wurde  vor  35  Jahren 
von  einer  Diplopie  befallen,  welche  nach  1 — 2  Monaten  wieder  verschwand. 
5  Jahre  später  erschienen  dieselben  Symptome  mit  leichter  doppelseitiger 
Ptosis  und  hielten  ein  Jahr  lang  an. 

8  Jahre  später  trat  wieder  ein  Anfall  mit  Doppeltsehen  und  Ptosis  auf, 
komplicirt  während  zweier  Monate  mit  Schlingbeschwerden  und  hochgradiger 
allgemeiner  Schwäche.     Nach  7  Monaten  vollständige  Heilung. 

Nach  9  Jahren  ein  neuer  Anfall  mit  beiderseitiger  Ptosis,  totale 
Ophthalmoplegia  exterior  und  nachfolgender  allgemeiner  Schwäche.  Bis  zur 
vollen  Entwickelung  derselben  vergingen  4  Monate.  Die  Iris  und  Accommodation 
waren  stets  freigeblieben.  Keine  Sehstörungen  beim  monokularen  Sehakte. 
Der  ophthalmoskopische  Befund  beiderseits  normal. 

Während  die  Fälle  Kunn,  Hoche  und  Goldzieher  mehr  der  isolirt 
bleibenden  progressiven  Ophthalmoplegie  ähneln,  neigt  sich  der  Fall  Kar  plus 
und  Camuset  offenbar  mehr  der  asthenischen  Bulbärparalyse  zu.  Ob  daher 
diese  Formen  ein  Krankheitsbild  für  sich  darstellen,  oder  ob  sie  den  oben  er- 
wähnten pathologischen  Zuständen  zugezählt  werden  müssen,  bleibt  einstweilen 
der  Zukunft  überlassen. 


290  Die  Rosis  bei  der  asthenischen  Bulbärparalysr. 

Gegenwärtig  beobachten  wir  eine  27jährige  Dame,  deren  Leiden  vielleidit 
in  diese  Gruppe  gehört,  oder  eine  höchst  seltsame  Kombination  einer  hyste- 
rischen Ptosis  mit  der  isolirt  bleibenden  chronischen  Ophthalmopl^ie  darstdh. 
Seit  1889  besteht  diese  Affektion.  Angeblich  ohne  jede  YeranlassaBf 
fiel  das  linke  Oberlid  herunter  und  es  trat  eine  in  der  Intensität  wechseliide 
Ptosis  ein.     1895  trat  eine  ganz  analoge  Ptosis  des  rechten  Auges  auf. 

Die  Untersuchung  der  gesund  aussehenden,  gracUen  Patientin  ergab  dis 
Vorhandensein  einer  beiderseitigen  Ophthalmoplegia  incompleta  exterior.  Sie 
kann  die  Augen  nicht  nach  aussen,  sehr  wenig  nach  oben  aussen,  oben  innen, 
etwas  nach  oben,  am  besten  nach  unten  und  innen  bewegen.  Hierbei  mnss 
besonders  hervorgehoben  werden,  dass  der  Grad  der  Bewegungsbeschranknng 
der  Bulbi  ein  wechselnder  ist,  also  ebenfalls  eine  gewisse  Analogie  zur  Ptosis  zeig[t 
Die  Konvergenz  ist  ganz  leidlich  erhalten,  so  dass  Patientin  ziemlich  lai^ 
lesen  kann. 

Das  Interessanteste  nun  in  diesem  Falle  ist  das  Verhalten  der  doppel- 
seitigen Ptosis. 

Es  handelt  sich  nicht  um  eine  eigentliche  Lähmung,  da  Patientin 
manchmal,  insbesondere  wenn  sie  ganz  unbeobachtet  ist,  die  oberen  Lider 
gut  erheben  kann.  Ganz  besonders  auffallend  ist  es,  dass  nach  längerem 
Lesen  die  Patientin  im  Stande  ist,  die  Augen  beiderseits  sehr  gut  zu  öffnen. 
Sobald  man  jedoch  dies  untersucht  und  konstatiren  will,  fallen  die  oberen 
Lider  herab,  und  man  sieht  deutlich  die  Bemühungen  der  Patientin,  die  Augen 
zu  öffnen,  an  den  energischen  Kontraktionen  der  Frontalmuskeln.  Meistens 
ist  die  Ptosis  ungleich.  Das  rechte  obere  Lid  hängt  tiefer  herab  als  das 
linke.  Hier  und  da  erscheinen  kleine  Querfältchen  auf  den  oberen  Lidern. 
Jedoch  ist  hervorzuheben,  dass  die  Augenbrauen  ganz  hoch  stehen;  also  in 
keiner  "Weise  das  Verhalten  zeigen,  wie  bei  der  Ptosis  pseudoparalytica.  Des 
Morgens  nach  dem  Aufwachen  ist  die  Ptosis  viel  geringer  als  des  Abends. 
Die  Pupillen  sind  beiderseits  gleich,  reagiren  direkt  und  indirekt  gut.  Die 
Accommodation  ist  normal.  Das  Sehvermögen  und  das  Gesichtsfeld  hat  tiir 
"Weiss  und  Farben  normale  Grenzen. 

Im  Geschmack,   Geruch  und  Gehör  sind  keine  Anomalien  nachweisbar. 
Es  bestehen  keinerlei  bulbäre  Erscheinungen.     Die  Kraft  der  Extremi- 
täten ist  normal  und  es  tritt  keine  „leichte  Ermüdung"  ein.     Auffallend  ist  nnr. 
dass  Patientin   rechts   das  Dynamometer   auf  50,   links  auf  75  bringt,  ohne 
Linkshänderin  zu  sein. 

Der  rechte  Mundfacialis  wird  beim  Sprechen  etwas  weniger  innervirt 
als  links.  Ueberhaupt  hat  Patientin  ein  etwas  eigenartiges  Mienenspiel,  was 
sicherlich  dadurch  hervorgerufen  wird,  dass^  je  länger  man  dieselbe  ansieht, 
um  so  mehr  die  oberen  Lider  herabsinken,  Patientin  aber  auch  um  so  mehr 
bemüht  ist,  dieselben  wieder  zu  öffnen,  wobei  die  Innervation  stets  die  Fron- 
tales und  zwar  in  ungleicher  Weise  trifft,  die  Levatores  palp.  sup.  jedoch 
verfehlt. 


Die  PtosiB  bei  der  aathenischen  Bolbärparalyse.  231 

Ein  auswärtiger  Professor  der  Augenheilkunde  sagte  ihr,  sie  litte  an 
^Gesichtsstottem^  und  rubrizirte  das  Krankheitsbild  in  das  Gebiet  der 
Hysterie.  In  Bezug  hierauf  müssen  wir  noch  nachtragen,  dass  Patientin 
kfiinerlei  Stigmata  dieser  Krankheit:  weder  Analgesien,  noch  Ovarie,  noch 
Fehlen  des  Rachen-  oder  Conjunctivalreflexes  während  unsrer  Beobachtung 
darbot. 

Was  nun  unsere  Ansicht  betreffs  dieses  Falles  anbelangt,  so  neigen  wir 
am  meisten  dazu,  denselben  der  isolirt  bleibenden  progressiven  Ophthal- 
moplegie zuzurechnen,  bei  welcher  der  Levatorkern  mit  afficirt  ist,  jedoch  im 
Stande  erscheint,  durch  Pausen  in  der  Innervation  (Lesen)  sich  zu  erholen. 
Immerhin  w^äre  es  auch  möglich,  dass  es  sich  um  eine  Kombination  einer 
hysterischen  Ptosis  eigener  Art  (psychogene  Levatorlähmung)  mit  einer  chro- 
nischen Ophthalmoplegie  handelte.  Endlich  könnte  man  denselben  auch,  wie 
eingangs  bemerkt,  zur  asthenischen  Ophthalmoplegie  rechnen. 


238 


Tabelle  XI...  Das  Verhalten  der  Lider  uiid  der  Baniiianii 


•le. 


Tabelle  XI. 
Das  Verhauen  der  Iiider  und  der  Bnlbusinuskulator  bei  der  asthemscken  B 

paralyse. 


Autor  nnd  Nummer 

Ptnflia 

des 
Littemtorverzeichnisseflw 

Bulbusmoskeln. 

X  tUBlB 

eins,   doppeis. 

Facialis  und  Augenlider 

lidsdda 

1.  Wilks  (474) 

Diplopie 

— 

— 

— 

2.  Erb  (456)  Fall  I 

Pt. 

Paüentin  kann  wiUkur- 
lieh  das  obere  Augen- 
lid ziemlich  gut  heben« 
Die  Augen  sind  halb- 

talis  in  starke  Falten 

gelegt 

3.                         FaU  n 

Diplopie 

Pt. 

gehen   höchst  mangel- 
haft Ton  statten. 

Klonische  Zu 
im     Fronta] 
Orbienlaris 
brae.       Am 
schwach. 

4.                        Fall  III 

Pt. 

Die   oberen   Augenlider 
hängen  schlaff  herab; 
sie  können  wohl   vor- 
werden, um  sie  jedoch 
zu     erheben ,    werden 
beständig  die  Stimbaut 
und    die  Augenbrauen 
stark  in  die  Höhe  ge- 
zogen. 

In  den  oberei 
des   Fadalii 
eine    leichte 
zu  bestehen, 
zuckende    1 
tionen      in 
Frontales. 

5.  Oppenheim  (475) 

— 

» 

Die  mimischen  Gesichta- 
bewegungen    schwach, 
aber  erhalten. 

Schwäche     d« 
Schlusses. 

6.  Eisenlohr  (458) 

Diplopie 

11 

Der  Grad  der  Ptosis  war 
häufigem  und  raschem 
Wechsel    unterwerfen. 
Mit  Mühe  wurden  die 
Augen    geöffnet,    aber 
die  Aktion  der  Leva- 
tores  Hess  sofort  nach, 
sodass  Patient  um  ge- 
radeaus     zu     blicken, 
den  Kopf  etwas  zurück- 
beugen musste. 

DerSchluasd« 
obechon  toU 
▼ollzog  sieh 
ringer  Kraft 
seits.     Beide 
les      in      g 
Grade  pareti 

7.  Shaw  (476) 

-- 

— 

— 

AugenKfalu« 

8.  Bernhardt  (459) 

Diplopie 

Pt. 

— 

— 

Das  Yerhalte  der  Lider  und  der  BalboamaekaUtar  etc. 


23 


or  nnd  Nummer 
des 

I  tnrreneich  niBses. 


BoHmsmuikeln. 


Ptosis 
eins,  doppele. 


Fedalis  und  Augenlider. 


Lidschluss. 


oldflam  (457) 


Diplopie 


Pt. 


emak  (477) 


enator  (478) 


oppe  (461) 
reschfeld  (468) 


oldflam  (460) 

Fall  I 


Pt. 


Ophthalmoplegia 
exterior 


Fall  U 


Fall  in 


Pt. 


Schon  im  Beginne  der 
Erkrankung  fielen  die 
Augenlider  herab.  Kurz 
darauf  sah  Patient 
doppelt.  Die  rechte 
Lidspalte  ist  kleiner, 
eigentliche  Ptosis  aber 
nicht  vorhanden. 

Die  Betheiligung  des 
oberen  Facialis  war 
besonders  bemerklich. 

Hervorstehen  der  Augen. 
Der  Gesichtsausdrnck 
wurde  starr  und  die 
Augen  scheinen  grösser 
geworden  su  sein. 
Sämmtliche  Gesichts- 
ästo  beider  Faciales 
sind  gelähmt.  Parese 
im  oberen  und  unteren 
Facialis. 


Die  Unbeweglichkeit  des  ' 
Bulbus     war     anfangs 
perio<lischy    später  mit 
Schwäche  der  Extremi- 
täten verbunden. 

Comeal-  und  Conjunc- 
tivalreflex  sehr  ver- 
mindert. V.  Graefesches 
und  von  StcUwagsches 
Zeichen. 


Die  Lider  können 
nicht  geechlosseji 
werden ;  es  bleibt 
eine  Spalte  rechts 
grösser  als  links. 


Schwäche     des    Lid- 
schlusses. 


Die  Augenlider  kön- 
nen  ein  wenig  ge- 
schlossen, aber  nicht 
fest  sugekniffen  wer- 
den und  setzen  dem 
Versuche  sie  su  öff- 
nen nur  geringen 
Widerstand  ent- 
gegen. 


Deutliche     Parese 
unteren  Facialis. 


des 


Das  rechte  Oberlid  kann 

mit  Anrtreoi^ng  mit 
Hilfe  dot  FrontjUi'i 
**in  w€iiig  gehoben  wer- 
tlt*ti.  Cornea  bis  zu 
*/ä  bedeckt.  Dt-T  Augen- 
facialis  wirkt  gut,  der 
untere  Ast  ist  dagegen 
paretisch. 


Beiderseits  Lagoph- 
thalmus,  rechts  stär- 
ker als  links. 


Augenschluss  gut. 


Später  aueh  der  Or- 
bicularis  paretisch. 


234 


Das  Veriialten  der  Lider  und  der  BalbaflOMiskiilmtar  ete. 


Autor  und  Numiuer 

des 

LitteraturT&rzeic'hniflieis, 


BulbofinmRkeln 


Facklü  und  Augenlider. 


17,  C.  Majrer  (473) 
IS.  Strümpell  (453) 


n.  joiir  (453) 


20.  Pineles  (479)  Diplopie 

Fall  I 


21. 
22. 
23. 


Fall  II 
Fall  III 


FaU  IV 


24.  Sackling  (480) 

Fall  I 


25. 


Fall  n 


exterior 


exterior 


26.  Fajersztajn  (455) 


I 


27.  Dcvic  u.  Roux        Ophthalmoplcgia     r  ^^-      i  Di<^  Ptosis  ist  des  mor- 


Pt, 
Pt. 


Pt, 


Pt. 


.    1» 

Pt 

-       L 

Pt 

-           i  . 

Pt. 

1 

Ophthalmoplegia  ' 

— 

Ophthalmoplegia '  — 


Pt. 


Beweglichkeit  im  Btltn- 
theü  des  Padalll  sehr 
gering.  Beide  ober* 
Augenlider  leigen  eiu^ 
massige,  aber  tieutliche 
Pto«iA ,  welche  bei 
liogeren  Yersneb^ti  die 
Augenlider  tu.  heben 
eÜricer  wird.  Mund- 
faeiaUi  auch  pai^isch. 

Bt»  ^nte  Symptom  seiner 
ieit  iVi  J^ien  be- 
stehenden Krankheit 
be«tiiud  darin,  dase  er 
die  Augea  niobi  längere 
Zeit  hintor  einander 
offen  halten  konnte, 
wa»  Euersl  in  der 
Schale  au0iel  beim 
Blick  auf  die  Tefel. 
Nach  einer  Rohepftuee 
funktionirten  die  Lid- 
heber wieder  besser. 


I 


I  Der  Mundfacialis  nor- 
;  mal.  Das  Rnnseln  der 
I    Stirn     geht     gut    von 


statten. 


(554) 


extenor 


gcns  früh  kaum  wahr- 
nehmbar, aber  am  Tage 
deutlich  vorhanden. 
Später  nahm  die  Ptosis 
zweimal  von  neuem 
zu,  namentlich  links. 


DerLidsehlna 

Dtid  ach  wie 
bei  luvkmiftli 
koelfeii  dej 
mehr  und  x 


Pas  Verhalten  dar  Lider  und  der  Balbuamaakalatur  etc. 


235 


Autor  and  Nummer 

des 

Litteratarrerzeichnisses 

Bulbusmuskeln. 

eins 

Ptosis 
.  doppeis. 

1 

Facialis  und  Augenlider. 

Lidschluss 

28.  Koshewnikow 

(465)  Fall  1 

— 

11 

Pt. 

Schwäche  in  allen  Aesten 
des  Facialis. 

— 

29.             „            Fall  II 

Diplopie 
Sphincter  iridis 
und  M.  ciliaris 

schwach 

Pt. 

n 

Schwäche  der  Lippen. 

Augenlidschluss  un- 
vollkommen. 

30.  Kalischer  (481) 

Diplopie 

1) 

Pt. 

— 

— 

31.  Silbermark  (482) 

verschwommenes 
Sehen 

» 

Pt. 

— 

— 

32.   Brissaad  und 
Lantzenberg  (463) 
FaU  I 

Diplopie 

1» 

Pt. 

Facialisschwache. 

— 

33.            „             FaU  n 

Diplopie 

1» 

Pt. 

— 

— 

34.  Widal  and  Ma- 
ri nesco  (464) 

Diplopie 

n 

Pt. 

— 

— 

35.  eigene  Beobacht- 
ung M.  C. 

Ophthalmopl. 
exterior 

n 

Pt. 

Linker        Mundfacialis 
schwächer  innervirt  als 
der  rechte. 

Lidschluss  möglich. 

36.  eigene  Beobachtung 

Diplopie 

« 

Pt. 

Schlaffheit   des  unteren 
Facialis. 

— 

37 .  eigene  Beobachtung 

- 

y> 

Pt. 

— 

— 

38.  Hoche  (483) 

Ophthalmopl. 
exterior 

n 

Pt. 

— 

— 

39.  Kunn  (469) 

Ophthalmopl. 
exterior 

m 

Pt 

— 

— 

40.  Karplus  (462). 

Ophthalmopl. 

exterior, 
hier  und  da 
Doppeltsehen 

n 

Pt. 

' 

Parese  des  Augen- 
lacialis. 

41.  Camaset  (472) 

Diplopie 

9 

Pt. 

Bei   einem  Anfalle  von 
Doppeltsehen  hatte  sich 
allgemeine  progressive 
Muskelßchwäche      ein- 
gestellt. 

42.  Baymond  (466). 

Diplopie 

Pt. 

« 

— 

— 

43.   eigene  Beobachtung 

Ophthalmopl. 
exterior 

jf 

Pt 

Ungleiche     Innervation 
des  Facialis. 

Lidschluss  gut. 

236        Die  Ptosis  bei  den  Nnklearlähmnngen  in  Folge  aknter  Krankheitszostiode. 


f)  Die  Ptosis  bei  den  Nuklearlähmungen  in  Folge  subakuter   oder  akuter 

Krankheitszustände. 

§  93.  Die  hierher  gehörigen  Krankheitszustände  ordnen  sich  im  Grossen 
und  Ganzen  folgenden  drei  Hauptgruppen  unter: 

1.  den  nach  Infektionen, 

2.  den  nach  Intoxikationen  und 

3.  den  bei  nicht  eiterigen  Encephalitiden  aufgetretenen  Augen- 
muskellähmungen. 

"Während  bei  den  Nuklearlähmungen  zufolge  chronischer  Krankheits- 
zustände das  Endziel  des  krankhaften  Vorganges  im  Kemgebiete  der  Augeiih 
muskeln  gewissermassen  auf  eine  komplete  (interiore  und  exteriore)  Ophthal- 
moplegie gerichtet  ist,  und  auch  dann^  wenn  nach  längerem  Bestände  des 
Leidens  doch  nur  eine  inkomplete  Ophthalmoplegie  zur  Entwickelung  ge- 
kommen war,  die  Lähmungen,  wenn  sie  stabil  blieben,  unheilbar  waren, 
stellt  sich  die  Sache  bei  den  Nuklear  -  Lähmungen  zufolge  aknter  oder 
subakuter  Krankheits- Prozesse  ganz  anders.  Wir  sehen  die  Nuklear- 
lähmungen bei  chronischen  Krankheitszuständen  fast  durchgehends  als  die 
Folge  rein  degenerativer  Vorgänge  in  den  Ganglienzellen  und  Wurzel- 
fasem  des  Kerngebietes  auftreten,  demzufolge  auch  die  Lähmungsznstuide 
schliesslich  irreparabele  sein  mussten,  während  wir  bei  den  Nuklearlähmungen 
zufolge  akuter  oder  subakuter  Krankheitzustände  entweder  einer  rein  toxischen 
Wirkung  auf  die  Ganglienzellen  ohne  postmortalen  anatomischen  Befund,  oder 
einem  hämorrhagisch  entzündlichen  Vorgange  im  Kemgebiete  der  Augenmuskeln 
begegnen.  Bei  einzelnen  wurden  allerdings  auch  degenerative  Vorgänge  in 
den  Ganglienzellen  gefunden,  deren  Natur  höchst  wahrscheinlich  als  sekundäre, 
zufolge  der  vorausgegangenen  Entzündung,  aufzufassen  ist;  daher  gehen 
hier  die  Lähraungszustände,  sofern  nicht  nach  Verlauf  weniger  Tage  oder 
Wochen  der  Tod  des  Patienten  eingetreten  war,  auch  meistens  wieder  in 
Heilung  über.  Daneben  tritt  bei  den  von  Intoxikationen  und  Infektionen 
abhängigen  Nuklearlähmungen  meist  ein  auffälliges  elektives  Verhalten 
zu  Tage,  Ueber  das  uns  hier  am  meisten  [interessirende  Symptom  der 
Ptosis  lässt  sich  keine  bestimmte  Angabe  schon  aus  dem  Grunde  machen, 
weil  das  vorliegende  Material  noch  zu  dürftig  ist.  Im  Allgemeinen  konnte 
das  Vorkommen  der  Ptosis  als  ein  seltenes,  mit  Ausnahme  der  Polioen- 
cephalomyelitis  und  der  Gerlier'schen  Krankheit  (Kubisagari),  bezeichnet 
werden,  bei  welchen  Zuständen  die  Levatorlähmung  eine  bevorzugte  Rolle 
spiellt. 


Die  Ptbald  bei  der  po8tdipbih<eHtiflcbeb  AugenibKskell&limaDgf.  237 

1.  Die  Infektionen. 

a)  Die  Ptosis  bei  der  postdiphtheritischen  AugenmuskellBhmung. 

§  94.  Das  diphtheritische  Gift  zeigt  eine,  grosse  Konstanz  im  Hervor- 
bringen von  Lähmungserscheinungen  des  weichen  Gaumens  und  der  Accomino- 
dation,  während  der  Sphincter  pupillae  so  gut  wie  gar  nicht  geschädigt  wird. 
Daneben  gehören  Lähmungen  der  äusseren  Bulbüsmuskulatur  und  des  Levator 
zu  den  seltensten  Krankheitserscheinungen. 

Es  braucht  kaum  hervorgehoben  zu  werden,  dass  die  postdiphtheritischen 
Lähmungen  in  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  bei  Kindern  und  zwar  erst 
einige  Wochen  nach  Beginn  der  Infektion  aufzutreten  pflegen.  Meist  setzt 
die  Äccommodationslähmung  zugleich  oder  nach  kurzem  Intervalle  mit  der 
Gaumensegellähmung  ein.  Der  Äugenspiegelbefund  ist  fast  immer  normal, 
ebenso  wie  die  Sehschärfe,  wenigstens  nach  erfolgter  Korrektur  der  Brechungs- 
anomalien, sich  normal  erweist. 

Bei  der  so  hervortretenden  Vorliebe  des  diphtherischen  Virus  für  den 
Accommodationsapparat  ist  es  nun  in  hohem  Grade  auffallend,  dass  die  übrigen 
Theile  des  Oculomotorius  relativ  so  selten  bei  der  Diphtheritis  mitafficirt  werden ; 
denn  unter  den  postdiphtheritischen  Lähmungen  der  äusseren  Bulbüsmusku- 
latur nimmt  der  Abducens  die  bevorzugte  Stellung  ein.  Gegenüber  der 
grossen  Anzahl  von  Accommodationslähmungen  nach  Diphtherie  ist  aber  über- 
liaupt  die  in  der  Litteratur  bekannte  Zahl  von  Lähmungen  der  Bulbüsmuskulatur 
(siehe  Tabelle  XII)  eine  verschwindend  kleine.  Noch  geringer  ist  dabei  die 
Theilnahme  des  Levator  an  den  Lähmungserscheinungen.  So  fand  Goodall 
(468)  unter  1071  Fällen  von  Diphtheritis  nur  einmal,  und  Moll  (487)  unter 
150  Fällen  postdiphtheritischer  Äccommodationslähmung  ebenfalls  nur  einmal 
Ptosis.  In  den  wenigen  Fällen,  in  welchen  auf  Tabelle  XII  der  Ptosis  Er- 
wähnung geschieht,  war  dieselbe  doppelseitig  vorhanden  und  stets  vergesell- 
schaftet mit  Symptomen  der  Ophthalmoplegia  exterior. 

§  95.  Ueber  den  Sitz  und  die  Natur  des  pathologisch-anatomischen  Prozesses 
bei  dieser  Krankheit  kann  man  noch  wenig  mit  Bestimmtheit  sagen.  Da  die 
Affektion  meist  wieder  spurlos  vorübergeht,  so  scheint  die  Annahme  einer  toxischen 
Einwirkung  auf  die  Nervenkeme  für  die  grosse  Mehrzahl  aller  Fälle  berechtigt. 
Finden  wir  doch  fast  durchgängig  auf  beiden  Augen  eine  isolirte  Lähmung 
der  Accommodation,  oder  eine  solche  verknüpft  mit  Lähmungszuständen  ein- 
zelner vom  Abducens  resp.  Oculomotorius  versorgter  Bulbusmuskeln  nach  dem 
Typus  der  Ophthalmoplegia  exterior  resp.  der  Nuklearlähmungen.  Dieser 
Auffassung  wird  auch  die  Untersuchung  Hasche's  (492)  gerecht,  welcher  das 
Rückenmark,  die  Medulla,  den  Oculomotorius  und  Trochlearis  nach  einem  Falle 
von  postdiphtherischer  Ataxie  mit  Augenmuskellähmung  mikroskopisch  mit 
negativem  Ergebniss  untersucht  hatte.    Dagegen  wurde  aber  von  Remak 


23B  Db  PtoM  M  d«r  posidipMMritiMikcii 

gezeigt,  dass  die  LähmuDgen  Ton  starker  Hyperaemie  in  den    Gan^anBUoi 
und  Neoritis   der   Nenrenwnrzeln    herrühren  können.     Mendel  (488)  faul 
Hyperaemie  und  kapillare  Blutungen  in  den  Xenreninurzeln  und  daneben  En- 
lagerong  lymphatischer  Elemente  in   die    adTentitiellen  Baume   und  in  die 
Umgebung  der  Gefasse,  dabei  aber  auch  Veränderungen  in  den  Nerrenstammeik 
namentlich  im  Ocnlomotorins.     Gombanlt  (489)  nimmt  eine  Affektidn  des 
peripheren  basalen  Nervenstammes,  des  Ocnlomotorins,  an.     Er  hatte  in  ihm 
Veränderungen  gefunden,  die  er  als  periaxiale  Segmentd^eneration  beschreibt 
Die  Axencylinder  sind  dabei    intakt  oder  doch  nur   sehr  wenig   Terändert, 
während  Pitres  und  Vaillard  auch  eine  Degeneration   des  Axencylindeis 
gefunden  haben.     Krauss  (490)  fand  die  Ganglienzellen  normal,  aber  starke 
Veränderungen  in  den  Nervenstämmen,  namentlich  im  Ocalomotorios.     Auch 
konstatirte  dieser  Autor  neben  den  stark  gefüllten  Gefässen  kleinere  und  grossere 
Blutungen.    Endlich   hat  Hochhaus  (491)   in  4  Fällen  starke    entzündliche 
Veränderungen   in   den  Muskeln  nachweisen  können,  neben  geringer  inter- 
stitieller Entzündung  des  Nerven  selbst.     Bernhardt  (492)  fand  Degene- 
ration  in  allen  peripheren  Nervenzweigen,   am  stärksten  zeigte   sich  auch 
hier  der  Oculomotorius  alterirt.    So  scheint  also  der  ganze  Nervmuskelapparat 
in  seinen  verschiedenen  Gliedern  durch  diese  Krankheit  afficirt  werden  zu 
können. 

Bemerk enswerth  ist  im  Falle  Mendel,  dass  trotz  gefundener  Neuritis 
des  Oculomotoriusstammes  die  Iris  und  Accommodation  normal  geblieben  waren. 

Da,  wie  wir  später  sehen  werden,  isolirt  bleibende  Ptosis  auch  bei 
basalen  Herden  auftreten  kann,  so  bleibt  es  zweifelhaft,  durch  welche  ana- 
tomischen Veränderungen  die  Levatorlähmung  bei  den  postdiphtheritischen 
Lähmungen  bedingt  werden  möchte. 


Tabelle  Xll. 


40 


Tabelle  XIL    Ueber  die  Fälle  von  Ptosis 


Tabelle  XII.     Ueber  die  Fälle  von  Pto 


Autor  und  Litteratur 


Augeumtiakeln 


datioa 


Mendel,  Neurol.  Centralbl. 
IV.  128 


beiderseits 
Ptosis 


ü  h th  o  f  f ,  Nenrol.  Centralbl. 
IV.  125 


£wetzky,   ref.  Jahresb.    f. 
Ophth.  1887.  253 


beiderseits 
leicbte  Ptosis, 
jedoch  können 
die  Augenlider 
mit  Anstreng- 
ung noch  YöUig 
gehoben  wer- 
den 

beiderseits 

vollständige 

Ptosis 


Benson,     Lianeot    I.    457.       beiderseits 
März  17.  1883  Ptosis 


Warren  Tey,  Ophth.  Re-  beiderseits 

View  1895.  395  Ptosis 

Romak,     cit.     b<u    Dufour  |  ? 
observ.  100                            i 


I 
de     Schweinitz,     Annal.  |  leichte  Ptosis 
Ophth.  and  Otol.  1.  p.  155.  i 
1892  I 


Ophthalmoplegia  exterior 
B.  Beet,  intern,  tup.  n.  infer. 
L.  alle  geradenAugenmnskeln 


R.  vollstftnd.  Ophthalmopleg. 
exter. 

L.  analoges  Veiiialten,  nur 
noch  eine  leichte  Beweg- 
lichkeit im  M.  rectos  exter- 
nus  erhalten 


beiderseits  totale  Ophthalmo- 
ple^^iii  psterior;  erhalten 
uar  nur  i>ine  sehr  geringe 
Üewciriii'bktit  in  horizon- 
taler Richtung 

beiderseits  Lähmung  der  Ab- 
ducentes 


L.  Parese  des  internus 


beiderseits  Lähmung  desOcu- 
lomotorius   und  Abducens 


Parese  beider  Abducentes 


normalea  Ver- 
halten 


normales  Ver- 
halten 


geUhnt 


Dorail 


gelito 


gelähmt  g^ 


und  AiigenmiiskelläbmaDgen  nach  Diphtheritis. 


241 


agenmuskellähmimgen  nach  Diphtheritis. 


ispiegelbefund 
bvermögen 


normal 


Aetiologie  und  sonstige  Symptome 


Ausgang  und  Sektionsbefund 


Velumlähmung.  Schwäche  aller  Ex- 
tremitäten, rechter  Facialis  pare- 
tiach.  Parese  der  Nackenmusku- 
latur.  .  Ataxie.  Grobe  Kraft  an 
den  Beinen  erhalten.  Sensibilität 
intakt.  Sehnenreflexe  fehlen.  Ei- 
weiss  im  Urin 


Velumlähmung.  Schwäche  der  Unter- 
extremitäten. Fehlen  der  Patellar- 
reflexe.  Besonders  Schwäche  im 
Extensoren-  und  Peroneusgebiet. 
Sensibilität  und  Sphineteren  intakt 

Lähmung  des  Gaumensegels 


Auf  Serienschnitten  von  den  vorderen 
Vierhügeln  bis  zu  den  Pyramiden  zeigte 
sich  eine  hochgradige  Anfüllung  der 
kleinen  Arterien  und  Kapillaren.  Bei 
einer  Reihe  kleiner  Arterien  waren  in 
den  adventitiellen  Bäumen  weisse  und 
rothe  Blutkörperchen  angehäuft,  öftem 
konnte  man  auch  weisse  Blutkörperchen 
in  grösserer  Zahl  neben  den  Gefässer 
liegend  finden.  Keine  Verstopfung  dee 
Gefässe.  In  grösserer  Zahl  kapillär- 
Blutungen,  z.  B.  im  intrapontinen  Ver- 
lauf des  Nerv,  abducens.  Die  Gefänr 
wände  normal.  Die  Ganglienzellen  de- 
Nervenkeme  normal.  Im  Oculomotoriuss 
kern  erschienen  die  Zellen  im  Vergleich 
mit  denen  von  normalen  Präparaten  auf- 
fallend gross,  wie  geschwellt.  Ver- 
änderungen in  den  Kervenstämmen, 
zumal  im  Oculomotorius. 

Vollständige  Heilung. 


Vollständige  Heilung. 


I 


Lähmung  des  weichen  Gaumens. 
Abnahme  des  Gehörs.  Schwäche 
in  den  Unterextremitäten 


Allgemeine    Schwäche 
Erscheinungen 

Parese  beider  Beine 


und 


atakt.  Starke   Hyperaemie   in   den  Kernen ,    die 
Wurzeln  des  IH.,  VI.,  X.,  XII.  Paares 
zeigten  Erscheinungen  von  Neuritis. 
Völlige  Heilung. 


Wilbrand-Saenger,  Neurologie  des  Auges. 


16 


242 


Tabelle  XII.    Ueber  die  Fftlle  von  Ptosis 


Autor  und  Litteratur 


Ptosis 


Kraus,    Neurol.  Centralbl. 
VII.  490 


Standford  Morton,  Brit. 
med.  Joum.  1890.  1476 
(4  Fälle) 


Heintz,  Centralbl.  f.  prakt. 
Augenheilk.  1895.  33 

Henoch,     Deutsche     med. 
Wocb.  1889.  Nr.  44 

D  e  n  i  g ,  Müncb.  med.  Woc^h. 
1895.  820 

Füttercr,    ref.    Centralbl.  1 
f.  Augenheilk.   1896.    579 


Hochhaus,  Virch.  Archiv.  I 
CXXIV.  Heft  2.  FaU  I     1 


FaU  II 


(klinisch     un- 
genau beobach- 
tet) 


Acoom 


bei  4  Fällen  Abduoenslähm- 
ung;  es  gesellte  sich  in  einem 
Falle  Lähmung  des  Bectus 
infer.  und  Eectus  sup.  dazu 


keine  Ptosis      beiderseits  Abducensparese 


beiderseits    die    Abduoentes 
gelähmt 


keine  Ptosis    -  l^eiderseits     die    Abdueentes 
gelähmt 

R.  Ptosis        völlige  Paralyse  des  rechten 
Oculomotorius 
Parese  des  linken  Abducens 


normal 

normal 

? 
normal 
R.  gelähmt 


Paralyse  beider  rccti  oxtemi 


Ruhe  mann,     Berl.     klin. 
Woch.   1887.  N.  49 


bei  :s  F 
eelibt 


R.  •»] 


geläi 


geli 


und  AugenmuBkelläkmungen  nach  Diphtheritis. 


243 


Dspiegelbefund 
slLvermGgeD 


Aetiologie  und  sonstig«»  Symptome 


Gnumensegellälnnung 


Ausgang  and  Sektionsbefund 


Die  Ganglienzellen  der  Kerne  normal. 
Anders  verhielt  es  sich  mit  emem  Theile 
der  Nervenfasern.  Die  stärkste  Ver- 
änderung in  dieser  Hinsicht  zeigte  der 
peripherische ,  intracerebrale  Oculomo- 
torius.  Ein  Theil  der  Ajcencylinder  war 
untergegangen,  während  andere  ihre 
scharfen  Contouren  verloren  hatten.  Die 
Markscheiden  hatten  zum  Theil  ihr 
normales  chemisches  Verhalten  eingebüsst 
und  den  Farbstoff  aufgenommen.  Theil- 
weise  zeigten  sie  sich  geschwollen  (Ab- 
bildung daselbst).  Die  Blutgefässe  stark 
gefüllt,  längs  ihrer  Wandungen  und  auch 
im  nervösen  Gewebe  befanden  sich  zahl- 
reiche rothe  Blutkörperchen.  Hier  und 
dn  waren  kleinere  und  grössere  Blutungen 
vorhanden. 


normal 


nts  Neuritis  optica  • 


D(fr  Patcllarreflex  fehlte  und  kehrte 
frühestens  nach  3  Monaten  zurück. 
Unsicherer  Gang,  allgemeine  Kör- 
perschwäche 

Gaumensegellähmung 


■  Gauuiensegellühmung 


Gaumensegel- .    unvollständige    Ex-  Heilung, 
tremitätenlähmung 

Heilung. 


Lähmung  des  Gaumens,  RachenS|Starke  Entzündung  der  gelähmten  Muskeln, 
und  Kehlkopfes.  Herzschwäche. |  Schwäche  der  paretischen  ;  in  den  ent- 
Pareae  der  Extremitäten  |     sprechenden  Nerven  nur  geringe,  inter- 

stitielle Kemvermehmng,  Centralorgane 
frei. 


Gaumen-      und      Schlundlähmung.  Myositis  der  gelähmten  Muskeln 
Herzsehwüche.   Kehlkopflähmung 


Ataxie,  rechtss.  Facialisparese 


Ner>'en 
und  Centralorgane  frei.  Auch  in  den 
beiden  anderen  Fällen  ohne  Augen- 
muskelstörungen zeigten  sich  die  nervösen 
Centralorgane  stets  frei,  die  peripheren 
Nerven  leicht  interstitiell  entzündet,  wo 
sie  in  den  gelähmten  resp.  paretischen 
Muskeln  lagen ,  welche  eine  ausge« 
sprocheue  Entzündung  aufwiesen. 


16* 


244 


Tabelle  XII.    üeber  die  FAlle  von  Ptosis 


Autor  und  Litteratur 


Augenmnskelii 


Moll  (150  Fälle  postdiphth. 
Lähmung).  Centralbl.  für 
prakt.  Aug«nheilk.  1896. 
p.  2 


Rosenmeyer,  Wiener  med. 
Woch.  1886.  Nr.  13  u.  14. 
(10  Fälle  postdiphth.  Au- 
genmuskellähmungen) 

Call  an,  ref.  Jahresb.  f. 
Ophth.  1875.  p.  485 

Rumpf,  ref.  Jahresb.  f. 
Ophth.  1875.  381 

H  e  n  o  c  h ,  Deutsche  med. 
Woch.  1889.  Nr.  44 

R  e  m  a  k ,  Centralbl.  f.  Augen- 
heilk.  1886.  161  (100  Fälle 
postdiphth.  Augenmuskel- 
lähmungen) 


Bernhardt,   Virch.   Arch. 
Bd.  99.  393 


Paul  Meyer,  Virch.  Arch. 
Bd.  85.  p.   181 


Friedenwald,  Med.  News 
LXIII.  1 7.  p.  461.0kt.  1893 

Marina,     Über     multiple 
Augenmuskellühmungen. 
p.  110.  Fall  I 

dito  Fall  II 


in  einem  Falle 
Ptosis 


in  16  Fällen  Parese  beider 
cxtemi,  in  3  Fällen  ein- 
seitige Abducensläbmung 


in  2  Fällen  Parese  der  extern! 


4  Fälle  ge- 
lähmt. Elinmal 
reflekt.  Starre, 
wahrscheinlich 
auf  einen  ande- 
renKrankheits- 
zustand  zu  be 
ziehen 

normal 


uuTollständige 
Ptosis 


150  n 

lihi 


in    10  : 

gdilL 


nicht    yorhan- 
den 


Lähmung  beider  intemi 
beiderseits  Abducenslähmnng 


10  mal  Abducensläbmung,  ein- 
seitig und  doppelseitig 

1  mal  doppelseitige  Oculo- 
motoriuslähmung nebenAb- 
ducenslähmung 


keine  Diplopie,  kein  Strabis- 
mus, kein  Nystagmus  (IIL 
u.  VI.  Paar  bei  der  Sektion 
afficirt  gefunden) 


normal 


Parese  beider  Abducentes 


Parese  des  rechten  Abducens 


beide  Abducentes  gelähmt. 
Femer  totale  Lähmung  des 
Rectus  super,  sinist.  Parese 
beider  intemi  und  des 
Rectus  super,  und  Obliq. 
sup. 


gleich   weit, 
träge  Reaktion 


lelihj 

gdlhi 
beiden 


100  Fi 
nie  eio« 


normal 


normal 


normal 


beidei 
gelä 


L.  Ao 
dati 
■cfa« 


und  Angenmaskellähmtingen  nach  Diphtheritis. 


245 


Segelbefand, 
erxnögen 


Aeiiologie  und  sonstige  Symptome 


Ausgang  und  Sektionsbefund 


>nnal 


>rmal 


>rmal 


•rmal 


In  der  überwi^enden  Mehnahl  der 
Fälle  Lähmung  des  weichen  Osn- 
mens  und  der  Schlundmuskulatur, 
gelegentlich  mit  leichten  atakti- 
schen Symptomen  und  Fehlen  der 
Kniereflexe. 


In  6  Fällen  Störungen  in  anderen 
Mnskelgebieten. 


linksseitige  Hemiplegie. 


28  mal  Lähmung  des  weichen  Gau- 
mens. In  3  Fällen  Ataxie  und 
Fehlen  des  Patellarreflexes. 


fand  unter  21  Fällen  von  Diphtheri- 
tis den  Patellarreflex  13  mal 
fehlend,    1  mal  einseitig  erhalten 

Schwäche  und  Lähmung  der  Ex- 
tremitäten. Lähmung  des  Gaumen- 
segels 


Verbreitete  Degeneration  in  den  peripheren 
Nerven.  Die  Oculomotorii  stark  afficirt 
und  zwar  ziemlich  gleichmässig  in  allen 
Aesten,  geradeso  degenerirt  waren  die 
Abducentes.  Die  Anwesenheit  von  Kfim- 
chenzellen  lässt  sich  hier  bis  in  die 
kleinsten  Zweige  verfolgen.  Die  Kerne 
der  Medulla  oblongata  und  Brücke  hatten 
nur  wenig  gelitten.  Die  Muskeln  Hessen 
nirgends  bedeutende  Degeneration  er- 
kennen. 

Heilung. 


{papilläres  Oe- 
1  geschwollene 
angelte  Venen, 
r  rechts 


Fehlen  der  Patellarreflexe. 


Gaumensegellähmung,  Lähmung  der 
Nackenmuskulatur.  Parese  der 
unteren  Facialiszweige.  Schlaffe 
Lähmung  der  unteren  Extremi- 
täten bei  erhaltener  Sensibilität. 
Fehlen  der  Patellarreflexe. 


246 


Tabelle  XII.    Ueber  die  F&lle  von  Rosis 


Autor  und  Litteratpr 

Ptosis 

Augenmuskeln 

Pnpüle 

Adqob 
düic 

Duboys,   ref.  Dufour  1.  c. 
Obs.  158 

einseitig  Kectus  exteraus  ge- 
lähmt 

? 

beiden 
gellh 

V.    Ziemssen    1888,    Über 
diphth.  Lähmongeo.  Klin. 
Vorrrage  Nr.  6 

(hat  mehreremale  Abducens- 
lähmung     bei    Diphtherie 
beobachtet    neben    Aoom- 
niodationsschwäche) 

C  an  t ,  ref. Dufour  1.  c.obs.  204 

beiderseits  Alnlucenslähmung 

Morton,     Ophth.    Review, 
p.  30.  1891 

sah  in  4  Fällen  nach  Hals- 
diphtherie   Lähmung    der 
extemi.    Einmal  war  auch 
der  Kectus  super,  und  infer. 
betheiligt 

? 

4  FiQ 
lih] 

Kraus,  Centralbl.  f.  Augen- 
heilk.   1894.  p.  43 

keine 

R.  Lähmung  des  Obliq.  sup. 

nonnal 

nora 

Goodall,  Brain  18.  p.  282. 
1896  fand  unter  107lFällen 
nach   Diphtheritis 

in  einem  Falle 
Ptosis 

26   mal    Lähmung    äusserer 
Muskeln,  7  mal  des  Rectus 
externus,     3   mal     beide 
externi  gelähmt 

2    mal    waren    die    meisten 
Augenmuskeln  gelähmt 

'56  mal 
an 

Scheby-Buch,     Arch.    f. 
Ophtb.  XVII    1.  265  fand 
unter  24  Fällen  von  Accom- 
modationslähmung       nach 

B  Diphtherie 

2  mal  Insufficicnzen  der  Mm. 
recti  intenü 

1  mal  erweitert 
mit  träger  Re- 
aktion 

Bö  rge  r,  Deutsch.  med.Woch. 
1895.  Nr.  52   fand    unter 
100    Fällen     von     echter 
Diphtheritis 

3  Augenmuskellähmungen 

Schmidt-Rimpler,    Die 
Erkrank.d.Auges.  Spezielle 
Path.    und    Therap.    von 
Nothnagel  XXI.  p.  454 

beiden 
Aeoomi 
tion  ge 

Hasche,  Münch.  med. Woch. 
1895.  Nr.  11 

Lähmung  der  äusseren  Augen- 
muskeln 

gdil 

and  Aagemnaskellfthmnngen  nach  Diphtheritis. 


347 


K«n8piegelbefund, 
SehTermGgen 


ite  NeuritiH  optica 


Aetiologie  und  sonstige  Symptome 


Aufgang  and  Sektionsbefund 


Fehlen  der  Patellarreflexe  .Heilung. 


Gaumensegel  gelähmt 


10  mal  Lähmungen  des  Gaumens 


B  Gaumensegellähmungen,    2   Pa- 
resen der  unteren  Extremitäten  I 


linksseitige  Facialislühmung 


i  I 

I  I 

I  Ataxie  in  den  unteren  Extremitäten  Rückenmark,  Medulla,  Nerv,  oculomotorius 

I     und  trochlearis  sowie  die  dazu  gehörigen 
i  .     Muskeln  Hessen  bei  der  mikroskopischen 

!  '     Untersuchung  nichts  Anormales  erkennen. 


248  Die  Ptosis  nach  Influenza. 

ß)  Die  Ptosis  bei  Influenza. 

§  96.  Von  allen  Infektionskrankheiten  nimmt  in  Beziehung  auf  das  Vor- 
kommen von  cerebralen,  speciell  encephalitischen  Prozessen,  die  Influenza  die 
erste  Stelle  ein.  Ist  doch  auch  gerade  die  Encephalitisfrage  durch  deren  Bezidh 
ungen  zur  Influenza  sehr  gefördert  worden,  wobei  in  der  Erforschung  des 
kausalen  Zusammenhanges  vor  allem  Leichtenstern,  Fürbringe  r,  Schmidt. 
Bück  1er  u.  A.  sich  grosse  Verdienste  erworben  haben.  Nach  Entdeckui^ 
d  es  Influenzabacillus  war  eben  das  Mittel  an  die  Hand  gegeben,  diesen  uiwih 
Uchen  Zusammenhang  auch  objektiv  nachweisen  zu  können.  Positive  Befände 
im  Centralnervensystem  an  Influenzaleichen  sind  dann  von  Pfuhl,  Nauwerk 
und  Eugen  Fraenkel  gefunden  worden.  Wenn  nun  aber  Oppenheim 
hervorhebt,  dass  mit  der  Ermittelung  dieser  Thatsachen  noch  nicht  die  Be 
rechtigung  gegeben  sei,  „alle  Fälle  von  scheinbar  hämorrhagischer  Encephalitis 
auf  eine  Jnfluenzainfektion  zurückzuführen  und  eine  primäre  Lokalisation  des 
Mikroorganismus  im  Gehirn  zu  postuliren",  indem  er  auf  die  gleichzeitige 
Chlorose  mit  Sinusthrombose  und  Encephalitis  hinweist,  so  sind  diejenigen 
Fälle  noch  viel  zweifelhafter,  in  welchen  die  Diagnose  der  Influenza  nur  anf 
klinische  Erscheinungen  hin  gestellt,  und  die  komplizirende  Himaffektion 
nicht  durch  die  Sektion  nachgewiesen  und  näher  erforscht  worden  war. 

Ebenso  wie  bei  der  Diphtheritis  treten  die  Augenmuskellähmungen  meist 
nach  Ablauf  der  eigentlichen  Erkrankung  auf.  Gegenüber  der  grossen  Zahl 
von  Erkrankungen  an  Influenza  ist  die  Anzahl  der  in  der  Litteratnr  be- 
schriebenen Fälle  mit  Augenmuskelstörungen  eine  recht  geringe.  Ptosis 
wurde  dabei  8  mal  beobachtet  und  zwar  3  mal  einseitig  und  5  mal  doppel- 
seitig.    In  7  Fällen   war  die  Ptosis  Theilerscheinung  einer  Ophthalmopl^e. 

Einmal  trat  sie  zugleich  neben  Lähmung  einzelner  Aeste  des  Oculo- 
motorius  derselben  Seite  auf. 

In  einem  Falle  war  die  Iris  und  Accommodation  mitgelähmt;  in  drei 
anderen  Fällen  war  die  Accommodation  allein  betroffen. 

In  einem  Falle  war  die  Iris  allein  gelähmt.  Bei  12  Fällen  bestand  eme 
Accommodationslähmung. 

Während  in  13  Fällen  der  Oculomotorius  befallen  war,  fand  sich  in  14 
Abducens-,  in  9  Fällen  Trochlearislähmung. 

In  Bezug  auf  den  klinischen  Verlauf  zeichnen  sich  die  Ophthalmoplegien 
bei  Influenza  durch  grössere  Intensität  und  längere  Dauer  gegenüber  solchen 
aus,  welche  im  postdiphtherischen  Stadium  aufgetreten  sind. 

Da  bezüglich  dieser  Augenmuskellähmungen  bei  Influenza  keine  Ob- 
duktionsbefunde vorliegen,  sind  wir  noch  im  Dunkeln  betreffs  der  eigentlichen 
Natur  des  pathologisch-anatomischen  Prozesses,  wenn  auch  die  hohe  Wahr- 
scheinlichkeit besteht,  dass  es  sich  um  eine  Poliencephalitis  haemorrhagica 
handelt,  wie  sie  zuerst  von  Leichtenstern  für  die  Influenzaencephalitis 
beschrieben  worden  ist. 


Tabelle  XIII. 


50 


Tabelle  XIII.    Ueber  die  Fftlle  von  n 


Tabelle  XIII.     Ueber  die  Fälle  von 


Autor  und  Litteratur 


Braunstein,  ref.  Jahresb. 
f   Ophth.  1890,  447. 


Gutmann,    Berl.   klin.  W. 
Nr.  48 


Ptosis 


vandenBergh, ref.  Jahres- 

l>ericht  f.  Ophth.  1890.  446. 

Fall      I 

Fall     II 

Fall  III 

Sattler,  Prager  med.  Woch. 
Nr.  13.  1890,  hat  bo- 
obachtet 


Fage,    Arch.    d'Ophth.    X.  ■ 
p.  136.  1890.  ; 

Schirraer,  klin.  Monatsbl.  ' 
f.  Augenh.  1890.  312 


R.  Ptosis 


R.  Ptosis 


Augenmuskeln 


Diplopie.  Fibrilläre  Zuck- 
ungen der  unteren  Lider. 
Anfangs  rechter ,  später 
anch  linker  Abduoens  ge- 
lähmt. 

R.  Das  Auge  stand  unbe- 
weglich in  Abduktions- 
Stellung,  später  stellte  sich 
die  Funktion  des  Abdacens 
u.  Trochlearis  Tollkommen, 
des  Rectus  intern,  and 
inferior  theilweise  wieder 
her.   — 

R.  Lähmung  des  Rect.  super. 


L.  Lähmung  des  Rect.  extern. 
L.  Lähmung  des  Abduoens 

zweimal  Abducenslähmung 


2  Fälle  von  Augenmuskel- 
lähmungen  (Rectus  super, 
und  Al)ducens). 

I  R.    totale    Ophthalmoplegie. 
Prominenz  des  Bulbus. 


Pupille       I 

I 
I 


weit,   TOD   ' 
träger  Reak- 
tion 


B.  Mydriasis,  i 

reflekt  starr  j 

auf  Licht,    f 

später  trat  die, 

Konvergenz-  , 

reaktion  ein, 

während  die  ' 

Lichtstarre    ' 

bUeb. 


Aoooo 
datiQ 


'   2FiIkil 

'    iFifln 
UooiIihMl 


R.  Mydriasis 
absolut  starr 


B.geli} 


Stöwer,    kl.    Monat:<bl.    f.  ^      L.Ptosis,      i  Prominenz  des  linken  Bulbus.  | 

Augenh.  1890.  418.  Fall  II     welche  später  I      Doppelbilder    beim    Blick! 

■  wieder  zurück-  '      nach    oben ;    gelähmt    der  j 

ging.  j      obere  Ast  des  linken  Oculo- 1 

motorius.  I 


Uhthoff,     Deutsche    med.  i      beiderseits 
Wo<'h.   1890.  Xr.  70  |  massige  Ptosis  , 


I 


normal 


normal 


und  AugettmuskellähmuDgen  nach  Influenza. 


251 


enmuskellähmungen  nach  Influenza. 


^^^V^  Sonstige  Symptome  und  Aetiologie 


Ausgang  und  Sektionsbefund 


papiUe.    Herab- 
l  der  Sehschärfe. 


normal 


normal 


Hautanfisthede  der  rechtenTemporal- 
gegend.  Schwächung  der  Sehnen- 
reflexe an  den  Unterextremitäten. 
Fehlen  der  Patellarreflexe. 

Aorteninsufficienz. 


Heilung. 


Heilung. 
Heilung. 


Erbrechen,  Kopfschmerzen.   Herab- 
setzung der  Sensibilität   auf  der  ' 
rechten  Stimhälfte,  der  Nase  und  | 
dem    Auge.     Die    Zunge    weicht 
beim  Herausstrecken  nach  rechts  ' 
ab.  Die  Kaumuskeln  funktioniren  i 
schwach.  Unvollständige  Lähmung 
des  Trigeminus   und  wahrsehein-  j 
lieh  des  Facialis. 

1 


Schluckbeschwerden ,      Parese     des  i 
weichen     Gaumens ,     linksseitige 
Pleuritis. 


^2 


Tabelle  XIII.    Ueber  die  FAlle  von  Ptous 


Autor  und  Litteratur 


Pflüger,   Areh.  f.  Ophth. 
XXXVII.  4.  71 

Pflüger,  Berl.  klin.  Woch. 
1890.  Nr.  28 


Goldflam,  Neur.  Centralbl. 
X.  162 


beiderseits 

Ptosis  com- 

pleta 


Fukala,  Ncurol.  Centralbl. 
X.  532 

Gillet  de  Grandmont, 
Progr.  med.  1890.  Nr.  29 


G ay  e  t ,  Recueil  d*Opbthalm. 
m.  p.  172.  1876 


Oppenheim,  die  Encepha- 
litis S.  45.  Wien   1897. 


Eigene  Beobachtung  7.  April 
1896 


Augenmuskeln 


beiderseits  Trochlearis  und 
Obliqnus  inferior  gelähmt 

L.  Oculomotorins  und  Ab- 
duoens  gelähmt.  Parese 
das  Trochlearis.  2  Monate 
später  war  nur  noch  Bectus 
super,  u.  infer.  schwach. 

Vollständige  ünbeweglich- 
keit  beider  Bulbi. 


2  Fälle   von  Oculomotorius- 
parese  nach  Influenza. 


träge  liohi- 
reaktion 

L.  Parese  der 
Pupillen- 
bew^lQDg 


normal 


beiderseits      |  beiderseits    komplete    Oph-  'leichte  Mydri- 
Ptosis         I      thalmoplegie 


beiderseits 

inkomplete 

Ptosis 

beiderseits 
Ptosis 


Vollständige      Unbeweglich- 
keit  beider  Bulbi. 


Doppelseitige       Ophthalmo- 
plegie. 


Linkss.  Abducenslähmung 


asia,  schwer 
bew^lich 

beide  weit, 

etwas  träge 

Reaktion 


Links  Parese  1 

der  Pupillen- 1 

bewegung    > 


Aoc 
dl 


P« 


V^ 


gelih 


ptrrt» 


und  AngenmiiskelliÜimuDgen  nach  Influenza. 


253 


piegelbefiuid 


Auägacig  und  SektionAbefnnd 


besonderes 


affc&viiteniag 
dlqgeliiiig  der 


onuil 


pifoal. 


Vor  14  Ttgen  InfiueniEa.  Im  Aller 
v<»Q  20  Jahren  Uk^us  molle, 
Epilepsie  in  den  Jugendjahrcii. 
Leidet  an  Binse»  katarrh. 

L.  Taabheit^g^frihl  der  Finger* 
Vorübergehende  Lähmung  der 
Stn^ker  liakB,  dvr  Beuger  recht* 
und  d^  Unken  Facialis,  PateUar^ 
reflexe  rorhandi^ti.  Bpraobbe- 
Bcb  werden.  Pan^j^e  des  Gau  inen- 
segels.  ScWuf-'k  -  Beachwefd^n^ 
Pneumonie. 


^mndt^tix.       S<?li  wache     der     Ex- 
tremitäten.    AuKwtgefnbl. 


Beoemng. 
Befliemng. 

Tod, 


Leiobte«     Ameisen)  auf oti     in 
FingerspitKeu  dfr  Hände. 


den 


GaumeuiegelpArfsCf  DysAfthrie^Dys* 
phagie;  iHchte«  Fiel>^r,  niiwjge 
TocUjoardie;  auch  in  den  Ex* 
tremitÄten  geringe  Pareae. 

Yor  3  Wochen  Inäuensa. 


Besserung. 


Besa«rung, 


In  5  Woehi'U  Heilang, 


254  Die  Ptosis  nach  Masern. 

/)  Die  Ptosis  nach  Masern. 

§  97.  Nach  R  i  1 1  i  e  t  und  B  a  r  t  li  e  s  kommen  ernstere  nervöse  Erscheinungen 
bei  Masern  nur  selten  vor.  Jedoch  sind  schon  hie  und  da,  so  von  Henoch, 
Für  bring  er  u.  a.,  meningi  tische  Prozesse  im  Anschluss  an  Masern  beob- 
achtet worden ;  speciell  ist  die  Meningealtuberculose  eine  unzweifelhafte  Kom- 
plikation der  Morbilli.  Von  Thomas  und  Barlow  sind  Erkranknngen  des 
Centralnervensystems  bei  Masern  mitgetheilt  worden;  ebenso  von  He  noch  in 
seinen  klassischen  Vorlesungen  über  Kinderkrankheiten,  wobei  derselbe  jedoch 
speciell  hervorhebt,  man  solle  nicht  vergessen,  dass  auch  ein  zufälliges  Za- 
sammentreÖen  stattfinden  könne,  woran  die  Masern  selbst  nicht  schuld  seien 

In  der  uns  zugänglichen  Literatur  fanden  wir,  wie  zu  erwarten  stand, 
nur  wenig  Fälle  von  nervösen  Störungen  bei  Masern,  in  denen  eine  Ptosis 
beobachtet  worden  ist. 

Raymond  (514)  berichtet  von  einem  Falle  von  rechtsseitiger  Hemi- 
plegie und  doppelseitiger  Ophthalmoplegia  interior,  die  14  Tage  nach  Aus- 
bruch der  Masern  aufgetreten  war. 

Mori  (515)  theilt  folgende  höchst  interessante  Krankengeschichte  eines 
18jährigen  Mannes  mit,  der  plötzlich  von  Schwindel,  Uebelheit  und  Diplopie 
befallen  wurde.  Nach  13  Tagen  fand  sich  eine  fast  komplete  beiderseitige 
Ophthalmoplegia  ext.  mit  Ptosis.  Nur  die  Rinnenmuskeln  und  der  rechte 
rect.  suj).  waren  frei  geblieben.  3  Tage,  nachdem  die  Lähmungen  entstanden 
waren,  traten  Masern  auf,  während  deren  Verlauf  die  Ophthalmoplegie  in 
Heilung  überging. 

Dr.  Dreisch  (516)  beschreibt  3  Fälle  von  Oculomotoriuslähmungen,  die 
im  Gefolge  der  Masern  aufgetreten  waren.  In  einem  Falle  bestand  Ptosis 
und  Parese  des  Rect.  intern.,  sup.  und  inferior.  In  den  beiden  anden*n 
Fällen  handelte  es  sich  um  Accommodationslähmungen. 

Nacli  unserer  Ansicht  dürfte  es  sich  in  diesen  Fällen  wohl  um  cirkum- 
skrii)te  encei)lialitische  Prozesse  handeln,  die  ähnlich  wie  bei  der  Influenz;! 
meist  sehr  günstig  verlaufen.  Wir  hätten  uns  nach  der  Analogie  der  Loka- 
lisation der  Influenzastäbchen  im  Centralnervensystem  vorzustellen,  dass  der 
Masernmikroorganismus  vereinzelt  in  der  Neuroglia,  in  Häufchen,  in  Lympli- 
spalten,  im  Zwischengewebe,  in  perivasculären  Lymphräumen  sich  fände  oder 
zu  embolischen  Verstopfungen  von  Lymphkapillaren  oder  Häufchen  in  Blut- 
kapillaren  und  kleineren  Arterien  geführt  haben  möchte  (Pfuhl). 

Andererseits  ist  es  namentlich  bei  den  mit  Fieber  einhergehenden  Pnn 
zessen  sehr  möglich,  dass  es  zu  wirklich  entzündlichen  encephalitischen  Pro- 
zessen kommt. 

Im  Folgenden  möcliten  wir  noch  einen  hierlier  gehörigen  Fall  mittheilen. 
den  wir  der  Güte  des  Herrn  Direktor  Prof.  Lenhartz  verdanken: 

Am  1.  Dezember  1895  wurde  der  9^2 jährige  Knabe  0.  Abends  un- 
besinnlich und  verlor  die  Sprache.  Einige  Wochen  vorher  hatte  er  eine  In- 
fektionskrankheit  durchgemacht,    von  der  es    zweifelhaft  blieb,    ob   sie  als 


Die  Ptosis  nach  Masern.  255 

Masern  oder  Scharlach  anzusehen  gewesen  war.  Bei  seiner  Aufnahme  ins 
Krankenhaus  am  5.  Dezember  lag  Pat.  absolut  reaktionslos  da,  den  Kopf 
nach  der  linken  Seite  gewendet.  Es  bestand  eine  vollständige  Parese  des 
rechten  Arms  und  Beins.  Die  Muskulatur  war  schlaflf.  Der  rechte  Facialis 
erwies  sich  in  allen  seinen  Aesten  als  gelähmt.  Während  die  rechte  Pupille 
mittelweit  und  beweglich  war,  bestand  links  Mydriasis  und  absolute  Starre; 
femer  war  links  eine  Ptosis  und  eine  fast  völlige  Aufhebung  aller  Bulbus- 
bewegungen  zu  konstatiren;  rechterseits  war  der  Abducens  gelähmt.  Der 
Augenhintergrund  zeigte  sich  normal.  Die  Patellar-  und  Plantarreflexe  waren 
rechts  aufgehoben,  links  schwach.  Ausser  einem  Herpes  labialis  et  nasalis, 
massigem  Ascites,  V«®/o  Albumon,  ist  nur  noch  zu  bemerken,  dass  sich  im 
Urin  massenhaft  hyaline  Cylinder  vorfanden,  welche  theils  mit  Epithelien, 
theils  mit  rothen  Blutkörperchen  besetzt  waren. 

Die  Lumbalpunktion  ergab  einen  Druck  von   105  mm.     Die  Flüssigkeit 
war  wasserhell. 

Am  7./12.  reagirte  Patient  auf  Anrufen. 

Am  8./ 12.  schlägt  Patient  bei  Betreten  des  Zimmers  das  rechte  Auge 
auf.  Links  ist  die  Ptosis  etwas  geringer.  Die  linke  Pupille  ist  noch  immer 
weiter  als  die  rechte;  reagirt  jedoch,  wenn  auch  träge.  Linker  Bulbus  un- 
beweglich; rechts  nur  Abducenslähmung.  Am  9./12.  rechter  Bulbus  frei. 
Links  fehlen  die  Bewegungen  des  Rect.  int.  Am  23./12.  kann  sich  Patient 
allein  aufrichten.  Die  Bewegungsfähigkeit  des  rechten  Beins  hat  sich  gebessert. 
Die  Aphasie  und  Ptosis  nebst  linksseitiger  Oculomotoriuslähmung  ist  unver- 
ändert. Am  4.  Januar  fängt  Patient  an  zu  sprechen.  Anfangs  Februar  sind 
sämmtliche  Augenbewegungen  frei.  Ptosis  nicht  mehr  vorhanden.  Bei  der 
Entlassung  am  15.  Mär/  besteht  noch  eine  völlige  Lähmung  des  rechten 
Beins.  In  der  rechten  oberen  Extremität  ist  Parese  vorhanden;  die  Finger 
sind  ganz  imbeweglich.  Hier  und  da  .vorübergehend  linksseitige  Ptosis  und 
Facialisschwäche.  Patient  versteht  alles,  was  man  zu  ihm  sagt.  Er  kann 
sich  auch  verständlich  machen;  jedoch  besteht  noch  dysarthrische  Sprach- 
störung. 

Es  ist  natürlich  nicht  mit  Sicherheit  zu  entscheiden,  welcher  Prozess 
hier  vorgelegen  haben  mochte,  zumal  auch  das  klinische  Bild  einige  schwer 
zu  deutende  Symptome  enthält.  Im  Grossen  und  Ganzen  entspricht  es  einer 
PedunculusaflFektion,  denn  es  handelt  sich  um  eine  komplete  Hemiplegie  mit 
Facialis-  und  Hypoglossuslähmung  auf  der  rechten  und  partieller  Oculomo- 
toriuslähmung auf  der  linken  Seite ,  also  um  eine  Hemiplegia  altemans 
superior.  Die  Aphasie  dürfte  wohl  auf  die  Benommenheit  und  die  hoch- 
gradige Dysarthrie  zurückgeführt  werden.  AuÖallend  war  das  komplete  Be- 
fallensein des  rechten  Facialis  und  vor  allen  Dingen  die  rechtsseitige  Abducens- 
lähmung. Nicht  minder  schwierig  in  der  Deutung  erscheint  das  vollständige 
Fehlen  des  rechten  Patellar-  und  Plantarreflexes. 

Es  ist  daher  nicht  unmöglich,  dass  es  sich  hier  um  2  Herde  gehandelt 
haben  mochte,  von  welchen  der  eine  seinen  Sitz  im  Himschenkel  hatte,  wo- 


256  Die  Ptosis  bei  dem  Erysipel. 

durch  die  rechtsseitige  Hemiplegie  und  gekreuzte  Oculomotoriuslähnmiig  be- 
dingt worden  sei.  Der  andere  mochte  dann  umschrieben  im  Pens  an  jener 
Stelle  lokalisirt  gewesen  sein,  wo  der  Facialis  um  den  Abdncenskem  herum- 
geht. Hieraus  dürfte  sich  dann  die  komplete  Facialislähmung  und  zwar  viel- 
leicht als  eine  fasciculäre  schon  erklären. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  die  vorhandene  Nephritis  in  dem 
absichtlich  so  ausführlich  mitgetheilten  Falle  sehr  zu  Gunsten  eines  früher 
vorhandenen  Scharlachs  sprechen  dürfte.  Letztere  Erkrankung  verhält  sich  in 
Beziehung  auf  das  Nervensystem  ganz  ähnlich  wie  die  Masern,  indem  dahin 
zielende  Komplikationen  sehr  selten  aufzutreten  pflegen. 

d)  Die  Ptosis  bei  dem  Erysipel. 

J^  98.  Ein  Herabhängen  der  Oberlider  kommt  bei  dem  Erysipel  häufig  vor, 
da  die  Kopfrose  meistens  über  die  Lider  eines  oder  beider  Augen  hinwegzieht. 
Diese  Ptosis  ist  jedoch  die  Folge  der  Schwere  und  Volumzunahme  des 
meist  sehr  ödematösen  oberen  Lides,  das  auch  häufig  mit  Blasen  be- 
deckt ist.  Daneben  kommt  aber  auch  eine  wahre  Ptosis,  beruhend  auf 
einer  Lähmung  des  Levator  palp.  sup.,  während  und  nach  dieser  Krankheit 
zur  Beobachtung.  Dies  betont  speziell  Knies  (517),  und  auch  Schmidt- 
Rimpler  macht  darauf  aufmerksam,  dass  nach  Erysipel  bisweilen  Augen- 
muskellähmungen zur  Entwickelung  kommen.  So  beobachtete  letzterer  bei 
einem  18jährigen  Mädchen,  dem  Sitze  der  Rose  entsprechend,  eine  einseitige 
Accommodationsparese. 

Stöwer  (519)  sah  bei  einem  20jährigen  Manne  nach  Gesichts- 
erysipel  eine  Lähmung  sämmtlicher  Augennerven  auf  dem  rechten  Auge. 
Auch  der  1.  Quintusast  war  afficirt.  Ausserdem  bestand  leichter  Exophthal- 
mus. Heilung  trat  nach  einer  Inunktionskur  ein.  (Zeichen  von  Syphilis  waren 
nicht  vorhanden.)  Einige  Wochen  später  trat  vorübergehend  eine  linksseitige 
komplete  Oculomotoriuslähmung  auf.  Stöwer  erklärt  die  Erscheinungen 
durch  die  Annahme  einer  Orbitalphlegmone  im  Anschluss  an  das  Erysipel 
mit  chronischer  Meningitis  und  Blutungen  in  der  Gegend  der  Fissura  orbitalis 
superior. 

€}  Die  Ptosis  bei  der  Meningitis  cerebrospinalis  epidemica. 

§  99.  Der  motorische  Reizzustand,  der  die  Nackenmuskulatur  bei  diesen  In- 
lektionskrankheiten  vorwiegend  befällt,  zeigt  sich  auch  an  anderen  Muskeln, 
nur  dass  hier  die  tonische  Starre  öfter  mit  klonischen  Zuckungen  wechselt: 
an  den  Augen  äussert  er  sich  meistens  in  Form  eines  spastischen  Strabismus 
convergens  oder  divergens;  manchmal  auch  eines  Nystagmus.  Sehr  viel  seltener 
sind  Lähmungen  im  Gebiete  des  N.  oculomotorius ;  so  fand  Schirm  er  (524) 
unter  27  Krankheitsfällen  nur  einmal  eine  Oculomotorius-  und  Abducens- 
lähmung.  Dieselbe  war,  wie  die  Sektion  ergab,  durch  eine  Fortpflanzung  der 
Entzündung  auf  die  Stämme  dieser  beiden  Nerven  entstanden. 


Ausser  Strümpell  (525),  welcher  auf  das 
''ationsstn Hingen  der  AufjenTiiiiskeln  und  von  rnpillenverändprimgen  hin- 
reist und  Jaffe  (52t>),  welcher  bei  mehreren  derartigen  Fällen  Augen- 
miskellähmnngen  beobachten  konnte,  hat  sich  L  e  i  ch  t  e  n  s  t  e  rn  (527) 
sim  eingehendsten  mit  dem  vorliegenden  Gegenstände  beschäftigt.  In  den 
29  Fällen  seiner  Beobachtung  war  unter  allen  Gel  umnennen  am  häutigsten 
der  Abducens  theils  einseitig,  theils  doppelseitig  afticirt.  Aeusserst  selten 
konstatirte  er  Ersclieinungen  von  Seiten  des  Ocnlomotorins.  Im  Stadium 
hydroeephalicum  kam  einmal  Ptosis  beider  Lider,  einmal  Schwäche  eines 
Internus  nnd  einmal  Ungleichheit  der  Pupillen  vor.  In  einem  Falle,  der  nach 
mehrwöcbentlichem  Stadium  hydrocephalicum  tödtlich  endigte,  fand  sich  zur 
Zeit,  wo  das  Sensorium  noch  erhalten  war,  eine  Lähmung  sämratlicher  xVugen- 
mnskeln  nut  Pt*jsis.  Dif*  Bulbi  standen  bewegungslos  in  der  Primarstellüng, 
Auch  wurde  Nystagmus  im  Stadium  hydrocephalicum  beobachtet.  Das  Ver- 
halten der  Pupillen  war  ein  normales, 

Bemerkenswerth  ist  ein  anderer  Fall,  bei  dem  klinisch  sich  nur  eine 
doppeJseitige  Abducensparese  beraerklich  machte,  wiewohl  sämmtliche  Gehini- 
nerven von  einem  eiterigen  Exsudat  umhüllt  waren  und  speciell  die  Ocukv 
motorii  rosaroth  erschienen. 

Wir  selbst  beobachteten  bei  einer  Frau  mit  Cerebrospinalmeningitis  ber 
doppelseitiger  Taubheit,  Blindheit  und  kombinirten  Augenmuskeilähmungen 
eine  einseitige  Ptosiji*  Der  Fall  ging  in  Genesung  über.  Ferner  sahen  wir 
einen  anderen,  gleichfalls  geheilten  Fall  mit  Ptosis,  welchen  wir  in  einem 
späteren  Kapitel  mittbeilen  werden. 

^)  Die  Ptosis  beim  Typhus. 

jä  ItK),  In  seinem  kbissischen  Werke  über  Infektionskrankheiten  erwähnt 
Ciriesinger  (528)  speciell  die  Ptosis  als  eine  zuweilen  während  des  Darm- 
typhus auftretende  Paralyse,  für  welche  die  bald  darauf  gemachte  Obduktion 
keinen  anatomischen  Grund  auffinden  Hess.  Während  Ijähmungen  der  Extre- 
mitäten im  Verlaufe  des  Typhus  oder  nach  demselhen  in  der  Litteratur 
häufiger  beschrieben  worden  sind,  fanden  wir  nur  bei  folgenden  Autoren  uns 
interessirende  Mittheilungen : 

Bernhardt  (529)  berichtet  von  einer  33jährigen  Frau,  bei  der  sich 
nach  einem  Typhus  Doppeltsehen  und  rechtsseitige  leichte  Ptosis  eingestellt 
hatte.  Bei  der  Untersuchung  fand  sich  beiderseits  komplete  Unbeweglichkeit 
der  Bulbi;  Mydriasis,  gute  Pupillenreaktion. 

Ebstein  (530)  beobachtete  bei  einem  20jährigen  Studenten  am  dritten 
Tag  eines  Typhus  eine  linksseitige  Ptosis,  zu  welcher  wenige  Tage  später 
eine  Parese  des  gleichseitigen  Rect.  internus  hinzutrat,  W^ährend  die  Ptosis 
schon  am  15.  Tag  des  mittelechweren  Typhus  wesentlicli  geringer  geworden 
war,  ging  die  Interrmsparese  nur  sehr  langsam  zurück.  Ebstein  fasst  die 
Lähmung  als  eine  toxische  Neuritis  des  Oculomotorius  auf.    Bemerkenswerth 

Wilbrftad*S« enger.  :Sfiirologie  4cn-  Aages.  17 


258  Die  Ptosis  bei  der  Pneumünie. 

ist,  dass  Patient  während  der  Rekonvalescenz  einen  schweren  epileptischen 
Anfall  hatte.     Es  trat  völlige  Heilung  ein. 

Henoch  (531)  konstatirte  hei  einem  elfjährigen  Mädchen  im  Anfang 
der  dritten  Woche  heiderseitige  Ptosis,  Abducenslähmung  und  Sprachlosig- 
keit.    Die  Lähmimgserscheinungen  schwanden  bei  der  Abheilung  des  Typhus. 

Einen  ganz  ähnHchen  Fall  beobachtete  Nothnagel  (532)  ebenfalls  im 
Anfang  der  dritten  Woche. 

Berger  (533)  sah  zwei  Tage  vor  dem  Tode  eines  Typhuskranken  eine 
doppelseitige  Ptosis. 

1])  Die  Ptosis  bei  der  Pneumonie. 

§  101.  Bekanntlich  wird  das  Nervensystem  durch  die  Pneumonie  nicht  selten 
beeintlusst.  Cerebrales  Erbrechen  und  eklamptische  Anfalle  kommen  bei 
Kindern,  Delirien  bei  Erwachsenen  vor.  Auch  konnte  man  nach  dem  Ent- 
fiebern  sowohl  das  zeitweise  Auftreten  einer  vorübergehenden  psychichen  Stör- 
ung beobachten,  als  auch  gar  nicht  selten  Meningitis  und  Meningo-encepbalitis. 
Speziell  ist  das  Auftreten  einer  Meningitis  cerebrospinalis  zu  gleicher  Zeit 
mit  einer  Pneumonie  eine  klinisch  bekannte  Thatsache. 

Sehr  viel  seltener  ist  das  Vorkommen  von  Augenmuskellähmungen  bei 
dieser  so  häufigen  Krankheit.  Ob  dieselbe  toxischen  Ursprungs  oder  durch 
eine  komplizirende  Meningitis  oder  Meningo-encephalitis  bedingt  wird,  bleibt 
bei  dem  Maiijrel  an  geeignetem  Sektionsmaterial  bis  jetzt  eine  offene  Frage. 
Alt  (520)  theilt  einen  Fall  von  Lähmung  des  Levator  palp.  sup.,  des 
Internus,  des  Ciliarmuskels  und  des  Splüncter  pupillae  bei  einer  Pneumonie 
mit  und  erwähnt  gleichzeitig  einen  Knaben,  der  während  einer  Pneumonie  an 
Strabismus  convergens  litt.  In  beiden  Fällen  trat  Heilung  ein.  G  u  b  1  e  r 
(521)  beobachtete  bei  einem  52jährigen  Pneumonie-Rekonvaleszenten  eine 
linksseitige  Ptosis  und  Mydriasis  bei  erhaltener  Pupillarreaktion.  Nach 
6  Wochen  trat  Heilung  ein,  während  eine  Lähmung  der  Zunge  und  des 
Pharynx  bestehen  blieb. 

Eine  sehr  interessante  Krankengeschichte  theilt  M  a  u  t  h  ne  r  (522) 
mit:  Ein  5jähriger  Knabe  bekam  vor  3  Monaten  während  einer  Pneumonie 
Schielen.  Bei  der  Untersuchung  fand  sich  beiderseits  eine  hochgradige  Ptosis. 
Die  faltenlosen  (Jberlider  wurden  durch  die  Frontales  etwas  gehoben.  Bei 
Fixation  der  Augenbrauen  vermochte  der  Knabe  das  rechte  Auge  gar  nicht, 
das  linke  nur  wenig  zu  (offnen. 

Es  war  eine  totale  Oculomotoriuslähmung  vorhanden,  während  der 
Sphincter  pupillae  und  die  Accommodation  beiderseits  freigeblieben  waren. 
Auf  der  linken  Seite  fand  sich  eine  Facialisparese.  Nach  2  Monaten  trat 
Heilung  ein. 

Bei  dem  Mangel  an  anatomischen  Untersuchungen  ist  bezüglich  des 
den  Lähmungen  bei  der  Pneumonie  zu  Grunde  liegenden  Prozesses  nicht  fest- 
zustellen, ob  derselbe  rein  toxischen  oder  infektiösen  Ursprungs  und  ev.  ab- 


I 


Dm  Pioaii  bei  dem  Rbeumfitisinus  aeiitiis.  259 

bängig  vuii  encephalitisclieii  oder  iiit^iiingi tischen  Afl'ektionen  sei.  Hierbei 
darf  erwähnt  werden,  dass  N  a  u  w  e  r  k  (523)  bei  der  eitrigen  Meningitis  der 
krou|xiseii  l'neiiinonie  folgende  Augonsjmptüniekonstatiren  konnte :  In  einem  Falle 
eine  nnzwei feihatte  i^tusis;  in  Va  der  Fälle  Strabismus,  nicht  selten  eine 
Zwangstellung  der  Bulbi,  dagegen  selten  Nystagmus.  Oiththiduioskopiscli  kam 
Stauung  in  der  Retina  vor.  Ziemlich  häutig  fand  sich  eine  gleich  massige 
Pu[»illenverengenmg  mit  gestörter  Reaktion,  selten  eine  terminale  Pupillen- 
enaeiternng,  dagegen  nahezu  in  der  Hälfte  der  Fälle  eine  einseitige  Pupiüen- 
Teren^ening. 

^)  Die  Ptosis  bei  dem  Rheuintitlsmiis  Aeiifus. 


S  102.  Bei  demtieherhaften  (Gelenkrheumatismus  spielen  die  Knmplikatimien 
von  Seiten  des  Nervensystems  eine  grosse  Holle.  So  ist  die  Chorea,  besonders 
im  Kindesalter,  eine  sehr  häutige  Nachkrankheit,  welche  meist  nach  dem  Ver- 
schwinden der  (ielenkatiektionen  aiif/aitreten  pttegt.  L'eber  das  Wesen  der- 
selljen  sind  die  verschiedensten  Theorien  aufgestellt  worden.  Speziell  von 
französischen  Autoren  [Mora  (ö34)J  wurde  auf  die  Betheiligung  des  Rücken- 
marks und  seiner  Hüllen  in  Form  von  leichten  Mjelitiden  und  Meningitiden 
beim  Rheumatismus  aufmerksaiu  gemacht.  Am  schwersten  afficirt  ist  nicht 
seilen  das  (irosshiru  liei  dieser  Kraiiklieit.  Abgesehen  von  wirklichen 
Psycliosen  wie  Manie  und  Melancholie,  treten  Delirien,  Coma  und  Krämpfe, 
namentlich  bei  hohen  Temperaturgraden  auf,   Symijtiune,   die    von    manchem 

,     al&  Cerebralrheumatismus  bezeichnet  worden  sind. 

Endlich  tinden  sich  in  seltenen  Fällen  Meningitis  purulenta,  sowie  Lähm* 
iingen,  die  theils  euibidisclien,  tbeilsencephaiitischen  Urst>rungs  sind.    Bei  folgen- 

I     den   Beobachtungen  wurde* die   Augenmuskulatur  befallen:    so   sah    Beevor 

I  (535)  nach  eitiem  rheumatis<;hen  Fieber  auf  beiden  Augen  eine  Bew^egungs- 
storung,  wobei  die  Bewegung  nach  oben  und  unten  beschränkt  und  die  seit- 
liebe fast  ganz  aufgehoben  war.  Ausserdem  konnte  ein  beträchtlicher  (irad 
von  P  t  o  s  i  s  konstaiirt  werden.  Pupilleureaktion  und  Accommodation  waren 
normak     Die  Konvergenz  erschien  unmöglich.     Es  trat  Heilung  ein. 

Michel  (536)  t heilte  folgende  aus  den  Kriegsjabren  1870:71  stammende 
Beobachtung  mit:  Am  30,  Dezember  1870  kam  ein  23 jähriger  Soldat,  der 
seit  Äwei  Tagen  über  Eingenommenheit,   Schwere   des  Kopfes  und   stechende 

I  Schmerzen  in  lieiden  Schlafen  zu  klagen  hatte,  ins  Lazareth.  Hier  trat  noch 
starkes  Schwindelgefiihl  und  Ohrensausen  liinzu.  Die  Percussion  des  Schädels 
war  besondei^  in  der  Scbläfengegend  emptindlich.  Temperatur  39,5  im 
After,  des  Nachts  traten  leichte  Delirien  ein.  Tagsüber  bestand  Somnoleuz 
und  Scbmerzliaftigkeit  im  Nacken  (keine  Nackenstarrel  Am  Morgen  des  vierten 
Beohachtnngstages  war  eine  komplete  rechtsseitige  Oculoraotoriuslahmimg  mit 
Ptosis  zu  konstatiren;  ferner  ein  rechtsseitiger  Exophthalmus  und  eine 
kapilläre  Hyperamie  des  N.  opticus  dext.  Die  Sehschärfe  war  beiderseits  =  1. 
Die  Temperatur  fiel  am  folgenden  Tag  bis  38.      Am   7.  Tage  des  Lazareth- 

17» 


2G0  Die  Ptosis  bei  dem  Rheumatismiis  acatus. 

aufenthaltes  klagte  Patient  über  Stechen  im  linken  Kniegelenk;  zugleich  stieg 
die  Temperatur  wieder  an.  Nach  24  Stunden  war  ein  Erguss  im  Kniegelenk 
zu  konstatiren,  die  Oculomotoriuslähmung  aber  im  Rückgang,  indem  der 
M.  rect.  int.  vollkommen  wieder  beweglich  wurde.  3  Tage  später  bestand 
nur  noch  eine  leichte  rechtsseitige  Ptosis  und  Hyperämie  der  Papille.  Während 
die  Oculomotoriuslähmung  in  11  Tagen  geheilt  war,  dauerte  der  allerdings 
milde  Gelenkrheumatismus  5  Wochen. 

Nach  der  Annahme  MicheTs  handelt  es  sich  in  diesem  Falle  um  eine 
an  der  Himbasis  lokalisirte,  mit  seröser  Exsudation  einhergehende  Hyperimie 
der  Meningen,  die  sich  analog  einem  Gelenkergusse  rasch  resorbirt  hätte. 

Im  Verlauf  einer  subakuten  Polyarthritis  beobachtete  Bunzel  (o37i 
bei  einem  21jährigen  Mädchen  eine  Lähmung,  die  sich  als  Divergenz 
beim  Blick  nach  oben,  als  Paralyse  des  rechten,  Parese  des  linken  Rectns 
intern,  und  Konvergenzliihmung  manifestirte.  Nach  17  Tagen  waren  die  Er- 
scheinungen zur  Norm  zurückgekehrt.  Bunzel  glaubt  als  Ursache  eine 
Exsudation  in  die  Meningen  an  der  Basis,  oder  einen  neuritischen  Prozess, 
oder  einen  embolischen  Vorgang  in  der  Kemregion  annehmen  zu  müssen. 

Wir  können  dieses  Kapitel  nicht  beschliessen,  ohne  noch  der  früher  so 
häufig  angenommenen  Erkältung  als  Ursache  einer  Augemnuskellähmung  zu 
gedenken.  So  sagt  Eulenburg  (538)  in  seinem  Lehrbuche:  „Rheumatische 
Schädlichkeiten  führen  nicht  selten  zu  Lähmungen  im  Gebiete  des  X.  ocolo- 
motorius,  wobei  die  veranlassende  Ursache  öfters  in  einzelnen  Zweigen  z.  B. 
dem  Lcvator-Äst  lokalisirt  zu  sein  scheint;  in  anderen  Fällen  scheint  der 
Stamm  des  Oculomotorius  innerhalb  der  Schädelhöhle  durch  einen  akut  ent- 
standenen rheumatischen  Prozess  (cirkumskripte  basilare  Periostitis)"  afficin 
worden  zu  sein. 

A.  von  (jraefe  (541)  bezog  in  den  fünf  folgenden  Fällen  die  Augen- 
muskellähmungen auf  eine  vorausgegangene  Erkältung. 

Fall  1.  Ein  ISjähriges  Mädchen  erkältete  sich  heftig.  Am  folgenden 
Tag  bekam  sie  eine  beiderseitige,  inkomplete  Ophthalmoplegie  unter  Kopf- 
schmerz und  Somnolenz.  In  6  Wochen  war  bis  auf  eine  leichte  Lähmung 
des  Rectus  superior  völlige  Heilung  eingetreten. 

Fall  2.  Bei  einem  20jährigen  Soldaten  stellte  sich  einen  Tag  nach  einer 
starken  Erkältung  eine  doppelseitige  Ptosis  ein,  die  sich  beiderseits  mit  einer 
inkompletenOphtliahnoplegie  komplizirte.  Innerhalb  einer  Woche  trat  Besserung 
ein,  die  nach  fünf  Wochen  in  völlige  Heilung  überging. 

Im  3.,  4.  und  5.  Fall  traten  doppelseitige  komplete  Ophthalmoplegien 
nach  Erkältung  auf.     In  sämmtlichen  Fällen  erfolgte  vollständige  Heilung. 

Lands herg  (542)  beobachtete  bei  einem  jungen  Menschen  nach  einer 
starken  Erkältung  eine  doppelseitige  komplete  Ophthalmoplegia  exterior  ohne 
sonstige  Gehirnerscheinungen  und  ohne  Sehstörung.  Nach  drei  Monaten  voll- 
kommene Wiederherstellung. 

SchTiler  (543)  berichtete  von  einer  40jährigen  Frau,  dass  dieselbe  nach 
einer  starken  Erkältung  Schwindel  und  Kopfschmerzen  bekam.     Während  der 


Die  Ptosis  bei  der  Gerlier'schen  Krankheit.  261 

nächsten  fünf  Tage  entwickelte  sich  eine  doppelseitige  Lähmung  sämmtlicher 
Augenmuskeln  mit  doppelseitiger  Ptosis,  Chemosis  und  Exophthalmus.  Nach 
einer  Inunktionskur  trat  völlige  Heilung  ein.. 

Raymond  (544)  theilte  folgenden  höchst  bemerkenswerthen  Fall  mit: 
Bei  einer  25jährigen  Frau  (ohne  Lues,  Alkoholismus  und  Hysterie)  trat  nach 
einer  Erkältung  zur  Zeit  ihrer  Menstruation  plötzlich  eine  Lähmung  des  linken 
unteren  Facialis  ein.  Dazu  gesellte  sich  nach  14  Tagen  allmählich  eine 
Lähmung  des  Hypoglossus,  des  motorischen  Quintusastes,  des  Abducens  und 
des  Oculomotorius  in  zwei  Aesten  (Levator  palp.  sup.  und  Rect.  sup.)  Die 
Ptosis  und  die  Zungenlähmung  zeigten  vorübergehende  Remissionen  von  der 
Dauer  weniger  Minuten  bis  ^U  Stunde.  Der  ophthalmoskopische  Befund  war 
normal.     Nach  3  Monaten  war  völlige  Heilung  eingetreten. 

Simonot  (539)  berichtet  von  einer  einseitigen  rheumatischen  Paralyse 
des  X.  oculomotorius. 

Knies  (517)  spricht  seinen  ablehnenden  Standpunkt  in  dieser  Frage  mit 
folgenden  Worten  aus:  „Nur  selten  ist  ein  direkter  Zusammenhang  zwischen 
einer  vorher  noch  nicht  vorhandenen  Augenaffektion  und  der  Abkühlung  einer 
mehr  oder  weniger  grossen  Körperoberfläche  vorhanden".  ^Zur  Annahme  einer 
rheumatischen  Augenerkrankung  genügt  es  nicht  anamnestisch  keinen  anderen 
Grund  ausfindig  machen  zu  können,  als  die  Angabe  der  Erkältung  des  Patienten.*' 
Wir  haben  in  früheren  Kapiteln  gesehen,  wie  oft  Jahre  voraus  bei  verkapptem 
Cerebral-  oder  Spinalleiden  Augenmuskellähmungen  auftreten  und  wieder  ver- 
schwinden können,  für  welche  die  Angabe  der  Erkältung  von  Seiten  der 
Patienten  leicht  gefunden  ist. 

Schmidt-Rimpler  hält  dagegen  bei  einer  Reihe  von  peripheren  Augen- 
muskellähmungen  an  der  rheumatischen  Ursache  fest.  So  hatte  Moebius  (540) 
eine  Oculomotoriuslähmung  beobachtet,  welche  unter  gleichen  Bedingungen  auf- 
getreten war,  wie  die  refrigeratorische  (sogen,  rheumatische)  Facialislähmung. 
Ein  20 jähriger  Mann  bekam  2  Tage  nach  einer  Eisenbahnfahrt,  während 
welcher  er  sich  der  Zugluft  ausgesetzt  hatte,  heftige  Schmerzen  in  der  Um- 
gebung des  rechten  Auges.  Nach  etwa  14  Tagen  stellte  sich  eine  komplete 
Oculomotorius-  (mit  Ptosis),  Abducens-  und  Trochlearislähmung  ein.  Die 
Binnenmuskulatur  blieb  merkwürdiger  Weise  verschont.  4  Monate  später  war 
Patient  bis  auf  eine  Abducensschwäche  geheilt. 

i)  Die  Gerlier'sche  Krankheit. 

(Le  vertige  paralysant.     Le  vertige  ptosique.     Kubisagari.) 

§  103.  G  er  Her  (493)  hatte  im  Sommer  1885  und  1886  in  den  Grenzorten 
zwischen  Genf  und  Frankreich  eine  eigenthümliche  Krankheit  beobachtet,  deren 
Hauptsymptome  in  plötzlich  auftretendem  Schwindel  bestanden  mit  lähmungs- 
artiger Schwäche  aller  oder  vieler  willkürlicher  Muskeln,  heftigem  Schmerz 
im  Nacken  und  Rücken  und  einer  charakteristischen  Ptosis  eines  oder  beider 


262  Die  Ptosis  bei  der  Gerlier'schen  Krankheit. 

Augen.  Immer  trat  die  Krankheit  in  ganz  kurzen,  intennittirenden  Anfällen 
auf,  deren  Intensität  jedoch  sehr  verschieden  war,  anfangs  von  Anfall  zu 
Anfall  zunehmend,  um  nach  Bestehen  von  einigen  Wochen  bis  zu  mehreren 
Monaten  wieder  abzunehmen.  Die  Kranken  gleichen  im  Anfall  Betrunkenen. 
Die  Parese  der  Muskulatur  oder  einzelner  Muskelgruppen  hält  viel  länger 
an,  als  der  Schwindel.  Die  Strecker  der  Hand  und  der  Finger  wurden  ganz 
besonders  betroffen,  der  Kopf  sinkt  nach  vorn  und  meist  auf  die  Seite,  der 
Mund  kann  nicht  geöffnet  werden.  Oft  wird  die  Sprache  stammelnd  und 
Dysphagie  tritt  auf,  in  besonders  auffallender  Weise  aber  Ptosis. 
Die  Erscheinungen  sind  oft  unsymmetrisch;  die  Sehnenreflexe  sind  erhalten, 
oft  etwas  erhöht.  Die  Sensibilität  ist  normal.  In  den  freien  Intervallen  sind 
die  Kranken  meist  vollkommen  wohl.  Starke  Sinneseindrücke  (Geräusche,  helles 
Licht),  Schreck  und  Aufregungen,  vor  allem  aber  Ermüdung  durch  Anstreng- 
ungen ruft  die  Anfälle  hervor.  Im  Juli  traten  die  ersten  Anfälle  auf,  die 
letzten  Erscheinungen  im  November.  Während  Gerlier  kein  Schielen  be- 
obachtete, hatte  David  (494)  wiederholt  Klagen  über  Doppeltsehen  bei  dieser 
Krankheit  gehört.  Ophthalmoscopisch  konnten  von  diesen  Beobachtern  keine 
Veränderungen  konstatirt  werden,  dagegen  fand  Eperon  (496)  bei  zwei 
Fällen  eine  ausgesprochene  Hyperaemie  der  Papille  und  ihrer  Umgebung,  ja 
in  dem  einen  Falle  glaubte  er  sogar  von  einer  Entzündung  der  Papille  sprechen 
zu  dürfen  mit  i)eripapilläreu  Blutungen.  Auch  Sulz  er  (497)  hat  Ophthal- 
moscopische  Veränderungen  bei  dieser  Krankheit  gefunden,  ähnlich  wie  Eperon. 
Beide  Kranke  zeigten  auch  Gesichtsfeideinschränkungen  besonders  nach  oben. 
Als  bleibende  Augenerscheinung  soll  eine  Herabsetzung  der  Sehschärfe  be- 
stehen bleiben,  während  die  Ptosis,  das  Doppeltsehen  und  das  Nebelselien 
wieder  verschwänden. 

Haltenhoff  (495),  der  ebenfalls  neun  Fälle  von  dieser  Krankheit  Ix- 
obachten  konnte,  schliesst  sich  der  Ansicht  Gerlier's  an,  dass  es  sich  um  eine 
Infektionskiankheit  handele,  die  vielleicht  durch  einen  in  den  Viehställen 
sich  entwickelnden  Krankheitserreger  verursacht  war.  Denn  die  Betroffenen 
waren  nur  Leute,  weiche  in  Viehställen  schliefen. 

Neuerdings  hat  K.  Miura  (498)  eine  Arbeit  über  eine  in  den  nörd- 
lichen Provinzen  Japans  unter  der  ackerbauenden  Bevölkerung  endemischen 
Krankheit  Namens  Kubisagari  verölfentlicht ,  in  welcher  er  an  zahlreichen 
Beobachtungen  die  Gleichheit  derselben  mit  der  Gerlier'schen  Krankheit 
feststellte.  Nach  diesem  Autor  sind  anfallsweises  Nebelsehen,  Ptosis,  Diplopie. 
Parese  der  Nacken-,  Rumpf-  und  Extremitätenmuskulatur  sowie  Störung  der 
Sprech-,  Kau-  und  Schlingwerkzeuge  die  Hauptsymptome  dieser  Krankheit. 
Unter  03  eigenen  Fällen  konnte  er  folgende  Häutigkeitsscala  verschiedener 
Symptome  aufstellen  : 

Nebelsehen 40  mal 

Ptosis 38    ,, 

Parese  der  Nackenmuskeln     ...     34    - 


Die  Ptosis  bei  der  Gerlier'schen  Krankheit.  263 

Diplopie       29  mal, 

Parese  der  Oberextremitäten      .     .  26  „ 

^         „    ünterextremitäten     .     .  24  ^ 

des  Rumpfes 18  ^ 

^       der  Zunge 16  ;, 

^       der  Kaumuskeln     ....  12  „ 

„         ,,    Lippen 11  „ 

„       des  Schlingens 5  „ 

Von  Augensymptomen  wurden  überhaupt  beobachtet:  Nebelsehen,  Ptosis, 
Doppeltsehen,  Hyperaemie  der  Papille  und  ihrer  Umgebung. 

Was  die  Ptosis  anbelangt,  so  tritt  sie  als  das  zweithäufigfte  Symptom 
in  verschiedenen  Intensitätsgraden  auf,  entweder  so  leicht,  dass  sie  dem 
Kranken  nur  einen  schläfrigen  Ausdruck  verleiht,  oder  so  stark,  dass  nur 
ein  haarfeiner  Spalt  zwischen  den  Lidern  zurückbleibt.  Sie  beruht  jeden- 
falls auf  einer  Lähmung  des  Lidhebers.  Eine  vorwiegende  Beteiligung  des 
linken  Auges  an  der  Ptosis,  wie  es  von  G  e  r  1  i  e  r  angegeben  wurde,  konnte 
M  i  u  r  a  nicht  konstatiren. 

Das  Nebelsehen  entspricht  wahrscheinlich  dem  allzuraschen  Verschwinden 
lixirter  Objekte  und  den  Symptomen  allzuleichter  Ermüdbarkeit  der  Netzhaut, 
wie  wir  sie,  als  zum  Symptomenkomplex  der  nervösen  Asthenopie  gehörig, 
kennen. 

Bezüglich  des  Doppeltsehens  fand  M  i  u  r  a  immer  nur  gekreuzte  paralle 
stehende  Doppelbilder  und  bezieht  dieselben  auf  eine  Insufficienz  resp.  Parese 
der  M.  recti  intemi.  An  einen  Krampf  der  Augenmuskeln  sei  nach  dem 
Krankheitsbilde  nicht  zu  denken. 

Betreffs  des  eigentlichen  Wesens  dieser  Krankheit  sind  wir  noch  völlig 
im  Dunkeln,  da  bis  jetzt  noch  kein  Sektionsbefund  vorliegt.  In  differentiell- 
diagnostischer  Hinsicht  kommt  hier  zunächst  die  asthenische  Bulbärparalyse 
in  Betracht.  Dieselbe  tritt  aber  nicht  wie  die  Gerlier'sche  Krankheit  anfalls- 
weise auf,  und  führt  auch  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  zum  Tode,  was  bei  jener 
nicht  der  Fall  ist. 


2.    Intoxikationen. 

J^  104.  Bezüglich  der  Intoxikationen  müssen  wir  diejenigen  Krankheits- 
zustände  an  den  Augenmuskeln  und  dem  Levator,  welche  akut  während  der  chro- 
nischen Einwirkung  von  Giften  einsetzen,  wie  z.  B.  bei  der  chronischen  Alkohol- 
und  Bleivergiftung,  von  Zuständen  auseinanderhalten,  welche  nach  akuten 
Vergiftungen  sich  entwickelt  haben.  Zunächst  ist  bei  den  meisten  dieser  Er- 
krankungsformen auffällig,  dass  hier  durch  Affektion  des  Sehnervs  und  der 
Retina  Sehstörungen  hervortreten,  welche  wir  bei  den  Nuklearlähmungen  zu- 
folge chronischer  Krankheitszustände  fast  ganz  und  gar  vermissen.  — 


264  Die  Ptosis  bei  der  akuten  haemorrh.  Poliencephalitis  sap. 

Bei  den  chronischen  Intoxikationen  mit  akutem  Auftreten 
schwerer  Cerebralerscheinungen  linden  wir  ganz  besonders  die  äussere  Bulbus 
miiskulatur  und  in  zweiter  Linie  den  Levator  betheiligt,  während  die  Pupillen- 
bewegung  meist  frei  bleibt;  bei  den  akuten  Vergiftungen  dagegen  tritt 
als  Symptomentrias  vom  Auge  vornehmlich  die  Accommodationslähmung  mit 
Mydriasis  und  Ptosis  hervor.  Von  einer  Accommodationslähmung  ist  bei  den 
chronischen  Intoxikationen  mit  akutem  Einsetzen  cerebraler  Krankheitssymp- 
tome nach  Ausweis  der  Tabellen  keine  Rede. 

§  105.  Unter  den  chronischen  Intoxikationszuständen  mit  akutem  Ein- 
setzen schwerer  Cerebralsymptome  hat  Wernicke  (484)  für  den  Alkoholis- 
mus ein  wohl  charakterisirtes  Krankheitsbild  unter  dem  Namen  der 

a)  akuten  haemorrhagischen  Poliencephalitis  superior 

ausgeschieden,  und  wir  wollen  nun  sehen,  in  welcher  Weise  der  Levator  bei 
diesem  Krankheitsbilde  in  Mitleidenschaft  gezogen  wird.  Das  dem  Alkohol- 
genuss  ergebene  Individuum  erkrankt  ohne  Fieber  mit  Benommenheit,  Schlaf- 
sucht, Verwirrtheit  und  Delirien.  Während  diese  Symptome,  zu  denen 
sich  häufig  Wadensteifigkeit,  Kopfschmerz  und  Erbrechen  gesellen,  an  Inten- 
sität zunehmen,  treten  Lähmungserscheinungen  an  dem  Augenmuskelapparat 
hervor,  meist  in  Gestalt  einer  mehr  oder  weniger  kompleten  Ophthalmoplegia 
exterior;  die  Binnenmuskulatur  des  Auges  bleibt  dabei  meist  verschont,  oder 
es  lässt  sich  doch  nur  reflektorische  Starre  auf  Licht  nachweisen  (unter 
19  Fällen  der  Tabelle  XIV  dreimal).  Gleichzeitig  findet  sich  gewöhnlich 
ophthalmoskopisch  eine  leichte  Neuritis  optica  mit  Netzhautblutungen  oder 
Abblassung  der  temporalen  Papillenhälften  als  Zeichen  einer  vorhandenen 
Alkoholamblyopie  (chron.  Neuritis  des  papillomakulären  Faserbündels  im 
SehneiTen).  An  den  Extremitäten  macht  sich  motorische  Schwäche  mit 
Inkoordination  bemerklich,  der  Gang  wird  schwankend  und  taumelnd.  Meist 
fehlen  die  Patellarretlexe.  Die  Sprache  ist  lallend  und  schwer  verständlich. 
Zwar  hebt  Wernicke  in  seiner  Schilderung  des  Krankheitsbildes  ein 
Verschontbleiben  des  Sphincter  iridis  und  des  Levator  hervor,  es  hat  sich 
jedoch  aus  der  weiteren  Beobachtung  von  Fällen  ergeben,  dass  etwa  in  der 
Hälfte  derselben  doppelseitige  Ptosis  dabei  vorhanden  war.  Allerdings 
ist  meist  die  Levatorlähmung  eine  unvollkommene,  die  Lider  hängen  nur 
theilweise  über  das  Auge,  und  es  können  dieselben  nach  Aufforderung  nicht 
völlig  gehoben  werden.  Während  also  Lähmungen  der  Bulbusmuskulatur  in 
allen  Fällen  gefunden  werden,  ist  die  Ptosis  kein  integrirender  Bestandtheil 
des  Krankheitsbildes.  Denn  unter  19  Fällen  der  Tabelle  XIV  waren  17  mal 
Lähmungen  der  Bulbusmuskulatur  vorhanden,  bei  zwei  Fällen  waren  die 
Angaben  ungenau;  Ptosis  wurde  achtmal  gefunden,  darunter  einmal  einseitig, 
siebenmal  war  keine  Ptosis  vorhanden,  bei  vier  Fällen  waren  die  Angaben 
ungenau.  Die  Pupillen  reagirten  in  12  Fällen,  wenn  auch  manchmal  träge; 
bei  drei  Fällen  bestand  reflektorische  Lichtstarre,  bei  drei  Fällen  waren  die 
Angaben  ungenau. 


Die  Ptosis  bei  der  akuten  haemorrh.  PoUencephalitis  aap.  265 

Bei  zehn  Fällen  war  das  Sehvermögen  und  der  ophthalmoskopische 
Befund  unnormal  und  nur  bei  zwei  Fällen  normal.  Bei  sechs  Fällen  fehlte 
die  genauere  Angabe. 

Eigene  Beobachtungen.     Fall  I. 

§  106.  Ein  41  jähriger  Gastwirth  hatte  seit  dem  1.  Juli  1897  über  Dop- 
peltsehen und  eine  gewisse  Schwere  nebst  Vertaubung  im  linken  Beine  Klage 
zu  führen.  Der  Gang  war  unsicher.  In  der  letzten  Woche  traten  noch 
Verdauungsstörungen  hinzu.  1891  hatte  Patient  ein  Delirium  tremens  durch- 
gemacht. Im  letzten  Jahre  will  derselbe  zwar  viel  massiger  als  früher  ge- 
worden sein,  er  trinkt  jedoch  noch  V«  Flasche  Roth  wein,  zwei  Glas  Bier  und 
etwas  Portwein  pro  Tag,  welche  Angaben  bei  seinem  Berufe  als  zu  niedrig 
bezeichnet  werden  dürften. 

Angeblich  raucht  er  nur  2 — 3  Cigarren. 

Vor  20  Jahren  hatte  er  eine  Gonorrhoe  imd  ein  Geschwür  auf  der 
Lippe,  doch  sollen  nie  Sekundärerscheinungen  aufgetreten  sein.  Er  lebt  in 
kinderloser  Ehe.  Bei  der  Untersuchung  war  Patient  nicht  benommen,  im 
Gegentheil  sehr  gesprächig  und  von  alkoholistischer  Euphorie.  Rechts  bestand 
eine  leichte  Ptosis.  Beiderseits  blieb  der  Bulbus  beim  Blick  nach  aussen 
zurück.  Es  konnten  gleichnamige  Doppelbilder  nach  beiden  Seiten  ohne 
Höhenabstand  und  ohne  Schiefheit  nachgewiesen  werden.  Die  Pupillen  waren 
beiderseits  gleich  und  reagirten  gut  auf  Licht  und  Konvergenz.  Die  Accom- 
modation  war  rechts  etwas  abgeschwächt.  Das  Sehvermögen  betrug  beider- 
seits 18-  Augenhintergrund,  Gesichtsfeld  und  Farbensinn  waren  normal. 
Das  Gehör  und  der  Geschmack  wurden  beiderseits  ganz  gut  befunden.  Der 
Geruch  war  rechts  schärfer  als  links.  Es  bestand  deutliche  linksseitige 
Facialisparese  und  ein  ausgesprochener  Tremor  manuum.  Das  Dynamometer 
ergab  rechts  80,  links  89.  Der  Gang  war  unsicher.  Im  linken  Bein  zeigte 
sich  eine  Abschwächung  der  Motilität  und  Sensibilität  bei  lebhaften  Reflexen 
und  gut  erhaltener  Muskulatur.  Die  Leber  war  vergrössert,  das  Cor  nach 
links  verbreitert. 

Patient  ging  in  ein  Krankenhaus,  das  er  nach  Wochen  geheilt  verlassen 
konnte. 

Fall  IL 

P.  Schneider,  Schlossersfrau,  34  Jahre,  aufgenommen  29.  Mai  1896. 
(Abtheilung  des  Oberarztes  Herrn  Dr.  Jollasse).    Gestorben  den  3.  Juni  1896. 

Anamnese:  [Von  der  Patientin  nicht  zu  erheben.  Angaben  des  Ehe- 
mannes]. Patientin  war  früher  stets  gesund.  Hatte  mehrere  aussereheliche 
Kinder.  Seit  einem  Jahre  mit  dem  jetzigen  Manne  verheirathet.  Mehrere 
Aborte.  Lues  negiert.  Potatorium  erwiesen.  Seit  V*  Jahre  wurde  ihr  das 
Gehen  schwerer;  sie  wurde  vergesslich  und  trank  mehr  als  gewöhnlich. 

Anfang  Mai  Verschlechterung  des  Ganges,  so  dass  sie  nach  mehreren 
Schritten  umfiel. 


266  Die  Ptosis  bei  der  akuten  hacmorrh.  Poliencepbalitis  sup. 

Vor  2—3  Tagen  plötzlich  Sprachverlust.  Beim  Nachhausekommen  fand 
der  Mann  seine  Frau  auf  der  Erde  liegend,  lallend  und  lebhaft  gestikulirend: 
dabei  lief  ihr  der  Speichel  fortwährend  aus  dem  Munde. 

Status  praesens  und  Verlauf:  Mai  1896.  Untersetzte  Frau  mit 
mittelstarkem  Pannicuhis  adiposus;  Gesicht  gedunsen.  Acne  rosacea;  liegt 
in  lebhafter  Unruhe  im  Bett,  sucht  fortwährend  nach  Gegenständen,  greift 
gestikulirend  in  der  Luft  und  am  Betttuch  umher.  Dabei  läuft  ununterbrochen 
der  Speichel  aus  dem  linken  Mundwinkel.  Die  Sprache  hochgradig  gestört, 
schwer  verständlich,  klingt  wie  bei  Gaumensegellähmung.  Untersuchung  des 
Rachens  unmöglich. 

Die  inneren  Organe  ohne  wesentliche  Veränderungen. 

Pupillen  beiderseits  gleich,  ziemlich  eng,  reagiren  träge  auf  Licht. 

Es  besteht  beiderseits  Ptosis  mittleren  Grades,  links  stärker 
als  rechts. 

Schluss  der  Lider  normal. 

Die  Patientin  tixirt  nicht;  zeitweise  Divergenzstellung.  Aus-  und  Ein- 
wärtsbewegung der  Bulbi  sehr  beschränkt. 

Die  Zunge  wird  mit  Mühe  herausgestreckt.  Das  Schlucken  geht  gu 
von  Statten.     Ataxie  der  Hände  massigen  (jrades. 

Die  Sensibilität  ist  wegen  der  fortwährenden  Unruhe  und  des  hall>- 
benommenen  Zustande«  der  Patientin  schwer  zu  prüfen. 

Die  Nervenstämme  sind  beiderseits  an  den  Unterschenkeln  auf  Druck 
sehr  sclimerzliaft.  Der  Cruralis  nicht  empfindlich.  Ganz  enorm  schmerzhaft 
sind  dabei  die  Füsse.  Schon  bei  vorsichtiger  Berührung  schreit  Patientin 
laut  auf.     Die  Füsse  sind  sehr  kalt,  ohne  Oedeme. 

Mit  Unterstützung  kann  Patientin  die  Beine  ansetzen.  Das  linke  wird 
nur  kurz  als  Stütze  gebraucht  und  scheint  beim  Aufsetzen  heftig  zu  schmerzen. 

Die  Kraft  in  den  unteren  Extremitäten  ist  beträchtlich  herabgesetzt. 

Die  anfänglich  vorhandenen  Patellarreflexe  verschwanden  später.  Plantar- 
retlexe  gesteigert.  Die  Periostreflexe  vorhanden.  Kein  Fieber;  Puls  klein  112. 
nicht  aussetzend.     Urin  frei. 

Am  vierten  Tage  des  Krankenhausaufenthaltes  wurde  Patientin  sehr 
unruhig,  sie  schrie,  schim])fte  und  tobte  unter  fortwährend  choreaartig  gesti- 
kulirenden  Bewegungen  der  oberen  Extremitäten  derartig,  dass  sie  isolirt 
werden  musste.  Nahrungsverweigerung.  Nur  Wasser  trinkt  sie  gierig,  ohne 
sich  zu  verschlucken.  Lässt  Stuhl  und  Urin  unter  sich.  Gegen  Abend  Somno- 
lenz.  Puls  120.  Patientin  reagirt  schwach  auf  Anrufen.  Komplete  Ptosis 
beiderseits.  Augenschluss  besonders  kräftig.  Beim  Aufheben  der  Lider 
starke  Myosis  beiderseits.  Schwache  Lichtreaktion,  beiderseits  Augenbewegungen 
unmöglicli.     Die  PlantarreHexe  sind  noch  lebhaft. 

Nachts  10  Uhr  Exitus  let. 

Sektion  am  3.  Juni  1896. 

Beträchtlicher  Pannic.  adiposus.  Hypertrophia  et  degeneratio  adiposa 
cordis.     Emphysema  pulm.     Fettleber;  Stauungsmilz;  Stauungsnieren. 


Die  Ptosis  bei  der  akuten  haemorrh.  Polieocephalitis  sup.  267 

Sehr  starkes  Oedem  der  Pia,   die  chronisch  verdickt  ist.     Pacchionische 
Granulationen.     Massiger  Hydrocephalus  int.     Hirnarterien  zart. 

Im  rechten  Thalam.  opt.  Blutungen  kleinster  Art.  Im  Pons  und  der 
Kemregion  makroskopisch  keine  Veränderungen.  Mikroskopisch:  Der  Oculo- 
motoriuskern  in  seiner  ganzen  Ausdehnung,  ganz  besonders  aber  auch  die 
nach  abwärts  liegenden  Regionen  der  Kernregion  zeigen  sich  durchsetzt 
von  zahlreichen,  verschieden  grossen  Hämorrhagien. 


Fall  m. 

Auf  der  Abtheilung  des  Herrn  Oberarztes  Dr.  Jo Ilasse  hatten  wir 
kürzlich  folgenden  Fall  zu  beobachten  Gelegenheit,  durch  dessen  Sektion  die 
Richtigkeit  der  Diagnose  bestätigt  wurde.  (Herr  Dr.  Barkow  wird  denselben 
noch  eingehender  bearbeiten  und  publiziren). 

Ein  35jähriger  Arbeiter,  der  schon  mehrere  Male  wegen  Alkoholismus 
im  Krankenhause  Zuflucht  gesucht  hatte  und  an  epileptischen  Krämpfen  litt, 
klagte  vor  einiger  Zeit  über  Doppeltsehen.  Anfangs  Juli  1898  erkrankte  er 
mit  Mattigkeit,  Kopfschmerz,  Erbrechen  und  Durchfall.  Patient  gab  mit 
Bestimmtheit  an,  dass  er  vor  Jahresfrist  an  Doppeltsehen  gelitten  habe. 

Bei  der  ersten  Untersuchung  bestand  Pupillendifferenz;  Strabismus- 
convergens,  und  wurden  andauernd  nystagmische  Zuckungen  konstatirt.  Nach 
kurzem  Krankenhausaufenthalt  stellten  sich  Delirien  ein.  Patient  war  unruhig 
und  desorientirt.  Einige  Tage  darauf  war  Patient  theilweise  somnolent;  hatte 
subnormale  Temperatur.  Auch  war  eine  leichte  Nackensteifigkeit  nach- 
zuweisen. Die  Pupillen  waren  eng,  ungleich  und  reagirten  schwach.  Es  trat 
anhaltendes  Erbrechen  auf.     Patient  klagte  über  Kopfschmerz. 

Am  Tage  vor  dem  Exitus  konnte  noch  folgender  Status  erhoben  werden : 

Patient  macht  einen  schläfrigen  Eindruck  mit  herabgesenkten  Oberlidern, 
welche  nicht  geschlossen  waren.  Schwäche  im  ganzen  Facialisgebiet.  Auf 
energische  Aufforderung  hebt  er  das  obere  Augenlid.  Bewegungen  des  rechten 
Bulbus  sind  nach  aufwärts  möglich;  dabei  nystagmische  Zuckungen;  nach 
aussen  nicht,  nach  innen  und  unten  sind  die  Bewegungen  beschränkt. 

Links  bestellt  hochgradige  Miosis.  Links  sind  die  Lidbewegungen  wie 
rechts.  Die  Beweglichkeit  des  linken  Bulbus  war  nicht  mehr  zu  prüfen.  Der 
Händedruck  erwies  sich  als  normal.  Hie  und  da  kurze  Zuckungen.  Bei 
Oeffnung  der  Augen  kontrahirt  Patient  stark  den  Frontalis,  so  dass  mög- 
licherweise doch  eine  beiderseits  vorhandene  inkomplete  Ptosis 
vorlag. 

Am  folgenden  Tag  trat  der  Exitus  ein. 

Die  Sektion  ergab  im  Höhlengrau  des  Aquaeduct.  Sylvii  und  des 
IV.  Ventrikels  zahlreiche  punktförmige  Blutungen.  Auf  der  rechten  Seite  war 
eine  grössere,  etwa  linsengrosse  Hämorrhagie  vorhanden. 

Die  Pia  war  zart. 


■Sh  Die  PtMis  bei  4er  akutea  fcnwirifc  FiiliiM ■  f hililit 

lASLn  Gehirn  zeigte  sich  im  Ganzen  bhitreicfa ,  die   gnae  Sobstanz  war 
roAa  zetarbt.    Die  Ventrikeln  enthielten  keine  Termehrte  Flnss^eit. 

Wan  nan  die  in  Heilung  übergehenden  Falle  betrifft,  so  legt  die  Art 
de^  Prozesses  die  Möglichkeit  einer  Tölligen  Räckbildung  nahe,  zumal  dk 
GehimÄubätanz  in  Tielen  Fällen  sehr  wenig  afficirt  erschien^  andererseits  ist 
auch  die  Thatsache  nicht  zu  Tergessen.  dass  eine  Poirneuritis  sich  gerne  mit 
der  Poli'^^encephalitis  verbindet  iThomsen.  Boedeker.  Jacobaeus)  und 
auch  die  Möglichkeit  einer  Neuritis  der  Bnlbämerren  bei  den  geheUten 
FälleTi  nicht  von  der  Hand  gewiesen  werden  kann.  Jedoch  sei 
herrorjfehoVien .  dass  Thomsen  und  Boedeker  bei  ihren  Untersuchungen 
nVier  alkoholische  Ophthalmoplegie  die  Augenmuskeln  und  Xerren  intakt  ge- 
funden haVien. 

Femer  kann  der  Ausgang  der  Encephalitis  in  lokale  Nekrose  und  in 
Xarbenbildung  nicht  bezweifelt  werden,  obwohl  für  die  hämmorrhagische 
Form  der  Entzündung  durch  Sekt ionsbef und  dieses  Endstadium  nicht  er- 
wie-'en  {.'•t. 

;:  107.  In  differentialdiagnostischer  Hinsicht  spielt  bei  diesen  Fällen  die 
Aetiolr>gie  die  Hauptrolle.  Meist  ist  aus  der  Anamnese,  dem  Habitus  des  Patienten, 
aus  der  eigenthümlichen  mit  Somnolenz  verknüpften  Cnruhe,  der  rasch  ent- 
stehenden.  schliesslich  fast  zu  totaler  Lähmung  führenden  Ophthalmoplegie 
leicht  die  Diagnose  zu  stellen.  Die  vorhandene  Neuritis  opt.  lässt  natürlich 
auch  an  einen  vorhandenen  Tumor  in  der  hinteren  Schädelgrube  denken, 
fil>eziell  beim  Kleinhirn,  da  bei  beiden  AflFektionen  taumelnder  Gang,  Er- 
brechen, Nackensteifigkeit  und  Augenmuskellähmungen  (durch  Femwirkung 
auf  die  Basis)  vorkommen.  Jedoch  ist  der  klinische  Verlauf  beim  Tumor  ein 
sehr  viel  langsamerer  als  bei  der  Wernicke'schen  Krankheit,  und  die  Neu- 
ritis opt.  hat  bei  den  Tumoren  der  hinteren  Schädelgrube  gewöhnlich  den 
(.'harakter  einer  hochgradigen  Stauungspapille. 

Da  die  Krankheit  fieberlos  verläuft,  die  Bewusstseins-  und  Gehstörung 
aber  sehr  frühzeitig  und  rasch  auftritt,  so  muss  femer  eine  Apoplexie  und 
Enc(;i)halomalacie  in  das  Bereich  der  diagnostischen  Erwägungen  gezogen 
werden.  Aus  einem  späteren  Kapitel  ergeben  sich  unschwer  die  diflferenten 
Momente.  Hier  sei  nur  kurz  darauf  hingewiesen,  dass  Neuritis  opt.  und  doppel- 
seitige symmetrische  Augenmu.«kellähmungen  gegen  diese  Aflfektionen  in  den 
meisten  Fällen  sprechen  dürften. 

Da  eine  Fleisch-  und  Fischvergiftung  mit  Augenmuskellähmungen  auf- 
treten kann,  so  sei  derselben  hier  besonders  gedacht.  Es  bestehen  jedoch 
zwisclien  beiden  Krankheiten  so  viele  unterscheidende  Merkmale,  dass  wir 
einstweilen  darauf  verzichten,  auf  dieselben  näher  einzugehen^  zumal  da  wir 
in  einem  besonderen  Abschnitt  diese  Zustände  behandeln  werden. 

Die  Angabe  Wernicke's,  dass  die  Augenmuskellähmungen  stets  asso- 
ciirt  seien,  konnte  bei  weiteren  Beobachtungen  nicht  bestätigt  werden.    Was 


Die  Ptosis  bei  der  akuten  haemorrh.  PoDencepbalitis  sup.  269 

den  anatomischen  Befund  betriflft,  so  wurden  die  Angaben  Wer  nicke 's  von 
allen  nachfolgenden  Autoren  bestätigt.  Bei  meist  normalem  Verhalten  des 
Rückenmarks  und  des  übrigen  Gehirns  zeigte  sich  das  gesammte  Höhlengrau 
d.  h,  die  Wände  des  III.  Ventrikels,  die  graue  Substanz  des  Aquaeductus 
Sylvii  und  des  Bodens  des  IV.  Ventrikels  durchsetzt  von  multiplen  mikro- 
skopischen Blutungen,  in  deren  Umgebung  sich  Kömchenzellen  nachweisen 
Hessen.  Etwas  anders  war  der  Befund  in  dem  von  Thomsen  nütgetheilten 
Falle  4  auf  Tabelle  XIV.  Es  fanden  sich  nämlich  die  Kerne  des  Abducens 
und  Hypoglossus  in  erheblichem  Grade  degenerirt,  weniger  die  des  Oculomo- 
torius  und  des  Trochlearis.  Die  Wurzelfasern  sämmtlicher  Nerven  waren 
gesund  und  waren  Blutungen  nur  in  geringem  Maasse  vorhanden.  Ausserdem 
fand  Thomsen  Haemorrhagien  der  Pia  an  der  hinteren  Fläche  des  sonst 
gesunden  Rückenmarks,  besonders  im  Lendentheil. 

Dass  diese  Fälle  nicht  immer  tödtlich  enden  müssen,  sondern  einer 
Besserung  und  Heilung  fähig  sind,  beweisen  die  Beobachtungen  5,  8,  14,  15, 
16,  17  der  Tabelle  XIV.  Nach  Wiener  (485)  bleiben  bei  der  Heilung  nicht 
selten  Augenmuskelstörungen  zurück. 


270 


Tabelle  XV.    üeber  die  in  der  Litteratur  vorhandenen  Fälle 


Tabelle   XIV.     Ueber  die  in  der  Litteratur  vorhandenen 


Autor  und  Litteratur 


Ptosis 


Augcnmuskela 


PupiUc 


Acom* 
daiM 


1.  Wcrnicke,  Lehrb.  d. 
Gehirnkrankheiten  II.  229 
Fall  II 


keine  Ptosis    |  Die     Augenbeweglichkeit 

I      8c>heiot  l>eeiuträchtigt  ohne  i 
I      dass  sich  etwas  Genaueres 
feststellen  lässt,  da  Patient ' 
nicht  fixirt.    Durch  wieder- 
holte Beobachtung   wurde 
festgestellt  dass  Patient  die 
Augen  gar  nicht  Ixjwegte,  , 
sondern  nur  durch  Beweg- 
ungen des  Kopfes  im  Stan- 
de   war,    Gegenstände    zu 
fixiren. 


I 


1>eKiens€itj> 
Miosis 


2. 


Wernieke,  I.e.  Fall  III.  i 
236  , 


keine  Ptosis  '  Zeitweise  Doppcltsehen  ge-  'mittel weit  bei- 
habt. Doppelseitige  totale  derseits;  reagi- 
Abducenslühmung.  Später  jren  auf  Licht 
scheint  die  Beweglichkeit  und  Konver- 
nach    innen    ehenfnlls    be-  .  genz 

eint  rächt  igt.  ] 


Thomsen,  A.  f.  Psvch. 
XIX.  185  1887   Fali  I 


keine  Ptosis    I  Lähmung   der    recti   extern i ! mittelweit,  rea- 
i      und  iiiterni,  die  Beweglich-  giren    deutlich 
I      keit  nach  oben  und  unten       auf  Licht 
,       beschränkt.  | 


I  I  ; 

4.    Thomsen,  1.  c.  Fall  2  '    keine  Ptosis      Beide  Augen  auf  den  Boden  eng.    Reaktion, 

1  1  gerichtet,  konnten  fast  gar        erhalten, 

I  I  nicht  nach  den  Seiten  oder      wenn  auch 

j  nach  oben  bewegt  werden  ;  |  gering,  später 

i  geringer    war    der   Defekt , linke     Pupille 

1  nach  innen  und  nach  un-  grösser  als  die 


ten  nystngmusartige  Zuck- 
unt^en 


rechte 


von  Poliencephalitis  superior  baemonhagica.    (Wernicke.) 


271 


tliencephalitis  superior  haemorrhkgica.     (Wernicke.) 


ispiegelbefund 
hvermögen 


Aetiologie  und  sonstige  Symptome 


Ausgang  und  Sektionsbefund 


leutlich  geröthet,' Delirium.      Gang  ataktiscli.     Som-, Zahl reiclie  punktförmige  Blutungen,  welche 
Schwellung.     R..      nolenter    Zustand,     mit    grosser      auf   das    centrale    Höhlengrau   des    111. 
nförmige      Blut-       Schwäche  verbunden.    Alkoholis-'     und    IV.    Ventrikel»    sowie   des   Aqune- 
!      mus.  I     ductus  Svlvii  beschränkt  sind. 


Bothuug,  jedochi 
Schwellung   derj 

p,  keine  Blutung. 

•  rechts  deutliche; 

ia    optica ,    einej 

nförraige      Blut-; 

L.  A.  nur  Ilyper- 

ier  Papille. 


.ussere  Papillen 
blasser  als  nor 
^iderseits  Alko 
blyopie 


iegell>efund  nor-! 
kann  aber  Nie-i 
recht  erkennen  i 


Delirium  tremens.  Sei» wache  der 
Beine.  Deutliche  Xackensteifig- 
keit.     Sopor.     Alkoholismus. 


Alkoholismus.  Delirium  tremens. 
Sprache  lallend.  Tremor.  Gang 
taumelnd,  breitbeinig.  Kniephä- 
nomen lebhaft.  Lungenödem.  Tod 


Alkoholismus.ZunehmendeSchwäche 
der  Beine.  Heftige  Kopfschmerzen 
und  Gliederreissen.  Benommen. 
Rechter  Mundfacialis  leicht  pare- 
tisch.  Kniephünomen  lebhaft. 
Krankheitsdauer  20  Tage. 

I 
i 
I 


Zahlreiche  kapilläre  Blutungen ,  welche 
nirgends  üb(»r  den  grauen  Boden  des  IV. 
Ventrikels  hinausgehen,  im  III.  Ventrikel 
nicht  so  ausgesprochen  wie  im  obigen 
Falle;  dagegen  erstreckten  sich  die  Ver- 
änderungen noch  etwas  weiter  nach  ab- 
wärts in  das  oberste  Gebiet  des  Calamus 
scriptorius.  Es  handelte  sich  um  eine 
selbständige  entzündliche,  akute  Kern- 
erkrankung im  Gebiete  der  Augenmus- 
kelnerven, die  in  der  Zeit  von  10 — 14 
Tagen  zum  Tode  führte. 

Nephritis  interstitialis  chronica.  Multiple 
Blutungen  vorzugsweise  in  der  am  Boden 
des  IV.  Ventrikels  resp  um  den  Aquae- 
ductus gelegi*uen  grauen  Substanz  der 
Medulla  oblongata  und  dem  Pons.  Die 
Nervi  trochleares,  ocuhmiotorii  und  ab- 
ducentes  erwiewn  sich  auf  dem  Quer- 
schnitt ganz  gesund.  In  beiden  N.  op- 
ticis  fand  sich  eine  Neuritis  des  papillo- 
makulärt>n  Faserbündels. 

Nephritis  interstitialis.  Der  Abducenskern 
war  auf  allen  Schnitten  hochgradig  de- 
generirt,  die  Zellen  der  Anzahl  nach 
stark  vermindert,  in  der  Höhe  der  Troch- 
leariskn'uzung  Blutungen  im  Bodengrau 
und  im  Bindearm ,  der  Trochleariskern 
zeigte  eine  deutliclie  Degeneratitm  sowie 
einzelne  Blutungen ,  ebenso  der  Kern 
des  Oculomotorius.  Die  Zahl  der  Zellen 
l>etrug  hier  etwa  ein  Drittel  der  nor- 
malen. Stämme  und  Wurzelbündel  der 
Augenmuskelnerven  waren  gesund,  der 
M.  rectus  externus  sin.  und  der  Muse, 
rectus  super,  zeigten  eine  leichte  paren- 
chymatöse Degeneration ,  nämlich  ein 
Theil  des  Sarcolemmschlauches  erschien 
Iwr,  und  einzelne  Fibrillen  waren  ab- 
norm pigmentirt. 


272 


Die  Ptosis  bei  der  akuten 


Autor  und  IJtteratur 

Ptosis 

Augenmuskeln 

PopOle        ^ 

5. 

Thomsea,    BerL     kXm. 

L,  Ptosis       , 

40jflLjii-.    Fc»l«tor,    erkTwikt« 

^E^0aAt^    f«te 

W.  1888  Nr.  2 

plötKlich  mit  lx!irier7«iliffpr 
tiüvolbtüDdigi^r    ülhmung 
dai'  A  iigi^n  in  tiskeln ,  Nystag- 
mus,    Facialisparaise.      L. 
A.  nach  allen  Kichtong«! 
unbeweglich ;      nur     nach 
auK^eu  l>eBtpht  eine  geringe 
Bew^egliebkeit      E.  A.  nor- 

gü^trifcinl 

male    Be^wegliehkeit    nadi 

aussen  uii^i  unten,  in  den 

übrigen    RiditungeD    iiöd  ► 

diu    Bewt^gung    erUebUcb  ' 

bcK^hrönkt.                             i 

6. 

Themse- n,    Archiv,    für 

beide  raeita 

Nystagmus  In  den  Endstell*  .reagfren      gut         ! 

Psych.  XXL  3.  Fttll  3 

An  iQt^ngitilt 

lunebroende 

Ptosis 

auf  Licht  and 

7. 

Boedeker,   Near  Cen- 

keiap  Plofiü 

doppelseitige  Abdooenilähm- 

Tew'ktorudbe 

tralbl.  XIV.  iSfi 

ung,   doppelseitige  Lähm-  UohlstÄrre  bei 
ung  den  N.  oeulomofcoriuB  I  deutlich     Tur- 
in   wechselnder   Intensität  handener  Kon- 
j   vergenxieak- 

1 

tion 

8. 

Boedeker,  Cburit^  An- 

kein«  FtoBiM 

l 

1 

\ 

nalen  XVIL  790 

lind  extami  beiderseits  ge- 

Ifthnit 

aneb  trigej  auf  | 

auf  Licht  und, 

Ac^omcnoda-  l 

tion           1 

9. 

HoffmaoDi     Neurolog. 
Centralbl.  XIV.  618 

V 

9 

Pupillenreak- 
tion prompt 

1 

ege1l>efund 


ime  der  Seh 


]  Hilffce  ttb- 


Heiliing. 


plötzlich  entseandeiij  Erbrecrbea^  Bi* 
nommpnheit,  Kopf-  und  Glieder 
BchmerKen,  AUixie  der  Ext  rem  i 
täten,  SpraehstÄriiiitr,  SümnitUche 
ElrBcheinun^en  beÄAerieii  sieh  rasch, 
nacb  einigeo  Monaten  vrareu  nur 
noch  leiehte  Stt^ruQgen  der  Äugen- 
b«wegungen  übrig.  AikoholiamtiJi 


Taehycardie.      AlkoholiituiiH,      Ud-  Hämorrhagisvbe  Entiündung    mit   S^klero- 


eieherer  Gang.  KrHmpfanfäJh^  rait 
J>el  irien ,  Fehlen  d.  Knie  phftiiu  mens, 
Tremfir  der  obereo  Extrem itäten^ 
Sprach«  lallend,  Hände  hängen 
Wim  Ausstrecken  der  Arme  schlaff^ 
henib.    Krankheitsdauer  17  Tage 

AJkoholisnjUB,  leichte  linkseitige  Fa- 
ci&liÄparese  Kopfschmerz,  Schwin- 
del^ Delirien,  Bchmer2en  in  den 
Amiea  und  Beijien.  Herabsetz- 
ung  lier  inotor.  Kraft  in  allen 
Extremitäten,  Tremor  der  Ilände 
nnd  Arme.  Nach  32  tligie.  Krank 
heit  T<id. 


Alkobtdiämus. 


Älkoholisnuis,  Rchwäehe  in  den  vier 
Extremitfiten ,  Mattwerden  der: 
Btimni^  und  Schluckbe&chwerdenl 
ohne  Sensjhilitätssti^iruügen,  stn- 
nehmende  selilafTe  Parese,  der 
Rumpf'  und  Extremitäh'niiniskeln,| 
Sehielen,  14  Tage  daniuf  Ophtltal- 
DioplegiiiexL  |j4^iehte  Atrophie  der 
von  Lähmung  t^fallenen  Muskula- 
tur.    Öehnenreflexe  erloschen. 


sirunjar  im  hinteren  V'agnskern  und  Blut- 
ungen im  Oeukimotoriusgehiet.  Die 
gleichzeitige  ÄMiieenalahmung  ist  viel- 
leicht auf  pathologische  Pioz^sse  im 
centralen  Höhlen  grau  bezw.  auf  daj 
diiriu  vorhandene  Fa»ersystem  zu  rück - 
Euführen. 

Von  der  vorderen  Kommissur  an  bta  zur 
Gegend  dts  Trigeminuakerna  hin ,  im 
Bereiche  der  Umgebung  des  llf.  und 
rV.  Ventrikels  und  de«  Aquaeductus, 
Blutungen  von  sehr  verschiedener  Grösm» ; 
auch  erstrecken  sich  dieselben  zif^mlich 
tief,  bis  zu  1 — 2  eni  seitwärts  vom  Ven- 
trikel in's  Bereich  der  gnmsen  Ganglien 
hinein.  Auch  die  wHaae  Bubshmz  ist 
nicht  verschont  (innere  Kapis+d,  vordere 
Kommissur).  In  der  Nfthe  der  grösscTen 
Blutungen  liegen  meist  Gefiifise  in  weiten 
H palten.  Die  CrefUsswan düngen  sind  ver- 
dickt^ an  einzelnen  Stellen  deutliehe  KaJk- 
iufiltratioij.  Am  meisten  betroffen  ist  der 
vortlere  Theil  des  OculomotoriuBkerna. 
In  der  Abdueensgegend  sind  Blutungen 
nicht  mehr  vorhanden,  der  Kern  tat 
gesund.  Die  Plage ftis&e  habeu  grosaen- 
theils  verdickte  Wandungen.  Vielfach 
finden  i^ich  gtin?.  oder  theil  weifte  throm- 
bosirte  Gefiisse. 

BesÄerung. 


Polieneephaliti«  super.  hÜmorrhagSea,  mas- 
sige Hyperämie  i.  d.  Med u Ha  oblongat. 
et  Bpinalis,  eiu/,elne  vakuolisirte  Gang- 
lien Äclien  im  Vorderhorn  des  Lenden* 
raarks.  Intaktheit  <ler  vorderen  tind 
hinteren  Wurzeln  des  N.  oealomotorius 
mi  der  Babis.  Die  jjeripheren  Nerven 
wurden  nicht  untersucht. 


-Sa  eng  er,  Keuroloede  des  Aagea. 


18 


274 


Die  Ptosis  bei  der  akuten 


Autor  und  IJtteratar 


10.  Koshewnikoff,  Progr. 
mfed.  1887.  Nr.  36  und 
37 


ll.Jacobäus,  Deutsche 
Zeitschr.  f.  Nervenheilk. 
1894.  Bd.V.  4.  u.  5.  Heft 


12.  Reunert,  Deutsches 
Archiv  f.  klin.  Med.  Band 
50. 1892 


13.  Schule,  Arch.  f.  Psych, 
und  Nerv.  XXVII.    295 


14.  Murawieff,        Neurol. 
Centralbl.    1897.   p.   113 


beiderseits, 

besonders 

rechts  Ptosis 


keine  Ptosis 


beiderseits 
Ptosis 


geringe    Ptosis 
beiderseits 


Augenmuskeln 


Augenbewegungen  nach  un- 
ten oben  und  innen  sehr 
beschränkt ,  auch  nach 
aussen  nicht  ganz  frei. 
Beide  Bulbi  nach  aussen 
und  oben  abgeleukt 


leichter  Strabismus  diyer- 
gens.  Die  Bewegungen 
beider  Bulbi  sind  sehr  be- 
schränkt, nur  ein  wenig 
nach  oben  und  unten  er- 
halten.    Starrer  Blick 


Bulbusbewegungen  nach  aus- 
sen, innen  und  oben  sehr 
beschränkt,  etwas  weniger 
nach  oben 


gleich  und 

mittelwejt ; 

reagiren  auf 

licht  und  Ae- 

conunodation 


etwas  eng, 

reagiren  aof 

licht 


Pupillen 

beiderseits 

starr  auf  licht 


mehr  oder  minder  vollstän- 1  später  beide 
dige  Lähmung  der  Mus- ;  Pupillen  licht- 
kulatur  beider  Augen.    D.  starr 

1.  Bulbus  steht  nach  aussen 
gerichtet,  führt  jedoch  zu- 
weilen leichte  Bewegungen 
nach  aussen  und  oben  aus. 
Das  rechte  Auge  scheint 
uubeweglich  zu  sein 


Doppeltsehen.  Gänzliches 
Febleu  der  konsensuellen 
Augen  bewegungen  nach 
beiden  Seiten  hin,  ohne 
Lähmung  der  einzelnen 
Muskeln  des  oculomotori- 
schen  A])parateB.    Nystag- 


die  linke  Pu- 
pille weiter  als 
die  rechte.  Be 
aktionaufLicht 
und  Acc.  sind 
normal 


Wscn ,  zählt 
Finger  auf 
Eatfernung, 
ipilleBcheinl 
idert  zu  seLo^ 
i    nicht     zu 


lülgvmeine  Srbw&rhe,  Mageti8chm«r<,die  Wimd  des  III.  V^ntrikeli,  des  Aquae* 

duc'tQs  Sylvii,  sowie  auch  der  Torderstp 
Thcul  ÜC&  Bodeiis  dru  IV.  Veütrikels  Biod 
in  eitler  Tieft'  vini  etwa  4  nun  Avirith 
ond  von  Eahln-ichco  kleiDen  Bluriinffu 
diirrhsptstt ;  nach  nntca  errciehen  die*elbeü 
nicht  gftii36  die  Miüc  de»  Poqb.  Nerven- 
kerne  pcaund. 
Krifte   der  diis  centrftk  H<iiilfiigniu  de«  TU.   und   IV. 


ien.  Starker  Trinker,  Schwache 
der  B<  ine,  JSchwt^reira  Kopfe,  anch 
Schwäche  der  Arme,  Belirien-B**- 
uommenheit.  rndeutlicIicSprachci 
Cr4^mii5tcr-  und  Patclliirrcflcxej 
fehlen.    Krunkbeitj^duuer:   9  Tage 


befund  we- 
chwierigkejt 
ich  nag  nicht 


Tunä      und 

normal 


Tremor  ling.   et.    man. 

Arme  vermindert,  liehen  des 
rechten  Bciofa  sehr  erschwert, 
Fehlen  derKniephünomeiis^  Plan- 
tar- nnd  Cremasterreflex  links 
schwa<?h.  Störungen  derSetisibili- 
tät  an  den  unteren  Extremitäten^ 
Gang  topi>end ,  Beiirimmenheit, 
Alooboliemus,  Wadenmusknlatur,  { 
etwas  druekenipfinillich.  Leiebte 
linkaeitige  FacmliKparese 


AlkoholismuB.  Bomnolenz.  Gang 
unsieher.  Keine  Ataxie.  Atro 
phie  der  innerCD  Schenkel munkn- 
lattir.    Schwache  Keflexe.    P»re>ie 


AlkoholismuM.  Später  linkneitige 
llemipure»e,  Schwindelgefühl,  De- 
ll riea.  Starke  Benommenheit 
berraebt  vor.  Di^^ser  Zustand 
statkmiir,  bis  Tod  an  einei  Lun- 
genaftektion  erfolgte. 


Alköholismus  Htreniins.  Früher  loe 
tisch.  Pwyehische  Stürtiogeo^  Ab- 
nahme d.  Gedächtnisses.  Schwäche 
der  unteren  Extreniitiiten,  Etu 
pfindlichkeit  der  Nerven  stamme 
der  unteren  Extreniitiiten  auf 
Drucke  Herabsetzung  der  Patel- 
larreflexe 


Ventrikels  und  des  Aquaeductus  jsI  von 
zahlreiehen  punktfürmigen  Iliimorrbairieu 
liurchsetzt,  Daa  Gewebe  gescb  wollen  ^ 
abnorm  feurht.  Im  Cervikabnark  sind 
die  meisten  Theile  iler  Gtdl'scben  i^t ränge 
grau.  Bedeutende  Dilatation  der  Gefiinae 
in  der  Oblnngata  nnd  besnuders  im  f^en- 
tralgmu.  Unter  dem  Aquaeductus  An- 
häufungen von  nicht  veränderten  Blut- 
körpiTcheu.  Nervenkerne  int-akt.^  Die 
Nerven  zeigten  Vermehmrjg  des  inter- 
stitiellen Gewebe«,  be><nnder*i  stark  war 
dasselbe  in  den  Crura.leä  zu  sehen.  Das 
Mark  sehr  vieler  Fasern  war  unregel- 
miUsii?  zerklüftet,  der  Äxencylinder  un- 
kenntlich. 

Auf  den  Thalami  stwei  gegenüberstehende 
kleine  rot  he  Flecken  mit  punktförmigen 
Hämorrhugicn  besät.  Die  grmie  Sub- 
Rtauz  der  Brücke  tief  violett  verfärbt. 
Pia  getrübt.  Die  Musktln  und  Nerven 
der  Augen  noruiül.  Kapilläre  Ilämor- 
rhagien  in  der  Kern  reg  ion  der  Ahdu- 
eentf^s  und  <)culonmtorii,  in  den  Seiten- 
r*'gionen  der  Brücke ,  ira  verlängerten 
Marke  gegen  die  Wurzeln  des  Acuüticns 
und  des  Abducens, 

EDcephalomalaciii  Üavu  multiplex  alteren 
und  neueren  Datums.  Die  Arterien  an 
der  Basis  waren  hochgradig  atbi^romat^s 
verändert,  ebeuso  die  kleineren  Gefässe, 
Dai?  gesammte  Ilohlengrau  vom  Beginn 
der  RantengrnlH*  an  bis  unter  iMe  vor- 
deien  Vif*rhügel  war  von  isahlreichen 
kleineu  Blutungeo  liurehsi'ttt  Ein  aus- 
gedehnter Erweithuuk'sVierd  hefand  ."iieb 
jin  Gehiete  des  rechten  N.  oeulomoto- 
fius;  dieser  hatte  Kern  und  Fasern  des- 
selben zerstört  und  durcli  sein  Ueber- 
greifen  auf  den  rechten  Ilirnschenkel 
eine  Parese  der  Unken  Körperscite  her- 
beigeführt 

Be«semng,  n&mentllch  der  Augenma^kel- 
störnngeii. 


IS" 


276 


Die  Ptosis  bei  der  akuten 


15. 0.  Wiener,  Prager  med. 
Woeb.  1895.  Nr.  40. 


le.Suckling,  The  Brit. 
med.  Joum.  1888.  Mars 
3.  p.  464. 


17.  Herrnbeiser.ref.Neu- 
rol.  Centralbl.  XIV.  954 


leichte  Ptosis 


beiderseits 

Ptosis,  links 

weniger    stark 


18.  Eigene  Beobachtung,  Fall 
Schneider.  Abtheil  ang 
des  Herrn  Dr.  Jolasse 


beiderseits 
Ptosis  mitt- 
leren Grades, 
links  stärker 

als  rechts. 

Schluss   der 

Lider    normal 


19.  Eigene  Beobaehtung,FallI  .< 


Strabismus  converg.  am  rech- 
ten Auge,  Schwäche  bei- 
der Recti  extemi.  Leichte 
nystagmusartige  Beweg- 
ungen besonders  bei  maxi- 
msden  Bewegungen 

rechterseits  Ophthalmoplegi« 
exterior.  rechts  Strabis- 
mus diyerg. 


Eng;   rea^ren 
auf  Lidit 


K.  leichte 
Ptosis 


Zeitweise  Divcrgenzstellung. 
Auswärts-  und  Einwärts- 
l)ewegung  der  Bulbi  sehr 
beschränkt 


20.  Eigene  Beobachtung,  Fall  |      beiderseits 
III.  Abtheilung  des  Herrn  j   leichte  Ptosis 
Dr.  Jollasse 


Doppeltselien;  beiderseits  blei- 
ben die  Augen  bei  der  Be- 
wegung nach  aussen  zu- 
rück. Beim  Fixiren  oscil- 
latorisch  •  nystagm.  Zuck- 
ungen. Gleichnamige  Dop- 
j)elbilder  nach  beiden 
Seiten 

Dop]>eIt8ehcn.  Strabismus 
converg.  nystagm.  Zuck- 
ungen. R.  Bewegung  des 
Bulbus  nach  aussen,  nach 
innen  u.  unten  beschränkt. 


eng,  beiderseits 
gleich,  reagiren 
träge  auf  Licht i 


normal 


linkilN 
all  rre 


L.  hochgrad.  ' 
Miosis.       I 

Reaktion  er- 
halten.      I 


hftmorrhagischen  Poliencephalitis  aap. 


277 


igelbefand 
mögen 


Aetiologie  und  sonstige  Symptome 


Ausgang  und  Sektionsbefnnd 


1  stark  herab- 
hthalmoskop. 
Retina  zalil 
reifenförmige 


ritis  optica 


»n  Untersuch' 
bei  dem  be- 
[  Falle  in  der 
Kahlreiche,  in 
im  papillären, 
la  umfassen- 
:elegen,  kreis- 
tanstritte  und 
Spritzer  und 
n  den  venösen 
I,  keine  weis- 
en 

irt  nicht.  Der 
■gelbefund 
ruhe  der  Pa- 
licht     aufzu- 


beiderseits 


schwerer  Potator.  Delirien  Hallu 
cinationen,  leichte  Facialislähmung 
rechts.  Tremor.  Nachschleppen 
des  rechten  Beines.  Rechtsseitige 
Hemiparcse 


Alkoholismus.  Patcllarreflexe  beider- 
seits verschwunden,  Plantarrefleze 
gesteigert.  Waden  und  ebenso  die 
hinteren  Tibialnerven  auf  Druck 
sehr  schmerzhaft.  Intellegen  z  sehr 
verringert 


Besserung. 


Besserung   namentlich  der   Augenmuskel- 
störungen. 


vollkommene  Heilung. 


Bef.   nicht  zu 


Alkoholismus.  Unruhe,  linker  Fa- 
cialis gelähmt.  Sprache  schwer 
vertsändlich.  Ataxie  massigen 
Grades  der  Hände.  Die  Sensibili- 
tät wegen  Unruhe  der  Patientin 
schwer  zu  prüfen.  Die  Nerven- 
stämme an  den  Unterschenkeln 
sehr  druckempfindlich.  Ganz 
enorm  schmerzhaft  sind  die  Füsse 
auf  Druck.  Kraft  in  den  unteren 
Extremitäten  sehr  herabgesetzt. 
Die  Patellarreflexe  waren  anfäng- 
lich auszulösen,  später  verschwun- 
den.    Kein  Fieber 

Gefühllosigkeit  im  1.  Beine.    Delirien 
Tremor  leichte   beiderseitige  Fa 
cialispurose.     Tremor  man.    Gang 
unsicher.  Das  linke  Bein  schwächer 
als  das  rechte 


Delirien,  dann  Somnolenz,  Nacken 
Steifigkeit.  Schwäche  im  ganzen 
Facialisgebiet.  Erbrechen.  Kopf- 
schmerz 


Starkes  Oedem  der  Pia ;  dieselbe  chronisch 
verdickt.  Im  rechten  Thalamus  opticus 
Blutungen  kleinster  Art.  Im  Pons  und 
der  Kernregion  makroskopisch  keine  Ver- 
änderungen; mikroskopisch:  der  Ocolo- 
motoriuskern  in  seiner  ganzen  Ausdehn- 
ung, ganz  besonders  aber  auch  die  nach 
abwärts  liegenden  Partien  der  Kernregion 
zeigen  sich  durchsetzt  von  zahlreichen, 
verschieden  grossen  Hämorrhagien.  Femer 
fanden  sich  Ecchymosen  im  rechten  Tha- 
lamus opticus. 


Besserung. 


Im  Höhlenprau  des  Aquaeductus  Sylvii 
und  des  IV.  Ventrikels  zahlreiche  punkt- 
förmige Blutungen. 

R.  eine  grössere  linsenförmige  Hämorrhagie. 


278  Die  Ptosis  beim  Botulismus. 

ß)  Die  chronische  Bleivergiftung. 

§  108.  Bei  der  chronischen  Bleivergiftung,  bei  welcher  schon  an  und  für  sich 
das  Vorkommen  von  Augenmuskellähmungen  nach  Ausweis  der  Tabelle  XV 
selten  ist,  finden  wir  nur  zweimal  Ptosis  verzeichnet.  Ob  diese  Lähmungen 
peripherer  Natur  sind,  oder  zu  den  Nuklearlähmungen  zählen,  bleibt  dahin- 
gestellt, da  keine  Sektionsbefunde  vorliegen. 


y)  Die  Ptosis  heim  Botulismus. 

§109.  Unter  den  akuten  Vergiftungen  nimmt  praktisch  der  Botu- 
lismus (Wurst-,  Fleisch-  und  Fischvergiftung)  die  erste  Stelle  ein.  Ein  bis  zwei 
Tage  nach  dem  Genüsse  verdorbenen  Fleisches  treten  Uebelkeit,  Erbrechen, 
allgemeine  Abgeschlagenheit,  Halsschmerzen,  Schluckbeschwerden,  Versiecben 
der  Speichel-  und  Thränensekretion  nebst  Sehstörungen  auf.  Als  ständige 
Erscheinung  bei  den  Letzteren  darf  eine  doppelseitige  Lähmung  oder  hoch- 
gradige Parese  der  Accommodation  angesehen  werden,  meist  begleitet  von 
Mydriasis  und  Ptosis.  Bei  den  heftigeren  Intoxikationen  treten  dann 
noch  Augenmuskellähmungen  mit  dem  Charakter  der  Ophthalmoplegia 
exterior  zu  den  vorerwähnten  Symptomen  hinzu.  Der  ophthalmoskopische 
Befund  bleibt  hier  normal,  und  die  Sehstörungen  beruhen  auf  der  meist 
völligen  Lähmung  der  Accommodation.  Meist  berichten  diejenigen  Autoren, 
welche  Massenvergiftungen  zu  beobachten  Gelegenheit  hatten,  neben  den 
vorhin  erwähnten  Indigestionsbeschwerden  über  die  okulare  Symptomentrias: 
der  Accomraodationslähmung,  der  Mydriasis  und  Ptosis.  Es  ist  daraus  ersicht- 
lich, dass  die  diese  Vergiftungen  verursachenden  Ptomaine  auch  ganz  besonders 
leicht  die  dem  Oculomotorius  zukommenden  Nervengebiete  zu  lähmen  scheinen. 
Vom  Bewegungsapparat  des  Auges  ist  nach  dem  Oculomotorius  der  Abducens 
am  empfänglichsten  für  das  Gift.  Ob  nun  bei  diesen  Zuständen  lediglich 
eine  Vergiftung  der  Nervenkeme  vorliegt,  und  das  Gift  sich  vorzugsweise  den 
Spezialkern  für  die  Accommodation,  die  Pupille  und  den  Levator  auswählt, 
oder  ob  der  Befund  ein  ähnlicher,  wie  in  der  von  Wernicke  beschriebenen 
Poliencephalitis  superior  ist,  bleibt  vorläufig  dahingestellt.  Jedenfalls  halten 
die  Vergiftungserscheinungen  und  die  okularen  Störungen  oft  viele  Wochen, 
ja  in  einzelnen  Fällen  viele  Monate  an.  Leider  sind  die  zur  Sektion  ge- 
kommenen Fälle  offenbar  nicht  auf  vorhandene  Blutungen  im  centralen 
Höhlengrau  durchforscht  worden.  Ferner  ist  nicht  zu  eruiren,  ob  die  Schluck- 
beschwerden, und  das  Unvermögen  Brod  und  sonstige,  mehr  trockene  Bissen 
hinunter  zu  schlucken,  eine  Folge  der  vorhandenen  Pharyngitis  bei  vermin- 
derter Speichelsekretion  ist,  oder  ob  auch  hier  durch  Kemalteration  die 
Schlingbeschwerden  verursacht  worden  sein  möchten. 

Auffallend  ist  jedenfalls  die  grosse  Aehnlichkeit  des  Symptomenkom- 
plexes der  Fleischvergiftung  mit  dem  der  Atropinintoxikation. 


Die  Ptosis  beim  Botalismas.  279 

In  Tabelle  XVI  finden  wir  die  Fälle  von  Botulismus,  soweit  uns 
deren  Litteratur  zugänglich  war,  nach  Symptomen  geordnet. 

Da  es  durchaus  überflüssig  erscheint,  sämmtliche  Arten  akuter  Intoxi- 
kationen hier  vorzuführen,  so  begnügen  wir  uns  damit,  noch  der  folgenden  sechs 
in  der  ophthalmologischen  Litteratur  bekannteren  Fälle  hier  Erwähnung 
zu  thun: 

Wir  sehen,  dass  der  Fall  Wer  nicke  mit  Schwefelsäurevergiftung  ganz 
den  analogen  mikroskopischen  Befund  ergab,  wie  die  unter  der  Poliencepha- 
litis  haemorrhagica  super,   angeführten  Fälle  von  chronischem  Alkoholismus. 


Tabelle  XV,  XVI  und  XVII 

siehe  umstehend. 


280 


Ptosis  und  AugenmuskelstOnmgen 


Tabelle  XV.     Fälle  von  chroni 


Antor  uud  Littoratur 


1.  Wadsworth,  Boston  med.  a.  surg. 
Journ.  1885.  Oct.  8.  ref.  Neiirol.  Centn 
1886.  p.  10 


2.    Renaut  und  v.  Stcllwag,  ref.  Du- 
four  1.  c.  Obscrvat.  200—201 


3.  Galezowski,  Recueil d'Ophth.  1877. 
p.  264 

4.  Fall  II 


5.  bei  einzelnen  Füllen 

6.  Landesberg,  Med.  Bull.  PhUad.  H. 
p.  108  1880.  ref.  Jahresb.  f.  Ophth. 
1880.  245  Fall  I 

7.  Fall  II 

8.  Fall  III 


9.    Fall  IV 


10.    Fall  V 


Ptosis 


Augenmuskeln 


PopOI 


11.  Ptosis 


L.  >  E. 
aktioil 


L.  A.  horizontale  Bewegungen 
=  null,  Parese  der  Senker 

R.  A.  Beschränkte  Exkursion 
nach  aussen 


hal)enwahrsoheinliehNukIear- 
lähniungen  bei  ehren.  Blei- 
vergiftung beobachtet 

UnvollständigeLähmung  aller  | 
äusseren  Augenmuskeln      ' 


plötzlich  unvollständige  Läh-    keine  M 
mung    beider    Abducentes  asb 

und   des  linken  Oculomo- 1 
torius 

keine  Augenmuskelstörungen  I      Mrüri 
keine  Augenmuskelstörungen  - 


R.  A.  Abducensparese 

11.  vollständige  Lähmung  der 
äusseren  Acstc  des  Oculo- 
inotorius 


R.  M 


11.    V.  ScbrrMler,  A.  f.  O.  XXXI  I.  229.  ' 

1885  ' 


beiderseits  Abducenslähmung  i 


12.    Bach,   A.   f.    A.    XXVI.  218.  1893. 


I 

I 
beiderseitige    j  beiderseits  Exophthalmus       i  beidene 
PtO!<is         I  K.  A.  Lähmung   des  Ckrulo-       solat 
I      motorius  I 

iL.  A.  Lälimung   des  Rectas 
I      extern,   und  Obliq.  super.  I 


I 


bei  der  chronischen  Bleivergiftung. 


281 


iftnng  mit  Aogenmuskelstörungen. 


m 

Äugenspiegel- 

befiiDd 
SehTermdffD 

Aatiologic  uad  sonitife  Symptome 

Ausgang  uod  Sektionttbefund 

b^ideneJti 
NGuritb  optica 

KopfochmerieD,  UDbehügi^Ji,  Uebelkrit,  IfJlc 

und  Leberichwelliini]?.     Augenbesehwer- 
deOj  chron.  Bleivergiftong 

mng 

chron.  ßlclverglfttiQg 

chron.  BklveiKlftang-     EpUeptl forme    An* 
filk 

- 

sc 

chroD.    Bleirergiftuüg 

betdcFü^it« 
ScbDervena- 

traphlß 

ehron.   Bleivprgifttmg 
chron.   Bleivcrgiftang 

die  bekantitPiL 
Erechi^iiiuDgen 

liciluDg, 

ormal 

chron.   Bleivergiftung 

Ifiilung, 

Atrophia  op* 
ttca 

bf'giuni'iide  Ataxie  nad 
Gebtiin 

VermiDdeniug  de« 

beiderseita 
'  Neuritis  optica 


chron.  Bleivergiftung 


Heilung. 


I      beiderseits     ;  Lähmung  der  Extensoren  und  Arme  beider-    Besserung. 
I  Neuro-retinitis  i      jeits.     Bleivergiftung 
Bluteztrava- 


sate  in  der 
Retina 


I 


tändig      GesichUfeld      Fehlen  beider  Kniephänomen,  Ataxie  beider 


imt         für  Grau   und 
roll-     ,    Koth  einge- 
lig  schränkt 


Beine.    Neuralgie,  gastr.  Krisen.     Urin : 
Ei  weiss- Bleivergiftung 


282 


Ptosis  and  AugenmnskelstOmogen 


Autor  und  Litteratur 

Ptosis 

Aogcnmuskeln 

Pqü 

13.    Lagleyzc,   Clinique  Ophth.  Nr.  8.! 
1896                                                         1 

R.  LähmiiDg  des  Bectiu  in- 
ternus 

14.    Zinken    ref.  Arch.  f.  0.  XXXI   I.,  i 
238                                                            1 

R.  Abducenslähninng 

15.    Meyer,  ref.  A.  f.  0.  XXXI.  I.  239 

Diplopie  und  Strabismus 

16.    Lunn,  ebendaselbiit 

vorübergehende  Diplopie 

17.    Stood,    Arch.   f.   Augenh.    1884.   3, 
215,  Fall  5 

L.  Abdncens  gelähmt 

bei  der  cbronischen  BleiTergiftnng. 


283 


imo- 

OD 


I  ,  l 

Augenspiegel-  | 

befaud  -        Aetiologie  nnd  sonstige  Symptome 

Sebverm(')gen 


I  Kolik,  Gliederschmerzen ,   Krämpfe,  Kopf- 
I      schmerz.  Schwindel,  BleiTergiftnng 


Ausgang  und  Sektionsbefund 


Torübergehen-  >  lUeikolik 
'  de  Anfälle  von  | 
I       Blindheit 


Hemiplegie 

Blindlieit. 

i  Atropkia  nerv. 

optici 

NeurorHinitis. 
Blindheit 


Hemiplegie.     Bleikolik 


Stirnkopfschmerz.     Bleivergiftung 


Abnahme    des  ;  Kopfschmerz.     Delirien.     Klon.  Krämpfe 
Sehvermögens 


284 


Ptosis  und  AngenmoskelstOningen 


Tabelle  XVI.     lieber  die  Fälle  von  Angenmnsl 


Autor  und  Litteratur 

Ptofria 

Augenmuskeln 

1. 

Cohn,    Arch.    f.    Aug.  IX.    2.    148 
Fall  I 

2. 

Fall  II 

1 

St4 
UI 

3. 

Fall  III 

( 
1 

4. 

Fall  IV 

i 

5. 

Ilöring,   Kl.    Monatsbl.   f.   Augenh. 
II.  235.  1864 

1 
1 

6. 

Scheby-Bucb,    Arch.    f.    Ophthal. 
XVII  1.     288.     Fünf  FäUe 

Fall  I  Doppeltsehen 

'f. 

'   R 

1 
1 

7. 

Förster,  Graefe-Saemisch.  VII.  179 

beiderseits 
Ptosis 

beiderseits    Abducenfl- 
Ocnlomotoriusparese 

1 

und '  en 

1 

8. 

Groenouw,  kl.  Monats!)!,  f.  Augenh. 
XXVIII.  166.     FaU  I 

1 
1 

9. 

Fall  II 

1 

■  wei 
:akt 

1 

10. 

Fall  III 

wei 

11.    Fall  IV 


I  bi^iderseits  |  Beweglichkeit  beider  Bulbi  et« 
j  geringe  Ptosis  ,  nach  aussen  und  innen  bc-  atsg 
schränkt  R«i 


12.    Ulrich,    kl.    Monatsbl.    f.    Augenh.  i 
XX.  235.     5  Fälle  I 


13.    Kra atzer,  ref.  Dufour  1.  c.  Observ.  ;    11.  komj>let 
100.     Fall  I  ,  L.  inkouiplet 


ireif  c 


14.    Fall  II 


bei<lcrs«"its        Diplopie.    Parese    des   K«*ct. 
leichte  Ptosis  ,      internus.      — 


.^ 


beim  Botolismus. 


285 


urst-,  Fleisch-  und  Fischvergiftimg.    Botulismus. 


UDO- 

<on 

Augenspiegel- 
befand 

Sonstige  Symptome  nnd  Aetiologie 

Aufgang  und  Sektionsbefund 

limt 

Erbrechen ,      DurchlalL       Halsschmerzen. 
Sohluckbeschwerden«    Vergiftung  durch 
Wildpastete. 

limt 

Erbrechen,   Schweiss,  Durchfall,   Magen- 
schmerzen, Schluckbesohwerden,  Pharyn- 
gitis.    Fischyergiftung. 

imt 

Schlingbeschwerden.    Fischvergiftung. 

imt 

Erbrechen,     Schlingbeschwerden,    Magen- 
be8chwerden,Trockenheit  im  Hals.  Fisch- 
yergiftung. 

unt 

Trockenheit    im    Schlünde.     Wurstver- 
giftung. 

imt 

Schluckbesohwerden ,        Trockenheit       im 
Schlünde,  Magenboschwerden,  Erbrechen, 
Wurstvergiftung. 

imt 

Diarrhoe ,    Erbrechen ,    Brustbeklemmung, 
Urinbeschwerden ,     Schlingbeschwerden, 
Wurstvergiftung. 

isch 

Trockenheit  im  Halse,  Schlingbeschwerden, 
Mattigkeit  in   den  Gliedern.     Fleisch- 
vergiftung. 

adig 
ach 

Trockenheit     im     Halse.      Fleischver- 
giftung. 

iftch 

Trockenheit  im  Halse,  Schlingbeschwerden, 
Fleischvergiftung. 

ach 

Unbedeutende  Herabsetzung  des  Lichtsinnes, 
Durchfall ,     Halsschmerzen ,     Schlingbe- 
schwerden, Pharyngitis,  Urinbeschwerden, 
Fleischvergiftung. 

imt 

Uebelkeit,  Erbrechen,  Verstopfung,  Kratzen 
im     Hals,    Röthung     der    Conjunctiva. 
Fleischvergiftung. 

Störungen   des  Larynx   und  Pharynx,  aU- 
«emeine  Muskelschwäche.     Wurstver- 

Sektion negativ. 

giftung. 

mt 

Diplopie,   wie   ol)en  Nr.  13.     Wurstver- 
giftung. 

286 


Ptosis  und  AagenmaskelstOnmgen 


Autor  und  Litteratur 


Augenmoikelii 


Popi] 


15.    Kraatzer,  ref.  Dufour  1.  c.  Observ. 
109  FaU  ni 


16.  FeilchenfeldyCentralbl.  f.  Augenh. 
1896.     154 

17.  Alexander,    Centralbl.   f.   Augenh. 
1888.  87.  Fall  I 


18.    Fall  n 


19.    Eichenberg,  J.   f.  O.  1880.     247 
Fall  I 


20.  Fall  II 

21.  Gutmann,      Berlin. 
Nr.  8.     1890 


Klin.     Woeb 


22.  Höring,    klin.    Monatbl.    f.  Augenh 
n.  235. 

23.  Rot  h,  Eulenberg,  Viertel- Jahrsschrift. 
XXXIX.  241. 

24.  Böhm,    General  Übersicht    über   die 
"Sanitfitsver waltung  i.  Eönigr.  Bayern. 

XIV.  1880 

25.  Knies,  ref.  Jahr.  f.  Ophth.  1886.  258 


26.    Pedraglia,   Bcitr.   z.   Augenh.    III 
p.  60.  Fall  I 


27.    Fall   II 


28.    Leber,  Arch.  f.  Ophth.  XXVI.  239. 
FaU  I 


beiderseita 
Ptosis 


beiderseits 
Ptosis 


Ptosis 


R.  massige 
Ptoös 


Ptosis 


Auffällige  Schwierigkeit  aach 
oben  EU  sehen.  Neigung 
zur  Divergenz. 


Beide  Ocolomotor.  in  allen 
Zweigen ,  Abdaoens  und 
Trocfalearis  gelAhmt.  Kon- 
vergenz erhalten. 


N.  Ocnlomotorius  und  Abdu- 
cens  gelfthmt. 


R.  fast  vollständige  Lähmung 
aller  äusseren  Augenmus- 
keln. L.  Lähmung  der^ 
selben  Muskeln  mit  Aus- 
nahme desLevator. 


weit»  m 

jedod 


gdllui 


trtgeB« 


gdik 


beiderseits  Abduoenspareae. 


Papin* 
enreitcf 

MTdiii 


nittfsl 


mieigrll 


Dontf 


beim  Botulismns. 


287 


Augenspiegel- 
befund 


Sonstige  Symptome  und  Aetiologie 


Aufgang  uud  Sektionsbefnnd 


Die  Papillen 
hyperämisch. 
Rings  um  die 
Sehnerven- 
scheiben her- 
um ist  d.Netz- 
haut  graulich 
getrübt. 


I 
^  ! 
t       ,  normal 


t         normal 


Diplopie  wie  Nr.  13.  Wurstvergiftung. 


Trockenheit    im    Hals,    Durchfall,    Hals- 
schmerzen.    Austernvergiftung. 

Fischvergiftung    (Hering),     die    be- 
kannten Erscheinungen. 


Fischvergiftung      (Hering),     die     be- 
kannten Erscheinungen. 

Wurstvergiftung. 


Wurstvergiftung. 

Bedeutende  Schwellung  des  Gesichts  in  der 
Gegend  der  rechten  Parotis,  weniger  in 
der  linken.  Mattigkeit,  Unbehagen. 
Fl  e  i  8chvergiftung(G  an  se  fleisch). 


Trockenheit  im  Halse. 
Wurstvergiftung. 
Wurstvergiftung  in  einer  Familie. 


Trockenheit  und  zusammenziehendes  Ge- 
fühl  im   Hals.     Fischvergiftung. 

Trockenheit  im  Halse,  Schlingbeschwerden, 
Mattigkeit,  Stuhl  Verstopfung,  Behinder- 
ung der  ürinentlecrung.  Schwellung 
des  Gesichts  in  der  Jochbogengegend. 
Fleischvergiftung  (Schinken). 

Schluckbeschwerden,  Trockenheit  im  Hals. 
Verstopfung.  Fleischvergiftung 
(Schinken). 

Kopfschmerz ,  Uebelkeit ,  Erbrechen  ,  Tro- 
ckenheit im  Halse,  Schluckbeschwerden, 
Röthung  des  Gaumens. 


Tod. 


Ptosis  und  AagenmuskelstOiuDgen 


Autor  und  litteratur 

Ptods 

Augenmuskeln 

M 

29.    Leber,  Arch.  f.  Ophth.  XXVI.  239. 
Familie:   Vater,  Mutter,    Sohn 

Ptosis 
fand    sich   bei 
allen  dreien. 
Bei  dem  Sohne, 
welcher  starb, 
in    höherem 
Grade 

Doppeltsefaen.     Alle  Augen- 
bewegongen  erfolgen  sehr 
träge  und  energielos 

Mj« 

30.        do.  Beobachtung  3 

MD 

31.    Jnstinus   Kern  er,    Tübinger  Blätter 
m.  1.     1817  u.  1820  beschreibt  die 
charakteristischen  Störungen  des  Auges 
als: 

Ptosis 

AugenmuBkeUAhmungen,  be- 
sonders AbduoensÜhmung 

Mj* 

32.    Niedner,  Berl.   klin.  Woch.    Nr.  1 

Doppeltsehen 

Jlyd 

33.    Baumann,    Württemb.   med.  Korre- 
spond.-Bl.  1870.  Nr.  22.  4  Fälle  mit: 

Ptosis 

Mri 

34.    Nauwerk,  Med.  Morresp.- Blätter  d. 
württemb.  ärztl.    T^andesverein.  1886. 
154.  Zehn  Personen  erkrankten  nach 
dem  Genüsse  yon  Würsten.    Es  wurde 
beobachtet: 

Ptosis 

Uji 

35.    Flury,     Schweizer   Korrespond. - Bl. 
Nr.  8  u.  9.  1885 

Ptosis 

Parese  der  Augenmuskeln 

Mjd 

36.    Federschmidt,  Generalübersicht  üb. 
die  Sanitätsordnung  i.  Königr.  Bayern. 
XIV.  1880 

b.  einer  Person 

Parese  des  Le- 

vator 

bei  3  Personen  Doppeltsehen 

1 

37.    Pürkhauer,  Bay.  ärztl.  Intelligenz- 
blatt. Nr.  24.  1877 

Ptosis 

Doppeltsehen 

i 

Mjd 

38.    Hirschfeld,      Viertel jahrschrift     f. 
gerichtl.  Mediz.     XLIU.  S.  283 

Ptosis 

1 

llTdl 

39.    Müller,  Deutsche  Klin.  1869  u.  1870 

40.    Brosch,   Wiener  klin.    Wochenschr. 
1896.  Nr.  13 

Ptosis 

i 

Mjdi 

beim  Botnlismus. 


289 


Augenspiegel- 
befnnd 


I 


normal 


Sonstige  Symptome  und  Aetiologie 


Ausgang  und  Sektionsbefund 


Abgeschlagenheit  in  den  Gliedern ,  Uebel-  '  Bei     einem     Falle    Sektion, 
keit,  Erbrechen ,  Durst,  Trockenheit  im  I      Keine     organischen     Ver- 
Halse,  Aufhebung  der  Speichelsekretion,  |      änderungen. 
Obstipation,  bellender  Husten,    Schluck-  j 
beschwerden,  taumelnder  Gang,  Thränen- 
abfionderung  versiegt.    Wurstvergift- 


ung. 


I 


Uebelkeit,  Erbrechen,  Durchfall,  Trocken-  i 
heit  im  Halse.  Schluckbeschwerden.  | 
Wurstvergiftung. 

Neue  Beobachtungen  über  die  in  Württem- 
berg so  häufig  vorfallenden  tOdtlichen  i 
Vergiftungen  durch  den  Genuss  ge- 
räucherter Würste:  Aufhören  der 
Thränensekretion  und  die  oben  geschil- 
derten Symptome. 

Wurstvergiftung  bei  drei  erwachsenen 
Individuen. 

Wurstvergiftung  neben  den  bekannten 
Erscheinungen. 

Wurstvergiftung   neben   den  ol)eu  er- 
wähnten Erscheinungen. 


Fleischvergiftung.  Fl.  hat  bei  einer 
grösseren  Anzahl  von  in  höchst  dürftigen 
Verhältnissen  lebenden  Individuen  den 
Symptonicncomplex  des  Botulismus  beob- 
achtet. 

bei  22  Fällen  von  Wurstvergiftung 
mit  den  bekannten  allgemeinen  Erschein- 
ungen. 


Vergiftung  mit  Wurst  gif  t: 


bei  5  Fällen  von  Fischvergiftung. 


Austernvergiftung. 


Von  10  Personen   starben 


In  einem  letal  verlaufenden 
Falle  war  die  Störung  eine 
doppelseitige. 

3  Todesfälle. 


mit  Sektionsbefund. 


^ilbrand-Saenger,  Keorologie  des  Auges. 


19 


290 


Tabelle  XYII.    AugeDmuskelstöroiigen  nach 


Tabelle  XVII.     AugenmuskelstöniBge 


Aator  und  Litteratar 


Augenmuskeln 


1.    Knapp,  Arch.  f.    Aug.   IX.   2.   229 


2.  Richards,  Laocet.  April  1878. 

3.  Fontau.  Recueil  d'Ophthalm.  1883. 
309.  ref.  Jahrosb.  f.  Ophth.  1883.  605 


4.    Emmert,  ref.  Dufour  1.  c.  obs.  152 


5.    Dillingham,  Ncm-    York   med.  Ro- 
cord  Dec.  13.  664.  1890 


6.    W ernicke,    Lehrbuch    der   Gehim- 
krankheit  II.  229.  Fall  II 


keine  Ptosis 


Ptosis. 


L.   Ptosis 


Ptosis   von  10 

bis  14tägiger 

Dauer 

die  rechte  Lid- 
spalte etwas 

enger  als  die 
linke.     Kann 

die  Lidspalte 

nur  auf  1  cm 
öffnen 


anfangs  Parese,   sämmtliehe jqiitcr 
Muskeln  beiderBulbL  >^pi-  wdt  i 
ter  Hebung  beider  Bulbi 
nach  oben  gestört.     Stra- 
bismus divergeDB 


doppelseitige  Oculomotorio»-      beidf 
Lähmung.  R.Lfthmungdes 
ReotuH  internus,  L.  Lfthm- 
ung  sämmtlicher  Äusseren  , 
Augenmuskeln  i 

totale   Lähmung   des   linken 
Oculomotorius  > 


Zuckungen  in  den  Endstel-  f^6A 
lungen,  die  Bewegung  bei-  trige  B 
der  Augen  nach  links  ist  tif 
bedeutend  beeintrlchtigt ; 
das  linke  Auge  geht  nicht 
über  die  Mittellinie^  die  | 
Bewegungen  nach  rechts  [ 
in  ähnlicher  Weise  beein- 
trächtigt,da8selbey  erhalten 
tritt  bei  Konvergenz  herror 


verschiedenen  akuten  Vergiftungsfällen. 


291 


denen  akuten  Vergiftungsfällen. 


BCh 


htigt 


I  Augenspiegel- 
befund 
Sehvennögen 


Aetiologie  und  sonstige  Symptome 


Ausgang  und  Sektionsbefund 


Sehvennögen 

normal.beider- 

aeito   Ophthal. 

nichts  ab- 


Doppels. Neu- 
ritis, massige 
Schwellung  d. 

PapiUe   mit 
streifenförmig. 

Blutungen. 
Abnahme  des 
Sehvermögens, 
später  beständ- 
iges Flimmern 
vor  den  Augen. 

Zahlr.  Blut- 
ung in  beiden 
Retinae 


Xohlendunstvergi  f  t  u  n  g.        Kopf- 
schmerzen, Besinnungslosigkeit. 


Biss  einer  Brillenschlange. 

Nikotinvergiftung.  Heftiger  Kopf- 
schmers und  Schwindel,  Schlaflosigkeit 
und  Verdauungsstörungen.  Die  Augen- 
muskellähmungen waren  plötzlich  auf- 
getreten. 

Lähmung  des  linken  Trigeminus  und  Fa- 
cialis.    Leuchtgasvergiftung. 

Sulfo  naive  rgiftung. 


Wenig  energischer  Augensohluss.  Der 
rechte  Mundwinkel  steht  tiefer.  Keine 
Sensibilitätsstörungen.  Grosse  Müdigkeit. 
Zeitweise  Erbrechen,  Somnolenz,  Kopf- 
schmerz, Steifigkeit  im  Nacken.  Häufiges 
Gähnen  und  Stöhnen.  Schwefelsäure- 
vergiftung. 


Besserung. 


Besserung  nueh  Abstinenz 


Residuen  der  Schwefelsäure- 
vergiftung. Auf  dem  Durch- 
schnitte durch  die  central. 
Gehimganglien  sieht  man, 
soweit  der  IH.  Ventrikel 
reicht,  iu  den  Wandungen 
desselben  zahlreiche  kleine 
punktförm.  Hämorrhagien. 
Die  mikroskopische  Unter- 
suchung ergab,  dass  die 
Blutungen  meist  in  den 
Gef ässcheiden  lagen ,  die 
kleinen  Gefässe  und  Kapil- 
laren waren  sehr  erweitert 
und  prall  gefüUt.  Die  Ge- 
fässwand  ohne  auffaUende 
Veränderungen ;  in  der 
Nähe  der  Blutungen  über- 
all Körnchenzellen. 


19* 


292    Die  Ptosis  bei  der  acut  entstand.  Ophthalmoplegie  ohne  anffindbaree  Itidog.  Mmm^ 

3.   Die  Ptosis  bei  der  acut  entstandenen  Ophthalmopl^e  ohne 
auffindbares  ätiologisches  Moment. 

§  110.  Wir  sahen  in  den  vorhergehenden  Kapiteln,  dass  die  akute  Ophthil- 
moplegie  meist  auf  dem  Boden  der  Intoxikation  und  Infektion  entsteht,  und 
wir  haben  die  Fälle  mit  annähernd  sicherer  Aetiologie  hauptsächlich  zusam- 
mengetragen, um  festzustellen,  welche  Rolle  der  Ptosis  als  klinischem  Symp- 
tom bei  diesen  Erkrankungen  zukäme.  Die  ätiologische  Bedeutung  des 
Traumas  für  die  akut  entstandene  Ophthalmoplegie  ist  bis  jetzt  noch  nickt 
genügend  nachgewiesen  und  begründet.  So  war  dem  früher  angefahrtes 
Gay  et 'sehen  Falle  eine  Kesselexplosion,  dem  Bruns 'sehen  Patienten  ein 
Sturz  vom  Reck  etc.  voraufgegangen  und  hatte  zu  einer  hämorrhagischen 
Encephalitis  geführt. 

Wir  möchten  denjenigen  Autoren  beistimmen,  welche  annehmen,  dass 
durch  das  Trauma  nur  eine  lokalisirte  Prädisposition  für  dies  Wirksamwerde^ 
und  Einsetzen  der  im  Körper  schon  vorhandenen  pathologischen  Noxe  ge- 
schaffen werde,  möge  letztere  nun  in  einem  organisirten  Keime  oder  einem 
toxischen  Agens  bestehen.  Wir  beziehen  uns  hiebei  auch  auf  die  Unter- 
suchungen über  die  Aetiologie  der  Endocarditis  (564),  die  der  eine  von  uns 
im  Verein  mit  Dr.  Eug.  Fraenkel  seinerzeit  angestellt  hat. 

Abgesehen  von  den  durch  die  vorher  genannten  ätiologischen  Momente 
bedingten  akuten  Ophthalmoplegien  existirt  nun  eine  ganze  Reihe  akut  ent- 
standener Augenmuskellähmungen,  deren  ätiologisches  Moment  in  Dunkel 
gehüllt  ist,  und  die  wir  wegen  der  dabei  vorkommenden  Ptosis  noch  einer 
Betrachtung  unterziehen  müssen. 

Einen  in  diese  Kategorie  gehörigen  Fall  von  akuter  Polioencephalitis 
ohne  auffindbare  Aetiologie  theilt  Wolfe  (551)  mit.  Bei  einem  39 jährigen 
Kranken  entwickelte  sich  akut  eine  totale  beiderseitige  Ophthalmoplegie  mit 
Ptosis,  sowie  Diplegia  facialis.  Es  bestand  Romberg  und  Ataxie,  welche 
Erscheinungen  zurückgingen.     Der  Fundus  oculi  war  normal. 

Etter  (403)  beobachtete  einen  ebenfalls  in  Heilung  ausgehenden  Fall 
bei  einem  27jährigen  Mädchen,  bei  welchem  sich  in  wenigen  Tagen  eme 
Lähmung  aller  Augenmuskeln,  beider  Faciales,  Accessorii,  totale  Schlucklahmnug, 
Sehschwäche  bei  normalem  Augenhintergnmd  und  Gesichtsfeld  entwickelt  hatte. 

H.  Salomonsohn  (556)  berichtet  über  einen  Fall  von  Polioencephalitis 
acuta,  bei  dem  weder  Alkoholismus,  noch  Lues,  noch  Trauma,  noch  eine  ander- 
weitige Intoxikation  vorlag.  Ein  25  jähriger  Mann^  der  bisher  gesund  gewesen 
war,  erkrankte  plötzlich  mit  Mattigkeit,  Schwäche  und  andauerndem  Stira- 
kopfschmerz.  Vier  Tage  später  traten  wiederholt  Anfälle  von  Schüttelfrost 
und  Erbrechen  auf.  Stupor.  Doppelseitige  Ptosis.  Strabismus  coä- 
vergens.  Linker  Abducens  gelähmt.  Unbeweglichkeit  des  Auges  beim  Blick 
nach  oben.  Die  linke  Pupille  weiter  als  die  rechte.  Später  Nackensteifigkeit, 
starker  Stupor,   Retentio  urinae;  Pupillen  eng  und  reaktionslos.     Doppcl- 


Ptosis  bfi  der  acut  eutstaud.  Oplitlialoiople^ie  obue  aufliudbareä  ätiolog.  Momentu     293 

titige    komplete    Ptosis.     Wiederholtes    Erbrechen.      Nach    15  Tagen 
SUige  Heilung.  — 

Ueber  i.^inen  geheilten  Fall   von  Poliencephalitis  mit  Ptosis.     Ophthal- 
loplegia    totalis    und    Lähmung     des    Facialis    und    Hypoglossus    berichtet 
ruibert  (398),     Hierbei   ist  zu  enviibnt-nj    dass   Zneker   im    Urin    gefunden  ▼ 
irde. 

Oppenheim  beschreibt  folgenden,  von  Bruns  beobachteten  Faü^  bei 
(reichem  der  Autor  die  Diagnose  nicht  mit  Sicherheit  stellen  konnte,  sondern  die 
löglichkeit  einer  traumatischen  Spätapoplexie  ins  Augö  fasste.  Ein  13 jähriger 
ibe  erkrankte  zwei  Tage,  nachdem  er  beim  Turnen  auf  den  Kopf  gefallen 
mit  Erbrechen  und  heftigem  Kopfschmerz.  Drei  Tage  später  war  er 
Dfös,  hatte  einen  langsamen  unregelmässigen  I*iils^  eine  rechtsseitige  peri- 
phere Facialislähmijng,  leichte  Dy.sartbricj  Nystagmus  und  linksseitige 
P  t  o  s  i  s.  Ferner  bestand  eine  linksseitige  Hemianästhesie  und  Hemiataxie, 
Heiniparesis  auf  der  linken  Seite.  Es  trat  Fieber  mit  Dyspnoe  und  unregel- 
mässiger Herzaktion  dazu.  Vom  9.  Tage  anzeigte  sich  eine  Besserung,  welche 
allmäldich  zur  Heilung  führte. 

Ausser  den  schon  erwähnten  findet  sich  noch  eine  ganze  Reihe  solcher 
Fälle  von  akuter  Poliencephalitis  in  der  Litteratur  verzeichnet,  welche  wir 
bei  dem  grossen  wissenschaftlichen  Interesse,  welche  diese  noch  ganz  unklaren 
Beobachtungen  darbieten,  in  Kürzt?  liier  noch  anfügen  wollen. 

So   beobachtete  Berry  (Ö45)    bei  einem    2'/ä  Jahre    alten  Kinde    nach 
Husten    unter    Kopfschmerz    das   Auftreten    einer  Ophthalmoplegia    exterior, 
welche  in  Besserung  überging. 
I  Landesberg  (546)  berichtete  von  einem  40jährigen  Manne^  dass  derselbe 

eine  doppelseitige  Abducenslähmung  bekam,  die  nach  P/s  Monaten  heilte. 

Erb  (547)  sah  bei  einem  12jährigen  Knaben  gan^  plötzlich  Lähmung 
der  Recti  extemi  und  interni  auftreten,  welche  nach  13tägiger  elektrischer 
Behandlung  wieder  verschwand. 

Nie  den  (548)  beobachtete  eine  doppelseitige  Lähmung  der  Hect.  sup. 
und  Oblifp  inferiores,  die  eines  Morgens  ohne  auffindbare  Ursache  und  Kom- 
plikation entstanden  war.  Die  Lähmung  verschwand  bald  wieder  vollständig. 
Du f nur  (549)  berichtet  von  einem  26jährigen  Menschen,  bei  dem  ohne 
erkennbare  Ursache  plötzlich  eine  Lähmung  beider  Recti  interni  aufgetreten 
war.  Die  folgenden  Tage  nahm  auch  die  Schwerbeweglichkeit  nach  oben 
und  unten  zu.  Mit  Ausnahme  des  Rect.  inf.  und  Oblifp  sup,  waren  alle 
Muskeln  schliesslich  gelähmt.  Fünf  Wochen  darauf  erkrankte  Patient  an 
akuter  Peritonitis.  Während  dieser  Krankheit  besserte  sich  binnen  14  Tagen 
die  Ophthalmoplegie  bis  zur  Heilung.  Die  Pupillen  waren  normal.  Bei  einem 
anderen  i''aile  Dufour's  handelte  es  sich  um  einen  23jährigen  Menschen, 
welcher  des  Morgens  beim  Aufstehen  über  Kopfschmerzen  klagte.  Gegen 
i  Abend  trat  Doppeltsehen  auf.  In  den  folgenden  Tagen  bestand  Uebelkeit 
und  andauernde  Somnolenz.  Der  auf  die  Stirn  beschränkte  Kopfschmerz 
vermehrte  sich.     Die  Bewegungsstoningen  der  Augen  wurden  täglich  stärker. 


< 


I 


294    Die  Ptosis  bei  der  acut  entstand.  Ophthalmoplegie  ohne  an£6ndlMu:es  itiolog. 

Schliesslich  waren  dieselben  ganz  bewegungslos.  Es  bestand  eine  sehr 
leichte  Ptosis  links.  Das  rechte  Auge  schien  etwas  prominent  zu  mt 
Pupille  und  Accommodation  waren  normal.  Seit  Beginn  der  Augenstonmgen 
verlor  Patient  auch  den  Geschmack.  Nach  Verlauf  eines  Jahres  trat  TöDip 
Heilung  ein. 

In  Dufour's  Arbeit  (549)  sind  zwei  von  Haab  gemachte  Beobachtunpii 
erwähnt,  die  zwei  kräftige  junge  Leute  betrafen,  welche  ganz  plötzlicli  toh 
kompleter  Ophthalmoplegia  exterior  befallen  wurden,  ohne  andere  Symptome 
und  ohne  erkennbare  Ursache. 

p]inen  recht  bemerkenswerthen  Fall  theilt  Goldzieher  (552)  mit:  Eil 
6 jähriger  Knabe  machte  eine  Stägige  fieberhafte  Krankheit  dnreh.  Seitdem 
war  er  sehr  schläfrig.  Es  trat  eine  doppelseitige  Ptosis  und  Lähmung 
sämmtlicher  Oculomotoriuszweige  mit  Ausnahme  derjenigen,  welche  die  Bimien- 
muskeln  versorgen,  ein;  ferner  eine  Abducensparese. 

'Goldzieher  nahm  eine  hämorrhagische  Entzündung  der  grauen  Sub- 
stanz in  der  Nähe  des  III.  und  IV.  Ventrikels  an;  die  Sektion  ergab  eine 
tuberkulöse  Geschwulst  in  der  Höhe  der  Kerne  der  motorischen  Angen- 
nerven. 

Bei  einem  14  Monate  alten  Knaben  beobachtete  Goldzieher  (5Ö3) 
linksseitige  Ptosis  und  Bewegungslosigkeit  des  nach  aussen  gerichteten 
linken  Auges.  Das  rechte  Auge  konnte  kaum  nach  rechts  bewegt  werden 
und  blickte  beständig  nach  innen.  Femer  bestand  eine  linksseitige  Facialis- 
lähmung.  Pupillen  und  Augenhintergrund  waren  normal.  Da  das  Kind 
skrophulös  war,  so  nahm  Goldzieher  in  diesem  Falle  eine  tuberknlöf« 
Poliencephalitis  sup.  an. 

Hock  (553)  stellte  einen  40jährigen  Kranken  vor,  bei  dem  plötzlich 
eine  beiderseitige  Lähmung  sämmtlicher  Augenmuskeln  mit  Ausnahme  des 
M.  sphincter  und  ciliaris  aufgetreten  war.  Im  14.  Jahre  hatte  Patient  eine 
Nekrose  des  Unterkiefers.  Hock  nahm  als  Ursache  der  Ophthalmoplegie  eine 
Pachymeningitis  basilaris  an  (?). 

0.  de  Speviller  (557)  berichtet  von  einem  4jährigen  Knaben,  bei 
welchem  sich  nach  8  tägigem  mit  geringerTemperatursteigerung  einhergehendem 
Unwohlsein  eine  komplete  linksseitige  Oculomotoriuslähmung  mit  Ptosis 
innerhalb  12  Stunden  entwickelt  habe.  Die  Pupillen  waren  maximal  erweitert 
Nach  4  Wochen  war  völlige  Heilung  eingetreten. 

Chavernac  (554)  beobachtete  bei  einer  Mesocephalitis  acuta  ein- 
seitige Ptosis. 

Co  11  ins  (558)  berichtet  über  eine  Lähmung  der  äusseren  Augenmuskeln 
bei  einem  7jährigen  Kinde,  welches  im  Coma  5  Wochen  nach  Beginn  der 
Erkrankung  zu  Grunde  ging. 

Cheney  (555)  publizirte  einen  Fall  von  akuter  doppelseitiger  Ophthalmo- 
plegia exterior  und  interior,  welche  bei  einer  33  jährigen  Frau  10  Tage  nach 
ihrer  letzten  Entbindung  unter  heftigen  Schmerzen  sich  eingestellt  hatte. 
Beiderseits  bestand  eine  Ptosis    und    eine  Injektion    der  Papillen,  deren 


Ptosis  bei  der  acut  entstand.  Ophthalmoplegie  ohne  auffindbares  fttiolog,  Momeut-    295 

izen  verschwommen  ersfliieiieii,  zugleich  war  das  Sehvermögen  herabgesetzt. 
Ilmählich  gingen  die  Lähmungserscheinimgen  zurück. 

Einen  sehr  interessanten  Fall  von  akuter  einseitiger  Ophthalmoplegie 
It  Kossolimo  (559)  niitgetheilt,  den  wir  in  einem  späteren  Kapitel  noch 
^tuhdicher  mittheilen  werden,  da  derselbe  auf  encepbalomalacischer  Grund- 
?e  beruht. 

Wir  selbst  verfügen  über  folgende  eigene  Beobachtungen  hinsichtlich 
iit  auftretender  Ophthalmoplegien  ohne  au flind bares   ätiologisches   Moment, 

Fall  L  Eine  64 jährige  Frau,  die  vor  2  Jahren  eine  kurz  vorüber- 
gehende Psychose  hatte,  erkrankte  plötzlich  mit  Schwindel  und  Unsicherheit 
t>eim  Gehen,  Die  Untersuchung  ergab  links  eine  leichte  Ptosis,  eine 
Parese  des  linken  Al>ducens  und  beider  Kecti  inferiores. 

Die  linke  Pupille  war  etwas  weiter  als  die  rechte.  Die  Reaktion  war 
erhalten.  Beim  Sprechen  war  eine  Ungleichheit  des  Mundfacialis  zu  konstatiren. 
Es  bestanden  leichte  Schluck-  und  Sprachstörungen,  Die  Sensibilität  w^ar 
intakt.  An  den  ReHexen  war  niclits  Besonderes  nachweisbar.  Ebenso  verhielt 
sich  das  Gehör,  der  Genich  und  Geschmack  normal.  Beim  Gehen  schwankte 
die  Patientin  etwuxs  nach  rechts.  Ferner  war  sehr'  auffallend,  wie  rasch 
Patientin  beim  Sprechen  ermüdete.  Es  sei  speziell  noch  hervorgehohen,  dass 
Lues  und  Alcoholismus  nicht  nachweisbar  waren,  und  dass,  wie  Herr  Dr.  Otto 
Meyer  mittheilte,  Patientin  gegenwärtig  geheilt  ist. 

Fall  II.  Ein  42  jähriger,  früher  ganz  gesunder  Mann  klagte  seit  8  Tagen 
über  Schwindel,  sodass  er  nicht  ordentlich  geben  konnte.  In  letzter  Zeit 
wurde  er  beim  Treppensteigen  knrzhiitiger. 

Bei  der  Untersuchung  machte  Patient  einen  etwas  stumpfen,  schläfrigen 
Eindruck.  Das  linke  obere  Lid  hing  herab;  der  linke  P>ulbus  konnte 
nicht  nach  oben,  nicht  nach  innen,  etwas  nach  aussen  und  nach  unten  bewegt 
werden.  Das  rechte  Auge  war  nach  aussen  abgewichen  und  konnte  nicht  nach 
innen  und  schlecht  nach  oben  gewendet  werden.  Nach  allen  Riehtungen,  in 
welchen  eine  Bewegung  möghch  war,  traten  nystagmische  Zuckungen  auf. 

Die  linke  Pupille  war  eng  und  reagirte  gut;  die  rechte  war  mittelweit 
und  bewegte  sich  träge.  Der  Fundus  oculi  war  beiderseits  normal.  Links 
war  eine  Parese  des  Mundfacialis  zu  konstatiren.  Ferner  war  am  linken  Unterarm 
eine  Abstumpfung  der  Sensibilität  vorhanden  zugleich  mit  Abscbwächung 
des  Händedrucks. 

Sonst  war  nichts  Pathologisches  von  Seiten  des  Nervensystems  nach- 
zuweisen. 

Es  ist  noch  zu  bemerken,  dass  die  Herzaktion  unregelmässig  und 
beschleunigt,  und  dass  an  der  Mitrabs  ein  dumpfes  Geräusch  vorhanden  war. 
Nach  Mittheilungen  des  Hausarztes  Herrn  Dr.  Otto  Meyer  ist  kurze  Zeit 
nach  Erhebung  des  obigen  Status  der  Patient  plötzlich  gestorben. 

Fall  IIL  Der  Güte  des  Oberarztes  Herrn  Dr.  Jollasse  verdanken 
wir  nachfolgenden  FalL  den  wir  mikroskopisch  zu  untersuchen  Gelegenheit 
hatten. 


296    Die  Pfcosis  bei  der  acat  entstand.  Ophthalmoplegie  ohne  auffindbares  iftiokg. 

Der  14jährige  Arbeiterssohn  K.  M.  B.  konnte  seit  8  Wochen  yor  Anf- 
nähme  ins  alte  allgemeine  Krankenhaus  nicht  mehr  ordentlich  gehen.    FrilMr 
war  er  nie  krank  gewesen,  ausser  dass  er  häufig  an  Kopfschmerzen  und  im 
letzten  Jahr  an  Zuckungen  in  den  Armen  und  Beinen  gelitten  hatte.    Hereditir 
war  er  nicht  belastet.     Trauma,  Potus,  Lues  waren  nicht  nachweisbar. 
St.  pr.  am  1.  September  1897:    Der   blasse,  magere   Junge  hat 
stupiden  Gesichtsausdruck  und  klagt  über  Zuckungen  in  den  Armen  und  Beisen. 
Die  Temperatur  war  37,7.    Puls  100  und  kräftig  und  die  Athmung  ruhig  und 
gleichmässig.     Die  Reflexe  waren  sämmtlich  vorhanden,   die   Patellarreflexe 
beiderseits  lebhaft.     Die  Hände  und  Finger  waren  in  andauernder  Bew^mig 
begriffen.     In  den  Armen,  den  Beinen,  im  Gesicht  und  am  Hals  traten  einzehs 
Muskelzuckungen  auf,  welche  sich  verstärkten,  sobald  Patient  beobachtet  wurde. 
Diese  Zuckungen  betrafen  meistens  nur  einzelne  Muskeln  und  waren  an  den 
unteren  Extremitäten  weniger  stark  als  in   der   übrigen  Körpermuskalatur. 
Der  Patient  ging  unsicher,  zögernd  und  mit  gespreizten  Beinen. 

Die   Untersuchung  der   inneren  Organe   ergab  einen  normalen  Befoni 
Der  Urin  war  frei  von  Zucker  und  Eiweiss. 

6.  September:  Patient  lässt  Stuhl  und  Urin  unter  sich;  ist  somnolent; 
antwortet  nicht.     Leichte  Ptosis  rechts. 

7.  September:  Patient  delirirt  vor  sich  hin;  choreatische  Zuckungen^ 
Secessus  involuntar.  Pupillen  eng,  reaktionslos.  Sehnen-  und  Hautreflexe 
vorhanden.     Hämoglobingehalt  80®/o. 

8.  September:  Die  rechtsseitige  Ptosis  ist  unverändert.  Patient  ant- 
wortet heute,  ist  über  seinen  Aufenthalt  im  Krankenhaus  orientirt.  Die 
Lumbalpunktion  ergab  eine  wasserklare  Flüssigkeit.  Formelemente  waren 
mikroskopisch  nicht  nachweisbar.  Anfangsdruck  210;  nach  4  com  160.  Im 
Ganzen  wurden  6  ccm  entnommen. 

Abendtemperatur  37,8.     Retentio  urinae. 

9.  September:  Die  rechtsseitige  Ptosis  nimmt  zu.  Somnolenz.  Secessus 
involuntar. 

10.  September:  Das  rechte  obere  Augenlid  bedeckt  jetzt  ^/s  der  Cornea. 
Patient  kann  nicht  schlucken;  ist  heute  klarer. 

Augenhintergrund  ist  normal.  Der  Patient  fällt  beim  Aufrichten  nach 
der  linken  Seite.    Er  klagt  über  starke  Kopfschmerzen. 

11.  September:  Somnolenz.  Des  Morgens  Expektoration  von  eiteriger 
Flüssigkeit.     Exitus  letalis. 

Sektion  am  12.  September. 

Schädeldach  von  normaler  Dicke.  Gehirnwindungen  etwas  abgeflacht. 
Pia  zart.  Flüssigkeit  in  den  Ventrikeln  nicht  vermehrt.  Makroskopisch  an 
der  Hirnsubstanz  ausser  einer  leichten  Hyperämie  nichts  Abnormes  nach- 
weisbar. (Pons  und  Medulla  wurden  behufs  mikroskopischer  Untersuchung 
eingelegt.) 

Im  Spinalkanal  vermehrte  Flüssigkeit.  Rückenmark  nicht  sichtlich 
verändert. 


Die  Ptoai»  bei  der  Polioeucepbalomyelitis  acuta  und  subacuta.  2^ 

Im  Uebrigeo  fanden  sicli  frisdie  lobuläre  Heerde  in  beiden  Longen . 
Die  njikroäkopiscbe  Üntersnchung  des  in  Miiller'selier  FliLssigkeit 
gehärteten  rräparates  zeigt  eine  hämorrhagiscbe  Ent-eplialitis  m\  centralen 
Höhlengrau  des  Aquaediict.  Sylvii  und  des  vierten  Ventrikels.  Es  handelte 
sich  hierbei  nicht  um  einen  kontinuirlichen  Heerd,  sondern  um  kleinere, 
disseminirte,  nur  mikroskopisch  sichtbare,  bestehend  aus  Itundzelleninültraten 
in  der  Uragebiing  der  (ietasse.  Letztere  erschienen  stark  erweitert  und 
«trotzend  mit  Blut  gefüllt.  Ausserdem  fanden  sich  nocli  in  der  Umgebung 
;  der  Gefässe,  sowie  auch  hie  und  da  im  Gewebe  kleine  Hämorrhagien.  Die 
^■Arterienwände  waren  nicht  verändert. 

^k  Auf  einem  Schnitt  durch  das  obere  Ende  des  vierten  Ventrikels  befanden 

^■Dch  mehrere  Hämorrhagien  dicht  unter  dem  Ependym.     In  der  Oculomotorius- 

^^^emregion  w^ar  keine  Ilämorrhagie   zu   finden,   jedoch   eine  ausserordentliclie 

starke    Füllung    des    Gefässnetzes.      Die   Ganglienzellen   schienen    nicht    selir 

verändert  zu  sein,  da  bei  den  meisten  die  Form  und  der  Kern  noch  deutlich 

erkennbar  blieben.     Auch  wurden  nir«?;ends  Komchenzellen  gefunden. 

Auf  eineui  Schnitt  durchs  hintere  Ende  der  Brücke  zeigte  sich  in  der 
Substantia  reticidaris  ein  kleiner  umschriebener  Heerd,  bestehend  in  zelUger 
Intiltration  ohne  Blutung.  Ausserordenthch  zahlreiche  ausgedehnte  Hämor- 
rhagien fanden  sich  auf  einem  Schnitt  in  der  Höbe  der  austretenden  sensiblen 
QuintuswurzeL  Auf  der  einen  Seite  oberhalb  der  gekreuzten  Trigeminus- 
Wurzel  befand  sieh  eine  längliche  querverlaufende  Blutung  ins  Gewebe,  Am 
beträchtlichsten  verändert  war  die  Gegend  der  Briickenfasern.  Daselbst  waren 
mächtige  hämorrhagische  Infiltrationen  ins  Gewehe  vorhanden,  die  zum  Theil 
eine  Zerstörung  desselben  herbeigeführt  hatten.  Auch  in  der  Umgebung  der 
mächtig  erweiterten  Gelasse  waren  vereinzelte  Blutungen  zu  konstatiren.  Auf 
einem  Schnitt  in  der  Höbe  des  Faciahsaustrittes  zeigte  sich  eine  grosse  Blutung 
dorsal  von  der  einen  Pyramide, 

Kurz,  es  handelte  sich  hier  um  eine  hämorrhagische  Encephalitis  bei 
einem  14jährigen  Knaben,  ohne  bekanntes  ätiologisches  Moment, 

Bezüglich  des  Vorkommens  von  Ptosis  bei  dieser  letzterwähnten  Ab- 
theilung von  Fällen  ist  zu  env ahnen,  dass  die  Levatorlähumng  unter  22  Fällen 
überhaupt  nur  3 mal  vermisst  Tv^irde.  Bei  10  Fällen  wurde  die  Ptosis  doppel- 
seitig, in  8  Fällen  einseitig  konstatirt;  bei  einem  Falle  blieb  es  zweifelhaft, 
ob  eine  Levatorlähmung  vorhanden  gewesen  war.  Was  die  Intensität  der 
Ptosis  anbelangt,  so  war  dieselbe  meist  leichten  bis  mittleren  Grades. 

4.  Die  Ptosis  bei  der  PoHoencephalomyelitis  acuta  und  subacuta* 

S  111.  In  einem  früheren  Kapitel  haben  wir  die  Fälle  von  Polioencephalo- 
myelitis  mit  chronischem  Verlauf,  wie  sie  von  Guinon  und  Parmentier, 
Rosenthal  u,  A,  geschildert  worden  sind,  eingehend  betrachtet  und  dabei 
hervorgehoben,  dass  noch  nicht  genügende  Anhaltspunkte  für  die  Annahme 
eines   entzundhchen  Prozesses   vorlägen.     In  den  meisten   der  Fälle  dürften 


298  Die  Ptosis  bei  der  Polioencephalomyelitis  acuta  und  sobacata. 

degenerative  Vorgänge  den  Krankheitsbildern  zu  Grunde  liegen.  Anders 
verhält  sich  die  Sache  bei  den  Fällen  mit  akutem  und  subakutem  Verlauf. 
Hier  handelt  es  sich  meist  um  eine  hämorrhagische  Encephalitis,  bei  der  das 
Nervenparenchym  sowohl  an  den  Ganglien  wie  den  Nervenfasern  schwer 
geschädigt  erscheint. 

Hierher  gehört  ein  Fall  von  Goldf  lam  (410),  eine  30jährige  Schusters- 
frau betreffend,  welche  unter  heftigen  Hinterhauptskopfschmerzen  eine  doppel- 
seitige Ptosis  mit  Diplopie  acquirirt  hatte.  Darauf  stellte  sich  eine  allgemeine 
Schwäche  ein,  die  allmählich  in  eine  hochgradige  Parese  und  beinahe  völlige 
Paralyse  zuerst  der  oberen,  dann  der  unteren  Extremitäten  überging.  Es 
gesellten  sich  noch  Schluckbeschwerden,  Behinderung  der  Sprache  und 
dyspnoetische  Anfälle  hinzu.  Nach  8  monatlichem  Bestand  der  Krankheit  war 
ihr  Zustand  höchst  bedenklich:  die  Kräfte  verfielen,  die  Athmung  wurde 
frequent  und  oberflächlich,  der  Puls  klein  und  beschleunigt  (140)  bei  hoch- 
gradiger Temperatursteigerung ;  schliesslich  war  die  ganze  willkürliche  Musku- 
latur beinahe  gelähmt  und  es  traten  bulbäre  Erscheinungen  der  bedrohlichsten 
Art  auf.  Jedoch  trat  Besserung  ein  und  2  Monate  später  verliess  die  Patientin 
geheilt  die  Klinik. 

Goldf  lam  weist  in  der  Epikrise  darauf  hin,  dass  der  Charakter  der 
Lähmung,  die  athrophischen  Zustände  der  Muskeln,  die  Herabsetzung  der 
elektrischen  Erregbarkeit,  Trägheit  der  Zuckung  bei  galvanischer  Beizung, 
Schwinden  der  Sehnenreflexe  bei  Intaktheit  der  Sensibilität  etc.  auf  einem 
Prozesse  in  den  grauen  Vordersäulen  hindeuteten. 

Einen  Fall  von  echter  akuter  Poliencephalomyelitis,  der  nach  1^/2  Monaten 
letal  ausging,  theilte  1895  Kaiser  (560)  mit.  Ein  20 jähriger,  früher  stets 
gesunder  Tischlergeselle  erkrankte  plötzlich  mit  Kopfschmerzen,  Schielen  und 
Doppeltsehen.  Dazu  gesellten  sich  Schwindelanfälle,  Schlingbeschwerden,  skan- 
dirende  Sprache  und  taumelnder  Gang.  Es  waren  neben  einer  Lähmong 
beider  Externi  auch  die  beiden  inneren  geraden  Augenmuskel  betroffen,  wenn 
auch  nicht  im  gleichen  Grade.  Im  Grossen  und  Ganzen  war  die  Lähmung 
des  linken  Auges  stets  stärker  ausgesprochen  als  rechts.  Von  Anfang  an 
bestand  Ptosis  links.  Während  der  Krankheit  war  Patient  somnolent,  gegen 
das  Ende  der  Krankeit  wurde  er  komatös.  Ferner  bestand  eine  totale  Parese 
des  linken  Facialis,  eine  Herabsetzung  der  Schmerzempfindlichkeit  in  der 
rechten  Gesichtshälfte  (mit  Aufhebung  des  Cornealreflexes). 

Einen  sehr  merkwürdigen  Fall  beobachtete  Knapp  (561).  Bei  einem 
32  jährigen  Manne,  welcher  vor  8  Jahren  luetisch  war,  trat  nach  einem  Exzess 
in  Baccho  gleichzeitig  Amaurose  und  aufsteigende  Körperlähmung  auf.  Am 
15.  Krankheitstag  entwickelte  sich  eine  beiderseitige  Ophthalmoplegie»  zu  der 
am  17.  Tag  sich  eine  Bulbärparalyse  hinzugesellte.  Am  21.  Tag  trat  der 
Tod  ein.  Die  Sektion  ergab  eine  gänzliche  Erweichung  der  Lendenanschwellung 
und  des  oberen  Dorsalmarkes ;  Chiasma,  Tract.  u.  n.  optici  waren  geschwollen, 
weich  und  röthlichgrau.    Die  Arterien  zeigten  hyaline  Verdickung  der  Intims. 


Die  Ptosis  bei  der  Pölioencephalonojelih's  acuta  ütid  siibivcuta.  tifJ9 

Opticus  war  eine  Eedarteriitis  und  Rundzelleninfiltration  vorhanden, 
<ilosso[»liaryngeus,  Vagus  und  Hypoglossus  betheiligten  sich  später  in  progessiver 
Weise  an  der  Erkrankung,  Am  letzten  Lel»enstage  trat  eine  völlig  schlafte 
Lähmung  des  rechten  Aruies  auf. 

Bei    der  Sektion    fand   sieh   eine   mit   enormer   Hyperämie   und   vielen 

EKtravasattonen   einhergeliende  entzündliche    Aftektion   vor,   die   in   ziemlich 

l^aiitTiiilig  symmetrischer  Weise   uni   da.s   distale   Ende   des   dritten  Ventrikels, 

Kden  Aijuäduct  und  den  vierten  Ventrikel  lokalisirt  war,  mit  einem  Wort,  eine 

^■Erkrankung   des  gesammten  centralen  Hiihlengraus  mit  den  darin  gelegenen 

^Kernen    ausser  dem  Facialiskern    und    der    Suhstantia    gelatinosa    der    auf- 

stiäigendeu  Trigeminuswurzel,    sowie   einige    wenig   umfängliclic    Zerstürungen 

von    weissen    Fasermassen.     Im    Rückenmark    fand    sich   in    der  C'erviealan- 

sehweHung   in  der  Hülie  des  4.  und  5.  ('ervikahierven  eine  Degeneration  der 

(tanglit-nzellen  im  reclitenVorderhoi  ii :  Zerstörung  des  Fasernetzes, Erweiterung 

der  Getasse,  deren  Wandungen  intiltrirt  w^ircn  und  mehrfache  kapilläre  Blutungen. 

Hervcvrzuhehen  ist  nodi,  dass  auch  von  der  an  das  Vorderhorn  angrenzenden 

weissen  Suhstanü  ein  schmaler  Saum  zerstört  war. 

Einen  analogen  F^all,  der  in  Heilung  üherging,  veröfl'ent lichte  Oppen- 
heim (512).  ^Ein  lojäliriger  Knahe  erkrankte  im  Mai  1891  mit  Kopf- 
schmerz, leichter  Benommenheit  und  nur  wenige  Tage  anhaltender  Tenipe- 
ratursteigerung.  (tleichzeitig  stellte  sich  Ptosis  und  eine  im  Laufe  von 
ea.  14  Tagen  sich  vervollständigende  Ophthalmoplegia  exterior  ein.  Nach  Ablauf 
der  ersten  Woche  wurde  die  Spraclie  näselnd,  und  traten  Setdingbeschwerden, 
Respirationsstörungen  und  eine  Schwäche  der  Extremitäten  hinzu.  Als 
(Jppenheim  den  Patienten  ca.  fünf  Wochen  nach  Beginn  des  Leidens  unter- 
suchte, fand  er  Folgendes:  Konndete  Ophthalmoplegia  exterior  bei  normaler 
Funktion  der  Binnenmuskeln.  Ptosis  b  i  l  a  t e  r  a  1  i  s ,  eine  erliehliche  Schwäche 
der  Orbiculares  palpebrarum ,  geringe  Schw  äche  der  Lippenmusketn ,  Parese 
und  Atro]jhie  der  Zungenmuskeln,  Dysarthrie»  Dysphagie  und  Lähmung  des 
tiaumensegels  mit  erloschener  Retlexerregbarkeit ;  Tachycardie,  diffuse  Parese 
der  Arme  mit  vorwiegender  atrophischer  Lähmung  der  kleinen  Handmuskeln, 
partielle  Entartungsreaktion  in  diesen,  sowie  in  der  Zungenmuskulatur,  massige 
Schwäche  der  Beine  und  Erhöhung  des  Kniephänomens.  Das  Sensor ium  war 
zur  Zeit  der  rntersuchung  frei,  der  Patient  hatte  weder  Fieber  noch  Kopi- 
schmerzen. In  der  Folgezeit  trat  eine  allmählich  fortschreitende  Besserung  aut> 
lui  .lahre  1895  hatte  Oppenheim  (413)  einen  anderen  in  diese  Kate- 
gorie gehörenden  Fall  publizirt,  den  er  selbst  folgendermassen  resümirt: 
^Im  Dezember  des  Jahres  1886  erkrankte  der  rüstige  und  vorher  gesunde 
Mann  (27jähriger  Unteroffizier)  mit  Kopfschmerz  in  der  Stirngegend,  nach 
einigen  Tagen  sah  er  doppelt.  Sofort  wurde  —  obgleich  Syphilis  nicht 
vorausgegangen  war  —  eine  Schmierkur  eingeleitet.  Daliei  verschlechterte 
sich  der  Zustand,  es  trat  doppelseitige  Ptosis  und  Lähmung  der 
äusseren  Augenmuskeln  hinzu,  wenige  Tage  später  Erschwerung  des  Schlingens 
und  Kauens,    sowie   Sprachstörung   und   schliesslich    Schwäche  in  allen  vier 


300  Die  Ptosis  bei  der  Polioencepbalomyelitis  acata  and  subacata. 

Extremitäten.  Als  er  etwa  zwei  Monate  nach  Beginn  des  Uebels  iB  ik 
Nervenklinik  aufgenommen  wurde,  fanden  sich  alle  Erscheinungen  einw 
Poliencephalomyelitis.  Es  bestand  nämlich  eine  vollständige  Ophthalmopkgia 
biiateralis  externa  bei  normaler  Funktion  der  Augenbinnenmuskeln;  eine 
Parese  beider  Faciales  mit  besonderer  Betheiligung  des  Augenschliessmoskels, 
eine  Parese  des  Gaumensegels,  indess  hatten  sich  die  Schlingbeschweiden 
bereits  zurückgebildet.  In  den  Armen  und  Beinen  war  die  Muskelkraft  in 
Allgemeinen  etwas  herabgesetzt,  insbesondere  aber  betraf  die  Schwäche  die 
Interossei,  so  dass  Patient  beispielsweise  nicht  im  Stande  war,  den  vierten 
und  fünften  Finger  aneinanderzubringen.  Die  elektrische  Untersuchuiig 
zeigte  quantitative  Abnahme  der  Erregbarkeit  in  den  Orbiculares  palpebrarain 
und  Interossei,  keine  Entartungsreaktion. ^ 

Oppenheim  begründete  seine  Diagnose  der  Poliencephalomyelitis  und 
hob  hervor,  dass  eine  Ursache  nicht  festzustellen  war.  Das  Einzige,  was 
ermittelt  werden  konnte,  bestand  in  einer  Kopfverletzung  vier  Jahre  vor 
Ausbruch  des  Leidens,  dessen  Rekonvalescenz  sich  über  Jahre  erstreckte. 
Als  einziges  Residuum  war  eine  Parese  einzelner  Zweige  des  rechten  Oculo- 
motorius  zurückgeblieben. 

Eich  hörst  (406)  berichtete  von  einem  Kranken  mit  Poliencephalo- 
myelitis, welcher  beiderseits  eine  Ptosis,  links  eine  Abducensparese  und 
Lähmung  des  rechten  Internus,  beider  Recti  sup.,  Obliqui  inf.,  Recti  inf.  und 
Obliq.  sup.  darbot.  Daneben  bestand  eine  atrophische  Spinallähmung,  eine 
linksseitige  Facialislähmung,  doppelseitige  Hypoglossus-,  Vagus,  und  GIosso- 
pharyngeusparese. 

Einen  sehr  bemerkenswertlien  Fall  von  subakuter  Poliencephalomyelitis 
theilte  Kaiischer  (562)  mit.  Bei  einem  64  jährigen,  bisher  gesunden  Manne 
trat  ohne  bestimmtes  ätiologisches  Moment  (vielleicht  Gram,  Ueberanstrengung, 
Tabacksmissbrauch)  erst  rechts  und  kurz  darauf  auch  links  eine  Ptosis 
mit  vorübergehender  Diplopie  auf.  In  wenigen  Tagen  waren  alle  äusseren 
Augenmuskeln  paretisch  resp.  paralytisch.  Dabei  fehlten  alle  Allgemeiner- 
scheinungen wie  Fieber,  Kopfschmerz,  Neuritis  opt.,  Erbrechen,  Schwindel, 
Benommenheit  u.  s.  w.  und  die  anderen  Hirnnerven  waren  frei  bis  auf  eine 
Schwäche  im  rechten  unteren  Facialis.  Fast  gleichzeitig,  vielleicht  2--3 
Wochen  später,  trat  eine  schlaffe,  symmetrische  Parese  resp.  Lähmung  erst 
der  untereren  und  dann  der  oberen  Extremitäten  auf;  später  wurden  auch 
die  Rumpfmuskeln  betroffen.  Dabei  bestand  Verlust  der  SehnenreÜexe  ohne 
Ataxie,  ohne  Veränderung  des  Lagegefühls.  Die  faradische  Erregbarkeit  der 
nicht  atrophischen,  gelähmten  Muskeln  war  herabgesetzt  resp.  aufgehoben. 
Anscheinend  lag  keine  Entartungsreaktion  vor.  Fibrilläre  Zuckungen  fehlten. 
Die  Sphinkteren  blieben  intakt;  objektiv  konnten  keine  Sensibilitätsstörungen 
nachgewiesen  werden,  obwohl  eine  geringe  Druckempfindlichkeit  der  Nerven- 
stämme  und  leichte  Parästhesien  in  den  Händen  zeitweilig  auftraten.  Nach 
jinfänglich   progressivem   Verlauf   blieb    die    Lähmung   stationär    und   zeigte 


I 


Die  Ptosis  bei  der  Polioencepbalomyelitia  acut«  und  subacuta.  3t)l 

Remission en  in  ihrem  allgemeinen  Verlaufe.  Abgesehen  von  diesen  tnit  stets 
nach  Ruhe  und  besonders  morgens  eine  vorübergehende  Besserung  der  Lähm- 
ungen  ein,  der  jedoch  eine  schnelle  Erschöpf  bar  keit  und  Eniiüdung  folgte. 
4*/«  Monate  nach  dem  Beginne  des  Leidens  trat  der  Tod  ziemlich  plckzlich, 
anscheinend  an  einer  Respirationslähmung  ein.  Die  Sprache,  das  Schlucken, 
sowie  die  psychischen  Erscheinungen  waren  unbetheiligt  geblieben.  Der  ana- 
tomische Befund  ergab  Getasserkrankun^  sowohl  im  Rückenmarke,  wie  in 
dem  höher  oben  gelegenen  centralen  Hoblengraii,  Durch  letzteres  erstreckten 
sich  tiefässdilatationen  und  Blutungen  in  mehr  oder  weniger  intensivem  und 
extensivem  Grade.  Danehen  fanden  sich  Ganglienzellenentartungen.  Dieser 
Fall  zeigt,  wie  Kaiisch  er  hervorhebt,  theils  Beziehungen  zu  den  priniär- 
atrophischen  degenerativen  Prozessen,  theils  zu  den  vaskulären,  hämorrha- 
gischen Ent/iindungen  der  grauen  Substanz  des  Rückenraarks  (Poliomyehtis 
acuta)  und  des  Mesencephalon  (Poliencephabtis  sup.  haemorrhagica  Wer  nicke). 

Fall  I.  Gegenwärtig  beobachten  wir  einen  in  diese  Kategorien  gehör- 
enden Fall  in  der  Praxis  des  hiesigen  Arztes  Herrn  Dr.  Hermann,  der  uns 
die  Publikation  in  dankenswert  her  Weise  überlassen  hat. 

Es  handelt  sich  um  eine  30jährige  Frau  aus  gesunder  Familie,  die  bis 
IHUO  stets  gesund  gewesen  war,  ausser  dasa  sie  etwas  an  Bleichsucht  gelitten 
hatte.  1896  liekani  sie  10  Tage  nach  einer  normalen  Entbindung  ohne 
Fieber  Schmerzen,  anfangs  in  den  Beinen,  dann  im  rechten  und  später  im 
linken  Arme.  Nach  einigen  Tagen  war  eine  komplete  rechtsseitige  Radiahs- 
luhmung  mit  Entartungsreaktion  im  konstatiren.  Dabei  war  die  Hand-  und 
der  Armriicken  auffallend  geschwollen.  Der  Druck  auf  den  N.  radialis  sowohl^ 
wie  auf  die  Streckmuskeln  am  Unterarm  war  schmerzhaft.  Nach  neun  Tagen 
trat  eine  ähnliche  aber  leichtere  Affektion  am  linken  Arm  auf.  [Dieser  Fall 
ist  von  Saenger  in  seiner  Arbeit  über  Neuritis  puerperalis  (563)  beschrieben.! 

Nach  einer  Reihe  von  Wochen  war  völlige  Heilung  eingetreten  und 
Patientin  war  bis  Februar  1H98  gesund.  Zu  dieser  Zeit  hatte  sie  eine  Fehl- 
geburt mit  grossem  Blutverlust.  Seitdem  war  sie  etwas  leidend  und  anämisch 
gew^orden.  Letzteres  wahrscheinlich  durch  häutige,  wie  sie  angab,  menstruelle 
Blutungen  bedingt. 

Am  8.  September  1898  bekam  sie  einen  Obnmachtsanfall  und  fühlte 
sich  sehr  matt. 

Am  10.  September  trat  nach  einer  grösseren  Wagenfahrt  Kopfschmerz 
und  Düppeltsehen  auf.  — 

Am  12.  September  konstatirte  Herr  Dr.  Herrmann  auffallend  enge 
Pupillen,  die  weder  auf  Licht  noch  Accommodation  reagirten,  Sie  waren 
beiderseits  gleich.  Ferner  bestand  eine  totale  linksseitige  Facialislähmung 
und  sowohl  motorische  wie  sensible  Störungen  im  linken  Arm,  Der  rechte 
Rectus  sup.  und  Abdiicens  sollen  damals  gelähmt  gewesen  sein.  Nachzutragen 
wäre  noch,  dass  sämmtliche  Kinder  gesund  zur  Welt  gekommen  sind,  dass 
weder  Lues,  Potus,  Yergiftung,  Infektionskrankheit  noch  ein  Trauma  dem 
Leiden  vorhergegangen  war. 


302  Die  Ptosis  bei  der  Polioencephalomyelitis  aeata  und  sabacuta. 

Am  29.  September  konstatirten  wir  bei  der  sehr  anämischen  Frau  eint 
doppelseitige  Ophthalmoplegie  und  zwar  konnte  Patientin  mit  beiden  Augen 
nicht  nach  oben   sehen.     Ebenso  war   die   Bewegung   nach    unten  und  dit 
Fähigkeit  zu  Konvergiren  aufgehoben.     Mit  jedem  Bulbus   allein  vermocht!^ 
sie  noch  nach  oben,   nach  unten  und   nach  der  Seite  geringere  Bewegungen 
auszuführen.     Eine  Ptosis  bestand  nicht,  wohl  aber  eine   PupillendifferenL 
Die  linke  Pupille  war  doppelt  so  weit,  wie  die  rechte.     Beide  reagirten  deut- 
lich auf  Licht.    Daneben  zeigte  sich  eine  deutliche  linksseitige  Accommodations- 
parese.     Während  Patientin  Druckschrift  links  nicht  lesen  konnte,  Termodite 
sie  dies  rechts  und  erkannte  Finger  in  der  ganzen  Länge  des  Zimmers.    Bei 
der  Untersuchung  mit  dem  rothen  Glase  gab  Patientin  gekreuzte  Doppelbilder 
mit  Höhenabstand  an. 

Der  Augenhintergrund  war  beiderseits  normal.  Es  bestanden  weder  Schlack- 
noch  Sprachstörungen.  Gehör,  Geruch  und  Geschmack  waren  nicht  gestört.  Der 
Facialis  erschien  schlaff,  das  Gesicht  hatte  etwas  starres;  jedoch  konnte  es 
beiderseits  innervirt  werden,  wiewohl  der  rechte  Mundfacialis  schwächer 
erschien.  Im  Trigeminusgebiet  war  ausser  einer  Druckempfindlichkeit  an 
der  Austrittsstelle  des  N.  infraorbitalis  nichts  zu  konstatiren.  Femer  war 
unter  dem  linken  Unterkieferrand  ein  kleines  schmerzhaftes  Knötchen  vor- 
handen. 

Ganz  auffallend  war  die  Schwäche  der  Nackenmuskeln,  die  nicht  gespannt 
erschienen,  und  ferner  die  Klage  über  Schmerzen  im  Nacken  und  linken  Arm. 
Ganz  ähnlich  wie  1896  war  die  Streckseite  des  Unterarmes  etwas  geschwollen 
und  schmerzhaft  auf  Druck.  Die  Kraft  der  linken  Hand  war  deutlich  herab- 
gesetzt gegen  rechts.  Vorderarm-  und  Tricepsreflexe  waren  beiderseits  lebhaft. 
Die  taktile  Empfindung  war  in  allen  drei  Nervengebieten  des  Unterarmes 
herabgesetzt ;  dagegen  war  die  Schmerzempfindung  erhalten  bis  auf  eine  kleine 
Zone  auf  der  Mitte  der  Streckseite  des  Vorderarmes.  Atrophien,  fibrilläre 
Zuckungen  waren  nicht  vorhanden.  Druck  auf  die  Nervenstämme  war  links, 
speziell  in  der  Fossa  supraclavicularis  schmerzhafter  als  rechts.  Auf  Ataxie 
war  wegen  der  Schmerzhaftigkeit  nicht  zu  prüfen. 

Was  die  unteren  Extremitäten  betrifft,  so  war  die  grobe  Kraft  beider- 
seits normal.  Es  bestand  keine  Ataxie.  Die  Sensibilität  war  nicht  gestört. 
Die  Patellarreflexe  waren  beiderseits  gesteigert.  Fussclonus  konnte  man  auf 
beiden  Seiten  produziren ;  links  leichter  als  rechts.  Die  Plantarreilexe  waren 
beiderseits  gleich. 

Am  4.  Oktober  1898  war  links   eine  deutliche  Ptosis  zu  konstatiren. 

Die  Bewegung  des  linken  Bulbus  war  nach  oben  beschränkt ;  nach  aussen 
erreichte  der  äussere  Corncalrand  die  äussere  Kommissur  unter  nystagmus- 
artigen  Zuckungen.  Der  Blick  nach  innen  und  nach  unten  war  ebenfalls 
beschränkt. 

Der  rechte  Bulbus  konnte  nach  aussen  und  unten  noch  bewegt  werden, 
dagegen  nicht  nach  innen. 


Üie  rechte  Pupille  prompt.     1 
mehr  zu  koTistütiren. 

rEs  bestanden  gekreuzte  I>uppelbilder  nach  links.  Der  Augenliinter^nmd 
ar  normal.  Die  Papillen  erschienen  blass. 
Der  Hiindedruck  war  links  schwächer  gewortlen.  Wej^en  zu  gross^er 
chmerifihat'tii^keit  konnte  keine  elektrische  Untersuchung;  unf^estellt  werden. 
Patientin  war  auffallend  schläfrig,  hatte  einen  kleinen  l>eschleunigt.en 
Puls;  keine  Teinperatursteigerung,  keine  Schluckstönmgen,  siirach  sehr  leise 
und  klagte  über  Nackensch merzen. 

SiB  bekam  Xatr.  salicyL,  da^^  Üir  1896  von  grossem  Nutzen  gewesen 
war.  Am  5.  Oktober  war  Patientin  komatös,  hatte  Erbrechen  und  Puls- 
verlangsaniung. 

In  den  nächsten  Tagen  erholte  sie  sich.  Das  Salicyl  nmsste  ausgesetzt 
werden.  Am  13.  Oktober  war  der  Puls  96.  Patientin  war  immer  noch 
sehr  scldäfrig.  Die  linke  Lidspalte  war  noch  enger  als  die  rechte. 
Es  bestand  Strabismus  divergens  o.  d.  Die  rechte  Pupille  war  sebr  erweitert» 
während  die  linke  sich  beträchtlich  verengert  hatte.  Beiderseits  bestand 
reflektorische  L  i  c  h  t s  t  a  r  r  e ;  mehrmals  geprüft  auch  mit  Refl exsp iegel . 
Das  rechte  Auge  konnte  gar  nicht  nach  oben,  nicht  nach  aussen,  nicht  nach 
unten,  w^ohl  aber  nach  innen,  jedoch  nicht  ausgiebig  und  mit  nystagmischen 
Zuckungen  bewegt  werden. 

Das  linke  Auge  konnte  nicht  nach  oben,  schwach  nach  innen  und  nach 
unten,  besser  nach  aussen  unter  Nystagmus  bewegt  werden.  Patientin  konnte 
weder  konvergiren,  noch  nach  oben  und  unten  blicken.  Am  besten  nach  der 
linken  Seite  iiin.  Es  wurden  gekreuzte  Doppelbilder  mit  Hühenabstand  nach- 
gewiesen. Der  Augenhintergrund  war  normal.  Leber  Nackenschmerzen  klagte 
Patientin  nicht  mehr.  Sie  war  subjektiv  in  ganz  leidlicher  Stimmung,  fragte, 
wann  sie  aufstehen  könne.  In  Iiezielumg  auf  das  Sehen  fühle  sie  Besserung, 
ebenso  betreffs  des  Armes,  Der  Händedruck  links  war  sehr  herabgesetzt: 
der  Handrücken  war  etwas  geschwollen.  Die  Sensibilität  erschien  nicht 
wesentlich  alterirt.  Die  PatellarreHexe  waren  beiderseits  gesteigert;  links 
mehr  als  rechts.  Links  bestand  Fiissklonus,  rechts  nicht.  Auffallend  war 
die  fortwährende  Neigung  zu  .schlafen;  ferner  als  neues  Symptom  eine  links- 
seitige Parese  des  Mundfacialis,  Zungen-,  Schluck-  und  Kaubew^egung  war 
intakt.  Patientin  wurde  galvanisch  behandelt  und  möglichst  gut  ernährt: 
Milch  etc.     Am  15.  Oktober  stellten  sich  zum  ersten  Male  Schluckstörungen  ein. 

Am  16.  X.  bestand  doppelseitige  Ptosis.  Beim  Versuch,  die  Augen 
m  öffnen,  w'urden  beide  Frontales  inner\  irt.  Beide  Bulbi  waren  bewegungslos. 
Der  linke  stand  nach  aussen  in  der  Ecke. 

Die  rechte  Pupille  war  über  mittelweit,  die  linke  stark  verengt.  Beider- 
seits bestand  reflektorische  Licht  starre. 

Die  Untersuchung  war  sehr  erschwert  durch  die  Somnolenz  der  Patientin, 
die  Urin  und  Koth  unter  sich  liess.     Auf  eindringliches  Anrufen  speziell  von 


304  Die  Ptosis  bei  der  PolioencepIialoiDyelitis  acnta  und  sabacata. 

Seiten  ihres  Mannes,  dessen  Stimme  sie  besser  versteht,  kam  sie  den  Auf- 
forderungen nach :  so  bewegte  sie  die  rechte  obere  und  untere  Extremität  ganz 
gut,  hingegen  die  linke  obere  und  untere  Extremität  kaum  noch.  Patellar- 
reflexe  waren  beiderseits  vorhanden ,  rechts  schien  er  lebhafter  zu  sein  ak 
links,  wohingegen  links  noch  Fussklonus  auszulösen  war. 

Nadelstiche  wurden  überall  als  schmerzhaft  empfunden. 

Die  Verordnung  bestand  in  Einleitung  einer  Inunktionskur  und  in 
Fortsetzung  der  elektrischen  Behandlung. 

Fall  IL  Durch  die  Güte  des  Oberarztes  Herrn  Dr.  Sieveking  waren 
wir  in  der  Lage,  folgenden  Fall  mikroskopisch  zu  untersuchen,  den  wir  in 
vivo  nur  einer  kurzen  Untersuchung  unterziehen  konnten,  da  die  Sonmolenz 
der  Patientin  eine  sehr  tiefe  war. 

Am  15.  Dezember  1897  verlor  die  37  jährige  Frau  A.  das  Bewusstsein. 
Nachdem  sie  dasselbe  wiedererlangt  hatte,  konnte  sie  zuerst  nicht  scharf  gehen 
und  bekam  im  linken  Arme  ein  Gefühl  von  Ameisenlaufen.  Am  25.  Dezember 
wurde  sie  in's  Krankenhaus  Bethesda  aufgenommen.  Daselbst  konnte  eine 
doppelseitige  Ptosis,  wechselnde  Divergenz  der  Bulbi,  normaler  ophthal- 
moskopischer Befund  und  herabgesetzte  Kraft  im  linken  Arme  konstatirt 
werden.  Das  Sensorium  war  in  den  ersten  Tagen  leidlich  klar;  dann  ent- 
wickelte sich  eine  auffallende  Apathie,  welche  allmählich  in  Somnolenz  über- 
ging. Vom  6.  Januar  an  war  die  Patientin  soporös;  am  9,  Januar  fieberte 
sie  bis  38;  dabei  hatte  dieselbe  140  Pulse  und  20  Athemzüge  in  der  Minute. 

Am  10.  Januar  39®.     156  Pulse  und  28  Respirt^tionen. 

Am  11.  Januar  stieg  die  Temperatur  bis  40,6,  der  Puls  auf  156.  An 
diesem  Tage  trat  der  Exitus  ein. 

Als  bemerkenswerth  ist  aus  der  Krankengeschichte  hervorzuheben,  dass 
zuweilen  Andeutung  von  Nackenstarre  vorhanden,  und  der  Gang  in  den  ersten 
Tagen  etwas  taumelig  war.  Sie  verschluckte  sich  öfter;  die  Sprache  war 
erschwert,  undeutlich  und  in  letzter  Zeit  lallend.  In  Beziehung  auf  die  Sensi- 
bilität, die  Keilexe,  Sphinkteren,  konnten  keine  Störungen  nachgewiesen  werden. 

Auffallend  war  der  Wechsel  in  den  Erscheinungen,  besonders  hinsichtlich 
der  Augenmuskelstönmgen.  Als  wir  die  Patientin  sahen,  konnten  wir  eine 
doppelseitige  Ptosis  und  Ophthalmoplegia  exterior  konstatiren.  Die  Binnen- 
muskeln waren  frei.  Der  Augenhintergrund  zeigte  sich  normal.  Wegen  der 
Schläfrigkeit  der  Patientin  konnte  die  nöthige. eingehende,  speziell  elektrische 
Untersuchung  gerade  im  Hinblick  auf  die  Unterscheidung  von  der  asthe- 
nischen Bulbärparalyse  leider  nicht  vorgenommen  werden. 

Bei  der  Sektion  war  ausser  einem  ziemlich  reichlichen  Blutgehalt  des 
Gehirns  keine  wesentliche  Veränderung  zu  konstatiren.  Die  Pia  erschien 
zart,  ebenso  die  Gefässe  an  der  Basis.  Im  Rückenmark  zeigte  sich  weder 
eine  Erweiclmng  noch  Blutung.  Der  Himstamm,  der  N.  oculomotorius,  die 
Augenmuskeln,  speziell  der  Levator  palp.  sup.  wurden  einer  mikroskopischen 
Untersuchung  unterworfen.  Die  betreffenden  Stücke  waren  in  Müll  er  scher 
Flüssigkeit  gehärtet  worden. 


» 


Sit  Ptosis  b«i  der  Polioencephalomyelitis  acuta  und  aubacuta,  305 

Obwohl  die  Untersucbung  noch  nicht  abgeschlossen  ist,  so  hat  doch  die 
mikroskopische  Durchmusterung  der  Ociiloraotoriuskeniregion  bereits  so  inter- 
essant«  Details  er^^eben,  dass  wir  dieselbe  jetzt  schon  mittheilen  und  betrefts 
des  gewonnenen  Befundes  auf  den  am  Ende  des  I.  Bandes  erfolgenden  Kach- 
Btrag  venA^isen.  In  hohem  Grade  auffallend  war  die  ganz  ausserordentliche 
"  Erweiterung  der  Oefässe.  Arterien  und  Kapillaren  waren  strotzend  mit  Blut 
f  gefüllt.  Die  Lymph scheiden  der  kleineren  Gefiisse  waren  erweitert  und  prall 
H  mit  Rundzetlen  ausgestopft,  so  dass  im  Hiimatoxylinpräparat  Jedes  Gefäss 
^  von  einem  blauen  Rundzellenmantel  umhüllt  schien.  Meistens  waren  in  der 
Nähe  der  (ie fasse  Blutungen  von  verschiedener  Grösse  zu  konstatiren.  In 
einigen  Präparaten  lagen  dieselben  jedoch  auch  frei  im  Gewebe.  In  der 
Gebend  des  grosszelüg  lateralen  Kernes  waren  deutliche  Rundzelleninfiltrationen 
nacliziiweisen.  Die  Ganglienzellen  färbten  sich  sehr  schwer  und  waren  nur 
undeutlich  zu  erkennen;  manche  waren  aufgequollen,  hlass,  glasig  glänzend. 
Höchst  bemerkenswerth  zeigte  sich  das  Verhalten  der  Oculomotoriuswurzel- 
fasem.  Während  dieselben  auf  der  einen  Seite  bei  ihrem  bogenförmig  ge- 
schwungenen Durchtritt  durch  den  rothen  Kern  und  das  hintere  Längsbündel 
total  degenerirt  waren,  indem  sie  deutlich  körnigen  Zerfall  zeigten,  waren 
die  Wurzelfasem  auf  der  anderen  Seite  zum  grössten  Theil  normal;  nur  die 
medialen  Bündel  waren  degenerirt. 

In  der  Gegend  des  rothen  Kernes  und  des  hinteren  LängsbündelSj  w^ar 
die  üenissveränderung  beinahe  ebenso  stark,  wie  im  centralen  Höhlengrau. 
Daselbst  war  die  Hyperämie  der  Gefässe  mit  ihren  Rundzelleneinscheidungen, 
Hämorrhagien  und  Rundzellenanhäufungen  am  mächtigsten  entwickelt  Die 
Untersuchung  des  Levator  palpebr.  super,  und  des  N.  optic-  ergab 
normalen  Befund.  Die  Durchforschung  des  Pons  und  des  Rückenmarks  steht 
noch  aus. 

Jedenfalls  handelt  es  sich  im  vorliegenden  Falle  um  eine  hämorrhagische 
Encephalitis,  die  man  wegen  ihrer  Lokalisation  und  der  Art  ihres  Auftretens 
als  eine  akute  Poliencephalomyelitis  bezeichnen  muss* 

Ob  die  schon  frühzeitig  aufgetretene  Ptosis  in  diesem  Falle  fascikalärer 
und  nicht  nuklearer  Natur  war,  lässt  sich  nicht  entscheiden. 

In  den  angeführten  Fällen  von  sicherer  Poliencephalomyelitis  acuta  und 
subacuta  sehen  wir  bei  allen  eine  Ptosis  auftreten;  und  zwar  in  acht 
Fällen  doppelseitig  und  in  einem  Falle  einseitig.  In  unserer  ersten  Beobach- 
tung war  die  Ptosis  zuerst  auf  der  einen  Seite,  nachher  auf  beiden  Seiten 
konstatirt  worden.  Ferner  sehen  w^ir,  dass  bei  der  Poliencephalomyelitis 
acuta  ein  ähnlicher  Wechsel  der  Erscheinungen  vorkommen  kann,  wie  bei 
der  asthenischen  Bulbarparalyse.  Jedoch  unterschied  sich  derselbe  nach 
unseren  Erfahrungen  dadurch,  dass  die  Symptome,  speziell  die  Ptosis,  am 
Morgen  bei  der  asthenischen  Bulbärparalyse  geringer  entwickelt  war,  als  am 
Abend,  was  wir  in  unseren  Fallen  von  Poliencephalomyelitis  nicht 
konstatiren  konnten. 

Wilbrand- S&eD  ger,   Neurologie  dca  Auges.  20 


306  Die  Ptosis  bei  der  Polioencepbalomyelitis  acuta  und  mibacata. 

Ein  Hauptkriterium  in  der  Unterscheidung  beider  Krankheiten  dürfte, 
wie  auch  Oppenheim  hervorhebt,  in  dem  Verhalten  der  Muskeln  g^en  den 
elektrischen  Strom  liegen,  indem  deutliche  qualitative  Störungen  der  Erregbar- 
keit für  Polioencephalomyelitis,  die  myasthenische  Reaktion  jedoch 
für  die  asthenische  Bulbärparalyse  sprechen  dürfte.  Jedoch  darf  nicht 
vergessen  werden,  dass  auch  die  multiple  Neuritis  in  Beziehung  auf  die 
Erscheinungen  sehr  viel  Aehnlichkeit  mit  der  Poliencephalomyelitis  acuta 
haben  kann,  und  dass  sich  beide  Prozesse  miteinander  kombiniren  können, 
wie  sehr  wahrscheinlich  in  dem  Falle  K.  aus  unserer  eigenen  Beobachtung. 
Sehen  wir  doch  hier  bei  einer  Frau,  die  nach  einem  normalen  Wochenbett 
an  einer  Neuritis  und  Neuromyositis  medialis  erkrankt  gewesen  war,  zvei 
Jahre  darauf  die  Erscheinungen  einer  akuten  Poliencephalitis  sup.  et  inf. 
auftreten,  zugleich  mit  einer  schmerzhaften  Anschwellung  der  Muskeln  im 
1.  Radialisgebiet,  genau  so  wie  vor  zwei  Jahren.  Weil  infolge  der  grossen 
Schmerzhaftigkeit  eine  elektrische  Untersuchung  nicht  möglich  war,  und  die 
Patientin  noch  unter  Beobachtung  steht,  so  konnte  die  Diagnose  bei  einer 
Krankheit,  welche  täglich  noch  wechselt  und  vor-  und  rückschreitet,  zur  Zeit 
noch  nicht  mit  voller  Sicherheit  gestellt  werden. 

Wie  wir  früher  schon  erwähnt  haben,  liegt  in  der  Somnolenz  ein  beide 
Krankheiten  unterscheidendes  Merkmal,  indem  beinahe  in  allen  Fällen  von 
Encephalitis  in  der  Gegend  der  Oculomotoriusregion  die  Schlafsucht  ^  so 
hervorragendes  Symptom  bildet,  dass  Mauthner  sogar  daraufliin  seine  Theorie 
des  physiologischen  Schlafes  aufgebaut  hat. 


§  112.  Bei  keiner  anderen  Krankheit  finden  wir  den  Oeulomotorius  auf 
dem  langen  Wege  von  den  Augenuiuskeln  durch  das  Stamm-,  Wurzel-  und 
Kerngebiet  bis  zu  dem  t^upponirten  Riodencentrum  des  Levator  hin  so  häufig 
und  in  so  mannigfacher  Weise  aftizirt,  wie  bei  der  Lues  in  iliren  Spätformen 
und  in  dem  metasyphih tischen  Stadium  bei  der  Tabes  und  der  Paralyse. 

Wenn  wir  bedenken,  dasts  durch  gummöse  Neuritis,  durch  Meningitis, 
durch  Periostitis,  durch  Blutungen,  durch  Erweichungen  und  vorübergehende 
Emiibrungsstorungen  von  Seiten  erkrankter  Bhitgefasse,  femer  durch  gum- 
möse Tumoren  und  durch  primäre  und  sekundäre  Degeneration  das  Stamm-, 
Wurzel-  und  Kemgebiet  des  Oculoniotorius  sanimt  den  von  ihm  versorgten 
Muskeluj  sowie  das  Kindenfeld  für  den  Levator  und  dessen  Leitung  erkranken 
können,  so  wird  unser  Interesse  bei  dieser  Krankheit  nicht  allein  durch  eine 
solche  Mannigfaltigkeit  der  pathologischen  Aeusseningen  und  ihrer  Angriffs- 
punkte in  hohem  Grade  gefesselt,  sondern  noch  vielmehr  durch  die  Viel- 
seitigkeit der  klinischen  Symptome,  sei  es  aus  dem  Nervmuskelgebiete  des 
Oculomotorius  selbst,  sei  es  durch  Komplikation  derselben  mit  krankhaften 
Erscheinungen  anderer  gleichzeitig  durch  die  Syphilis  affizirter  Nerven- 
und  Gehimpartien, 

Ausserdem  sind  es  gerade  die  von  luetischen  Aflektionen  des  Oculo- 
motoriusstammes  bewirkten  klinischen  Symptome  einer  isolirten  Ptosis 
und  einer  isolirten  Ophthalmoplegia  exterior,  welche  die  für  gut  fimdirt 
gehaltene  Lehre  Mau thn er  s  (565)  von  den  Nuklearlähmungen  so  erschüttert 
haben,  dass  wir  zur  Zeit  weder  eine  stichhaltige  Definition,  noch  ein  gültiges 
diagnostisches  Moment  für  eine  supponirte  Nuklearlahmung  anzuführen  ver- 
mögen. Und  wenn  durch  eine  gummöse  Veränderung  lediglich  des  Oculomotorius- 
Stammes  eine  isolirte  Ptosis  als  einzige  Lahmungsfonn  von  Seiten  dieses 
Nerven  thatsächlich  beobachtet  wird,  so  darf  man  diese  diagnostische  Er- 
fahrung wohl  auch  auf  andere  Nerven  übertragen  und  wird  dem  v,  Grae  fe- 
schen Satze,  dass  die  Erkrankung  eines  Nei-venstammes  auch  eine  Lähmung 
aller  von  ihm  versorgten  Muskelgebiete  zur  Folge  haben  müsse,  nur  eine  be- 
dingte Gültigkeit  fürderhin    zuerkennen    w^ollen.     Zudem  möchte  wohl  keine 

Wilbrand-SAengcr,  Neurologie  des  Auges.    I.  Bd.  II.  AbtheUaiif.  21 


ä 


308  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

andere  Krankheit  bei  differential-diagnostischen  Erwägungen  so  häufig  in 
Betracht  kommen,  als  gerade  die  Syphilis  des  Gehirns  und  des  Rückenmaib. 
Wie  bei  den  seitherigen  Erörterungen  neben  der  Ptosis  auch  des  Zn- 
standes  des  Gesammtoculomotorius  gedacht  wurde,  so  werden  wir  audi  in 
diesem  Kapitel  der  Betrachtung  der  Levatorlähmung  die  Besprechung  der 
syphilitischen  Lähmungsformen  aller  Zweige  desNervus  oculomotorius  zu  Grande 
legen,  dabei  aber  jeweilig  die  Bedeutung  der  syphilitischen  Ptosis  in  klini- 
scher und  pathologischer  Hinsicht  besonders  hervorheben. 

§  113.  Bezüglich  des  Vorkommens  der  Oculomotoriuslähmung  bei  der 
Syphilis  finden  wir  in  der  ausgezeichneten  Arbeit  Uhthoff's  (566)  folgende 
Angaben:  Auf  167  Autopsien  von  cerebraler  Lues  kamen  Affektionen: 

des  optischen  Apparates  in 101  Fallen, 

der  Oculomotorii  y, 66       „ 

der  Abducentes  ;, 29       „ 

der  Trochleares  y, 6       „ 

der  Trigemini  ;, 25       „ 

Ferner  kamen  auf  259  Fälle  von  Himsyphilis  überhaupt  90  Affektionen  der 
Oculomotorii.  Hiervon  war  16  mal  die  Oculomotoriuslähmung  einseitig  mit 
gekreuzter  Körperlähmung,  37mal  bestand  eine  doppelseitige  und  37nuü 
eine  einseitige  Oculomotoriusparalyse. 

Eleneff  (567)  sagt  über  Augenmuskelstörungen  bei  der  Himsyphilis 
Folgendes:  „Oculomotoriuslähmungen  kommen  an  Häufigkeit  nach  den  Stö- 
rungen am  Sehnerven.  Sie  können  vollständig  und  unvollständig  sein.  Die 
Lähmung  der  interioren  Augenmuskeln  ist  häufig  bei  Syphilis  mit  Greistes- 
störung  verknüpft.  Unvollständige  exteriore  Ophthalmoplegie  kann  durch 
einen  Herd  am  Schädolgnmde  erzeugt  werden.  Einseitige  gemischte  Ophth&i- 
moplegie  (Symptome  von  interiorer  und  exteriorer  Ophthalmoplegie)  ist  sehr 
häufig  bei  Himsyphilis.  Die  Lähmung  anderer  Himnerven  ist  seltener.  Zu- 
nächst folgt  der  Abducens." 

Coli  ins  und  Wilde  (568)  stellten  141  Fälle  von  Ophthalmoplegie  zu- 
sammen.   In  ^/s  war  die  Ursache  Syphilis. 

§  114.  Im  Allgemeinen  gehören  die  Augenmuskellähmungen  zu  den  Spät- 
erscheinungen der  Lues,  wiewohl  dieselben  auch  im  Frühstadium  dieser  Krank- 
heit zur  Beobachtung  kommen  können.  Jedoch  fanden  Wi  Ihr  and  und 
Staelin  (569)  unter  200  sicher  konstatirten  Fällen  aus  der  Frühperiode 
keinen  einzigen  Fall  von  Augenmuskellähmung. 

S aenger  (699)  beobachtete  bei  einem  24jälirigen  Eutscher,  der  sich  im  Juni  1890 
inficirt  hatte,  fünf  Monate  später  eine  linksseitige  Ptosis;  femer  eine  Lähmung  des 
M.  rect.  int.,  rect.  in  f.  und  sup.  auf  der  linken  Seite.  Die  linke  Papille  war  etwas 
nach  oben  verzogen  und  weiter  als  die  rechte,  die  Lichtreaktion  war  bei  derselben,  ebenso 
wie  die  Sehschärfe  und  der  Augenhintergrund  in  Ordnung.  Acht  Tage  vor  Eintritt  der 
Ptosis  hatte  Patient  an  heftigen  Kopfschmerzen  gelitten.  Ungefähr  in  derselben  Zeit  bekin 
er  an  der  Streckseite  der  Unterschenkel  und  hinten  an  der  Haargrenxe  eine  AnxaU 
pustulöser  Knotensypbilide.    Ferner  Psoriasis  plantaris  dextr. 

Bei  energischer  antisjphilitischer  Behandlung  war  schon  am  5.  November  die  Ptosis 
bedeutend  zurückgegangen,   ebenso   die  Lähmung  des  Rect.   sap.  und  int.    Der  Beet  io^ 


Dl©  Ptosis  bei  der  cerebralen  Sjpbüiß. 


309 


war  noch  aitizirt.  Am  11.  Deiember  bestanden  noch  nach  rechts  hin  in  der  Horizontaleböno 
g«kreu2t6  Doppelbilder. 

Am  8.  Januar  1891  war  jede  Sti^nrog  an  den  Augen  verschwunden. 

Serebrennikowa  (703)  theilt  einen  Fall  mit,  wo  bei  einem  2Djährigen  Manne 
Inf  Monate  nach  sy pbilitiHcher  Infektion  sich  starke  Kopfschmerzen  einstellten 
ad  einen  Monat  darauf  das  linke  Auge  vollständig  erblin<lete  und  nach  weiteren  10  Tage» 
daa  rechte. 

Ausser  der  doppelseitigen  Amaurose  bestand  Oculomotoriustäbmang,  Olfactor iua- 
pare^e,  Parese  des  linken  Trigemiiiusastes.  Ophthalmoskopische  Veränderungen  fehlten  voll- 
ständig.  Tod  nach  18  Tagen  trotz  energischer  Kur.  Die  Autopsie  ergab  an  der  Gehirn^ 
tkAsis  zwei  gummöse  Neubild imgen,  von  denen  die  eine  grössere  (von  der  Grösse  einer 
Wallnuss)  gleich  hinter  dem  Chiasma  über  dem  Tractus  opticus  ainister  lag,  die  andere 
halb  so  grosse  mehr  rechts  gelegen  war.  Das  Taber  einer,  war  auch  von  dem  gi'össeren, 
theils  zerfallenen  Gumma  ergriffen. 

Wir  sind  ferner  in  der  Lage  folgenden  Fall  eigener  ßeohachtung  mit  Ptosis  und 
Augenmuskelläiimungen  aus  der  Frühperiodo  der  Lues  hier  anzuführen. 

