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Toronto
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in 2011 with funding from
Univers ity of Toronto
http://www.archive.org/details/philosophenlexikOOeisl
PHILOSOPHEN-
LEXIKON
LEBEN, WERKE UND LEHREN
DER DENKER
VON
Dr. Rudolf eisler
BERLIN 1912
VERI EOT BEI ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
KÖNIOLICHE HOFBUCHHANDLUNQ ss KOCHSTRASSE 68 71
■•k
Alle Rechte aus dem Gesetze vom 19. Juni 1901
sowie das Übersetzungsrecht sind vorbehalten.
V o r w o r t.
I )ieses historische „Philosophen-Lexikon** ist ein neu--, -elh-
-tiindiges Buch, zugleich aber auch ein, von vielen Seiten gewünscht
Ergänzungswerk zu meinem im gleichen Verlage erschienenen
„Wörterbach der philosophischen Begriffe" (3. Aufl., 3 Bde.. 1910 .
mit dem zusammen es nun ein vollständiges philosophisch
Lexikon bildet.
Wahrend das ..Wörterbuch" die einzelnen philosophischen Be-
griffe und Ausdrücke erklärt und sie mit den chronologisch-sachlich
geordneten Definitionen der Philosophen belegt, geht das vorliegende
Lexikon von <l»*n Philosophen selbst aus und bringt ihre Systen
Lehren. Standpunkte in ihrem eigenen Zusammenhange zur mög-
lichst objektiven Darstellung. In der Regel irerden zunächst
wichtigsten biographischen Daten (soweit sie notwendig und zu
ermitteln waren) angeführt; hierauf folgt gewöhnlich eine Charak-
terisierung des Philosophen oder seiner Richtung; sodann irerden
seine Lehren dargestellt oder sein Standpunkt gekennzeichn
in der Weise, daß sich neben einer grollen Zahl mehr oder
weniger ausführlicher Artikel auch kurze und — zwecks Er-
gänzung der Bibliographie — auch noch einige linden, die vorläufig
nur Daten und Literaturangaben enthalten, aber doch erwünscht
sein werden Die Darstellung der Lehren der Philosophen erfolg
möglichst auf Grund ihrer eigenen Werke und vielfach mit An-
führung von Stellen ) daran-, teilweise natürlich auch mit BenutlUl
von Monographien und anderen Hilfsquellen (Noack, [Jeberw<
Heinze, Brdmann, Zeller. Siebert n. a.). Den Schluß jedes Artii
bildet die Aufzählung der Schriften des Philosophen (zum Teil
v Stellen- I Seitenangabe]] aus den Originalwerken der Philo-
sophen timl.t man im , Wörterbuch der philosophischen !'■■ worin
• auch Beine eigenen Anschauungen darlegt. Vgl. mich d
..Kr Einführung in die Philosophie" (Berlin, 19
IV
auch von Zeitschrift-Abhandlungen); dazu kommen noch viel-
fach \achwcise ausgewählter Literatur über den betreffenden
Autor. Nach Möglichkeit wird auch angegeben, von welchen
Denkern die Philosophen beeinflußt sind und welche Schüler
und Anhänger sie selbst haben. Kurz, es findet sich wohl alles,
was man in einem solchen Hand- und Nachschlagebuch suchen
kann.
Indem der Verfasser sich tunlichster Gedrängtheit der Dar-
stellung befleißigte und überall das Wesentliche hervorhob, wurde
es ihm nicht nur möglich, die klassischen und andere bedeutende
Denker relativ ausführlich zu behandeln, wodurch besonders dem
Bedürfnisse der Studierenden Rechnung getragen wurde, sondern
auch moderne in- und ausländische Autoren in größter An-
zahl zu berücksichtigen, sowie endlich auch Vertreter von Grenz -
schaften (Soziologie, Biologie, Pädagogik, Theologie, Juris-
prudenz. Physik usw.), soweit sie für die Philosophie Bedeutung
haben, anzuführen. Zusammenfassende Artikel wie Gnostiker, So-
phisten usw. sollen hauptsächlich nur zur Kenntlichmachung der
wichtigeren Mitglieder der betreffenden Schulen dienen.
Die Verteilung des gewaltigen Stoffes auf einen einzigen, wenn
auch stattlichen Band, bot nicht geringe Schwierigkeiten, und so
wird man gewiß Nachsicht üben, wenn hier und da ein Artikel im
Verhältnis etwas zu kurz oder zu lang ausgefallen ist, oder wenn
Bonst noch etwas vermißt wird. Es möge ferner beachtet werden,
lei Verfasser im Nachtrag am Schluß des Werkes noch eine
Autoren, Schriften, Daten usw. anführt, die aus diesem oder
jenem Grunde Doch nicht im Texte enthalten sind. Eine absolute
Volk Jieit der Daten war freilich nicht zu erzielen. Der Ver-
fasser darf wohl hoffen, daß man über die Mängel, von denen ein
Weri l**'i seinem ersten Inslebentreten kaum ganz frei sein
. nicht die Menge des Gebotenen und das Ausmaß des selb-
Krarbeiteten übersehen wird.
kt sich ain-h der Stoß" des vorliegenden Lexikons erklär-
nn wesentlichen mit demjenigen großer philosophie-
toichtlicher Kompendien — wobei hier aber doch auch manches
rachl wird - . so bat doch auch die lexikalische An-
ordnung ihre besonderen Vorzüge; vor allem den, daß die Dar-
Btellung jede« Philosophen luv sich allein, nicht als Mitglied einer
Gm] ine Lehren oft schärfer und geschlossener hervortreten und
long, indem sie Wertungen, Klassifizierungen, Ein-
ordn ermeidet, den Eigenwert jedes Denkers
bestehen läßt. Ein mehr äußerlicher, aber doch bedeutsamer Vorteil
ist die Übersichtlichkeit und das schnelle Zurechtfinden , die jedes
lexikalische Werk gewährt und die es zu einer Ergänzung jeder anderen
Behandlungsweise desselben Gebietes machen. So dürfte das V
wohl geeignet sein, dem Studierenden bei der Repetition
Philusophiegeschichte, dem Lehrenden als Hilfsbuch, dem Biblio-
thekar. Schriftsteller usw. als Nachx-hlagebuch, dem Laien
zur Erleichterung bei der Lektüre philosophischer Autoren zu dienen;
dem Fachmann werden auch die Daten und Literaturangaben will-
kommen sein, die er hier schnell aufrinden kann.
Für Mitteilungen von Daten u. dergl., Berichtigungen. Fin-
sendung von Publikationen, deren Verwertung jedesfalls späteren
Auflagen zugute kommt, spricht der Verfasser schon jetzt Beinen
Dank ans.
M ige das Werk die gleiche günstige Aufnahme finden, die das
„Wörterbach der philosophischen Begriffe" erfahren hat
Wien. Frühjahr L9U.
Der Verfasser.
A.
lull. Anathon, Professor in Kristiania.
Schriften: Der Logos. Geschichte seiner Entwicklung in der griech. Philos. u.
<1. chmfl. Literatur, 1896—99. — H. Taine, 1898. — Macht und Pflicht, 1902. —
Zur Frage der Hemmung bei der Auffassung gleicher Reize, Zeitschr. f. Psychol. d.
Sinnesorgane, Bd. 47, 1908.
lars. K. Birch-Reichenwald, Privatdozent m Kristiania. - A. vertritt
eine ,,Projektionsphilo8ophie", in welcher die ..Kn\artun:_r-" von Bedeutung ist
Dei Gegenstai laglanbe ist nur eine Form des Eausalglanbens and dieser die
-.Erwartung" eines wiederholten Zusammenhanges; die Projektion [der V«
genheit in die Zukunft) schafft die Dauer des G indes Die Natur«
sind nicht- selbständig Wirkliches, sondern beziehen sich aui Eigen-
schaften und Kraft.' der Substanzen.
8 Driften: Die Autonomie der Moral, 1896. Di« Erwartung, Xeits.hr. f.
Psychol. d. Sinnesorgane, Bd. 22, 1900. — Zur psychologischen Analyse der Welt, 194
— Zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen Erkenntnistheorie u. Psychologie, Zeit-
rift f. Philos. u. philos. Kritik, Bd. 122, 1903. — Pragmatumaa und Bapiriaaraa,
1. c Bd. 135, 1909. - La nature de la penseY logiqae, B**as de M'-taphvs. et de
Moral«, XVII, 1909. Habe* diu NstargeaetM Wirklichkeit- 1907. — Gut und B
Idee, 1910.
Ihülarri (Abeillard, Abelard), Petrus, «ich. 1079 in Pallet (oder Palet)
bei Nantes, Er genoß den Unterricht der Scholastiker Roscelinus, Wilhelm
von Champeauz n. a. Er lebte and lehrte an verschiedenen Orten, besond
in und bei Paris (Schlofi tfelun, ( - Liebesverhältnis mit Seloise
Briefwechsel zwischen beiden, Reclams I oireraalbibliothek), der Nichte
des Domherrn Pulbert, verlief bekanntlich schliefilich so, daß sowohl Heloise als
Abälard ins Kloster gingen. \. Btarb 1142 in der Priorei St. Marcel bei Chalons.
AI- Lehrer hatte \. einen grofien I aber auch heft
in Bernhard von Clairvauz. Wiederholl verwarf die Kirche - Lehren.
A. ist cin.r der bedeutendsten Vertreter der alteren Scholastik. Er betont
mit großem Freimut das Recht der Vernunft und di-< Zweifels gegenül
bloßen Autorität Der Glaube ist wohl das Höchste, aber die Verum.
muß die Gründe des Glaubens darlegen und auch entscheiden, welcher Aal
ritftl za folgen ist. In ..m. et aon" werden einander widersprechend« \
iche von Autoritäten vorgeführt und die Methode angegeben, s
1
Abälard — Abbt.
den Widersprach lösen könne; die Schrift ist das Vorbild zu den theologischen
gummen" (Scntenzensaimnlungen). Die Dreieinigkeit Gottes wird so auf-
faßt, daß Gott Vater die Macht, Gott Sohn die Weisheit und der heilige
ist die Güte oder Liebe ist. Die „Dialektik" hat nach A. zur Aufgabe die
Dnterscheidung des Wahren vom Falschen („veritatis seu falsitatis discretio").
Voraussetzung der Logik ist die Physik. Die Worte sind Erfindungen der
Menschen, Btehen aber zu den Dingen in natürlicher Beziehung.
In beziig auf den V n i vcrsalienstreit vertritt A. einen vermittelnden
Standpunkt, wobei er aber dem Nominalismus nähersteht. Das Allgemeine
liegt nicht in den Worten selbst, sondern in den Aussagen („sermones", Sermo-
oismus), in den Bedeutungen der Worte. Das Allgemeine ist ein „sermo prae-
dicabilis", eine begriffliche Bedeutung (Konzeptualismus) ; es ist das von vielem
Aussagbare („quod de pluribus natum est praedicarr)- Das Allgemeine ist daher
kein Ding, keine selbständige Wesenheit. Die Universalien (oder die Ideen)
stieren vor der Schöpfung nur als „coneeptus mentis" (Gedanken) im gött-
lichen ( raste.
Am bedeutendsten ist A.'s Ethik. Diese zeigt, wie das höchste Gut durch
die Tugend erreicht wird. Auf die Gesinnung, den guten Willen sowie
auf das Gewissen kommt alles an, nicht auf äußere Werke, die an sich weder
gut noch schlecht sind. Die Tugend ist „bona in habitum solidata voluntas".
I tas Sittliche liegt stets in der „intentio animi", die Sünde in der Zustimmung
zum Bösen, in der Absicht, in dem, was das Gewissen verwirft („non est pec-
catum nisi contra conscientiam"). Wenn eine Handlung sowohl objektiv als
subjektiv richtig ist, dann ist sie gut, immer aber kommt es auf die Gesinnung,
sittliche Bewußtsein an, das freilich irren kann. „Intentio faciendi propter
im quod convenit et dimittendi quod non convenit sola in se bona est; opus
ven» (|u<nlcunque numquam ex se bonum appellatur, nisi si ex bona intentione
procedit. Intentionis igitur bonitas est propria, operis vero tantum communi-
Bcito te ipsum, C. 7). Das objektiv Gute ist das dem göttlichen
Willen Gemäße und dieses ist das natürliche Sittengesetz. Höchstes Gut ist
Gott und die Liebe zu ihm.
h riften: Historia calaraitatum mearum. — Theologia, 1616 (nur der erste
Teil). — Scito te ipsum, 1721 (Ethik). — Dialogus inter philosophum , Judaeum et
ChrUtunon, 1831. — Die Schriften: Sic et non (1851), die Dialektik und das Frag-
ment: De generibus et speciebus u. a. sind enthalten in: V. Cousin, Ouvrages inedits
d'AbtUrd, 1836. — De unitate et trinitate divina, 1891. — Gesamtausgabe der
Schriften (mit Ausnahme der letztangefiihrten) von Cousin, 1849 — 59. — Vgl.
CH DB EtBMUBAT, Abelard, 1845. — S. M. DEUTSCH, Peter Abälard, 1883. —
\. II" ■•■•■.■in. I Abälard, 1893. — Tu. ZlEGLER, Abälards Ethica, Zeller-Fest-
•chrift, II
thht. Thomas, geb. 1738 in Ulm, 1761—02 in Berlin (Verbindung mit
n d. a.), gest. 1700 in Bückeburg. — A. gehört zu den aufklärerischen
Popularphiloaophen.
Vom Verdienste, 1765. — Vermischte Schriften, herausgegeben von
ai, 1768 — 81 0. 1700, u. a.
Abel — Achklis.
%Im»I. J. Fr., geb. 1 7 ."> l in Vaihingen, seil 1790 Professor in Tuning
■■. daselbst 1810. = Eklektiker, gemäßigte] Gegner Kants. A. war auf der
Karlsschule der Lehrer Schill«
Schriften: Einleitung in die Seeleulehre, 1786. — Über die Quellen der
menschlichen Vorstellungen, 1786. — Versuch über die Natur der spekulativen Vernunft.
1787, u a. — Ygl. V. AJDEB8, J. Kr. Abel als Philosoph, 1893.
\ hiebt. .1. H.. geb. 1762 in Volkstedt bei Rudolstadt, ><it 17'.»" Prüfet
in Krlaii,Lr*-n. Beil l^'l in W'ilna. daselbst gest 1816. Kaiitiani-ii-nntl, auch
von Reinhold beeinflußt
Schriften: Versuch einer krit. Untersuch, über das Willensgeschäft, 1788. —
Neues System einer philos. Tugendlehre, 1790. — Philosophie der Erkenntnisse, 1791.
— System der Elementarphilosophie, 1795. — Revidierende Kritik der spekulat. Vernunft,
1799. — P-\- hologische Anthropologie, 1801. — Enzyklopädie der Philosopbie, 1804.
Abraham ben David ans Toledo, jüdischer Philosoph des 12. Jahr-
hunderts. -- Für Aristotel) den Nenplatonisn
Schriften: Emunah Ramah (der erhabene Qlaube), 1160; mit deutscher Über-
MtSOBg 1 -
ihuharcr Lbu Beirr . . . Ihn Tofail), arabischer Philosoph, geb. am
LlOOzn Wadi-Asch Guadix) in Spanien, gest lls"> in Marokko. = Bein Haupt-
werk ist: Hajj Jbn Jokdh&n; dentsch: Der Naturmensch, übers, von .1
Eichhorn, 1781, ein j>hil«.-. Roman. Ein auf einer einsamen Insel aufwachsender
Naturmensch entwickelt Bich bis cur Erkenntnis Gottes als Geist» in
jen I schauung die höchste Seligkeit besteht (Efa
%«•■■. Narziß, geb. 1871 Professor in Königsberg. A. hat auf Grund
psychologischer „Reaktionsversuche" eine Reihe theoretischer Ergebe
ironnen. Unter „determinierenden Tendenzen" versteht er die „im l'n-
bewuAten wirkenden, von «In- Bedeutung der Zielvorstellung ausgehenden,
auf die kommende Bezugsvorstellung gerichteten Einstellungen, di<' ein -jMin-
tanes Auftreten der determinierten Vorstellungen nach uch ziehen." Die
^Determination" geschieht bo, <lai'» die „durch die Zielvorstellung in Berett-
Schaft gesetzten Tendenzen unter den von der Bezugsvorstelluj henden
Reproduktionstendenzen diejenigen rerstarken, welchen <li«- Bedeutung der Ziel-
entspricht." Durch <li<- determinierenden Tendenzen \sinl «b-r
rdnete and zielbewußte, apperzeptive Verlauf d stigen Geschehene
bestimmt
hriftea: Über die WilleMtltigksit und dai Dfiik. i (auf asperimenta
Grundlage). — Irt und Temperament, - Beitrlge /ur P md
Krkentitnistheorie, 1909 ff. (Sammlung von " ;bien v. •
\«'li<'li^. Mi. lebte als Gjmnasialpi in Bremen,
Wnndt n. a. beeinflußt
hniton: Kthik. L898, Boaioiogi kdL 190t, \ md»
HwiBsenscliaft . philo«, Bedaatong d< — 1)*»
Eweekptisnp ia der modei h. d. Philoi l\. M Lama
II Bteintkel, 1898. — 1 x
\. Uli 1 im — ADICKES.
\< hillini. Üexander, geb. L463 ra Bologna, gest. 1518 daselbst. = A.
ilelei nach dem Kommentar des Avenues. Die „Universalien"
in den Dingen (gemäßigter „Realismus").
triam. Charlea-Ernest, geb. 1857, Rektor der Universität Nancy, Verfasser
ichüicher Arbeiten, über F. Bacon (1890) n. a.
jagement osthötique, 1885. — Etudes sur les principaux
phUotophcw, It0& — La pkilotophia m Fnmoe, 1894, u. a.
ldam*oii. i: —m. iieb. 1852 zu Edinburgh, gest. als Professor der Logik
\. lehrt .inen kritischen Empirismus und Eealismus.
md Subjekt beiden sich aus einem ursprünglich einheit-
l recheinungen sind Arten der AVirklichkeitsverfassung. Geist
un,l . und Manifestationen eines einheitlichen Prozesses.
riften: Kovelopment of Modern Philosoph)-, 1903. — Abhandlungen in der
•;,:. 1\. cd. und im „Mind".
lri<larri ron Bath, englischer Scholastiker, um 1200. = Vertreter der
ffer.-n /lehre", nach der dieselben Objekte je nach der Betrachtung ein
eines oder ein Allgemeines sind.
De eodra et diverso, um 1110; auch in: Beiträge zur Gesch. d.
Mittelalt, herausg. von Baeumkcr und G. v. Hertling, 1903. Quaeationes
Dttarales
Idick« - Professor in Tübingen.
\. itehJ in seinen Anschauungen Panlsen nahe, er ist kritischer Empirist
Kantianer. I >i«- Philosophie ist Theorie des Denkens (Logik,
ad Metaphysik, im weiteren Sinne umfaßt sie auch Psyeho-
ihik und Ästhetik, aber nicht die Soziologie. Sie hat die „allgemeinen
und Prinzipien des Denkens und Erkennens zu untersuchen und
•■■■•/•.-•.;!• ü dari niehi in die Binzerwissenschaften eingreifen. Apriorische
and ni<ht apriorische Erkenntnisse; durch innere Erfahrung
I Minimum ^c> Apriorischen ist nur anzunehmen.
metrischen Axiome ohne Apriorismus möglich; es
imetrie um einfachste, Leichtest übersehbare Verhältnisse
chiede die ein Cur allemal gelten. Nicht die fertige
/ nur der Zwang, räumlich und zeitlich anzuschauen,
terie ist als solche „ein Werk unseres Geistes, sie
Körper gibt es nur für ein
»ni'ier des Verstandes". In uns haben wir
<l die Dinge psychisch, Glieder eines
• •'- ■ .nuiinni die als Körper erscheinen
Li e absoluten, wohl aber allgemein-
this< he Relativismus und
v: I >eU rminismua sind berechtigt.
or, 1887. — Kantstudion,
Die i.ilrn Kräfte in Kants
Adickes — Agbiff \
philos. Entwicklung, Kantstudien I, 1897. — Philosophie, Metaphysik und Einzelwissen-
f.chaften, Zeitachr. f. Philos. u. philos. Kritik, Bd. 113, 1898. — Ethische Prinzip,
fragen (Zeitschr. f. Philos. u. philos. Krit., Bd. 116 — 117). — Kant contra Haeckel,
1901 ; l. A. 1906. — Charakter und Weltanschauung, 1905, u. a.
\<I|«m. F»-lix, Professor der Ethik in New- York, Gründer der amerika-
nischen Gesellschaft für ethische Kultur.
Schriften: Die ethischen Gesellschaften, 189S. — Der Morahmterrieht der
Kinder, 1894.
\<ll«kr. -M.i\. Wien. A. Bucht den Marxismus mit dem Cantscheu
[deaüsmuB eh rerbinden und will auch Hegels „Dialektik*4 als „TotalitJ
denken'4 zur Geltung bringen. Kr tragt nach den Vnraiinnntmngfii des sozialen
Bewußtseins und findet, dafl das individuelle Denken von vornherein ani art-
gleiches Denken bezogen ist Der gesellschaftliche Charakter igt also schon
im Zustande jedes Einzelwesens gegeben. Der Stofi der Sozialwiseenschaft
iteht wohl in WiDenshandlungen und ZweckBetzungen , aber die sozio-
logische Methode ist die kausale, die teleologische nur sekundär, mir regula-
tiver Art (gegen Stammler, Etickert u. a.). Ideen sind „bewußt gewordene
Wirkung ,Formen der sozia] gewordenen BelbsterhaltungM. I>i«' Idee ist
als „Richtungselemenl der Kausalität^ die „Triebkraft44 der Geschichte, i
nicht die ,Maschine" des sozialen Lebens, welche ökonomischer Art ist.
n ritten: Kausalität und T.-U-ologie, 1904. Marx als Denker, 1908. —
PoraUÜpaychitche in historischen Materialismus. \- • Zeit, 26. Jahrg. 1, 1908. —
Ethik 0. Naturalismus, 19 in, u. a.
taajwslliM ron Colonna (Romanus), mit dem Ehrennamen „doctor
rurkbuisaünus**, ur»i'. 1247 in Born, gest. L31Ö in Avignon. Verbindet Lehren
des heil. Augustinus mit dem Thomismus.
trifte»: Quodlibeta, 1481. — De ento et essentia, 1493. — De anima, 14(.M.
— Quaestiones ractapl 1 4 99. — De regUUBC prim ipum, 1473 — Vgl. l!. >< HO
Aegjydiai roe Bon, 1908.
\«kn«ka^ v.in (ia/:i (Syrien), lebte in der 2. Hälfte des 5. Jahrh. d. Chr.
\i ii. bestreitet die Praexistenx der Beele und die Ewigkeil der Welt und
lehrt eine beständige Schöpfung der Seele.
phraatuh" nun I- \ .-!. Aeneas (iazaeus et Xacharias
leneena de inuniirtalitate animae, ed. Boiieoasdo. L88tf.
\<'iieMi<l<'iii<»M b. Ainesidemos.
toMhtaesj b. Aischines.
i^ricola. Rudolf (Holet Euysmann), geb. 1442 zu Bailo bei Qroenin{
■. 1485. Einer der Begründer des Humanismus und Gegner da Scho-
lastik. 1 >;i- Wesen der Dinge ist nicht völlig erkennbar.
8 triften: De iarentione dialectica, i4so. — (|
\^ii|>pa. Skeptiker aus dem 2. Jahrh. d. < "1 » r . - A. führt die Bahn
skeptischen „Tropen* Gesichtspunkte) aui fünf surück. l. 1 h w I nstreil
der Meinungei «c). '-'. Das Himiu^lautcn d.- I*. w.
PPA — i>" \ 1 1 IV-
immer neuen Beweisen (d «.t<'> r;;c et? chcetgov exjzuooecog).
.: and Subjektivität der Erkenntnis (<$ äwo ror ^oc n). 4. Unbe-
?). 5. Zirkelbeweis (d diäXXrjkog zQojrog).
g BlCPIBICüS, DIOGENE8 l.u'iM'irslX, ZELLER, Philosophie der
ha in.
Igrippa II. in rieh Cornelius von Nettesheim, geb. 148G in Köln,
Leben, beschäftigte sieh mit „Magie" u. dgl., gest. 1535 zu
Neuplatonismus und der Kabbala beeinflußt. In seiner ersten
t't lehrt er die Schöpfung der Welt aus dem Nichts gemäß den göttlichen
S ..ii Gottes sind die von ihm ausgehenden Strahlen („Sephiroth"
bala Bb gibt drei Welten: das Elementarreich, die Welt der Gestirne
und dir inteüigible Engelswelt Eine allgemeine Sympathie verbindet alle
und l>iiiLT« und darauf beruht die Magie. Eine Weltseele („Spiritus
wirkt in den Dingen. Der Mensch besteht aus Seele, Lebensgeist und
sitzt einen Atheiieib und wirkt im ganzen Körper. Die
M*f: ihe die verborgenen Kräfte der Dinge erkennt, ist die höchste
Wknenschatt. in der Eweitgenannten Schrift wird A. zum Skeptiker, der die
aller menschlichen Wissenschaft und den alleinigen Wert des
ibens und der Offenbarung betont.
riften: De oeculta philosophia, 1510. — De incertudine et vanitate scienti-
arwe. — <>pera, 1550, 1660: deutsch 1856. — Vgl. MORLAY, The Life of
I i
Ihren»*. Heinrieh, geb. 1808 zu Kniestedt (Hannover), studierte in
•i ward d..rt Dozent, ging dann nach Brüssel und Paris, wo er Vor-
hielt 1834 wurde er Professor in Brüssel, 1850 in Graz, 1860 in
Salzgrtter L874. = Schüler Chr. Krause's. Das Recht
Ganze der von der Willenstätigkeit abhängigen
Veiwiridichnng der Gesamtbestimmung des menschlichen
l- -•'- iukI d.-r darin enthaltenen wesentlichen Lebenszwecke."
■ie droit natural, 1838, 5. ed. 1849. — Naturrecht, 1852,
t. A
l!"'°" "' Nikomedien, lebte im 14. Jahrhundert (gest. 1369).
Maimonides,
ubaom), hrs^- 1841. — Vgl. .T. FÜRST, Gesch. d.
65.
IlicalM Kappnd est. um 355 n. Chr., Schüler des Neuplato-
rt4 in lv,
' x,i'- Alliaco), geb. 1350 zu Compiegne, gest. 1425
Nominaliet Die Gewißheit des A.ußen-
I b 02 des l'lis. Gott könnte die
doch -Ii.- iufieri Wahrnehmung lassen. Das
Omtkn (J ■-> •).••:• h ni'-hi b-w.-i.-«-n. nur glauben.
n'Aiu.s — Alanus.
Schriften: Quaestiones super libros seutentiarum, 1490; Tractatus de anima (in:
Tractatus et sermones, 1490). — Vgi P. T-< ha« KERT, Peta« tob Ailly, 1877.
line^idonio* ans K' lehrte am 70 n. Chr. in Alexandria. =
Skeptiker, Erneuerer des Pyrrbonismus. Ein sicheres Wissen ist ireder durch
Smneswahrnehmung noch durch das Denken zu gewinnen. Zehn „Tropen"
iQonoi% Wendungen) bezengen dies. 1. Die Verschiedenheit der Lebewesen
und ihres Werdens. 2. Die Verschiedenheil der Menschen und ihr- Besonder-
heiten. 3. I>i- Verschiedenheil der Binnesorj i. Die Verschiedenheit der
Zustände des Menschen. ~>. Die Verschiedenheil der Lagen und Entfernungen.
6. Das Vermischtseio des Wahrgenommenen mit Anderem. 7. Di< Verschie-
denheil der Erscheinungen je Dach der Art der Verbindung. B. Die Relativität
überhaupt. '.'. Die durch die Anzahl der Erlebnisse bedingt Verschiedenheit.
1". Die durch Bildung, Bitten, Gesetze, Philosoph» mr usw. bedingte Ver-
schiedenheit (Sextus Empir. Pjrrh. hyp. I. •"♦"> f.; Diog. Laert IX. 79 f.)«
9 hriften. lIvQQwrsUov X6y<ov dxt( VgL NATOBP, Forsch, z.
Gesch. (1. Erkenntnisproblems, 1884. — R. Ri< HTEB, Der Skeptizismus in der Philo«.
1, 1901. — A GrOKDBGKEMETEB, Gesch. d. griechischen Skeptizismus, 1905.
li<*<*lliii<w aus Athen, um 1 <> .. I hr. - Schriften: Sieben Dialoge.
— Vgl. Dl<'< . 1. MIM . II, 60 ff. — Hi:iMl\w. De A.-,hinis Socratici reliquiis, 1850.
li*<'liiii<k<« aus Neapel, um l''*1 \. Chr., einer der Vorsteher «1er Pla-
tonischen >chulf zu Athen.
Ikademiker: Philosophen au- der Schul. Piatons Akademie) in Athen.
.Man unterseheidet die altere, mittlere und neuere Akademie; dir beiden
letzteren umfassen die zweite, dritte, vierte und fünfte Ak. Der älteren
-«•renj A. gehören an: Bpeusippos, Krates, Herakleides au- Ponl
Philip|>08 aus <>pn-. Hermodoros, Polemon, Krates aus Athen. Der
zweiten A. welche eine skeptische Richtung vertritt : Arkesilaos, Karnead
Der dritten: Kleitomachos. Der vierten: Philo n von Lariasa. Der fünften:
Antiochoa von Askalon. In der mittleren A. herrschte ein gemäßigter
Skeptizismus, in der neueren ein Eklektizismus.
iksakow. Alexander, Staatsrat in Petersburg Spiritist.
ritti-n ..ArniiiiMiius und SptlitUmOS", 18
Alami^ ah insulis Etyssel, AUain de rille), gest. um 1203 in Citeau.
Unter dem Einflüsse von Aristoteles, Boethius, Gilbertus Porretanus, Tnierr]
von ( 'hart ii-. Die Schrifl .1 ><• arte Bdei catholicae" befolg! eine annliche Methode
wie die „Ethik** Spinozas (Definitionen, Postulate, Axiome), [n dem Lehrgedichte
\ iii-( 'laudianu-" wird eine Xu-aunm nta-Minu dt- geil sehen Wi->< n-
I >i- Schrifl „De planctu naturae" enthält Naturphilosophische* (Jotl
i-t di. Ursache des Formalen und Materiellen der Dil wirkt in den
I >ing< n ist eine Einheil i „moni
briftem: I* ra theolo^i». Di
Ptfrolog. T 110. - « II. r.MM«.\iMMi: In.- PaJIoi .1 v i
g AI BKRICB Ai ,i;i:i:t DBB GB0S8E.
Uberftrh von Kheims, Zeitgenosse des Abälard. = Gegner des Nomi-
y^rieu GeBtilto, geb. L551, gest. Hill als Professor zu Oxford. =
\ orlSuf r von 11. Grotius.
. tkaibu, l 685. — De iure belli, 1558. — De iustitia bellica, 1590,
\1Imi! <I<m Große von Bollstädt (Albertus Magnus), geb. 1193 zu
- hwaben), studierte in Padua und, nachdem er in den Dominikaner-
. in Bologna oder Paris. A. lehrte dann Philosophie in Köln,
dann wieder in Köln. Eine Zeitlang war er Bischof von
starb 1280 in Köln. Durch seine große Gelehrsamkeit war er
ne nicht unbeträchtlichen naturwissenschaftlichen Kenntnisse ver-
• ii ihm den Ruf ein« Zauberers."
oer der bedeutendsten Scholastiker. Er stützt sich in allem, was
hren der Offenbarung betrifft, die von denen der Philosophie scharf
« otlich auf Aristoteles. Als einer der ersten Scholastiker zieht
is i Philosophie heran und benutzt auch deren arabische
ii. Altaräbi. Avicenna, Averroes u. a. ; auch Ihn Gebirol („Avice-
tfaimonidee zitiert er häufig.
Metaphysik („philosophia prima") handelt vom Seienden und dessen
Prädikaten (Einheit, Wahrheit, Güte). Das Allgemeine ist
den Dingen im Geiste Gottes, in den Dingen als Gattung,.
als Begriff. Das Prinzip der Individuation (Vielheit) liegt
in dl M \s Substrat der Form. Die Vielheit ist durch die , .Division"
In der Materie ist nur der potentielle Beginn der Form
i inchoationis formae"). Da- Werden ist die „Eduktion" der Form. aus
Da« Allgemeine liegl nur in der Form. — Gott ist „ehs a se'*,.
nicht vollkommen begreiflich; durch den kosmologischen Be-
D - ein festgestellt Er ist eine Einheit, die besonders als tätiger
aus der andere Intelligenzen hervorgehen. Die Welt ist
»ndern von Gott aus Nichte geschaffen, was für uns ein Wunder
Dil M ebenfalls geschaffen, auch die Zeit hat einen Anfang.
- Wille und Ventand wirken in der Welt; das Wesen Gattes trägt alle
wären. m der Dinge ist das (in ihnen treibende)
W< I dii Dinge dem göttlichen Intellekt entstammen,.
Di( [Bedeutung von Erfahrung und Beobachtung für die
von A. betont.
Substanz und „actus", die aktive „Form"
U -•• • irinzip | prineipium physici corporis
■■' habentis"). Die vernünftige Seele ist im körperlich
Intellekt M ein Teil der Seele und der Träger
ppetitiven und bewegenden Kräfte, die ins-
Die Seek isl unsterblich („manet
Den „intellectus posaibaw", der
Ist mir ein potent ieller
Albert des Crosse — d'Alembert.
Verstand. Der Mensch hat einen freien Will eo („liberum Arbitrium"). Prinzip
der Sittlichkeit ist das Gewissen, welch.- als allgemeines Prinzip angi
ist, wenn ee ancfa im einzelnen irren kann. Untrüglich ist hingeg
der ..Funken- d< Im ursprüngliche, reine
Sittttchkatsbewußtsein ..-. mp.r inclinana id bonnm et remurmorans malo, in
null.) D6C riatore nee damnato exstinguitur in fcoto"), das niemals erlischt D
Ausdruck ..-viit.ivm.--- suers! bei Hieronymns, dann bei Basilim G
dem Großen, Tertnllian, Maximus Confessor, Alexander von Hui.- n.
Die Tugend definiert A. irie Augustinus und unterscheidet von den vier Pla-
tonischen Kardiiialtugenden und den übrigen „virtutes acquiaitae" die drei theo-
logischen Tagenden (Glaube, Boffnnng, 1. s ,,virtutes infusae". Die selig«
Schauung Gottes ist das End/ie] des Menschen. — Die Anhänger Alberts winden
ala „Albertisten" bezeichnet. Ajb größter Bchüler ist Thomas \<»n Aquino b. d.)
Hauptwerke: Summa theologica. — Summa de creaturis. — Opera, L651 ;
ständiger, ed. Borguet, 1890 tf. — Vgl. .1. Siohakt. Albertus Magnus. 1857. —
< >. I» A-s.Mi.f.v. Albert le Grand, 1870. — G. v. Hi'ini.iNf,, Albertus Magnu-. 188
— .1. 1>.\( ff, Des A. M. Yerhältn. zur Erkenntnislehre d. Griech. u. Römer, Araber u.
Juden, 1881. — h. Mhh\i:i. A. d. Große, Zeitschr. f. katho). Theol.. Bd. _
Bd. IT. • \ >< UM nun, Di.- Ptyehologifl A. d. Grollen 1, 1903.
Albert »on Sachsen (de S • Lehrer an der Pariser Universität,
L390. Scholastiker, Nominalist.
briften: QoaeräoMl in libros de coelo et de mundo, 1497. \^.. PrAXTL,
Gesch. d. Log. 1\ .
\lhino*. lehrte am 151 152 n. Chr. in Smyrna. Platoniker.
hriften: Kommentare zu Piaton. — i i rot //
llhino*. um i1 - 1 ii. ein. Neuplatoniker.
\l<*iiiiiu*. Albinius, geb. 7:;.'» in York. Lehrte Beil 7^_' am ILO Karle
Grotten an der Hochschule, dann Abi von Tours, gest. 904 daselbst = Durch
dir Begründung ron Klosterschulen verdient Schrieb über Dialektik, Rhetorik,
au.-h Psych ..1>. animae ratione**), «reiche ron Augustinus beeinflußt ist
• immateriell, ansterblich, mit freiem Willen begabt.
: (»pera, L615, 1777. VgL I..>i:i\ix. Aikuin-' Leben, 1
\l<'iiiaiiiii. Vir Salerno. Positivistische Richtung.
i. iilt.n: Intindu/.ioiir ad una psitologia dcl dubbio, Kiv. ili filosotia. —
ssitato peichico, 1903. 1'. Cnretti, 1904, u. a.
d* ilcnilx'if. Jean le Bond geb. 1717 in Paris, gest Ibsi als
■ i.u der Akademie.
Mit Diderot o. b ec die für die Aufklärung leutsame I
ctopeclie ou dictionnaire raieonne' des Bciences, des arts et de* mätiers" 11
heran-. Die Einleitung dazu (Discoun preliminairej ist von ihm. Im \
Bchlusse an I. Baooo gibt er darin eine Einteilun( lenschaften und
erörtert deren l raprung.
I' Uemberl \<-rtntt .nun Pusitivismua und Relativismus w
D \i imi;h:i \i i\ \NPKU.
Relationen swiBchen den uns gegebenen Erscheinungen,
deraelben. Prinzip der Moral ist das wohlverstandene In-
untwohl berücksichtigt. Das Wesen der Materie und
:,:„. Alles Erkennen geht aui Empfindung zurück. Das
Kombinieren, Verknüpfen, Ordnen. Dct Substanzbegriff ist leer,
eine abkürzende Bezeichnung für quantitative Relationen.
iitti rature, d'histoire et de philosophie, 1752 u. 1770. —
, • Oeuvres philos., histor. et litter. 1805, 1820. —
. 1887. — Vgl. M. FÖRSTER, Beiträge zur Kenntnis
de* Charakter l'hilos. d'Alomberts, 1892.
Mexander ron Aigai, im 1. Jahrh. n. Chr. = Peripatetiker, Lehrer
iften des Aristoteles.
tlcvamler. Beruft, Prof. in Budapest. — Schriften: Der Pessimismus
de, 1884. — Kants Lehre vom Erkennen, 1876 u. a., ferner ungarische
iften über Kant, Psychologie, Ästhetik u. a.
\I«\.iimI<i . Samuel. = Evolution istischer Ethiker. Das individuell Gute
Einhaltung der Harmonie /.wischen den verschiedenen Funktionen der
mens \ •. Sozial gul ist die der gesellschaftlichen Stellung ent-
, !:iii.ilui._ Sittlicher Endzweck ist das im Gleichgewicht er-
. l.ln aller Personen, „an order or system in which the functions
maintained'', „the health or vitality of the society". Zwischen den
steh.1 ein Wettbewerb; das als passendstes sich erhaltende
« lute.
riften: Moral Order and ProgresB, 1889, 2. ed. 1891. — Abhandlungen im
%l<'\aii<lcr ron Aphrodisias (Karien), der „Exeget", lehrte zwischen
Chr. in Athen Philosophie. Berühmt als Kommentator des
hie Lehre von der Durchdringung der Körper sowie
••• ' ' ,iiii~iini-. I»;i- Allgemeine als solches ist nur im Denken.
Leibes i-t vergänglich, nur der (göttliche) tätige In-
blich. So lehrten auch die italienischen „Alexandristen" in der
nmontare ist erhalten, ferner die Schriften: liegt ipvxfjg (De
' (Dfl lato, 1824), Ihm fltgecog (1527), Quaestiones
1 '•:;■'• ntar. n aristol tsphya., L847. Weitere Kommen-
rliii.r Aristotelee-Aoagabe. — Vgl. Freupenthal
b: Abtsr. zu Berlin, lssr,.
ItoUMs^et k us, um 170 n. Chr. : Peripatetiker in Athen.
%,# ^"i.i.r ii, :. poctOT irrefxagabilis", ans der Grra&chaft
tmte Philosophie des Aristoteles und einen
innt und sie zur Begründung
ALEXAJTDEB — AliFREDÜS An«. LH I B. U
der Dogmen benützt hat. Bezüglich der (Jniversalien ist B alist". Vor den
Dingen sind die Universalien im göttlichen Geeiste. All haffene l»«>sfeht
au- Materie und Form (wie nach Um Gebirol .
Schriften: Summa univereae theologiae, 147ä, läTG. — Vgl. .1. A. ESnDUSB, Des
AI. von H. Leben u. psychol. Lehre, in: Philoe. Jahrb. 1888.
Alexander >V<dkam. lehrte um 1180 in Pari-, Btarb um 1217 bei
Worcester. = Scholastiker, vertritt den „Realismus" betreffe «ler [Jniversalien.
Schriften: De naturis rerum, hrsg. von Wright, 1863.
\ lexamlriner: 1. Vertreter der jüdisch-griechischen Philosophie in
AJexandrien (Ägypten), wie Philo Judaeus u. a. 2. Neupythagoreer fs. d.)
wie Nigidius Figulus u. a. und Neuplatoniker (s. d.). :;- Die christlichen
<.ri".-tik.i au- drr Katechetenschule zu Alexandrien, Clemens, <>n_
n« - u. a.
Vgl. Hassei.i;a< h, De »chola, quae Alexandriae lloruit, catechetica, 1826. —
Va< HSEOT, Histoire critique de l'ecole d'Alexandrie, 1846 — 51.
ll<kxaiidri*ten 8. Alexander von Aphrodisias.
llexino* an- Kli-. um 300 v. Chr. Schüler des Ektbulidee von Ifegara.
— Kristike, (s. «1. ■
Schriften: liegt äycoytfc (Fragment bei Philodemos). — VgL DlOO. I.ai i:i. 11,
1«'- tf.
llfarahi | U>u Nasr Mohammed), arabischer Philosoph, geb. am 900 eh
Halali Turki-tani. -tu«li«Tt«' und Lehrte in Bagdad, ging oach Damaskus und
Aleppo, wo er von dem Lehrer der Süfu beeinflußt wurde, Btarb 950 in
I Damaskus.
\. hat zuerst unterdes Arabern die Logischen Schritten des Aristoteles
kommentiert Im übrigen steht er unter dem Einflüsse de- Neaplatoniamus.
Er unterscheidet „logica docens" und .,1. uten- ■■ Das Allgemeine ist in den
Dingen, nicht selbständig. <;<>n ist da- notwendige Bein, welches die Vor-
aussetzung der ganzen Kau-alreihe des Uniyersnms ist EJr ist Weisheit, Macht.
Will« und «l.i- (inte. Ali- der göttlichen Einheit emaniert der Intellekt
diesen] die Weltseeli . au- dieser gehen «li« sinnlichen Seelen,
die Elemente, «li«- Materie .mit der «li«' Form verbunden ist) hervor. l>i<- Ver-
nunftseele des Menschen i>t unsterblich, sie ist der wirkende Intellekt.
der au- «lein potentiellen durch <l«'ti göttlichen aktiven Intellekt geformt wird
(erworbener Intellekt). Das Sein ft Beiner Form nach mit der Nanu des l
kennenden, dem Intellekt, identisch.
B triftta: Dt iriftiii ■. Do inta Opera, L688. KontM
Bttita am, La: BthmSldtr, Documenta philotopfeiat Aralmm, L836. — A.« phi
a.baaad)., tag rot Dietsriei, 1890, itatat* 1891. vgl Mink. M»'-itnge«, p
II 8 I I IN-« HM IM i: \. im aral.. Philo» LsbCI u. v
llfrtMlii« anglicnM, /ait Lr< uosse von Rogei Ba Die Beete i-t
zugleich <li< Lebenskraft und hat ihren Siti im Berten.
triftta Dt motu tordia, ui : Bil phoraai ntditt ictatia,
Barata, n, i-
\l Q \/il. — Al.LlHN.
%i-a/«.| \ i mid Mohammed Ihn Mohammed Ihn Achmed AlghazzÄli),,
aml, in Ghaczaleh (Persien), studierte in Tus, lehrte-
i SAfi m Damaskus u. anderen Orten, starb 1111.
Irthodoxie mit Skeptizismus in der Philosophie
h. n [deen. Betreffs der Universalien ist A. Konzeptualist
nur im Denken). Die Kausalität ist kein festes Gesetz,
h. ebenso die Schöpfung aus Nichts. AVährend er in der
1 al hlÄsifa" (Zielpunkte der Philosophie), 1506, 1888, be-
sonders \ enna beeinflußt ist. bekundet er in „Tahiifut al-faläsifa" („De-
phorunr') seinen philosophischen Skeptizismus und in ,,Ihijä
ine < Orthodoxie.
Mt>i ei i:. Ilssüi sur les ecoles philos. chez lee Arabes, 1842.
llkenrii Abu Juauf Jacub Ibn Ishak AI Kindi), geb. zu Basra um/
-t und m Bagdad, starb um 870. Arabischer, Arzt, Mathema-
lora; dei Philosoph bei den Arabern = Aristoteliker, vom
ius und V ■uplatonismus beeinflußt. Die Mathematik ist die
dler Wissenschaft.
•>n: Philos. Schriften hrsg. von A. Nagy, in: Beitr. zur Gesch. d. Philos*
i:telait., hr«_\ von Raeuinker u. Hortung, 1897. — Vgl. SCHMÖLDERS, Essai sur
loa. ehez les Arabes S. 131 ff. — G. FLÜGEL, Al-Kindi, 1857.
%lkid;ini;i-. .in Sophist, der über das natürliche Recht gesprochen hat.
I -•. AKI8T01 i i i 3, fthetor. 1, 3.
llkinoo* -"11 ein IMatoniker gewesen sein. Die ihm zugeschriebene
Udaaxaltxos '">>■ TDmt6vcov doyfidxcov (Introductio in Platonis
»hl von Alltinos her. — Vgl. J. Freudenthal, Helie-
m»ti» II. 5, 187».
llkmaion :m^ Kn.ton, Zeitgenosse und Schüler des Pythagoras, Arzt
A führt die pythagoreische Lehre von den Gegensätzen
3 le hat, wie er /u. ist lehrt, ihren Sitz im Gehirn; sie bewegt.
j. findung. i, -«langen durch „Poren" in die Seele.
Diels, Vorsokrat. [, 100 ff). — Vgl. J. WACHTLER,
%,h*n- ÜSCher Ästhetiker. — Schriften: Physiological
1879. The Evolution of the Idea of Godr
~~ ,)- • im „Kind".
*■*•▼• l'rot. m Turin. = Idealistische Richtung.
antropologia e logica, 5. ed. 1900. — Saggi
• e Dell1 ordine pedagogico, 1883. — L'uomo e
studi p«da ._ Opiucoij pedagog. 1908, u. a.
lmi"'- rieh Theodor, geb. 1811, gest. L885 bei Cöthetn. =
Di« Qnmdlehren «I. allgemeinen Ethik,
Alrutz — Amerba« h.
Airatz, Sidney, Prrvatdosent in öpsala. = I»'-; Böhmen ist nach A.
■eine besonder«- Empfindung des Hantaiimes.
Schriften: Über den Schmerzsinn, 1901. — Zur Physiologie u. Psychologie d.
Gemütsbewegungen, 1901.
llstedl. Job- Heinrich (Alstedius), geb. 1588 gesl U 3. Gern
Anhänger des Petrus Raum-, einer der ..S-mi-Kamisten' .
B hritten: Clavis artis Lullianae et verae Logicae, 1609. — Corupendium philo-
sophiae, 1626.
\l(lin>iu> (Althus), Johannes, geb. 1557 zu Diedenhansen, gest LI
= Rechtsphilosoph, l«hn <li<- Souveränität des Volkes, dessen Rechte durch
<lie „Ephort'ir- gewahrt werden.
Schriften: Politica, 1605, 1610. — VgL O. GlERKE, Joh. Althusius. in: l'ntcr-
. /.ur deutschen Staats- u. Rechtsgesch., 1880.
Imafiiiin*. einer der ersten Römer, der über Philosophie schrieb.
Epikureer, nur aus Cicero bekannt.
tmalri<'li (Amalricus) von Bens Amaury de Bennes), geb. im Gebiet
von Chartres, lehrte in Pari-, mußte widerrufen, '_re»t. iL'1 '7. Seine Sehn
heißen A ms 1 ri es d er.
\. lehrt unter dem Einflüsse von Job. Bcotus Eriugena einen Pan-
theismus. Gott isl das Wesen aller I > i 1 1 ix» • und ihr einheitliches Sein. Tm<-
[deen sind geschaffen and schaffen selbst Alle Dinge kehren schließlich sur
ttlichen Einheit zurück und bleiben unveränderlich in ihm. Nach der Lehre
der Amalricaner isl Gott Urheber nnseree (guten oder schlechten) Willens.
I >i>- Abhandlung „Contra Amaurianos" isl von Garnerius von Rochefort
(um 1210).
. Ki:«»M.i:r Dg. Studien n. Kritiken, L847. — BAEUMKEB, Jahrb. 1.
Philos. u. ppekul. Theoi. \ 11. 1893; VIII, l.s'.M.
Iininoxi. Luigi, Privatdocent in Rom. A. vertritt einen „dynamische)
Monismus", wonach die Materie an sich Geist ist.
8 "i SJgi° "ll" IirnnsgiiissMms, 1891. — La paicologia doli' Immagina/.
1 j.rin« ijii di — Che cos' e la niateria, 1899. — 1
ulla tilosotia : 1. Puoologia, -l cd. 1910. 11. 1. I, ad. 1910;
111. Etica, •-'. ad. L9(
iiiM'lio^ (Gentilinianus) aus Ameria, 3. Jahrb. n. Chr. Schüler des
Plotinos. liw Gegensatz zu Plotin lehrt er <li»- Einheit der Seelen in
Weltseele im göttlichen i • -im 1 drei II u: das Seiend«
»ende und des Schauend« ■
.•■- Plotin im Ajihing zu
iiiM'iii . Carl Wilhelm, [Bamberg. riaklasg i
und Daakaa baiaa Kii e — Begrifl und B< r Kindei
. KiBdaneslaakuada, I. a. L9
tllH llHH ll. \ M Witt.
-tritt mit Melanchthon ar< gen -I« i I
\mi:ki. v< 11 — Anw uiORAS.
Ihm Melanchthon: ..Kndeleeheia"). — Schriften: De
inima. 1542. — Dt pkÜMOphia naturali, 1549.
tiiimnii. Otto. Sozialbiologe, betont die Bedeutung- der natürlichen
1 lese für die menschliche Rasse, die dureh Beseitigung alles Antiselekto-
Iho natürliche Aiulete beim Menschen, 1893. — Die Gesellschafts-
on Grundlagen, 2. A. 189G, u. a.
Imnionio* nm Alexandria, im ersten Jahrh. n. Chr. Lehrer des
Chaironeia.
tiiimoiiio« llermiae (Sohn des Hermias), lehrte um 500 n. Chr. in
- büler des Prokli
olia in Piatonis Phaedrum, ed. Couvreur, 1901. — Commen-
ias et Porphyrii Isagogen, 1545.
Immonios Sakkas (der ^ackträger), lebte um 200 n. Chr. in
mdrien. Hat nichts geschrieben. Begründer des Neuplatonismus.
ZELLER, Grieeh Philo«. 111, 2* — L. Dehaut, A. S., 1836. — G. V.
sei \. s., 1874.
\iii|m re. Andre* Marie, geb. 1775 in Lyon, Prof. der Mathematik und
16 in Marseille.
• ilt die Wissenschafteo in „sciences cosmologiques" und „noologiques"
laften) »-in. Die durch das wissenschaftliche Erkennen be-
. den konstanten Relationen der Dinge zugrundeliegenden Wirklich-
er ah Noumena". Die Erkenntnisfunktion besteht in der
rstellnngen vermittelst der Relationen, die wir zwischen
' nt'l«<-ki-ii.
-ai sur Ja philosophie des sciences, 1834 — 43, 2. ed. 1857. —
mi1 M. de Iüran bei Uarthol. Saint-Hilaire , Philos. des deux Ampere,
18S6, u. J. J . [ntrodaetion h Ja philosophie de mon pere, 1855.
%nutolio«. Schüler des Porphyrioe, Lehrer des Jamblichos.
\iia\;i-ni ;»- Kkzomenae (Kleinasien), geb. um 500 n. Chr., lebte
I and da Perikles, wurde der Gottlosigkeit angeklagt, ging
irb dort um 427 n. ( Ihr.
riechischen tfatiirphilosophen. Er lehrt eine
Werden und Vergehen ist gleichbedeutend mit
> und Trennung (SidxQtoie) von unveränderlichen Teilchen.
; men" in ,;„,,,,, ,t\ der Dinge; Dach dem Vorbilde
ter „Homöomerien" {öfniofiigeuu) genannt, weil
I told- und andere Teilchen) sich zu den
verbinden oder wenigstens in den be-
entlich ist „alles in allem" (ndvra iv
M welchem alle Teilchen onge-
od ruhten. Neben diesen materiellen
tanz oder Kraft, den „Geist"
Anax.u.ora- An.wimi.n' 8.
Der „Geist*4 ist unbegrenzt, für sich Betend, rein, der Grund der I
wegunir und Ordnung (sl&a 6 ■ Wm» ovrd (V r). Kr i-t allwissend
:) und allmächtig, eins mit der Gottheit [Stofflich i-t er nach
Peipers, Dilthey, Gomperz, Windelband, Zeller o. a.. immaterieU
nach Heinze, Arleth u. a. . [ndem der „Geist" zunächst an einem Panl
hwung bewirkte, welcher immer weiter um -ich griff, a ill-
mahlich die Sonderang dir aligleichartigen und die Verbindung der gleich-
artigei) Teilchen. Da ist da- Zweckprinzip, von dem alter (wie
Aristoteles es ihm vorwirftj A. keinen weiteren Gebrauch macht. Den
Pflanzen schreibt A. Beseelung zu. sie und die Tiere sind au- Keimen.
die aus dem Äther aut die Erde Geld nden (damit Bind neuere ..!,
■In ■• Hypothesen, /. B. bei Arrhenins, zu vergleichen).
Die Sinne empfinden Wanne durch Kalte USW., d. h. durch Ungleich-
artig en Empedokles). Wahre Erkenntnis ist aber ein Werk dee
Denkens, da die sinne nicht genügend analysieren. Schüler des A. Bind
Archela<>- und Metrodoro> von Lampsakos.
ritten: lln/i (pvoeOH bei Diels, Vorsokrat. 1, 293 1t. — Vgl BCHAUBAGH,
Anax. Clazoni. Fragm., 1 8 -J 7 . — l'.i:i Hl:. Die Philo«, d. Anaxa^r.. 1840. — Hl.IN/l.
l'ber «i. »ef,- des A., 1890. — K. Ami Ml, 1' I. ihren d. A. vom Geist u. d. -
Arrh. f. Gesch. d. Thilos., Bd. 13.i.
Aiiaxai'clio* aus Abdera, Schüler des Demokritos, skeptische Richti
her Endzweck des Handeln- ist die Glückseligkeit
liiuximaiirior aus Mihi. geb. am 610 v. ehr. l—^
A. gehört eh den jonischen Natarphilosophen. Als Prinzip der Ding
stimmt er einen qualitativ imbestimmten [Jrstoff, das „Unbegrenzt« ' \; ron
. welches ansterblich and anvergänglich ist. Kr ist wohl nicht ein
Gemenge wie Aristoteles, Kitter. Teichmüller o. a. meinen), Bondern
eine Substanz, welche die Qualitäten der Dinge nur potentiell enthielt (Zeller
u. a.i. Da i rgrund mufi anendlich sein, damit das Werden sich oicht •
schöpfe. Alles stammt ans dem Apeiron and alle Dinge kehren in dasselbe
zurück, ..tun zu büfien tür ihr Verschulden nach der Ordnung der Zeit ><k
<;tv y<u dtxijv ifjt ädixiat xata r,ti roC /<_-'■ An- dem
Lpetron gehen durch Scheidung zunächst Warme- and Kalte- und dann ans
di- -cm das Feuchte, die lade, die Luft and das Feuer hervor. Eine unendliche
Anzahl von Welten folgt aufeinander. Der ursprüngliche Zustand da I
war ein Flüssiger. I >i< l haben sich ans dem Feuchten unter dem Kin-
tlni. der Warme entwickelt. An- Beetieren -ind die Landtiere h en,
darunter auch die Menschen. Hier -ind also Anfänge einer Entwicklung
theorie vorhanden. Di( Se< Menschen ist luftai
.•riftei. // i\k-l. Dialt, V.THokr. I. 11 lt.). — Vgl« Sch
UAGHD, \\W. 111. Bd. Niiii\i-ii:. A. Mile* LVATORP,
Philo«. Monatr
\i.a\iii.<ii< ^ ml Milet. lehrte um urb uro 528 v. Uhi
Einer der Uteren jooiachen Naturphiloaophfn , Ak Prinzip, i
\\v\imim> Inselmus.
L,uft Sie ist unendlich und beseelt (Hylozoismus). Alles
nhl auf Verdichtung {xvmvomhc) und Verdünnung (uärwaig, dgatmatg)
| ■:•,;. 1 , ,;, i w »er gehen aus der (Ur-)Luft hervor. Auch unsere
\\ !«■ unsere Seele, die Luft ist. uns zusammenhält, so umfaßt
und Lull das All v'7V '/ n/*e*SQa &VQ °$aa ovyxQaxst r//t«c,
ua xai aijg nsQiixsi). Ähnlich lehren Diogenes von
und Id. ii Hirnen.
i' wkrmtiker l, 17 lt. TEICHMÜLLER, Studien, S. 71 ff.
tmillnn. .'. P. Friedrich, 1767—1837, preußischer Minister. = Von
: Glauben und Wissen in d. Philosophie, 1824. — Pensees sur
tmliY'. V. M.. 1675 -1764. Jesuitenpater und Philosoph. = Schüler
t«a: Oeuvres, 1 766, 1843.
\ndnae. Antonius, „Doctor dulcifluus", Scholastiker des 14. Jahrh.,
- Dune Scotus.
ri ften : Kommentare zn Petrus Lombardus, Aristoteles undBoethius. — Quaestiones
ti.us 1 1 ri n c i i . ii < rerum naturalium, 1489.
tiiriroiiiko* von lihodus. lehrte um 70 v. Chr. in Rom. = Ordner
Schriften (mit der Logik beginnend) und Kommentator.
ITIG, A. v. Rh.. 1894—95.
\n-<'ll. James Roland. Prof. in Chicago. = Vertreter der experimen-
Pi 1905 ii. a.
lagetau Silestaa - ächeffler.
\ BBlkerlt J aus Kyrene, gehört zu den Kyrenaikern (Schule
Ziel des Handelns ist die Lust, aber nicht bloß die egoistische,
- der Mitgefühl, Dankbarkeit, Freundschaft u. dgl. erwächst.
l '■> it.
■MflBHHi Canterbury, geb. I1 >:;:'» zu Aosta (Piemont), wurde
"■ KJoefc formandie), 1063 Prior des Klosters und
M.t. 1093 Erzbischof von Canterbury, gest. 1109.
Begründern der Scholastik. Die Dogmen der Kirche
ihnen hat alles Denken Beinen Prüfstein. Ohne Glauben
m Glauben ist zur Erkenntnis (der Gründe des
[ch glaube, um zu verstehen" — „Credo, ut in-
tinus, de vera relig. 5 u. ö.). Nie aber
biütteri werden; «Ins Unbegreifliche
Qommen werden. Es gibt nichl nur ein
Wahrheit an sich und die ist Gott, das
ind etwa« I: Realismus"),
i Ideen. Urbilder der
AHBELMUfl Am iiwter. 17
Dinge im gottlichen Geis! • hat die Welt tm Nichte geschaffen. I
menschliche Geist ist ein Abbild des göttlichen und hat wie diu
Ventand und Liebe, welche im Glauben wurzelt. Der menschliche Will'
von Natur frei, auf das Gute ^'-richtet.
Berühmt ist A. durch Bein „ontologiseh- iment für die Dm
_ium). Aas dem B< Gottes irird dessen Rxisten?! gefolgert
Das . was wir denken können, ist Gott Gott ist mnichst als Inhalt
unseres Denkens wirklich. Zur vollen Realität gehört aber noch das Sein
außerhalb onseree Denkens, wie es die Außendinge haben, Würde nun Gott
nieht real außer ans existieren, dann wäre er Dicht das Größte, weil ihm et?
eben die Ej istenz außerhalb <U>> Gedachtwerdens, fehlte. Also muß Gott, zu
(h-ssen Begriff ial- ..Größtes4'] das Sein gehört, existieren. Was aber das
ißte ist, begreift selbst der Tor. der Gottlose. „Convincitur ergo insipiens
v.l in inteUectn aliquid bonum quo malus cogitari nequit, quia hoc quinn
audit intelligil et quidqnid intelligitur in inteUectn est At certe id quo maius
gitari oequit, non potest esse in inteUectn solo. Bi enim quo maius cogitari
neu potest, in solo intellcctu foret, atiqne eo quo maius cogitari nun jx.r
mai ergo procu] dubio aliquid, quo maius cogitari
non valet, et in inteUectn et in re*4 (FrosL
II wandte der Mönch Gaunilo (aus dem Kloster Marmoutiers l>»-i
I n m der Schrift „über \>n> insipiente" ein, aus dem Verstehen des Gott
riffs folge noch Dicht das Bein Gottes im Intellekte und a m nicht ein
reales Bein Gottes. Aui diese Weise könnte man die l itenz aller mögüehwi
Fiktionen erweisen, während in Wahrheit die Realität eines Objektes schon
tsteheo mui'.. bevor aus dessen Wesen etwa« wird. Anselm betont
im „über apologeticus contra Gaunilonem", sein Argument gelte eben nur für
das „Größte**. In «Irr Folge ist wiederholt der Versuch gemacht worden, das
ontologische Argument Den zn formulieren und zu retten iv-1. Descartes
In „Cur Dens homo" entwickelt A. die Lehre von der Erbsünde und vmi
der „steUVertretenden Genugtuung1' (Sa tief actione theorie) für die unendliche
Menschengeschlechts durch den Mensch gewordenen <;<>tt.
hriften: Dialogus de gnmntlico, - Inalotfu» de ?eritato. - sinn. —
quinn Dei), Da Li litrio, — dir Deut hono: Oj.era, i:
i")T aTisjns, PatrologiM mos, T
l:. II k88B, fl 1 >«»Mi i DE \'<>i:
\ii(i^ono^ von K um 225 \. Chr., \ von |
beschrabungen von Philosophen. 7gl, 1:. Cöpke, I
llltiodlO* von Askali - -i. um Chr. W
' hr. Lehrer I Schüler Philons von i runder der fünften
idemischen Richtung bexw. der späteren Akademie. Eklektiker, »tark roo
dei - influßt
< II LPPl !-
%iiii|»at<'i- ■ Kyn - hüler d< ip|>os.
■
\\ iir.\ in; — APELT.
lailpalfi B Nachfolger DiogenesMes Babyloniers im'
\
%,ni|».iMi i am 45 v. Ohr. in Athen, Stoiker.
iiiiiplioii. - äse des Sokrates, Verfasser einer Abhand-
Vgl. DlELS, Vorsokratiker, II.
lattfrtfcCTfi ; \; am 366 v. Chr., Schüler des Gorgias,
lehrte im Gymnasium Kynosarges, Gründer der kynischen
-
\ , aui ethischem Gebiete. Es gibt nur ein Gut, die (auf
ml: alles, was zwischen ihr und dem Laster liegt, ist
Adiaphoron. Es gibl nur eine Tugend, und sie reicht zur
Lbstgenügend (Autarkie). Genuß ist zu verwerfen,
; und Geringschätzung aller Güter der Menschen geziemt dem
stets tugendhaft bleibt und wahrhaft frei ist, indem
d. h. das zu unserer Natur Gehörige {plxsiov) tut. Der Weise
und verehrt nur den einen, nicht aus Bildern
n ist döga <u>/i')))g fistäXöyov, die Definition geht auf
xo xi ,tv /) eou di]X&v. Es läßt sich nicht widersprechen
und es gibt nur identische Sätze, wie: der Mensch ist
i . VI. — MULLACH, Fragmenten. — F. DÜMMLER, Antisthenica,
•" u. der xenophontische Sokrates.
In ton in* Andreae b. Andreae.
\|n'lh*-. -1' n. Chr., BchüleT des Marcion, Gnostiker. Lebte
drien, dann wieder in Rom. = A. unterscheidet von dem
ii. der die Welt geschaffen hat und von diesem
Seelen zur Verleiblichung verführte.
I ■ Apellis gnosi monarehica, 1874.
%|m-i. an der „freien Bochschule" zu Berlin. = Kritizistischer
u. seine Stellung zur Metaphysik, 1895 u. a.
IpH, :ün. Von G. Thiele 11. a. beeinflußt
bio Überwindung des Materialismus, 2. A.
1 IM
*l»' •'. zu Eteichenau (Sachsen), Professor in
I Die formale Apperzeption ist die
Dil meto] en Grundsätze entspringen aus der
D [nduktion basiert auf einem an-
' li'H det Erkennens, setzt das A priori
I ilotophie 1840. — Theorie der ln-
»phie, L8<
AI'mi.i.inajlI- — Akdh 19
Apollinari* von Hierapolis (PI . um \rJ v. ehr. = Apolog
Schriften: A<'r<>: vneq nUsxBfOq. TIq6q /:'/./.>, i<u\ liegt ai
Apollmari* von Laodicea, gest ")90. = Patristiker.
Vgl. DBÄ8EKE, A. t. L., 1892.
Apollodoro* aus Athen, am I \. Chr. = Epikiu
Apollodoro*. Z adonius. = Btoiker.
\ polloiii<l<«. Freund des jüngi ( ato. — Btoiker.
ipolloniuM der Syrer, Platoniker ans der Zeit ffadrians.
IpollonioN von Tyana (Kappadokien), lebte unter Nero, als Theurg und
.M.._i. c viel auf Renen, au „Wundertäter" berühmt, wurde als neupythagoreische
Idealgestalt dem Stifter de« Christentums gegenübergestellt, gest in Ephee
= Von den Göttern unterscheidet er den einen, höchsten Gott, der nur durch
den Geist erfaßt wird und nicht mit Worten zu oennen ist
Ihm •irntön- u. a., nichts erhalten aulier öö (wahrscheinlich nicht
echt- El 3EBITJ8, praep. evan-ol. IV, 13. - PHILO8TBATU8, Vita
71 ; deal BS. — J. < rÖTTSCHIKG, A v. 1 .. 18J
Ipollonios v<»n Tvni-. Btoiker aui dem Letzten Jahrh. v. ehr.
iLpalelofl von Madaura (Numidien), geb. um I30n. Chr. = Eklektischer
Platoniker. I>ic [deen liegen im göttlichen [ntellekt.
Verfasser eines satirischen llomans (mit dem Märchen Amor und 1'- ttet*-
morphw.Tnn -ivc de asino aureo libri XI*4 (1869. I1 nan
Piatonis. Opera, 1781 . — Vgl. I'kaml, Qeseh. d. Logik, I. — JI. BfeCKBR,
.ia ApuN -7'.'. — Tu. BlNKO, De \pu.ci Bt All.ini doctrina. 1" r :.i.ae
adombratione, LS
%<|iiina«. - Ihomaa von Aquino.
IrdicIaoM aus Athen (oder Milet), Schüler des Anaxagoras. Er hat
vielleicht das ursprünglich - misch als Luft bestimmt, als eine Mischung von
Geist und >t. .it und die Göttlichkeil von Luft und Geist gelehrt D
in nicht von Natur c, mdern durch Satzung I
Vgl, 1>ii.i B, Vonokxat i.
\i-<*h> ia«. ."ii Tarent, Staatsmann, am 40 v.Chr. Pyth
„tu., td. <»rclli, Opaecala Qneeonm rater. m et noralia, 11, LG
< .i:t PPB, I A.. I -
\i <li-ö. I: |fi 18 in Padua.
\ ist der bedeutend« treter des italienischen Positiviamu
lachen Bind uns all Bewußtseinsinhalt« n: der < Subjekt
und Objekt i-t das Resultat psychischer Prozesse, dir Verarbeitung \>>n an ajen
Elementen („indifferenza primitiva dell< Subjektives und
• i Bind Korrelate, Sonderungen ein i tarnen, weit ;
iin-.— hicdrn ist. des ..I ndi-tint. >■* (im i schiede vom „distinto"). Ei
:m sich nur eine einheitliche, peycho-physische Realität, deren beiden £
da« Psychische und das Ph arallcl
Aristippos.
ijctophyrischef Monismus"). Pas „Indistinto" ist kein tran-
m,r ein relativ unerkanntes Absolutes. Materie und Kraft
3 Wirklichen, nichts Geschiedenes. In der ganzen Natur besteht
r 8 derung, so auch im Geistigen und in der Gesellschaft, aus
herausfbrmen. Das Denken ist Verarbeitung, Ver-
rapfindungen. Der Wille ist der [nbegriff der die sinnlichen
benden Bewußtseinstendenzen; determiniert ist er nur durch
and ist daher verantwortlich, Prinzip der Ethik ist der
l Seilschaft die Gerechtigkeitsidee.
Schrif: ,1882 ff. (Bd. III: Ethik, Logik, Bd. IV: Soziologie,
Bd. bM und Psychologisches). — Vgl. G. MARCHESINI, La
di EL A. 190 f. — HÖFFDING, Moderne Philosophen, 1905. —
K. üsch. Beilage der Philos. Gesellsch. in Wien, 1908.
lF€l— IMdyiiio* aus Alexandrien, im letzten vorchristl. Jahrh. =
i Exzerpte). Fragmonte davon bei Stobaeus. — Vgl. DlELS,
Doxogn. I 9 tf.
\r«'«.;i«.. i- I'ythagoreer aus [Jnteritalien (Kroton) genannt (bei Stobaeus).
%r«'i«». I ht-r und Schülerin des Kyrcnaiker Aristippos.
«I* %r^«'ii^. J. II. B., gest. 1771. = Popularphilosoph, der einen gemäßigten
tritt und «lic Existenz einer Seelensubstanz und Willensfreiheit
V Stellungen kommen aus den Empfindungen. Das Wirken der
innt. ...Tai toujours suivi mon premier dessein, qui etoit
i- du monde'\
La philoaophie du bon sens, 1737, 2. ed. 1740; deutsch 1756. —
re de l'esprit et du coeur, 1744; deutsch 1764. — Oeuvres
4a Mi
\ i i'ianho- - -. um 280 v. Chr., lehrte die Umdrehung der
ind um die Sonne; ebenso Seleukos von Seleukeia,
I
arl^eas, eher Verfasser eines Briefes an Philokrates, worin die
sahl! wird (unecht). = Allegorische Schrift-
bedürfnisloseu höchsten Herrn, wird dessen alles
Herrschafi unterschieden, Die Tugend stammt
ed Wendland, nun.
*>«-ii<l«-.. v um 1!" n. Chr. Altester Apologet. = Gottes
18 (in : /ahn, Forsch, z. Gesch. d. neutest.
Kjmm).
Mni "' der kyrenaischen Schule, um 435 y. Chr.
:n Hole des älteren] (Zusammen"
lehrte zuletzt in Kyrene.
Akimii'I'm- — ARISTO! i.i 21
A. ist »in Schüler des Sokrates, der die Ethik hedonistisch begründet
Die Glückseligkeit ist das Ziel des Handelns and rtehl aus einzelnen
Lustgefühlen, so daß die (einzeln< iwirtige, positive) Lust Kmlziri und
höchster Wert ist; die Tagend ist wertvoll sJs Mitte] sur Last l)i.- Last ist
Selbstzweck, sn sich <-iu Gut [ij x<u aya&or), auch wenn
von Schlechtem ausgeht. l>i>' Lost ist die sanfte Bewegung in am im-
xhnj€tr), liegt also im ruh . er ni<ht zu schwachen) l von einem
Zustand nun andern. All* Lost ist qualitativ gleichwertig, aber durch ihre
Intensität und Dauer verschieden. Daher gehört Einsicht zum richtigen I
oiefien and innere Freiheit, welche verhindert, daA wir Sklaven der Lust werden
In der Brkenntnislehre ist A. Sensualist und Sabjektivist
bezw. „Positivisf). Gegeben sind nur die Empfindungen {xa&ij), aicht das
diese bewirkende Ding (ro forde bxoxBifuvov xai ro€ na&ovs 7totrjxue6r), welches
anbekannt ist. Wir wissen nicht einmal, ob die Empfindungen unserer Mit-
menschen mit den onsrigen abereinstimmen. Zu den Kyrenaikern gehören auch
Ante. Aristippos der jüngere (Enkel des Siteren A.. Svstematiker), Antipater
\.»n Kyrene, Theodoros der Atheist, Begesias, Annikeris der jüngi
Vgl. IM I. M Kl. 11. • ". t!.: h: -. 0 cogr. — H. DE STEIN, Do philos. Cyronaica I,
NATOBP, AmIi t (ienh. ,1. Philos. 111.
\i-Ntohnlos, jüdischer Theologe, lebte in Alexandrien anter Ptolemaeus
Philometor (181- 146 w. Chr.). — A. wies aui (angeblich) Orphische Dichtungen
hin. am darzutun, dal', schon dir alt. - bische Weisheit einer alten Öber-
ui- des Pentateuchs entstamme. Gott i<t ansichtbar und überweltlich and
wirkt durch seine Kran.-.
hriften: Kommentar zum Pentateui.b ; Brnchstticke daraus bei Clemens von
Alexandrien Stn-m I, V, VI) und Eusebius (I'raep. evang. VII, Y1II, IX, XU 1 . —
JOfiT, i. Judentums 1. i> EL BINDE, ArutobaJ Studien 1 — 11,
I Tu
\ri««tokl('N b. Platon.
IristeUcfl aui Messene, Peripatetiker des dritten Jahrh. o. Chr,
aMistoii au> Ab-xaiidrirn. um 50 u. Chr. = Peripatetiker.
IriMon von Ghios, Stoiker. - Außer der Sittlichkeit i-t alles gleich-
gültig; die Logik i-t unnütz, die Physik anerreichbar.
\. I >\ aoFF, Dm I 1897.
irtston von Kcos, um lHJO ii. ('hr.. Peripatetiki
Ariston von K<.-. Schüler des \. ron sTi
\riMo* \"ii Aakalon, um 66 v.Chr., Schüler dea Antiochos von Askalon.
artatoteles, 84 r. CShr. au 6 ä rhrakien
< alkidike), all Sohn des (einer alten Dtstammenden) \
Nikomachos. i i kam etwa in »etnem L8L Jahre Dach Athen, wo
rwanzig Jahre Schüler l'latonn war. Nsu-h «1« — »n I • r mit V
Dokrates ra den Freunde Eiermias von Aüum-us, u \ hu- (und Vd
•»-> Aristoteles.
h dem Regierungsantritt Alexanders dos Gr. heiratete. Von
:, oaefa Mitylene, von wo ihn Philipp d. Gr. von Ma-
- Lehrer Beines Sohnes Alexanders berief (343), der ihn später in
- mtangen) unterstützte. Im Jahre 334 ging er nach Athen,
- »phische Schule gründete, und zwar im Lykeion, nach
K auf welcher! man hin und her ging, die Schüler
iiini wurden. Er hielt (nach Gellius) „akroamatische"
\ irtrage über schwierigere und entlegenere Themen,
scheu. dgL für weitere Kreise). Als einer der ersten
IHbliothek und umfassende Sammlungen. Nachdem er
in Athen gelehrt hatte, wurde er — wegen seiner Beziehungen zu
niern mißliebig — der Gottlosigkeit (Asebie) beschuldigt und floh
I ilkis, i ' v. Chr. an einem Magenleiden starb.
ben: .\i>. Siaiir, Aristotelia I, 1830. — LEWES, Aristotle,
. l'rommanns Klassiker d. Philos., 2. A. 1902.
des \. waren teils in dialogischer, teils in zusammen-
ikroamatißcher) Form verfaßt; erhalten sind nur die letzteren. Es
i - \u- Schriften (als Ganzes „Organon'" genannt): Kazr]yogiai
: (De interpretatione) ; 'Avakvuxa Tigörega (Ana-
Schluß) und 'AvaX. vciega (Analytica posteriora, Beweis,
Einteilung ; l'<<:uy.ü (Topica, über Wahrscheinlichkeitsschlüsse); De
über Trugschlüsse und deren Auflösung). 2. Metaphysik
weil in der Sammlung des Andronikos von Rhodos nach
Schriften gestellt), bei Aristoteles selbst „erste Philosophie"
1 Bücher). 3. Naturwissenschaftliche (bezw. naturphilo-
- hriften: Physik (8 Bücher). De coelo. jeeol yevsoscog neu epftogag
eorruptione). .Meteorologie. IIsqI rä £a>a lotogiac, jieqi
d. a. 1. Psychologische Schriften: jteqi yvxfjg (De anima,
psychologische Schriften („Parva haturalia"): negl aloftv)-
urji y.'il &vafivrjoea>g, ztsgl vjivov, jtsqi ETtvjcvioiv u. a.
Ethica Nicomacheia (in P>ücher, ethische Hauptschrift).
Ethica Budemeia" (7 Bücher) rührt von Eudemos, dem Schüler
<k» rnoialia (Auszug aus beiden). Politik {jiofozixä, Staatslehre,
he Schriften: Poetik {neql noirjTixfjg, unvollständig).
Sammler und Ordner der A.schen Schriften
Ethodus. Durch Syrer, Araber und Juden besonders
"' den Schriften des \. bekannt. Sie erschienen
mil den Kommentaren des Averroes), griechisch
k von der Berliner Akademie der Wissenschaften
Bd. IV: Schoben; Bd. V: Index Aristo-
be und meistens zitiert. Kinzelwerke
' / l i" der Philos. Bibl. Kommentare zu
ademie).
" Ifi «. TeICHMÜLLBB, Sind. z. Qesch.
BONITZ, Ariitotel. Studien,
AkI-ToI Kl 1 -
1862—67. — Ti:i.M»i:i.].M:ri:<.. Klementa logices Arist., 1836. — F. BRENTANO,
D. Psychol. d. Aristoteles, 1867. — LUTHABDT, D. Ethik d. Aristot., Kst;9. _
A. DÖRING, D. Kunstlehre d. Aristot., 1>
A. i-t Schaler Platane, dessen [deenlehre ex ■ kämpft,
vor allem das Geschiedenseiri der Ideen von den Dingen. Plann iber
i-t er tmt/. meines Rational ismus mehr der Erfahrung und Wirklichkeil zuj
wandt; ergeht Met- von rom Besonderen au-, wenn auch das AI1
meine, zu <1«jh er fortschreitet, schließlich in onmittelba] mm)
Einsichten der Vernunft Beine Grundlage hat. A. i-t entschieden nüchterner
als Piaton, mehr auf Zu<annu»'iita<>imur des Erfahrnngsmaterials — er i-t
ein gut achter — gerichtet, mehr »-in systematischer Kopf. Er i-t einer
»fiten Gelehrten aller Zeiten, ein Polyhistor ersten Ranges. Was die
- stematisierung der Erkenntnisse anbelangt, steht er im Altertum unerreicht
da. Er hat .im- Weltanschauung entworfen, du- viele Jahrhunderte hindurch
Wissenschafl und Philosophie mächtig beeinflufil hat. Eine Reihe von Dis-
ziplinen (Psychologie, L<»uik. Ethik) hat er eigentlich erst begründet
Die Philosophie ist bei A. noch die Gesajntwissenschaft Sie gliedert
rieh in die theoretische, praktische und poietische (auf das Bchaffen sich !)«■-
ziehende) Philosophie. Zur theoretischen Philosophie gehört die Metaphysik,
di< dowHpia, auch (hoioyixri genannt), die auch
Erkenntnistheoretisches enthalt
Die Logik mausen erst von A. begründet worden. - tritt
sentlich als ..Analytik-- auf, als zergliedernde, die Denkelemente und Schlufi-
fonni-n heraussondernde Wissenschaft, die sich stark an der spracht- und deren
mich orieutiert (wie dies Trendelenburg zueret bezüglich der Kategorien
.' hat i. I>i. Logik des A. i-t formal, aber nicht formalistisch, da sie die
ehungen der Denkformen cum Beienden berücksichtigt Ihr Inhalt ist
das, was den Kern der meisten Logiken bis sur Gegenwart gebildet hat
handfit vom Begriff, vom Urteil, vnin Bchlufi, \<»ni Beweis usw. Der Begriff
geht aut das Wesen (o das im Einzelnen enthaltene Allgemeine
die zeitlose Wesenheit [x6 xi fjr eha . 1 - gibt Allgemein- und
Einzelbegriffe. „Materieller Begriff" (/.<.';■"- vktpoe) i-t der objektiv« Begriffs-
inhalt, den da- Denken aus dem i and. heraushebt. Was nicht im I-
erfaßt wird, i-t zum Teil akzidentell m -.-,. Auch die Definition
• ht aut da- Wesen. Bie besteht in der Angabe der Gattung und der
Artmerkmale e *<u duupoQänr\ genus differentiae BpeciMcai B
und Nominaldefinitionen sind zu unterscheiden. Das urteil äx6<pan
iteht in der Verknüpfung der Vorstellungen, in der Synthese ron
Begriffen; es ist bejahend oder verneinend. Wahrheit gibt es Dicht in den
Vorstellungen, sondern nur im Urteil; sie ist die Übereinstimmung des Denkens
mit dem Sein, der VorstellungBverknüpfung mit der £ rknüpfung Wahr
I teil, welches von dem Beienden aussagt, d -t. \<m dem dicht-
enden, dar. es Dicht i-t. Die Wahrheit liegt Dicht in den Dingen, sondern
im ' rteil über die Dinge {ov ;■<<«. laxt >
r . . /(/./.' ev 6i Wir denken aber etwa- als wahr, weil
Abistoi
ktiviamw . Der Schluß ist die Ableitung eines Urteils aus
i drei Gliedern {&*Qa und oqoq ueoog, terminus medius)
- ttlußfiguren {ojtft*a*a ro€ ovMoytopoQ) auf. Es gibt drei.
as, der (deduktiv) vom Allgemeinen zum Besonderen
dialektische (Wahrscheinlichkeits-), eristische Schlüsse. Die
gehl von einer Reihe von Einzelfällen zum Allgemeinen;
Induktion ist exakt. Das Allgemeine ist von Natur
auch für uns (rjfrfv) und der Zeit nach das
leinste ist Belbstgewiß, Grundlage alles Schließens und
einen Denkens (vovs). Das oberste Denkgesetz.
i Widerspruchs, an den sich der Satz des ausgeschlossenen,
1 >ie K ■ i egor i e n (xatriyogiai, praedicamenta, Aussagen) sind
inaten Denk- und Seinsformen. Es sind ihrer zehn: Sub-
Quantität [xoow\ Qualität {jioi6v)t Beziehung (jigög u), Ort (nov),.
u), Haben [hsiv), Tun {noieiv), Leiden (jidoxsiv). An-
\ . ,; .. n iden letzten Kategorien aus oder stellt der Substanz die-
n als Bestimmungen dieser' entgegen. Auch von drei Kate-
Subetanz, Eigenschaft, Beziehung. Die Kategorien sind
subjektiv« sondern Aussagen über ein objektiv Seiendes;,
Lehre Kants n. a. zu vergleichen.
. k. Unter der XQtoxi] q-doooqpia versteht A. die allgemeine
Seienden als solchen (rö öv [/ 6V), von den Urgründen oder
■•■>r oqx&v y.ai aixiwv) der Dinge. Während nach Plato
di( „Idee", getrennt von ihm existiert, hält A. solche
bewirkende Ideen nur für unnütze Verdoppelungen der
I>a> Wesen der Dinge, das Allgemeine, die Gattungseinheit be-
- h, objektiv, aber nur in den Dingen selbst. Das Allgemeine
ist das, was einer Vielheit von Dingen naturgemäß zukommt (o im nkeiövcov
8< dbstandige Existenz hat freilich nur die Substanz
während die Gattungen nur sekundäre „Substanzen" sind
\ ■ die Bubstanz ist zugleich das Allgemeine, Gattungs-
■ • ■ -• ■■ :- !■• ■■•/. . ■:.; _■. ;,. dai dem Begrifi Entsprechende, das eigentliche
! »renn es auch nur am Einzelnen und durch
• ii zum Allgemeinen erkannt wird, für uns also nicht
der Dinge sind: Form oder Wesen {slöog,
■■ ",>r<,v, zo ߣ ov), bewirkende
Kiv^cetoi ■ Zweck Uo ,/r hexa, dyaööv). Das ein-
•H und Form. Die Form
ein Wesen verleiht, was den Stoff zu einem be-
ll das begriffliche Sein des Dinges (■//
oichl nm- die äußere Gestalt, sondern
D Dgi die von innen ans erfolgt und durch
m i<" h ein aktive« Prinzip, während
i ind ewig, unvergänglich, keinem
.. -»lirh
Abistoteij
Werden unterworfen, sondern selbst Prinzipien da Werden-. I »•
das Substrat der Dinge, das freilich nur begrifflich ohne Form existii
wahrend in Wirklichkeit jeder Stoff schon geformt ist und nur im Hinblick
.int eine weitere Gestaltangsfänigkeil Stoff i-t /. B. Marmor-Statue). Dei
- ff ist nicht (wie bei Piatun) ein Nichtseiendes, aber auch kein rolles Wirk-
liches, sondern das Unbestimmte [dögim ae Möglichkeit zu etwas, eine
Potenz (dvrafus), ein der Möglichkeit Dach S< fordfut <Vn. wie / B. da
Keim zu einer bestimmten Pflanze. Der Stoff i-t die Grundlage aller l
Staltimg, das „weibliche'4 Prinzip, trage, unbegrenzt, für rieh allein nicht er-
kennbar. Es gibt sinnlich wahrnehmbaren und «lenkbaren Stoff. Allen I )in _
wohnt ein und dieselbe Materie inne. Di«- ("nnateri- nur
in der Abstraktion, ulme Materie ist nur Gott Die Materie i-t der Grund
Zufälligen, Akzidentellen . Mechanischen. Das Werden besteht in dein
Übergänge - Efea zur Form, also in einer Entwicklung, Formung, in der
Verwirklichung ia) und Vollendung [InelizBta) de- Dinges. Das „Wirk-
liche" im engeren sinne eis Verwirklichtet und Wirksames im also die Form
ew. da- geformte Ding). Form. Ursache und Zweck werden von A. alz in
Wirklichkeit zii-annnentalleiid dem Stoffi -teilt. Dafl ' Meli
.-•II v..n den Hemmungen, welche der Stoff bietet) ein zweck
-tiinint. -. Die Formen dt'> Dinges sind zugleich deren immanente Zwecke
Ziele), die gie bewegen, indem die Dinge ihnen (als ihren Formen und Y..II-
endungszustande]] lustreben „Zielstrebigkeit", wie die- später EL F. r. Baer
annt hat . Wohl ist auch das Mechanische und Zufällige {atnöfxaxo
im Geschehen zu berücksichtigen, wesentlich herrscht aber in dem System
A. die Teleoli deutlicher Begründer er ist. Die Natur wirkt nie
ohne Ziele ,1. Oberstes Ziel alle- Qeechehenfl i-t Gott Kr i-t die
erste und letzt« Ursache aller Zweckmäßigkeit, der, nach dem alles
dafl er die Dinge EU flieh hinzieht wie das (ieli.bte {xnn ..',,- .•:,„., iu ).,,). Die
F\i-ten/ eines Gottes wird durch den (später so genanntenl kosmologischen
Beweis dargetan. Alle- Werden besteht in der Aktualisierung einer Potenz
durch ein Wirkliches. Dies führt schließlich zu einem Wirklichen, das eicht
Wirkung, nur Ursache, nicht Stoff, sondern reine Form, also immateriell i-t.
/.u einem ersten Bewq S ist Gott reine Enerj iter
„actus jiuin--- genannt), leidlos, einfach, ewig, unbewegt, alles bewegend, l
i-t ( iei-t , eines Denken, Denken seiner selbst
seligste und beste Leben, weil er, als Denken des Besten, reränderungsl
rätigkeil 1- yeia &xtvt)oiae\ rgL darübei I C. B. 8 biller, Hums -
n i-t da- Beste, weil er rein< i-t. denn da- Behauen (die
i-t das Schönste and Beste (intellektualistiscb gefärbter afonotheism
Naturphilosophie Die ..Physik- (Naturwissenschaft i-t die Lehre
rom Physischen, d. h. roo di m. wa- da- Prinzip der Bewegung Veränderui
ui -ieh hat. denn ;ille- dieses, all. - \i randerliehe Stoffliche ist und ur
Nattu . meb da- Prinzip dir Veränderung bedeutet, soweit
nicht ein- i-t mit dem Inbegriff der materiellen Diii--. \ bekämpft
ng mechanistische und atomistische Natui [1 m <k nt und
ARISTOTELES.
e qualitative und teleologische, in welcher der Be-
| ta Kxaftprinzip herrscht und die Dinge als Qualitätenkom-
|. Die Bewegung ist von Natur aus zweckmäßig, trotz-
\ benwirkungen bestehen; der Zweck ist Ziel (tttog) des
tdiura einer Entwicklung, die Wirklichkeit und Wirk-
a Potenzielle sich aktualisiert, Die Veränderung (jisxa-
Bntetehen und Vergehen oder Bewegung (Veränderung im
Diese isl quantitativ (Zu- und Abnahme), qualitativ
ler räumlich (Ortsveränderung, yoga). Der Raum (Ort
aere Grenze des umschließenden Körpers (ro rov negiexortog
inen Leeren Raum, sondern die Bewegung vollzieht sich
im Vollen (durch nrn.-Tsgioraoig). Wie die Welt ist der
denn das Unbegrenzte ist unvollkommen. Die Zeit ist die
in«; betreffs des Früheren und Späteren (dgidpog . . xivrjar}cog
: da das Zählen ein Akt der Seele ist, so würde
aufler uns) keine Zeit als solche geben (Lehre von der sub-
beit der Zeit). Die Zeit ist stetig und unendlich, ohne Anfang
• dal', die Welt ewig existiert. Durch die Vollkommenheit ihrer
g unterscheidet sich die Fixsternsphäre des Himmels von den
Sphären. <n>tt setzt unmittelbar den Fixsternhimmel in Bewegung
I Führung**; und diese Bewegung teilt sich den übrigen Sphären,
festigt Bind, mit; die Erde ist unbewegt. Die Materie
der Äther, das erste Element, welches als das den vier Empe-
Klcnienten hinzugefügte später das fünfte heißt {jiEfxnrov orotxsTov,
davon „Quintessenz"). Die vier übrigen Elemente (Erde,
dnd Kombinationen des Warmen, Trocknen, Kalten.
■ 11 i sin en sind /weckvoll eingerichtete Wesen. Die
durch Zeugung von gleichartigen Eltern, die niedrigsten
Schlamm oder tierischen Aussonderungen. Bei der
Männliche das Aktive, Formende, das Weibliche das die Form
Aul dem Gebiete der Zoologie, deren Begründer A. ist, besaß
Kenntnisse, in klassifikatoriseher wie auch in anatomisch-
cht.
\- ist der Begründer der empirischen Psychologie und
Dualismus. Das Leben ist nach A. (wie nach den
hon eine Funktion der Seele, die also zugleich
wk im Mittelalter gelehrt wird) die Lebenskraft ist.
l- rper noch eine immaterielle Substanz als besonderes
D il ;..i, sondern die „Form" des organischen
- und Vollendung und zugleich das Ziel
Ziel in sich Habendes), genauer
vxbUxbux r) u „;tt,i oebftarog yvoixov
!: d i Kraft der psychischen Betätigung
Denkens) und die psychische Auswirkung
potenz ist) selbst (dynamisch-aktualer
Ajobtoi i.i
3 lenbegriff). Bie ist die ,,Funktk)msverwirklfcuung" d< Ismus, die lebend
Tätigkeit desselben. Der Körper i-r nicht selbst die Seele, Banden) en -•
Seele ist die „Form0 eines Körpers, der das Vermögen zum Leben bat
die vollendete Wirklichkeit (Entelechie eines Bolchen Körpers, den
zusammenhält und dessen Wesen sie bildet Trennt man da- Seelische vom
inismus, so ist dieser kein Organismus mehr, dessen Ziel, Vollendung
ist Ware das Auge ein lebendigem Wesen, so würde das Beben Bein« S
- begriffli«-hi Bein des Auges ist, und das Auge ■wäre dann
nur der - des Sehens, ohne das Sehen aber kein wirkliches Auf - i ist
auch ohne die Seele der Organismus nur dem Namen nach ein solcher. Hieraus
folgt) dal', die Seele vom Körper nicht trennbar ist. Die Seele ist kein Körper,
etwa- am Körper und im Körper, dessen Verwirklichung sie ist I>: 9
i-r Ursache und Prinzip des lebenden KörperB, auch Ziel und Zweck desselben,
denn alle natürlichen Körper sind Werkzeuge der Seele; die Körper der Pflanzen
und Tiere sind nur wegen der Seele da.
Wie die Organismen treten auch die Seelen aui verschiedenen Entwicklui
-tuten ant. In den Pflanzen ist die Seele nur Bildungakraft (ögexu*
leitet die Ernährung und Zeugung; in den Tieren wirkt rie auch als
Empfindendes akHhjTixdr), Begehrendes {6q*xxix6v) und I (xtnjxuct
Sitz <\<v Empfindung Herz. In der menschlichen Seele kommt zn den
übrigen Kräften noch der Geeist {duxvotfrtxSv), die vom Leibe trennbare Denk-
kraft [povg) hinzu. Die Empfindung (oder Smneswanrnehmunf
die Verwirklichung von Qualitäten, die vorher nur potentiell ,in uns und in
den Dingen) vorhanden waren, durch die sinne, ein Geformtwerden dieser, aber
kein Aufnehmen fertiger Formen, sondern ein ,, Verähnlichen*1 durch Annahme
der ..Forur' »b-- Dinges ohne dessen StofJ (xo dexxtxdv x&v a ildtov &
. wie das Wach- das Zeichen des Biegelringes ohne das Elisen aufnimmt
I». • ;i einen und denselben Akt wird das Ding tonend, das Ohr hörend. I
sinn leidet, bo lange er nicht übereinstimmt mit dem Wahrnehmbaren, weichet
zu seiner Funktion bedarf; durch da- Erleiden seitena desselben wird er diesem
h gemacht. Jeder sinn hat sein spezifisches Wahrnehmbares (Färb
- Licht ist die Wirklichkeit (Energie) dee „Durchsichtigen*'; die Farbe i-t
eine Bewegung des Durchsichtigen (Goethe, Hegel, Schopenhauer haben <1:
Lehre weitergebildet). Durch die Binne gemeinsam werden Bewegung, Ruhe,
i . Zahl Größe wahrgenommen. Mit der Sinneewahrnehmung beginnt
alle Erkenntnis, wenn auch da- Wesen der Dinge nur dem Denken -ich ent-
hüllt Die Erinnerung*- und Einbildungs Vorstellung (q anaaia) i-t eine
psychische, beharrende Nachwirkung der Sinneswahrnehmung. Ohn<
Wahrnehmungen kommen keine Vbretellungei zustande. Die 1 i
innerung beruht aui dem Beharren des Eindrucks in der - D
Assoziation nach Berührung in Kaum und Zeit, Ähnlichkeit und
i\ otrast) kennt \. schon. Die Besinnung i-t vom Willen geleitet und unter-
scheidet -ich dadurch von der passiven Briiwerung. F B ehren knüpft
-ich vermittelst der Gefühle an das Empfinden, Vorstellen und Denken. D
Mensch besitzt aufler den sinnlichen Seelen kräften einei i Intcllekl
A.J
H und ..von Bußen4« < in ihn gelangt Ohne Vorstellungs-
ken sich nicht betätigen (ovddjtota vosX ävsv <pavrüo[iazog
ich nicht aus ihnen entspringt, kein Leiden, sondern eine
- , ist. Indem der Intellekt die „Formen" der Dinge
selbst dem Vermögen nach ein Inbegriff solcher Formen
nw\-). Die denkende Seele ist der „Ort der
wirkliche Wissen ist mit seinem Gegenstande identisch; die
(maßen das ..All der Dinge", die Vernunft ist die „Form der
A. unterscheidet einen ..passiven" und einen „aktiven" Geist (7ia!)>j-
noiTjxixög genannt). Der passive Intellekt, ist
a :, •• {- nuiiiiaT.-roy), insofern er nur die Potenzen zu den Be-
nthalt, dir in ihm durch den aktiven Geist (der zugleich das Gedachte,
fttiftJisierl werden. (Kein Sensualismus, wie etwa bei Condillac.)
in,!! i<t teils so, daß sie alles wird, teils so, daß sie alles bewirkt,
Lichte, welches die potentiellen zu wirklichen Farben macht. Die
Mich das Kinhcitsprinzip im Denken. Nur der aktive Geist ist
(hon vor dem Leben existierte, dauert er nach dem
eom Leibe trennbar (/(»giorög), einfach, leidlos (änadrjg), rein
■ i man nicht an eine individuelle Unsterblichkeit zu denken
denn Dach A. hört mit dem Tode die Erinnerung auf. Das Gefühl
und Inli kehl in der Wirksamkeit des wahrnehmenden Mittel-
ptmkl dem Guten oder Schlechten hin, es weist auf die Förderung oder
er iiaturgemäßen r»c>< haffenheit des Organs hin. Aus dem Gefühle
das I'.- gehren (6 xifrufjUa) als Streben nach Lust, nicht ver-
l< :. Wahrnehmungsvermögen. Begehren und Verabscheuen be-
• ii und Verneinen eines Guten oder Schlechten. Das Begehren
i- d.i. teils L:«Lr<ii dir Vernunft. Der Wille ist vom Intellekt
vom sinnlichen Begehren. Eine Willensfreiheit
isrhen und ethischen Sinn. Freiwilligkeit und Wahlfrei-
mbehindertes und überlegtes, vernunftgemäßes Handeln stehen
und unvernünftigen gegenüber. Von dem bloß Freiwilligen
i' ii. Wahlfreiheit (die xcgoaigeoig) zu unterscheiden, welche
I -'iii wählt, o daß die 'rügend bei uns steht (i<pl fj/uTv
'■' - • \ ist 'iid;imo n ist i seh (aber nicht hedonistisch)
Betonung der richtigen Betätigung). Sie ist
' :* -■ - ;- •■ -i« in einem Ziele den obersten Maßstab des Ethischen
tlich Güter- und Tugendlehre; der Begriff der Pflicht
Bolle. Die Aristotelische Ethik ist psycho-
. ; auch in ihrer Anwendung von großer Menschen-
n und tritt als ein Teil der Staatslehre auf. —
Gut Stet« besteht es in der Verwirklichung
i und in Beziehung
Sandeins, <\u- um Beiner selbst willen
h h t. Gut. Ein solches Ziel ist am
Aristoteles.
meisten die Glückseligkeit [eMai/$o*la)t da wir diese immer um ihrer selbst
willen erstreben. Überall bestellt sie In der einem N\ Tätigkeit
Die menschliche Glückseligkeit also beruht auf der dem Wesen des Menschen
oäßen (olxtJor) Betätigung {h r<z ■:o;,^>), d. h. im vernunftgemäßen =
tugendhaften Leben [xaf dgrafy raUfar); die Lusl ist nicht das Ziel,
lern nur der Bnd&monie beigemischt, deren VoUendnng. Äußere Güter sind
•ebenfall- nicht das oberste Ziel des Handelns, sondern mir Mittel zur Budämonie.
Die höchsten Güter sind die geistigen; Bie sind die beständigsten und können
zugleich vielen zuteil irerden. Die Tugend ist die (aus einer Anlage durch
Übung and Einsicht entwickeitel Fertigkeit (££i?) zum vernunftgemäßen Handeln
oysta xmä /.<>■/<>}■). Die Tugend besteht im besten Handeln und in
der testen Gemütsrichtung dazu, vermöge welcher der Mensch gut wird und
sein Werk gut verrichtet Ei kommt hier nicht (wie nach Bokrates) auf das
blo! sen an, sondern Gewöhnung, Übung ist vonnöten. Wir haben die
Tugenden nicht von Natur, sondern müssen sie erst erwerben, auf Grund einer
Anlage zum Guten. Erst durch Übung im gerechten Handeln wird man
recht: aus gleichmäßigen Handlungen gehen dauernde Gemüts- und Willens-
richtungen hervor. I>i<' „praktische Vernunft" entscheidet aber das Rieht
bewährt rieh im Maßhalten und zwar in den „ethischen" (f7#<x<i/) Tugen-
den, den Tugenden d<-> Charakters, welche von den „dianoetischen" (dun
1 igenden, den Tugenden des Verstandes, unterschieden werden. Dhter
„ethischer" Tugend versteht A. die dauernde Willensrichtung (££«« xQotuQsztxri\
welche auf die rechte Mitte (/uadnje) zwischen dem Zuviel und Zuwenig geht,
d. h. sich von der Vernunft leiten läßt und die Extreme vermeidet (z. B. ist
die Tapferkeit die rechte Mitte zwischen Feigheit und Tollkühnheit). Zu den
ethischen Tugenden gehören Tapferkeit jeder Art, Mäßigkeit (oaxpQoc Frei-
_rk«it. Wahrhaftigkeit u. a., besonders die Gerechtigkeit dixeu
die vollkommenste Tugend /.>/»« i. die ganze Tugend
Im engeren sinn.- ist sie entweder austeilende [h mi; dum oder
ausgleichende l G rechtigkeit; erstere waltet nach geome-
trischem, letztere nach arithmetischem Verhältnis (z. B. l><i der Strafe), ohne
iicksichtigung des persönlichen Wertes (juridisch nüber der sozialen
echtigkeit . Dazu kommt Doch das Billige (biutxic). Die diano§tischen
enden sind die intellektuellen Tüchtigkeiten in Theorie und Praxis, im
Denken, Handeln und Gestalten. Dazu gehören Vernunft, Wissenschaft, W<
heit. Knn-: und Einsicht (t welche die rechte Vernunft
D [atigkeit der theoretischen Vernunft, die Spekulation (6
ist das Höchste, das Stetigste und Beglückendste, sie ist an
lieh [ntellektualismn
tatsphilosophie. Gegenüber dem Platonischen
das Aristotelische Staatsbild realistischere, die bistoris ordene Wirklich!
wehr berücksichtigend« l tut Wie Plato i-t abi
wahrhaft menschliche, sittliche Leben nur Im - rar voll<
n kann. 1 1 ch ist von Natu]
^ • -■ ii auf da haftsleben
ARISTOTE] l s.
ixixov Zfyov ton, Polit. I 2, 1253 a 1),
S'aturprodukt (<pvoei) und brüher als der Einzelne (jtqoxsqov
auch historisch aus Familien und Gemeinden her-
uvcovia ir/.rnK jtöXig), so hat er doch
dem Ziele Dach ist er das Erste, wie das Ganze den
Lebens willen triebmäßig (durch og/nij) entstanden,
sation /um guten und sittlichen Leben (ev £jjv), ein Mittel
n. Bin Motiv der sozialen Verbindung ist auch der
\ ""// ociiy njov). Die Gesinnung soll die Bürger zur
-i : einer Gütergemeinschaft (deren Schäden A. im Einzelnen
icht Die Verfassung [nokitsia) des Staates soll den Ver-
- ■.. n. muß aber immer vernünftig sein, dem Gemeinwohl und.
dienen. Gute Verfassungen sind (je nach den Umständen)
die und „Politie" (.-rohrsia), gemischte („republikanische")
die beste von allen. Schlechte Verfassungen sind
hie und „Demokratie*' (Ochlokratie). Das Ideal ist die Herr-
- n und Sittlichsten. Bürger können nur Freie sein;
Naturgemäßes, solange wenigstens keine Maschinen erfunden
die Sklavenarbeit ersparen. 3Ianche Völker und Individuen
i ii. und es gibt Herrscher von Natur aus. Aufgabe
Staatsordnung vorzuschlagen, deren bereit-
ihme und mögliche Aufrechterhaltung zufolge der bestehenden Zu-
i zu erwarten ist. Der Staat ist der beste, in welchem der
Island herrscht Der glücklichste Staat ist der, welcher auch der beste,
Der Gi setzgeber hat zu sehen, wie der Staat zum tugend-
nnd zur Glückseligkeil gelangen kann.
der Kinder isl eine soziale Angelegenheit, denn die
/u tüchtigen Staatsbürgern herangebildet werden. Von der
Kinder körperlich zu kräftigen, in jeder Hinsicht geschickt
auch intellektuell und sittlich zu bilden, kurz sie
1 -i und Charakter tüchtig zu machen.
Kunst c.'/r,,) im weiteren Sinne ist Fähigkeit des Ge-
V,!ur nicht Vollendbare ausführt oder aber
Hierbi x r geht sie auf das Allgemeine an den Dingen,
: em „philosophischer" als die Geschichte. Es
N chahmungstrieb und eine Lust an den Gebilden
darl keinesfalls eine sklavische sein, sondern muß
>ne k'nihi dict der Ergötzung und Er-
ihle auslöst, Bedürfnisse nach gefühlsmäßigem Aus-
on ihre,, Affekten (und deren Übermal',;
ai ein ruhiges Maß herabstimmt, eben durch
und Läuterung, Katharsis {xadagou),
bewirkt ; di< je ist die nachahmende Dar-
neii und maßvollen Band-
: ' pr< chender Sprache, durch
ARISTOI ELE8 — AUKJ>II. \
handelnde Personen und nicht mitteki Erzählung, zum Zwecke, durch Mitleid
und Furcht die Reinigung solcher Affekte [bezw. von solchen zu bewirke]
ikeov y.ni t&p xoiovxtov Ttctdij/Mrcov x< Peel '
Über die Auffassung der Katharsis — ob Reinigung von den Affekten oder
der Affekte selbe! oder beides — : tgL LE88XBTG Eambarg. Dramst. 74 ti. ,
Gk>ETHE WW. XXIX. 490), ÖEBEBWEG (Wapcshaffhng von Affekten), .1 BEBJTAY8
(Zwei Abhandl. üb. d. Aristot. Theor. d. Drama, 188u: k. =. „erleichternde
ladun^'- . A. DÖBTJTG Kunstlehre d. Arietot., 1876), II. LEHB I> Wirkung d. Tn
nach Aristot.) u. a. (vgl. ÜEBEBWEG-HeINZE, «.nindr. V
iri-toteliker* (Peripatetiker): die Schüler und Anhänger des Aristot
Im Altertum :Theophrastos von Li Ldemoa ?on Ethodus, Aristoxenus
von Tarent, Dikaearch von Messene, Strato von Lampsakus, Alexander
von Aphrodisias, Simplicius u. a. (die teilweise in eklektischer Weise Ari-
stotelische Lehren mit Bolchen Piatos, der >t.>iker oder der Neuplatoniker ver-
binden .
Die mittelalterliche Philosophie kennt zunächst dae 0 i mon", dann be-
schäftigen sich die Araber und Juden mit den Schriften des Aristoteles und
(seil dem Anfang dea 13. Jahrhunderts) auch die christlichen Scholastiker.
Aristoteles wird teilweise zur weltlichen Autorität der Scholastik, /um ..{»rat -
cursor Christi in naturalibus". In der Benaissance kommt /in r>t der Plato-
nismus auf, dann auch der Aristotelismus, zuerst in Averroistischer
Alexandrinistiscner Form, dann reiner bei Gennadius, Theodorus Gaza,
Kelanchthon, Goclen u. a. In der späteren Scholastik (Suarez u. a.)
wirkt er weiter. Durch den Empirismus Bacons u. a.. sowie durch den B
nalismus Descartes u.a. sowie durch die immer mächtiger anstrebende Natur-
forBchung (Galilei, Kepler usw.) wird der Aristotelismus zurückg t, um
dann ien von der NFeuscholastik) im 19. Jahrhundert vereinzelt wieder her-
ooben zu werden, ><> von Trendelenburg, Brentano u. a. Elemente
der Ari-tMt.ii~.iien Philosophie finden sich bei -ehr vielen Denkern, von den
Stoikern, Neuplatonikem ai en bis aut die Gegenwart
\ rlstoxeiMMi l irent, der Musiker, ein (von Pythagoreischen Lehren
beeinflußter) Aristoteliker. - I1 Seele ist ihm die „Spannung" (intentio)
und Harmonie des l. bes, der harmonische Altlaut der Leib en.
briften: . .in- Harmonie44, grieeh. u. doir \^-.
WALDT, De A. T - sentent., 1
Irkesllaofl trkeailas), geb. um 315 v. Chr. zu Pitane (Aeolii § äler
[heophra Polemon, Diodoros, Pyrrhon, Haupt der mittleren
Akademie, gast um _'ll v. Chr. A. trug skeptische Grun< wahr-
icheinlich aber nur als Vorbereitung für das Studium rhu l da.-
ii -.. - hr bestritten haben, dar. wir auch nicht wissen, <•!> man nicht*
kann \ M. esse ijuid(|uam, quod sciri possit, ne illud quidem ipsum,
• \ ■ . .■!. | I, 12), I »;■ I ii- ilsenthalttu
itscheid empfohlen. Für das praktische Verhalten
<li- Wahrscheinlichkeit (t i - he Kriterium der Wahrheit
ÄJtKE8ILA08 — ASPASIOS.
\ retellung könne „kataleptisch" richtig erscheinen
I. pofl LI,
18 ff. - R. ElBZELi Unters, zu Ciceros phil. Schrift. III.
Vrmaiul \.-!i IVauvoir. Scholastiker des 14. Jahrh., Schüler Occams,
Iriiaultl. Antonie. p'l>. L612 in Paris, seit 1643 Lehrer an der Abtei
in Lüttich. Jansenist und Philosoph, Anhänger
\v] -xWx seine „Objeetiones novae" und die „Responsiones
Gegner 7on Malebranche.
t dos faosaes idees, 1683. — Oeuvres completes, 1775 —
. 1843. — Zusammen mit Pierre Nicole: L'art de penser
. 1662; auch 1879 (lange benutztes Lehrbuch). — Vgl.
II. - \ all Philosoph, 1897.
Irimhiii* Mlfl \frika (Africanus), lebte um 300 n. Chr. in Sicca.
\. j^ehörl zu den Lateinischen Kirchenvätern. In seiner Psychologie und
hre ist er von der Stoa beeinflußt. Alle Erkenntnis beruht auf
tnd Wahrnehmung. Vor aller Erfahrung ist die Seele des (einsam
Menschen leer Ähnlichkeit mit der späteren Lehre von der
und der ,,ßtatue" des Condillac). Angeboren ist nur die Gottee-
D 8 Le ist körperlich und durch ihre Natur vergänglich, nur Gottes
verleiht ihr die Unsterblichkeit. Gott hingegen ist immateriell
Ad versus gentes, 1543, 1816, 1875. — Vgl. K. B. FRANCKE, Die
Krkenntnislehre des Arnobius, 1878.
\riinhl ii Villanova, gest. 1312, Arzt und Schüler des R. Lullus.
.
\inoMt. I mil, L828 19 G. Kantforscher. — Schriften: Kritische Ex-
Kant-Fonchung. (Gesamm. Schriften. IV — V.) Gesammelte
Vi ii.mu^. I ! .! Klkomedien, im 2. Jahrh. n. Chr. Schüler des
■-•■" l.'linn in den I laxqtßal (Dissertation es) zusammenstellte.
\ i 'ii-inidoi-oM. Stoiker, lebte in Rom unter Trajan.
Lsklepladei Bithynien, lebte unter Pompeius als Arzt in Rom. =
lußtei A-tomistiker. Die Atome sind nicht unteilbar und
/ oßender Massen entstanden.
" B. Philosoph A. v. B., 1893.
Ukl>pla4efl Phlius, im 3. Jahrh. v.Chr., Freund des Menedemos,
nie.
Ukleptotetoi andrien, Ar/.i und Schüler des Proklos, lebte
*"P Jahrh- d. ehr Peripatetik»r, schnei»
Ast — Aimhim 33
Ast, Friedrich, geb. 1778 in Gotha, Professor in Landshnt und München.
daselbst 1841. = Bchellingianer.
Schriften: Handbuch d. Aesthetik, 1805. — GrundJin. d. Philosophie. f. A 1809.
— Grundr. d. Gesch. d. Philos., 1807, 2. A. 1825 (konstruktiv). — Piatons Leben u.
•Schriften, 1816. — Lexicon Platonicum, 1834 — 39.
AMtafjew, 184G — 1893, Prof. in Moskau. = Von Leibniz beeinflußt,
Vertretet einer Monadologie, einer nach dem Muster der inneren Erfahrung
Dinge deutenden, apnritnaliatiaehen Weltanschauung.
Schriften (russisch): Monismus oder Dualismus, 1873. — Der Sinn der
schichte, 1885. — Der Wille zum Wissen, 1892. — Glauben und Wissen, 1893.
Asturaro, A. Italienischer Soziologe. — Schriften: La sociologia e le
science sociali, 1893. — La sociologia morale, 1900, u. a.
AthanasiiiM von Alexandrien, 296—373 n. Chr. = Begründer des
thanasianismus", weicht en Arius) die W. - i-hheit (Homous
nicht blofi Ähnlichkeit: Homoiousie) dea Logos [Christus) und des heiL l
mit < iott Vater lehrt.
Itliona^oraM von Athen, christlicher Ajwloget des 2. Jahrh. n. Chr.
= Urbild und Schöpferkraft aller Dinge ist der ewig in < i « »t t seiende Log
hriften: üßsoßtla rrnu Xijinrmydjy (um 177', 1557 (nebst der Schrift:
lln/t dvatnaoacoe x&v nxg&r), 1857, 1891. — YgL VoiGTLlNDER, Di« Philo«.
des A., 19
Athenodoro* aus Tarsos. - Stoiker, Freund d«s jür.
Attain«*. Stoiker, lebte in Born unter Tiberius. = Lehrer S
IttUfW) um 1 7* > 11. Chr. = Platoniker, bekämpf! die Aristotelische Lehre
von der Ewigkeit der Welt.
.tii£ii*tiiiu<«. AureUus, geb. 354 zu Thagaste (Numidien) ak Bonn dea
Patriciua und der Christin Monica.
Er wurde ron Beiner Mutter fromm erzogen und kam dann nach Madaura in
<lir Bhetorenschule Bald ergab er sich einem ausschweifenden Leben, da er ein
unjibch-leidenschaftlichee Temperamenl hatte, das erat durch die Beschäftigung
mit der Philosophie (Cioeros „Hortenaius") einer anderen 1 irl \\ i<*h. nicht
ohne daß aber der leidenachaftliche [Jntergrund uoehofl sur Geltung kommt, l
war -• Lehrer der Rhetorik in Karthago, Rom 183) und .Mailand md
Zeitlang unter dem Einfluß dea später ron ihm bekämpften Man ich
inus, dann dea Bkeptizismua und dea Neuplatonismus, Durch die Predigten
dea Bischohi Ambrosiua dem Christentum Eugeführt 3 wurde er /um
1'ri^ and endlich >n Hipp R] Nord-
afrika), wo er 130 atarb. Beine Biographie schrieb sein Freund Possidius.
Zu seinen philosophisch bedeutsamen Werken gehören: De pulchi
(verloren), Contra aeademi - Gegen die 8kep4 De beata rita. 1 >.
<ini. Vom Bösen und Qutei 3oliloquia (Selbstgespräche). 1 »«• immortalita
animae, De quantitate animae. De duabus aninu- G en die Manichiü
arbitrio. I N ligione. I •■■ trinital 1 '
ler, Phil
AUGUSTINUS.
ractationea (Übersicht über die Schriften). Confessiones
\\. bei Reclam erschienen; enthalten auch Philosophisches,.
. Außenwelt). Gesamtausgabe der Werke: 1506, 1679—
te unter den Kirchenvätern, seine Wirkung — nicht bloß
i ... odern auch in der Geschichte der Philosophie — war eine
- ine Weltanschauung ist streng christlich, ist aber doch nicht
in allen Punkten von der Kirche rezipiert worden. In manchem verrät sich
besomlti Eänflufl Piatos, auch der Neuplatonismus macht sich geltend*
Ue Harmonie dir Gedanken hat A. nicht immer erreicht.
rkenntnis anbelangt, so ist der Glaube der Kern alles-
«l.r Weg /nr Erkenntnis. Ohne Glauben können wir nicht einmal
oe Außenwelt gibt (Confess. VI, 7). Der Skeptizismus
inhaltbar. In der inneren Erfahrung unseres eigenen Lebens und
steht eine unmittelbare, allem Zweifel entrückte Gewißheit. In
rem Innern wohnt die Wahrheit; Selbsterkenntnis ist die feste Grund-
- I>.nkens. Wer zweifelt, existiert, lebt und denkt und kennt damit
t: „Quando quidem, etiam si dubitat, vivit, si dubitat, cogitat" (De
trinit. X, 14). Wenn ich zweifle oder irre, so muß doch ich, der Zweifelnde,.
1 impanella, Descartes). Es gibt also einen festen Maßstab der
Dies selbst ist unwandelbar, von unserem Denken unabhängig,
• tt M-lbst ist die Wahrheit an sich, die Einheit aller Wahr-
er in ihm, dem höchsten Lichte, erkennen. Die ewigen Wahr-
i in ihm Bind die ..rationes rerurn", die Ideen, die Urbilder der Dinget
te principales formae (juaedam vel rationes rerum stabiles atque incommu-
formatae non sunt . . ., quae in divina intelligentia conti-
.ii. (|u. 16).
Wesen, das Allerrealste („ens realissimum"), das
die höchste Liebe und Schönheit, über die Kategorien erhaben.
r Grund aller Dinge, welche dadurch wurden, daß er sie (vorzeitlich)
ist ül .erweit lieh und zugleich in der Welt wirksam, die Dinge
Dia Igitur Mint in ipso"). Er ist dreieinig (Macht, Weisheit,
Dreiheil hat ihren Abglanz in allen Dingen, besonders in
• Liebe n. dgl.). Gott hat (aus Liebe) die Welt
!. li. sie id nicht durch Emanation, noch durch
M;iteri.- entstanden. Die Erhaltung der Welt ist
. Schöpfung, mit der zugleich erst die Zeit
höchsten Gutes ist die Welt selbst gut (Op-
" • ' Positives, sondern nur eine „Beraubung"
n durch einen Abfall seitens des Willens; es
I • rBUms keinen Abbruch tun.
' «-in. immaterielle, vom Leibe trennbar.' Sub-
Iche im ganzen Körper ihren Sitz hat, da
rperlich, einfach, einheitlich („in singulis
•i organischeD Leib /.um solchen, ist der
An.t -nxrs — AvKN.\i:n>. 35
Vernunft teilhaftig. Die Grundfunktionen der Bede sind Gedächtnis, Verstand
und Wille, welch letzterer in tUen BewnAtseinsznstinden (auch im Denk«
[^Tohmtas est quippe in omnibos", Voluntarismus). Bchon der Wahr-
nehmung geht ein Streben voran („appetitus videndiw). Auch der (ihn.
ein Willensakt Der Wille ist ein Vermögen, sich selbst zu bestimmen, er
i-t der Kern des Menschen. I' Seele i-t ansterblich, weil Bie die ewi|
Wahrheiten zu erkennen vermag und von der ewigen Vernunft nicht trennbar
ihn- Kraft ist unbegrenzt „infinita animae \i-'->. — In bezug auf die
Willensfreiheit schwankt A. einigt rmaßen. Die absolute Willeiistreiheit
(„posse non peccare') besaß nur Adam rar dem Bündenfalle. Jetzt hat der
Mensch nur das Vermögen der Belbstentscheidung, die psychologisch-ethische
Freiheit Der gute Wille ist wohl unser Wille, aber Letzten Budes ron <e>n
abhängig, dessen Gnade UUS -rundlos zum Guten bestimmt hat. während
andere von Anfang an zum Bösen und damit zur Verdammnis prädestiniert
sind (gegen Pelagius). In Adam hat sehen die ganze Menschheit irt-iin«! itrr
I .rb-ünde").
Milien ethischen Dualismus bekundet die Lehre vom „Gottes Staat",
(hm Reiche der Guten, und dem weltliehen Staat: ersterer i-t prädestiniert,
ewig /n blühen, letzterer i-t dem Teufel verfallen. Die Geschichte i-t nur
eine Entwicklung dieser zwei Reiche, welche in (drei oder genauer) Bechs Btui
erfolgt ( Kindheit. Knabenalter usw.i: die Letzte Periode beginnt mit Christus. Von
der Zeit des Naturzustandes erfolgt der l'i cum Zustand di
und dann eu dem der Gnade. - Endziel des Lebens i-t die Anschauung und
Liebe Gottes, die im Jenseits rollendet wird, höchstes Gut i-t „frui 1 >•
I>;i- Bitt< Sttlieh, ewif st »scripta in oordibus hominum".
Di<- Tugend i-t der Wille zum rechten Leben i..qua reete viritur"), di< l
zu allem je nach dessen Werte („ordo amoris
- triften: KigM, PatroL, Bd :i J — 4 7. — Vgl, Iundim ans . Dm
1844—1869. — A. DOBHER, August., is7:i. — II. Kit TSR, ae| >tin.
Studien, 1887.
iur<M>lim b. Petrus Aureolus.
lu^tin. John, 17 9. = Utilitaristischer Rechtsphilosoph.
B ftf ftea: Lo<ture* <>n Juri*pruiltM
k\ <'iii|»a<'«' Um B&daha), arabischer Ar/t. Mathematiker und Philosoph,
Ende dei lL.lahrh. in S -a. lebte in Sevilla. ( Jranada, Marokko.
itarb L138 eh Fez. = I »i<- Schriften des \ und meistens verloren
Dil Beele erhebt sieh von ihrem triebartigen Verhalten bis zum . nen
Intellekt-. I>i- eine Emanation »ttlichen aktiven rntellel
Vgl, Ml \K. M- ;e,. .alt der Schritt „LtitSBg dat I
Is cai ■■!■■, Rieha] ran-, i1 nt in Leins
1877 Prof. in /
\ vertritt eine An Positivismus, den Empiriokritizismus", d. h.
einen Empirismus, der die Erfahrung von allen metaphysischen
reinigen will und nur Erfahrbarefl ,Vorgefunden< kennt. Nachdem A
V\ FNARIUS.
- -ritten die Bedeutung des Ö konomieprinzips für das see-
und das Erkennen erörtert, gab er in der zweiten die Grundlegung
qub, der nichl vom Bewußtsein, Ich oder Denken, auch nicht
lenten Dingen, Bondern vom unmittelbar Gegebenen ausgeht und die
Erfahrung prinzipiell für gleichberechtigt hält. Die Kritik geht
ill.s zu eliminieren, was nicht reine Erfahrung ist, d. h. was nicht
Auesageinhali „E-Wert") ist. der durch die „Umgebung" selbst bedingt ist.
Erfahrung enthält nichts anderes als Erfahrungsbestandteile, welche
|i nun nur Umgebungsbestandtteüe voraussetzen. A. gibt seiner Erkenntnis-
biologische Grundlage. Das vorfindende Individuum ist repräsentiert
und zentralisiert im „System C" (im Großhirn), welches beständig einem Er-
haltnngsmaximum seiner Kräfte zustrebt, indem die „unabhängigen Vitalreihen"
■nf Minderung und Authebung der „Vitaldifferenzen", der jeweiligen „Störungen"
Pureh diese Prozesse sind die „abhängigen Vitalreihen", die Be-
--■■ und Erkenntnisinhalte (zu deren „Elementen" die „Charaktere",
d. h. gefuhlsmifiigeD Auffassungsweisen hinzukommen) funktional bedingt; die
ss». im ..System 0' sind wiederum von den Umgebungsbestandteilen (R)
_. ferner von Stofhvechselveränderungen (S), also von zwei „partial-
gjstenuiti-« hu Faktoren'. Das „System C" ist im Erhaltungsmaximum, wenn
: Ki = f (S ist. ,, Vitaldifferenz" ergibt sich durch die Entfernung vom
Maximum <1< r Erhaltung, von der „Systemruhe". Was wir nun „Erfahrung"
und „seiende Bachen" nennen, steht in bestimmter Abhängigkeit vom „System
md der „Umgebung". Sie ist „rein", wenn alle von dieser nicht abhängigen
-ageinhalte eliminiert sind.
der ..Mnltiponiblen" höchster Ordnung, der Endbeschaffenheit des
der „Weltbegriff" abhängig, der sich auf die „Allheit der Um -
mdteile" bezieht und der den „natürlichen" Weltbegriff restituiert, in -
Introjektinn" ausschaltet, welche die ursprüngliche Weltanschauung
. 1 »i-- ursprüngliche „Prinzipialkoordination" besteht in der Existenz eines
Individuum) und seiner „Gegenglieder", über die es Aussagen
1 ' ' ■ ■ •::• I ntrojektion" (Einlegung von Innenzuständen in die Menschen)
I ■-■ ■ ommenen Umgebungsbestandteile zu „Vorstellungen in uns".
' \inl ein ..in mir", ein Bewußtseinsinhalt, eine Erscheinung
1 Gegensatz von Subjekt und Objekt, Innen- und
irch die Well verdoppelt, die Erkenntnis verfälscht wird. In
einzige A rl des Seins. Es gibt auch keine Dualität
ehem. „Psychisch" ist ein Vorgang nur als „Ab-
rung im System < und insofern er „mehr als mecha-
d h. ein Erlebnis bedeutet.
besonder! Carstanjen, Petzoldt, Willy,
• I. Kodis, M. Klein u. a., beeinflußt sind
i a. \'-l l.. Mach.
U als Denken der Welt gemäß dem Prinzip des kleinsten
Kritik der reinen Erfahrung, 1888—90. — Der
1905. - Vierteyahwechr. f. wissenBch. PhiloB.
AVKHAKIUe — AVZEROfl
Bd. 18 — 19, 1894—93 u. a. — Vgl. Ca. K. Avenarius; biomechan. Urundleg.
d. reinen allgem. Erkenntnistheoiie, 1894. — WUWDT, Philo«. Stud. XIII, 1896.
— EWALD, B. Avenarias, 1905.
\ > cn< chrol b. Avicebron.
\\ «»ndeatti Avendear) oder Johann« Hispanus, zum Christentum
kehrtrr spanischer Jude im 13. Jahrhundert. t'\» - Driften
Ar;- Avicenna u. a. UM dem Arabischen.
Averroe* (Aböl Walid Mohammed . . . Ibn Roschd), der bedeuten
an inch Ar/t u. . _ . _ eu Cordova, war eine Zeit]
iiter in Sevilla und Cordova, wurde 1182 Leibarzt des < Shalifen Abu Jakub
Jussuf, unu - m Bohne kurz. / Statthalter. I>-r Ketzerei verdächJ
wui Nahe von Cordova rerbannt und dann nach Marokko berufen,
b. Anfier Kommentaren zu Aristoteles schrieb er u. a. : Tehi
al Tehafot (Destractio deatroctioii - _ ■_ '. _ lateinisch 1497 iL 1"
Quaesita in libi - ii Bl tetia. De eonnexione intellectue abstracti cum
nomine. I>- animae beatitudine. I er den potentiellen und materiellen In-
tellekt. < >j 72,1553. J.Müller, i] oL, übersetzt, 18
A. verbindet den religiösen Glauben mit einer Philosophie, die in vielem
in der Logikj sich an Aristoteles anschlieflt, in anderem vom
■uns beeinflußt ist. I>i« Religion ist als büdlich-allegorische
Weltanschauung für di< Menge, während der Philosoph zur begrifflich reinen
Wahrheit t mit der thi oen nicht unnu unmenfaDen
mufi (Ursprung der Lehre von der doppelten Wahrheit bei Occam u. a. . In
hung nimmt A. an. <lai > die Universalien in den Dingen si
durch Abstraktion im Intellekt entstehen i..int«-llectu-
in fern - hon Avicenna bemerkt). Gott
Weltprinzip, die Urform, der (nnl ger und Endaweck »1er
D Einheit aller Dinge, die schöpferische Natur. Eine Emanation der
ttheü ist der göttliche, universale ..aktive Intellekt--, welcher die Bublunarieche
Welt beseelt. Die See! • n ist die ..Form-- des Organismus und
zwar i.-t in allen Menschen eine allgemeine Seele (Monopsychismus), freie]
in ihnen individualisiert. Es gibt in allen Menschen nur einen aktiven In-
tellekt, der die den ..pa»iven-' Intellekt) zum „erworbenen" In-
tellekt gestaltet, unsterblich ißt der Geist our e i er nach dem T
in den universalen aktiven Intellekt zurückgenommen wird, also nicht all P
Di Formen der sind in dar Materie ichon potentiell ent-
halten und werden durch höhere Formen zur Entfaltung unit
I Philosophie ist die Welt d Verwi
lieh« n von Potenzen.
Der Averroismui übte aine nicht . VVirl i and wurde
der christlichen Kirche wiederholt verdammt, besonden von Thomas
Aqujiio bekämpft Italienische in Padi lern
1 i. Jahrh, sind H\ \ ' ■ n as, \ 1- • \. Achillini, Aug. Niphus, Andr<
pinus, < ' aesa mon in i u.
ATERROfiS — AVICENNA.
; EDiÖLDE&i Documenta philosophiae Arabum, 1836. — DE BOER, Gesch.
in. 1901. — RENAN, Averroe« ot l'averroisme, 3. ed. 1869. —
-. p. 418 ff. (tgl. Dictionn. philos. 1885 I). — MANDONNET, Siger
de Bratuuit ot l'averroisme latin au 13mo siecle, 1889.
[mn lw Ion b. Averroee.
tvioebroii arencebrol), der von den Scholastikern sogenannte (für
ahaltene) jüdische Philosoph und Dichter Salomo ben Jehuda
biroJ (Gabirol), geb. um 1020 in Malaga, lebte zuerst in Saragossa und
•i in verschiedenen spanischen Städten, gest. um 1069 in Valencia.
Philosophie ist eine von Aristoteles beeinflußte, stark neu-
>te Kmanationslehre, welche ihrerseits die Kabbala beeinflußt
manchem Punkte auch christliche Scholastiker, besonders Duns Scotus).
Wichtigste Isi seine Lehre von der Materie und vom göttlichen
Willen. Kr nimmt (wie schon Plotin) an, daß (mit Ausnahme Gottes) alles
h die Seele) aus Form und Materie bestehe; neben der sinn-
lichen, körperlichen gibt es auch eine geistige Materie, d. h. eine Grundlage
italtang und des Wirkens. Form und Materie werden durch die Be-
bnnden. Die Materie existiert nur durch die Form, denn die
rührt von der Form her; daher bewegt sich die Materie, um die Form
pjen, um aus dem Schmerz der Nicht-Existenz herauszukommen. Die
die Verschiedenheit rührt von der Form her. Materie und
m Bind vom göttlichen Willen abhängig. Es gibt neben der allgemeinen
m allgemeine, universale Materie, ferner eine Weltvernunft, eine Welt-
ond eine Natur, welche alle aus Gott emanieren, wobei das Körperliche
in Urbild hat.
ler alles Sein überragt und seinem ureigensten Wesen nach unfaß-
bar ist. wirkt in der Welt durch den aus ihm emanierenden schöpferischen
Willen in weitere Kräfte emanieren. Dieser Wille ist eine göttliche
eiche alles bewegt und von der alles abhängig ist, da er in
• Alle Dinge Btreben nach Vereinigung. Der Wille ist der Erzeuger
Materie, die er mit einander verknüpft. Die menschliche Seele
w eltg< istes.
• : Hauptwerk: Mekor chajjim (Föns vitae), von Sehern Tob ibn Falaquera
Hebriiwrhe übersetzt, bei Munk, Melanges 1857; lateinisch 1892—95 (ed. Baeuraker).
\). Philos. d. Sal. Ibn Gabirol, 1889, ferner die historischen
Arbeiten ras D. ] M. ElBLER, M. JoEl, D. NeüMARCK.
Iv Iren na ribn Sina), arabischer Philosoph und Arzt (als solcher durch
Kanon" lange berühmt), geb. 980 in der persischen Provinz
rin und Philosophie, führte ein unstetes Leben, schrieb
irb 1087 zu Ramadan. Außer einer großen wissen-
ondera Kommentare zu Aristotelischen
ondo. Metaphys. Logic. Phys. u. a.). Metaphysica,
>ähi rte \. die neuplatonische Gedankenrichtung
AVKKNNA — BaADKK.
desselben dem Arislotelismue. Wichtig ist sunächst Beine Universalien-
lehr--. \\ t-lche spii* Scholastiker beeinflußt hat. 1 - 11t den .^atz auf:
„InteUectus in fornua agit aniversalftaiem", wonach daavergleichend-abstral]
Denken da.- logisch Allgemeine („genus logicum") auf Grand des in den
Dingen Bteckenden realfii Allgemeinen gewinnt Vor den Dingen existiert
Allgemeine nur im göttlichen Intellekte* Das Allgemeine als logisches Gebilde
i-t Gegenstand der Reflexion („inten tio Becunda"). Daa Prinaip der Vielheit,
der ludivitluation ist die Materie. Diese ial ewig, d. h. sie geht wie der
Weltgeist (aktive Intellekt) und wie die Welt ewig ans Gott hervor, l
Himmelsephären sind durch je eine Seele bewegt Die Vernunft
unsterblich. Sie ist einfach und vom Leibe trennbar. K- gibt iuflere und
innere Sinne. Zu den letzteren gehört der Gemeinsinn. Auch eine Theorie
Sehens gibt A., der als Psychologe nicht ohne Bedeutung ist
l'KANH. Gesch. d. Log. II2, S. 325 tf. — M. Wintkk, l'ber Aricennas
Opus egregiam de aniraa, 1903, auch die im Artikel Averroes zitierten Schriften Ton
Ml NK u. DE BOSS.
■■a¥ffi| P. H.. gest. 1875. = Bensnaliatischer Psychologe und SosialphiloBoph.
Schriften: Cours de philosophie generale, 1821 — 24. — Des compensations dans
les destinees humaines, 3. ed. 1847.
I*.
Baader. Frans (von», geb. 1766 in München, Btudierte Medizin und
B i. war höherer Beamter (Bergbau), Beil 1826 Professor in München.
1841.
B. ist ein aui kathol weinen Boden selbständig Bpekulierender (von Jacobi,
Bchelling, auch von der Kabbala, .1. Böhme, V. Weigel, Baint-Martin beeinflußt
Philosoph, dosen Lehren einen gnoetischen, mystischen, theosophischen
< 'harakter haben und vieltaeh ein Präralieren der symbolisierenden Phanti
dem reinen Denken aufweisen. In seiner Erkenntnislehre ist eigenartig
die organiache Auffassung des ESrkenntnisaktes, dessen Analogie zur Zeugung
betont wird, wie äberhaupt bei 1>. (ieisti<re>, auch Kelijiiuses ra erotischen
Begi Efen in Beeiehung gebracht wird. Erkennen ist ein »Durch- und Kin-
drii in „Umgreifen", ein Bilden und Gestalten, ein Erhnbenwerden
Durchdrungenen in das ESn- und Durchdringende. Der Brkenntniatrjeb geht
aui e Zeugung, wobei ron den auAern, mechanischen das innere, lebend
dynamische Erkennen zu onterscheiden ist Nicht „cogit* im"
l H moJ h hauten, Bondern r", denn dj kennen i-t ein
Ifitwissen des göttlichen Wiesen*, ein QewuAtwerden, indem nne Qotl innewohnt
rt y erkennend und wollend, „aktooae*4 Einheit, ■ Sein und Word
ein sieh entfaltend« n, das sieh seihst ^ehielt, Sich innerlich und äui
lieb offenbart. In Gott ist all Qngrund die ewige Natur enthalten. Gott er-
kfimi -i<h nur, indem er sich her vm bringt und umgekehrt, es besteht -
ewige Sfll»-t. r/. u-iin- <i«>tte>. I1 I ■ h wollend V- \
Haapek — BA< 0.
;i aus dieser Fassung immer als Geist in die Weisheit.
b durch das Wort (den Sohn) erst selbst offenbar. Wie in
von Geist, Socio, Leib besteht, so ist Gott der „Urternar'V
Welt einen „Quaternar" bildet. „Sich selbst verzehrend in der
s, kehrt Gott als Geist wieder vom Gezeugten in sich zurück,
mit Wohlgefallen ruhend und doch wirksam oder schöpferisch tätig
tun a lagehend." ..l>rei sind hervorgebracht: Sohn, Geist und Welt, und
nicht hervorgebracht : der Vater'. Der „immanente" Lebensprozeß Gottes
iiancntnr \ durch den erst Gott dreipersönlich wird. Die Schöpfung
is der ewigen Natur) ist ein Akt der Liebe. Die Materie (sowie
in-Zeit und das Mechanische) ist erst durch den Sündenfall bedingt.
Das vollkommene Leben ist die wahre, ewige Zeit. Der Mensch war Ursprung-
D-weiblich; durch den Bündenfall ist er dem wahren, zentralen Leben
in einer Unnatur, von der er zu erlösen ist. Die Ethik gründet B.
auf den Glauben an eine innere Wiedergeburt. Prinzip des Gesellschaftlichen
Lutoritat; das Ideal ist ein theokratischer, christlicher Staat, ohne daß-
unbedingten Papsttum ergeben wäre.
1'.. hat besonders auf Bchelling, Molitor u. a. eingewirkt. Schüler Baader»
i Soffmann, Lutterbeck, Hamberger.
riften: Beiträge zur Elementarphysiologie, 1796 (von Schelling benutzt). —
d«* jiUhagoreische Quadrat in der Natur, 1798. — Beiträge zur dynamischen
;^09. — Über den Blitz als Vater des Lichts, 1815. — Über den Ur-
tcrntr, 181 Über den Begriff der Zeit, 1818. — Fermenta cognitionis, 1822 — 25.
Vorlegungen über Sozietätephilos., 1832. — Vorlesungen über spekulat. Dogmatik,
1828—38. — Sämtliche Werke, 1851—60 (im 15. Band die Biographie B.'s von Hoff-
M. Schriften und Aufsätze, 1832. — Vgl. HAMBERGER, Die Kardinal-
pankte in H. 'sehen Philos., 1855. — H OFFMANN, F. v. Baader, 1856 u. Die Welt-
- NOACK, Philos.-geschichtl. Lex., S. 87 ff.
It.t< hmaiiii. C. lt.. geb. 1785 in Altenburg, seit 1812 Prof. in Jena,
I jsI Anhänger Bchellings und Hegels („Die Philos. u. ihre Gesch.,,
■ i -• . tier I [egels.
■ :' rte» der Logik, 1828. — Anti-Hegel, 1835.
HachofVii. .1. .1.. \£ 37. Die Schrift „Das Mutterrecht", 1861,
Lehre vom „Matriarchat").
•*««••• -• Doctor inhabilis", geb. um 1214 bei Ilchester,.
' : i in Paris Theologie, aber auch Mathematik u.a.,
,::i l.-lini- .Ich lioberl Grosseteste (Greathead) in den
ikaner-Orden ein, beschäftigte sich de! mit Naturwissenschaft, auch durch
lebte 1257 '*>: in Frankreich, wurde der Zauberei ange-
ll Kerker, starb 1294 in Beiner Heimat.
der wenigen Scholastiker, die den Wert der Er-
Neben phantastischen Einfällen hat er schon gute
Von Aberglauben nicht frei (Astrologie u. dgL)
baftliche Kenntnisse, so besonders
Baco — Bacon.
in der Optik, in seiner Theorie des Sehens, die auch den Emfiufl da Urteils
iicksichtiirt. Stark betont er den Wert der Mathematik ond der Sprach-
forschung. Die syllopstische Logik schätzt er (wie spiter Francis
gering. Außer der demonstrativen Erkenntnis, welche für sich allein den
Zweifel nicht ganz behebt, gibt es das empirische Erkennen, ohne welches
nicht- : 11t wenlen kann („sine azperientia nihil snfflcienter Bciri p
Die Erfahrung ist entweder auflere (^>er aenaua exteriores"), welche die Natur
zum < t» Lr*-i i -t;i 1 1« 1« • hat, oder innen-, auf das uberainnliche gerichtete, auf ..In-
spiration", göttlicher Eingebung beruhende („scientia interior", „iUuminati
Von dieser letzteren Art der Erfahrung gibt es neben Stufen, auf denen man
zur mystischen Ekstase gelangt EX c „intellectus ins mit dem I.
welcher die Seelen der Menschen erleuchtet, indem das göttliche Licht in ans
eindringt (dafl dies nicht mit dem Averroismua, ron dem r>. bnmerhin beein-
flußt ist, zu rerwechseln ist, aeigt Mandonnet in: Biger de Brabant, ]v
Die Philosophie ist der Theologie untergeordnet, und so ist die Erkenntnis
Bchliefilich dem Glauben ontertan, welcher dem Wissen vorangeht. Wahrend
die Philosophie die Tatsachen in ihrer qualitativen und auch quantitativen
Beschaffenheit sowie ihrer Ursächlichkeit oach erforscht, verfahrt die Theo!
teleologisch und traut nach den Zwecken des Geschehens.
Schriften: Opus maius, 1773. Opun minus (Auszug aus dem vorigen). I .um.
< «»inpendium philoeophiae. 0 I. 8, BrSMT, 18.r>9. — Vgl. ES. CHABJ
R. Haco, 1861. — K. WERNER, PayeboL, Krk. u. W if-senschaftelehro des R.
Kosmologio u. allg. Xaturlehre des R. B. 1879.
Kacon dat. Baco), Francis (von Verulam), geb. 22. Januar 1561 in London
als Sohn eines hohen Beamten, studierte in Cambridge, widmete sich der
Jurisprudenz, wurde ECronanwalt, Mitglied des Parlaments; 1618 wurde er Lord-
kanzler und Baron von Verulam. dann VisCOUnt VOD St Albana. Er wurde
21) der Bestechlichkeit beschuldigt und (vom Parlament) an einer großen
Geldstrafe und zum Verlust seiner Ämter verurteilt. Vom König (J be-
idigt, lehn er nur noch iriat«nschaftlich.en Btndien und starb am 9. April
1626 zu Highate bei London. Sein Charakter war. wenn auch bei weitem kein
fleckenloser, doch nicht so schlimm, als es oft behauptet wurde.
Bacon gehört zu den Begründern der neueren Philosophie, indem er schart
dem rein begrifflich-syllogistischen Verfahren der Scholastik entgegentritt, aut
das Studium der Natur rerweiat und als Grundlage des Erkennens d
fahrung und Induktion anaieht, so dal', er der Begründer d< ren
Empirismus ist. Er hat zwar nicht (wie Galilei o. a.) die Naturforschu
reichert, aber troti mancher Unzulänglichkeiten und [rrtümer kritische und
iv< !.• .'.•: ant dem Gebiete der Methodolog Erkenntnis- und Wissen-
ichaftslehre erzielt Der praktische Sinn des Engländers zeig! sich darin, dafl
• tintni- die Aufgabe euweist, dl I i ■ h< n Ix-sser zu
stalten. „Wissen ist Macht" bat seine I1 i mtum j>ossuinus, (|uantum
scimus"), Um aber frahres Wissen zu erlangen. hrdart es einer fundamentalen
Erneuerung der Wissenschaft, wie denn auch die Schriftei 1'
und ..Noviiiu Organon" Teile einer „inntauratio m bilden sollten.
Bacon.
In 4 g !t JDe dignitate" scheidet B. scharf das Gebiet der Philosophie
der Theologie (wobei die Lehre von den „zweifachen Wahrheiten"
kommt and erklärt wird, wenig Philosophie führe von Gott ab,
hie wieder zu ihm zurück) und gibt eine Übersicht über den
tualis", eine Einteilung und Begriffsbestimmung der Wissen-
Dieee Einteilung hat ein psychologisches Prinzip: dem Gedächtnis
Geschichte, der Einbildungskraft die Poesie, dem Verstand die
Philosophie. Dl lichte zerfällt in „historia naturalis" und „historia
. u der die postulierte National-, Literatur- und Philosophiegeschichte
1 » Philosophie, die begriffliehe Gesamtwissenschaft, ist die Wissen-
Gott, der Natur und dem Menschen. Die „philosophia prima"
dis) handelt von den obersten Grundbegriffen und Grundsätzen
hatten (von den „commuoia et promiscua scientiarum axiomata").
Naturphilosophie ist teils theoretisch (spekulativ), teils angewandt
Mechanik, natürliche „Magie"); die erstere zerfällt in Physik (Lehre
ii und Kräften) und Metaphysik (Lehre von den „Formen" und
Die Anthropologie ist „philosophia humana" und „philosophia
- Latsphilosophie). Neben der Physiognomik und Physiologie ist die
_ • Psychologie, Logik (wesentlich Erfindungskunst) und Ethik.
Psychologie B.'8 ist hervorzuheben seine Unterscheidung der sinn-
der Vernunftseele (Geist) und die Ansicht, daß (unbewußte) Per-
l'.mpfindungsfähigkeiten) allen Dingen zukommen (Panpsychismus).
dp der Ethik ist der soziale Eudämonismus, das Gesamtwohl. Die
3 l'-nlebens ist für die Ethik wichtig, da man z. B. wissen muß,
daß Affekte wieder nur durch Affekte zu bekämpfen sind (vgl. Spinoza). Eine
- •aiiNphilosophie ist die (nicht vollendete) Utopie „Nova Atlantis"
■ii" geht B. zunächst kritisch vor. Wollen wir die Natur
Wissen beherrschen, dann müssen wir ihr zuerst gehorchen, ihren
folgen, sie getreu auffassen und interpretieren. („Ea demum
;-hia. quae mnndi ipsius voces quam fidelissime reddit et veluti
mundo oonscripta est." „Naturae imperare parendo.") Dazu ist es
daß wir uns unserer Vorurteile („Idole") entledigen,
Erkenntnis trüben und verfälschen. Es gibt erworbene und an-
r. n« Vorurteile; letzten- inharieren der Natur des Intellekts selbst. Vier
Art' es: 1. Die Idole des Stammes („idola tribus"), d. h.
blichen Natur begründeten Vorurteile (Antropo*
". dgL Die Idole der „Höhle" („idola specus"), die indivi-
Böhle" erinnert an die Höhle Piatons, in der die
itten der vorüberziehenden Gegenstände sehen.) 3. Die
i ), die durch die Gesellschaft und besonders durch
Irrtum« i. 1. Die Idole des „Theaters" („idola theatri"), die
!•! Aristotelischen Philosophie mit ihrer Über-
luk-tivcii Verfahrens, des Syllogismus, der (wie die
>t) mir i W'.it hat,
Bacox — Bagehot.
Die richtige Methode dar Naturerkenntni« i-t nicht die deduktive (die
• an zweiter Stelle kommt), sondern die auf Beobachtung and Erfahrung be-
ruhende Induktion. Aber Dicht von der ..vairen-, gemeinen, sondern
der methodisch geregelten Erfahrung ist anaaugelien. Ebenso isl die gewöhn-
liche Induktion (per enumerationein sunplicem) durch eine „wann ikte
Induktion zu ersetzen, welche auf Grund von Beobachtungen, Vergleichunf
und Experimenten erst zu Batzen von mittlerer Allgemeinheil und dann .
diesen ins zu allgemeinsten Batzen und i en aufsteigt, wobei sie neben
den jM.sitivfn auch besonders die negativen [nstansen berücksichtigt, siehaui
die (27) „Prärogativen" (d. li. besonderen Erkenntniawerl aufweisenden) In-
stanzen stützt und quantitative Beziehungen („tabula graduum1*) feststellt
„Spes es! una in induetione venu" ..!>'■ Bcientüs tum demum sperandum
quando per Bcalam reram et per gradus continuos et noo intermissos au1 biuleoi
a paiticularibus ascendetur ad axiotuata minora et deinde ad media, alia aliis
superiora, et postremo demum ad generalisaima" (Nor. Organ. 104). In der
empirischen Naturwissenschaft Bind als Ursachen („Vere scire est per cau
acire"), Kräfte und Gesetze, nicht verborgene Qualitäten, „Formen" und
Zwecke zu erforschen. (Unter den ..Formen" versteht B. aber auch gesetz-
mäßige Konstitutionsweisel] der Dinge: Nov. Org. II. 17.) Das Verfahren,
welches B, als induktive Methode empfiehlt, ist infolge Beinef [Jmständlichkeit
zum Teil veraltet. In neuerer Zeit hat J. St. Mill die Methoden der Induktion
neu formuliert.
3 hriften. Essays moral, economical and political, 1597, auch 1862. — De dignitate
et augrnentis scientiarum (erst englisch, 1605), 1623, deutsch 1783. — Novum Organum
tiaruin lauf Grundlage der Cogitata et visa, 1612), 1620, 1839, dcuUch 1870 (Phil.
Bihl.). — Sylva sylvarum, 1627 (Nur Materialien zur Naturgeschichte). — Werke 1663,
1825— 84, I8.r>7 — 69, mM Letten and Life of F. Bacon, 1862 — 72. — Vgl. K. FlSCHKE,
1. Bse. \ Verul., 1856, 2. A. 1875; Bacon und seine Schule, Gesch. d. neueren Philos.
X. : • i EL Hii—i r.i :. K. Bacon u. s. geschieht] Stellung, 1889. — E.A.ABBOTT,
ri Bl , 1885.
Baroiitliorp. John, gast. L340. = Bcholastiki
B hriften: Super (juatuor sententiarum lihrin, 1510. — (Juaestione« quiMJ-
iies.
Kiu'r. Karl Ernst v., 1792 — 1876b = Als Biolog berfihmt, für die Philo-
hie durch seine tel< h < laitwicklungslehre bedeutsam* Die Natur
: das Wirken einer Gottheit hin, sie enthalf Vernunft und Harmonie.
wirkt nach Zwecken. F> kommt dir ..XieUtivliiejkeit" zu. ein niclit i>» wüßtes
li aut bestimmte Ziele, die durch « 1 i • - inechaniaehe Gesetzlichkeit
reicht werden.
hriften: Reden und kleine Aufsätze, 1864 — 77, I. A. L886, — Studien auf
der Naturwissenschaften, 1874. — Vgl. BTÖLZ] l. K, B I Haer u. M
WtltSBMbaoai liriften \,.n 1»| nm i: i u. a.
Ita^diot. Walt Uacha Bosi Panrinistiacher Standpunkt,
I o n ur der IIa — -
v »irittei, • lad Politks, 1872. — Der Ursprung der Natinno
Baggeskn — Baut.
KnsifC»*«1!!. .Ten^. dänischer Dichter, 1764—1826. = Anhänger Jacobis.
tffenbarung Gottes.
- .; : Thilos. Nachlaß, 1858— 63.
llnlijii (Bachja) ben Josef, jüdischer Philosoph, um 1100, Verfasser einer
die Berzenspflichten (1490, 1846, deutsch 1836), die er von den
pflichten" unterscheidet und zu denen er u. a. Liebe zu Gott, Demut
rechnet Diese Pflichten bilden die Grundlage der Gesetzestreue.
Italm^cii. Julius, geb. 1830 in Tondern, Gymnasiallehrer, gest. 1881 in
= B. isl besonders von Schopenhauer beeinflußt.
hen Dialektik stellt B. eine „Kealdialektik" gegenüber, eine
n mistische Metaphysik, nach welcher das Ding an sich, der Wille,
, sich selbst im Gegensatz steht. Der Wille ist nicht ein Wesen, sondern
ine Vielheit von Individuen („Henaden") zerspalten, die zueinander in
/ treten. Der Wille ist überall „selbstentzweit", das Seiende die
rang des Wollens mit einem widersprechenden Nichtwollen". Der
Wille will eigentlich das Nichtwollen, strebt aber immer wieder. So ist das
antilogisch", die Zwecke des Willens sind, als einander widersprechend,
erbar. Das Denken kann das Sein nicht bewältigen, weil im Sein
W iderspruch steckt, eine „Realdialektik". Die „Weltnegativität" ist
ifhebbar, das Logische führt sich selbst ad absurdum. Die Realdialektik
Resultat des ..in verschiedenen Richtungen auseinanderstrebenden, selbst-
d Willens". Die Ideen sind Willensinhalte. Der Wille liegt aller
_. Kraft usw. zugrunde, er ist das Movens alles Geschehens.
riften: Beiträge zur Charakterologie, 1867. — Zur Philos. der Geschichte,
— Das Tragische als Weltgesetz, 1877. — Der Widerspruch im Wissen und
We«cn der Welt, 1880 — 81 (Hauptwerk). — Wie ich wurde, was ich ward, hrsg. von
Hain. Alexander, geb. 1818, Professor in Aberdeen, gest. 1903.
rl zu den bedeutendsten englischen Ass oziation psycho logen;
atlich von J. St. Mill beeinflußt. Außen- und Innen-
1 »bjekl und Subjekt sind Korrelate, die Dinge sind uns nur in Be-
Dserem Bewußtsein gegeben. Für das Außenweltsbewußtsein
Hü. der zugleich Kraftsinn ist, von Bedeutung, indem die
enwell nur die Gesamtsumme der Anlasse, Energie zu entfalten, ist („the
tnonfl for putting forth active energy"). Kein Objekt ohne
; („We can Bpeak only of a world presented to our own
und Physisches sind nur zwei „Aspekte" einer und der-
Wirkliehkeit (Identitatsstandpunkt). Den Empfindungen gehen
ran, dir- durch Nerven Impulse ausgelöst werden, in-
i i Natur de« lebenden Organismus gehört. Die „spon-
• rieh triebhaft von Anfang an. sie ist das Urelement
iation zwischen Bewegungsvorstellungen und
bt Dai Gefühl der Lust Deruht auf der Harmonie,
Konflikt zwischen unseren Empfindungen. Alles
Bai>* — Bai.i.aii.