A,  R.»  ein  SOjähnger  kräftig  gebauter  Mann,  hatte  sich  vor  10—12  Wochen  inficirt. 
fis  entsiand  ein  Ulcus  am  Penis  mit  Sekundärersebeinungen.  Seit  14  Tagen  Eecidiv  mit 
Ail88chlmg  an  den  Beinen.  Seit  vier  Tngen  Augenniuskelstörungen  auf  dem  linken  Auge  und 
Ptosis,  nachdem  er  bereits  seit  acht  Tagen  an  heftigen  Kopfschmerzen  gelitten  hatte.  Linka 
besteht  eine  Ptosis  mittleren  Grades  bot  Lähmung  des  Rectus  internus,  inferior  und  snperior. 
Die  linke  Pupille  etwas  nach  oben  verzogen  und  um  ein  geringes  weiter  als  die  rechte; 
sie  reagirt  jedoch  auf  Licht.  Sefaschfirfe  beiderseitig  normal,  ebenso  der  ophthalmoscopische 
Befund.  Schmierkur.  Yßllige  Wiederherstellung  nach  acht  Wochen.  Daa  übrige  Nerven- 
»jitem  war  volüg  normal  geblieben. 

J§  115.  Bekanntlich  offenbaren  sich  die  syphilitischen  Affektionen  theils 
als  entzündliche  resp.  hyperplastische,  theils  als  spezifisch  gummöse.  Auch 
geben  sie  Veranlassung  zu  rein  degenerativen  Vorgängen  im  Nervensystem. 
Wiewohl  nun  die  hereditäre  Lues  im  Allgemeinen  wenig  zu  Gehirnkrank- 
heiten disponirt,  so  werden  doch  klinisch  und  pathologisch -anatomisch  auch 
ganz  die  gleichen  Affektionen  des  Oculomotorius  bei  der  kongenitalen 
Syphilis  beobachtet.  So  unter  anderen  in  den  Fällen  von  Lepine  (570), 
Lawford  (571),  Gajkiewicz  (572),  von  Graefe  (573),  Chiari  (574), 
T  hier  seh  (575),  Zappert  (576)  und  Siemerling  (648). 

§  116.  Wir  treten  nun  der  Frage  näher,  in  welcher  Weise  sich  die 
gfpMlis  an  den  einzelnen  OerfliehkeiteB  des  oettlomotorischen  Neryniuskel- 
apparates  patUologtsi^h-anatamisHi   und   klinisch  zu   äussern  pfteg^t.     Aus 

Gründen  der  Zweckmässigkeit  beginnen  wir  mit  den  bezüglichen  Krankheits- 
zuständen  an  und  in  der  Orbita. 

a)  In  seltenen  Fällen  giebt  eine  für  sich  bestehende 

Tarsitis  laetica 

durch  chronische  indolente  Infiltration  des  Tarsus  mit  Schwellung,  Verlänge- 
rung und  Schwere  des  Lides  Veranlassung  zu  einer  Pseudo -Ptosis. 


21» 


310 


b\i^  Ptosiä  Itt'i  der  üerelirolen  Bypliills. 


h)  Die  Periostitis  des  AiigeiiliUhieii rundes  mit  ^iiintnösen  Wueherung^fl  in 

die  Orliita  liiueiin 

Als  eiüe  Lieblingsstelle  für  giinimöse  Tcriotitis  ist  vor  allem  hier  A& 
obere  Rand  der  Aiigenböhle  zu  erwähnen.  Eine  schmerzhafte  Gescbwuki 
wölbt  die  Haut  zwischen  Augenbraue  und  dem  Sulciis  orbito-palpebralis  sui»erior 

liervor  und  bewirkt  theils  durch 
Sehwcdhing  eine  verraehrtÄ 
Schwere  des  Oberlides,  theils 
durch  direkten  Druck  auf  das- 
.selbe  eine  leichte  Ptosik 
^^^^^^^^^^  In  Fig.  64  geben  wir  die 

I  ^^^^^^^^^^^Ä  Abbildung      eines       derartigen 

Falles: 

N.  N.,  sa  Jalire  alt,  Eäm 
liälterin,  hatte  mit  15  J«]if«B  mam 
Auäät^hlag  Liliff  Hea  ganjEeo  KStftf. 
Damals  auch  Fiiior,  sorisi  nickte 
von  Lues  zit  ertiiren.  Hait  iwesaii 
geboren,  dii^  Kinder  leiten  oocK  Hte 
Abort,  Patientin  klagte  wtii  Atm 
8ommtir  1898  üWr  Scbroerzeti  u 
der  rechten  Schläfe  tmeli  Kumm 
über  dem  rechten  Auge.  Im  Jdi 
1ÖU8  vert^chlimmerten  dich  di«aelto, 
auch  hing  seitdem  das  OI>erlid  «t«ai 
herunter  uod  zwar  des  Morgm 
stärker  als  des  Ahends.  Seit  J«B 
auch  zuweilen  Doppeltselien. 

St.  praes.  M&äsige  Ptosis 
recht».  Der  olfere  Lidraod  ist  ia 
seinen  äusseren  zwei  I>rtttelJi  w^ 
dru(!kempfiadlich  und  geachwolttxt. 
Der  tastende  Finger  fablt  njiter  dem 
Orbitahaiide  an  dieser  Stelle  em 
schmerzhafte  Yerdickung.  Beim  Blick  nach  oben  und  unten  hat  Patientm  gleichB&mift 
Doppelbilder  von  atypischem  Charakter.  Heim  Treppensteigen  Schwindel.  An  der  rediten 
Seite  des  Halses  besteht  seit  14  Tagen  eine  geschwollen©  Drttse  von  etwa  HaaelDUSfgTöax. 
Auf  der  Überlippe  einige  abgeheilte  Rbagaden.  8onat  alles  normal.  JodkalibeliaiidlDiig 
allein  blieb  erfi^lglos.     Erat  auf  ein  Traitement  mixte  ging  die  Geschwulst  rasch  xnrOck. 

Während  in  diesem  Falle  die  gummöse  Entzündung  des  Periosts  nock 
auf  den  Ürbitalrand  lokalisirt  gebheben  war  und  nur  durch  Druck  «od 
Schwellung  die  Beweghchkeit  des  Lides  imd  des  Bulbus  beeinträchtigt  hatte, 
zeigten  sich  die  schädlichen  Einwirkinigeu  in  der  Beobachtung  Schott's  (577) 
viel  ernster. 

Es  bestand  auf  dem  rechten  Auge  ein  Ejtopbthalmus  mit  flomhautgesehwQr  ful 
heideraeJta  Parese  im  Bereiche  mehrerer  vom  Oculomotorius  versorgter  Muskeln.  Zracte 
Bulbus  und  oberer  Äusserer  Orbital  wand  war  eine  derbe  (Teschwulst  fühlbar.  OpbtJiilB*: 
Abgelaufene   Neuritis,     Die  Sektion    zeigte   eiae    gummöse  Periostitis   der   ScbfldelkiiedbB 


FiK    VA. 

N.  N.  36  Jahre   alt.     Gummöee  Pertoitilis  um  nx'hteü 

oberen  äu»wren  Orbitalrand. 


Die  Ptosis  l>ei  der  cerebralen  Syphilis.  311 

Ent Wickelung   gummi>ser  Kuot^ii    iu    beiden   Orbitae,     Rechts  war  der  Rectus  eiiperior 
ie  ein  Tfaeil  des  Obliqnus  infeiior  in  iler  in  die  Orbitalbi^ble  hineingewucberten  gumm&seu 
Biie    iintergegaDgen.     In    der    linken  Orbita    ncbloss    ein    derber,    speckiger  Knoten    den 
Muftctilns  rectua  euperior  ein.     Es  handelte  sich  nni  ein  fünfjähriges  Kind. 

In  diesem  Falle  war  also  der  vom  Oculomotorius  versorgte  Muskel- 
apparat direkt  gummös  erkrankt. 

In  einem  schweren  Falle  vt»n  Walter  (644)  mit  doppelseitigem  Gumum  der  OrUital- 
liöhle  war  in  den  8cbuitten  überhaupt  gar  nichts  mehr  von  den  Augenmuskeln  zu  sehen. 
DieBelben  waren  v&lUg  in  der  gummcisen  Wucherung  untergegangen. 

Id  dem  von  Mracek  (645)  beobachteten  Falle  fand  wich  9—10  Monate  nach  einem 
üenitalgeschwtir  eine  syphili tische  Infiltration  des  Periosts  und  des  Zellgewebes  der  Augen- 
li5h]e,  Uebergreifen  des  Prozeases  auf  den  Obliqutis  inferior  und  Abducens,  W^eitersch reiten 
d^Bfielben  im  subkutanen  Zellgewebe  der  Lider  und  der  W&nge. 

Schmi  dt-Rira  pl  er  (581)  berichtet  über  einen  3^jäbrigen,  seit  aeht  Jahren  luetischen 
Mann  mit  Caries  des  Nasenbeins  und  Lähmung  sämmtlicher  Augenmuskeln. 

Aalfällig  bezüglich  des  Befundes  an  den  Oberlidern  ist  die  folgende  Beobachtung 
Mandelstamm' s  (646).  Bei  einem  vor  20  Jahren  luetisch  inflzirten  Manne  trat  ein 
doppelseitiger  Exophthalmus  mit  chemotischer  Schwellung  der  Skleralbindehaut,  Lähmung 
der  Bulbusbewegungen  und  rechterseits  Keratitia  neuroparalytica  auL  Beide  obere  Lider 
waren  daliei  wie  bei  Morbus  Basedowii  in  die  Höhe  gezogen»  so  d&.sshei  offenen  Augen  die  oberen 
Skleralpartien  unbedeckt  blieben.  Der  Kranke  vermochte  aber  noch  die  Lider  zu  schliessen* 
Nach  Quecksilberinjektionen  trat  Heilung  ein.  Die  Retraktion  der  Oheriider  blieb  aber  bestehen. 
Vielleicht  waren  hier  die  Levatores  durch  schwielige  Narben  verkürzt. 

Was  in  diagnostischer  Hinsicht  von  den  Orbitaltumoren  giltj  gilt  auch 
von  den  gummösen  Affektionen  des  Orbitalinbalts,  nur  dass  hier  der  Exophthal- 
mus und  die  Schwellung  meist  rascher  üur  Entwicktdung  kommen.  Die 
gummösen  Massen  beengen  den  Raum  der  Orbita,  sie  bedrängen  die  Nerven, 
durchsetzen  die  Muskeln  und  führen  dadurch  zu  Exophthalmus  und  zu  Be* 
we^gungsstürungen.  Ob  der  Levator,  und  wieviele  Bullnismuskeln,  dabei  in 
Mitleidenschaft  gezogen  werden,  hängt  von  der  direkten  Durchwachsung  der 
betreffenden  Muskeln  und  von  der  Starke  des  auf  denselben  lastenden  Druckes 
ab.  Auch  hat  man  dabei  zu  bedenken,  dass  nur  einzelne  zu  den  Muskeln 
hinziehende  Nen^enzw^etge  durch  gummöse  Massen  lädirt  sein  können.  Je 
mehr  nun  nach  der  Tiefe  der  Orbita  zu,  also  in  der  Spitze  des  Orbitaltrichters, 
die  gummöse  Wucherung  sich  entwickelt,  um  so  vollständiger  werden  alle  dort 
sehr  nahe  hei  einander  gelegenen  Nervten  und  Muskelansätze  (s.  Fig.  67)  von 
den  syphilitischen  Produkten  durchsetzt,  umlagert  und  erdruckt  werden  können* 
Theoretisch  muss  dabei  nun  die  eventuelle  Entwickehmg  einer  0|jhthalmo- 
plegia  exterior  bei  Freibleiben  von  Iris  und  Accommodation,  sow^ie  mit  Frei- 
bleiben von  Ptosis  zugestanden  werden,  und  zwar  bei  Fällen,  in  welchen 
eben  die  zum  Ganglion  ciliare  führenden  Nerven  für  die  inferiore  Angen- 
muskulatur,  oder  der  zum  Rectus  superior  und  Levator  führende  Ast  des  Oculo- 
motorius, sowie  der  Bauch  dieses  letzterwähnten  Muskels  freigeblieben  waren. 

Daneben  muss  jedoch  betont  werden ,  dass  die  Ptosis  auch  durch 
Schwellung  und  dadurch  vermehrte  Schw^ere  des  Oberlides  hervorgerufen 
werden  kann,  wenn  der  Abfluss   des  Blutes  im  Bereiche  der  Vena  ophtha!- 


812 


Die  Ptoisis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 


mica  und  deren  Anastomosen  mit    der  Vena  facialis  anterior  innerhalb  iW 

Orbita  behindert  worden  war  (siehe  Fig.  65). 

Ob    durch    isolirte    Perineuritis    und    interstitielle    Neurilii 

gummosa  die  einzebien  orbitalen  Zweige  des  Nervus  oculomotarius  und  da 

anderen  AugeDmuskelnenen 
fiir  sieh  allein  erkranken,  i*t 
zweilelbaft,  denn  hterl 
gehörige  SektioDsbefuiii 
fehlen,  und  etwa  beweifiemk 
Krankengescliichten,  wie  z.B. 
eine  Beobachtung  Donath's 
(621)  mit  kompleter  link^ 
tiger  Lähmung  des  Ocutoi 
torius,  komplizirt  mit  ei 
solclien  des  Nenrus  supnp 
orbitalis,  dürften  mit  dem 
izteichen  Keehte  auch  al^  ba- 
sale AttVfct innen  auf^ufa^^seo 
sein,  Dass  jedoch  nebeo 
basaler  gunimr)8er  AflFektioD 
auch  eine  mehr  selbststandig« 
gimiraöse  Entzündung  der 
kleineren  orbitalen  Nerren- 
zweige  in  der  That  beob- 
achtet   w^erden    kann,  «eigt 


sei- 

ii 

dfot 


Fig.  65, 

lOjähr.    Junge    mit    einern    von    ilf>r    meilialon    Flftclic   der 

Orhita  rtus^fgimifeiieii  Sj>iiHlehHlt'n*iit'kr»m,     SdiwflluDg  uoil 

Uvldit  Vcrfürbung  de«  Oberlide»  durcli  Blutfi^uung, 


folgender  Fall  Sieinerliog*» 

(578). 

Der  Ast  des  rechten  Ooilo- 

motorios  zum  Reetas  super.  ]km 
Perineuritis  che  Veranderung^uti^ 
kenoeD.  Die  Scheide  des  Nerven  war  atark  verdickt.  Nicht  so  erbeblicli  w«r  dit 
Wucherung  und  DegeTieration  in  dem  linken  Ocukmotorinö  mit  seinen  Aesten  «um  Bcetoi 
superior  und  inforior.  Durchweg  fand  «ich  eine  erhebliche  ioteratitieile  Wuchernng  nä 
Kemvermebmng  und  Afropliie  der  Nerven f äse m.  Unter  den  vom  Oculomotorius  versorgte« 
Angonniuskeln»  von  denen  der  rechte  Rectus  superior,  der  linke  Rectus  superior  und  inferior  m 
Untersuchung  kamen,  zeigten  einige  ganz  erhebliche  parenchymatöse  und  interstitielle  Ver^ 
änderuogen.  In  diesem  Falle  Siemerlin  g'a  bestand  eine  basale  gummöse  AfiekUoo,  die 
offenbar  Iflnga  der  Nerven  in  die  Orbita  hinein  und  dort  längs  der  Nerven^weige  wätm 
gekrochen  war. 

Bei  Fällen  von  Syphilis  mit  ausgesprochenen  Orbitalsymptomen,  welch« 
anfänglich  nur  vereinzelte  Augeumuskellähmungen  und  besonders  solche  aus 
dem  Bereiche  des  Oeulomotoriüs  zeigten,  muss  man  daher  vor  allem  einen 
basalen  Herd  vermuthen,  welcher  später  seine  Ausläufer  durch  die  Fi?snra 
orbitalis  in  die  Augenhöhle  hineingescbickt  hat. 

So  bestand  in  dem  Falle  Tresilian's  (588)  im  Beginn  des  Leidens  Ptosis  mit 
Abducenslähmung,  Kopfschmerzen  und  Erbrechen.    Allmählich  entwickelte  sich  eine  reehti- 


Die  Ptosb  bei  der  cerebralen  Syphilis. 


313 


settige  komplete  Ophthal moplegia  iatemr  und  exterior  mit  Amblyopie  und  leictliter 
AaÄathesie  des  rechten  Trigeininusgebiefcüs.  Vor  fünf  Jahren  Ln^s,  jetzt  Hautgummata. 
Besserung  durch  onliluetische  Kur.  Dass  dabei  wegen  der  ionigen  Nachbaricliaft  auch  der 
Nervus  opticus  meist  miterkraokt,  braucht  kaum  hesonders  hervorgehoben  zu  werden. 

Auch  wir  hatten  Gelegenheit  folgenden  hierhergebörigen  Fall  zu  heohachten.  Am 
2.  Dezember  1895  kam  ein  48jähriger  Mnnn  in  die  Klinik,  welcher  seit  14  Tagen  Über 
Schmerzen  in  der  linken  Gesichts  hälft«  Klage  führte,  eine  linkf^seitige  totale  Abducena- 
läbmuog  zeigte j  auf  beiden  Augen  aber  normale  Sehschärfe  und  dem  Alter  enlaprecbende 
Accommodation  aufwies.  Der  Augenspiegelhefund  war  beiderseits  uormaL  Eine  luetische 
Infektion  wurde  in  Abrede  gestellt. 

Am  20.  Januar  1896  war  zur  linken  Abduceusläbmung  noch  eine  totale  AnÜHthe.siti  im 
Bereiche  des  Unken  Trigeminua  hinzugetreten,  die  Sehschärfe  war  recbia  normal,  auf  dem 
Jinkca  Auge  auf  "  u  reduzirt.  Es  wurde  hier  Snellen  (0,6)  m\i  -f  1,0  noch  mühsam 
gelesen.  Die  Cornea  des  linken  Auges  war  jetzt 
getrübt  und  völlig  anästhetisch.  Auf  beiden  Augen 
WÄT  die  Fupillenreaktion  erbalten*  Am  13.  März 
1896  zeigte  sich  links  eine  vollkommen  «Ptosis 
mit  betrlcbtlicher  Protrusion  und  üubeweglicbkoit 
des  linken  Bulbus  (siebe  Fig.  66),  hei  leichtem 
Oedem  des  linken  Oberlids.  Auch  die  seitliche 
Partie  links  vom  Auge  war  etwas  geschwollen 
und  intiltrirt.  Das  linke  Auge  war  absolut  starr 
und  unbeweglich,  die  Coojunctiva  ^clerae  gerdthet 
und  geschwollen,  auf  der  Mitte  der  Hornhaut  zeigte 
öich  ein  tlacher  Substanz  Verlust  (Keratitis  neuro- 
paralytica).  Die  Oberfläche  der  übrigen  Hornhaut 
war  getrübt  und  völlig  unempfindlich  ;  die  Corneal- 
reflexe  völlig  erloschen.  Die  linke  Pupille  zeigte 
sich  nach  unten  und  nach  innen  hin  mit  der  vor- 
deren Linsenfläche  verwuchsen.  Die  Pupille  des 
rechten  Auges  reagirte  direkt  und  indirekt  nicht 
ganz  prompt  auf  Licht.  Patient  hatte  ein  Gefühl 
von  Schwere  im  linken  Auge  und  in  der  linken 
Gesteh tshälfte.  Es  bestand  Anästhesie  in  allen 
drei  Aesten  des  Trigeminus.  Linkerseits  schien 
die  Thränensekretion  aufgehoben  zu  sein.  Der 
linke  Facialis  war  in  allen  Zweigen  paretisch, 
es  bestand  aber  keine  Atrophie,  Das  Gaumensegel  hob  sich  gut.  Di»s  Gehör  und  die 
Kopfknochenleitung  war  linkerseits  bcrnbgesetzt ;  auch  wurde  in  letzter  Zeit  häufig  über 
Ohrreissen  links  Klage  geführt.  Der  ^ieruch  war  beiderseits  gut  entwickelt.  In  den 
vorderen  Zweidrittel  der  linken  Zungenhälfte  scliraeckte  Patient  nichts. 

Es  wurde  an  falls  weise  über  Schmerzen  in  der  8tirne  geklagt 

Die  Sehschärfe  dos  linken  Auges  war  stark  herabgesetzt;  der  Ophthal moakopiscbe 
ß«fand  wegen  Trübung  der  Hornhaut  nicht  zu  prüfen. 

Auf  eine  Schmierkur  wollte  Patient  sich  keineswegs  einlassen,  wiewohl  auf  gi'osse 
Dosen  JodkaU  eine  merkliclie  Besserung  eingetreten  war.  Das  linke  Oberlid  konnte  wieder 
etwas  gehoben  und  der  linke  Bulbus  etwas  nach  oben,  nach  aussen  und  nach  unten  wieder 
bewegt  werden.  Der  Exophthalmus  war  geringer  geworden.  Nach  eingetretener  Besserung 
hatte  sich  Patient  leider  unserer  weiteren  Beobachtung  entzogen. 

In  diesem  Falle  hatte  ofiVnbar  die  Krankheit  mit  einem  basalen 
gummösen  Prozess  begonnen,  und  waren  die  gummüsen  Massen  dureb  die 
Fissura  orbit-alis  i^nperior  in  die  Orbita  hinein  gekrochen.    Trotzdem  Patient 


Fig   66. 

H.    M.     Wiihrscheialich    huRale    gumm5se 

Neubildung  nach  der  FisKuru  orbitalk 

fortgewuehert. 


314 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 


in  Abrede  gestellt  hatte,  sich  luetisch  inficirt  zu  haben,  so  dürfte  aas  den 
so  rasch  erreichten  Erfolge  wohl  die  Diagnose  auf  basale  gummöse  Menis- 
gitis  mit  gummöser  Affektion  der  Orbitalgebilde  hier  gerechtfertigt  er- 
scheinen. Dass  bei  diesem  Falle  die  die  Carotis  umkleidenden  Sympathicos- 
fasern,  zumal  diejenigen  Aeste,  welche  den  oberen  Palpebralmnskel  der  linkea 

Seite  versorgten,  intakt  geblieben  sein  muss- 
ten,  hatten  wir  schon  auf  pag.  38  an  doi 
Figuren  12  und  13  hervorgehoben. 

Der  gammöse  Process  kann  aber  auch  den 
umgekehrten  Weg  nehmen,  primfir  in  der  Orbitt 
entstehen  und  durch  die  Fissora  orbitalis  in  die 
mittlere  Schftdelgrube  hinein  wachem,  wie  in  ebem 
Falle  von  Blessig  (647).  Bei  einem  vor  15  Jahren 
luetisch  inficirten  Manne  entstand  ein  rechtsseitiger 
Exophthalmus  mit  hochgradiger  Beweglichkeitsbe- 
schrftnknng  des  Bulbus  und  einer  Anästhesie  im  Be- 
reiche des  I.  und  IL  Astes  des  Trigeminns  mit  Eert- 
titis  neuroparaljtica.  Exenteratio  orbitae.  Enukleatioo. 
Rinen  Monat  darnach  Stauungspapille  am  linken  Auge. 
Somnolenz,  Tod.  Die  mittlera  Schädelgrube  von 
gummösen  Massen  ausgefällt,  die  von  der  Fissun 
orbitalis  superior  hereingewuchert  waren.  In  der 
Leber  alte  syphilitische  Narben. 

Wenn  der  gummöse  Prozess  in  der  Tiefe 

der  Orbita  die  Muskellähmungen  bedingt,  so 

wird  derselbe  bei  der  engen  Nachbarschaft  der 

motorischen  Nervenstämme  daselbst  (s.  Fig.  67) 

wohl  alle  Augenmuskelnerven  afficiren.    Aus 

dem  Grunde  spricht  auch  eine  isolirte  totale  Oculomotoriuslähmung 

bei  voller  Intaktheit    des  Trochlearis    und  Abducens  schon   a  priori  gegen 

eine  orbitale  Affektion. 

So  erzählt  Westphal  (590)  folgende  Beobachtung.  Ein  Patient  zeigte  rechts  Läh- 
mung des  Nervus  oculomotorias  in  allen  seinen  Zweigen.  Bei  der  Sektion  fand  man  den- 
selben umgewandelt  in  einen  derben,  unregelmässigen  Körper,  welcher  in  seinem  vorderen 
Theile  eine  leicht  grauröthliche  Beschaffenheit  besass.  In  seinem  Yerlaafe  durch  den  Sinus 
cavernosus  hatte  alsdann  der  Oculomotorius  noch  eine  sehr  geringe  Konsistenz  und  leicht 
gelbliche  Farbe.  Sonst  waren  noch  gummöse  Knoten  an  der  Oberfläche  des  Grehirns,  ond 
es  bestand  syphilitische  Periostitis  der  Kopf  knochen. 


Fig.  67. 

Orbita  frontal  halbirt.  Hintere  Hälft« 
derselben  mit  den  Muskeln  und  der 
Endausbreitung  des  N.  abducens  und 
des  N.  oculomotorius.  VI  N.  abdu- 
cens ;  ///  N.  oculomotorius ;  Vi  Erster 
Ast  des  Trigerainus.  Die  ovale  Scheibe 
an  der  medialen  Seite  des  Oculomo- 
torius ist  der  Durchschnitt  des  N.  op- 
ticus.    (Nach  Merkel.) 


c)  Die  gummöse  EntzUndung  der  Periorbita  in  der  Fissora  orbitalis 
superior  und  im  Gewebe  des  Sinus  cayemosus. 

§  117.  Geht  der  gummöse  Prozess  auf  das  periorbitale  Gewebe  über,  welches 
die  Fissura  orbitalis  superior  obturirt,  so  wird  diese  umschriebene  Entzündung 
sämmtliche  Bewegungsnerven  des  Bulbus  in  noch  grössere  Gefahr  bringen, 
weil  der  Oculomotorius,  der  Trochlearis,  der  Abducens  und  der  obere  Ast  des 
Quintus   hier  auf  engstem  Räume  zusammengedrängt  liegen.    Die  dabei  oft 


Vprlauf  der  bsftalen  Norvf'nBtjImme  (nneh  Merkel), 

der  Basis,    ihrem  Eintritt  in  die  Dura  mater  und  ihrem  Verlaufe  durch  den 
Sinus   cavernosus  und  die   Fissura  orbitalis  superior  befansen. 

§  118.  Es  ist  eine  beachtenswerthe  Eigenthiimlichkeit  der  Nerven  in 
der  mittleren  Schädelgrube,  welche  sowohl  bei  der  Beiu*theihing  von  Tumoren 
an  der  Schädelbasis  mancherlei  diagnostische  Fingerzeige  geben,  als  auch 
bei  Basisfraktnren  in  Frage  kommen  kann,  da  ss  dieselben  eine  weite  Strecke 
in  der  Dura  eingelagert  verlaufen  [s.  Fig.  Ö8  (Merkel  579)].  Nachdem 


316 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Sjrphilis. 


^^apit^sis 


beide  Oculomotorii  nahe  bei  einander  vor  der  Brücke  im  Baume  zwischen  den  beides 
Hirnschenkeln  in  konvergirender  Richtung  aus  dem  Gehirn  getreten  sind,  tct 
laufen  sie  zwischen  der  Arteria  cerebelli  superior  und  der  Arteria  cerebri 
posterior,  senken  sich  neben  der  Mitte  der  Sella  turcica  in  die  Dura  ein,  und  geha 
rasch  in  die  Tiefe,  sodass  das  sie  bedeckende  Durablatt  stärker  ist,  als  du 
unter  ihnen  liegende,  welch  letzteres  nach  dem  vorderen  Ende  des  Sirnn 
cavernosus  so  dünn  werden  kann,  dass  der  Nerv  frei  in  diesen  hineinzu- 
ragen scheint.  DerTrochlearis  und  Abducens  (IV  und  VI  Fig. 68)  schliessen 
sich  völlig  dem  vorgenannten  an. 

Die  Nervi  trigemini  und  Abducentes  sehen  nun  an  einer  geöfibeteo 
Schädelhöhle  aus  (Fig.  68),  als  wären  sie  Nerven  der  hinteren  Schädelgrnbb 
da  sie  sich  in  dieser  schon  in  die  Dura  einsenken.  Der  1.  Ast  des  Trigemiims 
verläuft  von  unten  nahe  an  den  beiden  anderen  nach  der  Fissura  orbitaüs 
superior. 

Der  Sinus  cavernosus  (Fig.  69)  schliesst  sich  dicht  an  das  feste 
Gewebe  an,  welches  die  Fissura  orbitalis  superior,  speciell    deren  medialen 

Theil    ausfüllt.      Seitlich 
'^°''''''*  lehnt     er    sich    an    den 

Türkensattel  und  erstreckt 
sich  rückwärts  bis  an  die 
Spitze  derFelsenbeinpjra- 
mide.  Er  ist  von  einer 
Menge  von  Bind^ewebs- 
balken  durchzc^n.  Die 
von  dem  sympathischen 
Geflecht  umhüllte  Ca- 
rotis interna  ist  völlig 
in  den  Sinus  eingelagert 
Sie  macht  hier  eine  frage- 
zeichenartige  KrümmnBg 

FrontaJsehnitt  des  Sinus  cavernosus.  IIl  N.  oculomotorius.  (Fis  68  n)  und  füllt  SO 
IV  N.    troehlearis.      VI  N.   abducens.      V\   V\   7»   die  drei       \  ^  ^  rp,    -i    J 

Aeste   des   N.    trigeminus    (nach   Merkel,    Topogr.  Anatomie       emen    groSSen    Iheil    des 

P^K-  71).  venösen  Sinns  aus.  Ausser 

der  Carotis  liegt  derNerms 
abducens  (VI  Fig.  69)  im  Inneren  des  Sinus  und  klemmt  sich  gewissennassen 
zwischen  die  Arterie  und  die  Wand  des  Sinus  hinein,  sodass  er  nur  mit  seinem 
unteren  Theile  frei  in  den  letzteren  vorragt.  Unmittelbar  auf  der  Arterie 
liegen  in  der  aus  Figur  69  ersichtlichen  Ordnung  der  Nervus  oculomotorius, 
der  Trochlearis  und  der  1.  Ast  des  Trigeminus,  doch  haben  sie  mit  dem 
Sinus  selbst,  wenigstens  in  der  Ebene  des  gezeichneten  Schnittes  wenig  so 
thun.  Sie  sind  in  der  Substanz  der  harten  Hirnhaut  selbst  eingeschlosseD. 
Am  anderen  Ende  des  Sinus  cavernosus  treten  dann  die  Nerven  didt 
zusammengedrängt  in  das  periostale  Gewebe  ein,  welches  die  Fissura  orbitilii 
superior  ausfüllt.    Nur  am  macerirten  Schädel  stellt  sich  die  letztere  ab  eise 


Fig.  69. 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  ^ypliiLia« 


317 


Jaffende  Oeftnuiig  dar;  in  dem  mit  Weichtheilen  überzogenen  Kopfe  ist  sie 
ch  durch  eine  sehr  feste  Bindegewebsmembran  verschlossen,  welche  aus 
fder  Verbindung  der  sich  in  der  Fissur  begegnenden  Periorbita  mit  der  Dura 
later  des  Gehirns  gebildet  wird.  Nur  eine  grössere  Oefinung  enthält  diese 
lembran.  Dies  Loch  ist  zum  Durchtritt  für  den  Nervus  oculomotoriuß 
Bstimmt  und  kann  den  Namen  des  Foramen  oculomotorii  führen.  Dasselbe 
iat  aber  bkis  an  der  medialen  oberen  8eite  in  der  unteren  Wurzel  der  Ala 
Orbitalis  des  Keilbeins  eine  knöcherne  Begrenzung;  Der  übrige  Theil  des 
[Randes  gehört  der  straften  und  scharf  gespannten  Periorbita  an,  welche  hier 
durch  knorpelartige  Festigkeit  und  geringe  Elasticität  sehr  geeignet  ist,  den 
Knochen  zu  vertreten.  Dieselbe  bildet,  da  dieses  Gewebe  die  Dicke 
|lfon  mehreren  Millimetern  besitzt,  hier  förmliche  Kanäle  für 
d  i  e  d  u r ch t r e t  e n d  e  n  N  e r v  e n.  Das  Foramen  oculomotorii  liegt  am  meisten 
medianwärts.  Durch  dasselbe  geht,  ausser  dem  Oculomotorius,  an  dessen 
unterer  lateraler  Seite  noch  der  Abducens,  während  der  Trochlearis 
durch  ein  eigenes  Kanaklien  hindurchtritt,  das  lateralwärts  vom  Foramen 
oculomotorii  an  dessen  oberen  Seite  gelegen  ist.  Neben  und  unter  dem 
Trochlearis,  am  meisten  nacli  aussen,  ist  die  Eintrittsstelle  des  Ramus  ophthal- 
inicus  Nervi  trigemini  (Vj  Fig.  69),  während  die  Vena  ophthalmica 
superior  unter  dem  Oculomotorius  und  neben  dem  Abducens^  nachdem  sie 
den  Sehnerven  gekreuzt  hat,  die  Orbita  verlässt  und  sich  mit  einer  Erweiter- 
ung in  den  Sinus  einsenkt. 

S  1 19.  Entzündet  sich  nun  dieses  die  Fissura  orbitalis  superior  abschliessende 
Gewebe  der  Periorbita,  so  kann  demnach  eine  ganz  umscliriebene  Periostitis 
die  schwersten  Folgen  nach  sicli  ziehen,  indem  die  durch  die  Fissur  hindurch- 
ziehenden Nerven  strangulirt  werden.  Ganz  derselbe  EflFekt  wird  natürlich 
erzielt,  wenn  eine  basale  gummöse  Meningitis  zu  dieser  Stelle  hin  fortwandert. 
Als  Symptomen  begegnen  wir  dann  einer  kompleten  Ptosis  mit  totaler 
exteriorer  und  interiorer  Ophthalmoplegie,  Unemptindlichkeit  des  Bulbus 
und  Erblindung  durch  Aftektion  des  in  der  nächsten  Nachbarschaft  der  Fissur 
durch  den  Canalis  opticus  austretenden  Sehnerven.  Häufig  gesellt  sich  auch 
Schmerz  in  der  Tiefe  der  Orbita,  Schwellung  des  Oberlides  (s.  Fig.  65)  und 
ein  leichter  Exophthalmus  hinzu.  Einen  charakteristischen,  hierhergehörigen 
Fall   theÜt  I.  Hutcliinson  jun.  (580)  mit. 

Bei  langdaucradem  Schmerz  io  der  Stirn  und  den  Schlafen  entwickelte  sich  mit  einer 
fast  kompleten  LähmuD^  des  Oculomotorius  unter  Vortreibung  dee  Bulbus,  Kongestion  d«s 
Oberlides  und  sturker  Sebstürung,  eine  Unbeweglicbkeit  des  BnlbuB.  Eine  cbroniscbe  Ent- 
zQndung  um  den  rechten  Sinus  cavernosus  hatte  Neuritis  aller  in  seiner  Wand  verlaufenden 
Nerven  bei-vorge rufen  und  den  Sinus  obliterirt.  Es  zeigte  sich  eine  theilweise  V^erstopfung 
der  Carotis  und  Anliithun^  der  Spitze  des  Schläfenlappens  an  die  Dura.  Sehr  wabröchejn- 
lieh  lag  Syphilis  dieser  Affektion  zu  Gmnde. 

Wie  aus  den   folgenden  Beobachtungen  hervorgeht,  stellt  die  Lues  das 
grösste  Kontingent  zu  den  Erkrankungen  in  dieser  Gegend. 

So  Wriehtet  Thompson  (583)  über  eine  vollständige  Lähmung  der  Augenmuskeln 
des  einen  Auges  mit  Anä.^the»ie  des  Bulbus  und  der  Haut  im  Bereich  des  Frontalis  bei 
leichtem  Exophthalmus,     Sehnerv  gerdthet    Heilung  nach  antisyphiiitiacher  Kur, 


318  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

Arens  (584)  sah  vollständige  einseitige  totale  Ophthalmoplegie  mit  Ptosis  bei 
Stimschmerz;  fast  vollständige  Amblyopie  der  gleichen  Seite.  Hcilang  durch  aotilueo- 
sche  Kur. 

de  Laca  (586)  fand  einseitige  komplete  Ophthalmoplegie  begleitet  voo  beftigti 
Neuralgien  im  Bereiche  des  I.  Astes  des  Trigeminns  bei  einem  Manne ,  der  sieh  vor  10 
Jahren  Lues  zugezogen  hatte,  ohne  dass  nachher  irgend  eine  syphilitische  BehandloBg: 
erfolgt  war.  Die  antilnetische  Kur  erzielte  Heilung  mit  Zurückbleiben  einer  mis- 
sigen  Ptosis. 

In  dem  Falle  Cooper's  (587)  begann  der  genannte  Symptomenkomplex  bereits  in 
achten  Monate  nach  dem  Auftreten  des  Primäraffektes.  Im  Laufe  von  vier  Wochen  wurdn 
nacheinander  ergriffen:  Der  Abducens,  der  I.  Ast  des  Trigeminus,  der  Trochlearis,  der 
Oculomotorius.    Heilung;  nur  der  Nervus  abducens  blieb  gelähmt. 

Auch  Kochon-Duvigneaud  (582) hatte  drei  einschlägige  Fälle  beobachtet, 
in  welchen  syphilitische  Periostitis  der  Fissura  orbitalis  superior  imd 
des  Foramen  opticum  vorhanden,  und  einen  Fall,  in  welchem  letzteres 
frei  geblieben  war.  Das  Krankheitsbild  der  Periostitis  dieser  Stelle  soll  sich 
nach  diesem  Autor  von  dem  einer  benachbarten  intrakraniellen  oder  orbitalen 
Erkrankung  dadurch  unterscheiden,  dass  die  Nerven  in  jenen  beiden  Löchern 
eine  ganz  besondere  Anordnung  hätten,  die  sich  weder  diesseits,  noch 
jenseits  wiederhole.  Ausser  dem  Oculomotorius,  Abducens,  Trochlearis  nnd 
Opticus  sei  nur  der  Ramus  ophthalmicus  nervi  trigemini  mit 
betroffen,  das  Gebiet  des  Infraorbitalis  bleibe  frei.  Im  Gegen- 
satz dazu  befalle  die  intrakranielle  Erkrankung  alle  Aeste  des  Trigeminns 
gleichzeitig,  sehr  selten  aber  alle  motorischen  Augennerven,  ohne  nicht  anch 
den  Facialis  oder  Acusticus  und  Hypoglossus  mit  anzugreifen.  Intra- 
orbitale  Leiden  seien  immer  mit  dem  Zeichen  eines  Orbitaltnmors  verbanden; 
der  Sehnerv,  wenn  mit  betheiligt,  zeige  Stauung  und  Atrophie. 

§  120.  Nicht  selten  kriecht  aber,  wie  früher  erwähnt,  eine  basale 
gummöse  Affektion  durch  den  Sinus  cavernosus  nach  der  Fissura  orbitalis 
superior  hin  und  in  dieselbe  hinein.  Wir  verweisen  hier  auf  den  von  uns 
pag.  313  beschriebenem  Fall  M.  und  auf  folgende  Beobachtung  Bernhardt 's 
(585) :  mit  Exophthalmus  einseitiger  totaler  exteriorer  und  interiorer  Augen- 
muskellähmung mit  Ptosis,  anästhetischer  Conjunctiva  und  Cornea,  intaktem 
Sehen,  aber  Parese  des  Facialis  der  gleichen  Seite.  Heilung  trat  nach 
antiluetischer  Kur  ein. 

Die  beiden  folgenden  Fälle  mit  Sektionsbefund  zeigen  ebenfalls  anfäng- 
lich eine  gummöse  basale  Affektion,  welche  im  weiteren  Verlaufe  in  die 
Fissura  orbitalis  superior  eingedrungen  war. 

So  berichtet  A.  v.  Graefe  (622)  über  einen  40jährigeo,  seit  12  Jahren  laetiscben 
Mann  mit  völliger  Lähmung  des  rechten  Ocalomotorins,  Trochlearis,  Trigeminns  and 
Abducens.  Weiterhin  trat  eine  Lähmung  des  linken  Oculomotorius,  des  Trochlearis  and 
des  rechten  Arms  hinzu  mit  zögernder  Sprache  und  Somnolenz.  Es  wurde  eine  bastle 
gummöse  Meningitis  um  beide  Optici  bis  gegen  die  Hypophysis  hin  gefunden.  Aach  an 
die  Arteria  basilaris  zeigten  sich  weiche  Granulationen.  Die  rechte  mittlere  Schädel- 
grübe  zwischen  der  Dura  und  dem  Knochen  war  mit  einer  gununösen  MasBe  aoageftUt, 
welche,  in  der  Gegend  des  Ganglion  Gasseri  am  dicksten  (vergl.  Fig.  68),  aich  neben  dem 
Opticus  ausbreitete,  den  IL  und  IV.  Nerven  drflckte,  den  Sinns  cavemoaos  anaf&llte  oad 
die  Carotis  daselbst  stellenweise  etwas  verengerte. 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis.  31  f) 

Hitsclimaiii]  (623)  beobAchtetc  bei  einem  Hypliilitiker  rechterseita  Lähmung:  des 
lervus  abduceua,  des  Trigeminiis,  des  0 1  f  a  c  t  o  r  i  u  s  und  F  a ci aU  s*  Im  weiteren  Verlaufe 
Ät  rechts  eine  Ptosis  und  eine  Keratitis  neuropftralytic»  auf.  Der  Tod  erfolgte  durch 
elbstmord.  Bei  der  Sektion  fand  man  die  Dura  entsprechend  dem  Clivus,  sowie  in  der 
loDeren  Hlilfte  der  rechten  mittleren  Schädelgrube  nnd  Über  der  Hinteraeite  der  linken 
Schläfenbeioppamide  stark  verdickt  durch  eine  grauweiBse ,  stellenweise  sulzige  Masse. 
Das  Ganglion  (jrasseri»  «owie  die  durch  dio  Orbitaltissur  tretenden  Nerven  waren  von  diesen 
Exsudatmassen  stnitf  uuiacheidet,  besonders  die  Aeste  des  Tri  ge  minus.  Mikroskopisch 
erschien  der  Nervus  abducens  in  einen  bindegewebigen  Ötrang  verwandelt.  Ferner  zeigte 
sich  im  IL  Trigeminuaaste  eine  totale  Degeneration,  eine  tbeil weise  im  rechten  Nervus 
o  c  u  1  o  m  0 1  o  r  i  a  s. 

Bemerk enswertb  ist  das  frühzeitige  Auftreten  einer  derartigen 
Affektion  in  der  vorhin  erwähnten  Beobachtung  Co  o  per 's  im  8.  Monate 
nach  erfolgter  Infektion.  Dass  bei  frühzeitigem  Eingreifen  diese  bedrohUdien 
Fälle  zu  völliger  Heilung  gebracht  werden  können,  zeigen  die  Fälle  von 
Thompson   imd  Arens. 

Eine  theil weise  Heilung  erfolgte  in  der  Beobachtung  Cooper's,  indem 
der  Abdncens  völlig  gelähmt  blieb. 

In  dem  Falle  de  Luca's  trat  völlige  Heilung  bis  auf  eine  zurück- 
bleibende Ptosis  mittleren  Grades  ein.  Dieses  Uebrigbleiben  einer  iso- 
lirten  Ptosis  bei  basale^  Erkrankung  des  Oculomotorius  in  der  Fissura 
orbitalis  superior  ist  eine  höchst  auffallende  Erscheinung,  wenn  man  bedenkt, 
da£6  der  ganze  Stamm  des  Oculomotorius  unter  der  gummösen  Meningitis  und 
Periostitis  gelitten  hatte.  Denn  entweder  wird  hier  die  Lähmung  durch  Neuritis, 
oder  durch  Druck  von  schwieligen  Massen  mit  nachfolgender  Atrophie  erzeugt. 

Bei  Erkrankungen  in  der  Fissura  orbitalis  ist  die  Ptosis  auf  der 
Hohe  der  Krankheit  stets  eine  komplete  und  ein  nie  fehlendes  Symptom 
von  Seiten  des  Oculomotorius. 

d)  Die  Ptosis  bei  den  basalen  syphilitischen  AlTektianeii  des  Nervus 

oculomotorius* 

§  121.  Auch  hier  sehen  wir,  wie  in  verschiedener  Weise  die  Leitungsfähig- 
keit  des  Nervus  oculomotorius  durch  die  luetischen  Neubildungen  bedrängt 
und  vernichtet  wird. 

Zur  Gewinnung  einer  besseren  Uebersicht  wollen  wir  zunächst  die  ver- 
schiedenen Formen  der  Erkrankungsweisen  dieses  Nerven  patho- 
logisch-anatomisch  gegliedert  und  mit  Beispielen  belegt  hier  vorführen ,  um 
dann  später  die  für  die  P  t  o  s  i  s  so  wichtigen  klinischen  Erscheinungen  prägnanter 
hen^orheben  zu  können, 

a)   Selbständig  auftretende    Perineuritis-    und    Neuritis    inter- 

stitialis  gummosa    eines   oder    beider     Oculomotoriusstämme 

während  ihres  intrakraniellen  Verlaufs, 

Die  einseitig  oder  doppelseitig  in  dem  Nerven  auftretenden  Veränder- 

Qagen  erweisen  sich  hier  als  völlig  selbständige,  von  den  Gefässen  ausgehende, 


320  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

kleinzellige  Infiltrationen,  welche  die  Nervenfasern  sekundär  zur  Atrophie 
bringen.  Die  aus  dem  Gehirn  hervortretenden  Oculomotoriusstämme  zeign 
meist  eine  härtliche,  graue  Verdickung,  welche  zum  Theil  in  der  Form  einer 
mehr  gleichmässig  cylindrischen,  zum  Theil  in  einer  umscliriebenen  spindd- 
förmigen  oder  knotigen  Anschwellung  sich  darstellt, ohne  dass  eine  ausser- 
halb des  Nervenstammes  gelegene  basale  gummöse  Affektion 
vorhanden  wäre.  Die  Scheide  des  Oculomotorius  ist  in  diesen  Fällen  mit- 
afficirt  und  von  ihr  aus  der  Prozess  in  den  Nerven  hineingewuchert.  Derselbe 
Prozess  setzt  sich  dann  nach  den  Angaben  Uhthoff's  (1.  c.)  in  derSubstuu 
der  Nerven  entweder  mehr  selbständig  fort,  um  zu  einer  richtigen  geschwükt- 
artigen  Degeneration  in  demselben  zu  führen,  ohne  dass  an  diesen  pro- 
pagirten  Stellen  auf  dem  Querschnitte  dann  die  Nervenscheide  mit  affizirt  zu 
sein  braucht.  An  einzelnen  Stellen  kann  es  auch  noch  zur  EIrweichung  im 
Nerven  selbst  kommen. 

So  zeigte  sich  in  der  Beobachtung  Glifford-Albutt's  (589)  der  rechte  Ocolomotorioi 
ungewöhnlich  gross  und  dick.  Es  wurde  sonst  noch  im  Gehirn  Geftsserkrankiiiig  und  vae 
gummöse  Geschwulst  in  der  Himsubstanz  gefunden. 

In  dem  pag.  314  erwähnten  Falle  WestphaTs  (590)  war  der  rechte  Nemu  oado- 
motorius  durch  gummöse  Neuritis  völlig  in  einen  derben  und  unregelmässigen  graarÖtUicki 
Körper  umgewandelt.  '    • 

Dizon  (591)  fand  bei  einem  Falle  von  linksseitiger  Parese  des  Oculomotorios  neben 
multiplen  syphilitischen  Geschwulstbildungen  in  verschiedenen  basalen  Himnerven  nod  d« 
Dura  eine  syphilitische  Geschwulst  im  linken  Oculomotorius.  Dieselbe  bestand  ans  maa 
röthlich  gummösen  Masse. 

Im  Falle  Bigg's  (592)  bestand  doppelseitige  Ophthalmoplegie  mit  Ptosis.  Nebei 
basilarer  gummöser  Meningitis  in  der  Gegend  des  Infundibulum  und  der  Fossa  Sylvü,  zeigte 
sich  ein  selbständiger  gummöser  Tumor  im  Oculomotoriusstämme. 

In  der  Beobachtung  Power's  (593)  waren  beide  Oculomotorii,  besonders  aber  der 
rechte,  stark  geschwollen;  daneben  wurde  ein  Gumma  der  Dura  über  der  rechten  Gehiin- 
hemisphäre,  syphilitische  Neubildungen  in  der  Umgebung  der  Arteria  fossae  Sylvü,  do' 
Optici  und  des  linken  Nervus  olfactorius  gefunden. 

Ormerod  (594)  sah  in  beiden  Oculomotoriis  eine  symmetrische,  spindelförmige  An- 
schwellung, weich,  von  röthlich-grauer  Farbe.  Daneben  bestanden  noch  YerftnderaogeD  der 
Arteria  basilaris.  Die  Beweglichkeit  des  linken  Auges  nach  oben  war  ganz  verloren.  Es 
bestand  hier  Ptosis,  und  das  Auge  war  ebenso  wie  das  rechte  nach  abwärts  gerichtet 

Endhch  zeigten  sich  in  der  Beobachtung  Eahler's  (595)  ebenfalls  die  beiden  Oculo- 
motoriusstämme in  ihrem  Ursprungstheile  grau,  verdickt  und  waren  härtlich  snzaf&hleD. 
Es  bestand  khnisch  eine  leichte  doppelseitige  Ptosis  und  Lähmung  derRecti  intemL 
Sonst  wurde  noch  syph.  Arteriitis  der  Basis,  multiple  Wurzelneuritis  und  Trflbong  mit  Ver- 
dickung der  inneren  Hirnhaut  beobachtet. 

Bei  allen  diesen  Fällen  sehen  wir  zwar  auch  andere  Partien  des  Gehirns 
luetisch  erkrankt,  wiewohl  doch  die  im  Oculomotoriusstämme  gefundenen 
Veränderungen  sich  als  selbständige  Perineuritis  und  interstitielle  Neuritis 
darstellten  und  zuweilen  in  einer  Weise,  dass  der  ganze  Stamm  des  Nerven 
in  einen  gummösen  Tumor  umgewandelt  zu  sein  schien. 


Die  Ftoais  bei  der  cerebralen  Sypbilia. 


321 


§  122.  ß)  Ivompressionsneuritis  und  Druckatrophie  durch  Exos- 
tosen, oder  gummöse  Neubildungen  an  der  BasiSj  welche  ent- 
weder direkt  den  Stamm  des  Nervus  oculomo torius  bedrängt, 
oder  durch  Fernwirkung  die  Leitung  in  demselben  unterbrochen 

hatten* 

So  war  im  Falle  Letiddt's  (596)  der  linke  Oculomotorius  ämxh  eine  die  linke  Hälfte 
d0fi  CMaaniD*«  eionebmende  Gummagescbwulat  beeinträchtigt  worden.  Daneben  bestand 
basale  gumtnüse  Meniogitis.  Das  linke  Auge  zeigte  PtosiSp  Läbmung  des  Rectutj  inferior 
und  superior.     Die  Unke  Pupille  war  weiter  als  die  rechte  und  roaktioosloa. 

Auch  in  Heubner's  Falle  (599)  waren  die  beiden  Ocalomotorii,  liesionders  liaks,  durch 
eine  gammdse  Gesell wnlst  am  Cbiasma  ausgebuchtet  und  gedrückt,  jedoch  nicht  entartet 
gefunden  worden. 

Bei  der  Beobachtung  Piok's  (597)  mit  totaler  Lfthmung  des  linkes  Oculomo  torius 
war  dieser  Nerv  durch  eine  gummöse  Geschwulst  im  linken  Pedunculus  cerebri  gediückt^ 
und  waren  durch  dieselbe  die  linksseitigen  Oculomotonua wurzeln  zerstört  worden. 

Doergens  (600)  beschreibt  einen  Fall,  bei  welchem  durch  einen  grossen  Gummi- 
knoten  an  der  Basis  des  rechten  Grosshirnschenkels  der  rechte  Oculomofcortua  durch  die 
Geschwulst  beeinträchtigt  worden  war. 

Im  Falle  Sieraerling's  (598)  fanden  sich  Gummata  im  linken  Linsonkern  und 
Thalamus  opticusr  von  dem  letzteren  iu  den  Hiroschenkel  hinein  sich  fortsetzend.  Der 
linke  Nervus  oculomotorius  zeigte  sich  durch  diese  Geschwulst  schwer  geschädigt,  die 
Fasern  desselben  waren  hochgradig  atrophirt.  Es  bestand  linkerseits  Parese  des  Oculo- 
motorius in  allen  seinen  Zweigen  mit  Einschiusa  der  interioren  Augenmnskulatur  und  des 
Levator  palpehrae  sup.,  rechts  waren  die  Augenhewegungeu  frei;  es  bestatid  aber 
reflektorische  Lichtstane  der  Pupillen, 

Während  in  diesen  Fällen  der  Oculomotorius  einem  direkt  auf  ihn  ein- 
wirkenden Drucke  gummöser  Neubildungen  erlegen  war,  finden  wir  in  den 
folgenden  Beobachtungen  seine  Leitung  zufolge  Fernwirkung  gummöser 
Turnoren  beeinträchtigt. 

So  waren  im  Falle  Fower's  (601)  die  basalen  HirDnerren  eämmtlich  gesund,  es 
bestand  aber  eine  Lahmung  des  linken  Oculomotorius  durch  Ferndruck,  indem  syphilitische 
Neubildungeu  in  beiden  GrossliirDhemisphären  eine  multiple  Nervenlähmung  der  linken  Seite 
und  zwar  des  1.,  *2,,  3.,  4.,  &.,  6.,  7.,  8.  und  12  Hirnnerven  bewirkt  hatten. 

Tn  einer  Beobachtung  Duchek's  (602)  fand  sich  ein  syphilitischer  Tumor  in  der 
linken  Varolsbrücke,  welcher  in  seiner  nächsten  Umgebung  die  Eirnsubstanz  erweicht  hatt  e 
£s  bestand  links  Ptosis.  Der  linke  Oculomotorius  war  durch  die  Geschwulst,  und  die 
sekundäre  Eiweichung  der  Umgebung  desselben,  in  Mitleidenschaft  gezogen. 

Wagner  (603)  veröffenthchte  einen  Fall  mit  Lähmung  des  linken  Oculomotorius, 
in  welchem  ein  zwischen  Turkensiittel  und  der  Spitze  des  Felsenbeins  gelegenes  Gumma 
den  linken  Oculomotorius  beeinträchtigt  hatte. 

§  123.  y)  Direkte  Läsion  des  Oculomotoriusstammes  an  der  Basis 
cranii  in  Folge  von  Einschnürung  durch  anliegende  sklerotische 
Arterien  (Arteriae  cerebri  posteriores,  Arteriae  cerebellares 
süperiores),  sowie  durch  Thrombose  kleiner  zuführender  ar- 
terieller Gefässe  zum  Nervenstamme, 

Hughlings  Jackson  (604)  berichtet  über  einen  Fall  von  Lähmung  beider 
Oculomotorii  als  frühestem  Symptom  hei  Gehirosyphilis.  Die  Sektion  zeigte  eine 
ausgedehnte  syphilitische  Erkrankung  der  Hirnarterien.    Beide  Arteriae  cerebri  posterioren, 


822  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

beide  Arteriae  cerebellares   and   beide   Oculomotorii   waren   allesammt   durch  eine  Maue, 
welche  die  Arterien  verdickte,  aneinander  geheftet. 

Heubner  (599)  sah  eine  ausgedehnte  syphilitische  ArterienerkrankuDg,  welche  oia- 
bar  vom  Ramus  communicans  sinister  post.  ausging.  Links  Oculomotorinslfthmaii;, 
syphilitische  Geschwulst  des  linken  Nervus  oculomotorius  und  Verwachsung  desselben  bü 
dem  Ramus  communicans. 

Ob  die  beiden  folgenden  Fälle  hierher  gehören  bleibt  dahingestellt,  weil  die  mik»- 
skopische  Untersuchung  fehlt.  Es  bestand  nämlich  in  dem  Falle  Greiff's  (606)  naä 
Ablenkung  des  rechten  Auges  nach  oben  und  aussen,  dann  trat  rechts,  später  auch  links, 
Ptosis  auf.  Bei  der  Sektion  wurden  die  beiden  Optici  etwas  schmal  geffuideo,  der  lisb 
hatte  graue  Flecken,  die  übrigen  Gehimnerven  zeigten  bald  rechts,  bald  links  auagedebiie, 
oder  auch  fleckige  graue  Degeneration.  In  den  Arterien  des  Gehirns  und  BOckea- 
marks  fand  sich  die  von  Heubner  beschriebene  luetische  Endarteritis. 

V.  Graefe  (607)  berichtet  über  ein  einjähriges  Kind.  Rechts  war  der  Nervus  optiai 
vom  Ghiasma  bis  zum  Bulbus  ein  Drittel  dünner  als  links.  Der  Oculomotorius  war  t«U- 
ständig  intakt.  Links  dagegen  war  der  Nervus  oculomotorius  um  die  Hälfte  dfinntf  als 
rechts  und  in  seinem  Verlaufe  nicht  regelmässig.  Es  wechselten  dickere,  opak  weiss  ms- 
sehende  Stellen  mit  dazwischen  liegenden  halsförmigen  Verdünnungen  ab,  innerhalb  weldici 
der  Nerv  zugleich  etwas  durchscheinender  als  im  Normalzustande  aussah.  Solche  Ver- 
dickungen bestanden  3—4  bis  zur  Fissura  orbitalis  superior.  Auf  einem  Durehsciimtte 
ergab  sich,  dass  dieselben  von  der  Nervenscheide  ausgingen,  und  dass  die  Nervenelemorte 
selbst  undeutlich  und  körnig  waren.  Im  linken  Corpus  striatum  und  in  der  rechten  Hemi- 
sphäre fand  sich  je  ein  Erweichungsherd. 

Man  könnte  nun  annehmen,  dass  die  fleckweise  Degeneration  des 
Oculomotorius  in  diesen  beiden  Fällen  durch  Obliteration  kleiner  artieller 
Zweige  aus  der  Pia,  welche  den  Nerven  ernähren,  bedingt  worden  sein  möchte. 
Andererseits  ist  aber  nicht  von  der  Hand  zu  weisen,  dass  hier  stellenweise 
eine  rein  primäre  Degeneration  im  Nerven  Platz  gegriffen  habe.  Den- 
selben Zweifeln,  ob  eine  mikroskopisch  im  Oculomotorius  gefundene,  fleckweise 
Degeneration  als  primärer  Schwund  der  Nervenfasern  analog  der  metasjphi 
litischen  Opticusatrophie  nach  Tabes,  oder  bedingt  durch  die  Alteration 
der  Gefässchen  des  Nerven  selbst  anzusehen  sei,  begegnen  mir  in  dem  folgen- 
den, von  uns  untersuchten  Falle. 

Ein  36jähriger  Patient  wurde  am  13.  August  1897  von  heftigen  Eopfischmerzen  iid4 
Schwind elgefUhl  befallen,  und  liess  sich  derselbe  von  seinem  Bureau  nach  Hanae  fahren. 
Bei  der  Ankunft  vor  seiner  Wohnung  wurde  er  bewusstlos  im  Wagen  aufgefunden  und  diber 
sofort  nach  einem  Krankenhause  gebracht.  Nach  mehreren  Standen  kam  er  wieder  za  siek. 
Gegen  Abend  konnte  er  allein  nach  Hause  gehen.  Sein  Hausarzt  konstatirte  am  folgendei 
Tage  eine  dentliche  linksseitigePtosis  und  eine  gewisse  Starre  des  Gesichtsausdmckes, 
sowie  eine  etwas  undeutliche  Sprache.  Beim  Herausstrecken  der  Zunge  zeigte  sich  eine 
leichte  Abweichung  nach  links.  Die  Gaumenmuskulatur  schien  etwas  trftge  sich  zu  bewegen 
Die  Pupillen  waren  relativ  eng  und  starr ,  die  Patellarreflexe  eher  gesteigert  Der  Gang 
schien  etwas  unsicher.     Roraberg  bestand  nicht. 

Vor  12  Jahren  hatte  er  sich  luetisch  inficirt  (Ulcus  darum)  und  war  in  Berlin  nü 
QuecksilberiDJektionen  behandelt  worden.  1—2  Jahre  später  traten  Sekundärerscheinanges 
auf.  1891  und  1892  will  er  leichte  Schwindelanfälie  auf  der  Strasse  gehabt  haben,  die 
aber  nur  einen  Augenblick  ohne  Bewusstseinsverlust  gedauert  hätten.  In  den  letzten  Jahreo 
wurde  er  öfters  von  starken  Kopfschmerzen  geplagt.  Dabei  veränderte  sich  sein  Wesefl; 
er  wurde  stiller.  Potus  wurde  negirt,  er  hatte  sich  aber  häafig  geistig  fiberangestrengt 
Bei  seiner  Aufnahme  im  alten  allgemeinen  Erankenhause  am  17.  August  bestand  PtoBis 


Die  rtosis  bei  der  cerebralen   Syphilis.  ^SS 

linken  Augee^  Sehacbürfe  links  "/n  (Emraetropie),  n?cbts  ■>  (— 3*5  Myopie),    Di©  Accom-  P 

odation  war  beiderseits  normal j  die  Pupillen  beide  gleicli  weit,  von  normaler  Reaktion. 
Bf  ÄugeBbintergtiind  und  die  brechenden  Medien  zeigten  Dichta  besonderes,  jedenfalls  keitid 
ef^sserkrankungen.  Die  Augenbewegungen  waren  norraiilp  bis  auf  die  iinkseeitige  Ptosis 
ad  nystflgmuBartige  Zuckungen  4ler  Bulbi  in  den  Endötellungon.  Ks  wurde  ferner  ein© 
Parese  des  rechten  Mundfacialis  gefunden,  die  Zunge  wich  uaeh  rechts  ab;  der  Druck  der 
rachten  Hand  war  schwächer  «Is  auf  der  linken  Seite*  Der  Patella rrefiex  konnte  rechts 
sisliwftcher  als  auf  der  Unken  Seite  hervorgerufen  werden«  Die  Sprache  war  undeutlich 
nticl  langsam.     Unter  Traitement  mixte  und  Bettruhe  erholte  sich  Falient. 

Am  22.  August  fiel  derselbe,  al»  er  gegen  die  tirztlicbe  Anordnung  aufgestanden  war, 
plötzlich  bewusstlos  nieder.  Etwa  zvrm  Stunden  später  waren  die  Pupillen  ungleich,  die 
rechte  weiter  aU  die  linke,  beide  erweitert  und  reaktionsloa.  Patient  hörte  wohl  auf  Anruf, 
vermochte  jedoch  weder  die  Augen  zu  öffnen,  noch  zu  sprechen ,  sondern  deu tete 
nur  mit  seiner  rechten  Hand  auf  seinen  Mund  und  seine  Wange  zunx  Zeichen,  dasa  er 
nicht  mehr  sprechen  könne.  Dabei  war  die  rechte  Naaülahialfalt©  stärker  verstrichen 
als  vorher.  Patient  wurde  nun  ziemlich  schnell  ganz  unhesiunlich^  die  Herzaktion  war 
beBchJennigt  (lb'8  in  der  Minute,  JJ8,5");  die  Athmung  wurde  zuerst  unregelmäasig,  setzt© 
9cbliess)ich  ganz  aus,  während  das  Herz  noch  weiter  schlug;  das  Gesicht  wurde  cyaDOliBch 
Es  erfolgte  der  Exitus. 

Sektion  (Oberarzt  Hr.  Dr.  E n g e l  R e i m e r  s) :  Das  Schädeldach  zeigte  frische  Oateo- 
phytenbildnng  längs  des  Sulcus  longitudinalls,  ausserdem  geringe  Verdickung  im  Stirntheit; 
die  Diploe  daselbst  kompakt »  an  den  tlhrigen  Schädelmapsen  sehr  blutreich.  Die  Nfibte 
pÄmmtlich  offen.  Die  Dura  mater  war  mit  dem  Schädeldache  nirgends  verwachsen  und 
zeigte  (iberall  eine  glatte  Oberfläche.     Im  Lätigsblutleiter  dunkles  fitlssiges  Blut. 

Nachdem  die  Dura  über  der  linken  Hemisphäre  erdfTnet  war,  fliesst  nnter  derselben 
reichlich  dunkles  flüssiges  Blut  aus.  Femer  liegt  zwischen  ihr  und  der  Pia,  die  ganze 
linke  Hemisphäre  bedeck end^  eine  etwa  fingerdicke  Schicht  weichen  dunkelen  Cmors,  Die 
Innenfläche  der  Dura  erscheint  in  toto  zottig  und  schliesst  zwisichen  den  Zotten  und  Paeudo- 
naembranen  theils  grössere  klumpige  Gerinnsel,  theils  kepillSre  Blutungen»  frischeren  und 
älteren  Datums  ein  Die  grossen  Gerinnsel  haften  an  der  Dura  fest  und  lassen  sich  nicbt 
abspQlen.  Pachymentngitis  interna  baemonhagica.  Ceber  der  rechten  Hemisphäre  ist  die 
Dura  glatt  und  zeigt  nichts  besonderes.  Die  Pia  mater  links  leicht  blutig  suffundirt;  rechts 
treten  deutlich  strichförmige,  weipslicbe  Trübungen  längs  der  Gefäsae  hervor  (Leptomeningitia 
chronica),  die  Arachuoidea  ist  diffus  getrübt 

Die  linke  Hemisphäre  zeigt  eine  flache  und  muldenförmige  Vertiefung,  besonders 
über  der  Gegend  der  Centralwindungen.  Die  Windungen  der  rechten  Hemisphäre  sind  ein- 
fach platt  gedrückt  und  durch  den  Druck  des  linksseitigen  Hämatoms  gegen  die  innere 
Schädelfläche  angedrängt.  Nachdem  das  Gehirn  herausgenommen,  zeigt  sich  auch  die  Dura 
der  Basis  in  der  vorderen  und  mittleren  Schädelgrube  in  erheblichem,  die  der  hinteren  in 
geringerem  Grade  von  der  Pachymeningitis  baemorrbagica  ergriffen ,  d,  h*  mit  rostfarbenen, 
an  vielen  Stellen  grösseren,  ältere  und  frische  Blutungen  einschlie spenden  Pseudomembranen 
bedeckt.  Die  Vena  Galeni,  die  Sinus  transversi,  der  Sinus  cavernosus,  die  Arteria 
meningea  media  sind  frei. 

An  der  Basis  des  Gehirns  findet  sich  zunijchat  eine  Verdicknng  des  Piagewebes, 
eine  intensive  milchige  Ti Übung  der  Arachnoidea  um  daa  Cbiasma  herum  und  an  den 
Sylvi'schen  Gruben;  ferner  sind  ziemlich  ausgedehnte  fitheromatöse  Plaques  arj  der  rechten 
Wand  der  Arteria  basilaris,  aowie  an  der  rechten  Carotis  vorhanden.  Das  Lumen  der 
Arterien  ist  iin  den  n t her oma tosen  Stellen  Übrigens  nur  unerheblich  verändert,  und  die 
übrigen  Gefässe  sind  überall  zart. 

Der  linke  Oculomotorius  erscheint  in  toio  sehr  deutlich  abgeplattet  und  zeigt 
etwa  ^»  cm  nach  seinem  Austritt  in  seinem  Verlauf  zwei,  einige  Millimeter  von  einander 
entfernte,  etwa  ötecknadelkopfgrosse  filtere  Blutungen. 

WiMirand-Sftenger,  Ntturolo^e  dcui  Aagcs.    I,  Bd.     II.  Abtbaiinng.  22 


I 


331 


Die  Ptosis  bei  dor  cerebralen  Syphilis. 


Das  Tuber  cinereum  wölbt  sich  hRlbkugelis  nach  unt-en  vor,  imd  es  flJMsl  wnim- 
selben  beim  Abschneidea  des  lofundibulum  reichlich  Cerehrospinalfidssigkeit  atia.  Bäa 
Zerlegen  dea  üebirna  fanden  sich  keine  Herde,  wohl  aber  Anämie  der  weissen  Sv^ttau. 

Die  Seiten  Ventrikel  waren  erweitert  und  enthielten  eine  ziemliche  Menge  serTtiirt^, 
klarer  Flüssigkeit,  Die  Ventrikel wandung  war  leicht  verdickt,  das  Ependym  am  vordetci 
Schenkel  des  Fomix  granuUrt-  Der  dritte  Ventrikel  sehr  Btork  erweitert  (dem  vorgpringcii- 
den  Tuber  cinereum  ent8|irGchend),  der  vierte  Ventrikel  erweitert»  das  Ependym  stark  gnm* 
lirt.  CalaniuB  scriptorius  flach  gedrlickt,  Btnae  acusticae  deutlich«  In  den  grasaeo  Gsoilin, 
dem  FonB,  der  Medulla  oblongata  keine  apoplektiscben  Herde. 

Ausser  emer  leichten  Atberomatose  der  Aorta,  sowie  der  Aortenklappen  bot  ik 
übrige  Sektion  nichts  Bemerkenawerthes  dar. 

Von  Herrn  Dr.  Hahn  wurde  dieser  Fall  in  der  deutsch,  medizinLgctieii 

Wochenschrift  1895  Nr.  6  unter  dem  Titel;  Ein  Fall  von  Haematoma  diiiie 

matris  auf  luetischer  Basis  pablizirt. 
Herr  Oberarsst  Dr.  Engel  Rei- 
mers hatte  die  Güte,  uns  den  Oculo- 
motortus  und  das  Chiasma  zur  mikm- 
skopi sehen  Untersuchung  zu  überUssoL 
Dieselben  wurden  in  MüUer'scher 
Flüssigkeit  gehärtet  und  nach  ver- 
schiedenen  Metlioden  gefärbt. 

Mikroskopische  UntersachaBg: 
Die  Untersuchung  des  Chtasmaa  setgte  äf 
Pia  an  einer  Längsseite  ganz  erhehlirh  ver- 
breitert;  die  Verdickung  war  am  betridii- 
liebsten  über  der  Mitte  des  Chiosmafi  oad 
nahm  gleich  massig  nach  den  Seiten  bis  »k 
Dieselbebestand  aus  mehreren  Lagen  fasengflü 
Bindegewebes,  in  welchen  in  einigen  Prip*n- 
ten  eine  deutliche  Zunahme  der  zelligeo  Ele- 
mente zu  entdecken  war.  Ferner  wurde  ein 
aufFalleuder  Heichthum  an  Gefässen  kousta* 
tirt,  von  denen  einige  deutlich  Terdicktt 
Wandungen  zeigten. 

An  einer  Stelle  im  Chiaama  fand  sid 
ein  peripherischer  Saun»,  welcher  an  Weigert- 
Präparaten  sehr  bell  erschien  in  Folg«  6it 
Uuterganga  von  Nervengewebe.  Dies«,  o^* 
benchriebene  Veränderung  der  Pia  war  jeden 
falls  als  eine  cbronisch-entziind liehe  tu  h& 
trachten  f  die  jedoch  nirgends  gerade  doeia 
gummösen  Charakter  darbot.  Im  Ocalorno- 
tOfitiBitamm  zeigte  sich  auf  allen  Präparaten  eine  ausgesprochene  Degeneration  in  mehrein 
Bündeln  (s,  Fig.  70).  Zwei  am  Rand  gelegene  enthielten  nur  nocb  eine  sehr  gering«  Aan^l 
markb  altiger  Nervenfasern;  in  vier  l>eQacbbarten  Bündeln  ist  die  FaserdegeneratioD  gtrinpf- 
Während  die  Hüllen  des  Oculomotorius  nicht  verändert  erscheinen»  ist  im  Ocolooiotiona»' 
stamme  selbst  eine  so  auäserordentliche  Fllllung  und  Zunahme  der  (iefäase  Torhaii^esi,^ 
dass  man  geradezu  von  einer  tele&ngiek tatischen  Veränderung  des  Nerven  sprechen  köontl 
Die  tJntersuchung  etwas  grösserer  Basalgefä'^se  ergab  in  manchen  ganz  erhcblieli 
Veränderungen,     An  einzelnen  Stellen  bestand  eine  so  hochgradige  Wucherang  der  IdühiI 


Fig.  70. 

QuiTschnUt  durch  den  Oculomotorius  unmitt^d- 
l>»r  tiach  Heijiem  Ausritt  aus  dem  Peiluneuliis. 
NebfMiaa  reebt»  ein  vehiudertest  (leHuJä.  lii  der 
oberen  Partie  des  Nervca<[ucrHebnittH  jalilreieb^ 
tlejtjpnerirte  Nervenbündel, 


Die  Ptosis  bei  der  cerebr&len  SyphiJiö,  325 

las  daä  Lumen  sehr  bedeutend  reduzirt  ersclüen.    An  anderen  Stellen  war  eine  kleinzellige 
Dfiltration  und  Verdickung  der  Ad^entitia  zu  koustatiren. 

Dass  es  sich  im  vorliegenden  Falle  um  lüctisclie  Folgezustände  imrt 
Teräederungen  handelt,  dürfte  aus  dem  anatomischen  wie  klinischen  Befunde 
lit  Sicherheit  hervorgeli^n*  Denn  wenn  auch  die  Veränderungen  in  den 
leniogen,  im  Ocnlomotorius  und  den  Gefässen  gerade  nichts  für  Syphilis 
jsohit  Specitisches  an  sich  trugen,  so  ist  doch  eine  derartige  Endarteriitis 
bbliterans  hei  einem  36jährigen,  sicher  luetisch  gewesenen  Menschen,  eiri 
Vorkommen,  das  hei  weitem  ara  häufigsten  eben  bei  Syphilis  konstatirt  zu 
werden  pflegt. 

Nehmen  wir  nun  noch  die  klinische  Beohachtung  dazu,  m  handelt  es 
sich  kurü  resümirt  um  einen  36jährigen  Mann,  der  sich  im  24,  Jahr  infizirt 
und  in  den  folgenden  2  Jahren  Sekundärerscheinungen  hatte.  7  Jahre  später 
traten  hie  und  da  Schwindelaniälle  auf*  1  Jahr  später  fiel  Patient  hewusstlos 
um.  Es  wurden  Ptosis,  langsame  Sprache  und  verändertes  Wesen  konstatirt. 
Nach  vorübergehender  Besserung  stürmte  er  bewusstlos  zusammen  und  starb. 
Als  Todesursache  wurde  ein  Hämatom  der  Dura  mater  gefunden. 

Wenn  auch  letzteres  hei  Hinisyphilis  ausserordentlich  selten  vorkommt, 
so  ist  der  Verlauf  der  Krankheit  um  so  charakteristischer:  das  Alter,  der 
prodromate  Kopfschmerz,  der  Schwindel,  die  Veränderung  des  Wesens,  die 
Anfälle  von  Iknvusstlosigkeit,  die  veränderte  Sprache  und  die  Ptosis. 

I>as  Interessanteste  war  nun  in  unserem  Falle  die  durch  die  mikro- 
skopische Untersuchung  erwiesene  partielle  Degeneration  im  Oculo- 
m  o  t  o  r  i  u  s  s  t  a  m  m  e . 

Es  drängt  sich  hierbei  nun  die  Frage  in  den  Vordergrund,  ob  es  sich 
bei  dieser  Beobachtung  um  eine  primäre  Kerndegeneration  mit  sekundären 
Veränderungen  im  Oculomotoriusstamme,  oder  um  eine  primäre  periphere 
Degeneration  der  Nervenfasern  handelt,  als  deren  gewöhnlichste  Ursache  bei 
der  Lues,  wie  wir  im  folgenden  Abschnitte  sehen  werden,  die  Kompression 
durch  eine  basale  gummöse  Meningitis  angesehen  wird. 

In  vorliegendem  Falle  aiier  zeigte  das  Mikroskop  die  HüJlen  des  Ocn- 
lomotorius nicht  verdickt,  und  es  konnte  spezieil  von  einer  gummösen  Infil- 
tration hier  nicht  die  Rede  sein.  Dagegen  bestand  eine  so  auffallende  (iefäss- 
Veränderung,  welche  theils  in  ausserordentlich  jiraller  Füllung  derselben,  theils 
in  Gefässneubildung,  und  endlich  in  Alterati(m  der  WandnuL'en  ihren  Ausdruck 
fand,  dass  es  nahe  liegt,  bierin  die  Ursache  der  parencliyiiiatiisen  Degeneration 
im  Nerven,  die  nirgends  einen  entzündlichen  Charakter  zeigte,  zu  suchen. 
Es  würde  sich  dann  um  eine  in  Folge  von  (iefassalterationen  bedingte 
Nekrobiüse  der  Nervenfasern  handeln.  P^ndlich  dürfte  eine  andere  Erklärung 
nicht  ausser  Acht  gelassen  werden,  dass  nämlich  die  Möglichkeit  einer 
parasyphilitischen  Degeneration  vorliegen  möchte,  eines  ähnlichen  Vorgangs, 
wie  bei  den  Degenerationen  der  Tabes  dorsalis.  Sind  doch  in  jüngster  Zeit 
eine  ganze   Reihe  von  Tahesfällen  publizirt  worden,    bei  denen  sich  neben 

2r 


326  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

tabischen  Degenerationen  oft  syphilitische  Veränderungen  vorfanden,  so  von 
Oppenheim,  Dinkler,  Eisenlohr  u.  A. 

Wenn  wir  auch  bei  dem  Mangel  der  Untersuchung  der  Ocalomotonur 
kemregion  die  vorhandene  Ptosis  nicht  mit  absoluter  Sicherheit  auf 
die  gefundene  periphere  Affektion  allein  beziehen  können,  so  liegt  dodi 
ein  hoher  Grad  von  Wahrscheinlichkeit  für  deren  ursächlichen  Zusammen- 
hang mit  den  erwähnten  Veränderungen  im  Oculomotoriusstamme  vor. 

Dem  mikroskopischen  Befunde  bei  diesem  Falle  ähnelt  am  meisten  ein 
Befund  Siemerlings  (674),  bei  welchem  die  Funktion  des Oculomotorius  intakt 
gefunden  wurde.  Die  mikroskopische  Untersuchung  der  Nervenstamme  üess 
an  einer  Stelle  eine  reichliche  Gefässwucherung  erkennen,  und  im  Kenen 
konnte  bis  in  die  Endzweige  im  Muskel  eine  Anzahl  atrophischer  Nerrenfasern 
nachgewiesen  werden.  In  vielen  anderen  Fasern  zeigte  sich  auf  dem  Quer- 
schnitte das  Mark  ohne  konzentrische  Schichtung,  und  die  Achsencylinder 
verhältnissmäsig  sehr  klein. 

d)  Die  Ptosis  bei  der  basalen  gummösen  Meningitis. 

§  124.  Das  Symptomenbild  der  diffusen  basalen  gummösen  Menin- 
gitis ist  uns  am  besten  von  Oppenheim  (608)  geschildert  worden. 

Die  betreffenden  Personen  erkranken  mit  Allgemeinerscheinungen,  nnter 
denen  der  Kopfschmerz  obenan  steht.  Hierzu  gesellt  sich  häufig  Erbrechen 
und  Schwindelgefühl,  und  nicht  selten  treten  Ohnmachts-  und  Krampfanfalle 
auf.  Eine  Abnahme  der  Intelligenz,  eine  massige  Demenz  und  Gedächt- 
nisschwäche ist  die  Regel.  Intercurrent  stellen  sich  Störungen  des  Bewnsst- 
seins  ein:  eine  tiefe,  oft  mehrere  Stunden  oder  Tage  anhaltende  Benommen- 
heit. Gleichzeitig  mit  der  Entwickelung  dieser  allgemeinen  Cerebralerschein- 
ungen,  meistens  erst  im  Gefolge  derselben,  treten  Lähmungserscheinungen  von 
Seiten  der  Gehirnnerven  auf,  von  denen  der  Opticus  und  Oculomotorius  ganz 
besonders  bevorzugt  erscheinen.  Bei  der  Obduktion  eines  solchen  Gehirns 
findet  man  die  Basis,  und  hier  wiederum  vornehmlich  den  interpeduncularen 
Raum,  die  Gegend  des  ('hiasmas,  wie  mit  einem  starr  gewordenen  Fluidum,  etwa 
wie  Paraffin  oder  Celloidin,  ausgegossen;  in  alle  Furchen  und  Einsenkungen 
hat  sich  dieses  zellenreiche,  üppig  vascularisirte  Granulationsgewebe  gedrängt, 
dessen  Gefässe  theilweise  thrombosirt  oder  obliterirt  sind,  und  das  an  einzelnen 
Stellen  verkäst  ist,  an  anderen  wieder  eine  fibröse  Umwandlung  erfahren 
hat.  Die  Ursprünge  der  Gehirnnen  en  sind  durch  diese  Masse  völlig  verdeckt 
oder  wie  mit  einem  Schleier  überzogen.  Bei  genauer  Betrachtung  sind  die 
selben,  vor  allem  die  Optici  und  Oculomotorii,  nicht  allein  von  dieser  in  frischen 
Fällen  sulzig  gallertigen,  in  älteren  mehr  schwieligen  Neubildung  umschlossen, 
eingeschnürt  und  durch  Druck  zur  Atrophie  gebracht,  sondern  auch  seihst 
verändert,  gleichmässig  oder  kolbig  und  knollig  verdickt  und  erscheinen  aaf 
dem  Durchschnitt  mehr  oder  weniger  glasig  grau  oder  speckig  gelb.  Es 
kommt  jedoch  auch  vor,  dass  die  von  der  Geschwulst  umklammerten  Hirn- 
nerven makroskopisch  normal  erscheinen. 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis,  327 

Das  Epineurium  der  Nerven  wird  bei  dieser  Perineuritis  gummosa  zu- 
nächst befallen,  und  längs  der  von  diesem  ausgehenden  Bindegewebssepten 
kriecht  der  gummöse  Prozess  von  allen  Seiten  in  den  Nerven  hinein.  Während 
dabei  die  Nervenfasern  unter  dem  Drucke  dieser  zellig  infiltrirten,  gefässreichen 
Bindegewebssepta  atrophiren,  ist  der  Nerv  in  Folge  der  eingebetteten  Neubildungs- 
bestandtheile  in  toto  geschwollen  und  oft  um  das  4— 5  fache  seines  Volumens 
vergrössert.  Doch  mag  die  Schwellung  auch  zum  Tbeil  auf  Rechnung  einer 
serösen  Imbibition  zu  bringen  sein.  Aehnlich,  aber  gewöhnlich  doch  nur  in 
geringerem  Grade,  wird  die  Gebimsubstanz  selbst  in  der  Nachbarschaft  der 
Pia  ins  Bereich  der  Erkrankung  gezogen.  Dabei  kann  neben  dieser  diffusen 
Meningitis  eine  umschriebene  Gummabildung,  z.  B.  an  der  Konvexität  oder 
an  einzelnen  Gehimnerven,  bestehen,  oder  das  übrige  Gehirn  zeigt  sich  intakt, 
und  es  bestehen  ein  oder  mehrere  Erweichungsherde. 

Die  basilare  gummöse  Meningitis  ist  die  häufigste  Form  des  syphilitischen 
Gehimleidens.  Wenn  sie  aber  trotzdem,  wie  die  pathologischen  Anatomen  von 
Fach  behaupten,  nur  äusserst  selten  in  der  eben  beschriebenen  Form  auf 
dena  Sektionstische  zur  Beobachtung  kommt,  so  liegt  diesem  Umstände  die 
Thatsache  zu  Grunde,  dass  die  Patienten  entweder  geheilt  werden,  oder  dass 
die  pathologischen  Produkte  durch  die  Behandlung  eine  Umwandlung  erfahren 
haben,  und  darum  mehr  die  alten  schwielig  gewordenen  Formen  bei  der 
Sektion  zu  Tage  treten.  Wir  haben  post  mortem  nur  einen,  sich  genau 
jener  von  Oppenheim  gegebenen  Schilderung  anschliessenden,  relativ  frischen 
Fall  von  basilarer  gummöser  Meningitis  zu  beobachten  Gelegenheit  gehabt ,  den 
vrir  bei  den  Erkrankungen  des  Sehnerven  genauer  beschreiben  werden,  denn 
der  Oculomotorius  war  in  diesem  Falle  unberührt  geblieben. 

Bei  dem  Lieblingssitze  der  Krankheit  in  der  tiefen  Nische  zwischen  dem 
Chiasma,  den  Pedunculis  und  den  austretenden  Stämmen  des  Oculomotorius  ist 
es  nicht  zu  verwundern,  dass  der  Letztere  meist  auf  beiden  Seiten  bei 
dieser  Krankheit  ergriffen  wird. 

Bei  der  grossen  Zahl  beschriebener  Fälle  dürfte  es  wohl  genügen,  nur 
einzelne  Beobachtungen  als  typische  Beispiele  für  die  Angriffsform  des  gum-r 
mösen  Prozesses  hier  anzuführen. 

§  125.  Die  seltenste  und  gewissermassen  den  Beginn  des  Leidens  vom  Epinenrium 
ans  darstellende  Form  hat  Baum  garten  (609)  beschrieben,  in  welchem  Falle  beide  Oculo- 
motorii  mit  tranbig-knotigen,  gelblichen  Geschwalstcheo  dicht  besetzt  waren,  angeblich  ohne 
Fonktionsstörnng ,  was  in  hohem  Grade  merkwürdig  erscheint,  weil  das  freie  Ende  des 
rechten  Nerven  vollständig  in  der  Neubildung  aufgegangen  war.  Das  Neurilemm,  die  Septai 
mid  das  Perineurium  waren  in  kleinzelliger  Wucherung  begriffen,  auch  die  Nervensubstanz 
selbst  zum  Theil  in  vom  Rande  nach  der  Mitte  zu  fortschreitender  Richtung  in  granulations- 
artiges Gewebe  umgewandelt. 

In  der  folgenden  Beobachtung  Virchow's  (610)  sehen  wir  die  gummöse  Meningitis 
saf  den  Nerven  übergreifen  und  daselbst  als  Perineuritis  und  Neuritis  interstitialis  gummosa 
in  dem  letzteren  weiter  wandern.  Die  rechte  Pupille  war  weiter  als  die  linke.  Es  bestand 
rechts  Ptosis,  später  auch  links.  Bei  der  Sektion  fand  man  eine  basale  gummöse 
Meningitis  an  der  Unterfläche  des  Vorderlappens,  vor  allem  aber  in  der  Gegend  des  Chiasma 
and  der  Sella  turcica,  die  Hauptgeschwulst  in  der  Gegend  des  rechten  Sinus  cavernosus. 


328  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

Die  beiden  Oculomotorii  zeigten  sich  in  eine  hellgraue,  derbe,  gallertige,  durchacheineBie 
Masse  eingebettet.  An  Stelle  des  rechten  Oculomotorius  fand  sich  eine  dicke  gallertige 
etwas  röthliche,  schwielige  Masse,  während  links  der  Nerv  kurz  Yor  seinem  I^ntritt  in  & 
Geschwulst  aufgetrieben  und  von  einem  röthlich  durchschimmernden  Gewebe  durehdnmget 
war.  Die  stärkste  Entwickelung  bestand  zwischen  beiden  Ocnlomotoriis  nnd  erstreckte  aick 
▼on  da  auf  die  mittlere  und  vordere  Partie  des  Pens. 

Von  dem  ursprünglichen  Angriffspunkt  des  gummösen  Prozesses  am  Xerren 
kann  sich  dann  die  gummöse  Neuritis  als  eine  mehr  selbständige  Krankheit 
mehr  oder  weniger  weit  innerhalb  der  Scheide  desselben  fortpflanzen,  ihn 
auftreiben  und  zu  Erweichungen  und  Blutungen  in  demselben  fahren. 

Meist  ist  die  gummöse  Neuritis  mit  einer  starken  Gefassneubildimg 
und  Wucherung  im  Nerven  verbunden.  So  berichtet  Siemerling  (578)  über 
folgenden  Fall: 

Bei  einer  38jäbrigen  Frau  waren  rechterseits  die  Augenbeweguogen  nach  allen  Rick- 
tungen hin  erheblich  beschränkt;  es  bestand  massige  Ptosis  und  Ophtbalmoplegia 
interior.  Links  ausgesprochene  Beweglichkeitsbeschränkung  im  Sinne  des  Rectns  iotenos 
und  Rectus  inferior.  Der  Raum  zwischen  den  Himschenkeln  war  aosgeffillt  mit  Mner 
frischen  gummösen  Wucherung,  welche  auf  die  Oculomotorii  übergegangen  war  und  dieselbeo 
weithin  in  gummöse  Geschwülste  umgewandelt  hatte.  Eine  abnorme  Gefässwochenmg  zog 
sich  bis  zu  den  Oculorootoriuskernen  hinauf  und  wucherte  in  die^  hinein. 

Je  nachdem  nun  die  den  Nervus  oculomotorius  umlagernde  gummöse  Neu- 
bildung den  Stamm  des  Nerven  mehr  oder  weniger  bedrängt  und  ihn  drückt 
wird  auch  die  Leitung  in  diesem  Nerven  mehr  oder  weniger  stark  behindert 
werden. 

Dass  aber  trotz  umlagernder  Geschwulstmassen  die  Leitung  im  Nerven  völlig 
frei  bleiben  kann,  zeigt  die  Beobachtung  IX  von  Uhthoff  (1.  c),  bei  welcher  der  reckte 
Nervus  oculomotorius  von  einer  basalen  grauweisslichen  Geschwulstmasse  omlagertf  die 
Nervensubstanz  selbst  aber  im  Wesentlichen  intakt  geblieben  war.  Funktionell  zeigte  sich 
hier  nur  eine  leichte  Parese  in  allen  äusseren  Zweigen  des  rechten  Oculomotorios.  während 
der  Sphincter  pupillae  und  die  Accommodation  intakt  geblieben  waren. 

Umgekehrt  fand  sich  in  dem  Falle  Naunyn's  (611),  in  welchem  gamroöse Schwarten 
und  Verwachsungen  über  dem  rechten  Scheitellappen  und  am  linken  Stimlappen  gefondeo 
wurden  nnd  eine  linksseitige  Oculomotoriusparese  bestanden  hatte,  der  linke  Oculomotorios 
in  gummöse  Schwarten  eingebettet,  geröthet  und  atrophisch. 

e)  Die  Alteration  des  Wurzelgebietes  vom  Nervus  oculomotorius. 

§  126.  Das  Wurzelgebiet  des  Nervus  oculomotorius  wird  meist  durch 
gummöse  Neubildungen  oder  Erweichungen  imPedunculus  resp.  von  der  Brücken- 
hälfte aus  geschädigt.  Im  letzteren  Falle  ist  auch  meistens  das  Kemgebiet 
indirekt  in  Mitleidenschaft  gezogen. 

Entweder  sitzt  nun  ein  Gumma  basal  im  Grosshimstiel,  zerstört  das 
Wurzelgebiet  und  drückt  noch  auf  den  ausgetretenen  Oculomotoriusstamm,  wie 
in  der  Beobachtung  Finde isen's  (612)  mit  kompleter  Oculomotoriuslähmung, 
im  Falle  Dörgen's  (600)  und  in  der  Beobachtung  Herxheimer's  (619) 
ebenfalls  mit  kompleter  rechtsseitiger  Oculomotoriuslähmung,  oder  der  gum- 
möse Prozess  schädigt  nur  das  Wurzelgebiet  des  Oculomotorius  im  Imiern 


p, 


Grosshimsclienkels,  wie  in  dem  von  Pick  (597)  bescliriebenen  Falle,  in 
welchem  die  linksseitige  Ociilomotoriuslähmunf*  dadurch  hervorgerufen  worden 
war,  dass  gummöse  Massen  im  linken  Peduiicuhis  cerebri  die  Wurzelfasern  des 
Oculomotürins  alter Irt  hatten. 

In  den  folgenden  Fallen  hatte  eine  Erweichung  des  Pedunculus  in  Folge 
letiscber  Gefässerkranknng  die  Ocalomotoriuswurzeln  in  Mitleidenschaft  ge- 
igen. 

So  war  im  Falle  Alexander*»  (613)    eine   rechtsöeitige  Oculomotoriuslähmung  mit 
•terer  BetheiliguDg  des  Sphincter  pupillae  uod  der  Accomtnodation  durch  einen  Erweich* 
gsherd  im  rechten  Peduncnlus,   welcher  sich  nach  hinten  bis   zu  der  Brücke  erstreckte, 
rvorejerufen  worden. 

Im  Falle  B  ri  stowe's  (614)  bestand  rechtes  totale  Augenmnakellähmung  mit  Ausnahme 
des  Ohltquus  superior,  Ea  fand  aich  eine  syphilitische  Endarteriitis  der  rechten  Artcda 
cerebri  posterior  mit  Erweichung  des  rechten  Himschenkek* 

Auch  in  der  Beohaehiung  H  ughltng  B-Jackson's  (604)  war  eine  rechtsseitige 
Oculomotonuspareae  vorhanden  mit  Ausnahme  dar  Pupille,  Es  fand  sich  eine  Erweichung 
des  rechten  Hirnschetikd». 

In  Leyden's  Fall  (615j  mit  linköseitiger  totaler  OculomotoriüslÜbmung  griflf  ein 
ÜrweichuDgsherd  dicht  oberhalb  der  oberen  Ponsgrenze  in  die  Partie  über,  welche  von  den 
Fasern  des  Oculomotoriüs  durchbogen  wird. 

Auch  von  der  Brückenhälfte  aus  diu'ch  Fernwirkung  auf  das  Wurzel- 
nnd  Kerngehiet  des  Oculomotoriüs  erhalten  wir  Lähmiingserscheinungen 
dieses  Nerven,  wie  z,  B.  im  Falle  Duncan's  (616). 

Hier  &&ss  ein  hohnengrosaea  Gumma^  von  der  Pia  ausgebend^  am  Uraprung  des 
rechten  Trigerainus  in  der  rechten  Ponshälfte,    Funktiüneli  bestand   rechts  nurPtosia» 

In  der  Beobachtung  BnHet's  (617)  war  links  der  Rectas  internus,  rechts  der  Abdneens 
gelähmt.  Es  fanden  sich  links  im  obersten  Theile  der  Brücke nfaaening  drei  liDsengrosse 
Tumoren,  nicht  in  die  Tiefe  reichend,  Kechts  zog  ein  Syphilora  von  l*/i  cm  Durchmeaser 
durch  die  ganze  Länge  des  Pons^  8  mm  vom  Ventrikelboden  aich  haltend.  Der  Abducens- 
kern  blieb  verschont. 

Ducbek  (602)  beobachtete  eine  isolirte  linksseitige  Ptosis.  Es  fand  sich  eine 
gummöse  Geschwulst  in  der  Brücke  mit  Erweichung  der  Umgebung. 

In  den  beiden  folgenden  Fällen  bestanden  lediglich  Erweichungsherde 
in  der  Brücke. 

So  wurde  im  Falle  Oppenheim's  (024)  rechteraeita  eine  mäaaige,  aber  deutliche 
Parese  des  Oculomotoriüs  in  seinen  äusseren  Zweigen  mit  leichter  Ptosis  beobachtet. 
£a  fand  steh  am  PonSt  den  hinteren  Vierhügeln  entsprechend,  ein  etwa  FQnfpfonnigstÜck 
^osaer,  gegen  die  Umgebung  deutlich  abgegrenzter  Herd  von  gelhlicber  Farbe  und  körniger 
Schnittfläche. 

In  Ziinm  er  man  o's  Falle  (618)  mit  linksseitiger  Llhmung  dea  Nervus  oculomotoriüs 
he  stand  eine  syphilitische  Erkrankung  der  linken  Ponshälfte. 

Der  Güte  des  Herrn  Dr.  Engel-Reimera  verdanken  wir  folgenden  Fall  »  dessen 
mikroakopbche  Untersuchung  wir  ausführen  konnten. 

Ein  51jähriger  Arbeiter  P.  F.  G.  kam  am  9.  Mai  1894  mit  einer  frischen  Roseola 
auf  der  syphilitischen  Abtheilung  des  alten  allgemeinen  Erankenhausea  an.  Am  Präputium 
waren  die  Nachbleibsel  eines  verheilten  Ulcus  durum  in  Form  einer  flachen  Induration 
nachweisbar.     Am  9.  Juni  wurde  Patient  geheilt  enltassen. 

Am  23.  September  1894  bekam  G.  plötzlich  einen  Schwindelanfall,  weshalb  er  sich 
am  folgenden  Tag  im  Krankenbause  wieder  aufnehmen  liess.     Er  kam  zu  Fuss    ins  Hospital 


ddO  Die  Ptosis  bei  der  cerebraleo  Syphilis. 

zitterte  aber  stark  und  klagte  über  heftige  Kopfschmerzen.  Am  Nenrensysieiii  war  mm 
nichts  zu  konstatiren.  Auffallend  erschien  die  hochgradige  Enge  der  Pupülen,  welche  aber 
gut  reagirten.  Die  Untersuchung  des  Augenhintergrundes  ergab  eine  Rflthiiog  beüer 
Papillen ;  sonst  nichts.  Patient  hatte  wieder  manifeste  luetische  Erscheinungen  in  Fom 
eines  pustulösen  Syphilides. 

Am  1.  Oktober  konnte  er  plötzlich  den  rechten  Arm  nicht  bewegen  und  nicht  ordeu- 
lieh  schreiben.    Er  liess  den  Urin  unter  sich. 

Die  Untersuchung  des  Nervensystems  (Dr.  Barg  um)  ergab  eine  deatliche  reckte- 
seitige  flemiparese;  die  grobe  Kraft  des  rechten  Armes  war  stark  herabgesetzt;  ebenso  die 
Orientirungsvermögen.  Es  bestand  eine  Parese  des  rechten  Beines  mit  analoger  Störmig 
der  Orientirung.  Der  rechte  Mundwinkel  hing  herab,  und  die  rechte  Nasolabialfalte  war 
verstrichen.  Zunge  und  Uvula  wichen  nach  rechts  ab.  Die  Augenbeweguogen  wareo  frei 
bis  auf  eine  rechtsseitige  Ptosis. 

Die  Sprache  war  undeutlich,  das  Sensorium  erschien  getrttbt,  die  Patellarrefleze 
waren  besonders  lebhaft;  Bauch-  und  Plantarrefleze  rechts  herabgesetzt. 

Er  konnte  weder  stehen,  noch  allein  gehen.  Untei*stQtzt  schleifte  er  den  recbtei 
Fuss  nach. 

Am  rechten  Bein  waren  leichte  Hypästhesien  vorhanden. 

Am  3.  Oktober  trat  eine  entschiedene  Verschlechterung  ein.  Patient  war  verwiirt 
und  schwatzte  unverständliches  Zeug  vor  sich  hin.  Die  Hemiparese  hatte  zugenommen.  An 
der  rechten  gerötheten  Papille  war  der  Rand  verwaschen.  Beide  Pupillen  waren  gleick 
reagirten  etwas  träge,  die  rechtsseitige  Ptosis  war  unverändert. 

Am  folgenden  Tage  war  6.  klarer,  die  Sprache  deutlicher;  er  liess  aber  den  Stokl 
unter  sich. 

Am  26.  Oktober  trat  Fieber  auf,  das  nach  drei  Tagen  bis  39,8  stieg.  Es  stellte  wk 
Singultus  ein,  worauf  am  30.  Oktober  der  Exitus  eintrat. 

Bei  der  Sektion  fanden  sich  lobulär -pneumonische  Herde  im  rechten  UnterUppea, 
femer  Atherom  der  Aortenklappen.  An  Leber,  Milz  und  den  fibrigen  Abdominalorganen 
fand  sich  nichts  besonderes. 

Die  Schädelcalotto  war  nicht  verändert.  Die  Dura  leicht  abziehbar.  Ueber  der 
linken  Hemisphäre  war  die  Pia  stark  getrübt  und  verdickt,  sie  konnte  aber  leicht  und  gUtt 
vom  Hirn  abgezogen  werden.  An  der  Gehirnbasis  zeigten  die  Häute  kein  Zeichen  toi 
Entzündung,  dagegen  waren  die  basalen  Gefässe  äusserlich  schon  verändert  und  bildeten 
harte,  gelblich  schimmernde  Stränge.  Nach  Aufschneiden  der  Arteria  basilaris  und  verte- 
bralis  sinistra  rollte  sich  die  Intima  nach  innen  um  und  erschien  stark  verdickt  Das 
Lumen  selbst  war  nicht  beeinträchtigt  und  enthielt  nirgends  Thromben. 

In  der  Arteria  vei-tebralis  dextra  fanden  sich  keine  Veränderungen. 

Die  Gehirnsubstanz  war  feucht  und  stark  bluthaltig.  Die  HirnYentrikel  erschienen 
etwas  erweitert.  Nirgends  fand  sich  eine  Uerderkrankung,  ausser  im  Pons.  Daselbst  war 
links  genau  bis  zur  Raphe  reichend  ein  fast  kirschgrosser  Erweichungsherd  Torhanden. 

Der  Himstamm  wurde  in  Müller'scher  Fltlssigkeit  gehärtet.  Die  nebenstehende 
Abbildung  (Fig.  71)  wurde  nach  einer  Photographie  des  in  Gelloidin  befindlichen  Präparates 
angefertigt.  Aus  derselben  ist  makroskopisch  ersichtlich,  dass  '/s  der  oberflächlichen  und 
tiefen  Querfaserschicht  mit  den  dazwischenliegenden  Pyramidenbahnen  linkerseits  so  affizirt 
ist,  dass  die  Zeichnung  total  verwischt  erscheint. 

In  der  Schleife,  im  Hauben feld,  im  hinteren  Längsbündel  und  in  der  Kemregion  des 
Quintus,  sowie  in  seinen  Wurzelfasern  sind  keinerlei  Veränderungen  wahrzunehmen. 

Der  Herd  nimmt  den  linken  oberen  Theil  des  Pons  ein  und  erstreckt  sich  nach  oben 
bis  zur  Höhe  des  Trochleariskernes,  nach  unten  bis  oberhalb  der  Kernregion  4les  Facialis 
und  Abducens.  Dass  der  Erweichungsherd  nicht  alt,  sondern  erst  neueren  DstoniB  war. 
ist  daraus  ersichtlich,  dass  die  linke  Ponsseite  eine  Volumzunahme  zeigte,  was  naek 
Wer  nicke  daraus  zu  erklären  ist,  dass  durch  die  Eollabirung  der  yerschlossenen  Arianen 


Die  rtosie  bei  der  cerebralen  Syphilis. 


Kig.  71, 

FrtiiUalsebiiiÜ  durch  den  Poiia.     In  der  liiikeu  Briickeu- 
hiilfU'  tiu  Krweichungsherd  hei  cew*braler  Syphilk» 


die  LyinphiÄume  sich  erweitert  und  mit  reichlicher  Cerebrospmalflüssigkeit  gefüllt  haben. 
Hiediircb  trwl  <?iue  Quellurig  des  der  Nekrobiose  anheimgofallenen  Gewebes  ein.  Bei  der 
Weiger  tfärbung  fiel  das  brüchige  Gewebe  aus;  bei  der  Karmiofärbung  iiahra  die  erweichte 
Pjirtie  einen  ganz  verwaschenen  Ton  an.  in  welchem  die  NervertfaHorn  gequollen,  die  Glia 
odemaiös  und  verbreitert  erst-hien,  dazwischen  fanden  sich  Fettkörnchenzellen  und  zer- 
fallenes Nervengewebe,  An  der 
'f  renze  der  nekrobiotischen  Partie 
WMren  die  Blut;^efösse  erweitert 
An  einzelnen  kleineren  war  deut- 
lich eine  kleinzellige  Intiltration 
der  Wand  nachweisbar.  Dagegen 
waren  an  den  grösseren  Gefäsaen 
keine  emlo-  oder  per*  arte  rii  ti- 
sche Entzdndungs Vorgänge  vor- 
handen. 

Wenn  mm  auch  dieser 
EnÄeichuDgsherd  sicher  uul' 
die  Veränderungen  in  der 
linken  A.  verlebralis  zurück- 
zuführen und  als  thromboti- 
scher anzusprechen  ist,  so 
fanden  sich  in  hijher  gelegenen 
Partien  in  derOciilomotorius- 
Kemregion  Veränderungen, 
die    nicht     nekrohiotischer. 

sondern  cirkutnskript  entzündlicher  Natur  waren.  Auf  der  einen  Seite  des 
Wurzelfusergebietes  des  Öculomotorius  war  ungefähr  in  der  Mitte  zwischen 
dem  grosszellig-lateralen  Kern  und  der  Austrittsstelle  des  Ocwlomotüriys  im 
oberen  Drittel  des  rothen  Haubenkernes  eine  cirkumskripte  Encephalitis,  Die 
kleinen  Gelasse  waren  erweitert;  es  bestanden  Rundxelleninfiltrationen  gerade 
an  einer  Stelle,  wo  die  Ocnlomotoriiiswiirzelfasern  durchtraten.  Dieselben 
zeigten  zum  Thei!  fettigen  Zerfall,  zum  Theil  waren  sie  atiophisch,  und  zum 
Theil  untergegangen.  Die  Ganglienzellen  des  Öculomotorius  waren  beiderseits 
nicht  verändert. 

Endlich  sei  noch  hinzugefügt,  dass  sich  in  diesem  Falle  eine  richtige 
Entzündung  des  centralen  Hohlengraus  um  den  Aquäductus  Sylvii  vorfand. 
Die  Wandungen  desselben  waren  unregelmässig  zerklüftet.  Diese  zerklüfteten 
Partien  waren  reichlich  zellig  intiltrirt. 


f)  Die  Alteration  des  Keriif^ebiets  des  Oeuloiiiotoriu»« 

45   127.  Wir  hatten  bereits  in  S  ^2  auf  Seite  109  besprochen,  inwiefern 

i)wohl  die  einzelnen  Kerne  der  Augenmuskeln,  als  auch  die  Spezialkerne  des 

:!ulomntorius   einzeln    nnd     in    verschiedener     Kombination    durch    Gefäss- 

rkrankung  afficirt  werden    können,    und    wie    es   komme,    dass   gerade   die 

ae  des  Öculomotorius  besonders    zu   derartigen  Erkrankungen  disponirt 


332  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

seien.     Bezüglich  der  dort    erwähnten  Verhältnisse  ist  nun  noch  wegen  i 
Blutversorgung  des  Oculomotoriusgebietes  folgendes  nachzuholen: 

Das  Kern-  und  Wurzelgebiet  des  Oculomotorius  wird  von  der  Arterit 
basilaris  aus  mit  Blut  versorgt.  Dieselbe  theilt  sich  am  Yorderende  d» 
Pons  in  die  beiden  Arteriae  cerebri  posteriores  profundae.  Dieselben  kreoza 
an  der  Basis  den  Hirnschenkel  und  verschwinden  dann  in  der  Tiefe  der  Hemi- 
sphären, um  in  der  Rinde  der  oberen  Fläche  der  Hinterhauptslappen,  sovie 
auch  in  der  Rinde  der  Innenfläche  des  Hinterhaupts-  und  SchläfenlappeDS  zu 
endigen.  Unterwegs  entsenden  sie  nach  vom  in  der  Richtung  zu  den  Ai. 
carotides  intemae  je  einen  Ramus  communicans  posterior.  An  der  Stelle  der 
Bifurkation  der  Arteria  basilaris,  am  vorderen  Rande  der  Brücke,  gehen  mm 
in  der  Richtung  nach  vom  und  entsprechend  der  Substantia  perforata  posterior 
einige  kleinere  Arterien  ab,  welche  die  Emährung  des  grössten  Theiles  der 
Himschenkel  und  des  hinteren  Abschnittes  der  Thalami  optici  besorgen. 
Die  erste  von  diesen  Arterien,  die  Arter  ia  peduncularis  interna,  versorgt 
den  inneren  Abschnitt  des  Himschenkelfusses,  hauptsächlich  die  Austrittsstelle 
der  Wurzelfasem  des  Nervus  oculomotorius;  die  zweite,  Arteria  nuclei 
oculomotorii,  ernährt  sämmtliche  Kerne  dieses  Nervenpaares  im  ganzen 
Verlaufe  der  Haube  und  des  hinteren  Abschnittes  des  Bodens  des  HI.  Ven- 
trikels. Die  dritte,  Arteria  optica  interna  et  posterior,  geht  weit 
nach  vom  und  speist  den  hinteren  Abschnitt  des  Thalamus  opticus,  das  Pnl- 
vinar.  Das  vierte  Gefäss  endlich,  die  Arteria  pedunculo  gemina,  fuhrt 
Blut  zu  den  vorderen  Vierhügeln  und  bildet  im  Gegensatz  zu  allen  übrigen  Ge- 
fässen  dieser  Gruppe  keine  Endarterien,  sondern  geht  vielfach  anastomotische 
Verbindungen  mit  den  Gefässen  der  benachbarten  Arterien  ein.  [Rosso- 
li mo  (625).] 

Eine  Erkrankung  der  Basilararterie,  zumal  an  ihrer  Bifurkationsstelle, 
wird  daher  sehr  leicht  Ernährungsstörungen  im  Gebiete  der  Oculomotorius- 
kernregion  zur  Folge  haben  können,  wie  wahrscheinlich  in  der  folgenden  B^ 
obachtung  Chiari's  (626). 

ßei  einem  15  monatlichen  Mädchen  mit  Lues  hereditaria  war  links  eine  Erweitenug 
der  Pupille  und  rechts  eine  Ptosis  zu  konstatiren.  Es  wurde  eine  hochgradige  Endaitenitii 
luetica  mit  theilweiser  Thrombose  der  Arteria  basilaris  beobachtet. 

Aus  dem  vorerwähnten  Ursprung  der  Arteria  peduncularis  interna  und 
der  Arteria  nuclei  oculomotorii  ist  es  auch  erklärlich,  warum  Erweichungs- 
herde im  Pedunculus  und  in  der  Brücke  so  häufig  von  nuklearen  Augen- 
muskellähmungen  begleitet  werden.  Sektionsbefunde  von  isolirter  Erkrankoog 
des  Kemgebietes  vom  Oculomotorius  durch  Endarteriitis  luetica  liegen  aber 
trotzdem  nicht  vor,  wiewohl  wir  gerade  nicht  selten  nach  Lues  Augenmuskel* 
Störungen  mit  dem  Typus  der  Nuclearlähmungen  beobachten.  Diese  ^ 
scheinung  erklärt  sich  wohl  aus  dem  Grunde,  dass  die  Aetiologie  solcher 
Augenmuskelstörungen  frühzeitig  erkannt  und  letztere  bei  zweckentsprechender 
Behandlung  frühzeitig  auch  geheilt  werden,  wie  in  der  folgenden  Beobachtmig 
von  Schwarz  (627). 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis.  333 

Die  Krkrankung  begsnn  mit  einer  Lähmung  der  exterioren  Augenmuskeln  und  ergriff 

iliesslich  die  äussere  ßulbusmuökulatur   derartig ♦   daas  nach   einiger  Zeit  beide  Augäpfel 

ttllkominen   nobewegUeh    wHreii.     J)l&    Bintierinmökeln    des  Auges   bliebtjn   aber   stets    frei. 

'  Pupillen  waren  verengt,  resgirten  itber  stets  gut  auf  Licht  und  Accommodation.    Letztere 

irde  hiiütig  geprüft  und  stets  tftr  gut  befundf^u.     Eine    beginnende  Chorioretinitis  syphili- 

Hess    auL'b    die  Opbtbsilmoplegie    als    i^ypbilitiHcb    aunehmen      Die    unter    eii>ezif]ecber 

ftndlung    allmählich    erful^^ende    erhebliche   Besserung    der    Lähmung    bekräftigte    dieao 

miiibme. 

Diesen  Heilerfolg  bei  vorausgegangenen  Augenmuskelaffektionen  nach 
&m  Typus  der  Xuclearläbmungen  erklären  wir  uns  dadurch,  dass  die  an- 
Inglieh  durch  die  Endarteriitis  hochgradig  verengten  Geßsslumina  und  die 
dadurch  gesetzten  Ernährungsstörungen  der  Kernregion,  durch  allmähliches  Frei- 
werden der  (lefässlumina  nacli  erfolgi*eicher  Behandhing  wieder  eine  aus- 
giebige Ernährung  ihrer  betreffenden  Bezirke  gestatten.  Dadurch  wird  es 
ermöglicht,  dass  die  vorher  geschädigt  gewesene  Funktion  jener  Centren  sich 
voll,  resp.  bis  zu  einem  gewissen  Grade  der  früheren  Leistungsfähigkeit  wieder 
erholen  kann. 

S  128.  Nicht  allein  aber  durch  die  Erkrankung  der  Arterien  mit  den  un- 
ausbleiblichen Ernährungsstörungen  des  Augen  muskelkemgehietes  werden  die 
Oculomotoriuscentren  bei  der  Syphilis  in  Mitleidenschaft  gezogen,  sondern  es 
können  auch  klinisch  durcli  direktes  Hineinwuchern  gummöser  Massen  in 
diesen  Bezirk  die  gleichen  Erscheinungen  bewirkt  werden. 

So  erwähnt  Siemerliag  (628)  einen  Befund,  in  welchem  bei  einer  basalen  gnm- 
m58eti  Meningitis  lilngs  der  Wurzeln  des  Oculomotorius  die  gummösen  Massen  bis  in  die 
Kernregion  hinauf  gewuchert  waren,  begleitet  von  verdickte?«  Gef&ssen.  Die  (Tanglienzellen 
waren  dadurch  zum  Theile  und  namentlich  auf  der  einen  Seite  zerstört  worden. 

Bei  einem  anderen  Falle  Sietnerli  ng*8  (629)  hatte  eine  Gtimmageachwulst  im  Hirn> 
schenke!  den  Nervus  oculomotorius  schwer  geschadigt  und  zugleich  die  Kernregion  des 
Oculomotorius  in  Mitleideusehaft  gezogen  Daselbst  hatten  nämlich  die  Ganglienzellen  an 
Zahl  bedeutend  abgenommen  und  waren  in  ihrer  Ge«tolt  verändert,  im  Ganzen  kleiner, 
Ton  klumpigem  Aussehen,  ohne  deutlichen  Kern. 

Dass  auch  ein  primärer  Schwund  der  Augenmuskelkeme  während 
des  virulenten  Stadiums  der  Syphilis  erfolgen  kann,  beweist  uns  ein  mikro- 
skopischer Befund  Oppenheim's.  Bekanntlich  bat  Hutchinson  (630) 
auf  diese  Folgezustände  der  Syphilis  zuerst  die  Aufmerksamkeit  hingelenkt. 
Der  von  ihm  citirte  Fall,  bei  welchem  Gowers  die  Sektion  und  mikroskop- 
ische Untersuchung  vorgenommen  hat,  steht  aber  hinsichtlich  der  Lues  als  ätio- 
logischen Moments  für  primäre  Kemdegeneration  auf  schwachen  Füssen,  und 
es  muss  derselbe  nach  dem  sonstigen  anatomischen  und  klinischen  Befunde 
als  Tabes  angesehen  werden. 

Da  der  Fall  Oppenheim 's  (631)  als  der  einzige  betrachtet  werden 
muss,  den  wir  von  primärem  Kernschwund  während  der  Periode  der 
konstitutionellen  Syphilis  in  der  Litteratur  aufzufinden  vermochten,  so  geben 
wir  die  Krankengeschichte  desselben  in  Folgendem  etwas  ausführlicher  wieder. 

Die  3! jährige  Kranke  war  atclier  Bjphilitiscli  tnlizirt  und  bot  zur  Zeit  der  Aufnahme 
m  die  Nervenklinik  (Mai  1885)  noch  die  Zeichen  einer  abgelaufenen  Keratitis  parenchyma- 
toaa,    sowie  einer  IridoehorioiditiB  äypbilitiea,   die  nach  ihrer  Schilderung  im  Jahre  1881  in 


SB4  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

Blüthe  gestanden  hatte.  Im  Februar  1885  stellten  sich  Schmerzen  in  den  Beinen  eii, 
sowie  ein  SchwächegefQhl  in  denselben.  Die  Kranke,  welche  auch  das  WestphaVsch» 
Zeichen  bot,  wurde  «geschmiert*^  und  nach  kurzer  Zeit  geheilt  entlassen. 

Im  Mai  kamen  dieselben  Beschwerden  mit  grosser  Heftigkeit  wieder,  daza  ktmei 
reissende  Schmerzen  im  Arm,  krampfhafte  Hustenanfälle  und  Schlingbes^werden.  Daba 
wurde  beiderseitige  Ptosis,  fast  vollständige  Lähmung  des  rechten  Ocalomotoiin, 
eine  Parese  des  linken  in  einzelnen  Zweigen,  beiderseitige  Lichtstarre  (NB.  iritisdie  SynaelMi'i 
konstatiit.  Es  fand  sich  ferner  eine  Lähmung  des  Gaumensegels,  HustenanfUle  mit  dbn 
Charakter  der  Larynxkrisen,  Brechanfälle,  Lähmung  des  rechten  Stimmbandes,  Pame  dei 
rechten  Cucullaris  und  Stemocleidomastoideus,  Beschleunigung  der  Pulsschlige,  SetuAili» 
tätsstörungen,  Harnbeschwerden  und  das  Romberg*sche  Zeichen.  Unter  Schmierknr  cot- 
schiedene  Besserung.  Im  September  1885  war  die  Beweglichkeit  der  Bulbi  eine  fast  nonaale 
geworden,  die  Lichtreaktion  der  Pupille  war  links  wieder  nachweisbar,  und  die  andern 
Erscheinungen  hatten  sich  alle  gebessert  oder  verloren.  Im  Januar  1886  abermalige  Ter 
Schummerung.  Neben  der  Wiederkehr  der  früheren  krankhaften  Symptome  war  jetzt  der 
linke  Oculomotorius  völlig  gelähmt,  der  Rectus  internus  des  rechten  Auges  war  schwacb. 
Eine  neue  Inunktionskur  hatte  keinen  Erfolg.  Statt  des  Westpbarscheo  Zeicheos  wir 
aber  jetzt  eine  Steigerung  des  Kniephänomens  nachweisbar,  ebenso  Fassclonus  and  im 
Ganzen  spastische  Parese  der  Unterextremitäten.    Tod  an  Carcinoma  uteri. 

Im  Gehirn  fand  sich  bei  makroskopischer  Besichtigung  ein  Erweichnngsherd  im  linkeo 
Corpus  striatum. 

Wir  übergehen  den  übrigen  Sektionsbefund,  der  sich  als  Pachymeningitis  interna 
chronica  et  Arachnitis  gummosa  am  Rückenmarke  manifestirte. 

An  der  Medulla  oblongata  zeigte  sich  der  hintere  Vaguskem  und  der  Glossophairn- 
geuskern  betroffen.  Die  Alteration,  welche  sich  durch  Schwund,  Verkleinerung  nod 
Schrumpfung  der  Ganglienzellen,  sowie  durch  Verdichtung  des  Grandgewebes  kondgab. 
war  rechts  stärker  ausgeprägt  als  links. 

In  den  Abducenskernen  erkannte  man  schon  boi  schwacher  Vergrösserong  den  Unter- 
gang eines  grossen  Theils  der  Ganglienzellen.  Desgleichen  bestand  eine  namentlich  nach 
oben  hin  deutlicher  werdende  Atrophie  der  Oculomotoriuskerne.  Beim  Vergleich  mit  dem 
normalen  fällt  es  sofort  auf,  dass  der  Kern  im  Ganzen  einen  geringeren  Umfang  besitzt 
und  vor  allem  ärmer  an  wohlausgebildeten  Ganglienzellen  ist.  Die  Entartung  ist  keines- 
wegs eine  vollständige,  überall  sind  noch  zahlreiche  Zellen  zu  erkennen,  aber  sie  sind  klein, 
fortsatznrm,  zum  Theil  gänzlich  verkrüppelt.  Trotz  dieser  nucleären  Atrophie  fäßi 
die  Wurzeln  des  Oculomotorius  im  ganzen  gesund,  nur  hie  und  da  erscheint  einmal  eis 
Faserbündel  auffällig  dünn  und  lässt  die  Struktur  und  Färbung  nervöser  Fasern  nicht  mehr 
erkennen.  Auch  der  Stamm  des  rechten  Oculomotorius,  der  in  seinem  peripherischen  Ver- 
laufe untersucht  wurde,  bietet  die  Zeichen  einer  deutlichen  Degeneration. 

Die  Hirnai-terien  zeigten  auf  dem  Querschnitte  starke  Wucherung  der  Intima, 

Dieser  mikroskopische  Befund  von  primärer  Degeneration  bei 
Syphilis  im  Kerngebiet  des  Oculomotorius  und  getrennt  davon  im  Stamm  des 
Oculomotorius  erinnert  bezüglich  des  letzteren  an  die  auf  pag.  322  erwähnten 
Fälle  Greiffs  und  v.  Graefe's,  sowie  an  unseren  Fall,  bei  welchem  die 
Kernregion  leider  nicht  untersucht  werden  konnte  (pag.  323). 

Dass  im  metasyphilitischen  Stadium  bei  der  Tabes  und  Paralyse  relativ 
häufig  ein  primärer  Kernschwund  in  den  Äugenmuskelcentren  gefunden  wird, 
haben  wir  in  pag.  153  §  69  weitläufig  dargestellt. 


Bb  Ptosifl  bei  der  cerebralen  Syphilis.  335 

Die  Ptosis  bei  Alteratioit  des  suprnnudeiirert  Gebietes  des  Ociiloimitoriiis. 

S  129.  Wie  M  ona  k  o  w  hervorhebt  tragen  die  siipramicleären  Äijgenmusktil- 
imuiigen  meist  den  Charakter  der  associirten  Lahmimgen.  Ausgehend  von  der 
latsache,  dass,  wie  wir  in  §  50  dargethan  haben,  manche  klinischen  Beobach- 
igen  ond  pathologischen  Befunde  dafür  sprechen  dürften,  dem  Levator  ein 
>rticales  Rindenfeld  zuzuerkennen,  müssen  wir  weiterhin  eine  suhcorticale 
Bahn  des  Levator  zu  seinem  Kern  supponiren.  Welchen  Verlauf  diese  Bahn 
nimmt,  wissen  wir  nicht.  Vielleicht  dürfte  aber  die  klinische  Beobachtung 
einer  leichten  Ptosis  bei  reiner  syphilitischer  Hirnarterienerkrankimg  auf 
eine  Läsion  dieser  supranucleären  Bahn  zu  beziehen  sein.  Henbner  (694) 
erwähnt  bei  der  Symptomatologie  der  luetischen  Hirnarterienerkrankung 
speziell,  dass,  ausser  einer  Hemiparese  mit  bekanntem  Typus,  Lähmungen 
von  Gehimnerven  nicht  vorkämen.  „Nur  in  drei  Fällen  sei  einer  geringen 
Pto  sis  und  in  einem  dieser  Fälle  des  Doppeltsehens  Erwähnung  gethan."  Für 
die  in  Rede  stehende  supranucleäre  Lokali sation  scheint  uns  nur  der  3.  Fall 
verwerthbar  zu  sein,  in  welchem  es  sich  um  eine  Erweichung  im  Gebiete  des 
Thalamus  opticus  bandelt. 

Im  Grossen  und  Ganzen  ist  es  a  priori  einleuchtend,  dass  das  hei  der  Syphilis 
so  häufige  Symptom  der  Ptosis  eigentlich  selten  supranuclearer  Natur  sein  kann, 
da  bei  der  Lues  die  klinischen  Erscheinungen  vornehm  lieh  von  der  Lokalisa- 
tion abhängig  sind  Aus  den  vorhergehenden  Abschnitten  geht  aber  zur  Genüge 
hervor,  dass  die  Himsyphilis  mit  Vorliebe  die  Basis  cerebri  befallt  und  durch 
meningitische  Veränderungen  zu  peripheren  Affektionen  der  Himnerven  führt. 

Weiterhin  wird  die  Hirnrinde  in  Form  der  diffusen  Meningoencephaiitis 
und  die  Innensubstanz  des  Gehirns  in  Folge  von  luetischen  Veränderungen  der 
Gehimgetasse  und  von  syphilitischen  Tumoren  betroffen,  die  bekanntlich 
meistens  multipel  auftreten  und  klinisch  zu  auffallentJen  Remissionen  Ver* 
anlassung  geben. 

Ueber  das  Vorkommen  einer  syphilitischen  Encephalitis  bei  intaktem 
Gefässapparat  existiren,  wie  auch  Oppenheim  hervorhebt,  zu  wenig  Unter- 
suchnngen,  um  darüber  sichere  Angaben  zu  machen.  Er  weist  jedoch  auf 
die  Wahrscheinlichkeit  des  Vorkommens  hin  und  erwähnt  der  Fälle  von 
Charcot  und  Gombault,  in  denen  es  sich  um  disseminirte  Entzündungs- 
herde im  Centrabrgane  gehandelt  habe. 

Einen  einschlägigen,  hiicbst  hemerkenswerthen  und  uns  wegen  des  Vor- 
kommens einer  Ptosis  liier  interessirenden  Fall  von  akuter  Hirn- 
erw^eichung  bei  Lues  beobachtete  Oppenheim  (706).  Wir  haben  diesen 
Fall  im  Abschnitte  pag.  329  zusammen  mit  dem  Zim  mermann'schen 
Fall  mitgetheilt,  da  es  sich  um  AUeration  des  Oculomotorius-Wurzelgebietes 
handelt. 

Ob  sich  bei  letzterem  ebenfalls  eine  reine  Encephalitis  ohne  Gefäss- 
alteration  gefunden  hat,  können  wir  nicht  entscheiden,  da  uns  die  Original- 
arbeit nicht  zugänglich  ist. 


( 


336  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

Jedenfalls  wollten  wir  in  diesem  Abschnitte  darauf  hinweisen,  dass  mn 
bei  einer  durch  eine  supranucleäre  Alteration  bedingten  Ptosis  die  alledünp 
höchst  selten  vorkommende  syphilitische  Encephalitis  ohne  Betheilignng  des 
Getassapparates  in  den  Kreis  der  diagnostischen  Erwägungen  ziehen  mott. 

h)  Alteration  iles  corticalen  Gebietes  des  Oculomotorios. 

§  130.  In  Koelli  ker's  (697)  klassischem  Werke  der  Gewebelehre  findet 
sich  die  Bemerkung,  dass  weder  beim  Oculomotorius  noch  bei  einem  der 
beiden  anderen  Augenmuskelnerven  die  zu  denselben  in  Beziehung  stehende 
Gegend  der  Hirnrinde  genauer  bekannt  sei.  Auffallend  wäre,  dass  bei  geiriieen 
Erkrankungen  derselben  (des  Gyrus  angularis)  eine  Lähmung  des  Leiator 
palpebrae  alleine  beobachtet  werde,  was  zu  beweisen  scheine,  dass  nicht 
alle  Elemente  des  dritten  Nerven  von  derselben  Gegend  beherrscht  würden. 
Koelliker  citirt  hiebei  Oberst  ein  er  (698),  der  in  seinem  bekannten  Buche 
der  so  fraglichen  Verbindung  des  Cortex  mit  dem  Oculomotoriuskemgebiete 
näher  tritt.  Es  mögen  hier  die  Ansichten  Obersteiners  wörtliche  Wieder- 
gabe finden,  da  sie  zugleich  die  Berechtigung,  der  corticalen  Ptosis  ein  besonderes 
Kapitel  zu  widmen,  einwurfsfrei  darlegen.  „Die  Verbindung  der  Grosshin- 
rinde  mit  dem  Oculomotoriuskeme  dürfen  wir  wahrscheinlich  in  Fasern 
suchen,  welche  aus  dem  Hirnschenkelfuss  dorsalwärts  gegen  die  Baphe  riehen, 
sich  dort  spitzwinklig  kreuzen  und  am  dorsalen  Rande  des  Lateralkemes, 
besonders  aber  im  Inneren  der  Kerne  bereits  ein  feines  Nervennetz  bilden, 
aus  welchem  weiterhin  die  Endfäserchen  in  die  Kerne  selbst  eintreten.  Ans 
welcher  Gegend  der  Grosshirnrinde  aber  diese  Bündel  durch  den  Stabkranz 
zum  Oculomotoriuskeme  ziehen,  ist  bis  jetzt  noch  nicht  festzustellen  gewesen. 
Das  Gleiche  gilt  für  die  Beziehungen  der  beiden  anderen  Augenmuskeberren 
zur  Grosshirnrinde.  Da  bei  corticalen  (namentlich  syphilitischen)  Erkrankungen 
als  einziges  Symptom  von  Seiten  der  Augenmuskelnerven  Ptosis  vorkommen 
kann,  so  scheinen  die  für  den  Levator  palpebrae  bestimmten  cerebralen 
Bahnen  sich  auf  ihrem  Wege  zu  der  Hirnrinde  von  denen  für  die  anderen 
Auf^enmuskeln  zu  trennen.  Das  Rindencentrum  für  den  Levator  palpebrae 
hat  man  im  Gyrus  angularis  gesucht,  da  cirkumskripte  Erkrankungen  dieser 
Rindeiipartie  mitunter  mit  Lähmung  des  contralateralen  Augenlides  ange- 
troffen werden/' 

Wir  selbst  haben  im  Kapitel  „die  corticale  Ptosis"  (§  50  pag.  96),  nach 
einem  üeberblick  über  die  in  der  Litteratur  niedergelegten  Beobachtungen. 
uns  mit  aller  Reserve  über  die  corticale  Lokalisation  der  Levatorlähmung 
ausgesprochen  und  betont,  dass  in  der  Litteratur  vielfach  Herdläsionen  post 
mortem  im  Gyrus  supramarginalis  und  speziell  im  angularis  konstatirt  worden 
seien,  ohne  im  Leben  das  Symptom  der  Ptosis  dargeboten  zu  haben.  Dies 
hatte  schon  früher Char cot  undPitres  nachgewiesen,  und  auch  Monakow 
scheint  sich  denselben  in  seiner  neuerdings  erschienenen  Gehirnpathok)gie 
anzuschliessen. 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  8ypbilis.  887 

l>a  mm  in  den  let/len  Jahren  von  Cliaiiffard  und  8urmond 
^deriim  Mittheilungen  gemacht  worden  sind,  welche  die  früher  mitgetheilten 
sichten  von  Grasset  und  Landouzy  (s.  §  50)  sttitzen,  so  müssen 
wir  gestehen,  dass  die  Frage  noch  nicht  spruchreif  ist,  und  dass  weitere 
klinische  und  pathologisch-anatomische  Untersuchungen  über  vorliegenden  Gegen- 
stand angestellt  iverden  müssen.  Hiezu  eignet  sicli  in  hohem  Grade  das  Studium 
■  der  difiusen  syphilitischen  Meningitis  und  Meningoencephalitis  der  Konvexität, 
P^enn  aueh  der  Umstand  für  die  Deutung  der  klinischen  Symptome  reL^ht 
erschwerend  ist  und  sehr  in  Betracht  gezogen  werden  muss,  dass  die  luetische 
Konvexitätsmeningitis  sehr  häufig  mit  einem  analogen  basalen  Prozesse,  oder 
mit  einer  hietischen  Arterienerkrankung  komhinirt  auftritt.  Endlich  finden 
sich  nicht  selten  isolirte  Gumraata  neben  der  diffusen  Meningitis,  wodurch 
in  zweifelhaften  Fällen  der  Charakter  der  Hirnhautveränderung  festgestellt 
werden  konnte. 

So  beobaclitete  Dowse  (640)  bei  einem  linksseitig  Gelähmten  eine 
LiBolirte  rechtsseitige  FHosis.  Es  konnte  kein  anderer  Grund  als  ein  Gumma 
'  rechts  im  oberen  Drittel  beider  Centratwindungen  eruirt  werden. 

Günther  {641}  sah  bei  einer  rechtsseitigen  Ptosis  einen  gummösen 
Tumor  im  linken  Schläfenlappen  mit  ausgedehnter  Erweichung,  welclie  die 
benachbarten  Partien  der  motorischen  Region,  nämlich  das  Facio-lingualgebie  t 
in  seinen  Wirkungskreis  hineingezogen  hatte.  (Ueber  das  anatomische  Ver- 
halten des  Oculomotorius  sind  keine  Angaben  vorhanden.) 

Fr i edel  Pick  (705)  beobachtete  einen  sehr  beraerkenswerthen  Fall  von 
zahlreichen  Gummen  in  der  Medulla  ablongata  neben  einer  syphilitischen 
Meningitis  und  Endarteriitis  obliterans  an  den  Rückenmarksgefässen  und  in 
der  Art.  basilaris  bei  einer  35jährigen  Frau,  hei  der  nach  Kopf-,  Gesichts- 
schmerzen und  Parästhesien  plötzlich  eine  linksseitige  Ptosis  aufgetreten 
war.  Hieraufstellten  sich  eine  totale  linksseitige  Üculomotorius-Abducenslähmung 
und  noch  andere  schwere  Läsionen  ein,  die  an  dieser  Stelle  der  Erwähnung 
nicht  bedürfen. 

Nach  Oppenheim  verläuft  die  luetische  diffuse  Meningoencephalitis 
entweder  akut  oder  chronisch.  Dabei  können  Herdsjnmptome  gänzlich  fehlen, 
oder  vor  den  stark  hen^ortretenden  Allgemeinsymptomen  in  den  Hinter- 
grund treten:  wie  Kopfschmerz,  Schwindel,  unsicherer  Gang,  bald  grosse  Reiz- 
barkeit, bald  Apathie  und  Demenz. 

Sehr  häufig  treten  Krämpfe  theils  partieller,  theils  allgemeiner  Natur, 
nnd  andere  motorische  Reizsymptome  in  die  Erscheinung,  wie  choreiforme 
Zuckungen  und  Tremor. 

Von  Lähmungserscheinungen  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  ist  nur 
selten  die  Rede,  meist  betreffen  sie  die  Zunge,  was  sich  in  der  Schwerfällig- 
keit der  Sprache  am  häutigsten  kiindgiebt. 

Oppenheim  (l  c,  pag.  96)  hebt  das  Vorkommen  von  Ptosis  und  Pupillen- 
differenz  bei  dieser  Erkrankungsform  speziell  hervor,  was  uns  zu  der  Annahme 
verleitet,  dass  auch  er  eine  cortical  bedingte  Ptosis  anerkennt. 


338  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

Als  Paradigma  für  eine  chronisch  verlaufende  diffuise  Meningoena- 
phalitis  luetica,  bei  der  sich  auch  Ptosis  einstellte,  fuhrt  Oppenheim  folgende 
Beobachtung  Griesinger's  an: 

Bei  einem  38jfihrigen  Manne,  der  sich  vor  sechs  Wochen  luetisch  infizirt  hatte,  tnt 
nach  Heilung  von  Hantansschlägen  stilles,  stupides  Wesen,  Schlafsucht,  KopfschiiMn, 
Schwindel  und  Gehstörung  ein.  Hierauf  stellte  sich  eine  in  ihrer  Intensitit  wecluefaide 
linksseitige  Hemiplegie  ein.  Dann  entwickelte  sich  eine  rasch  zuuehmende  Demenz.  Ter 
dem  Tode  waren  Ptosis,  Augenmuskellähmung,  Muskelzittem,  Sehschwache  und  Kootrekt» 
der  Nackenmuskeln  aufgetreten.  Bei  der  Obduktion  erwies  sich  die  Dura  mater  als  Domal 
die  Pia  und  Arachnoidea  waren  im  ganzen  Umfang,  speziell  an  der  Konvexität  verwaeki«. 
Die  Arachnoidea  war  sehr  verdickt.  Beim  Abziehen  der  Pia  ging  Rindeosabstanz  mii 
Speziell  sei  noch  erwähnt,  dass  die  Wandungen  der  Basalarterien  rigide  waren. 

Eine  akut  aufgetretene  syphilitische  Meningoencephalitis  habeu  wir 
im  Kapitel  VI  in  §  50  mitgetheilt;  in  diesem  Falle  wurde  von  uns  khoisch 
eine  linksseitige  Ptosis  beobachtet,  die  wir  hinsichtlich  des  patbolc^sch 
anatomischen  Befundes  als  cortical  anzusehen  geneigt  sind. 

Einen  hierher  gehörigen  Fall  beobachtete  Obermeier  (704). 

Ein  Feldwebel,  der  im  27.  Jahre  einen  akuten  Gelenkrheumatismus  durchgemtckt 
hatte,  bekam  im  33.  Jahre  zum  ersten  Mal  einen  hochgradigen  Erregungszastand ,  dca 
nach  V'sstOndiger  Dauer  eine  IVstftgige  Bewusstlosigkeit  folgte.  In  der  Folge  traten  aack 
völligem  Wohlbefinden  in  verschiedenen  Zwischenräumen  psychische  Störungen  (Hallociitt- 
tionen,  Delirien)  und  schliesslich  epileptische  Ejrampf anfalle  auf.  Bei  letzteren  wnrdci 
folgende  Herdsymptome  beobachtet :  Streckung  und  Steifwerden  des  linken  Armes,  Drehng 
des  Kopfes  nach  links,  des  linken  Mundwinkels  manchmal  schief  nach  abwärts.  VorBbtr 
gehende  linksseitige  Ptosis.    Ständige  Erweiterung  der  linken  Pupille. 

Die  Anfälle  häuften  sich;  Patient  litt  sehr  an  heftigen,  oft  Wochen  lang  dauemdn 
Stimkopfschroerzen.  Nach  einer  Gesaromtdauer  der  Krankheit  von  sechs  Jahren  starb 
der  Patient. 

Die  Behandlung  bestand  in  innerlicher  Daireichung  von  Bromkali,  Zink,  Atropin.  Di«M 
Mittel,  ebenso  wie  das  einige  Male  verordnete  Jodkali,  waren  erfolglos. 

Da  Patient  hereditär  belastet  war  und  weder  Potus  noch  Lues  in  den  Antecedeatieo 
nachgewiesen  werden  konnte,  nahm  man  eine  genuine  Epilepsie  an. 

Die  Sektion  ergab  eine  chronische  syphilitische  Pachymeningitis  interna,  syphilitifldw 
Leptomeningitis  mit  Betheiligung  der  üirnrinde. 

Uns  interessirt  hier  ganz  besonders,  dass  die  harte  Hirnhaut  über  der 
konvexen  Fläche  der  rechten  Hemisphäre  im  Bereiche  der  oberen  Fläche  und 
der  seitlichen  Partien  des  Stirnlappens  und  des  angrenzenden  vorderen  und 
lateralen  Theiles  des  Scheitellappens  stark  verdickt,  von  sehniger  Beschaffen- 
heit, und  mit  den  weichen  Häuten  innig  verwachsen  war.  Erst  gegen  den 
hinteren  Theil  des  Scheitellappens  nahm  die  Duraverdickung  ab. 

Die  Hirngefässe  an  der  Basis  waren  nicht  verändert. 

Wir  haben  diesen  Fall  eingehender  wegen  des  klinischen  Interesses  und 
des  alleinigen  Vorkommens  einer  Ptosis  mitgetheilt,  die  auch  in  diesem 
Falle  wohl  cortical  bedingt  sein  mochte. 


t)  Fehlen  der  FtiuktioiLSstöniiig  des  Ociiloinotürius  iiitni  vi  tarn   bei  ausge- 
sproeiieiien  unuiotEiiächeu  Veräiideruugeii  iiiKst  iiiurtem. 

§  131.  Eine  Erklänmg  für  diesen  merkwürdigen  Befund  lägst  sich  zur 
Zeit  noch  nicht  geben.  Vielleicht  waren  doch  in  der  letzten  Zeit  Lahmungs- 
ersclieinuiigen  von  Seiten  des  Oculoraotorius  aufgetreten,  die  der  Beobachtung 
entgangen  oder  in  die  Krankengeschichte  einzutragen  vergessen  worden  waren. 
Unter  den  hierher  gehörigen  Fällen  von  Baumgarten,  siehe  pag.  327,  Siemer- 
ling,  jjag.  326,  und  Ormerod  Fall  28  pag,  343  haben  wir  an  den  ange- 
führten Stellen  das  Nöthige  gesagt. 


Die  topische  Diagnostik  des  Sitzes  der  funktionellen  Störungen 
des  Oculomotorius  bei  der  Syphilis. 

Was  nun  die  topische  Diagnostik  des  Sitzes  der  funktionellen  Störungen 
des  Oculomotorius  bei  der  Syphilis  anbelangt,  so  müssen  wir  zunächst  der 
Frage  näher  treten,  ob  uns  die  Form  der  einzelnen  Funktions- 
störungen des  Oculomotorius  für  sich  allein  überhaupt  schon 
befähigt  eine  annähernd  sichere  Diagnose  auf  den  Sitz  der 
Affektion  stellen  zu  können.  Wir  werden  hierbei  das  Vorkommen 
der  Ptosis  zunächst  in  das  Bereich  unserer  Betrachtungen  ziehen, 

A.  Die  isultri  bleibende  Ptasis. 

L  Bei  orbitaler  Syphilis. 

§  1 32,  Fälle  mit  Sektionshefund  von  isolirt  bleibender  Ptosis  bei 
orbitaler  Syphilis  resp,  bei  gummöser  Periostitis  der  Fissura  orbitalis  superior 
und  des  Sinus  cavernosus  wurden  bis  jetzt  noch  nicht  veröffentlicht. 

Wohl  aber  liegt  eine  Beobaehtang  HitachmftQii'B  (623)  mit  8ektionsbefutid  voiv 
wo  ein  basaler  gummöser  Herd  zugleich  auch  in  die  Fissara  orbitaUs  superior  gedrungeE 
war.  Es  begtaiiil  recbteraeita  Ptosis  und  LähmoBg  des  Äbducen^,  des  Trigemtnus,  des 
Olfactorius  tind  des  Facialis.  Das  GüDglioti  Gasseri,  sowie  die  durch  die  Orbitaltissur  aus- 
trete ndeo  Nerven  waren  von  den  gummösen  Exaudatmassen  straff  um  scheid  et*  Im  recbten 
Oculomotünus  stellenweise  Schwund  der  Nervenfasern.  Die  Dura  mater  in  der  Gegend 
de»  Gaoglion  Gasseri  sowie  am  Türkeosattel  zeigte  starke  Verdickungen  mit  steilenweiser 
dichter  Infiltration, 

Auch  hatten  wir  bereits  auf  \mg.  318  einen  Fall  von  de  Luca  mit  da- 
hingehürigem  K^ankheitssit^e  angeführt,  hei  welchem  nach  einer  erfolgreichen 
anti luetischen  Kur  alle  Lähmungserächeinungen  schwanden,  bis  auf  eine  zu- 
rückbleibende F*tosis. 

IL  Die  isolirt  bleibende  Ptosis  —  hei  basalem  Sitz  der  Affektion. 

§  läS.    Fall  1.    Oppenheim    (6S2):    Anamoestisch  vorlibergehetades  Doppeltsehen» 
L,   Pupille   >   R.     Reakiton    etwas    träge.     L,  Ptosis,    welche    in    der    Folgezeit    etwas 
wechselt;  Bewegltchkeit  der  ßulbi  sonst  gut,     Spüter  verlor  sich  die  Ptosis,  es  trat  aber 
Wilhrtnd-SAetiger,  Keurologi«  dea  Auge».    L  Bd.  U.  Abtiieilang.  23 


340  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Sypbilis. 

links  eine  Parese  des  Rectus  inferior  auf.  Bei  der  Sektion  zeigte  sich  der  linke  Oeolft- 
motorius  geschwollen  und  von  der  gummösen  Neubildung  (basale  gummöse  Meningitis  ii 
der  Gegend  des  Chiasma)  durcbwachsen. 

Fall  2.  Oppenheim  (633)  (bezüglich  des  Befundes  am  rechten  Auge):  L.  Popflk 
^  R.  Die  linke  reaktionslos  auf  Licht.  Beidei-seits  Ptosis,  links  etwas  stärker.  6«»- 
mOse  basilare  Meningitis  am  Gbiasma,  die  Oculomotorii  werden  von  der  Neubildnng  qb- 
schlossen.  Beide  Oculomotorii  besonders  der  linke  sind  erkrankt.  Mikroskopisch  sieht  mti 
in  den  Randpartien  dieser  Nerven  wenig  normale  Fasern.  Das  Zwischengewebe  ist  kier 
stark  verbreitert  und  sehr  reich  an  Kernen  und  Gefässen. 

Fall  3.  Virchow  (634)  (bezüglich  des  Befundes  am  linken  Auge).  Die  redite 
Pupille  >  als  die  linke,  die  rechte  reagirt  nicbt  auf  Licht.  Rechts  Ptosis.  SpAter  lodi 
links  Ptosis.  Die  beiden  Oculomotorii  in  eine  hellgraue,  durchscheinende  Masse  eiiu^ 
bettet.  An  Stelle  des  rechten  Oculomotorius  findet  sich  eine  dicke  gallertige,  etwas  röth- 
liehe  schwielige  Masse,  während  der  linke  Nerv  kurz  vor  seinem  Eintritt  in  die  GesdumJst 
aufgetrieben  und  von  einem  röthlich  durchschimmernden  Gewebe  dorchdrongen  ist. 

Fall  4.  Virchow  (635).  Vorübergehende  linksseitige  Ptosis.  Meningitis  basOaris 
gummosa.    Sitz  der  grössten  Neubildung  in  der  linken  Schädelgrube. 

Fall  5.  Koppen  (636).  Linke  Pupille  weit.  Rechts  Ptosis.  Die  Pia  war  besonder! 
an  der  Basis  der  Medulla  oblongata,  des  Poos  und  des  Chiasma  stark  verdickt. 

Fall  6.  Wagner  (637).  Rechts  Ptosis.  Gummöse  basale  Meningitis.  Bechter 
Oculomotorius  schmäler,  weicher,  wohl  in  Folge  von  Druck  der  gummösen  Wacfaenmg  an 
der  Basis  in  der  Gegend  der  Sella  turcica.  Der  Nerv  hing  jedoch  mit  der  Substanz  der 
Geschwulst  nicht  zusammen. 

Fall  7.  Unsere  Beobachtung  pag.  322.  Links  Ptosis,  fleckweise  Degeneration  im 
Oculomotorius  nahe  an  seinem  Austritt  aus  dem  Hirnschenkel. 

III.  Die  isolirt  bleibende   Ptosis   bei   syphilitischen  Herden  im 

Wurzelgebiet  des  Oculomotorius. 

§  134.  Fall  8.  Cassirer  (638).  Links  Ptosis,  rechts  Hemiplegie.  AugenbewegongeD 
frei,  vorübergehend  Doppeltsehen.  Pupille  R.  ^  L.  Rechts  starr  auf  Licht,  die  linke 
reagirt  Im  linken  Pedunculus  ein  gummöser  Herd.  Derselbe  ragt  oben  gerade  bis  an  die 
lateralsten  Oculomotoriuswurzel fasern  heran.  Diese,  «von  denen  man  annimmt,  dass  sie  des 
M.  levator  innerviren**,  mögen  vorübergehend  direkt  oder  indirekt  geschädigt  gewesen  seiii 
und  dadurch  die  Parese  des  linken  Levator  palpebrae  superior.  verursacht  haben. 

Fall  9.  Brintowe  (614).  Links  leichte  Ptosis,  isolirt.  Rechts  totale  Ocalo- 
motoriuslähmung  (Lähmung  sämmtlicher  Augenmuskeln  mit  Ausnahme  desObliqaus  superior). 
Syphilitische  Endarteriitis  der  rechten  Arteria  cerebri  posterior  mit  Erweichung  des  recbteo 
Uirnschenkels.     Linksseitige  Hemiplegie. 

Fall  9a.    Siehe  unsere  Beobachtung  pag.  329. 

IV.  Die  isolirt  bleibende  Ptosis   bei   syphilitischen    Herden  im 

Wurzel-  und  Kerngebiet.  (?) 

§  135.  Fall  10.  Duchek  (602).  Links  isolirte  Ptosis.  Geschwulst  in  der 
Bi-ücke  mit  Erweichung  der  Umgebung. 

Fall  11.  Duncan  (616).  Rechts  isolirte  Ptosis.  Bohnengrosses  Gumma  von 
der  Pia  ausgehend  am  Ursprung  des  Trigeminus  aus  der  rechten  Ponshälfte. 

Fall  12.  Chvostek  (639).  Links  Ptosis  isolirt  Syphilitische  Endarteriitis  im 
Pons  und  Gyrus  uncinatus.    Rechts  alte  encephalitische  Herde,  links  Hemiplegie. 

V.  Isolirt  bleibende  Ptosis  bei  syphilitischen  Affektionen  des 

Kerngebiets  des  Oculomotorius* 
§  136.  Es  existirt  zur  Zeit  kein  sicherer  anatomischer  Befund. 


zuiolge  von  oypl 

§  137,  Fall  13  Dowse  (640).  R.  Ptosie  isdirt  Kleines  willnussgrosseB  Gumma 
chts  im  oberen  Dritttil  beider  Ctsritralwindangon,  linkösoitige  Hemiplegie,  Es  konnte  kein 
[iderc^r  Grund  für  die  Ptosis  gefunden  werden. 

Fall  14.    Günther  (641).    Recbts  Ptosis.    Gummöser  Tamor  im   linken  Schläfen- 

läppen  mit  ausgedehnter  Erweichung  der  Umgebung^    wi^lche  die  benachbarten  Partien  der 

motorischen  Region,  nämlich  des  Facio-liDguulgebiefs.  in  »tinen  Wirkungskreis  hineinge2ügen 

hat.     (Ueber  das  aDatomische  V'orhalten  iles  Oculomoiüriu»  Binii  keine  Angaben  vorhanden.) 

Fall  14a.     Siehe  unser©  Beobachtung  pag.  101  unten. 


VIL    Isoli  rte  Ptosis    bei   Gebirnsypbilis,    welche   sich    ans    dem 
Sektionsbefunfle  nicht  genügend  erklärt. 

§  13a  Fall  15.  Bristowe  ffi42).  Rechts  Ptosis.  Die  Arachnoidea  trllbe.  Dio 
Arteria  cerebral,  media  an  ihrer  Theiluugsstelle  verstopft.  Rechts  mittlerer  Hirnhippen 
erweicht.  Die  graue  Substanz  einiger  Hirnwindungen  byperämisch.  Im  linken  Corpus 
sfriatum  eine  kleine  Höhle  (vielleicht  euprünuelellre  Affektion  der  Levatorbabu|. 

Fall  ICl  Lancereaux  f643).  Rechts  Ptosis.  Partielle  Erweichung  und  Ver- 
h&rtting  des  Gehirns.  Meningealexsudat.  Arterienerkrankung.  Erweichung  dea  rechten 
SehhQgels  (eventuell  gleiche  Lokalisation  Mie  im  Fall  15) 

Fall  17.  Chiari  (626).  Rechts  Ptosis,  links  Erweiterung  der  Pupille,  Lues  here- 
ditaria,  Verdickung  der  Hirnhäute,  verschiedene  kleine  Erweichungsberde  im  Grosshirn, 
Ofst«.  Erkrankung  der  Hirnarterien,  theilweise  Thrombose  der  Arteria  vertebralis  und 
bftsilaris.  Vielleicht  bestand  hier  eine  Aifektion  des  WurÄel-  und  Kerngehiets  des  Oculo- 
motorius  wegen  Ibeilweiser  Thrombose  der  Basilarftrterie. 

Wii'  haben  bis  dahin  17  Fälle  von  isolirter  Ptosis  zufolge  von  Er- 
krankungen säramtlicher  Abschnitte  im  Verlaufe  des  Oculomotoriiis  von  der 
Rinde  bis  in  die  Orbita  zusammengestellt  Und  wenn  auch  die  Beweiskraft 
nicht  aller  Fälle  über  jeden  Zweifel  erhaben  ist,  zumal  da  die  Sektions- 
bescbreibungen  oft  recht  ungenau  sind,  und  die  mikroskopischen  Untersuch- 
ungen in  manchen  Fällen  fehlen,  so  kann  man  jedenfalls  mit  Sicherheit  aus 
diesen  Ergebnissen  doch  den  Schluss  ziehen,  dass  eine  isolirt  vorkommende 
Ptosis  keineswegs  fasciculärer,  nucleärer  oder  corticaler  Natur  sein  müsse, 
sondern  dass  sie  bei  Erkrankung  aller  Abschnitte  iui  Verlaufe  des  Nervus 
oculomotorius  gefunden  werden  kann. 


B.  üie  Ptosis  mit  Lähmung  der  gletehseitigen  Pupille« 


I.  Basaler  Sitz  der  Affektion.  ,  > 

%  139.  Fall  19.  Siemerling  (648).  Beide  Pupillen  über  mittelweit  und  starr.  Zweimal 
liess  sich  rechts  eine  Ptosis  konstatiren.  Kongenitale  Lues.  Die  beiden  Oculomotürii, 
namentlich  der  linke,  ragten  verdickt  uns  dem  interpedunculären,  mit  gummösen  Wuche- 
rungen angefüllten  Räume  hervor.  Beide  sind  bei  ihrem  Austritt  von  einer  ausserordent- 
lich dicken,  mit  Rundzfllen  intiUrirten  Scheid©  umgehen.  In  die  Nervensuhstanz  selbst  ist 
das  Hineindringen  der  Rundzellen  nur  ein  geringes  und  sind  dadurch  nur  verbültfllsatn aasig 
wenig  Nervenfasern  zu  Grunde  gegangen.  .  . 

Fall  20,     Oppenheim  (61^3)  siehe  Fall  2  fbeziJgHch  des  Befundes  am  linken  Augey»: 
Fall  21,    Virchow  (034)   siehe  Fall  3  (beztiglich   des  Befundes  am  rechten  Auge)^'. 

2S* 


3S42  Die  Ptosb  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

II.  Vielleicht  nuclearer  Sitz  der  Affektion. 

Fall  22.  Engel  (649).  R.  Pupille  >  L.  Rechte  Ptosis.  Syphilitische  Erknnkiu^ 
der  basalen  Himarterien  (Arteria  basilaris,  meningea  media  u.  s.  w.).  Gumma  im  Fornix, 
das  die  beiden  Seitenventrikel  und  die  Thalami  optici  links  mehr  als  rechtis  einnahm. 

C.  Ptosis  mit  Lähmung  der  M.  recti  intern!« 

^  Basaler  Sitz  der  Affektion. 

§  140.  Fall  23.  Kahler  (597).  Beiderseits  Ptosis  und  L&hmung  der  Recti  intenu. 
Die  Ojulomotorii  in  ihrem  Ursprungstheil  grau  verdickt,  hArtlich  anzufühlen. 

D.  Ptosis  mit  Lähmung  des  Rectus  superior  und  der  Pupille. 

Sitz  der  Affektion  fraglich. 

§  141.  Fall  24.  Graessmann  (650).  Beiderseits  Ptosis  seit  einem  Jahr.  Libmoig 
beider  Recti  superiores.  Zur  Zeit  der  Untersuchung  links  Ptosis.  Die  rechte  PopiUe 
reagirt  gar  nicht,  die  linke  träge.   Encephalitis  multiplex  inveterata.    Ependymitis  graanlosi 

lg!«  Ptosis  mit  Lähmung  des  Rectus  superior,  des  Rectus  inferior  und  der 

Pupille. 

Basaler  Sitz  der  Affektion. 

§  142.  Fall  25.  Leudet  (651).  Links  Ptosis.  Lfihmung  des  Rectos  inferior  und 
superior.  Linke  Pupille  weit  und  reaktionslos.  Basale  gummöse  Meningitis.  L.  Ocvlo- 
motorius  im  Niveau  der  linken  Chiasmahftlfte  durch  eine  Geschwulst  heeintr&chtigt,  welcli« 
mit  den  Meningen  und  der  Substanz  des  Nerven  zusammenhängt. 

F.  Ptosis  mit  Lähmung  des  Rectus  superior,  des  Rectus  inferior,  des 
Rectus  internus  und  der  Pupille, 

Sitz  der  Affektion  basal. 

§  148.  Fall  26.  Buttersack  (652).  Rechts  Ptosis  und  Mydriasis.  Lfthmnng 
des  Rectus  superior,  inferior  und  internus.  Links  später  völlige  Paralyse  des  Ocalomotonoa. 
Die  N.  N.  oculomotorii  stellen  knollig  verdickte  Stränge  dar.  Der  linke  Ocnlomotorios  ist 
fast  um  das  vierfache  verdickt.  Der  etwas  schlankere  rechte  Oculomotorius  xeigt  einige 
Verwachsungen  mit  der  Arteria  communicans  dextra  und  dem  auf  dem  Tractns  aofliegeo- 
den  Bindegewebe. 

G.  Ptosis  mit  Lähmung  des  Rectus  superior  und  Obliquus  Inferior. 

Basaler  Sitz  der  Affektion. 

§  144.  Fall  27.  Thomson  (653).  Beiderseits  leichte  Ptosis.  Die  Aages- 
lider  können  aber  gehoben  werden.  Lähmung  der  Bulbusheber.  Gununöse  Neiibüdoi| 
zwischen  den  Himschenkeln  gerade  an  der  Austrittsstelle  der  Oculomotorii.  Auf  der  einei 
Seite  eine  starke,  auf  der  anderen  eine  partielle  Degeneration  des  Octdomotorioasiainmes. 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 


843 


Fall  28*  Ormerod  (654).  Links  Ptosis.  Der  Rectus  euperior  und  obliquua 
if prior  gelähmt*  Das  Aage  ganz  nach  abwärts  goriclitet.  Auch  das  recht©  Auge  nach 
ibwärts  geriebtet.  tJeide  Ocnlomotorii  spindelförmig  angeschwollen ,  weich,  ri>thlich-graa, 
eginDend  einige  Linien  über  dem  oberflächlichen  L'rsprung  der  Nerven  und  sich  beinahe 
'i<  Zoll  hinerstreckend.  Mikroskopisch  ist  das  Gewebe  durchsetzt  mit  zahbreichen  Blut- 
efäasen,  der  ganze  Querschnitt  des  Nervenstanimes  atrophiächf  wenige  Fasern  sind  an 
einigen  Stellen  erhiilt-en.  Eine  auffüllige  KracbeiTJung,  wt^nn  nmn  bedenkt,  dass  nur  die 
Bewegung  der  Bulbi  nach  oben  bin  gehemmt  war. 

Ptosis  mit  Lähmung  der  Pupille  auf  IJelit,  des  Reetus  8up©rlor,  inferior, 
internus  tind  obliriuus  iuferior. 

Sitz  der  Affektion  basal, 

§  145,  Fall  29.  Uhthoff  (655).  Die  Beweglichkeit  beider  Augen  nach  oben  und 
nuten  so  gut  wie  aufgehoben.  Der  Rectua  internus  des  rechten  Auges  ebenfalls  stark 
beeinträclitigt.  Der  Rectus  superior,  inferior,  obliquus  inferior  und  internus  gelähmt.  Die 
Beweglichkeit  beider  Augen  nach  rechts  ermöglicht,  aber  beschränkt.  Rechts  mittlere 
PtosiSf  links  erhebliche  Ptosis.  Die  Pupillenreaktion  auf  Licht  fehlt  beiderseits^ 
leichte  PupillendiflFerenz,  sehr  müssige  AccommodiitionBparese.  Gummöse  sulzige  Einlagerung 
swiBchen  die  Himschenkeb  beide  Oculomot^riussiämme  beeinträchtigend.  Die  neugebildete 
Gewebaraasse  dringt  von  der  Medianseite  her  etwas  in  die  beiden  austretenden  Oculomo- 
tDriusstAmme  ein  und  zwar  zwischen  die  einzelnen  grJisaeren  NervenfaserbündeL  Die  Kern- 
parüen  der  Oeulomotorii  selbst  scheinen  im  Wesentlichen  gut  erhalten. 

I.  Ptosis   mit  Lähmung  aller   übrigen  A^ste   lies  Oeutoiiiotorius   mit  Aus- 
nahme der  Pupillen  und  Accommodation. 

L  Sitz   der  Äffektion  basal. 

§  146,  Fall  SO.  Uhthoff  (656).  Recht«  Parese  des  Nervus  oculomotorias  in  allen 
Zweigen  mit  Ausnahme  des  Sphineter  pupillae  und  der  Accommodation.  Deutliche  Ptosis. 
Pupillen  ziemlich  eng^  Reaktion  erhalten,  Arachtiitiü  chronica  circumscripta  regionis  oeulo- 
motorii dextri.  An  der  Basis  tindet  sich  die  Pia  in  der  Gegend  der  rechten  Fossa  Sylvii 
stark  verdickt  und  in  eine  derbe  Masse  umgewandelt,  die  den  rechten  Oculomot<onuä 
einschliesst- 

n.  Sitz  der  Affektion  im  Wurzel-  und  Kerngebiet. 

Fall  ^1.  Oppenheim  (657).  Rechts  massige  aber  deutliche  Parese  des  Oculo- 
motorius  in  seinen  äusseren  Zweigen  mit  leichter  Ptosis.  Am  Gehirn  findet  sich  am  Pona, 
den  hinteren  VterhQgeln  entsprechend,  ein  etwa  FünfpfeunigsiÜck  grosser,  gegen  die  Um* 
gebung  abgegrenzter  Herd  von  gelblicher  färbe  und  körniger  Schnittfläche. 

IIL  Sitz  der  Affektion  im  Wurzelgebiet. 

Fall  32.  Hu ghlings-  Jackeon  (658).  Rechts  Oculomotoriusparese  mit  Ausnahme 
der  Pupillen.     Erweichung  des  rechten  Hirnschenkels,  ebenso  des  linken. 

Fall  33.  Alexander  (613).  Rechts  Oculomotoriusparese  —  mit  späterer  Betheili- 
gnng  des  Sphineter  Pupillae  und  der  Accommodation.  Linksseitige  Eörperliihmnng. 
Erweichungsherd  im  rechten  Pedunculus  cerebri»  nach  hinten  nicht  ganz  bis  zur  Brücke 
reichend.     .Syphilitische  Arterienerk rankung. 


i 


344  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

K.  Ptosis  mit  Lfihmung  aller  iibrigen  Aeste  des  Oculoraotorias. 

I.  Basaler  Sitz  der  Affektion. 

§  147.  Fall  34.  Naunyn  (659).  Links  OculoniotoriaspareBe.  Linker  OcalomoUriu 
in  gummöse  Schwarten  eingebettet,  atrophisch  and  geröthet. 

Fall  35.  Rosenthal  (660).  Links  Parese  des  Ocalomotoriiis.  An  der  Basis  ^ 
Gehirnes  der  linke  Nervus  oculomotorius  atrophirt  und  erweicht;  bei  der  münroskopiaeheD 
Untersuchung  nur  wenige  intakte  Nervenfasern  darbietend. 

Fall  36.  Wagner  (637).  Links  Lähmung  des  Oculomotorias.  Gamma  zwischen 
Tiirkensattel  und  der  Spitze  des  Felsenbeinis.  Oculomotorius  durch  die  Geschwulst  be- 
einträchtigt. 

Fall  37.  Westphal  (661).  Rechts  komplete  Ocalorootoriaslähmung.  Der  rechte 
Nervus  oculomotorius  ganz  umgewandelt  in  einen  derben  gleicfamässigen  Körper,  welcher 
in  seinem  vorderen  Theile  eine  leicht  grauröthliche  Beschaffenheit  zeigt.  Ld  seinem  Ver- 
laufe durch  den  Sinus  cavernosus  hat  alsdann  der  Ocnlomotorius  noch  eine  sehr  geringe 
Konsistenz  und  leicht  gelbliche  Farbe. 

Fall  38.  Charles  Mills  (662).  Rechts  Lähmung  des  Oculomotorias  mit  Parae 
des  linken  Beines.  Die  rechte  Carotis  interna  ist  von  einer  dichten  gammOsen  Masse 
umgeben,  in  die  auch  der  Nervus  opticus  und  Oculomotorius  eingebettet  ist. 

Fall  39.  Dixon  (663).  Links  Parese  des  Oculomotorias.  Syphilitische  Geschwulst 
im  linken  Oculomotorius.    Dieselbe  bestand  aus  einer  röthlicfaen  Zellgewebsmasse. 

Fall  40  Biggs  (664).  Beiderseits  totale  Ophthalmoplegie  mit  Ptosis.  GammSser 
Tumor  im  Oculomotoriusstamme.    Basilare  gummöse  Meningitis. 

Fall  41.  Raymond  (665).  Rechts  Oculomotoriuslähmung  mit  Ptosis.  Neuritis 
interstitialis  des  rechten  Oculomotoriusstammes  an  seinem  Ursprung  mit  absteigeoder 
Degeneration  aller  Fasern. 

Fall  42.  V.  Graefe  (666).  Rechts  komplete  Lähmung  des  Oculomotorias.  Links 
später  ebenfalls.  Gummöse  Geschwulst  der  mittleren  Scbädelgrube ,  später  auch  in  die 
linke  übergreifend,  welche  direkt  die  Oculomotorii  und  andere  Hirnnerven  bedrängte. 

Fall  43.  V.  Graefe  (667).  Links  komplete  Oculomotoriuslähmung;  erst  kurz  vor 
dem  Tode  entstanden.  Gummöse  basilare  Meningitis  in  der  Gegend  der  Sella  tarcica.  Der 
rechte  Oculomotorius,  von  normalem  Aussehen,  ist  nur  eine  kurze  Strecke  seines  Verlaufs 
an  der  Geschwulstmasse  adhärent.     Der  linke  verschwindet  ganz  in  der  Masse. 

Fall  44.  V.  Graefe  (607).  Links  komplete  Oculomotoriuslähmung.  Lues  coufi 
Der  linke  Oculomotorius  dünner  als  der  rechte.  Atrophie  des  Oculomotoria-Hstammes 
(siehe  pag.  322). 

Fall  4t5.  Gajkiewic£  (668).  Beide  Oculomotorii  gelähmt  Dieselben  adhänren 
derartig  an  den  verdickten  Meningen,  dass  es  unmöglich  ist,  sie  zu  trennen.  Laos  congenita, 
basilare  gummöse  Meningitis. 

Fall  46.  Hughlings-Jackson  (604).  Beide  Oculomotorii  gelähmt  als  Fr&h- 
Symptom.  Beide  Arteriae  cerebrales  posterior,  und  beide  Arteriae  cerebelli,  sowie  beide  Oculo- 
motorii aneinandergeheftet  durch  eine  gummöse  Masse,  welche  die  Arterien  verdickte. 

Fall  47.  Ueubner  (669).  Links  Oculomotoriuslähmung.  Syphilitische  Geschwulst 
des  linken  Nervus  oculomotorius.  Verwachsung  desselben  mit  dem  Kam.  communicans 
posterior  sinister. 

Fall  48.  V.  Ziemsse n  (670).  Links  komplete  Oculomotoriuslähmung.  Rechts  theil- 
weise  oculomotorische  Parese.  Um  den  linken  Oculomotorias  ist  die  Pia  verdickt  und  am 
Nerven  angeheftet,  dieser  injizirt,  glänzend,  zum  Theil  verdickt  and  erweicht,  zum  Theil 
atrophirt.    Der  rechte  Oculomotorius  ist  nur  an  seinem  Urspnmg  verdickt 


Die  Ptosis  l>ei  der  cerubralen  Syphilis. 


345 


n.  Sitz  der  Aflektion  basal  und  im  Wurzelgebiet. 

Fall  49.   Butter&ack  (652).   Rechts  totale  Oculomotonualäbmung.    Die  Ptosis  war 
erste    Symptom.     Liuks    Augenbewegungen    frei.     Leptoinetiingitia    chronica    cerobro- 
silaris  et  spinalis.     Perineuritis  et  Neuritis  nodoEa  an  beiden  Oculomotorii. 

Fall  49a.    Doergens   (600).    Rechts  komplete   oculomotorische   Lähmung.    Basale 
tnö^e  Meningitis.     Der  rechte  Oculomotorius    durch    einen    an    der   Basis    des    rechten 
ebirn  sc  henkeis  sitzenden  Gurnmiknoten   heeiutrflcbtigt  und    mit   anderen  recht  streit  igen 
ItmDerven  in  der  guiumösen  Masse  eingebettet. 

III*  Sitz  der  Affektion:  basal,  Wurzel-  und  Kerngebiet. 

Fall  50.  Siemerling  (59ä).  Unks  Parese  des  Oculomotorius  in  allen  Zweigen. 
Rechte  Pupille  lichtetarr.  Gumma  im  linken  Hirnschenkel.  Der  linke  OculomotQriuij  durch 
diese  Geschwulst  schwer  geschÄdigt.  Auch  der  linke  Oculomotoriuskern  ist  in  hetrÄchtlicber 
Welse  betbeiligt.  Die  Ganglienzellen  haben  an  Ztthl  bedeutend  abgenommen  und  sind  in 
ihrer  Gestalt  verändert.  Die  Fasern  des  rechten  Oculomoteriuä  »ind  in  ihrem  intramedul- 
lai'en  Verlaufe  schmälert  im  Kern  sind  einige  Zellen  atrophisch  Die  ausgetretenen  Oculo- 
motorii  sind  beide  degenerirt.  Der  linke  ist  fast  ganz  in  reichlich  kernföhrendes  Biude- 
gewebe  umgewandelt.  Nervenfasern  sind  nur  noch  weuige  vorbanden,  und  auch  diese 
bereits  verändert. 

Die  geringfügigen  Vera nderuo gen  des  rechten  Oculomotoriusatammes  bestehen  in 
Yermehrung  des  Bindegewebes  und  der  Kerne.  Es  finden  sieb  neben  gnt  erhaltenen 
üürvenfasem  eine  Menge  atrophischer 

IV*  Sitz  der  Affektion  im  Wurzelgebiet. 

Fall  5 L  Pick  (671),  Links  komplete  Oculomotoriuslähmung.  Linker  Oculomotorius 
durch  die  gummöse  Geschwulst  des  linken  Pedunculus  cevebri  beeinträchtigt  und  durch  sie 
die  linksseitigen  Ocnlomotoriuswurxeln  2erst5rt. 

Fall  52.  Zimmermann  (618).  Links  Liihmung  des  Nervna  oculomotorius,  rechts 
Hemiplegie.    Syphilitische  Erkrankung  der  linken  Ponsbälfte. 

Fall  5S-  Findeisen  (612).  Rechts  komplete  Oculomotoriuslähmung.  Gumma  im 
rechten  Birnschenkel ,  welches  den  rechten  Oculomotorius  beeinträchtigt  bat.  Gefäss- 
erkrankung.     Syphilitische  Infiltration  der  Hirnhilute. 

Fall  54.  Leyden  (632),  Linker  Oculomotorius  total  gelihmt,  rechtseitige  Hemi- 
plegie. Dicht  oberhalb  der  oberen  Fonsgrenze  greift  der  Erweichungsherd  deutlich  auch 
in  die  Partie  über,  welche  von  den  Fasern  des  Oculomotorius  durchzogen  wird. 


L.  Ftosis  und  allgemeiue  Beweglielikeitsbesehränkun^  der  EulbL 

I.  Sitz  der  Affektion   basal. 

§  148.  Fall  55.  S.  K  o  hn  (672).  Links  Lähmung  des  Le  vator,  des  Obliquus  superior, 
R«ctua  superior»  inferior,  intemius  und  externus.  Spbincter  Pupillae  unvollständig  gelühmt. 
Lähmung  des  Orbicularis  palpebr.  Rechtsseitige  Hemianopsie.  Im  linken  Oculomotorius,  an 
der  Basis^  eine  spindelfilrmige  Auftreibung,  Eutzöndliches  Infiltrat  der  harten  Hirnhaut 
und  der  durchtretenden  Hirnnerven. 

Fall  56,  Wagner  ^603).  Rechte  Ptosis.  Spüter  rechter  Bulbus  starr  und  unbe- 
weglich, prominirend.  Dura  an  der  Basis  verdickt  und  in  eine  Schwarte  verwandelt,  welche 
den  Oculomotorius  und  den  Trigeminus  umfasst  und  ebenao  die  weiche  Hirnhaut  ergriffen 
hatte.    Der  rechte  Oculomotorius  schmal  er. 


346  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

n.  Sitz  der  Affektion  basal,  sowie  im  Wurzel-   und  Kerngebiet 

Fall  57.  Siemerling  (628).  Rechts  Augenbeweg^Dgen  nach  allen  Ridttupi 
erheblich  beschränkt,  massige  Ptosis.  Ophthalinoplegia  interior.  Links  aosgesprodme 
BeweglichkeitsbeschränkuDg  des  Auges  im  Sinne  des  Rectas  internus  und  inüerior.  Kein« 
Ptosis.  Der  Raum  zwischen  den  Himschenkeln  ausgefüllt  mit  einer  frischen  gnmiBtea 
Wucherung,  welche  auf  die  Oculomotorii  übergegangen  war.  Oef&sswaehemng  bis  nach 
den  Oculomotoriuskemen  hinauf.  Die  beiden  peripheren  Oculomotorinsstftxnme  nnd  nanMot- 
lieh  der  rechte  zeigten  starke  Veränderungen.  Der  rechte  ist  bis  auf  geringe  Reste  erhaHen 
gebliebener  Nervenfasern  in  eine  Geschwulstmasse  umgewandelt.  Nicht  so  erheblich  ist  die 
Wucherung  und  Degeneration  in  dem  linken  Oculomotorius. 

Fall  88.  Illberg  (673).  Links  massige  Ptosis.*  Bewegung  der  Bulbi  nach  anssra 
unmöglich;  sehr  beschränkt  nach  oben  und  innen.  Nach  unten  frei.  Tumor  cerebri  linb 
hinter  den  Vierhügeln.  Meningitis  basilaris  im  Trigonum  interpednnculare  mit  sekundlrer 
Läsion  der  Oculomotorii. 


M.  Keinerlei  Funktionsstörung  des  Oculomotorius  bei  yorhandenei 
syphilitischen  Veränderungen. 

I.  Sitz  der  Affektion  basal. 

§  149.  Fall  58.  Baum  garten  (609).  Angeblich  keine  Funktionsstörung  des  Oculo- 
motorius. Beide  Oculomotorii  sind  mit  traubig  knotigen  gelblichen  Greschwftlstchen  didit 
besetzt.  Links  geht  das  freie  Ende  des  Nerven  sogar  vollständig  in  der  Neabildoflg  aol 
Neurilemm,  die  Septa  und  das  Perineurium  in  kleinzelliger  Wucherung  begriffen;  auch  die 
Nervensubstanz  selbst  zum  Theil  vom  Rande  nach  der  Mitte  zu  in  fortschreitender  Rich- 
tung in  Granulationsgewebe  verwandelt, 

Fall  59.  Siemerling  (674).  Links  Hemiparese,  rechts  Parese  des  Beins,  rechts- 
seitige Hemianopsie,  Pupille  L.  ]>  R.  Links  Reaktion  auf  Licht  erhalten,  rechts  xefl.  stair. 
Auf  Konvergenz  die  Reaktion  beiderseits  erhalten.  Ophthalmoskopischer  Befand  normal. 
Die  beiden  Oculomotorii,  ca.  1  cm  hinter  dem  Austritt  aus  dem  Hirnschenkel/ lassen  eine 
reichliche  Gefässwucherung  erkennen;  in  der  Umgebung  einzelner  hat  eine  EeminfiltntioD 
stattgefunden.  Der  Nerv  bietet  nicht  das  gleichmässige  Aussehen  der  grossen  breiten 
Nervenfasern,  wie  es  dem  Oculomotorius  als  rein  motorischem  Nerven  eigen  ist,  sondern  es 
finden  sich  in  grösserer  Zahl  bereits  kleine  atrophische  Nervenfasern;  in  vielen  anderen  der 
grossen  Fasern  ist  das  Mark  ohne  konzentrische  Schichtung,  und  der  Achsencylinder  ver- 
hältnissmässig  sehr  klein.  Im  weiteren  Verlauf  nimmt  die  Gefässwucherung  im  Nerven  ab. 
aber  bis  in  die  Endverzweigungen  im  Muskel  lässt  sich  eine  Anzahl  atrophischer  Nerren- 
fasern  nachweisen. 

Siehe  auch  Fall  28  Ormerod  pag.  343. 


N.  Isolirte  AfTektion  der  Pupille. 

Sitz  der  Affektion  basal. 

§  150.  Fall  60.  Übt  ho  ff  (676).  Linke  Pupille  erweitert,  starr  auf  Licht,  spiter 
Pupillen  wieder  frei,  Augenbewegungen  sonst  gut.  Der  linke  Oculomotorius  glatt,  buid- 
artig,  grau  weiss.  Einbettung  der  Oculomotorii  sowie  anderer  Gehimnerven.  in  eine  binde- 
gewebige eiterige  Masse.    (Mikroskopische  Untersuchung  fehlt.) 

Fall  61.  Koppen  (636).  Linke  Pupille  weit,  rechts  Ptosis.  Die  Pia  war  besondera 
an  der  Basis  der  Medulla  oblongata,  des  Pons  und  des  Ghiasma  verdickt. 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis.  347 

Fall  ^2.  Siemerling  (598).  Rechts  Angenbeweguogen  frei,  Papille  lichtstarr'. 
Links  komplete  Ocnlomotoriasläbmang.  Die  geringfagigen  Verändeningen  des  rechten 
Oculomotorinsstammes  bestanden  in  Vermehrang  des  Bindegewebes  und  der  Kerne.  Es 
fanden  sich  neben  gut  erhaltenen  Nervenfasern  eine  Menge  atrophischer. 

0.  LShmang  des  Mus.  rectas  internus  (isolirt). 

Sitz  der  Affektion:  Wurzel-  und  Kerngebiet. 
§  151.  Fall63.  Ballet  (677).  Links  der  M.  rectns  internus  gelähmt.  Rechts  Abducens, 
links  Facialis.  Hemiparese  links.  Links  im  oberen  Theile  der  Brückenfasem  drei  linsen- 
groBse  Tumoren,  nicht  in  die  Tiefe  reichend.  Rechts  Syphilom  von  1,5  cm  Durchmesser 
durch  die  ganze  Länge  des  Pens  7—8  mm  vom  Yentrikelboden  sich  haltend.  Abducens- 
kern  verschont. 

§  102.  Behufs  besseren  Ueberblicks  über  die  so  wichtige  Symptomenreihe 
dieser  Fälle  luetischer  Affektionen  des  Oculomotorius  mit  Sektionsbefund 
haben  wir  in  der  folgenden  Tabelle  XVIII  noch  einmal  dieselben  übersichtlich 
nach  den  gleichen  Symptomen  und  nach  den  gleichen  Angriffspunkten  der 
Affektionen  geordnet  zusammengestellt.  Dabei  tritt  uns  zunächst  die  auf- 
fallende Thatsache  entgegen,  dass  wir  trotz  ausgesprochener  anatomischer 
Läsion  einer  oder  beider  Oculomotorius  stamme,  dennoch  bei  einer  relativ 
grossen  Anzahl  von  Fällen  nur  einer  Funktionsstörung  einzelner  vom  Oculo- 
motorius versorgter  Muskeln,  und  hier  vor  allem  einer  i  so lirten  Ptosis,  begegnen. 
Femer  berührt  uns  die  ausgesprochene  Ophthalmoplegia  exterior  in  deiti 
Falle  Nr.  30  befremdend,  oder,  wie  in  den  Fällen  Nr.  60,  61  und  62,  eine 
isolirte  Lähmung  der  Pupille,  als  eine  inkomplete  Ophthalmoplegia  interior 
bei  basalem  Sitze  der  Affektion.  Waren  wir  doch  gewohnt,  diese  Lähmungs- 
formen seit  den  Arbeiten  Hutchinson 's  und  Mauthner's  als  klinischen 
Typus  einer  Nuclearlähmung  anzusehen. 

Als  dritte  auffallige  Erscheinung  wäre  noch  hier  die  isolirte  Blicklähmung 
in  den  Fällen  27,  28  und  29  anzuführen,  mit  der  Thatsache,  dass  auch  nach 
basalen  Herden  durch  symmetrische  Lähmung  einzelner  Nervenäste  asso- 
ciirte  Augenmuskellähmungen  entstehen  können. 

Da  die  hier  angeführten  Fälle  als  die  schwereren  angesehen   werden 

müssen,  eben  weil  sie  zur  Sektion  gekommen  sind,  so  entnehmen  wir  ferner 

fiieser  Tabelle  die  Thatsache,  dass  bei  den  schweren  Fällen  cerebraler  Lues 

Hiit    Oculomotoriusbetheiligung   fast  durchgängig   auch    der  Levator 

des  einen  oder  beider  Augen  in  Mitleidenschaft  gezogen  wird. 

Unter  16  Fällen  von  i  s  ol  i  rt  e  r  P to  s  i  s  bei  cerebraler  Lues  mit  Sektions- 

liefand  sehen  wir  7 mal  dieselbe  nach  basalen  und  2 mal  nach  orbitalen 

^ffektionen  zurückbleiben.     Der  Einwand,   dass  etwa  neben  der  basalen, 

^ine  Affektion  des  Kerngebietes  bestanden  habe,  welcher  das  Auftreten 

^er  isolirten  Levatorlähmung  zur  Last  zu  legen  sei,   wird  durch  eine 

"iriaikroskopische   Untersuchung  Oppenheim's   (oben  Fall   2)   widerlegt,  bei 

"%velcher  das  Kern-  und  Wurzelgebiet  des  Oculomotorius  vollkommen  normal 

iK^f<^<l^Q  worden  war. 


348 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 


Tabelle    XVIII.     üebersicht    über    die    Fälle    mit    Lähmung  de 
gleichen   vom   Nervus    oculomotorius   versorgten    Muskeln  bi 
ungleichem  Angriffspunkte  der  Krankheit. 


Angabe   der  gleich- 

Sitz   der    Erkrankung 

zeitig  an  demselben 

Nerv,  oculomotorius 

Wurzel- 
gebiet 

Wurzel- 

Korn. 

gelähmten  Maskeln 

orbital 

basal 

und  Kern- 
gebiet 

gebiet 

cortic 

Ptosis  (isolirt) 

FalldeLuca 

einseitig  Fall 

einseitig 

einseitig 

_ 

Fall  13, 

j 

pag.  319 

5,  6,  7;  vor- 
übergehend 
1,4 

Fall  8,  9 
Fall  G. 
pag.  329 

Fall     10, 
11,  12 

14t 

Hitsch- 

doppelseitig 

mann  pg.319 

Fall  2,  3 

1  Ptosis 
[Rectus  internus 

— 

doppelseitig 
Fall  23 

— 

— 



— 

Ptosis 

Rectus  superior 

Rectus  inferior 

Rectus  internus 

Obliquus  inferior 

— 

einseitig  Fall 
30 

einseitig 
Fall32,33 

einseitig 
Fall  31 



— 

(Ptosis 

[Rectus  superior 

lObliquus  inferior 

— 

doppelseitig 
Fall  27,  28 

— 

— 



— 

J  Ptosis 
\  Pupille 

Fall  20,  21 

— 

Fall  19  wech- 

— 

17  (•?) 

Fall  22  (?) 

- 

selnd 

1  Ptosis 

{  Pupille 

1  Rectus  superior 

— 

— 

— 

Fall  24  (?) 

— 

— 

Ptosis                       1 

Pupille 

]  Rectus  superior 
iRectus  inferior 

— 

einseitig  Fall 

— 



— 

— 

1 

25 

Ptosis 

Pupille 

Rectus  superior 

Rectus  inferior 

Rectus  internus 

i 

einseitig  Fall 
26 

— 

— 

— 

— 

Ptosis 

1 

Pupille                       1 

Rectus  superior       ' 

Rectus  inferior        l| 

Rectus  internus       i. 

Obliquus  inferior     1: 

Obliquus  superior    i'           — 

l| 
Ptosis                       , 

doppelseitig 
Fall  29 

— 



— 

— 

Pupille                      i' 

Accommodation       i' 

einseitig  Fall 
84.35.36,37, 

1 
1 

38,39,41,43 

Die  Ptosis  bei  der  t-erebralen  Syphilis. 


349 


Angabe  der   gleich- 
seitig au  demselben 

Sitz     der     Erkrankung 

Nerv,  ocalomotonus 
j^el ihm  teil   MuBkeln 

orbital 

basal 

Wurzel^ 
gi^biet 

uud  Kem- 
gebiet     , 

Kern- 
gebiet 

coi-tteal 

IR^tua  anperior 
IRectus  inferior 

Rectus  intemna 

1  Obliques  inTerior 
1  Papille  usnlirt) 

Eectus  internus 
(idolirt) 

— 

49,50,44,47,48 

doppelseitig 
Fall  40,   42, 
45,  46 

einseitig  Fall 
60,  61.  62 

einseitig 
49,50,51, 
52,  ö3,  54 

50 
OS 

— 

— 

Aus  diesen  angeführten  That Sachen  ist  man  wohl  zur  Formulirung  des 
Siit/es  berechtigt,  dass  wenigstens  bei  der  cerebralen  Lues  der 
isolirt  (d.  h.  ohne  andere  Augenmuskelstörungen)  gefundenen 
Ptosis  keinerlei  Bedeutung  für  die  topische  Diagnostik  des 
Sitzes  der  Affektion  im  Verlaufe  der  oculomotorischen  Bahnen 
zugesprochen  werden  darf. 

Dieses  auftallige  Hervortreten  der  isolirten  Ptosis  bei  basal-syphi- 
litischen  Krankheitsherden  hebt  auch  hier  wieder  die  grosse  diagnostische 
Bedeutung  hervor,  welche  wir  der  genauen  Kenntniss  des  patbologisch-ana- 
tomischen  Befundes  zuerkennen  müssen,  durch  welchen  die  Augenmuskel- 
lähnmngen  bei  den  einzelnen  Grundkrankheiten  bewirkt  zu  werden  pflegten. 
Denn  während  wir  z.  B.  bei  der  Tabes  eine  isolirte  Ptosis  rückhaltlos 
auf  einen  degenerativen  Prozess  im  Levatorkerne  zuriick führen  werden,  weist 
uns  das  gleiche  klinische  Symptom  bei  der  cerebralen  Lues  zum  mindesten 
niciit  selten  auf  einen  basalen  Angrifl*sipunkt  der  Affektion  liin,  der  in  diesem 
Falle  dann  meist  neuritischer  Natur  äu  sein  pflegt. 

Treten  zugleich  mit  einer  isolirten  Ptosis  noch  Lähmungserschei- 
nungen von  anderen  Gehirnnerven  auf,  so  werden  wij'  aus  der  Gemeinschaft 
der  Symptome  schon  von  selbst  auf  den  basalen  Ursprung  der  isolirten  Ptosis 
hingeleitet,  wie  bei  dem  folgenden  Falle  unserer  Beobachtung, 

L.  0,,  ein  26jäbriger  Hafeuarbeiter,  erkrankte  vor  vier  Wachen  mit  Kopfschmerzen 
auf  der  rechten  Seite,  wonach  Gesicbtasehnierzen  in  allen  Aesten  des  Trigeminua  hervor- 
traten. Seit  acht  Tagen  besteht  zeitweise  Doppel  tsebett,  hesonders  beim  Sehen  nach  der 
linken  Seite.  Scbon  gleich  anfangs  konnte  Patient  den  Kiefer  nicht  mehr  anseinander- 
hringen  und  seit  ein  paar  Tagen  die  rechte  Gesichtshälfte  nicht  mehr  bewegen.  Wenn  das 
rechte  Ange  verdeckt  war,  bestand  kein  Schwindel  Erbrechen  war  nicht  vorhanden,  der  Stuhl- 
gang in  Ordnung;  auch  klagte  er  nicht  über  Herzklopfen.  Der  Puls  war  normal.  Die 
Mutter  des  Fatienten  starb  an  einer  Kopf krankheit  mit  Krbrechen.   Status  pruesens:  Hechts 


350  Die  Ptosis  bei  der  tserebralen  Syphilis. 


Lagophtbalmns.  Das  rechte  Lid  etwas  ödematös,  die  rechte  Gesichtabälfle  akti?  ooWwfg. 
lieh,  auch  bei  MitbeweguDgen.  Der  Geruch,  der  Geschmack  und  das  G«h5r  sind  mkti 
herabgesetzt. 

Die  Sehschärfe  beträgt  rechts  */i8,  links  ".it,  die  Papillen  sind  blass.  Rechts  besteht 
reflektorische  Pupillenstarre,  manchmal  auch  paradoxe  Reaktion.  Die  Seosibilitii  kt 
ganzen  rechten  Gesichtshälfte  auch  auf  der  Conjunctiva  nnd  Cornea  herabgesetzt  Am 
rechten  Bulbus  keine  charakteristische  Lähmung  zu  eruiren.  Leichte  Ptosis  des  reckta 
Oberlids. 

Das  Gesichtsfeld  des  linken  Auges  für  Weiss  nnd  Farben  verhält  sich  normal.  Digegci 
besteht  auf  dem  rechten  Auge  nach  unten  aussen  für  Weiss  ein  sektorenfSrmiger  Defekt 
welcher  für  Farben  sich  nach  unten  hin  noch  vergrGssert  Im  weiteren  Verlaufe  trat  die 
Ptosis  auf  dem  rechten  Auge  immer  stärker  hervor.  Das  Epithel  der  rechten  HorBkaat 
stiess  sich  ab  (Eerat.  nenroparalit.),  die  Conjunctiva  Sclerae  und  aach  etwas  das  reckte 
Oberlid  wurden  ödematös.  Die  galvanische  und  faradische  Reaktion  der  rechten  Geiicbti- 
muskulatur  herabgesetzt.  Auch  das  Gaumensegel  der  rechten  Seite  hob  sich  nicht  so  kod 
wie  links.    Nach  einer  Schmierkur  bedeutende  Besserung  aller  Erscheinangen. 

Da  bei  diesem  Falle  neben  der  rechtsseitigen  Ptosis  noch  Störungen 
vom  I.,  IL,  V.,  Vn.  und  VIII.  Gehirnnerven  der  gleichen  Seite  vorlagen, 
werden  wir  wohl  nicht  fehl  gehen,  die  Ptosis  in  diesem  Falle  von  einer  gum- 
mösen Neuritis  des  IIL  Nerven  herzuleiten,  als  Theilerscheinung  einer  basalen 
gummösen  Meningitis. 

S  153.  Tritt  die  isolirte  Ptosis  zugleich  und  altemirend  mit  einer 
Hemiparese  auf,  so  sitzt  der  Herd  entweder,  wie  in  der  Beobachtung  Duo heks 
(Kall  Nr.  10),  in  der  Brücke  oder  im  Pedunculus  wie  in  der  Beobachtung 
Cassirer^s  (638)  (Fall  Nr.  8). 

Einen  interessanten  hierher  gehörigen  Fall  mit  doppelseitiger  Ptosis  erziUt 
W.  C.  Kr  au  SS  (700):  Eine  23jahrige  vor  vier  Jahren  infizirte  Frau  klagte  seit  einem  Jalin 
über  Occipitalkopfschmerz  und  Erbrechen ;  es  trat  völlige  Erblindung  ein,  dabei  entwickelte 
sich  eine  doppelseitige  Ptosis.  Sämmtliche  Extremitäten  zeigten  leichte  Parese  mit 
starker  Erhöhung  der  Sehnonreflexe.    Exitus.    Verweigerung  der  Sektion. 

Stellt  sich  dabei  noch  ein  Gesichtsfelddefekt  mit  Sehstörang  und  opthalmo- 
skopischen  Erscheinungen  von  Neuritis  auf,  wie  in  dem  Falle  von  Jacobs  (679i 
mit  rechtsseitiger  Hemiplegie,  linksseitiger  Ptosis,  Strabismus  convergens 
(Abducenzlähmung),  Herabsetzung  des  Sehvermögens  links,  beiderseits  Neu- 
ritis optica,  so  darf  man  die  isolirte  Ptosis  in  derartigen  Fällen  von  einer 
basalen  gummösen  Meningitis  herleiten,  die  von  der  Basis  in  den  Himschenkel 
eingedrungen  sein  mochte.  Auch  wir  sind  in  der  Lage,  eine  derartige  Be- 
obachtung hier  anzuführen. 

Eine  32jährige  luetische  Puella  von  der  Abtheilung  des  Herrn  Dr.  £n  gel -Reimers 
klagte  nach  einer  Reihe  schwerer  Difttfehler  über  heftige  Kopfschmerzen  und  SehstdroDgeD. 
Dabei  zeigte  sich  auf  dem  rechten  Auge  eine  Ptosis  wiihrend  die  BnlbasbewegnngeD  frei- 
blieben. Die  Pupillen  waren  beide  auf  Licht  starr  und  reagirten  nur  schwach  auf  KonFergenz 
und  Accommodation.  Ophthalmoskopisch  bestand  links  eine  ziemlich  starke  Neariti».  und 
die  Gesichtsfelduntersuchung  Hess  eine  rechtsseitige  homonyme  inkomplete  Hemiaoopsie 
erkennen.  Dabei  bestanden  auf  der  linken  KOrperhälfte  leichte  SensibilitfitsstOningen  und 
leichte  Bewegungsstörungen  im  Fuss.  Nach  forcirter  Schmierkur. gingen  die  Erscheinimg^ 
bis  auf  die  Hemianopsie  zurück. 

Auch  in  diesem  Falle  war  die  isolirte  rechtsseitge  Ptosis  sicher 
auf  eine  basale  gummöse  Meningitis  zurückzuführen,  die  sich  gerade  angeschickt 


I 


hatte,   den  rechten   Pedunculus  zu   insultiren.     Einen  analogen  Fall   erzählt 
Rudnienr  (709). 

Eio  30 jähriger  hietischer  Mann  bekam  reclitsseitige  HemipBrese,  liaksseitige  Ptosis 
und  rechtsseitige  Hemianopsie  Die  linke  Pupille  stark  ervreitert,  abbolufc  reaktionsJos,  recht« 
hernianopiscbe  Pnpillenreaktion.     Sämmtliche  Muskeln,    welche   vom    linken  Nervus    oculo- 

IOtorius  versorgt  werden,  waren  gel  ahm  L 
Wegen  der  Differential-Diagnose  zwischen  cerebrospinaler  Syphilis  und 
iftbes  in  Hinsicht  auf  die  isolirte  Ptosis  verweisen  wir  auf  das   in  S  61 
^g,   138  Gesagte. 
L        S  154.  Femer  geht  aus  derTabelle  XVIII  hervor,  dass  wir  hinsichtlich  der 
Ipischen  Diagnostik  des  Angriffspunktes  der  Krankheit  in  den  Oeulomotorius* 
ahnen   bei    basalen  Herden,  wie  ja  zu  erw^arten  war,  sehr  viel  häufiger  auf 
die    Ptosis    als  TheÜserscheinung    einer  kompleten   Lähmung    des    dritten 
I  Ner\'en  stossen,  als  hei  solchen  im  Kern-  und  Wurzelgebiet, 

Nach  Uhthoff  ist  die  doppelseitige  ÜculomotoriuslähDiung  hei  keiner 
Krankheit  so  häufig  wie  bei  der  Syphilis.  Er  glaubt  (1.  c.  pag.  267),  dass 
eine  doppelseitige  komplete  Oculomotoriuslähmung  hei  Syphilis,  auch  wenn 
zur  Zeit  der  Beobachtung  anderweitige  Gehirnerscheinungen  fehlen,  fast  immer 
auf  basale  Prozesse  (direkte  gummöse  Degeneration  der  Oculomotoriusstämme, 
syphilitische  Wucherung  zwischen  den  Nerven  im  interpedunculären  Kaum)  zu- 
rückzuführen sei.  Diejenigen  Fälle  von  doppelseitiger  k  o  m p  le  t e  r  Oculomoto- 
riosaffektion,  welche  ohne  andere  Funktionsstörung  aus  dem  Bereiche  der  Him- 
uerven,  wohl  aber  mit  sonstigen  cerebralen  Erscheinungen,  als  Kopfschmerz, 
Schwindel  etc.  einhergingen,  seien  aber  im  Allgemeinen  eine  grosse  Seltenheit. 
Aus  der  Litteratur  vermochten  wir  nur  dahingehörige  Beobachtungen  von 
Mauthner  (693)  ohne  Sektionsbefund,  Biggs  (Fall  40),  Thomsen  (Fall  27). 
Orraerod  (Fall  28)  und  Uhthoff  (Fall  29)  zusammenzustellen.  Nach 
Zai»pert  (576)  hatte  ein  fünfjähriges  Kind  im  Alter  von  2  Monaten  Zeichen 
von  Lues  hereditaria  dargeboten.  Die  Mutter  des  Kindes  hatte  xweimal  abortirt 
und  2  Kinder  im  Alter  von  3  Wochen  verloren.  Links  bestand  vollständige 
isolirte  Oculomotoriuslälunung,  von  keinerlei  anderen  Krankheitsymptomen 
begleitet.     Heilung  imch  Darreichung  von  Quecksilber. 

Dineur  {702)  besclireibt  eine  komplete  Oculomotoriuslähmung  nebst 
Lähmung  der  Chorda  tympani  hei  Syphilis.  Es  trat  Heilung  ein.  Nach  der  Auf- 
stellung dieses  letzt  erwälmten  Autors  (I,  c.  pag.  272)  zeigte  sich  unter  22  Fällen 
einseitiger  Oculomotoriuslähmung  acht  mal  derselbe  i  s  o  1  i  r  t  betroffen 
d.  h*  ohne  sonstige  Affektion  anderer  basaler  Hirnnerven.  Neuerdings  hat 
Doch  Dalichow^  (680)  einen  derartigen  Fall  von  isolirter  kompleter  Oculomo- 
toriuslähmung nach  Syphilis  ,,als  eine  sehr  seltene  Erscheinung"  beschrieben. 
Am  häutigsten  finden  wir  bei  der  Syphilis  entweder  complete  Üculomo-» 
toriuslähmung  im  Vereine  mit  Lähmungen  anderer  Gehimnerven,  oder  sehen 
nur  einzelne  Aeste  des  Oculomotorius  paretisch  oder  paralytisch.  Bei  den 
meisten  derartigen  Fällen  waren  wir  ja  versucht  nach  der  Gruppirung  der 
einzelnen   Lähmungserscheinungen  dieselben  für  Nuclearlähmungen  anzusehen. 


352 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  S%T*hilis, 


Ganz  besonders  galt  dies  von  der  Oplithalmoplegia  interior  und  der  OplithÄl- 
moplegia  exterior.  So  sagt  Maiithner  in  seiner  Lehre  von  den  Augea- 
muskellähmiingen  pag,  381  wörtlich:  j,l)ic  progressive  Lähmung  der  Aageu- 
musMatur  hat  in  den  meisten  Fällen  eine  nucleare  Ursache.  Diese  letztere 
ist  direkt  zu  diagnostiziren,  wenn  Sphincter  und  Accommodation  von  der 
Lähmung  nicht  ergriffen  sind.  Die  Ophthalmople^ia  exterior  muss  ia 
jedem  Falle  nuclearer  Natur  sein/'  Die^ier  Satz  kann  gegenöber  den 
Fällen,  welche  auf  der  Tabelle  XVIII  unter  der  Rubrik  ,, basal*'  verzeichnet 
stehen,  und  namenUich  hezüghch  des  Falls  Nr.  30  {pag.  343)  nicht  mehr  auf- 
recht erhalten  werden. 

S  155.  Wir  sind  zur  Zeit  noch  nicht  im  Stunde  aus  der  Gruppimng  der 
Lähmungserscheinungen  der  Augenmuskulatur  allein  die  Diagnose  auf  Xudear- 

lahmung  mit  Sicherheit  stel- 
len zu  können.  Wirmüsseo 
dämm  nach  anderen  Modub* 
ten  Umschau  halten^  welche 
wir  zur  Sicherung  der  I*ia- 
gnose  einer  Xuclearlähmuns: 
heranziehen  dürften.  D^rea 
giebt  es  nun  zwei  Gruppen: 
eine  positive  mit  Erschei- 
nungen, welche  zur  Srnipto- 
matologie  der  Angennuiskeil- 
störungen  gehören  und  bei 
Krankheiten  auftreten,  in 
deren  (iefolge  sich  nachge- 
wiesener massen  fast  immer 
nur  Kornlähmungen  ent- 
wickeln z,  R.  bei  Tabes,  und 
eine  negative  mit  Krank- 
heitserscheinungen vonSeiten 
anderer  Gehimnerven  re«p. 
gekreuzte  Körperlähmung. 
welche  auf  einen  basalen  Sitz 
der  Erkrankung  hinweisen. 
Für  eine  Nuclearläh- 
niung  spricht,  ohne  gerade  dafür  zwingend  zu  sein,  das  anfängliche  Verschont- 
bleiben  der  interioren  Augenmuskeln,  das  allmähliche  Nacheinanderhefallen- 
werden  einzelner  vom  Oculomotorius  versorgter  Muskeln,  die  Doppelseitigkeit 
der  Symptome,  das  Fehlen  anderer  Cerebralerscheinungen  ausser  Somnoleni 
oder  Bulhärsymptomen,  das  Vorhandensein  von  Zucker  im  Urin^),    der  pro- 

1)  So  Wricbtet  Guibert  (692)  über  einen  Fall  von  Pollen ceph all tis  superior  mft 
Kopfschmerzen,  Lähmung  aömmthcher  Augennerven ,  der  Bewegungsnerven  dea  GüsiditB, 
der  Zunge,  des  Schluckens  u.  s.  w.  Es  war  Zucker  im  Urin..  Nach  Queck&ilberbdiaDdhaf 
trat  völlige  HeihiDg  ein. 


Fig.  72 

Ä,    Seil.     Links    in    ikr   Heilung   bej^flVne  Ophthalmo» 
pk'gia  exterior  mit  PtoEsis  bei  c^rebmler  Lue^, 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  SypbiHs, 


353 


gressive  mit  Remissioneji  einhergehende  Verlauf,  die  schnelle  Erschöpfbarkeit 
und  Ermüdbarkeit  der  bald  völlig  gelähmten,  bald  nach  Ruhe  für  einige 
Minuten  wieder  fnuktionsflthigen  Muskeln,  der  Uel>ergang  einer  anfiinglich 
vorhanden  gewesenen  Lähmung  z.  11.  einer  Ptosis  in  einen  Spasmus  des  Levator 
bei  intendirten  Bewegungen, 

So  h&tUn  wir  Gelegeubeit  eijie  luetiauh  gewesene  46jäbrige  Frau,  die  auch  dem 
Alkoliolgenoöse  gefröbot  balte,  zu  beobachten.  Seit  *,4  Juliren  klagte  dieselbe  über  heftige 
Kopfsehmerzen  uod  Angstzustätuie,  über  Schwere  im  linken  Oberlid  und  Dojipöltaehen. 
Kines  Morgens  war  auf  dem  linken  Auge  eine  komplete  Ptosis  aufgetreten,  und  zeigte  sich 
bei  der  Cntersnchung  eine  Lähmung  des  Trochtearis  und  aller  Aeste  des  OculometoriuB; 
nur  die  Accommodation  war  auf  dem  linken  Auge  frei  geblieben.  Mehrere  Monate  nach  einer 
kräftigen  Schmierkur  uud  fortgesetztem  Jotlkaligebrauch  trat  eine  hochgradige  Besserung 
der  Atigenmaskelstöning  auf.  Die  Ptosis  des  linken  Auges  war  sehr  zurückgegangen 
(siebe  Fig,  72),  die  Stellung  der  Bulhi 
beim  ßlick  gerade  aus  fast  normal.  Die 
Beweglichkeit  des  Bulbus  nach  unten  noch 
etwas  bescbrSnkt.  Blickt  nun  Patientin 
möglichst  weit  nach  unten  hin,  dann  winl 
das  früher  völlig  gelähmt  gewt'sen©  linke 
Oberlid  (siehe  Fig,  73)  ohne  Theilnahme  des 
Frontalis  nach  oben  gezurrt,  so  da«s  ein 
breiter  SkleraUtreifen  zwischen  dem  Oberlid 
and   dem  Cornealrande   nun  sichtbar  wird. 

Hier  springt  uilenhar,  wie  bei 
den  erworbenen  Mitbewegungen  des 
plotischen  Überlides  beim  Kauen,  der 
Innervationsvorgang  im  Bereiche  der 
erkrankten  Oculomotoriuszeilen  auf 
benachbarte  Bahnen  über  (vergleiche 
pag.  62  §  38  lind  die  Fälle  von 
Aibrand,    Schanz    und   Marina 

k:.  69  und  70), 
Lieber  die  Beziehungen  der 
cosurie  und  des  Diabetes  mellitus 
2ur  Syphilis  findet  sich  in  der  interes- 
gan ten  A rbe  i t  M  a  n  c  h  o  T  s  ( 740) 
feine  von  L  e  u  d  e  t  (741)  herrührende 

Beobachtung  mit  Sektions bet und,  bei  welehtir  es  gich  neben  einer  leichten 
basalen  Meningitis  nm  Erwf^idiung  am  Buden  des  IV.  Ventrikels  mit  Ver- 
änderungen des  Plex.  chorioid.  bandelte.  Klinisch  waren:  linksseitige 
S^tosis^  Lähmung  des  Internus,  des  Rectus  superior,  Erweiterung  und  Starr- 
leit  der  linken  Pu|iille  ausser  anderen  uns  hier  nicht  interessireoden  Erschein 
lODgen  beobachtet  worden. 

Femer  beschrieb  Feinberg  (742)  einen  mit  Glycosurie  einhergehenden 
•'all  von  luetischer  Bulbärijaralyse  mit  Parese  des  rechten  oberen  Augenlides 
i.mi  späterem  Hinzutreten  anderer  Lähmnngserscheinungen  von  Seiten  des 
iculomotorius. 


¥i'^.    73   verlad     Fi^',   72. 

S.  Srh»     GfheilJe   0(phthalrotijii*gia   exlerjor   mit 

Ptr>8i8  ufnl  cerebrahr  Lues.    Kninipf  des  L*^viitor 

beim  Vt'rsyt'hf  die  BUfkchene  zu  nritjen.    Wähnend 

di^r  HeiliiDi?  aufgelrctm. 


3^4  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis. 

Nach  Mänchot  beruht  ein  Fall  Ozenne's  (743),  der  plotzüch  nii 
Schielen,  Kopfschmerz,  Schwindel,  Uebelkeit  erkrankte  und  eine  reditsseitip 
leichte  Ptosis  nebst  Abweichung  des  rechten  Bulbus  nach  aussen  mitScIiwef- 
beweglichkeit  der  rechten  Pupille  darbot,  auf  Gehimsyphilis. 

Als  ein  weiteres  klinisches  Merkmal  für  eine  bestehende  KuclearUkhmong 
wäre  vielleicht  auch  noch  femer  die  gleichzeitig  mit  der  Ptosis  auftretende 
Lähmung  des  sog.  Augenfacialis  aufzufassen.  Mendel  hat,  wie  bekannt, 
(vergleiche  §  53  pag.  114)  die  Hypothese  aufgestellt,  dass  der  Augenfacialis  ans 
dem  Levatorkerne  entspringe. 

Wir  haben  in  §  53  uns  mit  dieser  Frage  beschäftigt  und  sind  aof 
Gnmd  unserer  Beobachtungen  und  der  neuesten  Erfahrungen  zu  dem  Schhiäse 
gekommen,  dass  die  Oculomotoriuskeme  mit  den  vom  oberen  Facialis  ver- 
sorgten Muskeln  nichts  zu  thun  hätten.  Es  ist  eben  die  Frage  der  Kendokat 
sation  des  Augenfacialis  zur  Zeit  als  noch  nicht  gelöst  zu  betrachten. 

Immerhin  ist  aber  das  klinische  Zusammentreffen  von  Leyatorlähmung 
mit  einer  solchen  des  oberen  Facialis  sehr  bemerkenswerth  und  fahren  wir 
daher  folgende  eigene  Beobachtung  hier  an,  die  wir  der  Güte  des  Herrn  Dr. 
Engel-Reimers  zu  verdanken  haben. 

Ein  27  Jahre  alter  Kaufmann  zog  sich  im  Jahre  1890  einen  harten  Sdunker  za. 
Nach  einigen  mit  Inunktiooskuren  behandelten  Recidiven  trat  im  Jahre  1896  Flimmeni  md 
Pnpillenerweiterung  auf  dem  linken  Auge  auf.  Nach  dreimonatlichem  Bestehen  Htauu 
durch  Schmierknr.  Im  Jahre  1897  stellte  sich  wieder  Flimmern  am  linken  Ange,  Ptapilltt- 
er Weiterung  und  Doppeltsehen  ein.  Dabei  bestand  eine  LeistendrOsengeschwnlst.  Aiifibi|- 
lieh  war  das  ganze  linke  Auge  starr,  die  Pupille  weit,  die  Accommodation  gelähmt  imdiv 
der  Levator  verschont.  Bei  der  Aufnahme  im  hiesigen  Erankenhause  zeigte  sich  links  der 
Levator  gelähmt,  sowie  eine  Parese  des  linken  Ajigenfacialls;  im  linkei 
pare tischen  Frontalis  traten  zeitweilig  klonische  Zuckungen  auf. 

Die  Bewegung  des  linken  Bulbus  nach  aussen  völlig  normal.  Es  bestand  abo  üi 
diesem  Falle  lediglich  auf  dem  linken  Auge  eine  Lähmung  des  Ocolomotorias  io  alkn 
Zweigen,  eine  Parese  des  Levator  und  eine  Lähmung  des  Trochlearis,  sowie  der  Angttiste 
des  Facialis.    Der  ophthalmoskopische  Befund  war  normal. 

Bemerkenswerth  ist  noch  in  diesem  Falle,  dass  Patient  12  mal  eine  intensive  Sdunier- 
kur  durchgemacht  hatte,  die  beiden  letzten  im  hiesigen  Krankenhanse,  ebne  irgendwelchen 
Erfolg.  Erst  nach  der  zweiten  Zittmannkur  gingen  die  Lähmungen  der  Augenmnskeb 
zurück ,  so  dass  jetzt  nur  noch  eine  leichte  Erweiterung  der  linken  Papille  und  aar  eine 
ganze  geringe  Insufficienz  des  linken  Internus  zu  erkennen  ist. 

Während  in  diesem  Falle  das  gemeinsame  Auftreten  von  Levator-  und 
Augenfacialisparese  auf  eine  Kernläsion  hindeutet,  sprach  das  sonst  sehr  gute 
Allgemeinbefinden  und  der  Mangel  an  Kopfschmerzen  gegen  eine  basale  Affek* 
tion.  Zu  verwundem  ist  nur,  dass  so  viele  Schmierkuren  nicht  den  gering- 
sten Erfolg  aufwiesen  und  schliesslich  sich  durch  eine  Zittmann'sche  Kur 
die  so  schwer  geschädigte  Funktion  wieder  hergestellt  hatte. 

Im  Allgemeinen  kann  man  wohl  auch  sagen ,  dass  gummöse  Affektionen 
an  der  Basis  stürmischere  f^rscheinungen  machen  und  rascher  an  Ausdehnung 
gewinnen.  Jedenfalls  dürfte  man  hier  doch  bei  dem  Gros  der  Fälle  auf  eine 
Iteihe  von  Symptomen  stossen,  welche  der  basilaren  gummösen  Meningitis 
eigenthümlich  sind.     So  wird  man  in  der  folgenden  BeobachtungRosenthalä 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Sjpliili^.  SÖfj 

l)   trotz   der  Äflektion  des   Facialis  und  Trigeminus  lediglich   wegen   der 
ügsamen     Aufeinauderfülge    der    Symptome    die    Affektion    doch    für    eine 
lucleäre  halten. 

Eilt  2f) jähriges  mäuiiüches  Individuum  hatte  sich  vor  V  t  Jahren  sTphilitlsch  infidrt. 
L  Anfange  des  zweiteu  Jahrea  Dach  der  Ansteckung  trat  recbteraeita  eineLähmung  derAecoin- 
iation  und  der  Pujiille,  spfitL^r  links  Parese  des  Abducens,  and  dann  rechts  auch  LllhmuDg 
Reetus  internus  und  Reetus  inferior  auf.     Um    die  Mitte   des  vierten  Jahres  war  links 
»BIS  hiozugetreten,    ebenso   Parese   des  FaciHlis.     Rechts   war   eine  AbatumpfuDg   einiger 
keste  des  Trigeniiatis  vorhanden. 

Es  liegt  nahe,  ein  gleichzeitiges  Vorkommen  von  reflektorischer  Licht- 
irre  neben  Lahnrnngen  der  Bülbiismoskulatur  als  Hinweis  auf  eine 
luclearlälimung  hervorzuheben.  Unsere  Kenntnisse  bezüglich  der  reflektorischen 
Lichtstarre  sind  aber  noch  zu  mangelhaft  und  zu  tlieoretischer  Natur»  um 
dieselbe  hier  in  den  Kreis  topisch -diagnostischer  Erwägungen  hineinziehen 
zu  können. 

tj  156.  Als  negativ  für  eine  Nuclearlähniung,  also  auf  einen  anderen 
Angriftspunkt  der  Krankheit  auf  die  octilomotorischen  Bahnen  hinweisende 
Erscheinungen  sind  hier  folgende  anzuführen: 

L  Halbseitige  oder  doppelseitige  Korperparese  als  Hinweis  auf  eine 
Mitaft'ektion  der  HirnschenkeL  So  lag  bei  6  von  15  Fällen  doppelseitiger 
Oculomotoriuslähmung  in  der  Statistik  Uhthoffs,  ebenso  wie  in  den  folgenden 
Fällen:  Collins  (683),  Chvostek  (684),  Goldscheider  (685),  Zimmermann 
(686),  Älthaus  (687),  Jacobs  (688)  halbseitige  und  in  2  Fällen  doppelseitige 
Ociilomotorinslähmung  vor,  wobei  die  Affektion  nicht  nur  auf  das  Wurzel- 
gebiet des  HL  Nerven  in  seinem  Verlaufe  durch  den  Hirnschenkel,  sondern 
auch  auf  seinen  Austritt  aus  demselben  au  der  Basis  hinweist.  Auf  pag,  135 
seiner  Arbeit  zählt  Uhthoff  12  Fälle  von  Oculomotoriuslähmung  mit  gekreuzter 
Körperlähmung  auf.  Es  können  aber  wie  im  Falle  IX.  Uhthoff  h  c.  pag.  46 
gelegentlich  bei  einseitiger  Oculomotoriuslähmung  mit  gekreuzter  Korperlähmung 
2wei  verschieden  lokalisirte  Krankheitsherde  in  Betracht  kommen:  eine  basale 
Affektion  des  Oculomotorius  und  ein  Herd  im  Thalamus,  welcher  in  die  innere 
Kapsel  hineinragt. 

2.  Mitergriffensein  des  Opticus,  entweder  eines  oder  beider  Nervenstämme 
mit  entsprechenden  Gesichtsfelddefekten  *),  oder  temporale  Hemianopsie  (siehe 
Fall  XXIV  Uhthoff  L  c.)  als  Symptom  des  Mitergriffenseins  vom  Chiasma, 
oder  homonyme  Hemianopsie  als  Zeichen  einer  Tractusläsion.  Daneben  kann 
noch  3.  ein  positiver  Augenspiegelbefund  (Neuritis  und  Atrophie)  bestätigend 
mit  wirken.  So  haben  wir  einen  34jährigen  Arbeiter  in  Behandlung,  der  1893 
Lues  acfiuirirt  hatte.  Im  Frühjalu*  1898  trat  Kopfschmerz,  Schwindel  und 
Schielen  auf  dem  linken  Auge  auf.  Dabei  zeitweise  Benommenheit.  Zur  Zeit : 
Beide  Pupillen  ruittelweit,  die  linke  reagirt  träger  auf  Ijcht  als  die  rechte. 
Beiderseits  Neuritis  optica.     Linksseitige  inkomplete  homonyme  Hemianopsie; 


1)  Nach    der  Zusanmienstellung   Uhthoff 's    waren    die  Optici   resp.    Chiasma    und 
Tractus  im  Ganzen  fast  in  der  Hälfte  der  Fäüe  von  cerebraler  Lues  mitergritfen. 
Wi]braiid-S&eQgDr,  Neurologj»  des  Augea.    1.  Bd.   H.  Abth^ilmig.  24 


i 


356  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  ^Syphilis. 

der  obere  Quadrant  ist  ausgefallen.  Auf  Schmierkur  Besserung.  Eine  aiter- 
nirend  mit  der  Seite  der  Oculomotoriuslähmung  auftretende  homonyme 
Hemianopsie  spricht  dann  unbedingt  für  einen  basalen  Sitz,  eine  nidit 
gleichseitige  Hemianopsie  wie  in  unserem  Falle  (pag.  350)  nicht  dag^en  (siehe 
auch  eine  Beobachtung  Schöler's  [682]).  Zu  bedenken  bleibt  dabei,  d&ss 
immerhin  noch  durch  einen  intracerebralen,  nebenherlaufenden  Herd  die 
Hemianopsie  bedingt  worden  sein  möchte,  wie  im  Falle  XIH  Uhthoffs  (Lc). 


Es  erübrigt  nun  auch  anzuführen,  dass  wir  bei  der  Gehimsyphilis  aach 
einer  doppelseitigen  Ptosis  als  Initialsymptom  begegnen. 

So  entstand  in  dem  Falle  Bristowe's  (689)  bei  einem  46jfthrigen  Manne  unter 
HiDterkopfschroerzen  erst  doppelseitige  Ptosis,  dann  allmählich  fast  vollständige  Lihmniig 
der  Augenmuskeln.  Beiderseits  Mydriasis  und  Reaktionslosigkeit  der  Papillen,  SensibilitltB- 
störungen  im  Bereiche  beider  Trigemini,  epileptische  Anfälle  und  Dyspnoe. 

Auch  Grande  (690)  und  Uughling- Jackson  (Fall  46)  erwähnen  je  einen  FiU, 
in  welchem  bei  Gehimsyphilis  eine  einseitige  resp.  doppelseitige  isolirte  Ptosis  das  Initill* 
Symptom  bildete. 

§  157.  In  den  Fällen  von  Oppenheim  (Nr.  1)  und  Virchow  (Nr.  21) 
sehen  wir  vorübergehende  Ptosis  bei  basilarer  gummöser  Meningitis  auf- 
treten. Auch  bei  dem  bekannten  Falle  von  Hutchinson  (691)  mit  Ophthal- 
moplegia  exterior  hatten  die  cerebralen  Erscheinungen  mit  vorübergehen- 
der Ptosis  begonnen.  Da  sich  das  gallertige  Gewebe  der  frischen  gummösen 
basilaren  Meningitis  mit  der  Zeit  in  fibröses  Bindegewebe  umwandelt,  zieht 
es  sich  zusammen  und  kann  dann  entweder  den  Nerven  entlasten,  dass  dieser 
wieder  von  dem  seither  auf  ihn  wirkenden  Drucke  völlig  befreit  wird,  oder 
es  wird  derselbe  noch  mehr  zusammengeschnürt  und  zur  völligen  Atrophie 
gebracht.  So  kann  sich  also  eine  Lähmung  spontan  zurückbilden,  oder  durch 
frühzeitige  spezifische  Behandlung  zurückgebracht  werden,  sofern  nur  die 
Achsencylinder  in  den  einzelnen  Nervenfasern  noch  erhalten  geblieben  waren. 
Auch  bei  den  durch  Gefässerkrankung  bedingten  absoluten  Augenmuskel* 
lähmungen  kann  eine  völlige  Restitution  wieder  zu  Stande  kommen.  Wenn 
nämlich  durch  entzündliche  Verengerung  der  Gefässe  die  Ernährung  der  Gan- 
glienzellen so  reduzirt  worden  war,  dass  die  Existenz  derselben  zwar  im 
höchsten  Grade  bedroht,  ihr  Leben  aber,  bei  absolutem  oder  fast  absolutem 
Fehlen  der  Funktion,  noch  nicht  völlig  erloschen  schien.  Denn  dass  bei  einer 
derartig  in  der  Ernährung  gestörten  Zellengruppe  die  Funktion  nach  den 
geringsten  Anstrengungen  schon  völlig  erlahmen  muss,  liegt  auf  der  Hand. 

Bei  längerer  Dauer  mangelhafter  Nahrungszufuhr,  oder  bei  vöUiger 
Unterbrechung  derselben  durch  Obliteration  der  Gefässe,  muss  dann  die 
betreffende  Zellengruppe  der  Degeneration  verfallen;  andererseits  wird  aber 
die  zeitig  eingeleitete  antiluetische  Behandlung  das  Lumen  der  Gefässe  durch 
Resorption  der  entzündlichen  Massen  immer  mehr  öffnen  und  dadurch  die 
Funktion  der  von  den  Zellen  versorgten  Muskeln  entweder  voll,  oder  doch 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  wieder  herstellen. 


Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis.  357 

§   158.     Bezüglich    der   Bedeutung  der  Ptosis  uiäd  der  Augenmuskel- 

ihmungen  für  die  Differentialdiagnose  zwischen  cerebraler  Lues  und  der 

Chronischen  progressiven  aher  isolirt  bleibendeiiOphthalmoplegie 

itten  wir  bereits  auf  pag,  122  und  in  §  68  pag,  149  aufmerksam  gemacht, 

?emer  ist  der  Bedeutung  der  Ptosis  und  der  Augenmuskelläbmuugen  für  die 

Difterentialdiagnose   zwischen  Tabes  und  Lues  cerebrospinalis   in  §  64 

pag.  143,  §  69  pag.  149  und  S  61  P^g.  138- ErwälinuTig  geschehen. 

Auch  wurde  der  Bedeutung  der  Ptosis  für  die  Diflerentialdiagnose  zwischen 
cerebrosp inaler  Lues  und  multipler  Sklerose  §  75  pag,  196  gedacht. 

Was  nun  die  Diflerentialdiagnose  zwischen  den  syphilitischen  und  solchen 
Prozessen  betriftl,  die  wir  in  §  79  behandelt  haben,  so  kommen  hiebei  ver- 
schiedene Momente  in  Betracht.  Die  Ptosis  bei  der  chronischen  und  subchronischen 
Ophthalmoplegie  kombinirt  mit  Bulbärkern-  und  Vorderhornerkrankung  beruht 
auf  einem  parenchymatös  degenerativen  Prozess,  der,  wie  wir  ausgeführt, 
die  f^culomotoriuskerne  in  analoger  Weise  wie  die  Nervenkerne  des  Mittelhirus, 
des  Pons,  der  Medulla  oblongata  und  der  Vorderhörner  im  Rückenmark  in 
wechselnder  Intensität  und  Ausdehnung  aft'izirt.  Wie  aus  der  Tabelle  ersicht- 
lich ist,  beruht  die  Ptosis  hei  der  Syphilis  beinahe  niemals  (Fall  22  pag.  342) 
auf  einer  reinen  Kernerkrankung. 

Klinisch  sind  die  beiden  Krankheitsgruppen  meistentheils  nicht  schwer 
zu  trennen. 

Bei  der  cerebralen  wie  spinalen  Lues  ist  die  schwankende  Lokalisation 
und  Ausbreitung  des  Prozesses  charakteristisch.  Hierin  tritt  nun  keine  grosse 
BiflFerenz  zu  Tage,  da  wir  auch  bei  den  in  Rede  stehenden  Vorderhornaflek- 
tionen  ein  atypisches,  sprunghaftes  Auftreten  beobachten,  von  bald  chronischem, 
bald  subchronischem  Charakter.  Ebenso  beobachten  wir  bei  letzteren  in 
gleicher  Weise  wie  bei  der  Lues,  dass  die  Motilitätsstörungen  sich  oft  in 
Form  der  Paraparese  präsentiren,  so  in  Fall  21,  22,  23,  24,  26,  27,  29,  30,  32, 
33,  34,  37,  38,  40.  Der  markante  Unterschied  besteht  aber  darin,  dass  die 
spinalen  Lähmungen  bei  der  Lues  meist  einen  spastischen  Charakter  haben, 
abgesehen  von  solchen  Fällen,  in  denen  in  Folge  von  syphilitischer  Erkrankung 
oder  Kompression  der  vorderen  Wurzeln  eine  atrophische  Lähmung  der  ein- 
zelnen Muskeln  eingetreten  ist 

Bei  den  Vorderhornaftektionen  hat  dagegen  die  Lähmung  stets  einen 
schlaffen  Charakter,  bei  der  auch  niemals  die  spontanen  Zuckungen  auftreten,  die 
nach  unserer  Erfahrung  mit  Vorliebe  des  Nachts  die  Patienten  mit  spinaler  Lues 
belästigen.  Ferner  spielen  bei  letzterer  Erkrankung  Parästhesien,  Schmerzen, 
Rückensteifigkeit  eine  Rolle  im  klinischen  Bilde.  Alle  diese  Symptome  ein- 
schliesslich der  objektiv  nachweisbaren  Sensibilitätsstörungen  werden  bei 
den  mit  Bulbarparalyse  und  Vorderhorn-Afl'ektionen  einhergehenden  Oph- 
thalmoplegien vermisst.  Dagegen  finden  sich  in  der  Regel  bei  letzteren 
qualitative  Veränderungen  der  elektrischen  Erregbarkeit  und  eine  Herabsetzung 
oder  Fehlen  der  Sehnenreflexe.     Bei  der  Lues  ist  bekann tl ich  die  elektrische 

24* 


4 


358  Die  Ptosis  bei  der  cerebralen  SyphÜis. 

Erregbarkeit  meistens  intakt  (ausgenommen  in  den  oben  genannten  Fallen!, 
und  die  Sehnenreflexe  in  der  Regel  gesteigert. 

Treten  in  einem  zweifelhaften  Krankheitsfall  heftige  Kopfschmerzen, 
besonders  des  Nachts  und  Himsymptome,  wie  apoplectiforme  Anfalle,  Aphasie, 
eine  Neuritis  oder  Atrophie  des  Nervus  opticus  auf,  so  dürften  dieselben  zu 
Gunsten  einer  Lues  zu  verwerthen  sein ;  wenn  auch  wir  bei  Fall  4  uid  40 
im  obengenannten  Kapitel  Opticusatrophie  hatten  auftreten  sehen. 

Sehr  viel  schwieriger  gestaltet  sich  unter  Umständen  die  Differentialdiagnose 
der  Ptosis  bei  der  Syphilis  und  den  Nuclearlähmungen  in  Folge  subaknter 
und  akuter  Krankheitszustände.  Wir  verweisen  auf  die  betreffenden  früheren 
Kapitel  und  heben  hervor,  dass  vor  allenDingen  die  ätiologischen  Momente 
(Infektionen,  Intoxikationen  [Alkohol,  Blei  etc.])  ausschlaggebend  sind,  nnd 
dass  das  Krankheitsbild  bei  diesen  Aflfektionen  ein  schärferes  Grepräge  nnd 
einen  bestimmteren  Lokalton  durch  die  vornehmliche  Entwickelung  des  patho- 
logischen Prozesses  im  centralen  Höhlengrau,  speziell  das  Aqoäduct  Sylvii  hat. 

6.  Ptosis  bei  den  Gehimhämorrhagien. 

§  159.  In  den  früheren  Kapiteln  über  die  akut- encephalitischen  Prozesse 
auf  Grundlage  von  Infektionen  und  Intoxikationen  war  schon  von  multiplen 
Blutungen  in  die  Hirnsubstanz  die  Rede.  Speziell  bei  der  Poliencephalitis 
haemorrhagica  superior  Wer  nicke  zeigte  sich  das  gesanunte  Höhlengrau 
d.  h.  die  Wände  des  III.  Ventrikels,  die  graue  Substanz  des  Aquaeductus 
Sylvii  und  des  Bodens  des  IV.  Ventrikels  durchsetzt  von  vielfachen  kleinen 
Hämorrhagien.  Im  vorliegenden  Kapitel  sehen  wir  von  diesen  Blutungen, 
sowie  von  solchen  ab,  die  nach  Schädelverletzungen  und  nach  Sinusthrombose 
eintreten,  wir  betrachten  vielmehr  die  sog.  spontanen  Hirnblutungen,  zufolge 
deren  eine  Ptosis  sich  einzustellen  pflegt. 

Unter  spontanen  Hirnblutungen  verstehen  wir  nach  Monakow  Hämor- 
rhagien, welche  durch  eine  Berstung  degenerativ  veränderter  Arterien  zu 
Stande  kommen,  nachdem  meist  allmählich  einwirkende  Noxen  Veränderungen 
der  Gefässe  bewirkt  haben.  Durch  sklerotische  Prozesse  erfährt  die  Arterien- 
wand verschiedenartige  Ausbuchtungen,  wonach  sie  minder  widerstandsfähig 
und  brüchig  wird  und  bei  gewöhnlichem  Blutdruck  schon  reissen  kann.  Die 
häufigste  Gefässveränderung  besteht  bekanntlich  in  dem  Auftreten  der  sog. 
Miliaraneurysmen,  deren  Kenntniss  wir  den  schon  in  den  sechsziger  Jahren 
gemachten  Studien  von  Charcot  und  Bouchard  verdanken.  Diese  für  das 
Zustandekommen  der  spontanen  Himhämorrhagie  so  äusserst  wichtigen  miliaren 
Aneurysmen  finden  sich  nur  an  den  kleineren  Himarterien  und  beruhen  auf 
einer  Degeneration  der  Muscularis  (Roth,  Arndt,  Löwenthal).  Die  Wand 
des  Aneurysmas  besteht  grösstentheils  aus  der  Adventitia  und  Elastica. 
Speziell  sei  hervorgehoben,  dass  das  Auftreten  der  Miliaraneurysmen  ohne 
jede  atheromatöse  Erkrankung  der  basalen  Hirnarterien  und 
deren  Verzweigungen  konstatirt  worden  ist    Beide  Prozesse  könnoi 


jsammen  vorkommen,  sind  aber  ihrem  Wesen  nach  unabhängig  von  einander, 
ms  neuerdings  speziell  von  Roth  im  Gegensatz  2u  Zenker  u.  A,  festgestellt 
'worden  ist 

Die  80  häufigen  Hirnblutungen  bei  der  Schrumpfniere,  bei  Intoxikationen, 
(Blei,  Alkohol)  und  Infektionen  (Syphilis,  Pocken,  Pyamie)  beruhen  auf  derartigen 
Gefiissalterationen,  nicht  auf  Miliaraneurysmen, 

Relativ  seltener  bersten  Hirnge fasse  in  Folge  von  Endarteriitis  oder 
hyaliner  Degeneration, 

Aetiologisch  am  bedeutsamsten  für  das  Zustandekommen  der  Hirnblutung 
ist  bekanntlich  das  Alter  (vom  50.  Jahre  an),  die  Erblichkeit  (Gicht,  Habitus 
apoplecticus)  und  die  Arteriosklerose. 

§  160»  Die  V^erschiedenheit  der  Lokalisation  der  Hirnblutungen  liegt  in 
der  Gerässanordnung  und  der  dadurch  bedingten  Bhitversorgung  abgegrenzter 
Bezirke.  So  sind  bekanntlich  die  grossen  basalen  Ganglien  und  die  innere 
Kapsel  ein  Lieblingssitz  der  Himhämorrhagien.  Dieselben  Averden  von  Zweigen 
der  Arteria  fossae  Sylvii  versorgt.  Zum  Corpus  striatum  gehen  die  Ärteriae 
lenticuto-striatae,  zum  Thalamus  opticus  die  Arteriae  lenticulo- 
opticae. 

Der  hintere  Abschnitt  der  Capsula  interna  wird  theils  von  der  Arteria 
chorioidea,  theils  von  der  Arteria  cerebri  posterior  versorgt.  Von 
letzterer  gehen  kurze  Seitenzweige  nach  dem  Pedunculiis  cerebri,  der  hinteren 
Partie  des  Thalamus  opticus,  nach  der  vorderen  Vierhügelplatte  nebst  dem 
Hau  he  nabschnitt. 

Die  Arteria  cerebri  posterior,  die  somit  gleichzeitig  Augen- 
muskelcentren,  wie  Sehcentren  mit  Blut  versorgt  (durch  die  Arteria  occipibilis), 
interessirt.  uns  hier  am  meisten,  da  die  in  ihrem  Bezirke  vorkommenden 
Hämorrhagien ,  nicht  selten  das  in  Kede  stehende  Symptom  der  Ptosis  im 
Gefolge  haben. 

S  16L  Bei  einer  Hämorrhagie  in  der  Hirnschenkelgegend  ist  im 
Allgemeinen,  wie  auch  Nothnagel  hervorhebt,  der  klinische  Symptomen- 
komplex  ein  ziemlich  gleichmilssiger  und  zwar  ans  dem  Grunde,  weil  diese 
Gegend  einen  relativ  einfachen  Bau  hat.  Es  kommt  bekanntlich  zu  dem  von 
Charcot  zuerst  so  genannten  Syndrome  de  Weber  d.  h.  zu  einer  typi- 
schen Hemiplegie  mit  gekreuzter  Oculomotoriuslähmung.  Da  aber  bei  Hirn- 
schenkelbämorrhagien  der  Oculomotorius  zuweilen  ganz  verschont  bleibt,  so 
ist  es  vor  allem  nöthig,  auf  die  Gefassvertheihmg  in  den  verschiedenen  Ab- 
schnitten dieser  w^ichtigen  Gehirnpartie  einzugehen. 

Wie  wir  vorher  schon  erwähnt  hatten,  wird  der  Pedunculus  cerebri 
von  Zweigen  aus  der  A  r  t e  r  i  a  cerebri  posterior  versorgt.  Genauere  Unter- 
suchungen über  die  Gefässanordnung  wurden  von  Rossolim o  (625)  angestellt, 
und  haben  wir  in  §  127  dessen  Eintheihing  reproduzirt.  Speziell  mit  der 
arteriellen  Cirkulation  des  Hirnschenkels  haben  sich  Alezais  und  Leon 
dWstros  (7091  beschäftigt.  Dieselben  theilen  die  Hirnschenkelgefässe 
in  fünf  topographische  Gruppen  ein; 


QGO  Die  Ptosis  bei  den  Gehirnhftinorrhagien. 

1.  Die  Arteriae  pedunculares  internae.  Dieselben  entspringen 
2iim  grössten  Theile  direkt  aus  der  Arteria  cerebri  posterior,  versorgen  den 
inneren  Theil  des  Himschenkels  und  überschreiten  nicht  die  Substantia  nigm 

2.  Die  Arteriae  pedunculares  anteriores  externae  versorgen 
ebenfalls  den  Himschenkelfuss;  nur  ganz  ausnahmsweise  erstrecken  »e  sich 
durch  die  Substantia  nigra  in  die  Haube. 

3.  Die  wenig  zahlreichen  Furchenarterien. 

4.  Die  spärlichen  Arteriae  pedunculares  superiores  und 

5.  die  Vierhügelarterieu. 

§  162.  Eine  weitere  wichtige  Rolle  beim  Zustandekommen  von  Hämor- 
rhagien  in  dieser  Gegend  spielen  diejenigen  Arterien,  die  den  Himschenkel 
in  ihrem  Verlaufe  kreuzen  oder  berühren ;  hier  sind  in  erster  Linie  die  Arteriae 
opticae  zu  nennen.  Die  Arteria  optica  interna  anterior  entspringt 
nach  den  Angaben  Duret's  (708)  aus  der  Arteria  cömmunicans  posterior, 
oder  selbst  aus  der  Arteria  cerebri  anterior;  zwischen  Tuber  ein.  und  Corp. 
mamill.  dringt  sie  ein  und  verzweigt  sich  in  dem  vorderen  Theile  des  dritten 
•Ventrikels  über  dem  Infundibulum. 

Die  Arteria  optica  interna  posterior  entspringt  j^benfalls  aus  der 
Arteria  cömmunicans  posterior,  dringt  hinter  dem  Corpus  mamiUare 
ein  und  steigt  senkrecht  in  die  Höhe  in  den  Thalamus  opticus  und  verzweigt 
sich  in  demselben  in  der  Nähe  der  Ventrikelwand.  Nach  den  Untersuchungen 
von  d'Astros  und  Alezais  kommt  diese  letzte  Arterie  sehr  oft  aus  der  Arteria 
cerebri  posterior  etwas  oberhalb  der  Arteria  nuclei  oculomotorii,  durch- 
•dringt  den  inneren  Theil  des  Himschenkels  und  endigt  im  Thalamus. 

2 — 3  Arteriae  opticae  externae  posterior,  entspringen  aus  der 
Commimicans  posterior,  beschreiben  einen  Bogen  um  die  Hirnschenkel,  dringen 
zwischen  Corp.  genic.  ext.  und  int.  ein,  kreuzen  in  schräger  Richtung  die 
Pedunculi  cerebri  und  verlieren  sich  im  Thalamus. 

Die  Arteriae  nucleoli  oculomotorii  haben  Alezais  und  d'Astros 
{709)  zum  Gegenstande  einer  eigenen  Untersuchung  gemacht.  Bei  der  Wichtig- 
keit, die  hier  vorliegenden  Verhältnisse  genau  zu  kennen,  und  bei  der  Spär- 
lichkeit der  bis  jetzt  vorhandenen  Untersuchungen  seien  die  Ergebnisse  dieser 
Autoren  im  Auszuge  hier  mitgetheilt. 

Entgegen  der  Ansicht  Duret's  entspringt  diese  Arterie  nicht  ans  der 
Arteria  basilaris,  sondern  aus  der  Arteria  cerebri  posterior  und  versorgt 
mit  einigen  Zweigchen  die  austretenden  Oculomotoriusbündel.  Im  Innern 
steigt  die  Arterie  neben  der  Medianlinie  empor,  im  Allgemeinen  sich  in  der 
Richtung  der  Oculomotoriuswurzelfasern  haltend,  und  zwar  theilt  sie  sich 
fächerartig  in  6 — 7  Zweige,  von  denen  die  vorderen  einen  horizontalen,  die 
mittleren  einen  vertikalen,  und  die  hinteren  einen  schrägen  Verlauf  nehmen. 

§  163.  In  sehr  anschaulicher  Weise  hat  Shimamura  (285)  die  Blat- 
versorgung  der  Hirnschenkelgegend  und  insbesondere  des  Oculomotorins- 
kernes  dargestellt,  und  speziell  auf  die  reichliche  Anastomosenbildung  in 
dieser  Gegend   hingewiesen:    Die  Gegend  an  der  Basis  des  Gehirns    in  der 


•  Die  Ptosis  bei  den  Gehimhämorrhagien. 


861 


<Jmbe  vor  dem  Trigonum  intercrurale,  ebenso  die  mediale  Wand  der  beiden 
Himschenkel  wird  von  mehreren  Gefässästen  versorgt,  welche  jederseits 
aus  der  Arteria  cerebri  posterior  in  der  Nähe  ihrer  Abgangsstelle 
ans  der  Arteria  basilaris  nach  vorne  entspringen.  Indem  sich  noch 
dieselben,  besonders  aber  die  bedeutend  voluminösere  mittlere,  wieder  in  viele 
Aeste  theilen,  drängt  sich  in  dem  hinteren  Winkel  jener  Grube  eine  grosse 
Anzahl  feiner  Gefässästchen  zusammen,  die  durch  Anastomosen  mit  einander 
verbunden,  senkrecht  in  die  Gehimsubstanz  eindringen.  Die  etwas  vor  und 
seitlich  von  diesem  hinteren  Winkel  gelegene  Partie  der  rautenförmigen  Grube 
wird  von  Aesten  versorgt,  die  aus  der  Arteria  communicans  posterior 


Fig.  74. 
Schema  der  Gefässversorgung  des  HimschenkelB   und  des  Ocumolotoriuskem-  und  Wurzelgebiets. 


d    donales  Gefftsigebiet 
/     ]ateralefl  ,, 

m  medianes  ,, 


1  Fasern  aus  dem  Stimhim  und  der  Brücke; 

2  motorische  Leitungsbahn  der  Himnerven    \  -p.        'a    v,  u 

3  motorische  Leitungsbahn  der  Extremitäten  /  n'^nuaenoann ; 

4  Fasern  aus  Schläfen-  und  Occipitalhim. 


kommen  und  nach  der  medialen  Wand  des  Himschenkels  ungefähr  zur  Aus- 
trittssteile des  Nervus  oculomotorius  in  ziemlich  senkrechtem  Verlaufe  hin- 
streben. Indem  nun  die  in  dem  hinteren  Winkel  der  Rautengrube  gelegenen 
zahlreichen  Gefässäste  mit  den  eben  genannten  von  der  Arteria  communicans 
posterior  kommenden  viele  Anastomosen  eingehen,  entsteht  hier  in  der  Tiefe 
jener  Grube  ein  plexusartiges  System  von  lauter  feinen  Gefassen. 

Der  laterale  Theil  des  Himschenkels  wird  nach  demselben  Autor  von 
Anastomosen  aus  der  Arteria  communicans  posterior,  der  Arteria 
cerebri  posterior  und  der  Carotis  mit  Blut  versorgt. 

Die  mediane  Gefässanordnung  (Fig.  74m)  hat  nach  Shimamura 
keine    Kommunikation    mit    dem    Gefässgebiet,    welches    die 


362  Die  Ptosis  bei  den  Gehirnliftmorrbagien. 

laterale  Partie  des  Hirnschenkelfusses  und  der  Hirnschenkel- 
haube  versorgt;  ebenso  gelang  es  nicht,  eine  Verbindung  der 
beiden  an  der  Medianlinie  gelegenen  Gefässgebiete  mit  Sicher- 
heit nachzuweisen.  Da  nun  auch  zwischen  der  dorsalen  und 
medialen  Partie  keine  Gefässverbindung  existirt,  so  stellt  das 
neben  der  Medianlinie  gelegeneGefässgebiet  ein  isolirtes,  selbst- 
ständiges Ganze  vor,  das  im  Sinne  Cohnheim's  als  Endarterie 
aufzufassen  ist,  und  in  dessen  Endverzweigungen  die  Ocalomo- 
toriuskerne  sich  befinden. 

Aus  diesem  Schema,  das  wir  zum  Theil  dem  Oppen heimischen  Lehr- 
buch, zum  Theil  der  Shim am ur ansehen  Abbildung  entnommen  haben,  wird 
es  nun  leicht  sein,  sich  die  Folgezustände  von  Hämorrhagien  in  dieser  Gegend 
klar  zu  machen. 

Im  Folgenden  wollen  wir  nun  nach  diesen  Gefassgebieten  die  in  der 
Litteratur  von  uns  aufgefundenen  Fälle  einer  Betrachtung  unterziehen. 

§  164.  Der  litterarisch  berühmteste  Fall  ist  im  Jahre  18(>3  tob 
Hermann  Weber  (710)  veröflfentlicht  worden. 

Ein  52jähriger,  an  einem  Aortenfehler  leidender  Mann  fiel  plötzlich  in  einem  AiiM 
von  Schwindel  und  Schwäche  nach  der  rechten  Seite  hin  um,  ohne  das  BewnsstBein  n 
verlieren.  Es  trat  eine  rechtsseitige  Hemiplegie,  Anarthrie  und  linksseitige  Ocalomotorios- 
lähmung  ein.  Es  hestand  eine  linksseitige  Ptosis,  femer  Strabism.  eztem.  sin.  Die  linke 
Pupille  war  weiter  als  die  rechte  und  zog  sich  weniger  auf  Licht  zusammen.  Der  Trodüeuis 
und  Abducens  waren  nicht  alterirt.  Die  rechtsseitig  gelähmten  Extremitäten  waren  um  1.5* 
wärmer,  als  die  der  anderen  Seite.  Die  Sensibilität  war  im  Gesicht  und  an  den  Extremi- 
täten rechts  viel  stumpfer  als  links. 

Nach  zwei  Monaten  trat  der  Exitus  ein.  Die  Sektion  ergab  in  der  inneren  Hälfte  der 
unteren  Partie  des  linken  Himschenkels  einen  15  mm  langen  und  6,3  mm  breiten  schwanen, 
trockenen  Blutklumpen.  Von  der  Oberfläche  des  Pedunculus  war  der  Herd  nor  dorch  eine 
sehr  dünne  Nervensubstanz  getrennt.  Er  begrenzte  sich  unten  unmittelbar  durch  den  Pons. 
Die  beiden  Oculomotorii  erschienen  äusserlich  gleich.  Der  linke  Oculomotorins  enthielt 
wenig  gesunde  Elemente,  dagegen  reichlich  Körnchenzellen.  Die  Arteria  basilaris  war 
ein  wenig  rigide  und  zeigte  mehrere  atheromatöse  Plaques,  ebenso  wie  die  Carotis  int.  and 
die  A.  cerebr.  post  sin. 

In  diesem  klassischen  Falle,  der  Charcot,  wie  erwähnt,  Veranlassung 
gab,  die  mit  der  Hemiplegie  gekreuzte  Oculomotoriuslähmung  das  Syndrome 
de  Weber  zu  nennen,  lag  das  umschriebene  Blutgerinnsel  im  TOiiiin  genau 
beschriebenen  medianen  Gefässgebiet  und  zwar  zum  grösseren  Theil  im  Hirn- 
schenkelfuss.  Demnach  waren  wohl  sämmtliche  Oculomotoriuswurzelfasem, 
femer  der  Theil  der  Substäntia  nigra  und  Nr.  1,  2,  3  im  Schema  betroffen 
worden. 

Eine  ganz  ähnliche  Lage  muss  wohl  der  hämorrhagische  Herd  im  rechten 
Himschenkel  in  dem  Falle  von  Leteinturier  (711)  gehabt  haben,  da  die 
klinischen  Symptome  selir  viel  Analogien  aufweisen. 

Es  bandelte  sich  um  eine  62jäbrige  Frau  mit  linksseitiger  Hemiplegie,  HemianlsiheM 
und  vollständiger  Läbmung  des  rechten  Oculomotorins.  Während  bei  der  Aufnahme  eine 
Herabsetzung  der  Temperatur  der  gelähmten  Seite  um  0,4  ®  bestand,  war  am  vierten  Tage 
eine  um  dieselbe  Gradenzahl  erhöhte  Wärme  zu  konstatiren. 


Dw  Ptoäts  bei  den  liebirüliämon^hagieD.  88S 

Ein  weiterer  hierher  gehöriger  Fall  ist  von  Bennet  (712)  beschrieben 
:>rden. 

Ein  28 jähriger  Patient  verlor  plütdicli  unter  Schwindetan fällen  daa  Bewusateein^ 
ichd<^m  er  drei  Wochen  vorher  iio  Kopfschmerzen  gelitten  hatte.  HiernMf  stell t^e  sich 
de  linksseitige  Hemiplegie  ein,  zu  der  ein©  Gefühlsal) stumpf ung  im  linken  Bein  hinzu- 
it*  Das  rechte  Auge  konnte  nur  schwer  geöffnet  werden.  Die  Sektion  erga?*  ausser 
nein  Exsudat  an  der  Gebirnh^sis,  einen  hämorrhagischen  Herd  von  dem  Umfange  einer 
rbs€  im  rechten  Himschenkel,  umgeben  von  kleineren  kapillären  Blutungen  und  einer 
reichten  Zone  in  der  Ausdehnung  von  6 — 7  mm. 

§  165.  Oberhalb  der  Substantia  nigra,  also  in  der  Haube,  kommen 
imorrhagien  vor,  in  Folge  von  Ruptur  von  Gefässzweigen  der  medianen 
rterie. 

Einen  Beleg  hiefür  bietet  der  Rickards'sche  (713)  Fall  dar: 
Bei  einem  64jilhrigen  ehemnligen  Potator  trat  eines  Tagea  eine  rechtsseitige  leichte 
Hosis  und  Onsicherheit  beim  Gehen  aut.  Am  folgenden  Tage  war  sein  Gang  wtnrk 
schwankend;  es  entwickelte  sich  unter  Benommenheit  eine  doppelseitige  Ptosis.  Hierauf 
trat  eine  deurJiulie  Parese  der  linken  Gesichts-  und  der  linken  Kürperhttifte  auf  motorischem 
und  sensiblem  Gebiet  ein  Ausser  einer  doppelseitigen  Ptosis  war  keine  Augen- 
öl u  s  k  e  1 1  ti  h  m  u  n  g  2  u  k  o  u  8 1  a  t  i  r  e  n.  Unter  zunehmendem  Bopor  trat  am  Ib.  Tage  der 
Kxitus  ein. 

Die  Sektion  ergab  eine  Hämorrhagie  in  die  medianen  und  oberen  Partien  heider 
Himschenkel,  welche  rechts  beträchtlichere  Zerstörungen  als  links  verursacht  hatte. 

Sehr  bemerkenswerth  ist  der  Umstand,  dass  die  Augenmuskeliähmnng 
sich  ledigb'ch  auf  beide  Levatoren  beschrankt  hatte. 

Ji  166.  Von  welch'  bedeutenden  klinischen  Symptomen  selbst  kleine 
Hämorrhagien  in  den  Hirnschenkeln  gefolgt  sind,  beweist  ein  sehr  instruktiver 
Fall  Leubes  (714). 

Eine  50jJlhrige  Frau  bekam  unter  Kopfscbm erzen,  häufigem  Erbrecben  eine  deutliche 
lioksseitige  Hemiparese  mit  Abstumpfung  des  Gefühls  und  Erhöhung  der  linkseeitigen 
Reflexe.  Die  Pupillen  waren  eng  uod  starr.  Es  bestand  eine  rechtsseitige  Ptosis.  Kopf- 
schmerz, Erbrechen  und  Somnolenz  nahmen  zu.  Die  linken  Extremitäten  wurden  völlig 
gelähmt  und  anästbetisch.  Die  rechte  Pupille  erweiterte  sich,  und  die  Ptosis  wurde 
kamplet. 

Die  Sektion  ergab  vier  getrennte  hämonhagische  kleine  Herde. 

Der  erste  Herd  nahm  gerade  die  Mittellinie  ein. 

Der  zweite  Herd  war  von  grüsster  Bedeutung  in  Folge  seines  Sitzes  im 
Kerngebiet  des  Oculomotorius,  wodurch  auch  einzelne  Fasern  (speziell  die 
äussersten  oben  und  lateralwärts  gelegenen)  gelähmt  wurden.  Dieselben 
müssen  für  die  rechtsseitige  Ptosis  in  Anspruch  genommen  werden. 

Der  dritte  Herd  tangirte  nach  innen  die  Schleife  und  erstreckte  sich 
nach  unten  zu  im  Strahlungsgebiet  der  Haube  bis  in  die  Bindearme,  Dieser 
Herd  ist  das  anatomische  Substrat  für  die  linksseitige  Hemianästhesie;  zu- 
gleich werden  aber  auch  durch  denselben,  zusammen  mit  dem  vierten  kleinen 
Herd  die  Pyramidenfasem  betroffen,  was  die  linksseitige  Hemiplegie  erklärte. 

In  diesem  Le übersehen  Falle  gehörten  die  Hämorrhagien  zwei  getrennten 
Gefässgebieten  an,  nämlich  dem  der  Ärteria  nuclei  oculomotorii  und  dem 
der  Arteriae  peduncnlares  anteriores,  exteriores  und  superiores. 


364  -Die  Ptosis  bei  den  Gehirnhämorrliagien. 

Etwas  tiefer  als  der  Herd  I  befand  sich  ebenfalls  in  der  Medianlüue 
ungefähr  im  Centrum  eine  linsengrosse  Hämorrhagie  in  einem  Falle  tob 
JBouchard  (715),  bei  dem  es  sich  ausserdem  um  eine  Pachjmeniiigitis 
haemorrhagica  gehandelt  hatte.  Eine  Ptosis  war  hier  nicht  aufgetreten.  Ke 
rechte  Pupille  war  verengert,  die  linke  erweitert;  die  übrigen  Erscheimmgen 
kommen  wahrscheinlich  auf  Rechnung  der  Pachymeningitis  haemorrhagica^ 
während  die  Pupillensymptome  wohl  als  indirekte  Herderscheinung  aufzufassen 
sein  dürften. 

§  167.  Dass  Himschenkelblutungen  vorkommen,  bei  welchen  der  Ocnlo- 
motorius  ganz  frei  bleibt,  dürfte  schon  aus  der  Gefassyersorgimg 
a  priori  anzunehmen  sein;  denn  der  Oculomotorius  wird  vom  Kern  bis  zum 
Austritt  lediglich  vom  medianen  Gefassnetz  versoi^.  In  der  That  existirai 
einige  klinische  Beobachtungen,  die  unsere  Annahme  stützen. 

So  der  bekannte  AndraPsche  (716)  Fall  aus  dem  Jahre  1840. 

Bei  einer  seit  vier  Jahren  rechtsseitig  gelähmten  60  jährigen  Fraa  fanden  sich  ansser 
einer  Ahstumpfung  des  Gefühls  aaf  der  rechten  Seite  keine  Störungen  seitens  der  Hin- 
nerven,  speziell  nicht  des  Oculomotorius.  Bei  der  Sektion  zeigte  sich  im  mittleren  llieil  dtt 
linken  Pedunculus  cerehri  eine  alte,  kirschgrosse,  etwas  oblonge  Cyste  mit  derber  Wasd 
und  serösem  Inhalt. 

Es  ist  nicht  anzunehmen,  dass  einem  so  feinen  Beobachter  wie  Andral 
Störungen  von  Seiten  des  lU.  Gehimnerven  und  gar  etwa  eine  Ptosis  ent- 
gangen  sein  sollten,  zumal  da  von  ihm  speziell  erwähnt  worden  war,  dass  die 
anfänglich  bestandene  Facialislähmung  bald  wieder  verschwunden  sei. 

Neueren  Datums  ist  der  Darier'sche  Fall  (717),  bei  dem  ebenialk 
der  Oculomotorius  freiblieb. 

Ein  4()jähnger,  an  syphilitischer  Epilepsie  leidender  Mann,  hatte  eine  linksseitig 
Hemiplegie  mit  Kontrakturen  und  Steigerung  der  Reflexe.  Die  Sektion  ergab  einen  fiisdiet 
Blutherd  im  rechten  Pedunculus,  und  einen  Tuberkel  an  der  InnenflAche  der  rechten  Hemi- 
sphäre unter  dem  Paracentralläppchen,  der  die  motorischen  Rindenregionen  komprimirt  hatte. 

Wenn  auch  die  Hemiplegie,  da  sie  schon  längere  Zeit  bestand,  wohl 
auf  letztere  Affektion  zu  beziehen  sein  dürfte,  so  ist  bei  der  frischen  Hirn- 
Schenkelblutung  das  Freisein  des  Oculomotorius  bemerkenswerth. 

Yerwerthbarer  für  den  in  Rede  stehenden  Gegenstand  ist  eine  Beobach- 
tung von  Roscioli  (718),  weil  der  Sitz  der  Blutung  pathologisch-anatomisch 
genauer  festgestellt  ist. 

Ein  69jähriger  Geisteskranker  bekam  einen  apoplektischen  Anfall  mit  nachbleibender 
Hemiparese  und  Kontraktur  der  rechtsseitigen  Extremitäten.  Nach  zwei  Tagen  eraenter 
Anfall :  Verschlimmerung  der  recht^sseitigen  Lähmung.  Die  Pupillen  waren  eng  und  reigiitm 
nicht.  Die  Augenbewegungen  waren  ungestört.  Es  war  ein  aaffUliger  Temperatnr 
unterschied  zwischen  gelähmter  und  nichtgelähmter  Seite  zu  konstatiren.  Die  Sektioi 
ergab  eine  kapilläre  Hämorrhagie  von  10  mm  Länge  und  4  mm  Tiefe  im  lateralen  Theil 
des  linken  Himscbenkelfusses,  etwa  1  cm  von  seinem  Austritt  ans  der  BrQcke  beginnend. 

Der  zweite  Fall,  den  Roscioli  mittheilt,  und  bei  welchem  trotz  Kapillar- 
apoplexien in  den  medianen  Abschnitt  des  linken  Pedunculus  cerebri  es  nicht 
zu  einer  Oculomotoriusaffektion  gekommen  war,  erscheint  zu  komplizirt  und 
klinisch  unsicher  (Patient  war  tief  benommen  und  sehr  unruhig),  um  ver- 
werthet  werden  zu  können. 


Die  Ptosis  bei  den  Gehirn hämorrbagien.  365 

Der  Vollständigkeit  halber  sei  erwähnt,  dass  von  Ceni  (719)  in  der  Haube 

linken  Hirnscbenkels  ein  alter  hämorrliagischer  Herd  gefunden  worden  war^ 

ler  den  rotben  Kern  vollkommen^  die  laterale  Schleife  zum  Theil,  die  mediale 

Schleife  fast  ganz  zerstört  hatte.    Da  die  AfiFektion  vor  40  Jahren  eingetreten 

war,   so  ist  dieser  FalJ  nur  pathologisch-anatomisch,    nicht  klinisch  zu  ver- 

werthen. 

In  den  letztgenannten  Fällen  handelte  es  sich  um  HäraoiThagien  solcher 
Arterien j  die  zum  iJefitssgebiet  der  Arteria  peduncularis  externa 
gehören. 

S  168.  Indirekt  werden  die  Hirnschenkel  von  Hämorrhagien  betroffen 
durch  Berstung  benacbharter  Gefässe»  die  sich  nicht  im  Pedunculus  ver- 
breiten, sondern  vorbeiziehen.  Wie  aus  den  anatomischen  Vorbemerkungen 
hervorgeht  sind  dies  in  erster  Linie  die  Arteriae  opticae. 

Bevor  wir  hierauf  eingehen,  sei  noch  eines  höchst  bemerkenswerthen 
Falles  von  Jacob  (720)  gedacht  Es  handelte  sich  um  ein  Aneurjsma 
in  der  Vierhügelregion,  das  geborsten  war  und  in  Folge  eines  reichlichen  Blut- 
ergusses den  linken  Thalamus  opticus  inkl  Pulvinar,  einen  grossen  Theil  der 
inneren  Kapsel,  die  Innenglieder  des  Linsenkerns,  den  vorderen  linken  Zwei- 
hügel^  das  Corpus  geniculatum  mediale  und  theilweise  auch  das  Corpus  genicu- 
latum  laterale  vernichtet  hatte.  Vor  allem  interessirt  uns  aber,  dass  von  der 
Kernregion  des  Oculomotorius  links  alles,  rechts  der  vordere  Abschnitt  bis 
unter  die  Mitte  des  rechten  vorderen  Zweibügels,  ferner  das  gesammte  Hauben- 
gebiet  der  linken  Seite  bis  an  das  vordere  Briickenende  (rother  Kern,  Schleifen- 
gebiet u.  s.  w.)  zerstört  war-  Aus  der  Krankengeschichte  heben  wir  hervor, 
dass  links  eine  totale  Oculomotoriuslähmung  (interiore  und  exteriore)  vor- 
handen war*  Am  rechten  Auge  war  der  Rectus  superior  vollkommen,  der 
Rectus  interior  und  Levator  palpebrae  weniger  gelähmt.  Es  bestand  also 
links  eine  komplete,  rechts  eine  unvollständige  Ptosis, 

Was  die  Hämorrhagien  betrifft,  die  in  Folge  von  Ruptur  der  Arteria 
optica  externa  eintreten,  so  sind  dieselben  auf  Grund  des  in  der  Litteratur 
niedergelegten  Materials  als  sehr  selten  zu  bezeichnen.  Meist  ist  der  Sitz 
auf  den  Thalamus  beschränkt  und  tangirt  den  Pedunculus  cerebri  nicht.  In 
einigen  Fällen  ist  letzterer  erst  in  sekundärer  Weise  dadurch  ergriffen,  dass 
sich  das  Blut  aus  höher  gelegenen  Stellen  wie  im  Fall  Jacob  nach  abwärts 
ins  Hauben-  und  Hirnschenkelfussgebiet  Bahn  bricht,  oder  auch  indem  sich 
die  Hämorrhagie  in  den  HL  Ventrikel  hinein  ergiesst  und  durch  den  Aquä- 
dukt in  den  IV.  Ventrikel  fliesst,  wobei  hämorrhagische  Infarcirungen  der 
begrenzenden  Hirnabschiiitte  vorkommen  können. 

Erstere  Art  der  Ausbreitung  (Durchbruch  vom  Thalamus  in  den  Hirn- 
Schenkel)  ist  aus  einem  von  W^  er  nicke  (721)  (Lehrb.  d.  Gehirnkrankheiten 
Bd.  2  pag.  85)  genau  niikroskopisch  untersuchten  Falle  ersichtlich. 

Es  bandelte  sich  um  einen  4r>jä1iiigen  Manu,  der  mit  ecbwerem  Ineiilt  pl5tzlich  ao 
einer  linkssc^itigen  Hemiplegie  mit  Augenstörungcn  (oline  Ptosis)  erkrankt  war  und  nach 
füaf  Monaten   an   einer  Pneumonie   starb.     Es  fanii    sich  als  Ueberbleibael  einer  Apoplexie 


366  Die  Ptosis  bei  den  QehirnhftmorrhagieD. 

eine  solide  bindegewebige  Narbe  (massenbaft  Hämatoidinkörner  enthaltend),  die  quer  Mk 
den  Tbalamns  nacb  binten  und  innen  durchging  und  die  Hey  nert'scben  Bflndel  ducb- 
brechend  bis  an  die  Rapbe  heranreichte.  Die  Kemregion  des  OcnlomotoriiiB ,  das  bislBi 
Längsbündel  und  die  Wnrzelbündel  des  III.  Nerven  waren  rechts  zerstOrL  Links  war  ov 
der  mediale  Theil  der  Kernregion  erhalten.  Die  Verändemngen  erstreckten  sich  dord  4a 
rechten  Himscbenkel  bis  in  die  rechte  ßrQckenbälfte. 

Letztere  Verbreitungsweise  (Durchbruch  in  den  Ventrikel)  sehen  wir  in 
einem  von  Schütz  (739)  (Prag.  med.  Wochenschr.  obs.  98  Dnfour  Nr.  37, 
1881)  beschriebenen  Falle,  bei  dem  sich  post  mortem  eine  Blutung  Ton 
unregelmässiger  Gestalt  fand,  welche  die  obere  Hälfte  des  IV.  Ventrikels 
einnahm  und  sich  besonders  nach  links  hin  erstreckte.  In  vivo  bestand 
Lähmung  der  rechten  Extremitäten,  des  linken  Abducens,  des  linken  Facialis 
und  theilweise  beider  Oculomotorii  mit  Miosis. 

Beide  Verbreitungsarten  finden  wir  in  der  Beobachtung  Ton  Charcot 
et  Bouchard  (723).  Bei  der  Autopsie  fand  man  bei  der  linksseitig  Gelähm- 
ten (mit  linksseitiger  Hemianästhesie)  im  rechten  Thalamus  einen  haselnuss- 
grossen  Bluterguss,  welcher  sich  bis  in  die  rechte  Haubengegend  fortsetzte. 
Diese  Hämorrhagie  hatte  die  Oberfläche  des  Thalamus  opticus  zerstört,  was 
zur  Folge  hatte,  dass  das  Blut  sich  in  den  Seiten-  und  III.  Ventrikel  ergoss. 

Bei  dem  Prevost'schen  Fall  (724)  war  ebenfalls  das  Blut  vom  Thalanros 
aus  in  die  Hirnschenkel  bis  zur  Brücke  vorgedrungen ;  zugleich  war  der  Herd 
in  den  rechten  Seitenventrikel  durchgebrochen.  Klinisch  war  ausser  einer 
linksseitigen  Hemiplegie  mit  beträchtlicher  Herabsetzung  der  Sensibilität  eise 
linksseitige  Facialisparese,  linksseitige  Pupillenerweiterung  und  Nystagmus 
beider  Augen  beobachtet  worden.  Ptosis  oder  eine  andere  Augenmuskel- 
lähmung  fand  sich  nicht. 

§  169.  Bei  den  Hämorrhagien  durch  Ruptur  der  Arteria  optici 
posterior  inferior  soll  nach  d'Astros  (725)  eine  Hemiplegia  altemans 
entstehen  und  zwar  so,  dass  auf  dem  der  Körperlähmung  entgegengesetzten 
Auge  eine  Ophthaimoplegia  interna  sich  finde.  Für  dieses  hypothetische 
Syndrome  haben  wir  in  der  Litteratur  keinen  durch  die  Sektion  verifizirten 
Fall  finden  können. 

§  170.  Aber  auch  durch  Berstung  entfernter  verlaufender  Arterien 
kann  der  Oculomotorius  in  Mitleidenschaft  gezogen  werden ,  wobei 
eine  Ptosis  sofort  in  die  Augen  fällt.  So  sah  Dickinson  (726)  bei 
einem  Falle  von  linksseitiger  Hemiplegie  eine  linksseitige  Oculo- 
motoriuslähmung. Bei  der  Autopsie  fand  sich  ein  Bluterguss  im  Arachnoidal- 
räum  über  der  rechten  Hemisphäre,  und  an  der  Basis  ein  Gerinnsel,  welches 
den  linken  Oculomotorius  komprimirt  hatte.  Die  Hämorrhagie  war  aus 
einem  Zweige  der  Arteria  fossae  Sylvii  (s.  cerebri  media)  erfolgt. 

Ein  gleiches  Schicksal  betraf  den  rechten  Oculomotorius  in  einem  von 
Fi  edler  (727)  beschriebenen  Falle,  ebenfalls  von  basaler  Blutung,  die  in  Folge 
von  Ruptur  eines  kirschkemgrossen  Aneurysmas  der  linken  Carotis  interna 
eingetreten  war.    Es  handelte  sich  um  ein  22jährige8  Individuum,  das  plötz- 


Die  Ptosis  bei  den  Gehirnhämonhagien.  367 

r  lieh  mit  Kopfschmerz,  Erbrech eD,  linksseitiger  Oculomotoriuslähmung,  Krämpfen 
L    und  Bewusstlosigkeit  erkrankt  war. 

Bei  diesem  Falle  sei  darauf  hingewiesen,  dass  doppelseitige  Hemiplegie 
^  bei  Blutungen  aus  der  Arteria  interpeduncularis  vorkommen,  wobei  in  der 
I      Regel  eine  doppelseitige  Uculomotoriuslähmung  beobachtet  wird  (Faquet). 

.  S   l'*'!'     Iti   seltenen   Fallen   kann    eine  Kompression   des    intracerebral 

I  Terlaufenden  Oculomotorius  tlurcli  einen  in  der  Nachbarschaft  gelegenen  Blnt- 
•  herd  statthaben.  So  in  einer  von  Sachs  (728)  rnitgetheilten  Beobachtung, 
Ein  6\  sjähriger  Knabe  erkrankte  mit  KoDviilsionen,  rechtsseitiger  Hemiplegie,  Blind- 
i  heit,  Sprachstörung,  Pupillitis,  Anilsthesie  der  rechten  Hornhaur.  liDkaaeitiger  Ptosis 
I      iiDd  AbdncenslübninTig.     Bei   der  Sektion   fand  maa  eine   hiimorrhagische  Cyste   im  linken 

Teraporo-sphenoidallappea,    welcher    den   linken  Hirnschenkel   koraprimirt  hatte;    derselbe 

war  dadurch  «trop bisch  geworden. 

Bei  Ponsblutungen  ist  einige  Male  eine  Betheilignng  des  Oculo- 
motorius  mit  Ptosis  beobachtet  worden,  jedoch  meist  in  solchen  Fällen,  in 

:  welchen  die  blutige  Zertrünmiening  sieh  bis  in  die  Grosshirnschenkelgegend 
ausgedehnt  hatte.  So  sah  Ormerod  (730)  eine  vollkommene  Bewegungs- 
losigkeit des  linken  und  eine  inkomplete  Lähmung  des  rechten  Auges  bei 
einer  Ponsblutung,   die  sich  nach  oben  bis  zu  den  hinteren  Vierhügeln   und 

\     nach  unten  bis  ins  verlängerte  Mark  erstreckt  hatte. 

Bei  der  Epikrise  eines  in  Heihing  übergegangenen  Falles  von  apoplek- 
tischer  Bulbärparalyse;  bei  dem  eine  deutliche  rechtsseitige  Ptosis  konstatirt 
worden  war,  macht  Strümpell  (731)  höchst  interessante  Bemerkungen,  welche 
für  das  Zustandekommen  der  Ptosis  folgende  Erklärung  enthalten:  „Die 
Krankengeschichte  zeigt  in  ausgesprochener  Weise  ein  zuerst  ziemlich  kom- 
plizirtes  Kranklieitsbüd»  welches  bereits  nach  wenigen  Tagen  sich  auf  die  fast 
isolirt  fortbestehende  Schlingläbmung  reduzirte.  Hierbei  muss  uns  aufFallen, 
dass  ein  Herd,  welcher  bei  der  aliein  andauernden  Schlinglähmung  offenbar 
nur  eine  kleine  Ausdehnung  gehabt  haben  konnte,  derartig  ausgebreitete  Initial- 
erscheinungen verursacht  haben  soll,  dass  sie  sich  bis  hinauf  zum  Oculo- 
motoriusgebiet  klinisch  geltend  machen  konnten.  Diese  Einengung  der  anfangs 
ausgebreiteten  Symptome  auf  eine  so  isolirte  Erscheinung,  welche  noch  dazu 
einer  schliesslicben  Heilung  fähig  war,  lässt  sich  nicht  leicht  aus  den  gewöhn- 
lich herangezogenen  Wirkungen  der  Kompression,  der  reaktiven  Entzündung 
u.  dgl.  erklären*  Wahrscheinlicher  kommt  mir  daher  die  Annahme  vor,  dass 
es  sich  gleich  anfangs  um  eine  ausgebreitete,  aber  anatomisch  leichte  Störung 
in  einem  grösseren  (iebiete  der  Ohlongata  und  Brücke  bis  in  die  Vierhügeh 
region  hinauf  gehandelt  habe.  An  einer  Stelle  dieses  Gebietes  ist  es  in  Folge 
der  anzunehmenden  Cirkulationsstörungcn  zur  Hämorrhagie  gekommen,  welche 
die  länger  andauernde,  schliesslich  aber  auch  heilbare  Schlingliihmung  bewirkt 
hat,  während  alle  anderen  von  der  initialen  und  primären  Affektion 
abhängigen  Erscheinungen  sich  in  viel  kürzerer  Zeit  ausgleichen  konnten.**' 
Strümpell  verweist  auf  einen  weiteren  von  ihm  beobachteten  Fall,  dessen 
klinischer  Verlauf  zu  einer  ähnlichen  Betrachtung  Anlass  geben  muss. 


368  Die  Ptosis  bei  den  Gehimhämorrhagien. 

Ein  25jähriger  Handarbeiter  brach  unterwegs  plötzlich  zasanimen  ohne  BewuMtwai 
Verlust.  Als  er  sich  wieder  erholt  hatte,  senkten  sich  seine  oberen  Augenlider  immer  vot« 
herab,  so  dass  er  dieselben  bald  gar  nicht  mehr  heben  konnte.  Anfang  Mai  1876  mtk 
im  Spital  starke  beiderseitige  Ptosis  notirt,  die  Bewegungen  des  rechten  Bolbas  nonml; 
das  linke  Auge  kann  nicht  nach  innen,  und  nur  in  beschränkter  Weise  nach  oben  biwegt 
werden.  Ende  Mai  1876  zunehmende  Schwäche  der  Arme.  Beiderseits  Atrophie  des  IXeltoidm. 
Triceps  und  beginnende  Abmagerung  des  linken  Daumenballens.  10.  Juni  balhftre  StömD^a. 
12.  Juli  undeutliche  Sprache,  15.  Juli  Anfall  von  grosser  Dyspnoe.  Patient  kann  gar  liekt 
husten.  Fibrilläre  Zuckungen  in  der  Zunge,  Atrophie  der  Oberlippen  und  der  Danmenbtlki. 
16.  Juli  plötalicber  Exitus. 

Bei  der  Sektion  fand  sich  im  Gehirn  und  Rückenmark  makroskopisch  am  findui 
Präparate  nichts  Abnormes.  Dagegen  fand  Geheimerath  Wagner  am  unteren  Ende  im 
Oculomotoriuskemes  mehrere  kleine,  doch  schon  mit  blossem  Auge  erkennbare  Hftmorrhagia. 

Strümpell  hebt  hervor  wie  interessant  und  selten  eine  apoplektisch 
eingetretene  Oculomotoriuslähmung  als  Anfangserkrankung  einer  progres- 
siven Muskelatrophie  sei  und  meint,  dass  der  Ausgangspunkt  beider  Affek- 
tionen in  Gefässveränderungen  gelegen  habe,  die  zuerst  zu  den  Hämorrliagieii 
in  der  Oculomotoriuskerngegend  und  später  zu  den  Yorauszusetzenden  Ver- 
änderungen in  der  grauen  Substanz  der  Vorderhömer  und  in  den  Kernen  der 
Oblongata  geführt  hätten. 

Endlich  sei  noch  eines  Falles  gedacht,  der  im  Kapitel  über  die  korükile 
Ptosis  (§  50  pag.  96)  nicht  erwähnt  worden  ist,  weil  es  unsicber  bleibt,  ob  min 
die  begleitende  Ptosis  als  eine  kortikale  oder  supranucleäre  bezeichnen  muss. 
Jedenfalls  kann  er  hier  seinen  Platz  finden,  da  eine  Hirnblutung  den  klim- 
schen  Symptomen  zu  Grunde  lag. 

Wernicke  (729)  citirt  diesen  höchst  bemerkenswerthen,  von  Andral 
herrührenden,  Fall  von  doppelseitiger  Hemiplegie  mit  hochgradiger  doppel- 
seitiger Ptosis  und  Parese  des  Orbic.  palpebrar.  (s.  §  53  pag.  114).  Die 
Blutung  war  symmetrisch  und  musste  ihren  Sitz,  wie  Wernicke  henrorhebt, 
entweder  im  unteren  Scheitelläppchen  selbst,  oder  in  einer  demselben  benach- 
barten Gehimpartie  gehabt  haben. 

Dieses  Kapitel  würde  ein  falsches  Bild  von  der  Häufigkeit  der  in  Rede 
stehenden  Affektionen  geben,  falls  nur  die  Fälle  mit  Sektionsbefund  Berück- 
sichtigung fänden.  Schon  der  zuerst  erwähnte,  geheilte  Strümpell'sche  FaU 
von  apoplektischer  Bulbärparalyse  zeigt,  dass  die  Prognose  nicht  immer  letal 
zu  stellen  ist.  Da  nun  unser  Werk  die  klinische  Symptomatik  allem  Anderen 
voranstellt,  so  seien  auch  einige  charakteristische  Fälle  hier  angeführt,  bei 
denen  man  auf  Grund  autoptischer  Erfahrungen  die  Diagnose  einer  Herd- 
affektion  im  Mittelhirn  stellen  durfte. 

So  diagnostizirte  Wernicke  (732)  eine  Stichverletzung  des  linken  Him- 
schenkels  an  der  Stelle,  wo  der  Tractus  opticus  ihm  anliegt. 

Ein  24jähriger  Arbeiter  hatte  mittelst  eines  langen  Messers  vor  siebeo  Jahren  einen 
Stich  in  die  linke  Schläfengegend  erhalten.  Wernicke  konstatirte  eine  Lähronog  des 
rechten  Ainns  und  des  rechten  Mundfacialis,  femer  geringe  Ptosis  des  linken  Oberlids 
und  eine  rechtsseitige  Hemianopsie  mit  bemianopischer  Papillenreaktion. 

Eine  Blutung  in  die  Oculomotoriuskernregion  nahm  Mann  (733) 
bei   einem   56jährigen  Feldarbeiter  an,   der  eines  Nachts  mit  heftigen  Kopf- 


Die  Ptosis  bei  den  liehirnhliüorrhagien.  90' 

I  schmerzen  erwachte  und  dann  bald  bewnsstlos  wurde.    Gegen  Morgen  bemerkte 
f  man   eine   linksseitige  Ptosis  und  eine  doppelseitige  Internusparese.     Schon 
I   nach  14  Tagen   war   bedeutende   Bessening    bei  dem    Pütienten    eingetreten, 
I   der  schon  vor  rier  Jahren  eine  Apoplexie  durchgemacht  batte, 
I  Einen  analogen  Fall  beobachtete  Allen  Sturge  (734),   nämlich  eine 

jbl&ch  einem  apoplektischen  Anfall  eingetretene  exteriore  doppelseitige  Ophthal- 
Pinoplegie,  die  nach  sieben  Wochen  vollständig  heilte. 

Joseph  Co  Hins  (735)  hat  ebenfalls  eine  Blutung   in  die  ponto-bulbäre 

!   Region  bei  einem  39jährigen  Manne  angenommen,  welcher  sich  früher  luetisch 
infizirt    hatte.     Wegen    der   Unsicherheit    der   Diagnose    verzichten    wir    auf 
k    Wiedergabe  des  klinisch  interessanten  Falles. 

I  Eine    Blutung   in  den  IIL  Ventrikel   diagnostizirte   Donath   (736)   bei 

I  einer  älteren  Frau,  die  nach  vorausgegangener  Bewusstlosigkeit  eine  doppel- 
I  seitige  Ophthalmoplegia  exterior  und  interior,  ferner  eine  mit  Gefühllosigkeit 
I  verbundene  F*araplegie  der  unteren  Extremitäten  acquirirt  hatte.  Patientin 
I   war  nierenleidend. 

I  Auf  ähnliche  Ursache  sucht  Fischl  (737)   einen  von  ihm  beobachteten 

'  Fall  von  plötzlicher  Lähmung  des  linken  Abducens,  des  Augenfacialis  und 
beider  Levatores  palpebrae  superiores  zurückzuführen.  Die  Ptosis  war  zuerst 
links  und  später  rechts  aufgetreten.  Nach  einigen  Wochen  war  fast  komplete 
Heilung  vorlianden. 

Schliesslich  sei  noch  eines  Falles  von  cerebraler  Kinderlähmung  mit 
doppelseitiger  Oculomotoriuslähmung  gedacht,  bei  dem  Menz  (738)  im  linken 
Himschenkel  einen  Herd  angenommen  hatte,  welcher  über  die  Mittellinie  hinüber- 
greifend auch  den  rechten  fJculomotorius  lädirt  haben  sollte.  Bei  einem 
lOmonatlichen  Kinde  war  plötzlich  eine  rechtsseitige  Hemiplegie  aufgetreten. 
Bei  der  Untersuchung  im  Alter  von  sechs  Jahren  wurde  Wachsthuras- 
bemmung  der  paretischen  Glieder,  die  in  beständiger  choreiformer  Bewegung 
waren,  konstatirt.  Die  Augen  standen  in  Divergenzstellung,  der  linke 
Bulbus  war  beinahe  völlig  unbeweglich.  Er  konnte  nur  noch  von  aussen 
bis  zur  Mittellinie  bewegt  werden.  Links  bestand  Ptosis  und  Pupillenstarre, 
Rechts  war  nur  der  Rectus  superior  und  inferior  gelähmt. 

5^  172.  Behufs  einer  besseren  Uehersicht  über  die  Fälle  von  Oehirn- 
blntungen  in  ihrer  Beziehung  zur  Ptosis  führen  wir  dieselben  nach  Gruppen 
geordnet  noch  einmal  hier  an: 

L  Blutung  an  der  Basis* 

a)  Aneurysma    der    Carotis    —    Fall    Fiedler    (linksseitige    Ptosis) 
s.  pag.  366. 

b)  basale    (Arteria    fossae    Sylvii)   und    Hemisphärenblutung    —   Fall 
Dickinson  (hnksseitige  Ptosis)  s.  pag.  366. 

c)  Blutung   aus   der  Ärteria  peduncalaris   ^    Paquet   {doppelseitige 
Ptosis)  s.  pag-  367» 

2*  Blutung  in  den  Pedunculus  cerebri 
a)  einsaitig 


370  Die  Ptosis  bei  den  (jehimhftmorriiagien. 

a)  Blutung,  direkte  Fall  Weber  (linksseitige  Ptosis)  s.  pag.  Kl 
^  ^  ;;    Leteinturier  (rechtsseitige  Ptosii) 

s.  pag.  362. 
Blutung,  direkte  —  Fall  Bennet  (rechtsseitige  Ptosis) s.pag.363. 
„  „      —    ^   An  dral- (keine  Ptosis)  s.  pag.  3&4. 

^  r>      —    ^Darier  (keine  Ptosis)  s.  pag.  364. 

—  y,  ßoscioli  (keine  Ptosis)  s.  pag.  364. 

—  ^    Menz  (doppelseitige  Ptosis)  8.  pag.  368. 
ß)  Druck  auf  den  einen  Himschenkel  durch  eine  hämonhagisclie 

Cyste  im  Schläfenlappen  —  Fall  Sachs    (linksseitige  Ptosis) 
s.  pag.  367. 
y)  Stichverletzung  des  Hirnschenkels  —  Fall  Wernicke  (links- 
seitige Ptosis)  s.  pag.  368. 
b)  Doppelseitige   Blutung   —  Fall   Rickards    (doppelseitige  Ptosis) 
s.  pag.  363. 

3.  Blutung  in  die  Hirnschenkelhaube 

Fall  Leube  (rechtsseitige  Ptosis)  s.  pag.  363. 
„  Bouchard  (fehlende  Ptosis)  s.  pag.  364. 
„     Ceni  (fehlende  Ptosis)  s.  pag.  365. 

4.  Blutung  in  die  Oculomotoriuskernregion. 

Fall  Leube  (rechtsseitige  Ptosis)  s.  pag.  363. 
,,     Mann  (linksseitige  Ptosis)  s.  pag.  368. 
„     Allen  Sturge  (doppelseitige  Ptosis)  s.  pag.  369. 
^     Strümpell    (bei   progressiver   Muskelatrophie)    (doppelseitige 
Ptosis)  s.  pag.  367. 

5.  Blutung    in   den   Thalamus,   Zerstörung   von    Haube  und 
Kernregion  des  Oculomotorius. 

Fall  Jacob  (doppelseitige  Ptosis)  s.  pag.  365. 
„     Wernicke  (keine  Ptosis)  s.  pag.  365. 

6.  Blutung  in  den  Thalamus,  Durchbruch 

a)  in  den  Ventrikel: 

Fall  Schütz  (doppelseitige  Ptosis)  s.  pag.  366. 

b)  in  Haube  und  Ventrikel: 

Fall  Charcot  und  Bouchard  (keine  Ptosis)  s.  pag.  366. 
„     Prevost  (keine  Ptosis)  s.  pag.  366. 

7.  Blutung  in  den  HL  Ventrikel. 

Fall  Donath  (doppelseitige  Ptosis)  s.  pag.  369. 
j,     Fischl  (doppelseitige  Ptotis)  s.  pag.  369. 

8.  Ponsblutung. 

—  Fall  Ormerod  (doppelseitige  Ptosis)  s.  pag.  367. 

9.  Apoplektische  Bulbärparalyse. 

—  Fall  Strümpell  (rechtsseitige  Ptosis)  s.  pag.  367. 
10.  Blutung  in  beide  Scheitelläppchen. 

—  Fall  An  dral  (doppelseitige  Ptosis)  s.  pag.  368. 


Die  Ptosis  .bei  den  GehirDhämorrhagieD.  371 

i5  173.  Wir  entnehmen  aus  dieser  üebersicht,  dass  unter  28  klinisch 
▼erwerthbaren  Fällen  von  Hirnblutungen  21  mal  Ptosis  notirt  ist;  also  in 
75®/o.     Einseitig  kam  dieselbe  in  13,  doppelseitig  in  8  Fällen  vor. 

Recht  bemerkenswerth  ist  das  isolirte  Vorkommen  einer  ein-  oder 
doppelseitigen  Ptosis  ohne  weitere  Alteration  eines  anderen  Augen- 
muskels wie  im  Fall  Bennet,  Rickards  und  Strümpell. 

Weiterhin  ist  von  besonderem  Interesse  der  Fall  Leube's  und  zwar 
in  Beziehung  auf  die  Kernlokalisation  im  Oculomotorius,  da  die  Ptosis 
durch  den  im  Oculomotoriuskemgebiet  belegenen  Herd  II  bedingt  w^urde. 

Dass  die  vorher  aufgeführten  28  klinisch  verwerthbaren  Fälle  von  Him- 
hämorrhagien  im  Vergleich  zur  Häufigkeit  von  Hirnblutungen  überhaupt 
eine  auffallend  geringe  Anzahl  repräsentiren,  dürfte  wohl  folgendermassen 
zu  erklären  sein: 

Bei  den  so  häufig  vorkommenden  Linsenkernblutungen  erstreckt  sich  die 
Hämorrhagie  nicht  selten  bis  in  die  Hirnschenkel  hinein,  weil  durch  die 
Faseranordnung  in  dieser  Gegend  die  Ausdehnung  des  Herdes  häufig  eine 
sehr  grosse  ist.  Meist  sind  dies  aber  mit  starkem  Insult  einhergehende, 
rasch  letal  verlaufende  Apoplexien,  welche  klinisch  für  unser  Interesse  nicht 
zu  verwerthen  sind.  Es  bleiben  daher  die  Fälle  übrig,  in  welchen  es  sich 
um  kleinere  cirkumskripte  Blutungen  handelt,  die  im  Bereich  oder  in  der 
Nähe  des  Oculomotorius  aufgetreten  sind,  also  im  Mittelhirn  und  speziell 
in  der  Hirnschenkelgegend.  In  dem  Anastomosenreichthum  der  Gefässe  in 
diesen  Regionen,  auf  welchen  Shimamura  besonders  aufmerksam  gemacht 
hat,  liegt  wohl  der  Grund  des  relativ  so  seltenen  Vorkommens  von  grösseren 
Blutungen. 

Aus  unserer  Zusammenstellung  ergiebt  sich,  dass  cirkumskripte  Blu- 
tungen am  häufigsten  im  Hirnschenkel  vorkommen.  In  zweiter  Linie  ist 
die  Oculomotoriuskernregion,  in  dritter  Linie  die  Hirnschenkel- 
haube zu  nennen.  Wenn  auch  der  Pons  in  Bezug  auf  die  Häufigkeit  der  Hämor- 
rhagien  überhaupt  vielleicht  vor  den  Himschenkeln  rangirt,  so  kommt  er  doch 
bezüglich  des  Vorkommens  der  Ptosis  erst  nach  den  erwähnten  Hirnprovinzen. 

55 1 74.  Dass  diflferentialdiagnostisch  der  Ptosis  eine  ganz  ausserordentliche 
Bedeutung  bei  einer  Hämorrhagie  zukommt,  geht  eigentlich  ohne  weiteres  aus 
dem  ganzen  Kapitel  hervor.  Bildet  sie  doch  als  markantes  Symptom  einer  vor- 
handenen OeulomotoriusaflFektion  das  Merkzeichen  für  eine  im  Mittelhim  sich 
abspielende  Störung.  Die  Wichtigkeit  der  Ptosis  tritt  aber,  worauf  bisher 
nicht  genug  hingewiesen  worden  ist,  besonders  aus  ihrem  isolirten  Vor- 
kommen hervor.  Im  Falle  Bennet  hätte  man  ohne  die  vorhandene  Ptosis 
viel  eher  eine  Hämorrhagie  in  dem  hinteren  Abschnitt  der  inneren  Kapsel 
erwartet.  Die  rechtsseitige  Ptosis  bei  einer  linksseitigen  Hemiplegie  wies  als 
Syndrome  de  Weber  auf  den  Hirnschenkel  hin. 

Ganz  besonders  lehrreich  ist  auch  der  Fall  Rickards,  in  welchem  eben- 
falls die  isolirte  doppelseitige  Ptosis  auf  die  Hirnschenkelgegend  hindeutet, 

Wilbrand-8a«ng«r,  K«iirologie  <!••  AngM.    I.  Bd.   II.  Abtheiluog.  25 


372  Die  Ptosis  bei  den  Gehirnhämorrbagien. 

wenn  auch  zugegeben  werden  muss,  dass  die  richtige  Diagnose  eines  sokhto 
Falles  in  vivo  wegen  der  Möglichkeit  einer  supranukleären  und  kortikalen 
Ptosis  recht  schwierig  ist;  war  doch  im  Fall  Andral  die  kortikale  Ptosis 
gleichfalls  doppelseitig  aufgetreten. 


7.  Die  Ptosis  bei  der  Gehirnerweichung. 

Eine  Gehirnerweichung  ist  entweder  die  Folge  einer  traumatisch 
bedingten  Zertrümmerung  von  Gehirnsubstanz,  oder  durch  mangelhafte  arterielle 
Blutzufuhr  hervorgerufen,  die  entweder  durch  Embolie,  Thrombose  oder 
Endart  er  iitis  obliterans  verursacht  worden  war. 

S  175.  Die  erabolische  Himerweichung  kommt  in  jedem  Alter  und  bei 
beiden  Geschlechtern  vor  und  zwar  überwiegend  in  Folge  von  endokarditiscben 
Prozessen.  Da  nun  die  Endokarditis  meistens  beim  Gelenkrheumatismus  und 
im  Anschluss  an  akute  Infektionskrankheiten  (Scharlach  etc.)  entsteht,  so  ist 
das  Auftreten  der  Embolien  im  Kindes-  und  mittleren  Alter  ohne  weiteres 
einleuchtend. 

Die  Embolie  bevorzugt  die  linke  Himhälfte  und  hier  speziell  die  Ärt«ria 
fossae  Sylvii,  weil  dieselbe  die  gerade  Fortsetzung  der  Carotis  bildet. 

Die  klinischen  Folgen  der  Embolie  der  Arteria  fossae  Sylvii  sind  je 
nach  dem  Ort  und  dem  Grade  der  Verstopfung  ausserordentlich  verschieden. 
Sitzt  der  Embolus  am  Anfang  dieser  Arterie,  so  tritt  meist  unter  Bewusst- 
seinsverlust  eine  komplete  Hemiplegie  mit  Dysarthrie  oder  Aphasie  und  Deviation 
conjugee  nach  dem  Herde  hin  ein.  Anders  sind  die  klinischen  Symptome  bei 
Verstopfung  von  kleineren  Zweigen  der  Sylvischen  Arterie.  Obwohl  hier  nicht 
nälier  darauf  eingegangen  werden  kann,  so  sei  doch  hervorgehoben,  dass  man 
in  den  Lehr-  und  Handbüchern,  z.  B.  in  dem  von  Monakow  nirgends  angegeben 
findet,  dass  bei  Embolie  der  Arteria  fossae  Sylvii  der  Oculomotorius 
affizirt  erscheinen  kann.  Und  doch  hat  Huguenin  (744)  einen  Fall  von 
Embolie  der  Arteria  fossae  Sylvii  i)ublizirt,  der  während  des  Lebens  eine 
doppelseitige,  unvollkommene  Ptosis,  abgesehen  von  einer  linksseitigen  Hemi- 
parese,  dargeboten  hatte. 

Drodza  (745)  hat  zwei  Fälle  von  Embolie  der  Arteria  fossae  Sylvii  be- 
obachtet, in  denen  eine  einseitige  Ptosis  gefunden  wurde.  Aus  den  Sektions- 
protokollen und  Untersuchungen  geht  jedoch  nicht  hervor,  ob  es  sich  um 
eine  kortikale,    supranucleäre  oder  anders  lokalisirte  Ptosis  gehandelt  habe. 

Bei  der  sehr  viel  selteneren  Embolie  der  Arteria  cerebralis  posterior 
werden  nach  Monakow  der  hintere  und  innere  Thalamusabschnitt,  die  beiden 
Corpora  geniculata,  der  laterale  Theil  des  Pedunqulus  und  die  medialen 
Hinterliaupts-  und  Schläfenwindungen  von  der  Cirkulation  abgesperrt,  was 
als  wichtigstes  Symptom  eine  homonyme  bilaterale  Hemianopsie  zur 
Folge  hat.  Da.  wie  erwähnt,  der  Peduncukis  von  der  Erweichung  mitbetroffen 
sein  kann,  so  ist  eine  Betheiligung  des  Oeulomotorius  bei  den  klinischen 


Die  Ptosis  bei  der  Gehirnerweichung.  373 

Aeusserungen  der  in  Rede  stehenden  embolischen  Erweichung  sehr  wahrschein- 
lich, wenn  auch  vielleicht  nur  als  indirektes  Herdsymptom. 

Kahler  und  Pick  (746)  haben  einen  sehr  interessanten  Fall  publi- 
zirt,  bei  dem  embolische  Erweichungsherde  post  mortem  gefunden  wurden. 
Der  eine  hatte  seinen  Sitz  im  rechten  Linsenkern  und  der  andere,  früher 
entstandene,  in  der  rechten  Ponshälfte  und  im  Himschenkelfuss.  Letzterer 
interessirt  uns  wegen  der  partiellen  Ausfallserscheinungen  von  selten  des 
rechten  Oculomotorius. 

Es  bestand  rechts  eine  inkomplete  Ptosis;  eine  völlige  Internuslähmong ,  die  Auf- 
ond  Abwärtsbewegung  des  rechten  Bulbus  war  beschränkt;  die  Binnenmuskalatur,  Abducens 
nnd  Trocblearis  waren  freigeblieben. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  ergab,  dass  der  Oculomotoriuskern  normal  war, 
dass  dagegen  im  Pedunculus  cerebri  der  Erweicbungsherd  die  innere  Hälfte  der  am  meisten 
nach  hinten  und  innen  aus  dem  Kein  austretenden  Wurzelfasem  unterbrochen  hatte,  woraus 
die  beiden  Autoren  den  Schluss  zogen,  dass  diese  Wurzelfasem  vorzüglich  dem  Rectus 
intemus  angehörten. 

Von  Peltzer  (747)  wurde  eine  Embolie  der  Arteria  basilaris  durch  ein 
septisches  Gerinnsel  beobachtet,  welche  symmetrisch  belegene  Erweichungsherde 
im  Thalamus  opticus  und  in  den  Vierhügeln  bedingt  hatte. 

Die  klinischen  Symptome  bestanden  darin,  dass  der  60 jährige  Manu  plötzlich 
unter  den  Erscheinungen  eines  Schlaganfalls  vollständig  erblindete.  Es  bestand  bei  mas- 
siger Miosis  eine  aufgehobene  Pupillenreaktion.  Der  ophthalmoscopische  Befund  war  negativ. 
Bemerkenswerth  ist,  dass  Patient  nicht  im  Stande  war  nach  einer  Richtung  hin  zu  blicken, 
da  die  Augen  konstant  hin  und  her  oscillirten. 

Die  Litteraturausbeute  der  mit  Oculomotoriusläsion  einhergehenden 
embolischen  Erweichungen,  bei  denen  ein  Sektionsbefund  erhoben  werden 
konnte,  ist  wie  ersichtlich,  recht  gering.  Von  A 1 1  e n  S t a rr (748),  von  Bouveret 
und  Cur  tili  et  (749)  wurden  einige  Beobachtungen  publizirt,  bei  denen  diese 
Autoren  auf  Grund  vorhandenen  Herzfehlers  die  Diagnose  auf  embolische 
Prozesse  in  den  die  Oculomotoriusregion  versorgenden  Gefässen  gestellt  hatten ; 
jedoch  fehlt  der  beweisende  Sektionsbefund. 

Dass  Embolien  in  die  Arteria  cerebralis  posterior  selten  sind,  geht  schon 
aus  der  Ueberlegung  hervor,  dass  aus  der  (>arotis,  wegen  der  Enge  der 
Communicans  posterior,  Gerinnsel  grosseren  Kalibers  gar  nicht  in  die  Arteria 
cerebralis  posterior  gelangen.  Es  wäre  dies  nur  bei  ganz  kleinen  Pfropfen  möglich. 
Bei  den  ebenfalls  seltenen  Embolien  der  Basilararterie  kommen  häufig 
Krämpfe,  Deviation  conjugee  der  Augen  und  Augenmuskelstörungen  vor;  wenn 
der  untere  Theil  der  Basilaris  verstopft  ist,  treten  bulbäre  Symptome  in  die 
Erscheinung. 

Ein  etwas  unsicherer  Fall  von  embolischer  Himerweichung  mit  Ptosis 
wurde  von  d'Astros  (750)  beschrieben. 

Dieser  Autor  sah  einen  26jährigen  Mann,  der  seit  10  Tagen  mit  rechtsseitiger  Hemi- 
plegie (inkl.  Facialis)  und  dysarthrischen  Störungen  erkrankt  war.  Es  trat  leichter  Strahis- 
muB  divergens,  linksseitige  Ptosis,  Parese  des  linken  Internus,  linksseitige  Miosis 
and  Papillenstarre  auf.  An  der  Herzspitze  war  ein  systolisches  Geräusch  nachweishar.  Nach 
dreimonath'cher  Krankheit  Exitus.    Die  Sektion  ergab  komplete  Thrombose  der  Arteria 

25* 


371  Die  Ptosis  bei  der  Gehirnerweichuiig. 

cerebelli  superior  sinistra  ein  wenig  nach  ihrem  Abgang  aus  der  Baaflaris  mi 
zwar  da,  wo  sie  um  die  Himschenkel  herumgeht.  Ferner  fund  sich  eine  Thrombose  der 
linken  Arteria  cerebralis  anterior.  Uns  interessirt  hauptsächlich  die  Erweichan^ 
des  linken  Himschenkels ;  dieselbe  erstreckte  sich  vom  Uimschenkelfuss  durch  die 
Substantla  nigra  in  die  Haube.  Im  Pens  fanden  sich  geringe  VerftnderangeD.  Ausserdem 
waren  Erweichungen  der  ganzen  linken  Balkenwindung  und  beinahe  der  ganzen  linka 
Kleinhirnhemisphäre  vorhanden. 

d'Astros  gesteht  selbst  zu,  dass  die  Sektion  keine  sichere  Quelle  der 
Embolien  ergeben  habe.  Vielleicht  wäre  dieselbe  in  einer  Anomalie  der 
Aortenklappen  zu  suchen,  die  ihrerseits  die  Bildung  von  Gerinnseln  begün- 
stigt hätte. 

§  176.  Die  häufigste  Ursache  der  Encephalomalacie  ist  in  der  T  hrombose 
derHirnarterien  gegeben,  die  entweder  auf  einer  Arteriosklerose  der  Gehira- 
gefässe,  oder  auf  Schädigung  der  Blutelemente  (Chlorose,  Leukämie,  Gravidität, 
Infektionskrankheiten )  beruht.  Ersteres  Moment  legt  nahe,  dass  diese  Art  der 
Hirnerweichung  eine  echte  Alterskrankheit  darstellt,  die  absolut  viel  häufiger 
vorkommt,  als  die  so  häufig  diagnostizirte  Gehimhämorrhagie.  Von  60  Fällen 
von  Encephalomalacie  beobachtete  Labor  de  keinen  unter  60  Jahren.  Wem 
auch  bekannt  ist,  dass  die  Arterienthrombose,  im  Gegensatze  zur  Embolie,  sidi 
in  Folge  der  schichtweisen  Anlagerung  des  Gerinnsels  an  die  Gefasswand 
durch  langsameren  Beginn  auszeichnet,  so  sei  doch  hervorgehoben,  dass  es  auch 
Fälle  von  Thrombose  mit  stürmischem,  raschem  Beginne  giebt.  So  in  dem 
folgenden  uns  wegen  der  Ptosis  interessirenden  Falle: 

May  er  (751)  beobachtete  auf  der  Abtheilung  von  B  ernutz  eine  67jfihrige  Fraa. 
die  plötzlich  eine  rechtsseitige  Hemiplegie  und  linksseitige  Ptosis  acqairirt  hatte.  Die 
rechtsseitigen  gelähmten  Extremitäten  waren  ziemlich  stark  ödematös.  Der  Mundfacialis 
war  ebenfalls  paretisch.  Die  Zunge  wich  nach  rechts  ab.  Ausser  der  Ptosis  links 
bestand  ^Strabismus  diverg.  o.  s.  Mydriasis  und  Unbeweglichkeit  der  Papile.  Nadi  Tier 
Wochen  Exitus.  Bei  der  Sektion  fand  sich  im  linken  Pedunculus  cerebri,  entsprechend  der 
Einilochtung  des  Oculomotorius  und  unterhalb  der  Substantia  nigra,  wo  die  SchnittfUfbe 
etwas  körnig  und  die  Konsistenz  etwas  vermindert  erdchien,  ein  Erweichungsherd.  Bei 
der  mikroskopischen  Untersuchung  fanden  sich  zahlreiche  Körnchen  kugeln.  Dieser  kleine 
Erweich ungsherd  sass  gerade  au  der  Austrittsstelle  des  Oculomotorius  aus  dem  HimschenkeL 

Kon  (752)  publizirte  einen  Fall  von  akuter  apoplektiformer  Bulbär- 
paralyse  mit  rechtsseitiger  Ptosis  und  Erweiterung  der  rechten  Pupille: 
bei  welchem  sich  bei  der  Autopsie  ein  Thrombus  in  der  Arteria  basilaris 
fand,  der  sich  in  beide  Vertebralarterien  1 — P/j«  cm  weit  fortsetzte. 

Schrader  (753)  beobachtete  auf  der  Hitzig'schen  Klinik  in  Halle  eine  Fraa,  die 
mehrfach  psychisch  gestört  gewesen  war  Am  22.  März  1880  bekam  sie  plötzlich  eiaei 
heftigen  Schwindelanfall.  Ohne  Bewusstseinsverlust  trat  eine  rechtsseitige  typische  Hemi- 
parese  mit  Sensibilitätsstörung  auf  der  ganzen  Körperhälfto  auf;  zugleich  zeigte  sich  am 
linken  Auge  Ptosis,  Mydriasis  und  Pupillenstan*e.  Wfihrend  der  ganzen  Dauer  derHemi- 
pareso  bestanden  erhebliche  Temperaturdifferenzen  zwischen  beiden  Körperh&lften.  Am 
7.  November  wurde  Opticusatrophie  rechteraeits  konstatirt.  Die  linksseitige  Oculomotoniu- 
pareso  die  ausgedehnter  gewesen  war,  hatte  sich,  bis  auf  die  Ptosis  und  Mjdriaw» 
wieder  zurückgebildet.    29.  April  1881  Tod  durch  Pneumonie. 

Aus  dem  Sektionsbericht  interessirt  uns  besonders  ein  graubräonlicher  Erweichuigf- 
herd    im  linken  Hirnschenkcl .    der  fast    durch    die  ganze  Höhe   des  Pedunculus   hindsreli 


Die  Ptosis  bei  der  Gebirnerweichang.  375 

jedenfalls  bis  dicht  an   die  Basis  des  HirDschenkelfusses  reicbte,   su  dass  nur  noch  etwa 
eine  1  mm  starke  intakte  Substanz  nach  dieser  Richtung  übrig  blieb. 

Die  Gefässe  an  der  Basis  zeigten  atheromatöse  Veränderungen.  Der 
Hauptstamm  der  linken  Arteria  fossae  Sylvii  war  durch  einen  alten 
Thrombus  verstopft. 

Eine  langsame,  Jahre  lang  dauernde  Entwickelung  mit  plötzlichem,  oft 
apoplektiformem  Beginne  sehen  wir  in  den  folgenden  Beobachtungen,  denen 
wir  den  Rossolimo'schen  Fall  (754)  voranstellen. 

Ein  48jähriger  niemals  luetisch  iniizirter  Diener  litt  in  seinem  25.  Jahre  an  linksseitiger 
Migräne,  die  schliesslich  mit  Krampfanfällen  und  Bewusstseinsverlust  auftrat.  (Patient 
hatte  viel  Alkohol  getrunken.)  In  den  letzten  Jahren  litt  er  nur  an  linksseitigen  Kopf- 
schmerzen; hie  und  da  mit  Erbrechen.  Am  6.  Januar  1895  bekam  er  unter  sehr  heftigen 
Kopfsehmerzen  einen  Schwindelan  fall  mit  Bewusstseinsverlust.  Als  er  wieder  zu  sich  kam, 
sali  er  doppelt.  Die  Untersuchung  ergab  Lähmung  des  Rectus  interior  und  Rectus  superior, 
Parese  des  Obliquus  inferior  und  des  Levator  palpebrae  auf  der  linken  Seite.  Rechts 
bestand  Abducensparese  und  geringe  Schwäche  des  Rectus  superior  und  Obliquus  inferior. 
Ferner  fand  sich  Reaktionslosigkeit  beider  Pupillen  mit  Pupillendifferenz  und  Herabsetzung 
der  Accommodation  beiderseits.  Endlich  wurde  noch  eine  rechtsseitige  Hemianopsie 
diagnostizirt. 

Die  Ptosis  ging  wieder  nach  einigen  Tagen  zurück;  dauernd  ^lieb  eine  Lähmung 
des  M.  rectus  inferior,  Parese  des  Rectus  superior  sinister,  Obliquus  inferior  sinister  und 
miTerfinderter  Zustand  der  Accommodation  und  der  Papillen. 

Bei  der  Sektion  fanden  sich  mehrere  Erweichungsherde.  Uns  interessirt  die  Encephalo- 
malscie,  die  sowohl  die  Hemianopsie,  wie  die  Augenmuskellähmungen  bewirkt  hatte.  Die- 
selbe zerfiel  in  drei  Theile:  1.  einen  Herd  im  Pulvinar,  2.  einen  langen  Herd  längs  dem 
ganzen  Oculomotoriuskerne  und  3.  einen  kleinen  Herd  im  Bereich  der  intrapedunkulären 
Bfindel  des  linken  Nervus  ocnlomotorius. 

Nach  Rossolimo  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dass  diese  drei  Bestand- 
theile  des  Gesammtherdes  als  Folge  der  Verstopfung  dreier  Aestchen  der 
Cerebralis  posterior  anzusehen  sind:  Der  Arteria  peduncularis  interior,  Arteria 
nuclei  oculomotorii  und  Arteria  optica  interior  posterior.  Die  Arteria 
pedunculo  gemina  blieb  frei,  da  sie  keine  Endarterie  ist  und  zahlreiche 
Anastomosen  hat. 

Kahler  und  Pick  (755)  berichten  von  einer  58jährigen  Taglöhnerin,  die  seit  drei 
Jahren  an  Stirn-  und  Hinterhauptskopfschmerz  gelitten  hatte.  Dieselbe  bekam,  nachdem 
sie  einen  Monat  vorher  eine  vorübergehende  Schwäche  der  linksseitigen  Extremität  inkl. 
Facialis  gehabt  hatte,  ganz  plötzlich  einen  apoplektiformen  Anfall  ohne  Bewusstseinsverlust. 
Man  konstatirte  eine  komplete  linksseitige  Lähmung  inkl.  des  Facialis  und  eine  unvoll- 
ständige Oculomotoriuslähmung  rechts;  das  rechte  Oberlid,  der  Rectus  superior,  inferior 
und  Obliquus  inferior  waren  komplet  gelähmt;  der  Rectus  internus  paretisch.  Die  Pupille 
war  normal.  Die  linksseitigen  Sehnenreflexe  gesteigert.  Es  bestanden  links  Kontrakturen 
Tod  durch  Lungengangrän. 

Die  Basilararterie  war  rigide.  Die  linkeV  ertebralis  geschlängelt.  Die 
linke  Arteria  cerebralis  posterior  war  in  einen  starren  Kanal  umgewandelt, 
die  rechte  Arteria  cerebralis  posterior  durch  mehrere  Gerinnsel  verstopft.  Der 
rechte  Himschenkel  erschien  geschwollen,  fluktuirend  und  gelblich  verfärbt.  Die  Erweichung 
betraf  speziell  den  Himschenkelfuss.  Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  fanden  sich 
rechts  vom  Aquaeductus  Sylvii  zwei  kleine  Erweichungsherde.  Ein  dritter  befand  sich  in 
der  Mitte  zwischen    Aquaeductus   Sylvii   und  Basis   cerebri.    An  einer   Stelle  waren  die 


376  Die  Ptosis  bei  der  Gehirn erweichuDg. 

Oculomotorius wurzelfasern    und    zwar   derselben  Seite   und    zum    grösseren  Theil  nu  & 
hinteren  äusseren  Wurzelbündel  betroffen. 

Gubler  (756)  beobachtete  bei  einem  60jähiigen  Musiker,  der  V«  J«hr  vorher  mm 
linksseitige  rasch  wieder  vorübergegangene  Hemiplegie  hatte,  dass  ohne  Be w ussteeing? erim 
plötzlich  eine  motorische  Lähmung  der  linksseitigen  Extremitäten  mit  etwas  SenaibQitiU- 
abstumpfung  eingetreten  war.  Der  ganze  linke  Facialis  (Lagophthalmus)  vrar  mitgeltiunt 
und  die  Zunge  wich  nach  links  ab.  Rechts  bestand  vollständige  Ptosis  und  Tiäbmimg 
aller  Oculomotoriuszweige.  Strabism.  diverg.  Pupille  erweitert  und  unbeweglich.  Diplopie. 
Bei  der  Autopsie  fand  sich  der  rechte  Oculomotoiius  halb  so  dick  wie  der  linke.  Der 
rechte  Hirnschenkel  war  abgeplattet,  erweicht  und  fluktnirend.  Auf  den 
Durchschnitt  zeigte  er  sich  in  einen  Brei  vei-wandelt.  Der  anliegende  Theil  des  8ehhfi|seli 
war  noch  mitergriffen.  Im  Schläfen-  und  Hinterhauptslappen  fand  sich  je  ein  haaebo» 
grosser  £rweichungsherd.     Die  Arterien  an  der  Basis  waren  atheromatiis. 

Eine  für  die  Arterienthrombose  charakteristische  allmähliche  Ent- 
Wickelung  der  Gehirnerscheinungen  sehen  wir  in  den  folgenden,  uns  wegen 
der  dabei  beobachteten  Ptosis  wichtigen  Fällen. 

Oyon  (757)  sah  eine  78jäbrige  Frau  mit  linksseitiger  Hemiparese,  die  am  folgendci 
Tage  vollständig  wurde,  und  als  neue  Erscheinung  eine  rechtsseitige  OcuIomotoriuaUbniBBg 
ohne  Befallensoin  der  Biunenmuskeln  darhot;  ja  die  rechte  Pupille  war  sogar  enger  als 
die  linke. 

Bei  der  Autopsie  fand  sich  im  rechten  Hirnschenkel  ein  haselnussgrosser  rother 
Erweich ungshcrd  von  unregchnässiger  Gestalt,  der  den  Thalamus  berührte.  Der  NerTOb 
oculomotorius  erwies  sich  hei  der  mikroskopischen  Untersuchung  nur  als  partiell 
erkrankt ;  die  medialen  Wiirzolfasem  waren  unverändert  geblieben,  was  das  Intaktsein  der 
Binnenmuskeln  erklären  dürfte. 

Luton  (758)  beobachtete  eine  inkomplete  Lähmung  der  linken  Seite  mit  etwu 
Gefühlsverminderung  bei  einem  Patienten,  der  ein  halbes  Jahr  vorher  eine  vorübergehende 
linksseitige  Hemiplegie  durchgomacht  hatte  Mundwinkel  und  Zunge  wichen  nach  liab 
ah.  Das  linke  Auge  konnte  nicht  geschlossen  werden,  während  das  rechte  nicht 
geöffnet  werden  konnte.  Der  rechte  Bulbus  war  ausser  nach  aussen  und  aosseo 
unten  nach  jeder  Richtung  hin  unbeweglich.  Die  rechte  Pupille  war  erweitert  und  oobe 
weglich.    Ks  bestand  Doppeltsehen.     Nach  fünf  Monaten  Exitus. 

Bei  der  Sektion  erschien  der  rechte  Oculomotorius  atrophisch  und  um  die 
Hälfte  dünner  als  der  linke. 

Der  rechte  Hirnschenkel  war  in  Folge  einer  Erweichung  abgeplattet  und  nicht  m 
rund  wie  der  linke.  Der  schlecht  begrenzte  Erweichungsherd  nahm  die  ganze  H5he  und 
Dicke  des  Peduncuhis  ein  und  griif  sogar  über  in  die  benachbarte  Partie  des  Thaiamos 
opticus. 

In  der  Hemisphäre  fanden  sich  noch  zwei  kleine  Erweichungsherde.  Ausserdem  vir 
etwas  Hydrops  der  Ventrikel  und  Atherom  der  basalen  Gefässe  vorhanden. 

Marotte  (759)  berichtet  von  einer  38jäbrigen  Frau,  dass  dieselbe  mit  Kopfschmen 
und  Schwindel  erkrankt  sei  und  hierauf  eine  rechtsseitige  motorische  und  sensible  Extremi- 
tätenlähmung inkl.  Facialis  mit  linksseitiger  Oculomotoriusparalyse  acquirirt  habe 
Die  Sektion  der  nach  acht  Tagen  gestorbenen  Frau  ergab  eine  Erweichung  des  linken 
Pedunculus  cerebri,  die  nach  vorne  bis  in  den  Thalamus,  nach  hinten  bis  in  den  Pons 
reichte.  Der  Stamm  des  Nerven  war  durch  den  gleichzeitig  geschwelltei 
Hirnschenkel  komprimirt. 

Sachs  (760)  konstatirte  post  mortem  eine  Erweichung  des  rechten  HimscheBkels 
und  Atrophie  des  rechten  Oculomotorius  bei  einer  57jährigen  Frau,  die  eine  linksseitige 
Hemiplegie  mit  Ataxie,  gesteigerten  Patellarreflex  und  rechtsseitige  Oculomotonnslfthmoog 
in  vivo  dargeboten  hatte. 


Die  Ptosis  bei  der  Gehirnerweichung.  377 

Fiedler  (761)  beobachtete  einen  28jährigen  Mann  mit  akuter  Insnffieienz  und 
Albuminurie,  bei  welchem  zuerst  Lähmung  des  rechten  und  dann  des  linken  Oculomotorius 
aufgetreten  war.  Die  Autopsie  ergab  ausser  einer  frischen  Blutung  zwischen  Dura  und 
Pia  an  der  Basis  einen  haselnussgrossen,  graurothen  Erweichungsherd  an  Stelle  der  Vier- 
hfigel,  welcher  nach  unten  bis  etwa  2  mm  unter  das  Niveau  des  Aquaeductus  Sylvii  reichte. 
Als  Ursache  der  Oculomotoriuslähmung  nahm  Fiedler  eine  doppelseitige  Erweichung  der 
Ocalomotoriuskerne  an. 

§  177.  Wie  wir  eingangs  dieses  Kapitels  schon  erwähnt  hatten,  ist  eine 
der  in  Betracht  kommenden  häufigen  Ursachen  der  durch  Arterienverstopfung 
bedingten  Hirnerweichung  die  Endarteriitis  obliterans  auf  syphilitischer  Basis. 
Diese  ungemein  wichtige  Gefässveränderung  kommt  meistens  bei  der  erworbenen 
Lues  vor  und  tritt  mit  Vorliebe  zwischen  dem  30.  und  40.  Jahre  auf. 
Neumann  (762),  Kahler  (763),  Jolly  (764),  Pick  (765),  Brasch  (766), 
Saenger  (699),  Lydston  (767),  Mendel  (768),  Juschtzenko  (769), 
Mingazzini  (770)  u.  A.  haben  indessen  auch  in  der  Frühperiode  der  Syphilis 
Hinarterienerkrankungen  auftreten  sehen  und  dieselben  beschrieben.  Auf  die 
differential-diagnostischen  Momente  zwischen  Hämorrhagie,  Emboli e,  Throm- 
bose und  Endarteriitis  obliterans  werden  wir  noch  am  Schlüsse  zu  sprechen 
kommen. 

Im  Kapitel  „Ptosis  bei  Syphilis"  wurden  die  Erweichungen  in 
Folge  von  luetischer  Gefässerkrankung  besprochen  und  die  einschlägigen  Fälle 
von  Alexander  (613),  Bristowe  (614),  Hughlings -Jackson  (604), 
Leyden  (615),  Oppenheim  (624),  Zimmermann  (618)  referirt.  Wir  sehen 
daher  hier  von  einer  Wiederholung  des  Gesagten  ab  und  weisen  nur  als  besonders 
bemerkenswerth  auf  unsere  Beobachtung  (Fall  Gregersen  pag.  330)  hin, 
in  welcher  wir  ausser  der  Erweichung  in  der  rechten  Ponshälfte,  eine  cirkum- 
skript  entzündliche  Aflfektion  in  der  Gegend  desrothen  Kerns  konstatiren  konnten. 
Dieselbe  hatte  die  Oculomotoriuswurzeln  ergriffen  und  war  somit  die  Ursache 
der  Lähmung  dieses  Nerven. 

S  178.  Was  mm  das  Vorkommen  der  Ptosis  bei  denjenigen  Hirn- 
erweichungen betrifft,  welche  mit  Augenmuskellähmungen  einhergehen,  so  er- 
gibt sich  dasselbe  unmittelbar  aus  der  kurzen  Zusammenstellung  der  von  uns 
angeführten  Fälle: 

1.  Huguenin  (pag.  372)  doppelseitige  inkomplete  Ptosis  (isolirt); 

2.  Drodza  (pag.  372)  einseitige  Ptosis  (isolirt); 

3.  Drodza  (pag.  372)  einseitige  Ptosis  (isolirt); 

4.  Kahler  und  Pick  (pag.  373)  rechtsseitig  inkomplete  Ptosis  und  Internus- 
lähmung. 

5.  d'Astros  (pag.  373)  linksseitige  Ptosis,  Pupillenstarre  und  Miosis. 

6.  Mayor  (pag.  374)  linksseitige  Ptosis,  Mydriasis. 

7.  Ron  (pag.  374)  rechtsseitige  Ptosis,  Pupillenerweiterung. 

8.  Schrader  (pag.  374)  linksseitige  Ptosis,  Mydriasis. 

9.  Rossolimo  (pag.  375)  linksseitige  Ptosis,  doppelseitige  Augenmuskel- 
läbmungen. 


378  Die  Ptosis  bei  der  Gehirnerweichung. 

10.  Kall  1er  und  Pick  (pag.  375)  rechtsseitige  Ptosis  und  andere  Aq|^ 
muskellähmimgeD. 

11.  Gubler  (pag.  376)   rechtsseitige   Ptosis  und  andere  Angenmnsk^ 
lähraungen. 

12.  Oyon    (pag.    376)    rechtsseitige  Ptosis    und    andere 
lähmungen. 

13.  Luton   (pag.  376)    rechtsseitige  Ptosis  und  andere  Augenmuskel- 
lähmungen. 

14.  Marotte   (pag.  376)  linksseitige  Ptosis  und   andere  Augenmuskel- 
lähmungen. 

15.  Sachs   (pag.  376)    rechtsseitige  Ptosis    und  andere   Augenmuskel- 
lähmungen. 

16.  Alexander  (pag.  329)  rechtsseitige  Ptosis  und  andere  Augenmuskel- 
lähmungen. 

17.  Bristowe  (pag.  329)  rechtsseitige  Ptosis  und  andere  Augenmuskel- 
lähmungen. 

18.  Hughlings- Jackson   (pag.  329)  rechtsseitige   Ptosis   und  andere 
Aupenmuskellähmungen. 

19.  Leyden  (pag.  329)    linksseitige  Ptosis   und   andere   Augenmuskel- 
lähmungen. 

20.  Oppenheim  (pag.  329)  rechtsseitige,  leichte  Ptosis. 

21.  Zimmermann  (pag.  329)  linksseitige  Ptosis. 

22.  Unser  Fall  Gregersen  (pag.  329)  isolirte,  rechtsseitige  Ptosis. 

23.  Fall  Peltzer  (pag.  373)  keine  Ptosis. 

24.  Fiedler  (pag.  377)  doppelseitige  Ptosis. 

Den  Fall  Allen  Starr  und  Bouveret  et  Curtillet  haben  wir  zur 
Statistik  nicht  verwerthet.  Demnach  fand  sich  unter  24  Fällen  23mal  eine 
Ptosis.  6 mal  kam  dieselbe  isoHrt  vor,  12 mal  rechtsseitig,  7 mal  links- 
seitig. In  2  Fällen  war  die  Seite  nicht  angegeben.  Es  fand  sich  2  mal  ein 
doppelseitiges  Auftreten  einer  Levatorlähmung  (Huguenin,  Fiedler).  Aus 
diesem  Resume  ist  wiederum  ersichtlich,  welch'  bevorzugte  Stellimg  unter 
den  Augenmuskellähmungen  die  Ptosis  auch  bei  den  Hirn-Erweichungen 
einnimmt,  und  welch  hohe  differentialdiagnostische  Bedeutung  derselben  da- 
her beizumessen  ist.  Wir  brauchen  darum  nicht  noch  einmal  hervorzuheben, 
warum  bei  einer  Hemiplegie  die  auf  der  entgegengesetzten  Seite  aufgetretene 
Ptosis  sofort  auf  die  Hirnschenkelgegend,  als  den  Sitz  der  Läsien  hinweist 
(siehe  pag.  359).  Häutiger  noch,  als  bei  den  Hämorrhagien  finden  wir  hier  nämlich 
ein  isolirtes  Vorkommen  derselben. 

S  179.  Was  nun  die  Art  der  Ptosis  anbetrifft,  so  haben  nvir  es  in  der 
überwiegenden  Mehrzahl  der  P'älle  mit  einer  fascikulären  Ptosis  in  Folge 
von  Pedunculuserweichungen  zu  thun,  die  klinisch  als  das  bekannte  Syndrome 
de  Weber  in  die  Erscheinung  treten.  Bei  einigen  Fällen  und  zumal  bei  solchen, 
bei  welchen  die  Erweichung  sich  bis  in  die  Hirnschenkelhaube  und  zwar  bis 


Die  Ptosis  bei  der  Gehirnerweichung.  379 

nach  dem  Thalamus  erstreckt  hatte  (Luton,  Marotte,  Gubler),  war  viel- 
leicht  eine  nucleäre  und  supranucleäre  Ptosis  zu  statuiren. 

Sicher  nucleär  war  die  Ptosis  mitbedingt  in  dem  ausgezeichnet  unter- 
suchten Falle  von  Rossolimo.  Hier  hatte  ein  länglicher  Erweichungsherd 
den  ganzen  Oculomotoriuskem  zerstört,  gleich  wie  in  der  Beobachtung  von 
Fiedler. 

Einen  Fall  von  kortikaler  und  rein  peripherer  Ptosis  haben 
wir  in  der  uns  zugänglichen  Litteratur  nicht  auffinden  können.  Hervorheben 
möchten  wir  noch,  dass  eine  rein  peripher  bedingte  Ptosis  bei  Erweich- 
ungen wohl  nur  so  zu  Stande  kommen  kann,  dass  die  durch  die  frische  Er- 
weichung im  unteren  Theile  des  Schläfenlappens  bedingte  Volumszunahme  des- 
selben (W ernicke)  einen  Druck  auf  den  benachbarten  Oculomotoriusstamm 
ausgeübt  haben  möchte,  ähnlich  wie  man  es  bei  Abscessen  im  Schläfenlappen 
sieht.  Wir  werden  darauf  später  noch  genauer  zurückkommen.  Dass  ein 
Erweichungsherd  im  Himschenkel  auch  den  peripheren  Oculomotorius  durch 
Kompression  affiziren  kann,  sehen  wir  im  Falle  Marotte  (pag.  376). 

§  180.  Was  nun  die  Diflferentialdiagnose  zwischen  Hämorrhagie, 
'Emboli e  oder  Thrombose  betrifft,  so  ist  dieselbe  durchaus  nicht  immer 
mit  Sicherheit  zu  stellen. 

Die  Plötzlichkeit  des  Eintritts  kommt,  wie  aus  den  Krankengeschichten 
zur  Genüge  hervorgeht,  bei  allen  drei  Affektionen  vor.  Bekanntlich  liegt  in 
der  Zeit  des  Auftretens  ein  Unterscheidungsmoment,  wenn  auch  von  etwas 
vager  Bedeutung,  indem  die  Embolie,  wie  schon  erwähnt,  im  jugendlichen,  die 
Hämorrhagie  im  vorgerückteren  (nach  dem  40.  Jahr),  die  Thrombose  im  höheren 
Alter  (ausser  wenn  Lues  vorliegt)  aufzutreten  pflegt. 

Bei  einem  vorhandenen  Herzfehler  ist  natürlich  eine  Embolie  das  nahe- 
liegendste; jedoch  kommen  bei  Vitium  cordis  auch  Miliaraneurysmen  der 
Himgefasse  vor,  die  ihrerseits  wieder  zur  Hirnhämorrhagie  Veranlassung 
geben.  Andererseits  kann  es  sich  bei  atheromatöser  Herzerkrankung  auch 
um  Thrombose  in  den  Himgefässen  handeln. 

Bei  vorhandener  Nierenaffektion  mit  linksseitiger  Herzhypertrophie  ist 
die  Hirnhämorrhagie  bei  weitem  wahrscheinlicher,  die  sich  auch  durch  ein 
längeres  und  tieferes  Koma  auszeichnet,  als  die  Encephalomalacie ;  während 
wiederholte  apoplektische  Attacken  auf  letztere  hindeuten,  bei  der  auch  häufig 
ein  beim  Insult  auftretender  Bewusstseinsverlust  vermisst  wird. 

Arterienthrombose  kann  unter  Umständen  wegen  der  mit  ihr  verbundenen 
allgemeinen  cerebralen  Störungen  einerseits  mit  einem  Hirntumor,  anderer- 
seits mit  Neurasthenie  und  Hysterie  verwechselt  werden.  Bei  der  Encephalo- 
malacie fehlen  die  Zeichen  des  gesteigerten  Hirndrucks  (die  Stauungspapille 
etc.),  welcher  meist  bei  Tumoren  vorhanden  ist,  und  die  den  Neurastheni- 
schen  eigene  scharfe  Selbstbeobachtung,  femer  die  für  die  Hysterie  so 
prägnanten  Stigmata. 

HinsiditHch  der  difl'erentialdiagnostischen  Bedeutung  der  Ptosis  dürfte 
das  Vorhandensein  derselben  bei   einer  gekreuzten  Hemiplegie   zu  Gunsten 


3S0  Die  Ptosis  beim  Gehirnabscess. 

einer  bestehenden  Hämorrhagie  oder  Thrombose  und  zu  Ungunsten  einer  Embob 
sprechen,  da  die  Embolien  in  die  Arteria  basilaris  und  Arteria  cerebnüs 
posterior  ungemein  selten  auftreten,  und  die  wenigen  bei  Embolie  beobachtetfli 
mit  Ptosis  einhergehenden  Fälle  (Huguenin,  Drodza,  Kahler  imj 
Pick  und  d'Astros)  recht  schwer  in  Bezug  auf  die  Lev atorlähmung 
zu  deuten  sind. 


8.  Die  Ptosis  beim  Gehirnabscess. 

§  181.  In  den  letzten  beiden  Decennien  ist  in  der  Lehre  des  Himabscesses 
nach  zwei  Richtungen  hin  ein  grosser  Fortschritt  zu  verzeichnen.  Einmal  hat  man 
die  nichteiterige  Encephalitis  von  der  eiterigen  jetzt  schärfer  getrennt,  anderer- 
seits ist  durch  die  moderne  oft  so  erfolgreiche  Behandlung  des  Himabscesses 
letzterer  selbst  der  Gegenstand  erneuter  Untersuchungen  geworden.  Es  sei 
hier  nur  auf  die  bekannten,  vorzüglichen  Monographien  Macewen's  imd 
Körner's  hingewiesen. 

Bekanntlich  ist  der  Hirnabscess  meistens  die  Folge  des  Eindringens  pyo" 
gener  Mikroorganismen  ins  Gehirn,  die  entweder  von  Verletzungen  oder  Ton 
otitischen  Prozessen  mit  Caries  des  Felsenbeins  herstammen.  Viel  seltener 
entsteht  die  purulente  Encephalitis  aus  der  Erkrankung  anderer  Scbädel- 
knochen:  aus  tuberkulösen,  syphilitischen  Prozessen,  oder  eiterig  zerfaUenden 
Tumoren  der  knöchernen  Bestandtheile  des  Kopfes. 

Indem  wir  noch  kurz  auf  die  infektiösen  Erkrankungen  der  Nase  und 
ihrer  Nebenhöhlen,  auf  die  Orbitalphlegmonen,  den  Karbunkel  und  das 
Gesichtserysipel  als  ev.  Quelle  eines  Himabscesses  hinweisen,  gedenken  wir 
auch  noch  der  entfernter  liegenden  Eiterungen  in  den  Lungen  (putride  Bron- 
chitis), in  den  Extremitäten  (Phlegmonen),  der  Pyämie  und  der  akuten  In- 
fektionskrankheiten (Scarlatina,  Angina)  als  ursächlichen  Moments  und  lassen 
es  dahingestellt,  ob  es  einen  primären  Hirnabscess  giebt. 

Was  nun  den  Sitz  der  Hirnabscesse  betrifft,  so  ist  derselbe  von  der  m 
Grunde  liegenden  Ursache  abhängig.  Die  traumatischen  Hirnabscesse  befinden 
sich  meist,  jedoch  nicht  immer  in  der  Nähe  der  Verletzung.  Die  otitischen  sitzen 
meist  im  Schläfenlappen  oder  im  Kleinhirn.  Sehr  selten  finden  sie  sich  im 
Pons,  in  der  Med.  oblong,  und  im  Pedunculus  cerebri. 

Während  nun  die  Abscesse  in  anderen  Gehimregionen  für  die  Lerator- 
lähmung  wenig  von  Bedeutung  sind,  ist  ihr  Sitz  im  Schläfenlappen  für  das  Zu- 
standekommen von  Ptosis  ganz  besonders  hervorzuheben,  und  es  verleimt 
sich,  den  in  der  Litteratur  vorhandenen  Fällen  nach  dieser  Richtung  hin 
etwas  näher  zu  treten.     So  beobachtete 

1.  Kretschmann  (771)  einen  etwa  30 jährigen  Mann,  welcher  an  chronischem  recktB- 
seiti^em  Ohrcnausfluss  litt.  Vuier  Fieber  und  Deliiien  entwickelten  sich  Schmerzen  in 
rechten  Ohr  und  in  der  betreffenden  Kopfhälfte,  dabei  wurde  Pulsverlangsaroung  (54),  beider- 
seitige Stauungspapille,  weite,  träge  reagirende  Pupillen  und  eine  rechtsseitige  Ptosis 


Die  Ptusis  beim  Gehirnabscess.  «%1 

Iconstäiirt.    Die  Operation  ergab,  dass  es  sich  um  einen  Abscess  im  rechten  8i*hläfenlappen 
handelte.     Derselbe  wurde  geöffnet,  und  es  trat  allmählich  vollkommene  Heilung  ein. 

2.  Wegeier  (772)  sah  bei  einem  18jährigen  Mädchen,  welches  seit  Jahresfrist  an 
rechtsseitigen  Ohrschmerzen,  eiterigem  Ausfluss  aus  dem  rechten  Geh örgange  und  später  an 
einer  vor  dem  Tragus  befindlichen  Fistel  gelitten  hatte  unter  Stirnkopfschmerzen :  Erbrechen 
und  Apathie  eintreten.  Der  Puls  war  verlangsamt.  Temperatur  zwischen  36,5  und  37,5. 
Rechts  bestand  eine  Ptosis;  Parese  des  Rectus  sup.  und  Rect.  inter.  Die  rechte  Pupille 
war  erweitert  und  reaktionslos.  Beiderseits  bestand  Neuritis  opt.,  nach  mehreren  operativen 
Eingriffen  trat  nach  einigen  Tagen  der  Exitus  ein.  Bei  der  Autopsie  fand  sich  der  rechte 
Schläfen  läppen  in  einen  schmierigen,  gelbröthlich  sulzigen  Brei  verwandelt.  Die  Erweichung 
erstreckte  sich  bis  an  die  Corpora  quadrigemina. 

3.  Greenfield  (773)  beobachtete  einen  26jährigen  Mann,  der  eine  chronische  links- 
seitige Ohreiterung  hatte.  Derselbe  wurde  in  den  letzten  14  Tagen  sehr  matt,  schwerfällig 
und  klagte  Über  Kopfschmerzen.  Bei  der  Aufnahme  hatte  der  abgemagerte  Mann  normale 
Temperatur,  einen  Puls  von  68  und  war  benommen.  Die  linke  Pupille  erschien  erweitert. 
Es  bestand  eine  deutliche  linksseitige  Neuritis  opt.  und  linksseitige  Ptosis.  In  der 
Schlafengegend  wurde  über  dem  Jochbogen  eine  Trepanation  angelegt.  Bei  der  Incision 
entleerte  sich  stinkender  Eiter  aus  dem  Schläfenlappen.     Der  Patient  wurde  geheilt. 

4.  Macewen  (774)  machte  eine  Trepanation  über  dem  Temporallappen,  worauf  sich 
aus  demselben  3  Unzen  Eiter  entleerten.  Die  Abscesssymptome  bestanden  in  einer  voll- 
ständigen Lähmung  des  gleichseitigen  Oculomotorius.  Parese  des  gekreuzten 
Facialis  und  der  gekreuzten  oberen  Extremität,  ohne  Sensibilitätsstörung.  Dieser  Fall  ging 
in  Heilung  über,  während  der  folgende,  ebenfalls  von  Macewen  i774)  operirte  5.  Fall  mit 
Ahscess  im  linken  Schläfenlappen  tödtlich  endete.  Aphasie,  Lähmung  des  linken 
Oculomotorius,  des  rechten  Armes  und  der  rechten  Gesichtshälfte  waren  die  in  vivo 
heobachteten  Herdsymptome. 

6.  Watson  Cheyne  (775)  trepanierte  bei  einem  26jährigen  Manne  über  der 
linken  Schläfengegend,  nachdem  derselbe  nach  langer  linksseitiger  Ohreiterung  plötzlich 
mit  Schmerzen  in  der  Schläfe ,  Frost ,  Erbrechen ,  Delirien  und  Pulsverlangsamung 
erkrankt  war.  Obwohl  sich  bei  der  Incision  stinkender  Eiter  entteeii  hatte,  trat  keine 
Besserung,  sondern  Paraphasie,  Paragraphie,  rechtsseitige  Hemianopsie,  beginnende  Stauungs- 
papiUe,  vorübergehende  linksseitige  Ptosis  und  rechtsseitige  Parese  der  Extremi- 
täten ein. 

Beim  Wiedereinführen  eines  Drainrohres  wurde  zufällig  ein  zweiter  Abscess  eröffnet, 
worauf  Heilung  eintrat. 

7.  Wir  beobachteten  1893  folgenden  Fall  (787).  Ein  20jähriges  an  rechtsseitigem 
Ohrenfluss  leidendes  Mädchen  erkrankte  mit  schweren  allgemeinen  Cerebralsymptomen.  Bei  der 
Untersuchung  wurde  eine  rechtsseitige  Ptosis  incompleta,  Neuritis  opt.,  Erweiterung  und 
Reaktionslosigkeit  der  rechten  Pupille  konstatirt.  Die  Diagnose  auf  Abscess  im  rechten  Schläfen- 
lappen erwies  sich  in  Folge  der  von  Herrn  Dr.  Wiesinger  gemachten  Trepanation  und 
Entleerung  des  Abscesses  als  zutreffend.  Das  Mädchen  verliess  geheilt  das  Hospital,  starb 
jedoch  nach  V«  Jahr  an  einem,  wie  die  Sektion  ergab,  zweiten  in  der  Nähe  des  ersten 
befindlichen  Abscesse,  der  in  die  Seitenventrikel  durchgebrochen  war. 

8.  Glynn  (788)  sah  beiderseitige  Neuritis  opt,  vorübergehende  linksseitige 
Ptosis,  schwere  Beweglichkeit  des  linken  Auges  mit  Doppeltsehen,  linksseitige  Miosis, 
Atrophia  n.  opt.  in  einem  Falle,  bei  welchem  die  Autopsie  einen  cirkum Skripten  Abscess  im 
Bereiche  des  vorderen  Theils  der  ersten  Schlaf enwin düng,  nach  innen  und  unten  bis  gegen 
die  Basis  hin  reichend,  erkennen  Hess. 

9.  Reinhard  und  Ludewig  (789;  berichten  über  eine  seit  Jahren  bestehende  doppel- 
seitige Ohreiterung  bei  einem  12jährigen  Knaben,  die  nach  beiderseitiger  Eröffnung  des 
Antrum  mastoideum  und  Entfernung  des  daselbst  befindlichen  stinkenden  Eiters  sehr 
wesentlich  gebessert  wurde.    Darauf  bekam  er  jedoch  durch  den  Wurf  eines  Spielkameraden 


B82  Die  Ptosis  beim  GehirnabscesB. 

mittelst  eines  Pantoffels  eine  Wunde  über  dem  rechten  Os  parietale,  welche  gen&ht  wnrdt 
und  per  primam  heilte. 

Am  4.  Tage  nach  diesem  Trauma  stieg  die  bisher  stets  normal  gebliebene  Tempentu 
auf  40  ^  und  es  trat  2  Tage  später  der  erste  Schüttelfrost  auf.  Darauf  entwickelten  sich 
unter  pyämischcm  Fieber  Hirndrucksymptome :  doppelseitige  Stauungspapille  und  s«br 
heftige  Kopf-  und  Augenschmerzen,  besonders  an  der  rechten  Seite.  Ganz  plötzlich  trat 
dann  eine  rechtsseitige  Ptosis,  Mydriasis  und  Lähmung  des  Hect.  intern,  auf.  [Vr 
Gang  war  taumelnd,  das  Sensorium  frei.  Obwohl  ein  subduraler  Abscess  hinter  dtm 
rechten  Ohr  eröffnet  worden  war,  blieben  die  Lähmungserscheioungen  des  rechten  Ocolomo- 
torius  dieselben.  Später  entwickelte  sich  rechts  totale  Blindheit  und  links  Hemianopsie. 
Nach  etwa  Vh  Monaten  trat  der  Exitus  ein. 

Bei  der  Sektion  fand  sich  im  rechten  Schläfenlappen  ein  gänseeigrosser  Abscess  mit 
grünem,  dickem,  flockigem  Eiter.  An  der  Basis  des  Gehirns,  entsprechend  der  hintereii 
Partie  des  Abscesses.  war  die  Pia  rauh  und  verdickt  Am  Chiasma  n.  opt.  zeigte  sich  der 
rechte  Nerv  auf  dem  Durchschnitt  kleiner,  platter  und  weniger  blutreich  als  der  lioke. 
Ueber  den  Oculomotorius  ist  leider  nichts  bemerkt. 

10.  Moos  (790)  beobachtete  bei  einem  9jährigen  Knaben,  der  nach  den  Masern  eine 
eiteiigo  Otitis  media  bekam,  eine  cirkum^tkripte  Meningitis  über  dem  Felsenbein,  und  eioe 
Abscessbildung  im  Stirn-  und  Schläfenlappen.  Aus  der  Krankengeschichte  bemerken  wir. 
dass  das  linke  obere  Augenlid  gelähmt,  und  die  linke  Pupille  viel  grösser  war  a)s 
die  rechte.  Die  ganze  linke  Gesichtshälfte  erschien  schlaffer  als  die  der  rechten  Seite. 
Kurz  vor  dem  Tode  verschwand  die  Ptosis  und  Mydriasis. 

Bei  der  Sektion  erwiesen  sich  die  Nerven  an  der  Gehirnbasis  nicht  lädirt. 

Unter  den  mitgetheilten  10  Fällen  von  Abscess  im  Schlaf enlappen  sehen 
wir  die  Ptosis  isolirt  auftreten  in  5  Fällen  (Kretschmann,  Cireen- 
.field,  Watson  Cheyne  (vorübergehend),'  Saenger-Wiesinger,  Moos 
(vorübergehend);  wobei  dieselbe  in  2  Fällen  vorübergehend  sich  eingestellt 
hatte.  Bei  allen  diesen  Beobachtungen  war  die  gleichseitige  Pupille  weiter 
als  auf  der  anderen  Seite,  ausser  im  Falle  Kretschmann,  bei  welchem 
die  Pupillen  auf  beiden  Seiten  weit  waren  und  träge  reagirten. 

In  den  übrigen  5  Fällen  erschienen  noch  andere  vom  Oculomotorius 
innervirte  Muskeln  mitgelähmt. 

Im  Falle  Wege  1er,  Rect.  sup.,  Rect.  int.  und  Mydriasis. 

Im  Falle  (ilynn,  Schwerbeweglichkeit  des  linken  Auges  und  Myosis. 

Im  Falle  Reinhard  und  Lud  ewig,  Mydriasis,  Lähmung  des  Rect.  int. 

Im  Falle  Macewen  vollständige  Oculomotoriuslähmung. 

Im  Falle  Macewen  vollständige  Oculomotoriuslähmung. 

Diese  Zusammenstellung  liefert  uns  das  ausserordentlich  wichtige  Resultat, 
dass  wir  unter  Umständen  in  dem  Auftreten  einer  Ptosis  von  allen  dia- 
gnostischen Zweifeln  betreffs  des  fraglichen  Sitzes  eines  üirnabscesses  befreit 
werden  und  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  einen  Abscess  auch  in  solchen  Hirn- 
gebieten diagnostiziren  können,  die  sich,  wie  der  rechte  Schläfenlappen,  nicht 
durch  direkte  Herdsymptome  manifestiren. 

Auf  Grund  der  mitgetheilten  10  Fälle  möchten  wir  sowohl  der  Ansicht 
WcM'nicke's  (776),  dass  die  Nervenstämme  der  Basis  beim  Hirnabscesse  nie 
betheiligt  wären,  wie  der  Meinung  Koch's  (777)  entgegentreten,  welcher 
behauptet:  «Das  Kerngebiet  des  Oculomotorius  und  Abducens  sei  das 
(jrenzgebiet  für  den  Wirkungskreis  des  Temporal-  und  des  Kleinhimabscesses. 


Tafel   1. 


CotyuncÜTalBJiflE 

O».  male 

lleetuA  int«jftitiH 

N.  opt  i.  d,  N.  d,  Atigftpf. 

BeetiLH  exboriiue 

Nerv,  opt,  Iteim,  Eintritt 
in  die  OrbitaLhcihlQ 

K^ilbeiokurper 

ProcesHaa  cUnoid.  aut, 

C&Fotis  tuteriiai 

GlaudülA  pituJtariA 


Austritt  dcfl  Trigera.  a, 
d.  Pons. 

Austr.d.  VfLii.  VliLN. 

halbmondfQrmig  CnnSJo 

AntrutD  Bi&MtoiiL  mit 

Kuppelray  m  derP^ukGri- 
höhle. 


KleinhJmbfttnlipliariQ 


Fig.  75. 

SchräjTschnitt  durch  die  3  Sohäde]gruben ,  von  oben  gesehen.  Vom  Frontallappen  nor  nne 
Orbitiilwindungen  übrig.  Auf  der  linken  Seite  sieht  man  die  Verbindang  des  Antrums  mii 
Mittolohr,  auf  der  rechton  dns  absteigende  Hörn  dw  Seiten  Ventrikels,  sowie  die  Lage  d»  N 
ocnlomotorius  zwischen  dein  TeinporoMphenoidallappen  und  dem  Processus  clinoid.  posier. 
La«;o  der  Carotis  zum  Sinu.s  c^vernosuH  ist  am  Schema  deutlicher  als  anf  der  I^oCngnipli 


Nach  Macewen,  Atlas  of  Hei 


hlg.  76, 


ames  MacLehose  and  Sone. 


i 


Die  Ptosis  beim  Gehirnabscess.  383 

Während  jedoch  ersterer  sehr  häufig  auf  den  Oculomotorius  einwirke  und 
dort  nehen  den  l'entren  für  den  Sphincter  iridis  vorzugsweise  den  nach  vorne 
gelegenen  Kern  für  den  M.  levator  palpebrae  treffe,  erreiche  letzterer  nur 
selten  noch  den  Oculomotoriuskern  und  schädige  abgesehen  von  den  höchst 
empfindlichen  Centren  des  Sphincters,  vorzugsweise  die  hinteren  Kerne  einzelner 
Augenmuskeln." 

Nach  unserer  Ansicht  handelt  es  sich  gar  nicht  um  eine  nucleare, 
sondern  um  eine  periphere  Affektion  des  Oculomotorius. 

Im  Hinblick  auf  die  eingehenden  Betrachtungen  über  die  isolirte 
Ptosis  bei  der  cerebralen  Syphilis  (pag.  339),  halten  wir  es  aus  Analogie- 
gründen für  überflüssig,  nochmals  zu  betonen,  dass  auch  bei  peripheren  Ocu- 
lomotoriusaffektionen  klinisch  nur  ein  einziger  Muskel  gelähmt  erscheinen 
kann.  Da  nun  im  Schläfenlappen  die  Abscesse  mit  Vorliebe  den  unteren 
Bezirk  einnehmen,  so  liegt  die  Erklärung  auf  der  Hand,  dass  der  durch  den 
Abscess  vergrösserte  Schläfenlappen  auch  eine  je  nach  der  Grösse  und  dem 
Sitze  dieses  Abscesses  verschiedenartige  Kompression  auf  den  seitlich  liegenden 
Oculomotoriusstamm  ausübt. 

Macewen  (778)  ist  ebenfalls  unserer  Ansicht  und  hebt  als  beweisend 
hervor,  dass  Gefrierschnitte  durch  den  Kopf  die  topographischen  Beziehungen 
des  Oculomotorius  zum  Schläfenlappen  veranschaulichen,  auf  Grund  deren 
bei  entzündlicher  Anschwellung  dieser  Hirnpartie  ein  Druck  auf  den  erwähnten 
Nerven  zu  Stande  kommen   kann  (siehe  Abbild.  Fig.  75  u.  76  auf  Taf.  I/H.) 

Körner  (779)  gelangt  auf  Grund  seiner  klinischen  Erfahrungen  auch 
zur  Annahme  einer  peripheren  Oculomotoriusaffektion  bei  dem  Schläfen- 
lap}>enabscesse,  obwohl  er  sich  der  Annahme  der  Neurologen  und  Ophthalmo- 
logen bewusst  sei,  dass  eine  partielle  Oculomotoriuslähmung  nuclearer  Natur 
sein  müsse. 

Das  Auftreten  und  Wiederverschwinden  der  Ptosis,  wie  im  Falle 
Watson  Cheyne  und  Moos  ist  eine  Erscheinung,  die  sich  mit  wechselnden 
Druckverhältnissen  sehr  leicht  in  Einklang  bringen  lässt. 

Dass  ferner  der  im  Volumen  vergrösserte  Schläfenlappen  eine  Komi)ression 
auf  benachbarte  (iebilde  ausüben  kann,  ersehen  wir  auch  aus  dem  Falle 
Sachs  (pag.  376),  bei  dem  es  in  Folge  einer  hämorrhagischen  Cyste  im 
linken  Temporo-sphenoidallappc^n  zu  einer  Kompression  des  linken  Hirnschenkels 
gekommen  war,  ähnlich  wie  im  Falle  Marotte  (pag.  376)  in  Folge  einer 
Erweichung. 

Differentiell-diagnostisch  interessante  Gesichtspunkte  ergeben  sich,  wenn 
der  Abscess  in  das  Marklager  des  Schläfenlappens  dringt,  da  sich  dann  auch 
häufig  Hemiparese  der  kontralateralen  Seite  einstellt;  wie  in  den 
beiden  oben  mitgetheilten  Beobachtungen  von  Macewen  und  in  dem  dritten 
von  Watson  Cheyne. 

Wir  begegnen  hier  dem  von  uns  bei  den  Gehimhämorrhagien  besprochenen 
Syndrome  de  Weber  wieder,  das  aber  in  den  vorhegenden  Fällen  nicht  auf 
einen  Herd   im  Himschenkel,   sondern   auf  Drucksymptome  von   seiten   des 


384 


Die  Ptosis  beim  Qehimabseess. 


Schläfenlappens  auf  den  letzteren  oder  auf  den  Oculomotoriusstamm  zu  be- 
ziehen ist.  Auf  diesen  Punkt  war  unseres  Erachtens  zu  wenig  in  des  Denro- 
logischen  Lehr-  und  Handbüchern  hingewiesen  worden.  Darum  wollen  vir 
uns  im  Hinblicke  auf  die  eine  präcise  Angabe  fordernde  Hirnchirurgie,  an  der 
Hand  des  Macewen'schen  Schemas  (Fig.  77)  etwas  eingehender  mit  dieser 
Erscheinung  beschäftigen. 


6\  a 


Fig.  77. 

Schematische  Zeichnung,  welche  die  Reihenfolge  der  Lähmungen  veranschaulicht,  die  durch  ein« 
Abscess  im  Temporo-sphenoidallappen  verursacht   werden. 
F,  Rindenfeld  des  N.  facialis. 

A,  .\fotorisches  Rinden fold  für  die  obere  Extremität 
L,  Motorisches  Rindenfeld  für  die  untere  Extremität. 
111,  Leitungsbahn  des  N.  facialis. 

2  2  2,  I^itungsbahn  für  die  obere  Extremität. 

3  3  3,  Leitungsbahn  für  die  untere  Extremität. 

Die  gcnannU'U  F^itungsbahnen  verlaufen  von  der  Hirnrinde  durch  J.  C,  Capsula  interna  und 
C.  C,  Crus  cerebri,  nach  der  gegenüber  liegenden  Seite  des  Rückenmarks,  S.  C. 
S  8.,  Sensible  Bahn. 
T  O.,  Thalamus  opticus. 
N.  L.,  Nucleus  lentiformis. 
N.  C,  Nucleus  caudatus. 
E.  C,  Capsula  externa. 
M.  O.,  Medulla  oblongata. 
T.  S..  Temporo-sphenoidallappen. 


Ein  Abscess  im  Schläfenlappeu  ist  meist  dann  zu  diagnostiren,  wenn 
neben  einer  Ptosis  und  Mydriasis  eine  kontra  laterale  Lähmung 
in  der  Weise  auftritt,  dass  zuerst  der  Mundfacialis ,  dann  der  Arm  und 
schliesslich  das  Bein,  oder  auch  dieses  gar  nicht,  betroffen  wird.  Eine 
derartige  Symptomenfolge  spricht  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit,  wie  auch 
Macewen  hervorhebt  (778  pag.  155),  für  eine  von  unten  nach  oben  sich 
geltend    machende    Fernwirkung    des   Abscesses    auf    das    Rindengebiet  der 


Die  Ptosis  beim  Gebirnabscess.  385 

CJentral Windungen.  Wird  aber  zuerst  das  Bein,  dann  Arm,  und  schliesslich 
der  Facialis  gelähmt,  so  dürfte  es  sich  hier  und  namentlich  dann,  wenn  zu- 
gleich eine  Störung  der  Sensibilität  nachzuweisen  ist,  entweder  um  eine  Fem- 
wirkung  auf  die  innere  Kapsel  resp.  den  Himschenkel  oder,  als  ein  direktes 
Herdsymptom,  um  einen  Abscess  des  Letzteren  selbst  handeln.  Ein  Abscess 
im  Grosshimschenkel  ist  aber  eine  so  seltene  Erscheinung,  dass  die  erst 
erwähnte  Eventualität  vor  allem  in  das  Bereich  der  Erwägungen  gezogen 
werden  sollte. 

In  zweiter  Linie  wäre  als  häufiger  Sitz  der  Gehirnabscesse  und  nament- 
lich der  von  einer  Otitis  abhängigen  das  Cerebellum  hier  anzuführen. 
Dieselben  verlaufen  sehr  häufig  latent,  oder  äussern  sich  nur  durch  allgemeine, 
einem  jeden  Gehirnabscesse  zukommende  Erscheinungen. 

In  seltenen  Fällen  kommt  es  zu  indirekten  Herdsymptomen,  unter  denen 
auch  selten  einmal  eine  Ptosis  beobachtet  wird,  wie  in  dem  Falle  von 
Ray  er  (780). 

Eine  48jähnge  Frau  litt  seit  8  Monaten  an  beständigem  Kopfschmerz,  Betäubung 
und  Schwindel.  Die  Sprache  war  erschwert;  es  bestand  Ptosis  und  Verschluss  der  Augen 
wie  bei  Photophobie.  Die  Pupillen  waren  erweitert  und  unbeweglich.  Die  Sektion  ergab 
in  der  rechten  Kleinhimhemisphäre  eine  mit  Eiter  gefüllte  Kohle. 

Mader  (781)  beobachtete  eine  leichte  Ptosis  (?)  bei  einem  eigrossen  Abscess  im 
Centrnm  der  linken  Kleinhimhemisphäre. 

Moos  und  Steinbrügge  (782)  sahen  gekreuzte  Ptosis  und  Mydriasis  bei  einem 
Kleinhimabscess,  der  bis  zum  Wurm  ging. 

Bei  der  in  praxi  am  häufigsten  vorkommenden  Differentialdiagnose  zwischen  Abscess 
im  Schläfenlappen  oder  in  dem  Cerebellum  dürfte  eine  vorhandene  Ptosis  doch  mehr  zu 
Gnosten  des  Schläfenlappens  sprechen. 

Im  Scheitellappen  beobachtete  von  Pfungen  (788)  einen  Gehirn- Abscess  mit 
Hydrocephalus ,  Abflachung  der  Brücke  und  Yerklebung  der  Fossa  Sylvii.  Die  klinischen 
Symptome  bestanden  in  einer  doppelseitigen  Ptosis,  beiderseitigen  Trochlearislähmung, 
linksseitiger  Hemiplegie  incl.  Facialis-  und  Pupillendifferenz.     (L.  Pupille  ^  r.) 

Im  linken  Centrum  ovale  konstatirte  Pitres  (784)  einen  Abscess,  der  sich  von 
der  Mitte  der  hinteren  Centralwindung  bis  zu  den  Occipitalwiodungen  erstreckte.  Oben 
erreichte  er  die  graue  Substanz,  nach  unten  grenzte  er  an  den  Seiten  Ventrikel.  Der  Pedun- 
culns  cerebri  war  intakt,  dagegen  der  linke  Oculomotorius  etwas  angeschwollen 
and  weich. 

Bei  der  22jährigen  Frau  war  neben  einer  rechtsseitigen  Hemiplegie  ohne  Aphasie, 
eine  Lähmung  des  linken  Oculomotorius  beobachtet  worden. 

Im  Pons  und  der  Medulla  oblongata  werden  nur  selten  Abscesse 
beobachtet.  In  der  Litteratur  fanden  wir  nur  folgenden  von  d'Espine  (785) 
herrührenden  Fall,  der  das  uns  hier  interessirende  Symptom  dargeboten  hat. 

Ein  24jähriger  Mann  erkrankte  nach  einer  Erhitzung  mit  den  Erscheinungen  einer 
Lungentuberkulose  und  mit  linksseitigem  Kopfschmerz.  Unter  Schwindel  und  Erbrechen 
trat  nach  6  Tagen  eine  linksseitige  Hemiparese  ein  mit  Hemianästhesie ,  hierauf  doppel- 
seitige Abducens-  und  linksseitige  Intern uslähmung.  Weiterhin  entwickelte  sich  eine  links- 
seitige leichte  Ptosis,  rechtsseitige  Facialisparese ,  linksseitige  Taubheit  und  doppel- 
seitige Aufhebung  des  Geschmacks. 

Bei  der  Sektion  fand  man  einen  Tuberkelbacillen  enthaltenden  Abscess,  welcher 
die  rechte  und  vordere  Hälfte  der  Brücke  und  besonders  die  obere  und  seitliche  Partie 
derselben  einnahm. 


386  Die  Ptosis  beim  Gehirnabscess. 

Zum  Schluss  möge  noch  eines  von  Thiel  (786)  beschriebenen  Falles 
von  vollständiger  Ophthalmoplegie  bei  einem  an  der  Schädelbasis  gelegen« 
und  eröflfneten  Abscesse  gedacht  werden,  bei  welchem  jedoch  kein  S^ktiom- 
befund  erhoben  worden  war. 

Da  wir  auf  die  Differentialdiagnostik  schon  bei  Besprechung  der  SchläfcD-    j 
lappenabscesse  eingegangen  sind,  so  verweisen  wir  in  Bezug  auf  die  oft  ausser- 
ordentlich schwierige  Unterscheidung  zwischen  Himabscess,   Sinasthrombose. 
und  namentlich  der  Meningitis  auf  die  folgenden  Kapitel. 


9.  Die  Ptosis  bei  basalen  Erkrankungen,     i. 

Die  hier  in  Betracht  kommenden  Krankheiten  erstrecken  sich  auf  die 
Alteration  des  Nervus  oculomotorius : 

a)  bei  basalen  Tumoren  inklusive  Aneurysmen,  Exostosen,  GummikDoten 
und  solitären  Tuberkeln ; 

b)  bei  Entzündung  der  Gehirnhäute  (Leptomeningitis) : 

c)  bei  Schädelbasisfrakturen; 

d)  bei  Sinusthrombose. 

a)  Die  Ptosis  bei  basalen  Tumoren  wird  in  dem  Kapitel  über  die 
Ptosis  bei  den  Tumoren  überhaupt  abgehandelt  werden. 

ß)  Die  Ptosis  bei  der  Entzündung  der  Gehimhfiute. 

Unter  den  chronischen  Meningitiden  hatten  wir  bereits  die  basale 
gummöse  Meningitis  in  dem  Kapitel  über  die  Ptosis  bei  der  Syphilis 
eingehender  abgehandelt.  Die  Meningitis  nach  Schädelbasisfrakturen  werden 
wir  in  dem  Kapitel  über  die  Ptosis  nach  Traumen  besprechen,  den  seltenen 
Formen  chronischer  tuberkulöser  Meningitis  mit  Levatorlähmung  werden 
wir  in  der  Beschreibung  der  Ptosis  bei  der  tuberkulösen  Meningitis  wieder 
begegnen. 

Die  akuten  Entzündungen  der  Gehirnhäute  beziehen  sich 

a)  auf  die  Meningitis  cerebrospinalis  epidemica.  Das  Vor- 
kommen von  Ptosis  bei  derselben  ist  bereits  pag.  256  §  99  abgehandelt. 
In  dem  Kapitel  über  die  Ptosis  bei  der  tuberkulösen  Meningitis  werden  vir 
noch  einige  Zusätze  dazu  zu  machen  haben; 

ß)  die  Ptosis  bei  Meningitis  tuberculosa; 

y)  die  Ptosis  bei  der  eiterigen  Meningitis. 

y)  Die  Ptosis  bei  der  Meningitis  tuberculosa. 

Die  tuberkulöse  Meningitis  ist  fast  immer  sekundärer  Natur  und  ab- 
hängig von  einem  tuberkulösen  Herde,  der  bis  zum  Ausbruch  der  Gehim- 
affektion  entweder  latent,  oder  diagnostizirt  im  Organismus  vorhanden  gewesen 
war.     Werden   aus  dem  primär  tuberkulös  afiizirten  Organe   (meist  Lungen 


Die  Ptosis  bei  der  taberkulösen  MeniDgitis.  387 

oder  Lymphdrüsen)  Tuberkelbacillen  durch  den  Lymph-  oder  Blutstrom  fort- 
gespült,  so  äussern  sich  die  Folgeerscheinungen  am  Gehirn  in  einer  Aussaat 
kleiner  miliarer  Tuberkel  (Tuberculosis  meningum),  oder  in  einer  Ent- 
zündung der  weichen  Häute:  Meningitis  tuberculosa,  wobei  das  Exsudat 
nicht  im  direkten  Verhältniss  zur  Anzahl  der  dabei  zur  Entwickelung  ge- 
kommenen Tuberkelbildung  zu  stehen  braucht. 

Das  Exsudat  umgiebt  bei  letzterer  Aifektion  die  Nervenstämme  an  der 
Basis  und  ruft  Entzündungen  und  Blutungen  in  denselben  hervor;  oder  es 
entstehen  Hämorrhagien,  Erweichungen  und  encephalitische  Prozesse  im  Wurzel- 
iind  Kemgebiet  des  Oculomotorius  und  stören  die  Funktion.  Es  können  aber 
auch  die  Tuberkelbacillen  an  irgend  einen  Ort  der  Himoberfläche  gelangen, 
woselbst  sie  zur  Entwickelung  einer  cirkumskripten  tuberkulösen 
Meningitis  Veranlassung  geben;  oder  es  entwickelt  sich  ein  solitärer 
Tuberkel,   welcher  nach  Art  der  Tumoren  seine  deletäre  Einwirkung  ausübt. 

Endlich  gesellt  sich  zur  Mannigfaltigkeit  dieser  Faktoren  noch  die 
Steigerung  des  intrakraniellen  Druckes  durch  den  Hydrocephalus  acutus, 
welcher  oft  hohe  Grade  erreicht,  und  durch  das  Exsudat,  welches  die  Nerven- 
stämme an  der  Basis  umspült. 

§  183.  BezügUch  der  Häufigkeit  des  Vorkommens  von  Ptosis  und  Augen- 
muskellähmungen bei  der  tuberkulösen  Meningitis  traten  nach  einer  Zusammen- 
stellung aus  54  Fällen  mit  Sektionsbefund  (aus  den  4  letzten  Beobachtungs- 
jahren im  alten  allgemeinen  Krankenhause  zu  Hamburg)  folgende  Daten 
zu  Tage: 

In  19  Fällen  waren  überhaupt  Störungen  an  der  Augenmuskulatur  vor- 
handen. 

In  14  Fällen  wurde  Ptosis  gefunden  und  zwar  8 mal  einseitig,  6 mal 
doppelseitig,   darunter  10 mal  Ptosis   mit  Störungen  der  Bulbusmuskulatur. 

In  34  Fällen  bestanden  Veränderungen  an  den  Pupillen,  sei  es  bezüglich 
der  Weite  derselben,  sei  es  bezüglich  der  Reaktion  auf  Licht. 

In  24  Fällen  waren  ophthalmoskopische  Veränderungen  zu  konstatiren 
und  zwar  in  14  Fällen  ophthalmoskopisch  nachweisbare  Chorioidealtuberkel, 
in  14  Fällen  starke  Röthung  der  Papillen  bis  Neuritis  optica.  In  4  Fällen 
wurden  Chorioidealtuberkel  neben  Neuritis  optica  resp.  Hyperämie  der  Papillen 
gefunden. 

In  4  Fällen  bestand  starke  Conjunctivitis. 

In  1  Falle  Lidschwellung. 

Unter  67  Fällen  der  Seitz' sehen  (801)  Zusammenstellungen  zeigten  sich: 


die  Pupillen  gleich  in 

ungleich  ^ 
die  Bulbusbewegungen  normal  ,, 
Nystagmus 

Intemuslähmung  ^ 
Abducenslähmung 

Wilbrand-Saenger,  Neurologie  des  Auges.    I.  Bd.  II.  Abtheilung.  26 


52  Beobachtungen 

42 

30 

2 

6 


388  Die  Ptosis  bei  der  taberkulösen  Meningitis. 


Trochlearislähmung  in 


1  Beobachtungen 


Oculomotoriuslähmung  ^      .     .       7  ^ 

unklare  Augenmuskellähmungen  ^      .     .     14  ^ 

Lider  normal  ^      .     .     13  ^ 

Orbicularisparese  ^     .     .       7 

Ptosis  ^      .     .     18  ^ 

§  184.  Wie  bei  der  tuberkulösen  Meningitis  die  Lähmungen  überiuapi 
meist  später  und  nur  allmählich  sich  entwickeln  und  häufig  auf  einer  leichteren 
Stufe  stehen  bleiben,  so  sehen  wir  auch  bei  den  paretischen  Zuständen  des 
Oculomotorius  oft  ein  Lid  kaum  merkbar  tiefer  stehen,  als  das  andere,  oder 
es  geht  dasselbe  beim  Augenaufschlag  etwas  langsamer  und  weniger  weit  in 
die  Höhe,  bis  dann  allmählich,  von  Tag  zu  Tag  etwas  stärker  werdend,  die 
Ptosis  deutlich  zu  Tage  tritt.  Daneben  kann  das  Oberlid  des  anderen  Auges 
völlig  normal  bleiben.  Wegen  dieses  leichten  Grades  der  Parese,  und  weil 
die  psychische  Störung  durch  Aufhebimg  der  Willensthätigkeit  Lähmungen 
vortäuscht,  so  ist  die  Erkennung  der  Paralysen  oft  beträchtlich  erschwert 
(Seitz),  und  häufig  legen  die  Krankengeschichten  davon  Zeugniss  ab,  wie 
das  Urtheil  in  der  Annahme  oder  Verwerfung  einer  Lähmung  hin  und  her- 
geschwankt hatte. 

Daher  stehen  wir  auch  bezüglich  des  Vorkommens  der  doppelseitigen 
Ptosis  bei  dieser  Krankheit  häufig  vor  der  Frage,  ob  hier  wirklich  Ptosis, 
oder  jener  lähmungsartige  Zustand  vorliege,  den  wir  so  häufig  bei  somno- 
lenten,  mit  halbgeöffneten  Augen  daliegenden  Patienten  beobachten.  Uns 
schien  in  derartigen  Fällen  eine  auffallende  Schlaffheit  der  Lider  für  eine 
Ptosis  zu  stimmen. 

Am  häufigsten  ist  die  Ptosis  mit  anderen  Lähmungen  z.  B.  mit 
Pupillenveränderungen,  Augenmuskelkrämpfen  und  Lähmungen  verknüpft. 
Selten  tritt  dieselbe  resp.  die  Oculomotoriuslähmung  hier  plötzlich 
auf,  wie  in  einer  von  Seitz  (1.  c.  Fall  40)  beschriebenen  Beobachtung. 

Hier  hatte  sich  eine  komplete  rechtsseitige  Oculoinotoriaslähmang  alsEin- 
leitung  der  Krankheit  plötzlich  während  des  besten  Wohlbefindens  des  Pattenten  ein- 
gestellt. Die  Ptosis  war  eine  komplete  und  völlig  schlaffe.  Bei  seiner  Aufnahme  ins 
Krankenhaas  war  neben  dieser  vollständigen  Oculomotoriaslähmang  sonst  gar  keine  Störung 
des  Nervenapparates  bemerkbar.  Bei  der  acht  Tage  darauf  erfolgenden  Sektion  zeigte  neh 
der  rechte  Pedunculus  cerebri  aussen  hämorrhagisch  verfärbt  und  auf  der  Schnittflicke 
grösstentheils ,  besonders  an  der  Peripherie  von  dicht  neben  einander  liegenden  kapiUlren 
Extravasaten  durchsetzt  und  erweicht.  Der  rechte  Nerv,  oculomotorius  war  von  aaflEnlleod 
brüchiger,  der  linke  von  normaler  Konsistenz. 

In  diesem  Falle  begann  also  die  Krankheit  überhaupt  mit  Oculomotoriuslihmang. 
lu  dem  von  Dalichow  (1.  c.  pag.  351)  beschriebeoen  Falle  entwickelte  sich  die  komplete 
einseitige  Oculomotoriuslähmung  aus  einer  Ptosis,  welche  anfänglich  das  alleinige  Symptom 
gebildet  hatte. 

Die  komplete  Levatorlähmung  kommt  bei  der  tuberkulösen  Meningitis 
meist  als  Theilerscheinung  einer  kompleten  Oculomotoriuslähmung  vor;  als 
isolirt  für  sich  allein  bestehendes  Symptom  ist  sie  selten.  Meist  beobachten 
wir  leichte  oder  mittlere  Grade  von  Levatorparese  bei  dieser  Krankheit.   Hie 


and  da  ist  auch  einmal  von  einem  vorübergehenden  Krampf  des  Levator 
die  Rede. 

§  18Ö.  Wenn  wir  auch  im  Allgememen  die  Ptosis  und  anderweitige 
Läbmungszustände  der  Augenmuskeln  meist  dann  bei  der  tuberkulösen  Meningitis 
beobachten,  wenn,  wie  dies  ja  meistens  der  Fall  zu  sem  pHegt,  die  Entzündung 
an  ihrem  Lieblingssitze  in  den  Maschen  des  Piagewebes  zwischen  t'hiasma, 
Pons  und  dem  Anfangstheile  der  Fossa  Sylvii  sich  etablirt  hat,  so  sehen  wir 
doch  ebentso  oft  den  Nervus  oculomotorius  durch  Blutungen,  Erweich- 
nngen  und  encephalitische  Prozesse  im  Bereiche  seines  Wurzel- 
und  Kerngebietes  bedrängt  und  lädirt. 

An  der  Basis  sind  ähnlich  wie  bei  der  basalen  gummösen  Meningitis 
die  Nennen,  vor  allem  das  Chiasma  und  die  Oculomotorii,  mit  einer  sulzig- 
gallertigen,  von  Tuberkeln  durchsetzten  Masse  eingehüllt,  welch©  weniger 
durch  Druck  den  Ner\^cn  alterirt.  ak  durch  Blutungen  nach  Thrombosen  der 
kleinen  von  der  l*ia  stammenden  Ernährungsgefässe ,  durch  hochgradige 
Kapillarektasien  und  durch  das  Hineinkriechen  der  Entzündung  in  den  Ocu- 
lomotoriusstamm.  Auch  tritt  zu  einem  vorhandenen  Sulitärtuberkel  zuweilen 
eine  tuberkulöse  Meningitis  akut  hinzu  und  fügt  dann  zu  den  Erscheinungen 
des  Hirntnmors  die  Sj^mptome  der  tuberkulösen  Meningitis. 

So  deraoDstrirte  Mendel  (795)  das  Gehirn  eines  5 jährigen  Knaben,  welcher  zuerst 
die  Erscheinungen  einer  linksseitigen  Oculomotorius-  und  einer  rechtsseitigen 
Füciaiis-  und  Extreniitäfcenlähmung  dargeboten  hatte*  Später  trat  noch  eine  rechtsaeitigo 
Parese  des  Nervus  oculomotorius  auf:  Ophthalmoskopisch  bestanden  keine  Ver- 
inderungen.  Die  Autopsie  zeigte  einen  Tuberkel  mit  seiner  Spitze  gegen  den  Pons,  mit 
seiner  breiten  Umndlage  nach  vorn  gegen  den  Thalamus  opticng  gerichtet.  Zerstört  er- 
schienen die  Haube  des  linken  Hirnschenkels,  der  rothe  Haubenkem,  die  Bindearme;  wenig 
▼erletzt  die  Region  der  Schleife.  Als  Ursache  der  rechten  Oculomotoriuslähmung  zeigte 
sich  eine  circumscripte  tuberkulöse  Meningitis  in  dem  intrapedunkulären  Räume. 

In  der  Beobachtung  von  Sftchs  (796)  bekam  ein  dreijühnges  Kind  doppelseitige 
Ptosis  und  Lähmung  nOer  Bewegungsmuskeln  des  Bulhus.  Es  traten  Konvulsionen, 
tuainelnder  Gang  und  Erblindung  auf.  Die  Sektion  zeigte  einen  solitären  Tuberkel  m  der 
rechten  Kleinhirnbülfte  und  den  Corpora  quadrigemina,   sowie  eine  tuberkulöse  Menrngitis. 

Bei  makroskopischer  Untersuchung  lassen  die  Hirnnervenstämine  in 
weitaus  den  meisten  Fällen  nichts  Abnormes  erkennen,  als  dass  sie  mehr 
weniger  stark  von  den  Entzündungsprodukten  umhüllt  sind  und  leicht  bei  der 
Herausnahme  des  (lehirns  übreissen ;  andere  zeigen  wieder  Verfiirbung,  Ab- 
machung, Schwellung,  Injektion,  Belag,  eiterige  Infiltration  der  Scheide  und 
Blutextra vasate  an  und  in  dem  Nennen  (Seitz). 

So  war  im  Falle  27  der  Beobachtungen  von  Seitz  der  rechte  Oculomotorius  nahe 
der  Eintritt« teile  in  die  Orbitalfissur  in  der  Länge  von  einem  Centimeter  stark  injicirt.,  etwas 
weiter  nach  vorn  leicht  geseh wollen,  von  Jeicht  gelblicher  Farbe,  Der  rechte  Ocnlomo- 
torias,  wie  Abducens  an  einzelnen  Stellen  mit  einem  weichen,  weisagelben,  äusserst  zarten 
BeUge  bedeckt. 

Kahler  (794>  beobachtete  bei  einer  36 jjihrigen  Ft au  eine  vollstlndige  Oculo- 
motoriuslähmung« welche  eine  der  ersten  Erscheinungen  war.  Danebon  bestand  gering© 
Nackensteifiirkeit,  Fieber  von  H8  **.  Kopfschmerzen,  normaler  Augenspiegelbefönd.  Später 
trat  Lähmung  dea  Unken  N.  facialis  hinzu,   und   zeigte   die  Patientin   beim  Aufsitzen   eine 

26^ 


ä 


390  Die  Ptosis  bei  der  tuberkulösen  Meningitis. 

Röthung  des  Gesichts  und  eine  Erweiterung  der  Pupille  ad  mazimiim  links,  welche  K^ 
scheinungen  sich  sofort  verloren,  sobald  sie  wieder  in  die  horizontale  Lage  gebracht  wnrii. 
Die  Diagnose  war  auf  cirkumskripte  basilare  Meningitis  tuberculosa  gestellt  worden.  D« 
rechte  Oculomotorius  zeigt«  sich  gräulich  verfärbt;  an  seinem  centralen  Ende  fandfli 
sich  perivaskuläre  und  selbständige  Herde  kleinzelliger  Infiltration,  die  Spaltrftame  des  Pen- 
und  Endoneuriums  waren  mit  Exsudat  gefüllt,  und  in  ihrer  Umgebung  H&morrhagieii  vai 
kleinzellige  Infiltration  vorhanden.  Am  peripheren  Theile  des  Nerven  waren  die  NerrmfiMn 
degenerirt. 

Bei  einem  Falle  von  Takacs  (805)  mit  Lähmung  des  linken  Facialis  nnd  Ocnk- 
motori  US  zeigte  sich  bei  der  Autopsie  der  Oculomotorius  tief  rot  h,  erweicht  Es  besttad 
eine  tuberkulöse  Meningitis  der  linken  Hemisphäre,  und  wurden  Blutungen  in  den  Pobl 
Thalamus  opticus  und  den  rechten  Gyrus  uncinatus  gefunden. 

Blutungen,  nicht  allein  in  die  Gehirnsubstanz,  sondern  auch  in  des 
Oculomotoriusstamm,  scheinen  bei  der  tuberkulösen  Meningitis  über- 
haupt nicht  selten  zu  sein.  Unter  67  Krankengeschichten  fand  J.  Seitz 
(I.e.)  im  Ganzen  lömal  Blutungen  verzeichnet:  als  ekchymotische  Hyperämie, 
kapilläre  Hämorrhagie,  Sugillation,  Apoplexie,  vereinzelt,  oder,  wie  am  häufig- 
sten mehrfach,  gleichzeitig  mit  oder  ohne  begleitende  Entzündung  und  Exsudat 
mit  oder  ohne  Tuberkel,  in  Eweichungsherde  und  Himtuberkel  hinein,  oder 
frei  ergossen. 

Ihre  Lokalität  hatten  diese  Blutungen  an  allen  möglichen  Stellen,  ein- 
mal in  der  Dura,  dann  in  und  unter  der  Pia,  an  der  Hirnrinde,  dem  Ventrikel- 
ependym,  den  Plexus  chorioidei,  den  Ventrikelwänden,  in  der  Gross-  und 
Kleinhimsubstanz,  auf  den  Vierhügeln,  in  der  Retina,  dem  Pedunculus  cerebri 
in  dem  Abducens  und  dem  Oculomotorius.  Von  ganz  besonderem  Interesse 
sind  hierbei  die  Lähmungen  des  Oculomotorius,  lediglich  bedingt  durch 
eine  einzige  völlig  isolirte  Blutung  in  den  peripheren  Nerven  seiner  Totalität 
nach,  lieber  einen  derartigen  von  Sa  enger  (800)  beobachteten  Fall  wollen 
wir  hier,  als  über  den  Typus  einer  isolirten  Blutung  in  einen  Nenrenstamm. 
etwas  genauer  berichten. 

Bei  einem  31  Jabre  alten  Arbeiter  trat  unter  Fiebererscbeinungen  eine  komplete 
linksseitige  Oculomotoriuslähmung  auf,  zu  der  sich  dann  Somnolenz  hinzogeseUta. 
Bei  der  Sektion  fand  sich  eine  tuberkulöse  Basilar-  nebst  KonvexitätBmeniiigttis,  Hydro- 
cephalus  acutus,  Himödem  und  Blutung  in  den  Stamm  des  linken  Oculo- 
motorius. Derselbe  war  von  seinem  Austritt  aus  dem  G^hirnschenkel  bis  za  seineB 
Eintritt  in  die  Fissura  orbitalis  superior  purpurroth  gefärbt,  mit  weisalicher  feiner  Sprenkdimgi 
und  dabei  gegen  den  rechten,  glänzend  weissen  Oculomotorius  merklich  Todicki 
Dabei  ist  die  Extravasirung  in  den  am  meisten  nach  vorn  gelegenen  Abschnitten  des  peii* 
pheren  Oculomotorius  am  stärksten,  je  näber  dem  Himschenkel,  desto  schwächer  wird  die 
selbe.  Nirgends  ist  der  ganze,  an  zwei  Stellen  keulenförmig  angeschwollene  Neryenqaer 
schnitt  in  gleich  starker  Weise  von  der  Blutung  eingenommen.  In  diesen  kenlenlÖnnigaB 
Anschwellungen ,  die  dem  Nerven querschnitt  die  Figur  einer  8  geben,  finden  sich  je  zwei 
grössere  Extravasate;  an  der  Grenze  dieser  gegen  den  verschmälerten  andern  Pol  des 
Nerven  hin  und  in  der  dazu  gehörigen  Halbscheibe  je  ein  kleiner  hämorrhagischer  Herd. 
Fast  immer  beginnt  derselbe  erst  in  einiger  Entfernung  vom  Rande,  sich  bald  mehr,  btld 
weniger  diesem  nähernd;  der  Raum  zwischen  den  4  Extra vasatcentren  ist  entweder  eben- 
falls Sitz  von  Blutung,  oder  nur  hyperämisch  und  blutig  imbibirt.  Sfimmtiicke  GefiiMe 
sind  höcbstgradig  erweitert  und  in  ausgetretenem  Blut  eingebettet.  Da  die  Nerrea- 
fasern  des  Oculomotorius  mit  zu  denjenigen  gehören,  welche  die  dickste  MarkmaBee 


Die  Ptosis  bei  der  tuberkulösen  Meningitb,  391 

Bitzen«  ©beoBo  wie  ihre  Mürkscheide  von  gi'osaer  Festigkeit  ist,   so  gelang  es  denn  auch 
^endä   der   Gewalt   des  extravasirenden    Blutes,    ditse   zu   zerreissen    und  jene   zu   zer- 

Immem.     Hierin  ist  wohl  allein  die  Ursache  zu  suchen,,  dasa  keine  Apoplexie  zu  Stunde 
sondern  nur  der  stärkste  Grad  von  Infarkt  resultirte.     Im  Pedunculus  war  keine  Spur 
^on  BlutuDg  vorhanden;  dieselbe  hörte  bereits  einige  Millimeter  vor  dem  Himschenkel  im 

culomotoriiii*  völlig  auf,  so  dass  die  Hftniorrhagie  in  der  That  nur  den  penpberischen 
Tlieil  des  Nerven  bis  nahe  vor  seinem  Eintritt  In  die  Augenhöhle  betraf.  Der  Stamm  des 
Oculomotorius  war  dabei  keineswegs  im  Zustande  der  Neuritis. 

Die  Blutung  kam  dadurch  zu  Stande,  dass  die  beiden  grösseren  zu- 
führenden Arterienzweigehen  des  Oculoinotoriusstanimes  frei  geblieben  waren, 
dagegen  eine  Verengerimg  und  Thrombosining  der  abführenden  Venenzweig- 
chen  durch  Unilagerung  der  tuberkulösen  Massen  stattgefunden  hatte.  Die 
Blutung  stellte  sich  demnach  hier  nicht  shocartig  rasch,  sondern  in  stetig 
zunehmender  Stase  ein.  Wären  es  Theile  von  Venennetzen  eines  flachen 
Organs,  dem  diese  aufliegen,  gewesen,  so  hätte  ein  Ausgleich  durch 
die  intakten  Theile  des  Systems  geschehen  können,  oder  es  wäre  an  Ort  und 
Stelle,  oder  ganz  in  der  Nähe  zu  umschriebener  Blutung  gekommen.  Hier 
aber,  wo  gerade  und  einfach  verlaufende  Venen  aus  einem  cyli ndrischen 
Organ,  dessen  ganzes  Blut  abzufüliren  sie  bestimmt  sind,  hervordringen, 
musst«  eine  Stauung  sich  auch  rückwärts  auf  das  ganze  Organ  erstrecken. 

In  dem  Falle  Nr.  53  von  Seitz  (1.  c.  pag.  212)  mit  linksseitiger  OculomotoriuB- 
l&bmune:  zeijat«  die  Sektion  am  vordt^ren  Rande  des  Pons»  gerade  hinter  dem  linken  Oculo- 
motorius eine  leicbte  ekchymosirte  Stelle  der  Pifl.  Audi  der  hintere  Teil  des  Unken 
Oculomotoriusstammes  selbst  zeigte  noch  die  purpunotbe  Färbung  durch  starke  Ekcby- 
inosirnng  seines  Neurilemms,  Um  den  Oculomotorius  lief  eine  mit  einem  starren  Pfropfe 
gefüllte,  etwa  stark  liniendicke,  einem  dünnen  Bindfaden  gleichende  tbromboairte  Vene  der 
Pia,  welche  sich  nach  innen  vom  Oculemotoriua  gegen  die  Substantia  perforata  herum- 
schlang. 

Bei  einem  anderen  Falle  Saenger's  (1.  c.)  wurden  hei  Meningitia  tuberculosa  Blutungen 
in  das  Wurzel gehi et  des  Neryns  oculomotorius  gefunden  und  kleinste  HämorrhagieUf 
welche  auch  an  die  Ganglienzellen  dieses  Nerven  grenzten. 

Bezüglich  der  topischen  Begründung  der  Augenmuskelstörungen  bei  der 
tuberkulösen  Meningitis  ist  nach  von  Pfungen  (793)  nicht  zu  vergessen^ 
dass  die  Aftektion  durch  den  (ieiiirnschlitz  hindurch  direkt  die  Nervenkerne 
erreichen  kann.  Die  dieser  Kategorie  angehörenden  Fälle  seien  aber  am 
schwersten  zu  deuten,  weil  die  Läsion  an  diesen  Stellen  fast  nie  eine  herd- 
artige wäre,  sondern  sich  dittus  über  einen  Raum  dichtgedrängter  Centren 
verbreite,  und  der  Wechsel  der  Symptome  ein  genaueres  Studium  erschwere. 

Auch  wir  haben  eine  Reihe  von  Fällen  mikroskopisch  untersucht  und 
die  Angaben  von  Seitz  und  Saenger  vollauf  bestätigt  gefunden.  Aus  der 
Zahl  unserer  Fälle  heben  wir  folgenden  um  deswillen  hier  hervor,  weil  bei 
einem  und  demselben  Individuum  im  Stamm,  im  Wurzel-  und  Kerngebiete 
des  Oculomotorius  sich  Blutungen,  neuritische  und  encephalitische  Prozesse 
an  der  gleichen  Seite  vorgefunden  hatten. 

Eine  26jahrige  Frau  W.  A.  P.  klagte  über  Kopf  achmerzen,  Erbrechen  und  Fieber. 
Bas  SensoriaTn  war  frei.  Aiininglicli  zeigten  sich  die  Pupillen  gleich  weit,  von  prompter 
Reaktion;   später  wurde   die   linke  ilber  mittelweit   und    reaktionslos.     Die  Lumbalpunktion 


392  Die  Ptosis  bei  der  tuberkulösen  Meningitis. 

ergab  einen  Druck  von  130.  Ophthalmoskopisch  waren  Chorioidealtaberkel  zu  erkomei 
Schon  gleich  anfangs  wurde  über  Schwere  im  linken  Oberlid  Klage  geführt,  allmSUkk 
wurde  linkerseits  die  Ptosis  komplet,  und  es  trat  eine  Lähmung  des  linken  Ocil»- 
motorius  und  Trochlearis  hinzu.  Während  dieser  Zeit  waren  die  rechten  Angemnoskcli 
sämmtlich  intakt.  Die  Kranke  verfiel  nun  allmählich  in  einen  somnolenten  Zostand,  wobei 
sich  beiderseits  Lagophthalmus  entwickelte.  Das  rechte  Auge  zeigte  dabei,  fortwiknii 
hin-  und  hergehend,  rotatorische  Bewegungen;  das  linke  war  nach  aussen  abgewichen  ui 
blieb  starr.  Die  linke  Pupille  war  absolut  gelähmt,  die  rechte  reagirte  deutlich  aber  trigt. 
Die  elektrische  Untersuchung  ergab  eine  Herabsetzung  in  beiden  mittleren  FadalisiiUB 
Puls  über  140.    Keine  Nackensteifigkeit.    Exitus. 

Die  Sektion  Hess  eine  ausgedehnte  Basilarmeningitis  mit  reichlichem,  salzigem  Exsudat 
in  der  Gegend  des  Chiasma  erkennen.  Die  Pia  war  an  der  Basis  über  dem  Stinü^pea 
getrübt  und  nach  dem  Chiasma  zu  etwas  verdickt.  Das  Chiasma  selbst  war  in  eine  dicke, 
sul zigschwartige  Exsudatmasse  eingehüllt,  von  welcher  Stränge  nach  den  Stimlappeo,  mi 
membranöse  Züge  nach  den  Schläfelappen  und  dem  Pens  hinüberzogen ,  welche  die  An- 
trittsstelle  der  beiden  Oculomotorii  vollständig  bedeckten.  Das  Gebiet  der  Himsdieiikel 
und  der  Lamina  perforata  poster.,  sowie  die  oberen  Zweidrittel  des  Pons  und  die  Artm 
basilaris  waren  von  Pseudomembranen  bedeckt. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  des  in  Müll  er' scher  Flüssigkeit 
gehärteten  und  mittelst  verschiedener  Methoden  (Eosin-Hänoiatoxylin;  Gieson, 
Weigert,  Karbolfuchsin)  gefärbten  Himstammes  ergab  bei  schwacher  Yer- 
grösserung  das  Bild  der  Meningoencephalitis  tuberculosa.  So  war  an  der  uns 
speziell  interessierenden  Interpedunculargegend  eine  ausserordentlich  gefäss- 
reiche  entzündliche  Verdickung  der  Pia  vorhanden,  und  zwar  in  ungleich- 
massiger  knotiger  Anordnung.  In  der  Nähe  der  Gefässe  waren  deutliche 
Tuberkelknötchen  nachweisbar. 

Bei  stärkerer  Vergrösserung  konnte  man  eine  starke  zellige  Infiltration 
der  Adventitia  der  stark  erweiterten  Gefässe,  bei  unveränderter  Media  und 
Intima  konstatiren.  Letztere  erschien  jedoch  in  einzelnen  Gefassen  ebenfalls 
in  solchem  Maasse  kleinzellig  infiltrirt,  dass  ihre  Konturen  nicht  mehr  zn 
erkennen  waren.  In  der  Umgebung  der  Gefässe  fanden  sich  zahlreiche  Blut- 
ungen. Die  Tuberkel  w-aren  von  ungleicher  Grösse  und  boten  ein  verschiedenes 
Aussehen  dar.  Einige  hatten  kein  helleres  Centrum ;  andere  zeigten 
schon  den  Beginn  einer  Coagulationsnekrose.  Riesenzellen  waren  nur  ganz 
vereinzelt  nachzuweisen. 

Da  das  Präparat  in  Müller'scher  Flüssigkeit  gehärtet  war,  so  war 
der  Nachweis  der  Tuberkelbacillen  recht  mühsam.  Mit  gütiger  Unter- 
stützung des  Herrn  Dr.  Justi  konstatirten  wir  in  den  mit  Fuchsin-Karbol- 
säurelösung gefärbten  Schnitten  mehrere  Tuberkelbacillen  in  der  Nähe  eines 
kleinen  Piagefässes. 

Was  nun  das  Verhalten  des  Oculomotorius  betriflft,  so  konnten  vir 
denselben  nur  an  einem  kleinen  Stück  studiren  und  zwar  da,  wo  er  aus  dem 
Hirnschenkelfuss  heraustritt.  Auf  beiden  Seiten  war  derselbe,  wie  dies  ja 
zufolge  der  pathologischen  Veränderungen  in  seinem  Stamme  bei  der  tuber- 
kulösen Meningitis  so  häufig  der  Fall  ist,  bei  der  Herausnahme  des  Gehirns 
leider  abgerissen. 


All  diesem  kleinen  centralen  Stück  des  Oculoniotorius  sah  man  jedoch 
lie  tuberkulöse  iBfiltration  direkt  in  die  Scheide  dieses  Nerven  übergreifen. 
"Xietztere  erschien  leicht  verdickt  und  zellig  infiltrirt.  Diese  Entzündung 
drang  nicht  weiter  in  die  Nenenfasern  hinein.  Zwischen  den  Nei-venbündeln 
verliefen  sehr  prall  gefüllte  Gefässe.  An  einer  Stelle  des  Nerven  sah  man 
eine  langgestreckte  beträchtliche  Blutung,  welche  anscheinend  einem  in  der 

IKichtung  des  Nerven  verlaulenden  Gefässe  entstammte;  denn  in  und  an  den 
rWanduugen  desselben  fand  man  zahlreiche  rothe  Blutkörperchen  angehäuft^ 
■reiche  sich  in  der  Längsrichtxmg,  als  mit  dem  Rxtravasat  im  Zusammen- 
paiig  stehend^  verfolgen  liessen.  Die  Form  der  Blutung  legte  den  Gedanken 
kahe,  dass  dieselbe  in  die  spalt  form  igen  Lymphhahnen  des  Nerven  stattge- 
hnden  hatte, 
[  Dass  diese  grosse  Blutung  im  OculomotoriusstÄmme  nicht  als  ein  Kunst- 

produkt   anzusehen  war,  geht  aus  der  Thatsache   hervor,   dass   auch  in  dem 
Gewebe  der  Grosshimstiele  zahlreiche  Blutungen  gefunden  wurden. 

So  war  auf  derselben  Seite  der  Oculomotoriuswürzelbündel  kurz  vor 
dem  Austritt  ans  dem  Hirnschenkelfuss  eine  ebenfalls  längs  den  Fasern  ver- 
laufende Blutung  vorhanden,  deren  Quelle  in  einem  grösseren,  in  der  Nähe 
gelegenen,  prall  gelullten  Gefässe  zu  suchen  war. 

Die  Oculomotoriusfascikel  waren  durch  diese  Hämorrhagie  nicht  zer- 
Btört,  sondera  nur  etwas  auseinandergedrängt  Nur  ein  ganz  lateral  gelegenes 
Wurzelbündel  war  lädirt  und  zwar  wie  es  schien  durch  eine  ältere  Blutung; 
denn  an  der  betreffenden  Stelle  w^aren  gelbliche  Pigmentbröckel  und  ein 
Gebilde  vorhanden,  welclies  mit  einem  Hämatoidinkrjstalle  Aehnlichkeit 
besass. 

An  der  symmetrisch  gegenüberliegenden  Seite  des  Pedunculus  cerebri 
war  die  tuberkulöse  Intiltration  an  der  Austrittsstelle  des  Oculomotorius  in 
den  Hirnschenkelfuss  hineingedrimgen. 

Ein  Wurzelbündel  dieses  Nerven  zeigte  sich  in  einer  Weise  kleinzellig 
infiltrirt,  dass  die  Nervenfasern  nicht  mehr  verfolgt  werden  konnten.  Die 
Gefässe  waren  ausserordentlich  erweitert,  die  Wandungen  ganz  verdickt  und 
infiltrirtj  so  dass  stellenweise  das  Lumen  verschwunden  war  und  an  seiner 
Stelle  nur  ein  Rundzelienhaufen  gefunden  wurde.  Weiter  dorsalwärts  zeigten 
sich,  ebenso  wie  auf  der  anderen  Seite,  zw^ischen  den  parallel  bogenförmig 
verlaufenden  Wurzelbündeln  längliche  Blutungen  von  verschiedener  Grösse. 

Was  nun  das  Oculomotoriuskerngebiet  anbelangt,  so  war  dasselbe  in  toto 
leider  nicht  mehr  erli alten  geblieben,  da  der  Vierhügel  bis  unterhalb  des 
centralen  Endes  des  Aquaeductus  Sylvii  davon  abgerissen  war. 

Der  median  gelegene  Keniahschnitt  war  aber  an  den  mikroskopischen 
Präparaten  noch  vorhanden.  In  demselben  zeigten  sich  denn  auch  die  Ka- 
pillaren ganz  ausserordentlich  gelullt.  Die  Ganglienzellen  erschienen  aber 
unverändert,  ihr  Kern  war  bei  den  meisten  deutlich  sichtbar,  rund  und  nicht 
getrübt.  Die  Fortsätze  erschienen  nicht  geschrumpft.  Einzelne  waren  da- 
gegen ausserordentlich  stark   pigmentirt.     Auch  in  dieser  Kernregion,  sowae 


394  Die  Ptosis  bei  der  taberkulösen  Meningitis. 

in  der  Meynert 'sehen  und  Forel'schen  Haubenkreuzang   fanden  sich  Ter- 
schiedene  Blutungen  und  kleinzellige  Herde. 

Es  erschien  demgemäss  der  periphere,  der  fascikuläre,  sowie  der  nadäi« 
Theil  des  Oculomotorius  bei  diesem  Falle  von  tuberkulöser  Meningoenceph»- 
litis  alterirt. 

Abgesehen  von  den  entzündlichen  und  hämorrhagisch-encephalitiscboi 
Prozessen,  wie  man  sie  ja  gewöhnlich  bei  der  in  Rede  stehenden  Affektion 
findet,  zeigte  auch  hier  der  Oculomotoriusstamm  eine  grössere  Blutung  guz 
ähnlich  dem  von  Sa  enger  (p.  800)  ausführlicher  beschriebenen  FaDe. 
Nur  war  bei  letzterem  die  Scheide  des  Oculomotorius  dünn,  zart  und  ohne 
Spur  von  tuberkulöser  Entzündung.  Femer  fand  sich  in  diesem  Falle  im 
Pedunculus  sonst  nirgends  eine  Blutung;  sie  war  lediglich  auf  den  Oculomo- 
toriusstamm beschränkt. 

Auch  A.  Hoc  he  (806)  führt  in  seiner  interessanten  Arbeit  zur  Lehre 
von  der  Tuberkulose  des  Centralnervensystems  an,  dass  sich  in  den  Serven- 
wurzeb,  deren  Peri-  und  Endoneurium  meist  entzündet  und  zellig  verdickt 
sei,  kleine  Hämorrhagien  fänden,  welche  ;,  immer  von  einem  erkrankten  GefSase 
ausgehend,  unregelmässige  Plaques  von  wechselnder  Grösse  bildeten,  und  duidi 
welche  die  etwsts  auseinandergedrängten  Nervenfasern  unverändert  hinduich- 
zutreten  pflegten^. 

Huguenin  (807)  dagegen  hebt  in  seiner  monographischen  Bearbeitung 
der  Meningitis  tuberculosa  hervor,  dass  er  entgegen  den  Angaben  einzelner 
Forscher  in  und  an  den  Himnerven  keine  Blutextravasate  beobachtet  habe. 

Ob  die  Augenmuskelsymptome  des  folgenden  von  uns  beobachteteD 
Falles  von  tuberkulöser  Meningitis  als  Folge  einer  nuclearen  Erkrankung,  oder 
als  zufällig  kongenital  vorhanden  gewesene  Erscheinung  aufgefasst  werden 
müssen,  bleibt  einstweilen  dahingestellt. 

Ein  19 jähriger  Arbeiter  von  der  AbtheUung  des  Herrn  Professor  Lenhartz,  mit 
häufigem  Wechsel  krankhafter  Erscheinangen  von  Seiten  der  Pupillen,  zeigte  eine  mittlere 
Ptosis  des  linken  Auges;  die  Lidspalte  konnte  jedoch  noch  völlig  geschlossen  werden.  Bein 
Blick  nach  links  wurde  aber  das  linke  Oberlid  und  namentlich  die  nasale  Partie  deeseÜMB 
krampfhaft  durch  Eontraktion  des  linken  Frontalis  in  die  Höhe  gezogen,  wahrend  das  Ober- 
lid des  rechten  Auges  herabsank  und  das  linke  Auge  nach  unten  innen  abgelenkt  wurde. 
Wegen  des  hohen  Nasenrückens  des  Patienten  wurden  in  dieser  Augenstellung  offenbar  Doppel- 
bilder nicht  erkannt  (Derselbe  lag  an  tuberculöses  Meningitis  zu  Bette.)  Lieas  mai 
den  Patienten  weit  nach  rechts  sehen,  so  trat  das  analoge  Phänomen  auf,  indem  nun  daa 
rechte  Oberlid  durch  den  rechten  Frontalis  in  die  Höhe  gezogen  wurde,  während  das  linke 
Oberlid  herabsank  und  der  linke  Bulbus  in  der  Bewegung  nach  rechts  hin  offenbar  znrftck- 
blieb.  Einige  Tage  später  war  auch  links  eine  leichte  Ptosis  vorhanden.  Die  linke  lid- 
spalte war  enger  als  die  rechte.  Bei  der  Bewegung  nach  rechts  blieb  das  linke  Avge 
ziemlich  weit  zurück,  dagegen  war  bei  der  Bewegung  des  Bulbus  nach  links  aussen  keine 
Bewegungsstörung  aufzufinden.  Einige  Zeit  später  war  das  eingangs  beschriebene  Phinonea 
mit  Erhebung  der  Augenbraue  und  des  Oberlides  noch  rorhanden,  nur  mit  dem  Unteradiiede^ 
dass  heute  das  linke  Auge  zurückbleibt  und  beim  Sehen  nach  links  hin  die  Ablenkung  dei 
rechten  Auges  nach  innen  nicht  mehr  so  ergiebig  ist.  Später  wurde  Patient  somnolent,  die 
Augen  schweiften  fortwährend  umher,  wobei  sich  eine  Einschränkung  der  Bewegmugsftkig- 
keit  des  linken  Auges  nach  jeder  Richtung  hin  bemerkbar  machte.  Ophthalmoskopisch 


fange  Hyperämie  der  Papillen,  die  Dacbher  in  lejcMe  Nearitis  überging.  Die  Sektian 
lieflB  dicke  sulzige  Auflagerungen  durchsetzt  mit  Tuberkeln  nn  der  Gebirnbasis  namentlich 
aro  Chiaama,  Pous  und  in  der  Fossn  Sylvii  erkennen.  In  der  Medullu  war  makroskopiacb 
aichta  Abnormes  zu  erkennen. 

Wir  hatten  hier  also  einen  ähnlichen  Zustand,  wie  wir  ihn  in  §  34 
pag.  56  beschrieben  haben.  Ein  eventneller  Mangel  an  Doppelbildern  hätte 
hier  entscheiden  können,  ob  dieser  Zustand  an{?eboren  oder  durch  einen 
krankhaften  Prozess  in  der  Kemregion  hervorgernfen  war.  Bei  der  Bettlage 
des  Patienten  und  den  Störungen  seines  Sensoriums  war  aber  die  Entscheidung 
dieser  Frage  schliesslich  unmöglich  geworden. 


§  186.  Theoretisch  nicht  unmöglich  wäre  auch  eine  Ptosis  kortikalen 
Ursprungs  bei  der  tuberkulöaen  Meningitis,  weil  eine  Aeussening  dieser 
Krankheit  an  der  Konvexität  des  Gehirns  nicht  ausgeschlossen  ist.  Es  braucht 
dabei  das  über  dem  supponirten  kortikalen  Levatorcentrum  gelegene  Exsudat 
nicht  einmal  von  einer  besonderen  Mächtigkeit  2U  sein,  sondern  könnte  auf 
dem  Wege  von  tTefässveränderungen  zu  lähmungsartigen  Zuständen  im  Levator 
in  analoger  Weise  Veranlassung  geben,  wie  in  dem  Falle 

Matthe8(791),  in  welchem  die  Hypoglossuslühniuni;  nur  auf  die  Über  dem  kortikalen 
Hjpogloasuafelde  stärker  entwickelte  Tuberkuluse  zurfkkgefübrt  werden  konnte:  oder 
wie  bei  Ballet  (7^2),  welcher  ein  Präparat  von  tuberkulöser  Meningitis  mit  strenger 
BesübrÄnkung  des  Prozesses  auf  den  Lobu!ua  paracentralis  vorsteUte*  Das  tuberkulöse 
Fla^jue  sass  in  diesem  Falle  wie  eine  Haube  auf  dem  oberen  Tbeile  der  hinteren  Ctiutral- 
windung  auf,  bei  völliger  IntÄktheit  der  Nacbbarschaft.  Der  Kranke  hatte  6  Wochen  vor 
dem  Tode  eine  crurale  Monoplegie  mit  2  Anfüllen  von  partieller  Epilepsie,  und  nach  einer 
dritten  Attake  aucb  noch  eine  Lähmung  des  Armes  davongetragen.  Einen  analogen  Fall 
beachreibt  auch  Seitz  (L  c.  Fall  52),  in  welchem  die  ganz  langsam  entwickelte  Piaver- 
indemng  bloss  eine  umschriebene  Stelle  an  der  Konvexität  befallen  und  bloss  dieser  Stelle 
entsprechend  Zeiistörung  der  Himsubatanz  veranlasst  hatte.  Am  127,  Krank heitstage  erfolgte 
hier  der  Tod  nach  Fieber,  FröstelD,  Kopfweb«  Schwindel  und  Pupillenerweiterung  als  den 
einzigen  wichtigen  Erscheinungen. 

Analog  wie  in  diesem  Falle  kann  auch  der  Oculomotorius  durch 
chronische  lokale  tuberkulöse  Meningitis  an  der  Basis  bedroht 
werden,  wie  in  jener  bekannten,  meist  unter  den  Fällen  der  periodisch  reci- 
divirenden  Oculomotoriuslähmung  erwähnten   Beobachtung   von  Weiss  (798), 

Bei  einem  SOjIhngen  weiblichen  Individuum  entwickelte  sich  zugleich  mit  einer 
Tuberkulose  der  Lungen  eine  periodisch  auftretende  totale  linksseitige  Oculomotoriua- 
lähmang.  Der  Äugenspiegelbefund  war  angeblich  negativ.  Die  Autopsie  zeigte  den  Unken 
Nervus  oculomotorius  platt  und  graulich.  In  seiner  Wurzel  beim  Austritt  aus  dem  Gehirn- 
Schenkel  fanden  sich  zahh-eiche  graue,  mohnkorngrosse  Granulationen,  welche  einen  reich- 
lichen Gehalt  von  Tuberkel badllen  darboten.  Die  vom  linken  Oculomotorius  versorgten 
Mookeln  waren  fettig  degenerirt. 

Bei  einem  ähnlichen  Falle  von  Robb  (799)  trat  bei  einer  25jährigen  weibhchon 
Kranken  eine  links^itige  Lähmung  des  Oculomotorius  auf.  Bei  der  Sektion  zeigten  sich 
Tuberkeln  der  Gehirnhönte  an  der  Stelle  de«  Austritts  des  genannten  Nerven  am  Pedun- 
cnltis.  Dasä  auch  gelegentlich  einmal  Ptosis  oder  Augenmuhkellöhmungen  von  einer  orbitalen 


( 


396  Die  Ptosis  Kei  der  taberkolOsen  Meningitis. 

Tuberkulose  herrühren  können»  zeigt  ein  Fall  von  Mal  herb  (803).  Bei  einer  60jihngB 
Frau  trat  neben  Gehirnsymptomen  rechts  ein  Ezophthalmas  auf.  Bei  der  Exenteratio  oililM 
konnte  man  in  der  Sklera  und  im  orbitalen  Bindegewebe  Tuberkel  erkennen. 

Wir  hatten  gesehen,  dass  die  Funktion  des  Oculomotorius  und  m 
specie  des  Levator  palpebrae  bei  der  tuberkulösen  Meningitis  in  seinen 
kortikalen  und  nuclearen  Ursprüngen,  sowie  in  seinem  fascikulären  und 
basalen  Laufe  oft  an  mehreren  Stellen  zugleich  affizirt  wird.  Wegen 
dieses  häufig  gleichzeitigen  Angriffes  der  Läsion  gegen  Kern,  Wurzeln  und 
Stamm  des  Oculomotorius  bietet  die  genauere  Lokalisation  der  einzeben  Herde 
oft  unübersteigliche  Schwierigkeiten,  welche  noch  dadurch  häufig  Termehrt 
werden,  dass  zuweilen  Reizungen  auf  der  einen  mit  Lähmungszuständen  aof 
der  andern  Seite  einhergehen. 

So  erzählt  Ramey  (804)  einen  Fall  von  doppelseitiger  Lähmung 
des  Oculomotorius  mit  Ausnahme  derLevatores  palpebrae  bei 
tuberkulöser  Meningitis.  Dieselbe  wurde  auf  eine  umschriebene  Arachnitis  in 
der  Substantia  perforata  post.  zurückgeführt,  welche  beide  Nerven  komprimirt 
hatte.  Die  Sektion  zeigte  aber  auch  noch  einen  mandelkemgrossen  Tuberkel 
in  der  Haube  des  linken  Himschenkels  und  gleichzeitige  Zerstörung  des  Unken 
Thalamus  opticus.  Von  anderweitigen  Symptomen  bestanden  noch  eine  rechts- 
seitige Facialisparese  neben  Parese  des  Arms  und  Beins,  und  vorübergehende 
Hemianästhesie.  Hier  wurde  also  die  Affektion  des  einen  Oculomotorius  anf 
eine  Affektion  im  Wiu-zelgebiet,  die  des  anderen  auf  den  Stamm  bezogen, 
wiewohl  beide  Nerven  durch  eine  basale  Arachnitis  bedrängt  worden  waren. 

§  187.  Die  diagnostische  Bedeutung  der  Ptosis  bei  der  tuberkdosen 
Meningitis  tritt  gegenüber  dem  direkten  Nachweis  von  Tuberkelbacillen  in  d» 
Cerebrospinalflüssigkeit  nach  der  Lumbalpunktion  und  dem  Nachweise  von 
Chorioidealtuberkeln  vermittelst  des  Augenspiegels  im  allgemeinen  in  den 
Hintergnmd.  Ein  gewisser  Werth  kann  ihr  nur  daim  zugesprochen  werden, 
wenn  bei  vorhandener  tuberkulöser  Erkrankung  anderer  Organe  plötzUch  eine 
Ptosis  sich  entwickelt,  oder  wenn  ein  Kind  über  allgemeine  Beschwerden 
Klage  führt  und  eine  Levatorlähmung  auftritt.  Ausserdem  kommen  differential- 
diagnostisch bei  Kindern  Konvulsionen  (Helminthiasis,  Dentition  etc.),  femer 
Hämorrhagien  und  akute  Infektionskrankheiten  wie  Pneumonie,  Scharlach 
und  Lifluenza  in  Betracht;  bei  Erwachsenen  Typhus,  Hirntumor  und  basale 
purulente  Meningits.  Wenn  acquirirte  und  hereditäre  Syphilis  ausgeschlossen 
werden  kann,  so  giebt  die  Ptosis  bei  der  relativen  Seltenheit  des  Vorkonunens 
von  epidemischer  Cerebrospinalmeningitis  zu  begründetem  Verdachte  auf  be- 
ginnende tuberkulöse  Meningitis  Veranlassung.  Auch  tritt  die  epidemische 
Cerebrospinalmeningitis  meist  viel  stürmischer,  unter  hohem  Fieber,  mit  Br- 
brechen  und  mächtiger  Herpeseruption  auf  (vergl.  auch  §  99  pag.  256). 

§  188.  Nach  den  Angaben  Leichtenstem's  (527)  sollen  bei  der 
Meningitis  cerebrospinalis  epidemica  überhaupt  nur  äusserst  selten  Erschein- 
ungen von  Seiten  des  Oculomotorius,  häufiger  noch  vom  Abducens  zu  kon- 
statiren  sein.  Dagegen  sind,  wie  H.  Schlesinger  (808)  bemerkt,  auch  bei  dieser 


r 


Die  Ptoais  bei  der  tuberkulüs^n  MeDiogiÜB, 


3^7 


Meningitisform  Augenmuskelläbmungen  als  Initialsjaiptom  und  späterhin 
Facialisparalyse  beobacbtet  worden.  In  einem  Falle  ging  der  Oculomotorius- 
lähmnng  ein  mehrere  Stimden  währender  Ble|>härospasmiis  voraus. 

Auch  Anhauch  (809)  sah  frühzeitiges  Auftreten  von  Ptosis  und  Oculo- 
motoriuslähmung bei  der  Meningitis  cerebrospiiiaUs  epidemica,  und  G.  Singer 
(810)  berichtet  über  drei  Beobachtungen,  von  denen  eine  unter  Ptosis  und 
Augenrauskellähmungen  verlief. 

Nach    einer  Zusammenstelhmg   von   25   Fallen   von   Meningitis  cerebro- 
spinalis epidemica  aus  dem  alten 
allgemeinen  Krankenhause  zu  Harn- 
buri^    seit    den   letzten   8   Jahren 
zeigten : 

17  Fülle   Veränderungen    an 
den  Pupillen, 

9  Fälle  Störungen  der  Au  j^en- 
muskulatur  mit  Ptosis, 

3  Fälle  Ptosis, 

5  Fälle  Neuritis  optica, 

2  Fälle  C^jnjunctivitis. 

Zum  Schlüsse  geben  wir  hier 
noch  die  Beschreibung  eines  Falles 
von  geheilter  Meningitis  cerebro- 
spinalis mit  Ptosis  und  totaler 
Oculomotoriuslähmung  aus  unserer 
eigenen  Beobachtung,  auf 
welchen  wir  pag.  257  hingewiesen 
hatten* 

Am  26.  März  1897  wurde  der 
32jähr,  Arbeiter  F*  0.  in  das  alte 
allgemeine  Krankenhaus^  Abth.  des 
Herrn  Dr.  Jol lasse  aufgenommen, 

nachdem  er  längere  Zeit  schon  an  Kopfschmerzen  gelitten  hatte.  Dieselben  hatten 
sich  in  der  letzten  Zeit  zur  Unerträglichkeit  gest-eigert,  so  dass  er  am 
26,  in.  seine  Arbeit  einstellen  und  sich  ins  Krankenliaus  aufnehmen 
lassen  musste.  Seit  jenem  Tage  konnte  er  das  rechte  Auge  nicht  mehr 
öffnen.  Die  nähere  Untersuchung  ergab  rechterseits  eine  komplete  schlaffe 
Ptosis,  siehe  Fig.  78,  Pupillenlähmung,  paralytische  Mydriasis,  Accom- 
modationslähmung ,  kurz  eine  Lähmung  des  rechten  Oculomotorius  in 
allen  seinen  Aesten,  und  eine  solche  des  Trochlearis,  Der  Ahducens  blieb 
frei.  Es  wurden  gekreuzte  Doppelbilder  konstatirt.  Der  Augenspiegelbefund 
war  frei.  Der  Nacken  exquisit  steif,  bei  gelingen  Bewegungsversuchen  enorm 
schmerzhaft.  Der  Leib  war  eingezogen.  Die  Temperatur  zeigte  sich  nicht 
erhöht,  nur  an  einem  Tage  über  39,  Die  Lumbalpunktion  ergab  einen  Druck 
von  330  mm,   mikroskopisch  gut  erhaltene  rothe  Blutkörperchen,  anscheinend 


Fig>  ?8. 

F,    G.      Rechts    kompb'tc    Ptosis    mich    Meningitis 
cerebrospinalis. 


398  Die  Ptosis  bei  der  taberknlOsen  Meningitis. 

wenige  Leukocyten;  Culturen  negativ.  Am  29.  lü.  an  der  Nase  und  Ober- 
lippe deutlicher  Herpes.  Seit  dem  4.  IV.  beginnende  Besserung,  Xachlassa 
der  Kopfschmerzen,  aber  noch  lebhafte  Schmerzen  über  dem  rechten  Auge. 
17.  IV.  Schmierkur,  zeitweise  noch  heftige  neuralgische  Schmerzen  über  der 
rechten  Kopfhälfte.  Am  18.  Mai  geheilt  entlassen.  Die  Augenmuskelstönmgeo 
sind  jedoch  genau  dieselben  geblieben. 

y)  Die  Ptosis  bei  der  eiterigen  Meningitis« 

§  189.  Die  nicht  tuberkulöse,  eiterige  Meningitis  hat  für  unseren  Gegen- 
stand geringere  Bedeutung,  da  die  Prädilektionsstelle  derselben  dieKonTexitat 
des  Gehirns  darstellt.  Jedoch  ist  dies  durchaus  nicht  immer  der  Fall, 
namentlich  nicht  bei  der  durch  Traumen  und  der  so  häufig  in  Folge  Ton 
otitischen  Prozessen  bedingten  purulenten  Leptomeningitis.  Im  erst^en 
Falle  ist  der  Ort  des  Traumas  massgebend,  worauf  wir  im  Kapitel  Ptods 
nach  Traumen  noch  zu  sprechen  kommen,  im  letzteren  findet  sich  nach 
Körner  (924)  „die  Eiterinfiltration  der  Pia,  wenn  die  Erkrankung  dnrck 
Kontakt  mit  kranken  Knochen  und  ulcerirter  Dura  entsteht,  snmächst  an  der 
Stelle  dieses  Kontaktes.  Beginnt  die  Eiterung  an  der  Unterflache  des 
Schläfenlappens  entsprechend  dem  Dache  der  Pauken-  und  Warzenhöhle,  so 
verbreitet  sie  sich  meist  zuerst  an  der  Basis  der  betreffenden  Hemisphäre, 
geht  aber  auch  auf  die  Konvexität,  auf  die  Basis  der  anderen  Himhalfte 
und  auf  das  Kleinhirn  über.  Sehr  selten  wird  vorzugsweise  die  Konvexität 
der  Hemisphäre  ergriffen*^.  Daher  finden  sich  in  der  Symptomatologie  dieser 
oti tischen  Hirnhautentzündung,  ausser  den  gewöhnlichen  allgemein  meningi- 
tischen Symptomen,  basale  Lähmungserscheinungen  von  seiten  der  Augennerreo. 
speziell  des  Oculomotorius,  als:  Pupillendifferenz,  Miosis,  Mydriasis, 
Ptosis  oder  Lähmung  eines  oder  des  anderen  Augenmuskels.  Hierbei  mass 
noch  hervorgehoben  werden,  dass  nicht  selten  Sinusthrombose  und  intracere- 
brale sowie  extradurale  Abscesse  das  verbindende  Glied  zwischen  Ohren- 
affektion  und  Meningitis  darstellen. 

Wenn  auch,  wie  zu  Anfang  bemerkt,  die  eiterige  Meningitis  die 
Konvexität  bevorzugt,  so  muss  dennoch  darauf  hingewiesen  werden,  dasß 
sie  namentlich  als  nicht  seltene  Komplikation  der  Pneumonie  und 
Septikämie  auch  die  Hirnbasis  und  die  MeduUa  spinalis  befallt. 
Genauere  Untersuchungen  betreffs  des  klinischen  wie  anatomischen  Verhaltens 
der  Hirnnerven  haben  wir  in  der  Litteratur  bei  dieser  Affektion  nicht  auf- 
finden können.  Es  möge  daher  die  etwas  ausführlichere  Darstellung  des 
folgenden  Falles  von  Pneumokokkenmeningitis  gerechtfertigt  sein,  dessen 
mikroskopische  Untersuchung  Herr  Oberarzt  Dr.  Jo Ilasse  uns  gütigst  über- 
lassen hat. 

Ein  58  jähriger  rbeii  r  A.  kam  am  28.  November  1898  in  schwer  somnolentem  Za- 
stande  zur  Aufnahme  ins  Krankenhaus. 

Nach  Angabe  seiner  Tochter  war  der  Patient  in  der  Nacht  vom  21..  22.  Norember 
gestürzt  und  hatte  nachher  über  Schmerzen  in  der  rechten  Seite  geklagt.     Am  2b,  stelKaa 


I 


Die  Ptoslfi  bei  der  ettrigeii  Meolngiti;».  3&B 

unter   Frösteln   und    allgemeinem    Unbehageu   Atliembesch werden   ein.     Seit   dem    27. 
Kellte  er  besiunung.^los  gewesen  setn  und  nicht  mehr  gegessen  haben. 

Vor  20  Jahren  hatte  er  LungenentÄÜndutig.  Reichliches  Potatoriuiti  wurde  zugestanden, 
at.  praeB. :  Der  über  40^  fiebernd©  Patient  reagirte  nicht  auf  Anrufen,  wohl  aher  auf 
Kdelatieber  wenn  auch  »chwach*  Die  Renpiration  war  laut  Rchnarrhend,  stöhnend.  Beide 
ktigen  waren  halb  geschlossen;  die  oberen  Lider  hingen  schlaff  herab  und  Üesaen  noch 
[ien  2  mm  breiten  Spalt  offen.  Di©  Pupillen  waren  beide  gleich,  raittelweit  und  reagirten 
ras  träge.  Die  Zunge  war  belegt  und  trocken.  Es  heataud  ausgesprodiene  Nackenstarre. 
Untersuchung  der  Brustorgane  ergab  das  Vorhandensein  einer  rechtaseitigen  Unter- 
I  p  p  e  n  p  n  e  u  ni  0  u  i  e.  Das  Herz  war  nicht  vergrössert ;  der  Puls  klein,  weich  und  frequent, 
Abdomen  erschien  etwas  kahnförmig  eingezogen*  Die  Milz  war  etwas  %^ergrössert. 
Lbdominal-  und  C  rem  aste  ixe  flexe  fehlten,  während  alle  übrigen  Reflexe  vorhanden  waren. 
Lm  folgenden  Tage  trat  tiefes  Coma  ein.  Beiderseits  reagitten  die  Pupillen  nicht  mehr. 
Die  rechte  P*upille  war  weiter,  als  die  etwas  übermittel weite  Linke.  Es  bestand  ein  deut- 
licher Strabismus  divergeos.  Der  Augen hintergiotnd  war  normal  Die  oberen  Lider 
hingen  beiderseits  auffallend  BcLlaff  herab,  ohne  dasa  jedoch  dieselben  ge- 
scbloeseti  waren;  ea  bestand  also  auch  ein  leichter  Grad  von  Lagopbthalmus, 

Die  Nackenstarre  war  ausgesprochen;  der  Puls  wurde  kleiner  und  unregelmässigj  und 
am  Nachmittag  trat  der  Exitus  tethalis  ein.  Die  Sektion  ergab  ein  dicke^i!  fibrinös  eiteriges 
Exsudat  zwischen  den  weichen  Hirnliäuten,  sowohl  an  der  Konvexität,  wie  au  der  Basi» 
des  Gebims,  sowie  längB  des  ganzen  Rückenmarka.  Die  CercbrospinalHüssigkeit  war 
irübe,  doch  wenig  vermehrt.  Die  Hirnventrikel  waren  etwas  erweitert.  In  den  Wandungen 
der  Seiteuventrikel  befanden  sich  sehr  zahlreielie  punkt-  bis  stecknadelkopfgrosse  frische 
HÄmorrbagien.  Im  übrigen  ergab  die  Autopsie  eine  fibrinöse  Pneumonie  des  rechten  Mittel- 
und  Unterlappens  im  Stadium  der  roten  Hepatisation  mit  frischer  rechtsseitiger  hbrinüser 
Pleuritis. 

In  der  Cerehrospinalflüssigkeit  fanden  sich  zahlreiche  Diplokokken,  die  nicht  intra- 
cellnlar  gelagert  waren,  und  verhältuisämässig  wenig  Leukocyten.  Der  eine  Oculomotoriua 
wurde  theils  frisch.  t.heils  nach  24Biilndiger  Einwirkung  einer  Osmiumlösung  untersucht. 
Es  fand  sich  eine  gan^e  Anzahl  degenerirter  Nervenfasern. 

Das  Gehirn  wurde  in  Müllor'scher  Flüssigkeit  gehättet  und  vom  Cbiasma  an  nach 
fibwftrt^  bis  in  den  Pens  in  Serienschnitte  zerlegt,  bei  welchen  auch  in  grösserer  Ausdehn- 
ung  der  Oculomotoriusstamm  getroffen  wurde.  Mit  ganz  besonderer  Sorgfalt  wurden 
die  Schnitte  durch  die  Himschenkelgegend  angefertigt  und  nach  verschiedenen  Methoden 
gefärbt  [Hümatoxylin-Eosin,  Gieson,  Lithioncarmin,  Weigert,  Oamiumsäure;  Methylenblau 
für  die  ßakterienfärbung). 

Um  letztere  vorweg  zu  nehmen,  so  konstatirten  wir  zahlreiche  zu  zweien  angeord- 
nete, laneettfiirmige  Kokken,  die  eine  deutliche  Kapsel  hatten.  Diese  Eigenschaften  sowie 
die  weitere  von  Herrn  Dr.  ßiel  vorgenommene  kulturelle  Untersuchung  ergab  mit  Sicher- 
heit, dass  wir  es  hier  mit  dem  Franker  sehen  Diplococcus  pneumoniae  zu  thun  hatten. 

Bei  der  mikroskopischen  Betrachtung  des  umfänglichen  entzündlichen  Exsudate  in 
der  Pia  und  Ärachnoidea  zwischen  den  Hirnschenkeln  fiel  vor  allem  die  ausserordentliche 
starke  Erweiterung  und  pralle  Füllung  der  Gefäsae  in  die  Augen.  Manche  waren  nicht 
nur  in  reichliche  Exsudatjiellen  eingebettet,  sondern  in  ihren  Wandungen  selbst  von  Rund* 
wellen  infiltrirt.  In  den  Gefässen  nahmen  die  Leukocyten  meistens  eine  Bandätellung  ein» 
während  in  der  Mitte  die  rothen  Blutkörperchen  gelagert  waren,  was  in  den  Hämatoxjlin- 
Eosin Präparaten  besonders  schön  zu  Tage  trat. 

Was  nun  den  Oculomotorius  betraf,  ao  konnte  die  Kernregion  in  toto  leider  nicht 
iiiit«raucbt  werden,  da  dieselbe  bei  der  Vorbereitung  zur  Härtung  ladirt  wurde.  Nur 
einzelne  Ganglienzellen  der  medianen  Kerngruppe  waren  übrig  geblieben;  dieselben  eracbienen 
nicht  verändert.  Im  rothen  Kern  war  beiderseits  eine  kapilläre  Hyper^lmie  zu  kon- 
statiren.     Im  HinischeDkelfuss  fanden  sich  kleine  entzündliche  Herde  und  zwar  meist 


400  Die  Ptosis  bei  der  eitrigen  Meningitis. 

in  der  Umgebung  der  Rindengefässe,  in  deren  Pialscbeiden  an  manchen  Stellen  bald  grUiu, 
bald  kleinere  Zellenanhäufungen  lagen,  neben  denen  sich  einige  spärliche  BlutexInriMki 
fanden.  An  einzelnen  Stellen  war  die  periphere  Randschicht  des  HirnschenkelfiBMs  ■ 
Form  eines  schmalen  Streifens  mit  Rundzellen  infiltrirt. 

Das  Verhalten  der  Oculomotorius fasern  konnte  in  Bezog  aaf  ihre  Integiitit 
recht  gut  in  dem  Weigert-  und  in  einem  Osmiumpräparat  studirt  werden. 

Während  die  Oculomotoriuswurzelbündel  beim  Durchtritt  durch  das  HaobeogebKi, 
die  Substantia  nigra  und  den  Himschenkelfnss  dunkelgefftrbte ,  gleichmftssig  kontmirti 
Fasemmassen  darstellten,  deren  Zeichnung  parallel  verlaufende,  ziemlich  gleich  dicke  liniei 
erkennen  liess,  erschien  die  Färbung  der  Markscheiden  in  vereinzelten  Bttndeln  um  m 
blasser,  heller  und  ungleichmässiger,  je  mehr  die  Fasern  sich  der  Aostrittsstelle  nihertcB. 
Zugleich  verbreiterten  sich  einzelne  Bündel  der  Quere  nach  und  zeigten  nnregelmissige,  nick 
mehr  parallele  Abstände,  theils  in  Folge  von  Degeneration,  theils  dnrch  Qaellang  der 
Fasern  oder  der  Zwischensubstanz. 

Am  in-  und  extensivsten  war  die  Alteration  am  centralen  Ende  des  Ocalomotonm- 
Stammes  gerade  da,  wo  er  aus  dem  Himschenkel  heraustritt.  Besonders  schön  sah  ma 
am  Hämatoxylin-Eosiupräparat,  wie  auf  beiden  Seiten  der  Ocnlomotoriasstamm  von  dv 
mächtigen  Entzündung  bedrängt  wurde :  Die  Exsudatzellen  infiltrirten  stellenweise  das  Peri- 
neurium und  verbreiteten  sich  in  unregelmässiger  Weise  zwischen  die  Nervenfaseni  liogt 
der  bindegewebigen  Septen,  deren  prall  gefüllte  Gefässe  an  manchen  Stellen  von  dnea 
Wall  von  Rundzellen  umgeben  waren. 

Bei  weitem  der  überwiegende  Theil  der  Nervenfasern  erschien  wahrscheinlidi  ia 
Folge  der  Festigkeit  |der  Markscheiden  nicht  wesentlich  verändert  In  einzelnen  Fasen 
waren  Markscheiden  sowohl  wie  Achsencylinder  gequollen,  in  anderen  erschienen  nur  die 
Markscheiden  bald  bauchig  aufgetrieben ,  bald  spindelförmig  verdünnt  und  gaben  der  be- 
treffenden Stelle  ein  rareficirtes  Aus<«ehen.  An  ganz  wenigen  kleinen  Stellen  konnte  oaa 
einen  totalen  Untergang  von  Fasern  konstatiren,  indem  die  Markscheiden  und  AchsenejUoder 
kömig  zerfallen  waren. 

Sehr  geringfügig  erwiesen  sich  weiter  peripherwärts  die  Verändemngen  im  Ocalo- 
motoriusstamm.  Ausser  einer  kleinen  Hämorrhagie  und  einzelnen  degenerirten  Fasen 
war  nichts  weiter  zu  konstatiren,  als  eine  kleinzellige  Infiltration  der  Perinenralscheide  md 
deren  Ausläufer  in  die  Septen.  Die  Weigertfärbung  ergab  eine  im  grossen  ond  ganzeo 
gleichmässig  dunkle  Färbung  des  ganzen  Stammes. 

Einen  ähnlichen  Fall  von  Pneumokokkenmeningitis  veröffentlichte  neuerdings 
Dreyer-Dufer  (925). 

Es  handelte  sich  um  eine  26jährige  Patientin,  die  unter  Fieber  und  Kopfscfameneo 
erkrankt  war.  Bei  derselben  wurde  eine  unvollständige  Lähmung  des  Oculomotorius  (Beet 
inf.,  sup.  und  intern.),  eine  völlige  Paralyse  des  Trochlearis  und  Abducens,  eine  Neuralgie 
im  Quintus  und  ophthalmoskopisch  eine  beiderseitige  venöse  Stauung  beobachtet. 

Die  Autopsie  ergab  eine  basale  eiterige  Meningitis.  Die  genannten  Himnerven  warn 
in  das  eiterige  Exsudat  eingehüllt.  Die  bakteriologische  Untersuchung  erwies  den  PneuoMh 
kokkus  als  Eitererreger. 

Schliesslich  sei  noch  eines  sehr  interessanten  von  Dr.  v.  Hof  mann  (926)  mitge- 
theilten  operirten  Falles  von  Meningitis  gedacht,   bei  dem  eine  Ptosis   beobachtet  wurde. 

Nach  einer  vorausgegangenen  Nackenfurunkulose  traten  heftige  Eopfechmerzen, 
namentlich  über  dem  linken  Auge,  Verlangsamung  des  Pulses  und  der  Respiration  ein; 
wozu  sich  später  leichte  Temperaturerhöhung  und  völlige  Erblindung  des  linken  Auges 
hinzugesellte.  Zu  dieser  Zeit  wurde  linksseitige  Ptosis,  massiger  Exophthalmus,  Ub- 
beweglichkeit  des  Bulbus,  Mydriasis  und  hochgradige  Stauungspapille  bei  völliger  ErUind- 
ung  des  linken  Auges  konstatirt.  Allmählich  wurde  letzteres  nach  innen  und  unten  dis* 
locirt.  Dr.  v.  Hoff  mann  vermuthete  eine  Eiterung  in  der  Orbita  und  schritt  zur  Opert- 
tion.    Nach  Abtrennung  des  oberen  Augenlides  fand  sich  jedoch  dort  kein  Eiter;  wohl  aber 


Die  Ptosis  bei  Sinasthrombose.  401 

lerhalb  der  Scheiden  der  Sehnerven,  welche  ampullenartig  erweitert  waren.  Der  Intra- 
pnalranm  wurde  freigelegt,  drainirt  und  die  Augenmuskeln  (Rect.  sup.  let.)  wieder  ein- 
n&ht.  Nach  14  Tagen  schloss  sich  die  Wunde,  und  es  trat  Heilung  ein  bis  auf  die 
iksseitige  Amaurose  und  die  Ptosis,  die  unverändert  blieben. 


c)  Ptosis  bei  SchSdelbasisfracturen 

ird    in   dem  Abschnitt    10    ^über   die   Ptosis   nacb  Traumen^    abgehandelt 
3rden« 

d)  Die  Ptosis  bei  Sinusthrombose. 

§  190.  Das  Krankheitsbild  der  Sinusthrombose  ist  oft  recht  schwer,  ja 
anchmal  ganz  unmöglich  erkennbar,  weil  nicht  selten  die  durch  die  Sinusver- 
opf  ung  bedingten  Symptome  sehr  wenig  prägnant  sind.  Andererseits  treten  häufig 
e  der  Thrombose  zu  Grunde  liegenden  Affektionen  so  beträchtlich  in  den  Vorder- 
lind,  dass  sie  den  klinischen  Gesammteindruck  bedingen.  Handelt  es  sich 
n  eine  infektiöse  Sinusthrombose,  so  ist  die  Unterscheidung  einer  solchen 
m  einer  Pyämie  mit  Cerebralerscheinungen ,  oder  einer  Meningitis  äusserst 
;hwierig.  Ebenso  ist  die  marantische  Sinusthrombose  Erwachsener  von  letzt- 
»nannter  Erkrankung  oft  gar  nicht  zu  unterscheiden,  da  bei  beiden  die 
eichen  Symptome  (Nackenstarre,  Somnolenz,  Kopfschmerz  etc.)  vorhanden 
iin  können.  Um  so  wichtiger  erscheint  daher  die  bis  jetzt  noch  recht 
shwierige  Aufgabe,  für  die  Thrombose  der  verschiedenen  Sinus  eine  sichere 
irmptomatologie  zu  schaffen. 

Am  bekanntesten  ist  das  von  Griesinger  zuerst  beschriebene  Symp- 
>m  des  Oedems  in  den  Weichtheilen  der  Regio  mastoidea  bei  Thrombose 
Q  Sinus  transversus.  Gerhardt  machte  bei  letzterer  auf  ungleiche  Füllung 
3r  Vv.  jugulares  ext.  aufmerksam. 

Ganz  unsicher  sind  die  Zeichen  der  Thrombose  im  Sinus  petrosus. 

Bei  Verstopfung  im  Sinus  longitudinalis  entstehen  Erweiterungen  der 
autvenen  an  der  seitlichen  Partie  des  Vorderkopfes,  Schwellung  der  Haut  um 
ie  Augenbrauen,  an  der  Stirn,  am  Scheitel  und  am  Hinterhaupte.  Hie 
ad  da  wird  heftiges  Nasenbluten  beobachtet.  Die  übrigen  Hirnerscheinungen 
iben  keinen  lokalen  Charakter,  sondern  kommen  bei  der  Thrombose  jedes 
inus  vor:  wie  Krämpfe,  Sopor  oder  Coma  und  Delirien. 

Am  prägnantesten  sind  die  Symptome  bei  der  Thrombose  des  Sinus 
ivemosus,  auf  welche  deshalb  in  ausführlicherer  Weise  eingegangen  werden 
Jl,  da  hier  die  verschiedensten  Erscheinungen  am  Auge  beobachtet  werden, 
iter  denen  die  Ptosis  eine  bedeutsame  Rolle  spielt. 

Was  die  Aetiologie  bei  der  Verstopfung  des  Sin.  cavern.  betrifft,  so 
indelt  es  sich  beinahe  nie  um  eine  marantische,  sondern  fast  stets  um  eine 
ifektiöse  Sinusthrombose.  Bei  Betrachtung  des  von  Macewen  entworfenen 
Themas  der  intra-  und  extrakraniellen  venösen  Anastomosen  (Fig.  79) 
achtet  ein ,    wie  z.    B.    ein  Gesichtserysipel ,    welches    eine    Phlebitis   der 


Fig.  79. 

Schema  der   intra-   und   extracraniellen   venösen   Anastomosen   nach  Macewen:    «Die  infektiJ 
eiterigen  Erkrankungen  des  Gehirns  und  Rückenmarks*,   übersetzt  von    Rndloff,    Wk/M 

J.  F.  Bergmann  1898. 


Difi  Ptosis  bei  der  Sinusthrombose. 


4m 


il.  ant,  oder  der  OrbitaJvenen  verursacht  hat  siehe  Fig.  80,  eine  Throm- 
386  des  Sin.  cavernos.  hervorrufen  kann»  Dasselbe  bewirken  infektiöse  Ent- 
cündungen  der  Miiiid-Nasenhöhle ,  an  den  Kiefern  durch  Vermittelung  der 
V^enen  des  Plexns  pteryguideus. 

Lloyd  (927)  beobachtet  eine  Thrombose  des  Sinus  cavernosus  bei  einer 
rScbädelbasisfraktur,  die  zu  einer  Meningitis  geführt  hatte. 

Hulke  (928)  beobachtete  dieselbe  Folgeerscheinung  nach   einem  Schlag 
Jtuf  den  Kopf  ohne  Schädelfraktur, 

sj  191.    Was  nun  die  Symptomatologie  der  Thrombose  des  Sinus  cavernosus 
[betrifft,  so   macht  Macewen  (929)   darauf  aufmerksam,   dass   in   mehr  als 


Fig,  80, 
Die  AnastOTDOsen  des  Shiuß  ravprnomi  mÜ  .extraCfaDiellen  Venen  nneh  Maceweti.  ,Die  iofektiös- 
eiterig(»ii  Erkmiikuijgea   dea  GehirnB  imd  Bücken  mar  kn ,    überbeut   voti  R  u  d  1  o  f  f.     Wletbadeo. 

J.  F:   BrrgniaDn.* 
/  Sians  cavemt^Di.    //  Vena  fiiriialiB.    IJl  TniDPiis  teniporo-iniixiUnri»,     S  Venne  oosaleB.    9,  20 
Voiwe   augularefl.     2  Veuae   opiithalmicae   infi?n«r.     4  Venae  ophlhalmicAe   su|>eriores.     6  Vena 

frontalis,     15  Vena  «phetinfjAhitiiia. 

der  Hälfte  der  Fälle  sich  dieselbe  durch  den  Sinus  circularis  Ridley 
Inndurch  bis  in  den  Sinus  der  anderen  Seite  »fortsetzt.  Es  werden  also  die 
Erscheinungen,  welche  im  Anfange  auf  einer  Seite  sich  abspielen,  im  späteren 
Stadium  auf  beiden  Seiten  auftreten. 

Bevor  wir  nun  die  einzelnen  Symptome  besprechen,  wollen  wir  die  in 
der  Litteratur  niedergelegten  Fälle,  bei  denen  eine  Ptosis  beobachtet  wurde, 
in  Kürze  referiren. 

Couplflnd  (980)  beobachtete  eine   43jÄlinge  Patientin,    die   mit  Kopföchmerz  ond 

Abnahme    «les    linksseitigen    Hörveiwögens   erkrankt   war.     Darauf  stellte   sieb    Diplopie» 

StrabiBnuiS   und   Ptosis  ein.     Bei  der   AufDabnie    im    Krankenhause  bestand    recbta  voU- 

stAndlge  Ptosia  and  ünbeweglichkeit  des  Bulbus,  links  pÄrtielle  Ptosis  und  noch  geringe 

WilbrKa4>8 aenger«  Neurologie  dos  Aai^os.    1.  Bd.     U.  AhikeÜtmg.  27 


404  Die  Ptosis  bei  der  SiDusthrombose. 

Beweglichkeit  des  Auges  nach  inneD.  Beide  Pupillen  waren  weit  und  starr.  Der  Aof» 
hintergrund  erschien  normal.  Die  C  onjunktiva  war  injizirt  und  völlig  nnempfindlidL  EbcH» 
war  die  Sensibilität  im  Gesicht  und  an  den  unteren  Eztremitftten  herabgesetzt.  Die  PafteUir- 
reflexe  fehlten.  Es  trat  Coma,  und  nach  2  Tagen  der  Exitus  ein.  Die  Sektion  «gab: 
eiterige  Thrombophlebitis  beider  Sinus  cavemosi ,  ebenso  des  Sinas  transrersos  nnd  öra- 
laris,  und  frische  Meningitis  an  der  Basis.  Es  lag  weder  eine  Knochenerkrankimg,  nodi 
eine  Erkrankung  des  inneren  Ohres  vor. 

Bland  in  (931)  berichtete  über  einen  jungen,  kräftigen  Menschen,  der  sich  heftig 
am  Kopfe  verletzt  hatte,  ohne  das  Bewusstsein  zu  verlieren.  In  der  rechten  Parietalgegad 
hatte  er  eine  unregelmässig  geformte  Wunde  acquirirt,  die  am  folgenden  Tage  heftig schmenii. 

Nach  etwa  8  Tagen  traten  Schüttelfröste  und  Fieber  mit  äusserst  heftigen  Kopf- 
schmerzen auf.  Das  rechte  Auge  war  geschwollen,  schmerzhaft  und  ragte  aus  der  Ang» 
höhle  hervor.  Der  Patient  konnte  die  Lider  nicht  bewegen.  Die  linke  PnpiUe  war  atazr. 
Die  übrigen  Augenmuskeln  konnten  bewegt  werden. 

Bei  der  Autopsie  fand  man  ein  Gemisch  von  Eiter  und  Blut  in  dem  Sinns  etTer- 
nosus  und  im  Sinus  longitudinali»,  Eiter  in  den  Diplo6venen  des  Schläfenbeins,  AradmiÜB 
und  Leptomeningitis. 

Macewen  (929).  Ein  66  jähriger  Mann  hatte  9  Monate  nach  einer  angeblichen  Er- 
kältung andauernd  Schmerzen  in  der  linken  Eopfbälfte,  die  oberhalb  der  linken  Augen- 
braue auftraten,  über  die  entsprechende  Stimhälfte  ausstrahlten  and  für  nearalgisch  ge- 
halten wurden.  Gleichzeitig  hatte  Patient  ein  Gefühl,  als  ob  die  linke  Nasenseite  verstopft 
sei.  Bei  der  Untersuchung  fanden  sich  die  Lider  des  linken  Auges  beträchtlich  geschwoUei. 
Es  bestand  leichter  Exophthalmus  und  eine  vollständige  Ophthalmoplegia  ext.  Recbis 
waren  ähnliche  Erscheinungen  von  geringerer  Intensität  vorhanden.  Die  Schwellung  der 
Augenlider,  die  nicht  mehr  geöffnet  werden  konnten,  nahm  zu.  Nach  14  Tagen  trat  der 
Exitus  ein. 

Die  Autopsie  ergab  einen  Abscess  in  der  linken  Augenhöhle,  Thrombose  des  Sinis 
cavernosus,  Leptomeningitis  und  einen  Tumor,  welcher  eine  der  grössten,  in  den  Sinns 
cavernosus  sich  entleerenden  Venen  umschloss. 

Macewen  (933).  Eine  20jährige  Patientin  wurde  wegen  ausgedehnter  Thrombose 
des  Sinus  sigmoideus  und  cavernosus,  wegen  Meningitis  und  Fremdkörperpneumonie  der 
rechten  Lunge  nach  rechtsseitiger  eiteriger  Otitis  media  aufgenommen. 

Aus  dem  Status  interessii-t  uns  ein  rechtsseitiger  Exophthalmus  nnd  eine  rechts- 
seitige Ptosis,  Strabismus  convergens  mit  einer  geringen  Abweichung  des  Augapfels 
nach  oben.  Die  Pupille  war  erweitert  und  starr.  Das  linke  Auge  war  normal.  Becfati 
hatte  die  Papilla  optica  ein  leicht  getrübtes  Aussehen,  links  bestand  leichte  Hjperämi«. 

Knapp  (934)  beobachtete  einen  30jährigen  Mann,  der  mit  rechtsseitigem  heftigeo 
Kopfschmerz,  Nasenbluten,  Erbrechen  und  Schüttelfrost  erkrankt  war.  Bei  seiner  Anfnahne 
im  Krankenhause  wurde  eine  rechtsseitige  Ptosis  konstatirt.  Die  rechte  Pupille  war 
sehr  dilatirt  und  reagirie  nicht  auf  Licht.  Der  rechte  Bulbus  konnte  nicht  bewegt  werden. 
Die  Sehschärfe  war  herabgesetzt ;  die  Conjunktiva  geschwollen  und  gerOthet.  Die  linke 
Pupille  reagirte  auch  nicht  auf  Licht.  Femer  war  der  linke  Bulbus  nicht  sp  bewegheh, 
wie  im  normalen  Zustand.  Die  rechte  Gesichtsseite  schien  gelähmt.  Greruch  nnd  Greschmsek 
waren  sehr  herabgesetzt. 

Bei  der  Autopsie  fanden  sich  die  Sinus  cavernosi  mit  weichen  Gerinnseln  gefUlt 
Die  Pia  war  blutig  injizirt  und  stark  infiltrirt. 

Lloyd  (935)  veröffentlichte  einen  Fall  von  Proptosis  durch  Thrombose  des  Sinus 
cavernosus,  bei  dem  sich  ein  Aneurysma  der  Carotis  interna  und  der  Arteria  basilaris 
fand  in  Folge  von  Periarteriitis  suppurativa. 

H.  Weber  (936)  berichtete  von  einem  25jährigen  Manne,  der  ein  Gesichtseryaipel 
hatte ,  dass  derselbe  9  Tage  nachher  mit  Kopfschmerzen  und  Fieber  erkrankte.  In  den 
folgenden  Tagen  traten  meningitische   Symptome  auf.     Die  linke  Seite   erschien  gelihmt, 


Die  Ptosis  bei  der  Sinusthrombose»  ^^^^"  405 

reebte  Auge  geschlossen.     Die  Pupillen  wai-en   zuerst   verengt,   erweiteren    skli   dann 
Qd  reagirteR  träge. 

Bei  der  Sektion  enthielt  der  rechte  Sinns  cavernos.  einen  grau-rothenp  wandständigen 
hronibus, 

Coupland  (9S7)  beobachtet«  bei  einem  *^ljä]irigen  Manne  am  ersten  Tage  der 
Eraakenb  au  sauf  nähme  einen  Puls  von  48,  Respiration  80  und  Temperatur  37,1.  Er  war 
chtsseitig  gelähmt;  die  Sensibilität  des  rechten  Armes  und  der  rechten  Gesichthälfto  war 
stumpft*  Die  Reflexe  in  der  rechten  unteren  Extremität  erschienen  verringert.  Es 
bestand  eine  rechtsseitige  Ptosis.  Die  rechte  Pupille  war  verengert  und  reagirte  träge 
aof  Licht:  die  linke  erweitert  und  unbeweglich.  Di©  Zunge  wich  nach  rechts  ab.  Bei  der 
Sektion  fand  sich  eine  Thrombose  des  Sinus  cavernosus,  des  Sinus  lateral,  und  der  Vena 
fo»9.  Sylvii;  ferner  zahlreiche  punktförmige  Blutungen  in  beiden  Hemisphären.  Im  linken 
Thalmus  opt.  war  eine  hnse)nu8sgros«e  Erweichung  vorhanden ;  ferner  war  der  linke  Him- 
schenkfl  erweicht,  und  von  zahlreichen  Blutungen  durchsetzt. 

Schule  (9^8)  beobachtete  ein  Gesichtseryarpel,  das  die  Wurzel  der  Nase  und  beide 
Lider  einnahm  und  zwar  so,  dass  die  oberen  Lider  so  geschwollen  waren,  daas  der  42 jähr. 
Patient  dieselben  kaum  mit  den  Fingern  erheben  konnte.  Im  Gehirn  fanden  sich  ver- 
Bchiodene  encephalomalacische  Herde,  in  welchen  mikroskopisch  ein  Mikroorganismus 
ttachgewiesen  werden  konnte. 

Eine  Thrombose  des  Sinns  cavernosns  kann  auch  in  Folge  von  infektiösen 
Prozessen  in  der  Nasenhöhle  eintreten,  wie  im  folgenden  von  Riissel  (939) 
beobacliteten  Falle, 

Ein  34 jähriger  Mann  litt  seit  längerer  Zeit  an  heftigem  Schnupfen  mit  reichlichem 
AnsflasB  aus  der  Nase,  Plützlich  bekam  er  heftige  Schmerzen  in  der  linken  Scliläfengegend 
and  Erbrechen.  Später  stellte  sich  Schüttelfrost  ein  und  Rüssel  konstatirte  einige  Tage 
nach  der  Aufnahme  im  Krankenhause:  vollständige  linksseitige  Ptosis.  Der  linke  Bulbus 
war  absolut  unbeweglich,  die  Bindehaut  injizirt,  die  Pupille  leicht  dilatirt  und  die  Horn- 
haut nnemptindlich. 

Bei  der  Autopsie  fand  man  die  Stnus  ethmoid.  und  aphenoidal.  mit  jauchiger,  fötider 
Flüssigkeit  gefüllt.  Der  linke  Sinus  cavernosus,  der  Sinus  circularis  und  die  Vena  ophthalm« 
siii.  waren  infolge  eines  Thrombus  ohliterirt. 

Von  diesen  10  mit  Ptosis  einhergegangenen  Fällen  von  Thrombose  des 
Sinns  cavernosus  müssen  3  besonders  betracbtet  werden,  da  die  Ptosis  hier 
eine  Pseudoptosis  war,  die  also  keine  Nervenläsion  darstellte,  sondern  durch 
das  Oedem  des  oberen  Lides  bedingt  wurde.  So  war  im  Falle  Bland  in  das 
rechte  Auge  so  geschwollen,  ditss  der  Patient  wahrscheinlich  deshalb  die  Lider 
nicht  bewegen  konnte.  Dasselbe  tritft  bei  dem  Falle  Lloyd  und  8cbüle  zu.  Nach 
Macewen  muss  man  im  allgemeinen  auf  2  Symptoraengrirpiien  achten,  die 
in  der  Regel  vorhanden  sind;  die  eine  beruht  auf  dem  Verschluss  des  Sinus, 
die  andere  auf  Lähmungserscheiniingen,  w^elche  durch  Druck  auf  die  Nerven 
in  der  Umgehungdes  Sinus  hervorgerufen  werden.  Zur  ersteren  Gnippe  gehört  der 
Exophthalmus,  siehe  Fig,  81,  das  Oedem  der  Lider,  Oedem  der  entsprechenden 
Seite  der  Nasenwurzel  und  Chemosis,  während  die  andere  Gruppe,  zu  welcher  die 
Ptosis,  die  Pupillen  die  Sensibilitäisstörungen ,  die  vollkommene  Unbew^eg- 
lichkeit  des  Bulbus  und  die  Sehstöningen  (Papillitis)  gehören  auf  eine  Altera- 
tion der  im  Sinus  cavernosus  verlaufenden  Nerven  hinweist,  deren  Lage  aus 
der  Fig.  69  pag;  316  ersichtlich  ist 

27* 


«6 


Die  Ptosis  bei  der  SmyRthromboae. 


In  Jen  beiden  von  Macewen  verofientlichten  Fällen  sehen  wir  Exoplh 
thalmiis,  Schwelhmg  der  Lider  und  echte  Levator  Iah  mung.  Auf  !et2t^r% 
kann  auch  daraus  geschlossen  werden,  dass  ausserdem  eine  vollständige  Ophtbl- 
moplegia  ext.  vorhanden  war,  ebenso  wie  in  dem  Knapp' sehen  Falle,  bei  dem 
sicher  auf  beiden  Seiten  der  OculomotoriuSj  Abducens  und  Trochlearis  affizirt  waren 
ausser  noch  anderen  Hirnnerven.  Im  Falle  C  o  u  p  1  a n  d  und  K  u  s  s  e  1  war  auss^^r- 
dem  noch  der  Tr  ige  minus  alterirt  und,  zwar  so,  dass  im  letzteren  Falle  dit 
Cornea^  im  ersteren  Falle  die  Konjunctiva  und  ein  Theil  des  Gesichts  uTi»'m* 
pfindlich  waren. 

Im  2.  von  Coupland  berichteten  Falle  w^ar  auch  eine  rei'htet^itur 
Hemiplegie  aufgetreten.     Letztere  dürfte  wohl  auf  einer  Hämorrhagie  in  da 

Hirnsubstanz  beruhen,  die  sich 


Fig,  81. 

W*  W,      Exopbtlmlfini^    uoil    Liclfklfm    bei    Smas- 
tliromljose. 


Thrombose  des  Sinus  cavei 
ebenso  häutig  findet^  wrie  ein  hasi 
meningi tischer  Prozess.  Wa^ 
die  spezielle  Lokalisation  betrifft 
so  ist  die  Hemiplegie  wahrscheinlid 
auf  die  Blutungen  und  Erweichung 
im  linken  Hirnschenkel  zu  beziehen 
Sehr  auftauend  erscheint^,  dass  hier 
eine  gleichseitige,  also  rechtsseitige 
Ptosis  vorlag.  Dieselbe  ist  somit 
nicht  auf  die  Hirnschenkelatfektiün 
zurückzuführen,  sondern  wahrschein- 
lich auf  die  Thrombose  im  Sinus 
cavernosus. 

10.  Die  Ptosis  nach  Traumen. 

Die  Einwirkungen  von  Tr 
men  auf  die   Augenmuskeln 
haupt  und  in  specie  auf  den  Levati 
lassen  sich  am  zweckmässigsten  in 
folgende  SHaupt-Gmppen  theile 


L 


U 


Traumen,  welclie  direkt   die  Sehne  des  Levator  oder  diesen  seil 
mit  seinem  orbitalen  Nervenaste  verletzen. 


Liisianen  der  Umgehung  des  Lerator  palpebrae  und  deren  Folgt»- 
jEiistaiide,  woduridi  die  Leistungsfähigkeit  dieses  sonst  nicht  direkt 
betroffenen  Mnskels  heeinträclitigt  wird. 

IIL  Liisionen  der  Nervenleitung  des  Levator  im  Oeulomotonnsstamn 
In  seinem  Wurzel-,  Kern*  und  eortiealen  Ursprungsgobiele. 


I 


EfklÄrung  der  Figur  82. 

1  Haut  des  oberen  Aiigeiilidea ;  2,2  Miisc.  orbicoL  piilpebr. ;  3  Fasern  palppbr,  stip, ; 
-4  Rand  de$  8tlrnbeiDe ;  5  Tursus  superior^  M':heiLiatiäch  ÄbjLtegrtmzt,  Muse.  levAtor  palpebr.  super.; 
6a  dpsseti  lfnupts«hne,  welc^he  sich  ?.wjsfhen  Taröuö  yotl  Muse  orbii-utttri»  ausbreitet;  6  6  der 
glatte  M,  jHilpi^bralis  gup. :  6  c  vereitiii^er  Eur  Coojunctiva  KirlieDder  FiiscIeD -Zipfel  de^  M.  Icvii^tr 
palpebTae  und  de>  Muac.  rt-t*tus  siipenor;  7  ^1.  rectu**  soppr  ;  8,8  Tenou^sche  Fasde ;  9  S^hne 
des  M»  rectus  superior,  dureh  den  Teuori'schen  Kaum  ?Jidiend  ;  10  Abgrenzung  des  iuneren  Orbitiil- 
fettps ;  11  g€gpo  den  »upravajj^iaalen  Kaum  12;  13  Muse  rt'Ctus  inferior;  13  a  sein  Fiisuieu^iplel 
mm  uuttTeu  Augenlid:  14  Qüersthuitt  den  Muse,  obliq.  infer ;  15  Haut  des  unteren  Augenlids; 
16  Tarf^us  infer.  Äeh<*miitisdi  nbgegrenjct ;  17  FBstia  paljKjbr.  infer. ;  18,  18  PtTiorbiiii;  19,  20 
Fomix  Conjuort.  a  Sehnerv;  i»  Gltuikörper ;  rLinsfe;  d  Hornbaut  Vertikaler  Diirelj!>chnitt  durch 
den  Augapfel  und  die  Orbjia  in  der  Rii.htung  der  tJrbitaJaclist?    bei  geschloüsener  LidspaJte   nach 

Schwftlbe. 


geschlossen  gehalten  und  dadurch  die  Miiskelsiibstanz  desselben  mehr  nach 
Torn  gebracht  worden  war  (siehe  Fij.^  82) ,  oder  dass  ein  stumpfer  oder 
schneidender  Gegenstand  zwischen  Orbitaldach  und  Muskel  gegen  den  letzteren 
geführt  wurde,   resp.  dass  ein   Projektil  denselben  zersclimettert   liatte.    An 


406  Die  Ptosis  nach  Traomen. 

dem  pag.  416  zu  erwähnenden  Falle  Reich  (841)  sehen  wir,  dass  penetrirend» 
Orbitalverletzungen,  welche  ihren  Weg  durch  das  Unterlid  nehmen,  den  LeTat« 
meist  gar  nicht  direkt  gefährden,  weil  derselbe  dem  Dache  der  Orbiti 
zunächst  und  damit  am  entferntesten  von  der  Einstichöffnung  gelegen  ist 
Man  könnte  sich  auch  eine  Quetschung  des  Levator  dadurch  hervorgebracht 
denken,  dass  ein  von  vom  gegen  das  Auge  geführter  Stoss  den  Bulbus  plöt^ 
lieh  in  die  Augenhöhle  zurückdrängen  würde,  und  der  so  komprimirte  Orbital- 
inhalt wieder  den  Levator  gegen  das  Orbitaldach  presste,  oder  auch  dass 
durch  die  Formveränderung  des  elastischen  Schädels  das  Orbitalfett  unter 
Einwirkung  das  Traumas  komprimirt  werde,  und  dadurch  die  Muskeb  und 
Nervenäste  eine  Quetschung  erfahren.  Ganz  in  dem  gleichen  Sinne  könnte 
auch  ein  in  die  Orbitalhöhle  gedrungenes  Projektil  eine  Quetschung  des 
Levators  resp.  seiner  orbitalen  Nervenstämmchen  zur  Folge  haben. 

Die  durch  direkte  Einwirkung  einer  stumpfen  Gewalt  auf  das  Oberlid 
etwa  durch  einen  Faustschlag  auf  das  Auge,  hervorgerufene  Ptosis  ist  zum 
Theil  die  Folge  einer  Quetschung  der  kleinen  Oculomotoriusästchen  in  der 
Muskelsubstanz  des  Levator  selbst,  zum  Theil  beruht  sie,  und  zwar  nach 
penetrirenden  Wunden,  auf  direkter  Durchtrennung  des  Muskels  resp.  seines 
Ansatzes  am  Tarsus  des  Oberlides  und  der  im  Muskel  verlaufenden  Xerven- 
zweige.  Meist  wird  dabei  die  Ptosis  noch  verstärkt  durch  das  in  das  lockere 
epitarsale  Gewebe  ergossene  Blut,  wodurch  die  Schwere  des  alsdann  beutelförmig 
aufgetriebenen  Lides  noch  vermehrt  wird. 

Bei  einer  durch  Einwirkung  stumpfer  Gewalt  auf  das  Auge  bewirkten 
Ptosis  ohne  Blutung  ins  Gewebe,  und  namentlich  ohne  Erscheinungen  einer 
Basalfraktur  oder  anderweitiger  cerebraler  Symptome,  vielleicht  nur  bedingt 
durch  einen  leichten  Stoss  oder  z.  B.  durch  einen  angeschlagenen  Schneeball, 
hat  man  jedoch  immer  zu  bedenken,  dass  durch  den  das  Trauma  begleitenden 
psychischen  Shock,  namentlich  bei  nervösen  Individuen,  eine  Ptosis  rein- 
funktionell  nervöser  Natur  (Ptosis  liysterica)  erzeugt  worden  sein  könnte,  welche, 
entweder  für  sich  allein  bestehend,  die  einzige  Folge  dieses  Traumas  dar- 
stellen, oder  doch  die  Wirkungen  der  in  der  That  vorhandenen  organischen 
Läsion  nach  Intensität  und  Dauer  der  Erscheinungen  noch  vermehren  möcht«. 

Die  direkten,  das  Lid  und  den  Levator  durchsetzenden  Verletzungen 
sind  nur  selten  die  Folge  der  Einwirkung  von  Waffen. 

So  berichtet  Straub  (829)  über  2  Fälle  von  Verletzung  der  linken  Augenhöhl« 
durch  Bajonnetstich.  Im  ersten  Falle  war  das  Bajonnet  unter  spitzem  Winkel  latenü  in 
die  Fissura  orbitalis  superior  eingedrungen.  Es  bestand  vollkommene  exteriore  und  inte> 
riore  Ophthalmoplegie,  sowie  Blindheit  infolge  Zerreissung  der  Bewegangsnerven  des  Angea 
und  des  Sehnervs. 

Im  zweiten  Falle  war  eine  retrobulbäre  Blutung  aufgetreten,  zugleich  war  vorüber- 
gehende Anämie  der  Netzhaut,  Blindheit,  Verletzung  der  Sehnerven,  der  Arieria  Ophthal- 
mica,  des  Nervus  abducens  und  Oculomotrius  festzustellen. 

Selwyn  (915)  beobachtete  bei  einem  4jährigen  Knaben  eine  3*/*  Zoll  tiefe  Wunde 
dicht  unter  dem  oberen  Augenhöhlenrande  der  rechten  Seite  infolge  eines  Messerstiches. 
Nach  dem  Herausziehen  folgte  etwas  Gehirnmasse  nach.  Bei  geringen  Zufällen  and 
exspektativer  Behandlung  heilte  die  Wunde  binnen  6  Wochen.     Aber  noch  17  Jahre  dartof 


Hcan. 


Die  Ptosis  nach  Traumen.  409 

ar  der  rechte  Bulbus  ganz  blind  und  daa  obere  Lid  gelähmt.  Die  übrigen  Sinnea- 
ne  und  das  Allgemeinbefinden  waren  gut,  doch  behielt  der  Jüngling  ein  schwacheB  Ge- 
chtniss  und  blieb  unfUbig  zu  geistiger  Thätigkett. 

Viciano  {826)  erzählt  einen  Fall»  bei  welchem  durch  einen  Degenstosa  nur  eine 
etrirende  Wunde  der  Augenhöhle  linkerseits  an  der  Grenze  des  inneren  Drittels  und  der 
ei  äoöseren  Drittel  des  Oberlides  entstanden  war.  Es  fand  sich  eine  Ptosis,  sowie 
e  Diplopie  im  Sinne  des  Rectus  superior, 

Ln  diesem  Falle  hatte  also  oftenbar  die  Degenspitze  den  Baucli  des 
icht  über  einander  liegenden  Levator  und  Rectus  superiur  resp,  den  gemein- 
men  Fascienzipfel  durchstossen. 

Was  die  Hiebwunden  anbetrifft,  so  berichtet  Ribes(916)  über  einen 
ihr  interessanten  Fall. 

Ein  junger  Mnnn  erhielt  eine  Hiebwunde  am  Kopfe,  welche  sich  schräg  von  der 
oberen  Partie  der  linken  Schliifengrube  Über  die  Nasenwurzel  hinweg  zur  rechten  Foasa 
^canina  erstreckte.  Die  Haut,  die  SchiHfenzweige  des  N.  facialis,  der  M,  auricul.  ant.,  ein 
[Theil  des  Schl&fenmuskels,  des  Orbicul.  pftlpebr.,  des  M,  corrngator  supercilior,  der  Stim- 
des  N.  sapraorbitalis  und  die  betroffene] e  Arterie  waren  getrennt  und  hingen  auf  die 
"Wange  herab.  Dui-ch  die  entstandene  Oeffnung  konnte  man  zugleich  die  Bewegungen  des 
Bulbus  und  des  Gehirns  sehen.  Gehirn  und  Bulbus  schienen  gesund.  Der  M,  levator 
palpebrae  war  aber  in  seiner  Mitte  durchschnitten,  sodass  sich  das  äussere  am 
Lide  sitzende  Knde  niit  in  dem  herabgescblagenen  Lappen  befand.  Nach  6  Wochen  Heilung, 
aber  daa  Äuge  blieb  bliud  und  das  obere  Lid  nnbe weglieh. 

Auch  beim  Säbel-  und  Rapier  fechten  tritt  dann  und  wann  einmal  eine 
Augen  Verletzung  auf,  wie  in  einigen  noch  später  zu  erwähnenden  Fällen. 
Häutiger  werden  die  Verletzungen  des  Levator  bedingt  durch  einen  Stoss 
mit  einem  Stock  oder  Regenschirm,  oder  durch  das  Hom  eines  Ochsen  oder 
einer  Kuh. 

Bei  einem  Falle  Viciano'a  (826)  nach  einem  Stoss  mit  einem  Regenschinne  gegen 
das  rechte  Auge  fand  sich  eine  Ptosis,  sowie  eine  Narbe  des  Oberlides,  ausserdem  eine 
solche  der  Scleralbindehnut  mit  Äbreissung  der  Insertion  des  Rectus  internus, 

Garrard  und  Snell  (827)  beobachteten  nach  einer  Stichverletzung  des  oberen 
Lides  durch  eine  Steckspitze  totale  Oculomotoriust&hmung  und  t?  eh  nerven  at  top  hie. 

In  diesem  letzteren  Fall  war  oö'enbar  der  Stamm  des  Oculoniotorius  zu- 
gleich Ulli  dem  SehneiTen  durch  die  Stockspitze  diirchtrennt  worden. 

Eitrene  Beobachtung:  Ein  22 jfthnger  Mann,  R  E.  wurde  ins  Krankenhaus  wegen 
Blutsturz  nach  Ulcus  ventriculi  gebracht.  Als  Nebenbefund  fand  sich  eine  Ptosis,  welche 
deit  seinem  5.  Lebensjabre  bestehen  soll.  Ein  Mann  habe  ihm  damals  mit  einem  Stock 
ins  Auge  gestossen.  Das  Unke  Oberlid  bedeckt  Zweidrittel  der  Pupille.  Der  linke  Fron- 
talis in  leichter  Contmctionsstellung. 

Kern pn er  (834)  berichtet  von  einem  25jährigen  Fleischer,  welcher  von  eiaem 
scheu  gewordenen  Ochsen  mit  dem  konvexen  oberen  Theile  des  Horns  gegen  den  oberen 
inneren  Orbitalrand  und  den  inneren  Augenwinkel  des  rechten  Auges  gestossen  worden 
war.  Als  einziges  Eesiduum  blieb  nach  Heilung  der  Wunde  und  Rückgang  der  Lidschwell- 
ting  eine  Ptosis  zurück. 

Aetiologisch  interessant  ist  folgende  Beobachtung  Cooper's  (917)* 

Die  Tochter  eine«  Kutschers  hatte  einen  sehr  stjarken  Wolfsbund  gelieb  kost  und 
dieser  hatte  nach  ihr  gescbnnppt.  Der  Eckzahn  des  Hundes  war  durch  das  linke  Oberlid 
nahe  dem  inneren  Winkel  eingedrungen,  hatte  die  Integumente  nach  aussen  gedreht,  so- 
dass daa  Zellgewebe  in  der  Tiefe  blosslag^  der  M.  levator  palpeb.  war  vollständig,  aber 
«nregehnässig   getrennt,    wobei    der    untere  Tbeil    vom  Augenlid   herabhing.     Einige    Zeit 


ä 


410  -Die  Ptosis  nach  Traaroen. 

nachher  fand  Gooper  eine  komplete  Ptosis  des  oberen  Lides.  Am  oberen  ineni 
Homhaatrande  eine  Wnnde  mit  Iris  verfall. 

Auch  durch  einen  Fall  gegen  einen  spitzen  Gegenstand  kann  eine 
traumatische  Ptosis  bedingt  werden.  Aetiologisch  dürfte  in  dieser  Hinsidit 
folgende  Beobachtung  von  Zimmermann  (811)  Interesse  bieten. 

Ein  37  jähriger  Mann  fiel  zu  Boden  und  stiess  sich  seinen  ledernen  Mützensdum 
durch  das  obere  Lid  in  die  Orbita.  Es  traten  Ptosis,  Beweglichkeitsbesehränkung  naek 
aussen,  oben  und  nach  unten  auf;  die  Pupille  wurde  weit.  3  Tage  nach  der  Veiletmg 
war  die  Papille  getrübt,  und  es  bestand  eine  weissliche  NetzhauttrQbung,  wie  bei  der  EmboÜi 
der  Arteria  central,  retinae.  Nur  wenige  GefAsse  waren  sichtbar.  Ks  worden  Netikiii> 
blutungen  konstatirt.  Es  entwickelte  sich  ein  Exophthalmus;  Ptosis  und  L&hnmng  dv 
Rectus  super.,  sowie  gleichzeitige  Amaurose  blieben  bestehen. 

Hier  hatte  offenbar  die  spitze  und  scharfe  Ecke  des  Mützenschirms 
den  Levator  und  Rectus  superior  durchschnitten  und  mit  Zerreissung  des 
Nervus  opticus  kurz  hinter  dem  Bulbus  Blindheit  erzeugt. 

Im  Falle  Johnson's  (832)  wurde  bei  einem  14jährigen  Knaben  mit  einer  Wimde 
am  oberen  Lide,  mit  Ptosis  und  Exophthalmus,  das  Stück  eines  Astes  ans  der  Augenhökk 
entfernt. 

Auch  die  Schussverletzungen  liefern  einen  grossen  Bruchtheil  aller 
Fälle  von  Ptosis  nach  direkter  Durchtrennung  des  Levator  palpebrae.  Sehr 
häufig  nimmt  nämlich  bei  Selbstmördern,  zufolge  unzweckmässiger  Führung  des 
Laufes,  die  Kugel  ihren  Weg  durch  eine  oder  beide  Orbitae.  So  erzahlt 
Gottberg  (812)  folgende  Fälle: 

Ein  24jähriger  Mann  schoss  sich  mit  einem  Revolver  5  cm  nach  aussen  vom  link« 
Lid  Winkel  in  der  Höhe  des  oberen  Orbitalrandes  in  die  Schlafe.  Die  Kugel  drang  durch 
beide  Augenhöhlen  und  trat  im  äusseren  Theile  des  rechten  oberen  Lides  wieder  ans. 

Ein  anderer  28  jähriger  Mann  schoss  sich  3,5  cm  nach  aussen  vom  rechten  Orlntil- 
rand  in  die  Schläfe.  Es  bestand  Ptosis  des  rechten  oberen  Lides,  der  Bulbus  war  oAck 
aussen  und  unten  abgelenkt,  die  Pupillen  ad  maximum  erweitert. 

In  Scheidemann's  Beobachtung  (830)  draug  die  Kugel  durch  die  rechte  Oriite 
und  den  v^orderen  Abschnitt  des  linken  Frontallappens.  Rechts  Ptosis,  Bewe^cUutt 
nach  allen  Seiten  fast  aufgehoben  bis  auf  die  Adduktion. 

In  einem  anderen  Falle  desselben  Autors  ging  der  Schnss  durch  die  rechte  Scidifi. 
£s  trat  Erblindung  auf.    Es  bestand  Ptosis  und  der  Bulbus  war  nach  aussen  rotirt 

Eigene  Beobachtung:  R.  6.  17  Jahre  alt,  einer  neuropathisch  schwer  belaiteteB 
Familie  entstammender  Kellner,  schoss  sich  mit  einem  Revolver  in  die  rechte  Schläfe  5  ea 
oberhalb  des  rechten  Ohres.  Patient  wurde  bewusstlos;  die  Augenlider  waren  stari^  gt- 
schwollen  und  blutunterlaufen.  Nach  Ablauf  der  Schwellung  und  Sugillation  wurde  reckli 
totale  Ptosis,  absolute  Accoromodations-  und  Pupillenlähmung  konstatirt.  Die  Funktion  des 
m.  rectus  extern us  war  normal,  die  des  internus  sehr  schwach.  Sonst  L&hmnng  aller  B«l- 
busmuskeln.  Opbth.  Befund,  Gesichtsfeld,  Farbensinn  normal.  Sehschärfe  rechts  =  *«. 
links  normal. 

Es  kann  aber  aucli  eine  Schussverletzung  zu  Zersplitterung  des  Orbital- 
daches führen,  wobei  der  unter  demselben  gelegene  Bauch  des  Musculus  Levator 
der  Verletzung  durch  Knochenfragmente  ausgesetzt  wird,  wie  im  Falle 
Koch's  (831). 

Revolverschuss  in  die  rechte  Schläfengegend.  Der  rechte  Bulbus  stark  Yoigedriagt 
und  unbeweglich,  das  Sehvermögen  erloschen.    Nach  Abtrennung  des  ganxen  oberen  AugiB- 


w. 


} 


Die  Ptosis  nach  Tmumen.  ^^^^H  411 

toUenrandes    zeigte    »ich    das   Orbitaldacb   m    viele    Splitter    zertrümmert,   die    eutferut 
werden  mussten. 

Währemi  derartige  Verletzungt^n  des  Levators  reepekt.  seiner  orbitalen 
ervenäste  kaum  zu  diagnostischen  Bedenken  Veranlassung  geben,  und  abge- 
sehen von  den  intraocularen  Erscheinungen,  meist  nur  von  rein  chirurgischem 
Interesse  sind,  verhalt  sicli  die  Sache  schon  anders  bei  der  folgenden  Gruppe 
traumatischer  Lähmungen  des  Oberlides. 


IL  liäsianen  der  Umgebung  des  Levators  iiutl  üire  Folgezustliude,  weleiie 
die  Leistutifsfliliigkeit  dieses   sonst  nicht  direkt    betruffeiien  Muskels  be- 

eiiiträchtigfeii. 

Die  dahingehörigen  Einwirkungen  auf  den  Levator  theilen  sich  wieder 
in  folgende  2  Gruppen: 


R)  die  Vermehrung  der  Lidschwere  durch  unter  die  Haut  desselben 
ergossenes  Blut. 
§  193,    So  können  Kontusionen  der  Stimhaut  durch  das  vor  der  Fascia 
arsoorbitalis  in  das  episcierale  Gewebe  hinein  sich  senkende  Blut  eine  solche 
|l*    Schwere  des  Überlides  erzeugen,    dass  die  durch  Kontraktion  des  FrontaliSj 
f     noch  verstärkte  Wirkung  des  normal  gebliebenen  Tonus  des   Levator  nicht 
ausreicht,    auch   nur  um  ein  kleines  das  beuteiförmig  aufgetriebene  Oberlid 
^     zu  heben. 

Die  Stirnhaut  ist  mit  der  Aponeurose  des  ÄL  frontalis  sehr  fest  ver- 
wachsen, dagegen  die  Hinterfläche  dieses  Muskels  mit  dem  Pericranium  nur 
durch  lockeres  Zellgewebe  verbunden,  letzteres  aber  steht  mit  dem  subcutanen 
Zellgewebe  der  Lidhaut  in  unmittelbarem  Zusammenhang.  Daher  kommt  es, 
dass  Kontusionen  der  Stirnkaut  gewöhnlich  nur  einen  genau  umschriebenen 
Bluterguss  (eine  s.  g.  Beule)  dann  zur  Folge  haben,  wenn  nur  die  zwischen 
Haut  und  Muskel  liegenden  Geilisse  zerrissen  sind,  dass  aber  auch  in  anderen 
Fällen,  wenn  die  Blutgefässe  zwischen  Muskel  und  Pericranium  gesprengt 
wurden,  die  Sugillation  sich  ausbreitet  und  durch  die  äussere  Haut  des 
oberen  Lides  durchschimmert.  Die  Weiterverbreitung  dieses  Blutes  bis  zur 
Conjunctiva  des  Bulbus  wird  durch  die  Fascia  tarso  orbitalis  (siehe  Fig.  82s} 
gehindert.     Zander  und  Geissler  (1.  c.  pag.  408). 

b)  durch  Erguss  von  Blut  in  die  Orbitalhöhle  und  dadurch  aus- 
geübten Druck  auf  die  Muskelsubstanz  des  Levators  selbst,  oder  auf 
den  ihn  versorgenden  Nervenast. 
§  194.  Das  in  die  Orbitalhöhle  ergossene  Blut  durchsickert  das  Fettgewebe 
derselben  und  gerinnt.  Hat  nun  eine  grosse  Menge  Blutes  die  Muskeln  und 
Nerven  umhüllt  und  in  seine  geronnene  Masse  eingeschlossen,  so  wird  schon 
durch  diesen  Umstand  allein  der  Bulbusbewegung  und  Levatorfunktion  ein 
mechanisches  Hinderniss  bereitet.  Verstärkt  wird  dasselbe  noch  durch  die  Streck- 


412  Die  Ptosis  nach  Traumen. 


I 


ung  der  Muskeln  beim  gleichzeitig  vorhandenenExophthalmus,  ein  Zug,  welcher  ji 
auch  wegen  des  Fascienzipfels  (Fig.  82  6  c)  auf  den  Levator  mit  übergeht  Ferner 
werden  durch  das  geronnene  Blut  die  Nervenäste  gedrückt ,  und  dies  um  n 
mehr,  je  dünner  sie  sind.  Ein  weiteres,  den  intraorbitalen  Druck  vermehreiida 
Moment  beruht  in  der  gleichzeitig  vorhandenen  mehr  oder  weniger  stul 
ausgeprägten  Stauung  im  orbitalen  Venengebiete  und  in  der  Dmckvermehnag 
durch  die  Pulswellen,  welche  von  der  Carotis  intern,  aus  durch  die  Arterii 
ophthalmica  in  die  Augenhöhle  hineingetrieben  werden. 

Die  Blutung  in  die  Orbita  aber  kann  wieder  zweierlei  Ursache  haben, 
indem  sie  a)  die  Folge  lediglich  einer  Zerreissung  der  Orbitalgefasse  (nuk 
penetrirenden  Wunden  oder  auch  ohne  solche)  darstellt;  ß)  oder  von  einer 
Blutung  aus  einem  Riss  der  Orbitalwand  herzuleiten  ist. 

§  195.  Dass  ein  in  die  Orbita  gestossenes  Instrument  neben  eventueller 
Schädigung  der  Muskeln  und  Nerven  auch  eine  Reihe  von  Orbitalgefassen  zer- 
reissen  wird,  liegt  auf  der  Hand.  Eine  dadurch  bedingte  Orbitalblutung  kum 
aber,  selbst  wenn  der  Stichkanal  fern  vom  Verlauf  des  Levator  geblieben  war, 
dennoch  durch  Kompression  diesen  Muskel  vorübergehend  lähmen,  wie  in 
in  den  folgenden  Beobachtungen. 

Valentini  (918)  erzählt  folgenden  Fall: 

Ein  Soldat  hatte  infolge  einer  Verletzung  der  Orhita  mit  einer  Degenspitse  sofoit 
das  Sehvermögen  verloren.  Eine  Stunde  später  waren  die  Lider  stark  geschweDt,  üi 
Gonjunktiva  hlutig  suifundirt.  Einige  Linien  vom  Homhantrande  sah  man  eine  feine  Stick- 
wunde in  der  Bindehaut,  durch  welche  man  zwischen  Sclera  und  Bindehaut  ^■s "  tief  vmA 
der  inneren  Orhitalwand  hin  eindringen  konnte.  Der  unverletzt  gebliebene  Bnlbns  wir 
erheblich  aus  der  Augenhöhle  hervorgedrängt  und  vollkommen  unbeweglich. .  Papille  atair 
und  reaktionslos.  Die  ophth.  Untersuchung  ergab  die  brechenden  Medien  dorchaiekfig, 
die  Arterien  der  Netzhaut  dOnn,  blutleer,  die  Venen  geschwollen,  schwarzen  Striii|a 
gleichend,  die  Papilla  nervi  optici,  wie  bei  der  Neuritis  optica,  stark  geröthet  and  geschwellt, 
ausserdem  Netzhauthämorrhagien.  Während  der  Heilung  begann  zuerst  der  M.  rNtn 
nternus,  dann  beide  obliqui,  dann  die  M.  recti  inferior,  und  snper.  und  endlich  der  IL 
rectus  extemus  sich  zu  kontrabiren,  so  dass  nach  6  Wochen  die  Beweglichkeit  des  Ang^ifeb 
wieder  hergestellt  war.  Nachdem  sich  der  M.  obliquus  inferior  wieder  bewegte,  fing  aack 
die  Pupille  wieder  an  sich  zu  kontrabiren.  Erst  14  Tage  später  wurde  auch  der  Levttor 
wieder  thätig,  das  Auge  blieb  aber  blind. 

Hübsch  (919)  sah  einen  türkischen  Rekruten,  der  sich  beim  Laden  des  Gewehitt 
das  Bajonnet  2"'  unterhalb  des  rechten  unteren  Lides  eingestossen  hatte.  Schwellong  des 
Lids,  Protrusio  bulbi.  Die  eingeführte  Sonde  gelangte  hinter  den  Bnlbas  in  die  OiMal- 
höhle.  Im  Verlaufe  einer  Woche  heilte  die  äussere  Wunde,  aber  die  Lähmung  der  Aoga- 
muskeln  und  des  Lidhebers  blieb  bestehen.  Später  stellte  sich  dann  die  Beweglichkeit 
des  Lidhebers  wieder  her.  Das  Auge  blieb  blind.  Die  am  Boden  der  Orbita  hingieitenie 
Bajonnetspitze  hatte  den  Opticus  getrennt  und  die  andern  Muskeln  resp.  deren  Nerreniiti 
lädirt  mit  Ausnahme  des  Levator. 

G  all  US  (814)  beobachtete  einen  Studenten,  welcher  beim  Fechten  einen  Stoas  mit 
dem  Rapier  durch  die  Maske  bekommen  hatte.  Die  Eingangsstelle  in  die  ConjonktiTS  bdhi 
war  innen  oben.  Es  entwickelte  sich  Amaurose ,  totale  Oculomotorioslähmang  oad  Ex- 
ophthalmus auf  der  Seite  der  Verletzung.  Die  Papille  blasste  ab  bei  stets  normaler  GeftM* 
füllung,  und  es  war  nach  Verlauf  von  3  Wochen  deutliche  Atrophie  der  Sehnerren  tot 
banden.  Die  Wunde  war  aseptisch  geheilt,  und  die  Ocalomotoriaslähmung  hatte  mk 
langsam  aber  yoUständig  wieder  zurückgebildet. 


Bie  Ptosis  bei  Traumen.  ^^^HV  41B 

D*Oeiich  (815)  sah  nach  einer  oWrflüchlicben  Verwundung  des  Lids  eine  Lähmung 
des  Abducens  und  des  Oculomotorius  eintreten,  welche  sich  nur  ganz  allmählich  im  Ver- 
laufe 700  2  Monaten  wieder  verior* 

Lawson  (835)  erzälilt,  dass  hei  einem  Kinde  ein  Holzstäck  in  die  Orhita  einge- 
drangen  sei»  welches  totale  Erblindung  des  betreffenden  Auges  und  LÄhmung  sämmtlicher 
ßulbusrauskeln  verursacht  hatte.     Letztere  schwand  nach  der  Extraktion  des  Fremdkörpers. 

PJayne  (920).  Eio  lljiihriger  Knabe  erhielt  einen  Scbrotscbusa  ins  Gesicht.  Ein 
Schrotkom  hatte  das  obere  Lid  im  Niveau  der  Deckfalto  gerade  Über  dem  oberen  Thrllnen- 
pnnkt  durchbohrt.  Nach  4  Tagen  kenntatirte  man,  dass  das  Auge  stark  nach  aussen  abgelenkt 
war  und  dasö  ea  nur  bis  zur  Mittellinie  nach  einwärts  bewegt  werden  konnte.  Nachdem 
»ich  die  Schwellung  des  oberen  Lides  verloren ♦  sah  man,  dass  dasselbe  gelähmt  und  die 
Papille  etwas  weiter  war,  als  die  des  gesunden  Auges.  Das  Doppel tsehen  war  bedeutend» 
Binnen  5  Wochen  hatte  sich  die  Geradeste  11  ung  des  Auges  wieder  eingestellt,  und  die 
Ptosis  des  oberen  Lides  war  geschwunden. 

Vessely  (828)  berichtet»  dass  beim  Säbelfechten  eine  Verletzung  der  rechten  Augen- 
höhle mit  dem  Säbel  stattgefunden  hatte.  Derselbe  sei  vom  oberen  Augenhöblenrand  durch 
dfts  Lid  eiagedrungen.  Die  rechte  Stirnhälfte  war  leicht  unempfindlich.  Die  Bewegungen 
des  Auges  fehlten;  die  Netzbaut  war  grau-bläulich,  d\e  Papille  weiss,  ihre  Rflnder  ver- 
schwommen ^  die  Arterien  in  der  Form  von  dQnnen  Streifen,  die  Venen  bedeutend  ver- 
sehmülert  sichtbar.    Später  soll  f^tch  die  Beweglichkeit  des  Auges  wieder  hergestellt  haben. 

8nell  und  Gar  rar  d  (827)  beobachteten  einen  7j&hrigen  Knaben,  der  sich  beim 
Fallen  mit  einem  Stock  das  linke  Oberlid  gerade  tiber  dem  Orbitalrand  verletzt  hatte.  Es 
folgte  vollkommene  Oculomotonuslähmung,  welche  langsam,  aber  v&llig  wieder  verschwand, 
und  später  Abblassung  der  Papille  mit  Herabsetzung  der  Sehschärfe. 

5i  196.  Die  reinen  Orbitaiblutungen,  also  die  weder  durch  eine  Fraktur 
der  Orbitalwände j  noch  durch  eine  penetrierende  Wunde  erzeugten  Hämor- 
I  rhagien,  kunimen  dadurch  zu  Stande,  dass  bei  einer  gewaltsamen  Form- 
I  Veränderung  des  elastischen  Schädels  die  mit  dem  Trauma  verbundene 
yuetscliong  des  Orbitalfettes  auch  zu  Zerreissungen  der  Ürbitalgetasse  führt, 
selbst  wenn  das  Orbitaldach  unverselirt  geblieben  und  etwa  nur  die  hinteren 
Schädelgruben  gebrochen  sind.  Ebenso  ist  es  feststehend,  dass  grössere  Blut- 
ergüsse sich  aus  einem  Spaltraume  durch  Oefiisslücher  und  Lücken  in  der 
Fascie  in  die  Gewebe  hinein  arbeiten  können.     Bergmann  (836). 

Auch  ist  zu  berücksichtigen ,  djiss  durch  ein  Trauma  ein  bis  dahin 
latent  gewesenes  Aneurysma  der  Arteria  ophthalmica  zum  Bersten  gebracht 
werden  kann,  wie  in  der  folgenden  Beobachtung  von  Ritter  (837)» 

Derselbe  demeustrirte  das  Präparat  von  eiucr  au e urys in a tische n  uod  geborstenen 
Arteria  ophtbalmica.  Dasselbe  stammte  von  einem  77jjihngen  Maune,  welcher  an  einer 
rasch  total  gewordenen  Augenmuskelläli mutig  des  linken  Aiige&  erkrankt  war.  Das  Coa* 
galmn  aaaa  theils  in  der  Augeü-p  theilä  in  der  8chädelhü]ile. 

§  197.  Die  direkten  oder  indirekten  Frakturen  der  Orbitalwände  sind 
entweder  Theilerscbeinungen  einer  Schädelbasisfraktur  im  allgemeinen,  oder 
sie  sind,  bei  isolirtem  Vorkommen,  meist  die  Folge  eines  Traumas  gegen  den 
oberen  Orbitalrand,  selbst  wenn  keine  oder  eine  kaum  nennenswerthe  äussere 
Wunde  sichtbar  ist  Während  nun  für  die  Frakturen  der  Schädelbasis  im 
allgemeinen  Blutungen  aus  Xase,  Ohr  und  Mund  massgebend  sind,  müssen 
wir  bei  der  lUagnose  der  Orbitalblutungen  zufolge  einer  Fraktur  des  Orbital- 
daches folgende  Erscheinungen  berücküichtigen.    Alle  Orbitalfrakluren  ergiessen 


414  Die  Ptosis  Dach  Traumen. 


I 


ihr  Blut  in  die  Orbita,  weil  mit  ihnen  auch  immer  die  Periorbita,  das  Periwt 
der  Augenhöhle,  zerrissen  ist.  Nur  die  feinen,  dicht  zusammenliegendea 
Fissuren  bluten  nicht  oder  nur  wenig,  oder  setzen  nur  eine  kleine  Bhitiog 
zwischen  Periost  und  Knochen.  Meist  tritt  bei  Orbitalblntung  wegen  Bam- 
vermehrung  des  Orbitalinhaltes  ein  Exophthalmus  auf,  wiewohl  das  FeUa 
desselben  nicht  gegen  eine  Orbitalfraktur  und  namentlich  nicht  gegen  eise 
Orbitalfissur  spricht.  Das  Blut  kann,  sofern  die  Periorbita  nicht  mit  zerreiat, 
zwischen  ihr  und  dem  Knochen  liegen  bleiben. 

So  berichtet  Potemski  (838)  über  folgenden  Fall.  Derselbe  beobachtete  mm 
Bruch  des  Scheitelbeins,  der  sich  auf  daa  Dach  der  Orbita  fortgesetzt  nod  betriekÜite 
Exophthalmus  zur  Folge  hatte.  Die  Sektion  ergab ,  dass  das  Periost  der  AngeBbSkli 
nicht  wie  bei  den  bisher  veröffentlichten  Fällen  mit  eingerissen,  sondern  durch  dieBfateg 
nach  Art  eines  Hämatoms  abgelöst  und  vorgedrängt  war. 

Fletsch  er  (839)  erzählt  von  einem  Schmied,  welcher  nach  einem  Schlag  auf  dv 
rechte  Stirnbein  vollständige  rechtsseitige  Oculomotoriuslähmung  acqoirirt  hatte.  Di- 
neben  bestand  Stimkopfschmerz ,  melancholische  Verstimmung  u.  s.  w.  Ein  halbes  Jikr 
später  wurde  am  rechten  Stirnbeine  trepanirt,  wonach  ein  Riss  im  Orbitaldache  aichttir 
wurde;  die  Dura  war  mit  gelblicher  Flüssigkeit  bedeckt,  die  entleert  wurde.  Nachte 
Operation  schwanden  die  erwähnten  Erscheinungen,  nur  die  rechte  Papille  blieb  noch  water 
als  die  linke. 

Das  in  die  Orbita  ergossene  Blut  sickert  durch^s  Orbitalfett  nach  vorne 
und  erscheint  dann  als  Ekchymose  im  unteren  Theile  der  Konjunktiva.  Da 
aber  die  die  Orbita  nach  vom  abschliessende  Fascia  orbitalis  nicht  absolut 
undurchgängig  ist,  so  erscheint  das  Blut  neben  der  Bindehaut  auch  in  den 
Lidern  und  namentlich  im  Unterlide  zunächst  dem  Orbitalrande. 

Als  Beispiel  möge  folgende  Beobachtung  von  Silex  (816)  gelten:  Stoss  mit  to 
Gegend  des  rechten  Thränenbeins  gegen  eine  emporstehende,  stumpfe  £iseiistange.  Reckti 
Ptosis,  Ophthalmoplegia  interior  und  exterior.  Amaurose.  Ophthal.  Bef.  anfangs  DOfsai, 
später  Atrophie  des  rechten  Opticus.  Nach  einigen  Tagen  traten  am  Unterlid  SogillttioiMi 
auf.  Nach  2  Monaten  waren  alle  Lähmungserscheinungen  mit  Ausnahme  deijenigen  dv 
Sphincter  Pupillae  und  des  Opticus  geschwunden. 

Silex  macht  dabei  noch  auf  ein  ophtalmoskopisches  Symptom  für  vor- 
handene Orbitalblutungen  aufmerksam,  das  von  Werthe  sein  möchte,  wenn 
Exophthalmus  und  Suffusion  der  Conjunctiva  und  der  Augenlider  fehlen. 
Dasselbe  besteht  in  einer  zarten  graugrünlichen  Verfärbung  der  PapUk. 
Nach  Trauma  bekäme  man  dasselbe  nicht  gerade  oft  zu  sehen,  wohl  aber 
beobachte  man  diese  Verfärbung  recht  häufig  in  Kliniken,  in  welchen  Re- 
sektionen des  Opticus  ausgeführt  würden,  wonach  diese  blutige  Unterlaufiuig 
als  Ausdruck  der  durch  die  Resektion  gesetzten  Orbitalblutung  bisweilen  noch 
nach  Wochen  sich  dokumentire. 

Der  Bluterguss  in  die  Lider  gewinnt  seine  diagnostische  Bedeutung  nnr 
dann,  wenn  er  durch  eine  Orbitalfraktur  und  durch  keine  andere  Ursache 
erzeugt  wird.  Will  man  aus  der  Lidsuffusion  etwas  schliessen,  so  dürfen 
aus  den  anfangs  erwähnten  Gründen  weder  das  Auge,  noch  die  Stirn,  noch 
die  umgebenden  Gesichtspartien  Sitz  des  Angriflfs  sein.  Soll  nun  eine 
Suffusion  der  Bindehaut  und  Lider  als  Zeichen  einer  Fraktur   des  Orbital- 


Die  Ptosis  DÄch  Traumet).  415 

daches  gelten ,  so  ist  es  iinerlässlich ,  dass  sie  nicht  gleich  oder  bald, 
sondern  erst  einige  Stunden,  selbst  Tage  nach  der  Verletzung  auftrete.  Immer 
gehe,  wenn  das  siiffiindii'te  Blut  aus  dem  Orbitalfett  vordringt,  die  Blut  unter- 
lauf iing  der  Conjunctiva  buibi  der  der  Lider  voraus.  Die  Eccbymosirung 
betrefle  meist  zuerst  den  inneren  Augenwinkel  und  weiter  das  untere  Lid, 
weil  das  Blut  sich  in  den  tiefsten  Tlieil  der  Orbita  hinabsenkt  und  dann  erst 
am  Boden  der  Augenhöhle  sich  weiter  ausbreitet,  Bergmann  (L  c.)* 

lieber  dem  Levator  gelegene  Blutungen  können  durch  die  Lücken  der 
Fascia  palpebro-orbitalis  (Fig.  82)  in  dem  Oberlide  auftreten.  Die  letztere 
zieht  bekanntlich  von  dem  Orbitalrande  zur  oberen  Kante  des  Tarsus  bin 
und  ist  vor  demselben  aufs  Innigste  mit  dem  Fascienzipfel  des  Levator  pal- 
pebrae  und  Rectus  superior  verbunden  (Fig.  82).  Dadurch  wird  eine  Tasche 
gebildet,  deren  vorderer  lioden  an  dem  Uebergange  dieses  Fascienzipfels  in 
des  Septum  f)rbitale  am  oI)eren  Bande  des  Tarsus  liegt.  Ergüsse,  welche  aus 
dem  Innern  des  Auges  hervordringen,  werden  demnach,  wenn  sie  ausserhalb 
der  Fascie  des  Levator  liegen,  stets  zwischen  dem  Orbitalrand  und  dem 
Augenlid  nach  aussen  hin  sichtbar  werden.  Aehnliehe  Erscheinungen  geben 
Blutungen  zwischen  dem  Periost  und  dem  knöchernen  Orbitaldach. 

Neben  den  vorhin  erwähnten  Beobachtungen  berichtet 

Baquis  (833)  über  eiDeo  Fall  von  subperiostftlem  Hiiuiatom  um  oberen  Rande  der 
Orbita.  Bei  dem  11  jährigen  Patienten  zeigte  sich  nach  Sturz  aus  5  Meter  Hübe  zuuiichst 
am  rechten  Scheitelbeine,  der  Stelle  des  Aufschlags,  eine  Schwellung ,  die  sich  über  die 
Schläfe  nach  den  Lidern  hin  ausbreitete  ^  sich  aber  schon  in  den  ersten  4  Tagen  schnell 
verringerte.  Mit  schwindender  Lidscb wellung  ergab  sich  dann  folgender  Symptomenkomplex: 
Ecchymose  im  Sulcus  orbito-palpebralia,  von  der  Mitte  des  Oberlides  sich  lang- 
sam nach  den  Lidwinkeln  und  dem  Unterlid  ausbreiteJid,  massiger  Kxopbthfllmws»  ausge* 
aprochene  Verdrängung  des  Bulbus  «och  unten,  ohne  dsss  ein  Tumor  fühlbar  gewesen  wäre, 
keine  Blutunterlaufang  der  Conjuuctiva  bulbi,  Augenbewegungen  frei.  Augenhintergrund 
nonnalj  durch  eine  das  Orbitaldacb  streifende  zwei  Centimeter  tief  eingestossene  Canüle, 
konnte  1.5  Cubikcentimeter  flüssiges,  verändertes  Blut  asphiit  und  die  bis  dahin  zögernde 
Heilung  eingeleitet  werden. 

Das  in  die  Orbita  ergossene  Blut  kann  nun*  wie  eingangs  erwähnt,  durch 
direkten  Druck  auf  die  Muskeln  oder  deren  Nenen  zn  Ptosis  und  zu  Be- 
weglichkeitsstönmgen  der  Bulbusmusknlatur  führen.  Tritt  dabei  eine  voll- 
ständige Lähmung  aller  exterioren  Augenmuskeln  auf  bei  Freibleiben  von 
Iris  und  Acoommodation ,  so  darf  man  wohl  mit  Sicherheit  annehmen,  dass 
das  ausgetretene  Blut  lediglich  nur  die  Muskeln  bedranj^t  aber  die  Nerven- 
äste freigelassen  hat,  denn  auf  andere  Weise  könnte  man  sich  sonst  das 
Freibleiben  von  Iris  und  Accomraodation  nicht  erklären. 

So  berichtet  Helfrich  (817)  über  folgenden  Falb  Nach  einem  Schlag  mit  einem 
Schirm  auf  das  untere  Lid  war  LöbmnnjR  sömintlicher  äusserer  Augenmuskeln  dieses,  spater 
aach  des  anderen  Auges  aufgetreten.  Ciliasmuskel  und  Ins  blieben  jedoch  unversehrt. 
Nach  2  Monaten  trat  Heilung  ein.  Nur  eine  leichte  Paralyse  des  rechten  Abducens  blieb 
bestehen. 

Callan  (818)  sah  einen  Menscljeu.  welcber  gegen  die  linke  Augengegend  einen  Stoss 
erhalten  hatte.  Das  rechte  Auge  wurde  blind  zugleich  mit  Ptosis  und  den  Erscheinungen 
einer  Opbthalmoplegia  exterior.  Ophthalmoskopisch  entwickelte  sieh  ausgesprochene  Seh- 
ne rven  atroph  ie. 


416  Die  Ptosis  nach  Traumen. 

Femer  kann  man  die  vorhandenen  Lähmungen  lediglich  auf  Bedrängnis 
der  Muskeln  durch  Blutung  beziehen,  wenn  nach  einem  Stoss  oder  einer  Yo^ 
letzung  sämmtliche  Muskeln  mit  Ausnahme  des  Levator  gelähmt  erscheiwi, 
wie  im  Falle  Reich  (841). 

Ein  9 jähriges  Mädchen  wurde,  während  es  mit  anderen  Kindern  spielte,  mit  eiMB 
kleinen  eisernen  Sähel  unterhalb  des  linken  Unterlids  verwundet  Wie  tief  der  SiM  ii 
die  Augenhöhle  eindrang,  konnte  nicht  festgestellt  werden.  Nachdem  die  durch  BlntergHi 
hervorgerufene  starke  Schwellung  des  Lides  vergangen  war,  zeigte  sich  ein  geringer  Exofk- 
thalmus,  eine  Lähmung  aller  vom  Nervus  oculomotorius  versorgter  Muskeln,  des  Mtn« 
abducens  und  des  Obliquus  superior.  Der  Levator  palpebrae  war  nicht  gelähmt  Jkt 
Augengrund  normal.  Nach  8  Tagen  war  nur  noch  eine  paretische  Schwäche  in  den  i 
Oculomotorius  versorgten  Muskeln  nachzuweisen. 

Für  die  Diagnose  einer  Orbitalfraktur  spricht  auch,  sofern  keine  pene- 
trirende  Orbitalwunde  vorliegt,  die  Erblindung  des  Auges.  Dieselbe  kum 
in  derartigen  Fällen  nur  die  Folge  einer  den  Canalis  opticus  durchsetzenden 
Fraktur  sein,  wodurch  der  Nerv  gequetscht  und  zerrissen  wird,  während  Orbital- 
blutungen nicht  ausreichen  möchten,  auf  den  mit  einer  dicken  Scheide  um- 
gebenen, im  Zwischenscheidenkanal  von  Lymphe  umspülten  Sehnerven  euioi 
derartigen  Druck  auszuüben,  dass  Amaurose  entstehen  möchte.  Können  wir. 
was  gleich  anfangs  schwer  halten  möchte,  die  Diagnose  auf  Druck  der  Angoh 
muskeln  durch  eine  Blutung  bei  Orbitalfraktur  stellen,  dann  dürfte  sich  andi 
nach  Ausweis   der  vorhin  angeführten  Fälle  die  Prognose   günstig  gestalten. 

Meist  werden  jedoch  durch  Orbitalblutungen  Muskeln  und  Nerven  zu- 
gleich gedrückt  werden,  ohne  dass  wir  in  den  meisten  Fällen  zu  entscheiden 
im  Stande  wären,  welche  Lähmung  rein  muskulär  und  welche  neurotischer 
Natur  sein  möchte.  In  dieser  Hinsicht  scheint  folgender  Fall  H  irsch berg's (822l 
gewisse  Anhaltspunkte  zu  geben. 

Ein  Stück  Holz  wurde  mit  grosser  Gewalt  gegen  die  linke  Kopfhftifte  eines  Mensdua 
geschleudert.  Patient  bheb  7  Stunden  lang  bewusstlos.  Vier  Wochen  später  wurde  noek 
linksseitige  Ptosis  konstatirt;  das  Sehvermögen  derselben  Seite  war  erloschen.  Aoek 
die  Sehschärfe  des  rechten  Auges,  welche  früher  gut  gewesen  sein  soll,  war  auf  ".;«red«' 
zirt.  Der  Augapfel  konnte  nach  keiner  Richtung  weiter  als  1 — 2  mm  gedreht  werden.  Die 
Hornhaut  war  klar,  aber  vollkommen  unempfindlich.  Die  Pupille  weit  und  starr.  Spitv 
trat  zwar  neuroparaly tische  Keratitis  auf,  der  Musculus  rectns  eztemus  und  iutemns  fiuiktio- 
nirten  wieder  gut,  auch  die  Amblyopie  des  rechten  Auges  ging  allmfthlich  wieder  zvikL 
In  diesem  Falle  weist  die  Keratitis  neuroparalytica  und  die  absolute  Starre  der  Pupflle 
mit  Sicherheit  auf  die  Bedrängnis  einzelner  orbitaler  Nervenäste  dnreh  die  Blntong  bii. 
während  die  isolirte  Erholung  des  Rectus  extemus  und  internus  es  wahi-scheinlich  micfati, 
dass  diese  Muskeln  selbst  durch  die  Blutung  vorübergehend  in  ihrer  Thfttigkeit  gdienuBt 
gewesen  sein  möchten. 

Auch  folgende  Beobachtung  von  Voss  ins  (819)  dürfte  hier  Erwähnung  finden. 

Ein  Soldat  erhielt  einen  Stoss  mit  dem  stumpfen  Ende  einer  Lanze  gegen  die  linkt 
Gesichtshälfte  in  der  Höhe  des  unteren  Orbitalrandes,  als  dessen  Folge  äusserlich  nnr  eine 
oberflächliche  lineare  Hautwunde  sichtbar  war,  ohne  dass  die  Lanze  tiefer  in  die  Weichtbeüe 
des  Lides  und  der  Orbita  eingedrungen  wäre,  und  ohne  Protrusion  des  Augapfels  bei 
dauernd  normalem  Augenspiegelbefnnd.  Es  bestand  vollständige  linksseitige  Ophthalmoplegie 
mit  beiderseitiger  Amblyopie  massigen  Grades.  Im  Verlaufe  der  Behandlung  fast  völlige 
Rückbildung  der  Ophthalmoplegie  bis  auf  einen  geringen  Grad  von  Mydriasis,  Accommo- 
dations-  und  Rectus  superior  Parese.     Rückkehr  des  Sehvermögens  zur  Norm. 


iDie  Ptosis  nach  Traumen.  417 

Man  könnte  sich  vorstellen,  dass  in  diesem  Falle  bei  den  zurückgeblie- 
benen Lähmungen  sowohl  der  Rectus  superior  als  auch  sein  Nervenast,  sowie 
diejenigen  für  die  Accommodation  und  Irisbewegungen  durch  den  Druck  der 
Qrbitalblutung  dauernd  geschädigt  worden  seien,  während  in  Fällen,  bei  welchen 
die  Lähmungen  der  Augenmuskulatur  nach  einer  anzunehmenden  Orbital- 
firaktur  rasch  und  völlig  zurückgingen,  wohl  nur  ein  Druck  auf  die  Muskeln 
selbst  stattgefunden  haben  möchte,  analog  den  vorhin  erwähnten  Fällen  von 
Orbitalblutungen  mit  vorübergehenden  Augenmuskellähmungen  nach  perforiren- 
den  Wunden. 

Die  Lähmungen  einzelner  von  einem  Nerven,  z.  B.  vom  Oculomotorius 
▼ersoi^er  Muskeln  sprechen,  wenn  die  Erscheinungen  einer  Orbitalfraktur 
sonst  vorhanden  sind,  gleichfalls  mehr  für  eine  Druckwirkung  auf  die  Muskeln 
selbst,  als  für  eine  Lähmung  der  Nerven,  zumal  gegen  eine  solche  der  Basis, 
weil  wir  im  letzteren  Falle  wohl  eher  Lähmungserscheinungen  aller  vom  Nerven 
versorgter  Muskeln  zu  erwarten  hätten  (wiewohl  dies  ebenfalls  nach  den  Er- 
fahrungen bei  der  basalen  Lues  nicht  ganz  sicher  steht).  So  dürften  wohl 
die  durch  Zangenextraktion  hervorgerufenen  Lähmungen  des  Levator  und 
Rectus  superior  auf  eine  orbitale  Blutung  zurückgeführt  werden,  zumal  die 
beiden  Muskeln  dort  dicht  über  einander  liegen.  Derartige  Fälle  beschrieb 
Berger  (825).  Nadaud  (843)  erwähnt  ebenfalls  zwei  derartige  Fälle.  Die 
Lahmung  war  einseitig  und  verschwand  in  wenigen  Tagen. 


m.    Traumatische    Ptosis    nach   Lasion  des   Oculomotoriusstammes  resp. 
seines  nudearen  und  corticalen  Ursprungsgebietes. 

§  198.  Lähmungen  einzelner  Gehimnerven  werden  durch  eine  Fraktur  der 
Basis  dann  hervorgebracht,  wenn  die  Bruchlinie  das  Loch  oder  den  Kanal  trifft, 
durch  welchen  der  betreffende  Nerv  die  Schädelhöhle  verlässt.  Entweder  wird 
der  Nerv  dabei  mit  zerrissen,  oder  er  wird  durch  ein  abgesprengtes  Fragment 
durchtrennt,  gedrückt  oder  gequetscht.  Dieselben  Lähmungen  können  aber 
auch  ohne  Fraktur  zu  Stande  kommen,  sei  es,  dass  der  Nerv  allein  am  Rande 
seines  Trajekts  abreisst,  oder  sein  centraler  Ursprung  im  Gehirn  eine  Verletzung 
erfährt,  oder  endlich  ein  Extravasat  innerhalb  der  Schädelhöhle,  oder  des 
knöchernen  Kanals,  den  er  durchläuft,  ihn  drückt.    Bergmann  (1.  c.  pag.  239). 

Wir  haben  uns  hier  zu  verbreiten: 

a)  über  die  Läsionen  des  Nervus  oculomotorius  nach  Trau- 
men und  Aneurysmen  im  Sinus  cavernosus, 

b)  über  die  Zerreissung  des  Oculomtoriusstammes  an  der 
Schädelbasis,  und  die  Druckatrophie  an  dieser  Stelle 
durch  Blutung  und  eiterige  Meningitis, 

c)  über  Ptosis  zu  Folge  traumatischer  Nuclearlähmung  und 

d)  über  corticale  Ptosis  nach  Trauma, 


418  Die  Ptosis  nach  TranmeD. 

a)  Die  traumatische  Läsion  des  Oculomotorius  im  Sinns 

cavernosus. 