-leben beruht aut (emfacher oder zusammengesetzter oder kon-trukn.
Assoziation. Es gibt Assoaistioii durch Kontinuität (Berührung in Raum
und Zeit) und durch Similaritat. Auf einer Assoziation zwischen Sinnes- und
Mu-keleni{»tindungen beruht die R au m vorstell u ng.
Schriften: The Senses and the Intellect, lb.'ö, 4. ed. 1894. — TW I
and the Will, 1859, 4. ed. 1899. — Logic, 1870. — Mind and Body. 1*73: deutsch
2. A. 1881. — Autobiography, 1904. — Abhandlungen im „Mind".
Balriinotti. Oesare, gest. nach 1820. = Empirist.
Schriften: Do recta humanae mentis institutione, 1787, u. a.
Kalriwin. .1. Mark, Professor in Baltimore.
B. erörtert in Beinen evolutionistisch-sozialpsychologischen Ar-
beiten wichtige Begriffe, wie den der Nachahmung, der ..Projektion" des Ich-,
der ..organi-ch.ir Selektion u>\v. Seine ,. Logik" steuert auf einen ..ästhono-
mJBchen Idealismus", welcher dir (relativ berechtigten) „Dualismen" des Ver-
BtandeeBtandpnnktefl überwindet. Gegenüber den sitzen: Subjekt — Ob-
jekt, Geist - Körper usw., welch.' die Reflexion nicht zu überwinden venu
isthetische Erfahrung" auf ehe Einheil der Gegeu-at/.-. In di<
Erfahrung, welche »ine einheitliche Synthese i-t. „ erlebt das Bewußtsein seine
vollkommenste und unmittelbarste, endgültigste Auffassung dessen, was die
Wirklichkeit i-t und bedeutet" (Genet Log. I. 8. X f. . Die „aesthetic con-
templation" ist aberlogisch und uberpraktisch, nicht auf Teilinteressen bezogen,
sondern ihr Ideal i-t Vollständigkeil und Verbindung von [ch und Nicht-Ich
.■•hol. Review, 1906). Gefunden wird diese Ar( Erkenntnis durch die ..Iteal
;. ••. welche die „Genetic l ergänzt — Ober den Begrifl i di-
tatskoerrlzienten" rgL Mind XVI.
- briften: HandbookB of Psychol . L890. — Mental Developiumt in tho Cl
and in tbe Kai.-, I89ü (deutsch 1898). — Social and Mental Interpretation» in Mental
■tat, 1«98 (deutsch 1907). — Story of tbe Mind, 1898. — D«T6]opm0ftt and
ution, 1902. — Dictionary «.f l'bilos. and Psychol., 1901, 1905. — Tboogkta and
Thtngi ideut.-.h: Dtt henken u. die Dinge -ehe Logik, 1908 f.).
ItalConr. Jamee englischer Staatsmann und Philosoph. = Gegner
Naturalismus", d. h. der Identifikation der (allein praktisch wertvollen) An-
schauung der Naturwissenschaft mit der endgültigen Weltanschauung, welch.'
sich aui einen Glauben stützt, der durch die Naturwissenschaft — die auch
im Glauben ihre Grundlage hat - nicht n erschüttern i-t. l>ie Bedeute
der Autorität wird von B. betont.
nriften: The Fuundati<>nn ol — Refidctioni
lau.b deuUch).
Itallaii<*li<>, Pierre Simon, neb, 1776 in Lyon, gest, 1847 in Paria. =
B • >nl den Zusammenhang zwischen Geschichte und Offenbarung, d< :
• lukt dii - be ist
: Falii -• •• • üe sociale i MI
Itallauf. Ludv. Et ilschuldirektot in \ Oldenbui
Von !'" m k< I I iner.
Ballauf — Barth.
unttte d« Psychologie, 1877; 3. A. 1890. — Die Grund-
.. u. a. (viele psychologisch-pädagogische Aufsätze).
Kalme«. Jahne Luciano, geb. 1810 zu Vieh (Spanien), gest. 1848. =
wohl den französischen Sensualismus wie die idealistische Spe-
ii. a. und nimmt (mit gewisser Selbständigkeit) einen scho-
Bchen Standpunkt ein.
riften: Filosoüa fundamental, 1846; 2. A. 1849; deutsch 2. A. 1861. —
tiloeofia elemental, 1847; deutsch 1852—53. — Vermischte Schriften, deutsch
Itaracli. C. 8. = Ethischer Idealismus.
riften: Die Wissenschaft als Freiheitstat, 1869, u. a.
Barbara^ Hermolaus (Ermolao), geb. 1454 in Venedig, gest. 1493.
d Kommentaren zu Aristoteles. = Gegner der Scholastik.
B driften: Compendinm scientiae naturalis ex Aristotele, 1545, u. a.
Iiar<le«»auie*. geb. um 154 n. Chr. bei Edessa (Syrien), gest. um 225.
= Gnostiker. Gott ist der „Urvater", mit dem die Urmutter verbunden ist;
— Im ist ehr himmhsche Christus, welcher die „Achamoth" erlöst, die
, mit ihm verbunden wird.
Bpicilegium Syriacum, 1855. — A, MeRX, B. von Edessa, 1863.
Karriili. Christoph Gottfried, geb. 1761 in Blaubeuren, gest. 1808 in
tten. = Seine Lehre ist ein „rationaler Realismus", für welchen das
Prinzip das (objektive, in uns subjektiv werdende) Denken ist. Die Welt
Manifestation des Denkens, dessen Prinzip die Identität, die unend-
ederhorui Einen im Vielen ist. Das Denken bedarf eines Stoff es ;
kt nicht durch das Denken zu „zernichten" ist, ist dessen Form.
in jedem Gegenstande enthalten (vgl. Hegel).
Allgemeine praktische Philosophie, 1796. — Über die Gesetze der
ldeenauoziation, 1797. — Briefe über den Ursprung der Metaphysik, 1798 (Betonung
de« I PantheUmu»). — Grundriß der Logik, 1800 (Hauptschrift). In dieser
[.0 15. Kant
ltiir«'iil>a<-h. Fr. (eigentL Medveczky), ungarischer Philosoph. Deutsch
nken über die Teleologie der Natur, 1878. Prolegomena zu
Philoe. 1879 (= 1. Teil der Grundleg. d. krit, Philos.). —
Ethü (1886, 1889) und Staatslehre (1887). — Kriti-
IS.ii t jilt. 1844—81. = Evolutionist und Hylozoist (das Gefühl
• enden). Das Gefühl ist auch die Wurzel der Moral.
1809. - PhyricftJ Motempiric, 1883. — Abhand-
ln» II .
i*«ttli. Leipzig. Herausgeber der Vierteljahrsschrifl für
I \C
Wundf beeinflußt. Der Wille ist das Movens
d( ; Stufe des assoziativen die des apper-
Barth — Basii.im ~. 4<
septiven, aktiven Geisteslebens zu unterscheiden ist S .-»logie und I
schicbtephüceophie sind eins. . Eine roflkommene Soziologie . . . wurde rieb
mit der Geschichtsphilosophie ganz und gar decken.14 1.- gibt nur eine
Wissenschaft der Bcbickaale der menschlichen ( lattung, die < teschichtBpbii
und di< t fi Soziologie ist der „Versuch der Wissenschaft d
Veränderungen, die die Gesellschaften in der Art ihrer Zusammensetzungen er-
leiden'4 fl'h. d. <;. I. i ffj. Gegenstand der Soziologie sind die „prinzipiell
wichtigen Veränderungen des menschlichen Willens". Die Gesellschaft ist ein
stiger Organismus, ein System von Willenseinheiten" l>a- soziale Leben
i-t wesentlich Willensleben, und der Wille verbindet sich mit Beinesgleichen,
um besser den Kampf ums Dasein zu röhren. Schon verhältnismäßig früh
wird die Gesellschaft dem Einflüsse des apperzeptiven, wissenschaftlichen
Denken- unterworfen. In der Geschichte sind [deen als geistige Kräfte wirk-
san den Marxismus); sie haben einen direkten oder indirekten KintluiJ
auf da- Li len und pflanzen sich von Geschlecht zu Geschlecht fort Auch
die Geschichte der Erziehung hat I>. sozidop-eh untersucht Die Päda-
gogik baut er auf psychologischer and ethischer Grundlage auf, mit Berück-
sichtigung der experimentellen Arbeiten. Die Erziehung definiert er als die
rtpflanzung der < Gesellschaft'*.
B iiriftin: Die Geschkhtsiihilos. Hegels u. der Hegelianer, 1890. — Die Philoa.
d. Geschichte aN -7. -- Der Beweggrund des sittlichen Handelns, 1899.
— Die Stoa, 2 A. 19o8. — Die Elemente der Erziehung.-;- u. Unterriehtalehtf
S. — Abhandlungen soziologischen u. geschichtsj.hilos. Inhalts in • der Viertelet
sehr. f. wis«. Phil. ' Bd. 23 u. a., besonders: Geschichte d. Erziehung i.
Ha*»«'<lo*»v . Job. Bernhard, Lr<'i>. Kl':; in Hamburg runder
..I'hilunthn.pinunr 1774 gest 1790. = Aufklärer, Päd ler da- Natur-
betont (Anklang an Rousseau). I'».- praktische Philosophie ist eudämo-
nistisch ; auch das Erkennen soll dem Glücke dienen.
9 hriften: l'hilalethie , 1764. — Theoret. System «ler gesunden Vernunft,
. u. a. — Prakt. Thilos, 1777. — Elementarhu« h. 17 74, 1909.
Ita^ilid« <* I Antiochis fSyrien), lehrte um 126 n. Chr. in
Alexandrien. Fragmente aus seiner Schrift ßnden sich bei Cl( rrenäus
Hipporj tue.
B gehört zu den bedeutendsten Gnostikern, welche christliche Lehren
unter dem Einflüsse orientalischer persischer] [deen eu einem System
Emanation verarbeiten, wobei die religiöse Entwicklung om
Juden- /um Christentum) metaphysisch ausgedeutet wird. Aus dem namen-
losen göttlichen Urvater, welcher nicht geworden i-t. geht der Nu- i
diesem der L uerroi dann emanieren Phrones mnenh< - phia
w - ;-!.• I' unii Ifs ; I echtigkeit und Friede Alledi« I . men
(ilden mit dem I Himmel, aus dem
Himmelsephären emanieren. lind ihrer 365, welche Zahl da
. Lbraxai symbolisiert. Der Judengott steht in dii Ordnung tu untei
bafft aus dem ( 1 1 idle d- - ' die Well Die
Ifateri« i \ als ( 'hristus. 1 • ■ I
Basilideb — Baumann.
Dichtseienden Gott und dessen Willen, von der Einheit, in welcher
der ganzen Well lag, von den „ Sohnschaften", vom „über-
-uiumc" u. dgL
Tili hoiin. Das basiliiliau. System, 1855. — BAUR, Theoi. Jahrbücher, 1850.
Itu— »o. Sebastian, 17. Jahrhundert. = Atomistiker.
ritten: Philosophia naturalis, 1621.
Ita-tian. Adolf, 1826—1904. Ethnolog und Völkerpsycholog. = Unter
irgedanken" vorsteht B. die bei allen Völkern sich gemeinsam finden-
Grundanflchauungen, unter , .Völkergedanken" die verschiedenen Welt-
hauungen der Völker.
trifte»: Beiträge z. vergleich. Psychol., 1868. — Der Völkergedanke im Auf-
:,er Wissenschaft vom Menschen, 1881. — Die Welt in ihren Spiegelungen unter
dem Wandel des Völkergedankens, 1887. — Ethnische Elementargedanken in der Lehre
Mo!>.hen, 1895. — Die Lehre vom Denken, 1903, u. a. (Viel Material.)
ItaiKMii. Charles, 1713 — 1780. = Prinzip der Kunst ist die Nach-
der schönen Natur: die „Nachahmung" besteht aber in einer aus-
leo und verschönernden Wiedergabe der Natur.
- h ritten: Les beaux arts reduits ä un meme principe, 1746; deutsch 1752.
Itaucli. Bruno, Privatdozent in Halle. = Kantianer. Die Ethik ist die
schaff vom Werte des menschlichen Handelns". Der Wertmaßstab ist
■• r Vernunft, dem Inbegriff des Geltens, zu entnehmen. Das Sollen hat
unmit G wrißheit Sittlich wertvoll ist allgemeingültiges Wollen, Handeln
ichtbewußtsein des reinen Willens.
ritten. Glückseligkeit u. Persönlichkeit in der kritischen Ethik, 1902. —
Die Thilos, im Beginne des 20. Jahrhunderts (hrsg. von Windelband). —
lyo'j, u. a.
ItaiHT. Bruno, geb. 1809 in Eisenberg, Privatdozent in Berlin und Bonn,
i: (dort = Herausgeber der „Allgemeinen Literaturzeitung" und
fauer einer B □ Arbeiten, in welchen er das historische Christentum
'm.-llen scharf kritisiert. B. war anfangs Anhänger der (theistisch-
Rechten" der Segeischen Schule, dann einer der radikalsten
Linken".
Die gute Sache der Freiheit, 1843. — Kritik der Evangelien, 1850
— Kritik der paulininchen Briefe, 1850 tf., u. a. — Ferner: Die Posaune des
• 1. — Hegels Lehre von Religion und Kunst, 1842. — Philo,
Renan and Im Di um, 1874, u. a.
It.iiiiiiaim. .! geb. L837 in Frankfurt a. M., Prof. in Göttingen.
□ [dealrealismus. I'hilosophieren heißt, „sich durch
Weif orientieren". Die Erkenn tnislehre beginnt mit dem
• kennen bloß unsere Vorstellungen, nicht die Dinge
mg einer absoluten Realität läßt sich die
ich machen lind so Biegt der Realismus. Unseren
rmen entspricht etwas in den Dingen selbst,
i nicht ohne Grundlage in der Wirklichkeit,
Baumavs — BÄÜMK]
durch welch«- das Wissen bedingt ist G - and Körperliches sind
schieden und nicht auseinander ableitbar; doch sind die psychischen Funk-
tionen an die physiologischen gebunden. l>i»- Bubstanz der Beele ist tun
störbar; eine Unsterblichkeit besteht, indem die Wiederkehr der Beele in einem
neuen Organismus möglich ist (Elem. d. Philos. B. l- Die Annahme
Existenz Gottes beruht aui sittlichen Motiven. Die Welt ist eine Manifestation
des göttlichen Denkens. Moralprinzip ist die „Erhaltung and Förderung der
Menschheit" 1. c B. 158 ff.)-
8 briften: Philnsophi«- als Orientierung über die Welt, 1872. — Sechs Vor1:
auf dem Gebiete der praktischen Philos., 1874. — Handbuch d. Moral nebst Abriß der
Rechtephilos., 1879. — Elemente d. Philos, 1891. — Über Willens- u. Charakterbild.,
1897. — Die grundle^. Tats. z e. wiw. Welt- u. Lebensansch., 2. A. 1901. — Die
Grundfrage d. Religion, 1895. — Kealwiss. Begründ. d. Moral, d. Rechts- u. d. Gottes-
lehre, 1898. — Über Religionen u. Religion, 1905. — Die Lehren Ton Raum, Zeit u.
i.ematik, 1868. — Gesch d. Philos., 1890. - Deutsche u. außerdeutsche Philos. »1.
letzten Jahrzehnte, 19<>:$ u. a.
Bmwmeistor . Friedr. Christian, 17"'.' 1785. = Anhanger Lettmiz'
stabilierte Harmonie] und Chr. Wolffs.
- hriften: Philosophie detinitiva, 1735. — Institutiones philos. rationalis, II
— Inst. metai>hys., 1738, 1751. — Historia doctrinae de mundo optirao, 1741.
Bmmmagmrtem, Alexander Gottlieb, geb. 1714, 17 Dozent in
Halle, dann Prof. in Frankfurt a. Oder. gest. daselbst 17Ö2.
B. ist der bedeutendste Anhänger Chr. Wolffs; für die Ausbildung der
philosophischen Terminologie und die BystemaHsierung der Philosophie hat
viel getan. Beine Lehrbücher wurden von Kant (in dessen vorkrit Peri<
den Vorlesungen als Text zugrunde gelegt. Die Philosophie definiert er als
die Wissenschaft von den Eigenschaften, die durch blofie Vernunft erkennbar
sind. 0 I tenkprinzip ist der Satz des Widerspruches, aus dem der 8
des Grundes wonach alles Grund ist und Polgen hat Den Dingen lief
einfa :he Kräfte, Monaden zugrunde, die zueinander im Verhältnis der prae
bilierten Harmonie stehen. Das Dasein Gottes ergibt Bich durch den onto-
logischen Beweis. In der Ethik ist B. Perfektionist wie Chr. Wolff. Beine
Elauptbedeutung liegt auf dem Gebiete der Ästhetik (der Ausdruck Btammt
von ihm). 1' Gnoseologie Erkenntnislehre) zerfällt in die 1. _ und in
<\u- „Ästhetik", <li« Lehre ron der Biederen sinnlichen Erkenntnis („scientia
gnitionis sensitiv ooseologia inferior1*). Der Zweck derselben ist <Ü"
V rvollkommnung der sinnlichen Erkenntnis, und in dem vollkommenen An-
schauen und Vorstellen besteht die Schönheit (Ästhet. §1,14), D Bei
heil scheinende Vollkommenheit
heiten der Buchen Ästhetik - in« 1 ohne Bedeutung.
. | ■ — Ktl.i 740. —
— 1758. — Initia p] IT'". — ACTOtMl I —
- - I I 1 1 I
ItÜlllllk« I. < 1' IIP I,
BIumkeb — Beattie.
- h ritten: Das Problem der Materie in d. griech. Philos.,
- Uii ,1 Siger, 1898. — Domin. Gundissalinus, 1899. — Abhand-
Jahrb., Aroh. f. Gesch. d, Philos. u. a. Mit v. Hertling: Beiträge
i, d. Mittelalters (Monographien verschiedener Autoren).
Itanr. Ferd. Christian, 1792—1860, Theologe, von Hegel beeinflußt.
Dia christl. Gnosis, 1835. — Die Tübinger Schule, 1859, u. a.
Itanium. Louis, geb. 1796 in Paris, gest. daselbst 1867. = Schüler
V. Cousins.
riften: Le<jons dieses de philosophie morale, 1818 (Fichteisch). — Philo-
riatuaiame, 1835 (kirchlich). — Philos. morale, 1842. — L'esprit humain
»• faculteV, 1859. — Manuel de philos., 1866.
Ittiylo. Pierre, geb. 1647 zu Carlat als Sohn eines reformierten Predigers,
bei den Jesuiten scholastische Philosophie, war Prof. d. Philos. in
i and Rotterdam, gest. 1760. In der 1737 (aus seinem Nachlaß) heraus-
i Schritt: Systeme de la philosophie ist B. Kartesianer, sonst meist
. vor allem in dem für die Geschichte der Aufklärung sehr wichtigen
aißtorique et eritique, 1695—97, 1702, 1740, 1820; deutsch 1741
—174 ur die philosophischen Artikel). Oeuvres diverses, 1727
Starke liegt in Beiner Kritik, wie er denn auch die Anschauung
<li<- menschliche Vernunft nur in der Feststellung von Irrtümern
W sse XI und Glauben stehen in schärfstem Gegensatze zuein-
B. Bich insofern schwankend verhält, als er zuerst für das Wissen,
r für die Rechte des Glaubens eintritt, der Gemütsbedürfnissen dient,
klart er als Aufklärer, ist besser als Aberglaube; Toleranz ist zu
Atheisten ist durchaus möglich. Es gibt selbstgewisse
Vernunft und des Willens, eine vom ursprünglichen Lichte (vgL
innen naturale" Deseartes') erleuchtete Einsicht. Die kirchlichen
widersprechen der Vernunft, sind aber zu glauben.
IfAIZEAÜZ, La vie de P. B., 1730. — L. FetjERBACH, P. Bayler
W. Botin, r. Bayie, 1905.
HawlioiT«'!-. Karl 'Ihr oder, 1812—1888. = Erst Anhänger, dann zum
Tunrlprohleme der Metaphys., 1835. — Beiträge z. Naturphilos.^
RfiattiC, eb. L735 m Lawrencekirk (Sehottland), Prof. in Edin-
B • ein Vertreter der Schottischen Schule, welche
H I meinsinn1' (common sense) die Quelle der allge-
'. irelche ..- ibstgewifi" sind. Was wir infolge unserer
rahr.
naturo and ii.miutability of truth, 1770; deutsch 1772,
iOM inoral and eritieal, 1783. — Elements of moral
, 1779. — Vgl. FORBE8, Account of the Life,
Bbaunis — Beck. 51
Keamii*. H.. Psychophysiologe. Heraus! oo ..1/Ann.' psychologique".
Schriften: Les sensations internes, 1889 — Nouveaux elements de physiologie
huraaine, 1896. — Der künstlich hervorgerufene Somnambul., 1889, u. a.
Beauvai«* - Vincent,
Becraria, italienischer Jurist des 18. Jahrh. (Utilitarist). — Schriften:
Trattatto dei delitti, 1704: deutsch 1870 (für die Aufhebung der Todesstrafe). Vgl.
Bentham.
Beober, Erich, Prot in Münster. = B. vertritt einen kritischen Realis-
mus und verteidigt die mechanische (bezw. die ,fkinetische'') Physik
die rein phänomenologische und energetische Theorie. Die Entwicklung der
modernen Physik (Elektronentheorie u. a.) hat die Berechtigung der mecha-
nistischen Naturanfhusung wah neue dargetan: anch wenn man Hypothee
wie die des Athen onterlaflt, bleibt die Gültigkeil jener bestehen. Die Hvpo-
these einer realen Außenwelt, welche durch die Regelmäßigkeit des (Geschehens
ordert ist, bewahrt sich durchaus, sie hat einen hohen Grad von Wahr-
scheinlichkeit. Die Wirksamkeit ist das Merkzeichen der nicht in meinem
Bewußtsein oen Existenzen. Die Raumvorstellung mag subjektiv Bein,
die Zeit aber ist objektiv. Jedenfalls aber müssen Raum und Zeit irgend eine
objektiv <• Grundlage haben. Körper sind rtraumerfüllende Qualitäten"-. Es
Bind das Qualitäten, die mit denen der Bmneswahrnehmung nicht identisch
Bind, Mindern die realen Korrelate derselben bilden. Bubstanzen buk! Kom-
plexe beharrender Qualitäten. Pur die kinetische (mechanische) Natur-
anffassung sprechen verschiedene Motive, sie ist eine der Erfahrung entnommene
Hypothese, aber auch mitbedingt durch das Wesen onseres Erkennena, — Di«
Gültigkeit des Prinzips der Erhaltung der Energie auch für die Organismen
• B. an d<r Hand der Versuche von Rubner, A.twater u. a.
Die Ethik begründet B im Sinne eines wohlverstandenen „Utüitarismus"
Eudämooismus . „Das Streben nach Glücksverwfrklichung Bchlechthin erscheint
■a\< das Beinsollende. I>a^ erreichbare Maximum von <;iück der Gesamtheit
aller fühlenden Wesen zu erringen, ist die tiefet« Forderung onseres vernünftigen
Höchstes Willenszie] ist das Beiige Leben.
Iriftas: Krkenntnistheoret. Untersuchungen zu St. Mills Theorio der Kausalität,
1906. — Philo«. VofSBMSts. d. oxakton Naturwissenschaft, L907. — Dio Grundfrage d.
Ethik, 1908. — Zeits.hr f Piyehol, Bd. 4ä 46 ( iiher Krhaltung der 1 ind
Parallelismus). - Der Darwinismus u. die soziale Ethik, 1 '."•'.•.
li«k«*lil«»r«Mv. W. v, — Sehriftaa: Die PenfeHchkeit s ihre Batwickl., i
— Psyche und Lehen. 1 '.»08.
Beck, Jakob Sigiamund, geb. L761 bu Marienburg (Preuitn), horte in
Königsberg Kant, wurde 1799 Prot in Rostock, gast \SA
\\. will die Konsequenz aus dem Kritizismus Kam- siehen und vertritt
einen rein idealistischen Standpunkt. Das »Ding an sich" und dessen Ein-
wirkung huI das Subjekt ist eine Inkonsequenz, denn die Kai der
Kausalität gilt nur für Erscheinungen offiziell wird das Subjekt nur durah
die Erscheinunf Sowohl die Mam keil ab die Einheil im U
Bender.
- Subjekts, ilos „ursprünglichen Vorstellens" der a priori ver-
knÜ! Btätigkeit. Die Arachauungstbrmen entspringen der-
wie die Kategorien, sie sind ursprüngliche Verknüpfungsarten.
he Anerkennung*' objektivierl die Erzeugnisse der apriorischen
ibl auch ein ursprüngliches Sollen.
lften: Krläutermler Auezug aus den krit. Schriften d. Herrn Prof. Kant,
Bdfl . davon Bd. 111: Einzig möglicher Standpunkt, aus welchem die kritische
«. beurteilt worden muP. -- Grundriß d. krit. Philos. 1796. — Kommentar über
kanU Mo l. Bitten. Lehrbuch d. Logik, 1820. — Lehrb. d. Naturrechts, 1820.
Kecker». EL, 18 6 1889, Prof. in München. — Schriften: Üb. d. Wesen
— Aphorismen über Tod u. Unsterbl., 1869, u. a. (Anhänger Schellings).
Iteria Venerabilis), (547 — 735, angelsächsischer Mönch. — Schriften:
. wie: Do rerum natura. Opera, 1521 u. ö\, 1643 — 44. — Vgl.
K WeRNEB, Beda der Ehrwürdige u. seine Zeit, 1875.
|{<— iKliii. Jacques (Wegelin), geb. 1721 in St. Gallen, gest. 1791 in
l ■■ Bchichtephilosoph ; unterscheidet „forces mortes" und „forces vives"
I » bichte.
Schriften: Hi&toire universelle, 1776. — Briefe über den Wert der Geschichte,
' ■ rar la philos. de Thistoire (Berl. Akad. 1770 — 74).
Ito-iH'lin. Nicolas de (Wegelin), Schweizer, 1714—1789 (gest. in Berlin).
= Eklektifc
riften: Abhandlungen in den Hemoires de l'academie de Berlin". Essai d'une
iation de la metaphysique de Leibniz avec la physique de Newton (Berliner Akad.), 1766.
Itohreml. I . — Schriften: Psychologio u. Begründung einer Erkenntnislehre,
:.er Standpunkt.)
»«'kk«'i'. Balthasar, 1634—1698. = Kartesianer. — Schriften: De philosia
— Die bezauberte Welt, 1690 u. ö. (gegen den Hexenglauben).
Itfii<lavi<l. Lazarus, geb. 17G4 in Berlin, hielt dort seit 1790 (privat)
• Kanteche Philosophie, gest. 1832.
ersaeh über das Vergnügen, 1794. — Vorlos. üb. d. Krit. d. rein.
- Vorlea. Hb. d. prakt. Vern., 1796. — Vorles. üb. d. Krit. d.
Ib. d. Zweck d. krit. Philos., 1796. — Versuch einer Rechtslehro,
' &r«pl I Kantseber Standpunkt.)
l*«»»<l«i. =B. macht den „Versuch einer Neubegründung
Weltanschauung Spinozas unter Zuhilfenahme der Ato-
• Inständigen Auffassung der Kantschen Lehren von der
i derZeit" (gemäßigter Idealismus). Das (nicht positiv
; nbedingte, die Substanz im Sinne Spinozas,
einzelnen Dinge, ihrer Akzidentien denknotwendig ist.
dien nur bedingt realen Erscheinungen gemein-
ml allen ihren Elelationen in sich Be-
ubjektiv, aber objektiv bedingte An-
• dachten) \ i om e sind nur relativ selb-
Ich.
Bendeb — Beneke.
hriften: Die Substanz als Ding an sich, Zeitschr. t Philos., 1884. — Die
Idealität von Kaum und Zeit, 1. c 1885. — Zur Lös. d. metaphys. Problems, 1886. —
Üb. d. Wes. d Sittlichk., 1891. — Philos., Metaphys. u. Einzelforsch., 1897.
Itender. Wilhelm, 1845—1891, Theologe und Philosoph. = Die Quelle
der Religion i-t das Streben nach Überwindung des Gefühls unserer Ohnmacht
Schriften: Das Wesen d. Religion. 4. A. 1888. — Mythologie u. Metaphys.
1899, u. a.
Benedikt. M" an der medizinischen Fakultät in Wien.
= Psychophysiologischer Standpunkt
S hriften: Die Seelenkunde des Mt.^hen, 1895. — Das biomechanische Denken
in der Medizin u. in d. Biol< 9 u. a.
Ben«kke. Friedrich Eduard, geb. 17. Februar 1798 in Berlin, studi«
Theologie und Philosophie in Halle und Berlin, wurde L820 Dozent in Berlin.
_' wurden -ein.' Vorlesungen Bistiert, 1824 habilitierte er ßich in <;<"»ttin_
"in Berlin, wo er aber ini - es Hegelianismus wenig Hörer
hat- - 2 wurd- er Professor und starb als solcher am 1. Mär/ 1864 (viel-
leicht durch Selbstmord •.
I>. gehört /u den Begründern der neueren Psychologie und hat auch die
_:ik beeinflußt. Beeinflußt i-t er von Kam. Schleiermacher, Schopen-
hauer, Tri«-. Eierbart, Th. Brown u. a. Kr i-t ein Gegner rein begrifflicher,
über alle Erfahrung hinausgehender, konstruierender Spekulation. San Stand-
punkt ist der eines philosophischen, kritischen Empirismus, für den die
Erfahrung dir Grundlage all»- Philosophierens i-t, besonders die innere Er-
fahrung und die aui sie sich stützende Psychologie. Erkenntni iber
nicht da- passive Produkt d»-r sinnlichen Erfahrung, sondern da- Resultat
denkender Verarbeitung des Erfahrungsinhalts. Die Anschauungsformen
I nicht rein subjektiv und apriorisch, sondern allgemeine, konstante Formen
d«r Erfahrung, denen in den Dingen etwas "'in«' Ordnung) entspricht. Sein,
Inh.ii.ii/. Kausalität sind uns unmittelbar durch innere Erfahrui en und
werden dann auch in die Objekte hinein verlegt. Überhaupi beruht alle I
Kenntnis fremder Wesen aui Analogie, aui Deutung derselben als seelen-
artigi K
l>i. Metaphysik ergänzt die äußere durch den Befund der inneren Wahr-
nehmung. Letztere ändert am Sein nicht das gering dem hat absolute
Wahrheit, gehl aui das ..An Bich" unseres w I n r psych 3< in i-t nicht
Erscheinung, es wird unmittelbar erfaßt, in die Dinge hinetnverlegl und
Objekte werden als Erscheinungen eine- psychischen Sei] löst
hierdurch das Rätsel, wii wir, obgleich rein aufm - ü schränkt und in
un- selber bleibend, doch mit unserem Empfinden und Vorstellen tu einem
i außer uns hinüberkommen können" (Lehrb. d. PsychoL g Syst. d.
M< - Seele und Leib sind nur graduell verschieden, nur verschiedi
tuen und Auffassungen d< w irklichkeit, wobt
\n -ich des Leibes numerisch verschieden ist I1
wie es das An Bich «1-1 - auch ist, nu unlich und
BfiNEKE.
- ist keine absolut einfache Substanz, sondern ein sich entwickelndes
ein mit dem ..An sich" des Leibes in Wechselwirkung stehen-
Uee Wesen, aus gewissen Grundsystemen bestehend, welche eins
d. Psycho! £ 38 f.; Met S. 414 ff.). Der Leib ist an sich eine
An. Die Seele besteht aus „Urvermögen"; die das Geistige
„Spuren" nehmen immer mehr zu (Dynamischer Seelenbegriff).
h die immer reichere Ausbildung- ihrer Kräfte wird schließlich das Leben
- e nach innen gezogen, Ins dann der Tod eintritt, mit dem vielleicht
insqueU eröffnet wird (Met. S. 385 ff.).
Psychologie B.8 will nichts von den „Seelen vermögen" wissen,
durch innere Erfahrung möglichst getreu (mittelst „naturwissen-
Methoden erkannte psychische Geschehen dynamisch erklären.
dnd der Seele nur „Urvermögen" (Kräfte), durch welche die Auf-
md Aneignung der Reize erfolgt. Diese „sind schon vor allen Ein-
druck .ntlich, mit einem Aufstreben, einer Spannung behaftet
und all. r Aktivität von seiten unserer Seele voran. Diese Spannung der Ver-
rird dann allerdings aufgehoben durch die Befriedigung, welche ihnen
rfüllungen durch die von außen kommenden Reize gewähren." Jedes
strebt schon vor der Anregung dem Reize entgegen und es wächst
wie mehrere „Angelegtheiten" gebildet werden. Reizempfänglich-
_-;.;. Beharren, Verarbeitetwerden, sich Verbinden und Wirken
wm in der Seele auf Grund der Reize und psychischen Akte sich
t, ist der Kern der B.schen Psychologie. Unter „Spur" versteht er
unbewußt B« harrende, soweit es Nachwirkung von Reizungen
als Bedingung weiterer psychischer Entwicklung Anlage, „An-
Lehrb. d. PsychoL § 27). Die „Spur" ist das, „was von früheren
innerlich fortexistiert", eine psychische Disposition. Die vier
1 rnindpr und das Gesetz der Reizaneignung (Empfindung),
enden Bildung neuer Urvermögen (aus Spuren), der Aus-
eglicher Elemente, der Verbindung gleichartiger Elemente
aus dem Bewußtsein geschwunden ist, erhält sich im
unbewußten Seelenseil] weiter als Spur, die zugleich „Strebung" ist
- rebungsraum'').
hl bei B. auf der Werttheorie, welche wiederum psycho-
oätzen die Werte der Dinge ,,nach den (vorüber-
• •■■ .-'.■.•.'••:■ : .! ■ :!. •• i]< - Steigerungen und Eerabstimmun geü, welche
nnere psychische Entwicklung bedingt werden." Die Höhe
md Herabsetzungen wird bedingt „teils durch die Natur
teils durch die Natur der Reize oder Anregungen,
die den tiefsten Grundgesetzen der psychischen
den Aneinanderbildungen der aus den Ver-
nden Akte." „Inwiefern . . . eine Steigerung als
auch de; Wert, welcher durch sie rorge-
:i höherer/- Ei gibl also eine natürliche
rollei ab das Sinnliche), wenn es auch
Beneke Bentham.
- rangen der Wertschätzung gibt (Lehn vom „üoennaäigen Schitzungsraum"
des Niederen). Die sittlichen (Jrtefle entwickeln uch aus Wertgefühlen.
Sittlich geboten ist, ..was nach der (objektiv- und subjektiv-) wahren Wert-
schätzung als das Best«- [das Natürlich -Höcli >t" Lehrb.
<1. Psychol j 856ff. QrandL «I. SittenL I. 231 tt.: II. 411 n... Die rieht
Wertschätzung kommt im Gefühl der Pflicht, des Bollen* zum Ausdruck. Das
oberste Bittengesetz ist ein Produkt psychischer Entwicklung, wie überhaupt
alles Geistige (Vernunft, Wille. Denken usw.) Bich aus einfachen psychischen
Prozessen durch Verbindung, 3 rung usw. entfaltet (Genetischer Stand-
punkt). — Von Gott, den wir als da- Unbedingte denken miis^rn. j
k<in*j rechte Erkenntnis.
Anhänger Benekes Bind Dressier, Dittes und andere Pädagogen,
einflufit von B. sind Fortlage, CTeberweg u. a.
B hriften: Erkenntnislehre, 1820. — Erfahrungsseelenlehre, 1820. — De •
>b. initiiB, 1820 (gegen die dialektische Methode). — Neue Grundlegung zur Meta-
physik, 1822. — Grundleg. z. Physik d. Sitten, 1822. — Psychol. Skizzen, 1825-
— Das Verhältnis von Seele u. Leib, 1826. — Kant u. d. philos. Aufgabe unserer Zeit,
n die erfahrungsfeindliche Spekulation). — Lehrbuch d. Logik, 1832. —
Lehrbuch d. Psyvhol. als Naturwissenschaft, 1833, 4. A. Ib77 Hauptwerk). —
Philosophie, 1«33. — Erziehungs- u. Unterriehtalehre, 1835 — 36, 4. A. 1876. — Er-
läuterungen üb. d. Natur u. lJedeut. meiner psychol. Grundhypothe-en, 1836. — Grundlin.
<1. natürl. Systems d. prakt. Philo« , 1837 — 1840. — System d. Metaphys. u. Eeligi
pblkM., 1840. — System d. Logik, 1842. — Die neue Psychol. 1845. - rni^inatische
hil.. L860. — Lehrbuch d, pragmat. PtyehoL, lb53. — Archiv t". pragm. Psychol..
1851— y.',. — Vgl. 0. ÖRAMZOW, lr. Ed. B., 18«Jö ; Fr. Ed. &■ Philos. 1899. —
lli.Wl.i:. Bj Krkenntnipthcnr.. l'Ji'-j. .\. \\'.\ M • >< 1 ■ 1 : 1 1 »KR, D. MeUph]
Itciitliuiii. ( '. lsl"' in Btoke bei Plymouth, gest. L884, N
von .1. Bentham.
S hriften: An Outline ol a Nl-\s System of Logie, ls.'T Mathematische Logik .
Kciitlium. Jerem y, geb. L748 in London, ersl Advokat, dann Privat-
gelehrter, gest. 1832 in London.
B. i-t der eigentliche Begründer des (systematischen) Utilitarismus, den
ror allem in der Gesetzgebung, dann auch in der Ethik durchgeführt wissen
wilL Der „Nutzen*4 (utility) ist das Prinzip alles Handelns und bezieht sich
aut di( baft einer Sache, Lust zu bat propertj in any oby
whereby it tendt to produce benefit, adyantage, pleai od, or happinee
[ntrod. I. eh. 1 1. Jan.- ansittliche Handlung ist nur eine mische Bewerti
des |m r-..iili.lirii inti-rr».- I , -ii*I ist all«-, was. zum Glücke beitragt, die
Lust rt und die Unlust rerringert. I>;i- Handeln ist gut oder ichlecht
Proportion >\^ m tends atre <>u a diminuer la aomme du bonhenr
public.'4 Die Lust und das Lusterregende ist das höchst* Gut. Ei kommt
nur daran! an, richtig zu werten, den wahren Nutzen anzustreben und dahei
«•in Lustkalkül („hedonic calculus'*) notwendig und ein „moralisches Bud|
durch welches l»«i jeder Handlung die nützlichen und schädlichen Folg«
werden K- kommen für die Wertung der Lust und Unli ht:
[ntenaität, Dauer, Sähe det Lust u. . M dei Indiridu
Bentham — Berq.ee.
werden. Ea gibt eine Ökonomie der Lust und Unlust, und
wohlverstandenem Interesse auch die Lust anderer zu
abgesehen von der Sympathie, die wir andern gegen-
Daa Glück der Gemeinschaft ist die Summe der Lust der
ait der Förderung des Wohles anderer und des Gesamtwohles
a selbst Die Ethik lehrt, den Egoismus zu regulieren, ihn ver-
kmäßig zu gestalten. Die Tugend besteht in der Opferung einer
wärtigen Befriedigung, die als Versuchung auftritt, gegenüber
entfernteren Befriedigung. Der extreme Egoismus erweist
dlich; es Lsl gut, erst zum mindesten uneigennützig zu scheinen
lann auch wirklich zu sein. Das Ziel des sittlichen Handelns ist die
5 Gl uckes, der Lust, das „größtmögliche Glück der größt-
lichen Anzahl4' („the greatest happiness of the greatest number", „the
aible quantdty of happiness", Deontol. u. Princ. II, eh. 17; das
aria u. Hutcheson). Die „Deontologie" (Lehre vom
- Menden) klärt uns über die besten Mittel zur Erreichung des-
kea auf. l>i<- ..Stininlantien" zum Handeln sind die „Sanktionen", welche
wichl gegen Versuchungen abgeben, als Vorstellungen strafender
Paktoren. Es gibt eine physische, soziale, moralische, politische
- inktion (Deontologie I, 109 ff.).
:iften: Introduction to the Principles of Morals and Legislation, 1789, 1876.
Jslation civile et pönale, trad. par E. Dumont, 1802, 2. ed. 1820;
•neke, 1830. — Deontology, or the Science of Morality, ed. by J. Bowring,
-isch u. deutsch, 1834—35. — Works, 1843. — Vgl. L. STEPHEN,
tiiitarians, 1900, I. — E. ALBEE, A History of Engl. Utilit., 1902. —
< ». K Z .r Theorie d. Wertes. Eine Bentham-Studie, 1902.
BtreilgAr W*D Tours, 999 — 1088. — Schriften: De sacra coena, 1834 (An-
- Vgl. J. Schnitzer, b. v. t., 1890. — A. Clerval, Le&
KciU. I L821. = Gegner SchellingS. — Schriften: Epikritik
Her: ImiIiih. i • :. geb. 1849. = Gegner des Naturrechts. — Schriften:
i . 1892, u. ;..
It« i - < iiiann. |';nil, «reb. L862, Direktor in ßtriegau. = Sittlicher End-
Kulturfortschritts".
iltorphilotophie, 1904 (Evolutionistisch). — Soziale Päda-
ologie, 1901.
Berget1, J . 1771' auf der [nsel Fünen, 1814 Prot, in
b on Kam, Fichte und Eegel beeinflußt.
b in demselben Zusammenhange wie das Sein,
/ Vernunft. I)i<: Natur isl einheitlich; an sich
materielle Natur; Bie ist der Entwicklung
inen Zweck in sich selber, dieser ist die
Bergee Bergson.
• aakraft Da Mensch ist vielleicht ans dem Affen hen -tt
nicht als außerweltlioh zu denken, er offenbart sich in den Geistern
( temäßigter Theismas >.
Schriften: Philoe. Darstell. d. Harmonie d. Weltalls, 1808. — Allgemeine Gruud-
züge zur Wissenschaft, 1817 — 2 7. I. Analyse des ErkenntnisveriiKig.il-, 1817. II Zur
philos. Xaturerkenntnis, 1821. 111 Brands, d. Anthropol. u. Ptychol., L884. IV.
Grandz. d. Sittenlehre, d. philos. Kc< hts- u. Staatslehre u. d. Religionsphiloa., 1827. —
Vgl. H. EtATJEN, J. B. v. B.s Lehen, 1835. — NOA< K. Pbilos.-gsseh. Lex.. 8. ISS
BCFgCF» Moritz. — Schriften: Der Materialismus im Kampfe mit d. S] ..
u. Idealismus, 18b.'! (Mstsril
Dcrgcr— b. t lyrano.
ISoi ^iiiaiui. Julius, geb. 1840, Prof. in Königsberg o. Marburg, geet 1
r». ist besonden von Fichte beeinflußt Er \ «ti ritt einen objektiren
Idealismus. Die Außenwelt als solche ist wederein Ding an -ich. noch bloß
subjektiv, sondern Inhalt eine- göttlichen Universalbewußtsei
und insofern anabhängig vom erkennenden Subjekt. Das Ich. <lie Geistigkeit,
rußtsein ist nicht Erscheinung, sondern ein Sein an sich. An sieb ist
ein „Ich". Die Körper sind Erscheinungen von Monaden, die aber
nicht selbständig, sondern nur in Gemeinschaft existieren. Allee Existieren
- Zusammenhängen mit unserem Ich and „Zugehörigkeil cum Weltganzen",
„Enthaltensein in der Welt". Allee Beiende »lenken wir ale ryausammenseiend
mit unserem Ich in einem Ganzen" (Arch. f. syst. Philos. II. 1896). Di« G
(he Natur Bind Folgen <\r- ans «lern Wesen des Weltgrundee hervorgehenden
i Gesetzes. In Gott, dem anwandelbaren Grunde der ewigen Veränderung,
ist alles ak Inhalt, bezw. zugleich als selbstbewußte Einheit 3 enthalten.
- if i-t im Grunde „sich selbst perapierendes Bewußtsein". Bo ist die Meta-
physik, als die Wissenschaft vom Sein, ron der Dingheit, zogleicb die Lehre
\Min Bewußtsein, von der [chheit (Met s. MJO
riften: l :-l. d Ontologio, 18G.*). — Qrandlin. sin. Theor. d.
waßtneias, 1870. — Heine La rkennsn, ib8o. — 1). Seid, i
-l. — D. Qrandprobl. d. Log., 1882, 2. A. ibbö. -Material. ■. Moniu
Ober d. Riehtige, 1888. — Üb. d. Dtilitsrism., is83. — Vorlen. üb, Ifet
188t, üb. d, - nane, 1887, Genen, d. 1 f. — (Jnteranch. Hb.
punk- '. — System d. objekt [donlUmai
Bcf|iSl, Henri, geb. 1859 in Tau-, seit 16 F. in Paris i i^
I .
Beeinflußt ist B. von Ravaisson, Lachelier, Boutroux u. a. Wie di
tritt er einen „Neo-Spiritualismus", der zugleich ..l'anvitali-mu--- ist, ii
nach ihm d. en" da- wahr« Sein ist. Verwandtschaft bat ehre in
einem mit Anschauung« n voü Leibniz, Bchelling, Schopenhauer, Jai i< Mach,
\ etzsche, Wundt u. a. Methodisch (nicht erkenntnistheoretisch, da er ein \
/. B. in der Raumvoretellung zugibt] iet B. Empirist und /war betont er die inn<
Krfahrui Erkenntnisquelle. In G »atze zur dialektischen, panlopsiisrlini
Philosophie ist I'-.- Lehre ein „Irrationalismus
Di< Metaphysik I'».- -t< II' sich ii i trakten V « i -
Bergson.
. deren praktische, für die Zwecke des Handelns, des
;e und notwendige Leistung aber anerkannt wird. Dort, wo es
Antizipation, Berechnung der Dinge und des Geschehens
hat die äußerliche, mechanistische, analytische Auffassung und Zu-
ler Wirklichkeit ihre Berechtigung. Denn dieses Erkennen dient ja
glich nur praktischen Zwecken (insoweit nur ist B. „Pragmatist").
iE wahre, unmittelbare, absolute Sein der Dinge kann uns keine verstandes-
ffliche, abstrakte, symbolische, analytische Erkenntnis enthüllen. Die
lern Instinkt geborene In tu ition leistet hier viel mehr. Durch „Intuition"
(und Einfühlung n wir in und außer uns das konkrete, individuelle, absolut
iheitliehe, stetigwerdende, sich schöpferisch entfaltende, lebendige
- liehen, welches die begrifflich-analytische Erkenntnis verräumlicht,
licht, mechanisiert, stabilisiert, zerstückelt (Gegen den Intellektualismus).
ad ist nur .,1a faculte* de fabriquer des objets artificiels" (Evol. creatr.
hat es nur mit Delationen, nicht mit Dingen selbst zu tun. Der
banismns ist nur ein Denkmittel. Es gibt eben zwei Richtungen des
die eine geht auf das Relative, Äußerliche, Mechanische, Starre, Not-
die andere auf das Absolute, Aktive, Stetige, Lebendige, Freie (1. c. p. 243).
die Kategorien (Einheit, Vielheit. Kausalität usw.) erhabene
ben. Es ist innere, stetige Entwicklung, Streben, Aktivität, ist
-lution cr&itrice"). Mit einem „61an originel", der sich in
iduen and Grattangen differenziert, durch alle Generationen nachwirkt,
Es ist eine Tendenz, auf die anorganische Materie einzuwirken,
i werten, in die Materie die größtmögliche Summe von
einzuführen; nur infolge von Hemmungen wird die Entwicklung diver-
i i K n t wicklung ist „schöpferisch'', indem das Leben beständig neue
Evol. creatr. p. 31 ff.). Sie ist weder mechanisch, noch
n «lein Sinne, als ob sie auf äußerliche Ziele eingestellt wäre. Das
i Fendenz" (Voluntarismus), ein Streben, das beständig neue
ind durchläuft, ein fortwährendes Neuschaffen von Formen und
seiner positiven Richtung geistig, Bewußtsein (im weiteren
Stauung und Bückströmung unbewußt wird und sich
i. daß das Körperliche gleichsam in das Geistige einge-
:n bedeutet „hesitation ou choix", Wahl. Intensiv ist es, wo
«stehen; es mißt den „Abstand zwischen Vorstellung
ziationistische und atomistische Psychologie verfälscht
die Äußerlichkeit, Koexistenz, kurz die Eigenschaften
Erfahrung übertragt. Aus der rein qualitativen
d Bewußtseinsverlaufes (der ,, reinen Dauer")
[ntensives, Extensives, Mechanisches; wir ver-
- i Li che. Der Raum ist apriorisch und sub-
Zeit der äußerer Erkenntnis eigentlich
n ine Dane,- („duree pure"), der stetige
teil selbst erhaltenden und steigernden, vor-
Bkrchso*.
warte strebenden Geschehens, die schöpferische Zeit („temps-inventeuj
absolut real ist. Sie ist das Innere \N'«t«1*-ii , eich Entfalten und Wachsen dee
Lebens selbst, das Bichdnichdringen aller Momente des Bewußtseins
<1<t Einheit des sich im Flusse seiner Erlebniss setzenden and erhaltend
[chs, wobei die Vergangenheil im Gegenwärtigen nachwirkt and die Gegeni
sich in die Zukunft erstreckt (Ebb. p. 74 tt.. 170 ff.; Hat et mem. p. 225 ff.). I».
„reine Dauer44 ist „le progres continu du pa— .'••■ I->< ••:. ;. l>a- seelische
scheuen isl kein«- Bnmme von Elementen oder Zuständen, sondern ein Strom,
ein Verlauf, ein Qineinwirken der Vergangenheit in die (Gegenwart.
So isl das reine, geistige Gedächtnis der Kern dee Bewußtseins;
„di —ante ei nreversible4'. l>as „reine Gedächtnis" ist mit der Vor-
stellung verbunden und seinem Wesen nach vom Gehirn anabhängig (Mai
mem. p. 67 ff.). K- isl vom körperlichen Gedächtnis zu unterscheiden, d.h. von
der Aufspeicherung von Gewohnheiten, von notorischen Mechanismen. Repro-
duziert werden in der Rege] nur die nützlichen Erinnerungen. l)a< Gehirn
i-i keine Quelle döB Bewußtseins, sondern nur ein motorischer Apparat, ein
„internu i ntre les Bensations et les motrvements", ein Werkzeug zur Aus-
wahl der Bewegung speichert nur die *mecaiiismes moteurs" der Vor-
auf. Der psychophysische Parallelismue ist ein „Paralof
mus". Eß ist nicht wahr, dal', allen Bestimmtheiten der psychischen V<
Bestimmtheiten der Gehirnprazesse parallel gehen. Im Gehirn, einem bloßen
Teile der \\ Vit, kann cl -i nicht in der 1 >arBtellung vertreten sein. Den (
hirnprozessen entsprechen nur motorische Wirkungsmöglichkeiten der
Vorstellungen, nicht diese selbst als reine Bilder. I demselben Gehirnzustand können
verschiedene psychische Zustände korrespondieren, nämlich alle, welche dieselben
!:• Tendenzen haben. Das Gehirn ist ein Werkzeug, durch dessen
zahlreiche Aktionsmöglichkeiten der Gewohnheit, dem Automatismus entgegen-
rirkt und die Freiheit aufrechterhalten wird, also ein Instrument dee G
Bt und Materie sind nicht swei Wesenheiten, denn die Materie bestehl
chon aus den objektiven WahrnehmungBbildern (vgl. Mach, ATenarius
u a.'. mit denen ansere Empfindungen usw. verbunden Bind. Der „Dualis-
mus" ist dahin EU deuten, daß die Materie die ..I 'mkehrir - ibilisieru]
• niiin- de- l. h isstromea danteilt, daß sie die „Zerstreuung", Auflöst]
des stetigen Werdens in eine Summe statischer Elemente, eine „Entspannui
des ist Dai Leben in der reinen, seh hen Zeit isl das Geist
leben; das Materiell. • igt das venäuniUcute Geschehen, i». i, ist strebt immer
über die Automatisierung hinan-, gestaltet (in und durch das Nerven
die Mai.rie xn einem Werkzeug für seine Aktivität, für sein« Freiheit, welche
«•ine (rein begrifflich nicht /n bestimmende Spontaneität des aus den I
ralen [chs entspringenden Strebens und Handeln- i-t.
Anhänger r. - Bind Luquet, !■'.. I • Etoj Wil 1, Dwelahauveri d
v 1. n f t i-t. : BnaJ »ur lc« .!
1910. Hstfti n sti - Lern
L910; dsstssfe 1910. — L'ivolat -Asksadlm
intellcctuelle, Hcv philo«., L90I, - I.'ul.-o ds siaal Silo*, LtOI Ist i 1»
Bergson — Bebkeley.
m^ :ilt t. et de murale, 1903; deutsch 1910. — Le paralogisme psycho-phyaiol.,
Lo Boavenir du präsent et la fausse reconnaissance, Kev. philos., 1908.
DELB08, Rot. de mei., 1897. — Rauh, ib. 1897. — Couturat,
GUREWTT8CH, Archiv f. syst. Philos. II. — A. STEENBERGEN,
itire Thilos., 1909. — R. IvEONKR, H. Bergson, Zeitschrift „Logos", 1910.
Berkeley« George, geb. 12. März 1684 zu Killerin (Irland), studierte
rie in Dublin, war 1713, 1714, 1715 in Frankreich (Bekanntschaft mit
Malebranche) und Italien (bis 1720), wurde 1724 Dechant, lebte 1728—31 in
rika, wurde 1734 Bischof von Oloyne (Irland), lebte seit 1752 in Oxford,
1 inuar 17."»:') starb.
ausgehend, begründete B. den neueren erkenntnistheoretischen
alismus als ,Jmrnaterialismus". Ansätze zur idealistischen Auffassung
\ Benwell finden sich schon in der ersten Ausgabe der „Theorie des
in welch«! ' wird, daß Farbe und Licht nur Empfindungen
and daß die Eni Eernung u.dgl. nicht direkt wahrgenommen wird, sondern
urteil beruht In dem Hauptwerke, den „Principles", bekämpft B.
- dir Lehre von den abstrakten Ideen. Er ist entschiedener „Nomi-
- nach ihm weder außer noch im Geiste so etwas wie ein allge-
ind abstraktes Dreieck u. dgl. gibt, sondern bloß Einzelvorstellungen,
insoweit allgemein sind, als sie (vermittelst des Wortes) eine ganze
sentieren, vertreten. (Eine Vorstellung wird allgemein „by being
represenl or Btand for all other particular ideas of the same sort".) Ein
- weder gleichseitig noch ungleichseitig noch schief winkelig usw.
iii höchstens „in den Köpfen der Gelehrten".
B. \.>r allem bekämpft, ist die Annahme einer außerhalb des Geistes.
»tellens und Wahrnehmens, also an sich existierenden Materie, die
I ling, ein [Inbegriff ist. Eine solche kann es nicht geben ; sie ist
i durch dir Sinne noch durch das Denken konstatier bar, auch könnte sie
Inwirken, wäre überhaupt ganz unnütz. Es gibt vielmehr
d. h. perzipierende und wollende Wesen (Subjekte) und
-Inhalte, zu denen auch die Objekte oder Außendinge,
Gegeben sind mir mn Vorstellungen (ideas) und diese
■ '. nichl ani;<r mir. \)\, Dinge (Körper) nun sind mir nur als Vor-
siehe ich das Vorstellbare von ihnen ab, so bleibt nichts
erhalb der Vorstellung ist ein undenkbares Unding, ein
erliche Dinge Bind also uicht Dinge an sich, aber auch
gen; sie sind als Vorstellungen Avirklich da, wo wir sie
iii und in d.r Zeit, unter bestimmten Bedingungen für
9 nne Dal «n aber eben nur in Beziehung zum
rein passive Wahrnehmungs-inhalte, als Komplexe
Empfindungsqualitäten, als gesetzlich ver-
i Tönen, Drücken usw. Nichl bloß die ..zweiten"
a. meinten), mich di< ... rsten" Qualitäten (Aus-
nur subjektiv, nur ak Wahrnehmungsinhalte,
Qualitäten (Farbe usw.) nicht denkbar („In
Berkei 1 !
ahoit, extension, figure and motion, abetracted Erom all other gualit
in«. .rn«ival)l»'- . Alle Bewegung ist nur relativ, einen absoluten Raum gibt
nicht, nur einen VorateUongBTEum, der nicht außerhalb des Geistes existj
osowenig wie die Zeit, die nichts anderes i-t als die Aufeinanderfolge dei
Vorstellungen. Eine unendliche Teilbarkeil gibt ea nicht, denn keine endliche
Ausdehnung kann ans unendlich vielen Teilen bestehen Die Dinge sind
Empfindungskomplexe) oder diese seihst sind die Dinge, denn auch der narre
Mensch versteht unter diesen nichts anderes als Beine Wahrnehmungsinhalte.
Ein ..l^-itm-inu---. wie ihn Bpiter .1. Bt. Mill. 1". Mach u. a. erneuerten.)
Die „Existenz" der von mir nicht wahrgenommenen I tbjekte bedeute! nur
die Fortdauer der betr. Wahiuehmungsinhalte in anderen Subjekten oder die
Möglichkeit, daß ich sie unter bestimmten Bedingungen haben werde, wo-
bei wir in der Regel an ans, die Subjekte, vergessen, von ihnen abstrahieren.
\ i mal- ahrr können wir von einem wahrnehmenden Subjekte überhaupt
abstrahieren. So ist alle- (äußere) Sein ein Vorgestelltsein („their tesse4 is
pereipi"), das ganze räumliche dniversum setzt -ich au- Empfindungskom-
plexen znsammen („thal all the ehoir of heaven and rurniture of the earth, in
a wnrd all those bodies which composes the mightj frame "t the world, b
oot any Bubsistence without a mind, that their being i- to be pereeived <»r
known"). 1 »;i Vorotellungen wieder um- Vorstellungen ahnlich sein können
kann <- keine von ihnen verschiedene, extramentale DL len, deren Ab-
bild.: KopienJ sie «raren. Unsere Vorstellungen sind selbst die Dinge — aber
nicht unser« Phantasievorstellungen, sondern nnsere intensiven, lebhatten, kon-
stanten, geordneten, zusammenhangenden Wahrnehmungsinhalte, die -ich uns
in regelmäßigen Reihen aufdrängen, von unserem Willen unabhängig -ind.
nai lieh auttreten, verschwinden und -ich miteinander verbinden. D
ind feste Regel der Verbindung von Wahrnehmungsinhalten
in einer von ans anabhängigen Ordnung, die uns eine Art von Voraussicht
behufs Eweckvoller Lebensgestaltung ermöglicht i..a s<>rr <>t foresight, which
enables os ilate our actions for the benefit «>t lifo"). Die Kausalität
nicht in den Dingen selbst darin. Der Urheber dieser V
langen i = Dinge) and der aaturgesetzlichen Verbindungen derselben kann
nur ein aktives Wesen, ein Geist sein. Gott selbst prägt uns die Objekt-
vorstellungen '= DingeJ in bestimmter Ordnung auf. (»The ideas iinprinl
the Bensei bj the autor ««t oature are called real thingt - 'kennen
wir all« Dingi G ümlichkeit mit der Lehre Malebnu n «reichem
i uns nicht wahrgenommen« D ge ihren Bestand haben i..-nb-i-i in the
mind <-t Borne eternal apirit
Eis gibt keine andere Substanz als der Geist, d
Wollende. Min materielle- - \i-tiert nicht, alle Vorstellungen sind
|..i--i\ . sie wi~.ii an! oichte Wirksa hin. «reichem
hen könnten. Di« Kausalität besteht nur dann, dal
natürliche- Zeichen für das Aufl iner andern dient, in
in Wirken der 1 hnge selbst. K
denken und Wollen. 1 1
Berkeley — Bernhard.
ist in jedem Falle eine „unkörperliche aktive Sub-
, u-it is one simple, undivided, active being"). Da der
di< „Idee" passiv ist, so kann es von einem Geiste kein Vor-
»bild, mir einen „Begriff" Lotion") geben, indem der Geist vermittelst
- Wirkungen erkannt wird und wir wissen-, was das Wort „Geist" be-
Cremden Geister erkennen wir aus der Analogie zu unserem
i h einen Schluß.
Im Sinne von B. ehrt Oollyns Simon, verwandte Anschauungen betreffs
,1t finden sich bei Hume, J. St. Mill, E. Mach u. a.
.iften: Theory of Vision, 1709. 1711, 1733. — Treatise on the principles
..man knowledge, 1710 (Hauptwerk); deutsch in der Philos. Bibl. 1869, 4. A. 1906.
— Threo Dialogues between Hylas and Philonous, 1713; deutsch 1781, 1901 (Phil.
— Ahiphron or the niinute philosopher, 1732; deutsch 1737. — Siris, 1744.
— Mindlam — Works, 1784, 1871 (ed. Fräser). — Vgl. FRÄSER, Berkeley.
ÖEBERWEG, />. f. Philos., 1869, 1871. — E. BÖHME, D. Grundlagen d.
B. sehen lnnnaterialismus, 1893.
It< rnard. ('laude, 1813 — 1878, Prof. in Paris. = Gegner des Vitalismus
ahme einer Lebenskraft, der aber den Mechanismus im Organischen
intim n« c vitale- unterordnet und von einem „plan organique" spricht
79).
: iften: Introduction ä la medecine experimentale, 1865. — La science experi-
wentaJe, 1878 u. a.
Ben^Scj Maurice, Soziologe. — Schriften: Sociologie et morale, 1895, u.a.
| Katholischer Standpunkt).
Itornliurri ^ilvestris (von Tours), im 12. Jahrhundert. = Platonisie-
t-iiker. Die Vorsehung Gottes bezeichnet er als „Noys". Die
inl durch die Weltseele (Endelychia) geformt. In der gött-
rnunft >in<l die Ideen, die „formae exemplares" (Urbilder) der Dinge,
H'inze, Grundriß II9, S. 216 f.).
8chriften: De mundi universitate, in: Bibl. philosophor. mediae aetatis, hrsg. von
Itci iih;ir<l in Chartres, piaton isierender Scholastiker des 12. Jahr-
naefa 1124. = Die Univenalien sind nach B. ewige Ideen in Gott,
■mento bei Joh. von Salisbury, Metalogicus I, II, III, IV; Poli-
M. Dl WULF, Hist. de la philos. m6die>ale, 1900.
It«mhn»<l d Olairvaus (Clarevallenßiß), „Doctor mellifluus", geb.
Burgand), Beil L115 Abi des Klosters Clairvaux, Gegner
B. v. CL Lei der Begründer der christlich-orthodoxen
den rvueensdunkel, die Dialektik, die Schätzung des
!!>-t «rillen. Das Höchste ist die Liebe zu Gott, die
ihn, die Kontemplation bis zur Ekstase, in der man in
rnj.tu munrli. Dt < f.TiKideratioric. Do deligcndo Deo. Dfr
87, ITlt. — Vgl. NBAKDBE, B. v. OL, 3. A. 1865.
'. 188C.
Bkknhard — BlEDERH \\ \.
.Bernhard von Trilii Schüler dea Thomas ron Aquino.
Schriften: Quaestiones de cognitione animae (nur handschriftlich, Paris).
Bernheini. Eni . 1850, Prof. in Greifswald. = Materiale und formale
ichichtsphilosophie ^ind ra unterscheiden. Die historische Erkenntnis ]•
nicht ans Gesetzen und Begriffen omtorwisseiischafüicher An ab, ne betracfa
das Einzelne im Zusammenhange der Entwicklung.
Schriften: Lehrbuch der histor. Methode, 6. A. 1908. — Einl. in. d. Geschi
wiss. (Sammlung Göschen') 1905, u. a.
Bernier. Francoia, 1 *j20 — 1688. = Anhän,Lrer Qassendis.
hriften: Abrege de la philos. de Gassendi, 1678, 1684. — Traite du libr
du Tolontaire, 1685.
Berniew. Victore. — Schriften: Spiritualite" et immortalite, 1901, u. a.
^für die Unsterblichkeit).
Bernoiilli. Daniel, 1700—1782. — Schriften: De mensura sortis, 1738
(Ansätze zum ,,Weberschen Gesetz*').
Bernstein. Eduard, geb. L8B0, Kantianer und „revisionistischer" Socu
!'.• rlin.= B. betont die Wirksamkeil auch des [deologischen in der (beschichte. D
rein ökonomisch«] Ursachen Bchaffen ranachst nur die Anlage zur Aufnahme be-
stimmter Ideen, wie aber diese dann aufkommen und -i<-h ausbreiten und
welche Form ne annehmen, hangt von der Mitwirkung einer ganzen Beute von
Einflüssen ab."
9 hriften: Aufsätze in der „Neuen Zeit". — Die Voraussetzungen des Sozialis-
lhb'.1. LtOS. — Zur Theor. u. Gesch. d. Sozialism., 4. A. 1904, u. a.
Berolzheiiiier. Fritz, geb. 1869. = Von Kohler beeinflußt.-- Schriften:
Mitherausgeber des „Archiv für Rechts- u Wirtschaftsphilos.4', Rechtaphilos. Studien, 1 9
— Syst. (I. Rechte- u. Wirtschaftsphilos., 1904 f. u. s.
Berthelot, Ben£. = Der Mechanismus und Evolutionismus weisl aui
Weltvernunft hin.
'. riften: Kvolutionisme et Platonisme, 1908, u. a.
Bortraiitl. Alexis, geb. 1860, Prof. in Lyon. — Schriften: Psychologie de
l'effort, 1889 (Das Streben als da« Wesi-n der Dinge). — Lexique de philos., 1893, u. a.
B<k«*.'iiii. Annie, geb. 1847. — Schriften: Theoaophi- • - hriftetelleria.
. u. a. (Okkultismus .
Ocaiaiiai, geb. L408 ra Trapecunt, trat rar lateinischen Kirche über,
wurde Kardinal, gest L472 au Ravenna. = B, rerteidigl den Piaton,
dessen Lehren denm d«-> Christ<ntuma nicht widersprechen, ohne (wie and
..Hat. .niki-i- der Renaissance) den Aristotelei /u »chmlhi n.
driften: Adversus calumiiiatomu PlstoaJa, li ■ — Opera, Migne
trol. T. i»;i. ib«»6 — VgL B Vast, Li mdiai
Bia* ron Priene, wird unter den „sieben Weisen14 genannt. = Aussprüche
1 1 • ten Menschen sind schlecht | u. a,
Illcitlm ■■■■ , Aloii Rmannel, geb. L819 In Winterthnr, Prof. dei
ir in Zürich L885. Von Hegeln Panloginmutj beeinfli
Biedermann — Bilfinger,
a inlicher, absoluter, unendlicher Geist, der sich im menschlichen
in und Weltgrund ist Der unendliche Weltprozeß hat in Gott
,d und Bein Endziel. Der religiöse Glaube enthält nebst
,hl und Willen. Die Religion ist die „Wechselbeziehung
als unendlichen und dem Menschen als endlichen Geist/'
riften: Christi. Dogmatik, 1869, 2. A. 1884.
lti<Ml<M-mmiii. Gustav, geb. 1815 zu Böhmisch-Aiche, Arzt in Boden-
: beeinflußt Die Philosophie ist die Wissenschaft vom
Natur und vom Leben. Die Wissenschaft vom Geist zerfällt in
:n Bewußtsein, die Lehre vom Geiste und die Seelenlehre.
DU V\ issenschaftslehre, 1856 — 60. — D. Wissensch. d. Geistes, 3. A.
— Metaphys., 1870. — Zur log. Frage, 1870. — D. Naturphilos., 1875. —
- i- lie-ritiswissenschaft, 1878—80. — Philos. d. Geschichte, 1884. — Philos.
<1. (.;. — Naturphilos., 1888. — Religionsphilos., 1887, u. a.
ItiedtM nimm. Karl, Prof. in Leipzig, geb. 1832 in Leipzig, gest. 1901.
riften: Zeit- u. Lebensfragen auf d. Gebiete d. Moral, 1899. — D. deutsche
Kant bis auf unsere Zeit, 1842 — 43, u. a.
Kiol Byel), Gabriel, der „letzte Scholastiker", geb. in Speier, gest. 1495
I • _ ; . = B. i-t Anhänger Occams, also Nominalist. Das Kriterium
■ II- i-t die i unmittelbare oder mittelbare) Evidenz.
ift.-n: In quatuor sententias , 1501. — Collectorium ex Occam, 1512. —
I.I\-KM ANN. Theologische Quartalsschrift, 1865.
Sterling* E. I! geb. 1841. — Recht ist „alles, was Menschen, die in
dwelcher Gemeinschaft Leben, als Norm und Regel dieses Zusammenlebens
. anerkennen".
ritten: Juristische Prinzipienlehre, 1895 f. — ZurKrit. d. jur. Grundbegr., 1877 ff.
Biete, Alfred, geb. 1856, Gymnasialdir. in Neuwied. = B. betont die
pher in der Ehrkenntnis.
n: iJie Philos. d. Metaphorischen, 1893. — Das Assoziationsprinzip u. d.
'1. Ästhetik, 1896. — Die Entwicklung des Naturgefühls bei d.
1). B. d. N. im Mittelalt. u. d. Neuzeit, 1892.
Sie*«, 1. - Hegelianer.
Propädeutik, 1845 - D. Philos. d. Aristoteles, 1835 — 42.
Bllfiager ich Imidin- >rg Bernhard, geb. 109a in Cannstatt,
und Tübingen, gest. 1750 in Stuttgart.
Leibniz' und W'ollls; von ihm stammt der Ausdruck
Philosophie". In manchen] weicht er aber von L, und W.
die er wie L. annimmt, sind nicht alle vorstellend,
enden Kräften begabt. Die prästabilierte Bar-
i afi die inneren Zustande in den vorstellenden und nicht
nder entsprechen. Die Sphäre des Vorstellens der
. Die Grundtätigkeiten der Seele sind Vorstellen
m Wechselwirkung stehen, bo dal) die Vor-
en und umgekehrt. Ba besteht eine
" ollen oie ohne zureichende Gründe erfolgt.
Hl!. KINGER — BLA» HE.
Schriften: Disputatio de triplici rerum cognitione, 1722. — Commentatio de
harraonia animi et corporis, 1724. — Commentationes philo«, de orig. et penuisa. raali,
1724. — Dilucidationes philos. de deo, anima hamana, mundo, 1725 (Hauptwerk i. —
Vgl. R. WAHL, Zeitschr. f. Philos., Bd. 85, 1884.
Killiarz, Alfons, geb. 18: s* '•. war Direktor des Laiidesspitals m Siginaringen.
= B. ist von Schopenhauer beetnfuaflti Van JbeUozentrischeii" Standpunkt.
au- -ind die Dinge an -i«-h Subjekte wie wir, Willenskräfte. Die Auflenweil
i-i na« li Analogie unserer inneren Erfahrung zu deuten. Kraft iBi dai TOD
■nflm gesehene Wille, Wille da- [nneneein dei Kratt. Wie fthr die Psycho-
logi»- der Kraftbegriff, bo ist für die Physik der Willensbegriff mterpretatorisch
bedeutsam,
Schriften: Der heliozentrische Standpunkt der Weltbetrachtung, 1879. — Meta-
pl yp. als Lehre vom Yorbewul'ten, 1890 — 97. — Metaphys. Anfangsgründe d. mathemat.
Wfoenaehsftea, 1880. — Die Lehre vom Leben, 1902. — Neue Denklehre, 1908
Ifiillrotli. Job. Gust Fri.dr.. 1808-1830 (gest. ak Prot in Halle). =
Anhanget C. 11. Woiflco.
Schriften. Beiträge z. herrschenden Theo!., 1831 — Vorles. über Religions-
philot., hrsg. 1837. 2. A. 184 J.
Kinot. Alfred, geb. 1867, Prof. in Pari-. = Experimenteller Psycho)
Direktoi des peychoL Laboratoriums.
B hriften: latrodact. k la psychologie experimentale, 1894. — Psychologie du
raisonnement, 1886. — L'äine et le corps, 1905. — Les alterations de la personnalite,
1892, u. verschiedene psychol. Aufsätze (in: L'annee ps\<ho!og., Revue philos.).
Ition von Borysthenes, i. Jahrh. t. Chr. Fragmente bei Stobaeus. =
Popularisierender Kyniker, Verfaaeei tod „Diatriben", beeinflußte Bonus.
Itiran 8. Main«-.
liinmh». I". II. - Von <;. Bennes beeinflußt Im.- empirische Psycho-
■II „die psychischen Zustände in ihren naturgemäßen Zusammenhai
darstellen, so irie sie einander bedingen, voraussetsen, veranlassen und verur-
ien*\ Erkenntnis, Gefühl und Begehren sind die drei Seelenvermögen. I
ein äberainnlicher, apriorischer Begriff, die ^Grundform, in irelche
wir alles, irai ist und erscheint, selbständig, obgleich mit Notwendigkeit,
hineinschlagen".
einer systemat. Behandl. d. enipir. 1'- i. ..
lii\l>V. I'. — - hriften: The Ethics of Erolotion, 1901, u. ■ (Evolutioi
lilam*. Elie, geb. 1846, Prof . in Lyon. Neoecholastiker. SehrifJ
Train- «!<• philos. •' l. 1909 — Di ttonoaire de i. a
Itlaii«*. Louis, 1811- W Sozialist riftei. du tra-
vail, 1841; deati I 1 - 17.
Klaii<|iii. Louii l" 1881. Lehre eom Kreis lau 1 i
(vgl, Sie! -In - ,.'w ige Wiederkunft
:. riftei
ItliiHchv. Bernh Beinrich, geb. 1776 in
BLASOBE — BOKTHIUS.
- hellingianer. Das Böse existiert nur für den beschränkten end-
- uidpunkt Jedes Beinßelement kommt irgendeinmal zur Unsterb-
l>as Böse im Einklang mit der Weltordnung, 1827. — Philos. d.
ls-.'i). — Philos. Unsterblichkeitslehre, 1831.
lilavat«ky. H. P. = Theosophin. — Schriften: Die Geheinilehre*
0 tf. >. .-hlüssol zur Theosophie, 1907. — Isis, 1907 ff., u. a.
ItlonuVl. Maurice, "Prof. in Aix. = Religionsphilosophie mit Betonung
: Aktivität d der freien Tat, des Willens, als Grundlage aller
Erkenntnis und Lebensgestaltung. Der Wille will sich die Welt erobern. Er
im seh aber nicht selbst genügen und muß etwas Überlegenes anerkennen,.
Lauben, in dem die menschliche Aktivität zur Ruhe gelangt.
ritten: L'action, 1893, u. a.
Itloiuit. Charles, 1654—1693. = Anhänger Herberts von Cherbury,.
1 »• ist I Naturreligion).
ritten: De aninia mundi, 1679. — Orakel der Vernunft, 1693.
Itohrik. Bd. = Herbartianer. — Schriften: Freie Vorträge über Ästhetik*
ies prakt. Syst. d. Logik I, 1838.
Itnilin Bodinus), Jean, geb. 1529 oder 1530 zu Angers, gest. 1596 oder
u Laon. = B. ist in der Rechtsphilosophie ein Vorläufer von Montes-
D Verfassung ist die durch göttliche und natürliche Gesetze
schrankte Monarchie. Im „CoUoquium" predigt B. Toleranz, da alle Reli-
■n« ii etwas Wahres haben und nur Formen der natürlichen Religion sind
Methodus ad facilem historiarura cognitionem, 1566. — Six livres
de la republique, 1577, lat. 1584. — Demonomanie, 1581 (Annahme von Dämonen,
\en u. dgl.j. — Colloquium heptaplomeres, 1841 (Guhrauer), vollständig hersg. von
— Vgl. BATJDBILIiABT, J. B., 1853. — E. HANCKE, Bodin, 1896.
Kodmir. Bigmund, Ungarischer Geschichtsphilosoph, betont die Idee
- shriften darüber 1892, 1894, 1898).
lio<:thiii*, Anicius Manlius Torquatus Beverinus, geb. um 480 n. Chr. in
iann und Günstling des Königs Theodorich, wurde später bei
1 fängnis geworfen und 525 hingerichtet. Er verfaßte
und Kommentare, u. a. Commentarii in libr. Aristotel.
":- I Porphyrii comment., 1906 (diente im Mittelalter
er Arbeiten über die Schlüsse, über Einteilung u. dgl. Seine
tandene) Trostschrift: De Consolatione
ch in der ßeclam'schen Bibliothek.
B. Liej allem darin, daß er im Mittelalter lange
der Aristotelischen Philosophie war. Er genoß
ei schlechthin als „auctor" bezeichnet wurde. Seine
I toisch gefärbt. Sie ist in der „< Jonsolatio"
• q. Die „Philosophie" erscheint dem B. und
h Lbst i-zohnt, uns nicht genommen
BOKTHIl> — l'.ÖKME.
werden kann. Das Böse i-t etwas Nichtiges; auch das l gereicht /um
Guten. Auf Gott, dessen Vorsehung alles weiß und leitet, ist zu vertrauen.
Vgl. FR. NtTXBCH, Das System des B., 1860. — A. HlLDEBKAM'. B. u. seine
Stellung zum Christentum, 1885.
Boethins, Daniel, 1751—1810. Prof. in Upsala. = Von Kant beeinflußt
Unser Wesen fordert Harmonie. Die Sittlichkeit i-t ein Leben in Gott.
ßoethoa; li Schüler des Andronikos von Rhodos, Peripatetiker. 2) B.
au- Sidon, Stoiker. = B. nimmt verschiedene Kriterien der Wahrheil an
Wahrnehmung, Denken, Streben, Wissenschaft), behauptet die Ewigkeit der
W< dii „Ekpyroe&B''] und nähert sich dem AriatotelismuB.
Vgl. DlOG. La£BT. Vll, 54.
Böhm, Andreas, 1720—1790 (Gießen). = Wolffianer. — Schriften:
Logica. 174'.'. — MetapliNsira. 1753.
Böhm. Karl. geb. 1846, angarischer Philosoph. = B. vertritt erkenntnis-
tfaeoretiach den l'hanomenali-mu-.
Schriften: Der Mensch u. seine Welt, 1883 — 93 (ungar i. — Aufgabe u. Grund-
I»r<>blein (1. Werttheorie, 1900 (ung.), u. a.
Böhmes Christian Priedrich, 1766—1844. = Kantianer. — Schritte*:
Über die Möglichkeit sviithet. Urteile a priori, 1801.
Böhme. Jakob, geb. 1575 in Alt-Seidenberg (Oberlausitz), hatte schon
als Knabe Visionen, las auf der Wanderschaft religiöse und astrologische Schriften,
wurde 1504 Schuhmachermeister in Görlitz; als solcher las er Schriften von
Mystikern, schrieb 1612 die .Aurora", der Bett 1619 Doch viele andere Schriften
< n. ]'.. arurde von den Orthodoxen angefeindet und Btarb 1684,
.1. Böhme, der Mphilosophus teutonicus", ein Autodidakl von höchst Erommem
nüt, gibt in schwerfälliger, aber oft emdringlich-lebendiger W< nen
mystisch-theosophischen, von Paracelsus u. a. (besonders Alchymist
beeinflußten [deen Ausdruck. Die An -ein.- Denken- erinnert an die älteren
Gnostiker. Da- Christentum bekommt bei ihm eine pantheistisehe Färbt
und «in religiöser Dualismus tritt auf. für den neben dem ( inten auch das ! ;
ein allen Dingen innewohnende-, als aufgehobenes Moment (als „bittere Qual",
die hier „Freudenquell" i-ti auch in Gott enthalten«- Weltprinzip i-t. G
II-!' ..der Quellbaum" d< Gottes Leih: in ihr hat -ich '.
kreatürlich -'macht Aurora Kap. 1 f.). I tt/ von „licht" und
: -temi- • spielt hier eine große Rolle. Alles, «ras i-t. i-t an- dem „Ungrtu
in Gott Für sich allein (als Vater i-t Gott der Wille des l ngrunda, der
aber all i rhaben, insofern alles und nichts ist, ein Wille, der im
Nichts14 ontändet und ein .. I < 1 » i - * . ein Btw den will. D
führt /ur Sei b nba rung - hauung i
findung in -einem Sohne vermittelst des h< ' um
«rahrhafl Gott ro sein, sich offenbaren, er ruu indlich werden und
die Welt aus sich n lassen. Kein bestimmtes und
ohn< ' itz. D ' v hm
II aller I Knge, der Wille /um B
BÖHME — BOLINGBROKE.
und Y -tändliehung führt das Eine in die „Schiedlichkeit"
'i bedarf eines „Gtegenwurfs", der Welt. In Gott ist Liebe, aber auch
or- und so bestehen alle Dinge in ,,Ja und Nein"; das Ja ist Kraft
aber ohne das Nein gäbe es keine Bewegung, keinen Trieb zur
rang. In Gott sind beschlossen die sieben „Quellgeister" (Qualitäten),
d. h. die Qrundkräfte dos Seins und Geschehens, die psychischer Art sind
und im Materiellen znin Ausdruck kommen. Sie werden (ewig) im „Blitz des
Aurora. S. 81, 159 ff.), nämlich: Begierde, Bewegnis, herbe
oalitat", Feuerblitz, Liebe. Verständnis (Hall oder Schall) und deren
immenfassnng. Die Welt ist eine Manifestation göttlicher Kräfte, ein
gel der Gottheil und seiner Dreieinigkeit, ein Gleichnis derselben. Die
..hcrU'- und die „süße" Qualität, das „Zorn-" und „Liebesfeuer" und die
anderen Klüfte, die in Gott liegen, äußern sich in allem, so auch im
hen, dessen Seele das Böse, Teuflische überwindet, wenn sie in Gott
und Christas ihre Wiedergeburt feiert, Gottes Wesen anzieht, dieses in sich
walten läßt ; denn Himmel und Hölle sind in uns.
Anhänger Böhmes sind Chr. v. Frankenberg, B. Walther, Werden-
n. J. Ct. Gichtel, J. Pordage u. a.; beeinflußt von ihm Saint
.Martin. Bchelling, Baader, Schopenhauer u. a.
Schriften: Aurora oder die Morgenröte im Aufgang, 1612, 1656. — "Von den
■Irei Prinzipien göttlichen Wesens. — Vom dreifachen Leben des Menschen. — Von
>ech» mystischen Punkten. — Der Weg zu Christo. — Mysterium magnum, u. a. Werke,
1682; 1831—47, 1861. In Auswahl, hrsg. von Classen, 1885 ff. — Vgl.
WW, 111, XIII. — A. PEIP, J. Böhme, 1850. — DEUSSEN, J. B, 1897. -
I. B., 1897.
liölniMi. Hermann. = Nazistischer Standpunkt bezüglich der Eaum-
n : Die .Sinneswahrnehmung, 1863. — Die physiol. Theorie d. Sinnes-
isorj. — Die physiol. und psychol. Prinzipien d. Sinnenlehre, 1868.
Ilona« . I ,il, geb, 1851, Rektor der Akademie zu Dijon. = B. ist ein be-
Leibniz beeinflußter Phanomenalist. Ein Sein außerhalb des Denkens
I Objekte sind Erscheinungen, Inhalte eines universalen Denkens,
1 - Isubjekf unabhängig. Die Substanz ist das universale
'■ lanke der die Phänomene verknüpfenden Beziehung. Die
Einheit, das lebendige Gesetz der Vorstellungen.
ph.'honwi.e, 1891. — La psychologie inconnue, 1908, u. a.
Hoi* K< > moml |)u Bois-Beymond.
,toh"- '"■ ■■ . Prof. in Helsingfors. Mifli<Tansgeber der
he Werken. = Anhanger Feuerbachs.
L891, u. ;..
i;«»h,._t.: .,K... (Henry St John), geb. L662 bei London,
Bmpirisl (von Lorke beeinflußt), der die Un-
und Haterie betont, Gegner aller
und Deist; die positire Religion isl
BOLINGBROKE — BOLZAXO.
mir ein Mittel für Btaatszwecke und muß den Y"lk«- erhalten bleiben, damit
dieses dadurch geleitel werde Die Existenz eines Gottes und einer Vorsehung
steht durch das Lieht der Vernunft fest.
Schriften: Letters on Study of History, 1738, 1752; deutsch 1794. — Works,
17Ö3 — 54, 1808 — 9, 1849. — Vgl. BROSCH, Lord B.. 1883.
Holland. G« J. P. J.j Prof. in Leiden. = Anhinger E. v. Bartmanns,
aber spftter mit Modifikationen und jetzt mit Hinwendung zu Heg
Schriften: Collegium logicum, 1904 f. — Denken u. Wirklichkeit, 1905
iholländ. i, u. a.
Bölsehe. Wilhelm, geb. 1861, lebt in Berlin. = Evolutionist und Monist
Schriften: Entwicklungesch. d. Natur, 1893 f. — Das Liebesleben in der Natur,
1901. — Naturgeheimnis, 1905, u. a.
ßoltzmaiiii, Ludwig, gest 1908, Prot, der Physik in Wien. = Für die
mechanistisch -atomis tische Physik; Atome Bind al> Denkmittel not-
wendig (gegen die rein „phänomenologische" Physik). Die Außenwelt «xi-t i.rt
nnaKh&ngig von im-.
Schriften: Über die Frage nach der objektiven Existenz des Vorgestellten.
Populin riften, 1905. — Wissenschaftl. Abhandlungen, 1909, u. a.
Kolzano. Bernard, geb. 178] in Prag, seil lv"~' Priester und Profee
der Religionswissenschaft, 1820 suspendiert, gest ih
B. (der jetzt durch Husserl, Paligyi n. a. zur Geltung kommt) ist in
seiner (heute erst beachteten) Logik (Wissenschaftslehn entlieh von
Leiltniz beeinflußt Kr ist ein Gegner des Subjektivismus und stellt die
Lehre ron den „Wahrheiten an Bich" auf. Vom (Jrteilsakl unterscheidet
er den objektiven Inhalt des Urteils, den Sinn des Sattes, den „8ats an sich",
der unabhängig vom Denken j^ilt. Er i-t ..eine Aue dai etwas Ist oder
oicht ist ; gleichvie] ob diese Aussage wahr oder misch ist, ob sie ron irgend
jemand in Worte getaut oder nicht gefaßt, ja auch im Geiste nur gedacht oder
nicht gedacht worden ist". Eine raum-zeitliche Existenz hat der „8ats an
-idr aber nicht, nur ein ideales Sein (Wissenschi I. 8. 76 tt.: II. g 122
„Wahrheiten an sich'4 sind „Wahrheiten, abgesehen davon, ob sie von jemand
erkannt oder nicht erkannt werden" (L c I. Die objektive ^Wahrheit
eicht durch das Denken gesetzt, auch Gott erkennt sie nur. weil sie ist
l .. ,/. Die gedachte, erkannte Wahrheit i-t die „logische" Wahrheit (vgl.
1 1 ii — tri .
Das Schöne bezieht \). aut die an^emcsM-iie Am- 1:1111- im- r. ■ l'.rkennt-
Diskriftft 1 - ii»t ein imbedingt verptüchtendes Bittei
die Förderung des Gcsamtwohles fordert Die Staatslehre Bj liegt nur
im Manuskript n ann, L c S. I ~~ i,">
Wohle und der Sittlichkeit der Menschen sn dienen. I igentum il dux soweit
anzuerkennen, als es tiir das allgemeine Wohl dienlich i>t und
nützlichste Verwendung findet Auch Inder Metaphysik ist B. n I >nis
al.l Di( I1 '••heu BUS .M-madi ir\ welch«- alle «•mptiud« 11. w<
• - ah« 1 auch ..lu-rrsehende" Monaden, S< ■• -b-n pht. Die Schöpfung ist 1
Bolbako — Bonaventura.
Welt ist unendlich. Zwischen den Monaden besteht wahre
Lebensbeschreibung, 1836, 2. A. 1875. — Für die Mathematik
Beitrage ku einer begründeteren Darstellung d. Mathematik, 1810. — Para-
cet Unendlichen, hrsg. von Prihonsky, 1851, 2. A. 1889, u. a. — Für die
Lehrb. d. Religionswissenschaft, 1839, u. a. — Philosophisch:
1S38. — (Über Unsterblichkeit): Wissenscbaftslehre, 1837. —
1 Begriff d. Schönen, 1843. — Über d. Einteil. d. schönen Künste, 1843. — Drei
philos. Abhandl., 1851. — Was ist Philos.? 1849. — Vgl. PRIHONSKY, Neuer Anti-Kant,
— V.w A.GYI, Kant u. Bolzano, 1905. — G. GOTTHARD, Bolzanos Lehre Tom
. 1909. — H. BERGMANN, Das philos. Werk B. Bolzanos, 1909 (die
zur enthaltend). — KREIBIG, Über e. Paradoxon in d. Logik B.'s, 1900.
Hon. I b. 1871, lebt in Leipzig. = B. hält das hypothetische und
- llcn . das „Angeratenwerden" und das ,, Geboten werden"
irf auseinander.
riften: Die Dogmen d. Erkenntnistheorie, 1902. — Ueber das Sollen u. d.
. 1898. — Grundz. d. wiss. u. techn. Ethik, 1896.
Bon. Le, -. Le Bon.
ISonald. Louis Vicomte de, geb. 1754, reaktionär - legitimistischer Ab-
r und Pair, gest. 1840. = B. gehört zu der „theologischen" Schule der
ditionalisten", jener französischen katholischen Philosophen, welche eine
Uro t fenbarung lehren, aus der die Sprache stammt, die wiederum
Quelle aller Erkenntnis ist. Ohne die Sprache kann der Mensch nicht
denken. Der Mensch ist ein soziales Wesen; Gesellschaft, Staat, Gesetze sind
lezw. der Religion und Kirche untergeordnet,
riften: Theorie du pouvoir politique et religieux, 1796, 4. 6d. 1860. — La
legisUti-n primitive, 1802. — Oeuvres, 1817—30, 1857—75. — Vgl. G. BüSCHBELL,
Philo«. Jahrb. XII.
ltona(< IIL I geb. 1830. = Von Herbart u. a. beeinflußt. Das Psychische
i den Dingen und für dieselben geschieht, das Physische eine
riechen den Dingen. Die Seele ist eine immaterielle Substanz
unsterblich.
Schriften: Pensiero e conoscenza, 1864. — La coscienza, 1872. — Intorno alla
eoMscibilite dell' Jo, 1902. — II concetto della vita, 1904, u. a.
Ho im Ventura (eig. Johann Fidanza), „Doctor seraphicus", geb. 1221
I Franziskaner, < hdensgeneral, Schüler des Alexander
' ' kanonisiert.
Hauptvertreter der mittelalterlichen Mystik, der (neben
m Plato, Augustinus, älteren Mystikern, Alexander von Haies, Avi-
-'. Die „Ideen" Bind Gedanken Gottes. Die Indivi-
reh die Vereinigung von Form und Materie, die auch in
teht Allee begriffliche Wissen ist nichtig gegen-
nnd Ekstase, in welcher sich die Seele zu Gott auf-
/ tand, der erst nach Zurücklegung verschiedener
haulichkeil erreicht wird. Bin reines, asketisches
Bonaventura — Bobdas-Dsmoulut. .1
Schriften: Perlustratio in quatuor libros sententiarum, 1495. — Centiloquium.
De septem gradibus contemplationis. Soliloquiura. De eeptem itineribus aeternitati«
Itinerarium mentis in Deum. Breviloquium (die beiden letzten, 1862) u. a. — Opera,
1482, 1861 ff., 1882 ff. — Vgl. K. WERNER, D. Psychol. u. Erkenntnislehre d. J. Bonav..
1876. — Ed. LüTZ, Die Psychologie B.s, 19<>9.
Bonnet, Charles, geb. 1720 in Genf, irorde schon früh infolge seiner
natorwissenschaftlichen Beobachtungen Mitglied gelehrter Gesellscn
au! Beinem Gute am Genfer 8
I.. dessen Schriften von Rinflnfl ani verschiedene dentsche Psycholog
Feder, Hissmann, v. [rwing u. a waren, ist ein (von Locke beeinfluß!
I tpirist, der in der Psychologie die Verbindung der psychischen V.
mit den Nervenprozessen Vorgangen in «Im ..Fibern-) betont, aber dabei
die Reaktivität und Aktivität der Seele, die nach ihm eine immaterielle Sub-
stanz ist, beachtet. Die Psychologie beruht auf Beobachtung und Erfahrung
Ess. anal, jir.'t. . 1 tie Bewegungen der Nervenfibern Bind natürliche Zeichen"
der pM'wulitseinsvorj Die Vorstellungen entspringen teils au- den Sinnen,
teils aus der Reflexion, Vor aller Erfahrung hat die Seel«' keine Vorstellungen,
•ras B. (ähnlich wir Condillac) durch Vergleich des Menschen mit einer Bild-
le zeigt Die Verbindungen der Vorstellungen Assoziation), die Reproduktion
usw. hängt von den Verbindungen der Nervenbewegungen ab. Der Begriff der
Disposition (als Spur, Anlage in den Gehirnfibern] besteht hier schon, l1
Aufmerksamkeit ist eine Reaktion der Seele auf ihre Eindrücke, wodurch
schwächere Eindrücke verstärken kann. S ist „une modification de
l'activite' de l'äme", ..un certain exercise d<- la tonnt' motrice de l'&me but les
fibres de bod cerveau". Die Seele besitzl einen ätherartigen L<-il> als unverlier-
bares Organ, «reiches die Erinnerungen des ISrdenlebena aufbewahrt,
diesem Atherleib geht sie in andere Körper ein, worauf die „Palingenesie", die
Auferstehung der in der jetzigen Weltperiode verstorbenen Lebewesen in einer
künftigen Weltperiode beruht (ähnlich wie Whiston, Nova telluris theoria,
i _1. Offner, 1. c 3. Die organischen Keime bestehen auf drv
I'.nl.- von Anfang an and entwickeln sich im sinn.- der Präformation.
8 lirifton: Essai de paycholo^i«'. 17 7."*; deutsch 177."». BwSl inalytiqafl
les fuculti'-s de l'ftm«, 1760; dt-ut- h. 1770 — 71. — La pah:
7' — I diisid" -nttions aur iipn»-, 17 ''■•_' — 1 -
libeni) 1747, — Oeavrat, 1 779. — 7g . \. Lemodtb, 0a. B„ 1860. — M. OFFN1
die Pij B -. 1893.
i.ool«'. I r der mathematischen (symbolischen) I -< »1:1k.
natiral Analysis of Logl . 1M7. — Ai Law«
of i baaakt, I -
Korda«- lloiitoiilin. Jean, 1798 lv thematiker und Philoaoph.
1er Cousins. = B. ist besonders von Malebranche beeinflußt. Dk Wirkl
k.it ist [dee. Die mathematisch-mechanische Betrachtung macht aus dem
Unwirkliches; die Wirklichkeit selbst i-t Kraft, [dee, VollkomuM
Substanz besteht aus zwei Elementen i und Vollkommenh
Bordas-Demoülen — Boström.
In der allorganischen Welt herrscht die Größe oder Aus-
geht, in der organischen die Kraft.
Lettro sur l'öclecticisnie, 1834. — Le Cartesianisme, 1843. — Me-
:vüg., 1855. — Oeuvres posthumes, 1861.
HorHiu*. J. .'•• geb. 1823. Schwedischer Philosoph. = Hegelianer, aber
M difikationen.
•iiton: Über d. Satz d. Widerspruchs, Philos. Monatshefte, 1881. — Blicke
jpg i lp. d. Philos., 1886, u. schwedische Schriften (1849, 1853, 1857).
Itorclli. Pasquale, 1782—1859. = Von Th. Brown beeinflußt.
B hriften: Priiuipii dolla genealogia del per.sicro, 1825.
Bo>an<|iiel. Bernard, geb. 1848. = B. vertritt (ähnlich wieBradley) einen
ktiven Idealismus, nach welchem die Wirklickeit, auf die sich unsere
Urteile beziehen, in einem einheitlichen System besteht, dessen analytische £r-
se durch Begriffe vermittelt wird. Das Wesen des Urteils besteht
: Beziehung eines ideellen Inhalts auf die Wirklichkeit („reference of an
.1 content to reality").
8< hriften: Knowledge and Reality, 1885. — Logic, 1888. — An History of
t-tic«, 1892. — The Essen tials of Logic, 1895. — Psychology of the Moral Seif,
— Aufsätze im „Mind", „Monist", „Intern. Journ. of Ethics" u. a.
BoMCOvicli« 1^- Josef, geb. 1711 in Ragusa, Jesuit, Prof. d. Mathematik
::. Philosophie, Astronom und Physiker, gest. 1787 in Mailand. = B. ist in
Physik A t (unis t i ker. Die Atome sind räumlich bestimmte (aber unaus-
•. Kraftzentren, mit abstoßenden Kräften begabt.
hriften: Diasertationes duae de viribus vivis, 1745. — Theoria philos. natural,
A 1762. — De continuitatis lege, 1754.
lto*trüm. Christopher Jakob, der bedeutendste schwedische Philosoph,
in Pitea, Beil 1840 Professor d. Philosophie in Upsala, gest. 1866.
I'..- Lehre isl «in ..rationaler1' Idealismus und spiritualistischer (von Leibniz
Personalismus. Alles Sein ist an sich Selbstbewußtsein,.
ii aus Monaden, geistigen persönlichen (d. h. in irgend
' ' empfindenden oder bewußten) Wesen, und die Außenwelt als
Inhalt des Erlebens oder Bewußtseins der persönlichen Wesen, eine
• .der übersinnlichen Welt. (Objektiver Phänomenalis-
auch der Leib nur die Erscheinung der Seele des Geistes. Das-
Wirkliche und ursprünglich Seiende". Gott ist die
aLmoI i önlichkeit, in der alles enthalten ist (PanentheismusV
das Vollkommene, nichts außer sich haben. Es
/ mal Veränderung erhaben, ist reines Selbstbewußtsein.
[uteri sind Subjekte und Zentren für die Auffassung
Stufenordnung niederer und höherer Wesen im
ite Persönlichkeit und zugleich ein Reich persönlicher
nicht ohne Gott, aber Gott setzt jene nicht
sind die ewigen Ideen Gottes, dessen Leben
' und allein immanent ist. Die Körper als-
Boentöif — Boütkrwbk.
solche sind Phänomene, <1. h. die Art und Weise, wie dai Bein rieh den
einzelnen Geistern in «Im suhjektiv-relativen A n-<liauuiiL:-1i -iiihii i Kanin und
Zeit) darstellt. — Die Sittlichkeit besteht darin, an der Realieiernng an»
[dee und des Reiches Gottes, der Vernunft zu arbeiten. Die Gesellscn
ist ein Organismus, eine eigene göttliche Idee, welehei Persönlichkeit und Wille
zukommt — Schüler B.s sind Bibbing, Nybläus, Bahlin u. a. (vgl !'••'
II. inae, <-rundr. IV10. - !f.).
driften: 1883—1901. — Vgl. Philos. Monatshefte, 3. Bd., 1869.
Houglt*. Charles, Soziologe. — Schriften: Les sciences sociales en Aliens.
1896, u. a. — Lo solidarisme, 1907. — Qu'est ce que la sociologie? u. a.
BonilltV b. Bovillus.
Bonillier, Francisque, 1813—1899. Prof. in Orleans und Lyon, dann
Direktor dar Ecole Normale. = I>. ist biologiachar „Animist". Die Seele ist
zugleich Lebensprinzip, gestalte! selbst den Organismus.
B hriften: Histoire et Critique du Uartesianieme, 1842. — De l'unite de lame
pensante et du principe vital, 1858. — Le principe vital et l'äme pensante, 180:' -
«'d. 1873.
Bontemck. Friedrich, geb. 1766 bei Goslar, Prof. in Göttingen, _
Unter „Apodiktik" versteht B. die „Wissenachalt, durch welche der Grund
d gefunden und ror der Vernunft gerechtfertigt wird-- (Apod.
I. 6 fcs terGÜlt in logische, transzendentale und praktische Apodiktik. 1
reine Denken reicht nu Erkenntnis nicht ans. Nur ein nnmittelbai
kennen tindet die Wirklichkeit, welche das Denken al> solche bewahrt. Durch
innert' Erfahrung erfassen wir dm absolut Wirkliche. Diese- i-t über den
Gegensatz von Subjekt und Objekt erhaben, ee ist der Triger heider. ist die
Einheit der Kran«- und Widerstände, in der wir und die Dinge sind, ea ist
„absolute Virtualität", wie alle Dinge an neh Kraft Bind („Virtualisrnini
. Ki n 1 1 in un~ oder anaW dm ist relative Bealität. Widerstand i-t entgegen-
tzte, also auch relative Realität. Heide vereinigt sind Virtualität Durch
Virtualität sind wir.-- ..Die absolute Realität ist nicht- and«!.- als eben d
Virtualität, die in uns j§t, nie wir in ihr sind. Bie ist das Absolute, das durch
sich Belfast ist" (Apod. 11 Der Mensch erfaßt -ich \u seinem Willen
als endliehe Virtualität und niui» midi Beine Nebenmenschen ahi Bolche be-
bandeln. Auf das Unbedingte geht der „Glaube", den I>. in -einen Arbeiten
s.it | : ker betont.
Bj ron Grillparzer gelobte) Ästhetik hat eine psychologisch« Grundl
hat . zu erklären, was wir empfinden, wenn wir mit Recht arteilen, d
etwas schOn i-t . . Lath. I. Das ästhetische Gefühl i-1 dai „mansch-
lieh- I rgefühl'', in dem die menschliche Natur als ein < iiinzes wirkt. 1
^ I isl mit der Kunst verwandt. I> 5 ine Ix-ruht aut dem <■• i. r
harmonischen Tätigkeil aller . K I auf inner« Harmonie,
ftsth< ■ Einheit im Mannigfaltig
rtas: l'leo einer Ap<>dikt>k. L7M (flsnpftwerk). — Anfangsgründe der tp
BOUTEEWEK — BOUTROUX.
Utitfn Philosophie. 1800. — Ästhetik, 1806, 3. A. 1824. — Ideen zur Metaphysik des
808. — Praktische Aphorismen, 1808. — Lehrbuch der philos. Wissenschaften,
Die RaKgion der Vernunft, 1824. — Die beiden letzten Schriften nähern sich
51 - Inunkt Jacobis sehr.
Hontionx. Emile, geb. 1845 in Montrouge, Prof. in Paris (Sorbonne).
B. ist ein von Kant n. a. beeinflußter „Neospiritualist", der die
. vität und Freiheit des Geistes betont, eine Freiheit, deren Abglanz
mehr oder weniger die Welt erfüllt. In der Welt herrscht eben nicht starre
rendigkeit, sondern auch ,.Kontingenz" und schöpferische Entfaltung. Die
der verschiedenen Disziplinen und deren Gesetzlichkeiten ordnen sich
- nber. daß von der relativen Notwendigkeit des Mechanischen bis
zur freien Aktivität des Geistes Übergänge stattfinden, die überall Neues, aus
\ ederen nicht völlig Ableitbares aufweisen; auch die Notwendigkeit des
Mechanischen ist nur durch Gewohnheit mechanisierte Spontaneität (vgl.
James n. a.). I>ie Naturgesetze sind nur annähernd strenge Gesetze, sie
i der Kontinenz, der Individualität des Wirkens, der Freiheit Raum. Die
Nati formulieren nur die Folgen der Wechselwirkung der Dinge selbst,
. ihnen nicht voran. Sie sind „die Summe der Methoden, die wir er-
funden haben, am uns die Dinge anzueignen und sie in den Dienst unseres
Will. stellen" (Aktivismus). Das Sein ist an sich „contingent dans son
Conting. d. lois, p. 43). Die Aktivität des Geistes
aui Beherrschung der Natur. Der Geist entwickelt sich mit der Wissen-
schaft seit» ist es der Verstand, der die Wissenschaft macht . . .
And< irkt das Werk auf den Arbeiter, und das, was wir die Kategorien
Standes nennen, ist nur die Gesamtheit der Gewohnheiten, die der Geist
nommen hat, indem er sich bearbeitete, um sich den Erscheinungen anzu-
■
Metaphysik und Religion haben gegenüber dem abstrakten Standpunkt
liatt und ihres Determinismus endgültige Bedeutung für die Be-
- n- der Wirklichkeit. Der Pragmatismus und die „Aktions-
;• (Blonde! u. a.) enthalten berechtigte Momente, sind aber einseitig,
_-■!! die objektive Bestimmtheit des Erkennens bezw. die Bedeutung
- auch für die Religion. Die Wissenschaft ersetzt die Dinge durch
welche dac Allgemeingültige der Objekte darstellen; sie drückt die
durch Quantitäten aus. Aber die Wissenschaft vermag die Dinge
•' ii. auch ist sie unpersönlich. Es besteht daneben noch
M und dae Bedürfnis, die Dinge vom Standpunkt des Individuums
deren, wie dies die Religion tut, welche die Persönlichkeit
Glauben an die Wirklichkeit und den Wert der Individualität ein
I II'' menschliche Leben stellt andere Forderungen als die bloße
ion nun bietet dem Menschen ein reicheres und tieferes
tandesm&fiige Leben, sie ist „eine Art Synthese oder
i und geistiger Vereinigung des Instinkts und Ver-
■ ist „der Glaube an die Pflicht, das Forschen nach
Liebe". Das religiöse Prinzip offenbart sich
BOUTBOUX — Bradley.
immer mehr ab die Behauptung der »cliöpferischen Macht des ( ■■ istes and
verkörpert sich in Symbolen.
Schriften: De la contingence des lois de la nature, 1874. 4. ed. 1902. —
Tideo de loi naturelle, 1895 (auch deutsch, 1908). — Questions de morale et de pedagogie.
1896. — Etudes d'histoire de la philos., 2. 6d. 1901. — La psycho!« du mvaticisme.
1902. — Science et relijjion, 1908; deutsch 1910, u. a.
Itovilln**. Carolas (Charta BouilU >. um 1470 b« Amiens, Schüler
.!■- Faber Btapolensia, Mathematiker und Philosoph, gest. um L"353.
B. ist ein Anhänger von Nikolaus von Cusa. Der Intellekt ist ein 3]
des Universums. Gott erfassen wir durch ..doeta ignorantia- (s. Xik. von
Coea). Die Well ist ans dem Nichts geschaffen. Dil Beeli st die „Form-
oismus.
Schriften: De sensibus. De intellectu. De nihilo, u. a. — Vgl. Dll'PKl.. Vor-,
vi!. Iiirstell. d. Philos. d. C. Bov.. 1865.
Uoyle. Robert, 1627—1691, Chemiker. = Für die Philosophie i>t B.
durch Beine Atomistik Bowie durch Beine Lehre von der Subjektivität der (von
I. ke „sekundär^ genannten) Qualitäten (Farbe usw.) von Bedeutung.
8 hriften: Tra< tatus do ipsa natura, 1682. — Considerationes et experimenta de
origine qualitatum et fnrraarum, 1688. — Vgl. S. H08BB80HET, R. B. als Philosoph,
Bradley. Francis Herbert, Prof. in Oxford, geb. 18
B. bt ein tob Kant und Segel beeinflußter »britischer [dealist", der aber
den [ntellektualismus teilweise bekämpft und auch dem < Jttiihl eine Etolle im
Erkennen zuschreibt (Nach B, i-t da- OniverBum nicht «'in „ungreifbs
Einschlag gespenstiger Abstraktionen oder ein aberirdisches Ballet blutleerer
Kategorien*'.) Wahrheil und Wirklichkeit decken sich nicht I1 bu-
näcbst die Theorie des Urteils. Dieses ist Logisch die Qualifizierung der
Wirklichkeil durch einen Begriff, indem es einen ideellen Inhalt aui die Wirk-
1 i« -1 1 k « i t bezieht f„the ad which refers an ideal content . . . t<> ■ reality beyond
the act"). Der Reelle Inhalf, dir „logische [dee* i-t dir Bedeutung des
lachten, nicht »-in psychisches Gebilde, sondern ein Symbol für da- Wirk-
liche, das diesem aber nie adäquat bt. ob/war es ein Teil der Wirklichkeit
selbst i-t i .\n id.-a ran be i i* - Prädikat i-t rin Zeichen für die
Wirklichkeit, dir Wirklichkeit selbst i-t das Subjrkt des Urteils (L c.
I '. Die Wahrheit des Urteils ist allgemein, begrifflich, relativ; das Denken
bt ideell und »-in-xit i^r und kann dir konkrete, individuelle, rolle Wirklich-
keit nicht ab solche erreichen. Die Wirklichkeit i>t konkret, einheitlich «u-
imenhängend, individuell, alle Verschiedenheit in rinn- umfassenden Harm
einschließend, Für 3< d (,^Belf-existent"), die Begriffe aber, durch "•'
wi! timmen, sind allgemein und unselbständig ral and adj<
n etwas ab einzelnes Oedachtes dem absolut Wirklichen nicht entspricht,
indem es in sich widerspruchsvoU i-t. i-t es, mau «•- an<i. tieren44, 1 i
aeinung, l» 1 ncheinung i-t. ab da- Widerspruchsvolle, Relative unwirk-
lich, wenn -i« auch in der Wirklichkeit sei Stelle bat. Die l'
BEADLEY — B&A88AJ.
Ine, uiisdbstandige Denkobjekte, die Relationen aller Art: Raum,
Kausalität, Veränderung, Bewegung sind phänomenal, ent-
Q6D „Widerspruch" in sich selbst. Auch das Ich ist Erscheinung.
3eele sind nur „phänomenale Konstruktionen". Die Wirklichkeit
i tricht widerspruchsvoll sein; Übereinstimmung mit sich selbst („seif-
st ihr Kriterium („Ultimate reality is such, that it does not
contradid itsolf). In ihr müssen alle Differenzen, Widersprüche, Gegensätze
,;. r Erscheinungen aufgehoben sein, sie muß alle Erscheinungen als aufgehobene
Momente enthalten, Subjekt und Objekt umspannen, absolute Totalität sein.
solute ist eine individuelle lebendige, geistige Einheit, wie sie ähnlich
in unserem noch undifferenzierten Gefühl sich darstellt, ein harmonisches
tem", die allumfassende, sich selbst durchdringende („self-pervading") Er-
fahrung, die sich in den Subjekten und Objekten entfaltet, so daß in der
Einheit des göttlichen Geistes alles Einzelne beschlossen und aufgehoben („trans-
formiert" ist (absoluter Idealismus). Die volle Harmonie des Seins ist für das
an Relationen gebundene Denken ein nie erreichtes Ideal.
riften: Ethical Studies, 1876. — The Principles of Logic, 1883. — Appea-
rance and Reality, 1893; 2. ed. 1897. — Abhandlungen im „Mind" (VIII, IX, XI, XII,
XIII u. ff.\ — Vgl. IL EVANS, F. H. B.s Metaphysik, 1902.
Brad wardine, Thomas, gest. 1349. = Anhänger des Thomas von
\<|uino.
Iirai£. Carl, geb. 1853, Prof. in Freiburg i. B. = Katholischer Philosoph,
lift Lastiacher Standpunkt.
Schriften: Enzyklopädie d. theoret. Philos., 6. A. 1886. — Vom Donken, 1896.
Vom Sein, 189G. — Vom Erkennen, 1897.
lirandN. Christian August, geb. 1790 in Hildesheim, Prof. in Berlin und
1 ^17.
Schriften: Handbuch d. Gesch. d. griech.-röm. Philos., 1835 ff. — Gesch. d.
Kntwickl. d. griseh. Philos., 1864.
BMMriMj Julius, geb. 1792 in Breslau, Prof. in Breslau, gest. 1873. =s
n Schleiermacher, Steffens, Hegel beeinflußt. Die Metaphysik hat
loluten Edee aus den Weltbegriff zu bestimmen und zu entwickeln".
Wirklichkeit ist Doch nicht abgeschlossen, der Geist gestaltet sie ziel-
nften: Die Logik in ihr. Verh. z. Philos., 1823. — Grundr. d. Logik, 1829.
<1. Mc-Uiphys., 1834, u. a.
PrartttlgM, Gcbhard, Ulrich, 1754—1813, Gymnasialrektor in Stutt-
se ein Gegner Kants und Anhanger der Leibniz- Wolf f sehen
t. über Kants Kritik d. reinen Vernunft, 1790. — U. ü. K.e
1792. — Untersuch, üb. d. Grund uns. Glaubens an Gott
BraaMsi, . 1797- Prof. in Klausenburg. Ungar. Philosopl
Brassai — Breotano.
• i
= r-j.irit uali-tischer Standpunkt. Die Binzetoceleo sind Teile der göttlichen
Weltseele.
Itranhach. Wilhelm. = Gegner des Materialismus. — Schriften: Köhler-
glaube u. Materialismus. 1872. — Neues Fundaniental-Organon d. Thilos., ls
Kran ii, Otto, Lreb. 1885, lebt in Hamburg. = Von Schelling, Hartmann
und Encken beeinflußt. I>. vertritt einen aktivistischen, „tatkräftigen Ideali--
mus". Eine ,,s-hat'tenstheorie1' i-t der Erkenntnistheorie an die Seite zu stellen.
„Ideales und Bf lfH wird nur im Schaffen umspannt. ■•
Schriften: Schellings geistige Wandlungen, 1906. — Hinauf zum Idealismus,
1908. — Monismus u. Ethik, in: D. Monism., hreg. ron Drews, 1908. — El). V. H ART-
MANN. 1909.
Brentano. Franz, geb. 1838, früher katholischer Theologe, Professor in
Würzbarg und ^Vien, lebt seit 1902 in Florenz.
B.. der von Aristoteles and der Scholastik in manchem beeinflußt ist, i-t
„Psychologist". Die Psychologie ist die Grundinge der Philosophie, auch
der Logik. Die Psychologie muß in erster Einie beschreibend, deskriptiv
sein; sie i-t die Wissenschaft von den psychischen Erscheinungen und intro-
tiv. aui innerer Wahrnehmung beruhend. Die innere Beobachtung ist
durch das Gedächtnis vermittelt. Das Psychische hat unmittelbare, absolute
Realität, da- Physische ist uns nur als Phänomen gegeben, nicht in seiner
unmittelbaren Wirklichkeit. Die Empfindungen sind physisch; psychisch sind
nur die psychischen Akte, «reiche „intentional" (als Inhalt) einen Gegenstand
enthalten. „Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die
Scholastiker . . . dir intentionale (auch wohl mentale) [nezjstens eines Gegen
nannt haben . . ■ Jedes enthält etwas als Objekt in -ich 1'-. hol.
Einzuteilen nnd die psychischen Phänomene in Vorstellungen, Urteile,
Gemütsbewegungen (Phänomene der Liehe und des Hasses).
Das Urteilen setzt da- Vorstellen voran-, i-t aber ron diesem fundamental
unterschieden, ein eigener, unableitbarer Bewußtseinsakt („Idiogenetische"
Urteilstheorie: F. Billebrand). Das Urteil i-t (ähnlich schon Occam, J. S
Mill ii. a.i »-in (als wahr) Anerkennen oder (als misch Verwerfen einer Vor-
lung \ ist . \ i-t nicht'. E- kommt hier /um Vorstellen eine /w
intentionale Beziehung hin/u. ein Existenzbewußtsein. Die Erteile lassen sich
alle aul K\i-teiitial-ät/e wirückführen, es i-t für sie nicht wesentlich, au- Subjekt
und Prädikat zu bestehen. Die Jünpeisoualien" („subjektlosen" £
M ister de- Erteilen-, da sie nur ..anerkennen-- oder „verwerfen". I ' U7."
i-t au- dem Urteil abzuleiten. ..A ist41 beißt: ...\ wird als wahr anerkam
in Erteil i-t wahr" oder ..-ein <•■ id existiert' ich
dasselbe. ..Wir nennen etwa- walir. wenn die daran! bezügliche Anerkennt!
rieht i ad Verneinung sind die Formen d« i rteils, die
Unterschiede der „Quantit ...reu nur zur •- '
I . . i iber dei l
in u l- vier (nicht dl I ermini . nio
ninorum" k.-in Fehler i P hol. I. '•" '■'• : .m-j. fuhrt von Hillebi
Breb i 'ANO — Brüder.
der Ethik ist 1>. ,Jntuitionist". Es gibt eine Evidenz des Gutenr
Sittlichen. Eine ..innere Richtigkeit" zeichnet die sittlichen Willensakte ans.
ist „das mit richtiger Liebe zu Liebende" (Vom Urspr. sittl. Erk.,
Anhänger Brentanos sind Marty, E. Arleth, Miklosich, Fr. Hille-
brand, 0. Kran-. Kastil, H. Bergmann u. a. Ausgegangen von B. sind
Meinong, Boiler n. a. (Meinong-Schule).
- :. ritten. Die Psychologie des Aristoteles, 1867. — Psychol. vom empir. Stand-
punkt I, 1874. — Vom Ursprung sittl. Erkenntnis, 1889. — Das Genie, 1892. — üa&
Schlechte als Gegenstand dichter. Darstell., 1892. — Üb. d. Zukunft d. Philos., 1893.
lUe \ier Phasen der Philos., 1895. — Untersuch, zur Sinnespsychol., 1907.
Brooke. Lord (Robert Greville), 1608 — 1643. = B. vertritt einen „spiri-
in;ilistischen Idealismus-, nach welchem Raum nnd Zeit subjektiv und die
da solche Phänomene sind.
- h ritten: The Nature of Truth, 1641. — Vgl. 0. FREUDENTHAL, Archiv für
Muhte der Philosophie VI.
Bltmmnlrij F. J. V., 1772—1838, Militärarzt, dann Prof. an der medi-
ben Fakultät in Paris. = Von Cabanis und Gall beeinflußt. — Die Seele
tige Gehirn („cerveau agissante"), das Psychische ist (auf Grund der
Phrenologie) physiologisch zu erklären.
riften: Traite de l'irritation et de la folie, 1828.
Br<nvii(e), Peter, gest. 1735. = Gegner Lockes; Hinwendung zum
alismus. Alle Vorstellungen entspringen aus der äußeren Wahrnehmung.
hl von anBerem seelischen als vom göttlichen Sein können wir nur per
Mi sprechen.
nriften: The procedure, extent and limits of human understanding, 1729. —
ine and supornatural coneeived hy analogy with things natural and human, 1733.
Brown, Thomas, schottischer Philosoph, geb. 1778 bei Edinburgh (Kirma-
- il<r von Dugald Stewart, Prof. in Edinburgh, gest. 1820.
B. zu den Begründern der neuen Assoziationspsychologie. Er be-
orrufung einer Vorstellung durch eine andere als „Suggestion"
d d<r „simpl« Suggestion" die Denkvorgänge als „relative
t)l im Grunde mir ein Assoziationsgesetz, das der „Be-
in Raum nnd Zeit. Die Aufmerksamkeit ist die Ver-
mif der Vorstellung („the coexistence of desire with
the objeet"). Die Muskelempfindungen haben in der Psycho-
eutung. hie Kausalität beruht auf Gewohnheit, ist aber
irei on tno philos, of human mind, 1820, 19. ed. 1856. ' — Lecturos^on
ounti of tho lifo and writings of Th.^B., 1825.Jj
Braeli b, 1696 177'». =_ Einer der ersten Historiker der
7 42 — 44.
iSiinl»-!'. Brüder.
Bbunheb — Bruno.
Brnnner, Cnii-taiitin ilv. tüiL. Wertheimer), geb. 1868.= Di«
sind die zur Höhe der Spinozistischen AU-Einheitalehre sich Aufschwingenden,
vom Mythus und dem Anthropomori»lii-inu- der positiven Religionen freien,
wahrhaft Beiende Erkennenden; alle anderen (auch Denker wie Kant u.
hören, mögen de ooch bo ecliarnminig Bein, nun „Volke". Alle Erscheinung
— i 1 1 cl aut „Ben im weiteren Sinne) zurückzuführen, aber nur rar d
praktischen Verstand.
S hriften: Die Lehre von den Geistigen u. dem Volke, I, 1908. — Spinoza
gegen Kant, 1909, u. a.
Itruno, Giordano, geb. 1548 in Nola (Campanien), lernte in Neapel
Logik and Dialektik, wurde 1563 Mönch, beschäftigte rieh als solcher mit den
Schriften antiker and mittelalterlicher Philosophen, aber auch mit der Lehre
des Kopernikus, Nicolana von Cusa, Oardanos, Telesias u. a. Er mal
Beiner freien Anschauungen das Kloster verlassen, ging 1576 nach Genua,
dann Dach Venedig, Mailand o.a. Städten, lebte eine Zeitlang -in < it-nt. Touli
1579 in Paris als Lehrer an der Sorbonne und als Dichter (Drama .,11 cande-
•) und mit der „Lull'schen Kun-f beschäftigt 1583 ging B. nach London,
weitere Schriften ausarbeitend. 1584 schrieb er die mh: S scio della bestia
trionmnte" Austreibung d<-r menschlichen Gemeinheit), dann (!:■ i «da
del eavallo Pegaseo oon L'aggiunta del asino GDlenicc/' (Rinke des I' hen
wie die halb poetische, halb i'n isa-8chrift „Dej lici furori"
i »er die heroische Etaserei, d. h. den Enthusiasmus für das göttliche Unendliche,
für das der Philosoph in Liebe und Bewunderung erglüht). Die Schrift „La
cena delle oeneri" (Aschermittwochsmahl) enthalt Gespräche über die Welt-
aiischauung des NicoL Cosanus. Von England ging r>. aber Wittenberg, Pi
Helmstedt, wo er Vorlesungen hielt, Dach Venedig, wo er am ' M
i 1 1 1 . Denunziation eine- Edelmannes, Ifocenigo, von der [nquisitions-
behörde verhaftet worde. Vor allem verübelte man ihm seine heliocentru
Weltanffassung. Er wurd« i Etom gebraoht, sieben Jahre im Kerker
dten, L600 com Tode verurteilt und am 17. Februar auf dem Campi
in Rom als Ketzer verbrannt, ohne widerrufen zu haben. Im 19. Jahrh. wurde
ihm eine Statue in Neapel, dann auch in Etom errichtet. Im Jahre 1900 wurde
der dreihundert inzend gefeiert and hienen \i<-le Publi-
kationen über ihn. In Deutschland wurd« «in „Giordano Bruno-Bund"
(mit Flugschrift Kuhlenbeck u.
B. war eine künatlerisch-reli erichtete Natur; in seinem Phil«
phieren kommt die Leidenschaftlich • Phantasie zu v<
in einem lebendigen Rinheitsschauen und Einheitsfühli x
der mittelalterlichen Philosophie so "tt verachtet od< i'/t wui
für ihn dae Höchsl ittlich, ja (als „natura natu
B. ist \"n der Naturphilosophie seiner Zeit, insl l
Kopernikus, die Lh . beeinflußt
den Neuplatonikern, u. a. Wie die Lehre der ?*
tilU i na t n r;i I . imi - . i im
ihm eim uheit, deren I> rki und an di
Bruno — Brunschvicg.
M lifikation ist l>as All ist unendlich, ewig besteht es und im unend-
ilamn existieren unendliche Welten, die alle ihre Seele haben. Gott ist
natura naturalis--, die wirkende Natur, der innere Urgrund, das Prinzip,
I mheit. die Substanz der Dinge, Gott ist der Welt immanent, die Einheit
Gegensätze und in allem ganz enthalten. Alles ist in und aus Gott; aus
ihm geht alles ohne Willkür, ohne zeitliche Schöpfung, mit innerer Notwendig-
bervor. Die Welt (..natura naturata") ist (wie bei Nie. von Cusa) die
entfaltete Gottheit, die auf absolute Weise alles sein kann und ist. Gott ist
das positiv Unendliche, Unteilbare, das Maximum und das Minimum, Einheit
und Mannigfaltigkeit, die Viel-Einheit, die ewig wirksame und im Wechsel
• Irr Formen sich gleichbleibende Substanz und Weltseele. Macht, Weisheit
und I id seine Prädikate.
M terie ist nicht trag, nicht leblos, der Form nicht entgegengesetzt,
nicht von der Kraft verschieden, sondern aus ihr selbst entfalten sich alle
F«»rnicn und wirken in ihr. Das Universum ist ein lebendiges Wesen. Die
Dinge sind Modifikation, Erscheinungsweisen der einen Substanz; nur sie, als
eine, sind vergänglich und veränderlich. Die Weltseele durchdringt
II alles harmonisch-zweckmäßig zusammen zu höchster Schönheit, so
dal* die Natur höchst ,, liebenswürdig" ist (Ästhetischer Pantheismus). Die Übel
i nur zur Harmonie der Welt bei (Optimismus). In allen Dingen ist
(wen 1er Anlage, Potenz nach) Leben, Seele, Empfindungsfähigkeit
I Panpsychiai]
Die Dinge bestehen aus Elementen („Monaden", „Minima"), welche
sehe (abec nicht ausgedehnte) Kraftzentren sind, die zugleich empfindungs-
rJylozoismus). Solcher Einheiten gibt es unendlich viele und ver-
lene. Die höchste Monade, die Monade der Monaden, ist Gott. Eine
-t ainh die unsterbliche (aber nicht immaterielle) Seele. Der Mensch
Mikrokosmus, ein Spiegel des Universums. Seine Seele ist eine Modifi-
■ der V\ Alles ist entwicklungsfähig, zielstrebig und niemals
I <li»- Entwicklung abgeschlossen, immer neue Formen gehen aus der sich im
i'l.-ii Bubstanz hervor.
tlui; wurden J:.~ Lehren auf Spinoza, Leibniz,' Herder,
3 hell i ng u. a,
iften: Außer den schon genannten: De umbris idearum et arte rnemoriae,
priadpio et uno, 1584; deutsch von Lasson, Thilos. Bibl., 1872,
a. Kuhlcnb-ck, 1005. — De l'infinito, universo e mondi, 1584; deutsch, 1893,
i<:i furori, 1585. — Lampas combinatoria logicorum, 1587. — De
• moiiiura, 1591. — De nionado, numero et figura. De immenso et
'1. — Opero, 1829—30 u. 1888-89 (italien. Schriften). — Opera
.'•sammelte philos. Werke (Kuhlenheck), 1890 ff. —
! . i. 1'hyniol. 1819 ff., II. 5. r>AI!TIIOLMl>,
i: Makiaxo, (,. Hr., 1881. — Brujtnhofeb,
- Weit«.. JI. g|, OHAMBEKLAIN, in: .). Kant, 1905.
BruschTleg, L Pi • in Paris. = Dae Geistesleben weist eine
I wirkt vereinheitlichend, synthetisch.
e de l'wprit, L900, a. a.
Brivkke — BUDDHHMUB. 81
Brnyere, Ea. 1639—1696.= Moralist DerEe^asmui ist die Quelle der Mond.
Schriften: Caracteres, 1687, 1862 u. Ö.
Bryson (oder Dryson) war entweder ein Schüler dei Stilpon oder ein
Schaler des Euklid von Megan. = Er .-oll an Lelirer des Pyrrhoa gewesen
-rin und ncfa an Demokrit BUgeschlossen haben.
Baohcz. Philippe Joseph Benjamin, 179») — 1860. Mi tb»*ir runder der
revolutionären ..Societe* des amis du peuple" (1830). = Katholisch-theol
«ierende Richtung, verbanden mit sozialistischen [deeo.
Schriften: Introduction ä la science de l'histoire, 1833. — Essai d'un traue
«omplet de philo«., 1832.
Itüu'luicr. Ludwig, geb. 1884, Ar/.t In Darmstadt, gest. 181
B.. dessen ..Kraft und Stoff" außerordentliche Popularität genoß, ist
Materialist, der aber in den fundamentalen Begriffsbestimmungen schwankt.
Die Naturwissenschaft ist die Grundlage aller Philosophie, Metaphysik ist
vtua- Rückständiges. Das Wirkliche ist so, wie Physik, Biologie, Entwickln'
tbeorie, Physiologie ei ssigen. Aller Dualismofl von Geist und Materie, Seele
und Leib ist su bekämpfen. Es gibt nurein Seieades, welches zugleich
Kraft und Stofi ist „Keine Kraft ..hne Stoff — kein Stoff ohne Kraft".
Bie sind nur zwei Seiten oder Erscheinungsweisen Sinei und dnanolbcii Wesens.
El gibt nichts Im materielles. Die Kraft ist Bewegung des Stoffes oder Ursache
einer solchen. Materie und Bewegung sind ewig. Btoffj Kraft und Geist Sind
nur verschiedene Ausdrücke rar ein Beiendes. Das Geistige ist an die
Materie gebunden, DJehtB Selbständiges. „Seele" ist ein Kollektivbegriri für
die < iehirnfunktionen. Wie das Leben so ist auch dal Denken nur eine !».•-
sondere Form der allgemeinen Naturbewegung. In der Natur Lribt es nur
Gesetzlichkeit, nur Kausalität, keine Zweckursachen. Der Menach
i-t cm Naturgebilde, ein Produkt der Entwicklung, in »einem Wollen und
Sandeln durch die Natur determiniert. Die menschliche Beele i>i das tiehirn
Bt und daher sterblich. Gk)tt ist Dichte all die Natur seil
B hriftsa: bafl und Stotf, L866, II. A. 1904. — Natur und Geist, 18
- Vorles üb d. Darwinn. he Theor., 1868. — Dsi M< M U h u. s. Stell,
in d. Natur, 1869. — Der Qottecbegliff, ls74. — Das künftig- Leben u. d. inod.
Winwuch.) I. A. L88t. — Am Sterbelager d. Jahrhund., 1897. — Die Macht d. \
•rbmg, I \ LSOS u. a.
ltiK'klo. Thomai 11 1821 in I. est. 1862. = Abhängigkeit der
chichte rom Naturmilieu und besondere Holle dei intellektuellen
Faktor-, der allein den Fortschritt bedii
- hnften: H in England, 1867—61, LS
L L901. — Mi-ollaneous and poithum. Work*.
Ituri<l<> (Buddec I 67 eu Inclam (Pommern), Pr
in Halle und .1 n- r Chi. Wollt-. Bklektifc
• ria«» jdn tint. phl
'. . — Eistoria Lirii natura»'. LfSfl Dt ij philoaophico, 1701 — Klementa
••ophiae, 1 703, u. a.
ItllddhisiiiiiH. | 1ha- (ui I
Buddhismus — Buridan.
:1t der B. nicht, wohl aber eine Ethik auf Grundlage des Pessimismus, da
Buddha alles individuelle Sein nichtig und mit Schmerzen behaftet ist.
aber nichts Reales, Dauerndes; wenn die Begierde zum Leben
lieh erlischt, dann hört alle Seelenwanderung auf und wir treten aus der
oichtigen Welt der „Sansara" in das „Nirwana", wo alle Individualität erlischt.
ritten: Ygi. T. W. Rhys DAVIDS, Buddhisra, 1878; deutsch in der
ore.-Bibl. — II. OLDENBKRGj Buddha, 5. A. 1906. — H. KERN, Der Buddhismus,
1—84. — Buddhas Kodon, deutsch von K. E. NAUMANN, 1896 ff.
HufTier. Claude, 1640—1737. = Jesuit, von Descartes und Locke
nflul'.t.
S hriften: Cour6 des sciences sur des principes nouveaux et simples, 1732.
Kut'tbn. G. L. L. de, der berühmte Naturforscher, 1707 — 1788. = Hylo-
. Annahme emptlndungsfähiger Kürperelemente, Ansätze zum Evolutionismus,
rifton: Histoire naturelle, 1749—88.
Kuhle. Jöh. Gottlieb Gerhard, 1763—1821. = Kantianer. — Schriften:
irf einer Transzendentalphilos. 1798. — Lehrb. d. Naturrechts, 1799. — Lehrb. d.
• . d. Philos., 1796 — 1804 (8 Bde.). — Gesch. d. neueren Philos., 1800—05 (6 Bde.).
Unilair. Emil. = Standpunkt der „Immanenzphilosophie". Nach B. ist
mpirische Sinnenwelt weder als (reales) Subjekt noch als Objekt gegeben,
wird erst als beides gedacht. Damit ist aller Dualismus erkenntnis-
iicr Art überwunden. Der Standpunkt der erkenntnistheoretischeir
Unmittelbarkeit ist der Standpunkt der „Bewußtseinsunrnittelbarkeit".
triften: Das Probl. d. Philos. I, 1895. — D. Bewußtseinsproblem, Archiv f.
»y.steni. Philos., 1900. — Erkenntnistheorie u. Psychologie, Archiv f. systemat. Philos.,
— Das Problem der Erkenntnis, Zeitschr. f. Philos., 1908. — Zwei Fragen der
irie, Bericht über den 111. intern. Kongreß f. Philos., 1909.
Iiun^<'. Gustav von. geb. 1844 in Dorpat, Prof. in Basel. = Psycho-
Richtung. In der (psychischen) Aktivität steckt das Rätsel des
nur von der inneren Erfahrung aus zu verstehen ist.
riften: Vitalismus u. Mechanismus, 1886 (in: Lehrb. d. physiol. u. pathol.
— Lehrb. d. Physiologie, 1905.
Iiiuda<li. Karl Friedr., 177(1— 1817. = Von Schelling beeinflu/lt.
ine Leben, 1842—48. — Der Mensch, 1836, 2. A. (Anthropol.)r
Itm-idaii eb. in Bethune gegen Ende des L3. Jahrh., Schüler
in Pari Dach L3
Er hat rieh besondere mit dem Problem der Willens-
I und «I ob der Wille unter gleichen Umständen sich
tscheiden, dae Entgi tzte wollen könne, für un-
\ntinonin- gefunden, wobei der Versland eher für
be und die .Moral für den Indeterminismus Bpricht.
nur zwei iußerungen der Seele, welche denkt und
I d( m urteil, kann aber die Entscheidung
Buridan", der zwischen zwei gleichen Beu-
Btjrlda» — Bue B3
bündeln stehend verhungern müßte, weil er von beiden 8 gleich stark
motiviert würde, findet -ich in den Schriften des I!. nichts, iroh] ah i
Ähnlich'- bei Aristoteles (De coelo II, 13) and Dante (Paradis, IV). Anch
von der ..K-i-l-i>ni<-k»-- zur Auffindung des Ifittelbegriffs in Schlußfiguren)
ist nicht die Bede.
Schriften: Sumnaa de dialectica, 1487. — Conipendium logicae, 1489. — K
mentare („Quaestiones" i zu Aristotel. Schriften, 1516 u. ff. — Vgl. l'i: \Nir„ Gesch. d.
Log. IV
Barke, Edmund, geb. 1728 in Dablin, 1794 Rektor der Univenitä
st L797.
Als Ästhetiker hat B. Leasing, Mendelssohn, Kant, Schiller u.a. beeinflußt
\-th<-tik i-t psychologisch begründet Dem Belbsterhaltangstrieb entspricht
da- Rrhabene dem Geselligkeitstrieb das Schöne. Das Gefühl des £r haben en
erweekl ein Großes, Unendliches, das in ans Schrecken, Schauder em
daß wir ihm entrückt sind, ans -i<-h<T fühlen (Inqair. I, 7i. Die Bchönh
• in'- sociale Emotion | al quality"), indem ans da- Schöne /um Zu-
mensein mit ihm reizt, in ans Liebe zu ihm erweekl (L <•. I. 10). 1
fallt ohne Beriehang ani einen [praktischen) Zweck vgl. Kai
Schriften: A Vindikation of natural society, 1756. — A philosophical inquiry
inte * nal of our ideas of tl.e sublime and the beautiful, 17äG; deutsch IT
ISnrlei^li (Burlaeus), Walter, geb. 1273 in Oxford in
Oxford. - Schüler des Dons Scotus. Das Allgemeine i-t real, es i-t am
halb des Vorstellene i on derNatm ckt, sowie da iren
sich auf AlL - überhaupt) richtet.
9 hriften: Kumraentar zu Aristoteles.
Kurt liom;«*. Richard, im 17. Jahrh. = B. ist vielleicht ron Geulincz be-
einflnßt, in mancher Beziehung ein Vorläufer Berkeleysund Kant-. l>i< Kate-
Sein Substanz, Ursache u. a.) sind nicht objektiv, sondern subjektiv,
men der I tenkt&tigkeit I >ie I ringe sind für uns nur. soweit >i<- durch uns erkannt
sind. Als anmittelbare Objekte sind sie Gedankendii
Phänomene („appearances*'), die nicht an -ich („in the thinga themselvef
tieren. Hin I1 I nur ein „modus coneipiendi", ein B ootion),
nur die subjektive Auffassung der Wirklichkeil dity ii-tli- . ..All
the sentiments the mind, and even mere objeetive noti«
not thü Lundane and externa] existence, but of '"Lritati<.ii and
ootion; intentional, not real things" CTpon reason IV. eh. Die» P
menalismus wird metaphysisch durch einen Bpiritualismi i/t, ind<
Dinge an -i<h ab I. M diflkationen der U mit
werden.
non and the
natu; G. Lyon, 1
iki .]:, Das Brkemnti
Ka»^(k, 1
und M
Busse — Cabanis.
B ist hauptsächlich von Lot/o beeinflußt. Tatsachen, Prinzipien und Werte
sind dtt Inventar der Wirklichkeit, mit dem es die Philosophie in ihren ver-
;len zu tun hat. In der Erkenntnislehre ist B. kritischer
.Konvhitivisnuis"), indem er die vom Erkennen unabhängige Existenz
AnAendinge annimmt. Die Zeit ist keine bloß subjektive Anschauungs-
i1 da -■ < lisrhes Sein ohne Zeit nicht denkbar ist, das Seelische
miXimiii im weitesten Sinne) eine absolute Realität ist, und wir das An sich
der Dinge als seelisch auffassen müssen, so gehört die Zeit zur Existenz der
Dinge selbst, wenn auch die Raumform als solche subjektiv ist. An sich sind
die Dinge Komplexe von Monaden, da alles Sein „Für sich sein" ist; die
Moosdi ii sind relativ selbständige Modi des göttlichen Wesens, des Weltgrundes.
Die Seele i-t eine Monade, welche mit dem Leibe in Wechselwirkung
steht. In ausführlicher Weise erörtert B. alles, was gegen den psycho-
physisehen Parallelismus aller Arten und für die psychophysische Wechsel -
w i rk d D g spricht. Die parallelistische Theorie vermag zu den geistigen Werten,
zur n Aktivität und Freiheit und vor allem zur Einheit des Be-
wußtseins kein physiologisches Korrelat aufzuweisen und führt zum psycho-
Automatismus, der aber undurchführbar ist. Weder das Kausalprinzip
h das Prinzip der Konstanz der Energie (Aquivalenzprinzip) machen die
bopkynsclie Wechsel Wirkung unmöglich; der Satz der „geschlossenen Natur-
ditäf aber i-t nur eine „petitio prineipii".
Schriften: Philos. u. Erkenntnistheor., 1894. — Leib u. Seele, Zeitschr. f.
Philos., Bd. 114, 1889. — Die Wechselwirkung zwischen Leib u. Seele, 1900. — Geist
u. Körper, Seele u. Leib, 1903. — Wechselwirk, oder Parellelismus, Zeitschr. f. Philos.,
Bd. 116, 1900. — Zur Beurteil, d. Utilitarism., Z. f. Ph., Bd. 105 u. a.
Kutler, Joeef, 1092 - 1752, Bischof. = Von Shaftesbury beeinflußter
r des Eudämonismus, da wir bei sittlicher Beurteilung nicht an
Qlück zu denken haben. Das Gewissen ist unmittelbare Erkenntnis des Sitt-
lichen (Infcütionismus); ihm sind die Affekte zu unterordnen.
r. riften: The analogy of religion, natural and revealed, to Ihe Constitution and
r*e of nature, 1736; deutsch 1756. — Fifteen sermons upon human nature, 1726. —
176. - Vgl. \\\ L COLLINS, Hutler, 1899.
Iiiit*<hlj. Otto, geb. 1848, Prof. in Heidelberg. = Gegner des Vitalismus.
Melanismus und Vitalismus, 1901.
Bjei,
c.
« ■■■■!■, « geb. 1751 in (Josnac, Arzt, Mitglied des
In*:- [e Hu.il bei Paj
behandeil B. auf physiologischer Basis. Aus der Gesetzlich-
& msibüitätf entspringen sowohl die Bewegungen
pfindungen, Bedürfnisse, Triebe usw. Das Leben ist
Lußerungen eines „Instinkts", dessen niederste
ischen Prozesses sich äußert. Das Gehirn
LSIB — (AI.KIN-.
ist selbst die Seele, soweit wir sie kamen, es denkt _ m>, wie der M ,.
v»nlaut odef die Leber Galle absondert, verarbeitet die Empfindungen zu Be-
tten und Urteilen. Der Tastsinn i-t die Quelle der übrigen sinn., welche
- msammenwirken. Alle psychischen Vorgänge sind organisch beding! und
influßt — 15. wird öfter TOD Schopenhauer zitiert und war von Einfluß auf
den deutschen Materialismus (G. Vogt u. .
B hriften: Traite du physique et du moral de l'horaiue, 1802 (in späteren
Auflagen „Rapports . . .«). 8. ed. 1844; deutsch 1808.
Cabasilas s. Nicolaus.
Cabet. Ktienne. 1788- ls.">0. = „Utopist". — Schritte»: Voyage en
ia, 2. M. 184t; deutsch 1848 (Staatsronian).
Caenalpiiin* | ( Sesafpino), And: . 1519 in Arezzo, Arzt, Naturforscher
and Philosoph, gest. 1603 in Rom. = Aristoteliker, der den Averrotsmus
pantheistisch weiterbildet. Gott ist reine, einfache Form, über den Gegeftf
von Kndlieh und Unendlich erhaben, unveränderlieh, als Endzweck von allein
nicht selbst rielstrebig. Gott ist die Allseele (,.anima aniyersalis"), die alle-
belebt, an der slles teilhat und von der alles eine Modifikation ist Die allen
Dingen immanente Kraft - wenn such die Eüiseldinge sie solche ver-
• n. Die Li bewesen sind an- einein Urschlamm unter dein Einfluß der
Warme hervorgegangen. Die Seele de- Menschen hat im Herzen ihren sitz
und enthält etwas, was nach dem Tode weiter besteht
- briftoo: I nipoteticao, 1571, 1598.
Caird,, Edward, Prof. in Oxfon 8. = C. ist kritischer [dealist,
v. n Hege] beeinflußt AU Bewußtsein einer den Gegensatz ron Subjekt nnd
Objekt aberwindenden Einheit ist da- Religiöse ein Paktorallee Bewußtseins.
Das Unendliche offenbart rieh in den Dingen und i-t zugleich der slles End-
lieh«- aberragende göttliche Geist
- SriftSB: Bogol, 1888. — The Critical Philosoph}- of J. Kant, 1880. — Essays
«.n Literat, and. Philo- _' ed. 1910. — The Evolution of ftoHgioo, 1893.
Caird. John, 1820- L898. Bruder tob E. Caird. = Von Begel beeinflußt
- sriftsm: Uttrodoetkn to the Pkikw. of Bsbg^ 1889, 1891; deutoeh 1893.—
and Matter. 188b. — 'l'he Fundament*! IdSOJ of I ity.
C'itld<krvt ood. Henry. 3 Anhanger Bamiltons, der aber die Unerkenn-
iiarkeit de- Ali-Linien bestreitet
- Sriftsa: Phil« the Infinite, 18.04, f. SO. 18G1. — Kvolution, 1893.
€ alker. Friedrieh ran, geb. 1790 m Neudietendorf, Prot in Born
1870. - Anhanger von Pries. Di« Philo-.. phie ist Selbsterkenntnis des 4
in welchem wir di< tze dee Wahren, (inten und Schönen finden.
(1. Wal. riii. (int. «ii l'rupadcut.
d. Phile«. II D tsUslUN OSSt Logik u. Dialektik. 181
(alkinx. W. M i Amerikanerin). - C, plädiert tnr di. B
einer philosophischen, roluntaristischen P ;. • neben ein« süonistioch-
stomistischen Psycholof
:u. tum t P I»er IsSfSha Standpunkt
■ i
C.U.YIX — Campanklla.
Calvin. Jean, 1509- 1564. = Der berühmte Theologe ist dureh seine Prä-
nations lehre für die Geschichte des Freiheitsproblems von Bedeutung.
riften: lustitutio religionis Christianae u. a. Opera, 1863 ff.
Caiupanolla. Tommaso, geb. 1568 bei Stilo (Calabrien), Dominikaner-
h. müde nach einem unsteten Leben 1598 verhaftet und 27 Jahre gefangen
;. Lebte dann in Koni und später in Paris, wo er 1639 starb.
bekämpft den Aristoteles und verlangt ein selbständiges Studium der
Natur, in Anlehnung besonders an Telesius. In der Erkenntnislehre be-
tont G.j dal» alle (weltliche) Erkenntnis auf Wahrnehmung und Erfahrung
beruht daß alles, was im Verstände ist, aus den Sinnen kommt, um dann aber
beurteilt zu werden, da die Sinne allein täuschen können. Nur aus der Be-
trachtung der Natur selbst ist für die Metaphysik Erkenntnis möglich. Denn
\ Vit ist ..das zweite Buch, darinnen ewiger Verstand selbst eigene Gedanken
..der lebendige Spiegel, welcher uns das Antlitz Gottes im Keflexe
innere Erfahrung zeigt uns unser Ich als etwas absolut Gewisses.
Ich kann mich nicht über mich täuschen, wenn ich nicht bin (Univ. philos.
Der Anfang aller äußeren Erkenntnis ist die Empfindung. „Omnes
i ml causant totius rei cognitionem". „Duce sensu philosophandum
^-c existimamus". Die Erinnerungsvorstellungen entstehen durch Abschwächung
Empfindungen. Das Denken ist ein „sentire languendum et a longe"
Es gibt in uns ,,notiones communes", allgemeingültige Begriffe,
«reiche die sichersten Prinzipien der Wissenschaften sind (1. c. I, 2, 5).
Daß Gott existiert, wissen wir absolut gewiß, denn die Vorstellung des
tdlichen kann nur von diesem selbst stammen, nicht von einem endlichen
1 : ist das unendliche, über alles Endliche erhabene Sein, das Über-
Die allen Dingen eigenen Prinzipien („Primalitäten") des Seienden:
können), Weisheil (Wissen) imd Liebe (Wille) sind in ihm unendlich.
b seine Macht und Liebe hat Gott die Welt aus nichts geschaffen und sie
rdnet Alle endlichen Dinge enthalten die „Proprinzipien" des
und Nichteeins, d. h. neben den positiven Bestimmtheiten auch Mängel
• n des Erkennen- usw. Gott hat zuerst die Ideen und die Welt-
'ii. die in allem wirkt. Die Urkräfte sind Wärme und Kälte,
der Matoie wirksam sind (De sensu rer. II, 5; wie Telesius). Alle
d durch „Sympathie" miteinander verbunden, worauf die Magie beruht.
ten Elemente ist alles beseelt, strebend und empfindend (De
er. 1 D Seele des Menschen ist unsterblich, ein Ebenbild Gottes,
M K) le • Geschöpfe Liebt. Das Stieben nach Selbstvervoll-
Quelle der Sittlichkeit. — [m „Sonnenstaat" gibt C. (von
Bild eines vollkommenen Staates, in welchem Priester-
i !. «in Kommunismus in allen Dingen besteht, Ehe und
itet sind In späteren politischer! Schriften fordert
unter die Kirche.
lenumitrata, 1.096. — Prodromus philos., 1611,
UIoh epilogicticM partes IV; 1623 (Anhang:
BUH triuniphatuH, 1631. — Philos. rationaüs ot realis
Cami'am.lla — Casltle. B1
partes V, 1638. — Universalis philos. seu metaphyücarun renin iuita propria dogmata
partes III, 1638 (Hauptwerk). — Vgl. KlXNl.i: u. HlBER, Beitr. z. Gesch. d. l'hvsiol.
H. 6. — SlGWART, Kleine Schriften I. — H. WüTTIO, Erkenntnislehre u. Ethik
bei GL, 1897.
Cantoni. Carlo, geb. 1840, Prof. in Pavia, Herausgeber d
filosofica". = Durch Beine DarBtellung der Lehren Kant- und Beine eigene
kritizistische Philoeophie für den philosophischen Unterricht in [tauen sehi
-am.
Schriften: Corso elementare di filosofia, 1896. — Emanuele Karr, -84.
Canz, J. G., 1600—1753. = Eklektiker (Lcibniz-YVolft-- h. Phil -
riften: Ontologia polemica, 1741. — Meditationes philosophicae. IT
Capito b. < rreathead.
i aprooln««. Johann lll-l. — Thomistischer Btandpunkt
liften: In libros sententiarum, 1589.
Caitlailla«. ' I 8., 1766—1845. == Eklektiker. — Schriften: Btndei
r flfl [>hilosophi
i »i'<lailli> I ' ' mo QieronymUB, geb. 1">(,1 in Pavia. Ar/t in Pavia n.
Bol in Rom 1576.
Mit nicht geringen Kenntnissen und Einsichten in tuuVurwissenscnaftlichen
Dingen rereinigt C, der an Qalloainationen litt, Aberglauben und unkritische
Lekhtglanbigkeit. Beeinflußt isl m Aristoteles, dem Neupiatonismus,
Nie. lau- Cn-ami- n. a. l»i.' Welt i-i das Produkt einer ewigen Schöpfung und
1 tfaltung i tuid und in allem ron der Zahl beherrscht, bo daß die Mathe-
matik für da- Erkennen der Natur wesentlich ist. I>i-- Dinge bestehen ans
drei Elementen (Luft, Wasser, Erde). I > i* - formale und aktiv« I nacht
Geschi die Wärm.-, die materielle, passi?edie Feuchtigkeit; beide sind
„prineipia generationis". I>i<- himmlische Wärme ist das allgemeine Lebens-
prinzip, die Weltseele, durch die alles lebt und in Verbindung (Sympath
mileinander Bteht; di«--.- Sympathie ist ein „consensus rerum". Empfindung
und 9 ii i-t allen Dinj en (Panpsychismus). Von der rergänglicl
vitalen Beele ist der ansterbl Geist ra unterscheiden, Der Mensch ist
zur Erkenntnis Gottes and rar Beherrschung der Natur geschaffen. Das Höcl
i-t die Schaum i tes in der Ekstai
De rita propria, 164*, 1676. Dt Motilität L664.
van.-t.ite r-Tiim. L566. — <>|>ora. L668. Vg lliwil; u. SlBER,
«1. Phytiol., H
< ar«\v. '•• Oh., i<" Lmerikaner). = I1 - Iologie
aut mechanisch G Gravitation usw.) basiert.
t. r i l ton : l'r iticiplo« i dar
Caiij l«». Thomas, 1795 1881. = < '. i-t vom deutschen [dealism
•11« 1» r- von Pichte beeinflußt Nach dem natural rapernaturalism1'
1 im das Kleid, die Bälle, das Symbol des göttlichej 1
in Natur und ( t«>»K'hk'hte nianit.-ti. 1 1. In (1< tiii'hte konill
ILYLB — CARRIERE.
auf die führenden Geister, die „Helden", die großen Persönlichkeiten an. Die
hiehte ist geradem ..die Geschichte der großen Männer".
•. iften: Sartor resartus, 1834; deutsch 1882 (Philos. Roman). — Heroes and
Wmüdp. 1S41; deutsch 1853, auch in der Reclamschen Bibl. (Ueber Helden u.
ohrung). — Works, 1870—71. — Sozialpolit. Schriften, 1894—97. — Works.
S. _ Vgl IIfn-ki.. Th. Carl., 1900 (Frommans Klassiker d. Philos.).
C'arncM-i. Bartholomäus, 1821 — 1909, lebte in Marburg (Steiermark), war
ordneter. = C. ist Evolutionist und „agnostischer" Monist. Geistiges
und Körperliches sind zwei Seiten des Wirklichen. Was der Stoff an sich ist,
D wir nicht ; auch der Geist ist Erscheinung. Nicht die Materie, sondern
ganismua denkt. Unser Bewußtsein ist Funktion des zentralisierten
inismus. Der Wille ist (innerlich) determiniert. C. vertritt in der Ethik
«inen „praktischen" Idealismus, der die Sittlichkeit als eine sozial bedingte
Lebensform auffaßt Der Staat bildet ein soziales Ideal heraus, welches für
Verhalten des Einzelnen den Wert einer Eichtung hat. Das ethische Ideal
i<t der ..wahrhaft glückliche Mensch". Unter der Herrschaft der Vernunft er-
weitert sieh unser Ich zu einem Ich der Menschheit.