§  199.  Meist  nach  einer  durch  Sturz,  Schlag  oder  Quetschung  entstandaa 
Schädelbasisfraktur,  oder  bei  Selbstmördern  nach  Schussverletzungen  in  da 
Mund,  oder  durch  Stich  mit  einem  Bajonnet  oder  einer  Heugabel  in  die  OriwU 
bemerkt  man  sehr  bald  nach  dem  Unfälle,  oder  nach  Verlauf  einiger  Tige, 
Wochen   oder   Monate  nach   demselben   eine  Vortreibung    eines   oder  beider 
Augen,   zuweilen  mit  variköser  Erweiterung  der  Blutgefässe   der  Lider  imd 
der  Konjunktiva.    Die   Lider   sind   meist  geschwollen,   und   man   fühlt  nidii 
selten,   namentlich   an  der  medianen  Partie  des  Oberlids,    eine  deutlich  pol- 
sirende,    kompressibele  Geschwulst   (pulsirender  Exophthalmus).    Beim 
Anlegen   des  Stethoskops   hört  man  ein  blasendes  Geräusch,    das    auch  sab- 
jektiv  von  dem  Patienten  aufs  Störendste  vernommen  wird.    Die  Sehkraft  des 
Auges  ist  häufig  erloschen  oder  doch  stark  abgeschwächt.     Bei  einzelnen  be 
steht  ophthalmoskopisch   eine  leichte  venöse  Hyperämie,    bei  anderen  wieder 
eine  vollentwickelte  Neuritis  optica,  welche  später  in  Atrophie  der  Sehnerro 
übergeht.     Von  Seiten   der  Augenmuskulatur  wird  komplete  Ophthalmoplegie 
mit  Ptosis   in   allen  Abstufungen  bis  zum  völligen  Intaktbleiben  der  Augen- 
muskulatur  beobachtet,  bisweilen  tritt,  wie  in  dem  Falle  Nieden  (844)  noch 
eine  Anästhesie  der  Stirn-,  Wangen-,  Schläfen-  und  Lippenhaut  zu  den  anderen 
Lähmungen  hinzu.     Die   Kompression   der   Carotis  communis    lässt  alle  oder 
einen  grossen  Theil   der  Symptome,  namentlich  das   Brausen  und  Rauschen 
im  Kopfe  verschwinden.     Häufig  bestehen  Schmerzen  in  der  Augenhöhle.  In 
der  grössten  Mehrzahl  aller  Fälle   bezieht  sich  dieser  Zustand  auf  eine  Z^ 
reissung  der  Carotis  interna  im  Sinus  cavernosus.    Die  Ruptur  dieser  Gefisse 
kann  spontan  erfolgen,  oder  durch  ein  Trauma  verursacht  sein.    Fälle  erstem 
Art  beschrieben  Rampoldi  (845),  Higgens  (846),  Peschel  (847),  Kipp (848), 
Angelucci  (849),  Knaggs   (850),   de  Vincentiis  (851)  und  Wilder (8o2i: 
bis  zum  Jahre  1881  findet  sich  die  Litteratur  darüber  vollzählig  bei  Sattler 
in   Graefe-Sämisch,  Band  VI.     Die  spontane   Ruptur   betriflFt   entweder  eine 
bereits  aneurysmatisch   erweiterte  oder  eine  zwar  nicht  erweiterte,  wohl  aber 
in  ihren  Häuten  mehr  oder  weniger  erkrankte  Arterie. 

Ueber  einen  derartigen  Fall  mit  Sektionsbefund  berichten  Rosen  stein  und  Chei- 
zinsky  (853).  Bei  einem  30 jährigen,  sonst  gesunden  Manne  war  plötzlich  morgens  böa 
Erwachen  eine  Ophthal  moplegia  dextra  entstanden,  nachdem  derselbe  am  Abend  Toiher  eil 
grosses  Quantum  Wein  getrunken  hatte.  Die  Sehschärfe  war  rechts  *®/ioof  die  Papille  hbn, 
die  Retinalgefässe  eng;  es  bestand  Ptosis  und  absolute  ünbeweglichkeit  des  Bollm, 
Mydriasis  und  Lähmung  der  Accommodation.  Das  linke  Auge  war  normal.  Dabei  heftige 
Kopfschmerzen  mit  Erbrechen  bei  völligem  Bewusstsein.  Dieser  Zustand  währte  ohne  jec- 
liche  Veränderung  acht  Tage  lang,  dann  traten  plötzlich  klonische  Krämpfe  mit  tödtlicben 
Ausgang  ein.  Bei  der  Autopsie  wurde  im  rechten  Sinus  cavernosus  ein  wallnosgrooei 
Aneurysma  der  Carotis  interna  gefunden.  Die  aneurysmatische  Geschwulst  war  mit  im 
Wandungen  des  Sinus  cavernosus  eng  verwachsen:  der  vollständig  verOdete  Sinus  stM^ 
weder  mit  der  Vena  opbthalmica,  noch  mit  dem  Sinus  petrosus  in  Yerbindang.  An  dtf 
äusseren  Wand   der   aneurysmatischen  Erweiterung  fand  sich  eine  4  mm  grosse  Odhof 


Die  Ptosis  »ach  Tidumen.  419 

\as),    aua  dem  ^m  Blutcoagulum    bervorrai^e.     Die   sich  hier  befindet]  den  Ali  gen- 
as kein  erveii  waren  zeratürt      Die  ^;au£e  Obei*fläche   de»*  (jebirns  unter  der  harten 
Himfaimt  war  mit  einer  dünnen  Schichte  gerounenen  Blutes  bedeckt. 

Ob  der  \^on  James  Adams  (854)  berichtete  Fall  ein©  Comumnikation  der  Carotis 
uitema  mit  dem  Sinus  cavernosus  darstellt,  oder  ein  nicht  geplatztes  Aneurysma  der 
Carotis  ioterna,  ist  ans  dem  Sektionsjbefuude  nicht  recht  verständlich.  Ein  &6 jähriger 
Paüent  kam  in  Ijehandlung  wegen  eines  völligen  Verschlusses  des  rechten  Auges,  welcher 
theile  von  Paralj^se  de»  Levator,  theils  von  Lidüflem  mit  obertläc  hl  icher  Exulceratian  ab- 
liüngig  war.  Rechts  bestand  kaum  noch  qualitative  Lichtempfindung.  Der  Augapfel  war 
YQlUg  unbeweglich ,  die  Dbertläche  des  Bulbus  ganz  unemptindlich.  Es  entwickelte  sich 
Keratjtiö  neuroparalytica.  Auch  die  rechte  Supraorbitalgegend,  sowie  die  rtjchtß  Naaen- 
seite  und  Nasenschleimhaut  waren  vj^llig  gefühlloa.  i^artielle  Anaesthesie  fand  sich 
ausserdem  noch  in  der  rechten  Submaxillargegend.  Sechs  Wachen  zuvor  hatte  Patient  an 
Schwindel  und  Kopfschmerz  gelitten,  welcher  auf  eine  thalergrosse  Stelle  der  rechten 
Tempora Igegend  bescbriinkt  war.  Nachdem  diese  Symptome  einige  Tagen  hestandeu  batten, 
entwickelte  sich  rasch  Ptosis  und  Lähmung  des  IIL,  IV,  V.  und  VI,  Gehirnnerven. 
Nach  einigen  Wochen  bildet©  sich  ein  Orbitalabsceas ,  welcher  erüffnet  werden  rausste, 
and  aus  dem  sich  Eiter  entleerte.  Nach  der  Heilung  trat  jedtjch  keine  Besserung  der 
Symptome  ein,  Patient  starb  vielmehr  4  Wochen  später  unter  den  Erscheinungen  von 
Anaaarka,  Bronchitis  und  hochgradiger  Albuminurie.  Bei  der  Sektion  fand  sich  im  rechten 
8inas  cavernosuH  eine  weiche,  etwa  wallnussgrosse  Geschwulst,  welche  bei  genauer  ünter- 
vachung  sich  als  ein  mit  fibrinösem  Gerinnsel  ausgefüllter  aneurysm atischer  Sack  zeigte» 
JLü  der  ßasalart4?rie  waren  mehrere  fleckig  degenerirte  Stellen  vorhanden. 

Im  Falle  Baron  (855)  süss  die  aneurysmatische  Geschwulst  an  der  Durthtritta^ 
stelle  der  Carotis  interna  durch  den  Sinus  cavernosus  und  schien  hier  rupturirt  zu  sein. 

Im  Gen  drin 's  Falle  (856)  war  der  Sinus  cavernosus  der  linken  Seite  durch  ein 
entfärbtes  Gerinnsel  erfüllt  und  ausgedehnt.  Dif  Carotis  war  eingehüilt  in  dieses  Gerinnsel, 
welches  auch  wie  ein  Mantel  die  Arteria  opbthalmica  bis  dahin  umschloss,  wo  sie  den 
Nervus  opticus  überkreuzt. 

Von  Walker  (857)  wird  noch  ein  im  Verlaufe  der  Schwangerschaft  aufgetretener 
I  Fall  von  Dempsey  aus  dem  Jahre  lö86  erwähnt»  welcher  zur  Sektion  gelangte.  Hier 
i  war  die  Carotis  entsprechend  ihrer  Lage  im  Sinus  cavernosus  in  ein  Spindel  förmiges  Aneti- 
I  ryema  verwandelt;  zugleich  aber  zeigte  die  Arieiia  ophthalmica  ein  sacktörmiges  Aneu- 
I      rystna  von  der  Giöase  einer  Mandarine. 

§  200,  Viel  häutiger  als  sitojitan  wird  der  pulsirende  Exophthalmus  ab 
!  Folge  eines  Traumas  beobachtet.  Dasselbe  kann  sowohl  indirekt  als  direkt  zu 
I      einer  Zerreissung  der  Carotis  im  Sinus  cavernosus  Veranlassung  geben. 

Die  indirekte  Wirkung  der  verletzenden  Gewalt  beruht  auf  der  Ent- 

fitehuug  einer    Schädeibasisfraktur,    welche   den   Körper   des  Ketll>eiiis,   oder 

[      die  Spitze   der  Felsenbeinpyramide  ^    oder  beide   zugleich   betrifft,  die   Wand 

des  Sinus  cavernosus  durchsetzt   und   damit  die  t'arotis   sinislra  im  Inneren 

desselben  zerreisst;   oder   darauf,   dass   ein  scharfer  Knochensplitter,   in  den 

,      Sinus    cavernosus    eindringend,    die  Wand    der    Carotis    perforirt.     Aus    der 

erschöpfend  von  Sattler  ((iraef e -Sa e misch  VI  p.  77U)    zusammgestellten 

I      zahlreichen  Litteratur  heben  wir  nur  die  Fälle  mit  Sektionsbetund  hervor, 

i  Nelaton  (858).  Ein  17 jähriges  Müdchen  war  vor  7  Monaten  vom  Wagen  gestürzt  und 

wurde  von  einem  herabrollenden  Wein  fasse  am  Kopfe  getretfen.     Sie   verlor  das  Bewusst^ 

»ein  liicht,  es  traten  Blutungen  aus  dem  Mund,  der  Na8e  und  beiden   Obren  auf.     Heftiger 

jioksaeitiger  Kopfschmerz  und  Delirium  durcb  8  Tagts.     Ahsfess  im  linken  Obre  und  linke 

Fasciaiiflparalyse«      Bald  darauf  Biudehaut^ch wellung,  Protrusion  dea  Bulbus  und  blasendes 

Wtthrftiid-8A<*tig«r,  Ifeurologie  d«$  Auge«.    L  Bd   iL  ALUifiliiiig.  28 


420  Die  Ptosis  nach  Traumen. 

Geräusch.  Der  Augapfel  vom  Lide  ganz  hedeckt.  Warde  dies  gehoben,  so 
sich  das  Auge  allseitig  beweglich  und  die  Sehkraft  intakt.  Im  oberen  inneren  Theile  im 
Orbita  eine  pulsirende  Geschwulst,  welche  auf  Fingerdruck  nachgab.  Carotisanterbbini. 
Tod  unter  Erscheinungen  der  Pyämie. 

Sektion:  Die  Dura  zeigte  sich  über  dem  Sinus  cavernosus  der  linken  Seite  istikt 
der  letzere  jedoch  sehr  beträchtlich  ausgedehnt.  Auch  der  Sinus  petrosns  snperior  ds- 
selben  Seite  war  dilatirt.  Die  Sinus  der  rechten  Seite  erschienen  jedoch  unverftoM. 
Eine  konsolidirte  Fraktur  lief  durch  den  Körper  des  Keilbeins  unmittelbar  oberhalb  dean 
Verbindung  mit  der  Pars  basilaris  des  Hinterhauptbeins  und  durch  den  vorderen  IM 
der  Pars  petrosa  beider  Schläfenbeine.  Die  Sattellehne,  sowie  die  Processus  clinoUa 
postici  waren  rauh  und  stachelig  durch  knöcherne  Stalaktiten.  An  der  Stelle  der  Früiv 
waren  die  Bruchenden,  namentlich  nach  links  zu,  ein  wenig  auseinander  gewichen  and  m 
6—7  mm  langer  Antheil  von  der  Spitze  der  linken  Felsenbeinpyramide  erschieo  tob 
abrigen  Knochen  abgetrennt  und  endete  scharf  zugespitzt.  Dieser  Splüter  war  es  obt 
Zweifel ,  welcher .  durch  die  Wand  des  Sinns  carvemosus  in  die  Carotis  interna  eills^ 
drungen  war  und  dieser  ein  rundes  2  mm  Durchmesser  haltendes  Loch  in  dem  ioflserei 
unteren  Theile  ihrer  Wand  beigebracht  hatte. 

Bloss  ig  (859)  beobachtete  folgenden  Fall.     Ein  Mann  stflrzte  in  der  Trunkenheit  Aber 
eine  Treppe  und  schlug  mit  der  Schläfe  gegen  eine  Stufe.    £r  blieb  24  Stunden  bewusstlot. 
Unmittelbar  nach   der   Wiederkehr  des   Bewusstseins    fand   man  eine    Vortreibnng  mmt 
linken  Bulbus  und  eine  Erblindung  des  gleichen  Auges.    Das  obere  Lid  konnte  nickt 
gehoben  werden.     Die  subconjunktivalen  Venen   waren  stark  gefüllt  und  geschlio^; 
der  Bulbus  unbeweglich,  die  Pupillen  weit  und  starr.    Ophthalmoskopisch  zeigte  sich  boc^ 
gradige  Stiiuungspapille.    Pulsation  war   nicht  wahrzunehmen.     Ueber  der  ganzen  liokai 
Schädeldecke  ein  besonders  mit  dem  Pulse  isochrones  Geräusch.     Später  Polsation  ffthlinr. 
Unterbindung  der  Carotis.    Oculomotoriusparalyse   fast  vollständig    zurückgegangen,  A^ 
ducenslähmung  noch  fortbestehend.    Tod  35  Tage  nach  der  Operation  an    starkem  Nasai- 
bluten.     Sektion:    Grosse  Breite  und  starke    Füllung    des  Sinus   transversos.     An  der 
pars  petrosa  des  linken  Schläfenbeins  eine  Fissur,  die  von  der  Spitze  derselben  am  CanAÜs 
opticus  beginnend,  in   der  Richtung  des  Längsdurchmessers  des  Felsenbeine  in  einer  Abs- 
dehnung  von  3  cm   nach  aussen  und  hinten   verlief.    Die  Fissur  Hess   die    Scalpellklii^« 
1 — 2  mm  tief  mit  Leichtigkeit  eindringen.    Die  Spitze  des  linken  Processus  clinoideos  pot- 
ücus  war  abgesprengt.    Das   Lumen   der  Carotis    interna   an   der   inneren    Oeffnnng  dei 
knöchernen  Canals   betrug  mehr  als  das  doppelte   ihres  Lumens   an   der  Eintrittsstelle  ii 
den  Schädel.    Die  Gefässwand   war  beti'ächtlich  verdickt  und  das  Lumen  durch  ein  üem- 
lieh  festes  Blutgerinnsel  ausgefüllt.    Leider  war  die  Arterie  bei  ihrer  Aussch&lung  ans  de« 
Canalis  caroticus  mehrfach  gefenstert  worden,  sodass  die  Frage,   ob   eine  KommonikatiaB 
zwischen    dem   Sinus   cavernosus  und    der    Carotis    interna  bestanden   habe,    nicht  mehr 
strikte  zu  entscheiden   war.     Die  Vena  ophtal.  sup.  war  sehr  erweitert  und  geschlingeÜ 
Der  Opticus  war  normal ;  von  dem  Zustande  der  übrigen  Gehirnnerven  war  nichts  erwilmt 

Hirsch  fei  d  (860)  berichtet  über  folgenden  Fall:  Ein  72  jähriges  Weib  Bei  aaf  das 
Pflaster,  indem  sie  mit  den  Beinen  zwischen  eine  Gabeldeichsel  gerieth.  Grosse  Wände 
an  der  Nasenwurzel  und  starke  Blutung.  Die  Wunde  heilte  bald,  aber  nach  Ende  einei 
Monats  verlor  die  Patientin  plötzlich  die  Fähigkeit  das  obere  Lid  zu  hebea, 
das  Auge  zu  bewegen,  und  wurde  an  Lid,  Nasenflügel  und  Stirn  yoUkommen  anistke- 
tisch.  Himsymptome  fehlten  und  das  Sehen  war]  nicht  gestört  Das  Auge  massig  pro- 
tundirt.  Tod  nach  2  Monaten.  Sektion:  Das  Hirn  und  seine  Häute  waren  normal.  Die 
Dura  mater,  welche  den  Sinus  cavernosus  deckte,  erschien  ganz  leicht  emporgehoben  durch 
ein  weiches  Blutcoagulum,  welches  die  Farbe  von  Weinhefe  und  ungefähr  die  GrOsse  eioer 
Mandel  hatte  und  die  Bewegungsnerven  des  Auges,  sowie  den  L  Ast  dee  Trigeminis 
während  seines  Durchtrittes  durch  den  Sinus  umhüllten.  Nach  Entfernung  dieses  CoagnloBt 
fand  man  eine  kleine  kreisförmige  Oeffnung  in  der  Carotis  interna,  welche   wie  mit 


Bie  Ptosis  nach  Traumen.  421 


leisen  geschUgeii  achien  und  vod  einem  etitfürbteti  Gerinnsel  erfüllt  war.     Die  Koücfaen 
isnen  intakt  gewesen  zu  Bein. 

Dass  wir  nicht  hiioti^n^r  Zerreissungen  der  Carotis  im  Sinns  cavernosus 

lei  der  Häufigkeit  der  Scliädelbasisfnikturen   begegnen,   beruht   nach  Berg- 

Dann  (t.  e,  pag.  381)  auf  folgenden  Griindeu.    Der  Sinus  cavernosus  gestattet 

,ler  Schlagader,  weldie  er  umbülltj  nicht  mir  die  Abänderung   ihres  Luraen», 

-  jandern    auch    eine   gewisse  Verschiebharkeit.     Selbstverfitämllich  reicht   bei 

tehr  hefleutender  Gewalteinwirkiing  dieser  Schutz  nicht  aus.     Wo  im  Moment 

-^^lirer  Entstehoog  die  Fissur  weit  aufklafft  y   zerreisst   sie  jedoch   das  üetass. 

5o  zumeist  in  Fällen  gewaltiger  tVnnpression  beider  Seitenflächen  des  Schädels. 

Bei   der  Sektion    eines   Bniiern    im    Dorpater  Studtliospital,    welcher   von   einem   um- 

llürzerxleu  Batim©   niedergeworfen    und  getödtet  worden  war,    fiuvden  sicli   beide  Carotiden 

m  der  breiten  Fissur,  die  quer  durcb  die  Basis  lief,  zerrissen.    In  der  Nase  und  im  Ohr  war 

BLcit;    lu   einer   KTösseren*  inrracranielien    Blutansammhiug   war    es    aber  nicht  gekommen, 

offenbar  weil  der  Tod  zu  raäch  erfolgtt.^ 

Durch  Nase  und  Mund  ergoss  sieb  bei  einem  Patienten  des  Guy'  s  Hespitales  (Med. 
'^mes  1867,  Vol.  I.  p.  444  >,  der  unter  ein  atarkes  Fhös  perathen  war,  das  Blut  ström  weise. 
"Dtr  Tod  erfolgte  erst  nach  2^  -j  Stunden.  Ein  Spalt  im  Felsenbein  hatte  die  Carotis  durch* 
'trtmit.     Ebenfio  in  einer  Mittheilung  Bryant's  1861). 

B.  Beck(Ö62)  theilt  aus  der  Praxis  seines  Vaters  folgenden  Fall  mit.  Viele  Wochen 
^  nach  einer  gewalt sauren  Kin Wirkung  auf  das  Schädeldacih  stellten  $iich  bei  dem  anschemend 
f^heiltcn  Patienten  plötzlich  die  Efscheinaugen  des  Hirndracks  ein,  denen  derselbe  ranch 
^*rl«g*  Ein  Splittt*r  des  frakturtrten  Keilbeins  hatte  die  Carotis  interna  angespiesst  und 
^  w^r  dadurch  üisathe  einer  Bkitang  geworden. 

^  Auch  Wecker  (B63)  und  Nunneley   (864  fanden  den   Nervus  oculo- 

Hiotorius  bei  pulsirendem  ExophtbaJmus  gelahmt. 

Aber  auch  in  Fällen ,   in   weichen  die    klinischen  Erscheinungen  feblen, 
HS  denen  wir  einen  Brnch  der  Schädelbasis  zu  diagnosticiren  bereclitigt  sind, 
nn  eine  Fraktur  der  dünnen  Knochenlamellen,  welche  den  Canalis  caroticus 
XI  einem  ijrossen  Theile   seiner  Peripherie  umscbliesen   und  welche  an  seiner 
lieren  Miinduug  mit  scharfen  Spitzen  und  Kanten  enrligen,  schon  bei  geringer 
islokation    eines  spitzigen    und    schar trandigen    Fragments,    eine  Anritzung 
er  Perforation   der  Wand   der   C'arotis    innerhalb   dieses  Kanals   zur  Folge 
,ben,  [Sattl  er  (L  c.)J,  wodurch  dann  sekundär  wieder  der  Oculomotorius  in 
Älitleidenscbaft  gezogt^n  wird. 

§  201.     Für  die  direkten  Verletzungen    der  Carotis   und   der  Nerven 

im  Sinus  cavernosus  besteben  verschiedene  Modalitäten.  So  kann  das  verletzende 

^Insimment,  in  die  Orbita  eindiingend,  der  Wand  der  Augenhöhle  folgen,  den 

Vleinen  Keilbeinflügel  abtrennen,  den  Sinus  eröffnen  und  die  Carotis  zerreissen, 

^ie  in  dem  Falle  von 

Bower  (8fv>),  Ein  4ß jähriger  Mann  war  kurz  vor  seiner  ünterbringnng  in  das 
frankenhans  durch  eine  ccipiOBo  HäTuorrbagic  aus  der  Naae  und  linken  Augenhöhle  zu 
4^tTiDde  gegangen,  als  Folge  eines  Stosses,  der  ihm  mittelst  eines  Eegenschinnea  in  einem 
Streite  versetzt  worden  war.  Bei  der  Autopsie  fand  man  das  hintere  Drittel  des  Orbital- 
dAches  frakturirt.  Der  Brnch  erstreckte  sich  nach  dem  kleinen  Keübeinflügel ,  welcher 
vollständig  vom  Übrigen  Knochen  abgetrennt  war,  Dk«  Hirnhäute,  an  welchen  die  gebrochene 
Pmrtie    des   Orbitaldacbs   allein   noch*  haftete ,   waren    ebenso    wie   das   Uetürn   intakt.      Die 

28* 


422  Die  Ptosis  Dach  Traumen. 

mediale  Wand  der  Augenhöhle  zeigte  sich  ebenfalls  gebrochen  und  dorchbohrt,  4ec64> 
nerv  und  die  Arteria  ophthalmica  waren  durchtrennt,  den  Sinus  caTernosus  fand  bni •> 
öffnet,  und  die  Carotis  in  demselben  entzweigeiissen. 

Direkt  hat  raan  die  Carotis  verletzt  gefunden  durch  einen  Dolchsüi, 
der,  vom  Schädeldach  eindringend,  den  ganzen  rechten  vorderen  Himlm» 
passirte  und  die  Carotis  interna,  sowie  ihre  Aeste  trennte,  B  e  ck  (866),  (aii 
auch  Berlin  Graefe-Saemisch  VI  pag.  599  und  600  und  die  dort  anp- 
führten  Fälle  von  direkter  Orbitalverletzung).  Das  verletzende  InstmiMl 
kann  auch  von  der  Orbita  der  einen  Seite  eindringen  und  in  schräger  Bidi- 
ung  durch  die  Nase  und  Keilbeinhöhle  nach  dem  Sinus  cavemosns  ita 
entgegengesetzten  Seite  seinen  Weg  nehmen ,  wie  in  dem  folgenden  Fifc 
Nelaton's  (867). 

Ein  stud.  jur.  hekam  einen  Stoss  mit  der  eisernen  Zwinge  am  anteren  Ende  «m 
Regenschirmes  gegen  das  linke  Auge,  wodurch  das  linke  Unterlid  zerrissen  wurde.  Nad 
6  Tagen  war  die  Wunde  vernarbt,  das  linke  Auge  vollkommen  normal,  das  rechte  ihr 
etwas  prominent.  Daselbst  Ptosis  und  Diplegie;  die  Pupille  stark  erweitert,  die  ob«- 
fiächlichen  Venen  des  Lides  ausgedehnt.  AccommodationslSbmung.  Paralyse  des  Ocb}*> 
motorius,  pulsirender  Exophthalmus.  Tod  mehrere  Monate  nach  dem  Unfall  durch  Nasei* 
bluten.  Bei  der  Sektion  fand  man  den  Sinus  cavernosus  erweitert,  und  bei  EröffoDg  des- 
selben sah  man  den  Oculomotorius  im  Bereiche  der  Sinnswand  abgeplattet  uod  »af 
sein  Neurilemm  reducirt,  welches  nur  gelben  Detritus  einschloss.  An  der  Spitze  der  Orfati 
bestand  eine  Comminutivfraktur,  welche  bis  auf  einen  kleinen  beweglichen  Splitter  conaoli- 
diii;  war.  Die  Carotis  war  innerhalb  des  Sinus  fast  vollständig  entzweigerissen,  sodiss  die 
beiden  6  mm  von  einander  abstehenden  Oeffnungen  nur  mehr  durch  einen  schmalen  Smifti 
der  Arterienwand  zusammenhingen.  Die  mit  dem  Sinus  in  weiter  Communikation  stehode 
Vena  ophthalmica,  der  Sehnerv,  der  Nervus  abducens  und  Trochlearis,  sowie  der  Binai 
ophthalmicus  des  Trigeminus  erschienen  nicht  verändert. 

G  u  i  b  e  r  t  (868)  sah  bei  einem  jungen  Manne ,  der  in  eine  Heugabel  gefallen  vir. 
eine  ausgedehnte  Zen-eissung  der  Hornhaut  und  Sclera  des  rechten  Auges,  sowie  TölÜfe 
Ophthalmoplegie  des  linken.  Er  litt  an  linksseitigen  Kopfschmerzen  und  anfallsweise  u 
Nasenbluten,  wodurch  auch  der  Tod  herbeigeführt  wurde.  Die  Sektion  ergab  ein  AneoiT&ai 
der  linken  Carotis  interna  in  einer  Ausdehnung  von  den  vorderen  zu  den  hinteren  Processas 
clinoidci,  entsprechend  dem  Sinus  cavernosus,  sowie  in  der  linken  KeilbeinhöUe  eiM 
Oeffnung,  an  die  sich  eine  Fissur  von  der  Länge  von  3  mm  anschloss  und  die  mit  Bht- 
coagula  gefüllt  war. 

Straub  (874)  berichtet  über  2  Fälle  von  Verletzung  der  linken  Augenhöhle  dock 
Bajon netstich.  Im  ersten  Falle  war  das  Bajonnet  unter  spitzem  Winkel  lateral  in  dieFissm 
orbitalis  superior  eingedrungen.  Es  bestand  vollkommene  exteriore  und  interiore  Oj^itkil- 
moplegie  sowie  Blindheit  in  Folge  Lähmung  der  Bewegungsnerven  und  der  Sebnerren.  !■ 
zweiten  Falle  war  eine  retrobulbäre  Blutung  aufgetreten,  zugleich  war  vorQbergehend  k^tak 
der  Netzhaut,  Blindheit,  Verletzung  des  Sehnerven,  der  Arteria  ophthalmica,  des  Nernn  ak- 
ducens  und  des  Oculomotorius  festzustellen. 

Eine  direkte  Verletzung  der  Carotiswand  durch  einen  Schuss  kann  von  derOriritia« 
erfolgen,  wie  in  dem  Falle  Longmore's  (869),  in  welchem  eine  Kugel  von  der  Orfaita  M 
ins  Felsenbein  gedrungen  und  dort  stecken  gehlieben  war,  weiterhin  aber  zur  Airodrnag 
der  Carotis  und  tödtlicher  Blutung  führte. 

Derartige  Schussverletzungen  erfolgen  meist  vom  Munde  aus.  Leber- 
Schi  aefke  (870)  berichten  über  einen  derartigen  Fall. 

Ein  33 jähriger  Mann  hatte  mittelst  Schrotschusses  in  den  Mund  einen  SelbstaMH- 
versuch  gemacht  und  war  die  nächsten  14  Tage  besinnungslos  geblieben.     Nach  Wiederkekr 


Bie  Ptosis  nncfa  Traumen. 


423 


r 

EL 

t 


5  Bewusstaeins  zeigte  sich  reclitsseitigoHcniiplegi*?,  dit*  sich  iangaam  liesserte^  und  Taublieit  der 
efilsse  daseibat,  Chemosis  der  unteren  Hiilfte  der  Conjunktiva,  faat  vollständige  Unbeweg- 
bkeit  des  Augapfels,  das  obere  Lid  nur  wetiig  zu  heben,  Amaurose  durch  Sebnerven- 
itrophie.  Geßisse  des  Augönhintergrundes  normal.  Pulairender  Exophthalmus.  Unter- 
ündung  der  CÄrotis.  3  Monate  nach  derselben  Tod  an  Phlegmone  des  medlaatinalen  Biode- 
^webes.  Sektion:  Dura  maler  durchscheinend,  massig  gespannt,  ihre  riefässo  wenig  ge- 
fHilt,  Pia  etwas  ödematjls,  mäsälge  venöse  Ffilluog.  An  der  unteren  Fläche  der  linken 
Hemisphäre  mehrere  Krweichungsherde ,  die  Rinde  betretfend.  Auch  an  der  Konvexität 
derselben  mehrere  Erweichungaherde  sowohl  in  der  Rinde  ,  als  in  der  Marksubstanz.  Der 
Unke  Opticus  grau.  Der  linke  Sinus  cavernosus  bedeutend  weiter  als  der  rechte,  seine 
Wiiudung-,  sowie  die  ihn  durchziehenden  Batkchen  betrüchtlich  vordickt.  Die  aämmtlichen 
Venen  der  Orhita  nebst  der  Vena  supraorb.  und  frontal,  enorm  erweitert»  zum  Tbeil  un- 
regelmässig ausgebucbtet;  die  Wandung  der  Ophthalmica  war  so  verdickt^  dass  sie  einer 
arteriellen  ähnlich  sab.  Die  Pars  cavernosa  der  Carotis  interna  sin.  war  aneurysmatisch 
enveitert  (etwa  bobnengross)  und  stand  durch  3  für  eine  mittlere  Sonde  leicht  durchgängige 


Carotis 


ffi/pophysis 


Fig.  83. 

^I^nlöis^'hnitt  dt's  Siuufi  eavornosus,    ///  N.  oculoinotoriiis.    /F  N,  trorhleans.     VI  N,  abduceiis, 
F^%    r*,    V^  die  drei  A^stp  des  N.  trigcniinus  (nuch  M  t- r  k  e  1 ,  Topogr,  Anatomie  pag.   71)» 


Oeffnungen  an  ihrer  äusseren  und  vorderen  Seite  mit  dem  Sinus  cavernosus  in  Verbindung. 
Die  Arteria  ophthalmica  zeigte  keine  Veränderungen. 

Analoge  Fälle  mit  Ptosis  beschreiben  Holmes  (871)  und  Power  (872J; 
Daboisson  (873)  mit  Diplopie. 

Einen  mteresaanten  hierher  gehtVngen  Fall  erzählt  Hauptmann  (875).  Ein  43]ähriger 
Arbeiter  wurde  am  8.  Febnmr  1897  von  einem  Pferde  gegen  die  linke  Wange  mit  dem  Huf 
^schlagen.  Es  folgte  ^  .*  Stunde  Bewusstlosigkeit  und  etwas  Nasenbluten.  Dio  äussere 
Verletzung  war  gering  und  heilte  rasch.  Bald  nach  der  Heilung  stellte  sich  eine  Labmung 
linken  Trigeminus  mit  Keratitis  neuroparalytica  ein.  Am  1.  Mai  Imks  Abducens- 
t&hmuDg,  am  20.  Mai  totale  Oculomolorius-  und  Abducenslähmung  links.  Am  23.  Juni 
Imksseitige  Facialislühmung  aümmtlicher  Aeste. 

Als  Ursache  der  Lähmungen  nahm  Hauptmann  in  diesem  Falle  eine 
Schadelbasisfraktur  an,  welche  ihren  Verhiuf  vom  Türkensattel  durch  den  Sinus 
^cavernosus  und  das  Felsenbein  genommen  haben  sollte,  so  dass  eben  noch  der 
**ascialis  hätte  mitgeschädigt  werden  können.  Das  Auftreten  der  Lähmung  der 
einzelnen  Nerven  in  Etappen,  glaubt  der  Verfasser  durch  die  Annahme  erklären 


424 


Die  Ptosis  Dacb  Traumen. 


ZU  können,  däss  der  zweite  Ast  des  Trigeminus  direkt  durch  das  Trai» 
geschädigt  worden  sei,  während  die  übrigen  Erscheinungen  auf  eine  reichlicii 
Callusbildung  an  der  Frakturstelle  zurückzuführen  wären,  wodurch  eine  allmä- 
liehe  Kompression  und  Funktionsunfähigkeit  der  betreflfenden  Xenen  yenir- 
sacht  würde. 

Wie  aus  den  angeführten  Krankengeschichten  mit  Sektionsbefund  herrif' 
geht,  erfolgt  die  Läsion  des  Oculomotorius  sowie  der  übrigen  den  Sims 
cavernosus  (siehe  Fig.  83)  durchziehenden  Nerven  beim  Aneurysma  der  Carotis 


Fig.   84. 
Verlauf  der  basalen  Nervenstämme  nach  Merkel. 

dadurch,  dass  die  theils  an  der  lateralen  Wand  des  Sinus  verlaufenden,  theik 
der  Carotis  interna  sich  unmittelbar  anlegenden  Nerven  über  den  Sack  des 
Aneurysmas  gespannt,  oder  in  die  verdickte  Wand  desselben  eingebettet  werden 
b)  Ueber  Zerreissung  des  Oculomotorius  an  der  Schädelbasis 
und    seine   (refährdung    an    dieser   Stelle    durch    Blutung  und 

eiterige  Meningitis. 
Ausser    im   Sinus    cavernosus    wird    der    Oculomotorius    bei    TrauiDeB 
gefährdet : 


Die  Ptosis  nach  Traumen.  425 

a)  durch  Quetschungen  und  Kontinuitätstrerinungen  des  Nervenstammes 

an   der  Basis,   sowie   durch   das  Eindringen  von  Knocliensplittern  in  | 

denselben  bei  indirekten  Frakturen: 
ß]  durch    direkte    Durch trenmmg    zugleich    mit    direkter    Fraktur    des 

Orbitaldachs  oder  des  harten  Gaumens.  —  1 

/)  durch   intracranielle   Blutungen,   welche   den  Nervenstamm   umhüllen 

und  durch  Druck  steine  Leitung  aufheben. 
d)  durch  entzündliche  Exsudate  und  eiterige  Meningitis.  j 

§202.  a)  Wie  aus  Fig.  84  ersichtlich,  kommen  die  an  so  verschiedenen  Stellen  , 

ler  Gehirnbasis  entspringenden  Nerven  in  ihrem  weiteren  Verlaufe  nach 
rorn  sich  näher,  um  sich  in  der  Gegend,  in  welcher  die  8ella  turcica  und 
rramis  ossis  temporalis  zusammentreffen,  in  die  Dura  einzusenken. 

Der  Nervus  oculomotorius  li egt    bei   seinen   Eintritt  in  die  Dura  | 

Kiembch    in   gleicher  HTihe    mit    dem    Processus    clinoideus     posterior.     Sein  j 

[Verlauf  in  dieser  Haut   bringt  ihn  nun  unter  den  kleinen  Keilbeinflügel.     Da  ' 

iie  Richtung  dieses  Verlaufs  mehr  nach  abwärts  geht,  so  macht  der  Oculo- 
lomotorius  längs  des  Felsenbeins  eine  Biegung^  die  ihm  bei  Frakturen  der 
Schädelbasis  gefährliclx  werden  kann.  Danel>en  theilt  sich  der  freie  Hand 
des  Tentoriums  und  zerfällt  in  2  Schenkel,  welche  durch  kräftige,  in  die 
Substanz  der  harten  Hirnhaut  eingefügte  Faserzüge,  gebildet  werden.  Der  hintere 
inserirt  sich  an  der  seitlichen  Ecke  der  Sattellehne,  am  Processus  clinoi- 
deus posterior,  der  andere  geht  am  Tiirkensattel  vorbei  und  gelangt  zum 
Processus  clinoideus  anterior.  Beide  Schenkel  k önnen  d urch  Zug 
ihre  Insertionspunkte  dann  absprengen,  wenn  der  Schade]  bei  einem  Falle  oder 
Schlage  in  seiner  Form  verändert  wird,  denn  das  Tentorium  wird  dadurch  ent- 
weder bis  zur  Abspr engung  des  Proc.  clinoideus  anterior  und  posterior  gespannt, 
oder  es  bricht  dabei  die  besonders  in  ihrem  vorderen  Theile  fest  mit  dem 
Wespenbeinkürper  verbundene  Felsenbeinspitze  ab.  (Merkel.  Top.  Anatomie 
pag.  63),  Da  der  Nervus  abducens  dem  Felsenbeine  dicht  anliegt,  so  darf 
man  bei  gemeinschaftlicher  und  kompleter  Lähmung  des  Abducens 
und  Oculomotorius  der  gleichen  Seite,  bei  sonst  für  eine  Basalfraktur 
sprechenden  Symptomen,  wohl  .an  eine  Fraktur  denken,  welche  das  Felsenbein 
durchsetzt,  den  Processus  clinoideus  abgesprenfrt  und  beide  Nerven  gequetscht 
oder  zerrissen  haben  möchte.     So  erzählt  Badal  (876)  folgenden  Fall: 

Ein  Mann  wurde  zwischen  ErtJe  und  eiuen  Balken  eingeklemmt  und  zeigte  eine  voU- 
Btändige  Lähmung  d^s  0 c u  1  ß m o t o r i u a  und  Abducens.  Die  UnteraucbuDg  des  erkrunkten 
Obres  zeigte  Zerreissung  d<?ä  TrommelMsi,  sowie  eine  Spaltung  im  Knocben 

S  c  li  i  e  s  s '  G  e  ni  u  ä  e  u  s  (92 1 )  berichtet  über  folgenden  Fall :  Kin  19  jührlger  Mensch 
war  mit  einer  groBsen  spitzen  Schliere,  wie  sie  zum  Schafscheeren  gehröuchlich  ist,  zuerst 
auf  die  linke  8cbeitelbeingegend  geschkgeu,  dann  nach  innen  und  unten  vom  linken  Auge 
geBtossen  worileu.  Beide  Wunden  hatten  stark  geblutet.  Zuerst  rechts  Ptosis,  unvoLl- 
ständigd  Paralyse  skmmtlicher  Augeumuftkeln  mit  Auanühnie  des  Trochlearis,  welcher 
paretisch  war.  Rechts  absolute  Amauroi>€'.  Rechte  Papille  später  weiss.  Die  anfanglich 
maximal  erweiterte  r  e  t*  h  t  u  Pupille  ]i atte  nach  und  uach  diejenige  Griiss«  gewonnen , 
die  sie  bei  Oculomot-oriusparalyse  zu  haben  pflegt. 


426  Die  Ptosis  nach  Traumen. 

Gegen  die  Annahme,  dass  diese  Lähmungen  durch  ein  direktes  ßn- 
dringen  der  spitzen  Scheere  in  den  Grund  der  linken  Orbita  hervorgernfet 
worden  seien,  spricht  der  Umstand,  dass  die  linke  Conjunctiva  ganz  mtaki 
war,  auch  alle  Reiz-  und  Schwellungserscheinungen  fehlten. 

Schiess  glaubt  an  eine  totale  Durchreissung  des  Opticus  in  der 
Gegend  des  Sinus  cavernosus  und  zwar  entstanden  durch  eine  Fraktur  oder 
Infraktion  des  Processus  clinoideus  anterior,  wobei  dann  eine  Zerrung  ds 
Abducens  und  des  Oculomotorius,  vielleicht  ebenfalls  mit  Zerreissung  und 
Quetschung  des  Trochlearis,  mit  untergelaufen  sei.  Daneben  wurde,  wegen 
der  maximal  erweiterten  Pupille:  Reizung  der  Sympathicus-Fasem  desGaif- 
lions  ciliare  vermuthet. 

Oliver  (922)  sah  einen  38jährigen  Mann,  der  bei  der  Kuppelung  von  Waggon 
schwere  Kopfwunden  davongetragen  hatte;  Gehirnerschütternng  und  Basisfraktur  hatte  eue 
Reihe  von  Augenstörnngen  zurückbehalten;  Ptosis,  Orbicularisparese,  LagophthalmoL 
Beide  Recti  externi  mehr  oder  weniger  paretisch,  Doppeltsehen,  ophthalm.  venöselHyperimM. 

Eine  isolirte  Lälimung  aller  vom  Oculomotorius  versorgter  Aeste  nadi 
Trauma  spricht  im  allgemeinen,  sofern  die  Lähmung  von  Dauer  ist.  fir 
eine  Läsion  des  Nervenstammes  an  der  Basis  durch  Quetschung  oder  Zerreiss- 
ung, zumal  wenn  noch  daneben  Erscheinungen  von  Schädelbasisfraktur  vor- 
handen sind,  wie  in  dem  folgenden  Falle  von  Schmiedicke  (877): 

In  einem  Falle  von  Fissur  der  vorderen  oberen  PyramidenAäche  war  eine  linksseltigf 
Oculomotoriuslähmung  aufgetreten  mit  Scbwindelgefühl  und  Verlast  des  BiediTer 
mögens.  — 


ß)  Direkte  Durchtrennung  des  Oculomotorius  zugleich  mit  direkter 
Fraktur  des  Orbitaldaches. 

§  203.  Im  Falle  Harlow  (878)  war  zugleich  mit  der  Fraktur  des  Orbitaldachs  und 
Durchbohrung  des  Stirnlappens  durch  eine  Eisenstange  der  Oculomotorias  darchschnittea. 

Auch  Selwyn  (879)  fand  neben  einer  direkten  Orbitaldachfraktur  den  Ocolomotonos 
zerrissen . 

In  von  Limbeck's  Falle  (880)  mit  Schussverletzung  des  Kopfes  vom  harten  GaunMi 
ans,  und  zwar  links  von  der  Mittellinie,  waren  folgende  Erscheinungen  nach  Ablauf  ein« 
Jahres  nach  dem  Selbstmordversuch  noch  vorhanden;  Lähmung  des  linken  Oculomoto- 
rius, rechtsseitige  homonyme  Hemianopsie,  rechtsseitige  spastische  Hemiplegie,  Aphasie 
mit  verbaler  Alexie. 


y)  Durch    Blutungen,    welche    den    Nervenstamm    umgeben  und 
durch  Druck  seine  Leitung  aufheben. 

S  204.  Die  Folge  der  Basaltraktur  sind  Blutungen  in  das  Gewebe,  durch 
welche  dasselbe  anschwillt  und  so  durch  Druck  den  Stamm  des  Oculomotorius 
in  seiner  Leitung  behindern  kann.  Dabei  wird  aber  der  Oculomotorius 
gewiss  nur  sehr  selten  isolirt,  sondern  meist  in  Gesellschaft  von  anderen 
Basalnerven  durch  eine  Blutung  gedrückt  werden.  Die  spontane  Heilung  nach 
Ablauf  einiger  Wochen  nach  dem  Unfälle  lässt  mit  Sicherheit  wohl  auf  eine 


Die  Ptosis  nach  Traumen.  427 

Alteration  des  Nervenstammes  durch  basale  Blutung  schliessen,  wenn  eine 
Orbitalblutung  ausgeschlossen  ist,  und  wenn  der  ganze  Nervenstamm  dabei 
gelähmt  erschien,  resp.  wenn  die  Lähmung  einseitig  war.  Hierher  gehören 
nach  Y.  Bergmann  (1  c.  398)  die  Mittheilungen  vonBrodie  (881),  Denon- 
villiers  und  Gosselin  (882),  Hallopeau  (883)  und  Malgaigne  (884), 
bei  welchen  in  Folge  schwerer  Kopfverletzungen  mit  längere  oder  kürzere 
Zeit  anhaltenden  Cerebralsymptomen ,  oder  Erscheinungen,  die  mit  Wahr- 
scheinlichkeit auf  eine  Basisfraktur  deuteten,  die  Lähmung  des  Oculomo- 
torius  beobachtet  wurde.  In  den  Sektionsprotokollen  ist  erwähnt,  dass 
längs  der  Basis  Blutaustretungen  bestanden  hätten,  mit  und  ohne  gleich- 
zeitige Quetschung  des  Stirn-  und  mittleren  Lappens. 

Auch  Panas  (923)  erwähnt  2  Fälle  von  isolirter  Oculomotoriuslähmang  nach  Traama, 
bei  welchen  die  Lähmung  sich  später  wieder  völlig  verloren  hatte. 

Eine  Kombination  von  Oculomotorius-  und  Trochlearisparalyse  nach 
Schädeltrauma  beobachtete  So  ein  (885);  die  Lähmung  minderte  sich,  bestand 
aber  noch  nach  3  Wochen. 

V.  Ziemssen  (886).  Einem  Mann  wurde  durch  eine  Maschine  der  Schädel  compri- 
mirt.  Es  erfolgte  eine  Lähmung  des  III.,  VI.  und  YII.  Nerven  links,  etwas  später  eines 
Theils  des  III.  und  VI.  rechts.    Nach  8  Monaten  waren  alle  Lähmungen  verschwunden. 

Leitner  (1003)  berichtet  über  einen  Fall,  in  dem  der  32  jährige  Patient  am  üinter- 
haapte  durch  ein  herunterfallendes  Beil  einen  stumpfen  Schlag  erlitten  hatte.  Nach  11  Tagen 
fanden  sich  am  rechten  Auge:  Ptosis,  Exophthalmus,  ringförmiger  Abscess  der  Cornea 
totale  Ophthalmoplegie  und  Parese  des  Y.  und  YII.  Nerven.  — 

P  i  c  h  1  e  r  (1004)  fand  bei  einer  Schädelbasisfi'aktur  linksseitige  Facialis-  und 
Trigeminuslähmung,  Ptosis,  fast  vollständige  Unbeweglichkeit  des  Bulbus  und  Taubheit. 
Rechts  war  die  Beweglichkeit  des  Bulbus  nach  oben,  unten  und  medial  eingeschränkt,  diePupil- 
larreaktion  fehlte  und  das  Auge  war  erblindet. 

Bruns  (887)  beschreibt  einen  Fall  von  Schädelbasisfraktur,  in  welchem  rechts  der 
Facialis,  der  Opticus  und  Abducens  leicht  gelähmt  waren ;  links  bestand  Ptosis,  Mydriasis, 
Lfthmong  des  Nervus  trigeminus,  Trochlearis,  Abducens.    (Keratitis  neuroparalytica). 

Im  Britisch  med.  Journal  1872,  Yol.  I,  p.  610  wird  nach  v.  Bergmann  eines  Wirthes 
erwähnt,  welcher  so  gefallen  war,  dass  er  sich  die  rechte  Stirnhälfte  zerschlagen,  und  hier 
den  Knochen  gebrochen  hatte.  Seitdem  verlor  er  die  Herrschaft  über  sämmtliche  Be- 
wegungen des  betreffenden  Auges. 

Auch  Schwarze  (888)  gedenkt  einer  Basisfraktur,  bei  welcher  aUe  Augenmuskeln 
gelähmt  waren. 

Helfrich  (889)  sah  eine  68jährige  Frau,  welche  gewaltsam  gegen  eine  Bank  ge- 
aehlendert  worden  war,  und  über  der  linken  Augenbraue  eine  bis  auf  den  £j30chen  dringende 
Bisswunde  hatte.  Sie  war  bewusstlos  und  litt,  als  sie  wieder  zu  sich  kam  an  Uebelkeiten, 
Kopfschmerz  und  Schwindel.  Es  bestanden  sehr  ausgedehnte  Sugillationen  in  der  Umgeb- 
mg  beider  Augen.  In  den  ersten  Tagen  sah  die  Kranke  auf  dem  linken  Auge  gar 
nidits,  später  bedeutende  Herabsetzung  der  Sehschärfe.  An  dem  anderen  Auge  Oculo- 
motoriuslähmung. Die  anfängliche  Ptosis  gab  sich,  ebenso  stellte  sich  die 
Tnnktion  im  rechten  Rectus  superior  wieder  her.  Die  anderen  Muskeln  blieben  gelähmt 
und  die  Papille  erweitert.  Nach  eingezogenen  Erkundigungen  bestand  nach  3  Jahren  der  Zustand 
3iocli  fort 

Dass  hier  bei  basaler  Lähmung  des  Oculomotorius  die  Funktion  des 
JLeyator  und  Rectus  superior  sich  wieder  herstellte,  darf  nicht  Wunder  nehmen 
^B^enüber  den  Erscheinungen  partieller  Oculomotoriuslähmungen  bei  der  cere- 


428  Die  Ptosis  nach  Traumen. 

bralen  Syphilis  (s.  pag.  348).  Vielleicht  gehört  aber  dieser,  sowie  eine  Reik 
der  anderen  erwähnten  B'älle  nur  theilweise  in  diese  Gruppe,  insofern  ja  einzelne 
Lähmungen  orbitaler  oder  nucleärer  Natur  neben  einzelnen  BasallähmuDgai 
aufgetreten  sein  könnten.  Aehnlich  mag  es  sich  mit  dem  Falle  Hirsck- 
berg's  (890)  verhalten  haben. 

Einem  Arbeiter  hatte  eine  Dampfkreissäge  ein  Stück  Holz  mit  grosser  Gewalt  ge^i 
die  linke  Kopfhälfte  geschleudert,  wonach  derselbe  7  Stunden  lang  bewusstloa  blieb.  Vis 
Wochen  später  wurde  linkerseits  Ptosis  konstatirt;  der  Augapfel  konnte  nach  ktäas 
Richtung  weiter  als  1—2  mm  gedreht  werden.  S  =  0.  Hornhaut  vollkommen  ooempiBi- 
lieh,  Pupille  weit  und  starr,  diffuse  bläuliche  Trübung  im  Glaskörper.  Auch  redn 
die  Sehschärfe  vermindert.  Später  besserte  sich  die  Beweglichkeit,  so  dass  der  Mosenl« 
rectus  externus  und  internus  gut  funktionirten ,  aber  es  stellte  sich  eine  neoropan- 
lytische  Keratitis  der  linken  Seite  ein;  die  Amblyopie  des  rechten  Auges  ging  allmiUidi 
zurück. 

Wir  selbst  beobachteten  folgenden  Fall  von  Schädelbasisfraktur  mit  kwn- 
pleter  Oculomotorius  —  und  später  —  eingetretener  Facialislähmung  (siehe 
Fig.  85  pag.  429). 

Am  18.  Juni  1898  stürzte  der  80  jährige  Arbeiter  6.  in  einen  Schiffsraum.  £r  vir 
7  Stunden  lang  bewusstlos  und  hatte  aus  der  Nase  Blut  verloren.  Als  er  am  selbigen  l^t 
untersucht  wurde,  war  das  Bewusstsein  wieder  zurückgekehrt.  Die  rechte  Stirn  ooi 
Schläfen  gegen  d  erschien  schwappend  verdickt.  An  der  Haargrenzo  befanden  sich  leickta 
Hautabschürfungen.  Die  Lider  des  rechten  Auges  waren  geschwollen  und  blutunterlaofen. 
Das  rechte  Oberlid  konnte  nicht  aktiv  gehoben  werden.  Die  rechte  Popillt 
war  fast  maximal  weit  und  reagirte  nicht  auf  Licht  und  Accommodation.  Die  Bewegan^ 
des  rechten  Auges  nach  innen,  oben,  unten  waren  aufgehoben.  Der  Augenhintergmod  ond 
die  Sehschärfe  waren  normal;  ebenso  dio  übrigen  Sinne  ausser  dem  Geruch,  der  von  jeher 
herabgesetzt  gewesen  sein  soll.    Die  Temperatur  betrug  37;  Puls  60. 

Mehrfach  war  Erbrechen  aufgetreten.  Am  4.  Juli  konstatirte  man  noch  eine  komplete 
(exteriore  und  interiorc)  Oculomotoriuslähmung.  (Die  Accommodation  war  total  gelihmLi 
Abducens  und  Trochlearis  waren  normal  innei-virt.  Im  Gesicht  bestanden  keine  SensibiUtits- 
störungen.  Auffallend  war  ein  rechtsseitiger  Blepharospasmus  tonicus ,  während  im  rechtes 
Mundfacialis  eine  geringe  Schwäche  zu  konstatiren  war.  Der  übrige  Nervenbefund  bot 
ganz  normale  Verhältnisse  dar. 

Am  16.  Juli  war  unter  starken,  seit  3  Tagen  anhaltenden  Schmerzen  in  der  ginzee 
rechten  Kopfseite  eine  totale  Facialislähmung  eingetreten.  Der  Kopf  war  hinter  dem  rechtes 
Ohr  sehr  druckempfindlich.  Patient  hörte  Klingen  und  Glockenläuten  im  rechten  Ohr.  Das 
Gehör  war  aber  beiderseits  gleich.  Der  Geschmack  war  nicht  verändert.  Die  elektrische 
Untersuchung  ergab  keine  qualitativen  Veränderungen. 

Nach  nicht  langer  Zeit  war  eine  bedeutende  Besserung  der  Gesichtslähmung  n 
konstatiren. 

Beraerkenswerth  ist  im  vorliegenden  Falle  der  Eintritt  einer  Fascialis- 
lähmung  nach  dem  Unfall,  besonders  in  Rücksicht  auf  die  so  späte  Ent- 
wickelung  der  Lähmungserscheinungen.  Aus  den  beigefügten  Beispielen  geht 
zur  Genüge  hervor,  dass  bei  Schädelbasisbrüchen  der  Facialis  oft  zusammen 
mit  anderen  Hirnnerven,  so  besonders  den  Abducentes,  gelähmt  wird.  Aus 
der  Z ie ms sen' sehen  Beobachtung  ist  ersichtlich,  dass  die  Lähmungen  sich 
nicht  gleichzeitig  einstellen,  sondern  auch  nach  einander  auftreten  können.  In 
unserem  Falle  wurde  am  4.  Juli  im  mittleren  und  unteren  Facialis  erst  eine 
Schwäche  konstatirt,  die  nach  12  Tagen  zur  kompleten  Lähmung  fuhrt«.   Es 


Die  Ptosis  nach  Trautnen. 


429 


mnss  jedoch  hervorgehoben  werden,  dass  im  Hinblick  auf  den  zeitlichen 
Zwischenraum  die  Möglich keit  eines  anderen  ätiolugischen  Moments  für  die 
Facialishihniung  in  Erwa*i:ung  y.n  ziehen  ist.  Was  nun  die  Erklärung  der  Er- 
scheinungen in  Bezug  auf  den  Oculomotorius  betrifft,  so  handelte  es  sich 
wahrscheinlich  um  eine  durch  Blutung  an  der  Basis  bedingte  Läsion  des  ganzen 
Stammes.  Der  anfänglich  bei  der  Ptosis  beobachtete  Blepharospasmus  dürfte  wohl 
weniger  als  ein  der  Lähmung  voraufgegangener  Reizungszustand  im  Facialis- 
^stamme,  sondern  als  ein  willkürlicher  Schtuss  der  Lider  anzusehen  sein,  um 
Doppelbilder  zu  vermeiden.  Als  die  periphere  Facialisliihmung  zur  völligen  Aus- 
bildung  gelangt   war,   kam  die  Kombination  einer  Ptosis  mit  Lagophthalmus 

(s.    Fig,    85)    sehr    charakteristisch  ___^^__^_^__ 

snim  Ausdruck,  Der  Spalt  war  be- 
dingt durch  Tieferstehen  des  ge- 
lähmten unteren  Lides  und  durch 
beginnende  Rückbildung  der  Ptosis. 
Was  die  Schmerzen  betrifft,  so  dürften 
diesel ben  nach  B  e  r  n  h  a  r  d  t  wohl 
dadurch  zu  erklären  sein,  dass  der 
Gesichtsnerv  durch  seine  mannig- 
fachen Verbindungen  mit  deniQuintuSj 
Yagus,  Auricularis  magnus  sicher 
auch  sensible  Fasern  mit  sich  führt. 
Unser  Fall  spricht  in  Beziehung  auf 
die  Deutung  der  Schmerzen  gegen 
die  Ansicht  Lannoi's,  der  dieselbe 
stets  auf  eine  Entzündung  der 
ScUeimhaut  des  Mittelohrs  zurück- 
führt. Ferner  beweist  unser  Fall, 
dass  Schmerzen  auch  bei  solchen 
F'acialislähmuugen ,  die  elektrodia- 
gnostisch  als  leichte  aufzufassen 
sind,  vorkommen  können. 

Auf  eine  Blutung  an  der  Unter- 
fiäche  des  Pedunculus  cerebri  nach  Schädelbasisfraktur  lassen  folgende  Fälle 
schliessen,   bei  welchen  das  Syndrome  de  Weber  (vergl,  §  161  pag.  359) 
beobachtet  wurde. 

Manquet  und  Grasset  (891)  beobachteten  einen  Mann,  welcher  aus 
dem  Wagen  gestürzt  und  bewusstlos  liegen  geblieben  war.  Es  fand  sich  rechter- 
seits  eine  Lähmung  des  Oculomotorius,  links  Hemiplegie  mit  Ausnahme 
des  (jesichts,  Amnesie  und  Aphasie,  Blasen-  und  Mastdarmlähmung.  Die 
Störungen  gingen  grösstentheils  zurück,  doch  bestand  noch  neun  Monate  nach 
dem  Unialle  eine  Lähmung  des  rechten  Oculomotorius  und  eine  Herabsetzung  der 
Sehschärfe  beider  Augen,  vornehmlich  des  rechten.  Linkes  Gesichtsfeld  weiter 
als  das  rechte. 


Fi^^  85, 

A.  G.    Htt'hts  tniumalischo  Ociilomototorius^  und 
Farial) Bläh mungf  Pto^iti  und  Lfigophtbmlmus. 


i 


430  Die  Ptosis  nach  Traameo. 

Dib erder  (892)  sah  bei  einer  Läsion  der  Stimgegend  erst  spät  am 
zweiten  Tage  subkonjunktivale  Eccchymosen  auftreten  bei  länger  dauernder 
Bewusstlosigkeit.  Es  wurde  Lähmung  des  Oculomotorius  der  einen  und 
Hemiplegie  der  entgegengesetzten  Körperseite,  daneben  gleichzeitig  Amaurose 
konstatirt.  Die  Lähmung  des  Körpers  schwand  während  des  sechswöchent- 
lichen Hospitalaufenthaltes,  die  Leiden  am  Auge  blieben. 

Ob  der  folgende  Fall  hierhergehört,  ist  zweifelhaft. 

Debove  (893)  beobachtete  einen  Menschen,  welcher  einen  Hufschlag 
über  dem  rechten  Auge  erhalten  hatte.  Es  trat  doppelseitige  Tollständige 
Oculomotoriuslähmung  auf,  nur  der  Lidheber  wirkte.  Später  Hautanästhesie 
der  Stirn,  conc.  Gesichtsfeldeinschränkung,  schmerzhafte  unvollständige  Mono- 
plegie der  rechten  Schulter  und  des  rechten  Arms. 


d)  Traumatische  Ptosis  bedingt  durch  entzündliche  Exsudate  nnd 

eiterige  Meningitis. 

§  205.  Hinsichtlich  der  Schilderung  dieses  Zustandes  schliessen  wir  uns  eng 
den  Darlegungen  von  Bergmann's  in  seiner  ausgezeichneten  Arbeit  über 
die  Kopfverletzungen  an. 

Die  Leptomeningitis  nach  einem  Schädeltrauma  tritt  entweder  als  pri- 
märe Störung  bei  infizirter  Wunde  auf,  oder  auch  sekundär  im  Anschluss  an 
andere,  ihr  bereits  vorausgegangene  Folgen  des  Wundprozesses. 

Die  primäre  entwickelt  sich  bloss  bei  den  perforirenden  Verletzungen 
des  Schädels,  meist  nach  Hiebwunden  und  komplizirten  Frakturen  durch 
direkte  Infektion  der  Hirnhäute. 

Die  sekundäre  entsteht  unter  verschiedenen  Verhältnissen.  Erstens 
wird  sie  hervorgerufen  durch  den  Zerfall  fortgesetzter  Venenthromben,  welche 
über  die  Sinus  der  Dura  hinaus  in  die  Venen  der  weichen  Hirnhaut  reichen; 
zweitens  schliesst  sich  die  Meningitis  an  die  Periostitis  und  Ostitis  der  Schädel- 
knochen an.  Entweder  sind  es  auch  hier  fortschreitende  Thrombosen,  die 
sich  von  den  diplöetischen  Venen  ins  Schädelinnere  begeben,  oder  der  Weg 
ist  ein  mehr  direkter,  indem  die  Entzündungsprodukte,  welche  dem  Knochen 
aussen  an-  und  aufliegen,  ihn  in  der  Richtung  nach  innen  gegen  die  Dura 
durchdringen.  Ein  dritter  Weg  von  aussen  nach  innen  ist  das  Fortkriechen 
längs  der  Nervenstämme  an  der  Himbasis.  Er  ist  durchaus  analog  der  Menin- 
gitis nach  Eiterungen  in  der  Paukenhöhle,  wo  die  Verbreitung  derselben  längs 
des  Facialis  im  Canalis  Fallopiae  nach  vorherigem  Durchbruch  der  Wand  des 
Canalis  bis  an  die  Pia  erfolgt  ist.  Ebenso  hat  man  im  Gefolge  von  Pan- 
ophthalmitis  die  Meningitis  durch  Verbreitung  längs  des  Opticus  entstehen 
sehen.     So  erzählt  z.  B.  Ramm  (894)  folgenden  Fall: 

Ein  52  jähriger  Mann  sties»  sich  ein  Holzstückchen  ins  rechte  Auge.  Dan  Holz- 
stQckchen  wurde  augenblicklich  entfernt.  Nach  einiger  Zeit  konsnltirte  er  Ramm.  Es 
fand  sich  Chemosis,  harter  Bulbus,  heftiger  Schmerz.  Enucleation  unter  autiseptischen 
Cautelen.     Am   nächsten  Tage   Frösteln   und   Temperatursteigerung.    2   Tage   darauf  Tod. 


Die  Ptosis  nach  Tramueii.  431 

Es  fand  eich  eiterige  Meningitia  an  der  Basis  und  der  CoQvesität  des  Gehima,  kein  Fremd- 
körper im  Auge. 

Ferner  ruft  ein  traumatischer  Himabscess,  Avelclier  ursprünglich  nicht 
in  der  Rinde,  sondern  tiefer  in  der  Markmasse  sass,  die  Meningitis  horvor, 
wenn  er  sich  der  Hirnobei-tiäche  nähert  und  an  die  Basis  stösst. 

Auch  finden  wir  die  sekundäre  Meningitis  nach  Eiterungen  der  AVeieh- 
theile,  die  bis  an  den  Knochen  dringen,  sei  es  dass  sie  in  der  Kopfschwarte, 
oder  auf  den  Schleimhäuten  der  Stirnhöhlen,  des  Caw  tympani  etc.  ihren 
Anfang  nehmen;  ferner  nach  der  akuten  wie  chronischen  Cranitis,  nach  Sinus- 
thrombose, Hirna bscessen  und  Knochennekrosen. 

Die  Leptomeningitis  nach  Trauma  kaim  sich  ebensowohl  an  der  Con- 
vexität  wie  an  der  Basis  entwickeln  und  hier  dem  i!>iamm  des  Oculomotorius, 
dort  dem  supponirten  Cent r um  des  Levator  geliihrlich  werden. 

Die  Meningitis  basÜaris  traumatica  schliesst  sich  vorzugsweise  an  die 
Fissuren  der  Basis  an.     So  erzählt  Johnson  (895)  folgenden  Fall; 

Bei  einem  49jöbrigen  Manne  wurde  ein  2  Zoll  langea  und  ^4  Zoll  breites  Hok- 
stückcheu  au3  der  Äugenliühle  entfernt.  Der  Mann  starb  an  Erysipel  und  eiterii^er  Menin- 
gitjs.  Die  Sektion  ergab  eine  Frnctur  deö  Orbitaldaches ,  foitgepflanzt  nach  dem  Keilbein 
und  den  Siebbein  Zellen;  ebenso  war  der  rechte  Stiralappen  von  dem  Fremdkörper  durch- 
bohrt worden. 

Will  man  nun  aus  einer  Ptosis,  Pupillenerweiterung*  Hypog^lossusparese 
lind  Lähmung  des  Öchlundrettexes  etc.  auf  Verbreitung  der  Meningitis  längs 
der  Basis  schliessen,  so  muss  vorher  festgesteIH  sein,  dass  die  betreifenden 
Nennen  nicht  schon  von  dem  traumatischen  Insult  selbst  angegrift'en  und  ver- 
letzt worden  waren.  —  Wenn  auch  die  Meningitis  sich  meist  kurze  Zeit  nach 
dem  Trauma  entwickelt,  so  gibt  es  doch  Fälle,  bei  welchen  unmittelbar  nach 
der  Kopfverletzung  Hirnsymptorae  fehlen,  vielmehr  sich  die  Patienten  einige 
Zeit  wohl  fühlen  und  dann  erst  erkranken. 

So  berichtet  Roberts  (896)  über  folgenden  Fall:  Durch  Hulschlag  links  Wunde 
in  der  Siipraorbitalgegeod.  Heilung  der  Wunde.  Ungefähr  ein  Monat  später:  linkes  Auge 
zurückgesunken,  Neuritis  optica,  Ptosis,  psychische  Störung,  Incontinentia  urinae. 
Delirien.  Die  Trepanation  an  der  Stelle  der  Verletzung  zeigte  eine  Fraktur  des  Orbital- 
daches mit  Eindringen  von  Splittern  in  die  Dura.  2  Tage  darauf  hohes  Fieber,  dann  Comn 
und  Tod  durch  Lept om en ingitis,  wie  die  Sektion  ergab. 

Rivington  (897)  erzählt  folgenden  Fall:  Verletzung  über  dein  üusaeren  Ende  der 
linken  Augenbraue  dureh  einen  Sehlag  mit  einem  Zinngefüsse.  Am  15.  Tage  nach  der 
Verletzung  trat  plützlich  ein  epliptifornier  Aufall  auf,  später  rechtsaeitige  Hemiplegie, 
anfangs  linksseitige,  später  rechtsseitige  Convulsioncn ,  Augen  nach  links  gewendet,  An- 
aesthesie  der  rechten  Gesichtshälfte  und  Conjunktiva,  linksseitige  Ptosis.  Die  Trepa- 
nation in  der  Wunde  führte  zur  Kutfernung  von  Knochenstfickcben  der  Tabula  externa 
und  interna»  Die  Sektion  ergab  die  Dura  normal,  eiteriges  Serum  zwischen  dieser  und  der 
Pia,  letztere  sowie  das  Gehirn  links  hyperämisch. 

c)    Die  Ptosis  zni'olge  traumatischer  N  uclearllihmunp, 

§  206,  Die  klinische  Diagnose  dieser  Lähmun[]:sfonn  leidet  an  dem  schon  bei 
der  Ptosis  zufolge  cerebraler  Syphilis  (pag,  307)  erwähnten  Umstände,  dass 


432  Die  Ptosis  nach  TraomexL 

wir  zur  Zeit  klinisch  noch  keinen  absolut  sicheren  Anhaltspunkt  für  die 
Diagnose  einer  Nuclearlähmung  überhaupt  besitzen.  Wir  werden  daher  nach 
Schädeltraumen,  welche  eine  Basalfraktur  ausschliessen  lassen,  eine  Nuclear- 
lähmung bei  denjenigen  Fällen  von  Ptosis  resp.  Oculomotoriuslähmung 
vermuthen  dürfen,  deren  Symptomatologie  diejenigen  Lähmungsgruppen  nm- 
fasst,   welche   man  seither  als  Nuclearlähmungen  anzusprechen  gewohnt  war. 

Hinsichtlich  der  Entstehungsweise  der  Nuclearlähmungen  nach  Schädel- 
trauma folgen  wir  zunächst  wieder  den  Darlegungen  von  Bergmannes  in 
seiner  schon  so  oft  herangezogenen  grundlegenden  Arbeit  über  Kopfverletzungen. 

Die  Gestaltveränderung,  welche  die  elastische  Schädelkapsel  im  Moment 
der  Gewalteinwirkung  erfährt,  erklärt  die  Vielheit,  sowie  die  Lage  der 
Quetschungsherde  des  Gehirns.  Unter  der  von  aussen  zusammengeschlagenen 
Schädelstelle  erfährt  nämlich  auch  das  Gehirn  eine  Quetschung,  von  welcher 
zuerst  die  es  durchtränkende  Flüssigkeit,  Blut  und  Lymphe  betroffen  werden, 
da  diesen  der  Abfluss  nach  anderen  Theilen  des  sie  bergenden  Kanalsystems 
freisteht,  während  die  inkompressible  Nervenmasse  so  leicht  nicht  ausweichen 
kann.  Wie  aus  einem  nassen  Schwämme  wird  der  Liquor  cerebrospinalis 
ausgepresst  und  von  der  Konvexität  zur  Basis  gedrängt,  wenn,  wie  gewöhnlich, 
das  Schädelgewölbe  den  Stoss  erdulden  musste.  War  die  brechende  Gewalt 
eine  breit  angreifende,  so  wird  die  Auspressung  und  Verschiebung  auch  die 
gefüllten  Ventrikel  treffen  und  durch  Verdrängung  ihres  Inhaltes  den  Strom 
zu  nicht  gedrückten  Gebieten  mehren.  Die  Sammelstellen  des  verdrängten 
Liquor  hegen  immer  den  einwirkenden  Gewalten  gegenüber.  Es  buchtet  sich 
an  dem  elastischen  Sphäroid  die  der  getroffenen  gegenüberUegende  Fläche 
aus,  sodass  dem  Conus  des  Eindrucks  auf  der  anderen  Seite  ein  Conus  der 
Erhebung  entspricht.  Diese  ausgebuchtete  Stelle  wirkt  auf  das  daran  liegende 
Gehirn  wie  ein  Schröpf  köpf,  indem  es  überall  den  Druck  erniedrigt,  sodass 
hierher  nicht  bloss  das  verschobene  Gehirn  in  toto  ausweichen,  sondern  auch 
aus  all  seinen  Quellen,  Bächen  und  Strömen  der  Liquor  cerebrospinalis  zu- 
fliessen,  ja  geradezu  nachstürzen  muss.  Seine  hochgehende  Flut  sprengt  das 
Bett,  d.  h.  zerreisst  das  dünn  ihn  einscheidende  Gewebe  und  mit  ihm  die 
Blutgefässe,  längs  welcher  ja  die  Kanäle  und  Behälter  dieser  Flüssigkeit 
liegen. 

Dieselbe  Bluterfüllung  aller  Röhren  und  Becken  des  Liquor  cerebralis 
an  der  Basis  folgt  den  Schlägen  auf  die  Scheitelgegend.  Da  gerade  hier  die 
grössten  subarachnoidalen  Sinus  liegen,  so  fällt  die  Anhäufung  der  Extravasate 
um  die  Brücke  und  die  Pedunculi  besonders  auf. 

Von  besonderer  Tragweite  ist  die  Aft'ektion  der  Ventrikel,  des  Aquae- 
ductus Sylvii  und  des  Centralkanals  vom  Rückenmark  bei  Angriffen  g^en 
den  Vorderkopf.  Ist  die  Richtung  der  Gewalt  hierbei  von  vom  und  oben 
nach  hinten  und  unten,  so  muss  jedesmal  der  Lihalt  der  beiden  Seiten- 
ventrikel gewaltsam  ausgetrieben  werden.  Er  sucht  seinen  natürlichen  Aus- 
gang zum  Aquaeductus  Sylvii  (siehe  Fig.  86).  Da  aber  im  IV.  Ventrikel  und  dem 
Centralkanal  die  ausströmende  Flüssigkeit  keinen  Raum  findet,  denn  die  Seiten- 


Die  Ptosis  nach  TraumeD. 


433 


-Ventrikel  haben  um  das  fünf-  oder  sechsfache  mehr  Inhalt,  so  werdcB  die 
ÜVandungon  der  genannten  Reservoirs  insultirt,  die  Struranng  prallt  hier  an, 
zerreisst  die  zarten  Einfassungen  und  lässt  aus  den  zert^prengten  (le fassen 
das  Blut  sich  in  die  Xervensubstanz  ergiessen.  So  findet  man  die  Einschei- 
dnng  der  betretlenden  Lacunen  wie  austapezirt  mit  kleineren  und  grosseren 
Extravasaten,  Da  nun  am  Boden  des  III.  Ventrikels  und  im  centralen 
Höhlengrau  um  den  Aquaeductus  Sylvii  die  Kerne  der  Augenmuskeln  liegen, 
so  ist  nicht  zu  verwundern,  dass  wir  als  Folge  der  Schädeltraumen  auch 
Nuclearlähmungen  begegnen. 


Fig,  86. 

8a«ritt«lichDitt  durch  den  hinU^ren  Ahwhaitt  und  das  Innere  vIp*  Gehirns,  der  ^diis  WftÄserpoliter* 
veranschatilicht.  3  Dritter  Ventrikf»L  4  Vjert<*r  Ventrik*^.  F,  M.  Foramen  Magentliff.  ü,  C 
Corpua  caUoanni,     C  Cerebellütn  fQuaiii  nach  Key  und  Rftaiu*  in  MactMven,     (J,  F.  Bergmana 

in  Wietbiideo.) 


So  iftli  Hfl  ab  (898)  beiderseits  eine  Ophthalmoplegie  exterior  nach  Sturz  auf  den  Eopf, 
Demgegenüber  bekam  ein  Patient  Barbaschew'a  (899l  nach  einem  Sturz  eine  Oph - 
ihahnoplogia  interior. 

Auch  Mauthner  (824)  berichtet  über  eine  einseitige  Oculomotorimlähmung  nach 
Sturz  auf  den  Kopf.    Die  Pupille  untl  Äcconjmodation  waren  intakt  geblieben. 

Jolly  (900)  erzühlt  von  einem  Kranken,  welcher  in  einem  epileptnchen  Anfalle  die 
Treppe  henmtergefaOen  war  und  sich  eia©  Lähmung  des  Lcvator  und  Rectas  internus^ 
welche  später  wieder  beute,  lugezogen  hatte.  Nachher  traten  Gefühls-  und  Bewegunga- 
störungen  derselben  Seite  auf. 

Dresse  1*8  Patient  (901)  bekam  einen  Schlag  auf  den  Kepf.  Es  wurden  rechts 
8Jlramtliche  Augenmuskeln  gelähmt,  ansgenommen  die  inneren  und  der  Rectus  internus. 
Die  Menge  des  Urins  war  vermehit.  Am  stärksten  betroffen  waren  der  Rectus  inferior 
und  TrocMearis,  weniger  stark  der  Levator,  Rectus  aup.  und  ObJiq   inferior. 


434  Die  Ptosis  nach  Traumen. 

South  am  (902)  berichtet  von  einem  V^  jährigen  Knaben  mit  einer  Fraktur  inte 
rechten  Parietal-  und  Occipitalgegend.  Es  bestand  eine  rechtsseitige  Ptosis,  sowie  m 
conjugirte  Deviation  nach  rechts. 

Eojewnikoff  (903)  sah  Lähmung  beider Oculomotorii  bei  einem  42 jährigen Mane, 
der  aus  einer  Höhe  von  3  Meter  auf  den  Hinterkopf  gefalJen  war. 

Eissen  (904)  beobachtete  bei  einem  22jährigen  Manne  auf  dem  linken  Auge  «mi 
Reizzustand  der  inneren  Augenmuskeln,  partielle  Lähmung  des  Rectus  saperior,  ToUittBigi 
Lähmung  aller  sonst  vom  Oculomotorius  versorgter  Muskeln  und  des  Troekletria.  Ak 
3 jähriger  Knabe  war  der  Kranke  auf  den  Kopf  gefallen,  seitdem  hatte  sich  an  den  Zu- 
stande nichts  geändert.  Das  Auge  divergirte  und  glitt  bei  Mitbewegungen  mit  dem  ladm 
unter  das  Oberlid. 

Als  alleinige  und  mehr  als  ein  Jahr  anhaltende,  dann  aber  schwindende  Stftmg 
nach  einer  Kopfverletzung  wird  in  2  Fällen  von  Prescott-He we tt  (905)  die  Llhno^g 
blos  einzelner  Fasern  des  Oculomotorius  erwähnt.  Bei  voller  Beweglichkeit  des  Balba 
war  das  obere  Lid  gelähmt  und  die  betreffende  Pupille  starr  nnd  erweitert. 

Ob  die  beiden  folgenden  Fälle  hierher  gehören,  ist  zweifelhaft^  da  nack 
dem,  was  wir  bei  der  Syphilis  cerebralis  (pag.  348)  von  basalen  Einzellih- 
mungen  der  Aeste  des  Oculomotorius  erfahren  haben,  eine  basale  Affektioo 
des  Oculomotoriusstammes  irgend  welcher  Art  hier  nicht  in  Abrede  gestelk 
werden  kann. 

So  beobachten  Wann  ehr  oucq  und  Kelsch  (906)  in  einem  Falle  von  Basisfrik* 
tur  eine  linksseitige  Ptosis  und  Mydriasis,  während  Simon  (907)  ansfOhrlich  mm 
interessanten  Fall  von  Depressionsfraktur  des  linken  Stirnbeines  mit  Stönmg  des  Sekrer- 
mögens  auf  dem  entsprechenden  Auge  mit  Ptosis  und  Mydriasis  beschreibt. 

Die  Störung  des  Sehvermögens  spricht  in  diesem  Falle  für  eine  Fraktur 
des  Orbitaldaches. 

Auch  wir  sind  in  der  Lage,  einige  eigene  Beobachtungen  anzuführen, 
in  welchen  von  Seiten  des  Oculomotorius  nur  isolirte  Ptosis  vor- 
lag. Wenn  bei  einzelnen  sicher  auch  eine  Schädelbasisfraktur  konstatirt 
wurde,  so  müssen  wir  im  Auge  behalten,  dass  die  Ptosis  vielleicht  nuclearen 
Ursprungs,  die  Abducenslähmung  aber  daneben  wie  z.  B.  im  folgenden  Falle 
vielleicht  basaler  Natur  gewesen  ist. 

Eigene  Beobachtung  19.  IV.  97.  J.  Seh.  29  Jahre  alt.  Hufschlag  in's  Geackt, 
am  Nasenbein  eine  Hautabschürfung.  Das  Nasenbein  selbst  beweglich.  Beide  Aogenlider 
stark  geschwollen,  sugillirt,  können  kaum  aktiv  von  einander  entfernt  werden.  Conjmiktiva 
bis  zum  Cornealrand  blutig  ödematös.  Am  äusseren  Augenwinkel  eine  ca.  3S  ^ 
lange  Quetschwunde  Über  das  Jochbein  nach  abwärts  verlaufend,  in  der  oberen  Hälfte  bis 
auf  den  Knochen  reichend  und  oberflächlich  noch  auf  die  obere  Partie  des  Oberlides  Aber 
gebend.     Links:  Ptosis  und  Abducenslähmung. 

Am  11.  VIII.  97.    Die  Ptosis  zurückgegangen,  die  Aducensl ahm nng  bestehtfori 

Eigene  Beobachtung:  M.  M.,  3  Jahre  alt.  Sturz  aus  dem  1.  Stockwerk  nü 
Strassenpflaster.  10  Minuten  lang  bewusstlos.  An  der  linken  Stimhälfte  eine  3  cm  lange, 
klaffende  Hautwunde.  Blutung  aus  dem  linken  Ohr  und  der  linken  Nase.  Linke  Aogen- 
lider blutunterlaufen.  Pupillen  gleich  weit.  Reaktion  vorhanden.  Erbrechen.  Liokes 
Auge:  Ptosis.   Ausser  der  Ptosis  völlige  Heilung. 

Eigene  Beobachtung:  H.  K.  58  Jahre  alt.  Zur  Zeit  Paralysis  agitana,  Ib 
seinem  8.  Lebensjahre  stürzte  er  mit  dem  Pferde,  er  wurde  bewasstlos  und  das  rechte 
Oberlid  soll  seitdem  herabgesunken  sein.  Zur  Zeit  ist  alles  normal  nur  hängt  das  reckte 
Oberlid  herab  und  kann  aktiv  nicht  bewegt  werden.    Eine  Narbe  ist  nicht  zu  bemerken. 


Sie  Ptoäiu  nach  Traumeii.  436 

Krauker   (S^OS)    endlich   hatte  Dach    elDem  Trauma  das  volktäDdige 
Büd  eines  Panilrtikers  gebuten*     Es  fand   sich   eine   hämorrhagische  Fach ymenin- 
mxtiB,  Pia  Verdickung,  ßlutberde.    Alk  AugeumuskeJnetven  waren  grau  und  atrophisch. 
■       Von    einer   direkten    Verletzung    der   Kemregion    berichtet   Eisen - 
Blir  (909): 

^m  Nach  einer  vSchuss Verletzung  dea  Kopfes  traten  zunäch&t  tremorartige  Bewegiioga- 
Hkrangen  am  linken  Ann  und  FnpilJendiifereuz  auf,  dann  eine  Bes^hiünkung  der  Bulbui»' 
^^wegnngen  besonders  in  der  Eichtung  nach  oben  und  unten,  und  zuletzt  rechtsseitige 
Stauungspftpille  mit  Ptosis  dea  rechten  Augenlids.  Ein  Projectil  war  durch  das  rechte 
Stirnbein  gegangen,  dann  am  vorderen  Fornixschenkel  vorbei,  am  Boden  des  III.  Ventrikels 
entlang  in  den  rechten  vorderen  Yierhtigel,  wo  dasselbe  sich  eingekapselt:  fand.  Zerstört  waren 
die  tiefen  Marklager  des  rechten  vorderen  Tierhßgels  und  ein  T heil  dea  Oculorootorius- 

ferns,  Hydrocephalus  des  IIL  Ventrikels  und  der  Seitenveotrikel- 
[  Ein  Füll  von  Ptosis  und  Pupillenweite  nach  einem  Trauma  wurde  von  Leiarink 
tlO)  beschrieben.  Ea  fanden  sich  in  der  Hemisphäre  mehrere  Erweichungsherde.  — 
^  Üas  ZustaDdekonimen  dieser  Ei-weichungsherde  nach  Schädel  träumen 
erklärt  sich  nach  von  Bergmann  (h  c.  pag-  421)  durch  die  Beeinträchtigung 
der  Cirkulation  am  Ort  und  im  Umfange  der  liindenkontusionen.  Die  zer- 
trümmerte Hirnstelle  verhält  sich  nicht  anders,  wie  ein  Konglomerat  punk- 
tirter  Hamorrhagien,  welches  in  rothe  und  dann  in  gelbe  Erweichung  übergeht 
Zuweilen  wolmt  ihr  eine  Tendenz  zum  Fortschritt  inne,  welche  bekanntticii 
durch  die  um  den  Herd  sich  ausbreitende  fettige  Entartung  bedingt  wird. 
(vergL  auch  pag.  437). 

Bezüglich  der  Diagnose  der  traumatischen  Nuclearlähmungen  dürfte 
Folgendes  hier  anzuführen  sein,  P.  Simon  (914)  hat  15  Fälle  von  trauma- 
tischen Nuclearlähmungen  (allerdings  ohne  Sektionsbefund)  zusammengestellt 
und  resumirt,  dass  eine  Diagnose  auf  Xuclearläbmung  nach  Schädeltraumen 
nur  dann  gestellt  werden  könne,  wenn  man  alle  begleitenden  Nebenumstände 
berücksichtige.  Zunächst  müsse  eine  orbitale  Lähmung  ausgeschlossen 
werden,  sodann  dürfe  keine  Fraktur  an  der  Basis  Cranii  vorliegen. 
Wenn  die  Augenmuskeln  dabei  mit  betroffen  sein  sollten,  so  würden  es  fast 
immer  mehrere  sein,  da  sie  an  der  Schädelbasis  ganz  dicht  nebeneinander 
durch  den  Sinus  cavernosus  zögen.  Wenn  ein  Bluterguss  an  der  Gehirnbasis 
in  Folge  von  Fraktur  entstünde,  welcher  die  Äugennerven  bis  zur  Funktions- 
iinfähigkeit  komprimire,  so  müsse  er  schon  so  bedeutend  sein,  dass  er  lebens- 
gefahrliche Symptome  verursache,  neben  denen  die  Erscheinungen  der  Augen- 
muskellähmungen  ganz  in  den  Hintergrund  treten  würden^).  Augenmuskel- 
läkmungen,  die  in  Folge  einer  Basisfraktur  entstanden  seien,  hätten  immer 
eine  schlechte  Prognose,  denn  wenn  der  Nerv  erst  einmal  zerrissen  sei,  so 
würde  er  immer  funktionsuntüchtig  bleiben.  Man  könne  daher  von  der  An- 
nahme einer  basalen  Lähmung  absehen,  wenn  alte  Anzeichen  einer  Basisfraktur 
fehlen,  weuD  nur  ein  Nerv  gelähmt  sei,  und  wenn  die  Lähmung  in  Heilung 
übergehe. 


1)  Ganz  so  strikte  dürfte  gegenüber  den  angeführten  iu'aBkengeschicIiteii  dioser  letztere 
8ftts  nicht  aufgefaBst  werden  können. 

WilbrAud-Saeiigtsr    Kcurologie  dea  Awges.    h  Bd,  U.  AbtheUung.  29 


i 


436  Die  Ptosis  nach  Traumen. 

Mit  Sicherheit  könne  man  den  Sitz  einer  Augenmuskellähmung  in  der 
Gegend  der  Nervenkerne  annehmen,  wenn  sich  zu  dem  übrigen  Symptomtt- 
komplexe  ein  Diabetes  hinzugeselle.  Femer  spreche  für  eine  nucleare  Lahmnog 
das  Auftreten  einer  Lähmung  derselben  Nerven  auf  beiden  Seiten,  denn  nir- 
gends lägen  die  Fasern  eines  Nervenpaares  so  dicht  zusammen  als  ihre  Kerne*). 
Wenn  nun  Lähmung  in  beiden  Nerven  gleichzeitig  einträte,  ohne  dass  die 
Symptome  einer  heftigen  Blutung  im  Gehirn  vorlägen,  so  könne  man  mit  Be- 
stimmtheit die  Lähmungsursache  in  die  Nervenkerne  verlegen. 

Wenn  man  auch  diese  diagnostischen  Sätze  im  Grossen  und  Ganzen 
gelten  lassen  kann,  so  muss  man  doch  gerade  bei  den  Augenmoskel- 
lähmungen  nach  Schädeltraumen  mit  dem  Klassifiziren  sehr  vorsichtig  sein, 
denn  wir  können  nie  wissen,  ob  hier  neben  der  basalen  Schädigung  der 
Nervenstämme  durch  Frakturen  mit  ihren  Konsequenzen  nicht  auch  nodi 
Nuclearlähmungen  nebenherlaufen.  Ausserdem  ist  die  Diagnose  einer  Scbädel- 
basisfraktur  oft  in  hohem  Grade  schwierig  und  darum  anch  schwer  aw- 
zuschliessen. 

§  207.  Forensisch  von  allergrösster  Bedeutung  sind  hierbei  die  trau- 
matischen Spätapoplexien,  über  welche  Bollinger  (1005)  berichtet  hat. 
Es  handelt  sich  dabei  um  Patienten,  welche  ein  schweres  Trauma  erlitten 
hatten,  dessen  unmittelbare  Folgen  aber  meist  sehr  geringfügig  waren,  denn 
die  Kranken  hatten  sehr  bald  nach  dem  Unfälle  ihre  gewohnten  Be- 
schäftigungen wieder  aufnehmen  können.  Nach  Ablauf  einer  grösseren  Reihe 
von  Tagen,  oder  nach  Wochen,  traten  dann  rasch  sich  steigernde  sehr  be 
denkliche  Gehimsymptome  auf,  nach  welchen  dann  bei  den  zur  Sektion 
gekommenen  Fällen  eine  Apoplexie  der  Wandungen  des  IV.  Ventrikels  den 
Exitus  latalis  herbeigeführt  hatte.  Anderweitige  Todesursachen,  nameDtlich 
Veränderungen,  welche  etwa  auf  eine  septische  Infektion,  von  der  Verletzung 
der  Kopftheile  ausgehend,  deuten  könnten,  waren  nicht  nachzuweisen. 

So  erlitt,  um  ein  Beispiel  anzuführen,  ein  26  jähriger  Maler  am  27.  Juni 
ein  schweres  Trauma,  bedingt  durch  einen  Schlag  vermittelst  eines  sogen. 
Todschlägers,  auf  das  linke  Sei ten wand bein.  Es  war  nur  eine  unbedeutende 
Verletzung  der  äusseren  Weichtheile  vorhanden.  Die  unmittelbaren  Folgen 
dieses  Traumas  waren  sehr  gering  und  Patient  konnte  nach  einigen  Tagen 
seinem  Berufe  als  Anstreicher  wieder  nachgehen.  Erst  20  Tage  nach  der 
Verletzung  traten  bedenkliche  Symptome,  namentlich  Kopfschmerzen  auf. 
welche  den  Patienten  veranlassten,  ärztliche  Hülfe  in  Anspruch  zu  nehmen. 
Während  der  nächsten  Tage  entwickelten  sich  allmählich  stärkere  Symptom«, 
zuletzt  grössere  Soranolenz  und  Benommenheit  des  Sensoriums.  32  Tage  nadi 
der  Verletzung  tödtlicher  Ausgang.  Neben  einer  offenbar  tödtlichen  Apoplexie 
in  der  Wand  des  IV.  Ventrikels  fanden  sich  kapilläre  Blutungen  in  der 
Medulla  oblongata,   ferner   eine   frische   intermeningeale  Apoplexie    über  der 


1)  Auch  dieser  Satz  entepricht  nicht  ganz  den  Krfahrangen.    Wir  erinnern  nur  an  die 
doppelseitige  Zerreissimg  des  Abducens  bei  Schädelbasisfrakturen. 


Die  Ptosis  nach  Traumen. 


437 


iken  Heniisphäre  und  eine  unbedeiitentle  Fissur  der  iimeren  Tafel  des  linken 
Parietalbeiiis.  Die  mikroskopische  üntersuchunf^  der  Wandpartien  des 
I  rV.  Ventrikels  ergab  die  Zeichen  einer  längere  Zeit  bestehenden  nekrotischen 
Erweichung,  reichliche  Fettkörnchenzellen  und  starke  AnfiilUin^^  der  Lymph- 
scheiden  mit  Fett.  Die  Gefässe  selbst  waren  im  Uebrigen  unverändert;  keine 
Spur  von  Atheromatose  in  den  Hirnarterien. 

In  Folge  der  äusseren  Gewalteinwirkung  hatte  die  CerebrospinaSflüssig- 
keit  in  der  Wandung  des  Aquaeductus  Sylvii  und  des  IV.  Ventrikels  auf  dem 
Wege  des  mechanischen  In.sults  Läsionen  erzeugt,  die  zur  Erweichung  und 
Nekrose  der  Gehirnsubstanz  dabei  zu  (iefässalteration  und  schliesslich  in 
Folge  der  Letzteren,  sowie  der  veränderten  Druckverhältnisse  und  Wider- 
stände zur  traumatischen  Spätapoplexie  führen,  ähnlich  wie  in  der 
Unigebiing  vfui  Enveichungsherden  oder  vtm  sonstwie  in  ihrer  Ernähning  ge- 
störten Hirnahschnitteu,  z.  B.  in  der  Randzone  von  Neuidldungen,  accidentelle 
Blutungen  häutig  sich  vor  linden.  Es  können  sich  eben  nach  vielen  Erfahrungen 
G eh irna bscesse  und  Erweichungen  öfters  erst  längere  Zeit  nach  erlittenen 
Trauma  entwickeln.  So  erwähnt  Förster  (1006)  eines  Falles,  in  welchem 
ein  12 jähriger  Knabe  aus  beträchtlicher  Höhe  auf  den  Kopf  gestürzt  war. 
Nach  vorübergegangener  Gehirnerschütterung  trat  Genesung  ein.  Geraume 
Zeit  später  entwickelte  sich  Schielen,  Schwerhörigkeif,  unsicherer  Gang,  später 
Lähmung  des  Gesichts,  der  oberen  und  unteren  Extremitäten,  endlich  tödt- 
liche  Pneumonie.  Die  Sektion  ergab,  dass  der  hintere  Theil  der  Brücke 
nebst  den  anliegenden  Seitentheilen  des  kleinen  Gehirns  und  dem  vorderen 
Theile  der  Medulla  oblongata  in  eine  sehr  weiche  Masse  verw^andelt  war,  die 
sich  als  gelbe  Erweichung  der  genannten  Theile  erwies. 

In  manchen  Fällen  setzt  der  degenerative  Prozess  schon  sehr  bald  nach 
Einwirkung  des  Traumas  ein,  und  führt  aui"  dem  Wege  der  progressiven^ 
gelben y  herdförmigen  Erweichung  am  Boden  des  IV.  Ventrikels  nach  vielen 
Wochen  zum  tödtlichen  Ausgang;  in  anderen  Fällen  w*irkt  der  traumatische, 
durcli  den  Ventrikelinhalt  vermittelte  und  fortgepflanzte  Insult  auf  die  laterale 
Wand  einer  Seitenkannner,  und  ist  die  Lokalisation  der  Spät apoplexie 
dann  offenbar  abhängig  von  der  Richtung,  in  welcher  die  W^irkung  der  äusseren 
Gewalt  sich  auf  den  Schädelinlialt  fortpflanzte. 


d)  lieber  die  kortikale  Ptosis  nach  Traumen. 

§  208.  Schliesslich  muss  nocb  hervorgehoben  werden,  dass  auch  in  An- 
betracht dessen,  was  vorhin  bezüglich  der  traumatischen  Rindenerweichungen 
gesagt  worden  ist,  das  siipptmirte  kortikale  Levatorcentrum  direkt 
durch  ein  Trauma  lädirt  werden  kann. 

So  bescbi-eibt  W  i  11  i  ams  (Öll)  eine  Depres&ionsfraktur  des  liükeQ  SclieitelbeioB  mit  uu- 
gekretizter ,  also  huksseitiger  Ptosis.  Nach  4  Monaten,  währf-ud  welcher  Zeit  Patient 
an  Schwindel  und  Kopfschmerzen  gelitten  hatt«,  stellte  sicli  eine  linksseitige  Parese  mit 
CoDvulsionen  in  den  gelähmten  Gliedein  ein.  Zwei  Monate  darauf  wurde  Patient  trepa- 
n  i  r  t,  bald  darauf  schwanden  alle  Erscheinungen. 

SO» 


Die  Ptosis  nach  Tmiinieu 


43S 


CasteUaita  (913)  sah  zufolge  einer  komplizierten  Schädebplitterfraktur  4tr 
Froßtoparietali?egcud  links  Ptosis  und  Spracheturnng  auftreten. 

Neben  Parese  der  linken  Eörperhälfte  konstiitirte  Du  11  es  (912}  in  einem  Fiflt  ini 
Basiabruch  die  gleichseiti  ge  Lähmung  des  Oculomotorius.  Die  Komplikation  mit  deiBio» 
plegie  machte  es  fraglich,  ob  die  Lähmung  des  Nerven  einer  Läsion  seinea  StamoMt,  «At 
einer  centraten  Alfeklion,  etwa  seiner  kortikalen  Centren  zuzuschreiben  war, 

W.  H.  Bnnting  (1007)  bfobaelitete  bei  einem  12jährigen  Knaben  mit  koropUfiil« 
Schädelfraktur  direkt  im  Anschluas  an  eine  operative  Aufrichtung  eined  deprimirtea  linwiii- 
Splitters  eine  unilaterale  Ptosis,  die  er  auf  eine  bei  diesem  Eingriff  geseUte  Vedetiiiii 
des  korticalen  Centrums    fOr  Hebung  des'^oberen  Augenlids   zurückfahrt.      Eine  Kernliaia 

schien  ausgeschlotiseD.    Der 


Adsgl eich  der  Ptosis*  dcc  lid  ■ 
10-12  Wochen  ToHiog, 
nach  H/s  Meinung 
dadurch,  das»  das  CeDtnuB  ki 
anderen  Hirnhälft««  vikariireDd  m- 
gotreten  sein  soll.  Das  LtTlli^ 
centrum  liege  nach  B/a  Mdoiiig  m 
hinteren  Schenkel  der  lLStini«tBinif 
und  reiche  wahi-scheiDÜdi  ia  im 
I.  Stirn  Windung  hinüber,  als»  fvi 
und  oberhalb  der  von  de  Bodo  md 
unterhalb  der  von  Ferrier  aif^ 
noßimenen  Lage^  und  sei  roo  4/M 
Rindencent  rum  für  die  tkifm 
Augenmuskeln  getrennt,  aodaai  «i 
isulirtes  Befallen  werden  oder  Ti 
schontbleiben  vorkomme. 

^  209.  Mit  einer 
luntisclien  Ptosis  dürfen 
Fälle  von  Enopbtbalmiis  tna- 
inaticus  nicht  verwechselt  »rer- 
den,  bei  welchen  der  Bulbuj 
in  die  Orbita  zurückgesonkei) 
ist  und  das  seiner  Stütze  mekr 
beraubte  Überlid  darum  tiefer 
steht«  wie  in  dem  folgendeo 
von  uns  beobachteten  FaÜe  (i 
Fig.  87). 

Am  29.  VI  IL  189H  stürzte  der  48  jährige  Hsfeuarbeiter  H,  C.  vom  Deck  5—«  MMm 
tief  in  den  Schiffsraum,  verlor  die  Besinnung  und  will  8  Tage  lang  ohne  BewusstSMn  g^Um 
haben  und  bis  zum  29.  XL  1898  von  eiaera  anderen  Arzte  behandelt  worden  adn  Aa 
29.  XI L  1898  stellte  «r  sieh  uns  zum  ersten  Male  vor  mit  Klagen  über  SchmerEea  Im  Koifh 
und  an  verschiedenen  Körperstellen  ^  über  Schwindel  und  Vergesslichkeit»  Abnahme  ^ 
Oedächtnisse»,  Bchleehten  Schlaf  etc. 

Status  praesens.  Ueher  dem  linken  Auge  eine  oberilächl ich e  alte  Haatnarh«,  Alf 
der  linken  Kante  des  NasenrUiken«  eme  etwa  3  cm  lange  Narbe,  die  gut  verschieblte^  iit 
Vom  linken  äusseren  Orbital winkel  zieht  über  die  Wange  nach  unten  eine  frische,  druck- 
empfindliche adhäreute  Narbe.  Eine  oberüflchliche  Narbe  unter  dein  linken  Knie.  All« 
Narben  Bollen  von  jenem  Uuftll  herrtthren.    Ks  besteht  links  Enophthalmns,     Da«  llab 


Fig.  87. 

H.  C.    Linkft  Eoophthiilmufl  traunialii'UB.  ziifolge  dessen 
Tieffltfind  dl?*  tiokcii  tUterlids. 


Die  Ptosis  uacb  Trauraeo.  439 

Auge  liegt  mehrere  Millimeter  gegen  das  rechte  zarQck.  Die  linke  Augenbraue  steht  etwas 
tiefer,  die  linke  Lidspalte  ist  enger  und  die  Deckfalte  des  linken  Auges  breiter  als  die  des 
rechten. 

Die  Sehschärfe  ist  links  ^/•»  rechts  nonnah  Die  Pupillen  sind  beide  gleich  weit,  vou 
nonnaler  Reaktion.  Erscheinungen  von  Seiten  des  Sympatbicus  bestehen  nicht.  Bei  Per- 
kussion Schmerz  über  der  linken  Augenbraue. 

Wie  wir  später  sehen  werden,  giebt  es  einen  traumatischen  Enophthalmtis, 
welcher  ans  einer  Läsion  des  iSympathicus  hergeleitet  werden  mnss.  Bei  Be- 
obachtungen aber  analog  der  nnserigen  mit  voUiätiindigem  Fehlen  jeglichen 
Symptoms  einer  Sympathicusaffektion ,  muss  das  Zurücksinken  des  Bulbus 
aus  einer  Erweiter iing  der  Orhita  infolge  Auseinander weichens  der  Frakturen, 
oder  durch  Splitterfrakturen  erkliirt  werden,  wie  in  der  folgenden  Beobachtung 
von  Fuchs  (940):.  Ein  Förster  wurde  von  einem  Hirsch  angegrififen  und 
trug  neben  anderen  Verletzungen  auch  eine  solche  der  linken  Augengegend 
davon.  Am  oberen  linken  Lide  fand  sich  eine  2,5  cm  lange  Hautnarbe.  Es 
bestanden  Doppelbilder  im  Sinne  des  Muse,  obliquus  infer.  Die  Pupille  des 
linken  Auges  kleiner  als  die  des  rechten.  Enophthalmus,  sowie  Parästhesie 
der  Wange,  des  Unterlids,  der  Nase  und  Lippe  auf  der  linken  Seite, 

Es  wurde  in  diesem  Falle  eine  Fraktur  des  Orbitalbodens  angenommen. 
Durch  dieselbe  war  eine  Vergrösserung  der  Orbita  gegeben,  welche  zu  einer 
theilweisen  Verlagerung  des  Orbital  fettes  führte  und  im  Zusammenhange 
damit  das  Zurückweichen  des  Bulbus  unter  dem  atmosphärischen  Druck  zur 
Folge  haben  musste. 

In  einem  analogen  Falle  von  G.  Cohn  (941)  wurde  der  Enophthalmus 
auf  eine  entzLindliche  Affektion  der  periostalen  Bekleidung  der  Orbita  zurück- 
geführt, wodurch  das  retrobulbäre  Fettgew^ebe  in  Narbengew^ebe  umgewandelt 
worden  sei,  welches  den  Eulbus  retrahirt  haben  solle. 

Auch  Low  (942)  nimmt  in  seinem  durch  Hufschlag  entstandenen,  und 
von  Blindheit  und  Störungen  der  Augenmuskeln  gefolgten  Enophthalmus  als 
Ursache  eine  narbige  Schrumpfung  des  retrobulbären  Fettgewebes  nach  einer 
Orbital fraktur  an. 

Bei  den  von  G  e  s  s  u  e  r  (943)  beschriebenen  Fällen  wnirde  der  Enophthal- 
mus ebenfalls  aus  einem  mechanischen  Zurücksinken  des  Bulbus  in  den  durch 
narbige  Schrumpfung  des  retrobulbären  Fettzellgewebes  an  Ausdehnung  ge- 
winnenden Orbitalraum  erklärt,  wobei  ein  gewisser  Druck  der  sich  über  den 
Bulbus  spannenden  und  diesen  bedeckenden  Lider  als  Hill^ursaclie  in  Betracht 
zu  ziehen  sei. 

Neulen  (1008)  unterscheidet  nach  der  Entsteh ungmirsache  2  Gruppen 
von  Enophthalmus  trauraaticus: 

L  den  durch  die  Fraktur  der  Orbita  entstandenen,  und 
2.  den  durch  Nervenschädigung  erklärbaren  Enophthalmus. 

Bei  der  ersten  Gruppe  dränge  die  erweiternde  Gewalt  einen  Theil  des 
Orbitalgewebes  aus  der  Orbitaihöhle  hinaus  und  den  Bulbus  gleichzeitig  nach 
hinten,  w^o  derselbe  stehen  bleibe,  da  keine  Kraft  vorbanden  sei,    ihn  wieder 


i 


440  Die  Ptosis  nach  Traumen. 

nach  vorne  zu  treiben.  Oft  würde  er  dann  nach  hinten  durch  adharentt 
Narbenstränge  befestigt.  Auch  er  führt  hierfür  eine  Beobachtung  an,  bei 
welcher  ein  Patient  einen  Hufschlag  gegen  das  linke  Auge  bekommen  hatU. 
Derselbe  w^ar  zwei  Tage  lang  bewusstlos.  Erst  nach  6  Tagen  nahm  die  starke 
Schwellung  des  Oberlides  ab.  Am  inneren  Winkel  fand  sich  eine  dnict 
empfindliche  Narbe  und  am  Infraorbitalrande  eine  tiefe  Depression.  Das 
linke  Auge  stand  6  mm  tiefer,  als  der  rechte.  Das  Sehvermögen  war  voll- 
ständig erloschen.  Neulen  glaubt,  dass  eine  Orbitalfraktur  und  eine  narbig 
Verwachsung  des  Bulbus  mit  dem  Orbitalrande  vorliege. 

11.  Die  Ptosis  bei  Gehirntumoren. 

§  210.  Bei  den  Himgeschwülsten  begegnet  die  diagnostische  Verwerthnng 
einer  Ptosis  deshalb  so  grossen  Schwierigkeiten,  weil  es  zur  Zeit  noch  unmö^cb 
ist,  aus  den  klinischen  Erscheinungen  den  Nachweis  zu  führen,  in  wie  weit 
die  vorhandene  Schädigung  des  Oculomotorius  direkt  oder  indirekt  durch  den 
Tumor  bedingt  worden  sein  möchte.  So  führt  Oppenheim  als  Beispiel  für  die 
durch  eine  Gehirngeschwulst  verursachte  kompressive  Einwirkung  auf  eni- 
legeneTheile  des  Gehirns  ganz  speziell  die  Affektion  des  Oculomotorius 
der  gekreuzten  Seite  an.  Im  Allgemeinen  ist  jedoch  die  Femwirkung  keine 
so  beträchtliche;  vielmelir  handelt  es  sich,  wie  Bruns  charakteristisch  sich 
ausdrückt,  um  Nachbarschaftssymptome  des  Tumors. 

Hierzu  gesellt  sich  als  weitere  Schwierigkeit  die  Verwerthung  der 
jeder  intrakraniellen  Neubildung  zukommenden  Allgemeinsymptome.  Sind 
wir  doch  gegenwärtig  über  das  Wesen  und  die  Wirkung  des  den  letzteren 
zu  Grunde  liegenden  erhöhten  Himdrucks  durchaus  noch  nicht  im  klaren. 
So  haben  uns  die  Erfahrungen  der  letzten  Jahre  im  hiesigen  allgemeinen 
Krankenhause  belehrt,  wie  ausserordentlich  unsicher  und  wechselnd  die  All- 
gemeinerscheinungen bei  Hirntumoren  sind.  In  einer  Reihe  von  betracht- 
lichen Neubildungen  im  Gehirn,  bei  denen  sich  post  mortem  die  Zeichen  des 
stark  erhöhten  Hirndrucks  fanden,  wurde  in  vivo  bei  einigen  die  Stauungs- 
papille, bei  anderen  Pulsverlangsamung  und  Kopfschmerz  vermisst.  Ebenso 
bekannt  ist  das  Fehlen  der  Hirnsymptome,  namentlich  bei  ganz  allmählicher 
nicht  zerstörender,  sondern  nur  verschiebender  Einwirkung  einer  Geschwulst 
auf  das  Hirngewebe.  Sehr  begreiflich  erscheint  daher  die  Mahnung  so  kom- 
petenter Autoren,  wie  Obernier  und  Nothnagel  (949),  bei  der  Lokalisirong 
von  Hirngeschwülsten  sich  der  grössten  Vorsicht  zu  befleissigen. 

Andererseits  dürfen  wir  uns  durch  die  Erfahrungen  früherer  Autoren 
nicht  beirren  lassen,  die  Herd-  und  Nachbarschaftssymptome  der  Hirn- 
tumoren eingehend  zu  studiren,  zumal  da  manche  Erfolge  der  modernen 
Hirnchirurgie  zeigen,  dass  auch  auf  diesem  Gebiete  die  Möglichkeit  eines 
Fortschrittes  in  lokalistischer  Beziehung  wohl  gegeben  ist. 

In  den  meisten  Lehr-  und  Handbüchern  wird  der  Oculomotorius  bei 
der  Symptomatologie    der   Hirntumoren  ziemlich    kurz   abgethan.      So   weist 


Die  Ptosis  bei  GehirntumoreD. 


441 


z.  B.  Gowers  (950)  nur  darauf  hin,  dass  eine  isolirte  oder  doppel- 
seitige Oculomotoriuslähmung  bei  Tumoren  des  Himschenkels 
oder  der  in  der  Nähe  desselben  gelegenen  Hirnpartie  vorkomme.  Beide 
Ocul  oTOoiorii  könnten  durch  eine  zwischen  den  Schenkeln  gelegene  Gesehwulst 
lädirt  werden. 

Dass  indessen  in  Wirklichkeit  die  Verhältnisse  bedeutend  vielf^estaltiger, 
komplizirter  und  interessanter  sind^  wird  aus  der  nachfolgenden  Betrachtung 
vorhandener  charakteristischer  Fälle  aus  der  Litteratur  heiTorgeben. 

$  211.  Orbitale 
Lokalisation. 

L  Kepinski  |951)  be- 
obaciitete  eine  T^Filimung  sümint- 
lieber  AMgenmuskelri  rait  Aiia- 
D&bme  des  Rect.  sup.  und  intern. 
Doppelseitige  Ptosis;  Protrusion, 

linksseitige  StauungspapiUe; 
H^ype rast h 681  e  im  1.  und  2.  Quin- 
tu6«öt  und  leichte  Facialiäpiirese. 
Die  Sektion  ergab  einen  Tumor 
aa  der  Scbädelbasia  mit  Durcb- 
bruch  in  die  Augen-  und  Sebädel- 
h^ible.  Derselbe  ging  von  der 
Ba&ia  li^a  linken  Process.  pteiy- 
goid.  dicbt  unter  dem  Foranieu 
rotimduni  huh  untl  erstreckte  steh 
nacb  oben  und  vom.  Er  durch- 
brach die  anssere  untere  Augen* 
höhlenwand  und  verbreitete  sich 
in  der  Orbita ,  von  wo  er  dann 
durch  die  Fi^^sura  orbital ib  Hup. 
in  die  Schüdeliiuhle  perforirte. 
Die  Neubildung  war  e^n  mit  allen 
in  die  Orbita  hin'eingchenden 
NerA'en  verwachsenes  Rundzellen- 
aarkom. 

Clark  (95:3 1  beobachtete 
verschiedene  H^ydatidencysten  im 
Gehirn»     Kine  fand   sich   an   der 

Beitenwand  der  linken  Augenhöhle,  so  dass  der  Sehnerv  und  die  Augenmuskelnerven 
komprimirt  wurden,  was  Unbeweglichkeit  des  linken  Bulbus*  Herabsetzung  des  Sehver- 
mögens und  einen  nasalen  öesichtafelddofekt  zur  Folge  hatte. 

Bar  ab  asheff  (954)  verötlentlicbte  2  Fälle  von  Kthinococeus  der  Augenhöhle:  in 
dem  einen  Fall  handelte  es  sich  um  ein  12  jahriges  Mildchen,  das  rechtsseitig  erblindet  war 
(Atropbia  n.  opt.)  und  eine  Ptosis,  Exophthalmus  und  Verdrängung  des  Auges  nach 
aussen  und  unten  dargeboten  liatte. 

Ca  11  an  (952)  sab  bei  einem  an  Influenza  erkrankten  und  gestorbenen  Alkoholiker 
einen  vor  tibergebenden  Exopbtbalmu.s  und  Opbthalmciplegia  exterior.  Die  Atopsie  ergab 
einen  Hdyrocephalua  externus  und  internus.  Eine  seröse  Ansammlung  zwischen  dtii  beiden 
Hirnhäuten  auf  der  Sella  turcica  hatte  durch  Druck  die  Ophthnlmoplegie  erzeugt,  den  Ex- 
ophthalmus und  die  seröse  Infiltration  des  Orbitalgewebes. 


Fig.  8b. 

IQ  jähriger  Jun^e    mit  einem    von    der    medinlen  Fläche    der 

Orlnlfl  }iu»>ifegt)Qureneu   Spindeltellensarkoni.     SdiwelluUji?  und 

lividt"  Verfärbung  de»  Oberlidci  diirdi   Bluti^tauun^. 


Die  Ptosis  bei  Gehirntumoreii. 


4^ 


Aus  (lern  Kapitel  5  ^  116  reproduziren  wir  die  Figur  65  (iidtt 
Figur  88),  um  die  ErscheiBimgeii  zu  zeigen,  die  sich  ausser  lieb  bö 
einem  orbitalen  Tumor  geltend  machen.  In  demselben  Kapitel  hatten  ws 
pag.  312  darauf  hingewiesen,  dass  man  bei  Lues  mit  OrhitaJsymptomen  issi 
Trereinzelten  Augenmuskellnbmungen  von  selten  des  Oculomotorios  Tor  «Ikn 
an  einen  basalen  Herd  denken  müsse,  welcher  später  seine  Auslaufer  durdk 
die  Fissura  orbitalis  in  die  Augenhohle  hinein  geschickt  haben  könne,  hu- 
selbe  Raisonneinent  gilt  für  die  Tumoren  im  Allgemeinen.  Wir  wollen  la 
dieser  Stelle  noch  einmal  hervorheben,  dass  in  dem  von  uns  beobachtetes 
Falle  H,  M.  Fig^ir  89  es  sich  niöglicherweise  gar  nicht  um  Lues,  sondern  nn 
einen  andersartigen   Tumor  'gehandelt    haben  kann,    da    eine    Sektion  nidst 

vorliegt,    der    Erfolg    der    Jodme«Ukaüoii 
allein  aber  nicht  beweisend  ist. 

§  212.  Basale  Lokalisatioa 
Der  vorhergehende  Fall  bildet  einen 
rebergang  zur  vorliegenden  Gruppe.  Die- 
selbe bietet  ein  ganz  besonderes  Inter^sie 
dar,  weil  bei  den  basalen  Tumoren  oft 
sehr  frühzeitig  Herderscheinungen  in  Folp 
des  Drucks  auf  die  Gehirnnerven  auftreten 
können,  welchem  dieselben  wegen  der 
knöchernen  Unterlage  nicht  auszuweichen 
vermögen. 

Dass  die  Nervenstämme  jedoch  häufii 
eine  ganz  ausserordentliche  Widerstand»- 
fithigkeit  gegen  die  bald  komprimirenden, 
bald  dehnenden  und  zerrenden  Wirkungea 
der  Tumoren  darbieten,  haben  wir  ent 
kürzlich  bei  einem  Falle  erlebt,  bei  welcbesi 
der  Quintus  um  einen  eigrossen,  in  der 
Entwickelung  gegen  denPons  hin  begriffewii 
Tumor  sich  herumgeschlungen  hatte  and 
dabei  gedehnt  und  stark  zerfasert  erschien,  ohne  in  vivo  entsprech^idi 
Symptome  dargeboten  zu  haben.  Der  hnke  Ahducens  war  dagegen  m 
gewöhnlich  in  Folge  des  Tumorendrucks  durch  fettige  Degeneration  verdanut 
und  von  grauer  Farbe.  Auch  machten  wir  bei  diesem  Falle  zugleich  die  m 
oft  betonte  Erfahrung,  dass  die  Wirkung  der  Tumoren  an  der  Basis  auf  die 
daselbst  befindlichen  Nerven  eine  durchaus  regellose  und  ungleichmässige  ist 
indem  bald  der  eine,  bahl  der  andere  erkrankt,  ohne  dass  die  Autopsie  uns 
irgend  welche  Erklärung  für  dieses  elektive  Verhalten  zu  geben  vernnichtf 
Abgesehen  von  den  verwickelten  Druckverhaltnissen  in  der  Schädelkaf»H 
spielt  gewiss  die  Art  des  Wachsthums  sowohl,  wie  die  Natur  der  Neubildaflg 
heim  Zustandekommen  dieser  Erscheinung  eine  grosse  Rolle. 


IL  M, 


Fig    89. 
Link«    Tumor  orbitÄC    et   bwrlos 


\ 


Die  Ptosis  bei  Gehirntumoren.  ^HHV  443 

Vom  diagnostischen  Gesichtspuiikte  ans  betraclitet,  dürfte  jedoch  die 
Reihenfolge,  in  welcher  die  basalen  Hirnnerven  vom  Tumor 
ergriffen  werden,  in  praxi  den  am  meisten  ins  Gewicht  fallenden  Faktor 
darstellen.  Darum  ist  auch  den  klinischen  Symptomen  von  Seiten  des  Ocu- 
lomatorins  eine  so  grosse  Bedeutung  beizulegen,  weil  derselbe  in  relativ 
langem  Verlaufe  an  der  Seiten  wand  des  IVocessiis  clinoideus  posterior  die 
Hypophysengegend  und  die  mittlere  Schiidelgrube  passirt,  um  dann  in  der 
Dura  unter  der  Wand  der  vorderen  Schädelgrube  die  Fissura  orbitalis  zu 
erreichen.  Bei  den  in  dieser  Gegend  häutig  auftretenden  oder  zur  Wirkung 
kommenden  Tumoren  wird  daher  dieser  Nerv  auch  meistens  mit  affizirt, 
was  sich  oft  und  früh  in  einer  Ptosis  zu  oflenbaren  ptlegt. 

So  beobachtete  Türck  (955)  einen  S4jälir.  Patienten,  welcher  4  Monate  vor  seinem 
Tode  einen  heftigen  Schmerz  in  der  rechten  Supraorhitalgegend  empfunden  hatte,  worauf 
Am  folgenden  Tage  das  rechte  obere  Augenlid  herabsank.  Bei  seiner  Aufnahme 
wurde  eine  fast  vollkomniene  Lfihmung  des  rechten  Ociilomotorins,  Neuralgie  Im  1.  ABt 
des  rechten  Quintua  und  eine  rechtsseitige  Amblyopie  konstalirt.  Bei  der  Section  fand 
»ich  ein  Tuberkel  auf  der  Dura,  der  den  rechten  Rani,  ophtha! m.  n.  quinti  und  die  rechte 
Hälfte  des  Chi  asm  a  komprimirt  und  den  i-echten  N.  oculomotorius  voUätändig  infil- 
trirt  hatte. 

Dreachfeld  (956)  veröffentlichte  einen  Fall  von  Lähmnng  sfim  int  lieber  Augea- 
mnskelnf  Exophthalmus,  AniLsthesie  im  Bereiche  des  Trigeminus,  nenroparalyt.  Keratitis, 
Amaurose  nnd  linksseitige  temporale  Hemianopsie,  Die  Sektion  ergab  einen  an  der  rechten 
HirBbasia  sitzenden  weichen  carcinomatösen  Tumor,  welcher  der  Dura  aufsass  und  bia 
%um  Foramen  opticum  reichte.  Die  betreffende  Gehirnnerven  waren  in  die  tieschwulst 
auusBe  aingebetiet. 

A.  Rosenthal  (957)  beobachtete  bei  einem  ähnlichen  Falle  linksseitige  Ptosis; 
Imkaseitrige  Mioais;  Bewegungsbeschränkung  des  linken  Auges  nach  oben,  unten  und 
namentlich  nach  innen;  eine  beiderseitige  Stauungspapille,  Neuralgie  und  Anästhesie  des 
Trigeminus  mit  Keratitia  neuroparalytica  Die  Autopsie  zeigte  eine  bohnengrosae  Geschwulst 
an  dem  Ursprünge  des  linken  Quintus,  welche  das  Ganglion  Gasseri  durchsetzt  nnd  einen 
Druck  auf  den  Sinus  cavernosus  und  den  linksseitigen  Ocnlomotorias  ausgeübt  hatte. 

Nettleship  (958l  constatirte  eine  Hnksaeitige  Oculomotoriuslähmung 
bei  einem  30 jährigen  Manne,  welcher  auf  dem  einen  Auge  erblindet  war  und  auf  dem 
anderen  Auge  eine  Hemianopsie  erkennen  liess.  Die  7  Jahre  nach  der  ersten  Untersuch- 
UDg  ausgeführte  Sektion  ergab  einen  Tumor,  der  vom  Keilbein  ausgebend,  den  linken 
N.  oculomotorius,  den  Opticus,  das  Chiasnia ,  den  linken  Tractus^  sowie  den  Hirn- 
schenkel und  Föns  comprimirt  hatte. 

Dinkler  |959j  sah  bei  einem  53 Jahrigen  Manne  durch  ein  vom  Sinus  cavernosus 
dexter  ausgehendes  Sarkom  Degenen\tion  des  II.  bis  XII.  Hirn  neigen  rechts  und  des 
Qnintns  links.  Hechts  bestand  ausserdem  Exopthalmus  und  Neuritis  optica.  Eine  Ptosis 
wurde  nicht  beobachtet 

Eine  der  ältesten  bierhergehörigen  Beobachtungen  verdanken  wir 
Bell  (960). 

Ein  Hufschmied  hatte  bei  Waterloo  eine  Verwundung  am  linken  Schlflfenbein  und 
Jocfahein,  und  5  Jahre  später  an  derselben  Steile  den  Hufschlag  eines  Pferdes  erhalten. 
Die  ersten  Erscheinungen  bestanden  in  Kopfschmerz.  Schwindel,  dann  roonateiangen  heftigen 
Schmerzen  in  der  linken  Stirn  und  Backe.  Darauf  tiat  linkei-seits  Ptosis  ♦  Starrheit  des 
Bulbus,  Dilatation  und  ünbeweglichkeit  der  Pupille^  Anästhesie  und  Neuralgie  der  linken 
GesichtshÄlfte,  Keratit.  neuroparalytica  mit  destruktiver  Entzündung  de*  Auges,  Lähmung 


4M 


Oli  Plodis  bei  GebirntuTnoren^ 


I 


dc>r   linksseitigeD  Eaumuskelu   uiiil  Verluat  des  Sebvermdgena   der   liolcen  Seite  m,  E» 
Facialialiibmuug  war  vorüber  gehfind  Aufgetreten. 

Die  Sektion  ergub  an  der  linken  Seite  der  Sellti  turcica  Adlifisioiien  IÜt«r«o  tttam 
zwischen  Dura  und  den  weichen  Hinjhäuten.  Nach  ihrer  Lf^suDg  kam  eine  Ge«cb»ik 
zum  Vorschein,  welche  vorwärts  hi«  zur  oberen  KeilbeinspalteT  seit  wärt«  bis  zmn  Fonsua 
der  Art.  nioningea  und  rückwärts  bis  zum  Proceasus  clinoid,  pos^terior  reiebt^  iJieaiQt 
nabm  den  ganzen  Smiis  cai^emosu»  ein.  Der  N.  o  culo  m  o  to  r  iu  s^  trochlearia,  tripotOfti 
abdueens  waren  von  der  Geschwulst  «ingeechlosaen  und  bis^  zu  ihrem  Austritt  itti  dca 
Gehirn  atrophisch.     Der  Opticus  verlief  oberhalb  derselben  und  batto  eine  gratie  FtrW 

Im  Anschliiss  an  diesen  Fall  müge  behoinlers  liervurgehoben  wt-rdes. 
daes  bei  Tumoren  im  Türkensattel  anfangs  S^^mptome  von  seilen  der  Aü?:»?tt- 

nuiskeln  und  des  QtiiDtns  ml4i 
einstellen,  zu  denen  meist  S^b- 
Störungen  in  Form  einer  TmdBs- 
Hejinano])sie  hinzuzutreten  jiHegen. 
Diese  Kombination  kommt 
bei  intracerebralen  Herdf^n 
nicht  vor. 

80  sah  Williams  iM2\  d<»pp«i- 
seitige  Ophtbalmoplegie  und  neurt^pvir 
ly tische  Keratitis  in  einem  Falle,  t»i 
dem  die  Sektion  einen  Tumof  im  Keil- 
bein körp  er  ersfab. 

Stedniann  Bull  (961  (  (^ 
öbachfete  eine  72jahHgo  Fnm  mit  fc<- 
ginnender  doppelseitiger  Ploöis  oad 
botnon^mer  linksseitiger  Uemiaoopsie 
Die  Sektion  ergab  ein  haaeltmasgroflHC 
kleinzelliges  8arkoRi  des  recbteii IViet 
opt.  und  eine  Blutung  im  linkra  T( 
porullappiin. 

Juler  und  Harris  (963)  h^ 
ohuchteten  eine  pl5t2]jcbe  Amaurose 
oh  i]  e  ophthulinoskopiächen  Befund,  woni 
»ich  Exophthalmus  sowie  Tölüg»  0^ 
thfllmoplegie  dea  rechten  und  linkta 
Auges  anschlo-^isen ;  (2  Jahre  nach  Eot- 
f er  u  u  ng  e  i  ne ä  B  r  US tk re b^e^}  D  ie  Sektii« 
ergab  ein  metaatattsches  Carcinom  in 
Keilbeinkörpers. 
Wir  sölhat  beobachteten  im  vorigen  Jahre  folgenden  Fall  hm  einem  Alteren  H«na 
(siehe  Fig.  90)  bei  welchem  wegen  Carcinom  eine  Kieferresektion  gemacht  worden  war. 

Bei  der  ersteu  Untersuchung  konstatirten  wir  eme  rechtsseitige  t^^tale  scblif* 
Ptosis.  Der  rechte  Bulbus  war  absolut  unbeweglich  und  stand  nach  ansäen  gmtfat^ 
Bei  Blinzelbewegungeo  und  mit  dem  Fioger  gehobenem  Oberlid  konnte  man  konauttna, 
dass  sich  der  Bulbus  lediglich  durch  die  Kontraktion  des  unteren  Lides  etwas  bev?gte< 
Die  Funktion  des  M.  frontalis  und  Orhicularis  oculi  war  durchaus  normal. 

Der  Comealretlex  fehlte  auf  der  rechten  Seite.  Die  tactile  Empfindung  war  m  ftll^B 
8  Aefiien  dea  rechten  tjuiutus  herabgesetzt,  ebenso  die  Schmerz-  und  Würmeempfint^nnf 
wibrend  das  Kültegefühl  besser  erbalten  war.  Der  motorische  Quintus  erschien  aidit 
affizirt 


■"  I 


Fig.  90 

H.  P.     Basaler  um!   orbitaler  Tumor  di-r  rechten 
Seite  mit  Ptosiü  und  ExophthaloiUb. 


Die  FtosJa  bei  Gehirntumoren.  ^^^^^  445 

Die  rechte  Papille  war  über  mittel  weit  nod  reagirte  gar  nichl'. 

Der  Augenhintergruod  war   beiderseits  normal;   dabei  war  rechts  die  Sehschärfe  bis 
Lichtschein  herabgesetzt,   während  sie  Imks  normal  war.     Das  Gesichtsfeld  des  linken 
Luges  hatte  im  oberen  äusseren  Sector  eine  kleine  Einschränkung. 

Das  Geinjchsver mögen   war  beiderseits  vorhanden,    links  jedoch   behauptete  Patient 
ser  unterscheiden  zu  können. 

Der  Geschmack  war  auf  der  vorderen  rechten  Seite  der  Zunge  für  Süss  aufgehoben, 
Bitter,    Sauer  und  Salzig  herabgesetzt  gegen  links.     Hinten  auf  der  Zunge  keine  Stör- 
Qg  des  Geschmacks.     Das  Gehör  war  rechts  deutlich,  gegen  links  herabgesetzt. 

Die  Zungenbewegnngen  waren  frei. 

Die  Intelligenz  des  wegen  eines  operativ  bedingten  Gaumendefektea  schwer  verstäud- 
chen  Mannes  war  vorzüglich. 

Aus  dem  übrigen  Status  ist  benierkenswerth ,  dass  der  Gang  des  Patienten  tappend 
war.  Das  linke  Beiu  schleppte  etwas  nach.  Die  Sehnenreflexe  warten  leicht  ausll>sbar; 
PatellaiTeflexe  gesteigert ;  Hautreflexe  waren  sämmtlich  vorhanden.  Die  rohe  Kraft  war  in 
der  linksseitigen  Extremität  gegen  rechts  herabgesetzt. 

Dynamom.  links  50,  rechts  8(}. 

Die  Sensibilität  war  intakt.  Der  linke  Mundwinkel  hing  etwas  herab.  Der  oWre 
FacialiB  war  ganz  intakt. 

Nicht  liiDge  nach  der  Untersuchung  war  Patient  gestorben.  Leider 
konnten  wir  die  Sektion  nicht  ausführen.  Wir  sind  aber  infolge  der  persön- 
lichen Mittheihmg  de.s  Herrn  Prof.  ^Miugazzini  in  Kom  (1028)  in  der  Lage, 
folgenden  nach  vielen  Hiebtungen  hin  anabgen  Fall  mit  Sektionsbefund  liier 
anführen  zu  können. 

Ein  30 jähriger  Manu,  bei  dein  weder  Lues,  not-h  Alkohol misslirauch  nachweisbar  war, 
bekam  heftiges  linksseitige»  Naseubluten}  dann  Ohrensausen  nnil  linkn  lokali^irten  Kopf- 
schmerz.  Hierauf  stellte  sich  Doppeltsehen,  eine  linksseitige  Ptosis  und  Abduceobpareäe 
«in.  Bei  der  einige  Monate  später  vorgenommenen  Untersuchung  fand  sich  links  eine  voU- 
etfindige  innere  und  äussere  Ophthalmoplegie.  Die  linke  Pupille  war  erweitert  und  die  Seh- 
schärfe vermindert.  Es  bestantl  ferner  eine  Parese  der  linksseitigen  Kaumnskeln; 
Verminilerung  dcH  Geruchs  auf  der  linken  Seite  und  eine  leiehte  Pitreae  der  rechts- 
seitigen Glieder.  Zu  diesen  Symptomen  gesellte  sich  späterhin  eine  Deviation  der  Zunge 
nach  links;  Starrheit  heider  Pupillen;  ta etile,  thermische  und  algiscbt?  Hypei- 
äathesie  in  der  linken  G  eBichts  hälfte   und  eine  Ahhlassung  dei  linken  Papille. 

In  den  letzten  Monaten  des  Lehens  fand  mau  daher  liei  dem  Patienten  eine  hallt- 
seit  ige  Lähmnng  der  genannten  Himnerven. 

Die  Sektion  ergab  ein  Fibroaarkom,  das,  vom  Antnim  Highmori  ausgehend,  die 
Muscheln,  dann  den  linken  Theil  des  Ketlheins  und  der  8ella  turcica  infiltrii-t  und  die 
Tendenz  hatte,  sich  auf  den  Clivns  zu  erstrecken. 

Wahrend  Nothnagel  (964}  besonders  herv^orhebt,  dass  Aneurysmen 
öfters  längere  Zeit,  gelegentlich  bis  zur  Huptur  hin  ohne  jede  Symptome 
bestehen  können,  rühmt  Wernicke  (965)  gerade  den  Aneurj&men  speziell 
dem  der  Carotis  in  Sinus  caveiTiosus  nach,  dass  sich  bei  denselben  die 
mechanische  Wirkungsweise  eines  Tumors  in  besonderer  Reinheit  zeige,  wofür 
er  als  Beispiel  folgende  Beobachtung  Hutchinson 's  mittheilt. 

Eine  4Üjährige  blasse  und  magere  Fran  litt  seit  11  Jahren  an  Kapfschmerzen,  die 
tm  letzten  Jahre  zunahmen  und  von  einem  kloptendcn  Gefühl  in  der  linken  Schläfengegend 
begleitet  waren.  Seit  dieser  Zeit  hatte  sich  auf  der  linken  Seite  eine  lollstöndige  Oculo- 
motorius-  und  Äbducenalähmung  eingestellt.  Der  Trocblearia  hlieh  frei,  ebenso  der  Fa- 
cinlia«     Die  Sehscharfe  und  der  Augenhintergrund   waren   unverändert.    Mit  dem    Henohr 


446  Die  Ptosis  bei  Gehirntamorexu 

hörte  man  ein  Geräusch,  woraus  tl.  auf  ein  Aneurysma  schloss.  Nach  10  Jahrea  itaA 
die  Patientin.  Vorher  war  auch  der  linke  Trochlearis  gelähmt.  Die  Sektion  ergib  m 
Aneurysma  von  der  Form  und  Grösse  eines  Tanbeneies.  Dasselbe  nahm  die  Üab 
mittlere  Sohädelgrube  ein  und  kommunizirte  durch  eine  Oeffnung  mit  der  Garo^  intoi 
deren  Durchgängigkeit  nicht  beeinträchtigt  war.  Der  Aneurysmasack  rahte  auf  dem  Gn- 
glion  G asser i  und  Hess  den  benachbarten  Opticus  intakt.  Die  motorischen  Aageanenm 
waren  über  ihn  gespannt  und  verloren  sich  in  seiner  Wand.  Der  Sinus  caveraosii 
war  obliterirt. 

Ruschemberger  (966)  beobachtete  eine  frische  Rnptar  eines  tanbeneigroaMs 
Aneurysmas  der  Basilararterie ,  welches  den  Pons  gerade  in  der  Mittellinie  kompnniit 
hatte.  Die  Anamnese  des  47  jährigen  Mannes  hatte  ergeben,  dass  derselbe  seit  weiugstoas 
zwei  Jahren  linksseitig  gelähmt  war  mit  Zittern  der  rechten  Hand.  B^i  der  Anfiialmie  iM 
Krankenhaus  bestand  eine  linksseitige  Hemiplegie  (motorisch  und  sensibel),  linksseitige 
Pto  sis ,  erschwerte  Sprache  (die  Zunge  wich  nach  links  ab),  erschwertes  Schlingen  und  mifrei- 
willige  Entleerungen. 

§  213.  Symptome  von  selten  der  an  der  Basis  befindlichen  Nerren 
spez.  des  Oculomotorius  können  aber  auch  indirekt  durch  Tumoren  in  der 
Himsubstanz  veranlasst  werden. 

So  sah  Bruns  (967)  eine  Ptosis  bei  folgendem  Falle  auftreten. 

Eine  40  jährige  Frau  erkrankte  von  Oktober  1897  an  unter  den  Erscheinungen  eiser 
allgemeinen  Benommenheit  und  Schlafsucht  bei  erhaltener  Intelligenz.  Im  NoYember  tnt 
eine  leichte  rechtsseitige  Hemiplegie,  Paraphasie,  dann  eine  deutliche  Aphasie  ein  Am 
21.  Dezember  linksseitige  Stauungspapille,  die  am  30./ 12.  auch  rechts  deatlich  wurde. 
An  diesem  Datum  wurden:  eine  linksseitige  Ptosis,  Schwäche  der  Heber  und  Senker 
des  linken  Auges,  beiderseitige  Abducenslähmung  und  Hyperästhesie  im  linken  N.  sapn- 
orbitalis  konstatirt.  Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  die  Allgemeinsymptome:  wie 
Kopfschmerz,  Erbrechen  gering  waren,  und  dass  eine  deutliche  perkutorische  Empfindüd- 
keit  am  linken  Stirnbein  nachweisbar  war.  Die  Sektion  ergab  ein  Randzellensarkom  in 
linken  Stimhirn. 

Bruns  hatte  die  Diagnose  eines  linksseitigen  Stimhimtumors  mit  folgen- 
der Begründung  gestellt :  Wegen  der  motorischen  Aphasie,  der  perkutorischen 
Empfindlichkeit  der  seitlichen  Stimgegend  und  den  Allgemeinerbcheinungen 
musste  es  sich  um  einen  Tumor  in  der  linken  Hemisphäre  handeln.  Die 
leichte  rechtsseitige  Hemiplegie  vrurde  als  Nachbarschaftssymptom  durch  Drück 
auf  die  Centralwindungen  bezw.  ihrem  Stabkranz  erklärt.  Gesichert  wurde 
die  Diagnose  erst,  als  zu  der  erst  links  aufgetretenen  Stauungspapille  sich  die 
Zeichen  einer  Hirnnervenerkrankung:  linksseitige  Abducens-Oculomotoriuslähm- 
ung  zugleich  mit  Hyperästhesie  im  linken  Supraorbitalis  hinzu  gesellt  hatte. 
Bruns  lokalisirte  folgendermassen:  „es  handelt  sich  um  einen  Tumor  des  linken 
Stirnhirns,  der  besonders  nach  der  Basis  zu  gewachsen  ist  und  hier  die 
zwischen  Stirnhirn  und  Basis  cranii  in  der  Augenhöhle  verlaufenden  Nerren 
komprimirt  hat^.'  Aus  dem  anatomischen  Befund  interessirt  uns,  dass  der 
Tumor  besonders  nach  unten  und  aussen  zu  gewachsen  war  und  die  orbitalen 
Theile  des  Stirnhims  stark  nach  unten  gedrückt  hatte,  wodurch  die  unter 
dieser  Partie  liegenden  Nerven  und  Gefässe  komprimirt  worden  waren. 

Wir  haben  diesen  höchst  lehrreichen  Fall  ausführlicher  mitgetheilt,  weil 
aus  demselben  ersichtlich  ist,  wie  auch  Bruns  hervorhebt,  dass  das  Ein- 
treten basaler  Hirnnervenlähmung   für    die    Lokal -Diagnose    der   Stimhirn- 


Die  Ptosis  bei  Gehirntumoren.  447 

imoren    geradezu   ausschlaggebend    sein  kann.     Also    auch    hier  sehen  wir 

iederum  die  Wichtigkeit  einer  ev.    vorhandenen  Ptosis  und  Ocuioraotorius* 

imung.     Zugleich  müssen  wir  ganz  besonders  hervorhelien,    dass   wir   auch 

dieser    Himregion    einem    Syndrome    de    Weber     begegnen     können, 

h,  einer  alternirenden  Hemiplegie  in  der  Weise,   dass  bei  einer  Oculomo- 

>riuslähmung  eine  gekreuzte  Extremitätenlähmung  beobachtet  wird,  Diflerential- 

iagnostisch  muss  ein  Tumor  im  liirnschenkel ,  der  klasisschen  Stelle  des  Syn- 

trome  de  Weber,  und  nach  unseren  Erfahrungen  im  8chläfenlapx)en  (s,  Ptosis 

Bi  Äbscess)  berücksichtigt  werden.      Der  Verlauf,  die  Aufeinanderfolge  der 

Symptome,  die  Kombination  mit  anderen  Hirnnervenlähmunj^en  von  Seiten  des 

LbdncenSj  Quintas  und  Opticus  wird  die  richtige  Lokaüsation  ermöglichen,  zumal 

renn  man  erwägt,  dass  Läsionen  der  an  der  Basis  der  vorderen  und  mittleren 

'Scbädelgrube  zwischen  Stirnhirn  und  Knochen  verlaufenden  Nerven  spez.  des 

Ocnlomotorius,    Abducens    und    1.    Ast   des    Quintus    bei    Stimhimtumoren 

einerseits  durch  direkte  Kompression  von  Seiten  der  Geschwulst,  andererseits 

durch  indirekten   Dnick    in  Folge   von  Stammgen   im  Sinus  cavernosus   der 

betrefienden  Seite  entstanden  sein  können. 

Fried  reich  {1000)  bencbt^te  von  einem  40jähriget]  Theologen^  der  seit  3  Jahren 
an  heftigem  linkss.  Eopfaciimerz  gelitten  hatte,  zn  dem  sich  unter  Parflstheöien  eine  redits8€itigo 
tota^1e  Hemiplegie  und  Anästbeeie  hinzugeaeUtei],  dasB  sich  nach  Auftreten  von  Convulsionen 
in  den  Extremitäten  auf  dem  linken  Auge  eine  Ptosia  und  Erweiterung  der  linken  Pupille 
©ingestePt  habe.     10  Tage  darauf  trat  der  Exitus  ein. 

Bei  der  Sektion  fand  Mch  vom  hinteren  Lappen  der  Grossbirnheniisphäre 
und  zwar  in  der  Höbe  der  Decke  dea  Seitenventrikels  beginnend  bis  herab  zur  Kortikal- 
suhstanz  der  Himbaeia,  ferner  bia  zur  Mitte  des  vorderen  Lappens  und  seitlich  noch  bis 
in  den  Thalarana  opticus  reichend,  ein  grossea  Neoplasma  von  röthlicber,  graugelber 
Färbung,  welches  aich  &ekr  derb  anfühlte»     Die  Ventrikel  waren  ziemlich  erweitert 

Bei  der  Epicrise  hebt  Fried  reich  hervor,  dass  die  in  den  letzten 
Tagen  hinzugetretene  Lähmung  einzehier  Zweige  des  Oculomotorius  (Ptosis, 
Erw'eitening  der  Pupille)  ohne  Zweifel  durch  direkte  Einwirkung  der  Neubild- 
ung bedingt  worden  sei;  da  die  Geschwulst  bis  fast  unmittelbar  an  der 
Hirnbasis  sich  entwickelt  hatte  und  durch  Druck  auf  genannten 
Nerven  die  Funktion  desselben  zum  T  h  e  i  1  beeinträchtigen 
konnte,  wenn  aucb  die  Sektion  keine  sichtliche,  auf  eine  Kompression  zurück- 
führbare  Veränderung  an  diesem  Nervenst^mm  ergab. 

Gleich  an  dieser  Stelle  sei  der  bemerkenswerthe  Fall  Ducamp's  (968) 
eingereiht,  bei  dera  das  Syndrome  de  Weber  bei  einem  Tumor  des 
Schläfenlappens  beobachtet  worden  ist. 

Ein  17 jähriges  Mädchen  erkrankte  mit  Kopfschmerz,  Erbrechen,  Obstipation  und 
leichten  Fieherbewegnngen.  Es  entwickelte  eich  allmählich  eine  Ünkseitige  Hetnipnrese  mit 
HemianästbeBie  ohne  Betbeilignng  dea  Gesichts.  Am  rechten  Äuge  trat  zanächst  leichte 
Ptosis  und  Doppeltsehen  (Parese  des  Rectua  lateralis),  ferner  Erweiterung  der  rechten 
Pupille,  Stauungspapille  und  scblicsaUcb  LlUimung  aller  vom  rechten  Oculomotorius  und 
Trochlearia  versorgter  Muskeln  auf. 

Die  Sektion  ergab  in  der  hinteren  Partie  des  rechten  Schläfenlappens  und  vorderen 
Theile  dea  rechten  Occipitallappens  einen  Echinococcussack. 


Die  Ptosis  bei  Gehirntuniorei]» 


Der  Autor  hebt  die  bemerkenswerthe  Thatsache  hervor,  dass  in  dieeea 
Falle  der  Symptomenkomplex  der  Hirnschenkelläsion  durch  eine  den  Hiiih 
Schenkel  gar  nicht  direkt  komprimirende  Neubildung  hervorgerufen  vorfsD 
sein  könne. 

Nach  unserer  Ansicht  dürfte  dieser  Syniptomenkomplex  eine  ähnlicbe 
Erklärung  beanspruchen,  wie  der  analoge  bei  Abscessen,  Blutungen  und  Erweich- 
ungen  im  Schläfenlappen,  bei   denen  die  Oculomotoriusaf fektion  nicbi 

nuklear  oder  l'ascikulär,  soDd^m 
rein  peripher  basal  bedingt  i^t, 
(Siehe  die  Abbildung  von  Mä- 
cewen  pag.  382  Fig.  76.) 

Ebenso  dürfte  der  früher 
auf  pag.  99  erwähnte  Fall  ton 
(üiuther  (2t>4)  die  Möghchkeit 
einer  basalen  Ptosis  nahe  legeiL 
Solche  Fälle  sind  bei  der  meiit 
mangelnden  genauen  pathologiscb- 
anatomischen  Untersuchung  aller 
Abschnitte  des  Oculomotorius  gar 
nicht  mit  Sicherheit  zu  rubrizirea. 


S  214.  Was  nun  die  Ge- 
schwülste der  Hypophysis 
betriflft,  so  kommt  es  bei  gen&a 
medianem  Sitze  des  Tumors  zd 
bi temporaler  Hemianopsie,  dann 
meist  zu  einseitiger  und  schliess- 
lich doppelseitiger  Amaurose  mit 
<  Jpticusatrophie.  Wächst  der 
Tumor  ^  so  werden  die  AiigeiK 
muskelnerven  und  dann  die  Trige- 
mini  affizirt,  Bruns  bebt  henor, 
da^s  häufig  zuerst  eine  Ptosis 
auftrete,  Oppenheim  (969)  be- 
tont, dass  einige  Male  die  ein- 
seitige Ptosis  das  einzige  Symp- 
tom auf  diesem  Gebiete  war  und  weist  noch  besonders  auf  eine  Be- 
merkung Sanedly's  hin.  welcher  hervorhob,  dass  trotz  Läsion  des  OcqIo- 
motoriusstammes  nur  Ophthalmoplegie  int-  und  Ptosis  bestand.  Stern- 
berg  (970)  sagt  in  seiner  kürzlich  erschienenen  Monographie:  ^Lähmungon 
und  Paresen  sind  im  Bereiche  der  vom  N,  oculomotorius  versorgten  Muskeln 
häufig:  Ptosis.  Parese  der  Intemi,  reine  Konvergenzparese  (Uhthoff), 
isohrte  Lähmung  des  Obliquus  inf,  (Hare)  n.  St  w.  Wichtig  ist,  dass  diese 
Störungen  wieder  zurückgehen  können,    (Mosler,  Schlesinger).    Die  Lähm- 


M.N. 


Flg.  91. 

Akromegalie,   Tumor  *ler  Hypopby§ie.    RechU 
leiclite  Ptosis. 


Die  Ptosis  bei  Gehirntumoreti*  ^^^^^  4^ 

US  erfolgt  durch  direkten  Druck  der  Hypophysen- 
geschwillst  auf  den  Stamm  an  den  Pediinciilis  cerebri  oder  auf  die  Oculomotorius- 
keme  indem  die  Geschwulst  in  den  IIL  Ventrikel  hineinwächst  {Uhthoff.) 
Seltener  wohl  wird  der  Oculomotorius  in  seinem  Verlaufe  durch  die  Schädel- 
höhle, seitlich  von  der  Hypophysis,  geschädigt.  Der  Stamm  der  Nerven 
kann  verdickt  sein.  Unter  der  Voraussetzungj  dass  in  solchen  Fällen,  ähnlich 
wie  bei  den  Hautnerven,  Degenerationen  der  Nerv^enfasern  vorhanden  sind, 
muss  man  die  Möglichkeit  einräumen,  dass  die  Bewegungsstörungen  unter 
Umständen  auch  von  einer  primären  Oculomotoriuserkrankung  abhängen 
können.     Nachgewiesen  ist  ein  solcher  Fall  bisher  nicht. 

Wir  selbst  beobachten  gegenwärtig  einen  exquisiten  Fall  von  Akrome- 
galie.  wie  aus  der  nebenstehenden  Figur  91,  bei  der  wir  eine  vorübergehende 
rechtsseitige  Ptosis  konstatiren  konnten,  ohne  weiteres  ersichtlich  ist. 

Die  83j&lirige  Tbchlersfrau  ist  seit  9  Jahren  krank:  VergrösseruDg  der  Hände,  FQsse, 
des  Gesichts,  der  Nase,  dea  Kinas.  Sehötörungt  und  zwar  stellte  nlch  zuerst  Doppeltsehen 
und  dann  Abnahme  des  Sehvermögens  ein,  Mattigkeit,  MinflÜligkeit  und  Vürstimmung.  Bei 
der  üntersnehung  wurden  die  typische  äussere  Körperform  der  Akromegatie  konstatirt;  ferner 
eine  bitemporale  Hemianopsie  mit  beginnender  Opticusatropbie.  Die  Bewegungen  der 
Bulbi  waren  beschränkt.  Es  war  keine  eigentliche  Lähmung  von  Augenmuskeln  vorhan- 
den. Dagegen  beistand  eine  rechtsseitige  Hemiparese  (incL  Mundfaciahs).  Dynamom.  rechts  35, 
links  5^^.  Am  10.  I.  99  wurde  eine  inkomplete,  linksseitige  Ptosis  konstatirt,  die  am  8.  III. 
wieder  verschwunden  war. 

In  diesem  Falte  möchten  wii*  die  Ptosis  als  Theilerscheinung  des  Syndrome 
de  Weber  betrachten,  welches  dem  Druck  des  Hypophysistumors  auf  den 
linken  Pedunculus  cerebri  seine  Entstehung  verdankt.  Hierbei  sei  bemerkt, 
dass  die  Hemiparese  ebenfalls  in  Bezug  auf  ihre  Intensität  ein  wechselndes 
Verhalten  zeigte. 

§  215,  Die  Geschwülste  der  Grosshirnschenkel  kommen  ausser 
als  Gummata  und  Tuberkel  recht  selten  vor  und  erstrecken  sich  oft  auf 
beide  Seiten. 

{Da  wir  die  syphilitischen  Geschwülste  dieser  Gegend  in  dem  früheren 
Kapitel  betrachtet  haben,  so  sei  hier  nur  der  Fälle  mit  andersartigen 
Tumoren  gedacht.) 

Ro  beobachtete  Rosenthal  (971)  eine  39JÄhrige  Frau,  die  aeit  2  Jahren  mit  Kopf- 
schmerz, Schwindel,  Abnahme  des  Sehvermögeoa  und  Parese  der  rechtsseitigen  Extremi- 
täten erkrankt  war.  Die  Untersuchung  ergab  eine  l  i  n  k  s  s  e  i  t  i  g  e  t  o  fc  a  1  e  0  c  a  1  o  m  o  t  o  r  i  u  a- 
lähmung  und  rechtsseitige  Heraiparese  mit  Hemianästhesie.  (Syndrome  de  Weber).  Kurz 
vor  dem  Exitn»  ergriff  die  Lähmung  auch  den  rechten  Oculomotorius,  Bei  der 
Autopäie  fand  sich  zwischen  beiden  Hirnschenkeln  eine  über  erbsengrosse  Geschwulst.  Die 
nnerste  Partie  des  rechten  Peduncnhis  cerebri  mit  dem  angrenzenden  Theil  der  Haube  war 
erweicht.  Im  inneren  Theile  des  linken  Hirnschenkels  befand  sich  eine  erbseugrosse  Cyste» 
welche  die  durchziehenden  Oculomotorina würze!  fasern  zerstört  hatten.  Vom  vordem  Theile 
der  Lamina  perforat,  posterior  ging,  den  rechten  Oculomotorius  einschliessend,  ein  üher 
bohnengrüsses ,  die  Corpora  mammiliaria  und  den  Hiutertheil  der  Tuben  substituirendes 
Gliosarkom  aus. 


450  Die  Ptosis  bei  Gehirntumoren. 

Ein  ganz  ähnliches  Verhalten  finden  wir  in  dem  Freund' sehen  Falk 
(972)  aus  der  Klinik  von  Frerichs,  bei  dem  sich  ein  haselnossgrosser 
Tumor  zwischen  den  Hirnschenkeln  und  dem  Sehhügel  gefunden  hatte. 

In  dem  Falle  von  Sutton  (973)  gesellte  sich  zu  einer  linksseitigen  Ptosinplfiii- 
lich  unter  Bewusstseinsverlust  eine  rechtsseitige  Hemiplegie.  Die  Sektion  ergab  im  Unka 
Himschenkel  ein  Gliom,  dass  auch  einen  schmalen  Theil  des  rechten  mitalBzirt  hatte. 

Wir  sehen  hieraus,  dass  wiederum  der  Levator  palpebrae  sup.  eine 
bevorzugte  Stellung  in  der  partiellen  Lähmung  des  OculomotoriTis  einmmiDt 

Ausser  dem  Levator  palpebr.  oc.  dextr.  war  der  Rect  sup.  int.  und  die  PnpOk 
in  dem  Falle  Putawski's  (974)  gelähmt,  bei  dem  sich  im  weiteren  Verlauf  eine  Uhmiiig 
der  linken  oberen  Extremität  entwickelte.  Die  Sektion  ergab  einen  waUnussgrosaen  Tobnkel 
im  rechten  Himschenkel. 

Einen  ähnlichen  Fall  von  unvollständiger  Oculomotoriaslähmang  mit  Ptosis 
und  gekreuzter  Extremitätenlähmung  publizirte  Beck  (975).  Es  handelte  sich  um  «ii 
Rundzellensarkom  im  linken  Pedunculus  cerebri. 

Eine  gekreuzte  komplete  Lähmung  des  linken  Oculomotorius  mit  Ptosis  und  der 
Extremitäten  beobachtete  Mohr  (976)  bei  einem  22jährigen  Menschen,  dessen  Aatop«e 
einen  wallnussgrossen  Tuberke]  im  h'nken  Hirnschenkel  ergab. 

Während  im  Sutton'schen  und  Putawski 'sehen  Falle  die  Oculomo- 
toriuslähmung, welche  bei  Geschwülsten  meist  partieller  Natur  ist  und  häufig 
als  erstes  Zeichen  in  Form  der  Ptosis  auftritt,  der  gekreuzten  Kö^pe^ 
lähmung  vorausging,  hat  man  in  anderen  Fällen  einen  umgekehrten  Verlauf 
beobachtet,  so  in  dem  schon  erwähnten  Freu nd-Fr er ichs  sehen  FaUe,  bei 
dem  eine  allmählich  entstandene  rechtsseitige  Parese  der  Extremitäten  einer 
linksseitigen  Ptosis  vorausgegangen  war.  Greift  ein  Tumor  vom  Hirn- 
schenkelfuss  durch  die  Substantia  nigra  in  die  Schleife,  so  kann  eine  gekreuzte 
Sensibilitätsstörung  und  Ataxie  die  Folge  sein  (Kraft-Ebings  Fall). 

Zitterbewegungen  der  rechten  Hand,  Schwäche  und  Schmerz  im  rechten  Fnss,  später 
linksseitige  Ptosis,  zu  der  sich  schliesslich  auch  eine  rechtsseitige  Ptosis  gesellt«. 
Rechtsseitige  Hemiparese  (incl.  Facial.)  und  Hemianästhesie  beobachtete  Fleisch  mann  (977| 
bei  einem  kastaniengrossen  Tumor  im  linken  Sehhügel  und  einer  Erweichung  des  linken 
Pedunculus  cerebri. 

Intentionszittem  im  rechten  Arm,  Schwäche  im  rechten  Bein  und  linksseitige  Oddo- 
motoriuslähroung  mit  Ptosis  sah  Mendel  (978)  in  einem  FaUe,  bei  dem  sich  14  Tage 
vor  dem  Tode  auch  Lähmung  des  rechten  Oculomotorius  eingestellt  hatte.  Die  Sektion 
ergab  einen  Tuberkel  im  linken  Hirnschenkel;  derselbe  nahm  vorzugsweise  den  mittlem 
Theil  der  Haube  ein  und  reichte  bis  zum  Corp.  subthalamicum.  Die  zuletst  aufgetretene 
rechtsseitige  Oculomotori  uslähmuog  fand  ihre  Erklärung  in  einer  cirkmnskiipten  tnber 
kulösen  Meningitis  im  Trigonum  intercrurale. 

Hierbei  möchten  Tsir  nicht  unervräbnt  lassen,  dass  die  Franzosen  einen 
zur  Oculomotoriuslähmung  auftretenden  gekreuzten  Tremor  Syndrome  de 
Benedict  nennen.  Dies  ist  also  von  dem  Syndrome  de  Weber  zu 
unterscheiden,  welches  bisher  als  Charakteristikum  der  Himschenkelaffekticm 
galt  und  bekanntlich  in  Lähmung  des  Oculomotorius  auf  Seite  der 
Läsion  und  der  Extremitäten,  des  Facialis  und  des  Hypoglosus  auf  der 
gekreuzten  Seite  besteht. 

vi  216.  Sehr  wichtig  und  interessant  wegen  ihrer  mannigfachen  Angen- 
muskelstörungen    sind    die    Tumoren   der   Vierhügel,    die    durchaus  nicht 


Die  Ptosis  bei  den  Gehirntumoren.  451 

alten   sind   und  häufig  zu   doppelseitigen   Lähmungen  gleichnauiiger  Augen- 
luskeln  führen. 

So  beobachtete  Steffen  (979)  bei  einem  3 jühngen  Knabeii  eine  doppelseitige  Ptosis 
freier  Bewegung   der    Augäpfel.     Bei  der  Sektion   war   die   Form    der  Vierhfigol   nicht 
liehr  zu  erkennen ;  dieselben  stellten  eine  randliche,  zerklflftete,  gelbliche  Masse  dar^  welche 
eh  als  Tuberkel  erwies. 

Bei  einem  äbnlichen  Falle  von  Tuberkel  der  Vierhügel  beobachtete  Bruns  (980)  die 
lählicbe  tlntwickelimg   einer    ausgedehnten  Augeumuskellähmung    erst    aus    ein*    dann 
oppelseitiger  Ptosis. 

Oppenheim  (L  c.  p.  120)  erklärt  die  bei  den  Vierhügelgeschwülsten 
Bobacbteten  Augenmuskellähmungen  als  nukleare.  Da  die  Kerne  der 
beiden  Oculomotorii  unmittelbar  aneinandergrenzen ,  so  werde  es  in  der 
Regel  zu  doppelseitigen  Lähmungen  gleichnamiger  Muskeln  kommen,  während 
die  unregelmässige  Ausbreitung  der  Neubildung  nur  selten  die  Bedingungen 
für  eine  absolute  Gleicbmässigkeit  dieser  Lähmungen  schaffe.  Obwohl  Bruns 
den  obigen  Beitrag  geHefert  hat,  so  hebt  er  doch  hervor,  dass  nicht  selten 
derLevator  palpebrae  sup,  verschont  bleibe,  gerade  so  wie  bei  anderen 
nuklearen  Augenmuskellähmungen.  Indess  haben  ausser  den  oben  erwähnten 
2  Autoren  Nothnagel  (981),  Christ  (982),  Shaw  und  B arber  (983), 
lUberg  (984)  bei  Vierhügeltumoren  Ptosis  beobachtet 

§  217.  Bekanntlich  machen  die  Geschwülste  an  der  Glandula 
pinealis  (meistens  Psammome)  ähnliche  Erscheinungen  wie  die  Vierhügel- 
tumoren. Es  sei  nur  erwähnt,  dass  sie  mit  ein*  und  doppelseitiger  Trochlearis- 
lähmung  beginnen  können.  Nie  den  (985). 

§  218,  Ein  m  der  Oculomotoriuskernregion  befindlicher  Tumor 
macht  meist  doppelseitige  Ptosis  wie  aus  dem  Falle  Goldziehers  (986) 
hervorgeht- 

Der  betreffende  Patient  bot  ausser  der  eben  erwftbnten  doppelseitigen  Ptosis  eine 
Libmung  aämmtUcber  Zweige  des  Otiulomotnrius  mit  Ausnahme  derjenigen  der  Pupille  und 
Accommodation  dar:  femer  Parese  des  Abducens.  Die  Sektion  ergab  eine  tuberkulöse  Ge- 
schwulst in  der  Ocnlomotoriuskeniregion. 

Eine  ähnliche  Lokaltsation  nahm  ein  Tuberkelknoten  ein,  der  sich  jedoch  basalwirto 
noch  auf  beide  Hirnschenkeln  erstreckt  hatte,  in  einem  von  Bouveret  und  Chapotot 
(987)  publizirten  Falle,  bei  dem  in  vivo  doppelseitige  Ophthal  moplegia  exterior,  ferner  doppel- 
seitige Neuritis  opt.  und  vollständige  linksseitige  und  fast  vollständige  rechtsseitige  Hemi- 
plegie beobachtet  worden  war. 

Erwilhnt  möge  noch  v.  Hoeslin's  (9^8)  Fall  von  jahrelangem  Kopfscbmerz  mit 
Ptosis  werden,  bei  welchem  nach  dem  unter  Konvulsionen  eingetretenen  Tode  ein  welsch- 
sussgrosses  Gliosarkom  in  der  Rautengrube  gefunden  wurde. 

§  219.  Was  die  Ponstumoren  betrifl^t,  so  werden  gemäss  der  Lage 
der  Kerne  vorzusgweise  der  5.-— 7.  Hirnnerv  ausser  den  Extremitäten  von 
Lähmungserscheinungen  befallen  und  zwar  bekanntlich  in  dem  G übler' sehen 
Typus  der  alternirenden  Lähmung  (Facialis  der  einen,  Extremitäten 
der  anderen  Seite). 

Eine  andere  Form  der  alternirenden  Ponshemiplegie  besteht  in  der 
Lähmung   des    Abducens    der    einen    und    der   Extremitäten    auf   der 

Wilbnnd'Sft enger,  Neurologi«  des  Auge».    I.  IM.    IL  AMheUung.  80 


452  Die  Ptosis  bei  den  Gehimtamoren. 

entgegengesetzten  Seite.  Hierbei  macht  sich  eine  Blicklähmimg 
nach  der  Seite  des  Tumors  geltend,  und  zwar  meistens  so,  dass  der 
Rectus  intern,  nur  bei  der  seitlichen  associirten  BUckwendung  versagt,  bei 
der  Konvergenzbewegung  jedoch  normal  funktionirt.  Wenn  der  Brückentmnor 
nach  vorne  seine  Femwirkung  geltend  macht,  oder  in  das  Gebiet  der  Pedun- 
culi  cerebri  oder  Vierhügel  übergreift,  so  kann  auch  der  Oculomotorius 
mitaflfizirt  werden. 

So  beobachtete  Wem  icke  (989)  eine  doppelseitige  iokomplete  Ptosis,  linksseitig« 
Facialislähmong ;  linksseitige  ßlicklähmang;  Affektion  des  rechten  Trigeminas,  Mondklemnw 
und  Schlingbeschwerden  bei  einem  Tumor  im  Pens. 

Kidd  (990)  sah  eine  rechtsseitige  Ptosis;  Paralyse  beider  Abducentes  und  doppel- 
seitige Neuritis  optica  bei  einem  Tumor  »in  der  rechten  Hälfte  des  Pens. 

Bei  einem  Myxogliom  des  Pons  konstatirte  H.^Beck  (991)  in  vivo  eine  rechtsseitige 
Ptosis  mit  Miosis;  rechtsseitige  Abducenslähmung  und  linksseitige  Hemianästhesie  mh 
Anästhesie  der  linken  Hoiiihaut. 

Ausserdem  sahen  Duchek  (992),  Petrina  und  Crohn  (993)  einseitige  Ptosis  bei 
Ponsgesch  Wülsten. 

Wiederum  sehen  wir  hier  als  häufigste  Form  der  partiellen  Oculo- 
motoriuslähmung die  Ptosis  und  zwar  fast  stets  auf  der  dem  Sitze  des 
Tumors  entsprechenden  Seite.     Ausserdem  kommen  Pupillarstörungen  vor. 

§  220.  Bei  den  so  häufigen  Kleinhirntumoren  findet,  wie  Bruns 
(1.  c.  pag.  135)  hervorhebt,  eine  Druckwirkung  in  der  Richtung  auf  die 
Vierhügel  statt.  Daher  komme  es,  dass  sich  dem  Krankheitsbilde  des 
Gerebellar-Tumors  Augenmuskellähmungen  zugesellten ,  die  einen  sogen, 
nuklearen  Charakter  trügen,  indem  sie  stets  eine  ganze  Anzahl  von  Augen- 
muskeln auf  beiden  Seiten,  wenn  auch  nicht  in  voller  Symmetrie  ergriffen. 
Bruns  macht  auch  noch  darauf  aufmerksam,  dass  es  sich  bei  dem  bei 
Kleinhimtumoren  oft  beobachteten  Nystagmus  in  Wirklichkeit  um  paretische 
Zustände  der  Augenmuskeln  handele. 

Peabo  dy  (994)  sah  doppelseitige  P  tosis  und  Strabismus  bei  einem  Randzeliensarkom 
in  der  weissen  Substanz  des  Gerebellum,  wie  wir  schon  auf  Seite  100  mitgetheilt  haben. 

Goxwell  (995)  beobachtete  leichte  Ptosis  und  Nystagmus  ausser  einer  Staaangs- 
papUle  bei  einer  gefässreichen  Geschwulst  in  der  hinteren  Partie  der  rechten  Kleinhirn- 
hemisphäre. 

Bruns* (996)  berichtete  von  doppelseitigen  Augenmuskellähmungen  in  Form  der  sog. 
Ophthalmoplegia  exterior  nuclearis,  neben  cerebellarer Ataxie,  Kopfsehmerz,  E^ 
brechen  und  Stauungspapille  bei  einem  Sarkom  des  ünterwurms. 

§  221.  Bei  der  bisher  noch  unerklärten  Symptomenlosigkeit,  mit  der  oft 
die  Tumoren  der  Medulla  oblongata  verlaufen,  ist  es  auch  wegen  der 
räumlichen  Entfernung  nicht  zu  verwundem,  dass  Erscheinungen  von  Seiten 
des  Oculomotorius  nicht  vorkommen.  Und  doch  beobachtete  Uhthoff  (997) 
eine  starke  Beeinträchtigung  der  Augenbewegungen  nach  oben  und  unten, 
femer  eine  totale  Abducenslähmung  bei  einem  haselnussgrossen  Tuberkel  in 
dem  verlängerten  Mark. 

J^  222.  Nachdem  wir  so  die  einzelnen  Himregionen,  bei  denen  eine  Greschwolst 
als  direktes   oder  als  Nachbarschaftssymptom  eine  Ptosis   ausgelöst  hatte, 


Die  Ptosis  bei  den  Gehirntumoren.  453 

Btrüchtet  haben,  sei  noch  einiger  Fälle  von  Hirntumoren  gedacht,  bei  welchen 
ine  vielleicht  durch  Fernwirkung  bedingte  Ptosis  beobachtet  wurde.  ; 

So  sah  Bull  t99S)  eine  recLteseitige  Pta&i«,  Lähmung  beider  Recti  interni,  der  linken  ' 

Pupille  und  rechtsseitige  Neiiroretinitia  bei  einem  GJiosarcom  der  Mitte  des  linken  Stirn-  \ 

lappens«  wobei  das  corp-  callosnm  miter^ifFen  war.  ' 

K  j  ri  1  z  6  w  (270)  beobachtete  geringe  Ptosis,  träge  Reaktion  der  Pupillen,  Sehschwache, 
Schielen  und  »taktische  Bewegungen  bei  einem  Tumor  des  Thalamus  opticus. 

Dieser  Fall,  wie  derjenige  von  rye-Smith  (261)  wurde  schon  auf 
Seite  99  und  100  erwähnt,  da  die  Mögiiehkeit  einer  Einwirkung  auf  das 
kortikale  Levatorcentrum  nicht  auszuKchliessen  ist.  Im  letzteren  Falle  liegt 
zwar  die  Wahrscheinlichkeit  einer  supramikleären  oder  nuklearen  Ptosis  näher, 
da  der  Tumor  sich  vom  Thalamus  nach  deju  Hirnsehenkel  zu  entwickelt  hat. 

Bei  einem  Tumor  (Carcioom)  im  linken  0  c  c  i  p  i  t  a  1 1  a  p  p  e  n 
beschrieb  Soetlin  (1001)  eine  einseitige  Ptosis,  rechtsseitige  Fftcialisparese,  Stauungs- 
papille und  Pauophthalniie. 

In  diesen  letzten  Fällen  müssen  wir  bei  der  Unbekanntschaft  der  Ver- 
bindung des  supponirten  Levatorcentruras  mit  der  Kernregion  es  zweifelhaft 
hiSsen,  ob  es  sich  hier  um  eine  direkte  Läsion  dieser  Bahn,  also  um  eine 
snpranukleäre  Ptosis  handelt,  oder  ob  die  Levatorlähmung  entweder 
als  eine  durch  Fernwirkung  verursachte  kortikale,  supranukleäre, 
nukleare^  oder,  was  auch  sehr  wohl  möglich  erscheint,  als  eine  basale 
Lähmung  zu  betracliten  ist.  Es  ist  eben  in  der  Symptomatologie  der  Ptosis 
bei  den  Hirngeschwülsten  ebenso,  wie  bei  anderen  Affektionen  die  verschieden- 
fachste  Lokalisationsmögüchkeit  gegeben,  ein  Umstand,  der  das  Studium  des 
in  Rede  stehenden  Symptoms  so  ausserordentlich  interessant  und  stets  aufs 
Neue  anregend  gestaltet. 

^  223.  Zum  Schlüsse  können  wir  ausser  dem  auf  p.  97  erwähnten 
Landouzy 'sehen  Fall  noch  drei  neue  Beobachtungen  von  kortikaler  Ptosis 
hei  einem  Hirntumor  anführen.  Die  eine  rührt  von  Bruns  (1002)  her.  Auf 
die  beiden  anderen  von  Prof,  A.  Gianelli  (1027)  wurden  wir  von  Herrn 
Prof.  Mingazzini  in  Rom    in  dankenswerther  Weise  aufmerksam  gemacht. 

Bruns  fasst  die  Krankbeitssyraptorae  seines  wichtigen  Falles  folgender- 
massen  zusammen: 

Beginn  der  Erkrankung  im  Oktober  1896  mit  psychischer  Abgeeichlngenheit  und  leichten 
Schwindelan  fällen;  im  November  1896  Fall  von  der  Treppe  auf  die  rechte  Seite.  Im  Februar 
1897  beginnende  Neuritis  optica  und  rudimentilre  rechtsseitige  Hemianopsie,  grosse  psychische 
Erregbarkeit.     Dann  allmöhliche  Ausbildung  folgender  Krankheitserscheinungen  : 

L  Störungen  der  Sensibiüt&t  der  rechten  Körperhälfte,  besonders  des  rechten  Armes, 
die  zunächst  nur  den  stereognoätiscben  Sinn  und  das  Lagegt^fühl,  zuletzt  auch  Tast- 
und  Scbmerigefübl  belrafen.  Dadurch  Ungeschicklichkeit  der  Bewegungen,  speziell  in  der 
rechten  Hand;  Unsicherheit  beim  Festhalten  von  Gegenständen  mit  der  rechten  Hand  bei 
geschlossenen  Augen ;  nicht  selten  überhaupt  UnfrLhigkeit  den  rechten  Arm  zu  gehrauchen, 
wobei  es  oft  den  Eindruck  macht  .  als  ob  der  Patient  sich  überhaupt  gar  keine  richtige 
Vorstellung  von  den  zu  Willensakten  des  rechten  Annes  nöthigen  Muskelbewegnngen 
niachen  könnte.  Ana  diesem  Grunde  wird  zuletzt  such  nur  mit  der  linken  Hand  gegessen, 
imd    nur  die    linke   Hand    zum   Grusse    gereicht     Eigentliche   Lähmungserscheinungen    im 

80* 


454  Die  Ptosis  bei  den  Gehirntamoren. 

rechten  Arme  kommen   nur  zuletzt  und  ganz  rudimentlKr    zu  Stande  —  die 

ungen  werden  etwas  steifer,  und  es  besteht  leichte  Kontraktur.    Das  rechte  Bfliiaip 

Ungeschicklichkeit,   zuletzt  ist  auch  hier  das  Schmerzgeftthl  herabgesetzt;  etiai4rii 

am  Arme  zeigt  sich  hier  Parese;   das  Bein  wird  nachgeschleift,   ab  und  tu         ._ 

auch  Achillesklonus.     Zuletzt  cerebellares  Schwanken  beim  Grehen.    Den  GefttUttapBp^ 

im  rechten  Arme  gingen  heftige  neuralgische  Schmerzen  vorher. 

2.  Rechts  Hemianopsie;  im  November  1897  komplet. 

3.  Sprachstörungen,  etwas  wechselnder  und  meist  nicht  sehr  intensiTer  Axt 
Erschwerung  des  Wortverstfindnisses,  besonders  für  komplizirtere  Anftrige  bei 
taner  Sprache  und  erhaltenem  Nachsprechen;    optische  Aphasie  nar  selten  und 
gebildet;  später  erschwertes  Wortfinden  und  Paraphasie    bei   vermehrter  ErMkvaH|li 
Sprach  Verständnisses.    Lesen  und  Schi-eiben  sehr  wechselnd,     firsteres  hanpAsiiUidk  M 
die  Hemianopsie  beeinträchtigt;  bis   zum   Schlüsse  keine  eigentliche  Alezie,  nlttil 
paraphasisch  gelesen.    Schreiben  von  Anfang  an  sehr  erschwert,  zuletzt  nnmOgtidk  Üi 
im  Ganzen  eine  sensorische  Aphasie. 

4.  Von  Allgemeinerscheinungen  zuerst  nur  Schwindel  und  Staawigspapille, 
zunehmenden  Kopfschmerzen  erst  von  Januar  1898  an  deatlich,  dann  besonden  in 
köpfe.  Letztere  manchmal  anfallsweise  sehr  verstärkt  mit  Benommenheit;  pn 
dabei  auch  ein  paar  Mal  Erbrechen.  Oefters  in  diesen  Anfällen  Steigerang  der 
zu  vollständiger,  aber  rasch  vorübergehender  Erblindung.  Einmal  (6.  DC.  1897) 
sich  an  einen  solchen  Anfall  auch  eine  rechtsseitige  Ptosis  an,  die  nadi  12 
wieder  verschwunden  ist.  Niemals  perkutorische  Empfindlichkeit  am  Schädel  ptckgtii— 
doch  ist  darauf  in  der  letzten  Woche  nicht  gepr&ft.  Ab  and  zu  aoch  apeplectiliNni  li- 
fälle  mit  Einknicken  der  Beine ;  nie  Krämpfe.  Zuletzt  Benommenheit.  Tod  an  T  iiapaiia 
Krankbeitsdauer  19  Monate. 

In  der  interessanten  Epicrise  kommt  Bruns  auf  die  DifferentialdiagBOK 
zu  sprechen  und  hebt  hervor,  dass  für  ihn  die  rechtsseitij^e  mit  dem  Tsmt 
gekreuzte,  vorübergehende  Ptosis  wesentlich  mitbestimmend  gewesen  sei. 
einen  Tumor  im  linken  Scheitellappen  anzunehmen  und  nicht  n 
Occipitallappen,  da  seit  Landouzy  häufig  wieder  bei  Parietalhimaffektiooci 
und  auch  bei  Tumoren  dieser  Gegend  eine  Levatorlähmung  gefiinda 
worden  sei.  Er  sei  sich  allerdings  dabei  wohl  bewusst,  dass  die  Lehre  rm 
der  Lokalisation  von  Centren  für  die  Augenbewegungen  im  ScheiteHappa 
noch  auf  recht  schwachen  Füssen  stehe;  immerhin  könne  man  gegen 
die  klinische  Thatsache  nicht  an^'.  Oppenheim 's  Ansicht,  dass  bei 
Tumoren  für  die  contralaterale  Ptosis  auch  ein  Druck  auf  den  gekrenxten 
Oculomotorius  an  der  Basis  cranii  in  Betracht  käme,  weist  Bruns  mit  der 
Begründung  zurück,  dass  sein  Tumor  doch  zu  weit  davon  entfernt  gelegen 
wäre;  viel  eher  hätte  die  Möglichkeit  eines  Drucks  auf  den  gleichseitigen 
Vierhügel  ins  Auge  gefasst  werden  können. 

Für  uns  ist  es  jedenfalls  sehr  bemerkenswerth,  dass  ein  so  kompetenter 
Forscher  wie  Bruns  sich  zur  Annahme  einer  kortikalen  Ptosis  nicht 
ablehnend  verhält,  und  dass  dieses  Symptom  eine  wesentliche  Stütze  seiner  richtig 
gestellten,  genauen  Lokaldiagnose  eines  Tumors  im  linken  Scheitella{q[>eii 
gewesen  war. 

Im  ersten  P'alle  von  Gianelli  handelte  es  sich  um  einen  45jährigen 
Mann,  welcher  mit  Kopfschmerzen  erkrankt  war.  Daraufstellten  sich  Motilitäts- 
störungen in  der  rechten  Körperhälfte,  eine  bilaterale  rechtsseitige  homimTme 


Die  Ptosis  bei  den  Gehirntamoren.  455 

Hemianopsie  und  ein  epileptiformer  Anfall  ein.  Bei  der  Untersuchung  kon- 
statirte  man  ausser  einer  rechtsseitigen  Hemiparese  inklusive  Mundfacialis  eine 
rechtsseitige  Ptosis;  ferner  doppelseitige  Stauungspapille  und  Erblindung. 
Patient  war  psychisch  gestört  und  bot  die  Erscheinungen  einer  verlangsamten 
Sinnesleitung  dar.     Die  Dauer  des  Leidens  betrug  11  Monate. 

Bei  der  Autopsie  war  die  Dura  mater  gespannt  und  adhärent  an  der 
Oberfläche  der  linken  Seite  des  Gehirns,  entsprechend  dem  Lobulus  parietalis. 
Der  Lobulus  parietalis  sup.,  der  Gyrus  angularis  und  die  untere  Uebergangs- 
falte  zum  Occipitallappen  waren  in  eine  röthlichgelbe  Substanz  von  weicher 
Konsistenz  verwandelt  und  an  der  Dura  nur  auf  der  oberen  Seite  adhärent. 
Auf  einem  Horizontalschnitt  durch  die  Hemisphäre  zeigte  sich,  dass  die  Neu- 
bildung in  den  linken  Parietalwindungen  bis  in  das  Centrum  ovale  sich  er- 
streckt und  die  Grösse  eines  Hühnereies  erreicht  hatte. 

Der  zweite  G i an  eil  i 'sehe  Patient,  welcher  ein  Potator  war  und  sich 
luetisch  infizirt  hatte,  erkrankte  ebenfalls  mit  Kopfschmerzen  und  zwar  auf 
der  rechten  Seite.  Es  stellten  sich  Herabsetzung  der  Sehschärfe,  Erbrechen 
und  klonische  Zuckungen  in  den  oberen  Extremitäten  ein. 

Bei  der  objektiven  Untersuchung  war  der  obere  Facialis  an  beiden 
Seiten  normal.  Im  unteren  linksseitigen  Facialisgebiet  stellte  sich  sehr 
rasch  Ermüdung  ein.  Die  ausgestreckte  Zunge  wich  etwas  nach  links  ab. 
Die  Kraft  der  oberen  Extremitäten  war  hauptsächlich  links  herabgesetzt. 
Die  Sinnesorgane  mit  Ausnahme  des  Sehvermögens  waren,  ebenso  wie  die 
Sensibilität,  normal.  Es  war  nur  eine  Verminderung  der  Perzeptionsfähigkeit 
von  Reizen  zu  konstatiren,  was  auf  eine  psychische  Störung  zurückzuführen  war. 
Im  Verlaufe  der  Krankheit  fiel  das  rechte  obere  Augenlid  herab,  zuerst 
vorübergehend,  in  der  Folge  permanent.  Nach  8  Monaten  trat  der  Exitus 
ein.  Die  Sektion  ergab,  dass  die  Dura  normal  gespannt  und  an  der  Gehim- 
snbstanz  im  Bereich  des  linken  Lobus  parietalis  adhärent  war.  Entsprechend 
dem  Gyrus  angularis  sah  man  eine  röthliche,  weiche,  elastische  Masse  von 
dem  ungefähren  Umfang  eines  Markstückes  (5  Centesimi).  Auf  einem  Horizontal- 
schnitte zeigte  sich,  dass  das  Neoplasma  die  Rinde  zerstört  hatte  und  ungefähr 
1  cm  tief  in  die  weisse  Substanz  eingedrungen  war. 

Li  der  Epikrise  hebt  G  i  a  n  e  1 1  i  hervor,  wie  trotz  der  Ein würf e'^C  h  a  r  c  o  t  's , 
Pitres'  und  Nothnagel's  gegen  die  Grasset-Landouzy 'sehen  An- 
schauungen von  der  Lokalisation  der  kortikalen  Ptosis  und  trotz  derdeBono- 
schen  Thierexperimente  (siehe  S.  100)  auf  Grund  neuer  Beobachtungen  (von 
Chauffard^  Surmont,  Lemoine,  Herter)  die  Existenz  eines  kortikalen 
Levatorcentrums  im  Gyrus  angularis  wieder  wahrscheinlicher  geworden  sei« 
Auf  seinen  ersten  Fall  legt  Gianelli  weniger  Werth  als  auf  den  zweiten, 
weil  im  letzteren  die  Aflfektion  kleiner  und  umschriebener  gewesen  sei,  und  die 
Ptosis  sich  erst  allmählicli  entwickelt  habe.  Das  Nichtvorhandensein  einer  Ptosis, 
trotz  ParietalaflFektion,  erklärte  Gianelli  nach  Wernicke's  zuerst  auf- 
gestellter Ansicht  damit,  dass  der  Levator  palpebr.  sup.  unter  dem  Einfluss 
beider  Hemisphären   stehe,   und    dass  dieser  beiderseitige  Einfluss  Anlass  zu 


456  Die  Ptosis  bei  der  multiplen  Neuritis. 

bemerkenswerthen  individuellen  Differenzen  geben  könne,  was  auch  aus  der 
verschiedenen  Fähigkeit  der  willkürlichen  einseitigen  Innervation  henor- 
gehen  dürfte. 


12.  Die  Ptosis  bei  der  multiplen  Neuritis. 

§  224.  Die  Ursachen  dieser  Krankheit,  die  wir  hier  in  Hamburg  vegen 
des  reichlichen  Alkoholgenusses  der  arbeitenden  Bevölkerung  recht  häufi? 
beobachten,  sind  mannigfache  und  zum  Theil  noch  unaufgeklärte.  Bekannt 
ist  die  wichtige  KoUe,  welche  die  Infektionen  und  Intoxikationen  beim  Zu- 
standekommen der  Polyneuritis  spielen.  Unter  den  letztgenannten  ist  in  aller- 
erster Linie  der  Alkoholismus  zu  nennen;  in  zweiter  und  dritter  Reihe 
kommen  erst  die  Infektionskrankheiten  und  die  übrigen  Intoxikationen. 

Wir  haben  schon  in  einem  früheren  Kapitel  (S.  263)  die  Ptosis  bei 
Vergiftungen  abgehandelt  und  sind  bei  dem  vielfachen  Mangel  an  Sektionen 
und  an  brauchbaren  pathologisch  anatomischen  Untersuchungen  lediglich  nach 
den  klinischen  Gesichtspunkten  vorgegangen.  Als  wichtiges  Ergebniss  posto- 
lirten  wir,  dass  bei  den  meisten  chronischen  Intoxikationen  mit  akutem  Auf- 
treten schwerer  Cerebralerscheinungen  ganz  besonders  die  äussere  Bulbus- 
muskulatur  und  in  zweiter  Linie  der  Levator  betheiligt  sei,  während  die 
Pupillenbewegung  meist  frei  bleibe;  bei  den  akuten  Vergiftungen  hingegen 
trete  als  Symptomentrias  vom  Auge  vornehmlich  die  Accommodationslähmung 
mit  Mydriasis  und  Ptosis  hervor. 

Eine  ganz  besondere  Stellung  nehmen  nun  diejenigen  Erscheinungen 
vom  Auge  ein,  die  ebenfalls  auf  toxischer  Grundlage  entstehend  (Alkoholis- 
mus), Theilerscheinungen  einer  Polyneuritis  sind.  Das  ist  auch  der  Grund, 
weshalb  wir  diese  alkoholische  Affektion  erst  im  vorliegenden  Kapitel  be- 
sprechen. 

Wenn  auch  bei  Durchsicht  der  in  der  Litteratur  niedergelegten  Fälle 
hauptsächlich  der  Abducens,  und  zwar  häufig  kombinirt  mit  dem  Facialis, 
affizirt  erscheint,  so  finden  sich  doch  auch  Fälle  mit  Alteration  des  Oculomotorius. 
Wiewohl  hier  wiederum  die  Pupillenfasern  mit  Vorliebe  ergriffen  sind,  so 
ist  doch  aus  den  folgenden  Fällen  ersichtlich,  dass  auch  die  Ptosis  bei  der 
Polyneuritis  alcoholica  vorkommt. 

So  berichtet  Thomsen  (1036)  von  einem  24jährigen,  starken  Potator,  dass  nadi 
einer  Anstrengung  resp.  Erkältung  Schwäche  und  Steifigkeit  der  Glieder  sich  eingestellt  bittet. 
Er  wurde  bettlägerig  und  bekam  nach  etwa  drei  Wochen  ein  Deliriom.  Patient  war  ao 
den  unteren  Extremitäten  völlig  gelähmt;  an  beiden  oberen  bestand  exquisite  Radiaüs- 
lähmung.  Der  Nerv,  cruralis,  die  Mm.  recti  und  die  Oberarmmuskeln  waren  divck- 
empfindlich.  Patient  klagte  beständig  über  Schmerzen.  In  den  ExtremitAtenmnakeln  inr 
Entartungsreaktion  nachweisbar.  Sämmtliche  Reflexe  fehlten.  Die  Pulsfrequenz  stieg  von 
92  innerhalb  acht  Tagen  auf  124 — 130.  Kurz,  es  waren  die  zweifellosen  Erscheinimgai 
einer  Polyneuritis  vorhanden,  zu  denen  sich  von  Seiten  der  Augen  Nystagmus  mit  beider- 
seitiger Abducensparese  und  Ptosis,  sowie  eine  linksseitige  leichte  Neuritis  opt  hinzu* 
gesellte.    Hinzuzufügen  wäre    noch,    dass   die   Temperatur  36^ — 87®  betrag,    dass  Pitieat 


BycHiBch  alieBirt  war,  und  dass  der  Tod  an  Pnearnonie  erfulgte.  Die  Sektion  ergab 
leneration  der  peripberen  Nerven.  Das  Mark  war  in  Kugeln  und  Haufen  zerfftUen,  der 
ency linder  geschwunden.  Vom  Oculomotorius  ist  ausdrücklich  erwähnt,  dass  die 
Aeste  zum  M.  lavator  palpebr.  stark  degeuerirt  waren«  Dieser  Befund  ist  um  so 
bemerke n awerther ,  da  bei  der  Untersuchung  Rückenmark  und  öebirn  intakt  befunden 
wurden. 

Thoinsen  hebt  bei  der  Epikrise  hervor,  dass  Njütagmus  und  Pupillon- 
stöningen,  die  oft  ganz  plötzlidi  auftreten,  bei  Potatoren  neuerdings  häufig 
gefunden  worden  sein.  In  2i>  Fällen  habe  er  5  mal  Nystagmus^  2  mal  minimale, 
2  mal  träge  Piipillarreaktion ,  2  mal  Ptosis,  4  mal  Abducenslähmung  und 
2  mal  Nenritis  opt,  gefimden. 

Einen  ebenfalls  post  mortem  untersuchten  hierhergehörigen  Fall  publizirten 
Liinz  und  Mammrowski  (1037). 

Ein  38jähnger^  in  hohem  Grade  trunksilcbtiger  Mann  wurde  im  Moskauer  Kranken- 
haiiae  mit  folgendem  Status  aufgenommen:  Abnahme  des  GedÄchtnisses  und  der  Intelligenz» 
Hulincinationen  des  Gesichts  und  Gehörs.  Doppelseitige  v5lhge  Peroneuslähmung,  Herah- 
setzting  der  Sensibilität  an  den  Unterschenkeln  und  Füssen.  Schmerzhaft igkett  bei  Druck 
auf  Nervenstilmme  und  Muskeln,  die  theila  völlige,  theila  partielle  Entartungsreaktion 
zeigten.  Doppelseitige  Radialisläbmung  mit  quaUtativen  Veründerungen  der  elektrrächen 
Srregbarkeit  und  Sensibilität'jstorung.  FUnf  Tage  nacih  der  Aufnahme  gesellten  sich  zu 
diesen  Lähmungserscheinungen  eine  doppelseitige  Ahducensparese  und  Lähmung  dar  inneren 
Äeäte  der  Oculomotorii  hinzu. 

Die  Untersuchung  ergab  ausgeprägte  und  ausgebreitete  Veränderungen  an  den 
peripheren  Nerven.  Stellenweise  hatte  der  neuritiache  Prozesa  einen  aegmentftren  Charakter. 
Am  Gehirn,  Rückenmark  und  den  Rückenmarkswdrzeln  fehlt«  jegliche  patbologiache  Ver- 
ändern  Dg« 

Wir  haben  diesen  Fall  hier  mitgetheilt,  obwohl  er  keine  Levatorläh- 
miing  darbot,  weil,  wie  in  dem  vorhergehenden,  eine  pathologisch  anatomische 
Untersuchung  vorlag. 

Ebenfalls  auf  alkohoHscher  Grundlage  scheint  der  folgende  von  Marina 
(1038)  beobachtete  Fall  zu  sein,  bei  dem  es  bemerkenswerth  erscheint,  das« 
die  mikroskopische  Untersuchung  der  betreÖenden  Nerven  und  Nervencentren 
ein  negatives  Resultat  ergeben  hat.  Uebrigens  ist  es  bekannt,  dass  in  den 
ganz  akut  verlaufenden  Polyneuritisfällen  trotz  ausgesprochener  Lähmungen 
der  Befund  am  Nervensystem  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  sehr 
unbedeutend,  ja  ganz  negativ  ausfallen  kann.  Es  liegen  hier  wohl  toxische 
Einwirkungen  ohne  strukturelle  Verändeningen  vor» 

Bei  einem  61jährigen  Manne  trat  zuerst  Löhmung  der  exterioren  Oculomotorius- 
Aste  der  linlcen  Seite  mit  Ptosis  auf,  dann  auch  der  interioren  und  des  rechten  Abducens. 
Einen  Tag  darauf  entwickelte  sich  Lähmung  des  rechten  Facialis.  Im  weiteren  Verlaufe 
stelUeu  sich  Parese  und  Ataxie  der  oberen  Extremitäten  und  eine  psychische  Störung  ein. 
Patient  wurde  ikterisch ;  eine  Vergröasoriing  der  Leber  war  nacbweisljar  j  der  8opor  vertiefte 
«ich  zum  Koma,  in  welchem  der  Exitus  eintrat 

Der  folgende  von  Rossoli  mo  (1039)  mitgetheilte  Fall  ist  zwar  in  ätio- 
logischer Beziehung  komplizirter  Natur,  er  kann  jedoch,  wie  aus  der  Kranken- 
geschichte hervorgeht,  hier  angereiht  werden. 

Ein  erwachsener  Mann,  früher  Potator,  der  zuweilen  an  Rheumatismus  litt  und  vor 
5  Jahren  sich  luetisch  infizirt  hatte»  erkrankte  plötzlich  anscheinend  in  Folge  einer  Erkältung 


458  Die  Ptosis  bei  der  maltiplen  Neuritis« 

an  einer  akut  entstandenen  Parese  der  exterioren  Aeste  der  N.  N«  oculomotorii  mit  doppel- 
seitiger  Ptosis  und  Lähmung  der  Trochleares.  Am  fünften  Tage  war  eine  dentlidM 
SensibiÜtfttsstörung  der  Haut  an  der  Stiro,  fast  des  ganzen  Rumpfes  und  aller  ExtrenutiteB, 
hauptsächlich  der  oberen,  zu  konstatiren.  Nach  einer  energischen  Inonktionskiir  ▼»• 
schwanden  nach  einer  Woche  die  Augensymptome  fast  vollständig.  Im  weiteren  Veriaafi 
traten  lancinirende  Schmerzen,  vollständige  Pupillenstarre,  Impotentia  completa  und  RetentM 
urinae  ein. 

Es  traten  bei  diesem  Falle  allmählich  Erscheinungen  hervor,  weide 
einer  Tabes  sehr  ähnlich  sahen,  und  so  wurde  auch  hier  wieder  die  bekannte 
auch  von  uns  beobachtete  Erscheinung  bestätigt  gefunden,  dass  eine  alko- 
holische Polyneuritis  ganz  dieselben  klinischen  Bilder  produziren  kann  (Pseudo- 
tabes alcoholica;  Neurotabes  peripherique-Dejerine),  wie  eine  Tabes. 

Andererseits  ist  zu  berücksichtigen,  dass  neben  einem  tabiscben  Prozesse 
Neuritiden  vorkommen.  Wir  haben  schon  auf  S.  140  den  interessanten  Be- 
fund Dejerines  (365)  mitgetheilt,  welcher  einen  Tabiker  betraf  mit  einer 
peripheren  Neuritis  der  zum  Levator  palpebr.  sup.  gehenden  Nervenäste  bei 
einer  doppelseitigen  Ptosis.  Dass  in  diesem  Falle  die  Frage  berechtigt  er- 
schien und  offen  bleiben  musste,  ob  die  Ptosis  ganz  rein  peripherer  Natur  war, 
da  die  Kernregion  nicht  untersucht  wurde,  geht  ausser  aus  theoretischen 
Erwägungen  auch  aus  der  wichtigen  Beobachtung  Marina 's  (1040)  hervor, 
die  wir  deshalb  an  dieser  Stelle  mittheilen,  pag.  200  Fall  XXII. 

Eine  38  jährige  Sängerin  hatte  vor  18  Jahren  ein  Ulcus  ohne  Sekand&rerscheinongen. 
Links  bestand  Lähmung  des  Oculomotorius  mit  Ptosis.  Die  rechte  Pupille  war  mydriatisdi, 
die  linke  miotisch,  reflektorisch  starr.  Doppelseitige  Abducensparese.  Es  war  eine  Tab« 
mit  Larynxkrisen.  Der  Tod  erfolgte  in  Folge  einer  Apoplexie  in  die  rechte  JOeinhini' 
hemisphäre. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  ergab  neben  massiger  Degeneration  des  Vagoa-, 
Acusticus-   und   des  Oculomotoriuskerues  eine  unzweifelhafte  Neuritis  dieser  drei  Nerven. 

§  225.  In  dem  Kapitel  über  Intoxikationen  S.  263  haben  wir  hervorgehoben, 
dass  noch  nicht  genügend  pathologisch  anatomische  Untersuchungen  vorliegen, 
um  mit  Sicherheit  zu  entscheiden,  ob  die  klinischen  Symptome  peripherer, 
centraler  oder  kombinirter  Natur  sind.  Hat  man  doch  selbst  bei  der 
Alkohollähmung  neben  neuritischen  Prozessen  centrale  Veränderungen  mit 
Atrophie  der  Ganglienzellen  in  den  Vorderhörnem  und  diffuse  cirkumskript  ent- 
zündliche Vorgänge  im  Rückenmark  sowohl,  wie  im  Gehirn  konstatirt.  Auch 
bei  der  Bleilähmung  kann  es,  wie  Oppenheim  nachgewiesen  hat,  zu  schwerer 
Poliomyelitis  ant.  kommen,  jedoch  sprechen  die  meisten  pathologisch  ana- 
tomischen Befunde  dafür,  dass  die  Blei-,  sowie  die  Arseniklähmungen  neu- 
ritischer  Natur  sind.  In  diesen  Fällen  handelt  es  sich  jedoch  nicht  um  echte 
allgemeine  Polyneuritiden ,  sondern  um  Affektionen,  die  auf  bestimmte 
Nervengebiete  beschränkt  sind.  Wir  gehen  daher  in  diesem  Kapitel  nicht 
näher  auf  diese  Fälle  ein,  sondern  verweisen  auf  die  Tabellen  XV,  X\l  und 
XVII  pag.  280-291. 

§  226.  Aehnliche  Erwägungen  gelten  für  die  Lähmungen  auf  infektiöser 
Grundlage,  bei  denen  es  sich  ebenfalls  bald  um  lokalisirte,  bald  um  generalisirte 
Formen  handelt,  die  sich  jedoch  oft  in  fliessenden  Uebergängen  befinden. 


Die  Ptosis  bei  der  multiplen  Neuritis.  459 

Ueber  den  Sitz  und  die  Natur  des  pathoKigisch  anatouiischea  Prozesses 
kann  man  sich  bis  jetzt  durchaus  noch  nicht  mit  der  Bestimmtheit 
äassern,  wie  das  in  manchen  modernen  Lehrbüchern  geschielit.  Wenn  auch 
schon  mehrere  Untersuchungen  vorliegen,  die  den  neuritischen  Charakter  der 
postinfektiösen  Aiigenmuskellähmungen  darthun  (siehe  S.  238  und  257),  so 
sind  einerseits  toxische,  rasch  vorübergehende  Einwirkungen  auf  das  Central* 
organ,  andererseits  encephalitische  (Influenza  etc.)  und  degenerative  centrale 
Prozesse  durchaus  nicht  ausgeschlossen.  In  vielen  Fällen  ist  der  AngriÖ's- 
punkt  des  infektiösen  Virus  sowohl  central  Avie  peripher. 

So  iu  dt*m  Falle  von  Wnrrentey  (»iehe  S.  240).  bei  dem  es  sich  um  eine  Polyoeuritis 
postdiplillieritica  gehandelt  hat^  und  bei  welchem  sowohl  in  den  Kernen,  sowie  in  den 
Wurzeln  des  IlL^  VL,  X.  and  XII.  Nervenpaares  sich  Veränderungen  faoden* 

In  dem  Fall  von  Paul  Meyer  (S.  244)  bandelte  es  sieb  ebenfalls  um  eine  Foly- 
neuntit»  dipbth.  mit  positivem  Befund  in  den  peripheren  Nerven,  während  &ich  in  Hasche's 
Fall  (S.  246)  bei  der  mikroakopiüchen  üoter&ucbung  weder  in  den  centralen  noch  pedpberen 
Organen  Veränderungen  fanden. 

Nach  den  neuesten  mittelst  der  Marchi 'sehen  Methode  vorgenommenen 
Uutersueliungen  von  Katz  (1049)  ständen  bei  der  dipbtheri tischen  Lähmung 
obenan  die  Erkrankungen  der  Ganglienzellen,  denen  degenerative  Zustände 
in  den  von  ihnen  abhängigen  Nervenfasern  folgten, 

Anch  Murawjeff  (10501  nimmt  an,  dass  bei  der  Diphtherieintoxikation 
die  Ganglienzellen  primär  und  die  Nervenfasern  sekundär  erkranken. 

Einen  sehr  interessanten  Fall  von  multipler  Neuritis  nach  emer  vorausgegangenen 
rheumatischen  Endocarditis  beobachtete  Freund  (1041). 

Ein  18 jähriger  ßäckergehilfe  erkrankte  plötzlich  unter  lunelimenden  Schmerzen 
und  Kältegefühl  in  beiden  Beinen,  Druck  auf  der  BruU  und  grosser  Mattigkeit.  Später 
wurde  er  unter  starkem  Schweisaausbruch ,  \'^on  eiueni  Schütteltremor  des  rechten  Beins 
befallen.  Darimf  entstanden  Hyperästhesien  und  Hyperalgesien  der  Haut;  Parästbesien 
l&ngs  einzelner  Nerven;  Druckempfindlichkeit  der  Muskeln  und  Nerven&itämme;  Steigerung 
der  mechaniacheti  und  reflektorischen  Erregbarkeit  der  Muskeln.  Motorisch©  Störungen 
zeigten  sich  in  allgemeiner  Muskelschw&cbe ,  in  Fai^ese  des  Ocu  1  onio toriu S|  Facialis 
und  Vagus,  Die  Reflexe  anfängUch  gesteigert,  erloschen  gänzlich.  Dysurie.  Pneumonie.  Tod, 
Bei  der  Sektion  zeigten  sich  die  Nerven  der  Hirnbasis,  sowie  des  Rückenmarks  in  ihren 
Scheiden  injizirt.  Der  linke  Trigeminus  und  Vagus  grauröthlicb  und  auf  dem  Durchschnitt 
wie  zerfasert. 

In  dim  beiden  folgenden  Fällen  war  die  Aetiologie  der  Polyneuritis 
unklar. 

Dam  mront' Mayer  (1042)  beobachtete  einen  62  jährigen  Mann,  der  seit  acht  Tagen 
krank  war  und  eine  doppelseitige  Ptosis  hatte.  Ausserdem  bestand  Unbeweglicbkeit 
der  divergirenden  und  leicht  hervorstehenden  Augen^  ferner  leichte  Miosis  und  bedeutende 
Abscbwäcbttog  der  Sensibilit^lt  der  Cornea,  Patient  klagte  über  Parästbesien  in  den  Fingern 
and  Schmerzen  in  Schultern  und  Armen  bei  Bewegungen.  An  den  E,Ktri?mitäten  wurden 
nur  tiefe  Stiebe  ©mpftmden.  Die  Temperatur  betrug  3^*^,  Es  trat  Velumparese  und  bald 
der  Exitus  ein. 

Die  von  P,  Mayer  vorgenammene  Untersuchung  ergab  totale  Degeneration  des 
JH.,  IV.  und  VL  Augenmuskelnerven  bis  in  die  feinsten  Verftsteluugen,  Segmentirung  mit 
Myehnverlust  der  Nervenfasern,  Degeneration  der  Muskelfasern  des  ObUq.  inf.  und  der 
Recti  int.  mit  partieller  Fettdegeneration.  Ferner  fanden  sich  im  Plex.  brach,,  im  ülnaris, 
Medianns,    Pbrenicus,   Hypogloasus,    Glossopharjngeua ,    Facialis,    Vagus,     Laryngeus    Bop. 


460  Die  Ptosis  bei  der  Landry'schen  Paralyse. 

degenerative  Verändeningen.  In  den  sensibelen  Zweigen  des  Quintus  waren  nur  Spnieo  m 
Degeneration  nachweisbar.  Das  CeDtralnervensystem  war  bis  auf  eine  Ependymitift  ^ 
Bodens  vom  IV.  Ventrikel  normal. 

Dejerine  (1043)  theilt  die  Geschiebte  eines  57 jährigen  Gftrtners  mit.  der  ii 
55.  Jahre  Typbus,  aber  nie  Syphilis  hatte.  Derselbe  war  seit  vier  Monaten  krank.  Der 
rechte  Bulbus  war  unbeweglich,  der  linke  beschränkt  beweglich.  Beiderseits  bestaii 
Ptosis,  rechts  stärker  als  links.  Allgemeine  Extremitätenschwäche,  besonders  des  linket 
Armes.  Abschwächung  der  Patellarreflexe.  Es  scheint,  dass  diese  Symptome  das  dritt» 
Recidiv  darstellten.  Im  Jahre  1881  hatte  er  zuerst  linksseitige  Ptosis,  dann  Lihmimg  allrr 
Muskeln  des  Gesichts  und  der  Extremitäten.  Nach  sieben  Monaten  trat  Heilung  dn.  1b 
Jahre  1883  Recidiv  aller  Symptome.  Es  wurde  dabei  Unbeweglichkeit  der  Bulbi,  Lilmnig 
der  Zunge,  des  Pharynx;  des  Orbicularis  oris,  Atrophie  en  masse,  Westpharscki 
Phänomen,  Dyspnoe  und  Orthopnoe  konstatirt.    Im  Jahre  1886  Heilung. 

§  227.  Im  Anschluss  an  diese.  Fälle  möchten  wir  noch  einen  tod 
Gibson  und  Turner  (1044)  beobachteten  Fall  von  hämorrhagischer  Neuritis 
des  Oculomotorius  mittheilen. 

Ein  11  Monate  altes  Mädchen  kam  wegen  Brechdurchfall  und  einer  seit  weoiga 
Tagen  bestehenden  rechtsseitigen  Ptosis  zur  Aufnahme.  Schon  seit  drei  Wodm 
soll  Patientm  häufig  einen  heftigen  Schrei  ausgestossen  haben.  Es  bestand  Lähmung  der 
vom  rechten  Oculomotorius  versorgten  Muskeln  mit  erweiteiter,  nicht  reagierender  Papille. 

Bei  der  fünf  Tage  nach  der  Aufnahme  vorgenommenen  Autopsie  fand  sidi  «w 
ausgedehnte  Hämorrhagie  in  der  Gegend  der  linken  Fossa  sylvii,  nach  vorne  und  oben  tif 
die  Stimwindungen  übergreifend.  Die  Untersuchung  des  rechten  N.  oculomotorius  ernk 
eine  intensive  hämorrhagische  Neuritis  desselben  von  seinem  Austritt  aus  dem  Himschenkel 
bis  zum  Eintritt  in  die  Orbita.    Die  Kemregion  waren  normal. 


13.  Die  Ptosis  bei  der  Landry'schen  Paralyse. 

§  228.  Bei  der  Landry'schen  Paralyse  sind  bis  jetzt  nur  in  wenigen 
Fällen  Augenmuskellähinungen  beobachtet  worden.  Bei  denselben  war  der 
Abducens  häufiger  als  der  Oculomotorius  affizirt. 

Eine  Ptosis   beobachtete  J.   Hoffmann  (1045)   in   folgendem  Falle. 

Eine  86jährige  Frau  empfand  zwei  Tage,  nachdem  sie  angestrengt  gearbeitet  hatte, 
eine  auffallende  Müdigkeit  in  den  Beinen.  In  der  folgenden  Nacht  stellte  sich  auch  Scbwicke 
n  den  Armen  ein.  Drei  Tage  darauf  fiel  ihr  das  Kauen  schwer;  die  Stimme  nahm  la 
Deutlichkeit  ab.  Einige  Tage  später  traten  Schluckbeschwerden  dazu,  gleichzeitig  wir  m 
mangelhaftes  Heben  des  rechten  Oberlides  sehr  auffallend;  zugleich  klagte  Paüeotn 
über  einen  drückenden  Schmerz  in  der  Schläfengegend  und  Thränen  des  rechten  Anges. 
14  Tage  später  konstatirte  man  hochgradige  Lähmung  der  unteren,  Parese  der  oberen  Ex- 
tremitäten bei  vollkommen  schlaffer,  nicht  atrophischer  Muskulatur;  keine  AnomalieB  to 
Sensibilität  in  ihren  verschiedenen  Qualitäten.  Während  die  Plantarreflexe  erhalten  bliebcD. 
waren  die  Patellarreflexe  erloschen.  Es  bestand  doppelseitige  komplete  Facialislihming 
und  Lähmung  der  Eiefermuskeln.  Das  Schlucken  war  erschwert,  die  Artikulation  onroa, 
die  Bewegungen  der  Zunge  erschienen  nicht  ganz  frei,  während  diejenigen  des  GamiMh 
segeis  gut  waren.  Die  Augen  wurden  frei  bewegt.  Die  Funktion  des  rechtes 
Levator  palp.  sup.  erschien  leicht  beeinträchtigt.  Puls  82.  Anaaer  gering- 
fügigem rechtsseitigen  Ohrensausen  war  nichts  weiter  bemerkenswerth.  Tod  in  Folge  ▼<» 
Asphyxie. 

Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  fand  sich  sowohl  im  Bereich  der  MedoDi 
obl.,  als  auch  im  Rückenmark  eine   ausgesprochene  Infiltration  der  Gefiteswinde  der  Pia 


Die  Ptosis  bei  lier  Landry 'sehen  Paralyse.  4(j1 

||nd  Arat'hnoidea;  auch  einzeln©  Getose  der  NerveDsubstanz  8t?lbst  mit  grosä^kürnigen 
eilen.  Ausserdem  in  den  Corpor.  reatiformia^  den  Pjmmiden  vereinzelte  kolosöftl  ge- 
jBollene  Achse  ncyl  in  der  zuto  Theil  mit  Viikuolen,  In  der  Medulla  oblongata  sowohl,  wie  an 
ZÄhlreichen  Stellen  der  grauen  Substanz  des  üals-  und  tJrusfiheils  fanden  sieh  kleinere 
Hdmorrhagien.  In  einzelnen  Fasern  des  rechten  Facialis  partiell  dunkle  Färbung  des  Marks. 
Es  handelte  sich  also  um  eine  Bulbo-  und  Myelomenmgitia. 

Pearce  ßailej  uji d  James  E w  i n  g  ( l Ü4H)  lierichten  von  einer  36 jöhrigen  Haus- 
frau, die  mit  Schwindel,  Erbrechen,  Ohnmacht  und  Verdunkelung  des  Gesichts  erkrankt 
^ar.  4  Tage  darauf  verlor  »ie  pUHzlich  die  Kraft  in  den  Beinen,  Tags  darauf  Lähmung 
des  linken  und  Parese  des  rechten  Arms.  5  Tage  später  waren  beinahe  alle  Extremitäten 
gelähmt  Die  Zehen  konnten  ein  wenig  gebeugt  und  der  rechte  Arm  etwus  gehoben  werden. 
Links  bestand  massige  Ptosis»  Die  H^tut-  und  Sehnenretlexe  fehlten.  Die  gelähmten 
Mnsketn  reagirten  auf  starke  faradische  Strt>me.  Die  Senaibilitüt  war  in  allen  Qualitäten 
ungestört.  Blase  und  Mastdarm  funktionirten  normal.  Nach  4  Tagen  Dyspnoe,  Dysphagie, 
Aphonie.     Kxitus. 

Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  fanden  sich :  Erweiterungen  der  Blutgefässe 
der  grauen  Säulen,  perivaskuläre  Leukocytenanhäufungen,  kapilläre  Blutungen,  gelegent- 
liche Thromliosirung  von  Arteriolen  mit  vielkernigen  Leukocyten;  diffuse  kleinzellige  In- 
filtration der  grauen  Substanz,  besonders  der  Vorderhörner.  Im  Hnlsmark  griff  die  Intiltration 
auf  die  weisse  Substanz  über.  Mitteist  Niasl's  Methode  liessen  sich  tiefgreifende  Ver- 
änderungen in  der  mikroskopischen  Struktur  der  Vorderhornganglienzelleu  nachweisen.  In 
den  grauen  Kernen  der  Medulla  und  der  BrGcke  waren  ähnliche  Veränderungen  zu  finden, 
wie  im  Rückenmark.  Der  Enlzündungsprozess  griff  auch  hier  auf  die  weisse  Substanz  über. 
In  den  grossen  Basalganglien,  in  der  Hirnrinde  der  motorischen  Sphäre  und  des  Kleinhirns 
fanden  sich  mehr  oder  weniger  aasgeprägte  Veränderungen  an  den  Ganglienzellen  und  an 
den  Ge^Uften. 

Goebel  (1047)  beobachtete  bei  einem  Tapezier  4  Wochen  nach  einer  Erkältung  eine 
schlaffe  Paraparese  ohne  Sensibilitätsstömngen.  Der  Tod  erfolgte  17  Tage  später  bei  freiem 
SeQSorium,  nachdem  unter  dem  Auftreten  von  Augenmuskel-,  Kau-  und  Schluck- 
läkmungen  von  sehr  starker  Ausdehnung  eine  Abstumpfung  des  Gefühls  sich  bemerklmr 
gemacht  hatte. 

Verfasser  künstatirie  mit  Hilfe  der  Marchiunterüucbung  Verfinderungen  (Degeneration 
des  intranukleären  Fasernetzes)  in  der  Gegend  oberhalb  der  Pyramidenkreuzung  bis  zum 
Oculomotoriuskemgebieto. 

Welcher  Art  die  Ptosis  bei  der  L an dry 'sehen  Paralyse  ist,  dürfte 
deshalb  nicht  leicht  zu  bestimmen  sein,  weil  wir  über  den  diese  Krankheit 
bedingenden  Prozess  durcliaus  noch  nicht  im  Klaren  sind.  Es  hat  den  An- 
schein, als  ob  die  Landry'sclie  Paralyse  gar  keine  einheitliche  Krankheit, 
sondern  nur  ein  klinischer  Sjmptomenkomplex  wäre,  dem  verschiedenartige 
Vorgänge  und  Veränderungen  im  Körper  zu  Grunde  liegen  können.  Während 
der  Entdecker  der  Krankheit  Landry,  sowohl  wieWestphal,  einen  nega- 
tiven Befund  erhoben,  konstatirten  Eisenlohr  und  Schnitze  Verände- 
mngen  im  Rückenmark,  Dejerine,  Goetz,  Nauwerck-liarth,  Ross, 
K  lumpke  nenritische  Verändemngenj  und  Krewer  kombinirte  myelitische 
und  neuri tische  Prozesse  bei  der  L an dry 'sehen  Paralyse. 

Wir  selbst  haben  in  einem  Fall  von  L,  P.  keine,  in  einem  anderen  Falle 
nur  neuritische  Veränderungen  gefunden.  Zur  Erklärung  des  negativen  Be- 
fundes dürfte  wohl  anzunehmen  sein,  dass  das  Gift  die  motorischen  Leitungs- 
bahnen gelähmt  hatte,  ohne  anatomische  Veränderungen  zu  hinterlassen. 


462  Die  Ptosis  bei  der  Polymyositis. 

In  den  drei  von  uns  referirten  Fällen  dürfte  die  Ptosis  wahrscheinlich 
wohl  als  eine  nucleäre  oder  fascikuläre  zu  betrachten  sein,  da  in  denselben  patho- 
logisch-anatomische Veränderungen  meist  entzündlicher  Natur  im  Central- 
organe  gefunden  worden  sind.  In  Betreff  der  geringfügigen  Marchiverände 
Hingen  im  GoebeTschen  Falle  zur  Erklärung  der  schweren  Lähmungssymptome 
halten  wir  uns  zur  Zeit  noch  sehr  reservirt  und  möchten  vor  zu  weit- 
gehenden Schlussfolgerungen  warnen. 


14*  Die  Ptosis  bei  der  Polymyositis. 

§  229.  Die  Polymyositis  acuta  und  chronica  ist  eine  Erkrankung,  die 
wir  erst  seit  1887  durch  die  grundlegenden  Arbeiten  Wagners,  ünverrichts 
und  Hepps  genauer  kennen  gelernt  haben.  Die  Aehnlichkeit  mit  den  bei 
der  Trichinose  auftretenden  Symptomen  hatte  He pp  veranlasst,  die  Krankheit 
Pseudotrichinosis  zu  nennen.  Unter  Umständen  ist  die  Differentialdiagnose 
schwierig,  da  bei  beiden  Krankheiten  die  ausserordentliche  Schmerzhaftigkeit 
und  Schwellung  der  Muskeln  das  pathognomonische  Symptom  darstellt,  und 
bei  beiden  Augenmuskelstörungen  speziell  auch  eine  Ptosis  vorkommen 
kann.  Bei  der  Trichinose  wird  die  Augen-,  Kau-  und  Kehlkopfmuskolatur 
meist  frühzeitiger  ergriffen,  und  es  tritt  dabei  die  so  charakteristische 
Schwellung  des  Gesichts  und  der  Lider  auf.  Es  handelt  sich  daher  bei  der 
Trichinosis  meistens  um  eine  durch  das  Oedem  des  Oberlids  bedingte  Pseudo- 
ptosis,  während  die  bei  der  Polymyositis  allerdings  selten  vorkommende 
Levatorlähmung  durch  einen  primär  myositischen  Prozess  im  Heber  des  Ober- 
lides verursacht  wird. 

In  dem  folgenden  von  Strümpell  (1048)  untersuchten  Falle  wurde  eine 
Ptosis  beobachtet. 

Bei  einem  TOjäbrigen  Gärtner,  der  mit  Ausnahme  einer  zweimaligen  Elrkrankiing  an 
Gesichtsrose,  früher  gesund  war,  traten  vor  5  Wochen  Erbrechen,  Eopfschmerzen  und  all- 
gemeiue  Mattigkeit,  8  Tage  später  heftige  Schmerzen  in  den  Armen  und  Beinen  und  knn 
darauf  Anschwellungen  an  denselben  auf.  Es  bestand  Fieber  und  Oedem  des  Gesichts. 
Quälende  Schmerzen  beim  Kauen,  Sprechen  und  Schlucken.  Die  Mundschleimhaut  war  ent- 
zündet, und  Patient  litt  an  heftigem  Speichelfluss.  Die  Patellarreflexe  waren  schwach;  die 
Extremitäten  unbeweglich ;  die  Bulbusbewe^ungen  beiderseits  besonders  nach  unten  zu  b^ 
schränkt.  Es  bestand  eine  Ptosis  des  rechten  oberen  Augenlides.  Die  Seosibilit&t  war 
frei,  das  Schlucken  sehr  erschwert.  Es  trat  unter  Bronchopneumonie  der  Tod  ein.  Bei 
der  Untersuchung  erschienen  die  Muskeln  blasser  und  von  gelblicher  Fai'be,  zeigten  starke 
feinkörnige  Trübung ,  häufigen  Verlust  der  Querstreifung  und  Neigung  in  Längsfibrillen  xo 
zerfallen.  Es  fanden  sich  femer  hyalin  aussehende  und  wachsig  degenerirte  Fasern  vor; 
ferner  zwischen  den  Muskelfasern  viele  weite  und  stark  gefüllte  Blutkapillaren.  Im  Levator 
palpebr.  und  Rectus  intern,  fanden  sich  dieselben  Veränderungen.  In  Schnittpräptraten 
sah  Strümpell  in  vielen  quergetroffenen  Fasein  Vacuolenbildnng  und  Vermehrung  der 
Muskelkerne ;  femer  zahlreiche  Herde  echter  interstitieller  Myositis  (Bindegeweheneubildug 
und  Rundzellenanhäufung).     Am  Rückenmark  waren  normale  Verhältnisse  vorhanden. 


Bei   der  hysterischen  Ptosis  unterscheiden  wir  wiederum  zwei  Formen: 

a)  die  schlaffe  hysterische  Ptosis  und 

ß)  die  sog.  Ptosis  p s e u d o p a r a  1  y t i c a ,  welche  eigentlich  mit  einer 
Levatorlähmung  nichts  zu  thun  hat,  sondern  von  einem  Krämpfe  der  Palpe- 
bralportion  des  Muscuhis  orbicukris  abhängig  ist.  Aus  Zweckmässigkeits- 
gründen wird  dieselbe  jedoch  hier  und  nicht  in  dem  Kapitel  über  den  Orbi- 
culariskrampf  abgehandelt  werden, 

a)    Die  schlaffe  hysterische  Ptosis  und  die  Simulation  der 

schlaffen  Ptosis. 

§  230.    Die  schlaflfe  hysterische  Ptosis  ist  die  seltenere  Form.    Sie  tritt 

in   der  Mehrzahl  der   Fälle    doppelseitig   auf   und  unterscheidet   sich  in 

ihrem    Aussehen  nicht    von    der    paralytischen    Ptosis    zufolge    organischer 
Läsionen. 

Einen  Fall  einseitiger  schlaffer  hysterischer  Ptosis  beschreibt 
Schmidt-Rimpler  (947), 

Ein  1 6 jfiiirigea  Mftdchen  kam  zu  demselben  mit  emer  nicht  spastischenPtoaiB 
des  linken  Auges.  Sie  war  bereits  6  Wocben  lang  ohne  Erfolg  von  anderer  Seite  l>efaande1t 
worden.  Schmidt-Rimpler  sagte  ihr,  man  könne  durch  Druck  auf  bestimmte  Punkte 
ein  sofortiges  Heben  des  Lidea  bewirken.  Es  hob  sich  denn  auch  bei  Druck  auf  den  IJuken 
N,  supraorbitalis  das  Lid  in  vollkommener  Weise.  Während  des  Gesprächs  mit  der  Patientin 
wurde  dann,  von  ihr  unbeachtet,  der  Finger  losgelassen,  und  das  Auge  blieb  offen. 

Auch  wir  sind  in  der  Lage  eine  eigene  Beobachtung  einer  schlatfen  ein* 
seitigen  hysterischen  Ptosis  hier  anfiihren  zu  können. 

Bei  dem  20  jährigen  Mädchen  (Figur  92)  hatte  die  Ptosis  einen  schlaffen  und  an 
Intensität  zuweilen  wechselnden  Charakter.  Es  handelte  sich  um  ein  hereditär  belastetes 
Individuum,  das  an  Clavus  hystericus  und  Ziiitern  im  ganzen  Körper  litt.  Das  Auge  zeigte 
eine  Bindehautaffektion,  die  jedoch  so  geringfügig  war,  dass,  als  davon  abhängig,  die  Ptosis 
nicbt  aufgefasst  werden  konnte.  Die  Pt<»sia  ^'ar  plötzlich  aufgetreten  und  verlor  sich  ebenso 
rasch  wieder  auf  psychische  Behandlung  hin. 

Die  schlaffe  hysterische  Ptosis  kann  sich  ganz  plötzlich  ent- 
wickeln, wie  in  dem  folgenden  von  Kempner  (945)  beschriebenen  Falle: 

Ein  16 jahriger  Glaserlehrling  stellte  sich  am  31.  VIIL  91  wegen  Ahnahme  seines 
Sehvermögens  vor.  Es  bestand  auf  dem  rechten  Ange  eine  hochgradige  Myopie  bei  einer 
sehr  reduzirten  Sehschärfe  (Finger  auf  6  Fuss);  das  Gesichtsfeld  zeigte  sich  stark  konzentrisch 
verengt.  Auf  dem  linken  Auge  war  dasselbe  frei,  es  wurde  aber  mühBam  mit  — 4,50  D. 
eine   Sehschärfe  von    **  ai»   erreicht.     Ophthalmoskopisch    konnte   man    auf  dem   Auge   der 


m 


Die  hysterische  Ptosis. 


Btarkeri  Myopip   ein   Staphyloma   posticum    uod    atrophische   Veränderungen    u 
konstatiren;   linkeiJ^eits  war  der  Augensptegelljefund    normaL     Die  Lider    und   die  PnpüUt 
verhältoisöe  zeigten  nichts  Pathologisches.    Die  Diagnose  %vurde  linkorseit:*  auf  Amblyopie 
ohne  Befund    gea teilt.     Nach    einer  Schmierkixr   aiink   rechts   die  SehscbJUfe  tiif  KoD, 
links    auf   das    Erkennen    xon    Fingern    in    2    Funa    Entfernung.      Da^ti    geaelUe   sich  is 
6.  Oktoher  91  ganz  plötzlich,  während  Patient  auf  der  Strasse  sich  befand,  eine  Pto»i) 
auf  beiden  Ängen.     Die  Augenlider  seitin   nach  Angahe  des  Patient«oiii! 
einmal     am  gefallen.      Anderweitige    Lähmiingsersclieyiungen     vom    Oc  ulomotonu* 
waren  dahei   nicht   zu  Tage  getreten.     Aeiisserlicli  nnd  ophthalmoskopisch    trat   keine  V«- 
änderung  an  den  Außen  eia,  aai  h  blieb  die  Weite  und  Reaktion  der  Pupillen  auf  Lidit  «ft 

verändert  normal.  Nur  war  aa 
15.  Oktober  1891  aneb  die  M^ 
schärfe  des  linken  Augea  af 
quantitative  Lichten:pfindiii^ 

herabgesunken. 

Hinsichtlich  d  er  f o r^ 
b  e  g  t  e  U  e  n  d  e  n  Ptosis  ist 
noch  hervorzuheben,  das^ 
wenn  Patient  das  rückte 
t>bere  Lid  mit  der  Hand  i& 
die  Edhe  hob,  sich  dano 
auch  sofort  daslinkeAai^ 
von  selbst  öffnete,  wihr«*»^ 
bei  Hochheben  des  linkfa 
rjherlides  das  rechte  nickt 
mit    in    die    Höhe    ging. 

Patient  kam,  da  die  Behand- 
lung nicht  anschlagen  wollt*,  ii 
eine  Blindenschule,  am  da»  Kor^ 
tl echten  zu  erlernen*  Hpiter  tut 
er  wieder  aus  und  gab  sick  in 
die  Behandlung  eines  Sekif«t& 
der  ihn  denn  auch  mit  einer  Sdit 
rasch  geheilt  haben  soll^  en^tm 
nachher  K  e  m  p  n  e  r  nichts  mekr 
von  Ptosis  und  Amblyopif  h|kJ 
ihm  entdecken  konnte.  ^^| 

In  der  folgenden  hoch-    ^ 
interessanten      Beohacbtuig 
Hitzig's  (946)    entwickelte 
sich  die  schlaffe  Ptosis  gleichfalls  auf  beiden  Augen,  aber,  im  (iegensatze  in 
der  Beobachtung  Kempner's,  ganz  allmählich. 

Ein  36  jähriger  Pole  wurde ,  weil  er  tn  selbstmörderischer  Absicht  in  die  üastotf 
gegangen  war»  in  die  Hallenser  psvchiatrische  Klinik  aufgenommen,  nachdem  er  früW 
als  Soldat  schon  längere  Zeit  an  Conjunctivitis  nnd  Doppeitsehen  gelitten  hotte. 

Im  August  1895  verletzte  er  sich  mit  einer  Sense  das  linke  Bein  und  wurde  dnni 
den  .^.nblick  seines  voll  Blut  gelaufenen  Stiefels  so  erschtittert^  dass  er  sich  zu  Bette  Itf« 
miiftste.  Nachdem  die  Wunde  per  priniam  geheilt  war,  sagte  seine  Frau  zu  ihm:  ,J«J« 
Wunde  rauss  doch  eitern,  wenn  das  nicht  eitert,  dann  kannst  du  noch  lange  warten,  diu 
ki'iegst  du  es  noch  in  die  Knochen  anders  wohin."  Der  Kranke  glaubte  die»,  blich  deikaft 
zu  Bett  und  bekam  nach  einer  Woche  eine  Augenentzündung.    Die  Augen  wurden  rotk  ,« 


M.  B.    20  Jahrf  alu 


Viii,  92. 
Itpchts  fw'hlßffe  hysteriselie  Prn]^toÄi!*. 


Die  hysterische  Ptogis.  4S& 

te  nud  BchniH  in  denselben*,  und  er  konnte  die  Lider  nicht  richtig  aufmachen  s  wenn 
sie  aüch  nicht  ganz  heruntergefallen  waren.  Die  Conjunctiva  sei  vom  Ärzte  geätzt  worden. 
IHes  half  aber  nicht«;,  es  trat  vielmehr  nath  drei  Wochen  Doppeltseheii  und  nach  ferneren 
EWfi  Wochen  vollkommene  Ptosis  ein,  so  dass  er  gar  nicht  mehr  aehen  konnte.  Während 
dieser  Zeit  hutten  sich  die  Äugäpfel  gan^  nach  unten  und  innen  gedreht.  So  blieb  es  den 
ganzen  Winter  1895  96  und  auch  den  Sommer  1JH96.  Dann  machte  er  aus  Kammer  Über 
fteiDen  Zustand  ©inen  Selbstmordversuch. 

Bei  seiner  Aufnahme  bestand  eine  beiderseitige  vollkommen  schlaffe  Ptosis ;  die  Lider 
xeigt'Sn    keinerlei  B'ältelung,   es  standen   die  Augeabrauen   nicht   tiefer   aln   normal,    und  es 
I    iiessen  sich  die  herabgeeuhkenen  Lider  widerstandslos  Leben,      Setbat  bei  starker  Kon- 
traktion des  Frontalis  gelang  es  dem  Patienten  nicht,  die  Lidspalte  zu  clffnen.     Beide  Äugen 
waren     sehr   stark    nach    innen    und   unten   rotirt    und    ans    dieser   Stellung    nach    keiner 
Richtung  bin  abzulenken,    vielmehr  drehte  Patient  den  Kopf,  wenn  er  etwas  fixiren  sollte. 
Die  Pupillen  waren  stark  kontrahirt;  passend  vorgehaltene  Gegenstände  erkannte  er  zeitweilig, 
I    xa  anderen  Zeiten   schien  er   völlig  amaurotisch    zu   sein.     Die  ophthulmoskopiscbe  Unter- 
'    sachung  war  unmöglich.     Wflhrend   der   eingeleiteten  Narkose   begannen   die  Äugen   schon 
'    nach  wenigen  Zügen  Chloroform  nach  allen  Hichtungen  hin  sich  zu  bewegen ^   die  Pupillen 
'    erweiterten  sich  vorübergehend  über  die  Norm  und  reagirten  deutlich  auf  Licht.     Nach  dem 
Lfrwachea  öffnete  der  Patient  die  Lider  spontan,    fixirte  und  erkannte  vorgehaltene  Gegen- 
r^ÜItide  richtig»     Durchstechen  der  Haut  mit  Nadeln    wurde   an   dem  linken  Bein   und  dem 
1    rechten    Arme   nicht  empfunden;    die   SchmerÄempfindnng    wiir  am   gnnxen  Köx-per  herab- 
'    geaetzt*     Durch  Snggestion   wurde  die  8ehstörung  gebcilt.     Nun  traten  (jehorstdrnngen  auf, 
I    dann  setzte  links  Strabismus  con^'ergens  ein,  hierauf  verschwand  dieser  wieder,  und  es  wurde 
'    hochgradige  beiderseitige  Gesichtsfeldeinschränkung  konstatirt.     Darauf  folgte  ein  heftiger 
Konvergenzkrampf,  und  nach  TauchhÄdern,  welche  er  nicht  ertragen  zu  kennen  behauptete» 
entwickelt  sich  wieder  doppelseitige  Proptosis  mit  Strabismus  convergens.     Bei  abermahger 
G^chtafeld aufnähme  wurde  jetzt   hochstgi'adige  konzentrische  Verengerung  konstatirt,   die 
dann  ebenfalls  später  mit  den  Übrigen  Augenbeschwerden  durch  geeignete  Suggestion  völlig 
gehohen  wurde. 

Auch    in   dem   von    tms    beobachteten   Falle,   dessen  Abbildung   wir   in 
U|g»^93  und  94  wiedergeben,  entwickelte  sich  die  Ptosis  allmählich;  auch  hier 
F  «eigten  sich  ebenfalls  ganz  erhebliche  Stöningen  der  Elulbusbewegungen,  während 
die  Sehschärfe  nur  wenig  alterirt  erschien. 

I  Eigene  Beobachtung.    25.  August  1897.    Ein  16  Jahre  altes  Dienstmädchen  hatte 

I  mit  dem  fünften  Lebensjahre  Typhus,  seit  ibrem  9.  Lebensjahre  Bleichsucht.  Vor  2  Jahren 
war  sie  ungefähr  ein  halbes  Jahr  lang  an  Conjunctivitis  erkrankt.  Seit  4  Wochen  klagt 
Patientin  Über  Stiebe  und  Schraerzen  im  linken  Auge  (Conjanctivitis  catarrhalisl  Dabei  soll 
sich  das  linke  Augenlid  immer  mehr  gesenkt  haben,  bis  es  etwa  seit  14  T*igen  vüllig  ge- 
schlosssen  blieb.  Ais  die  Ptosis  des  linken  Auges  vollkommen  war»  begann  au<;h  auf  dem 
rechten  Auge  eine  Ptosis  sich  auszubilden,  was  ihr  Veranlassung  gab,  in  der  Klinik  Heilung 
EU  suchen. 

Status  praesens:  In  der  Entwickelung  zurückgebliebenes,  leicht  erregbares  junges 
Mftdchen.  Patientin  schläft  sehr  schlecht  und  leidet  viel  an  ^unerklärhcben'^  Angstzuständeu. 
Sie  trfiumt  oft  im  wachen  Zustande  10  Minuten  lang  vor  sich  hin,  ohne  nachher  davon 
etwas  zu  wissen.  Seit  1895  leidet  sie  an  Sclireikn'impfen  angeblich  mit  Bewusstseinsverlust. 
Die  Krämpfe  führt  sie  auf  einen  gi^ossen  Schreck  zurtlck ;  sie  sollte  nämlich  in  der  Schule 
w^gßn  irngezogenbeit  eineu  Strafplatz  erhalten. 

Patientin  hat  einen  eigenthümlich  deprimirten  Gesichtsausdruck,  Das  linke  Ober- 
lid hängt  schlaff  über  dem  linken  Auge  herab;  die  rechte  Lidspalte  ist  fast  ganz 
geschlossen,  und  nur  das  Oberlid  hier  durch  Kontraktion  des  rechten  Frontalis  gehoben. 
LOftet  man  das  linke  Augenlid,  so  sieht   man  den   Bulbus  eine  Stellang   nach  innen   oben 


1 


466 


Die  hysterisclie  Ptosis, 


fMthnIt«!],  oBtie  Ü&88  Patientin  durch  Zurt^den  zu  bewegen  wäre,  diese  StelJiing  dttBuJbi» 
SB  Indern,  Lässt  man  das  linke  Lid  wieder  heruntersinken  und  lieisst  das  Middiai  1 
dem  rechten  Auge  einen  iiegenntiind  ^xiren,  so  kann  mon  liunli  das  dünne  sdiliUI» 
Oberlid  die  Bewegungen!  des  Bulbus  t^rkeiineit,  dte  dann  vi»l3ig  normal  und  denen  de«  1 
Auges  asaociirt  sind  Beim  Aufheben  ilea  rechten  Oberiidea  steht  der  Bulbus  in 
Stellung.  Zu  anderen  Zeiten  ist  Pfltfentin  nicht  im  Stande,  bei  gewaltsam  geöffnetem  linkif 
Auge  den  Bulbus  zu  bewegen,  sodass  man  den  Eindruck  empfängt,  als  best&tid«  hier  «i» 
komplete  Ophtbalmoplegiii  exterior,  während  sie  bei  geöffnetem,  rechtem  Auge  dem  Fii|ir 
so  weit  folgt,  als  die  Lids]äa!tö  klittTt.  Oeffnet  man  beide  Äugen  gewaltsam»  so  Mm 
beide  Bulbi  unbeweglich  nach  oben  in  leichter  Kenveigenzstellung,  und   ist  PalientiB  mnt 

mögend  einem  vorgebiltiis 
Finger  mit  dem  Bulbus  ul  fblfon» 
Dabei  sind  die  Pupülea  ütä 
kontmhirt  und  von  sehr  trter 
Reaktion  auf  Licht  Wew 
Patientin  aufgefordert  wirii|twi4i 
Augen  aufzumachen .  kontimbirt 
sie  stark  beide  Frontale«  nod 
bringt  dadurch  eine  leichte  Hftof 
des  Lides  zu  Stande.  F^  |^ 
wiihribch  ist  dies  auf  den  recto 
Auge  aHein  der  Fall,  daher  kioi 
sie  sich  auc^h  noch  ohne  Hilf» 
auf  der  Strasse  hewegea. 

Das  Gesichtsfeld  dcaredl« 
Auges  war  bei  der  LTnieraackosf 
vom  25.  Vm.  97  allseitig  bi»  *af 
den  30.  Grad  konzentnieh  Tie^ 
engt;  kleine  farbige  Olijditt 
wurden  hier  nicht  erkannt  Dil 
Gesichtsfeld  des  linken  A«^ 
zeigte  eine  allseitige  EiiiMblÜ- 
ung  bis  auf  den  40.  Gmd;  nf 
dem  20.  Grad  fielen  die  Gmtia 
von  Roth  und  Blau  raMnoMt. 
Im  Laufe  der  weiterecn  fieokc^ 
tung  entwickelte  sich  auf  der 
linken  Augen-  und  Seb1if«QJiA8t 
ein  Erythem  (siehe  Fig.  94).  Im 
Köi-per  bestehen  zahlreich«  h? pl^ 
üsthetiöcbe  Zonen.  Der  BM^m- 
und  Conjunctivalreflex  fehlt  ü« 
übrigen  Reflexe  sind  erhalten;  die  Extremitäten  aktiv  und  passiv  »rei  beweglich;  dif  poW 
Kraft  normaL 

Am  15.  IX,  97  wurden  durch  Heftpflasterstreifen  die  Augenlider  an  di*i  Sto 
geklebt.  Nachdem  Patientin  dies  fi  Minuten  lang  ausgebatten  hatte,  konnte  sie  iQcb  ntA 
Abnahme  derselben  die  Augen  offen  halten,  wobei  die  nöthige  Suggestion  angewandt  wtiHr 
Am  17,  IX.  musaten  Patientin  abermals  wieder  die  Lider  festgeklebt  werden,  ««fl 
die  Ptosis  zuiUck gekehrt  war.  Durch  Suggestion  wurde  nun  die  Piosia  dauernd  |«Wt 
Mastkur.    Patientin  geheilt  entlassen. 

g  231.     Wie   aus   den   angeführten  Fällen  hervorgeht,  tritt  die  scUiff* 
hysterische  Ptosis  meist  bei   solchen  Individuen  auf,  die  auch  noch  scliw«rt 


Fl-    ^U. 

P.  M,  Schlaffe  liv^r.n.,3i.    itsi^:   links  komplet,  RiHhts* 

anBclieinpud    irikotiipln    ur^^cn   Koiitruklion    des   rcehlpii 

Frcmtalip  und   Hphung  der  Augoubraue. 


Die  hysterische  Ptosis, 


m 


ädere  hysterische  Erscheinungen  von  Seiten  des  Auges ,  A\ie  Krämpfe  und 
iniungsartige  Zustände  der  Bulbusmiiskulatur^  hysterische  Amhlyüpie  und 
laurose,  hochgradige  (lesichtsfeldeinschränkung  und  spastische  Miusis  dar- 
bieten. Wt^nn  nun  daher  auch  die  allgemeine  Ursache  dieser  PtOhisrijrm  in 
dem  hysterischen  Zustande  des  Nervensystems  begründet  ist,  so  scheiden  sich 
doch  diejenigen  ursächhchen  Momente,  wch-he  den  unmittelbaren  Austoss  zum 
Auftreten  dieser  Ptosis  geben,  nach  unseren  klinischen  Erfahrungen  in  zwei 
Richtungen,  indem  bei  der  einen  Gruppe  die  Ptosis  ganz  allmählich  zur 
konipleten  Form  sich  aushildet, 
während  hei  der  anderen  *  i  ruppe 
dies  schlaffe  Herahfallen  der 
Augenlider  p  1  u  i  z  1  i  c  h  einzu- 
treten priegt.  Da  SS  nun  das  Vor- 
stellungsleben der  Patienten 
ganjE  besonders  hei  der  Ent- 
stehung dieses  Zustand  es  be- 
theiligt sein  dürfte,  beweist  die 
Zugänglich keit  dieser  Krank* 
heitsforni  für  die  Siiggestions- 
theraiüe. 

Es  unterhegt  keinem 
Zweifel,  dass  bei  Hysterischen 
jedwede  Form  des  dauernden 
Lidschhisses  unter  Beeintlussung 
des  Vorstellungslebens  der 
Patienten  durch  ]>lützlich  ein- 
wirkende  oder  durch  andauemde 
krankhafte  Empfindungen:  wie 
durch  das  Unbehagen  bei  einer 
CJonjunctivitis,  durch  die  Furcht 
geblendet  zu  werden,  durch  das 


bei  Nervösen  so  häutige  Gefühl 


Fig.  94. 

P.  M.    Schlafl'e  hysteriiicbe  Pt<teis.    Link»  Erythem  der 
Lider  und  der  Haut  der  Schläfe. 

von  Schmerz  im  Augeninneren, 

erzeugt  werden  kann,  und  dass  das  üftenhalten  der  Lid  spalte  bei  über- 
haupt nicht  willensstarken  Individuen  gegenüber  dem  Bedürfniss,  das  Auge 
zu  schliessen,  immer  geringer  wird,  bis  dann  endlich  die  Ptosis  manifest  bleibt. 
In  gleicher  oder  äbnhcher  Weise  möchte  auch  die  von  (iowers  (948)  als 
^Morgenptosis^  beschriebene  Form  von  Lidlähmung  ihre  Erklärung  finden. 
Nach  diesem  Autor  hatten  schon  an  und  für  sich  viele  Menschen  nach  der  völligen 
Erschlaffung  des  Levators  während  des  Schlafes  eine  gewisse  Schwierigkeit, 
beim  Erwachen  die  Augen  zu  Öffnen.  Bei  schwächlichen  Frauen  wäre  dieser 
Zustand  zuweilen  erhöht,  so  dass  es  ihnen  nach  dem  Erwachen  oft  unmöglich 
sei,  die  Augen  während  der  ersten  20 — 30  Minuten  zu  öffnen.  Nachher  mache 
dies  ihnen  aber  gar  keine  Mühe  mehr. 

WHbraüd-SAe£lg«r,  Neurologie  do*  Äuge«,    I.  ßd,     II.  Abtheiliing.  gl 


468  Die  hysterische  Ptosis. 

Bezüglich   der    Suggestibilität    derartiger  Kranker    gewährt   jener  FjB 
Hitzig's  (946)  eine  klare  Einsicht  in  den  Mechanismus  des  Zustandekomm»s 
der  hysterischen  Ptosis.     Die  Ehefrau   des  betreffenden  Patienten  hatte  um 
bereits  darauf  vorbereitet,  dass  er  es  noch  „anderswohin"  bekommen  würde; 
er   blieb    deshalb    auch  zu  Bette   in  Erwartung  der  Dinge,    die   da  komnien 
würden.    Nun  hatte  er  früher  wiederholt  an  Augenentzündung  gelitten,  seine 
Aufmerksamkeit  war  daher  auf  die  Augen  gerichtet,  und   so  bekam  er  dem 
richtig  alsbald  Augenschmerzen.    Ob  es  nöthig  war,  dass  dieselben  ärztlicher- 
seits, und  zwar  angeblich  schon  vom   ersten  Tage  an,   mit  dem  Höllenstein- 
stift  bebandelt   wurden,    mag    dahingestellt    bleiben.     In   der   Hitzig 'sehen 
KUnik  hatte  der  Kranke  oft  genug  über  Augenschmerzen  geklagt,  ohne  dass 
gleichzeitig   irgendwelche   Veränderungen   an  der    Conjunetiva    wahrnehmbar 
gewesen  wären.     Jedenfalls  diente  jene  vorerwähnte  Behandlungsmethode  noch 
weiter  dazu,   den  Kranken   in  der  Ueberzeugung  zu   bestärken,  dass  er  sich 
durch  die  Verletzung  seines  Beins  ein  Augenleiden  zugezogen  habe. 

Wenn  uns  auch  diese  Beobachtung  H  i  t  z  i  g '  s  einen  EinbUck  in 
den  Mechanismus  des  Zustandekommens  der  hysterischen  Ptosis  gewährt,  so 
können  wir  von  der  Beobachtung  Kempner's  nicht  das  gleiche  sagen.  Für 
die  Erklärung  derartiger  Fälle  plötzlich  und  anscheinend  unmotivirt  auf- 
getretener hysterischer  Levatorlähmung  ist  wohl  die  Annahme  gerechtfertigt, 
dass  die  Zwangsvorstellung :  sein  Auge  nicht  mehr  öffnen  zu  können,  aus  dem 
eigenen  Vorstellungsleben  des  impressionablen  Patienten  heraus,  also  ohne 
Suggestiv  Wirkung  von  Seiten  einer  zweiten  Person,  sich  entwickelt  haben 
möchte,  und  zwar  in  einer  Weise,  dass  diejenige  Ideen  Verbindung,  wekhe 
zu  dieser  Zwangsvorstellung  ursprünglich  geführt  hatt^,  nachträglich  in  dem 
Gedächtnisse  des  Patienten  nicht  mehr  haften  geblieben  war.  Ist  es  dodi 
leicht  verständlich,  dass  der  Schreck  über  die  thatsächlich  eingetretene  Ptosis 
und  die  besorgnisserregenden  Vorstellungen,  die  sich  an  dieses  neue  Faktum 
knüpfen,  ganz  und  gar  diejenigen  Ideenassociationen  aus  dem  Gedächtniss 
verdrängen  können,  welche  autosuggestiv  die  eigentlichen  Urheber  de«  Un- 
vermögens, den  Levator  nicht  mehr  kontrahiren  zu  können,  gewesen  waren. 
Dass  dann  aber  nachträglich  auch  die  anamnestischen  Fragen  hinsichtlich 
der  Entstehungursache  der  plötzlichen  Ptosis  negativ  ausfallen  müssen,  liegt 
auf  der  Hand. 

Wenn  nun  Kempner  erwähnt,  dass  sobald  sein  Patient  das  recht« 
obere  Lid  mit  dem  Finger  in  die  Höhe  gehoben,  sich  dann  auch  sofort  das 
Hnke  Auge  von  selbst  geöffnet  habe,  so  erscheint  uns  dies  nicht  wimderbar, 
weil  wir  gewohnt  sind  stets  beiderseitig  den  Levator  zu  innerviren  und 
zu  erschlaffen.  An  dem  Umstände  aber,  dass  dies  Phänomen  in  umgekehrter 
Richtung  unterblieb,  dürfte  vielleicht  die  schlechte  Sehschärfe  des  rechten 
Auges  und  die  Thatsache  die  Schuld  tragen,  dass  das  rechte  Auge  so  gut 
wie  gar  nicht  bis  daliin  zum  Sehen  gebraucht  worden  war. 

vi  232.  Wenn  die  vorhin  gegebene  Erklärung  der  Ursache  der  schlaffai 
doppelseitigen   hysterischen  Ptosis   richtig  ist,   dann    sollte    man  folgerichtig 


Die  hysterlBcUe  Pti^ais. 


409 


V 


varten,  dieselbe  müsse  auch  nach  jeder  Richtung  hin  demjenigen  Zustande 

»n  Ptosis  entsprechen,  welchen  wir  physiologisch  beim  Schhif  beobachten.    Und 

i  der  That  tritt  Schmidt-Iliiupler  (947)  auch  ttir  diese  Anschauung  ein,  wenn 

sagt:  ^meines  Erachtens  handelt  es  sich  aber  doch  nicht  um  eine  eigentliche 

iiähmung,  sondern  um  ein  einfaches^  oft  willkürliches  p]rschlaffen  des  Levator 

palpebrae".  Auch  K  iinn  glaubt  die  Charakteristik  der  hysterischen  Ptosis  einfach 

so  rormuliren  zu  können,  dass  das  betreffende  Auge  so  aussieht,  als  ob  die  Lider 

leiclit,  wie  zum  Schlafe  geschlossen  wären.  Auf  der  anderen  Seite  erscheint  es  aber 

Hitzig  ganz   sicher,   dass  die  hysterische  Ptosis  unter  durchaus  ähnlichen 

Umständen,  wie  die  übrigen  motorischen  Innervationsstörungen  der  Kopfnerven, 

nämlicli    in  der  Regel   auf  Grund 

eines  Reizzustundea  (Ptosig  psendo- 

paralytica),   aber  in   seltenen 

Fällen     doch     als    Zeichen 

einer     Lähmung     zu     Stande 

kommen  könne.      Wir  bezweifeln 

nicht,   dass   beide  Autoren  Recht 

haben,     und     dass    nach    beiden 

Richtungen  hin  Fälle  zur  Be- 
obachtung gelangen   werden,   zur 

Zeit  ist  aber  noch    die  Kasuistik 

für   die  Losung  dieser   Frage  zu 

wenig  ergiebig,  und  es  bleibt  uns 

nichts  übrig  als  hier  von  Fall  zu 

Fall  die  Entscheidung  zu  treffen. 

Hinsichtlich    unserer    Beobacli- 

tung  möchten  wir  uns  der  Ansicht 

Ton     Hitzig    anschliessen,      da 

einige    Erscheinungen     bei    dem- 

Mlben   hervortraten,    welche    wir 

sonst     nur    bei 


Levatorlähmung 
nach     einer    organischen    Lasion 


Fig.  95. 

F.    G.       Rechts    komplet«    Ptosis     nach    ^leningitis 
eerebrospinali«. 


zu    beobachten     gewohnt    waren. 

Betrachten  wir  nämlich  Fig.  93»  so  sehen  wir  zunächst  das  linke  Auge  schlaff 
gelähmt,  während  das  rechte  Oberlid  durch  Innervation  des  rechten  Frontalis 
leicht  gehoben  ist.  Diese  Ersclieinung  widerspricht  jedenfalls  der  Annahme, 
dass  die  schlafte  hysterische  l*tosis  sich  genau  wie  das  Herablüingen  der 
Lider  im  Schlafe  prasentiren  müsse,  da  doch  während  des  Schlafes  nicht 
allein  der  Levator,  sondern  auch  der  Frontahs  erschlafl't  m  sein  pHegt.  Nun 
kann  aber  kein  Mensch,  oder  vielleicht  nur  ganz  vereinzelt  jemand  lediglich 
einseitig  seinen  Frontatis  innerviren,  sondern  diese  Fähigkeit  tritt  oft 
dann  spontan  hen^or  und  entwickelt  sich  unwillkürlich,  wie  Mautbner 
(vergK  p.  70  dieses  Buches)  an  sich  selbst  beobachtet  hat,  wenn  eine  wirkliche 
Lähmung,  oder  eine  durch  Schwere  des  Lides  erzeugte  einseitige  Ptosis  vorliegt. 


47D 


Bk  l^riNiiiche  Ptosis. 


§  233,     Durch  die    Betmchtuiig  dieser  Verhältnisse  werden  wir 
ZTi^lt^ich  auf  die  BeHprechiing  der   Sirauhttion    einer   schlaffen  Pu>sj^ 
geführt. 

Wir  vermögen  doppelseitig  den  Levator  entweder  völlig  zu  erschi  i " 
oder  nur  insoweit,  dass  nach  geringer  Uebung  jeder  Grad  der  inkompletd) 
Ptosis  und  zwar  doppelseitig  vorgetäuscht  werden  kann,  ohne  dass  dalrt 
die  Lider  in  jenen,  dem  Rosenbacirst^hen  Phänomen  (siehe  >;  33  pag.  55) 
konfonnen  zitternden  Znstand  zu  gerathen  hraticlien.  Ausserdem  köniwa 
Individuen,  und  namentlich  soldte  mit  schlafter  und  reichlicher  Haut  da 
Oberlides,   trotz   stärkster  Kontraktian   heider  Frontales,    eine  schlaffe  VXmis 

l)eibelialten  (vergl.  Fig,  95  p;ig,  W), 
ebenfalls  olme  dass  jene  Roseth 
hach'schen  Zucknngen  hervontütrettn 
brauelien*  Bei  Individuen  mit  einef 
kurzen  Lidhaut  und  willkürlich  er- 
schlafften Levatoren  werden  Wigco 
der  kräftigen  Zugwirknng  des  Froo- 
talis  die  Lider  alsdann  aber  um  m 
weniges  gehoben  werden  und  dalvi 
sehr  gut  jenen  Zustand  vortäusdiEß 
können^  welchen  wir  in  Figur  96  b« 
dopijeheitiger  Ptosis  durch  orp- 
nisclie  LÜsion  dargestellt  finden. 

Will  aber  ein  Individuum  mit 
kurzer  Lidhaut  unter  starker  Froo- 
taliswirkmig,  eine  komplete  I"  ' 
8  i  m  u !  j  r  e  n  d ,  beide  Lider  gesci  - 
halten^  so  gelingt  ihm  dies  jedoch  nur 
unter  gleichzeitiger  Innen*ation  der 
Palpebralportion  des  Orbicularis,  wolw 
die  sonst  üblichen  Kontra ktionsfaltec 
der  Haut  dann  nicht  hervorzutretei 
brauchen,  wegen  der  angeboreotn 
Kürze  der  Lidhaut.  Es  wird  im 
tregentheil  die  Haut  des  Oberlides  durch  den  entgegenwirkenden  Zog 
nach  oben  und  unten  hin  mehr  geglättet  und  dadurch  wieder  der  Simu- 
lation der  schlaffen  Ptosis  dem  Aussehen  nach  Vorschub  geleistet  werdeiL 
Dagegen  wird  aber  der  Simulant  nicht  lange  den  gleichzeitig  und  thU 
gegenwirkenden  Zug  zweier  Antagonisten  aushalten  können,  und  würde 
sich  die  Simulation  durch  Auftreten  von  Zuckungen  sehr  bald  bemerkbar 
machen.  Würde  aber  ein,  eine  schlaffe  Ptosis  oder  Proptosis  simulireoda 
Individuum  bei  schlaff  herabhängenden  Ltdern  aufgefordert  nach  üben  m 
sehen,  so  würde  hei  der  gewohnten  Mitbewegung  zwischen  Oberlid  und  den 
Hebern  des  Bulbus  (vergleich  §  28  pag.  37)   die  Ptosis  entweder  sofort  »of- 


Fig,  9Q. 

K,  M.  J  »opjx'l  seit  ige  Ptosis  mit  Oculomotorius- 
und  Trochleiuislabmun^  bei  Tnbe%.  Paik^nt 
beutet  den  Kopf  tiHch  rückwÄrts»  um  die 
Pupille  iiiitt»rb:dh  des  j^'el:<biiil»'u  Oherlidi  in 
di*'  Lidspalte  xu  tmiigeu. 


m 


Die  hysterisch©  Ptosis. 


471 


tiriren,  oder  wenn  sich  ein  Mensch  vorher  darauf  eingeübt  haben  sollte,  dieser 
Mitbewegiing  entgegen  zu  arbeiten,  so  würde  doch  durch  den  Widerstreit 
er  Kräfte  der  jetzt  in  Aktion  tretendeTi  ralpebnilportion  des  Orbicularis 
iurch  deren  Innervation  am  Oberlid  ja  nur  da^  Lid  der  Mitbewegiing  des 
lulbus  entgegenwirken  kann)  das  letztere  ebenfalls  in  zuckende  Bewegungen 
Irerfalien, 

S  234.  Eine  einseitige  Hebung  des  Lides  nun  durch  einseitige 
Frontaliskontrakti on  b  e  i  s  i  ni  u  1  i  r  t  e  r  doppelseitiger  s c  h  1  a f  f e  r  Ptosis 
ist  jedoch  lür  gesunde  Menschen,  die  nicht  besonders  darauf  eingeübt  sind 
und  anatomischer  sowie  physiologischer  Kenntnisse  entbehren ^  ein  Ding  der 
Unmöglichkeit.  Denn  im  Bestreben,  die  eine  Augenbraue  nur  allein  zu 
beben,  wird  unwillkürlich  der  Orbicularis  des  anderen  Auges  stark  koutrahirt, 
um  die  zwangsweise  Mitbewegung  des  Frontalis  dieser  Seite  überwinden  und 
die  Ptosis  beibehalten  zu  krmnen.  Dabei  treten  aber  auf  dem  Auge  der 
seither  sciilaff  gehaltenen  Ptosis  Kontraktionsfalten  am  Oberlid  auf  (unter 
Voraussetzung  genügender  Länge  der  Lidhaut),  und  giebt  sich  damit  die 
Simulation  zu  erkennen.  Wie  sehr  wir  aber  gewohnt  sind,  beide  Frontales 
immer  gleichzeitig  zu  innervirenj  selbst  wo  zur  Hebung  nur  eines  Ober* 
lides  die  einseitige  Kontraktion  dieses  Muskels  nur  nothwendig  wäre,  ist  leicht 
ans  Figur  95  zu  entnehmen.  Hier  linden  wir  bei  einer  einseitigen  kompleten 
Oculomotoriuslähmung  nach  Meningitis  cerebrospinalis  beide  Musculi  fron- 
tales kontrahirt,  wiewohl  doch  nur  die  des  rechten  Auges  nothwendig  ge- 
wesen wäre. 

Es  dürften  darum  wohl  w^enig  Menschen  zu  finden  sein, 
welche  den  Zustand  einer  doppelseitigen  Ptosis  mit  einseitiger 
Frontaliskontraktur  in  einer  Weise  nachahmen  könnten,  wie  wir  ihn 
bei  Menschen  mit  paralytischer  Ptosis  alltäglich  beobachten  (vergleich  Figur  33 
pag.  74)  und  wie  er  auch  bei  unserem  Falte  von  schlaffer  hysterischer  Ptosis 
(siehe  Figur  93)  sehr  auffällig  hervortritt, 

§  235.  Ferner  ist  noch  hervorzuheben,  dass  die  Simulation  einer 
einseitigen  schlaffen  Levatorlähmung  wohl  keinem  Menschen  gehngt. 
Denn  wenn  der  Levator  naturgeraäss,  wie  im  Schlafe,  erschlafft  wird,  so  voll- 
zieht sich  dieser  Vorgang  stets  doppelseitig,  wie  dies  schon  aus  der  S  25 
pag,  31  von  uns  gefundenen  Thatsache  des  vorhandenen  Blinzelretlexes  auf 
dem  Auge  der  Seite  mit  kompleter  Facialislähmung  hervorgeht.  Hier  sehen 
wir  nämlich  sjnchroniscb  mit  dem  Blinzelretlex  auf  dem  gesunden  Auge  ein 
kurzes  Zucken  des  Oberlides  auftreten,  was  nur  auf  eine  momentane  Er- 
schlaffung des  Levator  bezogen  werden  kann,  weil  in  diesem  Falle  ja  der 
Orbicularis  zufolge  der  Facialislabmung  völlig  ausser  Aktion  gesetzt  war. 
Sollte  es  aber  trotzdem  durch  Uebung  einem  Menschen  gelingen  eine  ein- 
seitige Erschlaffung  des  Levator  wirklich  zu  Stande  zu  bringen,  dann  würde 
ein  derartiger  Zustand  von  simulirter  einseitiger  Levatorlähmung 
leicht  bei  dem  Befehle  gleichzeitig  die  Blickebene  zu  heben  festzustellen  sein* 


I 


472  Die  hysterische  Ptoeis. 

Denn  bei  der  präformirten  Mitbewegung  zwischen  dem  Levator  nnd  den 
Hebern  des  Bulbus  würde  sich  nun  entweder  das  anscheinend  ptotische  Lid 
heben,  oder  es  würden  doch,  wenn  die  Ptosis  beibehalten  werden  soll,  leb- 
hafte Zuckungen  an  diesem  Lide  zu  bemerken  sein,  indem  die  Palpebnl- 
portion  des  Orbicularis  alsdann  in  Widerstreit  mit  den  Hebern  des  Bnlbns 
gerathen  würde.     Beides   ist  aber  bei  Ptosis  nach  Lähmung   nicht  der  FilL 

Aus  diesen  Betrachtungen  geht  hervor,  dass  wenigstens  bei  dem  von  uns 
geschilderten  Falle  von  schlafifer  hysterischer  Ptosis  doch  ein  lähmungs- 
artiger Zustand  des  Levator  vorhanden  gewesen  sein  muss  und  nicht  wie 
Kunn  und  Schmidt-Rimpler  meinen,  lediglich  eine  Erschlaffung  der 
Oberlider  wie  im  Schlafe. 

Wenn  nun  Nonne  und  Beselin  in  ihrer  Arbeit  (1009)  anfuhroi 
„dass  die  nicht  selten  überaus  grosse  Schwierigkeit  einer  differentiellen 
Diagnose  zwischen  Lähmung  und  Krampf  der  Augenmuskeln  dort  wegfalle, 
wo  eine  Ciliarneuralgie  und  ein  nachweisbarer  Accommodationskrampf  auf  die 
Natur  der  Ablenkung  des  Bulbus  hinweisen,  und  dass  es  nur  geringe  Wahr- 
scheinlichkeit für  sich  habe,  wenn  von  den  räumlich  und  dem  Wesen  nach  so 
nahe  liegenden  Gebieten  des  Oculomotorius  das  eine  in  dauerndem  Zustande 
der  Parese,  das  andere  im  Spasmus  sich  befände,  so  ist  mit  Hitzig  1.  c. 
pag.  138  zu  erwidern,  dass  es  hier  nicht  darauf  ankommt,  ob  auch  wiri[lidi 
die  kortikalen  Innervationsgebiete  der  exterioren  Augenmuskeln,  des  Sphincter 
pupillae  und  des  Levator  palpebrae  räumlich  so  benachbart  liegen,  sondern 
lediglich  auf  die  klinischen  Thatsachen,  und  diese  beweisen  eben,  dass 
in  dem  einen  Innervationsbezirk  des  Oculomotorius,  dem  des  Levator,  sehr 
wohl  ein  Minus  motorischer  Energie  bestehen  könne,  während  sich  in  anderen 
Innervationsbezirken  des  gleichen  Nerven  ein  Plus  von  motorischer  Energie 
bemerklich  mache,  und  dass  derartige  Kombinationen  von  Reizzuständen  und 
Lähmungserscheinungen  gerade  ein  Charakteristikum  schwerer  Fälle  von 
Hysterie  seien. 

§  236.  Die  Diagnose  der  schlaflfen  hysterischen  Ptosis  gründet  sich 
zunächst  auf  das  Vorhandensein  anderer  hysterischer  Symptome  bei  dem  be- 
treffenden Individuum,  sowie  auf  die  Beeinflussung  derselben  durch  Suggestion. 
Besteht  Verdacht  auf  Simulation  so  wird  man  in  Bezug  auf  das  vorhin  Ge- 
sagte die  einseitige  oder  doppelseitige  Frontaliskontraktion  genauer  ante^ 
suchen  müssen  und  auf  die  Stellung  des  Oberlides  bei  Hebung  der  Blickeb^ie 
imd  die  Rosenbach 'sehen  Zuckungen  dabei,  sowie  auf  das  Verhaltender 
Palpebralportion  des  Orbicularis  Bedacht  zu  nehmen  haben.  Die  Existenz 
einer  schlaffen  hysterischen  Ptosis  ist  bekanntlich  von  Charcot  (1011)  ge- 
leugnet worden.  Dieser  Autor  lenkte  im  Jahre  1891  die  Aufmerksamkeit  auf 
das  Vorkommen  einer  hysterischen  Ptosis  und  legte  dar,  dass  die  scheinbare 
Lähmung  des  Oberlides  in  Wirklichkeit  eine  Kontraktur  sei,  wie  es  durch 
Tieferstehen  der  betreffenden  Augenbraue  und  Verstrichensein  der  betreffenden 
Stirnfalte  sicher  gestellt  werde.  Auch  die  Schüler  Charcot's:  Borel  und 
Gilles  de   la  Tourette   haben  angenommen,   dass  die  hysterische  Ptods 


Die  hyöteriach©  PtosiB.  ^^^^^^r  473 

tet5  durch  einen  Spasmii«  des  Orbicularis,  niemals  aber  durch  eine  Lähmung 
des  Levators  zu  Stande  komme.  Charcot  hatte  als  Unterschiedsmerk- 
male  dieser  von  ihm  nur  allein  als  hysterisch  anerkannten  Ptosis 
pseodoparalytica  von  einer  wirklichen  paralytischen  Ptosis,  wie  wir 
sie  z.  li  nach  kompleten  Oculomotoriusparalysen  beohachten,  folgendes 
hervorgehoben:  Bei  einer  paralytischen  Ptosis  stünde  die  Angenbraue 
höher,  bei  der  pseudoparalj  tischen,  der  spastischen  Ptosis 
stünde  sie  tiefer.  Bei  der  ersteren  sei  der  freie  Lidrand  mehr  oder  minder 
eine  gerade  Linie  und  der  Musculus  frontalis  sei  kontrahirt,  bei  der 
letzteren  sei  der  Lidrand  gekrümmt  und  der  Stimmuskel  glatt.  Hitzig 
(1.  c.)  giebt  auch  als  Zeichen  einer  scldaffen  hysterischen  Ptosis  an,  dass 
der  obere  Rand  des  unteren  Lides  keine  gerade,  sondern  eine  leicht  nach 
unten  konvexe  Linie  bilde,  was  gegen  eine  spastische  Nachhilfe  von  Seiten 
des  Orhicularis  spreche.  Denn  bei  Kontraktion  des  letzterwähnten  Muskels 
werde  das  untere  Lid  etwas  in  die  Höhe  gezogen.  Auch  durch  die  Begleit- 
erscheinungen Hesse  sich  leicht  die  simulirte  von  der  wirklich  vorhandenen 
schlati'en  hysterischen  Ptosis  dann  unterscheiden,  wenn,  wie  dies  ja  in  der 
Mehrzahl  der  bekannten  Fälle  konstatirt  wurde ,  spastische  Miosis  und 
Kontraktion  oder  Lähmungszustände  der  Bulbusmuskulatur  namentlich  ein- 
seitig vorgefunden  werde. 

Vor  allen  Dingen  muss  aber  in  Betracht  gezogen  werden,  dass  eine 
doppelseitige  schlaffe  Ptosis  als  Initialsymptom  einer  schweren  cerebrospinalen 
Krankheit  auftreten  kann.  Daher  darf  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden, 
dass,  zumal  da  wo  die  Suggestivtherapie  uns  im  Stiche  lässt  und  Simuhition 
ausgeschlossen  ist,  der  Verdacht  auf  ein  organisches  Grundleiden  an  Wahr- 
scheinlichkeit gewinnen  muss.  Es  wird  dabei  vor  allen  Dingen  in  Erinnerung 
zu  bringen  sein,  dass  die  multiple  Sklerose  sich  häufig  in  das  Gewand  der 
Hysterie  zu  hüllen  pflegt. 

So  beobachtete  Gasparini  (1010)  eine  vollslfindige  Ophthalmoplegia  exterior  bei 
einem  24  jährigen  Mädchen,  welches  in  der  Jugend  an  Migräne,  seit  3  Monateii  aber  an  be- 
atfindigem  Kopfweh  gelitten  hatte.  Am  liuken  Auge  trat  zuerst  Ptosis,  dann  Exophthalmus 
und  Diplopie  auf,  und  der  Bulbus  konnte  ausser  ein  wenig  nach  aussen  sonst  nach  keiner 
Richtung  bewegt  werden.  Pupille  und  Accommodation  waren  normal  Grün  wurde  auf 
diesem  Auge  unf^icher  erkannt,  auf  dem  anderen  dagegen  war  das  Gesichtsfeld  für  Grün 
grdASfir,  als  ftlr  Roth.  In  einem  Monat  wnrde  durch  Elektricität  und  Jod  mit  Brom  roll- 
ständige  Heilung  erzielt.  Das  Verhalten  der  Farbeuempfindung  und  die  relative  Besserung 
Hessen  die  Diagnose  auf  Hysterie  stellen,  trotzdem  keine  weiteren  Symptomo  dafür  vorlagen^ 
Der  Exophthalmus  wurde  durch  die  verringerte  Spannunic  aller  Muskeln  erklärt.  In  der- 
artigen Fällen  tbut  man  gut»  mit  der  Diagnose  Hysterie  zurückzuhalten.  Ob  wirklich 
Hysterie  vorliegt,  muss  dann  die  weitere  Beobachtung  der  Fälle  lehren. 

Auch  Bissen  (1024)  beobachtete  einen  Fall,  bei  welchem  die  Erkrankung  mit 
starken  Neuralgien  einsetzte  und  nach  und  nach  sich  Defekte  in  den  Leistungen  der  Äugenmuskoln 
hin  zugesellten;  und  zwar  machte  sich  in  dieser  Beziehung  zuerst  der  Rectns  externus 
geltend,  dem  sich  allmählich  die  vom  Oeulomotorius  versorgten  äusseren  Augenmuskeln, 
sowie  der  Muse,  levator  auschlossen.  Die  inneren  Augenmuskeln,  sowie  der  Augenhinter- 
grand  blieben  intakt    Das  tJesichtsfeld  zeigte  konzentrische  Einschränkung  für  Farben  und 


474  Die  hysterische  Ptosis. 

leichte  Ermüdbarkeit.     Nach  einiger  Zeit  verschwand    die  Konvergenz    nnd  Ptosis.    Du 
Ange  stellte  sich  in  starke  Divergenzstellung.     Durch  Suggestion  und  Elektricität  Heüiag. 

Auch  hier  ist  die  Möglichkeit,  wie  schon  der  Autor  selbst  betont,  einer 
künftigen  multiplen  Sklerose  nicht  abzuweisen. 

Femer  ist  noch  zu  berücksichtigen,  dass  hysterische  Erscheinungen  und 
in  specie  eine  hysterische  Ptosis  als  Parallelverlauf  neben  einem  organischen 
Grundleiden  sich  entwickeln  können;  ferner  dass  ebenfalls  nicht  selten  eine 
Reihe  hysterischer  Erscheinungen  in  gewisser  Abhängigkeit  vom  organischen 
Grundleiden  hervortritt  und  damit  die  Intensität  der  von  der  organischen 
Läsion  ursprünglich  abhängigen  Symptome  noch  steigern  hilft. 

So  erzählt  Pick  (1020)  von  einer  35 jährigen  Frau,  welche  während  der  BekonTal«v 
cenz  von  einer  Metritis  einen  apoplektiformen  Anfall  hekam.  Es  entstand  Lfthmnng  du 
Rectos  superior,  infer.  und  der  intemi  (für  die  Gonvergenz),  konjugirte  Deviation  nach  liab 
und  heiderseits  inkomplete  Ptosis.  Dahei  doppelseitige  Hemiparese  mit  nachfolgn- 
der  beiderseitiger  Amaurose.  Durch  Suggestion  Besserung  derselben,  und  xvtr 
beiderseits  von  Veo  zu  ^36.  Demenz,  Zungenzittem,  Hyperästhesie  des  Geruchs- und  Geschmacb- 
sinnes.  Normale  Sensibilität,  Abschwächung  der  Motilität  am  linken  Arm  und  Bein.  L&hniinif 
des  linken  Facialis.    Ophthalmoskopischer  Befund  beiderseits  normal.     Pupille  später  stair. 

Sektion:  Alte  Thrombose  der  Arteria  basilaris  und  der  Cerebellaris  infer.  reclitB; 
frisch  entstandene  Thrombose  derselben  Arterie  links  und  der  Profunda.  Symmetrisekt 
Erweichung  des  Cnneus  und  Praecuneus  am  Uebergang  zwischen  dem  Gyrus  fornicitiii 
und  uncinatus,  der  beiden  unteren  Occipito-Temporal Windungen  und  von  einem  Theil«  des 
Kleinhirns  sowohl  rechts  als  links.  In  den  Occipitalwindungen  war  nur  die  Rinde  mit  da 
angrenzenden  weissen  Substanz  getroffen.  Alte  und  frische  Erweichungen  am  Thalimii 
und  am  vorderen  Theile  des  Corp.  quadrigem.  antic. 

Gleichwie  in  diesem  Falle  nach  der  Annahme  Picks  die  Bessemi^ 
in  dem  Sehen  nach  der  Suggestion  dem  Umstände  zu  verdanken  war,  dass 
die  Funktionsstörung  der  Hysterie  wegen  bedeutender  war,  aJs  sie  nach  der 
anatomischen  Läsion  hätte  sein  sollen,  so  könnte  auch  ein  analoger  Zustand 
die  Ptosis  verschlimmern  oder  auch  erst  hervorrufen. 

Sehr  bemerkenswerth  bezüglich  der  Steigerung  der  durch  Läsionen  be- 
dingten Lähmungserscheinungen  durch  Hinzutreten  von  Hysterie  ist  die  folgende 
Beobachtung  von  Pfalz  (1025): 

Einem  Schlosser  war  bei  unvorsichtigem  Bflcken  die  Spitze  einer  Feile  in  der  Nike 
des  inneren  Lidwinkels  durch  das  untere  Lid  hindurch  in  die  rechte  Augenhöhle  gedraogo. 
Am  folgenden  Tage  war  die  Wunde  bereits  verklebt  und  es  ergab  sich  bei  der  üotemc^ 
ung,  dass  das  Auge  in  Mittelstellung  und  völlig  unbeweglich  stand;  die  Pupille  vir 
maximal  weit  und  reaktionslos;  das  obere  Lid  hing  schlaff  herab,  das  Aoge  vSllif 
bedeckend.  Nach  8  Tagen  konnte  die  Verletzung  als  geheilt  betrachtet  werden  Us  nf 
ihre  Folgen,  die  Lähmung  sfimmtlicher  motorischer  Nerven,  welche  sich  auch  biliiiea  14 
Tagen  durch  elektrische  Behandlung  und  Strjchnininjektionen  in  keiner  Weise  winderte. 
Um  die  Frage  zu  entscheiden,  in  wie  weit  den  Kranken  die  ünbeweglichkeit  seines  recktei 
Auges  bei  künstlich  offen  gehaltener  Lidspalte  durch  Doppelbilder  geniren  wflrde,  rair 
der  freie  Lidrand  gegen  den  Stimwinkel  durch  Heftpflasterstreifen  fixirt,  deren  LingeM 
gewählt  war,  dass  durch  sie  das  Lid  in  halber  Höhe  gehalten  wurde.  Schon  am  nIdslB 
Tage  war  die  Pupille  verengert  und  deutliche  Reaktion  voriianden,  der  Bulbus  logii 
zuckende,  willkürliche  Bewegungen,  der  Patient  wurde  durch  Doppelbilder  gar  niebt  gewt: 
nach  wenigen  Tagen  blieb  das  Lid  von  selbst  in  der  gehobenen  Stellung  vi 
stand  nur  wenig   tiefer,  als  auf  der  gesunden  Seite.    Nach  8  Tagen   nahm  Patimi  maft 


Die  hyaterische  Ptosis.  475 

:t  wieder  auf,  die  Bessenrng  schritt  täglich   fort  imil   hei  der  Entlassung   aus   der  Be- 
obachtung  war   von    der   Verletzung    nichts   zurückgeblieben ,    hIs    eine    feine    Narbe    am 
titerlide. 

Pfalz  glaubt  in  diesem   Falle   eine   neue  Stütze   für  die  Anschauung 
rb's  zu  linden,  wonach  es  als  wahrscheinlich  anzusehen  sei,  dass  die  Heilung 
ripherer  Lähmungen  mehr  auf  retlektorischem  Wege  diu*ch  Reizung  sensibler 
erven  durch  den  Strom,  Massage,  Bäder  zu  Stande  kommen,   als  durch  die 
direkt  die  gelähmten  Nerven  erregenden  Eigenschaften  der  Elektricität.  Solange 
im   vorhegenden  Falle  die  Lichtstrahlen   durch   die  Ptosis    vom  Auge  abge- 
halten  gewesen   seienj   hätte   sich  im  Bilde  der  allgemeinen  Lähmung  nichts 
geändert,   sobald  aber  das  Licht  einen  Tag  lang  das  Auge  getroffen  habe 
hätte   sich    sein   Einfiuss   stärker    als   Elektricität    und    Wille    bewiesen    und 
vom  Centrum  aus  die  Lei tungs widerstände  in  den  motorischen  Nerven  8o  rasch 
überwunden,  dass  schon  nach  24  Stunden  auch  der  Einfluss  des  Willens  auf 
die  Bulbomotoren  nachweisbar  gewesen  wäre,  ja  die  Lähmung  von  Sphincter 
)      pupillae   und  Levator  palpebrae   schon   nach  48  Stunden   zum  grössten  Theil 

geheilt  worden  sei. 
I  Sei     dem    wie    ihm    wolle;     der    Suggestion    ist    jedenfalls     eine    be- 

I      deutende  Heilwirkung  in  dieser   Beobachtung   zuzuschreiben.     Jedoch  dürfte 
I      in    differentiabdiagnostischer    Hinsicht    bei    diesem    Falle    folgendes    zu    er- 
wähnen sein;    Jedenfalls   war  ein  retrobulbärer   Bluterguss  vorhanden,    der 
rein    mechanisch     eine    Alteration    oder    funktionelle    Beeinträchtigung,    sei 
es  der  Muskeln,   sei  es  der  Nerven  im  retrobulbären  Bezirke  bewirkt   haben 
'      konnte.     Zu  dieser  Motilitätsabschwächung  trat  wahrscheinlich  eine  hysterisch 
bedingte    Bewegungslosigkeit    der    willkürlich    bewegten   Augenmuskeln.      Die 
anfanglich  vorhandene  Reaktionslosigkeit  der  Pupille   mochten  wir  als  Folge 
der  Verletzung  ansehen  und  nicht  als  eine  reflektorisch  bedingte  oder  gar 
hysterische  Pupillenstarre,  da  wir  letzterer  Annahme  äusserst  skeptisch  gegen- 
überstehen.    Im  übrigeii  verweisen  wir  in  Beziehung  auf  die  Symptomatologie 
I      der   traumatisch   bedingten   orbitalen  Blutungen   auf   den   Fall   Reich   und 
Hirschberg  pag.  416. 

Wahrscheinlich  um  eine  toxische  Hysterie  handelt  es  sich  in  dem  von 
Gerand  und  Remlinger  (1051)  publizirten  Falk 

Im  Verlaufe  eines  fast  fieberlosen  Typhus  abdominalis  trat  das  Syndrome 

.      de  Weber  wahrscheinlich   auf  hysterischer  Basis  auf  mit  einer  Ptosis,    zu 

der   Strabismus   extemus    und   Accommodationsparese    traten.      Die    bei   der 

Hemiplegie    bestehende    Hemianästhesie     verschwand    nach    einer    typischen 

hysterischen  Krise.     Darauf  stellten  sich  Muskelzuckungen  in  den  gelähmten 

■      Gliedern  ein,   um  ganz  plötzlich  wieder  zu  verschwinden.      Nach  l*neumonie 

I      und  Pleuritis  Exitus,     Die  Sektion  bestätigte  die  Typhusdiagnose.     Für  den 

Weber 'sehen  Symptomenkomplex  fehlte  eine  anatoraische  Grundlage. 

Die  doppelseitige  schlati'e  Ptosis  könnte,  wie  schon  pag.  73  erwähnt, 
bei  der  asthenisclien  Bulbärparalyse  (pag.  219),  namentlich  im  Beginne 
des  Leidens,  leicht  zu  Verwechselung  mit  schlaffer  hysterischer  Ptosis  führen 
(siehe  Figur  97),  zumal  dabei  auch  Äugen muskelstörnngen  eigenthümlicher  an 


476 


Die  hysterische  Ptosis. 


näM 


i 


die  hysterischen  erinnernder   Art   vürzukommen   pflegen.     Wir  Yerw^wen  ii^ 
dieser  Hinsicht  auf  das  in  {5  90  pag.  221  Gesagte. 

§  237.  AuffaüeiKl  bleibt  es,  dass  in  der  Litteratur  fast  nie  xon  ^vam 
hysterischen  Spasmus  des  Levator  die  Rede  ist.  Vielleicht  ist  diese  Erscheiii]iii| 
in  der  Thatsache  begründet^  dass  Hysterische  häufig  durch  das  gewöbnlidi« 
Tageslicht  schon  geblendet  werden  und  in  Folge  dessen  mehr  zum  Schliesa-n 
der  Augen  hinneigen.  Ausserdem  möchten  aber  auch  die  unangenelimeii 
Sensationen,  welche  hei  zu  weitem  Kluften  der  Lidspalte  nach  Levatork< 
traktion    durch    zu    schnelles    Austrocknen    der    Conjunctiva    hervorgebi 

werden,  mit  dem  Bediirfoissi 
nach  Lidschhiss  resp.  Vereni»- 
rung  der  LiJspalt«  der  Ent- 
wickehvng  des  Levatorkrampf« 
einen  zu  kraftigen  WiderstAöd 
entgegensetzen,  um  denselb^Ä 
aufkommen  hissen  zu  können. 
Goldscheider  (1022)  b«- 
obachWt«  bei  einer  HystemckM, 
da^ia  weun  dieaelbe  nach  reditsBoltt 
blickte,  d^r  linke  Bulbus  knuspfbAft 
nach  unten  iouen  gezogen  wtu^ 
während  das  linke  Augenlid  sicli  er 
hob  fvergL  pag.  56  §  M),  Gold- 
B  c  h  e  i  d  e  r  nimmt  eüien  Kramff 
im  oberen  Auge&lide  und  in  Rcetn 
mför,  ao.  Der  erstere  wüd«  IÖj 
gewöbülicli  durch  Willenskruß  öbet- 
wunden  und  käme  ntir  inm  Tor 
schem,  wenn  das  linke  Aog«  tiA 
in  einer  Lage  befände ,  wo  es  bmII 
mehr  fixire. 

$!  238.  Die  Ausbeute  m 
der  Litteratur  bezüglich  iix 
schlaft'en  hysterischen  Plosö 
ist  eine  sehr  geringe.     Ob  di« 

folgenden  Fälle  zu  dieser  Fornij    oder   zur  Ptosis  pseudopiiralytica  gehören, 

bleibt  dahinge^stellt. 

Im  Jahre  1871  heilte  Hodgea  (1012)  einen  hysterischen  Verschluss  eines  Aag« 
darch  die  einmalige  Anwendung  der  ElektricitäL  Ein  16 jähriges  Mädchen  konnte  iii 
6  Wochen  das  rechte  Auge  nicht  öffnen.  Ob  Lähmung  oder  Krampf  vorlag ,  ist  nicfct  «^ 
eich  tl  ich. 

Im  Jahre  187*?  kam  nach  Silver  (1013)  in  einem  Londoner  Hospital  ein  FmD  t« 
hysterischer  linksseitiger  Ptosis  auf  einfache  Weise  zur  Heilung.  Man  sagt«  der  Pafciintn^ 
wenn  das  rechte  Auge  gescblossen  würde,  werde  däs  linke  geöffnet  werden  k^^nnen«  tt^ 
das  rechte  Lid  herab,  und  sofort  wurde  das  hnke  gehoben.  Das  rechte  Auge 
bunden  gehalten,  und  in  kurzem  war  das  Leiden  dauernd  geheilt. 

Schäfer  (1014)   betonte  1884,   dass   bei  Kindern   büuüg  hysterische  Ocnlom< 
lähmungen  vorkämen,  besonders  des  Levator  palpebrae  superioris. 


Fig.  97, 

"VV.  K.     Leichte  Vimla.  hei   Hst  he  bischer  Uulhilrimralytte. 
VerBUcb,  die  Augen   imcli   links  lurHwsirl^  zu  drchco. 


Die  hysterische  Ptosis.  477 

Fereol  (1015)   beschreibt  eine   reine    Ptosis  bei  Hysterischen,   die   sich  namentlich 
ach  Ermüdung  steigerte. 

De  ßono   (1016)   theilt   mehrere   Fälle  von   hysterischer  Ptosis   mit,   in   denen   die 
eilung  theils  durch  Wachsuggestion,  theils  in  Hypnose  glückte.     In  zwei  Fällen  von  sehr 
artnäckiser  Ptosis  macht©  Angeln  cci  die  GaillardVeche  Naht,  deren  Wirkung  hier 
pls  besonders  mächtige  Suggestion  aufzufassen  wäre. 

In  dem  Falle  Farinutid^s  (1017)   fand   sich  Lähmung  der  associirten  BeweguDgen 
ich  Imks  und  einseitige  Ptosi». 

hl  einer  anderen  Beobachtung  von  Parinaud  (1018)  zeigte  ein  4Bjährjger  Mann 
IB  Yo  It  komme  ne  Ptosis  der  linken  Seite  (Parese  des  linken  Levator  und  des 
>rbicnlariSj  Strabismus  convergeos  links  und  konjugirte  Lähmung  nach  links.  Links 
estand  hysterische  Hemiplegie,  Hemianästhesie,  konz,  Gesicljtsfeldeinschränkuug  monoku- 
Polyopie,  ÄJikro-  und  Makropsie.  Die  Pupillen verhftltnisse  waren  normal. 
Kaymond  undKoenig  (lOlB)  berichtou  von  oin<*m  neuropathisch  helaateten  Manne 
ait  fast  doppelseitiger  hyatedscber  Ptosis;  Senkung  der  Bulbi ,  Ophthalnioplegia  exterior 
bei  intendirten  Bewegungen.  Die  automatischen  Bewegungen  waren  möglich.  Es  bestand 
Mikropäie  und  Megalopsie.  Beiderseits  konzentrische  Gesichtsfeldetnschrlnkung.  Unver* 
mögen  zu  konvergiren.     Die  Pupillen  waren  weit,  aber  von  nonnaler  Reaktion. 

Ob  die  Beobachtung  Waren  Tay 's  (102S)  überhaupt  in  dieses  Kapitel  gebort,  ist 
zweifelhaft.  Derselbe  beobachtete  einen  Fall  von  frischer  doppelseitiger  Ptosis  mit  Verlust 
der  Konvergeni  und  Schwäche  der  Recti  intemi.  Eine  greifbare  iTsache  der  Störung  war 
nicht  zu  ermitteln.  Die  Bewegungen  des  Auges  waren  gut,  die  Beschwerden  beruhten  aus- 
schliesslich auf  der  Diplopie.  Die  Wiederherstellung  erfolgte  bald  nach  dem  Gebrauch  von 
Eisen  und  Nux  vomica. 


ß)  Die  Ptosis  spastica  (pseudoparalytica). 

g  239,  Wie  schon  eingangs  erwähnt,  gehört  die  liesehreibuug  der 
Ptosis  pseudoparalytica  eigentlich  in  das  Kapitel  der  Krampflbrmen  des 
Muscul.  orbicularis  palpebramm.  Ihre  Darstellung  ist  jedoch  aus  dem  Grunde 
hier  eingereiht,  weil  ihre  Erscheinungsfonn  eine  Ptosis  vortäuscht,  und  weil 
dieselbe  ebenfalls  sehr  häutig  auf  dem  Boden  der  Hysterie  zu  entstehen  pflegt. 

Gleichwie  fast  allen  vom  Facialis  versorgten  Muskeln  eine  partielle 
Kontraktionsfähigkeit  einzelner  Fasergruppen  eigenthümlich  ist,  und  daneben 
wieder  bald  diese  bald  jene  Partie  eines  und  desselben  Muskeln  je  nach  der 
Art  vorhandener  Affekte  und  reÜektorischer  Reize  in  einen  mehr  oder  weniger 
intensiven  Kontrakt] onszustand  gerathen  kann,  so  treffen  wir  auch  beim 
Orbicularis  auf  clonische  und  tonische  Spasmen  einzelner  Fasergruppen  dieses 
Muskels.  Ganz  besonders  bevorzugt  in  dieser  Hinsicht  ist  nun  die  Palpebral- 
portion  des  Augenschliessrauskels,  und  von  dieser  wieder  die  epitarsale  Partie 
der  Oberhder  (siehe  Figur  98). 

Nachdem  im  Jahre  1877  Parinaud  (1021)  eine  Ptosis  pseudoparalytique 
beschrieben  hatte,  lenkte  Charcot  (1011),  wie  auf  pag.  472  erwähnt,  die 
Aufmerksamkeit  auf  diese  Form  der  hysterischen  Ptosis  und  betonte  ganz 
besonders,  dass  diese  scheinbare  Lähmung  des  Oberlides  in  Wirklichkeit  eine 
Kontraktur  eines  Theiles  des  SchÜessriiuskels  der  Lider  sei,  was  durch  das 
Tieferstehen  der  betreffenden  Augenbraue   und  das  Verstrichensein  der  ent- 


478 


Die  hysterische  Ptosis. 


sprechenden  Stirnfalten   sichergestellt  werde.     In  der  That   steht  bei  eina 
Reihe  von  Fällen  die  Augenbraue  des  spastischen  Auges  tiefer  und  ist  weniger 
stark  gekrümmt,   als   die  schön  geschwungene    des  anderen  Auges.     Fenia 
soll  nach  Char cot  die  Lidspalte  nicht  ganz  geschlossen  sein  und  eine  leidite 
S-förmige  Gestalt  haben,  der  freie  Rand  des  Unterlides  stehe  mehr  in  grad» 
Richtung  und   erscheine  gegen  den   des   anderen   Auges   gehoben.     Auf  der 
Haut  der  Lider  seien  den  Lidrändern  parallel  verlaufende  Fältchen  wahrzu- 
nehmen.     Nach  Gowers  (1026)   wird   dieser  Spasmus  verstärkt,   wenn  man 
den  Patienten  nach  oben  bUcken  lässt,  und  es  tritt  beim  passiven  Heben  des 
Lides  ein  Widerstand  im  Gegensatze  zu  der  Ptosis  paralytica  auf;    auch  sei 
ein  deutliches  Zittern  und  Zucken  des  Oberlides  dabei  bemerkbar. 

^  Charcot  berichtet,  als  Beispiel,  über  dn 

ISjäbriges  schwer  belastetes  Mfidchen,  du  an 
einer  rechtsseitigen  Hemiparese  und  linkssdtigai 
Ptosis  erkrankt  war.  Später  traten  recUs 
Hemianalgesie,  hysterische  Punkte,  doppelsehigt 
Gesichtsfeldeinschränknng,  monokulfire  Diplopie 
und  Anästhesie  der  Cornea  hinza. 

Wir  sind  in  der  Lage,  die  Abbildung 
eines,  dieser  Charcot  sehen  Beschreibung 
genau  entsprechenden  Falles  eigener  Be- 
obachtung hier  anzufügen  (siehe  Fig.  991 
£.  L.,  ein  ISjäbriges,  gesund  aossehendei. 
nervös  belastetes  Mädchen  litt,  wie  ihr  Binder, 
an  Enuresis  nocturna.  Ende  Januar  1896  fiel 
ohne  angebliche  Ursache  das  linke  obere  Augen- 
lid herab.  Doppeltsehen  bestand  zu  jener  Zeh 
nicht,  dagegen  etwas  Blendungsgefühl  nod  eine 
geringe  Scbmerzhaftigkeit  des  linken  NasenbeiB& 
Die  linke  Pupille  war  etwas  weiter  als  die  reckte: 
die  Reaktion  derselben  war  beiderseits  normal 
Auf  dem  rechten  oberen  Augenlide  waren  feine, 
mit  dem  Lidrande  parallel  verlaufende  Filtdien 
sichtbar.  Durch  Druck  auf  den  Snpraorbitalis 
konnte  die  Ptosis  nicht  beseitigt  werden,  wohl  aber  durch  Anwendung  der  iDflneu- 
elektricität.  Nachdem  einige  Funken  auf  das  linke  obere  Lid  fibergeleitet  worden  wiiea, 
hob  sich  dasselbe,  nachdem  es  während  Wochen  durch  den  Spasmus  tiefer  gestanden  hatie. 
Am  16.  August  trat  nun  plötzlich  unter  Zucken  dieselbe  Affektion  auf  dem  rechten 
Auge  auf.  Hierbei  war  eine  Deviation  des  rechten  Auges  nach  aussen  zu  bemerken,  ferner 
eine  vertikale  Kalte  in  der  Glabella,  die  dem  kindlichen  Aussehen  des  Mädchens  etwas  «efcr 
Ernstes  im  Ausdruck  verlieh.  In  letzterer  Zeit  hatte  sie  Schmerzen  im  rechten  Auge,  b 
mehreren  Sitzungen  wurde  diesmal  die  Ptosis,  die  denselben  Chai-akter  wie  das  erstemal 
hatte,  mit  Hilfe  der  statischen  Elektricität  beseitigt.  Von  sonstigen  hysterischen  Stigmtti 
hatte  die  Patientin  konzentrische  Gesichtsfeldeinschränkung,  linksseitige  Heraianfisthesie 
und  Fehlen  des  Racbenreflexes. 

Dieser  Tiefstand  der  Augenbraue  auf  der  Seite  des  spastischen  Lid- 
krampfes ist  jedoch  nicht  als  konstantes  Symptom  zu  betrachten,  sondern  er 
steht  in  direkter  Abhängigkeit  zur  relativen  Länge  der  Haut  des  Oberhdcs, 
die  ihrerseits  wieder  individuell  verschieden  veranlagt  ist  (vergL  pag.  17  §  13). 


Fig.  98  nach  Gad. 

Linkes  Auge :  Vorderansicht,  a  6  c  d  c  =  epi- 

tarsale  Partie  der  Palpcbralportion  des  M. 

orbicularis.    /^  =  peritarsale  Partie. 


Die  hvBteiiscIie  Ptosie. 


4T9 


le  in  Folge  des  Lidmuskel- 
rampfs  entstandenen  und  dem 
[jidrande  parallel  gestellten 
uitfaUeii  verkiirzen  nämlich 
siehst  die  ganze  disponibele 
lauttläche  des  Oberlides  und 
üben  dadurch  einen  Zug  in  der 
Richtung  nach  unten  auf  die 
Gegend  der  Augenbraue  aus, 
der  um  so  intensiver  hervor- 
treten wird,  je  weniger  aus- 
giebig  von  Hause  aus  die  Haut 
der  Deckfalte  (Fig.  1  Seite  1) 
angelegt  ist  Dieser  Zug  auf 
die  Haut  der  Augenbraue  wird 
nun  auf  die  Gegend  der  höchsten 
Wölbung  der  Augenbraue  am 
stärksten  wnrken,  weil  dieselbe 
meist  über  der  vertikalen  Mittel- 
linie des  Oberlides  gelegen  ist, 
hier  aber  der  Bogen  der  kon- 
kav nach  unten  verlautenden 
Muskel biindel  durch  die  Kon- 
traktion flacher  wird,  und  da- 
mit die  Wirkung  des  Zuges  am 
intensivsten  sich  äussern  nniss. 
Diesem  mechanischen  >Iomente 
ist  sowohl  der  Tiefstand  der 
Augenbraue,  als  ihr  gestreckter 
Verlauf  über  dem  Auge  der 
spastischen  Ptosis  zu  ver- 
danken. Letzterer  Umstand 
wird  noch  dadurch  verstärkt, 
dass  bei  einzelnen  auch  der  M. 
corrugator  supercilii  einer  leich- 
ten Kontraktur  vertallt.  Dass 
dieser  Tiefstand  der  Augenbraue 
lediglich  von  der  Länge  der 
Lidhaut  abbiingt,  alno  kein 
i  u t  e g r  i  re  n  d e 8  Sy  m [>  t  o  m 
der  spastischen  Ptosis  zu 
sein  braucht,  sehen  wir 
sehr  deutlich  an  Fjg:ur  lOU  mit 
einer  »ehr  langen,  ausgiebigen 


E.  L. 


Fig.  99. 
13  Juhte  lüt.     H^chtH :  Ptosis  spaät'ica. 


Fig.  100. 
A,  C,     Linkn  FtOflis  spastic«« 


480 


Die  hysterische  Ptosis» 


Lidhaut,  wie  aus  der  Lage  der  Dock  falte  des  rochten  Auges  e7>idiüicb 
fist.  Hier  ist  diö  Stellung  der  Augenhraue  die  gleiche,  wie  auf  dm 
I  rechten  Äuge ;  wir  sehen  das  linke  Oberlid  die  Hälfte  der  Pupille  bedecken 
und  die  Haut  der  Deckfalte  in  eine  Reihe  parallel  respekt*  konzentrisch  Ter- 
laufender  Wiilste  verwandelt  niid  lang  genug,  um  einerseits  diese  Fältelungen 
211  gestatten,  anderseits  die  Angenbraue  in  ihrer  normalen  Stellung  tu  bit^ 
lassen.  Dadurch  tritt  jedoch  die  Einziehung  der  Haut  dieses  Lides  rate 
dem  Orbitalrand  deutlicher  hervor. 

Während  die  Deckfalte  des  recliten  Auges  bei  diesem  li^-sten&cbfü 
Mädchen  selir  gruss  war^  sehen  wir  auf  dem  linken  Auge  der  gleichalterig«i 
hysterischen  Patientin  Figur  99  die  Deckfalte  sehr  viel  kürzer,  d.  b<  den  Ab- 
stand des  Sulcus  orbitopalpebralis  sopetior 
vom  Lidrande  um  ein  beträchtliches  gr5$9er. 
Auch  unterscheidet  sich  der  Fall  Figur  lOÖ 
von  dem  Letzterwähnten,  als  Typus  der 
V  h  a  r c o  t '  sehen  Beschreibung  hinge^ellt^i. 
dadurch,  dass  das  Unterlid  auf  Seiten  der 
Ptosis  pseudoparalytica  völlig  frei  von  Spas- 
mus geblieben  war,  während  an  Figtir  1*9 
änB  Unterlid  des  rechten  Auges  etwas  höher 
steht,  und  der  Lidrand  desselben  mehr  ia 
gerader  Richtung  verläuft. 

Aus  alledem  geht  hervor,  dass  bei  im 
Falle  Figur  100  lediglich  die  epitarsale 
Partie  des  Orbicularis  am  Oberlide  in 
tonischem  Krampfzus lande  verharrte. 

Nimmt,  wie  in  dem  folgenden  Fülle 
Figur  101,  mehr  oder  minder  intensiv  auch 
die  Orbitalportion  des  Orbicularis  an  demSpfts- 
mus  theil,  dann  wird  die  in  diesem  Falle  gam 
besonders  stark  gewölbte  Augenbraue  (siehe 
das  linke  Auge  Figur  101)  in  ihrer  Gesammtheit  mehr  herunter  gezogen,  der  An- 
fangs theil  der  Augenbraue  mehr  der  Nasenwurzel  genähert,  und  der  Bogen  wm 
ein  geringes  abgetlacht,  weil  in  diesem  Falle  der  die  Augenbraue  zugleich  mehr 
streckende  Corrugator  nicht  mit  innervirt  war.  Die  Kontraktion  auch  der 
orbitalen  Partie  des  Orbicularis  an  diesem  Auge  verhinderte  die  Ansgleichuiig 
der  Deckfalte  und  bewirkt,  durch  die  stärkere  Herbeiziehung  der  Haut  tob 
der  Stime  her,  die  Erhaltung  sowie  den  Tiefstand  dieser  Hautduplikatar 
(vergleiche  die  Lage  des  Sulcus  orbitopalpebralis  des  rechten  mit  der  de» 
linken  Auges  auf  Figur  101).  Das  Unterlid  des  rechten  Auges  sieht  man  bei 
diesem  Falle  deutlich  in  die  Hiihe  gezogen,  den  Lidrand  mehr  gerade,  d« 
hier  sehr  deutlichen  Sulcus  orbitopalpehraÜs  inferior  in  flacherem  Bogen  9k 
auf  dem  linken  Auge  verlaufen  und  am  äusseren  wie  inneren  Lidwxnlcel  die 
Haut  in  zahlreiche  kleine  Fältchon  gelegt. 


B.  C. 


Fig.  lOL 

TraiiruntiHcht^  Hysterie. 
B 1  ep  ha  rospiiam  üs. 


Hechtfi 


> 


Die  hysterisch©  Ptosis. 


481 


Es  handelt  sich  hier  um  einen  40jilhrigen  S&einann .  der  einen  schweren  Unfall 
(Schadelbrtsisfraktur)  vor  einiger  Zeit  erlitten  hatte.  Seit  jener  Zeit  waren  hysterische  Er- 
scheinungen aaf|^etreten  t  das  Geh^r  der  rechten  Seite  war  ^egen  Unka  herabgesetzt,  das 
Gesichtsfeld  konzentrisch  verengt»  die  grobe  Kraft  der  rechten  Seite  gegen  links  herabge- 
setzt. Links  bestand  eine  Facialispareäe.  Die  Pupillen  und  die  Accommodation  waren 
normaL  Bei  genauer  Besichtigung  konnte  man  ein  anlialtendes  Fibriren  im  rechten  Ober* 
lide  konstatiren. 

Dieser  Füll  bildet  den  üebergang  der  spastischen  Ptosis  zum  eigent- 
lichen Blopharospasmus  der  Hysterischen,  Dass  voll  entwickelter  BlepharcH 
gpasmus  in  den  Zustand  der  Ptosis  f>seadopara!jtica  phitzlich  überspringen 
kann  zeigt  uns  eine  Beobachtung  Zehen  d  p  r's  (1035)  von  hettigem  Blepharo» 
Spasmus  bei  einem  Madchen,  das 
«lurch  Jotlpinselung  in  der  Gegend 
des  obersten  Halswirbel  geheilt  schien. 
Plötzlich  verschwanden  dieZuckungenj 
und  es  trat  ein  Znstand  ein,  wie  bei 
paralytis(*her  Ptosis,  indem  beider- 
seits die  oberen  Lider  lierabhiugeu. 
Es  bestand  jedoch  nicht  Lähmung, 
sondern  tonischer  Orbicuhiriskrampf. 
Durch  Kaltwasserkur  trat  Besserung 
ein,  — 

Die  Ptosis  pseiidopara- 
lytica  tiitt  im  Gegensatze  zur 
schlaflen  hysterischen  Ptosis  fast 
immer  nur  einseitig  auf.  Bei  doppel- 
seitigem Vorkommen,  w^ie  itn  Fall 
Figur  102  ist  dann  fast  imuier  ein 
Auge  stärker  affizirt  als  das  andere. 

Das  nervöse,  hereditär  neuro- 
pathisch  belastete  11jährige  Mädchen 
T,  hatte  eine  ganz  leichte  Conjunc- 
tivitis, Im  Anschluss  an  dieselbe 
entstand  eine  hartnäckige  spastische 

Ptosis,  rechterseits  viel  stärker  als  auf  dem  Unken  Äuge.  Auch  hier  sehen  wir 
Gleichstand  beider  Augenbrauen,  nur  der  Bogen  derselben  auf  dem  rechten 
Auge  etw^as  flacher  als  links. 

Mit  Vorliebe  tritt  die  spastische  Ptosis  bei  jugendlichen  Individuen  auf, 
und  wenn  auch  viele  der  damit  behafteten  Patienten  nicht  gerade  hysterisch 
genannt  werden  dürfen,  so  sind  doch  die  meisten  unter  die  Klasse  nervöser, 
hereditär  neuropathisch  Belasteter  zu  rechnen,  bei  welchen  man  im  Verlaufe 
des  Lebens  den  Ausbnich  der  Hysterie  erwarten  darf. 

Da  Nervöse  und  Hysterische  sehr  leicht  durch  Licht  gehlendet  werden, 
und  selbst  das  gewöhnliche  Tageslicht  schon  für  viele  einen  unangenehmen 
Reiz  abgiebt,  so  ist   es  klar,  dass  durch  die  Lichtblendung  ganz  besonders 


Fig.   102, 

A.  T*   11  jÄhrigea  Mäüohen.  Doppelseitige  spastische 
Ptosis),  rechts  stjirker  üh  Imki. 


482  Die  hysterische  Ptosis. 

häufig  eine  spastische  Ptosis  erzeugt  werden  wird.  So  war  dies  im  FaDe  2 
der  von  Nonne  und  Beselin  beobachteten  Fälle  der  Grund  zum  Anftretea 
der  Ptosis. 

Bardol  (1031)  beobachtete  folgoDden  Fall,  welcher  io  dieser  Hinsicht  von  besonderen 
Interesse  ist.  Bei  einem  neuropathisch  nicht  belasteten,  aber  selbst  von  früher  Kindheit 
auf  nervösen  10  jährigen  Mädchen  konstatirte  er,  im  Anschluss  an  eine  heftige  Angst,  im 
das  Kind  während  eines  Gewitters  ausgestanden  hatte,  linjcsseitige  Eontraktar  der  Gesickts* 
muskeln,  und  zwar  täuschte  die  Kontraktur  des  M.  orbicularis  palpebramm  eine  Ptosis  tot; 
plaqueweise  Anästhesien  am  Körper ,  Photophobie  und  Cephalaea,  sowie  doppelseitige  6^ 
Sichtsfeldeinengung.  Nach  einem  Monat  trat,  nachdem  inzwischen  Heilung  eingetreten  wv, 
ein  Recidiv  auf. 

Man  kann  sich  leicht  vorstellen,  dass  das  Kind,  um  die  Blitze  während 
des  Gewitters  nicht  zu  sehen,  die  Augen  zugekniffen  gehalten  hatte,  wonach 
schliesslich,  unterstützt  durch  die  währenddessen  ausgestandene  psychisdie 
Erregung,  der  Spasmus  der  Lider  bestehen  blieb.  Wie  bei  diesem,  so  konnten 
auch  wir  bei  unseren  Fällen  die  Beobachtung  machen,  dass  die  Ptosis  pseudo- 
paralytica  sehr  zu  Recidiven  neigt,  auch  wenn  in  der  Zwischenzeit  eine 
vollständige  Heilung  erzielt  worden  war. 

Da  der  gewöhnliche  Lidschlag  reflektorisch  gewöhnlich  durch  auf  die 
sensiblen  Trigeminusäste  wirkende  Reize  ausgelöst  wird  und  bei  demselben 
nur  die  Palpebralportion  des  Orbicularis  in  Thätigkeit  tritt,  so  ist  es  nicht 
zu  verwundern,  wenn  bei  nervös  veranlagten  Individuen  stärkere  und  zumal 
plötzlich  einwirkende  Trigeminusreize  einen  Spasmus  der  Palpebralportion  zur 
Folge  haben. 

Nonne  und  Beselin  (1009)  berichten  von  einem  24jährigen  Patienten, 
bei  dem  sich  unter  heftigen  Schmerzen  im  linken  Auge  Doppeltsehen  nnd 
spastische  Ptosis  entwickelt  hatte.    Unter  Rückfällen  trat  die  Heilung  ein. 

Auch  spielen  bei  der  Entwickelung  der  pseudoparalytischen  Ptosis 
Traumen  eine  grosse  Rolle.  So  erinnern  wir  uns  eines  12jährigen  Knaben 
der  beim  Schneeschaufeln  von  seinem  Bruder  mit  dem  Stiefelabsatz  an  den 
Supraorbitalrand  getreten  worden  war  und  dadurch  eine  typische  spastische 
Ptosis  acquirirt  hatte. 

Die  spastische  Ptosis  kann  ebenso,  wie  die  schlaffe  hysterische  Ptoas 
von  hysterischer  Amblyopie  und  Amaurose  sowie  von  hysterischen  Stö- 
rungen der  Bulbusmuskulatur  begleitet  werden,  wie  z.  B.  in  der  Abbildnng 
Figur  99.     Hier  wich  der  rechte  Augapfel  nach  aussen  ab. 

Pansier  (1029)  führt  an,  dass  bei  hysterischer  Ophthalmoplegie  mit 
dem  Fehlen  der  Willkürbewegungen  gewöhnlich  Ptosis  pseudoparalytica  ver- 
bunden sei.  Meist  sind  neben  der  Ptosis  noch  andere  hysterische  Stigmata 
vorhanden. 

Souques  (1032)  berichtet  von  einem  18jährigen  Mädchen  mit  rechtsseitiger  Hemi- 
plegie und  linksseitiger  Ptosis.  Letztere  wurde  als  Spasmus  gedeutet,  da  die  AogenbrvM 
links  tiefer  stand  und  vertikal  verlaufende  Fältchen  am  medialen  Ende  desselben  xa  be- 
obachten waren. 


Die  Ptosis  bei  der  recidlvtrenden  OcalomotoritiBläfatnung.  483 

Zuweilen  gehen  die  Spasmen,  wie  bei  dem  vorhin  erwähnten  Falle  von 
fonne  und  Beselin,  namentlich  bei  Erregimg  und  Ermüdung  auf  die 
jrige  Miiskuhitur  des  Gesichts,  des  Nackens  u.  s.  w.  üben 

Wie  die  schlafle  hysterische  Ptosis,  so  ist  auch  die  spastische  Form 
leicht  durch  Suggestion  zu  beseitigen.  Interessant  ist,  dass  es  Borel  (1030) 
geglückt  war,  bei  geeigneten  Individuen  durch  Suggestion  eine  spastische 
Ptosis  zu  erzeugen. 

Strambridge  (1033)  erzielte  in  einem  Falle  von  hysterischem  Lid- 
krampf die  Heilung  in  ähnlicher  Weise  wie  Mathewson  (1034)  durch  ge- 
waltsame Hebung  des  Lides  mittelst  Heftpflasters. 

Bezüglich  der  Simulation  der  spastischen  Ptosis  ist  zu  erwähnen, 
dass  totaler  Blepharospasmus  d.  h.  die  Kontraktur  aller  Fasern  des  Orbicularis 
sehr  leicht  zu  simuliren  ist  und  darum  auch  sehr  baufig  simullrt  wird;  dass 
l  aber  eine  einseitige  spastische  Kontraktur  lediglich  der  epitarsalen  Partie 
I  der  Palpebralportion  nachgeahmt  werden  sollte,  möchte  sehr  selten,  und 
>  ausserdem  auch  von  dem  Simulanten  schwer  für  die  Dauer  aufrecht  zu  er- 
I     halten  sein. 


b)  Die  Ptosis  hei  der  recidivirenflen  Oeutomatoriuslähmung. 

§  240.  Es  möchte  befremdlich  erscheinen,  dass  diese  Krankheitsform 
von  uns  der  Gruppe  der  funktionell-nervüsen  Störungen  des  Oculomotorius 
eingereiht  worden  ist.  Da  aber  eine  Anzahl  namhafter  Autoren  dieselbe  für 
eine  besondere  Form  der  Migräne  hält:  Cbarcot  (1052):  Migraine  ophthal- 
moplegique,  Remak  (1053),  Vi  ssering  (1054),  Massa  longo  (1055),  und 
Senator  (1056),  der  eine  periodische  Form  der  Oculomotoriuslähmung  als 
hysterische  oder  als  lieft exlähmung  auf  hysterischer  Grundlage  entstanden 
aufgefasst  wissen  will,  so  erscheint  es  so  lange  aus  praktischen  Gründen 
gerechtfertigt,  diese  rätbselhafte  Krankheit  bei  den  rein  funktionell-nervösen 
Zuständen  des  Oculomotorius  zu  beschreiben,  bis  mehr  Licht  in  das 
Wesen  dieser  F>scheinung  gedrungen  ist.  Ausserdem  werden  aber  auch 
ganz  verschiedene  Krankheitszustände,  bei  welchen  die  Sektionsbefunde  zu- 
weilen keinerlei  organische  Veränderungen  nachw^eisen  lassen,  von  manchen 
Autoren  hierher  gerecbnet,  bloss  weil  sie  klinisch  den  typischen  Formen  der 
recidivirenden  Oculomotoriuslähmung  ähneln  und  anderswo  nicht  unter- 
gebracht werden  können.  Wiewohl  die  Ptosis  bei  dieser  Affektion 
eine  mehr  untergeorduete  Eolle  spielt,  während  die  umstände,  unter 
welchen  sie  klinisch  hervortritt,  allerdings  von  grossem  Interesse  sind, 
so  musste,  analog  der  Bearbeitung  früherer  Kapitel,  auch  hier  die  Schilderung 
des  Krankbeitszustandes  zunächst  in  erschöpiender  Breite  erfolgen,  einer- 
seits wegen  unserer  Unkenntniss  von  dem  inneren  Wesen  der  hier  in  Betracht 
kommenden  klinischen  Bilder,  anderseits  weil  gerade  der  Ptosis  unter  den 
zahlreichen,     aber    böchstwahrscheinlich    der    recidivirenden    Oculomotorius- 

IbrADd-Sftenger,  Neurologie  ^«a  Angca.    L  Bd.,  U.  Abthcüunj;,  32 


484  Die  Ptosis  bei  der  TecidiTirenden  Ocnlomotoriuslfthniang. 

lähmung  nicht  einzureihenden  Krankheitszuständen  von  periodischer  Lihmimg 
des  lU.,  sowie  anderer  Augenmuskehieryen  eine  nicht  unwichtige  Bedeutan^ 
zugesprochen  werden  muss. 

§  241.  Möbius  (1061)  versteht  unter  recidivirender  OculomotoriM- 
lähmung  diejenigen  Fälle ,  in  denen  vom  jugendlichen  Lebensalter  oder  toh 
Kindheit  an  auf  den  Oculomotorius  beschränkte,  mit  Kopfschmerz  und  Er- 
brechen einsetzende  Lähmungen  in  mehr  oder  weniger  gleich  grossen  Ab- 
ständen wiederkehren. 

Die  reeidivirende  Oculomotoriuslähmung  befällt  fast  immer  ein  und 
dasselbe  Auge ;  die  Fälle  von  periodisch  aufgetretenen  alternirenden 
Lähmungen,  wie  solche  von  Pflüger  (1057),  Ziehen  (1058)  und  Dar- 
quier  (1059)  beschrieben  worden  sind,  gehören  mit  Ausnahme  des  letzteren 
nicht  hierher. 

Bei  den  typischen  Fällen  zerfallt  die  Krankheit  in  drei  Perioden:  in  die 
des  Schmerzes,  in  die  der  Lähmung  und  in  die  des  Intervalls 
zwischen  je  zwei  Anfällen.  Wir  wollen  zunächst  die  Krankengeschidite 
eines  typischen  Falles  hier  anführen,  um  nachher  nach  eben  erwähnter  Ein- 
theilung  die  krankhaften  Erscheinungen  zu  besprechen  und  auf  das  Verhalten 
der  Ptosis  bei  denselben  näher  einzugehen. 

Parinaad  (1060)  berichtete  über  eine  26 jahrige  Frau,  welche  seit  ihrem  6.  oder  7. 
Lebensjahre  an  neuralgischen  Anfällen  mit  vorübergehender  Muskellähmang  gelitten  hatte.  Dieie 
Anfälle  kehrten  jedes  Jahr  im  Frühling  wieder,  und  waren  folgendernaasaen  charakteriart: 
Beim  Erwachen  Schmerz  über  der  linken  Augenbraue,  der  durch  einige  Stunden  imukB, 
und  gegen  Mittag  verschwand.  Dies  wiederholte  sich  Tag  für  Tag  durch  1  bis  2  Monit«; 
bisweilen  gesellte  sich  Uebelkeit  und  Erbrechen  hinzu.  Sobald  die  Schmerzen  naehlievea 
trat  Ptosis  uad  Diplopie  ein,  welche  gleichfalls  1  bis  2  Monate  dauerte.  Zwischen  deo 
einzelnen  Erankheitsperioden  lagen  7  bis  9  Monate,  während  welcher  Zeit  die  PatieotiB 
sich  vollkommen  wohl  fühlte.  Seit  11  Jahren  hatten  die  Anfälle  an  Intensität  verloren. 
Später  trat  keine  Ptosis,  sondern  nur  Diplopie  auf.  Die  Untersuchong  der  Angei 
während  eines  Anfalles  ergab  eine  Lähmung  des  linken  Oculomotorius  massigen  Grades, 
welche  aber  sowohl  die  exteriore,  als  auch  die  interiore  Muskulatur  betraf.  Das  Gesicktafeld 
und  der  Augenhintergrund  blieben  normal. 

Senator  (1056)  erzählt  folgenden  Fall:  Eine  22 jährige  Frau  litt  nach  ihrer  Angabe 
seit  ihrem  8.  Lebensjahre  an  periodisch  auftretenden  Anfällen  von  rechtsseitigem,  heftigem 
Kopfschmerz,  Frost,  Müdigkeit  und  Erbrechen.  Dieselben  dauerten  in  der  Regel  3—4  Tage 
und  wiederholten  sich  alle  4  Wochen.  Die  Ursache  war  unbekannt.  Im  12.  und  16.  Lebeae- 
jahre  trat  während  der  Dauer  zweier  derartiger  Anfälle  auch  Doppeltsehen  und  Ptosis 
des  rechten  Auges  hinzu.  Dieselbe  Komplikation  zeigte  sich  zum  dritten  Mal  im  22.  Jahre 
und  kam  diesmal  zur  genaueren  Beobachtung.  Am  4.  November  1886  worde  neben  rechts- 
seitige m  Kopfschmerz  eine  komplete  Lähmung  s am mtli eher  Zweige  des  rechtend, 
oculomotorius,  einschliesslich  der  Iris-  und  Ciliarzweige,  konstatirt  Die  Reaktion  auf  Licht 
und  Accommodation  rechterseits  war  erloschen.  Der  Augenhintergrund  zeigte  nichts  Abnormes- 
Sonstige  Störungen  an  den  Augen  oder  von  Seiten  des  Nervensystems  fehlten  vollstäodii:. 
Nach  6tägigem  Bestände  war  die  Lähmung  wieder  völlig  verschwunden  nnd  der  Aogea- 
befand  ein  gänzlich  normaler.  Die  Patientin  fühlte  sich,  wie  auch  nach  den  früheren  An- 
fällen,  wieder  vollkommen  gesund. 

Während  einer  weiteren  längeren  Beobachtung  derselben  wiederholten  sich  diese 
Migräneanfälle  in  unregelmässigen  Zwischenräumen  mit  3,  6,  9  wöchentlichen  Pausen;  eise 
Betheiligung  des  Nervus  oculomotorius  fand  nicht  wieder  statt.  —  Die  Angabe  der  PatientiB. 


Die   Periode   des    Schmerzes. 

§  242.  Der  Schmerz  beginnt  meist  in  den  Schläfen  und  verbreitet 
sieb  von  da  auf  Hinterbaupt  und  Stiin  der  betreffenden  Seite  und  ist  von 
Nausea  und  allgemeinem  Unbehagen  begleitet.  Nach  Mob  ins  (1061)^  dem  wir 
die  erste  zusammenfassende  Arbeit  über  die  recidivirende  Oculomotoriusläbmnng 
verdanken,  mll  der  Schmerz  kein  neuralgischer  sein,  da  er  weder  in  distinkten 
Anfällen,  noch  längs  eines  Nerven  auftrete.  Es  sei  derselbe  gleichraässige, 
dumpfe  (juälende  Kopfschmerz,  der  die  Migräne  darstelle,  tind  an  dem  die 
Tumorkranken  litten.  Der  Kopfschmerz  sei  von  Erbrechen  begleitet,  wie 
der  Schmerz  bei  Migräne  und  Hirntumor,  während  die  heftigste  Neuralgie 
nicht  zum  Erbrechen  zu  führen  pflege.  Besonders  charakteristisch  sei^  dass 
Schmerz  und  Erbrechen  der  Lähmung  vorausgingen,  und  nacbliessen  beziehungs- 
weise aufiiörten,  sobald  die  Lähmung  voll  entwickelt  sei.  Dies  Alles  scheLne 
gänzlich  unvereinbar  zu  sein  mit  einem  peripherischen  Sitze  der 
Lähmuagsursacbe.  Eine  Läsion,  die  den  Oculomotoriusstamm  treffe,  müsse, 
um  scbmerzbaft  zu  sein,  entweder  gleichzeitig  den  L  eventuell  II.  Trigeminus- 
ast  irritiren,  oder  mit  einer  örtlichen  Reizung  der  Dura  mater  verbunden 
sein.  Dem  gegenüber  muss  jedoch  schon  gleich  hier  hervorgehoben  werden, 
dass  bei  folgendenj  unzweifelhaft  hierher  gehörigen  Fällen,  Störungen  von 
Seiten  des  L  oder  IL  Trigeminusastes  in  der  That  gefunden 
worden  sind: 

So  bestand  in  der  Beobachtung  von  Darkschewitsch  (1062)  taktile 
und  thermische  Hypästhesie  im  L  Trigeminusast; 

Fürst  (1063)    fand  parästhetische  Stellen   auf  der   linken  Stimhälfte; 

Mingazzini  (1064)  beobachtete  in  seinem  zweiten  Falle  Parästhesie  der 
rechten  Nasenhöhle  und  Analgesie. 

Bei  der  Beobachtung  Cantalamessa's  (1065)  war  der  Druck  auf  die 
Äeste  des  Trigeminus  schmerzhaft 

Bei  allen  diesen  Fällen  traten  die  Störungen  im  Nervus  Trigeminus  auf 
Seiten  der  Oculomotoriusläbmung  auf. 

Wenn  diese  Fälle  mehr  auf  eine  periphere  Ursache  des  Schmerzes 
hinweisen,  so  ist  bei  einer  ganzen  Reihe  anderer  Beobachtungen 
dieser  Schmerz  als  ein  echter  Migränescbmerz  zu  deuten,  ein- 
fach aus  dem  Grunde,  weil  jahrelang  bestehende  typische  Migräneanfälle 
schliesslich  zu  einer  recidivirenden  Oculomotoriusläbmung  geführt  hatten, 
resp.  bei  einer  anderen  Gruppe  von  Beobachtungen  Anfalle  von  Oculomotorius- 
lähmung mit  einfachen  Migräneanfällen  ohne  begleitende  Oculomotoriuslähmung 
abgewechselt  hatten. 

82* 


486  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Ooalomotoriuslähmiiiig. 

So  berichtet  Gharcot  (1052\  dass  seine  Patientin  vom  15.  bis  ?3.  Leben^akn 
wöchentlich  zweimal  an  gewöhnlicher  Migräne  gelitten  habe,  and  dass  erst  im  30.  Jikn 
ein  Anfall  gefolgt  von  einer  Ocalomotorinsläbmong  aufgetreten  sei. 

In  der  Beobachtung  von  Manz  (1067)  bestand  seit  frühester  Kindheit  Migrine.  Im 
14.  Lebensjahre  trat  erst  die  Oculomotoriuslähmung  nach  einem  solchen  Anfalle  auf. 

Darquier  (1059)  berichtet  von  einer  65 jährigen  Patientin,  sie  habe  stets  an  Migrine- 
anfallen  gelitten.    Seit  2  Jahren  seien  aber  erst  die  Oculomotoriuslähmangen  hinzugetreten 

Borthen's  (1068)  46  jähriger  Patient  litt  7—8  Jahre  vor  dem  Auftreten  der  reci- 
divirenden Oculomotoriuslähmung  an  Migräneanfällen. 

Der  Patient  Strzeminsky's  (1072)  hatte  seit  früher  Kindheit  an  Migräne  gelitten; 
im  38.  Jahre  erst  war  die  Oculomotoriuslähmung  dazu  getreten. 

Chabjbert  (1069)  erzählt  von  einem  58jährigen  Manne,  welcher  seit  seiner  JiOndlieit 
an  Migräneanfällen  gelitten ,  und  bei  welchem  erst  im  53.  Jahre  die  Ocnlomotoriuslähmirag 
sich  an  die  Migräneanfälle  angeschlossen  habe. 

Der  27 jährige  Mann  aus  der  Klientel  SnelTs  (1070)  hatte  seit  17  Jahren  Migrii»- 
anfälle.    Erst  seit  7  Jahren  gesellte  sich  Oculomotoriuslähmung  dazu. 

Joachim  (1071)  erzählt  von  einer  27  jährigen  Patientin,  deren  Mutter  und  GrosB- 
mutter  an  Migräne  gelitten  hatten,  und  welche  selbst  seit  ihrem  11.  Lebensjahre  mit  Migrine 
behaftet  war,  dass  in  ihrem  25.  Lebensjahre  zum  ersten  Male  einem  solchen  Anfali«  eine 
Oculomotoriuslähmung  gefolgt  sei. 

Bei  den  folgenden  Beobachtungen  wechselten  die  einfachen  Migräne- 
anfalle  mit  den  Anfällen  von  recidivirender  Oculomotorinslähmung  ab. 

So  erzählt  Senator  (1056),  eine  22jährige  Frau  habe  seit  dem  8.  Jahre  an  Migrin«- 
anfällen  gelitten;  im  12.  Jahre  habe  sich  zum  ersten  Male  eine  Oculomotorinslähmong  in 
dieselben  angeschlossen,  welche  Anfälle  sich  wiederholt  hätten.  Später  seien  dann  zwisdien 
den  Anfällen  mit  Oculomotoriuslähmung  auch  wieder  einfache  Migräneanfälle  aufgetreten. 

Strzeminsky  (1072)  berichtet  von  seinem  Patienten,  dass  derselbe  seit  Kindheit 
an  Migräne  gelitten  habe.  In  seinem  37.  Jahre  sei  einem  solchen  Anfalle  znm  ersten  Male 
Oculomotoriuslähmung  gefolgt.  In  den  Zwischenräumen  zwischen  den  Anfällen  von  reci- 
divirender Oculomotoriuslähmung  seien  dann  auch  wieder  Anfälle  einfacher  Migräne  wie 
früher  aufgetreten. 

Snell  (1070,  Fall  11)  erzählt  von  einem  18jährigen  Mädchen,  welches  von  zwei 
Anfällen  von  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  mit  einer  zweijährigen  Pause  heimge- 
sucht worden  sei.  Zwischendurch  waren  aber  Anfälle  von  Migräne  ohne  Aagenmuskel- 
Störung  aufgetreten. 

Auch  bei  der  Beobachtung  Suckling's  (1074)  und  Darkschewitsch's  (1062)  wir 
nicht  bei  allen  Anfällen  der  Oculomotorius  mitbet heiligt 

Zuweilen  erscheinen  dagegen  wirkliche  Migräneanfalle,  »welche  die  Kranken 
sehr  wohl  von  den  Schmerzen  der  Lähmungsattacke  unterscheiden  können, 
wie  in  der  Beobachtung  Ballet's  (1078)  und  Mingazzini's  (1064,  Fall II). 

§  243.  Nach  M  ö  bi  u  s  (1.  c.)  Hesse  sich  der  Schmerz  bei  der  recidivirenden 
Oculomotoriuslähmung  leicht  aus  der  Annahme  einer  Erkrankung  der  Kern- 
region erklären.  Nach  aussen  und  oben  von  den  Kemgruppen  des  Oculo- 
motorius liege  der  Ursprung  der  absteigenden  Trigeminuswurzel,  deren  Fasern 
die  Empfindlichkeit  des  Auges  sowohl  als  auch  der  Dura  mater  vermittele. 
Denke  man  sich  nun,  dass  der  als  Lähmung  sich  darstellenden  Erkrankunf 
eine  Schwellung  der  kranken  Theile  vorausgehe,  etwa  ein  Oedem  der  Kem- 
region  des  Nervus  oculomotorius,  so  erstrecke  sich  zunächst  die  Reizung  auf 
die    absteigende    Trigeminuswurzel    und    rufe    den   Kopfschmerz    bezw.   das 


Di©  Ptoata  bei  der  recidivireiKlen  OcnlomotoriuBlftlimnng» 

>flektorische  Erbrechen  hervor.  Sobald  aber  das  akute  Stadium  vorüber  sej, 
"werde  die  Schwellung  nachlassen,  damit  würden  die  sensiblen  Reizerschei- 
nungen schwinden  und  nur  die  Ausfallssymptome,  d.  h.  die  Lähmung  zurück- 
bleiben. 

Die  Schmerzen  bleiben  fast  immer  auf  derjenigen  Hälfte 
des  Kopfes  iukalisirt,  auf  welcher  der  Oculomotori  us  gelähmt 
erschein!  Gehen  die  Schmerzen  auch  auf  die  andere  Kopfhälfte  über,  so 
zeigen  sie  jedoch  die  stärkste  Intensität  immer  an  der  Seite  der  Lähmung, 

Die  Dauer  der  Schmerzperiode  ist  nach  Mingazzini's  Zu- 
sammenstellung (1064)  sehr  verschieden,  sowohl  im  Verlaufe  der  Krankheit 
bei  dem  gleichen  Individuum,  als  auch  im  Vergleich  der  einzelnen  Fälle  mit 
einander.  Sie  schwankt  zwischen  einem  oder  zwei  Tagen  [Senator  (1056), 
Suckling  (1074),  Darkschewitsch  (1062)],  zwei  Wochen  Möbius  (1061) 
und  schliesslich  2  Monaten  Parinaud  (1060), 

Im  letzterwähnten  Fallci  war  der  ßchmerz  beim  Erwachen  da  und  steigerte  sich 
einige  Stunden,  nahm  dann  ab  und  verschwand  gegen  Mittag,  Diese  Anfälle  wiederholten 
sich  während  1—2  Monaten  täglich  und  verbanden  sich  bisweilen  mit  gastmchen  Stdmngen 
and  Erbrechen.  Wenn  die  Schmerzen  abnahmen»  folgte  Ptosis  und  Diplopie,  Dies 
wiederhülte  sich  ebenfalls  1—2  Monate,  Die  übi-igen  7—8  Monate  bestand  völliges  Wohl- 
befinden. 

Bei  den  Beobachtungen  von  G üb  1er  (1075)  und  Weiss  (1076) 
fehlte  der  Kopfschmerz.  Ob  aber  diese  Fälle  überhaui>t  hierher  zu 
zählen  sind,  bleibt  sehr  zweifelhaft.  Dagegen  berichtet  auch  Schmidt- 
Rinipler  (1121)  von  seinem  zweiten  Falle  von  recidivirender  Oculomotorius- 
liilimung  über  Fehlen  des  Kopfschmerzes. 

Wie  schon  vorhin  erwähnt,  setzt  in  der  grossen  Mehrzahl  aller  Fälle 
die  Lähmung  erst  mit  dem  Kachlassen  oder  Autlioren  des  Schmerzes  ein. 
Nur  im  Falle  SnelFs  (1073)  war  das  erste  Zeichen  ein  Herabsinken  des 
linken  Augenlids;  tags  darauf  erst  folgten  die  charakteristischen  Erscheinungen 
der  Migräne,  und  zwar  ein  Schmerz  vorzugsweise  begrenzt  auf  die  linke  Seite 
über  der  Augenbraue. 

Bei  dem  von  Möbius  (L  c)  beobachteten  Fall  trat  anscheinend  der 
Schmerz  erst  beim  zweiten  Anfalle  auf. 

Eine  Beobachtung,  welche  bezüglich  des  Schmerzes  ebenfalls  atopisch 
auftrat,  indem  die  Lähmung  anfangs  vor  dem  Schmerzanfalle  einsetzte,  erzählen 
Hinde  und  Moyer  (1081). 

Kin  ITjähnges  Mädeben  aas  gesander  Familie  erwachte  eines  Morgens  nncli  guter 
Nachtruhe,  ohne  dass  sie  das  linke  Auge  uffnen  konnte;  riss  sie  dasselbe  auf^  datm  sah  sie 
dns  linke  Auge  nach  aussen  gerichtet  ateben.  Nach  S— 4  Tagen  war  alles  wieder  normal 
i3nd  blieb  ungefübr  2  Mouate  so.  Dann  Ittt  sie  2  Tage  an  beftigem,  linksseitigem  Kopf- 
Bchmerz,  Schwindel  und  Erbrecbeu.  Alles,  was  sie  £U  sich  nahm,  gab  sie  wieder  durch 
Erbrechen  von  sich.  Am  dritten  Morgen  bemerkte  sie  wieder  die  Lähmungserscheinungen, 
bei  dt^ren  Auftreten  Schmerz,  Schwindel  und  Erbrechen  aehwanden.  Diesmal  war  aucb  der 
linke  Arm  pnretiacb  und  die  Artikulation  erschwert.  In  ungefähr  einer  Woche  war  sie 
wieder  v(^llig  hergestellt  und  blieb  3  Monate  gesund.  Dann  hatte  sie  den  dritten  Au  fall, 
b«i    welchem  Arm   und  Artikulation   weniger  betroffen    waren.     Bei    dem  nach  4  Monaten 


488  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Ocalomotorioslftlimung. 

eingetretenen  4.  Anfalle  bestand  neben  Kopfschmerzen,  Erbrechen  noch  linksseitiges  Okro- 
sansen  und  Taubheit.  Dann  traten  die  Anfälle  jährlich  1 — 2  mal  auf.  Die  Intervalle  wtrai 
rein  und  frei.  Die  Anfälle  hatten  keine  Beziehung  zur  Menstruation.  In  ihrem  20.  Jike 
hatte  sie  einen  Anfall,  in  dem  Schmerz  und  Erbrechen  3  Tage,  und  die  folgende  Lähmim; 
über  einen  Monat  dauerte.  In  den  nächsten  6  Monaten  hatte  sie  4  Anfalle.  Die  TJihinimgtt. 
erscheinungen  hielten  länger  an,  schwanden  weniger  vollständig,  bis  nach  dem  letzten  AnfkUe 
links  Strabismus  divergens,  weite  unbewegliche  Pupille,  Lähmung  der  AcconoLmodation  imd 
aller  vom  Oculomotorius  versorgter  Muskeln  zurückblieb.  Femer  bestand  Amblyopie,  ohne 
dass  die  ophthalmoskopische  Untersuchung  irgend  welche  Anomalien  hätte  nachweiMii 
können.  Das  rechte  Auge  war  emmetropisch  und  zeigte  keinerlei  Störungen.  Ebenso  war 
die  Artikulation,  die  Innervation  der  andern  Himnerven,  die  Reflexerregbarkeit  etc.  etc. 
intakt  — 

Borthen  (1068)  hatte  bemerkt,  dass  wenn  bei  seinem  Patienten  die 
Schmerzen  bei  einem  Anfalle  ein  wenig  milder  waren,  sie  gewöhnlich  bei  dem 
nächsten  Anfalle  um  so  heftiger  auftraten  und  dann  auch  bisweilen  von  Er- 
brechen begleitet  wurden. 

Das  Erbrechen  geht  dem  Kopfschmerz  zuweilen  voraus  anstatt  ihm 
zu  folgen,  so  in  den  Fällen  von  E.  Clark  (1079)  und  Darkschewitscb 
(1062),  auch  kann  dasselbe  fehlen,  wie  in  der  Beobachtung  von  Manz  (1080) 
und  dem  Fall  II  von  Schmidt- Rimpler  (1121).  Bei  dem  Falle  Borthen's 
(1068)  begleitete  das  Erbrechen  oft  die  Anfälle,  war  aber  nicht  immer  mit 
denselben  verknüpft. 


Die    Periode    der   Lähmung. 

§  244.  Fast  durchgängig  setzt  die  Periode  der  Lähmung  dann  ein, 
wenn  der  Schmerzanfall  nachlässt  oder  vorüber  ist.  So  konnte  der  Patient 
Borthen's  (1068)  während  der  Schmerzattacken  sehr  gut  das  Oberlid  heben, 
was  nach  Aufhören  der  Schmerzen  nicht  mehr  möglich  war. 

Nur  selten  tritt  die  Oculomotoriuslähmung  schon  während  der  Schmen- 
periode  auf,  so  dass  der  Schmerz  und  die  Lähmung  eine  Zeitlang  nebeneinander 
bestehen,  wie  in  der  zweiten  Beobachtung  von  Mingazzini  (1064). 

Bei  Charcot's  Patientin  (1052)  begann  in  einem  späteren  Anfalle  die 
Lähmung  zurückzugehen,  während  die  Schmerzen  zeitweise  wiederkehrten 
und  eine  Steigerung  der  Ptosis  mit  sich  brachten. 

Dass  die  Lähmung  überhaupt  ohne  vorhergegangenen  Schmerzanfall  auf- 
treten kann,  hatten  wir  in  dem  Falle  von  Hin  de  und  Moyer  pag.  487  gezeigt. 

In  der  Beobachtung  von  de  Schweinitz  (1094)  trat  überhaupt  die 
Lähmung  erst  nach  dem  schwersten  Schmerzanfall  auf. 

Auch  in  dem  zweiten  Falle  Schmidt-Rimpler's  (1121)  setzte  die 
recidivirende   Oculomotoriuslähmung    das   erste  Mal  ohne  Schmerzanfall  ein. 

Bei  einzelnen  trat  dieselbe  plötzlich  auf.  So  war  das  10jährige 
Mädchen  A.  Hinde's  und  H.  N.  Moyer's  (1081)  morgens  mit  der  Ptosis 
erwacht.  Auch  bei  der  Patientin  von  Darkschewitscb  (1062)  zeigten  sich 
die  Anfälle  plötzlich  des  Nachts,  um  2—3  Tage  anzudauern.    Bei  dem  zweiten 


Die  Ptosie  bei  der  recidivit*eijden  Oculomuf  onus  Lähmung,  489 

Nile  Schmidt-Rimpler^s  (112])   erfolgte   die  Lähmung   ebenlalls  plöUlic-h 
rährend  der  Nacht 

Bei  der  Patientin  von  Mob  ins  (1061)  war  „abends  das  Ange  noch 
ilffen,  am  Morgen  war  es  zu". 

Bei  Anderen  entwickelte  sich  die  Lähmung  allraählich. 

So  bemerkte  Borthen'a  Patient  (1068)  ungefähr  7 — S  Jalire  naclL  dem  ersten  Auf- 
treten des  wesentlich  um  das  rechte  Äuge  lokalisirten  Kopfweh»,  dass,  wenn  die  Abnahme  dea« 
^beo  in  circa  24— SÖStuudeu  eingetreten  war,  nach  und  nach  am  rechten  Auge  immer 
die  Lähmung  eintrat.  Das  obere  Augenlid  üel  henmtert  der  Kranke  bekam  BoppelbildoT 
und  konnte  in  der  Niihe  nicht  mehr  sehen.  Die  Lähmung  dauerte  S — 4  T&ge^  wonacii  er 
bis  zum  nächsten  Anfalle  wieder  vollkommen  gesund  blieb. 

Bei  dem  Patienten  Chiarini's  (1082]  zeigte  sich  nach  dem  Schmerz  an  falle  zuerst 
eine  Lähmung  des  Eectus  internus,  die  sich  allmählich  auf  die  anderen  Aeate  des  Oculomu* 
torius  erstreckte,  bis  6  Tage  darauf  die  Oculomotoriuslähmung  komplet  war. 

Bei  den  meisten  Fällen  ist  gleich  anfangs  oder  wird  wenigstens  im  Ver- 
laufe weniger  Tage  die  Lähmung  des  Oculomotorius  eine  komplete. 

So  berichtet«  £.  Brissaud  (1083)  Über  einen  17jährigen  Schüler,  bei  dem  eine  totale 
und  komplete  rechtsseitige  Ophthalmoplegie  am  Schlüsse  eines  hemikraniechen  Anfalles 
eingetreten  war^  nachdem  derselbe  6  Monate  vorher  schon  einmal  an  dem  gleichen  Anfall 
gelitten  hatte 

Auch  der  Patient  Findeisen 's  (1084)  bekam  nach  kurzem,  massigem  Kopf- 
schmerz eine  totale  Lähmung  des  Unken  N.  oculomotorius.  Nach  mehreren  Tagen  trat 
Besserung  ein  und  nach  einigen  Wochen  konnte  der  Kranke  mit  geringer  Parese  der  gelähmt 
gewesenen  Muskeln  entlassen  werden.     Seitdem  sind  weitere  vier  Anfälle  beobachtet  worden. 

Ebenso  war  in  dem  von  Giebler  (1085)  mitgetheDten  Falle  auch  gleich  anfangs 
komplete  Oculomotorinsläbmung  vorhandeu. 

Auch  in  den  Fällen  vou  Möbius  (1061),  Saundby  (1093),  v.  Hasner  (1092), 
Karplua  (1066,  Fall  I).  Ormerod  und  Spicer  (1099)  und  Thomson  (1086)  war  die 
Lähmung  gleich  eine  vollständige. 

Bei  anderen  ist  die  Oculomotoriuslähmung  beim  ersten 
Anfall  inkomplet  und  w^rd  erst  im  folgenden  total. 

So  trat  nach  Chiarini  (1087)  bei  einem  55  jährigen  Manne  vor  6  Jahren  der  erste 
Migräneanfall  auf,  wonach  Paralyse  des  Rectus  inferior  ent^tandi  welche  heilte.  Dann  kam 
der  zweite  Anfall,  worauf  vollständige  Oculomotoriuslähmung  sich  entwickelte. 

Bei  dem  Falle  von  E.  N.  Nason  (1088)  entwickelt«  sieb  die  Oculomotorinslähmung 
sttceessive,  indem  ein  Muskel  nacb  dem  anderen  befallen  wurde.  Nachdem  der  Scbmerz- 
anfdll  24  Stunden  gedauert  hatte,  trat  Lähmung  des  linken  Oculomotorius  auf»  und  zwar 
zuerst  Ptosis,  dann  LAhmung  des  Eectus  superior  und  Obliq.  Inf.,  dann  Parese  des 
Rectas  inferior  und  internus.    Bio  Pupille  war  mittelweit  und  reagirto  nur  schwach. 

In  ko  mpl  et  blieb  dieOcuIamotoriuslähmung  bei  folgenden  Beobachtungen: 

In  dem  Falle  Saundby 's  (1089)  beschränkte  sich  die  l>ähmung  nur  auf  den  Levator 
und  den  Rectus  internus  der  rechten  Seito 

Im  Falle  Bernhard  (1090J  war  bloss  der  Eectus  internus  gelähmt. 

Bei  der  Beobachtung  von  Kayser(lü91)  bestand  eine  Lähmung  aller  äusseren  Oculo* 
motoriusäeto  ohne  den  Levator,     Die  Irisbewegung  und  die  Accommodation  waren  frei. 

In  Parinaud*s  Falle  (1060)  waren  alle  vom  Oculomotorius  versorgten  Muskeln  bis 
auf  den  Levator  gelähmt. 

In  Borthen's  Beobachtung  (1068)  blieb  nur  die  Accommodation  &ei;  die  Iris  war 
fast  gelähmt. 


490  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Oculomotoriiislfthmiiiig. 

In  Balle t's  Falle  (1078)  waren  alle  vom  Oculomotorias  versorgten  Muskeb  \ 
dem  Obliquus  inferior  und  der  Accommodation  gelähmt. 

In  der  Beobachtung  von  Sciamanna  (1100)  warde  bei  einem  der  AnfUlle  mir  lik- 
mang  des  Rectas  superior  nnd  des  Rectus  intemas  konstatirt. 

Wiederum  bei  einzelnen  Fällen  sind  einzelne  Muskeln  weniger  stark 
gelähmt,  als  andere  ebenfalls  vom  N.  oculomotorius  versorgte. 

So  berichtet  Fürst  (1063)  in  seinem  Falle  über  hochgradige  linksseitige  Ptosis, 
unvollkommene  Lfthmung  des  M.  rectus  internus,  inferior  und  obliquas  inferior.  Die  liib 
Pupille  war  wenig  weiter,  als  die  rechte  und  reagirte  schwächer  auf  Licht  und  KonvergeoL 
Beim  nftchstf olgenden  Anfalle  bestand  eine  nur  geringe  Ptosis.  Von  den  äusseren,  tob 
Oculomotorius  versorgten  Muskeln,  zeigte  sich  jetzt  der  Internus  am  meisten  gelähmt, 
weniger  waren  die  Bewegungen  nach  oben  und  unten  beschränkt;  aber  nach  keiner  Seite 
hin  war  die  Lähmung  eine  absolute.  Die  linke  Pupille  war  etwas  weiter  als  die  rechte, 
reagirte  gut  auf  Konvergenz,  aber  schlecht  auf  Lichteinfall. 

In  dem  Falle  von  N  a  s  o  n  (1088)  war  vollständig  gelähmt  nur  der  M.  rectoa  snper. 
und  obliquus  inferior. 

Wie  in  diesem,  so  ist  in  den  meisten  anderen  Fällen  zu  konstatiren, 
dass  bezüglich  der  Intensität  der  Anfälle  die  Lähmungen  sowohl  bei  dem 
gleichen  Individiuum,  als  im  Vergleich  der  Anfälle  der  einzelnen  Patienten 
unter  einander,  eine  ziemliche  Verschiedenheit  aufweisen. 

Auch  hinsichtlich  der  Dauer  der  Lähmung  zeigen  sich  grosse  Ver- 
schiedenheiten sowohl  bei  der  Betrachtung  der  Gesammtheit  der  bekannten 
Fälle,  als  im  Verlaufe  eines  jeden  Einzelfalles. 

So  entwickelte  sich  bei  dem  Falle  von  Möbius  (1061)  die  Paralyse  des  Oculomo- 
torius beim  ersten  Anfalle  plötzlich,  während  in  dem  Jahre,  in  welchem  dieser  Autor  den 
Anfall  beobachtete,  die  paralytischen  Erscheinungen  ihren  Höbepunkt  erst  vom  vierten  Ta^ 
erreichten. 

Der  Zeitraum  des  Andauerns  der  Lähmung  wechselt  von  2 — 3  Tag^ 
v.  Hasner  (1092),  Berthen  (1068),  Darkschewitsch  (1062),  bis  2-3 
Wochen  Remak  (1053),  Saundby  (1093),  ja  selbst  mehrere  Monate  Pari- 
naud (1060).  Bei  dem  Falle  Sucklings  (1074)  blieb  das  Lid  nur  einen  Tag 
gesenkt. 

Am  schwersten  verschwinden  die  Mydriasis  und  die  Accommodations- 
beschwerden.  So  sehen  wir  in  den  Fällen  von  Hasner  (1092),  Möbius  (1061), 
Strzeminski  (1072),  Manz  (1080),  Clark  (1079)  und  Snell  (1073)  ein  Fort- 
bestehen der  Ophthalmoplegia  interior  zwischen  den  Anfällen. 

Bei  Saundby  (1089,  Fall  I)  bestanden  noch  8  Wochen  nach  Beginn  des  Anfallt 
von  der  anfangs  kompleten  Oculomotoriuslähmung  eine  Lähmung  des  Rectus  superior,  mat 
Parese  des  Rectus  infer.,  des  Sphincter  iridis  und  des  Muse,  ciliaris,  znletzt  verschwaad 
die  Ptosis;  in  Saundby 's  Falle  II  (1093)  verlor  sich  zuletzt  die  Lähmung  des  M.  rectos 
superior. 

In  der  Beobachtung  Parinaud's  (1060)  war  der  Rectus  inferior  der  letzte  welcher 
von  den  übrigen  vom  Oculomotorius  versorgten  Augenmuskeln  wieder  funktionstüchtig  wurdt. 

Bei  einzelnen  Fällen,  wie  in  der  Beobachtung  von  Nason  (1088)  schloss 
die  Lähmung  plötzlich  ab,  während  in  dem  Falle  SnelTs  (1073)  die  Rück- 
bildung der  Lähmung  langsam  vor  sich  ging.  In  dem  Falle  Findeisen's 
(1084)  besserte  sich  anfangs  der  Anfall  rasch,  es  dauerte  aber  mehrere  Woch« 


Die  Ptosis  bei  der  recidivireQdeD  OculomotoriuBlähmuDg»  491 

is  der  Patient  mit  einer  geringen  Parese  der  gelähmt  gewesenen  Muskeln 
tis  der  Behandlung  entlassen  werden  konnte, 

las    Verhalten    des    Levator    palpebrae    superioris    bei     den 
Anfallen   von   r  e  c  i  d  i  v  i  r  e  n  d  e  r  Oculomotoriuslähmung. 

§  245,  Bezüglich  der  hier  zu  erwähnenden  klinischen  Erscheinungen  muss  in 
Betracht  gezogen  werden,  dass  die  Gruppirung  und  Schilderung  der  auf  den 
Levator  bezüglichen  Zustände  sich  meist  auf  Vorkommnisse  bei  einem 
einzelnen  Anfalle  bezieht,  während  andere  Anfälle  wieder  bei  dem 
gleichen  Individuum  eine  andere  Gruppirung  der  Lähmungserscheinungen  von 
Seiten  der  vom  Oculomotorius  versorgten  Muskeln  dargeboten  hatten  oder 
haben  konnten. 

Keine  Levatorlähmung  wurde  in  der  Beobachtung  Parinaud^s 
(1060)  konstatirtj  während  alle  anderen  Oculomotoriusmuskeln  gelähmt  waren. 

Im  Falle  Strzeminski's  (1072)  fehlte  beim  I.  Anfalle  nur  die  Levator- 
lähmung, während  beim  IL  der  Oculomotorius  schon  total  gelähmt  war. 

Auch  bei  dem  ersten  Falle  Schmidt-Rimplers  (1121)  scheint  bei 
den  ersten  Anfällen  keine  Levatorlähmung  vorhanden  gewesen  zu  sein. 

Bei  der  Beobachtung  Kayser's  (1091)  blieb  der  Levator  zugleich 
mit  dem  Ciliarmuskel  während  des  Anfalles  von  der  Lähmung  frei. 

Einen  interessanten  Fall  bezüglich  des  Stationärwerdens  der  Lähmung 
der  übrigen  Oculomotoriusmuskeln  bei  schwankendem  Verhalten  des  Levator 
palpebrae  super,  erzählt  de  Schweinitz  (1094), 

Eine  30 jfihrige  Patientin  bekam  mit  1  ^  s  Jahren  utitur  Erbrechen  und  Krämpfen  eine 
Oculomotoriusiäbmung.  In  6  Wochen  Heilung,  häutige  Wiederkehr  der  Lähmung  mit 
heftigeu  Neuralgien  und  folgender  völliger  Heilung  der  gelähmten  Muskeln  in  der  anfallsfi'ejen 
Zeit  bis  zum  4.  Lebensjabre,  in  welchem  die  Divergenz  des  rechten  Auges 
atatioDJir  wurde,  während  die  Ptosis  allmählich  wiederkam  und  ver* 
ficbwand.  Schliesslich  mit  21  Jahren  dauernde  Ptosis  nach  heftigstem  Schmerzaufall 
der  ganzen  Serie;  und  gegenwärtig  voUatändige,  dauernde  Oculomotoriuslühmuiig. 

Ledighch  einer  Levator lahmimg  begegnen  wir  in  den  folgenden  Be- 
obachtungen : 

In  dem  Falle  Darkficho witsch  (1062)  war  bei  etnem  33jabrigen  Patienten  vor 
swan2ig  Jahren  rechts  vorübergehend  Ptosis  aufgetreten.  Vor  9  Jahren  litt  er  an  Typhus 
und  4  Wochen  darauf  traten  Kopfschmerz,  Erbrechen,  vorübergehende  Ptosis  und 
Doppeltsehen  auf.  Später  erkrankte  der  Patient  monatlich  2 — 3  mal  und  zwar  Nachts. 
Die  Dauer  des  Anfalls  betrug  2 — B  Tage.  Schliesslich  resultirte  eine  dauernde  Lähmung 
des  ganzen  rechten  Oculomotoiius. 

Einen  ähnlichen  FaU  beschreibt  Suckling  (1074).  Ein  IBjähnger  Jüngling  kam 
wegen  linksseitiger  Ptosis  und  Migräue  ins  HospitaL  Ptosis  hatte  schon  in  der  Kindheit 
einen  Anfall  begleitet  und  war  seitdem  oft  eingetreten.  Vor  3  Jahren  nach  einem  schweren 
Anfalle  war  das  linhe  Auge  ganz  gescblosscn  und  der  Bulbus  nach  aussen  gewendet  gewesen. 
Nicht  bei  jedem  Anfalle  war  das  Auge  betheiligt,  im  AUgemeiuen  entsprach  der  Grad  der 
Ptosis  der  Schwere  des  Anfalls,  Die  Ptosis  trat  am  Ende  des  Anfalls  ein  und  verschwand 
nach  zweimal  24  Stunden  wieder, 

Charcot  (1052)  berichtet  über  ein  16 jähriges  Mädchen,  das  seit  seinem  6.  Jahre 
an  Migräne  gelitten  hatt«.    Anfangs  waren  die  Anfälle  unregelniässig,  später  alle  3  Monate 


492 


Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Oculomotorlus 


aufgetreten.  Die  Anfälle  waren  charakterisirt  durch  Schmerzen  in  der  Stimgegead 
jedem  derselben  kam  ein  Herabsinken  des  Lides  der  betreffenden  (rechten)  Seit«  zu 
Nach  dem  V^erscliwindeii  der  Schmerzen  trüt,  währe Jid  noch  gastrische  Beschwerden  tn^ 
bestanden^  wieder  eine  normale  Uebim^  und  Beweglichkeit  des  JLides  ein.  Nach  dem  letitfi 
Anfalle  jedoch  war  bei  dem  Verechwitjden  der  Schmerzen  die  Wiedererhebung  dea  lü« 
nicht  erfolgt* 

Vi  8 serin  g  (10-S4)  erzählt  von  einem  40JÄhngen  Weber,  welcher  seit  seinem  9,  LeW 
jähre  an  heftigen  rechtsseitigen  Kopfschmerzen  gelitten  hatte»  welche  anfallsweia«  itn 
alle  4  Wochen  aufgetreten  waren.  Dabei  hing  daa  rechte  Oberlid  herab,  nnd  \mi%  läa 
waren  etwtvB  geschwollen.  Bei  einem  heftigen  Anfalle  nach  5  Monaten  trat  Tollstiadi^ 
Oculomotoriuslähmung  der  gleichen  Seite  auf  mit  Ausnahme  der  Iris  und  AccommoditiniL 

Anderson  und  Jack   (1095)    beobachteten    eine   26jährige    Frau,    welche  mä  d« 
Kindheit  alle  6  Wochen  an  ]^igräne  gelitten  hatte.    Schon  früher  sei  bei  schweren 
das  rechte  obere  Lid  heruntergesunken,   aber  erst   im  Juni  lb90   war    nach    einem 
Anfalle  die  Augetilähmung  Yollstlindig  aufgetreten. 

Die    zweite    Patientin  von  Karplus   (1066)   bekam   schon    im   Alter  von  6 
eineit  Anfall  von  Erbrechen  und  nachfolgender  rechtsseitiger  Plosisj  welche  nach  ämfm 
Tagen  sich  vollständig  wieder  zurückbildete. 

Auch  bei  dem  letzten  Anfall»  den  Cantalamessa  (1065)  bei  seiner  Patientin  bt«!^ 
achtete^  trat  lediglich  nur  Ptosis  auf. 

In  den  Beobachtungen  von  Joachim  (1071^  Fall  II)  nnd  Jack  (1096)  wurde  die 
totale  Oculomotoriuslähmung  von  Ptosis  eingeleitet.  So  war  bei  Letzterem  nach  eiafs 
Tage  voll  Schmerzen  links  Ptosis  aufgetreten,  Nach  3 Tagen  war  bis  auf  die  Schjoert^tt 
die  Krankheit  anscheinend  vorüber.  Nach  2  Wochen  konnte  die  Fran  das  Lid  wieder  h^bta 
nnd  hatte  nun  erst  das  DoppeUßchen  bemerkt. 

In  dem  Falle  von  Snell  (1073)  eröffnete  überhaupt  die  Ptosis  den  Aufall,  ntthhm 
trat  erst  der  Schmerz  auf,  und  dann  entwickelte  sich  bald  koniplet«  Oeulomotoriuslihmng. 

Bei  Saundby's  (1089)  Beobachtung  trat  zur  Ptosis  nur  noch  Lähmung  des  Reetat 
internus  der  gleichen  Seite.  Auch  war  hier  die  Levatorlähmung  diejenige  Stl^rung;  w«kb 
zuletzt  vei-schwaud. 

Interessant  ist  das  Ziirückbilden  der  Oculomotoriuslähmung  nach  den 
Anfällen,  aber  ein  Fortbestehen  der  Ptosis  iii  den  Intervallen. 

So  beobachteten  Eicht  er  (1097)  und  Thomsen  (1086)  einen  37  jährigen 
dessen  Vater  an  Epilepsie  gelitten  hatte.  Im  Alter  von  13  Jahren  erfuhr  Patient 
Unfall  mit  Bewusstsein^verlust.  Hierauf  bekam  er  unter  Kopfschmerz  Anfälle  von  totalem 
Techtsseitiger  Oculomotoriuslähmung,  die  sich  in  kurzer  Zeit  zurückbildeteo«  zuletzt  aber 
doch  Ptosis  hin  t  erlies  Ben.  Zuerst  traten  die  Lähmungen  jährlieh  einmal  auf,  io  dm 
späteren  Jahren  gesellte  sich  eine  zweite  hinzu.  Patient  starb  an  einer  Lungengani^iB- 
Die  Sektion  zeigte  den  rechten  Oculomotorius  an  der  Stelle  des  Eintritts  in  die  Diii 
keulenförmig  verdickt  und  grau,  während  der  linke  um  die  Hälfte  dünner  und  weiss  wir. 
Ein  Fihrochoodrom  hatte  die  Fasern  des  rechten  Oculomotorius  auseinander  getrieben,  ab« 
nicht  zum  Schwunde  gebracht     Sonst  war  alles  normal.  — 

Auch  in  SnelTs  Beobachtung  (1070,  Fall  II)  war  die  Oculomotoriuslähmung  totil: 
sie  verschwand  in  der  Pause  zwischen  den  Anfällen  nicht  ganz,  und  In  den  letzten  2  Jahres 
hatte  sich  dauernde  Ptosis  gebildet. 

Analog  verhielt  es  sich  im  zweiten  Falle  von  Karplus  (1066),  bei  welchem  der  Patieol 
achon  im  Alter  von  6  Monaten  einen  Anfall  von  Erbrechen  mit  nachfolgender  reehtaMItiger 
Ptosis  gohabt  hatte,  welche  nach  einigen  Tagen  sich  vollständig  wieder  zurQckbtldiie. 
Seither  bis  zum  20.  Jahre  traten  alle  2—4  Wochen  solche  Anfälle  auf.  Später  bestaad 
auch  Ablenkung  des  Bulbus  vmd  Mydriasis  zwischen  den  Anfällen  fort.  Hier  eingab  die 
Obduktion  einen  balberbsengrossen  Tumor  im  Oculomotorius  unmittelbar  an  der  Btira  sitzecidt 
Derselbe  erwies  sich  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  als  Neurofibrom,   weldiet  4« 


i 


}>b  Ptoais  bei  der  recidivirenden  OcalDmotonusläkmung, 


493 


tilomotoriii3  vod  allen  Seiten  umgrifT  und  die  Fasem  desselben  auaeiDander  drängte. 
Demzufdge  war  der  aus  dem  Tumor  austretende  Abschnitt  dea  Nervna  ocalomotorioa 
hochgradig,  der  io  denselben  eintretende  sehwäcber  degenerirt.  Die  Wurzelbündel  dea 
Oetilomotorius  waren  anf  der  rechten  Seite  weniger  zahlreich  und  achmfiler;  das  EemgerÜBt 
des  Oculomotorius  enthielt  rechts  weniger  Fasern  als  links,  jedoch  waren  die  Ganglienzellen 
des  Kerns  in  jeder  Hinsicht  normal,  auch  nicht  an  Zahl  vennindert. 

In  der  Beobachtung  von  Haaner  (1G92)  und  Hin  de  (1098)  leitete  das  Verschwinden 
der  Ptosis  den  Beginn  der  Pauae  zwischen  den  Anfällen  ein.  Dann  erat  ging  auch  die 
Lfthmung  der  übrigen  Augenmaskeln  zurück.  — 

Ueber  die  Intensität  der  Ptosis  finden  wir  folgende  Angaben: 

In  den  Fällen  von  Fürst  (1063)  und  von  Haan  er  (1092)  bestand  eine  hoch- 
gradige Levatorlähmung  neben  einer  geringen  L&bmung  der  Übrigen  yom  Oculomo- 
torius versorgten  Augenmuskeln. 

Das  Umgekehrte  fand  etatt  in  dem  Fall  von  Ormerod  und  Heimes  Spicer 
(1099),  bei  welchen  am  Ende  dea  Anfalle  le ich  te  Ptosis,  aber  vollstftndige  Lähmung  aller 
übrigen  vom  Oculonnotorius  versorgten  Muskeln  bestand. 

In  dem  Falle  Charcot's  (1052)  wurde  bei  jedem  neuen  Anfalle  die  Ptosis  etörker. 

Besondere  Beachtung  verdienen  die  Fälle  mit  doppelseitiger  Ptosis. 

So  war  in  der  Beobachtung  von  Anderson  und  Jack  (1095)  die  recidivirende 
Ocnlomiitoriuslähmußg  rechts  aufgetreten  unter  voUsfändiger  Lähmung  aller  vom  Oculomo- 
torius veiaorgter  Muskeln,  aber  das  linke  Oberlid  war  auch  gesenkt  Drückte  man  das 
rechte  Auge  ganz  zu^  so  ging  jenes  in  die  Höhe,  5ffnete  man  da»  rechte  Auge  weit,  so 
deckte  das  linke  Oberlid  einen  T hell  der  Pupille.  Der  Aogenhintergrund  war  noi-maL  In  den 
Pausen  während  der  Anfälle  ging  die  Luhmung  langsam  zurück^  aber  an  den  ^,  Kopf  schmerz- 
tagen** sank  das  Lid  wieder  herunter.  — 

Einen  ehenfalla  hierher  gehörigen  Faü  veröffentlicht  Chahbert  (1069).  Eil*  53jflhriger 
Geistlicher  erkrankte  in  seinem  Knabenalter  an  Konvuleienen  und  seit  der  Fobertltszeit  an 
Migränean fällen  mit  Sehstörungen.  Seine  Schwestern  wurden  ebenfalls  von  MigräneHttacken 
heimgesucht.  In  seinem  53.  Lebensjahre  häuften  sich  die  Anfalle;  daran  scbloss  sieb  dann 
Diplopie  und  Strabismuä  divergens  rechts.  Bte  beiderseitige  Ptosis  folgte  ebenfalls 
in  Abständen,  sie  verschwand  aber  nach  wenigen  Tagen  wieder.  Ein  Jahr  später  konnte 
man  dieselbe  Erscheinung  beobachten. 

Hier  waren  wiederum  tiiir  die  äusseren  Augenmuskeln  ergriflFen. 


Die  Periode  der  Pause   zwischen  den  Lähmungsanfällen. 

S  246.  Die  Fälle  von  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  lassen  sich 
am  besten  in  folgende  zwei  Gruppen  eintheilen  (Ballet  1078); 

a]  in  rein  periodische  Lähmungen  d.  b.  solche  bei  welchen 
im    Intervall    zwischen     den    einzelnen    Anfallen    die 
Lähmungen  gänzlich  verschwinden — ,,die  rein  perio- 
dischen Lähmungen'*  nach  Senator  (1056), 
Als  Beispiel  für  diese  Gruppe  möge  folgende  Beobachtung  Senator^s 
dienen ; 

Eine  22jährige  Fraa  litt  ihrer  Angabe  nach  aeit  ihrem  8.  Lebensjahre  an  periodisch 
auftretenden  Anfallen  von  rechtsseitigem,  heftigem  Kopfacbnierz»  Frost,  Müdigkeit  und 
Erbrechen ;  die&elhen  dauerten  in  der  Eegel  3 — 4  Tage  und  wiederholten  sich  alle  4  Wochen» 
Ursache  unbekannt.  Im  12.  und  16  Lebensjahre  trat  während  der  Dauer  zweier  derartiger 
Anfälle  auch  Doppeltsehen  und  Ptosis  des  rechten  Auges  hinzu.  Dieselbe  Komplikation 
zeigte  sich  3  mal  im  22.  Jahre  and   kam   diesmal  zur  genaueren  IrzÜicben  Beobachtung. 


494  Die  Ptosis  bei  der  recidi  vir  enden  OcolomotoriQslfthTnnng. 

Am  4.  Nov.  1886  warde  neben  rechtsseitigem  Kopfschmerz  eine  komplete  Lihmimg  b&bbV 
Hoher  Zweige  des  rechten  Nerv,  oculomotorius,  einschliesslich  der  Iris  und  Ciliinvfli^ 
konstatdrt  Reaktion  auf  Licht  and  Accommodation  rechterseits  erloschen.  Augenhintergnri 
normaL  Sonstige  Störungen  an  den  Augen  oder  von  Seiten  des  NervensTstems  fäSSm 
vollständig.  Nach  6t&gigera  Bestände  war  die  Lähmung  wieder  völlig  verschwandes,  tii 
der  Augenbefund  ein  gänzlich  normaler.  Patientin  ftthlte  sich,  wie  auch  nach  den  frflkeni 
Anfällen,  wieder  vollkommen  gesund. 

Während  einer  weiteren  längeren  Beobachtung  der  Patientin  wiederholten  tk^  im 
Migräneanfälle  in  unregelmässigen  Zwischenräumen  mit  3,  6,  9  wöchentlichen  Panses;  «i 
Betheiligung  des  Nerv,  oculomotorius  fand  nicht  wieder  statt. 

Die  Angabe  der  Patientin,  dass  stets  die  Anfälle  alle  4  Wochen  kurz  vor  oder  mit 
der  Menstruation  eingetreten  sein  sollten,  bestätigte  sich  also  in  letzterer  Zeit  nicht  ni 
macht  einen  Zusammenhang  zwischen  den  Anfällen  und  der  Menstmation  onwahrscheiBliek 

Dieser  Beobachtung  Senator's  schliessen  sich  die  folgenden  Falle 
von  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  an,  allerdings  unter  dem  Vorbehalt 
dass  eventuell  bei  weiterer  Beobachtung  der  entsprechenden  Patienten  dodi 
noch  bleibende  Lähmungszustände  von  Seiten  des  Oculomotorius  hätten  auf- 
treten können. 

Clark  (1079),  Klatschkin  (1101),  Snell  (1070,  Fall  II),  Vissering 
(1054),  Parinaud  (1060),  Fürst  (1063),  Cantalamessa  (1065),  Joachim 
(1071,  Fall  I),  Strzeminski  (1072),  Brissaud  (1083),  Giebler  (1085), 
Saundby  (1089).— 

Sektionsbefunde  von  diesen  Fällen  rein  periodischer  Oculomotoriuslähmnng 
giebt  es  nicht.  Der  Fall  G übler  mit  Sektionsbefund  (1075),  den  einzebe 
Autoren  z.  B.  Mauthner  hierher  gezählt  wissen  wollen,  gehört  nicht  zader 
in  Rede  stehenden  Krankheit.  Streng  genommen  zeigt  die  recidiTiieDde 
Oculomotoriuslähmung  keine  Periodicität,  sondern  tritt  in  Reeidiven  mit  unregel- 
mässigen Intervallen  auf,  eine  Thatsache  weshalb  Mingazzini  (1064)  die 
Krankheit  eben  recidivirende  Oculomotoriuslähmung  genannt  haben  ¥rilL 

ß)  Die  Gruppe   der  periodisch  exacer birenden  Fälle. 

§  247.  Hier  treten  anfangs  periodisch  die  Anfälle  von  Oculomotoriuslähmung 
ebenfalls  mit  rein  gesunden  Intervallen  auf,  bis  allmählich  auch  in  den  Pausen 
Lähmungszustände  vom  Oculomotorius  zurückbleiben,  welche  jedoch  bei  den 
neuen  Anfällen  stärker  werden  und  mehrere  Muskeln  ergreifen. 

Hierhin  gehören  die  Beobachtungen  von  Ballet  (1078),  Bernhardt 
(1090),  Berthen  (1068),  Charcot  (1052),  Darkschewitsch  (1062), 
Findeisen  (1084),  Jack  (1096),  Joachim  (1071,  Fall  II),  Hin  de  und  Moyer 
(1081),  Karplus  (1066  Fall  II),  Kayser  (1091),  Manz  (1067  und  1080), 
Mingazzini  (1064,  Fall  b),  Möbius  (1061),  Nason  (1088),  Remak  (1053), 
Rüssel  (1102),  de  Scliweinitz  (1094),  Sciamanna  (1100),  Schmidt- 
Rimpler  (1121),  Snell  (1070,  Fall  I),  Wadsworth  (1103),  Anderson  und 
Jack  (1095). 

Wir  sehen,  dass  die  grosse  Mehrzahl  aller  Fälle  in  diese  Gruppe  gehört 
Bei  den  folgenden  ebenfalls  hierhergehörigen  Beobachtungen  liegt  je  auch  ein 
Sektionsbet'und  vor. 


Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Ocutomotonualabmung.  tfS 

Thomsen-Richter  (1086,  1TO7|,  mit  Sektionsbefund. 

Ein  jetzt  Sijäbngeff  sonst  gesamler  Patient,  bekam  im  fünften  Lebensjabre  unter 
tJebelkeit,  Kopf-  und  Auge nschm erzen  (ohne  Kntzilndung)  eine  Oculomotoriuslilhmtiug  des 
rechten  Auges,  die  seitdem  ganz  typisch  ein-  bis  zweimal  im  Jahr  (im  Mai  und  im  Oktober) 
recidivirte  und  zwar  unter  denselbon  Prodromen.  Di©  Lftbmung  war  eine  komplete  (völlige 
Ptosis,  Paralyse  des  Rectus  aop-  infen  intern,  obliq.  inf.,  J'upiüenstiirre  ond  Accommodation) 
und  dauerte  einige  Wochen.  In  der  anfallsfreien  Zeit  bestand  eine  Üculomotoriusparese 
XEÜttleren  ürailea.  Seit  dem  13.  Lebensjahre  litt  Patient  überdies  in  Folge  eines  Trauma 
capitis  an  epileptischen  Anfällen.  Auffüllig  war,  dass  erstens  ilie  Gculometonuäläbmung  mit 
peycbiach  nervösen  Symptomen  einsetzte,  zweitens  dass  ein  inkompleter  Anfall  nach  einem 
starken  psychischen  Shock  beobachtet  wurde,  nnd  das»  sich  die  Liihmung  verstärkt  fand 
nach  einem  nächtlichen  Angstaufall,  und  drittens,  dass  das  Gestchtsfeli!  heider  Augen,  aber 
auf  dem  rechten  Auge  in  beträchtlich  büherera  Grade  ^  eine  konzentrische  Einschränkung 
seilte,  die,  ganz  proportional  der  Intensität  der  Lähmung,  zugleich  mit  dieser  zu-  and 
abnahm. 

Nach  der  Angabe  Richter*a,  der  diesen  Patienten  weiter  beobachtete,  war  die  Ocu- 
lomot^oriusläbmung  in  der  letzten  Zeit  ante  mortem  eine  vollständige  geworden. 

Bei  der  Autopsie  zeigte  der  rechte  N.  oculnmotorius  bei  seinem  Eintritt  in  die  Dura 
«ine  keulenförmige  Gestalt  und  an  der  genannten  Stelle  eine  mehr  graue  Färbung.  Mikro- 
skopisch bestand  der  Tumor  aus  einem  Fihro Chondrom,  welches  die  Kaserzüge  des  N.  oculo- 
motoriua  auseinandergesprengt,  aber  nicht  zum  Schwund  gebracht  hatte. 

Als  ein  zweiter  hierhergehöriger  Fall  mit  Sektionsbefund  ist  die  Be- 
obachtung II  von  Karplus  (10*36)  hier  anzuführen. 

Eine  43jährige  Kranke  wurde  wegen  Paralyse  in  die  Klinik  aufgenommen.  Keine 
hereditäre  Belastung,  keine  Migräne  in  der  Familie.  Die  Patientin  bekam  schon  im  Alter 
von  6  Monaten  einen  Anfall  von  Erbrechen  mit  nachfolgender  rechtsseitiger  Ptosis,  welche 
nach  einigen  Tagen  sieb  vollständig  zurückbildete.  Seither  bis  zum  20.  Jahre  traten  alle 
2—4  Wochen  solche  Anfälle  auf.  Während  derselben  bestand  heftiger  rechtsseitiger  Kopf- 
schmerz. Im  18.  Lebensjahre  luetische  Infektion.  Mit  dem  20.  Lebensjahre  blieb  auch 
zwischen  den  Anfällen  eine  Andeutung  von  Ptosis  zurück,  und  begann  Fat.  zu  schielen. 
Die  rechte  Pupille  wai-  schon  damals  weit.  Zur  Zeit  der  Aufnahme  verworren,  Silbenstolpem, 
Patellarrefiexe  gesteigert,  die  rechte  Pupille  stan',  die  linke  träge  auf  Licht  reagirend,  der 
rechte  Bulbus  nach  aussen  abgelenkt,  die  Ptusis  recht-s  angedeutet  Auf  der  Klinik  wurden 
zu  wiederholten  Malen  in  3^-4  w((ebent1ichen  Pausen  Anfälle  von  kompleter  Oculomotoriua- 
paraljse,  begleitet  von  heftigem  Kopfschmerz  und  Erbrechen,  heohachtet.  Fundus  noimal. 
Patientin  starb  in  epüepti formen  Anfällen. 

Die  Obduktion  ergab,  dass  unmittelbar  an  der  Dura  sitzend,  im  Oculomotorius  ein 
halherbsen grosser  Tumor  vorhanden  war  Der  Tumor  erwies  sich  bei  der  hiato logischen 
üntersucbung  als  Neurofibrom,  welches  den  Oculomotorius  von  allen  Seiten  umgriff,  und 
die  Fasern  desselben  au  sein  anderdrängt«.  Demzufolge  war  der  aus  dem  Tumor  austretende 
Abschnitt  des  Nervus  oculomotorius  hochgradig,  der  in  denselben  eintretende  schwächer 
degenerirt.  Die  Wurzelbündel  des  Oculomotorius  waren  auf  der  rechten  Seito  weniger 
zahlreich  und  schmäler.  Das  Kemgerüst  des  Oculomotorius  enthielt  rechts  weniger  Fasern 
als  links,  jedoch  waren  die  Ganglienzellen  des  Kerns  in  jeder  Hinsicht  normal,  auch  nicht 
an  Zahl  vermindert.  Kar  plus  meint,  dass  der  Tumor  wahrscheinlich  angeboren  war  und 
allmählich  zu  den  Degenerationen  geführt  habe. 

Atypisch  verlief  der  Fall  von  Joachim  (1071,  Fall  11}.  Bei  der  Kranken  desselben 
war  die  Oculomotoriuspai'ese  anfangs  periodisch,  dann  bestand  in  den  Zwischenpausen 
Lähmung,  welche  weniger  intensiv  als  während  der  Anfälle  war.  Später  war  in  den 
Zwischenzeiten  zwischen  den  Anfällen  die  Lähmung  ganz  geschwunden- 

Als  weiteres  typisches  hierhergehüriges  Beispiel  wollen  wir  noch  die 
Beobachtung  von  Hin  de  und  Moyer  {1081}  hier  anführen: 


496  Die  Ptosis  "bei  der  recidivirenden  Ocolomotorinaläbmiuig. 

Bei  einem  17  jährigen  Mädchen  waren  bis  zum  20.  Jahre  die  Anf&Ue  rein  periodiM^ 
dann  bekam  sie  einen  Anfall,  in  welchem  Schmerz  und  Erbrechen  3  Tage  und  die  folgeaii 
Lähmang  über  einen  Monat  dauerte.  In  den  nächsten  6  Monaten  hatte  sie  vier  Anftüe,  ii 
Lähmungserscheinongen  hielten  länger  an,  schwanden  weniger  vollstftndig,  bis  naek  im 
letzten  Anfall  links  Strabismus  divergens,  weite  unbewegliche  Pupille,  Lfihmimg  der  Aocqboi- 
dation  und  aller  vom  Oculomotorius  versorgten  Muskeln  zurückblieb. 

Bei  den  meisten  Fällen  dieser  Gruppe  ist  leider  nicht  angegebeo, 
welche  Muskeln  in  den  Intervallen  gelähmt  geblieben  waren,  bei  den  folgenden 
sind  genauere  Angaben  vorhanden:  Im  Falle  Mob  ins  (1061)  blieb  im  IntemB 
Mydriasis  und  Accommodationsparese  bestehen. 

Saundby  (1093):  Ptosis  undRectus  sup.;  im  späteren  Anfall  Rectns 
infer.  und  Muse,  ciliaris. 

Hasner  (1092):  Mydriasis,  später  ein  geringer  Grad  von  Oculomo- 
toriusparese. 

Manz  (1067):  Erweiterung  der  Pupille  und  Doppeltsehenbeim 
Blick  nach  der  Seite. 

Bernhardt  (1090):  Rectus  internus. 

Findeisen  (1084):  Weite  und  Trägheit  der  Pupille.  Diplopie 
beim  Blick  nach  oben. 

Snell  (1070):  Die  Lähmung  verschwand  in  den  Pausen  nicht  ganz.  Ib 
den  letzten  2  Jahren  hatte  sich  dauernd  Ptosis  entwickelt  (Fall  I). 

Jack  (1096):  Früher  keine  Lähmung  in  den  Pausen.  Seit  4 — 5  Jahren 
leidet  sie  dauernd  an  Erweiterung  der  Pupille,  Aecommodations^ 
schwäche  und  Diplopie. 

Berthen  (1068):  Träge  Pupille  und  Accommodationsparese. 

Schmidt-Rirapler  (1121,  IIFall):Doppelbilder  nach  innen  und  oben. 

Rüssel  (1102):  Leichter  Grad  von  Ptosis,  Mydriasis  und  Lähmnng 
der  äusseren  Augenmuskeln. 

de  Schweinitz  (1094):  Anfangs  völlige  Erholung,  dann  Ständigbleiben 
der  Divergenz,  während  die  Ptosis  noch  ferner  auftritt  und  zurückgeht;  end- 
lich im  20.  Jahre  bleibende  Ptosis  nach  dem  heftigsten  Anfall.  Jetzt  völlip 
Lähmung  des  Oculomotorius  im  Intervall. 

Ballet  (1122):  Leichter  Grad  von  Parese  des  Rectus  internus  zwischen 
den  beiden  letzten  Anfällen. 

Mingazzini  (1123):  Rotation  nach  aussen  und  zeitweiliges  Doppeltsehen. 

Sciamanna  (1124):  Doppeltsehen  und  manchmal  gewisse  Schwierigkeit 
nach  oben  zu  sehen. 

Dieser  Zunahme  der  Schwere  der  Lähmung  und  der  Fortdauer  des 
paralytischen  Zustandes  auch  in  den  Pausen  zwischen  den  Anfällen  gegenüber 
zeigen  die  beiden  folgenden  Beobachtungen  ein  gegentheiliges  Verhalten. 

In  Senator 's  Falle  (1056)  nämlich  hatten  im  weiteren  Verlaufe  die 
Lähmungsanfälle  völlig  aufgehört  und  kehrten  nur  einfache  Migräneanfälle 
zurück;  und  in  der  Beobachtung  I  von  Schmidt-Rimpler  (1121)  wurde 
folgendes  beobachtet.  Während  früher  in  der  Zwischenzeit  immer  leichtere 
Lähmungserscheipungen  zurückblieben,  beispielsweise  die  linke  Pupille  weiter 


Die  Ptoaia  bei  der  recidi  vir  enden  Oculomotoriiialälinmng.  497 

ir  als  die  rechte,  so  ist  jetzt  (1896)  ^nacli  Aussage  des  Kranken^  alles 
normal;  es  bestehen  keine  Doppelbilder,  keine  Beweglichkeitsbeschränkungj 
keine  Piipillenvergrössernng, 

Die  Länge  der  Pausen  zwischen  den  Anfallen  ist  ebenso  ver- 
schieden, wie  die  Dauer  der  Anfälle  selbst.  Bei  Senatoren  Patient  {1056) 
waren  die  Zwischenräume  zwischen  den  Anfällen  unregelniässig  mit  3,  6,9 
wöchentlichen  Pausen.  Die  Angabe,  dass  die  Aufeinanderfolge  der  Anfälle  nm 
so  rascher  wäre,  je  kürzer  und  leichter  die  Letzteren  verlaufen  waren 
[Charcot  (1052)],  hat  ßich  nicht  bestätigt.  Bei  der  Beobachtung  Find- 
eisen 's  (1084)  nahm  die  Dauer  der  Anfälle  allmählich  zu  und  die  Länge 
der  Pausen  nahm  ab  (erst  6,  dann  4  Monate).  Ehe  noch  der  4.  Anfall  ganz 
abgelaufen  war,  begann  der  5.,  der  allerdings  weniger  stark  war. 

Bei  dem  Patienten  von  Remak  (1053)  wiederholten  sich  die  Anfälle  in 
der  letzten  Zeit  schliesslich  viermal  jährlich,  während  sie  anfangs  nur  zweimal 
während  des  Jahres  sich  gezeigt  hatten.  Ausserdem  waren  dieselben  von 
grösserer  Heftigkeit,  sie  gingen  aber  auch  um  so  rascher  wieder  vorüber. 
In  V»  Graefe's  Fall  (1104)  wurden  in  der  letzten  Zeit  die  Pausen  zwischen 
den  einzelnen  Anfällen  immer  länger.  Auch  in  Bernhardts  Beohachtimg 
(1090,  Fall  1}  wurden  mit  der  Zeit  die  Pausen  zwischen  den  Anfällen  länger. 
Bei  Hin  de  und  Moyer  (1081)  waren  die  Pausen  ganz  unregelmässig,  ebenso 
in  dem  Falle  Jack  (1096).  Ahlström  (1105)  will  sogar  in  seinen  Fällen 
durch  therapeutische  Eingriffe  Heilung  erzielt  haben.  Hier  wäre  jedoch  ein- 
zuwenden, dass  bei  weiterer  Beobachtung  doch  noch  wieder  Anfälle  hätten 
auftreten  können, 

Demgegenüber  zeigten  die  Fälle  von  Hasner  (1092)  und  Romano  (1106) 
in  ihrer  Wiederkehr  eine  gewisse  Periodicität,  indem  sie  sich  an  den  Eintritt 
der  Menstruation  anschlössen,  während  bei  dem  Falle  von  Parinaud  und 
Marie  (1060)  die  Anfälle  nach  der  Menstruation  an  Heftigkeit  nachliessen. 
Bei  Anderen  wechseln  wieder,  wie  bei  den  Fällen  von  Senator,  Strzeminski 
und  Snell,  denen  wir  noch  die  Beobachtungen  von  Suckling  (1074), 
Manz  (1080)  und  Fürst  (1063)  hinzufügen,  reine  Migräneanfälle  ohne  Lähmung 
mit  solchen  begleitet  von  Lähmungszuständen  des  Oculomotorius  ab.  Bei  dem 
Letzteren  hatten  sich  zwischen  zwei  Lähmungsanlallen  häufigere  Anfälle  von 
Erbrechen  mit  Augenschmerz  an  der  Seite  der  früheren  Lähmung  eingestellt. 

Anderweitige    pathologische     Zustände,     welche    die    Anfälle 
recidivirender  Oculomotoriuslähmung  nicht   selten  zu  begleiten 

pflegen. 

§  248,  Wenn  auch  strenge  genommen  der  Inhalt  dieses  Abschnittes  mit 
dem  Vorkommen  der  Ptosis  bei  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  nichts  zu 
tbun  hat,  so  halten  wir  es  doch  sowohl  der  Vollständigkeit  des  klinischen 
Bildes  halbery  als  auch  für  die  rechte  Würdigung  aller  bei  der  Differential- 


496  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  OcalomotoriuslAhinaiig. 

diagnose  in  Betracht  kommenden  Momente  für  angebracht,  uns  auch  darüber 
genauer  zu  verbreiten. 

Von  anderen  Augenmuskeln,  welche  oft  gleichzeitig  mit  der  vom  Oca- 
lomotorius  versorgten  Augenmuskulatur  gelähmt  erscheinen,  ist  zunächst  der 
Abducens  zu  erwähnen,  wie  in  der  Beobachtung  Charcot's  (1052). 

In  der  Beobachtung  Brissaud^s  (1083)  war  neben  dem  Oculomotorios 
noch  der  Abducens  und  Trochlearis  gelähmt,  also  es  bestand  eine  vollständige 
Ophthalmoplegie;  ebenso  in  dem  Falle  von  Sciamanna  (1100). 

Bei  Chabbert's  Patient  (1069)  war  die  Ophthalmoplegie  last  toU- 
ständig,  insofern  nur  eine  geringe  Beweglichkeit  der  Bulbi  nach  oben  und 
unten  möglich  war. 

Eine  Paralyse  des  unteren  Facialis  während  der  Anfälle  konnten 
folgende  Autoren  konstatiren: 

Cantalamessa  (1065):  Lähmung  des  unteren  Facialis  der  gleichen  Seite 
wie  des  Oculomotorius,  ebenso  Mingazzini  (1064,  Fall  b). 

lieber  die  Betheiligung  des  Trigeminus  an  den  Anfällen  hatten  wir 
schon  auf  Seite  485  eine  Reihe  von  Fällen  angeführt.  Zu  diesen  Beob- 
achtungen von  Darkschewitsch  (1062),  Karplus  (1066,  Fall  I),  Fürst 
(1063),  Mingazzini  (1064),  Cantalamessa  (1065),  sind  noch  die  Falk 
Klatschkin  (1101)  und  Giebler  (1085)  hinzuzuzählen.  Bei  letzterem  war 
während  der  Anfälle  der  Bulbus  auf  Berührung  schmerzhaft.  In  allen  diesen 
Fällen  mit  Ausnahme  der  Beobachtung  Gieblers  war  es  der  I.  Ast  des 
Trigeminus,  welcher  zu  den  Beschwerden  Veranlassung  gegeben  hatte. 

Vissering's  Patient  (1054)  zeigte  Hyperästhesie  im  I.  und  II.  Trigeminns- 
aste.  Im  Falle  Hinde  (1098)  war  auf  der  Seite  der  Oculomotoriuslähmnng 
die  Cornea  völlig  unempfindlich. 

Bezüglich  der  Sehnerven  ist  folgendes  zu  erwähnen: 

Bei  den  Fällen  von  Ormerod  und  Spicer  (1099)  sowie  Rüssel  (1102) 
finden  wir  angegeben,  dass  der  Opticus  „etwas  atrophisch"  gewesen  sei.  In 
der  Beobachtung  vonSaundby  (1093)  und  von  Sciamanna  (1100)  bestand 
Verschleierung  der  Umgebung  der  Papille  und  bei  dem  letzteren  Chorioiditis 
in  der  Gegend  der  Fovea. 

In  den  Fällen  von  Thomsen  (1086),  Giebler  (1085),  Hinde  und 
Moyer  (1081)  war  die  Sehschärfe  des  gelähmten  Auges  herabgesetzt  Im 
Falle  Hin  de 's  (1098)  Amaurose  der  Seite  der  Lähmung  ohne  nachweisbare 
Veränderung.  —  Im  Falle  Romano  (1106)  bestand  hemianopisches  Flinuner- 
skotom. 

Bei  Thomsen  (1086)  fand  sich  hochgradige  konzentrische  Gesichtsfeldein- 
schränkung auf  dem  Auge  der  gelähmten  Seite.  Auf  dem  anderen  Auge  war 
die  Einschränkung  weniger  bedeutend.  Bei  Nason's  Patienten  (1088)  bestand 
oft'enbar  Glaukom. 

Von  Seiten  des  Nervus  acusticus  werden  Störungen  berichtet  tob 
Hinde  und  Moyer  (1081).  Die  Patientin  dieser  Autoren  hatte  während 
des  Anfalles  Klingen  und  Taubheit  des  Ohres  der  Seite  der  Lähmung  bemerkt: 


dem  Falle  von  Binde  (1098)  bestand  nur  Klingen  im  Ohr  der  Seite  der 
^motoriuslähmung. 

In  Vissering's  Fall  {1054}  zeigte  sich  Schwerhörigkeit  bei  normalem 
Ohrbefunde. 

Einige  Autoren  beobachteten  Sekret ionsanomalien  während  des  Anfalles. 
So  berichtet  Romano  (1106)  über  auft'aMenden  Schweissausbruch,  Nason 
(1088)  und  Ahlström  {1105}  über  Yerniehrte  Nasensekretion,  Vissering 
(1054),   Binde  und  Moyer  (1081)  über  Speichelfluss, 

Wadsworth  (llOS)  constatirte  einen  Hautausschlag  und  M an z  (1080) 
Hyperämie  der  Bindebaut.  Bei  den  Beobachtungen  von  Cantalemesaa(i065}^ 
Wadsworth  (1103),  Joachi  m  (1071)  und  Ballet  (1078)  trat  Fieber  während 
der  Anfälle  auf. 

In  dem  Falle  Binde  und  Moyer  (1081)  waren  die  Anfälle  links,  es 
trat  dabei  linksseitige  Taubheit  und  Khngen  im  Ohr,  Schwierigkeit  beim 
Sprechen  und  Schwäche  im  ünken  Arm  auf,  ebenso  im  Falle  von  Cantala- 
messa  (1065).  In  der  Beobachtung  H  inde  '  s  (1098)  zeigten  sich  gleichseitige 
Störungen  im  Geruch  und  Geschmack,    in  der  Sensibilität  und  Motilität. 

In  den  Fällen  von  Joachim  (1071,  Fall  I),  Tho rasen  (1086),  Giebler 
(1085)  und  de  Seh  weinitz  (1094)  waren  die  Anfalle  mit  Krämpfen  verbunden, 

i5  249.  Hinsichtlich  der  Aetiologie  und  des  Wesens  der  reci- 
divirenden  Oculomotoriuslähmung  wäre  zunächst  auf  die  nahe  Ver- 
wandtschaft derselben  mit  der  einfachen  Migräne  hinzuweisen.  Schon  auf 
pag.  486  hatten  wir  die  Fälle  von  Manz,  Senator,  Chabbert,  Darquier, 
Snell,  Charcot,  Joachim,  Strzeminski  und  Borthen  erwähnt,  bei 
welchen  Jahre  und  Jahrzehnte  voraus  das  betreffende  Individuum  von  wirk- 
lichen Migräneanfällen  heimgesucht  worden  war,  bis  allmählich  die  Oculo- 
motoriuslähmung sich  den  Anfällen  angeschlossen  hatte. 

Ferner  hatten  wir  gezeigt,  dass  bei  den  Beobachtungen  von  Snell 
Fall  B),  Senator,  Strzeminski,  Suckling  und  Darkschewitsch  An- 
fälle von  Oculomotoriuslähmung  mit  reinen  Migräneattacken  alternirend  auf- 
getreten sind,  und  fügen  nun  noch  hinzu,  da^^s  in  den  Beobachtungen  von 
Bernhardt  (1090,  Fall  I),  Joachim  (1071,  Fall  II}  und  Chabbert  (1069) 
bei  den  betreffenden  Familien  die  Migräne  erblich  gewesen  war.  Bei  dem 
Fall  II  von  Schmidt-ttimpler  (1121)  und  in  der  Beobachtung  Chabbert's 
trat  auch  Fliramerskotom  und  Hemianopsie  bei  den  Anfällen  auf. 

Wenn  nun  diese  Gruppe  von  Fällen  thatsächlich  in  sehr  naher  Beziehung 
zur  Migräne  zu  stehen  scheint,  ein  Umstand,  aus  welchem  Charcot  die 
Berechtigung  nahm,  diese  Fälle  mit  der  Bezeichnung  Migraine  ophthal- 
moplegique  zu  belegen,  so  muss  jedoch  demgegenüber  wiederum  hervor- 
gehoben werden,  dass  in  dem  Falle  Ballet's  (1078)  und  Mingazzini's  (1064, 
Fall  Ilj  die  Kranken  sehr  wohl  die  wirkliche  Migräne  von  den  schmerzhaften 
Attacken  mit  Lähmung  unterscheiden  konnten. 

Ausserdem  lässt  sich  das  Andauern  der  Lähmungszustände  zwischen 
den   Anfällen,    wie    in    den  Beobachtungen   von    Manz,    Snell,    Joachim, 

WilbrAbd^Sftenger,  Neurologie  d&i  Augei.    I.  Bd.   11.  Abtheümig,  33 


500  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Oculomotoriiisläluniiiig. 

Borthen  und  Darkschewitsch,  wieder  nicht  recht  mit  der  Migräne 
vereinigen.  Nach  Marina  (1077)  können  diese  Anfälle  nicht  als  wahre 
Migräneanfälle  betrachtet  werden,  weil  sie  nicht  jede  Woche  oder  jeden  Monatf 
kurz  mehrmals  im  Jahre,  sondern  meist  nur  2 — 6 mal  im  Leben  vorkommeii 
und  nicht  einmal  oder  zweimal  24  Stunden,  sondern  tagelang  andauern. 
Es  bestünde  also  zwischen  der  leichteren  Form  dieser  Krankheit  und  der 
Migräne  ein  sehr  wichtiger  Unterschied;  und  da  es  Anfälle  gäbe,  welche 
8  Monate  dauerten ,  so  spräche  die  Länge  dieser  Zeit  doch  sehr  gegen  den 
funktionell  nervösen  Ursprung  eines  solchen  Leidens,  das  eben  kein 
hysterisches  wäre. 

Möbius  (1061,  pag.  103)  sagt:  „In  der  That  leitet  den  Anfall  der 
Augenmuskellähmung  ein  echter  Migräneanfall  ein;  darüber  besteht  kein 
Zweifel,  vielmehr  streiten  wir  darum,  ob  dieser  Migräneanfall  ein  Symptom 
einer  anderen  Krankheit  und  den  Migräneantallen  bei  Tabesparalyse  und 
Epilepsie  gleichwerthig  ist,  oder  ob  es  sich  um  die  Krankheit  Migräne  in 
beiden  Fällen  handelt.  Bei  der  periodischen  Oculomotoriuslähmung  seien  die 
Verhältnisse  sehr  verschieden:  Die  Anfalle  könnten  nach  Wochen,  nach 
Monaten,  nach  Jahren  wiederkehren,  sie  könnten  (ehe  die  Lähmung  eintritt) 
Tage,  Wochen,  Monate  dauern,  die  Lähmung  währe  eben  so  lange  oder  länger, 
sie  verschwinde  in  der  Zwischenzeit  fast,  oder  sie  bleibe  in  grösserer  oder 
geringerer  Ausdehnung  bestehen  und  wachse  in  den  Anfallen  nur  an.  Die 
langen  Zwischenzeiten  kämen  bei  der  Krankheit  ;, Migräne^  sehr  selten,  bei  dff 
periodischen  Oculomotoriuslähmung  oft  vor.  Die  lange  Dauer  des  Migrine- 
anfalles  sei  dort  eine  Ausnahme,  hier  die  Regel.  Hier  könnten  die  Kranken 
nicht  nur  eine  Woche,  sondern  3  bis  4  Wochen  fast  unausgesetzt  an  Kopf- 
schmerz und  Erbrechen  leiden,  bis  endlich  die  Oculomotoriuslähmung  einträte 
und  mit  ihrem  Eintritt  jene  Symptome  plötzlich  verschwänden.  Letzteren 
Umstand  hält  Möbius  für  sehr  wichtig,  denn  er  deute  daranf  hin,  dass  die 
auf  die  Lähmung  abzielenden  Läsionen  die  Migränesymptome  hervorriefen, 
nicht  diese  jene.  Nähme  man  an,  dass  der  Migräneanfall  zur  Augenmuskel- 
lähmung führe,  wie  er  nach  der  Darstellung  Mancher  zu  einer  Blutung  führen 
könne,  so  könnte  man  auch  erwarten,  dass  es  bei  schweren  Migräneanfallen 
nicht  so  selten  zu  einer  Oculomotoriuslähmung  komme.  Nun  sei  aber  davcm 
nichts  zu  erfahren.  Eine  weitere  Differenz  liege  darin,  dass  bei  der  perio- 
dischen Oculomotoriuslähmung  von  den  Migränesymptomen  Kopfschmerz  und 
Erbrechen  regelmässig  vorhanden  sei,  alle  anderen  Zeichen  der  Krankheit 
„Migräne"  aber  regelmässig  fehlten.  Sei  jene  die  Krankheit  Migräne  phs 
Oculomotoriuslähmung,  warum  fehle  dann  immer  die  Aura,  besonders  die 
visuelle  Aura,  die  doch  sonst  bei  schwerer  Migräne  so  häufig  sei?  Endlich 
aber,  und  das  sei  für  Möbius  das  durchschlagendste  Argument,  beruhe  die 
Krankheit  Migräne  auf  gleichartiger  Vererbung,  die  periodische  Oculomotorins- 
lähmung  nicht  oder  doch  nur  sehr  selten".  Dass  die  Erblichkeit  aber  doch 
eine  Rolle  spielt,  geht  aus  der  Beobachtung  Bernhardt 's  (1090,  Fall  I) 
hervor,  in  welcher  die  Mutter  des  Patienten  an  Migräne  gelitten  hatte.  Anch 


Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Oculomotoriaßlöhmuni?»  501 

ier  Beobachtung  Joachim 's   (1071,  Fall  II)   waren  die  Mutter  und   die 
I      G rossmutier  der   Patientin  mit  Migräne   behaftet,    und    die  Schwestern    des 
\      Patienten  Chabbert's  (1069)  hatten  ebenfalls  über  Migräne  zu  klagen, 
I  Nach  Mingazzini   (1064)   unterscheidet   sich   die   recidivirende  Oculo- 

I  motoriüslähmung  von  der  einfachen  Migräne  dadurch,  dass  die  letztere  fast 
►  immer  in  den  besser  situirten  Gesellschaftsschichten  vorkäme,  dass  sie  selten 
^  vor  der  Pubertät  aufträte,  und  dass  sie  altmählich  schwächer  werde,  bis  sie  schliess- 
I  lieh  im  Alter  ganz  verschwinde.  Die  recidivirende  Oculomotorislähmung  befalle 
dagegen  meistens  Leute  niederer  Stände;  sie  fange  meist  in  der  Kindheit  an, 
zuweilen  in  frühester  Kindheit  und  habe  nicht  die  Neigung,  sich  mit  dem  Alter  zu 
bessern,  sondern  im  Oegentheil,  sie  würde  mit  den  Jahren  immer  schwerer 
und  hinter  Hesse  bleibende  Spuren.  Femer  sei  bei  der  einfachen  Migräne 
der  Schmerz  nicht  immer  einseitig,  habe  einen  schleichenden  Charakter  und  sei 
weniger  diflfus,  als  der  bei  der  recidivirenden  Oculomotoriuslähmung.  Andererseits 
sähe  man  bei  der  einfachen  Migräne  oft  genug  den  Schmerz  von  der  einen 
Seite  auf  die  andere  überspringen,  sei  es  nach  einer  Reihe  von  Anfällen,  sei  es 
im  Verlaufe  derselben  Attacke,  was  bei  der  recidivirenden  Oculomotoriuslähraung 
selten  sei.  Ferner  kämen  bei  der  einfachen  Migräne  keine  Bewegungsst(irungeii 
als  Folge  der  Schraerzerscheinungen  vor,  während  bei  der  recidivirenden  Oculo- 
inotoriuslähmung  als  Regel  aufgestellt  werden  müsse,  dass  die  Lähmungs- 
periode auf  die  des  Schmerzes  folge.  Auch  überschreite  die  Dauer  selbst  des 
kürzesten  Anfalles  bei  der  recidivirenden  Oculoraotoriuslähmung  immer  die- 
jenige des  typischen  Anfalles  von  gewöhnlicher  Migräne.  Ferner  sei  mit  ver- 
schwindenden Ausnahmen  (Chabbert,  Schmidt-Rimpler)  niemals  das 
FLi m m  er  8 k  o  t o m  bei  den  Anfällen  recidivirender  Oculoraotoriuslähmung  be- 
obachtet worden,  w^elches  doch  ein  so  häutiger  Begleiter  der  gew^öhnlichen 
Migräne  sei. 
!  Nach  der  Ansicht  von  Senator  (1056)  wären  jene  Beobachtungen,  bei 

welchen  die  Lähmungen  nach  dem  Anfalle  verschwinden,  auf  funktionelle 
Störungen  zu  beziehen,  diejenigen  aber,  bei  welchen  nach  dem  Anlalle 
Lähmungen  zurückblieben,  seien  auf  rein  organische  Erkrankungen  zurückzu- 
führen. Demgegenüber  führt  Mingazzini  (1064)  an,  die  Erfahrung  habe 
'  gezeigt,  dass  die  wirklich  periodischen  Lähmungen  eigentlich  nur  das  An- 
fangsstadium der  Krankheit  bezeichneten,  weil  dieselben  später  in  ^periodisch- 
exacerbirende"  Lähmungen  übergingen^  wie  z.  B.  bei  der  Beobachtung  von 
Dar ksche witsch  (1062).  Auch  könne  eine  ^periodisch-exacerbirende"  in 
eine  ^rein  periodische  Oculomotoriuslähmung"  übergehen,  wie  im  Falle  Joa- 
'  ch im  (1071).  In  Charcot's  Falle  (1052)  endlich  blieb  zuerst  die  Oculomo- 
toriuslähmung auch  in  den  Pausen  zwischen  den  Anfällen  bestehen,  während 
nach  der  letzten  Attacke  die  LäJimung  absolut  verschwand. 

Oppenheim  theilt  die  Meinung  Senator 's;  denn  wie  es  Migräneanfäile 
mit  oder  ohne  Aphasien,  Paresen,  Hemianopsie  u.  s.  w.  gäbe,  so  habe  man 
hier  Migräne  mit  oder  ohne  Lähmung  des  Oculomotorius,  und  es  könnten 
diese  Formen  sowohl  leichterj  wie  schwerer  Natur  sein. 


502  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Ocnlomotoriaslfthmiuig. 

Massalongo  (1055)  glaubt,  dass  in  den  meisten  Fällen  Entzündmug^ 
prozesse,  oder  Neubildungen  an  den  Nerven  oder  den  umgebenden  Menii^ii 
die  Ursache  seien.  Der  Grund  für  die  Anfalle  wäre  in  einem  zeitweiligen 
Ausbruch  der  entzündlichen  Prozesse,  oder  in  einer  starken  Hyperämie  des 
entzündeten  Gewebes  zu  suchen,  wodurch  dann  ein  Druck  auf  den  Nenrenast 
hervorgebracht  würde,  und  als  Folge  davon  die  Lähmung  sich  einstellte.  Wem 
nun  diese  Hyperämie  typisch-periodisch  wäre,  wie  die  Menstruation,  dam 
würden  nur  periodische  Anfälle  auftreten,  denn  wenn  der  nun  entzündliche 
resp.  hyperämische  Anfall  vorüber  wäre,  würde  die  Nervenfunktion  wied« 
aufleben.  Es  könne  aber  auch  der  Fall  eintreten,  dass  ein  Theil  der  Fasern, 
welche  gerade  imter  dem  entzündlichen  Drucke  stünden ,  nicht  mehr  fähig 
wären,  sich  zu  erholen,  resp.  dass  die  entzündlichen  Produkte  anfingen  einen 
deletären  Druck  auszuüben,  wodurch  schliesslich  die  zwischen  den  einzelnen 
Anfällen  andauernden  Lähmungen  und  ihr  progressiver  Charakter  erklärt  würden. 

Marina  (1077  pag.  244)  meint,  dass  die  Erkrankung  in  einer  peripheren 
Neuritis  des  Oculomotorius  bestehe.  Bezüglich  der  Lähmungsanfalle  pradis- 
ponire  der  einmal  ergriffen  gewesene  Nerv  als  locus  minoris  resistentiae  zu 
Recidiven.  Ausserdem  könnten  recidivirende  Augenmuskellähmungen  bei  Tu- 
moren, bei  Tabes,  bei  Alkoholismus  etc.  vorkommen.  Vielleicht  liesse  sich 
auf  diese  Weise  die  Beobachtung  Klatschkin's  (1101)  erklären,  in  weldier 
bei  einem  16jährigen  Mädchen,  das  viele  Jahre  an  Intermittens  und  Kopf- 
schmerz gelitten  hatte,  eine  linksseitige  rein  periodische  Lähmung  (Senator! 
des  N.  oculomotorius,  welche  von  Anästhesie  des  ersten  Astes  des  linken 
Trigeminus  begleitet  wurde,  aufgetreten  war.  Die  Oculomotoriuslähmung  setzte 
dreimal  ein  und  fiel  jedesmal  mit  sich  wiederholenden  Fieberanfallen  zu- 
sammen. Die  Chininbehandlung  führte  allemal  zur  Heilung.  Die  Lähmung 
musste  als  eine  rein  periphere  (wahrscheinlich  Neuritis  malarica)  aufgefasst 
werden. 

Alle  die  gegebenen  Erklärungen  für  die  recidivirende  Oculomotorius- 
lähmung befriedigen  in  keiner  Weise.  Sektionsbefunde  von  wirküch  hierher 
gehörigen  Fällen  liegen  erst  zwei  vor  und  zwar  für  die  auf  Seite  492  ange- 
führten Beobachtungen  von  Thomsen-Richter  und  von  Kar  plus.  In 
beiden  wurde  ein  Neurofibrom  resp.  ein  Neurochondrom  im  Oculomotorius- 
stamm  konstatirt.  Vor  allem  fehlen  uns  langjährig  fortgesetzte  Beobachtungen 
einschlägiger  Fälle,  welche  in  einer  genauen  Untersuchung  auch  des  Wunel- 
und  Kerngebietes  des  Oculomotorius  ihren  Abschluss  finden.  Es  ist  darum 
auch  völlig  unnütz  bei  der  Unsicherheit  der  Diagnostik  der  Nuclearlähmungen, 
sich  in  theoretischen  Betrachtungen  zu  ergehen,  ob  die  Symptome  mehr  ffir 
eine  Nuclearlähmung  sprechen,  wie  eine  solche  von  Möbius  (1061)  ange- 
nommen wird,  oder  für  eine  basale  Lähmung,  für  welche  Mauthner  (1107) 
eingetreten  war.  Wir  glauben  vor  der  Hand  mit  Marina,  dass  dil  reci- 
divirende Ocul  omo  toriuslähmung  nicht  als  eine  Krankheit 
sui  generis  aufzufassen  ist,  sondern  als  ein  klinischerSjm- 
ptomenkomplex,  der  aus  noch  unbekannten  Gründen  zufolge  ver- 


schiedener  Ursachen,  gerade  den  Nervus  ociilomotorius  befällt, 
und  dessen  Aeusserungen  im  Allgemeinen  eine  gewisse  lieber^ 
eiDstimmung  zeigen. 

In  ätiulagiselier  Hinsicht  ist  ebensowenig  Sicheres  zu  berichten. 
Mingaüzini  (1064)  hat  die  fast  für  jeden  einzelnen  Fall  verschiedenen, 
angeblichen  ätiologischen  Momente  zusammenges teilt,  ohne  zu  einem  an- 
nehmbaren Resultate  zu  gelangen,  Tbatsache  ist,  dass  die  Krankheit  last 
immer  im  Kindes-  oder  Jünglingsalter  beginnt  Unter  dem  von  Mingazzini 
zusammengestellten  Material^)  ergab  sich,  dass  bei  17  Fällen  die  Krankheit 
vor  dem  10.  Jahre  eingetreten  war,  ebenfalls  bei  17  Fällen  zwischen  dem  10.  und 
20.  Jahre:  bei  8  Fällen  zwischen  dem  21.  und  30.  Lebensjahre,  bei  2  Fällen 
zwischen  dem  3L  und  40.,  bei  1  Fall  zwischen  dem  41.  und  50.,  und  bei  1  Fall 
zwischen  dem  61.  und  70.  Lebensjahre. 

Auch  bat  Mingazzini  gefunden^  dass  die  Krankheit  sich  ungefähr 
gleich  auf  beide  Geschlechter  vertheilt  im  Verhältniss  von  25  Männern  zu  31 
Frauen. 

Hinsicbtlich  des  Verlaufes  der  Kranklieit  lässt  sich  nur  so  viel  sagen, 
dass  bei  den  meisten  der  Falle,  welche  hinge  beobachtet  wurden,  schliesslich 
eine  mehr  oder  weniger  komplete  Ocnlomotoriuslähmung  auch  während  der 
Pausen  auftrat:  Bezüglich  des  Endausganges  der  Krankheit  lässt  sich  eben- 
sowenig sagen,  dazu  sind  die  beiden  einzigen  Fälle  mit  Sektionsbefuud  von 
Richter  und  Karpluts,  welche  einen  Tumor  im  Oculomotoriusstamm  aufweisen, 
gegenüber  den  60 — 70  Beobachtungen  doch  an  Zahl  zu  gering,  um  massgebend 
sein  zu  können.  Dass  Senator  und  Scbmidt-Rimpler  je  einen  Fall 
beobachtet  haben,  in  deren  Verlauf  die  Lähmungsanfälle  ausblieben,  hatten 
wir  bereits  früher  erwähnt. 

§  250.  Die  Diagnose  der  recidivireuden  Oculomotoriuslähmung 
ist  im  Allgemeinen  nicht  schwer,  da  ihre  Erscheinungen  ziemlich  charakteri- 
stisch sind.  Vor  allem  gründet  me  sich  auf  die  Periodicität  der  Anfälle, 
wenigstens  im  Beginn  des  Leidens,  auf  das  Befallenwerden  nur  einer  und 
zwar  immer  der  gleichen  Seite,  auf  den  migräneartigen  Charakter  der  Anfiille 
und  darauf,  dass  die  Lähmung  meist  mit  dem  Aufhören  des  Kopfschmerzes 
erst  einsetzt.  Ferner  rnuss  bei  der  Lähmung  stets  der  Oculomotorius  be- 
tbeiligt  sein,  ob  in  der  Gesammtlieit  der  von  ihm  versorgten  Muskeln,  ist 
wenigstens  im  Beginne  des  Leidens  nicht  nöthig. 

Bei  den  beiden  hierhergehörigeu  Fällen  mit  Sektionsbefund  von  Tb om sen- 
il ich  t  er  (1097)  und  Karplus  (1066)  mit  einem  Neuro-  resp.  Choudrotibrom 
im  Oculomotoriusstamnie  bestand  kouiptete  Oculomotoriuslähmung.  Sollte  der 
basale  Sitz  der  Erkrankung  durch  weitere  Sectionen  bestätigt  werden,  so  ist 
ja  leicht  daraus  ersichtlich,  warum  in  der  Mehrzahl  aller  Fälle  eine  kompleto 
Oculomotoriuslähmung  während  der  Anfälle  beübachtet  wurde;  dass 
aber  bei  dem  basalen  Sitze  der  Affektion  eine  komplete  Oculomotoriuslähmung 


Bei  welchem  wir  jedoch  nicht  alle  Fälle  als  hier h ergeh Drig  betrachten. 


504  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Ocnlomotorioslllliinaiig. 

nicht  unter  allen  Umständen  auftreten  muss,   hatten  wir  pag.  348  bei  der 
basalen  Oculomotoriusaffektion  zufolge  cerebraler  Lues  eingehend  nachgewiesen. 

Ob  die  Fälle,  bei  welchen  neben  dem  Oculomotorius  noch  andere  Gehinh 
nerven,  wie  z.  B.  der  Trigeminus,  der  Facialis,  der  Abdncens  und  der 
Trochlearis  mehr  oder  weniger  stark  mit  affizirt  sind,  überhaupt  dem  Kapitd 
der  recidivirenden  Oculomotoriuslähmung  eingereiht  werden  dürfen,  und  ob 
dieselben  nicht  eine  oder  mehrere  Gruppen  für  sich  bilden,  bleibt  vorlaufig 
noch  den  Erfahrungen  der  Zukunft  überlassen.  Ob  die  Fälle  mit  Alterairen 
des  Anfalles,  wie  in  der  Beobachtung  von  Darquier  (1059),  hierher  gezähk 
werden  dürfen,  kann  ebenfalls  zur  Zeit  noch  nicht  entschieden  werden. 

§  251.  Bezüglich  der  Differentialdiagnose  ist  folgendes  m 
erwähnen.  Schon  früher  hatten  wir  hervorgehoben,  dass  wir  die  recidivirende 
Oculomotoriuslähmung  nicht  für  eine  Krankheit  sui  generis,  sondern  for  einen 
Symptomenkomplex  halten,  welcher  durch  unter  sich  verschiedene  Krankheits- 
zustände  bedingt  werden  könne,  und  es  wird  nun  unsere  Aufgabe  sein,  diese 
Krankheitszustände  bezüglich  ihrer  zur  Verwechselung  mit  recidivirender  Oculo- 
motoriuslähmung   führenden  Erscheinungen   hier  Revue    passiren  zu  lassen. 

Da  die  beiden  einzigen  Fälle  von  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  mit 
Sektionsbefund  auf  Tumoren  im  Oculomotoriusstamme  zurückzuführen  waren, 
werden  Gehirntumoren  und  besonders  solche  an  der  Basis  nicht  selten  zur 
Verwechselung  mit  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  Veranlassung  geben 
können. 

So  hatte  der  pag.  455  erwähnte  zweite  Patient  Gianelli's  Anlalle 
von  Kopfschmerzen  mit  Erbrechen  und  vorübergehender  Lähmung  des  Levator. 
welche  dann  allmählich  stabil  wurde.  Wenn  auch  nachher  die  Kraft  der 
linken  Extremitäten  und  das  Sehvermögen  herabgesetzt  wurde ,  so  hätten 
doch  namentlich  im  Beginn  der  Erkrankung  Zweifel  auftreten  können,  ob 
hier  nicht  eine  recidivirende  Oculomotoriuslähmung  statt  eines  Tumors,  der 
thatsächlich  bei  der  Sektion  im  Gyrus  angularis  gefunden  wurde,  anzunehmen 
gewesen  sei. 

Noch  zweifelhafter  war  der  folgende  Fall  von  Türk  (985),  in  welchem  ein  Sijilir. 
Patient  4  Monate  vor  seinem  Tode  einen  heftigen  Schmerz  in  der  rechten  Sapraoihital- 
gegend  empfanden  hatte,  worauf  am  folgenden  Tage  das  rechte  ohere  Augenlid  herabsank. 
Bei  seiner  Aufnahme  ins  Hospital  wurde  eine  fast  vollkommene  Lähmung  des  rechten  Ocn- 
lomotorius,  Neuralgie  im  I.  Aste  des  rechten  Trigeminus  und  eine  rechtsseitige  Ambljopie 
konstatirt.  Bei  der  Sektion  fand  sich  ein  Tuberkel  auf  der  Dura,  der  den  rechten  Rim. 
ophthalm.  nervi  quinti  und  die  rechte  Hälfte  des  Chiasma  komprimirt  und  den  rechten  N. 
oculomotorius  vollständig  infiltrirt  hatte. 

Dass  ein  Aneurysma  an  der  Basis  ähnliche  Erscheinungen  hervorrafeo  kann,  zeigt 
uns  ein  Fall  Fiedler's  (761),  bei  welchem  ein  22 jähr.  Individium  plötzlich  mit  Kopf- 
schmerzen und  Erbrechen  erkrankte,  eine  Lähmung  des  linken  Oculomotoiins  sich  ent- 
wickelte, und  unter  allgemeinen  tonischen  Krämpfen  mit  BewassUosigkeit  der  Tod  erfolgte. 
Die  Autopsie  zeigte  einen  Bluterguss  an  der  Basis  des  Gehirns,  besonders  links.  & 
fand  sich  ein  kirschkemgrosses  Aneurysma  der  linken  Carotis  interna  centralwärts  an  der 
Theilungsstelle  in  die  Arteria  fossae  Sylvii  und  den  Ramus  commnnicans  anterior,  Rnptnr 
der  Wand  des  Aneurysma,   an  dessen  äusserer  Seite  der  Stanun  des  N.  ocolomotoriiis  Ug. 


reicher,  bflndartig  plattgedrückt,  graa  verfirBt  und  mit  dem  Aneurysma  verwachaeu  schien. 
Die  plattgedrückte  Stelle  lag  üDmiltelbar  an  dem  Funkt,  an  welchem  der  Nerv  durch  die 
Diii'a  hin  durch  tritt. 

Eauchfusfi  (1109)  heobachtete  als  anatomische  Uraache  einer  Lähmung  dea  Jioken 
Ocnlomotorms  ein  erhseogroasea  embolisches  Aneurysma  an  der  Abgangsatelle  der  linken 
Art^eria  cerebri  posterior  und  der  linken  Art.  basilaris  und  zwar  vor  dem  Abgange  der  Art. 
communieans   poaieiioT,    welches   auf  den  Verlauf  de^  Oculoniotorius  einen  Druck  ausübte. 

Zeitweise  auftretende  Hyperämien  konnten  bei  derartigen 
Befunden  Zustände  hervorrufen,  die  einer  periodischen  Oculoniotoriuslalimung 
sehr  ähnlich  waren. 

Auch  darf  hier  ein  Fall  Luzenberger's  (1110)  nicht  unerwähnt 
bleiben,  wiewohl  er  nur  den  Trochlearis  betrifft. 

Ein  29jähng^er  Mann  erkrankte  nach  einem  mohi-etündigen  Marecli  ohne  Kopfbe- 
deckung in  der  Sonne  mit  Kopfachm erzen »  üehelkeit  und  Doppeltsehen.  Alle  8  Tage  wieder- 
holten »ich  die  Anfälle.  Vorbote  des  Anfalles  war  Pulsiren  im  Kopf.  Während  des  An- 
falls atürkere  Füllung  der  rechten  Temporalia  und  LÄhmung  des  Nerv,  trochlearia.  ( 

Für  die  Ursache  der  Anfälle  hält  Verfasser  eine  periodische  Schwellung  , 

des    Sinus    cavernosus;    dieser   habe    einen    Druck   auf   den   I.   Ast    des  ' 

Trigeniinus  und  den  Nerv,  trochlearis  ausgeübt,  ' 

Ferner  stehen  unter  den  krankhaften  Zuständen,  weJche  eine  periodische 
Oculoraotoriuslähraung  verursachen  können,  die  Syphilis  und  die  Tabes  I 

obenan. 

So  beobachtete  Adams  (1111)  bei  einem  32jährigen  Zahnarzt  am  linken  Auge  erst 
Parese  des  Rectus  auperior,  dann  in  einigen  Tagen  sich  ausbildende  kompleto  Lähmung  des 
Oculomotonus  (Fto!!»is  und  Dlvergenzslellung)  [mit  Ausnahme  der  die  Iris  und  den  Ciliar- 
mnskel  versorgenden  Zweige.  Nach  einem  Monat  war  morgens  heim  Erwachen  die 
Lähmung  verschwunden;  aber  nach  Ablauf  von  IQ  Tagen  kehrten  die  Symptome  allmählich 
wieder  und  erreichten  in  24  Stunden  wieder  ihre  Höhe.  Nach  weiteren  2  Monaten  erfolgte 
allmählich  Besserung  und  volle  Heilung,  welche  der  Patient  der  Anwendung  kalter  Doucben 
zuschrieb.  Vor  10  Jahren  hatte  eine  syphilitische  Infektion  stattgefunden.  Während  wir 
in  diesem  Falle  die  migräneartigen  Kopfschmerzen  vermissen  (wenigstens  ist  derselben  in 
der  Krankengeschichte  keine  Erwähnung  gethan)  ähnelt  die  Beobachtung  von  Pe1>  (364) 
ganz  ansaerordenttich  dem  Symptomenkomplexe,  welchem  wir  bei  der  recidivirenden  Oculomo- 
toriuslähmung begegnen.  Dieser  Autor  beobachtete  innerhalb  iweier  Jahre  hei  einem 
Kranken  siebenmal  recidivirende  parti el La  Ocul omo torinsläh m ung.  Der  erste 
Anfall  dauerte  zwei  Tage,  der  letzte  noch  nicht  zurück  gegangene  schon  zwei  Monate.  Es 
war  immer  geringe  Ptosis  vorhanden,  und  das  Auge  stand  nach  unten  aussen  abgelenkt. 
Di©  nicht  erweiterte  Pupille  reagirte  träge.  Sonst  war  alles  normal,  aber  Fehlen  der  Pate  11  ar- 
reflexe,  lancinirende  Schmerzen  und  Güiielgefühl  wiesen  auf  beginnende  Tabes  hin. 

de  Bono  (1118)  beobachtete  einen  40j&hrigen,  vor  G  Jahren  an  Syphilis  erkrankten 
Kunsttischler.  Es  bestand  leichte  Ptosis  rechts,  Lähmung  heider  Interni  und  des 
linken  Inferior.  Nach  einem  Monate  verschwand  die  Ptosis  rechts  und  trat  linkerseits  auf. 
Nach  sechs  Tagen  verschwand  sie  links  und  erschien  wieder  rechts*  Ea  bestanden  fihriltäre 
Zuckungen  im  linken  Oberlid.  Leichter  horizontaler  Nystagmus;  die  Pupilleni^aktion 
erhalten.    Die  Funktion  des  Rectus  inferior  besserte  sich  durch  eine  anttiuetiache  Behandlung. 

Das  Altemiren  der  Lähmung  spricht  eigenthch  gegen  recidivirende 
Oculomotoriuslähmung.  Es  ist  jedoch  in  dem  Falle  Darquier  (1059),  der 
doch  wohl  zur  recidivirenden  Oculomotoriuslähmung  gerechnet  werden 
ninss,  ebenfalls  vorhanden  gewesen. 


I 


506  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  OculoniotoritiBlälimang. 

Der  Fall  Ormerod's  (1112)  betraf  ein  ältliches  Frauenzimmer.  Ffir  die  Afl&iim 
von  Migräne  war  kein  Grund  vorbanden.  Die  Anfälle  von  Oculomoioriusl&hmunf  ▼llut« 
oft  2^-3  Monate.  Der  erst*^  Anfall  wurde  anBchnnend  durcb  den  Shock  hervorgenifen,  i^i 
Patientin  vom  Tode  ibrer  Schwester  borte,  der  zweite  durch  den  Schrecken  beim  A»Uid 
eines  Knaben  mit  tiesicbtsläbmuDg.  Das  Argy  11-Robertsu  n' scbe  Phänomen  mx  h, 
aber  die  Kniereflexe  fehlten  nicht.  Vielleicht  ist  dieser  P^all  auch  als  Hjat«ne  sn  d«ata 
und  die  reflektorische  Starre  der  Pupillen  auf  spastische  Miosis  za  bezieben. 

Howard  (lllBj  bericlitet,  dass  bei  einem  54jäbri§ren  Tabiker  unt^r  KopfsduBcnn 
die  Erscheinungen  einer  Lähmung  des  Nervus  oculomotorius  aafgetretMi  vänt 
und  langsam  wieder  verschwunden  seien.  Fünf  Monate  später  entwickelte  sich  reckte 
Btrabiämus  divergens  und  Ptosis;  im  weiteren  Verlaufe  Schwerfälligkeit  im  S|i>«cki» 
Kau-  und  Scbluekbescbwerden.  Endlicb  stellte  sich  auf  beiden  Ohren  Tantdieit  da, 
das  Sehvermögen  auf  dem  rechten  Auge  erlosch.  Der  Status  praesens  zeigt  die  FaptilcD' 
bewegungen  vi&llig  aufgehoben,  beide  Augen  völlig  unbeweglich,  Anästhesie  beider  Hjh^ 
häute,  Ätrophia  nervor.  opticorum,  Paresis  glossolabialis  und  Fehlen  des  KniephisonNBL 
Auch  war  in  einigen  Zweigen  der  Nervi  trigemini  das  BertLhrungs-  und  TemperatnrgeHU 
beeinträchtigt  oder  geschwundeu, 

W&hrend  in  diesem  Falle  später  der  wahre  Charakter  des  Leidens  hervortrat  bitte 
d&eeelbe  anfangs  sehr  wohl  mit  recidivirender  Ocalomotoriuslähmung  Ter  wechselt  wirdea 
können, 

Marina  (1114)  erzdhit  folgende  Beobachtung.  Eine  40jährige  Patientin,  bei  welckr 
weder  Verdacht  auf  Alküboliamus  noch  Lues  vorbanden  war,  erkrankte  zwei  Tage  nmck  dir 
Geburt  ihres  Kindes  an  Schmerzen  in  der  rechten  Gesicbtshälfte,  Herunterhängen  des  obcfa 
rechton  Lides;  in  weiteren  vier  Tagen  war  der  rechte  Bulbus  starr.  Kein  Zeicheo  rm 
Hysterie.  Vollständige  Lähmung  des  rechten  Oculomotorius  und  Parese  des  reckta 
Abducena.     Fehlen  des  Patellarreflexes.     Romberg.     Gastrische  Krisen. 

Zwei  Monate  später  deutliche  Besseruiig  der  Oculomotoriusl&hnmng.  Die  redili 
Pupille  reagirte.  Die  Parese  des  Äbducens  bestand  fort.  5  Monate  nach  Beginn  der  Er 
krankung  konnte  eine  volletÄndige  Heilung  der  Äugen iiiuskellälimung  konstatirt  werden. 

4  Jahre  später  abermals  Geburt  eines  Kindes.  Wieder  2  Tage  nachher  stedMmit 
Schmerzen  in  der  rechten  Gesichtshälfte  und  Wadenkrünipfe.  Daneben  trat  Ptosis  wd 
TJnbsweglichkeit  des  reehten  Bulbus  auf  Nach  5  —  6  Tflgen  waren  die  Lähmungen  iinQi^- 
gegangen,  und  jetzt  bestehen  nur  noch  die  Schmerzen  fort  Alle  Augenmuskeln  normal,  tivt 
der  Extemus  rechts  ißt  insufficient.  Die  etwas  miotischen  Pupillen  reagiren  besser  bei  Kon- 
vergenz als  auf  Licht.     Keine  Pate  Harr  eflexe.     Homberg. 

Nach  einem  Monat:  Insufücienz  beider  Internt.  Pupillenbewegnng  aormah  BeeUi 
beginnende  Yerfärbung  des  Opticus. 

Die  Lähmung  auch  anderer  Augenmuskeln  neben  dem  Oculomotorius,  welche  periodiiak 
in  diesem  Falle  aufgetreten  war,  spricht  nicht  gegen  die  Diagnose  «recidivirende  OcalooM- 
toriueiähmuug^denn  wir  hatten  auf  pag.  489  zahlreiche  Beobachtungen  welche  als  recidivireodt 
Oculomotoriuslähmung  im  speziellen  Krank heitssinu  gelten  müssen,  zusAmmengestellt,  hm 
welchen  auch  andere  Augenmuskeln,  insbesondere  Facialis  und  Trigeminns  gelAhmt  mum. 

Eine  luetische  PatienHu  Jelly 's  (1115)  litt  zum  zweiten  Male  an  voIlatAadi^ 
beiderseitiger  Oculomotoriuslähmung»  die  man  auf  eine  Erkrankung  an  derBarä 
zurückführen  möchtet  ausserdem  aber  an  Gefühls-,  Muskel-  und  Ernäbrungssturangtn  ci 
anderen  Körpertheilen,  sowie  an  Verlust  der  Bebneureflexe.  Die  Erscheinungeo  deuteten  luf 
Syringomyelie  hin. 

Üie  Doppeiaeitigkeit  der  üculonaotoriusliihmung  in  diesem  Falle 
spräche  nicht  gegen  eine  recidivirende  Oculoiiiotoriuslähmung  im  Siime  unserö 
KrankheitsbildeSj  denn,  wie  wir  auf  pag.  41*3  gesehen  haben,  kommt  doppel- 
seitige Ptosis  bei  Fällen  von  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  vor, 
welche  wie  die  Beobachtung    von    Anderson   und    Jack    (1095)    uod  Ton 


f 


labbert  (1095)  unstreitig  ziir  recidivirenden  Oculomotoriuslälimulig  gezählt 
rden  müssen» 

Auch  durch  eine  chronische  Meningitis  können  Zustände  hervor^ 
gebracht  werden^  welche  der  recidivirenden  Oculomotoriuslähmung  ausser- 
ordentlich ähnlich  sind. 

So  berichtet  Weiss  [^798)  vergleiche  auch  pag.  395  dieses  Banden]  ttber  folgenden  Fall: 
Eine  30jährige  Magd  wurde  mit  ziemlich  weit  vorgeschrittener  Lungentuberkulose  in's 
Krankenhaus  aufgenommen.  6  Tage  darauf  trat  totale  Oculoniotoriuslähmung  linkerseits 
&uf,  ein  Zustand,  der  nach  Angabe  der  Kranken  seit  ihrer  Kindheit  alljährlich  vorübergehend 
mufgeireten  &ein  solL  Nach  12tägigeni  Bestände  fand  man  die  Lähmung  zuillckgegangen. 
Drei  Wochen  später  abermals  totale  Lähmung,  die  nach  14  Tageia  bis  auf  eine  leichte  Ptosis 
'wieder  gewichen  war»  Fünf  Wochen  nach  Beginn  des  letzten  Äufallee  wieder  complete  Ocu- 
lomotoriuslähmung, welche  bis  zu  dem  3  Wochen  darauf  erfolgenden  Tode  der  Lungen- 
kranken konstant  blieh  Der  Augenapiegelbefund  war  stets  ebenso  normal»  wie  die  Funktion 
der  übrigen  Himnerven.  Die  Autopsie  ergab  neben  tuberkulöser  Lungenphthise  folgendes; 
,Der  linke  Oculomotonus  platt,  gräulich;  in  seiner  Wurzel  beim  Austritt  aus  dem  Gross- 
hirnschenkel  zahlreiche  mohnkorngrosse  Granulationen,  die  eine  leichte  warzige  Anschwellung 
der  Nerven  Wurzel  bedingten.  Der  rechte  Oculomotorius,  sowie  alle  anderen  Himnerven 
unverändert.  Die  vom  linken  Oculomotorius  versorgten  Muskeln  fettig  degenerirt.  Die 
frische  mikroskopische  Untersuchung  der  Granulationen  ergab  einen  reichlichen  Gehalt  an 
Tuberkelbacillen.  Beim  Durchschneiden  durch  den  gehärteten  Grosshirnschenkel  zeigte  sichf 
dass  die  Granulationen  nicht  in  die  Tiefe  griffen. 

Weiss  detttet  den  Fall  dahin,  „d^ss  analog  dem  chronischen Lungenprozess 
sich  eine  chronische  Entzündung  an  der  Wurzel  des  Nervus  oculomotorius  etablirt 
habe,  und  dass  dem  von  Zeit  zu  Zeit  erfolgenden  Aufschiessen  neuer  Tuberkel- 
granulationen mit  reichlicher  Vaskularisiruug  der  Umgebung  ein  LÜhmungs- 
anfall  entsprochen  haben  mochte.^*  Das  Zurückgehen  der  Lähmung  sollte 
„durch  Uebernahme  der  Leitung  von  Seiten  der  noch  leitungsfähigen  Oculo- 
motoriusfasern*'  solange  bedingt  worden  sein,  bis  schliesslich,  als  die  Geschwulst- 
masse  den  ganzen  Nervenquerschnitt  durchsetzt  hatte,  die  totale  Lähmung 
persistirte. 

W  ad8worth«1103)beobachtete  eine  periodisch  exacerbirendeOculom  otorius- 
lähmung  bei  einem  jungen  Mädchen,  welches  im  Alter  von  3  Jahren  von  Skarlatina 
befallen  worden  war,  und  seitdem  an  recbtsseittgem  Kopfschmerz  und  an  einer  eiterigen 
recbtsseitigen  Otorrhoe  htt.  Beim  Nachlass  des  Kopfschmerzes  entleerte  sich  in  der  Regel 
aus  dem  Ohre  eine  grosse  Menge  übelriechenden  Fiters.  Der  Nerv,  oculomotorius  war 
immer  bei  jedem  Anfalle  von  Hemikranie  vollständig  gelähmt,  und  verschwand  die 
Lähmung  nach  Aufli**ren  des  Anfalles  fast  vollständig,  Wadsworth  nahm  eine  entzünd- 
liche Veränderung  der  Dura  an  der  Hirnbasis  in  der  Gegend  des  rechten  14.  oculomotorius 
an,  und  zwar  ina  Hinblick  auf  die  bestehende  Ohrenerkrankung, 

Ueber  einen  ähnlichen  Fall  berichtet  Saundby  (1Ü89):  Ein  7 jähriger  Knabe  klagte 
(81.  August  18^4)  seit  S  Tagen  filier  Uebelbefinden  und  Schmerzen  über  dem  rechten  Auge 
und  in  der  rechten  Gesichtaaeite.  Es  bestanden  Ptosis  und  Pnrese  des  rechten  Rectus 
internus.  Der  Knabe  sah  doppelt  und  hielt  beim  Gehen  das  rechte  Auge  zu.  Der  linke 
Muudwifikel  hing  etwas  tiefer.  Sonst  war  das  Kind  ganz  gesund.  Gehör  beiderseits  gut 
Der  Schmerz  hörte  auf  und  nach  1  Woche  bestand  keine  Augenläbmung  mehr.  Ein  Jahr 
Euvor  war  ein  ähnlicher  Anfall  aufgetreten.  Am  7,  Nov.  1&83  hatte  der  Kranke  über 
Schmerzen  über  dem  rechten  Ohre  und  4  Tage  früher  über  Doppeitaehen  geklagt.  Es  bestand 
recht>8  etwas  Ptosis,  Austtuss  aus  dem  linken  Ohre  und  der  linke  Facialis  war  in  den 
unteren  Zweigen  etwas  geschwächt. 


508 


Die  Ptosia  bei  der  recidivireDden  OeulomatoriudlähmaDj^p 


Ferner  berichtet  Coombs  Knapp  (1116)  Ober  folgenden  Fall:  Ein  41  jähr,  frlko 
geauiider  Mann  bekam  im  Anfange  des  Jührea  1892  heftige  Schmerzen  in  der  linken  Sm 
mit  Erbreclien»  ParästbeaieD  und  Üctüomotoriuslähniung.  Nach  7  Wochen  hörte  der  Schioffi 
auf,  und  die  Lähmung  verschwand  gans.  Im  Dezember  bekam  er  wieder  Schraenea  oit 
Oebelkeit  und  Erbrechen.  Der  Schmerz  war  unerträglich  nnd  besonders  gegen  Abend  liefii|. 
Bald  üel  das  Auge  za*  Nach  2 — 3  Wochen  hörte  das  Erbrechen  auf  nnd  nahm  der  Srbai*ri 
ab.  Am  9.  11.  189B  wurde  Hnka  vollständige  Ocylomotoouslähmung,  Hyperästhesie  im 
Gebiete  des  II.  Trigeminuaaates,  Parästhesien  an  der  Stirn  konstatirt.  Der  Kranke  ir»r  u 
den  abnorm  fühlenden  Stellen  sehr  empfindlich  gegen  Berührungen,  ein  kältet  Luftzug  rj«l 
heftigen  Schmerz  hervor.  Kr  klagte  über  Empfindungen  in  der  Nase  und  Ober  W11Ö5- 
eiterigcn  AusÜnsa  aus  dem  linken  Nasenloche.     Es  bestand  Lichtscheu. 

Knapp  behftiiiJelte  den  Kranken  bis  Ende  April  Jod  vertrug  er  nicht  Der  Zostiiii 
war  büld  besaer,  bald  schlechter,  oft  kehrte  der  Schmerz  zurück.  Die  Lähmon^  mkm 
langsam  ab,  sie  war  aber  bei  der  EnthiBanng  noch  nicht  geschwunden. 

Auch  im  U,  Falle  vob  Schmidt-liimpler  (1121)  bestaDd  ein  Mittel- 
ohrkatarrh  auf  der  Seite  der  Ocubmotoriuslähiiiiing. 

Auch  Massalongo  (1055)  nimmt  eine  intrakraiiielle  Entzündung  am 
Nervenstamme  oder  den  Meningen  in  der  folgenden  Beobachtung  an: 

Eine  aus  gesunder  Familie  stammende  30jflbrige  Frau  hatte  als  Kind  Maiem  bii4 
Diphtherie  durchgemacht  !m  Jahre  1Ö74  erkrankte  sie  an  8  Tage  andanemden  MigriM- 
anfällen. 

Im  Jahre  1881  trat  ein  30  Tage  anhaltender  solcher  Änfull  auf,  «iann  war  ai«  fm 
bis  zum  Jahre  18S7.  In  der  Zwischenzeit  hatte  sie  im  Jahre  1882  Endometritis,  im  Jahr«  \^ 
Rheumatismus  artic.  Typhua  und  Phlebitis.  Im  Jahre  1890  acht  Tage  nach  einem  MigTio«^ 
anfalle:  Lähmung  des  ganzen  rechten  Oculomotorius.  Der  Kt>pfschmen  besserte 
sich  mit  dem  Eintritt  der  Lähmungen.  Wahrend  des  AnfaUes  Abschwüchnng  der  Sehscbirf« 
rechtä,.  am  dreisai^sten  Tage  Amaurose.  Die  Eetinalvenen  waren  stxotzend  mit  Blut  gefUfit 
Die  Arterien  und  die  Papille  kaum  sichtbar. 

Nachdem  der  Anfall  vorflber  war,  wiederholte  sich  der  Kopfschmerz,  aber  ohne  Aogin- 
muskeüähmung.  Nach  20  Tagen  verschwand  die  Amaurose  und  nach  70  Tagen  veriorifl 
Bich  die  Augenmuskellähmungen. 

Diese  intrakranielle  Entzündung  am  Nervenstamm  oder  den  Meningen  soll  sich  VMk 
Massalungo  durch  äussere  Umstände  verschlimmert  und  so  die  periodische  Llkaonp* 
form  hervorgerufen  haben. 

Der  pathologische  Augenspiegelbefund  in  diesem  Falle  spricht  nicht  gegen  den  St» 
ptomenkomplex  des  Krank heitsbegriif es:  ^recidivirende  Oculomotoriuslähmung*.  Wir  bahrt 
auf  pag.  489  gesehen,  das»  bei  einer  ziemlichen  Anzahl  notorisch  hierhergehönger  Fllli 
von  Seiten  des  Augenspiegels  pathologische  Befunde  gemeldel  wurden» 

Ferner  gehört  wenigstens  zum  Theil  der  Fall  G übler  (1075)  hierher,  der  anci  wk 
dadurch  von  Bedeutung  ist^  dass  man  durch  ihn  auf  die  recidivirende  OculomotoriaallldBlil 
aufmerksam  geworden  war. 

Dreimal,  in  Zwigchenräumen  von  mehreren  Jahren,  war  der  münnliche  Patieot  tt 
Iiähmung  des  rechten  Qeulomotorius  erkrankt  gewesen,  die  jedesmal  im  Verlaufe  von  emi|«a 
Wochen  von  selbst  wieder  verschwand.  Der  vierte  von  Gnbler  beobachtete  Lllhniiiiiipna&il 
betraf  aämmtliche  Aeste  des  Oculomotorius.  Die  übrigen  HlrnnervoD  waren  gesund,  ebüi* 
die  Beweglichkeit  in  den  Extremitftten  normal.  Nachdem  die  Paralyse  einige  Tage  gedaotft 
hatte,  trat  Delirium  ein  mit  Röthnng  der  rechten  Geaichtshftifte»  Verengerung  der  Papula  mi 
leichter  Hebung  des  Lides,  sowie  Zunahme  der  Temperatur  im  linken  Arm.  DasCoM 
wurde  intensiver,  die  Zunge  konnte  nicht  vorgestreckt  werden,  das  Sehvermögeii  adriü 
abhanden  gekommen  zu  sein.  Am  fünften  Tage  nach  der  Aufnahme  ins  Spital  erfolgte  Iff 
Tod.  An  der  Gehirnbaeis,  besonders  zwischen  dem  Circulus  arter,  Williaii  fand  mok  •« 
reichliches  plastisches   Exsudat  mit  Yerdickung  der  Pia  mater.    Der  Nerv,  ocnlomotoin 


i 


&r  durchaus  vom  Ex&iidate  umgeben,   das  nach  mehreren  Seiten  AdbäeioDSfitränge  auege- 
Dbickt  hatte.     Lioks  erstreckte  sich  dasselbe  bia  zum  Cbiasma,    recbts  etwas  weiter  nach 
^'^ome,    J)m  Ursprun^srinnen  der  Nerven  an  der  Seite  der  Medulla  waren  mit  einem  Extra- 
vasat auagefüllt,  und  fanden  sich  daselbst  ausgedehnte  VerwachsuiiKen ;  irn  Pens  ein  kleines 
Blutcoagalum ;  in  den  Seitenventrikeln  viel  Serum.    Die  Wände  derselben  ziemlich  erweicht. 

Wir  hatten  schon  auf  pag.  502  erwähnt,  dass  die  Beobachtung  Klatsch- 
kin's  {1101)  wahrscheinUch  als  Neuritis  malarica  anfgefasst  werden  müsse. 

Kin  IßjähTiges  Mädchen,  das  nämlich  viele  Jahr©  an  Intermittena  und  Kopfschmerzen 
f^dlitten  hatle,  bekam  eine  linksseitige  rein  periodische  Lähmung  des  Nerv,  oculo- 
xnotorius,  welche  von  Anästhesie  des  ersten  Astes  dea  linken  Trigemi nun  begleitet  wurde. 
Die  Ocalomotoriualahmnng  Irat  dreimal  auf  und  fiel  jedesmal  mit  sich  wiederholenden  Fieber- 
anfallen  zusammen.     Die  Cbininbehandlung  fübi-te  alle  Male  zur  Heilung. 

Auch  der  auf  pag.  460  erwähnte  Fall  Dej  er  ine's  (1043)  mit  perio- 
discher OcuJomotoriusHihinung  bei  ni  ri  1 1  i  p  1  e  r  Neuritis  niuss  hier  noch 
emmal  angeführt  werden. 

Ein  57 jähr.  Gärtner,  der  im  55,  Jahre  Tjpbus,  aber  nie  Syphilis,  gehabt  hatte,  war 
seit  4  Monaten  krank.  Der  rechte  Bulbus  war  unbeweglich,  der  linke  heachränkt  beweglieh. 
Beideraeits  bestand  Ptosis»  rechts  stärker  als  links.  Allgemeine  Extremitätenschwäche, 
besonders  des  linken  Arms.  Abachwächung  der  Fatellarrefiexe.  Ks  scheintf  dass  diese 
Symptome  das  dritte  Reeidiv  dargestellt  hatten*  Im  -Jahre  1881  halte  er  zuerst 
linksseitige  Ptosis,  dann  Lähmung  aller  Muskeln  des  Qesidits  und  der  Extrem itütem 
Nach  7  Monaten  trat  Heilung  ein.  Im  Jahre  1888  Reeidiv  aller  Symptome.  Es  wurde  dabei 
ünbeweglichkeit  der  Bulbi,  Lähmung  der  Zunge,  des  Pharynx,  des  Orbicularis,  Atrophie  en 
masse,  WestphaFschea  Phänomen,  Dyapnoe  und  Orthopnoe  konstatirt.  Im  Jahre  1886 
Heilung.  — 

Auch  die  chronische  isoli  rt  bleibende  Ophthalmoplegie  (siehe 
pag.  117)  könnte  zur  Ven^echselung  mit  der  recidivirenden  Oculomotorius- 
läbniung  ftihren, 

So  traten  im  Falle  Birdsall  (297)  die  Lähmungen  einzelner  Augenmtiakeln  mit  der 
Ptosis  iDtermittirend  auf,  um  nach  einigen  Wochen  stabil  zu  werden. 

In  Dafour's  Beobachtung  (290)  entstand  bei  einem  51jährigen  Manne  vor  25 
Jahren  vorübergehende  Ptosis,  vor  18  Jahren  linksseitige  Ptosis,  welche  ebenfalls 
wieder  verschwand.  Im  49.  Jahre  abermals  linka  Ptosis  und  zwei  Monate  später  rechts. 
Später  wurden  die  iussereh  BuIbuBmusketn  und  die  Iris  mitergritfen. 

Bei  einem  5 monatlichen  Kinde  trat  nach  Eliasberg  (286)  im  Alter  von  5  Monaten 
zuerst  Strabismus  dea  rechten  Auges  auf  und  verschwand  wieder  nach  14  Tagen,  um  nach 
weiteren  14  Tilgen  dauernd  zu  werden.  Zwei  Monate  später  gesellte  sich  Ptosis  dazu. 
Alles  übrige  war  normal. 

In  einem  Fßlle  von  Ormerod  und  Holmes  Spicer  (1099)  war  periodische  Lähmung 
beider  Oculomotorii  eingetreten  im  Verlaufe  lang  .anhaltender  Kopfschmerzen  mit  schliess- 
lichem  Ausgange  in  beiderseitige  komplete  Ophthalmoplegia  exterior.  Oh  der  Fall  jedoch 
hierher  gehört,,  ist  bei  der  fragmentarischen  Wiedergabe  desselben  zweifelhaft. 

Das  Fehlen  der  Kopfscbmeraen  bei  den  Anfällen,  das  meist  doppelseitige 
Auftreten  der  Äugenmuskellähmiingen  und  das  so  häufig  beobachtete  eigen- 
thüniliche  Schwanken  der  Intensität  der  Lähmungen  im  Laufe  des  Tages  sind 
Eigenthiiralichkeiten,  welche  mehr  bei  der  chronischen  progressiven  isolirt 
bleibenden  Oplithatmoplegie  gefunden  werden,  wiewohl  auch  im  Falle  Manz 
(1080)  von  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  die  Pupillenreaktion  und  die 
Accomniodation    fast   täglich    Schwankungen    zeigten,    für    die    keine 


510 


Die  Ptoek  l»ei  der  recidivirenden  Oculomotorioslähmung. 


besondere  Ursache  aufgefunden  werden  konnte.     Ausserdem  ist  die  Im  ün4l 
die  Accommorlation  bei  der  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie  nur  ausnakni«»! 
weise  gelähmt,  während  dies  bei  der  recidivirenden  Ocuioraotoriiislähmang  fast 
die  Regel  ist. 

Auch  das  Kapitel  der  chronischen  und  subchronischen  Oph- 
thalmoplegie kombinirt  mit  Bul  bärkern-  und  Vorder  hörn- 
erkranknugen  (siehe  pag.  203}  liefert  uns  zwei  der  periodischen  Ociiio- 
motoriuslähmung  ähnliche  Falle,  So  erzählt  Dufour  (393)  folgende  BeoK 
achtung  (vergleiche  pag,  2{)1): 

Ein  51j&briger  Mann  hatte  vor  25  Jahren  eine  vorübergebende  doppel86ili| 
PtoatB,  Vor  18  Jahren  abennak  eine  I itiksBeit  ige  Levatorläh  muog,  welchen 
vorüberging.  Eine  Lähmung  der  linken  Hulbusbeber  trat  vor  18  Monaten  anf,  ond  ri 
Monate  später  wnrden  auch  die  rechten  Bulbusheber  befftllen.  Seit  3  Monaten  bestellt  eiat 
Lfthmung  des  linken  Äbducens,  dann  kam  eine  Lähmung  beider  Trochlearea  mit  Aboib&f 
daa  Pupillenreflexes   auf  Licht  btnzu,    Ophrhalmoakopisch    normal.      Pateliarreflex  ooraiL 

Die  als  Forme  fruste  der  asthenischen  Bulbärparaljse  (t 

gleiche   pag.   228),    von   Karplus    als    asthenische    Oph t halmoplegi 
bezeichneten  Fälle  periodischer  Augenmuskel  Iah  umug  verdienen  ebenfalls  ] 
angeführt  zu  werden. 

Kar  plus  (462)  hericbtet,  dass  hei  einer  24jjlhrigen  Frati  im  6.  Jahre  ohne  iossete 
VeranlaBfiung  eine  geringgradige  recbt^äeitige  Ptoais  aufgetreten  sei»  welch©  in  ^ 
nächsten  Tagen  an  Intenaität  zugenommen  habe«  und  welcher  sich  iu  dem  Laufe  dtf 
nlchaten  Wochen  auch  linksseitige  PtoaiB  hinzugesellt  hätte.  Nach  «Einern  Jahre  ging  dii 
beiderseitige  Ptosis  allmählich  zurück.  Seither  traten  alljöhrltch  in6hrw5ebia!kliflk 
dauernde  Anfälle  starker  b eider  e  ei  tiger  Ptosis  auf. 

Während  dieser  Zeiten  froh  Remissionen,  abends  Exacerbationen  der  Parese.  Spit« 
Schwäche  und  auffallende  Ermüdbarkeit  iu  den  Ober-  und  Unterextremitdien.  Dinof 
Ophthalmoplegia  exterior.  BeiderseitB  Ptosis  mittleren  Grades»  Parese  des  Stirn-  rai 
Aagenfacialis,  vorübergehende  Kauöch wache. 

Camnset  (472)  berichtete  Über  einen  55  Jahre  alten  KapitÄn,  welcher  vor  :^5  Jahr*fl 
von  einer  Diplopie  befallen  wurde,  die  nach  1—2  Monaten  wieder  veracli wunden  vu. 
5  Jahre  apäter  erschienen  dieselben  Symptome  mit  leichter  doppelseitiger  Ptosia  oai 
hielten  ein  Jahr  lang  an,  8  Jahre  später  trat  wieder  ein  Anfall  mit  Doppelt^sehen  quI 
Ptosis  auf^  komplizirt  während  zweier  Monate  mit  Schlingbeschwerden  und  hochgradiger 
allgemeiner  Schwöehe.  Nach  7  Monaten  voll&tändige  Heilung.  Nach  9  Jahren  ein  neoer 
Anfall  mit  beiderseitiger  Ptosis,  totaler  Ophthalmoplegia  exterior  und  nachfolgender  alls^ 
meiner  Schwäche,  Bis  zur  vollen  Ent Wickelung  deraelben  vergingen  4  Monate.  Dii*  llii 
and  die  Accommodution  waren  stets  frei  gohlieben.  Keine  Sehstorungen  beim  naonoktdlna 
Sehakte.     Der  ophthalmoskopische  Befund  heideraeits  normaL 

Duboys  (412)  (vergL  pag.  210)  beobachtete  einen  30jährigen  Katscber,  der  deir 
lange  an  Gelenkrheumatismus  gelitten  und  mit  24  Jahren  heftige  K  opf  scbmersco 
mit  Doppelt  sehen  nnd  Ptossis  der  linken  Seite  bekommen  hatte,  welche  Stömii^ 
einen  Monat  lang  anhielten  und  in  jedem  Frühling  wiederkehrten.  Beim  6.  Anfalle  wnfit 
beiderseits  Ophthalmoplegia  mixta  cumpleta  gefunden.  Die  weiten  Papillen  reagirtafl 
ein  wenig.  Nach  wenigen  Tagen  Lähmung  des  Schlundes  und  des  rechten  Armes-  Ta4 
durch  Lähmung  der  Athemmuskeln,  Bei  der  Sektion  fand  man  nur  eine  leichte  Bluiüber 
f&llung  der  Meningen. 

Weil  in  diesem,  der  Krankheit  ^recidivirende  Oculoraotoriuslähnmng*  1 
ähnlichen  Falle,  sowie  in  dem  später  auf  pag.  512  zu  erwähnenden  Falle  too 


Tentlrassik  die  tSektion,  sowie  die  mikroskopische  Untersuchung  keinerlei 
Anhaltspynkte  für  ein  organisches,  die  Symptome  bedijigendcs  Gnindleiden 
geboten  hatte,  so  darf  man  auch  die  Annahme  Senator's,  dass  die  „rein 
periodischen  Fälle"  von  recidivirender  Oculomotoriuslähmung  funktioneil  ner- 
vöser Natur  seien,  noch  nicht  als  widerlegt  betrachten. 

Femer  gehören  hierher  einige  Fälle  sog.  recidivirender  Nuclear- 
1  ä  h  m  u  n  g. 

So  beobachtete  Parenteau  (1113)  awei  Fälle  rückfälliger  Augenmus kellähmuiig  ohne 
ligräne.  Eine  Frau  hatte  Anfälle  vollatätidiger  Ophtlialmoplegie  seit  ibrom  12.  Jahrei  und 
mik  16 jähriger  Knabe  alle  3  Monate  solche  des  Oculonioborius.  Die  Kranken  befanden  aich 
vor  den  Anfällen  nicht  ganz  wohl,  aie  hatten  aber  keine  Migräne. 

Wenn  in  diesen  beiden  Fällen  der  Migraneschmerz  bei  den  Attacken 
vermisst  wurde,  so  muss  betont  werden,  dass  bei  der  ersten  Beobachtung 
Schmidt-Riiupler's  {1121),  die  derselbe  bestimmt  zur  Krankheit;  reci- 
divirende  Oculomotoriuslähmung  rechnet,  ebenfalls  keinerlei  Zeichen  einer 
Migräne  vorhanden  gewesen,  und  dass  den  Lähmungsattacken  keine  Kopf- 
schmerzen vorausgegangen  waren. 

PflQger  (1057)  beobachtete  ein  22 jähriges  Frauenzimmer,  das  zuerst  im  18.  Jahre 
März  1*581)  während  einiger  Wochen  heftige  Schmerzen  in  der  Umgehung  des  linken  Anges 
nnd  dann  zwei  Müoate  lang  AngenmuskelUibmung  links  und  L&hmung  der  linken  Gesichts- 
h&lfte  gehabt  batte.  Im  Fehrunr  188-^  zweiter  Anfall:  Neuralgie  und  nachfolgende  Lähmung 
des  rechten  Oculomotorius,  8  Tage  lang  dauernd.  Im  Juli  188vi  heftiger  Anfall  mit  gleichen 
Symptomen.  Wgbrend  der  Besserung  S  Wochen  Lang  rechtsseitige  FacialishLhmung.  Ende 
April  1885  neuer  Aufall.  Intensive  Neuralgie  Über  dem  rechten  Au^e,  dann  Lühmung  des 
rechten  Ocalomot oriua. 

Pflüg  er  fand  die  Kranke  im  Juni  nervös  und  b  erabgekommen  durch  die  heftigen 
Schmerzen,  welche  sich  über  den  ganzen  Kopf  erstreckten,  am  stärksten  über  den  Augen  und  dem 
Arcus  Eygomaticus  waren  und  gegen  Abend,  ohne  je  zu  verschwinden,  exacerbirten.  Krhrecfaen 
hatte  nie  bestanden;  der  Augenbintergrund  war  normal.  Zunüchst  Besserung.  Dann  im  Juli 
wieder  rechtsseitige  Lähmung  der  äusseren  Oculomotoriuamuskeln  ohne  Betheilignng  des 
Sphinct.  iridis  und  M.  ciliaris.  Wieder  stärkere  Schmerzen.  Am  18.  Juli  lancinirende 
Schmerzen  vom  linken  Froc.  mastoid,  nach  dem  Nacken.  Am  19.  Lähmung  des  linken 
Abdocens  und  des  linken  Facialis.  Die  Augenlähmnng  ging  stetig  zurück»  war  am  23-  Juli 
auf  den  Eectus  sup.  bescbränktt  Ende  Juli  ganz  geheilt.  Tom  Beginne  der  linksseitigen 
Abducens-  und  Facialislähmung  an,  hatten  die  Schmerzen  nacligelassen  und  bestanden  nur  in 
geringerem  Grade  in  der  linken  Nackengegend.  Die  linksseitigen  Lähmungen  gingen  lang* 
ftftni  zurück. 

Id  diesem  wie  in  den  folgenden  Fällen  traten  die  Lähmnngganfälle 
alternirendj  bald  rechts  bald  links  auf,  ein  Umstand,  welcher  bei  der 
recidivirenden  Ociiloraotoriuslähmunt;  im  Allgemeinen  nicht  vorzukommen 
pflegt,  aber  doch,  wie  erwähnt,  im  Falle  Darquier  (1059)  beobachtet  worden  ist. 

Ziehen  (1058)  beobachtete  ebenfalls  einen  Fall  von  recidivirender,  alterniren- 
der  Oculonaotoriualähmung. 

Eine  SSjfihrige  Korbmachei-sfran  war  wegen  Grössen-  und  Wahnideen  in  die  Irren- 
anstalt aufgenommen  worden.  Seit  ftlnf  Monaten  klagte  sie  über  Kongestionen  und  Kopf- 
druck, Erscheinungen,  die  aich  nach  Biergenuas  steigerten;  das  Gemchsvemiögen  war  za 
gleicher  Zeit  verschwunden.  Bei  der  Aufnahme  des  Status  waren  beide  Pupillen  sehr  eng, 
die  linke  Pupille  apiirweise  weiter  als  die  rechte,  die  Reaktion  prompt.  Es  bestand  starke 
sekundäre  Innendeviation  des  linken  Auges,  schwache  des  rechten.    Nach  häufigem  Zusammen* 


512  Die  Ptosis  bei  der  recidivirendeD  OculomotorinaUÜiminig. 

zacken  in  der   Nacht  trat  leichte  Ptosis   des  linken  Auges  und  Lfthmung  des  liaka 
Mnsc.  rectus  intemas  unter  Migräne  auf.      Die  Pnpillendifferenz  war   kaum  nachweiikr. 
die  Reaktion  erhalten.    Fünf  Tage  später  hatte  sich  eine  linksseitige  Lähmung  der  insMm 
Augenmuskeln    entwickelt,    während    die    Accommodation    und    Pupillenreaktton   nonial 
geblieben  waren.    Weitere  sieben  Tage  war  der  Nervus  supraorbitalis   links  dmckeapiai- 
lieber  als  rechts,  und  es  bestand  Druck  im  linken  Auge.   Nach  ungef^Üir  zwei  Wochen  wir 
die  Ophthalmoplegie  gebessert,  ebenso   die  Ptosis.    Nach  weiteren   zwei  Wocheo  wir  ae 
geheilt.    Dafür  traten  jetzt  im    anderen   Auge    Schmerzen  und    ConjunctiTitis  aal    Nad 
drei  Tagen  hatte  sich  unter  Migräneerscheinungen  Ptosis  und  Ophthalmoplegia  ezierior 
rechterseits  entwickelt;  Pupillendifferenz  nicht  deutlich.     Im  Verlauf   von   4  Woebeo  wv 
Heilung  eingetreten.    Kurz  darauf  hatte  sich  linksseitig  derselbe  Prozess  unter  Fieber  iBi4 
Appetitlosigkeit  wiederholt.    Vier  Wochen  später  bestand  die  Erkrankung  der  linken  Sdti 
noch  ziemlich  unverändert  fort. 

Den  Fall  de  Bono  (1118)  mit  alternirender  recidivirender 
Oculomotoriuslähmung  hatten  wir  schon  auf  Seite  505  bei  der  Loes 
erwähnt.  Den  folgenden  Fällen  von  alternirender  recidivirender  Oculomotoriiis- 
lähmung  resp.  Ophthalmoplegie  lag  Tabes  zu  Grunde. 

Woinow  (875)  berichtet  über  einen  Fall,  bei  welchem  anderthalb  Wochen  nad 
Lähmung  des  Rectus  internus  am  rechten  Auge  sich  Paralyse  des  M.  rectus  internus  mi 
Obliq.  sup.  des  linken  Auges  einstellte.  Dann  wurde  fünf  Tage  später  Paralyse  des  M. 
rectus  und  Obliqu.  des  rechten  Auges  konstatirt.  Nach  vier  Wochen  waren  alle  Mnakeb 
wieder  normal,  bis  wieder  zwei  Wochen  später  Lähmung  des  Rectus  superior  beidefseits 
auftrat. 

Jendrassik  (376)  sah  einen  Tabiker,  welcher  bei  der  Auftiahme  ins  Hospitil 
rechterseits  eine  weite  Pupille,  eine  Ptosis,  Strabismus  divergens,  Facialis-  und  sensiU« 
Trigeminuslähmung  zeigte.  Der  ganze  Symptomenkomplez  begann  nach  einem  haOMS 
Jahre  sich  zu  bessern,  und  die  vollständige  Heilung  vollzog  sich  in  8 — 10  Tagen. 

Während  dieser  Zeit  entstand  aber  die  gleiche  Lähmungsform  auf  der  linken  Seite 
in  gleichem  Schritt  mit  der  Besserung  auf  der  rechten  Seite.  Ein  halbes  Jahr  später  wanderte 
die  ganze  Lähmung  wieder  nach  der  rechten  Seite  zurück.  Bei  der  Sektion  war  nichts 
Auffallendes  an  der  MeduUa  oblongata  zu  erkennen.  Auch  die  mikroskopische  üntersnebimg 
erwies  keine  Veränderung  in  den  betreffenden  Nerven  kernen. 

Bunzel- Feder  (1179).  32 jähriger  Postbeamter.  Im  Jahre  1875  rheumatisciie 
Schmerzen.  Im  Jahre  1883  Rheumatismus  art.  acut,  und  Perikarditis.  Im  Jahre  li^ 
Lähmung  der  Accommodation  links.  Am  3.  12.  1890  links  Ptosis,  Lähmung  des  linken 
Trochlearis.  Nach  6  Monaten  verschwindet  die  Ptosis  links  und  erscheint  rechts,  inden 
sie  in  wenigen  Tagen  manchmal  stärker,  manchmal  leichter  eintritt.  Die  Trochlearislähmoag 
besteht  fort.  Seit  einem  Jahre  tägliche  Anfälle  von  Tachykardie.  Der  Anfall  fängt  mit 
stechenden  Schmerzen  an  der  Brust  und  am  linken  Arme  und  mit  starker  Pulsation  an  des 
Halsarterien  an  und  dauert  einige  Minuten  bis  eine  halbe  Stunde.  Der  Puls  steigt  dam 
bis  zu  160.  Die  Stärke  des  Anfalls  kann  durch  tiefe  Inspirationen  vermindert  werden  und 
auch  aufhören.  Fundus  oculi  noimal.  Beiderseits  besteht  Miosis  und  Pupillenstarre.  Die 
Anfälle  sind  nach  Mahlzeiten  stärker. 

Bernhardt  (1120).  Sljähriger  Mann.  Seit  9  Jahren  krank.  Keine  Syphilis.  Die 
Krankheit  begann  mit  Mydriasis  und  Lähmung  der  Accommodation  links.  Nach  einen 
Monate  Parese  des  Levator  palp.  sup.  links,  Lähmung  des  Rectus  inferior,  interaiB 
und  superior.  Nach  fünf  Jahren  Lähmung  des  rechten  Abducens.  Nach  einem  Jahre  HeilaBg 
und  Lähmung  des  linken  Abducens.  9  Jahie,  nachdem  die  Augenaffektion  angefangen  hatte, 
Parästhesien  und  lancinirende  Schmerzen  in  den  Beinen.  Normaler  ophthalm.  Befand; 
Zuckungen  in  den  unteren  Facialiszweigen.  Pupillenstarre,  links  zuerst,  nach  5  Jahrea 
rechts.  Nach  einem  Jahr  kehrte  die  Reaktion  bei  Konvergenz,  nach  einem  zweiten  Jahre 
auch  die  Lichtreaktion  wieder. 


Die  Ptosis  bei  der  recidmrenden  Oculomotoriuslähmung.  513 

Auch  einzelne  Fälle  hysterischer  Augenmuskellähmutigen   mit 

ligräne    resp.    Neuralgien,    wie    die    auf   Seite    473    erwähnten    Fälle    von 

rasparini  (1010)  und  von  Eissen  (1024),  welche  jedoch  auch  als  hegin- 

lende  multiple  Sklerose  gedeutet  werden    könnten,    würden    bezüglich 

ier  Differentialdiagnose  von  recidivirender  Oculomotorinslähraung  in  Betracht 

ziehen  sein. 

Cantalamessa  (1065)  erzählt  folgenden  Fall  Ein  16 jähriges  Mädcheo  wurde  im 
Winter  1888  von  beftigen  Kopfschmerzen  geplagt,  welch©  oft  4,  5  bis  10  Tiigo  audfluerlen 
.  mid  anfangs  jeden  Monat  eintraten.  Im  Winter  1890  gesellte  sich  xu  tlen  Anfällen 
r  Erbrechen«  Das  Gehör,  der  Gernch  und  dos  Gesicht,  sowie  der  Augeuspielbefund  waren 
normal.  Dagegen  beitand  rechts  Mydriasiis,  Btrabismas  diyergens  und  Ptosis,  aucb 
wmde  eine  leichte  Herabsetzung  des  Geschmacks  an  der  vorderen  und  hinteren  Hälfte 
der  Zunge  beobachtet.  Die  Sensibilität  war  links  herabgesetzt.  Der  Druck  auf  die  Aeste 
des  Qulntus  und  auf  verschiedene  Stellen  der  Wirbelsäule  sehr  schmerzhaft. 

Dieser  Znstand  hegleitet  von  unstillbarem  Erbrechen  dauerte  ungefähr  eine  Woche, 
d&na  beruhigte  sich  die  Kranke,  Kopfachmeri,  Erbrechen  und  die  Oculomotoriuslähmung 
Terachwand,  dagegen  war  eine  leichte  konzentrische  Gesichtsfeldeinschränkung,  namentlich  auf 
dem  rechten  Auge  £U  konstatiren.  Der  Anfall  begann  mit  leichten  Fieberbewegungen  und 
war  auch  von  StÜru^ng  der  Athmungsorgane  begleitet.  Die  relative  Ruhe  dauerte  bis  zum 
28.  Februar.  An  diesem  Tage  neuer  heftiger  Anfall,  hei  weichem  ausser  allen  früher  beob- 
achteten Erscheinungen  noch  eine  linksseitige  Ptosis  mit  Strabismus  divergens  und 
Trübung  des  Sehvermögens  auf  dieser  Seite  hinzutrat.  Auf  diesen  Anfall  folgte  wieder 
eine  Periode  relativen  Wohlbefindens  bis  zum  27.  März;  an  diesem  Tflge  neuer  Anfall  mit 
gleichen  Symptomen  wie  heim  letzten,  nur  vermehrt  um  eine  Paralyse  des  rechten  Mund- 
facialls. 

Am  4.  April  neuer  Anfall  und  dann  Auftreten  einer  Ruhepause,  welche  bis  zum  17. 
April  dauerte,  und  während  welcher  alle  krank  haften  Sj  mptome  verschwun- 
den waren. 

An  diesem  Tage  neuer  Anfall  von  zweitägiger  Dauer,  während  der  vorhergehende 
AnfaJl  4  Tage  gedauert  hatte 

Bei  diesem  letzten  Anfalle  klagte  die  Kranke,  nachdem  die  übrigen  Erscheinungen 
verBch  wunden  waren.  Über  eine  schmerzhafte  Zusfimmenziehung  der  Muskeln  des  rechten 
Beins,  Auch  diese  Kontraktur  verschwand  nach  wenigen  Tagen.  Hierauf  folgte  eine  lange 
Zeit  des  Wohlbefindens,  bis  dann  wieder  rechts  eine  leichte  Ptosis  ohne  Strabismus  und 
ohne  Pupiüenläbmung  auftrat.  Die  Ptosis  verscbwand  dann  wieder,  und  es  wurde  die  Kranke 
aus  der  Beobachtung  entlassen. 

A.  Hin  de  (1098)  beschreibt  folgenden  Fall:  Nachdem  in  8  Wochen  nur  die  Ptosis  ab- 
genommen hatte,  begann  zugleich  mit  einer  Menstruation  ein  neuer  Anfall,  Die  Kranke 
©rwBcbte  in  der  Nacht  mit  WUrggefühl  und  SchwiudeL  Am  Morgen  Schmerz  um  das  linke 
Äage  und  in  der  linken  Kopfhälfte,  welcher  rasch  zunahm  und  sich  mit  Erbrechen  verband. 
Der  Schmerz  bestand  aus  einzelnen  8t5ssen  and  grosser  Heftigkeit,  die  nach  je  3  —5 
Minuten  wiederkehrten  und  2  — B  Minuten  andauerten.  Dia  Empfindlichkeit  der  Haut  der 
oberen  linken  KörperbäUte,  die  Riech-  und  Schmeckfähigkeit  links  waren  erloscben.  Das 
GobOr  des  linken  Ohres  war  gut,  nur  Klingen  bestand  zeitweise.  Schmerzen  und  Erbrechen 
dauerten  zunSchst  in  gleicher  Weise  fort..  Erst  am  nächsten  Tage  hörten  die  quälenden 
8chmerzsti)sse  und  mit  ihnen  das  Erbrechen  auf,  ein  dumpfer  Kopfschmerz  blieb.  Es  hatte 
sich  über  die  gan^e  linke  Körperhälfte  Hemiauästhesie  ausgebreitet.  Die  linke  Cornea  war 
ganz  unempfindlich.  Am  3.  Tage  war  der  Zustand  unverändert,  nur  nahm  der  Schmerz  ab. 
Am  4.  Tage  Schwäche  des  linken  Gliedes  und  angeblich  Sprachbeschwerden.  Am  5.  Tage 
Wohlbefinden  j  die  Symptome  sonst  unverändert;  Amaurose  des  linken  Auges  ohne  nach- 
weisbare Veränderungen.     Die  Kraoke  nahm  ihre  Arbeit  als  Wäscherin  wieder  auf 


514  Die  Ptosis  bei  der  recidivirenden  Qcalomotorinslähinnng. 

Die  reichhaltige  Zusammenstellung  von  Fällen  mit  sich  wiederholende; 
Lähmung  des  Oculomotorius  zeigt,  wie  schwierig  die  Diiferentialdiagnose  bei 
der  recidivirenden  Oculomotoriuslähmung  sich  gestalten  kann.  Vor  aDen 
müssen  diejenigen  Krankheiten  in  Betracht  gezogen  und  ausgeschlossen  werden, 
in  deren  Verlauf  wiederholt'  Oculomotoriuslähmungen  vorkonunen  können. 
Wenn  dieselben  auch  direkt  aus  den  mitgetheilten  Fällen  sich  ergeben,  so 
wollen  wir  sie  dennoch  der  Uebersichtlichkeit  halber  nach  der  Gnind- 
krankheit  geordnet  hier  anführen: 

1.  Intrakranielle  Tumoren: 

a)  im  Oculomotoriusstamm,  Türck  p.  504, 

b)  im  Cerebrum,  Gianelli  p.  455. 

2.  Aneurysmen  der  basalen  Gefasse  des  Gehirns: 

Fiedler  p.  504,  Rauchfuss  p.  505. 

3.  Schwellung  des  Sinus  cavernosus: 

Luzenberger  p.  505. 

4.  Syphilis  des  Gehirns: 

Adams  p.  505,  de  ßono  p.  505. 

5.  Tabes: 

Pel  p.  505.  Ormerod  p.  506,  Howard  p.  506,  Marina  p.506 

6.  Syringomyelie: 

Jolly  p.  506. 

7.  Meningitis  chron.: 

a)  Weiss  p.  507,  Massalongo  p.  508,  Gubler  p.  508, 

b)  bei   Ohrerkrankung  Wadswort  p.  507,   Saundby  p.  oOT. 
Schmidt-Rimpler  p.  508. 

c)  bei  Nasenleiden  Coombs  Knapp  p.  508. 

8.  Multiple  Neuritis: 

Dejerine  p.  509. 

9.  Chronisch  isolirt  bleibende  Ophthalmoplegie: 

Birdsall  p.  509, 

Dufour  p.  509, 

Eliasberg  p.  509, 

Ormerod  und  Holmes  Spicer  p.  509. 

10.  Die  chronische   und   subchronische  Ophthalmoplegie,   kombinirt  mit 
Bulbärkem-  und  Vorderhomerkrankung: 

Dufour  p.  510. 

11.  Die  asthenische  Ophthalmoplegie: 

Karplus  p.  510,  Camuset  p.  510. 

12.  Multiple  Sklerose  I  Gasparini  p.  473,  Bissen  p.  473, 

13.  Hysterie  J  Cantalamessa  p.  513. 


L 


Die  Ptosis  bei  der  recidirirenden  Oculomoionuglälimuiig.  515 

Bevor  man  also  eine  recidivirende  Oculomotoriuslähmung  als  Krankheit 
i  generis  diagnostizirt,  müssen  die  vorstehenden  Krankheiten  ausgeschlossen 
^erden.  Bei  der  recidivirenden  (leulomotorioslähmuug:  nun  dürfte  es  sich  bei 
sn  bis  jetzt  bekannten  Fällen  um  zwei  Gruppen  handeln: 

Die  eine  umfasst  die  grössere  Anzalil  Ton  Beobachtungen  und  dürfte 
Hinblick  auf  den  negativen  Sektionsbefund  und  auf  den  innigen  Zusammen- 
ang  dieser  Fälle  mit  der  Migräne  vielleicht  schliesslich  doch  wohl  als  eine 
Unterabtheilung  dieser  Erkrankung  anerkannt  werden. 

Die  zweite  Gruppe  scheint  neuritischer  Natur  zu  sein  (Neuritis  malarica 
[Klatschkin))  und  könnte  vielleicht  eine  Analogie  in  der  recidivirenden  Fa- 
cialislähmung  finden,  die  ja  ebenfalls  neuritischer  Natur  ist. 

§  252,  Im  folgenden  fügen  wir  noch  zwei  eigene  in  dieses  Kapitel  gehörende 
Beobachtungen  zu  den  bereits  erwähnten  hinzu. 

E.  B.  acht  Jahre  altes  Mfidchon*  Vater  in  Folg«  emea  Unfalls  geatorben.  die  Mutter 
8oU  unterleibaletdend  und  mne  Schwester  bmstJeidend  sein,  eine  Schwester  ist  an  Drüsen,  und 
mehrere  andere  Geschwister  sind  an  unbekannten  Krankheiten  zu  Grunde  gegangen.  Patientin 
will  früher  im  Allgemeinen  gesund  gewesen  sein,  seit  mehreren  Jahren  leidet  sie  jedoch 
leitweilig  an  Schmerz  an  fällen  von  mehrtägiger  Dauer  über  dem  rechten  Änge.  Erbrechen 
and  Stl»rungen  von  Seiten  der  Augen  waren  nicht  vorgekommen. 

Vor  14  Tagen  leichte  katharrhalische  Angina.  Vor  8  Tagen  traten  die  Kopfschmerzen 
Aufiällig  stark  und  ohne  Cnterhrechung  auf-  Patientin  war  Nachts  schlaflos.  Die  Schmerzen 
zogen  hinauf  bis  zum  Scheitel ,  blieben  aber  immer  halbseitig.  Seit  8  Tagen  wurden  die 
Schmerzattacken  auch  von  Krbrechen  begleitet.  Seit  derselben  Zeit  hftugt  das  rechte 
Oberlid  herunter  und  besteht  Schielen  mit  Doppel t^ehen  Sonst  sind  Klagen  über  Appetit- 
losigkeit und  allgemeine  Mattigkeit  vorhanden.     Schwindel  besteht  nicht. 

Bezüglich  der  Ursache  des  Leidens  giebt  die  Mutter  an,  Patientin  sei  als  kleines 
Kind  aus  einer  in  voller  Fahrt  begriffenen  Droschke  auf  die  rechte  Seite  des  Kopfes  gefallen. 
Bewosstlos  sei  sie  danach  nicht  geworden,  sondern  nur  „dÖsig";  auch  war  sie  weder  übel 
nach  dem  Fall,  noch  hat  sie  gebrochen.  Kopfschmerzen  hat  sie  danach  nicht  gebäht 
Erst  ein  halbes  Jahr  nach  diesem  ünfalU  seien  zum  ersten  Maie  die  Kopfschmerzeii  über  dem 
rechten  Auge  aufgetreten. 

Status  praesens:  (20.  Sept.  1898):  Anscheinend  schwerkrankes  Kindp  grosse  Hin- 
fälligkeit, starke  Pulsverlangsamung  (54  Schläge  pro  Minute).  Das  rechte  obere  Augenlid 
hängt  fast  ganz  herab  und  läest  nur  eine  geringe  Spalte  offen  (siehe  Figur  lOS);  das 
Lid  kann  aber  durch  Kontraktion  des  Frontalis  noch  etwas  gehoben  werden.  Die  rechte 
Pupille  weiter  als  die  linke.  Die  Reaktion  auf  Licht  und  Accommodation  etwas  träger  als 
links,  aber  ergiebig.  Die  Bewegungen  des  rechten  Bulbus  im  Sinne  aUer  vom  Oculomotorius 
versorgter  Muskeln  stark  behindert.  Die  Bewegungen  des  Rectus  extern us  und  des  Obliquus 
superior  normal.  Von  Seiten  des  linken  Auges  keinerlei  Störungen.  Der  Augensptegelbefund 
ist  beiderseits  normal.  Das  Seh  vermögen  des  rechten  Auges  aber  herabgesetzt.  Der 
Facialis  beiderseits  norniai,  der  Tr  ige  minus  ebenso;  vielleicht  besteht  eine  geringe 
Hyper&sfbeaie    für  Nadelstiche  im    rechten  Stimast.      Der  Acusticua  beiderseÜa  normal. 

Die  Zunge  belegt,  wird  gerade  herauagestreckt  und  zittert  nicht.  Beim  Beklopfen 
des  Kopfes  ist  eine  markstückgrosse  Stelle  auf  der  Mitte  des  rechten  Scheitels  an  der 
Verbindungslinie  beider  Ohren  über  dem  Scheitel  massig  empfindlich. 

Die  Sehnen-  und  Hautreflexe  sämmtlich  normal.  Psyche  nicht  gestört.  Normaler 
Herzbefund. 

Eeine  Motilitätsstörungen  in  den  Gliedern.  Die  rohe  Kraft  normal.  Keine  Ataxie. 
Keine  Sensibilitütsstörungen  am  Körper.  Die  Comealrefiexe  vorhanden.  Geruch  beiderseits 
gleich.     Der  Geschmack  ist  entschieden  gestört. 

Witbrand-Saenser.  K«arolopo  dei  Attges.    I.  Bd.    IL  Abtfaelltuig.  M 


Die  Ptasia  bei  der  recidiTir^nden  Oculomotoriaslahmaog,  517 

Beiderseits  ist  der  Eornigator  innenrirt,  reckts  mehr  als  links.  Die  rechte  Angeiu 
stellt  etwas  tiefer  nod  ist  horixotiteler  als  die  Unke,  Im  oberen  Lid  sind  ^ahlreidi^ 
el  gestellte,  horizoDtäl  verlaufende  F&lteD,  Da^  rechte  untere  Lid  zeigt  mit  der 
Konvexität  nach  dem  inneren  Lidwinkel  hin  zahlmche  konyergirende  Filtdien.  Beim  Blick 
geradeaus  und  bei  unbedecktem,  linkem  Auge  klaffe  die  rechte  Lidspalte  um  2  mm.  Bei 
Zuhalten  der  linken  Lider  erweitert  sich  etwas  die  rechte  Lidspalte.  Bei  gegen  den  Orbital* 
rand  gedrückter  Ltdhaut  (zur  Ausschaltung  der  Frontaliswirkung)  kann  das  Lid  bis  lur 
HiÜfte  der  Pupille  geb«>ben  werden,  noch  besaer  bei  Frontalisinnervation  isiebo  Figur  104). 
I>ie  rechte  Pupille  ist  doppelt  soweit  als  die  linke.  Rechts  Accommodütionsiähmung. 
I>irekte  Reaktion  auf  Licht  rechts  normal,  konseosnelle  Reaktion  erhalten.  Die  Conver^ 
^enZ'Heaktion  der  Pupille  ist  *  vorhanden.  Die  Bewegungen  des  Bulbus  nach  innen  völlig 
aufgehoben^  nach  aussen  absolut  frei,  nach  oben  innen  völlig  aufgehoben,  gerade  nach  oben 
l>eeinträchtigt,  nach  oben  aussen  frei,  nacb  unten  innen,  nach  unten  und  UDten  aussen 
ir&Uig  aufgehoben. 

E26.  September.     Das  rechte  Oberlid  wird  bereits  etwas  besser  gebobeD. 
27.  September.    Die  rechte  Pupille  ist  weiter   als   die   linke   und   reagirt  bedeutend 
träger  als  die  linke  auf  Licht     Heute  Temperatursteigerung  bis  38V7**. 
29.  September.     Patientin  hält  das  rechte  Auge  beute  fast  ebenso  weit  geüffnet,  wie 
dne   linke.      Die   rechte   Pupiile   reagirt  beute   besser   als   die   linke.      Der   rechte 
Rectus  internus  ist  im  Stande  heute  das  Auge  bereits  etwas  nach  links  zu  drehen, 
Patientin  kann  beute  mit  dem  rechten  Auge  alles  leseo. 
2.  Oktober.     Die  Internus  Wirkung  tritt  tÄglich  deutlicher  hervor. 
12.  Oktober,    Rechts  noch  Spuren    von  Ptosis.     Beim  Blick  geradeaus  in  die  Ferae 
nur  noch  geringe  Divergenz.     Die  rechte  Pupille  noch  weiter   als   die  linke.     Bei 
direkter  Prüfung   der  Lichtreaktion  (am  Fenster)   reagirt  die  Pupille   noch   nicht, 
dagegen  reagirt   sie  prompt   auf  indirektem  Wege.     Die  Bewegungen  des  rechten 
Bulbus  nach  aussen  prompt^   nach  innen    im  Sinne  des  Internus  sehr  mangetliaft, 
nach   unten  innen    sehr  geschwächt,    ebenso  nach    oben  innen  und  gerade  nach 
oben,     Allgemeinbefinden  gut. 
28.  Oktober.     Kein©   Ptosis,   keine  Störung  der  Bulbuamuskulatur,   kein©   Accommo- 
dationslfthmung,   Pupille  gleich  weit,  TieOeicht  die  linke   um  eine  Idtse  enger  als 
die  rechte.     Sonst  alles  normal. 
2.  November     (siehe  Figur  105).     Alles  normal. 
14*  November    wieder   Kopfschmerzen   in    der   Stirn,      Kein    Erbrechen.    Die    rechte 
Pupille  wieder  ober  mittelweit,   Reaktion  auf  Licht  vorhanden,  jedoch  Accommo- 
dationslühmong. 
Während  der  ganzen  Beobachtungszeit  ist  der  Uim  ^ei  gewesen, 
D,  O.     25jährige  Frau.     Die  Eltern  sind  gesund,   4  Geschwister  desgleichen.    4  Ge- 
scb^ster  sind   an  Diphtherie   und  akuten  Exanthemen   in   der  Kindheit   gestorben ;    keine 
oeuropathische  Belastung. 

Patientin   hatte   früher   Masern  und   Scharlach.      Vor    13  Jahren   angeblich  Typhus, 

^«r&hrend  dieser  Ejankheit  wurde   das  linke  Oberlid  gelähmt,  auch  besteht  jetzt  Strabismus 

divergena  concomitans.    Das  linke  Auge  weicht  für  gewöhnlich  nach  aussen  ab.    Be7,Uglich 

jenes  angeblichen  Typhus  macht  die  Mutter  der  Patientin  folgende   Angaben.    Während  der 

Krkrankung   seien  Fieber,    Kopfschmerz,   Durchfall  und  Delirien   vorhanden   gewesen.     Die 

Patientin   sei   damals  in   völligem  Wolilbefinden  eines   Morgens,   als   sie  aufstehen  wollte, 

l^ldtxlich  mit  Kopfschmerzen  und  Erbrechen  erkrankt.      Das  Fieber  htib©  8—14  Tage  ange- 

luilten,  soll  aber  nicht  stark  gewesen  sein  (gemessen  wurde  Patientin  nicht).    Am  8.  Krank* 

heitatage   bemerkte    die   Mutter   das   völlige  Herabhängen    des    linken   oberen   Augenlides, 

Z)^t  Arzt  habe  gesagt,  das  Kind  sei  an  Typhus  erkrankt.     Lähmungen,  Krumpfe  etc.  seien 

Ton   der  Mutter  nicht  bemerkt  worden^  jedoch  konnte  PHtientin   den  Kopf  nicht  allein  im 

Bett    aufrichten,    derselbe    liabe    kraftlos   nach    hinten    übergehängt.     Nach  8  Wochen  sei 

Patientin  aufgestanden  und  habe  sieh  rasch  wieder  erholt. 

84* 


£ 


516 


Die  Ptosis  beim  Schlaf. 


S^it  B  .Jahren,  also  seit   ihrem   22.  Jahre   und  zwar  nach    der   letsUm  Gtbiirt  kill, 
Patientin  an  Kopfscliinerzcu  und  zeitweiligem  Erbrechen.    Die  Kopfsi;hiiier26ik  trelea  i 
weise  in  nnrogelniassigen  Intervallen  auf,    dabei  fällt   das  Oberlid  des  linken  Äuget  1 
Immer  nach  den  Wocbenbetten  sollen  die  AnfÖlle   stärker  aufgetreten  sein.    FatitsliB  1 
drei  Kinder.     Eins  ht  un  Lebensscbwäcbe  gestorben.     Für  Luee  keine  Ajih&lts|kQ]ikte. 

Status  praesens:  Links  Strabismus  divergens,  leichte  Ptosis  (sielie  Figur  101] 
Beim  Blick  nach  innen,  bleibt  das  linke  Auge  bedeutend  zurück.  Beim  Blick  luieb  obei 
bleibt  das  linke  Auge  etwas  hinter  dem  rechten  zurück,  ebenso  beim  Blick  liAch  onttt. 
Die  linke  Papille  etwas  weiter  als  die  rechte,  beide  von  prompter  Reaktion.    Die  AeOdDU^ 

dation  beiderseits  uormal  Sekscilill  ml 
Allgenspiegelbefund  beiderseits  lUtad 
Keine  GesichtsfeldeinschrÄnkung. 

1.  VI  98.  Erbrechen  ohne  £ppf 
schmerzen.  Der  Sitz  der  KopfBchni«nfn  «I 
ganz  verschiede D,  einmal  Ober  dem  ForuBcs 
Bupraorbitale,  ausstrahlend  nach  der  5&s» 
hin,  dann  wieder  auf  beiden  Seiten  de 
Stirn,  manchmal  auch  links  von  hinlia 
nach  vom  ziehend.  Die  inneren  Oip» 
gesund.  Keine  SenBibilltAtsstörangsD,  Üiä 
frei  von  Zucker  und  Eiweiss,  Racbeorefla 
vorhanden.  Haut*  und  Sehnenreflexe  nonaiL 
üeBchmack  und  Geruch  in  Ordnimg. 

20.  Vit.  98.  Gestern  hatte  Piticolio 
wieder  einen  Anfall.  Derselbe  besliiiid  ii 
Kopfschmerzen  auf  beiden  Seiten  der  Süra 
und  Stechen  über  dem  linken  Auge.  Du 
linke  Oberlid  hängt  wieder  etwas  tWfer. 
Der  Anfall  war  aber  im  Ganzen  nickt  » 
stark  als  früher,  ist  auch  heute  schon  ^uu 
vorüber,  Patientin  fablt  sich  nur  noch  e<wii 
flau.  Sonst  hatten  die  Anfalle  imiiitf 
mehrere  Tage  gedauert. 

Im  weitereu  Verlaufe  der  BeobacktBif 

war  die  Ptosis  ganz  yersch wunden,  mnä  m 

blieb  von  der  Bewegungsstörnng  aof  das 

'  linken    Auge    nur     noch     der    Stiabisa» 

divergens  con  comitans  übrig,  der  nach  Ausweis  der  Figur  107  mit  Erfolg  operirt  worden  lA 

AnacheineDd  gänzltch  geheilt  wurde  die  Patientin  aus  der  Behandlung  (Jodkali)   enl 


Fig.  107* 

D.  O.  EecidivireDde  Oculoraotoriuslähmung.  Freies 
Intervall, 


iÜaM^_ 


i6.  Die  Ptosis  beim  Schlaf* 


§  253,    Da  beim   normalen  Schlaf  Erscheinungen  an   den  Lidern  eine 

konstante  nnd  bedeutsame  Rolle  spielen,  so  ergiebt  sich  von  selbst,  dass  «ir 
hier  in  Kürze  auf  dieselben  eingehen. 

Als  charakteristisches  Zeichen  des  beginnenden  physiologischen  Schkf« 
betrachten  wir,  abgesehen  von  einer  gewissen  Trägheit  der  willknrlicheo 
Bewegungen,  einen  allmählichen  Nachlass  der  das  Oberlid  hebenden  Kraft*» 
Zuerst  tritt  eine  Proptosis  auf,  dann  sinkt  das  Oberlid  noch  weiter,  ki* 
eine  komplete  Ptosis  eingetreten  ist.    Die  Oberlider  hängen  schlaff  henb 


► 


Die  Ptosis  beim  Schlaf. 


519 


und  zeigen  keinerlei  Faltenbildung  {siehe  Fig.  108).  Der  Kopf  sinkt  herunter, 
und  die  Kürpermuskeln  gehorchen  nur  noch  mit  Mühe  den  immer  schwächer 
werdenden  Willensäusserungen.  Die  Äthmung  wird  dabei  langsamer,  gleich- 
massiger  und  tiefer;  die  Herzaktion  ist  vermindert.  So  stellt  sich  uns  das 
Bild  eines  vom  Schlaf  übermannten  Menschen  dar.  Eine  von  der  ge- 
schilderten etwas  abweichende  Erscheinung  beobachten  wir  an  solchen 
Individuen,  welche  mit  der  Absicht  sich  hinlegen,  um  zu  schlafen.  Hier  sehen 
wir  nämlich  einen  aktiven  Verschluss  beider  Lider  durch  Örbiculariskon- 
traktion ;  allmählich  ver- 
streichen aber  auch  hier 
die  zusammengezogenen  Fält- 
chen  auf  der  Lidhaut  und 
man  sieht  ^  nachdem  der 
Betreffende  eingeschlalen  ist, 
die  Oberlider  der  Schwere 
nach  herabhängen.  Niemals 
beobachtet  man  aber  hierbei, 
wie  80  manchmal  beim  hyp- 
notischen Schlafe,  jene  leich- 
ten, an  das  Rosenbach 'sehe 
Phänomen  erinnernden  Orbi- 
cularisznckungen.  Dagegen 
tritt  nicht  selten  im  Schlaf 
ein  Spalt  zwischen  den  Lidern 
auf,  als  Beweis  für  das 
Vorhandensein  eines  relativ 
zu  kurzen  Oberlides,  nicht 
aber  dafür,  dass  vielleicht 
ein  Lagophthalmus  paraly- 
ticus  vorhanden  wäre. 

Indem  aber  der  ßulbus 
beim  Schlafe  meist  nach 
oben  und  innen  gedreht 
ist,    und    die   Pupillen,    wie 

die  interessanten  Untersuchungen  Raehlmann's  und  Witkowaki's 
(1108),  Sander 's  (1125)  und  Plotke's  (1126)  ergeben  haben,  eine  Ver- 
engerung zeigen^  so  ist  auch  das  durch  die  Lidkürze  bedingte  Halb-Oflen- 
stehen  der  Lider  von  keiner  schlafmindemden  Bedeutung.  In  §  32  hatten 
wir  schon  des  sogen.  ^Verdrehens  der  Augen""  (eines  Zustandes,  in  welchem 
beide  Bulbt  unter  dem  halberschlafften  Oberlid  in  der  Richtung  nach  oben 
und  aussen  verschwinden)  bei  mit  dem  Schlafe  kämpfenden  Personen  erwähnt* 
und  auch  hervorgehoben,  dass  im  tiefen  Schlafe  die  Bulbi  langsame  und 
inkoordinirte  Bewegungen  nach  allen  Richtungen  hin  machen,  "Wir  werden 
auf  diesen  Umstand  später  noch  einmal  zurückkommen. 


\ 


I 


Flg.   108. 
Schlafender  Mann, 


Die  Ptosis  beim  Schkf. 


Was  nun  die  schlafähnliclien  Zustände  wie  SomnolenZj  Sopor  und  Comi 
betrifft,  so  sei  hier,  weil  die  Lider  namentlieh  bei  letzterem  ein  vom  norm&let 
Sclilaf  abweichendes  Verhalten  darbieten,  in  aller  Kürze  nocb  damttf  m- 
gegangen. 

Häufig  ist  es  uns  aufgefallen,  dass  bei  dem  pathologischen  Schlaf,  sm 
dem  man  den  Patienten  nicht  erwecken  kann ,  und  den  man  im  GegensaU 
zum  Sopor,  wo  dies  noch  möglich  ist,  Coma  nennt,  die  Augenlider  halboffen 
stehen  wie  in  Fig.   109. 

Dass  beim  normalen  Schlaf  dieser  Spalt  zwischen  den  Lidern  ausser  Wi 
abnormer  Kürze  des  Oberlides  nicht  beobachtet  wird,  könnte  dadurch  erklärt 
werden,    dass   die   meisten    Menschen,    wie    wir   dies  ja    auch    kurz   rorhe 

erwähnt  haben,  beim  g^ 
wohnheitsinässigen  Schlaf  &t 
Augen  aktiv  schliessen.  Beim 
Coma  dagegen  fällt,  wie  wir  dis 
schon  eingehender  in  §  14  äii§- 
gefuhrt  haben,  eine  aktive  In- 
nervation des  Orbicularis  ocoü 
weg,  im  Gegentheil  beobachtet 
man  im  ganzen  Facialisgebiet 
eine  deutliche  Innen  ations- 
yT   ^  schwäche,  die  vielleicht  geruk 

den     eigenthümlichen    Mangel 
X  ^    ,      '^^ß^^^^  jeden   Ausdrucks   bei   den  Co- 

matüsen  bedingt,  wie  in  Fig. 
101^  und  in  gewisser  Weise 
eine  Aehnlichkeit  mit  der 
Diplegia  facialis  (siehe  Fi^.  16) 
darbietet.  In  Folge  dieser 
Facialissch wache  wird  dordi 
Herabsinken  des  Unterlides  du 
Halboftenstehen  des  Auges  im 
(■oma  mitbedingt.  Warum  nun  bei  letzterem  trotz  völliger  Funktion»- 
Unfähigkeit  des  Levator  palpebrae  keine  komplete  Ptosis  beobachtet  wiri 
könnte  dadurch  einfach  seine  Erklärung  linden,  dass  durch  den  obea 
erwähnten  Spalt  die  Luft  fortwährend  ihre  austrocknende  Wirkung  auf  dtf 
Conjunctivalsekret  ausübt  Hierdurch  und  in  Folge  des  Ausfalls  retiektorisclier 
Blinüelbewegungen  im  Coma  verliert  das  Sekret  seine  Geschmeidigkeit,  ei 
wird  zähe  und  verhindert  das  erschlaffte  obere  Lid  am  Herabgleitan;  so 
wenigstens  fanden  wir  die  Verhältnisse  in  Fig.  109. 

§254.  Um  mm  die  beim  Schlaf  vorhandene  Ptosis  zu  erklären  imd  mö 
das  Zustandekommen  und  die  Art  derselben  zu  analysiren,  müssen  wir  Doth* 
gedrungen  etwas  weiter  ausholen  und  auf  das  Wesen  des  normalen  Schlafe» 
genauer  eingehen.     Leider  ist  die  Physiologie  bis  heute  noch  nicht  im  Stmiie^ 


/ 


Fig.  100. 
Comatdser  Knabe. 


i 


s  befriedigende  Erklärung  der  den  Schlaf  bedingenden  Uraachen  zu  geben, 
nnd  wird  das  so  hoch  interessante  und  bedeutsame  Kapitel  in  den  meisten 
Lehrbiichern  der  Physiologie  entweder  ganz  mit  Stillschweigen  übergangen, 
oder  es  ertlikrt  doch  nur  eine  sehr  knrste  und  oft  gar  sich  widersprechende  Be- 
handlung, So  hat  Breisacker  (1 156)  festgestellt,  dass  im  Urin  während  der 
Nacht  eine  relative  Zunahme  der  Phosphorsäure  st^ittfinde.  Zu  demselben 
Resultat  kam  auch  Zuelzen  Während  nun  Letzterer  diesen  Befund  so 
deutet,  dass  die  vermehrte  Ausscheidung  während  des  Schlafes  mit  diesem 
in  direktem  Zusammenhang  stehe  und  auf  einen  erhöhten  Stoffumsatz  während 
desselben  hinweise,  ist  jener  anderer  Ansicht,  Er  meint,  dass  Phosphorsäure- 
und  Stickstoffansscheidung  nicht  zugleich  erfolgten ;  dass  also  die  Mengen  von 
Harnstoff,  welche  am  Tage  entleert  werden,  erst  mit  denjenigen  geringen 
relativen  Phosphorsäuremengen  zusammenträfen,  die  schon  in  der  Nacht 
zur  Absonderung  kamen.  Sehr  treffend  erscheinen  heute  noch  die  Worte 
Obersteiner's  (1127),  „dass  der  Schlaf  ein  physiologischer  Zustand  sei,  mit 
dessen  Erklärung  sich  die  Physiologie  sonderbarerweise  weit  weniger  befasst 
habe,  als  die  spekulative  Psychologie*".  Immerhin  finden  sich  werthvolle 
Notizen  und  Abhandlungen  über  den  Schlaf  zerstrent  in  der  Litteratur  der 
verschiedenen  Länder.  Um  so  mehr  hielten  wir  uns  daher  für  berechtigt, 
eine  kurze  Zusammenstellung  der  ältesten  bis  auf  die  modernsten  Ansichten 
über  den  Schlaf  zu  geben,  einerseits  weil  wir  gegenwärtig  ein  derartiges 
Gegenüberstellen  der  verschiedenen,  oft  einseitigen  Ansichten  nicht  zur  Hand 
haben,  andererseits  weil  wir  bei  unseren  schliesslichen  Erörteiningen  und 
Folgerungen  betreffs  des  in  Rede  stehenden  Symptoms  auf  die  verschiedenen 
Theorien  zurückgreifen  müssen. 

Nach  Burdach  (1147)  ist  der  Schlaf  der  ursprüngliche  Zustand.  Erst 
nach  der  Geburt  erwache  der  Mensch  und  werde  allmählich  immer  mehr 
wach.  Es  wäre  dalier  widersinnig,  den  Sclilaf  aus  dem  später  erst  eintretenden 
Wachen  zu  erklären. 

Die  beste  und  eingehendste  Darstellung  des  Schlafes  finden  wir  in  dem 
Handbuch  des  Begründers  der  modernen  Physiologie,  Johannes  Müller 's 
(1 12B).  ^  Jene  Art  von  Erregung  der  organischen  Zustände  des  Gehirns,  welche  bei 
der  Geistesthätigkeit  stattfindet,  macht  allmählich  das  Gehirn  selbst  zur  Fort- 
setzung dieser  Aktion  unfähig  und  erzeugt  dadurch  Schlaf,  der  hier  dasselbe 
ist,  was  die  Ermüdung  in  jedem  anderen  Theile  des  Nervensytems.  Das  Auf- 
hören oder  die  Remission  der  geistigen  Thätigkeit  im  Schlafe  macht  aber 
auch  eine  Integration  der  organischen  Zustände,  wodurch  ^ie  wieder  erregbar 
werden,  möglich.  Das  Gehirn,  dessen  Wirkungen  bei  dem  geistigen  Leben 
not  big  sind,  gehorcht  dem  allgemeinen  Gesetze  für  alle  organischen  Erschei- 
nungen: dass  die  Lebenserscheimmgen  als  Zustände  der  organischen  Theile 
mit  Veränderung  ihrer  Materie  erfolgen.  Je  länger  daher  die  Thätigkeit  der 
Seele  dauert,  um  so  unfähiger  wird  das  Gehirn  diese  Thätigkeit  zu  unter- 
halten, und  um  so  stärker  wird  die  Hemmung  der  Seele,  bis  zuletzt  die 
Empfindungen  selbst  autliören,  obgleich  die  Reize  zu  den  Empfindungen  fort- 


i 


522  Die  Ptosis  beim  Schlaf. 

dauern.  Der  ganz  analoge  Zustand  tritt  theilweise  auch  während  da 
Wachens  bei  dem  Empfinden  ein,  denn  wenn  man  einen  farbigen  Fleck  sdir 
lange  betrachtet,  so  sieht  man  ihn  zuletzt  gar  nicht  mehr,  und  es  find^  inf 
der  Retina  ein  allgemeiner  Eindruck  ohne  örtliche  Specifikation  statt  Bei 
Nerrensch  wachen  wird  es  beim  langen  Sehen  sogar  dunkel  vor  den  Augen. 
Nicht  bloss  die  geistige  Thätigkeit  selbst,  auch  andere  anhaltende  Wirkungoi 
des  animalischen  Lebens,  anhaltende  und  zuletzt  ermüdende  Thätigkeit  der 
Sinne,  grosse  Anstrengungen  der  Muskeln  bewirken  dieselbe  Abspanoung, 
denselben  Mangel  in  den  organischen  Zuständen  des  Gehirns,  das  Bedürfniai 
des  Schlafs  und  den  Schlaf  selbst,  wegen  der  Mittheilbarkeit  der  organischen 
Zustände.  Endlich  bewirkt  auch  eine  Hemmung  der  organischen  Zustande 
des  Gehirns  durch  ein  an  roher  Nahrung  reiches  Blut,  wie  nach  reichUchen 
Spirituosen  Mahlzeiten,  Schlaf.  Stärker  und  durch  Alteration  des  Sensoriuins 
wirken  die  schlafmachenden  Mittel.  Selbst  der  blosse  grössere  Druck  des 
Blutes  auf  das  Gehirn  beim  Horizontalliegen  wird  leicht  die  Ursache  des 
Schlafes.^ 

Wir  sehen  also,  dass  dieser  grosse  Physiologe  in  der  Ermüdung  des 
Gehirns  die  Ursache  des  Schlafes  zu  sehen  glaubt,  also  im  Verbrauch  de^ 
jenigen  Spannkräfte  im  Centralnerrensystem ,  die  das  geistige  Leben  unter- 
halten. So  einleuchtend  diese  Erklärung  im  ersten  Augenblicke  auch  erscheinen 
mag,  so  macht  sich  doch  bei  einer  genaueren  Betrachtung  der  physiologischen 
und  pathologischen  Verhältnisse,  unter  denen  Schlaf  eintritt,  das  Bedürfniss 
eines  tieferen  Eindringens  in  die  ursächlichen  Momente  geltend.  Am  ehesten 
dürften  wir  diesem  allerdings  noch  entfernten  Ziele  dadurch  näher  kommen, 
dass  wir  die  Bedingungen,  unter  denen  der  physiologische  Schlaf  entsteht, 
mit  Berücksichtigung  der  von  früheren  Autoren  diesbezüglich  abgegebenen 
Erklärungen  ins  Auge  fassen. 

So  soll  der  Schlaf  entstehen: 

In  Folge  von  geistiger  Ermüdung,  d.  h.  in  Folge  von  Veränderungen 
chemischer  Natur  in  der  Hirnrinde.  Abgesehen  von  der  vorher  erwähnten 
Auseinandersetzung  Johannes  MüUer^s  möchten  wir  der  ausserordent- 
lich geistreichen  Theorie  des  Schlafes  von  Pflüg  er  (1129)  hier  eingehender 
Erwähnung  thun. 

Nach  dessen  Theorie  des  Lebens  wären  die  Leistungen  der  Organe  durch 
dissociative  oder  lebendige  Materien  bedingt,  welche  im  Wesentlichai 
eine  besondere  Modifikation  von  Eiweiss  sei.  Die  Erregbarkeit  habe  ihren 
nächsten  Grund  im  intramolekularen  Sauerstoff.  Dieselbe  erlösche,  wenn  de^ 
selbe  zu  Kohlensäure  verbraucht  wäre.  Im  Momente  der  Kohlensäuremolekäl- 
bildung  würden  die  Atome  deshalb  in  die  heftigsten  Oscillationen  versetzt 
wie  bei  einer  Explosion.  Diese  intramolekularen  Explosionen,  die  während  des 
Lebens  fortwährend  abliefen,  erzeugten  durch  die  Fortpflanzung  der  Stösse 
auf  alle  Theile  der  Moleküle  starke  Vibration  aller  Atome.  So  stellt  sich 
Pflüg  er  alle  lebendige  Materie,  ganz  besonders  aber  die  graue  Sobstam  des 
Gehirns  vor.     Auf  Grund  von  Thierexperimenten  wäre  eine  bestimmte  Siunme 


Die  Ptosis  beim  Schlaf.  523 

atramolekulären  Sauerstoffs  insofern  die  Fundamental bedingung  für  den 
rächen  Zustand  ^  als  diese  Summe  einen  bestimmten  Werth  der  Zahl  der 
üxplosionen  ermöglicht,  welche  in  der  Zeiteinlieit  bei  gegebener  Temperatur 
ausgelost  werden  können.  Den  Schlaf  hält  er  bedingt  durch  den  Mangel  an 
intramolekularem,  kohlensäurebildendera  Sauerstoff.  Nach  Pf  1  üger  sind  in  der 
grauen  Substanz  des  Gehirns  höchst  labile  Zustünde  vorhanden,  die  eine  sehr 
starke  Dissociation  zur  Folge  haben.  Dies  sei  auch  daraus  zu  entnehmen, 
dass  beim  Warmblüter  und  Menschen  das  Leben  keines  Organes  so  abhängig 
von  der  Zufuhr  des  Sauerstoffs  wäre,  wie  das  des  Gehirns.  Wieso  nun  ein 
Mangel  an  intramolekularem  Sauerstoff  und  somit  Schlaf  eintritt,  erklärt 
Pflüg  er  damit,  dass  der  Verbrauch  von  chemischer  Spannkraft  währenddes 
Wachens  so  gross  ist,  dass  die  während  derselben  Zeit  mögliche  Aufsaugung  | 

von  Sauerstoff  durch  die  lebendigen  Hirnmoleküle  nicht  gleichen  Schritt  hielte,  I 

so  dass  die  graue  Substanz  durch  das  Wachsein  mehr  verliere  als  gewönne* 
Es  würden  daher  die  Explosionen  weniger  zahlreich. 

Zum  völligen  Verständniss  dieser  Schlaf theorie  musß  noch  die  Annahme 
Pflügers  hervorgehoben  werden,  dass  die  das  Gehirn  kontinuirUch  treffenden, 
durch  die  Sinnesorgane  zugeleiteten  Erregungen  die  Dissociationsträger  seien  und 
somit  die  liohlensäurebildung  Term ehrten.  Dies  würde  erklären  können,  warum 
Menschen,  selbst  bei  sehr  geringer  Gehimermüdung,  wenn  sie  den  äusseren 
Reizen  —  Licht  und  Schall  —  entfliehen,  sich  in  den  Schlaf  bringen  können. 

Zum  Schlüsse  seiner  Abhandlung  sagt  Pflug  er,  dass  es  sehr  ver* 
schiedene  Zustände  der  Hirnraaterie  seien,  welche  zum  Schlafe  führten,  die 
aber  alle  das  geraeinsam  hätten,  dass  sie  intramolekulare  wären,  welche  die 
Dissociation  herabsetzten.  Daraus  Messe  sich  auch  schliessen,  dass  die 
Art,  wie  die  schlaf  machenden  Arzneimittel  ivirkten,  eine  sehr  verschiedene 
sein  könne,  wenn  nur  der  wesentliche  Effekt  erzielt  sei,  dass  die  intramole- 
kulare Wärme  verkleinert  würde. 

Im  Hinblick  auf  die  Wirkung  schlafmachender  chemischer  Produkte 
sei  nunmehr  der  Theorie  Preyers  (1130)  gedacht,  die  eine  Zeit  lang  grosses 
Aufsehen  gemacht  hat.  Nach  dessen  Ansicht  bildet  das  Gehirn,  Rückenmark 
und  die  Gesammtheit  der  thätigen  Muskeln  während  des  Wachens  eine  Menge 
von  Stoffen,  welche  im  Ruhezustand  nur  in  Spuren  oder  gar  nicht  produzirt 
würden,  und  deren  Anhäufung  die  Ermüdung  verursache.  Diese  Ermüdungs- 
ßtoÖe  verbänden  sich  tla,  wo  sie  durch  angestrengt  anhaltende  Thätigkeit  sich 
schnell  anhäuften,  leicht  rait  dem  dissociirten  Sauerstoff  des  Hämoglobins  der 
Blutkörperchen.  Der  Schlaf  komme  demnach  dadurch  zu  Stande,  dass  der 
Sauerstoff  nicht  mehr  zur  Herbeiführung  der  zum  Aufmerksamsein  noth- 
wendigen  Zersetzungsprozesse  dienen  könne,  weil  er  von  den  durch  die  Arbeit 
erzeugten  und  angehäuften  Ermüdungsstoffen  begierig  autgenoramen  würde, 
vorausgesetzt,  dass  nicht  allzustarke  Reize  dennoch  die  immer  des  Sauerstoffs 
bedürfenden  Zersetzungen  des  wachen  Zustandes  noch  einige  Zeit  im  Gange 
hielten.  Dann  würden  sich  aber  die  Ermüdungsstoffe  noch  mehr  anhäufen, 
und  der  Schlaf  trete  schliesslich  dennoch   trotz  starker  äusserer  Reize  ein. 


L 


524  Die  Ptosis  beim  Schlat 

Zu  den  bis  jetzt  noch  nicht  genügend  gekannten  Ermüdungsstoffen  recbnet 
Frey  er  in  erster  Linie  die  durch  die  Muskelarbeit  gelieferte  Milchsiure 
und  das  Keratin. 

Eine  durchaus  andere  Theorie  ist  neuerdings  von  Emanuel  Rosen- 
baum  (1131)  aufgestellt  worden.  Derselbe  behauptet,  dass  das  eigentiid» 
Wesen  der  Ermüdung  in  einer  Quellung  der  Nervenzellen  im  zunehmenda 
Wassergehalt  der  Nervensubstanz  bestehe.  Die  Wasserzunahme  sei  während 
und  in  Folge  der  Thätigkeit  durch  die  chemische  Umsetzung  der  Kerreih 
Substanz  bedingt. 

Obersteiner  (1127)  sieht  im  Schlaf  einen  Zustand  des  Gehirns,  in 
welchem  die  Reflexhemmung  vom  Gehirn  aus,  die  er  als  Wille  bezeichs^ 
aufgehoben  und  jede  Aufmerksamkeit  entfernt  sei ;  dieser  Zustand  träte  um 
so  leichter  ein,  wenn  das  Gehirn  sich  bereits  in  einem  auf  Uebersäuernng 
begründeten  Zustande  der  Ermüdung  befände. 