- hriften: Sittlichkeit u. Darwinismus, 1871, 2. A. 1903. — Gefühl, Bewußtsein,
Wille, 1876. — Grundlegung d. Ethik, 1881 ; (Volksausgabe 11.— 15. Tausend bei Kröner).
— Entwicklung u. Glückseligkeit, 1886. — Der moderne Mensch, 1891, 5. A. 1901. —
Empfind, u. Bewußtsein, 1903, 2. A. 1906 u. a.
Cai-o. E., 1826 -1887, Prof. an der Ecole Normale u. Sorbonne in Paris. =
hört zu der (von V. ( ousin beeinflußten) französischen spiritualistischen
Schule. Er verficht die Idee des persönlichen Gottes und der Unsterblichkeit.
hriften: L'idee de Dieu, 1864, 1889. — Le Pessimisme au XIXe siecle, 2. exL
1881. — Le materialisme et la science, 4. ed. 1883 u. a.
Carpenter, William Benjamin, 1813 — 1885. = Anhänger Martineaus,.
odera die hemmende, regulierende Funktion des Willens betont.
. ften: Principles of Mental Physiol., 1874. — Nature and Man, 1888. — Ab-
handlungen in „Modern Review'* (1880, 1882, 1884).
( Hiriere, Moritz, geb. 1817 in Griedel (Hessen), seit 1853 Prof. in
.
II' gel, dann von J. Ji. Fichte u. a. beeinflußt. Er lehrt einen
nach welchem Gott in der Welt sich entfaltet und die Welt in
Einheit in der Allheit1', das „Ich des Universums", Geist,
nlichkeit I ter Bind „»eine einzelnen Willensakte, die sich in ihm
ligkeil erheben, weil er nach seiner Freiheit nur in freien Wesen
■n kann" Ästhet [, 46; BittL Weltordn. B. 384; „ßemipantheis-
lie Veräufierlichung, Bewußtsein die Verinnerlichung der
binden sieh zur Barmonie einer einheitlichen, sittlichen
• ist die Substanz der Dinge, das All ein „System
i eiend" ist Der weltordnende sittliche
eine Ziele. In der Einigung des individuellen
t< hl das sitt lieh Gut e, BchöD ist die
carkikke — Gase.
Form nur al> ..Ausdruck des Innern", die „Idee, welche ganz in der Enebeül
genwärtig, die Erscheinung, welche ganz von der [dee gebildet und durch-
leuchtet iat" (Ästhet. I. B. VII n.. :
Schriften: Die philo». Weltanschauung d. Reformationezeit. 1-47, S. A. 1886. —
Ästhetik. 1859, 3. A. 1885. — Die Kunst im Zusammenhange der Kultureiitwickl. u. d.
Idee d. Menschheit, 1863 ff., 3. A. 1877 ff. — Über d. sittliche Weltordnung. L871
2. A. 1890. — Erkennen. Erleben, Erschließen, 1893. — Gesammelte Werke, 1886-
Car*»taiijen« Friedrich, Zürich* = Anhänger von AYenariue, auch in
der Ästhetik, die er bio-psychologisch begründet
Schriften: Avenarius' biomechanische Grundleg. d. reinen allgera. Erkcnnti.i-'
1894. — Der Empiriokritizismus, Vierteljahrsschr. f. wiss. Philos., 1898 u. a.
Cartesins s. Descartea.
CwU| Friedrich August, geb. 1770 in Bautzen, Prot, in Leipzig
:. = Von Kant und .Jacobi beeinflußter Psychologe.
Schriften: Psychologie, 1808. 2. A. 1823. — Geschichte d. Psycho!.. 180S. —
Ideen zur Gesch. d. Menschheit, 1809. — Moralphilos. u. Religionsphilos.. 1810, u. ;t.
(Nachgci.!--. : ■ Werke 1808—10.)
CaraH, Karl Gm in Leipzig, Ar/t und Prof easor der Medizin
in Dreadej - Von Bchelli nflnflter Pantheist. Als einer
des Eroten hat C. rergleichende Psych trieben.
v hriften: N orlesungen über Psychologie, 1831. — Psyche; zur Entw.
gesch. d. Seele, 1846, 3. A. 1860. — V erbleichende Psychologie, 1866. — Organon der
Erk. d. Natur und des Geistes, 1855. — Xatur u. Idee. 1861 u. a. — Vgl. ( A i
Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten, 18t
(arns. Paul. geb. L852 in Uaenburg, Prof. in Chicago, Herauagebei
M : ..-•■. Begründer von „The Open Court*' (Publikationen .
C. iat Positiyist und Monist Nach seiner „unitarischen" Auffassung
sind Objekt und Subjekt, Geist und Materie, Seele und L<-il>. <;<>n und Weit
nur Seiten einer einheitliehen, konkreten Wirklichkeit, deren Einheit der Gegen-
stand der Philosophie iat Eine Metaphysik, die aui Erfahrung fußt, i-t m
lieh kgnoetuasmus). Die Subjektivität Selbstheit) ist das Innensein
des Wirkliehen, die Objektivität der auflere Aspekt derselben. In allem iat
L<eben („Panbiotismue"), «renn auch erat in den Organismen das - oe auf-
tritt Gott iat Weltseele, die der Welt immanente Allmacht („Entheismtu
Macht der sittlichen Weltordnung. Die Unsterblichkeit besteht in dem Weiter-
leben d< - d in den Nachkommen, in denen sie sich immer weiter entwickeln.
M. •.,;,!. ikf issi deou Bthieal Problem, 18*0. —
. IS91. — l-uiKh.iniM.tul Problems, lb'.u. — Prima« of Phil«
— Monistn Idea o( God. • ■•
— Philmmplj as a -
(an'. Ihunia» IL. Prot, in Oxford as C. lehrt erkenntniatheoretiaeh einen
BeaHamna, nach welchem wir \ « «n den unmittelbar wahrgenommenen,
Anflendingi den reilen und Zuständen di v
inAendinge -« shlii i'«n. wetehn all Körp ktomen besteh
ll KcaliM.i. L888. - UZ,
Oasmann — Cassirer.
C u«niaiui. Otto, Koktor und Prediger, gest. 1607 in Stade. == Schüler
lenias.
. it'ton: Psychologie »nthropologica, 1594 (eines der ersten Bücher, welche den
gie" führen).
Caspari, Otto, geb, 1841, Prof. in Heidelberg, war Herausgeber des
i . vertritt einen „kritischen Empirismus" (Zus. d. Dinge, S. 192). In aller
antnifl wirken Subjektives und Objektives zusammen. Angeboren sind nur
allgemeinsten Elemente des Bewußtseins, nicht die Erkenntnisgebilde als
... die ersl das Produkt einer Entwicklung sind. In dieser spielt die Aus-
bildung der Sprache eine große Rolle. Nach der „Adaptionstheorie" vollzog
die Höherentwicklung der Sprache zugleich „durch die in Familie und
auftretende unwillkürliche Leitung der Mitteilung und mitteilsame Be-
lehrung" (Zus. d. Dinge, S. 393 f.). Es gibt in der Natur kein starres Sein, keine
gi Ltenden (Jesetze, sondern stete Entwicklung (auch neuer Gesetze). Es
auch keinen Weltzweck. Die Materie besteht aus „Synaden", empfindenden
Elementen, die überall nur in Verbindungen und Gruppen vorkommen („Kon-
Ltionalismus
ritten: Die Urgeschichte d. Menschheit, 2. A. 1877. — Die Grundprobleme
«l. Krkeinitnistätigkeit, 2. A. 1879. — Der Zusammenhang der Dinge, 1881. — Das
Erkenntnisproblem, 1881. — Drei Essays über Grund- u. Lebensfragen d. philos.
I :.aft, 1886. — D. Erkenntnisprob], m. Rucks, a. d. herrsch. Schulen, 1908 u. a.
CaNsiodorus (Cassiodorius) Senator, Magnus Aurelius, geb. um 477,
jekretär Theodorichs, seit 540 im Kloster Vivarium wissenschaftlich
. - < '. war für die Ausbildung des wissenschaftlichen Unterrichts im Mittel-
durch seine Arbeiten von Bedeutung. Die Einteilung der sieben freien
ad Wissenschaften in das „Trivium" (Grammatik, Dialektik, Rhetorik)
„Quadrivium" (Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie) geht auf ihn
zurück. AI- Philosoph ist er von Augustinus, Boethius, Claudianus Mamer-
! I Seele des Menschen ist geistig, unsterblich, ganz in allen
I .
itutiones divinarum et saeculariuni leotionum; davon das zweite
artibuH ao diseiplinil liboralium. De anima. Opera, 1679, 1729. — Vgl.
M. Am-. QftMiod., 1872.
Cassirer, 1, Privatdozent in Berlin. = Neukantianer. Stand-
Methodischer Idealismus"). Jede Epoche besitzt „ein Grundsystem
Begriffe and Voraussetzungen, kraft deren sie die Mannig-
Lhr Erfahrung und Beobachtung bieten, meistert und
hl-- Urteilsformen sind Motive des Denkens, die
iltigkeil seiner Gestaltungen hindurchgehen und sich ,,in
Formulierung immer neuer Kategorien betätigen".
inen wit entchafü. Grundlagen, 1902. — Das
iphifl und Wi»ien»chaft der neueren Zoit, 1906—07. —
»7. - Substanz and Fanktionibegriff, 1010.
i ro — < 91
Castro, Prederico de, Prof. in Sevilla. =s Schüler von del Rio.
Lriften: Metafisica, 1888—93, u. a.
Cathrein. Victor, geb. 1845, Jesuit, Prof. in Valkenburg. = Die tforal-
philosophie i-t „die ans den höchstei] Vernunftgrundsätzen mit dem natür-
lichen Lichte der Vernunft ipfte Wissenschaft vom sittlichen Bandeln".
Das Gute ist das der veroünftigeD Natur des Menschen Angemessene. Ei
gibt eine uatürliche Rechtsordnung: alles Recht stammt, unmittelbar oder
mittelbar, aus dem göttlichen Willen.
Schriften: Moralphilosophie, 4. A. 1904 (Hauptwerk). — Philosophia moralis, 2. A.
189 5. — Naturrecht u. positives Recht, 1901. — Die kathol. Weltansicht, 2. A. 1909 u. a.
C attaiM'o. Carlo. L801 -1869. = Positivist Die Völkerpsycholoj
i-t die Lehre von der Wechselbeziehung der Geeister.
Schriften: Scritti di filosofia, 1892 (darunter: La Psicologia delle menti associate).
Cattoll. J. M. Amerikanischer Psychologe. — Schriften: Experimental-
bol. Arbeiten über Assoziation u. a. (Mind XI. XIV, XV ; Philo«. Studien 111 — IV, u. a. .
Caii**!-. über de (Die Schrift von den Ursachen), enthält meist Auszüge
au- der „Institutio theologica-" dt-< Prokios, verfaßt von einem .luden oder
Araber, in- Lateinische übersetzt von Gerhard von Cremona (um 1167
1552 'in Latein. Ausgaben <!»•> Aristoteles), 1882 ihr--, von Bardenhewer). \
vielen Scholastikern gekannt.
Celwu*, Cornelius, in Born, zur Schule der „Sextier" (s. <1.) gehörend.
Colwu« (J um 17<> n. ein-. Schrieb «las Christentum eine
Ahhandlum ). — K. i-t ein (vom Stoizismus) beeinflußter PI
uiker. Die Ubd fährt er auf die in der Materie liegende Notwendigkeit zurück,
mit der die Vergänglichkeit gegeben i-t. Die Wirkung auf die w
i-t Hin- eine mittelbare. Die Seele des Menschen [<\ unsterblich. (Segen die
i . auf das Christentum, dem er all-- M ■■_:■ rorwirft
eine Apolog
In. Ki. im. Cstas' „wahr« Wort", is73. — B. Arm:. EBstoin des po
entii .,'lise, l>
< errion EGerdon aus Syrien, um 140 u. ehr. in Rom. = Gnostiker.
I p i \ \ i .i -. / yrsvöan 1853. 1. —
HlPPOl N n 'atiuiiis oninium haeresium libroruni decem quao supersunt, 1-
— A. 11 1 1 <o m i.i i'. Cevdon uimI M hr. f. wissensch. Fl \\:
(Vrctti. P. = Von Hegel beeinflußt. — Sohriften: Saggio circa li
i .H tut?- 1888 \i --r. \ i m. I - pal
C VrinthiiK Eerinthos), um il.~> d. ehr. in Kleinasien. = Gnostiker, der
den Judengott vom höcl Gotte unterscheidet.
\i i - ii HiPPOLYn r.i.»n). ferner A . Wubm, Striata, Theol.
€ «'-<a. Giovanni, Lrel>. 1859 in .M---in.i. I . betont die Akti\.
und vertritt einen „Humanismus", eine dem Leben und Handeln
dienende Philosoph
B . 1 .ue del prineipio tli <au*alitä, '
\ — Charrox.
uratniti, 1902. — La filosotia della vita, 1903. — L'attivitii psichica, 1904. — La
filoaolia delf irione, 1907. — Die Lehre vom Selbstbewußtsein, Viertelj. f. wissensch.
-. U. Bd 1887, u. a. (auch Schriften über Lotze, Wundt u. a.).
t liairemon. Stoiker, Lehrer Neros und vielleicht Vorsteher einer Schule
Alexandria.
Chalybacus, Heinrich Moritz, geb. 179G zu Pfaffrode (Sachsen), Prof.
1862 in Dresden. = C. gehört zu jenen Gegnern Hegels, welche
D der Immanenz Gottes dessen Transzendenz und Persönlichkeit betonen.
Gott ist Einheit von Denken und Sein, absoluter Wille, absolute Persönlichkeit
sensch. E Philosophie ist die „Wissenschaft, durch denkende Er-
kenntnis die Wahrheit hervorzubringen". Sie ist nicht nur theoretisch, sondern
auch Wille zur Weisheit, zur ^Realisierung des menschlichen Zwecks.
3( hriften: Historische Entwicklung d. spekulat. Philosophie von Kant bis Hegelr
'>. A. 1860. — Phänomenologische Blätter, 1841. — Die moderne Sophistik,
l>43. — Entwurf eines Systems der Wissenschaftslehre, 1846. — System d. spekulat.
Ethik, 1850. — Philos. u. Christentum, 1853. — Fundamentalphilos., 1861.
Chaniberlain. Houston Stewart, geb. 1855 in Portsmouth, lebte früher
in Wien, jetzt in München, naturalisierter deutsch schreibender Engländer. =
Von Plato, Goethe, der Romantik beeinflußt, vertritt Ch. eine organisch-teleo-
be Weltanschauung (Wirksamkeit der „Idee" im Lebensprozesse). In der
,ichte ist die „Rasse" von höchster Bedeutung; Träger höchster Kultur ist
Gea • Grundl. d. 19. Jahrh. I, 16 ff., 481 ff.), dem der „Jude" als
minderwertig gegenübergestellt wird.
Schriften: Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts, 1889, 8. A. 1907. —
J. Kant, 1905; 2. A. 1908. — Arische Weltansch., 2. A. 1906 u. a.
C'Iiampeaux s. Wilhelm von Ch.
t liaiiiei- I rean.
i harron. Pierre, geb. 1541 in Paris, Kanzelredner, Kanonikus, gest. 1003
in Pi
< h. i~t ein von .Montaigne beeinflußter Skeptiker. Die Weisheit besteht
erkenntnk und in dem auf ihr beruhenden Handeln. Weisheit ist es,
halten („consentir ä la nature'*), sich in die Ordnung der
r einzul ich durch nichts fesseln zu lassen und seine innere Freiheit
zu bewahren. Eine sichere Erkenntnis des Wesens der Dinge ist weder durch
durch Vernunft möglich. Die Wahrheit ist für uns nicht
Gott, der Mensch aber „ne fait et n'entend rien ä droit,
mme il faut" (De la sag. I, 14). Wir müssen daher unser
ii. uns mit Wahrscheinlichkeit begnügen, um die leidenschafts-
Ds rittlich Gute ist das Naturgemäße und be-
Geainnung. Sittlichkeit, Bechtechaffenheit („preud'-
ßeligioi] sondern diese auf jener. Der Atheismus
be ersetzl dai Wissen.
!re touH athf'es, 1594. — Hauptwerk: De la sagesse,
Charrox — Cir-ERO. 93
1601, 2. ed. 1604 (modifiziert); deutsch 1801. — Oeuvres. 1635. — Vgl. L. \\'i>-
Die Ethik Ch.'s, 1904. — R. RICHTER, Der Skeptizismus in d. Thilos. II. 1908.
Chartren s. Bernhard von Gh.
Chateaubriand, Vicomte de, 1 7 ♦ >* » — 1848. = Qegnei der Auildarung,
der die (katholische) Beügion als Bedingung der menschlichen Höherentwicklung
ansieht.
Schriften: Genie du Christianisme, 1802. 1836.
Chauvin. Etienne, Lr»-1>. 1610 in Ktmes, Prof. am rrsiisösischeu Gymnasium
in Berlin, gest. 1725. = Kartesianer.
Schriften: Leiicon rationale, 1692, 1713.
Cherbnry t. Herbert.
Chiapelli« Akssandro, geb. 1867 in Pistoja. = Von Kant beeinflol
[dealist
Schriften: Xuovi studi sul eriticisnio, 1885, u. a.
Christiansen, Broder, = Bickertscher Standpunkt. — Schriften: Kr-
keBBtaUthaoria u. Psychologie d. Erkennens, 1902. — Philos. d. Kunst, 1909.
ChrywippoH, geb. um 2S1 v. Chr. in Soloi oder Tarsus (Kiliki.ni. Nach-
folger dei Deanthei in der Btos (Athen), gest am 206 r. ehr. = 0. ist der
3 itemaiiker dei Stoizismus and -«'11 Über 7"" Büchei rerfaft haben, von denen,
nur Fragmente erhalten -i n<l.
VgL J. V. Arnim, Stoicorum veteruni fra^menta. 1903. — l'ber die Lehre des
C'hrysipp Tgl. MnlKl'.Il.
Chwolson, rassischer Physiker. = Betonnng des Entropie-Satzes u. a.
B hriften: Hegel, Häckel, Kossuth u. d. zwölfte Gebot, 1'.' H sksl.)
Ci«*«»ro. M. Tuttius, der berfihmte Bedner, geb. 106 v. Chr. in Arpinum,
wurde durch Phldrue mit der Epikureischen Philosophie, durch Phüou von
Pari— a mit den Lehren der neueren Akademie, durch Diodotoe mit dem Btoi
um« bekannt. 7^ 77 \. I hr. lebte er in Athen, wo er Antiochoe run Askalon
hörte, dann in Bhodos, wo er Schüler uVs Posidonius war. Bett ">i lebte er,
schriftstellerisch kitig, sni seinem Landgute Tnscuhun. Er itsxb l hr.
I . ist in Beinen Arbeiten (die vielfach nur Bearbeitungeil griechischer
Schriften und besonders ron der neueren Akademie and deren gem&Aigtem
Skeptizismus, in der Ethik \>>n den Stoikern abhängig, daneben von PI i
Aristoteles o. a. Pur «li<- Ausbildung der lateinischen j >li i 1« •-. TerminoL
er rou Bedeutung; in ethisch-rechtsphilosophischer Hinsichl hat er nsa in «ii«-
aeuere Zeit hinein gewirkt. Die Philosophie i-t ihm ror allem «-in«- praktisch-
sittlichen Zwecken dienend) Wissenschaft; Bie ist Erkenntnis der menschlichen
iiihI göttlichen Dinge and der Prinsipien der Dinge, Studium d< l1
finibns II. I '.in aiebi Kriterium der Wahrh.-it jii.i
das Daseüi I iltigkeit dee Sittlichen ist ans darch die Dbi
einstimmung oller Völker l,.con entimu") und durch ^emeins
■ oaununes" 1 and ai i „notiones in I disput.
I
Cicero — Clarke.
mpft den Atheismus und die Atomistik der Epikureer, sowie' den
len Zufall. Gottes Vorsehung waltet in der Welt. Die Seele des Menschen
inkörperliche Natur (Academica IV, 39) und unsterblich (Tuscul. disp.
. [,27,66; I. 49). Das Sittliche („honestum") ist das zu Billigende
n. II. 14); es i>t zugleich das sozial Nützliche (Über d. Pflichten, S. 25 ff.,
Wenn wir dem Naturgesetz folgen, so folgen wir damit dem uns an-
■ttlichen Gesetz, der rechten Vernunft. Die Tugend ist „perfecta
ratio", vollkommene Vernunft und vollkommene Natur; die Glückseligkeit ist
dun! lob gegeben. Strenge Pflichterfüllung ist zu fordern, ebenso Unter-
drückung der Leidenschaften.
riften (zum Teil unvollständig erhalten): De re publica. — De legibus. —
Parai: S uoruni. — Academica 1 u. II. — De finibus bonorum et malorum. —
Horte o de philosophia. — Tusculanae disputationes. — De natura deorum. — Cato
maior sive de senectute. — De fato. — Laelius sive de amicitia. — De divinatione. —
De offieiis (Über die Pflichten, Reclam). — De virtutibus libri fragmenta coli. — Opera
philcsophica, 1881. — ClCEROS philos. Schriften, deutsch 1840—41. — R. HlRZEL,
Untersuchungen zu Ciceros philos. Schriften, 1877 — 83. — SCHMEKEL, Phil. d. m.
Ci<k*zkowsk.i9 August von, 1814—1895, Pole. = Geschichtsphilosoph,
Hegel beeinflußt. Die Geschichte hat drei Phasen, deren dritte die de&
Willens und der Tat ist; sie ist der dialektische Entwicklungsprozeß des Welt-
-. C. bekämpft aber den Pantheismus und erklärt sich für die Persönlich-
niid die Unsterblichkeit der Seele.
Schriften: Prolegomcna zur Historiosophie, 1838, 2. A. 1908. — Gott und die
Pilngenene, 1842 (deutsch) und polnische Schriften.
< lapartMlo. Ed., Prof. in Genf. = Gegner der rein assoziationistischen
Psychologie. Der Prozeß des Assoziierens selbst fällt nicht ins "Bewußtsein.
!.• vnifitseinsinhalte haben die Tendenz, sich zu assoziieren.
h riften: L'association des idees, 1902. — Psychol. de l'enfant, 1909 u. a.
Clarke, Samuel, geb. 1075 in Norwich, studierte in Cambridge Mathe-
und Philosophie, später Theologie, trat energisch für Newtons Lehren ein,
er in London und starb 1729.
bei Beziehung schließ! sich Ol. an Newton an; wie dieser be-
Raum als das .;S<nsorium Gottes". Das Dasein Gottes, die
Seele, die Willensfreiheit sucht er sicherzustellen. In seiner
ik nimn Den intuitionistiflch-objektivistischeii Standpunkl eia Das
srem Willen unabhängig und beruht letzten Endes auf
der die Well nach (in der Natur der Dinge selbst liegenden)
'i und Gesetzen eingerichtet hat, die zur Harmonie des
sollen. nun oberstes Bittengesetz, die Dinge
ch ihrem Verhältnis zu anderen Dingen und zur Welt-
Wori II. 80 II. . Aul' der Angemessenheit („fitness")
deren Behandlung beruhen unsere Pflichten,
rnünftige Wesen zu behandeln und daher
CLARKE — ( LEMEXS.
Schriften : A demonstration of the being and attributes of God, 1705 — 6;
deutsch 1756. — A discourse concerning the unchangeable obligations of natural religion,
1708. — Remarkß upon a book ontitled a philosophical enquiry concem. hum. lil,
1715. — Cl.s Briefwechsel mit Leibniz in: A collection of papers, 1717: deutsch IT
— Works, 1738—42. — Vgl. R. XlMMl i:.M ANN, Cl.s Leben u Lehre, ls;
C'law*. Gustav, geb. 1836 in Nieeky (Oberlausitz), Prof. in Tubingen und
Erlangen, _
( '. isl ein von Kant und Lutz«- beeinflu fiter Vertreter <!• - den Idealis-
mus and Spiritualismus. Die Wirkliehkeil i-t an sieh ein Reich dee i
sohl vom absoluten, aber persönlichen göttlichen Geist, der Eänh
aolnten Denken und absolutem Ich. Die menschlichen Seelen sind unsterb-
lich. Soweit sie individuell sind, ist ihr Leben eu oalistisches", sofern
von gedanklichen Inhalten erfüllt und bewegt sind, i- shlich".
e, historische Inhalte sind lebensvolle Gedankensysteme von aberindivi-
duetter Qeltung und Macht, aber nur in lebendigen Geistern bestehend, von
ihnen erfaßt und gedacht. Religion, Recht und Mural. Kultur -ind die drei
Ideen, aus denen rieh unbedingt gebietende I mpe'rative ergeben und welche,
als Ideale, die freie Entwicklung des Menschlichen leiten. Mit den Geistern und
d Inhalten hat es die ,J*neumatologie4< eu tun. (tott offenbart sich ans im
iil der Abhängigkeil von ihm.
- hriften: Ideale und Güter, 18t?G. — Untersuchungen zur Phänomenologie u.
ogifl iL iiieiiscl.li- li. Qeifltea, 189o. — Die Realität d. Gotte.«idee, 19<»4. —
11 EtUBT, G. Class' Philosophie, 1909.
ClamncM, \' - ist. Anwendung der Kant'schen Erkenntnislehre aui
Psychophysj 3 os.
Schriften: Physiologie '1 577. — Wie orientieren wir uns im
Räume dun i -inn, 187
C lauiMki -^. Johann, geb. 1622 in Solingen, Prof. in Herborn und Duis-
burg, Lr« -t. 1665. = Kartesianer, der sich durch «li«- Zurückführung der Wechsel-
wirkung zwisch« . and Seele auf den Willen Gottes dem Okkasionalismus
eines Geulina u. a. nähert Die Welterhaltung betrachtel er als andauernde
Schöpfui
Schriften: Difterentia inter phili daBan et — Li
vetus ot no\;i. I1 — 0n1 —
.., 1691.
< lamliaiiu^ liamertus, um Kon. Chr., P
influBt, tum Teil auch rom Neuplato
die Lehn alitäl d< - als un
der Räomlichkeil nicht onterworfen, einheitlieh, rein q and inta
-ich i rnd auffaßt. D Seele ist in ihrem [>
pei l •• . 1. 1.") ii. i IM.
i.riften: l»o btatu I f. — \
M & Hl
< h'iiicii* \
Clemens — Clifforp.
Sehüler des Pantänus, floh infolge einer Christenverfolgung nach
.adokien. gest. 211 n. Chr.
der Lehrer an der Katechetenschule zu Alexandrien war, ist nebst
der bedeutendste Vertreter der orthodoxen Gnosis, welche ihre
ibe darin setzt, den Glauben zum Wissen zu erheben, die Lehren der Reli-
uiul die Geschichte des Christentums selbst philosophisch zu begreifen und
zu begründen, ohne aber (wie die „häretischen" Gnostiker) historisch-religiöse
Momente and Prosesse metaphysisch-theosophisch zu hypostasieren. Beeinflußt
den v,.n Plato. Aristoteles und den Stoikern, auch von Philo
Judai
\ ich < stammt alle Erkenntnis vom göttlichen Logos her, welcher schon
roden, aber auch Heiden — die großen Philosophen (besonders Plato) —
erleuchtet hat Die Philosophie ist daher nicht zu verachten, sondern viel-
mehr zur Vollendung des Glaubens zu verwerten. Der Glaube ist der Prüf-
der Erkenntnis, diese darf ihm nicht widersprechen, aber erst die „Gnosis",
iare Erkenntnis alles dessen, was im Glaubensinhalt liegt, ist das Höchste.
I Manbe enthält einen freien Willensakt der Zustimmung (vgl. Strom. II,
IV. VI. VII). Gott ist über alle endlichen Prädikate erhaben, sogar über die
Einheit; erkennbar ist eigentlich nur Gott als der Logos. Dieser ist vom Vater
_ schaffen, das Urbild der Welt, alles durchdringend und erkennend, die
Einheit der Ideen und göttlichen Kräfte. Die menschliche Seele besteht aus
einem leiblichen und vernünftigen Teil (Strom. VI, 16). Der Gnostiker, d. h.
. überwindet das Sinnliche und Weltliche und strebt nach geistiger
gung mit Gott, in dem seine Seele ruht.
Schritten: Aöyog -Tnnroejiriy.ög Jigog "Elh]vag (Ermahnungsrede an die Hellenen).
Ihn* Hrzieher). l'unonareig („Teppiche"). Opera, 1550, 1831—34, 1869, 1905 f.;
T. \ III — IX. — Fragmente verlorener Schriften in: Supplementum Clementinum,
- . F. J. WlNTEB, D. Ethik des Cl. von AI., 1882. — P. ZlEGERT, D.
hol. d. Cl. AI. 1892, 1894. — ERNESTI, Die Ethik des C, 1902.
Clement inen heißen die (fälschlich dem Clemens Romanus zugeschriebenen)
tionen" und „Homilien", zwei philosophisch-theologische Schriften (um
i. Chr.). = in diesen Schriften wird die Einheit des Juden und Christen-
die Formen einer ursprünglichen reinen Religion sind, welche schon
-'--'•ii hat und die verschiedentlich offenbart wurde. Juden und Christen
d <."tt. den Schöpfer der Welt; das Christentum ist nur die
rang des Judentums. Auf die Befolgung «ler göttlichen
■ i Well baut eich ans einer Reihe von Gegensätzen auf.
Bomanil qOM feruntur homiliac, 1854. — Clementina, ed. P. de
iones CK, 1838. — Vgl. G. ÜHLHORK, Die llomil. und
. 1664.
« HH'orrt. . Kingdon, L845 — 1879, Mathematiker und Philosoph,
I und idealistischer Positivist (ähnlich wie Mach
• dun Erscheinung eines Psychischen. Die
sehen Atomen. Aus diesem „Seelenstoff"
pfmdungen zusammen. „Ein bewegtes Teilchen
( I.I1 1 (»KD — COHEN.
dar Materie besitzt weder Bede noch Bewußtsein; aber n nennt '-in kleinefl
Stückchen Sedenstofl Bein eigen." Erst in der komplizierten Verbindung zu
ganischer Substanz, /.um Nervensystem bilden die psychischen Elemente das
^entliehe Seelische (Gefühl usw.) und ein Bewußtsein. Die au- Seeknstoft
rnsammengesetzten Empfindungen (feelings) existieren objektiv, als das I'
im sich" «Irr Materie. Bie bedürfen keines Tragers, sind selbständig. Die
Physik hu? es mit „wirklichen oder möglichen Empfindungen" zu um. Uns
Vorstellungen sind onyollkommene Repräsentationen derselben, ihnen aber ähn-
lich. Hin „Objekt" i-t nur eine Gruppe von Empfindungen, von Veränderunj
in meinem Bewußtsein. In'»- Empfindungen anderer Subjekte kann ich nicht
/um Objekt meiner Wahrnehmung machen, ich folgere sie aber und projizi
-i.- au- mir herauf als „Ejekte", von denen eben ein Teil unpersönlich, an sich
existiert.
B i. rit'tt'ii: Seeing and Thinking, 1879. — Lectures and Essaus 1879, 2. ed.
36 darunter: .,<)n the Xature of Things in themselves"; deutsch 1908). — The
nion Sense of the Kxact Sciences, 1885. — Über d. Ziele u. Werkzeuge
ns, 1896. — The Ethics of Belief, deutsch: Wahrhaftigkeit, 1909.
< loriiu*. ('in-. Ar,:. II- im., geb. 1 7 7 _* in Altenburg, Prof. in Leipzig,
i^.;ti in Leipzig. - Erst Anhänger Kant-, dann Jacobis.
B hriften: (irundril' d. lüg— ein— Religionslehre, 1808. — Gott in der Natur,
in der M beschichte and in BewaBtoein, 1818 — IS
Coeceji. Heinrich \.. 1644—1719. - Wie Bein Sohn Samuel \
(1679—1755) führt er das Naturrecht aui den göttlichen Willen zurück.
v hriften: .Iuris poblici prudentia, 1695. — Anatoniia iuris gentium, 1718. —
itil ' i'iiu. 171!'.
< ohen. Hermann, geb. L842 b I Lnhalt), Prof. in Marbui
-i das (von Plato, aber auch ron Pichte und Hege] beeinflußte) Haupt
\ nkantianismus rationalistischer Sichtung, der seine Anschauung
allmählich ra einem über Kant hinausgehenden „methodischen [dealismus44 ent-
wickell hat. Nachdem ( '. in Beinen] Kant-Buche die rein Logische (nichl
psychologische Bedeutung des \ priori und die Einheit des Bewußtseins be-
tont, sowie tlar--l'_i hattr. dai; .- sich l>»-i Kant um eine Theorie der Erfahrung
handle, gibt er im ersten Teile Beim - - i ine objektive, nichl von den
Voi im Binzelbe wußtsein ausgehende, antipsychologische, transzendentale
1. >gik, di< zugleich Erkenntnislehre und Ontologie ist, da das Sein nichts
anderes ist als Denken (bezw. Gedachtsein). Die Logik (bezw. der „methodische
Idealismus") gehl ron den „sachlichen Weiten der Wissenschaft, den reinen
Erkenntnissen" aus, nimmt nichts ab n an, was nicht durch i ken
;i|- lolchea bestimmt ist, fängt also nicht (wie Kam Sinnlichfc
Bondern mit dem Denken an. Die Logik I - indem
dem im Denk Eten [nfinitesimalen als dem Ursprung all«
die Pin. n Krkcnntniss»' ableitet. I» das l>enk
Die Loj l k der math x
Denl
Cohen.
Idealismus'*. Die Idee ist ihr die „Hypothesis", die Grundlegung
dies Krkennens und Seins, das wahrhafte Sein, das zugleich Denkinhalt ist;
denn im Bein darf kein Problem stecken, „für dessen Lösung nicht im Denken
die Anlaur m entwerfen wäre". Indem das Denken die „Grundlagen des
- t/t und sieh selbst zur Rechenschaft zieht, wird die Logik „Dialektik".
.Nur das Hinken kann erzeugen, was als Sein gelten darf", es muß den „Ur-
spnmg" alles Inhalts in sich selbst legen und finden. Der Inhalt des
Denkens ist Dicht der Stoff des Bewußtseins, sondern „Einheit". „Die
Einheit des Urteils erzeugt die Einheit des Gegenstandes in der Einheit der
Erkenntnis." I>a- Bewußtsein ist eine Kategorie; der Geist ist Bewußtsein
Wissenschaft erzeugt. Die Einheit des Bewußtseins, der „trans-
sendentalen Apperzeption" ist nichts Subjektives, sondern die objektive
„Einheil des wissenschaftlichen Bewußtseins", sie ist den Kategorien nicht über-
- mdera entfaltet sich im System der Kategorien selbst.
I1 Kategorien sind nicht angeborene Begriffe oder der Erfahrung
rarangehende psychische Funktionen des Subjekts, sondern sie sind Produkte des
Urteils and zugleich die Grundlagen, Bedingungen und Voraussetzungen der
sie sind „die Grundformen, die Grundrichtungen, die Grund-
in denen das Urteil sich vollzieht". „Die Kategorie ist das Ziel des
da, und das Urteil ist der Weg zur Kategorie." Die Logik ist eine „Logik
Urteils". Das Urteil „erzeugt die sachlichen Grundlagen, als die Voraus-
ingen der Wissenschaft". Das Urteil tritt in vier Klassen auf: Urteile
setze i Ursprung, Identität, Widerspruch), der Mathematik (Realität,
Mehrheit, Allheit), der mathematischen Naturwissenschaft (Substanz, Gesetz,
:t . der Methodik (Möglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit). Eine Üf*
teüsart kann also eine Mehrheit von Kategorien enthalten und eine Kategorie
kann zugleich in mehreren Urteilen enthalten sein. Die Kausalität beruht
nicht ant Bukzession, sondern auf „Erhaltung" eines Vorganges im andern.
tanz bedeutet „Immanenz der Erhaltung in der Bewegung", die
H ]•'!:• Bis" der Veränderungen. Auch Raum und Zeit sind Kategorien, ebenso
ZahL Die Leistung des Raumes ist das im Urteil der Allheit erzeugte
:• ii- und „Außen". „Das Ändere ist in der Tat das Innere; aber das
Innen- verwandelt rieb zum Äußern in dem Fortschritt des Erzeugens von Zeit
Die Allheit im Denken erzeugt die des Raumes." Die Gegen-
M'Hiient de- Raumes. Das Charakteristikum der Zeit ist die
1 Zukunft enthalt und enthüllt den Charakter der Zeit.
mtipizierte Zeit reiht sieh, rankt Bieh die Vergangenheit. Sie war nicht
ondern zuerst ist die Zukunft, von (\cr sich die Vergangenheit abhebt/'
! i Antizipation". Sukzession und Zugleichsein
• dem werden denkend erzeugt. Die Zeit wird, als das
der Kontinuität. Die Zahl hat ihren l'r-
i: ußteeins. I);is „Urteil der Realität" erzeugt die
Mittel für die Erzeugung des Gegenstandes, als Funda-
astand -eine Realität empfängt. Indem die Zahl
das Beon bedeuten. Auf .Mathematik
DDT. 99
mu(; alles reduziert werden können, was ah Naturwirklichkeit soll behau]
wiid.ii können. I>ie Axiome der Mathematik Bind Erzeugnisse des reinen
Denkens, und bo wurzelt alles Sein im Denken. Audi die ...Mehrheit- wird als
Einheit des Denkens erzeugt In den Zahlen erzeugt die Zeil einen »Kosmos
des reinen Denkens", die „Einheiten der Mehrheit". Auch der Zweck ist
eine Kategorie, eine Methode. Die Naturwissenschaft als solche mufl aber
Btreng kausal-mechanisch verfahren; hier hat der Zweckbegrifl nur regulative
Bedeutung.
Allee Bein ist „Sein des Denkens". Die Realität hat ihren Ursprung
im Denken. Das Unendlichkleine ist „Grund und Werkzeug des realen
Gegenstandes", in ihm wird als Beinern Ursprünge das Endliche gegründet
Prinz, d. [nun. 8. 3 f.). Realität, die von der „Wirklichkeit'' zn unter-
scheiden i-t. ist eine besondere Leistung des Denkens. „Dafl ich ein Element
selbst an und für sich setzen darf, das ist das Desiderat, welchem das
Denkmittel der Realität entspricht.* Realität bedeutet „uitensive GröA
In der Gewißheit der Infinitesimal-Analysis ruht die Gewißheit der
Wissenschaft, die Objektivierung der Empfindung, ihr „Entsatz" durch ein rein
gedanklich bestimmtes Element (Atom n. df
Wie die Logik auf dem reinen Denken, so beruht die Ethik auf dem
i mit der praktischen Vernunft identischen) rei ne □ Wi llen. Sie ist die „Logik
der Geisteswissenschaften", die Prinzipienlehre der Rechts- und Staatsphilosophie,
auf die Rechtswissenschaft orientiert, indem sie sich selbst als Rechts-
philosophie durchfuhren muß. I >i<- Ethik i-t Ethik des ..reinen Willens", ihre
Methode i-t nicht psychologisch, Bondern transzendental. Der reine Wille voll-
zieht sich in d.r Handlung, und -o kommt es nicht 1>1. «i; auf die Gesinnung
an. Als „Willensgefühl" bildet der Affekt einen Bestandteil der Willenshandlu
Der sittliche Wille geht auf Einheit im Wollen (Gesinnung) und Handeln.
Nur in Recht und Staat i-t Sittlichkeit möglich; das sittliche Ideal wird nur
in der Gemeinschaft realisiert, in welcher erst die rechte Einheit des Willens
zur Geltuns kommt. Der GesamtwiUe i-t der „geeinte repräsentative, ideale
Wille". I >ie Einheil da Ifenschen i-t nur in der Allheit des Staates gesichert.
In der juristischen Person des Staates wird < las Selbstbewußtsein zur ethischen
son. Die fundamentale Tugend des Staates i-t die Gerechtigkeit. Durch
Recht «rird das ethische Subjekt zum Objekt der Geschichte. Die Kontroll-
instant allei I .den i-t die Humanität, das „Gnu der sittlichen
Harmonie". Aui ein ..Reich der Zwecke" strebt alle sittliche Entwicklung hin.
Di< Gei einschaft auto ler Wesen" ist der Inhalt des formalen Sittenj
rund. d. Ethik, 2. Lfi '' Das sittliche Wesen ist Zweck an sich,
Endzweck. Der reine Wille i-t der autonome, freie Wille, der niemals bl
Mittel. -Mildern immer zugleich /weck i-t. „Die Autonomie, dii • all-
ing, i-t Autotelie." Im ethischen Sollen wird •
che Verbindung autonome] Wesei w .1; h der Zwecke". D
sittliche Ideal wird dureii die [des Gottes ii itzt, als diese dii \
bindung zwischen Natur und Sittlichkeit herstellt Gott Zentrun aller
d< i Wahrhi it", d -
Cohen — Cohn.
Menschen als Seibetzweck führt zu einem ethischen Sozialismus (vgl.
Kinl.il. m. kritischem Nachtrag zu F. A. Langes Gesch. d. Materialismus, 1890,
- i \
riftea : Kants Theorie d. Erfahrung, 1871 ; 2. A. 1885. — Kants Begründ. d. Ethik,
\ i9io. — Das Prinzip der lnfinitesirualmethode, 1882. — Kants Begründ.
-thetik, 1889. — Einleit. m. krit. Nachtrag zu F. A. Langes Geschichte d. Matorialis-
- " . - A 1008. — Svtera d. Philos. : I. Logik der reinen Erkenntnis, 1902. IL Ethik
d. reinen Willens. 1904: 2. A. 1907. — Religion u. Sittlichkeit, 1907. — Kommentar
zu J. Kants krit. d. rein. Vernunft, 1907 (Philos. Bibl.), u. a.
Colin. Jonas, geb. 1869 in Görlitz, Prof. in Freiburg in Br.
l>i< Ästhet ik ist nach C. eine kritische Wertwissenschaft, für welche die
um- eine Hilfswissenschaft ist. Der ästhetische Wert hat
lerangBcharakter", will allgemeingültig sein. Das Schöne tritt da auf, wo
der „Ausdruck*4 ganzlich in der Form sich offenbart.
In erkenntnistheoretischer Beziehung weist C. Verwandtschaft mit
Bickert auf. Die Logik und Erkenntnistheorie ist nicht auf Psychologie zu
ren. Die Ehrkenntnistheorie fragt, ,,was muß gelten oder vorausgesetzt
werden, damit sie, sei es Erkenntnis überhaupt, sei es eine bestimmte Art von
Erkenntnis, möglich ist"; es handelt sich hier um eine rein logische Genese,
n von den Folgen zum Grunde. Die Grundsätze des Erkennens
sind von Weiten und Zielen abhängig. Der „Satz der Immanenz" besagt,
dal', „alles, vras erkannl werden soll, unter den Bedingungen der Erkenntnis-
n. im. ii stehen muß". „Alles zu Erkennende und alles Erkannte steht unter
Bedingungen des erkennenden Ich." Aber nicht um das psychologische,
individuelle [ch handelt es sich hier, sondern um das reine Erkenntnissubjekt,
.ii ideales Ich, welches Norm und Ziel des Erkennens ist. „Im Erkennen
strebt das individuelle Ich danach, sich von seiner Individualität zu befreien."
dl sich auf den Standpunkt des überindividuellen Ich erheben, welches
ofies Objekt Bein kann, sondern als „Einheit der Formen alles zu Er-
kennenden" vorausgesetzt wird (vgl. Kants „Bewußtsein überhaupt", Rickerts
tmtnistheoretisches Subjekt"). Eine metaphysische Existenz' hat dieses
[ch nicht. Dingheil und Einheit sind Erzeugnisse dieses Ich, welches
ist kein Ding ist (vgl. Fichte). Die Ichheit ist die „ Zusammenfassung
iner Forderung". Voraussetzung des Erkennens ist „das zur
!'•- Erkennens teleologisch Geforderte". Ziel des Erkennens ist
Z lang; reines ErkenntniszieJ ist ein Urteilszusammenhang.
I riebniswirklichkeit" ist das überlogische Erkenntnisziel, der
mmenhang aller Wertgebiete. Unter einem „Wertgebiet'' versteht C. den
durch die Beurteilung nach einen Wert zusammen-
Dea zusammenhaltende Wert ist der „leitende Wert". „Wahr-
Wert dee Ehrkenntnisgebietes; wahr ist das Urteil als Er-
Urteilen. Urteile sind die einzelnen Gegenstände oder Be-
et« dei Erkenntnis, aui die der leitende Wert Wahr-
Wo d( i G( g< ostand dec Wertes durch eine Tätigkeil
ZieL
Cohx — CoM 1 i.. 1"1
hriften: Geschichte d. Unendlubkeitsprohlems im abendlind. Denken I. LS
— Beitr. z. Lehre von d. Wertungen, Zeitschr. f. Thilos., IM» 7. - Allgemeine Ästhetik,
19dl. — Psychologie u. kritische Begründung der Ästhetik, Archiv f. ijttenat l'l
\ [904. — Voraussetzungen u. Ziele d. Erkennens, 1908. — Führende Denker, 19U7, u. a.
C'oit. Btanton, geb. 1857. 1* -1 >r in London, einer der Begründet der Gesell-
- hiitt für ethische Kultur.
Schriften: Die ethische Bewegung in der Religion, deutsch 180«».
i olajamii. KTapoleone, geb. 1S47 in I iovanni, Prot der Statistik
in Neapel = C. betont die soziale Bedingtheil des Verbrechen«;.
S hriften: Criniinologia sociale, 1889. — Socialisrao e Sociologia criminale, 18
G'ollard, s. Beyer.
•Collier. Antun-, geb. 1680 bei Salisbury, Btudierte in Oxford, als Pfarrer
17:12 gest.
( '. ist von Malebranche (und .T. Nbrris) beeinflußt und hat -'hon 1708 (in
einer ungedruckten Abhandlung d dem BerkeleyBchen ähnlichen [mma-
terialismue und [dealismne vertreten. Wabrnehmungsobjekte gibt es nur
in Abhängigkeit vom Empfinden i..in dependance on ite respective ta<uh
nur in Beziehung su einem Bewußtsein („respectivery on the mind"). Alles
Sein der Dinge ist immanent („inexistence in mind*'), v gestelltsein. Eine
unabhängig existierende materielle Außenwelt würde /.u Widersprüchen rühren
und unwahrnehmbar Bein (dar. univ. |». 3 ff., 64). Dil K irper sind nur
Vorstellungen in den vorstellenden Geistern, von Gott in ihnen geordnet be-
wirkte Wahrnehmungsinbalte.
9 hriften: <la\i» universalis 0» ■ Dan inquiry at'ter truth, being s demonatrat
of tho ii inbilit] <>t" U world, 1713, 1^37, 1910; de.:
\. I\'»\\ \l l.w -KI. Krit. Analyse ron A ' 197.
< ollin». Anthoi 1676 zu Bestem, gest. 1729 als Schatzmeister. =
C. ist ron Locke beeinflußl und eines der Häupter der englischen ,,Freidenki
und „Deisten". Er tritt energisch für das den Autoritäten gegenüber fn
selbständige Denken ein, das Für die Religion nicht gefährlich, sondern geradezu
nützlich und notwendig Bei. Seine Anschauungen riefen viele Diskussionen
(auch in Deutschland) und Gegenschriften hervor, so besonders 1710 vonseiten
des Philologen I;. Bentley (als Phileleutherus Iipeienf
9efcrif1 \ dueovrae of breethinking, 1718; (rsnioa. 1714 unopt —
l'hi . on«iuir\ hum. libeitj, 1 7 1."». \ « 1 1 —
of tho I 1734. Liberi - >. — x
I 'HOB» iiMii». Krit I • \ I ' -. I .
(ollyii^-Simoii - Simon.
C'omiiH'r. Ernst, geb. 184*4 in Berlin, Prof. d. Theol. in Wien.
Katholisch-scholastischer Standpunkt
i.rii tti Di« pi.i. ... ff • • in d. Philooophii
- 1 1 ltiiin.
Comt«». Auguste, geb. 19. Jan. 1798 in Montpellier, Btudierte am dem
eum und der polytechnischen Pchule, gab dann in Parii Privatunterricht,
rkehrte lsls 22 mit Saint-Simon, von dem er r.ui I
COMTE.
seit 1825 private Vorträge über Beine Philosophie, die er nach einem kurzen
Dthalt im Irrenhaus wieder aufnahm, wurde 1833 Repetent für Mathematik
und Mechanik an der Polytechnik, verlor aber diese Stelle bald und lebte als
atmann, nachdem er (1845) die von ihm schwärmerisch verehrte Clotilde de
Yaux kennen gelernt hatte, bis er 5. Sept. 1857 starb, von seinen Anhängern
ab Seiliger angesehen.
Oomteisl der Begründer des neueren Relativismus und Positivismus
ider Ausdruck stammt von ihm), d. h. einer metaphysikfreien, bloß auf Tat-
sachen der Erfahrung beruhenden, diese systematisch zusammenfassenden Philo-
sophie. „Positiv" bedeutet hier tatsächlich, gewiß, objektiv gegeben. Die
Philosophie in ihrem positiven Stadium ist „le Systeme ge'neral des coneeptions
humaines". K- gibt nämlich drei Stadien in der Entwicklung der Wissen-
schaft i..K'is «les trois 6tats"; vgl. schon Turgot, St.-Simon), welche einen Fort-
schritt vom phantasiemüßigen zum wahrhaft wissenschaftlichen Denken darstellt.
Stadium ist das theologische, in welchem die Naturvorgänge aus
natürlichen (dämonischen, göttlichen) Willenskräften, also anthropomorphisch,
erklärt werden. Im metaphysischen Stadium — das keineswegs noch
überwunden ist treten an die Stelle persönlicher Faktoren unpersönliche,
akte, logische Wesenheiten, Prinzipien, Kräfte, Ursachen. In der dritten
positiven, wird alles Metaphysische eliminiert; man erklärt
nicht durch Rückgang auf unbekannte Faktoren (Kräfte, Ursachen), sondern
:.:•• 'il»t die empirisch beobachtbaren Zusammenhänge und" Re-
lationen, die Koexistenzen und Sukzessionen, regelmäßigen, gesetzmäßigen
Verbindungen der Phänomene selbst, über die wir nicht hinaus können.
Dm einzige Absolute ist nach C, daß es nichts Absolutes gibt.) Die „coordi-
uation des faits observeV' ist Ziel der Forschung. „Tout les bons esprits re-
connaissent aujourd'hui que nos etudes reelles sont strictement circonscrites a
phenome.nes pour d^couvrir leurs lois effectives, c'est-ä-dire leurs
r« lations constantes de succession ou de similitude, et ne peuvent recllement
eonoezner leur oature intime ni leur cause ou premi&re ou finale, ni leur mode
••s-enticl (1. produetkm" (Cours I, 5 ff., 28). Die Wissenschaft dient
prar n Zwecken; sie will den Lauf der Dinge voraussehen und so
beherrsch« t pour prevoir"). C. betont aber dann auch die Ordnung
der Tatsachen durch das Denken gemäß dem Prinzip der Denkökonomie (s.
lisch), irelche direkte Beobachtung erspart. Die Biologie geht vom Ganzen zu
«Jen Teilen und mnfl eine Einheit annehmen, zu welcher alles konvergiert, ein
/ dem all<- '{< ... zustreben.
Nach dein Grade der Kompliziertheit und abnehmenden Allgemeinheit der
rieh eine Hierarchie der Wissenschaften, bei der jede
dei rorangehenden basiert, indem sie sich auf deren Gesetzmäßig-
/ .!> ich aber ihre Sondergesetzlichkeiten hat, so daß sie doch nicht
dwi Jenschaft zurückführbar ist. Mathematik (die sicherste
* - mit dem Einfachsten und Allgemeinsten zu tun hat),
U halt, lerner Astronomie, Physik, Chemie,
■ Bechi Grundwissenschaften. Zur Biologie gehört
; PF
auch ials ein Teil der Physiologie) die Psychologie, die nicht „intzoop ktiv
Bein kann, weil eine innere E&bstbeobachtung anmöglich ist (L e, I. 30 EL,
III. 766 tu. Auf der Biologie fußt dir komptizL md wichtigste Wissen-
taft, die Soziologie (Ansdruck von ('«Mut.-, die zugleich Ethik und I
schichtsphilosopbie i-t.
Di»- Methode der Boziologie '-der „phvsiquc socialaJ mofl dir „positive"
Beobachtung, Analyse, Vergleichnng, Induktion. Naturgesetze (biologisch-
l>-ychologiseher Art) walten in der Gesellschaft [He sociale Statik hat es mit
den unTerinderlichen Faktoren und Wechselbeziehungen der Gesellschaft zu
tun. dir boc. Dynamik mit deren Etatwicklung, dem Fortschritt der ( tesellschaften
(nach drin Gesetze der „drei Stadien"). Dir Gesellschaft i-t ein „kollektiver
tni-mu--. dessen Etatwicklung durch das Natunnilieu bedingi ist Diese
Etatwicklung i-t eine geistige, in erster Linie eine intellektuelle, so aber
daß da- Gefühl im Ethischen und Religiösen sur Geltung kommt. Der Mensch
durchaui für da- Gemeinschaftsleben bestimmt, nur in diesem entfalten sich
seint Fähigkeiten. Dir [ntellekl wird im Laufe der sozialen Etatwicklung
immer mehr /um Herrschet über das rein Affektive. Den intellektuellen
Stadien entsprechen die sozialen der Herrschaft <\rv Priester und Könige, der
Philosophen und Juristen, der Gelehrten und industriellen, welche Letzteren in
der rechten Gesellschaftsordnung zugunsten <\<v großen Massen regieren und
wirtschaften -»»Hrn. Die sozialen Neigungen bedingen den Altruismus (Aus-
druck von Oomte), die Quelle aller Moral. Das Sittliche i-t da- sozia] Heilsame
(Oat posit |». 278 ff. .
Die Humanität ist das < >hjekt und /irl aller Kthik und Religion,
welche (nach ('«'int«- späterer Lehre) vMenachheit8religionM i-t. nicht einen
sönlichen Gott u. < 1 ltI . . sondern das „große Wesen14 (grand eure), che Mensch-
heit verehrt »md dorrm y,mßfin Rcpriarintantrin huldigt. Der „positive Kalender*
enthalt du- Naiurii der großen Ifenschen, denen ein Kultus gewidmet wird;
jährlich finden sl r.-t. -tau u-w.. es «riht neun Sakramente und es herrscht eine
AhnenkultUS, der viel Schwärmerisches enthält, wie denn auch Oomte sich
ganz alfl Priester gab und (besondere seit -rinn- r, ^ gnung mit Clotilde de Vau |
zum M\ Btiker wurde, der von der Mutter Erde als „großem Fetisch" und von
einem neuen „Fetischismus'1 sprach, demgemäß der in allen Dingen -ich
manifestierende Wille und die überall wirksame Liehe su verehren i-t. In
mancher Beziehung nahm r. Formen des Katholizismus in seine positivistische
l; jion hinein (Dreieinigkeit de- „Großen Medium4' = Kaum Gh len Fetisch'4
Erde und „Großen Wesen'1 - Menschheit). Kim Unsterblichkeit gibt •- Dach
I nr mI- ESrinnerung in den Nachkommen.
l»-i . l'o-iti\ i-nni--' hat in der Folge nch in Frankreich. Kurland und
I >• itschland usw. verschieden entwickelt und i-t von dem t'ueitivismus im
eren Sinne wohl zu unterscheiden. Anhänger < 'omtes sind Lattittr. Litt
n. a.. im weiteren Sinne Tai ne u. a. iVul. l'eherwej ll<in/<, Qrundr. d.
h. d. Philot, IV.
1 . . itioiu philo«, m len isiSMSi «t Isi uYinti, 1825 (neb«t
asdti itsma «lo politique i>oiitn in de phlltt
Com it. — Con mit \< .
12, ."). dl. 1803 — 94; die letzten 3 Bände (Soziologie) auch deutsch
HIU. Diaooui sur L'esprit poaitif, 1844, 1909. — Discours sur l'ensemble
— Catiehiame poaitmste 1852; deutsch 1891. — Synthese sub-
logiqve positive'). Lettre« d'A. C. ä J. St. Mill, 1877. — Vgl. J. Rmr
•.-.-.. i -->:■; B4. — H. Schneider, C.s Einleit. in d. posit. Philos.,
- LlTTRE, A. C, 1863, 3. ed. 1877. — MlLL, A. C, 1865; deutsch 1874. —
n -Kill Hl. La philos. d*A. C, 1900; deutsch 1902. — H. WÄNTIG, A. C. u. seine
it f. d. Entwiekl. d. Soznihvissensch., 1895. — MEHLIS, Die Geschichtsphil. C.s, 1909.
4 niiriilluc. Etienne Bonnot de, geb. 1715 in Grenoble, wurde Abbe, verkehrte
mit Diderot und Rousseau, will durch den Verkehr mit einem Fräulein Ferrand
- osualismus gekommen sein, wurde Erzieher des Infanten Ferdinand,
eren Herzogs von Parma, für den er einen „Cours d'etude" (1755) in 13
len schrieb, wurde .Mitglied der französischen Akademie und starb 1780 auf
in Landgute Flux bei Beaugency.
kr ausgehend, hat C. den neueren Sensualismus begründet, in-
dem er nur eine Quelle der Erkenntnis, die Sinnesempfindung annimmt, aus
auch die Vorstellungen der Lockeschen „reflexion" entspringen: „Le prineipal
de faire voir comment toutes nos connaissances et toutes
nennen! des sens, ou, pour parier plus exaetement, des sensations.u
An der Fiktion einer empfindungsfähigen Statue (vgl. Arnobius, Bonnet,
ettrie u. a.i. deren Sinne allmählich erwachen (zuerst der Geruchssinn),
er, wir alle Vorstellungen und psychischen Vorgänge (Aufmerksamkeit,
eichen, Urteilen, Wille usw.) sich aus Empfindungen bilden, da es
it nichts Angeborenes gibt. Die Empfindung selbst wandelt sich sukzessiv
/ur Aufmerksamkeit usw. um, alles ist nur „Sensation transformee". Die Emp-
findung (Sinneswahrnehmung) schlieft alle psychischen Fähigkeiten ein. Im
ifindeD verhalt rieh die Seele rein passiv, aufnehmend, aber sie ist doch
- Empfindens, i<t das Empfindende („c'est l'äme seule qui sent ä
- i. ist eine immaterielle Substanz. In genetischer Weise
wie als Spur der Empfindung die Erinnerung entsteht, Avie die
"ii Empfindungen zum Vergleiche zwischen ihnen führt, wie
durch Festhaltung des Gemeinsamen Begriffe entstehen, wie der Tastsinn
sinn unterstützt und eine Bolle bei dem Bewußtsein der Existenz
kußendi Körpern) und bei der Bildung der Raumvorstellung
Gefühl, Begierde, Wille, Vernunft usw. sich entwickeln, wie Er -
•'hr e kommt und verwertet wird u. dgl. Das Denken ist auch
1 'ii urteilen heißt, Ähnlichkeit oder Verschiedenheit, eine
ten zwei Vorstellungen gewahren. Die (passive oder aktive)
mkeit, die hierbei wirksam ist, ist selbst nur eine Lebhaftere
osation plus rive que toutes Les autres"). Das Begehren
ist durch ein Bedürfnis ausgelöst. Ek wird zum
B< raßteein haben, daß das Begehrte in unserer Macht
ißtsein) hangt mit der Erinnerung zusammen (das [ch
cedecequN Ue est et Le souv< uir de ce qu'elle a etc.")
oll üon) von Empfindungen und Erinnerungs-
( ...VDILLAC — < <>\ | i.
baldern, also ron der Seele selbst zu unterscheiden. Die Dinge können an
sich 'ganz anderes Bein, als wir sie erkennen (Traft, d. Bens IV, ~>. L). Dil
Sprache fahrt C« aui Schreie, Assoziation und Übung zurück.
- hriften: Essai sur l'origine des eoutwaMM httmi ieut-- h 1780. —
Trait6 des systemes, 1749. — Recherrhea »ur l'origine es que nous avons de la
i.eautt-, 1749. — Trait6 des sensations, 1754. 1&85 (nebst „Extrait" daran*); deu-
1870 (Hauptwerk;. — Tratte* dea enimaax, 1755 (gegen Button). — Logiqne, L781, 1-
— Oeuvres, 1795, 1803, 18-J'2. — Vgl E&EXHOBB, C. ou l'empirüme et le i
— L. DewAULE, Cond. et la psychol. anglaise contemporaine,
Condorwt. .Mari.- Jean Antoine, Marquis de, geb. 1743 zu Ribemont
(Picardi 2 in Pari-, wissenschaftlich tatig, während der Revolution
ingnk geworfen, wo er 1794 durch Gift Btarb. = Nach C. ist der mensch-
liche Fortschritt festen psychologischen] Gesetzen unterworfen. Die Vervoll-
toinmnungBfahigkeit des Menschen ist unbegrenzt. In der französischen R<
Lotion erbtickt 0. die Realisierung der Idee einer Berrschafl der Vernunft
Eine sittliche Volksbildung, welche Egoismus und Altruismus in das rechte
Verhältnis Beizt, ist Dotwendig.
-o d'un tableau hietorique rit huniain, IT
C onfiH'iu* (Khung-tse, K Kong-fu-tse), 551 17^ v. Chr., der
Jahre lang Minister, riele Jahre aut Reisen mit seinen Schülern, d<
der chinesischen Staatsreligion, der aber an das Alte anknüpft Die Ethik
• ist altruistisch, Bie basiert auf dem Satze: Was du nicht willst, das man
dir tu usw. und aui dem Prinzip des Mafihaltens, der Harmonie. Menschlich-
keit, Pietät, Treue, Rechtlichkeit, Milde werden betont. Die Tugend ist erlern-
bar 8 ■• ::i'' - .
r» HON-YÖNG Der nwandell mgrnnd; dentacn 1878. — Ta-HIO,
Die erkabeac lehaft, 1875. - J. JI. PLATH, I . -• B htlec Leben and
Lehren, 18G7- 74. — V. l>. < iAilii \ I / 38. P. I \i:i-
L902, • L907. Kaegfai n EU Wilhelm, i
Coming. Sermann, I60ß 1682, Prof. in Helmstädt Aristoteliker.
v hriften: De drill prndentia, 1669. PropoHtiea, tine introdoctio in
jihil' irrecht).
< <»ii*Hl<''i-aiit. Viel 1893. - Anhänge] 1 nriers.
Schriften
4 onta. Basilius, Rumäne, Prot in Bukarest, Evoluti»
und (kritisch U rialist.
- i : . • Pstalisi . rheoric ...... u
i »nenti de la M< I —
l: \i",i i & i -P< >G0N1 4JTÜ, Leben o. Phil
< oiiiaiini. Oasparo, Kardinal, 1483 1642, I Schüler d« l
dm die 1 rnsterblichkeit d(
Dt unortalitato ;tn 1 iii;i .-. Primae ; liiun,
< onti. \ Von Mamiai infinit.
\ti — Cornelius.
riften: U boooo nel WO, 8. ed. 1884. — II vero nell' online o ontologia e
i. a.
Oipe. 1 . R. geb. L840 in Philadelphia, amerikanischer Evolutionist (La-
riften: The Origin of the Fittest, 1887. — The primary factor of
itioB, L896.
forcloinoy. Giraud de, gest. 1084. = Kartesianer, der schon den
„Okkasionalismus" vertritt, wonach die Wechselbeziehungen zwischen Seele und
durch < toti vermittelt sind, so daß z. B. bei Gelegenheit bestimmter Willens-
impulse bestimmte Körperbewegungen auftreten und umgekehrt.
B h riften: Le disocrnement de l'äme et du corps, 1666.
Cornelia*. Bans, Prof. in München, geb. 1863 ebenda.
b1 idealistischer, kritischer Positivist, von Kant beeinflußt, in
manchem neb Mach u. a. nähernd. Die Grundlage aller erkenntnistheoretischen
_ ist die ..Analyse und Beschreibung der unmittelbar gegebenen
eben dee Bewußtseins", die Psychologie. C. ist aber ein Gegner der
istischen'1 Psychologie, indem er jeden psychischen Vorgang als Moment
-amt/u-aminenhanges betrachtet. Die Psychologie hat die Tatsachen
gen Lebens nicht physiologisch zu erklären, sondern „vollständig auch
in der einfachsten Weise zu beschreiben". Die Schwächen der Assoziations-
iml da auffällig, wo es sich um die Erklärung derjenigen Tat-
ii handelt, für deren Zustandekommen der „Zusammenhang unserer Er-
ror Einheil des Bewußtseins'* maßgebend ist. Die Assoziation s-
Bind notwendige Folgen der Bedingungen, ohne welche die Einheit
Bewußtseins nicht gedacht werden kann. Von verschiedenen Asso-
ziationen (durch Berührung oder Ähnlichkeit) ist die eingeübtere die wahr-
Es gibt keine eigentliche „Reproduktion", nur eine „symbolische
Funktion" der Gedachtnisbilder, denen eine durch die umgebenden Inhalte
. • >yRelationsfärbnngt< (vgL James) anhaftet. Die Merkmale der Komplexe
Empfindungen, durch welche sich die Komplexe von der Summe der Merk-
Bestand teil« ■ unterscheiden, sind Gestaltqualitäten. Von Wichtig-
st überhaupt, daß unsere Bewußtseinsinhalte jederzeit als Teile von
D auftreten und so in Beziehungen zu anderen Inhalten stehen.
Relationsbegriffe oder Anschauungsformen sind die Begriffe Gesamt-
I i. Zahl, Mehrheit, Zeit, Ähnlichkeit, Gleichheit, Konstanz, Veränder-
Qnbewußte psychische Tatsachen sind die „dauernden
/ «ammenhänge, welche unser gesamtes psychisches Leben be-
I Empfindungen müssen bestimmten physischen Vorgängen
- •• reü die physischen Vorgänge nichts anderes sind, als die
-■ Zusammenhange, denen wir unsere Empfindungen einordnen,
i sich an die Empfindungen anschließt, besteht
physiologischer Parallelvorgang. Der Glaube an eine Un-
!:'■}).
l( hre betrachtet 0. als das A priori des Erkennens
1 <>n oni ic. Alle Erklärung ist identisch mit dem
Erkenntnis". I>as Prinzip der Denkökonomie
Cült N KI. II
ist das Grundgesetz sller Verknüpfung anseier Erfahrungen, es ist nur d
Ausdruck unserer Begriffsbild unp-n . welche au> den „notwendigen Bedingung
für die Einheit unserer Elfabrangen'4 herfließen. Du Streben nach „Begriffen
für die Zusammenfassung «In- Erscheinungen* ist von Anfang an wirksam.
]>i. ..naturalistischen-- Begriffe < 1 >i utr. Ich. Raum usw.) sind kritisch zu \
arbeiten, aul ihren Ursprung in der Erfahrnng und deren Verarbeitung zuriick-
Euffihren. Die Kategorien sind Formen des ErfahmngftTusammenhanjj
Erkenntnis LeM vereinheitlichte und vereinfachte Znsanimeiifassnng wirklicher
und möglicher Erfahrungen, ohne metaphysische Zutaten.
Die Gegensätze von Objekl und Bubjekt, Innen- and Außenwelt u.dgl.
werden in der Einheit des Erfahnuigszusammenhanges überwunden. Hin
unerkennbares „Ding an sieh" ist unvorstellbar, widerspruchsvoll, die Objekte
Bind mit Ausnahme des fremden [ch) nur mögliche Bewußtseinsinhalte. Die
rAuflenwelt" ist nur der „einfachste zusammenfase ende Ausdruck tür die <
theii unserer sinnlichen Wahrnehmungen". Aber da stand ist nicht
ein bloßes Zusammen, sondern ein gesetzlicher Zusammenhang ron Wahr-
nehmungen, die niemals gleichzeil en sind. l>ie Inhalt«', die wir unserem
Ich Eurechnen, gehören dem „Zusammenhang nnseree Bewußtseins*' an. Die
ititat des Ich ist oichl Schein, weil das Ich immer denselben, durch ein
eigenes Gefühl charakterisierten Zusammenhang bedeutet Durch psychische
. bilden Bich Begriffe „konstanter Faktoren onserer Persönlichkeit'',
dauernde Dispositionen. Stets bedeutet beharrende Existenz Wahrnehmungs-
möglichkeiten (vgl J. St Mill), welche erwartet werden. Existieren ist dauern-
des Stehen in gesetzmäßigen Zusammenhängen. I>as bleibende Sein ist nur
das bleibende Gesetz für die Veränderung der Erscheinungen. Das Bxistential-
fühl ist die „besondere Belationsfärbung, die jeder aui den (Gegenstand
bezüglichen Vorstellung vermöge der vielfältigen ErfahrniigBausaminenhäi
zukommt, in welche wir dieselbe aui Grund onserer Erfahrungen einordnen
müssen." Durch eine begrii fliehe Ordnung schließt sich das Chaos nnai
Erlebnisse zur Einheil des Ernahriingsganzen (mit konstanten Teilen) zusammen.
Prinzipien dieser Ordnung sind die logischen Axiome, die Anschauungsmrmen
und endlich die Begriffe, welche dem Mechanismus unserer Eifahrungsurteile
entspringe] Ding Eigenschaft, Kaum. Kausalität). Die Welt ist ..ein Fluß
d.i Erscheinungen, innerhalb dessen di etzmäßige Zusammen-
hang sich als das einzige Bleibende bewährt". — Werte (wertroll) sind i
Qualitäten, welche wir den Dingen vermöge ihrer erfreulichen Wirkungen aui
anseien Qefühlszustand beilegen. Bedingungen aller übrigen Werte sind die
Persöiüichkeitswerte". Ein Wert kann für uns bestehen, ohne dar. wir ihn
kennen. Im«- Aulgabe der Ethik besteht in der „allgemeinen Bestimmung i
wertvollen Ziele unserer Entwi klune.- . l>:i~ mm- -->«-t/ lautet: ..Handle
daß dein Ziel nach dem stand.- deiner Erfahrung! n als das positiv Wertvoll
unter allen möglichen Zielen erscheine." Eigene und fremde Persönlich^
werte sind zu fördern. Die Dinge wind i begriff lieh symlwlU
Znsammenhänge \<»n Wahrnehmungen.
l.nfttMi: Psychologie lli Krf«hrun««wi»»tfiiichaft. d d.
Cornelius — Cournoi
— Versuch einer Theorie d. K\istentialurteils, 1894. — Elementargesetze
. 1908, u. :i.
Cornelius Karl Sebastian, geb. L819 in Ronshausen, Dozent in Halle,
Anhänger Berbarts, Die Körperatome sind von Ätheratomen
welche die Verbindung der Wirklichkeitselemente, der „Realen",
aitteln. Zwischen Seele und Leib besteht eine Wechselwirkung.
Ueber d. Bildung d. Materie aus einfachen Elementen, 1855. — Theorie
Sei - u. räumlichen Vorstellen*, 1861. — Zur Theorie des Sehens, 1864. — Gründ-
en« Molekularphysik, 1866. -• Ueber d. Bedeutung d. Kausalprinzips, 1867. —
rischen Leib und Seele, 2. A. 1875. — Zur Theorie d. Wechsel-
wirk. zw. L. u. 8. L880. — Abhandlungen zur Naturwissenschaft u. Psychologie, 1887.
.ab auch die 4. Auflage der Volkmannschen Psychologie heraus.
Coeh James ML, 1811—1894, Amerikaner. == Anhänger der Schottischen
Schule (Keid. Th. Brown u. a.), lehrt einen Realismus.
riften: The Intnitione of the Mind, J 860. — The Scottish Philosoph)-. 1874,
Sopenatural, 1862. — The Realistic Philosophy, 1887. — The Prevailing Types
1891. — Cognitivo Powers, u. a.
< oniiiaim. Paul Nikolaus. München, geb. 1869 in Baden-Baden. = Die
Kausalität hat Allgültigkeit, aber nicht Alleingültigkeit, so daß für die Fina-
lität Kaum bleibt Diese besteht im Zusammenhang dreier Zustände: Ante-
- Medium, ßukzedens: M = F (A, S), wobei S (Wirkung) konstant ist.
riften: Elemente d. empirisch. 'Ideologie, 1899. — Aphorismen, 1898; 2. A. 1902.
Costa "ii Luca. Arzt in Baalbek, zwischen 864—923.
riften: I)<" differentia spiritus et aniinae (ins Lateinische von Joh. Hispanus
ragen); hrsg. von Barach, 1878. — Physiologische Betrachtungsweise des Psychi-
. l'eberweg-lieinzc, Grundr. II9, 273).
Coiirnot. Antoine, 1807—77, Prof. in Lyon, dann Studien-Inspektor,,
ELtiker und Philosoph.
AN Methodologe bedeutend, betont C. das „Zufällige", die „Kontingenz"
i vertritt einen logischen „Probabilismus", der die Wahr-
inlichkeil als etwas Objektives aulfaßt, insofern sie Ausdruck des Zu-
falls -t. Dieser besteht in der Kombination oder Zusammenkunft von Vor-
die unabhängigen Reihen des Geschehens angehören (Ess. I, 52). In
1 gibt et Für ans, wenn auch im allgemeinen Ordnung,
keit und Regelmäßigkeil vorherrschen, „kontingente" Vorgänge
imordiauz, arbitraires ei contingents"). 1 >i<- Idee einer vernühftigen
Ordnui in Produkt der in der Well herrschenden Ordnung selbst und
II |». 173 ff., 384 f.i. Die Naturgesetze gelten
mit höchster Wahrscheinlichkeit, die für den Physiker der
hkommt, »renn auch aichl logisch ist. Noch weniger
h ! ch te se, hier spielen der Zufall und die In-
fi* '■'• -■• aber, daß die Vernunfl sieh in ihr zu reali-
iea Chinese et des probabüitet, 1843. —
1861. — De« methodei dans les sci'iM«^
I OUBNOT — OODTURAT.
de raisonneraent, 1865. — Considerations sur la niarche des idees et des erenem
dans )es temps modernes, 1872. — Material isme. . rutionalisme, 1875. — Vgl.
Revue de llltsphys. et de Morale, Mai 191
Cousin. Vi<-tor. ^reb. 28. Nov. IT'.»-' in Paris, wunl.-. nachdem er unter
(l.in Einflüsse von Laromigoieie, M. de Biran n. a. gestanden hatte, 1814
Professor an der Sorbonne, reiste dreimal Dach Deutschland, von wo er (nach
der /weiten Reise) die Hegelsche Philosophie mitbrachte, die er 1- ror
ein. -in riesigen Zuhörerkreise entwickelte, wurde Mitglied der Akademie, Pau-
li, a.. 1840 Minister, sog sich 1848 ins Privatleben roröck and Btarb 14. Jan.
1867. Ki- war ein glänzender Redner und hat dadurch wie auch durch -
energisches Einsetzen für einen von der Kirche anabhängigen philosophischen
Unterricht stark gewirkt
1 . i-t ein „Eklektiker", der entschieden nur gegen Empirismus, Bensualismus
und Materialismus kämpft, selbst aber 'ine Art Bpiritnalismns und [deaüsmua
vertritt, der durch Plato, die Schottische Schule, Kant. Bchelling, Hegel, M
Biran u. a. beeinflußt i»t. Die IJegriftV ..Idn- und ..Vernunft" spielen in
• n Lehren eine Hauptrolle. Von der inneren Erfahrung gehl die Philosophie
aus und erhebt sich rar Spekulation Ober das Absolute, das wir durch
unsere Vernunft erfassen, die an -ich anpersönlich ist Die „raison impea
im'11< ••■ ist di<- Quelle der Kategorien (Substanz und Kausalität). Sie ist an
aichts Individuelles, sondern allgemein und mit der Individualität nur
verbunden, in deren Tiefen sich ihr offenbarend (Du vrai p 100 f.). Später
(1828) lehrt er: I>i<- drei Grundideen Bind das unendliche (Gott), das Endliche
(Welt) and die Beziehung zwischen beiden. Gott ist in der Welt, die Welt
d Gott und erschöpft das göttliche Wesen niemals (Panentheismus). l>i-
Aktivität des Geistes und die WiUensfreiheit werden von C. stete betont I»
ichichte ist der Fortschritt des Geistes, die Entfaltung der [deen. In der
Ethik ist C. „Intuitionist"; das Gute, das der vernünftigen Natur des Menschen
Entsprechende wird anmittelbar als solches beurteilt
i (\ beeinflußt sind Jouffr« Garnier, Bouillier, Tissot,
aisson u. a.
orangen (Plsto) und Bditione und
uen Arbeits. itoire de la philosophie modex 141;
i. 1846. — in/.eln und unr^tNirhcitrt : I'rtMui.r yhie. 4
Da \rai. da bess et <lu bin (1887), 18. M 1878, - Pbiloaopbis ■»■■■■lirtn.
.i. — Philo* dfl K;n.t. I
— lanzrln: Introdaotioi !a philo*
:i philo», jusqu'ü la tin du WH
— PlSgiU— ti philoBt.j.ni-, .ii. a. — \ C. E. PüCHS,
l - , - i i \\, La philo«, da \ •
4'mitiirut. I Prof. in Pl ( bnlich wie Russell
eine logisch-deduktive Auffassung der Mathematik bezw. ••in«- mathem
Auffassung der Logik.
—
M l
no Oowabd — Groll.
4 nuartl. William, Ar/r, geb. 1656. = Von Hobbes beeinflußter Materialist.
ritten: i'ogitationes de anima, 1702.
rreijjtiton,.!. F.. geb. 1843 in Carlisle, gest. 1901 in London. = Seh ri f ten:ln-
ggg, _ Abhandlungen in der „Philos. Review" (1897, 1903, 1904, 1906).
4 remoiiiiii. Cesare, geb. 1552 in Cento (Modena), Prof. in Padua, dort
! AU Lehrer berühmt, interpretierte er den Aristoteles im Sinne
\ rroismus, teils des Alexandrinismus. Die Seele ist die „Form" des
den Leib durch die allen Elementen innewohnende Wärme.
- h ritten: Außer Kommentaren zu Aristoteles: Disputatio de coelo, 1613. —
De calido innato et somine, 1634. — Tractatus tres: de sensibus externis, de sensibus
le häutete annetitiva, 1644, u. a. — Vgl. MABILLEAU, Etüde historique sur
la philos. de la renaiss. en Italie, 1881.
(irnz. Priedr. Casimir Carl von, geb. 1724 in Homburg, als Staats- und
il, heimrat 177" gest. = Von Leibniz und Locke beeinflußt. Die Seele ist
nicht absolut einfach, sondern enthält Teile, die eine Einheit bilden; sie ist ein
Mittelding zwischen Einfachem und Zusammengesetztem, ein „Einfachähnliches",.
immateriell und unsterblich.
iften: Versuch über die Seele, 1753. — Vgl. EleüTHEROPULOS, F. C.
Erkenntnistheorie, 1895.
CrpCCj K'-nedetto, geb. 1866. = Von Hegel u. a. beeinflußt.
Ästhetik ist nach C. „Wissenschaft des Ausdrucks". Die Vor-
stellung ist zugleich ein Ausdruck, eine „Sprache" im weiteren Sinne. Das
: Verhalten ist eine von Gefühlen begleitete Erkenntnisform. Schön
ist der gelunj -druck. Die Philosophie der Sprache spielt bei C. eine
Rolle, auch in der Logik, die nicht formalistisch sein darf (Lehre von
„reinen Wahrnehmung"). Zwei Arten der Erkenntnis gibt es: Intuition
und begriffliche Erkenntnis; ersterc geht auf Individualität und Vielheit,
auf Allgemeinheit und Einheit. Mit den „reinen Begriffen" hat es die
zu tun. Die reinen Begriffe sind Synthesen von Gegensätzen, lassen
sich aber nicht dialektisch ableiten. Der reine Begriff stellt sich auch als
Urteil, Schluß und Definition dar. Raum und Zeit sind ideell. Die „Wert-
sind kein.- Urteile, sondern lassen auf ein Urteil den „Ausdruck eines
Wertausdruck"). Das Sollen ist Ausdruck eines Wollens
tafühls, eine zweite Wirklichkeit neben dem Sein. Ein Dualismus
cht hier aber nicht, denn der Gedanke ist Denken des Tuns, das Tun ein
Tun I' Denken und Wille Bind untrennbar. Voraussetzung der
i im reinen Willen. Der historische Materialismus
hat nur Wert als „simple canon d'interpr£tation historique", nicht
hiloHophie.
rao itorico od economia mandata, 1900, 2. ed. 1907; französ.
ii, 1 H!U; — Lineamenti di una Logica come scienza del
1909. — Ehtetica, 1902, 1910; deutsch 1905. — Lebendiges
• I".
<«<>il L890. = Vereinigung von Bvolutionismus
PJ otophical Batii oi Brolution, 1890. — The
o. a.
CROUSAZ — CüDWOBTH. 111
Crousaz. Jean I'itrr.- de, geb. 161 . in Lausanne und Gröning
Erzieher de« Prinzen Friedrich von Hessen-Kassel, gest. 1748. = (Gegner der
Leibnix-\V<>ln--h.ii Philosophie, bekämpf! die Monadologie und dk Lehre von
der prastaJbilierten Harmonie. In der Ästhetik betont C. die Einheil in der
Mannigfaltigkeit.
Schriften: Trait»'- du beau, 1712, 2. fd. 1724. — La logique, 3. 64. 1 7 2 "» —
De l'esprit humain, 173U — Examen du Pyrrhonisme anden et moderne, 173:.
Bayle u. a.). — Observations critiques sur l'abrt'ge de la logique de Chr. Wnlti, 1744.
CrastMj Christian August, geb. 1712 zu Leuna bei MerBeburj . in
I.- ip
« '. von Rüdiger u. a. beeinflußt) isl der bedeutende I r der Leib-
niz-Wolffschen Philosophie. In Beinern Bestreben, Wissen und Glauben, Philo-
sophie und Tlimloirir zu vereinbaren, sowie in -»einer Aufteilung materialei
Grundsätze der Erkenntnis hat er Kant beeinflußt. Es ist ihm sehr am die
Rettung der Willensfreiheil zu tun. D _• rieh schon in seiner B
kämpfa - vom aureichenden Grunde in dessen üblichen For-
mulierung; es folgen nicht alle Wirkungen notwendig ans ihren Ursachen.
l)i.- Denkgt - sd: der Bali des Widerspruchs, der Satz des nicht zu Tren-
nenden, dir >at/ des nicht /u Verbindenden. Kriterium der Wahrheit ist die
Denkbarkeit: Wahr ist. was sich nicht anders denken läiit. Mit absoluten
Vemunftwahrheiten hat es die Metaphysik zu tun. Alles Endliche isl in
Kaum und Zeit, sonst würde es eben nicht „existieren"; Kaum und Zeit selbst
sind nur Abstraktionen. C. bekämpft die Lehr'- von der prästabilierten Har-
monie, den Satz 7on der Erhaltung der bewegenden Kraft, den Determinismus
und strengen Mechanismus, den Optimismus (die Welt ist relativ gut, aber
nicht die beste der möglichen). Die Seelen Btreben ewigen Zielen so und Bind
unsterblich. I >»r Wille ist trei. motiviert, aber nicht determiniert. I>ie Sitt-
lichkeit i-t objektiv zu begründen, sie besteht in der Befolgung des göttlichen
Willen-. Tugendhaft Bein beißt „ans Gehorsam gegen Gott und Erkenntnis
Der Schuldigkeit handeln44 (Vernuuftwabrh. § -IM |. l>ei „Gewissenstrii
• den Pflichten zugrunde.
9 b ritten: l»e usu et limitiboi prineipü determinantia, vu
i beerbeil äaweiMuig, rernfinftig zu leben, 174-1. — Betwarf
. veraaaftwahrheiteB, 1745. W eg • •• Qewifiheit und Zuvei I d.
.7 17. AaleitaBg, über natürl. i lentlkh und
vorsi'htm na< b/.u<hnken, 171 \ MABQUABDT, Kant u
i . 1880 — < . Festfeb, 0. sie slstaphyaksr, Lf
< miwoiih. Ralph geb. 1617 in Aller (Sommerset), Btudierte in Gern-
• n 1646 Prot daselbst, gest LI 88.
1 ist d«r Haupti der platonisierenden. eut Mystik und 'II
Bophie i Philosophen. ' nthält i
Ideen als Urbilder der Dinge und all.' Krk.-n nt nifl 1-1 «in Teilhaben am -"tt-
lieh.n l Ei gibt angeborene [deen (von Gott dem Sittlichen m
und es gibt ewig« unveränderliche Wahrheit« halten im göttl
d naind"). Unwandelbar, abaolul illem di ind
CUDWOBTfl — CZOLBE.
Urteile entspringen mit Evidenz aus der Vernunft. In der Welt
eine Harmonie, die auf das Wirken von Zweckursachen zurück-
bren ist Kino Ali Weltseele, eine ..plastische Natur" (,,plastic nature")
und ordnet die Bewegungen der Materie im Sinne der göttlichen Vor-
Auch das Leben beruht auf der im Organismus wirksamen plasti-
\atur. Die Beele ist unsterblich.
riften: The true intellectual system of the universe, 1678; lateinisch (von
Systeme intellectuale huius universi, 1733, 1773. — Treatise concerning
ü and numutable morality, 1731. — Vgl. H. v. STEIN", Sieben Bücher zur Ge-
il, riatonismus III. — LOWEEY, The Philosophy of R. C, 1885.
C nffelor. Abraham .Johann, Utrecht. = Anhänger Spinozas.
- riften: Speoinien artis ratiocinandi, 1684. — Principia pantosophiae, 1684.
< iiiiiImm land . Richard, geb. 1632 in London, als Bischof von Peter-
ragh 1719 gest. = C. ist in der Ethik Gegner Hobbes'. Neben dem Egois-
e& in uns ein ursprüngliches Gefühl des Wohlwollens. Indem wir
das allgemeine Wohl fördern, fördern wir zugleich unser eigenes. Unterord-
des eigenen unter das allgemeine Wohl ist Sittlichkeit und Kriterium
■litt -!i < resellschafteordnung.
riften: De legibus naturae disquisitio philosophica, 1672; englisch 1727;
franz.-. 1744. — Vgl. F. E. SPATJLDING, R. C. als Begründer d. engl. Ethik, 1894.
i npr. Frau/, 1821 — 1882 in Prag. = Herbartianer.
riften: Sein oder Nichtsein der deutschen Philosophie in Böhmen, 1848. —
Grundri!'. d. empir. Psychologie, 1852.
< 'Uranus, s. Nikolaus.
Cj ulker b. Kyniker.
t von. Elie de, Prof. in Paris. = C. findet in den Bogengängen des
das physiologische Organ der Raumvorstellung und der geometri-
briome, im Labyrinth das Organ der Zeitvorstellung und der Arith-
- le und Leib Bind verschieden (Dualismus).
riften: Leib, Seele und Geist, 1909. — Dieu et Science, 1910 (Theismus), u. a.
< \r;mo de Bergerac, geb. 1619 in Paris, gest. 1655. = C. ist ein (von
- beeinflußter) Schüler Gassendis. Wie dieser ist er Hylozoist, indem
lementen Empfindungsfähigkeit zuerkennt. Auch lehrt er
Entwicklung der Materie. ,,Tous les etres dans la nature
• t aspirent a devenii hommes" (Oeuvres I, 156).
1741. — Vgl. A. W. LOEWENSTEIN, Die natur-
' de B., ArchiT f. Geschichte d. Philos. XVI, 1903.
< \i< luiiUrr ■. Kyrenaiker.
< /m /< i in i Bchitscherin.
< ioHw L9 bei Danzig, Oberstabsarzt in Königsberg,
: Naturalismus", der in seiner ersten
I harakter hat, um sich Bpätei «lern Bpinozis-
I ZOLBE - l».\i 113
mos zu nihern. I>i<- philosophische Erkenntnis hat alles i berrinnliche pn
zugeben und nur anschauliche, empirisch fundiert B so verwenden. In
der zweiten Schritt wird das Psychische auf Ben zurückgeführt I
Selbstbewußtsein erklärt C. durch Annahme einer „Leitung der Gehirn-
bewegung in kreisförmiger Linie, wodurch in jedem Punkte Anfang und Ende
uunmen Bind", l)i»- Wahrnehmung der Außenwelt nibt Abbilder von den
Eigenschaften der Dinge selbst. D anische ist ebenso ursprünglich
wie das Anorganische. In der dritten Schrift wird dieser Gedanke beibehalten,
aber der Materialismus a en. Die Existenz einer ..^ • wird
lehrt, welche die Körperwelt durchdringt, und die Empfindungen werden
als räumlich ausgedehni betrachtet. In der vierten Schrift endlich kommt
dazu die Auffassung des Weltraums als der Weltsubstanz, deren Inhalt die
Weltseele ist und die zugleich in Atom« liedert; die Zeil ist dir vh
Dimension des Raumes. Da Geist ist eine Äußerung der Weltseele, welche
durch das Nervensystem nur vermittelt wird. Empfindungen und Gefühle sind
■ kti\ im Weltraum enthalten und werden durch ihre Verdichtung bewußt.
werden ..au- dem die Körperwelt, mithin auch das Gehirn der Menschen
und Tiere durchdringenden unbegrenzten Räume, in welchem sie als sein
ruhender Inhalt, als lote, ansichtbare Spannkraft überall verborgen Bind, durch
/ bestimmte Gehirnbewegungen als lebendige, zum Bewußtsein kommende
Kräfte freigemacht oder ausgelöst'' (Grenz, a. Urspr. d. m. Brk. 8
Di« menschliche Seele ist eine Summe von ,,Mo8aikbildern". Das I > i 1 • 1 unseres
K rpers befindet sich neben d< sgedehnten) Empfindungen ohne Projektion
im Räume. Der in der Welt herrschende Zweckzusammenhang ist sine
„höhere Potenz oder Kombination des KausalzusammenhangBa. Endzweck ist
- möglichste Glück aller Wesen, bo daß der Eudamonismus das ethische
Prinzip ist
S triften: Kens Danteila Sensualismus, 1866. — Die Eni de«
Selbstbewußtseins, 1866. — Die Grenzen u. d. Ursprung d. meneehl. Eikenntnis 1865.
mndsflfa ein. Krkenntnislheorie, 1875 — Vgl, V \ I HI N< . ER, Die
dr.i Phasen <\ C '■ ituralisinu-, Philos. Monat-: fte, Bd
i>.
l>* \<M|iii«>to. Benedetto, 1780 1867. : Anhänger Giobertis
9 briften Element) di t\ udsmenti nta uni-
1850. — <li ideolegia, 1858 — Vg GlOVANWI» D*A
IVAlDj d'Ailly.
II' \ h'iiilM'rt b. d'Alembert.
llallM'i-^. Karl Theodor ron, 1744 181^ R
Fürstprimas des rheinischen Bundes. = Popularphilosoph.
. U. a. :
l . — \ '(nn BewaflUein *la doi
114 Djllgabno — Darwin.
I>üI- ai im». George, geb. 1627 in Aberdeen, gest. 1688 in Oxford. =
ekannt
riften: Ars signorum, ?ulgo character universalis et lingua philosophica, 1661.
Daiiia^conn^ b. Johannes.
DamasklOS Damascius), letzter Vorsteher der Platonisehen Schule in
Wien, wanderte nach Schließung der Schule durch Kaiser Justinian im Jahre
ich Persien aus und kehrte mit anderen Neupiaton ikern 533 ins Ost-
imißche Reich zurück. = 1>. vertritt die neuplatonische Emanationslehre, nach
her aus dem unerkennbaren Einen alles hervorgeht.
riften: Quaeetiones de prinüs prineipiis, ed. Kopp, 18261* ed. Ruelle, 1889.
— Vgl. Ruelle, Lo phiiosophe D., 1861.
Dam hon. Jean Philibert, 1794 — 1862, Prof. in Paris, war auf dem Ge-
U .:. • Philosophiegeschichte tätig.
ritten Essai 6ur l'histoire de la philosophie en France au 19. siecle, 1834;
is34. — Essai sur l'hist. de la philos. en France au 17. siecle, 1846. — Me-
moire? pour servir ä l'hist. de la philos. en France au 18. siecle, 1858 — 64.
Dante«*. Le, Felix, geb. 18C9, Physiologe. Paris. = Jedes Ding ist ein
Gleichgewicht von Kräften; in allem besteht die Tendenz zur Einheit und
Stabilität Das Bewußtsein ist ein Epiphänomen, ist unwirksam. Das elemen-
ein chemisches Phänomen. Das Leben eines Menschen ist die
ilti.nnde der „synergischen" Funktionen von Milliarden „Piastiden".
9< h riften: Theorie nouvelJe de la vie, 1896. — Le determinisme biologiquer
1897. — Les lois naturelles, 1904. — Elements de philosophie, 1907. — De l'hoinme
ä la ecience, 1907, u. a.
1>" Irgena s. d'Argens.
Daijefl Daries), Joachim Georg, geb. 1714 in Güstrow, Prof. in Jena
and Prankfurt a. d. Oder, gest. 1792. = Eklektiker, teilweise Gegner Chr.
Wo\i ii den Determinismus, gegen die prästabilierte Harmonie usw.),
lieh wie Crusius. Die Monaden betrachtet er als ausgedehnt.
lutroductio in artcui inveniendi sive Logicam, 1742. — Elementa
•■-, 1743 — 44. — Anmerkungen über einige Sätze der Wölfischen Metaphysik,
»8. Irfinde der philo*. Sittenlehre, 1755. — Via ad veritatem, 1755;
Darwim, I arles, L809 1882, der berühmte Naturforscher, ist auch durch
I bre, welche neben der Spencerschen) zu einer evolutio-
PhÜOSOphie und Ethik geführt hat, von Bedeutung.
I>. hat eine gan» Reihe von Evolutionisten zu Vorläufern, von Empedokles
/n Lamarck, Erasmus Darwin, Goethe, Owen, Spencer u.a.
dl Selektionstheorie, so daß der Darwinismus eine be-
Bvolutionismue und der Deszendenztheorie ist.
h von Anfang an fertig geschaffen worden, sondern haben
teo Formen von Lebewe en erst entwickelt Sie sind
m Varietäten entstanden und viele Arten sind bereits
• walten aber nicht Zweckursachen, es gibt keim
I >\i: WIN.
Zielstrebigkeit, Bändern die Zweckmäßigkeit ist das noiwen-li.. Resultat
natürlicher, rein kausal wirkender Faktoren. D uoische Entwicklung
erfolgt meist durch allmanliche Anhäufung kleiner Variationen, di<
vererben. Von Malthua (Essay on Population, 1798) beeinflußt, setzl D. voraus,
daß die Vermehrung der Lebewesen stets über das Blaß erreicl bens-
mittel hinausgeht. Dies führt eu einem „Kampf umi Da»
zu einem Wettbewerb um die Existenzbedingungen, bei demdii relativ
Lebensfähigsten, t i "i « • 1 1 1 i _r - 1 * m i Individuen und Arten sich erhalten, gleichsan
Natural] i werden („Natürliche Auslese*4 analog der Wahl seitens
- Züchters). Die Variationen, welche bei den Individuen auftreten, w<
rb1 und indem die Selektion wiederholt die günstigen Variationen zum
Weiterbestande gegenüber den mit nngünst tteten Individuen bringt,
entstehen, oft erst nach langen Zeiträumen, aus Varietäten neue Arten. ..In
dem Überleben der begünstigten Individuen und Rassen im stets wiederkehrenden
Kampf ams Dasein sehen wir eine mächtig und immer wirkende Form der
natürlichen Zuchtwahl Der Kampf ums Dasein erfolgt unvermeidlich aus
ganischen W< aeinsamen hohen Vermehrung im geometrischen
Verhältnis»
Durch die Selektion «n. -I_rt die Anpassung an die Lebensbedingungen;
mg isl eine passive und indirekte. Es gibt aber auch eine aktive
und direkte Anpassung, denn Milieu und Funktion (Übu elen, wie 1 ».
r mehr betont, auch eine Rolle als Entwicklungsfaktoren. rWachBtum
Fortpflanzung, Erblichkeit, die fast in der Fortpflanzung enthalten ist;
Variabilität zufolge indirekter und direkter Wirkungen der Lebensbedingui
und Gebrauch und Nichtgebrauch; ein so hohes Vermehrungsmaß, daß es zum
Kampf ums Dasein führt und infi • n zur natürlichen Zuchtwahl die
Divergenz des Charaktere und das Erloschen der minder verbesserten Formen ent-
hält.'' Neben der natürlichen gibt es auch eine sexuelle Auslese im V
bewerbe der Männchen um die Weibchen. Der liensch hat sich aus äffen-
ii Vorfahren (nicht aus einer Lebenden Affenart) entwickelt Auch die
psychischen und sittlichen Eigenschaften des Menschen sind das Produkt einer
Entwicklung. Unter den auf vererbten Gewohnheiten beruhenden) Instinkten
Rere befinden Bich auch schon soziale Triebe, die Quelle der Sittlichkeit
beim Menschen. Die sittlichen Gefühle sind durch Selektion aus sozialen
Impulsen hei ngen. Ziel des sittlichen Banddns ist das allgemeine Wohl,
das nicht in Lust, sondern in Lebenstüchtigkeil i..tull rigor and health") besteht
I Hauptwerke! : Ol th« Oligfs <>t BpSOlM bj " natural
ls«tMl in ist l in\.-r.i|pl. — 'II Di and S»-:
in relation to sex, 1*7 1. >l. ut- • I. m SSV I niv.-ltibl. — Ths Expression o( i
in Man and Animal-. 1875. — Thi Variation* nf Plant« lad A*imaJl ■ uieati-
<ati..i,. VgL K. I > LBWTjr, I-it" ami I
l»i-' Literatur Ibec Üarwia sad Derwimiaani i«t a>. i
lh\ii\. Hvmkii. I i: BCHULTH, /.\«h\i:i\ II SriTZKK, IM. ATI
\\ I IBM \W. Wl«i VM». < ."I l'-< III II'
Dm um. Brasmui Int Orot on Cd Darwin, 1731 iv
1X6 Darwin — David.
äderten Lebensbedingungen bewirken eine Anpassung der Organismen.
alle auf ähnliche Art aus einem einzigen lebenden Filamente"
anden. Die Bedeutung der Assoziation für das Seelenleben wird von
llt.
: in en. Temple of Naturo (Lehrgedicht). Zoonomia or the Laws of Organic
Life, 1794—96.
I>aub. Karl. geb. 1765 in Cassel, Theologe, Prof. in Heidelberg, gest.
Erel Kantianer, dann von Schelling beeinflußt (Theojogumena, 1806).
Bpiter Begelianer. — D. bleutet Form und Gehalt der Religion im Sinne des
Ischen Idealismus, nach welchem Gott in unserer Erkenntnis Gottes sich
sl weiß.
ritten: Die dogmatische Theologie jetziger Zeit, 1833. — Über den Logos,
— Philos. u. theol. Vorlesungen, 1838 — 44. — Vgl. K. ROSENKRANZ,
Erinnerungen an K. D., 1837. — W. HERMANN, Die spekul. Theol. in ihrer Entwickl.
durch D.. L847
Dannier. Georg Friedrich, geb. 1800 in Nürnberg, Gymnasiallehrer, gest.
in YVürzburg.
riften: Der Anthropologismus und Kritizismus der Gegenwart, 1844 (gegen
hruno Bauer und L. Feuerbach, Bekämpfung des Naturalismus). — Eeligion d. neuen
Weltalters, 1850, u. a.
Ilaui-iac. L., geb. in Brest. = Vertreter des Phänomenalismus.
riften: Croyance et Realit6, 1889. — L'idße de categorie chez Renouvier,
L900, u. a.
David der Armenier, um 500 n. Chr., Schüler des Nenplatonikers
Syrianoe in Athen. Verfasser von Kommentaren zu den „Kategorien" des Ari-
Prolegomena zur Isagoge des Porphyrios u. a. (im 4. Bd. der Akademie-
Aristoteles). Opera, 1823.
1 F. NE1 mann. Memoire sur la vie et les ouvrages de D., 18'20.
I>;t\i<l "ii A.ugsburg, gest. 1271. = Mystiker.
I . PFEIFFER, Deutsche Mystiker 1.
DttTld ii Dinanl 'Frankreich), gest. um 1200.
I). lehrl (ähnlich irie Amalrich von Bennes) im Anschluß an Avencebrol
und unter dem Einfluß von .loh. Scotus n. a. einen Pantheismus. Gott,
1 dem Wesen nach eins. An sich ist alles eins („omnia esse
iiiiiim Bimpli< hi' Körper bestehen aue der Materie (Hyle), die Seelen
und in den ewigen Bubstanzen ist das „primnm
lii jee aber i-t eins („et haec tria esse nimm et idem'',
\'jnino, In Libr. II. sententiar. dist. XVII, quaest. 1, art. 1).
Tincipium materiale omnium", er ist alles und in allem, dir
wie der Seelen (bei Albertus Magnus, Summa theol. T.
:. I tr IV, qu. 20; I, tr. Will, qu. 70). Die Formen
nungen der 'inen, materiellen und zugleich geistigen
1>AYII> — DKM0KRIT08. 11.
x driften: De fa est de divisionibus (nur aus \ • ri und ThoflMU be-
kannt). — \-'i Haikkai. Bistoire de la pbil - utiqoa U
Dawydow, J. J., 1794—1863, Prof in Moskau. Anhänget BcheU
S hriften: Elemente der Logik, 1821. — Über die Möglichkeit dei ;>bie
als Wissenschaft, 1826 u. a. (russisch).
Dc*;;'('i'aii<Io. Joseph Marie de, L772- 1842. Der eiste kritische Historiker
der Philosophie in Frankreich.
Schriften: Histohe comparoe d> le la philosophie, 1804; 2.
j—2i; deutsch 1806—7.
I><>ll>o<>iif. .1.. 1831—1896 Prof. in Lüttich. = Als Psychologe and
Psychophysiker bedeutend, Vertreter der symbolischen (msthematischenj Logik,
> hriften: Essai de logiquo scientifique, 1865. — Theorie generale de la sen-
i!it6, 1876. — La psychologie comme scicnce naturelle, 1876. — Logique algorithmique.
1877. — Psy< hophyßique, 1882. — Examen critique de la loi psychophys.. 1883. —
Matiere brüte et matiere vivanV. 1887
DelfT, II - geb. 1840 in Busum daselbst 1898. = 1>. vertritt
eine religiös orientierte Philosophie, deren Methode die geistige Anschauung,
nicht die Induktion i-t. I >i« Einheit ist das Absolute im Bewußtsein, die Be-
dingung alles Erkennens, welches sich in den Formet gorien) des Bewußt-
ollzieht. Di( Geschichte ist eine Offenbarung des Absoluten und Lri|>trlt
im < Ihnstentum.
Schriften: Ideen zu einer philos. Wissens« halt ii. Geietee u. d. Xatur, 186ö. —
QrOBdlehrea d. philos. Wissenschaft, l.sG'J. — Die Hauptprobleme d. Philos. u. Religion.
1886. — Philosophie des Gemüts, 1K'.I2, u. a.
Off ii low der Eyniker, lebte im 1. Jahrh. n. Chr., war ein Freund
uii'l des Thraseas Paetus; wegen Beiner LTneigennützigkeit berühmt
HriiH'tiio^ ton Phaleron (Phalereus), der bekannte Staatsmann, in der
Mitte des i. Jahrh. v. < In-.. Bchüler des Theophrast. Von Beinen zahlreichen
riften ist nicht- erhalten.
Chi:. ( toi i km ans. 1).. L847.
I><kmokrito<« ron Abdera Thrakien . geb. um 160 r, Chr., nach größeren
• n in seiner Bebnal um 371 1 w. ( fhr. gest.
1)., «In ant allen Wissensgebieten Beiner Zeit große Kenntnisse bee
eileicht als Bchüler Leukippe) der Begründer der mechanistisch-atomi-
itisehen Weltanschauung. Mit den Eleaten stimmt er darin überein, daß
Wirkliche ein onTerinderliches, beharrendes, ewiges Bein ist. [ndem er sbec
eine Vielheit des Seienden annimmt, wird ihm das Werden, die Veranden
eu mehr als einem bloßen Schein, nämlich rar Verbindung und Trennt
einfachen Beinselemente, Der Schein liegt nur in der sinnlichen Wahr-
nehmung, welche nna die Dinge als Eai and usw. darstellt, wahrend in
W;ihrh< it dien Qualitäten nur in unserem Bewußtsein nicht
o l»jtk 1 1 \ existieren i
■■■ii. i not x/x-ii. In Wirklichkeil >;-tnrt nur
Voll« nd das I • • i- -• i<ml. und N i < • 1 1 1 - •
Demokri i
d. h erie and der leere Kaum. Das Wesen der Dinge ist nur durch
. rfassen, nur dieses verschafft uns die echte (yn/aitj) Erkenntnis
ui dunklen (oxoxty), verworrenen Erkenntnis der Empfindung.
iende" nun ist der Leere Raum, der existieren muß, damit die
trung der Körper möglich ist: das ..Seiende" besteht in einer unendlichen
;hl iviu geometrisch-kinetißch bestimmter Körperelemente, der „Unteilbaren".
Atome {arofia, auch „Gestalten", oyi)uara, löku genannt). Sie sind unent-
sUnden, unvergänglich, unveränderlich, einfach, verschieden an Gestalt (ajpftua),
Lage (#«nff); von der Größe der Atome hängt deren Schwere
Innere Eigenschaften oder Klüfte kommen ihnen nicht zu. Die Dinge
sind Komplexe (ovyxQipaTa) von Atomen. Ein ursprünglicher Zustand dieser
ist die Bewegung. Alles Geschehen ist mechanischer Art, beruht auf
Druck und Stoß der sieh bewegenden Atome. Es gibt keine Zweckursachen,
Bondern alles erfolgl streng notwendig, kausal, indem alles einen Grund
hat. aus dein es notwendig hervorgeht (ovSsr XQfj/ua fxdxrjv yirsxai, dkkd nö.vxa
it xal vst ävdyxrjs), so daß es keinen Zufall gibt (Leukippos), eben-
en iLr »ine Schöpfung aus Nichts (lu/Ser xs ex xov fxrj ö'vxog ylvsodai).
Indem die nach allen Richtungen sich bewegenden Atome zusammenstoßen,
heu Wirbel {divtj), welche zur Bildung unzähliger Welten und Körper
führen. Immer neue Welten entstehen und vergehen auf rein mechanische
' Organismen haben sich aus feuchter Erde gebildet. Die Seele
\-\ materiell, Bie besteht aus den feinsten, sphärischen, beweglichen, den Feucr-
atomeo gleichenden Atomen, welche den ganzen Körper durchdringen, ihn be-
ilud beseelen, wobei das Gehirn der Sitz des Denkens ist. An das Ein-
und Ausatmen von Seelenatomen ist das Leben geknüpft. Die Empfindung
äinneswahrnehmung, aiadfjaig) beruht ebenfalls auf der Wirkung der
Ee gehen von den Atomgruppen „Bilderchen" (el'dcoka) aus, welche die
modifizieren und zur Produktion der Sinneswahrnehmung nötigen (xr/r
/-// trjv vöijoiv yivfoüui ridco/.cov z^eoftev jtgooiövxcov). Die Wahrheit
gl in der Tiefe [ev ßv&qi), sie kann nur durch das Denken erfaßt werden,
«reiches den Sinnenschein durchdringt und das Verborgene (ädrjka) ergreift.
Ethik !>.- ist eudamonistisch, betont aber stark die Gesinnung, die
vor dem Unrecht und dem Willen dazu, den sittlichen Willen. Die
,i^keit besteht nicht in der sinnlichen Lust, sondern in der rechten
in der heiteren, frohen Seelenruhe (ev&v/biir), eveoxw, dxuga^d],
\> Glück liegl in uns selbst, in unserem Seelenfrieden (vy//
Ohne Mäßigung und Einsieht ist kein Glück möglich.
kterland des Weisen das Universum ist, so muß man doch
u esen \\ irken.
Demokril gelten Nessas, Metrodoros von Chios,
Diogenes *on Smyrna, Nausiphanes. Erneuerer des Atomis-
• 1 in*: n EahlreicheB Werken [Mixqöq didxoo/toe, Jhgl (pvaewg
■ 1 Diog. I.aijrt. IX, 46 ff.) Bind nur Fragmente erhalten.
: 1 ;.' . Qrteoor. I. — DlELS, Fragmente der Vor-
DeMOKBITOS — Dbbcari 119
f-okratikcr I. — NATORP, I räch, z. Geschichte des Erkenntnisproblcms, S. 164 iL,
Hthika des D.3 1893. — DYBOFF, Demokriistudien, 1-
UllOMT geb. cu n.Chr., in Athen, ein von Lukian
in einer besonderen Schrift (Vita Demonacl eiertei Kyniker.
PEITZBGHB, I' 'I- D.Miionactis phüoi
I>«>llll<>l t. Eberhard, geb. 1861 in Pützerlin, Prof. in Godesberg.
des Darwinismus, von Wigand and K. K. v. Baer beeinflußt. !>!<■ Entwickli
ist teleologisch (Zielstrebigkeit), das Leben ist nicht rein mechanisch zu begreifen
Neovitalismus). Die Schöpf erkraft Gottes betätigte sich bei der Entstehung
ens und des menschlichen G Theismus). Die Zi< Istrebigkeit, die Zweck-
mäßigkeit und die Individnation des Weltalls sind mit Gott ii erklären
als "In knerkennnng des streng kausalen, gesetzmäßigen Zu-
samme \ - I eechehnisse schließt die leleologie nicht aus. Die Zweck-
mäßigkeit in der WVlt setzt eine „kosmische Intelligenz'4 vi. ran-.
S hriften: Di intwickL d. D theorie, 1890. — Diel
<1. Xatui -i. — Vom Sterbelager d iniama«, 1902; I. \.
Bibel und Natur tft, S. A. 1904. — Darwinivtii tum. l
— I)ie baonng dei modernen
I >«'i hani. William. 1657 1735. = Es wird ?on D.der teleologische I
- für das Dasein Gottes zu führen gesucht and der Optimismus verkündet.
ritten: PL . 1 71 8. — A 15.
Derityllid«»««. . 6 n. Chr., pythagoreisierender Platoniker. Wird
unter jenen genannt, welche die Platonischen Dialoge in Tetralogien einteilten;
II auch eine Schrift über die Platonische Philosophie verfaßt haben.
Deseartes* Rene* Renata« Carteeius), geb. 31. Man 1596 in Labs
fouraine), wui m College der Jesuiten in Lafleche (Anjou)
i. aachdem er ron der scholastischei] Philosophie unbe-
friedigt geblieben, in Paris mit Mathematik (l»d."> 16), ging dann zum Kr:
« 1 1 • - » i — t über (1617—21) und machte die Schlacht am weißen Berge mit. Dann
.ini Reisen und lrl>n- von l * *.i_". » i:> in verschiedenen Ortschafl
Hollands, wissenschaftlicb und schriftstellerisch tätig wobei er dreimal aul
kurze Zeit oach Tan- reiste. Der Ruhm 1).'- als Philosoph wuchs unterdessen
Eusehends. 1649 folgte I). einer Einladung da Königin Christine von Schwed
hter Gustav \ « I « » 1 1 — » und ging nach Stockholm, wo er aber infolge des
ungewohnten Klimas am 11. Februar 1650 starb. 1>. ist nicht nur als Philo-
soph grandlegend geworden, sondern auch als Mathematiker (Analytisch i
metrie) und Physiker (Lichtbrechung Regenbogen a. a.i. teilv ich als
Physiologe !.'• fl< cbewegunf hervorragend.
I». i-' der Begründer der rationalistischen Richtung der neueren Philo-
sophie und des neueren Dualismus. In G satz zu I Racon u tont
er nichi die induktive, sondern die deduktiv« M und stützt er die I
kenntnii nicht auf sinnliche Wahrnehmung lern aul die Gewißheit klai
und deutliche] Vernunfteinsichten und Anschau n ihm die Mathe-
matik mit ihret Bvidenx zum Vorbild dient, \n-tatt Autoritäten /u folg
uro [fliehen, nichtssagenden Spielei li liin/u-. in-n. wdl 1». »«-Il»-
1 )ES\ Ä.RTES.
lenken nichts auf Treu und Glauben hinnehmen, ohne Voraussetzungen
philosophieren, nur der Stimme der Vernunft gehorchen, nur dem logisch Fest-
Uten, aus nuumßtößlichen Tatsachen Deduzierten trauen. Ohne eine ein-
lassige Methode kann kein sicheres Wissen zustande kommen.
Methode besteht formal in der Ordnung und Disposition des Wissens-
i, Stufenweise ist vom Einfacheren zum Zusammengesetzte^, fortzuschreiten.
Grundregeln haben sieh bewährt, welche viel wichtiger sind als die
der formalistischen Logik. 1. Nichts für wahr zu halten, was nicht
sicher und mit Evidenz als wahr erseheint, was nicht so klar und deutlieh ist,
dafi es auf keine Weise zu bezweifeln ist. 2. Jede Schwierigkeit in Teile zu
um Ihrer besser Herr zu werden. 3. Nach einer bestimmten Ordnung,
vom Einfachsten und Leichtesten zum Schwierigeren und Zusammengesetzteren
eich zu erheben. I. Sich der Vollständigkeit der Untersuchung zu vergewissern
1>- la mäthode II). Das Muster aller Demonstration ist die Mathematik. Die
Sicherheit der Arithmetik und Geometrie beruht darauf, „daß sie gar
nichts voraussetzen, was die Erfahrung unsicher zu machen imstande wäre,
Bondern ganzlich in verstandesmäßig abzuleitenden Folgerungen bestehen"
In /ur Leitung d. Geistes, II). Nur was wir durch „klare und evidente
Intuition oder durch sichere Deduktion" feststellen können, dürfen wir unter-
suchen il. c. III). Die Fähigkeit, die Wahrheit zu erfassen, eignet nur dem
. >enken), doch muß er von den Sinnen, dem Gedächtnis und der
Einbildungskraft unterstützt werden (1. c. XII). In uns ist ein „natürliches
Licht" (lumen naturale), eine angeborene Fähigkeit des Geistes, das Sichere
und Wahre als das Denknotwendige und Evidente zu erfassen, auch unabhängig
von der Erfahrung (also a priori). Diesem Lichte der Vernunft, welches uns
auch die Existenz <i<>n<'s verbürgt, müssen wir vertrauen, es ist uns von Gott
■ il.
Zu seinem Kationalismus kommt D. durch Überwindung des metho-
dischen Zweifels („doute methodique"), der in der vorläufigen, durch Sinnes-
die Erscheinungen des Traumlebens und sonstige Irrtümer ver-
anlagt.-n Annahme besteht, alles, was wir bisher als wahr und wirklich an-
• talsch und illusorisch; vielleicht ist selbst die ganze
Außenwelt nur «ine Art Traum, nur eine Summe von Vorstellungen in uns.
der philosophischen Prüfung des Gegebenen darf man an allem zweifeln,
denn allef kann Täuschung Bein. Aber bald findet sich der gesuchte feste
spunkt der Erkenntnis. Denn mag auch alles falsch und unwirklich
unbedingt sicher und wirklich, nämlich die Tatsache,
ich zweifle und damit irgendwie denke. Logisch und durch innere
I. schon Augustinus, Occam, Campanella) steht die Existenz eines
- denkenden [chfl fest, sicherer als alles Sein der Außenwelt
tmeren Erfahrung). „Ich denke, also bin ich" (Cogito ergo
feste Basü aller Erkenntnis. Niemand, auch nicht Gott,
dl i ich denke, nicht bin („egO Mini, ego existo, quotics
iö l( concipitur. oecessario esse verum", Meditat. II), Die
wird durch eine „prima notio", ohne Syllogismus,
I »l -< \l: i i 9. 121
mit Evidenz eingesehen. Das Denken kann ?om Ich nicht getrennt werd
das Ich ist seinem Wesen nach ein „denkendes" Wesen tans ind
hat damit die sicherste Wirklichkeit. ^Facile Bupponimus nulluni esse Deom,
nulluni coelum, nulla corpoia; Dosqne etiam ipses oon habere manu-, ne
aec deniqne ullum corpus; oon antem ideo nosqui talia cogitamofl nihil et
repugnat enim, ut putemus id, quod cogitat, eo ipso tempore, <|iio cogitat, non
existere. Ac proinde haec cognitio: ego coj ko, ergo« - omninm prima
eertisaima" i Princ. philos. I. 7i.
Die Einsicht in die Existenz des denkenden [chs isf also untrüglich. L'nd
nun findet 1>- rasch den Zugang zu weiteren Erkenntnissen fbezw. zu deren
Bechtfertigung). Wahr ist alles, «ras die .Merkmale jener Einsicht hat, Dämlich
Evidenz. ..Klarheit und Deutlichkeit" Bind daa Kriterium der Wahrheit.
Klar („clarum") ist, was dem aufmerksamen Geiste einsichtig („aperta"
deutlich („distinetum"), was zugleich so von anderem anterschieden wird, daß
nur Klan- in sieh enthalt. „Video pro reguls generali posse Btatuere, illud
omni • --• verum quod ralde clare ei distinete pereipio" (Medü III . D
diese Merkmale ans nicht trägen, dal', ans mit den klaren und dein liehen B
Efen nicht ein allmächtiger Dämon täuscht, -nein 1>. durch den Beweis der
Existenz Gottes darzulegen, zu dessen Attributen die Wahrhaftigkeil
citai ort. Diese verbürgt uns die absolute Richtigkeit des Wahrheits-
kriteriums, denn Gotl kann un- nicht täuschen wollen, Bondern hat ans das
..lumeii naturale", das Existenzbewußtseij o. Der Irrtum aber isf nur
unsere Bchuld, indem wir weiter denken, entscheiden * "1 len . als es dei Intellekt
dessen Fähigkeiten nicht unendlich sind; so entspringt der Irrtum
u im > quod cum latiu- pateal roluntas quam intellectus, illam non intra
dem limites contineo, ^*\ etiam ad Qla, quae non intelligo, extendo" (Med. 1 V .
Nur im Urteil, nicht in den Dingen und Vorstellungen liegen Wahrheit und
Irrtum. Außer den von außen erzeugten (rideae adventitiae") und unseren
PhantasieyorBtellungeri a. dgl. „s me ipso faetae" gibt es auch anj ne
i .innai;te- 1 Ideen, die der Geist auf Grund ?on Anlagen) aus sich selbst
winnt. wie /. B. die Idee Gottes. Sie entspringen aus der Denkfähigkeit mit
Notwendigkeit („a sola tacultate cogitandi Decessitate quadam naturae ipsius
iiienti- manant"). Es gibt ewige Wahrheiten, welche unbedingt und zeitlos
gelten, wenn sie auch keine Existenz außerhalb des Denkens haben, z. B. der
- . daß ans nichts nichts geschieht. Die mathematisch-logischen Grund-
sätze gelten absolut Die mathematischen Krkenntnisse sind klar und
deutlich und daher gewiß, sie enthalten etwas Apriorisches; Intuition und v
stand sind an ihnen beteiligt D metrie wird grundlegend tür die Erkennt]
der K «. rper w e 1 1 . indem alle aoi den Mimen -lammende Qualitativ I U
• usw. ihm rabjektii ..in n-'-tra tantuin cogitation< wählend Aus-
dehnung, Groß« G talt, Bewegung den Körpern selbst zukommt, welche also
metrisch-quanutatir bestimmt werden (vgL auch Galilei u.a.'. Die Sin n<
qualitäten Bind nur Reaktionen des empfindenden Bubjekts aul di< I
Wirkungen der Dinge; -e sind ohne objektiven Krkenntniawert, halten nur
biologische l'.edeiitn-
Desoab ii-
i systematischen Philosophie D.s (seiner Metaphysik und
\ , In der Begriff Gottes, den D. im Sinne des Theismus
allmächtig, allwissend usw., er ist Geist, eine allgegen-
stanz und ist uur durch die Vernunft erfaßbar (mit dem Kirchen-
sucht D. möglichst in Obereinstimmung zu bleiben,- wie er auch —
k ens nach anr.rn hin — die Kopernikanische Theorie ablehnt). Daß Gott
ii ans der nns eingeborenen Idee vom göttlichen Unendlichen her-
die als [Jnendlichkeit8idee nicht von uns endlichen Wesen erzeugt sein kann
-hon Campanella). Die in der Gottesidee enthaltene „objektive" (d. h.
, l;, ilität weist, da sie die Realität alles Endlichen überragt, auf Gott
- Urheber der [dee hin. Ich selbsi könnte ohne Gott nicht existieren, da
oich nie-; erzeugt habe und die Reihe meiner Erzeuger schließlich zu
ten Ursache führt, die alles im Dasein enthalt. Außerdem bedient sich D.
-■heu Gottesbeweises, wonach im Begriffe Gottes als des voll-
lensten Wesens auch die Existenz, das notwendige Sein liegt, welches von Gott
antrennbar i-i l Princip. philos. I, 14). Nur Gott ist im strengsten Sinne des Wortes
tanz, die endlichen Dinge sind, als von Gott geschaffen und in ihrem Sein
_. nur relative Substanzen (Ausgangspunkt Spinozas). Substanz ist
etändige, in seinem Sein Unabhängige, für sich Bestehende. „Per
antiam nihil alind intelligere possumus, cruam rem quae nulla plaue re
ad exislendum. Et quidem snbstantia qnae nulla plane re indigeat,
a tantnm potest Lntelligi, nempe Deus." Die endlichen Substanzen existieren
durch den „coneursus Der (Princ. philos. 1,51), durch göttliche Assistenz.
äsen wird die Substanz ans ihren Attributen, ihren konstanten Eigen -
ten, wie Ausdehnung und Denken. Bestimmtheiten der Attribute sind die
Lselnderi Modi, wie Figur, Empfindung usw. Es gibt zwei Arten von
Gi ist und Körper (Dualismus"), die einander schroff gegenüber-
ii und völlig verschiedene Eigenschaften haben. („Snbstantia corporea" —
i tans", „mens"). Der Unterschied zwischen Körper und Geist
identer, klarer und deutlicher und daher realer. „Itemque ex hoc
i unusquisque Lntelligat sc esse rem cogitantem et possit cogitatione
iiikiii aliam substantiam, tarn cogitantem quam extensam,
tinnmqnemque sie speetatum, ab omni alia substantia cogitante
omni Bubetantia corporea realiter distingui" (Princ. philos. I, 00).
körperliche Bubstanz wird von D. rein geometrisch bestimmt. Sic
iumlicb Ausgedehnte, der konkrete Kauminhalt, ohne innere Qualitäten
D K.rpcr werden nicht eigentlich durch die Sinne erfaßt, sondern
ihnm konstanten Eigensein nach durch das Denken (Urteil)
Vfeditationes). Die Körper sind nichts als erfüllter Baum, daher
liehe teilbar, wenn sie auch ans „Korpuskeln" bestehen, die
ii Atomen zu verwechseln Bind. In allen Körpern ist ein und
.'dehnt und beweglich ist; von den Bewegungen der
Veränderungen ab. Alle Bewegung ist Ortsbewegung,
; ii und keines Leeren Raumes bedarf. Wie die Materie,
onstant, Btete von gleicher Menge (Bewegungsgröße:
De» uites.
im ,. w ; 1 1 1 1 1 t • r I baffen hat und >[>■ unveränderlich
erhalt. Der kaum ist die dreidimensionale Ausdehnung und von der kür)
liehen Ausdehnung nur in straktion unterschieden. Einen absolut leeren
Baum _ es nicht Kaum und Materie sind unbegrenzt indefinit). Die Zeit,
die ein Modus d<-> Bewußtseins ist, ist das Mai dex B di< Dauer d
ü. Aus einem chaotischen Zustande Bind durch Wirbelb gen die
Weltkörper entstanden. Abgesehen von der Schöpfung Lr<-ht in der Natur
all< _ mechanisch (durch Druck und B i, ohne Eing <>n
/ ckunachen, dir nichts erklären (Princ. philo-. 111
h das organische Leben wird ron 1> mechanistisch erklärt. Ee
keine Lebenskraft Leben eine Wirkung
gen Aristoteles und die Scholastik). Es gibt k<in<- Pflanzen- und keine
•II, in allen Organismen ist da- Leben rein physisch bedingt, ein Produkt
wob I'" ii I >■ ■ weit, dal» er den Tieren alles Bewußtsein (auch
- hmerz u. dgL) abspricht, sie Bind reine Automaten („credere debemusj omnes
motus vitales, qui nun pendent a oogitationi lius corporif -. aaim.
I. . . g ist 1». \ einer mechanistischen Biologie, die leicht
bei ie) materialistisch weitergebildet werden konnte.
1 >i< Seele Eaßt 1 >.. im Sinne des anthropologischen Dualismus, als eine
Körper qualitativ und numerisch verschiedene, immaterielle, einfache, unzerstörbare
- ./. auf. l>i- Seele isl die „denkende" Substanz, sie denkt immer, denn
das Denken (cogitatio) im weiteren sinn.- gehört zu ihrem Wesen. Seele und
Lei sind „unvollständige Substanzen", die durch <iott miteinander vereinigt
sind und (vermittelst der „Assistenz" ( • liteinander in Wechselwirkung
stehen, so aber, dar. die Seele uicht die Menge, nur die Richtung der B
wegung zu beeinflussen vermag. Wenn auch die Seele mit dem ganzen Leibe
ninden ist, so wirkt Bie doch vorzugsweise vom Qehirn aus und /war von
der Zirbeldrüse glandula pinealis). Von hier aus verbreiten sich die (aus dem
Blut aufsteigenden .1. spiritus animales) durch die Nerven und
wirken vermittelst der Bduskeln motorisch. Rein tätig ist die Seele nur im
D< tken und Wollen, in ihren sinnlichen Vorstellungen, Gefühlen und Gemü
bewegungen ist sie zum Teil \<»m Leibe und dessen Zuständen abhängig. D
Empfindungen entstehen durch Affektion der Seele vermittelst der Lebei
n den Nerven, welche seitens der l>n gl werden; sie Bind daher
zwar objektiv veranlaßt, selbst aber nur Zustande der 8 mentis affection<
Beim v> llen ist die Seele den im Gehirn zurückgebliebenen Spu
Eindrücke, den [deenbildern („ideae rerum materialium'*) zugewandt. Aul
diesen Spuren beruht auch die Assoziation der
idearum mecuanica"). Das Denken ist \<>ni Willen geleitet, indem das 1 i
teil dea *actus iudicandi" in einer Zustimmung des Willem i,.a>-
steht ...\ttirniai. aegan dubitare sunt diversi modi volendi" ( Princ. philos, I
I gibt eben außen luid innere Willenshandlungen. \- besteht Willem
. it. iiiil<iii wir die Fälligkeit der Wahl haben und u tistimniu
• n können, bis wir, durch eine klare und deutliche E£insi< In bei influ
akth /u handeln vermögen. Di< I iften (Affekte, Gemü
DKSCARTE8 - DESSOIR.
_.n. „passionee animae") knüpfen sich an bestimmte Vorstellungen und
lurch Bewegungen der Lebensgeister ausgelöst. Die sechs Grundaffekte
sind: Bewunderung, Liebe, Haß, Begierde, Freude, Trauer (Pass. anim. IL
Disziplinierung unserer Affekte ist notwendig, damit die Ver-
nunft tot Herrschaft gelangt Die geistige Liebe zu Gott (vgl. Spinoza) ist der
Aifekt
Die Ethik (welche auf ,,Physik", d. h. hier Psychologie, zu gründen ist) hat
1>. ni«ht ausgebaut In der Abhandlung über die Methode gibt er einige Sitten-
•i. in welchen von Anpassung an die Landesverhältnisse, von Mäßigung, Folge-
richtigkeit des Handelns die Rede ist. Die Glückseligkeit knüpft sich an die
Tugend, den sittlichen Willen, das reine Gewissen (Epist, I, 1).
Trotzdem der Kartesianismus seitens der Kirche und der Jesuiten be-
kämpft wurde, fand er doch schnell viele Anhänger, wie Penerius, Ludwig
Ainauld. Nicole. Begis, Rohault, de Cherselier, Heere-
rd, Bekker, Chr. Sturm, Glaub er g, Cordemoy, Mersenne (Freund
Ojb q a. Ausgegangen sind von D. die Okkasionalisteu Geulincx und
If alebranche, ferner Spinoza, der aber neue Wege ging und an Stelle des
Dualismus »inen Monismus und Pantheismus setzte.
8 L ritten: Discours de la methode (nebst Dioptrique, Äleteores, Geometrie unter
dem Titel: Essais philosophiques), 1637; lateinisch 1644; deutsch, in der Philos. Bibl.
und in der L'niv.-Bibl. — Meditationes de prima philosophia, 1641; 1642 (nebst den Ein-
wänden, „Objeetiones" von Caterus, Hobbes, Arnauld, Gassendi u. a); deutsch in der
Philos. Bibl. und Univ. -Bibl. — Principia philosophiae, 1644; deutsch in der Philos.
Bibl. — Les passions de l'äme, 1650. — Aus dem Nachlaß: Le monde ou traite de la
. 1667. — Traite de l'homme, 1664. — Briefe, 1657—67. — Opera
poftthuma, 1 7 (' l (Darin: Kegulae ad directionem ingenii; Inquisitio veritatis per lumen
naturale) Gesamtwerke: 1650, 1670, 1692, 1701 (französisch), 1824—26 (ed.
frans.), 1897 ff. (ed. Adam und Tannery). — Oeuvres inedites, 1859 — 60. —
imtausgabe in der Philos. Bibl. — Vgl. A. BAILLET, La vie de Mr. D.r
I BOTJILLIER, tiiatoire de la philos. Cartesienne, 1854, 3. ed. 1868. —
K. FlBCB h. d. neuern Philos., 1897 ff., I. — A. HOFFMANN, B- Descartes,
■■ULM Klassiker d. Philos.). — A. KOCH, Die Psychologie D.', 1881. —
NaTORP, D.' Erkenntnistheorie, 1882. — Revue de Metaphys. et de Morale, 189G
-Heft). — K.wni.. Stud. ■/.. neuer. Erkenntni&th. I, 1909.
D— € fc«MDi, Legei .Marie, geb. 1710 in Poitiers, Benediktiner, gest. 1774.
D ifl Eylozoid und Pantheißt, indem nach ihm die Dinge Erscheinungen des
^enmnfl )>> \||> sind. Zugleich predigt D. die Gütergemeinschaft.
ft.jn: Lettres sur IVsprit du siecle, 1769. — La voix de la raison, 1770.
' BEA1 3811 ts de rilegelianisme dans la philos. francaise. Dom
<o)e d'aprcR un manuscrit et des correspondances inedites
K. BO \z, I)., in der Zeitschrift „Der Gedanke" VII.
!»«-< laates, A. 1. B., L690-1757. — Schriften: HUtoire critique de la
BnUa Philosophie-geschichtliches Werk in Frankreich.
I>«--«». ■'■: in Berlin, Prof. ebenda, Berausgeber der „Zeit-
1 »E8&OIB — J»J>i im.
Nach D. besteht die Persönlichkeit aus mehreren, unter (Jmständen
anhören und voneinander ganz verschiedenen, voneinander nicht- wissenden
- aren. deren jede für -i<-h durch eine Erinnerung insammAngehalt
wird. ,,Der Nbrmalmensch ist aktuell ein Einfaches potentiell ein Mehrfach
da er in sich die Möglichkeit einer verschiedenen Gruppierung von Persönlich-
keitselementen birgt.*4 „Wirtri eichsam eine verfa rg Bewußtaeinaspfa
in uns, die, mit Verstand, Empfindung, Willen begabt, eine Reihe \<>n Hand-
Lungen zu bestimmen fähig ist. Das gleichzeitige Zusammensein beider Sphären
nenne i«-h Doppelbewußt sein." Mehrere Bewußtseinszusammenhänge können
gleich und nacheinander in einem Individuum auftreten, Aus dem Wirten
des „Unbewußten*4 Bind die hypnotischen, „spiritistischen" u. a. Phänomene zu
erklären, auch die Erscheinung der „Depersonalisation".
Die Ästhetik bedient sich der Psychologie als Hilfswissenschaft, ist aber
kein Teil derselben. \>\>- Ästhetik ist <li«- Wissenschaft von den äußeren und
inneren Bedingungen gewisser Wertvorgfinge. Im«' I 't 1 i< lir einer allgemeinen
Kunstwissenschaft ist es, der großen Tatsache der Kunst in allen ihren Bezuj
echt su werden. I>a- Schöne i-t nicht mit «lern künstlerisch Wertvollen reu
verwechseln, d< unack kann Bich unabhängig von «ler Kunst entwickeln.
1 ». betont, ..«Ial'» die im I enosseni Schönheil und die in der Kunst reene
nicht dasselbe sind". Die Kunst hat nicht ästhetische Funktionen. Sie hat
ni<ht das Schöne, sondern h"<-h<trn< Bchön darzustellen. Die ästhetischen Kate-
• n Bind die möglichen Formen der ästhetischen Apperzeption im allgemeinen.
1' iathetische Eindruck i>t der notwendige Erfolg eines objektiven Tatbestandes,
eine „anschauliche Notwendigkeif'. I > I • • Am. Kunst i-t es, „ein durch
Bubjektive Zutaten abgeändertes Bild «1er Beelisch-körperlichen Realität zu bieten".
Das künstlerische Schaffen hängt mit der Lust am Anderssein zusammen. Gegen-
über dem „ästhetischen Subjektivismus" verficht 1>. den „ästhetischen Objekti-
vismus"! ,i:l('n welchem Spiel und Kunst „Sphären besonderer Gesetzmäßigkeit'
bilden und das ästhetische Sein <>l>jrktivr Wirklichkeit und Wert besitzt
i.riftcii: Bibliographie de« ■odaraaa Hypaotumaa, 1888, 1891
: .. A
394; S. \ 1897 l. l, . ,ir Ästhetik, i
matiache Philo«., Bd. V \i Ästhetik a. allgemeine Kaaatwiaaeaachaft,
. Bapport au \ l. ■ l' ie, H»09. —
bandlangen ia der ,./ • br t. Psycho] d. Siaac
D
,it 1'. Ueaser . I. \ a.
Deatutt d< i kntoine Louis Claude, geb. I. der K
Btituierenden, lebte dann auf seinem Qute '" i Auteuil, wo Bich •
Bammelten, wurde unter Napoleon Senator, unter den Bourbonen i
I Ihter dem Einfluß ron Loci l i rundete D
Ideologie als die Wissenschaft von den Ideen, von den i^vchi Uebilden
und Y ti, als die allgemeine, der psych« logiKchcu Vnal ude
und /.ur Grundlage deT Ethik und Politik diei I
M d« Biran u. i iru
DESTÜ IT - l > l l SSEN.
gewollten Bewegung und des empfundenen Wider-
<t;lI erleidet, als Kern des Außcnweltsbewußtaeins (vgl. schon
a Condülacschen Hauptwerkes). ..(Test a la faculte de vouloir,
oelle de dous mouvoir ei de sentit que nous devons la connaissance
- | la certitude de la realite* de lern- existenoe." „Action voulue et
sentie d'one part, et resistance de l'autre: voilä le lien entre notre moi et les
antra lern. 1. 147, 431). Her Wille in uns ist ein den Empfindungen
- Aktivitätsprinzip. Das Urteil besteht in der Erfassung der Be-
ziehung einer Vorstellung zur andern (1. c. p. 53). Die Sprache ist als
,i eine Bedingung der Erkenntnis. Die Sittlichkeit beruht auf
! rinzip des wohlverstandenen Interesses.
riften: Elements ^Ideologie, 1803 ff., 1817, 1825 f. — Traite de la
volonte et de ses ett'ets, 1815. - Commentaire sur Tesprit des lois, 1819.
UewSMsea« Paul, geb. 1845 in Oberdreis, Prof. in Kiel.
1». i>t Anhänger Schopenhauers, dessen Lehren er im Sinne des Christen-
[18 und der indischen Philosophie auffaßt. Nach D. besteht die
cimlich ausgebreitete Welt nie und nirgends außer im Bewußtsein. Die
< »lij.-kt.- Bind Vorstellungen, zu denen auch die Sinnesorgane und das Gehirn
gehört Die Außenwelt ist dem Bewußtsein immanent, sie hat „transzendentale
Idealität", aber zugleich „empirische Realität". Das empirische Bewußtsein ist
\rt. wie das Bewußtsein erscheint, das transzendentale Bewußtsein
i-t «la- Bewußtsein an sich. Dieses erzeugt Raum, Zeit und Kausalität, die
rieüe Eracheinungswelt; es ist der Träger der empirischen Realität, das
Subjekt des Erkennens, ewig unerkennbar, räum- und zeitlos, eins. Empirisch
erscheint das Bewußtsein als Gehirn, die Empfindung als Affektion der Nerven -
i las empirische Bewußtsein ist nur die Empfindung, für das tran-
szendentale die in ihm von jeher fertig vorhandene Ausspannung der Körper-
gebene; vom empirischen Bewußtsein ist also die Welt unabhängig.
ich i-t räum- und zeitloser, daher für uns transzendenter In-
iheil der Ideen ist eine Hilfskonstruktion für die Philosophie. In
sich Mas Ding an sich als unbewußter Wille. Dieser ist die
■kraft d enen Lebens wie der ganzen übrigen Natur". Aber wir
ach ihn nur. sofern er erscheint: als Leib und als Wollen (d. h. aus-
iii die Bubjektiven Anschauungsformen von Raum und Zeit).
\n -i'h der Körper and Kräfte ist überall der Wille, der zunächst als
blinder Trieb" auftritt. Unser Leib ist der räum-
inte Wille. In den Organismen arbeitet der Wille zweckmäßig
i. Die Unsterblichkeit des Willens ist dessen ünab-
„Unzerstörbarkeit ohne Fortdauer". Betreffs der
derer Prägen lehrt 1). ganz im Sinne Schopenhauers.
* besteht im Altruismus, in den Tugenden der Gerechtig-
Uler Egoismus muß überwunden werden. Das höchste
Willem zum Lebe,,, welcher mythisch als „Abfall"
-lern das Leid verbunden ist. Durch Erkenntnis
■ d e& Abfalls wird die Erlösung angebahnt.
Deussen — Diderot.
Das Prinzip der Verneinung, das nicht als persönlich gedacht werd
Gott ißl eine „überweltliche Kraft. ♦ -i ? * weltwendendes Prinzip", mit
dem wir im Grande identisch Bind. Gott ist das „Prinzip der Weiter!»
rieh in uns kundgibt als jene Kraft, welche die Wendung »!••< Willens zur
Vernemung des individuellen Seins bewirkt Das Höchste ist d i .Fr
Elemente der Metaphysik, 1877 I L r.">7. Des katof
Imperativ, 1891; 8. A. 1903. — Das System der Vedute, 1 883 ; S.A. 1906.
I panishada des Veda, 1897. — Ü. Geheinilehre dos Veda, 3. A. L909. —
■ i.-hte «1. Philosophie, 1394 tf. l. A. 1906 f. (Indische Pkiloeopbie).
I>entin^<M'. Martin, lslj — 1864, lehrte in Freising und Dillingen Philo-
sophie = D. ist besonders von Schelling und Baader beeinflußt In der
thetik vertritt er eine idealistische Aufhissung (Gestaltung Dach innerer I
durch die sinnst). Im Selbstbewußtsein, in der Aktivität des Denkens, welches
vom WilLn in Bewegung gesetzt wird, liegt die Voraussetzung alles Erkenn*
(jrundlinien einer positiven Philosophie als Vorlauf. Versuch einer
Zurückfuhr, aller Teile d. Philos. auf christliche Prinzipien, 184.3 — 4'.*: 1. Propäde .
11. Beelenlehre, III. Denklehre, IV. — V Ästhetik. — VI. Moralphilosophie —
-Mnd der den*- heu Philos., 1866. — Vgl I. Kästner, M. D.'l L
- driften, l
Dewey, John, geb. 1869 in Burlington, Prot, an der Columbia-l
sitäl (Amerika). = I>. i<t Vertreter des „Pragmatismus", einer voLnntarist »
den Zweck- und \\ ihtspunkt betonenden Auffassung des Denkens und
Erkennen* b. James). Wahr und wirklich i-t das, was als riehen Baste Kur
Erfahrungen mal Sandlungen dienen kann (8tucL {». 106 f.).
>logy, 1886. — Ethics, 1891. — Studie* in I
I M'vippo*. um, 330 n. Chr. Neuplatoniker.
h. arietot catogoriae dabitetionee et solutiones, ed. Bpengei, Lf
Diderot. Imw-. geb. 1713 in Lau;:!--, studierte in Paris und widn
sich bald da wissenschsitlich-Uterarischen Tätigkeit; seit 1749 war ei mit
d'Alembert) Qeraui ler „Encyclopecüe" (vgl. d'Alembert). Katharina i
Rußland kaufte ihm Beine Bibliothek ab, die er aber Belbet als Bibliothekar
(in Paris) verwaltet \ em kurzen Aufenthalte in Rußland (1773-
kehrte I>. nach Paris zurück, wo er 1784 Btarb.
I>. /u den Häuptern der Französischen Auf lärung. Voi I '. unus
n, hat er Bich rar Natnrreligion des Deismus, dann nun II \1
mai und Pantheismus bekannt, beeinflußt von Locke, Leibnil Bpino
Bobinet, afaupertuis u. a. Wsa die Mathematik betrifft, so «rk!
mathematische Gebilde habe keine reale BxJsten „une . de con-
Pens, -iii llnterprät de li nat MI . Di< Philosophie muß lieh
.tut EkfahjrungBtatsachen stutzen. I>i< Analyt Itomen,
die scholl im AnorgasJachen eine latente Empfindungsfähigkeit (noch ohne
ritzen ..- n-ilulitr sourde"). Vus ni^lrrston cmpfindui
Elementen können sich d inism in entwickelt h W es der
■ Qlaube erlauben, so könnt man annehmen, ..<jm l'animatit'
Diderot — Dietrich.
Diente particuliers Spare et confondus <$ans la masse de la
,u il est arrive ä cefi i'lements de so rSunir, parce qu'il ftait possible
in que L'embryon forme" de ces Zements a passe" par ime infinite"
sa ions < t de deVeloppements*'. Zwischen Organischem und Anorganischem
ht nur der Unterschied in der Organisation und wahren Spontaneität des
Die teleologische Erklärung des Geschehens ist zu verwerfen. Nicht
o, BOödern das Wie ist anzugeben. „Le comment se tire des etres, le
pourquoi de afare entendement". In „Entretien" nimmt D. an, daß das
Universum ein im Wechsel des Geschehens sich konstant erhaltendes In-
dividuum sei. Alks in der Natur ist dem Werden unterworfen. Das Ich-
ißtsein beruht auf der Stetigkeit und Langsamkeit der psychischen Ver-
_ . Der Wille ist stets (innerlich) determiniert.
Philo«. Schriften: rrineipes de la philosophie morale, 1745 (Anschluß an Shaftes-
bnry, Theismus, Unsterblichkeit der Seele). — Promenade d'un 6ceptique, 1747 (Skeptische
Periode). — Pensüe philosophiques, 1748 (Deismus). — Lettre sur les aveugles a l'usage
oz qui voient, 1749. — Lettre sur le6 sourds et muets, 1751 (Ursprung der Sprache).
— Pensiea sur i'inlerpretation de la nature, 1754 (Hylozoismus). — Sur la mauere et
le mouvement, 17 70. — Entretien entre d'Alembert et Diderot ou le reve d'Alembert
^31 (Pantheismus) — Oeuvres philos. 1772; Oeuvres 1798, 1821, 1875 ff. —
-pondance philos. et critiquo de Grimm et D., 1829. — Memoires, correspond. et
nuvrages inedits, 1830. — Vgl. K. ROSENKRANZ, D.s Leben u. Werke, 1866. —
ÜOBIiET, 1>. and the Encyclopaedist, 1886.
Diel*. Hermann, geb. 1848 in Biebrich, Prof. in Berlin.
riften: Doxographi graeci, 1879. — Parmenides, 1897. — Elementum, 1879.
HerakleitoB, 1901. — Poetae philosophi, 1902. — Die Fragmente der Vorsokratiker,
. : S. A. 1906. u. a.
Dleterlch, Konrad von, 1847—1888, Prof. in Würzburg.
I). lehrt eine Art. von Kant und Herbart beeinflußten, „Spinozismus". Die
Metaphysik untersucht die „allgemeinsten, mit unwiderstehlicher
sich jedermann aufdrängenden, m. a. W. die a priori gültigen
der Wirklichkeit." I >ie Anschauungs- und Denkformen sind a priori,
-:h\. aber durch objektive Verhältnisse bedingt. Die obersten Gesetze sind
uz- und das Kausalgesetz. Der zweckmäßige Erfolg einer
rieh zugleich als mechanisch notwendiges Produkt der Wechsel-
dtr konstanten Naturelemente betrachten lassen. Die Dinge sind
eibständige „Modifikationen eines einzigen absolut selbständigen, d. h.
n durch sich und für Bich existierenden Wesens", der unendlichen
Dil „Monaden", deren Erscheinungen die Atome sind, sind kon-
ii'-n dereinen Substanz. Das Leben ist, wenn auch den Wirklich-
• in< I endenz zukommt, mechanisch zu erklären. Die psychischen
Erlebnisse in für aich seienden Modifikationen der Weltsubstanz,
• Ibständiger und dauernder seelischer Einheiten.
n, 1 H77. — Philosophie und Naturwissenschaft, 2. A.
M ' iphynk, L885, d. a.
Dietrich Lei von Freiberg), im 13. Jahrhundert, Domini-
Dietrich — Dii.ihi v 12'.»
kaner, »in vom Neuplatonismus stark beeinflußter Mystiker (Kmanationsstand-
jmnkt, Lehre vom „aktiven Intellekt" i.
Vgl, \V. l'REGER, Geschichte der Mystik, 1875, 1. — K. Ki:j:bs. Stadien über
IftcutSC Dietrich, 1903.
Digby, Everard, geb. um 1550. = Englischer Philosoph, Eklektiker
Verbindung von Aristotelismus und Neuplatonismus .
3 hriften: Theoria analytica, 1579. — Vgl, FREUDKNTHAL, Ar.hiv f. Ges. hichte
der Philosophie IV — V.
Digby, Kenelra, englischer Philosoph des 17. Jahrhunderts. -- 1>.
binde! nrhofaintinehf mit neueren, mechanistischen Anschauungen. Das Bein i-t
der Grundbegriff des Erkennen*, dem alles untergeordnet werden mufl ..nihil
mente conerpi qnod -üb entis notione oon apprehendamus"). Die Einheit in
den Objekten zu erlassen ist die ( Jrundfunktion der Seele.
- hriften: Demonstratio iramortalitatis animae ratimialis (englisch 1644), 1664.
— Vgl. l.\--wiiz. Qsaefc. d. Atomistik, 11. — i \ — I K I . i; . Das Krkenntnisproblem, 11.
Dikainrchos von Iffessene, I Jahrb. v. Chr.. Schüler de« Aristoteles. =
Peripatetiker, der die Lehre des Aristoteles von der Seele im naturalistischen
sinne modifiziert. Die Beele ist nicht eine immaterielle, bee lese Bubstans,
lern die allen ( Organismen eigene Fähigkeit des Lebens und Empfindens.
\.!ii esse omnino aiiimum et 1. » nomen totum inane . . .. nenne in
horaine inesse animura vel animam, nee in bestia, vimque omnem eam, qua vel
onus quid, vel sentiamus, in omnibus oorporibus viyis aequabüitei esse fusum,
nee separabilem s corpore esse, quippe quae nulla sdi nee rif qutdquam nisi
corpus unum et edmplez ita Rguratum, n1 temperatione naturae vij »entiatf4
l Tuscul. disput. I. 10, 21 .
Dicssarchi quae mpsrrant, cd. M. Fl m:. 1841.
Dille-*. Ludwig, geb. ls~" in Hiebt/, lebt dort. = Von Bpinoza und
Herbert, auch \<>n Feuerbach beeinflufit Die Empfindungen sind eine
„BrachrealiüU vom unermeßlichen Reiche des ödenden" sie enthalten Hinw<
aul die Außenwelt und das [eh. I>ie Außenwelt ist „ein Zeichensystem,
ein Balancebild für das [eh im Gleichgewichiskampi nm seine Position." Die
Dinge und Subjekte wurzeln im AU-Einen, der gemeinsamen Basis aller
[chwesen („Panmonismus"). Durch sein „Mehrseinwollen" setzt sich das Ich
in einen (ethisch zu überwindenden) Gegensatz zum Allsein,
tu • ■ zur kUtaphysik, r."
llililK'.v. Wilhelm, :■ - Biebrich. Prof, in Berlin.
I>. historische Urbeiten zugleich eine Analyse nnd Synth*
schiedener Seiten und Momente des philosophischen Denkens enthalten, gründet
die Philosophie aut die innei ihrung und vertritt so eine iri id.
■tischen Positivismus oder positivistischen Idealismus. Di Metaphysik
hat ihre Rolle susgespiell ibt nur Seiten dej Wirklichk(
• -luti.it Rrfahrungsmomente, führt zu Antinomien und unl<
hai nur noch die lui u isenschafl
DlLTHEY.
in einer allgemeinen Weltansicht abzuschließen". Die Philosophie ist „die
Grundwissenschaft, welche Form, Regel und Zusammenhang aller Denkprozesse
zu ihrem Gegenstände hat, die von dem Zweck bestimmt sind, gültiges Wissen
hervorzubringen." Sic erfaßt die Wirklichkeit der reinen Erfahrung und zer-
gliedert sie. erfaßt sie auch in ihrem Zusammenhange. Die Funktion der
Philosophie ist es. „die inneren Antriebe einer Kultur zum Bewußtsein ihrer
seihet zu erheben und so dieser Kulturbewegimg die Klarheit ihrer Ziele und
die Energie ihres Wollens zu verstärken, ihr die letzten Generalisationen der
erworbenen Begriffe auszubilden". Ihre Methode ist die „Selbstbesinnung" r
die über erkenntniskritische Analyse hinausgeht und im „Strukturzusammen-
des [chfl ihre Quelle und ihre Bedingungen hat. Nicht das Denken
aDein, sondern auch der Wille, das einheitliche Seelenleben überhaupt
gehört zu den Erkenntnisfaktoren (gegen den Intellektualismus); die abstrakt-
analytische Betrachtungsweise wird dem stetigen Zusammenhang des Geschehens
Dicht gerecht (gegen das „Atomisieren" u. dgl.; vgl. Bergson). Die Kategorien
Substanz und Kausalität) stammen aus ursprünglichen, konkreten seelischen
Zosammeiihängen (Identität, Wesen, Wirken, Zweck u. a.) und sind auf diese
nicht abertragbar. Es gibt also keine psychische Kausalität, keinen äußer-
lich, n Nexus zwischen gesonderten, selbständigen Elementen, sondern nur
einen stetigeren inneren Zusammenhang, welcher final ist, so daß im
stesleben der Zweck herrscht.
l>i< ( i eisteswissenschaften sind von den Naturwissenschaften scharf
Odern; sie haben es mit der unmittelbaren, vollen Wirklichkeit sowie
mit Werten, Zwecken und Normen zu tun. Ihr Gegenstand ist die „geschieht-
Ikm-gesellschaftliche Wirklichkeit", deren Manifestationen wir „nachzuerleben
und denkend zu erfassen" haben; sie untersuchen die Zweckzusammenhänge
(Kultursysteme) und deren objektive Gestaltungen. Eine „Kritik der historischen,
Vernunft" tut not. Aufgabe der Geschichte ist nicht die Erforschung von
idern die künstlerische Darstellung des Einmaligen in dessen.