Dass  derartige  Erklärungsversuche  zwar  verdienstlich  sind,  uns  aber 
durchaus  nicht  das  komplizirte  Phänomen  des  Schlafes  einleuchtend  machen, 
dürfte  schon  aus  folgender  Ueberlegung  hervorgehen.  Es  giebt  eine  ganze 
Reihe  von  Momenten,  die  den  Schlaf  herbeiführen,  und  die  mit  Ermüdung  im 
gewöhnlichen  Sinne  des  Wortes  gar  nichts  zu  thun  haben. 

§  255.  In  erster  Linie  sei  an  die  bekannte  Thatsache  erinnert,  dass 
bei  Abwesenheit  aller  von  aussen  dem  Körper  durch  die  Sinne 
zufliessenden  Erregungen  Schlaf  eintritt.  Ein  klassisches  Beispiel 
ist  der  berühmte  Fall  von  Strümpell  (1132),  bei  dem  das  linke  Ohr 
und  das  rechte  Auge  die  einzigen  noch  funktionirenden  Sinnesoi^ane  waren, 
durch  welche  der  Kranke  mit  der  Aussenwelt  in  Verbindimg  stand.  Wurde 
diesem  Patienten  sein  sehendes  Auge  verbunden  und  sein  hörendes  Ohr 
mit  Watte  verstopft,  so  hatte  man  in  einer  bei  keinem  Thierexperiment 
erreichbaren  Vollständigkeit  jede  Möglichkeit  eines  zum  Bewnsstsein  ge- 
langenden äusseren  Reizes  ausgeschlossen.  ^Zuerst  machte  der  Kranke 
einige  Aeusserungen  der  Verwunderung  und  versuchte  vergeblich  sich  durch 
Schlagen  mit  der  Hand  Gehörseindrücke  zu  verschaflFen.  Nach  wenigen 
(2 — 3)  Minuten  Hessen  die  Bewegungen  schon  nach,  Respiration  und  Puk 
wurden  ruhiger,  erstere  gleichmässiger  tiefer.  Man  konnte  jetzt  die  Binde 
von  den  Augen  entfernen.  Dieselben  waren  geschlossen:  der  Kranke 
lag  da  im  festen  Schlaft.  Mithin  war  hier  die  Möglichkeit  realisirt,  ein 
Individuum  bloss  durch  Femhalten  aller  äusseren  sensiblen  Reize  zu  jeder 
beliebigen  Zeit  künstlich  in  den  Schlaf  zu  versetzen  und  somit  von  Neuem 
ein  thatsächlicher  Beweis  dafür  erbracht,  dass  der  wache  Gehimzustand  ohne 
die  von  aussen  kommenden  Erregungen  auf  die  Dauer  nicht  erhalten  werden 
kann."  Strümpell,  der  noch  eine  andere  später  zu  besprechende  li^ 
klärung  für  das  künstliche  Einschlafen  giebt,  hebt  indess  selbst  hervor,  dass 
zu  einer  erschöpfenden  Theorie  des  Schlafes  die  blosse  Erörterung  des  Ein- 
flusses äusserer  Reize  nicht  ausreiche;  so  bedürfe  die  Periodicität  des  Schlafes, 
das  mögliche  Einschlafen,  trotz  starker  äusserer  Reize  etc.  zu  ihrer  Erklanmg 


Die  Ptosb  beim  Schlaf.  525 

ch  anderer  Voraussetzungen.  —  Ohne  eigentliche  Ermüdung  d*  h.  ohne  ver- 
aehrte Muskel-  oder  Gehirnthätigkeit  entsteht  Schlaf  durch  Monotonie  der 
iinneseindrücke:  sei  es  nun,  dass  dieselben  durch  die  stetig  wiederholten, 
Reichen  Associationen  das  Gefühl  der  Langeweile  hervorrufen,  sei  es,  dass 
iurch  jede  länger  dauernde  Einwirkung  einer  Emptindung  auf  das  Be- 
ruBstsein,  dieselbe  an  Intensität  und  qualitativer  Bestimmtheit  verliert 
Vundt  (1133)].  Ohne  uns  auf  nähere  Erklärungen  einzulassen,  sei  nur  der 
[)ekannten  einschläfernden  Mittel  gedacht,  so  des  schon  von  Leibnitz 
empfohlenen  Zählens,  des  gespannten  Lauschens  auf  das  Ticken  einer  Wand- 
ihr,  auf  gleichförmige  Melodien  etc.  Ob  der  hypnotische  Schlaf  in  letzter 
Qstanz  lediglich  in  diesen  psycho-physiologischen  Momenten  seine  Ursache 
hat,  möge  dahingestellt  sein,  wenn  auch  Vieles  zu  Gunsten  dieser  Anschauung 
sprechen  dürfte.  —  Bekannt  ist  auch  der  Einfluss  der  Kälte  auf  die  Entstehung 
des  Schlafes;  also  auch  hier  fehlt  das  Moment  der  Ermüdung.  Interessant 
ist  die  von  Pflüger  gegebene  Erklärung:  Der  Winterschlaf  tritt  bei  einer 
gewissen  Zald  von  kalt-  und  warmblütigen  Thieren  in  Folge  der  längeren 
Eimvirkung  der  Kalte  ein,  wenn  die  Temperatur  des  GehiiTis  unter  einen 
gewissen  Werth  sinkt.  Demnach  verkleinert  sich  die  intramolekulare  Vibration, 
folglich  auch  die  Intensität  der  Dissociation  und  der  Koiilensiiurebildung, 
Je  tiefer  die  Temperatur  herabgeht,  um  so  stiller  wird  es  im  Gehirn  und 
sekundär  in  allen  Organen,  deren  Dissociation  durch  die  Kälte  natürlich  auch 
primär  vermindert  erscheint.  Offenbar  ist  die  Nöthigung  zum  Schlafe  in 
hoher  Kälte  auch  beim  Menschen  eine  analoge  Erscheinung. 

§  256.  Von  hervorragenden  Autoren  wurde  als  wichtigstes  Schlaf  be- 
wirkendes Moment  die  Blutmenge  im  Cerebrum  hingestellt  und  zwar 
von  den  Einen  die  Hyperämie  und  von  den  Anderen  die  Anämie  des 
Gehirns. 

Dr.  Carp enter  (1134)  ist  der  Ansicht,  die  erste  Ursache  des  Schlafes 
wäre  in  dem  Druck  zu  suchen,  den  die  ausgedehnten  Blutgefässe  auf  das 
Gehirn  ausübten.  ZiemHch  derselben  Ansicht  ist  Sir  Henry  Holland 
(1135).  Barthey  (1136)  und  Cabanis(1137)  waren  der  Meinung,  dass  wäh- 
rend des  Schlafes  eine  allgemeine  Plethora  der  kleinen  Blutgefässe  des  ganzen 
Körpers  vorhanden  sei.  Letzterer  glaubt,  es  fände  während  des  Schlafs  ein 
vermehrter  Blutzutiuss  nach  dem  Gehirne  statt. 

Prof.  Barkow  (1138),  welcher  über  den  langen  Winterschlaf  der  Sieben- 
schläfer und  Haselmäuse  eingehende  Untersuchungen  angestellt  hat,  fand  im 
Gehirn  derselben  einen  auffallenden  Blutreichthum. 

Nach  unseren  jetzigen  Ansichten  ist  die  verletzte  Anschauung  nicht  haltbar, 
da  bei  einer  aktiven  Hirnhyfierämie  die  Blutcirkulation  im  Gehirn  vermehrt 
und  der  Stoffwechsel  beschleunigt  wird,  was  den  Eintritt  des  Schlafes  verhindert. 
Falls  wirklich  im  Schlafe  die  Hyperämie  vorhanden  sein  sollte,  so  ist  dieselbe 
sicherlich  passiver  Natur,  bei  welcher  in  Folge  der  verlangsamten  Cirkulation 
und  des  dadurch  l>edingt.en  trägeren  Stoffumsatzes  Schlaf  leichter  eintreten 
kann.     Vielleicht  bevorzugen  wir  aus   diesem  Grunde   die  horizontale  Lage 


526  Die  Ptosis  beim  Sehlat 

beim  Einschlafen,  weil  dadurch  das  Blut  schwerer  aus  dem  Gehirn  abflieat 
und  dadurch  eine  passive  Hyperämie  des  Gehirns  herbeigeführt  wird. 

Zum  Schluss  sei  noch  erwähnt,  dass  Servetus  den  Schlaf  auf  den 
Druck  zurückführt,  den  die  erweiterten  Blutgefässe  auf  die  Chorioidesl- 
plezus  ausüben. 

Von  anderen  Autoren  wurde  auf  Grund  von  verschiedenartigen  Erw»- 
gungen  und  Experimenten  behauptet,  die  Ursache  des  Schlafes  bestehe  in 
einer  cerebralen  Anämie. 

So  hat  der  berühmte  italienische  Physiologe  Mos  so  mit  Hilfe  des 
Hydroplethysmographen  dargethan,  dass  das  Gehirn  während  des  Schlafes 
weniger  Blut  empfängt,  als  während  des  Wachens.  Dadurch  sei  die  Ernäh- 
rung des  Gehirns  unvollkommen,  und  hierdurch  werde  der  Schlaf  bedingt 

Dass  eine  verminderte  Blutmenge  im  Gehirn  cerebrale  Trägheit^  Schlif- 
rigkeit,  ja  Schlaf  bewirkt,  ersieht  man  aus  der  allgemein  bekannten  Thai- 
sache unserer  Müdigkeit  nach  einer  reichlichen  Mahlzeit,  wenn  in  Folge  der 
Verdauung  eine  Fluxion  des  Blutes  nach  dem  Magen  stattfindet.  In  richtiger 
Erkenntniss  bedienen  wir  uns  gegen  diese  Schläfrigkeit  des  stimulirenden 
Kaflfees  oder  der  Cigarre.  Bei  den  südlichen  Völkern  tritt  die  Siesta  in  ihr 
Recht,  imd  bei  den  Thieren  beobachten  wir  regelmässig  nach  der  Fütterung 
Schlaf.  Dass  während  des  Schlafes  eine  Anämie  des  Gehirns  besteht,  kann 
auch  daraus  erschlossen  werden,  dass  die  Fontanellen  der  Kinder  beim  Schlafen 
einfallen,  und  dass  nach  grossen  Blutverlusten  bekann termassen  eine  auf- 
fallende Schläfrigkeit  eintritt. 

Dendy  (1139)  beobachtete  im  Jahre  1821  eine  Frau,  bei  der  das  Gehirn 
und  seine  Häute  frei  lagen.  Im  tiefen  Schlaf  erschien  das  Gehirn  bewegungs- 
los und  eingesunken.  Wenn  sie  träumte,  erhob  es  sich  etwas,  und  erschien 
hervorgebuchtet,  wenn  die  Frau  sich  in  wachem  Zustand  befand. 

Dr.  Alexander  Fleming  (1140)  hat  nachgewiesen,  dass  durch  Kom- 
pression der  Carotiden  Schlaf  bewirkt  werden  kann. 

Dr.  Durham  (1141)  beobachtete  bei  trepanirten Hunden  im  Chloroform- 
schlaf  eine  Blässe  der  Oberfläche  des  Gehirns,  welches  eingesunken  erschien. 
Die  vorher  erweiteatan  Gefässe  erschienen  verengt.  Beim  Erwachen  röthete 
sich  die  GehirnoberfSohe  imd  wurde  voluminöser.  Wenn  Durham  durch 
Unterbindung  der  V.  jugul.  und  vertebr.  eine  beträchtliche  Blutüberfüllung  des 
Hirns  erzeugt  hatte,  trat  Coma  ein. 

Ebenso  constatirte  Binz  im  Chloralschlaf  eine  Verengerung  derHira- 
gefässe  nach  voraufgegangener  Erweiterung  derselben. 

In  dem  früher  erwähnten  StrümpelTschen  Falle  von  künstUchem 
Einschlafen  bei  Aufhebung  aller  Sinnesreize  gab  Strümpell  eine  noch  andere 
Erklärung,  die  deshalb  hier  von  Interesse  ist,  weil  dieser  hervorragende 
Autor  eine  Gehirnanämie  als  Ursache  des  Einschlafens  annimmt  Es 
wäre  denkbar,  meint  er,  dass  nach  Wegfall  aller  sensiblen  Reize  eine 
Erschlaffung  vieler  kleiner  Gefässe  stattfände,  und  durch  die  veränderte  Blnt- 
vertheilung  eine  Gehirnanämie   bedingt  werde.     Strümpell  geht  dabei  von 


ier  bekannten  Thatsache  aus,  dass  der  Tonus  der  Blutgefässe  in  hohem  Grade 
von  sensiblen  Reizen  reflektorisch  beeinflusst  wird. 

Die  beiden  entgegengesetzten  Theorien  von  Anämie  und  Hyperämie 
des  Gehirns  beim  Schlaf  versuchte  ein  russischer  Gelehrter  Namens  Sergney  eff 
(1142)  dabin  zu  vereinigen,  dass  er  das  Vorhandensein  beider  Zustände  an- 
nahm, indem  auf  der  Gehimoberfläche  eine  Anämie,  im  Innern  des  Gebims 
dagegen  eine  Hyperämie  während  des  Schlafes  bestehen  sollte, 

Alexander  Pilcz  (1145)   ist  ebenfalls   der  Ansicht,   dass  im  Schlafe 
■keine  Anämie  des  Cortex  und  eine  Blutüberfiillung  des  Hirnstammes  vorbanden 
^kei.    Nach  seiner  Ansiebt  kommt  den  Eindenzellen  und  Associationsfasem  die 
^fciigenschaft  der  Ennüdbarkeit  gerade  so  wie  der  Muskelfibrille  zu.     Tritt  mm 
^^in  gewisser  Grad  von  Ermüdbarkeit   auf,   so  legen  wir  uns  zur  bestimmten 
1      Stunde  nieder,  d.  h.  wir  trachten  uns  gegen  äussere  Eindrücke  zu  verschliessen, 
suchen    eine    bequeme    Lage    auf,     imi    uns    nicht    durch   Schmerz,    iluskel- 
ansti engung  u.  s.  w.  neue  Sinnesreize  zuzuführen  und  geben  endlich  möglichst 
den  Denkprozess  auf.     Die  Folge  sei,  dass  die  nunmehr  von  keiner  Seite  ge- 
reizten,  an  sich  aber  schon  ermüdeten  llindenzellen  nicht  mehr  zu  arbeiten 
brauchen ;  folglich  müsse  ihre  nutritive  Attraktionskraft  sinken  und  die  nicht 
mehr   funktionirenden  Ganglienzellen  hätten   nicht  mehr  die  Kraft,   sieb  ihr 
Blutquantum   zu   Yerscbaflen.      Das   Stosswerk    des  Herzens   treibe   das  Blut 
nunmehr  bauptsächlicb  in  den  Stamm   und   die  groben  Arterien  der  Rinden- 
oberrtäche,  nicht  so  sehr  in  die  feinen,  eigentlich  nutritiven  Haargefässe  der 
grauen  Substanz. 

Bengesio  und  Mus  so  (1144)  jedoch  sind  der  Meinung,  dass  der  Schlaf 
weder  an  eine  bestimmte  Blutfülle,  noch  an  einen  bestimmten  Blutdruck  im 
Gehirn  gebunden  sei;  vielmehr  glauben  sie,  dass  er  durch  chemische  Ein- 
wirkungen auf  die  Gehirnrinde  bedingt  werde.  Die  Schwankungen  der  Bhit- 
menge  und  des  Blutdnicks  im  wachenden  resp,  schlafenden  Gehirn  seien  un- 
abhängig vom  Eintritt  des  Schlafes,  sondern  gewissennassen  nur  Neben- 
erscheinungen. 

§2ö7.  Eine  eigenthümliche  Schlaf theorie  ist  neuerdings  von  Knies  (1143 
—  die  Beziehungen  des  Sehorgans  und  seiner  Erkrankungen  pag.  238  — ) 
aufgestellt  worden,  die  ebenfalls  auf  dem  Verhalten  der  Blutgefässe  auf- 
gebaut ist  Nach  diesem  Autor  scheine  im  Schlaf  ein  allgemeiner  Nachläse 
im  Tonus  des  Gefässsympathicus  stattzufinden,  also  gewissermassen  eine 
„S  y  m  p  a  t  h  i  c  u  s  1  ä  b  m  u  n  g".  Diese  altgemeine  Gefasserweiterung  würde  sich 
hauptsächlich  an  den  die  Kanäle  passirenden  Nerven  durch  umschriebene 
Verdrängung  des  Nervenraarkes  merklich  machen  und  zwar  um  so  mehr,  je 
dünner  deren  Fasern  wären,  also  besonders  an  den  sensiblen  und  sensorischen 
Nerven,  die  im  Ganzen  feinere  Nervenfasern  besässen,  als  die  motorischen 
Nerven.  Es  würden  demnach  Beize,  welche  die  peripheren  Sinnesorgane 
treffen,  erst  schwach,  schliesslich  gar  nicht  mehr  zum  Hirn  geleitet,  und  des- 
halb auch  keine  motorischen  Impulse  daselbst  ausgelöst  Als  Stutze  für  die 
Ansicht  der  Sympathicuslähmung  führt  Knies  an,  dasa  das  Zufallen 
t 


528  Die  Ptosis  beim  Schlaf. 

der  Augen  beim  Schlaf  ein  Zeichen  der  Unwirksamkeit  des  Sympathicos  wäre, 
und  dass  die  beim  Schlaf  regelmässig  beobachtete  Miosis  ebenfalls  sympaUiischa 
Natur  sei,   worauf  auch   Pilcz    (1145)    aufmerksam    mache.      Beim  bloesen 
Schliessen  der  Augen  erweiterten  sich  die  Pupillen,   im  Schlaf  dagegen  men 
sie  yerengt.     Knies  glaubt  ebenso   wie  Mauthner,    es   handele  sich  beim 
Schlaf  um   mehr  oder  weniger  vollständige  Leitungsunterbrechung  zwischen 
Hirnrinde  imd  Peripherie,  meint  aber,  wie  ersichtlich,  dass  die  Leitongsünter- 
brechung  am  peripheren  Nerven  stattfinde.     Mauthner  (1146)  hat  hingegen 
als  Ort  der  Leitungsunterbrechung   das  centrale  Höhlengrau  angegeben,  wo- 
durch  die  Hirnrinde   centripetal   und  centrifugal   von   der   Peripherie  abge- 
schlossen wäre.     Mauthner   stützt  sich  darauf,   dass  der  Schlaf  mit  einer 
Ptosis  einsetze,  die  er  als  eine  nucleäre  Lähmung  des  Levator  palp. 
sup.  auffasst. 

Obwohl  wir  mit  dieser  Deutung  der  den  Schlaf  einleitenden  Ptosis 
nicht  einverstanden  sind  und  dies  später  auch  begründen  werden,  so  können 
wir  nicht  leugnen,  dass  manche  Erfahrungen  aus  der  menschlichen  Pathologie 
zu  Gunsten  dieser  Mauthner' sehen  Theorie  sprechen  dürften. 

Sehen  wir  doch  bei  einer  ganzen  Reihe  von  Erkrankungsfallen  im  Gebiet 
des  centralen  Höhlengraus  speziell  der  Oculomotoriuskernregion 
eine  auffallende  Apathie^  Müdigkeit,  ja  Schlafsucht  als  ein  konstantes, 
sehr  in  die  Augen  springendes  Symptom  auftreten. 

So  theilte  Baquis  (1147)  eine  nach  Influenza  aufgetretene  Ophthahno- 
plegia  exterior  mit,  bei  der  sich  apoplektiform  eine  als  N  o  n  a  zu  bezeichnende 
Schlafsucht  eingestellt  hatte. 

Eine  der  Nona  ähnliche  Schlafsucht  hat  man  als  besondere,  meistais 
tödtlich  endigende  Krankheit  bei  den  westafrikanischen  Negern  beobachtet 
[Sleeping  sickness  of  West  Africa  Scheube  (1198)].  Mauthner  vermuihet 
bei  dieser  Krankheit,  deren  Aetiologie  noch  ganz  dunkel  und  deren  pathologische 
Anatomie  unaufgeklärt  ist,  Veränderungen  im  centralen  Höhlengrau,  ähnlich 
wie  der  bei  Poliencephalitis  sup.  Wernicke,  da  bei  der  Schlafsucht 
der  Neger  ebenfalls  taumelnder  Gang,  Augenmuskellähmungen,  ausser  der  auf- 
fallenden Somnolenz,  die  hervorstechendsten  Symptome  bilden. 

In  der  Tabelle  XIV  p.  270  sehen  wir  Schlafsucht  im  Fall  1,  2,  4,  10, 
11,  12,  13,  20  notirt,  allerdings  unter  etwas  verschiedenen  Bezeichnungen 
wie  Sopor,  Somnolenz  oder  Benommenheit.  In  den  auf  p.  295,  p.  301  und 
304  mitgetheilten  Fällen  von  Poliencephalitis  und  Poliencephalomyelitis  war 
als  auffallendes  Symptom  Schläfrigkeit  beobachtet  worden. 

Interessant  ist  eine  Beobachtung  Goldzieher's  (1149).  Ein  6jähriger 
Knabe  mit  bilateraler  Ptosis  und  Lähmimg  sämmtlicher  Zweige  des 
Oculomotorius  (ausgenommen  derjenigen  für  Pupille  und  Accommodation) 
und  Parese  des  Abducens,  schlief  sofort  ein,  wenn  er  alleingelassen  wurde. 

Hori  und  Schlesinger  (1150)  konstatirten  eine  Stägige  Schlafsucht 
bei  einer  41jährigen  Dienerin,  die  plötzlich  mit  Sehbeschwerden,  Schielen, 
Schluckbeschwerden    und    Schwindelgefühl    erkrankt   war.     Es   bestand  eine 


Die  Ptosis  beim  Schlaf.  529 

linksseitige  OculomotoriusUthoiung,  Parese  des  linken  motorischen  Trigerainus, 
rechtsseitige  Gaumensegelparese.     Tod  nach  15  Wochen. 

Die  Sektion  ergab  zahlreiche  Blutungen  im  Bereich  des  Höhlengraus, 
des  3.  Ventrikels,  des  Aquaeduct.  Sylvii  und  der  angrenzenden  weissen  Substanz; 
femer  Aneurysma  der  Aorta  ascendens  und  Gumma  des  Herzmuskels,  (Die 
Bulbärkerae  waren  frei.) 

Während  also  diese  pathologischen  Erscheinungen  sehr  zu  Gunsten  der 
Anschauung  sprechen,  dass  in  Folge  einer  Leitungsunterbrechung  Schlaf  ent- 
stehen und  somit  derselbe  gewissermassen  einAusfallssymptom  darstellen  könne, 
haben  andere  Autoren  die  Theorie  aufgestellt,  der  Schlaf  beruhe  auf  Erregung 
gewisser  umschriebenerHirntheile.  So  sagt  Sieraens(tl51),  das  Schlaf- 
centrum müsse  allen  Anzeichen  nach  ebenfalls  in  der  Medulla  oblongata  liegen 
und  zwar  nicht  weit  vom  Krampfcentrum,  so  dass  unter  Umständen  ein  Reiz 
von  dem  einen  auf  das  andere  sich  ausdehnen  oder  überspringen  könne.  Die 
drückende  Schwule  vor  der  Entladung  der  pathologischen  Reizanhäufungen 
I  durch  Krämpfe  lagere  sich  zum  Theil  auch  noch  über  das  Centrum  für  die 
hemmenden  Kräfte  des  Schlafes,  daher  die  bleierne  Schwere,  die  Müdigkeit, 
,  das  Einschlafen  vor  dem  Anfall.  Entlüden  sich  nun  die  Spannkräfte  des  Krampf- 
^  centrums  gründlich,  so  sei  auch  das  Schlafcentniin  entlastet,  finde  unvollständige 
I  Entladung  (leichter  Kramp i)  statt,  so  bleibe  die  Ermüdung  und  die  Schlafsucht. 
Andrerseits  schienen  sich  auch  im  Schlafcentrum  allein  pathologische  Reize 
zeitweilig  siminjiren  und  Anfälle  von  plötzlichem  Einschlafen  auslösen  zu  können. 
Siemens  citirt  auch  Wundt  (1152),  der  aus  der  Verlangsamung  von 
Puls-  und  Athemfretiuenz^  sowie  aus  der  Verminderung  der  Wärmebildung  und 
der  Absonderungen  geschlossen  habe,  dass  die  Medulla  oblongata  beim  Schlaf 
betheiligt  sei.  Siemens  baut  nun  folgende  „einfache^  ErkHixung  auf:  „Die 
Gehirnrinde  verfalle  wie  alle  neiTÖsen  Organe  —  nach  einer  gewissen  Summe 
Ton  Leistung  —  in  den  Zustand  der  Ermüdung,  wo  selbst  stärkere  Reize  sie 
nicht  mehr  erregen.  Es  gewönne  dann  das  Centrum  für  den  Schlaf  die  Ober- 
hand, schalte  dann  die  Rinde  aus,  hemme  das  Bewusstsein,  bis  die  Rinde 
wieder  den  nöthigen  Grad  der  Leistungsfähigkeit  erlangt  habe.**  Als  weiteren 
Beweis,  dass  der  Schlaf  der  unmittelbaren  Einwirkung  der  Gehirnrinde  nicht 
bedürfe,  sieht  Siemens  die  Experimente  HeubeTs  an,  wonach  Frosche, 
denen  das  Grosahirn  entfernt  war,  in  derselben  Weise  zum  Schlafen  gebracht 
werden  konnten,  wie  vorher,  als  sie  das  Grosshim  noch  besassen. 

In  gewisser  Weise  für  die  Annahme  eines  Schlafcentrums  wurden  die 
von  Westphal  (1153)  zuerst  und  später  von  Fischer  (11Ö4)  mitgetheilten 
Fälle  von  spontanem  Einschlafen  verwerthet.  Während  letzterer  Autor  diese 
Anfälle  zu  den  epileptoiden  rechnet,  ist  Westphal  zurückhaltender  in  der 
Deutung  und  macht  speziell  darauf  aufmerksam,  dass  bei  einem  Patienten 
anhaltende  nächtliche  Schlaflosigkeit  bestand»  Heutzutage,  wo  man  von  der 
früher  gemachten  Annahme  eines  Krampf cent rums  in  der  Med.  obl.  zurück- 
gekommen ist,  und  den  Sitz  der  Epilepsie  in  die  Gehirnrinde  verlegt,  wird 
die  Hypothese    eines   ebenfalls    im    verlängerten  Mark  lokalisirten  Schlaf- 


530  Die  Ptosis  beim  Schlaf. 

centrums   ebenso  wenig  Anklang  finden,    wie  die  mit  der  Erf ahnmg  der 
Pathologie   gänzlich    in   Widerspruch    stehende   Anschauung    Langwieseri 
(1155)  betreffs  des  Kleinhirns,  zumal  auch  bei  der  Ueberlegung,  dass  scH&t 
Beobachtungen  vorliegen  müssten  von  absoluter  Schlaflosigkeit  bei  Zentonng 
dieses  supponirten  Centrums,  sei  es  in  Folge  einer  cirkumskripten  Entzündmif, 
sei  es  in  Folge  von  Apoplexie,  Erweichung  oder  Abscess»    sei   es  durch  ai 
Trauma.    Im  Gegentheil  sehen  wir  in  der  Pathologie   des    Gehirns  vielmdir 
den  Schlaf  in  allen  seinen  Abstufungen  in  Form  von  Somnolenz,  Sopor 
und  Coma  auftreten  und  zwar  bei  den  verschiedensten  Affektionen,  epeaeO 
aber  bei  solchen,  die  mit  Alteration  der  Grosshimrinde  einhergehen,  oder  die, 
wie  bei  der  Poliencephalitis,  eine  Leitungsunterbrechung  der  zur  Rinde  fuhrendea 
centripetalen  Bahnen  darstellen.    Am  wenigsten  tritt  nach  unserer  Erfahrung 
bei  Kleinhimaffektionen  Schlafsucht  in  die  Erscheinung.     So  haben  wir  frulnr 
auch  einen  Fall  von  Kleinhimtumor  beobachtet ,  in  dem  keine  Spur  jener  Be- 
nommenheit  oder  jenes  Hangs    zum  Schlafen  vorhanden   war,    wie  bei  den 
Hirntumoren  mit  anderer  Lokalisation,  speziell  bei  Sitz  im  Stimlappen. 

Zwei  Fälle  letzterer  Art  zeichneten  sich  durch  eine  ausserordentlidie 
Neigung  zum  Schlafe  aus. 

Endlich  ist  dann  noch  von  Paul  Schultz  (1158)  ganz  neuerdings  eine 
auf  den  Hering' sehen  Anschauungen  betreffs  der  lebenden  Substanz  baaren- 
den  Theorie  des  Schlafs  aufgestellt  worden,  welche  dadurch  ein  besoDderei 
Interesse  erweckt,  dass  unter  gewissen  Gleichgewich tsbedingnngen  sowoU 
Assimilations-  wie  Dissimulationsvorgänge  schlaferzeugend  wirken  können.  Ein 
näheres  Eingehen  auf  diese  Verhältnisse  würde,  weil  hier  dies  eine  Darlegong 
der  Hering 'sehen  Theorie  nothwendig  machte,  zu  weit  führen.  Wir  begnügoi 
uns  desshalb  damit,  auf  den  oben  angeführten  Artikel  hier  zu  verweisen,  der 
um  so  mehr  der  Berücksichtigung  verdient,  weil  die  Hering'sche  Theorie 
auch  bezüglich  der  retinalen  Vorgänge  von  hervorragender  Bedeutung  ist 

§  258.  Wenn  wir  zum  Schlüsse  unsere  Ansicht  über  den  Schlaf  darlegen, » 
sind  wir  uns  selbstverständlich  der  enormen  Schwierigkeiten  der  Lösung,  die 
dieses  komplizirte  Phänomen  darbietet,  um  so  mehr  bewusst,  da  brinahe 
jede  der  vorher  mitgetheilten,  sich  oft  direkt  widersprechenden  Ansichten, 
die  aus  physiologischen  imd  pathologischen  Beobachtungen  gewonnen  würden, 
einen  Kern  von  Berechtigung  in  sich  trägt. 

Wir  möchten  den  Autoren,  wie  Joh.  Müller,  Pflüger  zustimmen, 
welche  den  Schlaf  als  eine  Ausfallserscheinung  der  Thätigkeit  der  Hirnrinde 
betrachten;  und  zwar  möchten  wir  diese,  unsere  Meinung  auf  die  Erschei- 
nungen von  den  Bewegungen  des  Bulbus,  auf  das  Verhalten  der  Pupille,  da 
Lider  und  ganz  speziell  das  der  Ptosis  stützen. 

Die  Ptosis  beim  Schlaf  halten  wir  weder  für  eine  aktive  Thätigkeit 
des  Orbicularis,  noch  für  eine  sympathische  Ptosis,  sondern  für  einen  lähmungi^ 
artigen  Zustand  des  M.  levator  palpebrae  sup. 

Was  nun  den  Charakter  der  Ptosis  betrifft,  so  erachten  wir  es  für  kaaii 
nöthig,  den  Nachweis  dafür  erbringen  zu   müssen,   dass  es   keine  periito 


Die  Ptosis  beim  Schlaf.  531 

bedingte  Levatorlähmung  sei.  Es  ist  schwer  emzuseheii,  wie  beim  Schlaf  eine 
inwirkung  anf  den  Oculomotoriusetamm  zu  Stande  kommen  solle.  Am 
testen  wäre  noch  daran  zu  denken,  das  der  Ocnlomotorius  ev.  beim  Durch- 
ritt durch  den  Sinus  cavernosus  eine  grossere  Kompression  durch  vermehrte 
Jlutfülle  erleide,  speziell  in  der  horizontalen  Lagerung.  Dass  der  zum  Levator 
ihende  Ast  allein  funktionsunfähig  werden  soll,  ist  zwar  auffallend,  jedoch  nicht 
bhne  Analogie,  da  bei  peripheren  Prozessen,  wie  zum  Beispiel  bei  der  basalen 
Lues  etc.  oft  genug  eine  isolirte  Ptosis  beobachtet  worden  ist,  und  da  aus 
vielen  Abschnitten  unseres  Buches  die  ausserordentliche  Empfindlichkeit  und 
Vulnerabilität  des  Levat.  palp.  sup.  hervorgeht. 

Gegen  die  naraenthch  von  Mauthner  verfochtene  Ansicht,  dass  die  Ptosis 
beim  Schlaf  eine  nucleäre  sei,  dürften  folgende  Gründe  geltend  gemacht 
werden : 

Vor  allem  das  alleinige  Befallen  sein  des  Levator.  Wäre  der 
Sitz  des  den  Sclilaf  bedingenden  physiologischen  Prozesses  die  Oculomotorius- 
kerngegend,  so  ist  nicht  einzusehen,  warum  die  anderen  von  dieser  G^end 
innervirten  Muskeln  nicht  ebenfalls  gelähmt  seien.  Dies  ist  aber  nicht  der  Fall, 
da  die  Augen  beim  Schlaf  nicht  diejenige  Mittelstellung  einnehmen,  wie  bei 
einer  kompleten  Kernlähraung  oder  bei  einer  schweren  asthenischen  Bulbär- 
paralyse,  sondern  wie  schon  von  verschiedenen  Forschern  [Raehlmann  und 
Witkowski  (1108),  Siemens  (Hol),  Helmholtz]  beobachtet  und  mit^ 
getheilt  worden  ist,  nach  oben  innen  gedreht  sind  und  auch  Bewegungen  im 
Schlafe,  die  oft  atypischer  Natur  sind,  vollführen,  während  die  Oberlider  voll- 
ständig bewegungslos  herabhängen. 

Endlich  dürfte  die  im  Schlaf  vorhandene  Pupillenverengerung  (1108) 
(Raehlmann  und  Witkowski,  Siemens  1.  c,  Sander)  gegen  die  Mauth- 
ner'sche  Anschauung  sprechen,  dass  die  Ptosis  im  Schlafe  Folgezustand 
einer  gewissen  Nuclearlähmung  sei.  Die  Hochgradigkeit  der  Pupillenenge  im 
Schlafe,  die  ja  so  beträchtlich  sein  kann,  dass  die  Pupillen  sich  gar  nicht  stärker 
kontrahiren  können,  spricht  gegen  die  Annahme  einer  durch  Sympathicus- 
lähmung  bedingten  Miosis.  Man  müsste  vielmehr  eine  durch  Reizung  des 
Sphincterkerns  bedingte  spastische  Miosis  annehmen.  Es  erscheint  indes 
schwer  verständlich,  dass  an  demselben  Ort  im  Centralnervensystem,  nämlich 
in  der  Oculomotoriuskernregion,  neben  einem  Lähmungs-  auch  ein  Reizungs- 
zustand  von  dauernder  Natur  vorhanden  sein  soll. 

Nach  Analogie  mit  der  bekannten  Thatsache,  dass  im  Schlafe  der 
Sphincter  vesicae  et  ani  kräftiger  geschlossen  erscheint  als  im  Wachen,  dürfte 
wohl  die  Irisenge  erklärt  werden;  also  wahrscheinlich  durch  einen  erhöhten 
Tonus  des  Sphincter  iridis  [Plotke  (1026)],  Dies  ist  aber  ebenfalls  unvereinbar 
mit  der  Thatsache,  dass  im  Schlafe  eine  Art  Lähmung  der  Oculomotoriuskern* 
region  bestehen  soll.  Es  bleibt  daher  nur  übrig,  die  Ptosis  im  Schlafe  als 
eine  supranucleäre  oder  kortikale  Levatorlähuumg  anzusehen.  Da  nun  die 
supranucleären  Bahnen  der  zum  Levator   gebenden  Fasern  nicht   bekannt 

WilbraBd-Sa«iig«r.  Kearologje  dea  Augos.    L  Bd.  U.  AbtheUnng.  35 


4 


5%  Misch  form  der  Ptosis  mit  Pseudopiosis. 

sind,  die  neueren  pathologisch-anatomischen  Befunde  aber  im  Hinblick  auf  die 
klinischen  Beobachtungen  (siehe  kortikale  Ptosis  pag.  96,  und  die  Ptosk 
bei  Hirntumoren  pag.  453)  doch  die  Annahme  eines  kortikalen  Rindenfeldes 
des  Levator  palpebr.  sup.  im  Parietallappen  nahelegen,  da  endlich  im  Schlaf 
die  Hirnrinde  ausser  Thätigkeit  gesetzt  erscheint,  so  möchten  wir  annehmen, 
dass  dieses  Rindenfeld  beim  Schlaf  ausser  Funktion  gerätk 
wodurch  das  schlaffe  Herabsinken  der  Oberlider  herbeigeführt 
wird.  — 


17.  Die  Ptosis  bei  Erkrankungen  der  Orbita  und  ihrer  Nebenhöhlen. 
Die  Mischform  der  Ptosis  mit  Pseudoptosis. 

§  259.  Zum  Schlüsse  führen  ^vir  hier  noch  einige  Zustände  auf,  bei  welcht-n 
die  Entscheidung,  ob  eine  wirkliche  Levatorlähpiung  oder  nur  ein  durch  rer- 
mehrte  Schwere  bedingtes  Herabhängen  des  Oberlides  vorhanden  war,  oft 
aus  dem  Grunde  unbestimmbar  erscheint,  weil  in  der  vorhandenen  Kasuistik 
die  beiden  Zustände  wegen  ihrer  häufigen  Kombination  nicht  mit  wünschen»- 
werther  Genauigkeit  auseinandergehalten  wurden,  oder  werden  konnten. 

Schon  bei  der  traumatischen  Ptosis  hatten  wir  auf  die  dii^ostisclw 
Schwierigkeit  der  Unterscheidung  einer  Levatorlähmung  hingew^iesen ;  so  bei 
Gewalteinwirkungen  in  der  Umgebung  des  Auges  und  dadurch  gesetzter  entzüDd- 
licher  Schwellung  und  Sugillation  des  Oberlides. 

In  gleicher  Weise  ist  dies  bei  der  Entzündung  des  orbitalen  Zellgewebes 
der  Fall,  deren  klinisches  Bild  sich  nach  Berlin  (1159)  folgendermassen  ge- 
staltet: ^ Unter  mehr  oder  weniger  lebhafter  Betheiligung  des  Allgemein- 
befindens, namentlich  von  Fiebererscheinungen  und  Dypepsie,  entwickelt  sich 
ein  dumpfer  Schmerz  in  einer  Stimhälfte  oder  in  der  Tiefe  einer  Orbita. 
Mit  dem  Schmerz,  zuweilen  sogar  vor  demselben,  tritt  Protrusion  und  Beweglich- 
keitsbeschränkung des  betreffenden  Auges  auf.  Zugleich  stellt  sich  eine  ent- 
zündliche Anschwellung  der  Lider,  besonders  des  oberen  ein,  sowie  Oedem  der 
Conjunctiva  bulbi.  Die  Beweglichkeitsbeschränkung  des  Bulbus  ist  eine  all- 
gemeine d.  h.  alle  Richtungen  engagirende,  aber  dabei  kann  die  Beweglichkeit 
auch  nach  einer  bestimmten  Seite  in  ausgesprochener  Weise  behindert  sein." 
„Die  Motilitätsstörung,  welche  sich  mit  der  Zunahme  der  Pro- 
trusion vermehrt,  erstreckt  sich  nicht  selten  auf  das  obere  Lid. 
dasselbe  hängt  dann,  vergrössert  durch  die  entzündliche  An- 
schwellung, oft  wie  ein  Fleischlappen  bewegungslos  vor  dem  Bulbus 
herunter." 

Nach  Berlin  sind  die  Ursachen  der  Beweglichkeitsbeschränkung 
während  der  Phase  der  Entzündung,  theils  mechanische  von  Seiten  des  raum- 
beschränkenden Produkts,  theils  sind  sie  in  entzündlicher  Theihiahme  des 
Muskelapparates  zu  suchen.  Was  den  ersteren  Punkt  betrifft,  so  wird  ent- 
weder der  Bulbus  selbst  in  Folge  der  starken  Hervordrängung  direkt  ander 


Mischform  der  Ftosia  mit  Pseudopt0Bi8.  5SB 

öwegung  gehindert,  oder  indirekt  dadiircli,  dass  ein  Druck  auf  die  Muskeln 

deren  Nerven  dieselben  funktionsunfähig  inaclit. 

Friedberg  (1161)  meint,  dass  es  sich  um  eine  Myopathiii  propagata 
fhandele. 

Fizeau  (IIGB)  berichtet  über  einen  zwiBchen  Levator  pa)p.  and  Rect  &up,  gelegenen 
Abecess,  bei  welchem  diese  beiden  Muskeln  ,ma<:erirfc  und  durch  den  Eiter  zerstört* 
waren  Fischer  (1164)  fi»nd  bei  einer  Caries  des  Orbitaldacbes  mir  den  Kectuä  sup. 
\on  Eiterimg  angegriffen.  Schmidt -Rimpler  (1165)  konstatirte  muhiple  kleine  Eiter- 
herde in  den  Muskeln.  Leyden  (116r))  fand  die  Mnskeln  von  schnmtzighraunrother  Farbe, 
mürbe,  üdematös  und  von  Häniorrhagien  durchsetzt. 

Pagenstecher (1167)  heht,  was  uns  speKieü  interessirt,  hervor,  dass  eine 
gewisse  Präddektion  für  den  Levat.  palpehrae  und  den  Rect.  sup,  bei  der 
Orbitalphlegnjone  zu  bestehen  scheint.  Ma^  nun  durch  den  Abscess  der  Levator 
seihst  oder  der  yäi  ihm  führende  Ast  des  Oculomotorius  direkt  lädirt  sein, 
imraerhin  sind  die  Fälle  hemerkenswerth,  bei  denen  speziell  hervorgebohen 
ist,  dass  die  geschwollenen  Oberlider  total  bewegungslos  gewesen  seien. 

So  beschrieb  Sichel  (1160)  einen  einschlägigen  Fall  bei  einem  Sjjihrigen  Knaben, 
welcher  beim  Spielen  ge^en  ein  Brett  ^eslossen  wurde  nnd  bald  eine  leichte  Kbthung  des 
linken  oberen  Lides  bekam,  zu  der  aich  Augen-  und  Kepfschnierz  gesellte.  Am  4.  Tag 
waren  beide  Augen  des  im  Fieber  delirirenden  Kindes  st^rk  vürgedrüngt,  die  Lider,  Naso 
tind  Schläfen  stark  nngeschwelilen.  Daa  Auge  selbst  erschien  gcRund.  Rechts  bestand 
absolute  Unbeweglichkeit  der  Lider  und  des  Auges.  Am  14.  Tage  starb  das  Kind.  Die 
Autopöie  ergab  in  der  rechten  Orbita  einen  haselnaasgrossen  Abscess  Ifinga  des  inneren 
Randes  des  Rect.  sup,;  ferner  best-and  hinter  dem  Bulbus  und  in  der  linken  Orbita  eine 
eiterige  Infiltration* 

Bourod  und  L^card  (1162)  theilten  die  Geschichte  einer  tl^dtHch  verlaufenden 
Orbitalphlegmone  nnd  partieller  Meningitis  mit,  bei  der  das  Oberlid  gleich  fm  Beginne  der 
Krankheit  gelühmt  und  Üdemati^!^  herabbing. 

Karafiath  (1168}  berichtet  über  zwei  Fäile  von  PeriorbitiSj  in  denen 
Ptosis  beobachtet  wurde. 

Bei  einer  Sojährigen  Magd,  die  schon  wiederholt  an  Gesichtserjsipel  gelitten  hatte, 
entstand  unter  dem  Orbitaldach  eine  harte,  hei-vorragende  Geschwulst.  Protrusio  huibi, 
zum  Theil  Lagophthalmus  und  Ptosis.  Nach  explorativer  Inciaion  entstand  eine  Keratitis 
ulcerosa.  Iridocyclitis  und  Katarakt»  Nach  2  Monaten  relative  Heilung  mit  ",3,  Sehschärfe. 
Die  Ptosis  wurde  operirt. 

Im  zweiten  Fall  handelte  es  sich  um  einen  11  jährigen  Schüler,  bei  dem  in  Folge 
eines  durch  eine  Verletzung  entstandenen  Erysipels  sich  Protrusio  bulbi,  Ptosis»  Papiliiti* 
und  Herabsetzung  der  Sehschärfe  eingestellt  hatte.  Nach  Incision  entleerte  sich  reichlich 
übelriechender  Eiter.     Nach  einigen  Wochen  völlige  Heilung.     V  ^=  *«. 

Baas  (1169)  schilderte  eini'n  Fßll  von  Orbitalphlegmone  nach  Thrllnensackentzllndung 
und  Caries  der  Knochen.  Es  ist  hervorzuheben,  dass  eine  ^Ptosis*  bestand  neben  Ex- 
ophthalmus, Divergenz  und  Beweghchkeiisbescbräakung  nach  innen  und  linderen  uns  hii^r 
nicht  weiter  interessirenden  Symptomen, 

Bei  der  oft  recht  schwierigen  Unterscheidung  zwischen  einer  Periostitis 
orbitae  und  der  Zellgewebsentzündimg  der  Augenhohle  kann  dem  Mangel 
jeder  Beweglichkeit  des  geschwollenen  Oberlides  im  Sinne  der  Levatorwirkurig 
eine  ditterentiell  diagnostische  Bedeutung  zukommen.  Sehr  häufig  fehlen 
nämlich  die  pathognomoniscben  Erscheinungen  der  Periostitis:  wie  Schmerz- 
haftigkeit  des  Örbitalknochens  und  seitliche  Verschiebung  des  hervorgetri ebenen 

85» 


534  Mischform  der  Ptosis  mit  Pseadoptosis. 

Bulbus.  In  solchen  Fällen  würde  eine  sicher  konstatirte  Levatorlähmung 
gegen  eine  unkomplizirte  Periostitis  und  nur  für  eine  Zellgewebsentzündoog 
sprechen.  Jedoch  Hesse  sich  nicht  ausschliessen,  dass  beide  Prozesse  neben- 
einander beständen,  da  sehr  häufig  eine  Caries  des  vorderen  Theils  des 
Orbitaldaches  bei  einer  Entzündung  des  orbitalen  Gewebes  vorhanden  sei,  und 
die  in  der  Tiefe  der  Augenhöhle  lokalisirte  Periostitis  beinahe  stets  mit  einer 
Entzündung  des  retrobulbären  Zellgewebes  kombinirt  vorkomme. 

Dass  in  manchen  Fällen  es  sich  nur  um  einen  Druck  von  Seiten  des  Exsudats 
auf  den  Nervenast  handelt,  der  zum  Levator  geht,  dürfte  wohl  auch  per  analogiam 
daraus  erschlossen  werden  können,  dass  bei  Orbitalblutnngen  (siehe  pag.  426 1 
ausnahmsweise  sehr  verbreitete  Beweglichkeitsbeschränkungen  bei  geringem 
Exophthalmus  gefunden  werden.  Berlin  (1170)  nimmt  an,  dass  in  solchen 
Fällen  das  in  die  Tiefe  der  Orbita  ergossene  Blut  die  entsprechenden  Be- 
wegungsnerven beeinträchtigt,  vorausgesetzt,  dass  nicht  etwa  die  Muskeln 
selbst  unter  dem  Einflüsse  des  Traumas  gelitten  haben. 

Jedenfalls  bedarf  es  zur  sicheren  Erklärung  der  bei  den  Entzündungen 
des  Orbitalzellgewebes  auftretenden  Motilitätsstörungen  noch  zahlreicher 
ganz  genauer  mikroskopischer  Untersuchungen,  bei  denen  speziell  auf  das 
Verhalten  der  Muskeln  und  namentlich  auch  der  dieselben  versorgenden  Nerven- 
äste genau  eingegangen  werden  muss,  weil  sehr  wohl  auch  neuri tische  Prozesse 
mit  im  Spiele  sein  können. 

§  260.  Bei  den  Tumoren  der  Orbita  sind  die  Motilitätsstörungen  des  Auges 
ebenfalls  von  hoher  Bedeutung.  Auf  der  einen  Seite  handelt  es  sich  um 
reine  mechanische  Verdrängungserscheinungen  des  Angapfels  durch  die  Ge- 
schwulst. Wir  sehen  dann,  dass  derselbe  bei  gewissen  Bewegungen  meist 
nur  nach  einer  Richtung  hin  zurückbleibt.  Auf  der  anderen  Seite  ist  dagegen 
der  motorische  Apparat  des  Bulbus  der  Sitz  des  Ausfalls  der  BewegUchkeit 
sei  es  nun,  dass  der  betreffende  Muskel  durch  die  Neubildung  bedrängt  wird,  sei 
es  dass  der  Tumor  den  Muskel  durchwächst  und  ihn  zum  Schwunde  bringt 
sei  es  endlich,  dass  die  motorischen  Nerven  in  Folge  des  Druckes  oder  der 
Infiltration  von  Seiten  der  Geschwulst  funktionsunfähig  werden. 

Berlin  (1170  pag.  661)  hat  drei  mal  letzteren  Vorgang  bei  solchen  Tumoren 
gefunden,  welche  ihren  Ursprung  in  der  Gegend,  vielleicht  sogar  innerhalb 
der  Fissura  orbitalis  sup.  selbst  hatten.  In  zweien  dieser  Fälle  begann  das 
Krankheitsbild  mit  reinen  Paresen,  einmal  des  Abducens  [vergleiche  auch 
unsere  Beobachtung  pag.  313  und  einen  Fall  Fred.  Tresilian^s  (1189),  bei  dem 
die  Besserung  durch  den  Gebrauch  von  Jodkalium  erfolgte],  das  andere  Mal 
des  Oculomotorius,   noch  ehe   eine  Spur  von  Exophthalmus    vorhanden  war. 

Derselbe  Autor  hebt  hervor,  dass  häufig  Ptosis  bei  Geschwülsten  be- 
obachtet werde,  welche  im  oberen  Theile  der  Orbita  sässen. 

In  der  Litteratur  fanden  wir  folgende  hierhergehörige  BeobachtuDgeo. 

Rheindorf  (1171)  konstatirte  als  erstes  Symptom  eine  Ptosis  bei  oiea 
42jährigen  Manne,  der  einen  Tamor  im  hinteren  Orbitalabschnitt  und  in  der  Naseubfihk 
hatte.    Erst  später  trat  der  Bulbas  hervor. 


Vosaiua  (1185)  entfernte  einen  Tumor,   der  zwischen  Levator  pulpebn  und  Orbital- 

dacb   sass,  bei   einem   35jillirigen  Arbeiter,   dessen   Leiden   vor  9   Jahren  mit  Ptoais   be-  j 

gönnen  hatte.     Später  trat  Verschieljung  des  Bulbus  nach  unten  und  vorn  und  Beschränkung  ' 

der  Bewegung  nach  oben  auf.  ( 

Einen   ganz   ühnlicben  Fall    von   Orbitalaarkom    mit  PtoBiB  beachrieb  de   Vincen-  , 
tiis  ai88). 

Webater  (1186)    beobachtete    bei    einem   21jährigen   Manne    eine  Protruaio    bulbi  i 

dext.,  völlige  Ptoais,  vollkommene  ünbeweglichkeit  des  Auges,  Stauungspapille.     Bei  der  ' 

Exenteratio  orbitae  wurde  ein  Hundzellenaarkom  konstatirt.     Nach  6  Wochen  Recidiv  und  \ 

Exitus  letalis.  | 

Hörn  er  (1172)  theilt  einen  Fall  von   Cysticercaa   in   der  Orbita  eines   20  jährigen  , 

Mannes  mit.     Ausser  einer  mflssigen  Ptosis   mit   leichter  Bchwellung  dea  gesenkten  Lides  J 

war  weder  eine  Sehstihung,  noch  eine  ünbewegiichkeit  des  Bulbus  zu  konstatiren.  t 

Ebenfalls  bei   einem  CjeticGrcus  in   der  Orbitalhöhle  sah   Meyer  (1187)   bei   einem  ♦ 

jungen  Manne   eine  geringe  linksseitige  Ptosis »   eine  fast  vollkommene   ünbewegiichkeit  { 
des  Auges  und  einen  massigen  Exophlhalmus. 

Galezowski  (1173)  beschrieb  einen  flnrcli  Digitalkompression  geheilten 
Fall  von  Exoplithalmus,  der  durch  eine  Gefässgeschwulst  der  Orbit a  bedingt 
gewesen  sein  sollte. 

Kine   42 jährige  Frau,  die  früher  eine  Verletzung  dos   linken  Orbitalrandes  acquirirt  , 

hatte,  empfand  plötzlich  eines  Tages  nach  heftigem  Erbrechen  und  Kopfschmerzen,  ein  Geräusch 
im  Kopf  und  im  linken  Äuge  mit  pulsatorischer  Vei-stärkung.  Das  Auge  wurde  stark  vor- 
getrieWn,  Es  war  unbeweglich  und  das  obere  Lid  herabgesunken.  Ferner  bestand 
Chemosis  conjunctivae.  Die  Carotis  wurde  täglich  15 — 20,  zuletzt  45 — 00  Minuten  lang 
komprimirt.  Nach  jeder  Sitzung  fühlte  sich  die  Kranke  erleichteit,  untl  nach  Verlauf  eines 
Monats  war  sowohl  die  Chemuais  verschwunden,  wie  die  Bewegung  des  Auges  und  der 
Lider  wiedergekehrt 

Diesem  Falle  kann  die  folgende  Beobachtung  v.  HippeTs  (1174) 
umsomehr  angereiht  werden,  als  der  Autor  über  die  Resultate  der  Carotis- 
kompression  bei  retrobulbären  Aneurysmen  spricht  und  zu  der  Ansicht  ge- 
langt^  dass  dadurch  kaum  ein  Nutzen   erzielt,  ja  eher  geschadet  werde. 

Ein  21  jähriger  Mann  blutete  in  Folge  eineü  Sturzes  vom  Pferd  aus  Nase»  Mund 
und  Ohr.  Bewusstlosigkeit;  und  Erbrechen  war  konstatirt,  ebenso  ein  Vorstehen  des  linken 
Auges,  was  indess  bald  versehwand.  Es  injizirte  sich  nunmehr  der  rechte  Bulbus  und 
wtirde  prominent.  Als  Patient  nach  etwa  3  Wochen  wieder  völlig  zu  sich  kam,  bemerkte 
er  ein  Herabhängen  des  rechten  Oberlides  ober  das  vorgetriebene,  stark  injizirte 
Fischte  Auge,  das  eine  auffallend  enge  Pupille  zeigte  und  fast  unbeweglich  war.  Die 
Diagnose  eines  Aneurysma  wurde  durch  ein  über  dem  rechten  Auge  oder  der  Schlüfe  hörbares 
syatolisches  Geräusch  gesichert,  das  bei  Kompression  der  rechten  Carotis  sofort  verschwand. 

Einen  ähnlichen  Fall  von  retrobulbärem  Aneurysma  mit  starkem  Exophthalmus  und 
Ptosis  des  verlängerten,  gerotheten  linken  Oberlides  beschrieb  Nie  den  (1176)»  Die 
Carotis  Unterbindung  war  erfolgreich. 

öchmidt-Kimpier  (II 77)  konatntirt«  ebenfalls  bei  einem  traumatisch  entstandenen 
polfiireuden  Exophthalmus  eine  Lähmung  des  rechten  oberen  leides.  Nach  Kom- 
presfiion  der  Carotis  und  Ergotineinspritzungen  wurde  der  20jöbrige  Patient  gebessert  ent- 
lassen.    Bei  einer  späteren  Vorstellung  zeigte  sieb  die  Geschwulst  wieder  vergrüesert. 

Bauga  (1175)  beobachtete  bei  einem  Osteom  des  Sinus  frontalis  mit  Durchbiuch  in 
die  linke  Orbita  fast  völlige  Ünbewegiichkeit  der  Lider.  Das  blourothe  Oberlid 
bedeckte  den  Tumor  völlig. 

8  Tage  nach  operativer  Entfernung  des  Tumors  trat  eine  Meningitis  auf,  welcher  der 
18jährige  Patient  erlag. 


§36 


MjächfofDi  der  Ptoais  mit  Pseudoptows. 


Christenaen  (1178)  konatatirte  Ptosis  nach  dem  Auftreten  einer  reditaseilifn 
ese  des  M.  rect.  sup.  et  inl.  bei  einem  18jäbrig«i  Mädchen.  Erst  nach  4  Monaten  enlwickdU 
i  Prominenz  des  Auges,  Einen  Mooat  später  fühlte  man  eine  harte  Gescbwulßt  aotcrdn 
Orbjfaldache.  Von  jetzt  ab  verminderte  sich  das  Sehvermögen,  und  es  trat  SlaunafE  m 
der  Papille  auf.  Der  fibröse  Tumor  wurde  nach  Emschnitt  unter  dem  Orbitalrand  «i^tirfiit 
2Va  Jahre  später  war  die  Sehschärfe  beinahe  normal;  jedoch  he^tand  noch  etwas  D«7iatm 
nach  unten  und  eine  geringe  P  i  o  s  i  s. 

Berg  er  (1179)  exstirpirte  ebenfalls  ein  Osteosarkom,  welches  am  Knocben  4a 
oberen  OrhitalrandeB  featsass.  Es  lies  tau  d  totale  Ptot^is.  Die  Hei  lang  erfolgte  promiA.  Eil 
Funktion  des  Levator  palp.  aup.  stellte  sich  fast  ganz  wieder  her, 

Uiggena  (1180)   punktirte  eine    angeblich  in   Folge    einer   Yerletzang    entrtandcftt 

Cyste  an  der  äusseren  Seite  des  ober« 
Orbitalrandes.  Die  klinischen  Sympiuni 
bestanden  in  einer  partiellen  Ptoiii^ 
Li^hmung  des  M.  rectus  sup.  noditirkcttr 
Füllung  der  Hetinalvenen. 

Hei  nicke  (1181)  beobadilft« 
bei  einer  29jJlhrigen  Fran  rechUnMB 
Exophthabnus,  Divergenz,  sehr  g^Bniifr 
lieweghchkeit  und  Tieferstehen  de» 
Auges  neben  Ptosis.  Der  abere  iiiMn 
Tb  eil  der  Orbita  war  von  «ioer  klit- 
liebeu  (leschwulst  eiuKeuoTnnien,  wücht 
von  normaler  Baut  bedeckt,  »het  hei 
der  Palpation  schmerzhaft  war.  Nadi 
einer  autisyphihtiäcfaen  Kur,  die  sidi 
auf  die  Anamnese  stüute,  trat  HeiJjiog 
ein.  — 

Einen  ähnlichen  Fall  be- 
obachteten wir  kürzlich  hier  in 
der  Tuhklinik  (siehe  Fig,  HOL 

Eine  25  jährige  Frau»  seit  2  Jahrw» 

verheirathet,   hatte  einmal  eine  Pehl^ 

hurt  gehabt,   sonst    aber   keine  Leiden 

Seit  einigen  Tagen  bestand  eine  schnifii 

hafte  Rfithung    über  der  link*»«  Aug«h 

braue,  das  linke  Oberlid  war  Odeinitc«^ 

leicht  geröthet   und  konnte  nur  sehfttx 

gehoben  werden,    Fingerdrock  über  dtr 

linken  Augenbraue  war  sehr  empfindliflL 

Die  Diagnose  Periostitis  luetica  am  oberen  Orbitalrande  bestätigte  sich  durch  den  prompten 

Erfolg   der  Therapie.      Wenige    Flaschen   Jodkali    genügten,    das   Leiden    ganz    zum  Ver 

schwinden  :5u  bringen.     (Vergleiche  auch  pag.  ^10,  Fig.  64.) 

S  201,  Eine  Ptosis  kann  auch  in  Folge  einer  Erki^ankung  der  der 
Orbita  benachbarten  Gebilde  auftreten. 

So  machte  im  Jahre  1895  Walienberg  (1182)  auf  die  Ptosis  äI« 
Symptom  einen  Stirnhöhlenempyems,  imd  zwar  als  einziges  von  selten  der 
Augenmuskeln  aufuierksam. 

Es  handelte  sich  um  eine  52jährige  Wittwe,  die  gegen  Ende  1894  mit  Sduiupto 
Kopfschmerzen  und  l^nföhigkeit.  das  linke  Auge  zu  öffnen,  erkranJct  wir. 
Im  Laufe  von    14  Tagen   verschwanden   die   Beschwerden,     Am  6.  M&rz   traten  zwei  efii- 


Fig.  110. 
Links;  Periostitiä  luetica. 


Miacbfonn  der  PtOiiis  mit  Pseudoptosis,  537 

•ptiforme   Anfälle   mh  kurzem   Bewusstaeinsverluat,    dann    Kopfschroerzeu    und    Ptosia 

rie  vor  2',^  Monaten  auf.  Die  kräftige  Frau  hatte  Scliiuerzeu  über  dem  linken  Auge 
lud    in    der    linken    Stirnbälfte,     kotnplete    Ptogia   links,    geringes    Qedem    des    linken 

Oberlides  und  der  angrenzenden  Hautstellen,  besonders  am  inneren  oberen  Lid- 
kel;    daselbst   auch   geringe   Qorvorwi^lbung.      Pnpillenüewegungen,    der    Bulbus    dext. 

Eid  Bin.,  Oeaichtamuskulatur,  Zunge,  Extremitäten  normal,  ebeuso  die  Haut-  und  SehneD- 
'reflejte.  Keine  Stauungspapille^  T,  39,8.  Puls  88.  Austiittsstelle  des  N.  supraorbit  ain. 
recht  druckempfindlich.  Am  folgenden  Tag  waren  Ptosis  und  Oedem  geriöger  geworden. 
Am  H.  März  Ptosis  und  Oedem  gering,  Supraorhitalneuralgie,  Hervor  Wölbung  am  inneren 
oberen  Augenwinkel  noch  deutlicher  ala  vorher,  Vollötfiadtge,  rein  motoriache  Aphasie. 
Am  iJ.  MÄri  zwei  Schotte! frdste;  am  10.  März  Coma;  Cbeyne-Stoktssches  Atbmen,  PuJi 
64—68.    Trotz  Trepanation  des  Sinus  frontalis  keine  Aenderung.     Abends  Exitus. 

Die  Sektion  ergab  eine  Caries  des  linken  Orbitaldaches.  Die  Perforationsöffnung 
lag  am  Uebergang  des  vertikalen  in  den  bonzontalen  Ast  des  Stirn beina.  Die  Dura  niater 
war  hinter  dem  linken  Sinus  frontalis  an  einer  Stelle  gelbgrön  verfärbt  und  gUnzlos-  Bei 
Eröffnung  der  harten  Hirnhaut  entleeite  sich  aus  der  Gegend  der  linken  Fossa  Kylvü  eine 
grössere  Menge  stinkenden  Eiters,  welcher  sich  zwischen  Pia  und  Dura  angeaammelt  hatte. 

Nach  Wallenbergs  Ansicht  ist  der  Eiter  von  der  Pertüratiousiiffnuiig 
(zwischen  1.  und  2;  Stirnwindung)  nach  hinten  unten  gertossen  (Rückenlage 
des  Patieuten)j  hat  sich  in  der  Fossa  Sylvii  gestaut,  nachdem  er  die  3.  Stirn- 
Windung  bedeckt  hatte  und  ist  in  Folge  des  Druckes  und  des  ihm  vom  ücctpital- 
lappen  entgegengesetzten  Widerstandes  hi-ngs  den  Centralwindungen  nach  der 
medialen  Hemisphärentiäche  gedränfft  worden.  Was  die  Ptosis  heti'ifft,  so 
konnte  sie  wohl  nur  durch  eine  Infiltration  der  Endausbreitung  des  Levator 
palpebr.  sin.  in  Folge  Caries  der  inneren  Uebergangsstelle  von  der  hori- 
zontalen zur  vertikalen  Platte  des  Stirnbeins  nach  Wallenbergs  Ansicht 
bedingt  sein. 

In  sehr  viel  früherer  Zeit  hatte  schon  Celliez  (1183)  ausdrücklich  auf  die 
Lähmung    des  Oberlides   bei    einer  Eitening   des  Sinus   frontalis  hingewiesen. 

Ein  32 jährige  Frau  verlor  nach  und  nach  den  Gelrauch  des  rechten  oberen  Augen- 
lids, Zugleich  traten  heftige  Kopfschmerzen  auf.  B  Wochen  nach  Beginn  des  Leidens 
konstatirte  Celliez  ein  schlaffes  Herahhängen  des  leicht  verdickten  rechten  Oberlids^ 
Die  Pupille  war  heträehtlich  erweitert,  das  Sehvermögen  intakt.  Die  rechten  Extrem itüten 
eröcliienen  abgemagert  und  schwäcber  ala  die  linken.  Die  Patientin  verfiel  nach  vorher- 
gehender Schlaflosigkeit  m  Sopor,  dem  Coran,  KonvuWjoneu  und  Exitus  folgten.  Vorher 
hatte  dje  Patientin  aus  Mund  und  Nase  Eiter  entleert.  Bei  der  Sektion  fand  sich  ein  nach 
4er  Scbädelhöhl©  perforirtes  Empyem  des  Sinus  frontalis. 

In  der  vorzügHchen  Monographie  Kuhnt'a  (1184)  ^über  die  entzündlichen 
Krankheiten  der  Stirnhöhlen"  finden  sich  unter  14  eigenen  Beobachtungen 
von  Empyem  des  Sinus  frontahs  ch*ei  Fälle,  in  denen  der  Autor  speziell  die 
totale  Lähmung  des  geschwollenen  oberen  Lides  hervorhebt. 

1.  Ein  17 jähriger  Arbeiter,  der  häutig  an  Nasenkatarrhen  litt,  hekam  seit  einigen 
Jahren  Kopfschmerzen»  die  gradatim  stärker  wurden  und  seit  Monaten  nicht  mehr  vöüig 
schwanden.  Bei  der  Aufnahme  hatte  Patient  fiusäerst  heftigen  Kopfschmerz,  Blutungen 
aus  der  Nase,  die  Lider  des  linken  Auges  schwollen  an.  Das  ubero  hing  stark  ver- 
dickt und  schlaff  Üher  da«  untere  lierab,  und  es  stellte  sich  auch  Exophthalmus 
und  Chemoäia  ein.  Daneben  Schüttelfrost,  Die  Beweglichkeit  des  Au^^apftds  war  massig 
beschränkt;  die  Papille  ein  wenig  getrübt  und  deren  Grenzen  leicht  verschwommen. 


jS 


588  Mischform  der  Ptosis  mit  Pseadoptosis. 

2.  Ein  18  jähriger  Kaufmann,  der  schon  Jahre  lang  an  Schnupfen,  besonders  UAa- 
seits  litt,  erkrankte  mit  Schüttelfrost  und  heftigsten  linksseitigen  KopfBchmerzeiL  Tagi 
darauf  massiges  Nasenbluten.  Im  Laufe  des  Nachmittags  trat  eine  Rothang  and  mini|e 
Schwellung  des  linken  oberen  Lides  ein.  Status :  Visus  beiderseits  =:  1,  rechtes  Auge  TüQig 
normal.  Das  linke  obere  Lid  hängt  schlaff  und  bewegongslos  über  du 
untere  herab,  ist  stark  geröthet  und  geschwollen.  Beträchtlicher  Exophtinhon. 
Bulbus  bedeutend  in  der  Beweglichkeit  beschränkt;  dieselbe  ist  nach  oben  fast  aufgdiobflL 
Verschleierung  der  Papille,  starke  Schmerzhaftigkeit  der  ganzen  Frontal-  und  Orbitatgegeoi 

Bei  der  ErOflfnnng  des  Sinus  fand  sich  kein  Eiter,  sondern  nur  eine  geringe  Meng« 
einer  trüben,  mit  einzelnen  Flocken  vermischten,  übelriechenden  Flüssigkeit 

Ein  19  jähriger  Oberprimaner  hatte  in  den  letzten  2 — 8  Jahren  in  Intervallen  toi 
etwa  8  Wochen  heftige  linksseitige  Kopfschmerzen,  die  am  3.  Tag  zumeist  das  Höhesttdiom 
erreichten  und  in  weiteren  2—8  Tagen  sich  dann  allmählich  verloren.  Er  kam  nach  einem 
schon  10  Tage  lang  dauernden  Anfall  zur  Aufnahme,  bei  welchem  ein  starker  Schmerz  des 
Bulbus  durchzuckte.  Daneben  entwickelte  sich  beträchtlicher  Thränenflnss  and  eine  leidite 
Injektion.  Die  Beweglichkeit  war  nicht  behindert,  wohl  aber  verursachte  der  forcirte  filiek 
nach  oben  bedeutende  Schmerzen.  Doppelbilder  wurden  nicht  wahrgenommen.  Es  feUii 
jede  Andeutung  von  Exophthalmus  und  Abnahme  der  Sehschärfe.  Aus  dem  Status  praesens  iit 
hervorzuheben,  dass  das  linke  obere  Lid,  dessen  Deckfalte  verstrichen  erschien,  nicht  so 
weit  gehoben  werden  konnte,  wie  rechterseits. 

Bei  der  Operation  fand  sich  Eiter  im  linken  Sinus  frontalis. 
Diese  Fälle  sind  um  so  bemerkenswerther,  da  die  diagnostischen  Zeichen, 
wie  Kuhnt  hervorhebt,  welche  für  ein  relativ  kurze  Zeit  bestehendes  Sinusleiden 
zu  verwerthell  sind,  nicht  immer  prägnant  ausgebildet  und  auch  nicht  immer 
eindeutig  sich  darstellen.  Ist  eine  Nasenuntersuchung  negativ  ausgefaUen, 
so  ^muss  die  Diagnose  eventuell  aus  anderen  Symptomen  abgeleitet  werden. 
Besonderes  Augenmerk  bleibe  der  Anamnese  zuzuwenden."  ^Geht  aus  den  An- 
gaben des  Kranken  der  charakteristische  mit  Intervallen  und  Attacken  ab- 
wechselnde Verlauf  hervor,  oder  können  wir  nebstdem  eine  Ptosis  fugax 
konstatiren,  so  sind  schon  bemerkenswerthe  Anhaltspunkte  gewonnen.'^ 

Wir  haben  diesen  Worten  des  auf  diesem  Gebiete  so  erfahrenen  Autors 
speziell  in  Bezug  auf  das  uns  interessirende  Symptom  vielleicht  nur  das  hin- 
zuzusetzen, dass  bei  dem  Empyem  des  Sin.  frontal,  meistens  eine  durch  Lid- 
schwellung bedingte  Pseudoptosis  vorkommt,  dass  sich  dieselbe  häufig  mit 
einer  wirklichen  Ptosis  kombinirt,  und  dass  in  seltenen  Fällen  (Celliez, 
Walle nberg)  sich  eine  Levatorlähmung  allein,  d.  h.  ohne  Schwellung  des 
Lides  findet. 

So  wichtig  die  Erkrankungen  des  Sinus  frontaUs  sind,  so  wenig  ergiebig 
war  die  Litteraturausbeute  in  Bezug  auf  das  Vorkommen  der  Ptosis  bei  den 
AflFektionen  der  übrigen  Nebenhöhlen. 

Bei  den  Eiterungen  des  Sinus  maxillaris  sowohl,  wie  der  SiebbeinzeUen 
war  in  keinem  der  uns  zugänglichen  Fälle  eine  Levatorlähmung  beobachtet 
worden.  In  einer  Beobachtung  von  Russell  (1190)  blieb  das  Auftreten  einer 
Ptosis  deshalb  von  geringer  Bedeutung,  weil  bei  der  Sektion  an  der  ganzen 
mittleren  Schädelbasis  ein  eitriges  Exsudat  gefunden  worden  war,  welches 
die  Gefässe  und  den  linken  Trigeminus  eingehüllt  hatte. 

Es  handelte  sich  am  einen  34jährigen  Mann,  der  seit  langer  Zeit  an  hartoftcldigeD 
Nasenfluss  litt,  und  plötzlich  mit  heftigen  Kopfschmerzen  in  der  linken  Schlftfe  erbaiikt 


Mischform  der  Ptoata  mit  Ps^tidoptoaiB.  539 

rar.  14  Tage  lang  häufiges  Erhrecbeo,  Schüttelfrost«  und  Abnahme  des  SehvennögeDd. 
ei  der  Aufnahme  fand  sich  Ptosis  Ijnka  und  Unbewegllchkeit  d^s  linkttD  Bulbus.  Später 
Kien  Benommenheit  und  Delirien  auL  Exitus  3  Wochen  nach  Beginn  der  Erkrankung. 
ei  der  Autopsie  waren  die  Siebbein*  und  Keilbeinhdhlen  mit  jauchiger  fdtider  Flüssigkeit 

ron  bniuDer  Farbe  gefüllt.     Der  Sinus  cavernosns,  circalaris  und  die  Vena  ophtfaalmica  der 

linken    Seite    waren    mit    einem    soliden    Thrombus    verstopft*    die    Venen  wände    infiltrirt. 

Aufiserdem  fand  sieb  die  vorher  erwähnte  eiterige  Meningitis  an  der  Basis. 

Die  eitrigen  Aftektionen  der  Keilbeinlitihlen  setzen  sich  durch  die  De- 
hiscenzen  derselben  auf  die  cerebrale  Fläche  des  Keilbeins  fort^  führen  dann 
selbst  zur  Periostitis  punilenta  und  ergreifen  die  Dura  und  Pia  mater. 

Demarqusy  (1192)  berichtet  vom  Auftreten  eines  Empyems  des  Sinus  frontalis 
nach  Ausreiasen  einea  Nasenpolypen.  Der  Polyp  recidivirte  mehrmals,  12  Tage  nach 
einer  Aetzung  fand  Demarquaj  starkes  Herabhängen  des  rechten  Lides;  daa  rechte 
Auge  war  unbeweglich,  die  Pupille  dilatirt.     Nach  14  Tagen  Exitus. 

Die  Sektion  ergab  eine  Anfflllung  der  Keilbein*,  fcjiebbein-  und  Righmorshähle  mit 
Kiter*  Derselbe  war  durch  den  brüchigen  KeilbeinkOrper  und  die  Sella  tarcica  durch- 
gesickert und  hatte  eine  rechtsseitige  Kongestton  der  basalen  Hirnhaut  verursacht. 

Dass  Pfx)sis  bei  der  eitrigen  Meningitis  an  der  Basis  vorkommt,  baben 
wir  in  dem  Kapitel  IX  eingebend  dargestellt,  so  dass  es  kaum  nöthig  er- 
schein t,  auf  die  Beobachtung  von  Ort  mann  (1193)  noch  hinzuweisen,  bei 
welcher  sich  von  einer  eiterigen  Affektion  der  Keübeinhöble  eine  Meningitis  ent- 
wickelt hatte.  Ans  dem  Krankheitsbild  ist  hervorzuheben,  dass  bei  dem  13jährigen 
Knaben  eine  richtige  Miachform  von  Ptosis  und  Pseudoptosis  beider  Augen 
gefunden  wurde.  Die  Oberlider  waren  geschwollen  und  konnten  nicht  mehr 
geöffnet  werden. 

Auf  die  iB  den  Nebenhöhlen  vorkommenden  Neubildungen  einzugehen 
würde  zu  weit  führen,  meist  handelt  es  sich  um  bösartige  infiltrirende  und 
zerstörende  Gescbwülste,  die  zu  Alterationen  der  Hirnnei"ven  bei  ihrem  Ver- 
lauf durch  die  Scbädelknochen  oder  an  der  Basis  cerebri  führen  können. 

Beispiolsweise  sei  der  Fall  von  Reinhardt  (1194)  hier  angeführt,  welcher  eiu 
Cancreid  des  linken  Oberkiefers  bei  einem  51  jährigen  Manne  beobachtete,  das  zu  einer 
Paralyse  dea  Facialis,  Amblyopie  des  linken  Auges  und  später  zu  Paralyse  des  Oculomoto- 
rius  geführt  hatte;  femer  der  Fall  von  Lyonnet  und  H^^gand  (1191X  in  dem  es  sich 
um  ein  Carcinom  des  hinteren  Nflsenrachenraomes  mit  Uebergreifen  auf  das  Keilbem  und 
die  Schild elbaaia  der  linken  8eite  bandelte.  Links  bestand  Ptosis,  önbeweglichkeit  des 
Augapfels,  Mydriasis,  Lähmung  des  linken  Facialis,  der  linken  Zungenfajilfte  mit  Ab- 
magerung und  Verlust  des  Geschmacks  derselben,  sowie  Herabsetzung  der  Sensibilität  im 
linken  Quintusgebiet,  endlich  eine  Abnahme  des  linksseitigifn  Gehörs. 

§  262.  Wenn  wir  am  Ende  dieses  Kapitels  noch  einmal  die  darin  angeführten 
Fälle,  in  denen  eine  Ptosis  beobachtet  worden  war,  kurz  betrachten,  so  geht 
auch  bei  diesen  Affektionen  die  ausserordentliche  Bedeutsamkeit  der  Ptosis  für 
die  Erkenntniss  des  zu  Grunde  liegenden  Prozesses  hervor.  Sehen  wir  doch 
in  den  Fällen  Rheindorf,  Voss  in«  und  Horner  als  einziges  klinisches 
Symptom  eine  Ptosis  lange  Zeit  den  anderen  Erscheinungen,  so  auch  dem 
pathognonionisch  so  wichtigen  Exophthalmus,  voraufgehen. 

Zur  besseren  Uebersicht  führen  wir  noch  einmal  in  der  nebenstehenden 
Tabelle  die  einschlägigen  Fälle  nach  Krankheiten  geordnet  auf: 


540  Mischform  der  Ptosis  mit  Pseudoptosis. 

Tabellarische   Uebersicht  über  das  Vorkonunen  der  Ptosis    bei  folg^eil« 

Affektionen. 

A.  Abscess  längs  des  Rect.  sup. 

1.  Sichel  (1160),  siehe  pag.  533. 

B.  Periorbitis. 

2.  Karafiath  (1168),  siehe  pag.  533. 

3.  Karafiath  (1168),  siehe  pag.  533. 

C.  Orbitalphlegmone. 

4.  Bourod  et  Lecard  (1162),  siehe  pag.  533. 

5.  Baas  (1169),  siehe  pag.  533. 

D.  Gummöse  Erkrankung  in  und  an  der  Orbita. 

6.  Fall  Müller,  pag.  313,  eigene  Beobachtung. 

7.  Heinicke  (1181),  siehe  pag.  536. 

8.  Fred.  Tresilian  (1189),  siehe  pag.  534. 

9.  Eigener  Fall,  pag.  536. 

E.  Orbitaltumoren. 

10.  Rheindorf  (1171),  siehe  pag.  534. 

11.  Vossius  (1185),  siehe  pag  535. 

12.  de  Vincentiis  (1188),  siehe  pag.  535. 

13.  Webster  (1186),  siehe  pag.  535. 

14.  Banga  (1175),  siehe  pag.  535. 

15.  Christensen  (1178),  siehe  pag.  536. 

16.  Berger  (1179),  siehe  pag.  536. 

17.  Higgens  (1180),  siehe  pag.  536. 

18.  Homer  (1172),  siehe  pag.  535. 

19.  Meyer  (1187),  siehe  pag.  535. 

20.  Galezowski  (1173),  siehe  pag.  535. 

21.  V.  Hippel  (1174),  siehe  pag.  535. 

22.  Nieden  (1176),  siehe  pag.  535. 

23.  Schraidt-Rimpler  (1177),  siehe  pag.  535. 

F.  Empyem  des  Sinus  frontalis. 

24.  Wallenberg  (1182),  siehe  pag.  536. 

25.  Celliez  (1183),  siehe  pag.  537. 

26.  Kuhnt  (1184),  siehe  pag.  537. 

27.  Kuhnt  (1184),  siehe  pag.  538. 

28.  Kuhnt  (1184),  siehe  pag.  538. 

G.  Empyem  der  Keilbeinhöhle. 

29.  Russell  (1190),  siehe  pag.  538. 

30.  Ortmann  (1193),  siehe  pag.  539. 


Die  Ptosis  sympathica.  541 

H.  Empyem  sämmtlicher  Nebenhöhlen. 

31.  Demarquay  (1192),  siehe  pag.  539. 
I.  Neubildung  im  Nasenrachenraum. 

32.  Lyonnet  und  Regand  (1191),  siehe  pag.  539. 
K.  Neubildung  des  Oberkiefers. 

33.  Reinhardt  (1194),  siehe  pag.  539. 


VII.  Kapitel. 

Die  Ptosis  sympathiea. 


S  263.  Im  Jahre  1869  publizirte  der  bekannte  Ophthalmologe  Horner  (1195) 
eine  kleine  Mittheilung  unter  dem  Titel  ;,über  eine  Form  von  Ptosis".  Für 
die  Auflassung  dieser  Ptosis,  die  er  mehrfach  beobachtet  hatte,  theilte  er  als 
prägnantes  Beispiel  folgenden  Fall  mit: 

Fraa  A.  B.,  40  Jahre  alt,  eine  gesand  aussehende  Bäaerin  mittlerer  Grösse,  soll 
schon  von  Jagend  auf  oft  an  Kopfschmerz  gelitten  haben,  der  keine  Stelle  besonders  bevor- 
zugte und  im  Laufe  des  letzten  Jahres  eher  an  Intensität  und  Häufigkeit  abnahm.  Sechs 
Wochen  nach  dem  letzten  Wochenbette,  das  vor  einem  Jahre  stattfand,  bemerkte  sie  ein 
aUmfthliches  Herabsinken  des  rechten  oberen  Augenlides,  das  sehr  langsam  zunahm  und 
nun  seit  ca.  */«  Jahr  stille  steht.  Das  obere  Lid  deckt  die  rechte  Cornea  bis  an  den  oberen 
Pnpillenrand ,  ist  nicht  schlaff  und  faltenlos,  sondern  etwas  eingezogen  in  den  Orbitalraum 
und  besitzt  noch  einige  Beweglichkeit.  Es  ist  weder  geröthet,  noch  geschwollen.  Die  nach 
oben  konvexen  Furchen  der  rechtsseitigen  Stirnhaut  deuten  die  substituirende  Wirkung  des 
Frontalis  an.  Die  Pupille  des  rechten  AuRes  ist  bedeutend  enger  als  diejenige  des  linken, 
aber  auf  Lichteinfall  beweglich ,  der  Bulbus  sehr  unbedeutend  zurückgesunken  und  bei  oft 
wiederholten  Messungen  etwas  weniger  resistent  als  der  linke.  Beide  Augen  sind  emmetropisch. 
Die  rechte  Gesichtshälfte  war  geröthet.  heiss,  turgescirend  und  von  runden  Formen.  Die 
rechte  Seite  hat  nie  geschwitzt,  fühlte  sich  trocken  an,  während  die  linke  feucht  war.  Die 
Temperatur  auf  der  rechten  Seite  war  höher  als  auf  der  linken. 

Homer  beantwortete  die  Frage  nach  den  ursächlichen  Momenten  der 
Ptosis  folgendennassen:  ;,Ich  glaube,  nach  allen  voraus  beschriebenen  Sym- 
ptomen wundert  sich  Niemand,  wenn  ich  diese  allmählich  entstandene,  nie 
vollständige  Ptosis  als  Lähmung  des  vom  Sympathicus  versorgten  organischen 
Muse,  palpebral.  super.  (H.  Müller,  Harling)  ansehe  und  so  die  Erscheinung 
am  oberen  Lide  mit  dem  ganzen  Symptomenkomplex  in  ein  gemeinsames 
Band  verflechte.  Es  wäre  hier  also  das  Gegenstück  zu  der  Erhebung  oder 
besser  gesagt  Einziehung  des  oberen  Lids  in  die  Orbita  bei  Basedow'scher 
Krankheit  gegeben,  welche  durch  v.  Graefe  und  Remak  (1196)  als  abhängig 
von  der  Reizung  der  organischen  Muskelfasern  im  oberen  Lid  geschildert  wurde." 


542  Die  Ptosis  sympathica. 

4  Jahre  später  erschien  eine  von  Horner  inaugurirte  Arbeit  seines 
Assistenten  N  i ca  t i  (1197),  die  sich  ausführlich  mit  den  Lähmungserscheinimga 
des  Halssympathicus  auf  Grund  zahlreicher  in  der  Homerischen  Klinik  in 
Zürich  angestellten  Beobachtungen  beschäftigt. 

Aus  der  geschichtlichen  Einleitung  dieser  wichtigen  Schrift  erfahren  wir. 
dass  zwar  schon  im  Jahre  1712Pourfour  du  Petit  über  die  Physiologie  des 
Sympathicus  gearbeitet  hatte;  dass  jedoch  Claude  Bernard  das  Verdienst 
gebührt,  zuerst  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  auf  diesen  Gegenstand  gelenkt 
zu  haben. 

1852  bezog  Will  ehr  and  t  (1198)  zuerst  die  Pupillenverengerung  aof 
Läsion  des  Halssympathicus  durch  einen  Halstumor.  1855  stellte  Gairdner 
(1199)  die  Sympathicuslähmung  als  diagnostisches  Zeichen  für  intrathoradschc 
Tumoren  auf.  1858  publizirte  Ogle  (1200)  30  einschlägige  Beobachtungen 
und  machte  darauf  aufmerksam,  dass  die  Läsion  sympathischer  Fasern  Affek- 
tionen des  Rückenmarks  begleite.  Er  war  der  Erste,  der  die  Ptosis  damit 
erklärte,  dass  ein  Zweig  des  Sympathicus  mit  dem  Oculorootorius  zusammen  d^ 
Levator  palpebr.  sup.  innervire.  Nach  der  vorhin  erwähnten  bedeutsamoi 
Mittheilung  Homers  haben  sich  zahlreiche  Autoren  mit  der  Pathologie  des 
Sympathicus  beschäftigt;  so  u.  A.  Seeligmüller  (1201),  Eulenburg  und 
Guttmann  (1202). 

Nicati  (1197)  unterscheidet  bei  der  Sympathicuslähmung  vier  Perioden: 

1.  das  Stadium  der  prodromalen  Reizung, 

2.  die  erste  Periode  der  Lähmung, 

3.  die  zweite  Periode  der  Lähmung, 

4.  die  intermediäre  Periode. 

In  der  Periode  der  prodromalen  Reizung  beobachtet  man  Mydriasis  in 
Folge  von  Reizung  des  Dilatator  pupillae ;  Exophthalmus ;  Spasmus  der  Vaso- 
motoren ;  Pulsbeschleunigung  und  Erweiterung  der  Lidspalte.  Es  sei  hervor- 
gehoben, dass  oft  nur  eins  dieser  Symptome  vorhanden  ist ;  so  in  den  Fällen 
vonVerneuil  und  Ledentu  (1203).  Wir  haben  in  §  17  die  Reizung  des 
Sympathicus  genauer  beschrieben  und  zwar  an  der  Hand  einer  eigenen  Be- 
obachtung. 

Nicati  versteht  unter  der  ersten  Periode  der  Lähmung  des  Hals- 
sympathicus die  Verengerung  der  Pupille,  der  Lidspalte^  die  Abnahme  der 
Tension  des  Auges,  die  Retraktion  des  Bulbus  in  die  Orbita;  Injektion  der 
kleinen  Gefasse  in  der  betreflfenden  Gesichtshälfte,  erhöhte  Temperatur;  häufig 
Schweissausbrucb. 

Die  zweite  Periode  der  Lähmung  ist  durch  Atrophie  der  erkrankten 
Partieen  charakterisirt.  Die  oculopupillären  Erscheinungen  (Myosis,  Ptosisi 
sind  dieselben  geblieben,  nur  die  trophischen  und  vaskulären  Symptome  haben 
sich  geändert.  Die  betreffende  Gesichtsbälfte  ist  magerer,  blasser  geworden: 
die  Temperatur  ist  niedriger,  und  die  gelähmte  Seite  schwitzt  nicht  mehr 
oder  viel  seltener  als  die  gesunde  Seite. 


Die  4,  Periode  zeichnet  sich  durch  den  Uebergang  der  2.  in  die  3.  Periode 
18.  Die  Transpiration  fängt  an  sich  xu  verändern ;  ebenso  die  Röthung 
les  Gesichts. 

Wir  haben  diese  Eintheilung  hier  deshalb  reproduzirt,  weil  dieselbe  auf 
Grundlage  eines  grossen  Materiales  und  eingebender  Beschäftigung  mit  dem 
Gegenstand  aufgestellt  worden  ist.  Es  sei  aber  gleich  hervorgehoben,  dass 
spätere,  vielfältige  Erfahrungen  gezeigt  haben,  dass  die  Symptome  bei  der 
SympatUicnslähmung  viel  zu  inkonstant  sind,  ^h  dass  man  dieselben  so 
schematiseh  trennen  kann.  In  vielen  Fällen  findet  man  schon  im  2.  Stadium 
statt  Gefässerweiterung  eine  Gefäss Verengerung;  statt  Hyperidrosis  Anidrosis; 
ja  letztere  trüphischen  Störungen  werden  oft,  wie  auch  die  Abmagerung  der 
entsprechenden  Gasichtshälf te  vermisst    (S  e  e  1  i  g  m  li  1  le  r ,  M  Ö b  i  u  s). 

Worauf  diese  Inkonstanz  der  Erscheinungen  beruht,  lässt  sich  gegen- 
wärtig noch  nicht  entscheiden.  Vielleicht  kommt  man  der  Frage  naher, 
wenn  man  die  klinischen  Erscheinungen  der  Hals-Sympathicuslähmung  je  nach 
dem  Sitz  des  die  Lähmung  bedingenden  Prozesses  einer  näheren  Betrachtung 
und  Vergleichung  unterzieht.  Zu  diesem  Behuf e  dürfte  angezeigt  sein  zu- 
vörderst auf  die  anatomischen  Verhältnisse  des  Sympathicus  hier  in  Kürz© 
einzugehen. 


Anatomisches  und  Physiologisches  über  den  Sympathicus. 

§  264.  Das  eigentliche  sympathische  oder  Gangliennervensystem  (K  o  e  U  i  k  er) 
kann,  wie  Bechterew  (1204)  sagt,  im  Wesentlichen  als  ein  abgesprengtes 
Stück  des  Centralnervensystems  betrachtet  werden.  Wie  dieses  sich  aus  ein- 
zelnen Nervenelementen  bezw.  Neuronen  aufbaut,  welche  den  Nervenreiz  in 
centrifugaler  oder  centripetaler  Richtung  fortleiten,  so  stellt  auch  der  soge- 
nannte Sympathicus  eine  Ganglienkette  vor,  wo  Nervenelemente,  sensible  so- 
wohl wie  motorische  sich  in  verschiedener  Weise  aneinander  anlehnen  und 
anschliessen.  Vom  Centralnervenaystem  erweist  sich  der  Sympathicus  zu  einem 
Theil  unabhängig,  während  er  in  vielen  Beziehungen  mit  demselben  innig  ver- 
knüpft erscheint.  Eine  gewisse  Selbständigkeit  erwächst  dem  sympathischen 
System  aus  dem  Besitz  besonderer  Ganglien,  aus  deren  Zellen  feinste  und 
zum  Theil  marklose  Fäserchen  hervorgehen;  seine  Abhängigkeit  vom  übrigen 
Nervensystem  bekundet  es  dadurch,  dass  es  eine  Anzahl  dickerer  cerebraler 
und  cerebrospinaler  Nervenfasern  beherbergt,  welche  ihm  auf  der  Bahn  der 
Rami  comraunicantes  zuHiessen,  Die  cerebrospinalen  Fasern  des  Sympathicus 
sind  zu  einem  Theil  sensibler  Natur,  sofern  sie  von  den  inneren  Körper- 
organen kommende  Reize  dem  Gehirn  übermitteln;  grösstentheils  stellen  sie 
motorische  Leitungsbahnen  vor,  welche  vom  Gehirn  und  UQckenmark  aus- 
gehende Impulse  centrifugal  zu  den  Sympathicusganglien  und  durch  Ver- 
mittelung  dieser  weiterhin  zur  glatten  bezw.  unwillkürlichen  Muskulatur  und 
zu  den  drüsigen  Organen  sämmtlicher  Körpergegenden  fortleiten. 


544  Anatomisches  und  Physiologisches'  Über  den  Sjropathieiis. 

Der  Grenzstrang  zerfällt  in  einen  Kopf-,  Hals-^  Brust-,  Banch-  und 
Beckentheil.  Von  den  uns  hier  lediglich  interessirenden  Theilen  des  Kop{- 
und  Halssyrapathicus  werden  der  M.  dilatator  pupillae,  der  M.  orbitalis  und 
die  Mm.  palpebr.  sup.  und  int.  versorgt  und  zwar  stammen  die  peripherstea 
Fasern  aus  dem  Plexus  caroticus,  der  die  Carotis  int.  umspinnt,  und  mit 
verschiedenen  Himnerven,  so  auch  mit  dem  Oculomotorius,  in  Verbindung  tritt. 

Von  Jendrassik  (1205)  ist  behauptet  worden,  dass  der  Iris  und  im 
MüUer'schen  Muskel  (wahrscheinlich  auch  den  Drüsen  und  Gefassen)  eine 
besondere  Art  der  Verbindung  mit  dem  Centralnervensystem  eigen  sei.  Die 
Innervation  dieser  Organe  stamme  aus  dem  Rückenmark,  verlaufe  in  den 
Bahnen  des  Sympathicus  und  sei  wahrscheinlich  unterwegs  durch  Gangfieu- 
zellen  unterbrochen:  Dieses  vom  Verf.  so  genannte  Dilatatorsystem  scheme 
wenig  reflektorisch  beeinflussbar  zu  sein  und  habe  die  Aufgabe,  einen  anta- 
gonistisch wirkenden  Tonus  zu  unterhalten. 

Braunstein  (1206)  glaubt,  dass  das  Gangl.  cervic.  supr.  einen  Einflü» 
auf  di^se  Dilatatorbahnen  habe  und  hat  gleich  anderen  Forschem  (Hensen 
und  Völkers,  Adamük  u.  A.)  konstatirt,  dass  wenigstens  bei  Thieren  der 
Weg  dieser  Sympathicusfasern  nicht  durch  das  Gangl.  ciliare,  sondern  durch 
den  1.  Ast  des  Quintus  und  die  Nn.  ciliares  long,  führe.  Bei  dieser  Gelegenheit 
soll  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  Haie  White  (1207)  auf  Grund  von  ana- 
tomischen und  vergleichend  anatomischen  Untersuchungen  zu  dem  Schluss  ge- 
langt ist,  dass  das  Gangl.  cervic.  suprem.  beim  erwachsenen  Menschen  keine 
Funktion  mehr  habe,  da  sich  in  ihm  nur  degenerirte  Ganglienzellen  fanden. 
Das  Gangl.  ciliare  dagegen  enthalte  normale  Ganglien  und  sei  daher  wohl 
als  aktiv  zu  betrachten.  Dass  die  oculopupillären  und  vasomotorischen 
Sympathicusfasern  ihren  Ursprung  im  Rückenmark,  aber  nicht  in  demselbeD 
Segment  hätten,  hatte  Claude  Bernard  (1208)  schon  1858  festgestellt  Durch- 
schneidet man  nämlich  bei  Hunden  die  vorderen  Wurzeln  der  beiden  erst€n 
Brustnerven,  so  erhält  man  ausschliesslich  die  oculopupillären  Erscheinungen: 
durchschneidet  man  dagegen  die  aufsteigenden  Fäden  des  Bmstsympathicos 
zwischen  2.  und  4.  Rippe,  so  erhält  man  nur  die  vasomotorischen. 

Budge  (1209)  fand,  dass  beim  Kaninchen  Reizung  derjenigen  Abtheihing 
des  Rückenmarks,  welche  in  den  3  ersten  Brustwirbeln  eingeschlossen  ist  am 
sichersten  und  längsten  Erweiterung  der  Pupille  hervorruft,  und  die  nach 
oben  und  unten  zunächst  angrenzenden  Stellen  bis  zu  gewissen  Grenzen  hin 
sich  minder  wirksam  erweisen.  Man  hat  daher  jene  Stelle  des  Rückenmarks 
das  Centrum  cilio-spinale  genannt;  die  von  ihm  in  den  Sympathicus  ein- 
tretenden Fasern  liegen  beim  Kaninchen  in  den  Rami  communicantes  der 
beiden  ersten  Brustnerven  und  zwar  genauer  in  den  vorderen  Wurzeln  der- 
selben. Letzteres  hindert  jedoch  nicht,  auch  von  den  hinteren  Wurzeln  der- 
selben Nerven  Erweiterung  der  Pupille  auf  reflektorischem  Wege  hervorm- 
rufen:  Beim  Frosche  übernehmen  der  2.  und  3.  Brachialnerv  die  Ueberleitiu^ 
der  Pupillarfasern  in  die  Sympathicusbahn. 


ÄDatomiscIied  uod  Phyaiologiscbes  über  den  Sympätbicua.  545 

Interessant  ist  eine  von  Eckhard  (1210)  angefiihi'te  Beobachtung: 
Ij^Beizt  man  nämlich  den  oberen  Stumpf  des  durchschnittenen  Halssynipathicus, 
tritt  Exophthahnus  der  entsprechenden  Seite  ein.  Nach  Eukhard  ist 
ihev  das  Hervortreten  ein  nur  scheinbares  und  kommt  dadurcli  zu  Stande, 
ass  das  untere  Augenlid  langsam  stark  abwärts  gezogen  und  dadurch  der 
Ibus  entblösst  wird.     Diese  Erscheinung  ist  hei  Hunden  besonders  deutlich. 

heim  Menschen  ist  sie  von  Wagner  beobachtet.  „Bei  Thieren  ist  jeden- 
falls die  muskulöse  Orbitalhaotj  welche  auf  dem  Boden  der  Orbiti  liegt  und 
in  das  untere  Augenlid  einstrahlt,  die  anatomische  Grundlage  der  beschriebenen 
Bewegung:  Wie  es  sich  beim  Menschen  verhält,  weiss  man  noch  nicht  genau. 
An  seinem  Auge  kommt  ein  in  der  unteren  Augenhühlenspalte  gelegener 
Muskel,  der  Muse,  orbitalis  vor,  ausserdem  aber  werden  auch  noch  in  den 
Lidern  glatte  Muskelfasern  vorgefunden.  Für  letztere  sind  indes  die  Messungen 
und  Anheftungen  noch  nicht  so  genau  gekannt,  dass  man  ihnen  mit  Sicher- 
heit dieselbe  Funktion»  wie  der  muskulösen  Örhitalhaut  der  Thiere  zuschreiben 
könnte,  obsclion  man  es  höchst  wahrscheinlich  finden  mag.  Die  Fäden  des 
Sympathicus  sind  bis  jetzt  nicht  kontinuirlich  bis  zu  diesen  kontraktilen  Ele- 
menten verfolgt;  man  findet  es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  sie  aus  dem 
Plexus  caroticus,  als  Nerv,  petrosus  profundus  nach  dem  Ganglion  spheno- 
palatinum  gehen,  wo  sie  nur  noch  einen  kurzen  Weg  bis  zu  jenen  Muskeln 
haben."*  (H.  Müller  [1211],)  Schon  früher  (pag.  21)  hatten  wir  die  neueren 
Untersuchungen  betreffs  der  vom  Sympathicus  innervirten  Muskeln  am  Auge 
angeführt.  Nach  Sattler  (50)  ist  der  M.  orbitalis  nur  auf  verhältnissmässig 
sparsame  Bündel  reduzirt,  welche  in  der  medialen  Partie  der  die  Fissura 
orbital  inf.  ausfüllenden  Membran  gelegen  sind.  Der  M.  pal] cebral,  sup. 
bildet  die  mittlere  Schicht  der  Aponeurose  des  M.  levator  palpebr.  sup.,  ist 
sagittal  gefasert  und  inserirt  sich  am  vorderen  Rande  des  Tarsus. 

An  Thieren  (C.  Bernard,  Tümi  anzew)  und  Hingerichteten  (R  Wagner 
und  H.  Müller)  hat  man  früher  die  Erscheinungen  der  Sympathicusläsion 
eingehend  studirt.  Ganz  neuerdings  bekommt  man  die  Sympathicuslähmung 
in  reiner  Form  dadurch  zu  Gesicht,  dass  in  jüngster  Zeit  sowohl  bei  dem 
M-  Basedowii  (Jonnesco),  wie  bei  Epilepsie  (Donath)  und  bei  Glaukom 
(Zimmermann)  der  Halssympatbicus  bezw.  das  Gangl.  suprera.  resezirt 
worden  ist.  Sehr  interessant  ist  die  Beobachtung  von  Zimmermann  (1212). 
Sofort  nach  Resektion  des  Ganglion  suprem.  und  der  aus  ihm  austretenden 
Nerven  trat  eine  hochgradige  Verkleinerung  der  betr.  1.  Pupille  ein.  Der 
intraokulare  Druck  sank.  Am  Nachmitt:tg  nach  der  Operation  wurde  ein 
deutliclier  Enophthalmus  geringen  Grades  und  leichtes  Herabhängen  des 
oberen  Lides  des  linken  Auges  konstatirt 

Donath  (1213)  beobachtete  bei  doppelseitiger  Hals-Sympatbicusresektion, 
dass  die  Ptosis  und  Miosis  mitunter  auf  beiden  Seiten  ungleich  war. 

Diesen  absichtlichen  Sympathicusverletzungen  zum  Zweck  eines  aller- 
dings bis  jetzt  noch  recht  zweifelhaften  Heilerfolges  dürften  sich  ungezwungen 


546  Klinisches  über  den  Sympathicus. 

die  unabsichtlichen  Sympathicusverletzungen  anreihen,  von  denen  namentlidi 
in  der  älteren  Litteratur  hinreichend  Beispiele  niedergelegt  sind. 


Klinisches  über  den  Sympathicus. 

§  265.  lieber  eine  Schussverletzung  des  rechten  Sympathicus  wird  Ton 
drei  amerikanischen  Chirurgen  (Weir  Mitchell,  Morehouse  und  Keen 
[1214]  berichtet: 

Die  Kugel  war  auf  der  rechten  Habseite  hinter  dem  Ramus  mandibulae,  am  Tordeni 
Rande  des  Siernocleido-mastoideus  eingetreten ,  durch  den  Hals  hindurchgegangen  und  a- 
mittelbar  unter  und  vor  dem  linken  Eieferwinkel  ausgetreten.  10  Wochen  nach  der  Ver- 
letzung wurde  der  folgende  Befund  erhoben :  Die  rechte  Pupille  war  bedeutend  kleiner  als 
die  lioke  und  hatte  eine  mehr  ovale  Form.  Femer  bestand  eine  leichte,  aber  bestuDodi 
Ptosis  am  rechten  Auge;  der  äussere  Winkel  desselben  war  anscheinend  etwas  hen^ 
gesunken,  der  Bulbus  war  kleiner,  die  Gönjunctiva  etwas  röther;  es  bestand  ThrSneoiiK 
und  ziemlich  erheblicher  Frontalschmerz.  Wiederholt  wurde  konstatirt,  namenÜidi  nad 
Anstrengungen  des  Patienten,  dass  die  rechte  Gesichtshftlfte  ungewöhnlich  roth,  die  liab 
dagegen  blass  erschien.  Dabei  empfand  Patient  Schmerzen  am  rechten  Aoge  und  rotbe 
Blitze  in  demselben.  5  Monate  nach  der  Verletzung  konnte  Patient  in  den  Dienst  znrfick- 
kehren. 

Am  8.  März  1872  hatte  Kämpf  (1215)  eine  Soldaten  mit  Miosis  paralytica  dm 
rechten  Auges  vorgestellt,  welche  durch  eine  Verletzung  des  rechtsseitigen  HalsstnuigB  d» 
Sympathicus  bedingt  war. 

Im  Sanitätsbericht  der  deutschen  Heere  im  Kriege  gegen 
Frankreich  1870/71  findet  sich  ein  uns  sehr  interessirendes  Kapitel  über 
nervöse  Störungen  nach  Schussverletzungen  des  Halssympathicos  (1216). 

Wir  reproduziren  die  tabellarische  Uebersicht  über  die  Fälle  tod 
Sympathicuslähmung  auf  nächster  Seite: 


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548  Klinisches  über  den  Sympathicas. 

Zu  diesen  10  Fällen  kommt  der  Fall  von  H.  M.  Bannister  (1217),  in  veldken 
1  Monat  nach  einer  Schassverletzung  des  Sympathicas  enge  Pupille,  Exophthalmus,  Bötbisg 
des  Gesichts  und  Temperatarerhöhang  um  1*^  C.  bestand. 

Ein  Patient  von  Chavasse  (1218)  erlitt  bei  der  Exstirpation  einer  Geschwulst  »De 
Sympathicusverletzang.  Unmittelbar  nachher  war  die  Pupille  stecknadelkopfgross;  nach  STaget 
unregelmässig  kontrahirt,  auf  Licht  etwas  reagirend,  nach  3  Monaten  ebenso,  doch  bei 
Accommodation  gut  reagirend.  Zugleich  etwas  Ptosis;  Sehschärfe  normal.  Vasomotoriadbe 
Erscheinungen  fehlten. 

Möbius  (1219)  konstatirte  4  Wochen  nach  einer  Stich  Verletzung  des  Halses 
engere  Lidspalte,  engere  Pupille;  Injektion  der  Conjunctiva;  Temperatur  des  betreffendet 
Gehörgangs  um  0,9°  C.  höher,  Gesichtshälfte  wärmer,  aber  nicht  schwitzend,  keine  Atropliie. 

Ernst  Remak  (1220)  sah  nach  der  Exstirpation  eines  gänseeigrossai,  o- 
trennbar  mit  dem  N.  symplithicus  verwachsenen  Gavemoms  an  der  rechten  Halsseite, 
wobei  ein  5 — 6  cm  langes  Stück  des  Sympathicus  resezirt  wurde,  unter  anderen  folgeide 
uns  hier  interessirende  Erscheinungen:  leichte  rechtsseitige  Ptosis  mit  erheblicher  Ver- 
engerung der  rechten  Pupille.  Das  rechte  Ohr  ist  röther  und  dem  GefOhl  nach  wärmer, 
subjektiv  kälter  als  das  linke  Ohr.  Schweisssekretion  rechts  am  Kopfe  und  Geiidt 
geringer.    Hypersalivation  rechts. 

Einen  ungewöhnlichen  Fall  einer  Läsion  des  Halssjmpathicns  theilte 
L.  Jacobsohn  (GO)  mit,  den  wir  schon  pag.  25  erwähnt  haben. 

Bei  einem  1'/«  jährigen  Kinde  traten  nach  Eröffnung  und  Auskratzung  eines  links- 
seitigen HalsdrOsenabsccsses  eine  Reihe  von  Symptomen  an  der  operirten  Seite  toL 
1.  Verengerung  der  Pupille,  2.  Verengerung  der  Lidspalte,  3.  Blässe  und  Kühle  der  Gesidits- 
hälfte,  4.  Anidrosis  dieser  Hälfte,  5.  Enophthalmus,  6.  Eingefallensein  der  ganzen  Gesichts 
hälfte.  Hervorzuheben  war,  dass  schon  unmittelbar  nach  der  Operation  die  linke  Lidspalte 
erheblich  kleiner  als  die  rechte  war  und  zwar  stand  sowohl  das  obere  Lid  niedriger,  als 
auch  das  untere  höher  als  das  entsprechende  der  anderen  Seite. 

Der  Erste,  welcher  mit  Nachdruck  darauf  aufmerksam  gemacht  hatt«, 
dass  bei  traumatischen  Lähmungen  des  Plexus  brachiahs  gewöhnlich  gleich- 
.  zeitig  eine  Paralyse  des  der  Seite  entsprechenden  Halssympathicus  vorhanden 
sei,  war  Hutchinson  (1222).  In  zwei  von  Seeligmtiller  (1223)  publi- 
zirten  Verletzungen  des  Plex.  brach,  fanden  sich  nur  Verengerung  der  Lid- 
spalte und  Miosis,  während  trophische  und  vasomotorische  Erscheinungen  ganz 
zu  fehlen  schienen. 

Eulenburg  und  Guttmann  (1202)  protestiren  gegen  die  regelmässige 
Coincidenz  von  Lähmungen  des  Plexus  brachialis  mit  Lähmungen  des  Hals- 
sympathicus. Sie  haben  eine  nicht  geringe  Anzahl  isolirter,  meist  trauma- 
tischer, sowohl  frischer  als  veralteter  Lähmungen  des  Brachialplexus  mit 
negativem  Erfolg  auf  Symptome  von  Seiten  des  Sympathicus  untersucht 
Eulenburg  und  Guttmann  meinen,  dass  die  Verletzung  des  Plexus 
brachialis  und  die  konsekutive  traumatische  Neuritis  der  Armnervenstämme 
sich  nach  der  Eintrittsstelle  der  betreffenden  Wurzeln  in  das  Räckenmari[ 
fortgepflanzt  und  dort  eine  cirkumskripte,  sekundäre  Myelitis  hervorgerufen 
habe.  Letztere  könnte  als  im  unteren  Theile  des  Halsmarkes  belegen  die 
Ursache  der  Funktionsstörungen  sein,  welche  sich  in  den  oculopupillaren 
Fasern  des  Halssympathicus  zeigten.  Die  Nichtbetheiligung  der  vasomotorischeo 
Sympathicusfasern  in  den  erwähnten  Seeligmüller'schen  Fällen  würdesich 
aus  dem  cirkumskripten  Charakter  der  Myelitis  leicht  erklären. 


Kliiiischea  über  den  Sympathicus.  549^ 

Am  genauesten  sind  diese  interessanten  Verhältnisse  neuerdings  von 
Fran  Klumpke  (1224)  imtersucbt  worden.  Ihr  zu  Ehren  spricht  man  anch 
I  von  einer  Klumpke' sehen  Lähmung,  wenn  man  eine  untere  Plexuslähmung 
meint.  Durch  Thierexperimente  stellte  sie  fest,  dass  das  Durchschneiden  nur 
des  8.  Cervikal-  und  besonders  des  L  Dorsalnerven  Lidverengerung,  Miosis 
und  Enophthalmus  hervorbringe. 

Kraus  (1225)  hat  darauf  hingewiesen ,  dass  diese  oculo-pupillaren 
Symptome  besonders  im  ersten  Dorsalsegment  zu  lokalisiren  seien.  Zeigten 
sich  neben  den  oculo-pupi  Hären  auch  vasomotorische,  trophische  und  sekre- 
f  torische  Störungen,  so  dürfte  wohl  die  Affektion  im  Grenzstrang  des  Sym- 
pathicus  ihren  Sitz  haben,  weniger  im  Rückenmark.  Bei  cervi kaier  Myelitis, 
die  sich  speziell  auf  das  8.  Hals-  und  L  Dorsalsegment  beschränkt, 
kommt  es  nämlich  lediglich  zu  oculopupi  Hären  Symptomen,  ebenso  wie  bei 
d^r  oft  hier  lokalisirten  Syringomyelie.  Nach  Schlesinger  (500)  befindet 
Fich  bei  dieser  Krankheit  die  Sympathicuslähmung  in  der  Regel  auf  jener 
Seite,  auf  welcher  die  Musketatropbien  ausgesprochen  sind  und  stellt  sich 
nicht  selten  als  eines  der  initialen  Symptome  der  Syringomyelie,  besonders 
der  cervi kalen  Form  ein. 

Unter  200  Fällen  fanden  sich  in  29  Zeichen  von  Sympathicusläsion,  also 
in  ca.  18*^/0  der  Fälle. 

Schon  auf  pag.  200  §  77  haben  wir  hervorgehoben,  dass  eine  sympathische 
Ptosis  gar  nicht  so  selten  bei  der  Syringomyelie  zur  Beobachtung  komme  und 
zwar  durch  Läsion  der  Fasern,  die  das  Rückenmark  mit  dem  Ramus  commun, 
des  l.  Brustnerven  verlassen. 

Bei  dem  auf  pag.  201  citirten  Falle  H.  Neuhaus  (502)  und  A.  Reich- 
liiie's  (505),  in  welchem  eine  linksseitige  Ptosis  und  Miosis  vorhanden  war,  ist 
die  Ptosis  wahrscheinlich  als  eine  sympathische  zu  deuten. 

Wir  selbst  beobachteten  den  auf  pag.  202  schon  tnitgetheilten  Fall  von 
Syringomyelie  mit  sympathischer  Ptosis  und  Miosis. 

Koppen  (507),  Dejerine  undMiraille  (508),  Schlesinger  (500) 
Beobachtung^  V,  XX  und  XXII  haben  ähnliche  Fälle  besehrieben. 

Auch  bei  anderen  Rückenmarksaffektionen  konstutirt  man  den  Hörn  er- 
sehen Symptomenkomptex,  wenn  dieselben  nur  oberhalb  des  ersten  Dorsal- 
segmentes ihren  Sitz  haben,  was  auch  von  Kocher  (1226)  hervorgehoben  wird. 

Durch  die  Güte  des  Herrn  Direktor  Prof.  Lenhartz  waren  wir  in 
der  Lage,  einschlägige  Beobachtimgen  am  folgenden  Fall  anzustellen: 

Ein  26 jähriger  Eutschsr,  der  einig©  Tage  vor  si-uner  Erkrankung  durch  Sficketragen 
sehr  erliitzt  sich  auf  dem  Kulacberbock  rasch  abküMte,  fühlte  pl&tzlkh  ruckweise  SchmerKen 
io  den  Armen  und  Beinen.  Am  8.  Oktober  trat  Bangeln  im  linken  Arm  und  Abnahme  dor 
Kraft  drsst'lben  auf.  Am  fulgenden  Tag  dasselbe  Gefülil  im  rechten  und  linken  Bein,  ferner 
in  den  Fingerspitzen  der  rocJiten  Uand.  Der  Gang  wurde  unaicher*  Nacken-  und  Rücken- 
schmerzeix. 

Aus  der  Anamnese  ist  zu  bemerken,  dass  hereditär  nerrtise  Belastung  nicht  vorUg 
dass  Patient  nie  geschlecbtsltrank  gewesen  war,  und  dass  er  bdcbstena  nur  für  IQ  Pfenoig 
Sc!ii  aps  pro  die  g  truhken  hat 

3e* 


550  Klinisches  über  den  Sympathicus. 

Bei  der  Aufnahme  im  Krankenhause  fieberte  Patient  bis  38  ^.  Die  Kraft  des  lioka 
Armes  und  der  linken  Hand  waren  herabgesetzt;  zugleich  bestand  hochgradige  Ataxie.  Db 
Sensibilität  der  ganzen  linken  Hand  und  der  Streckseite  des  linken  Unterarms  war  hod- 
gradig  gestört.  Auch  recht-s  bestanden  an  der  Volarseite  des  3.,  4.  und  5.  Fingers  tacük 
Störungen.  Der  Gang  war  unsicher  und  schwankend.  Die  Kraft  der  linken  unteren  Ex- 
tremität war  herabgesetzt. 

Die  Reflexe  waren  bis  auf  den  linken  Cremasterreflex  normal.  An  den  Hinnerrei 
nichts  Abnormes. 

Am  17.  Oktober  klagte  Patient  über  Nackenschmerzen;  der  2.  und  3.  Halswirbd 
war  auf  Druck  schmerzhaft    Die  Ataxie  war  stärker  geworden. 

Am  26.  Oktober  kann  Patient  den  linken  Arm  kaum  noch  heben.  Das  LagegefQU 
war  in  der  linken  oberen  Extremität  fast  gänzlich  erloschen.  Die  rohe  Kraft  der  Beifie 
war  stärker  herabgesetzt. 

Am  27.  Oktober  fiel  auf,  dass  die  linke  Pupille  hnlbsoweit  wie  i'it 
rechte  war.  Die  Reaktion  zeigte  sich  aber  ungestört.  Die  Lidspalten warti 
gleichweit.  Erst  am  1.  November  erschien  die  linke  Lidspalte  deottick 
enger  als  die  rechte,  und  war  die  linke  Gesichtshälfte  des  auffallei^ 
schwitzenden  Patienten  trockener  als  rechts.  Die  linke  Papille  war  esg 
und  oval  verzogen. 

Am  3.  «November  traten  zuerst  Blasenstörungen  auf.  Die  rohe  Kraft  des  reeblei 
Arms  und  beider  Beine  hatte  sehr  abgenommen. 

Am  6.  November  war  die  linksseitige  Ptosis  stärker,  ebenso  die 
Miosis;  die  Lichtreaktion  der  Pupillen  erschien  normal. 

Am  10.  November  war  die  Ptosis  geringer.  Deutlicher  halbseitiger 
Schweiss  in  der  rechten  Gesichtshälfte. 

Am  24.  November  wurde  speziell  notirt,  dass  die  linke  Lidspalte 
wieder  enger  geworden  sei.  Am  8.  Dezember  war  die  Ptosis  wieder  glii* 
lieh  geschwunden. 

Am  11.  Dezember  waren  alle  Extremitäten  gelähmt.   Schluckbeschwerden.    Oppresioni- 
gefUhl.     Am  14.  Dezember  beiderseits  Patellarclonus  nachweisbar.      Cyanose  des  Gesichts. 
Schluckstörung.     18.   Dezember:    Exitus   während    des    Schlafes      Die    Sektion   ergab  eine 
Myelitis  cervicalis  und  dorsalis,  ferner  Myodegeneratio  cordis,  Lungenödem  und  Staanogs- 
niere.    Das  Rückenmark  wurde  in  Müll  er 'scher  Flüssigkeit  gehärtet,   nach  den  fiblicbei 
Methoden  gefärbt,  und  auf  Querschnitten  in  verschiedenen  Höhen  untersucht.     Am  ans^ 
dehntesten   waren   die   Veränderungen  im   Hatsmark  und  zwar  in   der    Halsanschwellaoii 
Schon  bei  makroskopischer  Betrachtung  der  nach  Weigert  gefärbten  Präparate  konnte 
man  konstatiren,   dass  es  sich  in  der  Hauptsache  um  schwere  Veränderungen  der  eioa 
Rückenmarkshälfte  handelte.     In  der  Halsanschwellang  erschien  der   hintere  Seiten-  vai 
Vorderstrang  links  total  degenerirt,  ebenso  der  Hinterstrang  links  und  rechts;  bei  stirkertpr 
Vergrösserung  waren  auch  im  rechten  Seitenstrang  deutliche  Veränderungen  zu  konstitireo- 
Auch  die  graue  Substanz  speciell  des  linken  Hinterhorns  erschien  stark  affizirt.    Der  ]nT^ 
litische  Prozess  erstreckte  sich  durch  das  ganze  Halsmark  bis  ins  Binstmark,  wo  der  Proxetf 
einen  geringgradigeren,    aber   mehr   difiPus  über  den  Rückenmarksquerschnitt  verbreitetei 
Charakter  annahm.     Mikroskopisch  waren  im  Halsmark  im  linken  Vorder-,   Seiten-  wd  ii 
beiden  Hintersträogen  die  Nervenfasern  beinahe  völlig  zu  Grunde  gegangen;  am  meistM  ii 
den  HioterstrSngen ,   wo  die  schwer  sich  färbende  Substanz  zahlreiche  Lücken  zeigte    Dv 
Gefässe  waren  verdickt»    die  perivasculären  Räume  mit  Zellen   ausgepfropft     Reste  tm 
Blutungen  befanden  sich  zwischen  dem  rechten  GolT  sehen  und  B  ur  dach 'sehen  Stnif 
auf  der  rechten   Seite.    Auf  allen   Querschnitten   konnte   man   zahlreiche    Kömchenxellei 
koDstatiren,    die  aber  von   auffallend    verschiedener  GrOsse   waren;    (wahrseheinliek  vird 
durch   solche  Befunde   die   Hoch e' sehe   Ansicht  (1221)  bestätigt,  dass  die  FettkAnckci 


Zur  genaueren  Lokalisirung  den  Verlaufes  der  oculopupillareii  Fasern 
können  wir  diesen  Fall  nicht  verwerthen,  iDiinerhin  scheint  aus  dem 
wechselnden  Verhalten  der  Ptosia  und  dem  inkongruenten  Ver- 
halten der  Miosis  zu  derselben  hervorzugehen,  dass  diese  Fasern 
einen  gesonderten  Verlauf  haben  und  wahrscheinlich  nur  im 
8.  Cervikahsegment  stets  zusammen  verlaufen;  so  findet  man  bei 
Halsraarkaffektionen  viel  häufiger  einseitige  Miosis  allein,  als 
korabinirt  mit  leichter  Ptosis. 

Frau  Klumpke  hat  nachgewiesen,  dass  die  oculopupi Hären  Sym- 
ptome auf  eine  Lasion  der  1,  Dorsalwurzel  hindeuten.  Wir  stimmen,  wie 
schon  erwähnt,  Kocher  (1226)  bei,  der  sagt,  dass  die  Lähmung  des  Dilatator 
pupillae  durchaus  nicht  allein  auf  eine  Schädigung  des  1.  Dorsalsegmentes 
hinweist,  sondern  ebensogut  auf  jedes  andere  Rückenmarkssegment  oberhalb 
des  1,  Dorsalabschnittes;  denn  durch  das  ganze  Halsmark  herunter  vom  ver- 
längerten Marke  abwärts  verlaufen  die  symi)athischen  Fasern  zum  Auge  und 
zur  (iesichtsbälfte  derselben  Seite,  „Die  Lähmung  nach  Zerstörung  dieser 
Bahn  scheint  eine  bleibende  m  sein,  wenn  sie  auch  graduell  abnimmt,  da 
das  Auge  noch  einen  Zuwachs  an  diktatorischen  P'asern  von  anderer  Seite 
erhält,^'     Kocher* 

Während  in  der  Litteratur  sich  zahlreiche  Angaben  finden  über  das 
Verhalten  der  Pupillen  bei  Affektionen  des  Halsrückenmarks:  so  von  Ren  du 
(1227),  Rosenthal  (1228),  Ogle  (1229)  etc.,  ist  auf  das  Vorkommen  einer 
sympathischen  Ptosis  leider  wenig  geachtet  worden. 

üeber  den  Verlauf  der  sympathischen  Fasern  in  der  Med.  oblongata 
und  im  Gehirn  wissen  wir  bis  jetzt  nur  sehr  wenig, 

Schmidt-Rimpler  (1230)  konstatirte  in  2  Fällen  mit  sympathischer 
Ptosis  und  Miosis,  dass  der  Halssympathicua  normal,  dass  aber  in  dem 
einen  Fall  die  obere  Schicht  des  linken  Thalamus  auffallend  weich  war. 
In  dem  anderen  Fall  wurde  chronische  Meningitis  an  der  Konvexität  des 
Geliirns  nebst  einem  frischen  Extravasate  im  rechten  Thalamus  opt.  und 
Corp.  striatum  gefunden. 

Dass  der  Thalamus  opticus  in  Beziehung  zum  Sympathicus  steht, 
glauben  Bechterew  und  Mislawski  (1231)  aus  ihren  Thierexperimenten 
über  die  Innervation  der  Thränenabsonderung  erschüessen  zu  können.  „Wie 
bei  der  Reizung  der  Hirnrinde  wird  die  Thränenabsontlerung  bei  der  Reizung 
des  Sehhügels  von  l'upillenerweiterung,  Hervortreten  der  Augäpfel  und  Zu- 
rückgehen der  3  Augenlider  begleitet.  Somit  geht  aus  diesen  Versuchen  ganz 
klar  hervor,  dass  der  Reiz  an  den  angegebenen  Hirnrindenbezirken  (die  inneren 
Theile  des  vorderen  und  hinteren  Abschnittes  der  Sigmoidahvindung)  und  an 
den  Sehhügeln  die  centralen  Verlängerungen  des  Halssympathicus  getroffen 
hat.**     Nach  der  Ansicht  dieser  Forscher  liegen  in  den  Sebhügeln  die  cen- 


552  Klinisches  über  den  Sympathicaft. 

tralen  Leitungsbahnen  des  Halssympathicus,  von  wo  aus  ihre  Fortsetzanga 
dann  znr  Hemispbärenrinde  sich  erheben. 

Welchen  Verlauf  letztere  nehmen,  ist  bis  jetzt  noch  nicht  geklirl 
Einen  Anhaltspunkt  geben  sicher  konstatirte  Fälle  von  cerebraler  Hemi- 
plegie mit  Betheiligung  des  Sympathicus.  Nothnagel  (1236)  gebührt  d» 
Verdienst,  in  einer  sehr  interessanten  Mittheilung  speciell  darauf  aufmerksim 
gemacht  zu  haben.  Er  sagt,  dass  ihm  bei  älteren  stationär  gewordenen  cere- 
bralen Hemiplegien  (in  Folge  vonHämorrhagien  oder  embolischen  Erweichungen) 
ausser  den  im  wesentlichen  sehr  oft  wiederkehrenden  klinischen  Symptomen 
der  gekreuzten  Eörperlähmung  inkl.  der  unteren  Facialisaste  zwei  Er- 
scheinungen als  bemerkenswerth  aufgefallen  seien: 

1.  Beobachte  man  nicht  selten  noch  ein  Herabhängen  des  oberen 
Augenlides  auf  der  gelähmten  Seite  und  eine  Verengerung  der  Lid- 
spalte. Alle  anderen  Zweige  des  Oculomotorius  funktionirten  Tollig 
normal,  ebenso  der  Abducens  und  Trochlearis. 

2.  sei  an  demselben  Auge  eine  Miosis  zu  konstatiren. 

Um  die  Frage  zu  lösen ,  welcher  Art  diese  Symptome  seien ,  fuhrt  er 
einen  einschlägigen  Fall  an: 

Es  handelte  sich  um  einen  64 jährigen  Mann,  der  eine  linksseitige  Himhämorrhagie 
erlitten  hatte.  Ausser  einer  Lfthmang  der  rechten  Körperhälfte  inkl.  des  unteren  Facialis 
und  leichtem  Abweichen  der  Zunge  nach  rechts  bestanden  folgende  Symptome: 

1.  anscheinende  Ptosis, 

2.  Verengerung  der  Pupille, 

3.  Exophthalmus  rechts, 

4.  Erhöhte  Temperatur  der  gelähmten  Gesichtsseite, 

5.  Abnorme  Sekretion  aus  dem  Auge,  der  Nasenhöhle  und,  soweit  es  sich  be- 
urtheilen  liess,  auch  aas  den  Speicheldrüsen  der  gel&hmten  Seite. 

Dieser  Fall  lehrte  demnach,  dass  nicht  nur  die  Gefassnerven  der  Ex- 
tremitäten, sondern  dass  auch  die  durch  den  Halstheil  des  Sympatbicns  zum 
Kopf  und  Gesicht  verlaufenden  sympathischen  Nervenbahnen  bei  cerebralen 
Heerderkrankungen  betroffen  werden  können.  Wenn  nun  diese  Auffassung 
für  vorliegenden  Fall  wohl  unbeanstandet  als  die  richtige  angesehen  werden 
kann,  so  hält  Nothnagel  es  für  erlaubt,  die  gleiche  Deutung  auch  auf 
andere  Fälle  zu  übertragen,  in  denen  eben  nur  die  oculopupillären  Fasern 
des  Halssympathicus  betroffen  sind,  oder  in  denen  wenigstens  nur  die  Effekte 
der  Halssympathicuslähmung  deutlich  hervortreten. 

Ausser  diesem  klassischen  Fall  existiren  in  der  Litteratur  noch  mehrere 
Fälle  von  Sympathicussymptomen  bei  cerebralen  Hemiplegien,  so  von  Seelig- 
müller (1237);  Kaiser  (1238)  und  neuerdings  von  S.  G.  A.  Seelig- 
müller (1239). 

§  266.  Was  nun  die  Endigungen  der  Sympathicusbahnen  in  der  Hirn- 
rinde  betrifft,  so  erinnert  Nothnagel  am  Schlüsse  seiner  vorher  angefahrten 
Arbeit  daran,  dass  Brown-Sequard  (1240)  auch  experimentell  durch  Kau* 


Die  Ptosis  s^inpull^ii^a. 


oäa 


srisation  der  Hirnrinde  „Lähmungserscheinungee  im  HalsUieil  des  Sympathie 
Bs"^  erzeugt  habe,  und  zwar  iiabm  die  Intensität  der  Symptome  bei  Kauteri- 
ition  des  Mittellappens  und  mit  der  Grösse  der  gebrannten  Stelle  211. 

Bei  dieser  Gelegenheit  sei  auf  den  von  Geiger  (1241)  mitgetheilten  Fal 
hingewiesen,  bei  welchem  14  Jahre  nach  einem  schweren  Schädeltrauma  links- 
seitige Lähmung,  vorübergebende  Sprachlosigkeit,  Gedächtnissverlust  und  epi- 
ieptische  Krämpfe  aufgetreten  waren.  5  Jahre  später  stellte  sich  eine  links- 
seitige Ptosis,  Miosis j  Exophthalmus  imd  iihermässij^f s  Schwitzen  der 
linken  Kopfseite  ein.  Wahr- 
scheinlich handelt  es  sich 
auch  hier  um  eine  Rinden* 
erk  rankung. 

§  267,  Wir  hatten 
schon  früher  erwähnt^  dass 
schon  in  den  öOer  Jahren 
vonWillebrand  (1198)  und 
Gairdner  (1199)  darauf 
aufmerksam  gemacht  worden 
sei,  dass  T ü mo r  en ,  welche 
in  den  Seitentheilen  des 
Halses  oder  innerhalb 
des  oberen  Abschnittes 
des  Thorax  ihren  Sitz 
hätten,  Sympathicuserschein- 
ungen  produz irten  und  zwar 
bald  in  reizender,  bald  in 
lähmender  Form. 

Bei  den  Tumoren  der 
Cervikalgegend  spielen 
diejenigen  der  Schild- 
drüse eine  wichtige  Rolle. 

So  beobachtete  N  i  c  a  t  i 
(1197/  bei  einem  28  jährigen 
Ffttienten  mit  Hyp6i-I:ri>pbi&  des 
rechten  gchilddrüsenlappenä  eine 
rechtsseitige  Mjosia;   Rötbung  der  rechteti  Gesfchtshäifto  mit  Neigung  zur  Tntnsspiration. 

In  einem  ähnlichen  FalJe  bestand  Ptosis  und  Miosis,  ferner  leichte  Retraktion  des 
BoIhnB^  erhöhte  Temperatur  der  QesichtHbälfte  and  Neigung  zur  Schweis$hildung, 

Bei  einer  linksseitigen  Struma  einer  66jährigen  Frau  koDstatirte  er  ebenfalls  Ptoaia 
und  Miosis. 

Schon  früher  (pag.  24)  hatten  wir  in  nebenstehender  Figur  eine  Frau  mit 
Morbus  Basedowii  abgebildet,  bei  der  die  enorme  Struma  ausser  Kompres- 
sionserscheinungen  der  Trachea  den  rechten  GrenzStraog  bedrängte  und  da- 
durch Ptosis  und  Miosis  verursacht  hatte. 


Fiif.  111 

A.    B.      Morbus    Basedowii    mit   Sjmpithicuflähmung    auf 
dem  rechten    Auge  (enge  Lidipalte,  <*Dge  PupHle). 


4 


554  Die  Ptosis  sympathica. 

Seppilli  (1238)  beobachtete  eine  58jährige  Fraa,  bei  der  1882  sich  ein  Tumor  der 
linken  Maxillargegend  und  eine  zweite  apfelgrosae  Geschwulst  im  oberen  Cerrikaldreieck 
entwickelt  hatte.  Letztere  schien  bis  auf  die  Wirbelsftule  zu  dringen  and  hatte  eine  Er- 
krankung des  Ganglion  cervic.  sup.  des  Sympathicus  verursacht,  die  sich  in  Verengcraij 
der  linksseitigen  Pupille  und  Lidspalte  manifestirte. 

Sehr  selten  führen  Aneurysmen  der  Carotis  int.  oder  comm.  and 
Tumoren  der  Parotis  zu  den  Erscheinungen  der  SympathicasIähmuDg. 
Nicati  (1197). 

§  268.  Da  die  oculopupillären  Fasern  mit  dem  1.  Dorsalnerven  nach 
den  Untersuchungen  der  Frau  Klumpke  das  Rückenmark  Terlassen,  so  ist 
es  einleuchtend,  dass  intrathoracische  Tumoren^  namentlidi  reiifi  i^i* 
ihren  Sitz  im  hinteren  Mediastinum  haben  oder  im  oberen  Theile  4m  Brust- 
korbes und  sich  nach  hinten  hin  erstrecken,  ebenfalls  eine  Ptosis  sympolbka 
hervorrufen  können.  Schon  im  Jahre  1858  hatte  Ogle  (1200)  15  Beobidh 
tungen  von  Aneurysmen  der  Brustaorta  gesammelt  mitSyiüpatbicus^jmptoiii«^ 
Aehnliches  konstatirte  man  bei  Tumoren  der  Broncbialdrüsen  (RossbAcb) 
der  Lungen  etc. 

Wir  selbst  beobachteten  nebenstehenden  einschlägigen  Fall : 

Der  kräftige  Mann  war  im  Herbst  1897  mit  Heiserkeit  erkrankt  Ällmäliticli 
sich  Beschwerden  beim  Schlucken  ein.  10  Tage  vor  der  Aafiiabme  hing  das  rechte  < 
Angenlid  herab.  Rechts  bestand  eine  unvollständige  Ptosis  (siehe  Fig.  112).  Dai  recktf 
obere  Lid  hing  ungefähr  bis  zur  Mitte  der  Pupille  herab,  während  das  linke  ^hum  Lul  iti 
Hornhautrand  eben  berührte.  Das  rechte  untere  Lid  stand  etwas  höher  als  dtm  JUk»,  Sk 
linke  Lidspalte  war  doppelt  so  weit  wie  die  rechte.  Die  rechte  Papille  war  tM  m$ßt  di 
die  linke.  Die  Pupillarreaktion  war  beiderseits  ziemlich  gleich.  Beim  Autnimm  im 
Augen  (siehe  Fig.  113)  war  die  rechte  Lidspalte  10  mm,  die  linke  17 — 18  mm  wsit  Dil 
rechte  Pupille  war  bei  hellem  Licht  1 '/«  mm,  die  linke  3  mm  weit  Aaf  Gocmin  (5*'«)  er- 
folgte weder  Erweiterung  der  Lidspalte,  noch  der  Pupille.  Der  M.  frontalis  erschien  rediti 
mehr  kontrahirt  als  links.  Die  Temperatur  war  auf  beiden  Gesichtshftlften  gleich.  £• 
waren  weder  trophische  noch  vasomotorische  Störungen  irgend  welcher  Art  zu  kon- 
statiren. 

Patient  hatte  ein  Oesophagus-Carcinom,  welches  sich  nach  dem  rechten  Greiu- 
sträng  hin  entwickelt  und  denselben  durchwachsen  hatte,  wie  sich  bei  der  Sektioi 
herausstellte. 

Leider  ist  das  Präparat  behufs  mikroskopischer  Untersuchung  nicht  aufbewabt 
worden. 

Ebenfalls  auf  der  Abtheilung  des  Oberarztes  Herrn  Dr.  Wiesinger  be- 
obachteten wir  im  März  1896  folgenden  Fall: 

Ein  22jähriger  Malergeselle  bekam  im  Dezember  1895  Schmerzen  in  der  rechtes 
Schulter,  die  bis  zum  Ellenbogen  ausstrahlten.  Mitte  Januar  bemerkte  Patient  Schwidie 
der  rechten  Hand,  zugleich  traten  Purästhesien  im  Ulnarisgebiete  auf.  Zur  selben  Zeit 
wurde  eine  haselnussgrosse  Geschwulst  in  der  rechten  Achselhöhle  konstatirt.  Ende  Jarnur 
begann  die  Infraclaviculargrube  rechts  sich  mit  einer  nicht  schmerzhaften,  anfangs  ziemlidi 
weichen,  später  derberen  Geschwulst  auszufüllen,  welche  stetig  an  Umfang  zunahm. 

Bei  der  Aufnahme  wurde  gleich  eine  unvollkommene  Ptosis  des  rechten  Obeilidei 
und  rechtsseitige  Miosis  konstatirt.  Die  Reaktion  der  Pupillen  war  auf  Licht  nnd  bei 
Aecommodation  prompt.  Die  rechte  Infraclaviculargrube  war  bis  zum  unteren  Rand  der 
8.  Rippe,  von  der  vorderen  Acbsellinie  bis  handbreit  nach  vorne  von  einer  Geschwulst  au- 


Bie  Ptosis  eympathica. 


655 


gefüllt.     Die  letztere  durcheetzte  die  Lungcnapüze  bis  nacb  oben;  dezm  R.  H.  0.  und  E.  V.  0. 
war  gedämpfter  Bcball  nachweisbar. 

Die  Geschwulst  wuchs  riach  voroe,  unten  und  hinten,  durchdrang  die  Wirbelsäulo 
und  verursachte  eixie  koniplete  Faraplegie» 

Wir  haben  diesen  Fall,  der  anderweitig  noch  genauer  piiblizirt  werden 
wird,  hier  wegen  des  frühzeitigen  Auftretens  des  Hörn  ersehen  Svmptomen- 
komplexes  mitgetheilt*  Die  Sektion  ergab,  dass  es  sich  nm  ein  Ileuriisarküm 
handelte,  das  den  rechten  Grenzstrang  total  durchwachsen  hatte. 


J_ 


\    \ 


Fig.  112. 

A.  B.     R.  Sym|iathicuslilhiQUQg.     Ptotis  hjiu- 
pathica  bei  Oesophag^uscarcrliioiD. 


Kig,   113. 

A.  B,    Bei   ,aufgeriMM?nen  Äugco*  Ptosis  lym- 
pnthicii  lK*i  Of^MiphagUHc^ircinom. 


Wenn  auch  heutzutage  die  Hemikranie  und  die  Baeedow^sehe  Krankheit, 

nicht  mehr  zu  den  eigentlichen  Erkrankungen  des  Sjrmpathicus  gerechnet 
werden,  geschweige  denn  die  progressive  Muskelatrophie  und  Angina  pectoris,  so 
kommen  doch  klinische  Symptomenkomplexe  vor,  die  man  ^vohl  aln  Ausdruck 
einer  Erkrankung  des  Sympathicus  selbst  betrachten  darf,  oljgleicli  auch  zuge- 
standen werden  rnuss,  das«  wir  bis  jetzt  noch  keinen  Einblick  in  die  Patho- 
genese dieser  Erscheinungen  haben. 

Wir  haben  aber  auch  des  öfteren  den  Hörn  er' sehen  Symptomeil- 
komplex bei  Leuten  gesehen,  bei  denen  weder  Migräne,  noch  irgend  eine 
Ursache  einer  Läsion  des  Sympathicus  emirt  werden  konnte,  so  in  Fig;  114 
und  115. 


Die  Ftoaia  sjmpathica. 


» 


So  finden  sich  in  der  schon  citirten,  wichtigen  Arbeit  Nicatr»  (ltS1|1 
folgende  in  Betracht  kommende  Falle,  zur  Ilkistriryng  der  vorletzten  Bemerken»:! 

55 jährige  Frau  H.  mit  Ptoais   und  Miosis  des  hnken  Auges;    Rnthimg  and  Sdiw« 
der  linken  Gesiebt ehälfte      Die  Art   temporahs  ist  erweitert  und  geschlängelt. 

48jäbnge  Fmii  S.  mit  Ptosis  und  Miosis;  Röthung  und  Schweis«  der  linkit 
Qeaichtshäirte. 

59 jähriger  Alkoholiker  mit  recbtsseitiger  Ptosis,  Miosb  und  R^^thmig  dtr  G«- 
sichtshälfte. 

In  diesen  drei  Fällen  war  Ätiologisch  niohts  nachweisbar. 

Bei  einer  35 jährigen  Frtai 
eine   llükäs eilige  Ptosis   mit  IGotfl 
Blässe  und  Küble  der  GesichUblfii 
nach   einem  Gesichtaerysipel  tv^ 
treten. 

Bei  einer  49j&hrigea  fa» 
sfct>Ute  sich  nach  einer  sehr  akk^ 
liehen  Menstruation  eine  linksafiript 
Ptosis.  M  ioais.  Blässe  und  KiUa  i 
(Jesicbtshälfte  ein. 

Bei  einem  60jähngen  Mä 
entwickelte  sich  nach  eiarr  It* 
kältung  recht^ssettige  Ptosis  und 
Miosis.  _ 

Ebenfjilla  nach  einer  Erklhu 
entstimd  hei  einer  36jähngvn  Vn 
der  Horner'eche  Symptenieakom- 
plex  mit  Blässe  und  Kälte  der  Gfr- 
sicbtehäirte. 

Ausser  diesen  yicati'- 
schen  Fällen  wäre  hier  noch 
die  Nieden'sche  (1234)  Be- 
obachtung  anzuführen: 

Ein  51  jahriger  Mann  erkülite 
sich  in  Folge  eines  Flnasbadea  mi 
bekam  plötzlich  auf  der  reditai 
KopfbäHte  folgende  Symptome:  M- 
B  ps  1  teure  re  ngerung.  P  u  pU  larkontrsk- 
tion»  Eiopbthalniua,  Anidrosia  dci 
Stirn-  und  oberen  Lidbaat  Dai 
chorioideale  nnd  retinale  GeÜsi- 
System   schien  rechte  stärker  gefüllt  zn  sein,   als  links. 

Im  Laufe  von  9  Monaten  besserten  sich  diese  Symptome  spontan.  Die  Scbädhckk^t 
wirkte  nach  der  Ansicht  des  V'^erfaast-rs  wabtscbeinlich  auf  einen  Theil  des  die  obere  Caratii 
umspinnenden  sympathiscben  Geflechtes  störend  ein, 

Ende  vorigen  Jahres  beobachteten  wir  folgenden  Fall  in  der  Pöh- 
klinik. 

Eine  73jährige  Näherin  J.  bemerkte,  seitdem  sie  die  Menstruation  fer- 
loren  hatte,  ein  genau  halbseitiges  Schwitzen  in  der  linken  Gesichts-.  Brust-, 
Bauchseite  und  in  der  linken  oberen  Extremität.  Die  linke  untere  Elxtremität, 
sowie  die  rechte  Korperhälfte  blieben  trocken. 


Fi-    114. 

A.  B,     Kecbtü  Pto>i6i  Bynipiithkfi,    uubekanute 
Aetiolügie, 


Patientin  war  früher  stets  gesund,  ausser  dass  sie  mehrfach  eine  Lungen- 
atzund ung  durch n^eraacht  hatte.  Seit  ^U  Jahr  empfand  sie  in  der  rechten 
Seite  des  Kopfes  Schmerzen  und  namentlich  des  Morgens  ein  Gefühl,  als  ob 
sie  das  rechte  obere  Lid  nicht  heben  konnte*  Sie  rieb  dann  dasselbe  und 
nach  2 — 3  Mintiteo  öffnete  sie  das  Auge. 

Auf  spezielles  Befragen  gab  Patientin  an,  dass  sie  nur  schwitze,  wenn 
es  warm  wäre,  und  wenn  sie  aufgeregt  sei.  Sehr  interessant  ist  die  Angabe, 
dass  Patientin  seit  20  Jahren  an  rechtsseitigen  Kopfschmerzen  gelitten  habe. 
(Migräne.) 

Die  Untersuchung  ergab  rechte  leichte  Ptosis  und  Verengerung  der 
rechten  Pupille;  beide  Symptome  blieben  unbueinHusst  durch  t'ocain;  durch 
Homatropin  jedoch  erweiterte  sich  die 
Pupille  sehr  stark.  Während  die  linke 
Gesichtsseite  feucht  erschien,  war  die 
rechte  ganz  trocken.  Sonst  war  am 
N  errensy  stem  nichts  Pathologisches 
vorhanden.  Am  Hals  waren  weder 
Drüsen,  Struma,  noch  irgend  etwas 
nachweisbar,  was  auf  den  Grenzstrang 
eine  Kompression  hätte  ausüben  können. 
Dagegen  fiel  sehr  die  Klage  der 
Patientin  auf,  dass  sie  in  letzter  Zeit 
an  Schluckbeschwerden  leide.  Es  liegt 
daher  die  Vermuthung  nahe,  den 
Homerischen  Symptomenkomplex  auf 
einem  intrathoraciachen  Tumor  {Oeso- 
phagussarkom)  zurückzuführen. 

Leider  entzog  sich  die  Patientin 
weiterer    Beobachtung,     so    dass    die 
Deutung  der  Sympathicnserscheinungen     j^  ß^ 
nicht  zu  geben   ist.     Jedenfalls  ist  in 
diesem  Falle  das  ZusammenYorkommen 

von  Hemikranie  und  Sympathicusalteration  bemerk enswerth.  Auch  wir  können 
durchaus  die  Beobachtung  Oppenheim 's  (1235)  bestätigen,  dass  bei  Personen, 
die  immer  nur  an  einseitiger  Migräne  litten,  miweilen  die  Lidspalte  und  Pupille 
der  betreffenden  Seite  dauernd  verengt  sei. 

§  269.  Was  nun  die  sympathische  Ptosis  als  solche  betrifft,  so  ist  schon  aus 
den  hier  reproduzirten  Abbildungen  ersichtlich,  dass  der  Grad  der  Lähmung 
ein  recht  verschiedener  ist.  Oft  scheint  ein  Herabsinken  des  oberen  Augenlides 
nur  eben  angedeutet  und  nur  bei  spezieller  Aufmerksamkeit  auf  dieses  be- 
deutsame Phänomen  erkennbar;  oft  bedeckt  das  Oberlid  die  Hälfte  der  Cornea 
(Fig.  112).     Stets  jedoch  bleibt  das  Oberlid  dem  Willen  unterworfen. 

Seeligmüller  hat  zuerst  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  Ver- 
engerung der  Lidspalte  beträchtlicher  wird»  wenn   der  Patient  aufgeregt  ist. 


Kf^chta  Ptotis  s^iynipitthipii :  unb(<k&nnte 
Ättiülogie. 


5Ö6 


Die  Ptosis  synipatliic». 


Von  Homer  rührt   die  lieobaclitiing  her,   dass  die  Lidspalte  des  Morgtqi* 
grösser  als  Abends  sei. 

§  270.  Zum  Schliisse  sei  noch  hervorgehoben,  dass  ebenso,  wie  das  obert 
auch  das  untere  liid  unter  dem  EinHnss  des  Sympathicus  steht.  Auf  sämmthcheu 
Abbildungen  von  Sympathicuslälimiing  sehen  wir  denn  auch  ein  Hc>her?t^beii 
des  unteren  Lides  im  Vergleich  zur  Seite  des  gesunden  oder  vielmehr  m- 
takten  Sympathicus  {besonders  deutlich  in  Fig.  112,   113  u.    114). 

Die  ditierentialdiagnostische  Bedeutung  der  sympathischen  IHosis  Imbea 

wir  in  §  78  besprochen  und  ver- 
weisen wir,  um  Wiederholimgei] 
zu  vermeiden,   darauf  zurück. 

Speziell  sei  noch  einmal  her- 
vorgehoben, dass  die  sympathische 
Ptosis  meist  mit  Miosis  zusammen- 
vorkommt  und  dass,  wenn  sie 
isolirt  sich  zeigt,  man  aus  der 
NichtWirksamkeit  einer  instillirten 
Cocainltisung  in  Bezug  auf  die 
Hebung  des  herabgesunkenen  Ober- 
lides den  sympathischen  Charakter 
der  Ptosis  erkennen  und  eine 
ev.  in  Betracht  gezogene  Le^'ator- 
lähmung  ausschliessen  kann. 

Zum  Schlüsse  führen  wir  aa 
dieser  Stelle  einen  unklaren  Fall 
von  Ptosis  an,  bei  dem  sich  aus 
der  Wirksamkeit  des  Kokains  mit 
Sicherheit  ergeben  hat,  dass  ein 
durch  Sympathicuslähmung  ht- 
dingtes  Herabhängen  des  Ober 
lides  auszuscliHessen  war. 

Es  handelt  sich  um  ein  20  jihnpi 
Dienstmadcheö  («iehe  Fig.  H0\  wddwi 
im  8.  Jahr  eine  EntzÜDduni;  beider  Augen  durcbgemacbt  hatte.  Aiigebticb  seit  der  Zeit  kiif 
das  linke  obere  Lid  herunter.  MitiiDt^^fvist  die  FtoBts  stärker,  nnin entlich  nach  an&trejaitn^ 
Arbeit   — 

Die  Untersuchung  des  gesunden  Madchens,  das  keinerlei  Zeichen  to» 
Hysterie  darbot,  ergab  linkerseits  eine  engere  Lidspalte  als  rechts.  Mit  Sicher- 
heit war  auszuschliessen ,  dass  das  Lid  durch  Schwere  etwa  in  Folge  tüd 
Schwellung  herabgesunken  sei.  Mit  Sicherheit  war  ferner  ein  spastisclitiT 
Zustand  auszuschlie.^^sen.  Die  Untersuchung  der  Augen  zeigte  sonst  md 
jeder  Richtung  hin  normale  Verhältnisse, 

VielJeicht  handelt  es  sich  um  eine  Ptosisj  die  als  erstes  Symptom  emi 
chronischen  Ophthal  moplegia  exterior  anzusehen  ist» 


A.  B, 


Fig.   IUI. 

linlcÄ  vi»r   12  JjiIiitd  erworbene  Ptos^is  ohne 
Kinatige  ErBcheiuungen. 


Anatomisches  über  den  oberen  Facialis. 


559 


Kapitel  Vm. 

Die  Beziehungen  des  Facialis  zu  den  Augenlidern. 


A.  Anatomisches. 
a)  Der  kortikale  Ursprung  des  Angenfacialis. 

§  271.  Bekanntlich  haben  die  Erfahrungen  der  Himpathologieg  elehrt,  dass 
die  einzelnen  Abschnitte  der  Himoberfläche  nicht  gleichwerthig,  sondern  von 
durchaus  verschiedener  Bedeutung  sind.  Wenn  auch  unser  Wissen  über  viele 
Rindencentren  noch  unsicher  ist,  so  stimmen  jedoch  alle  Forscher  über  das 
uns  hier  beschäftigende  Centrum  des  Facialis   dahin   überein,   dass  dasselbe 


Fig    117. 
Schema  nach  v.  Monakow,  Gehirn pathologie,  pag.  345. 


im   unteren  Drittel   der  vorderen  Centralwindung  zu  suchen  sei 
(siehe  Figur  117). 

Exner  (1242)  betont,  dass  zu  den  häufigsten  Symptomen  von  Rinden- 
läsionen  Lähmungen,  Paresen  und  Zuckungen  im  Gebiete  des  Gesichtsnerven 
gehören.  Er  könne  aber  nicht  bestimmen,  ob  die  kortikale  Facialislähmung 
sich  auf  alle  von  diesem  Nerven  versorgten  Muskeln  erstrecke,  denn  es  gehöre 
zur  Regel,  dass  einer,  nämlich  der  Orbicularis  oculi,  bei  Rindenlähmung  eine 
Ausnahme  mache. 


560  Anatomisches  über  den  oberen  Facialis. 

Für  das  Freibleiben  des  oberen  Facialis  bei  der  kortikalen  Hemiplepe 
giebt  Exner  uns  folgende  Erklärung.  Der  von  diesem  Nerv  innervirte  Orbi- 
cularis  gehöre  als  Blinzler  zu  den  gewöhnlich  instinktiv  innervirten  Muskeln, 
welche  in  weniger  enger  Bezieliung  zur  Rinde  stünden,  als  die  rein  wilUrär- 
liehen.  Man  möge  sich  erinnern,  dass  noch  niemals  nach  Rindenverletzimg 
eine  Lähmung  des  Zwerchfells  und  so  vieler,  wenn  auch  der  Willkür  unter- 
worfener, so  doch  nur  selten  willkürlich  innervirter  Muskeln  beobachtet  worden 
sei;  oder  man  denke  an  die  niedriger  stehenden  Wirbelthiere,  deren  instinltiTe 
Gehbewegungen  durch  Exstirpationen  der  Grosshirnrinde  kaum  alt«rirt  werden, 
während  Hunde  durch  dieselbe  Operation  doch  für  einige  Tage,  und  Affen 
wahrscheinlich,  und  der  Mensch  sicher  vollkommen  gelähmt  würden,  wenn  die 
motorischen  Rindenfelder  gelitten  hätten. 

Fere  (1243)  erklärt  das  Freibleiben  oder  nur  Geschwächtsein  des 
oberen  Astes  bei  der  cerebralen  Hemiplegie  dadurch,  dass  er  getrennte  Centren 
für  den  oberen  und  unteren  Facialis  in  der  Rinde  annimmt.  ;,Les  fibres  du 
facial  inferieur  semblent  provenir  de  la  region  de  l'ecoree  voisine  du  siege 
de  la  fonction  du  langage  articule,  ä  la  partie  inferieure  de  la  frontale 
ascendante,  tandisque,  les  fibres  du  facial  superieur  prendraient  naissance 
plus  en  arriere  dans  la  region  du  lobule  parietal  inferieur;  dans  un  cas  de 
traumatisme  ayant  determine  une  depression  du  cräne  dans  cette  region, 
j'ai  observe  un  spasmo  de  Porbiculaire  et  des  zygomatiques  du  cöte  oppose; 
mais  Tautopsie  manque.^ 

Ferrier,  Horsley,  Carville,  Hitzig  und  Duret  Yerlegen  nach 
den  Angaben  Boiadjiew's  (1244)  das  Centrum  des  oberen  Facialis  in  die 
zweite  Stirn windung  und  zwar  da,  wo  sie  mit  der  vorderen  Centralwindung 
zusamraenstösst. 

Mendel  (1245),  sowie  Exner  und  Paneth  (1246)  nahmen  nach  ihren 
Thierexperimenten  an,  dass  das  Rindenfeld  des  oberen  Facialis  im  Lob.  pariet. 
inf.  läge  und  wollen  durch  Reizung  dieser  Gegend  stets  Orbiculariskontrak- 
tionen  des  Auges  der  entgegengesetzten  Seite  erhalten  haben. 

In  dieselbe  Stelle  lokalisirt  Obersteiner  (1247)  das  kortikale  Centrum 
des  oberen  Facialis. 

Strümpell  (1254)  und  Wernicke  (1448)  bringen  das  Verschontsein 
des  oberen  Facialis  bei  der  cerebralen  Hemiplegie  damit  in  Zusammenhang, 
dass  die  Muskeln  dieses  Gebietes  fast  nie  einseitige  sondern  immer  auf  beiden 
Seiten  zugleich  bewegt  würden,  und  dass  vielleicht  dementsprechend  von  jeder 
Hemisphäre  aus  die  Muskeln  beider  Seiten  innervirt  werden  könnten,  so  dass 
also  die  Erhaltung  des  einen  Facialiscentrums  für  die  Beweglichkeit  der 
beiderseitigen  Muskeln  ausreichend  wäre. 

In  einer  neuerdings  erschienenen  Arbeit  von  Mirallie  (1248),  in  welcher 
dieser  Autor  sich  eingehend  mit  dem  Verhalten  des  oberen  Facialis  bei  der 
organischen  Hemiplegie  beschäftigt,  kommt  derselbe  zu  dem  Resultat,  dass 
der  obere  Facialis  das  selbe  oder  ein  sehr  benachbartes  Rindencentrom  wie 
der  untere  Facialis   habe.     Er  weist  nach,   dass   der  obere  Facialis  in  der 


;el  bei  jeder  Hemiplegie  mitaffiziert  sei,  dass  aber  der  geringe  Grad 
der  Affektion  ans  der  synergisclien  Aktion  dieses  Nerven  mit  dem  der  anderen 
Seite  zu  erklären  wäre. 

Der  neuste  Autor  auf  diesem  Gebiet  Roux  (1249)  meint,  dass  man  alle 
diese  verschiedenen  Ansichten  der  Forscher  in  Uebereinstimiiiung  bringen 
könne,  wenn  man  sich  zu  der  Annahme  verstände,  dass  nicht  ein,  sondern 
zwei  Kindencentren  existirten,  von  denen  jedes  nicht  allein  diesen  oder  jenen 
Muskel,  sondern  den  ganzen  Sehapparat  heherrschte.  Diese  beiden  Centren 
seien  der  üculomotorius  ant.  und  posterior,  von  welchen  das  erstere  seinen 
wahrscheinlichen  Sitz  am  Fuss  der  zweiten  Stirn windung,  das  letztere  auf  der 
Innenfläche  des  Lohns  occipitalis  habe. 

§  272.  Recht  eingehend  bat  sich  von  Monakow  (1250)  in  folgender  Weise 
über  die  Rindenvertretung  des  Facialis  ausgesprochen,  wobei  zum  Versländniss 
des  Gesagten  vorausgeschickt  werden  mag,  dass  es  in  der  Hirnrinde  zahlreiche 
Sammelpunkte  (Foci)  für  die  Erregung  von  bestimmten  Bewegungsformen  gäbe; 
und  dass  für  besonders  funktionell  zusammengehörige  Muskelgruppen  spezielle 
Foci  vorhandeB  seien.  i,Der  Augen  facialis  ist  zweifellos  doppelseitig  und  inner- 
halb einer  Hemisphäre,  vielleicht  in  mehreren  Foci  reprasentirt.  Für  den 
Scbluss  des  Auges  fanden  Beevor  und  Horsley,  beim  Affen  wenigstens, 
mehrere  ziemlich  dicht  gelegene  und  bis  in  die  hintere  Central windung  sich 
erstreckende  Foci  und  darunter  allerdings  einige,  deren  Erregung  Lidschluss 
nur  auf  der  gegenüberliegenden  Seite  zur  Folge  hatte;  doch  bedarf  dies  für 
den  Menschen  noch  der  Bestätigung.  Mit  den  Muskeln  des  Mundes  verhält  es 
sich  insofern  ähnlich,  wie  mit  dem  Augen  facialis,  als  auch  diese  wahrscheinlich 
eine  ganze  Reihe  von  besonderen  Foci  besitzen,  die  ebenfalls  in  die  Armregion 
übergreifen ;  die  Mehrzahl  der  unteren  Gesichtsmuskeln  ist  aber  monolateral 
vertreten.  Aus  der  verschiedenen  Lokalisation  des  Augen-  und  des  Mund* 
facialis  erklärt  sich  die  von  alters  her  bekannte  Thatsache,  dass  bei  der 
gewöhn  liehen  Hemiplegie  die  mehr  insel  förmig  und  monolateral  repräsentirten 
Mundäste  ihre  Funktionen  viel  leichter  einstellen,  als  die  mehrfach  und  theil- 
weise  bilateral  vertretenen  Muskeln  des  Angenfacialis.  Eine  Beeinträchtigung 
des  letzteren  bei  Grosshirnherden  wurde  indessen  schon  wiederholt  beobachtet. 
Sie  komme  zu  Stande  durch  Herde,  die  in  die  zweite  frontale  Windung  über- 
gi-eifen  und  tief  in  die  Marksubstanz  dringen." 

Wir  selbst  stimmen  nach  unseren  klinischen  Erfahrungen  am  meisten 
mit  den  Ansichten  v.  Monakow's  überein.  Seit  Jahren  haben  wir  dem 
oberen  Facialis  bei  Hemiplegischen  unsere  ganz  besondere  Aufmerksamkeit 
geschenkt.  Bei  frischen  Apoplexien  und  Erweichungen  konnten  wir  fast 
stets  in  den  ersten  Tagen  der  Lähmung  eine  deutliclie  Bewegungsstörung  nicht 
nur  im  Orbicularis  palpchrarum,  sondern  auch  im  Frontalis  konstatiren;  aber 
nur  wenn  man  speziell  darauf  achtete  und  prüfte.  Beim  Versuch  gewaltsam 
die  Lider  der  gelähmten  Körperseite  zu  öffnen,  fühlte  man  einen  beträchtlich 
geringeren  Widerstand,  als  bei  den  Lidern  der  nicht  gelähmten  Körperseite. 
Sehr  einfach  konnte  man  die  Innervirungsabschwächung   im  oberen  Facialis 


Supranucltkre    totale    recbt&sfiligf    FjicialiB- 
iJihmung  bei  aktiver  luüervütion* 


dadurch  keiiDtlich  machen,  k& 
man  den  Hemiplegiker  &qI- 
forderte,  beide  Aagen  ■ 
Zeit  geschlossen  zu  hali^L. 
wurde  das  Auge  der  gelüimi^r, 
Seite  wieder  geöffnet  ani  tii 
y  ^^^^-*      ■  ^^  schiün,  nicht  willkärlicfa,  h 

Jf  J^^B^"      ^  mk  ^^^  ^^  aus,    als    ob  die  KnA 

M  ^^^L^  ^      Wi  ^"^  Orbiculariä   sich  rasch  tr- 

M  'vft» .•^^^^■M^^L^tf^  ^  schöpft  hatte,  sodass  der  Tonuf 

j  -  ^^fl^^^^PP'V:^  ^'  des   im  Mü  Herrschen  Mtisktl 

thätigen  Sympathicas  genngte^ 
das  Lid  zu  öffnen. 

S  273.  Eine  weitere  kliiusdie 
Stütze  für  die  BetLeiligung  du 
oberen  Facialis  bei  der  Hemi- 
plegie ist  das  sog.  signe  df 
r  o  r  h  i  c  u  1  a  i  r  e  de  la  paiipier^: 
Hüuey  1874,  Simont&u 
1877,  Revilliod  (14471  Mm 
versteht  darunter  die  Unfähig- 
keit Hemiplegischer,  das  Aop 
der  gelähmten  Seite  allein  in 
schliesscn.  Indess  wird  «te 
Dignität  dieses  Symptoms  di- 
durt'h  beeinträchtigt^  dass  iodj 
sehr  viele  Gesunde  nicht  ia 
^_  ^^^_  Stande  sind,  wie  wir  uns  »n 
/  3^^^BI^^^&  H        ^i^^i*  Reihe  von  Menschen  ülMf^ 

Ä  '     WT^^^^^m'  ^^        zeugt  haben,  die  Augen  einwla 

m  ^  ^v^^  jy^       I       jj        zu  schliessen,    (Gennuereis  hi«r- 

^  _^]^B^B^    'S/^  kfM        ^^^^  siehe  später.)     G.  Boir 

W  ^^^^^T  X  ^  AB        ^  ^  ^  ^^  (1244)  hat  sich  mit  dieier 

»'  'v        fll        Frage     eingehend    bescbaftift 

n  Von  750  Personen,  die  er  ullte^ 
sucht  hatte^  konnten  484,  »1» 
64,5^^0,  jedes  Auge  diaela 
sohl  Jessen;  126,  also  16,8"*. 
nur  das  Unke  aHein;  t>4,  ^ 
8,5  "/a,  nur  das  rechte,  QöJ 
76,  demgemäss  10,13  ^o,  iiarto 
nicht  im  Stande,  eines  fo& 
Beobachter,  wie  Retilliod 
dieses  signe  de   l'ürbicuhiire   hei  allen  Hemiplegikern,    bei  denen    uberb 


A,  B. 


Beim  Versucli  xu  lacheci. 


beiden    zu    schliessen.      Da    nun   zuverlässige 


I^ine  Untersuchim^  möglich  war,  gefunden  haben  wollen,  da  Piigliese 
ad  Milla  (1251)    unter  25  Kranken  22  Mal  konstatiren  konnten,   dass  die 

Schliessung  des  Xnges  der  kranken  Seite  unmöglich  gewesen  war,  so  darf 
man  daraus  doch  wohl  die  Berechtigung  entnehmen,  dieses  Symptom  bei  den 
Hein iplegi kern  als  den  Ausdruck  einer  kortikalen  oder  cerebralen  Schwächimg 
des  oberen  Facialis  anzusehen« 

$274.  Die  letztgenannten  italienischen  Autoren  sind  auf  Gnind  eingehenden 
Studiums  des  in  Rede  stehenden  Gegenstandes  ebenfalls  zu  dem  Kesultate 
gekommen,  dass  der  obere  Facialis  bei  der  Hemiplegie  gewöhnlich  mehr  oder 
weniger  mit  betroffen  wäre,  je  nach  dem  Sitz  und  der  Ausbreitung  der  cerebralen 
Läsionj  und  je  nach  der  indi- 
viduellen Disposition.  Besonders 
lieben  sie  hervor,  dass  der  M. 
frontalis  der  gelähmten  Seite 
in  einer  grossen  Anzahl  von 
Fällen  mitaftizirt  sei,  was  sich 
einfach  durch  die  Verschieden- 
heit der  Ötirnrunzehmg  auf  den 
beiden  Seiten  nnd  aus  der  ver- 
schiedenen Höhe  der  Augen- 
brauen während  der  Ruhe  und 
der  Kontraktion  der  Frontales 
dokumentire. 

Was  die  Augenlidspalte 
betriflft,  so  sei  dieselbe  bei 
manchen  Hemiplegikern  weiter, 
bei  anderen  enger  als  in  der 
Norm,  In  einer  neueren  Arbeit 
bestätigte  Pugliese  (1252) 
seine  früheren  Untersuchungen, 
dass  der  obere  Facialis  fast 
stets  bei  der  Hemiplegie  in 
gewissem  Grade  abgeschwächt  sei,  besonders  in  den  Fällen,  in  welchen  der 
untere  Facialis  und  die  Sprache  stark  affizirt  waren, 

§  275.  Da  wir  im  klinischen  Theile  dieses  Kapitels  auf  die  kasuistischen 
Belege  betreffs  der  kortikalen  Facialisaflektionen  zurückkommen  werden,  so 
beschränken  wir  uns  an  dieser  Stelle  darauf,  nur  die  Abbildung  eines  jungen 
Mannes  mit  rechtsseitiger  luetischer  Hemiplegie  und  Aphasie  zu  geben,  bei 
welchem  der  obere  Facialis  in  ganz  ausserordentlich  starker  Weise  mitaffizirt 
w*ar  (siehe  Figg,  118,  119,  120).  Solche  Fälle,  bei  denen  sicher  eine  kortikale 
oder  subkortikale  Atlektion  vorhanden  war,  legen  den  Gedanken  nahe,  dass 
der  obere  Facialis  mehrere  Foci  habe,  und  dass  erst  bei  Zerstörung  Aller 
die  vom  oberen  Facialis  innervirten  Muskeln  völlig  gelähmt  würden, 

Wnbrand-Siiengcr,  Neurologie  des  Aag©Ä.     I.  Bd.    II    AbtheÜung,  37 


A.   B. 


Wahrend  d^s  Schilifts  rn'hte  Lid^paUe  leicht 
klütTend. 


564 


Anatomisches  über  den  oberen  Facialis. 


b)  Der  snpranncleäre  Verlauf  des  Angenfacialis. 

§  276.  Von  dem  in  der  Hirnrinde  gelegenen  Facialiscentrum  gehen  die 
Nervenbahnen  zusammen  mit  der  Pyramidenbahn  in  konvergirender  Riditang 
durch  das  Centrum  semiovale  nach  der  inneren  Kapsel  hin  (s.  Figur  121),  durch 


Fig.  121. 

Schema   nach  Edinger,    Vorlesungen    über  die 
nervösen  Gentralorgane. 


Fig.   122. 

Nach  Leube:  Spezielle  Diagnostik  Baaä 
II,  pag.   192. 


deren  Knie  sie  verlaufen.  Hinter  ihnen  sind  die  Bahnen  für  den  Arm  und 
das  Bein  gelegen  (siehe  Figur  122).  Von  dort  gelangen  die  Facialisfasern 
in  den  Hirnschenkelfuss.  In  der  Brücke  sind  sie  von  der  Pyramidenbahn 
getrennt,  gelangen  aber  in  noch  unbekannter  Weise  (Edinger  [1253])  in  den 
Facialiskern  der  anderen  Seite,  der  im  Pons  belegen  ist. 


rchi'schen  Methode  bei  zwei  Fällen  von  Erweichung  (Insel  bis  zum 
laniiis  opt.)  untersucht.  Nach  seiner  Ansicht  treten  im  Pons,  im  Niveau 
des  Faciiiliskerns»  aus  den  medialen  Theilen  der  Pyramidenbahn  Fasern  in 
die  Ftäphe,  laufen  eine  Strecke  weit  mit  ihr  und  dorsalwUrtö,  biegen  dann 
im  Nucknis  reticularis  pontis  seitlich  um  und  ziehen  zum  Facialii^kern.  Letz- 
terer erliält  ausserdem  Fasern  von  der  gleichseitigen  Pyramidenbabn.  Ausser- 
dem verknüpft  den  Facialiskeni  mit  der  Rinde  noch  der  ziemlich  starke 
im  Pedunculus  nach  aussen  von  der  Pyramidenbahn  gelegene  „motorische 
Schleifenantheib . 

Bei  der  von  verschiedenen  Forschem  verfochtenen  Annahme,  dasa  der  obere 
Facialis  dasselbe  Kindenfeld  wie  der  untere  habe,  nämlich  das  untere  Drittel 
der  vorderen  t'entralwindung,  und  somit  sich  die  bei  der  Hemiplegie  gefundene 
geringe  Äbschwächimg  des  Ürbic,  und  Frontalis  erkläre,  dürfte  die  Vermuthung 
imbegriindet  erscheinen,  dass  die  zum  oberen  Facialis  gehörenden  Fasern  einen 
anderen  Verlauf  von  der  Kinde  zu  der  Kernregion  nähmen,  als  die  Fasern 
des  unteren  Facialis.  Hervorragende  Autoren,  wie  W ernicke  und  Strümpell 
sind  dieser  Ansiebt,  welche  auch  durch  die  Beobachtungen  von  Duplay  (125Ö), 
Heney  (P^56),  Simone  au  (1257)  und  Coingt  (1258)  gestützt  wird.  Da  jedoch 
manche  Gründe  dafür  sprechen,  dass  das  Rindencentrum  des  oberen  Facialis 
nicht  genau  mit  dem  des  unteren  übereinstimmt,  da  kompetente  Autoren 
(Monakow  u,  A.)  dasselbe  in  die  zweite  Stirnwindung,  andere  (Mendel 
u,  A.)  in  den  Gyras  parietalis  inferior  verlegen,  so  liegt  doch  die  Möglichkeit 
nahe,  dass  die  zum  oberen  Facialis  verlaufenden  supranucleären  Fasern  einen 
anderen  Weg  nähmen,  wie  die  zum  unteren  Facialis  gehörigen.  So  behauptet 
denn  auch  Hallopeau,  dass  die  Fasern  des  oberen  Facialis  durch  den 
LiDsenkern  und  die  Capsula  externa  verliefen. 

Auf  die  Beobachtungen  von  H u g u e n i n  (1259),  Chvostek  (1260)  und 
eine  eigene  stützt  Hallopeau  {1261}  seine  folgendermassen  lautende  Ansicht: 

Die  pathologische  Beobachtung  lehre  uns,  dass  das  Bündel  des  Orbi- 
cularis  nicht  den  Verlauf  des  unteren  Facialisbündels  durch  die  innere  Kapsel 
und  das  Centrura  semiovale  nähme»  und  dass  es  nicht  derselben  Hirnwindung 
entstamme.  Die  Mehrzahl  der  Beobachter  stimmten  darin  überein,  dass  bei 
der  gewöhnlichen  Hemiplegie  die  obere  Partie  des  Gesichts  der  Lähmung 
entgehe.  Indess  habe  er,  ebenso  wie  Simone  au  bei  frischen  Fällen 
beobachtet,  dass  die  Augenlider  viel  schwieriger,  langsamer  und  weniger  voll- 
ständig geschlossen  werden  könnten,  als  auf  der  gesunden  Seite.  Dieses  Faktum 
scheine  ihm  zu  bew^eisen,  dass,  wenn  auch  die  Fasern  des  oberen  Facialis  sich 
in  ihrem  Verlaufe  nicht  mit  denen  des  unteren  vermischten,  sie  dennoch 
nicht  sehr  weit  von  einander  entfernt  seien.  Die  Fälle,  in  welchen 
diese  Fasern  direkt  und  vollständig  lädirt  wären,  erlaubten  uns  präcisere 
Angaben  zu  machen.  Sie  neien  nicht  allzu  selten,  da  er  innerhalb  dreier 
Jahre  vier  Patienten  mit  Orbicularislähmung  bei  gleichseitiger  Hemiplegie 
gesehen  habe ;  aber  die  einzigen  Fälle,  welche  die  vorliegende  Frage  zu  lösen 

87* 


566  AnatomischeB  über  den  oberen  Fadalis. 

yermöchten,  und  in  welchen  man  genau  den  Sitz  der  Läsion  bestimmen  könnte, 
wären  selten;  er  habe  nur  die  beiden  angeführten  von  Huguenin  und 
Chvostek  gefunden.  Man  könne  aus  dem,  diesen  drei  Fällen  gemeinsamen 
Herde  im  Linsenkem  den  Schluss  ziehen,  dass  die  Fasern  des  oberen 
Facialis  durch  diesen  Hirnabschnitt,  oder  durch  einen  ganz  in 
der  Nähe  gelegenen,  etwa  die  Capsula  externa,  ihren  Verltnf 
nähmen. 

Auch  Bernhardt  (1434),  pag.  195,  sagt  in  seinem  bekannten  Werke 
über  die  Erkrankungen  der  peripheren  Nerven,  dass  es  offenbar  cerebrale 
Lähmungen  des  N.  facialis  gäbe,  welche  ganz  im  Gegensatz  zu  den  sonst  vor- 
liegenden Erfahrungen,  die  Nasen-,  Lippen-  und  Kinnäste  freiliessen  und 
neben  den  Extremitäten  nur  die  Augen-  und  Hirnäste  beträfen,  Vorkommnisse, 
auf  welche  schon  vor  vielen  Jahren  Huguenin  die  Aufmerksamkeit  gelenkt 
habe.  Es  handele  sich  hier  um  Läsionen  des  contralateralen  Linsenkems»  der 
sog.  Linsenkemschlinge,  in  welcher  die  Fasern  für  die  Willkürbewegungen  des 
M.  orbic.  palpebr.  verlaufen  sollten. 

Indessen  hat  Boiadjiew  in  einer  Arbeit  12  Fälle  mit  cirkumskripten 
Linsenkemaffektionen  zusammengestellt,  bei  denen  keinerlei  Lähmnngsznstand 
des  oberen  Facialis  konstatirt  worden  war.  Er  schliesst  hieraus,  dass  die 
aus  den  drei  angeführten  Fällen  Hallopeau's  gezogenen  Schlussfolgerangen 
falsch  seien,  ja  dass  z.  B.  im  Falle  Chvostek  der  Herd  im  Linsenkera 
sehr  wohl  eine  Kompression  der  motorischen  Bahnen  in  der  inneren  Kapsel 
habe  ausüben  können. 

Nach  unserer  Ansicht  wäre  bei  dem  Falle  Hallopeau's  neben  dem 
Herd  im  Linsenkern  der  Herd  im  Centrum  semiovale  direkt  unterhalb  der 
zweiten  Stimwindung  zur  Erklärung  der  Lähmung  des  oberen  Facialis  mit 
heranzuziehen,  da  thatsächlich  in  neuerer  Zeit,  wie  auch  von  Monakoir 
hervorgehoben  wurde,  speziell  diese  Lokalisation  mehrfach  gemacht  worden  ist. 

Femer  sei  von  uns  auf  die  später  noch  genauer  mitzutheilenden 
Fälle  hingewiesen:  1.  von  doppelseitiger  Erweichung  im  Linsenkem  von 
Tournier;  2.  von  doppelseitigen  Herden  theils  im  Gebiete  des  unteren 
Parietallappens,  theils  der  Frontal  Windungen  von  Tiling,  bei  denen  eine 
doppelseitige  Lähmung  des   oberen  Facialis  für  Willkürbewegungen  bestand 

Dass  der  supranucleäre  Verlauf  des  Facialis  im  Gehirn  keinen  ganz 
einfachen  Charakter  hat,  sondern  in  Wirklichkeit  viel  komplizirter  ist,  als 
bis  jetzt  aus  den  noch  spärlichen  Befunden  mit  ganz  kleinen  isolirten  HerdeD 
bei  der  Monoplegia  facialis  sich  darstellt,  dürfte  auch  in  Rücksicht  auf  das 
Erhaltensein  der  reflektorischen  Erregbarkeit  von  Facialisbahnen,  deren  will- 
kürliche Innervation  aufgehoben  ist,  zu  erschliessen  sein.  Nothnagel  und 
Bechterew  haben  nachgewiesen,  dass  durch  Reizung  des  Thalamus  opt 
afl*ektive  Bewegungen  in  der  Gesichtsmuskulatur  zu  Stande  kommen,  deren 
willkürliche  Bewegung  in  Folge  von  Zerstörung  der  motorischen  Region  un- 
möglich  war.     Man  nimmt  an,   dass  diese  Bahnen,  welche   also  auch  zum 


AtiatomiscIiGS  über  den  oberen  ITacialis.  567 

iberen  Facialisgebiet  in  Verbindung  stehen,  getrennt  von  der  willkürlich 
inervirbaren  Facialisbahn  in  der  Hatibenfaserung  des  Himschenkels,  das 
iubenfeld  des  Pons  durchziehen.  Demgemäss  wäre  eine  Störung  der  Inner- 
rat i  o  n  des  oberen  Facialis,  die  sich  nur  bei  psychoreHektori  scher  Er- 
Bgung  wie  z,  B.  bei  Gemüthsaffekten,  wie  Lachen  und  Weinen,  kundgiebt,  sehr 
wohl  möglich.  Nach  den  bisherigen  Erfahrungen  (Gowers,  Huguenin, 
Nothnagel)  müsste  man  den  Sitz  der  Läsion  in  den  entgegengesetzten  Seh- 
hügeK  oder  in  die  vorher  angeführten  Bahnen  verlegen. 

Möglicherweise  hat  der  obere  Facialis  eine  von  dem  unteren  getrennte 
Bahn  im  Himschenkel,  denn  bei  cirkumskripten  Pedunculusaft'ektionen  kommt 
es  zu  dem  bekannten  Bilde  der  Oculomotoriuslähmung  mit  gekreuzter  Extremi- 
tätenlähmung und  Betheiligung  nur  des  unteren  Facialis;  aber  bei  ausgedehnten 
Herden  mit  Zerstörung  des  ganzen  HimscbenkelFi  ist  in  manclien  Fällen  eine 
totale  Facialislähmung  konstatirt  worden,  so  in  den  Fällen  von  Gubler  und 
Marotte  (1262),  Giebt  doch  auch  Obersteiner  (1247)  in  der  neuesten  Auf* 
läge  seines  bekannten  Buches  „über  den  Bau  der  nervösen  Centralorgane'*  dem 
Gedanken  Ausdruck,  dass  die  von  dem  besonderen  kortikalen  Centrum  des 
oberen  Facialis  zu  der  Kernregion  ziehenden  Fasern  einen  Weg  zu  wählen 
schienen,  welcher  diejenigen  Partien  der  Himsubstanz  vermeide,  in  denen 
Apoplexien  und  andere  ähnliche  Erkrankungen  am  häutigsten  aufzutreten 
pÜegten. 

e)  Die  Kernregion  des  Faeiali^. 

§  277.  Nach  Schwalbe's  Angaben  (1263)  erscheine  im  hinteren  Theile  der 
dorsalen  Brückenhälfte  das  Ursprungsgebiet  des  Facialis  und  Abducens 
änsserlich  markirt  durch  die  sog*  Eminentia  teres.  Der  Kern  des  Facialis 
liege  etwa  4^»  mm  ventralwarts  vom  Boden  des  4.  Ventrikels,  Die  ganze 
Ausdehnuiig  des  Facialiskems  betrage  etwa  3V/a  mm  (nach  Kölliker4);  sein 
unteres  Finde  entspreche  nahezu  dem  distalen  Bande  der  Brücke  resp.  dem 
proximalen  Ende  des  Olivenkems  oder  des  Hypoglossuskerns,  Sein  oberes 
Ende  rage  nicht  so  weit  grosshirnwärts  wie  die  an  seiner  medialen  Seite  ge- 
legene obere  Olive.  Das  untere  Ende  des  Facialiskerns  sei  durch  einen  ver- 
hältnissmässig  geringen  Zwischenraum  vom  Xucleus  ambiguus^  das  obere  vom 
motorischen  Kerne  des  Quintus  getrennt.  Die  aufsteigende  FaciaUswurzel  ziehe, 
wie  aus  dem  Schema  (Fig.  123)  deutlich  hervorgehe,  dicht  am  Abducenskerne 
vorbei  nach  oben  bis  an  den  Boden  der  Rautengrube,  woselbst  in  Folge  der 
Umbiegung  ihrer  Fasern  das  Tuberculum  nervi  facialis  gebildet  werde.  Der 
Austrittsschenkel  verlaufe  ventralwärts  in  annähernd  gerader  Linie  zwischen 
F'acialiskern  und  aufsteigender  Quintuswurzel  bis  zur  Austrittsstelle  an  der 
Hirnbasis  am  hinteren  Rande  des  Brückenschenkels  nach  vorn  und  lateral- 
wärts  von  der  Olive.  Er  trete  hier  medianwärts  und  etwas  vor  dem  Acusticus 
aus,  Schwalbe  (1264). 

§  278.  Was  nun  die  Verbindungen  des  Facialiskemes  betrifft,  so  sind  die- 
selben für  die  Deutung  mancher  klinischer  Symptome  so  wichtig,  dass  wir  hier  auf 


V 


i 


568 


Anatomiscbes  Ober  den  oberen  Facialis. 


ruH 


Wa 


die  allerdings    noch   durchaus  nicht   geklärten  Ansichten    der   verschiedem 
Forscher  eingehen  müssen. 

Von  Meynert  wurde  zuerst  eine  Verbindung  des  Facialiskems  dnrdi 
die  Raphe  mit  dem  Himschenkel  der  anderen  Seite  angegeben. 

Nach  Obersteiner  müssen  wir  jedenfalls  annehmen,  dass  Fasern  tob 
der  Pyramidenbahn,  resp.  der  contralateralen  Grosshimhemisphäre  (untew 
Theil  der  vorderen  Centralwindung)  durch  die  Raphe  nach  dem  Facialiskem 
ziehen,   eine  Angabe,  die   durch   die  Untersuchungen  Köllikers  (1265)  ge 

stützt  wird,  der  di^en  Verlauf 

in  Kürze  folgendermassen  sdiil- 

dert:      „Aus     den     Pyramiden 

r?..Fizr— ^^^^■f^^^^mSf  jT^  treten      medianwärts      starke 

Bündel  heraus,  die  sofort  in 
der  Raphe  sich  kreuzend  dorsal- 
wärts  Yom  Lemniscus  mediaüs 
quer  und  schief  lateralwiits 
zum  Facialiskeme  ziehen,  der 
hier  tiefer  in  der  Haube  liegt, 
als  bei  der  Katze.  Diese  Bündel 
stellen  die  Bahnen  dar,  auf 
welchen  der  Willenseinfloss  in 
gekreuzter  Weise  auf  den 
Facialis  sich  geltend  macht^ 

Sehr  wichtig  für  das  Yer- 
ständniss    der     reflektorischen 
Symptome     im     F'acialis    sind 
dessen  Beziehungen  zum  Trige- 
minus.    Nach  Kolli ker  gehen 
aus   dem    ventralen    Drittheile 
der     sensiblen     Quintuswunel 
feinere  Bündel  zu  dem  Fadalis- 
kern,  an  dessen  ventralem  Ende 
die  Faserzüge  sich  in  stärker»' 
Form  finden. 
Für   die  Deutung  der  doppelseitigen  Innervation   des    oberen  Facialis 
muss  hier   noch  ausdrücklich  hervorgehoben  werden,   dass  Stieda  den  Ur- 
sprung eines  Theils  der  Facialisfasern  unter  Kreuzung  in  der  Mittellinie  ans 
dem  Facialiskeme  der  entgegengesetzten  Seite  angenommen  hat.     Diese  An- 
gabe,  der  sich  auch  Obersteiner,   Gramer,  v.  Gehuchten,    Lugano, 
Nissl,  Marinesco  und  Ramon  y  Cajal  anschliessen,  erscheint  durch  die 
Experimentaluntersuchungen  Exners  und  Paneth's  wirksamer  gestützt,  ak 
die  Leugnung  dieses  Faktums  durch  Kölliker,   der  diese  Fasern  in  üebe^ 
einstimmung  mit  Duval  (1266)  als  Fibrae  arcuatae  intemae  anspricht,  wie  sie 
in  der  ganzen  Haube  vorkämen.    Exner  und  Paneth  hatten  sich  überzeogt, 


Fig.  123. 
Xach  Schwalbe:  Lehrbuch  der  Neurologie  671. 

Schematische    DarsteUung    des    Facialisverlaufs    durch 
Eingreifen  der  verschiedenen  Querschnittsbilder   in  eine 

Ebene  gewonnen. 
n.VTf  Kern  des  Abducens.  VI,  N.  Abducens.  o. «.. 
obere  Olive,  zwei  Anhäufungen  grauer  Substanz  bildend. 
a.  r,  aufsteigende  Wurzel  des  Trigeroinus.  r,  Raphe. 
n.VII,  Kern  des  Facialis.  Fii 6,  Wurzelbündel  (ür- 
sprungsschcnkel)  des  Facialis.  Vlla,  dessen  Zwischen- 
stück quergeschnitten.  F//,  Austrittsschenkel  des  Facialis 
mit  y,  Fasern  aus  der  Baphe  und  x,  l^asem  aus  dem 
Abducenskem.  n.VIII,  lateraler  Kern  des  Acusticus, 
Vllly  vordere  Wurzel  des  Acusticus. 


Anatomisches  üher  den  oberen  Facialis. 


-TT..  ^JF 


rdass   be*im   Kaninchen    thatsächlich  von    der  Hirnrinde    einer   Seite  aus   die 
Ijluskeln   beider  Gesichtshälften   innervirt   werden.     Sie  legten   sich  nan  die 
^ Frage   vor,    auf  welchem  Wege  die  Fasern  zur  gleichnamigen  Gesichtshälfte 
'  gingen.    Sie  führten  Schnitte  durch  den  Balken,  die  beiden  Coramissuren,  sie 
trennten  die  Hemisphären  bis  in  die  Vierhügel  und  kamen  zu  dem  Resultat, 
dass    die   Himrinde    der   anderen   Seite   mvhts   mit   der   in   Rede    stehenden 
Zuckung  zu  thun  habe.    Spaltete  man  hingegen  die  Medulla  oblongata  median, 
so  hörten  die  beiderseitigen  Zuckungen    von   beiden  Hemisphären  voUständig 
auf.     Man  musste  also  annehmen,  dass  in  der  Medulla  oblongata,  am   wahr- 
scheinlichsten  zwischen   den    Facialiskernen   Bahnen    übertreten,    welche  die 
Mitcrregujig  der  Facialisfaseni  der  gleichnamigen  Seite  bewirken,  wie  dies  in 
nebenstehender  Zeichnung  {Fig.  124)  schematisch 
ausgeführt  ist. 

In  jüngster  Zeit  hat  A.  Bary  (1435)  auf 
Bechterew'»  Anregung  hin  das  Gehirn  eines 
Kranken  untersucht,  welcher  bei  Lebzeiten  eine 
typische  peripherische  Facialislälimung  acquirirt 
hatte.  Aus  seinen  Untersuchungen  zog  er 
folgenden  Schluss:  ^Der  grös.sere  Theil  der 
Facialiswurzeln  entspringt  in  dem  Kern  der 
gleichnamigen  Seite ;  ein  kleinerer  Theil  jedoch 
hat  seinen  Ursprung  in  den  Zellen  des  Facialis- 
kems  der  entgegengesetzten  Seite,  zieht  zum 
Knie  der  Facialiswurzel  und  kreuzt  sich  in  der 
Raphe,  nm  endlich  im  Knie  der  gleichnamigen 
Seite  mit  dem  grosseren  Theile  der  Facialis- 
fasern  sich  zu  vereinigen.'' 

Von  weiterem  klinischen  und  physio- 
logischen Interesse  ist  die  Verbindung  des 
Facialiskerns  einerseits  mit  dem  Corp.  trape- 
zoides  und  der  kleinen  Olive  durch  Fasem,  die 
eine  Verknüpfung  des  Nervus  Cochleae  mit  dem 
Facialis  zu  vermitteln  scheinen.     Kölliker, 

§  280.  Was  nun  die  für  uns  besonders  wichtige  Frage  des  Kern- 
Ursprungs  des  oberen  Facialis  betrifft,  so  ist  bis  heute  dieselbe  noch 
nicht  gelost. 

Meynert,  Huguenin,  Clarke,  Duval  und  Schwalbe  (1267)  meinen, 
dass  ein  Theil  des  Facialis  und  zwar  speziell  derjenigen  Fasern,  welche  für  den 
Orbicularis  palpebrar.  und  Frontalis  bestimmt  sind,  aus  dem  Abducenskern  ent- 
springen. So  sagt  Schwalbe,  dass  da,  wo  der  Austrittsschenkel  der  Facialis- 
wurzel dorsolateralwärts  den  Abducenskern  umgreift,  ihm  aus  dem  Gebiete 
des  Abducenskerns  neue  Fasern  zugeführt  würden.  Es  sei  ferner  konstatirt, 
dass  die  lateralen  Zellen  dieses  vorderen  Abschnittes  vom  Abducenskeme 
grösser  wären,  als  die  medialen,   welche  ihre  Achsencylinderfortsätze  in  die 


fnea.  Spins/. 

Flg.    124. 

Sclienm  oadi  Exner  und  Paaeth. 
Pllügers  Arch.  XU,  349. 


570  Anatomisches  über  den  oberen  Facialis. 

Abduoenswurzel  sendeten  (Meynert);    sie  glichen  somit  eher  den  Zellen  des 
eigentlichen  Facialiskems. 

Gegen  diese  Annahme  des  Ursprungs  eines  Theils  des  Facialis  ans  d^ 
Abducenskem  sprach  ein  dm*ch  M ay  s  e r  mitgetheiltes  Eb^periment  Ton  G  u  d  d  eni. 
Nach  Ausreissen  des  N.  facialis  aus  dem  Canalis  Fallopiae  beschränkte  sich 
die  Degeneration  nur  auf  den  Facialiskem.  Femer  fand  Gowers  beiDegenera- 
tion  beider  Abducentes  nur  den  Abducenskem  entartet.  Daraus  schliessen 
diese  beiden  Forscher ,  mit  denen  St  i  eda ,  Krause,  O bersteiner, 
Ramon  y  Cajal  (1267)  und  K Olli k er  übereinstimmen,  dass  der  Facialis 
nichts  mit  dem  Abducenskem  zu  thun  habe.  Der  letztgenannte  Autor  giebt 
zu,  dass  bei  der  Nähe  des  Abducenskemes  und  des  Facialisstammes  in  der 
Gegend  des  Knies,  der  Schein  eines  Ursprungs  der  Elemente  der  austretenden 
Facialiswurzel  aus  dem  Kerne  des  VI.  Nerven  entstehen  könne.  Sähe  mm 
jedoch  genauer  zu,  so  werde  man  finden,  dass  alle  Fasern  der  austretenden 
Wurzel  aus  Umbeugungen  der  Fasern  des  Knies  entstünden,  wofür  in  dieser 
Hinsicht  senkrechte  und  Flächenschnitte  gleich  beweisend  seien. 

^281.  lieber  die  von  Mendel  (332)  ausgesprochene  Vermuthung,  über  den 
Ursprung  des  Augenfacialis  im  Oculomotoriuskera,  haben  wir  in  §  53  in 
eingehender  Weise  uns  ausgesprochen  unter  Anführung  aller  Thatsachen,  die 
für  und  gegen  diese  Annahme  sprechen. 

Wir  möchten  an  dieser  Stelle  noch  nachholen,  dass  Kölliker  (1265) sich 
ablehnend  zur  MendeTschen  Ansicht  verhält,  da  er  bei  Untersuchung  des 
hinteren  Längsbündels  keine  Fasern  entdecken  konnte,  die  in  demselben 
nach  dem  Facialis  gingen.  Somit  würde  die  MendePsche  Hypothese,  dass 
der  obere  Facialis  im  Oculomotoriuskem  entspringe  und  im  Fasciculus  longi- 
tudinalis  dorsalis  zum  Facialiskern  gelange,  um  sich  hier  dem  Hauptnerren 
anzuscbliessen,  hinfällig.  ^) 

J5  281 .  Endlich  sei  noch  der  muthmasslichen  Verbindung  des  Facialis-  mit  dem 
Hypoglossuskern  gedacht,  aufweiche  Gowers  (1268)  in  seinem  bekannten  Lehr- 
buch aufmerksam  macht,  wenn  er  sagt:  ;, Der  Facialiskern  reicht  nach  unten 
fast  bis  zur  Höhe  des  Nucleus  hypoglossi,  und  wir  wissen  nicht,  ob  die  zwischen 
den  Lippen  und  der  Zunge  bestehende  Verbindung  durch  Fasern  besorgt  wird, 
welche  zwischen  den  beiden  Kernen  verlaufen,  oder  ob  die  Nervenfasern  für 
die  Lippen  (wie  es  möglich  erscheint)  in  der  That  vom  Hypoglossuskern 
kommen.  Viele  von  den  Fasern  des  Facialis,  welche  sich  von  dem  Knie  nach 
unten  wenden,  haben  in  dem  inneren  Theile  der  Formatio  reticularis  einoi 
longitudinalen  Verlauf  und  können  leicht  den  Hypoglossuskern  erreichen. 
Gowers  macht  auch  darauf  aufmerksam,  dass  aus  dem  gleichzeitigen  Be- 
fallensein der  Lippen  und  Zunge  z.  B.  bei  der  Bulbärkemparalyse  ein  cen- 
traler Zusammenhang  erschlossen  werden  könne,  femer  auch  daraus,  dass 
die  Querfasern  der  Zunge  und  des  Orbicularis  oris  nur  zusammen  kontrahirt 
werden  könnten." 


1)  In  allerjüDgster  Zeit  hatMarinesco  (1513)  durch  zahbeiche  dahinzielende  Unter 
Sücbangen  nachgewiesen,    dass  der  obere  Facialis  seinen  Ursprang  im  Facialiskem  habt. 


Anatomisches  Qber  den  o^beren  FaciattB.  571 

S  283.  Was  die  Portio  intermedia  Wrisbergii  betrifft,  so  tritt  nach  Ober- 

Iteiner  (1249)    dieselbe    als    dünnes    Nervenbündel    zwischen    Facialis    und 

Acusticus  am  distalen  Brückennind  zu  Tage,    Sie  entspringt  aus  dem  Ganglion 

genicuU  nervi   facialis »    in  welches  als  xjeripherer  Nerv   die  (vhorda   tympani 

eintritt. 

Duval  (1270)  rechnet  diesen  N.  intermedius  zum  Glossopharyngeus  und 
behauptet,  dass  derselbe  in  die  Chorda  tympani  übergehe. 

d)  Der  periphere  Verlauf  des  Augenfaeialis, 

S  284.  Nach  dem  Austritt  aus  dem  Gehirn  wenden  sieb  der  N>  facialis  und 
intermedius  zusammen  mit  dem  Acusticus  nach  vorn  und  lateralwärts.  Um- 
geben von  Fortsetzungen  der  Hirnhäute  und  der  zwischen  ihnen  betindlichen 
Lympb räume  treten  sie  in  den  Meatus  auditorius  int.  ein.  Am  Grunde  des 
inneren  Gehörganges  dringt  der  Facialis  durch  eine  oben  und  vorne  gelej;ene 
Oeffnung  in  den  Canalis  Fallopiae  ein,  läuft  in  demselben  horizontal  zunächst 
eine  kurze  Strecke  weit  nach  vorn  und  lateralwärts  znm  Hiatus  canalis 
Fallopiae,  biegt  hier  nahezu  rechtwinkelig  nach  hinten  und  lateralwärts  um 
und  zieht  nun  in  der  medialen  Wand  der  Paukenhöhle  über  der  Fenestra 
ovalis  erst  horizontal  rückwärts,  dann  im  Bogen  nach  abwärts,  um  durch 
das  Foramen  stylomastoideum  nach  aussen  zu  gelangen.     Schwalbe  (1271). 

E>a  m  den  Rahmen  unserer  Aufgabe  überschreiten  würde,  genau  den 
peripheren  Verlauf  des  ganzen  Facialis  wiederzugeben,  so  beschränken  wir 
uns  darauf,  lediglich  die  Zweige  zu  besprechen,  die,  als  zum  oberen  Facialis 
gehörend,  anzusehen  sind. 

Wir  geben  die  uns  interessirenden  Verhältnisse  genau  nach  den  An- 
gaben Henle's  (1274),  Raube r's  (1272)  und  des  neuesten  Forschers  auf 
diesem  Gebiete  Fritz  Frohse's  (1273)  wieder: 

Letzterer  sagt,  dass  die  Gesichtsmuskeln  trotz  zahlloser  kleiner  Ab- 
weichungen eine  ausserordentliche  Regelmässigkeit  in  der  Anordnung  ihrer  Bündel 
besässen,  welche  sich  naturgemäss  in  der  Art  der  Nervenverbreitung  wieder- 
holte. Die  in  Frage  kommenden  Muskeln  seien  platt,  die  Nervenfasern  sehr 
zahlreich;  das  seien  zwei  Bedingungen,  welche  in  gleicher  Günstigkeit  nirgends 
am  Körper  wiederkehrten,  selbst  nicht  bei  den  Augenmuskeln  mit  ihren  starken, 
einheitlichen  Nerven.  Gleichwohl  sei  über  die  Art.,  wie  sich  die  Nerven* 
fasern  zu  den  Mnskelbündeln  verhalten,  nichts  Hechtes  bekannt. 

Nach  Henle  (1274)  setzt  der  Facialis  nach  dem  Austritt  aus  dem  For. 
stylomastoideum  seinen  Weg  schräg  ab-  und  vorwärts  fort,  bis  er  sich,  in 
geringer  Entfernung  vom  hinteren  Rand  des  Unterkiefers  und  etwa  in  der 
halben  Höhe  desselben,  in  seine  beiden  Endäste  spaltet,  von  denen  der  untere 
in  der  Flucht  des  Stammes  vom  Unterkiefer  und  Hals,  der  obere  vorwärts 
umbeugend  mit  divergirenden  Aesten  von  der  Seitenfläche  des  Kopfes  aus- 
strahlt. 


572  Anatomisches  über  den  oberen  Facialis. 

Raub  er  bezeichnet  den  oberen  Ast  N.  temporo-f  acialis,  den  unteren 
cervico-facialis.  Diese  beiden  gehen  wieder  Th eilungen  und  Verbmdungwi 
ihrer  Zweige  ein,  sodass  hierdurch  der  sogenannte  Pes  anserinus  major 
entsteht. 

Der  Ramus  temporo-facialis  wendet  sich  nach  vorne  oben  durd 
die  Parotis  hindurch.  Seine  motorischen  Aeste  erstrecken  sich  von  den  vor- 
deren Ohrmuskeln  bis  zur  Oberlippe.  Die  uns  hier  interessirenden  N.  tem- 
porales zerfallen  meistentheils  in  drei  Zweige,  die  über  den  Jochbogen  auf- 
wärts und  nach  vorne  ziehen. 

Während  der  hintere  Zweig  die  Ohrmuskeln  versorgt,  zieht  der  mittiere 
zum  M.  frontalis  und  der  vordere  zum  oberen  Theil  des  M.  orbicularis  ocoli 
und  dem  M.  corrugator  supercilii. 

Der  untere  Theil  des  M.  orbicularis  oculi  wird  von  den  Nn.  zygomatic^ 
malares  versorgt. 

Der  M.  frontalis  ist  innig  mit  dem  oberen  Theile  des  M.  orbicularis 
oculi  verschmolzen.  An  ihrem  hinteren  Vereinigungswinkel  tritt  die  Haupt- 
masse der  langgestreckten  Schlingen  der  Rami  temporales  unter  sie  und  lost 
sich  alsbald  in  kurz-  und  breitmaschige  Geflechte  auf,  davon  feine  Fasen 
entspringen.  Aus  dem  etwa  3  cm  breiten  Zug  hebt  sich  häufig  ein  oberer 
Zweig  hervor,  welcher  mit  den  Zweigen  des  ersten  Trigeminusastes  wechsebde 
Kreuzungen  eingeht,  aber  deutlich  bis  in  die  vordersten  Bündeln  des  M. 
frontalis  verfolgbar  ist.  Ein  zweiter  verläuft  gerade  am  Oberaugenhöhlen- 
rande  und  ist  nur  sehr  schwer  von  einem,  in  umgekehrter  Richtung  Ter- 
laufenden  Zweige  des  N.  supraorbitalis  zu  trennen.  Er  giebt  höchstwahr- 
scheinlich die  Nervenfasern  für  den  oberen  Theil  des  M.  sphincter  palpebrarum 
ab,  für  den  im  hinteren  Theile  nur  einige  unsichere  Fäden  entdeckt  werden 
konnten. 

Der  untere  Theil  des  Augenschliessrauskels  wird  häufig  lateral  von  dem 
supramuskulären  Zweig  aus  dem  Ramus  malaris  oder  einem  ihn  ersetzenden, 
vielfaserigen  Geflechte  versorgt.  Die  Hauptmasse  seiner  Nerven  geht  erst 
unter  dem  Jochbein  herum  und  zieht  mit  den  hinteren  Aesten  ziemlich  steil 
empor.  Die  vorderen  verlaufen  mehr  horizontal.  Alle  liegen  oberhalb  der 
V.  facialis  ant. ,  welche  gerade  an  dieser  Stelle  einen  bedeutenden  Ast  vom 
äusseren  Augenwinkel  erhält  und  mit  den  rückläufigen  Aesten  des  N.  infia- 
orbitalis  ein  höchst  verwickeltes  Geflecht  hervorruft,  unterhalb  der  Vene 
entwickelt  sich  auf  dem  Quadratus  labii  sup.  ein  feiner  Ast  aus  durdh 
tretenden  Zweigen,  welcher  bald  in  Begleitung  der  Vene  zum  medialen  Augen- 
winkel emporsteigt  und  sich  bisweilen  mit  dem  vorhergehenden  vereint,  wo- 
fern dieser  nicht  bereits  in  dem  unteren  Theile  des  M.  sphincter  palpebramm 
mit  langen,  spitzwinkligen  Schlingen  aufgegangen  ist.  Er  verfolgt  den  M. 
procerus  nasi  und  depressor  supercilii  und  greift  häufig  noch  auf  den  oberen 
Theil  des  M.  orbicularis  oculi  über.     (Frohse.) 


ADatomischea  über  den  oberen  Facialis. 


573 


>^^ 


e)  Anatomie  der  vom  oberen  Facialis  versorgten  Muskeln. 

1.  Der  Muse,  orbicularis  oculi« 

i?  285,  Nach  Merkel  {1275)  ist  der  Scliliessmuskel  der  Lids  [mite,  M. 
jrbicdaris  oculi,  eine  platte,  kreisföniiige  MuskeUage,  welche  in  der  grössteo 
lusdehmiDg  sehr  dünn  und  blass  erscheint.  Er  iibert.rifl\  den  Umkreis  der 
löchernen  Orhita  an  Breite.  Doch  liegt  das  Centniiii  des  Kreises,  welchen 
äine  Bändel  beschreiben^  nicht  im  Mittel- 
junkte  der  Lidspalte,  sondern  etwas  lateral- 
wärts,  oder  mit  anderen  Worten,  er  über- 
ragt den  Orbital rand  an  der  lateralen 
Seite  mehr,  als  an  der  medialen.  Die 
äussersten  Bündel  bleiben  nicht  im  eigent- 
lichen Kreislauf,  sondern  biegen  centri- 
fngal  ab,  lun  sich  mit  den  niichstliegenden 
Muskeln  zu  vereinigen,  oder  sich  in  der 
Haut  der  Fascie  zu  verlieren.  Auch  hier 
kommen  (wie  nirgends  bei  kreisförmigen 
Scldiessmuskeln)  wirklich  zum  Kreis  ge- 
schlossene, in  sich  zurückkehrende  Muskel- 
bündel nicht  vor,  sondern  stets  bilden 
dieselben  nur  Bögen,  die  an  einer  Stelle 
des  Kreises  beginnen,  an  einer  anderen 
endigen. 

Le  Double  (1276)  giebt  auf  Grund 
eigener  Fräparation  eine  sehr  genaue  Be- 
schreibung der  einzelnen  Partien  des  Orbi- 
cularis.    Er  unterscheidet: 

a)  Ein  Portio  extraorbitali  s. 
Sie  umfasst  den  änsserlich  auf  dem  Gesicht 
liegenden  Abschnitt, 

ß)  Eine  Portio  orbitalis.  Sie 
besteht  aus  kontinuirlichen  RingeOj  die 
am  inneren  Augenwinkel,  an  dem  Liga- 
mentum mediale  entspringen.  Dieses 
Ligament  besteht  aus  zwei  Theilen:  aus 
einer  vorderen  Abtheilung,  diedenThränen- 
sack  vom  umfasst,  und  aus  einer  hinteren, 
die    sich    von    der    Stelle    aus,    wo    das 


Fig.  125. 

Nach  Merkol,    Gräfe-Saemwh  I,  j>.  75. 

^luskeln    in   4^r  Umf^ebucg   den  mtnüak-u 

AiigrD  Winkel!*.      Die  Haut  der  Brauen  -  und 

Wang«*ii geg€ n cJ  ist  zu rfi ck gf!»eh In gf n . 

L.p.m.  LigHiuentuiu  palft^brule  niediiüe. 
0,Q  M.  orbicularis  orbitari.H  drs  (»Heren 
Lid**s;  Pf  setzt  ftieli  uottr  der  zurüttk- 
geiiehlngetien  Wangenbiiyt  «iif  dns  untere 
Lid  fort,  Op  M.  orbieularis  palpebrntia 
ileiTi  unteren  Ude§.  *  Xluskt'lbundely  welche 
den  Kreislauf  verlBs«end  »idi  dor  Haut 
inaeriren.  Oben  sind  es  Bumki  de»  M. 
orbieuliiris  orbitalis,  welche  in  den  Hraneo- 
wul«t,  unten  solche  des  M.  orhkularia 
palp<hr.  inf,,  welche  in  die  AVangenhaut 
auRätrahlen,  J*r  Medialete  Bnn<lel  de* 
M.  frgot4iI]B. 


von  tier  ::^teue  aus,  wo 
Ligament  zu  den  beiden  Augenlidern  je  einen  sehnigen  Strang  sendet,  um 
den  Thränensack  nach  hinten  umkrümmt.  Man  kann  dieses  Ligam.  med. 
an  jedem  Kopfe  leicht  sichtbar  machen,  wenn  man  die  Lidspalte  mit  dem 
Finger  nach  aussen  zieht.  Bei  Abmagerung  ist  es  ohne  Zug  an  der  Lidspalte 
schon   zu  sehen,   indem  über  und  unter  ihm  die  Haut  durch  Schwinden  des 


574  Anatomisches  über  den  oberen  Facialis. 

Fettes  in  der  Augenhöhle  zu  Gruben  einsinkt.  Die  Orbitalportion  entspringt 
nun  sowohl  an  dem  vorderen,  als  an  dem  hinteren  Theile  desselben.  Eise 
sehnige  Unterbrechung  der  Muskelzüge,  wie  sie  Arlt  beschreibt,  bestreitet 
Le  Double. 

y)  Eine  Portio  palpebralis.  Sie  wird  durch  sehr  dünne,  blasse, 
spärliche  Fasern  dargestellt,  die  innen  von  der  direkten  Abtheilung  des  Liga- 
mentum  palpebrale  mediale  entspringen  und  lateral  nicht  direkt  in  einander 
übergehen,  sondern  sich  an  dem  Ligam.  palpebr.  laterale  befestigen,  daher 
man  eigentlich  zwei  getrennte  Muskeln,  einen  oberen  nnd  einen  unteren 
iinterscheiden  kann.  Die  Zusammenziehungen  dieses  Muskels  sind  bei  dem 
gewöhnlichen  Lidschlage  unwillkürlich.  Die  feineren  anatomischen  Details 
dieser  Palpebralportion  hatten  wir  bereits  auf  Seite  32,  §  26  nach  Gad's 
Untersuchungen  näher  geschildert.  Die  dort  wieder  gegebene  Figur  10a  steDt 
die  Hinteransicht,  die  Figur  IIa  die  Vorderansicht  dar.  wonach  die 
betreffenden  Figurenbeschreibungen  zu  korrigiren  sind. 

d)  Ein  Portio  ciliaris,  der  bekannte  Muse,  ciliaris  Riolani,  hegt  in 
der  Nähe  der  hinteren  Lidkante,  aber  vor  den  Ausführungsgängen  der  Mei- 
bom'sehen  Drüsen,  steht  innen  theils  mit  der  direkten  Sehne  des  Ligam. 
palpebr.  mediale,  theils  mit  dem  Hör ner 'sehen  Muskel  in  Verbindung  und 
setzt  sich  lateral  am  Ligament,  palpebrale  lat.  an.  Ein  von  Moll  beschrie- 
benes, kleines  abgetrenntes  Bündelchen  dieses  Muskels  verlagert  sich  hinter 
die  Meibom' sehen  Drüsen  und  kann  unter  den  Namen: 

€)  Portio  subtarsalis  als  besondere  Abtheilung  aufgefasst  werden. 
Die  hierher  gehörigen  Fasern  haben  den  gleichen  Ursprung,  wie  die  der 
vorigen  Abtheilung,  erreichen  aber  den  äusseren  Augenwinkel  nicht. 

§)  Der  M.  lacrymalis  posterior  seu  Horneri.  Er  entspringt 
an  der  Crista  lacrymal.  post.  und  spaltet  sich  in  zwei  Schenkel,  die  sich  an 
den  beiden  Augenlidern  in  der  Gegend  der  Thränenkanälchen  verlieren,  wobei 
sie  sich  oft  mit  den  Fasern  des  Muse,  ciliaris  verschmelzen.  Die  Unter- 
suchungen Krehbiel's  (1277)  jedoch  ergeben,  dass  der  Horner'sche  Muskel 
als  ein  selbständiger  Muskel,  welcher  von  den  übrigen  Muskelstraten  des  M. 
orbiculari  oculi  getrennt  ist,  aufgefasst  werden  muss. 

fj)  Der  Muse,  lacrymalis  anterior  fehlt  bei  den  meisten  Indiri- 
duen,  liegt  vor  dem  Thränensack,  entspringt  von  dem  Ligam.  palpebrale 
mediale  und  endigt  in  ähnlicher  Weise,  wie  der  vorige  Muskel. 

Neben  der  palpebralen  und  orbitalen  Partie  unterscheidet  Merkel  (l.c) 
noch  den  Muse,  malaris,  welcher  sich  in  der  Gegend  der  beiden  Augen- 
winkel aus  dem  Umfang  des  Muscul.  orbitalis  loslöst  und  nach  abwärts  in 
der  Wangenhaut  endet.  Femer  den  Muse,  superciliar is,  welcher  sidi 
konform  der  vorhergehenden  Abtheilung  aus  dem  lateralen  und  medialen 
Umfang  des  M.  orbitalis  abspaltet  und  aufwärts  in  die  Haut  der  Braue  sich  Te^ 
liert.  Varietäten  des  M.  orbicularis  sind  äusserst  häufig.  Besonders 
ist  es  der  M.  malaris,  welcher  vielfach  variirt,  bald  stärker,  bald  schwicher 


Anntomiaches  über  den  Äugenfacimlis.  575 

rscbeint,   bald  stärkere    und  zahlreichere,   bald  schwächere  und  spärlichere 
Bündel  zur  Haut  sendet. 


2,  Der  Musculus  corrugator  supercüii* 

§  286.  Die  mediale  Zacke  des  M.  superciliaris  ist  als  M,  corrugator 
supercilii  bekannt. 

Rüge  (1278)  hält  die  mediale  Zacke  des  Muse,  superciliaris  für  ein 
selbständig  gewordenes  Glied,  weil  sie  einen  selbständigen  Ursprung  und  eine 
selbständige  Insertion  habe. 

Nach  Le  Double  (1276)  weist  der  Muse,  corrugator  supercilii  zahl- 
reiche Varietäten  auf;  er  kann  vollkommen  fehlen,  in  mehrere  getrennte 
Bündel  gespalten  sein,  sich  in  lateraler  Richtung  weiter  als  gewohnlich  aus- 
dehnen, so  dass  er  sich  längs  des  ganzen  Arcus  superciliaris  hinzieht. 

Auch  seine  Endigung  ist  einem  Wechsel  unterworfen.  Er  kann  sich 
verbinden : 

a)  mit  der  Stimhaut  und  dem  Muse,  orbicularis  palpebr.^ 

ß]  mit  der  Stirnhaut  und  deoi  Muse,  frontalis, 

y)  mit  der  Stirnhaut  und  beiden  genannten  Muskeln. 

Nach  Merkel  (L  c.)  endigen  einige  Bündel  der  Fasern  des  Muse, 
orbitalis  superior,  die  man  trotz  ihrer  steil  ansteigenden  Richtung  nicht  dem 
M.  frontalis,  sondern  dem  Orbicularis  zuzählen  muss,  nach  kurzem  Verlauf 
in  der  Haut  der  medialen  Hälfte  der  Augenbraue.  Ziehen  sich  diese  zu- 
sammen, so  markiren  sich  die  Ansatzpunkte  deutlich  durch  kleine  Grübchen. 
Die  Eigenschaft,  welche  darauf  hinweist,  dass  diese  Biindelcben  zum 
M.  orbitalis  zu  zählen  sind,  ist  die,  dass  ihre  Thätigkeit  stets  mit  der  dieses 
Muskels  zusammenfällt  und  sich  ganz  unabhängig  vom  M.  frontalis  erweist. 


3.  Der  Musculus  frontalis. 

§  297.  Er  wird  vom  inneren  Segment  des  Orbicularis  bedeckt  und 
deckt  selbst  den  Corrugator  supercilii.  Er  stellt  nach  liüdinger  (1279)  eine 
platte  Lamelle  dar,  welche  fast  die  ganze  Breite  der  Stirngegend  einnimmt. 
Er  entspringt  aus  einer  Anzahl  Bündel  von  der  unteren  Partie  des  Stirnbeins, 
dann  von  der  Nasenwurzel,  mit  dem  Muse,  procerus  nasi  zusammenh äugend, 
und  steht  mit  der  äusseren  Haut,  welche  seinen  beweglichen  Punkt  darstellt, 
in  Verbindung,  Gegen  die  Haut  hin  greift  er  in  die  Bündel  des  Muse, 
orbicularis  ein  und  an  den  Knochen  in  die  Zacken  des  Corrugator  supercilii. 

Knott  (1280)  erwähnt,  dass  der  Frontalis  nicht  vom  Nasenbein,  der 
Glabella  und  dem  Arcus  superciliaris,  vielmehr  vom  Processus  nasalis  des 
Stirnbeins  entstehe  und  mit  den  Mm.  pyramidales,  dem  Levator  labii  super, 
alaeque  nasi  (quadratus  labii  sup.  Henle),  hauptsächlich  aber  dem  M.  orbicularis 
oculi  unddem     Corrugator  supercilii  zusammenhänge. 


576  Physiologisches  über  den  oberen  Facialis. 

Nach  Frohse  (1273)  ist  der  M.  frontalis  innig  mit  dem  oberen  Theile 
des  M.  orbicularis  oculi  verschmolzen.  An  ihrem  hinteren  Yereinigongswinkel 
tritt  die  Hauptmasse  der  Rami  temporales  des  Facialis  unter  sie  und  lost 
sich  alsbald  in  kurz-  oder  breitmaschige  Geflechte  auf,  aus  denen  feine  Fasera 
entspringen. 


B.  Physiologisches. 

1.  Der  Zweck  des  M.  orbicularis. 

§  288.  Der  M.  orbicularis  oculi  ist  der  aktive  Verengerer  der 
Lidspalte  imd  das  hervorragendste  Schutzorgan  des  Auges;  denn  ein  kraftiger 
Lidschluss  breitet  eine  schützende  Decke  über  den  vorderen  und  die  seit- 
lichen Abschnitte  des  Bulbus,  wobei  die  von  allen  Seiten  über  den  Augapfel 
zusammengezogene  und  in  Parallelfalten  gelegte  Haut  das  so  geschaffene 
Integument  noch  dicker  erscheinen  lässt.  Auch  um  der  Netzhaut  Ruhe  und 
Erholung  zu  gönnen,  und  um  die  Pupille  in  der  Regulirung  der  in  das  Auge 
einzulassenden  Lichtmenge  zu  unterstützen,  sehen  wir  den  Orbicularis  fort- 
während in  Thätigkeit.  Der  gewöhnliche  von  dem  Orbicularis  besorgte  Lid- 
schlag reinigt  die  Hornhaut  von  Staub,  von  abgestossenen  Epitheltheilchen 
und  verbreitet  in  gleichmässiger  Weise  die  Augenfeuchtigkeit  über  die  Horn- 
haut, um  auf  die  Vertiefungen  und  Erhöhungen  der  Epithelschicht  aus- 
gleichend einzuwirken  und  die  Austrocknung  der  Hornhaut  zu  verhüten.  Auch 
treibt  der  Lidschlag  die  Thränenflüssigkeit  nach  dem  inneren  Winkel  zu  ien 
Thränenpunkten  hin.  Eine  Beeinträchtigung  des  Lidschlages  bewirkt  daher 
bedeutende  Störungen.  Es  entsteht  Thränenträufeln,  weil  die  Thränen  nun 
über  den  unteren  Lidrand  hinübergleiten  statt  in  die  Thränenpunkte  einzu- 
dringen, theils  wegen  des  mangelnden  Lidschlages,  hauptsächlich  aber  weil 
die  Thränenpunkte  durch  die  palpebralen  Fasern  nicht  mehr  in  der  richtigen 
Stellung  zum  Thränensee  erhalten  werden. 

Eine  partielle  Kontraktion  einzelner  Wurzelbündel,  und  der  dadurch  auf 
die  Hornhaut  einseitig  ausgeübte  Druck  kann  dabei  auf  vorhandenen  Astig- 
matismus ausgleichend,  und  eine  verengerte  Lidspalte  nach  Art  einer 
stenopäischen  Spalte  verbessernd  auf  die  Sehschärfe  einwirken.  Allerdings 
darf  diese  Verkleinerung  der  Lidspalte  über  ein  gewisses  Maass  nicht  hinaus- 
gehen, weil  sonst  die  Cilien  durch  Liflexionsphänomene  des  Lichtes  das 
deutliche  Sehen  stören.  Die  Behaarung  des  vorderen  Palpebralsaumes  mit 
Cilien,  sagt  Hyrtl  (1281)  lässt  ein  unvollkommen  geschlossenes  Auge  für 
ein  vollkommen  geschlossenes  halten,  und  erklärt  das  Sehen  „mit  geschlossenen 
Augen'*  viel  natürlicher,  als  die  vermeintliche  „magnetische  Nervenstimmung^ 
Beim  Husten  und  Niessen  übt  der  reflektorische  Schluss  des  Lides  regulir^ 
auf  die  Stauung  des  Blutes  im  Bulbusinnem  ein,  weil  durch  die  Fasern  des 
Orbicularis  das  Lid  gegen  den  Bulbus  gepresst,  und  durch  diesen  Druck  das 
Blut  aus  dem  Augapfel  hinausgepresst  wird.     Dieser  auf  den  Bulbus  ausge 


Physiologisches  Ober  den  oberen  Facialis. 


m 


übte  Druck  bewirkt  auch,  dass  beim  Zukneifen  des  Orbicularis  das  Orbitalfett 
mebr  nach  aussen  gedrängt  wird,  wie  am  Unter-  und  Oberlide  der  Figur  129 
pag.  583  ersichtlich  ist 

S289.  Bei  einzelnen  Individuen  mit  fehlerhafter  Insertion  derBulbnsmusku- 
latur  kommt  schon  durch  den  gewöhnlichen  Tonus  des  Orbicularis  eine  Ver- 
engerung der  Lidspalte  dann  äu  Stande,  wenn  bei  gewissen  Bnlbusbewegungen 
durch    diese    fehlerhaft    in- 
seriilen  BulbusmuHkcln  der 
Angapfel  in  die  Orbitalhohle 
hineingezogen     wird,       IHe 
Yeroffentlichung   hierzu   ge- 
höriger,    interessanter    Be- 
obachtungen verdanken  wir 
Türk  (12821 

§  290.  Der  M.  orbicularis 
ist  der  Antagonist  des  M.  levat 
palpebrae  und  der  beiden 
vom  Nerv,  sympathicus  ver- 
sorgten Palpebralmuskeh  Bei 
Sympiithicuslähmung  kommt 
dieser  Antagonismus  durch 
Verengerung  der  Lidspalte 
in  Betracht,  indem  das  Ober- 
lid nur  noch  durch  den  Le* 
vator  gehalten  wird,  das 
Unterlid  aber  nun  lediglicli 
dem  Tonus  des  Orbicularis 
folgt,  und  dadurch  etwas  in 
die  Höhe  steigt  bei  Ausfall 
derGegen  Wirkung  des  unteren 
Palpebralmuskels,  Umge- 
kehrt  wird  aber  bei  Lähmung 
des  Orbicularis  das  Oberlid, 
durch  den  Tonus  des  Levator 


Fig,   126, 
Form  der  Lid  »pulte  bei  BleiidiiDg  dureh  flicht. 


höher  gezogen,  und  das 
Unterlid  sinkt  durch  die  eigene  Schwere  und  das  Uebenviegen  der  Wirkung 
des  unteren  Palpebralmuskels  tiefer  herab.  —  Als  Antagonist  des  Orbicularis 
am  Unterlid  wäre  auch  gewissermassen  das  Platysma  anzuluhren,  denn  bei 
einem  Krampf  oder  bei  angeborener  Verkürzimg  des.selhen  finden  wir  das 
Unterlid  herabgezogen. 

So  beobachtete  Den  ig  (1283)  einen  Fall  von  doppelseitiger  Verzitdmng  der  äusserea 
Lidcomiuissur  in  Folg©  aügeborener  Verkürzung  des  Platysma  bei  einem  7jÄhrigen,  an  Strabism. 
conv,  flltemans  leidenden  Mädchen.  Die  Gegend  der  fliissej'en  Lidconinüssur  stand  beider- 
seita  vom  Bulbus  ab,  der  Lidschlusä  war  nicht  gehemmt.   Das  Gesicht  bot  ein  eigen thümJich 


578  Physiologisches  üher  den  oberen  Facialis. 

geschrumpftes  Aussehen,  die  Wangen  waren  abgeplattet,  nach  unten  gedrängt«  die  Mimi- 
Winkel  nach  unten  und  etwas  nach  aussen  gezogen,  am  Halse  fanden  aich  bandl^nsigr 
Sti'änge,  welche  sich  zum  Unterkiefer,  Ohr  und  Processus  mastoideus  erstreckten.  Die 
Haut  am  Halse  war  normal.    Die  elektrischen  Yerhftltnisse  ebenfalls. 

Einen  Muse,   depressor  palpebr.  inferioris,  aus   dem  Platysma  henror- 
gehend,  will  Knott  (1280)  fünfmal  unter  18  Fällen  gesehen  haben. 


2.  Die  Wirkungsweisen  des  M.  orbicularis. 

a)  Der  willkürliche  Lidschluss. 

§  291.  Die  Wirkung  des  Ringmuskels  des  Auges  ist  eine  komplizirte,  weil  die 
verschiedenen  Theile  desselben  isolirt  und  auch  gruppenweise  in  Thatigkeit 
treten  können.  Nur  die  Bewegung  des  Musculus  malaris  associirt  sich  stets 
mit  der  Bewegung  der  Unterlidhälfte  des  Orbicularis  (Merkel  [1275]).  Sicht 
allein  aber  die  Lider  verdanken  ihm  ihre  Bewegungen,  sondern  nicht  unbe- 
trächtliche Partien  der  umliegenden  Haut  werden  von  ihm  beeinflusst,  denn 
der  M.  orbicularis  oculi  verbindet  sich  mit  dem  Corrugator,  dem  Levator  alaenasi 
et  labii  superior.  und  häufig  auch  mit  dem  zygomaticus  minor.  Danun  ist 
auch  mit  einem  kräftigen  Schlüsse  der  Lider  stets  eine  Verzerrung  der  Ge- 
sichtszüge verbunden,  Hyrtl  (1281);  auch  fühlt  man  bei  jedem  Lidschlag 
eine  Verschiebung  der  Haut,  besonders  am  äusseren  Augenwinkel.  Daher 
kann  auch  eine  bis  auf  den  Knochen  eingreifende  Narbe  der  Supra-  und  Infn- 
orbitalgegend  die  Schliessung  des  Augenlids  beeinträchtigen.  Ueber  den  Mecha- 
nismus des  Lidschlags  hatten  wir  schon  auf  Seite  32  §  26  uns  genauer  aas- 
gesprochen und  die  G ad' sehen  Untersuchungen  im  Speziellen,  jedoch  in 
Bezug  auf  die  ausschliessUche  Betheiligung  epitarsaler  Fasern  am  Lidschlage 
wohl  etwas  apodiktisch  angeführt,  denn  neuerdings  fasst  dieser  Autor  (1440 
auf  Grund  frischer  Untersuchungen  diese  Verhältnisse  folgendermassen  zu- 
sammen : 

Der  Lidschlag  beginnt  mit  einer  kurz  vorübergehenden  Erschlaffung  des 
Levator  palpebrae  superioris;  das  obere  Lid  wird  zunächst  durch  peritarsak 
Lidmuskelfasern  abwärts  bewegt  und  dann  durch  hinzukommende  Kontraktion 
epitarsaler  Fasern  nasalwärts  gezogen.  An  dem  unteren  Lide  bleiben  peri- 
tarsale  Fasern  ausser  dem  Spiel,  und  es  erfolgt  von  vorneherein  eine  schnelle 
und  starke  Verziehung  in  nasaler  Richtung  durch  die  epitarsalen  Fasern, 
welche  durch  keine  Hebung  des  Unterlides,  wohl  aber  durch  Herbeiziehung 
des  lateralen  Lidwinkels  zur  Verengerung  der  im  Ganzen  nasalwärts  rer- 
schobenen  Lidspalte  beitragen.  Die  peritarsalen  Fasern  des  oberen  und  die 
epitarsalen  des  unteren  Lides  bewirken  eine  Erweiterung  des  Thränensackes. 
Die  rückgängige  Bewegung  geschieht  langsamer  und  zwar  am  Unterlide  aus- 
schliesslich, am  Oberlide  im  ersten  Theile  durch  elastische  Kräfte;  an  der 
schliesslichen  Hebung  des  Oberlides  kann  der  Levator  betheiligt  sein.  Ebenso 
wie  die  peritarsalen  Fasern  des  Unterlids  bleiben  sämmtliche  orbitale  Fasern 
des  Orbicularis  beim  Lidschlag  in  Ruhe. 


Bei  der  Blickrichtung  nach  oben  werden  beide  Lider  einfach  gehoben, 
das  obere  durch  seinen  Levator  und  den  Rectus  superior»  das  untere  durch 
seine  peritarsalen  Palpebralfasern  oder  aucli  durch  Zug  des  Bulbus  an  der 
unteren  Conjiinctivalfalte.  Eine  Vorwölbung  der  unteren  Lidhaut  durch  den 
gedrehten  Augapfel  tritt  hierbei  sehr  deutlicli  ein,  die  darauf  beruhen 
dürfte,  dass  die  dem  Acquator  näheren  Tbeile  des  Bulbus,  welche  jetzt  gegen 
das  untere  Lid  nach  aussen  drücken,  grösseren  Abstand  vom  Dreljpunkte 
haben,  welcher  selbst  wohl  nicht  verschoben  werden  dürfte.  Bei  der  Blick- 
richtung nach  unten  erschlafft  der  Levator  [mlpebrae  superiuris,  und  das  obere 
Lid  wird  durch  seine  sich  kontrahirenden  peritarsalen  Palpebralfasern  gesenkt; 
die  gleichzeitige  Senkung  des  unteren  Lides  wird  durch  einen  an  demselben 
inserirenden  Fascienzipfel  des  Rectus  inferior  bewirkt. 

Der  ganze  Orbicularis  oculi  kontrahirt  sicli  nur  heim  willkürlichen 
festen  Zukneifen  der  Augen.  Die  palpebralen  Fasern  pressen  die  Lidrander 
fest  gegen  einander,  und  durch  gleichzeitige  starke  Kontraktion  der  orbitalen 
Fasern  entstehen  zwei  Deckfalten,  eine  obere  und  eine  untere,  welche  vor 
den  Lidern  einen  zweiten  mehr  oder  weniger  festen  Verschluss  zu  Stande 
bringen  (Gad).  Dabei  ist  dann  stets  der  Corrugator  supercilii  und  der 
nialaris,  nicht  aber  der  M.  frontalis  mit  betheiligt,  weil  durch  des 
letzteren  Kontraktion  ja  das  Znsammenschieben  der  Haut  über  dem  Bulbus 
verhindert  würde,  siehe  Figur  129.  Diese  Thatsache  ist  als  Unterscheidungs- 
merkmal des  Zukneil'ens  des  Auges  von  einem  Facialiskrampfe  wichtig,  denn 
bei  letzterem  istj  wie  aus  Figur  28  pag.  65  hervorgeht,  dieser  iMuskel  mit- 
kontrahirt,  eine  Erscheinung,  welche  gelegentlich  hei  Öimolation  von  Facialis- 
krampf  verwerthet  werden  könnte. 

Beim  Schlnss  des  Lides  wird  die  Haut  am  lateralen  Augenwinkel  ver- 
schoben, und  es  bewegt  sich  die  Lidspalte  abwärts,  wie  der  Radius  eines 
Kreises  um  seinen  feststehenden  Mittelpunkt.  Dadurch  wird  der  laterale 
Augenwinke!  um  ungefähr  5  mm  gesenkt,  sodass  er  a!so  bei  geschlossener 
Lidspake  etwas  tiefer  zu  stehen  kommt,  als  die  mediale  Commissur,  Am 
unleren  Lid  kontrahirt  sich  mit  den  übrigen  Theilen  des  IL  palpebralis  auch 
dessen  Hautpartie,  wodurch  nebst  einer  Verschiebung  der  Lidhaut  nach  dem 
medialen  Augenwinkel  hin  zahlreiche  Fältchen  entstehen,  deren  knieformiger 
Winkel  auf  die  mediane  Commissur  hingerichtet  ist  (siehe  Figur  li'll).  Man 
kann  die  horizontale  Verschiebung  des  Lides  am  eigenen  Auge  sehr  gut  messen, 
wenn  man  vor  dem  Spiegel  bei  geöffnetem  Auge  am  oberen  Lide  einen  senk- 
rechten Strich  macht  und  diesen  in  das  untere  Lid  verlängert.  Die  Berührung  der 
freien  Ränder  beider  Lider  findet  nach  Fuchs  (1287)  beim  Lidschluss  nicht 
gleichmässig  in  der  ganzen  Ausdehnung  derselben  statt,  sondern  beginnt  am 
äusseren  Canthus  und  schreitet  von  hier  gegen  den  inneren  Canthus  fort. 
Dadurch  wird  die  Thränenflüssigkeit,  welche  die  Lider  gleichsam  von  der 
Oberdäche  des  Bulbus  abkehren,  innerhalb  der  sich  schliessenden  Lidspalte 
gegen  den  inneren  Canthus  hingedrängt.  Die  Falten  um  das  Auge  sind  die 
Folge  der  Zusammenziehung  des  Orbicularis  und  müssen  nach  Hyrtl  (L  c.) 

Wilbraiitl-Saougor,  ^öurologfo  rlei  Aurcih.     f.  H»1,     11.  Altit1i«itui:g.  ^g 


580  Physiologisches  über  den  oberen  Facialis. 

da  am  zahlreichsten  und  markirtesten  vorkommen,  wo  dieser  Muskel  ^e 
freieste  Bewegung  hat^  am  äusseren  Augenwinkel,  und  wo  er  keine  Verbindung 
weder  mit  dem  darunter  liegenden  Knochen,  noch  mit  anderen  Muskeln  eingeht 
Als  ;,Krähenfüsse^  wird  ein  sternförmiges  Büschel  von  Hautfalten  bezeichnet 
welches  am  äusseren  Augenwinkel  zur  Schläfe  hinzieht. 

Bekanntlich  giebt  die  öftere  Wiederkehr  einer  bestimmten  Yerändenmg 
der  Gesichtszüge  diesen  ein  bleibendes  Gepräge.  Bei  sehr  fetten  Personen 
mit  einem  sog.  Yollmondsgesicht  mag  auch  die  durch  die  Fettwucherung 
beeinträchtigte  Ernährung  der  Gesichtsmuskeln  einen  Antheil  an  ihrer  Ans- 
druckslosigkeit  haben. 

Vielen  Menschen  fällt  es  schwer,  oder  dieselben  sind  überhaupt  unfähig, 
ein  Auge  allein  zu  schliessen.')  Langendorff  (1285)  erklärt  dies  ans  der 
grossen  Nachbarschaft  beider  Augen,  wodurch  „ein  gemeinschaftliches  Gefahr- 
feld"  gegeben  sei,  denn  eine  Gefahr,  die  einem  Auge  drohe,  bedrohe  and 
das  andere.  Daher  habe  der  Mensch  die  intercentrale  Bahn  der  beiden  Blinzel- 
reflexcentren  so  eingeschliflfen,  dass  der  Reflex  überhaupt  nicht  mehr  ein- 
seitig bleibe. 

Onanoff  (1286)  will  gefunden  haben,  dass  bei  denjenigen  Individuen, 
welche  nicht  im  Stande  seien,  das  eine  Auge  selbständig  (einseitig)  zu  schliessen, 
gewöhnlich  eine  Sehstörung  auf  demjenigen  Auge  bestehe,  welches  besser 
schliessbar  wäre,  sei  es  nun  ein  Astigmatismus,  verminderte  Sehschärfe  oder 
dergleichen.  Die  Frage,  welche  AfFektion  die  primäre  sei,  müsse  dahin  be- 
antwortet werden,  dass  erst  auf  die  Sehstörung  des  einen  Auges  die  Er- 
schwerung des  einseitigen  Augenschlusses  auf  der  entgegengesetzten  Seite 
folge.  Er  meint,  dass  das  gesunde  Auge  sich  nicht  schliesse,  sobald  es  die 
Schädlichkeiten  perzipire,  weil  es  geöffnet  bleiben  müsse,  gleichsam  als  Wächter 
für  die  Perception  der  Noxen,  während  das  andere  Auge,  die  Gefahren  (Stanb, 
Wind  etc.)  selbst  nicht  merkend,  aber  durch  das  gesunde  Auge  alarmirt,  sich 
gewöhnlich  schliesse. 

Die  Fähigkeit,  den  Orbicularis  in  Kombination  sowohl  mit  dem  Corm- 
gator  und  Frontalis,  als  den  übrigen  Gesichtsmuskeln  zu  kontrahiren,  wobei 
in  den  verschiedensten  Intensitätsgraden  die  einzelnen  Muskebi  bald  komplet 
bald  partiell  in  mehr  oder  weniger  bedeutenden  Kontraktionszustand  geratbäi, 
gestattet  die  grosse  Zahl  der  emotionellen  Bewegungen,  wodurch  fast  jeder 
Affekt  durch  einen  bestimmten  Gesichtsausdruck,  bei  welchem  der  Orbicukris 
mehr  oder  weniger  immer  betheiligt  ist,  sich  kund  giebt.  Näheres  darüber 
siehe  Merkel,  Graefe-Saemisch,  Bd.  I,  79  und  Darwin,  der  Ausdruck 
der  Gemüthsbewegungen,  übersetzt  von  Carus,  Stuttgart  1872.  Diese  emo- 
tionellen Bewegungen  sind  im  Gesichtsausdrucke  bei  Kindern  viel  ver- 
schwommener als  bei  Erwachsenen,  weil  bei  den  ersteren  die  zahlreich  nodi 
vorhandenen  elastischen  Fasern  der  Haut  ausgleichend  wirken. 

»1  Siehe  früb^^r  pag.  562  die  Angaben  von  BoYjadiew. 


Physiologisclies  über  den  oberen  Facialia. 


581 


Während  des  Schlafes  ist  der  Tonus  des  Orblcularis  aufgehoben.  Wenn 
rir  im  wachen  Zustande  die  Augen  zum  Sdihifen  schliessen,  innerviren  wir 
leist  aktiv  den  Orbicularis.  Derselbe  erschlafft  dann  erst  vollständig,  vrenn 
wirklich  der  tiefe  Schlaf  sich  eingestellt  hat. 

Bei   dem  Willkür  liehen  sanften   Lidschluss,    wie  beim  Niederlegen  zum 
Schlafe,  wird  lediglieh  die  Lidportion  des  Orbieularis  innervirL     Dabei  zeigt 
(siehe  Fig.  127}  die  Lidspalte  eine  leicht  S-förmig  gebogene  Krümmung.     Der 
Cormgator,    der    Malaris 
und  die  sonst  in  die  Haut 
der  Umgebung  des  Auges 
einstrahlenden       Muskel- 
gnippen    des    Orbicularis 
bleiben  unbetheiligt. 

ß)  Der  reflek- 
torische Lidschluss 
(vergleiche  auch  pag.  26). 

§  292.  Die  refiek- 
torische  Blinzelbe wegiing 
der  Lider  ist  stets  beiden 
Augen  gemeinschaftlich. 

Der  Blinzelrertex 
dient  theils  zurAb¥fenduiig 
von  Gefahr  (Anfliegen  von 
Gegenständen,  Einfall  zu 
grellen  Lichtes),  w^etche 
W'irkting  von  dem  Opti- 
cus ihren  Ausgang  nimmt, 
theils  zur  Befeuchtung 
und  Reinhaltung  der  Horn- 
haut von  Staub  und  Fremd- 
körpern ,  ein  Vorgang, 
welcher  vom  Tr  ig  eminu  8 
ausgelöst  wird.  Der  Lid- 
schluss bei  schmerzhaften 
Affekt ionen  der  Hornhaut 
und    Bindehaut    ist    nur 

eine  Steigerung  der  sonst  den  Blinzelretlex  bewirkenden  Erregungen  der 
feinsten  Fasern  des  Trigerainus  in  ihrer  Verbreitung  auf  der  Hornhaut  und 
Conjunctiva.  Selbstverständlich  liört  bei  Zerstörung  dieser  Nerven  der  auf 
den  betreffenden  Bahnen  ausgelöste  Blinzelreflex  auf. 

Nach  Gilles  de  la  Tourette  (79)  soll  auch  bei  hysterischer  Anäs- 
thesie der  Conjunctiva  und  Cornea  der  Lidretlex  nicht  mehr  zu  erzeugen 
gewesen  sein. 


Flg.  127. 
Kinfftcher  Lidschlat^ä  wl«  zum  Schlaf. 


PhyMolo^ischf^s  über  den  oberen  Facialis. 


Bei  der  Verengerung  der  Lider  durch  Blendung  (siehe  Figur  126)  ler- 
liert  sich  dits  S-förmige  KrÜDimimg  der  Lidspalte,  und  dieselbe  stellt  mth 
einen  horizontal  gestreckten  Schlitz  vor,  der  bei  RelTaktionsfehlem  and  beim 
Visiren  (sielie  Figur  128)  zur  ^tenoimischen  Spalte  wird. 

Bei  dem  eben  beschriebenen  Lidschluss  nach  Blendung  und  beim  Visirtn 
werden  der  Corrugator  nnd  die  Hautpartien  des  Orbicularis  mit  innerrirt; 
und  da  durch  diesen  Kontraktianszustand  des  Orbitukris  ein  Druck  atifd^n 

Bulbus  ausgeübt  wird, 
springt  auch  das  Orbital- 
fett  hinter  den  Lidern  Tor 
(siehe  Figur  128  und  12d). 
was  bei  dem  sanften  Liil- 
Schlüsse  wie  zum  Schlal, 
und  dem  analogen  Vor- 
gang beim  gewöhnlichen 
Blinzelreflex  (siehe  Figor 
127)  nicht  der  Fall  ist. 

Dem  gegenüber  be* 
steht  ein  auffallende* 
Klaffen  der  Lidspalte  bei 
Patienten  mit  Opticu!^- 
atrophie,  wie  überhaupt 
bei  Erblindeten  dürcb 
Sehnervenleiden.  Dieses 
Aufreissen  der  Augen  bei 
solchen  Individuen  (sieh? 
Figur  130)  erklart  sich 
wohl  aus  dem  Lichtbe- 
dürfnisse derartiger 
Kranker,  in  der  AhsicK 
mit  Erweiterung  der  Lid- 
spalte und  leichter  Hebung 
der  Augenbrauen  alle 
natürlichen  Flinderais«? 
möglichst  zu  beseitigen, 
welche  den  Lichteinfall 
in  das  Auge  beeinträch- 
tigen könnten.  Diese,  willkürlich  durch  vermehrte  Innervation  des  Levator 
offenbar  bewirkte  Erscheinung,  sehen  wir  dann  noch  durch  die  Erweiterung 
der  Pupille  bei  arablyopischen  Zu.ständen  unterstützt. 

S  293.  Was  die  Bahn  des  optischen  Blinzelreflexes  anbelangt,  so  haben  wir 
darüber,  auch  bezüglich  des  Trigeraimis  in  §  23  und  24,  p«g.  27  das  Xotb- 
w endige  gesagt,  Hini^uzufügen  würe  noch,  dass  die  vom  Opticus  und  Trii - 
minus    ausgeir-sten   Lidreflexe    nicht   bei   allen   feaugethieren   sich    in  gleinnr 


Fig.   128. 
LidÄclihiss  zur  jitfnnpfiisrhrn  SpiiUe, 


Weise  wie  beim  Menschen  verhalten.  So  gieht  Boensel  (1288)  an,  dass 
Kaninchen  auf  Reizung  der  weiteren  Ausbreitungen  des  Trigeminus  (Cilien, 
Aiissenfläche  der  Lider)  fast  gar  nicht  mit  Lidbewegungen  reagiren,  wohl  aber 
Hunde.  Auf  optischen  Reiz  hin  erfolgt  dagegen  beiui  Kaninchen  leichter 
der  Lidrertex  als  beim  Hunde.  Letzteres  soll  darauf  beruhen,  dass  beim 
Hunde  vom  Grosshirn,  imd  zwar  in  erster  Linie  vom  Oceipitallappen,  eine 
Hemmung  des  Lidreflexes  ausgeht,  denn  HundCj  denen  beide  Oceipilallappen 
entfernt  waren,  zeigten 
während  der  ersten  Tage 
nach  der  Operation  so 
prompte  Reaktion  auf  Be- 
lichtung wie  Kaninchen. 
Der  Heramungsmechanis- 
miis  bilde  sich  aus  in  der 
Zeit  vom  23.  bis  30. 
Lebenstage ;  vor  dieser 
Zeit  reagire  der  Hund 
gut  auf  optische  Rei^e- 

Für  die  spontanen 
Blinzelbew^egungen  sei  der 
Opticus  nicht  von  Be- 
deutung, weil  sie  sich 
auch  bei  Blinden,  sowie 
bei  Hunden  mit  durch- 
schnittenem Opticus  fän- 
den. Nach  Durciischnei- 
düng  der  Trigemini  werden 
die  Blinzelbewegungen  da- 
gegen seltener,  also  scheine 
die    Reizung    der   Trige- 

minusendigungeo    die 
Hauptursache  der  Blinzel- 
bewegungen zu  sein. 

Als  hintere  und 
obere  Grenze  des  Reflex- 
eentrums   für  denjenigen 

Lidöcbluss,  welcher  durch  Reizung  der  Lider  oder  der  Hornhaut  hervorgerufen 
wird,  bestimmte  Nike It  (1289)  bei  Meerschweinchen,  Tauben  und  Katzen  die 
Gegend  der  Alae  cinereae,  oder  vielleicht  noch  eine  etwas  höher  gelegene 
Partie.  Für  den  Frosch  ist  mit  Sicherheit  die  hintere  Grenze  des  CentrumS 
als  über  der  Mitte  der  Rautengruhe  anzunehmen. 

Weiter  wurde  noch  gefunden,  dass  die  für  die  Empfindlichkeit  des 
Auges  bestimmten  Fasern  des  Trigeminus  aus  den  höheren  Kopf  abschnitten 
entspringen,    nicht  aber  mit  ihrem   LTrsprung   tief   in   das  Halsmark  binab- 


Fig.   12Ü. 
Starke*!  Zukrteifen  rles  rechten  Auges. 


f>84 


Physiologisches  über  den  oberen  Facialis. 


reichen.  Hinsichtlich  der  oberen  Grenze  des  Centrums  heisst  es:  „Ich  kann 
deshalb  nicht  glauben,  dasd  der  Ursprung  der  beim  Lidschluss  betheiligten 
Fasern  des  Nervus  facialis,  und  damit  die  obere  Grenze  des  LidreflexcentnmB 
über  den  proximalen  Rand  der  Varolsbrücke  hinaufreicht^. 

0.  Franck  (1290)  untersuchte  die  zeitlichen  Verhältnisse  des  reflek- 
torischen und  willkürlichen  Lidschlusses.  Für  den  reflektorischen  Lidschluss 
waren  jedoch  die  Versuchsbedingungen  zu  schwierig  herzustellen,  um  braudh 
bare    Ergebnisse   gewinnen   zu    können.     Bei   den  Untersuchungen  über  die 

zeitlichen  Verhältnisse  des  will- 
kürlichen Lidschlages  zeigte 
sich,  dass  häufig  zuerst  das  rechte, 
seltener  das  linke  Auge  ge- 
schlossen wurde;  alsdann  war  aber 
der  Zeitunterschied  nur  gering, 
im  Mittel  0,007  Sekunden,  h 
manchen  Fällen  schlössen  sich 
beide  Augen  zu  gleicher  Zeit 
Endlich  sei  noch  folgender  Be- 
merkung Landois'  (1291)  hier 
gedacht,  über  welche  uns  jedoch 
keine  eigene  Erfahrung  und  Be- 
obachtung zur  Seite  steht.  Es 
soll  nämlich  bei  starken  An- 
strengungen der  Orbicularis  pa^ 
pebrarum  synchronisch  mit  dem 
Pulse  zucken.  Diese  Zuckung 
rühre  offenbar  davon  her,  dass 
der  Pulsschlag  die  sensiblen 
Nerven  reflektorisch  zu  einer 
Kontraktion  anrege.  Neuerdings 
hat  S.  Garten  (1512)  den 
ganzen  zeitlichen  Verlauf  des 
Lidschlages  vermittelst  eines  sinnreich  komplizirten  Registrirapparates  fest- 
gestellt, aus  welchem  wir  als  erwähnenswerth  hervorheben,  dass  die  Lidöffnung 
des  Lidschlags  langsamer  verläuft  als  der  Lidschluss.  Bezüglich  der  Ver- 
werthung  des  Lidreflexes  zu  diagnostischen  Zwecken  hatten  wir  bereits  auf 
Seite  28  das  nöthige  gesagt. 


Fig.  130. 

Weite  Lidspalten  einer  an  Sehnervenatrophie  nach 

Tabes     Erblindeten     beim     gewöhnlichen     Blick 

gerade  aus. 


y)  Die  Mitbewegungen  anderer  Muskeln  mit  den  Kontraktionen 

des  Orbicularis. 

§  294.  Bezüglich  der  Mitbewegungen  des  Orbicularis  mit  anderen  Mus- 
keln hatten  wir  schon  auf  Seite  53,  §  32  des  BelPschen  Phänomens  Er 
wähnung  gethan,  welches  sich  darin  äussert,  dass  bei  starken  Kontrakticmen 


ies  Orbicularis  sich  die  Cornea  meist  nach  oben  aussen,  seltener  nach  oben 
men  wendet.  Am  schönsten  tritt  das  Phänomen  beim  Lagophthalmus  nach 
Facialislähmnng  auf.  Dasselbe  ist  aber  durcliaiis  kein  pathognomimisches 
Zeichen  der  Faciatislähmiing,  wie  manche  glauben,  sondern  ist  eine  vielen 
Menschen  gemeinsame  physiologische  Erscheinung.  Wodurch  dies  Phänomen 
zu  SUmde  kommt,  ist  durchaus  räthselhaft.  Bernhardt  (1292)  ^agt  von 
dieser  Erscheinung:  »^Es  ist  beim  Menschen,  wie  es  scheint,  eine  Einriclitung 
durchweg  ausgebildet,  die  es  mit  sich  bringt,  dass  derselbe  Willensimpolti, 
welcher  da«  Auge  schliesst  (auf  der  Bahn  des  Facialis),  einem  oder  einigen 
Muskeln  des  Augapfels  (Obliq.  infer.  in  seltenen  Fällen  vielleicht  dem  rectus 
superior)  gleichfalls  Innervationsin» pulse  zusendet.^ 

Jedenfalls  ist  diese  Erscheinung  in  holiem  Grade  zweckmässig,  denn 
fliehen  die  Cornea,  die  hinter  ihr  liegende  Iris  und  die  Linse  bei  nahender 
Gefahr  als  Mitbewegung  des  kräftigen  Blinzelretlexes  unter  das  schützende 
Orbitaldach,  so  ist  damit  diesen  Gebilden  ein  doppelter  Schutz  gewährt,  der 
auch  dann  von  ganz  besonderer  Bedeutung  wird,  wenn  der  Orbicularis  bei 
FacialisJähmung  gelähmt  erscheint,  und  Lagophthalmus  vorhanden  ist. 

Wie  wir  auf  Seite  39  schon  erwähnt  hatten,  sollen  nach  Merkel  (86) 
die  Palpebraltheile  des  Muse,  orbicularis  heim  Heben  und  Senken  der  Bück- 
ebene mit  betheiligt  sein,  indem  sich  die  Palpepralportion  des  Oberlids  kon- 
trahirt,  wenn  man  zu  Boden  sieht,  die  des  Unterlides  aber  beim  Enipürsehen. 

§  29ö<  Ueber  eine  M  i  t  b  e  w  e  g  u  n  g  d  e  r  I  r  i  s  bei  Kontraktion  des 
Orbicularis  berichtet  West phal  (1293).  Lässt  man  den  Patienten  das  Auge 
energisch  zukneifen,  während  man  die  Lider  auseinanderhält,  macht  man 
also  die  Willensanstrengung  durch  Verhindern ng  des  Augenscblusseö  zu  einer 
hesonders  kräftigen,  so  sieht  man  zugleich  mit  der  Bewegung  des  Bulbus  die 
Pupille  sich  verengem.  Am  deutlichsten  lässt  sich  dies  Piiänomen  bei 
Fällen  von  reflektorischer  Lichtstarre  und  weiten  oder  mittelweiten  Pupillen 
(Paralyse,  Tabes,  Lues  cerebralis  etc.)  nachweisen.  Die  Beobachtung  des 
Phänomens  wird  durch  Unruhe  des  Patienten,  sowie  durch  mangelhaftes  oder 
zu  heftiges  Zukneifen  der  Lider  verhindert.  Piltz  (1294),  welcher  gleich- 
zeitig und  unabhängig  von  Westphal  auf  diese  Erscheinung  aufmerksam 
wurde,  fand  dieselbe  bei  35  **/o  der  Gesunden.  Bei  Individuen  mit  guter  Seh- 
schärfe lässt  sich  jedoch  das  Phänomen  schwer  demonstriren,  weil  die  durch 
das  Licht  in  einem  gut  erleuchteten  Räume  hervorgerufene  Kontraktion  der 
Pupillen  stärker  ist,  als  die  durch  die  Orbiculariskontraktion  bewirkte.  Siphon 
Gifford  (121)5)  hatte  Mittheilung  über  diese  Orbicularispupillarkontraktion 
gemacht  und  angegeben,  dass  man  dies  Phänomen  am  besten  bei  Patienten 
beobachtet,  deren  Augen  durch  Erkrankung  der  Retina  oder  der  Sehnerven 
zum  Theil  oder  ganz  erblindet  waren. 

Wandt  (1296)  ghiubt,  dass  diese  Kontraktion  der  Pupille  als  eine 
Convergenzreaktion  aufzufassen  wäre,  weil  der  Bulbus  bei  einigen  Individuen 
bei  intendirtem  Lidschluss  nach  oben  und  innen  fliehe.  Diese  Annahme 
konnte  jedoch    von  "Westphal  und   Piltz  zurückgewiesen    werden.     Auch 


586  Physiologisches  tther  den  oheren  Facialis. 

Galassi  (1269)  hat  dies  Phänomen  beobachtet.  Bezüglich  der  Erklänmg 
dieser  Erscheinung  müssen  wir  uns  vorläufig  noch  daranf  beschränken,  aof 
die  von  Mendel  (siehe  pag.  114  §  53)  aufgestellte  Hypothese  hinzuweisen, 
dass  der  Augenfacialis  seinen  Kernursprung  im  Oculomotoriuskemgebiet  habe. 

§  296.  Andere  gleichfalls  normal  physiologische  Mitbewegnngen  besteha 
zwischen  dem  Orbicularis  und  der  Nasenmuskulatur  (vergl.  pag.  64  §  40  die 
Beobachtungen  Topolanski's). 

Bernhardt  (1297)  giebt  an,  dass  beim  einfachen  Blinzeln  eine  Mit- 
bewegung in  den  Dilatatores  narium  stattfinde.  —  Ferner  ist  mit  dem  Akte 
des  Gähnens  stets  ein  ziemlich  starker  Schluss  des  Orbicularis  verbunden. 
Vielleicht  liegt  dieser  Erscheinung  dieselbe  Ursache  zu  Grunde,  wie  das  Zu- 
kneifen der  Augen  bei  starkem  Husten  und  beim  Niesen.  Nach  Donder5(76) 
ist  nämlich  der  Lidschluss  für  die  intraoculare  Blutcirkulation  nicht  ohne 
Bedeutung,  weil  der  physiologische  Blepharospasmus  bei  starkem  Husten  und 
Niesen  als  Regulator  gegen  den  exspiratorischen  Blutandrang  dient.  —  End- 
lich ist  noch  hier  eines  eigenthümlichen  Phänomens  der  Bewegung  des 
Musculus  stapedius  mit  den  Kontraktionen  des  Orbicularis  Erwähnung  zu  thon. 

So  beobachtete  Borger  (1298)  einen  Patienten,  der  bei  peripherer  Facialisllhming 
einen  brammenden  Ton  im  Ohr  empfand,  sobald  aktiv  das  Lid  geschlossen  wurde. 

Gottstoin  (1299)  sah  einen  Patienten,  bei  welchem  jedem  Anfalle  von  Bk- 
pharospasmus  ein  Rauschen  im  Ohre  voranging,  das  erst  mit  dem  Aufhören  des  Lidkrunpfs 
wieder  verschwand. 

Aehnliche  Fälle  beobachteten  Lacae  (1800)  und  Moos  (1301). 

§  297.  Ueber  abnorme  Mitbewegungen  des  Orbicularis  unter  patho- 
logischen Zuständen  berichtet- Sinclair  (1302). 

Derselbe  theilte  5  Fälle  mit,  in  welchen  bei  Paralys)  oder  Parese  eines  Muse  rectas 
extemus  die  Einwärtsbewegung  des  affizirten  Auges  stets  mit  einer  Kontraktion  des  X- 
orbicularis  und  einer  Retraktion  des  Augps  verbunden  war.  Hier  lagen  offenbar  kongenitale 
Abnormitäten  der  Augenmuskeln  vor.  Auf  Seite  58  hatten  wir  uns  schon  eingehender  mit 
ähnlichen  kongenitalen  und  acquirirten  Störungen  beschäftigt. 

Albrand  (1303)  sah  zweimal  Mitbewegungen  im  Gebiete  des  Orbicularis  palpelff. 
als  begleitende  Erscheinung  des  Sprechens.  Man  konnte  deutlich  ein  mehr  allm&hHdies 
Anschwellen  der  Kontraktion  der  Orbicularisfasern  und  ein  mehr  plötzliches  Abschwellen 
derselben  konstatiren.  In  dem  einen  Falle  betraf  die  Kontraktion  nur  einen  Teil,  in  dem 
anderen  die  gesammte  Muskelfaserung  des  Orbicularis;  die  Zuckung  war  eine  leichte,  6m 
klonischen  fibrillären  Zuckungen  des  Lides  an  Intensität  ähnlich ,  von  diesen  aber  duck 
ihren  regelmässigen  Ablauf  völl'g  abweichend.  Wenn  die  beiden  Patienten  mit  den  beim 
Spreeben  theilweise  in  Frage  kommenden  Muskeln  willkürlich  andere  Bewegungen,  Spitzes 
des  Mundes,  ausf Uhi*ten ,  trat  das  Phänomen  nicht  ein.  Die  Erklärung  Albrand's  f&r 
seine  beiden  Fälle  geht  dahin,  dass  es  sich  um  die  Ausstrahlung  des  normalen  motorisckci 
Reizes  im  Sprcchcentrum  auf  einen  cirkumski-ipten  Abschnitt  des  Facialisgebietes  im  Gross* 
hirn  handele  Ein  Ueberspringen  des  Reizes  innerhalb  der  MeduUa  oblongata  sei  nM 
wahrscheinlich.  Albrand  weist  dabei  noch  auf  die  Analogie  hin,  die  bis  zu  einen 
gewissen  Grade  zwischen  diesen  Beobachtungen  und  den  Fällen  von  Blepharospasmus,  her 
vorgerufen  durch  Sprechen,  bestehe.  Ausserdem  ist  noch  zu  erwähnen,  dass  bei  starkes 
Stott  rern  dem  Hcrvorstossen  eines  Wortes  ein  starker  Lidschluss  häufig  vorangeht 


Physiologischeg  über  den  oberen  FaclaliB,  587 

3-  Die  Wirkungsweise  des  M,  corrugator  supercilii. 

§  298,   Der  M.  corrugator  supercilii   kann   \mlht   und   einseitig 
|üj  gewöbnlich  nicht  innervirt  wenlen.    Beide  Corrugaturen  Maliern  die  medialen 
en  der  Augenbrauen  einander  und  ziehen  sie  in  der  Richtung  der  Nasen- 
rurzel  etwas  nach  unten,  wobei  an  beiden  Enden  der  Braue  seichte  Grübchen 
der  Haut  auftreten.     Die  Annäherung   beider  Augenbrauen   ist  nur  durch 
line  senkrechte  Faltung  der  Stirnhaut   mögliclh     Eine  gleichzeitige  Kon- 
raktion  der  Frontales  und  Corrugatores  ruft  Falten  in  der  Stirnhaut  hervor, 
reiche  die  Giabella  in  Form  eines  Rechtecks  umsäumen. 

Die  Brauen  selbst  werden  bei  der  Innervation  des  Corrugators  nicht 
|erunzelt,  und  der  Name  ^Corrugator^  supercilii  ist  damit  nach  Hyrtl 
inrichtig. 

Die  Kontraktion  der  Corrugatores  verleiht  dem  Gesicht  einen  finsteren 
Lusdruck,  Fortgesetzte  leichte  Kontraktionen  desselben,  wie  sie  beim  Denk- 
prozesse  stattfinden,  führen  zu  den  bekannten  Denkerfalten,  welche  senkrecht 
ron  dem  medialen  Ende  jeder  Augenbraue  nach  oben  verlaufen.  Dass 
edoch  diese  senkrechten  Stirnfalten  nicht  lediglich  der  häufigen  Kontraktion 
ier  Corrugatores  ihren  Ursprung  verdanken,  gelit  aus  einer  Beobachtung 
löbius's  (1304}  hervor,  bei  welcher  trotz  kongenitalen  Defektes  aller  oberen 
vom  Facialis  versorgten  Muskeln,  dennoch  die  senkrechten  Stirnfalten  stark  aus- 
geprägt waren.  Auch  beschwert  seine  Kontraktion  durch  Heranzielien  der  Haut 
nach  dem  Oherlide  das  Letztere  und  verengert  durch  Druck  auf  dasselbe  in 
geringem  Grade  die  Lidspalte. 

Bezüglich  der  Veränderung  der  Stellung  der  Augenbrauen  bei  ver- 
schiedenen krankhaften  Körperzuständen  hatten  wir  bereits  auf  pag.  9  §  5 
das  Nothwendige  angeführt. 

Gleichzeitige  Wirkung  des  M.  malaris  und  des  M.  superciliar is  entspricht 
einer  Bewegung,  wie  sie  bei  starkem  Geblendetsein  ausgeführt  wird. 

4,  Die  Wirkungsweise  des  M.  frontalis. 

§  299.  Der  Muse,  frontalis  zieht  die  Augenbraue  in  die  Höhe  und 
legt,  weil  bei  seiner  Kontraktion  die  Galea  aponeurotica  gespannt  wird,  die 
Haut  der  Stirn  in  parallele  resp.  leicht  konzentrische  Falten. 

Der  M.  frontalis  ist  als  Hilfsapparat  für  die  Vergrössening  des  Gesichts- 
feldes aufzufassen ,  indem  er  bei  äusserster  Kraftanstrengimg  die  Lider  hebt 
und  die  Augenbrauen  von  dem  knöchernen  Augenhöhlenwand  hinweg  nach 
oben  zieht.  Daher  wird  auch  als  Mitbewegung  bei  Innervation  der  Bulbus- 
heber  der  Frontalis  mit  innervirt  oder,  was  gleichbedeutend  damit  ist,  es 
kontrahiren  sich  stets  beide  Frontales  bei  horizontal  gehaltener  Blick  ebene 
und  Neigung  des  Kopfs  nach  vorn,  wie  aus  Figur  LSI  ersichtlich  ist,  welche 
einen  Mann  durstellt,  dessen  Kopf  in  Folge  einer  ankylosirenden  Entzündung 
der  Wirbelsäule  nach  vorn  gebeugt  wurde.     Aber  auch  hei  scitliclien  Beweg- 


588 


Physiologisches  über  den  oberen  Facialis. 


ungen  des  Augapfels  haben  wir  bei  einem  Falle  von  tuberc.  Meningitis  eise 
lebhafte  Kontraktion  eines  Frontalis  beobachtet  (siehe  pag.  56,  §  34). 

Auf  die  Schwierigkeit,  den  Frontalis  einseitig  und  allein  zu  innerriren, 
sind  wir  bereits  auf  pag.  74—78  näher  eingegangen,  und  die  praktischen  Folg« 
dieser  Eigenschaft  hatten  wir  auf  pag.  470  und  471  eingehend  hervorgehobo. 
Wenn  dies  jedoch  einzelnen  Menschen  dennoch  gelingen  sollte,  so  ist  die« 
Fähigkeit  als  eine  höchst  seltene  Ausnahme  anzusehen.  Der  Liebens¥rürdigkeH 
des  Herrn  Kollegen  Caspar  in  Mülheim  verdanken  wir  in  dieser  Hinsidbt 
folgende  Angabe:  „Mir  selber  ist  es  von  jeher  leicht  möglich  gewesen,  da 
linken  Frontalis  isolirt  kräftig  zu  kontrahiren,  ohne  dass  in  der  Beweglichkeit 

des  Lides  jemals  ein  Defekt  bestandei 
hätte.  Ich  kann  allerdings  nur  die  linke 
Stirnseite  runzeln,  rechts  ist  mir's  nidt 
möglich.  Ob  ich  die  Augen  geöffnet  hihe 
oder  wie  zum  Schlafe  schliesse,  ist  ganz 
gleich.  In  letzterem  Falle  wird  das  linb 
Lid  ein  wenig  gehoben.  Stets  kontrahiren 
sich  nur  die  temporalen  zwei  Drittel  des 
Muskels,  die  Glabellagegend  bleibt  ganz 
glatt.  Mir  scheint  jene  willkürliche  Kon- 
traktion ist  schon  von  früh  an  deshalb 
geübt  worden,  weil  mein  linkes  Auge  das 
sehtüchtigere  ist.  Seltsamer  Weise  be- 
merke ich  an  meinem  jüngsten  Kinde, 
einem  gesunden  2  V«  jährigen  Knaben  g^ 
legentlich,  besonders  bei  zornigen  Affekten, 
eine  Runzelung  der  linken  Stirnseite.^ 

Zum    Schlüsse     sei    noch    envälint 

dass  sich   beim   „Aufreissen"    der  Augen 

der     M.     frontalis     ebenfalls     kontrahirt, 

um   durch   Hinaufziehen   der  Angenbrane 

die  Haut   des  Oberlids   zu   heben    und   dadurch   die  Arbeit   des  Levators  in 

erleichtern.     Ohne  diese  Hülfsaktion  des  Frontalis  kann  erst  durch  besondere 

Einübung  „das  Aufreissen''   bewerkstelligt  werden. 


Fig.  131. 

Unwillkürliche  Kontraktion  beider  rrontales 
bei  Kopfneigung. 


C.  Die  kongenitalen  Defekte  im  Gebiete  der  Facialismuskulator 
resp.  des  Augenfacialis. 

§  300.  Bei  den  angeborenen  Defekten  der  Gesichtsmuskulatur,  welche 
wie  die  kongenitale  Ptosis  (siehe  pag.  78)  einseitig  und  doppelseitig 
vorkommen  und  sich  der  grossen  Gruppe  der  angeborenen  Beweglichkeits- 
defekte des  Organismus  einordnen,  unterscheiden  wir  wie  dort  eine  einfach 
kongenitale  und  eine  kongenital  hereditäre  Forna,  von  welchen  die 
erstere   bei  weitem   die  häufigere   ist.     Wir  sehen  hier  völliges  Fehlen  od» 


Kongenitale  Defekte  im  Gebiete  der  FacialismuskulntQr.  589 

mangelhafte  Entwickelung  einzelner  Muskeln  oder  der  gesammten  Muskulatur 
einer  oder  beider  Seiten  des  Gesichts  resp.  der  vom  Facialis  beherrschten 
NervenbahTien.  Charakteristisch  dabei  ist,  dass  die  Defekte  sich  keineswegs 
an  das  Ausbreitungi^gebiet  eines  grösseren  Nervenastes  halten 
(Kann  207).  sondern  dass  oft  ein/.elne  Muskeln  inmitten  einer 
anscheinend  gelahmten  (iruppe  freibleiben,  und  dass  nicht  nur 
die   Muskulatur,   sondern   auch   die  Knochen  defekt  sein  können. 

Nacli  Frohse  (1273)  geht  die  oberflächliche  Schicht  der  Gesichtsmns- 
kulatur  aus  dem  Platysma  hervor  und  lässL  als  unmittelbare  Fortsetzung  den 
M,  quadrat.  lab.  inf,  entstehen,  von  dem  sich  wieder  der  mentalis  abzweigt 
Femer  gehören  dazu  die  Muskeln  des  äusseren  Obres^  die  Muskeln,  welche  in 
die  Galea  aponeurotica  übergehen,  hinten  der  M.  occipitalia,  vom  der  M, 
frontalis;  der  M,  orbicularis  oculi  mit  dem  Caput  angulare  und  zygomat 
der'  M.  quadratus  labii  inf.  (Levator  labii  alaequ©  nasi  und  zygomaticus 
minor),  endlich  der  zygomaticus  major.  Der  tieferen  Schiclit  gehören  die 
übrigen  vom  Facialis  versorgten  Muskeln  an*  Die  Beobachtung  muss  lehren, 
ob  bei  den  einzelnen  Fällen  Gruppen  oder  alle  der  zur  oberen  Schicht  gehörenden 
Muskeln  Beweglichkeitsdefekte  zeigen,  oder  nur  die  zu  der  unteren,  eine  Er- 
scheinung, welche  ebenfalls  bei  der  oft  schwierigen  Differentialdiagnose  von 
in  frühester  Kindheit  entstandenen  Facialislahraungen  mit  verwerthet  werden 
könnte. 

Wir  begegnen  bei  diesen  kongenitalen  Bildungsfeblem  der  Gesichts- 
muskulatur allen  Intensitätsgraden  funktioneller  Defekte.  Meist  sind  sie  wie 
bei  der  totalen  Facialisläbmung  komplet  und  manifestiren  sich  bezüglich  des 
Orbicularis,  des  Frontalis  und  Corrugator  durch  Lagophtbahnus  und  Unver- 
mögen die  Stirn  zu  runzeln  und  die  Äugenbrauen  zu  bewegen.  Fordert  man 
solche  Patienten  auf,  die  Äugen  zu  schliessen,  dann  rollt  sich  die  Hornhaut 
nach  oben  und  verschwindet  unter  dem  Augenlidc,  ohne  dass  sich  ein  vom 
oberen  Facialis  versorgter  Muskel  bewegt.  Ganz  besonders  wesentlich  für  die 
Diagnose  ist  dabei  der  völlig  stationäre  Charakter  der  anscheinenden 
Lähmungen. 

§  30L  Von  den  in  der  Litteratur  bekannten  Fällen  einseitiger  Bildungs* 
defekte  der  Gesichtsmuskulatur  täuschten  die  Fälle  Bernhardt  (1305), 
Schultze  (1306),  Henoch  (1307),  Stephan  (1308)  eine  vollständige 
linksseitige,  der  Fall  Nonne's  (1309)  eine  komplete  rechtsseitige 
Facialisläbmung  vor. 

In  der  Beobachtung  Kunn's  (1310)  begann  die  Asymmetrie  des  Gesichts  erst  vom 
unteren  Orbit  iil  ran  de  nach  abwärts.  Das  HüDS^eln  der  Sttrohaut  gelang  beidoi'seits ,  docli 
blieb  die  rechte  etwaä  gegen  die  linke  zurück  und  auch  die  Braue  wurde  tinks  etwas  h^her 
gehoben  als  rechts.  Kin  Gleiches  galt  von  der  Wirkung  des  Corrugator  supercÜü,  indem 
auch  hier  die  Falten  linkerseits  deutlielier  ausgesprochen  waren  t  und  die  Braue  mit  ihrem 
Tiiedtalen  Eiide  der  Nasenwurzel  besser  genähert  werden  konnte.  An  der  Wirkung  dea 
Orbicularis  palpehr.  war  ein  ganz  unbedeutender  Unterschied  der  hriden  Seiten  daxiti 
20  bemerken»  dass  beim  kräftigen  Zukneifen  der  Lider  die  Krähenfüsse  am  äusseren  rechten 


590  EoDgenitale  Defekte  im  Gebiete  der  Facialismuskulatiir. 

Augenwinkel  etwas  weniger  stark  angedeutet  waren.  Die  flbrigen  Verhältnisse  Tom 
Orbitalrand  abwärts  erinnerten  rechterseits  im  Aussehen  an  Hemiatropbia  facialia. 

Ein  umgekehrtes  Verhalten  bestand  in  dem  Falle  Bernhardt's  (131U 
Das  rechte  Auge  konnte  nicht  geschlossen  werden,  die  Gegend  unterhalb  des  redte 
Jochbeins  erschien  mager  und  eingefallen.  Die  rechte  Stirnhälfte  konnte  nicht  geiuiA 
und  das  rechte,  kleinere  Nasenloch  nicht  aktiv  erweitert  werden.  Im  G^gensatx  n  is 
mageren  Wange  zeigten  die  Lippen  auch  rechts  ein  normales  Verhalten.  Auch  wtr  h 
rechte  Unterlippen-  und  Kinnmuskulatur,  obgleich  flacher  als  die  linke,  gnt  ausgeprigt 

§  303.  Bei  den  folgenden  Beobachtungen  schien  nur  die  Muskulatur  des 
Augenfacialis  defekt  zu  sein.  In  dem  ersteren  Falle  reagirte  aber  diesdbe, 
wenn  auch  nur  schwach. 

So  berichtet  Armaignac  (1812)  Aber  ein  2jähriges  Kind,  bei  welchem  seit  der  Gckrt 
die  ganze  Gegend  der  linken  Orbita  atrophisch  und  eingesunken  erschien.  Man  sah  k« 
Muskelrelief,  und  es  war  als  ob  die  Haut  unmittelbar  auf  dem  Knochen  liege.  Und  deck 
mussten  alle  scheinbar  fehlenden  Muskeln  existiren,  da  sie  sich  alle  bei  Yerschlv»  da 
anderen  Auges,  wiewohl  schwach,  kontrahirten. 

In  der  anderen  Beobachtung  Arm aignao 's  (1813)  war  ebenfalls  nnr  die  vom  A^g» 
facialis  versorgte  Muskulatur  defekt,  dieselbe  war  aber  yOUig  reaktionslos.  Tliatsi^U 
war  die  ganze  Partie  nach  oben  und  aussen  von  der  Orbita  abgeplattet,  wie  atn^pUit 
Die  Haut  schien  unmittelbar  auf  dem  Knochen  zu  liegen,  und  es  zeichnete  sich  keinerle 
Muskelrelief  daselbst  ab,  sobald  das  Kind  die  verschiedenen  Gesichtsmnskeln  in  Thitigkot 
setzte.  So  blieb  z.  B.  beim  Weinen  die  ganze  in  Rede  stehende  Partie  nnbeweglidi  ui 
kontrastirte  mit  der  symmetrischen  Gegend  der  rechten  Seite.  Das  linke  Auge  sah  le, 
als  ob  es  einem  anderen  Kinde  angehöre,  das  eine  längere  Krankheit  durchgemacht  kitte. 
Das  Auge  lag  tief,  die  Lider  waren  dünn  und  zeigten  nur  spärliche  Fältelong,  weso  tm 
das  Kind  veranlasste,  die  Augen  fest  zu  schliessen.  Das  Oberlid  ging  nnr  wenig  und  lingsia 
in  die  Höhe,  vielleicht  durch  mangelhafte  Entwickelung  des  Levator. 

Im  Falle  War  rington 's  (1318)  war  nur  der  rechte  Stimast  des  Facialia  ontki^ 
indem  die  rechte  Stirne  nicht  gerunzelt  werden  konnte,  während  der  Orbicnlaris  da- 
geblieben war. 

Im  Falle  Bernhardt 's  (1311)  beschränkte  sich  die  Unbeweglichkeit  auf  den  Fm- 
talis,  den  Corrugator  und  Orbiculaiis.  Es  konnte  die  rechte  Stirn  nicht  gerunzelt  und  da 
recbte  Auge  nicht  geschlossen  werden.     Es  bestand  Lagophthalmus  nnd  Epiphora. 

Dagegen  waren  im  Falle  Delpart  (1318)  linksseitig  alle  Gesichtsmuskeln  onbev«^ 
lieh  mit  Ausnahme  des  Corrugator,  des  Orbicularis  und  Zygomaticus  major. 

In  Recken 's  Beobachtung  (1328)  war  ebenfalls  der  obere  Facialis  frei,  und  hanpt- 
sächlich  die  untere  Facialismuskulatur  unthätig. 

In  der  Beobachtung  Gazöpy's  (1820)  zeigte  aus  dem  Facialismnskelgebiet  lediiJick 
das  untere  Lid  auf  beiden  Seiten  einen  Beweglichkeitsdefekt,  wodurch  Lagophthalms 
bedingt  war. 

Im  Allgemeinen  darf  man  sagen,  dass  die  auf  den  Augenfacialis  resp. 
den  Orbicularis  beschränkten  Bildungsdefekte  selten  sind  im  Gegensatz  xn 
dem  häufigen  Vorkommen  isolirter  kongenitaler  Ptosis. 

§  303.  Bei  den  Fällen  mit  doppelseitigen  angeborenen  Bildungsdefd^ta 
der  Gesichtsmuskulatur  waren  in  den  folgenden  Beobachtungen  alle  Muskeln 
unthätig  mit  Ausnahme  einer  schwachen  Erregbarkeit  der  Lippenmusknlatar. 

In  der  Beobachtung  von  Möbius  (1304)  erkannte  man  auf  den  ersten  Blick  cw 
doppelseitige  Lähmung  der  mimischen  Gesichtamuskeln:  die  weitgeOffneten  Augen  mit  te 
gewulsteten  Conjunctiva  des  unteren  Lides,  die  schlaffen  eingesunkenen  Wangen,  der  io  & 
Breite  gezogene,  halb  geöffnete  Mund  mit  hängender  Unterlippe  hatten  schon  ehe  der  Kranke 


K<  □genita'Ie  Defekte  im  Gebiete  der  FaciaUsmuskula^tir.  591 

sprach,  keinen  Zweifel  gelassen.  Die  genatie  ünteröuchiing  ergab,  daaa  fast  alle  Facinlis- 
innsküln  vollafämüg  uothötig  wareo.  Die  Stirn,  die  nu  der  Naser.wtxrzol  emige  tit'fe  eeiik- 
rechte  Falten  zeigte,  war  ganz  bewegungslos*  Beim  Veraucbe  die  Äugen  zn  aebliessen 
wurden  nur  die  Augäpfel  nach  oben  gedreht.  Heim  Sprechen  bewegte  sieh  lediglich  der 
linke  Mundwinkel  etwas  nnch  aussen. 

Im  Falle  Harlan  s  (1314)  atunden  beide  Augen  von  Gehuit  an  in  Konvergenzötellung, 
mite  Äugenmnakeln,  mit  Ausnahme  des  Externua,  waren  norm aL  Es  bestand  Amblyopie  «Im© 
Befund.  Die  mimischen  Muskeln  waren  vollständig  gelälitnt:  Lago[d)thHlmus.  Epiphora. 
Der  Gesiclitsausdrnck  glich  einem  grossen  Kindergeüii-bt. 

Chieolm  (1315)  beühaclitete  ein  35JÄhriges  FtÖuloin,  welches  seit  ihrer  Geburt  nie- 
mals die  Augen  hatte  Bcblieasen  können,  sondern  beim  Verduche  es  zu  thun,  rollten  die 
Augäpfel  unter  dos  obere  Lid.  Die  Haut  dea  Gesichts  war  gbtt  ohne  eine  einzige  Falte 
Ton  der  Stirn  bis  zum  Munde.  Da  das  Gesicht  keine  Bewegungen  machte,  war  sie  unfähig 
irgend  eine  Gemlithsbewegxmg  auszudrücken.  Kur  unter  dun  Mundwinkeln  konnten  will- 
IcQrlich  einige  Runzeln  erzeugt  werden,  aber  nicht  im  eigentlichen  Gesicht.  Während  die 
Patientin  versuchte  zu  pfeifen,  bildete  die  Oberlippe  einen  schmalen  horizontalen  Wulst, 
und  die  rnterüppe  wurde  gekrfluselt. 

Bei  der  Beubachtung  Procü po v ici's  (1316)  zetgie  die  7^'sjÄhrige,  elme  Kunsthilfe 
geborene  und  nirht  belastete  Patiet^tin  einen  unYollständfgen  Lidschi usi  und  stark  herab- 
gesetzte BewegliLhkeit  aller  übrigen  Gesichtsmuskeln,  was  in  der  linken  Gesichtabälfte  am 
fitfirksten  nnegeprägt  war. 

Bei  dem  Hjübrigen  Mädchen  S  cfa  r  prin  ger'a  (1317)  waren  beide  Nasolahial falten 
'  veratriehen.  Von  den  mimischen  Geaichtsmuskeln  fimgirte  nur  der  Depressor  angiili  oria 
J     dext^r. 

Bei  anderen  ist  die  eine  Seite  stärker  betheiligt  ala  die 
|,     andere. 

I  Delpart  (1318)  beschreibt  ein  Ißjllbrigea  Dienstmädchen«  bei  welchem  im  Facialis- 

gebiete  beider  Seiten  Bewegliehkeitsdefekte  vorhanden  waren.  Rechts  bestand  eine  Schwäche 
der  den  Mund  heraufziehenden  Muskeln  (besonders  des  M.  zjgomat.  maj,l,  links  Schwäche 
aller  Faciaiismuskeln  mit  Ausnahme  des  Corrugator  supercilii,  des  Orbicularis  paJpebr.  und 
des  Zjgomaticua  major. 

Der  20jäbrige  Apotheker  Graefe'a  (1319)  zeigte  linkerseits  vollatflndige  IJnthätig- 
keit  der  Muskulatur  des  Facialisgebietes  mit  hochgradiger  Schiefstellung  des  Geaiebta 
Rechts  leichte  Andeutung  derselben  Affektion,  insofern  Stirnmnzeln  und  Nnaenrtlmpfen  nicht 
ausführbar  waren. 

S  304.  Weniger  häufig  ist  die  Komplikation  mit  Defekten  der  Bulbusbeweg- 
lichkeit  Hier  ist  vor  allen  Dingen  des  gern  einsamen  Vorkommeiis  von  Beweg* 
lichkeitsdefekten  im  Facialisgebiet  mit  dem  doppelseitigen  Unvermögen  das 
Auge  nach  auswärts  zu  wenden,  der  sog.  Pleuroplegia  Schapringer's 
resp,  der  angeborenen  Facialis-Abducenslähmung  Möbins'  Erwähnung 
zu  tbim*).  Derartige  Fälle  w'urden  von  Fryer  (1322),  Procopovici  (1316), 
'  Schmidt  (1323),  Warrington  (1313),  Möbius  (1304),  Chisolm  (1315), 
Harlan  (1314)  und  Bloch  (1324)  beobachtet. 

Letzterer  sah  bei  einem  9 monatlichen  Knaben  beide  Bulhi  ndduzirt,  Beidoi^eita 
I  schien  der  untere  Facialis  gelähmt  (Gesicht  beim  Weinen  unheweglicb).  Beiderseits  bestnnd 
I  Klumpfuös,  rechts  mit  ZahnmungeL  An  der  linken  Hand  war  der  zweite  und  dritte  Finger 
[       verkürzt.     Beiderseits  zeigte  sich  geringer  Epicanthus, 


1)   Wir  brauchen   hier  nicht   noch   einmal   hervorzuheben,    warum   dies  keine  Lflh- 
mungszuslande  sind.     Yergh  pag.  87. 


592  Kongenitale  Defekte  im  Gebiete  der  FacialtamnskaUtiir. 

Als  diagnostisch  bedeutsame  Erscheinnng  ist  bei  diesen  anscheinendei 
Pleuroplegien  der  von  Kunn  hervorgehobenen  ^erhalten  gebliebene  Konw- 
genzbeweglichkeit^  Erwähnung  zu  thun,  ein  Verhalten,  auf  welches  wir  berds 
pag.  92  näher  eingegangen  sind. 

Auch  angeborene  Unthätigkeit  anderer  Augenmuskeln  wird  bei  da 
angeborenen  Beweglichkeitsdefekten  der  Facialismuskulatur  beobachtet:  so  ia 
den  Fällen  von  Gazepy  (1320,  Fall  I),  Ptosis,  Paralyse  des  Rectal 
super,  und  Rectus  externus;  Gazepy  (1320,  Fall  II),  Ptosis,  Rectus 
super,  und  Rectus  internus;  Remak  (1325),  Ptosis;  Armaignac(131!, 
Fall  I),  Ptosis  und  komplete  Unbeweglichkeit  des  Bulbus;  Marint 
(1326),  Unbeweglichkeit  der  äusseren  Bulbusmuskulatur  mit 
Ptosis;  Armaignac  (1312,  Fall  III),  Defekt  der  Bulbusheber  und 
Ptosis.  In  Schultzens  (1306)  Beobachtung  war  die  eine  Pupille 
weiter.  Ferner  bestand  Epicanthus  in  den  Fällen  von  Procopovici  (1316) 
und  Schapringer  (1317),  Fehlen  der  Karunkel  und  Plica  semi- 
lunaris  bei  Schapringer  (1317)  und  Chisolm  (1315);  Astigmatismis 
hyperopicus  bei  Procopovici  (1316). 

Der  Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Dr.  H.  Em b den  verdanken  wir 
folgende  einschlägige  interessante  Beobachtung: 

C.  6.,  24  Jahre  alt,  aas  einer  Familie,  in  welcher  angeblich  keine  Missbildngei 
vorgekommen  sind.  Nur  eine  jüngere  Schwester  soll  an  beiden  Händen  je  xwa 
,,ki'umme"  Finger  haben.  —  Patientin  ist  mit  der  Zange  geboren  worden.  ^  Sie  bat  dit  jeM 
vorhandenen  Anomalien  mit  auf  die  Welt  gebracht  —  Der  jetzige  Statna  ist  folgender: 
Es  handelt  sich  um  eine  kleine  schwächUche  Person,  mit  gesunden  inneren  Organen  vuk 
regelmässigen  vegetativen  Funktionen.  Menses  mit  dem  15.  Lebensjahr  regelmiasig.  - 
Die  Psyche  ist  gut  entwickelt.  Patientin  ist  immer  eine  gute  SchOlerin  gewesen.  —  Die 
zu  beobachtenden  Anomalien  betreffen  Gesiebt,  Augen  und  das  rechte  Bein.  Dies  letxtere 
ist  im  ganzen  etwas  verkürzt,  der  rechte  Fuss  steht  in  equino-vams- Stellang,  die  redite 
Tibia  erscheint  dicker  und  unregelmässiger  geformt  als  die  linke.  —  Die  aktive  Beweglich 
keit  des  rechten  Fusses  ist  im  Sprunggelenk  nach  allen  Seiten  etwas  eingeschränkt  Pa- 
tellarreflex  rechts,  vielleicht  ein  wenig  schwächer  als  links.  —  Es  scheint  sich,  worauf  kier 
nicht  näher  eingegangen  werden  soll,  um  eine  Entwickelungshemmnng,  nicht  nm  dieRfste 
einer  Poliomyelitis  zu  handeln  —  Die  wesentliche  Anomalie,  die  uns  hier  interessirt,  besteht 
in  einer  fast  kompleten  Diplegia  facialis  mit  Lähmungen  d6r  änsserea 
Augenmuskeln.  Das  Gesicht  bietet  den  Typus  der  Facies  myopathica  Die  Weicbtkeile 
sind  im  ganzen  sehr  dQnn,  die  Haut  ist  ttberall,  ausser  um  den  Mnnd,  faltenlos  und  eb«- 
falls  dQnn.  Irgend  ein  Mienenspiel  ist  bei  der  Kranken  nicht  zu  beobachten.  Vor  alles 
ist  die  Stirn- Augennnsengegend  absolut  starr.  Von  den  Gesichtsmoskeln  kOnnen  nur  & 
der  Unterlippe  aktiv  etwas  innei-virt  werden.  Auch  in  der  Oberlippe  sind  Sporen  eiier 
Innervation  zu  sehen.  —  Keine  Stirnnasenfalten.  Beim  Versuch  des  Lidachlusses  roUes  Ai 
Bulbi  nach  aussen  oben,  die  Lidspalte  bleibt  6—7  mm  breit  offen.  —  Weder  faradtsck  aock 
galvanisch  ist  eine  direkte  Erregbarkeit  im  Gebiete  des  Augen-  und  Gesichtsfacialis  iiicb- 
zuweisen  (mit  erträglichen  Strömen) ,  mit  Ausnahme  des  Triangulär,  oris ,  der  aaeh  aktiv 
etwas  innervirt  wird.  Bei  Reizung  des  N.  facialis  am  Foramen  mastoid.  nnr  bei  ttarkn 
faradischen  Strömen  Zuckung  im  M.  triangulär,  oris  beiderseits.  —  Weicher  Gaumen  vm- 
metrisch,  gut  innervirt.  Keine  Anomalien  im  Gebiete  des  Hypoglossus  nnd  TrigemiMi 
(sensibel  und  motorisch).  Dagegen  folgender  Befund  an  den  Angenmoskeln :  Die  BM 
stehen  beim  Blick  geradeaus  symmetrisch.  Sie  können  beide  absolut  gar  nicht  nach  auBci 
p*»rtreht    worden.     E^^enso   fehlt  beiderseit«*   pa»>z  gleichmä^ifl:  die  Aktion   der  MM.  nküf- 


Eongenitale  Defekie  im  Gebiete  der  Facialismaskulatur.  593 

super,  und  rect.  snp.  Hochgradig  insufficient  sind  beide  MM.  rect.  int.  und  obliq.  infer. 
Gnt,  d.  h .  ann&hemd  normal  ist  beiderseits  die  Funktion  des  Rect.  inf.  —  Die  Bulbi  können 
mlso  nur  nach  unten  bewegt  werden,  und  nach  oben,  geradeaus,  und  unten  convergiren.  — 
Bei  Senkung  der  Blickebene  gehen  beideLider  mit  dem  Bulbus  nach  unten 
bis  aber  die  HAlfte  der  früheren  Lidspalte.  —  Es  ist  hervorzuheben,  dass  kein 
Ektropinm  besteht,  und  dass  beide  Bindehäute  trotz  des  Lagophthalmus  ganz  reizlos  er- 
scheinen; denn  das  Unterlid  liegt  dem  Bulbus  fest  an.  —  Die  innere  Augenmuskulatur  ist 
ptakt.  Die  Pupillen  sind  auffallend  weit,  von  prompten  Reaktionen.  Refraktionszustand 
beiderseits  hypermetropisch.  Ophthalmoskopisch  rechts  nichts  besonderes ;  links:  Nicht  runde 
Papilla  optica  mit  tiefer,  bis  an  den  Rand  gehender  physiologischer  Excavation  und  anomalem 
Verlauf  der  Retinalgefässe  anf  der  Papille.  Ausserdem  auffallend  breiter  halbmondförmiger 
Pigmentsaum  auf  der  nasalen  Seite.  —  Gute  Sehschärfe.  Auch  die  tibrigen  Sinnesfunktionen 
intakt.  —  Dagegen  fällt  eine  mangelhafte  Entwickelung  des  Unterkiefers  auf.  — 

Es  handelt  sich  wohl  zweifellos  um  Agenesieen  im  Facialis-oculomotorius-abducens- 
trochlearis-Gebiet ,  resp  in  den  betreffenden  Muskeln,  nicht  um  eine  Folge  der  Zangen- 
geburt DafQr  spricht  u.  a.  der  Umstand,  dass  auch  an  den  rechten  unteren  Extremitäten 
Hemmungsbildungen  nachweisbar  sind. 

Von  Seiten  anderer  Gehirnnerven  finden  wir:  Amblyopie  ohne  Er- 
klärung bei  Delpart  (1318);  Beweglichkeitsdefekte  im  Hypoglossus- 
gebiet  bei  Schmidt  (1323)  und  bei  Schapringer  (1317);  angeborene  Ge- 
hörstörung bei  Stephan  (1308),  Gazepy  (1320  Fall  I)  und  Henoch  (1307); 
Defekte  im  Trigeminusgebiet  bei  Gazepy  (1320)  Anästhesie  der  rechten 
Kopfhälfte,  Bernhardt  (1321)  Anästhesie  der  Kopfhälfte  und  Keratitis 
neuroparalytica,  Schapringer  (1317)  Schwäche  der  Kaumuskeln,  ebenso  im 
Falle  Bach 's  (1327);  Fehlen  des  Pectoralis  majorund  minor  bei  Schmidt  (1323); 
Fehlen  des  Platysma  bei  Kunn(1310),  Remak  (1325)  und  Bernhardt  (1311); 
Difformitäten  der  Hände  und  Finger  (Schwimmhaut)  bei  Gazepy 
(1320  Fall  I  und  II),  Schapringer  (1317);  Uvula  bifida  bei 
Schapringer  (1317)  und  wie  in  unserem  Falle  der  Ohrmuscheln. 

Sehr  häufig  finden  wir  Asymmetrie  des  Gesichts  erwähnt,  wobei 
auch  mangelhafte  Entwickelung  der  Gesichtsknochen  zu  verzeichnen  ist.  In 
Baches  (1327)  Fall  war  das  Gesichtsskelett  auffallend  klein  und  die  ganze 
Körpermuskulatur  schwach  entwickelt. 

Es  handelte  sich  um  einen  27jährigen  Bauer,  der  seit  der  Geburt  doppelseitige  Ptosis 
hatte;  die  oberen  Lider  waren  faltenlos  und  deckten  die  Papille  zum  Theil.  Die  Stirn- 
muskeln  waren  kontrahirt,  der  Kopf  ttbergestreckt.  Die  Pupille  und  di«  Accommodation 
waren  normal.  Das  rechte  Auge  wich  etwas  nach  aussen  ab.  Beide  Augäpfel  konnten 
nnr  um  l — 2,5  mm  nach  den  verschiedenen  Richtungen  hin  gedreht  werden.  Aehnliche 
Fehler  waren  in  der  Familie  nicht  vorgekommen.  Es  bestand  eine  eigenthflmlicbe  Schlaff- 
heit der  mimischen  Muskeln,  wodurch  das  Gesicht  iBtwas  Maskenhaftes  erhielt.  Das  Mienen- 
spiel fehlte  ganz,  und  die  Lippen  bewegten  sich  nur  wenig  beim  Sprechen.  Die  Kaumuskeln 
ermüdeten  leicht.  Der  Kranke  konnte  nur  kleine  Bissen  schlucken.  Die  Zunge  war  klein 
nnd  kurz  und  konnte  nur  bis  zum  Rand  der  Oberlippe  herausgestreckt  werden.  Alle 
KOrpermuskeln  waren  wenig  entwickelt  und  schwach,  das  ganze  Gcsichtfkelett  war  auf 
fallend  klein,  besonders  der  Unterkiefer.  Bei  der  Ptosisoperation  fand  man  normale  In 
sertion  der  Muskeln,  und  an  diesen  war  keine  Veränderung  wahrzunehmen. 

Wir  sehen  also,  dass  diese  Formen  der  mangelhaften  Entwickelung  der 
vom   Facialis   versorgten    Gesichtsmuskulatur    ganz    die    analogen   Bildung^- 


594  Eongenitale  Bildungsdefekie  im  Gebiet  des  Facialis. 

defekte  darstellen,  wie  diejenigen  des  Nerrmuskelapparates  an  anderen 
Körperstellen. 

§  305.  Im  I.  Falle  Armaignac^s  (1312)  sehen  wir  nur  Unbeweglichkeit 
des  Orbicularis  zugleich  mit  Ptosis,  eine  Erscheinung,  die  differentieD 
diagnostisch  auseinander  zu  halten  ist  von  den  pag.  112  erwähnten  Lähmongs- 
formen,  welche  sich  gemeinschaftlich  auf  den  Levator  und  den  Orbiculare 
beziehen,  die  ganze  Gegend  des  linken  Auges  erschien  ^atrophische  und  ein- 
gesunken. Man  sah  kein  Muskelrelief,  und  die  Haut  schien  unmittelbar  anf  dem 
Knochen  zu  liegen.  Jedoch  mussten  alle  scheinbar  fehlenden  Muskeln  existiren, 
da  sie  sich  alle  bei  Verschluss  des  anderen  Auges  kontrahirten.  Das  obere  Lid 
hing  soweit  herab,  dass  die  Lidspalte  halb  geschlossen  erschien;  es  konnte 
aber  durch  energisches  Wollen  und  mit  Hilfe  des  Frontalis  bis  fast  zur 
normalen  Höhe  gehoben  werden. 

In  Gazepy 's  (1320)  beiden  Fällen  finden  wir  ebenfalls  Ptosis  und  trotzdem 
Lagophthalmus  in  Folge  Unbeweglichkeit  des  Unterlids.  Auch  im  Remak's 
Falle  (1325)  bestand  Ptosis,  der  unter  Facialis  war  schwer  beweglich,  der 
Orbicularis  aber  frei. 

Wie  aus  den  angeführten  Krankengeschichten  hervorgeht,  zeigt  die 
Symptomatologie  dieser  Zustände  viel  Aehnlichkeit  mit  der  kompleten  oder 
inkompleten  Facialislähmung.  Sektionsbefunde  bezüglich  der  angeborenen 
Bewegliclikeitsdefekte  im  Facialisgebiet  sind  mit  Ausnahme  einer  kaum  brauch- 
baren Angabe  von  Bernhardt  (1305)  leider  nicht  vorhanden.  Das  Wesen  dieser 
Bildungsanomalien  ist  nach  Analogie  der  in  §  48  pag.  85  beschriebenen  Zustände 
zu  erklären  und  verweisen  wir  hier  auf  die  angeführte  Stelle. 

§  306.  Auch  kongenital  hereditär  finden  wir  die  mangelhafte 
Entwickelung  der  Gesichtsmuskulatur  in  zwei  Fällen  von  Gazepy  (1320). 

Es  zeigten  sich  nämlich  bei  zwei  Geschwistern  fast  dieselben  Defekte.  Der  Vater 
hatte  einen  Bruder  und  eine  Schwester,  die  völlig  gesund  waren,  deren  Kinder  aber  di«> 
selben  Anomalien  aufwiesen,  wie  diese  beiden  Fälle. 

§  307.  Die  Diagnose  der  kongenitalen  Beweglichkeitshemmungen  im 
Facialisgebiet  basirt  zunächst  auf  der  anamnestisch  festzustellenden  Thatsache, 
dass  der  betreffende  Zustand  auch  wirklich  seit  der  Geburt  des  Patienten  besteht, 
und  dass  vor  allen  Dingen  derselbe  einen  unveränderlichen  stationären 
Charakter  bislang  bewahrt  hat.  Von  grosser  Bedeutung  ist  dabei  das  Vor- 
handensein anderer  Bildungsfehler,  und  namentlich,  wie  schon  erwähnt,  von  Be- 
weglichkeitsdefekten der  Bulbusmuskulatur  mit  Erhaltung  der  Konvergenz  bei 
behinderter  Auswärtswendung.  Denn  wenn  von  Geburt  an  diese  erwiesener- 
massen  auf  kongenitalen  Bildungsdefekten  beruhenden  Erscheinungen  an  der 
Bulbusmuskulatur  vorhanden  sind,  darf  man  auch  die  seit  der  Geburt  an  der 
Gesichtsmuskulatur  vorhandenen  Beweglichkeitsdefekte  auf  die  gleiche  Ursache 
zurückführen. 

Kunn,  welcher  sich  auf  die  Untersuchungen  Leonowa's  stützt,  hebt 
als  Erklärung  dieser  Zustände  hervor,  dass  die  quergestreiften  Muskeln  in 
früherer  oder  späterer  Fötalzeit  sich  unabhängig  von   den  vorderen  Wurzeh 


id  ihren  Centren  entwickeln  und  wachsen,  und  dass  erst  später  ein  trophisches 
Abhangigkeitaverliättniss  durch  die  Funktion  eintritt. 

Bernhardt  (1329)  nimmt  diesen  angeborenen  BÜdungsfelilern  im 
Facialisgebiet  gegenüber  noch  einen  reservirten  Standpunkt  ein,  wenn  er  sagt: 
^Zeigt  es  sich,  wie  dies  nunmehr  naclige wiesen  ist,  dass  einseitige  in 
früher  Jugend  entstandene  Gesichtslähmungen  zweiiellos  peripherischen  Ur- 
sprunges, nach  jeder  Richtung  hin  denselben  Symptomenkoniplex  darbieten 
können,  wie  die  sog.  „ angeborenen "* ,  so  muss  man  zugeben,  dass  bis  heute 
das  Vorkommen  einseitiger,  isolirter,  nur  das  Facialisgebiet  treflender  Ent- 
wickelungshemmungen  oder  Lähmungen  mit  Sicherheit  nocli  nicht  nacligewiesen 
ist.*'  In  der  Tliat  muss  zugegeben  %verden,  dass  es  bei  einzelnen  Fällen 
zweifelhaft  sein  kann,  ob  der  Beweglichkeitsdefekt  im  Facialisgebiete  ange- 
boren oder  frühzeitig  erworben  worden  war.  Es  giebt  namentlicli  Fälle,  in 
welchen  nach  einer  Zangengeburt  eine  Fucialislähmung  zur  F.ntwicke- 
lung  kam. 

So  bßudeltö  es  sich  bui  Vernier  (1332j  um  eiiieD  Fall  voUküUimeiier  linköseiliger 
Facialialähniung  bei  eioein  in  Steiaslag«  geborenen  Kinde.  Der  Kopf  war  auf  die  linke 
Schulter  geneigt  und  diese  in  die  linke  Paiietalgegend  wie  eingebohrt,  Ea  hatta  nttmlicb 
bei  der  GebHienden  ein  vorzeitiger  Blasen f^prnng  stattgehabt,  und  80  war  das  Kind  24  Stunden 
dem  sehr  energiscben  Druck  d«*s  wasserleereii  Uterus  ausgesetzt  gewesen.  Erjät  6  Wochen 
nach  der  Geburt  fing  die  Lühraung  unter  einer  elektrischen  Behandlung  an  zu  heilen. 

Auch  d  o  p  fi  e  1  s  e  i  t  j  g  6  F  a  c  i  a  1 1  h  1  ä  h  m  u  u  g  wurde  nach  Xiingüngebu rt  beobachtflt, 
BO  von  Edgewortb  (1333).  Der  hier  mitgefcheilt©  Fa!l  betrifft  ein  Tjülrn^ea  Müdcben  und 
war  beiderseitig.  Die  galvanisch©  und  Jnduktieuserrogbarkeit  waren  erloschen*  Der  obere  Ab- 
echnitt  des  Gesichts  (Orbiculares,  Levatores  patpebr.)  Ohr,  Nase  und  Wange  waren  gänzlich 
gelähmt.  Die  Lijipen  konnten  nur  du  vollkommen  bewegt  werden.  Der  Unterkiefer  wurde 
kräftig  he rahged rückt. 

Auch  Procopovici  (I316j  erintiert  daran,  dass  von  See ligm  Q Her  nach  Zangen- 
geburi  eine  doppelseitige  Facii*lislähmung  beschrieben  sei 

Der  folgende  Fall  wurde  für  eine  acquirirte  Lähmung  gehalten,  scheint 
aber  in  der  That  ein  angeborener  Bildungsdei'ekt  zu  sein. 

H.  F.  Müller  (14S2)  theilt  zwei  Fälle  veralteter»  ungeheilt  gebliebenor^  in  frübeeter 
Kindbett  enistandener  Facialisläfamung  mit. 

Ein  23jfihriger  Mann  soll  im  ersten  Lebensjahre  eine  angeblich  traumatische,  isolirt«, 
halbseitige  Gesichtsiftbmung  acquirirt  haben,  die  seitdem  mit  Muskelstibwund  »ich  unver- 
ändert erhalten  hat  Geschmack,  Gehör,  Geruch,  SpeichelsekretioD«  üannienseg'flinnervation 
sind  normaL  Kein  Zeichen  von  EaR,  einfache  HerubBetzung  der  galv,  und  fütad.  Er- 
regbarkeit. Es  fehlen  vollständig  fibrilläre  Zuckungen,  Kontrakturen,  Erhöbung  der  hUflex- 
erregbarkeit     Dagegen  bestehen  ticartige  Zuckungea  in  der  gelähmten  iTesichtshälfte. 

Im  IL  Falle  handelt  es  sich  um  einen  ojahrigen  Knaben,  der  mit 
*/*  Jahren  im  Beginne  einer  Lungenentzündung  eine  rechtseitige  Facialisparese 
acquirirt  hatte. 

Stephan  (14S3)  führt  an,  dass  ea  auBser  den  bekannten  Facialislähmungen  der  Neu- 
geborenen, welche  durch  Zangengeburt  oder  Druck  bei  schweren  Geburten  gegen  das  Becken 
und  dergl.  eutfitandeu  sind,  noch  eine  dritte  seit  en  e  Form  gftbe,  von  welcher  Stephan 
den  oben prw Ahnten  Fnll  mittheilt.  Die  Fic<fili«llhmong  werde  gleich  nach  der  Gebnrt  beim 
Schreien  des  Kindes  bemerkt,  sie  habe  keine  weitere  Folgen,  sei  aber  unheilbar  und  ateta 
vereinigt  mit  Abnahme  des  Gehörs  auf  derselben  Seite.  Wahrscheinlich  bandle  e«  aicb 
Wilbr>Dd.S»etig(^r,  N^orolosi«  dM  AagM.    1.  B4.  tl,  Abtli«awi^  ^ 


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596  Kongenitale  Bildungsdefekte  im  Facialisgebiet. 

um  irgendvrelche  noch  nicht  näher  bekannte  intrauterine  Affektion   des  Feleenbeini.   Wu 
hatten  ohen  bereits  diesen  Fall  den  angeborenen  Facialislfthmangen  zogezählt. 

Gleichfalls  sehr  schwer  auseinander  zu  halten  sind  diejenigen  Fälle  tod 
angeborenen  Beweglichkeitsdefekten,  zu  welchen  nachher  noch  eine  Dystrophia 
muscul.  progressiva  hinzutritt.  So  sind  nach  Kalischer  (1334)  bei 
Dystrophia  musculorum  progressiva  geistige  Defekte  und  Bildungsanomalien: 
wie  Trichterbrust  und  Schädeldeformität  nicht  selten  (nach  Schnitze 5 Mal 
in  11  Fällen),  auch  kämen  andere  angeborene  Missbildungen  vor. 

Winkler  und  van  derWeyde  (1335)  sahen  ein  Mädchen  von  25  Jahren,  das  n 
seiner  Jugend  schon  Schwerheweglichkeit  der  Gesichtsmnskeln  hatte.  Vor  5  Jahren  wordei 
der  Schultergürtel  und  die  Brustmuskeln  betroffen,  dann  begann  eine  Ophthalmoplegia  pro- 
gressiva, die  2  Jahre  darauf  mit  Facies  myopathica  völlig  entwickelt  war.  Es  hesiiai 
heiderseits  Ptosis.  Das  Gesicht  war  völUg  ausdruckslos.  Die  Kranke  konnte  die  Lider 
ganz  scbliessen. 

Dann  wären  hier  die  seltenen  Fälle  von  in  frühester  Kindheit  erworbener 
Ophthalmoplegia  progressiva  (vergl.  pag.  117)  noch  zu  erwähnen,  welche  mit 
Facialislähmung  komplizirt  sind. 

So  erzählte  Viktor  Hanke  (1336)  einen  Fall  von  Ophthalmoplegia  ezterior  ocili 
uttiusque  mit  Parese  des  Orbicularis  und  meint,  dass  es  sich  um  eine  angeborene  Aogo- 
muskellähmung  handele.  Eine  26jährige  Frau  hatte  zuei-st  vor  7  Jahren  linksseitige  Ptosis 
bemerkt.  Seit  8  Wochen  Gedäcbtnissschwäche,  Apathie,  Schlafsucht.  Seit  8  Wochen  beflige 
Gesichtsschmerzen  links  und  Entzündung  der  linken  Hirnhaut.  Der  Begleiter  gab  an.  der 
starre  Blick  der  Kranken  sei  „stets*  aufgefallen.  Anosmie  links.  SchlAffheit 
der  Gesichtsmuskeln.  Elektrische  Erregbarkeit  des  Mundfacialis  links  und  des  AugenfadaliB 
beiderseits  vermindert,  Lidschluss  möglich.  Ptosis  und  fast  vollstfindige  Lfthmoog  der 
äusseren  Bulbusmuskeln  beiderseits.     Spiegelbefuüd  normal.    Links  Ulcus  corneae. 

Femer  gehören  hierher  die  auf  pag.  121  angeführten  Fälle  vod 
Recken  (295)  Strümpell  (296),  Uhthoff  (307)  und  Birdsall  (297). 

Dann  sind  noch  einige  in  der  Litteratur  vorhandene  Fälle  von  in 
früher  Kindheit  entstandener  Facialis-  und  Abducenslähmung  hier  zu  erwähnen, 
deren  Aetiologie  dunkel  ist. 

So  berichtet  John  Thomson  (1337)  von  einem  2jäbrigen  Mädchen,  mit  vollsUodi^ 
Lähmung  beider  Exierni  mit  Wendung  beider  Augen  nach  innen ,  doppelseitiger  Faciali»- 
läbmung,  die  rechts  stärker  war  als  links,  besonders  die  untere  Hälfte  des  Gesichts  betnf 
und  den  Orbicul.  palpebr.  nur  wenig  geschädigt  hatte;  Unfähigkeit  den  Mund  weiter  ah 
etwa  um  2  cm  zu  Offnen,  und  grosse,  allgemeine,  Reizbarkeit.  Ueber  die  Zunge  wird 
bemerkt,  dass  nur  die  Beweglichkeit  der  transversal  verlaufenden  Muskelfasern  beeintrickti^ 
gewesen  sei.  Das  Kind  hatte  einen  chronischen  Nasenkatarrh,  schien  aber  sonst  gesnod  n 
sein.  Motilität,  Sensibilität,  Gehör  und  Auge  normal.  Nur  Kopfschmerz.  Geistige  J^Üuf- 
keiten  gut  entwickelt.  Urin  normal.  Das  rechte  Auge  hatte  sich  vor  etwa  6  Monatea 
plötzlich  nach  innen  gedreht,  das  linke  etwa  10  Tage  später.  Das  Befinden  des  Kindes  vir 
dabei  ganz  gut  gewesen.  Die  Lähmung  der  rechten  Gesichtshälfte  war  vor  4  Momta 
bemerkt  worden,  die  Unfähigkeit  den  Mund  zu  öffnen  vor  6  oder  7  Wochen.  Letztere  vtf 
im  Anfang  noch  stärker  gewesen  und  hatte  die  Ernährung  erschwert.  Nichts  deutete 
auf  Lues.  — 

Kort  um  (1338)  berichtet  von  einem  33jährigen  neuropathisch  belasteten  UtJOit, 
dessen  Mutter  gegen  Ende  seines  2.  Lebensjahres  zum  erstenmal  die  seitdem  anunterbrocki 
fortbestehende  rechtsseitige  Facialislähmung  bemerkt  hatte.  Stirnrunzeln  ist  rechts  o* 
ir.üglich.     Die  rechte  Augcnlidspalte  ist  weiter  als  die  linke.    Das  rechte  Auge  kann  M 


KoDgenitale  Bildung&defekte  im  Facialisgebiet 

gescblosaen  werden.  Btira  Versuche  e«  za  schliesaen,  wird  der  Augapfel  nach  olwn  und 
initeu  ^erullt  D'w  Gegend  unicrhalb  des  rechten  Augenlids  ist  eingesunken  und  abgemagert. 
Auch  die  Gegend  unterhalb  dea  Jochbein»  ist  eingefalien  und  abgemagert.  Abweichend 
von  dem  gewöhnlichen  Befunde  hei  Faciabaläbmangeu  gelingt  aber  das  Pfeifen^  Mundspitzen 
und  Aufeinanderpresaen  der  Lippen  ganz  gut.  Audi  kann  der  rechte  Mundwinkel  nach 
rechts  verzogen  werden.  Die  elektrische  Erregbarkeit  für  beide  Stromarten  iat  aufgehoben 
mit  Ausnahme  folgender  Muskeln:  M.  orbiculariaons,  Levator,  Quadralus  et  Triangularis  menti. 
Sehvermögen,  Pupillen,  Bulhusinnskulatur  normal. 

Ciaig  (1339)  sah  ein  ^jilhriges  Kind,  welches  nach  Keuchhusten  Facialia-  und  Ab- 
docenslAbmung  acquirirt  hatte.  Als  Ort  der  Lasion  wurde  die  Nachbarachaft  dos  Vf.  Nerven- 
kerna  angenommen. 

Hloch  (1324)  erwähnt  eines  iJAhrigen  Knabeu^  bei  welchem  aeit  3  Monaten  beide 
Mm.  recti  exteiiti  und  das  obere  Fadalisgebiet  gelAhmt  war.  Sprache  undeutlich.  Näheres 
uobekaunt 

Von  relativ  cliagnostischem  Wertlie  ist  das  Freibleiben  einzelner  Muskeln 
in  scheinbar  gelähmten  Gruppen,  wie  z,  B.  im  Falle  Delpart  (1318),  eine 
Erscheinung,  die  jedcich  wenn  auch  selten,  bei  FaciaÜKlähmung  vorkommen 
kann.  So  hat  z,  B.  Mann  (1330)  nachgewiesen,  dass  bei  ausgesprochener 
Stammerkrankiing  des  Facialis  gewisse  Muskeln,  nämlich  der  Orbicularis  oculi 
und  der  Orbicularis  oris  verschont  bleiben  können.  Siehe  auch  hierüber  den 
Aufsatz  von  t'ohu,  Neurolog,  Centralbl.  18%>  pag.  975;  ürbantschitsch 
bei  Schwartze,  Handbach  der  Ohrenheilkunde,  Bd.  I,  pag.  467,  Bernhardt, 
CentralbL  f.  Nervenheilk.  1886,  Nr.  19  und  Berlin,  klin.  Wochenschr.  1892, 
pag.  1300.  =-  Femer  kommt  eine  nur  relative  diagnostische  Bedeutung  einer 
Reibe  von  Symptomen  zu,  die  bei  erworbenen  Facialislähmnngen 
vorkommen  können,  wie  fibrilläre  Zuckungen,  gesteigerte  Retiexerregbarkeit, 
das  Fehlen  jeglieher  Kontraktur  und  jeglicher  Mitbewegung  innerhalb  der 
noch  unbeweglichen  Muskeln  der  affizirten  Iresichtshälfte  beim  Versuch  zu 
mimischen  Bewegungen:  Zustände,  welche  nach  abgelaufenen  schweren  Facialis- 
lähmungen  peripherer  Xatur  kaum  je  vermisst  w^erden  (Kunn). 

sJ308.  Die  elektrische  Erregbarkeit  lässt  uns  bezüglich  der Diagnosen- 
siellung  ganz  im  Stich.  Denn  das  Fehlen  derselben  beweist  eben,  dass  irgend 
ein  Glied  in  dem  betreffenden  Nerv-Muskelapparat  überhaupt  nieht  zur  Eni- 
Wickelung  gekommen  ist;  eine  herabgesetzte  Erregbarkeit  aber,  dass  nur  eine 
höchst  mangelhafte  Entwickelung  entweder  der  hetretl'enden  Muskeln  oder 
des  Nervs  resp.  beider  vorhanden  ist. 

So  fehlte  z.  R.  die  elektrische  Erregbarkeit  in  dem  Falle  Stephan  (1308) 
und  Schnitze  (1306).  In  der  Beobachtung  von  Mobius  {1304}  ergab  die 
elektrische  Untersuchimg,  dass  die  Erregbarkeit  durch  faradische  oder 
kontinuirliche  Strome  in  den  meisten  Facialismuskeln  gänzlich  erloschen  war. 
Nur  die  den  Mundwinkel  nach  aussen  und  unten  ziehenden  Muskeln  reagirten 
auf  beide  Ströme.  Ihre  Erregbarkeit  war  beträchtlich  vermindert,  aber 
qualitativ  norniah  In  den  folgenden  Fallen  angeborener  Beweglichkeitsdefekte 
aus  dem  Facialisgebiet  war  die  elektrische  Erregbarkeit  auf  der  einen  Seite 
erhaken,  auf  der  anderen  theihveise  fehlend,  so  bei  Nonne  (1309),  Bernhardt 
{I3t?l),  Remak  (1325).     In  der  Beobachtung  Kunn  s  (1310)  zeigte  die  elek 


598 


EongeDitale  Bildungsdefekie  im  Facialisgebiet. 


irische  Erregbarkeit   beiderseits    nahezu   gleiche,    Ton    der   Norm  nicht  ab- 
weichende Verhältnisse. 

§  309.  Im  Folgenden  geben  wir  noch  eine  einschlägige,  erst  in  jüngster 
Zeit  gemachte  Beobachtung. 

Ein  24jäbriger  Mann  kam  in  die  chirurgische  Poliklinik  UDseres  Krankenhaos^fi,  mn 
sich  daselbst  sein  missgebildetes  linkes  Ohr  operiren  zu  lassen.  Herr  Dr.  Cordua  schickt« 
uns  denselben  behufs  Untersuchung  der  bei  ihm  bestehenden  Facialisl&hinang  zu. 

Es  handelte  sich  um  einen  m ilt^l grossen «  robust  aussehenden  Mann  mit  nonnil«! 
Haar,  dessen  linke  Ohrmuschel,  wie  aus  den  Abbildungen  ersichtlich,  hochgradig  misslHldet 
erscheint.    Das  mangelhaft  entwickelte  Ohrläppchen  ist  angewachsen. 

Auf  die  Frage  wie  lange  die  linke 
Gesichtshftlfte  gelähmt  sei,  antwortete  der 
Mann,  dass  er  sich  gar  nicht  erinnen 
könne,  ein  anderes  Gresicht  gehabt  n 
haben.  Seit  seiner  Gebart  habe  der  gleicbe 
Mangel  an  Beweglichkeit  in  der  linken  Oe- 
sichtshälfte  bestanden.  Ueber  die  Dauer 
seiner  Geburt,  ob  event.  Konsthilfe  in  An- 
wendung gekommen  war,  konnten  wir 
keinerlei  Auskunft  erhalten. 

Die  Untersuchnng  ergab  eine  kom- 
plete  Lähmung  aller  vom  Facialis  ver- 
sorgten Gesichtsmaske! n  auf  der  hnkeo 
Seite.  Die  Lidspalte  klaffte  in  einer  Aos- 
dehnung  von  5  mm  beim  Versach  das  Hake 
Auge  zu  schliessen.  Bei  beabsichtigter 
Runzelung  der  Stirn  blieb  die  linke  Süra- 
Seite  absolut  glatt ;  wfibrend  sich  die  recht« 
in  Falten  legte  (siehe  Fignr  132).  Eme 
InneiTation  des  Cormgatur  ist  beiderseits 
unmöglich.  Für  gewöhnlich  steht  während 
der  Unterhaltanp;  die  rechte  Aagenhnoe 
etwas  höher  als  die  linke.  Beim  Essen 
und  Kauen  thränt  das  linke  Auge. 

Die  Gegend  des  linken  Unterlids  ist 
abgeflacht,  faltenlos.  Die  Haut  ist  dfinner 
als  auf  der  anderen  Seite.  UeberhanpC 
erscheint  die  linke  Gesichtshälfte  weniger 
gut  entwickelt  als  die  rechte ;  daher  kommt 
es  wohl,  dass  das  linke  Auge  etwas  tiefer  als  das  rechte  steht. 

Während  die  rechte  Nasolabialfalte  angedeutet  ist,  fehlt  die  linke  völlig.  Das  Fütram 
der  Oberlippe  weicht  etwas  nach  rechts  ab.  Die  Unterlippe  scheint  rechts  besser  entwickelt 
zu  sein  und  ist  in  toto  nach  rechts  verzogen.  Eine  Bewegung  des  linken  Mundwinkels  ist 
absolut  unmöglich.  Das  Aufblasen  der  Wange  und  das  Pfeifen  ist  jedoch  möglich;  geschieht 
aber  nur  mit  dem  rechten  Mundwinkel. 

Patient  kann  die  Nase  nicht  rümpfen.  Beim  Zähnezeigen  wird  der  linke  Facialis 
mitinnervirt,  aber  bedeutend  schwächer  als  der  rechte.  Der  Mund  steht  nach  rechts  offen, 
und  die  Unterlippe  ist  nach  rechts  verzogen.  Die  linke  Einngegend  scheint  gar  nicht  koa 
trahirt.  Eine  schwache  Innervation  kann  man  in  der  linken  Unterlippe  und  Kinngegeod 
deutlicher  machen,  wenn  man  die  rechte  Kinn-  und  Unterlippengegend  an  der  Aosfibani 
der  Innervation  verhindert.    Macht  man   dasselbe  Experiment  am  Frontalis  rechts,  so  eot- 


Fig.  132. 
N.  O.    Angeborener  Bildungsdefekt  im  Facialis- 
gebiet  der  linken  Seite.    Unthätigkeit  des  linken 
Frontalis. 


st^ht  trotzdem  keinerlei  lanervation  im  linken  KrontÄlis.   Patient  kann  willkürlich  den  Orbi* 
cularid  oris  nach  links  liin  kräftig  innerTtren. 

Der  Geh5rgang  ist  entwickelt,  <lad  Gebor  links  achwächer  ab  rechts,  die  Kopfknochen- 
leitnng  aber  vorh  ander». 

ElektriHche  Untersuchung:  Mit  dem  faradischen  Strom  liefert  der  rechte  obere 
Frontal la  eine  prompte  Zuckung.  Linkerseits  ml  da^^gen  auf  direkte  untl  intlirekte  Reizung 
keine  Erregbarkeit  vorhanden.  Vouk  unteren  Äst  wird  links  der  Mundwinkel  ganz  kräftig 
nach  dem  Ohre  biu  verzogen, 
selbst  bei  ciuem  schwachen  Strom. 
Yom  mittleren  Aste  aus  wird  eine 
gan^  leichte  Hobung  des  linken 
Mundwinkels  erzeugt,  aber  viel 
schwächer  als  rechts.  Die  Unter* 
und  Oberlippe  links  reagirt  auf 
den  faradischen  Strom.  Der 
linke  Zygomaticus  kontrabirt  sich. 
Im  0  r  b  i  c  u  1  a  r  i  s  ist  die  elek- 
trische Erregbarkeit  sehr  herab- 
gesetzt. Der  P  r  o  n  t  a  H  3  reagirt 
nicht,  eben  so  wenig  der  Compre**9or 
nasi.  Vom  unteren  Ast  sind  noch 
kurze  Zucknngen  im  Mundwinkel 
auszulösen.  Direkt  reagiren  die 
Muskeln  nicht,  aber  der  Strom 
war  vielieieht  etwas  zu  schwach. 
Stärkere  Ströme  kann  Patient 
nicht  aushalten.  Die  linke  Unter- 
lippe äteht  kaum  ab. 

Es  sei  noch  hinzugefügt, 
dass  dem  Patienten  schon  als 
Kind  sämmtliche  Zähne  des  linken 
Oberkiefers  ausgegangen  sind. 
Beim  gewöhnlichen  Sehen  wird 
häufig  ein  Strabismus  divergens 
manifest;  sonst  sind  sümmtliche 
Augenbewegnngen  völlig  frei. 

Ausser  diesem  Falle  baben  wir  noch  zweimal  eine  angeborene  Facialis^ 
lähmung  in  den  letzten  Jahren  beobachtet. 

In  dem  einen  handelte  es  sich  um  ein  sechs  Wochen  altes  Rind,  das  ohne  Kunst- 
hölfe  zur  Welt  gekommen  war  und  ausser  der  linkeaeiten  totalen  Facialislähmnng  eine 
Hemmung.imis^bildung  am  linken  Ohr  hatte.  In  dem  andc^ren  Falle  heNtnnd  die  tinkrtseilige 
totale  Facialislähmung  bei  einem  3^'} jährigen  Knaben  vbenfalU  seit  der  Geburt,  die  sehr 
lauge  gedauert  haben  soll.  Der  Kopf  war  stark  deform irt.  Die  elektrische  Untersuchung, 
die  sehr  schwierig  anzustellen  war,  ergab  starke  Herabsetzung  der  faradischen  Erregbarkajl 
in  den  Muskeln.  Yom  Stamm  aus  konnte  keine  Zuckung  ausgelöst  werden,  Gatvaniach 
war  flberall  eine  allerdings  sehr  schwache  Zuckung  zu  erzielen. 


Fig,  133. 

N.  O.    Anj?eborener  Bildungtdefekt  im  Fachdi «gebiet  der 
linken  Seite.     L,  Klaffen  der  ■L]dn|mlti\ 


600  Erampfzustände  im  oberen  Facialisgebiet. 


Kapitel  IX. 


Die  Krampftustände  im  Orbieularis  palpebrarum, 
Frontalis  und  Corrugator. 


Allgemeines  über  den  Orbiculariskrampf. 

§  310.  Unter  allen  Krampfformen  werden  diejenigen  der  Gesicbts- 
muskulatur  und  ganz  besonders  des  Orbieularis  palpebrarum  am  häufigsten 
beobachtet.  Die  Ursache  für  diese  Erscheinung  beruht  eines  Theils  auf  dem 
so  häufig  innervirten  und  so  energisch  funktionirenden  Reflexmechanismos 
der  Lidbewegung,  andererseits  auf  den  engen,  und  im  wachen  Zustande  immer- 
während wirkenden  Beziehungen  zwischen  den  psychischen  Vorgängen  und 
den  Ausdrucksbewegungen  der  Gesichtsmuskulatur.  Daher  beginnen  anch 
Spasmen,  welche  schliesslich  allgemein  werden,  häufig  an  den  Augenlidern, 
und  partielle  Krämpfe  werden  hier  weit  häufiger  als  an  irgend  einem  anderen 
Körpertheile  beobachtet. 

Wir  sehen  den  Orbiculariskrampf  resp.  den  Spasmus  der  vom  Augen- 
facialis  versorgten  Gesichtsmuskeln  (Frontalis,  corrugator  supercil.  und  Orbi- 
eularis) entweder  als  symptomatische  Erscheinung,  welche  alle  Reizzustande 
des  Auges  begleitet,  und  als  Theilerscheinung  des  Gesichtsmuskelkrampfes 
(Tic  convulsif),  der  Chorea  u.  s.  w.  auftritt,  oder  er  bildet  eine  Krankheit 
für  sich  —  essentieller  Blepharospasmus,  als  eine  lediglich  auf  den  Orbi- 
eularis palpebr.  und  Corrugator  beschränkte  Krampfform.  Aber  auch  bei 
dem  Tic  convulsif  sind  der  Orbieularis  und  die  Mm.  zygomatici  meist  in 
höherem  Grade  affizirt,  als  die  anderen  Muskeln.  Zuweilen  treten  auch 
Kontraktionen  im  Corrugator  auf,  selten  aber  solche  im  Frontalis.  Der 
auf  die  Augenlider  beschränkte  Spasmus  bildet  auch  eine  von  den  andea»n 
durch  die  Ursachen  und  ihr  doppelseitiges  Auftreten  unterschiedene  Form 
des  Facialiskrampfes.  Wir  beobachten  denselben  in  den  verschiedensten 
Intensitätsgraden  und  der  mannigfachsten  Ausbreitung  über  die  verschiedenen 
Muskelbündelgruppen  des  so  komplizirt  gebauten  Schliessmuskels  des  Auges, 
wobei  die  so  häufig  in  der  Palpebralportion  des  Orbieularis  zu  beobachtenden 
^jfibrillären  Zuckungen^  die  geringste  räumHche  Ausdehnung  dieser  partiellen 
Gesichtsmuskelkrämpfe  darbieten.  Während  der  Tic  convulsif  meist  ein- 
seitig ist  und  von  dem  30.  Lebensjahre  ab  aufzutreten  pflegt,  entwickeln 
sich  die  «uf  den  Orbieularis  und  Corrugator  beschränkten  Krampfformen 
häufiger  doppelseitig  und  partiell  und  namentlich  bei  jugendlichen 
Individuen.  Es  können  aber  beim  Tic  convulsif  doch  beide  Mm.  corrugatores 
kontrahirt  erscheinen,  weil  dieselben  fast  immer  gleichzeitig  unter  physio- 
logischen Bedingungen  innervirt  zu  werden  pflegen. 


Ferner  stellen  sich  die  Krämpfe  fies  Aiigenschliessmuskels  als  tonische 
{Blei>harospasiTius)»  als  klonische  (Nictitatio,  Spasmus  nictit ans)  und  als  ge- 
mischte vor.  Diese  Krampfformen  sind  aber  wohl  nur  dem  Grade,  nicht 
aber  dem  Wesen  nach  von  einander  verschieden. 

Die  tonische  Form  wird  meist  bei  der  Photophobie  schmerzhafter 
Augenleiden  und  zuweilen  bei  Aftektion  anderer  Aeste  des  Qu  intus  beobachtet. 
In  partieller  Form  tritt  sie  nicht  selten  als  jene  pag,  477  geschilderte  Ptosis 
pseudoparalytica  hervor,  Sie  ist  anzusehen  als  eine  Steigerung  der  Retlex- 
thätigkeiti  welche  unter  nor- 
malen  Urastämlen  zum  Schutze 
des  Auges  dient.  Das  Symptom 
kann  aber  als  eine  lästige 
Affektion  dann  noch  fort- 
bestehen, wenn  das  Grundieiden 
im  Bereiche  des  Qiiintus  ver- 
schwunden, oder  wenn  das  Auge 
erblindet  ist 

Uegenwirtig  beobacbten  wir 
einen  hereditär  belasteten  61  jährigen 
Mann,  der  seit  12  Jahren  an  auaR©r- 
ordentlich  heftijcen  Schmerzaurällen 
im  rechten  Qu intuagebiete  leidet  Seit 
jener  Zeit  hat  Patient  einen  Tic  con- 
vulsif  im  ganzen  rechten  Faeiulis- 
gehiet,  vm4  zwar  wechseln  klonische 
mit  tonischen  Zuckungen.  Letztere 
treten  apeciell  beim  Sprechen  auf  und 
dauern  oft  '/i—^/f  Minute,  so  das« 
es  uns  gelang,  ein©  Photographie 
(siehe  Fig.  134)  aufzntiebmen.  Auf 
letzterer  sieht  man  deuÜich,  wie  die 
Kontraktion  am  Orbicalaris  und  in 
der  orbitalen  Parlie  stattfindet  und 
den  epitarsalen  ThLil  frejlilsst.  Hier- 
durch ist  der  für  das  Sehen  genügende 
Spalt  zu  Stande  gekommen,  Nament- 
lich kräftig  inoervirt  erscheint  das  untere  Lid,  Wenn  Patient  seine  heftigen  Schmerzanfälle 
bekommt,  int  der  Facialistic  viel  stürker  als  sonst 

Bei  der  tonischen  Form  des  Schliessmuskelkrampfes,  welche  bei 
Tetanischen  beobachtet  wird,  ist  auch  der  Frontahs  mit  kontrahirt.  Diese 
Form  ist  stets  doppelseitig.  Der  tonische  Blepharospasmus  kann  mit  Xicli- 
tatio  anheben. 

Alt  (1S40)  herichtet,  wie  auch  wir  in  einem  Falle»  über  eine  Beobachtung  von  ge- 
rn ischtem  klonischem  und  tonischem  Blepharospflamus  ganz  ausaergewöhnlichen  Grades 
bei  einem  5tgährigen  Korbtiechter  Die  Äffektion  hatte  mit  krampfhaftem  Blinzeln  vor  14 
Jahren  begonnen.  Nunmehr  waren  die  Augen  fast  ständig  durch  den  tonischen  Krampf 
geschlossen  und  wurde  derselbe  lediglich  alle  paar  Minuten  durch  einige  klonische  Krampf- 
beweguugen  unterbrochen,  welche  dem  Patienten  momentan  ein  trübes  8ehea  m(^glicb  machten. 


Fig.   134. 
CD,     Tic  <N>nTulaif  im  rechten  FaciaUsgebiet. 


602  ErampfzustllDde  im  oberen  Facialisgebiet. 

Der  klonische  Schliessmuskelkrampf  ist  der  häufigste,  der  ionisdie 
komplete  Orbiculariskrampf  selten;  sehr  häufig  verbinden  sich  klonische  Zuck- 
ungen mit  tonischer  Anspannung. 

In  der  weitaus  überwiegenden  Mehrzahl  aller  Fälle  ist  der  Lidkrampf 
ein  reflektorisch  entstandener.  Auch  von  entfernten  und  scheinbar  mit  dem 
Auge  und  seinen  Lidern  in  gar  keinem  Zusammenhange  stehenden  Punkten 
her,  kann  der  Lidkrampf  ausgelöst  werden,  z.  B.  durch  Druck  von  den  Proc. 
spinosi,  auch  bei  Würmern  im  Darm  und  Uterusleiden.  So  beschreibt  Little 
(1341)  drei  Fälle  mit  Lichtscheu,  Blepharospasmus,  Herabsetzung  des  Seh- 
vermögens bei  Hysterischen  und  ausgesprochenen  Uterusveränderungen. 

Der  Blepharospasmus  und  die  Nictitatio  mindert  sich  bei  psychisclier 
und  physischer  Ruhe  und  hört  meist  während  des  Schlafes  ganz  auf.  Der 
Verlauf  des  Blepharospasmus  ist  ein  intermittirender.  Es  kommen  Perioden 
der  Ruhe  und  scheinbarer  Heilung  vor.  Der  senile  Blepharospasmus  trotit 
meist  lange  Zeit  der  Behandlung  mit  ist  überhaupt  oft  unheilbar. 

§  311.  Zuweilen  wird  der  Blepharospasmus  durch  die  Empfindung  des 
Rauschens  im  Ohre  begleitet,  eine  Erscheinung,  welche  als  Mitbewegung  des 
Musculus  stapedius  aufzufassen  ist  (vergl.  pag.  586  §  296). 

So  ging  in  der  Beobachtung  Gottstein's  (1342)  jedem  Anfalle  von 
Blepharospasmus  ein  Rauschen  in  beiden  Ohren  voraus,  das  erst  mit  dem 
Aufhören  des  Lidkrampfes  wieder  verschwand. 

Nach  Gowers  (1343)  können  viele  Personen  in  dem  Ohr  ein  zitterndes 
Geräusch  hervorrufen,  indem  sie  den  M.  orbicularis  palpebr.  stark  kontn- 
hiren.  Dasselbe  kommt  noch  leichter  zu  Stande,  wenn  sie  gleichzeitig  die 
Augen  nach  oben  bewegen. 

Moos  (1344)  beobachtete  bei  einem  60jährigen  Manne  einen  rechts- 
seitigen Fasealiskrampf.  Während  der  Anfälle  rollten  die  Augäpfel  von  links 
nach  rechts,  auch  trat  Schwindel  mit  Drehungsempfindung  nach  derselben 
Richtung  auf.  Moos  nahm  einen  gleichzeitigen  Krampf  des  Stapedius  an 
mit  negativen  Druckschwankungen  im  Labyrinth,  in  Folge  dessen  Reizung 
des  Labyrinths  entstände  und  dieselbe  von  da  auf  das  Kleinhirn  und  die 
Innervationscentren  der  Augenmuskeln  fortgepflanzt  werde. 

§  312.  Der  Blepharospasmus  ist  für  den  Patienten  höchst  lästig.  In  den 
schweren  Fällen,  wie  z.  B.  in  dem  vorhin  angeführten  Falle  Alt's  (1340) 
kommt  er  fast  einer  Erblindung  gleich,  indem  sich  der  Patient  der  ge- 
schlossenen Augen  nicht  bedienen  kann. 

Aber  auch  in  anderer  Richtung  kann  der  Blepharospasmus  auf  das 
Sehvermögen  einwirken,  indem  bei  anhaltender  Dauer  desselben  die  Kinder 
nach  Beseitigung  des  Leidens  oft  für  mehrere  Wochen  blind  bleiben.  Schon 
Graefe  theilte  im  Jahre  1855  eine  derartige  Beobachtung  mit.  Weitere 
Fälle  kamen  Schirmer  (1345),  Leber  (1346),  Samelson  (1347),  Silex 
(1348)  und  Baas  (1350)  zu  Gesicht. 

Die  Ansicht  von  Silex,  welcher  die  in  Rede  stehende  Affektion  als 
eine  Art  Rindenblindheit  auffasst,   wurde  von  Samelson  um  deswiUea  be- 


Krumpfzustände  im  oberen  Facialiegeliiet. 


603 


eämpft,  weil  letzterer  in  zwei  Fällen,  das  eine  Mal  Atrophie,  das  andere  Mal 
öine  glankoraatöse  Atrophie  mit  Exkavation  der  Papille  darnach  gesehen  haben 
rill.  Wir  fassen  die  Sache  als  eine  durch  den  permanenten  Druck  bewirkte 
[erabminderung  der  Ernährung  der  Netzhaut  auf.  Die  Erklärung  dieses  Zu- 
ptandes  [siebe  Wilbrand  (13ol)J  würde  hier  aber  zu  viel  Raum  erfordern, 
rir  verweisen  darum  auf  die  Abhandlung  dieser  Verhältnisse  im  III.  Bande. 
Bei  älteren  Leuten  mit  welker  Lidhaut  und  Blepharospasmus  kommt 
nicht  selten  ein  Entropium  spasticimi  zu  Stande.  Bezüglich  der  Erklärung 
desselben  verweisen  wir  auf  pag.  624. 

Nach  diesen  allgemeinen  Bemerkungen  über  den  Orbictilariskrampf  gehen 
wir  zur  Darstelkmg  der  Schliessmuskelkrämpfe  des  Auges  über,  wie  sie  bei 
Reizzuständen  der  einzelnen  anatomischen  Abschnitte  des  Nervus  facialis  zur 
Beobachtung  kommen. 


a)  Organische  Lasionen,  welche  Orbicalariskrämpfe  verarsachen- 

L  Direkte  Reizung, 

1.  des  kortikalen  Facialisceetrums. 

§  313.  Eine  sich  auf  die  Gegend  des  Facialiscentrums  allein  erstreckende 
Erkrankung  kommt  nur  selten  zur  Beobachtung,  weil  es  sich  meist  bei  der- 
artigen Fällen  um  die  Jackson 'sehe  Epilepsie  handelt,  die  allerdings  häufig 
in  der  Gesichtsmuskulatur  einsetzt,  iim  dann  aber  auf  den  Arm  und  die  eine 
Kürperbälfte  sich  weiter  zu  verbreiten. 

Das  Bewufistsein   bleibt  dabei    meist  erhalten. 

DeD  einzigen  etDigermassen  auf  das  Facialiscentrum  lokaliBirten  Fall  fitelU  die  Be- 
obäclitURjc  von  Goldthiimmer  (1352)  dar,  mit  Zuckungen  im  Berekhe  des  rechten  Facialia 
»[»fiterer  Parese  der  rechten  ZuageDhälfte  und  dea  rechten  Facialis,  aber  keiner  Lähmung  der 
Extremitälen.  Neben  Kopfschmerz  bestand  das  Gefühl  von  Eingeschlafensein  der  recht^^n 
Extremitäten,  Bei  der  8ection  fand  sich  eine  Geschwulst  am  unteren  Ende  der  linken 
yorderen  Central  Windung  und  eine  zweite  Geschwulst  unten  am  mittleren  Lappen  der  rechten 
Kleinhimhemisphäre. 

In  der  Beobachtung  Pe  tri  na 's  (135^)  hestanden  Zuckungen  beider  Augenlider 
bei  Parese  des  rechten  Mandfacialis;  allerdings  war  auch  der  rechte  Arm  daneben  paretisch. 
Es  wurde  bei  der  Obduktion  ein  fanstgrosses  Gliom  im  linken  Vorderlappen  gefunden,  welches 
eine  Konipression  des  mittleren  Drittels  der  vordereu  Ceutralwindungf  sowie  eine  solche 
des  linken  Corp.  striatum  und  Thalamus  opticus  bewirkt  hatte. 

Wie  aus  diesem  Falle  hervorgeht,  können  diejenigen  Muskeln,  welche 
unter  normalen  Verhältnissen  bilateral  in  Wirksamkeit  treten,  wie  z.  B.  die 
Augenschliessmnskeln,  bei  halbseitigen  Krämpfen  beiderseits  befallen  sein. 
Gerade  für  den  Augenschliessmuskel  hat  Oppenheim  (1354)  dies  Verhalten 
bei  im  übrigen  streng  halbseitigen  Krämpfen  wiederholentlich  feststellen 
können. 

Meist  ist,  wie  vorhin  erwähnt,  der  Orbiculariskrampf  eine  Theil- 
erscheinung  jener  Form  der  halbseitig  lokalisirten  Krämpfe  einer  ganzen 
Kurperhälfte.     Dabei    kann  aber  die  den  Reizzustand  der  motorischen  Zone 


J 


604  Krainpfzustände  im  oberen  Faoialisgebiei. 

bedingende  Ursache  ebensowohl  funktioneller  Natur  (Hysterie),  als  organischen 
Ursprungs  sein,  und  wir  wollen  uns  zunächst  mit  dem  vorhandenen  klinischen 
Material  der  letzteren  Kategorie  beschäftigen. 

a)  Durch  Geschwülste, 

§314.  Bernhardt  (1355)  beobachtete  einen  Tuberkel  im  oberen  lateralen  und  mediila 
Theil  der  hinteren  linken  Gentralwindung  und  im  Vorzwickel,  desgleichen  im  mittlmi 
Theil  der  hinteren  Gentralwindung.  An  der  vorderen  Spitze  des  rechten  Corpus  strittom 
ein  erbsengrosser  Tuberkel.  Es  bestand  abnorme  Empfindlichkeit  der  Haut  der  Unte^extI^ 
mitfiten  gegen  Berührung.  Beginn  mit  apoplektiformem  Insult  und  rechtzeitiger  Libmoog. 
Konvulsionen  des  rechten  Armes  und  der  rechten  Hand,  sowie  der  rechten  Gesichts- 
hftlfte.  Parese  des  rechten  Arms  und  der  rechten  Nasolabialäste,  weniger  des  rechtee 
Fusses.    Schwache  Reflexe  vom  rechten  Bein  aus. 

Gliky  (1356).  Gliom  der  beiden  rechten  Centralwinduogen,  Mitbetheilignng  der  aa- 
liegenden  Theile  der  drei  Stirnwindungen,  des  Klappdeckels,  eines  Theils  des  Gynu  sipn- 
marginalis  und  der  oberen  Parietalwindung.  An  der  Medianseite  vom  hinteren  Theil  dir 
ersten  Stirnwindung  bis  zum  Vorzwickel  reichend.  Klonische  Krämpfe  des  linken  Amci; 
Schwäche  desselben;  erhaltenes  Bewusstsein  bei  den  Anfüllen.  Linksseitige  Krämpfe  is 
Orbicul.  palpebr.,  den  mittleren  Gesichtsmuskeln  und  den  Extremitäten;  Parese  der- 
selben.    Abmagerung  der  Muskeln  des  linken  Arms. 

Broadbent  (1357).  Im  rechten  Supramarginallappen  zwei  bohnengrosse,  obeiflidi- 
lich  gelegene,  wahrscheinlich  syphilitische  Tumoren.  Rechtsseitige  Temporal-  and  Ocdpitil- 
neuralgie.  Linker  Arm  gefühllos  und  stumpf.  Grössere  epileptische  Anfälle.  Kleinere  ait 
Krampf  im  linken  Facialis,  linken  Arm  und  Hand  ohne  Bewusstseinsstöraog.  liob- 
seitige  Facialisparese;  der  linke  Arm  schwach. 

Soeligmüller  (1358).  Apfelgrosses  Spindel zellensarkom  in  der  unteren  Hälfte  der 
linken  hinteren  Gentralwindung.  Kompression  des  Gyrus  praecentralis.  Auch  sonst  starb 
Kompressionserscheinungen  im  linken  Hirn.  Schmerzen  im  linken  Thorax.  Taobsein  der 
drei  ersten  Finger  der  rechten  Hand,  auch  objektiv  nachweisbar.  Zucken  der  rechtes 
und  linken  Gesichtshälfte.  Später  rechter  Facialis  mit  dem  rechten  Arm  (in  welch« 
früher  Zuckungen)  gelähmt.  Später  Parese  des  rechten  Beins.  Kontraktur  der  reditai 
Extremitäten.    Klonische  Krämpfe  in  den  Unterkieferhebem. 

Rosen  thal  (1359).  In  der  Mitte  der  linken  vorderen  Central wtndong  ein  die  miulere 
Stirnwindung  noch  mitbetheiligender  Tuberkel.  Schmerzen  in  der  rechten  Hand.  ZockngcB 
der  rechten  Hand,  sich  auf  die  rechte  Gesichtshälfte  erstreckend.  Beide  Mnakel- 
gebiete  später  paretisch. 

Mahot  (1860).  Gliom  in  der  Mitte  des  Gyrus  centralis  anterior,  an  dessen  Ver- 
einigung mit  der  IL  Stirnwindung  links.  Isolirte  Lähmung  des  rechten  Armes.  Zaekno^ 
desselben  und  im  rechten  Hein   und   der  rechten  Gesichtshälfte.     Erhaltenes   Bewusststii. 

Edinger  (1361).  Flache  tuberkulöse,  nur  die  Rinde  affizirende  Neubiidoiig  mm 
obersten  Theile  der  Centralwindungen.  Erbsengrosses  Knötchen  5  cm  oberiialb  des  Klipp- 
deckels gerade  in  der  linken  Centralfurche.  Schmerz  im  rechten  paretischen  Arm.  Rechts 
beginnende  Krämpfe  im  Gesicht  und  Bein  ohne  Bewusstseinsverlust.  Hemiparese  recbil 
besonders  im  Ann. 

Rüssel  (1362).  Krebs  in  der  Markmasse  des  rechten  Stirnlappens.  Ventrikel.  Cfff^ 
striat.  frei.  An  der  Hiruoberfläche  ei*scheint  der  Tumor  guldengross  am  hinteren  Thefl  dir 
ll ,  vorderen  Theil  der  III.  Stirnwindung.  TaubheitsgefUhl  im  linken  Arm  und  der  linko 
Hüfte.  Anfallsweises  Zucken  des  linken  Armes  und  der  linken  Gesichtshälfte.  Bff 
einmal  des  linken  Beines. 

Mead  (1363).  Tuberkel  im  Vorderlappen  der  rechten  Hemisphäre  nach  aussea  vmi 
Corpus    striatum.     Taubheitsgefühl    in    den    Gliedern.     Allgemeine    und    linksseitige  K<*' 


s 


Ki'ampfzust^ude  im  oberen  FaciaÜBgebiet.  805 

ulsiDueo,   besonders  im  lioken  Facialis  (ohne  Bewusateeinsverlust),  dann  im  linken 
^rm.    Später  linksBeitige  Hemiplegie. 

Cicüimarra  (1364).  Faustgrossor  Echmococcus  im  linken  Grosshira  (im  mittleren 
und  hinteren  Lappen  bis  an  die  Seiten  Ventrikel  reichend).  Linksseitige  Gesicht  a- 
krämpfe.    KonvuEsioDea. 

Wal  ton  (1865).  Sehr  grosses  subkorttkalea  Gliom  des  rechten  Scheitollappena,  eiit- 
sprechend  dem  Facialiscentrom  bei  einem  40 jährigen  Manne»  der  nach  kaum  sechsmonat- 
licher  Dauer  unter  den  HaupterscheinuTi  gen  link&8eitigerFacialiHkrä.mpfG  mit  Rotation 
des  Kopfes  nach  links,  später  linkeseitigei'  Hemiplegie  zum  Tode  führte. 

ß)  Orbiculariskrampf  bei  Abscess  der  Gehirnrinde, 

Hitzig  (13G6)  bericbtet  über  folgenden  interessanten  Fall: 

§  315.    Ein  20 jähriger  Soldat  hatte  einen  Streifschusa  an  der  rechten  Seite  des  Kopfes 
il     erhalten.    Nach  zwei  Monaten  trat  ein  Anfall   von   klonischen  Krämpfen   ohne  Verlast  des 
b     Bewusgtaeins,  hauptsächlich  im  Gebiete  des  linken  Facialis  auf.    Die  Muskeln  an  Mund  und 
i     Nase    namentlich,    dann    auch   der    Orbicularia    palpobrarum,    kontrahirten    sich    mit 
9      ftus^ers.ter  Heftigkeit  im  Beginne  des  Anfalles  in  Panseu  von  etwa  einer  Sekunde.    An  dem 
'       Anfalle  bethoiligten  sich  femer  die  fihrigen  dem  Facialis  angehörigen  Muskeln,  wenn  auch  in 
geringerem  Grade»  die  Muskeln  der  Zunge  in  hohem  Qrado  sowie  die  Respiration smuskeln  und 
der  rechte  StemocleidomnBtoideus.    Der  Anfall  dauerte  im  Ganzen  fünf  Minuten.    Unmittel- 
!      bar   nachher  bestand   eine  passagere,   aber   für   den  Moment  fast   komplete  Lähmung   des 
ganzen  linken  Facialis   und  der  linken  Zungenmuskulatur.    Nach   wenigen  Minuten   bereits 
liess  diese  Lähmung  zunächst  in  dem  oberen  Asto  des  Facialis^  nachher  auch  iri  den  Übrigen 
nach    und  zwar  derart,    da^s  Patient   willkilrliche  Bewegungen    im  Anfange   nur   ausführte, 
wenn  ihm  geheissen  wurde,  dio  linke  Seite   allein  zu  bewegen,    während   bei  gemeinschaft- 
lichen Gesichlshewegutigen   diese  Seite  ruhig   blieb.     Im  Verlaufe  einer  iialhen  Stunde    be* 
mannen  auch  gemeinschaftliche  l^ewegunge^n  beider  Gesichtshälften.  jedoch  blieb  immer  noch 
die  linke  Gesichtsbälfte  zurück.     Zehn  Minuten  «ipäter  traten  analoge  klonische  Zuckungen 
von    geringer  Intensität  in  sämmtlichen  Beugemuskeln   der  Finger  incl.   des  Daumens  der 
linken  Hand  ein,   während  gleichzeitig   der  Facialis  nur   ein    leichtes  Vibriren   zeigte.    Die 
1      Gesichtsfarbe  war  kreide  weiss.     Bei  den  Anfällen,    die  stets  ohne  BewuHStseins  verlast  ein- 
;      traten,  bewegten  sich  die  Augen  stets   nach  dem  linken  Winkel.     Die  Sektion  ergab  einen 
Abscess  der  Hirnrinde,    welcher   an   der  Uebergangsstelle   der  vorderen  Centralwindung  in 
den  Klappdeckel  seinen  Sitz  hatte. 

Wernher'a  (1367)  Fall  betrifft   einen  19jährigen  Bremser,   der  von  der  Höhe  eines 
Waggons  mit  dem  Kopf  auf  die  Schienen  gestürzt  war.    Kein  Bewusstseinsverlust,  dagegen 
mehrmaliges  Erbrechen.     Unter  dem   durchquetschten  Scblafenmuskel  war  der  Knochen  iu 
der  Grösse  etwa  eines  ZthnpfennigstÜckes  eingedrückt,    ferner  befand  sich  an  der  hmteren 
«       Scheitelgegend  eine  bis  auf  den  Knochen  dringende  Wunde.    Einen  Tag  nach  der  Verletzung 
fiel  auf,  dass  der  Unterkiefer  des  Patienten  herabhing  und  dass  er  das  rechte  Auge  weniger 
gut  als  das  linke   ^»ffnen  konnte.     Am  Nachmittag  desselben  Tages   trat  völlige  raotoriach© 
Aphasie  ein.     Am    folgenden  Tag  war  Patient  bemahe  vülHi;   betäubt,    und   es  traten  Kon- 
!       vülsionen  der  rechten  Körperseite   ein.     Der  rechte  Mundwinkel   wurde   während   des  Par- 
I       oxjsmiis  fortwährend  in  kurzen,   raschen  Bewegungen   so  hoch  uls  möglich   heraufgezogen, 
^      gleichzeitig  die  Nasenflügel   geölfnet  und   das  Auge   in    krampfhaftem    Nicken   geschlossen. 
An  dem    linken  Auge  wurden  gleiühe,  jedoch  viel   schwächere,   augenBcheinlich  nur  Mitbe- 
wegungen beobachtet.    Verfasser  führt  die  Muskelgruppen  an,  die  sich  an  den  Konvulsionen 
betheiligt  hatten.    Im  Gesicht  waren  es  der  Orbicularis  palpebr,,  der  Quadrat    und  Triangu- 
laris  menti,    der  Levator   labii   super.,   der  Zygomaticus.   Levat.   an  pul  i  oria   alaeque   nasi. 
Am  Hals:  das  Platysma,  Sternötleidoraast.,  der  Omohyoideus,   Cucullaris,   Splenius  capitis; 
ausserdem  der  Styloglossus  und  Hyoglossus,    Am    Vorderarme   waren  sämmtlicbe  Beuger 


606  Krampfzastände  im  oberen  Facialisgebiet 

und  Strecker  der  Finger  betheiligt.  SpAter  warde  auch  eine  LähmuDg  der  rechten 
Extremität  beobachtet.  Die  Sektion  ergab,  dass  die  Knochenimpression  genan  über  im 
mittleren  Theiie  der  Fossa  sylvii  und  unter  der  Art.  meningea  media  gelegen  war.  rata 
der  Impression  lag  ein  kleines  klumpiges  Blutgerinnsel.  Der  Impression  gegenfiber  war  & 
Dura  mater  2  cm  lang  scharfkantig  eingerissen.  Aus  diesem  Risse  floss  eine  gewim 
Quantität  chokoladefarbiger  Flassigkeit,  zerfallenes  Blut  mit  Eiter.  Auf  der  Oberfll^ 
der  linken  Hemisphäre  lag  ein  Extravasat,  welches  hauptsächlich  den  linken  Loboi  bm- 
talis  einnahm,  sich  aber  auch  über  den  Lob.  pariet  und  tempor.  erstreckte.  Die  Obeilkk 
des  Frontallappens  der  vorderen  linken  Hemisphäre  war  erweicht,  die  Erweichnng  pt% 
jedoch  nur  in  ganz  geringe  Tiefe.  Sonst  war  im  Qanzen  nichts  wesentlich  von  der  N«b 
Abweichendes. 


Y)  Facialiskrämpfe   nach    Kalkeinlagerung    auf    der   vorderen 

Centralwindung. 

§316.  Berkeley  (1368)  beobachtete  einen  2Vs  Jahre  andauernden  einseitigen  Fadiiii- 
krampf,  als  dessen  Ursache  er  ein  auf  dem  unteren  Ende  der  vorderen  Centralwiodong  vd- 
liegendes  Ealkknötchen  konstatirte.  Die  Abbildung  dieses  Herdes  ist  bei  Gowerg,  Ub- 
buch  der  Nervenkrankheiten,  deutsch,  Bd.  II,  245,  Fig.  103  aufgefahi*t.  Der  klonnck 
Spasmus  war  auf  den  M.  zygomaticus  beschi'änkt. 


d)  Orbiculariskrämpfe  bei  Erweichungsherden. 

§  317.  G.  Stark  (1369  .  Es  handelte  sich  um  einen  Fall  von  progressiver  Panüysemt 
Lähmung  des  linken  Facialis.  Später  trat  heftiges  Zucken  in  der  linken  Gresicfatshälfte  vai 
im  motorischen  Tngeminus  auf  von  zweimonatlicher,  ununterbrochener  Dauer  nach  eim 
paralytischen  Anfalle.  Die  Muskulatur  um  die  linke  Mundhälfte  und  am  linken  NasenllBgil 
zeigte  ein  beständiges  krampfhaftes  Muskelspiel  von  nahezu  immer  gleicher  Intenaitit 
Neben  dem  Facialiskrampf  kam  zugleich  ein  Krampf  im  Rectus  externus  des  linkes  ni 
im  Hectus  intern,  des  rechten  Auges  vor. 

R.  Schultz  (1370).  Ein  20 jähriger  Kutscher  erkrankte  drei  Tage  nach  einem  FiUe 
vom  Wagen  an  amnestischer  Aphasie,  Parese  des  rechten  Facialis  und  klonischen  Krämpfei 
der  rechten  Gesichtshälfte,  welche  alle  fünf  Minuten  sehr  heftig  auftraten.  Später  allge- 
meine klonische  und  tonische  Krämpfe  der  gesammten  Muskulatur.  Tod  11  Tage  naek 
dem  Fall.  Bei  der  Autopsie  wurde  ein  haselnussgrosser  käsiger  Herd  in  der  linken  Broct* 
sehen  Windung  gefunden. 

£.  V.  Bamberger  (1371)  80jährige  Frau,  anfallsweise  auftretender,  erst  redts- 
seitiger,  dann  auf  die  linken  oberen  Aeste  überspringender,  später  doppelseitiger,  eodliek 
alternirender  Facialiskrampf.  Uebergreifen  auf  Zunge,  Gaumeneegel,  Masseteren,  reebta 
Arm,  rechtes  Bein.  Halbseitige  Krampfanfälle  mit  epileptiformem  Charakter  (Rindenepilepoel 
Schwerbeweglichkeit  im  Gebiete  beider  Faciales,  der  Zunge,  des  Gaumensegels,  Erschweraag, 
später  Unmöglichkeit  des  Schluckens,  des  Kauens,  der  Sprache.  Motorische  und  vasomat«- 
rische  Lähmung  des  rechten  Armes.  Lähmung  des  CucuUaris  und  Pectoralis.  Parese  d« 
rechten  Beins.  Speichelfluss.  Als  einziger,  wesentlicher,  pathologisch-anatomischer  Befad 
ergab  sich  eine  leichte  Rosafärbung  des  äusseren  lateralen  Endes  der  linken  vorderen  C«i- 
tralwindung,  die  auch  auf  Durchschnitten  der  Rinde  hervortritt,  in  welcher  man  fibriga» 
mit  freiem  Auge  drei  punktförmige  Blutungen  sah.  Im  Bereiche  des  Vagnskems  wana 
einzelne  Ganglienzellen  schmäler  oder  ohne  Fortsätze,  die  meisten  aber  sahen  ganz  nonaal 
aus.  Ein  ähnlicher  Befund  zeigte  sich  auch  im  Facialiskem,  während  im  Hypoglossaskan 
sämmtliche  Ganglienzellen  gut  entwickelt  waren.  Die  Wurzeln  der  genannten  Nenrea  nr- 
hielten  sich  durchwegs  normal. 

In  dem  folgenden  Falle  waren  die  Stirn-  und  Augenlider  unbetheiligt. 


Kranipfzustände  im  oberen  Faetalisgebiet. 


WI 


Knecht  (1372).  Jackson 'sehe  Epilepsie  mit  Lfthmung  im  Gebiet  des  linken  FAcialis, 
Zucktiiigen.  Stirn-  und  Augenlider  sind  unbetheiligt,  ErweichungshenJ  von  üi  rächen  grosse 
am   vorderen  Rande  der  vorderen  Centrat  windung  m  der  H5hü  der  IL  Stirn  Windung. 


s)  Facialiskraraiif  bei  hämorrhagischeii  Cysten« 

8  318.  U ow eil  Th,  Persing  {1373).  Drei  Monate  nach  einem  Trauma  des  reobten 
8cli1ftfenluppens  bei  einem  robusten,  jungen  Manne,  ilas  von  einer  temporären  Lähmung  der 
linken  Extremitäten  begleitet  war»  traten  klonische  Krämpfe  im  linken  Orbicwlaris 
palpebrarum  anfallsweise  auf,  dem  eicb  zuerst  ein  Taubbeitsgefübl,  dann  kloiiiscbe 
Krämpfe  der  Hand-  und  FingertnusknlatuTt  aber  ohne  voUätfindigen  BewuBstseinBverluBt, 
anschlössen.  Etwa  11  Monat©  nach  der  Verletzung  wurde  in  <ler  Gegend  des  Üentrums 
für  die  Bewegungen  der  oberen  öesichtshAllte  trepsiiirt,  eine  hämorrhagische  Cyste  von 
4  cm  Durchmesser  gefunden,  entleert  und  drainirt.  In  den  nächsten  Tagen  trat  Fieber, 
Ptosis  und  Parese  der  linken  Hand  und  gelegentlich  Delirium  ein.  TrotÄdem  und  obechon 
Patient  einmal  sogar  den  Verband  abrisä,  erfolgte  Heilung  und  vom  24.  Tage  nach  der 
Operation  ab  konnte  Patient  das  Krankenhaus  verlassen.  Die  Paresen  sind  voIlBtJlndig 
geschwunden.  Das  Auiibleihen  der  Krampfanfrille  konnte  bisher  allerdings  nur  durch  xwei 
Monate  hindurch  konstütiit  werden, 

Pugliese  (1374).  70 jahriger  Alkoholis^  schon  wiederholt  von  apoplektischeu  In- 
sulten befallen,  erkrankte  durch  einen  neuen  Schlaganfall  mit  Rigidität  der  linksseitigen 
Extremitäten,  Höherstehen  des  linken  Mundwinkels  und  der  linken  Augenbraue,  wah- 
rend gleichste] tig  die  linke  Stirnseite  gerunzelt  war.  Bald  darauf  klonische 
Kr&mpfe  der  linken  Seite,  die  Taf^s  darauf  aufhörten,  sodnas  nur  noch  Zuckungen  im 
linken  Orbicalaris  oculi  und  Co  rrn  gator  su  p  e  rcilii,  sowie  don  S  tirnm  usk  ein 
bestanden.  Im  rechten  M.  froutaüs  gleiche,  wenn  auch  schwächere  Zuck- 
ungen. Bei  der  Sektion  fand  sich:  Atherom  der  Gehirnarterien,  besonders  der  Art, 
fossae  sylvii,  und  daselbst,  namentlich  rechts,  zahlreiche  wandstÄndige  Thromben,  die  in 
den  End Verästelungen  das  Lumen  verschlossen.  In  den  Ganglien  der  Hirnbasis  ältere 
apoplek tische  Cysten.  Die  Hirnrinde  war  intakt  und  iwor  nach  des  Verfassers  Ansicht 
deshalb,  weil  die  Arterien  der  Rinde  keine  Endarterien  wären,  sondern  mit  anderen  durch 
das  GefAf^snelz  di^r  Pia  kornmuniziren.  Auch  waren  während  des  Lebens  des  Patient^^n  die 
klinischen  Symptome  irritativer  Natur,  so  duss  man  auch  aus  ihnen  zwar  auf  eine  Ischämie^ 
nicht  aber  auf  eine  Anämie  der  Rinde  schliessen  musste. 

Ann  der  Theilnalime  des  rechten  Frontalis  und  dem  Krämpfe  des 
linken  oberen  Facialis  zieht  Fuglieae  den  Schliiss,  dass  die  Itinden- 
centren  dieses  Muskels  eine  bilaterale  Funktion  bätten,  während  dies 
bei  den  vom  unteren  Facialis  versorgten  Muskeln,  sowie  beim  Orbicuhins 
oris  nicht  der  Fall  sei.  Die  letzteren  könne  man  ja  auch  einseitig  willkür- 
Heb  innerviren,  nicht  aber  den  Frontahs. 

Aus  der  angeführten  Kasuistik  geht  hervor,  dass  hei  diesen  durch 
kortikale  Läsionen  bedingten  direkten  Reizerscheinungen  die  Kontraktionen 
des  Orbicularis  sowohl  einerseits  eine  Theilerscheinung  des  mimischen  Gesichts- 
krampfes der  dem  Sitze  des  Krankheitsherdes  entgegengesetzten  Seite  dar- 
stellen, andererseits  dass  diese  Facialiskrämpfe  fast  immer  mit  Krampf  und 
Lähmungszuständen  der  einen  Körperhälfte  vereint,  oder  von  ihnen  gefolgt, 
in  die  Erscheinung  treten.  Es  ist  also  mit  kurzen  Worten  der  Blepharo- 
spasmus hier  eine  Theilersclieinung  der  Jackson 'sehen  E[ulei)sie,  und  richtet 
sich  die  Diagnose  der  Orundkrankheit  je  nach  den  für  einen  Gehirntumor 
Abscess,  Erweichung  etc.  gültigen  diagnostischen  Sätzen. 


606  Krampfzustände  im  oberen  Facialisgebiet. 

2.  Orbiculariskrämpfe  bei  direkter  Reizung  der  subkortikalen 

Facialisbahn. 

§  319.  Nach  Bernhardt(1375)  können  auf  der  Bahn  der  centralen  Facialis- 
fasern  von  der  Rinde  ab  bis  zum  Kern  in  der  Brücke  hin  bei  plötzlich  ent- 
stehenden Blutungen,  femer  bei  Erweichungen  und  Abscessen  (so  in  enm 
von  M.  Rosenthal  (1376)  citirten  Falle  von  Larcher  mit  einem  Abscess  in 
der  Brücke)  auf  kurze  Zeit  Zuckungen  der  Gesichtsmuskeln  den  spater 
eintretenden  Lähmungen  derselben  vorausgehen. 

Nach  Gowers  (1377)  wurde  bei  organischen  Läsionen  der  Brücke  der 
Spasmus  der  Gesichtsmuskeln  nur  als  vorübergehendes  Symptom  beobachtet 
welches  der  Paralyse  vorherging.  Isolirte  Orbiculariskrämpfe  werden  hi« 
wohl  kaum  zur  Beobachtung  kommen. 

3.  Orbiculariskrämpfe  bei  direkter  Reizung  der  Facialiskemregion. 

a)  Geschwülste. 

§320.  Assagioli  e  Bonvecchiato(1379).  Der  linke  Thalamus opticos 
vergrössert,  ganz  in  eine  gliomatöse  Masse  verwandelt.  Später  rechtsseitig 
Hemianästhesien.  Choreabewegungen  der  rechten  Gesichtshälfte  und  der  rechten 
Extremitäten.     Rechtsseitiger  Blepharospasmus. 

Petrina  (1380)  (Bernhardt,  die  Gehimgeschwülste,  pag.  181).  Soli- 
tärer  Tuberkel  von  Haselnussgrösse  im  Pons.  Linksseitige  GesichtslähmoDg. 
vorübergehend  doppelseitiger  Blepharospasmus. 

ß)  Facialiskrämpfe  bei  Tabes. 

§  321.  Ob  die  mit  Nuclearlähmungen  bei  Tabes  einhergehenden  Krämpfe 
des  Facialis  auf  Reizungen  der  Kemregion  beruhen,  muss  noch  dahingestellt 
bleiben. 

So  beobachtete  de  Bono  (1381)  einen  Fall  von  Tabes  rechts  mit  unvoll- 
kommener Ophthalmoplegia  exterior,  beiderseitiger  totaler  Ophthalmopl^ 
interior,  beginnender  Opticusatrophie,  lancinirenden  Schmerzen,  anormaler 
Lokalisation  der  Empfindungen,  Fehlen  der  Patellarreflexe  rechts  mit  Krampf 
des  Orbicularis  und  der  mimischen  Gesichtsmuskeln. 

Pel  (1507).  Bei  einem  41jährigen  Tabiker  mit  besonders  ausgesprochenen 
Parästhesien  im  Gebiete  zahlreicher  Nerven,  auch  des  Trigeminus,  traten 
wiederholt  mit  Intervallen  von  nur  wenigen  Tagen  ohne  irgend  welche  nach- 
weisbare Ursache  plötzlich  Anfälle  von  heftigen  brennenden  und  stechendem 
Schmerzen  in  beiden  Augen  und  deren  Umgebung  auf.  Objektiv  waren  die 
heftigsten  krampfhaften  Kontraktionen  der  beiden  Mm.  orbiculares,  starker 
ThränenHuss,  intensive  Röthung  und  Schwellung  der  Conjunctiva  bulbi  et  palpe- 
brarum zu  konstatiren.  Genauere  Untersuchung  der  Augen  war  wegen  der 
hochgradigen  Hyperästhesie  in  deren  Umgebung  während  der  Anfalle  nickt 
möglich.     Die  Dauer  schwankte  zwischen  2—3  Stunden   und  1*  t  Ta^n.   In 


Krainpf2U  stall  de  im  oberen  FaciallsgeUiet. 


80» 


den  Intervalleo  waren  die  Äugen,  abgesehen  von  rertektorischer  Pupillenstarrej 
völlig  normal 

In  den  Füllen  von  Bot t ige r  (1382)  und  Westpbal  (1383}  von  pro- 
gressiver Paralvi^e  war  neben  Nuclearlähmiing  der  Augenmuskeln  Zuckungen 
im  Mundfacialis  aufgetreten,  ebenso  im  Falle  Mari  na 's  (1384)  bei  Tabes. 


i 


y)  Nach  Blutungen. 


§  322.  J.  Col  Hna  (1431)  erzälilt  folgenden  Füll:  Ein  39jähi\HandelBtnRHii,  verUeiratbet, 
vor  ]6  Jahr^^n  syphilitiaclie  Infektion,  nur  lokale  Bohandhin«;  Die  jetzige  Slörnng  begnnn 
plötiüch  ohne  Vorboten  nach  einer  reiehlicben  Mabheit.  Die  Hrtuptsyraptoine  waren  plotz- 
liclier  starker  Schwindel  und  Scbwächegeföhl 
in  der  linken  Körperhiilfte,  glcicbseitige  Diplo- 
pie in  Folge  von  LiÜimung  des  linken  Externus, 
DyBarthrie,  Dysphagie:  als  Heizsymptom  be- 
stand iges  Zwinkern  des  li  nken  Unter- 
lid a  und  d  0  9  u  m  g  e  li  e  n  d  e  n  Gesichts- 
ibeils»  gekreuzte  HemtanaTgesie  und  Thermo- 
AnSathesie  an  den  Kxtremitäten  rechts;  am 
Kopfe  Ituks,  Schwäche  des  unteren  TbeiU  des 
Facialis,  ata N tische  Parese  der  rechten  Körper- 
liälfte,  mehr  im  Arme  als  im  Fusse,  Parese 
des  imkeu  Rectum  auperior  und  Analgcdie  der 
linken  Hornhaut.  Verringerung  des  Gehörs 
linka.  Der  Herd  wurde  angenommen  im 
mittleren  Drittel  des  hinteren  oder  vielmehr 
dorsalen  Theib  der  Brücke- 

Ji  323.     Hyperaktion   des  Or- 
bicularis  nach  schweren  Facialis- 

läbmungen.     Siehe  pag.  64  §  41, 

Mit  der  Verziehung  des   Mundes 

zum  Lachein  ist  gewöhnlich  eine  leichte 

Kontraktion  des  Orbicularis  palpebrarum 

verbunden.      Fordert    man    nun    einen 

Patienten    mit     alter    Facialislähmung 

auf  zu  lachen,  so  wird  auf  der  aflizirten 

Seite  das  Auge  fest  geschlossen,  siehe 

Figur    135.      Andererseits,    wenn    die 

Augen  kräftig  geschlossen  werden,   gerätb  der  Zygomaticus  der  affizirten 

Seite  in  Hyperaktion  und  zieht  den  Mundwinkel  nach  Aussen. 

Bei   der  zuerst  erwältnten  Hyperaktion  des  Orbicularis  bei  versuchter 

Kontraktion  des  Zygomaticus  ist  auch  der  Frontalis  kontrahirt  und  dadurch 

die   Augenbraue    der  affizirten  Seite   in   die   Höhe   gezogen.     Diese   Mitkon- 

traktur   des  Frontalis    ist   bezüglich    der  Simulation    einer   Hyperaktion   des 

früher  gelähmt  gewesenen  Facialis  von  Bedeutung,    da  beim   Zukneifen   des 

Auges  unter  normalen  Bedingungen  der  Frontalis  eher  erschlafft  wird,  um 

das  HeraViziehen  der  Augenbrauen  zu  gestatten. 


Fig.  135, 

H.  N.  Rechtsseitige  totale  pcripht^re  Fncialis- 
lahmiinK«  Unwillkürliche  Kontri*kti(ui  der 
Lider  dieae«  Auge«  beim  Versuch,  äu  lachen, 


610  Krampfzastftnde  im  oberen  Facialisgebiet. 

Es  ist  wahrscheinlich,  dass  diese  Hyperaktion  die  Folge  tod  Verände- 
rungen  im  Facialiskeme  ist;  welche  durch  die  lange  andauernde  Unterbrechim^ 
in  der  Nervenbahn  und  die  konstante  Reizung  des  Centrums  bei  BemühiingeB 
das  Gesicht  zu  bewegen,  eingeleitet  werden.  Die  Besistenzfähigkeit  der  ZeUen 
werde  nach  Hitzig  vermindert,  so  dass  sie  mit  abnormer  Lieichtigkeit  reagirten. 
Ihr  tonischer  Einfluss  auf  die  Muskeln  sei  gesteigert,  die  Thätigkeit  eines  Theil« 
des  Kernes  theile  sich  auch  anderen  Theilen  mit,  und  die  Zellen  zeigten  eme 
Neigung  zu  spontanen  Entladungen. 

4.  Orbiculariskrampfe  zufolge  direkter  Reizung  des  Facialisstammes 
und  seiner  peripheren  Aeste. 

Auch  am  Schädelgrunde  können  Krämpfe  des  Augenschliessmuskels  dnrdi 
Beizung  des  Nerv,  facialis  entstehen  zufolge  von  Einwirkung  entarteter  G^ 
fasse  oder  von  Tumoren  und  Aneurysmen. 

a)  Direkte  Reizung  des  N.  facialis  durch  Geschwülste. 

§  324.  Schon  Ro  s en  t  h  a  1  (1885)  hatte  einenFall  von Facial i sk rampf  ans  derEliiik 
von  Schuh  veröffentlicht^  welcher  durch  ein  Cholesteatom  am  Schädelgronde  bedingt  vir. 
(Freilich  bestanden  in  diesem  Falle  auch  Gesichtaschmerzen.) 

Hulke  (1386)  berichtet  über  einen  Fall,  in  welchem  ein  von  der  Spitze  des  liak« 
Felsenbeins  ausgehendes  Sarkom  des  Ganglion  Gasseri,  den  Sinus  cavemostia  und  die 
Augenmuskelnerven  zerstört  und  eine  Perforation  der  Schädelbasis  vom  durch  das  ober« 
Orbitaldach  bewirkt  hatte.  Der  Facialis,  der  Acusticus  und  Hypoglossus  waren  mü- 
ergriffen.  Es  bestand  Deviation  der  Zunge  nach  links  und  Zucknngen  im  linkea 
Facialis. 

F.  Orsi  (1387).  Fibrom  der  Dura  am  Os  petrosum,  das  linke  Ganglion  Gassen 
druckend.  GefOhl  von  Kälte  und  Ameisenlaufen  in  der  linken  Gesichtsh&lfte.  Krämpfe 
im  linken  Facialisgebiet,  rechtsseitige  (unerklärte)  Facialisl&hmuDg. 

Bei  diesen  Fällen  lässt  sich  mit  Sicherheit  eine  reflektorische  Einwirkung 
auf  den  Facialis  nicht  ausschliessen,  weil  der  Tumor  auch  gleichzeitig  den 
Trigeminus  mitaffizirt  hatte.  Auch  der  folgende  Fall  ist  in  dieser  Hinsicht 
nicht  ganz  rein. 

Moos  (1888).  49jährige  Patientin.  Kopfschmerz,  Schwindel,  Erbrechen.  Liob 
Anästhesie  der  Gesichtshälfte,  zeitweise  Reissen  im  linken  Oberlid  und  ein  Gef&U  tob 
Schwere  in  demselben,  auch  zeitweilig  Reissen  in  der  linken  Gesichtshälfte.  Beiderseits: 
Abnahme  des  Sehvermögens.  Links  Abnahme  des  Gehörs  und  klonische  Krämpfe 
im  Lid,  in  der  Zwischenzeit  leichte  Ptosis.  Die  linke  Pupille  enger  als  die recfatf. 
späterhin  sehr  eng.  Links  trat  späterhin  Strabismus  convergens  auf.  Tod  durch  Ver- 
schlucken. 

Sektion:  An  der  Aussenseite  des  linken  Perus  acusticus  intern,  eine  walloussgrosw 
Geschwulst.  Der  Nervus  acusticus  links  scheint  in  der  Geschwulst  aufgegangen  zu  a&a. 
Dieser  und  der  abgeplattete  Facialis  sind  grau  verfärbt.  Der  linke  Ocolomotoiias  fast  ii 
seinem  ganzen  Verlauf  grau  verfärbt  und  atrophisch.  Der  linke  Trigeminas  gleichfalls  stoik 
abgeplattet  und  grau  verfärbt. 

Aus  der  folgenden  Beobachtung  lässt  sich  wegen  der  multiplen  Tumoren 
kein  brauchbarer  Schluss  ziehen. 


Krampfzustände  im  oberen  Facialisgebiot. 

Banze  (1389).  NäcIi  atisBen  vom  linken  Corpus  restifürme  ein  nuBsgroeser  Tuberkel, 
eich  in  die  linke  Britektinbälfte  uod  den  linkLm  Brüokenarm  biDeinerstväckend.  Nach  ausseu 
von  diesem  Tumor  ©in  zweiter  bohnetigro&ser  Der  linke  FHCialiB,  Acusticus,  Vagua 
f-ind  in  der  Geschwulst  aufgegangen-  Fünf  Tuberkel  im  rechten  und  linken  Mittellappen.  Zwei 
beiderseits  an  der  unteren  Fläche  der  Schläferda]>pen.  K  o  n  v  u  1 9  i  o  n  e  n  1  i  n  k  9  im  U  e  .•*  i  c  h  t , 
rechts  an  den  Extremitäten,  linksseitige  Facialisläbmuug.  Fareae  der  rechten  Ex- 
tremitäten. 

ß)  Durch  Entartung  der  Gefasse. 

§325.  Bu SS  (1390).  48 jähriger  Schlosser.  Lungenemphysem,  Hypertrophie  des  üerzens» 
Musgesprochene  A  tberomatose  der  peripheren  Arterien ,  so  w  ie  ein  linkuseitig^r  Tic 
convulsif.  Die  klonischen  Zuckungen  betrafen  fast  die  ganze  linke  Gesichts iiölfte.  Am 
meisten  in  die  Augen  fallend  war  das  Blinzeln  und  8  c  h  1 1  e  s  a  e  ti  der  Augenlider, 
sowie  die  Verzenung  der  Wange  und  des  Mundwinkels.  An  der  Stirn,  am  Ohr  und  am 
Kinn  sah  man  keine  Bewegungen,  Schmerzen  hatte  der  Patient  nirgends.  Tod  durch 
Apoplexie  zufolge  ausgedehnter  Zerstörung  der  Brücke  durch  einen  tauben  ei  grossen  frischen 
Blute rgnss.  Daneben  fand  sich  Folgendes:  Die  linke  Arteria  cere belli  post  war  etwas 
weiter  als  die  rechte,  verlief  geschlängelt  und  bogenförmig  nach  vorn  und  zeigte  aui^sordem, 
wie  fast  alle  Arterien  der  Basis,  atheromatöse  Stellen,  Sie  lag  mit  einer  Windung,  an  der 
aich  eine  stark  atheromatüse  Stelle  befand,  dem  linken  Facialis  und  Acusticus  fest  auf» 
Die  Untersuchung  der  friscben  und  gehärteten  Nerven  t  sowie  des  Facialisursprungs  in  der 
Brücke  ergab  ein  negatives  Eesultat. 

Es  liegt  die  Annahme  nahe»  dass  hier  der  linksseitige  kkniisclie  Facialis- 
krampf  durch  den  Druek  hervorgerufen  worden  sei,  welchen  die  atheroma- 
töse Stelle  der  erweiterten  linken  Arteria  cerebelli  i)ost.  auf  ilm  ausübte. 

Schnitze  (1391).  Bei  einem  56jährigen  Manne»  der  10  Jahre  zuvor  eine  Kopf- 
verletzung erlitten  hatte,  traten  ein  Jahr  vor  seinem  Tode  in  dt*r  linken  Gesichtshälfte 
kurze  klonische  Zuckungen  auf,  welche  bei  jeder  Bewegung  des  Kiefers  oder  des  Gesichts 
zunahmen.  Alle  Muskeln  ausser  dem  Frontalis  waren  befallen.  Der  Gaumen 
bewegte  sich  nicht.  Schmerzen  fehlten.  Es  fand  sieb  ein  Aneurysma  der  linken  Arteria 
vertebraliSp  das  den  Nerv,  facialis  komprimirt  hatte.  Im  Nerven  konnten  weder  mit  dem 
blossen  Auge,  noch  mit  Hilfe  des  Mikroskops  pathologische  V^eränderungen  wjihrgenommen 
werden. 

j)  Durch  meningitische  Prozesse. 
sj326.  Auch  bei  den  meningiti sehen  Prozessen  währenddes  irritativen 
Stadiums  kann  der  Lidschhig  vermehrt,  und  das  Lid  spastisch  geschlossen  sein. 


d)  Bei  Affektionen  des  Mittelohres. 

§327,  Ziem  (1392)  berichtet,  dass  bei  einem  16jährigen  Gärtnerlelirlinge, 
der  in  seinen  Kinderjahren  an  linksseitiger  Ütorrhoe  gelitten^  und  bei  dem  sich 
dieselbe  in  den  letzten  Wochen  wieder  gezeigt  hatte,  beim  Ausspritzen  der 
Paukenhöhle  —  das  Trommelfell  war  vollständig  defekt  —  klonische  Zucktni*.5en 
im  hnken  Orbicularis  bis  zum  vollständigen  Verschlusse  der  Lidspalte  auftraten. 
Eine  Mitbetheiligung  anderer  Zweige  des  Facialis,  speziell  auch  der  Bewegungs- 
nerven der  Ohrmuschel,  konnte  nicht  wahrgenommen  werden. 

Als  von  einer  AfFektion  des  Mittelohres  abhängigen  Facialislähniyng 
eigenthiimhch,  werden   von  Lannois  {Annales  des  Maladies  de  Foreille,  No- 

WUbraod-S«»nger,  KAorologie  dM  Aiig«a.    J    Ba.  IL  AbtbeiltiAg.  40 


612  Krampfzustände  im  oberen  Facialisgebiet. 

vembre  1894)  Zuckungen  in  der  später  ])aretischen  oder  yoUkommen  gelahmtai 
Gesichtsmuskulatur  beschrieben,  welche  Tagelang  dem  Eintritt  der  Paralyse  Toran- 
gehen  können  (Fall  von  Politzer  und  Well).  (Bernhardt  Nothnagel,  1 174, 
II  43).  Charakteristisch  sind  derartige  Facialiskrämpfe  für  ein  vorangegangenes 
Mittelohrleiden  nicht,  da  sie  wie  einzelne  weiterhin  noch  zu  erwähnende  Beobach- 
tungen von  Remak  (vielleicht  auch  von  Bältz  und  Di n kl  er)  lehren,  auch 
dann  gesehen  worden  sind,  wenn  die  später  eintretende  Lähmung  auf  eine 
Schädigung  der  Nerven  durch  langsam  wachsende  Geschwulstmassen 
innerhalb  der  Schädelkapsel,  speziell  an  der  Basis  derselben  zurückzufuhren  war. 

e)  Orbiculariskrampf  bei  direkter  Affektion  der  Facialiszweige. 

§  328.  Henschen  (1893)  beobachtete  eine  27jährige  Lehrerin.  Im  Aagast  1883  beganiMi 
Zuckungen  im  linken  Augenlid.  Im  November  breitete  sich  der  Krampf  bis  zir 
linken  Seite  der  Nase  und  auf  die  linke  Oberlippe  aus.  Der  Nerv,  facialis  sinister,  weleher 
bedeutend  dicker  und  empfindlicher  als  der  rechte  war,  bildete  einen  dicken,  sehr  deotiidwi 
Strang;  auch  an  der  Stirn  fanden  sich  die  Zweige  des  Trigeminus  verdickt  and  empfindM. 
Durch  Massage  Heilung. 

Auch  können  klonische  und  tonische  Krämpfe  des  M.  orbicularis  bei 
Narben  der  Stirn  und  Wangengegend,  welche  durch  Zug  oder  Druck  auf 
Nerven  wirken,  sich  einstellen.  Ob  aber  in  solchen  Fällen^  wie  Berger  (1394' 
eine  derartige  Beobachtung  von  einem  Studenten  erzählt,  der  nach  einem 
Schlägerhieb  über  die  Wange  die  heftigsten  Krämpfe  im  Gebiete  des  oberen 
Facialis  bekam,  der  Krampf  auf  direkter  Beizung  der  Facialisäste  oder 
reflektorisch  auf  einer  solchen  der  Trigeminuszweige  beruht,  bleibt  dahingesteUt 


IL  Der  Reflexkrainpf  des  Orbicularis  zufolge  organischer  Läsionen. 

1.   Durch  Einwirkung  auf  die  Verbreitung  des  Trigeminus  in  der 
Haut,  dem  Auge,  den  Schleimhäuten  und  Zähnen. 

§  329.  Der  reflektorische  Krampf  des  Orbicularis  nach  organischen  Läsionen 
wird  vornehmlich  durch  die  Reizung  des  Nervus  trigeminus  vermittelt 
Jedwede  Aff'ektion  des  sensiblen  Trigeminus  kann  auf  reflektorischem  Wege 
den  Facialiskrampf  erzeugen,  entweder  dadurch,  dass  übermässig  starke  Reize 
auf  der  centripetalen  Bahn  des  Reflexbogens  verlaufen,  oder  dass  eine  abnonn 
erhöhte  Erregbarkeit  der  Ursprungsstätte  der  P'acialisfasem  in  der  Brücke 
vorhanden  ist,  resp.  beide  Zustände  sich  vereinigt  finden.  So  ist  es  auch 
nicht  ungewöhnlich,   dass  sich  zum  Tic  douloureux  der  Tic  convulsif  gesellt. 

Namentlich  ist  es  die  Ausbreitimg  des  Trigeminusgebietes  auf  die 
Gesichtshaut,  auf  die  Augen,  die  Nasenhöhle  und  die  Zähne,  welche  durch 
vorhandene  Erkrankungen  der  betreffenden  Organe  gereizt,  die  Facialiskrämpfe 
auf  reflektorischem  Gebiete  herbeifuhrt. 

§  330.  Die  krampfhaften  Kontraktionen  der  vom  Facialis  versorgten  Muskeln, 
welche  wir  nach  krankhaften  Affektionen  der  Augen  beobachten,  beschränken 
sich  meist  auf  den  M.  orbicularis  palpebrarum.    Wir  beobachten  diese  Form 


,1 .  des  reflektorisclieii  Blepharospasmus  hauptsächlich  bei  skrophulusen  Kindern 
Bißit  Hornhaut-  und  Conjunctival leiden.  Gerade  die  oberHächliohsten  Er- 
krankungen der  Hornhaut,  die  Epithel  Verluste  imd  die  Phljctanen  rufen  am 
leichtesten  KnmiptTormen  im  Orbicuhiris  hervor,  weil  die  Nerven  der  Horn- 
haut namentlich  in  den  obersten  Schichten  sehr  zahlreich  sind,  und  durch 
Abschürfungen  und  Abhebungen  des  Epithels  die  zahlreichen  Fasern  des 
epithelialen  Nervenplexus  bbssgelegt  werden.  Dieser  meist  sehr  heftig  auf- 
tretende Orbiculariskrampf  ist  mit  Lichtscheu  und  vermehrtem  Thränenrtuss 
verbunden,  und  die  Kinder  setzen  dem  gewaltsamen  OeÖnen  der  Augen  den 
gröj^sten  Widerstand  entgegen.  Durch  den  häufig  Wochen,  Ja  Monate  an- 
dauernden tonischen  Biepharo- 
epasmus  werden  dann  nicht  selten 
(vergleiche  Figur  136)  die  Lider, 
besonders  das  obere,  Ödematös, 
weil  die  Venen  derselben,  welche 
zwischen  den  Fasern  dt-  nrln- 
culariH  hindurchtreten,  durch  dii^ 
andauernde  Kontraktion  kom- 
primirt  sind.  Daneben  treten  dann 
noch  häufig  Exkoriationen  am 
Lidrand,  und  Entropium  spasti- 
cum auf,  welch  letstteres  durcli 
Einwärtskehren  der  Cilien  und 
dadurch  gesetzten  Hornhaut  reiz 
den  rertek torischen  Krampf  des 
Augenschliessmuskels  noch  ver- 
mehren hilft. 

Die  Fältelung  der  Lidhaut 
bei  diesem  starken  Blepharospas- 
mus tritt  bei  derartigen  Kijidern 
tbeiis  wegen  des  Oedems  weniger 
hervor,  theils  auch  weü  die  Haut 
noch  reicher  an  elastischen  Fasern 

ist  als  bei  Erwachsenen,  In  Fällen  geringeren  Grades  vermag  der  energische 
Wille  zuweilen  noch  die  Lider  in  blinzelnder  Art  etwas  zu  lüften,  wobei 
die  Kinder  meist  ihren  Mund  öffnen,  um  durch  gleichzeitiges  Herabziehen  der 
Oberlippe  einen  Zug  auf  die  Haut  des  Unterlides  auszuüben. 

Dieser  Blepharospasmus  kann  einseitig  auftreten,  erscheint  aber  meist 
auf  beiden  Augen. 

Mit  diesem  Blepharospasmus  ist  fast  ausnahmslos  eine  vermehrte  Sekretion 
der  Thränendrüse,  und  Lichtscheu  verbunden.  Daher  kommt  es,  dass  bei 
gewaltsamem  Oefinen  der  Lider  ein  Thränenstrom,  manchmal  spritzend,  aus 
dem  Conjunctivalsacke  hervorquillt,  und  durch  das  vermehrte  überlaufende 
Sekret  die  Lidwinkel  oft  exkoriirt  erscheinen. 

10^ 


Fig.  13Ü, 
D.  IB>    BkpharottpmuiUB  bei  skrophulö»er  Ophthalmie. 


614 


Krampfjüstünde  im  oberen  Facialisgebiet. 


§  331 .  Bei  erwachsenen  Personen  tritt  nicht  selten  bei  ConjunctivÄlkaiairööi 
und  vermehrter  Reizung  derselben  durch  nächtliches  Wachen  und  Exceaw  €m 
fibrilläres  Zucken  in  der  Palpebralportion  des  Orhicularis  namentlich  äi& 
Unterlide  auf.  Dasselbe  kann  oft  dadurch  lästig  werden,  dass  durch  den  eiih 
seitig  auf  den  Bulbus  wirkenden  Druck  der  sich  zusammenziehenden  Maskel> 
hiindel,  der  liiilbiis  (den  Zuckungen  synchronische)  Vei'schiebangen  erfahit 
und  dadurch  ruckweise  Doppelbilder  auftreten  und  wieder  verschwinden. 

f}332.  Auch  den  BlepharosiJÄsmui 
bei  der  Schneeblindheit,  welcher 
mit  brennendem,  heftigem  Schmen, 
mit  Epiphora,  mit  Photophobie,  ge- 
ringer Schwellung  der  Lider  und  io 
schweren  Fällen  mit  Hyperämie  der 
(Jonjunctiva  und  Chemosis  eiDher- 
gebt,  führt  Berlin  (1395)  auf  ie 
V ü nj  u nct i V i  t i s  e vy  the  m atosÄ  xurod; 
welche  durch  die  scharfe  Luft  ofid 
die  rertektirte  Sonnen  wärme  auf  Je« 
hoben  Bergen  und  in  den  arktiscben 
llegionen  verursacht  werde, 

§333.  Nleden  (1396I  beobselitcli a 
dnem  Falle  von  Empyem  des  Ob«rkie^ 
eine  heftige  Nt?ura]gie  in  der  Bahn  df^sNerrv 
infraorbitiilis,  sowie  einen  krampfbiftiM 
Blepharospasmus  auf  der  gleichen  ^«iln 
der  nach  Beseitigung  des  Empyeaw  übr 
bald  achwüud. 

Trousseau  (1397)  bericlttat  OWr 
eine  IBjährige  Patientin,  welche  wt^ 
eines  sehr  heftigen  beiderseitigen  Bkplwr 
si^^iBmus  9  Monate  l&ng  mit  albn  ib4^ 
liihon  Mitteln  behandelt  worden  wir,  te 
die  Heilung  durch  die  Estfemung:  dnafftr 
Polypen  aus  der  Nase  sehr  rasch  zu  Sttt^ 
kam.  In  einem  anderen  Falle  bei  tmf 
25  jährigen  sehr  nervösen  Dame  heobaclilite 
TrouBBeau  jedesmal  hei  dem  AiifhetM 
eines  hefligeu  Schnupfens  einen  IBIT' 
sprochenen  BlepharoepÄsmas,  welclier  2—3  Tage  anhielt. 

S  e  ©  1  i  g  in  U 1 1  e  r  ( 1399J  und  M  e  n  g  i  n  {1400)  sahen  Blepharospaaintis  in  Fol^e  kari«ff 
Zähne  auftreten. 

Ha  bei  (1398)  berichtet  über  folgenden  interessanten  Fall: 

Eine  seit  2  Jahren  mit  linkaseitigera  Tic  convulaif  behaftete  Frau  heham  pl^ttlU 
eine  linksseitige  Hemiplegie  mit  Betheiligung  des  unteren  Facialisaste».  Tmtx  di«» 
ausgesprochenen  centralen  Facialislähmung  blieb  der  Tic  bestehen,  eine  bisher  n^ 
beschriebene  und  interessante  Tbatsache,  Als  Ursache  des  Tic  ist  am  waJa racheiatidrrta 
ein  retlektoriächei'  Vorgang,  ausgelüBt  von  einer  Nasenächleimhautentzündung«  die  iiiglMiir 
Zeit,  wie  das  Gesichtszueken  auftrat  Die  Schleimhaut  der  Choanen  war  beid<f»«its  pf^ 
achwollen  und  geröthet.    Vielleicht  entstand  durch  diese  Schwellung  ein  Reiz  der  prripb«nrt 


Fig.  137, 

J«  D.      Kpcht*   Herpes  am    Ober-   uud    Unterlid , 

mit  leichter  Kontraktion  der  epitarf^aleu  Partie  des 

Orbicularis. 


Quintuafasern,  welcher  sich  durch  den  Reflexbogen  fortpflanzte  und  durch  Muskelzuckungen 
im  Fadalisgebiet  ofTenbarte. 

S  334.  Nicht  seilen  sehen  wir  B 1  e  p  h  a  r  o  s  p  a  s  ni  u  s  auftreten  nach  neural- 
gischen Zuständen  des  Trigeminu^,  die  manchmal  dadurcli  ausgezeichnet 
sind,  dass  ein  Druck  gegen  den  Nervus  occipitalis,  gegen  die  Verzweigungen  des 
Trigeminus  an  der  Schläfe  und  am  Supraorbitaüs,  den  Spasmus  desOrbicularis 
zum  Verschwinden  bringt.  Diese  unter  dem  tastenden  Finger  bisweilen  als 
äusserst  schmerzhafte,  verdickte  Stränge  sich  anfühlenden  Verzweigungen  des 
Trigeminus  täuschen  durch  halbseitige  Schmerzen  oft  Heraicranie  vor  und 
bewirken  nicht  selten  ei  gen  thüm  liehe  a  s  t  h  e  n  o  p  i  s  c  h  e  Beschwerden,  die 
Dur  durch  die  Massage  jener  schmerzhaften  Verdickungen  gehoben  werden 
können.  Ueber  einen  dahin  gehörigen  Fall,  dessen  Analogon  uns  in  der 
Praxis  nicht  selten  begegnet,  berichtet  Hotz  (1401). 

Er  beobachtete  ©inen  lljährigöu  Knaben,   welcher   an   zuckenden   und  krampfhaften 

Zuständen     der   Augenlider    litt,     wozu     bei   andauernder   Arbeit    für    die    NAho    migräue' 

artige    Schmerzen »    Appetitlosigkeit,     Uebliit^keit    und    Erbrechen    tnit.      Die     Funktionen 

des  Auges  waren  nonnal.     Hotz  hielt  den  Muskel krampf,    der  schliesslich    auf  das  ganze 

Gebiet  überging,  für  reflektorisch  erzeugt  und   fand ,  dasa   der  linke  Nervus  occipitahs  auf 

Druck  schmerzhaft  war^  und  dass  der  Krampf  bei  einer  h  Minuten  langen  Dauer  des  Druckes 

auf  den  Nerven  sistirte. 

1 

§  335,   Auch  die  V  e  r  1  e  t  z  u  n  g  e  n  der  Nervenzweige  des  Trigeminus  rufen  * 

reflektorisch  den  Blepharospasmus  hervor,  I 

So  beobachtete  Hotz  fl,  c.)  einen  12 jShrigen  Knaben,  welcber  nach  einer  Verletzung  , 

am  linken  Auge  an  starkem  Lidkrampf  litt,  so  dnss  eine  fortwührende  Bewegung  der  Lider 
stattfand.  Durch  Erweichung  der  am  linken  Foramen  infraorbitale  befindheben  harten  Narbe 
mit  Jod  kalisalbe  verschwand  der  Krampf. 

Auch   bei   Herpes   der  Lidhant   sehen   wir  den  Blepliarospasmus  auf-  , 

treten,  wie  aus  der  nebenstehenden  Abbildung  (Fig.  137}  ersichtlich  ist. 

2.  Reflexkrampf  des  Orbicularis  durch  intrakranielle  Affektfonen 

des  Trigeminus, 

S  336.  Auch  durch  i ntrakrani et! e  Affektionen  des  Trigeminus  kann 
reflektorisch  ein  Spasmus  des  Orbicularis  palpebrarum  erzeugt  werden. 

So  beobachtete  Müller  (1402)  einen  interesaanten  Fall  von  Blepharospstamus  nach 
Baaiiäfraktur.  Derselbe  betraf  eiuen  66jiibrieen  Mann,  der  aus  einer  beträchthchen  Hube 
durch  Brechen  der  Leiter  herabgestürzt  war  In  den  ersten  Monaten  litt  er  beiderseits  und 
nSTiientlicIi  linksseitig  an  Schwäche  der  unteren  Extremität;  auch  die  Arme  (besonders  der 
linke)  waren  wie  gelähmt.  Die  linke  fcstim  war  glatt  und  konnte  nicbt  gefaltet  werden ^ 
die  linke  hidspalte  stand  offen,  und  wurde  da»  obere  Lid  nur  zeitweilig  um  2—3  mm 
gesenkt:  i^ahei  trat  d^nn  t'we  HoJlung  des  linken  Auges  nacb  oben  ein.  Die  Erscheinungen 
des  hnken  Auges  entsprächen  alsn  der  (peripheren)  Facialialfthmung-  Auf  dem  rechten 
Auge  bestand  ausgeprägter  Blepharospasmus.  Wurde  das  linke  Auge  verbunden,  so 
trat  in  dem  blepbaroapaaiiscben  Zustande  des  rechten  die  Aenderung  ein,  daes  lunfichst 
kleine  Pausen  der  toniseben  Krämpfe  zu  Stande  kämen  und  nach  einigen  Minuten  letztere 
völlig  schwanden.  Wurde  (ausserhalb  de»  oben  angegebenen  Versnebe)  das  linke  Auge 
kokainisirt,  so  wurde  der  Versuch  des  Lidschi usses  an  demselben  vit^l  seltener;  die  Kn- 
kainUining  des  linken  Auges  hob  indeasen  den  Lidkranipf  nicht  auf.    Ebenso  wurde  letzterer 


616  Krampf  zustände  im  oberen  Facialisgebiet. 

durch  Eokainisirung  des  rechten  Auges  nicht  beeinflusst.    Eine  traumatische  Hysterie  od«r 
eine  andere  allgemeine  Neurose  war  nicht  vorhanden. 

Müller  führt  den  Blepharospasmus  auf  einen  Reflexvorgang  zurück 
und  nimmt  an,  dass  im  Bereiche  des  linken  Trigeminus  ein  Reizzustand  ge- 
geben war,  der  auf  den  linken  Kern  des  Facialis  oder  noch  weiter  central- 
wärts  zurückwirkte.  Die  Verbindung  der  Innervation  beider  Orbiculares  führte 
den  rechtsseitigen  Lidkrampf  herbei.  Dass  der  Opticus  die  Reflexbahn  abgab, 
konnte  aus  dem  Grunde  nicht  angenommen  werden,  weil  der  durch  Verbinden 
des  linken  Auges  sistirte  Lidkrampf  des.  rechten  bei  Wegnahme  des  Verbandes 
erst  nach  einiger  Zeit  und  allmählich  wachsend  wieder  zu  Stande  kam. 

Auch  Ottava  (1403)  berichtet  über  einen  Fall  eines  35jährigen  Mannes,  der  seit 
einer  vor  2  Jahren  erfolgten  Scbftdelverletzung  an  hochgradigem  Blepharospasmus  hti 

Oppenheim  (1404)  sah  bei  einem  endokraniellen  Tumor,  welcher  den  I. Trigeminus- 
ast  lädirte,  einen  Facialiskrampf  der  selben  Seite  entstehen.  So  erklären  sich  auch  die  is 
der  Litteratur  vorhandenen  vereinzelten  Angaben  über  Reizerscheinungen  Im  Gebiete  dei 
Facialis  und  Quintus  bei  Tumoren  des  Kleinhirns.  Wahrscheinlich  wird  auch  hier  dardi 
Kompression  des  Quintus  reflektorisch  der  Krampf  ausgelöst. 

Gjör  (1405).  HQhnereigrosses  Spindelzellensarkom  unter  dem  Tentorium  vor  deo 
rechten  Kleinhirnlappen. 

Kompression  des  Nerv,  trigeminus  und  trochlearis  rechterseits. 

SensibilitAt  in  der  rechten  Gesichtshälfte  abgestumpft 

Rechts:  Zuckungen  im  Facialis.    Lähmung  desselben. 


b)  Orbicnlariskrämpfe  als  reine  „fnnktionelle^^  Störung. 

1.  Funktionelle  Reizung  des  kortikalen  Facialisgebiets. 

o)  Bei  Chorea. 

§  337.  Wenn  auch  die  pathologische  Anatomie  über  die  Lokalisation 
der  der  Chorea  zu  Grunde  liegenden  Veränderungen  bisher  nur  wenig  Auf- 
schluss  zu  geben  vermochte,  so  lässt  doch  die  Störung  der  koordinirt-wiUkür- 
lichen  Aktionen  die  Vermuthung  naheliegend  erscheinen,  dass  in  einer  grossen 
Zahl  von  Fällen  der  Sitz  der  Erkrankung  in  der  Hirnrinde  liege.  So  sehen 
wir  denn  diejenigen  Muskeln,  welchen  in  Beziehung  auf  ihre  Selbständigkeit  die 
hervorragendste  Stellung  zukommt  auch  am  meisten  und  frühesten  bei  der 
Chorea  in  ihrem  Zusammenwirken  gestört.  Dies  betrifft  ausser  den  Finger- 
und Handmuskeln,  die  beweglichen  Muskeln  des  Stimm-  und  Sprechapparats, 
vor  allen  Dingen  aber  auch  die  Muskeln  des  Gesichts,  speziell  die  der  Augenlider. 

Näher  einzugehen  auf  die  Betheiligung  der  vom  oberen  Facialis  ver- 
sorgten Gesichtsmuskeln  bei  der  gewöhnlichen  Chorea  minor  halten  wir  des- 
halb für  unnöthig,  weil  das  Vorkommen  und  das  Vorsichgehen  der  Orbicularis- 
und  FrontaHszuckimgen  bei  dieser  Krankheit  in  nichts  von  den  Zuckui^^ 
der  übrigen  Körpermuskulatur  unterschieden  ist,  und  ein  ganz  gewöhnliches 
Faktum  darstellt. 

§  338.  Durchaus  anders  steht  es  mit  der  alsHabitchorea  bezeichneten 
Bewegungsstörung  oder  dem  Gewohnheitskrampf  (Habit  spasm). 


Krampfzustönde  im  oberen  FÄciaJisgebiet.  617 

Unter  Gewohnheitskrampf  versteht  Gowers  (1437)  spasmodische  Be- 
wegungen, wie  Augenzwinkern,  zuckende  Bewegungen  des  Mundes»  schüttelnde 
Bewegungen  des  Kopfes,  welche  halb  willkürlieh  erscheinen,  die  aber  doch 
von  den  betrefifenden  Individuen  nicht  kontrollirt  werden  können.  Weir  Mitchell 
fasste  diese  Bewegungen  als  eine  Art  von  Chorea  auf,  und  von  ihm  rührte 
die  Bezeichnung  Habit  chorea  (Gewohnheitschorea)  her.  In  jüngster  Zeit 
beschä tätigte  sich  ^inkler  (1438)  mit  dieser  Frage  und  stellt  sich  betrefls 
der  Aulfassung  des  Krankheitsbildes  auf  Seiten  von  Weir  Mitchell,  Nach 
seiner  Ansicht  gäbe  es  zwei  verschiedene  Arten  von  Habit  chorea.  Bei  der 
einen  handle  es  sich  in  der  That  nur  um  eine  üble  Angewohnheit ,  bei  der 
anderen  um  eine  besondere  Störung,  die  eine  ähnliche  Aetiologie  wie  die 
S  y  d  e  n  h  a  nr  sehe  Chorea  habe.  Die  Bewegungen  zeigten  bei  beiden  Formen 
in  der  In-  und  Extensität  grosse  Uebereinstiramung;  sie  unterschieden  sich 
von  denen  der  Chorea  minor  dadurch,  dass  sie  auf  einen  Theil  des  Körpers 
beschränkt  seien,  so  besonders  auf  das  Gesicht. 

Gowers  betont,  dass  die  Affektion  meistens  bei  Kindern,  speziell  bei 
älteren  vorkäme.  Bei  jungen  Weibern  fände  sich  häufig  eine  Kombination 
mit  Hysterie,  und  es  könne  dann  schwer  werden  festzustellen,  ob  man  die 
Bewegungen  auf  diesen  Gewohnheitskrampf  oder  auf  die  Hysterie  Enrück- 
znführen  habe. 

Als  ätiologische  Momente  nennt  Gowers  in  erster  Linie  eine  allgemeine 
Gesundheitsstörung;  ferner  Ueberarbeitung  in  der  Schule,  Schrecken,  Trauma 
und  endlich  die  Masturbation.  Sehr  häufig  spielt  die  hereditär  nervöse  Be- 
lastung und  die  Nachahmung  eine  bedeutsame  Rolle.  So  kommt  es  häufig 
vor,  dass  mehrere  Kinder  einer  Familie  dieses  Leiden  haben,  welches  aber 
auch  Erwachsene  befallen  kann. 

Seeligmüller  {1436}  hat  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  nach 
Analogie  des  Beschäftigungskrampfes  klonische  Krämpfe  im  Gebiet  des  Facialis 
dadurch  entstehen  können,  dass  die  gleichen  Grimassen  sehr  oft  wiederholt 
werden. 

uns  interessirt  besonders,  dass  der  Gewohnheitskrampf  mit  Vorliebe 
die  vom  oberen  Facialis  innervirten  Muskeln  ergreift.  Am  häufigsten  besteht 
Augenzwinkern  durch  plotztiche  Kontraktion  des  Orbicularis  palpebrarum, 
zuweilen  mit  gleichzeitiger  Innervirung  der  Corrugatores  supercilii* 

In  §  44  pag.  76  haben  wir  schon  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass 
wir  zuweilen  bei  Leuten  niederer  Gesellschaftsklassen  beide  Frontales  in  einem 
Kontraktionszustande  sehen,  und  zwar  so,  dass  die  Augenbrauen  dauenid  in 
die  Höbe  gezogen  sind,  und  für  gewöhnlich  die  Stirne  durch  parallele  Falten 
mit  queren  Furchen  tief  durchzogen  ist  (siehe  Fig.  38  p.  618).  Als  Grund  für 
diesen  dauernden  Kontraktionszustand  der  Frontales,  der  dem  Gesichte  jener 
Personen  einen  dummen  Ausdruck  verleiht,  nahmen  wir  bei  vielen  lediglich 
die  Gewohnheit  an,  beim  Sehen  die  Frontales  stark  zu  innerviren. 


k 


KrflriipfxufltJlnde  im  oberen  Facialidgebiet. 


M 


^3 


Der  Vollständigkeit  halber  sei  ei*wälmt,  dass  sehr  häufig  auch  Zuckmvgeii 
in  den  Zygomaticis,  in  den  Schulter-  und  Arraranskeln  lediglich  in  der  Fom 
des  (iewohnlieitskrarapfps  auftreten. 

Da  man  nach  unserer  Erfahrung  den  Gewolmheitskrampf  am  hiafigstcs 
bei  Belasteten^  also  gewissermassen  auch  als  ein  Zeichen  der  Entartung  findet, 
so  sei  liier  f^leieli  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  man  denselben  nicht 
verwechseln  darf  mit  einer  ticartigen  Zuckung,  wenn  dieselbe  Theilerscki- 
nung  einer  Maladie  des  tics  ist.  Diese  von  Gninon  und  Gilles  de  li 
Tou rette  zuerst  eingehend  beschriebene  Krankheit,  die  meist  bei  hereditär 
belasteten   Individuen    im  Alter    von    7    bis    15   Jahren    entsteht,    zeigt  sid» 

gewöhnlich  aDfanglich  ia 
Zuckungen  der  Augen-  nnd 
Mundmuskeln,  zu  denen  sici 
stereotype  Bewegungeo  de* 
Halses  und  der  Arme  hnm- 
;^'esellen.  Bei  diesen  ktwri- 
nirten  ticartigen  BeweguJig« 
werden  oft  schnalzende  Lai 
Schimpfworte  (Copnil 
aiLsgestossen.  Oft  lei< 
derailige  Patienten  aach  la 
ZwangsvorsteUungen  nm\ 
Zwangshandlungen. 

Auch  Oppenheim 
(pag,  870  Lehrb.)  liilt  m 
nicht  für  berechtigt,  deo  ia 
Rede  stehenden  Gcwoluh 
heitskrampf  als  eine  Abortif- 
form  der  Maladie  des  ti« 
anzuseilen,  ^um  so  weniger« 
als  diese  Neigung,  irped 
eine  Bewegung  gewohnheiter 
massig  auszuführen,  beirielm 
Kindern  besteht  und  später  durch  Willensenergie  oft  genug  iiber^^xmden  wiri* 
§  339.  Ferner  sei  noch  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  bei  dem  obereo 
Facialis  gar  nicht  sehen  eine  ähnliche  U  n  g  1  e  i  ch  he  i  t  der  Innervation  beoba4:litet 
wird,  wie  beim  Mundfacialis,  die  oft  einen  spastischen  Znstand  der  betreff»- 
den  Muskeln  einer  Seite  im  Vergleich  zur  anderen  vortäuschen  kann.  So 
sielit  man  häufig  bei  nervösen  Personen,  wenn  sie  in  lebhafter  Erregmv 
sprechen,  bald  den  einen  Frontalis,  bald  den  einen  Orbicuhiris  oculi  oder 
oris  stärker  kontrahirt  als  den  anderen,  olme  dass  es  sich  um  einen  Gewote- 
heitskrampf  band  eh.. 

§340.  Endlich  haben  wir  in  jüngster  Zeit,  in  der  wir  vorliegendem  GefTJ>- 
Stande  besondere  Aufmerksamkeit  geschenkt  hatten,  eine  Form  des  Gewoludieit»' 


Fig,  138. 

II.  D<      SOjäliriifR    ilurclmu»   j,j<\'iundf  Krau.  liewuhiilieils- 

KoDtruktur  der  Fmntales^    für   weldie   keiü  Gniud   üuf Au- 
fluden «Fur. 


KrampfzustÄiide  im  oWen  Fflcialisgebiet.  619 

krampfes  des  Orbicularis  oculi  öfter  beobaclitetj  die  Zweckmässigkeitsgründen 
ihre  Entstehung  verdankt.  Man  sieht  nämlich  nicht  selten  bei  Personen  mit 
RefraktioTisJifferenzen  einen  gewohnheitsmüssigen,  nicht  ganz  vollständigen 
Schluss  des  sehuntüchtigeren  Auges.  Speziell  bei  einseitigem  Astigmatismus 
kommt  dieser  Krampf  zustand  vor,  um  sich  schärfere  Bilder  auf  der  Netzhaut 
zu  verschaffen* 

Wenn  Sink  1er  angieht,  dass  die  sog.  Gewohnheitschorea  oft  von  einer 
Erkrankung  der  Nase,  oder  von  Augenstörungen  (Liderkraiikungen,  Refraktions- 
fehlern) ausgehe,  so  ist  dies  nach  unseren  Erfahrungen  nur  so  zu  Terstehen, 
dass  z.  B.  der  so  häufige  reflektorische  Blepharospasmus  nicht  selten  langer 
dauert,  als  die  sensible  reftexauslüsende  Ursache,  d.  h.  dass  der  Blepharo- 
spasmus  zu  einem  Gewohnheitskrampf  geworden  ist.  Es  braucht  kaum  erst 
hervorgehoben  zu  w^erden,  von  welch  praktischer  Bedeutung  in  therapeutischer 
Beziehung  die  Unterscheidung  eines  reflektorischen  Krampfes  von  einem  Ge- 
wobnheitskrampfe  werden  kann.  Während  bei  ersterem  die  lokalen  Ursachen, 
welche  den  ReiK  auslösen,  zu  beseitigen  sind,  muss  bei  letzteren  durch  Hebung 
des  Allgemeinzustandes  und  durch  Willenserziehung  die  zur  Gewohnheit  ge- 
wordene abnorme  Innervation  unterdrückt  werden.  Beschäftigungsneuroseß 
im  Gebiete  der  Himnerven  sind  selten;  so  erwähnt  Remak  nur  drei  Fälle. 
Bernhardt  sah  Beschäftigungskrämpfe  im  Bereich  des  Hypoglossus, 
Äccessorius,  Oculomotoriua  und  Facialis.  In  seinem  Buche  theilt  Bernhardt 
eine  diesbezügliche  Beobachtung  mit.  Eine  SOjährige  Frau  bekam  nach  an- 
strengendem Zeichnen  mit  der  Lupe  zuerst  Zuckungen  im  linken  Orbicularis, 
die  sich  allmählich  über  die  gesammte  Muskulatur  der  linken  Gesichtshälfte 
ausdehnten. 

T.  Cohn  (Arch.  f.  Psych.  Bd.  30,  993)  berichtet  über  folgenden  Be- 
schäftigungskrampf bei  einem  Manne,  der  seit  34  Jahren  Uhrmacher  ist  und 
sein  Geschäft  von  früh  8  Uhr  bis  Abends  8 — 9  Uhr  betreibt  und  dabei  fast 
fortwährend  eine  in  Holz  gefasste  Lupe  raonokelartig  vor  das  linke  Auge 
klemmt.  Seit  zwei  Jahren  Zuckungen  um  das  linke  Auge,  Flimmern  der 
Wange  und  der  ganzen  übrigen  linken  Gesichtsseit«,  das  Anfangs  nur  nach 
längerer  Arbeit,  später  gleich  anfangs  und  auch  ausserhalb  der  Arbeit  auftrat 
und  jetzt  fast  kontinuirlich  besteht,  zeitweise  in  mehr  tonischer  Form  und 
auch  bei  Sprech-,  Kau-  und  dergl  Bewegungen,  Objektiv  war  nichts  anderes 
nachzuweisen,  als  ein  linksseitiger,  besonders  um  die  Augen  lokalisirter  Facia- 
listic,  welcher  wohl  nicht  reflektorisch,  etwa  durch  Trigeminusreizung  ent- 
standen war,  da  niemals  über  Schmerzen  oder  dergl  geklagt  wurde,  sondern 
als  eine  durch  die  fortwährende  übermässige  Facialisinnervation  entstandene 
Beschäftigungsneurose  aufgefasst  werden  musste. 

ß)  Bei  Migräne. 
§  34L     Auch  bei  Migräne  ist  Blepharospasmus  beobachtet  worden. 
So  berichtet  Albrand  (1406)  über  folgenden  Fall: 

Ein  19 jähriges  Fräalein  litt  seit  ca.  2  Jahren  an  zoit welligen  linkaseitlgen  Anfallen 
von    Mii^räne,   begleitet   von  Schwindel ^    Obrensau<3en   und    AmauroBia  partialis   fugax   und 


620  ErampfzoBtäncle  im  oberen  Facialisgebiet. 

mauste  bald  daraaf  wegen  eines  aaf  dem  rechten  Aage  snbakat  aufgetretenen  Glaakona 
iridektomirt  werden.  Während  des  klinischen  Aufenthaltes  erneuerten  sich  die  Migrio^ 
anfalle  häufiger,  und  es  trat  dabei  mehrmals  morgens  beim  Erwachen  ein  rechtsseitiger 
Blepharospasmus  auf,  der  während  einiger  Minuten  die  Oeffnung  des  Auges  unmöglifi 
machte. 

Da  andere  Momente,  Hysterie,  Epilepsie,  periphere  Facialisaffektion  etc. 
auszuschliessen  waren,  die  Migräne  und  Amaurosis  part.  fugax  aber  auf  eine  cen- 
trale Funktionsbehinderung  hinwiesen,  so  führt  A  Ib  r  an  d  den  partiellen  Facialis- 
krampf  ebenfalls  auf  einen  durch  periodische  Erschlaffung  der  Wände  bestimmter 
Cerebral-  und  Pialgefässe  bedingten  centralen  Reizzustand  zurück  und  nimmt 
auch  einen  Zusammenhang  der  Steigerung  de^s  intraoktilaren  Druckes  mit 
Störung  der  vasomotorischen  Innervation  an. 

y)  Bei  Epilepsie. 

§  342.  Wohl  alle  neueren  Autoren  verlegen  die  Ursache  der  Epilepsieindie 
Rinde;  daher  dürfen  wir  wohl  auch  die  den  epileptischen  Anfall  einleitenden 
und  krampfhaften  Kontraktionen  des  Augenschliessmuskels  für  kortikal  ent- 
standen ansehen. 

So  beganD  bei  einer  34jährigen  epileptischen  Frau  aus  der  Beobachtung  Ben- 
hardt'8  (1407)  der  rechtsseitige  Krampf  in  den  Augenlidern  und  war  dadurch  ansgezeichad. 
dass  zeitweilig  während  der  Krämpfe  «die  Sprache  wie  weg  war*. 

de  Gouvea  (1408)  hat  bei  Epileptischen  statistische  UntersucHungen  gemacht  nnd 
unter  68  männlichen  Epileptikern  13mal  bald  vorObergehende  Erbliadang,  bald  Spasmns 
des  Orbicularis  oder  des  Accommodationsmuskels  gefunden. 

S)  Bei  Hysterie. 

§  343.  Bei  der  H  y  s  t  e  r  i  e  ist  der  Sitz  des  Blepharospasmus  dann  als  kortikal 
zu  betrachten,  wenn  er  durch  Suggestion  zu  beseitigen  ist. 

Der  hysterische  Blepharospasmus  kann  plötzlich  auftreten  in  der  Folge 
eines  Anfalls,  wie  jeder  andere  hysterische  Spasmus  oder  jede  andere  hysterische 
Kontraktur.  Meist  kommt  er  auf  reflektorischem  Wege  unter  mehr  oder 
weniger  shokartigen  Erscheinungen  zu  Stande,  um  sich  dann  als  Dauerwirkung 
so  lange  im  Nervenleben  eines  Hysterischen  zu  etabliren,  bis  durcbSuggestion 
oder  Autosuggestion  die  Heilwirkung  erzielt  wird. 

Als  Beispiel  möge  hier  der  folgende  Fall  von  Mercanti  (1409)  dienen. 

Derselbe  beobachtete  einen  hartnäckigen  Blepharospasmus  bei  einem  12jfthrigen  hyst^ 
rischen  Mädchen,  der  ursprünglich  durch  Pblyktfine  hervorgerufen,  trotz  HeUung  deiaelbeo 
zwei  Monate  fortdauerte  und  schliesslich  die  Gesichtsmuskeln  in  Mitleidenschaft  zog.  Dorck 
Suggestion  wurde  augenblickliebe  Heilung  erzielt.  Wie  sehr  die  als  tonische  Form  des 
partiellen  hysterischen  Blepharospasmus  pag.  477  beschriebene  Ptosis  pseudoparalytica  itt 
Suggestion  zugänglich  ist,  hatten  wir  dort  hervorgehoben. 

Häufig  stellt  sich  auch  der  Blepharospasmus  hystericus  ein,  wenn  schon 
andere  hysterische  Erscheinungen  eingetreten  waren. 

So  erzählt  Burckhardt  (1410)  von  einem  12jähri^en,  sehr  schw&chlichen,  pejcho- 
pathisch  beanlagten  Mädchen,  das  durch  einen  Fall  auf  das  rechte  Knie  eine  geringe  Sjrao- 
vitis  erworben  hatte,  nach  deren  Heilung  sich  im  Verlaufe  von  ca.  zwei  Jahren  eine  Kos- 


\ 


KrampFzuötanile  im  oiieren  Facialisgebiet  621 

iktur  den  rechten  Beines  eingestellt  hatte,  welche  mit  einer  Hyperästhesie  der  Haut  bis 
herauf  zu  den  Nntes  verbunden  war.  Eine  Zeit  lang  ging  diesem  Leiden  parallel  eine  Kon- 
traktur des  rechten  Arms,  and  Spasmus  des  rechten  oberen  ÄugenlideSp  die  indessen  spontan 
zarückgingen. 

Einen  eigenthümliclien  hierher  gehörigen  Fall  beschreibt  Schubert  {1411). 

Bei  einem  jungen^  neuropathisch  belasteten  Müde hen  war  das  erste  Mnl  im  November 
1880  Blepharospasmus  aufgetreten  Derselbe  hatte  eine  knge  Reibe  von  Monnten  angedauert 
and  zeigte  sich  nun  nach  einem  5  jäJirigen  Zeitintervall  auf  dem  anderen  Auge.  Es 
war  eine  ausgedehnte  Hyperiiathesie  der  betreffaniJen  Kopf-  und  Gesicbtshälfte  vorhandeu. 
Hei  der  er&ten  Erkrankung  fand  sich  njitten  im  befallenen  Ciebiet©  eine  Stelle  normaler, 
vielleicht  auch  subnormaler  Empfindlichkeit,  ungefähr  dem  Bezirke  des  Nervus  infniorhitalis 
entsprechend.  Das  Auftreten  des  BlepharoBpastnus  wurde  von  einem  schmerzlosen^  rothen 
Ausschlag  eingeleitet,  der  an  den  Lidern  beider  Augen  successive  sich  entwickelte 
(vergleiche  unsere  Beobachtung  pag»  467  Fig.  94>.  Ebenso  schloss  ein  in  der  Gegend 
des  Jochbogenfortsatzes  auftretender  Herpes  ins  die  Beihe  der  Anfälle  bei  der  ersten  Er- 
krankung ab.  Die  zweite  Affektion  war  mit  heftigen  Supraorbitalneuralgien  verbunden. 
In  beiden  pathologischen  Perioden  war  neben  den  e^pastischen  Erscheinungen  an  den  Qe- 
sichtsmuökeln  nur  achwache  Ptosis  zeitweise  erkennbar. 

In  welcher  Form  sich  auch  der  hysterische  Blepharospasmus  darstellen 
naag,  fast  immer  ist  er  mit  anderen  Störungen  des  optischen  Apparates 
verknüpft.  Es  gelien  ihm  oft  Dyschromatopsie,  Photopsie,  accommodative  und 
nervöse  Asthenopie  und  Kontrakturen  der  äusseren  Augenuuiskeln  voraus 
oder  begleiten  ihn. 

So  hat  nach  Gilles  de  la  Ton  rette  |1412,  pag.  401)  Ä.  v.  Graefe  Kontraktur 
des  Internus^  Spasmus  der  Accommodation,  Landesberg  {141B)  in  einem  Falle  Blepharo- 
spasmus, Accommodationskrampf  und  tonische  Kontraktur  des  M.  rectus  intenms,  im  andern 
Falle  Photopsien,  accommodative  und  retinale  Asthenopie  dabei  beobachtet. 

Harlan  (1414)  sah  auf  dem  rechten  Auge  Spasmus  des  Dilatator  pupillae,  Accommo- 
dationsbescbränkung,  konzentrische  EinschrfinkuDg  des  Gesicbtsreldes  bei  zeitweiligen 
heftigen  Blepharospasmen  auftreten.  Durch  einen  imitirten  Magneten»  der  aus  Holz  ange- 
fertigt war^  wurde  die  Affektion  geheilt. 

Bei  dem  tonischen  Blepharospasmus  hystericus  unterscheiden  die  Franzosen 
einen  Spasmus  non  douloureux  von  einem  Spasmus  douloureux. 
Bei  dem  ersteren  existire  nach  Gilles  de  la  Tourette  {1412)  eine  antisthe- 
tische  Zone  über  dem  ganzen  Orbicularisgebiet.  Die  Conjunetiva  bulhi  et 
palpebrarum  sei  dabei  ganz  anästhetisch,  die  Cornea  bewalire  ihre  Sensibilität 

Bei  dem  Blepharospasmus  douloureux  mit  Photophobie  und  Thränen- 
t räufeln  bestehe  dieselbe  Zone  in  der  Umgebung  des  Lides.  Dieselbe  sei  aber 
hyperästhetisch  und  daraus  erklärten  sich  die  periorbitalen  Schmerzen,  welche 
denselben  begleiten,  weil  die  Haut  beim  Anstreifen  sehr  empfindlich  sei. 

Als  hysterisches  Stigma  bezeichnet  Blocq  (1415)  die  Erscheinung,  dass 
Anästhesie  häufig  an  den  von  Krampf  befallenen  Theilen  z.  B.  dem  Spasmus 
des  Augenlids  aufträte.  Gewöhnlich  fände  sich  bei  dem  Blepharospasmus, 
Anästhesie  der  Lider,  der  Hornhaut,  der  Umgebung  des  Auges,  sowie  Am- 
blyopie etc. 

Auch  wir  konnten,  allerdings  nur  in  vereinzelten  Fällen,  diese  Angaben 
bestätigen. 


622  ErampfzastäDde  im  oberen  Facialisgebiet. 

2.  Reflektorischer  Krampf  des  Orbicularis  als  funktionell-nervOse 

Erscheinung. 

a)  Aus  dem  Gebiete  des  Trigeminus. 

§  344.  Da  beim  Menschen  Beize,  welche  namentlich  die  Trigeminnsyerzweig- 
ungen  des  Auges  treflen,  reflektorisch  Lidschlag  erzeugen,  so  genügen  oft  schon 
geringe  Erregungen,  um  bei  Nervösen  und  Hysterischen  einen  heftigen  Spasmus 
des  Orbicularis  zu  bewirken.  Ebenso  kann  bei  Nervösen  auch  nach  der  Heiliu^ 
von  Hornhaut-  und  Hautaffektionen  der  Blepharospasmus  noch  lange  nachdauern 
und  zu  einem  Gewohnheitskrampfe  werden,  wie  wir  dies  pag.  616  angeführt  haben 
Jedoch  muss  man  hierbei  nach  Koller  (1416)  bedenken,  dass  auch  an  dieser 
hartnäckigen  Fortdauer  eines  Blepharospasmus  scrophulosus  nach  erfolgter 
Heilung  der  Hornhaut-  und  Bindehautaffektionen,  oberflächliche  Fissuren  der 
Haut  die  Schuld  tragen  können,  welche  sich  an  der  äusseren  und  theilweise 
auch  an  der  inneren  Commissur  während  des  Bestehens  der  Augenerkrankong 
selbst  gebildet  hatten. 

Wie  leicht  bei  Hysterischen  ein  geringes,  die  Trigeminusäste  des  Auges 
treffendes  Trauma  Orbiculariskrampf  erzeugen  kann,  zeigt  folgendes  Beispiel 

So  wurde  in  einer  Beobacbtnng  Lasdgue's  (1417),  nachdem  gegen  das  rechte  Äugt 
eioes  14jährigen  Mädchens  eine  Hand  voll  Sand  geworfen  war,  und  einige  Sandkörner  eioei 
vorübergehenden  lokalen  Reiz  auf  die  Gonjunctiva  ausgeübt  hatten,  zuerst  ein  Blephiro- 
spasmus  des  rechten  Auges  von  viermonatlicber  Dauer,  und  anschliessend  daran  eine  Beike 
von  hysterischen  Erscheinungen  beobachtet. 

Sehr  häutig  Yufen  leichte  Kontusionen  der  so  empfindlichen  Umgebung 
des  Auges  langdauemden  Blepharospasmus  bei  Hysterischen  hervor. 

So  war  nach  Leber  (1418)  einem  Knaben  mit  dem  Knöchel  in  die  Gegend  deslinkeB 
Auges  gestossen  worden;  es  folgten  Lichtblitze,  mehrstündiger  Schmerr,  auch  sollen  ge- 
kreuzte Doppelbilder  aufgetreten  sein.  Später  trat  Accommodationsspasmus  auf.  Anschliessend 
daran  wird  ein  Fall  von  Blepharospasmus,  entstanden  nach  Verletzung  an  der  Austntts- 
stelle  des  rechten  M.  infraorbitalis,  erwähnt,  welcher  durch  wenige  MorphiuminjektionaB 
dauernd  geheilt  wurde. 

Seeligmüller  (1419)  beobachtete  einen  Fall  von  tonischem  Blepharospasmus,  weldMr 
willkürlich  darch  Druck  auf  die  hinteren  Backenzähne  des  Unterkiefers  und  auf  einige 
andere  Körperstellen  hervorgerufen  werden  konnte. 

Auch  durch  Druck  auf  die  verschiedensten  Körperstellen  lässt  sich  bei 
Hysterischen  zuweilen  Blepharospasmus  erzeugen  oder  auch  derselbe  unter- 
brechen, wie  z.  B.  in  einer  Beobachtung  von  Zehen  der  (1420).  Schon 
A.  V.  Graefe  hatte  bekanntlich  auf  die  den  Krampf  hemmenden  Druckpunkte 
aufmerksam  gemacht. 

Auch  des  von  Chvostek  gefundenen  Facialisphänomens  bei 
Tetanie  muss  hier  Erwähnung  geschehen.  Fährt  man  nämlich  mit  dem 
Stiel  des  Perkussionshammers  oder  mit  der  Fingerkuppe  über  die  Zweige  des 
Pes  anserinus  major  hinweg,  so  treten  als  Ausdruck  einer  gesteigerten 
ReHexerregbarkeit  lebhafte  Zuckimgen  in  der  Gesichtsmuskulatur  auf. 

Parinaud  (1423)  fand  Blepharospasmus  bei  einem  5 jährigen  Kinde  mit  Verieizoiig 
der  Oibita  in  den  tetanischen  Anfällen  und  auch  ausserhalb  derselben  auf  der  nicht  Ter- 
litzten  St'ite  und  starke  Kontraktion  des  M.  rectus  exteinus. 


Krampf  zu  stände  im  obereu  Facialisgebiet 

Loos  (1422)  hat  jedoch  Dachgewiesen,  dass  das  Facialisphänomen  nicht 
der  Tetanie  allein  zukomme.  Er  fand  dasselbe  bei  einer  Anzahl  mit  den  ver- 
schiedensten Krankheiten  behafteter  Kinder,  konnte  es  aber  auch  bei  14 
Knaben  und  13  Mädchen  nachweisen,  die  kein  bestimmtes  Leiden  hatten. 
Die  Patellarretiexe  waren  in  einem  Drittel  der  hierher  gehörigen  Fälle  nicht 
erhöht. 

Beim  Starrkrampf  ist  nacli  Gowers  (1421)  der  Frontalis  etwas  kon- 
trahirt,  und  die  Lidäpalte  etwas  durch  Kontraktion  des  Orbicularis  verkleinett 

ß)    Funktioneller    Reflexkrampf   des    Orbicularis    palpebrarum 
ausgebend  von  Reizungen  des  Nervus  opticus. 

§  345.  Während  Reflexkrämpfe  des  Augenschliessmuskels  nach  organi- 
schen Läsionen  nur  durch  Reizungen  des  Trigemiuus  bewirkt  werden,  tritt 
bei  funktionellen  Refiexkrämpfen  des  Orbicularis  palpebrarum  der  Nervus 
opticus  gleichwerthig  neben  dem  Trigeminus  als  Vermittler  derselben  auf. 
DasB  aber  Lichteinflüsse  leicht  einen  Reflexkrampf  auslösen  können,  ist  leicht  j 

verständlich,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  starkes  Licht  unter  normalen 
Verbältnissen  eine  reflektorische  Kontraktion  dieses  Muskels  bewirkt,  Nervöse 
und  Hysterische  aber  meist  schon  durch  das  gewöhnliche  difluse  Tageslicht 
stark  geblendet  werden.  Dass  starke  Licht einflüsse  Erscheinungen  ähnlich 
der  Schneeblindheit  (siehe  Berlin,  pag.  614)  hervorrufen  können,  beweist  fol- 
gende Beobachtung  Prat's  (1424). 

Derselbe  berichtet,  «iaas  bei  einem  Ingenieur,  deiäen  Gesicht  etwA  40— 50  cm  voiieioem 
elektrischen  Lichtkürper  entfernt  war,  und  welcher  den  Kob]etia]iitzeniibstand  durch  Scbrau- 
ben  regiiHrte,  etwa  riöun  Stunden  nachher  heftige  ächmorzeu  und  völhge  Blindheit  auf- 
getreten sei.  Die  Bindehaut  war  stark  gerüthet  und  geschwollen  und  sonderte  ©in 
schleimig-eiteriges  Si'kret  ab;  ausserdem  bestanden  sehr  scbmorzbaftee  Brennen,  Photo- 
phobie und  starker  B 1  e  p  h  a  r  o  s  p  a  s  ni  u  s. 

Saint-Änge  (1425)  sah  hystetiscbe  Ä^tnaurose  zugleich  mit  Blepharospasmus 
und  Verengerung  der  Pupille  auftreten. 

Viele  Fälle  der  pag.  477  beschriebenen  Ptosis  pseudoparalytitiue  sind 
durch  Blendung  entstanden. 

S346.  Auch  bei  nervo  sen  Kindern  mit  den  Erscheinungen  der  ^nervösen 
Asthenopie"  sehen  wir  als  Ausdruck  des  Geblendetwerdens  durch  das  ge- 
wöhnliche Tageslicht  leichte  tonische  Kontraktionen  im  Gebiete  des  oberen 
Facialis  auftreten,  wie  dies  sehr  schön  durch  die  Abbildung  (Fig.  140  p,  624) 
des  von  uns  beobachteten  Falles  illustrirt  wird. 

A.  B.,  10  jähriger  Junge,  hereditär  nenropathiach  belaBtet,  klagt  über  Liehthlendung, 
Photopsien  und  zeitwcisee  Doppeltsehen j  auch  zuweilen  Makro-  und  Mikropsie.  Das  Ge« 
aichtsfeld,  kanzontriseh  vorengt,  zeigt  alhurasche  Ermtldungserscheinungen.  Es  besteheii 
ftü  einzelnen  Stellen  Uautanästhesien. 

Bei  mageren  hysterischen  Individuen  kann  dann  leicht  als  Folgeznstand 
eines  solchen  Spasmus  des  Orbicuhiris  nach  Lichtblendung  ein  Entropium 
spasticum  entstehen,  wie  in  dem  folgenden,  von  uns  beobachteten  Falle 
(Fig.  139  p.  624). 


i 


624 


Krampf znstftnde  im  oberen  Facialisgebiet. 


Fig.  139. 
B.  C.     Entropium  spasticuoi  bei  Hysterie. 


Fig.  140. 

A.  B.     Leichte  Kontraktionen  im  oberen  Facialis- 
gebiet  bei  nervöser  Asthenopie. 


B.  C,  20jfthrige8  Midchen,  vk 
mager,  hereditär  nicht  belastet,  klagt  fiW 
asthenopische  Beschwerdeo,  Lichtblendug. 
zeitweises  Doppeltsehen,  Farbensehen  mj 
Aufregung.  Es  besteht  Globus  hjsterieaL 
eine  weinerliche  Stimmang,  beiderschi 
hochgradige  konzentrische  GesicLtsfeM«!* 
schrankung  fOr  Weiss  und  Farben.  Die 
vasomotorische  Erregbarkeit  ist  eriiokl 
Der  Rachenreflex  fehlt,  ebenso  der  Cornctl- 
reflex.    Die  8ensibilitfit  ist  intakt. 

§347.  Das  Zustandekommen  eines 
solchen  Entropium  spasticum  erklärt 
sich  nach  Fuchs  (1426)  folgender- 
massen:  „Die  Fasern  der  Lidportion 
des  Orbicularis  beschreiben  Bogen 
in  doppeltem  Sinne.  Die  eine  Krüm- 
mung ist  dadurch  gegeben,  dass  die 
Muskelfasern  die  Lidspalte  umkreisen. 
Die  Konkavität  dieser  Bögen  i$t 
demnach  der  Lidspalte  zu  und  ist 
am  oberen  Lide  nach  abwärts,  am 
unteren  Lide  nach  aufwärts  gerichtet 
Die  Krümmung  der  zweiten  Art  ist 
dadurch  bedingt,  dass  sich  die 
Muskelfasern  mit  den  Lidern  an  die 
vordere  konvexe  Fläche  des  Bulbas 
anschmiegen;  die  Konkavität  dieser 
Bögen  sieht  an  beiden  Lidern  nach 
hinten.  Wenn  sich  die  Fasern  des 
Orbicularis  kontrahiren,  trachten  sie 
vom  Bogen  zur  Sehne  sich  zu  Ter- 
kürzen.  Dabei  üben  sie  eine  doppelte 
Wirkung  aus:  durch  Ausgleichung 
der  Krümmung  ersterer  Art  verengem 
sie  die  Lidspalte;  durch  Ausgleichung 
der  zweiten  Art  von  Krümmung 
drücken  sie  die  Lider  an  die  Ober- 
fläche des  Bulbus  an.  Solange  d&s 
Andrücken  in  der  ganzen  Höhe  des 
Lides  in  gleicher  Weise  erfolgt,  hegt 
dasselbe  überall  gleichmässig  dem 
Bulbus  auf.  Anders,  wenn  aus 
mechanischen  Gründen  der  eine  oder 
andere  Theil  der  Lidportion  das 
Ueberge wicht  bekommt,   sodass  das 


Krampfzustfinde  im  oberen  FAcialisgebki.  625 

!iid  an  einer  Stelle  stärker  nach  hinten  gedrückt  wird,   als  an  der  anderen. 
renn  die  dem  Lidrande  zunächst  gelegenen  Bündel  das  Uebergewicht  über 
Jdie  peripheren  Portionen   des  Muskels   erlangen,   so  wird  der  Lirirand    nach 
rückwärts  umgestülpt,   und  es  entsteht  ein  Entropium,*^ 

Damit  ein  solches  zu  Stande  komme,  sind  zwei  Bedingungen  nülhig,  mangel- 
hafte Unterstützung  des  freien  Lidrandes  imd  reichliche,  dehnbare  Lidhaut. 
Daher  genügt  die  tiefere  Luge  des  Bulbus  in  d(*r  Orbita,  wie  sie  bei  mageren 
Leuten  besteht,  gleichzeitig  neben  krauiplbitfter  Anspannung  der  Muskel- 
fibrillen  zur  Entwickelung  eines  Entropium  spasticum. 

y]  Durch  Vermitteliing  des  Syrapathicus  bei  Reizung  des  Darms 
durch  Eingeweidewürmer 

soll  reHektoriscli  Blepharospasmus  entstehen, 

§  348.  Sq  berichtet  Andogsky  (14*27)  über  zwei  Fälle,  in  weli-hen  die  Reizung  (lt?a  Dtirms 
durch  Helmiathen  Kontrakttonen  im  M.  orbicuLiris  pulpebr.  bewirkt  biitte.  In  dem  ersten 
FtilJe  handelte  es  gich  bei  einem  15jlihngeu  Mäiiehen  um  einen  tonisi-ben  Krampf  lÜeeo» 
Muskela.  Die  Pupille  war  erweitert  and  zeigte  iiar  eine  geringe  Reaktion,  Liebtgcbeu  war 
indessen  nicht  vorhanden,  ebenso  liesson  sich  keine  anderen  krankhaften  Erscheinungeji  von 
Seiten  des  Nervensystfms  nflchwei&en.  Ein  ge  Wochen  später  wurde  die  Anwesenheit  einer 
Taenia  soltnm  konstatirt;  tnit  der  Abtreibung  derselben  verschwand  sofort  der  Krimipf  in 
den  Au^eulidern. 

Andogsky  weist  darauf  hin,  dass  in  diesem  Falle  eine  direkte  lieber- 
tragung  des  Reflexes  von  den  Zweigen  des  Sympathicus  im  Darm  auf 
den  Nervus  facialis  anzunehmen  gewesen  sei. 

In  dem  folgenden  Falle  desselben  Autors  wirkte  die  Üarmreizung  dnrch 
Vermittelung  des  Sympathicus  zunächst  auf  die  Netzhaut  und  von  da  auf 
die  Zweige  des  Facialis. 

Der  Fall  betraf  ein  lljkhriges  Mädchen  mit  den  heftigsten  Kräniikfen  beider  Augen* 
lider^  die  ganz  plotzhch  aufgelroten  waren.  Die  Patientin  suchte  in  jeder  Wefae  d:*s  Licht 
abzuhalten  und  konnte  in  einem  erleuchteten  Zimmer  absolut  nicht  sehen.  An  den  Augen 
liess  sich  ein  Grnnd  für  die  Affektiun  niobt  auffit^den.  Die  AllgpineiiiunterBUchung  ergab 
kein  weiteres  Moment,  ab  dna  Vorhandensein  K^^oaser  Mengen  von  Eiern  von  Aacaris  lum- 
bricoiilea  und  Oxyuris  vermicularis  in  den  Faeces.  Die  Anwendung  anlihelmintliischer 
Mittel  führte  den  Abgang  von  rm^breren  Oxyares  vermiculares  un«i  eines  Asearia  lumhri- 
coides  herbei  und  beseitigte  den  Knimpf  Ebenso  konnte  dos  Mädchen  wieder  vollkommen 
frei  m  dits  Lk-fat  aeken.    Hysterie  hig  in  beiden  Fällen  sicher  nicht  vor; 

Nach  der  Beobachtung  Sokolow*B  (1428)  trat  bei  einem  auch  snnat  gesunden  Sol- 
daten ein  rechtahcitiger  Lidkranipf  auf,  der  über  vier  Monale  jeder  Behandlung  trotzte  und 
deo  Patietiten  sehr  belastigte.  Der  Patient  erkrankte  daran f  an  lokaler  Peritonitis  und 
wurde  ini^i  Spital  aufgenommen,  wo  am  vierten  Tage  nach  der  Aulnahme  beim  Erbrechen 
ein  KnAuel  von  IG  todten  Spulwürmem  ausgeworfen  wurden  am  da rduf folgenden  Tsge 
fingen  wieder  einige  ab. 

c)  Der  Tremor  der  Lider, 

§  349.  Als  eine  dem  Status  nervosus  eigenthüniliche  Erscheinung  ist  ein 
Tremor  der  Oberlider  zu  erwähneD,  welcher  dann  auf  tritt,  wenn  man  den  Patienten 


626  ErampfzustAnde  im  oberen  Facialisgebiet. 

auffordert ,  wie  zum  Schlafe  das  Auge  sanft  zu  schliessen.  Er  wird  am 
häufigsten  während  der  Attaques  de  sommeil  (Charcot)  beobachtet  Mm 
sieht  dann  eine  konstante  Vibration  der  geschlossenen  oder  halbgeschlossenen 
Augenlider  von  geringer  Intensität,  wobei  man  genau  zusehen  muss,  weQ 
dieselbe  oft  auf  den  ersten  Blick  nicht  in  die  Augen  fallt. 

Auch  bei  vielen  sonst  gesunden  Individuen  entsteht  das  als  Rosen- 
bach ^sches  Phänomen  bekannte  Zittern  des  Oberlides,  bezüglich  d^sen 
Entstehungs weise  wir  uns  pag.  55,  §  33  bereits  genügend  ausgesprocben 
haben. 

Hoedemaker  (1429)  berichtet  über  einen  Fall  von  Zittern  der  Aagenlider,  Immi- 
ders  der  oberen  beim  Schlass  der  Angeo,  und  auch  im  Corrugator  supercilü  bei  einem  Falk 
von  typischer  Herdsklerose  bei  einem  8jährigen  Jungen. 

Von  einem  ähnlichen  Falle  berichtet  Victor  Gohn  (1430).  Es  handelte  si^  n 
eine  34jährige  Patientin  mit  multipler  Sklerose  und  Intentionszittem  in  der  Fadaütaif- 
kulatur.  Die  Gesichtsmuskulatur  war  sehr  schwer  beweglich,  Stirnmnzeln  anmöglieL  Dit 
Schliessung  und  Oefifnung  der  Augen  verlangsamt,  dabei  fortwährendes  Zittern  der  Aagn- 
lider.  Motilität  der  Muskulatur  des  Mundes,  der  Lippen,  des  Unterkiefers  und  der  Zage 
mehr  oder  weniger  beeinträchtigt;  Zitterbewegungen  der  Lippe  beim  Versuche  zu  spreeket. 

Wir  selbst  haben  exquisites  Zittern  der  Augenlider  bei  Basedow  be- 
obachtet, wenn  man  die  Patientin  aufforderte,  die  Augen  zu  schliessen,  und 
ferner  in  folgendem  Fall  von  peripherer  Facialislähmung: 

£8  handelte  eich  um  eine  20  jährige  Handlungsgehülfenfrau,  die  plötzlich  in  der  Nack 
eine  Empfindung  bekam,  als  ob  die  Zähne  auf  der  linken  Seite  ausfielen.  Am  anderen  Morgei 
konnte  sie  das  linke  Auge  nicht  schliessen,  und  im  linken  Mundwinkel  machte  sich  eis 
Gefühl  von  „Angeschwollensein"  bemerklich. 

.  Nach  einiger  Zeit  konnte  das  linke  Auge  bis  auf  einen  7  mm  grossen  Spalt  fjt 
schlössen  werden,  wobei  der  Bulbus  unter  zuckenden  Bewegungen  nach  oben  floh.  Forderte 
man  nun  die  Patientin  auf,  beide  Augen  leicht  zu  schliessen,  so  traten  auf  dem  gesood« 
rechten  Auge  sehr  starke,  auf  dem  linken  weniger  starke,  aber  isochrone,  feinsch lägige  Zock- 
ungen des  oberen  Lides  auf. 

Dieser  Unterschied  in  der  Stärke  des  Rosenb achschen  Phänomens 
erklärt  sich  daraus,  dass  das  in  §  33  pag.  55  beschriebene  Widerspiel  anta- 
gonistischer Kräfte  wegen  Schwäche  des  linken  Orbicularis  nicht  in  derselbai 
Weise,  wie  am  normalen  Auge  zustande  kommen  konnte. 


LühmuDgs^ustäDde  im  oberen  Facialis  gebiet. 


627 


Kapitel  X. 

Die  Lähmungszustände  der  vom  Augenfaeialis  ver- 
sorgten Muskulatur, 


Allgemeines  und  Symptomatologie. 

§  350.  Die  Lähmungszustände  des  Musculus  orbicukris  oculi,  des  Corru- 
gator  und  Frontalis  sind  meist  eine  Theilefscheinung  der  kompleten  Facialis- 
lähraung  und  diunit  ein  häufig  vorkommendes  Krankheitsymptom,  Da  aber 
die  koraplete  Facialislähmung  meist  die  Folge  einer  nuclearen,  iofranudearen 
oder  peripheren  Lähmung  des  Facialis  ist,  so  hängt  auch  die  Orbicularis- 
lähmung  meist  von  organischen  Läsionen  innerhalb  des  eben  berührten  Ge- 
bietes ab,  denn  die  kortikalen  und  subkortikalen  Affektionen  des  Facialis- 
gebtetes  befallen  dauernd  meist  nur  die  Mundzweige  dieser  Nerven.  Dass 
aber  auch  hiervon  Ausnahmen  vorkommen,  ist  in  der  anatomischen  Einleitung 
schon  gesagt  und  wird  in  dem  weiteren  Verlaufe  dieses  Kapitels  kasuistisch 
gezeigt  werden. 

Selten  ist  dagegen  eine  Lähmung  der  vom  Augenfacialis  versorgten 
Muskulatur  für  sich  allein.  Des  gemeinschaftlichen  Vorkommens  einer 
Lähmung  des  oberen  Facialis  mit  Ptosis  der  gleichen  Seite  ist  bereits  auf 
Seite  115  genauer  Erwähnung  geschehen. 

Die  Orbicularisläbmung  als  Theilerscheinung  der  Facialisparalyse  kann 
schnell  und  langsam  entstehen,  je  nach  der  Art  der  ursächlichen  Momente. 
Zuweilen  ist  das  Auftreten  der  Facialislähmung  mit  Schmerzen  verbunden^ 
welche  dann  auf  eine  gleichzeitige  Affektion  sensibler  Nervenzweige  aus  dem 
Quintuagebiete  zu  beziehen  sind.  Frankl-Hochwart  nimmt  an,  dass  sensible 
Fasern  aus  dem  Quintus  im  Facialis  verlaufen.  Wie  die  Facialislähmung 
einseitig  und  doppelseitig  gefunden  wird,  so  begegnen  wir  auch  als  Theil- 
erscheinung  derselben  einer  einseitigen  und  doppelseitigen  Lähmung  des  Orbi- 
cularis  resp.  der  gesammten  vom  oberen  Facialis  versorgten  Muskulatur,  die 
sich  dann  in  den  verschiedensten  Intensitätsgraden  manifestiren  kann. 

Bei  der  kompleten  Fadalislähmung  sind  selbstverständlich  alle  vom 
Facialis  versorgten  Muskeln  gelähmt,  bei  der  inkompleten  zeigen  sich  nur 
einzelne  vom  Facialis  versorgte  Muskeln  oder  Muskelgruppen  insufficient. 
Daher  ist  die  isolirte  Lähmung  der  oberen  Facialispartie  klinisch  als  eine 
inkomplete  Facialislähmung  aufzufassen,  wenn  auch  anatomisch  und  physio- 
logisch begründete  Bedenken  dagegen  erhoben  werden  könnten,  wegen  des 
supponirten  Ursprungs  der  oberen  Facialisfasern  aus  einem  getrennten 
Rindencent rum,  oder  aus  einem  anders  lokal isirten  Kerne.  (Mendel)  Jeden- 
falls muss  aber  auch  hier  schon  auf  die  analoge  Erscheinung,    welcher  wir 

Wilbrand-fimaDger,  Neorologle  dea  Au««a.    1.  BJ.  IL  AUheÜnng.  41 


628  Lfthmangszostände  im  oberen  Facialisgebiet. 

beim  Oculomotorius  begegnet  waren,  hingewiesen  werden,  dass  ancb  bei 
Stammerkrankungen  des  Nervus  facialis  dann  und  wann  einmal  eine 
Lähmung  einzelner  Muskeln  oder  Muskelgruppen  gefunden  wird,  wie  wir  dies 
bereits  auf  Seite  597  hervorgehoben  hatten. 

Wir  begegnen  den  Lähmungen  des  oberen  Facialisgebietes  sowohl  bei 
organischen  Läsionen,  als  auch,  wie  einzehne  Autoren  meinen,  als  Ausdruck 
rein  funktionell  nervöser  Zustände. 

Bei  der  einseitigen  Facialislähmung  finden  wir  die  Querfalten  der  Stirn- 
haut  nur  auf  der  gesunden  Seite  ausgeprägt.  Die  Stimliälfte  der  gelShmta 
Seite  erscheint  wegen  Lähmung  des  Frontalis  glatt,  die  Runzeln  sind  ver- 
strichen und  die  Zusammenziehung  der  Augenbrauen  ist  unmöglich  geworden. 
Bezüglich  der  Stellung  der  Augeifbrauen  der  gelähmten  Seite  bestehen  mm 
Verschiedenheiten,  die  theilweise  im  Alter,  theilweise  in  den  GewohnheiteD 
der  Patienten  begründet  sind.  Denn  bei  jugendlichen  Individuen  steht  die 
Augenbraue  der  nicht  gelähmten  Seite  um  ein  Geringes  tiefer,  weil  dicseihe 
durch  den  erhalten  gebliebenen  Tonus  des  kräftigen  Orbicularis  in  ihnr  fl»* 
sammtheit  mehr  nach  der  Lidspalte  hingezogen  wird  (vergleiche  Fig.  141 
und  142).  Bei  älteren  Personen  aber  mit  tiefen  Stirnfalten,  und  zumeist  bei 
solchen,  welche  gewohnheitsgemäss  den  Frontalis  stark  kontrahirt  halten,  ist 
das  Umgekehrte  der  Fall,  weil  hier  durch  den  relativ  vermehrten  Tonus  des 
gesunden  Frontalis   die  Augenbraue  der  gesunden  Seite   höher  gezogen  wird. 

Beim  gewöhnlichen  Blick  geradeaus  sehen  wir  die  Lidspalte  der  ge- 
lähmten Seite  weiter  klaffen,  als  die  des  gesunden  Auges,  eine  Erscheinung, 
welche  durch  den  Antagonismus  des  Levator  und  des  glatten  Lidmuskels 
(siehe  pag.  577),  sowie  durch  die  Schwere  des  Unterlids  hervorgerufen  wird. 
Nach  der  Lähmung  des  Orbicularis  wirkt  eben  dem  vereinigten  Tonus  des 
Levator  und  M.  palpebrae  superioris  lediglich  nur  noch  die  Schwere  des  Ober- 
lides entgegen,  und  wir  sehen  demgemäss  in  Figur  143  das  Oberlid  der 
gelähmten  Seite  höher  stehen,  als  das  der  nicht  gelähmten.  Anderseits  wissen 
wir,  dass  durch  den  Tonus  der  unteren  Partie  des  Orbicularis  das  Unterlid 
gehoben  und  an  den  Bulbus  angepresst  erhalten  wird.  Nach  erfolgter  LShmong 
des  Facialis  sinkt  dasselbe,  unterstützt  durch  das  Ueberwiegen  des  Tonus  des 
unteren  Palpebralmuskels  und  durch  die  eigene  Schwere  herab,  sodass  die 
untere  Lidkante  (siehe  Fig.  143)  mehrere  Millimeter  unter  dem  Homhautiande 
stehen  kann.  Ob  dabei  auch  der  Fascienzipfel  vom  Rectus  inferior  (siehe  13a, 
Fig.  8,  pag.  22)  nicht  ganz  unbetheiligt  ist,  bleibt  dahin  gestellt.  Die  vor- 
erwähnte retrahirende  Wirkung  des  Levator  macht  sich  nun  bei  to*- 
schiedenen  Individuen  in  verschiedener  Weise  geltend.  Wir  hatten  sdiOB 
auf  Seite  42,  §  30  hervorgehoben  und  erklärt,  wie  bei  der  Facialislälimnv 
trotz  des  Unvermögens,  willkürlich  einen  Schluss  des  Auges  hervorzubringeB 
(siehe  Fig.  16  und  17),  doch  die  Lider  bei  Senkung  der  Blickebene  in  fiut 
normaler  Weise  in  Form  der  Mitbewegung  sich  senken,  und  ist  an  diesen 
Abbildungen  eigentlich  nichts  von  einer  Retraktion  des  Levator  zu  beobachteiL 
Ganz  anders  stellt  sich   dagegen  die  kontrahirende  Wirkung  dieses  Muskels 


r      E.  F.    Rerhis  komplct«'  Faohilisliihmuiig,  jugeiui* 
I       liches  Itidivitlimm.     FinstcriT  GcsirlitÄiiustlruck. 


Fig.    14:i. 
il.  J.    EecJila  komplele  FIR'illli^l^lhInuug,    Weitere 
Lidspnite    nlh    llok»  durch    Zug    vom    Ober-    uml 

Unterlid. 


Fig.  142. 

E.  F    Eeehta  koiuplete  Faeiuli6?lül]muog,  jugend- 
liche» iudividuuEu.     Blick  gerail«  aus. 


Flg,  144. 

T.  V.     Rechts  komplete  FaetaJislähiiiuiig.     Blick 

nach    unten.       Retraktion    des    Überlidt;«    durch 

Ucbenriegeu  dc^  Levatortonuä, 

4f 


i 


630 


Lähm  11  Bgs zustände  im  oberen  Facialiagebiet. 


vor  in  der  Abbildung^  Figur  144,  in  Tivelcher  eine  ziemlich  bedeutende  Zurfick- 
ziehung  des  Oberlides  durch  den  Levator  auf  den  ersten  Bh*ck  ersichtlich  ist 
Ueber  ein  noch  bedeutenderes  Hervortreten  dieser  Erscheinung  beriditel 
Fuchs  (1439). 

Derselbe  heobacbtete  einen  13 jährigen  Kranken»  der  sieb  in  seinem  S.  Lebongib 
nach  einem  Süirze  neben  einer  SehlldelbHsiafraktur  eine  Lähmung  des  Facialis,  des  Abdflcm 
und  Pare**e  der  motorischen  Partien  dos  Trigeminus  zugexogen  hatte.  InieredsaDl  an  dieaoi 
Falle  war,  dass  die  Lidspalte  um  5  mm  weiter  hIh  die  rechte  blieb.  Beim  Yeianelie,  iu 
Auge  zu  schlieaüen,  blieb  die  Lidspalte  ungewöhnlich  weit  offen. 

Es  scheinen  also  auch  hier  individuelle  Verschiedenheiten  in  derpag.  42 

§    30     erwähnten    Kichttuig    vami- 
liegen- 

Bekannüich  hat  Sharlej 
(109)  das  Klaffen  der  Lidspalte  U 
Morbus  Basedowii  auf  diese  Er- 
scheinung bezogen,  indem  er  glaiibU;, 
der  Orbicularis  sei  in  seiner  Eigen- 
schaft als  Antagonist  des  Lev&tot 
bei  der  Basedowschen  Krankheit 
durch  Inaktivität  geschwächt,  wo- 
durch schliesslich  das  Gleichgewiclit 
zwischen  demSchliess*  und Oeffnung»- 
muskel  zu  Ungunsten  des  ersteres 
aufgehoben  würde,  und  so  ein  Ueber- 
gewicht  und  eine  Retraktion  des  Le- 
vator palpebrae  zu  Stande  käme. 

Bei  festem  Zukneifen  des  g^ 
Sunden  Auges  wird  bei  älteren  Indi- 
viduen die  schlaffe  Haut  der  Stini 
und  Augenumgebung  der  gelähioteo 
Seite  in  der  Kichtung  nach  im 
inneren  Augenwinkel  der  nicht  gt- 
1  ahmten  Seite  hinübergezogen,  w(^ 
durch  die  sonst  vertikal  Terlaufenden  Stirnnasen  falten  (vergleiche  Fig.  Itö] 
nun  den  Verlauf  einer  zusammengerefften  Gardine  annehmen.  AnA 
die  Hautfalten  des  gelähmten  Unterlids  sind  bei  älteren  Leuten  häufig  ver- 
strichen,  weil  der  Tonus  der  gelähmten  Wangenmuskulatur  aufgehoben  ist, 
und  die,  je  nachdem  schwer  oder  weniger  schwier  herabhängende  Haut  jene 
Falten  durch  Zug  ausgleicht. 

Durch  die  Lähmung  des  Orbicularis  ist  der  willkürliche  und  redek- 
torische  Lidschluss  unmöglich  geworden ,  ausser  bei  den  supranucleän?o 
Lähmungen.  Zwar  bemerken  wir  synchronisch  mit  dera  gesunden  Auge  eine 
ganz  rudimentäre,  auf  Seite  31  §  25  erklärte  Blinzelbewegung  des  OberÜdi 
der  gelähmten  Seite;  dieselbe  reicht  aber  nicht  aus,  um  das  Lid  über  einen 
nur  kleinen  Theil  der  Hornhaut  zu  führen,  und  damit  unterbleibt  die  phrsiö- 


Fig.  145. 

L.  N.     Rechts   kompletc?   Facialijslähmiing.      V^r- 

aiehung  der    Ilaut    iiuch    dem    Augi-iiwitikei    des 

gecund(!D  Auges. 


i 


logische  Bestimmung  des  Blinzelreflexes:  die  Hornhaut  feucht  zu  erhalten 
und  die  angeflogenen  -Staubtheilchen  von  ihr  wegzukehren.  Durch  die  Zu- 
nahme der  taktilen  Reize  bei  erweiterter  Lidspalte  wird  nun  reflektorisch  die 
Thränenabsondenmg,  die  bei  Manchen  durch  die  Abhebung  des  Unterlids  (das 
paralytische  Ektropium)  und  die  Eversion  der  Thränenpunkte  noch  gesteigert 
wird,  vermehrt,  und  das  so  lästige  Ueberlaiifen  der  vermehrten  Thränenmenge 
begünstigt  ^). 

5^  351.  Diese  gesteigerte  Thränenahsonderung  ist  aber  ein  für  die  Erhaltung 
der  Hornhaut  wichtiger  Faktor,  indem  sie  während  des  Tages  und  im 
wachen  Zustande  durch  häufiges  Ueberschweramen  des  Auges  mit  Feuchtig- 
keit in  gewisser  Hinsicht  den  Lidschlag  ersetzt,  die  Hornhaut  feucht  erhält 
und  die  wegen  der  erweiterten  Lidspalte  in  vermehrter  Menge  angeflogenen 
Staub  th  eil  eben  wegspült.  Zur  gleich  massigen  Vei  theihmg  der  Thränenflüssig- 
keit  über  den  vorderen  Bulbusabschnitt  tragen  dann  noch  die  Bulbusbeweg- 
ungen  das  ihrige  bei.  Während  des  Schlafes  aber,  wo  der  Litlschlag  aus- 
bleibt, die  Bewegungen  des  Augapfels  so  gut  wie  aufgehoben  sind,  und  die 
Thriinenahsonderung  wegen  Verringerung  der  taktilen  Reize  auf  Hornhaut 
und  Conjunctiva  eine  geringere  ist,  steigt  jedoch  die  Gefahr  für  die  Aus- 
trocknung [der  Cornea.  Zwar  wendet  sich  im  Schlafe  die  Hornhaut  meist 
etwas  nach  oben  (vergleiche  pag.  519),  und  wird  dieselbe  durch  das  erschlaffte 
Oberlid  zum  grössten  Theile  und  zumeist  in  ihren  oberen  ZweiJ rittein  bedeckt, 
es  bleibt  aber  leicht  bei  älteren  Individuen  mit  erschlaffter  Haut  das  untere 
Lid  vom  Bulbus  abgehoben  und  gesenkt,  wodurch  das  untere  Segment  der 
Hornhaut  unbedeckt,  und  das  Epithel  derselben  der  Vortrocknung  und  der 
Entwickelung  geschwüriger  Prozesse  (Keratitis  e  lagophthalmo)  ausgesetzt  bleibt. 

Bollin  (IMO)  berichtet  Über  einen  derartigen  Fall  von  linksseitiger  Facinlisparalyae, 
bßi  wekbem  das  Äuge  nach  geschwüriger  Perforation  der  Eiornhaut  in  Folge  von  Lagoph- 
thiilmua  zu,  Grunde  gegangen  ist. 

In  den  Anfangsstadien  dieses  Zustandes  iinden  wir  in  dem  permanent 
klaffenden  Theile  der  Lidspalte  die  allen  äusseren  Insulten  ausgesetzte  Con- 
junctiva etwas  geschwollen  und  geröthet.  Zähe  Schleimdocken  bedecken  am 
Rande  des  Unterlides  die  Hornhaut.  Durch  Eintrocknen  des  Sekretes  ist 
das  untere  Segment  der  Hornhaut  oft  von  dicken  Krusten  überdeckt,  bei 
deren  Entfernung  dieselbe  getrübt  erscheint  und  schliesslich  in  geschwürigen 
Zerfall  geräth. 

Aus  dieser  Darstellung  geht  hervor,  dass  der  Schlaf  und  das  Alter  ganz 
besonders  die  Entwickelung  der  Keratitis  e  lagophthalmo  begünstigen;  denn 
dieses  Abstehen  des  Unterlides  macht  sich  nur  bei  älteren  Personen  und  dort 
umsomebr  geltend,  je  massiger  und  damit  um  so  schwerer  nach  unten  drückend 
die  Haut  der  Wange  gewesen  ist.     Bei  jugendlichen  Individuen  aber,  voraus- 


1)  Auf  das  Versiegen  der  Thränenabaonderung  bei  Facialislähmung  wird  im  nächsten 
Bande  näher  eJDgpgangea. 


i 


632  LfthmangszoBtände  im  oberen  Fftcialbgebiet. 

gesetzt,  dass  die  Facialislähmung  nicht  schon  lange  Zeit  bestanden  hat 
genügt  die  normale  Elastizität  der  Haut,  das  Lid  g^gen  den  Balbos  noch 
angepresst  zu  erhalten.  Wie  sehr  überhaupt  bei  jugendlichen  Individuen  die 
Lähraungssymptoroe  selbst  bei  kompleter  Facialisparalyse  durch  die  Elasti- 
zität der  Haut  gemindert  werden,  erkennt  man  sehr  deutlich  aus  den  Ab- 
bildungen Fig.  141  und  Fig.  142.  Hier  besteht  eine  komplete  rechtsseitige 
Facialisparalyse,  und  wir  sehen  trotzdem  nur  einen  ganz  geringen  Tiefstand 
des  rechten  Mundwinkels,  eine  kaum  merkbare  Erweiterung  der  rechten  Lid- 
spalte und  einen  geringen  Hochstand  der  rechten  Augenbraue.  In  Figur  141 
stellt  sich  uns  dieselbe  Patientin  vor,  bei  dem  Versuche  ein  finsteres  Gesicht 
zu  machen. 

§  352.  Den  analogen  Zustand  der  Homhautvertrocknung  mit  Geschwürsbil- 
dung durch  permanentes  Klaffen  der  Lidspalte  sehen  wir  in  schweren  fieberhaften 
Krankheiten  auftreten,  in  welchen  durch  Trübung  des  Bewusstseins  die  Augen 
nicht  mehr  geschlossen  werden.  Das  Austrocknen  der  Hornhaut  wird  hierbei 
durch  das  Versiegen  der  Thränenabsonderung  im  somnolenten  Zustande  unter- 
stützt. Meist  sehen  wir  dann,  ehe  es  zur  Eintrocknung  kommt,  die  Homhaat 
gleichfalls  mit  dichten,  zähen  Schleimmassen  bedeckt,  die  scharf  mit  dem 
Rande  des  Unterlides  abschneiden,  und  welche  dann  dem  Unerfahrenen  leicht 
als  schon  vorhandene  Infiltration  der  Hornhaut  mit  Geschwürsbildung  im- 
poniren.  Noch  in  späteren  Jahren  kann  man  aus  den  im  untersten  Horn- 
hautsegment zurückgebliebenen  Narben  anamnestisch  bedeutsame  Schlüsse 
ziehen  auf  eine  geheilte  Keratitis  e  lagophthalmo ,  die  dann  meist  die  Folge 
einer  vorhanden  gewesenen  Meningitis,  oder  einer  mit  Benommenheit  einher- 
gehenden  Infektions-Krankheit  (Typhus  etc.)  gewesen  ist.  In  der  Regel  werden 
dann  diese  Veränderungen  sich  doppelseitig  nachweisen  lassen,  oder  wird  man 
aus  der  Anamnese  erfahren,  dass  auch  das  jetzt  gesunde  Auge  ebenfalls,  wenn 
auch  nicht  so  stark,  aftizirt  gewesen  sei.  Als  Beispiel  möge  der  folgende  Fall 
aus  unserer  Beobachtung  dienen. 

Der  14  jährige  Baaernjunge  N.  0.  woi'de  wegen  Blindheit  auf  dem  einen  Auge  ans 
zugeführt.  Die  Untersuchung  ergab,  dass  rechterseits  eine  alte  weisse  Trübung  das  iiDtere 
Hornhautsegment  einnahm,  und  dass  die  Iris  an  dieser  Stelle  mit  der  Humhaut  verwachseD 
war  (Leukoma  adhaerens).  Das  Pupillargebiet  auf  diesem  Auge  war  irei.  Auf  der  analogfn 
Stelle  der  anderen  Hornhaut  war  nur  eine  alte  rauchige  Tiübung  yorhanden.  Der  Augen- 
spiegel Hess  auf  dem  rechten  Auge  eine  einfache  Atrophie  erkennen  (die  Papille  war  sehnig 
weiss,  scharf  begrenzt,  die  Gefässe  eng),  auf  dem  linken  Auge  war  der  Befand  nonnil 
ebenso  wie  die  Sehschärfe.    Rechterseits  wurde  kaum  noch  hell  und  dunkel  onterschiedeiL 

Die  an  den  beiden  unteren  Cornealsegmenten  vorhandenen  alten  Narben 
im  Vereine  mit  der  Opticusatropbie  der  einen  Seite  Hessen  sofort  den  Ver- 
dacht hervortreten,  dass  der  Knabe  vor  längerer  Zeit  eine  Meningitis  durch- 
gemacht haben  müsse,  was  auch  durch  die  anamnestischen  Nachforschungen, 
sowie  durch  die  Aussage  der  Mutter  bestätigt  wurde.  In  seinem  vierten 
Lebensjahre  hatte  der  Knabe  sehr  schwer  an  einer  ;, Gehirnentzündung'^  dar- 
niedergelegen. 


Dass  der  Bulbus,  wie  Hyrtl  erwähnt,  bei  Lähmung  des  Orbicularis 
hervortreten  soll,  ist  wohl  nur  eine  Täuschung,  bedingt  durch  die  Weite  der 
Lidspalte,  Denn  der  Orbicularis  liegt  für  gewöhnlich  nur  dem  Bulbus  an, 
ohne  einen  Druck  auf  denselben  auszuüben,  und  geschieht  Letzteres  nur  beim 
festen  Zukneifen  des  Lides,  Eine  derartige  Wirkung  könnte  docli  wohl  nur 
beim  Exophthalmus  und  beim  myopischen  Glotzauge  sich  geltend  machen. 

Ueber  die  Stellung  des  Lides  im  Tode  hatten  wir  bereits  Seite  26,  §  21 
das  Noth wendige  gesagt. 

Im  Folgenden  wollen  wir  nun  der  Frage  näher  treten,  in  welchem  Ab- 
hängigkeit>sverhältniss0  die  Lähmung  des  oberen  Facialisgebietes  stur  Läsion 
der  einzelnen  Abschnitte  dieses  Nervs  zu  stehen  pflegt. 


A.  Lähmung  des  oberen  Facialisgebietes  nach  organischen 

Veränderungen. 

a)  Bei  kortikalen  Herden, 

Indem  wir  auf  die  anatomischen  Bemerkungen  in  der  Einleitung  S.  559 
verweisen,  gehen  wir  gleich  auf  die  kaBuistischen  Belege  des  dort  Gesagten  ein. 

a)  Orbicularislähmung   bei  cortikaler  Affektion  darch 

Erweichung. 

§  353.  Brissftud  (1441)  beobachtete  folgenden  Fall  von  rechtsseitiger  Hemiplegie  mit 
Betbeiligung  der  ganzen  Geaichtshälfte.  Eine  80jährige  an  Myocarditia  leidende  Frau 
bekam  einen  Schlaganfall  mit  einstündiger  Bewu&aUosigkeit,  recbtsseitfger  Lähmung  und 
Aphasie.  Die  Sprache  kehrte  nach  14  Tagen  wieder,  die  Hemiplegie  der  Extremitäten 
erstreckte  sith  auf  eine  geringe  Langsamkeit  und  Schwäche  der  Bewegungen.  Zwei 
Jahre  apftier  muaste  sich  Patientin  wegen  zunehmender  HerzineufficienE  in  der  Klinik  auf- 
nehmen laaseo.  Zu  jener  Zeit  waren  alle  Bewegungen  auf  der  rechten  Seite  möglich,  doch 
klagte  Fatieutin  über  Eriebela  auf  dieser  Seite,  auch  war  dieselbe  andauernd  byperästheUfich, 

Das  Gesicht  war  vollkommen  asymmetrisch;  rechtsseitige  Ptc&ia  —  willkürUchea 
Scbliessen  des  rechten  Auges  nicht  möglich  —  Dilatation  der  rechten  Pupille,  rechte  Stim- 
hälfte  fast  vollkommen  faltenlos. 

Die  Sektion  ergab  einen  Erweichungsberd  im  unteren  Viertel  der  hinteren  Central* 
Windung,  der  eich  in  der  Tiefe  auf  den  obersten  Theil  der  Insel  erstreckte.  Auf  dieaeo 
Erweichnngsherd  wurde  die  vollständige  Facialielähmung  bezogen,  während  die  Lühmungs- 
eracheinangen  in  den  ExtremltäteD  auf  Cirku!atiünssi<)rur]gen  beruhten,  die  nicht  intensiv 
geoug  waren,  um  zu  einer  Erweichung  zu  führen. 

Mill  (1442)  berichtet  über  einen  16j|lhrigen  Knuben,  der  nach  einem  Trauma  Über 
dem  recbten  Parietalbein  seit  etwa  1  Jahr  an  Krämpfen  litt  und  14  Tage  vor  dem  Tode 
von  einem  unerwarteten  Ohnmachtsanfalte  mit  folgendem  Vomitus,  Kopfschmerz,  unsicherem 
Gang,  Schwindel,  Pulsherabsetzuug  auf  50,  Diplopie,  Parese  der  linken  Extremitäten  und 
des  ganzen  linken  Facialisgebietes,  sowie  rechtsseitiger  Ptosis  ergriffen  wurde. 
Der  EjLitus  trat  baid  ein.     Unter   dem  rechten  Scheitelbein  war  die  Dura  fest  mit  der  Pia 


634  Lftbmangszastftnde  im  ol>eren  Facialisgebiet. 

und  Hirnrinde  verwachsen.    Die  Rinde  selbst  war  an  der  Yerwacfasimgsstelle  in  eine  m- 
weichte,  röthlich-grane  Masse  verwandelt 

In  dem  schon  früher  citirten  Falle  von  Rossolimo  (1443)  fand  sicli  an  d»  Ober- 
fläche der  linken  Hemisphäre  eine  Erweichung,  welche  das  Yerbreitnngsgebiet  des  drittel 
und  vielleicht  auch  theil weise  des  vierten  Astes  der  A.  fossae  Sjlvii  umfasste,  indem  di^ 
selbe  den  unteren  Abschnitt  der  vorderen  Gentralwindung ,  mit  der  Spitze  der  drittel 
Stirnwindung,  die  unteren  V>  der  hinteren  Central windnng ,  das  vordere  Drittel  de«  Gym 
supramarginalis  umfasste.  Auf  dem  Horizontalschnitt  zeigte  sich,  dass  die  Erweiebiig 
in  die  Tiefe  ging  und  folgende  Gebiete  betraf:  die  subkortikale  Schicht  der  Insel,  die  Capnk 
externa  und  den  Nucleus  lenticularis,  den  äusseren  Abschnitt  der  Pyramidenhahnen,  die  Cofmi 
radiata  und  den  vorderen  äusseren  Abschnitt  der  weissen  Substanz  des  HinterhanpÜappeu 
bis  zur  äusseren  Wand  des  Hinterhoms.  Diesem  Befunde  entsprachen  wohl  folgeide 
klinischen  Symptome  in  der  Erkrankung  des  48jährigen  Mannes:  Eines  Morgens  trat  aa* 
scheinend  ohne  Bewusstseinsverlust  Aphasie  nebst  Parese  des  rechten  Arms,  des  reditea 
Facialis  und  Hypoglosaus  auf.  Während  die  Aphasie  nach  1  Monat,  die  Parese  des  reditei 
Armes  nach  Vit  Monaten  verging,  blieb  die  Parese  des  M.  facialis  und  Hypoglossns  bis  n 
Ende  bestehen. 

Leider  hat  der  Verfasser  es  unterlassen,  eine  genauere  Angabe  zu 
machen,  ob  der  obere  und  untere  Facialis  gelähmt  war.  Er  spricht  nur  von 
einer  Lähmung  des  Facialis.  Da  Rossolimo  sich  in  diesem  Falle  haupt- 
sächlich mit  dem  Studium  der  einseitigen  Ophthalmoplegie  und  Hemianopsie 
befasst  hatte,  so  war  dem  uns  hier  interessirenden  Befunde  wohl  geringere 
Aufmerksamkeit  zu  Theil  geworden. 

Femer  sei  noch  auf  die  Fälle  von  Tiling  (i486),  Magnus  1487)  und 
Grasset  (1488)  hingewiesen,  die  wir  später  bei  der  Diplegia  facialis  korti- 
kaler Natur  mittheilen  werden. 

§  354.  Wir  selbst  sind  in  der  Lage,  drei  eigene  Fälle  hier  anzuführen,  die 
wir  dem  Entgegenkommen  des  Herrn  Oberarztes  Dr.  Jollasse  und  des  Herrn 
Dr.  Sick.  Oberarztes  der  chirurgischen  Abtheilung  zu  Eppendorf  verdanken 

1.  Ein  56 jähriger  Kaufmann  kam  am  21.  Mai  1899  zur  Aaf nähme  mit  der  Meldmigr 
dass  er  sich  in  den  Kopf  geschossen  hahe.  Die  Kugel  hahe  auf  der  Bettdecke  gelegen 
Der  Mann,  der  am  Halse  eine  grosse  quere  Schnittwunde  hatte,  war  nicht  benommeii, 
schien  aher  in  Folge  psychischer  Störung  jede  Antwort  zu  verweigern. 

In  der  rechten  Schlftfengegend  hefand  sich  die  Einschussöffnung;  3  nun  darfiher  eine 
kleine  gelappte  Wunde  mit  der  Basis  nach  unten,  die  aher  nicht  die  Ausschnssöffnnng  dw  Kugel 
sein  konnte.  Die  ganze  Stirnhälfte  war  angeschwollen,  ebenso  das  obere  Augenlid;  nidit 
die  CoDJunctiva.    Die  Pupillen  waren  massig  weit  und  reagirten.    Lidschlag  angestöri 

Puls  normal;  kein  Erbrechen;  die  Augen  waren  oft  nach  links  gewendet. 

Der  rechte  Arm  war  schlaff,  gelähmt,  bisweilen  mit  leichter  Spannung  in  der  Am- 
beuge.  Das  rechte  Bein  war  ebenfalls  gelähmt.  Patellarreflexe  beiderseits  normal,  fu» 
sohlenrefiexe  beiderseits  gesteigert.  Fussclonus  nicht  auszulösen.  Urin  wurde  spontan  g^ 
lassen.  Patient  griff  auf  Anreden  nach  dem  vorgehaltenen  Hammer  und  gab  ihn  mit 
der  linken  Hand  wieder.  Rechts  war  das  Facialisgebiet  schlaff,  die  rechte  Wange  einge- 
sunken;  der  Mundwinkel  leicht  hängend.    Patient  wollte  die  Zunge  nicht  heraosstrecken. 

2.  Juni :  Patient  ist  ständig  benommen ;  reagirt  beim  Anrufen  durch  Aagenanfedilag; 
greift  langsam  nach  einem  vorgehaltenen  Gegenstand.  Der  rechte  Ann  und  das  nditt 
Bein  sind  schlaff  gelähmt;  das  linke  Bein  ist  bis  auf  geringe  Abwehrzncknng  gelflbnt 
PateUarrefiexe  fehlen   absolut,    ebenso  die  Cremasterreflexe.     Die  Fusssohlenreflaxe  nrf 


eideraeitn  erloschen.  Der  Kopf  ist  nach  links  gedreHt.  Rechtsseitige  totale  Facialts- 
Ibniung,  die  Kugel  scheiei  von  rechts  oben  Bchräge  nach  links  gegangen  zu  aein.  Broncho* 
t'neumonio     Die  Wunde  sieht  gut  aus. 

IQ.  Junir  Nach  IJebersteheii  der  BroDchopneumODie  erholte  eich  Patient  eichtüch  und 
wurde  munterer.  Er  verfolgt  mit  den  Augen  was  vor  sich  geht;  erkennt  das,  was  man  ihm 
vorhält  und  greift  danach.  Gibt  die  linke  Hand  auf  Auffordening,  Öffnet  den  Mund,  wenn 
man  ihm  Nahrung  einfiösst.  Es  ist  kein  Wort  aus  ihm  herauszubringen.  Einmal  aoU  er 
,ja*  und  ,  Donnerwetter*  gesagt  haben. 

Auch  kann  man  nicht  entscheiden,  ob  er  Worte  Tereteht,  sie  nicht  vielmehr  dem 
Sinne  nach  aus  den  gemachten  Gestikulationen  erkennt.  Sicher  ist  das  WoH verstand^ 
oiss  nicht. 

Gelahmt  sind  rechterseits:  Arm,  Bein,  Facialis  (total) ;  linkerseits :  Bein  stark  paretisch. 
Der  Kopf  ist  stets  nach  links  gewendet;  das  Umlegen  nach  rechts  ist  ihm  sehr  schmerz- 
haft.    Die  Augen  sind  frei  nach   allen  Richtungen  hin  beweglich.     Reflexe  sind  erloschen. 

24.  Juni:  Es  tritt  plDtzlich  eine  Schwellung  der  rechten  Gesichtshftlfte  ein.  Die  Wunde 
sieht  schmierig  aus^  au9  derselben  konnte  man  Knochensplitter  und  ern  kleines  StQck  Blei 
herausziehen. 

Patient  bewegt  jet2t  das  linke  Bein  gut ;  macht  mit  der  linken  Hand  alle  Bewegungen. 
Vor  dem  24.  Juni  hat  er  verschiedentlich  gesprochen  und  zwar  auf  Fragen  geantwortet  — 
vollkommen  sinngemäss  —  den  Schwestern  gegenüber,  während  er  dem  Arzt  gegenüber 
stumm  bleibt. 

Seit  dem  24.  Juni  ist  er  wieder  stumm  und  reagirt  wenig.  Die  Reflexe  sind  jetzt 
beiderseits  erhalten.  Rechts  und  links  Patellarreflex  und  Fusssohlenreflex ;  links  Cremaster« 
reflex;  rechts  nicht  deutlich«  Die  rechte  Seite  vollkommen  gel&hmt.  Kopf  stets  nach 
links;  lÄsst  Stuhl  unter  sich. 

26.  Juni:  Die  Schwellung  des  Gesichts  ist  zurück  gegangen. 

7,  Juli :  Die  Wunde  am  Schädel  reinigt  sich ;  doch  werden  noch  manche  Knochen- 
fitücke  losgeetossen.  Patient  fängt  an  das  rechte  Bein  zu  bewegen^  bei  dem  die  Reflexe 
schon  vorher  zurückgekehrt  waren ;  auch  der  Facialis  bessert  sich.  Er  spricht  wieder;  hört 
Alles,  versteht  Alles. 

14.  Juli:  Es  stoasen  sich  noch  kleine  Knochensplitter  ak  Volle  Lähmung  des  rechten 
Arms.  Das  rechte  Bein  wird  etwas  bewegt;  starke  Steigerung  des  Kniereöexes  rechts. 
Facialis  wieder  gut  Patieut  lässt  Stuhl  unter  sich ;  doch  merkt  or  es  wohl  Seine  Leitung 
ist  entschieden  verlangsamt. 

29.  Juli :  Unter  hohem  Fieber  entwickelt  sich  von  einer  kleinen  Dekubi talstelle  aus  ein 
Erysipel  S^it  8  Tagen  Bltck  und  Kopf  nach  rechts.  Die  rechte  Seite  leicht  livide;  die 
Kmereflexe  nicht  gesteigert. 

L  August:   Exitus  unter  Herzschwäche. 

Sektion:  Schussverletzang  des  Stirnbeins,  der  beiden  Grosshirnhem isphären,  Pachy- 
moningitis  h&morrhag  int.,  Oedema  et  Emphysema  pulra.,  Bronchopneumonia,  Tracheotomia 
inveterata,  Adenom  ata  glandularum  suprarenalium. 

Ueber  der  rechten  Schläfe  ein  Hautdefekt  von  10'PfennigstQckgr5sse,  welcher  die 
Oeffnung  eines  in  die  Schädelhöhle  fÜlirenden  Kanals  darstellt.  Der  Schusskanal  geht  io 
schräger  Richtung  nach  innen  und  etwas  nach  hinten ;  die  Kugel  war  ungefähr  am  oberen 
Ende  des  Gy ras  centralis  post.  links  gegen  die  innere  Fläche  des  Schädels  gepraüt,  woselbst 
sich  eine  rostgelbe  Stelle  hefindet.  Vtvn  derselhsn  schien  die  Kugel  abgeprallt  zu  sein  und 
hat  sich  im  linken  Parietallappen  festgesetzt  und  zwar  dicht  unter  der  Rinde  der  Grenze 
zwischen  Lob.  pariet.  aup.  und  Gyrus  supramarginalis,  Ä?xf  dem  Wege  fanden  sich  Zer- 
Störunge«  im  rechten  Stirnlappen  ca  4  cm  Qber  dem  Anfang  der  A.  fossae  Sylvii,  im  Gyrus 
frontalis  sup.  links  hinten  und  oben,  und  im  oberen  Drittel  des  Gyrus  centralis  post. 


636  LähmungszoBtände  im  oberen  Facialiagebiei. 

2.    Ein  21  jähriger  Gommis  infizirte  sich  luetisch  vor  8  Monaten  in  Marocco.   An 
26.  April  1899  bekam  er  eine  rechtsseitige  Hemiplegie  mit  Aphasie.  Das  Sensoriom,  weldm 
anfangs  ganz  geschwunden,  war  am  8.  Mai  wieder  zorQckgekehrt    Am  11.  AngustwareriB 
Hamburg  angekommen.    Bei  der  Untersuchung  fand  sich  eine  totale  Lfthmnng  der  reckin 
oberen  und  unteren  Extremität  und  zwar  so,   dass   er  keine  Bewegung   machen  kosate; 
Ferner  war  der  ganze  rechte  Facialis  gelähmt;  aber  nicht  so  stark  wie  die  Extremititen 
Bei   der  Aufforderung  die  Augen  zu  schliessen   trat  im  Gebiet  des  oberen  Facialis  äu 
schwache  Innervation  in  die  Erscheinung.    Wie  die  Abbildung  (siehe  .Fig.  119)  erkeoAen 
lässt,  blieb   bei  versuchter   Innervation   die  ganze  rechte  Gesichtsseite   fast  anbeweg}i^ 
Wenn  Patient  beide  Augen  zu  schliessen  versuchte,  kam  es  rechts  zu  einem  LagophthahBos. 
Besonders   deutlich   trat  die  Lähmung  der  rechten  Gesichtshälfte   beim  Lachen  in  die  Er- 
scheinung. In  noch  etwas  stärkerem  Grade  als  der  obere,  war  der  untere  Facialis  paretiscb, 
sowohl  bei  willkürlichen,  wie  bei  mimischen  Bewegungen.    Bei  Annäherung  eines  Licht« 
und  der  Hand  schloss  sich   der  paretische  rechtsseitige  Orbicularis ,    was   im  Yergieich  xa 
den  gewöhnlichen  Facialislähmungen  sehr  auffällig  erschien. 

Die  faradische  und  galvanische  Untersuchung  ergab  in  allen  Facialiszweigen  direkt 
und  indirekt  ganz  prompte  Zuckungen. 

Die  Zunge  wich  nach  rechts  ab. 

Beim  passiven  Bewegen  der  gelähmten  Extremitäten  waren  deutliche  Spannungen  im 
rechten  Hüft-,  Knie-  und  Fussgelenk,  in  geringerem  Grade  im  Schaltergelenk  nachweisbar. 
Eine  Untersuchung  der  Sensibilität  ergab  keine  sicheren  Resultate.  Jedenfalls  bestand 
keine  ausgesprochene  Störung  auf  der  rechten  Seite,  da  Patient  bei  Nadelstichen  psjdiisck 
reagirte. 

Die  Pupillen  waren  beiderseits  gleich  weit  und  reagirten  gut  Fundus  oculi  beider- 
seits normal.  Die  Patellarreflexe  waren  beiderseits  gesteigert,  rechts  noch  mehr  als  links 
Achillesrefiexe  waren  beiderseits  lebhaft;  rechts  Andeutung  von  Fussclonus. 

Plantarreflex  rechts  herabgesetzt;  Gremrster-  und  Abdominalreflex  fehlten  rechts; 
während  sie  links  lebhaft  waren. 

Patient  konnte  spontan  kein  Wort  herausbringen  und  sich  auch  nicht  mimisch  Ter- 
ständlich  machen.  Ganz  einfache  Befehle  (nach  dem  Ohr  zu  greifen  etc.)  verstand  er; 
komplizirte  jedoch  nicht,  sodass  sicherlich  auch  sensorische  Störungen  dabei  vorbanden 
waren.  Nachzusprechen  veimochte  er  nicht;  ebensowenig  zu  lesen.  (Eine  Hemianopsie  war  nickt 
vorhanden.)  Patient  machte  im  Ganzen  einen  etwas  dunimen  Eindruck.  Er  lachte  aaf- 
fallend  viel. 

Patient  wurde  einem  energischen  Traitement  mixte  unterworfen,  leider  aber  wir, 
wie  ja  zu  erwarten ,  die  Besserung  eine  geringe ,  da  ja  bekanntlich  die  Prognose  der  aif 
syphilitischer  Arterienerkrankung  beruhenden  Lähmungen  ungtlnstig  ist. 

Am  27.  September  konnte  er  das  rechte  Auge  bis  auf  einen  feinen  Spalt  wieda 
schliessen ;  den  Frontalis  rechts  inncrviren.  Der  Mundfacialis  war  entschieden  noch  paretisch 
Die  Extremitäten  blieben  ganz  gelähmt.  Patient  machte  einen  viel  freieren  Eindruck  and 
hatte  viel  besseres  Yerständniss.  Konnte  wieder  nachsprechen,  aber  spontan  kein  Wort 
herausbringen. 

Als  sehr  wichtig  für  die  Stellung  der  Diagnose  muss  noch  aus  der 
Krankengeschichte  erwähnt  werden,  dass  anfangs  häufig  klonische  ZuckuDgen 
in  den  Extremitäten  beobachtet  wurden,  weil  daraus  hervorgeht,  dass  auch 
kortikale  Aeste  der  A.  fossae  Sylvii  beeinträchtigt  wurden.  Wahrscheinlich 
handelt  es  sich  hier  um  eine  Verlegung  der  A.  fossae  Sylvii  an  einer  Stelle, 
von  der  die  beiden  Centralwindungen  und  die  Insel  versorgt  werden,  da  bei 
solchen  Herden  es   meist  nach  Monakow  (1444)  unter  Bewusstseinstrübang 


Lähmui]gszustäi]da  im  oberen  Facialisgebiet.  637 

und  epilepti formen  Zuckungen  zu  einer  Lähmung  der  Extremitäten  der  gegen- 
überliegenden Seite  mit  Aphasie  kommt,  während  sensible  Störungen  und 
sensorische  Aphasie  relativ  selten  beobachtet  werden. 

Oder  es  handelt  sieh  um  eine  nicht  ganz  vollständige  Verlegung  der 
A.  fosßae  Sylvii  unmittelbar  nach  ihrem  Abgang  aus  der  Carotis.  Die 
Lähmung  der  Extreraitäten  war  niimHch  eine  so  vollständige,  dass  ein  kor- 
tikaler Herd  allein  nicht  ausreichen  möchte,  die  Intensität  der  Bewegungs- 
stiiruug  zu  erklären.  Ferner  weist  die  stärker  ausgesprochene  Lähmung  in 
der  rechten  Gesichtshälfte  bei  unwillkürlicher  Innervation  (Lachen)  auch  auf 
eine  infrakortikale  Läsion  hin, 

3*  Ein  58 jähriger  Mann  kam  am  Anfang  September  in  unsere  Poliklinik,  und  klagte 
über  Zuckungen  im  Gesicht  auf  der  rechten  Seite  am  Auge,  Da  der  Patient  angab,  dabei  ein 
Gefühl  von  Schwere  in  der  rechten  Hand  zu  haben,  so  nfthmou  wir  au^  dnss  ea  sich  um 
motorische  Reizerscheinungen  von  der  Hirnrinde  her  bandle.  Wir  untersuchten  den  Mann 
ganz  genau,  fanden  aber  ausser  einer  leicliten  Abschwäcbung  des  rechten  Mundfacialis 
nichts,  was  auf  einen  grösseren  Cerebralberd  hindeutete. 

Die  Kraftf  RcHexe,  Sensibilität,  Pupille,  Augenbintergmnd  waren  normal  Er  blieb 
aus  der  Poliklinik  weg. 

Am  14.  September  kam  er  nun  ins  Krankenhaus  mit  einer  rechtsseitigen  Hemiplegie^ 
Schwäche  des  Mundfacialis  und  deutlicher  Parese  im  rechten  Frontalis.  Beim  Augenschluas 
wurde  der  rechte  Orbicularis  viel  schwächer  innervirt  als  der  linke.  Ferner  bestand  völlige 
motoriBche  Aphasie  mit  leichten  eensoiischen  Störungen.  Kurz  durch  Zufall  halten  wir 
zwei  analoge  Fälle  tu  gleicher  Zeit  in  Beobachtung,  die  sich  in  der  Aetiologie  jedoch  unter- 
schieden* Diese  Ungleichheit  in  der  Frontalisinnervalion  war  etwa  3  Wochen  sehr  deutlich; 
während  links  auffallende  Querfalten  vorhanden  waren,  die  die  Augenbraue  etwas  erhoben, 
war  die  rechte  Stirn  ganz  glatt,  und  die  Äugenbraue  stand  etwas  tiefer. 

ß)  hei  Tumoren. 

§  355.  Pfannenstiel  (1445).  Der  11  Monate  alte  Knabe  konnte  die  Extiemitäten 
ungehindert  und  normal  bewegen,  aber  der  Mund  war  nach  rechts  verzogen,  was  besondei-s 
hervortrat,  wenn  das  Kind  schrie;  beim  Lachen  zeigten  sich  achwache,  aber  deutliche 
Muskelkontraktionen  am  linken  Mundwinkel,  die  Naäolabialfiilte  war  verstrichen;  die 
Augenlider  bewegten  sieh  auf  beiden  Seiten  gut,  his weilen  schien  aber  die  linke  Augen- 
spalte  etwas  enger  zu  Fein  als  die  rechte,  die  Augenbeweguiigen  und  Pupillen  2eigten  keine 
Abnormität,  Der  weiche  Gaumen  war  ohne  Asymmetrie.  Die  ünko  FacialislÄbmung  blieb 
unverändert;  bis  kurz  vor  dem  Tode  \var  die  linke  A agenspalte  deutlich  enger  als  die 
rechte.  Sektion:  Am  gehärteten  iJim  fand  sich  recht»  ungefähr  mitten  zwischen  der 
Fbs^a  sylvii  und  oberer  Grenze  der  üemisphäre  in  der  hinteren  Centralwindung  innerhalb 
der  Fissura  Rolandi  ein  ungefölir  erbsengrosser,  abgerundeter  Tumor.  Auf  dem  Durchschnitt 
zeigte  ilch  dieser  Tumor  gut  begrenzt.  Die  vor<lere  Centralwindung  war  völlig  intakt,  au  der 
hinteren  war  die  Rindensubätanz  der  Grösse  des  Tumors  entsprechend  zerstört.  Die  weisse 
Mark^uhstanz  hatte  nicht  gelitten.  Im  hinteren  Theile  des  Cuneua  ein  Tuberkel,  und  im 
oberen  Theile  des  Thalamus  zwei» 

Mill  (144ft)  theilte  einen  Fall  von  totaler  rechtsseitiger  Facialisparesc  mit 
Sfiunehmendcr  motorischer  und  sensibler  Lübmiing  der  ExtremitiSten  mit,  bei  welchem  sich 
bei  der  Sektion  ausser  miliaren  Tuberkeln  in  der  Pia,  in  der  Foasa  BjWn  und  Hydro- 
cephalus  int.  ein  fester  grau  röthlicher  Tiimor  fand,  der  vom  lateralen  Theile  des  linken 
Thalamus  opticus  auggegHngen  war  und  die  medianen  Partien  des  Thalamus  und  des  Corp. 
caudatum  nach  innen  und  üben  verdrängt  hatte. 


638  Läbmangszastände  im  ol>ereii  Faeialisgebiet. 

Le  signe  de  Torbiculaire. 

§  356.  Wernicke  (1448)  sagt  in  seinem  Lehrbnche  „manchmal  ist  bei 
Hemiplegie  unstreitig  eine  erhebliche  Parese,  wenn  auch  nicht  absolute  Lahmimg 
im  Orbitalgebiete  des  Facialis  vorhanden.  Das  letztere  ist  sogsi  bei  der 
indirekten  Hemiplegie  in  der  ersten  Zeit  ihres  Bestehens  das  gewöbnUche.* 
Bei  genauerer  Untersuchung  wird  jedoch  nicht  selten  gefunden,  dass  die 
Kontraktionen  des  Orbicularis  auf  der  gelähmten  Seite  oft  weniger  kraftig. 
als  auf  der  gesunden  Seite  sind.  Auch  soll  hierbei  das  toq  den  Franzosen 
mit  le  signe  de  Torbiculaire  bezeichnete  Phänomen  zu  beobachten  sein.  Das- 
selbe besteht  darin,  dass  ein  Hemiplegiker  beide  Augen  auf  einmal  wohl 
zu  schliessen  vermag,  ebenso,  wie  er  das  Auge  der  gesunden  Seite  allein 
schliessen  kann,  jedoch  ist  es  ihm  unmöglich,  das  Auge  der  gelähmten  Seite 
alleine  zu  schliessen  und  das  andere  dabei  offen  zu  lassen.  Auch  bemerke 
man,  dass  die  Lider  beider  Augen  sich  nur  mühsam  und  unter  Zuckungen 
nähern.  Desgleichen  wären  auch  die  anderen  Muskeln  des  oberen  Facialis 
in  ihren  Leistungen  auf  der  gelähmten  Seite  unvollkommen.  Dieser  Versuch 
gelingt  bei  den  Hemiplegikem  zwar  nicht  immer^  aber  meist.  Das  Symptom 
schwindet  meist  zu  derselben  Zeit,  wie  die  Lähmung  des  unteren  Facialis.' 

Der  Grund  für  die  fehlende  oder  geringe  Mitbetheiligung  des  Orbicn- 
laris  gegenüber  der  Häufigkeit  der  Mundfacialisparalysen  bei  der  cerebralen 
Hemiplegie  ist  wohl  in  der  Thatsache  zu  suchen,  dass  Muskeln,  welche  bald 
allein,  bald  mit  dem  Genossen  der  anderen  Seite  Bewegungen  ausführen,  mit 
beiden  Hemisphären  in  Verbindung  stehen.  Wiewohl  nun  in  der  Regel  ihre 
Bewegungen  von  der  gegenüberliegenden  Hemisphäre  aus  angeregt  werden, 
werden  sie  doch  bei  der  cerebralen  Hemiplegie  nie  vollständig  gelähmt,  weil 
die  Himhälfte  derselben  Seite  ihren  Einfluss,  welcher  vorher  nicht  ausgeübt 
wurde,  für  den  aber  die  Strukturanordnung  schon  vorhanden  war,  sich  all- 
mählich geltend  macht.  Wenn  daher  der  Kranke  im  Anfang  der  Hemiplegie 
das  Auge  der  gelähmten  Seite  allein  kaum  schliessen  konnte ,  verwischt  sieb 
mit  der  Zeit  dieser  Bewegungsdefekt  immer  mehr. 

Wir  hatten  früher  (siehe  pag.  680)  erwähnt,  dass  die  Orbiculares  palpebr. 
beider  Seiten  stets  gleichzeitig  in  Erregung  versetzt  werden,  und  dass  es  einer 
besonderen  Uebung  bedürfe,  den  einen  Lidschliessmuskel  gesondert  vom  anderen 
zu  kontrahiren ;  aber  auch  dann  selbst  ist  bei  den  geübtesten  Menschen  beim 
Schlüsse  des  einen  Lides  ein  leichtes  synchronisches  Zucken  des  Lides  am 
anderen  Auge  zu  bemerken. 

b)  Orbicalarislähmang  bei  Läsion  des  sabkortikalen  resp.  snpra- 
nacleären  Faserverlanfes  des  FaciaHs. 

§  357.  In  der  Litteratur  fanden  wir  folgende  einschlägige  Fälle,  tod 
denen  der  erste  ganz  besonders  bemerkenswerth  ist,  weil  eine  isolirte  obere 
Facialislähmung  zurückblieb. 


HugueniTi  (1259)  beobachtete  bei  einer  an  Nephritis  erkrankten  Frau 
eine  rechtsseitige  Lälimung  des  Arms  mit  Betheiligung  des  Facialis.  Die 
{Kranke  konnte  die  Stirn  auf  der  rechten  Seite  nicht  falten,  die  Augenlider 
nicht  schliessen.  Die  Muskeln  des  Nasenflügels  waren  nur  sehr  gering 
betheiligt,  die  des  Mundes  schienen  intakt.  In  den  folgenden  Tagen  ver- 
schwand die  Arnilähmung,  nur  die  des  Facialis  blieb  zurück. 

»Bei  der  Sektion  fand  man  einen  liaselnussgrossen  hämorrhagischen  Herd, 
dessen  eine  Hälfte  die  Basis  des  Linsenkems  einnahm. 
I  Chvostek   (1260)  hat  einen    ähnlichen  Fall   beobachtet,   bei  dem  die 

rechte  obere  Extremität  und  die  ganze  rechte  Gesichtshälfte  gelähmt  waren. 
Bei  der  Autopsie  fand  man  ebenfalls  einen  hämorrhagischen  Herd  im 
Linsenkern. 

Hallopeau   (1261)    konstatirte   bei    einer   an    interstitieller    Nephritis 
leidenden,  plötzlich  rechtsseitig  gelähmten  38jährigen  Frau  eine  totale  rechts- 

»seitige  Facialislähmung.  Die  Kranke  konnte  weder  das  Auge  schliessen  noch 
die  Stirn  runzeln.  Bei  der  Sektion  sah  man  einen  hämorrhagischen  Herd 
im  vorderen  Schenkel  der  inneren  Kapsel,  im  Linsenkern,  in  der  Capsula 
interna  und  dem  claustrum.  Ein  zweiter  hämorrhagischer  Herd  fand  sich  im 
Centnim  ovale  unterhalb  der  zweiten  Stirn windung. 

Ein   einschlägiger   Fall   von  Tournier  (1484)    wird   bei   der   Diplegia 
facialis  supranucleärer  Natur  später  mitgetheilt  werden. 

Fall  n   unserer  eigenen  Beobachtung  könnten  wir  auch  hier  anführen, 


Das  Verhalten  „der  Atisdrucksbewegungen^'  bei    supranuclearen 

AfTektionen. 

§  358.  Das  Verhalten  der  Augenlider  ist  ferner  bei  der  Differential- 
diagnose zwischen  supra-  und  infranuclearer  Facialislähmung  von  grosser 
Bedeutung. 

Bezüglich  der  Gesichtsmuskeln  ist  nämlich  die  Frage  nach  ihrer  Innervation 
dadurch  komplizirt,  dass  wir  hier  ausser  den  willkürlichen  und  den  einfachen 
Retiexhewegungen  noch  eine  besondere  Gruppe,  die  sogenannten  „Ausdrucks- 
bewegungen^S  d,  h.  solche,  durch  welche  sich  der  Gemüthszustand  äussert^ 
z.  B.  das  LacheUj  unterscheiden  müssen. 

Nothnagel  war  es,  der  zuvörderst  in  dieser  Sache  Aufklärung  brachte. 
Er  kam  durch  Zusammenstellung  der  betreffenden  Kasuistik  mit  den  Sektions- 
befunden zu  der  wichtigen  Schlussfolgerung,  dass  in  den  Fällen,  wo  die 
willkürliche  Innervation  des  Facialis  aufgehoben  ist  und  dabei  doch  die 
Bew*egung  beim  Lachen,  Weinen  u.  s,  w.  besteht,  der  Sehhügel  und  seine 
Stabkranzverbindung  zur  Hemisphärenmasse  unversehrt  gefmiden  wird;  beim 
umgekehrten  Verhalten  würde  vielleicht  eine  isolirte  Lähmung  des  Sehhügels 
zu  erwarten  sein.  (Sehhügelcentrum  für  den  unwillkürlichen  Ausdruck  von 
Gemüthsbewegungen,  Bechterew  [1449]). 


640  Lähmongszostftnde  im  oberen  Facialisgebiet. 

Eine  besondere  Bedeutung  müssen  solche  Fälle  besitzen,  in  denen  die 
willkürliche  Innervation  des  Gesichts  erhalten,  diejenige  für  die  Ausdrucks- 
bewegungen  dagegen  aufgehoben  ist,  in  denen  also  dieser  Anschauung  gemäss 
isolirte  Aflfektion  des  Sehhügels  oder  der  Leitungsbahnen  desselben  vorhanden 
sein  soll,  Rosenbach  (1450). 

Was  die  Theilnahme  der  einzelnen  Abtheilungen  des  M.  orbicularis  bei 
den  emotionellen  Bewegungen  anbelangt,  so  erwähnt  Merkel  (Gräfe- 
Saemisch  I,  78),  dass  beim  Ausdruck  der  Verachtung  vom  Orbicnkris 
nur  die  Lidportion  in  Funktion  trete. 

Kontrahiert  sich  die  Orbitalportion  in  Verbindung  mit  dem  M.  malaris, 
dann  gewinnt  das  Auge  den  Ausdruck,  den  es  beim  Gefühl  des  Ekels  und 
des  Schauderns  zeigt ;  oder  es  kontrahirt  sich  partiell  nur  die  mediale  Hälfte 
des  oberen  Bogens  der  Orbitalportion,  dann  kommt  der  Ausdruck  des  tiefen 
Ernstes  zu  Stande.  Zieht  sich  dagegen,  was  ebenfalls  möglich  ist,  nur  die 
untere  und  laterale  Hälfte  des  Orbicularis  in  Verbindung  mit  dem  M.  malaris 
zusammen,  dann  entsteht  die  Geberde  der  Heiterkeit,  des  Lachens. 

Beim  Ausdruck  des  Schmerzes  kontrahiren  sich  diejenigen  Partien 
des  Muskels,  welche  an  der  medialen  und  oberen  Seite  der  Gesichtsöffnnng 
der  Augenhöhle  liegen,  d.  h.  also  der  sog.  Corrugator  supercilii,  sowie  auch 
die  medialen  Teile  des  M.  frontalis.  Kommt  zu  dieser  Bewegung  noch  die 
hinzu,  welche  soeben  für  den  Ausdruck  des  Lachens  beschrieben  wurde,  dann 
entsteht  die  Miene  des  Weinens. 

Im  höchsten  Afifekte  des  Schmerzes  und  der  Freude,  beim  starken 
Weinen  und  Lachen  ist  die  Aktion  des  M.  orbicularis  die  gleiche.  Es  erfolgt 
in  beiden  Fällen  eine  kräftige  Zusammenziehung  der  ganzen  Orbital-  und 
eine  geringere  der  ganzen  Palpebralportion,  ebenso  wie  beim  starken  Ge- 
blendetsein. 

Es  will  uns  dünken,  als  ob  in  der  Litteratur  in  der  Beobachtung  und 
Beschreibung  der  einzelnen  Fälle  auf  die  emotionellen  Bewegungen  des  Orbi- 
cularis weniger  geachtet  worden  sei,  als  auf  diejenigen  der  unteren  Facialis- 
partie. 


c)  Die  Lähmnng  der  Orbienlo-frontalen-Partie  des  Facialis  zu  Folg« 
von  Affektion  der  Faeialis-Kern-Wurzelregion. 