Zusammenhange. Die Grundlage der Geisteswissenschaften ist die (nicht
iationistisch-atomistische oder physiologische, sondern teleologische, be-
schreibend-analytische) Psychologie, welche die Gleichförmigkeiten in der
der seelischen Struktur beschreibt. Sie ist „die Darstellung der in
i entwickelten menschlichen Seelenleben gleichförmig auftretenden Be-
•<il<- nnd Znsammenhänge, wie sie in einem einzigen Zusammenhang ver-
bonden sind, dei nicht hinzugedacht oder erschlossen, sondern erlebt ist." In
der i! Erfahrung sind auch die Vorgänge des Erwirken«, die Verbindungen
I inktionen gegeben. Der psychische Strukturzusammenhang, dessen
durch das Trennen, Unterscheiden usw. nicht aufgehoben wird, ist
• [Auswahl der Eindrücke usw.). Eine „innere erlebbare
det die psychischen Vorgänge zu «-iner primären Einheit,
rchischer Elemente ist „Die Natur erklären wir, das
am all sinnlich vermitteltes Phänomen gegeben-
elt inr das bloße Vorstellen. Hingegen ist am
I MI. HU. Y — 1 >IOGEN] B. l'M
in unserem ganzen wollend-fühlend vorstellenden Wesen <li« äufVre Wirklich-
keit gegeben, als Korrelat und Gegensatz zu unserem Ich, dem sie Widerstand
leistet. Der Glaube an die Außenwelt ist zu erklären „nicht aus einem l)enk-
xnsammenhang, sondern aus einem in Trieb, Wille und Gefühl oen
Zusammenhang des Lebens, der dann durch Prozesse, die den Denkvorgingen
äquivalent sind, vermitteil ist.-- Indem trotz des erlebten Widerstandet der
Willensimpuls fortwährt, fühlen wir uns gehemmt und Eassen die Hemmi
als BetStignng eines fremden Faktors, einer wfllenaartigen Krafl auf. Die
Objekte (Empfimdungsverbande als permanente Ursachen von Wirkungen) er-
weisen in den von unserem Willen unabhängigen Gleichförmigkeiten des Wirk
id. b. den Gesetzen) ihre selbständige Wirklichkeit.
hriftcn: Schleiermachors Leben, 1870. — Einleitung in die Geisteswissenschaften
1, 1883. — Dichterische Einbildungskraft u. Wahnsinn, 1886. — Die Einbildungskraft
des Dichters, 1887. — Das Erlebnis u. d. Dichtung, 2. A. 1910. — Beiträge zur Lösung
der Frage vom Ursprung unseres Glaubens an d. Realität d. Außenwelt, Sitzungsber. d.
l'reuß. Akad. d. Wissensch., 1890. — Das Schaffen des Dichters, Zeller-Festschrift, 1887.
— Ideen über eine beschreibende u. zergliedernde Psychologie, Sitnmgtbsr., 1894. —
Beiträge wam Studium d. Individualität, Sitzungsber., 1896. — Studien zur Grundlegung
iL Geisteswissensch., Sit/ 1905. — Auffass. u. Analyse d. Menschen ira 15. a.
16. Jahrb., Art li. f. Gesch. d. Philo«. IV— V. — Das natürl. System d. Geisteswissensch.
im 17. Jahrh., Arch. f. Gesch. d. Philo«. V — \ I. — Die Autonomie d. Denkens, der
konstruktive RationalimvJ u. d. pantheist. Monismus im 17. Jahrh., Anh. f. Gesch. d.
M., VII. — Der entwicklungsgeschichtl. PaatheUnun, Archiv f. Geach. d. Plulos.,
XIII, 1900. — Das Wesen d. Philosophie, Kultur d. Oegeowsrl 1, f.. 1907. — Die
Jugendgeschichte Hegels, 1905, u. a.
IHorioro* Kronofl ans Kariei .'»7 v. Chr.
I). gehört ror Bchnle der Hegariker, die als Dialektiker berühmt waren,
üiieh durch ihre Trugschlüsse unter dem Namen „Kyrieuon" {xvQtefow Myoe)
ist D.'a Argument bekannt, dafl nur «las Wirkliche möglich, das Nicht-
wirkliche aber anmöglich sei („Id solum Ben posse, quod auf verum aü
aut rerum futurum Bit", Cicero« de Eato 17; \_l. ,; 12; Epiktet, Diasertal II.
19, l . Wenn von iwei Alternativen eine irirklich ist, so ist di< zweite an-
glich, kann daher nicht möglich werden. I >. erklärte Bich auch (dialektisch)
di< Möglichkeit der Bewegung (Bext Empirie. Adv. Phys, II. I
Vgl. Zr.i.i.i.i:. BiUuBgsborichtfl d. Berliner Akademie.
Diodoi'o* von Tyru-. Peripatetiker im 2. Jahrh. v. Chr.
Diodoto* von Bidon, Bruder da Boethiuß, Peripatetiker im I. Jahrh.
V. Chr.
IlioriofoN. Stoiker, ein Lehrer < ic< rt. am 80 v, ehr.
Iii4>^<kii<>«* der Babylonier, b. I>. von I u
DtoajCBM I . i i ' I ii. < Ihr. '■ ■
Dt ririi im),
1" l.i. i | u. latein. [860 I ".. deutn 1. MatenalicrigtmmlunK und I
Kr«; , kompil t I ob©rwo<. - II
tinindn. ,
Diogenes — Dionysius.
Dioceaefl von Apollonia (Kreta oder Phrygien), lebte im 5. Jahrh.
\ Chr. in Athen. — D., ein Zeitgenosse des Anaxagoras, bildete die Lehre
Anaxiincnes weiter. Allen Dingen liegt ein ewiges Prinzip zugrunde, die
..Lut'f. welche alles beherrscht und durchdringt und zugleich geistig, ver-
nünftig, die Gottheit ist. Alles Geschehen beruht auf Verdichtung der Luft
und Verdünnung des Verdichteten. Auch die Seele ist „Luft".
Schriften: Ihoi q vaecos (nur Fragmente). — Vgl. DlELS, Vorsokratiker I. —
>. SLEDERMACHEB, WW. Abt. III, Bd. II. — PANZERBIETER, De Diog. A. vita et
Kripti», U
Diogenes von Oinoanda, Anhänger des Epikur. — Vgl. Diog. Ocnoand.
ucnta, ed. J. William, 1907.
Diogenes von Seleukeia (der Babylon ier), Nachfolger des Zenon von
Itoreuii in der Stoa, gehörte mit Kritolaos und Karneades zur Gesandtschaft,
(\\e 15^—156 v. Chr. in Rom war. = D. setzt, wie die anderen Stoiker, das
sittlich Gute in das der menschlichen Natur Gemäße und unterscheidet dann
Nützliche als dessen Folge.
Vgl. C. F. THIERY, De Diog. B., 1830.
I>iO£enes von Sinope, Schüler des Antisthenes, wegen seines starken
..f vnisiiius" (Bedürfnislosigkeit, Hinwegsetzung über die sozialen Werte usw.)
Hund) genannt, eine Zeitlang Erzieher der Söhne des Xeniades in Ko-
rinth I'iitirredung mit Alexander dem Großen), gest. um 323 v. Chr. =
Schriften hat er wohl nicht verfaßt, er ist nur durch seine oft derben und
«ritzigen Aussprüche bekannt.
I\. W. GÖTTLIXG, Diog. d. Kyniker, Gesammelte Abhandl. I, 1851.
Dio^ene* von Smyrna, war ein Anhänger Demokrits.
IMokles wird als Pythagoreer genannt..
IMoklos von Magnesia, 1. Jahrh. n. Chr. — Schriften: Bioi ydooöcpoor;
rt <i tXoooq (,,)■ (Materialiensammlungen).
l>ion «n Prusa (Chrysostomos), Rhetor, Kyniker (unter Trajan).
Dion. Prn«. . ., ed. Arnim, 1893-96. — Leben u. Werke d. D. von Pr., 1898.
Dtonysiu« Areopagita (Pseudo-Dionysius). Unter dem Namen des
der als erster Bischof von Athen genannt wird, laufen Schriften
liehen Autor- aus der /.weiten Hälfte des 5. Jahrhunderts, die im
nen nicht geringen Einfluß (auf Maximus Confessor, Joh. Scotus,
ä bolastiker und Mystiker) geübt haben und deren Unechtheil
i der Efumanisl Laurentius Valla (15. Jahrh.) behauptet hat. Es sind
</ . liegt (ivozixrJG fteoAoylag. JIsqI zfjg ieQag%iag ot)Qa-
Briefe. — Opera 1539, L834 u. ö.,
Patrologiae cursus; deutsch von Engelhardt, L823.
h von Plotin, aber auch von Jamblichoe und Proklua
• die christliche Lehre dem Emanationssystem zu,
aufzugeben. Er unterscheidet von der positiven
auxr/) Theologie, welche Gott ;ds den über
DlONYSIUS — DÖRU
alle Prädikate Erhabenen, Übe»e£enden, überguten. ubereinen betrachtet, den
wir nur durch ein Nichtwissen "■>- ävatdlhjzt, rgj. die „docta ignorantia"
dee Nikolaus von Cusa erfassen. .Mit Gott »in- zu werden, sich ihm n \
ähnlichen (im Behauen) ial das höchste Ziel, welches di< Menschheit ab Gar
• Inrch Reinigung, Erleuchtung und Vollendung, rom I. . interstützt, er-
reichen kann.
In Gott sind die Ideen, die ewigen Formen und Grunde der Dinge, Dach
denen sie gestaltet sind. Das Bein als Bolchei ist gut; das Böae hat keine
Existenz, es wurde Bich Belbai aufheben. In allem wirkt die göttliche Vor-
sehung.
Vgl. < >. SiEBBRT, L>ie Metapbys. u. Ethik des Paeudo-Dionysius, 1894.
Dittes, Friedrich, geb. 1829 in [rfersgrün (Vogtland), als Leiter des
Pädagogiums in Wien est = Anhanger Benekea, der drei psychische
Grundprozesse annimmt: Rezeptions-, Verschmelzungs- und A.usgleichun(
prozeß. Bh gibt sinnliche, geistige und der äußeren und inneren Wahrnehmung
insame Kategorien.
- h rillen: Das Ästhetische, 1854. — Xaturlehre des Moralischen, 1866. -- I
die sitt. iheit, 1860, 2. A. 1892. — Grundriß «1er Erzichungs- u. (Titerrichta-
lehre, 180h. — Lehrbuch d. ft S, 6 A 1876 LehrbocS d. praktisch«
k. 7. A 1884, u. a
Dominien«« Gundisalvi, s. GundisalyL
I>oiniii i<u» Botho, 1494—1560, spanischer Bcholastiker (Thornkt), be-
kannt all Vorlauf« II _ Grotius durch seine Schrift: 1»'- insthaa
iure, r
Dtjrlnf, August, geb. L834 in Elberfeld, Professor in Berlin.
Nach 1>. ist die Philosophie „Güterlehre". Diese ist die phflosophische
Zentnlwiasenachafl (rgjL Ober den Begriff der Philosophie, 1878 Di< Gut
lehre ial „die Wisaenschafl von den allgemeingültigen Werten und vom I
lamtwert". Ein (»ui ist etwa-. da> Wert hat, indem es Lust erreg ein
Bedürfnis befriedigt. Böchstes Gul ist das „Bewußtsein objektiven ^
die „begründete SeUTstschitzung". Die Ethik muß unabhängig ron M-
j.hysik und Religion, auf „menschlicher Grundlagi rundet werden; sie ist
altruistisch, sozial — seh. Der größte Teü der sittlichen Vorschriften be-
sieht rieh aui das „keinem Wechsel unterworfen« Verhältnis von Menschen".
Die oberste sittliche Vorschrift ist, „keinem fühlenden Wesen ohn< N nne
swingenden Grund, Leid suzufügen, riehnehi Fühlende W< nel wir
mögen, in seinem Wohlsein su fördern41. Die Gesellschaft ist aichl der
l.t. . .1,- Handelns, aber eines der wicht Mittel dazu. Kur Sitt-
lichkeit gehört nieht der btoft ädern die Absicht rar Förderung und
die Km-i'-lit in da* wirklich Heilsame, Das Sittliche ist demnach ..<!,• \
.im- fremden Wohlseins als Zweck, oder doch die 1'nierl von Hand-
lungen einzig aus dem Grande, wfü sie fremdes Wohls« D
liehe Motiv ist das recht rerstandene 1 is der Bell u Da»
direkte Sittliche sind di« l • . • nden d< i I it".
134 DÖRING — Drbal.
Du Bedürfnis ist (subjektiv) das Streben nach Erfüllung der Er-
haltungsbedingungen, ein „potentielles Gefühl", der letzte Wertmesser. Es
gibt materiale und formale oder Funktionsbedürfnisse. Funktionelle Bedürf-
en dem Ästhetißchen zugrunde (vgl. Zeitschr. f. Psychol. I, 1890).
Kaum and Zeit sind Ingredienzien der Welteinrichtung, aber ohne Wirksamkeit.
Schriften: Die Kunstlehre des Aristoteles, 1876. — D. Begr. d. Philos., 1878.
— Grundzüge d. allgemeinen Logik, 1880. — Philos. Güterlehre, 1888. — System der
Pädagogik, 1894. — Über Raum und Zeit, 1894. — Handbuch der menschlich-natür-
lichen Sittenlehre, 1898. — Gesch. d. griech. Philos., 1903.
Uorneiv August, geb. 1846 in Schiltach, Prof. in Königsberg.
D. i-t besonders von Kant und Schleiermacher beeinflußt. Die An-
Bchanungsformen, Kaum und Zeit, sind nicht bloß subjektiv. Der Raum
n reales, aber unwirksames Ingrediens der Welt. Ebenso haben die
Kategorien (Kausalität usw.) objektive Geltung, sie weisen ins Transzendente,
physische hinaus. „Daß unser Denken gezwungen ist, Kategorien zu
bilden, die über das bloße Denken hinausgreifen, beweist uns . . ., daß es in-
telligible Realitäten gibt, die die Vernunft beeinflussen, Kategorien zu bilden,
mit denen sie sich diese Realitäten vergegenwärtigt." An sich existieren Sub-
stanzen, die miteinander in Wechselwirkung stehen, deren Erzeugnis der
Kaum ist. Leib und Seele sind numerisch verschieden und stehen in Wechsel-
wirkung.
Gotl ist absoluter, selbstbewußter Geist, über die Welt erhaben und ihr
ich immanent, Einheit von Vernunft und Wille; in Natur und Geschichte
iar1 rieh sein Wirken. Die geschichtliche Entwicklung ist teleologisch.
reo Edeen, Normen, vom Sollen beherrscht. Der Mechanismus ist ein Werk-
Eeng des < soweit er ihn nicht hemmt. Die Religion beruht auf dem
EinheitsbedärfniB, welches den Gegensatz zwischen Geist und Natur überwinden
ttill. Der Mensch kann seine Abhängigkeit von der Welt nur überwinden,
wenn es eine Macht gibt, die der Naturobjekte mächtig ist. Die Religion ist
so „die Beziehung zu einer dem Ich übergeordneten transzendenten Sphäre''.
Für die I eligion der Gottmenschheit ist Gott dem Menschen als Geist
immanent und zugleich der alle Seelen überragende absolute Geist. Die
eine normative; Wissenschaft. Sie zerfällt in Pflichten-, Tugend-
und Güterlehre und betont die Rationalisierung und Harmonisierung der Natur
dun-h dai menschliche Handeln im geschichtlichen Prozesse. Das ethische
ideal i-t das Reich der Persönlichkeiten.
riften: <\'ber d. Prinzipien d. Kantschen Ethik, 1875. — Das menschliche
Erkennen, 1887. — Das menschliche Handeln, 1895. — Zur Geschichte d. sittlichen
l«u u. LebeM, 1901. — Religionsphilosophio, 1903. — Individuelle und sozialo
l.ii/yklopädie der Philosophie, 1910, u. a.
I>ibal. Ilatthi 39—1885, gest. in Brunn als Landesschulinspektor.
8ch Natur der Sinne, 1860. — Lehrbuch der propädeut. Logik,
. 4 A. 1886. _ Psychologie, 1868, 6. A. 1897. — Darstellung der
unde und Seelenlohre, 1872 f.
I) r.EHER — Drew-. 135
Dreher, Eugen, geb. 1841, gest. 1900 in Berlin. = I). ist ein Gegner
<Jes Materialismus. Gott. Freiheit, Unsterblichkeit Bind Poetnlate, die empirisch-
wissenschaftlich nicht zu widerlegen sind. Die Seele ist müsrnrnfln^wintit, eine
An Staat.
Schriften: Der Materialismus eine Verirrung <1. menschl. Qeütet, lbOJ. — Der
Darwinismus u. s. Stellung in d. Philos., 187 7. — Der Darwinism. u. s. Konsequenzen,
1882. — Über d. Begriff d. Kraft, 1885. — Die Grundlagen d. exakten Naturwissen-
schaften, 190<i. — Kritizismus u. Materialismus, 1893. — Philos. Abhandlungen. 1 0<»3, u. a.
Dressel, Lodwig, geb. 1840. Prof. in Vslkenbarg. = ^Thomistischer
Standpunkt.
Schriften: Der belebte und unbelebte Stoff, 1883, u. a.
Dreßler, Johann Gottlieb, 1799—1867, pjest sie Direktor des Lehrer-
Beminan in Bautzen. = Standpunkt Benekes. — I».- Bonn ist 0. Dreßler.
(Grundriß der psychoL Anthropologie, 1868. — Lehrbuch der Anthropologie, lv.
Schriften: Beiträge zu einer bessoren Gestaltung d. Psychol. u. Pädagogik, 1840
— 1846. — Praktische Denklehre, 1852. — Die Grundlehren d. Psychol. D. L< -
1867. .;. A. 1872, und viele Aufsätze.
IlrelHer. Max, geb. 1863 in Karlsruhe, Prof. an dir Akad. der bilden-
den Künste daselbst. = D. Lehrt einen roluntaristischen ..M<»ni-mu- <\>v
Selbstentwicklung". Subjekt und <>l>jckt sind in untrennbarer Einheil die
Form des lebendigen Wissens, des Selbst, Korrelate. Das Wissen vom Hin-
ist nur Mittel tiir das Wissen vom Selbst, welches, höchste Aktivität i-t.
dai; alles Dingliche, Passive nur Durch| tadium ist. Das Sein ist das
Belbstgewollte Mittel zur Selbsterkenntnis; die Dinge entspringen dem Willen
/um Wissen. Das Selbst ist „lebendige Selbsterkenntnis durch schöpferische
istdarstellung". Der Will«- /um Selbst i-t Schöpfer <\>v Welt, Mittel /um
Seibetsein. Im-- Weltentwicklung i-t Wissensentwicklung.
- hriften Vorlesoagei ül»«- 1 Psychologie. Die Welt als Willo zum Selbst, 1 •
— 1: i-the, 1904. — Der lloaumu dos Gesetzes u. dtt Ideal d. Freiheit, 19
— A nf--.it/ce in den Preuß. Jahrbib bern.
DrowSf Lrthur,geb. 1865 in l Fetersen, Prof. an d.techn. Hochsch.in Karlsruhe
1 >. ir-t Aidian-. 1 . Bartmanns. Kr betont, daß rem Ich kein /. .
zur absoluten Wirklichkeit besteht Das Ich i-t kein reales Subjekt, k«in
keine Substanz, nur dir „Form" des Bewußtseins, und dirsts i-t nur
di. DasstTe, unwirksame Erscheinung des Dinges au -ich. d. h. dei „Unbe-
wußten", welchee Will«' und [dee ist und rieh in eine Mannigfaltigkeit von
Akten (den Individuen gliedert Das Dynamische im Sein i-t der NN." i 1 1 * - . das
ische die Ldee> Gott hat an -ich weder Bewußtsein noch Persönlich^
ist Einheit in dir Vielheit („konkreter Monismus4*). 1' 9 das
lebendige System ron unbewußten . . . WUlensakten der absoluten Substanz,
deren äußere Erscheinung unser Leib und deren innen Erscheinui
■amtheit unserer bewußten psychischen Punktionen bUdet Du Wirklichkeit
meiner telbst kann ich nicht erleben, nur erschließen. Sein und l ein
Bind auch in im- nicht identisch; ein Bewutttaein an zieh gibt t> nicht.
Däewb — Driesch.
an sich existiert nur das Unbewußte als gemeinsames Wesen von Natur
und Quat.
riftOB : Die Lehre von Kaum und Zeit in der nachkantisehen Philos., 1889.
Die deutsche Spekulation seit Kant, 1893; 2. A. 1895. — Kants Naturphilos., 1894.
I ber d. Verhältnis d. Naturwissenschaften zur Philos., 1896. — ■ Das Ich als Grund-
il Metaphvsik, 1897. — Ed. v. Hartraanns philos. System im Grundriß, 1902.
HMtaaehea Philosophie, 1904. — Die Religion als Selbstbewußtsein Gottes, 1900.
Der Monismus 19(>8. — Plotin und der Untergang der antiken Welt, 1908. — Die-
i'hriatus-MvtW, 1909, u. a.
Dreyer, Friedrich, geb. 18Gb' in Gotha, lebt in Wenigenjena.
Schriften: Wege biolog. Forschung, 1892. — Studien zur Methodenlehre u. Er-
kenntniskritik, 1895 — 1903, u. a.
Dreyer. Hugo. geb. 18G0 in Ludwigsburg. = Personalistischer Stand-
punkt (vgl. L. W. Stern).
Schriften: Pereonalismus und Realismus, 1905. — Der Begriff , Geist' in der-
deutschen Philosophie von Kant bis Hegel, Kantstudien V, 1907, u. a.
Driesoli, Hans, geb. 1867, Privat-Dozent in Heidelberg.
I». i>t rin vitalistischer Biologe, der erkenntnistheoretisch von Kant (An-
nahme eines A priori, Kategorien als Bedingungen der Natur), naturphilosophisch
von Aristoteles. Ed. v. Hartmann u. a. beeinflußt ist. Das Leben ist etwas
Autonomes, es hat eine Eigengesetzlichkeit, ist mechanisch nicht restlos zu er-
klären. Die Prozesse der Pegulation, Restitution, Regeneration, Selbststeuerung.
Tatsache der ..harmonischen Aquipotentialität'' (Umgestaltung von Bruch-
stücken ganismufi zu einem verkleinerten Ganzen), die Tatsache der
. Bandlung", der historisch-individuelle Faktor des Lebens, der die Funktionen
immer im bestimmten Sinne ausfallen läßt, zwingen zu einer dynamischen
logie. Was in den Organismen zweckmäßig wirkt und auch der „pro-
spektiven l'otenz" des Keimelementes zugrunde liegt, ist ein besonderer Natu r -
faktor, dem Psychischen analog („Psychoid"), aber nicht psychologisch-sub-
jektiv, sondern objektiv, als „Entelechie" zu bestimmen, als ein nicht-energe-
Xiel in sich tragendes und verwirklichendes Prinzip, eine Konstante
\rt, welche gestaltend, organisierend, hemmend und regulierend wirkt,
lie ..Individnalitätskonstantc", indem die Individualität nach I ).
ist Eine der Hauptkomponenten der Handlungen ist,
• wh< Reaktionsbasis" die individuelle Geschichte des Organismus.
lechie" isl die Grundlage des Ci-sprungs eines organischen Körpers und
rnndlagi di Handlung -i eine Mannigfaltigkeit typischer Art, keine
mdero eine „intensive .Mannigfaltigkeit", deren Leistung nidii
renn sie auch Räumliche* schafft. Es gibt verschiedene Arten
i ntelechu morphogenetica, E. psychoidea usw.).
Ei ^it.t freilich im Organismus viele Prozesse rom
i pus, <l. h. Prozesse, »reiche auf Grundlage einer
• li oder zweckmäßig verlaufen; aber die Entelechie
en; und so hat itatische Teleologie ihre Wurzel in
Entelechie kann zur Entfaltung gebrachJ
DRIE84 n — Drobi-< li. 137
werden durch eine Verinderung in der körperlichen Natur .... und aui der
■öderen Beite kann ICnttl*<liit' ihrerseits /u Änderungen der körperlichen Natur
führend Da der Entelechie alle quantitativen Kennzeichen fehlen, sie nur
eziehende Ordnung*4 ist, kann sie nicht Energie Bein. Sie kann 1
oichl rennehren, nicht auslösen, Dicht in ihrer Bichtui Indern, Bondern
nur möglichee GSeechehen bo lange ^suspendieren", wie - ötig hat
nur fähig, ^diejenigen Reaktionen, welche Ewischen den in einem System
vorhandenen Verbindungen möglich lind und ohne die Dazwischenkunft \<>n
Entelechie geacheheo würden, so lange /u inapendieren, wie sie •
hat--. „Wir laaaen I&telechie nur dai b Aktualität Beizen, was Bie Bell
vordem gehindert, wa- -ie -rll.-i Boapendierl hatte" (Fhiloal d. Organischen II
Die Selektion ist nur ein oegativer Entwicklungstaktor, sie Betet das Zweck-
mäßige schon roraus und i-t nur Ausmerzung des unzweckmäßigen. Di<
Finalit&t" i-t eine [Jnterklaase der Kategorie der Individualität. Was wirkt,
Dicht das Ende, Bondern „das lande in Beiner Einbildung haben". I1
übliche psychophysische ParalleliBmufl iat abzulehnen. Es gibt nur •inen
„Parallelismus" /wischen dem bewußten Selbeterlebten der mtrapayehischen
Reihe und den Tätigkeiten des „Psychoid". Metaphysisch aber tritt da- Wirk-
lich' ii beide Seiten das Psychische und das Psychoid sind, mit dem
Wirklichen, welches wir in der Erscheinungsform de- Mechanischen oder
Energetischen kennen, in Wechselwirkung. — Die Natur besteht au- einem
vollständig räumlichen und au- einem nur teilweise raumlichen Teil-;
alao nicht bloß ein mechaniaches System. Eine K tegi rie i-t auch die „Mora-
litäf. die ein Bestandteil der (idealen) Natur iat. <">" "der das Absolute i-t
die primäre Entelechie der Bauordnung der Welt.
9 hinten: Ihn- d. (jrundlagen der Krkmntni-. Die B
Lige Graadwiaaeai Die orj gntetioaen,
•1. organischen Entwicklung, 1894. — I' einentanr Naturfkktor, 19<
l»ie IfauebUM «1. \.e\> Na' .1 : «'_'iitte uml Natiirurtei.c, 1904.
Philosophie d Ol
III. int. KoBgrefi f. ri.il....... L909, S. :>\-l lt - Zwei \
Naturen i 1910, n. a.
l>iol»i<Mli. Moritc Wilhelm, geb. 1802 in Leipzig, Prof. daselbst
I >. iat wesentlich Eerbartianer. Aufgabe der Logik i-t d
der „Norm . k-s Denkens, h l ,-ik i-t eine formal« Wissensc!
und von der Psychologie nnabh i-t eine aormative Wissenschaft,
Voraussetzung der L<"jik i-i da- konkrete, mit dem Erkennen verschi
Denken, au- welchem sie ihre Grundformen durch \ itri nnt.
Formen ohne Inhalt kennt sie nicht, sondern nur solche,
sonderen Inhalt, der sie erfüllen mag, nnabh fi D \ I
meine uml Notwendige ;-t na<h I». kein Ergebnis der Kit. dum, lern
Denkens, d.h. „derjenigen Verknüpfung dei B< areiche d« I
Bchaffenheit und den Verh<niasen de- in ihnen Gedachi N
die |;. . n,-t Bind von der Erfahrung unabhü h, nur
knüpfoi I gibt nur ii< -t \\ . ndli i I rtril« und Schlu
Drobisch — Duboc.
notwendigen Begriffe," Die Axiome der Mathematik haben unmittelbare Evi-
hen der Anschauung von assertorischer Geltung. Das Denken
er Funktion nach, ein „Zusammenfassen eines Mannigfaltigen in einer
-,;r. Im Denken, im Urteil erst entstehen die (logischen) Begriffe.
Das Denken bildet ans den Vorstellungen Begriffe, indem es das zu dem Was
stellten Gehörige zum Bewußtsein bringt und das, was nicht dazu
>ri. absondert. Dies geschieht in den Urteilen, die daher teils b ei-
le, teils absprechende sind." Das Urteil ist die „Denkform,
durch welche Vorstellungen zu Begriffen ausgebildet werden".
IdBBO&Ation und Reproduktion sind die psychischen Grundprozesse. Mit
Hemmungen und Bewegungen der Vorstellungen haben es die Statik und
M-rhanik zu tun. — Die Religion ist ein Produkt der Bedürftigkeit des
Menschen nach Befreiung und Erlösung von dem Druck der Natur. Die
ligionsphilosophie hat das Dasein Gottes objektiv zu erweisen. Der teleolo-
•••sbeweis verfügt über eine gewisse Wahrscheinlichkeit, höher steht
er das ethiko-theologische Argument, indem (der persönliche) Gott als
lingnng der Verwirklichung des sittlichen Weltzweckes durch unser
Bandeln zu denken ist.
B hritten: Neue Darstellung der Logik, 183G; 5. A. 1887. — Grundlehren der
Religionsphilos., 1840. — Empirische Psychologie, 1842; 2. A. 1898. — Erste Grund-
linien d. matheraat. Psychologie, 1850. — Die moralische Statistik u. d. menschliche
Willensfreiheit, 1867. — Über d. Fortbildung d. Philos. durch Herbart, 1876. —
Kants Dinge an sich u. s. Erfahrungsbegriff, 1885. — Vgl. NeubeRT-DrOBISCH,
W. Drobisch, 1902.
Droftbaclu Max. = D. ist wesentlich von Leibniz beeinflußt, Die Dinge
tehen aus Atomen, die — indem sie innere Zustände besitzen — als
Monaden gedacht sind und eine Stufenreihe bilden, an dessen Spitze die dem
Universum immanente Gottheit als höchste Intelligenz und Macht steht. Die
- ele ist unsterblich. Wir nehmen nicht Erscheinungen, sondern die Ursachen
solcher, die Kräfte wahr, die mit uns in Wechselwirkung stehen.
hriften: Die individuelle Unsterblichkeit, 1853. — Die Harmonie der Er-
Vaturforsch. mit d. Forderungen d. menachl. Gemüts, 1858. — Die Objekte
r sinnlich« n Wahrnehmung, 1865. — Die Genesis des Bewußtseins nach atomistischen
-.zipi-n, 18GG. — Über Erkenntnis, 1869. — Über d. verschiedenen Grade der
. d. Natur, 1873. — Über Kraft u. Bewegung, 1876. — Über d. Ausgangs-
punkt o. d. Grundlage d. Philoa., 1881. — Über die scheinbaren u. d. wirklichen Ur-
d. Welt, 1884.
DiiIhh*. Juli« L905, lebte in Dresden. = D. bekennt sich zu
I utionist isch-monistischen Weltanschauung und zum Atheis-
t in ihrer höchsten Verfeinerung, die Glückseligkeit ist das
'i<- Handelns, aii'li des sittlichen. Der ethische Imperativ lautet: Tue,
dei tfenschheitewille in dir verlangt. (Sozialer Eudä-
Gott, Untersuchungen über d. ethischen Gehalt d. Athois-
D« miuh al» Weltanschauung, 1881. — Grundriß einor Trioblchre
Imuoc — Duhamel.
Tom Standpunkt des Determinismus, 1892. — Jenseits vom Wirklichen, 1897. — Die
Lust als sozial-ethisches Entwicklungsprinzip, 1900, u. a.
Dn Bois-Reymond. Emu, geb. 1815 in Berlin. Prof. der Physiologie
daselbst, gest. 1896.
D. ist durch sein „IgDonbumu" in weiten Kreisen bekannt geworden.
Von den sieben „Welträtseln'' sind der Ursprung des Lebens, die Zweckmifl
keit der Organismen und die Ausbildung der Vernunft und Sprache im Prinzip
losbar. Hingegen bleiben unlösbar, transzendent vier Probleme: Wesen von
Kraft und Materie, Ursprung der Bewegung, Entstehung von Empfindung und
Bewußtsein, Willensfreiheit. Wenn man auch noch so genau den Bau
Gehirns und das mechanische Zusammenwirken der Moleküle und Atome kennen
wird, kann man daran- doch nicht im geringsten das Psychische als solches
greifen und ableiten. Dies gilt selbst für einen unendlichen („Laplace-eh- ■
st, der ans der Kenntnis der Lage und Bewegungen der Atome eu einer
stimmten Zeil alles Zukünftige, soweit es mechanisch abläuft, vorauszusehen
rennag. Troti ihrer .Mängel und Schwierigkeiten (z. B. des Atombegriffs) isl
doch di«- mechanistische Naturerklarung die einzig she. .dl- gibt für ans
kein anderes Erkennen als das mechanische, ein wie kümmerliches Surrogat für
wahre- Erkennen es auch sei, und demgemäß nur eine wahrhaft wissenschaft-
lichc Denkform, die ph\ -ikali-<h-n^it li.tnat i-<h«--. „Die theoretische Natur-
srissenschaft ruht nicht eher, als bis sie die ErscheinungBwell auf Bewegung
letzter Elemente zurückführt, vrelche nach denselben Gesetzen ror Bich gehen
>\ ic die der gröberen, sinnfälligen Materie" (Bed. I. 232,
Schriften: (iesammelto Abhandlungen zur allgemeinen Muskel- und Nervonpl.
1875 tf. — Über dio Grenzen der Xuturerkenntnis, 1872. — Die sieben W
1882. — Reden u. Aufsätze, I. A. 1SSG (enthalten auch die beiden genannten Yortr.t.
Duho*. Jean Baptiste, 1660—1742. = Drn. nun- des Gefühls im Ästhe-
tischen, der reinen Affekte im Dntenchiede von jenen des realen Lebens.
Kunst und ästhetischer Genua entspringen dem Triebe, die Seelenkräfte in an-
genehme Punktion zu setzen.
8 I ritten: BSBSziOM l riti^ues sur la poesie, la peinture et la niu.-ique, 1719.
IMi-.ihl Stewart s. Stewart.
DssgssBj Louis, geb. is7i in Portici = Die Sprache bedeutet eine a
kürzung des Denkens durch [Jnterdrückung der anschaulichen Vbrstelluni
(..im pouToir d'arret 1<- Suspension des ü Das sprachliche, rerein-
fachte Denken ermöglicht Allgemeinheit der Erkenntnis, indem es symbolisch
i-t Doch dart es nicht bis /um „Psittazismus" kommen, sro die Worte all«-
• huiit haben, leer sind.
- briftta: Lt pdtt st la per boliqae, 1896. — \'-
LVOS, — Ie |.robl. de iV-duratinn, 1 ««09.
Duhamel, i. 1797—1872, Mathematiker. D Grui Bender
Mathematik, Natur- und fieiBteswisseiischuften wind die Analyse und Synth.— .
1 1 • Anal die Method« der Bntdeckui
- briften: 1' 'lann len
140 DUHBM — DÜHRING.
IMiliem. Pierre, geb. 1861 in Paris, Physiker, Prof. d. Physik in Bordeaux.
Vertreter der „phänomenologischen", begriff lieh - mathematischen Physik.
tausche Theorie wird . . . ein System logisch aneinandergeketteter
e, eicht aber eine zusammenhängende Folge mechanischer oder algeb-
M delle sein." Da dieselben Tatsachen die verschiedenste theoretische
ing erhalten können, so ist in den physikalischen Theorien manches Kon-
ventionelle und kommt hier die „Denkökonomie" (s. Mach) zur Geltung.
B Lriften: Ziel und Struktur der physikalischen Theorie, 1908, u. a.
I>üliriii£. Eugen, geb. 1833 in Groß-Zehlendorf bei Berlin, 1863 Privat-
t in Berlin, verlor die venia legendi wegen seiner Angriffe auf ver-
ladene Professoren.
D.. der von Feuerbach, Comte u. a. beeinflußt ist, lehrt einen dem Materialis-
Euneigenden Positivismus, eine „Wirklichkeitsphilosophie", welche
nichts anerkennt, als denkend verarbeitete Tatsachen der Erfahrung. Die
Philosophie ist aktivistisch zu gestalten, sie soll ein „Prinzip allseitiger Ge-
stalt um: des Lebens" sein. Sie ist die „Entwicklung der höchsten Form des
Bewußtseins von Welt und Leben". Sie ist Wirklichkeitsphilosophie,
:_r das Bein ..ausschließlich am Leitfaden der Materialität oder, was das-
am Leitfaden der wahrnehmbaren Kräfte". „Sie beruft sich nur
auf Augen und Ohren und auf Verstandesschlüsse." Sie ist Kealismus und
Objektivismus, Gegnerin alles Subjektivismus und Idealismus (Kants u. a.)-
Denken und Sein sind insofern identisch, als die Gesetze beider einander
entsprechen, als das Sein durch das Erkennen nachgebildet wird, so daß alles
s zu begreifen ist. „Die Xaturwirklichkeit muß genau dem Gedanken
rechen/' Die Empfindungsqualitäten, die Anschauungsformen (Kaum
und Zeit), die Kategorien (Kausalität usw.) sind objektiv. Letztere sind
Schemata] „deren gegenständliche und an sich vorhandene Seite das Grund-
-• ins und der Seinsverhältnisse, also die Grundgesetze der Seins-
Ibet vorstellt." Unsere Erkenntnisformen sind durch die ihnen
vorausgehendes s insformen bedingt, sie sind subjektive Kopien objektiver Ver-
hältnisse. Hingegen sagt das „Gesetz der bestimmten Anzahl" (vgl. auch
ede gegebene Zahl und Größe als solche endlich sein muß,
I nendlichkeil also nur in unserer subjektiven Fähigkeit, immer weiter zu
Eine abgezahlte Unzahl oder Unendlichkeit von Einheiten wäre
Widerspruch." Das Geschehen (nicht das Sei]]) hat einen Anfang;
Gi 'ii-tiick zur „subjektiven Schrankenlos^ keif"' der
•Im- WVlt [gl endlich in bezug auf Zeit, Raum und Kausalität. Die
mfaßl di<' für all*- Sein geltenden Prinzipien.
I ze haben objektive Korrelate; so gibt es in der Wirklichkeit
Denken) keinen Widerspruch, nur einen „Antagonismus der
• Logik44 der Dinge. Das Geschehen in der
eher Art • hat einmal als ein erster Zustand des an
Beharrung und Entwicklung gehören untrenn-
l h Bchehenf i-t die Materie, deren Zustand
al aus Atome,,. Ein Produkt des Natur-
Dühbietg — DuHa Boon s, 141
-■•hehens ist toset die Empfindung. Eine immaterielle Seele i-r ein Un-
ding; die BewuAtsetasYorgange beruhen auf den Wiiknogen besonderer Teile
des Gehirns. Die Natur ist auf die Entstehung da Empfindung angelegt,
hat diese /um Ziele, indem die Ordnung der Kausalreihe sie notwendig zur
Folge hat. Immer höhere Seinsstufen zu produzieren, i-t das Ziel der Natur.
Troti der in ihr vorkommenden Störungen ist ne ab Ganzes gut (Optünismt
— Die „denkerisclie-- Ethik D.s ist altruistisch, sie betont die Gerechtigkeit
und die vernünftig: geleitete Sympathie (Mitleid). In dem „sozieunn System"
sind Individualismus und SosJahsmue rereinigt; die GleichbereehtiLMinLi aller
ist za (ordern, der Wegfall aller Unterdrückung und Gewalt Die Religion
ist dann überflüssig (Atheismus).
9 hriften: De tempore, epatio, . ausalitate atque de analysis infinitefiimalis log
1861. _ Watten, Kapital, Arbeit, 2. A. 1906. — Natürliche Dialektik, 1865. — I
War! des Lebens, 1865; 6. A. 1902. — Krit. Grundlegung d. Volkswirtschaftslehre, l€
— Krit. Geschichte d. Philos., 1869; 4. A. 1891. — Krit. Geschichte d. Nationalökonomie
u. «1. Sozialismus, 1871; 3. A. 1871». — Krit. Gesch. d. allgem. Prinzipien d. Mechanik,
1878; 8. A. 1887. — Kursus der National- u. Sozialökonomie, 1873: 2. A. 1876. —
Korrai d. Philosophie, 1875. — Logik u. Wii ftatheorie, 1878; 2. A. L905. —
I. 1 cinde, 1882; 2. A. 1902. — Der Ersatz der Religion durch Voll-
koflnnenerw, 1888; 3. A. 19o6. — Gesamtkursus d. Philos., 1894 ff. — Die Judenfr;.
ItOl. — Wirklichkeit»philo»., 1895. — Soziale Rettung durch wirkl. Bockt, 1907. — ff
\'.MHI\<.r.i:. Hartmanu, Dthriog u. Lant;e, 1876. — Fr. ETOKLB, Bern Dührinir-
Um« finnig <L wleeeMchefl, ists; 5. \. 1904 i..Ai.ti-Dührii - DmUBKOWm,
I. ;.., i«89. — ^ POBNBR, ibrifl d. Phil.» E. 1»>. 1906.
Dnmoiit. Louis, 1837- 1877. = Dm Gefühl tsl ein Reflex eon Emp-
findungen. Lust entsteht, «renn eine Vermehrung der Kraft in der Bpo
- Bewußtseins zutage tritt. [Jrsache der Unlust ist ein Btarkcs Abweichen
v. >n der molekulsren Gleichgewichtslage der tfervensubstanz.
- briftc !.• - dl rite, 1868. — d and Bchii rs, u. a.
Iiunaii. Charta 1849 in Nantes, Prof. in Paris. = Betreffi der
EtaumTorstellnng vertritt D. den N Die „Kontingenz" führl I>. auf
die Unendlichkeit zurück.
rtoi Theorie p«] bologiqse de l'eopaos, 1895. — Sur les forme« a priori
d« de [ihilooophie '1 1808. — Lee d
isuieo, 1810.
IIuiim s<*otu*». Johannes, „doetor subtilis", geb. I "•
Dunston (Northumberiand) oder in Dun (Irland), wurde Franziskaner and
Professor in Oxford, lehrte dann in Paria, wh 19ÜÖ in Köln;
l> Haupt einer eigenen Richtung der Scholastik; erat bei ihm und
den „Skotisten" findet sich eigentlich jene subtile, oft
An dm Unterscheiden! und Irgumenuerens, di<
wortei, wird. Beeinflußl ist 1>. u. a. auch rom Platoniamui und Neap
um-, von Augustinus, ron Aricebron. Polemik und Kritik fielen in -in. n
- hriften eine grofle R«»li- -*«• sk.| den herkörnmlicJ
um. nten für d in Gottes usw. n rbindet lieh mit
keit. Gegenüber den Schwächen loj en in th< hrn
142 Duns Bcotus.
Dingen wird auf die Offenbarung, den Glauben, den Willen rekurriert. Wie
Augustinus ist D. Voluntarist, er betont den Primat des Willens vor dem
Vkr und tritt so zu Thomas von Aquino in einen gewissen Gegensatz.
Während die Philosophie die theoretische Wissenschaft vom Wesen der Dinge
hat die Theologie mehr praktischen Wert als logische Bedeutung.
Der Allgemeinste Begriff ist der des Seienden (ens); dieser Begriff ist
über alle Gegensätze von Substanz, Akzidens usw. erhaben. Ein Ding ist
alles, was eine Wesenheit (quidditas) und eine Form hat und existiert oder
existieren kann: im engeren Sinne ist das Ding das für sich Seiende. Das
Nichts i<t entweder absolutes oder relatives Nichts. Die Allgemeinheit
(Universalität) ist die Indifferenz, vermöge deren das, was durch sich ist, die
>hkt.it enthält, von allem ausgesagt zu werden (,,ut dicatur de quovis
Bnpp lie Einzelheit („singularitas", „individuatio") bedeutet nur die
doppelt« Negation der realen Verschiedenheit („realis alteritatis") in sich und
Identität in bezug auf Anderes. Das Allgemeine ist vor den Dingen
ials [dee in Gott), in den Dingen (als „quidditas") und nach den Dingen (als
ff). D. ist also „Realist", da nach ihm das Allgemeine wirklich („forma-
liter", daher die Skotisten auch „Formalisten" genannt werden) in den Dingen
. wenn auch nicht getrennt von ihnen ist. ßesondert, individualisiert
wird es, durch die „haeeeeitas" (das Sosein-Bestimmende, die Einheit der in-
dividualisierenden Momente, z. B. Socratitas, die zur Wesenheit des „Menschen"
hinzukommend den Sokrates ausmacht). „Haeeeeitas nihil aliud est, nisi
quidam modus intrinsecus, qui immediate contrahit et primo quidditatem ad
esse ... et nominatur differentia individualis" (Prantl, Gesch. d. Log. III, 290).
Zu den ..transcendentalia" gehören (außer „ens") die „passiones entis" (unum,
bonnm, verum; idem-diversum, contingens-necessarium, actus-potentia). Von
dei realen ist die numerische Einheit zu unterscheiden. In den Dingen gibt
De dreifache Zahl: die essentielle, welche allem das Maß der Dingheit
• ..• -im it Sit i- mensuram") gibt, die formale (oder natürliche), nach welcher, und die
akzidentelle (oder mathematische), durch welche gezählt wird. Zahl und Zeit
-ind ron den Dingen bezw. Bewegungen nicht real verschieden. Material ist
Z nur die Kontinuität der Dauer oder der Sukzession („continuum dura-
tionii ssionie motus").
• immaterieU („actus puras"), absolute Kraft („agens absolute"); er
wird hauptsächlich aus Beinen Wirkungen erkannt, als erste Ursache und End-
deren Urbilder in seinem Geiste liegen. Der göttliche
^ Hie ist die ..prima causa" der Dinge, die er aus Nichts, ohne Notwendig-
Erkennens („non aliqua necessitate vel essentiae vel scientiae
d es mera übertäte"), ohne jede auch nur innere, geistige
tenniniernng frei geschaffen bat, so (\-,\i\ die Welt nicht existieren
der Welt). Gotf Biehl in Einem alle Gegensätze, ohne sie
/u -'der.. Was Gotl (die „causa libera") in seiner All-
• dadurch gnt, daß ei ee will, denn der göttliche Wille
nach Avicebron) Form und Materie; auch
Drrare Scotus — Duprat.
den Seelen kommt eine (unkörperliche) Materie zu. Die tonnlose Urmafc
subiectum omnifl receptionis") ist die „materia primo-prima", die <e»tt ge-
m -haften hat. Die „m. secundo-primu" i-t das Substrat des Entstehens und
Vergehens, die ,,m. tertio-prima", die schon geformte, aber noch zu
formende Materie ix. B. Marmor). Die Urmaterie, <lie allem zugrunde liegt, ist
..radix et semiiiariunr- der Welt, deren Blüten die verminte - eleu, deren
Frucht«- die reinen Intelligenzen (Engel) sind. Die Natur strebt immer nach
Vollkommnerem, nach der Individualität Ihre Einheit bestehl in der Ordnung
ihrer Teile und in der Harmonie aller Körper.
Die edelste Materie ist die organische des Menschen, weil sie nicht nur
die sinnliche, sondern auch die vernünftige Seele aufnehmen kann. Die Beeli
ist die (von der ..t<»rma corporeitatis" zu unterscheidende) wesentliche Form
(„forma essentialia") des Menschen; sie ist ganz im ganzen Leibe. Sie erkenn!
sich selb>t, indem rie ihr eigenes geistiges Bild (species) erfaßt, also Dicht
völlig unmittelbar. Die Kräfte der Seele sind nur formell verschieden („-
direraitate reali potentiarum"). Die Sinneswahrnehmung (Empfindung) er-
i-Lrt durch Aufnahme einer „species" (Form) des Wahrgenommenen, «reiche
zunächst im Gegenstande, dann im Medium existiert, durch das Organ (hier
aber „magu Bpiritualiter"). Der Intellekt erkennt (vermitfc Nmderer
„species"] das Allgemeine in den Dingen; angeborene Begriffe gibt <- Dicht
I»'-r Entellekt gibt das Willensobjekt („Imperat autem roluntae non quidem
itationi primae, quae praecedit omne relle")i bestimmt aber nicht den
Willen selbst, «reicher autonom ist und der Motor des Seelenlebens ist ..■<..
in toto regno animae" und dem Intellekt gebietet („imperanfl inteUectci
Der Wille i>t absolut frei (Indeterminismus), ex kann grund- und motirlot
«rollen, wird dureli den Intellekt nicht determiniert, kann Bich für das Ent-
te entscheiden („voluntaa übers est ad oppositofl actus"); er gibt
frei den Ifotiren seine Zustimmung, auch im Denk« isensus roluntatin").
Willensgrund ist stete wieder der Wille ..ut roluntatifl causa sit ipsa
voliinia.- . Gut ist der Wille, wenn er inhaltlich und dem Motive nach dem
liehen Willen gemäfl ist, ron dem Gut und Bös- abhangen, so dal» eine
[Jmkehrung der Werte auch möglich sen «rare, wenn nämlich Gott
and« "Ut hätte.
ZudenSkotisten gehören PranciscusMajronis, Antonius Andri
!'■ tei ron A.quila, Walter Burleigh u. a.
lone» qoodKbetalea, L606. LS rapar l\ librot senten-
Piriairaae), 1517 18. - QoMatioaei in Ari.-v ■• —
Qoftf i lihrog de aninia, L6S8 in <jiiatu«>r li Miarum
mho), 1610, u. h. — Oper», L6S . 1891 16. — V^l. K. \\i i:\ik.
r. D - i. h. Bubi <i. Piiloa. i. i b
Philo*, u. philo«. Kritik 15.1 B : 111'.: i. - BERG, D
IMiprat. G I. Nach 1». ist die Gesellschaft ein System ron Zweck
I ideii/en. r.ediirtni--. n. Inter«s-en, Funktionen. < »rgunni I Li sehen. D
densen objektivieren Bich in Institutionen.
lHl'UAT — DüRKHEIM.
3< h ritten: Science sociale et demoeratie, 1900. — Le mcnsonge, 1902; 2. ed.
, La morale, 1901. — Les causes sociales de la folie, 1900.
I>n Prel s. Prel.
I>nran<l de »ii«>- (geb. zu Gros), 1826—1900, Pseudonym Dr. Philips
, Electrodynamisme vital ou les relations physiol. de Fesprit et de la matiere, 1855).
D. i-t ein Gegner des Positivismus und Materialismus. Er lehrt eine idea-
li, Bpiritualißtische) Metaphysik, nach welcher es Monaden, psychische
Kräfte gibt, die mit ein ander in Wechselwirkung stehen und durch ihre gegen-
_. ii Anpassungen zur Weltharmonie führen. Leben und Entwicklung sind
durch die Reaktionen der psychischen Kräfte, die mit den verschiedenen Nerven-
zentren verbunden sind, bedingt (Ganglienseelen usw.; ähnlich Pflüger, Preyer
I SeeL i-t zusammengesetzt, ein „Polyzoismus" oder „Polypsychismus" ;
als Substanz ist sie unsterblich, wenn auch ihr Bewußtsein sich nicht erhält.
- hriften: Essais de physiologie philos., 1866. — Ontologie et psychol. physiol.,
ori^ines animales de l'homme, 1891. — Genese naturelle des forraes ani-
. 1888. — Le raerveilleux scientifique, 1894. — L'idee et le t'ait en biologie, 1896.
— X-iuvelles rocherches sur l'esthetique et la morale, 1900. — Varietes philosophiques,
p. — Questions de philos. morale et sociale, 1901.
Durand de St. Pourcain (Durandus de Sancto Portiano), Wilhelm,
..Doctor resolutissimus", lehrte in Paris, wurde Bischof von Meaux, gest. 1332.
1 ». war erst Anhänger des heil. Thomas, wandte sich aber dann dem No-
niinalisiiius zu. Das Allgemeine ist nicht in den Dingen (abgesehen von den
Ideen in Gott), welche nur Individuen sind, sondern es wird durch unser
Denken mittelst Abstraktion gewonnen. Die Gattung bezeichnet auf unbe-
Btimmte Weise dasselbe, was das Individuum auf bestimmte Weise darstellt;
und Individuelles bilden nur ein Objekt und sind nur nach der
Auffassung verschieden. „Universale est unum solum secundum conceptum,
singulare irero esl unum secundum esse reale." ,, Universale ... est aliquid
formatum per Operationen) intelligendi. per quam res secundum considerationem
strahitur ;i condicionibus individuantibus" (In 1. II Sentent., dist. 3).
.ritten: In «ententias commentarium, 1508.
IMirriik. geb. 1837, Prof. in Prag, gest. 1903. = Wesentlich von
Jl'-r in floßt.
!.: Leibniz und Newton, 1869. — Über das üesamtkunstwerk, 1880, und
tik, 1875, Psychologie, 1882, System d. Philos. 1904, u. a.).
Hiirklifim, Emile, geb. L858 in Epinal, Prof. in Paris, Herausgeber der
. U|1K;<\ IS'.iS ff.
D. \m11 Soziologie als eine nichl auf (Individual-) Psycholog \r
induktive Wissenschaft vor den sozialen Tatsachen durch-
Bpezifischee sind. Bieeind von den Individuen als solchen
!it;'it der Gruppen ist nicht die der Einzelnen; sie h;il
Eine soziale Tatsache ist „jede mehr oder minder fest-
ßhe di<- Fähigkeit besitzt, auf den Einzelnen einen
iben". Der Zwang", der von der Gesamtheit, von den
DtTBKHETM — DY» 14"
G ippen and Institutionen ausgeht, rer&hnelt, vereinheitlicht die Individuen.
Di Formen des sozialen Sein- Bind ß cdene Arten und Ordnung
Handelns, als wiche etwas Objektives. „Normal" ist eine soziale Tatsache, so-
bald Bie im Durchschnitte der Gesellschaften einer Arl in der entsprechenden
Etatwicklungsphase auftritt Zn erklären sind Boziale Täte nur durch
andere nnd aus dem sozialen Milieu. Das Gesamtbewußteein als I begriff
einsamen Denkens und Fühlens i*-t etwa- Reales. Die Bolidai
durch die Ähnlichkeil der Individuen, besonders aber durch die Arbeitsteilung
bedingt; dii G Uschaft ist ein Mittel rar Organisation der Arbeitati '
fm Recht ist die Solidarität objektiviert. Sittlich ist die sozial sankti«
Reg< des Verhalt«
i . r i f t e ri : Elements de sociologie, 1889. — La division du travail social, 1893;
2. 6d. 1901. — I.- : - gles de Ja m6thode sociologique, lt<95 ; deutsch 190s. — Le
suiride, 1897, u. a.
Dürr. Ernst, Prof. in Bern, . in Würzburj
D. rerficht in der Erkenntnistheorie einen kritischen Realismus
,.Koireiatm8mu8"), Dach welchem die Dinge ron ans anabh ind nnd die
Transzendenz eine Eigentümlichkeit des B< siehungBbewußtseins ist Die Auf-
merksamkeit besteht in einer „besonderen 1 L« dii- des Bewußtseinsgrades", Bie
ist keine Tätigkeit, kein Willensakt. Wille esrt „jede zentral bedingte, eine
d n .■• Erwartung erfüllende Lebensluflerunf
B hriften: ('ber die Grenzen dar Gewißheit, 1903. — Grundzüge d. realistischen
WeltSBtthaamg, 1907. — Die Lehre ras d. Aufmerksamkeit. 1907. — Hinfuhr, in d.
ik, 1908. — Gruudzüge d. Ethik, 1909, u. a.
Dwelshanvers. <<.. I'mf. in Brüssel = Mit Bergson verwandt; betont
die Aktivität und Schöpferkraft des Geist
3 kriften: Lst principe« da rldst). teientif., 1892. — Bealisme nslfet r. critiqoe,
. — La syntheso mentale, 1908. — Paychol. de l'appereeption. 1890, u. a.
DjroiY, Adolf, geb. 1866 in Aschaffenburg, Prof. in Bonn.
tieren heißt, „daß der stand des Qedankens mehr ist als eine
bloße Fiktion, ein Erzeugnis reiner Willkür oder ein einfaches < ledankenerzi
D Aufmerksamkeit ist nach I>. Dicht eine I baft des Willens
n. dgl., sondern „das Ergebnis m i nständlicln- inenden p
chischen Verhaltens". Wollen und Fühlen Bind miteinandez verwandt;
Wollen kann rieh in einem Gefühle •■ n und Willensakte
den Gefühlen ab. Aber der Wille ist Dicht als [Jnterart d< l inau-
■ n. er hat einei i iktiv, auf die Zukunft .
■chaulich osw. Das Denken ist nicht mit dem Wollen ident
lieh i in Buhen im Objekte, das Wollen aber eine aui die 0 ade
I . M i\ wird /n sinem solchen erst durch >\<\i Willen
nicht v..i, vornherein. Du Seeli d wähl
fühlendes, den] und wollend
>'
\i ,i „l- Dsmearltrtaatsa, 1899.
Ebbinghaus — Eberhard.
Kbhiii^iians. Hennann, geb. 1850 in Barmen, Prof. in Halle, zuletzt
Prof. in Breslau u. Herausgeber der „Zeitschr. f. Psychol. u. Physiol. d. Sinnes-
_ ä
K. nimmt in der Psychologie einen vermittelnden Standpunkt ein. Ohne
Anhänger des psychologischen Atomismus zu sein, hält er die Zerlegung des
Bewußtseins in Elemente für notwendig. Bei der Assoziation stellt die Seele
ichst „die umfassenderen Verbände und größeren Einheiten wieder her, in
genwärtig fragmentarisch und lückenhaft in ihr Hervorgerufene-
früher (.-riebt hat". Die Aufmerksamkeit besteht in dem „lebhaften Her-
vortreten und Wirksamwerden einzelner seelischer Gebilde auf Kosten anderer".
ähle sind „Nebenwirkungen derselben Ursachen, die den begleitenden
Empfindungen und Vorstellungen zugrunde liegen". Es gibt keine einfachen
Willensakte, sondern nur Kombinationen von Empfindung (bezw. Vorstellung}
und Gefühl; Wille im engeren Sinn ist der „vorausschauend gewordene Trieb".
Gedächtnis weist folgendes Gesetz auf: „Die Quotienten aus Behaltenem
und x im in verhalten sich etwa umgekehrt wie die Logarithmen der
richenen Zeit/' Alle psychischen Prozesse haben biologische Be-
ug, dienen Lebenszwecken. Seele und Nervensystem sind „ein und
" Verband, nur dieser in verschiedenen und auseinander fallenden
BCanifestationswei Seele ist dieser reichhaltige Verband, so wie ersieh gibt
und darstellt für seine eigenen Glieder, für die ihm angehörigen Teilrealitäten -
be Verband, so wie er sich anderen analog gebauten Verbänden.
lentitätstheorie). Es besteht ein psychophysischer Parallelismus,
bselwirkung zwischen Seele und Leib.
er das Gedächtnis, 1885. — Theorie d. Farbensehens, 1893. —
/ur Prüfung geistiger Fähigkeit, 1897. — Grundzügo der Psychologie I,
Abriß d. Psychol., 1908; 2. A. 1909 (vgl. Kultur der Gegenwart 1, G).
le u. beschreib. Psychol., Zeitschr. f. Psych. IX (gegen Dilthcy), u. a.
IOIm'I. Kaspar, Prof. in Gießen, gest. 1004. = Aristoteliker.
., 1638. - Logik, 1G45.
Eberhard, Johann August, geb. 1739 in Halberstadt, Prof. in Halle,
jtehl ;uil dem Boden der Leibniz-Wolffschen Philosophie, die
idigt, dessen Lehren mir soweit richtig seien, als sie
finden sind. (Dagegen Kants Abhandlung „Über eine
772. — Allgemeine Theorie d. Donkons
Hauptwerk). — Vom Begriff d. Philosophie u.
■ G< ehichte <l. Philo«., 1 788. — Sittenlehre der Ver-
Ketaphyaik, 1794. - Bandbnch der Ästhetik, 1803-
KHAKI» E< KHA] 147
1805 (vgl. Theorie der schönen Wissenschaften, 17»;,'. - Maga/in,
1787 — 92. — Philo«. Archiv, 1793—95. — Vgl. FeRBER, D eit zwischen
J. Kant u. i: . 18
Flierl. Johann Jakob, 1737—18 l in Witte Popolarphilo-
soph, Wolffi Standpunkt
3 hriften: Unterweisung in d. Anfangsgründen d. Vemunftiehr«.-. .".. A. L790. —
Der Philosoph für jedermann. 1784. u. u.
EImtI\. FeKa p L826 in Berlin, gest lvM als »Prof. in Breslau. =
Von Schlefcnnacher beeinflußt
n r i t ton: V< ,iuf dem Gebiete des Xaturrechts, 1852. — Über Gut und
1855. — Gedanken über Raum, Zeit u. Ewigkeit, 3. A. l -
Kc-Iiekrntcv» wird als einer der Letzten Pythag genannt
Kckhni-t (Eckenard), Johann, geb. am ha, wnrde Domini-
kaner, Btndierte in Köln and Paris, lehrte dort mit Unterbrechungen, auch in
schiedenen Städten Deutschlands, wurde 130*1 ralvikar, war von l
an in Köln, w< I ren von der Kirche vei gest 1327.
I ist der bedeutendste christlich« Hystiker. Vom Neuplatoiüamus, von
Hu-. Dionysius An i u. a. beeinflußt, auch scholastische Lehren
benützend, will erden Inhalt des Glaubens nicht antasten, sondern vertu
und lebendig zu Gemüte führen. Das Höchste i-t ihm di oigung der
ü ( ;<-tr. die Schauung < lottes durch Versenkung in die Ti< fen der eigenen
- le, in der sich für den, der sich von den Schranken dea I los-
macht, Gott selbst offenbart Unser Erkennen Gottec 5 sterkenntnis
in ans, welche erfolgt, wenn wir uns von aller Vielheil and K ch-
keit abscheiden, am in der Schauung Gottes zu ruhen. Durch ein Nichtwis
erkennen wir Gott . .. N . « . : wir müssen ans aufgi
in •: oiedenheit" gehen, nm mitGott »'ins zu werd< ann
wird Gott in unserer S n, nur er isl und wirkt in uns und wir sind
ich! Die Seelenkraft, welcher dies gelingt, nennt 1 , Fünklein",
in Erinnerung an die „scintUla", als welche die „Synt bei den Scho-
lasti unel wird. Dieses „Licht'' da 5 ht ihr
r alles dial i nnen als Einh
hinan-.
Dei Jen Verhältnis zur Well hat bei E. tn
ind tri
Wendu I r Panenth . I
nicht ala die vor der v;
im und mit dem
die „ungenatui
selber unbekannt. Gott i-t nicht dem, w
All! - - i allen 1 *
in d( ! kommt
I
i
E< khabt — Edwards.
Schaffen ist ein Gebären seines Sohnes, der ein Wort und ein
Bild des Vaters ist Gott ist in allen Dingen wie in den Seelen, in denen er
bien. in allem liebt er sich selbst, indem er alle Kreaturen liebt,
alle nach ihm streben. Ohne Beeng auf Gott sind die Dinge, deren Ur-
. . ewig in Gott waren, nichts, ohne Wesen; ohne die Welt war die
heit nicht Gott Die Selbsten tfaltung Gottes ist also zugleich der (zeit-
Proaefi der Weltentstehung, und wie Gott in seiner Dreiheit immer wieder
-ich als Einheit zusammenfaßt, zu sich zurückkehrt, so kehrt alle Vielheit der
ge zur Einheit und Ruhe in Gott zurück, strebt alles nach dem „Entwerden'1,
nach d- : Vi rgottlichung.
In demütiger Liebe sich Gott hinzugeben, ist denn auch das rechte,
sittliche Verhalten des Menschen; aus dieser lauteren Gesinnung, aus dieser
Gottinnigkeit fließen dann von selbst die guten Werke, die nicht an sich wert-
roll, aber auch nicht zu verachten sind. Die Seele des Menschen ist eine
immaterielle ..Form*- des Leibes, ein ,, einfaltig" (einfaches) Wesen, die in Gott
datierte und zu ihm zurückkehrt. Gott ist Mensch geworden, damit wir
werden, wie wir in Christus alle nur ein Mensch sind und unsere Seele
in ihn m Kräften das Abbild Gottes ist, besonders in ihrem vernünftigen Er-
,cn.
Schüler E.s sind Tauler, Suso, femer der Verfasser der „deutschen
Tbo 11. Jalirh., von Luther entdeckt), Euysbroek u. a.
Die deutschen Schriften E.s finden sich bei F. PFEIFFER, Deutsche Mystiker,
IM. 11, 1&Ö7: 2. A. 1906. — Die lateinischen Schriften z. T. bei DENTFLE, Arch. f.
Liter, u. Kirchengesch. d. Mittelalters II, 1886. — Meister E.s myst. Schriften, hrsg.
von G. Landauer, 1903; hrsg. von H. Büttner, 1903 f. — Schriften und Predigten,
hr»g. ron Büttner, 1902 f. — Vgl. Ad. LaSSON", Meister E., 18G8.
Kclwanls, Jonathan, geb. 1703 in Windsor (Connecticut), gest. 1758 in
aerikanißcher Theologe und Philosoph.
E. lehrt einen von Malebranche und Berkeley beeinflußten, in manchem
Kant erinnernden Idealismus (bezw. Spiritualismus). Die Körper
-■ Existenz, sie existieren an sich nur in Gott, sind nur
' divine power«. Die Körperwelt ist nur ideell („ideal
riff von Ideen nach festen Gesetzen („the law of creating and
if eonstant and regulär"). Alles ist im göttlichen
"r all'~ " all-r-omprehending mind") enthalten. Ohne Gott
' "''■,lt »an« Gott wl der unendliche Raum („Space is God"). Die
„mental Buccession"). Raum und Zeit sind
that the existence of all exteriors things is ideal"). Gott
Vernunft und Wille. Die Beele isl in ihrem Wirken
' mi< Gott, in dem sie lebt, in Verbindung, wird von ihm
istanten, stetigen Schöpferkraft und den. Willen Gottes
nun ist die Selbstoffenbarung Gottes and seiner
I Wahrheit ist nach E. die Gbereinstimmnng unserer
" • consistency and agreement of our ideas with
ontnis führt zu einer Reihe von Antinomien
Edwards - Ehbeni i l&
_l. Eint); bo kann /.. B. die Vernunft nicht begreifen, wie die Wechselwir]
zwischen Leib and Seele möglich ist J>i«- B B Lern
der Inbegriff ihrer Kräfte („the bouI ts oothing besidefl its pt D
Existenz Gottes, die irir annehmen müssen, i-i (wie nach Kant) nicht logisch
zu beweiseii (Primat der praktischen Vernnni
Tagend ist Liebe zum Seienden („true virtae eonsists in Iot< to being in
leral") je nach Beiner Bedeutung, bo daß die Liebe zu Gotl unendlich
Der Zweck des Menschen ist die Ausübung Beiner Kräfte im Di«.
Vervollkommnung, welche auch die Unterblichkeil verbürgt. Moralisch
sind soziale Triebe („moral agents are social agents") und die Gesellschaft
eine Art Stadt, in der Gott und di< Bürger durch Verkehr, Gesprach eon-
lation) und Liebe miteinander vergesellschaftet sind. Lieb«- L.holy Ii
der Kern der Religion.
- hriften: Works, 1829, 184<>. — Selcctions t'ruin Ü.e Uapobhabed WritingsofJ
16. — Vgl. A. V. G. ALLEN, J. i:.. 1880. — CUKTTS, Kantiaai Blema»U ia i. i:.-
Philos., Abi M. Hcinze («widmet, Ml ÜRAGKBV, J. K.s Idealismus, l
EliroiifVK. Christian Freiherr von, geb. 1859 in ßodaun, Prot in P
E. sondere ron Brentano and Bdeinong beeinflußt Das .Begehren"
i, Wollen) ist ein auf «-in Ziel gerichteter Akt, „nämlich entweder auf
die Existenz oder <li«' Entstehung eines Dinges, das Eintreten oder Zutreffen
ein« V ler aber auf die Nichtexistenz oder Vernichtung eines I>in
das Eintanbleiben oder Aufhören •■int-- Vorj Das Begehren ist kein
spezifisches Bewußtseinselement, sondern nur „die - eine relative < tlücksförderung
rundende Vorstellung ron «In- Ein- oder Ausschaltung irgend eines < >1>-
jekts in der oder ans dem Kausalgewebe am «las Zentrum der gegenwärtig
[chvontellung". Der liotivenkampi ist ein spezieller Fall der gelungenen oder
Bistierten allmählichen Ausbildung des Wunsches zum Streben oder Wollen.
1» - MotJyationsgeBetz ist das Gesetz <I<t „relativen Glücksförderung' D
Werl eines Dinges ist seine ,,Begehrbejrkeit". «Wert ist eine Beziehung
zwischen einem Objekte und einem Subjekte, welche ausdrückt, daß das Subjekt
das Objekt entweder tatsächlich begehrt oder doch begehren würde, falls «-von
dessen Existenz nicht aberzeugt wäre". I - gi A „Eugen"- und „Wirkungswerte".
Der höchste amoralische Wert ist das 3 q Dach dem größtmöglichen Wohl
der Gesamtheit. I>a- biologisch-sozial Förderliche i-t das Feste in der Ho-
ralentwicklung. „Gestaltqualitäten" oennt (zuerst 1. p ütive Vorstellui
inhalte, wirb.- tn das Vorhandensein ron VorsteüungBkomplexen im Bewußt-
banden sind, dk ihrerseits m\^ voneinander trennbaien (d. b. ohne ein-
ander rorstellbaren Elementen bestehen".
I tqoalitftSB, \ ierteljahrasclir. f. wineen
— vTsrtthsorie rtefy. t w. Ph„ imi:< r. Von dar Wertd< .-um
\p I t ijrtsai. Pailo«. H. — Zur Paik». «I. Mathematik,
i Otflhle, I t * i. 189S. —
-98. — Üi>< b. W< ■■'■'. Bitaassjsaei l< Ukad. <i
sateh. in Wie», L908. - Bali »nmlen d Nnturphilw». lil
(inin.ll.CK'ritlx d. Btftik, L907. %•
Ehrlich — Elsenhans.
Ehrlich, Joh. Nepomuk, geb. 1S10 in Wien, Prof. in Graz und Prag,
;. = Katholischer Standpunkt, von Jacobi beeinflußt. Philosophie
ist die Wissenschaft vom Übersinnlichen aus reiner Vernunft". Seele und
: sind verschiedene, miteinander in Wechselwirkung stehende Substanzen.
- driften: Metaphysik als rationale Ontologie, 1841. — Die Lehre von d. Be-
stimmung d. Menschen als rationale Teleologie, 1842. — Fundamentaltheologie, 1862 — 64.
Etaler, Moritz, bekannt durch seine „Vorlesungen über die jüdischen
Philosophen des Mittelalters", 1870 ff.
Eisler, Robert, geb. 1S82 in Wien. = Von Avenarius beeinflußt, bio-
hol. Standpunkt.
8i h ri f t e n : Studien zur Werttheorie, 1902. — Die Erkenntnistheorie d. ästhet. Kritik,
Beil. d. Philos. Gesellsch. in Wien, 1902. — Der Wille zum Schmerz, l. c. 1904. —
nmantel u. Himmelszelt (Beziehungen zwischen Mythus u. Philosophie), 1910, u. a.
Bitte, Johannes, geb. 1855 in Göppingen, 1892 Dr. philos. (Tübingen),
-1910 Prof. am evang.-theolog. Seminar in Urach, seit 1910 Ephorus
Anstalt = Theistischer Standpunkt, gegen den Evolutionismus.
Schriften: Grundlinien zu e. Theorie d. Erkenntnis, 1890. — Grundriß d. Philo-
.. 1892. — Friedrich Schleiermacher in „Schmid, Gesch. d. Erziehung" IV, 1898.
Ekpliantos wird als Pythagoreer genannt, der die Zahlen mit den
inen identifizierte.
Eieaten: Philosophen, welche in Elea (Velia) in Unteritalien lehrten
v. Chr.), nämlich Xenophanes, Parmenides, Zenon, Melissos.
Einheit und Unveränderlichkeit des Seins, die Nichtigkeit des Werdens,
Vielheit, des Sinnenscheins ist der Kern ihrer Lehre.
I l< ii(1m iopulo*. Abraham, geb. 1870 in Konstantinopel, Privatdozent
in Zürich = E. mitersucht u. a. die Abhängigkeit der philosophischen Welt-
lanung von den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen. In der
! Bind Form und Inhalt zu unterscheiden, erstere bleibt bei allem Wechsel
teren ("des Lebensgesetzes) erhalten. Die geistige Entwicklung ist auf
1 [tendmachung des Menschlichen gerichtet.
i iften: Die Philosophie als d. Lebensauffassung d. Griechentums, 1898. —
Krit. I reinen rechtlich gesetzgeb. Vernunft, 2. A. 1898. — Die Sittlichkeit, 1899.—
• u. Philo«., 1900 f. — Einfuhr, in eine Wissenschaft!. Philos., 1906. —
_' A. 1908. — Das Schöne, 1905. — Eechtsphilos., Soziologie und
-, u. a.
I li-«lM- Sohule: Die von Phaidon aus Elifl (s. d.) begründete Richtung,
Menedemofl und Asklepiades gehörten.
Rl>m, Adolf, geb. 1855 in Elberfeld, gest. 1895 als Prof. in Marburg.
btt die Ptychophyiik, 1886. — Die Deutung des psychophysischrn
Ge^L ... Monatshefte, 24. Bd., 1898.
l.NciiliaiiH, Theodor, geb. 1862 in Stuttgart, Prof. an der Technischen
len.
!.. di „Wissenschaft rom sittlichen Bewußtsein". Es
Ij.-INH W- EmPEDOKI
ein absolutes Sittengesetz, dessen Äußerungen aber der Entwicklung unter-
liegen. Die Wurzel der sensanfiernng in der unprünglichen
Menschennatur. Das Gewissen isi sittliche Bewußtsein in der An-
wendung auf sein eigenes Subjekt oder in Beiner reflexiven Anwendung
unbedii trolle liegt objektiv in den höhen ibjektiv
in den daran sich knüpfenden Gefühlen. — Wahrheitskriterium i-t das
! gefühl, <la< mit dem Vernunftglauben sich verbindet I>i- Psychol
rarbeü zur Erkenntnistheorie, die ihr Augenmerk aui die Bezieh
von Subjekt und Objekt richtet Das A priori wird a posteriori (durch im.
Erfahrung erkannt
Schriften: Psychologie u Logik, 1890; 4. A. 1903 (Sammlung Göschen). —
-en und Entstehung des Gowiseens, 1894. — Selbstbeobachtung und Kxperiinent in
<ler Psychologie, 1897. — Fries und Kant, 1906. — D. Aufgabe c. Psychol. d. Deut
. Tita Rassentheorie, 1904. — Cbarakterbildui.^. 1908, u. s.
Uvcnich. P. •'.- geb. 1796 in Embken, _ - Prof. in Breslau.
= Anhäi
S hriften: 1 > i * - Moralphilosophie, 18
Kmor^oii. Ralph Waldo, _ Boston, eine Zeitlang Geistlicher,
i ( ioncord
I'.. \ «rt ritt den „transzendentalen [dealismus" im Sinne einer Bpiritua-
Listiscb gefärbten Weltanschauung, nach welcher der I las W< -
Dinge, das Körperliche, «In- Natur nur Erscheinung ler Mittelpunkt
der Natur, der Bich in uns offenbart In allein offenbart uch < ; « » 1 1 . i
Universum i-t roll Leben, all- Dinge haben einen „moralischen Zweck".
„Überseele" umfaß! räum- und zeitlos alles; die Web ist „das ewig «rührende
Wunderwerk d - Im.' Seele -«haut beständig voraus, eine Well vor
Bich erschaffend und Welten hinter Bich lassend." „Unaussprechlich i-t die
und des Menschen in jedem Akte der Seele."
hri ften: Works, 18* lentseh 1904 t. - mv,
Bibl., H — I ' B. Sah dbobn,
— 1 H GARD, !•: . I
lliii|M'(Iokl<'«» von Agrigent, geb. um 483 v. Chr., durch» hiedene
der als Sühnpriester und Redner, als «rundertätig berühmt Dis ihm
von -einen Mitbürgern angebotene Königs würde -"II er ausgeschlagen hab
\ leiner Vaterstadl verbannt, durfte er im Peloponm n; sein
: wurde sagenhaft imückt. -<> -"II er Bich in den Krater dea Ätna
ir/t haben, u. dgl.
I . _• hört / n den jüngeren griechischen Naturphilosophen. weJ
insgesamt eine Vielheil de- Seienden annehmen. Wie die Kleaten betool
daß es ein eigentliches Werden □ Entstehen an- und ein Vergehen
nichts nicht gibt, sondern nur Mischung und Entm
i len. Wai sich rerbindel mal trennt. I l eme d I
bei !.. „Wurzeln" D heißen und die Belbei unveränderlich
sind: Feuer, laut. Wasser und lade. In. Kräfte, welche dem i
Empedokles — Engels.
gründe liegen, sind Liebe oder Freundschaft (tpiXöxrjg, g-dia) und Haß oder Streit
sprünglich sind die Kiemente in einer Kugel (oyalgog) miteinander zur
eit vermischt, da gibl es, indem die Liebe herrscht, nur Buhe, keine Vielheit
einander entg seteter Dinge. Durch den Haß erfolgt die Bildung von Einzel-
;i. ja die Trennung kann so weil gehen, dal > nur Elemente ohne Komplexe
ren. bis dann die Liebe wieder überwiegt, zur Bildung von Ding-Komplexen
und >chließlieh wieder zum Sphairos führt — ein Prozeß, der sich unendliche
Male wiederholt Der Sphairos als solcher ist göttlich; denn Gott ist kein
- henahnliehes Wesen, sondern die (zugleich geistige) Welteinheit.
Durch Verbindung der Elemente sind auch die Organismen entstanden
und zwar gingen aus der Erde zuerst die Pflanzen, dann die Tiere hervor. Erst
traten, indem einzelne Teile (wie Augen ohne Gesichter, u. dgl.) sich einseitig
ausbildeten. Mißgebarten auf, die nicht lebensfähig waren und verschwanden,
wahrend andere Organismen sich erhielten (Vorahnung der Selektionstheorie).
i die Pflanzen besitzen Empfindung und Streben. Die Sinneswahr-
iir Innung beruht darauf, daß von den Dingen Ausflüsse (äjzoQgoa!) ausgehen
und in die Poren (nögot) der Sinneswerkzeuge eintreten, wo sie sich (beim
Sehen) mit den aus diesen kommenden Ausflüssen begegnen. Gleiches wird
durch Gleiches (in uns) erkannt. Wärme durch Wärme usw. (f) yv&oig xov
v niiouo). Die Seele muß wegen ihrer Schuld im Zustande der
Präexi-tenz durch verschiedene Leiber wandern (ti]v ipv%r}v TiavioTa el'di] £<pa>v
y.nl 9 riv,r frdveo&ai). Es ist dies ein Anklang an Lehren der „Orphiker" und
E eer. Durch Reinigungen muß sich der Mensch zu einem höheren
Zustande erheben.
Pseudo -Empedokles: Eine dem Empedokles fälschlich zugeschrieben o
Schrift über die Elemente hat im 10. Jahrh. ein Araber aus Cordova, Mohammed
S£< sarra, Dach Spanien gebracht und diese ist in lateinischer Übersetzung
lern 12. Jahrhundert öfter zitiert worden. Aus der von Gott geschaffenen
I rmaterie emaniert der Intellekt, aus diesem die Seele; die Einzelseelen sind Teile
Welteeele, aus der die Natur hervorgeht.
\ "Fi seinen Schriften: Tleoi <pvotwg und Kadag/ioi sind Fragmente erhalten.
Ngl. DlELB, PoStaram philos. fragni. Fragm. der Vorsokratiker I. — H. STEIN,
1852. Winnki i;ld, Die Philos. d. E., 1862.
Fim«»l. Johann Jakob, geb. 1771 in Parchim, Lehrer in Berlin, Mitglied
da Akademie, Oberdirektor des Theaters, gest. 1802. = Popularphilosoph,
',-— " Aiit-;ir/,. im ^Philosoph für die Well-' (Herr Lorenz Stark u. a.) sehr
orden lind.
fton: Jjer Philosoph für die Welt, 1775, 1777 (auch in der Univ.-liibl.).
Ml Mimik, 1786 HG. — Memoire «ur l'orig. de l'ideo de Ja ibrce,
dar Kraft aus der MoakolampflndaDg). — Schriften, 1803—7, u. a.
■"-«!-. I edrieh, 1820—1895.= Mit K. Marxhat E. die „materialistische*1
1 ; chtaautfaasung begründet (s. Marx). Die ideologischen"
Religion usw.) reagieren aufeinander und wirken auf
icl o dai Bchliefilicn der Mensch aktiv seine Yer-
el Epik i i
- hriftcn: Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen Philosophie, I
— Der Ursprung der Familie, des Privateigentums u. d, \. 1894
kommuniemupi. — Herrn E. Dfthringi ' 'mwiüzung d. Wissenschaft („Anti-DfihriBg"), lv
\. 1*94. — Die Entwicklung d. SosUEtmtU, 1883; 4. A., 189G. — Brief«, in:
itlistischo Akademiker, 1895. — Vgl. W. BOMBABT, Fr. F.. 1895. — 1'. Mr.H-
EHNG, -Aus dem litcrar. Xachlal' von K. Marx, Fr. K. u. F. Lasialle, 1
Em-iqu«»«». vTl. Prof. der Mathematik in Bologna, =
\ . b I . sind der subjektive und objektive Bestandteil der Erkenntnis nicht
dnzible Elemente «Irr Ehrkenntnis, sondern verschiedene Aspekte dersel
Das objektive Element ist überall da, wo eil i »ereinstimmung dei v
sieht" vorhanden ist. Unser Glaube an «In1 Realität eines Dinges Betzl i
»amtheil von Empfindungen voraus, die ans gewissen, willkürlich hergestellten
Bedingungen in unveränderlicher Weise folgen, ferner eine assoziative Beziehung
zwischen Empfindungen. Der Charakter der Wirklichkeit besteht in der
I bereinstimmung der Empfindungen mit der gewollten E Wartung". D
Wirklichkeit ist „eine Invariante in dem Verhältnis zwischen Wille
und Empfindungen".
riften: Problemi della scienza, 1906 ; deutsch 1910, u. a.
I i»i< liarinoN. geb. um gest um 160 in Syrakus. Komödiendichter.
Von ihm sind auch manche philosophische Aussprüche bekannt.
i. ritten: Fragmente, L834 - Vgl. 1 > 1 1 i - . Vonokratiker 1.
Fpiktct aas Rierapolie (Phrygien), Sklave des Bpaphroditos in Rom,
dann Freigelassener; 94 n. ehr. aus Rom verbannt, lebte er in Nikopc
wo er viele Schüler hat - in« Reden hat sein Freund Arrianus ans Niko-
medien aufgezeichnet: luxxQißcU (dissertationes), B Bücher, davon i erhalten,
und 'F.y/nnihim (Manuale, Bandbüchlein); beide zusammen 17'.'
deutsch 1866, das „Handbüchlein" auch in der Univ.-Bibl. u. bei Kröner.
I . ist ein Stoiker, der in manchem den Cynikern verwandt ist und d< -
Lehren teilweise auch an solche des Christentums erinnern. I>i<- Philoe
teht nicht im blöden Wissen, sondern in Lebensweisheit; im i-i« -li t : _
Handeln bewährt sie sieh. Anwendung ■ <1. i- ( trundsät» im Leben ist die Haupt-
sache. Weise sind wir nur. wenn wir der Natur folgen und das, was in uns«
Gewalt i'v steht, was nni frei und stark macht, kennen, in ans selber
anser Glück suchen. „Hältst du aber nur das Deine rar dein eigen, das Fremde
aber rar das, was es auch ist für fremd, so wird niemand je dich zwingen,
mand dich hindern . „Wenn du nun allein dem auszuweichen Buchst
naturwidrig ist und mgfafoh in deiner Macht steht, so verfällst du überhaupt
nicht in etwas, wogegen du Abneigung empfindest." Nicht die Dingt »el
nur onaere Vorstellungen von ihnen machen ans glücklich oder unglücklich,
inruhigen ans. Vernunft und Witte lassen ans den rechten I ran
unseren Vorstellungen niachen. \\ ;.-. wir sieht ändern können, i wir
ruhig hiiin.lnn.il. (inte* und s-hl«rhtt-». Ülei ist schließlich -
1 1 1t . der der Vatei der Menschen ist, von «!«-■■■ un>. - um
und mit den wii It sind. „Aushalten und
Epiktet - Epikitros.
enthalten' v xai ebr^ov) ist die große Devise. Wir müssen uns in den
Willen der Gottheit Bchicken und nicht über das grollen, was naturgemäß ist.
lichten gegen unsere Mitbürger und gegen den Staat werden wir erfüllen,
auch die ganze Welt unser Vaterland ist und wir alle Brüder, als Kinder
- sindjallgemeineMensehenliebe, Wohltun gegenüber jedem ziemt demEdlen.
BONHÖFFER, E. u. die Stoa, 1890. — Die Ethik des Stoikers E„ 1894. —
S< iiKANKA. D. Stoiker E., 1885.
Epiknros. geb. 342 oder 341 v. Chr. in dem Athenischen Gaue Gar-
gettos [oder in Samos?) als Sohn des Lehrers Neokles, wurde in Samos erzogen,
war dort Schüler des Demokriteers Nausiphanes, lehrte in Mytilene und
Lampeakos und begründete 306 eine eigene Schule in Athen, in einem Land-
aus Garten die Statte der Unterredungen der Epikureer bildete, die
zu einer Art Freundschaftsbund sich vereinigten und eine heitere Geselligkeit
,■!). die von den Ausschweifungen, die spätere „Epikurerer" berüchtigt
machten, nichts aufwies, trotzdem auch Frauen dazu gehörten. E. starb 271
Zu den Epik r, rem gehören: Metrodoros aus Lampsakus, Her-
bes, Polyainos, Timokrates, Kolotes, Polystratos, Apollodoros, Zenon von
von Tarsos, Philodemos, T. Lucretius Carus u. a.
Von den vielen (angeblich 300) Schriften des E. sind nur Fragmente er-
hallen, außerdem eine Zusammenstellung der Hauptlehren in der Art, wie sie
inen Schülern zum Auswendiglernen gab (bei Diogenes Laertius X). Frag-
mente aus den 37 Büchern jtsgi cpvoscog sind seit Ende des 18. Jahrh. aus
Papyrusrollen in Herkulanum veröffentlicht worden : Herculanensium voluminum
Bupereunt, I, 1793—1855; II, 1861— 187G. Epicuri Fragmenta, ed. Orellius,
i - ener (Epicurea), 1887.
E. erneuert einerseits die mechanistisch-atomistische Weltanschauung Demo-
anderseite die Ethik der Kyrenaiker. Bei ihm ist die Philosophie
ttißche gerichtet, sie soll uns eine gesicherte, von aller Unruhe und
allem Drucke des Aberglaubens freie Lebensauffassung geben; sie ist Vernunft*
volles S i nach Glückseligkeil (tqv (pdoaocpiav etvat Xoyoig xai dtaXoyiOfxolg
\cUfiora ßlw neguioiovoav). Sie gliedert sich in Physik, Ethik und
Logis und Erkenntnislehre), die Lehre von den Normen {xävcoveg)
der Wahrheit und Wirklichkeit. In der Erkenntnislehre ist E. Empirist, ja
1 Basis aller Erkenntnis ist die unmittelbare Gewißheit, Evidenz
~ mim -Wahrnehmung, aus der alle Begriffe entspringen (at
t&v alo&fjc y6vaoi . . . nag yag Xöyog djtb xä>v aloOrjoecov
Di< Wahrnehmung ist immer wahr, sie kann durch nichts wider-
denn auch die Vernunft muß, um etwas als wahr zu erweisen,
rnehmung rekurrieren. Die Wahrnehmung und deren Evidenz ist
las K der Wahrheit, das Gefühl das Kriterium des Handelns. Inso-
tellungeB uns erregen, haben sie ebenfalls eine Wirk-
ellung {nQÖXtjtpig) definiert E. als die Erinnerung an das
»mmene {xa&oXixrjv vdrjoiv ivanoxsifiivrjv, tovreatt [j,vr}fj,rjv
Durch die Portdauer der Eindrücke in uns
Kpiki : 155
die Meinung oder Annahm« e nach dem
/ ignia der Wahrnehmung) richtig oder falsch ist I ber [ndnktion and
Analogie findet sich bei Philodemofl // ■• •■■
Gomperz, Berkulanische Stadien I. 1865) manches Bichl
In der Physik bei !. Demokrit), dafi ans nichts nichts wir«! und
daß nichts zu nichts wird. Alles Wirkliche ii - nicht der !• re Raum
körperlich (Materialismos): ro xäv icvt o&pa. Ein Körper ist das drei-
dimensional Ausgedehnte, Widerstand Leist
Ti-.-Tt<u~r. di< Körper rerbürgl ans die Wahrnehmung
Bind Komplexe [ovyxQtoeie) von Atomen Die
aften der Atome, deren An/ald (aber oicht Formen) anendlich sind, Bind
•alt und Schwere (ßaQoc). Allee in der Well geschieht Btreng kansal,
rein mechanisch, ohne Eingreifen übernatürlicher Kräfte und ohne Zweck-
arBachen. Anfangs bewegten >i«-li die Atome mit gleicher Geschwindigkeit
durch den teeren Kaum vermöge ihrer Schwere in gerader Richtung, dir ihnen
natürlich i-t („ferri deorsum buo pondere ad Lineam, hone oaturalem i
omnium corporum motum", Cicei inib. I. Mannigfaltigkeit <\i-
benenn und dir Bildung ron Atomkomplexen erklärt E. durch die An-
nahme einer willkürlichen (zufällig ingen Entfernung vom geraden Falle,
lurch die Atome zusammenstoßen, Wirbelbewegungen and Körper (bezw.
Welten) entstehen i &xo/m ■■ xaxa ota&priv
y.'/.inir. „Declinare dixit atomum perpaulum, quo nihil posset fieri minus; tte
'efficj complexiones et copulationes et adhaesiones atomorum inter s
<\<- tiniii. I. L8; „decellere paulum", Lucrez, de rer. nat 11,217 eclinand
II. i Raum muß anendlich sein, unendlich i-t auch di»' Anzahl der
Welten i x6of*ok SxstQol eloi end welche Vbrsehu
oder Zweckbestimmung L;il»i es nicht; auch da- Zweckmäßige i-t Produkt i
\\' thanismuSj da- GrhaltungBgemäße. Die <i'">tter kümmern rieh nicht um
den Laut der Welt and um dir Schicksale der Menschen, erhaben über alles
Leid führen Bie ein seliges Leben in den „Intermundien" (Zwischenwi
bestehen au- den feinsten Atomen. Wir haben Bie nicht zu Fürchten, -«'ml. tu
ehrfurchtsvoll zu bewundern.
I» Orj inismen Bind durch Urzeugung entstanden (Lucrec, de rer. nat
II Die 8 i< materiell, eine au- feinsten Atomen bestehende, den
I. i> durchdringende Bubstanz {p&pa l
dtaq i~<> die Seelenatome Bind von d< men
rerBchieden; rgL Demokrit Die Seele enthält
I i asterblichkeil gibt es nicht, Bondern nach dem I
treuen sich die Seelenatome. Der Tod braucht ans nicht tn kümmea
denn wir Bind dann nicht mehr da und Bolange wir leb r Tod i
da i ro, Tuac. disp. I u. < lato maior ls. i
Di< Empfindung erklärt i:.. ähnlich wie Demokrit, dorch .. \u-tln--.-- und
Iderchen . „rerum limuli welche von dt i {
rm« u und durch die Luft rat - gl. Luci IV
Epikukos — Erdmann.
<. Von der (motoriBchen) Vorstellung geht der Wille aus (Liiere/.
de ler. nat [V, B78ff.)« Eine psychologisch-ethische Willensfreiheit be-
(xo .tu<j i'jfiir lidto.ioTO)), indem das vernünftige Handeln unser aktives
Werk ist („sua cuiqoe voluntas principium dat", „esse in pectore nostro quiddam
qnod contra pugnare obetareque possit", Lucrez, de rer. nat. II, 266 ff.).
Die Ethik basiert E. auf das Prinzip der Lust, also auf den Hedonismus»
-• sl Prinzip und Ziel des glücklichen Lebens (rjöovijr ägx*)v xal xelo>
im» rtnu rar fioxagitog :>))•) ; sie ist das erste, unserer Natur gemäße Gut
■yaiiöv txqwxov xal avyysvixov eyrcoxev). An sich ist keine Lust
schlecht ovdefua y.alV eavxijv ydor?/ xaxör). Ein wahres Gut ist aber nur die
Lost in der ßuhe (xataorijfiazixr} ySovy), jene Lust, der keine Schmerzen folgen,
.Lim das Fehlen von Unlust, Schmerz u. dgl. ist das eigentliche Ziel (fit'jxe
nojiut, in'jie raoaneoüai natu y>i'/jjv. — xovxov yäg %agiv äjiavxa
MQaxjOfuv, ojcoig u/jt' aXywfisv ut)re xagßco/ner). Die Abmessung (ov[i/uhg)]otg) der
Lust und deren Folgen ist Sache der rechten Einsicht ((fgör>]ocg), ohne welche,
als d tliche Tugend (Maßhalten usw.), ein glückliches Leben nicht mög-
lich ist. Die höchste Lust ist die geistige (ovxcog ovv xal jusi'Covag qdoväg etvat
vz*fc). Die Begierden zerfallen in natürliche (qvotxai) und nichtige
(xtraf); von den ersteren sind einige notwendig. Auf die Pflege der Freund-
schaft wird von E. großes Gewicht gelegt. Der Staat beruht auf Vertrag zum
Benutz gegen Feindseligkeiten und Übergriffe, ebenso das Recht, welches
nicht von Natur aus existiert (ovx riv u xati* eavxb öixaioavvi], äXX 7) ev xalg
■/././//.<»)■ ovfjiipoQCug — xo yug xrjg (pvaeo)g ölxaiöv ioxe ov/iißokov xov ovfMpegov-
zxetv allrjXovg /d) de ßlä:zxeoßai; vgl. Lucrez, de rer. nat. 947 ff.).
Der Weise halt sieh möglichst fern vom politischen Leben {lade ßicooag).
36ENDI, De vita, moribus et doctrina Epicuri, 1647 (Erneuerung der
Atomistik, vgl. Gassendi). — KREIBIG, E.s Persönlichkeit u. s. Lehren, 1886. —
11:. Kpicurea, 1887. — Verschiedene Abhandlungen von TtT. GoMPERZ. —
LU, La morale d'Epicure, 2. ed. 1881. — A. V. Gleichen-BuSSWURM, E.'s
l>l»iiii<'nid<>* von Knossos (Kreta), Weihepriester zur Zeit des Solon,
:'l~ V einer „Theogonie" genannt. = Als Welterzeuger traten hier Luft
nnd Nacht auf, aus denen der Tartaros und das Weltei hervor-
DlELS, Sitzungsberichte d. Berliner Akad., 1891.
Frei mann. Benno, geh L86J in Guhrau, Prof. in Berlin.
1 - aUem als Logiker bekannt. Erkenntnistheorie ist die Wissen-
deren Aufgabe ee ist, die allen Einzel Wissenschaften gemeinsamen Vor-
über die materialeu Grundlagen unseres Erkennen! zu untersuchen.
. -: • allgemeine Wissenschaft von den Arten und der Geltung
üonen, d. i. den formalen Voraussetzungen, die allem •rissen-
n zugrunde Hegen". Sie abstrahiert aielri von allem Denk-
' fchologie, keine Tatsachenwissenschaft, sondern „die
normative Wissenschaff von den methodischen Voraus-
Kill 'MANN.
ungen des ihaftlichen Den! Ihr Mai'.-tal> ist das „Ideal durch-
r Allgemeingültigkeil oder Wahrheit". Nach der „Einordnungstheorie"
(einer Abart der [nhaltstheorie i-t du Urteil eine „Glrichheitsbeziehung der
Einordnung" und fei gültig, wenn das Prädikat aki [nbaltsbestandtei] da
Subjekt« vorgestellt werden kann „Logische Immanenz*' Dave
Urteü ist <lie durcli den Satz sich rollziehende, durch die [nhaltsgleichheit der
materialen Bestandteile bedingte, in logischer [mmanenz i stellte Ordnung
eines Gegenstandes in den Inhalt eines andern.*4 Urteile ü)><t Urteile Bind
orteUungen". — Die Axiom«- der Geometrie sind empirischen Ursprui
(induktiv). Nur Bofern die Etaumvorstellung durch psychische V. er-
zeug! wird, i-t rie apriorisch. Unsere Urteile beziehen sich aui ein Trans-
zendentes) welches aber nur symbolisch, vermittelst der Phänomene erkannt
wird, ebenso der postulierte dynamische Zusammenhang. I)if Außenwelt als
Phänomen is1 ..nur ein besonderer Ausschnitt ans unseren] vorstellenden I'.
wußtsein".
Die Dualität der Erscheinungen i-t unaufhebbai steht aber zwischen
Psychischem und Physischem keine Wechselwirkung, sondern ein Parallelis-
mus. Psychisches und Physisches sind koordinierte Erscbemungsreihefi des
- • öden, das die kausale Grundlage der Innen- wie der Außenwelt bildet, in
im--:' Be? ißtsein". ..I>;t- Mechanische ist das von außen erfaßt S sehe,
das Seelische das von innen erfaßte Mechanische unseres Körpers." Alles
L gl seelisch, alles Geschehen auch psychisch („Doppelnatur"
- wird der Panpsychismus ein „phänomenologischer Dualismus aui monistischer
Ein Teil des psychischen Geschehens i-t unbewußt. 1- gibt
«•in „erregtes" und „üb Unbewußtes. l>i' Gedachtnü sind „unbe-
wußte Bedingungen möglichen Bewußtseins". Mit dem vorliegenden Bewußtseins-
bestande sind „unbewußt i Gedächtnisresiduen" verflochten Assoziation,
gpn chen Lesen usw . .
•ritten M. Knutzen, 187tj. kau:- Kritizi-niuo, lr-77. Dm Axiom« dar
— Zur The«>rio «I. Apperzeption, Viertelj;ihrssclir. t. wi--. Philo«, X
- Die psycho!. Grundlagen der Beaehnngen twiaehen Sprecht! und Denken,
11 — 111. - i'-; .. <l. Denken«, Sigwtrl i •••-•- hrift; I. I •
hol. Untenachnngen ober dai Leaen, 1898 (mit
Dodge . tl. Kinde*, 1901. - mg d K
W\ iel ifl i •• Bypothentn Iber Leib 1907 n. a.
i:i «liiiaim. Johann Eduard, geb. l^1"» in Wolmar (Livland), Prof. in
Halle, |
I'.. m Begebenen „Rechten" (beew. zur „Mitte") und vertritt stn
die dialektische Methode; freier isl er in sein« . i«h t .* der Philosophie, die
in der neuen Bearbeitung viel benutet wird, i1 mmenhang von Leib und
le besteh! darin, „daß • ■- ein und dasselbe Wesen i.-t. u.l<!
faltiges und Außen darum der Außenwell V und ihr Aui-
bloHsenea Leib, ab I und innen ii anente Zw«
die Mannigfaltigkeit ideell tetst und durchdi
theoi
Kkpmaxn — Erhardt.
Schri ' rleaungen über Qlauben u. Wissen, 1837. — Seele u. Leib, 1837;
Natur oder Schöpfung, 1840. — Grundriß d. Psychologie, 1840; 5. A.
- Grundriß d. Logik u. Motaphysik, 1841; 5. A. 1875. — Vermischte Aufsätze,
Psychologische Briefe, 1851; 7. A. 1896. — Philos. Vorles. über d. Staat,
Grundriß d. Geschichte d. Philosophie, 1866; 4. A. 1896 (bearbeitet von
m Sohne Benno Erdmann).
Ereiiuios (Herennius), Schüler des Amnionitis Sakkas, Neuplatoniker.
ihm zugeschriebene Schrift sie ta iisrä rä yvoixä stammt erst aus der
Renaissance-Zeit.
Vgl. E. II KITZ, Sitzungsber. d. Berlin. Akadem. 1889, S. 1167 ff.
Eretriker heißen die Philosophen der Elischen Schule (s. d.), nach der
Stadt Eretria, wo Menedemos und Asklepiades lehrten.
lähardl. Franz, geb. 1864 in Niedertrebra, Prof. in Eostock.
L.. der von Lotze beeinflußt ist, tritt für das Eecht einer kritischen
aphysik ein. Die Ans.chauungsf ormen (Eaum und Zeit) sind als
Bolche Bubjektiv. Der (aus der inneren Erfahrung stammende; Begriff der
Kausalität hingegen ist das letzte Prinzip der Erklärung alles Geschehens.
Körper weit ist (als Materie) phänomenale Erscheinung. Die Kräfte
Bind das An sich der Materie, sie haben „absolute Realität", sind die eigent-
lichen Substanzen; sie sind immateriell. Alle mechanischen Vorgänge sind
Leimingen d y n am i scher Prozesse. Der Dynamismus schließt die (imma-
ologie als Teil in sich. Es gibt nur „causae efficientes", von
i al»er ist ein Teil teleologisch; der Zweck wirkt nur durch eine Kraft
(Willenskraft), nicht als ein Zukünftiges. Schon in der anorganischen Natur
gibt es Kräfte, welche auf die Erreichung eines bestimmten Zieles hinarbeiten
In den Lebewesen gibt es „spezifisch organische Kräfte" und der
reibet ist durch planvoll und zweckmäßig wirkende Kräfte gebildet,
die im befruchteten Ei selbst liegen und ohne Bewußtsein wirken.
In der Körperwelt geht also alles im weiteren Sinne mechanisch zu, d. h.
all«- Veränderungen in derselben sind Bewegungen. „Aber weder geht alles im
Sinne mechanisch, noch physikalisch-chemisch zu. Denn die Gesetze
gen oichts aus über die Beschaffenheit der Materie, des Subjektes
nd iilx-r die Qualität der Kräfte, durch welche Bewegungen
I werden sollen." Die Geisteswissenschaften untersuchen die
nlassungen c Bewegungen. Eine Erklärung sämtlicher
ohne Berücksichtigung psychischer Faktoren ist unmöglich
!)'• Theorie d< ihophysischen Parallelismus). Die
ii Leib zusammensetzen, stehen mit der Seele in Wechsel-
• neu Natui kausalitäl ist nur ein«' petitio
l anfachen Autinomienlehre, 1888. — Mechanismus und Tcloo-
Prinzip d. Schließen^, L891. — Metaphysik l:
Iwirknng zwischen Leib u. Seolo, 18*J7. —
I Ldealiimus, i 900. — I)üh hi-t«.! i ■
i im Lichte der Kritik, 1<K>8.
Ekhardt E» HENMA^ I
Erliardr. Simon, geb. 1776 in Ulm, Pro! in Erlangen und Hei
= Schellingian<
Schriften: Philos. Enzyklopädie, 1818. — Grundlage der Ethik, 1821. — Bin
in d. Studium d. gesamten Philosophie, u. a.
Erio Beiricus) von Au , studierte in Fulda, begründete im
1 rmain zu Auxerre eine Schul«-, geet tun 881. I -• n zur
peeude-augustinischen Schrifl I goriae", die V. Cousin publiziert hat (In:
- ineclits d'Abelard). = E. erblickt in nominalistischer Weis* in
[Jniversalien (Gattungen) nur sprachliche Zuaammenfaasungen.
Vgi. II \IJ: KAI . Histoire de la philos scolastiqur 1.
Ertettker b. M< gariker.
Ertagena ' i S tu*.
Krinolao Barbaro -. Barbar
IN<h<'mii;i v< r. Karl Adolf, geb. 1786 in Neuenbürg Württemfo
In Kirchheim.
E. i-t vi»u 8chellin| h dann aber (unter dem Min 1 1
von Jacobij einer Bupranaturalistischen Olaubensphilosophie zugewandt Vom
Wissen ist zum Glauben, zur „Nichtphiloeophii
Gute, Wahre usw. unmittelbar ei wird durch innen Offenbar
dun S bauen erkannt. In im- deT Maßstab
für Natur und Leben, <t überl a und i'y\
auf die Natur. Die Kategorien sind durch die rationale Psych
[chheil zu deduzieren. In dem Grundgesetz d S bstbewul
Form schon mit di i >en und on ihm aus erhält der logische
ine Kategorien, . 'undamental r dann
auf die ihm anderwärts her dargebotene Materie di a I Denkens anwendet" Psychol.
Dil Ide< ii sind „Urtypen, die vor allem Einzelnen und Wirk-
lich« tnden haben und dir das Einzelne, Wirkliche o und ihm ihr
Wesen leihen". Die Natur i-t ein Reflex d< ha-\\
jin-11 d< ..Im Worl ist die Allweisheil und Allmacht, ihre « i
bam Schöpfung, und in ich der < l
und der Natur . . . Allen ah n Plan zur Entwicklui .
turphil« - Id. . ii d< - Wal - bönen und '
nheiten, in der S
Abbild« ler difl t", im £
ndividuelle i all bilden die I
ionen'1. „Im < I i-t da« I '] ei< im 1 bt, im \
Leiblichen Bind beide im <
..nur der dii In der Mitte d< r W
üttlichei '
alle phj »ich ihr»
und
und ii darin, \\
rollkommenheil in i
ESOHENMAYEB EüOKEN.
- hriften: Sätze aus der Natarmetaphysrik, auf chemische und medizinische Gegen-
wandt, 1797. — Die Philosophie in ihrem Uchergange zur Nichtphilosophie,
;u\ 1817. — System der Moralphilosophie, 1818. — System des
1 S 1 0 — 20. — Religionsphilosophie, 1818 — 24. — Grundriß der Natur-
- :.i \ 18S8. — Grundzüge der christlichen Philosophie, 1840, u. a.
I Soiibeck b. Ni
Cfiplwnnj Altml. geb. 1844 in St. Florentin, Prof. in Paris. = Die Ge-
schäft ist nach E. eine Art Organismus, ein Individuum, ein „lebendiges
1 U vrußtsein oder ein Organismus von Ideen''. Die Gesellschaft ist eine Kooperation
von Individuen, ,.un concours permanent que se pretent pour une meine action
- individus vivants, separees".
- hriften: Les societes animales, 1877; 2. ed. 1878 (auch deutsch, 1879). — La
- phie experimentale en Italie, 1885. — La philosophie sociale du XVIllmo Siecle
8, u. a.
|] ii 1)11 Udos von Milet, Vertreter der Megarischen Schule, als Dialektiker
knnnt.
Verschiedene Sophismen (Fangschlüsse) werden ihm zugeschrieben. 1) Der
evS6f*evog): Ein Kretenser sagt: alle Kretenser sind Lügner. Also
-elbst eine Lüge. Also sind nicht alle Kretenser Lügner.
Oder: Wer ein Lügner ist und hierbei zu lügen erklärt, lügt und spricht zu-
ich die Wahrheit. 2) Der Verhüllte {eyxexaXvfÄ^svog) oder die Elektra (ähn-
lich): Kennst du diesen Verhüllten? Nein. Es ist dein Vater; also kennst
du deinen Vater nicht. 3) Der Kornhaufe (Sorites): Wie viel Körner machen
en Haufen? Ähnlich der Kahlkopf {(pa)MQxog): Wie viel Haare müssen
ausfallen, bis man ein Kahlkopf wird? 4) Der Gehörnte (xsQativrjg) : Hast du
Hörner verloren. Xein. Also hast du sie noch, du bist gehörnt.
DlOGEX. La i;in\ II.
Eacken, Rudolf, geb. 1846 in Aurich, seit 1874 Prof. in Jena.
E. Lehrt, unter dem Einfluß besonders von Plato und Fichte, einen ob-
en rdealismus als Weltanschauung, der aber nicht intellektualistisch
»ndern auf selbständige, aktive Gestaltung des Lebens gerichtet ist (Akti-
Ee ist ihm überall um eine Erhöhung des Lebens zu tun, um
n Standpunktes, von dem aus das Leben Sinn und Wert
indem es als in einem universalen Geistesleben verankert er-
/•i dem es sich aktiv im Kampfe gegen alles bloß Naturhafte und
erheben hat. E. gehl nicht von der Bsyche des Einzelnen, nicht
I idern „noologisch'1, vom geistigen Lebensprozeß und großen
tenhängen aus. Da« „Geistesleben" umspannt Gott und Welt,
in einer selbständigen, übergeordneten Einheit. — Die
Z sammenhange vod Lebensanschauungen und Lebenstendenzen
teme" oder „Syntagmen". Di<- Einseitigkeiten derselben,
UektualismuSjÄsthetizismus, werden von E. scharf beleuchtet.
Kultur muß dem Menschen eine selbständige Stellung in
An des Seins, eine Erhöhung seines Wesens, eine
die aber Natur und Intellekt hinausfuhrt in das
EU< ki.n - Ei DEMOS. 101
Reich des Geistes und seiner Werte. Das Geistesleben mnfl in uns immer
voller und reiner zum Durchbrüch kommen, unser Leben mmvoU erfüllen, ans
erhöhen und vom Druck. • <k-< Daseins, des [chs befreien.
Der bei sich selbst befindliche Lebensproeefl ist Geist Dieser •
fuia -einem Schaffen eine neue Wirklichkeil und will die lern 1.
<l;iniit umwandeln". Im Bchaffenden Geistesleben erfolgt ein „Aufsteigen der
Wirklichkeit zu einer innern Einheit und zu voller Selbständigkeit". Durch
Kampf und s. li»-i tat i-k.it nrafl die geistige WeK immer neu erobert werden;
dss Geistige i-t aktive Belbetentwicklung. In der Geschichte eröffnet lieh
uns dss an sich selbständige — Geistesleben durch die Arbeit der Gesamt-
heit. Das Geistesleben ist eine an sich bestehende selbständige Wirklichkeit,
aber für unser Bewußtsein und unsere Tätigkeit i-t es erst zu gewinnen und
anzueignen, nur damit kann es eine deutliche Gestalt und einen bestimmten
Inhalt gewinnen. Die Geschichte der Ifenschheit i-t nur dadurch mißlich,
dal'» hier „eine Eröffnung des Geistesleben- al- einer neuen Stufe der
Wirklichkeit in Fluß kommt und vordringt". Ein Gesamtgeschehen
trigt alle- Einzelne, tnibt alle- einein gemeinsamen Ziele zu. Die Natur
i-t Vorstufe des Geistes, ein Trieb zum Geistigen wirkt schon in ihr. Die
Wirklichkeit i-t nichts Abgeschlossenes] daher auch nicht rein begrifflich
böpfbar. Unser seelisches Leben wird ron der (transzendenten und
zugleich immanenten) Einheit der göttlichen All-Person getragen und zu
einem „personalen LebenssyBtem" verknüpft. Von vornherein geboren die
Einzelwesen einem universalen I'ersonallebcn an. Die Entfaltung eines wahr"
hat t personalen (einheitlich-aktiven) Geisteslebens i-t eine unendliche A
die einerseits durch unsere Selbsttätigkeit, anderseits durch das uns tragende,
in unser Leben hineinreichende Wirken der geistigen uberwell ermöglicht
wird Daher i-t die (universale Religion eine wahre Lebensmacht Ei
hört zu ihr. dal', sie ..der nächsten unmittelbar vorhandenen Welt eine and<
An des Beins, eine neue überlegene Ordnung der Dinge entgegenhalt11.
Von E. beeinflußt sind 0. sieben. .1. Goldstein, 0. Braun,
IC. Sc heier, IE Leser, E Fuchs, 0. Trübe, 0 Kästner u. a.
te der philo«. Terniaologie, 1879. — Beitrage rar Gei
<1. neuer- j-hio, l s^ - | \ 1906. — Geschichte u. Kritik der Qnwdbegrii
war j. \. 1 .•■■ 9ti dta not). — Prolegomena
ragM IbSff «1. Einheit d. QeÜtSslsbSSS, \H#5. — Di«' Einheit ^ in
Bewußtsein und Tai ..heit, 1888. Dia Lei
'. — Der Kampf im» | i. I.,-l..-i.-ini.a,:. 1
— Das Wsras der Religio», 1901. Der"? dl der Religio«, 1901; ■-'. A 19
— TboraM ' ..!i" ii. Kant, 1901; I. A. L910. — Q • —
iptprobL d. Retigionap] '. Qrandli •• —
Dst sinn ii Wm\ •!- - Lebera, 1908; I \ 1910. Biafthi I ites-
. u. a. - \ 0. SlEBBRT, B ! - Welt« .■..,.•
F.ii<l<>iiio> v<»n EIi.kIh-. Shul. i d« I
und nur Fragmente und teilweise die (früher dem
Endemische Ethik'- erhalten Mit rheophj hat i di< \r
I l
Etjdemos — Eusebios.
_-ik in manchem ergänzt, so in der Lehre vom Urteil und vom Schlusses
In der Kthik macht sieh eine Tendenz, zu theologisieren, bemerkbar.
Kudemi Rhodii peripatetici fragnienta, ed. Spengel, ed. II, 1870. Eude-
■tMha Kthik, hrsg. von Fritzsche, 1851.
Endoros von Alexandrien, um 30 n. Chr., platonisierender Eklektiker.
Kr sehrieb Kommentare zu Aristoteles und verfaßte eine Sammlung philo-
JÜSCher Lehren.
Eudoxos von Knidos, um 370 v. Chr., Schüler Piatons, studierte in
Heliopolis Astronomie, lehrte in Kyzikos und Athen, errichtete in Knidos eine
Sti rnwarte. = Nach E. ist (im Gegensatz zu Piaton) die Lust das höchste Gut.
Diog. Laert. IV u. VIII.
I : u li emerns (Euemeros), lebte um 300 v. Chr. am Hofe des makedonischen
Königs Kassmdros. Aus seiner Schrift (isgd ävayga<prj) sind nur Fragmente
erhalten. = Nach seiner Lehre, dem „Euhemerismus", sind die mythologischen
ttheiten und Heroen nur vergötterte Menschen, die Großes geleistet haben.
und dafür verehrt werden.
Schriften: Euhemeri reliquiae, coli. Nemethy, 1889. — Vgl. R. BLOCK, Euhe-
mere, 1870.
Enk leides von Megara (nicht der Mathematiker!), Begründer der
M •_ irischen Schule, Schüler des Sokrates, soll sechs Dialoge verfaßt haben.
E. vereinigt Lehren des Sokrates mit solchen der Eleaten und identifiziert
S <-nde mit dem Guten. Wirklich ist nur das Gute, d. h. das Seiende,
die Vernunft {tpQÖvrjoig, vovg), Gott. Das Nicht-Gute ist nicht (rä de ävti-
xsifiera ko dyaüol dv/joec, //?) elvat cpäaxcov, Diog. Laert. II, 106). Das Gute
unveränderlich („quod id bonum solum dicebant, quod esset unum et simile
ulem semper", Cicero, Acad. II, 42). E. wird auch als Begründer der
(eristiachen) Dialektik genannt; er griff nicht die Voraussetzungen, sondern die-
mgen an {dXXa xat emyoQav). Ob die Lehre, daß das Seiende aus rein
nttlifh zu erfassenden J'ormen (el'örj) besteht, von E. vertreten wird (vgl.
Piaton, Bophistes 246 B ff.), ist sehr fraglich.
Laj-rt. 11. — MALLET, Histoire de l'ecole de Megäre, 1845. —
l'i:\M i d. Logik 1.
EalealMU-g, Franz, geb. 1867 in Berlin, Prof. d. Nationalök. in Leipzig.
lehriften: Über d. liögl. e. Sozialpsychologie, 1900. — Gesellschaft u. Natur,
I - D. mm QesehiehtnriM., 1907, u. a.
B«ler, Leonhard, L707-1783, der Mathematiker und Physiker. = Gegen
' i die Bealitäl de« Raumes („qu'il y a quelque chose du rdei
I qui repond a cette idee").
es: BJflaxioiu sur l'eqmoe et Je tempt, 1748. — Theoria motus, 1765.
Euapftot Bardes, im. 360 u. Chr., Neuplatoniker.
phontni et topbiitarum, 1822, 1849.
,:,,s,*,,,' Neuplatoniker im A. Jahrh. n. Chr.: seine Vor-
Euotai moe — I" leer. 163
Enstathios, Neuplatoniker im 1. Jahrb. n. Chr.
Enmtratins, Metropolit von Nicaea, im 12. Jahrh. Kommentare eh
Aristotelischen Schritten, 1534, 1536, 1541, 1542.
Enttiydemos ans China, Sophist, dessen hohl»- Dialektik Piaton (im
Dialog ..Kuthydemos") verspottet.
Ewald. Oskar, geb. 1S81 in St. Georgen, Privatdozenl in Wien.
E. bekämpft den Relativismus, Subjektivismus und Psychologisinus und
steht der Neu-Frieaschen Schule nah«'. Die Gültigkeit und der Wert der
Kategorien i-t von der Erfahnm-. auch der inneren, anabhängig, ab.-r das
Vorhandensein der Kategorien wird durch innere Brrahrnng konstatiert „Wir
sind wohl Psychologen, aber nicht Psychologieten." Die logische, aj>ri<>-
ristische Deduktion ial onmöghch, ebenso i>t die teleologische Methode abau-
lehnen. I > i* - Kategorien sind „letzte Vernnnftakte" von objektiver <;«ln,
die „idealen, reinen Formen . ., die die Wahrnehmungen zur Erkenntnis ver-
edeln". I>;i~ eigentliche A priori in ihnen entspringt aus den Denkgeset/. n
Bowie der Einheit und Identität, die sie beherrscht; sie bestehen aus einem
\ priori der Zahl und des tureichenden (irundes sowi.- ans „empirischen
Formen". So ist von einer „empirischen Behaftnng der Kategorien*4 so
sprechen. Ein A priori Lei die rein \ Bchaunng als Prinzip der Iffannig-
falti-k.it. Die Zahl entspringt der transzendentaler] Apperzeption als Syn-
th»-,■ roo Anschauung und Denken. E. ist auch ein Gegner der „atomistischi
\ Baoziationspeycholi ■.
Schriften: EftetSKhsi Lehren in ihren (irumlbe-i iilen, L90S. — Romantik und
gl nwart 1, 1 9«>4. — B. Avenarius, 190Ö. — Kants Methodologie, 1906. — Kant*
Kritischer Idealismus, 1908. — Gründe und Abgründe, L909. — Erkenntniskritik und
BrkSBBhuatheorie, VFiseenseh. Beilage der Philos. floeollsrh in Wien, 1910. — Lebens-
fragen, 1910, u. a.
Rner, Franz, geh L802 in Wien, 1827 Prof. daselbst, 1832 in Pl
Ministerialrat, gest 1853 in Padua. = Durch Beinen Einflui) wurde die
Berber t sehe Philosophie in Oeeterreich rar lange Zeit an den Universitäten
und in den Gymnasien (Propädeutik) herrschend.
er N.'iuiiiiilismufl u. BeeJismos, 1841. — Die .,'ie der
Sehale, L841 A4. — Über Leibnis1 öni
Lehre von der Einheit des Uenken« und Seins, 18 1.,.
Exnier, Bigmund, geb. 1846 in Wien, Professor der Physiologie in Wi
Die Lokalination der Punktionen in der Grofihirorinde, L881. I
warf e, physiol. I sangen, 1894, u. a.
F.
I ';iImt Btapulenai qnes Lefevn I \\ ■ • P
lehrte in P I i di< W< N I
l'- ■ I li.iii.hr. rertrit t 1 I ■ rminian
ir
Faber — Fechner.
B hriften: Paraphrasen zu Aristoteles, 1525, 1526. — Introductio in Aristotelis
ethica. politica et oeconomica, 1514. — Intr. in Aristot. libros de aniraa, 1538, u. a.
Faber, Philipp, 1570—1630. = Italienischer Scholastiker (Skotist).
hriften: Philosophia naturalis. Coramentarii in IV libros sententiarura,
1618, u. a.
Fabianns. Papirius, Zeitgenosse des Seneca, gehört zur Schule der
& \tier (s. d.).
Fabri. Honort', geb. 1607. = Eklektiker.
Schriften: Philosophia universa, 1646. — Logica analytica, 1646. — Metaphysica
demonstrativa, 1648.
Fastt'i • Adolfo , Pavia. = Vertreter einer kritizistisch-positivistischen
Philosophie. Der psychophysische Materialismus ist als Arbeitsmethode (nicht
metaphysisch) gültig.
Schriften: Principii di psicologia moderna, 1895 — 97. — II materialismo psico-
fisico, 1901, u. a.
Falekenberg, Richard, geb. 1851 in Magdeburg, Prof . in Erlangen. ±= Nach
F. ist Lotze der bedeutendste Philosoph in der Zeit nach Hegel. Einer idealistischen,
den Ergebnissen der Erfahrung und der Wissenschaften gerecht werdenden
Philosophie, welche den Gehalt der Fichte-Hegelschen Spekulation bewahrt,
gebührt die Zukunft, Die Abneigung der „Marburger" Schule (Cohen u. a.)
gegen das Psychologische in der Vernunftkritik geht zu weit.
Schriften: Über den intelligiblen Charakter, 1879. — Grundzüge d. Philos. des
Nie. Cusanus, 1879. — Geschichte der neueren Philosophie, 6. A. 1908. — Über d.
gegenwärtige Lage der deutschen Philosophie, 1890. — Hilfsbuch d. Geschichte d.
Philos seit Kant, 1899; 2. A. 1907. — H. Lotze, I, 1901. — Kant n. d. Jahr-
hundert, 2. A. 1907.
Fai'della, Michel Angelo, 1650—1718. = Kartesianer.
Schriften: Universae philosophiae systeraa, 1691.
Farge&9 Adolphe. = Thomistischer Standpunkt.
Schriften: Etudes philosophiques, 1887 — 94, u. a.
I avoiinus aus Arelate (Gallien), um 150 n. Chr. = Skeptiker. Da
für alles sowohl Grande als (legengründe sich erbringen lassen, ist Urteils-
mthaltmig zu empfehlen.
1 ; i'.u ! — o\, Über F., 1906.
Fechser, Gustav Theodor, geb. 19. April 1801 in Großsärchen (Lausitz).
da Physik and später der Philosophie in Leipzig, gest. 18. November
(arische) Schriften verfaßteer unter dem Pseudonym
prochensterj Tatsachensinn und empirische Grundlegung
it hohem spekulativen Schwünge, bei dem die Phantasie
Beeinflußt ist F. von Spinoza, Leibniz, Kant, Schelling u. a.
I ei zi. ndei einer idealistischen [dentitätslehre, eines
aen Parallelismns, Panpsychismus und
i'ij mm.
objektiven Idealismus geworden, wonach das An neb
• n ist) was von außen als materiell erscheint
Zunächst ist aber F. auch Begründer da Psychophysik al- -
matischer Wissenschaft E. II. Weber hatte das Gesetz aufgestellt, «laß die
Veränderung der Empfindung proportional dem Verhältnis des Kei//uwa< !
ecfolgt Nach Fechners psychophysischem Gesetz entsprechen ^ N i«ht-ii rela-
tiven EUunmtencbieden gleich«- rntersehiede der E^mpfindungsintensititen.
Während die Reizintensitäten im geometrischen Verhaltnisse zunehmen,
irachsen die EmpfindungBintensititen nur in arithmetischer Progression, < >der
die Ordnungszahl der Empfindungen wächst proportional dem Logarithmus
d<r Beizintensität, wobt-i sie Einheit der Schwellenwert des Beizes gilt Di
seta mli t iir die Beziehungen zwischen psychischen und leiblichen Funk-
tionen, also psychophysisclL Am das Verhältnis der Nervenprosesse zu den
inAeren Reizen beziehen dsj Gesetzt \, I". M u Her, Spen o er u. a. Psychologisch
- Vi rgl< ii'hungsprozessen) interpretieren das Gesetz Delboeut. Ziehen,
\\" uii dt und Lipps u. a.: nach beiden letzteren ist das Gesetz ein ..Apper-
septioni • ii ( lesetz der „apperzeptiven Vergleichung". Betreffs der Gültig«
keil des Fechnerschen Gesetzes werden auch verschiedene Bedenken geiui
Die Atome sind nach F. iinansgedehntc Kraftpunkfc ä sind weder
Dinge an sich noch Fiktionen. sondern ..ein»- für die Konstruktion des I
hu. ii notwendige Grenzrorstellung des Gegebenen". Der Beweis ihrer
Realität Liegt in der ..mathematischen Notwendigkeit, sie zn gebrauchen".
F. stellt der „Nachtansicht'', welche von allen Qualitäten der hinge
strahiert und sie als ruhllose Mechanismen anfraßt, die „Tagessusicht" gegen-
aber, tür welche die Wirklichkeil von dem Leuchten und Klingen und von den
anderen Qualitäten, die wir an ihr gewahren, Belbsi etwa- verspürt Alles ist,
entweder selbständig oder nur als Teil eine- oinisssenderen Zusammenhaj
seelisch. Aber es gibt keim „Monaden'4 und keine substantiellen Beelen,
die mit dem Leib.- -ich verbinden. Es gibt mir eine Art defl Wirklichen.
\\ ie ein und derselbe Kreu VOn der einen Seite konvex, von der anderen konkav
h' mt. so und auch Materie und Geist nur „zwei Erscheinungsweisen des-
selben Wesens", deren Gemeinsames in der „untrennbaren Wechselbedingtheit"
teht »Wal <lir auf innerem Standpunkt al- dein Geist erscheint,
der du selbst Geist bist, erscheint auf tuflerem Standpunkt dagegen als die-e-
Geistei körperliche Unterlage.44 D Psychisch* ist das Innen-, das
Belbstaein, die „Selbster-cheinunL:-- de- iMii-c. dessen Aul'.eiiMite od.r l-'remd-
1 1« i 1 1 1 1 1 1 lt" der Leib [das Physische) ist Je muh dem Standpunkt erscheint
das Wirklich, sli I der al- Körper, wobei die leibliche Erscheinung all
Äußerung dei en Belbsterscheinung dienen kann. „Vom Grundwesen
selbst, was beiden Eirschemungsweisen in uns unterliegt, läfit sich oichti in
en, al- dafl es eben nur ein- i-t. wa- sich durch da- Vermögen beider I
icheinungsweisen zweiseitig charakterisiert, ul ■ . \\ .
selbst, al- leibliche-. Boten es einem andern al- -ich selbst zu erscheinen
I I .■ /.Wel-eit|eke|l • de- \\ ', » |,- I . _' M .'lell
\n! desselben gegründet Der Li iuedruck, andem
136 Fechxer.
ler ..>i(/" oder Organ der Seele. „Das Leibliche ist die äußere
Hülle des Geistigen, sofern die leibliche Erscheinung nie das Selbst gibt, sondern
nur dessen äußere Erscheinung für ein anderes."
Zwischen Psychischem und Physischem besteht keine Wechselwirkung,
sondern ein universaler Parallelismus. Es entspricht die eine Seite oder
teinungsweise der anderen, hat ein Korrelat in ihr. Was aber auf der
Außenseite, im Physischen, eine Vielheit ist, kann im Psychischen als Ein-
heit auttreten. Ein Teil des Psychischen, das physiologischen und physischen
Prozessen parallel geht, ist (relativ oder absolut) unbewußt, wobei F. annimmt,
dal"1, das Unbewußte durch „Mechanisierung" des Bewußtseins entstanden ist
und jetzt im allgemeinen Bewußtsein ununterschieden aufgeht. Da es zwischen
Psychischem und Physischem keine Wechselwirkung gibt, so ist nicht die Be-
wegungals solche, sondern das Innensein derselben Ursache unserer Empfindung.
Ein und derselbe Kausalzusammenhang in uns läuft, je nach der Betrachtung,
auf zwei Weisen ab. Das Wirkliche verhält sich wie eine Uhr, „die sich selbst
in ihrem Gange als geistig sich regendes Wesen und einem Gegenüberstehen-
den als ein Getriebe und Treiben materieller Eäder erscheint".
Die Welt ist nach F. eine Stufenordnung von Bewußtseinseinheiten.
Die höheren umfassen die niederen und wissen von ihnen, während diese von
jenes kein unmittelbares Bewußtsein haben. Das höchste Sein ist das alles
umfassende und zugleich allem immanente göttliche Allbewußtsein, dessen relativ
selbständige (ilieder die Einzelgeister sind. Die diesen zunächst übergeordneten
i ßtseinseinheiten sind die Planetenseelen, die den „Engeln" der Religion
rechen. Die Erde ist ein lebendiger Zusammenhang, sie hat ihr Nerven-
!ii, indem die Einheit aller Menschenhirne ihr Gehirn bildet. Die Erde
i-r onsere Mutter, deren Sinnesorgane die Lebewesen sind. Die Erdseele ist
länheit des p-yehischen Seins der Lebewesen. „Trieb und Wille der Ge-
Bchöpfe verknüpfen sich nun ebenso in einem höheren darüber hinausgreifenden
Willensgebiete der Erde, als Empfindung und Wissen derselben in einem höheren
gebiete." Das Leben geht dem Tode, das Organische dem Anorganischen
voran. Das ..K"-morganischea der Erde hat sich einerseits in die Organismen,
nette in das Anorganische gegliedert. An der Entwicklung der Or-
ni« n sind psychische Faktoren beteiligt. Die Pflanzen haben eine Seele
(Empfindung usw.), denn es besteht ein Gewebezusammenhang, der auf eine
he ah hm« buh -in hinweist und als Substrat derselben hinreicht; ein Nerven-
<ii ist nicht Bedingung des Seelenlebens überhaupt, sondern nur Ausdruck
- besonderen, differenzierten Seelenlebens.
Menschen ist keine Substanz, sondern der einheitliche Zu-
ohanj psychischen Geschehens, dessen Ausdruck und Außenseite der
and d« Zentralnervensystem ist. Unsterblich ist die Seele nicht
dem akinal, in der Sphäre ihres Wirkens, indem sie sich schon
einen Denen Organismus, einen „Tatenleib" schafft. Der
die der Mensch hinterläßt, wird sein individuelles Wesen
forterhalten, verborgen für die Hinterbliebenen, aber
de* Menschen erhält sieh in dem um lassen deren
I'j:< iinki:. ]•;,
. in «las ei eingeht und schließlich im göttlichen Geiste in eu
Denen, höheren Form der Bewußtheit. ..Das jenseiti n unserer G
verhalt sich zu dem diesseitigen ähnlich, wie ein Ernmerungsleben /u dem An
schaunngsleben, ans dem es erwachsen i>t.-- .,Uusere kiint't:_ stenzen i
lauten, stören, ver wirren sich deshalb eicht, «lall wir uns mit onseren Wirkung
und Werken alle derselben Welt, demselben großen Leibe einverleiben.*4
Gott weiß alles, was in den Geistern vorgeht Kr ist anendlichi
dessen Leib die Well ist, der „Allgeist", ein „einiges, höchst bewußtes, wahr-
haft allwissendes, d. h. alles Bewußtsein der Weh in sich tragendes und hier-
mit auch das Bewußtsein aller Eänzelgeschöpfe in höheren Beengen and höchc
Bewußtseinseinheil verknüpfendes Wesen". Gott isl ond wirkt alles in allem: als
•die Totalität <h-s Seins und Wirkens hat er keine Außenwelt außer -ich. „Alle
n -ich in der Innenwelt seines G die Körper in der Innen-
weh seines l es." Alle Entwicklung ist Entfaltung in Gott, in dem es an
-ich nichts B see gibt; die übel bestehen nur im Gebiete <\<- Einzelnen. Ein
und dasselbe Wirkliche ist einerseits Gott, göttlicher <>ci-t. anderseits Natur.
^Dasselbe Ganze, was dem EÜnselgeschöpi und mittels de- Binzelgeschö]
•i in äußerer Anschauung als Katar erscheint, erscheint sich selbst im
/en als göttlicher Geeist." Alle-, was i-t. i~t in Gott Panentheismua), i-t
1:1 und Inhalt des göttlichen Bewußtseins (Objektiver [dealismus). Der
Glaube an Gott ist ein praktisches Bedürfnis, dessen objektive Grundlage die
Vernunft auf» ij
l>ic Ethik I eudamonistisch. Gut i-t die Lust schlechthin, wahr-
lt da-. u;i- j i-t. den GlÜckseligkeitBZUStand der Welt /n fördern.
Das Maximum der Lust des Universums als solchen i-t der Endzweck
Tlandelns. -<> dal» der E/goismus abzulehnen i-t. F. gehört eu den Begründern
rperimentellen Ästhetik ..von unten auf-'. Wichtig i-t seine Unter-
scheidung zwischen dem „direktem- und dem „assoziativen" Faktur des A-ihe-
1 bdienden. „Direkt . . i-t der Eindruck emes Gegenstandes, insofern
er Bubjektiverseite von der angeborenen «»der nur durch AufmerkBamkeit und
Übung im Verkehr mit den gleicher Art entwickelten und verfeinerten
inmren Einrichtung abhan iziativ, insofern er ron einer Einrichtung an-
hingt, die dadurch entstanden i-t. daß sich der Gegenstand wiederholt in \'
bindung und Beziehung mit gegebenen Gegenständen anderer Art dargeboten
hat Vorschule der Isthet I. l_'i i.
Anhänger l '.- Bind mehr oder weniger Pauls« n, B, Wille, W. Pastor,
K. Lasswitz, P. Iföbius u. a. Beeinflußt ron I'. sind Wundt, 11
maus, n. a.
: : • i in vom Labes sm h den Tod«
<la« höchste I I EVaaai ids Pflai \.
I - Zendavönta ..der ui.cr dit D. <l .lonnoiU, 1 A.
L '■■>■] «i. pbvaikal. u. philo* Atonsa • der
Payehopayril A.18M ►!.— Cbsrd.fl I Medrei
lade «1. (ilaubenn, - • e«n
Fechxer — Ferguson.
A l897 f. — in Sachen d. Psychophysik, 1877. — Die Tagesansicht gegen-
über der N;uht ansieht, 1879; 2. A. 1904. — Revision der Hauptpunkte d. Psychophysik,,
Ober d. psychischen Maßprinzipien u. d. Webersche Gesetz, Philos. Stud. IV,.
- Kollektivmaßlehre, 1897. — Kleine Schriften, 1875. — Vgl. J. E. KüNTZE,
8, Th. F., 1892. — K. LASSAVITZ, G. Th. F., 1896; 3. A. 1910 (Fromraans Klassiker
d. Thilos.). — WUNDT, G. Th. F., 1901. — W. PASTOR, G. Th. F., 1904.
Feder, -loh. Georg Heinrich, geb. 1740 in Schornweisach (bei Bayreuth),
G Hangen, Direktor des Georgianum in Hannover, gest. 1821. = F.
der auch durch seine Verstümmelung der Garveschen Eezension der Kantschen
..Kritik der reinen Vernunft" (Göttinger gelehrte Anzeigen, 1782) bekannt ist
— gehör! zu den von der Leibniz-Wolffschen Philosophie ausgehenden
Eklektikern. Er hat wesentlich praktische Gesichtspunkte und betrachtet als
iitliche Objekt der Philosophie den Menschen, dessen Handeln und
Denken zu einem richtigen gestaltet werden soll. Die praktische Philosophie
ine ..Kunst, zu genießen". Quelle der Moral ist die Sympathie.
Schriften: Grundriß d. philos. Wissenschaften, 1767. — Logik u. Metaphysik,
: 7. A. 1790. — Lehrbuch d. praktischen Philosophie, 1770; 4. A. 1776. —
l'ntersuchungen über d. menschlichen Willen, 1779 — 93. — Über Raum und Kausalität,
zur Prüfung der Kantschen Philosophie, 1787. — Über d. moralische Gefühl, 1792.
— Grundsätze d. Logik u. Metaphysik, 1794, u. a. — Mit Meiners Herausgeber der
Zeitschrift „Philos. Bibliothek", 1788—91. — Vgl. K A. L. FEDER, J. G. H. F.s
Leben. Natur und Grundsätze, 1825.
Feldegg, Ferdinand Fellner Ritter von, geb. 1855, Prof. an der Staats-
rbeschule in Wien. = Das An sich der Dinge ist das „Gefühl'', in welchem
Subjektives und Objektives zur Einheit verbunden sind.
Schriften: Das Gefühl als Fundament der Weltordnung, 1890. — Grundlegung
einer Kosmobiologie, 1891. — Das Verhältnis der Philosophie zur empirischen Natur-
wiaaenpchaft, 1894. — Beiträge zur Philosophie des Gefühls, 1900.
Feldner, 1'. < rundisalvus, Magister S. Theologiae, geb. 1849 zu Prägraten.
Timl. lebt in Wien. = Thomistischer Standpunkt.
v hriften: Die Lehre des hl. Thomas von Aquino über d. Willensfreiheit, 1890-.
I'elix b. MinuciuB.
I-Y'iielon, Krzl>isrhof von Cambray, 1651 — 1715. = Anhänger Male-
bmnehes, L609 vregen Beines Mystizismus verurteilt.
hriften: De l'existence et des attributs de Dieu, 1861. — Oeuvres, 1838, u. a.
I-V»re. Charles, geb. 1852, Prof. in Paris, Schüler Charcots.
riften: in et mouvement, 1887; 2. od. 1900. — La pathologie des
IS. — L« iiiü^rifHisrne animal, 1887, u. a.
l-VrgiiMon. Adam, geb. 1724 bei Perth, Prof. in Edinburg, gest. 1816
Lethiker; <r betrachtet den Mensehen als soziales Wesen.
die Kenntnis dessen, \\;i> sein soll, die Wissenschaft
Willens. Diese sind: das Gesetz der Selbsterhaltung,
i Wohlfahrt der Nebenmenschen), das Gesetz
Ferguson — Feukbbai h.
der Wertschätzung. I>as Wohl der ( ..-<ll-«hatt w zugleich das Wohl
Kin/.»lnen. Di«' Sympathie mit den Nebenmenschen ist ebenso orsprünglich
wie der Egoismus. Tugendhafte Handlungen sind Mitte] zur Förderung der
eigenen Vollkommenheit Die vier Haupttugenden und: Gerechtij
Rechtschaffenheü, Klugheit, Mifiigung und Mut. Die Mensch*
m Gesellschaft gelebt, erkannten immer ..sowohl ein allgemednee Beste« der
ganzen Gesellschaft als ein Bestes der einzelnen Personen".
Schriften: Essay on the history of civil soeiety, 1766; asataefa 1768
stitutes of moral philosophy, 1769; deuts. h (Fergusons Grundsätze der Moralphilos., 177
I'rinciples of moral and political ■eiaiSSi 1792; deutsch. 1. Bd., 1795. —
IMa.ii K.VNEKO, Die Moralphilos A Im, 1904.
Ferrari, Giuseppe, geb. 1812 in Mailand, gest. 187»; ab Prof. in Born. =
Positivistischer Geschichtsphiloeoph. Revolutionen und Reaktionen tvechseln in
der < beschichte ab.
Schriften: Filosofia della rivoluzione, 2. ed. 1873 u. a.
Ferrero. Guglielmo L871 in Portici, Historiker. = Die Funktion
• di< Bervuriufnng eines bestimmten Bewnfltseinsinhalts, durch
Bedürfnisse des sozialen Lebens bedingt Ee gibt intellektuelle und emotionelle
I )ir Symbole sind Eteste alter ( Gewohnheiten, [ursprüngliche Äußerungen
des Fühlena und Wbüens.
Schriften: I Siraboli, 1893. — Les lois psyehologique du symbolisme, 189"*. u a.
Ferri, Enrio L856 in San !'•• Po, Pro! in Rom. = 1". ist
in der I lex Willensfreiheil Btrenger Determinist Das Verbrechen fährt
: L 1 1 t Boaiale Mißstände zurück.
Schritten Teoria del' iniputabilitä, 1878. — La sociologie eriniinelle, 189S. —
•nza positiv«, 1894. — Das Verbrechen als soziale Kr- du -in U | .
Ferrii Lnigi. geb. 1826, Prof. in Florenz und Rom, gest 1895. = 1". ist
ein von M. de Kran, Mamiani u. a. beeinflußter Bpiritnabst „Dynamischer
Monismus": Das Wesen der Dinge isl Kratt Am.
t.nft.n: La Pli • de 1'sMociatiioi depeil Sobbai jasqa'i so« jour-.
italienisch, 1894. — Abhandlungen in Aia.l. Lhied 1887 — 1888 u a. — Vgl. TABOZZI,
L;i vita e i! psarfSTO "li L. 1 . 1 s95.
F«»rrier. Jamei Frederick, geb. i^"v. lYot. /u st. AimI^
= F. isl Idealist und [inmaterialiat wie Berkeley. Eine selbständig
gibt es nicht, alles Bein der Außendinge ist ein Bein für Subjekt I gibt
nur Geister und deren Vorstellungsinhalte, deren objektiver Teil (die
Außenwelt) vom göttlichen G ibhängig iat
iriftea: Institutes of Metaplasie», L864, L866. —Works, —
I. B. II \i 1. 1 \i . i i.. l arrier, LI
l cii4'ri>a<'li. An-. im. i, Fenerbach, P J, \.
FerM'i'hncli. Lodl 28. Juli ls°l in Landshui i
Kriniinahaten An-. Im von Feuerbach. 1823 studierte er in Heide]
dem Hegelianer Daub, L824 | h Berlin, wo Bf bajond* -r- ll<
170 Feuerbach.
hört Mirdo er Privatdozent für Philosophie in Erlangen. Nachdem er
sich öfter vergeblich (wegen seiner Schrift „Gedanken über Tod u. Unsterblich-
keit". 1830) uni eine Professur beworben, verheiratete er sich mit Bertha Löwe
and nahm (1836) seinen Wohnsitz im Dorfe Bruckberg (zwischen Ansbach und
Nürnberg). Dezember 1848 bis März 1849 hielt er im Heidelberger Rathaus-
-aal Vorlesungen. In sehr ungünstigen Verhältnissen lebend, übersiedelte er
nach dem Recheoberg bei Nürnberg und starb dort 13. September 1872.
F. ist der Begründer des neueren Naturalismus und Anthropolo-
gismus, indem er an die Steile der Verehrung übernatürlicher Wesenheiten
die Natur in ihrer Unendlichkeit setzt. Ausgegangen von Hegel, tritt er
.-atz /uni absoluten Idealismus, indem er als das Wirkliche nicht
dir [dee, nichts Abstraktes, Übersinnliches, sondern das konkrete Sein setzt,
welches wir äußerlich und innerlich wahrnehmen. So vertritt Feuerbach einen
itivismus, Empirismus und Realismus. Insofern F. den Gegensatz
von Spiritualismus und Materialismus durch Betonung des Einheitlichen im
-chen zu überwinden sucht, ist seine Lehre „Anthropologismus". „Gott
war mein erster Gedanke, die Vernunft mein zweiter, der Mensch mein dritter
und letzter Gedanke."
In der Schrift über „Tod und Unsterblichkeit" ist F. noch idealistischer
Pantheißt. Die Realität des Geistes ist das Ewige. Der Mensch als Indi-
viduum ist nicht unsterblich, sein Tod ist ein wahrhafter Tod, bedeutet die
Auflösung im unendlichen Sein. Die Unsterblichkeit kommt nur dem allge-
meinen Geist zu und dem Ganzen der Menschheit, in welchem wir als Er-
innerung weiterleben.
Die Hauptbedeutung Feuerbachs liegt in seiner Religionsphilosophie,
Methode die psychologisch-kritische ist. Scharf betont F. den
osatz zwi-chen Theologie und Wissenschaft; erstere hat den Willen,
re di< [dee zur Grundlage. In der Religion spielt die Phantasie, das
Irrationale eine große Rolle; das Dogma als solches ist vernunftwidrig, der
< rlaube hat »ein eigenes Prinzip. Es gilt, den Inhalt des religiösen Glaubens
seine psychologische Wurzel zurückzuführen, zu zeigen, daß alle Theologie
.^Anthropologie^ ist. Die Religion ist aber deshalb nicht eine wertlose Illusion.
Religion i-t der Traum des menschlichen Geistes. Aber auch im Traume
den wir ans nicht im Nichts oder im Himmel, sondern auf der Erde —
Reiche der Wirklichkeit, nur daß wir die wirklichen Dinge nicht im Lichte
der Wirklichkeit und Notwendigkeit, sondern im entzückenden Scheine der
jination und W'illküi erblicken/' Die Religion ist „das Bewußtsein des
heu von Beinern, und zwar nicht endlichen, beschränkten, sondern un-
endlichen W Dei Mensch kann nicht über sein wahres Wesen hinaus.
denkt und gesinnt ist, <<> i-t sein Gott. „Das Bewußtsein Gottes ist
• ■ M des Menschen." Das göttliche Wesen ist „das Wesen
ionderl von den Schranken des individuellen, d. h. wirk-
Menschen, rergegenständlicht, d. h. angeschaut und verehrt
imterschiedenee eigenes Wesen".
Wesen des Menschen", das „offenbare Innere,
Feuerbai h. 171
das ausgesprochene Selbst des Menschen", i ter Bind Wunschwesen,
„dir al- wirklieh gedachten, die in wirkliche Wesen verwandelten Wünsche
Menschen". In den Dogmen liegen lauter realisierte Wünsche vor. I»
Abhängigkeit vom All. ans der die Religion entspringt, zeitigt diese al- ein
Mittel, unseren GlückseligkeitBtrieb zu befriedigen. Gott i-t die Liebe, die
nnsere Wünsche erfüllt; Wir-.- Liebe ist dir hypostasierte Liebe des Menschen
zu sich selbst ..Die Liebe i-t dir wahre Einheit von Gott und Mensch, von
Geist und Natur." Der Glaube i-t das Bewulltsriu dessen, was dem Menschen
heilig ist und so ist Gott für den Menschen „das Koüektaneenbuch »einer
höchsten Empfindungen und Gedanken". „Gott ist das von aller Widerlich-
krit befreite Selb>t^retuhl des Mcn-rhrn." „Die Grnnddogmen des Christ
turne sind erfüllte Berzenswünsche das Wesen de- Christentums i-t das
Wesen dee Gemüts." „Christus ist die Allmacht der Subjektivität, das von
allen Banden und Gesetzen der Natur erlöste Berz." „Die Religion ist das
Verhalten des Menschen au seinem eigenen Wesen — dann liegt ihre Wahr-
heit und sittliche Beilkraft -, aber zu seinem Wesen nicht als dem seini^en.
sondern als einem andern, von ihm unterschiedenen, ja entgegengesetzten
Wesen darin liegt ihre Unwahrheit, ihre Schranke, ihr Widerspruch mit
Qunft and Sittlichkeit". Der wertvoll,- Kirn der Religion i<t die Liebr gar
Menschheit als Gattung, /um reinmenscblichen Wesen. In ihr Liebe i-t I
Losung des Menschen LreLrebm. Jeder hat Religion, der ..einen Zweck hat)
einen Zweck, der an sich wahr und wesenhafl ist". Endzweck i-t „die Ein-
heil von Natur and Geist im Menschen". „Vernunft, Liebe, Willenskraft sind
Vollkommenheiten, sind die höchsten Kräfte, Bind das absolute Wesen
Menschen ab Menschen und der Zweck -ein,- Daseins.1' Die Vollkommenheit
und Unendlichkeit der Gattung i-t das Göttliche im Menschen.
1. i-t ein Gegner der „absoluten" „immateriellen*1 Spekulation. „Ich
brauche /um Denken die sinne. \<>r allem die Augen, gründe meine Gedanken
aal Materialien, die wir uns stets nur vermittelst der Sinnentatigkeit aneignen
können, erzeuge aichl den i stand au- dem Gedanken, sondern umgekehrt
den Gedanken an- dem Gegenstande, abei G stand ist nur, was außer dem
Kopfe existiert." „Ich bin [dealist nur aui dem Gebiete der praktischen
Philosophie.'* „Kurz, die [dee i-t mir nur der Glaube an die geschichtliche
Zukunft, an den Bieg der Wahrheit und Tugend.4' Theoretisch aber irilt nur
der Realismus und der (kritische, die Leistung de- Denken- betonende) „Sen<
sualismus". I '.- Philosophie macht tu ihrem Prinzip „das wahre ,l".n- realii
iiniiii'. den Menschen, also das positivste Realprinzip1*. Mit dem Wirk-
lichen, Bestimmten. Iaidli<h- n hat es die Philo-. .phie zu tun. mit dem Sinn-
Fälligen, dem Konkreten. ..Die Philosophie i-t die Krknmtnis d.-.— m. w
i1 Wirkliche i-i das ^Sinnliche'1 dm weitesten Sinne: da- in Letzt
[in bauliche). Das Sinnliche i-t die „wahre, nicht gedachte und .
m:i< I mdern existierende Einln-ii d- - Matnirllni und i \
♦ in -innlieh, Wesen i-i ein wahrt-, ein wirklieh.- \\ . ■ \ . h das |<h
i-t ein -innlieh- Wesen; der Leib in seiner Totalität i-t mein Ich, mein w .
-elher. i •- und KörjM'rlichcM Bind nur Seiten de-~.lben |i
Feuerbach.
ismus, Sinnlich — d. h. für die Sinne des Naturforschers, für den
Blick de- Philosophen gegeben — ist auch die Natur als das Unendliche, von
dem wir abhängig sind. Die menschlichen Empfindungen haben metaphysische
.--. :,_. wir erfassen durch sie das physische Sein wie die psychischen Zu-
stände unserer Mitmenschen. Unsere Empfindungen sind objektiv bedingt.
Per Begriff des Objektes ist ursprünglich der Begriff eines anderen Ichs. Die
liebe ist der wahrt' Beweis vom Dasein äußerer Dinge. Raum und Zeit sind
objektive Formen der Existenz der Dinge.
Die Wissenschaft ist „das Bewußtsein der Gattungen". „Wahr ist, was
mit dem Wesen der Gattung übereinstimmt, falsch, was ihr widerspricht. Ein
anderes Gesetz der Wahrheit gibt es nicht/' Übereinstimmung mit den Neben-
menschen ist das erste Kennzeichen der Wahrheit, weil die Gattung das letzte
Mali der Wahrheit ist. Die Wissenschaft ist „ein gemeinschaftlicher Akt der
hheit". Die Vernunft ist ein Kulturprodukt, ein Produkt der mensch-
lichen Gesellschaft. „Nur in der Rede, einem gemeinsamen Akte, entsteht die
Vernunft. Fragen und Antworten sind die ersten Denkakte. Zum Denken
gehören ursprünglich zwei." — „Gemeinschaftliches Leben nur ist wahres, in
sich befriedigtes, göttliches Leben."
Die (altruistische) Moral kann nur aus der Verbindung von Ich und Du
-itet werden, aus der beide umfassenden Glückseligkeit. „Mein Recht
ist mein gesetzlich anerkannter Glückseligkeitstrieb, meine Pflicht ist der
mich zu seiner Anerkennung bestimmende Glückseligkeitstrieb des andern"
(Werke X. 06).
NTon F. beeinflußt sind sein Bruder Friedrich Feuer bach (Grundzüge
: Religion d. Zukunft, 1843—45), K. Beyer. K. Grün, K. N. Starcke,
L Knapp, Moleschott, D. Fr. Strauß, K. Marx u. a., ferner W. Bo-
lin. Fr. Jodl u. a.
- hriften: De ratione una, universali, infinita, 1828. — Gedanken über Tod u.
Unsterblichkeit (anonym), 1830; 3. A. 1876. — Geschichte d. neueren Philosophie, 1833;
2. A. 1844. — Darstellung, Entwicklung u. Kritik d. Leibnizschen Philosophie, 1837. —
yle, 1838; 2. A. 1844. — Über Philos. u. Christentum, 1839. — Das Wesen des
•iitums (Hauptwerk), 1841; auch in der Univ.-Bibl. — Vorläufige Thesen zur Keform
i.ilos., 1842. — Grundsätze d. Phil. d. Zukunft, 1843. — Das "Wesen der Religion,
A. 1849, 1908. — Vorlesungen über d. Wesen d. Religion. Theogonie, 1857. —
i.eit u. Unsterblichkeit. — Sämtliche Werke, 1846 — 83; hrsg. von Bolin
u. Jodl, 1903 lt. - Briefe von und an L. F., hrsg. von Bolin, 1904. — Vgl. K. GRÜN,
U Fcaerbadi, 1874. — Fe. Engels, L. f., 1888. — W. Bolin, L. f., 1891. -
JODL, L P., 1904 (Frominaiii Klassiker der Philosophie). — A. KoHUT,
I
1 <u«rha<li. Paul Johann Anselm, 1775—1833, Prot, in Jena, Kiel,
Berühmter Kriminalist, (Abschreckungstheorie der Strafe). In
phii ron Kani beeinflußt. Dan Naturrecht ist „die
. '-l-.ti dnnh Vernunft gegebenen und durch Vernunft erkanntes
Daa Recht entepringl der „praktisch-juridischen Ver-
Feuerbach — Fichte. 1. •
nunft". Es ist „ein von der Vernunft um des Sitt«i,_ willen bestimmt
Erlaubtem des Zwanges'*.
Schriften: Kritik des natürlichen Rechts, 1796.
Fenerleio, Emil. = Von Hegel beeinflußt
Schriften: Die philosophische Sittenlehre in ihren geschichtlichen Hauptformen,
1857—59.