§  359.  Bei  der  Kernlähmung  des  Facialis  kann  es  sich  um  eine  voll- 
ständige oder  nur  theilweise  Zerstörung  des  Kernes  handeln.  Ist  ersteres  der  Fall, 
so  tritt  eine  willkürliche  Lähmung  der  vom  Facialis  versorgten  Muskeln  ein. 
Ferner  sind  die  Reflexe  und  die  Ausdrucksbewegungen  aufgehoben.  Ob  die 
Lähmung  stets  den  ganzen  Facialis  betrifft,  kann  im  Hinblick  auf  die 
Mendel'sche  Ansicht  des  Kemursprungs  des  oberen  Facialis  im  Oculomo- 
toriuskem,  mit  der  wir  uns  in  §  53  S.  114  eingehend,  und  kurz  in  der  ana- 


Lfthmnngsziisiände  im  oberen  Facialisgebiet.  641 

tomischen  Einleitung  zu  diesem  Kapitel  beschäftigt  haben,  nicht  strikte  be- 
antwortet werden.  Wir  halten,  wie  gesagt,  bis  jetzt  daran  fest,  dass  der 
Facialis  nichts  mit  dem  Oculomotoriuskeme  zu  thun  habe. 

Ist  nur  ein  Theil  des  Facialiskems  zerstört,  so  beschränkt  sich  die 
Lahmung  auf  einzelne  Muskeln.  Bei  der  Kemlähmung  entwickelt  sich  recht 
frühzeitig  eine  Abmagerung  der  betreffenden  Muskeln.  Dieselben  bieten 
meistens  quantitative  und  qualitative  Veränderungen  der  elektrischen  Erreg- 
barkeit dar  (manchmal  Mittelform  der  Entartungsreaktion),  und  zeigen  nicht 
selten  die  bekannten  fibrillären  Zuckungen. 

Die  meisten  Kemlähmungen  des  Facialis  sind  wegen  der  benachbarten 
Lage  der  Kerne  doppelseitig.  Jedoch  kommt  auch  einseitige  Affektion 
namentlich  im  Beginne  von  Erkrankungen  vor,  die  meist  pathogenetisch  zu 
den  Rückenmarkskrankheiten  gehören.  Ist  doch  ein  grosser  Theil  der  basalen 
Himmasse  dem  Rückenmark  gleichwerthig,  und  sind  die  aus  der  Kemregion 
entspringenden  Hirnnerven  durchaus  den  Spinalnerven  homolog  (Ziehen). 

§  360.  Bei  der  Tabes  sind  die  meisten  Himnervenkeme  erkrankt 
gefunden  worden,  so  auch  der  Facialiskem.  Jedoch  ist  eine  Facialislähmung 
im  Vergleich  zu  den  Lähmungen  im  Gebiet  des  Oculomotorius,  des  Vagus, 
Accessorius  und  Hypoglossus  ein  sehr  seltenes  Ereigniss.  Noch  viel  weniger 
findet  man  eine  lediglich  auf  den  oberen  Facialis  beschränkte  Lähmung. 

A.  Meyer  (1452)  theilte  einen  Fall  von  Ophthalmoplegie  bei  Tabes  mit, 
bei  dem  der  linke  obere  Facialis  paretisch  war.  Ausserdem  bestand  eine 
leichte  Störung  im  linken  Trigeminus,  und  beiderseits  Sehnervenatrophie. 
Siehe  S.  160. 

Jendrassik  (siehe  S.  170)  beobachtete  bei  einem  Tabiker  rechtsseitige 
Facialis-,  sensible  Trigeminus-  und  Oculomotoriuslähmung,  die  heilte  und  dann 
in  gleicher  Weise  auf  der  linken  Seite  auftrat.  Merkwürdigerweise  fanden 
sich  in  den  betreffenden  Nervenkemen  keine  Veränderungen. 

Cassirer  und  Schiff  (pag.  174  u.  176)  fanden  in  ihren  ausserordentlich 
genau  untersuchten  Fällen  bei  Dreien  leichte  Störungen  im  Facialisgebiet  und 
zwar  war  in  zwei  Fällen  nur  der  untere,  in  einem  Falle  der  ganze  Facialis 
affizirt.     Im  Kemgebiet  fanden  sich  keine  nennenswerthen  Veränderungen. 

Ausser  diesen  Fällen  haben  noch  Howard  (pag.  161),  Petersen  (pag.  162) 
und  Buzzard  (pag.  164)  totale  Facialislähmung  bei  Tabes  beobachtet. 

Nur  der  untere  Facialis  war  ausser  in  den  oben  erwähnten  Fällen  von 
Cassirer  und  Schiff,  in  folgenden  früher  schon  mitgetheilten  Beobachtungen 
affizirt: 

Buzzard  (pag.  176),  Chvostek  (pag.  C.  VII.  767),  Dinkler(pag.  164), 
Charcot  (pag.  164),  Marina  (pag.  164),  Bernhardt  (pag.  159). 

Glorieux  (pag.  160)  beobachtete  eine  vorübergehende  Lähmung  bei  der. 
Tabes.     Kurz  die  Ausbeute  betreffs  einer  Lähmung  der  vom  oberen  Facialis 
versorgten  Muskelgruppen  bei  der  Tabes  ist  eine  so  geringfügige,   dass  man 


642  LfthmoDgszastände  im  oberen  Fadalisgebiet 

im  allgemeinen  wohl  behaupten  kann,  der  Facialis  bleibe  bei  der  Tabec 
von  einer  Lähmung  verschont.  Diese  höchst  bemerkenswerthe  Thatsache  könnte 
klinisch  ebenso  gegen  die  Mendersche  Ansicht  vom  Kemurspmng  des  oberea 
Facialis  verwerthet  werden,  wie  das  Freibleiben  des  oberen  Facialis  bei  Bnllnr- 
paralyse  für  jene  Ansicht  bisher  geltend  gemacht  wurde. 

§  361.  Ebenfalls  sehr  selten  findet  man  den  Facialis  bei  der  chroni- 
schen, progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthalmoplegie 
afficirt  (siehe  pag.  117). 

Aus  der  Tabelle  III,  in  welcher  wir  die  in  der  Litt^eratur  bekanntoi 
Fälle  aufgeführt  haben,  ersehen  wir  doppelseitige,  leichte  Lähmung  des  ganzen 
Facialis  im  Falle  Uhthoff  (S.  128  Nr.  13).  Eine  Schlaffheit  der  Gesichte- 
muskeln, die  aber  sehr  gut  beweglich  waren,  beobachtete  Strümpell  (S.  130 
Nr.  18),  ebenso  Recken  (S.  128  Nr.  9).  Besonderes  Interesse  verdient  da 
Fall  Hanke  ^s  (S.  126  Nr.  2),  bei  dem  sich  zugleich  mit  der  Ptosis  eine 
Lähmung  des  Stirn-  und  Augenfacialis  entwickelt  hatte. 

Birdsall  (S.  130  Nr.  20)  konstatirte  in  seinem  Falle  eine  HerabsetzooK 
der  elektrischen  Erregbarkeit  in  den  dem  oberen  Facialisgebiet  angehörigen 
Muskeln. 

Neuerdings  beobachteten  Fragstein  und  Kempner  (1453)  bei  einem 
im  15.  Lebensjahre  an  kompleter  Lähmung  beider  Augen  erkrankten  Patienten, 
eine  Lähmung  des  rechten  oberen  Facialis. 

§  362.  Auch  bei  Ophthalmoplegien,  die  nicht  in  die  vorgenannte  Gra{^ 
einzureihen  sind,  kommt  eine  Erkrankung  des  Facialis  vor. 

So  sah  Hughlings-Jackson  (1504)  zwei  Fälle  von  Ophthalmoplegia ex- 
terior,  in  denen  der  Orbicularis  oculi  mitbetheiligt  war  und  bei  denen  auch 
seine  elektrische  Erregkarkeit  gelitten  hatte. 

Smith  (1505)  beobachtete  einen  Fall  von  unvollständiger  Ophthalmoplegie 
mit  Betheiligung  des  Frontalis  und  Orbicularis,  während  die  übrigen  Aeste 
das  Facialis  frei  waren. 

Taylor  (1506)  stellte  der  ophthalmolog.  Gesellschaft  einen  Fall  vor,  der 
neben  Oculomotoriuslähmung  eine  Schwäche  des  Orbicularis  zeigte. 

Fuchs  (347)  sah  Schwäche  in  den  Froritalmuskeln  bei  einer  Frau  mit 
doppelseitiger  Ptosis. 

Woods  (346),  Turner  (336)  und  Guibert  beobachteten  ebenfalls 
Parese  im  Augenfacialis  bei  nuclearer  Ophthalmoplegie. 

Wenn  wir,  wie  schon  früher  erwähnt,  es  nicht  für  gerechtfertigt  halten, 
aus  dem  gleichzeitigen  Befallensein  mehrerer  Muskeln  auf  die  räumliche  Nähe 
ihrer  Kerne  zu  schliessen,  so  halten  wir  diese  Fälle  doch  für  zu  bemerkens- 
werth,  um  sie  hier  nicht  wiederholt  anzuführen. 

§  363.  Bei  der  klassischen  Form  der  Bulbärparalyse  sehen  wir  eine 
allmählich  sich  entwickelnde  progressiv-atrophische  Lähmung  der  Zungen-, 
Gaumen-,  Lippen-  und  oft  auch  der  Kehlkopfmuskulatur.  Der  M.  orbicularis 
oris  wird  gewöhnlich  zuerst  von  den  vom  Facialis  innervirten  Muskeln  befaUen. 


Bte  Lähmungs  zu  stände  im  oberen  FaciaÜBgebtet.  643 

ass  der  betreffende  Patient  schwer  den  Mund  spitzen  kann.  Diese  auSallige 
3nderstellung  des  unteren  Facialis  bei  der  Bulbärparalyse  könnte  auch  da^ 
lurch  seine  Erklärung  finden,  dass  wie  Oowers,  Tooth  und  Turner  meinen, 
ier  Kern  des  Orbicularis  oris  (ern  vom  Hauptkern  des  Faeiahs  in  der  Nähe 
les  Uypoglossuskernes  belegen  sei.  Dann  hatte  man  nicht  ntithig,  um  das 
so  gewöhnliche  Freibleiben  des  oberen  Facialis  bei  der  Bulbärparalyse  zu 
erklären,  der  Mend ersehen  Ansicht  zuzuneigen,  welche  den  oberen  Facialis 
abseits  vom  eigentlichen  Facialiskern  im  hinteren  Theil©  des  tkulouiotoriuskerns 
entspringen  lassen  wilh  Dazu  kommt  noch  das  wichtige  Faktum,  dass 
Remak  (344),  Wachsmuth,  Eisenlobr,  Bernhardt,  Oppenheim, 
Briasaud  und  Marie  Bulbärparalysen  mit  BetheiJigiing  des  oberen 
Facialis  beobachtet  haben. 

§  364.  Da,  wie  wir  in  §  79  des  weiteren  ausgeführt  haben,  die  Kom- 
bination der  Ophthalmoplegie  mit  degenerativen  Vorgängen  in 
den  Bulbärkernen  und  den  Vorderhornganglien  des  Rücken- 
marks klinisch  durchaus  nicht  mit  der  klassischen  Bulbärparalyse  überein- 
stimmt, so  sei  in  Kurze  auf  das  Verhalten  des  Facialis  bei  dieser  Krank- 
heitsgruppe eingegangen,  mit  der  wir  uns  an  der  Hand  des  vorliegenden 
Materials  eingehend  im  L  Band  von  §  79  an  beschäftigt  haben. 

Um  Wiederholungen  zu  vermeiden,  verweisen  wir  auf  die  dort  ange- 
führten Fälle,  indem  wir  diejenigen  namhaft  machen j  bei  denen  auch  der 
Facialis  affizirt,  ist. 

Cassirer  und  S  ch  If  f  (p.  206,  Fall  4)  konstatirten  leichte  Erscheinungen 
von  Seiten  des  Facialis. 

In  Uhthoff's  Fall  (p.  207,  Fall  7)  ging  die  Parese  nur  auf  den  Fa- 
cialis über. 

Förster  (p.  207,  Fall  8)  sah  Parese  beider  Faciales.  Nussbaum  (p,  207, 
F'all  9)  konstatirte  Betheiligung  des  rechten  N.  facialis.  Ebenso  fiinJenFörs  ter 
(p.  209,  Fall  21),  Schaffer  (p.  2ü9,  Fall  23),  Brasch  (p.  210,  Fall  26), 
Seeligmüller  (p.  211,  Fall  29),  Higier  (p.  211,  Fall  31)  in  den  früher 
mitgetheilten  Fällen  mehr  weniger  beträchtliche  Lähmungen  des  Facialis,  und 
zwar  waren  meist  der  obere  und  untere  Ast  in  nahezu  gleicher  Intensität 
befallen. 

Zu  diesen  Fällen  wären  noch  fünf  neue  von  Koshewnikow  (1507), 
Kali  seh  er  (1508),  Ziehen  (1509)  und  Vi  dal  und  Marine  sco  (1510)  wegen 
der  Facialisbetheiligung  hinzuzufügen. 

5}  365,  Ganz  besonders  nun  verdienen  die  beiden  von  Londe  (405)  als 
Paralysie  bulbaire  progressive  infantile  et  familiale  beschriebenen 
Fälle  hervorgehoben  zu  werden,  bei  denen  schliesslich  eine  völlige  Lähmung  der 
vom  oberen  Facialis  inn  ervirten  Muskeln  beobachtet  wurde,  neben 
Ptosis  und  Bulbärsymptomen.  Wir  hatten  früher  schon  (p.  209)  erwähnt, 
dass  auch  Charcot  und  Fazio  eine  Form  der  progressiven  Bulbärparalyse 
im  Kindesalter  beschrieben  haben,  bei  welcher  Lähmung  im  oberen  Facialis- 
gebiet  bestand,  und  zwar  handelte  es  sich  um  eine  atrophische  Lähmung  mit 

Wi1brand-Sa«nfEer,  Neurologie  deü  Aatj^ea.    L  Bd.  lt.  AbtheilonjE.  42 


644  Die  Lähmongsznstände  im  oberen  Facialisgebiet. 

Veränderung  der  elektrischen  Erregbarkeit  sowohl  in  quantitativer  wie  quat 
tativer  Hinsicht.  Die  Artikulation  und  Deglutition  war  wie  bei  der  klassi- 
schen Bulbärparalyse  gestört. 

Dieses  seltene  Leiden,  welches  wahrscheinlich  auf  einer  Nervener- 
krankung beruht,  ist  vor  allen  Dingen  durch  den  hereditären,  familiären 
Charakter  ausgezeichnet.  Es  fand  sich  nämlich  bei  Geschwistern,  deren  Eltern 
blutsverwandt  waren. 

§  366.  Wir  hatten  schon  auf  pag.  209  Stellung  genommen  zu  der  far 
die  vorher  betrachteten  Krankheiten  angewandten  Bezeichnung  einer  Polioen- 
encephalitis  inf.  chron. ;  indem  wir  wegen  des  degenerativen  und  nicht  eigent- 
lich entzündlichen  Charakters  diesen  Namen  lieber  vermieden  haben.  Es  erübrigt 
nunmehr,  das  Verhalten  des  Facialiskemes  bei  den  wirklich  entzündlichen 
Affektionen  dieser  Gegend  zu  betrachten. 

Bei  der  in  der  Tabelle  XIV  angeführten  Fällen  von  Poliencephalitis 
sup.  haemorrhagica  Wernicke  fanden  wir  nur  in  Fall  4  von  Thomsen 
eine  leichte  Parese  im  Facialis;  jedoch  war  dieselbe  nur  auf  die  Mundpartien 
beschränkt. 

§  367.  Eine  viel  häufigere  Affektion  des  Facialis  findet  sich  bei  der  akuten 
Poliencephalomyelitis  und  zwar  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  sich  diese 
Erkrankung  meist  in  Form  einer  hämorrhagischen  Encephalitis  auf  die  am 
Boden  der  Rautengrube  befindlichen  Nervenkeme,  ja  bis  zu  den  Vorderhömern 
des  Rückenmarks  belegenen  Ganglien  ausbreitet  und  sowohl  diese,  wie  die 
Nervenfascikel  schwer  schädigt.  Nach  Oppenheim  (1455)  scheinen  die 
Ganglienzellen  zunächst  aufzuquellen  und  sich  zu  blähen.  Der  Kern  schwillt,  der 
Inhalt  des  Zellenleibs  trübt  sich;  dann  folgen  schnell  die  degenerativen  Vor- 
gänge. Die  Nervenfasern  erscheinen  manchmal  atrophisch,  manchmal  fettig 
zerfallen;  bald  ist  nur  die  Markscheide  gebläht,  bald  sind  nur  die  Acbsen- 
cylinder  gequollen. 

Derartige  Veränderungen  im  Facialiskem  und  vielleicht  in  dessen  Wurzel- 
fasern  waren  wohl  anzunehmen  in  dem  Falle  von  Kaiser  (560)  (siehe  pag.  298), 
bei  dem  eine  totale  Parese  des  linken  Facialis  sich  fand.  Sehr  bemerkens- 
werth  ist  der  in  dem  gleichen  Kapitel  angeführte  Fall  von  Oppenheim 
(pag.  299,  512),  bei  welchem  eine  erhebliche  Schwäche  beider  Orbi- 
culares  palpebrarum,  und  eine  geringe  Schwäche  der  Lippenmuskeln 
konstatirt  worden  war. 

In  einem  2.  zur  selben  Kategorie  gehörigen  Falle  fand  Oppenheim  (413) 
neben  einer  vollständigen  Ophthalmoplegia  bilateralis  externa  eine 
Parese  beider  Faciales  mit  besonderer  Betheiligung  des  Augen* 
schliessmuskels. 

Eichhorst  (406)  [pag.  300]  sah  in  einem  Falle  eine  linksseitige  Facialis- 
lähmung. 

Kalischer  konstatirte  in  seiner  höchst  interessanten  Beobachtung 
(pag.  300)  eine  Schwäche  im  unteren  Facialis. 


Wir  selbst  beobacbteteii  bei  dem  auf  pag.  301  genau  mitgetheilten  Falte 
von  Polioencephalomyelitis  acuta  im  Anfang  eine  totale  linksseitige 
Facialislähraung^  die  sich  später  etwas  verminderte. 

S  3G8.  Aber  aucb  htii  den  cirkuiiiskript  entzündlichen  Erkrankungen  im 
Pons  kann  es  zu  einer  Kernhihminig  des  Facialis  koumien,  wie  in  dem  nacli- 
folgenden  von  Oppenheim  (1456)  beobachteten  Faller 

,Der  ISjÄlirige  P.  klagte  einige  Wochen  nach  einem  Infi uenzöün fall  über  ein  Knebeln 
und  eine  Öchwero  in  der  linken  Geäichtshälfte.  Einige  Tage  später  stellte  sich  eine 
Schwäche  dos  rechten  Anna  und  Beines  ein.  Dhzu  kam  Taubheitsgefühl  und  Unsicher- 
heit der  Bewegungen,  sowie  Doppeltsehen.  Die  Sprache  wurde  undeutlich.  Pei  der  einige 
Wochen  nach  Beginn  des  Leidens  vorgenoniineneii  L'uterauchung  fand  »ich  eine  Lähmung 
deä  link  en  Faci  alis  in  allen  seinen  Zweigen  mit  partieller  Entartungsreaktiun;  eine 
Hypaesthesie  im  linken  Trigeminusgebiet,  eine  Lähmung  des  linken  Abducens,  nebst  Unfähig- 
keit^ beide  Bulbi  nach  links  hniüberzubewegen.  Die  Hürschilrfe  war  links  berabgesctaitj 
die  Kopfknochenleitung  hier  }>eeinlrächti^t*  In  der  rechten  Körperliälfte  hestand  eine  Parese 
mittleren  Grades  mit  Steifigkeit  und  Erhühung  der  Sebnenphänomene,  Die  Sensibilität  war 
am  rechten  Arm  und  Bein  herabgesetzt;  in  geringem  Grade  auch  am  linken  Arm.  Ausser- 
dem bestand  Ataxie  im  rechten  Arm,  weniger  im  Bein  und  Spurweite  im  linken  Arm.  Die 
Sprache  war  etwas  näselnd  und  undeutlich,  diiä  Schlucken  ein  wenig  behindert.  Auch 
wurde  über  Blasen  drang  geklagt.  Keine  Veränderung  am  Augeuhint  ergrund*  Massiger 
Kopfschmerz.  Kein  Erhrechen.  Diese  Erscheinungen  wurden  durch  einen  encepbalitii§chen 
Herd  hervorgerufen,  der  wesentlich  die  linke  BrückenMlfte  einnahm  und  in  wechselnder 
Ausdehnung  von  der  Höhe  des  Acusticuskerns  bis  zu  der  des  Abducenakems  die  BrucKe 
durchsetzt  hatte;  indem  er  nach  unten  hin  die  Mittellinie  überschritt,  betrat  er  das  Gehiet 
der  rechten  Schlei Cenbahn.  Die  Pyramiden  waren  nur  in  einer  H5he  auf  eln^  kurze  Strecke 
ins  Bereich  der  Erkrankung  gezogen. 

§  369*  Im  Anscbluss  an  diese  Erkrankung  sei  in  Kürze  der  Blutungen  und 
Erweichungen  innerhalb  des  Pons  gedacht.  Bekanntlich  ist  die  für  die  Pons- 
erkrankungen  charakteristische  Lähmungsformj  die  sogenannte  alternirende. 
Millard  und  G übler  haben  zuerst  auf  dieselbe  aufmerksam  gemacht.  Sie 
besteht  in  einer  Lähmung  der  Extremitäten  (und  event.  der  Zunge)  auf  der 
contralateralenj  und  des  Facialis  auf  der  dein  Krankheitssitz  entsprechenden 
Seite.  Dies  ist  der  Fall,  wenn  ein  apoplektiseher  Herd  in  einer  Ponshälfte 
oberhalb  der  Pyramidenkreuziing,  aber  unterhalb  der  Facialiskrenzung  belegen 
ist  (siehe  Fig.  146).  Liegt  aber  der  Herd  oberhalb  der  Faciaiiskreuzung,  so 
müssen  beide:  die  Lähmung  der  Extremitäten  sowohl,  als  auch  die  Facialis* 
lähmung  auf  der  gegenüberliegenden  Körperhälfte  belegen  sein. 

Die  Lähmyng  des  Facialis  hetriflft  bei  der  sogenannten  G  übler 'sehen 
Lähmung  alle  Zweige  des  Nerven,  auch  die  oberen  Aeste,  und  es  trägt  die- 
selbe, da  ausser  dem  Kerne  auch  die  austretende  Wurzel  betroffen  ist,  den 
Charakter  der  peripheren  Lähmung  mit  qualitativen  Veränderungen  der  elek- 
trischen Erregbarkeit  Der  Vollständigkeit  halber  sei  erwähnt,  dass  bei  dieser 
alternirenden  Lähmung  neben  dem  Facialis  öfters  noch  andere  Hirnnerven 
betroflen  werden,  am  häufigsten  der  Hypoglossus;  dann  auch  der  Abducens 
und  Tri  gern  inns. 

Als  Beispiel  mögen  folgende  Fälle  dienen,    von  denen   wir  die  ersten 

ganz  kurz  referiren: 

42» 


646 


Die  Lähmungszast&nde  im  oberen  Facialisgebiet. 


Alexander  (1457)  berichtet  von  einer  54 jährigen  Frau,  welche  bei  einem  xweiten 
Schlaganfalle  eine  Lähmung  der  linken  Extremitäten  und  des  rechten  Facialis  in  allei 
seinen  Zweigen  requirirt  hatte.  Aus  dieser  altemirenden  Lähmung,  und  auf  Graod  tm 
Artikulations-  und  SchlingstOrungen  wurde  eine  Blutung  in  der  rechten  unteren  Hälfte  des 
Pens  diagoosticirt,  und  durch  die  Sektion  als  zutreffend  bestätigt. 

Einen  ähnlichen  Fall  von  linksseitiger  Extremitätenlähmung  mit  Artiknlationsstdrang^ 
Abweichung  der  Zunge  nach  links,  Ptosis  und  vollständiger  rechtsseitiger  Facialislihmaog 
beobachtete  Mahot  (1458). 

Hallüpeau  (1459)  sah  ebenfalls  eine  Lähmung  des  linken  Facialis  in  seiner 
ganzen  Ausdehnung  bei  einer  rechtsseitigen  Extremitätenlähmung.  Ausserdem  bestand 
aber  noch  Paralyse   des   linken  Nervus   abducens.     Bei  der  Sektion   fand  sich   auf  dem 

Boden  des  vierten  Ventrikels  im  Nireu 
der  Eminentia  teres  linkerseits,  in  dtf 
Gegend,  welche  dem  Knie  das  Facialis  ent- 
sprach, eine  Ecchymose.  Ein  senkreckt 
auf  den  Boden  des  Ventrikels  geführter 
Schnitt  zeigte  hier  einen  Erweichungsberd 
von  etwa  5  mm  Durchmesser,  der  den 
Facialis-Abducenskem  zerstört  hatte.  la 
oberen  Ende  der  linken  Arteria  vertebnib 
und  im  untersten  StQck  der  Basilaris  ht- 
fand  sich  ein  Pfropf. 

Leider    fehlt    in    den    vorher- 
gehenden  Fällen    die    genaue   elek- 
trische Untersuchung,  die  ja  gerade 
in  diesen  Fällen  für  die  Beurtheilong 
der    Art    der   Facialislähmung  toh 
grösster      Bedeutung      ist       Denn 
differentialdiagnostisch      kann    man 
eben   nicht  feststellen,    ob   es  sich 
um    eine    fascikuläre,     eine    Kern- 
lähmung, um  beides  zusammen,  oder 
um      eine     supranucleäre     Facialis- 
lähmung gehandelt  habe,  welch  letz- 
tere allerdings  höchst  unwahrschein- 
lichist, worauf  aber  immerhingeachtet 
werden  muss. 
Da  nun  im  folgenden  Falle  von  Gee  und  Tooth  (1460)  eine,  allerdings 
den  Anforderungen  einer    exakten  Untersuchung   nicht  entsprechende,  elek- 
trische Prüfung  des  Facialis  vorgenommen  worden  war,  so  sei  dieselbe  noch 
kurz  hier  erwähnt. 

Kin  21  jähriges  Mädchen  hekam  inmitten  guter  Gesundheit  plötzlich  bei  der  Arbeit 
einen  apoplektischen  Aofall.  Sie  verlor  das  Bewusstsein,  wurde  blau  im  Gesicht  und  mx 
unfähig  zu  sprechen.  Bei  der  Aufnahme  des  Status  am  folgenden  Tage  wurde  kon- 
statirt,  dass  die  Unfähigkeit  zu  sprechen  nicht  von  einer  Aphasie,  sondern  von  einer  od- 
vollkommeoen  Artikulation  herrührte. 

Feiner  fand  sich  komplete  Facialislähmung  auf  der  rechten  Seite. 
Patientin  konnte  das  Auge  nicht  schliessen.  Ausserdem  waren  die  PapiUeB 
eng  und  die  Augenbewegungen  nach  aussen  und  innen  aufgehoben,  während  die  Möglich- 


5ect/553ho 


Fig.  146. 
Nach  Leube,   Spexiellc  Diagnostik. 


Die  LfthmungsxustAndd  im  oberen  Facialisgebiet.  647 

keit  Dach  oh^n  und  iinteB  zn  sehen  erhalten  war.  Besonders  bemerk enswerth  wnr  ausser 
einer  leichten  linksseitigen  Paresö  (alao  G  iibler'eeUer  Typus)  eine  AnMsthesie  in  beiden 
Gesichtshälften,  besonders  in  den  oberen  Partien  und  zwar  rechts  mehr  als  links.  Die  elek- 
trische l'>regharkeit  war  ausser  in  den  vom  recbten  Facitilia  innerviiien  Muskeln  normal, 
welch  letztere  nicbt  auf  die  stärksten  faradmchen  Strtime. 

Bei  der  Sektion  fand  sich  eine  kirschkerngrosBo  Blutung,  die  rechts  den  Boden  des 
vierten  Ventrikels  vorwMhte.  An  der  Grenze  zwischen  mittlerem  nnd  unterem  Drittel 
des  Pens  hatte  sie  die  grösste  Ausdehnung. 

Aus  diesem  Befund  interesairt  uns  hier  die  Zerstdiiing  der  aufsteigenden  Wurzel 
des  rechten  Facialiskerns;  der  Kern  selbst  war  nicht  direkt  getroffen. 

Ausserdem  war  der  ganze  rechte  Ahducenskern,  das  rechte  und  tbeil weise  auch  das 
linke  hintere  LängsbündeJ,  die  Schleife  rechts,  die  transversalen  Fasern  der  Formatio  reti- 
culsris  rechts,  der  motorische  und  sensible  rechte  Trigeminuskern  verstört. 

Bei  den  Herden  in  der  oberen  Ponshäifte  oberhalb  der  Facialiskreiuang 
tritt  eine  der  gewohnlichen  organischen  Hemiplegie  entsprechende  Beteiligung 
des  Facialis  in  die  Erscheinung,  d.  h.  es  sind  meistens  die  zum  Frontalis, 
Corrugator  superciüi  und  Orbiciilaris  palp*  ziehenden  Aeste  frei.  So  ist,  wie 
Nothnagel  (1461)  anführt,  in  dem  Falle  von  Der  olles  mit  einer  hoch- 
gradigen Betheiligung  des  Facialis  ausdriicklich  en^'ähnt,  dass  der  Orbicid. 
palpebr.  nicht  gelähmt,  und  auch  die  Runzehing  der  Stirn  und  Augenbrauen 
willkürlich  noch  möglich  war.  Ebenso  sahen  wir  in  dem  auf  pag*  329  mit- 
getheilten  Fall  eine  rechtsseitig©  Hemiparese  und  Parese  lediglich  im 
unteren' Fiicialisgebiet. 

Die  Sektion  ergab,  dass  im  linken  oberen  Teile  des  Pens  ein  Erweichungg- 
herd  bestand,  der  noch  \m  oberhalb  der  Kernregion  des  Facialis  und  Abducens 
reichte.  Jedoch  hebt  Nothnagel  hervor,  die  Berichte  in  den  Kranken- 
geschichten seien  zuweilen  so  nnbestinimt  gehalten,  dass  sich  die  aufgestellten 
Sätze  (siehe  oben  Lenbe^s  Abbildung)  in  dieser  Allgemeinheit  nicht  als  un- 
bedingt sicher  und  für  alle  Fülle  zutreffend  festhalten  Hessen. 

Auch  Martin  Brasch  (1462)  behauptet  auf  Grund  einer  Beobachtung, 
in  welcher  die  rechte  Ponshälfte  mit  Ausnahme  kleiner  Bezirke  am  proximalen 
und  distalen  Ende  von  einem  Herde  durchsetzt  war  und  bei  dem  keine  contra- 
laterale Lähmung  des  Facialis,  sondern  nur  eine  dem  Herde  gleichseitige 
totale  Gesichtslähmung  gefunden  wurde,  dass  man  sich  bezüglich  des  näheren 
Sitzes  der  Affektion  im  Pons  mit  Vorbehalt  ausdrücken  müsse.  Derselbe 
Autor  führt  auch  eine  von  Oppenheim  (1463)  gemachte  Beobachtung  an, 
bei  der  es  sich  intra  vitam  um  eine  Lähmung  des  linken  Facialis  in  allen 
seinen  Aesten,  des  linken  Abducens  und  des  linken  Trigeminns  gehandelt 
hatte,  während  rechts  der  untere  Facialis,  der  Beet,  int.  und  die  Extremitäten 
gelähmt  waren.  Die  Sektion  ergab  einen  Tuberkel  in  der  linken,  und  zum 
kleineren  Theile  auch  in  der  rechten  Ponshälfte, 

Vor  kurzem  theilte  uns  ferner  Herr  Prof,  Flechsig  persönlich  mit,  dass  die 
Bahnen  des  Facialis  im  Pons  bedeutemle  Varietäten  in  ihrem  Verlaufe  zeigten? 
indem  sie  zuweilen  selbst  nach  der  Medulla  oblongata  zu  verlaufende  Schlingen- 
bildungen darböten.  Daher  dürfte  auclt  die  feinere  Lokalisation  im  Pons  niclit  mit 
jener  Sicherheit  gemacht  werden,  wie  sie  aus  den  meisten  Lehrbüchern  hervorginge. 


648  Die  LAhmuDgszastände  im  oberen  Facialisgebiet. 

y.  Monakow  (1464)  schildert  die  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse 
folgendermassen : 

„Sitzt  die  Unterbrechungsstelle  in  der  unteren  Brückenhäirte,  z.  B.  in 
jenen  Ebenen,  wo  die  Faserantheile  des  Pedunculus  zum  Facialiskeme  der 
gegenüberliegenden  Seite  die  Raphe  bereits  überschritten  haben,  so  wird  das 
Bild  der  hemiplegischen  Lähmung  in  einer  den  anatomischen  Verhältnissen 
entsprechenden  Weise  modifizirt.  Durch  einen  die  rechte  Pyramide  in  der 
unteren  Ponsgegend  unterbrechenden  Herd  wird  nämlich  nicht  nur  häufig 
der  von  der  rechten  Hemisphäre  kommende  Faserantheil  zum  gekreuzten 
Facialiskem,  sondern  auch  gleichzeitig  der  von  der  linken  Hemisphäre  kom- 
mende mehr  oder  weniger  mitlädirt.  Ausserdem  wird  aber  noch  die  rechte 
Facialiswurzel  und  auch  der  rechte  Facialiskern  mitbeschädigt.  Dadurch 
entsteht  1.  linksseitige  Hemiplegie  der  Extremitäten  mit  leichter  Betheiligung 
des  linken  Facialis  und  der  Zunge  und  2.  rechtsseitige  totale  (bisweilen  aber 
eine  nur  inkomplete)  Facialislähmung.  Bei  der  letzteren  sind  wie  bei  der  gewöhn- 
lichen peripheren  Lähmung  sämmtliche  Aeste  dieses  Nerven  (also  auch  die 
Stirnäste)  ergriflFen;  auch  kann  Lagophthalmus  bestehen.  Selbstverständlich 
zeigt  sich  dabei,  wie  auch  mehrfach  festgestellt  worden  ist,  Beeinträchtigung 
der  elektrischen  Erregbarkeit,  bisweilen  auch  Entartungsreaktion." 

W ernicke  (1465)  hat  eine  diesbezügliche,  aber  auch  noch  nach  anderer  Richtoog 
hin  interessante  Beobachtung  au  einem  58 jährigen  Patienten  angestellt,  hei  welchem 
Kopfschmerz,  Doppeltsehen,  erschwertes  Kauen  und  Oe£fnen  des  Mundes  aufgetreten  waren. 
Einen  Monat  später  stellte  sich  Lähmung  des  Facialis  mit  Einschlnss  der  obem 
Zweige  auf  der  linken  Seite  ein.  Auf  der  rechten  Seite  des  Gesichts  und  Kopfes  war  die 
Sensibilität  vermindert.  Im  späteren  Verlauf  zeigte  sich  verminderte  Erregbarkeit  gefn 
den  faradiscben,  wie  galvanischen  Strom  bei  Reizung  des  Facialisstammes  links»  und  ft- 
steigerte  Erregbarkeit  bei  direkter  galvanischer  Muskelreizung. 

In  den  Extremitäten  und  am  Rumpfe  war  die  Sensibilität  gut  erhalten  und  keinerlei 
Motilitätsabschwächung  aufgetreten. 

Die  Sektion  ergab  einen  Tumor  im  Pens,  der  den  linken  Facialis-  und  Abdocens- 
kern  vollständig  zerstört  hatte;  die  Wurzelbündel  beider  Nerven  waren  schmal  und  atrophisch. 

Dieser  Fall  ist  für  uns  von  besonderem  Interesse,  weil  hier  der  Facialis 
allein  inkl.  der  oberen  Aeste  ohne  Betheiligung  der  Extremitäten 
gelähmt  war. 

Grichton  Browne  (1466)  beobachtete  ebenfalls  eine  totale  Lfthmong  des 
Facialis  bei  einer  Hämorrhagie  in  den  Pons. 

Auch  EI z holz  (1467)  theilte  als  seltenes  Vorkommniss  einen  Fall  von  Pon8himo^ 
rhagie  und  isolirter  Gehimnervenlähmung  mit.  Ks  handelte  sich  nm  eine  komplete 
Facialis-,  Abducens-  und  Hypoglossuslähmung  auf  der  rechten  Seite.  Die  Extremititeo 
waren  in  sensibler,  wie  motorischer  Hinsicht  normal. 

Eine  isolirte  Lähmung  des  oberen  Facialis  in  Folge  irgend  einer  Läsion 
im  Pons  haben  wir  in  der  Litteratur  nicht  auffinden  können,  d.  h.  bei  den 
mit  anatomischen  Veränderungen  einhergehenden  Läsionen. 

§  370.  Bei  der  Bulbärparalyse  ohne  Befund  dagegen  oder,  wie  man  sie 
neuerdings  nennt,  bei  der  asthenischen  Bulbärparalyse  findet  man 
eine  isolirte  Lähmung  des  oberen  Facialis.  So  sehen  wir  im  Falle  III  von 
Erb  (45f>)  (siehe  Tabelle  XI,  pag.  232)  eine  leichte  Parese  in  den  oberen 


Aeslen  des  Facialis,  in  welchen  hie  und  da  leichte  zuckend©  Kontraktionen 
beobachtet  wurden.  In  Oppenheim's  (475)  und  Eisenlohr's  (458)  Falle 
bestand  Schwäche  des  Lidschlusses ;  ebenso  in  den  Fällen  von  Remak  (477), 
Senator  (478),  Fajersztajn  (455),  Goldflam  (460,  Fall  III),  Koshewni- 
kow  (465^  und  Karplue  (462). 

In  Goldflam's  (457)  Falle  konnten  die  Lider  gar  nicht  geschlossen 
werden.  In  einem  anderen  Falle  des  um  die  ErkennttiJS8  dieser  Erkrankung 
verdienten  Autors  bestand  beiderseits  Lagopbtbalmus  (460,  Fall  I). 

d)  Die  Lähmung  des  Augen  facialis  in  Folge  yon  Affektionen  des 
peripheren  Theils  des  Nerven. 

§  371.  Zu  den  leichtesten  Aufgaben  der  Diagnostik  gehört  die  Erkenn tniss 
einer  peripheren  Faciahslähmnng,  Die  faltenlose,  glatte  Stirn  der  gelähmten 
Seite,  das  weit  offen  stehende  Auge,  der  nach  der  gesunden  Seite  verzogene 
Mond,  die  verstrichene  Nasolabialfalte,  der  hängende  Mundwinkel  verrathen 
primo  adspectu  den  vorhandenen  Lähniungszustand,  der  noch  markirter 
hervortritt,  wenn  man  den  Kranken  auffordert,  die  betreffenden  Gesicbts- 
muskeln  zu  innerviren*  Uns  interessirt  hier  nur,  dass  der  Patient  das 
Auge  nicht  schliessen,  dass  er  die  Stirn  nicht  runzeln  und  den  Corrugator 
nicht  innerviren  kann*  Wie  auf  Abbildung,  Figur  143,  deutlich  ersichtlich, 
ist  die  Lidspalte  schon  in  der  Ruhe  etwas  weiter,  als  die  der  anderen  Seite. 
Der  Lidreflex  fehlt.  In  Folge  der  Lähmung  des  unteren  Lides  steht  der 
Thränenpunkt  ab  und  taucht  nicht  in  den  Thränensee.  Hierdurch  laufen  die 
Thränen  über  die  Wangen, 

Auf  die  Mitbewegiingen  zwischen  dem  Muse,  orbicul.  oculi  und  den 
Hebern  des  Bulbus  sind  wir  in  §  32  genauer  eingegangen,  und  hatten  dort  das 
bekannte  BelFsche  Phänomen  (die  Flucht  der  Cornea  nach  oben  bei  Lag- 
ophthalraus)  schon  besprochen, 

S  372.  Bei  den  meisten  Fällen  von  peripherer  Facialisparalyse  sind  sämmt- 
Hche  Zweige  gelähmt,  also  auch  die  oberen.  Es  kommen  jedoch,  abgesehen 
von  Traumen  an  der  Peripherie  jenseits  der  Spaltung  in  den  oberen  und  unteren 
Ast,  auch  peripherische  Lähmungen  vor,  die  sich  auf  einzelne  Zweifije  be- 
schränken. Oefter  haben  wir,  ebenso  wie  Fürst,  Paresen  im  unteren  Facialis- 
gehiet  nach  Exstirpation  von  Halslymphdriisen  gesehen. 

Aber  auch  bei  der  gewöhnlichen  sogenannten  refrigeratorischen  Facialis- 
läbmung  konnten  wir  häufig  einen  verschiedenen  Grad  der  Lähmung  einzelner 
Aeste  in  gleicher  Weise  wie  Bernhardt  (1468)  konstatiren,  welcher  sagt, 
„trotz  der  auf  den  peripheren  Nerven  einwirkenden  Schädlichkeit  können 
einige  Aeste  mehr,  andere  weniger  geschädigt  sein;  auch  zeigen  bestimmte, 
demselben  Nervengebiete  zugehörige  Bezirke  für  einzelne  Aeste  eine  in  ver- 
schiedenem Grade  beeinträchtigte  oder  veränderte  elektrische  Erregbarkeit, 
sodass  z.  B.  für  die  Stim-Augenäste  die  Mittelforni,  für  die  mittleren  und 
tieferen  (Nasen-,  Lippen-,  Kinnäste)  die  schwere  Form  der  Entartungsreaktion 


650  Die  LAhmuDgSEnstftnde  im  oberen  FaeialiBgebiet. 

beobachtet  wird,  oder  einige  den  pathologischen  Verändemngen  sogar  psi 
entgangen  zu  sein  scheinen'^  So  hat  Mann  (1469)  letzteres  für  den  Qrbi- 
cularis  oculi  behauptet,  während  Silex  (1470)  eine  Parese  des  Qrbicnlara 
palpebrarum  mit  unklarer  Genese  beschrieben  hat. 

In  unserer  Beobachtung  und  Behandlung  befanden  sich  49  periphoe 
Facialislähmungen ;  von  denselben  betrafen  3ö  alle  Aeste,  6  hauptsachlich  die 
unteren,  5  die  mittleren  und  oberen  Aeste  und  4  überwiegend  die  oberen 
Aeste.  Da  die  letzteren  Fälle  hier  uns  lediglich  interessiren,  so  theilen  wir 
nur  dieselben  hier  mit: 

1.  42  jährige  Arbeitersfrau,  war  früher  im  Wesentlichen  gesund  nod  hatte  10  Kinder, 
von  denen  6  leben.  Nie  Abort.  Keine  Lues,  kein  Alkobolismus  nachweisbar.  Vor  4  Ja]i?«n 
schwere  Geburt;  seitdem  allgemeine  Schwäche;  häufig  Schwindel,  Kopfschmerz  und  Zittern. 
Seit  8  Tagen  bemerkte  sie,  dass  sie  das  rechte  Auge  nicht  schliessen  kOnne. 

Eine  Erkältung  lag  nicht  vor;  jedoch  war  in  den  letzten  8  Tagen  dss  Allgemeii- 
befinden  gestört.  Patientin  hatte  keinen  Appetit,  die  Zunge  war  belegt;  ob  sie  Fieber 
hatte,  konnte  sie  nicht  angeben,  ebensowenig,,  oh  sie  hereditär-nervös  belastet  sei  Bei 
der  Untersuch ang  fiel  sofort  auf,  dass  die  rechte  Lidspalte  beim  Blick  horizontal  in  die 
Feme  erweitert  war  durch  Klaffen  und  Herunterhängen  des  unteren  Lides.  Die  Tasdie 
desselben  war  mit  Thränehflassigkeit  bis  zum  Rande  gefüllt.  Die  Augenbraue  des  rechten 
Auges  stand  erheblich  tiefer  als  die  des  linken  und  nahm  eine  horizontale  Richtung  ein. 
Die  Stirnfalten  der  rechten  Seite  waren  völlig  verstrichen.  Der  rechte  Cormgator  wurde 
bei  dem  Versuch  ein  finsteres  Gesicht  zu  machen  nicht  innervirt.  Bei  dem  Versuche  die 
Lider  des  rechten  Auges  zu  schliessen,  wich  die  Cornea  nach  innen  oben,  wobei  der 
Bulbus  einige  inkoordinirte  Bewegungen  ausführte. 

Das  Nasenrümpfen  erfolgte  auf  beiden  Seiten  ziemlich  gleich;  ebenso  zog  sich  der 
Mundwinkel  bei  der  Aufi^orderang  die  Zähne  zu  zeigen  mit  nahezu  gleicher  Intensität  zu- 
sammen. Jedoch  erschien  beim  Lächeln  und  Sprechen  der  linke  Mundwinkel  doch  etwai 
stärker  innervirt  als  rechts.  Der  Geschmack  an  der  vorderen  Zungenspitze  und  das 
Gehör  waren  nicht  alterirt.  Das  Gaumensegel  hob  sich  beiderseits  gleich.  Ueber  Trockenheit 
in  der  rechten  Seite  des  Mundes  wurde  nicht  geklagt. 

Die  elektrische  Untersuchung  ergab  qualitative  Störung  nur  im  Frontalis  und  im 
Orbicularis  oculi ;  im  unteren  und  mittleren  Ast  war  keine  qualitative  Veränderung  nach- 
zuweisen; in  der  rechten  Oberlippe  war  die  faradische  und  galvanische  Erre^Mukeit 
quantitativ  herabgesetzt.  Im  Frontalis  und  Orbicularis  erschien  die  Zuckung  träge,  doch  be- 
stand keine  volle  Entartungsreaktion,  da  auch  indirekt  diese  Muskeln  erregbar  waren. 

Zufällig  stellte  sich  die  Patientin  uach  3  Jahren  in  der  Poliklinik  wieder  vor.  Die 
Facialislähmung  erwies  sich  als  völlig  geheilt.  Die  elektrische  Untersuchung  ergab  durch- 
aus normalen  Befund.  Lidschluss,  Stimrunzelung  und  Coniigatorinnervation  gingen  gut 
von  statten.    Auffallend  war  nur,  dass  die  rechte  Lidspalte  enger  war,  als  die  linke 

2.  16 jähriger  Gymnasiast  machte  am  2.  September  eine  von  der  Schule  veranstaltete 
Tour  mit.  Auf  der  Heimfahrt  sass  er  am  offenen  Coupefenster  und  war  lebhaftem  Zug- 
wind an  der  linken  Gesichts-  und  Halsseite  ausgesetzt.  Am  anderen  Morgen  konnte  er 
das  linke  Auge  nicht  mehr  schliessen  und  den  Mund  nach  der  linken  Seite  nicht  recht 
bewegen.  Stat.  praes.  am  6.  Krankheitstag.  Vollständige  Lähmung  aller  äusseren  Aeste 
des  linken  Facialis  Geschmack  und  Gehör  beiderseits  gleich  und  nirgends  gestört.  Die 
Uvula  steht  gerade.  Beweglichkeit  des  Gaumensegels  gut.  Keine  abnorme  Trockenheit  in 
der  linken  Seite  der  Mundhöhle. 

Die  faradische  wie  galvanische  Erregbarkeit  der  Nerven  sowohl,  wie  der  Muskeln  sehr 
wenig  herabgesetzt. 

Patient  wurde  nun  täglich  galvanisirt.  Schon  in  den  nächsten  Tagen  kehrte  die 
Motilität  in  den  unteren  Gesichtsmuskeln  zurück;  dann  kamen  die  Zjgomatici ;  hiennf  der 


Die  LKhmuDgszustftDde  im  oberen  FaciaU&gobiet.  €61 

Frontalis.  Am  meiBten  blieben  der  Corragator,  Orbicukrts  p&lpebn  und  der  Compre^or  nasi 
links  zurück.  Am  12.  September  konnte  er  daa  linke  Auge  Bclilieaeen,  wenn  auch  nicbt 
völlig.  Am  Abend  dieses  seines  Gebnrt^tagei  hatte  er  Freunde  bei  sieb.  AI«  dieselben 
sieb  entfernt  hatten,  und  Palient  im  Betle  lag.  bekam  er  heftigen  Kopfscbraerz  hinten  rechts. 
Es  war  ihm,  als  ob  der  Kopf  zersprftnge.  Am  anderen  Morgen  konnte  er  das  rechte 
Auge  nidit  mehr  echliessen.  Bei  der  Untersuchung  zeigte  sich  nun,  daas  hier  lediglich 
der  Orbrcularia  oculi  gelähmt  war  Die  faradi 8 che  wie  galvanische  Erregbarkeit  waren 
nur   sehr  wenig  herabgesetzt. 

Schon  nacb  3  Tagen  konnfe  das  rechte  Auge  wieder  besser  gescbloasen  werden.  Beim 
Spreeben  genirte  den  Patienten  noch  eine  gewiase  Mangelhaftigkeit  der  Lippenbewegnng 
auf  der  linken  Seite* 

Am  25.  September  war  Patient  beinahe  völlig  geheilt;  er  tonnte  die  simmtlichen 
Gesteht smudkeln  innervtren.  Es  bestand  nur  noch  eine  ganz  leichte  Schwäche  in  beiden 
Orbiculares  oculi.  Der  junge  Munn  trat  nun  als  Lehrling  in  ein  kaufmänniachea  Gescbüft  ein. 
Hier  wurde  er  gleich  sehr  angestrengt;  von  Morgens  bis  Abends  musste  er  schreiben»  Am 
2.  Oktober  stellte  er  sith  wieder  vor  Es  war  eine  bedeutende  Verschlimmerung  eiuge- 
treten.  Links  konnte  das  Auge  nur  sehr  unvollkommen  geschlossen  werden.  Der  linke 
Compressor  nasi  kontrabirte  sich  nicht,  und  auch  rechts  war  die  Schwache  im  Orbicularia 
grosser.  Patient  trat  aus  dem  GeBcbäft  aus;  wu^de  täglich  wieder  galvanisirt.  Am  IL 
Oktober  war  wiederum  eine  bedeutende  Besserung  zu  konstatlren. 

Der  Augenschlass  war  allerdings  beiderseits  noch  schwach.  Das  rechte  Auge  konnte  er 
besser  schliesEen.  Beim  linken  Auge  konnte  man  deutlich  konstatiren,  dass  die  orbitale 
nnd  peritarsale  Partie  viel  besser  sich  kontrahirte,  als  die  epitarsale.  Bei  leiaem  Augen- 
schluss  trat  in  der  linken  penorbitalen  Muskulatur  eine  leichte  Zuckung  auf.  Der  Comigaior 
und  Frontalis  erschienen  auf  der  rechten  Seite  besser  innervirt,  als  links  Der  linke 
Comprei48or  nasi  kontrahirte  sich  noch  wenig. 

Die  Mundmuskulatur  bewegte  sich  willkürlich  und  unwillkürlich  gut.  Jedoch  hatte 
die  untere  Gesichtspartie  doch  etwas  Schlaffes.  Mundspitien  und  Flöten  konnte  Patient 
ganz  gat 

Während  früher  die  elektrische  Erregbarkeit  wenig  gestört  war,  so  konnte  man  jetzt 
doch  eine  Herabsetzung  der  farad.  wie  galvanischen  Erregbarkeit  der  Nerven,  sowie  eine 
quantitiitive  Herabsetzung  für  beide  Stromesarten  im  Orbiculans  oculi.  Corrngator  und 
Compressor  nasi  auf  der  linken  Seitft  konstatiren.     Die  Zuckungen  waren  jedoch  kurz. 

Wir  hüben  diesen  Fall  wegen  der  bervoiTagenden  Betheiligung  des  oberen  Facialisi 
der  Doppelaeitigkeit  ond  wegen  seines  eipfenthümlichen  Verlaufes  so  eingehend  mitgetbeilt" 
Es  sei  noch  hinzugefügt,  dass  Patient  schon  8  Tage  vor  jener  ersten  Tour  sich  nicht  recht 
wohl  fühlte,  öfter  tlber  Kopfdcbmerz  klagte  und  zweimal  gebrochen  hatte.  Auch  wfihrend 
der  Behandlung  hatte  Patient  Verdauungsbeachw erden  und  schlief  schlecht 

Dies  gestörte  Allgemeinbefinden  legt  den  Gedanken  nahe,  ob  nicht  hierin  das  ursich- 
liclie  Moment  der  Facialislähmung  gelegen  sei  und  die  Erkältung  auf  der  Tour  nur  als  das 
auslösende,  veranlaisende  Moment  2u  betrachten  wäre. 

3.  11  jähriger  Knabe  erkrankte  vor  8  Tagen  mit  Lfihmung  des  linken  Facialis.  Nach 
kurzer  Behfindlung  wurden  alle  Muskeln  wieder  beweglich  bis  auf  den  Orbicutaris  ocnli, 
Frontalis  und  Corrugator.  Hier  bestand  noch  eine  betrÄchtliche  Schwäche  und  eine  Herab- 
setzung der  elektrischen  Erregbarkeit  der  Nerven. 

4.  Ein  30  jähriger  Herr  will  seit  14  Togen  ein  Unvermögen,  die  linke  öesicbtshfilfte 
zu  bewegen,  acquirirt  haben.     Ks  soll  schon  eine  erhebliche  Besserung  eingetreten  sein. 

Bei  der  Untersuchung  konnte  man  nur  noch  konstatiren,  dass  das  linke  Auge 
mit  geringerer  Energie  geschlossen  wurde  als  das  rechte.  Dabei  traten  fibrilläre 
Zackungen  im  Orhicularis  oculi  auf. 

Im  unteren  Facialisgebiet  wnr  nichts  mehr  zu  merken*  Gaumensegel^  Geschmack 
Qod  Gehör  waren  nicht  alterirt. 


652  Die  Lähmangszustäiide  im  oberen  FaciallBgebiet. 

In  vorgenannten  Fällen  sehen  wir  also  den  Augenfacialis  am  meisten 
alterirt.  Jedoch  ist  er  in  keinem  Falle  ganz  isolirt  erkrankt,  da  in  anderen 
Aesten  doch  noch  mehr  oder  weniger  nachweisbare  Störungen  Torhanden 
gewesen  waren.  Umgekehrt  haben  wir  öfter  auch  ein  hauptsächliches  Be- 
fallensein des  unteren  Facialis  beobachtet.  Hierbei  muss  man  besonders 
genau  die  elektrische  Prüfung  vornehmen,  da  hier  ja  der  gewöhnliche  Typos 
der  cerebralen  Facialislähmung  vorliegt.  Meist  finden  sich  jedoch  qualita- 
tive elektrische  Erregbarkeitsveränderungen,  die  ja  bei  cerebralen  Herden  im 
Allgemeinen  nicht  vorkommen. 

So  hat  Bernhardt  (1471)  2  Fälle  von  peripherischer  Facialislähmung 
vorgestellt,  von  denen  der  eine  auf  eine  Otitis  media,  der  andere  wahrschein- 
lich auf  eine  Schädelbasisfraktur  (nach  Fall)  zurückzufüliren  war.  In  beiden 
Fällen  bestand  zwar  auch  eine  Betheiligung  der  Stim-Augenäste  an  der 
Lähmung,  doch  war  dieselbe  so  massig,  dass  sie  bei  oberflächlicher  Be- 
trachtung hätte  übersehen  werden  können.  Im  Gegensatz  zu  den  die  schwere 
Form  der  Lähmung  und  Entartungsreaktion  darbietenden  Nasolabialästen 
zeigten  die  Orbiculo-Frontaläste  nur  Mittelform  bezw.  nur  quantitative  Herab- 
setzung der  elektrischen  Erregbarkeit  ohne  Entartungsreaktion. 

§  373.  Bei  dieser  Gelegenheit  mag  noch  des  wichtigen  Falles  von  Dejerine 
und  Theohari  (1472)  gedacht  werden,  weil  die  Verfasser  bei  einer  sogenannten 
rheumatischen   Facialislähmung  eine  Autopsie   erlangen  konnten. 

Die  terminalen  Endigun^en  des  Facialis  waren  hochgradig  degenerirt;  das  Mark  war 
schollig  zerfallen,  der  Achsencylinder  nicht  mehr  nachweisbar,  auch  die  von  dem  betreüendtt 
Nerven  versorgten  Muskeln  befanden  sich  im  Zustande  der  Degeneration  and  zeigten  «se 
undeutliche  Querstreifung  und  reichliche  Kernanhäufung. 

Bei  diesem  Falle  war  bemerkenswerth,  dass  die  unteren  Facialisäste. 
deren  Funktion  bekanntlich  sich  am  schwersten  wieder  einstellt  (was  wir  auch 
nach  unseren  Erfahrungen  bestätigen  können)  weitaus  am  heftigsten  erkrankt 
gefunden  wurden,  indem  hier  nur  auf  etwa  je  10  erkrankte  Nervenfasern 
eine  normale  kam,  ein  Verhältniss,  das  bei  den  oberen  Facialisasten  gerade 
umgekehrt  beobachtet  wurde. 

§  374.  Als  eine  Ausnahme  von  der  Regel,  dass  die  Funktion  sich  in  den 
untersten  Aesten  des  Facialis  am  schwersten  wieder  einstellt,  sei  endlich  noch 
folgender  Fall  mitgetbeilt,  den  wir  erst  jüngst  beobachteten,  und  der  auch 
wegen  eines  anderen  Momentes  werth  ist,  hier  angeführt  zu  werden. 

Es  handelt  sich  um  eine  80  jährige  Frau,  die  seit  ihrem  4.  Jahre  mit  einer  linkasettigeo 
Gesichtslähmung ,  angeblich  nach  einem  Obrenleiden,  behaftet  ist  Wie  ans  der  Ahbildun^ 
(siebe  Fig.  147)  ersicbtlicb,  ist  die  linke  Stirn  ganz  glatt.  Dieselbe  kann  nicht  iooerfin 
werden.  Es  besteht  Lagophthalmus,  beim  Versuch  das  Lid  zu  schliessen,  flieht  der  BolboB 
nach  oben  aussen.  Die  linke  Infraorbitalgegend  ist  etwas  eingesunken.  Das  üoterlid  liegt 
dem  Bulbus  gut  an.  Der  Mundfacialis  kann  etwas  innervirt  werden.  Die  ÜTiiia  stjfbt  gerade; 
das  Gaumensegel  wird  gut  gehoben.  Der  Geschmack  ist  nicht  alterirt;  ebcBSowenig  die 
Speichelsekretion.  Bei  der  elektrischen  Untersuchung  reagirten  lediglieh  die  Maekeln  der 
linken  Unterlippe  und  der  linken  Kinnseite,  und  zwar  auf  den  faradisehea  SM  gvirmniaeheo 
Strom  obne  qualitative  Veränderungen;  sonst  war  nirgends  eine  Zaoksag  i 


Die  LähmunggzußtJlnde  im  oberen  Facialisßebiet, 


es3 


Besonders  ausgeprägt  war  in  diesem  FaHe  folgende  Erscheinung  r 
Bei  der  Aufforderung,  die  Lider  beider  Au^en  zu  schliessen,  entwich,  wie 
schon  erwähnt,  die  Cornea  nach  oben  anssen,  und  es  zeigte  sich  deutlich  in 
den  Lidern  des  gelähmten  Auges  eine  scheinbare,  wie  zum  SchluFse  der  Lider 
sich  anschickende,  langsame  Bewegung,  Bei  genauerer  Prüfung  jedoch, 
und  namentlich  wenn  man  beide  Augenbrauen  in  die  Höhe  gezogen  hielt, 
stellte  sich  die  scheinbare  Sehliessbewegung  des  Oberlides  mehr  als  ein  In- 
nervationsnachlass  des  Levator,  als  wie  ein  aktives  Zusammenziehen 
des  Orbicularis  dar.  Das  untere  Lid  machte  ebenfalls  eine  scheinbare  Be- 
wegung wie  zum  Schlüsse  des  Auges; 
E jedoch  war  dieselbe  lediglich  durch 
den  Zug  der  Conjunctiva  am  Unter- 
lid bei  der  Hucht  der  Cornea  nach 
oben  bedingt. 
'  Da  dieses  Entweichen  der  Hörn- 

haut  nach  oben  eine  schwer  zu 
unterdrückende  Erscheinung  ist,  so 
niuss  man  beide  Augenbrauen  in  die 
Hohe  heben  und  die  Patientin  den 
vorgehaltenen  Finger  tixiren  lassen; 
hierdurch  wird  die  Beeinflussung 
^^der  Lider  durch  den  Bulbus  hintan- 
^^ehalten. 

^^  Jedenfalls   beweist  dieser  Fall 

[  sehr  klar,  dass  die  willkürliche 
Verengerung  der  Lidspalte  bei  totaler 
Faciahslahmung  in  gleicher  Weise 
wie  jener  rudimentäre  Blinzelreflex, 
vergl.  pag.  31  §  25,  auf  einer  Erschlaf- 
fung des  Levator  beruht. 

?i  375.  Da,  wie  G  o  w  e  r  a  (1473)  in 
seinem  ausgezeichneten  Lehrbuche 
hervorhebt,  der  Charakter  der  peri- 
pheren Facialisparese  durch  den  Sitz 

oder  den  Charakter  der  Erkrankung  des  Nerven  gar  nicht  beeinflusst  w^rd, 
so  dürfte  es  ein  müssiges  Unternehmen  sein,  alle  Krankheitsfälle,  bei  welchen 
der  Augenfacialis  mitaffizirt  war,  in  ähnlicher  Weise  hier  anzuführen,  wie  wir 
es  bei  der  Ptosis  für  nöthig  erachtet  hatten.  Bei  allen  AÖektionen  können  eben 
einige  Fasern  des  Facialisstammes  nach  seinem  Austritt  aus  der  Brücke  mehr 
leiden  als  andere,  wodurch  sich  auch  eine  entsprechende  DiÖ'erenz  in  dem 
Grade  der  Motilitätsstörung  der  verschiedenen  Muskeln  bemerklich  macht. 

In  welchen  Abschnitt  des  peripheren  Facialisverlaufs  die  betreffende 
Läsion  zu  verlegen  ist,  kann  man  leicht  nach  dem  bekannten  Erhaschen 
Schema  entscheiden.     Da  indess  überall  der  obere  Facialis  in  gleicher  Weise 


^ 


'^HüM^ 


Lll^ 


N.    O.    Linksseitige    seit    26    Jahren    t)e«teheDde 
koniplcte  FApialblähmung. 


654  Die  LAhnmngszastftnde  im  oberen  Faeialiegebiei. 

affizirt  sein  kann,  würde  ein  spezialistisches  Eingehen  auf  diese  Fragen  die 
uns  gesetzten  Grenzen  entschieden  überschreiten.  Wir  wollen  nnr  in  Küne 
die  ätiologischen  Momente  der  peripheren  Facialislähmung  anführen. 

§  376.  Als  die  gewöhnliche  Ursache  derselben  nahm  man  eine  Entzündung 
des  Nerven  in  Folge  einer  Erkältung  an  (refrigeratorische  oder  rheumatische 
Facialislähmung).  1891  hat  jedoch  Minkowski  (1474)  auf  Grund  einer 
diesbezüglichen  anatomischen  Untersuchung  nachgewiesen,  dass  es  sich 
weniger  um  eine  entzündliche,  als  um  eine  degenerative  Neuritis  handelte. 
Dieser  Befund  wurde  von  Darkschewitsch  und  Tichonow  (1475) 
durch  die  mikroskopische  Untersuchung  eines  anderen  Falles  bestätigt;  siehe 
auch  §  373. 

§377.  Neuerdings  wurde  von  Neumann  (1476)  die  hereditär  nervöse 
Belastung  als  das  wichtigste  Moment  bei  der  durch  ein  Gelegenheitsmoment 
ausgelösten  Facialislähmung  hingestellt.  Wir  haben  uns  in  unseren  Fällen 
nicht  von  der  Richtigkeit  dieser  Behauptung  überzeugen  können.  Immerhin 
muss  jedoch  zugegeben  werden,  dass  das  Vorkommen  der  recidivirenden 
Facialislähmung^  worauf  ausser  Anderen  speziell  Bernhardt  aufmerk- 
sam gemacht  hat,  die  Wahrscheinlichkeit  einer  Prädisposition  näher  rückt 
Charcot  hat  ein  vierfaches  Recidiv  einer  Facialislähmung  beobachtet 
Philipp  hat  auf  die  Enge  oder  Weite  des  Foram.  stylomastoideum  als  n^ 
sächliches  Moment  für  die  Lähmung  hingewiesen. 

Wir  beobachteten  vor  4  Jahren  ein  21  jähriges  Dienstmädchen,  welches  8  Tage  oack 
einer  Halsentzttndang  eine  rechtsseitige  Gesichtslähmung  inkl.  den  Augenfacialis  acqnirirt 
hatte.  Nach  2  Wochen  war  die  Gesichtslähmung  verachwunden.  3  Wochen  später  bekan 
Patientin  npter  Kopfschmerz  und  Schwindel  eine  komplete,  linksseitige  Facialis) ihmoBg 
mit  Lagophthalmus  und  Geschmackstörung  im  vorderen  Drittel  der  Zunge.  Femer  sei  oocfa 
des  auf  pag.  650  mitgetheilten  Falles  2  von  vierfachem  Recidiv  einer  FaciaUsIäkmui 
aus  unserer  Beobachtung  gedacht. 

§  378.  Traumen  der  Gesichtsgegend  (während  der  Geburt),  Parotisge- 
schwülste  etc.  können  unterhalb  der  Chorda  tympani  zu  Facialislähmung  führen. 

Sehr  häufig  wird  der  Gesichtsnerv  in  Folge  eiteriger  Mittelohrerkrankung, 
insbesondere  wenn  Caries  des  Felsenbeins  dabei  besteht,  in  Mitleidenschaft 
gezogen. 

Beim  Verlauf  an  der  Schädelbasis  können  Frakturen  derselben,  Aneu- 
rysmen, Tumoren,  akute  und  chronische  Meningitis  (vor  allem  die  gummöse 
Form)  den  Facialis  bedrängen  und  mehr  oder  weniger  komplet  lähmen. 

Bei  solchen  Basallähmungen  sind  häufig  andere  Himnerven  (Acusticos, 
Abducens,  Quintus)  mitaffizirt. 

So  heohachtete  Erb  (1477)  eine  28jährige  Bauei-sfrau  mit  einer  rechtsseitigen  Facialis- 
lähmung, die  nur  in  den  oberen  Aesten  komplet  war.  Die  Stirn  konnte  nicht  gerunzelt 
das  Auge  nicht  geschlossen  werden.  Die  Muskulatur  vor  dem  Oberkiefer  und  dem 
Kinn  zeigten  dagegen  einen  geringen  Grad  von  Motilität.  Früher  bestand  Anästhesie  an 
der  rechten  Wange  im  Gebiet  des  zweiten  Quintusastes.    Der  Geschmack  war  normal. 

Nach  Erb 's  Ansicht  handelte  es  sich  um  eine  tiefe  Läsion  des  Facia- 
lisstammes    an    der    Schädelbasis.      (Hierbei    sei    bemerkt,     dass    sich    die 


Die  Lab  na  ungszu  stände  im  oberen  Facialisgebiet 


6ISB 


Basaltäliuiuügen  durch  Lähmung  sämnitlicher  FaciaUszweige  ausser  den  Ge- 
schmacksfasem  auszeichnen  sollen.) 

Gerafle  ^gegenwärtig,  wurde  uns  von  Herrn  Dr.  Lauenstein^  Oberarzt 
am  hiesigen  Seemannskran kenhause,  ein  30jähriger  Seemann  behufs  Unter- 
suchung zugeschickt,  bei  welchem  im  Gesicht  lediglich  eine  isolirte  Lähmung 
des  Frontalis  nachzuweisen  war.  Da  wir  letztere  auf  eine  basale  Facialis- 
lähmung  zurückführen,  die  in  der  Heilung  begriffen  ist,  so  mag  dieser  Fall 
hier  noch  angeführt  werden. 

Vor  7  VVocheo  fiel  dem  leidlich  kräftigen  Mann  oin  Korb  Kohlen  auf  den  Kopf.  Er 
war  angöblich  2— ä  Tagt*  bewusötlos.  Etwa  8  Tagt*  ßpöter  Bt^ltten  aich  Schatürungen  ein, 
so  dnsa  er  nnfÜDgltch  beinahe  blind  war.  Nach  3^4  Wochen  hatte  sieh  das  Sehen  allraüblich 
wieder  emgestellt  Za  gleicher  Zeit  mit  der  St^h Störung  war  ©ine  Lähmung  der  linken  Gesichts- 
seite  aufgetreten,  der  Mund  war  schief;  Patient  konnte  nicht  flöten;  das  linko  Auge  konnte 
nicht  gcäcblossen  werden.  Keine  (leschmacks-,  keine  GehüraatÖrung.  14  Tage  lang  hatte 
Patient  Kopfschmerzen.  Zuei-st  wuaste  er  nicht,  wie  sich  der  Unfall  angetragen  hatte; 
nachher  hat  öich  das  Gedächtnise  wiedi^r  heigeatelU.  Früher  war  Patient  st^ta  geaund; 
war   nie  geschtechtskrank ;  kein  Potns;  kein  Abusus  tabacci;  Eltern  geaund. 

Beim  ersten  Anblick  des  Patienten  fiel  sofort  auf^  dass  die  linke  Stimhälfte  glatt 
und  nicht  gerunzelt  erschien  im  Vergleich  zur  rechten.  Dies  trat  beim  Versuch  die  BVon- 
taie;»  zu  innerviren  noch  pnlgnaotc^r  hervor.  Der  Lidschluss  war  links  noch  nicht  so  kräftig 
wie  rechts  Beim  Sprechen  erschien  auch  der  linke  Mundfaciülis  etwas  achwäkher  inner- 
virt  als  rechts*  Die  elekiriache  üntersucbufig  ergab  keine  qualitativen  Veränderungen. 
Der  tie8chmRck  und  das  Gehür  waren  intakt;  ebenso  die  Speichelsekretion. 

Die  Pupillen  waren  beiderseits  gleich  weit,  reagirten  aber  entschieden  etwa»  langsam 
auf  Licht. 

Das  Interessanteste  nun  in  diesem  Fall  bestand  darin,  dass  Patient  eine 
doppelseitige  Hemianopsie  hatte,  die  auf  Grund  des  Wilbrand 'sehen  Prismen- 
Versuchs  (es  traten  keine  Fusionsbewegungen  des  Bulbus  ein)  als  eine  Tractus* 
heraianopsie  anzusprechen  war.  Schon  auf  pag.  428  hatten  wir  hervorgelioben, 
dass  bei  Schädeltraiuuen  häufig  der  Facialis  aftizirt  wird  und  zwar  meist 
zusammen  mit  anderen  Hirnnerven,  üb  Letzterer  im  vorliegenden  Falle  zutraf, 
konnte,  weil  wir  denselben  7  Wochen  nach  der  Verletzung  zur  Untersuchung 
bekamen,  ausser  der  Aliektiün  beider  Tractus  nicht  mehr  festgestellt  werden. 


e)  Doppelseitige  Gesiehtsneryeulähmuug. 

a)  Peripherer  Natur, 
§  379.  Auf  pag.  42  gaben  wir  die  Abbildung  einer  doppelseitigen  kompleten 
FacialisIÜhmung,  um  die  Mitbewegung  des  Oberlides   bei  Senkung  der  Blick- 
ebene im  Gegensatz  zu  der  aktiven  Innervirung  der  Lider  bei  stärkstem  Willens- 
impuls zu  zeigen. 

Ei  haüdelte  aich  iu  diesem  Falle  um  eia  23jfthrigea  DieDstmädcben,  welches  sich  wegen 
IrittB  serosa  vom  6.  Dezember  1896  bis  3.  Juli  1897  auf  der  stutionären  Äugeuabtheiltiug 
des  Oberarztes  Henn  Dr.  M&tmhardt  befaud,  der  uns  die  Beobachtuiig  dieses  Fallea 
freundlichst  überlies». 

Äin  5.  März  1697  erwachte  Patientin  mit  einer  totalen  rechtsseitigen  FacialisläliuiUDg 
f>hfiG  Schmerzeu,  Am  21.  März  war  auch  in  gleicher  Weise  die  linke  Gesichtsseitc  voll- 
ständig  gelähmt. 


m 


Dit»  LälmmogszuätJlDde  im  ober<^n  Facialisgebiet. 


Wedf^r  Erkältung,  noch  ülne  InfektioDdkrftQAhdt,  noch  Lues,  noch  Ohrleitien.  nod 
eine  Hiraerkrarjkung  waren  nachweisbar. 

Die  Ab'bildiingeUt  Figur  148  und  Figur  149,  geben  besser  als  jede  noeii  so  cioteWn^ 
Hescbreibung  den  kbluneu,  maBkeüartigeu  GeBichteauBdrnck  dec  Diplegta  faeialiai  vt(r4?r 
Die  Äugen  htftben  hüiderstMls  olfon,  die  Stirn  ist  ganü  glatt,  der  Mund  ist  ge&ffn«l,  odtr  er 
scbliesst  vielmehr  nicht,  Daa  Essen,  Sprechen  und  Ausspeien  ist  wegen  Ll^mimg  Jer 
Lippeßmuökt'ln  und  Buc(!ir5atürcn  änöserst  erschwert. 

Die  elektrische  Unteräuchung  ergab  auch  hier,  vrie  so  oft,  das«  die  ver«eluftbMB 
Aeste  trotz  der  gleichartigreo  Bewegnugsloaigkeit  verschieden  afHzirt  waren.  Yoin  FaciAUs- 
stamm  auä  waren  mit  dem  faradischen  Strom  keine  Zucknngen  auszulösen.  Vom  ober» 
Aste  konnten  beiderHcita  leidlich  kurise  Zuckungen  erhalten  werden,  während  von  den  mm 


Fig.   14a 

L.  K.   Doppelseitige,  komplete  Fscialitlahooiif. 
^ilhewegueg  dfs  Oberlides    bei  SeukuBf  ^ 

Blick  ebene. 


Fig.  143. 

L  E.  Do p pel s** i t i i^'e ,  ko m pl e t e  Fiickl  isl iih in  ußg. 

Versuchter  Lidaclilu^    bei  stürkütem  Willeois- 

inipuli. 


leren    und    unteren  Aesten    die    Zuckungen    sehr    viel    langsamer    verliefen.       B«i 

faradiächcr  Reiseuug  reügtrten  beide  Frontales  schwach;  die  beiden  Orhiculares  ocoU 

die  Zygomalict  reagirteo  dagegen  träge;  die  Mundmuskeln  gar  nicht  auT  den  faradJ^chen  Strom- 

Bei  der  galvanischen  öutersuchang  konnte  vom  Stamme  aus  beiderseits  keine  Reaktioa 
erzielt  werden.  Bei  direkter  Untersucbung  fanden  sich  in  den  Muskeln  des  mitilerM  «ad 
unteren  Astes  q^uulitütive  Aenderungen  der  elektrischeu  Erregbarkeitt  die  Zuckangslmil 
war  umgekehrt.  In  den  Maskeln  der  oberen  Aeate  war  dagegen  die  KaSZ^AnSZ  WtA 
noch  leidlich  knrz. 

Die  Veränderungen  auf  der  rechten  Seite  waren  geringgradiger  ala  linka. 

Am  12.  Juni  war  eine  deutliche  Besserung  auf  der  rechten  Seite  zu  konsutirfffl' 
Die  NasolabieLl falte  bildete  sieh  wieder.  Die  Augen  konnten,  wenn  auch  nicht  irolktlodii; 
geschioäseu  werden.     Patientin  fing  an,  be  m  Lachen  die  Mundwinkel  zu  iDnervicrn 


Die  LähmungszuBUinde  im  oberen  Facialisgebiet  667 

Id  den  unteren  und  mittleren  Aeeten  waren  kefne  qualitativen  Stt^rungen  mehr  nach- 
weiabar  Eecfata  konnte  yora  Stamm  aua  etne  Reaktion  erzielt  werden,  Itnka  dagegen 
noch  nicht. 

Kurz  es  handelte  sich  um  eine  mittelscliwere  Form  der  Facialislähmung» 
und  war  der  Sitz  der  Lähmung  aosserhalh  oder  im  letzten  Theile  des  Fallo- 
piscliee  Kanals,  unterhalb  des  Abgangs  der  Chorda  tympani,  da  Gaumen- 
segel^  Speichelsekretion,  Geschmack  und  Gehör  normal  waren,  (Die  Ohr- 
muschelmuskeln waren  leider  nicht  geprüft  worden.  Der  Zungengrund  war 
bes.  gleich). 

2.  Im  Jahre  1892  beobnchteten  wir  bei  einer  ^0  jährigen  Fran  P  ehenfatla  eine  doppel* 
aeitige  FaciaUslalimung,  die  2  Jahre  vorher  onter  Schwindel  und  Kopfschmerzen  emo  hnks- 
seitige  Geajchtalähmung  hatte.  In  der  Krankengeschichte  «teht  noch  die  kurze  Notiz,  dusa 
sie  anfänglich  beide  Augen  nicht  sc hlieeaen  konnte;  alao  dürfte  vielleicht  das 
seltene  Faktum  einer  recidi  vi  renden  hiplegia  ft^cialia  vorliegen. 

Patientin  gab  an,  aicb  vor  4  Wochen  im  allgemeinen  nicht  wohl  gefühlt  zu  haben» 
wobei  die  Lilhmung  dea  Gesichts  eingetreten  sei. 

Beiderseits  bestand  eine  komplete  Facialislahmnng  in  ziemlich  gleicher  Intenakät 
Lftgophthalmns,  offener  Mund ;  Nasolabmifalfen,  Stirnfalten  verstrichen.  bmd&  Augen  thrinten. 
Geischmack  und  UehOr  nicht  aUerirt.  Uvula  gerade.  Gaumenaegel  gut  gehohen.  Qeaicht  hat 
etwas  Maskenhaftes.  Geruch  und  Augenbefund  normal.  Die  Sensibilität  jn  allen  drei  Quintus- 
llfiten  normal.  Klektmche  Untersuchung:  Auffallend  beträchtliche  Herabsetzung  der  fara- 
diaeben  und  galvanischen  Erregbarkeit  im  Orbicularis  oculi  und  Frontalis.  In  den  unteren 
Äesten  nicht  ao  stnrke  Herabsetzung.  Im  linken  Frontalis  träge  Zuckung.  AnSZ^^KaSZ» 
Orbicularb  oculi  links.  An  8  Z  ^  Ka  S  Z  nicht  ganz  kurz.  Im  rechten  ürbicularia  oculi  ist 
die  Zuckung  kurz. 

Dieser  Fall,  uher  den  leider  keine  weiteren  Aufzeichnungen  vorliegen, 
hat  eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  der  auf  pag,  650  mitgetheilten  Beobachtung, 
die  man  auch  unter  die  Diplegia  facialis  peripherica  rechnen  darf. 

Der  Vollständigkeit  halber  sei  erwähnt,  dass  zuerst  von  Pierson, 
Eisenlohr  (1478)  und  Strümpell  (1479)  darauf  aufmerksam  gemacht 
wurde,  dans  bei  der  multiplen  Neuritis  eine  Diplegia  faciahs  wiederholt 
beobachtet  worden  sei.  Letztgenannter  Autor  sagt,  in  seinem  Falle  verdiene 
von  den  einzelnen  Krankheitserscheinungen  vor  allem  die  doppelseitige  Facialis- 
tähmung,  welche  vorzugsweise  demselben  sein  schweres  Gepräge  verliehen 
habe,  hervorgehoben  zu  werden,  zumal  sie  auch  nach  dem  völligen  Aufhören 
aller  übrigen  Symptome  noch  Wochenlang  angehalten  hatte.  Beide  Faciales 
waren  von  allen  Nerven  am  schwersten  betroffen.  Ihre  Erkrankung  sprach 
sich  schon  anfangs  in  den  heftigen,  an  den  Ohren  und  in  der  Schläfengegend 
empfundenen  Schmerzen  aus. 

Wir  gelbst  beobachteten  vor  einigen  Jahren  hier  im  Krankenhause  auf 
der  Abtheilung  des  Herrn  Dn  Jol lasse  einen  schweren  Fall  von  Polyneuritis 
mit  Diplegia  facialis  und  vorübergehender  Lähmung  der  Blase  und  des  Mast- 
darmes,    Der  Fall  ging  in  Heilung  aus. 

Von  Interesse  ist  die  D  a  r  k  s  c h  e  w  i  tsche  Beobachtung  (1 480)  einer 
Diplegia  facialis  nach  einer  Pasten  r 'sehen  Wutlischutzimplung,  die  Verf.  als 


658  Die  L&hmnngszastande  im  oberen  Facialiegobiet. 

ß)  nucleärer  Natur. 

§  380.  Bekanntlich  kommt  die  Diplegia  facialis  recht  häufig  bei  der  pro- 
gressiven Form  der  Bulbärparalyse  vor  und  giebt  Veranlassung  zu  dem  Gegen- 
satz zwischen  der  leblosen,  maskenartigen  unteren  Gesichtshälfte  und  der  beweg- 
lichen Muskulatur  des  oberen  Facialis.  Es  läge  daher  keine  Veran- 
lassung vor,  hier  näher  auf  diese  Erkrankung  einzugehen,  wenn  nicht,  wie 
schon  früher  erwähnt  von  verschiedenen  kompetenten  Autoren  ächte  BoHmt- 
paralysen  mit  Betheiligung  der  Orbiculofrontaläste  beschrieben  worden  wären 

So  hat  Wachsmuth  (1481)  schon  im  Jahre  1864  eine  Arbeit  über  pro- 
gressive Bulbärparalyse  und  Diplegia  facialis  veröfif entlicht. 

Eisenlohr  (1482)  hat  in  einem  nicht  zur  Obduktion  gelangten  Falle 
die  paretische  Schwäche  und  die  fibrillären  Zuckungen  in  den  Mm.  orbicnlares 
palpebrarum  bei  allerdings  normaler  elektrischer  Erregbarkeit  hervorgehoben. 

Bernhardt  (1483)  beschrieb  einen  Fall  von  Bulbärparalyse,  in  wekbm 
die  oberen  Facialisäste  aktiv  nicht  beweglich  waren. 

Ganz  besonderes  Verdienst  um  die  vorliegende  Frage  erwarb  sidi 
Bemak  (344),  der  in  einem  Falle  von  Bulbärparalyse  mit  maskenartigem 
Gesichtsausdruck  eine  Parese  beider  Orbiculares  oculi  beobachtete  und  zwar 
so,  dass  bei  gewöhnlichem  nicht  forciertem  Augenschluss,  ein  Teil  der  Sklera 
beiderseits  unbedeckt  blieb.  Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  fand  sidi 
eine  wesentlich  parenchymatöse  Degeneration  der  beiden  Facialisk^ne  in 
ihrer  ganzen  Ausdehnung  mit  Atrophie  der  Ganglienzellen  und  Bedaktion 
ihrer  Anzahl  auf  etwa  */«  gegenüber  der  Norm. 

Bei  der  chronischen  progressiven,  aber  isolirt  bleibenden  Ophthal- 
moplegie fand  Uhthoff  (307)  doppelseitiges  leichte  Facialisparese ;  Birdsall 
(297)  Herabsetzung  der  elektrischen  Erregbarkeit  im  oberen  Facialisgebiet 
beiderseits. 

Ganz  besonders  interessant  für  uns  ist  der  Fall  Hanke 's  (302),  bei 
dem  im  26.  Jahre  sich  zugleich  mit  der  Ptosis  eine  beiderseitige  Lähmimg 
des  Stirn-  und  Augenfacialis  entwickelt  hatte.  Da  wir  die  von  Londe  be* 
schriebene  familiäre  Form  der  Bulbärlähmung  schon  eingehend  auf  pag.  643 
besprochen  haben,  so  sei  hier  nur  darauf  hingewiesen,  dass  die  Pacialaffektion 
dort  unter  dem  Bilde  der  Diplegie  auftrat. 

In  seltenen  Fällen  kann  bei  der  spinalen  Einderlähmung  (Poliomyelitis 
acuta)  der  Facialiskern  befallen  sein  (Gowers,  Madie). 

y)  supranucleärer  Form. 

§  381.  Höchst  selten  ist  die  Diplegia  facialis  mit  Betheiligong  der  oberen 
Aeste  bei  pathologischen  Prozessen  innerhalb  des  Grosshims.  In  der  uns 
zugänglichen  Literatur  fanden  wir  folgenden  Fall: 

Tournier  (1484).  Eine  40 jährige  Frau  bekam  zuerst  eine  rechtsseitige  Hemiplegit 
mit  Aphasie.  Zehn  Monate  später  erfolgte  nach  einem  Erampfanfalleine  linksseitige  Modo> 
plegie,   eine  vollständige   Lähmung  der  willkOrlichen  Zungen-   und  Lippenbewegang  mi^ 


Die  LfthmangszQsUnde  im  Gebiet  der  oberen  Facialis.  659 

dar  GesichtsinnskelD,  Trismus  und  Deviation  conjago^e  des  Kopfes  und  der  Augen.  Von 
Seiten  der  Augen  wurde  notirt  eine  Ophthalmoplegie,  die  sich  nur  auf  die  willkürlichen 
Bewegungen  erstreckte,  während  die  Reflexbewegungen  erhalten  waren.  Die  Kranke,  deren 
Intelligenz  und  Wille  intakt  war,  konnte  willkQrlich  weder  die  Augäpfel,  noch  ihre  Ober- 
lider, noch  ihre  Stirn,  noch  ihre  Wangen  bewegen.  Hingegen  traten  unwillkürlich 
von  Zeit  zu  Zeit  wahrscheinlich  unter  dem  Einfluss  eines  Reflexes  einige  Augenbewegungen 
auf,  und  Schloss  der  Lider. 

Sektion:  Rechts  ein  gelber  Erweichungsherd,  welcher  den  ganzen  äusseren  Ab- 
schnitt des  Linsenkems  einnahm  und  die  Capsula  externa  bis  zum  Claustrum. 

Links  Erweichungsherd,  weicher  den  äusseren  Abschnitt  des  Linsenkems  und  die 
obere  innere  mehr  nach  vorne  gelegene  Partie  des  Thalamus  opticus  einnahm. 

Daneben  wurde  vom  Uebergang  des  Lobus  parietalis  sup.  zu  der  hinteren  Central- 
Windung  ein  kleiner  halberbsengrosser,  sehr  harter  Tumor  gefunden. 

Differentialdiagnostisch  unterscheidet  sich  diese  Diplegie,  die  auch  bei 
der  Pseudobulbärparalyse  vorkommen  kann,  von  der  gewöhnlichen  Diplegie 
durch  das  Erhaltensein  der  Reflexe  und  die  niemals  qualitativ  gestörte  elek- 
trische Erregbarkeit,  wie  wir  dies  kürzlich  in  folgendem  Falle  bestätigt  sahen. 

Am  29.  Aug.  war  der  29  jähr.  Kutscher  H.  vom  Bock  gefallen.  Kurzer  Bewusstseins. 
Verlust.  Vier  Wochen  nach  dem  Unfall  stellten  sich  eine  eigenthümliche  Benommenheit 
und  Sprachstörungen  ein. 

Bei  der  Untersuchung  zeigte  sich,  dass  Letztere  dysarthrischer  Natur  waren,  und 
dass  eine  deutliche  Parese  im  linken  Frontalis  und  im  rechten  Mundfa Cialis 
bestand.  Die  elektrische  Untersuchung  ergab  beiderseits  ganz  prompte  Zuckungen  in  der 
G^ichtsmuskulatur,  sowohl  galvanisch  wie  faradisch.  Die  Reflexerregbarkeit  beim  Lid- 
Bchluss  erschien  ganz  normal. 

Es  handelte  sich  hier  um  eine  Pseudobulbärparalyse  auf  traumatischer  Grundlage 
und  um  eine  partielle  supranucleäre  Diplegia  facialis. 

Vorgetäuscht  könnte  eine  supranucleäre  Diplegia  facialis  in  dem  seltenen 
Fall  werden,  wenn  zu  einer  cerebralen  mit  Hemiplegie  einhergehenden 
Lähmung  des  Facialis  eine  periphere  Facialislähmung  der  anderen  Seite 
hinzugetreten  ist.  So  beobachtete  Bernhardt  (1485)  ein  Kind,  welches  nach 
Diphtheritis  eine  schwere  peripherische  Facialislähmung  auf  der  einen  Seite 
des  Gesichts  darbot  (nach  Mittelohreiterung),  während  auf  der  anderen 
Seite  der  untere  Facialis  neben  einer  Hemiparese  des  Armes  und  Beines 
gelähmt  war.  Letztere  musste  von  einem  Herd  in  der  contralateralen  Hälfte 
des  Gehirnes  abhängig  gemacht  werden. 

ö)  kortikaler  Natur. 

§  382.  In  seltenen  Fällen  von  doppelseitigen  Rindenaifektionen  beobachtet 
man  eine  Diplegia  facialis,  bei  welchen,  wie  in  den  folgenden  Beobachtungen, 
auch  der  obere  Facialis  betheiligt  war. 

Tiling  (U86).  Ein  Patient  mit  Pseudobulbärparalyse  zeigte  folgende  Augensym- 
ptome. Die  Augen  waren  nach  links  gerichtet  und  liessen  sich  willkürlich  weder  nach 
rechts,  noch  nach  oben  und  unten  bewegen.  Dagegen  konnten  diese  Bewegungen  unwill- 
kflrlich  ausgeführt  werden.  Ausserdem  konnte  der  Kranke  die  Lider  willkürlich  nicht 
sehliessen,  wfthrend  reflektorisch  der  Schluss  derselben  möglich  war. 

Sektion:  In  der  linken  Hemisphäre  fand  sich  ein  grosser,  graugelber  Erweichungs- 
herd, welcher  die  beiden  Central  Windungen  in  ihrer  ganzen  Länge  einnahm  und  den  Lobulua 
Wilbr»nd-8»enger,  Nearologie  des  Angea.    I.  Bd.  H.  Abtheilnng.  48 


660  Die  Lfthmongszustände  im  Gebiet  der  oberen  FaciaUs. 

parietalis  inferior,  den  grösseren  Theil  des  hinteren  Abschnittes  der  drei  Frontalwindaogct 
und  Insel  einnahm. 

Rechts:  Analoger  Herd,  aber  kleiner,  welcher  sich  auf  die  Basis  der  beiden  witena 
Stirnwindungen  und  die  anliegende  Partie  der  Frontalis  ascendanie  erstreckte. 

Die  Erweichung  erreichte  kaum  die  weisse  Substanz. 

Magnus  (1487).  25jährige  Frau  mit  Pseudobulbärparalyse  konnte  nicht  mehr  die 
Augen  schliessen.  Obwohl  die  Augenlider  freiwillig  nicht  geschlossen  werden  konnteii, 
war  sie  dazu  vollständig  im  Stande,  wenn  man  lebhaft  die  Hand  den  Augen  näherte,  oder 
wenn  man  die  Augen  der  Einwirkung  eines  hellen  Lichtes  aussetzte.  Die  Kranke  koonte 
die  Augenbrauen,  die  Stirn,  sowie  die  NasenflOgel,  die  Backen  und  die  Kinnhant  nicht 
bewegen;  ausserdem  bestanden  auch  Kau-,  Schluck-  und  Sprechstörungea. 

Sektion  (Froriep):  In  der  rechten  Hemisphäre  fand  sich  am  ftusseren  Rande  im 
Uebergang  vom  Vorder-  in  den  Mittellappen  eine  hämorrhagische  Cyste,  welche  zwei  Wind- 
ungen zerstört  hatte. 

Zum  Schlüsse  fügen  wir  noch  die  folgende  Beobachtung  an,  bei  welcher 
wegen  mangelnder  Sektion  ein  rein  kortikaler  Sitz  unsicher  blieb.  Wahr- 
scheinlich war  derselbe  auch  subkortikal  lokalisirt. 

Grasset  (1488).  45 jähriger  Mann,  welcher  am  11.  November  1896  plötzlich  to9 
Aphasie  mit  linksseitiger  Hemiplegie  befallen  wurde,  bekam  2  Tage  später  einen  zweiten 
Anfall,  und  in  der  Folge  noch  drei  andere. 

Die  Physiognomie  desselben  war  ohne  Ausdruck  und  maskenartig.  Die  Ober-  Qod 
Unterlippen  waren  gelähmt.  Die  Zunge  konnte  nicht  herausgestreckt  werden.  Auch  die 
Seitenbewegungen  waren  unmöglich,  die  Unterkieferbewegungen  beschränkt,  während  die 
Gaumen-  und  Rachenreflexe  und  der  Geschmack,  sowie  die  Sensibilität  des  Gesichts  erhaltea 
geblieben  waren.  Das  Runzeln  der  Stirn  war  unmöglich,  die  Augen  weit  offen,  und  PatieDt 
konnte  dieselben  willkürlich  absolut  nicht  schliessen.  Bei  Annäherung  eines  Lichtes  und  bei 
brüsker  Annäherung  der  Hand  schlössen  sich  die  Augen. 


B.  Die  „funktionelle"  Lähmung  des  Augenfacialis. 

a)  Hysterie. 

§  383.  Während  früher,  namentlich  unter  dem  Banne  einer  Autorität 
wie  Charcot,  als  unbestreitbar  angenommen  wurde,  dass  die  Ptosis  hysterica 
eine  pseudo-paralytische  sei  und  stets  in  einer  Kontraktur  eines  Theils  des 
Augenschliessmuskels  bestehe,  haben  neuere  Erfahrungen  gezeigt  (siehe  pag.47T), 
dass  dieser  Satz  nicht  aufrecht  erhalten  werden  kann. 

Schmidt-Rimpler  (947),  Kempner  (945),  Hitzig  (946)  und  wir 
(siehe  pag.  463  bis  47 7J  haben  Fälle  von  schlaflFer  hysterischer  Ptosis  be- 
obachtet. Wir  schliessen  uns  den  Worten  Hitziges  an,  dass  es  bei  der 
Deutung  strittiger  Phänomene  lediglich  auf  die  klinischen  Thatsachen  ankäme, 
und  diese  bewiesen  eben,  dass  in  dem  einen  Innervationsbezirke  sehr  wohl 
ein  Minus  an  motorischer  Energie  bestehen  könne,  während  sich  in  anderen 
Innervationsbezirken  des  gleichen  Nerven  ein  Plus  von  motorischer  Energie 
bemerklich  mache,  und  dais  derartige  Kombinationen  von  Reizzuständen  nnd 
Lähmungserscheinungen  gerade  ein  Cbarakteristicum  schwerer  Fälle  ron 
Hysterie  seien. 


Die  Lfthn)UDg£zu&täadd  im  Gebiet  der  oberen  Facialis. 


661 


Wie  mit  der  hysterischen  Ptosis,  so  ging  ea  mit  der  hysterischen 
Facialislähraung.  Während  früher  Charcot  alle  bei  der  Hysterie  auftretenden 
lähmungsartigen  Erscheinungen  für  spastische^  eine  Lähmung  vortäuschende 
Symptome  gehalten  hatte,  so  musste  er  in  jüngster  Zeit  doch  anerkennen,  dass 
bei   der  Hysterie  eine  reelle  Lähmung  oder  Parese  des  Facialis  vorkomme. 

Cbarcot  (1378)  aeibat  besehrieb  bei  einem  24 jährigen  Menschen  mit  beiderseitiger 
koDzentrischer  GesichtsfeldeitiacbräDkung  folgen dermas&en  die  Charaktere  der  hyateriäGhen 
FaciaMslähmung : 

,In  der  Eube  bemerkt  maa  schon  eine  gewisse  Asymmetrie:  Der  linke  Mundwinkel 
eiBcbetnt  leicht  gehoben  und  nach  aussen  verzogeii,  währeod  der  rechte  hangt.  Eine  Ab- 
weichung der  ZuQge  ist  nicht  verbanden.  Aber  wenn  man  den  FatieDten  tum  Lachen 
briJi^gt  oder  eine  Grimasse  machen  läsfit,  so  sieht  oian  den  linken  Mundwinkel  sich  belräcbt* 
heb  heben  und  sich  tn  halbkreiafiirmig  atigeordncte  Falten  legen.  Auf  der  rechten  Seite 
fuDküoDiren  die  Einrimuskeln  und  die  der  Untarlippe  normal,  ebenso  der  Risoritia ,  der 
Orbicularis  oris  und  der  Zygomaticus  niiner.  Nur  der  Zygomaticiis  major  und  der  Bucci- 
nator  sind  gelähmt  Die  .  elektrische  Erregbarkeit  ist  normal.  Obwohl  die  Lähmung  3 
Jahre  besteht,   ist  kein  Spasmus  vorbanden/ 

Mit  grossem  Freirauth  gestand  Charcot  ein,  dass  er  sich  geirrt  hab«, 
setzte  aber  hinzu,  es  erfülle  ihn  mit  Befriedigung  durch  sein  bisher  entschieden 
ablehnendes  Verhalten  zura  Studium  dieser  Frage  beigetragen  zu  haben. 
Auch  Ballet  (1490)  hatte  sich  mit  der  Frage  der  hysterischen  Facialisläbmnng 
beschättigt.  Chantemesse  (1491)  veröffentlichte  1890  drei  Fälle  dieser 
Art  mit  Monoplegia  brachialis.  In  allen  diesen  Beobachtungen  war  die 
Lähmung  geringfügig  und  jedesmal  von  einer  Anästhesie  begleitet  Ausser 
diesen  hat  Ballet  (1490)  und  Bonn  et  (1492)  je  einen  Fall  von  echter  hysteri- 
scher Facialistähraung  mitgetheilt. 

Wir  müssen  noch  hervorheben^  dass  die  vorerwähnten  hysterischen 
Facialislähmungen  stets  den  unteren  Ast  betrafen  und  den  Augenfacialis 
frei  Hessen. 

Gilles  de  laTourette  (1493)  behauptet  dass  bei  der  Hysterie  kein© 
dauernde Orbicnlarislähmntig vorkomme.  „Der vorübergehende Lagophthalmus, 
wenn  man  ihn  so  nennen  könne,  gehöre  zum  hysterischen  Anfall,  habe  einen 
intermittirenden  Charakter  in  Folge  von  gruppenweisen  Kontrakturen  und 
Spasmen,  die  schwer  zu  analysiren  wären, 

Decoux  (1494)  bat  die  Frage  aufgeworfen,  oh  nicht  der  Orbicularis 
ocnli  bei  der  hysterischen  Facialislähmiing  mitbet heiligt  sei.  Er  tbeilte 
folgende  Beobachtung  unter  dem  Titel  ,. rechtsseitige  korapiete  Faciaüslähm- 
ung  hysterischen  Ursprungs^ ^  mit 

Der  Patient  kann  nur  das  linke  Aoge  schlieEser.  Wenn  er  blist,  bl&bt  ticb  die 
Wange  rechts  mebr  auf  und  die  I/uft  entweicht  mit  grösserer  Leicbtigkeit  auf  dieser  Seite. 
Das  rechte  Auge  ist  weiter  geöffnet  als  da»  ünke.  Das  untere  Augenlid  scheint  elwus 
entropionirt.  Die  rechte  Augenbraue  erscheint  höber  als  die  linke.  Das  rechte  Oberüd 
grösser.  3  Tage  vorher  hatte  Patient  eine  rechtsaeitiere  Uemiplegie  acqüirirt.  Seoaiböl- 
sensariBcbe  Stigmata  febiten. 

Deconx  schliesst,  indem  er  sagt,  der  Fall  sei  sehr  koroplizirt.  Man 
könne    die    Frage    aufwerfen ,    ob    man    eine    hysterische    oder    organische 


Lähmnng  vor  sich  habe. 


iV 


662  Die  LähmaDgszastäDde  im  Gebiet  der  oberen  Faciabs 

Gilles  de  la  Tourette,  dem  wir  diesen  Fall  entnehmen,  hegt  nad 
unserer  Ansicht  mit  Recht  in  einer  Anmerkung  Zweifel  über  die  Be- 
rechtigung, denselben  zur  Hysterie  zu  rechnen. 

Ebenso  zweifelhaft  ist  ein  Fall  von  Lebreton  (1495),  der  nach  Gilles 
de  la  Tou rette's  Ansicht  eine  gewöhnliche  Facialislähmung  war,  die  nichts 
mit  Hysterie  zu  thun  hatte. 

Lumbroso  (1496)  hält  auf  Grund  von  drei  neuen  Beobachtungen 
seine  schon  früher  ausgesprochene  Ansicht  von  dem  Vorkommen  einer 
hysterischen  Facialislähmung  aufrecht.  Dieselbe  unterscheide  sich  in  nichte 
von  einer  organischen,  werde  aber  öfters  von  einer  Kontraktur  begleitet. 

Seeligmüller  (1497)  beschrieb  einen  Fall  hysterischer  Lähmung  des 
Facialis,  die  unter  Anwendung  der  faradischen  Bürste  rasch  heilte. 

Mendel  (1498)  heilte  mittelst  Hypnose  eine  hysterische  Plätterin,  welche 
an  rechtsseitiger  Hemiplegie  und  Lähmung  des  Facialis  mit  Heraianäs- 
thesie,  Globusgefühl  und  Ovarie  litt. 

Ueber  funktionelle  Störungen  im  Bereiche  des  Facialis,  speziell  bei 
funktionellen  Hemiplegien,  hat  König  (1499)  an  acht  Fällen  Untersuchungen 
angestellt.  In  keinem  Falle  handelte  es  sich  um  Lähmungen  des  Augen-, 
sondern  um  Affektionen  des  unteren  Facialis,  die  hinsichtlich  der  Entscheid- 
ung, ob  eine  Lähmung  oder  eine  Kontraktur  vorliege,  nicht  klar  genug  be- 
schrieben sind.  In  seinem  Resume  sagt  dieser  Autor,  eine  reine  einwands- 
freie,  nicht  mit  Spasmen  komplizirte  hysterische  Facialislähmung  müsse 
als  selten  bezeichnet  werden  und  bestätigte  die  Angabe  Charcots,  die 
hysterische  Facialislähmung  sei  von  Sensibilitätsstörungen  begleitet  und  von 
geringer  Intensität. 

Als  drittes  Moment  giebt  König  an,  dass  die  hysterische  Parese  in  der 
Ruhe  stärker  hervortrete,  als  bei  der  lunervirung. 

Im  Anschluss  an  Königs  Vortrag  in  der  Berliner  Gesellschaft  fQr  Psychiatrie  and 
Nervenkrankheiten  fand  eine  Diskussion  statt,  in  welcher  Remak  (1500)  einen  buchst 
interessanten  Fall  von  schwerer  Hysterie  hei  einem  62jährigen  Fr&ulein  roittheilte,  bei 
welchem  1883  der  linke  Facialis  etwas  pare tisch  und  die  linke  Nasolabialfalte  etwas  ver- 
strichen war;  doch  nahm  dies  beim  Oeffnen  des  Mundes  nicht  zu,  wie  es  bei  organischen 
Lähmungen  immer  der  Fall  ist.  Das  NasenrQmpfen  ging  links  schlechter  als  rechts  tod 
Statten;  führte  man  ein  brennendes  Streichholz  von  links  am  Munde  vorbei,  so  wurde 
dasselbe  erst  ausgeblasen,  wenn  es  die  Mittellinie  nach  rechts  überschritten  hatte,  eine  Er- 
scheinung, welche  von  Brissand  und  Marie  gleichfalls  beschrieben  worden  sei.  Es  steh« 
dies  im  Gegensatze  zu  Lähmungen,  bei  welchen  doch  auf  der  gelähmten  Seite  leichter 
ausgepustet  würde.    Es  handele  sich  also  hier  um  eine  Kontraktur  und  keine  Lähmung. 

Jolly  bezweifelte  die  Richtigkeit  dieser  Deduktion. 

Oppenheim  (1501)  theilte  in  derselben  Diskussion  einen  Fall  von  linksseitiger 
Hemiparese  incl.  des  Mundfacialis  mit  Hemianästhesie  nach  einem  Trauma  mit,  bei  dem 
durch  Suggestion  prompte  Heilung  erfolgte. 

In  allen  diesen  Fällen  war  stets  nur  der  Mundfacialis  affizirt ;  vom  oberen 
Facialis  wurd  nichts  erwähnt. 

Was  nun  unsere  Erfahrungen  betrifft,  so  haben  wir  in  den  10  Jahren 
unserer    gemeinschal'tlichen    poliklinischen   Thätigkeit    noch    nicht    ein   ein- 


Die  LfthmangBznsUnde  im  Gebiet  der  oberen  FacialiB.  663 

ziges  Mal  eine  hysterische  Lähmung  der  vom  oberen  Facialis  innervirten 
Muskeln  gesehen.  Der  untere  Facialis  war  in  einem  Falle  von  rechtsseitiger 
Hemiparese  mit  Hemianästhesie  paretisch  bei  einer  Frau,  welche  beiderseits 
hochgradige  konzentrische  Gesichtsfeldeinschränkung,  Ovarie  und  Fehlen  des 
Rachenreflexes  darbot.     Eine  Suggestivbehandlung  führte  rasch  zur  Heilung. 

Wir  wollen  dies  Kapitel  nicht  schliessen,  ohne  auf  die  interessanten 
Beobachtungen  Oppenheim's  (1502)  über  die  seltsame  Vereinigung  einer 
typischen  peripherischen  Facialislähmung  mit  den  Symptomen  einer  gleich- 
seitigen hysterischen  Hemianästhesie  und  anderer  Erscheinungen  der  Hysterie 
hingewiesen  zu  haben. 

Im  ersten  Fall  fand  sich  bei  einem  18jährigen  Lehrling  eine  typische  periphere 
linksseitige  Facialislähmung  in  allen  Aesten  mit  kompleter  Entartangsreaktion ;  monokulare 
Diplopie  auf  dem  linken  Auge,  Hemianästhesia  sinistra;  starke  konzentrische  Gesichtsfeldein- 
schränkung far  weiss  und  Farbeu.  Abstumpfung  des  Geschmacks  und  Gehörs  auf  der 
linken  Seite. 

Die  beiden  anderen  Fälle,  in  welchen  der  obere  Facialis  mit- 
afiizirt  war,  waren  analoger  Natur.  Die  hysterischen  Stigmata  fanden  sich 
auf  Seite  der  Facialislähmiing,  woraus  Oppenheim  den  Schluss  zog,  dass  diese 
Lähmung  und  ihre  Begleiterscheinungen  (Schmerzen)  das  auslösende  Moment 
für  die  Entstehung  des  hysterischen  Symptomenkomplexes  gewesen  seien. 

b)  Epilepsie. 

§  384.  Bei  der  Epilepsie  beobachtet  man  keine  Lähmungen  im  Facialis- 
gebiet,  wohl  aber  kongenitale  Asymmetrien  der  Facialisinnervationen,  die  einen 
paretischen  Zustand  vortäuschen  können.  Eine  solche  Ungleichheit  der 
Facialisinnervation^  die  besonders  am  Munde  zu  Tage  tritt,  sieht  man  indess 
häufig  auch  bei  Gesunden. 

c)  Hemikranie. 

§  385.  In  seltenen  Fällen  kommt  es  zu  periodischen,  auch  den  unteren 
Facialis  mitaffizirenden  Lähmungen,  Oppenheim  (1501). 


C.  Die  Lähmung  des  Orbicularis  oculi  in  Folge  von  Erkrankung 
des  Muskelapparates  (abgesehen  von  Traumen). 

§  386.    Zum  Verständniss  des  Folgenden  sei  kurz  vorausgeschickt,  dass 
man  früher  vier  verschiedene  Typen  der  Muskeldystrophien  unterschieden  hatte. 

1.  Die  sogenannte  Pseudohypertrophie, 

2.  die  juvenile  Form  Erb 's, 

3.  die  hereditäre  Form  Leyden's, 

4.  den  Typus  facio-scapulo  humeral  Landouzy-Dejerine's. 

Erb  (1503)  hat  das  grosse  Verdienst,  auf  Grund  umfassender  kritischer 
Untersuchungen  dargethan  zu  haben: 


0M 


Die  LÄhm an gs Anstände  im  Gebiet  der  oberen  FaciftltB. 


1 


1.  Dass    zwischen    der    .Juvenilen  Muskelatropbie*'    einerseits    und  d«r 
sogenannten  „pseudohjpertrophischen",  der  „infantilen**  und  der  „hereditarta 
Form"  andrerseits  eine  weitgehende  üebereinstiraraung  in   allen   wesentlid 
klinischen  Merkmalen  bestehe,   so  dass   alle   diese  Formen  nicht  mehr  sei 
von  einander  getrennt  werden  dürften,   sondern  unzweifelhaft  eng  zusammi 
gehörten, 

2,  Dass  die  angeblich  ,^ charakteristischen''  Merkmale  jeder  einzebeu 
Form  sich  gelegentlich  auch  bei  jeder  anderen  Form  finden  konnten,  dass 
somit   eine   ganze  Menge  von  „Uebergangsformen**   existire;     dass    es   endlich 

eine  grosse  Anzahl  von  ,, unbestimm- 
baren Formen*'  gäbe,  die  man  eben 
so  gut  dem  einen  wie  dem  anderen 
Typus  zuweisen  könne. 

3.  Dass  zuweilen  in  einer  oud 
derselben  Familie  mehrere  Formen 
zugleich  vertreten  wären. 

Uns  inleressirt  besonders 
von  Landouzy  und  Dejerine 
aufgestellte  facio  -  scapulo  *  humerale 
Typus,  bei  welchem  die  Atrophie 
in  früher  Jugend  und  zwar  in  den 
Gesichtsmuskeln  anfängt  und  Veran- 
lassung zu  der  sogen.  Facies  myo- 
pathica  giebt.  Die  Lippen  erschein! 
verdickt  (la  bouche  de  tapir).  Wei 
hin  befällt  die  Atrophie  die  Schulter 
und  Arnimuskeln  und  manchmal 
auch  die  unteren  Extremitäten;  frei 
bleiben  die  Vorderarm-  und  Hand- 
muskeln,  die  Unterschenkel  und  die 
tiefen  Muskeln  des  Rückens,  Die 
Aflfektion  ist  hereditär.  Fibrilläres 
Zucken  in  den  erkrankten  Muskeln,  wie  man  es  bei  der  spinalen  progressiveji 
Muskelatrophie  findet,  kommt  ebenso  wenig  vor,  wie  qualitative  Yerän< 
der  elektrischen  Erregbarkeit. 

Der  folgende   Fall   aus   unserer  Beobachtung,   dessen  Abbildung 
stehend  in  charakteristischer  Weise  wiedergegeben  ist  (siehe  Fig.  150)  bewei 
schlagend  die  Richtigkeit  der  Erhaschen  Schlussfolgerungen,  da  die  Patienl 
die  Symptome  mehrerer  Typen  in  sich  vereinigt. 

Am  4.  Februar  189ß  kam  die  35  jährige  Arbeiteräfrau  in  die  Pohklinik  mit  der  km\ 
d&Bs  eie  Belt  Z  Jahren  krank  sei,  und  zwar  habe  die  Krankheit  vor  B  Jahren  mit  ScbmeneD 
im  ROeken,  Schwäche  in  den  Armen  und  Abmagerung  der  Oberarme  begonncD.  Tor  eiuea 
Jahre  sei  Schwäch©  und  Abmagerung  auch  in  den  Beinen  eingetreten. 

Als  Kind  hatte  FatientlD  Scharlach  und  Blattern  durchgemacht;  sondt  war  sie  ange^ 
lieh  gesund. 


nen    ^ 


te^ 


A,  B, 


Fig.   150. 

Klaffende  Lidspalte  bei  Muskeldvitrophie: 
Typus    Facio-scapulihhyuieraliH, 


ressiTeoj 
wei^i 


Die  Läliiniingftzuatilnde  im  Gebiet  dar  oberen  Pacialts.  665 

Die  Patientin  wurde  darauf  noch  eindringlicher  befrngt  betreffs  ihrer  Anamnese.  Es 
stellte  sich  nun  heraus^  dnss  sie  als  jungem  Mädchen  schon  eine  Schwäche  im  rechten  Arm 
nach  einer  Verletzung  verspürt  habe  Im  28.  Jahre  seien  die  Schultern  abgemagert,  und 
habe  sie  die  Arme  nicht  mehr  beben  kdnnen.  Die  auffallend  au fgL'w offenen,  wulstigen 
Lippen  habe  sie  seit  dem  12.  Jahre  angeblich  nach  den   Bkttern. 

Bei  der  Cnterancbung  fiel  vor  allem  das  leblose  Gesicht  auf;  Patientin  sprach  ohne 
jegliches  Mieoenspiel ;  die  Stirn  war  glatt  und  konnte  niiht  gerunKelt  werden.  DtT  Lid- 
schluas  war  echwach,  rechts  besser  als  links,  auf  welcher  Seite  noch  ein  Spalt  iibrig  blieb. 
Patientin  konnte  die  Augenlider  nicht  zusammenkneifen.  Die  Augenbewegungen  waren 
normal.  Es  bestand  ein  exquisite»  v«  Grä  fe^schefi  Phänomen,  Beim  Lachen  zog  sich  etwas 
der  Mund  in  die  Breite.  Mit  den  gewulsteten  Lippen  konnte  sie  nicht  flr>ten.  Die  Zfthne 
zü  zeigen,  machte  ihr  grosse  Schwierigkeit,  eben^^o  war  es  ihr  unmöglich,  die  Nase  zu 
rümpfen  oder  die  Corrngatores  snpercilii  zu  innerviren. 

Atrophirt   waren:   beide  Pectorales,   die  LevaJores   anguli  scapulae,    beide  Serrati, 


^J 


Fig.  151, 
Familiäre  Form   det  progrewjven  MuskeldvBtropbie.     Legophthalmti»   dabei   in  rerichiedenen 

IntctiaitAtsgraden. 

die  Rhomboidei,  die  Sapraspinati  und  etwas  die  Infrnspinati.  Im  Ganzen  war  links  die 
Abmagerung  beträchtlicher  als  rechts.    Auch  die  Gesichtsmuskeln  waren  entschieden  atrophirt. 

Hypertrophisch  w^aren:  der  Deltoides,  Biceps,  Triceps  und  ganz  besonders  die 
Wadenmnskeln. 

Normal  waren  die  Muskeln  der  Hand,  des  Vorderarms,  der  OesÄssgegend, 

Es   bestand    eine  Lordose  der  Lenden  Wirbelsäule   und  ein  exquinter  Pes  concavatue* 

Kurz,  wir  haben  hier  eine  Mischform  von  Pseudohypertrophie  mit  juveniler  Erb'scher 
Myopathie  und  dem  Landouzy-Dejeri  ne^schen  facio-scapulo-humeralen  Typus  vor  uns 

Bis  beute  blieb  der  Zustand  annähernd  derselbe.  Patientin  wurde  in  der  Woche 
dreimal  faradiairt. 

Nachtriglich  sei  noch  bemerkt,  dasa  die  Patellar-  und  Achilles reflexe  beiderseits  leb- 
haft sind,  dasa  die  Sensibilität  intakt  und  die  elektrische  Erregbarkeit  stark  herabgesetzt  ist. 

2.  Neuerdings  beobachten  wir  einen  ähnlichen  Fall  von  Muskeldystropbie  bei  einem 
20jährigen  Menschen,  der  vor  7  iiihren  mit  Schwäche  im  rechten  Arm  und  linken  Hein 
erkrankte     Auch  dieaar  hat  eine  hochgradige  Abmagerung  beider  Pektorales.    Die  Schulter- 


666  Die  LähmongezuBtände  im  Gebiet  der  oberen  Facialis. 

blätter  stehen  flügelfOrmig  ab  und  zwar  rechts  mehr  als  links.  Beide  Arme  k&Dnen 
nar  bis  zur  Horizontalen  gehoben  werden.  Beide  Cucullares,  Supra-  und  Infraspinati 
beide  Serrati  reagiren  nicht  auf  den  elektrischen  Strom  (faiadisch  sowohl  wie  galyaniscli). 
Ebenso  reagiren  nicht  die  Gesichtsmuskeln  und  der  linke  M.  tibialis  anticus.  AUe  diese 
Muskeln  erscheinen  abgemagert.  Die  Sensibilität  ist  unverändert.  Die  Patellarreflexe  aiod 
beiderseits  lebhaft    Die  Hautreflexe  sind  sämmtlioh  vorhanden. 

Am  meisten  interessirt  uns  das  Gesicht  des  Patienten.  Dasselbe  entbehrt  jeglichen 
Mienenspiels.  Die  Oberlippe  wird  beim  Sprechen  nicht  bewegt.  Beiderseits  besteht  eine 
Parese  des  Orbicularis  oculi;  während  sich  das  obere  Lid  beiderseits  schwach,  aber  dent- 
lich  bewegt,  bleibt  das  Unterlid  unbeweglich.  Bei  Hebung  und  Senkung  der  Blickebeoe 
folgt  das  obere  Lid  dem  Finger  in  gewöhnlicher  Weise,  das  untere  bleibt  jedoch  betriebt' 
lieh  zurück.  Patient  kann  die  Augen  nicht  zukneifen,  ferner  vermag  er  die  Corrugatores 
supercilii  nicht  zu  innerviren.  Der  Frontalis  wird  nur  in  den  oberen  Partien  etwas  kontrahiii. 
Der  Compressor  nasi  ist  unbeweglich.  Die  Mundwinkel  kann  Patient  etwas  bewegen,  iber 
er  vermag  weder  zu  lachen,  noch  die  Zähne  zu  zeigen. 

Auch  hier  haben  wir,  wegen  des  späten  Beginnes,  keinen  typischen  Fall 
der  Landouzy-Dejerine'schen  Form  vor  uns. 

§  387.  Zum  Schlüsse  geben  wir  noch,  um  den  familiären  Charakter  der 
Dystrophia  muscularis  progressiva  wirksam  zu  illustriren,  die  Ab- 
bildung (siehe  Fig.  löl)  von  Geschwistern,  von  denen  eins  auf  der  Abtheilung 
des  Herrn  Oberarztes  Dr.  Jollasse,  dem  wir  diese  Beobachtung  verdanken,  ge- 
legen hatte.  Alle  zeigen  die  charakteristische  Facies  myopathica.  Die 
Schwäche  des  Orbicularis  oculi  zeigt  sich  in  der  Unvollständigkeit  des  Lid- 
schlusses, die  jedoch  nicht  bei  Jedem  in  gleicher  Intensität  ausgesprochen  ist. 


Alphabetisches  Sach-Register. 


A. 


Abducens   498:  bei    alternirender  Facialis- 
läbinang45],  645; 

angeborene  mangelhafte  EDtwickelnng  und 
Fehlen  desselben  68; 

basaler  Verlauf  316; 

Degeneration  bei  Polyneuritis  459; 

Abducens-Facialislähmung,  angeborene  591 ; 

in  frOhester  Kindheit  erworbene  596; 

Koramen  desselben  in  der  Periorbita  316; 

Neuritis  desselben  bei  Tabes  458; 

bei  Ophthalmoplegie  498; 

postdiphtheritische      Veränderungen      des 
Kerns  459; 

bei  Syphilis  808,  312,  314; 

Verlauf  im  Sinus  cavernosus  816,  317,  318. 
Abdncenskern:  Atrophie  desselben  199, 210 ; 

bei  Bulbärparalyse  216; 

Degeneration  desselben  199,  210,  570; 

UrsprungstAtte  von  Fasern  des  Orbicularis 
569. 
/Lbducenslähmung:  68,206,207,  211,367, 
369.  887,  528; 

bei  Abscess  382; 

altemirende  451,  512; 

bei  Aneurysma  des  Sinus  cavernosus  445; 

bei  Landryscher  Paralyse  460; 

bei  Meningitis  cerebrospinalis  257,  396,  397; 

bei  multipler  Sklerose  194,  196; 

bei  Orbitalblutungen  416; 

bei  Orbitaltumor  534; 

mit  Ophthalmoplegie  126,  292,  293,  294; 

bei  Poliencephalomyelitis  301; 


Abducenslähmung:   bei  Polyneuritis   457, 
458,  459; 

bei  Ponserkrankung  645; 

bei  Ponsabcess  385; 

bei  postdiphtherit.  Augenmuskellähmungen 
237; 

bei  progressiver  Paralyse  191,  193,  196; 

bei  recidivirender  Oculomotoriuslähmung 
498; 

bei  Schädelbasisfraktur  423,  425,  630; 

bei  Schädeltrauma  434; 

bei  Syphilis  56,  143,  196,  308,  312,  313, 
337,  350; 

bei  Tabes  122,  137,  156,  159,  161,  168,  165, 
167,  171,  173,  175,  177.  181,  183,  185, 
187,  196; 

mit  Ptosis  bei  Tabes  137; 

doppelseitige  bei  Tabes  161,  163,  165,  167, 
169,  173,  179.  181.  183.  185; 

zufolge  Neuritis  bei  Tabes  458; 

bei  Syringomyelie  200; 

nach  Trauma  43,  408; 

nach  Tumoren  442; 

im  Pens  452; 

nach  Typhus  258. 
Abscess:  der  Grosshirnrinde  bei  halbseitigen 
Krämpfen  605; 

nach  Influenza  248; 

nach  Masern  255; 

im  Temporosphenoidallappen  384. 
Accessorius:     Beschäftigungskrampf    des- 
selben 619. 
Accommodation:  Frei  bleiben  bei  Oculomo- 
toriuslähmung 57; 


Alphabetisches  Sach-Register. 


Acommoclatioii:bei  PoIieDcephalitis  haemor- 
rhagica  270.  272,  274,  276; 

bei  Ptosis  coDgenita  84. 
AocommodatioBskrampf:  621. 
Aceommodationslähmung:  69,  512; 

bei  akuten  Intoxikationen  290,  456; 

bei  Botulismus  285,  287,  289; 

nach  Diphtherie  237.  240,  242,  244,  246; 

bei  Influenza  250,  252; 

bei  Oculomotoriuslähmung  843; 

bei  recidiv.  Oculomotoriuslähmung  517; 

bei  Ophthalmoplegia  progressiva   chronica 
122; 

bei  Syphilis  150; 

bei  Tabes  158-187; 

tägliche  Schwankungen  derselben  509; 

bei  Schädelbasisfraktur  428. 
AccommodativeAsthenopie:bei  Hysterie 

621. 
Acnsticus  nervus:  bei  gummösen  Basal- 
affektionen  318; 

bei  recidiv.  Oculomotoriuslähmung  498. 
Adduktion   des  Bulbus  und  Verengerung 

der  Lidspalte  19.  20. 
Agonie:    Einfluss    auf  die    Erschlaffung   des 

Levator  und  Oibicularis  26. 
Akromegalie:  4,  mit  Ptosis  448. 
Alkoholamblyopie:  264. 
Alkoholism  us:  16. 
Alternirende    recidivirende      Augen- 

muskellilhmungcn:  511,  512. 
Alternirende  Lähmung:  451; 

des  Abducens  451; 

bei  Abscess  im  Schläfenlappen  381; 

des  Levator  mit  Hemiplegie  40. 
Amaurose:  nach  Blepharospasmus  602; 

ohne  nachweisbare  Veränderung  513; 

nach  Orbitalblutungen  416; 

bei    recidivirender    Oculomotoriuslähmung 
498. 
Amaurosis  uraemica:  28; 

mit  reflekt.  Lidschluss  28. 
Amblyopie:  bei  angeborenen  Bildungsfehlem 
593; 

bei  Obeikiefercancroid  539; 

ohne  Befund  591; 

bei  orbitaler  Syphilis  312  318,; 

mit  spastischer  Ptosis  482. 
Anämie  des  Gehirns:  beim  Schlaf  526. 
Anaesthesia  corneae  et  conjunctivae: 
bei  Bulbäraffektion  206; 

bei  traumatischer  Meningitis  431. 


Anenrysma:  445 — 447; 

der  Arter.  cerebr.  poat.  und  basilar.  505; 

der  Carotis  interna  869,  418,  422; 

miliare  in  der  OcalomotoriuakemregioD  lOS: 

mit  Oculomotorinsläbmang  504,  505; 

retrobulbaris  535; 

bei  Sinusthrombose  404; 

im    Sinus  cayeniosus    mit    Ocalomotorin- 

lähmung  417; 
der  Vierhügelgegend    mit    Oculomotoms- 
lähmnng  365. 
Angeborene    ße  weglichkeitsdefekte 
der   Bulbusmuskiiiatiir:   61,  121. 
Ankyloblepharon:  25. 
Aphasie:  PrQfüng  des  Blinzelreflexes  dabei '2i^ 
Aplasie:  im  0culomotorio9gebiet  87; 

im  Kerngebict  88. 
Apo piektische:  Baibärparalyse  367. 
Apoplexie  mit  Oculomotoriasaffektion,  FlUe: 

370. 
Aquaeductus    Sylvii:     EpendymTerdi^- 
ung  bei  Tabes  153,  154. 
bei  Schädeltrauma  432. 
Arachnitis    gummosa    bei    Syphilis  dei 

Rückenmarks  334. 
Argentum   nitricnm  bei  Chromidrosis  IL 
Argyll-Robertson'sches  Phänomen  501 
Arteria  basilaris  361,  362; 
Embolie  derselben  373; 
Thrombose  derselben  874,  404; 
bei  Syphilis  332. 
Arteria  carotis  interna:  Thrombose  401. 
Arteria  cerebralis  anterior:  Throinbos« 

374. 
Arteria   cerebralis   posterior:  Embolie 

372,  373,  375 
Arteria  cerebelli  super.:  Thrombose 31$, 

321,  373,  374. 
Arteria   cerebri   poster.:  316,  321,399. 
361; 
profunda  bei  Syphilis  332. 
Arteria  communicans  poster.:  360,861 
Arteria  fossae  Sylvii:  359; 
Atherom  607; 
Embolie  372; 

mit  doppelseitiger  Ptosis  98; 
Verstopfung  derselben  637. 
Arteria  interpednncularis:   Blatoo;« 

367. 
Arteriae  lenticulo-opticae:  359. 
Arteriae  lenticulo-striatae:  359. 
Arteria  nuclei  ocalomotorii:  332,  360: 
Thrombose  375. 


Alphabetisches  Sach-Regisier. 


Arteria  optica  externa:  365; 

Ptosis  bei  ErkrankoDg  derselben  865. 
Arteria  optica  interna:  382; 

anterior  332,  360; 

posterior  360; 

Thrombose  375. 
Arteria  optica  posterior  inferior:  866; 

Ruptur  derselben  366. 
Arteria  ophthalmica:  Verletzung  derselben 

408. 
Arteria  peduncularis:  Blutung  aus  der- 
selben 367; 

anterior  externa  360; 

externa  360,  365; 

superior  360. 
Arteria    peduncularis    interna:    360; 

Thrumbose  375; 

bei  Syphilis  332. 
Arteria  pedunculogemina:  332; 
Arteriosklerose  undGebirnblutungen 

359. 
Associationscentren  der  Augenmus- 
keln: 46. 
Asthenische  Bulbärparalyse:  648,  475; 

Differentialdiagnose  von  akuter  Poliencepha- 
lomyelitis  221,  304,  306; 

asthenische  Ophthalmoplegie  228,  510; 

pathol.  Befund  228; 

Ptosis  bei  derselben  219; 

Zusammenstellung  der  Fälle  233; 

mit  recid.  Oculomotoriuslähmung  510; 

forme  f rüste  510. 
Asthenopia  nervosa:  623. 
Astigmatismus:  bei  angeborenen  Bildungs- 
fehlern 592; 

Milderung  durch  Orbiculariskontraktion  29. 
Atherom:  der  Arteria  fossae  Sylvii  607. 
Athmungsstillstand:    bei    Reizung    der 

Trigeminusäste  des  Auges  36. 
Attaques  de  sommeil:  626. 
Auge:  Aufreissen  desselben  38; 

Ausdruck  desselben  2; 

des  Kindes  17; 

im  Tode  26; 

Verdrehen  beim  Scbläfrigwerden  53, 
Augenbewegungen:  Centren  in  der  Rinde  96. 
Augenbraue:  bei  Ausdrucksbewegungen  9; 

bei  Facialis  -  Trigeminus  •  Oculomotoriusläh- 
mung 9,  74; 

bei  Hemiatrophia  faciei  9; 

bei  Ptosis  74; 

bei  Ptosis  spastica  478,  480,  489; 

Stellung  derselben  9,  10; 


Augenbraue:  Zweck  derselben  6. 
Augenlider:  bei  Akromegalie  4; 

bei  Basedow  60; 

Intentionszittern  bei  multipler  Sklerose  626; 

Zittern  derselben  626. 
Augenmuskelkontrakturen  621. 
Augenmuskelkerne:    primäre    Degenera- 
tion 333; 

bei  Syphilis  334; 

schematische    Darstellung    derselben    110, 
111,  112. 
Augenmuskellähmungen:     bei     acuten 
Vergiftungsfällen  290; 

bei  chron.  Bleivergiftung  278; 

bei  Botulismus  284,  286,  288; 

bei  Diphtherie  237,  240,  242,  244,  246; 

bei  Himerweichung  377,  878; 

hysterische  513; 

bei  Influenza  248,  250,  251,  252; 

bei  Kleinhimtumoren  452; 

bei  Landry*scber  Paralyse  461; 

bei  Meningitis  cerebrospinalis  epidemica  897 ; 

bei  Meningitis  tuberculosa  387; 

bei  Poliencephalitis  haemorrhagica  264; 

Yorübergehende  bei  Tabes  148. 
Augenmuskeln:  angeborene  Beweglichkeits- 
defekte 80; 

interiore  110. 
Augenmuskel  nerven:  angeborenes  Fehlen 

derselben  86. 
Augenmuskelstörungen:    bei  Encepha- 
litis non  suppurativa  236; 

bei  Rheumatismus  259; 

bei  Syphilis  308. 
Augenspiegelbefund:  bei  akuter  Ophthal- 
moplegie 294; 

bei  akuten  Vergiftungen  291; 

bei  Bleivergiftung  281,  283; 

bei  Botulismus  287,  289; 

bei  Diphtheriüs  241,  248,  245,  247; 

bei  Influenza  251,  253. 
Ausdruck  des  Auges:  2,  8. 
Ausdrucksbewegungen:  36; 

bei  supranuclearen  Affektionen  des  Facialis 
639. 


B. 


Basis  cerebri;    basale  Erkrankungs- 
herde: isolirte  Ptosis  dabei  140  fV 
basale   Nervenstämme,    Verlauf   derselben 
315,  424; 


670 


Alphabetisches  Sach  Register. 


Basiscerebri:  basale  syphilitische  Affektion 
313; 

basale  Tumoren  442. 
Basedow'sche  Krankheit:  Ausfallen  der 
Cilien  bei  derselben  9; 

Deckfalte  2; 

Exophthalmns  50,  einseitig  52; 

Fettgehalt  der  Orbita  50; 

forme  fräste  76; 

Y.  Graefe's  Phänomen  24  43.  44,  50,  51,  52; 

Keratitis  e  lagophthalmo  18,  19; 

Klaffen  der  Lidspalte  22,  630; 

Nuclearlähmnng  bei  derselben  46; 

der  Levatorkem' 47,' 48 ; 

Periodisches  LidOdem  14.  15; 

Rosenbach's  Phänomen  55; 

Schwund  der  Augenbrauen  u.  Cilien  9: 

Stellwag'sches  Zeichen^Sl,  48; 

Tonus  der  Orbitalgefässe  20; 

Ziltem  der  Lider  55,  626 
Basilarartorien:  Thrombose  und  P^mbolie 

219 
Bell'sches  Phänomen:  54,  584. 
Benedict,  Syndrome  de:  71. 
Beschäftigungskrämpfe  im  Gebiet  des: 

Oculomotorius  619; 

Facialis  619; 

Acccssorius  619; 

Hypoglossus  619. 
Beweglichkeitsdefekte     der    Augen- 
muskeln: kongenitale,  Erklärung  der- 
selben 87,  594; 

kongenitale,   Fehlen  der  Sekundärkontrak- 
tion 92; 

kongenitale,  Fehlen  der  Sekuudärablenkung 
93; 

kongenitale,  Erhaltung  derKonvegenz  bei 
anfgehobener  Seitenwendung  93; 

kongenitale,  bei  Ptosis  congenita  herediiaria 
83,  85; 

kongenitale,  und  der  Rumpfmuskulatur  87 ; 

Mangel  der  Doppelbilder  bei  denselben  93; 

des  Unterlids,  isolirt  590. 
Bewegungsbeschränkung:      angeborene 

nach  oben  60. 
Bildungsdefekte  einseitige :   der  Gesichts- 
muskulatur  589; 

des  Augenfacialis  590. 
Bleivergiftung:  278—300; 

Accommodation  281,  283; 

Augenmuskeln  280,  282; 

Augenmuskellähmungen  278,  280,  282 ; 

Augenspiegelbefund  281,  283; 


Bleivergiftung:  Mydriasis  278; 
Pupillenlähmung  278,  280,  282; 
Ptosis  278,  280,  232; 
Poliomyelitis  nach  Bleilähmnng  458; 
Zusammenstellung    der    Fälle   mit  Aoge 
muskelläbmung  281. 
Blendung:  Stellung  der  Lider  bei  derselbe 

34,  577. 
Blepharochalasis:  3; 
nach  Meningitis  3; 

Oedem  der  Lider  im  Beginn  derselben  3 
Blepharophimosis:  congenitalis  26; 

bei  Ptosis  congenita  82. 
Blepharospasmus:  621; 

Amblyopie  durch  denselben  602; 

doppelseitiger  608; 

bei  Epilepsie  620 ; 

essentieller  600; 

bei  Hysterie  481,  620; 

klonischer  601 ; 

bei  Migiäne  619; 

Mitbewegung  des  Stapedias  bei  demsell 

602; 
bei  Nasenpolypen  614; 
bei  Reizung  des  Sympathicus  625: 
bei  Schädelbasisfraktur  428; 
tonischer  601 ; 

bei  Trigeminusaffektion  601; 
nach  Trigeminusneuralgitf  615. 
I   Blicklähmung:  mit  Facialislähmang  1: 
nach  oben  40; 
nach  oben,  Verhalten    des   Levator  dil 

40,41; 
nach  oben,  bei  Bulbäraffektion  207; 
bei  Ponstumor  452. 
ßlinzelbewegungen:  bei  Facialislihmo 
durch  Levatorerschlaffung  653; 
rudimentäre,  bei  Facialislähmung  630; 
Rpontane  583. 
Blinzelreflex:  581; 

bei  Facialislähmung  471 ; 
vom  Opticus  581; 
vom  Trigeminus  581 ; 
bei  Säugethieren  582; 
Verhalten  des  Trigeminus  bei  demselben^' 
Blut  menge:  im  Cerebrum  beim  Schlaft 

527. 
Blutung:  in  den  IH.  Ventrikel  369; 
in  die  Lider  13; 
in  die  Orbita  411 ; 

in  die  Orbita,  Verhalten  des  Levator  da 
411,  415. 


Alphabetisches  Sach-Register. 


671 


Botulismas:  Accommodationslähmang  285, 
287,  289; 
AugenmaskellähmuDgen  278,  284,  286,  288; 
Augenspiegelbefund  287,  289; 
Ptosis  278,  284,  286,  288; 
Pupillenlfthmung  284,  286,  288; 
Znsammenstellung   der   Fälle   mit  Augen- 
muskellfthmungen  285. 
Bracke:  Erkrankung  der  Hftlfte  645; 
Erweichung  auf  sypbilit  Basis  329; 
Gumma  in  derselben  329. 
Baibäraffektion  mit  Ophthalmoplegie: 

209. 
Baibärkern-    and  Vorderhornerkran- 
kung  mit  Ophthalmoplegie:    208 
bis  219,  643. 
Baibärmiene:  214. 
Baibärparalyse:  akute  219; 

amyotrophische  progressive  204,  205; 
apoplektische  867; 
apoplektiforme  mit  Ptosis  874; 
asthenische  76; 

asthenische  mit  periodischer  Oculomotorius- 
lähmung 510; 
asthenische,  Ptosis  bei  derselben  232,  233, 

234,  235; 
asthenische,  forme  fruste  228.  232,  510; 
Facialislähmung  dabei  642; 
mit  Ophthalmoplegie  206; 
bei  Polioencephalomyelitis  298; 
and  recidiv.  Oculomotoriuslähmung  506; 
mit  Orbicularislähmung  116,  658; 
mitspinaler  Muskelatrophie  und  Betheiligung 

des  unteren  Facialis  116; 
syphilitische  353. 
Baibus:     Zurücksinken    desselben     in     die 
Orbita  20; 
ZurQcksinken    desselben    bei    angeborenen 
Bildungsdefekten  der  Augenmuskeln  20; 
ZurQcksinken  desselben   bei  Sympathicus- 
lähmung  542. 
Baibusheber,  angeborener  Defekt  592. 
Balbusmuskeln,  angeborener  Defekt  592; 
bei  asthenischer  Bulbärparalyse  232,   238, 

234,  235; 
Fascien Verbindung  derselben  19; 
fehlerhafte  Insertion  derselben  577; 
pathol.  Befunde  bei  kongenitalen  Störungen 
derselben  85. 


Canalis  Fallopiae:  570,  571. 
Canities  neurotica:  8. 
Carotis     interna:     anatomischer     Verlauf 
durch  den  Sinus  cavernosus  316; 
Aneurysma  derselben  866,  418,  504. 
Kompression  derselben  585; 
Verletzung  und  Zerreissnng  derselben  418, 
419,  421,  422. 
Caruncula  lacrymalis:  Fehlen  derselben 

bei  kongenitaler  Ptosis  82. 
Cataracta  pyramidalis:  bei  kongenitaler 

Ptosis  82. 
Central  Windungen:   Femwirkung  auf  die- 
selben 385; 
bei  Orbicularislähmung  636; 
Gumma  im  oberen  Drittel  beider  C.  337. 
Centralwindung,  hintere:  97,  98; 

hintere,  Erweichung  mit  Orbicularislähmung 

633; 
hintere,  Tumor  in  derselben  bei  Orbicularis- 
lähmung 637; 
hintere,  Läsion  604. 
Centralwindung,  vordere:  98,  99,  100; 
vordere,  unteres  Drittel  559; 
vordere,  Kalkeinlagerung  606; 
vordere,  Erweichung  606,  634; 
vordere,  Läsion  604; 
vordere,  Tumor  637. 
Centrum  far  den  Sphincter  iridis:  383. 
Cerebellum:  Erkrankung  mit  Ptosis  98; 
Gehimabscess  in  demselben  385; 
Tumor  in  demselben  452. 
Cerebrale  Kinderlähmung:  mit  doppel- 
seitiger Oculomotoriuslähmung  369. 
Cerebrospinale    Syphilis:     Differential- 
diagnose von  multipler  Sklerose  196. 
Chemosis  conjunctivae:  535,  614; 

bei  Sinusthrombose  405. 
Cheyne-Stokes    Phänomen:     abgekOrzt 

durch  Oeffnen  der  Augenlider  37. 
Chiasma-Erkrankung:  bei Poliencephaio- 
myelitis  298; 
bei  tuberkulöser  Meningitis  889,  392; 
bei  Syphilis  324,  327,  355; 
bei  basaler  Syphilis,  gummös  entartet  821. 
Cho.rda  tympani:  571. 
Chorea:  Bewegungen  608; 
Habit-Chorea  616; 

Reizung  des  kortikalen  Facialisgebietes  616; 
Sydenham*8che  Chorea  617. 


672 


Alpffabetisches  Sach-Begister. 


Ghromidrosis:  10; 

SimulAtion  derselben  12. 
Cilien:  Ausfallen  derselben  bei  Basedow  9; 
Ausfallen  derselben  bei  Kopfschmerz  9; 
Ergrauen  derselben  b; 
bei  Geisteskranken  16; 
Inflexionsphänomene  durch  dieselben  576; 
Lebensdauer  derselben  8; 
Leucosis  derselben  9; 
Sensibilität  derselben  7; 
Zweck  derselben  6. 
Cocain:  Wirkung  auf  die  Lidspalte  24; 
Instillation  von  Cocain   zur  Sicherang  der 
Differentialdiagnose  zwischen   Levator- 
lähmung  und  sympathischer  Ptosis  156. 
Colobom  der  Lider:  5. 
Coloboma  papillae  n.  optici:  60. 
C  0  m  a :  Verhalten  der  Lidspalte  in  demselben 

520. 
Conjunctiva:     Anästhesie     derselben     bei 
Hysterie  6,  31; 
Anästhesie  derselben  bei  orbitaler  Syphilis 

315; 
Blutung  in  dieselbe  und    Schwellung   bei 

Meningitis  15; 
Chemosis  535; 

Hyperämie   derselben  bei  recidivir.  Oculo- 
motoriuslähmung 499; 
bei  Lagophthalmus  590; 
mechanische  Beziehung   des   Schleimhaut- 
wulstes zum  Fascienzipfel  49; 
mechanische    Verletzungen     bei     Geistes- 
kranken 16; 
Reflexe  von  derselben  36; 
Reizung   derselben    bei    Reflexkrampf  des 

Orbicularis  30,  622; 
Schleimhautwulst  im  Fornix  49; 
SchrumpfuDg  26; 

Sekretion  derselben  bei  Kopfweh  14; 
Sensibilität  derselben  7,  30; 
Temperatursinn  derselben  7,  30,  31; 
Vasomotorische  Störungen  derselben  13; 
Vergrösserung  derselben  bei  greisenhafter 

Veränderung  der  Edrperdecke  3; 
Verwachsung  derselben  25; 
Zug  des  Fascienzipfel s  an  derselben  55; 
Zusammenhang  derselben  mit  den  Fascien- 
zipfeln   des    Hebers    und    Senkers   des 
Bulbus  49. 
Conjunctivalgeflecht  der  Lidnerven  6. 
Conjunctivalkatarrh:   als  »reger  fibril- 
liirer  Zuckungen  614. 


Conjuncti  valreflexe:  30,  36. 
Conjnnctivalsekret  im  ComtiSiä 
Conjunctivitis  erythematosa: 614; 

Folge  Ton  za  kurzem  Oberlid  5; 

bei  Meningitis  cerebrospia.  epideauet 

bei  Meningitis  taberculosa  387. 
Coprolalie:  618. 

Cornea:  Anästhesie   derselben  bei  Hji 
6,31; 

regionäre  Anästhesie  30; 

Austrocknung  derselben  30; 

Flucht  derselben  nach  oben  beim  Udsc 
53,  54,  584; 

Grösse  derselben  im  Einderaoge  17; 

Grösse  derselben   im  Yerhäitniss  zu 
spalte  17; 

Reflexe  derselben  o6 ; 

Reizzustand  im  reflektorischen  lidscUa 

Sensibilität  derselben  7; 

Temperatursinn  derselben  7,  30,  31; 

ünempfindlichkeit  derselben  513. 
Corpus    res ti forme:    ExophthalmoB 

Verletzung  desselben  44. 
Corpus  striatum:    Ptosis   bei   dessei 

krankung  98,  99. 
Corpus  trapezoides:  569. 
Corrugator  sapercilii:   4,   36,  575, 

bei  Basedow  9; 

Kontraktur  desselben  479; 

bei  Dystrophia  musculorum  9; 

Lähmung  desselben  627; 

Nervenversorgung  572; 

Verbindung  mit  dem  Orbicularis  57d. 
Cysticercus:  in  der  Orbita  535. 


D. 


Darkschewitscher  Kern:  111. 
Deckfalte:  1; 

Bildung  derselben  37; 
beim  Basedow  2; 

Einfluss  der  Kürze   derselben  auf  die  I 

falten  bei  der  Ptosis  spastica  479. 4 

Fehlen  derselben   bezüglich   der  Diaga 

der  Ptosis  congenita  94: 
bei  Levatorlähmung  4. 

Degeneration:    peripherer    Nerven   n 

Diphtheritis  245; 
primäre  der  Augenmuskelkerne  bei  Sjpk 

333,  334. 
Degenerationszeichen:  der  Lider  »V 


Alphabetisches  Sach-Register. 


673 


»  Depressor:  palp.  int  578; 
_         sapercilii,  Nerven  Versorgung  572. 
^  Deviation  conjugu^e:  873. 
^  Diabetes  mellitns: 
^  Yerhältniss  zar  Syphilis  353,  854. 

Dilatatores  nariuni:  586. 
Dilatator  pupillae/.^Spasmns  bei  Hysterie 
*  621. 

Diphtberitis: 

Abducenslähmung  237; 
-  Accommodation  240; 

Augenmnskell&hmungen     nach     derselben 

240-247; 
Allgenspiegelbefund  240; 
Degeneration  peripherer  Nerven  238,  241; 
JacialislähmuDg    bei    derselben    241,    248, 

245,  247; 
Gaunensegellähmung    bei    derselben    241, 

243,  245,  247; 
Intoxikation  459; 

Patellarreflexe  bei  derselben  243,  245; 
Ptosis  237,  240; 
Papillen  240. 
Diplegia  facialis: 
kortikaler  Natur  659; 
Bupranncleärer  Natur  658; 
nacleftrer  Natur  658; 
peripherer  Natur  655; 
Doppelbilder: 

Mangel  derselben  bei  angeborenen  Beweg- 
licbkeitsdefekten  93. 
Duchenne-Aran'scher  Typus:  203,  204. 
Dyschromatopsie:  621. 
Dystrophia  muscul.  progressiva:  105, 
106; 
mit   angeborenen   Biidungsanomalien   596; 
Facialislähmung  dabei  663; 
Ophthalmoplegie  dabei  596; 
isolirte  Ptosis  als  Folge  105,  106; 
Stellung  der  Augenbrauen  9. 


E. 

Echinococcusim  Grosshii-n  mit  Jackson'scher 
Epilepsie  605. 

Kdinger-WestpharscherKern:  90,  110, 
111,  113,  114. 

Ekchymosen:  an  den  Lidern  13. 

Elektrisch]e  Erregbarkeit  bei  Facialis- 
lähmung: 597. 

Elasticität  der  Haut  bei  Facialislähmung: 
632. 


I   Embolie  der  Art.  fossae  Sylvii:  872; 
'         Differentialdiagnose  von  Thrombose  879. 
Emotionelle  Bewegungen:  27,  530,  639. 
Empyem: 

des  Sinus  frontalis  536,  587,  538; 

der  Keilbeinhohle  538,  539; 

sämmtlicher  Nebenhöhlen  539; 

des  Oberkiefers  614. 
Encephalitis:  97; 

bei  Syphilis  385,  836; 

Ptosis  bei  derselben  198,  199,  200; 

Encephalitis  haemorrhagica  218,  297; 

Encephalitis   haemorrhagica    mit   Facialis- 
lähmung 644; 

nicht  eitrige  236. 
Encephalomalacie:  879; 

flava  multiplex  274,  275,  276. 
Endarteriitis  obliterans:  377; 

syphilitica:  324,  332,  337,  359. 
Endocarditis  rheumatica:  mit  Polyneu- 
ritis 459. 
Enophthalmus  traumaticus:  438,  439. 
Entartungsreaktion:  Mittelfoim  641. 
Entropium  spasticum:  603,  623. 
Epicanthus:  5,  82. 
Epidermis  der  Lider:  2. 
Epilepsie:  495,  529; 

Blepharospasmus  bei  derselben  620; 

Blutungen  in  die  Lider  18; 

Ernährungsstörung  der  Lidhaut  6; 

funktionelle  Lähmung  des  Facialis  668; 

Jackson*sche  603; 

Sugillationen  der  Lider  12; 

Veränderung  der  Haarfarbe  9. 
Ependym:  Verdickung  desselben  bei  Tabes 
153,  154; 

Wucherung  im  IV.  Ventrikel  199. 
Epiphora:  591. 

Er  bischer  Symptomenkomplex  139. 
Erblichkeit:  bei  der  chron.   progr.   isolirt 
bleibenden  Ophthalmoplegie  128; 

bei  kongenitaler  Ptosis  82. 
Erkältung:  Augenmuskellähmungen  261; 

Ophthalmoplegie  260. 
Ermüdbarkeit:    bei   asthenischer  Bulbär- 
paralyse  221,  222; 

bei  tabischen  Augenmuskel  lähm  ungen  155. 
Erweichung:    der  Oculomotoriuskemregion 

375. 
Erysipel:  Ophthalmoplegia  totalis  256; 

Ptosis  dabei  256. 
Erythem:  der  Lider  15; 

bei  hysterischer  Ptosis  15. 


674 


Alphabetisches  Sach-Begister. 


Exophthaimns:  473; 
bei  Basedow  2,  8.  50,  52; 
einseitiger  47,  50«  52; 
mit  y.  Gräfe's  Phänomen  45; 
bei  gummösen  Orbitalprozessen  814; 
bei  Orbitaltomor  5,  441,  585; 
bei  Periostitis  gummosa  810,  811; 
mit  Anästhesie  der  Stirn  418; 
pulsirender  419; 
bei  Reizung  der  glatten  Muskeln  derOrbi- 

talaponeurose  21; 
bei  Sinustbrombose  404,  405,  406; 
bei  Sympathicuslähmung  552; 
bei  Sympathicusreizung  21,  23; 
bei  Syphilis  317; 
bei  Verletzung  des  Corpus  restiforme  44. 

F. 

Facialis-Abducenslähmung:  angeborene 

591; 
in  frühester  Kindheit  entstandene  596. 
Faciali s af f e kti o n :  bei  Bulbärkernaffektion 

207,  209,  211; 
bei  Ophthalmoplegie  mit  Spinalaffektion  212. 
Facialis:   bei  der  amyotrophischen  Bulbär- 

paralyse  116; 
bei  der  asthenischen  Bulbärparalyse   116, 

230,  232.  233,  234,  235; 
Beziehungen  zum  Levator  114; 
Beziehungen  zum  Oculomotorius  61,  63,  354; 
Beziehungen  zum  reflektorischen  Lidschlag 

26; 
Beziehungen  zum  Trigeminus  568; 
Beschäftigungskrampf  desselben  619; 
Beweglichkeitsdefekie   kongenitaler  Natur 

594; 
angeborene  Bildungsdefekte,  elektrische  Er- 
regbarkeit 597; 
getrennte  Centren  desselben  für  den  oberen 

und  unteren  560; 
Eernregion  desselben  67,  567; 
Eernregion,    Lähmung   einzelner  Muskeln 

bei  Kemerkrankung  216,  640; 
Eernregion,   Eemlähmung  bei  Ponserkran- 

kung  645; 
Kernregion,    Eemlähmung   bei    Nuclearer- 

krankung  355; 
Eei-nregion,  Schwund  116; 
Eernregion,  bei  Tabes  641; 
Eernregion,  Ursprung  der  Levatorfasorn  62; 
Eernregion,  Reizung  derselben  608; 
Kernregion,   Verbindungen  desselben  567; 


Facialis:    Eernregion ,     Verbindoiif 
selben  mit  dem  Hypoglossoskc 
Facialiskrampf:   halbseitiger  bei 
des  Grosshims  605; 

nach  Blutungen  609; 

bei  hämorrhagischen  Cysten  im  6e 

bei  Hirnerweichong  606; 

bei  progressiver  Paralyse  191,  60! 

durch  Reizung  des  Centmms  603; 

durch  Tabes  608. 
Facialislähmung:  65,  507,  513,1 

bei  Abscess  im  Scheitellappen  381 

altemirende  (Gubler^scher  Typus)  • 

bei  angeborener  Kürze  des  Oberli 

bei  basaler  gummöser  Affektion  S 

Blinzelreflex  bei  dei-selben  471; 

bei  Diphtheritis  241,  243,  245,  24 

doppelseitige  596; 

doppelseitige  kortikale  659; 

doppelseitige  nucleäre  658; 

doppelseitige  periphere  655; 

doppelseitige  subkortikale  658; 

doppelseitige  bei  OphthalmopL  pro 
121; 

doppelseitige  mitOphthalmoplegiai 

doppelseitige  bei  Polyneuritis  65^ 

elektrische  Erregbarkeit  597; 

bei  Encephalitis  haemorrhag.  644 

bei  Felsenbeincaries  654; 

Flucht  des  Bulbus  nach  oben  bei  der 

bei  Fraktur  im  Sinus  cavernosus 

funktionelle  bei  Hysterie  660; 

funktionelle  bei  Epilepsie  663; 

funktioneile  bei  Migräne  663; 

hereditär  nervöse  Belastung   bei 
654; 

bei  Hirnerweichung  376,  474; 

Hyperaktion   der  gelähmt  gewese 
kulatur  65; 

bei  Influenza  251,  253; 

Eeratitis  e  lagophthalmo  631; 

Elaffen  der  Lidspalte  628 ; 

mit  Levatorkrampf  68; 

nach  Masern  255; 

bei  Meningoencephalitis  syphilit. 

bei  Meningitis  tubercul.  389,  390 

Mitbewegung  des  Lides  bei  derselbe 

bei  Mittelohrerkrankung  654; 

Mundzweige  bei  Blick lähmung  12 

bei  Neugeborenen  595; 

Neuritis  bei  derselben  654 ; 

bei  Oberkiefercancroid  539; 

bei  Ophthalmoplegie  642; 


Alphabetisches  Sach-Register. 


675 


«iciaiislähmang:  bei  recidivirender  Oculo- 
motoriuslähmuDg  498; 
periphere  649; 

bei  PolieDcephalomyelitis  acuta  644; 
bei  Ponserkrankung  645; 
-  red  idi vir en  de  654 ; 

reflektorischer  Lidschlag  bei  derselben  31; 
*  refrigeratorische  649; 

und  Retraktion  des  Levator  628; 
rheumatische»  Sektionsbefund  652; 
rudimentäre  Blinzelbewegungen  dabei  630; 
rudimentärer   Lidschlag    durch    Levatorer- 

schlaffung  653; 
bei  dchädelbasisfraktur  428,  630; 
bei  Schädelbasistumor  441; 
Schmerz  bei  derselben  627; 
Stellung  des  Unterlids  5; 
Symptome  durch  Elasticität  der  Haut  ge- 
mindert 632; 
.    bei  Syphilis  330,  355; 
bei  Tabes  158-178,  512; 
Thränenabsonderung,  vermehrte  631; 
nach  Trauma  654; 
bei  Tumor  des  Occipitallappeus  453; 
bei  Tumor  des  Lobus  parietalis  455; 
durch  Zangengeburt  595. 
Facialis:    Muskulatur,    kongenit.    Defekte 
derselben  588; 
oberer,  Beziehungen  zum  Oculomotoriuskem 

570; 
oberer,  Centrum  desselben  in  der  IL  Fron- 
tal winduug  560,  564; 
.     oberer,  Centrum  desselben  im  Gyrus  pariet. 
inf.  560,  565; 
oberer,  kortikaler  Ursprung  559; 
oberer,  Faserverlauf  durch  die  Capsula  ext. 

566; 
oberer,  getrennte   Bahn  vom  Verlauf  des 

unteren  im  Hirnschenkel  567; 
oberer,  Innervation  desselben  bei  Gemüths- 

affekten  567; 
oberer,  peripherer  Verlauf  desselben  571; 
oberer,supranucleärer  Verlauf  desselben564; 
oberer,  Verhältniss  der  Linsen kernerkran- 
kungeu  zur  Affektion  derselben  565. 
Facialis  Phänomen  bei  Tetanie:  622. 
Facialis- Stammerkrankungen:  628. 
Facialis-tic:  619. 
Facialiswurzel:  aufsteigende  567. 

Erkrankung  640. 
Facies  myopathica:  666. 
Faltenbildang  der  Lider:  2,  4. 

Wilbrand-Saenger,   Neurologie  des  Augos.    I. 


Fasciculäre  Ptosis:  378. 
Fascia  palpebro-orbitalis:  415. 

Fadcien Verbindung  der  äusseren  Bulbus- 
muskeln:  19. 

Fascienzipfel:    gemeinsamer  des  Levator 
und  Rect.  sup.  39,  49; 
des  Rectus  inf.  22,  628; 
des  Rectus  sup.  22; 

Felsenbeincaries    mit    Facialislähmung: 
654. 

Fenestra  ovalis:  571. 
Fibrae  arcuatae  internae:  568. 
Fibrilläre  Zuckungen:  der  Lider  bei  Con- 
junctivalcatarrh  614; 

bei   erworbener  Facialislähmung  597,  658; 

im  Orbicularis  600. 
Fissura:  calcarina  28; 

orbitalis,  Tumor  534; 

orbitalis,  gummöse  Prozesse  in   derselben 
314; 

orbitalis  inferior  20; 

orbitalis  superior  316,  317; 

orbitalis  superior,  b)  gummöse  Erkrankung 
313,  314,  318; 

temporalis  sup.,   Lokalisation  des  Levator- 
rindenfeldes  97,  98. 
Foci:  des  Facialis  in  der  Hirnrinde  561. 
Foramen:  oculomotorii  317. 

stylomastoideum  571. 
M.  Frontalis:  4,  36,  575; 

beim  Augenaufreissen  38,  67; 

Beziehung  zum  Levatorkem  114; 

Eontraktion  bei  Ptosis  74; 

Kontraktion     bei    doppelseitiger     isolirter 
Ptosis  104,  106; 

Kontraktion  bei  kongenitaler  Ptosis  82: 

Kontraktion,    zwangsweise    bei    seitlichen 
Bewegungen  56,  57; 

Fähigkeit,  denselben  einseitig  zu  innerviren 
469,  471 ; 

Gewohnheitskrampf  desselben  76.  616; 

gleichzeitige  Innervation  beider  471; 

isolirte  Lähmung  desselben  655; 

Lähmung  627; 

bei  emotionellen  Bewegungen  610; 

Nervenversorgung  572; 

Wirkung  587. 

Funktionell  nervöse   Störungen:    Orbi- 
culariskrampf  616; 
Ptosis  dabei  463. 
Furchenarterien:  860. 
Bd.  IL  Abiheilung.  44 


676 


Alphabetisdieft  Saeb-Eegister. 


GaDglioD  ciliare:  FeU«i  desselbeo  86. 
Ganglion  Gaaseri:  160. 
Ganglion  sphenopalatinani:  21. 
Gangrän  der  Lider:  spontan  entatanden  12. 
Ganmensegellähmung:     nach    Inflaenza 

251,  253. 
Gefä89verändernngen:' bei  Syphilis  324. 
Gefässversorgnng:  der  Kemregion  109. 
Gefahr  feld:  gemeinschaftliches  der  Augen  27. 
Gehirnabscess:  siehe  Himabscess 
G  e  h  i  r  n  s  y  p  h  i  1  i  s :  Keratitis  nenroparal7ti€a56 : 

AbdacensläbmnDg  56; 

Leyaterkoniraktion  57. 
Gehirn tamoren:  basale  Lokalisation  442; 

mit  JacksonVher  Epilepsie  604; 

des  Hiroschenkels  449; 

orbitale  Lokalisation  441; 

Ptosb  bei  denselben  440. 
Geisteskranke:  mechanische  BeschAdignng 

des  Auges  16. 
Gerlier*sche  Krankheit:  261; 

Ptosis  dabei  219,  261. 
Gesichtsasymmetrie:  593. 
Gesichtsausdruck:  jagendlicher  Individuen 
2,  3; 

bei  Levatorlähmung.  75. 
Gesichts  feld  ei  nschränkung:  konz.  473> 

bei  Hysterie  621. 
Gesicbtsmuskulatur:  einseitige  Bildongs- 

defekte  589. 
Gesichtsmuskelkrämpfe:    partielle   600. 
Gewohnheitskrampf:   des   Frontalis  617  ; 

des  Orbicularis  616. 
Glandula  pinealis:  GeschwQlste  derselben 

451. 
Glatte  Lidmuskel:  beim   v.   Graefe'schen 

Phänomen  44. 
Glotzauge:  Einfluss  auf  die  Weite  der  Lid- 
spalte 25. 
Glykosurie:  bei  Nuclearlähmung  353; 

bei  Syphilis  354. 
V.  Graefe's  Phänomen:  71; 

bei  Basedow  43,  44,  50,  51,  52; 

bei  Coca^fnwirkung  24; 

demselben  ähnliche  Ei-scheinung  58; 

bei  Levatorkrampf  67; 

bei  Thomsen'scher  Krankheit  44; 

bei  Sympathicuslähmung  25. 
Grenzstrang  des  Sympathicus:  23. 
ürobshirnschenkelerweichung;  40; 

Gumma  328,  329 


Gubler'ache   alteraires^c    UkmKaxf: 

bei  Ponatomorea  45L 
Gummöse   Erkrankaag:   m   wmi   as  «b 

Orbita  313,  534,  536; 
Gyrns  angnlaria:  97; 

bei  kortikaler  Ptosis  97.  »^  !<&.  1^  t». 

als  Leyatoreentnmi  455. 
Gyrus  praecentralia:£rvek^^Kaa€i:»- 
cnlariallhmnng  635: 

Lision  604. 
Gyrns  anpramargiaalis:  S>7.  9^  SK: 

Erweichnng  bei  OiiiiciilBi  iiilifcwBi  €M: 

bei  Ptosis  102. 


H. 


Hftmatidrosis:  10. 
Hämorrhagie:  an  der  Basis  3G9: 

kapilläre  in  d.  Nenrenwarzehi  bei  DifMäm 

238,  241; 
in  d.  Kern-  und  Wnrzelgeliiet   der  Ämgm- 
mnskelnenren  bei  PolieDcepbalins  271. 
272; 
in  den  Stamm  des  Ocnlomotorios  bei  Mcbb- 
gitis  tuberculosa  390,  391,  3M. 
Habit  Chorea:  616;  spaam.  616. 
Ualo:  2; 

bei  Hysterie  11. 
Halssympathicus:   Läsion  desselben  MS; 

siehe  auch  Sympathicas. 
Haube:   Hämorrhagie  in  dieselbe   mit  Pfcosa 

363. 
Haut  falten:  am  Augenwinkel  33; 

Beziehung  beim  Lidschloss  679. 
HemianopischePupillenreaktioo:bei 

Syphilis  351. 
Hemianopsie:  28; 

bei  Hirntumor  45i,  455; 

homonyme  372,  375; 

bei  basalen  Tumoren  443,  444; 

bei  multipler  Sklerose  194; 

Prüfung  des  Blinzelreflexes  28; 

bei  Stichverletzung  des  Himschenkels  3^ 

doppelseitige  655. 

Hemianopsia     temporalis:     bei    Akro- 
niegalie  448; 
bei  basalen  Tumoren  443; 
bei  Syphilis  355. 
Hemiatrophia    facialis:     Atrophie    des 
Orbitalfettes  20; 
Augenbrauen  bei  derselben  9. 


Alphabetisches  Such-Register. 


677 


Hemikranie:  507; 

funktionelle  Lfthmung  des  Facialis  dabei  668; 
mit  Verfärbnng  der  Gilien  8. 
Hemiplegie:  gekreuzte  879. 
Herpes:  mit  Blepharospasmus  615; 
der  Lider  12,  15; 

mit    Meningitis    cerebrospinalis    epidemica 
398. 
Hidropathien:  10. 
Hirnabscess:  traumatischer  431; 

Ptosis  bei  demselben  880. 
Hirnblutungen:  Begriff  derselben  858; 

Erblichkeit  der  Disposition  359. 
Hirnerweichung:  372; 
akute  bei  Syphilis  335; 
mit  Augenmuskellähmungen  377,  378; 
Ptosis  bei  derselben  372.  377; 
mit  Pupilienlähmung  377; 
der  vorderen  Centralwindung  606; 
mit  Orbiculariskrämpfen  606. 
Hirnhä  m  0 rrh  agie :  Ptosis  bei  derselben  863. 
Hirnschenkel:   Affektion  bei  Syphilis  355; 
Blutung  ohne   Oculomotoriuslähmung  364^ 

369; 
Kompression  bei  Schläfenlappenabscess  367, 

383; 
doppelseitige  Blutung  in  denselben  859,  863 ; 
Erkrankung  bei  Hirnerweichung  378; 
Erweichung  mit  Oculomotoriuslähmung  373, 

374,  375; 
Fem  Wirkung  auf  denselben  365,  385; 
Gefässe  359,  361; 

Haube,  Blutung  in  dieselbe  863,  364,  365; 
Herd  mit  doppelseitiger  Ptosis  371; 
Stichyerletzung  mit  Ptosis  u.  Hemianopsie 

368; 
Tumoren  449,  450; 

Verlauf  der  Facialisbahnen  in  demselben  567 ; 
Verletzung  mit  Oculomotoriuslähmung  855. 
Horner'scher:  Muskel  574; 

Symptomenkomplex  541,  555. 
Hornhaut:  Anästhesie  315; 
Reflexe  von  derselben  36; 
Sensibilität  derselben  30. 
Husten:  Orbiculariskontraktion  dabei  586. 
Hydatidencyste  im  Gehirn  441. 
Hydrocephalus  acutus  bei  Meningitis  tuber- 

culosa  387. 
Hyperaktion   des  Orbicularis  nach  Läh- 
mungen 609. 
Hyperämie:  des  Gehirns  im  Schlaf  525. 
Hyperidrosis:  des  Lides  10; 

bei  recidiv.  Oculomotoriuslähmung  499. 


Hypoglossus:bei  altemirender  Faeialialähm' 
ung  645; 

angeborener  Bildungsfehler  593; 

Beschäftigungskrampf  desselben  619; 

Kem.desselbenVerbindung  mit  dem  Facialis- 
kern  570; 

bei  Syphilis  318. 
Hypophysis:  Tumoren  448. 
Hysterie:  379; 

abnorme    Mitbewegang     der     Bulbusmus- 
kulatur  59; 

Amblyopie  6; 

bei  spastischer  Ptosis  482; 

Anästhesie  der  Lider  6; 

Augenmuskellähmungen  518 ; 

mit  Blepharospasmus  481,  602,  620; 

mit  Chromidrosis  10,  11; 

Differentialdiagnose  von  multipler  Sklerose 
198; 

Erythem  des  Lides  12,  15; 

Gewohnheitskrampf  bei  derselben  616; 

Halobildung  11; 

Herabsetzung  der  Empfindlichkeit  der  Con- 
junctiva  31; 

Levatorspasmus  71,  476; 

Ophthalmoplegia  exterior  bei  derselben  473; 

Orbicularisläbmung  477 ; 

periodische  Oculomotoriuslähmung  518; 

Ptosis  73,  198,  463,  467; 

Spasmus  douloureux  et  non  douloureux  621 ; 

Spasmus  des  Rectus  infer.  71; 

Stellwag*sches  ZiCichen  31; 

Störungen  der  Bulbusmuskulatur  482; 

Verwechselung  mit  multipler  Sklerose  198. 


J. 


Jackson'sche  Epilepsie:  603; 
bei  Gehimgeschwalsten  604; 
mit  Orbiculariskrämpfen  bei  Erweichongs- 
herden  606. 
Indican:  bei  Chromidrosis  der  Lider  12. 
Indigoreaktion:  bei  Chromidrosis  12. 
Infektionskrankheiten:    Augenmuskel- 
lähmungen bei  denselben  236; 
Ptosis  236. 
Influenza:  Abducenslähmung  248; 
Accommodationslähmung  250,  252; 
Augenniuskellähmungen  250,  251,  252; 
Augenspiegell>efund  251,  253; 

44* 


678 


AlphabeÜBcheB  Säch-B^gister. 


Influenza:  Facialislähmang  251,  258 ; 

Gaumensegellähmung  250,  252; 

Oculomotoriaslähmnng  248; 

Ophthalmoplegiit  interior  248; 

Ptosifl  236,  248; 

Pupillenlähmung  250,  252; 

Trigeminuslähmung  251,  253. 
Infraorbitalis  Nervus:  614. 
Innere  Kapsel:  hämorrhagischer  Herd  in 
derselben  639; 

Fernwirkung  auf  dieselbe  885. 
Innervation:  Ungleichheit  derselben  618. 
Interglandulargeflecht:  der  Lidnerven  6. 
Intermedius  Nervus:  571. 
Intozikatiouen:  263; 

AugenmuskellfihmuDgen  dabei  286; 

Ptosis  236.  263. 
Irislähmung:  190,  192; 

und  Accommodationslähmungbei  chronischer 
Ophthalmoplegie  121; 

bei  progressiver  Paralyse  190,  192. 
Iris:  Mitbewegung  derselben  beim  Lidschluss 
585; 

Muskulatur  bei  postdiphtheritischen  Augen> 
muskellähmungen  237. 
Isolirte   Ptosis:   bei   orbitaler   gummöser 
Affektion  319;  siehe  auch  Ptosis. 


K. 

Karunkel:  angeborener  Defekt  derselben  592. 
Kaubewegungen:    Mitbeweguug   des   Ober- 
lides bei  denselben  385,  62; 

angeborene  Schwäche  593. 
Keilbeinhöhle:  Eiterung,  dabei  Ptosis  539; 

Empyem  538,  539. 
Keratitis:   bei  angeborenen  Bildungsfehlern 
593; 

e  lagophthalmo  bei  Basedow  18,  19; 

bei  Facialislähmung  631; 

mit  Narben  geheilte  632; 

neuroparalytica  19,  416,  313; 

bei  basalen  Tumoren  442,  443; 

bei  Himlues  56; 

bei  gummöser  Infiltration  der  Orbita  311, 
313; 

nach  Schädelbasisfraktur  423; 

parenchymatosa  bei  Syphilis  333. 
Kern  lähm  ung:  bei  Polyneuritis  459. 
Kernregion:  der  Bulbusmuskulatnr  111. 

Gefäss Versorgung  derselben  109; 

Schema  derselben  110; 

direkte  Läsion  derselben  485. 


Kernschwund:  infantiler  87.  92,  95. 
Kleinhirntümoren:  Ptosis  dabei  452. 
Kongenital-    hereditärer     Bildungs- 

fehler  der  Gesichtsmoskalatur:  594. 
Kongestionsneurosen  des  Auges:  13. 
Konvergenzbe  weglich  keit:  bei koogenit 

Bildungsdefekten  der  Muskeln  592. 
Konvergenzvermögen:     Erhaltung  i» 

selben  bei  aufgehobener  Seiten weadimg 

92. 
Kontraktur  des  Rectus  internas:  621. 
Kontraktur:  Fehlen    derselben   bei  Fadtlii- 

iähmung  597. 
Konzentrische    G  e  s  i  chts  f  eldein- 

schränkung:  621. 
Koordinationscentrum:  für    die   Bev^ 

gung  des  Bulbus  und  der  Lider  40,  41. 
Kopfschmerz:  mit  Ausfallen  der  Ciliei  9; 

mit  Cunjunctivalsekretion  14. 
Kortikale    Hemiplegie:     Verhalten  des 

oberen  Facialis  dabei  560. 
Kortikale  Ptosis:  96  —  103; 
bei  Hirnerweichang  379; 
bei  Hirntumoren  453; 
nach  Trauma  437. 
Krämpfe:  halbseitige  603. 
Kubisagari:  219,  261. 


Lacrymalis  superior  musculus:  sea  Hör- 

neri  574. 
Lähmung,   alternirende:    isolirte  Ptosis 

mit  gekreuzter  Hemiplegie   140. 
Länge  des  Oberlids:    bei    Ptosis  spastica 

479, 
Lagophthalmus:  18,  649. 

bei  asthenischer  Bulbärparalyse  648; 

Bell'sches  Phänomen  bei  demselben  54; 

bei  hysterischer  Facialislähmung  661; 

bei  Levatorkontraktion  69; 

bei  supranucleärer  Facialislähmang  636. 
Landry*sche    Paralyse:     Augenmuskellili- 
mungen  bei  derselben  461; 

Ophthalmoplegie  bei  derselben  219; 

Ptosis  219,  460. 
Lateralsklerose    amyotropische    oo^ 

Syriogomyelie  203. 
Leptomeningitis:  chronica  197; 

nach  Trauma  430,  431. 
Leucosis  der  Cilien  8,  9. 


AlphabetiBcbes 

Sacb-Register.                                                  679 

1 

LevHtor:  Anatomie  desselben  37; 

Le%^atorkrampf:    bei   Reizung   der  Oculo- 

'■ 

alae  nasi  in  Belieb UDg  tum  OcalomotoriuB 

motoriuskernregion  69 ; 

■ 

578; 

bei  Trigeminusreizen  68; 

■ 

angeborenes  Fehlen  desselben  86; 

nach  vorausgegangener  Lähmung  77,  355; 

■ 

Aponetiroee  desselben  21 ; 

zugleich  mit  Krampf  des  Rectus  inferior  71. 

■ 

als  Antagotttät  des  M.  orbicularia  577; 

Levatoraehne;     Exkursionsfähigkeit    der* 

■ 

antagonistische   Kontraktur    desselben    bei 

selben  52. 

n 

OrhiculariBlähmung  43; 

Levatorlähmnng  siehe  &uch  Ptosis:    all- 

j 

Association   mit  dem  Levator  der  anderen 

ge meines  71; 

■ 

Seite  40 ; 

kortikale  96; 

^ 

Beziehungen  zum  Augenfacialia  114; 

im  Scblaf  531; 

j 

kortikales  Centrum  desselben  96,  437,  455; 

Deck  falte  bei  derselben  4; 

j 

Kontraktion  desselben  bei  Basedow  46; 

doppelseitige  iaolirte  40; 

■ 

Unvermögen,   denselben  einseitig  zu  kon- 

Simulation  dtr  doppelseitigen  470; 

■ 

trahiren  471; 

der  einseitigen  47  t; 

■ 

Kontraktur  nach  f ruberer  Ptosis  58; 

nach  Zangengeburt  84. 

■ 

Kontraktur   desselben    als   Erklärung    des 

L  e  V  a  1 0  r  m  u  s  k  u  1  a  t  u  r  :  pri  märe  Dystrophie 

■ 

'                  V.  G  rufe 'sehen  PbÄnomena  45,  46.  47 ; 

72. 

■ 

Fascienzipfel    desselben    mit    dem    Rectus 

Lichtstarre:  reflektoriscbe  bei  Syphilis  355 ; 

■ 

.                 Buperior  39^  49; 

bei  Tabes  134; 

■ 

Innervation  desselben  67; 

als  Inttialsymptom  bei  Tabes  134. 

^ 

Kern  desselben  112,  113; 

Lidbewegungen-  rhythmische  59; 

Beziehungen  des  Kerns  zum  Augen  facialis 

mit  Veränderung  der  Pupillenweite  59; 

114; 

zwangsweise  bei  seitlichen  Bewegungen  des 

Kemerkrankung  bei  Basedow  47,  48; 

Augapfels  56—59. 

Lfision  der  Umgebung  desselben  406,  411 ; 

Lider:  bei  Akromegalie  4; 

Retriiktion    desselben   bei   Facialmlähmung 

Anilsthesie    derselben    bei  Epilepsie  9    und 

628; 

Hysterie  6; 

direkte  Verletzung  desselben  407,  409; 

bei  Chroniidrosis  10; 

Degeneration  seines  Nervensstes  bei  Poly- 

Colobom derselben  5; 

neuritis  alcoholica  457;                                | 

Degeüerutionszeieben  derselben  5; 

doppelseitige  isolirto  Löhraung  desselben  40 

Kkchymosen  an  denselben  13; 

bei     recidivirender    Oculomotoriuslähmung 

Entwickelungsfehler  derselben  25; 

491; 

Epidermis  derselben  2; 

Koordinationscentrum    desselben    mit   dem 

Erythem  15; 

Rectus  superior  40; 

Faltenbildung  2; 

gemeinasmerFsscienzipfel  desselben  39,  43; 

Form  1; 

Störung     der     Mitbewegungen     desselben 

Gangrän  16; 

37,  41 ; 

Gangrän  bei  Raynaud'scber  Krankheit  16; 

Verwachsung  des  Levator  mit  dem  Rectus 

spontane  Gangrän  12; 

superior  85; 

Hümatidrosis  10; 

Spaarous  bei  Hysterie  476; 

Htimorrbagie  in  dieselben  10; 

Spannung  desselben  bei  Senkung  der  Blick - 

Haut  der  Lider  2; 

ebene  41,  42; 

Herpes  15; 

Tonuserschlaifung  beim  Lidacblag  32,  653; 

Hyperidrosis  10; 

bei  Kontraktion  dt*»  Orbiculans  42,  4:-i; 

Mitbewegungen  bei  seitlicben  Bewegungen 

Wurzel böndpl  desselben  113. 

des  Bulbus  56; 

Levatorkrampf:  67,  68,  69; 

periodisches  Oedem  12; 

im  Alter  71; 

Oedera  bei  Blepharochalasis  3; 

bei  Hysterie  71 ; 

Raynaud'sche  Krankheit  lö; 

bei  Fiicialislilbmung  68; 

Rosenbach *8ch©s  Phänomen  55; 

als  Mitbewegung  bei   Innervation    anderer 

Sensible  Nerven  6; 

Augenmuskeln  77; 
! 

SenBibiliUltBatörungeii  16 ; 

^ 

680 


Alphabetisches  Sach-Regisier. 


Lider:  Sugillation  derselben  bei  Epileptischen 
12. 

Tremor  55,  625; 

Trophonenrosen  9,  16; 

Urticaria  14; 

vasomotorische  Störangeo  13; 

Zweck  derselben  6. 
Lidgangrän  16,  12. 
Lid  haut:  angeborene  Kürze  75; 

Ernährnngsstörung  bei  Epilepsie  9; 

greisenhafte  Veränderung  jugendlicher  Indi- 
viduen 3. 
Lidhöhe:  Messung  derselben  5. 
Lidmuskulatnr:  Tonus  derselben  im  Yer- 

hältniss  zur  Lidschwere  18. 
Lidphänomen:  bei  Facialislähroung  64. 
Lidreflexe:  25,  26—33; 

bei  Aphasie  28;  « 

vom  Nervus  opticus  aus  27; 

vom  Nervus  trigeminus  aus  29—32; 

bei  somnolenten  Kranken  30. 
Lid  seh  lag:  Doppelseitigkeit  26,  27; 

Mechanik  desselben  32; 

reflektorischer  bei  Facialislähmung  31 ; 

bei  Hemianopsie  28; 

ruckweises  Erfolgen  desselben  63; 

im  Schlaf  27; 

bei  somnolenten  Kranken  30; 

Zahl  der  Schläge  32; 

Zukneifen  der  Augen  dabei  32. 
Lidschluss:  abhängig   von   der  Länge  des 
Lides  5; 

bei   asthenischer  Bulbärparalyse  232,   233, 
234,  235; 

einseitiger  580; 

fester  33; 

beim  Niesen  29; 

reflektorischer  581; 

Reflexcentrum  desselben  583; 

sanfter  und  Rosenbach 'sches  Phänomen  55; 

ungenügender  5; 

Verziehung  der  Haut  bei  demselben  578; 

willkürlicher  578: 

zeitliche  Verhältnisse  beim  Ablauf  desselben 
584. 
Lids  palte:  bei  Blendung  34; 

im  Coma  18,  520; 

Erweiterung  durch  Reizung  des  Sympathicus 
21; 

durch  Spasmus  der  glatten  Muskeln  20; 

Form  derselben  17,  33; 

Grösse  derselben  bei  Kindern  17; 


Lidspalte:  abhängig  vom  Znsammenwirkni 
verschiedener  Faktoren  18-  29 ; 

Hohe  derselben  17; 

Klaften  derselben  bei  Blinden  28; 

bei  Opticusatrophie  581 ; 

bei  Levatorkrampf  67; 

kindliche  17; 

Länge  17; 

im  Schlaf  520; 

abhängig  vom  Tonus  der  glattenMo&kelo  19; 

Verengerung  bei  Refraktionsfehlem  29; 

bei  Sympathicuslähmang  541,  542; 

bei  Vorlagerang   des   Rectos  extemos  19: 

Weite  derselben  17,  54; 

abhängig  von  reflektorischen  EänwirkangcD 
25; 

im  Tode  26; 

abhängig   von   Spannung    der    Bolbusmas- 
knlator  19. 
Linsenkern:  hämorrhagischer  Herd  in  dem- 
selben 639. 
Lobalns  parietalis   infer.    bei  Facialis- 
lähmung 660; 

mit  Ptosis  99. 
Lobue  parietalis  superior:  97. 
Lumbalpunktion:  396,  397. 


Malad ie  des  tics:   Abortivform  derselbeo 

618. 
M.  malaris  578,  640; 
portio  ciliaris  574; 
portio  palpebmlis  574. 
Masern:  Abducenslähmung  255; 
Facialislähmung  255; 
Ophthalmoplegia  int.  254; 
Ptosis  nach  denselben  254. 
M.  masseter:  60. 
Med u IIa  oblongata:  Abscess  385: 

Kontraktion  der  dieselbe  versorgenden  Ar- 
terien zur  Erklärung  des  v.  Graefe'schen 
Phänomens  45; 
Gummata  337; 

Ptosis  bei  Erkrankung  derselben  98; 
Tumoren  452. 
Meibom'sche  Drüsen  6. 
Membrana  orbitalis  20. 
Meningitis:   basilaris   gummosa   149,  314. 
323,  327,  328,  333,  386; 
basilaris  gummosa,  Ptosis  bei  derselben  3*26. 
356. 


^^1                                                        ÄJpbnbetiBcbes 

Sach-Hegister«                                                   fj81            ^^H 

Meningitis:  bflsilaria  traamutica  431. 

Migräne:  mit  Blepharospasmus  619.                          ^^M 

cerebrospi Balis  epiJemica  386t  3^ß; 

Miliaraneurysmen:  358|  359|  879.                          ^H 

^            cerebrospinalis  epidemica  mit  Abdijcenspa- 

Miosis  373,  512;                                                          ^H 

rm  257; 

paralytica  203.                                                            ^H 

cerebrospinalis    epidemica »    Augenmuskeln 

Mitbeweg uugen:  abnorme   zwischen  Orbi-            ^^H 

257 ; 

cularis  und  Unlbusmuskulatiir  5H;                       ^^H 

cerebrospinalis   epidemica    mit  Augenmus- 

zwischen Lovntor  palpobiüe  und  den  Hebern            ^^H 

kellähmung  397; 

und  Senkern  des  Bulbus  37.                                ^^H 

cerebrospinalis  epidemica,  convexitatis  397; 

zwischen  Lid-  und  Nasenmuakulatur  64;                       ^^H 

cerebrospinalis  epidemica«  Herpes  31^8; 

zwischen  den  Lidern  und  dem  Bulbus  37  —  67 ;            ^^H 

cerebrospinalis   epidemica ,   Neuritis    optica 

des   Oberlids  bei  Meningitis  tubercul.  394;            ^^H 

3^7; 

des  Oberlids  beim  Oefi'rien  des  Mundes  und             ^^H 

Gerebrospinalis  epidemica,  Nystagmus  257; 

bei  Kaubewegungen  60;                                         ^^^| 

cerebrospinalis   epidemica,    Ocnlomotonua- 

des  Oberlids  heim  Blick  nach  unten  50;                 ^^H 

lähraung  3Ö6; 

des  Oberlids  bei  kompleter  Facialislälimung            ^^H 

eerebrospiDAÜs  epidemica,  Ptosis  256^  3%; 

42,  628;                                                                      ^H 

cerebrospinalis  eptdomiea»  Pupillen  257; 

bei  Basedow'scher  Krankheit  52;                              ^^B 

der  KonvexitÄt  199,  200.  337; 

'.         zwjsclien  dem  Orbicularis  und  den  Hebern             ^^| 

cbroDica  507,  508; 

des  Bulbus  53;                                                       ^H 

cbronica^  Ohrenerkrankung  507,  508; 

zwischen  dem   Orbicularis  palp.   und   dem            ^^| 

•  chronica  mit  recidiv,  Oculomotoriusltthmung 

Eectus  sup.   115;                                                      ^^H 

507,  508; 

des  Orbicularis  oculi  mit  der  Geaichlsmua-             ^^H 

mit  Lidödem  und  Blutung  in  die  Gonjunctiva 

'               kulatur  nach  Faciatislähmuog  65.                       ^^H 

15; 

Mittelob rerkrankung:     mit    Facialisläh-            ^^M 

suppurativa,  Ptosis  bei  derselben  398,  430; 

mung  654.                                                              ^^| 

suppurativa  nach  Pneumonie  398; 

Mo  11* sehe  Drüsen:  6.                                                 ^^1 

suppurativa  i^ach  Trauma  430; 

Morgenptosis:  467.                                                           ^ 

tuberculosa  386; 

MorvanVsche  Krankheit:  23. 

tüberculosa,  AbducenslÄhmungen  387; 

Müller' scher  Orbi talmuakel :  46; 

tubercnlosa,  Augenranskellfibmungen  387;   ; 

Erschlaffung  desselben  24; 

tuberculosa»  Blutung  in  den  Oculomotorius- 

Spasmus  desselben  24. 

staram  390,  391; 

Ma  l ti  p lo  N euritis:  Ptosis  bei deraelben  456. 

tuberculosa,  circumscripta  387; 

MultipleSkleroae  (siebe  auch  bei  Sklerose) ; 

tuborciiloaa,  Conjutictivitis  387; 

kombinirt  mit  Tahea  197; 

tuberculosa,  Differentialdiagnoso  396; 

Differentialdiagnose  von  Hysterie  198; 

tuberculosa,  Nystagmus  3Ö7; 

Differentialdiagnoso  von  Syphilis  196; 

tuberculosa,  Octtlomotorislähmung  387,  389 ; 

Ptosis  bei  derselben  194; 

tuberculosa,  Ptosis  dabei  386 ; 

Ptosis,  isolirte  195. 

tuberculosat  Pupillenläbmung  387; 

Muskelatrophie:  progressive  mit  Ptosis  2 1 7, 

tuberculosa,  Trochlesrislfibmung  388; 

Muskelkerne:  rhythmisch  e  Versorgung  der- 

tuberculosa, zwangsweise  Lidbewegung  56. 

selben  mit  Blut  (Fucbs)  59. 

Meningoencepha litis  syphilitica  335, 

Muskelschwund  primärer:  isoHrte  doppel- 

337,  338; 

soitige  Ptosis  104. 

syphilitica,  Ptosis  dabei  338; 

Myasthenia:  pseudoparalytica  219. 

'  Meningomyelitis  syphilitica:  203. 

Mydriasis:  374,  513; 

Hetssypbilitisches     Stadium:      Kem- 

mit    Äccommodationslähmung    und   Ptosis 

scbwnnd  334; 

bei  akuten  Vergiftungen  456; 

Migrftne:   Aofölle  bei   recid.  Ocnlomotorius* 

mit  kontra  lateraler  Ulbmung  384; 

lähmung  4^5,  486,  499,  500,  501; 

bei  Gehirnerweichung  377; 

ophthalmopb^gique  499 ; 

bei  Pneumonie  258; 

bei  recidivtr.  Oculomotorioslühmung  499; 

und  Ptosis  bei  Abscesa  im  Scbtäfenlappen 

Schmerz,  bei  recidivirender  Oculomotorius- 

B82. 

l&bmiin§  485,  486,  511. 

Myelitis;  mit  Sympatbicualfthmuiig  550, 

682 


Alphabetisches  Sach-Register. 


N. 


Nasenloiden:   bei  recidivirender  Ocolomo- 

toriuslähmung   508,  Fall   Coombs- Knapp. 

Nasen muskulatur:  Mitbewegung  mit  dem 

Orbicularis  64. 
Nasenrachenraum:    Neubildung  in    dem- 
selben 539. 
Nasolabial falte:    bei   angebor.   Bildungs- 
defekt der  GesichUmuskalatur  591. 
Nervenlfthniung:     multiple     bei     basaler 
Syphilis  821 ; 
bei  Schädelbasisfraktur  427. 
Nervenstämme:  Verlauf  derselben  an  der 

Schädelbasis  815. 
Nervus  Cochleae:  569; 

Opticusaffektion  bei  orbitaler  Syphilis  815, 
320. 
Neurasthenie:  379. 

Neuritis:  Degeneration  bei  Facialislähmung 
654; 
nach  Diphtheritis  238,  241,  243; 
gummosa  des  Oculomotoriusstammes  319; 
haemorrhagica  des  Oculomotorius  460; 
interstitialis   gummosa   des   Oculomotorius 

312.  327,  328; 
malarica  des  Oculomotorius  509; 
multiplex  806; 

multiplex  mit  periodischer  Oculomotorius- 
lähmung 509; 
multiplex,  Ptosis  bei  derselben  456; 
multiplex  mit  Diplegia  facialis  periph.  657;- 
des    Oculomotorius  bei    Meningitis   tuber 

culosa  388,  389,  393; 
des  Oculomotorius  bei  Tabes  144; 
optica  bei  basalem  Tumor  451 ; 
optica  bei  Meningitis  cerebrospin.   epidem 

397; 
optica    bei   Poliencephalitis  haemorrhagica 

264; 
optica  bei  Polyneuritis  457; 
optica  bei  pulsirendem  Exophthalmus  418; 
optica  bei  Syphilis  855,  358; 
puerperalis  301. 
Neurotabes:  p^riph^rique  458. 
Nictitatio:  601. 
Niesen:     Orbiculariskontraktion   dabei    586; 

mit  reflektorischem  Lidschluss  29. 
Niesreflex:  36. 
Nona:  525. 
Nuclearlähmung: 

Begriff  und  Lehre  derselben  109,   307; 
bei  Basedow'scher  Krankheit  46; 


Nuclearlfthmang:     bei     chronischer  Blei- 
vergiftung 278; 

bei  CerebellartamoreD  452; 

Diagnose  derselben  352,  355; 

nach  Diphtheritis   mit   inikroskop.  Befand 
459; 

im  Initialstadium  122; 

des  Oculomotorius  340,  343,  345,  346,  ^47, 
848; 

Ophthalmoplegia  exter.  chron.  progress.  IIT; 

Ptosis  bei  subakuten   und    akuten  Knnk- 
heitszuständen  236; 

Ptosis  bei  Gehirnerweichung  379; 

recidivirende  511; 

symmetrisches  Befallenwerden   der  Kern« 
149;. 

bei  Syphilis  149; 

bei  Syphilis  hereditaria  122; 

bei  Tabes  153; 

bei  Tabes,  Remissionen  dabei  155; 

traumatische  417,  431.  * 

Nucleus  ambiguus:  567. 
Nystagmus:  505; 

bei  angeborenen  Beweglichkeitsdefekten  der 
Augenmuskeln  94; 

bei  Kleinhirntumoren  452; 

bei  Meningitis  cerebrospinalis  257; 

bei  Meningitis  tubercolosa  387; 

bei  multipler  Sklerose  194,  195,  199; 

nach  Pneumonie  259; 

bei  Polyneuritis  456,  457 ; 

bei  Ptosis  congenita  80; 

rhythmische  Lidbewegungen  dabei  59. 


O. 


Oberkiefer:  Neubildung  in  demselben  o^^*^- 
Oberlid:  sekundäre  Ablenkung  desselben  nach 
oben  67; 

Kongestion  desselben  bei  orbitalen  Wucher- 
ungen 817; 

Hebung  desselben  bei  Kaubewegong  63; 

Hebung  des  gelähmten  bei  Zudrücken  des 
anderen  Auges  77; 

Höhe  desselben  5; 

Länge  desselben  5; 

Mitbewegungen  desselben  beim  Blick  nach 
unten  50; 

Mitbewegungen  desselben  bei  Eaubewe- 
gungen  60; 

Mitbewegungen  desselben  mit  der  Naaeo- 
muskulatur  64; 


AIphabetiBchei  Sach-Regist^r,                  ^^^^B                  683          ^^M 

Oberlid:     Mitbewegungen     desselben     beim 

Oßulomotoriuakern:    Veränderungen  67;          ^^H 

Oeffnen  des  Mundes  60; 

^H 

Retraktion  311; 

Veränderungen,  postdiphtheritische  459;              ^^H 

Retraktion  bei  Graefe's  PhÄnomen  44; 

Westphal  Edinger'sche  Gruppe  89.                         ^^H 

Schwellung  und  livide  Verfärbung  desselben 

Oculomotoriuslähmung:  bei  Abscess  im          ^^H 

311,  312; 

Schläfenlappen  381,  3ä2,  383;                                 ^H 

Schwere  desselben  im  Alter  74, 

durch  Aneurysma  der  Carotis  504;                       ^^B 

Obliq  nuslähmungen  (isolirte)  r  19. 

durch  Aneurysma  der  A.  cerebri  post  505,          ^^H 

Ofaliquus    inferior:    angeborenes    E'ehlen 

durch  Aneurysma  im  Sinus  cavernosus  417;          ^^| 

desselben  86; 

nach  Apoplexien  370;                                              ^^| 

WurzelbCindel  desBelben  HS. 

bei  der  asthenischen  Bulbärparalyse  221 ;            ^^| 

Obliquus   superior:    angeborenea    Fehlen 

durch  basale  ßlutangen  426,  427;                        ^H 

desselben  86; 

komplete  77;                                                           ^^H 

V  er  wach  sang  mit  dem  Rectas  int.  65; 

nach  Diphtherie  237;                                               ^H 

Verwachsung  mit  der  Trochlea  85 ; 

doppelseitige    bei    Ruptur    der   Art.   inter-          ^^H 

und  inferior-  Zugwirkung  19. 

peduncularis  367;                                                 ^^H 

OcoipitalUppen-Tumor:  453. 

doppelseitige  hei  cerebraler  Kinderlibmung          ^^M 

0  c  u  1 0  m  0 1 0  r  i  u  s :  anatomischer  Verlauf  des- 

^H 

selben  an  der  Schädelbasis  316,  425; 

bei    Erweichung    des    Hirnschenkels    373,          ^^| 

Ast  zum  Levator  37; 

374,  375;                                                             ^^H 

Aplasie  im  Nerv-Muskelgebiet  86,  87: 

bei  Hirnschenkelerkrankntig  328,  S29;                  ^^H 

bei  HirnBbscess  383,  385 ; 

bei  gekreuzter  Hemiplegie  355,  362,  363;            ^H 

basale  Äfirektianen  341,  342,  343,  344,  Uh, 

nach  Influenza  248;                                                   ^^H 

346,  S47; 

isolirte,  einseitige  351;                                                    | 

Beziehungen  zum  Facialis  61; 

bei  Meningitis  cerebrospin    epidem.  396;                        " 

Beziehnngen  £um  Trigeminus  60; 

bei  Meningitis   tuberculosa   387,   338,   389, 

Beschaftiguagskrampf  desselben  619 ; 

396; 

kortikales  Gebiet,  alterirt  bei  Syphilis  336; 

bei  Meningitis  tuberculoaa.  periodische  395 ; 

Degeneration  der  peripheren  Nervenzwoige 

als     Initialsyraptom      einer     progressiven 

bei  Diphtherie  238; 

Muskelatrophie  368; 

Druck  atrophiö  bei  cerebraler  Syphilis  321; 

hei  Naaenleiden  508; 

Fehlen     der    Lähmung     bei     vorhandenen 

nach    hämorrhagischer   Neuritis   desselben 

organischen  Veränderungen  des  il^^tammes 

460; 

339; 

bei  multipler  Neuritis  509; 

bei  Hirnschenkelerweicbüög  376; 

bei  Oberkiefercancroid  539; 

bei  Hysterie  513  (Differentialdiagnose). 

als  Vorläufer  der  Ophthalmoplegie  143; 

Oculomotoriuskern:    Blutung     107,    363, 

bei  akut  entstandener  Ophthalmoplegie  293, 

367,  368,  369,  370; 

294; 

Blutung  (Pigmentschollen)  108; 

bei  Orbitaltumor  536; 

Blutung  bei  Meningitis  suppur.  399; 

partielle  70; 

Degeneration  199,  210, 

bei  progressiver  Paralyse  196; 

einseitige  87; 

bei  Polyencephalomyelitia  acuta  299,   300; 

Erkrankung  bei  Meningit.  tubercuL  393; 

bei  Polyneuritis  456,  457,  458,  459; 

Erweichung  375,  377; 

bei  Ponaabscess  385; 

GefUsaversorgung  332,  360,  361; 

bei  Ponsblutungen  367; 

Gründe  für  die  Häufigkeit  seiner  Erkrankung 

hei  Po nser krankung  829; 

109; 

ohne  Pupillen-  und  Accommodationslähmung 

LäaioQ  desselben  331.  406,  417; 

528; 

Levatorkrampf  durch  Reizung  desselben  69 ; 

recidivirende  483^518; 

bei  Meningit.  auppurat.  399; 

rtcidivirende,  alternirende  511,  512; 

Erkrankung  bei  Syphilis  331 ; 

recidivirende,  Abducenslithmung  dabei  498; 

Erkrankung  bei  Tumor  451 ; 

recidivirende,  Acusticua  dabei  498,  499; 

^ 

4 

684 


Alphabetisches  Sach-Elegister. 


Ocalomotoriuslähmang:       recidivirende 

anderweitige  BegleitsyiDDtome  497; 
recidivirende,  Dauer  der  Lftomung  490; 
recidivirende,  Erbrechen  dabei  488; 
recidivirende,  Facialislähmung  dabei  498; 
recidivirende  inkomplete  489; 
recidivirende,  und  Migräne  499; 
recidivirende,  Neuritis   des  Oculomotorius 

als  Ursache  502; 
recidivirende,  Ohrerkrankung  bei  derselben 

508; 
recidivirende,  Ophthalmoplegie  498; 
recidivirende,  periodisch  exacerbirende  494, 

507; 
recidivirende,  rein  periodische  493; 
recidivirende,  Periode  der  Lähmung  488; 
recidivirende,    Periode  der  Pause  zwischen 

den  Lähmungsanfällen  493,  497; 
recidivirende,  Periode  des  Schmerzes  485 

—488; 
recidivirende,  Ptosis  bei  derselben  483; 
recidivirende,  Verhalten  des  Sehnerven  498 ; 
recidivirende,  Trigeminuslähmung  498; 
recidivirende,  bei  Tabes  505,  506; 
recidivirende,  bei  Syphilis  505,  506; 
Lähmung  bei,  Rheumatismus  acutus  259; 
bei  Schädelbasisfraktur  428; 
Schwellung  im  Sinus  cavernosus  505; 
bei  multipler  Sklerose  194,  196; 
bei  Syphilid  307,  308,  309; 
bei  Syphilis  basilaris  314,  319,  342,   344, 

345,  348,  349; 
bei  Syphilis,  complete  344,  351; 
bei  Syringomyelie  200,  506; 
Eompressionsneuritis     und    Dinickatrophie 

durch  Exostosen  und  gummöse  Neubil- 
dung 321; 
bei  Syphilis,  doppelseitige  308,  321,  351 ; 
bei  Syphilis,  fascikuläre  348,  349; 
bei  Syphilis  dos  Gehirns  57,  196,  505,  506 ; 
bei  Syphilis  durch  Gumma  im  Stamm  322; 
bei  Syphilis,  Häufigkeit  150; 
bei  Syphilis,  nucleäre  331,  348,  349; 
bei  Syphilis,  orbitale  348,  349; 
bei  Syphilis,  supranucleäre  335; 
bei  Syphilis  des  Wurzelgebietes  328; 
bei  Tabes  134,  196, 
im  Jnitialstadium  122; 
bei  Tabes,  intermittirendes  Auftreten  144; 
bei  Tabes,  isolirte  komplete  einseitige  141, 

143; 
bei  Tabes  durch  Neuritis  144; 
bei  Thrombose  des  Sinus  406; 


OcalomotoriuslähmnDg:    nach   Tnona 
408; 
durch  Tumor  io  der  Orbita  536; 
durch  Tumor  an  der  Schädelbasis  442,  443; 
durch  Tumor  im  Oculomotoriasstamm  504; 
durch  Tumor  im  Cerebram  440,  455; 
und  Zittern  des  gegen  Oberliegenden  Armes 
(Syndrome  de  Benedict)  71. 
Oculomotoriu8:bei  Meningitis  chroniet 
507,  508. 
Neuritis  desselben  502; 
Neuritis  desselben  bei  Diphtheritis  238; 
Neuritis  desselben    nach  £ndocarditis  459; 
Nouritis  gummosa  310,  311,  312,  314,  319; 
Neuritis  haemorrhagica  460; 
Neuritis  bei  Malaria  509; 
Neuritis  bei  Meningitis  sappurat.  399; 
Neuritis  bei  Meningitis  taberculosa  388,  389; 
Neuritis  nach  Pneumonie  258,  259; 
Neuritis  bei  Polyneuritis  459; 
Neuritis  bei  Tabes  458; 
Neuritis  nach  Typhus  257; 
Neuritis  des  Stammes  mit  Freibleiben  von 

Iris  und  Accommodation  238; 
Ptosis  mit  Lähmung  einzelner  vom  Oculo- 
motorius versorgter  Balbnsmaskelo  342. 
Oculomotoriasstamm:     Aneurysma    ao 
demselben  504,  505; 
Blutung  in  denselben  bei  Meningitis  taber- 
culosa 390,  891,  394; 
Ghondrofibrom  in  demselben  508; 
Kompression    desselben    durch    den    Hiro- 

scbenkel  376; 
fleckweise  primäre   Degeneration    in  dem- 
selben bei  Syphilis  322; 
partielle   Degeneration    in    demselben   bei 

Syphilis  319,  325,  327,  328; 
direkte  Läsion  desselben  an  der  Basis  cranü 

durch  sklerotische  Arterien  321,  322; 
Trauma  desselben  409,  417,  418,  424,  426; 
Tuberkel  in  demselben  504; 
Tumor  in  demselben  495,  504; 
Oculomotoriuswurzelgebiet:   A ffektioa 
der  Wurzelbandel  40,  328,  329; 
Blutung  in  dasselbe  bei  Meningitis  tuber- 

culosa  391; 
Entzündung  393; 
Ernährung  desselben  360. 
Oedem  der  Lider:  bei  Blepharochalasis  3; 
bei  Blepharospasmus  613; 
periodisches  12. 
Ophthalmia  sympathica:  Verflrbiuig der 
Gilien  8. 


Alphabetisches  Sach-Register. 


&S6 


Ophthalmoplegie:    akute,    ohne    auffind- 
bares ätiologisches  Moment  292; 

bei  Aneurysma  der  Carotis  int.  418; 

asthenische  228,  510. 

bilaterale  bei  Syphilis  320; 

bei  Botulismus  278; 

mit  ßulbärkemaffektioo,  Ptosis  dabei  206; 

mit   Bulbärkem-   und   Vorderhomaffektion 
203,  209,  643; 

mit  Trigeminuslfthmung  205; 

chronische  progressive  92,  117,  509,  510, 
658; 

chronische   progressive,  Zusammenstellung 
der  Fälle  126; 

chronische    progressive    mit   periodischer 
Oculomotoriuslähmung  510; 

chronische  progressive  mit  Orbicnlarisläh- 
mung  658; 

chronische  progressive,  Differentialdiagnose 
357,  509.  130; 

chronische  progressive.  Forme  fruste  der- 
selben 124; 

nach  Erkältungen  derselben  260. 
Ophthalmoplegia  exterior:  473; 

akut  entstanden  293,  294; 

bei  Cerebellartumor  452; 

chronica  progressiva  117; 

Diagnose  120; 

doppelseitig  apoplectiform  entstanden  369; 

bei  Encephalitis  199; 

mit  Facialisftffektion  121; 

mit  regionärer  Homhautanästhesie  30; 

bei  Hysterie  473,  477; 

mit  Betheiligung  des  Orbieularis  115,  642; 

bei  syphilitischer  Erkrankung  der  Orbita 
311,  318; 

bei  Orbitalblutungen  415; 

bei  Paralyse  180,  190,  192,  196; 

bei  Poliencephalomyelitis  299; 

bei  Rheumatismus  acutus  260,  261; 

bei  multipler  Sklerose  196; 

bei  Syphilis  196,  307,  333,  348; 

Differentialdiagnose  von  Syphilis  122,  357; 

bei  Tabes  145,  146; 

bei  Tumor  an  der  Basis  451 ; 

Erkrankung  des  Facialis  642; 

bei  Gebimabscess  386; 

bei  Hysterie  474; 

interna  69,  77,  206,  207,  221.  254,  448; 

bei  Bleivergiftung  278,  280,  281.  183.  283; 

bei  Botulismus  284,  285.  286,  287,  288,  289; 

bei    Bulbärkem-    und    Vorderiiomaffektion 
209,  211; 


Ophthalmoplegiaexterior:naehLaiiisii< 

stich  416; 
bai  recidivirend.  Oealomotoriaalähmiuif  496; 
nach  Sturs  auf  den  Kopf  483; 
bei  Syphilis  189,  149,  150.  808,  828,  889 

848.  352; 
bei  Tabes  122,  158-187. 
Ophthalmoplegie:  bei  Obtrkieferoanoroid 

539; 
Oculomotoriuslähmung  als  Vorläafer  148; 
und    recidivirende    Oculomotoriuslähmunf 

498,  506,  507.  508; 
bei  Orbitaltumor  441 ; 
bei  Paralyse,  ZusammenattlluDf  der  Fälle 

191; 
bei  Poliencephalitis  haemorrhagica  264; 
bei  Polyneuritis  460; 
bei  Ptosis  spastioa  482; 
progressive:  bei  Dystrophia  muic.  106, 506; 
in  frühester  Kindheit  596; 
bei  Sinusthrombose  408,  404; 
bei  Spinalaffektionen  212; 
bei  Syphilis  845,  846,  348; 
bei  Tabes  158—187;  Zusammenstellung  der 

Fälle  158; 
totalis:  53,  109,  845; 

totalis  bei  Absoess  an  der  Schädelbasis  886; 
bei  basaler  syphilitischer  Affektion  846; 
nach  Erysipel  256; 
bei  orbitaler  Syphilis  818; 
bei  Typhus  257. 
Opticus:  Atrophie  bei  Abscess  im  Schläfen* 

läppen  381 ; 
Atrophie  bei  Hirnschenkelheerd  874; 
Atrophie,  Klaffen  der  Lidspalte  bei  derselben 

581; 
Atrophie  bei  Ophthalmoplegie  mit  Bulbär- 

kemaffektion  206; 
Lidrefleze  von  demselben  27,  80; 
Neuritis  bei  Syphilis  850; 
bei    recidivirender    Ocnlorootorinsläbmoog 

498; 
bei  Poliencephalomyelitis  acuta  298; 
Reflexbogen    zwischen  Facialis   und  dem- 
selben 28,  29; 
Reflexkrampf  des  Orbieularis  623; 
nach  Rheumatismus  acutus  259; 
bei  multipler  Sklerose  197,  198; 
partielle  Degeneration  199; 
bei  Syphilis  305,  309,  821,  855; 
Zerreissung  in  der  Gegend  des  Sinus  earer- 

nosus  426; 
Zenreiwong  bei  Bcbldelbasisfraktitr  426. 


686 


Alphabetisches  Sach-Register. 


Orbicnlaris  oculi:  4,  26,  46,  58. 
als  Antagonist  des  Levator  577; 
Betheilignng  an    den    emotionellen  Bewe- 

gungen  639; 
Bewegungsstörungen  bei  frischen  Apoplexien 

561; 
bei  asthenischer  Bulbftrparalyse  221 ; 
kortikales  Centram  561; 
bei  Dystrophia  musc.  106; 
eztraorbitale  Portion  578; 
epitarsale  Partie  83,  84; 
Fasern  aus  dem  Abducenskem  569; 
Oewohnheitskrampf  616; 
Beziehung  zum  Levatorkem  114; 
Mitbewegung  anderer  Muskeln  bei  seiner 

Kontraktion  584; 
Mitbewegung  zwischen  demselben  und  den 

Hebern  des  Bulbus  53; 
.  Mitbewegung  mit  der  Nasenmuskulatur  64; 
Nerven  Versorgung  572; 
orbitale  Portion  85,  578; 
Palpebralportion  desselben  471,  478; 
bei  Auf-  und  Abwärtsseben  89; 
peritarsale  Partie  desselben  88,  85; 
bei  Poliencephalomyelitis  acuta  800; 
Pupillenkontraktion  585 ; 
Reflexerregbarkeit  vom  Opticus  628; 
Reflexerregbarkeit  vom  Trigeminus  622; 
Tonus  beim  Rosen bach'schen  Phänomen  55 ; 
Verminderung  des  Tonus  82; 
Tonus  bei  Blinden  29; 
angeborene  Unbewcglicbkeit  mit  Ptosis  594 ; 
Verbindungen  desselben  mit  anderen  Mus- 
keln 578; 
Wirkungsweise  desselben  578; 
Zweck  desselben  576. 
Orbiculariskrampf:  473,  477,  600; 
bei  Abscess  der  Grosshimrinde  605; 
bei  hämorrhagischen  Cysten  607; 
bei  Erweichungsheerden  606; 
der  epitarsalen  Partie  480; 
Orbiculariskrampf:   durch    Reizung   des 

Facialis  der  subkortikalen  Bahn  608; 
durch  Reizung  des  Facialis  der  Eernregion 

608; 
durch  Reizung  des  Facialisstammes  610; 
durch  Geschwülste  608; 
durch  entartete  Gefässe  611; 
durch  Meningitis  611; 
bei  Mittelohraffektion  611; 
durch  Reizung  der  Facialiszweige  612; 
durch  Narben  612; 
bei  funktionellen  Störungen  616; 


Orbiculariskrampf:  durch  direkte 
Reizung  608; 

durch  Reflexreize  30; 

bei  Tabes  142,  159,  4^1. 
Orbicularislähmu  Dg:  Allgemeines  68, 627: 

bei  asthenischer  Bulbärparaljse  648; 

bei  Bulbärparaljse  116; 

bei  Blutung  in  den  III.  Ventrikel  369; 

kortikale  bei  Tnmoren  637; 

bei  Dystrophia  muscul.  progress.  663; 

bei  Erkrankung  der  Facialis  w  urzelregion  640; 

als  Erklärung  desv.  Graefe'schen  Phänomens 
45; 

bei  Läsion  des  sabkortikalen  ond  sopn- 
nudeären  Fasenrerlaufs  689; 

bei  syphilitischer  Hemiplegie  563; 

Hyperaktion  nach  derselben  609; 

Lidreflexe  bei  derselben  26—80; 

bei  Hysterie  477; 

bei  Meningitis  tuberculosa  389; 

mit  Ophthalmoplegia  exterior  115; 

doppelseitige  bei  chron.  progress.  Ophthal- 
moplegie 658; 

mit  doppelseitiger  Ptosis  114,  367; 

mit  Ptosis  354; 

bei  Poliomyelitis  116; 

bei  Poliencephalitis  116. 

bei  Schädelbasisfraktur  426; 

bei  Tabes  158-187. 

Orbita:  Abscess  mit  Augen muskellähmungeD 
533; 

Blutung  in  dieselbe  nach  Trauma  114,  412; 

Garies  des  Daches  537; 

Fettreichthum  derselben  20; 

Fettgehalt  bei  Basedow  50; 

Fraktur  derselben  413; 

Füllung  derselben  20; 

Grösse  im  Verhältniss  zur  Länge  des  Ober- 
lids 5; 

Phlegmone  derselben  533; 

syphilitische  Erkrankung  in  und  an  der- 
selben 318,  534,  536; 

Tumoren  derselben  441; 

mit  Ptosis  534,  535.  536 ; 

Wucherungen  in  derselben  bei  Syphilis 
310,  311. 

Orbitalerkrankungen:  Periostitis  533; 

mit  Ptosis  532. 
Orbitalmuskel:  21,  46; 

Spasmus  desselben  20. 
Orbitalrand:  Osteosarkom  536; 

Periostitis  syphilitica  536. 


Alphabetisches  Sath-Register. 


687 


P. 


Pachymeningitis:   cervicalis  hypertroph. 
203; 
interna  chronica  bei  Lues  des  Rückenmarks 

334; 
haemorrbagica  435; 
mit  Ptosis  364; 
bei  Syphilis  323. 
Palpebralis    snperior   masculus:    21, 
23,  27; 
beim  Aufreissen  der  Augen  38; 
y&rh&ltnis8    beider   Palpebralmnskeln    zur 
Weite  der  Lidspalte  19. 
Paracentralwindung:  Herd  in  derselben 

mit  Ptosis  97. 
Paralysie  bulbaire   progressive  infan- 
tile et  familiale:  643. 
Parietallappen:  98; 

Affektion  mit  Ptosis  100. 
Parietalwindung:  ober^  Läsion  604. 
Patellarreflex:  Fehlen  bei  Diphtherie  134, 

243,  245,  247. 
Paukenhöhle:  571. 

Pedunculus  cerebri:  (Siehe  auch  Hirn- 
schenkel),   Blutung  in  denselben  362, 
863,  364,  369: 
bei  cerebraler  Lues  321; 
Hämorrhagie    bei    Meningitis    tuberculosa 
388. 
Perineuritis  gummosa:  312. 
Periodisches  Oedem  der  Lider:  12. 
Periodisch    exacerbirende   Oculomo- 
toriuslähmung: 507. 
Periorbitis:  533; 

mit  Ptosis  533. 
luetica  orbitae  310,  533. 
periphere   Ptosis:   bei   Gehirnerweichung 

379. 
Phimose:  der  Lidspalte  5. 
Photophobie:  601,  621. 

bei  Hysterie  621. 
Platysma:    als  Antagonist   des  Orbicularis 
am  Unterlid  577; 
entwiekelungsgeschichtliche  Beziehungen  zu 

den  Gesichtsmuskeln  589; 
YerkOrzung  desselben  577. 
Pleuroplegie:  591. 
Plica   semilunaris:    angeborener   Defekt 

592. 
Pneumokokkenmeningitis:  400. 


Pneumonie:  Nystagmus  259; 

mit  Ptosis  258; 

mit  Pupillenlähmung  258. 
Poliencephalitis  haemorrbagica:  203, 
216,  264,  270,  293.  294,  358,  528; 

Acoonjmodatiüu  daliei  270,   272,  274,  276; 

AngenmuskellähTimngon  270,  272,  274,  276; 

Augenspiegßlbefund  271,  278,  275,  277; 

mit  Ptosis  und  Orbicularislähmung  116; 

mit  Ptosis  248;  264,  270,  272,  274,  276; 

Papille  dabei  270,  272,  274,  276; 

Schläfrigkeit  dabei  538; 

mit  Sektlonsbefund  271,  273,  275,  277; 

bei  Syphilis  852; 
Poliencephalomyelitis:  218; 

acuta  und  subacuta,   Ptosis  bei  derselben 
297;  305; 

Unterscheidung  von    astb.  Bulbärparalyse 
221; 

nach  Bbilahinung  458; 

mit  FaciaUslähmung  644; 

mit  Octilomotodaslähmung  299,  300; 

mit  Ophthalmoplegja  exterior  299; 

mit  OptLcusetkrankung  298; 

mit  Orbicüljiriäläbmung  300; 

mit  Ptosis  297 

mit  FuptlleDätarre  303; 

Schläfrigkeit  bei  derselben  528; 

mit  Sektionäbefund  299; 

nach  Syphilis  298; 

mit  Traktus-  nnd  Chiasmaerkrankong  298; 

mit  Trigeminuserkrankung  299. 
Poliomyelitis:  mit  Orbicularislähmung  116; 

mit  Ptosis  116. 
Poliosis  neurotica:  8. 
Polyarthritis:  Augenmuskellähmungen  dabei 

260. 
Polymyositis:  462; 

mit  Ptosis  462; 
Polyneuritis:  mit  Abducenslähraung  457; 

alcoholica  mit  Ptosis  456,  457; 

Fncialiülähmtjng  dabei  657; 

mit  Neuritis  optica  457; 

mit  Nystagmus  457; 

postdiphtheritica    mit  Veränderungen    der 
Nervenkeme  459. 
Polyp:   der  Nase  mit  Blepharospasmus  614; 
Pons:  Abscess  mit  Ptosis  385; 

Blutung  367,  370; 

Erkrankung  mit  Abducenslähmung  645; 

mit  Facialislähmung  645; 

mit  alternirender  Facialislähmung  369. 


Alphabetisches  Sach-Register. 


Pon  8 :  mit  Oculomotorios-  nnd  Facialislähmung 
389; 

mit  Ptosis  98,  198,  329; 

bei  Syphilis  329,  331 ; 

PonshAlfte  erkrankt  648; 

Tamor  451,  452; 
Portio  intermedia  Wrisbergii;  570: 
Primäre  Degeneration:  im  Oculomotorius- 

kern  bei  Syphilis  322. 
Procerns    nasi    musculus:    Nervenver- 

sorgnng  572. 
Processus  clinoideas  anterior  et  post. 

425. 
Progressive  Baibärparalyse:    Syriogo- 

myelie  203,  206,  208,  209. 
Progressive  Muskelatrophie:  familiärer 

Charakter  665. 
Progressive   Paralyse:    mit    Abducens- 
lähmang  196; 

Augenmuskellähmungen    mit    mikroskopi- 
schem Befund  191,  193; 

Kombination  mit  multipler  Sklerose  197; 

mit  Facialiskrämpfen  609; 

Irislähmung  190; 

Oculomotoriuslähmung  196; 

Ophthalmoplegie  dabei  188,  190,  191; 

Ptosis  bei  derselben  188; 

Trochlearislähmung  196. 
Proptosis:  bei  Schädelasymmetrie  91, 
Pseudobulbärparalyse:  218,  223. 
Pseudo-  von  Graefe'sches  Phänomen: 

42,  69. 
Pseudoptosis:  309,  405,  462,  532; 

durch  Blutung  411; 

Mischform  mit  Ptosis  532; 

durch  Lidschwellung  538; 

bei  Schädelasyrometrie  91; 

bei  Tarsitis  luetica  309,  310; 

traumatica  78; 
Pseudotabes:  alcoholica  458; 

syphilitica  139. 
Pterygoidei  musculi:  60. 
Ptosis:  ätiologisches  Moment  fehlend  558; 

Allgemeinos  über  dieselbe  71; 

bei  akuten  Vergiftungsfällen  290; 

bei   Alteration   des    supranuclearen   Oculo. 
motoriusgebietes  bei  Lues  335; 

alternirond  mit  Hemiparese  bei  Lues  350; 

amyotrophicH  104; 

bei  apoplektischer  Bulbärpai-alyse  364,  367 . 

bei  Apoplexie  158; 

bei  asthenischer  Bulbärparalyse  219,  475; 


Pt  0  sis :  bei  basalen  Affektionen  mit  gekreozter 

Eörperlähmung  140; 
bei  basaler  gummöser  Meningitis  319,  326. 

342,  856; 
bei  chronischer  Bleivergiftung  278; 
bei  Botulismus  278,  284,  286,  288; 
chemotica  72; 
completa  74,  75; 
Kompressionsnearitis    und    Dmck   an  der 

Basis  821; 
kortikale  94,  96,   97.   103,  337,  341,  371 

895,  417,  437,  458,  454; 
Ptosis  congenita  39,  78,  592; 
und  die  Bulbnsheber  39; 
mit  Fehlen  der  Karunkel  82; 
mit  Herabsetzung  der  Sehschärfe  80; 
mit  Cataracta  pyramidalis  82; 
mit  Nystagmus  80; 
mit  Missbildungen  des  Körpers  82; 
einseitige  79; 
isolirtes  Vorkommen  80; 
mit  Beweglichkeitsdefekten  der  Bulbasmus- 

kttlatur  80; 
Aufwärtsblicken  bei  derselben  89; 
mit  mikroskopischem  Befand  87; 
doppelseitige,  isolirte  104; 
mit  Krämpfen  82: 
einseitig  angeborene  79;  als  Degenerations- 

zeichen  5; 
hereditaria  82,  83; 
Diagnose  91; 

pathologische  Befunde  85; 
nach  Diphtherie  240; 
Ptosis  doppelseitige: -350,  371,  372,52?: 
mit   Degeneration    des    Oculomotorius  M 

Polyneuritis  459; 
bei  Gehirntumoren  451 ; 
bei  einseitigem  Krankheitsherd  90,  156: 
bei  Embolie  der  Art.  fossae  Sylvii  89,  99; 
als  Initialsymptom  bei  Lues  cerebrospinalii. 

356; 
doppelseitige  isolirte  als  allein  bestehendes 

Krankheitsbild  104; 
bei  Meningitis  tuberculosa  888; 
mit  Neuritis  der  Levatoräste  458; 
zufolge  Nuclearlähmung  451; 
bei    recidivirender    OculomotoriuslähmQDe 

493,  506; 
mitOrbicularislähmung  und  Hemiplegie  36>^: 
.  nach  Pneumonie  258; 
bei  Poliencephalomyelitis  297,  299; 
bei  hämorrhagischer  Poliencephalitis  264; 
bei  Poliencephalitis  haemorrhagica  264; 


Alphitbetisches  Sach-Register. 


Ptosis    doppelseitige:    bei    Polyneuritis 

458; 
vorübergehendes   Auftreten    bei    multipler 

Sklerose  194,  195,  196,  197,  199,  456; 
bei  Tabes  134; 
nach  Typhus  258; 
Ptosis    bei  Empyem  des  Sinus  frontalis  536, 

537,  538; 
bei  Empyem  sämmtlicher  Nebenhohlen  539 ; 
bei  Encephalitis  198; 
bei  eiteriger  Encephalitia  236; 
bei  Erysipel  256; 
Ptosis  fugax  538; 

bei  funktionell  nervösen  Störungen  463; 
mit  oberer  Facialislähmung  354; 
im  frühesten  Kindesalter  entstanden  87,  91, 

123; 
bei  Keilbeinhöhleneiterung  539; 
bei  Kleinbirngeschwüfaten  385,  452; 
bei  Gumma    m  Schläfenlappen  337; 
bei  GerlierVher  ErÄiikheit  2611 
bei  Hirnabscess  380,  382; 
bei  Hirnei-weichung  372,  377,  378; 
bei  Himhämürrhngien  358,   363,  367,  869, 

370,  371. 
bei  HirnsckenkelafrektioD  362,  363; 
bei  Hysterie  15,  73,  408,  463,  474,  475; 
bei  Influenza  248,  250,  252; 
als  Iiiitiabymptom  b^i  Gehimlues  856; 
Ptosis:  isolirt  vorkommendo  40,  80,   124; 
bei  Abscess  im  Schl^fenlappen  382; 
bei  Hirnblatüngen  B63»  37  ; 
bei  HirDscbeokelberd  371; 
in  frühester  Kindheit  entstanden  123; 
bei  inullipler  Sklerose    ^)5 
beiOpbthalmopkgiacbronicn  progr.  118,214; 
bei  Schade Ibasiafraktur  434; 
bei  Syphilis  33,  807,  310,  311,  319,  326, 

337,  339,  340,   341,  342,  343,  344,  349 

350,  351,  356,  534,  535,  536; 
bei  Tabes  134,  135,  338; 
Ptosis:   bei  Landry'scher  Paralyse  460,  461; 
mit  Lähmung  der  Recti  interni  342; 
nach  Masern  254 ; 

nach  Erkrankung  der  Medulla  oblongata  98; 
nach  Meningitis  >  cerebrospinalis  epidemica 

254.  256,  396,  397; 

nach  Meningitis  basilaris  gummosa  319,  326, 

356; 
nach  Meningitis  suppurativa  398,  400,  430; 
nach  Meningitis  tuberculosa  886,  387,  889; 
bei  Meningoeucepoalitis  luetlca  388; 


Ptosis:  Mischform  mit  Pseudoptosis  532; 
Mitlmwegun^  de»  Oberlides  beim  Kauen  61 ; 
bei  Neubildungen  im  Nasenrachenraum  539; 
bei  Nucloarläbmungen  109,  236,  342,  379; 
bei  Oberkiefertumoren  539; 
bei  Occipitallflppengeöch Wülsten  453; 
bei  rcciiijvirender  Oculomotorins  -  Lähmung 
483; 

mit  angeborener  Unbeweglichkeit  dos  Orbi- 
cularis  594; 

mit  Erkrankung  der  Orbita  und  ihrer  Neben- 
höhlen 532; 

bei  gummösen  Orbitalaffektionen  313,  534, 
536; 

bei  Ophtbalmoplegie  mit  Bulbärkem-  und 
Vorderhornorkrankungen  208; 

bei  Opbthftlmoplegm  exterior  117,  145,  214; 

bei  Ophthelmoplegie  mit  Bulbirparalyse  206; 

bei  akuter  Ophthalnjopiegio  292—297; 

bei  Pachymi'ningitfä  haemorrhagica  864; 

bei  Periorbitis  533; 

bei  Periorbitis  am  Orbitalrand  310,  311,  586; 
bei  pDoucnome  258 

bei  Poljencephalomyelitis  297,  298,  805; 
bei  Ponstumoren  452 

bei  püBtdijjhtberiüschen  Augenmuskelläh- 
mungen 237; 

bei  Policucephalitia  haemorrhagica  270,  272, 

274,  276; 
bei  progressiver  Paralyse  188,  189,  190,  192; 
bei  Polymyoaitia  462; 
bei  Fonserkrankung  98,  196,  329,  385; 
Ptosis  pseudoparalytica  72,  198,  463,  478, 

477,  481,  623; 
nach  Rheumatismus  acutus  259; 
beim  Schlaf  19,  518; 

Simulation  der  Ptosis  463,  470,  471,  483; 
bei  Sinusthrombose  401,  405,  406; 
sympathische  Ptosis  24,  72,  200,  201,  202, 
541; 

bei  Sjringomyelie  200; 

sp.istica  473,  477    483; 

nach  dcbussverlet£ungen  410; 

Schwanken  der  lotensitüi  bei  Tabes  155; 

nach  stumpfer  Gewalteinwirkung  408; 

aupranucleare  Ptosis  453; 

bei  Tabes  134,  135,  137,  146,  148, 158-187; 

nach  Traumen  406; 

bei  traumatischer  Nuclearlähmung  417,  481 ; 

bei  Tumoren  198,  440; 

beim  Typhus  257; 


690 


Alphabetisches  Sach- Register. 


Ptosis:    bei    imwillOrlich-rhythmisohen  Lid- 
bewegUDgen  59; 

Ptose  volontaire  106,  146; 

Wechsel  der  Intensität  95. 
Pupille:  bei  Ptosis  congenita  84,  592; 

Kontraktion,  synchronisch   mit  Zuckungen 
des  Oberlides  64; 

Erweiterung  69; 

bei  koi-tikaler  Ptosis  97; 

bei  Sympathicusreizung  45; 

bei    hämorrhagischer  Poliencephalitis  270 
272,  274,  276: 

Weite  und  Lidbewegung  59; 

bei  multipler  Sklerose  194; 

bei  Influenza  250,  252; 

isolirte  Affektion  bei  Lues  346 

bei  Meningitis  tuberculosa  391 

bei  Polyneuritis  alcoholica  457 

bei  Ponstumor  452; 

im  Schlaf  519,  531; 

bei  SympathicQsläsion  24,  25,  542; 

bei  Syringomyelie  23. 
Pupillenlähmung:  69,70; 

bei  akuter  Ophthalmoplegie  294,  296; 

bei  Botulismus  284,  286,  288; 

bei  Cerebellarabscess  385; 

bei  Diphtherie  240,  244,  246; 

bei  Gehirnerweichung  377; 

bei  Gliom  des  Stirnlappens  453; 

isolirte  110,  113,  346; 

bei  Meningitis  cerebrospinalia  397 ; 

bei  Meningitis  suppurativa  398; 

bei  Meningitis  tuberculosa  387; 

bei  Pneumonie  258; 

im    Verein    mit    Lähmung    eines    Augen- 
muskels bei  Syphilis  348,  349; 

mit  anderen  vom  Oculomotorius  versorgten 
Muskeln  342; 

mit  Ptosis  341,  342; 

bei  Schädelbasisfraktur  425; 

bei  Abscess  im  Schläfen!  appen  381,  382; 

bei  Syphüis  150,  341,  346,  348,  349; 

bei  Tabes  158—187; 

nach  Trauma  425; 

nach  Typhus  257. 
Pupillen reaktion:  hemianopische  368. 
Pupillenstarre:  512; 

bei  hämorrhagischer  Poliencephalitis  264; 

bei  Poliencephalomyelitis  803; 

bei  Polyneuritis  alcoholica  458; 

bei  Uimerweicbung  377. 
Pulsirender  Exophthalmus:  535; 
nach  Schussverlei zung  423. 


R. 


Ramuscommnnicans:  des  I.  DorsalBara 

.23. 
Ramus  malaris:  572. 
Ramus  temporal is:  572. 
Ramus  temporo-facialis:  572. 
Randpiexus  der  Lider:  6. 
Raynaud'sche  Krankheit:  an  den  Lidcn 

16. 
Recidivirende  Facialislähmung:  fö4. 
Recidivirende  Nuciearlähmung:  51L 
Recidivirende  Oculomotoriuslähmang 
483; 

Periode  des  Intervalls  493 ; 

Periode  der  Lähmung  488; 

Verhalten  des  Levator  491  ; 

Periode  des  Schmerzes  485; 

Störungen  des  Trigeminus  dabei  485. 
Rectus  externus:  angeborener  Defekt  85, 
86,  592; 

Verengerung  der  Lidspalte  bei  Vorlageroog 
desselben  19. 
Rectus    inferior:    Fascienzipfel    desselben 
22,  628; 

Lähmung  69,  342; 

Beziehung   zum   Sulcus    orbito  -  palpebralis 
inferior  2; 

Wurzelbündel  desselben  113. 
Rectus  internus:   angeborener  Defekt  85, 
86,  592; 

Bifurcation  desselben  85; 

Kontraktur  bei  Hysterie  621 ; 

Lähmung:  bei  Gehimweichnng  377; 

bei  Gliom  des  Hirnlappens  453 ; 

bei  Ponsabscess  385; 

mit  Ptosis  342; 

bei  Syphilis  342,  347.  349; 

Wurzelbündel  desselben  113. 
Rectus  superior:  Abscess  längs  desselben 

533; 

angeborenes  Fehlen  desselben  85,  86; 

Verwachsung  mit  dem  Rectus  externus  85 

Verwachsung  mit  dem  Levator  85; 

Fascienzipfel  22,  39; 

Zerstörung  durch  gummöse  Massen  311; 

Lähmung  69'; 

isolirte  Lähmung  bei  Lues  150; 

bei  Orbitalphlegmone  533; 

mit  Rectus  inf.  und  Pupille  342; 

nach  Zangengeburt  84; 
Reflexbogen:  zwischen  Opticus  und  Facialis 
28. 


Alphabetisches  Sach-Register. 


Reflexe:  der  Lider  7. 
Reflexerregbarkeit:  bei  erworbener  Facia- 
lisl&hmang  597. 
^   Reflexorgan:  Convulsivischer Zustand  des- 
selben bei  Facialislähmung  66. 
Retraktion  des  Oberlides:  bei  seitlichen 
Bewegungen  56; 
bei  Orbitis  gummosa  311. 
Rheumatismus     acutus:     Augenmuskel- 
K  Störungen  dabei  259; 

mit  Oculomotoriuslähmung  259; 
SL  Ptosis  269. 

>•     Rosenbach'sches    Phänomen:     55,     470, 
:  472,  626. 


Schädelasymmetrie:  91. 
Schädelbasis:  Verlauf  der  Nerven  424. 
Schädelbasisfraktur:  425;  dabei: 

Abducenslähroung  630; 

Facialislähmung  630; 

Oculomotoriuslähmung  423 ; 

Ptosis  isolirter  434; 

Trigeminuslähmung  630. 
Scheitelläppchen:  Blutung  in  beide  868. 
Schläfenlappen:  Abscess  380; 

Gumma  337. 

Ptosis  dabei  99,  382,  448; 
Schläfenwindung:  98; 

Erkrankung  mit  Ptosis  98. 
Schläfrig  werden:  Erschlaffung  des  Leyator 

19. 
Schläfrigkeit:    bei    Poliencephalitis    und 

Poliencephalomyelitis  528. 
Schlaf:  518; 

Bulbusstellung  bei  demselben  519; 

Schlafcentrum  529; 

Fehlen  des  Lidschlags  27; 

Lidportion  des  Orbicularis  beim  Einschlafen 
581; 

reflekt.  Lidschlag  während  desselben  631; 

Lidspalte  520; 

Sphincterenge  531; 

Stellung  der  Lider  581 ; 

Schlafsucht  528; 

Theorie  96,  521,  528; 

Verdrehen  der  Augen  beim  Schläfrigwerden 
53. 
Schluckbewegungen:    reflektorische   von 

der  Conjunctiva  aus  36. 
Schmeckreflex:  von  der  Conjunctiva  aus  36. 

Wilbrand-Saenger,  Neurologie  des  Auf  es.    I.  Bd. 


Schneeblindheit:  614. 
Schweisssekretion:     Bei     Sympathicns- 

reizung  23,  24. 
Sklerose  multiple:  473,  474,  513; 
mit  Abducenslähmung  195,  196. 
Augenmuskellähmungen  dabei  194; 
centrales  Skotom  194,  195; 
kombinirt  mit  progressiver  Paralyse  197; 
Differentialdiagnose  von  Hysterie  198,  513; 
von  Lues  cerebrospinalis  196,  857; 
mit  Hemianopsie  195; 
hemiparetische  Form  198; 
Intentionszittem  der  Augenlider  626; 
Nystagmus  195; 

mit  Oculomotoriuslähmung  194,    195,    196; 
recidivirende    Oculomotoriuslähmung    478, 

513; 
Ophthalmoplegia  exterior  196; 
Opticusatropbie  197,  199; 
Ptosis  dabei  194,  195; 
doppelseitige  Ptosis  195; 
vorübergehende  Ptosis  195; 
Pupillen  dabei  195; 
mit  Syphilis  196; 
mit  Tabes  kombinirt  197; 
Trochlearislähmung  195,  196. 
Skrophulöse  Augenkrankheiten:  mit 

Blepharospasmus  613. 
Sekretionsanomalien:  Bei  recidivirender 
Oculomotoriuslähmung  499 ; 
Wesen  derselben  499. 
Sekundärablenkung:     Fehlen    bei    ange- 
borenen     Beweglichkeitsdefekten      der 
Augenmuskeln  93. 
Sekundärkontraktur:     Fehlen    bei   ange- 
borenen     Beweglichkeitsdefekten     der 
Augenmuskeln  92. 
Sehnerv:  Atrophie  bei  Tabes  158—187; 

Verletzung  desselben  408; 
Signe  de  Torbiculaire:  562,  638. 
Simulation:  von  Chromidrosis  11,  12; 
der    Hyperaktion     des    Orbicularis     nach 

Lähmungen  609; 
der  Ptosis  470,  471; 
der  schlaffen  Ptosis  463; 
der  Ptosis  spastica  483. 
Sinus   cavernosus:    Abbildung   desselben 
423; 
Anastomosen  mit  extrakraniellen  Venen  403 ; 
Anatomie  desselben  316,  317; 
Aneurysma  desselben  417,  445; 
Beschreibung  desselben  316; 
Fraktur  desselben  419,  420; 
.   U.  Abtheilang.  45 


Alphabetisches  Sach- Register. 


Sinus  cavernosus:  bei  orbitaler  Lues  814, 
315; 

periodische  Schwellung  mit  Oculomotorius- 
lähmung 505; 

Schussverletzung  422 ; 

Thrumbose   desselben   401,   408,  404,   405; 

mit  Ptosis  405; 

traumatische  Läsion   des  Oculomotorius  in 
dems»*lben  418; 

Zerreissung  der  Carotis  in  demselben  418. 
Sinus  circularis  Ridley:  403 
Sinus  frontalis:  Empyem  mit  Ptosis  536, 
5:^7,  538: 

Osteom  53-"»: 
Sinus  m  axillaris:  Empyem  mit  Ptosis  538. 
Sinusthrombose:  20; 

bei  eiteriger  Meningitis  398,  430; 

mit  Ptosis  401. 
Somnolenz:    Aufhören   des  Lidschlags  30« 
Spasmus:  des  Diktator  pupillae  621; 

nictitans  601; 

non  douloureux  621. 
Spätapoplexie,  traumatische:  436. 
Sphincterenge:  im  Schlaf  531. 
Stauungspapille:  379 ; 

bei  Abscess  im  Schläfenlappen  380,  881 ; 

bei  basalen  Tumoren  443; 

bei  orbitaler  Lues  314; 

bei  Orbitaltumoren  441,  535. 
Stellwag'sches  Zeichen:  48,  50,  51; 

bei  Basedow  31; 

bei  Hysterie  31. 
Stenopäische    Spalte:    durch   Orbicularis- 

kontraktion  29,  576. 
Stirnhöhle:  Empyem  536; 

Krankheiten  537,  538; 

mit  Ptosis  538. 
Stirnnasenfalte:  630. 
Stirnrunzeln:    Unvermögen    bei    Facialis- 

lähmung  589. 
Stirnwindung:     Rindenfeld     des     oberen 

Facialis  560. 
Suggestion:  620; 

bei  hysterischem  Blepharospasmus  621; 

bei  hysterischer  Ptosis  483. 
Sulcus  orbito-palpebralis:  74,  415,480; 

Bildung  desselben  37; 

inferior  2; 

superior  1,  4. 
Sulcus  palpebro-malaris:  1; 

bei  Morb.  Basedowii  2. 
Superciliaris  musculus:  574. 
Supercilium:  1. 


Supraorbitalis  Nervus:  bei  orbitaler  Lues 

312. 
Supraorbitalneuralgie:    bei   Lidödem  14; 

bei  Tuberkel  im  'Irigominns  504. 
Supramarginal  läppen:  Läsion  604. 
Supranucleäre  Ptosis  453. 
Supranucleärer     Verlauf    des    oberen 

Facialis  564. 
Snpraorbitalrand:  bei  Traoma  4S2. 
Sydenham'sche  Chorea:  ül7. 
Symblepharon:  25 

Sympathicus:    Anatomie    und   Physiologie 
desselben  548; 

Beziehungen   zum   Thalamus    opticus  5>'>I: 

Cocainwirkung  auf  denselben  24: 

kortikaler  Ursprung  551; 

Klaffen   der  Lidspalte   bei    Basedow  darch 
Reizung  22; 

Läsion  desselben  547; 

Resektion  desselben  545; 

Schussverletzung  desselben  546.  547; 

Affektion  bei  Syiingomyelie  200,  20l,  'l^t 
549; 

bezüglich  des  v.  Gräfe*schen  Phänomens  Vk 

Verlauf  in  der  Medulla  obiongata  b'A. 
Sympathicuslähmung:  24; 

bei  Ualstumoren  553; 

bei  intrathoiacischen  Tumoren  554: 

im  Schlaf  527; 

Sicherung  der  Diagnose  durch  Cocain  IVi; 

bei  Tabes  156. 
Sympathicusreizung:  21; 

mit  Blepharospasmus  625; 

mit  Exophthalmus  21,  '23. 
Sympathische  Ptosis:  .')30. 
SympathischesGeflecht:  um  die  Carotis 

interna  316. 
Syndrome  de  Benedikt:  71,  450. 
Syndrome  de  Weber:  35y,  362.  378,  3n1 
447,  449,  450; 

bei  Gehimabscess  383; 

bei  Gehirnerweichung  378; 

bei  Schädelbasisfraktur  429.  430; 

bei  Tumor  des  Schläfenlappens  450. 
Syphilis:    Abducenslähmung    bei   derselbeo 
196,  308; 

Augenmuskelstörungen  als  Früherscbeioung 
308; 

als  Späterscheinnng  308; 

basale    mit   Augenmuskel lähmungen    2H, 
223,  319; 

Beziehungen  zum  Diabetes  mellitus  353; 

hereditaria  mit  Nuclearlähmungen  122: 


Alphabetisches  Sach-Register. 


äyphilis:  des  Gehirns  505; 

Gamma  im  Supramarginallappen  601; 

und  multiple  Sklerose,  Differentialdiagnose 
von  derselben  196,  357; 

Alteration  der  peripheren  Oculomotoriusäste 
149; 

Kerndegeneration  des  Oculomotorius  145, 
331,  348,  349; 

Alteration  des  Wurzelgebiets  des  Oculomo- 
torius 328,  343,  344,  348,  349; 

Alteration  des  supranucleilren  Oculomo- 
toriusgebiets  335; 

Alteration  des  kortikalen  Oculomotorius- 
gehiets  336; 

Oculomotoriuslähmung  138,  139,  144,  149, 
196,  307,  308.  505; 

bei  recidivirender  Oculomotoriuslähmung 
505; 

Oculomotoriuslähmung  bei  basaler  Affektion 
348.  349; 

bei  orbitaler  Affektion  348; 

Häufigkeit  der  Oculomotoriuslähmung  150; 

Ophthalmoplegie  143; 

Ophthalmoplegia  exterior  196,  307,  308; 

Differentialdiagnose  von  der  chronischen 
progressiven  Ophthalmoplegia  exterior 
357; 

Ophthalmoplegia  interior  139,  143,  149,  150, 
308,  341; 

Nervus  opticus  308; 

mit  Orbicularislähmung  563; 

Orbitalerkrankungen  313,  534,  536; 

mit  Ptosis  307; 

mit  Ptosis  bei  basaler  Affektion  319,  339, 
340,  341,  342,  343.  344,  345,  346; 

bei  kortikaler  Ptosis  348; 

Periorbititisund  Erkrankung  des  Sinus  caver- 
nosus 314; 

Periostitis  des  Augenhöhlenrandes  310,  312, 
536; 

Perineuritis  gummosa  und  interstitielle  Neu- 
ritis 312; 

Poliencephalitis  acuta  luetica  298; 

primärer  Schwund  der  Augenmuskelkeme 
333; 

Pseudotabes  luetica  139; 

Yerhfiltniss  zur  Tabes  505,  506; 

Differentialdiagnose  von  Tabes  137,  139, 
149.  151; 

Parmllelverlauf  mit  Tabes  151; 

Tarsitis  luetica  309; 

Tractns  opticus-Erkrankung  309; 

Trigeminusaffektion  308; 


Syphilis:  Trochlearislähmung  196;  308; 
Differentialdiagnose  von  Vorderhomerki'an- 

kungen  357; 
Syringomyelie:  506; 

mit  Abdncenslfthmung  200; 

Häufigkeit  der  Augenmuskellähmungen  bei 

derselben  200; 
und  amyotrophische  Lateralsklerose  203; 
mit  Oculomotoriuslähmung  200; 
mit    recidivirender    Oculomotoriuslähmung 

506; 
und  progressive  Muskelatrophie  803; 
mit  Ptosis  200; 
bei    Sympathicusftffektionen   23,  200,   201, 

549; 
und  Tabes  203. 


T. 


Tabes:  mit  Abducenslähmung  196,  156—187, 
458; 

mit  Ptosis  137; 

mit  Accommodationslähmung  158 — 187; 

Augenmuskellähmungen  bei  syphilitischer 
Tabes  150,  151;      * 

mit  recidivirenden  Augenmuskellähmungen 
512; 

mit  vorübergehenden  Augenmuskelläh- 
mungen, Erklärung  derselben  154; 

mikroskopischer  Befund  bei  Augenmuskel- 
lähmungen 169,  171,  173,  175,  177,  179, 
181,  183,  185,  187; 

Bulbärsymptome  158—187; 

mit  Facialislähmung  158—187,  512; 

Facialiskernerkranknng  641 ; 

Facialiskrämpfe  607; 

Hämorrhagien  in  die  Eernregion  154; 

Neurotabes  pöripherique  458; 

Nuclearlähmungen   im    Initialstadium   122; 

mikroskopischer  Befund  bei  Nuclearläh- 
mungen 153; 

Nervus  opticus  197: 

Oculomotoriuslähmung  134,  196; 

intermittirendes  Auftreten  der  Oculomo- 
toriuslähmung 144; 

isolirte  komplete  einseitige  Oculomotorius- 
lähmung 141 ; 

Neuritis  des  Oculomotoriusstammes  145, 
458; 

wiederkehrende  Oculomotoriuslähmung  505, 
506; 

Ophthalmoplegie  158—187,  196,  641; 

45* 


Alphabetisches  Sach-Register. 


TahM:    mikroskopischer    Befand   bei   Oph- 
thalmoplegie 153;  ; 

Ophthalmoplegia   exterior  mit  Ptosis  145; 

Ophthalmoplegia  interior  158^187; 

Differentialdiagnose  yon  chronischer  progres- 
siver Ophthalmoplegie  122,  137,  138, 
152; 

Orbiculariskrampf  142,  159; 

Orbicularislfthmung  158 — 187; 

Patellarreflexe  134; 

Ptosis  134,  137,  158—187; 

isolirte  Ptosis  als  Initials  jmptom  135,  138; 

isolirte  Ptosis  135,  140; 

plötzliches  Auftreten  der  Ptosis  146; 

Schwanken  der  Intensität  der  Ptosis   155; 

Yorübergehende  Ptosis  148; 

Pupillenläbmung  158—187; 

reflektorische  Lichtstarre  134; 

kombinirt  mit  multipler  Sklerose  197; 

mit  Sehnervenatrophie  158—187,  197,  641; 

sympathische  Ptosis  24,  156; 

Syphilis  bei  derselben  141; 

Aehnlichkeit  mit  cerebrospinaler  Syphilis 
139,  149; 

Differentialdiagnose  von  Syphilis  cerebro- 
spinalis 137,  149,  151; 

Parallelverlauf  mit  Syphilis  cerebrospinalis 
151; 

Tabes-  und  Syringomyelie  203; 

Difi'erentialdiagnose  von  Syringomyelie  203; 

Thränen  bei  derselben  608; 

Trigeminusparästhesien  608; 

Trigeminuslähmung  142; 

Trochlearislähmung  158—187,  196; 

Verdickung  des  Ependyms  153. 
Taboparalyse:    Ptosis   bei  derselben   134, 

146. 
Tarsalgeflecht  der  Lidnerven  6. 
Tarsitis  luetica:  309. 
Temperatursinn:    der    Cornea    und    Gon- 

junctiva  7,  30,  31.* 
Temporales  Nervi:  60,  572. 
Temporo-facialis  Nervus:  572. 
Temporo-sphenoidallappen:  Cyste  mit 

Kompression  des  Hirnschenkels  367. 
Tetanie:  Facialisphänomen  622. 
Thalamus  opticus:  Blutungen  in  denselben 
365,  366; 

in  Beziehung  zum  Sympathicus  551; 

Tumor  in  demselben  453. 
Thomsen'sche     Krankheit:     v.     Gräfe's 

Phänomen  bei  derselben  44. 
Thränenfluss:  bei  Tabes  608. 


Thrfinenflflssigkeit:  Brecbungsiiidcz  90; 

Verhalten  beim  Lidschlass  579; 

Fortleitang  derselben  7. 
Thränen pnnkt:  Verdoppelung   desselben  5. 
Thrfinensekretion:  551; 

aufgehoben  bei  orbitaler  Lues  313; 

bei  Facialislähmung  631. 

bei  hysterischer  Anästhesie  der  Cornea  und 
Conjunctiva  31; 

Mangel  derselben  in  der  Agonie  26; 

bei  tonischem  Blepharospasmus  613. 
Thränensee:  33. 

Thränen  träufeln:  abhängig  von  zu  kurzem 
Oberlid  5. 

Thrombose:   der  Gefässe   und   Differentinl- 
diagnose  von  Kmbolie  379; 

der  Gehirnarterien  374; 

der  Arteria  basilaris  474; 

der  Arteria  cerebellaris  inf.  474; 

Ptosis  dabei  374. 
Tic  convulsif:  600. 
Tr actus  opticus:  bei  Syphilis  309,  355. 
Trauma:  Abducenslähmupg  68; 

kortikale  Ptosis  nach  demselben  437; 

direktes  auf  den  Levator  und  seinen  orbi- 
talen Ast  406,  407; 

Facialislähmung  dabei  68; 

Ptosis  nach  demselben  406; 

Trigeminuslähmung  68. 

Traumatische   Nuclearlähmung:    431. 

435. 
Trauma[tische  Spätapoplexie:  436. 
Tremor  der  Lider:  625. 
Trichiasis:  5. 
Trigeminus:  498; 

angeborene  Bildungsfehler  86,  593; 

Fehlen  des  Thränenastes  86; 

bei  Blepharospasmus  601,  612,  614; 

bei  Bulbärkern-  und  Vorderhornerkrankoog 
205,  206; 

Beziehung  zum  Conjunctivalreflex  30: 

Beziehung  zum  Facialis  567,  645; 

Kompression  desselben  616; 

bei  Homhautanästhesie  367; 

bei  Keratitis  neuroparalytica  19; 

beim  Lidschlag  26; 

beim  Lidreflex  29,  30; 

bei  Nuclearlähmungen  355; 

Beziehungen   zum   Oculomotorius  60,  142. 
485/ 

Orbiculariskrampf  615,  622; 

bei  Poliencephalomyelitis  299; 


Alphabetisches  Sach-Register. 


Trige minus:  bei  Ponserkrankung  645; 

bei  Syphilis   144,  308,  309,  312,  314,  315, 
317,  318,  319; 

skrophulösen  Augenkrankheiten  618; 

bei  Tabes  608,  641; 

basaler  Verlauf  der  Fasern  316; 

Verhalten  zum  Blinzelreflex  582; 

Verletzung  mit  Blepharospasmus  615; 

Wurzeldegeneratton  210; 

absteigende  Wurzel  63; 

Ursprung  der  Fasern  für  den  Blinzelreflex 
583; 
Trigeminuskern:  hIs Ursprung  derLevator- 

fasern  62. 
Trigeminuslähmung:  68; 

bei  Influenza  251,  253; 

bei    recidivirender    Oculomotoriuslähmung 
498; 

bei  Schädelbasisfraktur  423,  630; 

bei  Syphilis  308,  312,  313,  329,  355; 

bei  Tabes  142; 

nach  Trauma  43; 

bei  Tumoren  442.  443,  446,  447,  452; 

Verminderung  der  Zahl  der  Lidschläge  32 
T  rigeminusreizung:;   mit  Athmungsstill- 
stand  36; 

Herpes  mit  Blepharospasmus  615; 

Levatorkrampf  68; 

Ptosis  spastica  482. 
Trochlearis:  498; 

basaler  Verlauf  316; 

Kompression  desselben  505,  616; 

Kernatrophie  199; 

Hämorrhagie  107; 

bei  postdiphth.  Aogenmuskellähmung  237; 

im  Sinus  cavernosus {3 16,  317,  318;] 
■     bei  Syphilis  308,  314; 
Trochlearislähmung:  77,  512;| 

bei  Abscess  im  Scheitellappen  385; 

durch  basale  Blutung  427; 

bei  Bulbärafifektion  211; 

bei  Insolation  505; 

bei  multipler  Sklerose  194,  196; 

bei    recidivirender    Oculomotoriuslähmung 
498; 

bei  chron.  Ophthalmoplegie  126; 

bei  Ophthalmoplegie  nach  Lues  143; 

bei  Polyneuritis  458,  459  ;J 

bei  progressiver  Paralyse  191,  193,  196; 

bei  Schädeltrauma  427; 

bei  Syphilis  57,  158-187,  196,  308; 

bei  Tabes  196. 


Trophoneurosen:  an  den  Lidern:  16. 
Tnberculum  nervi  Facialis:  567. 
Tumoren:  der  Basis  442; 

der  Cervikalgegend  mi  t  Sympathicusaffektion 
558; 

im  Cerebrum  455; 

im  Oculomotoriusstamm  504; 

in  der  Medulla  218; 
•      in  der  Orbita  534; 

im  Pens  218; 

des  Gehirns  mit  Ptosis  440; 

in  den  Vierhügeln  218. 
Typhus:  Abducenslähmung  258; 

Neuritis  des  Oculomotorius  257; 

Ptosis  257; 
.  Pupillenlähmung  257. 


U. 


Unterlid:  isolirter  Beweglichkeitsdefekt  an- 
geboren 590; 
bei  Facialislähmung  5; 
Wirkung  auf  den  Bulbus  beim  Blick  nach 
oben  53. 
Urticaria:  an  den  Lidern  14. 


V. 


Vaguscentrum:  beim  v.  Gräfe'schen  Phä- 
nomen 44. 

Vaguskernerkrankung:  606. 

Vasomotorische  Centren:  Bezüglich  des 
y.  Gräfe*schen  Phänomens  44. 

Vasomotorische    Störungen:    an    den 
Lidern  13. 

Vena  facialis  anterior:  572. 

Vena  ophthalmica:   311,  812,  418,   419, 
420. 

Vena  ophthalmica  snperior:  317. 

VenOse  Anastomosen:   intra  und  extra- 
kranielle  402, 

Ventriculus  quartus:  bei  Schädeltraumen 
432,  486. 

Ventriculus  tertius:  Blutung  in  denselben 
369,  370; 
bei  Scbädeltraumen  438,  486. 

Verdrehen  der  Angen:  beim  Schlaf  58. 

Vergiftungen:  Augenmuskellähmnngen  da- 
bei 290. 

Vertigo  paralysant:  261. 

Vertigo  ptosique:  261. 


696 


Alphabetisches  Sach- Register. 


Vierhügel:  Arterien  360; 

Aneurysma  der  V.  Gegend  865; 
Tumoren  450. 


Wurzelneuritis:      multiple      bei     basiler 
Lues  320. 


W. 


Wangenlidfurche:  1. 
Westphal-Edinger'8cheKerngruppe89« 


Z. 


Zangengeburt:     Aagenmuskel  -  LähmuugeA 
darnach  84. 
;   Zy gomatico-malares  Nervi:  57*2.