Fichte. Immanuel Hermann, geb. 1797 in Jena (als Sohn Jon. Gottlieb
Fichtes), Prof. in Bonn und Tübingen, gest. 1879 in Stuttgart
F. vertritt einen (von Kant, J. G. Fichte, Hegel, Herbart u. a. beeinflußten)
„ethischen Theismus". In erkenntnistheoretischer Beziehung ist er Ideal-Realist:
die AuIVnwelt i>t ihm Erscheinung eines Systems realer, dynamisch bestimmter
Wesen geistiger Art Kräfte Bind die „realen Wesen" durch ihn- Verbindung
mit anderen und durch ihre Behauptung der Qualität. Die Anschauungs- und
I »'-nkformen sind apriorisch, aber objektiv gegründet Der Kaum ist die
immittelbare Folge der Selbstbehauptungen der realen Wesen, eine Expansions-
tat. I>t-r „göttliche Kaum-- ist die Grundbedingung jeder Wechselwirkung.
Auch die Seele ist ein raumsetzendee Wesen, sie ist ein individuelles,
beharrlichei Reale, eine ., Geistesmonade" mit rarempirischen Anlagen und
Trieben, ein „Triebwesen". Sie ist dynamisch ganz in ihrem Leibe. Das Be-
wußtsein ist der ideale Ausdruck der Bede; es ist nicht produktiv, sondern be-
gleitet nur die ian sieb unbewußten) m «lisch* n Vorginge. Gott ist der Welt
immanent, aber auch ein transzendenter, absoluter, pcrsünlieher (iei>t, seh<"»|»n
risches Denken, welches der Welt vorangeht. Persönlichkeit ist die höchste
Perm des Seins. Gott ist selbstbewußte Persönlichkeit, welche alle endlichen
Wesen in sich befaßt, sie zum System einer Weltordnung rarknüpft Gotl
wirkt in der Welt, offenbart sich in Natur und Geschichte.
Schrifti-n: t'ber Gegensatz, Wendepunkt und Ziel heutiger Philosophie, L8t1 f. —
Dm Krkenn.'i» als Selhstorkennen, 1833. — Grundz. z. Syst. d. Thilos., 1833 f. —
Die Idee der Pinöeliehkeit und der individuellen Fortdauer,
I. A. 1855, — Spekulative Theologie, 1846—47. — System der Ethik. -
Aathropologie, 1856; 3. A. 1876. — Zur Seelenfrage, 1859. — Pajohok
lt. - - Die rtdauer und die WelUtollung de« Menschen, 1867. — Ver-
mi. hte Schriften. 1869. - Die th< ttaäeht, 1873, u. a. — Vgl. (. I , SOHB
1. 11. 1-. u. seine Gotteslohre, 1902.
Fi<*lito. Johann Gottlieb, geb. 19. Mai 1762 in EUummenan (Oberlausita)
ah Sohn eine» liandwirki Kr b.-suehte 177 1—80 die Schule in
studierte in Jena und Leipzig Theologie und gab Privatetunden. l. wttt
Hauslehrer in sächsischen Orten, l i N^ -90 in Zürich, wo er sich mit einer
Nichte EQopstocks, Johanna Kahn, rarlobte. I • er in Leipzig
Studenten Unterricht in der Kantechen Philosophie, die ihn selbst von seinen
anhanglichen Determinismui und ßpinoziamui abbrachte. 1791 gii roB
Warschan, iro et eine Erzieherstelle bitte bekommen sollen) nach K.n
w<» er sieh mit dem Manuskript seim uk aller Offenbaru K
Ute, der ihn sehr wohlwollend aufnahm and den Druck d
mithin-, die nach ihrem Ersehen K <i sugeachrieben
1 14 Fichte.
wurde. Kurze Zeit war F. Hauslehrer beim Grafen von Krokow bei Danzig,
dann ging er (1793) wieder nach Zürich, wo er schriftstellerisch tätig war und
heiratete. 1794 wurde er als Professor der Philosophie nach Jena (an
Stell»- von Beinhold) berufen und hatte dort eine große Hörerschaft. 1798
brachte Forbergs „Philos. Journal'' einen Aufsatz Fichtes „Über den Grund
unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung" im Anschluß an Forbergs
Abhandlung „Über die Bestimmimg des Begriffs der Keligion". Fichte be-
stimmte hier Gott als die „sittliche Weltordnung" und wurde nun des Atheis-
mus beschuldigt Er erhielt einen Verweis und wurde — da er erklärt
hatte, im Falle eines solchen werde er seinen Abschied nehmen — entlassen,
ing nun, 1799, nach Berlin, wo er öffentliche Vorlesungen hielt. 1805
erhielt er eine Professur in Erlangen, wro er aber nur ein Sommersemester las.
1806 hielt er Vorlesungen in Königsberg, 1807—8 in Berlin die „Reden an die
deutsche Nation". 1809 wurde er Professor an der neubegründeten Berliner
Universität, deren Rektor er 1811 war. Er starb am 27. Januar 1814 an einem
N» rvenfieber, das er sich bei der Pflege seiner Frau zugezogen hatte. In
Fichtes Natur fehlt alles Weiche, Schmiegsame. Er war ein strenger, oft starrer,
BtaiTsinniger, aber höchst lauterer, ehrlicher Charakter, ein Willensmensch,
dessen Denken ein Ausdruck seiner nach Aktivität und innerer Freiheit streben-
den, die Geistes- und Willenskraft aufs höchste schätzenden Persönlichkeit ist.
Er war ferner ein höchst national und patriotisch denkender Mann, der uner-
schrocken seine Ideen verfocht und durch seine aufrüttelnde Energie stark und
breit wirkte.
F. ist von Kant ausgegangen und hat dessen Kritizismus zu einem vollen
(„subjektiven" oder besser „ethischen") Idealismus ausgestaltet, indem er das
„Ding an rieh" ganz streicht und Inhalt wie Form der Erfahrung aus dem
..!< h" (dem allgemeinen, überindividuellen Subjekt) ableitet. Da nach Fichte
Primäre nicht das Sein, sondern das Tun, die Handlung ist, so ist seine
Philosophie Aktualismua und Aktivismus; den Primat der „praktischen
Vernunft" führt F. konsequent durch.
Die Philosophie ist ein Ausfluß der ganzen Persönlichkeit. „Was für
eine Philosophie man wähle . . ., hängt davon ab, was man für ein Mensch
Aue}] in dom theoretischen Teile hat sie es mit dem Handeln zu tun,
d auch mit der rein geistigen, inneren Richtung desselben, mit der aber
zugleich die Setzung des Äußeren, des Objekts, der Außenwelt verknüpft ist.
hie untersucht, was im (leiste an ursprünglichen „Tathandlungen"
ht und in welchem Zusammenhange sich diese entfalten. So ist sie „Er-
die rieb selbst werden rieht, genetische Erkenntnis", „Erkenntnis
Erkenntnis". Sie ist Wissenschaftslehre. Diese ist „eine
1 schichte des menschlichen Geistes", die Ableitung alles Seins
dem Geiste, die Begründung des Wissens; ihre Aufgabe
Ugemeine und absolute Wissen in seiner Entstehung zu sehen"'.
zendentaler oder metaphysischer Psychologie wird
i rfahrung und die Form derselben aus vorbewußten
leduzii So ist die Quelle der philosophischen Er-
Fichte. 175
kenntnis die Intellekt uale Anschuuuni: als ..da- anmittelbare Bewußtsein,
daß ich handle und was ich handle; sie ist das, wodurch ich etwas weif'.. «
ich es tue-. I)ie logische Methode, deren sich F. bedient, ist dialektisch
ntli. -tisch"); sie besteht in der Aufsuchung des Übereinstimmenden im Ent-
gengesetzten nach dem Bchema: Th<--i-. Antithesis, Bjnthesis. Dogmatisch
ist nach F. jede Philosophie, welche ?om Bein, von Dingen ausgeht, also o
das I<'h hinausgeht Die kritische (idealistische) Philosophie hingegen gehl
vom [ch au-, i-t ..immanent", weil sie ..all'- in da- Ich Betet**, alles au- dem
Ich (Kant- „transzendentaler Apperzeption'4) ableitet, die Well als Produkt
Aktivität begreift
Der Idealismus muß (wie schon Reinhold betont) all.- au- einem
einzigen Grundsati ableiten; er geht nicht von Tatsachen au-, sondern
v.m „TathancQungen", von absoluten „Betzungen" de- Ich-, welches kein Ding,
sondern „absolute Tätigkeil und nicht- als Tätigkeit" i-t. Dieses Ich i>t das
allcu Einzel-Ichs gemeinsame, ihnen logisch vorangehende, da- bewußte,
intelligente Ich ebenso wie « 1 i « - Außenwelt erst in -ich setzende reine, absolute,
aktive, «Irin empirischen Bewußtsein vorangehende Ich, die „Ichhett", das
„absolute Subjekt", dessen Bein l>l"i'> darin besteht, daii es sich selbst al-
• / 1 . i-t es; nnd so, wie es ist, setz t es sich,
und das Ich i.-t demnach föi das [ch schlechthin und notwendig." Substanz
i-t das Ich nur als „den ganzen schlechthin bestimmten Umkreis aller Reali-
täten umfassend". 1'.- i-t da- Prinzip aller Bewegung, alles Lebens,
aller Tat und Begebenheit4'. AI- Subjekt hat es das Objekt zum Korrelat
aber. dal', da- „Nicht-Ich" selbst Bchon ein Produkt der absoluten [ch-Tätigkeit
ist und al- unabhängig vom Ich nur erscheint I>a> absolute Ich i-t die
Identität de- Bewußtseienden und Bewußten, die allen gemeinsame Vernunft,
die erst in dem Ich al- Idee, dem idealen Ich (als Strebensziel) vollkommen
eali-ieit i-t.
1'' i mdsatz alle- menschlichen Wissens -'»11 „diejenige Tat-
handlung ausdrücken, die . . . allem Bewußtsein /um Grunde liegt und allein
lieh macht". AI- Thesis nimmt F. den Satz: A ist A (A \ . welcher
schlechthin, ohne allen weiteren Grund gewiß ist Man schreibt >i<-h damit
das Vermögen /u. „etwas schlechthin zu setzen". Gesetzt i-t hier aber Dicht,
daii \ dem: Wenn A i-t. so i-t B, also ein notwendiger Zusammenhs
zwischen A und B. und /war wird er im [ch und durch da- [< t. d. h.
daß im Ich etwa- i-t. wa- -ich leicfa i-t. SO dal', man
en kann [ch [ch, bh bin I«h. In diesem Satze ir-t da- [ch schlechthin
letzt (nicht, wie A. bedingt), er bedeutet soviel wie: [ch bin. Es i-t
klarungsgrund all« ratsachen de- empirischen Bewußtseins, daß vor allem
en im [eh vorher da- [ch selbst et Allem Urteilen
bh hin rugrunde. her reine Charakter des G Ich i-t
das Bändelnde und rogletcb sein Produkt „Sich « ten und Sein und,
vom [< ucht. völlig gleich", [ch bin daher schlechthin, weil ich ;
i.t .-ich, daß ni'ht der Bati A I Ich bin, sondern daß i
mehr dieser den ersteren begründet denu ich durch Abstrakt
176 Fichte.
vom Gehalt des enteren. Abstrahiert man von der Handlungsart des Geistes,
so hat man die Kategorie der Realität. Was durch das Setzen irgend eines
gesetzt ist, ist in ihm Realität, ist sein Wesen. „Alles, was ist, ist
nur insofern, als es im Ich gesetzt ist, und außer dem Ich ist nichts." An
Band des Satzes vom Widerspruch (Non-A nicht -A) weist F. das „Ent-
setzen- als Tathandlung auf. Das dem Ich Entgegengesetzte ist „Nicht-
k-lr- (Objekt). Dem Ich wird schlechthin entgegengesetzt ein Nicht-Ich. „Von
allem, was (.lern Ich zukommt, muß kraft der bloßen Gegensetzung dem Nicht-
[ch das Gegenteil zukommen". Die Reflexion auf die Form der Folgerung
vom Entgegengesetzten auf das Nicht-Sein ergibt die Kategorie der Negation.
[ch und Nicht-Ich sind beide „Produkte ursprünglicher Handlungen des Ich".
schränken sieh gegenseitig ein, d. h. ihre Realität wird partiell aufgehoben :
Ich und Nicht-Ich werden als teilbar gesetzt. Es ergibt sich: „Ich setze im
Ich dem teilbaren Ich ein teilbares Nicht-Ich entgegen". Die Reflexion auf
die bloße Form der Vereinigung Entgegengesetzter durch den Begriff der Teil-
barkeit ergibt den Satz des Grundes (A zum Teil = Non-A), aus dem die
garie der Bestimmung (Begrenzung, Limitation) folgt. Aus dieser
Svnthesis folgen alle anderen apriorischen Grundsätze und Kategorien. In ihm
irrlei: 1. „Das Ich setzt das Nicht-Ich als beschränkt durch das Ich"
— die Grundlage der praktischen Wissenschaftslehre; 2. „Das Ich setzt
-ich selbst als beschränkt durch das Nich-Ich" — die Grundlage der theore-
I ische n W issenschaf tslehre.
Die Kategorien entstehen (zugleich mit den Objekten) durch die Tat-
handlungen des Ichs. Aus der Verbindung von Tätigkeit und Leiden im Ich
ergibt sich die Wechselbestimmung (bei Kant: Relation). Das Nicht-Ich
hat nur Realität, sofern das Ich leidet (d. h. sich selbst beschränkt). Es wird
hier dem Nicht -Ich Tätigkeit zugeschrieben, dieses gilt als Ursache und so
haben wir die Kategorie der Wirksamkeit (Kausalität). Das Ich als um-
fassend alle Realitäten ist Substanz, nämlich insofern alle möglichen Hand-
tungsweisen (Seinsweisen) in das Ich gesetzt werden. Das unendliche Ich ist
Ems und Alles, da es an sich unendlich ist. „Leiden" ist nur ein geringeres
Quantum der ins Unendliche gehenden Ich-Tätigkeit, die sich selbst begrenzt.
H tdeln ist nur dadurch begrenzt, daß es dem Ich ein Nicht-Ich ent-
/• ii muß. Das Gesetz des Bewußtseins lautet: „Kein Subjekt, kein
•t: kein Objekt, kein Subjekt".
Die Unix v.iif.t) die Anschauungsinhalte und deren Formen setzende
Funktion i-t die der (produktiven) Einbildungskraft, durch welche das
-ich begrenzt. „Es kann nichts in den Verstand kommen, außer durch
:i.l>ildiiii<j-kj;itt.'- Der Wechsel des Ichs, daß es sich endlich und unend-
setzt, i-t das Vermögen der Einbildungskraft, welche zwischen
ind unendlichem in der Mitte schwebt. Für uns entsteht, alle
die Einbildungskraft Die Empfindung ist eine Bandlung
he diese« etwas in sich aufgefundenes Fremdartiges in
hauung ist die Zusammenfassung eines Mannigfaltigen.
AüStofi" auf die, Tätigkeit des Ichs, die nach innen
Fi« hm. 1, ,
getrieben und reflektiert wird, bo daß da- Angeschaute alz VcrstelluiigBinhall
dem [ch gegenübersteht Das Angeschaute als Bolches wird produziert I
Anschauen ist ein Schweben der Einbildungskrafl zwischen widerstreitenden
titungen and wird erst durch den Verstand (die „durch Vernunft fixierte
Einbildungskraft'^ fixiert, womit ersl Realität gesetsl ist, das Ideale zum Realen
wird. Als „gegeben" erscheint das Beale, ireil \\ir ans der Arl seiner Produktion
nicht bewußt werden. Der „Zwang" des Objektiven ist nur die „Unmöglichkeil
der entg setzten Tätigkeit" des Ichs. Als Ursache der Anschauung wird
das ala denkbar Beurteilte gedacht Die Anschauungsformen (Baum und
Zeil | entstehen zugleich mit dem Anschauungsinhalte und Bind ideell wie dies
Das vorstellende [eh ist Intelligenz; dies ist es aber nur in Beziehung aui
das Nicht-Ich, da die Vorstellung nur durch einen ...\n-t<.i;-- auf die [ch-Tätigjkeil
möglich ist. Erst die praktische Wiseenschaftslehre erklärt diesen Ansti
Der Grenzpunkt liegt, wohin in die Unendlichkeit ihn das Ich Betzt Das [ch
ist endlich weil es - ein soll. Ez ist die Forderung der praktischen
Vernunft, ..dal) allea mit dem [ch übereinstimmen, alle Realität durch das Ich
schlechthin gesetzt Bein Bolle". Setzen einer Bchranke und stete Erweiterung
per Schranken i-t onsere Aulgabe.
l>a- [ch setzt <in< Außenwelt, um praktisch-sittlich wirken zu können,
l>ir Außenwelt ist das „▼ersinnlichte Material unserer Pflicht1'. „Objekt und
Sphäre meiner Pflicht". .»Weil das [ch sich im Selbstbewußtsein nur praktisch
zen kann, überhaupt aber nichts denn ein Endliches setzen kann, mithin ro-
ch eine Grenze Beiner praktischen Tätigkeit setzen muß, darum muß es eine
Welt außer sich setzen".
Den l bergang zur Ethik bildet die Untersuchung des praktisch sich ver-
haltenden [chs. Das [ch setzt Bich als tätig und bei, inwiefern es ein Eiandeln
oder Sein ans seinem Begriffe erklärt. Das Geistige im [ch, unmittelbar ala
Prinzip einer Wirksamkeit angeschaut, ist Wille, dessen Objektrration der
Li b ist rgL Schopenhauer). Alz wollend finde ich mich durch intellektuelle
Anschauung. [endenz zur Selbsttätigkeit um der Selbsttätigkeit willen- i-i
das Wesen des [chs; diese Tendenz ist ein Trieb. Das vernünftige [ch ist
frei, autonom. I>a- Prinzip der Sittlichkeit ist der notwendige Gedanke
der Intelligenz, „daß sie ihre Freiheit nach dem Begriffe der Selbständig!
schlechthin ohne Ausnahme, bestimmen sollte". Endzweck alles sittlichen
Handelns ist, „daß die Vernunft, und nur sie, in der Sinnenwelt herrsche4'.
Ule physische Krafl soll der Vernunft untergeordnet werden.*4 Sittlichkeit
^•»11 in der Gerneinschaft vernünftiger Wesen herrschen. Das : — »itli.-Ii«- 1-1
Lbstzweck, da die Natur als solche nichtig und wertlos fi . I
der menschliche Leib nur „ein Werkzeug zur R
in der Sinnenwelt". l>a- Sitfc inen, absoluten
[ch in der Individualität Kultivierung der Sinnlichkeit ist ein sittliches Ziel
Die Pflicht gebietet unbedingt, ohne jede Bücksicht auf Glückt u.dgl.
Di Leben ist Zweck nur um der Pflicht willen. „Mein empirisches Selbst ist
nur lüttel zur Erreichung des Zwecks dei Vernunft"
Objekt des £ V< rnunft iiberhau]
Irr. Philosophon- !• eik
Fichte.
Ganze der vernünftigen Wesen ist die „Darstellung des reinen Ich". Mein
Grandtrieb ist die Übereinstimmung des -wirklichen mit dem idealen Ich (Unter-
Bcheidung lies ..reinen" Triebes vom ..Naturtrieb'-). Das Gewissen ist „das
unmittelbare Bewußtsein unserer bestimmten Pflicht", das „Bewußtsein unserer
höheren Natur and absoluten Freiheit". Die allgemeinste ethische Forderung
lautet: „Erfülle jedesmal deine Bestimmung!" (Forderung des sittlichen Triebes).
(Hier: ..Handle stets nach bester Überzeugung von deiner Pflicht", oder:
..Handle nach deinem Gewissen". Das ist das Prinzip der Moralität (Gesinnung),
- formale Sittengesetz. Das Sittengesetz gebietet, „jedes Ding nach
Beinern Endzwecke zu behandeln". Moralist aller vernünftigen Wesen ist
Bndzweck; wir sollen alle gleich handeln.
In seiner Rechts- und Staatslehre deduziert F. zuerst die Existenz von
vernünftigen Individuen außer dem Ich. Ohne die Setzung freier, aktiver,
vernünftiger Wesen, welche das Ich zur Selbstbestimmung veranlassen und mit
ihm in Wechselwirkung stehen, kann sich das Ich als Vernunftwesen nicht
denken. Deduziert wird das Rechtsverhältnis also aus dem Ich, aus der „reinen
Form der Vernunft", unabhängig von der Ethik, d. h. vom guten AVillen. Es
i Verhältnis gegenseitiger Einschränkung freier Wesen. Das Recht ist
Bedingung einer Gemeinschaft solcher Wesen, ist durch die Vernunft gefordert.
Eb gibt kein besonderes Natur- oder Vernunftrecht, sondern alles Recht ist
seiner Idee nach Vernunftrecht. Der Zweck ist der Grund und Maßstab des
Rechtes. Das allgemeine Rechtsgesetz lautet: „Ich muß das freie Wesen außer
mir in allen Fällen anerkennen als ein solches, d. h. meine Freiheit durch den
Möglichkeit seiner Freiheit beschränken". „Urrechte" sind die An-
sprüche des Vernunftwesens auf Freiheit seines Leibes als Organs der sittlichen
Pflichterfüllung und seines Eigentums. Zur gegenseitigen Sicherheit vereinigen
sich die Individuen in einem gemeinsamen Willen und es entsteht der Staats-
rtrag. Der Staat ist „das Recht selbst, zu einer zwingenden Natur-
gewall Lr<-worden", er ist ein Organ der Vernunftverwirklichung, sein letztes
Ziel i-t di<- Sittlichkeit; er geht auf seine eigene Vernichtung aus: '„Es ist der
k aller Regierung, die Regierung überflüssig zu machen". Kontrolliert
wird der Staat am besten durch „Ephoren". Im „geschlossenen Handelsstaate",
«reicher die Produktion! Gütcrverteilung, die Preise regelt, nur ein „Landesgeld"
duldet, kurz möglichst selbständig ist, hat jeder das Recht auf Arbeit und
•••uz, aber auch die Pflicht zur Arbeit (Staatssozialismus).
I »aiiiit sind wir bei derSozial- und Geschichtsphilosophie F.s angelangt.
llschafl ist nach ihm die „Beziehung der vernünftigen Wesen aufeinander".
sie Iri'b i<-t ein Grundtrieb des Menschen, dieser ist bestimmt, in der
Ischafl zu leben, da er nur in dieser ganz Mensch ist. Das Leben im
-i ein Mittel zur „Gründung einer vollkommenen Gesellschaft".
rirkung durch Freiheit" i~t der Charakter der Gesellschaft. Durch
Vervollkommnung der Gattung; gemeinschaftliche Vervoll-
er Ziel in der Gesellschaft Kultur als Gestaltung und
per und innerer Verhältnisse durch die Vernunft ist End-
n <i aich in der Geschichte immer mein- niihert.
l'!< II I 1..
In ihr wirkt die Vernunft erst als Instinkt (Stand der Unschuld), dann als
Autoritätszwang, es kommt /ur Auflehnung gegen diese, biß endlich eine
Synthese eintritt, bei der all*-- frei durch Vernunft organisi rl wird, die Mensch-
heit ihr Leben aktiv-bewußt, rationell-sittlich gestaltet Endphase ist der Bland
der „vollendeten Rechtfertigung and Beiligung". Eine besonder Aufgabe hat
in der Gesellschaft der Gelehrte, er ist der Vertreter der Vernunft, er widmet
-in Leben der [dee. — Ideen zu einer National- und Sozialpädagogik
führt l-\, unter dem Einfluß von Pestalozzi, in den „Reden a" die deutsche
Nation-- ans. Nur durch innere Umwandlung kann das deutsche Volk wied
sich erheben, auf <lif.Iuu.-nd muß man einwirken. Die Erziehung ist (wie nach
Plato) eine Bache des Staat.- der daraui zu Beben hat, daß die Jugend in
•-•n Anstalten aittüeh und national erzogen wird. Eine „deutsche
Nationalcr/i.huii--- tut not Wichtig ist vor allem die Erziehung zu einem
festen, Dicht schwankenden Willen: denn der Wille ist die „Grundwurzel
Menschen selbst". I>ie Lieh.' zum Guten als solchen muß zur Entfaltung _
langen. Die eigene Tätigkeit des Zöglings anzuregen, ist notwendig. Für die
Förderung des Vernunftzwecks ist auch ästhetische Bildung höchst wirksam.
Auf dem Gebiete der Religionsphilosophie erklärt F. in der ..Kritik
aller Offenbarung'4 die Offenbarung als Erziehungsmittel für möglich. Bollen
Wesen, deren Natur gegen das Bittengesetz teilweise widerstreitet, die Sittlich-
keit nicht ganz verlieren, bo mußte diese durch Offenbarung gefördert werden.
In der Sehritt, die ihm den Vorwurf des Atheismus zuzog („Über den Grund
nnseree Glaubens an eine göttliche Weltordnung") bezeichnet F. Gott als che
lebendige, aktive ,,morali8che Weltordnung" (als „ordo ordinans"). Ee bedarl
keines andern Gottes; Gott ist kein Ding, keine besondere Bubstanz. In der
rAppeUationsschrift" erklärt er. keineswegs Atheist zu Bein; seine ( welche
nur ihre Wünsche personifizieren, für die also Got( nur „Geber des Genuas
seien die eigentlichen Atheisten, religionslos. Später identifiziert er <i<>tt
mit dem onendlichen, absoluten Welt-Ich, der die Welt setzenden absoluten
Vernunft, di<- reine Tätigkeit ist Dann, in der Abhandlung „Über das W
Gelehrten*', Eaßt er Gott als ein unendliches „Leben" auf, dessen I
Bcheinung die Welt ist. Das Bein ist „lebendig und in sich tätig". I>a- Leben
aus und durch Bich ist ,das Leben Gottes oder des Absoluten'' D
und für sich ..rein in rieh selber verborgen", es ist Blies Bein, i-t ohn \
änderung. Seine Äußerung, Darstellung, äußerliche Existenz ist die Welt
„Das göttliche Lehen an sich ist eine durchaus in -i<-h geschlossene Einheit,
ohne alle Veränderlichkeil oder Wandel ... In der Darstellung irird das-
selbe . . . ein ins Unendliche sich fortentwickelndes und immer höher steigendes
Leben in einem Zeitflusse, «Irr kein Ende hat". I>ie immer «rieder tu ül
windend.- Schranke des Lebens ist die Natur, ein be-
Bchlossfffiffli Dasein. Aus dem göttlichen Leben Dießt das „Zeitleben". Wo
die göttliche [dee rein und ohne Beimischung des natürlichen Antriebes «in
U ■■• ewinnt, da haut sie neu Welten aui (vgL Eucl Brat in der I
scheinung zerfällt das eine Leben in Individuen, hie Idee -<lh-t \ ersehn
sich im Menschen «in aelb Leben und gestalu
Fichte Ficinus.
.11 die Welt nach Bich. Dieses Leben der Idee stellt sich dar als
Liebe, als Liebe zur [dee. Die Schrift „Anweisung zum seligen Leben" führt
aus, wie das göttliche Leben im mit t ergebenen Menschen rein zur Äußerung
gelangt, wie die Seligkeit in der Liebe besteht.
Unter dem Einflüsse Scheüings hat F. später (von 1811 an) seine Lehre
dahin modifiziert, dafi er das göttliche Sein dem Wissen voranstellt. Das
Sein ist, „Insichsein", unveränderliches „Beruhen auf sich selbst, Absolutheit".
Alke ist Bild, Erscheinung des einen Seienden, Gottes. Das Wissen ist das
dee -ins durch ein Bild, die Erscheinung des Seins, die sich als Bild
i'.t und so in der Form des Ichs auftritt, für die es erst Dinge gibt.
Anhänger Fichtes sind Forberg, Niethammer, J. B. Schad, Mehmel
n. a. : weitergebildet wurde seine Lehre durch Schelling und Hegel. Von
dm .»Neukantianern" sind stark von Fichte beeinflußt Windelband, Rickert
u. ;i. („Neuüchteaner"), aber auch Cohen, Natorp u. a. Ferner Wundt,
Lipps u. a.. besonders Eucken, J. Bergmann, Schellwien, F. Medicus,
Münsterberg, teilweise I. H. Fichte, Fortlage, Harms u. a.
riften: Aphorismen über Keligion und Deismus, 1790. — Versuch einer Kritik
aller Offenbarung, 1792; auch in d. Philos. Bibl., 1872. — Zurückforderung der Denk-
freiheit von den Fürsten Europas, 1793. — Beiträge zur Berichtigung der Urteile d.
Publikums über d. französ. Revolution, 2. A. 1795. — Über den Begriff der Wissen-
schaftslehre, 1794. — Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre, 1794; 2. A. 1802
(Hauptwerk). — Über die Bestimmung des Gelehrten, 1794; auch in der Univ.-Bibl.
— Grundriß des Eigentümlichen der Wissenschaftslehre, 1795. — Grundlage des Natur-
rechts, 1796. — Erste Einleit. in d. Wissenschaftslehre usw. Versuch einer neuen Dar-
stellung der Wissenschaftslehre, 1797. — System der Sittenlehre, 1798. — Über d.
Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltordnung, 1798. — Appellation an das
Publikum gegen die Anklage des Atheismus, 1799. — Die Bestimmung des Menschen,
1800: auch in der Univ.-Bibl. — Der geschlossene Handelsstaat, 1800; auch in der
. — Darstellung der Wissenschaftslehre, 1801. — Grundzüge des gegenwärtigen
Zeitalters, 180G. — Anweisung zum seligen Leben, 1806. — Über das Wesen des Ge-
lehrten, 18<)G. — Beden an die deutsche Nation, 1808; auch in der Univ.-Bibl. —
Die Tatsachen des Bewußtseins, 1810. — Staatslehre, 1813; erschienen 1820, u. a. —
Samt. rke, hrsg. von 1. H. Fichte, 8 Bde., 1845 — 46. — Nachgelassene Schriften,
-., 1834. — Briefe, hrsg. von Weinhold, 1862. — J. G. F.s Leben und literar.
Briefwechsel, bng. von 1. H. lichte, 1830; 2. A. 1862. — Werke in Auswahl, hrsg.
;. Medicus. — VgL J. H. LÖWE, Die Philosophie F.s, 1862. — K. FlBCHER,
... d. neueren Philo«. VL W. KABITZ. Studien zur Entwicklungsgesch. d.
ittslehre, 1901. — E. LtASE, F.s Idealismus u. d. Goschichte,
\ LEOV, La Philosophie de Fichte, 1902. — MEDICUS, F., 1905.
I h-imi». Marsiliua (Ficino, Marsiglio), geb. 1433 in Florenz, Lehrer der
phie an der Platonischen Akademie in Floren/,, gest. 1499. Er iiber-
ie Werke Platoni [1483 84), Plotins (1492) u. a. und verfaßte außer
dium theologiae Platonicae" besonders eine „Theologia Platonica",
1576.
om Neuplatonismus inspirierte Mystik. Die Erkenntnis
d. i im-. Ki, ( ,. i . i erleuchtet Ks gibt in der Seele ver-
Ficnojfi — Fiw Mi isi
borgene. bt-i Anlaß der Erfahrung sich entfaltende, angeborene Begrifft
mittelst welcher der Geist alle ESrkenntnu aus sich erzengt Durch diese an-
"irenen liegriffe tiiim.ni wir uns wieder der Ideen, der in göttliche!
itehenden ewigen Urbilder der Dinge. Die Ideen Bind zugleich Naturkri
<;.»tt ist höchste Intelligenz nnd höchste Güte, aber alle Veränderung and
Vielheil erhaben. Ea ^i i > » r eine anvergängliche Weltseele und ebe
menschlich B alz rernünfl B ele ansterblich, ds sie ron Gott stammt,
dessen Kid sie isi und dem Bie rieh immer mehr zn rer&hnlicheo und zu .
einigen Btrebt.
■fck, Adolf, geb. 1829 in Kassel, gest 1901 in Blankenberghe. = F.
[ehrt, ähnlich wie Schopenhauer and Helmholtz, daß die Setzung ron Objekten
al- Irsarlif d«-r Kmpfindung auf •■in. in anbewußten Bchlufl beruht, der
durch das apriorische Kausalgesetz veranlaßt ist Auch Raum und Zeil
len der Erfahrung roran. Bei der Entwicklung der bewußten Erkennt-
oii von den Eigenschaften des Raumes spielt die Erfahrung eine Rolle.
Auch Kratt. Kasse, Bewegung osw. sind nur subjektive ESrkenntnisformen.
Die Atome Bind absolut ausdehnungBlos, Systeme von „Kraftächtungen". Die
materielle Well ist „dae Gespinst um en rntellekte". Die Dinge an
sich sind anerkennbar.
Schriften: Dio Welt als Vorstellung, 1870. — Obst [Tiiclui uml Wirking,
\. 1882. — Thilos. Versuch iib.-r Üfl Wahrscheinli.hkeiten, 1883.
Firianza b. Bonaventura.
lili|>l>ow. M. M.. 1868 -1903, russischer Philosoph, Verfasser einer
WirJdichkeitsphUosophie" (188 I rolutionisl und Monist.
PiMteer9 Engelbert Lorenz, geb. L846 in AffchafTftnburg, Stadtpfarrer in
Würzburg.
1". steht auf <l»iu Boden der kaiholischen (Aristotelischen) Philosophie, ist
■i in vielem selbständig. In erkenntnistheoretischer Beziehung isi er „kritischer
Realist*4 oder „Ideal-Realist", da wir oach ihm /.war oichl bloße Bewußtseins-
inhalte, aber auch nicht das An sich, die Substantialitäi der Dinge, Bondera
deren Kraftänßerungen objektive Erscheinungen) wahrnehmen. Die Außen-
dinge sind nicht im Bewußtsein, Bondern dieses bezieht sich auf jene als Obj<
Bewußtseins, deren Erscheinungsweise vom Subjekt abhängig ist D
Dinge sind an sich Systeme von Kräften, haben also alle Energie. Die Seele
isi 'in Em adersi Art, .1. — en Zustände nicht räumlieh und
ni«ht in physische Energien umsetzbar Bind. Et Lril»t aber ( die allen
\\ ■ leinsam angehören und vermöge deren sie ein harmonisches System
(dei „Vernunft-Einergißmus") bilden. Gott ist die absolute Vernunft!
Sei : übst dai Gstoti dn Bntwicklang am
ui.iMiiuv L880, — Dm Probten »los i beb ii
- Cher (1 l'ni./ij. .1. OrgHÜMtfOl B. d. Grundfragen
.Irr Krkmntni-tl • 1- Das »irund-
probJSM «l.^r M.-t a i .J. \ - 1 k , I8f4i l»er Triompf d< —
: . I • - Dor i. a.
Fischeb Fischhaber.
r isolier. <•• 0. = F. ist strenger Determinist und Materialist. Das Be-
wußtsein ist nur eine ..Funktion des Gehirns", eine „materielle Bewegungs-
leinung". Das Denken ist ein Naturprozeß, der Gedanke materiell. Die
ist dw ^Inbegriff aller materiellen Funktionen des menschlichen Gehirns".
Das Bewußtsein ist eine Begleiterscheinung, eine Art Schatten, rein passiv.
Der Wille ist eine Bewegung; alles Handeln ist Wirkung von Naturfaktoren,
deren Zusammenhang ein mechanischer ist,
S hriften: Die Freiheit des menschlichen Willens, 2. A. 1871. — Das Bewußt-
. 1874.
Fischer, Karl Philipp, geb. 1807, Prof. in Erlangen, gest. 1885. = F.
bildet (von Baader beeinflußt) Hegeische Lehren zu einem spekulativen Theis-
mus um. Gott ist nach ihm das Ursubjekt, der Urgeist. Die selbstbewußten
Individuen sind Einheiten eines geistigen Reiches, welches die Manifestation
- göttlichen Ursubjektes ist.
S hriften: Die Freiheit des Willens, 1833. — Wissenschaft der Metaphysik, 1834.
Die Idee der Gottheit, 1839. — Grundzüge des Systems der Philosophie, 1848 f., u. a.
Fischer« Kuno. geb. LS24 in Sondewalde (Schlesien), Prof. in Heidel-
_ gest. 190S.
1 •'.. der als Vortragender hohen Ruhm genoß, ist vor allem durch seine
[lichte der neueren Philosophie und deren glänzende Diktion bekannt. In
eigenen Lehren zeigt er sich als (teilweise Kantianisierender) modifizierter
Hegelianer. Die Logik ist zugleich Erkenntnislehre und Metaphysik. Die
dialektische Entwicklung geht vom Sein durch das Wesen zum Zweck. Gegen-
Trendelenburg erklärt F., die von diesem behauptete „Lücke" in Kants
_ imenten für die Subjektivität der Anschauungsformen bestehe nicht. Es
•■■■•: Willensarten: die Willkür, die durch Erkenntnis geleitet ist, und das
allem Erkennen und bewußten Handeln vorausgehende, unbewußte Wollen.
Affekte sind Willenszustände. Der ganze Leib ist eine „Willens-
aeinung"; im Gehirn manifestiert sich das Erkennenwollen. Der Wille ist
Quelle der Lebenstätigkeiten. Was in uns Willeist, ist in der Natur Kraft.
Der Wille ist das Wesen des Menschen, der Geist ist seine Begabung. Im
Ästhetischen liegt <in spielendes Verhalten vor, eine Sammlung und Einheit
:ill*r unserer Fähigkeiten. Der Witz ist ein „spielendes Urteil". „Was noch
ni<- vereinl um. isi mit einem Male verbunden, und in demselben Augenblick,
int dieser Widerspruch noch frappiert, überrascht uns schon die sinnvolle
achtunfj
Diotims, die Idee des Schönen, 1 849. — System der Logik und Metaphysik,
\. 1909. — Geschichte der neueren Philosophie, 10 Bde., 2.-5. A.,
ptverk). — Philo». Schriften, 1891 f.; 5. A. 1902 ff. (Einleit. in
Philo«.; Kritik der Kantischen Philos., u. a.) — Kloine Schriften,
/ i ber die menschl. Freiheit; Das Verhältnis zwischen Willen
Schüler all Philosoph, 1858; 2. A. 1892. — Schiller-Schriften,
brüten, 1888—00. — Goethe« Faust, 4. A. 1003, n. a.
i i^< hh.iiM i . Gotüob Christian, 1779~1829, Gymnasialprofessor in Btutt-
Kantianer,
FlSCHHABEB - FLÜGEL.
B hriften: Über das Prinzip u. die Hauptprobleme de« Fichteechl
— Lebrbuch der Logik, 1818, u. a.
Fiske, John, amerikanischer Philosoph, L842— 1901. — F. vertritt i
evolutjonistische und zugleich theologisch-teleologische Naturphilosophie, ver-
bunden mit dem Glauben an Unsterblichkeit. Die Entwicklung seigt ein
wachsendes I rgewichl da psychischen Lebens, rein Ziele treten beim
Menschen in den Vordergrund. l>i<- natürlich«' Zuchtwahl tritt gegenüber der
Zuchtwahl durch den Menschen zurück, der Kampf ums Dasein bort hier auf.
S hriften: Outlines of Cosniic Philosoph)-, 1884. — Destiny ui" Man, 1881 : de .
\..n l"i. Kirchner, 1890. — K\';ursions of an Evolutiuni>t, 4. ed. 1884.
Flechsig, Paul, geb. 1847 in Zwickau. Prof. der Psychiatrie in Lei]
= ,Ea gib! nach F. eine Vielheit von Gehirnprovinzen und »ine Reihe \<m
„Assoziationszentren", Zentren der Verarbeitung der Binneseindrücki
Denk' da JKogitaaonBrentren").
Behriften: Gehirn und Seele, 2. A. 1896. — Die Lokaüeation c gen Vor-
e, 1896 u. a.
Flicll. Wilhelm, geb. w>s in Arnswalde, Arzt in Berlin. = Lehre von
der Periodizität der Lebensprozi J. auch Bwobod
5 hriften: Der Ablaaf . 190G. — In eigener •'., u. a.
Flint. Robert, geb. iv-iv in Dumfriesshire, Prot in Edinburgh. = Vi
Martincaii beeinflußt, aber zum Teil gegen diesen polemisierend. Theistischei
Standpunkt
i. ritten: TheiMu, l«7T: 10. ed. 1902. — Anti-theutic Theorie«, 1878. —
itorj et Uic r tUetary, 1893. — BocieJum, 1894. — Philosoph), i •
Flouren«». M. J. 1'.. 1784 1867, Begründer der experimentellen Gehirn"
Physiologie, war Prot am College de France. = Nach F. sind alle Hirnpartien
funktioneU gleichwertig, es gibt keine Lokalisation im Gehirn.
9 hriften: Psychologie eompnree, 18,"»4. — De la rie et de l'inl
— ])•• l'inetincl et de l'intelligence dea inimsnx, 4. ed. 1861, u. a.
Flournoy. Theodore, Prof. in Genf. Anhänger der Lehre vom psycho-
physischen Parallelismus.
ritten: M< ' et P»J a.
Fludtl. Robert (R, de Fluctibtu . 1574 in Ifilgate (Kent Arzt in
:<■,:;;. :_ Von der Kabbala und besonder» von Paracelsus
einflufit. (Jnti i-t das ewige Licht, der unendliche Geist Prinzipien der DL
sind Licht und Finsternis, Liebe und Mai;. Sympathie und Antipathü D
uind in der Weltseele vereinigt. I >i< .Mann- entstammt der Finst
im-, das Leben dem Lichte, dessen Ausstrahlung auch der Intellekt i
Menschen ist, der gut und Belig wird, wenn er Bich dem göttlichen I
hingibt, Makro- und Mikrokosmus Btehen miteinander in w • bselwirkui
lli-tu! . 1617. — Clevii pl.. al-
■ 18. — l'i. . ||
I lii^^i. Ott 1842 in Lfitien l' in DOlau bei Malle, ii
/ • brifi für Philos. u. I igik.
Flügel — Forel.
F. Bteht wesentlich auf dem Boden der Hcrbartschen Philosophie, deren
pluralistische Realen-Lehre er gegen jeglichen Monismus verteidigt. Die Wirk-
lichkeit beetehl aus Monaden, aus einfachen Wesen mit qualitativen, inneren
Zustanden, die erst im Zusammensein zu Kräften werden. Die Seele ist eine
mir dem Leibe in Wechselwirkung stehende Substanz. Das Dasein Gottes
isl mit höchster Wahrscheinlichkeit (besonders auf Grund der Zweckmäßigkeit
Welt) zu erschließen. In der Geschichte wirken auch geistige Faktoren,
Ideen (Gegen die ..materialistische'' Geschichtsauffassung).
Schriften: Der Materialismus, 1865. — Die Probleme der Philosophie, 1876;
4. A. 1906. -- Die Seelenfrage, 1878; 8. A. 1890. — Die spekulative Theologie der
Gegenwart, 1881: 2. A. 1887. — Das Ich u. die sittlichen Ideen im Leben der Völker,
1885; 4. A. 1904. — Das Seelenleben der Tiere, 1884; 3. A. 1897. — Über die per-
sönliche Unsterblichkeit, 1888. — Über die Phantasie, 1892. — Der substant. u. d.
aktuelle Seelenbegriff, Zeitschr. f. Philos. u. philos. Päd. III, 1896. — Idealismus u.
.Materialismus der Geschichte, 1898. — Der Wille, 1899. — Die Bedeutung der Meta-
physik Herbarts für die Gegenwart, 1902. — Herbarts Lehren u. Leben, 1907. —
Abr. d. Logik, 4. A. 1901. — D. Seelenleb. d. Tiere, 1897. — Monismus u. Theol.
3. A. 1908 u. a.
Fonsegrive, G. L., geb. 1852 in Saint-Capraise de Salinde, Professor
in Bordeaux. = Indeterministischer Standpunkt. Der Begriff der Kausalität
ine Quelle in der Erfahrung des Denkens über den Zwang, von einem
Inhalt zum andern überzugehen. Die wirkende Ursache ist eins mit der
knrsache, Zweck der Welt ist die objektive Darstellung von Gedanken.
(tott ist die oberste geistige Ursache von allem.
riften: Essai sur le libre arbitre, sa theorie et son histoiro, 1887. — La
• ausalite erficiente, 1893, u. a.
Fontenelle, B. L. de, 1657—1757. = Kartesianischer Standpunkt.
h riften: Entretiens sur la pluralite des mondes, 1686, 1750, 1864; deutsch
1724, u. a.
Forberg, Friedrich Karl, geb. 1770 in Meuselwitz (Sachsen), gest. 1848
alt Kirchenral in Hildburghausen. Durch seinen Aufsatz im „Philosophischen
Journal", 1798 über die „Entwicklung der .Religion" gab er Veranlassung zum
Fichteschen Atheismusstreite (s. Fichte). Er verfaßte dann noch (1799) eine
leinet angeblichen Atheismus. Die Religion definiert er als
Glauben an eine moralische Weltordnung, basiert sie also auf die Ethik, auf
Stämme ,: issens, nicht auf den Glauben. Das schließliche Gelingen
Inten in der \\ dl ist der Sinn der moralischen Weltordnung, deren Prinzip
Pwel, l >. 1848 in Morges, früher Prof. der Psychiatrie in Zürich.
Monis! und Determinist. Zwischen den psychischen Vorgängen,
■'"-•"" und der Qehirntätigkeit besteht das Verhältnis der
• prichl jedem psychologischen Vorgang ein Komplex von
in den Nervenelementen des Gehirns. Die ..Introspektion"
cheinung jeder Nerrentätigkeil (elementar-metaphysisch
': .In der anorganischen Natur ist schon
i i. - Fori läge.
das Seelische potentiell enthalten. ..Alk- i-t - | wie Kraft und S
Grotl ist die unpersönliche Allmacht. I>k Außendinge erkennen wir durch
Symbole. l>ic Psychologie muß wesentlich vergleichende Psych« sein.
Besonders eingehend hat sich F. mit den Ameisen und deren psychischem Leben
Schriften: Das Qedsehtaii und seine Abnormitäten, 1885. — Der Hypaotismae,
: 4. A. 1902. —Gehirn und Seele, 1894; 11. A. 1910. — Über die Zusehaai
fahJgkeit d. normalen Menschen, 1902. — Das Sinm-leben der Insekten. 1910.
{»sycho-physiologische Identitätstheorie als wiaaeaacbafUichei Postulat, 1906. Sexaelle
Kthik, S, A. 1908. — D. sex. Präge, 19<»5. — Verbrechen u. konstitutionelle Seelen-
«boormititen, 1907. — Leben a. Tod, 1908. — Psychologie comparoV, theorie di
raneme et dAterminiarae, 1910, u. a.
rorye. Louifl de l;i. Ar/t in Saiimur. Karte-iaiier. = de la F. i-t schon
«•in Vertreter des „Okkasionalismus", wonach die r,. ,nr
Veranlassungen zur Qervorbringung der entsprechenden psychischen Vo
sind, die letzten Endes von < ; « » t t verursacht Bind.
triften: Traite de l'esprit de fhoinme, 1GG4 (166G). — Vgl II. S IM.
L. de la F., 1887.
Forarey, Job. Qeinr. Samuel, geb. 1711 in Berlin] da Sekretär der
Akademie 1797. = Eklektischer Popularphilosoph, in der Ethik Anhänger des
Perfektionismus (Die Glückseligkeil besteht in der Verrollkommnung .
8 hriftea: La l< >uri «j u<* sei rraiaemblaneea, 1747. — Rc< hon hes sur les eleu
de la aiatiere, IT IT — Lo lyatame 'in rrai boaheor, 1760. — Baaai sur la tion,
»1. — Principe«, do inorale, 1761 — »ij. — Melaagei pbiloaophiqsaa, 1T.">4. a. a.
Fairster, Friedrich Wilhelm, geb. L860 in Zürich (Sohn de- Astronomen
Wilh. Förster de- Hauptes der Deutschen Gesellschaft rur ethische Kultur).
Bezüglich des Willensproblems i-t V. psychologischer Determinist Di<
sittliche Freiheil i-t die ..relative Unabhängigkeit des Menschen von der Innen-
welt, -eine Abhängigkeit von seiner Gedankenwelt, insbesondere von den Vor-
stellungen, welche der Ausdruck der Anpassung an da- soziale Leben sind".
Die [des der Verantwortlichkeil wird im- den Einzelnen zur Quelle seiner Bitt-
lichen Freiheit. F. i-t besonden auf dem Gebiete der Moral-Pädagogik
t.iti-. die er aber nicht mehr \uii der Religion ganz frei halten will, da
ter Grundlagen bedarf, die mir die Religion geben kann (Katholisierende
Tendenzen, obwohl I-'. Protestant ii
Schriften: Willeaifreibeit u. sittliche Verantwortlichkeit, 1898 ' -- Ik
T Lebssafthnwg, 1909, a. a.
l,öi,«»<er-\i<»ty.^«,lie- Elisabeth, Weimar. Schi riedrich N hes
1846 in l; m. Verwalterin ron Nietzsches Sarhlail.
tbea i- 1 i ti.
F<niiii-c, Kai!, geb. 1806 in Osnabrück, !'i"t. in Je -l.
I ■'. i-t Im-smihUth von Kam. Fichte und Bcnek< beeinfluß! I i lehrt einen
inasendenten Pantheismus", aach welchem <>"tt da- absolute ich. i
i-t. in welchem alle Einzel-Ichs enthalten sind. D Substai en sind
ts,, Fortlage — Fouillee.
Pnxiukte ewig wirkender Kräfte". Die Seele ist ein Triebwesen. Das
B< wufit8ein kommt durch eine „Triebhemmung" zum Vorstellungsinhalt erst
hin/u: OB ist die Richtung dos Triebes auf eine antizipierte Anschauung. Es
gibt einen unbewußten Trieb, unbewußte Assoziationen usw. Die seelische
Grundkraft, aus der durch Umwandlung Aufmerksamkeit, Frage, Überlegung
gehen, ist der Trieb. Das Subjekt ist „ein Grund trieb nach Mani-
festation seiner Belbst", Selbsterhaltungstrieb. Die Befriedigung des Triebes ist
die Lustempfindung. Die Begriffe sind Produkte der „Denktriebe".
g briftea: Die Lücken des Hellsehen Systems, 1832. — Darstellung und Kritik
der Beweise für das Dasein tiottes, 1840. — Genetische Geschichte der Philosophie seit
•_'. _ System der Psychologie, 1855. — Acht psychol. Vorträge, 1868. —
. 1869; 2. Ä. 1872. — Vier psychol. Vorträge, 1874. — Beiträge
■/.uy Psychologie, 1875.
Pouche!*, Simon, geb. 1644 in Dijon, Kanonikus daselbst, dann Abbe
in Paris. gest 1696. = Von Descartes ausgegangen, wandte sich F. einem ge-
mäßigten Skeptizismus zu und war u. a. ein Gegner der Leibnizschen Lehre
von der prastabilierten Harmonie.
8( h ritten: Ciitique de la recherche de la verite, 1675 (gegen Malebranche). —
D<- hi sagessc des anciens, 1682. — Histoire des Academiciens, 1690.
Fouillee, Alfred, geb. 1838, war Prof. in Paris, lebt jetzt in Mentone.
F. i-t der Hauptvertreter des französischen idealistischen Evolutionis-
iii u -. Ei- stellt eine Synthese her zwischen dem Platonischen Ideenbegriff, dem Be-
tritt der Kraft und der Aktivität und dem Evolutionsbegriff und vertritt so einen
tuschen Monismus, eine psychistische Identitätslehre, nach welcher das
sehe das wahre Wesen der Dinge, die Triebkraft des Geschehens, der innere,
wahre Faktor der Entwicklung ist. Ausgegangen ist F. von dem Gedanken, daß
di.- Idee der Freiheit sieh selbst verwirklicht, uns durch das Streben nach ihrer
Realisierung frei macht (Autodeterminismus). Er schließt dann weiter, daß alle
Bewußtseinsinhalte als gefühlsbetonte, ein Streben einschließende
dynamische Faktoren, „idees-forces", Kraftideen (bezw. Ideenkräfte)
sind. Nach dem »empirischen Monismus" (,,monisme experimental") ist das
»sehe die objektive Seite dessen, was in seiner Unmittelbarkeit psychisch
i-t iatz von Innen und Außen, Objekt und Subjekt fällt in das
ii selbst „Der Unterschied zwischen unseren inneren Erfahrungen
und den von im- objektivierten Erscheinungen, die wir äußere nennen, rührt
den eerschiedenen Mitteln her, wodurch wir das eine Wirkliche mit seinen
Eigenschaften erfassen." Je nachdem Gesichtspunkt ist alles für uns
oder subjektiv. Da unsere Grundreaktionen die des Strebens und der
I. h. de- räumlich aufgefaßten Strebens) sind, so ist die Well, auf
^'•in projizieren, Streben und Bewegung, wobei das
•itli'-li Reale i-t (Voluntarismus). Die Bewegung ist das Ab-
- betitution innerer Veränderungen, die psychischer Ari
dÖtsein haben wir den Typus aller wahren Wirksamkeit.
• zugleich ein sensorisch-motorischer Prozeß, unmittel-
;n der Beziehung der Kraft ZU anderen Krallen,
FOUILLEE I Ol EU£B. \8rt
Kraft-Idee. Das Bewußtsein i-t wahrhaft dynamisch, aktiv, kein . .Kj»ij
nomen", kein bloßer Reflex. I>i«- Kraft der Idee isl „das Bewußtsein der
tätigen Wirklichkeil Belbst, die strebend und empfindend, al-'> geistig
l>i.- [dee druckt eine WillensrichtuDg aus. Trieb, Streben, Will«- sind die
Motoren des Seelenlebens, auch des Denkens, dessen apriorische Formen
Kategorien) zugleich WiUensformen Bind. Die Seele ist die psychische Ein-
heit des Oiganismus, steht also nicht mit einem von ihr verschiedenen Leibe
in Wechselwirkung (Parallelismus).
Der Wille ist der Kern alles Seins und so Bind die psychischen Pros
ml Strebungen (,,app£titionB", „vouloir" . In jedem Bewufitseinsyi _ i
ist Streben, „impulsion volontaire". l>;i- Streben liegt allem Vorstellen, Denken
und Erkennen sugrunde, es ist der Hanptfaktor aller geistigen Entwickle
die au! einem TriebTorj processus app&itif") beruht. Das psychische l
Beheben ist zielstrebig; denn der Wille ist ,.la tendance de L'etre au plus
md bien-etre, ä la oonservation et a L'expansion *\<- la vi.-. Der Wille ist
die Einheit von Kausalität und Finalital fvgL Lachelier u. a.). Auch die bio-
gische Entwicklung beruht aui inneren Kräften, auf Strebungen. KU : -
wirken [deenkrifte in der sozialen Entwicklung, wie man überhaupt das
Universum sls eine Gesellschaft betrachten kann. Die Gesellschaft ist ein
Willensorganismus, der sich selbst verwirklicht, ein „organisme contractuel",
indem der VTertrag die ..idee drrectrice" der höheren Gesellschaftsordnung wird.
1»;.- volle Eigenleben Bchließt da- Leben für andere ein.
Der Kern der Sittlichkeit ist die Hingebung des lehn an die Gesamt-
heit; rSndzweck ist die Identifikation von Individuum und Gesamtheit. I>i< sitt-
lichi [dee rerwirklicht sich Belbst, indem sie in ans su einem ,,persuasifu wird.
uns bo innig durchdringt, dafl anser Bandeln durch sie motiviert wird, ohne
Zwang and ohrn Eigennutz (vgL Guyau).
Schritten: La pfciloaophie de Piatun, 1809: l. üd. 188.;. Ls pl
. L874. — Bietoixe de la philosophie, 187."»: 6. M. L892. — La libexti st
i iiiiiii-iuf. L81 L901. — Critiqoe da« ■yateenea da neotale eontenporaiae,
is8:i: 4. 61 1894. — L'idee modere* du droit, ist — La i
L lb85. — L'a\cnir da !a mAtaphyaiqoe, 1889 : •_'. <-d.
— La in« . la religio« d'apree Garen, 1889. — L'ivotutio&aiame
ideea-Cu (Haoptwerk). — La ; . ;«■ de« id
— Le moafeanaat ; I la concej>tii>n tocioli
— Le in -UN i'iiiont ideeüete et ia reaetioa eoato
payebol. de« peuples cur
■MBSI <" - Lea clriiienta -
da* - l.<- ftoeiaüaaie st Ii - • ■• —
Vgl. 8. I'awi.I' ki i - as«s rheorie aar LdeeeJurftJ D. Pasmaxik,
\m her Honiamoi l *09.
I om iei-. < Ihaiiee, 1772 18 l u den
isten. l'.r rerkündet das riecht aui Arbeil verbunden mit Arbeitspflicht.
Dil Produktion -"II kollektivistisch in „Phalan8terieir< I
wird je nach Arbeit und I Die <
Kot Kl KR — FRANCKE.
interpretiert F. psychologisch; die Individuen werden durch gegenseitige
\ jungen verbunden.
rifte»: Theorie des quatres mouvements, 1818. — Traite de l'association,
— Lo nouveau monde imlustriel, 1829. — Theorie de Turnte univers., 1841 f.
— Oeuvres corapletdB, 1841—46. — Vgl. BEBEL, Ch. F., 3. A. 1906.
I owler. Thomas, geb. 1832 in ßourthon-Stather, Prof. in Oxford, gest.
daselbst = Anhanger J. St. Mills, Utilitarist und Perfektionist.
ritten: Elements of Deductive and Inductive Logic, 1869. — Progressive
Morality, 1886. — The Principles of Morals, 1886—87.
Frnc»a*toro. Girolamo, Arzt und Naturforscher, geb. 1483 in Verona,
1553. = F. gibt eine Psychologie des Erkennens, welches durch sinnliche
Symbole erfolgt („cognitionem onineni per rerum simulacra fieri'-). Verknüpfung
und Trennung sind die Grundfunktionen des Denkens.
Schritten: Turrius sive de intellectione, Opera 1555. — Vgl. CäSSIRER, Das
Eikenntnisproblem 1, 208 ff.
France, Raoul H., geb. 1874 in Wien, Direktor des „Biologischen In-
stitutes" in München. Herausgeber der „Zeitschrift für den Ausbau der Ent-
wicklungslehre".
F. i>t evolutionistischer Monist, Panpsychist, Pantheist. Das Leben ist
eine Äußerung psychischer Faktoren („Psychovitalismus"), die Entwicklung
beruht wesentlich auf direkter, funktioneller, aktiver Anpassung (Neo-Lamarckis-
- . Die Pflanzen haben eine Psyche (Empfindung, Unterscheidung, Streben).
L ■ ii- Vorgänge sind bedürfnisgemäße, immanent-zielstrebige Reaktionen,
optimale Kt-izverwertungen. Von der unbewußten „Körperseele" ist die
„Gehirnseele" (mit Ichbewußtsein und assoziativem Gedächtnis) zu unter-
gehe«
Schriften. Das Leben der Pflanze, 1905 ff. — Grundriß einer Pflanzenpsychologie,
Z. f. d. A. d. E., 1907 f. — Der Wert der Wissenschaft, 3. A. 1908. — Der heutige Stand
der Darwinschen Frage, 1908. — Das Sinnesleben der Pflanze, 2. A. 1907. — Das
»letal der Pflanze, 20. A. 1908, u. a.
rraiifiMfiis <l< Mavronis, „Doctor illuminatus", Lehrer an der Sor-
bonne in J';i L325. = Schüler des Duns Scotus. Der Intellekt erfaßt
Einzelne in allgemeiner Weise. Die Ideen sind ewige Urgründe der Dinge,
die durch sich selbs! ihr Wesen haben,
riften: Opera, 1620.
I r;ui< k, Adolphe, L809- L893, Prof. in Paris. — Schriften: La Cabbale,
1892. Philosophie du droit pönal, 18G3. — Dictionnairo des sciencea
UM, 184 4 — ö 2 ; '.',. 6d. 1885 u. a.
i'i-aiM-k«-. Samuel, 1773-1840, Prof. der Theologie in Kiel. =
. Wolfl beeinflußt
i 'li<- Ki/cr.Ml, alten der Analysis u. d. analyt. Methode in
b über die neueren Schicksale des Spinozisinus,
a.
Prantz — Freud.
Frantz. Constantin, 1817—1891. — I. li . -. dann
ScheOingB spaterer Richtung
Schriften: Die Philosophie dir Mathematik. 184kJ i Hegelscher Standpunkt). —
\<.rschule zur Physiologie der Staaten, 18.07. — Die Naturlehre d
(Organischer Standpunkt). — PbilosophUains und Christentum, 1876. — Schell
ÜTfl Philosophie, 1879 f. — Weltpolitik, 1882.
Fräser, Alexander Campbell, geb, 1819 zu Ardchattao Man--. Prof. in
Edinburgh. Fj Standpunkt ist zum Teil dein afartineaus u.,a. verwandt.
Kin sittlicher Glaube Ist die Grundlage der Weltanschauung, die nicht restlos
aui V» - u bringen ist. Die Welt ist ein [nbegriff von Wesen, die im
anendlichen göttlichen Geiste enthalten sind.
Schriften: Essays in Philoeophj, 1856. — Rational Philosoph)-, 1858. — Philo-
of Theism, 1895 — 07, u a. (auch Ilerausgeher von Berkeleys Werken).
I raueiiMädt. Julius, geb. 1813, lebte in Berlin, gest. 18
In den ersten Schriften erst von Hege] abhängig, vertrat F. später einen,
von dem Schopenhauerschen teilweise abweichenden, Voluntarismus. !»•
Vielheit der Individuen ist mehr als bloßer Schein („Objektiv-phänomenaler
Individualismus'') ; die Einheit des Weltwillens umschließt eine Vielheit relativ
selbständiger Wesen. Wie der Wille ist auch <la- Vorstellen ein alL
meines Attribut des Beienden; der Intellekt ist ein ebenso ewiges Prinzip wie
Wille Wie die Ajischauungsformen i Kaum and Zeit) ist auch die Denk-
form der Kausalität objektiv bedingt; die eigentliche Ursache alles Geschehens
i-t der Wille. Auch den Pessimismus leimt I-'. ab. In der Geschichte
wirken ..immanent«- Kräfte und Triebe der menschlichen Natur-. ..l>a- Ziel
schreibt der Wille vor, den Weg zeigt der Entellekt." Im Ästhetischen
nimmt der Wille eine objektive Richtung.
B hriften: Die Freiheit des Menschen und die Persönlichkeit Gottes, is;js. —
Die Hfl mg Gotte«, 1839. — Studien uml Kritiken zur Theologie und Philo-
M--, 1840 Ästhetische Fragen, 185S. — IJriefo Aber die Schopenhauer!
Philosophie, den Materialien . — Briefs übet die natür'.:
igion, 1868 — Da« sitt! — A Schopenhauer, 1868. — Blicke
ellektaelle, physische and mors! W{ . - I, - bopenhener-Lexikon, l -
— S ■en l.;iuers. he Philosophie,
Frcdcgifjsj.as sie kbt des Klosters von St Martin in Tour-.
- hüler Alcuins. Nach l. i-t das Nichts (al i nstand eines I
ein Seiendes, etws als die Materie \on allem Dinglichen.
briftea: ,.1>" i •• M
M. A n\ ER, I I- ■ Toara, 18"
Prc««l, - gmund, N oheükunde in Wien, H
Schriften rar angewandten Seelen kund«
i •• : Psych "an 1 1 j le vi rato at F. dl aufdeckt \
V< - elenleben". In -'inen i
Untersuchungen beb F. den Ante;: Sexuellen am ISeelenlel
die Rolle des Unbewußten. I die nicht bei werden und
1^. Freud - Fries.
„abreagiert" sind, drängen nach Erfüllung, nehmen dabei oft eine andere
Richtung („symbolische" Befriedigung). Der Traum ist wesentlich „Wunsch-
erfüllung". Ein nicht zur Erledigung gelangter „Tagesrest", ein „latenter
Iraumgedanke", der wahrend des Taues aufgebaut, aber nicht zur Erledigung
gelangt ist. wird durch die Traumarbeit in einen Traum verwandelt. „Der
ans den Traumgedanken hervorgehende Wunsch bildet die Vorstufe und später
den Kern des Traumes." Der „manifeste" Traum ist nach F. eine „ver-
kappte Erfüllung verdrängter Wünsche", eine Entstellung der „latenten
Traumgedanken". Der Witz beruht auf unbewußt hergestellten Vorstellungs-
verbindungen.
3< h ritten: Der Witz und seine Beziehungen zum Unbewußten, 1905. — Die
Traumdeutung, 1900; 2. A. 1909. — Studien über Hysterie (mit J. Breuer), 1895;
-. A. 1909. — Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, 1906; 2. A. 1910. — Samm-
tmg kleiner Schriften zur Neurosenlehre, 1910. — Zur Psychopathologie des Alltags-
lebens, :>. A. 1910. — Cber Psychoanalyse, 1910, u. a.
Freiideilthal • Julius, gest. 1907. — Schriften: Beiträge zur Ge-
schichte d. englischen Philosophie, Arch. f. Gesch. d. Philos., Bd. IV — V, 1891. — Spinoza-
Stadien. Zeitschr. f. Philos. u. philos. Kritik, Bd. 108—109, 1896—97. — Die Lebeus-
getthichte Spinozas, 1898. — Spinoza, sein Leben und seine Lehre, 1904 f., u. a.
Freytas, Wilhelm, geb. 1873 in Jüterbog, Prof. in Zürich. = Gegner
• - Phänomenalismus, Vertreter des kritischen Realismus; die Erkenntnis be-
riehl weh auf das Transzendente, jenseits des Bewußtseins Liegende.
Schriften: Der Realismus und das Transzendenzproblem, 1902. — Die Erklärung
der Außenwelt, 1904. — Zur Frage der Realität, 1906. — Ober die Erkenntnistheorie
der Inder, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. 1905, 1908.
Pri€S, Jakob Friedrieh, geb. 23. August 1773 in Barby, besuchte die
Schule der Brüdergemeinde, studierte in Leipzig und Jena, war eine Zeitlang
Hauslehrer in der Schweiz, wurde 1801 Dozent in Jena. 1805 Professor in
Heidelberg, 1810 in Jena, gest. daselbst 10. August 1843.
F. will (gegenüber der Spekulation Schellings u. a.) den Standpunkt des
von der Erfahrung ausgehenden, Wissen und Glauben scharf unterscheidenden
Kritizismus vertreten und die Kantsche Vernunftkritik in neuer Weise
lüden, nämlich auf dem Boden der „ philosophischen Anthropologie", der
inneren Erfahrung. Aber dies soll nicht empiristisch und (wie man sich
ausdruckt) „psychologistisch", wenn auch psychologisch geschehen. Denn
die apriorische, von der Erfahrung unabhängige Geltung der Anschauungs-
• n und der Kategorien bleibt unangetastet, durch innere Erfahrung wird
!'■■ rtand an diesen apriorischen Formen und Grundsätzen festgestellt;
lApriorische wird also durch Innere Krfahrung entdeckt, stammt aber nicht
der Erfahrung, sondern liegt im Wesen des Geistes, der Vernunft.
üithropologie gibt eine „Theorie der inneren Natur unseres
ing der geistigen Organisation unseres Lebens". Die
/• sind aus „anthropologischen" Voraussetzungen zu
durch empirische Psychologie zu beweisen. Den in der
Selbsttätigkeil des Erkenntnisvermögens", kraft
Fkii>. 191
deren die Erkenntnis unter den notwendigen Gesetzen der Einheil Bteht) liegen-
den ISrkenntnisformen kommt unmittelbar Evidenz zu« Die Vernunft ist
..unmittelbar«' Vermögen der Erkenntnisse in uns", der V ratend macht dii
nur bewußt. Abstraktion und Vergleichung dienen dem Denken nur. um die
„sonst gegebenen Erkenntnisse der Einheit in unserem Geiste zu beobachten".
Durch die psychologische Methode erkennen wir, welche apriorischen Ein-
Bichten die Vernunft besitzt und wie sie in ihr entspringen. IM»- ursprüng-
liche Selbsttätigkeit des Bewußtseins bekundet sich in den Anschauung
und Denkformen. Durch die produktive EinbüdungBkraft entsteht die An-
schauung. Di«- reinen, apriorischen Anschauungen (Baum nnd Zeit) sind
„ursprüngliche Arten der Verknüpfung der Mannigfaltigkeit, welche nicht aus
der Empfindung entspringen". Formal ist, was zur Einheit gehört. Die
Kategorien Bind Formen der Vernunfttätigkeit, Einheitsformen. „Beine
Apperzeption ist die eigene >ell»ttäti<:keit des Geeistes, das „reine Bell
bewußtseür*. „Transzendentale Apperzeption'4 ist das „unmittelbare Ganze
der Erkenntnis4'. Die Selbsttätigkeit, Aktivität. Willkürlichkeit des logischen
„oberen Gedankenverlaufes'4 ist rom gedächtnismäßigen, assoziativen, „unteren44
tanken rerlaui zu unterscheiden. Der innere sinn ist das „Vermögen der
inneren Wahrnehmung unserer geistigen Tätigkeiten". Das reine Selbstbewußt-
sein sagt nur (als unbestimmtes Gefühl), daß ich bin, nicht was ich bin; zu
em „qualifizierten44 Selbstbewußtsein wird ob erst, indem innere Sini
anschaunngen hinzukommen. Die iußere Anschauung bezieht sich unmittelbar
auf ein Objekt; die Vorstellung eines ( ;._, n.-i.indes kommt nicht erst durch
Eteflezion hin/u. „Die Anschauung in der Empfindung hat für sich allein
unmittelbare Evidenz, indem sie den Gegenstand als gegenwärtig vorstellt.44
Wir erkennen aber nicht das Ding an sich, Bondern allei Wissen hat es nur
mit Erscheinungen der Dinge an sich zu tun, ist also relativ. Alle Erschei-
nungen unterstchen den allgemeinen E£rkenntnisgesetzen. Die Natur als das
Ganze der Sinnenwelt) der Inbegriff raum-zeitlicher Phänomene, ist nur quan-
titativ, mathematisch, kausal, mechanistisch zu erklären. Die Naturphilosophie
soll ..<! e möglicher Hypothesen über die Natur der Körper**, die Vor-
■etzungen der Naturobjekte geben. Vollständige Naturerkenntnis ist nur
die ISrkenntnis „der Welt der Gestalten und deren Bewegungen". Auch das
Organische ist luuisal-mechaniach, ohne Teleologie zu erklären. Seele und
I.' ib -md zwei ESrscheinungBweisen eines und dgonelbon Wesens. Dem empi-
rischen liegt der intelligible Charakter zugrunde, so daß das Ich an sich frei
in der Erscheinung determiniert.
1'. spricht von der [dee einer „intelligiblen Welt freiwollender In-
telligenzen, «reiche durch die Gottheit, das Ideal des höchsten <;ut.-. den
heiligen Urgrund dieser Welt, als ein Reich der /.wecke besteht, in dem die
[dee der persönlichen Würde das Gesetz gibt4". Der höchste Glaube ist der
Glaube an das höchste Gut, an das Reich der / Das unbedingt Gute
i-t der guti Wille. Die Vernunft hat absoluten Wert, ist Zweck an sich.
Die Naturale zweckmäßig beurteilen heißt schließlich, sie ani die Idi
ewigen Gute« beziehen. ..Nur in dem vollendeten < Ja n/en d< inOrdmi
192 l"i:n>.
Dinge liegt für unseren Glauben dieses Gesetz des Endzweckes im Sein
Dinge, Dicht aber in den zerstreuten wechselnden Bildern der erscheinen -
Natur. Wir behalten in der Betrachtung der Natur nur eine Ahnung
höheren, geheimwaltenden Gesetzes durch die Zusammenstimmung' der
mannigfaltigen Formen einzeln autgefaßter Organisationen mit den Gesetzen
der Schönheit und Erhabenheit für eine bloß ästhetische Beurteilung für das
Gefühl." Überall gilt der Satz, daß das Endliche Erscheinung des Ewigen ist.
-' die empirische Äußerung unseres AYillens in der Natur die Erscheinung
a ..intelligihlen Charakters unseres freien Willens in der ewigen Ordnung
der l>in_
Auf da- Absolute, Unbedingte, Ewige geht nicht das Wissen, sondern (wie
DachJacobi) der (Haube, eine unmittelbare Überzeugung der Vernunft. Der
Inhalt desselben ist uns in den (von der Beschränkung der Kategorien freien)
ben (Idee des Absoluten, der Einfachheit, der Totalität, der Frei-
heit, der Gottheit usw.). Das Gebiet der Ideen ist das Reich der Vernunft-
zwecke, in welchem der Geist Zweck an sich ist. Dieses Eeich ist eine Welt
von Dreien, wollenden Wesen unter dem Sittengesetz, welches ein Wert-
und Zweckgesetz ist. Die menschliche Würde ist die Basis der Ethik, die
den absoluten Wert der Persönlichkeit, des Geistes zur Voraussetzung hat.
Die Einheit von Wissen und Glauben ist die Ahnung („Ahndung"), die
„Überzeugung nur aus Gefühlen ohne bestimmten Begriff", die ganz dem Ge-
fühl gehörende Beurteilung der Natur nach den Ideen des Schönen und Er-
i'ii. Dir Ahnung gibt uns einen Reflex des Wesens der Dinge in deren
heinnngen, deren ewigen Sinn sie erfaßt, im Schönen wie im Religiösen.
Für diese ästhetische Weltanschauung ordnet sich die Natur den Ideen
unter, sie wird zu einem sinnvollen Zweckzusammenhang in Gott („Weltzweck-
lehre"). Die Ahnung ist also auch das Organ der Religion, der ästhetisch-
-vnibolwh.il Erfassung des Göttlichen in der Schönheit und Erhabenheit der
Well („Ästhetischer Rationalismus").
Anhänger von Pries sind Apelt, Mirbt, van Calker, Schieiden,
Ballier, de Wette, J. H.Th. Schmid, Schlömilch, teilweise J.B.Meyer
Beeinflußt von F. sind Chr. Weiß, Beneke, Elsenhans u. a.
Abhandlungen der Friesschen Schule, 1847 ff. Der neuen Fries -
ßhören an: L. Nelson, K. Kaiser, G. Hessenberg u. a., z. T.
0. Ewald. V'_'l. Abhandlungen der Friesschen Schule, Neue Folge,
ritten: Beinhold, Höhte u. Sehelling, 1803. — Philos. Rcchtslchre, 1804. —
ala eridenter Wissenschaft, 1804. — Wissen, Glaubo und Ahn-
l, .\ 1905. — Neue Kritik der Vernunft, 1807; 2. A. 1828—31 (Haupt-
m der Logik, 1S11 ; 3. A. 18:J7. • Grundr. d. Log., 3. A. 1827. —
• prakti Philosophie, 1818 (Ethik) —1832 (Beligion«philo>ophie). —
Anthropologie, 1820—21 ; 2. A. 1837—39. - Mathematische
12. — Julius und KvaK'oras, ein philo«. Roman, 1822, 1910. —
. 'ilauh. u. d. Hoffe., 1823. — System der Metaphysik, 1824. —
;7 — 40, u. a. — VgL EENKE, J. F. Friei, au« leinera
FRUS — FK0HS< h LMM] i:.
handschriftlichen Nachlai) dargeetellt, 1867. — J'.i.H.Mi \ \ -. 1 ri.-«, und Kant, 19(."
— Fries als Erkenntnistheoretiker, 1906. — TÖSGHMA1TN, Du Wertprobleni bei
1 .. LS
Frisolieiweii-üöliler, Max, geb. 1878, Privatdozent in Berlin.
B< hritten: Moderne Philosophie, 1907. — \Virkli< hkeit.serkenrit: ... f.
Thilos*., XIV, 1908, u. a.
FritxM<*lie9 Dr. Richard, geb. 1856 in Leipzig, Prot. u. Konrektor am
< r\ iniia-iuin in ESchneeberg. - Vbluntaristischer Standpunkt, von Wandt n. a.
Mtlllßt.
Schriften: Vorschule der Philosophie, 1906.
I Yoelilicli . Joeei Anselm, geb. 1855 in Bchönmn, Oberstabsarzt in
Dresden. = F. lehrt eine - rang der Kräfte zu immer höheren Einheiten
durch den in allem wirksamen göttlichen Willen.
Schriften: Das Gesetz v<m der Erhaltung der Kraft und der Geist ■ «ten-
tuni-, 1908. — l»«-r Wille zur höheren Einheit, 1905. — Freiheit uml Notwendig-
keit, 19< B, u. a.
l'i'oli^olianiiiK'r. Jakob, geb. 1821, katholischer Priester, Prof. der
Tln •■ dann der Philosophie in München, gest. lv
F. begründet, von Leibniz, Fichte, Bchelling n. a, beeinflußt, eine idea-
listische Metaphysik, «reiche als das schaffende, gestaltende Prinzip in Natur
und Geist die „Phantasie" setzt I>i<' Metaphysik muri \<»n laßerer and
innerer Erfahrung ausgehen, sich auf die Tatsachen der Natur and l
schichte Btützen. l>ii' Philosophie erklärt alles aus einem Prinzip, der
Phantasie, vermittelst der Gott in der Weh wirkt. In der Natur ltü »'
eine objektive, unbewußte, schöpferische, gestaltende Weltphantasie, eine
„BildungBkraft", die ursprünglich mit der Materie innig verbanden war. D
ganze Naturentwicklung erfolgt anter ihrem Einfluß, sie ist auch das Lebens-
prinzip in den Organismen, <1; taltende im Beelenleben, in dem sie (als
subjektive, bewußte Phantasie) zur Erscheinung gelangt Ebenso isl sie in der
ellschaft und in der Geschichte wirksam. Der Weltprozeß ist die ob-
jektive Imagination Gottes, aus ihm entspringend, aber nicht mit ihm id
h. Ideell Bind in ihr alle Formen enthalten, welche naturgesetzlich n
wirklicht werden. Dorch Veräußerlichung im Weltpn ommt die ob-
jektive Phantasie zur Belbstrealisierung in immer höheren Gebilden, in imn
bewußteren [ndividoalisationen. Überall entfaltet sie sich als Einheit
Stoff, Kraft und Norm. Die Zweckmäßigkeit der Natur beruht aui einer
Istrebigkeit, auf [deen, die in den Organismen zur Entfaltung treil
und all Denk- und Willensziele im menschlichen I
Im Menschen wird <lii- Phantasie individuell-selbstbewußt
Prinzip auch d< tischen Lebens, durchdrimrt all»' Seelniknift«- und \
bindet lie zur Einheit al nisationskraft und bewi kvoUei
taltungsprinzip (das Psychische modifiziert den i Der In
- 1 i ii k t ist dir fiebern und wenn subjektiv -h nicht tx
doch objektiv urteilende und und | b wirkci
FROHSCHAMMER — GABLER. ,
Taft". Per menschliche Geist ist ein Entwicklungsprodukt
schöpferischen Weltphantaeie ; die Einzelseele entsteht aus dem Gattungs-
triebe der Menschheit durch die Generationskraft der Eltern (Generationismus),
sie ist ein synthetisch« -s Formprinzip, belebt den Leib und entwickelt sich mit
ihm. Die Seele differenziert sich zum selbstbewußten Ich. Psychologisch ist
die Phantasie ..das Vermögen, das Geistige in sinnliche (oder sinnlich-
peychische) innere Formen. Vorstellungen zu bringen". Sie ist zugleich, durch
die [deen, das Organ dw höheren, idealen Wahrheit. Die Anschauungs-
formen (Saum und Zeit) und Kategorien (Sein, Kausalität, Möglichkeit
u. a.) sind nicht angeboren, sondern Formen der gestaltenden Phantasie im
Anschauen und Denken. Die Kategorien wohnen dem Geiste insofern inne,
als er selbst in seiner Realität und Wirksamkeit deren Realisierung ist. Sie
sind „gleichsam die Organe, wodurch das Material der Sinneswahrnehmung in
die Einheit des psychischen Organismus aufgenommen werden kann". Sie
sind subjektiv und objektiv zugleich. — Die geschichtlich-soziale Entwicklung
dient der Realisierung der Idee der Menschheit, der Humanität.
Anhangei Fjb sind Fr. Kirchner, ß. Münz u. a.
Schriften: Der Ursprung der menschlichen Seele, 1854. — Menschenseele und
Physiologie, 1855. — Einleitung in die Philosophie und Grundriß der Metaphysik,
— Über die Aufgabe der Naturphilosophie, 1861. — Über die Freiheit der
Wissenschaft, 1861. — Das Christentum und die moderne Naturwissenschaft, 1868. —
Das neue Wissen und der neue Glaube, 1873. — Die Phantasie als Grundprinzip des
Weltprozesses, 1877. — Monaden und Weltphantasie, 1879 (die beiden Hauptwerke). —
— Über die Genesis der Menschheit und deren geistige Entwicklung in Religion, Sitt-
lichkeit und Sprache, 1883. — Die Philosophie als Idealwissenschaft u. System, 1884.
— Über die Organisation und Kultur der menschlichen Gesellschaft, 1885. — Die
Philosophie des Thomas von Aquino, 1889. — Über das Mysterium magnum des Da-
— ins. 1891. — System der Philosophie im UmriH, 1892. — Herausgeber der Zeitschrift
„Athenaeum" (1862 ff.). — Vgl. B. MÜNZ, J. F., 1895; Briefe von und über F., 1897.
Fachs, Emil, geb. 1874 in Beerfelden i./O., Pfarrer in Küsseisheim a./M.
= Von Bocken beeinflußt.
riften: Schleiermachers Religionsbegriff, 1901. — Vom Werden dreier
Denker, 1904. — Wesen und Werden der Sittlichkeit, 1906. — Gut u. Böse, 1906.
lu Horton. George Stuart, Prof. an der Columbia-Universität in New
York. = F. sucht eine Synthese /.wischen Idealismus und Realismus herzu-
stellen, indem er die Anßendinge als vom individuellen Subjekt unabhängige,
ogültige Phänomene bestimmt.
The (Jorisciousness of the Infinite, 1887. — Sameness and ldentity,
.; hniiiortality, 1899. — Metaphysics, 1904. — Introd. to Philo-
i a.
QaMer, i geb. 1786 in Altdorf, seil 1835 als Nachfolger
L863. Hegelianer.
I rABLEE < rALL.
Schriften: Lehrbuch der philosophischen Propädeutik I ■. Kritik des Bewul'.t.-
1827, 1901. — Die Hellsehe Philosophie, I, 1843, u. a.
(jiahriel Biel s. Biel.
Oale, Ineophilus, 1628— I • » 7 7 . = <i. gehört zu den englischen Pli
uikem des 17. Jahrhunderts, [Jnsere Erkenntnis isl nach ihm ein symbolisc]
Erfassen der den Dingen zugrunde liegenden göttlichen Weisheit.
Schritten. The Court of the yentiles, 1669 — 77 (Aula deorum gentilium, 14
Philosophia universali-).
Galeno*. Claudius, geb. 131 n. Chr. in Pergamos, Arzt in Alezandrien,
dann (ab Leibarzt des Kaisers Commodus) in Born, gest. am 200 n. Chr.
G. «rar das ganze Hittelalter hindurch die höchste Autorität auf medizi-
nischem Gebiete Die Logik behandelt er nach Aristoteles and zwar in syn-
thetischer Weise (ähnlich wie Euklid die Mathematik). \h>- vierte „Galenische"
Schlußfigur schließt an die Bchon bei Theophrast vorhandenen Schlußmodi
an. I>i»- vier Aristotelischen Prinzipien ergänzt <L durch den Begriff
Mittels [dt ■■' . I >i»' Lebenskraft nennt <;. (wie die Stoiker] Pneumi ua);
im Gehirn and in den Nerven wirkt das Seelenpneuma (xrevfta v'7'^
Doch gibt es vielleicht auch eine unmaterielle Beele, die vielleicht ansterb-
lich i-f.
Schriften: Optra, 1679, 1821—81, 1884 11. — Vgl E, CHA1 vr.r. La pt]
logie de Gal., 1860—67. — La thfologk de IL, ls73. — La lopique de (i„ 1881,
u. a. — Die Pseudogalenische Schrift Ihm q iXoodq ov Unogiat nur
»in Auszug aus den pseudoplutarohischen „Plaeita".
4ilalileK Galileo, 1564 1641, der berühmte Physiker, kommt auch für
die Geschichte der Philosophie in Betracht
<.. ist der eigentliche Begründer der neueren mechanistischen Welt-
anschauung. Alles Geschehen ist Verbindung und Trennung der Atome, ist
Bewegung, die durch mechanische Kran beschleunigt wird. I>i»' Kraft (im-
petus) ist die stetige Folge momentaner Impulse. 1>:i- Qeset der Trägheit
wird zuerst ron <>. formuliert Farben, Töne usw. sind blofl subjektive
Empfindungen i..n<l corpore senaitivo**), an sich existieren nur (Gestalt,
Größe, Bew< l>i>- wahr.- Methode der Naturwissenschaft ist «li»- quan-
titative, ant Grund von Beobachtung und Experiment analytisch
. nirt.xio risolutivo") vorgehende. l>i«- mathematischen Erkenntnian
halben eine apriorische Ghrundlage („da per -
.'.ritten: 11 naggiatnrc, 16*23. — I)ial< I i dot ■■anmi Ul
(1, dout«..h L891. - Optra, 1841—58, i*b7 tr. Vgl. NatORP, Q, sli PhÜo-
... Philo«. MonaUhefte, 1882. — L Mi I i .\i :i:, Di« BtdtetU
■ophie, i-
<;all. Frans Josef, geK L756 in Tiefenbrunn, M
rougebeJ Paria. <-. ist der Begründer da Phrenolof i I i nimmt
(„innere Sinne") an, die alle an bestimmten BteUen des bTirnei und
Call — GABVE.
idelfi Lokalisiert sein sollen. Auch von einem Sprachzentrum ist schon bei
G. die Rede,
S hriften: Anatomie et Physiologie du systörae nerveux, 1810 1t'.
(.alluppi. Pasquale, geb. 1770 in Tropea (Calabrien), Prof. in Neapel,
igi von Deecartes, Locke, Iveid, Kant u. a. beeinflußt und vertritt
einen kritischen E m piris m u s , nach welchem äußere und innere Erfahrung
die Quellen der Erkenntnis bilden. Die Relationen aber sind keine Er-
kihrun-sinhalte, sondern Produkte der Denktätigkeit. Der Begriff der Ursache
stammt ans der inneren Erfahrung. Mit dem Ichbewußtsein ist zugleich das
Bewußtsein äußerer Objekte gegeben, deren Existenz also unmittelbar gewiß
jgj Eiern, di filos. I. 155 ff.). Die Seele ist einfach, unteilbar und unsterblich.
teil unseres "Willens sind wir uns unmittelbar bewußt. In der Ethik
- ark von Kant beeinflußt.
Schriften: Dell' analiei e della sintesi, 1807. — Saggio filosofico sulla critica
della conoscenza, 1819 ff., 1846. — Elementi di filosofia, 1820—27, 1838 f. —
Lezioni di logica e metafisica, 1832 — 36. — Filosofia della volontä, 1832 — 40, u. a. —
\0, G. e la filosofia italiana, 1897.
Galtoii, Francis, geb. 1822. = G. ist Evolutionist ; besonders wichtig sind
Beine Studien auf dem Gebiete der Vererbungslehre (Statistische Methode) und
der „Eugenik", der Verbesserung der Menschenrasse durch Beeinflussung der
Selektion. Die allgemeinen Vorstellungen nennt er „generic images" oder
..hl« nded memories", indem er sie aus der Vermischung der Differenzen von
Vorstellungen eines und desselben Gegenstandes ableitet.
Schriften: Hereditary Genius, 1869; 2. ed. 1892; deutsch 1910. — Inquiries
into the Human Faculty and its Development, 1883. — Natural Inheritance, 1889, u. a.
Gandavensis s. Heinrich von Gent.
<»an*. Eduard, geb. 1708 in Berlin, Prof. der Jurisprudenz in Berlin,
ffeg< lianer.
Dai Erbrecht in weltgeschichtlicher Entwicklung, 1824 — 35, u. a.
(»aquo in. K;nl. geb. L839 in Darmstadt, lebt in Wiesbaden.
: Die Freiheit des Willens, 1873. — Die Grundlage der Spencerschen
Die transzendentale Harmonie hei E. Marcus, 1907 f.
<«;iriii<i . Adolphe, geb. 1801 in Paris, Prof. an der Sorbonne, gest.
ädere von Jouffroy beeinflußt. Die Seelen vermögen sind:
nng, Wille, Intellekt.
hrifr ychologie, 1830. — Essai sur la psychologie et la plm'-
' ill). — Tratte" de morale sociale, 1850. — Traite des
fftcolt^« i i, ,':,j. L865 Olauptwerk).
ßrnrv« L742 in Breslau, kurze Zeil Dozent und Prof.
Leipzig, ■ - in Breslau, Er übersetzte Schriften von
I ongen), Borke, Cficero (Von den Pflichten, L783),
GABYS — Ga i ak Vf.
Paley, A. Smith; Aristoteles (Ethik und Politik, ersten- mit historisch-kritu
Ausführungen aber Ethik).
G. ist ein geistreicher, aber eklektischer PopularphUosoph, <I«t vom •
lischeu Empirismus beeinflußt ist. Die Smnesqualitäto d Bind uach ihm Wir-
kungen der Dinge auf den Orgsnismas. Unlust entsteht, wenn der K
Teile verliert oder «renn sich andere anhäufen; Lust entsteht, irenn jener
Mangel ersetzl wird oder dieser Überfloß wegfällt, Der „Trieb zur Wirk-
samkeit" i-t vielleicht der Grund aller übrigen Triebe (Begriff des funktionellen
Bedürfnisses, BammL einiger AhhandL', I.
Schriften: Über die Verbindung der Moral mit der Politik, 1788. — Verroch
über verschiedene Gegenstände, 1792—1802; 2. A. 1821. — Vgl. BCäHBO, Chr. Q.,
17ie.t. A. Sij;kn. Über die Beziehungen Chr. (i.s zu Kant, Leipz. Dissert
Gasaendi i '■'»• 1592 in Champtersier (Proveno Prot
in Alz, Kanonikus in Dijon, gest. L655 in Pari-.
<i. ist der Erneuerer des Epikureismus, wobei er die mechanistisch-
atomistische Natuiauffassung mit dem Theismus rerhindet Des-
cartes erhebt er sine Reihe von Einwänden, so /. B. daß es anmöglich i-t. an
allem zu zweifeln, dafi ans jeder Tätigkeit des Menschen (nicht bloß aus dem
Denken) auf die Existenz des Ichs geschlossen werden kann. osw. Die Körper
bestehen, da die Teilung derselben schließlich zu etwas Unauflöslichem rühren
muß, aus Atomen, die durch ihre Größe, Gestalt und Schwere voneinander
verschieden sind. l>i<' Zahl der Atome ist unbestimmt groß, aber nicht un-
endlich. Die Atom.' sind ron Gott aus dem Nichts geschaffen und haben von
ihm einen unverlierbaren Antrieb (impetus) rar Bewegung erhalten, der
während der Ruhe nur gehemmt ist. Alles Geschehen in der Natur besteht
in Bewegungen, auch in den Organismen, die aus (empfindenden)
Atomen zusammengesetzt sind. Die Ordnung der Natur Btamml von Gott; in
der Wissenschafl abei kommt es nur aui die sekundären Ursachen an. Die
tierische Seele i-t ein feinster Körper, die vernünftige Seele aber immateriell.
Der Wille ist, wie das Denken, frei Die Erkenntnis entspringt aus der
Sinneswahrnehmung; bei der Geburt ist die Seele eine leere Tafel. Das Ziel
Handelns i-t die Glückseligkeit, die nur durch Tugend erreicht wird.
iftei: Exereftstionei peradozieae advorsu* arietoteleoe, 16x4 59. Die-
Ai.ti. ;irti'hi;u ;i.-. L648. — De vita, moribai 17. —
Syntanina pliilusophiae Bpicuri, l ti4'.t (Hauptwerk), ii. a. Opera, 1668, 1717. -
l'.i i:\ DER, Abregi d« ia pbiloe. de G., 1678, — F. THOMAS, Li
II. 8< um ii»i Et, Die Btellaag G « n l
Hetapkrnk, 1 •
G—t, P< U II. Köeelitz), Weimar, geb. ls"»i in Annaberj Ifft liker,
u ar der tu uesfc 1 'reund Nietzsch<
4-lllnkcr. rhOD . London.
Gaii.tikr — (ii:i»i.i:K.
<«aul(ioi' . Jules de. = Von Kant und Nietzsche beeinflußte Er-
kenntnislehre.
- ritten: De Kant ä Nietzsche, 1900.
<>;uniilo. ein Mönch, im Kloster Marmoutier bei Tours, angeblich ein
Früherer Graf von Montigni, im 11. Jahrh., Verfasser eines „Liber pro in-
sipiente adversua Anselmi in Proslogio ratiocinationem". — Vgl. Anselm.
Gan^^. Karl Friedrich, 1777 — 1855, der berühmte Mathematiker. Durch
Beine „Disquisitiones generales circa superficies curvas" (1828) für die Geschichte
dir Nuht-Kuklidischen Geometrie und der „metageometrischen" Spekulationen
von Bedeutimg. Werke. 1863—1906.
(■:i/.a. Theodorus, geb. um 1400 in Thessalonichi , ging als Flüchtling
na<h Italien, lehrte in Ferrara, lebte später in Rom, Neapel, Ferrara, wo er
Btarb. Kr übersetzte Schriften des Aristoteles und Theophrast und war
Aristoteliker.
\. :.. L. STEIN, Der Humanist Th. G. als Philosoph, Arch. f. Gesch. d. Philos.
11, l«
(■ehirol b. Avicebron.
Geifer. Lazarus, ' geb. 1829 in Frankfurt a./Main, Lehrer an der israeli-
tischen Realschule daselbst, gest. 1870.
Nach Geiger ist die Sprache und mit ihr die menschliche Vernunft ein
Entwicklungsprodukt, an dem der „Zufall" großen Anteil hat. Hervorgegangen
Sprache aus dem „Sprachschrei", der sich an Affekt-erregende Gesichts-
eindrücke reflektorisch knüpft. Für die Wahl der Ausdrücke war dann je ein
hochbegabtes Individuum maßgebend. Vor der Sprache war der Mensch ver-
Dunftlos, denn erst an und in der Sprache entwickelt sich die Vernunft, das
Denken. — In metaphysischer Beziehung ist G. Anhänger eines hylozoistischen
Monismus, oacb welchem den Elementen der Dinge Empfindung und Bewegung
• i Bind.
•iftcn: Über Umfang und Quelle der erfahrungsfreien Erkenntnis, 1857. —
.tc der Menschheit im Lichte der Sprache, 1868. — Der Ursprung der
. — Ursprung und Entstehung der menschlichen Sprache und Vernunft,
. — Vgl. L. A. ROBENTHAL, L. Geiger, 1883; Die monistische
•
CiiHjer. E, <>.. 1783—1847, Prof. der Geschichte in Upsala, war als
l'hil Vorlesungen aber die Geschichte des Menschen, 1856) Pancntheist;
die anendliche Persönlichkeit, welche die endlichen Geister ein-
Beljer« Reinhold, geb. 184'J; Prof. in I'psala. = Von Boström be-
Axbeiiea üb« Latze (1885, 1801; vgl. HSffding, Philo«. Monatshefte
u (\hh:',), aber dsi GewiMen d. a.
ÖelBler, .. I 50, lebt in Lonay (Schweiz;. = Das Kontinnier-
[öglichkeil einer jeden beliebigen „Weitenbehaftung".
GEI68LEB Gentilis. L99
Das Weser des Unendlichen liegt darin, daß es - .■ h „als je ein <;li<<l
Btimmter Art mit bestimmten Beziehungen und Grundsätzen einordnet in
Reihe der „Weitenbehaftungen".
Schriften: Ober Begritle, Definitionen und mathematische Phantai 18 Die
GrondaStee und das Wesen des Unendlb-hiMi, L902. — Zeit u. Kaum, I8*ö. — Grund].
<•. Hetaphjs. «1. Möglichkeiten, 1900. — Dai Willenaproblem, l'.tüT. — Über Lehren
i Wesen des Seins, Yierteljahrsschr. f. wiia, Philoa. Bd. 29. — Ist die Annahme \>>n
Absolutem in d. Anschauung u. im Denken möglich? Archiv t". s\-t. Philo«. IX. — l
Notwend., Wirklii hkeit, Iföglichk. n. d. Grundlagen d. Mathematik. 1. c XI. — Moderne
VeiillUBgeil auf philo«. -mathemat. Gebieten, 1909. — üdg). Wesciiserklär. f. Kaum,
Zeit, d. L'nendl. u d. Kausal., 1900, D a.
CjJellei't, Christian Fürchtegott, 17].") — 1 T » »,. ♦ . Prof. in Leipzig, der bekannte
Dichter, i-t auch als Moralist zu verzeichnen, = Tiefe Religiosität ist die
Grundlage der Gellertscheu Moral.
Schriften, 1769 — 7n; Moralische Vorlesungen. 177»». — Vgl. < Hl:. GARVE,
Sammlung einiger Abhandlungen 1-, lt
Ciiflliii**. Aul ii- . um 150 n. Chr. — Schriften: ed. M. H
;, 1886 (Sammlung philo« ichiehtlicher Materialien).
flf IMlioa b. Plethon.
Ggacrtbwi et Bpeciebus, De, eine von V. Cousin dem Abälard fälsch-
lich zugeschriebene Bchrift aus dem 12. Jahrh. (VgL Oeuvres inecL d'AbaeL,
p. 507fi; Üeberweg-Heinze, Grundr. d. Gesch. d. Phil«.-. II - Stand-
punkt des gemäßigten „Realismus" betreffs der Universalien; das Allgemeine
inhaliert einer Gesamtheit von Individuen (,,Omnis natura, quae pluribus inhaeret
individuis tnaterialiter, speci
f - * -ii n;i«liu«H (Georgius Bcholarius), geb. in Constantinope] um
1464 (Patriarch von Kbnstantinopel, dann Mönch). Aristoteliker; Bchrieb
Kommentare zu Porphyr und Aristoteles und eine Bchrii d Plethona
Kritik des Aristoteles (ed. Minas, 1858).
^ ;_'l \\ . GAS8, ßennadini irad Pletho, 1844.
Cii<»iiov<k^i. Antonio, geb. 171:! in Castiglione l)«i Balerno, Weltpries
und rint. in Neapel, g«--t. L769. (;.. der auch als Nationalökonom (Lezioni
«li commercio e di Oeconomia civile, I7."»h \ • m Bedeutung i-t. i-t u. a. i
I cke, Leibniz, Chr. Wolff, Vico beeinflußt Wir erkennen nach ihm nur «li--
beinungen der Ding« In der Ethik i-t <i. Ehidämonist
I. mti di sciciize ii (lateinii
B llateiniacli 1746). — Heditaaionc "© e la
D ■■■ nna, i :•;•; - !>.•.;»• i iei ie nv b. a. — \ i n i .
Dal I al Oallappi, 19<
Cr«3BtliB«j Giovanni. So Hegelianer. - dell'
ideali>mn. L9< . Dal < al Uallujipi. 1904, u. a.
(»«»mili«. Albericui L551 in der Mark P
i. ICH. ( ;. ist ein Vorläufe! des H i itius. I '.i- Voll
(iiN ni.is — (Jerbert.
als du Teil i liehen Rechtes der Natur an. Das Naturrecht ist ein
unveränderlicher „instinetus naturae". Von Natur aus ist der Mensch gesellig,
rii'ten: De iure belli, 1558. — De iustitia bellica, 1590.
George» Leopold, geb. 1811 in Berlin, Prof. in Greifewald, gest. 1874.
= G.. der teilweise von Schleiermacher beeinflußt ist (in der Psychologie),
Bucht die Eegelsche Dialektik weiter zu bilden, indem er eine aus neun Mo-
menten bestehende dialektische Entwicklung durchführt, die wie bei Hegel vom
.ti des Nichts ausgeht.
Schriften: Lber Prinzip und Methode der Philosophie, 1842. — System der
Metaphysik, 184 4. — Die fünf Sinne, 1846- — Lehrbuch der Psychologie, 1854. —
Die Logik als AVissenschaftslehre, 1868. — D. Prinzip d. Philos. bei Hegel u. Schleier-
macber, L842.
Georjjins Pachymeres, um 1260 in Konstantinopel. — Aristoteliker.
*Exnoftri tjfs 'AQtototiXovs loytxfjg, 1584, latein. 1560 (als Teil der Epitome in
oniveraam fere Aristotelis philosophiam).
Geor^ins Scholarius s. Gennadius.
Georgias Trapezuntius, geb. 1396 (wohl auf Kreta), ging nach Florenz,
Venedig, Padua, wurde in Rom apostolischer Sekretär, ging 1452 nach Neapel,
dann nach Venedig, starb 1484 in Rom. = Gegner Piatons und Plethons, An-
hänger des Aristoteles.
Schriften: Comparatio pbilosophorum Piatonis et Aristotelis, 1464, 1523. — De
re dialectica, 1513, 1559, ferner Übersetzungen.
Georgias Vene tu s s. Zorzi.
Georgy, Ernst August, lebt in Halle, geb. 1858 in Weimar. = Im Sinne
der Hebbelschen Weltanschauung wird hier das Tragische als Gesetz jeder
Entwicklung zum Vollkommneren aufgefaßt und die Identität von Natur und
künstlerischem Schaffen gelehrt.
ritten: Das Tragische als Gesetz des Weltorganismus, 1905, u. a.
Berber, Gustav, geb. 1820 in Berlin, Realgymnasial-Dircktor zu Brom-
- -•-'• IÖ01 in Berlin. = G. leitet die Sprache aus einem „Kunsttrieb"
ab und betont die Bedingtheil der Erkenntnis von der Sprache. Die Er-
kenntnis i-t femer nichl bloß ein Produkt des Intellekts, sondern auch des
Pfthlens, welches ans die P.ewußtseinswelt durch sprachliches Denken zum
Weltbild gestalten läßt I>;i~ rolle Ich des Mensch gestaltet erkennend und
handelnd <!;■- Weltbild, indem es sich den Dingen einbildet. Gott ist Ichheil
and so wird das Ich /.um Weltprinzip.
ft'": ] ho als Kunst, 1871, 2. A. 1885. — Die Sprache und das
Dai Leb als Grundlage unserer Weltanschauung, 1893.
Gerteert, später Papst Sylvester II., gest. L0Ü3. = G. unterscheidet von
der rein intelligibleii Wesen gehörigen den nur akzidentellen
olicher Vernunftwesen.
ttionali et raÜODfl uti, in: Oeuvres de Gerbert, 1867. — Vgl.
>■•■• i>m. — K. Werner, G. von Aorillac, t. a. i88i.
< rERDIL — < -).! 'l !\
Gerdil, Giacinto Sigismondi a 1718 in 8 en, Kardinal, gest >
in Rom. = ('. ist wesentlich von D-- ind Bfalebranche beeinflußt l
ist der Ort der Ideen, deren Abbilder er dem menechlichen Geiste einpi
S hriften: Introduzzione allo studio della religione, 17."-.") — Ke< ueil de di*ser-
tation« sur quelques principes de philos. et de religion, 17 0»». — Anti-Kmi.
gegen Ilousseau). — Oeuvres, 181)6— S
4-<"i inain. Sophie, 1776—1831, Mathematikerin; alt Philoeophin in
manchem eine Vorlänierin Comtes. Nach 8. (i. besteht in ans ein Gefühl
für Einheit. Ordnung and Proportion als Maßstab für unsere theoretisch-
praktischen urteile. \\" i r Bachen zu jeder Tatsache eine Ursache, weil eine
Tatsache ans immer als ein Brachstück erscheint, zu dem irirdas Ganze suchen
iini--
- hriften: Oeuvres philosophiques de S. G , lv7'.'. 1896. — Vj II. Göl
hr. f. Philo«, ii. philos. Kritik, J'.d. 91, 1887. BlEDENKAPP, B 1 1 . 1
Gersoo Johann Charlier i rson bei Rheimc _ Schüler
vmi Pierre «l'Ailly. Kanzler der Universität Paris, gest. 1429. = <i. ist ein ?on
den Grafen von St Victor und von Bonaventura o. a. beeinflußter Mystiker,
der in der Logik dem Nbminaliiunufl zuneigt (Das Allgemeine ist nur im
Intellekt, aber in den Dingen begründet) Die mystische Theologie Btützl sich
auf die im» and Offenbarung der Vernunft (ratio) Bteht die
„intelligentia", «reiche anmittelbar das Wesen der Dinge erfaßt
- hriften: Opera, 14-... lözl, L70G. — Vgl A. .1. Wabson, Jeu «... LS
QersoMldeaj b. Levi ben Gereon.
<»<Miliiicx Genlincs, Geulinx), Arn. .Id. geb. 1625 in Antwerpen, -
Prof. in Löwen, 1658 entlassen, Prof. in Leiden, gest l(
G. ist, von Descartef aasgehend, der eigentliche Begründer i ka-
tionalismas, Systeme der Gelegenheitsureachen". Die Seele wirkt nicht
auf den Leih, dieser oicb.1 auf die Seele ein, Bondern Gott hat die Zustande
in beiden bo miteinander in Obereinstimmang gebracht, dafl ans Anlaß <\rv
einen ootwendig die entsprechenden anderen auftreten. Eine direkt. • Wechsel-
Wirkung zwischen Leib und Seele ist oicht möglich, weil beide total •
Bchiedene Substanzen sind und weil wird len wir ans oicht bewußt sind
daß und wie wir ee tan, oicht tun f.,Quod oescis, quomodo Bat, id oon
All- ■ in Leib und Seele .^absque olla causalitate, qua alterura hoc in
altero oansai, sed propter menun dependentiam, qua atrumque ab eadem .<
iinih industris constitutum est Eth I t II, 8 -i. luv l;
im Leihe vind oicht Wirkungen des Psychischen, sondern nur !'- heinunf
selben, Seele und Leib korrespondieren einander ..-im- ulla alteriui in alteruni
inslitate \el inthixii ■•. Sie rerhalten sich wie zw« ; mit-
einander in Ubereinstunmung gebracht werden (?gL Leibniz).
Die Körper -ind modi des anendlichen K i modi i
tlichen I Summ igitur modi mentii modun
ipe< l' Metaphys, Wir -ind Zusehet l n in ans
bewirkt Daher ist «In- Demut (humilitai
Geuu&tcx — Gilbert.
beruht, die Haupttagend, denn es gilt der Satz: „Ubi nihil vales, ibi nihil
Wir müssen Gott lieben, wie Gott uns liebt (vgl. Spinoza), uns ohne
allen Egoismus der göttlichen Vernunft hingeben und in reiner Gesinnung
- iv Pflicht erfüllen.
In erkenntnistheoretischer Beziehung betont G. schon, daß wir modi
unseres Penkens als Dinge zu betrachten gewohnt sind („solere homines illos
modos Buarum cogitationum in res obieetas transfundere", Opera II, 204 f.).
DL _ sind an sich nicht so, wie wir sie erfassen („rem non esse ita in se,
nt apprehenditur a nobis")«
Schritten: Quaestiones quodlibeticae, 1653, 2. A. 1665. — Logica, 1662, 1698.
— Methodus invcinendi argumenta, 1663. — Disputatio ethica de virtute, 1664. — De
virtut — rv&öt oeavTOV sive Ethica, 1675, 1696. — Physica vera, 1688. —
Metaphyrica rera, 1091. — Annotata, 1690 — 91. — Opera philosophica, 3 Bde., ed.
Land. 1891-93. — Vgl. E. PFLE1DEEER, A. G., 1882. — J. P. N. LAND, A. G.,
Arch. f. Gesch. d. Philos. IV. A. G., 1895.
Geyer9 August, geb. 1831 in Asch (Böhmen), gest. 1885 in München. =
Herbartscher Standpunkt.
riften: Geschichte und System der Rechtsphilosophie, 1863, u. a.
Gejser, Josef, geb. 1869 in Erkelenz, Prof. in Münster i. W.
Schriften: Grundlegung der empirischen Psychologie, 1902. — Das philosophische
Gottesproblem, 1899. - - Naturerkenntnis u. Kausalgesetz, 1906. — Lehrbuch der allge-
meinen Psychologie, 1908. — Grundlagen der Logik und Erkenntnislehre, 1909, u. a.
Giddings, Franklin Henry, geb. 1855 in Sherman, Prof. an der Columbia
Universität (New York). = Die Soziologie ist die Wissenschaft von den
natürlichen Gruppen und dem kollektiven Verhalten lebender Wesen. Es gibt
eine „intermental action", durch welche Solidarität entsteht, ferner ein Gattungs-
bewußtsein („consciousness of kind") und einen Sozialwillen (als „coneert of
individnal wills"). Die Gesellschaft ist eine Organisation, kein Organismus.
sozialen Kräfte sind Willenskräfte, welche zielstrebig sind.
- h riften : The Province of Sociology, 1890. — The Theory of Sociology, 1894. —
The Printiplcs of Sociology, 1896 ; deutsch 1911. — The Elements of Sociology, 1899, u. a.
QllWrt de La Porree (Gilbertus Porretanus oder Pictaviensis), geb. um
in Poitiers, Bchüler Bernhards von Chartres, Anseimus u. a., 1142 Bischof
v<»n | -i.l 158.
V<m den Kategorien sind Quantität, Qualität und Belation der Substanz
inhärent, <li<- übrigen Bind nur „assistierende" Formen. Die Substanz bedeutet
sistierende wie die Bubsistenz. Das Allgemeine ist in den
•ii iiii*1 wird durch den Verstand, der auf die Ähnlichkeit der Dinge
• herausgehoben, abstrahiert, gesammelt. Die Dinge bestehen aus Form
rie (im Aristotelischen Sinne); nur Gott ist ohne Stoff, reine Form
.••it. Die Gottheil (deitas) ist die Form, die in drei Personen
die Kategorien Bind auf ihn nicht anwendbar. In Gott sind
■ ii Formen der Dinge. Seele und Leib vereinigen sich zur
• •ii.
zu BoStbitu in den Schriften des letzteren 1570; Migne,
Gilbert — < Iiovenale
I'atrologiae cursus, lid. ti4. — De sex priaeipiia, lö<'7. — Vgl. A. BeSTHAUD, ij.de
la P. et sa philosopLu-, L892. — A. ClERVAL, Les ecoles de Chartre-. 1895.
Gilbert, I-'". geb. 1862 in Gralatz, lebt in Wim. = <,. betont dir Ein-
h.-it von Energie und Materie (Nene Energetik, 1911).
Ciiiolx'i'ti. Vincenzo, geb. L801 in Turin. Btudierte Theologie, wurde ]
Professor in Turin, 1833 politisch verdächtigt und verbannt, Lebte dann in Paria
and Brüssel (ah Lehrer), Betete rieh für «'in reformiertes Papsttum ein, durch
welches [talien seine nationale Einheit erhalten sollt« L862 in Paris.
Von Plato, Malebranche, Leibniz, Begel n. a. beeinflußt, will (.. eine
katholische, Wissen und Glauben rereinigende, aui „Offenbarung" sich stützende
Philosophie geben, dir ei als „Ontologismus" bezeichnet und dem „Psycho-
Logismus4*, d. h. dem Ausgehen vom [ch, vom Bewußtsein wie bei Descartes u. a.
und bei Rosmini, entg< stellt Er wiD dir Dialektik der Bchöpfung ent-
werfen und das Existierende au- dem göttlichen Sein ableiten. Gott, das
- ende wird durch seine Idee, durch Selbstoffenbarnng im menschliche] i
(als Gegenstand einer „Buperintelligenz") erfaßt Die ontologische Forme]
lautet: Das Beiende erschafft das Existierende („L'ente eres L'eaistenl
[ntrod. I. i . Au- drin absoluten, göttlichen Sein geht da- Endliche, Existierende
durch Bchöpfung hervor in einer Weise, die der Begriffeentwicklung der Ver-
nunft entspricht Das Beiende als solches ist stand der „scienza ideale".
Di.- Dinge Bind Besonderungen der ewigen [dee; diese ist zugleich da- Ziel i
s ebens, welches schließlich aui die Einigung des Endlichen mir dem gött-
lichen Bein geht Durch seine Monadenlehre und Beine dynamistische Physik
-«.wie durch die Annahme einer prastabilierten Harmonie nähert Bicfa <>. Leibniz.
Di.- „Protologie" ist dir „erste Philosophie", die Wissenschaft von der Schöpfer-
tätigkeit i..la scienza dell' atto creativo"). Da- Gute und da- Schöne Btehen
in Beziehung zur göttlichen Vollkommenheit
B huler G.s sind Massari, Pornari, 1*. Luciani, d'Acquisto, Tos-
cano, Di Giovanni, Garzilli u. a. - Beeinflußt von G. i-t MamianL
riftei 1 : i tfl - \ranaturaK. L838. [ntrodosiona allo studio della
40 Hauptwerk), t'r:ir.^ -. im:.. - Del ball©, 1841. Del baoao,
daatack l ^ 4 s . — n geaaita moderno, 184G— 47. — Opnaaoli politid, 18A0. — Dal
rinBOTamanto ii\i:t> d'ltalia, 1851. — Delhi ftloaofia della ri?alaai 16. — Della
protolugia, 1857. - Eticordi bi orrupoadaaaa, 18
SPAVEHTA, La . «'., 1868. GenTILE, V. Giobarti, IS
Gioja. Melchiorre, geb. 1 7 • ; 7 in Piacenza, Direktor des Statistischen Amtes
in Mailand, gest 1829. Von Kam. aber auch von Condillac, Destutt d< I
eeinflußt Er betont den Werl der Statistik für die Moral- um i schafts-
wiasenschaften und dir Ökonomische, kraftersparende Punktion d(
a »tatisti.a, 1803. Blemaati dl
Gtol malo. Mönch au- Tirol Lehrt ähnlich wie
Malebranche.
iae lami
\ CJNE8OTT0 La «lottritia dal P
Gizycki — Glogau.
Gizyc-ki. Georg von. geb. 1851, Prof. in Berlin, gest. 1895. = G., der
zu den Begründen! der deutschen Gesellschaft, für ethische Kultur gehört, ist
•hikor sozialer Utilitarist. Die Moralphilosophie hat die Aufgabe,
dem Menschen ein klares Bewußtsein über sein sittliches Leben zu verschaffen.
Die Quelle des Sittlichen ist das Gefühl, das Ziel der Sittlichkeit die all-
gemeine Wohlfahrt. Nützlich ist. was mittelbar, aber in einem höheren Maße,
Freude erzeugt Subjektiv und objektiv Nützliches sind zu unterscheiden.
Vgl. über den Utilitarismus, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. Bd. 8.)
Schriften: Konsequenzen der Lamarck-Darwinschen Entwicklungstheorie, 1876. —
Grundzüge der Moral, 1883. — Moralphilosophie, 1888. — Vorlesungen üher soziale
Ethik, 180;.. u. a.
(wlanville, Josef, geb. 163G in Plymouth, Geistlicher, gest. 1680 in Bath.
Die Kausalität wird nach G. nicht wahrgenommen, nur erschlossen, und
Schlu!1. kann trügerisch sein. „All knowledge of causes is deduetive,
for wc know none by simple intuition, but through the mediation of their
.tt.it- Bo that uv cannot conclude any thing to be the cause of another but
from it- continual accompanying it, for the causality itself is insensible. But
no* t" aigue from a concomitancy to a causality is not infallibly conclusive,
yea in this way lies notorious delision" (Scepsis scient. 23, p. 142). Es folgt
nicht notwendig ..hoc est post illud, ergo est propter illud". Die Erkenntnis
ruht also auf unsicheren Grundlagen, besonders wenn sie rein begrifflicher Art
i-t. während die empirisch-induktive Wissenschaft immer mehr fortschreiten
kann, indem sie die Tatsachen selbst beschreibt.
3< triften: The vanity of dogmatizing or conlidence in opinionä, 1661- — Scepsis
Käentitica, 1665 (Hauptwerk). — De incrementis scientiarum, 1G70. — Plus ultra, or the
progress and advancement of knowledge, 1668. — Sadducaeismus triuraphans, 1681,
deutsch 1701 (Sammlung von Spukgeschichten, für die GL sich einsetzt). — Essays,
a.
<*ley. M. E. E., geb. 1857 in Epinal, Prof. der Medizin in Paris.
riften: Etudes de psychol., physiol. et pathol., 1903, u. a.
Cjili*«»oii. Francis, geb. 1596, Prof. der Medizin in Cambridge und London,
HJ77. : Nach <.. -i ml die Substanzen an sich unausgedehnte, empfindende
und strebende Kräfte, schon ähnlich wie bei Leibniz die Monaden.
I fton: '1'ractatuB de natura suhstantiae energetica, 1672.
Ciloxan. Gustav, geb. 1844 in Tilsit, Prof. in Kiel, gest. 1895.
von Bteinthal ausgegangen, später aber von Plato, dem Christen-
beeinfltüft worden. Er ist ein Gegner des Intellektualismus
Mystik. Die Kräfte des Geistes entfalten sich in der Geschichte
mißten Anlagen. In der Weit herrscht Vernünftigkeit, Zwecksetzung.
Geisl Bind [Jnterschiede innerhalb des Bewußtseins. Alle Dinge
<in. weich,-, aber von den Naturwissenschaften in seiner
ng betrachte! wird. Die Seele ist eine Monade* unter
• bangen alle Wesen einheitlich zusammen. Daß <!<>n
ie meine eigene Existenz, die auf ihn hinweist. Ans
< rLOGAU < rO< LENIU6.
Gott stammt die Ideenwelt des fahren, Guten und Schönen. Diese [deen
üben in den Geistern eine „Sollizitation" ras, welche üe zu
»luktioiifii antreibt Wir haben eine intellektuelle Anschauung das
wählen Seine und Geschehens. Das Denken schafft nichl <!
material, sondern zeigliedeii und deutet es nur. — Es besteht ein« i gau-
[lschaft", die seit 1899 Jahrbücher publizu
Schriften: D;t> Wesen und die Qrradlsgen der heutigen Psychologie, 1877. —
Abriß der philosophischen Grundwissenschaften, 1880 — 88 | Hauptwerk). — Grundril'» der
Psychologie, 1884. — Die Phantasie, 1884. — Die Schönheit, 189t. — Hauptlehren
der Lo^ik u. AN ': re, 1894. — Vorlesungen über Keligionsphilosophie, 1898,
u. a. — Vgl. H. C lasen, ZeHacfcr. f. Philos., 1901— 1902.
i « iio*tik<T von yvoMHs, Erkenntnis) heißen besonders jene Philosophen
in den ereten Jahrhunderten nach Chr., welche auf Grund neuplatonischer I
danken die Entwicklung der Religion zum Christentum metaphysisch und
mythisch als Weltprozeß auffassen, der mit der Bmanation des I ind
der Seele aus dem göttlichen Sein einsetzt, zum Abfall fährt, i
dann schließlich durch Christus erlöst wird. Vom Glauben zum Wissen fort-
ichreiten, das Wesen des im Glauben Enthaltenen spekulativ zn erfassen, ist
Tendenz des Gnostizismus, der wesentlich vom Orient herstammt und /. T.-ii
Elemente des Parsismus enthalt (Manichäei . Zn diesen ..har.ti-<-hrir-
Gnostikern gehören Basilides, Valentinus, Cerinthus, Saturninus,
dmi. Afarcion, Apelles, £arpokrat< rdesaneB, die Ophiten
lassener) und Peraten. Die orthodoxen „Gnostiker", die nur den Glauben
durch Erkenntnis stützen wollen, ohne ein Eknanationssystem mit Demiurg,
Äonen flsw. aufzustellen, Bind Clemens Alexandrinus und Origen«
ÜATTEB, Biatoin eritiqa« da . : I. id. \b\:;. — \\ Chi:.
Bai i:. Di« chritUi de, 1885. - EL A. LlPSIUB, Gnoränmnas, 1860. —
!I\I:\\<k. Dogmei ; Zur Quellenkritik der I
I.. II. 8< iimii i. Dis Gnosu, 190S. W. 8< m i.i/. Dokomemte der l
1910. — Vgt reraer: Pirtu Sophie, L851. — LBENAE1 8, EXeyxoe xlfc \
HlPPOL^ ii 3, /'."/"- xata naatbv a . ed.
r, 1861.
ChoIhih'uii. Jos. Arthur, Graf, geb. IM'- in Bordeaux, Diplomat und
entalist, gest. lss_ in Paris. <;. gründet die Geschichtstheorie auf den
Rassenbegriff. Die Port- und Rückschritte da Gesellschaft sind nur Wirkung
von Rassenmischungen, welche letzteren in der Regel zui D rühren,
stärkeren I: ursprünglich zur Herrschaft
Heaptwerk: Essai Mir riDegeliti d i hamsines, deal —
SCHKMANN, 0. 0. die deetseh« Kultur. 1910; G HO.
Qodeniva Gö Rudolf, geb. r>i7 in < M
G. verbindet die Dialektal trus Ramus mit der ben
tri also zu den S em i-Bamist< d.
ut'-rhrii vi»n d« ii Vorlesungen Melanchthon dir di um führt.
■eh ii.'H
—
i k)< lenius — Goethe.
i.iao naturalis libri 11. 1596. — Metaphysica, 1597. — Lexicon philosophicum,
1613, a. a.
Goethe, 1749-1832, ist zwar kein „Fach-Philosoph", durch seine Äufic-
rungerj über philosophische Ideen aber doch auch für die Philosophiegeschichte
höchst beachtenswert. Beeinflußt ist er zum Teil von Spinoza, er nähert
Bich aber auch in manchem Giordano Bruno u. a. (z. B. Paracelsus, Leibiiiz,
Leasing, Berder). In Betracht kommen besonders die „Sprüche in Prosa",
„Psychisches -. die ..Farbenlehre", „Metamorphose der Pflanzen", Aufsätze wie:
THe Natur-. „Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt", „Ein-
wirkung der neueren Philosophie", „Anschauende Urteilskraft", „Bedenken und
n. a. Vgl. WW., Hempel; Eckermanns Gespräche mit Goethe.
Gjb Weltanschauung ist monistisch, pantheistisch (bezw. panentheistisch),
ganisch: Geist und Materie sind an sich eins, alles Körperliche ist beseelt,
alles Seelische tritt in materieller Form auf. Betreffs G.s Definition des Schön en.
\_'l. den Art. „Hemsterhuis".
Krkenntnistheoretisch betrachtet ist G.s Denken „gegenständlich" und
allem eigentlichen Subjektivismus abgeneigt. Wir erkennen nach G. zwar
nicht das gottliche Unendliche als solches, wohl aber seine Manifestationen,
also nicht bloß subjektive Erscheinungen. Kant, von dem G. manchen Einfluß
[»fangen hat und mit dessen „Kritik der Urteilskraft" er sehr sympathisiert
Bonden mit der Lehre von der Zweckmäßigkeit ohne äußeren Zweck), kommt
„nie zum Objekt.", G. hingegen will überall die „Urphänomene" der Dinge er-
sen. Freilich betont er wieder, daß wir gar nicht wissen, wie anthropomor-
phistisch wir denken, daß wir von keiner Welt und Wahrheit als in beziig auf den
Menschen wissen. Gedanklich geleitete und synthetisch vereinigte Erfahrung
ist der Weg su Erkenntnis der Dinge („Kationeller Empirismus"). Die „höhere"
Erfahrung besteht aus mehreren anderen und stellt „die Formel dar, unter
welcher unzählige einzelne Rechnungsexempel ausgedrückt werden". Jeder
Versuch hat seinen Wert erst durch Vereinigung und Verbindung mit anderen.
Die „anschauende Urteilskraft" geht auf das „Urbildliche, Typische", sie erfaßt
die [dee der Bache, die aber in der Erfahrung niemals völlig zur Darstellung
•. Wir müssen in «1er Erkenntnis zu den „Urphänomenen" gelangen. —
Den höheren Formen der Pflanzen und Tiere liegt ein „Urbild" zugrunde. Eine
Metamorphose*' (Entwicklung) besteht, bedingt durch einen „Bildungstrieb und
durch lufiere Einflüase". Das < tesetz eines jeden Wesens bedingt dessen Werden,
ir.it/ aller äußeren Zufälligkeiten erhalt sieh der Typus und die Individualität
..'.:■ i Entfaltung.
' und Natur Bind einander immanent („Gott in der Natur, die Natur
V ein Gott, der nur von außen stieße." „Ihm ziemt's, die
anern zu bewegen, Natur in sich, sich in Natur zu hegen." Die
:, tth.it lebendiges Kleid". Wirksani ist die Gottheit nur in.
: Werdenden und sich Verwandelnden, nicht im Gewordenen
Ulvernunft, der uns durchdringende Weltgeist.
endlichen, ohne Teile desselben zu sein. Gott ist die
( rOETHE I rOLD8< SEID.
Weltseele, die ewig in allem -i<-h regl und in der doch auch alle« Dring)
Ringen, Werden ewige Kühe, ewiges Sein ist l>i'- Natur wirkt ..ua-h ewigen,
notwendigen, göttlichen Gesetzen". Die Natur umfallt alles, wir können nicht
ans ihr heraus. Sie Bohafft ewig oeue Gestalten, alles ist neu und doch immer
das Alte. Sie -••heim alles ani Individualität angelegt an haben und macht sich
nichts aus den Individuen. ..Ks i-t ein ewiges Leben, Werden und B
in ihr, und doch rückt sie nicht weiter. Sic verwandelt -ich ewig und ist kein
Moment Stillestehen in ihr.- „Allee ist ihre Schuld, all»-- ihr Verdient
rall gibt »•> in der Natur ..Polarität-- und „Steigerung'4 (wie nach Schell
und die Materie ist beseelt (Hylozoismus). ..Weil aber die Materie Die ohne
9t, der Geist nie ohne Materie existiert und wirksam Bein kann, so ren
auch die Materie sich zu steigern, sowie rieh's der Geist nicht nehmen labt.
anzuziehen und abzustellen. •■ < iri>t and Materie, Wille und Bewegung Bind die
„notwendigen Doppelingredienzien des Umversums" (Identitätstheorie). Die
Welt ist »-ine in „Monaden" oder JEntelechien" („Seelen") gegliederte Einheit;
«liest- Elemente sind alle unzerstörbar (wie nach Bruno. Leibniz). Die Monaden
scheiden nur aas den alten Verhältnissen, am auf der Stelle wieder neue ein-
zugehen (rgjL Herder). ..Hei diesem Wechsel kommt alles darauf an, wie
machtig die Intention sei. die in dieser "der jener Monas enthalten ist." Un-
verwüstlich ist in allem der Lebenstrieb. „Kein Wesen kann zu nichts zerfallen/4
„Die Überzeugung ron unserer Portdauer entspringt mir aus dem B der
Tätigkeit; denn wenn ich bis an mein Ende rastlos unke. -.. ist die Natur
verpflichtet, mir eine andere Form des Daseins anzuweisen, wenn die
meinen Geis! nicht mehr aaszuhalten renn
Vgl K. VORLÄNDER, G.s Verhältnis zu Kiitt, Kantstndien 1 111. — II.Sn i;i:< C,
r, 1901; I. A. UM)."* Prammaaa Klassiker d. Philo».). — M. Hiyna- HER,
3.1 Philosoph!« aus seinen Werken, 1905 (Philos. Bibl.). — U BT. ChAMRERLAIH,
J. Kant, |90€.
<-ol<Ifri<kdri<»li. .1.. geb. 1870 in Bantzen, lebt in Leim \itz. 1 1 •
Ideen wirken als psychische Paktoren in der Geschichte. Mit Relationen hat
alle Erkenntnis zu tun ; die höchste Stufe derselben ist eine ^»Relationssystematik**.
lhe lud eine in Deutschland, 1901, u. a.
Oliartieid, Rudolf, geb. L870 in Wien, lebt daselbst
G. rertritt einen aktiristischen Bvolutionismusund „n illenskritischen^
Idealismus, indem die „ideale Weltwollung" zum sozialen Aktirismus führt
Die ..aktivi-ti-'-h. Wendung samten Wissenschaftsbetriebes" ist zu fordern.
Ahcuweisen ist aller Pafatriamaa. Wir können die Richtui
iitlu-srii. denn unser Wille ist eine ,3ichtungBintensität" anter anderen;
die Welt i^r ein System ron ,JUchtungBelementen" und der G
Energie, die Bich als Wollen und Sollen darstellt und als Richtung« keil
wirkt. I • >! keine besonderen ..Richtkrftfte", BOndem aller Kratt ist die
Richtung immanei i den Vitalismui Di« Willenskritik (Willens-
theorie) ist das Korrelat zui Erkenntnisth« aht zu den „Gnindbedin-
dee Willens*4 zurück und ontenucht das Können des Willen- gegenüber
( rOLDSCHEID ( rOLDBTEIN.
\ - . fragt, „welchen Einfluß seinerseits sowohl der rohe, wie der ge-
büdete und verbildete Wille einerseits auf das eigene, geistige Sein und ander-
- auf die nächste Umgebung, auf die äußere Natur, auf die ökonomischen
Verhältnisse, auf die sozialen Institutionen, mit einem Worte auf die geschicht-
liche Entwicklung auszuüben vermag". Wir dürfen nicht eher ruhen, bis wir
die Zweckmäßigkeit des Geschehens bewerkstelligt haben.
Aktive Anpassung des Milieu und der sozialen Verhältnisse an unsere
Zwecke ist das Wesen menschlicher Höherentwicklung. Die Selektion
spielt hier eine untei geordnete Rolle und der Kampf muß immer mehr zurück -
treten. I I gen den extremen soziologischen Darwinismus bei Amnion u. a.) Jede
Art erhält >ich entweder durch Steigerung der Quantität oder durch Ver-
se rang des Nachwuchses. Unsere Art der Erhaltung fordert nun das letztere;
die scharfe Selektion ist für den Kulturmenschen etwas Unökonomisches. (Gegen
den Malthusianismus im Darwinismus.) In der Gesellschaft ist es unökonomisch,
„wenn man mit dem Entwicklungswert Mensch verschwenderisch umgeht, um
Ekitwicklungswerte niedrigerer Ordnung zu produzieren". Der Mensch selbst
r uns der höchste Entwicklungwert. Für die „Entwicklungs Werttheorie'
hat nur das wahren Wert, was geeignet ist, im Interesse der Höherentwicklung
wünschbare menschliche Begehrungen zu befriedigen. Die „Menschenökonomie"
fordert ökonomische, möglichst zweckvolle Verwendung und Pflege der Menschen-
kräfte, so daß ..organischer innerer Mehrwert" produziert und die Entwick-
lung nach jeder Hinsicht die bestmögliche wird („Entwicklungsökonomie'').
<.. isi entschiedener Sozialist, aber nicht streng orthodoxer Marxist. (Gegen
\ relendungstheorie, Betonung des psychologischen Faktors.)
Schriften: Zur Ethik des Gesaratwillens I, 1903. — Grundlinien zu einer Kritik
der Willenskraft, 1905. — Der Richtungsbegriff und seine Bedeutung für d. Philosophie,
Annal. d. Naturphilos., 1906. — Yerelendungs- oder Meliorationstheorie, 1906. —
o^ie u. Gesellschaftswissenschaft, Annal. d. Nat. 1908. — Entwicklungswerttheorie,
i'.klungsökononiie, Menschenökonomie, 1908. — Darwin als Lebenselemcnt unserer
modernen Kultur, 1909. — Höherentwickl. u. Menschenökon., 1911, u. a.
Qoldsehmidt, Ludwig, geb. 1853 in Sondershausen, Gymn.-Professor
otha. -- Streng Kantscher Standpunkt mit Betonung der Unmöglichkeit
r Metaphysik (gegen Paulsen).
riften: Kant und Helmholtz, 1898. — Zur Würdigung der Kritik der reinen
— Kantkritik oder Kantstudium, 1901. — Kant über Freiheit, Un-
— Baumanni Anti-Kant, 1906. — K.s Privatmein. üb. d.
• ; ■• n Elickel, 1906, u. a.
CtoMfttefn, Julius, geb. 1873 in Bamburg, Privatdozent an der Tech-
H chsehule in Darmstadt. = Von Eucken beeinflußt. Es gibt eine
■ . .. •■
• ;i zum Koltarproblem der Gegenwart, 1899. — Die cra-
10g D. Borne«, L908 ''gegen den BrnpirUmai in der Geschichte).
lauang, DeaUche Etandacfcaa, 82. Jahrg. 11. 5. — Moderne
\ 8. Jahrg. No. l. - Soziologie der Technik,
ozialwissentchaft, Arch. für Sozialwiuon n aafl u. Sozial-
I rOl 08 l EIB I rOMPERZ.
politik, Bd. 31, H. l. — W. James, Deutsche Rundschau, De/.eml..r 1910. — Wamllun-
dei Philosophie «lcr Gegenwart. 1911, u. a,
<;olnbinsky. Th. A.. 1779—1854, Prof. in Moskau. Von Kant und
bi beeinflußter Theißt
Behriftcn: Vorlegungen Aber Philosophie, 1S84 lt.. u.a. (rassii
lNOln<*Iiow«ki. Joeef, geb. 1797, Prof. in W'üi An-
hänger Schellings
Ciiomperz. Heinrich, geb. 1873 in Wien, Privatdozent in Wien.
< I. ist vnn Av.'iiarins. Kant. 1 1- _. 1 u. a. beeinflußt Er vertritt (wie Mach U. a.t
einen „Monismus des Geschehens*', für den die Well eine Ordnung ron Vbr-
ist. Nach dem „Pathempirismus'' ist die Form des Erkennens Gefühl.
1» i „Formgefühle" (mit den „Charakteren'' von Avenarius verwandt) gehöre)
„reaktiven Erfahrung" an im Unterschiede vom ErfahxungBinhalt; aus jenei
entspringen di< Kategorien als Formgefühle, welche den Inhalt der Erfahrung
vereinheitlichen. Der „Aussageinhalt'' ist der logische Gehalt, der den Sinn
der Aussagen ausmacht; ..An- ' sind di I itsachen, aut die sich
die Aussage bezieht. Der Aussageinhalt isl ein ^.gegliederter Komplex von
erell-typischen Totalimpressionen". Die Logik ist nicht eine psychologische
Wissenschaft, aueh nicht normativ. l>i. \ Lei der Teil der „Kosmo-
theorie", der Bich mit dem Widerspruch zwischen subjektiven und objektiv
lanken und den Problemen darauf iftigt Ihre Aul - ,.jene
Widersprüche auszugleichen, die Bich ans der sachgemäßen Bearbeitung der
lanken in der Logik einerseits, in der Psychologie anderseits ergeben".
fällt in „Semasiol i n den Denkinhalten) und „Aletholog Lehre
von den Denkwerten). Die „Weltanschauungslehn Kosmoti orie ist jene
Wissenschaft, welche die Aufgabe hat, „einen widerspruchslosen Zusammen)»
aller jener Gedanken herzustellen, die von den Einzel Wissenschaften, sowie vom
praktischen Leben zur Nachbildung der Tatsachen verwendet werden".
Das Kausalgesetz ist «in Postulat, indem wir uns entschließen, du I
»weil als möglich gesetzlich aufa Hierbei verhall sich
unsere Welt unserem „Ordnungsstreben' gegenüber wie ein S >n mittl
Bildsamkeit Ei ist denkbar, daß Bchon die materiellen Elemente individu«
und momentan« B - nderheiten ih \ rhaltens zeigen, die Bich aber komp
sieren und ers( im Organischen, noch mehr im Psychischen, im Willen hen
treten. iVach dies tan istischen Theorie" wären di< S U
In des stofflichen Massenverhaltens". Bineallg
an sich existiert nicht, noch weniger ein allgemeiner Zwang D« Will.
weder durch di< Ifot leterminiert, noch, wählt er frei zwischen ihnen, i
l eit der Motive ist keine konstante Gl fi v
di. I - für jedes Moth
Dauer des Schwankun^-pm/csM-s nimmt dir ai
Kraft zu (vgl. über die Wahrscheinlichkeit derWill«
d. K. Akademie der Wiss. in Wien, Philo» !'•
■
GOMPERZ — GÖRRES.
disidub, 1898. — Die Welt als geordnetes Ereignis, Zeitschr. f. Philos. Bd. 118,
— D. Lcbensauffass. d. griech. Philosophen u. d. Ideal d. inneren Freiheit, 1904.
Woltansohauungslehre I— II, 1905 — 08. — Das Problem der Willensfreiheit, 1907.
(«omporz. Theodor, geb. 1832 in Brunn, Prot*, in Wien.
3 briften: Philodemi de ira, 1864. — Herkulan. Studien, 1865 f. — Bruchstücke
Kpikurs über d. Willensfrage, 1876. — Pbilodera, 1891. — Griechische Denker, 1896 ff.,
1902 ff, u. a. — Uebersetzer von J. St. Mill (s. d.). — Essays u. Erinnerungen, 1905.
Gor^ia* au- Leontim (Sizilien), geb. um 380 v. Chr., kam 427 nach
Atlun. war Lehrer der Beredsamkeit und Sophist, gest. um 375 v. Chr. In der
Naturphilosophie ist er von Empedokles beeinflußt, sonst von den Eleaten.
VOil Beiner Schrift: JJeoi rov tu) övTog y .-regt cpvaecog finden sich Fragmente
bei Sextus Empiricus (Adv. Mathem. VII).
\ r h Gjb erkenntnistheoretischem (dialektischem) „Nihilismus" ist nichts
oiiv), gibt es kein Seiendes; denn es kann ein solches weder geworden noch
ewig (unendlich) sein (das Unendliche ist weder in sich selber noch in einem
anderen). Wäre aber anch etwas, so wäre es unerkennbar und undenkbar
[ayroxrtov y.<u avemvdijzov), denn dann müßte das Gedachte sein und das Nicht-
seiende nicht einmal gedacht wTerden können. Gäbe es aber auch eine Erkennt-
- so wäre sie nicht mitteilbar, da die Worte Zeichen sind, die von dem
Bezeichneten verschieden sind.
Vgl. DlELS, Fragmente der Vorsokratiker II. — H. E. FOSS, De G. Leontino, 1828.
— DlELS, G. und Empedokles, Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1884, I.
— Vgl. auch den Platonischen Dialog „Gorgias".
Grörin^-. Carl, geb. 1841, Prof. in Leipzig, gest. 1879.
<;. i-t kritischer Empirist und Positivist, da er alle Erkenntnis auf
Erfahrung und Tatsachen derselben basiert. Die Aufgabe der philosophischen
Kritik i<t es, „den festen Punkt aufzuzeigen, von welchem alles Erkennen und
d ausgeht". Es gibt eigentlich weder ein A priori noch ein A posteriori;
ine ist nicht früher als das andere, sondern ,,der subjektive und der ob-
jektive Faktor sind gleichzeitig in der Erkenntnis verbunden". Das unmittel-
nßteein, das subjektiv gewisse Erkennen liegt in der Sinneswahrnehmung,
• das vermittelt.' Wissen, welches in Schlüssen, Urteilen, Begriffen be-
i~t das Werkzeug der wissenschaftlichen Erkenntnis (Betonung der Be-
der Sprache, des „namentlichen" Wissens). Wahrheit und Irrtum
i nur im vermittelten Wissen. Urteil und Begriff beruhen schon auf einem
lilosen, primitiven Schluß. Der Wille ist an sieh unbewußt, blind; er ist
• miniert.
riften: System der kritischen Philosophie, 1874—75. — Über die mensch-
ttd Xuro'LmnigHfahigkeit, 1876. — Über den Begriff der Erfahrung,
r schalt! . Philosophie Bd. 1 — 2, 1877 — 78.
Ctfrrefl, v., 1776—1848, der bekannte erst revolutionäre, dann katholisch
' Philosoph von Schelling beeinflußt.
n '1er Physiologie, 1805. — Glaubo und Wissen, 1806. —
Ist MistiMhMi Welt, 1810. — Heb« die Grundlage, Gliederung und
6ÖBBE8 — G RA PEN Gl ESSER. 211
Zeitenfolge der Weltgeschichte, 1830 — Die christliche Mystik, 1836—42; 2 A.
I f. — Gesammelte Schriften, 1854 — 74, u. a
GÖNchel, Karl Friedrich, geb. 1781 in Langensalza, L845 Präsident des
K-insi-tnriuni- für die Provinz Sachsen, gCBt lsoi; in Naumburg. - <i. ist
Begelianer, gehört zur innersten „Rechten'4 der Hegelschen Schule (Chr
lieher Standpunkt).
S hriften: Aphorismen über Nichtwissen und absolutes Wissen im V /um
«Üichen Glaubensbekenntnis, 1829. — Der Monismus des Gedankens, 1893. H
und seine Zeit, mit Rücksicht auf Goethe, 1832. — Von den Beweisen für die ("n«terb-
lichkeit der menschlichen Seele, 1835. - Beiträge zur spekulativen Philosophie \
dem Menschen und dem Gottmenschen, lh
Gtithal* b. Heinrich von Gent.
Gottfried ron Fontain« defredus <!•■ Pontibus), Lehrer an der
Kanzler, gest mn 1290. = Anhinger des Thomas von Aquino,
aber sieht in der Frage der Individuation. die ihm mit dem Akt der Existenz
selbst identisch, also ursprünglicher An ist
- liriften: (Juodlibeta (vgl. Haun'-au, Philos. scolastique II).
C^ottl. Friedrich, Edler r. Ottlilienfeld, geb. 1868 in Wim. :
Privatdozenl in Heidelberg, 1Ö02 Prof . in Brunn, 19 v Prof. an der Technischen
Hochschule in München.
I >a- „ideographische1'4 Verfahren bedarf der Mitwirkung „nomothetischer'4
Erkenntnis und eines Bteten Bezuges auf innere Zusammenhange, einer „idio-
iphischeu Reibenbildung". I>a- Typische ist nicht nur im Gesetzlichen ent-
halten, auch in der idiographischeu (mdividualisierenden] Darstellung kommt
es zum Ausdruck. Die empirische Wirklichkeit Belber, die „Totalität des Erlebten"
1 genstand der Geschichte. Historii ist „Interpretation von Bein, um
jchehen zu erschlieflen". Kosmogenie, Entwicklungsgeschichte n. dgl.
hören sur „Metahistorik". I>i<- Historii erschließt ein Geschehen, das wir rom
Boden d»T logischen Denkgesetze aus als ein „Geflechte vernünftigen Tuns*4
hliefien. Die Grenzen der Geschichte sind zugleich die Grenzen ansei
Erkenntnis.
Die <ir»-;, um der Geschichte. 1904. — l her den l raprmg dsi
:906. — Ar.-hiv für Sozialwissenschaft Bd. 18— M, L906, B. a.
<*ot(*<-li<Ml. Joh. Christoph, 1700—1766, der bekannte Dichtet und
Kritiker, ist als Philosoph Anhänger Chr. Wollt-.
Schriften: !.:-• Qrül l( ist ■ -:imten Weltwei^heit, 17.". I. I A. L7I
7. A IT'.1-', u. a.
(iiaiii/oiv. Ott i in Greiffenberi I1 ent an der Humboldt-
Akademie in Berlin. Anhänget von EL. Arenarias.
1898. — Fr. U
l 190t. ..'•,. ter
Philosophie Mit Kaat, L90I f.. u. a.
i- 1 .i|Miiy;l«»lJ<'i-. OarL = Anhängei ron Fri B liriftsi äs
Kritik der n-inen \ ernunft u. .;-•••: I Udang durch I I
( r RA SSM WX — GREEF.
<-i aßninim. Robert, geb. L815 in Stettin, gest. 1901 daselbst. = Die
Philosophie muß auf Erfahrung und Mathematik basieren. Die Dinge bestehen
aus „Körben" (Atomen) bezw. , .Korbbällen" (Molekülen). Die Metaphysik ist
Lehre vom „Weltleben" in dessen atomistischer Gliederung. Jedes Atom
hat eine Atherhülle. Die Atome selbst bestehen aus unausgedehnten Punkt-
Die Moleküle sind belebt. Im Mensehen kommt als neu das Geist-
hinzu. welches mit seiner Atherhülle einen „Geisteskorb" bildet.
3 brüten: Die Wis8enschaftslehre oder Philosophie, 1875. — D. Weltleben,
1881. — Einleitung in das Gebäude des Wissens, 1882. — Das Gebäude des Wissens,
it. — Die Logik und die anderen logischen Wissenschaften, 1890. — Wesens-
890. — Das Menschenleben, 1900.
Gratrr. Auguste, geb. 1805 in Lille, wurde Artillerieleutnant, dann
Priester. 1863 Prof. an der Sorbonne, gest. 1872 in Paris.
G. ist ein Gegner des „Hegelianismus" (gegen Vacherot, Renan u.a.) und tritt
für eine christliche Philosophie ein, welche „induktiv" (analog der Platonischen
Dialektik und der „Infinitesimal-Methode") zum Transzendenten, Unendlichen
aufsteigt und Gott als Gegenstand innerer Erfahrung betrachtet. Das göttliche
Wort offenbart sich in der menschlichen Vernunft; Gott ist die Quelle unserer
Freiheit, unserer Willenskraft durch die Liebe. Der Körper ist ein Abbild der
die Seele ein Abbild der göttlichen Natur. Die Seele ist zugleich das
ensprinzip.
Schriften: Etüde sur la sophistique contemporaine, 1851. — De la connaissatue
■i • Dieu, 1855. — Logique, 1856. — De la connaissance de l'arae, 1857. — Philo-
sophie du Credo, 1861. — Les sophistes et la critique, 1864. — La morale et la loi
d'hi-toire, 1868. — Über d. Erkenntnis d. Menschen, deutsch 1859. — Vgl. FLOEOKNER,
Krit. d. Grundelem. d. G.schen Systems, 1889.
Qravesmnde, Wilhelm Jacob, geb. 1688 in Herzogenbusch, Prof. in
I>f-.v,: 1742. = Anhänger Lockes und Newtons.
•ebriften: Introductio ad philosophiara, Logicam et Metaphysicam, 1736; deutsch
• vrcs philos. et mathematiques, 17 74.
f-rcatliead, Robert (Grosseteste, Capito), geb. in Strodbrook, Kanzler
Bischof von Lincoln, gest. 1253. = G. vereinigt Platonische mit
sehen Lehren. Die Physik beschäftigt sich mit den dem Stoffe bnma-
1 Milien. Stofflose Formen sind Gott, die Seele, die ewigen Ideen.
riften: An*zug aus den acht liüchern des Aristoteles: Summa in octo phv-
telii libros 1498, 1688. — Kommentare zu Pscudo-Dionysius und Aristo-
G V. LbCHLER, l:. Orosseteste, 1867. — L. BAUER, Domin.
• ■
Grecf, Emil de, Prof. in Brüssel Bodeii und Bevölkerung bilden die
baft. Die Wirtschaft ist das soziale Grundphänomen.
keu biologischer Organismus, sondern (wie nach Fouille'e)
Di< Soziologie ist die Wissenschaft von den Be-
ben zueinander.
: 386 ;! - Lei loii tociologiqoM, 1893,
t rREBF — « -HI f N
lOob. — La f-tructure gent-rale des !■•■ :•■••« 1908. — &
1Ö94. — Le traiisfcirraisme social, 189.0. — La sociologie famoaüqoe, 1904, u. a.
Green, Thomas Hill, geb. 7. April 1836 in Hirkin (Yorkahire), l'i 1/
in Oxford, gast 26. .Mar/ 18
G. ist der Haupt? ertreter des englischen kritischen Idealismus, der
von Kant, Fichte und Hegel beeinflußt ist. Das Wirkliche der Inbegriff
Tatsachen — besteht in emem System von Relationen für ein Bewußt-
sein, als eine gesetzlich verknüpfte Summe möglicher, zusammenhängender
Erfahrungen, im Unterschiede von den Bubjektiy-mdividueUen E • n.
«reiche vielmehr von diesem objektiven System selbst abhäi id. Dies
I"rfahrung8sy6tem ist aber auch kein Ding an sich, sondern Inhalt
universalen, über Kaum und Zeil erhabeneil] uberindividuellen Bewußt-
Beins, im Unterschiede vom empirischen Bewußtsein, in dem es zur reit-
lichen Entfaltung gelangt. Die Einheit, die all«- Erfahrungsrelationen um-
faßt (Kants „transzendentale Apperzeption", Pichtee „absolutes Ich1 Heg
„Idee"), ist da- unendliche, absolute Subjekt, das ewige, reine 8< I -
Im- wußtsein, da- seitlose synthetische Einheitsprinzip, welches sich in den
Individuen manifestiert. Das seitlose, intelligible Bewußtsein liegt allt-m cu-
gi inde und in ihm Bind die Relationen der Dinge ewig beschlossen. „We must
hold, that ther oneciousness for which the relations ol Eact, that forme
the object of our gradually attained knowledge, already and eternallj ea
and that the growing in knowledge of the individnal i- ;i Di tOWaids
rliis consciousne-- •• Das menschliche Erkennen i-t also nur eine annähernde
Urproduktion der absoluten, unendlichen Erkenntnis dei göttlichen Welt-
\. nmnft, die zugleich freier Will«- und Liebe ist
Die Seele i-t ein unterscheidendes und synthetisches Prinzip und im als
Modifikation des absoluten Denkens unsterblich. Kaum und Zeit sind ideell,
zugleich aber synthetische Relationen der Dinge selbst, die ja nur in Beziehu
eu einem Subjekt existieren. Die Kategorien sind Bedingungen des objek-
tiven Erfahniiiur-/n-aiiirneiihanL:e-. notwendige Relationen. Aber al- IfodttS des
•luten Bewußtseins i-i der llenach nicht der Kau-alitat unterworfen, sondern
eine freie Ursache ause), d.h. eine sich selbst bestimmende, selbst inoti-
ende Aktivität. Das Motiv bestimmt notwendig da- Bandeln, wird al
selbst durch einen ..aet ..t self-consciousn< baffen, wie aueb das Subjekt
selbst seinen < 'harakter trei zu dem bestimmt, ab was er < recheint Gutist - in
Beziehung zum Begehren, und /.war i-t da- wahrhaft «inte für alle Menschen
Sittlich gut i-t dasjenige, worin da- leb -ein wahr-- Wesen möglichst
volikommen rerwirkheht; Endzweck des sittlichen Willen- i-t ein Leben nach
Vernunft, möglichst Annäherung an da- rem., göttlich« s
Vollkommenheit wir niemal- erreichen, der wir aber immer nachstrebi
Schriftcii: lntr.xlu. ti<. UJUBs'l PhÜM. • —
l'iulegomena I« l.'i.i. -. LSI I. «d.
•acal ObHgstum, 1896. — Vgl. FaJBBBOTHJ SS»,
I. — A. <ii:ii vi. Dm . ip ir, sei I i EL Qreeai —
1 Jamkp, T. H. ts m d
( Jregoe — Groiimaxn.
(■im'üoi' von Ariniinum s. (J. von Kimini.
Grejjor von Nazi an z, geb. um 330 n. Chr., gest. 390, Freund Basilius'
- Großen, Schüler oV> Athnnasius. = Tri ni tut sichre.
K. Iii.maxn, G. t. N., 1825.
Gregor von Nyssa, geb. 331 in Caesarea (Kappadokien), ein Bruder
- Basilius, Beil 372 Bischof von Xyssa, gest. 394.
<;.. der von Origenes beeinflußt ist, von dem er u. a. dadurch abweicht,
daß er keine Präexistenz der Seele kennt, sucht die Dogmen der christlichen
Kirche vernunftgemäß zu begründen und zur Einheit zu verknüpfen. Gott
ach ihm das einheitliche Wesen, welches in drei Personen (Hypostasen)
sich darstellt Die zweite Person, der Logos, ist ewiges Leben, dem Willens-
uml Schöpferkraft zukommt. Vermittelst der ocxpoi re xal zeyvixol Xoyoi, der
Vernunftkrafte, durchdringt Gott alles. Die Welt hat Gott durch seine Ver-
nunft geschaffen und den Menschen aus Liebe als Ebenbild Gottes, mit
Willensfreiheit begabt, wobei Gott wußte und weiß, wie der Mensch sich
beiden wird. Nur das sittlich Böse ist ein Übel, ein Produkt des Ab-
talls, zugelassen um der Freiheit willen. Schließlich aber werden alle gerettet
werden, es wird eine allgemeine Wiederbringung (djroxardotaotg) aller
Dinge und deren Vereinigung mit Gott erfolgen. Die Materie besteht aus
immateriellen Qualitäten. Die Seele ist eine immaterielle, einfache Substanz
y.'u uovröeroz qwoig), sie ist ganz in ihrem Leibe, mit dem sie zugleich
geschaffen ist. den sie durchdringt und der in ihr ist. Bei der Auferstehung
:n-t h.' -ich wieder mit ihrem Leibe.
Schriften: Aoyog y.artjyjjrixog 6 [xkyag. IJeqi tpvyfjg xai dvaozdoecog (deutsch:
l'ner die Seele und Auferstehung, 1864), u. a. — Opera, 1615, 1865. — Deutsche Aus-
wahl in (Dehlers Bibliothek der Kirchenväter I, 1-4, 1858—59. — Vgl. J. RlTPP,
G.8 des Bischof-, von Xyssa Leben und Meinungen, 1834. — STIGLER, Die Psycho-
i"_'ie dee heil. (i. von Xyssa, 1857. — W. MEYER, Die Gotteslehre des G. v. X.,
I l'KKGER, Die Grundlagen der Ethik des G. v. X., 1897.
Gregor von Bimini (Ariminensis), Augustinermönch, hielt Vorlesungen
Park Ordensgeneral in Bimini, gest. 1358. = Von Augustinus und
beeinflußt.
i» ritten: Lectura jtrimi libri sontentiarurn, 1482. — In seeundum librum sen-
irora, 1494, u. a.
Qrcgorl— l'ahtnius. um L'350, Metropolit von Thessalonichi.
ritten: TlQOOWJlOJioita, L558, 1884. (Erörterungen über Seele und Leib).
Qrtopenkerl, Friedrich Konrad, ^<1>. 1782 in Peine, Gymnasiallehrer
-t. 1849. - Herbartianer.
■ i des Logik, 1 828 ; 2. A. 1831. —Lehrbuch der Ästhetik, 1827.
Grimm, Eduard, geb. 1848, Pastor in Hamburg. — Schriften: Dcscartcs'
l' Leen, 1873. — A. Qenlincx' Erkenntnistheorie, 1875. — Zur
ras, 1890. — Theorie d. Keligion, 1908, u. a.
f»roimiuim. i bristian, geb. 1770 in Groß-Corbetha, Professor in
Ml MANN — GBOT.
Wittenberg und Hamb mnasium), gest 1817 in Dresden. = Vron Kant
iflußt. Begründer der Kindespsycholof
Schriften: Ideen zu einer physiognomischen Anthropologie, 1791. — Über das
Verhältnis der Theorie zur Praxis, 1 7 i • .0 . — Neue Beiträge zur kritischen Philosophie,
179G, 1798. — Über das Verhältnis der Kantschen Kritik zur Herderschen Metakritik,
1802. — Psychologie des kindliehen Alters, 181 1'. u. a.
diroos, Karl. geb. 1861 in Heid* Prof. in Basel and Gießen.
G. behandelt die Ästhetik auf psychologischer und biologisch-evolutionistischer
Grandlage. Der ästhetische Genuß i>t ein „spielendes Bensorisches Erleben",
edelste Spiel des Menschen. Das Zentrum des ästhetischen Genießens
ist das „innerliche Miterleben", die ..iimtr.- Nachahmung". l>i«1 ästhetische An-
Bchannng ist eine „innere Nachahmung ußerlich Gegebenen, dorch «reiche
Bich das Bewußtsein das innere Kid, den ästhetischen Schein, erzeugt und in der
Erzeugung dieses Scheins Bpielend verweilt". Die „monarchische Einrichtung" des
Bewußtseins beeinflußt die künstlerische Darstellung. Das allgemeinste Motiv
dieser entspringl dem „BdÄtigungsdrang, der «las Spiel in Beinen verschiedenen
Formen hervorruft". Neben dem Prinzip der „Selbstdarstellung*' Bind das
Prinzip der „ßchöngestaltung" und das der „Nachahmung" wirksam. D
psychologische Ästhetiker kann normativ verfahren, indem er Wertentscheidungen,
\.)ii deren Richtigkeit er überzeugt ist. all anbedingt geltend annimmt and
(hypothetisch) andere Wertentscheidungen davon ableitet. (Die Philos. im
Beginne des 30. Jahrhand. I. 145. l>n~ Spiel ist am Beiner Belbsl willen
lustvoll, es entspringt angeborenen Trieben, Bedürfnissen und bat biologische
Bedeutung. Be ist ein „Ergebnis der natürlichen Auslese", dient zur
Schwächung der ererbten Instinkte und zur Entwicklung der Intelligenz, zur
Übung für den Lebenskampf. Bb ist eine „Einübung unfertiger Anlagen", eine
„Vorübtu
:i : Die reine \ ernunt't llt, 1889. — Kinleitung in <lie \
Di« Spiele der Tiere, 1896; 2. A. 1907. — Dil 3 'los Manschen, 1-
— Dm be Qeauß, L901 Die Ajnfiage der Kunst. — 1 9 ■'.enleben
Kit . B. — Di mgta dei 1909, a, a
(>KM)( - ( Irotius.
(■roppali. Aleasandro, geb. 1SM in Cremona, Prof. in Modena. =
Von Ardigo beeinflußter Sozioi
triften: di sociologia, 1899. — Filosofia del diritt«», Ifl
GrON -. 1 »nrand.
Qfiie! Bi in Stendal, teb1 in Tokio. i th
kulturgeschichtliche Ableitung der K'un-i.
Behril ■* I nerkeaabaren, l B90. — ''
- Kaaeti be Btad 0. — I>. Pormea <l raasilie u. d. R
C^rot. Nikolaus VOn, 18t •. IW. in Odessa, dann ■ V
Physische und psychische I und nach G. ineinander ui
eine Erhaltung psychisch« r Energi I Hl eine I
chischen Kreisläufe*" auf. Dieser Kreislauf «in M
Orot — Gruppe.
glichkeil (Empfindung und Vorstellung), subjektive Empfänglichkeit
ihl), subjektive Tätigkeit (Stieben), objektive Tätigkeit (Bewegung). Im
All tonnt der Wille die Materie und strebt, sie zu unterdrüeken.
riften: Psychologie der Gefühle, 1880. — Über die Seele, 1886. — Archiv für
l'hüosophie IV, 1898. (Der Begriff der Seele und der psychischen Energie.)
Grote, I - 1701—1871. — Der bekannte Historiker ist als Ethiker
l'tilitarist.
i.rifteu: Fragments on Ethical Subjects, 1876. — Minor Works, 1874.
Groteiifelt. Arvid, geb. 1863 in Helsingfors, Prof. daselbst. = Es gibt
relative Weltmaßstäbe in der Geschiehte. Ohne Rücksicht auf die allgemeinen
ss ist die Erforschung des Einmaligen nicht möglich. „Wir fixieren
das Individuelle dureh Zusammenstellung von Vorstellungen, die jede für sich
etwas Allgenieines bedeuten. "
S( hriften: Das Webeische Gesetz, 1888. — Die Wertschätzung in der Geschichte,
; — Geschichtliche Weltmaßstäbe, 1905, u. a.
(■rotiii*». Hugo (Huig de Groot), geb. 1583 in Delft, Generaladvokat,
ied der Generalstaaten, lebte zehn Jahre in Paris, wurde dann schwedischer
.mit er am französischen Hofe, gest. 1645 auf der Reise (in Rostock).
G., der von der Stoa, Bodin u. a. beeinflußt ist, ist der eigentliche Be-
gründer der Völkerrechts-Theorie und des neueren Naturrechts.
Y<»n ..ins divinum", welches auf den Geboten des alten und neuen Testaments
beruht, ist «las ,,ius humanuni" zu unterscheiden. Dieses ist „naturale" („ius
naturae") oder .,voluntariuru" („ius civile", „ius gentium"). Das Naturrecht
beruht letzten Endes auf dem göttlichen Willen, würde aber auch ohne diesen
gelten und kann selbst von Gott nicht geändert werden, es ist unveränderlich.
Es liegt unmittelbar in der zur Geselligkeit treibenden menschlichen Natur,
i Vernunft angemessen und die Bedingung der Erhaltung der menschlichen
Ischaft Die Menschen haben einen „appetitus societatis". Das positive
..in- voluntarium") ist eine Anwendung des Naturrechts im Staate, der
dnreb Vertrag entsteht, „iuris fruendi et communis utilitatis causa".
riften: Mare liberum, 1609 (Für die Freiheit des Handels). — De veritate
>oii -hriHtianae, 1619. — De iure belli et pacis, 1625; deutsch 1869 (Philos.
: Hauptwerk). — Kommentar dazu von den beiden Cocceji, 1751. — Vgl. H. LUDEN,
Qrabbe, Samuel, 1786—1853, Prof. in Upsala. = Von Biberg beeinflußter
Vertri spekulativ«] Theismus, der die Sittlichkeit auf den göttlichen
Wüten zurückfuhrt Die endlichen Geister sind ewige Gedanken Gottes. Raum
l -in*l nur subjektiv.
e Arbeiten über Ethik, Phänomenologie, Itechtsphilosophic,
ÖHUi, Anhänger Feuerbachs. — Schriften: L. Feuerbach, 1874.
:ll, 1876.
c"ri,l>l><-. ■ L80d in Danzig, Prot., Sekretär der Akademie der
7'). = <;. iri ein Gegner aller metaphysischen
i-;;;, )>vv — 0ÜNTH1 B
- ekulation und tritt für den Empirismus and Relativismus ein. 1» I
i schon Niederschlage ron ' rteilen, mit denen Bie -i<-h weiter entwickeln.
- hriften: Antueus, 1831. — Der Wendepunkt dar Philosophie im 19. ;
hundert, 1834. Gegaawart ' inft der Philosophie is DsatseJüaad, 1864.
iiina^tella. Cosmo, in Miailmeri, Prof. in Palermo. ist
Empirist und Phänomenalist: uur betreffs der Ahnlichkeits- und Verschieden-
heitsrelationen gibt i ische I Irteile.
9 hriftei ria della conoscenza, 1905] a. a.
(■iimplow icz. Ludwij - in Krakau, Prol in Graz, gest. .
<;~ Soziologie ist naturalistisch, auf den Begriff des Rassenkampl
stützt Die So • - ou den sozialen Gruppen, ihrem •_
_• :. Verhalten und ihren dadurch bedingten Schicksalen". I>i«- Gruppe ist
das soziale Element, <la- Individuum nur ein „passives Atom" in der Gruppe.
I •:- Boziale Tätigkeit ist .,8elbsterhaltung der Gruppe, 'li-1 Mehrung ihrer
Macht, Begründung und Kräftigung ihrer Eferrschaft oder * l« »« - li ihrer sozialen
- llung in Staat und Gesellschaft zum Zwecke hat--. Der „Kassenkampf"
bat folgend ' de;- inächtigere ethnische oder soziale Element strebt
danach, das in seinem Machtbereich befindliche «><1»t dahin gelangende schwächere
Element seinen Zwecken dienstbar eu machen." I>;i- Recht ist eine Resultante
ron Machtfaktoren, dei £ tat eine Machtorganisation, eine „naturwüchf
ganisation der Herrschaft behufs Aufrechterhaltung einer bestimmten Rechts-
ordnung" (Allg<
Anhänge] G.s sind Ratzenhof er, 8a vorgn an, teilweise aueb F. < tppen-
,u« -r. Ähnlich lehren nun ! « ü L. v. Haller, Cattaneo, Sietzsche u. a.
B hriftes: Der Rasssakarapf, J8«:j-, •_'. .\. 1908. — Qraadafige der Soaioloj
1885; - A 1905. -- Di« - ^taatsidee, 1899; 9. A 1909. — B
Staatstheoriaat, 1906. - gi« im (Jmrifi, 1910.
(■initli^al vi Uun< - - Domin icus, lebte im 12. Jahrb., Archi-
diakonus \ < »i i Segovia, Übersetzer des AriHtoteles aus dem Arabischen. Piatoni-
ender Aristoteliker. Alle« Seiende il ans Form und Materie, wo
die Einheit begründet. D Seele ist unkörperlich und unsterblich.
3 arifti i l '•■ taitaU et oao, - b. il Philoa. d. Mir-
.kci. Bd. 1. 1, 1- uima, \\i Ds imortsl. inis
1891 - De difiaioM phi . — Vgl BaeuMKKR, D.O.,
CiiiikI I in^,. Nicolau» H mus, 1 ' > 7 1 172 in Halle. = Von
Tbomasius beeinflußt, unterscheidet schart zwischen Recht und Moral.
B hriftsa: Jus natura? iura, 1 7 1 I, - Via ad reritatem raon
I
(«iiiitlirr. knton, ■_■ i in Lindenau Böhmen studierte in Ra
wurde 1820 Weltpi in Wien. I85i arurden §ein< Lehren von
Kirche verdammt
bekämpft den Pan b< S :.- uiul Hobeln, i*i aber doch ron
nflußt und vers II lialektische* Prinzip in m l
irüekgreifiMiili'ii Dualismus hinein. Dir Philosophie kann zv
GÜNTHER.
nicht das „Wie" des Weltgeschehens erklären, aber das „Warum'' von allem,
auch der Mysterien, muß sie zu ergründen trachten. Der Glaube muß sich
um Wissen erheben. Gott steht über der Welt und ist persönlich. Er denkt
sich selbst, unterscheidet sich von sich und verbindet seine Gegensätze zur
Einheit des gottlichen Selbstbewußtseins. Der absolute Prozeß des göttlichen
qs vollzieht sich in drei realen Momenten, die untrennbar zusammenhängen.
Der militärische Prozeß der Objektsubjektivierung ist ein Selbstwerdungsprozeß.
<;..u ist auch die absolute Liebe der drei Personen zueinander. Mit Weglassung
alles ländlichen sind die Geisteskategorien auch auf Gott zu übertragen. Ohne
dir Weltidee kommt die persönliche Gottesidee nicht zustande. Die Welt hat
Gut als seine ..Kontraposition" geschaffen. Das Ich kann sich nicht selbst
denken, ohne Gott als das Unbedingte mitzudenken. Ebenso muß das Ich,
- sich als das Prinzip seiner Tätigkeit erfaßt, auch die anderen Dinge auf
ein reales Prinzip zurückführen, auf die Natur. Diese ist das ,,Eine in Vielen'',
das Realallgemeine, die Substanz der Dinge.
Die Natur entfaltet und verinnerlicht sich immer mehr bis zur Seele
(Psych . welche sowohl Lebensprinzip, als Prinzip des Empfindens, Strebens,
iederen Urteilens usw. ist. Das Naturprinzip ist als Lebensprinzip seelisch;
nachdem es im materiellen Bilden die äußerste Grenze erreicht hat, gelangt es
vermittelst der organischen Individuen zum Vorstellen, zum Bewußtsein (aber
ohne Selbstbewußtsein). Die lebendige Natur ist nicht bloßes Objekt, sondern
auch Subjekt für sich. Den Gegensatz zur Natur (samt der Seele) bildet erst
der immaterielle Geist, der Träger des Selbstbewußtseins, des aktiven Denkens
und Wollens, im Unterschiede von der Seele, die nur das organisierte und
subjektivierte Xaturprinzip ist. Geist und beseelter Leib stehen in Wechsel-
wirkung. Da- ..^listige" Denken und Wollen wirkt auf das „psychische"
Denken und Wollen (und umgekehrt) ein. Die Materie ist nur ,,eine Er-
oung des Naturprinzips", kein selbständiges Sein neben dem Geiste.
Das Denken der bloßen Naturwesen (Tiere) ist ohne Bewußtsein. Beim
sehen i-t die Existenz des Ichs die unbezweifelbare Tatsache des Selbst-
bewußtsein8, in welchem sich das Subjekt als Identisches, als reales Sein, als
tanz, als kausales Prinzip auffaßt. Das „cogito ergo sum" ist ein „onto-
der ..ideeller" oder „Vernunftschluß". Das Bewußtwerden des
ein Wissensprozeß. Das Drrecht des Geistes ist es, alle Objekte
- Wissens dem Gesetze seines Erkennen s zu unterwerfen. In sich selbst
findet er (|i. i und Formen seines Erkennens. Aus dem Selbstbewußt-
em sind die Kategorien zu entwickeln und auf die Objekte zu übertragen,
om unbestimmten Sein angefangen. Auch Kanin und Zeit sind Kategorien.
I men, zuerst Lebensformen im Geiste (Nach- und Nebeneinander
I b dann Formen jedes geschöpflichen Seins. Die Wurzel-
Relation treibt drei Stämme: die Stammkategorien der Substanz,
und de- Zweckes. Die Kategorien sind (subjektiv) apriorische
- bstbewußtseins, Bedingungen desselben; zugleich haben sie
•■ Geltung. Di*' Kategorien sind „das reflektierte Belbst-
ich an- dem Priusdes reinen Geisteslebens. Die
Gl n mi:i: — (irvAi. 219
Grundideen Bind Geist, Natur, Mensch und Gott Der höhere subjektive Zweck
des Geeistes liegt in der praktischen Verwirklichung der eigenen Idee, der höchste
objektive Zweck in der Vereinigung mit Gott
intheriancf -in«! J. H. Pabst, C. von Hock, E. Melzer, J, Herten,
P. Knoodt, Veith, V. Knauer, Elvenich, Th. Weber, Löwe, Kau-
lich, Volkmuth, Kreuzhage, I. \. Bchmid u. a. Gegner Gj -in<l
11 schinger, I". J. Clemens, Fr. Michelis u. a.
9 liriftcn i teils bizarr und satirisch gehalten): Vorschule zur spekulativen 1 I
logic des positiven Christentums, 1828; 2. A. 1846 — 48. — Süd- und Nordlichter am
Horizonte spekulativer Theologie, 1832. — Janusköpfe, 1884. — Thomas ;t Knipn
"). — Die Juste-milieus in der deutschen Philosophie, 1838. — Em und
Herakles, 1843. — Antisavaresc, hrag. von P. Knoodt, 1883, u. a. — Gesammelte
nften, 1881, — Lydia, 1849—54 (Zeitschrift). - Vgl. 1'. KNOODT, A. 0., 18
und Anhang zu .,Anti-Savarese". — E. MELZER, Erkenntnistheoret. Erörterungen ftbex
die Systeme von Ulrici d. Günther, 1886. — OlSCHINGER, Die GKnche Philos , 18
Gntberlckt, Oonstantin, geb. 1837 in Geismar, Prof. in Fulda. — Katho-
lisch-scholastischer Standpunkt. Dualistische Auffassung von Geist und Körper,
Natur and Gott, Ableitung der Sittlichkeil aus dem göttlichen Willen usw.
Die Seele ist eine immaterielle Substanz. „Daß wir für die ganz eigentümlichen
l tigkeiten der Seele auch ein entsprechendes Sein setzen, i-t eine Forder
der Vernunft." Gegenüber dem naturalistischen Monismus, dem Darwinis-
nsw. besteht die teleologische Weltanschauung zu Recht
- briften: Lehrbach der Philosophie 1*78 tt : \ 1900 ff., 4. \
ik u. Erkenntnistheorie, Metaphysik, Naturphilosophie, Bthik). —
.■tz von der Hrlialtung der Kraft, 1882. — Ethik und Religion, 1898. Die V,
i.eit und ilire Gegner, 1898. — Der mechanische Ifonismns, 1*9:5. ■— Der
— Der Kampf um die Seele, 1898, 2. A. 1908. — Pej
— Vernunft a. Wunder, 1905. Der Kosmoo, r."1*. a. e.
(«iiiihi. Carl, geb. 1848 in Beichenstein, Prof. in München, Kantscher
- indpunkt dfii 1 '-\ «h< -I. »_: i-ni ii-.
- !:::•■ l» i tei i • eiteglaabe, 1890 Wiesen und Glaaben, I A.
i. - Psycho! ii. Philo«., 1898. L Okeu, 1884, o. a.
(»iiyau. Jean Marie, 1854 L888, Sti< fsohn Fouill6es und Schüler desselben.
<;. i-t der b Verkünder eil »lutionistischeo Welt-
anschauung, die (bei aller Entfernung \<>m bloßen Individualismus) durch ihre
Betonung des Lebens und dessen Wertes an Nietzsche erinnert. Kraft
Leben, der Lebenstrieb ist der Kern alles Seins, «-in universaler I
besteht. Je intensiver das Leben, desto expansiver Ist es zugleich. Leben
„eine Art auf sich selbi cte Schwerkraft". Es strebt nach möglichster Ent-
faltung, denn Leben ,,heifit ebensosehr ausgi ben wie ein nehmen". Der Indivi-
dualismus selbst fördert and bedingt also den BoUdarismua, da« Leben auch füi
andere die Hingabe an <la^ universale Leben aus Kraftüberschufl Dai Wachs
tum der Solidarität ist «In tsamc Prinzip von Sittlichkeit l:
und Kunst I» Entwicklung geht aut immer umfassendei S und
Guyau — Haacke.
- darität; im Kaum und in der Zeit wird immer mehr alles Seiende zur
idarischen Einheit des Universums verknüpft.
Die Ethik bedarf keiner kategorischen Imperative, keines Zwanges, keiner
äußeren Verpflichtung. l>ie Sittlichkeil entspringt vielmehr dem Lebensdrange
st Pflicht leitet sich aus Kraft ab, die notwendig zur Tat drängt. Das
ii gibt sich selbst das Gesetz durch den Drang, sich unausgesetzt zu ent-
falten. „Ich soll, weil ich kann." „So lebt in unserem Handeln, unserem
Denken, unserem Fühlen ein Drang, der sich in altruistischem Sinne betätigt,
eine Expansionskraft, die ebenso mächtig ist wie die Kraft, die den Sternen
ihre Bahnen vorsehreibt, und diese Expausionskraft gibt sich den Namen
Pflichtj sobald sie ihrer selbst bewußt geworden ist." Es besteht eine sitt-
liche „Anomie", welche Autonomie ist, ferner eine soziale „Synergie".
In der Kunst erreicht das Leben sein Maximum an Intensität und Ex-
pansion. Durch die Kunst wird die Solidarität und Sympathie erweckt und ge-
n. ihr Ziel ist die Hervorbringung einer „emotion esthetique d'un
caractere Bociai", und „d'agrandir la vie individuelle en la faisant se confondre
M ne vie plus large et universelle". Die Religion definiert G. als „Soziabilität,
die den Menschen nicht nur mit allen ihm erfahrungsgemäß als lebend be-
kannten Wesen verbindet, sondern auch Geistesgebilde, mit denen der religiöse
Sinn die Welt bevölkert hat, in diesen Kreis zieht". Religion ist „universeller
Soziomorphismus", eine „soziologische Welterklärung in mythischer Form".
Die .Jrreligion" (Areligion) ist nicht Antireligion, sondern nur Verneinung
Dogmas, aller Offenbarung, aller Wunder, alles Mythus und Ritus. Sie
i-t religiöse Unabhängigkeit oder Anomie, religiöser Individualismus. In ihr
wird sieh das Wertvolle der Religion erhalten: „der Zusammenschluß auf dem
ete intellektueller, ethischer und ästhetischer Bestrebungen, die Solidarität
dem All-Leben."
- )i ritten: La raorale d'Epicure, 1878; 3. ed. 1886. — La morale Anglaise
OQBteaporaiae, 1870; 6. ed. 1902. — Vers d'un philosophe, 1888; deutsch 1910. — Les
probKmes de l'estheticiue conteraporaine, 1884; G. ed. 1901. — Esquisse d'une morale
*aiiB obligatio* ni eanction, 1885; 5. ed. 1903; deutsch: Sittlichkeit ohne „Pflicht",
M.-M2iolog. Bücherei, in der auch noch andere Werke G.s deutsch erscheinen
— L'irreligion de l'avenir, 1887; 7. ed. 1904; deutsch 1910. — L'art au point
"logique, 1889; .0. 6d. 1901. — Education et heredite, 1889; 5. ed. 1900. —
'Je l'idee de temps, 1890; 2. ed. 1898. — Vgl. FOUILLEE, La morale, l'art
od d'apre* G.; 1889. — E. ÜAELEBACH, G.s metaphysische Anschauungen,
— WlLLKNBÜCHEB, <> .i »oziolog. Ästhetik I, 1900.
Gyatraw, E., Pseudonym für Helipach.
II.
Haacke, Wilhelm, geb. 1855 in Clenze, Leb! in Ottemdorf.
t die Gesamtheil der unmittelbar gegebenen Inhalte der Wahr-
röne nsw.) das Wirkliehe der Natur. Es ist ein „Strom"
i mit ratim-zeitlichen Bestimmtheiten, ein Zusammenhang von
Ha ACRE — Haeckel.
„Naturaten". Das Ech ist ein „Mundulus", «in oder Inhaber der
Naturate*4, ein VerschmelzungBprodukl der „Grundnaturate" mit den ül>n.
Naturaten. Die einzelnen Bfunduli >in<l „Knoten des Weltstromnetzes44. Di
Welt ist ein „Stromnetz von Gedanken". I>i<- Natura!.' unseres Mundulus, die
„Empfindungen", sind die „psychische" Energie. Eigentlich gibt es nur • •in<-
Welt, die weder physisch n..<-]i psychisch ist, Bondern einlach aus Naturaten
besteht (vgL Mach n. a.). l>i»' linnduli Bind Träger der Energie. Alles I
Beheben ist Beinern Wesen nach „psychisch", lei es in uns, sei es in anderen
Naturaten; illem Geschehen liegt „gestörter Gleichmut" zugrunde. Die
Natural.- »im! Letzten Endes Inhalt«' und Erzeugnisse des All. „Dem
ewigen, nicht in Raum und Zeit gebannten Urquell des Geistes entspringt
in jedem Zeitpunkte neu geschaffen, der Wirklichkeitsstrom <1«t uns zugäng-
lichen Welt der Naturate. Es ist der Geist, der Naturate schafft und zu-
sammenfügt."
3 h ritten: Di« Schöpfung de« lienechen, 1895. — Vom Strome de« Sein«, 1 9 < > ."> . —
I). Schöpf d. Tierwelt, L893. — Gestalt u. Vererbung, 1893. — K. E. v Beer, 1906, u. ■
llarik« I. Ernst, geb. 16. Februar 1834 in Potsdam, seit 91 Prof. der
Zoologie in Jena.
II ist der Efauptvertreter des naturalistisch-evolutionistischen
Monismus in Deutschland, Er ist ein Bcharfer Gegner aller transzendenten
Spekulation, alles Theismus, Dualismus, Spiritualismus, aller Teleolof
genüber Dubois-Reymond halt er alle „Weltratsel" für lösbar. Alle nna
Begriffe stammen aus der Erfahrung. Bin „Ding an sich" '_ril»t es nicht; dann
aber heifit es wieder, wir kennen «la< letzte Wesen der Dinge nicht Ein |
Schwanken findet sieh überhaupt öfter. Unter Monismus versteht
II. die „einheitliche Auffassung der Gesamtnatur", die Ansicht, dsfl die Welt
eine „kosmische Einheit" bQdet und daß Gott und Welt eins sind D
Monismus ist die naturgemäße Weltanschauung, die allen „Anthropismus" u
windet und rein auf den Ergebnissen der Naturwissenschaft und Entwicklui
theorie fDarwinismus) beruht. II- _il>t im Universum nur eine einzige Sub-
stanz, die „Gott und Natur" zugleich ist. Körper und Geist (oder Materie
und l _;••! Bind untrennbar verbunden. Materie und Geist Bind die Attri-
bute der universalen Substanz „Realmonismus")« l>:' alles, auch das Itom
(hier macht sich ein Pluralismus, die Annahme einer Vielheit von Element
geltend), belebt, beseelt ist, alles Fühlung (Äithesii) und Strebung I
besitzt (wenn such zum Teil unbewußt), bo ist die Substanz physisch und
psychisch zugleich [Hylozotsrous). In den „Lebenswundern" "
Materie Kimm l i und „Psychom" (Empfindung) all Attribut« Snb-
-tan/. Di Subita] -' dai Gesetz von der Erhaltung der K
and d< - zugleich dai universale Entwieklunf
Weltall ist ewi ndlich und unbegrenzt, ewig bewegt, in allem W
ewig lieh erhaltend („Axiom ron der Konstanz dei Univei I
• i/ m seiner kosmischen Deutung iit sbzulehnei M J. G Vogl ist
„pyknotische" Bubstanzbegrifl an/u: wonach die I rkrafi Verdicht i
i n Raum st( tig erfüllend« H leren K
Baeckei .
streben die „Pyknatome" entstehen. Nur die Masse, nicht der Äther ist in
Atome gegliedert Bei Verdichtung entsteht Lust, bei Spannung Unlust.
Äther und Masse stehen in Wechselwirkung. Überall herrschen nur physi-
bdisch-chemische Gesetze, wirken nur mechanische Kräfte, gibt es nur
„Werkursachen", keine Zweckursachen. Die „Dysteleologieu (Unzweckmäßig-
keitslehre) widerlegt die teleologische Naturauffassimg. Alle Zweckmäßig-
keit ist rein kausal-mechanisch entstanden, ein Produkt des Kampfes ums
in, der Selektion oder der Übung. Ohne jede Zielstrebigkeit ist die Vervoll-
kommnung („Teleosis") der Organismen zu erklären. Von einer Lebenskraft
kann nicht die Rede sein, das Leben ist ein physikalisch-chemischer Prozeß.
Durch Urzeugung ist das Plasma entstanden; die niedrigsten Lebewesen sind
die Moneren. In der Entwicklung herrscht das bekannte „biogenetische
Grundgesetz", wonach die Ontogenese eine kurze und schnelle Rekapitulation
der Phylogenese ist. Der Mensch stammt nach der „Pithekoidentheorie"
von einen] affenartigen Vorfahren ab und ist ein Glied der Natur wie alles
ändere.
Die Psychologie ist nur ein Teil der Physiologie. Einen immateriellen
gibt es nicht. Das Seelenleben ist vielmehr ,,eine Summe von Lebens-
< rscheinungen, welche gleich allen anderen an ein bestimmtes materielles Sub-
>trat gebunden sind''. Dieses Substrat ist das „Psychoplasma", bei den
höheren Tieren das „Neuroplasma". Durch Differenzierung und „Assozion"
hat -ich das menschliche Geistesleben aus dem tierischen entwickelt. Die
Psyche ist nur ein „Kollektivbegriff für die gesamten psychischen Funktionen
- Plasma'. Empfindung kommt schon den niedersten Organismen zu; es
gibt ferner „Zellseelen", „Gewebeseelen", „Nervenseelen". Die Psyche des
Menschen i ■ntsteht durch „Seelenmischung" aus der Verschmelzung der
en" der Sperma- und Eizelle. Die empfindenden organischen Moleküle
nennt EL „Pastidule". Das eigentliche Bewußtsein ist an ein zentrali-
- Nervensystem geknüpft. Der Wille ist streng determiniert, teils von
der Außenwelt, teils durch die Organisation des vollendeten Individuums
selbst, die wiederum durch die Vererbung bedingt ist. Das stärkste Motiv
gibt beim Handeln stets den Ausschlag. Nach dem „Thanatismus" ist die
ter blich. - Der Mensch ist ein „soziales Wirbeltier". Neben dem
der Altruismus ein ursprüngliches Gefühl und muß in der Gesell-
' mit jenem in Einklang gesetzt werden. Das „goldene Sittengesetz"
laotet: Du lollsl deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Sittlichkeit
■1*0 nach H. eine biologisch-soziologische Basis.
Alle D '1,1, positiver Religionen sind abzulehnen. Gott, die Summe
turkrafte, ist für den Pantheismus eins mit der Natur, die Natur
im Innern der Substanz als Kraft oder P^nergie tätig. Dieser Pontheis-
eich Atheismus, da es nach Ihm keinen Gott außerhalb der Natur
Geologische) Christentum übt II. scharfe Polemik.
M. entstand 1896 der „Deutsche Monistenbund", dessen
Ostwald ist. Organ desselben ist die Zeitschrift „Der
bei unter dem Titel „Blätter des deutschen Monisten-
Hai.« kj.i IIa ma.w.
bundes"). Außerdem gibt der Monistenbund Flugschriften heraus. Schriften
_• •_. n Haeekel und den naturalistischen Monismus verfaßten Adickes, Paul-
Ben, Loofs, Wobbermin, Engert, Br. Weiß, Gutberiet, V.Brand«
Dennert, ßeinke, Chwolson u. a.
Schritten: Generelle Morphologie der Organismen, 186G, — Anthro]
i; 5. A. 1904. — Ziele und Wege der heutigen Entwicklungsgeschichte, 1875. —
Die heutige Entwicklungslehre im Verhältnis zur Gesanitwissenschaft, 187S — 79. — .
l'erigenesis der PJeetidale, 1876. — Gesammelte populäre Vorträge aus dem Gebiete der
BntwicklMgagtoehichtej 1878 — 79; 2. A. 1902. — Natürliche Schopfangsget
1886; 11. A. 1909. — Der Monismus als Band zwischen Religion und Wissenschaft,
I89.i; 10. A. 1900. — Die Wclträtsel, 1899, 1903 u. 5. — Die Lebenswunder, 1904 .
— Der Kampf um den Entwicklungsgedanken, 1905. — Monismus u. Naturgesetz, 19
— Zellseelen und Seelenzellen, 1909. — Freie Wissensch. u. freie Lehre, 1908. — 1
Weltbild vom Da*oin u. Lamarck, 1909, u. a. — Vgl. H. SCHMIDT, Der Kampf um dio
W.-l trätsei, 1900. — K. HOKNIGSWAID, K. HL, 1900. — W. BÖL8GHE, B. H„
0. — AD» KI>. Kant contra H, 1901. — l'.U I.SE.V, Philosophie militans, 1901.
— ÜAIMANN, Hu Welträtsel, 1900. — BELABT, H - Naturphilos., 1905. —
W. May. i; 11.. t909 (mit Literatur über B.). — Kl-i KK. Gesch. d. Monism ., 1910
llaffiior. Paul, geb. ls_".' in H<-rt. Prof. in .Main/, u. Bischof, gest.
. = Katholisch-thomistischer Standpunkt
B liri f t en: I). Materialismus, 1865. — Grundlinien d. Gesch. d. Philosophie, 1881 — - 1.
Ila^oniaiui. Georg, geb. 1 s:i2. Pro! in Min Scho-
lastischer Btandpunkt, du&listisch-theistisch. Die Logik ist formal, aber nicht
formalistisch; de bedari nicht da Psychol -
- I. ritt. ■!.: Logik und N«.i tik, 8. A. 1909. — Metaphysik, 18G9; 6. A 1901. —
7. A. 1905. — De veritatis prineipio, 1892, u. a
Mal«"» -. Alezander.
Hall. G Stanlq 1846, Präsident der Clark-UniYersitj (Vereinij
iten), Begründer des ersten Laboratoriums für experimentelle Pftycholof
in Amerika (1881). = II. vertritt einen idealistischen Evolutionismus.
b r i f t en : Adolescence, its Pi f, 1904 (Begründer der Reli( u.a.
Ilallicr. I -iii-i . geb. 183] in Bamburg, Prof. in Jena, gest 1904 in
Dachau, Botaniker. = Anhänger von Fries.
- hriften: l)ie W( :uung de.- Natur!' 1875, u. .i.
Hamann. Johann ( 17:;" in Königsberg, machte Studien auf
dem Gebiete der Theologie, Jurisprudenz, Philologie, unternahm . ■ seu,
kehrte lr.v.t nach K« ui: surück, irurde 1777 PackhofVerwalter daselbst,
verkehrte lim k u i Hippel n. a., war literarisch tat.. v> der
Dunkelheil Beines oft barocken Stils führte er den Beinamen d< M im
Norden".
II. vertritt neben Jacobi <in< „GUubensphiloeophie" aul christlicher
Grundlage and ist ein Gegner aller Aufklarung, alles „Rationalismus". Alle
<lie i die d( i Vi retand in des Welt and in deren Verhältnis tum
Göttlichen findet, fallen in Wahrheit Eusammen (wie in <l<r „cotneidentia
oppositorum" !><i <i. Bruno G tl und Mensch, Geist und Natur, Vernui
I I AM VNN — IT AMI IM f Sfi
und Offenbarung, Idealismus und Realismus, Materie und Form usw. sind in
Wahrheil nicht zu trennen. Der trennende Verstand mit seinen abstrakten
ffen kann das Ursprüngliche, Absolute nicht erfassen; auf Erfahrung,
auf die ,,Offenbarungen" der Sinne usw., auf die Tradition, auf das unmittel-
bare Erlebnis, auf den Glauben ist zurückzugehen. Unser eigenes Dasein und
die Existenz der Außendinge muß geglaubt werden. Das Kriterium der Wahr-
heil liegt in der festen Überzeugung- des Subjekts: das gilt auch von religiösen
Dingen (Dogmen). Die Trennung von Sinnlichkeit und Verstand bei Kant i-i
«■ine künstliche. In der Sprache sind beide geeinigt. Sprache ist das v()i-
ganon und Kriterion" der Vernunft, Überlieferung das zweite Element. „Das
ganze Vermögen zu denken beruht auf Sprache. •' Die Wörter sind reine und
sinnliche Anschauungen und Begriffe zugleich. .Vernunft ist Sprache." „Die-
ganze Philosophie ist Grammatik." Sie nimmt Wörter für Begriffe, diese für
Ding« selbst. Allen Sprachen liegt als allgemeine Sprache die Natur zu-
grunde. Natur und Geschichte sind die Kommentare des göttlichen Wortes,
alles ist ein Spiegel der Offenbarung; alles ist göttlich und menschlich. Das
wahre Leben ist das Leben in Gott, an dem wir Anteil haben.
S liriften: Biblische Betrachtungen ein6s Christen, 1758. — Sokratische Denk-
würdigkeiten, 1750. — Kreuzzüge eines Philologen, 1762. — Golgatha und Schcbli-
mini. Metakritik über den Purismum der reinen Vernunft (gegen Kant), 1800, u. a. —
Briefwechsel mit Jacobi in Jac.s Werken, Bd. IV. — Werke, hrsg. von Roth, 1821 ff'.;
von Gildemeister, 1857 ff. ; von Claasscn, 1878 — 79. — Vgl. HaMANInT, Sibyllinischo
Blätter des Magus, ausgewählt und eingeleitet von E. Unger, 1905. — H. WEBER,
H. und Kant. 1904. — E. ÜNGER, H.s Sprachtheorie, ]905.
Haiiiberger. Julius, geb. 1801 in Gotha, 1841 Prof. am Kadettenkorps
München, 1872 Lyzealprof. daselbst, gest. 1885 in Berlin. = Schüler Baaders.
Schriften: Kardinalpunkte der Fr. Baaderscheit Philosophie, 1855. — Funda-
meatalbegriffo von Fr. Baaders Ethik, Folitik und Beli<iionsphilosophie; 1858. — Phy-
t&ca sacra, 1SG9. — Gott und seine Offenbarungen in Natur und Geschichte, Christen-
tum und moderne Kultur. — Ein Wort über Franz Baaders Ethik und Politik, 18G9.
— hin Blick auf Jakob Böhmes Lehrsystem, 1875. — Die göttliche Präsenz und dio
riltliche Freiheit, 1881. — Die Präexistenz des Gottmcn sehen, 1881. — Erinnerungen
m Leben. 1883, u. a.
Ilamoliii. ( ».. Prof. in Paris, gest. 1908. = Von Plato und Hegel
influßt.
Clements prineipaux de la roproaentation, 1907.
IIhiimm lin-. Robert, der bekannte österreichische Dichter, 1830-1 1889,
auch ah Philosoph betätigt, in der „Atomistik des Willens". 1891. =
»ich hier als Voluntarist und idealistischer Evolutionist. Der
die Triebkraft alle- Beins. „Dasein isl notwendig Selbstbejahung,
Das Beiende isl subjektiv Ich, objektiv Atom. Das Ding
Will« Erscheinung die Matern ist. Das Atom isl an sieh
d ein Lebens- und Kraftpunkt, eine Willenseinheil mit
Itomgefühl). Gott i Ul-Sein, der All-Wille.
aul dem „Allsinn- .
II.VMII :
Hamilton. Bir William. Mär/ I7SS in Glasgow, wurde :
Prof. der Geschichte in Edinburg, 1836 Prof. der Logik und Metaphysik,
it. 6. Mai 1856. Herausgeber der Werke Beidfl (2. ed. 1849 mit Erläute-
rungen usw.).
H.. einer der bedeatendsten englischen Philosophen des 19. Jahrhund«
ist hauptsächlich von der Schottu - Reid o. a. und von Kam be-
einflußt Er ist ein Gegner alles Skeptizismus und subjektiven Idealismus,
alles r,Beprasentationismus", dem er die Lehre von der unmittelbar, n Wahr-
nehmung der Realität (den „presentationism" oder ..natural realism", w.-il
auch im Sinne des „common Bense" ist) a letzt Zugleich betont
ii iih«r der idealistischen Spekulation Scheüings u. a. die Relativität
unserer Erkenntnis, insofern das Absolute von uns nicht denkbar und erkenn-
bar ist. Endlich lehrt H. die Apriorität (Notwendigkeit und Allgemeinheit)
gewisser ursprünglicher Relationen der Anschanungs- und Denkfonn
Die Philosophie des Geistes zerfallt nach II. in 1. ..Phänomen. Be-
schreibung der geistigen Tatsachen), 2. „Nomologie" Darstellung der Gesetze
des I sieben*), bestehend aus Logik, Ästhetik, Ethik, und :;. „Ont
Metaphysik), welche es mit dem [ch, der Außenwell und dem Dasein Gottes
zu tun hat Das Absolute (das Unbedingte und Unendliche) ial weder denk-
bar aoch erkennbar, weil es eben nicht bedingt ist und nach dem I
lingten" ...law ot the c litioned") alles Denken ein Bedingen („to think
U to conditiou'') und alles Denkbare durch ein Undenkb d ist, über
das wir oicht hinauskönnen ..t hat the conceivable is in ever} relation bounded
li\ the inconceivable")« Alles Erkennbare i-t bedingt und relativ, weil es
innerhalh des Gegensatzes Subjekt-Objekt liegt und raum-zeitlich ist Eine
ursprüngliche Bewußtseinstatsache ist zunächst die Überzeugung von der
Existenz (Realität) unseres I chs und der Außenwelt, wiche beide unmittelbar
wahrgenommen werden, eins als Gegensatz zum andern: ..NW maj . . . lay it
<l«i\\n n- ;m undisputed truth, that consciousness gr an ultimate Eact, ■
primitive duality; a knowl o in relation and contrast to the non-
The ego and • are thus given in an original antithesis, as opp
in the contrariety of existence." Die Wahrnehmung enthalt Bchon I nter-
Scheidung, Vergleichung usw. Je mehr der affektive Bestandteil der Wahr-
nehmung (die „Sensation") zurück- und die „pereeption" der objektiven Quali-
täten hervortritt, desto stärker ist das i aftandsbewußtsein. I
Bewußtseinstatsachen sind ferner die logischen Da Kaum und Z
Kausalität, Bubstanz und andere K ■ rien. Die Kausalität bedeutet, daß
wir keine Existenz als beginnend denken können, daß wir alles i nen als
Modifikation eines Identischen auffassen müssen.
Dai Bewußtsein ist ein anmittelbares Wissen, welches im psychischen
Erleben selbst liegt; im q Sinne ist es der 0 Prinaipit
•lled.- Apriorischen. Alles psychische I ist aktii und
gleich, nur überwiegt bald d. bald da- andere Moment. 1 ben
ist intellektuell, i motionell und volitionell. Die A
ruhen auf der ..law of redintegration", dem i I
I - ier , Phil
Hamilton — Hardenberg.
welchem Vorstellungen, die einmal einen einheitlichen Zusammenhang bildeten,
. adenz haben, einander zu reproduzieren. Das logische Denken besteht
r Verknüpfung und Trennung der Begriffe. Das Urteil ist ein einfacher
P.i wulUseinsakt, eine Aussage von Verhältnissen zwischen den Begriffen, ein
Leichen des Umfangs von Subjekt und Prädikat (Identitätstheorie des Uni-
kums: Subjekt und Prädikat sind dem Umfange nach identisch). Die Lehre
von der ..Quantifikation des Prädikats" berücksichtigt den Umfang nicht bloß
- Subjekts, sondern auch des Prädikats. Das Urteil ist eine Gleichung
/wischen Subjekt und Prädikat („an equation, an identification"). „The predi-
cate has allways a quantity in thought, as much as the subjeet, although this
quantity be frequently not explicitly enounced . . . The predicate is as exten-
sive as the subjeet." Der Begriff ist ein „implizites oder unentwickeltes Ur-
teil" Leetur. I, 204 f.; II, 225 ff., 272 ff.).
Schriften: Discussions on Philosophy and Literature, 1852; 3. ed. 1866. —
Leetures on Metaphysics and Logic, 1859 ff., 1865 f. — Vgl. J. St. MlLL, Examination
of Sir W. Hamiltons Philosophy, 1865; 4. ed. 1874; deutsch 1908. — ULRICI, Zeit-
schr. f. Philos. u. philos. Kritik, 1855. — J. VTEITCH, Memoir of Sir W. H., 1869.
Elanneqaiii . Arthur, 1856— 190S, Prof. in Lyon. = Raum und Zeit
sind wohlbegründete Erscheinungen. Der Atomismus ist ein Postulat der
Naturwissenschaft, bezieht sich aber nicht auf das An sich der Dinge, welches
einheitlich ist.
Schriften: Essai critique sur l'hypothese des atomes dans la science contempo-
raine, 1894; 2. ed. 1899. — Etudes d'histoire des sciences et d'hist. de philos., 1908.
flansch, Michael Gottlieb, geb. 1683 in Müggendahl (bei Danzig), hielt
-11 in Leipzig Vorlesungen, gest. 1752. = Leibnizianer.
hriften: Selecta moralia, 1720. — Ars inveniendi, 1727. — Leibnitzii prin-
cipia philosophiae, 1728. — Medicina mentis, 1728, u. a.
Hannseh (Hanns), Ignaz, 1812 — 1869, l)öhmischer Philosoph. = Hege-
lianer.
Schriften: Handbuch der wissenschaftlichen Denklehre, 1843; 2. A. 1850. —
Handbuch der philosophischen Ethik, 1846. — Grundzüge eines Handbuches der Meta-
physik, 1845, u. a.
Hardenberg, Friedrich von (Novalis), 1777 — 1801, der bekannte Dichter,.
i-t nach sie Philosoph beachtenswert, als ein von Hemsterhuis und besonders-
von \\,-. ■ Pichte und Schelling beeinflußter Romantiker. Außer dem Roman
rieh von Ofterdingen" kommen hier besonders die „Fragmente" in Betracht,
Menge philosophischer Aphorismen enthalten.
erkunde! 'inen „magischen Idealismus", der von der Macht des Geistes
Natur durchdrungen ist. Aus dem Geiste allein ist die Natur zu bc-
od durch den Geist wird sie beständig gestaltet, erneuert. Die Philo-
Heimweh, ein Trieb, überall zu Hause zu sein", das „Poem des
Erregung des wirklichen [eh durch das idealische Ich", die
W< tem a den Hefen unseres (leiste- heraus zu denken. „Ersl
em aller Wissenschaften wird die Philosophie recht sieht-
Hardenberg.
bar sein". Philosophie ist ..da- Ideal der \\iss( oschaft überhaupt", die
„vollendete Intelligenz". Die wahre Philosophie ist „realistischer [desJitmns"
und lx-ruht auf „höherem Glauben"; sie behandelt die „Ehe ron Natur andOek
Die Kategorien kommen nur verbunden vor. Sie sind das „Alphabet
gitationum homananun, worin jeder Buchstabe eine Handlung ift",
Raum und Zeil entstehen zugleich und Bind eins. ..Kaum ist beharrliche
Zeit, Zeit ist fließender, variabler Raum". Jeder Körper ist ein ..ausgefüllter
Trieb", ein „Baumerfuüungsindmdunm." Das leh, die „Selbstheit" i-t der
Grund aller Erkenntnis, der Zentralpunkt, in dem wir alle identisch sind.
Wir müssen uns erst zum wahren leh erheben, wir Bind ea noch dicht ganz. 1 1
Welt i-t tin „Unirersaltropus des Geistes, ein Bymbolisches I > i 1 » l desselben".
Wir schaffen eine Well aus um heraus und werden damit immer freier. „Wir
ssen nur. insoweit wir machen." Die Natur i-t ein „enzyklopädischer,
systematischer fades oder Plan unseres Geistes". Sie i-t eine „versteinerte
Zauberstadt", und -m hat sich wohl mit wachsender Kultur wesentlich rerindert;
der Mensch erlöst die Natur. Die Natur ist ein ,,gehemmter PerBonifikations-
prozefi". Alles Lehen i-t ein „Enieoeruiigsprozeß", ein „ununterbrochener
Btrom", „Opposition gegen den Mechanismus ' (vgl. Bergson). Die Mathematik
i-t realisierter Verstand; das höchste Lehen i-t Mathematik, rein.- Mathematik
i-t Religion. Der „innige Zusammenhang, die Sympathie des Weltalls" i-t die
\\a-\> der Mathematik. Zahlen Bind Ertcheinungen, ihre Verhaltnisse Bind
„Weltrerhaltnits e". „Die reim Mathematik ist die Anschauung des Verstandes,
al- Universum". Echte Mathematik ist das „eigentliche Element des Magiers".
- • ist echte Wissenschaft, weil Bie „gemachte Kenntnisse enthalt, Produkte
i Selbsttätigkeit". Wahrscheinlich gibt es in der Natur eine „wunder-
bare Zahlenmystik", auch in der Geschichte. Philosophie i-t die „UniTersal-
oder höhere Mathematik".
Die Welt werden wir rerstehen, wenn wir ans selbst verstehen. Wir Bind
Gotteskinder, göttliche Keime; einst werden wir -•■in. was unser Vater i-t.
Die Weh i-t „Resultat einer Wechselwirkung zwischen mir und der Gottheit".
„Alles, wsa i-t und entsteht, entsteht aus einer Geisterberünrung.i< Gott ist
„das Ziel der Natur, dasjenige, mit dem sie einst harmonieren boU". Du
Natur -<>ll moralisch werden. In allem offenbart sich <;<»u. er ist die Liebe.
Der Glaube i-t wundertltig, Gott i-t in dem Augenblicke, al- ich um glaube.
Glaube i-t „Wahrnehmung des realisierten Willens". Wahn Religion i.-t
Christentum. „Die christliche Religion ist die eigentliche Religion der Wollust
l>i.- Sund.- i-t der grofie Reu tür die Liebe der Gottheit'4 Das System der
Moral mui; ein Bystem der Natur werden. Unter -ntlieher Will.- i-t EUg»
der göttliche Will.'. Wir -ind die Erziehet der Natur. Unter Körper -«>ll
uillkiirlieh, in. • Setl jatii-h werden. Wille i-t ..ma-i-. -In -. kiatti-.-
Denkrermögen" und fähig, die Natur zum Autdruck und Werkzeug des G
zu Gedanken tu coachen; wer chesTermag, i-t der „magisch« fdealitt" Ms
i-t ..Kun-t, dm Binnenwelt willkürlich iu gebrauchen". „Die Welt mui
romantisiert werden. Bo findet man den ursprünglichen Sinn wieder. Roman-
tisieren i-t nichts al- eine qualitativ« P tenzierunj
iv
228 Habdenberg — Earms.
hriften: Novalis' Schriften, 1802; hrsg. von Meissner, 1898, von Hoilboni,
1000. von J. Minor, 1907; von H. Friedemann (Goldene Klassiker-Bibl.). — Vgl.
V. HeTLBORN, X.. der Romantiker, 1901. — E. FRIEDELL, N. als Philosoph, 1904.
— II. SIMON, Die theoretischen Grundlagen dos magischen Idealismus von N., 1905.
— R HüCH, Die Blütezeit der Romantik, 2. A. 1901.
Harms, Friedrich, geb. 1819 in Kiel, Prof. in Berlin, gest. 1880.
H. ist von Fichte beeinflußt, ist aber erkenntnistheoretischer Realist. Die
Philosophie ist nach ihm die Wissenschaft des Absoluten ans den Grund-
Efeu der Erfahrung, die „Wissenschaft von den Grundbegriffen und den
objektiven Voraussetzungen der einzelnen Wissenschaften". Die Logik ist
nschaftslehre, Wissenschaft vom Wissen, zugleich Metaphysik, indem sie
das Wissen in dessen subjektiven und objektiven Bestandteilen untersucht. Im
• n Sinne handelt die Logik von den Formen und Methoden, die Meta-
physik von den Gegenständen des Erkennens. Natur- und Geschichts-
! ssen sc haften sind zu unterscheiden. Die Natur ist das Reich der Be-
ugsvorgänge des Konstanten, die Geschichte (und Ethik) das Reich der
Willenskräfte, des Neuen. Die geistige Kausalität ist „Kausalität der
Willenskräfte des Geistes". „Geschichte ... ist ein stets fortschreitendes, neue
Gestaltungen der Wirklichkeit erzeugendes Geschehen, welches nur durch
Willenskräfte stattfinden kann".
Die Materie ist „das Bewegliche mit bewegender Kraft". Die „Materie"
ist die An laue, der „Samenznstand" jedes Dinges. „Alles wird ans der Materie.
Sie ist das anfänglich gegebene Sein, woraus alles wird. . . . Nimmt man
Atome und einfache Stoffe an, so sind das die Samen aller Dinge. Man wird
sie aber zugleich als Monaden oder geistige Anlagen denken müssen." Die
\ai iir fällt nicht mit der Körperwelt zusammen, denn nicht alles Körperliche
i-t Objekt der Naturwissenschaften (die Artefakte). Es gibt ferner auch eine
Natur'-; auch in der Seele ist eine Natur. Im Gegensatz stehen Natur
und Vernunft. Letztere ist das „Vermögen der Freiheit", während Natur
notwendig Geschehende" ist. Die positive Freiheit ist der Wille selbst.
„Weil der Geisl sich in der gegebenen Wirklichkeit befangen und unbefriedigt
fühlt, will er. Und sein Wille geht auf die Umgestaltung der gegebenen und
Produktion einer neuen Wirklichkeit." Der Wille setzt selbst den Zweck,
c realisiert, er hat Selbstgesetzgebung. Die Natur hat keinen Willen, die
sittliche Welt beruht auf dem Willen, sie ist das „Reich der Freiheit". Die
W dt i.-t .in „Ineinandersein von Natur und Vernunft". Gott ist das Absolute.
insuchl nach dem Absoluten ist <-in Zeugnis vom Absoluten." Gott
Well rind nicht eins. „Gott ist das Seiende, welches vollkommen ist; die
- i nde, welches rollkommen wird." Gott ist der Grund der
der Welt, der Anlagen aller I > i n ^ < . das Vollkommene im Sein.
t und Körper sind voneinander unterschieden. Erscheinungen gib!
dai erscheint, und ohne ein anderes, dem es erscheint.
andern erscheint, i-t der Körper; das alter, dem alles erscheint,
aeinung i-t also ohne die Duplizität von Geist und Materie
Materie und Geisl ~in<l <li«' Bedingungen aller Er-
Barms — Haui ley. 229
Schonungen." IVide Elemente der Erscheinung sind gleich positiv und real
Da- West n des Geistes besteht in reflexiblen Tätigkeiten; das Bewußtsein
i-t ..dir Wirkung oder dir TIfigkeil ednee Dinges am sich selbst". [> Gh
hat da- Bewußtsein nur durch Beine Tat Da- Ich al- Objekt i.-t dir I -
Bcheürang des Ich al- Subjekt, der einheitlichen Seele (Mona
Schriften: Prolegomena zur Philosophie, 1852. — Abhandlungen zur systematischen
Philosophie. 1868. — Über den Begriff der Psychologie, 1874. — Die lleform der
Logik, 1874. — Über den Begriff der Wahrheit, 1876. — Die Philosophio seit Kant,
1876. — Die Formen der Ethik, 1876. — Geschichte der Psychologie, 1878.
-. Lichte der Logik, 1881. — Metaphysik. 1885. — Logik, 18ö6. — Ethik, 1889. —
Begriff Formen und Grundlagen der Rechtsphilosophie, 1889. — Naturphilosophie. lv
— Psychologie, 1897. — Vgl. F. /.IMMER, Grundriß der Philosophio nach P. Harcu,
llarper, Thomas. = Scholastischer Standpunkt. — Schriften: The M
physica o( the BekooU, 1879 £
llaipf. Adolt. -»■!). 1857 in Graz, lebt in Leoben. = Da- Gemeinsame
von Natur und Gleist i-i dir Formgebung.
- hriften: Goethes Erkenntnisprinzip, 1883. — Die Ethik des Protagoras, 1884.
— Darwin in der Ethik, 1901. — Natur- u. Kunstschaffen, 1910.
Ilarpokrarioii, ein Neuplatoniker, der an Numenioe sich anschloß.
Harri«. William T.. geb. 1835, amerikanischer Pädagoge, Begründer des
„Journal "f Bpeculative PhDosophy4' 1 1
- hriften: Exposition of Hegers Logic, 1890. — Introduction to Philoso;
189U. — Psychologie Fuundations of Education, 1898.
II aiii^oii . Frederick. Behriften: The rhilosophy of Commoi
1907. — Kcaütics and ideale, 1908, u. a.
Hartenstein. Gustav, geb. lSM^ in Plauen, Prot, in Leipzig, Ober-
bibliothekar in Jens L - Berbartianer
Schriften: Die Probleme u. Grundlehron der allgemeinen Metaphysik, 1-
Die Grundbegrilfe der ethischen Wissenschafton, 1844. — Hiatoriaeh-philoaopbifl
handlungen, 1870| u. a. — Herausgeber von Horbarts und Kants \\ :
llaitlev. David, geb. 170d in Qlingworth oder Armley, Arzt, gest
in Bath.
II. gehört zu den Begründen] der Assoiiationspsycholoj Di<
psychischen Vr< und deren Verbindungen sind nach ihm ron bestimmten
— iiw ingungen in den Nerven \\w^\ im Gehirn abhängig. Durch Wiederholi
ähnlicher Schwingungen entstehen im Gehirn Dispositionen zu kleineren ann-
lichen Schwingungen i... Miniatur, in. Diese Schwingungen reproduaieren aolche
_.ii. mit denen sie einmal assoziiert waren und dem entsprechen die
\'.>!-i.lliiiiur-a— ../i:iti(»m-ii, u.hh, -yn«hr« »ni-i i-.li odrr -nk/r— 1\ -md. Kinr
rendenz der Vorstellungen nach Ergänzung l»«--t.in. Dm. h A--.>/iau.-n nn-
Btehen zuaamnft te Ideen und Vorstellungsreihen („traij G Ihle
und Willenavoi und ron Merrendis] funktionell ahhäi D-
i Sterblichkeit der Seele bestreite! II. nicht.
ll.vini.KY — Hartman N".
- hriftea: Coniecturao quaedam de motu, sensus et idearum generationo, 1746.
wationos on Man, his frame, his duty and his expectations, 1749, 6. ed. 1834;
1 7 7J — 73. — Vgl. Spencer Bower, H. and J. Mill, 1881. — B. Schoen-
vnk. H u Priestley, 1892.
Ilarliuaiiii. Eduard von, geb. 1842 in Berlin, wurde Offizier, mußte
s Leidens wegen 1865 seinen Absehied nehmen, promovierte 1867 in Rostock
und lebte dann als Schriftsteller in Groß-Lichterfelde bei Berlin, wo er 1900
starb. Seine erste Gattin, Agnes geb. Taubert, wie seine zweite, Alma geb.
Lorenz, waren ebenfalls schriftstellerisch tätig. Die „Philosophie des Unbe-
wußten" machte gleich nach ihrem Erscheinen großes Aufsehen und erlebte
viele Auflagen, obgleich infolge der geänderten Strömung später das Interesse
des Publikums für derartige metaphysische Spekulationen erheblich nachließ,
v. Hartmann ist ein philosophischer Systembildner, der eine Synthese von
Schelling, Schopenhauer und Hegel unternimmt und auf Grund der Ergebnisse
der Wissenschaften „spekulative Resultate nach induktiv-naturwissenschaftlicher
Methode" geben will. Den irrationalen „Willen" Schopenhauers (und Schellings)
verbindet er mit der Hegeischen „Idee" zum Begriff des „Unbewußten" als
Einheit von Wille und Idee (Vernunft), als zweckvoll wirkende Urkraft, als
anpersönliches, göttliches Absolutes. Eine Metaphysik ist möglich, aber
nicht als aprioristische, apodiktische, sondern nur als hypothetische Wissenschaft,
olche aber braucht sie nicht bei der Erfahrung und beim Bewußtsein
i zu bleiben, sondern sie kann durch Schlüsse zum Transzendenten und
Unbewußten, zum Ding an sich vordringen.
Erkcnntnistheoretisch bekennt sich H. zum „transzendentalen Realis-
oach welchem Außen- und Innenwelt (Ich) Erscheinungen eines Ding
■h sind, dessen Existenzweisen die objektiven Grundlagen unserer An-
Bchauungs- und Denkformen bilden. Am Leitfaden der Kausalität erschließen
wir aus nnserei] Wahrnehmungsinhalten die Welt des Ding an sich. „Die
szendente Kausalität zu meiner Empfindung hinzuzudenken, dazu fühle
ich mich dadurch gezwungen, daß meine Empfindung etwas von mir nicht
»Utes, mir Aufgezwungenes ist. daß ich sie als das Endglied einer Kollision
nen einem fremden Willen und meinem eigenen Willen fühle." Vermöge
Organisation wird der gefühlte Zwang „unwillkürlich und
a priori als dynamischer Zwang eines fremden Willens gedeutet". Betreffs des
Ursprung der Erkenntnis sieht v. II. auf dem Boden des Kritizismus, nur be-
ijektive Bedingtheil der Erkenntnisformen, welche als solche aus
rischen unbewußten Synthesen entspringen. Das A priori (dessen Fest-
lichl selbst apriorisch ist) ist ein vom Unbewußten Gesetztes, das nur
ultal in- Bewußtsein fällt. Schon die Empfindung ist das Produkt
[ntellektualfunktionen", nämlich „eine für das Bewußtsein des
'ii Individuums überschwellige Synthese aus unterschwelligen
und Gefühlen der umspannten Individuen nächsttieferer Stufe,
eine indirekte Synthese aus qualitätslosen Lust- und Unlust-
. Produkte von Synthesen mit objektiver Geltung sind
Z< ' Apriorisch ist nur die Räumlichkeit, nicht die konstruierte
HA IM MANN.
EtauniaiiBchauung. Der Raum ist nicht bloß subjektiv, er ist eine Außenu
form des Wirklichen Belbet I>i«- ßäumlichkeil ist Bchon eine Kategorial-
funktion, eine subjektiv-ideale Rekonstruktion (1<t transzendent-realen Raum-
Verhältnisse der affiriereuden Dinge an mch. Der objektive Raum ist das
Produkt des Aufemanderwirkena der Atomkräfte. Der absolute Kaum wird
durch den absoluten Willen (— das eine Attribut des Ding an sich realisiert.
Di« Zeitlichkeit des Bewußtseinsinhalte kann nur aus einem zeitlichen unbe-
wußten Geschehen erklärt werden. In der objektiv-realen Sphäre ist die X
„Veränderung der Willensintensität oder Kraftäußerungsintensität". Das weilen
I die unbestimmte, die [dee | — das andere Attribut des Absoluten — ) die
bestimmte Zeitlichkeit. Zeit als Synthese gibt es nur in der subjektiv-idealen
Sphäre. Auch die Zeit ist eine Kategorie.
Zu den „Kategorien der Sinnlichkeif4 (Qualität, Quantität: intens
nsiv< I >. - Zeitlichkeit, Räumlichkeit) kommen dio „Kategorien dee Denk«
hinzu: l. [Jrkategorie der Relation. 2. K eflektierenden Denk.
:;. Kategorie des spekulativen Denkens (Kausalität, Flnalität, Substantialität).
Das Wahrgenommene ist ein »»Kategoriengespinst". Nicht als Begriffe, nur als
„Kategorialfunktionen" sind die Kategorien apriorisch. Sie entwickeln sich aus
Keimen und Anlagen dee Verstandes, in denen sie vorbereitet liegen. J<
Kategorie ist eine „unbewußte [ntellektualfunktion von bestimmter Art und
Wi ise, oder eine unbewußte logische Determination, <lie eine bestimmte B<
sichung setzt". l»i- Kategorien sind supraindividuelle Betätigungi
der unpersönlichen Vernunft in den Individuen, synthetische Formen. Ein
Teil der Kategorien gilt für die subjektive, objektive und metaphysische Sphäre
gleich. l>i<- transzendente Kausalität umfaßt die intra-, interindividuelle,
alle- und isotrope Kausalität „Ätiotrop" ist die Kausalität, welche „innerhalb
eim- Individuum- nicht zwei verschiedenartige Substanzen, sondern bloß iwei
verschiedenartigi Erscheinungsweisen miteinander verbindet". Alle Kausalität
ist innerhalb des Absoluten intraindividuell: ..Alle Wechselwirkungen der
Individuen untereinander Bind gesta absoluti per individua." Alle psychische
Kausalität liegt im Unbewußten, da die Bewußtseinsinhalte als -"lehr rein passiv,
ohne Kraft Bind. In der Bubjektiv-idealen und objektiv-realen Sphäre gibt
nur Pseudosubstanzen (Materie, Seel( Eigentliche Bubstanz ist nur das
lolute als „reinee Subjekt der Tätigkeit", als immateriell« unbe-
wußtes, unpersönliches, ewiges Subjekt, dessen „funktionelle Einschränkungen"
die Dinge sind und das in allem zweckmäßig wirkt. Der Zweck ist ein Welt-
prinzip, eine Kategorie, das ideelle primum movens. Kausalität und Flnalität
sind nur verschiedene Aspekte einer Sach« Kosmogonischer Monismus
Flnalität bestimmt das Gesetz, nach welchem di<- Kausalität wirkt, sie ist eine
I . • _ i -« - 1 1 notwendige Determination. Der Weltzweck ist di< „log ■'.-■ Verurteüu
des Antilogischen als solchen".
Damit kommen wir zur Metaphysik U.s, eii ' von Voluntai
mus und Logismus /u einem „Panpneumatismus" und „konkret* M
Di« absolute Wirklichkeit ist Geist, aber (absolut unbewußt« i H. unl
Bcheidcl da« physiologinch, das relativ und da I I
Hartmann.
physiologisch Unbewußte umfaßt die ruhenden molekularen Prädispositionen
der materiellen Zentraloigane des Nervensystems, beziehungsweise bei niederen
üsinen dos Protoplasmas." „Das relativ Unbewußte sind psychische
Phänomene, die wohl für Individualbcwußtscine niederer Stufen innerhalb des
iniamus bewußl sind, für das oberste Zentralbewußtsein oder Samtbewußt-
sein des Organismus aber unter der Schwelle und darum unbewußt bleiben.''
absolut Unbewußte ist nur durch einen Bückschluß von den Er-
scheinungen auf das ihnen zugrundeliegende, unmittelbar nicht erlebbare geistige
heben zu erkennen. Es wirkt in Natur und Geist zweckmäßig (wie im
Instinkt usw.). Es ist als Einheit das „metaphysische Wesen mit den Attributen
- anbewußten "Willens und der unbewußten Vorstellung", der gemeinsame
Grund von Objekt und Subjekt, Physischem und Psychischem. Es ist Einheit
ron Logischem und Alogischem. Der Wille setzt das „Daß" der Welt; die Idee,
zu welcher das Logische gegenüber dem antilogisehen Willen wird, das „"Was"
der Welt Die Funktion des Willens ist „Übersetzung des Idealen ins Eeale";
nur die Wirkungen und Produkte des unbewußten Willens fallen ins Bewußt-
sein. Keine geistige Tätigkeit als solche ist bewußt. Die unbewußte Vor-
stellung ist „ideale Antizipation eines zu realisierenden Willenserfolges", „logische
Intellektualfunktion". Durch die Idee wird die Willensentfaltung logisiert,
sie bekommt ein vernünftiges Ziel, welches zur Erlösung des Willens vom Sein,
zur Aufhebung des Antilogischen führt. Das Unbewußte ist einfach und hat
zugleich die Mannigfaltigkeit der Individuen in sich („Konkreter Monismus").
Als das Unbewußte und Überbewußte ist Gott der AVeit immanent und unper-
BÖnlich, erst in den Individuen schafft er sich ein Bewußtsein, das im Laufe
Weltentwicklung immer stärker wird und dann durch Einsicht in die Un-
scligkeif des Daseins zur Willensverneinung und zur Erlösung des Absoluten
führt, wodurch der „Abfall" wieder gut gemacht wird, durch den einst der
Wille von der Potenz zur Aktualität überging. Die Welt ist zwar, da sie die
Möglichkeit der Erlösung in sich birgt, die durch Hingabe an die Zwecke des
lutea erreicht werden kann, die beste der möglichen, aber doch schlecht,
\\«il all»- Dasein als solches Unlust und Leid bringt (Verbindung des „eudämono-
m • 1 1 • • Pessimismus mit dem „teleologischen" Optimismus).
In allem wirkt der unbewußte Wille als dynamisches Prinzip (Panpsychis-
iind zweckmäßig. Die Körper sind als Stoffe objektive Erscheinungen
and bestehen ans dynamischen Atomen („Dynamiden") als Manifestationen des
All-Ein« i il- nur relativ selbständige Willenseinheiten. An sich ist die
Kraft 5 d, Willi-: die „Energie" ist etwas Sekundäres. Die Lehre von der
dem „Wärmetod" der Welt (Clausula u. a.), spricht für die Welt-
I ' I Organismen sind aus Anorganischem unter dem Einfluß nicht-
eckmäßig wirkender Kräfte entstanden, die noch jetzt in den
Ordnend, Uitend, gestaltend wirken (Vitalisnius). Die Lebenskraft
fikation des „Unbewußten" and dessen Finalität. Die unbewußte
uze Eh twickl u ng der Organismen, bedingt die direkte
>--iing. Eine ..unbewußte Abäiidmnigslendeiiz" besteht, die
nd Intensität beschrankt i-t. Die natürliche Ausl.se ist nur
Hai: im ann.
• ■in Hilfsmittel, nicht die Ursache der Entwicklung, sie wirkt nur negativ,
seitigt nur das Unzweckmäßige; der Kampf ums Dasein i-t nur ein „Handlanj
der Idee".
Die Seele ist keine einzelne Substanz, sondern ,,die Summe der auf den
betreffenden Org - - gerichteten Tätigkeit des einen Unbewußten". Zu der
Mehrheit von Bewußtseinen des [ndividuums kommt < 1 i * * einheitliche rätigkeit
des Unbewußten als „Zentralmonade" hin/u. Das Ich ist nur eine Erscheinung
der Seele, es gehört nur rar Bewußtseinsform. Auch dem Leibe liegt das ein-
heitliche Unbewußte zugrunde, so daß Seele und Leib „reelle Teilfunktionen
als Glieder derselben absoluten Funktion des absoluten Subjekts" sind, l
Parallelismus zwischen den psychischen und physischen Erscheinungen ist nur
eine „homologe Korrespondenz" als Produkt der „interindividuellen Wechsel-
wirkung beider Ejscheinungs» iten untereinander innerhalb desselben [ndi-
viduums". Das Unbewußte erscheint zweifach: al> Bewußtseinsphanomen und
als Bewegung, die einander funktional zugeordnet sind, auf Basis einer Woche
Wirkung, wobei die Seele die Richtung der Bewegungen ohne Energiezuwachs
zu lenken rennag Das Unbewußte ist der Untergrund des Seelenlebens. Alle
Synthese im Geistigen, alle Denk- und Willensakte, alle aktiven Apper-
zeptionen Bind unbewußt: Bewußt sind nur die psychischen Phänomene, die
psychischen Akte sind absolut unbewußt. Absolute Willensfreiheit gibt
nur im Absoluten; der Mensch hat nur psychologische Wahlfreiheit 1 N r
Motivation- _ ist unbewußt Motiv ist nicht das Gefühl selbst) Bondern
nur die Vorstellung eines künftig zu erlangenden oder abzuwehrenden Gefühls
r auch eine Vorstellung ohne jede Rücksicht auf Lust und Unlust, lediglich
nach Maßgabe des < 'harakt- re,
l>ic Ethik H.- i-t ein universalistischer Evolutionismus. Der Eudämonis-
mus ist abzulehnen, Glückseligkeit ist kein Ziel des Handeln- und i-t unerreich-
bar. Die Quelle der Moral ist die Vernunft, die auch Gesellschaft ww<\ Becht
rundet Der Fortschritt des sittlichen Bewußtseins hingt von der Erkenntnis
der Zwecke des Weltprozesses ab. ..Das reale hasein i>t die Inkarnation der
ttheit, der Weltprozefi die Passionsgeschichte des Qeischgewordenen Gottes
und zugleich der Weg zur Erlösung des im Fleische Gekreuzigten; die Sittlich-
keit aber ist die littarbeil an der Abkürzung dieses Leidens- und Erlösui
In der Hingabe des [ndividuums an die objektive Teleologie des Welt-
prozesses um da Wesensidentität aller Willen besteht die wahre Sittlichkeit.
Wenn auch stets ein Oberschuß der Unlust gegenüber der Lust besteht, wie
die ..A\io|o_;> Wertlehre) zeigt, die Welt also in dieser Hinsicht minderwei
ist «loch die Hingabe an den Eulturprozefl und ein aktiv-produktives
V( rhaltea zu fordern, weil dann die Vernunft die Welt zur best möglichen macht,
Absolute ron seiner Qual erlöst
Die Ästhetik faßt r. II. „konkret idealistisch" auf. Die Idee wird mit
der Form im Realen erfaßt Das Schöne ist sinnlich üsthetischer Schein in
der Sphäre einer idealen Phlnomenalitit, ein< Erecheinuj unbewußt
I pschen im Sinnlichen. Der ästhetisch - n muß dci mit
latent in sich tragen, um al- schön zu wirken. Durch die Kunst werden
1 1 \ 1: l'MANX — Hartsen.
„ästhetische Scheingefühle'' erweckt und das Genießende ist hier das „Schein-Ich*'.
Wohlgefallen am Schönen ist uninteressiert. Das imposant Schöne ist das
Erhabene. Die Lösung dos tragischen Konfliktes bestellt in der Abkehr des
Willens vom Einzeldasein.
Die Religion ist eine Beziehung des Menschen auf Gott. Vorstellung,
Gefühl und Wille sind an der Religion beteiligt. Alle wahre (Geistes-) Religion
beruht auf dem Gefühl des Erlösungsbedürfnisses, auf dem Verlangen nach Er-
lösung vom Übel, auf Erhebung von den egoistischen Zwecken des phänomenalen
Individuums zu den universalen Zwecken des ihm subsistierenden Absoluten.
Der Theismus ist abzulehnen, Gott ist unpersönlicher Geist ohne Gegensatz,
daher auch ohne Bewußtsein ; die Welt ist die Entfaltung Gottes. Eine
individuelle Unsterblichkeit ist nicht anzunehmen.
Anhänger v. H.s sind M. Schneidewin, L. Ziegler, A. Drews,
A. Tauber t. Venetianer u. a.
Schriften : Über die dialektische Methode, 18G8; 2. A. 1910. — Philosophie des Un-
bewußten, 1869; 11. A. 1904. — Das Ding an sich und seine Beschaffenheit, 1871. — Ge-
sammelte philos. Abhandlungen zur Philos. des Unbewußten, 1872. — Das Unbewußte vom
Standpunkt der Physiologie u. Deszendenztheorie, 1872 ; 2. A. 1877. — Die Selbstzersetzung des
Christentums u. die Religion der Zukunft, 1874. — Wahrheit und Irrtum im Darwinismus,
1875 — Kritische Grundlegung des transzendentalen Realismus, 1875; 3. A. 1886. — Ge-
sammelte Studien und Aufsätze, 1876; 3. A. 1888. — Phänomenologie des sittlichen
Bewußtseins, 1879; 2. A. 1886 (Das sittliche Bewußtsein). — Zur Geschichte und Be-
gründung des Pessimismus, 1880; 2. A. 1891. — Die Krisis des Christentums, 1880,
1888. — Religionsphilosophio, 1881—82 (Bd. II: Die Eoligion des Geistes; 3. A. 1907).
— Philosophische Fragen der Gegenwart, 1885. — Der Spiritismus, 1885; 2. A. 1898.
— Das Judentum, 1885. — Moderne Probleme, 1886. — Ästhetik, 1886 — 87 (II: Philo-
sophie des Schönen). — Lotzes Philosophie, 1888. — Kritische Wanderungen durch die
-ophie der Gegenwart, 1889. — Das Grundproblem der Erkenntnistheorie, 1889.
— Kants Erkenntnistheorie und Metaphysik, 1893. — Die sozialen Kernfragen, 1894.
— Katcgorienlehre, 1896. — Schellings philosophisches System, 1897. — Ethische
Studien. 1898. — Geschichte der Metaphysik, 1899 — 1900. — Die moderne Psychologie,
1901. — Die Weltanschauung der modernen Physik, 1902; 2. A 1909. — Das Christentum
des neuen Testaments, 1905. — Das Problem des Lebens, 1906. — System der Philosophie
randriß, 1907 ff.: Giundriß der Erkenntnielehre, der Naturphilos., der Psychol., der
Metaplns., der Axiologie, der ethischen Prinzipicnlehre u. a. — Zum Begriff des Unbe-
wußten, Arch. f. system. Philos., 1900. — Der Wertbegriff und der Lustwert, Zeitschr.
philosoph. Kritik, 1895. — Neukantianismus, Schopenhauerianismus
Inismas, '.',. A 1910, u. a. — Vgl. O. PLUMACHEE, Der Kampf ums ün-
l(. KÖBER, Das philos. System E. v. H.s, 1884. — A. DKEWS,
II i u, 1902; 2. A. 1906. — Th. KAPPSTEIN, E. v. II, 1907. —
E II., 1903 Fromraani Klassiker d. Philos.).
H.-irtiiiiiiiii. Franz. = Theosophischer Standpunkt. — Schriften: My-
lagiscfl wirkende Kräfte, 1902. — Die weiße und die schwarze
Was ist Theopophie? 1903, u. a.
Harteen, i \. geb 1838, = Die Philosophie basierl nach II. auf der
im-, dehnt, aber nicht materiell.
Hak ihn — Hegel.
Schriften: Grundlegung von Ästhotik, Moral und Erziehung, 1869. — Grund.
der Wissenschaft des Glücks, 1869. — Untersuchungen über Psychologie, 1869. —
Untersuchungen über Logik, 18C9. — (irundzüge der Logik, 1873. — Grundzüge der
Psychologie, 1874 ; 2. Ä. 1877. — Grundriß der Philosophie, 1875. — Vermischte
-che Abhandlungen, 1876. — Die Philosophie al* Wissenschaft, 1876, u. a.
Hauptmann. Carl. geb. ls~>b, lebt in Schreiberhau. = Ähnliche An-
schauungen betrefni <I<.t Unterscheidung (!••> Physiologischen and Psychischen
irie bei Avenarius.
Schriften: Die Metaphysik in der modernen Physiologie, 1893.
IlaillTail. Baitholom., 1812—1896. — Schriften: De la philofc ;
s<olastique, 1850 — Histoire de la philosophie scolastique, 1872 — 80. — Notices et
i-xtraits de quelques manuscrits latins de la bibliothöque nationale, 1800 — 93 (Quellen-
■\vrrki, u. a.
Havenronler. Joh. Ludwig, gest. 1548 in Straßburg, Prof. daselbst,
spater als Arzt tatig 1618. = Aristoteliker.
Schriften: Kommentare zu An-
llaym. Rudolf, geb. 1821 in Grünberg L SchL, Prof. In Ball
1901 in St. Anton (Tirol ,
■ : I ruerbaeh u. die Philosophie, 1847. — Hegel u. seine Zeit, 1S57 —
- hopenhaner, l s r, 4 . — I > i . - romaatieehe Schale, 1870: 2. A. 1906, u. a.
Hehler« ( arl, geb. 1821 in Bern, Beil L863 Prof. daselbst, gestl888in Bern.
9 i. ritt eii : Elemente eiripr peyeho heiheitalehre, 1887 l'\
nninismu). — Philos. AulViit/e, 1869.
Hebraen» b. Leo EL
ll<*rioiiik<*r b. Kyrenaiker.
Ilo^el. Georg Friedrich Wilhelm, geb. 27, August 177<> in Stuttgart,
studierte in Tübingen Theologie und Philosophie, war erst Hauslehrer in
Bern, dann in Frankfurt a. M.. habilitierte sich ls"l in Jena, wo er Mit -
herausgeber des „Kritischen Journal der Philosophie'* irnrde und «in«' außer-
ordentliche Professur erhielt, die er l^1"» aufgab. 1806—1808 ararer Redakteur
der „Bamberger Zeitung*', lvi^ 1 — ^ I * "> Direktor des AgidiengyronasiumB in Nurn-
_. 1816—1818 Prof. in Heidelberg, von da an Prof. in Berlin, wo er <-in.'
außerordentliche Zahl von Hörern hatte und als „preußischer Staatsphilosoph"
galt. Er starb an der Cholera am 14. November 1831 in Berlin.
II. ist <1< i bedeutendste Philosoph des 19. Jahrhunderts. Schwerfällig
und in seiner Ausdrucks? ft dunkel, beweist -r doch eine gewall
logisch-spekulative Kraft, mil der er den Erfahrungsinhall aur Einheit einei
- ib-s ;i h~.ll n 1 1 - 1 1 I (1 ra I ismui eh verarbeiten sucht Von Heraklit,
Plato, Aristoteles, dem Neuplatoniamus, Spinoza, Leibnia, Herder, Kant. Fichte
und Schelling beeinflußt, i-t er der Begründer einer neuen Weltanschauung
nnd Methodik geworden, des Panlogismus, der ruh piner lo^iwhei
lektischen") Denkbewegung den Brkenntnisinhalt ableitet und bejrreiflich macht
and zugleich in der Welt »elbst die Entfaltung einet Denk«
erblickt Allen S< iendc i-i M ktive
Hegel.
heinung) einer absoluten Wirklichkeit, welche Idee, Vernunft, Denken ist
and Bich in der Natur wie im Bewußtsein entfaltet. Aus seiner abstraktesten,
allgemeinsten Form entwickelt sieh (logisch, nicht zeitlich) das Absolute (das
Weltsubjekt) bis zur Stufe des selbstbewußten, sein Wesen erfassenden absoluten
- 5, Im philosophischen Erkennen wiederholt sich der Weltprozeß und so
wird durch die Spekulation der Vernunft (das absolute Wissen) der Subjekti-
vismus und Relativismus des nur auf endliche, „unwahre" Seinsbestimmungen
hüten abstrakten Standpunktes der Reflexion, des Verstandes (vgl. Ja-
cobi, Schelling) überwunden und auch der Kritizismus Kants nur als Durch-
gangsphase anerkannt. Das Vertrauen zur konstruktiv -deduktiven Macht
- spekulativen Denkens erscheint bei H. in seiner höchsten Potenz, wenn
Tl. auch den nicht zu überwindenden irrationalen Eest in der Natur an-
erkennt.
Die Philosophie ist formal „denkende Betrachtung der Gegenstände",
material ..Wissenschaft des Absoluten", als die sich denkende Idee, die
ade Wahrheit. Das Seiende zu begreifen ist die Aufgabe der Philosophie.
Sic ist ..zeitloses Begreifen, auch der Zeit und aller Dinge überhaupt, nach
ihrer ewigen Bestimmung", sie will erkennen, „was unveränderlich, ewig, an
und für sich ist", sie will den Gedanken, den Begriff mit der Wirklichkeit
hnen. Sie zerfällt in Logik, Natur- und Geistesphilosophie, in-
dem sie zuerst die Idee, das Logische an sich (als reines Denken, als Idealität,
als System der Kategorien), dann die entäußerte, objektivierte Idee, d. h. die
Natur, endlich die Idee in ihrem Beisichsein, ihrem An und für sich als Geist
betrachtet Die Identität von Denken und Sein, Natur und Geist, darf nicht
wie bei Schelling „aus der Pistole geschossen" sein, sondern muß deduziert
werden. Das Vernünftige muß als wirklich, das Wirkliche als vernünftig dar-
getan werden, wobei nicht alles Zufällige oder Vorübergehende als „wirklich"
(im vollsten Sinne) zu gelten hat, so daß es natürlich in der Erfahrung auch
Unvernünftiges gibt, das zu überwinden ist.
Die Methode der H.schen Philosophie ist die dialektische als Gegen-
stück zur objektiven Dialektik des Weltprozesses, der im philosophischen
Denken zum Bewußtsein seiner selbst gelangt; denn das Sein selbst ist Denken,
Denkentwicklung. Der „Widerspruch" (Gegensatz) ist die Triebkraft dieser
Denkbewegung, die im Dreischritt von Thesis, Antithesis, Synthesis (vgl.
Fichte, ferner Kants Antinomien, Jleraklit) erfolgt und zur „Aufhebung" des
0 einem höheren Begriff führt, der wieder seinen Gegensatz hat usw.
1 zunächst „an sich", in der Unmittelbarkeit der Potenz zu einem
ideren Bein (wie /.. B. der Keim zu einer Pflanze), dann „für sich", als Ein-
BChliefllicfa „an und für sich/' als Konkret-Allgemeines, als Einheit in
Mannigfaltigkeit Beiner Bestimmungen, als objektiver „Begriff", der zu-
hält, das Wesen des Ding.- bildet. Indem das philosophische
Belbstentfaltung der Idee zum Gegenstande hat, macht es den
■lb-t zum Objekt; das System des Denkens erzeugt so aus
Erfahrung, der Panlogismus wird zu einem „Panempirismus"
lektische Denken i-t ein „Totalitätsdenken" (M. Adler), in der
Hegel.
die Tatsachen selbst zum Ausdruck kommen Bollen. I» tai I »rn k»-n
„als die -i'-li entwickelnde Totalitat Beinef eigentümlichen Bestimmungen und
I U setze, die es sich Belhet gibt". Die Dialektik entsteht dadurch, daß das
Denken „sich in Widerspruche verwickelt. »I. i. sieh in die feste Nichtidentität
der Gedanken verliert, somit sich selbst nicht erreicht, vielm.hr in Beinern
_. iit.il befangen bleibt". AU Verstand muß das Denken in da- Negative
seiner selbst, in den Widerspruch geraten". I>ic K ien des Verstandes
sind als -<»lche beschränkt.' Bedingungen, Formen des Bedingten, abstrakt,
unwahr. I >a- dialektische Moment ist nun ..das e;_ 3ichaufheben solcher
endlicher Bestimmungen und ihr I - hen in ihre entgi I „Alles
Endliche i-t dies, sich selbst aufzuheben." Durch Negation der Negation
wird der Widerspruch beseitig ;-' /. B. da- Nicht- «li. \ _ Hon des
Sein-, mit dem zu-amnicii <•- im „Werden" aufgehoben wird. Diese Dialektik
i-t .in „Waltenlassen der Bache selbst oder der allgemeinen Vernunft in ans, die
mit dem Wesen der Dinge identisch ist". Das Denken selbst löst seine eigenen
Widersprüche auf. Dem analog ist das Absolute die eine Idee, die als urteilend
sich zum System der bestimmten Ideen besondert, die wieder in die eine |
zurückgehen. Die Idee i-t selbst die Dialektik, eine ewige Schöpfung, ewige
Lebendigkeit, ewigei Geist, ewiges Anschauen ihrer selbst im andern.
Die w . itt der ..reinen Idee", der [dee als solcher i-t die Logik,
die zugleich Erkenntnistheorie und Ontologie (Metaphysik) i-t. da das Bein
selb* rift i-t. sie enthalt d.n „Gedanken, insofern er ebensosehr die
8 he an -i.h selbst ist", sie 1-1 die Wissenschaft der [dee im abstrakten
Element Denkens, die Wissenschaft vom I. _ - ron der Vernunft als
-..Icher. \..n d.r Wahrheit an -i.h. die „Darstellung Gottes, wie er in seinem
ewigen Wesen, vor <\>v Erschaffung d.r Natur und eines endlichen I
igt", die „Wissenschaft d.r Dinge in Gedanken gefaßt". Sie zerfallt in die
Lehre rom Sein (vom Gedanken in seiner Unmittelbarkeit), die Lehre vom
W« " Gedanken in Beiner Reflexion) und die Lehre vom Begriff und
der Id.-.- .vom Gedanken in Beinern Beisichsein). Oder (in der „Enzyklopädie
in die „objektive" nnd die „subjektive" Logik. D spekulativ« Logik,
welch.- Form nnd Inhalt des Denkens nicht isoliert, -teilt die innerliche und
apriorische Notwendigkeit d.r Gedanken und damit auch der Bachen dar.
I - wird von II. betont, der Inhalt d.r Philosophie Bei kein anderer al- ..der
im Gebiete des lebendigen GK -••- ursprünglich hervorgebrachte nnd sich her-
rorbringende, zur Welt, äußeren und inneren Welt des Bewußtseins Im
halt", die Wirklichkeit im Unterschiede Ton der Erscheinung, d. h. dem,
was „vorübergehend und bedeutungslos" i-t. Die Übereinstimmung mit dei
Wirklichk.it nnd Erfahrung i-t notwendig trotz all.- Apriorismus und Ratio-
nalismus. 1 »i- spekulative Logik anerkennt den Inhalt der Erfahrung und
der W haft, aber Bie bildet sie mit weiteren K
und um. Das Aufnehmen des ron d.n Wissenschaften verarl* Inhalt-
durch die Philosophie i-t zugleich ein „Entwickeln l1 -i.h
selbst", wodurch »li.- Philosophie diesem Inhalt.- di< 1 des Api
und die Bewährung di 1 Nbtv \ > \\
Hegel,
der Idee st System, „weil das Wahre als konkret nur als sich in sich ent-
faltend und in Einheit zusammennehmend und haltend, d. i. als Totalität
ist4". Die Idee ist ..das Denken nicht als formales, sondern als die sich ent-
wickelnde Totalität seiner eigentümlichen Bestimmungen und Gesetze, die es
weh seihst gibt, nicht schon hat und in sich vorfindet". Das Denken als
Tätigkeil ist das „tätige Allgemeine", dessen Tat eben das Allgemeine ist; es
ist von der Vorstellung scharf zu unterscheiden. Das Allgemeine als Produkt
der Denktätigkeit ist die Sache, das Wesentliche, das Wahre. Nach der Sub-
jektivität ist das Denken das Erzeugnis des Geistes als denkendes Subjekt,
ein Akt der Freiheit. Insofern die Gedanken Ausdruck der Sachen sind, sind
<ie ..objektive (Tedanken". „Daß Verstand, Vernunft in der Welt ist, sagt
Ibe, was der Ausdruck: objektiver Gedanke enthält." Der objektive Ge-
danke bezeichnet die Wahrheit, welche „absolut an und für sich ist". Der
Empirismus ist insoweit berechtigt, als das, was wahr ist, „in der Wirklichkeit
Bein und für die Wahrnehmung da sein muß". Der Kritizismus betont mit
Recht, daß es die Kategorien sind, wodurch die bloße Wahrnehmung zur
Objektivität, zur Erfahrung erhoben wird. Aber wie sie der Verstand festhält,
sind die Kategorien „beschränkte Bestimmungen, Formen des Bedingten, Ab-
hängig n. Vermittelten". Die Einseitigkeit und Beschränktheit der Verstandes-
bestimmnngen wird nun durch die Dialektik überwunden und die Kategorien
werden jetzt zu Momenten der Denkentwicklung und damit zu Formen des
Weltinhalts selbst.
Vom reinen Sein geht das Denken aus, weil jenes sowohl reiner Gedanke
als das unbestimmte einfache Unmittelbare ist. Das Sein schlägt als die reine
aktion, als das absolut Negative (Inhaltslose) in das Nichts um. Dieses
i-t dasselbe wie das Sein und die Wahrheit beider; deren Einheit ist das
W. rden, die „Unruhe in sich". Das Sein ist das Übergehen in nichts und
- x das Übergehen ins Sein, das Werden das Resultat von Sein und
Nichts. Alles Sein ist Werden, Prozeß. Aus dem Sein geht das Dasein
hervor, da- bestimmte Sein, welches seine Qualität hat, deren Sein als
solches Ansichsein ist. Etwas wird ein Anderes, dieses ist selbst wieder ein
Etwas, das ein Anderes wird, und so fort; dies ergibt die („schlechte", „nega-
ünendlichkeit als bloße Negation des Endlichen, als Progreß ins
etliche. Indem das Etwas in seinem Übergehen in Anderes nur mit sieh
leibet zosammengeht, entsteht die wahre Unendlichkeit und das Dasein
wird Pfirsichsein. Die Wahrheit des Endlichen ist seine Idealität, denn
b • und Wirkliehe ;in ihm ist das Unendliche (Absolute). Das auf-
gehobene Fürsichsein i-t di»- Quantität als reine Quantität, Quantum, Grad.
qualitative Quantum ist das Maß. Das Sein, welches aus seiner Cn-
• rkeit zu sieh zurückgekehrt, mit sich selbst vermittelt ist, ist das
Bein ak Scheinen in sieh selbst". Als Beziehung auf sich
Identität mit rieh, al- Abstehen -einer von sich selbst ist es Unter-
it heider i~t der Grund Aus ihm geht die Existenz her-
ide ist da- Ding mit Eigenschaften; es zerfällt in Materie
elbst aufhebend ist die Existenz Erscheinung.
Hegel.
Das Wesen muß erscheineD, das entwickelte Scheinen i-t die Erscheine
I1 - Wesen ist nicht hinter oder jenseits der Erscheinung. DL Form ist dss
„Gesetz der Erscheinung", rie Bchlägt in Inhalt am und dieser in Form. S
ergibt sich das Verhältnis. Das unmittelbare Verhältnis ist das des
Ganzen zu den Teilen. Das mit Bich identische Ganze ist die Kraft, deren
Äußerung sie selbst zum Ausdruck bringt; das Auflere ist derselbe Inhalt «rie
das Innere. Die Identität beider ist die Wirklichkeit, die „unmittelbar
ordene Einheit den Wesens und der Existenz". Hierher gehört das Sub-
Btantialitätsvi xhältnis. Die Bubstam ist die „Totalität der Akzidenzen, in
denen sie sich als deren absolute Negativität, d. i. als absolute Macht
und zugleich als den Reichtum alles Inhalts offenbart--. I>ie Bub-
-tantialität ist die „absolute Formtätigkeit". Die Bubstanz ist Ursache als
die nrsprüngliche Bache und als die Wirkung Betzend. Dieses Gesetztsein ist
die Reflexion der UrBache in sich seihst, daher i-t die Ursache an und für
sich „causa sui". Die Reihe der UrBachen und Wirkungen geht ins Unend-
liche. Dieser Prozeß ist in der Wechselwirkung aufgehoben, zu einem in
Bich geschlossenen Verhältnis umgebogen. Die Wahrheit der Bubstanz ist der
Begrifi als die Wahrheit des Seins und des Wesens; das Bein ist nur ein
Moment des Begriffs. — l><r Übergang v ler Notwendigkeit zur Freiheit
ist dam «n und damit die „subjektive" Logik. Der Begrifi ist „das
Freie als die für sich seiende substantielle Macht und ist Totalität". Das
1 [gehen des Begriffes ist nicht mehr Übergehen, noch Scheinen in Audi'
sondern (logische) „Entwicklung". Der Begriff tritt aui als subjektiver oder
formeller Begriff, als „Objektivität", als „Idee" Subjekt - Objekt). Der B
griff ist das „schlechthin Konkrete"; Allgemeinheit, Besonderheit, Einzelheit
sind in ihm rereinigt Das Bestimmen des Begriffes ist das Urteil, d. h.
der „Begrifi in seiner Besonderheit, als onterscheidende Beziehung Beiner
Momente". „Alle Dinge Bind ein Urteil, d. h. sie sind ein/ein.-, welche
eine Allgemeinheit «>der innere Natur in sich sind, oder ein All_
meine-, das vereinzelt ist Die Einheit des Begriffe und des Urteils ist
der Schluß. Er ist das Vernünftige: Alles ist ein Schluß, alles wird mit
sich selbst maPmmmgm«\flQ4wm, Diese Realisierung des Begriffs, in welcher
da- Allgemeine diese eine in sich zurücl ene Totalität ist ist das Ob-
jekt Dieses tritt aui all Mechanismus, Chemismus, Teleologie. l
/weck ist der „in freie Existenz getretene, für-sich-seiende Begrifi
vermittelst der N< gation der unmittelbaren Objektivität". Di< Zweck-
mäßigkeil ist eine innere. Der erreichte Zweck wird Mittel für andere
Zwecke. Im Zweck vermittelt sich der Begriff mit sich selbst - Es wird so
die an sich seiende Einheit des Subjektiven und Objektiven als für sich seiend
. t/t : die Idee, Diese ist di< lute Einheit des Begi Eis und der Ob-
jektivität". D lute im die Id. ,•. Alles Wirklich.-, sofern es <iu Wall
ist, i-t di.- Idee und hat seine Wahrheit nur durch die« Das etnceli
im irgend eine Beate der Id...- Das absolute i-t all [det nicht bloß die
allgemeine Substanz, sondern als entwickelte wahrhafte Wirklichkeil B • kt.
i Ist. In.- Id.-.- im di.- Vernunft, da- Subjekt-» Einheit
II Kl i EL.
Ideellen und Reellen, des E ml liehen und Unendlichen, der Seele und des
! gj sie ist ewige Schöpfung, welche dies alles in sieh unterscheidet, sie ist
ilich ..Prozeß". Die unmittelbare Idee ist das Leben. Der Begriff ist
Seele in einem Leibe realisiert. Der Tod der nur unmittelbaren einzelnen
Lebendigkeil ist das Hervorgehen des Geistes. Die Idee tritt ferner als das
Erkennen auf. als theoretisches Erkennen und als Wollen, als Trieb, sich zu
realisieren. Die absolute Idee ist die Einheit der subjektiven und der ob-
jektiven Idee, der Begriff der Idee, dem die Idee als solche der Gegenstand
ist, die sieh selbst denkende Idee. Als Form ist sie die Methode ihres Inhalts.
Die Wissenschaft ist die reine Idee, für welche die Idee ist. — Die an-
schauende Idee ist Natur. „Als Anschauen aber ist die Idee in einseitiger
Bestimmung der Unmittelbarkeit oder Negation durch äußerliche Eeflexion
/t."
S ■ kommen wir zur Naturphilosophie, zur denkenden, begreifenden
Betrachtung der Natur. Die Philosophie muß mit der Naturerfahrung über-
einstimmen, ohne in bezug auf die Notwendigkeit ihres Inhalts sich auf die
Erfahrung zu berufen. Sie betrachtet diesen Inhalt „in seiner eigenen imma-
nenten Notwendigkeit nach der Selbstbestimmung des Begriffs''. Die Natur-
philosophie betrachtet, „wie die Natur an ihr selbst dieser Prozeß ist, zum
zu werden, ihr Anderssein aufzuheben". Sie ist die „Wissenschaft der
in ihrem Anderssein". Die Natur ist das „Aus-sich-heraustreten der
. daher zeigt sie in ihrem Dasein keine Freiheit, sondern Notwendigkeit
und Zufälligkeit. An sich, in der Idee, ist sie göttlich, aber wie sie ist, ent-
spricht ihr Sein ihrem Begriffe nicht, sie ist der „unaufgelöste Widerspruch",
eine Art Abfall der Idee von sich selbst. „Die Natur ist der sich entfremdete
der darin nur ausgelassen ist." „Von der Idee entfremdet ist die
Natur nur der Leichnam des Verstandes." Die Natur ist ein „System von
r\ „deren eine aus der andern notwendig hervorgeht . . . ., aber nicht
-". dal'» die ein* aus dci andern natürlich erzeugt würde, sondern in der
inneren, den Grund der Natur ausmachenden Idee". Also kein eigentlicher
lutionismus in der Natur, denn die „Metamorphose" kommt nur dem
Iffe 'und Geiste) zu, dessen Veränderung allein „Entwicklung" ist. Es
hl eine „Ohnmacht der Natur, den Begriff in seiner Ausführung festzu-
halten". Die Natur i-t an sich ein „lebendiges Ganzes". Ihre Bewegung ist
dal; die [dee Bich als das setze, Avas sie an sich ist (Potentialität-
Aktualität) oder .dal'» -i<- aus ihrer Unmittelbarkeit und Äußerlichkeit, welche
Tod ist, in sich gehe, um zunächst als Lebendiges zu sein, aber
ich diese Bestimmtheit, in welcher sie nur Leben ist, aufhebe und
E lenz d< hervorbringe, der die Wahrheit und der End-
v Mir und dir- wahre Wirklichkeil der Idee ist". Die Naturphilo-
Mechanik, Physik und Organik.
gehört die Betrachtung v?>n Raum und Zeit. Der Baum
Allgemeinheil des Außersichseins der Natur, das „ganz
hi<' Zeil i-i die „negative Einheil des Außersich-
Etanm, Am „antre ehaute Werden". Kaum und
FTegel. 241
Zeit Bind AnschauungBformen. Nur das Natürliche ist der Zeit unterworfen,
der Begrifl Geist) hingegen ist überzeitlich, ist die „Macht dei / •■•. der
Geist ißt ewig. Die Zeit ist ein Produkt des Weltpro» nicht d<
Faktor. I >i- Zeil selbst ist das Werden, das „seiende Abstrahieren". Sic i«t
der „aufgehobene Raum". Das Vergehen and Bichwiedererzeugei] des Raums
in Zeit und der Zeil in Kaum ist die Bewegung. Die unmittelbar identisch
ende Einheit von Kaum und Zeit ist die Materie. J>i- Bubstanz der
Materie ist die Schwere. Dir Einzelheiten der Mechanik und Physik über-
gehen wir hier. Der unendliche, sich Belbsi anfachende und unterhaltende
fi ist der Organismus, ah geologischer, vegetabilischer und anima-
lischer Organismus. In letzterem erhall sich <li<- selbstische Einheit. Das
Lebendige ist nur. indem es sich zu dem macht, «ras es ist: es ist „voraus-
gehender Zweck, der selbst nur das Resultat ist". Die auf bewußtlose Weise
wirkende- Zwecktätigkeit ist der Lnstinkt Die Natur bildet die Organismen
an die Umwelt an, schmiegt rie dieser an. Die Qriangemessenheil i
da zur Allgerneinheil ist der angeborene Keim des Todes. Durch diesen
wird die (Jnangemessenheil hoben, das letzte Auftofaichsetn der Natur
fallt weg, der in ihr nur an sich seiend« Begriff ist für sich geworden. Aus
dem „Tode des Natürlichen" geht so der Geist hervor als die Wahrheit,
das Ziel v- tur, das „Bei-sich-selbst-eein'1 der Edee, die ..unendliche Sub-
jektivität" derselben.
Die Philosophie des Geistes ist die Wissenschaft der Edee, die aus
ihrem Anderssein in Bich zurückkehrt Sehen in der „PhanomenoL
wird * 1 i « - Entwicklung des G on seiner niedrigsten bis zu seiner höchsten
Bewufltseins8tufe und die Notwendigkeit seines Portgangs bis nun absoluten
Standpunkt dargestellt Diese Phänomenologie bildet auch einen Teil der
tesphilosophie (in der „Enzyklopädie"). !»• G eschichts-
philosophie ist die Bauptleistung Begels. Der Geist, der an Bich das Prius
der Natur ist, macht >'\>-h Belbst zu dem. iras er ist 6 I tigkeit i>t
„Hinausgehen über die Unmittelbarkeit, da- Negieren derselben und Rückkehr
in sich". Das Wesen des i - ist die Freiheit, Beine Bestimmtheit die
Manifestation. I l. subjektiver Geist (in der Form de
Eiehung aui Bich selbst . 2. objektiver Geist i..in der Form der Realität aU
einer von ihn rzubringenden und hervorgebrachten Weh . ., in welcher
die Freiheit als rorhandene Notwendigkeit ist"), '■'>. absolut in an
und für - ender und ewig sich hervorbringender Einheit da tivitüt
l ner Identität oder seines Begriffs . . da i
inten Wahrheit Die rerschiedenen Stuten d< i it sind
fen seiner Befreiung, Beines zu sich -- I omens.
D ■: subjekt Geist Ist a) an sich oder unmittelbar als -
Natui Vnthrop b) für sich und vermittelt als Bewußtsein (PI
•i der in sich bestimmend i - ir sich P
D y ele ist die „allg< meine I mm x
Faches ideelles Lebei i | 1 1 i« -
nd< w ihili' it der M • . In d< - i>t der i
Hegel.
meine planetariscbe Lohen mit. Die Empfindung ist „die Form
lumpfen Webena des Geistes in seiner bewußt- und verstandlosen Indivi-
dualität, in der alle Bestimmtheit noch unmittelbar ist". Das Gedächtnis
ist der „Mechanismus der Intelligenz", die Gewohnheit der „Mechanismus des
Selbstgefühls" (Mechanisierung). Seele und Leib sind an sich identisch.
I>ic Seele ist in ihrer Leiblichkeit als einzelnes Subjekt für sich und die Leib-
lichkeit ist die Äußerlichkeit, das Zeichen der Seele. Das Fürsichsem der
freien Allgemeinheit ist das Erwachen der Seele zum Ich und zum Bewußt-
sein. „Ich" ist die unendliche Beziehung des Geistes auf sich, aber als sub-
jektive, als Gewißheit seiner selbst. Der Geist ist als das Ich Wesen, als
Bewußtsein aber nur das Erscheinen des Geistes (daher die „Phänomenologie''
des Geistes). Die Stufen des Bewußtseins sind: Bewußtsein überhaupt, Selbst-
bewußtsein, Vernunft (Einheit beider). Das sinnliche Bewußtsein ist das
reichste an Inhalt, das ärmste an Gedanken; dann folgen das Wahrnehmen
und der Verstand. In Wirklichkeit ist alles Bewußtsein eines anderen Gegen-
Btandes zugleich Selbstbewußtsein. Dieses tritt auf als Begierde, anerken-
Dendes Selbstbewußtsein, allgemeines Selbstbewußtsein. Die Vernunft ist
die Identität der Subjektivität und Objektivität, des allgemeinen Objekts und
.reinen Ich" (der „reinen Form"). Die „wissende Wahrheit" ist. der
Geist (im engeren Sinne), dessen Fortschreiten Entwicklung ist; Ziel des
(ieistes ist, die objektive Erfüllung und damit die Freiheit seines Wissens
hervorzubringen. Der Begriff selbst ist der Endzweck. Der Geist ist theo-
retischer, praktischer und freier Geist. Der theoretische Geist ist
die Intelligenz, das Wissen, Erkennen. Kein Wille ohne Intelligenz, keine
Intelligenz ohne Willen. Das Erkennen tritt auf als Anschauung, Vorstellung
(„erinnerte Anschauung"), Denken. Der praktische Geist, die Intelligenz
-i<h wissend als das Bestimmende des Inhalts, ist Wille, als welcher der
in Wirklichkeit tritt. Die wahre Freiheit des (denkenden) Willens
lai; er einen allgemeinen Inhalt zu seinen Zwecken hat. Der Wille tritt
aal als praktisches Gefühl, Trieb und Willkür und wird endlich zum freien
freien Willen), zum Geist, „der sich als frei weiß und sich als diesen
-•inen Gegenstand will, d. i. sein Wesen zur Bestimmung und zum Zwecke
I dies <ler „vernünftige Wille". Die Idee erscheint hier im end-
lichen Willen, der die Tätigkeit ist, sie zu entwickeln und ihren sich ent-
faltenden Inhalt zu verwirklichen — als objektiver Geist.
Im objektiven Geiste erhalt die Freiheit, zur Wirklichkeit einer Welt
Itet, die Form der Notwendigkeit und Macht. Recht, Moralität,
lichkeil sind die Formen des objektiven Geistes. Das Recht ist das
•in der Freiheit im Äußerlichen"; es hat nur in der Gesellschaft seine
lichkeit, i-t die Verwirklichung der Freiheit in der Gesellschaft. Das
Leu i-t die Negation des Rechts, die Strafe die Negation dieser Negation
Recht des Verbrechers". Die Moralität ist die subjektive
Gesinnung, de- Charakters usw. Das (inte ist dev
neu Willens; a ist der ;d>solute Endzweck der Welt, die
Das ( D ist der Wille des (Juten. Die Sittlich-
Segel.
keif i-t das objektivierte Gute, der objektiu rnünftige Will«-. D
Gesetze der Sittlichkeit sind das Vernünftige selbst D Sittlichkeit i-t „die
Idee der Freiheit, als das lebendige Gute". Die frei sich wissend« 3 mz.
in welcher das absolute Sollen ebensosehr Bein ist, hat als Geisl eines Volkes
Wirklichkeit, der sich in Personen vereinzelt. I >i- Bittlichkeil i-t „der Lr<»ttli< -i i
als inwohnend dem Selbstbewußtsein in dessen wirklich« I wart als eines
Volkes and «ler Individuen derselben". In sozialen und staatlichen Gebilden
ist also nach Hjb ethischem „Uiuversalismus" die Sittlichkeit verkörpert; der
Einzelne ist dem Ganzen untergeordnet. Die „sittliche Substanz" tritt aul als
Familie, als bürgerliche Gesellschaft und als Staatsverfassung d. h. als ..der
zu einer organischen Wirklichkeil entwickelte Geist"). Der Staat i.-t die
„selbstbewußte sittliche Substanz", ..der •/ernünfl ttliche Wille, der sieb
so organisiert hat". Er i-t eine Persönlichkeit, ein Individuum. Die i
-preehen die ,JnhaltB-Bestimmungen der objektiven Freiheit-- ans. Die Ver-
i i-t die „existierende Gerechtigkeit"; Bie ist ein Produkt des Volks«
b and dessen Geschichte, aichts »Künstliches. — Der Voll geht in
die allgemeine Weltgeschichte aber, deren Begebenheiten die ..Dialektik
der besonderen Volksgeister, das Weltgericht" darstellt. 1 tte Geschichte ist
..der Weg rar Befreiung der geistigen Substanz, die Tat. wodurch der absolute
Endzweck <\<-v Welt sich in ihr rollfuhrt, der nur erst an sich seiende Geist
h zum Bewußtsein und Selbstbewußtsein und damit zur Offenbarung und
Wirklichkeit seines an und Ihr -ich seienden Wesens bringt und sich auch
zum äußerlich allgemeinen, zum Weltgeist, wird". Die ein/einen .Momente
und Stuten der historischen Entwicklung Bind die Völkergeister, deren jeder
seine gana besondere Leistung hat, so daß Vernunft in d hichte herrscht.
Der Zweck jedes Volkes liegt in -einer Staatlichkeit. Das Selbstbewußtsein
eines besonderen Volkes isl Träger der jedesmaligen Entwicklungsstufe des all-
:< inen G Die Wehgeschichte i-t der „vernünftige, ootwendige Gang
des Weltgeistes", sie i-t der „Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit". I -
i-t die „List der Vernunft", die Interessen and Leidenschaften der Individuen
tür ihre /wecke arbeiten, den Willen des Weltgeistes erfüllen zu lassen, den
Muden da „Heroen" realisieren. Die erste Stufe d< ( hichte i-t das
Versenktsein des Geistes in die Natürlichkeit", die zweite das „Heraustreten
selben in das Bewußtsein -einer Freiheit1*, die dritte das „Selbstbewußtsein
und Selbstgefühl des Wesens der i :eit". Bei den Orientalen ist eil
l»'-i den liliechen mehrere frei, bei den Germanen (im Christentum) ist der
M - h als Mensch, die ganze M> aschheil frei.
Dei absolute Geisl ist der sieb als solchen wissend« Geist, d< i l in
-einer absoluten Wahrheit. al- an und tnr -i< h seiende und Bicb ewig hefl
bringende Einheil der Objektivität - und -einer Ideal aea
Begriffs, [n der Kunst, Religion and Philosophie stellt h aut
schiedene w der Anschauung, in der Vorstellung, im Denken dar.
Die \-thetik igt „Philosophie der Kunst" Da aTunsi ist die »innli<
Vorstellung des Absoluten und tritt al- klu -ymlmlischi intiwhc
Knii-t auf. Kur al- den Geisl bedeutende i'harakteriatiache, sinnvoll« N
1 1 IGEL.
form ist die Wirklichkeit durch die Kunst nachzuahmen. Die Ästhetik H.s
ae spekulativ-idealistische Gehalts-Asthetik. Das Schöne ist das „sinnliche
inen der Idee". Die Gestalt ist hier Zeichen, unmittelbarer Ausdruck der
[dee des Geistigen. In der klassischen Kunst liegt die Vollendung; der Schön-
heit, in der symbolischen die Erhabenheit; hier ist die der Idee angemessene
altling noch nicht gefunden. Die romantische Kunst stellt das Göttliche
als Innigkeit in der Äußerlichkeit dar.
In der Religion ist der Inhalt der Idee als absoluter Geist für den Geist.
Religion ist das ..Wissen des endlichen Geistes von seinem Wesen als ab-
soluter Geist", das ..Selbstbewußtsein Gottes" im Menschen, die vorstellungs-
mafiige (nicht rein begriffliche) Erfassung des absoluten Geistes, der sich im
Bewußtsein des Menschen offenbart. „Gott ist nur Gott, insofern er sich selber
weif): Bein Sichwissen ist ferner sein Selbstbewußtsein im Menschen." Der
Mensch weiß nur von Gott, sofern Gott im Menschen von sich weiß. Die
Stufen der Religion sind: die Naturreligion, die Religion der geistigen Indivi-
dualität, die absolute Religion. Gott ist (analog der christlichen Dreieinigkeit)
ai als in seiner Manifestation bei sich selbst bleibender, ewiger Inhalt, Gedanke
(Gott als Vater), b) als Unterscheidung des ewigen Wesens von seiner Mani-
en in Natur und endlichem Geist (Sohn); c) als unendliche Rückkehr
und Versöhnung der entäußerten Welt mit dem ewigen Wesen. Schöpfung,
Siindcnfall, Erlösung sind ewige Prozesse, welche auf dem Standpunkte der
Vorstellung zu einmaligen Vorgängen werden (Spekulative Dogmendeutung).
Gott i-t nicht eins mit der Welt, sondern die Geisteseinheit, die die Welt ewig
von sich unterscheidet. (Idealistischer Pantheismus im Gegensatze zum natura-
hen „Pantheismus".) Das „ontologische" Argument für das Sein des
sohlten steht in Kraft.
Die Einheit der Kunst und Religion ist die Philosophie, deren Definition
wir oben anführten. Sie ist „die sich denkende Idee", die „wissende Wahrheit",
die „sich wissende Vernunft", die v6t]oig royoecog des Aristoteles. In der Philo-
BOpbie wild das Absolute durch reines, unsinnliches Denken erfaßt; das philo-
-<>])hi-eiw Denken ist geradezu eine Reproduktion der Dialektik des Welt-
prozesses, i" dem sich Gott offenbart, das Absolute zu sich kommt. Die
chichte der Philosophie wiederholt die Phasen des philosophischen
Denkens. I)i*- Aufeinanderfolge der Systeme der Philosophie ist dieselbe wie
die Aufeinanderfolge in der Logischen Ableitung der Begriffsbestimmungen der
Idee. Die letzte Philosophie ist das Resultat aller früheren, die als aufgehobene
Momente in ihr erhalten bleiben; daher ist sie, wenn sie wahrhafte Philosophie
die entfaltetste, reichste und konkreteste. Die Geschichte der Philosophie
schichte dee Sichselbstfindens des Gedankens.
die Hegeische Philosophie lange Zeit eine gewaltige Herrschal'1
eriet sie infolge der Reaktion der naturwissensehalt liehen,
ii. realistischen, materialistischen Tendenzen schon bald nach H.s
und wurde sogar vielfach sehr verachtet, wo/u auch Schopen-
haben. Seit einiger Zeit aber hat sie (in modi-
ind und Amerika eine Erneuerung gefunden and gegen-
Hegel Hegesi ls 245
wältig ist sie auch wieder in Deutschland im Emporkommen, gani lien
vom dem Einflüsse, den sie am4 viele Philosophen schon geübt hat — D
_;m der Begebenen Schnle waren die Jahrbücher für wissenschaftliche
Kritik" (1827—47). Nach BLsTod« ine Spaltung dei Begelschen Schule
in eine „Rechte" (orthodoi-theistiache), gemäßigte und „linke" Junghi gelian«
pantheistische oder geradezu naturalistische «in, deren Organ die „Hallischen
Jahrbücher'' fl waren. Zur „Rechten" \>/.w. zur ...Mut' gehören
Gabler, Göschel, Binrichs, Vatke, Daub, l£arhein< aradi,
K. Rosenkranz,.!. II. Brdmann, G Biedermann, \. K. Biedermann,
K. Fischer, Schaller u. a., zur „Linken" Richter, Rüge, Bruno Bau«
1 >. Fr Straufl, Feuerbach u.a. Von Segel beeinflußt sind C. H. Weisi
Chalybaeua u. a.. auch El v. Bartmann, YVundt, Cohen, Köhler,
Stirling, Böijer, Green, Bradley, Mc I rt, Vera, Ceretti,
ata, Fiorentino, Croce, lionrad, Bolland, Cieszkowski,
B elinskij, Strachow, Gogozkij, Tschitscherin und viele andere
deutsche und ausländische Philosophen (vgl. CFeberweg-Heinze, Grundriß der
Geschichte der Philoßophie IV". L906).
- hrifton: Das Loben Jeeu (17(J5; erschien erst I9u6|. — System der Sittlich-
st 1893). — Differenz des Fiehteschen und Schellingschen Systems der
Philosophie, 1801 (Schellingi Identititalehre wird dem ^sabjekttrea'4 Mealismus als
,,ubsolu*.> gestellt). — Phinomeoologie de« 1807; lir-_r.
von u. Lau . i os. Pihl.j u. Holland L907. Wissenschsft dei I.
1812—16. — Enzyklopädie der phili Ml Wi-- n im Grumli - 1 7 ;
3. A. 1830; 190Ö (Philos. Uibl.j, 1906. — Grundlinien der Philosophie
I t-, 1891 J 1908. — Vermischte Schrillen, 183-1 f. — Die VorlesOHges über die
Nstarphilosophie, über die Philosophie der Geschichte (auch in der l'niv.-Pibl.J, über
die Ästhetik, über die Philosophie der i iau>h 1001 und, hratf- von DlCjWS, 19<
.!•■ dei Philosophie, dio philosophische Propädeutik, die Briefe D. a. linden
Qeeamtsaegabe tos ELe Werken (19 I Vj K. fctOSKNXRe
W l. Hegsle Leben. 1844; B 1870. — I:. IIwm. Begel un.l seiae Zeit. LI
— DlLTHEY, Die Jsgei btc H . 1905. — II. \<>in., 11. i theologische Jogend-
B den Headeehrifteo der kgL Bibliothek ta Perlin, 1907. K. K<>-IIIV
II. , lbTu. - I.. I USD, H., 1883. — I\ Harth, Dio Qee phie 11
Begelii K. FlBCHER, d. Philosophie VUL — \ i.i: \
trodaet ä la philos. de II.. 1865. — Siiki.in«.. The Beeret ol EL, 1898,
in H.-. Philosophie, 1909 — WENDELBAND, D. d.
.i>ni . 1910
ll<'^«"-»ia«» aue Kyrene, <-in Vertreter der Schule der „Kyrenaikei
<br \,,n Aristipp begründeten Lebensanschauunj en Beines Pessimismus
// \o der zum Tode überredeude) genannt. ScineSchrifi 0
!-t oicht erhalten.
Den Bedonismus, d. h. don Standpunkt, daß di<- Lusl da* I!
biegt er dabin am, dafi er die Glückseligkeit für nicht erreichb«
I ...■:• . K ind d< i
1 1 ■■ '.-•■ iel daher, mö nden, schm<
frei EU -'in, iiikI dazu i-t rs iK.twt -mli- . dir Dil I
BEGESIAS — IlKINZK.
Gleichgültigkeit zu behandeln {xov tf aotpov ov% ovzco TtXsovdasiv er zfj t&v
. unrein dte sv zjj t&v y.ay.Cor tpvyjj, teXog xidnieror xo ///) sjrutörcog £,7)v
■■.>,'>•• o dt} TtSQiyiveo&at roTg äöiaepogijoaoi jregi xä jcoirjuxa xfjg rjdovf/^,
Laert. II, 95 f.). Da niemand freiwillig schlecht ist, sollen wir den
schlecht Bändelnden nicht hassen, sondern belehren.
Dioobn. Laert. n, 94 ff., Rambach, h., 1771.
II eiber;;. Joh. Ludwig, 1701 — 1860, Kopenhagen. Er schrieb (dänisch)
über die Freiheil (1824), über den Zufall (1825) u. a. und war Hegelianer.
Heim, Karl. geb. 1874 in Frauenzimmer, Privatdozent in Halle a. S. =
H. vertritt einen erkenntnistheoretischen Idealismus, nach welchem alles als
Bewußtseinsinhalt gegeben ist, auch die Mehrzahl fremder (empirischer) Ichs.
Ich ist in jedem Falle eine „zusammengefaßte Erlebnisweise". Die Unter-
scheidung gehört zum Wesen des Bewußtseins und Denkens. Raum, Zeit und
Kategorien sind Formen von Bewußtseinsinhalten.
Schriften: Psychologismus oder Antipsychologismus, 1902. — Das Weltbild der
Zukunft, 1904 (Energetismus).
Heineccius (Heinecke), Joh. Gottlieb, 1681—1741, Prof. in Halle. =
Anhänger Chr. Wolffs.
Schriften: Elementa philosophiae rationalis et moralis, 1728. — Elementa iuris
gentium, 1738. — Opera, 1744—48, 1777.
Heinrich. Wladyslaw, geb. 1S69, Prof. in Krakau. = Von Avenarius
beeinflußt.
Schriften: Die moderne physiologische Psychologie, 1895. — Zur Prinzipienfrage
der Psychologie, 1899, u. a.
Heinrich von Gent (Henricus Gandavensis; nicht, wie er früher falsch-
genannt wurde, H. Goethals), geb. um 1217, gest. 1293. = H. ist einer
der von Plato und Augustin besonders beeinflußten Scholastiker. Im göttlichen
it es nur Ideen der Arten und Gattungen, nicht eigene Ideen der Indi-
\ lii'ii („individua propriae ideas in Deo non habent"); das Individuelle wird
Gott in und mit den Gattungen erkannt. Die Matt^rie der sinnlichen
Objekte ist etwas Reales. Der menschliche Wille ist absolut frei, dem Ver-
stände übergeordnet.
hriften: Qaodlibeta theologica, 1518. — Summa quaestionum, 1520. — Summa
u'iae, 1520, 1G46. - Vgl. K. WERNER, H. v. G-, 1878. — M. DE WULF,
n <le la philo«, tcolastiqne dans les Pays-Pas, 1895. — BAEUMKER, Archiv für
Phil« 1892; X, 1897. — Lichterfeld, D. Ethik H.s, 1906.
Ileimieli von Hessen, lehne in Paris, seit L385 in Wien, gest. 1397.
Vominalist.
BAEUMKER, Arch. f. Qetch. d. Philos. X, 1897.
Ilfilirotli, Joh. Christ. A. — Schriften: Psychologie als Selbsterkenntnis-
].<\, r)<w\. der Störungen des Seelenlebens, 1818. — Ueber die Wahrheit,
b 'l<r Anthropologie u. ;i. (Spiritualist. Seelenbegrilf.)
Helnse, b. L835 in Prießnitz, Prof. in Leipzig, gest L909.
Bearbeiter von Ueberweg-Heinze, Grundriß «1er Geschichte
I Ir.iNZK - I I BLMHOLTZ.
der Philosophie, (9. — 1". A.. 1906 ff .). = Dualistisch-theistischei Standpunkt,
der aber di- l i üvrtaf der historischen Arbeiten nicht beeinträchtig
Schriften: Die Lehre vom Logos in der griechischen Pbiloi phie, 1872. — Zur
Erkenntnislehre der Stoiker, 1880. — Über d. sittl. Wort d. Wiaaea« halt, 1883. —
Lrnst Platner als Gegner Kants, 1880. — Über den roöff de- <.ra-i. 1890. — ^
lesungen Kants über Metaphysik, 1894. — I). Kmlünionisnius in d. Thilos., I8f
— Ethische Werte bei Aristoteles, ] 909, u. a. — Vgl. ELEüTHKROPI LOB, M. IL. 1
lleiric b. Eric.
Hckatoii aus Rhodos, Stoiker, Schiller des Panaitios, Bchrieb über die
Pflichten.
Schriften: Lanaetii et Hecatonis libroruni fragnienta, ed. Fowler, 1885.
HeliiVrieli. Adolf, geb. 1813 in Schaffhansen, Prof. in Berlii
I daselbst = Von Schleiermacher beeinflußt,
- hriften: Die Metaphysik, 1846. — Der Organismus der Wissenschaft tt. die
Philos. der Geschichte, 1856. — Die Schule des Willens, 1858.
Ildiorinro^. tfeuplatoniker, Zeitgenosse des Proklos.
Ilclloiihneh. Lazarvon, 1827 — 1887 (Österreicher). = EL isl vonSchop
hauer beeinflußt, befrachtet aber di<- Realität als eine Summe individueller
Willenseinheiten. Im«- 8e< Le isl ein reales, individuelles Wesen, etwas Organi-
siertes, ein „Metaorganismus4', der in einer vier- oder nulldimensionalen Sphäre
unsterblich i-t und rieh aui Grund der Erlebnisse in seiner Verkörperung ent-
vrickelt.
: Der Indhiduaüsinu* im Lirhte dor Biologie und l'hilosophie der Ge.
t, 1878: I. A. 1887. — Die Vorurteile SSV Man« hheit, 1879 — 80; 3. A. 1893. —
Aus ilem '1. «iTies Philosophen, 1881. — Die neuesten Kundgebungen einer
intelligiblen Welt, 1881 Dl€ ftUgie i.eburtu.
— Vgl HÜBBE-ßCHLKIDEN, 11, 1891.
Heller. Theodor, geb. 1869 in Wien, Direktor der Beilpädag. Anstalt
Wien-Grinjdng. = Schüler Wundts.
ftea: Qrandriß d. Heilpidagogik, 1904. Stadien s.Blindenp l, a. i
llellpaeh. Willy (Pseudon. Ernst Gystrow), geb. 1^77 in < >K Dozent
an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. = Anhänger Wundts [Volunta-
rismus, Apperzeptionslehre usw.) und KraepeJins (Chemische Methode der
experimentellen Psychologi
B ■ riftaa: Dis Qrenswisiei «1er \'~ - Grundgedanke!:
•:■ • Piy< I. — Difl Boaiol« ' (unter
!'•... l. Syatrow). — Nervenleben b. Woltans« feaaaag, 194
deniea, 1907, u. a.
1 1 clinlioh /.. Hermann eon, ^«L. 1821 in Potsdam, Prof. dei Physiolo
in Königsberg, Bonn, Heidelberg, Berlin, gest. 1895 in Berlin.
I >. r berühmte Naturforscher isl philosophisch \"n Kant und Schopenhauer
beeinflußt. D I ennen bestehl in denkende] Venu S
materialfl und fühii tu einer symbolisch« Erfa Verhältnis d< r
I »in. i Verstellungen von di I ' on können gar nichts and< i
Belmholtz — Belmont.
als Symbole, natürlich gegebene Zeichen für die Dinge, welche wir zur Rege-
lung unserer Bewegungen und Handlungen benutzen lernen. Wenn wir jene
richtig zu lesen gelernt haben, so sind wir imstande, mit ihrer Hilfe
unsere Handinngen so einzurichten, daß dieselben den gewünschten Erfolg
haben, d. h. daß die erwarteten neuen Sinnesempfindungen eintreten" (vgl. da-
mit die „pragmatistißche" Auffassung der Wahrheit bei James u. a.). Zu den
Objekten kommen wir (wie nach Schopenhauer) durch einen nicht zum Be-
wußtsein kommenden Schluß von den Empfindungen auf deren Ursachen. Das
■/. der Kausalität ist hierbei apriorisch, ein „aller Erfahrung voraus-
gehendes (besetz unseres Denkens", welches durch keine Erfahrung widerlegt
werden kann. Das Gesetz der „spezifischen Sinnesenergien" ist dahin einzu-
schränken, daß durch die Beschaffenheit des Sinnesapparats nur die „Modalität"
der Empfindung (Farbe, Ton usw.) bedingt ist, während die „Qualität" (Rot,
Ton C usw.) in Beziehung zum Reiz steht. In der Natur herrscht ein strenger
M echanis m u s. Endziel der Naturwissenschaft ist die Auflösung alles (äußeren)
aehens in Mechanik. Alle elementaren Kräfte sind Bewegungskräfte und
& iregung ist die „Urveränderung, welche allen anderen Veränderungen
in der Well zugrunde liegt". Die Kraft ist das Gesetz als objektive Macht,
Kraft und Materie sind Abstraktionen aus einem unteilbaren Ganzen, die Materie
wirkt nur durch ihre Kräfte. Der Vorrat der Kraft oder Energie im Weltall
kann weder vermehrt noch vermindert werden; nur die „Erscheinungsformen"
des Energievorrats können wechseln (Gesetz der Erhaltung der Kraft, von Joule,
< lolding, Helmholtz, R, Mayer aufgestellt). Den Mechanismus kann der Mensch
seinen sittlichen Zwecken unterwerfen. Die Axiome der Mathematik sind
empirischen Ursprungs. Die Arithmetik ist die „folgerichtige Anwendung eines
Z«i<hensvstems". Empirischen Ursprungs sind auch die geometrischen Axiome;
beziehen sich zugleich auf das mechanische Verhalten der festen Körper
Bewegungen. Ein „pseudosphärischer" Raum ist denkbar und vorstellbar.
In der Tonpsychologie hat H. die „Resonanzhypothese" aufgestellt
„Schneckenklaviatur*' des Gehörorganes, Schwingungen bestimmter Fasern bei be-
stimmten einfachen Klängen). Die Youngsche Theorie der Farbenempfin-
dungen, wonach jedes Netzhautelement dreier Erregungen fähig ist, denen die
Empfindungen Kot. Krim, A'iolett entsprechen, hat H. adoptiert und weiter
i ■ führt.
drifte*: Ober die Erhaltung der Kraft, 1847. — Über das Sehen des Menschen,.
— Handbuch der physiologischen Optik, 1859 ff.; 2. A. 188G ff.; 3. A. 1909 f.
— Die Lehre ron den Tonempfindungen, 1863; 6. A. 1896. — Die Tatsachen in der
Wthroebinang, 1879. - über die tatsächlichen Grundlagen der Geometrie, 1868. —
md Mr-HBcn, Zeller-Festschrift, 1887. — Populäre Vorlesungen, 1876. — Vorträge
\. |908. — Wiss. Abhandl., 1882 — 95. — Vgl. L. GOLDSCHMIDT,
B v. i— l. Königsberger, h. v. Heimholt/, 1902 f. —
«yehol. Anschauungen, 1904.
ll<-lmoiit. Franz Mercuriu« van, geb. wahrscheinlich in Wilforden L618
führte ein unstete« Leiten und starb L699 in Berlin.
-'li'.!;i~tik. aber auch der mechanistischen Welt-
Helmont — IIi:i.vi:i ii s.
anechauung I» Hobbes' u. a., und ist ?om Platonismus, def Mystik,
der Kabbala beeinflußt Pn- Körper bestehen nu „Monaden" oder „Atomen".
Die Seele herrsch.! aber eine Vielheit von Monaden im Körper („primarius
Körpermonaden können vergeistigt werden, <i i I kann ani die
stiii' des Körpen herabsinken; Körper and Geist smd nur graduell verschieden.
Die Seelen präexistieren in den Eltern and machen eine Wanderung durch.
Schriften: Opuscula phüoeophica, 1G90.
IkVImont. Johann Baptista va 1577 in Brüssel, Btudierte Mathe-
matik, Botanik, Medizin, befand Bich viel ani Reisen, gest. 1644 in Vilvorden
bei Brüssel.
II. ist besonders von Paracelsus beeinflußt. Die Erkenntnis der Wahrheit
seitens des Intellekt jt unter dem anmittelbaren Einflüsse Gottes, deat
anendlicher Intellekt die Quelle aller endlichen Intellekte ist In den 1 > i i _
wirken innere Kräfte. IM-- Materie tsl der „fluor genericus sive generativus",
die Substanz der Dinge, die aber nur individualisiert existiert. In allen Dingen
• in „prineipium vitale et seminale", eil Itendes Lebensprinzip. Et
dies der „Archeus" (schon bei Paracelsns), der „generationis faber sc recto
die „Lebensform", die ans der Verbindung der „aura vitalis i enaluft) mit
• In- „in analie" dem „Samenbild") besteht, nach welchem letzteren i
Archeus zeugt und gestaltet. I)i<- erregende Ursache („causa excitans", Beiz),
welche die in der Materie schlummernden Potenzen erweckt ist das „Ferment".
Die Teile des Organismus besitzen eig ; Die
empfindend« 5 ist eins mit dem Archeus des Organismus, der aber auch
eine ansterbliche Vernunftseele besitzt Die Elemente der 1» sind
„Wasser" und ..Luft-: Salz, Schwefel und Quecksilber (bei Paracelsns die
Elemente) bestehen aus Wasser. Das Luftförmige nennt zuerst H.
dem er den „Blas" (Antrieb) koordiniert Die Dinge Bind durch allgemeine
£ mpathie miteinander verbunden Magie). Hingabe an den göttlichen Willen
ist da- i Ziel des menschlichen Leiten-.
hriften: Archen« Faber. — Caatae et initiao rernra natoraliam. — Parmtram
ovtaa. — De etanentis. — [migo mentu. — Scdes urimse. — Tn tatw de sau
!»•,«;{. — 7gL IIiwi i: u. SlB] SM
1 . vil - I'. BTR1 \/. Die ! fie de« J B. r. IL.
hr. f. Philo«, u. philo«. Kritik, Bd. II •; J. B. r. EL, 1907.
Hol v<>tiii«*. (laude Adrien . geb. 1715 in Paris, war 12 Jahre h
Generalpächter, lebte dann als Privatmann in Paris, wo »ein Hauptwerk ..!•
['esprit" 1759 ani Pariami ! öffentlich verbrannt wun 1771.
II. ist ein Vertreter der französischen Aufklärung. Als Philosoph ist
isualist und (Jtilitarist Alle Vorstellungen entspringen aus der
5 Deswahrnehmung. Dai henken (Urteilen) als Vergleichen von I
düngen i-t sinnlichen Ursprungs und erfaßt nur die Relati ai dei l1
Den Impuls zum Denken geben die Gefühle. I •• i Mensch ist ein hed he*
Wesen, ei strebt oach Last und nach Vermeidung von Unlust, in
diesem Sinne der Egoismus die Quelle alles Handelns ist Was in dei phy-
HELVETIUS — HJi.M.sTfiRHtnS.
sischen Weh das Bewegungsgesetz, ist in der geistigen Welt das Interesse.
tlichen Handeln liegt aber das ,, wohlverstandene Interesse" („interet
entendu") zugrunde, die Verbindung des Eigenwohles mit der Förderung
resamtwohles. Die Leidenschaften sind nicht zu unterdrücken, sondern
zu regeln und gemeinnützig zu machen. Eine Beschränkung der Arbeitszeit, ein
auf Eigentum, Verbreitung von Bildung u. dgl. sind soziale Forderungen.
S< hriften: De Tesprit. 1758; deutsch 1760. — Le bonheur, 1772. — De l'homme,
de ses facultas et de son education, 1772; deutsch 1794, 1877. — Le vrai sens du
BjBt&me de la nature, 1774; deutsch 1873. — Les progres de la raison dans la
reeherche do vrai, 1775. — Oeuvres complctes, 1776, 1784, 1795, 1818. — Vgl.
W. AlLND, Das ethische System des H., 1904.
!l rm an. C. F., geb. 1839 in Grünstadt (Pfalz), seit 1888 Prof. d.
Philos. u. Pädag. in Basel, gest. 1902. = Aristotelisch-scholastischer Stand-
punkt. Mit der Passivität der Empfindungen ist das Bewußtsein der Außen-
welt unmittelbar gegeben; einer „Projektion" bedarf es nicht. Die primären
Qualitäten sind objektiv. Die Seele ist ein immaterielles, mit dem Leibe zur
Einheit verbundenes Wesen.
Schriften: Die Erscheinung der Dinge in der Wahrnehmung, 1881.
Heniert. Paul van, 1756 — 1825, Prof. in Amsterdam. = Kantianer.
Heiimiiiig. Nicolaus, geb. 1513 in Embolds (auf Laaland), Prof. in
Kopenhagen, dann Kanonikus in Roeskilde, gest. 1600. = H. gehört zu den
Vertretern des Naturrechts. Dieses entspringt der Natur des Menschen, der
Vernunft überhaupt und ist göttlichen Ursprungs.
9 hriften: De lege apodictica, 1577, u. a.
Ilemsterlinis, Franz, geb. 1721 in Franecker als Sohn des berühmten
Philologen Tiberius H., studierte in Leyden, wurde Sekretär der Generalstaaten,
1790 im Haag.
H.. der von Plato, Locke, Shaftesbury, Leibniz u. a. beeinflußt ist, be-
kämpf! den Materialismus. Die Dinge erkennen wir nur in ihren Relationen
zu uii-, Gottes Dasein aber unmittelbar durch die Vernunft (vgl. Jacobi, den
Verkehr im Hause der Fürstin Gallitzin — beeinflußt hat). Geistige
and körperliche Wesen sind ihrem Wesen nach verschieden (Dualismus). Die
ehl nii t dem Leibe in Wechselwirkung. Gott ist der Schöpfer der
Welt. l>i' Schönheil beruht auf dem rechten Verhältnis eines Gegenstandes
/ur S it der Leichten Übersichtlichkeit des Mannigfaltigen. Schön ist,
ans die möglichste Anzahl von Vorstellungen in der kürzesten Zeil ver-
Goethe (Kampagne in Frankreich, WW. hrsg. von L. Geiger,
dahin modifiziert : „Ich aber muß sagen: das Schöne sei, wenn
B Lebendige in seiner größten Täiigkeit und Vollkommen-
tvodurch wir, zur Reproduktion gereizt, uns gleichfalls lebendig
Tätigkeil vernetzt fühlen." Dies laute aber auf dasselbe was
n
Lettre» «ur le d<-ir, 1770. — Lettre «ur l'liommo et ses rapports,
le la philoeophie, 1778. — AriBt^e ou de la dirimtä, 1779. —
HEM8TERHUI8 — BeRAKUSTI
Alexis ou «ur Tage d'or, 1787; deutsch von Jacobi 1787. — Simon ou des facultas do
l'ärae, 170i». — Oeuvres philosophiques, 1792; 2. ei. 18o9; 1846— 50 ; den'- t. 1782—
— Vgl. E. GSUIKEB, F. H., 1866. — K. Mr.Yl.k, Da Philosoph I. H., 1893.
Hon n in;;'. L pold von, geb. 1791 in Gotha, Prof. in Berlin, red
1827—47 die Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik =
I [egelianer.
Schriften: Das Verhältnis der Philosophie zu den exakten Wi--ensi haften, 1~
— Über Goethes Farbenlehre, 1822. — Prinzipien der Ethik, 1824, u. a.
Henri, Victor, Prof, in Pari-. -- Schriften: Über die Raumwahriichniui._'ei.
des Tastsinnes, 1898. — Abhandlungen über Muskelsinn (Annee psychol., 18i>-
chische Arbeit . 1891 . Brsiefcmg und Qediehtaia (1. c. 1902), u. a.
Henkel, Paul. Lr<-1>. 1800 in Gr. Rarthen, Prot, in Erlangen.
Wesentlich Kantscher Standpunkt („Gesnmungsethik"). Das Pflicht-
bewußtsein ist etwas Apriorisches. l»;i- Wesen des Sittlichen besteh! ..in der
mit einein Pflichtgebot übereinstimmenden Willensrichtung". Die Beurteiluj \
norm für * 1 i • - Güte einer Handlung liegt nur in der „pfüchtmäfiij -in-
nung". Aber oicht /ur Verwirklichung einer abstrakten Pflicht, sondern einer
individuell bestimmten Handlung sind wir verpflichtet. Das Becht ist „ob-
jektive Sittlichkeit*' and kümmert sich uichl um die Gesinnung. Eine sittliche
Handlung bleibt sittlich, ,,wenn auch ein Strom von Elend und Unlust sich
aus ihr ergeben sollte, und eine sittliche wird niemals sittlich, auch wenn der
reichste Erfolg von Lost für die gesamte Menschheit ihre notwendig Folge
war« i - gen (Jtilitarismus and Evolutionismi
nrifte- ; es Wiaaen und sfbisehSf Handeln, 1889. — Carlyle, 1900. —
ll:i iptproblenie der Ethik, 1903. — RoaMSia, 1907.
II«'rakl«'i<l«'«» Lembos, um 150 v. Chr., Verfasser eines Auszuges ans
den />('"' des Batyroe und den \uAo%ai des Botion. = II. ist Peripatetik«
Vgl. Ml l.l.i. i:. Fragment bistor. Graecae 111.
Ilrrakh'ith"-* der Pontiker (Ponti< b. in Herakles am Pontes,
Bchüler Piatons. = II. gehört zu «Im Philosophen der alteren Akademie, ist
aber auch vom PythagoreismuE beeinflußt (so in der Atomenlehre von
Ekphantos). I>i«- Erde bewegt sich von Westen nach Osten am ihn- Achse.
l> 9eeL hat schon vor der Geburt des llenschen in ätherischer Form
existiert
bi — Zell er, Philo«, d. Öl II. 1. — K. I1
:•,!)■ 1:
Herakleito« \<>n l'.j.h«-.,^. (llrraklit), geb. am MO \. Chr., aus einem
vornehmen Geschlechte, von aristokratischer Gesinnung, ein der
Ifengi und inj oranktheit, lebte nach der Verbannui I
Hermodoros einsam, p->t. um 180. Wegen d( and zuweilen
i seiner (wohl aphoristisch gehaltenen Lehren erhielt II. den I
Hain, n „der Dunkle'1 n seiner Schwermut \vurd(
über Demokrit) der „weinende Philosoph" genannt. Von -■ - ■
-ili<l itwa 1 : I
Heraeleitos.
H. schließt die Reihe der älteren „jonischen Physiker" ab. Wie diese
;it er Dach dem Urprinzip der Dinge, als welches er das ätherische, bildende
..Feiui-- findet, und wie sie ist er Hylozoist, denn das „Feuer" ist zugleich
lebendig, beseelt, ja vernünftig, die Weltvernunft, der „Logos" fioyos). Zuerst
erfaßt H. die Idee des Werdens als solche, insofern ihm das ruhige
Sein, das Beharren als Binnenschein, die beständige Veränderung, der Wechsel.
der „Fluß" des Geschehens als das Wahre und Wesentliche, als die Wirklich-
keit selbst gilt. H. ist Monist, denn die Mannigfaltigkeit der Dinge und Ge-
schehnisse ist nur Ausdruck einer Welteinheit, und er ist Pantheist, denn
diese Einheit, das Weltfeuer, ist zugleich die Gottheit. Diese Welt, sagt er,
hat weder ein Gott noch ein Mensch gemacht, sondern ewig ist sie ein lebendiges
Feuer, das gesetzmäßig sich entzündet und verlöscht {xoo^ov xöv 8s xbv avtov
axavtcov otfre Tic Oecov orxs ärflgcüJicov etiomjos, all' t)v äei xal sativ xal eoxai
cUi'faxw, ä.-TTÖiieror uhoa xai ajtooßewvfievov fiexga). Aus Feuer besteht
alles, in Feuer löst sich alles auf. Erde und Wasser sind Formen (xgojzai) des
Feuers. Einen Doppelweg des Werdens gibt es, den Weg nach unten (686c
xara>), wo das Feuer in Wasser und Erde übergeht und damit an Lebendig-
keit verliert, und den Weg nach oben (686g ävco), wo alles sich in Feuer ura-
- t/t — so aber, daß beide Wege eins sind. Immer wieder löst sich die Welt
in das Weltfeuer auf (exxvgcooig ; vgl. die Stoiker; auch eine „Wiederkunft des
Gleichen" wird hier gelehrt).
Die Vielheit der Dinge entsteht durch den Kampf (Streit), den „Vater
der Dinge" (itöXspiog Tiävxcov fxkv naxrjg sott, Jiavrcov de ßaodevg). Das Ver-
schiedene, Gegensätzliche steht aber in Harmonie wie die des Bogens oder der
Leier (tküäyt 00^.0 c uouovlr) 6xa>ojieg x6q~ov xal Xvgt]g). Alles in der Welt geht
inen Gegensatz über und alles enthält Gegensätze in sich vereinigt:
1 und Tod, Jugend und Alter usw.; Kaltes wird warm, Warmes kalt usw.
A.UB allem wird alles. Im „Gegenlauf" (evavxio8go[ua) des Geschehens schlägt
alles in sein Gegenteil um (vgl. HegeF, mit dem es identisch ist (tavr sTvac
£wv xat le&mjxoe ■ . .; ylveodui xe ziävxa xax ivavxioxtjxa . . .; Jiavxa . . . fiexa-
t'x'i'/.b favxlov). Alles fließt (Ttävxa gsT), nichts beharrt, nichts „ist" ab-
Bolut, -«indem ist nur im Werden (ort xävxa xoygst xal ovÖev f.isvei). Da sieh
alles fortwährend verändert, so kann man nicht zweimal in denselben Fluß
Nach dem Herakliter Kratylos auch nicht ein einziges Mal). Aber
das Werden i-t ein gesetzmäßiges, streng geregeltes. Die Sonne wird ihre
oichl überschreiten, sonst würden die Erinnyen, welche das Recht (dixij)
«mutzen, Leo. Fi also auch der Auf- und Abbau der Welten eine Art
Spiel der Gottheit -<> i-t es doch ein geregeltes Spiel, ohne Willkür. Das
l • ">,) m zugleich der Logos, die Weltvernunft und das
•/ v6(iog, dlxij, tiiiaou/ri/, yvcofitj), dem sich alles fügen muß. Alles
jeh", dem I • maß {yiyvofiivcov yäg .xdvx<»v xaxa tov X6yov)%
innewohnt und dessen die Menge der .Menschen sich nicht
U alles richtige Denken nur ein Denken im Sinne der All-
Eolgeu müssen (del inea&ai t$ $w$ zovxhxt t$ xotvtp).
Menschen ist um so besser, je „trockener1' (d. h. ieuer-
Hr.kAKi.Ki i«»- - Her bart.
arn. ist 3ii -r öd Teil des Urteilen, eine Art Ausdünstung [&*a6
///,/. - Weltfeuera Feucht zu werden, ist der Tod d - Wahre
Erkenntnis ist ohne Denken, Vernunft nicht möglich; die Sinne ohne I
od „schlechte Zeugen44 [xaxo* paprvpes ioiaiv >',•,
ifrvzäs >/<>yi,,v. Blofie Viehrisserei ist nutzlos {xokv/iadüi i
btd&oxei). Wir erkennen wahrhaft dut vermittelst der alL o Vernunft
in ans [tov /-'•■ voip ol noXL Mop t%ovie$
- Denken i-t das dem l einsame [£wfo imi .-rüni r,, >r: m<l
dieses ial die Quelle der Wahrheit Für das Allgemeine müssen wir kämpfen
wie die >ta»lt für die l die sich ja alle ron dem einen göttlichen G
nlhren; für das Gesetz, Volk für die Stadtmauern kämpf! ouq
rOftqt .t'>/.u- . . .: nny^nilm yni/ rür dfjflOV i'.txj t in VÖflOV &XC0OX8Q Xti%0
Öberhebung -' zu bekämpfen; Eufrieden ist dut der dem Gesetze I
horchende Der Charakter des Menschen ist Bein Bchicksal [iftos arö
daifuor). Den Menschen erwartet Dach dem Tode Unverhofft -
Schriften: Heracliti Kphesii reliquiae, rec. Bvwater, 1877. — EL v. Ep] •
griechi-h und deutsch von Diels, 1901; I. A. 1909. — Die Briefe led. Wcsterniann,
1857) sind uncht. — Vgl DlKi B, \ '-okratiker I. — SCHLEEEBMAGHEB, EL der
Dunkle, W\V. Abt III. Bd. II, 1838. — J. BEBJfAY8, lieraclitea, 1848. — F. LäS-
BALLB, Di« Philosophie H.s des Dunklen, 1858. — Tr.n H.Mi ' i.i XR, Xeue Studien 1,
- M. K'uiiN, Also sprach Herakleitos, 1907. — E. I'n .i:ii»i:i:i ER, Die Thilos.
EL, 1886. — PBESSLEB, I>. meCsphya. Anschauungen H.s, 1908.
ll<*rakl<'ito<- der Stoiker, wahrscheinlich anter Augustns. = AJle-
M\ thrlidrlltlll
;. riften: AI] Meiler. 1851.
Ileruklooii. Gnostiker, Anhanger des Valentinus.
. LEP8IÜ8, Dia Zeil de- llaraos und det Beratl« hr. I wi
Theo.. V 18t
Heraklll Herakleitos.
ll<M-l>art. Johann Friedrich, geb. i. Mai 1776 in Oldenburg alz Sohn
emeaJustu itudierte seit 1794 in Jens and hörte don Fichte, l
all Hauslehrer nach der Schweiz (Bern . wo er durch Pestalozzi ai
wurde, lebte 1800— 1808 in Bremen, habilitierte rieh 1802 in Göttingen für
Philosophie und P '-.. wurde 1805 außerordentlicher Professor und l
ordentlicher P Königsberg. Seit 1835 lebte er in Göttingen und
dort l i. August 1841. II. ist ein kritisch-systemaf dem
Kiehte \ htcriihcil
II. bekämpft den ..Mil>j»kti\nr Idealismus Ficht hr«
BchellingE rw« kaitische Aufsätze hierüber legt« H. in -1 I
! and bildet anter dem Einflüsse d< i B
Leibnizschi Monadologie zu einem „Realisrai indem
Erscheinung einer Vielheit \<-n Dingen aj im-
materiellen R< ah n i" stimmt In erkennti
zwischen Empirismus und R
BLerbart.
als denkende Verarbeitung xon Erfahrungsinhalten auffaßt. In der Ethik
bildet er die Platonische Ideenlehre weiter. In der Psychologie hat H. neue
Bahnen eingeschlagen, Mathematik auf das seelische Leben angewendet und in
mancher Beziehung der modernen Psychologie vorgearbeitet; als Psycholog
II. [ntellektualist
Die Philosophie ist nach H. „Bearbeitung der Begriffe", d. h. Läute-
rung, Klärung und Vereinheitlichung derselben durch das Denken, die Ee-
:i. Die Philosophie geht vom unmittelbar Gegebenen — den Empfin-
dungen und deren Formen — aus und übt daran Kritik, wobei sie durch die
Skepsis hindurchgeht. Sie zerfällt in die Logik, Metaphysik (allgemeine
und angewandte) und Ästhetik, deren Anwendung die „praktischen" Wissen -
Schäften ergibt.
H.s Logik ist formalistisch. Sie dient der Verdeutlichung der Begriff er
betrachtet die „Deutlichkeit in Begriffen und die daraus entspringende Zu-
sammenstellung der letzteren". Von der Psychologie ist sie scharf unterschieden,
denn „sie beschäftigt sich nicht mit dem Aktus des Vorstellens . . ., sondern
mit dem. was vorgestellt wird", mit „Verhältnissen des Gedachten". Es sollen
lediglich „diejenigen Formen der möglichen Verknüpfung des Gedachten . . .
nachgewiesen werden, wrelche das Gedachte selbst nach seiner Beschaffenheit
zulaßt". Begriff ist (logisch) die Vorstellung „in Hinsicht dessen, was durch
i »rgestellt wird", „jedes Gedachte, bloß seiner Qualität nach betrachtet", also
mit Abstraktion von der psychologischen Entstehung der Vorstellungen. Auf
die Verhältnisse der Begriffsinhalte zueinander kommt es an (disparate,
konträre usw. Begriffe). Peine Begriffe sind „logische Ideale". Wir denken
sie tatsächlich nur vermittelst der Urteile auf Grund von Allgemeinvorstellungen.
!' - Urteil ist die Entscheidung der Frage, ob ein Paar sich im Denken be-
ender Begriffe eine Verbindung eingehen können oder nicht; durch die
Urteile entstehen erst bestimmte Begriffe.
Di» Metaphysik ist die „Lehre von der Begreiflichkeit der Erfahrung",.
von der „Ergänzung der Begriffe". Sie bearbeitet die allgemeinen Begriffe
(wie J >i ii lt, Kausalität usw.) so, daß sie die in ihnen liegenden „Widersprüche"
durch die „Methode der Beziehungen" beseitigt. „In dem Zusammen, also in
den Formen des Gegebenen, wie sie durch Begriffe zunächst gedacht werden,,
• n Widersprüche stecken. Die Spekulation wird diese Widersprüche er-
ii und rie lösen, indem sie die Formen ergänzt, d. h. indem sie den durch
die Erfahruj gebotenen Begriffen diejenigen Begriffe hinzufügt, worauf
Iben rieh notwendig beziehen." Widerspruch ist Unmöglichkeit eines
Das rieb Widersprechende kann nicht real sein. Die Metaphysik
'lt in allgemeine M. and angewandte M. (Naturphilosophie, Psycho-
/> Hallt in „Ontotogie**, „Synechologie" (Lehre vom Stetigen),
scheinungglehn ..
hl die Metaphysik nach dem Grunde der vorgefundenen Wider-
leitigt, indem rie das, was als Eines nicht gedacht werden
ron Dingen in Beziehungen zu anderen denkt (Pluralis-
II. die Erfahrung mit dem Empfindungsmaterial und
Herb abt.
den Formen der Erfahrung. Letztere Bind nicht (wie bei Kann apriorisch,
sondern gehen psychologisch aus „Reihen" hervor, deren Ordnungen schon mit
den Empfindungen gegeben sind. Alles in Kaum und Zeil Gh als
solches nur Erscheinung, weist aber aui ein An -ich bin, welches mittelbar
erkannt wird. Das Sein ist „absolute Position", die schon mit der Empfindung
da ist, da uns diese zunächst (durch ihren Zwang) als das Beiende erscheint,
indem wir uns aber der Subjektivität der Empfindung bewuAl werden, de als
(objektiven) „Schein" erkennen, der doch, um da zu sein, ein wahres Bein
So viel Schein, -<> viel Bindeutung aum Bein" . wird die Empfindung
auf ein Ding an -ich. die Vielheit der Empfindungen auf eine Vielheit
- ienden, ein System realer Wesen, Monaden („Realen") Im Sein
di« Anerkennung des ,,Nicht-Aufzuhebenden". ..In der Empfindung i-t
die absolute Position vorhanden, ohne dal'» man es merkt. Im Denken mufl
erzeugt werden ans der Aufhebung ihres ( ls.-- Das Zurückbleibende,
nach aufgehobenem Sein, i-i Schein und dieser weist auf ein reales, nicht auf-
hebbares Bein hin. „Objektiv11 ist ein solcher Schein, der von jedem einzelnen
objekt ein - IuM dem Subjekte darstellt. Das Sein muß ohn< Negation
und Relation -ein; Beine Qualität ist positiv, einlach, unveränderlich, absolut,
an sich unbekannt. „Die Qualität de- Beienden ist gänzlich positiv oder
affirmativ, ohne Emmiachnng Von Negativem." Jedes „Reale" hat seine
sondere Qualität, welch Störungen" erhalt, wobei nur die in der
„zufälligen Ansicht14 bestehenden Beziehungen wechseln, je nach dem „Zu-
sammen" «»de]- „Nichtzusammen" der Realen.
In dem Begriff des einen Dinges mit vielen Eigenschaften, also im In-
härenzverhältnis, liegt nach 11. ein Widerspruch. Der Widerspruch löst sich,
wenn da- hin- als Komplex von „Realen" gedacht wird, deren „Zusammen"
und „Nichtzusainmen" der Erscheinung der Dinge und ihrer Veränderungen zü-
nde liegt Auch im Begriff der Veränderung liegen Widersprüche (wie
in dem der Kausalität), indem wegen der veränderten -Merkmale die Bubstani
and' der beharrenden dieselbe Komplexion sein -oll. Auch hier handelt
• - sich in Wirklichkeit um ein „Zusammen mehrerer Beienden", um Wesen, die
vermöge d< - iingen" und „Selbsterhaltungen" als -ich verändernde I> :
heiiicn. Kein Ding i-t an -ich Bubstanx, sondern nur im Verhältnis KU
anderen, im „Zusammen," mit diesen. Da die „Störungen", welche die Realen
Irohen, infolge der ..s. Unterhaltung" derselben gar nicht erfolgen, so gibt
an -ich kein eigentliche! Weiden (Eleatismus). „Die Wesen erhalten sich sei
jede- in Beinen D Innern und nach -einer q Qualität, die
Störung, welche erfolgen würde, wenn die 1 ton der mehreren
-ich aufheben könnten." I •• i Wechsel von Zusammen und Nichtauaammen der
Realen ist das wahre Geschehen, welches im An sich des peycholo^iseh-sub-
tiven l: • im „intelligiblen Raum" erfolgt, den w Eommen
und Gehen der Bubstanzen unvermeidlich hinzudenken", für die
anderungen intelligibler Wesen konstruieren. Eine h
Raum" nicht. Das »Aneinander*1 da Realen ergibi di< I \lle
l st relativ, ist Kühen der Wesen in !»• . b seibat Reale mit
Berbakt.
gleichartigen Qualitäten und an einem Punkte durchdringen einander. Die
lohnte M aterie ist ..objektiver Schein", dem eine Summe einander partiell
durchdringender Kralen entspricht, deren Innenvorgänge in äußerlichen Ver-
änderungen zur Erscheinung gelangt. Den inneren Zuständen, den Selbst-
erhaltungen gehören gewisse Raumbestimmungen als notwendige Auffassungs-
□ für den Zuschauer zu, die eben, weil sie nichts Reales sind, nach jenen
inneren Zuständen sich richten müssen. So entsteht die Erscheinung von
Abstraktion und Repulsion, deren Gleichgewicht ein materielles Element, ein
Atom ergibt. Je nach der Art und Stärke des Gegensatzes der Elemente
(starker, schwacher, gleicher, ungleicher Gegensatz) entsteht die feste Materie,
der Wärmestoff] das Elektrikum, der Äther.
Die Lebenskräfte sind nichts Ursprüngliches, sondern das Produkt der
Selbsterhaltungen eines Wesens, die „innere Bildung" der einfachen Wesen.
Entstanden sind sie nach den „Zweckbegriffen" der Vorsehung. Die Lebens-
kräfte erscheinen als bewegende Kräfte, sind aber nicht durch physikaliseh-
ehemische Gesetze zu verstehen. Ohne Hilfe der Psychologie gibt es keine
Definition des Lebens. Zwischen den inneren Zuständen des einfachen Wesens
d Hemmungen ein und die Zustände eines solchen Wesens haben in
anderen, mit denen zusammen es den Organismus bildet, gleichartige Zustände
zur Folge (Assimilation usw.).
Willersprüche enthält nach H. auch der Ichbegriff. Das Ich soll (als
Subjekt-Objekt) sich vorstellen, sein sich Vorstellen vorstellen und so fort ins
anendliche, was zu einer unendlichen Reihe führt, bei der das Ich nicht zu-
stande kommt. Ebenso ist das Ich als einfacher Träger einer Vielheit von Zu-
ständen "in Unwesen. In Wahrheit nun setzt sich das Ich nur im Zusammen
mit anderen Wesen und ist ein „Mittelpunkt wechselnder Vorstellungen". Das
[ch liegt in den jeweilig apperzipierenden Vorstellungsmassen. Unter Apper-
zeption verstehi II. die Aufnahme und Bearbeitung anderer durch andere,
neuer durch alte, zuweilen auch alter durch neue. Neue Vorstellungen werden
rzipiert, indem „ältere gleichartige Vorstellungen erwachen, mit jenen ver-
Bchmelzen und sie in ihre Verbindungen einführen".
Damit Bind wir bereits bei der Psychologie H.s angelangt, welche er als
gewandte Metaphysik" betrachtet und, gegen die Vermögenspsychologie und
die konstruktiv-dialektische Methode, mit Anwendung der Mathematik auf Vor-
• der inneren Erfahrung durchzuführen sucht. Als „Ergänzung der innerlich
ommeneo Tatsachen" überschreitet sie die Erfahrung, von der sie aber
,Lehre von den inneren Zuständen einfacher Wesen".
»II ihren Stoff Dicht bloß Bammeln, Bondern begreiflich machen. Die Lehre
- elenvermögen" macht die Psychologie zur Mythologie; in Wahrheit
: lenvermögen nur „Klassenbegriffe". Di«1 inneren Zustande ^'^
■■• rhaltungen" Bind „Vorstellungen" (zu denen auch die Sinnes-
aören); Gefühle und Begehrungen sind nichts neben und auller
ur „veränderliche Zustande derjenigen Vorstellungen, in
■ ,, (Intellektualismus). Die Seele selbst ist eine ein-
terblichc nz deren eigentliches „Was" unbekannt
Bbrbabt.
die al>er wegen der Einheit des Bewußtseins als Träger desselben inj
Dommen werden muß. Sie ist ohne Teile und an sich ohne Vielheil in ihn 1
Qualität, anch ist sie nicht tlich irgendwo im Kann, D noch mufl
in dem Denken, worin sie mit anderen Wesen Eusammengefafif wird, in den
Kaum, und /.war tür jeden Zeitpunkt an einen bestimmten Chi gesetzt werden.
Dieser Ort ist das Einfache im Baume, oder das Nichts im Raums, ein mathe-
matischer Punkt Die Seele ist an sich auch nicht irgendwann, muß aber im
Denken in die Zeil gesetzt werden. Sie hat weder Anlagen noch
weder etwas zu empfangen, noch eu produzieren. Der „Sitz" der Seele im
Organismus ist wechselnd; manche Tiere haben mehrere Seelen. Seele und Keil»
als Komplex von „Realen") stehen in Wechselwirkung miteinander, wohn
tische Geschehen durch den Leih hald gehemmt, geschwächt, bald be-
schleunigt, verstärkt werden kann44 (Physiologischer Druck - physiologisch)
l>i- Vorstellungen Bind Ausdrucke für die innere Qualität der Se
die sich drohende Störungen erhält. An sich nicht dynamisch, werden
eu Kräften, indem <ie einander widerstehen; dies geschieht, wenn mehi
Bammentreffen. Vorstellungen können iiiemals gani anter-
werden durch andere nur verdrängt, gehemmt, bleiben aber als
Strebungen erhalten. 1>;i~ Vorstellen also mufl nachgeben, ohne vernichtet eu
werden. Das heifit, da- wirkliche Vorstellen verwandelt sich in ein Streben,
rzustellen". Sobald das Hindernis weicht, kann die Vorstellung (auch ohne
Assoziation) durch ihr eigenes Streben wieder hervortreten („fn
Stellungen"). Unter den ..K.-teir- nach der Semmung sind jene Teil.- der
Vorstellung eu verstehen, welche anverdunkelt bleiben. Indem gleichzeitig
auftretende, einander partiell oder total ei tzte Vorstellungen einander
„hemmen" (schwächen, verdunkeln, ans dem Bewußtsein, d. b. dem aktuellen
Erlebtwerden und dessen Zussnimenhang, verdrangen), ist eine „Statik" und
liechanik" des Geiste« möglich, welche Bieh mit der Berechnm Gleich-
ind der „Bewegung*4 der Vorstellungen beschäftigt. Im Gleich-
gewichte sind Vorstellungen, wenn den notwendigen Hemmungen unter ihnen
ade Gei scheuen i-t: die fortgehende Veränderung ihres Grades von
Verdunkelung ist ihre !'•• * ■. mg. Zu bestimmen ist die „Hemmungssumn
und das „Hemmungsrerhältnis". Entere ist „gleichsam die eu verteilende
Last, welche aus den Gegensätzen der Vorstellung entspringt", also das
lantnm des Vorstellens, welches von den einander entgegenwirkenden V
Stellungen rusammengenommen mufl gehemmt werden". Ü II . .
rhältnis Verhältnis, in welchem sich die HemmungBsumme auf die
rstellungen verteilt. D* Summe sowohl als das Verhältnis
der Hemmung hängt al> von der Stärke jeder einseinen
— sie leidet die Hemmung im umgekehrten Verhältnis ihrer Stärkt- und von
dem Grade d< ( itzes unter je srweien Vorstellungen, denn mit ihm
steht ihr« Wirkung aui einander im geraden Verhältnis." Di« Hemmui
summe ist als möglichst Urin anzunehmen. I) intueh>t< '
dei »Während die Hemmungssumme -mkt. ist dem rn
Eerbart.
hemmten Quantum derselben in jedem Augenblick das Sinkende pro-
portional." Die Art und Weise, wie Vorstellungen aus dem Bewußtsein ver-
drängt und doch darin wirksam sind, läßt sich so ausdrücken: sie sind auf
der ..mechanischen Schwelle". Unter der Schwelle ist eine Vorstellung, wenn
>ic nicht aktuell zu werden vermag.
Her (.Jrund, weshalb entgegengesetzte Vorstellungen einander widerstehen.
ist die Einheit der Seele, aus der auch die Verbindung der Vorstellungen zu
erklären ist. Die Verbindungen sind Komplexionen (der nicht entgegengesetzten
steillingen; /.. B. Ton und Farbe) oder Verschmelzungen. Vorstellungsfolgen,
deren Glieder einander in bestimmter Ordnung reproduzieren, sind „Keinen" (z. B.
Kaum. Zeit). Diejenige Reproduktion ist „unmittelbar", welche „durch eigene
Kraft erfolgt, sobald die Hindernisse weichen" (Begriff der „Wölbung" und
„Zuspitzung4'). Bei der „mittelbaren" Reproduktion dienen Vorstellungen als
„Hilfen", d. h. sie unterstützen einander im Tragen der Hemmung und im
Verluste derselben. Das Streben, vorzustellen, fällt nicht ins Bewußtsein. Von
der ..Apperzeption" von Vorstellungen war schon oben die Rede, ebenso von
den Gefühlen und Begehrungen, welche H. als Zustände der Vorstellungen
auffaßt. Der Wille ist eine Begierde, verbunden mit der Voraussetzung der
Krlangung des Begehrten; er ist das „Inwendigste im Menschen und in der
I resellschaft". Das Begehren selbst ist das „Hervortreten einer Vorstellung,
ich gegen Hindernisse aufarbeitet". Der Verstand ist die Fähigkeit, sich
im Denken nach der Qualität des Gedachten zu richten; die Vernunft ist
das Vernehmen von Gründen und Gegengründen; beiden liegen Vorstellungs-
reihen zugrunde. Die Freiheit besteht in der Herrschaft der stärksten Vor-
Btellnngsmassen, in der Aktivität des Charakters.
unter ..Ästhetik" versteht H. die Wissenschaft von den Begriffen, mit
Kelchen Urteile des Beifalls oder Mißfallens sich verbinden; sie umfaßt die
Ethik und eigentliche Ästhetik. Die Ethik ist „praktische Philosophie" (Lehre
rom Tun und Lassen), Lehre von den Billigungen und Mißbilligungen („Ge-
schmacksurteilen") der Willensverhältnisse, die unmittelbar gefallen oder miß-
fallen and an sich (ohne Beziehung auf das Subjekt) mit Evidenz gewertet
ii (Intuitionismus). Das Sittliche ist also Gegenstand absoluter Wert-
schätzung. Ans den ethischen „Geschmacksurteilen" über Willensverhältnisse
gehen praktische, ethische Ideen hervor, welche das sittliche Leben leiten; aus
[deen erst entspringt die Pflicht. Die Ideen sind Musterbilder des sitt-
lichen Willens, Maßstäbe zur Beurteilung des Wertes des Wollens. Die fünf
nnprangtichen Ideen Bind: 1. die Idee der inneren Freiheit (Übereinstimmung
- Willen-, mit der eigenen Beurteilung); 2. Idee der Vollkommenheit (Gefallen
eren neben dem Kleineren); 3. Idee des Wohlwollens (Harmonie
enem und vorgestelltem fremdem Willen); 4. Idee des Rechtes
dem „Mißfallen am Streit": „Recht ist die Einstimmung mehrerer
dacht, 'li<- dem Streite vorbeuge"; der Staat ist die „Ge-
Machi geschützt '0; 5. Wee der Billigkeit (Vergeltung). Die
die [deen der Rechtsgesellschaft, des Lohnsystems, des
Kultursystems, der beseelten Gesellschaft. Die Ge-
1 Iikiiai: i .
Bellschafl ist \<>n einem gemeinsamen Wollen beseelt, psychologische Kr
wirken in Ihr, mit Verhältnissen, die denen zwischen den Vorstellungen anal...
Bind (Statik und Dynamik des Staatei Schwelle" des gesellschaftlichen Ein-
ilu--' - .
Die Ästhetik ELb im engeren Sinne ist „formalistisch", d. h.
ästhetische Gefallen haftet nach ihrnichJ am Gehall des Wahrgenommenen oder
] dargestellten, sondern an der „Form", an VorsteUungsverhältnis&en, die ;il- solche
unmittelbar gefallen (bezw. mißfallen): Barmonie, Rhythmus, Einheit usw.
Die Pädagogik \l.< hat bis in die Gegenwart hinein außerordentliche
Geltung gehabt. Sie basiert aui der Psychologie and erhalt ihr Ziel durch die
Ethik. I>m Bedeutung des Im rird stark betont Zwischen „Regienu
[Tntenichl und ..Zucht-- wird unterschieden.
I)i< Religion entspringt der Bilfsbedürftigkeit des Menschen, de beruht
aui Demut und dankbarer Verehrung. Bie ergänzt und Btützt die Sittlichkeit,
trot beruhigt. Ein eigentliches Wissen n>n Gotl ist unmöglich,
r uir müssen die Zweckmäßigkeit in der Welt aui ••in«- zwecksetzende,
liehe Intelligenz beziehen.
Berbart hart.- in «Im zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts riele Anhäi
und Nachfolger, und auch jetzt Süden sich ihrer, besonders unter den Päda-
en bo manche. Außer in L<ii>/.i<: wurde die Herbartsche Philosophie be-
Bonders in Osterreich (auch in den obersten Klassen der Gymnasien) gepüej
durch I". Einer und H. Bonitz gefördert I>;i- < »man der Berbartianer war
die .«Zeitschrift für exakte Philosoph l 7.".. 1883 96; jetzt ist es die
Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik", 1894 ff. Von Lazarus und
inthal, die von Berbart ausgingen, wurde (seit L859) die »Zeitschrift für
Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft'1 heran en.
Berbartianer Bind Drobisch, Bartenstein, Strümpell, Zimmer-
mann, Thil<». Ziller, Flügel, Rein, < '. S. C nelius, Schillii
Stiedenroth (z. Teil >, Griepenkerl, Bobrik, Drbal, Lott, Volkmann,
w aiti /. Teil , G. A. Lindner, Nahlowsky, Stoy , Wittstein u. a.
hriften: I /.is neueste Schrift: Wie Gertrud ihre Kinder lehrt
•■ 1,1- I; I, A L804. De Plstoaici ijBteiiiatii Fondemeato, 184
— AJlgemeiie Pidagogik, iso6; auch in <1«t i'niversalbibl. — l ber phi
Studium, 18(>7. — Hauptpunk :.\.sik. 1S08. — Hauptpunkte der Logik, 18
— Allgemeine prskti bot l
KSnigtbei hii L — Payehj I • ••■ raehoag über die Starke i benen \
ang aU Funktion ihr Lbid. — Lehrbuch zur t&inleiteng in die
I i B A. L888. — Lehrbu b wn ? I
,1817. De -''■'■• -.'.-::
— Über die Möglichkeit u. Ligkeit, Mathematik luf P ■■isw— d<
— P l 1 ii
— K opidie der i 1. A 1841. De prineipio
.-i medii, L888. ' mr, \m ■ !■
Idbl. — Zur Lohre \<»n der I n dl —
Anahti- he Beb BchtOBg
■achangeo, (leisere philoe. Schrift Bist,
Hebbart Hebbebtz.
-43. — Sämtliche "Werke, hrsg. von Hartenstein, 12 Bde., 1850 — 52; 2. Ä,
I S Bde., 1 B83 — 93, - Sämtliche Werke, hrsg. von Kehrbach, 15 Bde., 1887 ff. — Pädagogische
Schritten, hrsg. von Willmann, 2 Bde., 1873-75; 2. A. 1880. — Herbartsche BeJiquien,
hrsg. von Ziller, 187 1. — Ungedruckte Briefe von u. an H., hrsg. von Zimmermann,
1877. — Vgl. DROBISCH, Über die Fortbildung der Philosophie durch H., 1876. —
Strümpell, Die Metaphysik H.s, 1896. — W. Kinkel, J. F. H., 1903. —
F. FRANKE, H., 1909. — LlPPS, Zur H.schen Ontologie, 1874. — E. W AGNER,
Vollst. Darstell, d. Lehre H.s, 1896. — ZlECHNER, H.s Ästhetik, 1908.
Herbert von Cherbury, geb. 1581 in Nordwales (Montgomery Castle),
studierte in < Oxford, führte ein unstetes Leben, trat in den politischen Kämpfen
auf die Seite des Parlaments, gest. 1648 in London. Er schrieb u. a. auch eine
Autobiographie, hrsg. 1764, 1886.
H. ist der Begründer des englischen Deismus, des Standpunktes der
..Xaturreligion". Er gründet die letztere auf den „consensus gentium", die
Übereinstimmung der Menschen, die auf den Besitz allgemeiner Begriffe, „com-
munes notitiae" hinweist, in welchen sich die Grundwahrheiten darstellen.
Diese Begriffe sind Bedingungen der Erfahrung, also eine Art A priori. Es
gibt einen „instinetus naturalis", dem allgemeine, übereinstimmende Begriffe
entspringen. Der „Naturinstinkt" ist die erste der seelischen Fähigkeiten; sie
entfaltet sich allmählich nach den Objekten hin und hat eine antizipatorische
Funktion. Die „notitiae communes" liegen in jedem normalen Menschen, von
der Natur uns eingepflanzt („restat, ut in nobis a natura describantur et ut,
ista lege, explicentur .... notitiae communes"). Es gibt vier Arten der Wahr-
heit: 1) „veritas rei" als Übereinstimmung des Dinges mit sich selbst, 2) „veritas
apparentiae", Übereinstimmung der Erscheinung mit dem Ding, 3) „veritas
coneeptus", Richtigkeit der Auffassung, 4) „veritas intellectus", logische Richtig-
keit. Zu den allgemeinen Wahrheiten gehören auch die sittlichen Grundsätze
und endlich die religiösen Grundwahrheiten, die durch Aberglauben, Priester-
trug usw. vielfach entstellt sind. Die natürliche Religion ist in der mensch-
uchen Vernunft gegründet und hat fünf Grundwahrheiten: 1. Existenz eines
rten Wesens. 1. Verehrung desselben. 3. Tugend und Frömmigkeit sind
da irichtigBte Bestandteil des Kultus. 4. Forderung der Reue über Vergehungen.
Lim und Strafe im Jenseits. Gott hat sich auch im Universum offenbart:
alle Offenbarung hal ihr Kriterium darin, daß sie auf Wahrheit und Sittlich-
Bi zug hat.
riften: Tractatus de veritate, 1624, 1633. — De causia errorum, 1645, 1656.
mligioD« gsntfliam errorumquo apud eos causis, 1663, u. a. — Vgl. CH. l>K
LT, Lord H, 1853. - ÖÜTTLEB, Lord H. v. Ch., 1897.
Berberts, Richard, geb. L878 in Cöln a. Rh., Prof. in Bern. =? Betreffs
mußten steht II. wesentlich auf dem Standpunkte B. Erdmanns. Den
Reproduktionen liegen unbewußte Bedingungen zugrunde. Der
hichtlicherj Entwicklung des Methodenproblems legt er eine
für die Gesamtentwicklung der Philosophie bei.
! ■■ * ■'"• roin Unbewußten bei Leibniz, 1905. — Bewußtsein und
nun lietiiodenproblem and leiser Ge«cbiehte, 1910, u. a.
Bkbd]
Herder, Johann Grottfried, 1744—1803, der bekannte Dichter, i-t Mich
als FhfloBoph von Bedentung. In Königsberg hörte er bei Kam Vorlesungen
und er äußerte sich spater sehr günstig ober Kants Wirken; noch später aber
trat er dem Kritizismus and Apriorismus Bchrofi entgegen und kritisierte di-
nicht ohne Mi: rinisse in Beiner „Metakritik". Er nennt Kante kriti-
I Dtersuchungen „öde Wüsten voll leerer Hirngeburten im anmaJ Wort-
oebel". Von Btarkem Einflüsse auf 11. war (neben Jacobi) Hamann, insbe-
Bondere bezüglich der Weigerung, Form und Inhalt der Erkenntnis schar! sn
sondern, und auch in der Betonung der Bedeutung der Sprache. Im Beiner
Weltanschauung ist 11. wesentlich ron Bpinoza und Leibniz, die er zu verein, _
sucht, beeinflußt, auch ron Bonsscan u. a.
Gegenüber der Zurückführung der Sprache auf die göttliche Schöpfung
seitens Sußmilchs u. a. betont H. den menschlichen Ursprung der Sprache.
Diese tritt zuerst als Ausdruck von Gefühlen in Tönen auf. welche aber
Besinnung, Reflexion, Apperzeption interessierender Merkmale der Dinge /u
Worten macht, so dal» die Sprache Ausdruck und Organ des Verstand
Werkzeug der Vernunft wird. I>m erste Sprache war eine Art Poesie, „Nach-
ahmung der tönenden, handelnden, sich regenden Natur-. Erst mit dem Sprechen
entsteh! dir Vernunft
Im Erkennen wirken alle Seelenvermögen zusammen; Sinnlichkeil und
Vernunft, Denken und Wille und Gefühl Ea i-t dir eine, einheitliche Seele,
welche empfindet, wahrnimmt, denkt, will usw. Ohne Aufnahme der Beize,
durch welche sich uns di«' Welt kundgibt, gibt es keine Erkenntnis; au- sich
allein heran- kann d. - -n dicht spinnen. ..Wir .1111)1111(1111 nur. WM
im-. [■ Viv.n uu- geben; danach und daraus können wir auch nur denken."
Die Seele weiß nur, „was ihr ron innen und außen ihr Weltall zuströmt und
der Finger Gottes zuwinket". Der abstrakte ..Km-mali-mu-- i-t zu bekämpfen,
derein Erkennen rar einem Erkannten annimmt Es gibt keine apriorischen
Begriffe. Der Unterschied zwischen analytischen and synthetischen Urteilen
i-t nur relativ. Anstatt einer anmöglichen Kritik der reinen Vernunft i-t eine
„Physiologie der menschlichen Erkenntniskrflfte" zu versuchen. Ei gibt ohne
Sprache keine Vernunft, die allerdings wie jene nur gewiss« lierkmale" der
Dinge, Dicht deren Innen- erfaßt Die Sinne geben nicht tOte Materie und
die Seele kann den Empfindungen Dicht die Form geben, die ihr gefallt.
Ha ii in und Zeit -ind nicht a priori, sondern ErfabjiingBbegriffe. Dei Raum
i-t un-' I rfahrung und sie i-t mit anserer organisierten Gestalt, mit
unserem begrenzten Dasein dem Verstände ,,mitangeboren". Die Geometrie
hitet ihre Axiome Dicht au- dem Kaum her. sondern zieht nur auf ihm ihre
Linien und Figuren. Analoges uilt ron der Zeit und der Arithmetik.
Ebenso sind die Kategorien empirische Begriffe, durch Abstraktion i
nden. D fi der Vernunft i-t da- Sein, welches sich durch
Kraft offenbart, also .»kräftiges Dasein zur Fortdauer" ist Die sjnti Klasse
der Kategorien i-t Sein. Dasein, Kraft, Hau-: welchen die Nebenbegriffc
Baumes und der Zeit benrorgehen. Di Kral I ls Maß d
ii- von innen". Im. Kraft, die durch sich I Kaum und 7
1 1 KRDER.
ist das ..einzig denkbare energische A priori". Eine absolute „Spon-
taneität" des Denkens besteht nicht, ebensowenig eine rein subjektive Synthesis
bjektivem Wert. ..Kein Prius ist ohne ein Posterius, kein Verstand ohne ein
standliches denkbar: kein Nehmen findet statt ohne ein Geben. Du kannst
nicht erkennen, wo nichts zu erkennen ist; du kannst in dir nichts verbinden,
wo nicht ein von der Natur Verbundenes dasteht." Die Funktion des Ver-
standes ist. ..anerkennen, "was da ist, sofern es dir verständlich ist". Der
stand liest aus und versteht, d. h. er ergreift der gelesenen Dinge Be-
deutung, durch Auflösen und Verknüpfen. Das Urgesetz des Erkennens ist
die Erkenntnis der Einheit in der Vielheit. Die Kategorien der Eigenschaf ten :
der Identität. Gattung, Geschlecht, Art entspringen daraus. Die Kategorien
der Kräfte sind: bestehend, entgegenwirkend, mitwirkend, erwirkend; die des
Maßes: Punkt, Moment; unermessener Raum, unermessene Zeit, unermessene
Kraft Diesen vier Arten der Kategorien entsprechen vier Wissenschaften:
Ontologie, Naturkunde, Naturwissenschaft, Mathematik; die Ontologie ist
..Philosophie der Verstandes- und Vernunftsprache". Das „Kategorisieren" er-
folgt ..durch Erfassung, Distribution und Komprehension des Gegebenen; das
Eine wird ein Mehreres, das Mehrere wieder zu Einem". Die Vernunft ist
nur ein ..anwendend-höherer Verstand". Sie hat die Funktion, „im Unbedingten
ia Bedingte anerkennend zu finden und festzustellen", das Unbedingte auf das
Bedingte anzuwenden.
Die Weltanschauung H.s ist dynamisch, organisch, panpsychistisch, pan-
entheistisch. Gott ist die höchste, ja die einzige Substanz. Die Dinge sind
„modifizierte Erscheinungen göttlicher Kräfte". Während Gott ewig ist, ist
die AVeit ein System vergänglicher Dinge. Die Gottheit ist die Urkraft, die
sich in unendlichen Kräften auf unendliche Weisen offenbart. Die Dinge sind
„Ausdrücke der göttlichen Kraft, Hervorbringungen einer der Welt einwohnen -
ewigen Wirkung Gottes". Jedes Geschöpf hat seine eigene Welt, ist eine
Individualität. An sich ist die Welt ein „Reich immaterieller Kräfte, deren
ohne Verbindung mit anderen ist". Alle Dinge sind und leben in Gott,
Wirkungs- und Denkkraft zugleich ist. Gott offenbart sich in allem, aber
sonderer .Modifikation. Er selbst ist die „ewige, unendliche Wurzel aller
Dinge", in ihm isl weder Kaum noch Zeit; die ganze Welt ist sein Ausdruck,
eine Erscheinung Beiner ewig wirkenden Kräfte. Die Gesetzlichkeit und Ordnung
IVelf i-t Ausdruck der göttlichen Macht und Vernunft. Nichts kann völlig
untergehen; wem es auch als Erscheinung verschwindet, so wirkt es doch
; fort. Die Grundgesetze des Geschehens sind Beharrung (Selbsterhaltung),
mg mit Gleichartigein, Scheidung von Entgegengesetztem; überall gibt
Die Natur dauert in „ewiger Palingenesis" und ist ewig jung,
immer mehr harmonisiert. Im I {eiche Gottes besteht ein „Fort-
■ höhere Daseinsformel] treten auf. Alle Materie ist belebt, sie
- Lebendigen Kräften. Vom Stein bis zum Menschen herauf
I -in der Organisation. In der Natur steht nichts still, „alles
Di( Seele ist eine individuelle Kraft, deren Werk-
1 Leib ist Nach dem Tode wird die Seele ein neues
Herdeb Hl
_ .-in finden. Was wirkt, wirkt ewig; irenx) die Bulle vregföllt, bo bleibt <li<-
Kraft, die auch schon rot dieser Sülle ezistiei
Der Zweck unseres jetzigen Daseins ist aui Bildung der Humanität
richtet, der alle niedrigen Bedürfnisse der Erde nur dienen sollen. Die Buna
nitlit ist der Grundbegriff der BjBchen Geschichtsphilosophie, irelche
die menschlich« Geschichte al> Weiterentwicklung der Natur und als bedingt
durch das Naturmilieu auffaßt ,/<• Menschengeschichte ist eine reine
Naturgeschichte menschlicher Kräfte* Bandlungen and Triebe nach < >rt und
/••it/- In der Geschichte herrscht Gesetzlichkeit des Fortschrittes und die«
zi.lt aui die Berrschafl von Vernunft und Liebe, Ruf Humanität. „Unat
Vernunftfähigkeit ><>11 sur Vernunft, unsere feineren Sinne zur Kunst, ans«
Triebe zur echten Freiheit und Schöne, onsere B< epkräfte zur Menschen-
liebe gebildet werden.14 Die Erde ist ein „Übungsplatz", eine „Vorbereitu]
statte", die Humanität ist „Vorübung, die Knospe za einer zukünftigen Blum
I)i.- menschliche Kultur erwachst nur in der Gemeinschaft; der Mensch wird
• in ihr und durch di< M i Bchheil ah geschichtliches Ganzes, durch Tradition.
Erziehung, Sprache zum wahren Menschen. ImV Menschheil schreitet, trotzaller
Rückschritte im Einzelnen, ihrem Ziele, der höchsten Humanität, immer mehr zu.
In seiner Ästhetik („Kalligone") tritt H. ebenfalls als Gregner Kants auf.
Das S hone ist Dicht interesselos. Schönheit i-t das „Gefühl der Vollkommen-
heit eines Dinges". Die höchste Humanität ist die ßeligion, die Mutter
aller Kultur, aller Wissenschaft; die reine Religion ist Menschheitsreligion.
Ohne dafi H. eine philosophische Schule begründet hat, wann seine Lehren
doch nicht ohne Kinflur. (auf Goethe, Jacobi, W. v. Humboldt, Schelling u.
3 d Humanismus und Kultur-Evolutionismus findet sich, in neuer Form, bei
H._'l u. ;i. und in der modernen Geschichtsphüosophie and Ekmoloj
Bumboldt, Comte, Taine, Wundt n. a.) wieder.
Philo*. Si hrifton: Abhandlung Über den Ursprung der Sprache, 1778; 2. \.
1 7 >> r* . \ m li cino Philosophie der Geschichte der Menschheit, 177 1. Vom Brkeanen
und Empfinden der menschlichen Seele, 1778. — Ideen zur Philosophie 'I<t Ges
it. L784 C (Hsnptwork). Gott, 1787; 2 I 1800 — V<a d.-r cneni
liehi rbliehkeit, 1792 Briefe sur Beförderung der Eamaaitit, I i —
Ventand und Erfahrung, Vernonfl and Bprache, eine Metakritik zur Kritik der reinen Yernonft,
19. — Kslligt ». .\ L809. — Werke, L806 t, 1820
Suphaa, 1877 £ — Vgl. Havm. 11. 1877—85. - Kiiimmwv II i Pen
m Mwer Wehansehaaiif , 1892 H. StEPHAJT, II- P
Bibl.). — BlEOEL, Haider all Philosoph, L908 Ttmvukiv B, i. I
I i/. II. als P«y< bolo*;, i •
ii<rill<>» \ oh Kaith;i. Schüler di S Icera Zenon. Di<
kenntnis i-t oach ilim Endzweck da Strebens, die änderet i id nur
Nebenxwi i
I» I.Ai i:i. \ II, LI
llriiii^. I . Ewald, der berühmte Phj x _«i-dort
i. Sachsen, Prof. in I •• auch für die Philosophie von Bedeutung Nach
II i-t d;i- ' eine allgemeine I hafl der organi* h< M it< rie.
Hering Hermolaus.
B h ritten: Über das Gedächtnis, 1873. — Über Feehners psyehophysisches Gesetz,
— Zur Lehre vom Lichtsinn, 1905 ff', (neue Theorie d. Farben empfind.). —
Deutungen des psychophys. Gesetzes, 1909, u. a.
Hermann, Conrad, geb. 1818, Prof. in Leipzig, gest. 1897. = H. betont
den Anschluß der Philosophie an die Geschichte der Philosophie. Der Zweck
der Geschichte ist ..der Begriff oder die Idee der Freiheit der Menschen in
der an und für sich unendlichen Ausbildung eines Inhaltes".
Schriften: Grundriß einer allgemeinen Ästhetik, 1857. — Gesch. d. Philos., 1867.
— Philosophie der Geschichte, 1870. — Die Sprachwissenschaft nach ihrem Zusammen-
hang mit Logik, menschlicher Geistesbildung und Philosophie, 1875. — Ästhetik, 1875.
— Der Gegensatz des Klassischen und des Romantischen in der neueren Philosophie,
1877. - Hegel und die logische Frage der Philosophie in der Gegenwart, 1878. —
Vgl. BrASCH, Leipziger Philosophen, 1894.
Herniarchos. Schüler Epikurs. Von seinen Schriften ist nichts erhalten.
Hermeias aus Alexandria, Schüler des Neuplatonikers Syrianos, Ver-
r von Kommentaren zu Piaton (In Piatonis Phaedrum, ed. Couvreur, 1901).
Hermes, Georg, 1775—1831, Prof. der Theologie in München und Bonn.
= H., von Kant beeinflußt, vertritt einen theologischen Rationalismus (Her-
mesianismus). Anhänger von H. sind Esser, Elvenich, Biunde u. a.
Schriften: Philos. Einleit. in d. christkathol. Theol., 1819; 2. A. 1831 f., u. a.
— Vgl. ESSER, Denkschrift auf G. H., 1832.
Hermes Trismegistos. Unter diesem Namen (des „dreimalgrößten
Hermes") traten gegen Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. Schriften von syn-
kretistischem, dem Neuplatonismus verwandtem Charakter auf (,, Hermetische
Bücher").
Vgl. STOBAEUS, Ecloga (Fragmente). — Ferner Ausgaben von PARTHEY, Poeman-
der, de potestate ac sapientia divina, 1854 (deutsch schon 1781). — MENARD, H. T.,
2. ed. 1868. — W. SCHULTZ, Dokum. d. Gnosis, 1910. — Vgl. PlETSCHMANN,
H. T, 1875.
Ilermias, christlicher Apologet (Lebenszeit unbekannt, zwischen dem
zweiten und sechsten Jahrhundert), verspottet in seiner Schrift „Verspottung
der heidnischen Philosophen" (griechisch und lateinisch. 1855) die Ansichten
der Phüoeophen und deren Widersprüche.
Ilcrmiiio*. in <\<~r zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts v. Chr.
Peripatetiker. Sehrieb Kommentare zu Aristoteles.
II S< HMJIH, Do H. Peripatetico, 1907.
II «»i -inipnoH aus Smyrna, um 200 v. Chr., Verfasser biographischer
Tl ■ "7>r <,<,<i <■>>■. ix, i TIv&ayÖQOv, mgi 'Aqiotot6Xovs u. a.).
Herrn od oros au- Kphesos, Freund des Heraklit. — Vgl. ZELLER,
i • de H. Platonli ducipalo, 1859.
II<'rino<Ior<»«>. Schüler Piatons, schrieb über Piaton. — Vgl. den vorigen.
Hcrmolaus -. liarbarus.
Hermotimos il<
Herniotimos \ on Klazomenai, angeblicher Vorlaufet des Anaxa-
goras in da Lehre vom foi
Vgl. AJUBTOTELBS, Metsphys, 1, :;.
ItVrrniaiui. Wilhelm, geb. 1846 in Melkow, Prof. in Marb II.
i<r Schüler Ritschis und betrachtet wie dieser die Religion als ron
wissenschaftlicher Erkenntnis und Metaphysik Unabhängiges. Dei Glaube
ruht auf Werturteilen mit besonderer Kraft der Geltung, bezogen auf hoch
Bedürfnisse and Ziele der Persönlichkeit, denen sie entsprechen.
8 hriften: Die Metaphysik in der Theologie, 1 876. — Die Religion in ihrem \
zum Welterkesmea u. zur Sitti i< Lkeit, lb79. — Die Gewißheit dM Glaubens, 2. a. 1889, u.a.
I loi'tlin^. I in Darmstadt, Prof. in München. =
Arntotelisch-teleologischer, theistischer Standpunkt.
B ii ritten: Materio und Form und die Definition der Seele bei Aristoteles, 1871.
— Über die Grenzen der mechanischen Xaturerklärun^, 1875. — Albertos SfagBOS,
50. — Aufsätze und Beden, 1884. — J. Locke u. die Schule von Cambridge, 1892.
— Naturrecht und Sozialpolitik, 18t»3. — Da9 Prinzip des Katholizismus u die
Mhaf ;. a.
Herta, Heinrich, 1867 : Prof. in Bonn, berühmter Physiker
Zusammenhang zwischen Licht und Elektrizität).
H. i-r ein« der aeo-mechan istischen Physik, für welche
die mechanischen Vorstellungen Symbole („Scheinbilder*4 der Dinge und deren
die denknotwendigen Folgen dieser Bilder stets
wieder di<- Kider von den naturnotwendigen Folgen der abgebildeten Gej
stände4' sind. Das Grundgesetz der Mechanik lautet: „Jedes freie System be-
harrt in -ein. in Zustande der Buhe oder der gleichförmigen Bewegung in einer
adesten Bahn." [nnere Kräfte gibt es nicht . nur verborgene Massen und
!'•• a Kinetische Hu ori(
- brifteo: D. Prinaipien der Mechanik, is04 (Bd. III der Gesammelten Werk
Hervicn Natalis, aus Nedellec in der Bretagne, Dominikanermönch,
hielt Vorlesungen in Paris, gest 1323 in Sorbonne. Anhänger des Thomas
ron Aquino.
In quatuor Petri Lombardi sententiarum rolOBU]
1518 Vgl. Um i:i: \i r, S hl V.
II oi/:. Hans, geb. 186Ö in Breslau, lebt daselbst tischer Standpunkt
EUchtkrfifte und Energien (Arbeitskräfte) bewirken in ih r« r Kombination d
Weltganze." 1 >i<- Organisation beruht auf einer oeuen Gruppierung ron EUcht*
ften; diese wirken auch im Seelenleben, teils Bentripetal, teils abstoßend.
Schriften: J
L< II. ]'■
Her/.. Marcus, 1749 -1808, tot in Berlin. Bekannt durch -eine
Wechsel mit Kam. der ihm wichtige Mitteilungen über seine arbeiten machte*
IM <lfr spekulatniM. \\ ,1771 [StaadpSAlt
I '• i
ü(it> Hessen — Heymans.
lle**en. Bergius, Petersburg. = H. steht in seinem Denken liickert nahe
(Erkenntnistheoretischer Monismus, Wertteleologische Methode). Das Problem
des [ndividuellen ist (gegenüber Kant) zu betonen, indem das Individuelle
ebenfalls transzendental begründet wird. Kausalität ist mit Gesetzmäßigkeit
nicht identisch. Es gibt eine individuelle Kausalität, so in der Geschichte.
„Das individuelle Glied einer historischen Entwicklungsreihe wird immer als
Wirkung des ihm vorangehenden Individuums und als Ursache des darauf
folgenden individuellen Gliedes betrachtet.-' Ziel der Geschichte ist die „histo-
rische Entwicklungsreihe".
Schriftoir. Individuelle Kausalität. Studien zum transzendentalen Empirismus,
Kantstudien (Ergänzungsheft 15), 1909, u. a.
Henßler. Hans, geb. 1855 in Basel, lebt daselbst. — Schriften: D.
Kationalism. d. 17. Jahrh. 1885. — F. Bacon, 1889.
Ileydenreich, Karl Heinrich, geb. 1764 in Stolpen (Sachsen), seit
1789 Prof. in Leipzig, lebte seit 1797 in Burgwerben bei Weißenburg, gest.
1801.= Kantianer.
Schriften: System der Ästhetik, 1790. — System des Naturrechts, 1794 — 95. —
Grundsätze der Kritik des Lächerlichen, 1797. — Betracht, üh. d. Philos. d. natürl.
Belig., 1790 f. — Briefe üb. d. Athoism., 1796, u. a. — Vgl. die Heinze-Festschrift, 1905.
Heyder, Karl, 1812—1886, Prof. in Erlangen. = Anhänger Tren-
delenburgs.
Schriften: Die Aristotelische und Hegeische Dialektik, 1845. — Die Lehre von
den Ideen, 1874.
II «'> man*. Gerard. geb. 1857 in Fervverd (Friesland), Prof. in Groningen.
H.s Philosophie basiert auf der Psychologie. So vertritt er denn eine
psychologische Logik und Erkenntnistheorie. Die Logik fragt, „wie es zugehe,
daß im Bewußtsein aus gegebenen einfacheren neue zusammengesetzte Urteile
entstehen; sie versucht diesen Prozeß auf allgemeine und allgemeinste Gesetze
zurückzuführen und unsere Überzeugung, daß die Ergebnisse derselben auch
für die Wirklichkeit gelten müssen, zu erklären". Die Denkgesetze haben
tncharakter. Wir treten mit apriorischen Voraussetzungen an das Gegebene
i und ergänzen dieses. Die Metaphysik ist „angewandte Erkenntnis-
theorie" und hat „die für unser Denken notwendigen Grundlinien des Welt-
bildes zu bestimmen, sofern sich dieselben aus den Gesetzen des Denkens ent-
wickeln lassen".
I)i<- metaphysische Lehre H.s ist ein psychischer Monismus. Die
Wirklichkeit ist primär psychisch; physisch ist sie erst sekundär, als Reihe
icher Wahrnehmungsinhalte mit eigener Gesetzlichkeit. Was in dem
Subjekl ein psychischer Vorgang isi, wird von einem anderen (bezw. von
ideellen Beobachter) als Gehirnprozeß wahrgenommen. Die Gehirn vor-
istiereo also nur als Wahrnehmungsinhalte, welche durch psychische
• in einem anderen Wesen reranlaßl sind. Die Naturgesetze beziehen
ch b »glichen Wahrnehmungen der Beziehungen zwischen den psy
welche ihre eigene Gesetzlichkeit haben. Zwischen beiden
Hkym.w- Bildebrand.
Reihen und deren Gesetzlichkeiten besteht ein Parallelismui rTausaliUU
besteht nur innerhalb jeder Reihe. Der Panpsychismue besteh! zu Recht,
denn wir dürfen annehmen, dafi <la-. was hinter den äußeren Naturerschei-
nungen steckt, nur der Komplikation nach vom menschlichen Bewußtsein
nnterschieden ist
8 hriften: Gesetze und Elemente de- i im -nschaftlichen Denkens, 1890 — 94:
2. 190:». — Einführung in dl \sik. 1905. — Zur PanlleHmtufrage, Zeit-
für Psychologie <1. Sinnesorgane, Bd. 17 — 18. — Untersuchungen übe:
Hemmtwgen, !. e. Bd. 21. — I\vchologie der Frau, 1910, u. a.
Ilickock. Laurens P. . 1798- 1888, amerikanischer Philosoph. — Von
Kant beeinflußt.
Schriften: National Paychology, 1848. — Empirie*] Psychology, 1854. — Natio-
nal Cosmology, 1858. — Creator aml < leations, 1872. — ■ Collected Works, 1875.
Ili<-k». <>. Dawes, Prof. in London. ritten: Die Begriffe r.
BOB und Kovmenon und ihr Verhältnis zueinander bei Kant, 1897. — I f in
. Ltiea, Proe. of Aristot. Society, Bf. S. 1901, u. a.
Ilierokl«"«. um die lütte des 2. Jahrh. n. Chr.. Btoiker.
Vgl k. PeABCBTBR, B. d. Stoiker, 1901. — H., Ethische Elementar!.
nebst den bei Stobaeus erhaltenen ethischen Exzerpten aus 11.. unter
Mitwirkung von W. Srhubart bearbeitet von 11. \. Arnim, 1906.
II i<*rokl<"->. um 490 o. ehr. in Alexandrien, Neuplatoniker.
B 1. ritten Cummentar. in aurea carnnna Pythagori, 1583. — De providenti
.. — Quae supersunt, 1 >■:>:>, 1673.
II ioroin um aus Rhodos, im 3. Jahrh. n. Chr., Peripatetiker. Nicht
die Lost, sondern <lii- Schmerzlosigkeil ist <la- höchste Gut
- i. ritten: 1: . 1. Biller, ÜB ! >atura philolog. H. Sauppiu .. b lata. 1 880.
EUketJM aus Byrakus, Pythagoreex Z m Platons). Er lehrte die
Achsendrehung der Erde und «l«-n Stillstand der Fixsterne. „Hyeetas Byra-
cnsius, ut ait Theophrastus, caelnm, solem, hinam, Btellas, Bupera denique
omnia stare censd aeque praeter terram rem ullam in mundo moreri: quai
cum eireum nem se summa celeritate conrertal <t torqueat, eadem effici omnia
quae -i stante terra caehim moYeretur" (Cicero, \<a<l. priori II. 19,
llilariu«*. Bischof ron Poitiers, um 350 n. ehr. Alles Geschaffen!
ist körperlich, auch <li' Seel< des Menschen.
YgL A. BlCK, Di« Lehn det M. r. l', Phil« 1900.
II ihh'iMTi \ "ii Larardin, geb. L067, I i Toun am
1139 D llim früher zugeschriebene .traetatus th< -' und «Ü« ..phil« »-
ihia moralis" sind nicht von ihm.
fgt 11 m 1:1 \i
llil<l<>iM-aii<l . Adolf, geb. 1847 in Marburj berühmter Bildhan
durch Beine Schrift D Problem «I Form in d. bildenden Kunst", iv
I \ für die Uthetik \<'ii Beden tun
BlLLEBRAND — HiNTON.
II illchraiiri. Franz, geb. 1863, Prof. in Innsbruck. = Anhänger Brentanos.
Per Schlu B ist „ein durch ein oder mehrere Urteile motiviertes Urteil". Es
gibt Syllogismen mit vier Termini (S, M, P, p), von denen zwei einander
kontradiktorisch entgegengesetzt sind; die Quaternio terminorum besteht also
zu Rocht. Die Hypothese ist „ein Urteil, welches wir darum für wahr
halten, weil wir erkennen, daß ein anderes Urteil, welches uns als sicher gilt,
ans ihm mit Notwendigkeit oder mit Wahrscheinlichkeit folgt".
Schriften: Die neuen Theorien der kategorischen Schlüsse, 1891. — Zur Lehre
von der Hypothesenbildung, 1896. — Über die spezifische Helligkeit dor Farben,
Sitzungsberichte der Wiener Akad. 1896. — Theorie der scheinbaren Größe beim bino-
kularen Schon : Denkschrift, der Wiener Akad. Bd. 72, 1902, u. a.
Hillehrand. Josef, geb. 1788 in Großdüngen bei Hildesheim, Prof. in
Beidelberg (1818) und Gießen (1822), gest. 1871 in Soden. = H. ist wesentlich
von Leibniz, Jacobi und Hegel beeinflußt. Wie dieser geht er von dem Be-
griff der Identität des Denkens und Beins aus und faßt den Weltprozeß als
dialektische Entfaltung der Idee auf. Das Absolute ist vollendete Tätigkeit.
Der Geist ist Freiheit, ..Selbsterfassung und Selbstsetzung des Seins", ein Pro-
duzieren und Erhalten, Organisieren. Nur in und mit der lebendigen (Selbst-)
Individualisierung gelangt er zur konkret erscheinenden Wirklichkeit.
Schriften: Die Anthropologie als Wissenschaft, 1822 — 23. — Lehrbuch der theo-
retischen Philosophie, 1826. — Die Philosophie des Geistes, 1835. — Der Organismus
der philosophischen Idee, 1842. — Universalphilos. Prolegomena, 1830, u. a.
Hinneberg, Paul, geb. 1862 in Felchow, Prof. d. Geschichte in Berlin.
= Kollektivistische Geschichtsauffassung.
Schriften: D. philos. Grundlagen d. Geschichtswiss. 1888 u. a.
Mim i<*li>. Hermann Friedrich Wilhelm, geb. 1794 in Karlseck, 1819
Privatdozent in Heidelberg, 1822 Prof. in Breslau, 1825 in Halle, gest. 1861 in
Fried richsroda.
H. ist Hegelianer, der Hegeischen „Rechten" angehörend. Was am Sein
dal Wahre ist und die eigenen Bestimmungen des Denkens sind derselbe In-
halt, ab welcher Bein und Denken übereinstimmen. Im Erfahren ist das Sein
alfl Gedanken dem Denken gegenständlich; die Gedanken gehören sowohl den
Dingen als dem Denken an und sind das Letzte, wozu es im Beobachten
kommt, das Innen; der Dinge. Das Sein erweist sich als „das Sein des
Denkens". In der Logik ., erzengt" das Denken sich selbst und ist insofern
etisch". Gi erzeugt sich selbst den Stoff und ist sein eigener Stoff (vgl.
D .
r. riften: Ine Religion im inneren Verhältnis zur Wissenschaft, 1822 — Grund-
. hie der Logik, 1826. — Genesis des Wissens I, 1835. — Politische
dichte «1er Hechts- und Staatsprinzipien seit der Reformation,
lljiiton. Ji '.'- L875. Standpunkt ■/.. T. ähnlich me Hodgeon.
hii dwelliog Place, 18.09. — Life in Nature, 1862. — The
lllNK.N |I| l:\HA V.M.
M\ storv of Pain. 1 ^»36- — Chapters on tho Art of T\ ; :». — Philosoph)- of
Religion, 1881, u. a.
llippa*o<» aus Rfetapont, Im 5. Jahrb. v. ehr. AI- das Prinzip
des Dinge betrachtet er irie Heraklil das Feuer, ans dem all« b eht and
worin sich alles anfl
Hippia«* am Elia, um 130 v. Chr., Sophist, durch Bein« Kennti
und Beine Rhetorik bekannt II. unterscheidet von den alL i, einen
ttlichen Ursprung aufweisenden rittlichen Gesetzen die positiven I
h ihm oft oichl naturgemäß, bei verschieden«] Völkern verschieden und
wandelbar sind. Das Gesetz ist ein Tyrann, denn es nötigt die Menschen zu
Naturwidrigem \(f 81 v6f*os, rvQQavoi &p i&v äyögtoncov, itoÄXa Ttaga typ ipvtuv
ßüxtnai, Piaton, Protagor. 337 D ,
PULTON, in den Dialogen: Protagons, llippias maior und U. minor; ferner:
DlEL8| Fragmente der Vorsokratikrr 11.
II ipporiamo* i "ii tfilet, im •">. Jahrh. \. du-., hat nach Aristoteles
Polit II. 5) als erster Privatmann aber die Staatsverfassung geschrieben. Den
teilte er in <lr«-i Abteilungen, ebenso das Land (Heiliges Land. l$gd\ Gh
meinland, 8ijfiooia\ Privateigentum, 18
Hlppokrate*. Den Namen diesen berühmten Arztes (.Mitte des
Jahrh. v. Chr.) tragen auch verschiedene (peeudohippokransche) Schriften |
i. a. . : Vnii Heraklit beeinflufit.
DlELS, i i tga m ■■■ • ■ • v- raokratiker 1 — l'vnv Quellenstudien m Bei
idohippokr. Scbriftan, i xs i.
IlippolytuM. um 230 n. Chr., Schüler des Lrenäns, Presbyter in Koni,
um 'S.v.) nach Sardinien verbannt l'.r schrieb a. a. ein Bach gegen die
Ketzereien (xoi Etefutatio omnium haeresium,
gefunden, lv">i bera >en. Nach IL lind die Lehren der Qnostiker
nicht aus den heiligen Schriften, Bondern ans ^-v Philosophie der Griechen
her ngen. Den Logos hat Gott als den Weltgedanken ans sich selbst
iigt und durch ihn ist dann die Welt ans nie! baffen irorden.
i;i \~i \. ii «i B i aoroFi 1 1 »s, B - tri
llippon aus Samos "der Rhegium, im vierten Jahrh. \. Chr. Nach
11. i-t (wie nach Thaies) das Wassei das Prinzip der Dinge; auch die Seele
ist „\\ .!--■ i ■'.
Triften: Fragmente bei Di« m. d Voi »i L \
in ach- r. W*H . \ ■•■• 111. IM
Hu ii. 1 l' • ni an der l niversität Helsingf ano-
iseh-kiilttirgeschiehtliche Ableitung der Kunst.
.. nt tea; Orifia of An. I'm^-j iU
lliriiliaym. Ilienniymus. geb. 163 [Yoppau, Jvikar d
iii-.n-lrai. n- 1079 in Pl
IL ist (wie Pascal n. a.) insofei ^ke|»nk<r. aL -i da- \\
and Offenbarung ^erii iL unsicher hinstellt. \
HlRXHAYM — HOBBES.
allem zieht er gegen die Überhebung und Nichtigkeit der Wissenschaft los.
Er erklärt Ferner, weder die Sinneswahrnehmung noch der Intellekt seien zu-
verlässig. Hingegen gibt es ein „inneres Licht'', welches dem Glauben die
Gewißheit verleiht. „Parum igitur in scientiis nostris certitudinis et veritatis."
Die Tugend ist die wahre Weisheit.
Schriften: De typho goneris humani, 1G7G — Vgl. C. S. BARACH, H. H., 1864,
Hi*siiiaim. Michael, geb. 1752 in Hermanstadt (Siebenbürgen), Prof. in
Göttingen, gest 1784, = Von Bonnet beeinflußt. Die Assoziation erfolgt nach
i-ten/ und Ähnlichkeit.
Schriften: Geschichte d. Lehre von d. Assoziat. d. Ideen, 17 76, u. a.
Ilohhe*. Thomas, geb. 5. April 1588 in Malmesbury, studierte in Oxford
Aristotelische Philosophie und wurde von dem Nominalismus des Wilhelm von
im beeinflußt. 1008 wurde er Erzieher im Hause Cavendish (des späteren
n von Devonshire) und reiste als solcher in Frankreich und Italien,
Später hielt er sich öfters in Paris auf, wo er mit Gassendi und Mersenne
ehrte und seine Hauptwerke verfaßte. H. starb am 4. Dezember 1679 zu
llardwicke, im Hause des Grafen Devonshire.
H. tritt der Scholastik, die er genau kennen gelernt hatte, entgegen und
stellt eine auf Erfahrung, exakter Wissenschaft, logischer Ableitung beruhende
Philosophie auf, die von den Ideen und Ergebnissen von F. Bacon, Kepler, Galilei,
Harvey u. a. ausgeht. Philosophie und Theologie werden scharf auseinander-
gehalten, wie bei Bacon, und es Avird wie von diesem die praktische (dem
Streben nach Macht dienende) Bedeutung der Philosophie betont. Zwar huldigt
II. einem gewissen Phänomenalismus, nach welchem der (abstrakte) Raum
etwas Ideelles ist, aber innerhalb desselben vertritt er den Naturalismus,
M. ihanismus, ja Materialismus, überall die strenge Gesetzlichkeit des
' h schehens betonend. In seiner Erkenntnislehre verbindet er mit dem Empi-
i i »ums, ja Sensualismus einen gewissen Rationalismus (unter dem Einfluß
der Mathematik, Logik und Jurisprudenz).
Die Philosophie ist nach H. die Erforschung der Wirkungen aus den
lit-ji und der l'rsachen aus den Wirkungen („effectuum per causas
cognitas \. I causarum per cognitos effectus brevissima investigatio" ; „effectuum
sire phaenomenoD ex coneeptis eorum causis seu generationibus, et rursus
generationum quae esse possunt, ex cognitis effectibus per reetam rationem
acquisita cognitio"). Der /weck der Philosophie ist, daß wir uns der vorans-
tellen Wirkungen zu unserem Nutzen, unserer Macht bedienen. Da alles
Wirkliche „Körper" oder Zustand von Körpern ist, so ist Gegenstand der
Philosophie „corpus omne, cuius generatio aliqua coneipi potest". Die Philo-
Bophie gliedert rieh in Natur- und G^sellschaftsphilosophie (,,philosophia natu-
tiilosophia civilis"); letztere zerfällt in Ethik und Politik. Die „erste
Phil« et mit den Grundbegriffen (Kaum und Zeit, Ding, Ursache
I)ie Methode der Erkenntnis ist die analytische, verbunden
. tnethodus resolutiva, analytica — methodus compositiva,
§ynth( ung hat die Erkenntnis in der Erfahrung und diese in der
Hmi.i, 271
Empfindung, irdene durch äußere Reize — vermittelst einer Reaktion seitei
< Organismus —am wird. Die Erfahrung isl eine8umme von Vorstellt]
Binnüchen Urspru hantasmatum copia orta ex multarum rerum sensiotribus")
die Erinnerung an eine Vielheit von Dil aemoria multirum rerum"). 1»
Empfindung ist eine Reaktion des Organismus auf eine äußei Einwirkung
(„Sene gani Benaorii conatn ad extra qui generatur h conatn ab
obiect - interna, eoque aliquamdiu manente per reactionem factum phan-
[ndem die Erregung fortdauert und das Bewußtsein, empfunden zu
haben, entsteht, ergib! -i<-li das Gedächtnis („Sentire se sensisse est memi-
\.~ gibt nur Berährung8as80ziationen und diese Bind mechanisch eu
erklären, [ndem wir mit den Vorstellungen Zeichen (Worte) verknüpfen und
dk Namen verbinden und trennen, addieren und Bubtrahieren, kommt es zum
Denken, welches ein Rechnen ist („Rationari igitur idem est, quod adda
ahstrahere, v.l ai <\\n> adiungat bis mulüplicare et dividere. Computar
plurium rerum BÜnul additarum Bummam colligere vi ans re ab alia detraeta
esiduum' i. Für den Weisen Bind die Worte bloße Rechenpfennige,
die nur für den Torrn Gold bedeuten („Vocabuli . . . Bapientium quidem cal-
culi Bunt quibus computant"). Das Ülgemeine besteht nur in der Geltung
eines Namens tür eine Klasse ähnlicher Dinge (Nominalismus). Ea jd>t in
den Dingen selbst nichts allgemeines [z. V>. keine allgemeine Materie, nur
einzelne Körper).
I >i<- Qualitäten der Empfindung i Farbe usw.) Bind mir subjektiv, kommen
nicht den Dingen selbst zn („seemiog and apparitions only"): »Lux,
calor, Bonus et caet qualitates, quae Benaibiles vocari solent, obieeta nun sunt.
entieritium phantasmata." Eigenschaften der Körper Belbst Bind nur Größe,
Ausdehnung und Bewegung, welche beiden Letzteren aber auch zuweilen als
ideell angesehen werden. Der allgemeine Kaum als solcher jedenfalls ist etwas
eine Vorstellung („imaginarium, quia merum Phantasma0), ein
„Phantasma rei existentis, quatenns existentis, i. • •.. oullo alio eius rei aeeidente
considerato praeterquam quod apparet extra imaginantem". I > i« - Zeit ist ein
Bild der Bewegung (.,phantasma motus"). I>ie B< w« gung ist das
Verlassen eii - und das Einnehmen eines anderen. Alles NaAurgeschehen
b! in Bewegungen da Körper und ihrer Teilchen, denn alles Wirkliche
ist körperlich (bezw. ein natürlicher oder ein künstlicher Körper, wi
Staat ist Körper ist das den Raum Erfüllende, ans kleinsten ausgedehnten
Teilchen (Korpuskeln) Bestehende. Die Materie ist dei Körp n er all-
gemein gedacht wird; die Potenz zur Empfindung ist ihr eigen bo schon Bacon).
Bewegungen liegen auch unseren Empfindungen zugrunde, ebenso uns«
< > <■ t uli !<• ii . die auf einer von den Sinnesorganen cum Herzen dringenden
i ung beruhen, welche die Zirkulation teils begünstigt Lusl . teils hemmt
(Unlust). I >:i~ B( _ • h r • • 1 1 i-t ein Strelwn, das aut /ukiinfti luiu-s
-i- li richtet I N r W llle ist ein der t s das
Kampf der Motive sich durchsetzend« - Da ill< blieh
ln-tiniiiit i-t. s.. i-t amli da- Wollen -tn Dal Handeln i-t
nicht der Wille; die Menschen haben non (pudern vo\
272 HOBBES Hor.llOUSE.
quae volunt faciendi". Frei Lei das Handeln, sofern es der Natur des Menschen
und dem Willen entspringt.
Von Natur aus strebt alles nach Selbsterhaltung (vgl. die Stoa) und
Macht; der Egoismus wurzelt im Wesen der Dinge. Gut ist das Erstrebte.
Lasterregende und das erste Gut ist „sua euique conservatio" (vgl. Spinoza).
Durch Nützlichkeitserwägungen führt die Selbstliebe zur Übereinkunft, zum
Staate und zur Sittlichkeit innerhalb desselben. Die Ethik ist die Lehre von
dem. was in der Erhaltung und Gesellschaft der Menschen gut und schlecht ist.
Die Rechts- und Staatsphilosophie H.s beruht auf einer Art Vertrags-
theorie. Im Naturzustande strebt jeder nur nach Selbsterhaltung und Macht,
jeder ist gleich und hat ein Recht auf alles. Der Mensch ist hier dem
Menschen ein Feind („homo homini lupus) und es besteht der Möglichkeit oder
Idee nach ein Krieg aller gegen alle („bellum omnium contra omnes", De cive
1. II ff.; Leviathan II, 17). Furcht und Vernunfterwägungen führen aber aus
einem solchen „ Status hostilis" heraus, nicht etwa soziale Triebe. Durch Verzicht
der Individuen auf ihre absolute Freiheit entsteht der Staat, der politische
Körper, der alles verschlingende, mit einem einheitlichen Willen begabte
„Leviathan", eine Person mit absoluter Macht. „Civitas persona una est, cuius
actionum homines magno numero per pacta mutua uniuseuiusque cum unoquo-
que fecerunt se autores; eo fine, ut potentia omnium arbitrio suo ad pacem et
communem defensionem uteretur" (Leviathan II, 17). Der Staat dient dem
Schutze und Wohle des Volkes („salus populi suprema lex"), muß aber zu
diesem Zwecke die absolute, ungeteilte Gewalt der Regierung haben, auch über
die Religion und Kirche. Erst im Staate kommen Kultur, Recht und Sittlich-
k . i t zur Entfaltung; letztere ist also durch den Staat bedingt (Autoritative
Ethik). Die Strafe dient der Abschreckung. Die beste Verfassung ist die
lute) .Monarchie. Die Religion muß Staatsreligion sein; sie ist Furcht
vor unsichtbaren Gewalten. Die Gottheiten sind ein Produkt der Furcht und
_re und der Unkenntnis der Ursachen der Dinge.
hriften: Elementa philosophica de eive, 1642, 1647; deutsch 1873. — De
corpore politico, 1650. — Human nature, 1650. — Leviathan or the mattor, form and
autWity of government, 1651; lateinisch 1668; deutsch 1794 — 95 (Der „Leviathan" ist
der Staatsorganismus). — Quaestioncs de übertäte, necessitate et casu, 1656. — De
corpore. 1655 (englisch, 1668 lateinisch). — De homine, 1658 (englisch, 1668 lateinisch).
— The Elements of Law, Natural and Politic, ed. Tönnies, 1888. — Behemoth or the
ParlUment, ed. Tonnies, 1889. — The Life of Th. H., 1680. — Werke, 1668
Uateüu- ■ i. , 1750 (englisch). — Opera philosophica, ed. Molesworth, 5 Bde., 1839 —
45. — BsgUsh Work*, ed. Molesworth, 10 Bde., 1839—45. — Vgl. TÖNNIICS, H.s
. and Lehre, 1896 (Frommans Klassiker d. Philos.); Viorteljahrsschr. f. wissensch.
79 81; Aroh. f. (Jeseh. d. Philos., 1904. — G. C. ROBERTSON, Hobbcs,
M. KÖHLEB, 11., 1902. LYON, La philos. de IL, 1893.
IIoMmhi^«-. L. I. geb. L864, Prof. in London. = H. hat zuerst unter
glischen Philosophen der Neuzeit ein eigenes Werk über
riafit Li isl ein Gegner Greens, vertritt einen empiristischen
Sinnlich wie Mill a. tu) und nimmt an, dal) in der Wahrnehmung
HOBHOU8E ll"li BAI I
durch welche uns die Du.. ben werden, di< E ite schon miieuumd
verbunden Bind.
Schriften: The Theory of Knowledge, 1896. — Some Problems» of Coaosptisa,
Mir.d N. 8. Vi, lb97.
Ilotl^oii. Shadworth JI.. _ ! ;i. Boston, englischer Philosoph.
Die (immanente) Metaphysik muß nach H. ani einer Analyc
fahrung beruhen. Es zeigt sich hierbei der Refleadonscharakter des Bewußt-
seins als Wissen um Objekte durch Rückgang von einer gegenwärtigen Wahr-
nehmung zu einem (objektivierten) ESrinnerungsinhalt Die Objektivität ist
also kein Ding an .sieh, nichts jenseits des Bewußtseins Liegendes, Bondern ein
zum Bewußtsein Gehöriges, im „primary consciousn Existenz
ist ..|>!- in consdousness", phänomenal Die Dinge Bind phänomenal,
iprfinglich mit der Vorstellung eins, Wann aber von dieser als Inhalt (im
»atz /um Bewußtseinsvi unterschieden. Der „ordo cognoscendi*4
Bewußtseins i-t reflexiv, der „ordo existendi*' nach vorwärts gerichtet.
Ein unendliches Bewußtsein umfaß! alle Erfahrungsinhalte. Die physischen
V lind nicht Ursachen, sondern „reale Bedingungen" der psychischen.
i erhaupl ist der Begriff der Ursache durch den der „real condition" zu
Das 1 lenken i-t durch das Streben nach geistiger < Ökonomie (vgL IIa
h Erlangui ßtmöglicher Wirkungen mittelst des kleinsten ELraft-
aufwandes bedingt: MThe fundamental law of all reasoning considered as an
action is the law of parcimony, because il is the practica] law of all voluntary
rt to do the most we can with the least effort we can" 'Philo-. ,,i i;. .
Oection I. 2
: Tim« ind Bpaee, 1865. — Tho Tasorj of Practica, I87u. —
Philoeophj i "ii. 1878. — The Hetephyuc of Kxperieoee, 1898 (Hauptwerk). —
llethod of Philoeophj, 1882. — The hro Bnnini of Iteality, 1883. — Philoeophj
85. — The Unaeei World, 1887 u. -\ . tsdlangen im ,,Min<l"
i \, \ 1. \ 111, X, M. Mll. \\ 1) u. u. — VgL L DAüäIAC, B. il., L'ai.u.L- philos,
Iloem-W r<>n>Li. Josei Maria, 177^- 1863, Polnischer Philosoph, von
Kant beeinflußt, der vermittelst der Mathematik die Philosophie auf den Stand-
punkt des absoluten Wissens erheben will und Bpäter einen ,,Mes8ianismus"
vertritt, die Lehre von der einstigen Herrschaft der Vernunft in der Welt
ii ritten: Philosophie critiqaa deeooi K.u.!. 1808. Bept i
Uta, 1801 iheolae, im l (1878; est
Pormolii — . 11 phie o. •
Bl KATY, II. W , 1844 (;
II oilitauer. Johann Christoph, geb. 1766 in Bielefeld, Prof. in Halle,
. dasei bsl 1 v_7. : - Kantiai
Analytik ■ :• — Nttl I ■ —
äofugl ■ ' i — Naturlt-Li •
18. — Unterauchu i <li<- Krankheiten doi
UaopUnwt'ndaDgen uuf di(
— Über die - ».
1^
274 lloirmv..
HöÜ'iliii^. Harald, geb. 1843, Prof. in Kopenhagen.
H. ist teils von Kant und Schopenhauer, teils vom englischen Positivismus und
Evolutionismus beeinflußt Seine (viel gebrauchte) Psychologie steht zwischen
Lations- und Apperzeptionspsychologie in der Mitte und hat einen voluntaristi-
Bchen Charakter. Den Elementen des Bewußtseins geht der „Totalitätszusammen-
hang" voraus und die Synthese gehört zum Wesen des Bewußtseins, in welchem
9 Streben nach Einheit auch für die Erkenntnis von Bedeutung ist. Neben der
iation ist die Aktivität des Bewußtseins zu beachten, welche im Penken
und Wollen zum Ausdruck kommt. Gefühl und Trieb sind auch in der
Assoziation wirksam. Das direkte Wiedererkennen beruht auf einer „Bekannt-
heitsqualitat" infolge psychophysischer Dispositionen. „Das Wiedererkennen
(und die Bekanntheitsqualität) entsprechen der Leichtigkeit, mit welcher ver-
möge der Disposition des Gehirns die Umlagerung bei Wiederholung des Ein-
drucks geschieht''. Der Wille ist die „fundamentalste Form des Bewußtseins-
lebens", die synthetische Kraft, die Aktivität desselben ; er ist primär, unableitbar,
indem ein Drang nach Bewegung schon aller Wahrnehmung vorausgeht. Der
Wille ist nicht Gegenstand der Beobachtung, da er sich als Voraussetzung über
\s ganze Bewußtseinsleben erstreckt. Die Aufmerksamkeit ist durch Interesse
und Willen bedingt, das Denken eine aktive Willensfunktion. Das Bewußtsein
enthalt eine „zentrale Richtung'', ein Wählen gemäß dem Wesen des Ichs.
Betreffs des Verhältnisses von Leib und Seele vertritt H. die Identitäts-
i ie und den Parallelismus. Die Identitätslehre ist nach H. eine Arbeits-
hypothese. Jede Reihe des Geschehens ist so vollständig und kontinuierlich
wie möglich zu untersuchen. Psychisches und Physisches gehen einander als
zwei Äußerungsformen eines und desselben Wesens parallel. Die physische
Kausalkette ist lückenlos, nirgends wird das Energieprinzip durchbrochen; das
Psychische ist mit dem Physischen gleichzeitig.
Es gibt nach H. vier philosophische Hauptprobleme: I. das psychologische
Problem von der Xatur des Bewußtseinslebens; IL das Problem von der
Gültigkeit der Erkenntnis; III. das Problem von der Natur des Daseins;
IV. das WVrtungsproblem. Voraussetzung des Erkennens ist die synthetische
Tätigkeit des Bewußtseins, die Quelle der Kategorien. Erste Kategorie ist die
Synthese selbst, zweite die Relation. Gefunden werden die Kategorien durch
„Analyse der Formen, in welchen sich der Gedanke unwillkürlich in Wechsel-
wirkung mit dem Gegebenen und den von diesen gestellten Aufgaben bringt"
(Annalen der Naturphilos. 1898). Das Kontinuitätsprinzip (Streben nach ein-
heitlichem Zusammenhang) kommt im Kausalprinzip zum Ausdruck, welches
insofern apriorisch ist. Die Gesetze des Denkens nötigen zur Annahme eines
an sich, welches wir aber nur so erkennen, wie es für uns ist. Der
'1. den wir seitens der Dinge erleben, bedingt die Setzung von
Ol erst durch das Denken ihre Bestimmtheit erhält.
J< ohle entsprich! ein Wert, d. h. etwas, was Befriedigung herbei-
! irfnif abhilft; die Rangfolge der Werte bemißt sich nach
1 Dai Lebensgefühl, das intellektuelle, das ästhetische und
ühl bekunden verschiedene Arten von Werten. Die Ethii
Höffddi'G — Höfler.
ELs i-t evolutionistisch, teleologisch, stark sozial. Die Ethik hat zwei A
erstens die historisch-vergleichende, zweitens die philosophische de P
Schätzung aoi (nundlage der biologisch •psychologisch — alen Natui
Menschen. Das ethisch« / entsteht, wenn die Lebensbedingungen des
umfassenderen Ganzen in bestimmten Qedanken Formuliert werden. Möglichste
Wohlfahrt und möglichste] Portschritt der Gesellschaft (als Büttel znr Ent-
wicklung der [ndividuen) ist anzustreben (Sozialendämonismus . Die Sympathie-
gefühle, welche den Ausgang < l*-r Moral bilden, sind ebenso ursprünglich wie
der Egoismus; auch ist das Gesetz der ^Motivverschiebang" von Bedeutuni
die Entwicklung des Geistes und der Sittlichkeit. - Der Kern der Belij
ler Glaube an die Erhaltung des Wertes". Der religiöse Glaul
Oben von einer Festigkeit, einer Zuverlässigkeit, einem onunterbrocli
Zusammenhange in dem Grundverhaltnisse des Wertes zur Wirklichkeit I>i<'
religiösen Gefühle Bind durch das Schicksal der Werte im Kampl ame D
Mint. Ein ,,kosjnischee Lebensgefühl'' besteht.
- hriften: Die Urundla?. d. humanen Kthik, 1880. — Einleit. in d. englische
Philo- Lantech '-'• A. 1893, 4. A. 1908. — Ethische Prinzij.ien-
I, 1896. — I , 1895—96. — Ethik, 3. A
— Eleligi >nap] Llosophie, 1902. — Philosophische Probleme, 1903. — Moder
Bophe: rb. d. Gesch. d. m Philo*., 1907. — Arbeiten über Spinoza
. Darwia (18891, Kierkegaard (Froatmaaa Klassiker der Philos.). — Abhandle
Lber Wiedererkenaea, Assoziation u. psychia ho Aktivität, Vierteljahrsschr. t'.
, — 14, 1889 — 9(1. — Ober dai Wiedererkennen, Philo-. Studien Vlll. —
r de la volon!'. B ■■•. . da .-t de murale, 1904,
lloftiiiaiui. Franz, 1804—1881, Prof. in Würzburg. = Bedeutende
Anhängt r Baaders.
- hritten: Rpekolativa Eutwickloag der ewigea Selhsterzeu^un<,' Gottes, aus Baa
\ orhalte zur spekulativen Theologie Baader-, 1^3f>. — I
• >philosophio von F. Baader, 1837. — F. \. Baader all Begründer di'r Philo-
sophie der Zukunft, 1886. — Theismus und Pantheismus, 1861. Die Weltalter, I
htrahlen aus Baaders Werken, 1868. - Philoa. Schriften, lM's tt., u. a.
Ilöfler. Uois, g< i L853 in Kirchdorf ftcod in Wien.
II. i>\ wesentlich von Meinung beeinflußt Gegenstand der Psj chologiesind
aaefa ihm die psychischen Erscheinungen, welche durch innere Wahrnehmung
imit Evidenz »teilt werden. Seele und Leib sind verschieden und stehen
miteinander in Wechselwirkung. Die intellektuellen V \ teilen
und Urteilen, di< l emütec Gefühle und Begehrungen. Vom psychischen
Akt ist dessen uimiit t« Heu» r Inhalt 1 1 1 1< 1 x « • i » diesem der Gegenstand (bezw. das
„Objektiv", -. Meinong) an unterscheiden. l>.i~ I rteü ist ein Akt des An-
arkennens cxler Verwerfens, Oewiase Urteile werden mit Bvidem ron nni
fällt. \.- gibt apriorische und anmittelbar evident* I rteüi Im Binne der
andsthi oi u M- im i d. ■. I », D • sind solche
Unmittelbar evident Urteile, deren d rnmöglichkeits- und
Notwendigkcitshe/.iehungen zwischen Urteilen selbst sind. Die Psychologie i-t
«in. Grundlage der Philosophie, da ab i ■ ,. tau überall
276 Höfler — Holbach.
ostandstheoretisch" vorgegangen, d. h. das Gegenständliche, auf welches
psychische Akte gerichtet sind, untersucht werden muß, so ist die Philosophie
nicht ..psychologistisch.'' — Eine Philosophie der Physik ist notwendig und
zwar auf dem Boden des Realismus und der mechanischen Naturauffassung
:i Mach. u. a.).
Schriften: Logik, 1890 (mit Meinong). — Grundlehren der Logik, 1890, 1908.
— Psychische Arbeit, 1893. — Psychologie, 1897. — Grundlehren d. Psychol., 1897,
7. — Die metaphys Theor. von Leib u. Seele, 1897. — Studien zur gegenwärtigen
Philosophie der Mechanik, 1900. — Propäd. Logik u. Psychol., 1903. — Zur gegen-
wärtigen Naturphilosophie, 1904. — Sind wir Psychologisten ? Lesestücke aus philos.
Klassikern, 1906. — Grundlehren der Logik u. Psychol., 2. A., 1907. — Drei Vorträge
über Mittelschulreform, 1909, u. a.
lltfijer, Benjamin, 1767 — 1812, Prof. in Upsala. = Von Fichte, Schelling
und Hegel beeinflußt. Das Absolute ist die Einheit von Subjekt und Objekt.
Die Individuen (Subjekte) sind nur die Selbsteinschränkungen, durch welche
sich das Absolute offenbart.
Schriften: Über die philosophische Konstruktion, 1799; deutsch 1801. — De
■mate, u. a.
Hol ha cli. Paul Heinrich Dietrich, Baron von, geb. 1723 in Edesheim
i Pfalz), in Paris erzogen, wo er mit d'Alembert, Diderot, Helvetius, Grimm u. a.
verkehrte und wo seine Salons von den Freigeistern aller Art besucht wurden,
gest. 1789.
H.s „Systeme de la nature", die „ Bibel des Materialismus", ist das System
des Materialismus (Mechanismus, Determinismus und Atheismus) des 18. Jahr-
hunderts. Es übte eine große Wirkung aus, vor allem in Frankreich, wo die
Anvhauungen dieses Systems nur die von vielen Kreisen gehegten zum Aus-
druck brachten. Holbachs Lehre ist vor allem ein System des Naturalismus.
Die Einbildungen der Metaphysik sind ohne Wert, nur auf die Tatsachen der
Natur, auf Erfahrung muß sich das Erkennen, die Philosophie stützen. Es gibt
nichts Übernatürliches, alles geschieht natürlich, im Bereiche des Universums, in
«reichem ein streng geschlossener Kausalzusammenhang herrscht und strenge
tzlichkeit und Notwendigkeit, ohne Zweckursachen, aber auch ohne Zufall
walten. Die Natur ist ungeschaffen, ewig, das System der Körper und ihrer
Sie ist „le grand tout qui r£sulte de Fassemblage des differentes
matieres, de leur differentes eombinaisons, et des differents mouvements quo
royonfl dans l'univers". Unbekannte Kräfte gibt es nicht, nur Anziehung
and Abetoßung der Atome, auf welchen Kräften die Verbindung und Trennung
*\<-r Dinge beruht Alles ist tätig, reagierend, absolute Ruhe gibt es nicht.
In dem ewigen Werden entsteht aber nichts absolut Neues und ebenso wird
Dichte zu Dichte. Attraktion und Repulsion treten im Anorganischen wie im
Geistigen, Sozialen auf, hier als Liebe und Haß, Sympathie und
Antipathie. Dai Streben nach Selbsterhaltung herrscht überall, sei es als Trag-
i ah Selbstliebe.
in Komples ron Bewegungen und mich die Seele ist eil!
ches Wesen", identisch mit dem Gehirn, da eine immaterielle
HOLBAGB - ll«"il l'KIil.IN.
- lensubstanz eine reine Fiktion und Verdoppel Dae i he, die
Empfindung und das auf ihr beruhende Denken, ist nur eine Punktion d
I lehirns, von dessen Entwicklung daa psychische Wachstum und der psychische
V.-rfall abhängig ist Wie alles in der Well ist auch der Wille des Mi ■:.- -li»-n
streng determiniert, onmittel bar durch dieliotiye bestimmt. ..La rolonte* . . .
niVessairement d£termin«v pur la qualite* bonne ou mauyaise de L'objet on du
motu . . . Nouü agissonfl oeVessairement. Notre action est one mite
l'impulsion que nous avons regne <1<' oe motif" (Syst de la oat I 11). Eine
Verantwortlichkeil besteht gleichwohl; die Strafe kann die Motivation
onflnssen. Der Glaube an eine Unsterblichkeit ist reine Illusion, die Ereilich
ihren Nutzen hatte. F- gibt nur ein Fortleben im Andenken der Menschheit
Auch der Glaube an einen abernatürlichen Gott ist eine Qlusion, aber eine
widerspruchsvolle and annfitze. l>i«' Moral bedari der Religion nicht als
Ihr Prinzip ist der Budamonismus, der Gesichtspunkt der Verbind*
des - mit der Förderung des Wohles der anderen und der
imtheit.
B briftei B de la nature ou des lois du ruonde physiche et du mondo
um: . 1811 i Hauptwerk, mtei dem Namen des Sekretärs der bnniöcuchea Akademie
Mirabean — gett 1760 — enehiaaen; deutsch 1783. 1841). — Le bon »en.-. 1772. —
La politiqae naturelle, 177.). — ial, 1771; deutseh 1898. — Elements de
la iiimale naiier—Us, 1776. — L'ithocratie, 1776.
Holcoi. Robert, Dominikaner, Lehrer der Theologie in Oxford
Schriften erschienen 1497. = 11. ist von Occam beeinflußt, N
minalist Fr unterscheidet von der „logica naturalis" die „logica fidei",
daß es eine doppelte Wahrheit, eine philosophische and eine theologische, gibt
HüMerlin. Friedrieh, 1770^1843, der bekannte Dichter, mit ScheOing
und Hegel befreundet Kantianer als Hörer Pichtee), dann Verkünder
eines ästhetischen Pantheismus in seinem Roman »Hyperion".
- inem Pantheismufl gibt 11. folgenden Ausdruck: ..Fin<- zu <»-in mit
allem, i Leben der Gottheit, das ist der Himmel des Menschen," „Eine«
n -»in mit allem, was lebt, in - 3 wiederzukehren ins
All der Natur, das ist der Gipfel d< i lanken und Freuden" (Hyperion,
l. Buch). Im«1 Lieb r Jahrtausende voll lebendiger Menschen; die
Freundschaft wird sie wiedei d. Von Bvinderhannonie sind einst die
Volker aue en, die Harmonie der Geister wird der Aman- einer neuen
Weltgeschichte »ein" (L c 2, Buch). Die Dichtung ist \ und Bude der
Philosophil \\ .■ Minerva aus Jupiters Haupt, entspringt r Dich-
tung einei unendlichen göttlichen Beins." Das in »ich unterschied« i Eine
Heraklil . da- W'.-m tlt-r Sehonlnit, ist auch das Wesen des All- (ib.
wird nur eine Schönheit -in: und Menschheit und Natur wird
in rinr allumta.-.nd.- (iotth.-if lilu. ..Wir trennen OUS OUT, um ii.
zu sein, gottiich-friedlich mit allem, mit ans. Wir ■terben, um zu l<
I. Buch) Ewig lebt die Seele in der Welt
.. SimÜi i •• w" nid in dsf „Golden« 1 —
.1. Kimiuk, II. ?| KaBLOWJ B n ■■'•■ ■. '.i-.' i'.i'i .-t.1. l
278 BOLLITSCHEB — HOPPE.
Hollitsclier. Jakob J., lebt in Wien.
Schriften: Das historische Gesetz, 1901. — E. Nietzsche, 1904. — Vom Typus
in der Kunst, 1905 (rs. H. Hollenhaag).
Ilollmuiiii. Samuel Christian, 1696—1787, Prof. in Wittenberg und
Göttingen. = Anhänger Chr. Wolffs.
Schritten: Institutiones philosophiae, 1723. — Institutiones pneumatologiae et
theologiae naturalis, 1740. — Philosophia prima, 174 7 (auch historisch). — Institutiones
philosophiao naturalis, 1753 (auch historisch), u. a.
Home. Henry, geb. 1696 in Kames (Schottland), wurde Oberrichter und
Lord Kames. gest. 17S2 in Edinburg.
H. wendet auf das Ästhetische die psychologische Analyse an. Gegen-
stände können uns unmittelbar durch sich selbst oder im Hinblick auf einen
Zweck gefallen. Die eigene Schönheit („intrinsic beauty") ist von der Schön-
heit in der Beziehung („relative beauty") zu unterscheiden. Erstere wird un-
mittelbar empfunden, letztere erfordert Verstand und Eeflexion. „In a word,
intrinsic beauty is ultimate, relative beauty is that of means relating to some
good er purpose" (Elem. of Critic. I, 1 ff.). Regelmäßigkeit und Einheit er-
leichtern die Auffassung. Auf die Güte der Handlungen geht der moralische
Sinn, der sich auch im Gewissen äußert.
S hriften: Essays on the principles of morality and natural religion, 1751;
deutsch 1768. — Elements of Criticism, 1762; deutsch 1765. — Vgl. TYTLER, Me-
moire of the life and writings of H., 1307 — 10. — W. NEUMANN, Die Bedeutung
H.s für die Ästhetik, 1894. — J. NORDEN, Die Ethik H.s, 1895. — BÜHLER,
Studien über 11 IL, 1905.
Ilöiii^swald, Richard, geb. 1875 in Ungarisch- Altenburg, Privatdozent
in Breslau. = Kritizistischer Standpunkt, besonders von Riehl beeinflußt. Das
analytisch-hypothetische Verfahren wird von H. von der Induktion unter-
schieden und für die Naturwissenschaft betont.
B< hriften: Zum Begriff d. exakt. Naturwiss., 1899, 2. A. 1900. — E. Haeckel,
Zur Kritik der Machschcn Philosophie, 1903. — Beiträge zur Erkenntnis-
theorie und Methodologie, 1906. — Vom allgem. System d. Wissensch., 1907, u. a.
floppe, Reinhold, 1810 — 1900, Prof. der Mathematik in Berlin.
II. i-t von Locke, Berkeley, Beneke beeinflußt und vertritt eine Art Idea-
< am als Vorstellungen, also nur in Beziehung zu Sub-
i. Die Objektivität ist. eine Leistung des Verstandes. Alles Objektive ist
ich Bubjektiv, im Geiste, dag Subjektive ist zugleich objektiv; der (legen-
nnfi überwunden werden. Das gedachte Sein ist ein Sein im vollen
sinn«-, ideal nnd real zugleich. Das lenken ist keine Nachbildung eines Ding
,Originalkonstruktionu. „Ein äußeres Sein gibt es mir, sofern
tue intellektuellem Grunde Dach außen setzt" (Vgl. Eunze,
DU Zolänglichkeit fies Empirismus in der Philosophie, 1852. — Kle-
phie, 1877, u. a.
EfOENKl ! i:i: — HOTMAI
IlonicftVi*. Auf in Treptow a. Bega. = II von
Nietzsches nachgelassenen Werken.
Schriften: Nietzsche als Moralist und Schriftsteller. 1906, — D. klau Ideal,
1906. — D. Erzieh. d. nod. Seele, 1906, u. a.
HorneftVr. Ernst, geb. 1871 in Stettin, lebt in Lei] Hera
der Zeitschrift ..Di.- Tat".
II. i-t von Nietzsche beeinflußt, geht aber über ihn zu einem ästhetischen
Voluntarismus and Pantheismus weiter. Die „Macht" i-t nur da- Ergebnis,
nicht der Zweck des Willens. Vielmehr will der Wille „sich gestalten, ßich
zur Form bilden". Du- Entwicklung gehl aui Einheit des Willens, am Glie-
derung, Ordnung, Form, Schönheit. Ihr ..Wille zur Form" ist das Agene der
\\'< lt. Nur durch Form, durch System kann uch »1er Wille erlösen. Kiu
,,künstlerischer Urtrieb", ein Wille zur Gestaltung, zur Harmonie, zur Verein-
heitlichung ist das [> ne der Welt
S hriften: Nietzsches Lehre von der Wiederkunft, 1900. — Vor*:
1900. — Das kl—rieche Ideal, 1906 (mit seinem Bruder Angaat
11 rneffei : Die küi. .'. W*6gS zum Lehen, 1907, u. a.
Ilorvath. < % rill. L804 1884, Prot in Budapest r_ n. lehrte .'ine,,
[deal-Realismus, den er „Konkretismus" nannte.
Vgl. IfAOHBH i ii . C. H.- | i.i.' *. Bjati : . I9C
HoiHic/. <■. Adolf, geb. 183] in Ifarienwerdei in Jena.
II. betrachtet als Grundfaktor des Beelischen Lebens das Gefühl. Aus
K mplikationen and Steigerungen desselben entspringen alle Bewußtseinspro-
l ».t- Gefühl ist Ausdruck des die Erhaltung und Wohlfahrt des Ichs
1 irdernden oder Hemmenden. Audi da- Henken beruht aui dem Gefühle,
■ -.. der Wille. Durch i I ild i-t unser Erkennen bedingt und auch die
Anschauungs- und Denkformen entstehen aui der Grundlage des Gefühl& Das
Außending existiert unabhängig von uns und wird als «'in „Quasi-Ich" gesetzt
und aufgefaßt, als „Reflexbild unseres Ich".
hriften: Grondliniei ik. isgt. — Pi
Analysen auf physiologischer Srandlage, 1873 . Hauptwerk . \
1-^75. — Nntnrgescbieht« d 171 — Zur Bntwieklnn
Will . B. — Koralis* he Bri -. u. a.
llo»(hi<->k> . Ottokar, -eii. 1847 in Martinoves, Prot a. d. böhm. (Jnir.
in Prag. Herbartscher Standpunkt.
tnnstwsrk Standpunkt
formalen tMhetik, i>77. - Übei ii« Bed< ttoi ler I
die illgemeine \nti.rtik. i.s*3. Bei und h<">!
Ilotlio. Heinrich Gustav, 1808— 1873 l' B lin. :
eintlullt.
ten: \ orstad d und h .. a.
llotiiiami Hotomannus), Frans, 152 i II
/u den „Monarchomachen", welche die Volkssou dem !!■
UÜImT Im t.»n • II.
28 Howisont — Hugo.
II on ison. G. H., Prot, an der Universität California. = Vertreter des
„personalen Idealismus" (wie Shirt n. a.).
Schriften: The Limits of Evolution, 1901, U. a.
Hrabaiins Bfaurus b. Rabanus.
llühl»o-S<*lilcideii. Wilhelm, geb. 1846 in Hamburg, Kolonialpoli-
tiker in Döhren, Heransgeber der okkultistischen Zeitschrift „Sphinx'', 1886 ff.
Schriften: Das Dasein als Lust, Leid und Liebe, 1891. — Hellenbach, 1891,
u. a.
II aber, Johannes, geb. 1830 in München, Prof. daselbst, gest. 1879. =
H. ist ein Gegner des Mechanismus und Materialismus und tritt für die
Willensfreiheit und für eine teleologisch-ethische Weltanschauung theistischen
( lharaktera ein.
Schriften: Über die Willensfreiheit, 1858. — Die Idee der Unsterblichkeit,
1864. — Kleine Schriften, 1871. — Die Lehre Darwins, 1871. — Zur Kritik
moderner Schöpfungslehren, 1875. — Die ethische Frage, 1875. — Der Pessimismus,
1S76. — Die Forschung nach der Materie, 1877. — Das Gedächtnis, 1878, u. a. —
Vgl. ZlRXGIEBL, J. H., 1881.
Ilnet. Pierre Daniel, geb. 1633 in Caen (Normandie), Priester, Bischof
von Arvanches, gest. 1721 in Paris. = H., der von Descartes ausging, ist ein
Skeptiker, der die Relativität der menschlichen Erkenntnis und die Schwäche
der Vernunft betont, welche zu einer Erfassung des Wesens der Dinge nicht
gelangt. Ruhe und Sicherheit gewährt nur der religiöse Glaube.
Schriften: Censura philosophiae Cartesianae, 1689. — Traite philosophique de la
faiblesae de l'eeprit huraain, 1723; deutsch 1724 (Hauptwerk), u. a. — Vgl. BARACHr
P. D. H. als Fhilosoph, 1862. — VOGEL, H.s sozialpolit. Ansch., 1901.
II afeland, Georg, 1760—1817. = Kantscher Standpunkt.
3< hriften: Naturrecht, 1790.
II n:; lies, Henry, geb. 1860 in Hamburg, Arzt in Bad Soden. = Volun-
tarist
.riften: Die Mimik des Menschen, 1900. — Ideen und Ideale, 1908, u. a.
Hngo von San <t Victor, geb. 1096, Abt des Klosters von St. Victor
(Pai '. 11 11.
II. gehört y.n den orthodoxen Mystikern, welche gegenüber der dialektischen
Methode d<r Scholastik die geistige Schauung höchster Wahrheiten und Wirk-
lichkeiten betonen, wobei aber die kirchliche Lehre das Kriterium der Wahr-
heit des Schauens abgibt Gott ist über alles Sein erhaben und schließt es in
sich ein. Got( ist dreieinig, Vernunft, Weisheit und Liebe. Der Mensch ist
stimmt, an der Seligkeit Gottes Anteil zu nehmen. Zur inneren
erhebt sich der Geist über die Stufen des Denkens (cogitatio)
hdenkens (meditatio) zu der der Kontemplation (seitens der „intelli-
ond ES Di* Seele ist eine immaterielle belebende Substanz
■ . mm an- . . . minime vero corporea"). Die Lebenskraft
Hugo - Humboldt.
i..vi- vitali-") hat ihn-n Sitz im Heizen, die V I Btellungskrafl („via animali--- i
im Gehirn. Vgl. Richard von St. Victor.
Sehriftea: De area Noi: mystiea. — De arrha mundi. — Eraditio d ■ i. —
De sacramentis (Hauptwerk), u. a. — Opera, 1624, 1588, 1G4* um!
177. — ?gL Hai i:i:ai . Notieei et extmits l89o — 93. — A. LlKB-
WEB, EL -I. Kll -iN-rilX, Die Gotteslehre de*« II. v. Bt V..
Mu.miin. F. A. A. geb. l^_':i in Xhodnre, Prolin Paris, spät« !
= IT. ist »-in Vertreter 'I«'- hranzÖBischen bezw. belgischen: Universität
zu LöwenJ „Ontologismus", welcher von Piaton, Augustinus, Malebranche
ausgehl und Dach welchem die Ideen Dicht bloß subjektive Gedanken, aondern
Modi des göttlichen Geistes, also objektiv*- Wesenheiten sind.
riften: Ontologio ou £tnde des lois de pensee, 185G — 57.
Humboldt. Wilhelm ron, I7f>7—ls: '».">. der berühmte Sprachforscher und
Staatsmann, kommt in mancherlei Hinsicht für die Geschichte der Philosophie
Betracht Zuerst im Bildung der Aufklarung (Engel, Nicolai u. a.)
wachsen, wurdi Lter mächtig durch Herder. Kant. Schiller, Goethe,
Fichte u. a. beeinflußt und trat als Verkünder einer humanistischen Weltan-
schauung auf. In seiner Jugendschrift: „Ideen zu einem Versuch, die Grenzen
Wirksamkeit <\<-± Staates zu bestimmen'', 1792 (auch in der Univ<
bibliothek) verlieht II. die individualistische Auffassung des Staates, der den
Bürger oichi (auch nicht /u dessen] Wohle) zu bevormunden, sondern nur
rechtlich zu schützen hat.
Hie Sprache i-t nach H. der Ausdruck d selbst und in ü
Entwicklung von der Geistesentwicklung abh 3 ist kein ferl starres
Gebilde, sondern Prozeß, Wirksamkeit; sie ist das Organ des Geistes, des Ge-
dankens, die Arbeit des Geistes, den Laut zum Ausdruck des Gedankem
I zu Diachen. Entstanden ist die Sprache aus der Natur des M< oschen,
als organischer Ausdruck derselben, als bedürfnisgemaßes Produkt Die P
gehl der Prosa roran; der Mensch ist ein singendes Geschöpf, aber er ver-
bindet mit den Tönen Gedanken. Die Wörter Bind ursprünglich nicht selb-
ständig. Dai Sprechen i-t ein Anknüpfen des Empfundenen an die [remeio-
same Natur der Menschheit, die jedem innewohnt; die Sprache verbindet
also Individuum und Gesamtheit Sie i-t ein Ausdruck de- Volksgeistes und
ich »-ine (, Weltansicht**. Es ;:il>t auch eine innere „Sprachform'*. — Die
Ideen sind Formen ron relativer [mmaterialit&t; sie wirken als Kräfte in den
Individuen und gehen zugleich ron einer „Weltregierung*' au-, als hisu rieche
Richtkrifte Fungierend. Das Genie i-t etwas Irrationales, es i-t ein Mensch,
in dem nefa eine I«l.. geltend macht Hie Richten G schient«
Ziel die Humanität i-r, wird durch die großen Individuen, welche die Zukunft
antizipieren, beeinfluJ I I » isthetische Harmonie des Binnlichen und <
im Menschen, die Idealisierung da N tur im sinne ihn I einstimraung mit
1 die Entfaltung edler und voller Menschlichkei ri der
II sj tiefen. n I [umanismus.
nntn und Ihren Kii
Humboldt — Eume.
l'ber die Verschiedenheit dos menschlichen Sprachbaues (auch als Einleitung zu dem
Werk über die Kawisprache), 1836, u. a. — Sprachphilos. Werke, 1883. — Gesammelte
Werke, 7 Bde., 1841 ff. — Gesammelte Schriften, 1903 ff. — Vgl. STEINTHAL, Die
Sprachwissenschaft 11. b, 1848. — Haym, W. v. H., 1856. — E. SPRANGER,
W. v. H. und die Humanitätsidee, 1909. — J. SCHUBERT, W. v. H.s ausgewählte
pbilos. Schriften, 1910 (Philos. Bibl.).
II u nie. David, geb. 26. April 1711 in Edinburg, studierte daselbst Juris-
prudenz] lebte 1734 — 1737 in Frankreich, schrieb dort den „Treatise", und kehrte
dann nach Schottland zurück, wo er „Essays1' veröffentlichte. 1745 war er
Gesellschafter des Lord Annandale, ging 1747 als Sekretär des Generals Sinclair
Dach Wien und Turin, von wo er 1749 nach Schottland zurückkehrte, nach-
dem er den „Treatise" umgearbeitet und aus einem Teil davon den „En-
quiry verfaßt hatte. 1752 — 1757 war H. Bibliothekar in Edinburg, wo er
seine , .Geschichte Englands" (1763) herausgab. Als Sekretär des Grafen von Hert-
ford kam H. 1763 nach Paris und verkehrte dort mit Rousseau und den
Enzyklopädisten; mit Rousseau, der ihn nach England begleitete, befreundete
er sieh, entzweite sich aber bald mit ihm, infolge der Empfindlichkeit des
Genfer Philosophen. 1767 wurde H. Unterstaatssekretär, aber schon nach zwei
Jahren zog er sich ins Privatleben zurück (1769) und starb am 25. August
1 770 in Edinburg.
II. hat Loekes Empirismus und Berkeleys Idealismus zu einem Positivis-
mus weitergebildet, der insofern „Skeptizismus" ist, als er die Möglichkeit
metaphysischer Erkenntnis bestreitet und auch innerhalb der Wissenschaft
(mit Ausnahme der Mathematik) keine apriorische, von vornherein absolut ge-
Erkenntnis anerkennt. H. analysiert die Erkenntnis, besonders die fun-
damentalen Begriffe der Kausalität und der Substanz, und kommt hierbei zu
dem Ergebnis, daß nichts als real anzunehmen ist, was nicht auf äußere oder
innen- Erfahrung — auf „Eindrücke" beider — sich gründet und daß sichere
Erkenntnis nicht weiter reicht als Erfahrung, also nicht ins Transzendente,
ii Existenz auch feststehen. Im ganzen steht H. auf dem Boden des
Phänomenalismiis und Psychologismus. H. vertritt, wie er sagt, einen „mil-
deren", „akademischen" Skeptizismus, der alles die Erfahrung Übersteigende
als müßig und unwißbar zurückweist und auf die Erfahrung und die prak-
tische Beherrschung der Natur verweist. Die letzten Ursachen der Dinge sind
tennbar.
Eine genaue Zergliederung der Kräfte und Fähigkeiten des Verstandes
i-t notwendig. Der Ursprung unserer Begriffe ist zu ermitteln, die „secrets
BpringB and principles" des Verstandes sind aufzudecken, damit die Grund-
i und Grenzen unserer Erkenntnis gefunden werden. Überall ist nach
dem primären Erlebnis („impression") zu suchen, aus dem ein Begriff hervor-
: findet Bich kein solches Erlebnis, dann handelt es sich um einen Schein-
ndrücke (Impressionen) und Ideen (Vorstellungen, Begriffe) als
machen den Bestand des geistigen Lebens aus. Unter „Ein-
druck" (impression) rersteht EL jedes primäre Erlebnis wie Empfindung, Ge-
I.- gibt einfache und zusammengesetzte, ursprüngliche und
IIi-mi :.
reflektive Eindrücke. Au- Eindrücken Btammen alle Vorstellungen und I
griffe (ideas . die von jenen nur durch ihre gering« i haftigkeit und
Frische unterschieden Bind. Die [deen sind ..taint images . Kopien der Ein-
drücke Die Vorstellungen verbinden sich gemäfl ihrer Assoziation, einer Art
„Anziehung in der geistigen W.i'-. Die Assoziation ist das Prinzip i
■ ii Ubergangee von einer rdee zur andern" und das verknüpfende
Band der [deen. Sie erfolgt nach Ähnlichkeit, raum-zeitlicher Berührung
(contiguity), Kausalität, Ein BegrifJ entsteht, indem mir einer Vorstellung
eine Gewohnheit Bich verwindet, ahnliche Vorstellungen zu reproduzieren: In
Qominalistischer Weise erklärt II.. eine Einzdvorstellung werde zu einer allj
meinen nur durch ihre Verbindung mit einem allgemeinen Ausdruck. !
Denken besteht in einem Verbinden und Vergleichen von [deen, im Auf-
finden der Beziehungen zweier Objekte; es ist nicht schöpferisch, nur zu-
>amnien-etxeiid.
Eine apriorische Erkenntnis von Tatsachen ist unmöglich, alle Tat-
benerkenntnis ist empirisch, durch Erfahrung bedingt Hingegen gibt es eine
apriorische, unmittelbare, von der Existenz des Beurteilten ganz unabhäng
Beurteilung von Relationen (vgl. Meinong). „S \rt Bind durch
die rein« 1 gkeit des Denkens zu entdecken, ohne von irgend einem Dasein
in der Welt abhängig zu Bein. Wenn es auch niemals einen Kn - 'der ein
eieck in der Natur gegeben hatte, so würden doch die von Euklid demon-
strierten Wahrheiten für immer ihre Gewißheit und Evidenz behalten"
(Enquir. [V So ist die Mathematik eine demonstrativ-apriorische, analy-
tische, deduktive Wissenschaft, denn sie hat es our mit einer Art der
Relationen, nicht mit wirklichen Dingen zu tun, und bo ist hier die Vernunft
imstande, apriorisch und apodiktisch zu schließen. Ähnlichkeit, Widerstreit,
Qualitätsgrade, Quantität und Zahl werden durch reines Denken festgestellt
und haben absolute < reu ißheit.
Tatsachen hingegen sind nicht durch reines Denken zu erkennen, auch
bleibt das Gegenteil jeder Tatsache immer möglich. Tatsachen Bind nur durch
Erfahrung erkennbar. Worin besteht nun diese Erfahrung? In einer
Folgerung von Tataachen ans anderen am Leitfaden der Kausalität. Welchen
I rsprung und Geltungswert hat nun das Kausalprinzip? Nach 11. ist die
ursächliche Verbindung weder aus reiner Vernunft noch aus der objektiven
fahrung zu entnehmen. Wir Bind nicht imstande, a priori eine bestimmte
Wirkung aus dem Begrift ein« I he abzuleiten, mit absoluter Notwei
und Evidenz darzutun, daß und warum, weil A auftritt, B mit ihm verknüpft
sein muß. Die Regelmäßigkeit und Gleichförmigkeit des bis! i
beweisl ni«ht. daß sie auch in Zukunft Btatthaben muß, wenn i
warten; sie ist niehi logisch begründet. I»;i- Prinzip unsei alen Krki
i-t nicht die Vernunft, sondern die Gewohnheit, di< Führerin im
menschlich! 3i< allein gestaltet unser I rfahi nutzbringend.
I i „natürlicher Instinkt" treibt um zum Glauben an konstant
rknüpfung und Gesetzmäßigkeit; er ist notwendig I - Mensel
i-t biolog isch i « ec I Wii sind in all !'•
HüME.
obachtung und Erfahrung angewiesen, welcher wir die einzelnen, speziellen
setze entnehmen. Aber die Erfahrung — äußere und innere — zeigt uns
nichts von einer Kraft, von einem inneren Bande, welches notwendig die Wirkung
aus der Ursache hervorgehen läßt; ein besonderer „Eindruck" der Ursächlich-
keit, ein Kausalerlebnis findet sieh nirgends. Erst in der subjektiven Verbindung
der Wahrnehmungen und Vorstellungen liegt das Kausale und dieses ist, rein
empirisch genommen, nur ein regelmäßiges Aufeinanderfolgen von Er-
eignissen, nichts mehr. Die Art und Weise, wie und wodurch etwas wirkt, ist
uns völlig unbekannt. Wir kennen nur — auch bei unseren Willensakten —
eine Aufeinanderfolge, erkennen nicht ein Bewirken. Die Kraft, durch die
etwas erfolgt, ist überall verborgen, gegeben ist nur eine mehr oder weniger
konstante Beziehung zwischen Vorgängen. Wir kennen Zusammenhänge
iconjunction), aber keine innere Verknüpfung (connexion). Das Plus, den
inneren Zusammenhang, das „Durch", die notwendige Verknüpfung legen wir
selbst in die Objekte hinein. So ist die Kausalität rein subjektiven, psychologi-
schen Ursprungs, ein Produkt der Gewohnheit, indem auf Grund wiederholter,
konstanter Assoziation zwischen zwei Vorstellungen A und B das Auftreten
der einen ein Gefühl subjektiver Notwendigkeit erzeugt, zur anderen überzugehen,
sie zu erwarten. Erst dieses Überzeugungsgefühl, dieser feste „Glaube"
(belief), die Vorstellung B werde wieder auftreten, macht aus dem post hoc ein
propter hoc, welches letztere nichts objektiv Erfahrbares ist. Der „Glaube",
auf den sich H. beruft, ist ein lebhaftes, intensives Überzeugungsgefühl, das
sich an Vorstellungen und deren Ablauf knüpft, nicht etwa eine bloße Ver-
mutung. Ungeachtet dieses subjektiven Ursprungs des Kausalprinzips aus
Assoziation, Gewohnheit und „Glauben" können und müssen wir es doch für
Krfahrungsobjekte gebrauchen, auch zu immer allgemeineren Ursachen und
zen aufsteigen, ohne aber über metaphysische, transzendente „Ursachen"
und Kräfte das Geringste ausmachen zu können (Positivismus). Der einzige
unmittelbare Nutzen der Wissenschaften besteht darin, „uns die Beherrschung
und Regelung künftiger Ereignisse durch ihre Ursachen zu lehren" (Aktivismus).
Hag auch eine Realität außer uns bestehen, so ist doch auch der Ursprung
des Ding- und Objektsbegriffs ein subjektiv-psychologischer. Gegeben
sind nur „Perzeptionen" (Wahrnehmungsinhalte) in bestimmter Verbindung
aach Berkeley). Die Einbildungskraft erst macht daraus dauernde und
selbständige Dinge, auf Grund der Konstanz (constancy) und des Zusammenhanges
(coherence) der W'Mhrnehmungskomplexe. Da der Geist „einmal im Zuge ist,
in d( QStänden auf Grund der Beobachtung Gleichförmigkeit anzunehmen,
ihm natürlich, damit fortzufahren, so lange, bis er die Gleichförmig-
keit in eine möglichst vollkommene verwandelt hat. Zu diesem Zweck genügt
die einfache Annahme der dauernden Existenz der Gegenstände". Aus der
Ähnlichkeit eou Wahrnehmungen macht die Einbildungskraft eine Identität
und beseitigl die scheinbare Int erbrechung der Wahrnehmung durch
dauernden Dinges. So ist auch der Begrif der Substanz
och für die inner«- Erfahrung aufrecht erhielt) eine Fiktion der
i für <ü'- er ein Prinzip der Vereinheitlichung und Verbindung
II I MI .
ist Die Idee der Substanz ist nur „ein Zusammen einfacher VorBteüunjj
(collectioD of simple tdeas), die durch Eänbilduugskraft (imagination) vereinigt
(united) worden sind, und einen besonderen Namen erhalten haben". 1> 1
zeptionen bedürfen aber keiner Bubstanz all Trag existieren selbständig
in ihn-n Komplexen, Auch die Seele oder das Ich ist keine Substanz,
Bondern ein Bündel fortwährend irechselnder Vorstellungen und Gefühle
burkDe oi pereeptions in a perpetual flux and movement''). Es iet dies der
„aktualistische" Seelenbegriff. Diese „skeptischon'' Betrachtungen über I1
Bubstanz, Ich finden mch im „Treatise", Dicht mehr im „Enquiry." Von
Wichtigkeit ist, dafi II. dort, wo er eine Logische Grundlage fundamentaler
Begriffe wie Kausalität und Ding nicht findet, doch die biologische Not-
wendigkeit und Nützlichkeit ihres Gebrauchs betont (vgL Mach u. a.i.
I'ni' r ,,Moralphi]oeophie" versteht II. die Wissenschaft von der mensch-
lichen Natur, die Geisteswissenschaft überhaupt. In ausführlicher W*
untersucht er dk Affekte, Neigungen und Leidenschaften und betont, dafi die
Vernunft für sich allein nicht das Bandeln bestimmen kann: jedes Motiv ist
ein Gefühl oder Affekt Auch das Wollen ist eine Wirkung des Gefühls. Die
ihcit des Menschen ist nur die Freiheit zn handeln, die Fähigkeit willens-
näfl tätig zn -«in | r of acting or not actu - rdii b I • the deter-
mination of the will"). Gleiche Motive fähren zu gleichen Akten: die Ver-
knüpfung zwischen Motiv und Bandlung ist eine regelmäßige und gleichförm
der Willeist durch [Imstande, Motive, Charakter bestimmt Die Quelle der
Moral ist die Sympathie als die Fähigkeit, sich in die Gemütslage anderer
hineinzuversetzen. Di< sozialen Gefühle sind ebenso ursprünglich wie die
selbstischen. Die Tugend ist ein* I schafl oder Handlung, welche
in dem unbeteiligten Zuschauer ein Gefühl des Beifallc „whatever mental
action <>r quality gives to a Bpectator the pleasing sentiment ««t approbatio]
I »a> sittlich Rechte wird unmittelbar wahrgenommen, gefühlt und beurteilt
bezieht sich in erster Linie auf das Gesamtini
Von Bedeutung i-t auch die Eteligionsphilosophie Humes. Er leitet
die Religion an - i um da- Leben, aus Hoffnung, Furcht und Schrecken
und dem Anthropomorphismus ai». welche zuerst /um Poly-, dann /um Mono-
theismus führt. I •• ■ Mensch hat einen Hau-, an eine unsichtbare intelligente
Macht zu glauben. Den Glauben an Wunder kritisiert ll. -'hart, mit dem
Hinweise darauf, dafi jedes Wunder «ine Verletzung von Naturgesetzen
deutet, rfahrung widerspricht und nicht ist In
religiösen Dingen verbleibt II (gegenüber dem Deismus) in skeptischer Haiti
Eine Unsterblichkeit der Seele ist zweifelhaft „Un& I mpfindui
vor der Zusammensetzung des K irpers scheint für die natürliche Vernunft einen
/ nd nach der Auflösung zu beweisen."
Von II. unmittelbar beeinflußt ist Ad. Smith. Teilweise ein« I:
i • tuen bedeutet die Schot tiscl - ' Beid \ II.
aus Beinern „dogmatischen Schlummei eckt »in ien
/ s, Kant, def aber an die Stelle der p In-n «he truns/eiideiitnl-
ische Wurzel der Erkenntnis sucht. Weitergebildet wuj
11 IM F. — HUSSERL.
idealistische Positivismus von J. St. Mill u. a., teilweise auch von E. Mach u.a.,
so daß von einem „Neu-Humismus'' geredet werden kann.
Si hriften: Treatise on human nature, 1739 — 40, 1874; I, deutsch von Lipps
•J. A. 1904; 11, 1906. — Enquiry concerning human understanding, 1748; deutsch
1755, 1793, 18G9 (Kirchmann), 1893 (Nathanson) und in der Philos. Bibliothek, neu von
K. Richter. — Enquiry concerning the principles of morals, 1751; 1902; 1908; deutsch
von Masaryk, 1883. — The natural history of religion, 1755; deutsch 1909 (Anfänge
u. Entwicklung der Religion). — Essays and treatises, 1770 (enthält u. a. die Essays
von 1741). — Dialogues concerning natural religion, 1779; deutsch 1781. — Essays on
suicide and the immortality of soul, 1783, 1789 (Drei Dialoge über natürliche Religion,
über Selbstmord und Unsterblichkeit, deutsch von Paulsen, 3. A. 1905). — Works, 1827,
1836, 1856, 1874, 1898 (von Green und Grose). — Selbstbiographie, 1777. — Vgl. JODL,
H.s Lehre von der Erkenntnis, 1871; Leben und Philosophie D. H.s, 1872. —
A. MeTNONG, Hume-Studien, 187 7 — 1882. — W. KNIGHT, Hume, 1886. — GlZYCKI.
Die Ethik D. H.s, 1878. — HEDVALL, H.s Erkenntnistheor., 1900-
Hnsserl, Edmund, geb. 1859 in Proßnitz (Mähren), Prof. in Göttingen.
H., einer der Hauptvertreter der „reinen", antipsychologistischen Logik
(von Plato, Leibniz, Kant, Herbart, Bolzano u. a. beeinflußt) ist von Brentano
ausgegangen und war also erst „Psychologist". In der „Philosophie der
Arithmetik4- untersucht H. fundamentale Begriffe wie Einheit, Vielheit, Allheit.
Etwas und Eins, Vielheit und Anzahl sind Kategorien, Relationsbegriffe. Die
zeitliche Sukzession ist nur für die Entstehung der Zahlvorstellungen unerläß-
lich, ohne daß die zeitliche Ordnung in den Inhalt des Zahlbegriffs selbst ein-
geht. Die Zahl ist nicht ein Teil des psychischen Erlebnisses, sondern eine
zeitlose „ideale Spezies, die im Sinne der Arithmetik schlechthin eine ist,,
in welchen Akten sie auch gegenständlich werden mag".
Die reine Logik ist eine formale, apriorische, demonstrative, von
der Psychologie unabhängige Wissenschaft, welche die Grundlage der
i schaftlichen Erkenntnis liefert. Sie hat es nicht mit den Denk-
akt cn der Subjekte zu tun, sondern mit den „objektiven Geltungseinheiten",
«Ich idealen Bedeutungen derselben, mit „idealen Möglichkeiten' %
(reiche zeitlos, unabhängig vom wirklichen Denken gelten. Der „Idealis-
ist jene Form der Erkenntnistheorie, „welche das Ideale als Bedingung
Möglichkeit objektiver Erkenntnis überhaupt anerkennt und nicht psycho-
tisch \vi -deutet". Der Logik geht zur eindeutigen Bestimmung ihrer
tffe und Ausdrücke die deskriptive „Phänomenologie" voran, welche zeigt.
die logischen Begriffe wirklich bedeuten, auf welche Inhalte sie sich be-
i. Die Ausdrücke haben außer ihrer „kundgebenden" Funktion eine
Die objektiv-ideale „Bedeutung an sich" (vgl. Bolzano) ist vom
subjektiven Bedeutungsakte zu unterscheiden. Ebenso ist das ideale (leiten der
Wahrheit vorn psychologische]] Sein des Gedachten und Denkens zu unter-
i':i. Dieses objektive Sein isl das Korrelat zur „Evidenz", dem „Erlebnis
Wahrheit*'. Du Erlebnis der Zusammenstimmung zwischen der
ungund dei bärtigen, Erlebten, das sie meint, zwischen dem erlebten
der .'. e und dem erlebten Sachverhalt ist die Evidenz, und
/ mmung die Wahrheit/' Die Erlebnisse sind reale
Ilr — i j:i. — Hi xi. i:v.
Einzelheiten, zeitlich bestimmt, werdend und vergehend. l)i<- Wahrheit i
ist ewig, sie ist „eine Idee and als solche überzeitlich", ein
im anzeitlichen Reiche da [deenu. „Was wahr ist, ist absolut, ist An sich4
wahr: die Wahrheil ist identisch eine.'4 Der Charakter der Wahrheil kommt
nicht dem flüchtigen Erkenntaisphanomen zn, Bondern dem „identischen In-
halte desselben, dem Idealen oder Allgemeinen". Die Wahrheil ist die „rolle
Übereinstimmung zwischen Qemeintem and Gregebenem als solchem". 1'.- _i i l » t
„individuelle" und . .lt» -i 1« r« 1 1» ■ • Wahrheiten. Das Ich schwebt nicht über den
Erlebnissen, sondern i»t identisch mit ihrer eigenen Verknüpfungseinheit; es ist
eine einheitliche Iuh.. ntheit": Die Dinge sind die „durch eine Kausal«
tzlichkeit einheitlich omspannten Konkreta".
BLa „Logische UnterBuchungen" haben nicht geringen Einfluß ausgeübt,
t auch scharfe Gegnerschaft (Jerusalem, Pallgyi, Bfaticeric' u. a.)
henrorgerufen.
Schritt:. : Philosophie «1er Arithmetik 1. L891. — Logische Unterauchui..
1. Prolegomena zur reinen Loj^ik, 11. Inter-U' hungen zur Phänomenologie und Theorie
0 — Ol. — An hiv t .it. l'hilos. IX. — Philos. Mo:
i'- l.ui. Studien zur elementaren Lugik), u. a.
llut<'li<'«*oii. Praii . 1684 in Irland, wurde 17-".* Professor der
Iforalphilosophie in Glasgow, gest. 1717.
H. geht ron Locke and Shaftesbury aus. E2r unterscheidet ron den I
schaften die Neigungen, die ..ruh mütsbewegungea und ron den selb-
stischen dir wohlwoUenden Willensregungen i.,animi rirtutee praeeipuas
benerolot voluntatu motus"). Ei gibt «inen „moralischen Sinn" ab Sinn für
Rechte and Unrechte, welches anmittelbar erfaßt und gebilligt <>d<T miß-
billigt wird :i et honesti sem - ,laudi .'t ntuperii sensus"). 11 rertritt
i einen „emotionalen Intuitioniamus". Gebilligt wird besonden das aK
meine Wohlwollen, das Streben nach allgemeiner Glückseligkeit. Auch die
B hönheit gefallt unmittelbar, ohne Rücksicht auf Mutzen, besonden die
Harmonie, dir Einheit in «Irr Mannigfaltigkeit.
- hriften. Inquiry into tho oritfin of cur ideas of beaut\ and \irtne, IT
deutv t. L762. BtflftJ "ii tho nature and o.nduct of tlie paaaions and
deutfleh 17üi>. — Philoaophiae monilis institutio eonpSttdisiis, 174."). — A tytt
nmrul philoaophj, 17".. II . .; - '.crk); dootaeh roi L<-*in^', 1756. — Wurk^-. 177"_'. —
In. FoWLEB, Saaftttbarj at.d Hateheaos, i88u. — W. EL SCOTT, 1 EL, I •
llii\l<\v. [homaf Henry, geb. 1826 in Ealing, Proi in London,
S • : her und Philosoph.
H. hat ak einer der ersten den Brolutionismui besw. Darwinismui \. r-
nten. & ist in erkenntnisth her Beziehui eist ondAgnostik«
I)i«>»r An-dru-'k stauunt direkt \<>n ihm (Nineteentb OentuT) XXV, L(
Unser I rkenntnis ist aui du aen der Erfahrung beschrankt, aoi Inhalte
im«-, r.« i;. .. :,-. Zwar ist all.- Natürliche als materiell aufzufassen und
da- IVvchisihr ist in Lr«\\ i— . r Hin-i<ht .in.' Begleiterscheinung physiologischer
\ '■■ [ Materie und Krall lind Uni DUT als <.lijrkti\< r,.u ul'.t-rin»-
inlialn ■ n den Vore teil linken von I>im - -> amdi ur-prui
:>v Hüxley — Jacobi.
liehe Be/.iehuiigsvorstellungen. Der sittliche Fortschritt liegt im Kampfe gegen
die Natur, nicht im Waltenlassen der .Naturbedingungen.
Schriften: Mans Place in Nature, 3. ed. 1864; deutsch 1863. — Lay Sermons,
1S70; deutsch 1877. — Critiques et Adresses, 1873. — American Adresses, 1877. —
Hume, 1879. — Science and Culture, 1882. — Essays, 1892. — Evolution and Ethics,
1893. — Collected Essays, 1893—94. — Scientific Memoirs, 1898—1901.
Hypatia. Tochter des Mathematikers Theon in Alexandria, Verfasserin
mathematischer Schriften (nicht erhalten) und Lehrerin neuplatonischer Ideen.
Im Jahre 415 wurde sie von Christen ermordet. Ihr Schüler Avar der spätere
Bischof Synesios.
Vgl. R. Hoche, H., Philol. XV, 1860. — W. A. Meyer, H., 1886.
Hyslop, James Hervey, geb. 1854 in Xenia (Ohio), früher Prof. an der
Columbia-Universität in New York. = H. hat sich den „ okkulten" Phäno-
menen der Psychologie und dem Spiritismus zugewandt.
Schriften: Elements of Logic, 1894. — Problems of Philosophy, 1906. — Science
and a futur Life. — Probleme der Seelenforschung, 1909, u. a.
I, J •
Jacob s. Jakob.
Jacobi, Friedrich Heinrich, geb. 1743 in Düsseldorf, wurde zum Kauf-
mann erzogen, beschäftigte sich in Genf mit den Schriften Rousseaus und
Bonnets, übernahm in Düsseldorf das Geschäft seines Vaters, wurde später
Kammerrat in Jülischen Diensten und lebte, literarisch tätig und gesellig, auf
seinem Landsitze in Pempelfort (Briefwechsel mit Lavater, Mendelssohn, Goethe,
Hamann, Herder u. a.). 1794 übersiedelte er nach Holstein, 1805 nach München,
er 1807 Präsident der Akademie der Wissenschaften wurde und 1819 starb.
J. ist kein systematischer Denker, sondern seine Ideen sind, wie er selbst
sagt, Ausdruck seines persönlichen Lebens, seiner geistigen Kämpfe und Be-
strebungen. Auf der einen Seite machen sich in ihm die Forderungen des
geltend, auf der andern die des Gemütes. Er muß die Konsequenz
abstrakten Verstandesstandpunktes, der nach ihm zum Mechanismus,
rialismus, Atheismus führt, anerkennen, aber er fühlt sich doch von ihnen
stoßen und ist zwar mit dem Verstände ein „Heide", mit dem Herzen
ein Christ, von der Gewißheit der Existenz Gottes, der Unsterblichkeit,
der Willensfreiheit durchdrungen. So verficht er gegenüber der Aufklärung
und der „VeiBtandesphilosophie" unter dem Einfluß von Rousseau, Hamann,
du Hechte des G< t ühls und begründet er eine „Glaubensphilosophie",
*uui Teil in I mmung mit Kant, aber im Gegensatz zu dem „Formalis-
i .1. kann der Verstand nie zum Unbedingten gelangen; geht die
reiterter Ventand auf das Übersinnliche, Unendliche, so macht
Endlichen. Sie findet immer nur wieder Bedingtes und Be-
wird ihr zu einem Notwendigen, Gesetzlichen, Determinierten,
.1 \« OBJ.
zu einem Mechanismus ohn< Freiheit, zu eu talismus, dem oichts >i«li
entziehen kann. Von diesem Standpunkte mu ist der ,8pinozi8mu8'4 das ein
konsequente System. K- ist notwendig atheistisch, denn einen (J<»tt kann man
nicht beweisen, weil jeder Beweis einen Grnnd, also eine Bedingung angibt und
Gott zu einem Bedingten macht Eine mittelbare, demonstrative Erkenntnis
des unbedingten, ein rerstandesmäßiges Begreifen desselben ist unmöglich.
Auch <1<t Kautschs Kritizismus ist unzulänglich and durch seinen Pormalismus
abstoßend. Zwar hat Kant Recht, wenn BT die Vcrstandcs-Erkenntni^ aiil
mögliche Erfahrung emschrankl and das Transzendente als anbeweisbar !»••-
stimmt, aber die blofl praktische Postulierung des übersinnlichen (Gott, Frei-
heit) genügt nicht. Auch enthalt der Kritizismus Widersprüche, indem er ein
„Ding an nch" annimmt, welches der Grund onserer Empfindungen tat, ans
•i/it-rf. während doch oach Kant selbst die Kausalität out eine auf 1 i
Bcheinungen anwendbare Kategorie ist Das Ding an rieh kann daher als
solches nicht auf uns wirken und ebensowenig kann die Erscheinung - eine
Vorstellung — die Ursache ron Vorstellungen überhaupt Bein. Ohne die V
aussetzung ron Dingen an Bich kommt man nicht in das Kantsche System
hinein, mit ihr kann man nicht dann bleiben fWW. II. 901 ff.). — Die Außen-
welt ist ans wie das Ich anmittelbar, ohne Reflexion, ohne Dazwischentreten
von Vorstellungen oder Schlüssen, rein durch „objektiven Glauben", durch
eine Art „Offenbai en (vgL Reid). Die Dinge und ihre Form (Baum,
Zeit und K gind /war nur endliche, bedingte Seinsweisen, aber mehr
Erscheinungen.
Auf. »r der mittelbaren Verstand« serkenntnis gibt es oach J. eine anmittel-
• Erkenntnis, die J. als „Glaube44 (im sinne von Humes „belief"), „Sinn",
Anschauung, Gefühl, Bpater als „Vernunft" (im engeren Sinne) bezeichnet.
Dasein enthüllen und offenbaren" ist der Zweck wahrer Erkenntnis und der
Glaube erfaß! omnittelbar-lebendig das Wirkliche, auch das Übersinnliche,
»ttliche mit höchster Sicherheit Mit Geistesblick erfassen wir das Ideal.
and Göttliche, das sich ans wie die Natur unmittelbar offenbart und ohne
- wir nicht sein können, denn der Mensch kann sich sclb-t nur zugleich mit
'i finden. Der Glaube an Gott ist ans angeboren; aber beweisen L&ßt -ich
D I ttes nicht, auch wäre ein (J..tt. der gewußt werden könnte, |
kein Gott, der als unbedingtes notwendig anbegrifflich ist, aber in anserem
II«! en gefühlt wird. Gott ist Geis* und Persönlichkeit, selbstbewußt, ab
weltlich, wund' (i..tt Lebt in OUS und wir in ihm Wahre Religion i-i
Christentum. Unmittelbar bewußt sind wir ans auch in anserem Handeln und
Wirken onserer Willensfreiheit and Unsterblichkeit Das Prinzip der
Sittlichkeit igt die Liebe nun Guten, nicht die Vernunft, welche der
Individualität nicht ll wird.
Wenn such J. keine eigentliche Schule begründet hat. -•• hatte ,t .1... h
eon Anhängern und übte außerdem einen gewissen Einfluß aal die
knlati.pii tUl \ f 1 1 1 . 1 1 1 _- • i .1- .-ind Wi/enmanii. .1 Sei l\.||
. Weiiier. .1. Salat, \. II. Clodiui I. in* illon; rwiachen Kant und
.'. \ ermitteln i i . - Bouterwek, Calker, Buabediseen o
Iß
.1 .w oiu — Jäger.
hriften: Die philosophischen Romane: „Allwills Briefsammlung", 1774 und
..Woldeniar", 17 79. — Über die Lehre Spinozas, 1785 (handelt über Lessings „Spinozis-
mus", welchen Mendelssohn bestritt, worauf J. replizierte). — Über eine Vernunft, die
keine ist (gegen die Berliner Aufklärer). — David Hume über den Glauben, oder Idealis-
mus und Realismus, 1786. — Brief an Fichte, 1799. — Über das Unternehmen des
Kritizismus, die Vernunft zu Verstand zu bringen, 1801. — Von den göttlichen Dingen,
1811 (gegen Schelling). — Werke, 1812 — 25. — Briefwechsel, hrsg. von F. v. Roth,
_27. — Vgl. E. ZlRXGIEBL, F. H. J.s Leben, Dicht, und Denken, 1867. —
Harms. Über die Lebre von F. H. J., 1876. — LEVY-BRUHL, La philosophie de
J, 1894. — Krill.MANX, Die Erkenntnislehre F. H. J.s, 1906. — Fr. A. SCHMID,
Fr. 11. J., 1'.'
Jacob 11« de Viterbo, lehrte an der Sorbonne in Paris und starb 1308
als Erzbischof von Neapel. = Schüler des Aegydius von Colon na, Anhänger
des Thomas von Aquino.
Schriften: Commentarii in IV libros Sententiarum. — Quodlibota, u. a.
Jacoby« Günther, geb. 1881 in Königsberg, Privatdozent in Greifswald.
Der Sinn des „Pragmatismus" ist es, Wissenschaftslehre zu sein. Für den
P. ist eine Philosophie um so wertvoller, je wertvoller ihr Zweck ist und je
vollkommener sie diesen Zweck erreicht. Der Sinn des Pragmatismus ist „Um-
setzung in Tat". Der Streit um die Wahrheit ist nicht die Hauptsache. Die
Hauptsache ist die Umgestaltung des philosophischen Wissenschaftsbetriebes.
Pragmatisch ist die Bildung unserer Aussagen mit Rücksicht auf die Ver-
wendung, deren sie fähig sind. Das Wesentliche der Wahrheit liegt darin, daß sie
ans ..auf Verhaltungsweisen führt". „Die Abbildung, die Übereinstimmung
mit den Ereignissen ist nur ein Mittel zu diesem letzteren Zweck." Aber
Wahrheit selbst bedeutet nicht das Hinführen, sondern die Beziehung zu einem
Tatbestand. Der Wert einer Wahrheit besteht darin, was ich mit ihr anfangen
kann ; die Wahrheit an sich selbst hat keinen Wert. Die wahrsten Urteile
Bind uns aber die unentbehrlichsten. Die Bewahrheitung nach der Zukunft
ist die eigentlich pragmatistische. „Jede Wahrheit, wenn wir sie bilden, bilden
wir sie mit Rücksicht auf eine tatkräftige Verwendung in der Zukunft." Der
Sinn aller Wissenschaften ist es, „Einschub zu sein zwischen einer Handlung
und ihrem Anreiz; hinüber zu führen von einer vielleicht noch unvollkommenen
des Bandeins zu der vollkommeneren Weise". Vor diesen Endzweck
schiebt sich aber eine Menge vorläufiger Mittelzwecke. In der Wissenschaft
in die Verrichtung einer Wahrheit, zunächst wenigstens, im Weiterführen
zu neuen Wahrheiten.
hriften: Herder« Kalligone und ihr Verbältniß zu Kants Kritik der Urteilskraft,
Herden und Kants Ästhetik, 1907. — Der Pragmatismus, 1909.
J&ger* Gustar, geb. 1832 in Bürg, lebt in Stuttgart. = Anhänger
Die Dsnriaeehe Theorie u. ihre Stellung zur Moral und lteligion, 1869.
— In Soeben Dirwfai contra Wigand, 1874. — Die Entdeckung der Seele-, 1879; 3. A.
»Duflettfä)) u. a.
.1 \GER IaMI.i.I« HOS.
Jäjior. Hermann, geb. 1856 in Darmstadt, Geh. Schulrat in QffenbeclL
= Das Gefühl der ästhetischen Lost, des Schönfindens, begleitet die Betätig
der seelischen j/Vorratskräfte"; das Gefühl der ästhetischen Unit Häßlich-
finden-, stellt sich ein bei Miiinan-|.nirhiiahuir WOB ,.Krhaluni">krätt.-ir- il.u-t-
i. Das schöne Kunstwerk ist ewe „Objektivierung des wahren Menschen4*.
Einheitliche Verknüpfung einer Mannigfaltigkeit ist das Gemeinsame in Kunst,
Moral und Wissenschaft
hriften: Das Prinzip des kleinsten Kraftmal Ist in der Ästhetik, VieitoKs]
schrift für WIM OTmch Philo«. V. — l)ie gemeinsame Wurzel der Kun-t, Moral und
wlMSMehaft, ic»' l
Jahn. Max, geh L853 in Ronneburg, Schuldirektorin Leipzig. — Die
Psychologie rocht zunächst die Erscheinungen unserer inneren Natur, dann
den gesetzmäßigen Verlan! derselben, zuletzt die Grundlage oder das Bub
der Erscheinungen. J. Btehl Herbart nah»', berücksichtigt aber auch die exp
rimcntelle Psycholog
8 | riften: Die Zeituihiiltnissc des Vorstellens, 1881. — Psychologie als Grund-
mhlfl dir l'a'laL'ogik, 1897; 5. A. 1907. — Ethik Ali ürundwis-mschaft der
',. u. a
Jakob Jacob), Ludwig Heinrich, geb. 1759 in Wettin, 1780 Prof. in
Hall«. 1^17 in Charkow, 1809 Mitglied der Gesetzkommiasion in St Petersburg,
im»; wieder Prof. in Haue, gest 1827. Kantianer. l>i-' psychischen und
physischen Phänomene haben swei rerschiedene Ursachen. Du- Physische ist
nur eine Bedingung des Auftretens des Psychischen, nicht dessen Ursache. Eb
-ihr eine besondere psychische Kausalität (Über die Grenzen der Physiologie
und der philosophischen Anthropologie; Einleitung zur Übersetzung des Haupt-
werkes ?OH < 'aiiani-.
hriften: Prolegumena zur praktisi hen Philosophie, 1787. — (irundri 1 . der all-
.- .Tu.iTi.'n Logik, 1788. — Kritische Anfangsgründe zur allgemeinen Metaphysik. 1788.
— Grundrili der Krfahrurigsseelenlehrc, 1791 ; 4. A. 1810. — Philosophische Sitten-
1794. — Thilo- i:.-. htslehre, 1795. — Allgemeine Religionslehre. 1797. —
llandw.rtcihurli, 1 71*7 i Auszug aus Baylej. — Bswsil f. d. rfmtwrhl . 1790. —
Ober -1 t. d. Dasein Gottes, I. A. 1798.
lamhliclio*. der Begründer der lyrischen Schule des Keuplatonismus,
aus Chalkifl (Cölesyrien), Schüler d.-** Anatolios und <l«-s I\irj>hyri«»s in Rosa,
-r:liii in Syrien am 390 a. Chr. Kr war bei seinen Anhängern als Wundertiter
rerehrt und hatte den Rffnamff »der Göttlich
I.. dar <ln Lahreo der Neapythagonei und besonders die des Plotin
weiterbildet, ist ein philosophisch-theosophiscfaer Auadeuter des Polytheismus
und legt Gewicht aoi Symbolik, Zahlenrnystik und Theurgi«
Lehre ist, wir du- Plotins, ein Enianationsayati an. I I Plotins
hinaiiH liegt noeli da- unaussj>rechliehc Prinzip (i Ans
diescni ersten hI>.t-. i. ml. n lunm gehl das a diesem
die intelligible Well der Ideen intellektuelle
Welt da Zar intelli^iblen W< h . •> hön n \
ur mttll.ktu.il. I ,.-. Kimft und
292 rAMBLiCHOS — James.
Demiuig. Es emanieren dann das Seelische, zuerst die überweltliche Seele, dann
zwei innerwelt liehe Seelen und die Natur. Die menschliehe Seele hat einen
Atherleib und ist nebst diesem unsterblich. Eine Menge Seelen von Göttern.
Dämonen usw. wirken in der Welt, welche reich an Wunder ist. Zahlen sind
Symbole verborgener Wahrheiten und Verhältnisse.
Schüler I.s sind Theodoros von Asine, Sopatros aus Apameia.
Dexippos, Aidesios, Chrysanthios, Eunapios, Kaiser Julian u. a.
Schriften: Kommentare zu Piaton und Aristoteles (nicht erhalten). — Xa/.Sa'i'y.ij
Ty/.etor(iTtj ftro/.oyid (bei Damaskios zum Teil angeführt). — De mysteriis Aegyptiorum
(wohl nicht tob 1 selbst, sondern aus seiner Schule), 1483, 1678, 1857. — Ilegi tov
JJrOayogiy.or fit'or (De vita Pythagorica, 1816, 1851). — Aoyog TTOOToe^riy.og eig
7 i/.oooq tar (Adhortatio ad philosophiam, 1813, 1888). — ITsgl tfjg y.oivijg uadr]-
fjuxtixrjg ijutntjiAijQ, 1781 (bei Villoison, Anecdota Graeca II). — IJygi t>~/z Xiy.oiuc/<>r
ägcihitjTiyfjc eioay&yiJG (In Nicomachi arithmet. introd.), 1894. — (-)eokoyovutr<i r/yc
äQr&fujTixijs (Theologumena arithmeticae), 1817. Diese Schriften bildeten Teile einer
twvaycoyi) r«5v JJvOayogficor öoyßärcov. — Vgl. EüNAPIOS, Vitae sophistarum (1849).
James, William, geb. 1S42 in New York, Prof. an der Harvard-Uni-
versität, gest. 1910; der bedeutendste (amerikanische) Vertreter der modernen
introspektiven Psychologie und des Pragmatismus.
J. (der philosophisch von Lotze, Eenouvier u. a. beeinflußt ist) ist ein
Gegner der das Bewußtsein als eine Summe psychischer Elemente auffassenden
„atomistischen" Psychologie und des Assoziationismus. Die Psychologie ist
die Lehre vom seelischen Leben und dessen Bedingungen. Das Seelische ist
genau zu beschreiben und zu analysieren, aber auch in seiner Bedingtheit durch
physiologische Vorgänge zu erforschen. Auch ist der biologische, immanent-
teleologische Charakter der psychischen Vorgänge zu beachten. Wenn auch
<li< Metaphysik zur Annahme einer unsterblichen Seelensubstanz, die mit dem
Leibe in Wechselwirkung steht, gelangen kann, so hat doch die Psychologie
sich auf den Zusammenhang (Parallelismus) der psychischen Vorgänge mit den
physiologischen zu beschränken und das Seelische als Prozeß (Aktualismus)
aufzufassen.
Das Bewußtsein (welches keine Teile hat, nicht aus psychischen Atomen
besteht) hat vier Eigenschaften: „1) Jeder .Zustand* tritt auf, mit dem An-
spruch, Teil eines persönlichen Bewußtseins zu sein." „2) Innerhalb jedes per-
BÖnlicheD Bewußtseins wechseln die Zustände fortwährend." ..3) Jedes persön-
liche Bewußtsein ist merklich kontinuierlich." 4) Das Bewußtsein ist durch
sein Interesse auswählend (selektiv), es wählt unter den Reizen und Gegen-
ständen. Es besteht nicht ans unverbundenen Gliedern, sondern „fließt", ist
ein „Strom" (stream of consciousness) mit konstanteren, „substanzartigen"
Etahesb ilen und „transitiven" Bewegungss teilen. Das Bewußtsein des ein Bild
umgebenden ,, Hofes" (halo) von Relationen ist dessen psychischer „Oberton-,
dessen „Franse" (fringe; relation-fringes). Das Bewußtsein ist nie rein passiv,
lern reaktiv oder aktiv, so besonders in der Aufmerksamkeit, im Denken
und Wollen. Den Empfindungen ist ein Ausdehnungsgefühl („original
atioo o\ space") eigen (ein „dement ot voluminonsnees"). Der Zeil-
Ja
- ... g liegt p] die Arbeit hintproaesses t..th«- faature
«•f the brain pr -- _■ Lssoziation findet nicht zwii
-t»llllli_ - ■ll'l'TIl
Ursache der Ast wohnheit, die Grund«
und d«-- Leben? und Erlebens, und auch da.» Int • hier ron Bedenti
Aufmerksamkeit hat eine ,,aelektr?eA Punktion und eine Tendern zur
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Band ' •:• b Bewi
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\\ irklic •:. ..ideon. r" Vr< m B . D
N ur nach ..impulsiv und h. Im bolleren Willen kommt nun
B • wirkliehen sollen,
hinzu. 1 >:• \ _ und nicht I - - hon
Fo . ade ras er Art. welcbe direkt durch
stimmte Wahrm-hmum:» n a . n. „Wir sind traurig. w»-il wir weh»
_ weS wir zue . erschi ireü uir zittern." „Ohne die kör]
lnh / - lie auf die Wahrnehm _ . würde da re rein
iiitelh'kturll«-n rharakt' en." In. - Bein bt die funktionelle
:itität das esni ö - auftretende denk« ode Subjekte,
i, ah -. mtlich iheit in dersell
■and, bilden einen roll* jj für alle Krfa.hr
icher Einheit und Identität, die wir tatsächlich machen". Es «steht
die M - ten und unterbewuil -ublimi-
nak ii ■ . Kiiit- Unsterblichkeit der Seele, ein Fortwirken derselben ist
durchaus möglich.
J. bekennt rkenntniathe h zum aktiren ^radikaleo Empiris-
mus", nach welchem nur d. n und wahr ist, was sieh in irgendwelchen E
fahrungen bewährt Auch für die apriorisch-idealen Relationen i
Art mufi die Erfahrung die Verifikation liefern. Für den
- den Empirismus" sind d loten Wesenheit
rn ..unveränderlich« I 1 i
Pluralismus Bind • Ann.. der Welt,
küchkeil möglich, und ebei teht für Ihn Viel-
heit vi»n W da- l'nivi /.ii-amuxii- " " 1
Welt nur durch die Verbindungen der Dinge, nicht als r
i I Entwicklung der dm
I >■ !»a t i - rn u- _.. I '• :i .In. C.fi £ I
virtritt. Verlan, nilosophi ur wirklichen Well menschlicher Lebend
. inji hersN llt. 1'rteile v
29 l James.
Streit müßig, das Problem hinfällig. Der Pragmatismus wendet sich dem
Handeln zu, ist also aktivistisch. Für ihn sind Theorien nur „Werkzeuge",
deren Wert in ihrer Leistung („power to work") liegt. Indem die Theorien zu
neuen Wahrheiten und zu zweckmäßigem Verhalten führen, unsere Erkenntnis
uud unser Leben zweckvoll beeinflussen, sind sie pragmatistisch „wahr", d. h.
gut, wertvoll, brauchbar, lebensfördernd. Nach der „instrumentalen" Wahrheits-
theorie bedeutet die Wahrheit der Ideen deren „Arbeitswert". Das Wahre
ist das, was uns „auf dem Wege des Denkens vorwärts bringt", was uns von
einem Teile der Erfahrung zu anderen führt, was sich intellektuell als gut er-
weist, was „uns am besten führt, was für jeden Teil des Lebens am besten
paßt, was sich mit der Gesamtheit der Erfahrungen am besten vereinigen läßt".
Wahre Vorstellungen sind solche, die wir verifizieren können; in der Bewahr-
heitung, in ihrer sich Geltend-Machung selbst ersteht und besteht die Wahrheit,
die also wie die Wirklichkeit nichts Fertiges ist. Mit der Wirklichkeit „über-
einstimmen" wird jede Idee, die uns dazu verhilft, „logisch oder praktisch mit
einer bestimmten Wirklichkeit und dem, was zu ihr gehört, zu operieren".
Diesen Pragmatismus wendet nun J. besonders auf die Religion an, auch
hier den Intellektualismus und Rationalismus bekämpfend und sich für die
Rechte des persönlichen Erlebens und Fühlens einsetzend. Der Glaube (belief)
ist der Wirklichkeitssinn (sense of reality). Ein „Wille zum Glauben", ein
Glaubensbedürfnis besteht. „Wir fordern eine Beschaffenheit des Universums,
zu der unsere Gefühlserregungen und Betätigungstriebe passen." Der Glaube
ist eine Bereitwilligkeit zum Handeln, auch wo der Ausgang nicht im voraus
garantiert wird; ein Wagemut ist damit verbunden, der auf Erfolg hofft, den
erst die Erfahrung bewähren kann. Jeder Glaube, der uns wahrhaft befriedigt,
unser Leben fördert, sich in der Erfahrung und im Handeln bewährt, ist be-
rechtigt, wertvoll. Der Glaube an eine unsichtbare Ordnung, an ein göttliches,
geistiges, ewiges Sein ist nicht auszurotten; er selbst ist ein Faktor der Ver-
geistigung der Welt. Haben wir doch, gemäß dem „Meliorismus", die Kraft,
die Welt zu verbessern, die noch keineswegs abgeschlossen, sondern im Werden
begriffen ist. Die Religion untersucht J. psychologisch in allen ihren Formen,
auch in ihren pathologischen. Die Wurzel der Religion (= die Gesamtreaktion
eines Menschen auf das Leben, „a mans total reaction upon life") ist das
Gefühl. Insbesondere durch seine unterbewußten Erlebnisse (die des „sublimi-
nalen Ich") steht der Mensch in Beziehung zur übersinnlichen Welt, zum
Göttlichen. Die mystischen Erlebnisse, ja auch die pathologischen Visionen usw.
haben für den Erlebenden vollen Wirklichkeits- und Wirkungswert, ja sie können
trotz ihrer Abnormität ebensogut auf eine Realität außer ihnen hinweisen.
Mindestens aber können religiöse Erlebnisse auf pragmatistische Wahrheit An-
spruch machen, wenn sie sich eben im Leben bewähren. Die Religion ist
..wahr", wenn sie förderlich ist. Verschiedene Arten der Religion sind möglich;
gefordert wird nur, daß die Kraft jenseits des Menschen eine andere und
weitere Ist als unser bewußtes Ich. Es braucht diese Kraft nicht unendlich
and nieht vereinzelt zu sein, eine Vielheit von Ichen (Geistern) könnte existieren,
SO daß eine Arl ..Polytheismus" gültig wäre. Die Idee eines „spirituel universe"
James — Jäsche. 295
aber gehört zu jeder Religion, ebenso die Empfindung, daß wir vom Übel er-
löst werden, indem wir mit den höheren Mächten in Verbindung treten.
Während die Psychologie vom freien Willen abstrahiert, postuliert die
Ethik die Willensfreiheit. Diese bedeutet pragmatistisch soviel, „daß in
unserer Welt Neues entsteht", daß die Zukunft nicht eine bloße Wiederholung
und Nachahmung der Vergangenheit sein wird; vielleicht ist die Natur nur
annäherungsweise gleichförmig. Die Wirklichkeit verändert sich, sie ist nicht
durch die früheren Zustände eindeutig festgelegt. Von verschiedenen Alter-
nativen, zu handeln, ist nicht bloß eine möglich. Das Weltganze wird nicht
durch einen Teil desselben gänzlich bestimmt.
Schriften: The Feeling of Effort, 1880. — What is an Emotion, Mind IX, 1884.
— The Physical Basis of Emotion, Psychol. Review I, 1899. — Principles of Psycho-
logy, 1890. — Briefer Course, 1892: deutsch (Psychologie) 1909. — Will to believe,
1897; deutsch 1899. — Human Iramortality, 1898. — Talks to Teachers, 1899; deutsch
1900. — The Varieties of Religious Experience, 1902; deutsch von AYohbermin, 1907.
— Pragmatism, 1907 ; deutsch von W. Jerusalem, 1908. — The Pragmatist account
of truth, Philos. Rev. XVII 1908 u. andere Abhandlungen. — A Pluralistic Universe,
1909; deutsche Übersetzung in Vorbereitung. — The Meaning of Truth, 1909. — Vgl.
HÖFFDIXG, Moderne Philosophen, 1905, sowie Aufsätze von GOLDSTEIX, JERUSA-
LEM u. a.
Janet, Paul, 1823—1899, Prof. in Straßburg, dann in Paris (Sorbonne).
;= J. bekämpft den Materialismus und den biologischen Mechanismus. Materie
ohne Kraft ist eine Abstraktion. Aus der Materie kann man nur etwas er-
klären, wenn man schon Kraft und Geist in sie hineingelegt hat. Ein die
Tatsachen der Naturwissenschaften berücksichtigender Spiritualismus, welcher
die Geltung von Zweckursachen im Leben und Geiste anerkennt, ist der
richtige Standpunkt. Die Seele ist. eine mit dem Leibe in Wechselwirkung
stehende immaterielle Kraft.
Schriften: Histoire de la philosophie morale et politique, 1858; 3. ed. 1887. —
Le materialisnie contemporain en Allemagne, 1864; deutsch 186G. — Elements de
morale, 1869. — La morale, 1874. — Les causes finales, 187 7. — La philosophie
francaise, 1879. — Principes de metaphysique et de psychologie, 1897, u. a.
Janet, Pierre, geb. 1859, Prof. in Paris. = J. hat besonders die Er-
scheinungen des psychischen „Automatismus", des ohne Leitung des Ober-
bewußtseins sich Vollziehens psychischer und psychomotorischer Akte er-
forscht.
Schriften: L'autoroatisme psychologique, 1889. — Xevroses et idees fixes,
1898, u. a.
Jäsche, E. - Schriften: Das Grundgesetz der Wissenschaft, 1886. —
Grundz. e. allgem. AVeltansch., 1897. — Werden, Sein u. Erscheinungsweise d. Bewußt-
seins, 1887.
Jäsclie, Gottlieb Benjamin, geb. 17C2 in Wartenberg (Schlesien), war
Privatdozent in Königsberg (von 1799 an) und (von 1802 an) Prof. in Dorpat,
gest. 1842. = Im Auftrage von Kant hat .1. dessen Vorlesungen über Logis
herausgegeben (1800).
296 J Äsche — Jerusalem.
Schriften: Über reinen Naturalismus, 1790. — Versuch eines faßlichen Grund-
risses der Rechts- und Pflichtenlehre, 1796. (In diesen Schriften ist J. strenger Kan-
tianer. Später wurde er von Jacobi und Fries beeinflußt.) — Grundlinien der Moral-
philosophie, 1804. — Grundlinien der Ethik, 1824. — Kurze Darstellung der philos.
Religionslehre, 1825. — Der Pantheismus nach seinen verschiedenen Hauptformen, 182G
— 32 (gegen den Pantheismus).
Jastrow, Joseph, geb. 1863 in Warschau, Prof. an der Universität in
Wisconsin. = Vertreter der experimentellen Psychologie.
Schriften : The Time-Relations of Mental Phenomena, 1870. — Psychology of
Intention, Psychol. Review IV, 1898. — Fact and Fable in Psychology, 1901. — The
Study of Religion, 1901. — La subconscience, 1908, u. a.
Jaures, Jean, geb. 1859 in Castres. = Von Kant beeinflußter Sozialist.
Schriften: De la realite du monde sensible. — Idealisme et materialisme dans
la conception de l'histoire (mit T. Lafargue) u. a.
Ibn Badschah s. Avempace.
Ibn Gebirol s. Avicebron.
Ibn Roschd s. Averroes.
Ibn Sina s. Avicenna.
Ibn Topbail s. Abubacer.
Idaios von Himera hat (nach Sextus Empiricus, Adv. Mathein. IXT
360) wie Anaximenes die Luft als Prinzip der Dinge bestimmt.
Jean Panl s. Richter.
Jebnda ha-Levi s. Juda.
Jenisch, Daniel, 1762—1804, Prediger, dann Gymnasialprofessor in
Berlin. = Gegner Kants, von Jacobi beeinflußt.
Schriften: Über Grund und Wert der Entdeckungen Kants in der Metaphysik,
Moral und Ästhetik, 1796. — Kritik des idealistischen Religions- und Moralsystems,
1804.
Jentsch, Carl, geb. 1833 in Landshut, lebt in Neiße. = Sozialpolitischer
Standpunkt, Gegner des Selektionismus.
Schriften: Geschichtsphilos. Gedanken, 1892; 2. A. 1903. — Weder Kommunis-
mus noch Kapitalismus, 1893. — Neue Ziele, neue Wege, 1894. — A. Smith, 1905. —
Sozialauslese, 1898. — Christentum u. Kirche, 1908, u. a.
Jerusalem , Karl Wilhelm, Sohn des bekannten Theologen J., gest.,
1772 (durch Selbstmord, Vorbild von Goethes „Werter"). Aus seinem Nach-
lasse wurden „Philosophische Aufsätze" (1776) herausgegeben (Über Entstehung
der Sprache, über Freiheit, u. a.).
Jerusalem, Wilhelm, geb. 1854 in Drenic, Reg.-Rat, Privatdozent und
emer. Gymnasialprofessor in Wien.
J. verlangt von der Philosophie, sie' solle wie die Wissenschaft akti-
vistisch sein, dem Leben dienen und in kritischer Weise — als kritischer
Empirismus und kritischer Realismus — der Auffassung des gesunden Menschen-
Jerusalem. 297
Verstandes gerecht werden. Die Metaphysik ist durchaus zulässig. J. ist ein
entschiedener Gegner der Richtung Brentanos, ferner des erkenntnistheoretischen
Idealismus (u. Apriorismus) und der „reinen" Logik. Er bekennt sich zum Psycho-
logismus und betont überall das Genetische, so daß seine Philosophie — trotz
ihrem Dualismus und Theismus — einen evolutionis tischen Charakter hat.
Dies zeigt sich zunächst in seiner Psychologie. Die psychischen Vorgänge
sind ein reines, substratloses Geschehen (Aktualismus), welches mit dem phy-
sischen in Wechselwirkung steht. Die biologische Auffassung des Seelen-
lebens berücksichtigt überall die Bedeutung der psychischen Vorgänge für die
Lebenserhaltung, so in der Theorie der Aufmerksamkeit, der Gefühle, der
..typischen Vorstellung" usw. Die Psychologie muß die Rolle von Gefühl und
AVillen beachten, also voluntaristisch (im weiteren Sinne) sein. Neben der
Assoziation ist die Aktivität des Denkens und Wollen s zu berücksichtigen.
J. nähert sich in psychologischer Beziehung besonders Ebbinghaus, Höffding
und Wundt.
Die Logik faßt J. (gegen Husserl, Cohen u. a.) psychologisch, biologisch,
genetisch, empiristisch, pragmatisch auf. Die Aufgabe der Logik ist die „Er-
forschung der allgemeinen Bedingungen objektiver Gewißheit und Wahrschein-
lichkeit". Sie hat zu untersuchen, „wieviel allgemeine und bewährte Erfahrung
in jeder einzelnen Erfahrung enthalten ist"'. Sie hat keine apriorischen Ge-
setze aufzustellen, denn nur das in der Erfahrung Bewährte hat logische
Gültigkeit. Auch die Denkgesetze sind empirischen Ursprungs. Eine wichtige
Rolle spielt (wie nach Mach) das Prinzip der Denkökonomie. Absolute Wahr-
heiten, ..Wahrheiten an sich" gibt es nicht, Wahrheit selbst ist schon eine
Beziehung zwischen zwei Seiten des Urteils. L^rsprünglich ist ein Urteil wahr,
wenn es „zweckentsprechende Maßnahmen zur Folge hat". Wahrheit heißt
hier also „Förderlichkeit der Maßnahmen". Die Überzeugung befestigt sich
(beim „Urteilen auf Vorrat"), daß die Verwertbarkeit der Urteile wächst, je
mehr sie den Tatsachen entsprechen, d. h. wenn die in ihnen vorgenommene
Formung und Objektivierung den wirklichen Vorgängen so entspricht , daß
Voraussagen, die sich auf diese Urteile stützen, tatsächlich eintreffen. J. be-
kennt sich ausdrücklich zum Pragmatismus (vgl. James). Daneben ist
auch der soziale Faktor der Wahrheit und des Erkennens zu berücksichtigen
(„Soziale Verdichtung" usw.).
J. gibt eine „Introjektionstheorie" des Urteils. Das Urteil ist keine
Assoziation, sondern ein abschließender Akt, dessen Funktion ein Gliedern.
Formen, Objektivieren ist, eine Deutung des Wahrgenommenen nach unseren
eigenen Willenserlebnissen (vgl. G. Gerber). Im Urteil wird der Vorstellungs-
inhalt „als etwas Selbständiges, von mir unabhängig Existierendes*' hingestellt:
er wird zu einem „Kraftzentruni", welches nach Analogie unserer eigenen
Willenshandlungen wirksam ist. Die Urteilsfunktion ist die sprachlich formu-
lierte „fundamentale Apperzeption", vermöge der wir unseren eigenen Willen
in die Dinge hineinlegen und sie als Subjekte wie wir deuten. Aus der Lrteils-
funktion gehen unsere Denkmittel und Erkenntnisformen hervor, immer aber
auf Grund der Erfahrung, auf der sogar die Mathematik beruht. In sym-
298 Jerusalem — Jevoxs.
bolischer Weise erkennen wir vermittelst des Urteils die Eigenschaften und
Relationen der Dinge selbst, die nicht bloß Erscheinungen sind, sondern un-
abhängig von uns existieren. Der Idealismus ist eine „Hypertrophie" des Er-
kenntnistriebes, der, aus biologischen Wurzeln erwachsend, zum funktionellen
Bedürfnis wird; er ist unhaltbar, schon wegen der Unmöglichkeit, das fremde
Ich und Bewußtsein als Inhalt meines, des Erkennenden, Bewußtseins anzu-
sehen (gegen K. Heim u. a.).
Die Ethik muß die Entwicklung der sittlichen Anschauungen unter-
suchen, ferner psychologische Analyse treiben und endlich Normen aufstellen
(als „Philosophie des Wollens"). Die moralische Beurteilung ist „die Wert-
schätzung einer sozial bedeutsamen Leistung", wobei allmählich die Gesinnung
in den Vordergrund rückt, Der Gesamtwille hat die Förderung des Gemein-
wesens zum Ziel. Neben dem „sozialen" gibt es ein „individuelles" Gewissen:
ersteres geht auf die „Menschenpflicht", letzteres auf die „Menschenwürde".
Gegenstand der Soziologie ist „die zur Einheit zusammengeschlossene Menschen-
gruppe". Die Ästhetik muß genetisch und biologisch sein. Das ästhetische
Genießen ist eine Art von „Funktionslust", d. h. „eine Freude, die aus der
Betätigung verschiedener psychischer Funktionen hervorgeht". Schön ist alles,
was unsere ästhetische Funktionslust auszulösen geeignet ist (vgl. Döring).
Oft ist die Schönheit nicht bloß Ursache, sondern Wirkung der Liebe zum
Gegenstand. Wie alles Erkennen und Deuten beruht auch die Religion auf
der Urteilsfunktion und fundamentalen Apperzeption, und zwar in deren An-
wendung auf das Weltganze. Gott wird uns dann zum Subjekt, dessen Prä-
dikat die Welt ist, zum unendlichen AVillen, dessen Kraftäußerung eine konstante
ist. „Dieser mächtige Wille ist der Urgrund für Materie und Geist, die Natur-
gesetze sind seine Gesetze, er hat sie gegeben, wie der Psalmist sagt, und er
selbst bricht sie nicht."
Schriften: Zur Reform des Unterrichts in der philos. Propädeutik, 1885. —
Über psychol. Sprachbetrachtung, 1886. — Laura Bridgman, 1890; 2. A. 1891. —
Grillparzers Welt- und Lebensnnsehauung, 1891. — Die Urteilsfunktion, 1895. — Die
Psychologie im Dienste der Grammatik und Interpretation, 1896. — Glaube und Urteil,
Yierleljahrsschr. f. wissensch. Philos. Ed. 18. — Über psychol. u. log. Urteilstheorien,
1. c. Bd. 21. — Ein Beispiel von Assoziation durch unbewußte Mittelglieder, Philos.
Studien, Bd. X. — Die Aufgaben des Mittelschullehrers, 1903; 2. A. 1911. — Lehr-
buch der Psychologie, 4. A. 1907. — Einleitung in die Philosophie, 4. A. 1909. —
Gedanken und Denker, 1905. — Der kritische Idealismus und die reine Logik, 1905.
— Kants Bedeutung für die Gegenwart, 1904. — Wege u. Ziele d. Ästhetik, 1906. —
Unsere Mittelschule, 1907. — Soziologie des Erkennens, Zukunft Nr. 33, 1909, u. a.
— Vgl. L. EGGER, D. Problem d. Urteilsfunktion, 1896 — 98.
Jensen, Paul Wilhelm. — Hegelianer. — Schriften: Beiträge zur Er-
kenntnis des psychischen Lebens, 1831. — Versuch einer wissenschaftl. Begründung der
rchologie, 1855.
Jevons, W. Stanley, geb. 1835 in Liverpool, Prof. in Manchester
und London, gest. 1882. = J. ist ein Schüler Booles und Vertreter der
„symbolischen*' Logik. Die Logik ist die „Wissenschaft von den notwendigen
Jevons — Jodl. 299
Formen des Denkens". J. vertritt die Identitätstheorie des Urteils; dieses be-
steht in der Vergleichung zweier Vorstellungen oder Begriffe. ..Propositions
may assert an identity of time, space, manner, quantity, degree, or any other
oircumstance in which things may agree or differ.'* Der Schluß beruht auf
der „Substitution des Ähnlichen'*' (Substitution of similars).
Schriften: Pure Logic, 1864. — The Substitution of Similars, 1869. — Ele-
mentar} Lessons in Logic, 1870: deutsch 1906. — Primer of Logic, 1878. — The
Principles of Science, 2. ed. 1877. — Studies in Deductive Logic, 1880. — Methods
of Social Reform, 1883.
Jezirab s. Kabbala.
Hierin;;. Rudolf von, geb. 181S in Aurich, Prof. in Göitingen. gest. 1892.
J.s Rechtslehre ist sozial-teleo logisch („utilitaristisch"): Der Zweck
ist der Quell des Rechtes. Das Recht ist ..das System der durch Zwang ge-
sicherten sozialen Zwecke". Es ist „disziplinierte Gewalt-'. Es gibt kein
Xaturrecht. alles Recht ist durch den Staat bedingt, durch die „Organisation
<les sozialen Zwanges11. Der Staat ist die Gesellschaft selber als Inhaberin der
organisierten Zwangsgewalt. Endzweck von Recht und Staat ist die „Her-
stellung und Sicherung der Lebensbedingungen der Gesellschaft". Um sein
Recht zu kämpfen ist Pflicht (wie schon Kant. Fichte u. a.). Die Sitte ist
die „im Leben des Volkes sich bildende verpflichtende Gewohnheit". Sie ent-
halt das Moment des sozial Verpflichtenden, ist die als richtig und notwendig-
erprobte Ordnung des Volkslebens. Auch die Sittlichkeit hat sozialen Ur-
sprung und Zweck; sie ist der ..Egoismus der Gesellschaft", ihre Normen sind
„gesellschaftliche Imperative" und haben die Wohlfahrt der Gesellschaft zum
Zweck (Sozial-Utilitarismus).
Schriften: Der Geist des römischen Rechts, 6. A. 1894 f. — Der Zweck im
Recht. 1877 f.: 4. A. 1894—95. — Der Kampf ums Eecht, 1872, 1910.
Jodl. Friedrich, geb. 1849 in München, 1885 Prof. in Prag, 1896 in Wien.
J.. der von J. St. Mill, Spencer, Feuerbach. Comte beeinflußt ist, vertritt
den Positivismus in dem Sinne, daß wir nach ihm nur soweit erkennen
können, als die Erfahrung reicht, also nicht das Transzendente, so daß Meta-
physik als Wissenschaft nicht möglich ist. Mit diesem Positivismus, den ,T.
auch in der Ethik festhält, verbindet sich ein praktisch-sittlicher I de alism us .
der an eine Verwirklichung menschlicher Ideale glaubt (ähnlich Feuerbach,
Comte). In erkenntnistheoretischer Beziehung steht .7. zum Teil A. Riehl
nahe; er ist kritischer Realist, hält unsere Anschauungs- und Denkformen
für bedingt durch die Verhältnisse der Dinge selbst, welche uns im Physischen
wie im Psychischen erscheinen.
Die Ethik muß nach Jodl unabhängig von Religion. Metaphysik und
Politik begründet werden. Es ist dies im Sinne der „Gesellschaft für ethische
Kultur" gesprochen, zu deren energischen Vorkämpfern J. gehört. Der Be-
griff der Humanität, welcher eine Erweiterung des Ichs zum Selbst der Mensch-
heit fordert, tritt hier in den Vordergrund und macht alle Appellationen an
transzendente Machte und an ein Jenseits unnötig, ohne daß jemandem der
300 Jodl.
Glaube, der ihn befriedigt, genommen werden soll. Die Ethik der Wissen-
schaft hat zwei Hauptaufgaben : erstens die Beantwortung der Frage, was ist
sittlich, das Sittliche? zweitens, wie entsteht das Sittliche? Normen sind
durch Idealisierung der sittlichen Erfahrung zu gewinnen. Das Sittliche ist
einer beständigen Entwicklung unterworfen, das bleibende Wesen dieser aber
ist die ..Abhängigkeit von einem höheren überpersönlichen Willen" (der Ge-
sellschaft, der Menschheit).
Die Psychologie J.s ist evolutionis tisch, introspektiv mit Berücksichti-
gung des Physiologischen und besonders des Biologischen; sie steht zwischen
Asso/.iations- und Apperzeptionspsychologie in der Mitte und ist nicht intellek-
tualistisch, sieht vielmehr im Fühlen und Streben einen ursprünglichen Faktor
alles Bewußtseins. Wichtig ist bei J. die Unterscheidung zwischen primären,
sekundären und tertiären Bewußtseinszuständen (so z. B. betreffs des Ichs). Die
P-yrhologie ist „die Wissenschaft von den Formen und Naturgesetzen des
normalen Verlaufs der Bewußtseinserscheinungen, welche im menschlich-tierischen
< Organismus mit den Vorgängen des Lebens und der Anpassung des Organis-
mus an die ihn umgebenden Medien verbunden sind, und deren Gesamtheit
wir als seelische (psychische) Funktionen oder Prozesse bezeichnen". Alle
psychischen Vorgänge sind Bewußtseinsvorgänge, ein Unbewußtes gibt es nur
als physiologisches, als „Zerebration". Das Bewußtsein ist eine intermittierende
Punktion des Lebens; sein allgemeinstes Merkmal ist „die Innerlichkeit eines
lebenden Wesens, welches sich in der Entgegensetzung von Objekt und Sub-
jekt oder eines Inhalts und des auffassenden Wesens oder seiner Tätigkeit
kundgibt." Träger des Bewußtseins ist nicht eine immaterielle Seele, sondern
der lebende Organismus.
J. ist ein Anhänger der Identitätstheorie und des psychophysischen
Parallelis mu8. Das Psychische ist das innere, subjektive Erleben, Selbstwahr-
Dehmen eines neurologischen Prozesses, also nicht jedes physischen Geschehens;
denn das Bewußtsein tritt nur da auf, wo die Organisation eines Weltkörpers die
Bedingungen dazu geschaffen hat (doch ist J. nicht Materialist, sondern dürfte,
d;i er das ..Streben" als ein Letztes, Unableitbares ansieht, dem Voluntarismus
nahe Btehen, etwa wie Ribot). Die Theorie der psychophysischen Wechsel-
wirkung widerspricht den Tatsachen wie den methodischen Grundforderungen
des Naturerkennens. Psychisches und Physiologisches sind in Wahrheit nur
Ausdrücke für denselben Vorgang in verschiedenen Sprachen. Im Bewußtsein,
in der 8elbetwahrnehmung haben wir unmittelbar das Psychische selbst; von
außen gesehen, finden wir nur organische Materie mit Bewegung, an die sich
immer wieder mir Bewegung schließt. Der Gesamtkomplex der durch das
Lei,,,, und seine Reize ausgelösten zerebralen Vorgänge eines Individuums
id vou diesem zugleich als Subjekt in innerer Wahrnehmung erlebt. Die
I der einheitliche Zusammenhang des psychischen Erlebens selbst, die
Ubensfunktion eines Organismus. — Die Einzelheiten der J.schen Psychologie,
welche reich an Analysen und genetischen Erklärungen (z. B. des Gefühls-
können hier oichi zur Darstellung gelangen..
kkriften: Loben und Philosophie 1). Humes, 1872. — Die Kulturgeschichts-
.TODL — JofiL. H01
Schreibung, 1878. — On the Origin and Import of the ldea of Causality, Monist VI
— Geschichte der Ethik in der neuern Philosophie, 1882 f.; 2. A. 1906 f. — Volks-
wirtschaftslehre und Ethik, 1886. — Religion, Moral und Schule, 1892. — Über das
Wesen des Xaturrechts, 1893. — Wesen und Ziele der ethischen Bewegung, 1893. —
Was heißt ethische Kultur: 1894. — Lehrbuch der Psychologie, 1896; 3. A. 1909. —
Über das Wesen und die Aufgabe der ethischen Gesellschaft, 1903. — Ludwig Feuer-
bach, 1904 (Frommana Klassiker der Philos.). — Was heißt Bildung: 1909. — Aus
der Werkstatt der Philosophie, 1911. u. a.
Joel. Karl, geb. 1864 in Hirschberg, Prof. in Basel.
J., der als Historiker der Philosophie Hervorragendes geleistet hat, ist in
seinem eigenen Denken durch die Mystik und Romantik beeinflußt und zeigt
manche Verwandtschaft mit Anschauungen, wie sie Kant, Fichte, Scheüing,
Nietzsche, Bergson u. a. hegen, indem er eine aktivistische Lebensauf-
fassung vertritt. Die Naturphilosophie stammt nach J. nicht aus dem
Mythus, Bondern aus der Mystik, aus dem Gefühl. „Man entdeckte die Natur,
indem man Gott in ihr suchte." Das Gefühl ist werdende, undifferenzierte
Erkenntnis; es schlägt die Brücken zwischen Subjekt und Objekt. Alle Mystik
stammt ans einem gesteigerten Lebensgefühl, aus dem ., Totalgefühl", dem Ge-
fühl des Unendlichen, in welchem Gott und AVeit eins sind, alles ein Leben,
eine Seele, Gott selbst ist.
Die Kausalität ist nach J. nicht etwas, was an sich besteht; zu Ursache
und Wirkung wird ein Geschehen erst in bezug auf unsere Zwecke. Der
Kausalsatz verurteilt die Welt nicht zur ewigen Gebundenheit und Unfreiheit.
Der Mechanismus und Determinismus ist etwas Sekundäres; die Kausalität
gilt, aber nur als Erkenntnisgesetz. An sich ist die Welt weder frei noch
notwendig. Freiheit und Notwendigkeit gelten nicht als Tatsachen, sondern
als Werte, als praktische Begriffe. Die Materialität und der Mechanismus der
Welt besteht nur in bezug auf die Zwecke unseres Handelns, stehen im
Dienste desselben. „Weil wir wirken wollen, Wirkungen suchen, müssen wir
Ursachen sitzen. Der Wille setzt Zwecke, und damit ist die Kausalität ge-
geben." Teleologie und Mechanismus bedingen sich gegenseitig ; der Mecha-
nist erklärt aus Bütteln, der Teleologe aus Zwecken. Ohne „Perspektive"
gibt es keine Kausalität, die also schon durch den Willen (zum Wirken) be-
dingt ist .Wir ers! machen die Dinge zu alledem. Und darum Bage ich, die
Kausalität ist praktisch"; sie isl eine Sache des Betrachtene and des Wirkens.
Die Theorie Belbsl isl praktisch, die Kausalität ein Anthropomorphismus. Die
Kausalität liegt im Denken und im Willen. ..Durch den Willen allein . . .
wird die Spannung erlebt zwischen Ursache nnd Wirkung." „Unser Wille ist
das Freie, das Selbständige, Wirksame in uns. dosen Wesen es ist, Wirkungen
zu setzen, also Abhängiges, Bedingtes, Notwendiges hervorzubringen. Der
Wille kann gar aichta anderes als causa Bein. Er ist das Aktive als solches,
das als seine Folie, sein Gegenüber, seüi Objekt das Passive fordert, das Ab-
hängige.•■ ...\u- unserer Freiheit, d. li. aus unserem Willen Betzen wir Not
wendigkeiten." »Wir wollen wirken und damit werden die Erscheinungen
Passiva für unsere Aktionen. Wir Fühlen uns als Subjekt, Person j Kraft, und
JofiL — Johannes.
• - :
dadurch werden sie Objekte, Dinge, Stoffe.'' Nach der von uns erlebten Frei-
heit und Notwendigkeit deuten wir die Objekte. Das Körperliche ist das
Beharreode, der Geist (das Bewußtsein) ist „das Variierende, Individuali-
sierende".
Freie und gebundene, gehemmte, erstarrte, mechanisierte, einseitig ge-
wordene Aktivität — das ist's, was den Determinismus und Indeterminismus
zu höherer Einheit verbindet, die Bindung des Willens anerkennen und ihn
doch als seinem Wesen nach frei bestimmen läßt. „Die Kausalität fordert die
Freiheit" Leiden ist nur gehemmtes Wirken. Das Ich, das Subjekt, der
Wille ist das Freie als solche; Motive sind schon Momente des Wollens,
durch die er sich selbst determiniert, bindet. Das Unfreie ist das Willenlose,
ist Willenseinseitigkeit, Willenshemmung. Die Gesetze sind nicht selbständige
.Mächte, sondern Ausdruck unseres Handelns. Die Freiheit lebt nur in immer
neuen Akten der Befreiung, durch „Überwindung der Konstanz". Sie ist zu-
gleich (innere) Notwendigkeit als Eigengesetzlichkeit. „In Freiheit dem Ganzen
dit-nen, das ist das Höchste."
Schriften: Zur Erkenntnis der geistigen Entwicklung u. d. schriftstellerischen
Motive Piatons, 1887. — Zur Gesch. d. Zahlprinzipien in d- Griech. Philos., 1890. —
D. Zukunft d. Philosophie, 1893. — Der echte und der Xenophontische Sokrates, 1893
— 1901. — Philosophenwege. 1901. — Der Ursprung der Naturphilosophie aus dem
Geiste der Mystik, 1906. — Nietzsche und die Romantik, 1905. — Der freie Wille,
1908, u. a.
Johannes Avendeath s. Avendeath.
Johannes Capreolus, geb. 1380 in Kodez, Dominikaner, studierte
und lehrte in Paris, lebte seit 1426 in Eodez. wo er 1444 starb. = Hauptver-
teidiger des Thomismus im 15. Jahrhundert.
Schriften: Commentarii in IV lihros sententiarum, 1483. — Dcfensiones theo-
logiae divi Thomae, neu herausgegeben 1899. — Vgl. Pegtjes, Revue thomiste 1899
— 1900.
Johannes Oharlier s. Gerson.
Johannes Damascenus, geb. in Damaskus, Mönch, gest. um 754. =
.1.. dessen Werk auf die Scholastiker von Einfluß war und das noch heute
im Morgenlande geschätzt wird, gibt in seinem Werke eine Darstellung der
Dogmen des Christentums, wobei er von der Aristotelischen Logik und Onto-
logie ( k brauch macht.
Schriften: Sein Hauptwerk ist „Quelle der Erkenntnis" (nrjyrj yvdiöscog). —
J. Damasceni Opera, 1577, 1712, 1748. — Vgl. J. LANGEN, J. v. Damascus, 1879.
Johannes Duns Scotus s. Duns Scotus.
Johannes Fidanza s. Bonaventura.
Johannes Sispanns s. Avendeath.
Johannes Jtalus, gegen Ende des 11. Jahrh. in Byzanz, Nachfolger
Michael I 'sei los.
ifton: Kommentare zu Schriften des Aristoteles. — Vgl. PRANTL, Gesch.
der Logik IK S01 f.
Johannes, 303
Johannes Philoponos (Grammaticus) aus Alexandrien , um 550,
Schüler des Neuplatonikers Ammonius Hermiae, zur Partei der Monophysiten
gehörend. = P. verbindet Platonische mit Aristotelischen Anschauungen. Die
Ideen faßt er als schöpferische Gedanken Gottes auf, welche als Urbilder vor
ihren Abbildern existieren. Anderseits lehrt er die Substantialität der Indi-
viduen; durch die Anwendung dieser Lehre auf die Dreieinigkeit zog er sich
den Vorwurf des Tritheismus zu. Die Wiederbringung der Dinge ist eine
Neuschöpfung.
Schriften: Kommentare zu Aristoteles (vgl. die Kommentaren- Ausgabe der Ber-
liner Akademie, 1887 ff.). — Adversus Procli Diadochi pro aeternitate mundi argumenta,
1535, 1557, 1899. — De opificio mundi, ed. Keichardt, 1897.
Johannes Saresberiensis (von Salesbury), geb. um 1110 — 1120,
studierte in Frankreich, wo er ein Schüler Abälards, des Wilhelm von Conches.
des Gilbert de la Porree u. a. war, wurde Sekretär des Erzbischofs Theobakl
von Canterbury, 1176 Bischof von Chartres, gest. 1180.
J.s Schrift „Metalogicus" ist wichtig wegen der Angaben über die zeit-
genössische Logik, namentlich über den Universalienstreit. J. selbst neigt am
meisten der gemäßigt realistischen Ansicht zu, wonach die Universalien (Gattung,
Art) den Dingen selbst als Formen oder Qualitäten immanent sind und durch
den abstrahierenden Verstand herausgehoben werden. Auf Spitzfindigkeiten
kommt es nach J. nicht an, er betont den praktisch-ethischen Zweck der Philo-
sophie (Wahrheit und Gottesliebe). Gott lebt in uns und erleuchtet uns.
Schriften: Policraticus sive de nugis curialium et vestigiis philosophorum (um
1160 entstanden), 1513, 1909. — Metalogicus, 1610. — Entheticus, 1843. — Opera, 1848.
- Migne, Patrolog. Bd. 199. — Vgl. C. SCHAARSCHMIDT, J. S., 1862. — PräNTL.
Gesch. d. Lo^ik II.
Johannes Scotus (der Schotte) Eriugena (der Irländer), ein in Irland
(welches damals „Scotia maiort' hieß) um 810 geborener Schotte, studierte in
Irland, verstand lateinisch und griechisch, ging (um 840) an den Hof Karls
des Kahlen von Frankreich nach Paris, wo er Lehrer an der Hofschule wurde
und die Schriften des Dionysius Areopagita (Pseudo-Dionysius) und dessen
Kommentators Maximus Confessor ins Lateinische übersetzte. Gegen den Mönch
Gottschalk schrieb er eine Abhandlung „De divina praedestinatione", wegen
welcher er als Ketzer verdächtigt wurde. Er starb um 877.
,T. ist in seinen Lehren wesentlich durch Dionysius Areopagita und Maxim ua
Confessor beeinflußt, damit also auch von Plato, dem Neuplatonismus, Augustinus,
zum Teil auch von Aristoteles. Seine Lehre ist der Versuch einer Verschmelzung
des neuplatonischen Emanationssystems mit dem christlichen Schöpfungs-
gedanken und der Trinitätslehre, wobei eine Art Panentheismus, in welchem
Mystik und Dialektik vereinigt sind, herauskommt. Die Autorität der Heiligen
Schrift und die der Kirchenväter ist ihm maßgebend, weil er hier <ine Offen-
barung der Vernunft sieht, die bei Widersprüchen stets den Vorrang hat; denn
die Autorität erfließt aus der Vernunft, nicht umgekehrt. Wahre Philosophie
und wahre Religion sind identisch (,,veram esse philosophiam veram religionem").
Die Philosophie ist „sapientiae Studium" und zerfällt in praktische, physische,
Johannes.
theologische, logische Wissenschaft. Wie Pseudo-Dionysius unterscheidet J.
positive und negative Theologie; letztere hat den Vorrang, da Gott über alles,
was man von ihm aussagen kann, erhaben ist.
Das Allgemeine ist nach J. real, als Idee vor den Dingen und als Essenz
in den Dingen. Die Dialektik als die Lehre von den allgemeinen Begriffen
und Wesenheiten geht von den Gattungen zu den Arten und von diesen wieder
/u den Gattungen („ars illa, quae dividit genera in species et species in genera
resolvit"). Die Kategorien stehen untereinander in Beziehung, wobei die
Substanz (ovoca) die Grundlage der anderen ist. Keine Kategorie vermag das
Wesen Gottes auszudrücken. Zur Erkenntnis gelangt man durch vier Methoden:
Einteilung {diaiQeTixrf), Definition (ögiOTixrj), Beweis (äjiodetxTixrj), Analyse
{avahnatrj). Unter „Analyse" versteht J. auch den Prozeß („processio") der Ent-
faltung der Welt aus Gott mittels der Ideen.
Es gibt eine vierfache Natur, wobei J. unter „natura" sowohl das Ge-
schaffene als auch das Schöpferische versteht: 1. die schaffende, nicht ge-
schaffene Natur („quae creat et non creatur"), 2. die geschaffene und schaffende,
3. die geschaffene, nicht schaffende, 4. die nicht geschaffene und nicht
schaffende (De div. nat. I, 1). Die erste und die letzte Natur sind eins, näm-
lich Gott als Ursprung und als Ziel des Seins. Die zweite Natur ist der In-
begriff der Ideen in Gott als Urbilder der Dinge, die dritte die raum-zeitliche
Welt.
Die oberste Natur ist Gott als Urgrund der Dinge, die aus ihm emanieren
und wieder zu ihm zurückstreben. Gott ist das Wesen (essentia), die Subsistenz,
das wahre Sein der Dinge, er ist alles („omnia universaliter est") und doch
nichts von allem, sondern über das Sein erhaben („super ipsum esse"), die
Einheit des Alls, die Gesamtheit desselben („universitas", xo näv, „totum omnium",
, .omnia in omnibus"), aber zugleich einfach, unvermischt, in jedem Dinge ganz
(„tota enim in singulis est in se ipsa"), immanent und transzendent. Gott ist
in allem, alles ist in und aus Gott, der sich in den Dingen manifestiert und
sie doch überragt („In Deo immutabiliter et essen tialiter sunt omnia." „Nam
-I «reatura in Deo est subsistens, et Deus in creatura mirabili et ineffabili modo
<reatur, se ipsum manifestans"). Gott, der eins und dreieinig ist (seine Weis-
heit ist der Sohn, sein Leben der heilige Geist), ist der Urgrund der Dinge
(„principalifi causa omnium, quae ex ipso et per ipsum facta sunt"), Ursache, Mittel
and Zweck zugleich. Gott weiß sich nicht durch Begriffe, sondern nichtwissend,
weil er überseiend {vTiegovatog) ist. („Nescit igitur, quid ipse est, h. e. nescit
se <)in(l esse".) Gott manifestiert sich in seiner Schöpfung, ja er ist nicht vor
dieser („Dens non erat prius, quam omnia faceret").
All»- Geschaffene ist eine Selbstoffenbarung Gottes, eine Theophanie
Ulis visibilis et invisibilis creatura theophania, i. e. divina apparitio potest
appellari"). Durch die Theophanien wird die Existenz Gottes von uns erkannt.
affl alles und wird dadurch in allem („ipse facit omnia et fit in omni-
I Verborgenheit hervortretend. Gott war ewig Schöpfer („semper
lie Zeit ist erst mit der Welt entstanden. Unmittelbar geht aus Gott
die Well der Ideen hervor, die intelligible, ewiggeschaffene, übersinnliche Welt
Johannes — Johnson. 305
I ..mundus intelligibilis"). Die Ideen sind die schöpferischen Urbilder und
Urgründe der Dinge („causae primordiales", jiQcotörvjia y.al jigoogiofiaza, fteTa
OeUfiaxa, „exempla"), die Formen, welche die unwandelbaren Gründe der Dinge
(„immutabiles rationes") enthalten. Die Einheit der Ideen ist der Logos. Durch
seinen Willen und sein Behauen erschafft nun Gott die raum-zeitliche Welt
als Abbild der Idealwelt aus Nichts oder aus seinem Wesen heraus. Er selbst
manifestiert sich in der Welt, die aus ihm vermittelst der Ideen ewig hervor-
geht (processio) und in der er ebenso ist, wie sie in ihm („Per nihilum . . . intelligo
ineffabilem et incomprehensibilem divinae naturae inaccessibilemque claritatem").
Gott ist in die Welt hinabgestiegen („per condescensionem quandam ineffabilem
in ea, quae sunt, prodit"), hört aber nicht auf, über alles erhaben zu sein
(„tarnen super omnia esse non desinit"). Die Körper bestehen aus Form und
Materie, bezw. aus vier Elementen. Sie sind (wie nach Gregor von Nyssa) aus
Intelligiblem, aus immateriellen Qualitäten zusammengesetzt („ex . . . qualitatibus
copulatis corpora sensibilia conficiuntur" : ..materies ... ex incorporeis quali-
tatibus copulatur"). Der Mensch ist ein Mikrokosmus, gleichsam die Zu-
sammenfassung von allem („homo veluti omnium conclusio"). Die Seele ist
eine einfache, sich selbst denkende Substanz, welche den Körper durchdringt,
der ihr Abbild ist. Die Seele bewegt den Leib und ist ganz in allen ihren
Funktionen. Die Erkenntnis schwingt sich von der sinnlichen Wahrnehmung
über die Erfassung der Ideen durch die Vernunft zur Schauung Gottes in seiner
Theophanie. Das Böse existiert nicht in Gott, es ist unnatürlich, beruht nur
auf einer Verkehrtheit des freien Willens, einer Privation des Guten.
Vermittelst des Logos kommt der Mensch zur Vergottung (decoaig, dei-
ficatio), zur Vereinigung mit Gott, die im weiteren Sinne die ganze Welt er-
faßt, welche zu Gott, ihrem Quell, zurückstrebt, um ewig in ihm zu ruhen und
mit seinem Wesen eins zu sein. Dann wird Gott wahrhaft alles sein („eritque
tunc Deus omnia in omnibus", ., omnia convertentur in Deum"). Die Rück-
kehr in Gott erfolgt auf verschiedenen Stufen bis zur völligen Ruhe der Well
in Gott.
Die Lehre des J. S.. die von der Kirche verdammt wurde, hat u. a. Da
vid von Dinant und Arnalrich von Bennes beeinflußt, aber auch sonst Einfluß
ausgeübt.
Schriften: De divina praedestinatione, 1650. — De divisione naturae (Hauptwerk),
1681, 1838, 18 53 (Migne Patrolog. Bd. 122), deutsch von Noack, 1870 f. (Philos. Bibl.).
— Kommentar zu Martianus Capella, bei Haureau, Notices et extraits, 18C2. — Vgl.
J. HUBER, J. S. E., 18G1. — Trantl, Gesch. d. Logik II. — NOACK, J. S. E., 1876.
Johannes Stobaeus s. Stobaeus.
Johnson, Samuel, amerikanischer Philosoph, 1696 — 1772. = J. ist von
Berkeley beeinflußt; die Körper bestehen nach ihm aus Vorstellun£sinhalten.
Die Aktivität des Bewußtseins konstituiert das Ich. Die Ethik .1.- ist « ■udü-
monistisch.
Schriften: Introdm ■tion to the Study of Philosoph}-, 1723. — A System of Mora-
lity, 1746. — p:iementa philouophica, 1752; 2. ed. 1754. — Vgl. E. E. Beardsu^
S. J., 1874.
I •: i .-> 1 e r , Philosophen-Lexikon. '_'' I
Jonische — Irenaeus.
Ionische Naturphilosophen („Physiologen"): Die älteren ionischen
Naturphilosophen sind Thaies, Anaximander, Anaximenes, Heraklit.
Sie lehrten im 7. und 6. Jahrh. v. Chr. und sie forschten alle nach dem Prinzip
{olqzv) der Dinge, das sie in irgend einer Substanz (Wasser, Unbegrenztes, Luft,
Feuer) erblicken. Sie sind Hylozoisten (der Stoff ist von Natur aus belebt).
Vgl. DlELS, Fragmente der Vorsokratiker. — ZELLER, Philos. d. Griechen, I.
Joscellinus (Gauslenus), als Bischof von Soissons 1151 gest. Ob er (wie
H. Ritter meint) der Verfasser der (von Cousin fälschlich dem Abälard zu-
geschriebenen) Schrift „De generibus et speciebus" ist (Oeuvres ined. d'Abael.
S. 507 ff.), ist fraglich.
Josef Ibn Zaddik, jüdischer Philosoph, der um 1140 eine Schrift
„Mikrokosmus'' verfaßte, in welcher er sich vom Neuplatonismus beeinflußt
zeigt und die Unerkennbarkeit des Wesen Gottes betont.
Vgl. D. KAUFMANN, Geschichte der Attributenlehre in der jüd. Religionsphilos.
des Mittelalters, 1877. — M. DOCTOR, Die Philosophie des J., Beiträge zur Gesch. d.
Mittelalters, hrsg. von Bäumker u. Hertling, II, 2, 1895.
JouftVoy. Theodore Simon, geb. 1796 in Pontets, 1817—20 Professor an
der Ecole Normale in Paris, hielt eine Zeitlang Privatvorlesungen, wurde dann
Professor an der Sorbonne, später am College de France, gest. 1842.
J., der von Cousin ausgegangen, von der Schottischen Schule und
von Maine de Biran beeinflußt ist, vertritt (wie Koyer-Collard) eine Eich-
tung der Philosophie, welche auf der Psychologie beruht. Die psychischen
Vorgänge sind von den physischen scharf unterschieden , sie enthalten
mehr als bloße Phänomene und deren Relationen, nämlich das Ich als
wahre Ursache des Handelns, als Prinzip der Aktivität des Denkens und
Wollene. Die Psychologie ist die Wissenschaft vom Ich („du principe in-
telligence de Fhomme, du moi"). Das Ich ist ein reales, durch seine Aktivität
sich bekundendes Wesen. Die Seele ist einheitlich, obzwar sie sechs Grund-
lähigkeiten besitzt (Neigungen, Wille, Bewegung, Ausdruck, Empfindung bzw.
Gefühl, Denken). Jedes Wesen hat sein besonderes Ziel. Die Sittlichkeit be-
steht in der Erfüllung des menschlichen Zweckes (Nouv. Melanges, S. 281 ff.).
I >a- Schöne ist der Ausdruck des Unsichtbaren durch das Sichtbare.
riften: Übersetzung von Dugald Stewarts Moralphilosophie mit Einleitung,
und der Werke Reids, ebenfalls mit Einleitung, 1835. — Les sentiments du beau
et du sublime, 1816. — Cours de droit naturel, 1834 — 35; 4. ed. 1866. — Melanges
philosophiques, 1833; 4. ed. 1866. — Nouveaux melanges philosophiques, 1842; 3. ed.
i (hrsg. von Damiron). — Cours d'esthetique, 1843; 3. ed. 1875. — Correspondance,
ron A. Lair, 1901. — Vgl. Olle-Laprtjne, Th. J., 1899.
Lrenaens, geb. 140 n. Chr. in Kleinasien, Bischof von Lyon und Vienne,
2. = I., dessen Hauptbedeutung eine theologische ist, bekämpft den
/ tun- und betont die Einheit des höchsten Gottes mit dem Weltschöpfer.
I in Gottvater seinen Ursprung, ist aber gleich ihm ewig. Die Seele
Sündenfalls) nicht von Natur, sondern nur durch den Willen
rblich.
Irexaeus — Juda. 3U<
Schriften: "E/.sy/og xai dvatQOJir] zfjg y>evöo)vi\uov yvcooecog, u. a. — Opera,
1526 u. ö., 1849 — 53, auch bei Migne, Patrologiae cursus. — Vgl. BÖHRIXGER, Die Kirche
Christi I 1, 2. A. 1861. — KUNZE, D. Gotteslehre des 1, 1891.
li'Oii*, D. = Evolutionistischer Standpunkt. — Schriften: A Study in the
Psychol. of Ethics, 1903, u. a.
Irwin;;. Karl Franz von, geb. 1728 in Berlin, Oberkonsistorialrat, gest.
1801. = Von Bonnet beeinflußt, führt I. alle Erkenntnis auf äußere und innere
Erfahrung zurück; er betont wie dieser die Funktion der Aufmerksamkeit und
die Aktivität der Seele, und unterscheidet (wie Sulzer) Empfindungen imd Ge-
fühle. Die Sprache erst schafft den Verstand; Begriffe sind eigentlich Worte.
Schriften: Erfahrungen und Untersuchungen über den Menschen, 1772 — 85 (Haupt-
werk). — Über die Lehrmethoden in der Philosophie, 1773. — Über den Ursprung der
Erkenntnis, der Wahrheit und der Wissenschaft, 1781. — Fragmente der Xaturmoral, 1782.
Isaak Israeli, jüdischer Arzt und Philosoph, um 900. = Annahme von
vi. i Elementen.
Schriften: Das Buch über die Elemente, hrsg. von S. Fried, 1901. — Vgl.
Ni:i MAKK, Gesch. d. jüdiscLen Philos. des Mittelalters I 1, 1907, S. 414 ff.
Isaak von Stella (Stellensis), Abt von Stella (bei Poitiers) in den Jahren
1147 — 1169, verfaßte Schriften mystischer Richtung, lehrt ähnlich wie die
< .rat in von St. Victor.
Vgl. XOACK, Philos. -geschichtliches Lexikon, S. 457.
I sei in. Isaak, geb. 1728 in Basel, gest. 1782. = I. betrachtet als psychischen
Paktor der I ^schichte den Trieb nach Erreichung eines angemessenen Zustandes.
Schriften: Über d. Gesch. d. Menschheit, 1768. — Gesch. d. Menschh., 1791. —
Vgl. MIA8KOWSKI, I. I., 1875.
Iäidoros, ein Sohn des Gnostikers Basilides, mit dessen Lehren er über-
einstimmt (Fragmente bei Eusebius). = Die Tugend besteht in der Ausmerzung
aller Spuren des sinnlichen Lebens.
Isidoros aus Alexandrien. Schüler des Proklos, Nachfolger des
Marinos. = Xeuplatoniker.
Isidoros aus Gaza, Xeuplatoniker, wanderte um 531 mit sechs anderen
Neuplatonikern, die infolge des Verbotes des Kaisers Justinian nicht mehr
Lehren durften, nach Persien aus, von wo sie aber alle bald zurückkehrten.
Isidorns Hispalensis (von Sevilla), seit G0O Bischof von Sevilla, gest.
6. = Durch seine, längere Zeit viel benutzten Schriften war er auf das
wissenschaftliche Studium von Einfluß; philosophisch ist er ohne Bedeutung.
Schriften: Originum sive Etymologarum libri XX, 1472, 1833. — De natura
rerum, 1857. — Opera, 1580, 1797 — 1803, aui h bei Ifigne, Patrologiae cursus. — Vgl.
l'i: w 1 1.. Ge»ch. .1. Logik 11.
Israeli s. Isaak Israeli.
.Inda (Jehuda ben Samuel) ha-Levi. geb. um l»1^» in Kastilicn, jüdischer
Ar/t und religiöser Dichter, ein (Jegner der griechischen Philosophie, aber ein
20
Juda — Justin rs.
Schätzer der Kabbala und Mystik und energisch für die jüdische Religion ein-
tivrend.
Schriften: Khozari (Khuzari, nach dem Khazaren-König Bulan, der zum Juden-
tum übertrat), um 1140 arabisch verfaßt, 1167 durch Jehuda ben Tibbon ins Hebräische
übersetzt, gedruckt 1506, 1841 iT. (mit deutscher Übersetzung, 2. A. 1869). — Vgl.
D. KviFMANN, J. H., 1877.
Jlltlri. C. H. = Schüler Wundts. — Schriften: Genetic Psychol., 1905 u. a.
Juliaiius Apostata, römischer Kaiser, geb. 331 n. Chr., von 361 bis 363
Kaiser, Schüler des Neuplatonikers lamblich, Gegner des Christentums und
glühender Verehrer des Heidentums, das er wiederherstellen wollte, zeigt sich
in seinen Schlitten als Neuplatoniker.
Schriften: Opera, 1583 u. ö., 1863 (französisch), 1875. — Contra Christianos
quae supersunt, 1880. — Epistolae, 1828. — Philos. Werke, 1908 (Philos. Bibl.). —
Vfjl. D. Fr. StrAUSS, J. d. Abtrünnige, 1847. — G. MAU, Die Religionsphilos.
Kaiser Julians, 1906, 1908.
Jnimiu*. Joachim, aus Lübeck, 1587 — :1657, Rektor des Hamburger
< i\ ninasiums. = J., der wohl von F. Bacon beeinflußt ist, betont den Wert der
Erfahrung für die Naturwissenschaft und Philosophie, und die Bedeutung der
Mathematik. Nicht die Zweckursachen, sondern die Kausalzusammenhänge
sind zu erforschen. Die Körper bestehen aus Atomen; von den physischen sind
die seelischen Substanzen zu unterscheiden.
Schriften: Logica Hamburgiensis, 1638. — Doxoscopiae physicae minoris, 1662.
- Vgl. GüHRAUER, J. J., 1851. — E. WOHLWILL, J. J , 1888.
Juni; in an ii. Josef, geb. 1830 in Münster, 1858 Prof. für Liturgik im
theologischen Konvikt an der Universität Innsbruck, gest. 1885 daselbst. =
Thomistische Grundlage.
Schriften: Ästhetik, 3. A. 1886.
.1 u^liiiiis. Flavius, als Sohn griechischer Eltern zwischen 100 und 110
ii. Chr. in Flavia Neapolis (Nablus) in Palästina geboren, studierte griechische
Philosophie, wurde, durch einen Greis bekehrt, Christ, wirkte als Verteidiger
(Apologet) des Christentums und starb um 164-166 den Märtyrertod.
J. ist der bedeutendste der christlichen Apologeten. Er ist mit der Plato-
hen, Aristotelischen und Stoischen Philosophie vertraut und von ihr be-
einflußt Von Bedeutung ist namentlich seine Lehre vom Logos, die ihm
dazu dient, die christlichen Wahrheiten als schon vor Christus bekannt gewesene
hinzustellen; alle welche dem Logos gemäß lebten, sind „Christen", und der
„aamenhafte Logos" (Xöyog (megpauxtig) ist allen Menschen inne und eingeboren
lupvtov navcl yevet är&Qcbjtcöv ojzEQfAa rov Xoyov, Apol. 11,8). Auch die
annteu „Atheisten", welche dem Logos gemäß lebten, waren Christen
/ Ihx'n.nnr xov löyov rov üeov peTEGy?' xal oi [xeta Xoyov ßicboavtsg
■>,i. xqv äfooi tvo/Mö-drjoav, Apol. II, 83). Auch haben die griechi-
ophen (Heraklit, Plato u. a.) ihre Lehren aus Moses und den Pro-
töpft. Kurz, alle wahre Philosophie ist Christentum, wenn
.einen Offenbarung vermittelst des Logos die besondere
Justin us — Kabbala. 309
christliche Offenbarung zu unterscheiden ist. Das Gottesbewußtsein ist nach
J. angeboren. Gott ist unnennbar, ungeworden, ewig, unbewegt, jenseits der
Himmel. Aus sich hat er eine Vernunftkraft (dvvcuuv loyixrjv) erzeugt, den
Logos, seinen Sohn, der nebst dem heiligen Geist mit ihm eins ist und durch
den er die Welt geschaffen hat (6 Xoyog .igo rcör notrjf*ax<ov y.al ovnov xai
yervdtfievog Ott tijv äoyjjv dt avzov ^ärru sxttae xai ixöoftrjoe, Apol. II, 6). Die
Unsterblichkeit der menschlichen Seele betrachtet J. wie andere Apologeten als
Geschenk der göttlichen Gnade. Auf die erste Auferstehung folgt das tausend-
jährige Reich Christi, dann erfolgt erst die allgemeine Auferstehung und das
jüngste Gericht.
Schriften: Eine größere und eine kleinere Apologie, und ein „Dialog mit dem
Juden Trvphon"; vielleicht echt sind auch zisoi uovagyiag und negl ät-aoräoeiog. (Die
„Cohortatio ad Graecos" ist nicht von J. selbst.) — Opera, 1551, 1592 u. ö., 1875 ff.
(ed. Otto), auch bei Migne, Patrologiae cursus. — Vgl. K. SEMISCH, J., 1840—42. —
B. Al'BE, S. Justin Philosophe et Martyr, 1861. — WlXDISCH, Die Theodizee d.
christl. Apologeten J., 1906.
Juvalta. Erminio, geb. 1862, Redakteur der ..Bivista iilosofica." =
Krin/i-ti-chi t Standpunkt.
.Schriften: Prolegomeni a una morale distinta alla metafisica, 19()1. — La dottrina
delle due etiche di H. Spencer e la morale come scienza, 1904, u. a.
Izoulet. Jean. = I. faßt die Solidarität als soziale Grundtatsache auf;
die Gesellschaft ist ein Organismus mit Arbeitsteilung und Zielstrebigkeit.
- le und Vernunft sind ein Produkt der Gesellschaft.
riften: La eitf moderne, 1894; 6. ed. 1901.
K.
Kabbala (Kabbalah, Überlieferung), jüdische Geheimlehre und Mystik,
enthalt Kiemente, die bis in die vorchristliche Zeit reichen (Spekulationen über
die Engel, den Thron Gottes, den „Schnee" um denselben, den .,Metathron'- usw.),
i-t aber erst infolge des Einflusses des Neuplatonismus und der pythagoreisierenden
Zahlensymbolik und nicht vor dem 9. Jahrhundert entstanden (das Buch Jezxrah
= Buch der Schöpfung), im Buche Sohar (Zohar, Glanz) um 1300 wohl durch
den spanischen Juden Moseh ben Schein Tob de Leon (auf Grundlage von
Lehren Isaaks des Blinden, seiner Schüler und verschiedener Gegner des Mai-
monides) zusammengefaßt und von anderen kommentiert und fortgesetzt (Isaak
Luria, gest. L572; Horwitz. gest. 1622). Das Buch Jezirah erschien hebräisch
1562, lateinisch L642, deutsch 1894. Das Buch Sohar erschien 1558, 1561 '.
l^.'js ii. 5., lateinisch 1684. Artis Cabbalisticae -criptores. 1587.
Die Kabbala weist die Ginflüsse der griecbisch-alexandrinischen Philo-
sophie, des Neuplatonismus, tfeupythagoreismus und Gnostizismus auf.
Ihre Lehre ist eine emanatistische: Die geistige und die Binnliche Welt
geht durch Ausstrahlung an- dein göttlichen lauen hervor, durch eine An
Selbstschöpfung, Seibetoffenbarung desselben. Gott ist das Unendliche, da-
310 Kabbala — Kalthoff.
„En-Soph", das unbegrenzte, eigenschaftslose „Nichts", das anfangs alles war,
das Urlicht, das alles erfüllte, das Verborgene, der „Alte der Tage". Um sich
zu offenbaren, setzt er die Welt aus sich heraus; sie geht aus ihm hervor, in-
dem sich das Urlicht gestaltet und nicht gestaltet, indem es in alles hinein-
strahlt und doch eins bleibt. Es beschränkt sich selbst; dadurch entsteht ein
Leerer Raum, in welchen das Urlicht die Welt (bzw. die Welten) hineinstrahlt.
Die Vermittlung zwischen Gott und der sinnlichen Welt bilden die geistigen
Kräfte, welche von Gott ausstrahlen, bzw. aus dem „Adam Kadmon'-, dem
himmlischen Urmenschen und Urbild des irdischen Menschen, dem Sohne
Gottes. Es gibt zehn solcher Kräfte oder Urzahlen, „Sephiroth", Lichtkreise,
welche durch die Selbstbeschränkung des göttlichen Lichtes entstehen; die drei
ersten Sephiroth sind „Krone", „Weisheit" und „Verstand" {loyog). Die
Sephiroth bilden zusammen die Welt „Aziluth" (Azilah), die auch als der Körper
\dam Kadmon bezeichnet wird. Die anderen aus dem Ensoph emanieren-
den Welten sind „Beriah" (die Welt der, als Geister gedachten, Ideen), „Jezirah"
(die Welt der Seelen), „Asijjah" (die Welt der Sinneswesen). Der Mensch ge-
hört den drei letzten Welten zugleich an, der zweiten durch die Vernunftseele
liama), welche unsterblich ist, der dritten durch den Geist (ruach), der
vierten durch den Lebenshauch (nephesch). Es gibt eine Präexistenz und eine
S len Wanderung.
Die Kabbala hat auch auf eine Eeihe christlicher Philosophen einen Ein-
fluß ausgeübt, so auf Eaymundus Lullus, die Grafen Pico von Mirandola,
Marsilius Ficinus, Keuchlin, Agrippa von Nettesheim, Paracelsus, H. More,
St. Martin u. a.
Vgl. A. FraxCK. Systeme de la Kabbale, 1842; deutsch, 1844. — Ad. JELLINEK,
Beiträge zur Geschichte der Kabbala, 1852. — Auswahl kabbalistischer Mystik, 1858.
— NeüMABK, Gesch. d. jüdischen Philos. 1, 1.
Kattun. Julius Wilhelm M., geb. 1848 in Loit, Prof. der Theologie in
Berlin. = K. steht in seinen Anschauungen über das Wesen der Eeligion
Ritsch! nah'', also auf ethisch-idealistischem Boden, auf dem der Glaube von
der, die höchsten Wahrheiten und Werte nicht erfassenden, wissenschaftlichen
Erkenntnis Bcharf geschieden wird.
Schriften: Das Wesen der christlichen Religion, 2. A. 1888. — Die Wahrheit
der christlichen Religion, 1889. — Glaube und Dogma, 3. A. 1889. — Das Christen-
tum u. die Philosophie, 3. A. 1896. — D. ethische Wert d. Wissenschaft, 1906. —
l)rci akad. Roden, 1908, u. a.
Kallia>. Sophist, Zeitgenosse des Sokrates, stand in seinen Anschau-
ungen dem Protagoras nahe.
KaUlkles, ein Sophist, welcher (nach Plato im „Gorgias") die Macht
Quelle de* Rechtes bestimmt und das Ausleben des Mächtigen (auch im
-.Mit heißt.
Kalllioff, \., geb. L850 in Barmen, war Pastor in Bremen, gest. 1906
-- K. verbindet das modern aufgefaßte Christentum mit einer
Weltanschauung.
Kalthoff — Kant. 313
Schriften: Das Christusproblem; Die Entstehung des Christentums; Zarathustra-
predigten. — Religiöse "Weltansch., 1903. — D. Religion d. Modernen, 1905, u. a.
Kant, Immanuel, geb. 22. April 1724 in Königsberg als Sohn eines
Sattlermeisters, dessen Familie (früher wohl Cant) wahrscheinlich aus Schottland
stammt. Er wurde streng religiös, im Geiste des Pietismus erzogen. Er be-
suchte 1732 — 1740 das Collegium Fridericianum mit bestem Erfolge und bezog
dann die Königsberger Universität, wo er (1740—46) Philosophie, Mathematik,
Physik und Theologie studierte und besonders von Martin Knutzen beeinflußt
wurde (Bekanntschaft mit den Lehren Newtons). Von 1746 bis 1755 war K.
Hauslehrer, zuletzt im Hause des Grafen Keyserling in Kautenburg. Im Jahre
1755 habilitierte sich K. in Königsberg, wo er über Mathematik und Physik,
dann über Logik, Metaphysik, Moralphilosophie, auch über physische Geographie,
Anthropologie u. a. las. Seine Vorträge waren sehr anregend, so daß er durch
sie einen großen Ruf hatte. Trotzdem und trotz seiner Arbeiten bewarb er sich
mehrmals vergeblich um eine Professur, die er erst nach fünfzehnjährigem
Warten, 1770 erhielt, nachdem er seit 1766 eine bescheidene Stelle als Unter-
bibliothekar bekleidet hatte. Infolge Altersschwäche, die immer mehr zunahm
und Kant schließlich des Gedächtnisses beraubte, gab er 1706 seine Vor-
lesungen auf.
Unter dem neuen Ministerium Wollner kam ihm infolge des Erscheinens
seiner ,. Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" (1793) eine
Kabinetteordre zu (1794). welche ihm die Veröffentlichung weiterer Schriften
über Religion verbot. Kant, dessen Maxime es war, nur Wahres zu sagen, aber
nicht verpflichtet zu sein, alles Wahre, was man denke, auch öffentlich sagen
zu müssen, unterwarf sich, ohne aber das Geringste zu widerrufen. Am
12. Februar 1804 starb Kant, der Zeit seines Lebens nicht aus dem Bannkreise
von Königsberg herausgekommen war und doch von der Welt die anschaulichste
Vorstellung hatte. Er wurde feierlich zu Grabe getragen und erhielt einen
Denkstein, später ein Denkmal in Königsberg (von Rauch). Sein Ruhm war
damals schon lange weil verbreitet, nachdem es kurze Zeit nach dem Erscheinen
der ..Kritik der reinen Vernunft" (17Ö1) nicht an Zurückhaltung oder Miß-
verständnissen seitens der Leser gefehlt hatte. Trotzdem meinte Kant, er sei
mit seinen Schlitten um ein Jahrhundert zu früh gekommen, man werde sie
erst nach hundert Jahren recht verstehen, sie neu studieren und gelten lassen.
In der Tat ist seit Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre *.\(^ 19. Jahr-
hunderts, wo der Ruf ,. Zurück zu Kant" erscholl, der Kantsche „Kritizismus"
immer mehr in den Vordergrund getreten, ja es ist eine eigene ..Kantphilo-
logie" entstanden, Ferner eine eigene „Kantgesellschaft" und auch eine eigene
Zeitschrift („Kant-Studien", herausgegeben von Vaihinger und Br. Bauch) für
das Studium Kant- und für Arbeiten, die im Geiste der philosophischen Kritik
-'■halten sind. Anläßlich des hundertjährigen Jubiläums der ..Kritik der
reinen Vernunft", 1881, Bind viele Schriften aber Kam erschienen, ebenso
gelegentlich der Feier des hundertsten Todestages Kants. 1904.
Kant- Charakter zeichnet sich durch größte Lauterkeil der Gesinnung,
Btrengste Wahrhaftigkeil and Pflichttreue, <lie sogar bis zur Pedanterie geht,
812 Kant.
gas. Obzwar Kant das Sittliche „rigoris tisch" auffaßt, den Neigungen wenig
Einfluß auf das Handeln einräumt, war er doch kein „Mucker", sondern heiter
und gesellig (Freundschaft mit Hamann, Motherby, Hippel u. a.). Kant war
«>ine tief religiöse Natur, stand aber nicht im Banne theologischer Dogmatik.
In politischer Beziehung verbindet Kant einen starken Liberalismus — er
sympathisierte z. B. mit der französischen Revolution — mit gewissen konser-
vativen Tendenzen, die ihm zum Teil sein (auch in der Ethik sich äußerndes)
Preußentum eingab.
K. ist der Begründer des Kritizismus. Aber er ist nicht gleich zu
diesem Standpunkte gelangt, sondern stand erst im Banne der Leibniz- Wolffschen
Philosophie und ihres Rationalismus, sowie später unter dem Einflüsse der
Newtonschen Lehren, Lamberts, Rousseaus, Shaftesburys und des Empirismus und
Skeptizismus, bis er endlich — nachdem auch Leibniz' „Nouveaux essais" auf ihn
eingewirkt — von Hume aus dem „dogmatischen Schlummer" erweckt wurde
und zum Kritizismus überging, der schon in den „Träumen eines Geistersehers"
(1766) anklingt, in der Schrift „De mundi sensibilis usw." (1770) weiter aus-
gebildet wird und in der „Kritik der reinen Vernunft" gipfelt. Der Kritizismus
bedeutet eine Synthese von Rationalismus, Empirismus und Skeptizismus zu
einem neuen, allen Momenten dieser drei Geistesrichtungen gerecht werdenden
Standpunkte. Über die Entwicklung des Kantschen Denkens vgl. Vaihinger,
Kommentar zu Kant I; B. Erdmann, Paulsen, Adickes, Riehl u. a.
Schriften: Gesamtausgabe von Hartenstein, 10 Bde., 1838 — 39: neue Aus-
gabe, 8 Bde., 1867—69; von Rosenkranz und Schubert, 12 Bde., 1838-42; von
Kirchmann (Philos. Bibl.), 1868 ff., jetzt ganz neu von verschiedenen Heraus-
gebern, endlich von der Akademie der Wissenschaften in Berlin (vollständigste
Ausgabe mit den Vorlesungen zu „Reflexionen", Briefen; noch nicht vollendet).
- Vermischte Schriften, 1799. -- Kleinere Schriften, 1800.
Die wichtigeren Arbeiten Kants bis zum Erscheinen der Ver-
nunftkritik sind:
* "danken von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte. 1747 (Ver-
mittlung zwischen der Kartesianischen und Leibnizschen Auffassung). — All-
gemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels, 1755. Hier verbindet K.
die mechanistische Naturerklärung mit der teleologischen so, daß die Kräfte.
die Gott in die Materie hineingelegt hat, von selbst zu geordneten, zweck-
mäßigen Zuständen führen. Durch Ballung der Materie sind die Himmels-
körper entstanden (vgl. die Theorie von Laplace, Exposition du Systeme du
monde, 1709). — Es sei hier gleich bemerkt, daß K. auch zu den Vorläufern
der Entwicklungstheorie zu zählen ist, indem er hypothetisch von einer Ver-
wandtschaft der Lebensformen „in der Erzeugung von einer gemeinschaftlichen
Drm spricht (Krit. d. Urteilskraft, § 80). -- Meditationum quarundam de
inta delineatio, 1755 (Doktor-Dissertation). — Principiorum primorum
Ltionis metaphysicae nova dilueidatio, 1755 (Habilitationsschrift). Teil-
Leibnizscher Grundlage, doch nimmt K. eine Wechselwirkung der
and Körper an. Oberstes Denkgesetz ist der Satz der Identität, Ge-
K. auf den -atz des „bestimmenden Grundes" (ratio determinans):
Kant. 313
..Nihil est verum sine ratione determinante". Zu unterscheiden sind Seins- und
Erkenntnisgrund. Die Quantität der absoluten Realität in der Welt bleibt
konstant (1. c. sct. II, prop. X). — Metaphxsicae cum geometria iunctae usus
in philosophia naturali, cuius specimen I. continet monadologiam physicam.
1 756. K. nimmt hier physische Monaden als Kraftzentren an, welche undurch-
dringlich sind und abstoßende (elastische) und anziehende Kräfte haben, durch
die sie den Raum erfüllen. — Neue Anmerkungen zur Erläuterung der Theorie
der Winde. 1756 (bedeutsam). — Neuer Lehrbegriff der Bewegung und Ruhe, 17."jS
(Relativität der Bewegung). — Versuch einiger Betrachtungen über den Optimis-
mus, 1759 (Die Welt ist die beste der möglichen). :- Die falsche Spitzfindigkeit
der vier syllogistischen Figuren, 1762 (Nur die erste Schlußfigur ist natürlich).
— Versuch, den Begriff der negativen Größen in die Welt Weisheit einzuführen.
1763. K. unterscheidet logischen Gegensatz (auf Widerspruch der Gedanken
beruhend) und realen Gegensatz (Widerstreit von Kräften und anderen Prädi-
katen, die beide — nur nach entgegengesetzter Richtung — positiv sein
können). — Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Da-
m ins Gottes. 1763. K. bestimmt hier schon das Dasein als absolute Position
eines Dinges, nicht Prädikat eines solchen und glaubt Gott aus der Unmög-
lichkeit, daß nichts existiert, and ans der Notwendigkeit, daß etwas existiert,
als seiend erweisen zu können. — Untersuchung über die Deutlichkeit der
Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral, 1764 (Preisschrift der
Berliner Akademie, K. erhielt nur das Akzessit, Mendelssohn für seine Arbeit
den eisten Preis). Hier zeigt sich wieder der Einfluß Newtons, dessen Methode
K. für die Philosophie empfiehlt, deren analytisches Verfahren von der synthe-
tischen Methode der Mathematik zu unterscheiden ist. in den Äußerungen
über Ethik ist k\ von den Engländern (Hutcheson u. a.J beeinflußt. Beob-
achtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen, 17C>4 (Einfluß Shaftes-
burys und Burkes; Gcfühlsmoral).
Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik, 1766
Diese, teilweise ironisierende Schrift knüpft an die Visionen und die Geister-
theoiie Swedenborgs an und zeigt, zu welchen Ergebnissen eine alle Erfahrung
überschreitende Spekulation gelangen kann, ohne logischen Widerspruch, aber
auch ohne jede wirkliche objektive Grundlage. Eine Metaphysik als vermeint-
liche Wissenschaft vom Übersinnlichen enthält lauter Fiktionen und reizt zum
Skeptizismus. Hingegen wird hier schon die Metaphysik mit Einschränkung
auf die Grenzen unserer Erfahrung, also kritisch, aufgefaßt. ..1 >cr au« Irre Vor-
teil ist der Natur des menschlichen Verstandes mehr angemessen und besteht
darin: einzusehen, ob die Aufgabe aus demjenigen, was man wissen kann, auch
bestimmt sei, und welches Verhältnis die Frage zu den Erfahrungsbegriffen
habe, darauf sich alle unsere Erteile jederzeit Btötzen müssen, [n sofern ist die
Metaphysik eine Wissenschaft von den Grenzen der menschlichen Ver-
nunft." K. meint, „daß die verschiedenen Erscheinungen des Leiten- in der
Natur und deren Gesetze alles seien, was ans zu erkennen vergönnt ist, das
Prinzipium dieses Lebens aber . . . niemals positiv könne gedacht werden, weil
keine Data hierzu in unseren gesamten Empfindungen anzutreffen sind". 1
314 Kant.
Geltung der sittlichen Gesetze ist unabhängig von der Metaphysik. — Von
dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden im Räume, 1768 (Existenz
eines absoluten Raumes, auf den die Lage bezogen wird).
De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et prineipiis, 1770 (Professurs-
schrift). Hier nähert sich K. schon erheblich dem Standpunkt der Vernunft-
kritik, doch anerkennt er noch eine Erkenntnis der Dinge an sich durch den
Verstand und hält nur die räum -zeitlichen Wahrnehmungsdinge für Er-
scheinungen. Die Sinnlichkeit hat es mit Phänomenen, der Intellekt mit den
Noumena, den intelligiblen Wesen zu tun. Form und Materie der Erkenntnis
werden (wie bei Tetens und Lambert) unterschieden (1. c. § 13 ff.). Die Materie
der Sinneserkenntnis ist die Mannigfaltigkeit der Empfindungen, die Formen
jener sind Raum und Zeit, welche „reine Anschauungen", subjektive Ver-
knüpf ungs weisen seitens des Geistes sind, nicht empirische, von den Dingen
abstrahierte Begriffe, denn die Möglichkeit äußerer Wahrnehmungen setzt schon
den Raum voraus. Die Raumvorstellung ist eine „reine Anschauung" („intuitus
purus"), nichts Objektives („non est aliquid obiecti et realis entis vel affectionis"),
sondern etwas Imaginäres („imaginarium"), Subjektives, Ideelles („subiectivum
er ideale e natura mentis stabili lege proficiscens"), aber dennoch in bezug auf
- mögliche Wahrnehmungsobjekt wahr („verissimum"); analog die Zeit.
Die Formen des Verstandes sind nicht angeborene Begriffe, sondern ursprüng-
liche Beziehungsformen (Substanz, Ursache, Notwendigkeit usw.), welche gesetz-
lich aus der Seele bei Gelegenheit der Erfahrung entspringen („in ipsa natura
intellectus puri, non tamquam coneeptus connati, sed e legibus mentis insitis . . .
abstracti, adeoque acquisiti")- Die Wechselwirkung der Dinge ist durch die
göttliche Einheit vermittelt.
Schriften aus der endgültigen kritischen Periode: Kritik der
reinen Vernunft, 1781 ; 2. teilweise veränderte Auflage 1786 (Stärkere Betonung des
Ding an sich). Ausgaben der Kr. d. r. V. von B. Erdmann, 5. A. 1900; Adickes,
: Vorländer 1899 (mit Register); Kehrbach (Univ.-Bibl., nach ihr wird oft
zitiert); Valentiner (Philos. Bibl.). — Prolegomena zu einer jeden künftigen
Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können, 1783 (durch die
osion der Kr. d. r. V. seitens Garve-Feder, 1782, veranlaßt); wie die
andereii kritischen Hauptwerke auch in der Univ.-Bibl. — Idee zu einer all-
gemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 1784. — Was ist Aufklärung?
\ ist „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Un-
mündigkeit"). — Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785. — Metaphysische
Anfangsgründe der Naturwissenschaft, 1786; herausg. von Höfler, 1900. —
Was heißt, sich im Denken orientieren? 1786 (Es heißt, „sich, bei der Unzu-
rlichkeil der objektiven Prinzipien der Vernunft, im Fürwahrhalten nach
einem subjektiven Prinzip derselben bestimmen", d. h. auf Grund theoretisch-
praktischer „Bedürfnisse" der Vernunft etwas annehmen). — Über den Gebrauch
i Prinzipien in der Philosophie, 1788. — Kritik der praktischen
innft, 1, Kritik der l'rteilskraft, 1790. — Über eine Entdeckung,
der alle neue Kritik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich
werden soll. 1790: auch in: Kleinere Schriften zur Lodk und Meta-
K \ \ i .
physik, Philos. Bibl. Gegei I. I er das • n all«-!- philo«.
Versuche in der Theodizee, 1791. Welches -i n« 1 die wirklichen Fortsehnt
die die Metaphysik seit LeibiüV und Woiffs Zeiten gemacht hat: 1804 (KL
Bchrift /. I.. il M. . I'i«- Religion innerhalb der Grenzen der blofie V
aunft, 1793. I ber Philosophie überhaupt, lT'.M. Zum i I rieden,
17'.'."). - Zn Sömmering über das Organ der Seele, 1796. Von einem neuer-
dings erhobenen vornehmen Tone in der Philosophie, 179 i Gefühls-
philosophie). Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, 1797; Meta-
physisch« An!:. de der Tugendlehre, 1797 (Zusammen = Metaphysik der
Sitten. : i Der St Fakultäten; Von der Macht d< i üts,
durch den Mafien V raati Beiner krankhaften Gefühle Meister eu Bein, !
Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, 1798. Logik, hrsg. von Jäsche,
von Kinkel, Philos. Bibl., 1904 (Nach Vorlesung« Physische
_ r;i)»lii<-. hrsg. von Hink, lv - Pädagogik, hrsg. ron Hink:. 1"
l rgan^ den metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft eui
Physik, teilweise hrsg. von ßeicke (Altpreuß. Monatsschj
lesungen iil» r « 1 i • - j»hil"-. Religionslehre, hrsg. von Pölitz, 1817. lesungen
di< Metaphysik, n Pölitz, 1821; vgL Beinze, Vorlec Kants
■ Metaphysik aus «lr<-i - 1894. Reflexionen Kants sur kritischen
l»hie, hrs§ von r>. Brdmann, 1 Lose Blätter aus Kant- Nach-
laß, ung. von Etekke
l rkenntnislehr< I1 Standpunkt, den K. gegenüber dem Rationalis-
mus eil dem Empirismus anderseits einnimmt, ist <I<t des K ritizismus.
I mentc und Tendenzen verbinden sich hier eu etwas Neuem,
dem Rationalismus, der bei K. nun Teil stark hervortritt, wird das \
handensein absolut und notwendig I riffe und lTrteile, <li< aus
reiner Vernunft entspringen, angenommen: es gibt Erkenntniselemente, <Ii«- unab-
li :i : on der Erfahrung gelten. \ gen über dem Ontologismus der
rationalistischen Metaphysik behauptet K., dafi auch «li»- ans reiner Vernunft
stammenden Erkenntniselemente nur für mögliche Erfahrung, also niu
I überhaupt reicht, Geltung haben, also Dicht aber alle Erfahrt]
hinaus, nicht für das Transzendente, nicht für das „Ding an sich", «reiches ui
kennbar ist and bleibt. Erkenntnis bezieht sich, auch da, sro ii< „api
Nahrung und deren Objekte; such das Rationale dient nur d-
arbeitung de« Krfahrungsinaterials und das Apriorische ist Bedii
Innerhalb I nschaftlicher Erkenntnis gibt i
K _• .■:.:,■ ^keptizismuH unbedingt jul I
kenntnis, über 'lt<- Erfahrung hinaus ab i letzlichkeil un-.
die hii Stoft mehr hat I
i \..in I bersinnlichen, von den Dingen an «ich und ihr« n I
itn-ii i-i niehl tnöglieh. l>a wii
können, so i-t dn I) nus und -
i ilcibt ri.it/ tni den (auf Moi i i I au l»en
> Ich I 'im
i ii Im- n V I '
3 IG Kant.
physik, welches jederzeit den Angriffen des Skeptizismus ausgesetzt ist, gibt K.
völlig preis, um aber zugleich den Skeptizismus in seine Schranken zu weisen.
Unter dem Dogmatismus der Metaphysik versteht K. ,,das allgemeine
Zutrauen zu ihren Prinzipien ohne vorhergehende Kritik des Vernunfts-
vermögens selbst, bloß um ihres Gelingens willen". Dogmatismus ist die „An-
maßung, mit einer reinen Erkenntnis aus Begriffen (den philosophischen) nach
Prinzipien, so wie sie die Vernunft längst im Gebrauche hat, ohne Erkundigung
der Art und des Rechts, wodurch sie dazu gelangt ist, allein fortzukommen".
Dogmatismus ist also das dogmatische Verfahren der reinen Vernunft, ohne
vorangehende Kritik ihres eigenen Vermögens." Auf das Stadium
des Dogmatismus und des Skeptizismus folgt das Stadium der Kritik, welche
die Erkenntnisfähigkeit der reinen Vernunft prüft und zugleich eine Theorie
der Erfahrung gibt. Die „Kritik der reinen Vernunft" ist eine Kritik „des
Vernunftgebrauchs überhaupt, in Ansehung aller Erkenntnisse, zu denen sie,
unabhängig von der Erfahrung, streben mag, mithin die Entscheidung
der Möglichkeit einer Metaphysik überhaupt und die Bestimmung sowohl der
Quellen als des Umfanges und der Grenzen derselben, alles aber aus Prinzipien".
I >ie Kritik will also feststellen, was die Vernunft bezw. das apriorische Erkennen
aus sich heraus zu leisten vermag, wras es zustande bringt, worauf es sich erstreckt.
Die Bedingungen der Erkenntnis, die Quellen derselben in der Gesetzlichkeit
der Vernunft sind zu suchen und es ist zu zeigen, welches der einheitliche
Zusammenhang dieser Erkenntnisbedingungen ist, welche die „Möglichkeit" der
Erfahrung und ihrer Objekte enthalten.
Denn der „Kopernikanische Standpunkt" in der Erkenntnistheorie be-
deutet eine Umkehrung des früheren Standpunktes. „Bisher nahm man an,
alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten; aber
alle Versuche, über sie a priori etwas durch Begriffe auszumachen, wodurch
nnsere Erkenntnis erweitert würde, gingen unter dieser Voraussetzung zu-
nichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben
der Metaphysik damit besser fortkommen, daß wir annehmen, die Gegen-
stände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten, welches so schon
r mit der verlangten Möglichkeit einer Erkenntnis derselben a priori
zusammenstimmt, die über Gegenstände, ehe sie uns gegeben werden, etwas
letzen soll". Es ist eben zu beachten, daß wir von Dingen nur das a priori,
unabhängig von t\ev Erfahrung erkennen, was wir „selbst in sie legen". Die
Kritik leistet mm zweierlei: erstens beschneidet sie dem Dogmatismus gänzlich
Flügel betreffe der Erkenntnis des Übersinnlichen; zweitens grenzt sie das
Gebiet ab, auf dem si<-here, objektive, allgemeingültige Erkenntnis möglich ist.
Frachtbare Heiland <\c,r Erfahrung ist die wahre Domäne der Erkenntnis
in.'/., ja wegen der Grundlage derselben in der reinen Vernunft.
Kritik der reinen Vernunft ist die „notwendige vorläufige Ver-
taltung zur Beförderung einer gründlichen Metaphysik als Wissenschaft".
•^' ' IbI aber keine vermeintliche Wissenschaft vom Transzendenten
ndern „das System aller Prinzipien der reinen theoretischen Ver-
System der ., reinen theoretischen Philosophie", die
Kam. 317
„Wissenschaft von den Gesetzen der reinen Vernunft". Sie fei Dicht trans-
zendent, sondern das System des Transzendentalen, also „Transzendental-
philosophie". Transzendental ist aber die Erkenntnis nicht des jenseits
aller Erfahrung Liegenden (Transzendenten), sondern des vor der Erfahrung
Gültigen, sie Konstituierenden, Apriorischen, sofern es zugleich die Möglichkeil
enthält, sieh auf Erfahrung und Erfahrungsobjekte zu beziehen. Transzen-
dental ist die Erkenntnis, wie etwas apriorisch und doch objektiv Bein kann.
also jene Erkenntnis, „dadurch wir erkennen, daß und wie gewisse Vorstel-
lungen . . . lediglich a priori angewandt werden oder möglich seien-. ..Ein
transzendentales Prinzip ist dasjenige, durch welches die allgemeine Bedingung
;i priori vorgestellt wird, unter der allein Dinge Objekte unserer Erkenntnis
überhaupt werden können/'
Die Met hode der Vernunftkritik ist (wenn auch nicht frei von allem „Psycho-
logismus") nicht genetisch-psychologisch (wie bei Locke, Condillac u. a»), sondern
transzendental, insofern nicht gefragt wird, wie die Erkenntnis sich im sub-
jektiven, individuellen Bewußtsein zeitlieh entwickfit, sondern welches die Be-
dingungen der Anwendung apriorischer Begriffe und Urteile auf die Erfahrung
oder wie rem.' Mathematik, reine Naturwissenschaft und „Metaphysik" möglich
sind. Dali ea allgemeingültige, streng notwendige, von der Erfahrung unab-
hängige Wahrheiten, also reine Wissenschaft gibt, setzt Kant auf Grundlage der
Ifathematik nsw. voran-: w ie solche Begriffe und Urteile apriorisch und doch
objekth gültig sein, wie sie nicht aus der Erfahrung stammen und doch für
die Erfahrung gelten können, dies will Kant begreiflieh machen. Unter der
reinen Vernunft" versteht K. das Vermögen apriorischer Erkenntnis. Vernunft
im engeren Sinne igt das „Vermögen der Prinzipien".
Die ..Kritik der reinen Vernunft" gliedert sich in die „transzendentale
Elementarlehre4' und die „transzendentale Methodenlehre' ; erstere zerfällt in
die „transzendentale Ästhetik" und „transzendentale Logik", welche wiederum
in die „transzendentale Analytik" und „transzendentale Dialektik" zerfällt. Die
„transzendentale Ästhetik" ist die Wissenschaft von den „Prinzipien der Sinn-
lichkeit". Die Frage: wie ist reine Mathematik möglich, beantwortet Bie durch
ihre Bestimmung von Raum und Zeit als apriorischer AnschauungBformen. Die
„transzendentale Logik" hat es mit den apriorischen Denkformen oder Kategorien
als Bedingungen der reinen Naturwissenschaft zu tun. Als „transzendentale
Analytik" befaßt sie rieh mit den Prinzipien, ohne welche überall kein Gegen-
stand gedacht werden kann: alfl „transzendentale Dialektik" ist sie eine Kritik
des Scheins, als ob unsere Vernunft über die Erfahrung hinaus könnte.
Erkenntnis \<>n Gegenständlichem ist nach K. nur „in dem Ganzen aller
möglichen Erfahrung" möglich. Alle Erkenntnis beginnt bei der Erfahrm
und endet bei ihr, aber nicht alles an der Erkenntnis stamm! aus der Erfahrung,
die Erfahrung selbst ist mehr als blofie Wahrnehmung, mehr als bloß ein ron
außen < legebenes, Bie ist schon ein Werk des Intellekts und durch die Formen d<
selben bedingt Die Erfahrung selbst besteht in den „synthetischen Vi
knüpfungen der Erscheinungen in einem Bewußtsein, -«'fern dieselbe notwendig
i-f. Durch Analyse der Erfahrungserken ntnis findet man das rein Empirische
Kant.
in ihr und das, was „Zutat" unseres Geistes ist. „Wenn aber gleich alle
unsere Erkenntnis mit der Erfahrung anhebt, so entspringt sie darum doch
nicht eben alle aus der Erfahrung. Denn es könnte wohl sein, daß selbst
unsere Erfahrungserkenntnis ein Zusammengesetztes aus dem sei, was wir durch
Eindrücke empfangen, und dem, was unser eigenes Erkenntnisvermögen (durch
sinnliche Eindrücke bloß veranlaßt) aus sich selbst hergibt, welchen Zusatz
wir von jenem Grundstoffe nicht eher unterscheiden, als bis lange Übung uns
darauf aufmerksam und zur Absonderung desselben geschickt gemacht hat."
„Erfahrung ist ohne Zweifel das erste Produkt, welches unser Verstand hervor-
bringt, indem er den rohen Stoff sinnlicher Empfindungen bearbeitet." K.
unterscheidet also Stoff und Form der Erscheinung. Die Form ist dasjenige,
was macht, „daß das Mannigfaltige der Erscheinung in gewissen Verhältnissen
geordnet angeschauet wird". Die Form liegt a priori in uns, sie geht (logisch)
allen sinnlichen Eindrücken vorher, sie bringt Einheit und Ordnung in das
Empfindungsmaterial (Formen der Sinnlichkeit) und die Anschauungsmannig-
faltigkeit (Formen des Denkens). Die Erfahrung enthält nämlich außer der
Anschauung der Sinne, wodurch etwas gegeben wird, noch einen Begriff von
einem Gegenstande als Bedingung a priori der (objektiven) Erfahrungserkenntnis.
Die Erfahrung nun „lehrt mich zwar, was da sei und wie es sei, niemals
aber, daß es notwendigerweise so und nicht anders sein müsse1'. Sie gibt daher
ihren Urteilen keine wahre, strenge, sondern nur „komparative" Allgemeinheit
(durch Induktion), keine Apodiktizität, keine unbedingte Notwendigkeit. All-
gemeinheit und Notwendigkeit kommen zu: erstens in strenger Weise den
analytischen Urteilen, welche nur „Erläuterungsurteile" sind, d. h. im Prädikate
nur etwas, was schon im Subjekt liegt, aussagen und auf dem Prinzip des
zu vermeidenden Widerspruchs beruhen (z. B. alle Körper sind ausgedehnt);
zweitens (in komparativer Weise) den synthetischen Urteilen („Erweiterungs-
arteilen") a posteriori, welche auf Grund der Erfahrung ein neues Prädikat mit
dem Subjekt verbinden (z. B. alle Körper sind schwer). Es gibt aber, drittens,
auch synthetische Urteile a priori, welche unabhängig von aller Er-
fahrung mit strenger Allgemeinheit und Notwendigkeit etwas von einem Subjekt
aussagen. Unter dem Apriorischen im engeren Sinne versteht K. nicht wie andere
Autoren Erkenntnis aus den Ursachen oder aus Begriffen oder durch Schluß-
folgerung, auch nicht das psychologisch Angeborene, sondern das von aller
Erfahrung schlechthin Unabhängige und dabei doch absolut Gewisse, Not-
wendige, Allgemeingültige, weil rein in der Vernunft Wurzelnde. „Solche all-
gemeine Erkenntnisse nun, die zugleich den Charakter der inneren Not-
wendigkeit haben, müssen, von der Erfahrung unabhängig, vor sich selbst
klar und gewiß sein; man nennt sie daher Erkenntnisse a priori, da im
Qtei] das, was lediglich von der Erfahrung erborgt ist, nur a posteriori
oder empirisch erkannt wird." Die Apriorität der Urteile kündigt sich von
selbst durch das Bewußtsein ihrer Notwendigkeit an und bezieht sich nur auf
Pormale der Erkenntnis, nicht auf deren Stoff oder deren Einzelheiten.
Apriorische hegt in der „formalen Beschaffenheit des Subjekts", wobei
..Subjekt," nicht das individuelle Bewußtsein als solches, sondern das
Kam. 319
allen Individuen gemeinsame, insofern iiberindividnelle Geistige oder das Er-
kennen in Abstraktion vom zufalligen Erleben verstanden wird. A priori
ist, was wir in die Dinge hineinlegen, was in unserem Erkennen ..niemals
weggelassen-1 werden kann, was der formenden Tätigkeil des Geistes ent-
springt, in ihm bereit liegt und. bei Gelegenheil der Empfindung, als 1
gesetzlichkeit des Anschauens und Denkens funktioniert. Kein Bind jene
apriorischen Erkenntnisse, denen gar nichts Empirisches beigemischl ist. die
vielmehr selbst Bedingungen der Erfahrung sind.
Wie -und nun synthetische Erteile a priori möglich? Wie können wira priori,
unabhängig von der Erfahrung, dabei notwendig und allgemeingültig etwas von
möglichen Erfahrungsobjekten aussagen, wie dies nach K. in der (reinem
Mathematik. N a t ur wissen schaff und SIetaphysik geschieht'.' Woraui
stützt sich eine solche apriorische Erkenntnis, welches ist ihre Grundlage, wo-
durch Lei sie ermöglicht? Die Antwort lautet: solche Erteile sind möglich,
weil die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung zugleich die Bedingungen
Möglichkeit der Erfahrungsobjekte sind, weil diese Letzteren nicht
an sich Bind, deren Übereinstimmung mit der Gesetzlichkeit unseres
I leistes rätselhaft wäre, sondern synthet i-che Produkte des Bewußtseins
die in einein „Ding an sich" ihren „Grund" halten, als solche Synthesen
aber nur für ein „Bewußtsein überhaupt" Sinn und Existenz | ..empirische Realität")
halien (Transzendentaler [dealismus). Weil die Dinge als Erscheinungen
hon durch die Formen des Bewußtseins bedingt sind, -eben diese
Formen, obwohl, ja gerade weil sie nur „subjektiv" Bind, b priori für alles
Objektive, das durch sie erst konstituiert wird.
Die Erteile der reinen Mathematik zunächst Bind nach K. (im Gegensatz
zu Huniei synthetisch und apriorisch, weil streng allgemein und notwendig.
Die mathematischen Axiome „gelten als Kegeln, unter denen überhaupt Er-
fahrungen möglich Bind, und belehren uns vor denselben und nicht durch die-
selben". Die mathematische Erkenntnis ist Vernunfterkenntnis aus der „Kon-
struktion der Begriffe". Nicht auf die Erfahrung, >ondern auf die Handlung
der Konstruktion in der reinen Anschauung kommt es an; wir schaffen die
ostände in Kaum und Zeit selbst durch „gleichförmige Bynthesis". Der
Satz 5 12 /.. K. ist kein analytischer Satz. Der Begriff der Bumme von neben
and tum enthalt nur „die Vereinigung beider Zahlen in «ine ein/ige. wodurch
ganz und gar nicht gedacht wird, welche- diese einzige Zahl sei, die beides
zusammenfaßt". Die zwölf ist durch Analyse in dem Begriff der Summe nicht
zu finden. ..Man muri über diese Begriffe hinan--, heu, indem man die An-
schauung zu Hilfe nimmt, die einem von beiden korrespondiert, oder . . . tun!
Punkte und so nach und nach die Einheiten d.r in der Anschauui benen
fünf zu dem Begriffe der sieben hinzutut.'4 Ebenso wenig ist irgend ein Qrund-
-:it/ der reinen Qe nie analytisch. Dafl die gerade Linie zwischen zween
Punkten die kürzeste sei. ist ein synthetischer Satz, heim mein Begriff vom
Geraden enthält nicht- von Grölte, sondern nur eine Qualität Her b
des Kürzesten kommt also gänzlich hinzu und kann durch keine Zergliederung
aus dem Begriffe der geraden [ini en werden \n-chauuug muf. SSM
320 Kant.
hier zu Hilfe genommen werden, vermittelst deren allein die Synthesis mög-
lich ist."
Die Apriorität dieser Urteile nun begründet K„ indem er dartut, daß
Kaum und Zeit, auf die sich die Mathematik stützt, Formen der Anschauung
{..reine Anschauungen*') sind, welche die apriorischen Bedingungen der Existenz
von Gegenständen für uns sind. Unter der „Form" der Sinnlichkeit versteht
K. „das, worinnen sich die Empfindungen ordnen", was also nicht selbst
Empfindung sein kann. Die Anschauungsformen sind nicht angeboren, sondern
..ursprünglich erworben". Angeboren ist nur der ., erste formale Grund" der
Möglichkeit der Anschauungsformen.
Der Raum ist die Form des „äußeren Sinnes", kein aus der Er-
fahrung abstrahierter Begriff, sondern eine „reine Anschauung". K. argu-
mentiert wie folgt: „1. Der Raum ist kein empirischer Begriff, der von
äußeren Begriffen abgezogen worden. Denn damit gewisse Empfindungen
auf etwas außer mir bezogen werden (d. i. auf etwas in einem anderen
Orte des Raumes, als darinnen ich mich befinde), ingleichen damit ich sie als
außer (und neben) einander . . . vorstellen könne, dazu muß die Vor-
stellung des Raumes schon zugrunde liegen. Demnach kann die Vorstellung
des Raumes nicht aus den Verhältnissen der äußeren Erscheinung durch Er-
fahrung erborgt sein, sondern diese äußere Erfahrung ist selbst nur durch ge-
dachte Vorstellung allererst möglich." „2. Der Raum ist eine notwendige Vor-
stellung a priori, die allen äußeren Anschauungen zugrunde liegt. Man kann
-ich niemals eine Vorstellung davon machen, daß kein Raum sei, ob man sich
gleich ganz wohl denken kann, daß keine Gegenstände darin angetroffen werden."
\uf diese Notwendigkeit a priori gründet sich die apodiktische Gewißheit
aller geometrischen Grundsätze und die Möglichkeit ihrer Grundsätze a priori."
\. „Der Raum ist kein aiskursiver, oder, wie man sagt, allgemeiner Begriff
von Verhältnissen der Dinge überhaupt, sondern eine reine Anschauung. Denn
erstlieh kann man sich nur einen einigen Raum vorstellen, und wenn man von
vielen Räumen redet, so verstehet man darunter nur Teile eines und desselben
alleinigen Raumes. Diese Teile können auch nicht vor dem einigen allbe-
enden llaume gleichsam als dessen Bestandteile . . . vorhergehen, sondern
mir in ihm gedacht werden." „5. Der Raum wird als eine unendliche Größe
ben vorbestellt."
Damit 'in der Geometrie apriorische Sätze möglich sind, muß der Raum
rünglich Anschauung, nicht bloßer Begriff sein. Diese Anschauung
muß ferner apriorisch sein. Wie kann nun eine solche Anschauung dem
Objekte selbst vorangehen? „Offenbar nicht anders, als sofern sie bloß)
Subjekte, als die formale Beschaffenheit desselben, von Objekten affiziert
zu werden und dadurch unmittelbare Vorstellung derselben, d. i. Anschauung
zu bekommen, ihren Sitz hat, also nur als Form des äußeren Sinnes überhaupt."
Die Apriorität dee Baumes schließt nun nach K. auch dessen „Subjektivität"
(bzw. Erfahrungs-Immanenz im Gegensatz zum Transzendenten) ein, freilich
flieht die individuelle Subjektivität der Empfindungsqualitäten, sondern die
»jektivitiit. die eine Alltremeingültigkcit und insofern eine Objektivität
Kam. 321
(ein vom Eänzelwahrnefaiiien Onahhängigsein) des Raumes nicht ausschließt.
Der Kaum Btellet gar keine \ '.'.-• ischaft irgend einiger Dinge an -i<h, oder
sie in ihrem Verhältnis aufeinander vor, d. L keine Bestimmung derselben, die
an Gegenständen selbst haftete, and welche bliebe, wenn man auch von allen
subjektiven Bedingnngen der Anschanong abstrahierte. Denn weder absolu
Doch rtlat i \ - Bestimmungen können vor dem Dasein der Dinge, welchen
zukommen, mithin oichl a i >n< »i*i angeschauet werden.11 Der Kaum ist also
kein Ding an Bich, auch keine Eigenschaft desselben, auch keine Beriehi
zwischen Dingen an Bich, Bondern die Form der ,.Krscheinun<z äußerer sinne",
d. h. der Dinge, \\\>- sie in Beziehung /.um äußeren Sinne Bich allgemein dar-
len müssen. ..I><t Kaum i-t nichts anderes als nur die Form aller i
Bcheinungen äußerer Sinne, d. i. die Bubjektive Bedingung der Sinnlichkeit,
anter der allein uns äußere Anschauung möglich ist." Wir können nur vom
- ndpunkte eines Menschen (bzw. eines analogen Wesens) vom Kaum, von
• lim .11 Dingen, von Bewegung, von Körperlichkeit a. dgL reden. „Gehen
wir von der subjektiven Bedingung ab, unter welcher wir allein äußere An-
schauung bekommen können . . .. so bedeutet die Vorstellung des Baumes
Dichte. Dies« Prädikat wird den Dingen nur insofern beigelegt, als
uns erscheinen, d. i. Gegenstände der Sinnlichkeit sind.'4 Der Kaum hat
„empirif alität", d. h. er ist die Form aller nur denkbaren äußeren EIrfahrung,
gleich aber „transzendentale Idealität", d. h. er ist nur auf Erscheinungen,
nicht auf das In'irj an -ich welches nicht raumlich i-t. wenn es auch den
Grund zn unseren (so und so bestimmten) RaumvorBtellungen (bzw. zu deren
Anwendung) enthalt bezüglich.
Ai erhält es Bich mit der Zeit, der Form des „inneren Sini
(mittelbar auch der äußeren sinn.'. I>p Erfahrung ist Dicht die Quelle der
Zeitanschauung, sondern setzt diese schon voraus. Die Zeit ist eine
>ße ohne Teile, nur mit Grenzen. Die Zeit ist keine Bestimmung der Dinge an
sich, als welche Bie nicht die Grundlage apriorisch« 5 Arithmetik) sein
könnte. „Die Zeit ist nicht- anderes, als die Form des inneren sinn.-, d. i.
des Anschauens ui elbst und unseres inneren Zustandes.*' Sie ist weiter
<li<- „formale Bedingung aller Erscheinungen überhaupt*'. Alle Erscheinunf
Bind in •!•■[• Zeit, insofern ist die Zeit objektiv, d. b. empirisch real; nie kann
un» tili • stand in der Erfahrung n werden, der nicht unter dir |
dingmng der Zeit gehörte. Betreffs der inneren Erfahrung hat die /■ it . -ul>-
!: • als Erlebnisform i-t -i-' wirklich, nicht ein Schein. „Wenn
aber ich selbsl oder ein ander Wesen mich, ohne diese Bedingung Sinn-
lichkeit anschauen könnt«-. so würden eben dieselben Bestimmungen, die
uns jetzt al- Veränderungen vorstellen, eine Erkenntnis geben, in welcher die
Vorstellung, mithin die Veränderung gar nicht vorkäme \ - h
also keine Zeit, keine Sukzession, k<inr Veränderung, und der „innere Silin*4
Beigt onser Ich ni.ht wi< -ich i-t. -..ndrrn nur als Erscheint
der Körpei ist.
I rseheinung i-t aber vom Schein l racheinunj
da- l' Objekt der sinnlichen Inschauui D im
■_'l
322 Kant.
Verhältnisse zum Subjekt. Erscheinungen als solche sind „Vorstellungen, die
nach empirischen Gesetzen zusammenhängen" und „Gründe" haben, die nicht
selbst Erscheinungen sind. Der Satz: die Körper sind Erscheinungen, heißt
also nicht etwa, die Körper scheinen bloß außer mir oder außer einander zu
sein ; sie sind es -wirklich (in aller möglichen und allgemeinen Erfahrung),
wenn auch nicht ohne Beziehung zum Erfahren überhaupt. „Ein Ding an
sich" muß es geben, denn sonst wäre Erscheinung ohne etwas, was da er-
scheint. Die Dinge an sich sind nicht Gegenstand unserer Erkenntnis, aber
sie geben den Stoff zu empirischen Anschauungen, indem sie uns „affizieren",
d. h. den Grund zu unserem Empfinden und Wahrnehmen enthalten (was
noch nicht die Kategorie der Kausalität im engeren Sinne erfordert). Die
Dinge sind nicht an sich das, als was wir sie anschauen; was sie unabhängig
von unseren Anschauungen sind, wissen wir nicht.
Aber auch nicht, was sie unabhängig von den Formen unseres Denkens
(den „Kategorien") sind, denn auch diese sind nicht Bestimmungen der Dinge
an sich, sondern Einheitssynthesen des Denkens, des Intellekts, wie er sich
allgemein in aller Erfahrung und namentlich in der Wissenschaft betätigt. —
Anschauung und Denken, Sinnlichkeit und Verstand sind, wenn
sie auch nur zusammen zur Erkenntnis führen und vielleicht sogar eine ge-
meinsame Wurzel haben, scharf zu sondern. Die Sinnlichkeit ist rein rezeptiv,
der Verstand aktiv. Unter der „Sinnlichkeit" versteht K. die Fähigkeit
(„Rezeptivität"), „Vorstellungen durch die Art, wie wir von Gegenständen
affiziert werden, zu bekommen". „Vermittelst der Sinnlichkeit also werden
uns Gegenstände gegeben, und sie allein liefert uns Anschauungen; durch den
Verstand aber werden sie gedacht, und von ihnen entspringen Begriffe."
.Vlies Denken aber muß sich direkt oder indirekt auf mögliche Anschauung
beziehen, sonst ist es leer: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen
ohne Begriffe sind blind." Der Verstand vermag nichts anzuschauen, die Sinne
vermögen nichts zu denken; nur aus ihrer Vereinigung kann Erkenntnis ent-
springen. Die Anschauung beruht auf „Affektion", der Begriff aber (die
„Einheit des Bewußtseins verbundener Vorstellungen") auf „Funktionen" des
Verstandes. Dieser hat „Spontaneität", d. h. das Vermögen, „ Vorstellungen
selbst hervorzubringen"; er ist das „Vermögen zu urteilen", das „Vermögen
der Kegeln". Die Funktion des Denkens ist die Vereinigung von Vorstellungen
in einem Bewußtsein, zugleich Beziehung gegebener Anschauungen auf einen
ostand. „Realisierte logische Funktionen" sind nun die Kategorien, die
.illgemeinsten Formen der gedanklich bestimmten Erscheinungen.
Die Kategorien oder „reinen Verstand esbegriffe" entnimmt K. den
logischen Urteilsformen, in denen sie sich entfalten. Sie sind nicht Prädikate
der Dinge an sich, sondern Begriffe von je einer Art „reiner Synthese" seitens
durch welche er Anschauungsinhalte formt, ordnet und ob-
jektiviert. Sie sind also nicht angeborene Begriffe, sondern ursprüngliche Syn-
en, vermittelst Funktionen, die erst bei Gelegenheit der Anschauung wirk-
rerden. Diese Funktion aber isl nach K. dieselbe Funktion, welche den
biedeneo Vorstellungen in einem Urteile Einheit gibt. So viele logische
Kam.
Funktionen in allen möglichen Urteilen, so viele Kategorien gibt es, nämlich
genau zwölf: 1. Der Quantität nach: Einheit, Vielheit, Allheit. 2. Der Qua-
lität nach: Realität, Negation, Limitation. 3. Der Relation Dach: Inhärenz
und Suhsistenz (Substanz und Akzidenz), Kausalität und Dependenz (Ursache
und Wirkung), Gemeinschaft (Wechselwirkung). 4. Der Modalität nach: M
lichkeit und Unmöglichkeit, Dasein und Nichtsein, Notwendigkeit und Zu-
fälligkeit. Als Quelle der Kategorien ist der Verstand „reiner" Verstand: die
Kategorien Bind die wahren „Stammbegriffe" des reinen Verstandes. Es gibt
ferner „Prädikabilien", reine, aber (aus den Kategorien, l'rädikainent« in «hon ab-
geleitete Verstandesbegriffe (Kraft, Handlung. Leiden, Widerstand nsw.). — In der
Tafel der Kategorien entspringt überall die dritte Kategorie aus der Verbin-
dung der zweiten mit der ersten. Die ..mathematischen" Kategorien gehen
auf Gegenstände der Anschauung, die „dynamischen" auf die Existenz der
Gegenstände. Im allgemeinen sind die Kategorien Denkformen, welche einen
.«•n-tand überhaupt bestimmen. Sir ermöglichen, konstituieren objektive
Erfahrung und Erfahrungsobjekte, indem sie erst die Mannigfaltigkeit der An-
schauungen auf feste Einheiten und Zusammenhänge allgemeingültig beziehen
lassen. I mV „transzendentale Deduktion" der Kategorien rechtfertigt die apriorische
Geltung derselben für alle mögliehe Erfahrung durch den Nachwei-, dafi durch
sie allein Erfahrung in begrifflicher Form möglich ist, dafi ßie also Bedin-
gungen solcher Erfahrung Bind und daß es ohne sie keine Erfahrunge
objekte (d. h. wirkende Dinge in gesetzlichen Relationen) geben kann.
Der Begriff der Kausalität z. B. isl ein apriorischer Verstandesbegriff, der
3t feste Ordnung in die Erscheinungen bringt. Es ist nur dadurch, „dafi
wir die Folge der Erscheinungen, mithin alle Veränderung dem Gesetze der
Kausalität unterwerfen", Erfahrung möglich. So ergibt sich a priori das Gesetz :
Alles, was geschieht, setzt etwas voraus, worauf es nach einer Begel folgt.
Aber die einzelnen Kausalverbindungen und Gesetze können nur auf Grund
denkender Verarbeitung der Erfahrung — also nicht rein apriorisch —
runden werden. Im Gegensatze zu Eume aber schreibt K. der Kausalität (wie
allen Kategorien) strenge Notwendigkeit zu, sie hat nicht eine biologisch-
psychologische, sondern eine transzendental-logische (aber nicht Eormal-l<
Wurzel.
Zu betonen ist, dafi die Kategorien nur Ehrkenntnis verschaffen, w<
auf mögliche Anschauung sich beziehen, ohne welche Bie absolut leer sind.
Sie gelten nur für Gegenstände möglicher Erfahrung, dienen gleichsam nur.
..Kr-* h<inuuL:<'ii zu buchstabieren, um sie als Erfahrung lesen zu können". „Unsere
sinnliche and empirische Anschauung kann ihnen allein Sinn und Bedeutung
rerachaffen." Was der Verstand aus rieh selbst schöpft, hat er dennoch nur
/imi ErfahrungBgebrauch. Die Kategorien bedürfen daher „Bestimmungen
ihrer Anwendung aui Sinnlichkeit überhaupt", der „transzendentalen Schema)
welche die Kategorien ..realisieren" und aui die Sinnlichkeif ,jestringieren".
Indem das Schemi sowohl mit der Kategorie als mit der Anschauung etwas
gemein hat, ermöglicht es die Anwendung jener aui diese. Das transzendentale
- h.-ma ist „die reine Synthesis, die die rein( Kategorie ausdrückt, und ist ein
21*
324 Kant.
transzendentales Produkt der Einbildungskraft". Die Verbindung zwischen
Kategorie und Anschauung stellt die transzendentale Zeitbestimmung her.
Die Schemate sind nichts als „Zeitbestimmungen a priori nach Kegeln, und
diese gehen nach der Ordnung der Kategorien auf die Zeitreihe, den Zeit-
inhalt, die Zeitordnung, den Zeitinbegriff in Ansehung aller mög-
lichen Gegenstände". Das Schema der Größe ist die Zahl, das der Eealität
die stetige Erzeugung des Inhalts in der Zeit; das Schema der Substanz ist
die Beharrlichkeit des Realen in der Zeit, usw. Was also in der Kategorie
abstrakt gedacht ist, wird durch den „Schematismus" als formal-anschauliche
Relation gesetzt. — Die Gesetzmäßigkeit, die wir in den Dingen anschauen
und erfahren, ist also schon durch die Funktionen unseres Verstandes bedingt.
Dieser ist „selbst die Gesetzgebung für die Natur, d. h. ohne Verstand würde
es überall nicht Natur, d. h. synthetische Einheit des Mannigfaltigen der
Erscheinungen geben". Der Verstand ist der „Quell der Gesetze der Natur",
ohne daß aber die empirischen, einzelnen Gesetze als solche aus dem reinen
Verstände entspringen. Die Frage: Wie ist reine Naturwissenschaft möglich?
beantwortet sich also wie folgt: Sie ist möglich, weil die Begriffe und Grund-
sätze, welche in ihr a priori verwendet werden, erst Natur (als objektive Er-
scheinung) konstituieren, herstellen.
Die apriorischen Grundsätze sind die Regeln des Gebrauchs der Kate-
gorien, aus deren Abstraktion sie gewonnen werden. Sie sind die obersten
Regeln und Bedingungen der synthetischen Urteile, zugleich allgemeine Ge-
setze der Natur, welche a priori erkannt werden können, sie erst machen ein
..Xatursystem" aus. Alles, was uns als Gegenstand vorkommen kann, steht
notwendig unter Regeln, weil ohne solche überhaupt keine gegenständliche
Erkenntnis möglich ist. Die Regelmäßigkeit der Natur legen wir selbst —
aber methodisch, allgemeingültig, durch das Erkenntnisziel genötigt — in sie
hinein. Die mathematischen Grundsätze gehen nur auf die ■ Anschauung
und sind unmittelbar evident, die dynamischen gehen auf das Dasein über-
haupt und sind mittelbar evident. Das Prinzip der Axiome der An-
schauung ist: „Alle Erscheinungen sind ihrer Anschauung nach extensive
Größen.4' Das Prinzip der Analogien der Erfahrung (nach welchen aus
Wahrnehmungen Einheit der Erfahrung entspringen soll) ist: „Alle Erfahrungen
stehen, ihrem Dasein nach, a priori unter Regeln der Bestimmung ihres Ver-
bältnissea untereinander in der Zeit." Darin liegen die Grundsätze der Sub-
stanz, der Kausalität, der Gemeinschaft (Wechselwirkung). Die Postulate
empirischen Denkens überhaupt sind: „1. Was mit den formalen
Bedingungen der Krfahrung (der Anschauung und den Begriffen nach) über-
einkommt, ist möglich." „2. Was mit den materiellen Bedingungen der
Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt, ist wirklich." „3. Dessen
Zusammenhang mit dem Wirklichen nach allgemeinen Bedingungen der Er-
ta}ir timml ist, ist (existiert) notwendig." Vermittelst dieser Grund-
können wir a priori über das Allgemein-Formale aller Erscheinungen
len. Die Realität dieser aber \>\ ebenso groß für die innere wie für die
Innung; das empirische Ich ist ebenso unmittelbar gegeben
Kant. 325
wie der Körper, ja die innere Erfahrung ist sogar ohne die äußere nicht
möglich.
Großes Gewicht legt K. auf den Begriff der Synthese. Durch eine
solche kommt erst alle Verbindung in den Erscheinungen zustande, die niemals
von selbst oder von außen gegeben ist.. Synthesis ist die Handlung, „ver-
schiedene Vorstellungen zueinander hinzuzutun und ihre Mannigfaltigkeit in
einer Erkenntnis zu begreifen". Sie sammelt erst „Elemente zu Erkennt-
nissen". Zunächst ist sie die Wirkung der „Einbildungskraft", „einer blinden,
obgleich unentbehrlichen Funktion der Seele, ohne die wir überall gar keine
Erkenntnis haben würden, der wir uns aber selten nur einmal bewußt sind \
Die transzendentale, reine, produktive Einbildungskraft geht auf die „Ver-
bindung des Mannigfaltigen a priori" und vermittelt zwischen Sinnlichkeit und
Verstand, indem sie Vorstellungen den Kategorien gemäß verbindet. Die
..reine Synthesis" aber, allgemein gedacht, gibt den reinen Verstandesbegrif f ;
die Kategorien sind geradezu „Arten der synthetischen Einheit der Apper-
zeption". Die erste Synthesis der produktiven Einbildungskraft ist die „Syn-
thesis der Apprehension", das „Durchlaufen der Mannigfaltigkeit und dann
die Zusammennehmung derselben". Dazu kommt die Synthesis der „Repro-
duktion" und die der „Rekognition", der Identifizierung des Jetzigen mit
Früherem. Ohne diese Synthesen ist Einheit und Zusammenhang des ßewußt-
seins nicht möglich.
Die Einheit der transzendentalen Apperzeption ist die oberste
Bedingung alles Denkens und aller Kategorien, ja auch der Einheit von Raum
und Zeit. Die Einheit, welche der Gegenstand notwendig macht, die ihn kon-
stituiert, ist die „Einheit des Bewußtseins in der Synthesis des Mannigfaltigen
der Vorstellungen". Xichts kann Objekt der Erfahrung werden, was nicht
den Bedingungen dieser formalen Einheit genügt, nicht zur Einheit des reinen
Selbstbewußtseins zusammengeht. Es können keine Erkenntnisse stattfinden,
keine Synthesen derselben zur Einheit ohne „diejenige Einheit des Bewußt-
seins, welche vor allen Datis der Anschauungen vorhergeht und worauf in
Beziehung alle Vorstellung von Gegenständen möglich ist"'. „Dieses reine,
ursprüngliche, unwandelbare Bewußtsein will ich nun die transzendentale
Apperzeption nennen" (im Unterschiede von der empirischen Apperzeption,
dem wandelbaren inhaltlichen Ichbewußtsein). Die Einheit und Identität, um
die es sich hier handelt, ist die des Ich überhaupt, nicht des jeweilig auf-
tretenden (empirischen) Ichbewußtseins. Der Ausdruck der Apperzeption i>t
das „Ich denke", das alle unsere Vorstellungen muß begleiten können (als
logische Möglichkeit) ; dieses „Ich denke" ist „in allem Bewußtsein ein und
dasselbe". Die Identität des reinen Selbstbewußtseins ist eine „notwendige
Bedingung der Möglichkeit aller Vorstellungen". Das „stehende und bleibende
Ich" der reinen Apperzeption macht das Korrelat aller unserer Vorstellungen
aus; alles Bewußtsein gehört zu einer „allbefassenden reinen Apperzeption".
Die transzendentale Einheit der Apperzeption macht aus allen möglichen Er-
scheinungen, die in einer Erfahrung sein können, einen gesetzmäßigen Zu-
sammenhang, indem die reine Apperzeption ein Prinzip der synthetischen
Kant.
Einheit des Mannigfaltigen an die Hand gibt. ,,Es werden also soviel Begriffe
a priori im Verstände liegen, worunter die Gegenstände, die den Sinnen ge-
geben werden, stehen müssen, als es Arten der Zusammensetzung (Synthesis)
mit Bewußtsein, d. i. als es Arten der synthetischen Einheit der Apperzeption
des in der Anschauung gegebenen Mannigfaltigen gibt" (Kleine Sehr. IIP,
S. 97).
Anschauungs- und Denkformen als allgemeingültige Ordnungen, in welche
die Data der Sinne bezogen werden, konstituieren das Objektive. Urteile
sind nach K. objektiv, wenn sie „in einem Bewußtsein überhaupt, d. i. darin
notwendig vereinigt werden". Das Objektive ist also zwar das vom psychischen
Erleben des Individuums Unabhängige , diesem gegenständlich Entgegen-
tretende, aber nicht das absolut Transzendente, nicht das Ding an sich,
welches unerkennbar ist, nie selbst Objekt wird. Objekt ist das, in dessen
iff das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung vereinigt ist; die Ein-
heit des Bewußtseins allein macht die Beziehung der Vorstellung auf einen
Gegenstand aus, die objektive Einheit ist durch die Einheit der transzenden-
talen Apperzeption bedingt, ja nur das Korrelat, der Ausdruck derselben: Wir
erkennen den Gegenstand, wenn wir in dem Mannigfaltigen der Anschauung
synthetische Einheit bewirkt haben. Der Begriff vom Gegenstande ist nichts
als der Begriff der „Einheit der Regel", nach welcher das Mannigfaltige ver-
bunden wird. Die Beziehung auf einen „transzendentalen Gegenstand", d. h.
die objektive Realität unserer empirischen Erkenntnis beruht auf dem Gesetze,
daß alle Erscheinungen, sofern uns durch sie Gegenstände gegeben werden
sollen, unter apriorischen Regeln der synthetischen Einheit derselben stehen
müssen. „Wenn wir untersuchen, was denn die Beziehung auf einen
Gegenstand unseren Vorstellungen für eine neue Beschaffenheit gebe, und
welches die Dignität sei, die sie dadurch erhalten, so finden wir. daß sie
nichts weiter tut, als die Verbindung der Vorstellungen auf eine gewisse
Art notwendig zu machen und sie einer Regel zu unterwerfen." Der Gegen-
stand ist etwas, „was dawider ist, daß unsere Erkenntnisse nicht aufs Gerate-
wohl oder beliebig, sondern a priori auf gewisse Weise bestimmt seien", also
nach einer Regel zu einer festen, allgemeingültig gedachten Einheit, zu
einem Inhalt des „Bewußtseins überhaupt" Verknüpfte und vom subjektiven
Ablaut der Vorstellungen wohl Unterschiedene (z. B. das Ding „Sonne" mit
dem, was wesentlich zu ihm gehört, im Unterschied von den einzelnen Wahr-
nehmungen, welche dieses Ding in uns auslöst). Der Gegenstand einer Wahr-
nehmung heißl Erscheinung, und Erscheinungen (Phänomene) sind die ein-
' ■_■< nstände unserer Vorstellungen und selbst nur gesetzmäßig verknüpfte
(mögliche) „Vorstellungen", die selbst wieder ihren Gegenstand haben. Dieser
„transzendentale I regenstand" kann nicht mehr angeschaut werden, er ist nicht
irisch, ein X, wovon wir nichts wissen können; er kann nur als „Korre-
latum der Einheil der Apperzeption" dienen.
führt zum Grenzbegriff des Xoumenon. „Erscheinungen, sofern
ade Dach der Einheit der Kategorien gedacht werden, heißen
Phänomena. Wenn ich aber Dinge annehme, die bloß Gegenstände des Ver-
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328 Kant.
aber unschädlich machen und begründen kann. Eine Selbsterkenntnis der
reinen Vernunft ist das beste Mittel gegen die Verwirrungen und Widersprüche,
in welche sie gerät, „wenn sie ihre Bestimmung mißdeutet und dasjenige
transzendenterweise aufs Objekt an sich bezieht, was nur ihr eigenes Subjekt
und die Leitung desselben in allem immanenten Gebrauche angeht". „Imma-
nent" bedeutet hier: innerhalb des Bereiches möglicher Erfahrung und mög-
lichen Denkens bleibend. Die Vernunft (im engeren Sinne) ist nun das
..Vermögen der Prinzipien", der systematischen Einheit der Verstandes begriff e,
das Vermögen, zu schließen, vom Allgemeinen das Besondere abzuleiten, das
Unbedingte zum Bedingten zu suchen, also alles unter eine höchste Einheit
des Denkens zu bringen. Die Vernunft geht nicht direkt auf Erfahrung oder
Gegenstände dieser, sondern auf den Verstand, um dessen Urteilen apriorische
Einheit durch Begriffe zu geben („Vernunfteinheit"). Sie hat „zu dem be-
dingten Erkenntnisse des Verstandes das Unbedingte zu finden, womit die
Einheit desselben vollendet wird", also die Verstandeserkenntnisse zu höchster
Synthese zusammenzufassen.
Wie die Kategorien mit den Urteilen, so hängen mit den verschiedenen
Arten der (Vernunft-)Schlüsse die reinen Vernunftbegriffe oder Ideen zu-
sammen. Sie sind Begriffe, denen in der Erfahrung kein Gegenstand gegeben
werden kann. Die „transzendentalen Ideen" betrachten alle Erfahrungserkennt-
nis als „bestimmt durch eine absolute Totalität der Bedingungen". „Sie sind
nicht willkürlich erdichtet, sondern durch die Natur der Vernunft selbst auf-
gegeben und beziehen sich daher notwendigerweise auf den ganzen Verstandes-
gebrauch. Sie sind endlich transzendent und übersteigen die Grenze aller Er-
fahrung." Daher sind sie nicht wie die Kategorien „konstitutiv", d. h. nicht
Bedingungen von Gegenständen, sondern nur „regulativ", die Richtung des-
Denkens, der Einheitssetzung bestimmend und nur dann, wenn sie als metho-
dische Regeln des Fortgangs im Denken gebraucht werden, nicht als Begriffe
von Dingen und deren Verhältnissen, werden sie frei von dialektischem Schein:
..Der Grundsatz der Vernunft ... ist eigentlich nur eine Regel, welche in
der Reihe der Bedingungen gegebener Erscheinungen einen Regressus gebietet,
dem es niemals erlaubt ist, bei einem schlechthin Unbedingten stehen zu
bleiben. Er ist also kein Prinzipium der Möglichkeit der Erfahrung und der
empirischen Erkenntnis der Gegenstände der Sinne." Auch die Ideen also
führen nicht wirklich ins Transzendente, sie regeln nur den immanenten Ver-
standesgebrauch, geben ihm nur die Richtung auf's Unbedingte, Unendliche,
nicht dieses selbst als abgeschlossene Einheit. — Die Vernunftschlüsse gliedern
sich in kategorische, hypothetische und disjunktive. Die darauf gegründeten
Vernunftbegriffe (Ideen) sind: das Unbedingte der kategorischen Synthesis in
äubjekl (Seele), das Unbedingte der hypothetischen Synthesis der Glieder
B ihe (Welt), das Unbedingte der disjunktiven Synthesis zu einem System
Die dialektischen Vernunftschlüsse, die sich darauf beziehen, sind die
gischen Paralogismen, die kosmologi sehen Antinomien und die
Da ein Gott es.
U),: -dentalen Paralogismen sind Eehlschlüsse betreffs der Natur
Kant. 329
der Seele, welche auf Grund der psychologischen Identität und logischen Ein-
heit des Subjekts als eine einfache, immaterielle, unvergängliche Substanz be-
stimmt wird, ohne daß diese Eigenschaften aus jener Identität und Einheit
folgen. In Wahrheit wird das Ich. das Subjekt des Denkens nur als ein X ge-
dacht, welches nur durch seine Prädikate, die Vorstellungen erkannt wird, nie-
mals aber abgesondert von diesen ; schon deshalb nicht, weil durch die Form des
..inneren Sinnes'" das Ich nur als Erscheinung, nicht als Ding an sich erfaßt
werden kann, also nur so, wie es den inneren Sinn „affiziert", nicht als reines,
übersinnliches Wesen. Denn daß das Ich in seinem Denken und Wollen als
Aktionsprinzip auftritt und sich als mehr als Erscheinung existierend weiß,
genügt noch nicht zur Erkenntnis des Ichs an sich; Erkenntnis ohne An-
schauung ist ja, nach Kant, unmöglich. Das Ich ist also stets nur Subjekt,
nie Prädikat, aber nicht eine Substanz jenseits des Bewußtseins, von der wir
nichts wissen. Ebenso ist die Einheit des Bewußtseins noch keine Erkenntnis
der Einfachheit des Subjekts. Logische Einheit des Subjekts ist nicht reale,
substantielle Einfachheit. Ferner bedeutet die Identität der Persönlichkeit in
ihren Erlebnissen als Konstanz des Ichbewußtseins nicht die numerische Identität
einer einfachen Seele. Daß ich endlich als psychologisch-logisches Subjekt
von meinem Körper mich unterscheide, weist noch nicht auf die Möglichkeit
einer leibfreien Existenz der Seele hin, deren Unsterblichkeit theoretisch nicht
zu erweisen ist. Im Bewußtsein ist alles in kontinuierlichem Flusse, von einer
einfachen, unveränderlichen Seelensubstanz findet sich hier nichts. Doch kann
man sich die Seele so denken, als ob sie einfach wäre, also in regulativer
Hinsicht. Das (empirische^ Ich ist nicht das Ding an sich, sondern Erscheinung
desselben wie der Körper; das beiden zugrunde liegende Ding an sich ist weder
Materie noch ein denkendes Wesen. Es ist aber möglich, daß dasjenige, welches
uns als ausgedehnt erscheint, für sich selbst vorstellend, denkend ist. So
würde ,,eben dasselbe, was in einer Beziehung körperlich heißt, in einer anderen
zugleich ein denkendes Wesen sein, dessen Gedanken wir zwar nicht, aber
doch die Zeichen derselben in der Erscheinung anschauen können" (Annäherung
an Leibniz; vgl. die Identitätstheorie Schellings, Schopenhauers, Fechners,
Wundts u. a.). Das Etwas, was den äußeren Erscheinungen zugrunde liegt,
könnte zugleich das Subjekt der Gedanken sein.
Die vier kosmologischen Ideen sind: 1. Die absolute Vollständigkeit
der Zusammensetzung des gegebenen Ganzen aller Erscheinungen; 2. die ab-
solute Vollständigkeit der Teilung eines gegebenen Ganzen in der Erscheinung ;
3. die absolute Vollständigkeit der Entstehung einer Erscheinung überhaupt;
4. die absolute Vollständigkeit der Abhängigkeit des Daseins des Veränder-
lichen in der Erscheinung. Gemäß dem Grundsatze: „Wenn das Bedingte
gegeben ist, so ist auch die ganze Summe der Bedingungen, mithin das schlecht-
hin Unbedingte, gegeben" entstehen vier Antinomien, d. h. ,. Widersprüche,
in die sich die Vernunft bei ihrem Streben, das Unbedingte zu denken, mit
Xotwendigkcii verwickelt, Widersprüche der Vernunft mit sich selbst". Sie
beruhen auf einer ..natürlichen Täuschung", weil die Idee der absoluten
Totalität, welche nur als eine Bedingung der Dinge an sich gilt, auf Erschci-
330 Kant.
nungen angewandt wird. Jede Antinomie besteht aus einer „Thesis" und
..Antithesis". Beide sind nach K. in den ersten zwei („mathematischen")
Antinomien falsch, weil Raum, Zeit, Einfachheit und Zusammengesetztheit
nicht Bestimmungen von Dingen an sich sind. Es gilt nur das regulative
Prinzip, nirgends eine Grenze (nach oben oder nach unten) anzunehmen, soweit
wir auch in der Reihe der empirischen Bedingungen gekommen sind. Also
weder die Thesis: die Welt ist veränderlich und zeitlich begrenzt, noch die
Antithesis: die Welt ist unendlich; weder die Thesis: die Dinge bestehen aus
einfachen Teilen, noch die Antithesis: es gibt nichts Einfaches, sind richtig.
Als bloße Erscheinung kann die Welt weder ein an sich unendliches noch ein an
sich endliches Ganzes sein, da sie nur „im empirischen Regressus der Reihe der
Erscheinungen", nicht als abgeschlossene Totalität gegeben ist. Ebenso ist die
Menge der Teile in einer gegebenen Erscheinung an sich weder endlich noch
unendlich. Der Raum besteht nicht aus unendlich vielen Teilen, er ist nur
ins Unendliche teilbar, ebenso wie wir die Grenzen von Raum und Zeit immer
weiterhinausrücken können. — Die beiden letzten („dynamischen")
Antinomien lösen sich so, daß die Thesis für das Ding an sich, die Anti-
thesis für die Erscheinungen gilt. Also: im Reiche des Ding an sich (des
Intelligiblen, Nournenalen) herrscht Freiheit („Kausalität durch Freiheit"), in
der Natur hingegen ist alles (auch das Handeln des Menschen) streng und
ausnahmslos gesetzlich, bedingt, notwendig. Ferner gibt es in der Erscheinungs-
welt kein Absolutes, keine „schlechthin notwendiges Wesen", wohl aber jenseits
der Erscheinungen überhaupt. Die Antinomien setzen den transzendentalen
Idealismus voraus, sind aber auch eine Stütze für denselben, wie später be-
sonders Fries betont.
Das transzendentale Ideal ist „theologischer" Art, es ist Gott als
Inbegriff aller Vollkommenheit. In rein theoretischer Hinsicht ist Gott kein
nstand der Erkenntnis, kein als existierend zu erweisendes Wesen, sondern
ein „bloßes, aber doch fehlerfreies Ideal, ein Begriff, welcher die ganze
menschliche Erkenntnis schließt und krönet, dessen objektive Realität auf diesem
Wege zwar nicht bewiesen, aber auch nicht widerlegt werden kann". Die
Ideale der Vernunft sind also nicht Hirngespinste, sondern sie beziehen sich
auf etwa-, von dem man (zu ethischen Zwecken) glauben kann, daß ihnen
(Gott, Unsterblichkeit, Freiheit) etwas entspricht, aber die „Beweise" für das
ii Gottes beweisen nicht, was sie wollen. Das ontologische Argument,
welches an- dein bloßen Begriffe Gottes dessen Existenz erschließt, ist hin-
fällig, denn die anbedingte Notwendigkeit der Urteile ist nicht die absolute
Notwendigkeit der Dinge und wenn ich in einem Satze Subjekt und Prädikat
aufhebe, so besteht kein Widerspruch. Denn Existenz ist kein Prädikat von
Dingen unter anderen Prädikaten, sondern die „absolute Position" eines
Dinges oder gewisser Bestimmungen desselben, wodurch an diesen nichts
ändert wird: hundert wirkliche Taler enthalten nicht das Mindeste mehr als
hundert mögliche. Wo alle Beziehung zu möglicher Erfahrung fehlt, da
können wir nicht da- Dasein eines Gegenstandes erweisen. Aus dem bloßen
folgt noch keinerlei Existenz, wir müssen aus ihm herausgehen, uro
Kant.
dem Gegenstände Erkenntnis zu erteilen. . anständen der Sinne
schient dies durch den Znsammenhang mit irgend einer meiner Wahrnehmung
uadi empirischen Gesetzen; aber für Objekte des reinen Denkens ist ganz und
gar kein Mittel, ihr Dasein zu erkennen." Ebenso anhaltbar Lei das kosmo-
unent, welch»- ans der Existenz der Dinge auf ein schlechter-
dings notwendiges Wesen schließt Das teleologische (physikotheologische)
Argument i>t ebenfalls kein Beweis, wir können ans aur die Well so betrachten,
als ob Bie von einer „verständigen Weltursache" herrühre, deren Erkenntnis
alter völlig unmöglich ist Kur/, hinsichtlich der Existenz Gottes Laßt Bich
nichts beweisen, weder tür noch gegen diese, so dal» mit dem Dogmatismus
auch der Skeptizismus weichen muß, denn nicht- steht einem vernünftig
Glauben im Wege. Was als Erkenntnis der theoretischen Vernunft nicht
möglich i-t. das rechtfertigt Kant als „Postulate" der praktischen Vernunft, der
Ethik. Die Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich
hoffen? finden so ihre Erledigung (s. onten .
Die Metaphysik ist also nach K. als Wissenschaft vom Transzendenten,
jenseits aller Erfahrung Liegenden, an sich Seienden unmöglich. Möglich (und
notwendig) isl sie nur als kritische Metaphysik, als Transzendentalphilosophie,
als Systematik der apriorischen Begriffe und Grundsätze, als Wissenschaft von
den „obersten Prinzipien de- Verstandesgebrauchs". Sie gliedert Bich in
„Metaphysik der Natur- (Naturphilosophie) und „Metaphysik der Sitten"
Ethik, Rechtsphilosophie). 1 >i<- Philosophie überhaupt ist „Vernunfterkennt-
nis aus bloßen Begriffen" als „Schulbegriff'), oder als VVeltbegrifl Wissen-
schaft von der „Beziehung aller Erkenntnis aui die wesentlichen Zwecke der
menschlichen Vernunft". Die (gewöhnliche, nicht „transzendentall _ 1 k
i-t eine von allen Objekten abstrahierende I>i-zij>lin von der „bloßen Form des
Denkens überhaupt", ein „Kanon des Verstandes und der Vernunft, aber nur
in Ansehung des Formalen ihre- Gebrauchs, der Inhalt mag -ein, welcher er
wolle--. Die empirische Psychologie gehört zur „angewandten Philosophie",
nicht zur „Metaphysik" und auch nicht zur Naturwissenschaft; denn sie kann.
nach K.. nie exakt werden, weil Mathematik auf die Phänomene de- inneren
nicht anwendbar i-t. sie kann niemals mehr als eine historische,
möglichst systematische „Naturlehre des inneren sinne-, d. h. eine Natur-
ihreibui 9 . aber nicht Seelen Wissenschaft, ja nicht einmal psycho-
logische Experimentallehre werden". Bie i-t Anthropologie Kenntnis des
Iffenschei Gegenstand des inneren sinne-. Die „physiologische" Anthro-
poloj :.i aui die Erforschung dessen, was die Natur an- dem Menschen
macht, di-- „pragmatische'1 aui da-, was er als frei handelnd n aus -ich
!it oder machen kann und -oll. In der „pragmatischen Anthro-
pologie'' finden -ich mancherlei gute psychologische Beobachtuii eine
Einteilung der Affekte (athenische1 isthenisch Vffekfc
n. dgL
Naturphilosophie. K.- Naturphilosophie will k- i ■ \\ i--< n-chatt von
Dingen an Bich -ein. sondern von objektiven Phänomenen, d. h. von der
und Weise wie die Wirklichkeit sich allgci darstellt und denken
Kant.
laßt. Die Grundkräfte, auf welche die Erscheinungen zurückgeführt werden,
sind und bleiben Relationen innerhalb möglicher Erfahrung auf Grund aprio-
rischer Voraussetzungen. Keine Naturerkenntnis hat es nur mit a priori be-
stimmbaren Naturgesetzen zu tun. In jeder besonderen Naturlehre aber ist
nur soviel eigentliche Wissenschaft, als in ihr Mathematik anzutreffen ist.
Unter Natur ist das „Ganze aller Erscheinungen, d. i. die Sinnenwelt, mit
Ausschließung aller nicht sinnlichen Objekte" zu verstehen. Natur ist die
„Existenz der Dinge unter Gesetzen". In der körperlichen Natur ist alles auf
die Gesetzmäßigkeit der Materie, ihrer Kräfte und Bewegungen zurückzuführen
(Mechanistisch-dynamische Naturauffassung). Die Materie ist (dynamisch)
..das Bewegliche, sofern es einen Raum erfüllt", d. h. sofern es anderem Beweg-
lichen widersteht durch eine besondere „bewegende Kraft". Sie erfüllt ihre
Bäume durch abstoßende, „repulsive Kräfte aller ihrer Teile", durch eine ihr
eigene „Ausdehnungskraft, die einen bestimmten Grad hat", so daß alle Materie
elastisch ist. Dazu kommt noch die Anziehungskraft, welche im Konflikt mit
der Repulsion die Materie als einen „bestimmten Grad der Erfüllung des
Raumes" möglich macht. Die Materie ist ins Unendliche teilbar, besteht also
Dicht aus Atomen. Bei allen Veränderungen bleibt die Quantität der Materie
„im Ganzen dieselbe, unvermehrt und unvermindert". Die Materie ist kein
Ding an sich, sondern Phänomen bzw. die Anwendung der Kategorie der
Substanz auf den Inhalt der äußeren Wahrnehmung. Alle Bewegung der
Materie ist relativ; die Bewegung überhaupt ist ein gemischter, kein rein
apriorischer Begriff, nur ein „sinnlich bedingter Begriff a priori" und natürlich
ebenso phänomenal wie die Materie. Das Ding an sich ist nicht ausgedehnt,
nicht materiell, nicht bewegt, sondern nur der verborgene „Grund" der Raum-
dinge und deren Bewegungen, die erst und nur in Beziehung zu einer mög-
lichen Erfahrung als solche erscheinen. — Vgl. unten „Kants Teleologie".
Ethik. Kants Ethik ist formalistisch, apriorisch, Gesinnungsethik, Ver-
nunftmoral, rigoristisch. Die Ethik ist die „formale Philosophie, wrelche sich
mit den Gesetzen der Freiheit beschäftigt". Sie hat einen empirischen und
rationalen Teil. Als reine Ethik (,,Metaphysik der Sitten") soll sie „die Idee
und die Prinzipien eines möglichen reinen Willens untersuchen" und Kritik
der praktischen Vernunft sein, denn reiner Wille ist nach K. mit der
„praktischen Vernunft" identisch. Die Vernunft ist praktisch, sofern sie den
Willen bestimmt; am Ende gibt es nur eine Vernunft, die bloß in der An-
wendung verschieden ist. Die Kritik der praktischen Vernunft hat nun die
Aufgabe, „die empirisch-bedingte Vernunft von der Anmaßung abzuhalten,
ausschließungsweiße (\c\i Bestimmungsgrund des Willens allein abgeben zu
wollen", und die Wirksamkeit und Forderung der reinen praktischen Vernunft,
des reinen Willens, damit also das Prinzip reiner Sittlichkeit zu demonstrieren.
; apriorische Gesetz des sittlichen Willens als die Grundlage des sittlichen
Handeine und der Beurteilung desselben soll als wirksam und gültig, als alle
anderen Moralprinzipien ausschließend erwiesen werden.
Beine Vernunft i-t für Bich allein praktisch und gibt dem Menschen ein
fcz, das Bittengesetz. Sittlich ist nur, was der Forderung des
Kant. 333
der Vernunft entspringenden Sittengesetzes gemäß ist, vorausgesetzt, daß es
nur aus Achtung vor demselben, nicht aus Eigennutz. Neigung u. dgl. erfolgt.
Als „eudämonistisch" bestimmt K. alles Handeln, welches um irgendwelcher
..materialer' Zwecke (Glückseligkeit, soziale Wohlfahrt, Vervollkommnung usw.)
erfolgt. Das Sittliche bestimmt er rein formalistisch, indem er betont: „In der
Unabhängigkeit . . . von aller Materie des Gesetzes (nämlich einem begehrten
Objekte) und zugleich doch Bestimmung der Willkür durch die bloße all-
gemeine gesetzgebende Form, deren eine Maxime fähig sein muß, besteht das
alleinige Prinzip der Sittlichkeit/' Der „Rigorismus" K.s besteht darin, daß er
erstens von allem Erfolg des Handelns absieht und nur auf die Gesinnung
«haut, zweitens aber die sittliche Gesinnung unabhängig von allen Neigungen
rein in dem Willen zur Pflichterfüllung erblickt. „Das Wesentliche
alles sittlichen Wertes der Handlungen kommt darauf an, daß das moralische
Gesetz unmittelbar den Willen bestimmt.'- Es genügt nicht, daß eine Hand-
lung pflichtmäßig ist. also „Legalität"' hat, sie muß — um sittlich zu sein
auch „Moralitäf haben, d. h. unbeeinflußt von Neigungen u. dgl.. ja möglichst
frei von solchen und ..mit Abweisung aller derselben, sofern sie jenem Gesetze
zuwider sein könnten", rein aus Achtung (die später zum Wohlgefallen werden
kann) vor dem Sittengesetze erfolgen. K.s Ethik ist in erster Linie Pflichten moral.
Die Sittlichkeit des Menschen ist nicht von außen bedingt, aber auch nicht
durch innere Triebe. Affekte u. dgl. begründet, sie beruht nicht auf der
..Heteronomie der Willkür". Diese entsteht, wenn der Wille das Sittengesetz
nicht rein aus sieh Belbst, sondern aus seiner Beziehung zu Objekten, die ihn
erregen, entnimmt. Die reine praktische Vernunft, der reine Wille aber ist
autonom, frei, sei! gebend. Die Autonomie des Willens bedeutet, daß
dieser Bich selbst, unabhängig von allen Gegenstanden <\v^ Wollens, allen
Zwecken, -'in Gesetz ist. Die Würde *\r> Menschen liegt in dieser sittlichen
Autonomie. Sittlich i>t nur jene Handlung, bei der sich der Wille durch Beine
Maxime selbst als allgemein gesetzgebend betrachten kann; unsittlich sind alle
Maximen, die mit dieser Gesetzgebung nicht zusammen bestehen können. Die
Möglichkeit, ein allgemeinem (iesetz de- Willens und Sandeine
zu können, i-t also nach K. das Kriterium der Sittlichkeit (Formalismus):
„Das Prinzip der Autonomie i-t also: nicht anders zu wählen, als so. daß die
Maximen Beiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeint - (
mit begriffen seien. ■•
So gelangt IL zum kategorischen [mperatn als dem obersten ethischen
Grundsatze der Beurteilung des Handelns. „Imperativ'' i-i die „Vorstellung
eine«, objektiven Prinzips, so wie es für einen Willen nötig ist". „Hypothetisch"
n Imperativ, der etwas um eines bestimmten /wecke- willen gebietet
(Klugheitsregeln), „kategorisch" aber ein solcher, der imbedingl gebietet, als
absolutes Sollen, ohne Rücksicht auf „materiale" Motive, auf Zwecke, rein nur,
weil der sittliche Wille selbst es verlangt, der Bich nur -<> realisieren kann. ->-
dafl die Sittlichkeit Selbstzweck i-t. Der kategorische [mperatn lautet nun:
„Handle so, dafl die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer
allgemeinen ( elten könne." Oder auch: „Handle nach derjenigen
334 Kant.
Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz
werde" (vgl. schon Paley, Princ. of Mor. and Polit. Philos., 1786). Oder endlich,
da der Mensch als sittliches Vernunftwesen Selbstzweck ist: „Handle so, daß
du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden andern
jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst." Sittlich ist
also das einheitliche, allgemeingültige Wollen, der Wille zum Allgemeingültigen
im Handeln und Verhalten, das dem reinen Willen überhaupt Gemäße, ihn
Konstituierende, der gute Wille.
Sittlich handeln heißt nach K., so handeln, wie es unserer Würde als
freie Vernunftwesen, als Mitglieder eines geistigen „Reichs der Zwecke" an-
gemessen ist. Sittlichkeit besteht in der „Beziehung aller Handlung auf die
Gesetzgebung, dadurch allein ein Reich der Zwecke möglich ist". Alle Maximen
sollen zu einem möglichen Reich der Zwecke zusammenstimmen, ein Reich
neben und über der Natur konstituieren, eine Welt der Aktivität, Freiheit,
Vernünftigkeit. Jedes Wesen muß so handeln, „als ob es durch seine Maximen
jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reiche der Zwecke wäre".
Die „intelligible Welt", die theoretisch nicht erfaßbar ist, hat ethische Be-
deutung, indem sich der Mensch als Intelligenz und Wille als zur „Verstandes-
welt" gehörig ansehen muß, unter Gesetzen, die bloß in der Vernunft, im
Willen gegründet sind. Das sittliche Wollen ist ein Wollen als Glied einer
in teilig iblen Welt, d. h. eines Ganzen vernünftiger Wesen als Dinge an sich
selbst, als Idee eines solchen, dem wir uns nur durch unsere Freiheit ein-
gliedern. So rückt unsere freie Pflichterfüllung in ein neues Licht, denn
sie macht uns zu Bürgern eines höheren Reiches, als welche wir (als intelligible
Wesen) uns selbst (als Sinneswesen) die Pflicht auferlegen. So kann denn
Kant begeistert ausrufen: „Pflicht! Du erhabener großer Name, der du nichts
Beliebtes, was Einschmeiehelung bei sich führt, in dir fassest, sondern Unter-
werfung verlangst, doch auch nichts drohest, was natürliche Abneigung im
Gemüte erregte und schreckte, um den Willen zu bewegen, sondern bloß ein
''-'[/ aufstellst, welches von selbst im Gemüt Eingang findet." Der bestirnte
Himmel über uns und das moralische Gesetz in uns reizen stets zu neuer
Bewunderung.
Die praktische Vernunft hat den „Primat", den Vorrang vor der theoreti-
9chen, indem sie die nicht erkennbaren Gegenstände der letzteren, wie Frei-
heit, Unsterblichkeit, Gott als Objekte des Glaubens rechtfertigen kann.
Diese Objekte sind Postulate der praktischen Vernunft; sie sind nicht-
beweisbare Annahmen, die um des Praktischen. Sittlichen willen notwendig
sind. „Wenn es nun Pflicht ist, zu einem gewissen Zweck (dem höchsten
hinzuwirken, so muß ich auch berechtigt sein, anzunehmen: daß die
Bedingungen da sind, unter denen allein diese Leistung der Pflicht möglich
obzwar dieselben übersinnlich sind und wir (in theoretischer Rücksicht)
kein Erkennen derselben zu erlangen vermögend sind." Das Postulat ist ein
munftglaube" der ebenso sicher ist wie das Wissen, weil er mit dem Sitt-
lichen fest verwebt ist.
Postulat ist zunächst die Willensfreiheit. Abgesehen von
Kant. 335
der psychologischen Freiheit, welche nach K. nur ein innerer Determinismus,
ein Bedingtsein des Handelns durch Triebfedern, nur die „Freiheit eines
Bratenwenders" ist, muß es eine absolute Freiheit als Autonomie dea Willens
geben, soll dieser sittlich sein können (Das Kantsche: „Ich kann, denn ich
soll" wird hier gerechtfertigt). Die sittliche Freiheit ist die Unabhängigkeit
von allem Naturgesetzlichen, auch von der psychologischen Gesetzlichkeil .
die Fähigkeit des Vernunftwillens, rein sich aus sich selbst zu bestimmen, sich
selbst das Gesetz zu geben, also „einen Zustand von selbst anzufangen''. Eine
solche Freiheit ist kein Gegenstand sinnlicher Erfahrung, muß aber ethisch
gefordert werden. Wie ist sie möglich, wenn die Kausalität alles Natur-
geschehen bedingt? Durch die Unterscheidung zweier Arten von Kausalitäten,
einer phänomenalen und einer intelligiblen („causa noumenon"). Die Wirkung
kann nach K. „in Anschauung ihrer intelligiblen Ursache als frei", in An-
sehung der Erscheinungen als Erfolg aus denselben als notwendig angesehen
werden. Das Handeln ist als Erscheinung determiniert, naturgesetzlich be-
stimmt, Wirkung und Ursache von anderen Handlungen und Vorgängen ; zu-
gleich aber liegen ihr freie Ursachen, autonome Willensentscheidungen zugrunde.
„Alle Handlungen vernünftiger Wesen, sofern sie Erscheinungen sind, stehen
unter der Naturnotwendigkeit; eben dieselben Handlungen aber, bloß respektive
auf das vernünftige Subjekt und dessen Vermögen, nach bloßer Vernunft zu
handeln, sind frei." Ein jedes Wesen, das nicht anders als unter der Idee der
Freiheit handeln kann, ist praktisch wirklich frei. Der „empirische Charakter"
des Menschen ist vom „intelligiblen Charakter" desselben zu unterscheiden.
In der Erscheinung sind alle Handlungen durch die Natur und durch den
empirischen Charakter SO determiniert, daß sie im Prinzip voraussagbar sein
können. Insofern aber das Wollen ein Ausfluß des intelligiblen Charakters
[des dem Mensehen zugrunde liegenden Intelligiblen, Noumenalen) ist, ist es
frei (vgl. Schelling, Schopenhauer).
Die Unsterblichkeit, die keinen Gegenstand theoretischer Erkenntnis
bildet, ist ebenfalls ein praktisches Postulat. Der Mensch kann in dieser Welt
der Glückseligkeit, deren er sich würdig gemacht, nicht völlig teilhaftig werden,
i - 1 1 1 1 1 1 > daher eine Welt, einen Zustand geben, wo das „Wohlbefinden des
Geschöpfs dem W< »hl verhalten desselben adäquat sein wird". Die völlige An-
gemessenheit des Willens zum moralischen Gesetze („die Heiligkeit") ist nur
..in einem ins Unendliche gehenden Progressus" zu erreichen und dieser Fort-
schritt ist nur möglich „unter Voraussetzung einer ins Unendliche fortdauern-
den Existenz und Persönlichkeit". — Endlich ist das Dasein Gottes ein
solches Postulat (Ethiko-theologisches Argument, „Moral-Beweis"). Intimi das
moralische Gesetz uns einen Endzweck, das höchste Gut, bestimmt und dieses
die Glückseligkeit als Mitbedingung fordert, müssen wir einen moralischen
Weltgrund, der das rechte Verhältnis /wischen Sittlichkeit and Glückseligkeit
herateilt, postulieren. Dieser Weltgrund muß als höchste [ntelligens und
höchster Wille gedacht werden, als ewig, allmachtig, allwissend usw., kurz als
höchste Persönlichkeit (Ethischer Theismus).
Rechts- und (Jes.-hich ts philosophi e. Während die „Tugendlehre"
336 Kant.
(der zweite Teil der Metaphysik der Sitten) die Lehre von den Pflichten, die
nicht unter äußeren Gesetzen stehen (Tugendpflichten), ist, hat es die Rechts-
lehre mit den Rechtspflichten, d. h. mit den aus äußerer Gesetzgebung ent-
springenden Pflichten zu tun. Die Tugend ist eine Willensfertigkeit, die
„moralische Stärke des Willens in Befolgung seiner Pflicht". Die Tugend-
pflichten gehen auf eigene Vollkommenheit und fremde Glückseligkeit, ohne daß
aber das Kriterium des Sittlichen selbst ein eudämonistisches ist. Das Recht
aber sieht von der Gesinnung, dem Moralischen ganz ab. Es ist der „Inbegriff
der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des
andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt
werden kann". Das strikte Recht ist die „Möglichkeit eines mit jedermanns
Freiheit nach allgemeinen Gesetzen zusammenstimmenden durchgängigen
wechselseitigen Zwanges". Die Strafe dient der Vergeltung. Der Staat be-
ruht auf einem „ursprünglichen Vertrag" (als „Idee der Vernunft") und ist
die ..Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen". Das Wohl
desselben besteht im Zustand größter Übereinstimmung der Verfassung mit
Rechtsprinzipien. K. faßt also den Staat wesentlich als Rechtsstaat auf. Der
Staat hat drei Gewalten: Herrschergewalt (Gesetzgebung), vollziehende Gewalt
(Regierung), richterliche Gewalt. Der Herrscher hat lauter Rechte, keine
(Rechts-) Pflichten und es gibt auch kein Recht des Aufstandes (obzwar K. von
der Souveränität des Volkes ausgeht). Daß auch in dem Verhältnis der Staaten
zueinander das Recht herrsche, ist das Ziel der Geschichte, deren höchstes Ideal
«las Aufhören des Krieges, der „ewige Friede" auf Grundlage eines Völkerbundes
ist. In jener Formulierung des kategorischen Imperativs, weiche den Mensch als
Zweck, nicht als bloßes Mittel zu behandeln gebietet, liegt die Grundlage zu
einer sozial-teleologischen Ethik, wenn auch nicht gerade zum „Sozialismus".
In der Geschichte kommen die menschlichen Kultur- Anlagen zur Ent-
faltung, was nur in der Gesellschaft möglich ist. Eine „ungesellige Gesellig-
keit", 'in Streit zwischen individuellen und sozialen Neigungen besteht, bis
schließlich ans der Zwangsgesellschaft ein innerlich verbundenes, moralisches
Ganzes mit einer vollkommenen Verfassung ersteht. Der „Antagonismus", von
dem K. spricht, ergibt sich aus der Neigung des Menschen einerseits zur
gesellschaftung, anderseits zur Vereinzelung. Endziel der Geschichte ist
iheil unter äußeren Gesetzen", eine „vollkommen gerechte bürgerliche
Verfassung", verbunden mit Herrschaft der Vernunft.
Die Kritik der Urteilskraft. Nach K. liegt zwischen Verstand und
Vernunft die „Urteilskraft", welche zwischen dem Übersinnlichen und Sinn-
lichen, [ntelligiblen und Empirischen, Naturgesetzlichen vermittelt. Auch die
I rteilskrafl enthält ein ..Prinzip a priori", sie ist eine Quelle nicht-empirischer
I rteile. I rteilskrafl ist „das Vermögen, unter Regeln zu subsumieren" und
als „bestimmende'' und „reflektierende" Urteilskraft auf. „Urteilskraft
das Vermögen, das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen
zu denken, [sl das Allgemeine (die Regel, das Prinzip, das Gesetz) gegeben,
lii Urteilskraft, welche das Besondere darunter subsumiert . . ., be-
id. [sl aber nur das Besondere gegeben, wozu sie das Allgemeine
Kant. 337
finden soll, so ist die Urteilskraft bloß reflektierend.'' Die reflektierende
Urteilskraft ist teils ästhetische, teils teleologische Urteilskraft, je nach-
dem sie es (in regulativer, nicht konstitutiver Weise) mit subjektiv-formaler
oder aber mit. objektiv-materialer Zweckmäßigkeit zu tun hat. Der bestimmen-
den Urteilskraft ist das Gesetz a priori vorgeschrieben, die reflektierende aber
bedarf eines Prinzips, durch welches sie die Natur zwar nicht erklärt, aber
doch deutet. Dieses Prinzip verlangt, daß die besonderen Gesetze der Natur,
die nicht apriorisch erkannt werden, in bezug auf das ihnen unbestimmt Ge-
lassene so zu einer Einheit verbunden gedacht werden, als ob ein höherer
Verstand sie gegeben hätte, um ein System der Erfahrung möglich zu machen.
<Vgl. Über Philosophie überhaupt.) Durch diese Einheit in der Vielheit be-
ßonderer Gesetze, durch diese innere Verbindung derselben — die nicht erkannt
werden kann, aber als Regulativ für die Forschung dient — wird der Aprioris-
mus der reinen Vernunft ergänzt. Zugleich wird der Einfluß der Freiheit (des
Intelligiblen) auf die Natur durch den Gedanken der Einheit des beiden Zu-
grundeliegenden begreiflich gemacht. Die Natur muß „so gedacht werden
können, daß die Gesetzmäßigkeit ihrer Form wenigstens zur Möglichkeit der
in ihr zu bewirkenden Zwecke nach Freiheitsgesetzen zusammenstimme". Die
Urteilskraft vermittelt also zwischen „Xaturbegriffen" und „Freiheitsbegriffen'-.
Kants Teleologie. Wir lassen die Betrachtung der „teleologischen"
Urteilskraft jener der „ästhetischen" vorangehen, befassen uns also zuerst mit
der „materialen" Zweckmäßigkeit. Die „transzendentale" Zweckmäßigkeit ist
uns schon bekannt, sie besteht in der Zusammenstimmung der Mannigfaltigkeil
empirischer Naturgesetze zur Einheit vermittelst der Urteilskraft, welche be-
müht ist, bei aller „Spezifikation" überall die Übergänge, die Verwandtschaft, die
höhere Gattung, das Gemeinsame, Einheitliche zu finden, kurz eine einheitliche
stetige Ordnung der Natur selbst methodisch herzustellen; soweit sich die Natur
diesem Willen zur Einheit und Ordnung fügt, besteht eben die transzendentale,
„idealische" Zweckmäßigkeit, ist die Natur unserem Erkenntnisvermögen ., an-
gemessen". Diese Angemessenheit, die auch im Ästhetischen besteht, begründet
hier die subjektiv-formale, im Intellektuellen die objektiv-formale Zweckmäßig-
keit, von der endlich die objektiv-reale (materiale) Zweckmäßigkeit zu unter-
scheiden ist. welche die Dinge selbst betrifft. „Objektiv" heißt aber hier nicht
transzendent, sondern nur allgemeingültig für alle Deutung der Erscheinungen.
Der Zweck ist ein Begriff der Urteilskraft, keine Kategorie des Verstandes,
denn er ist uiehl im Objekte, sondern lediglich im Subjekte, in dessen Ver-
mögen zu reflektieren, zu suchen. Den Zweck legen wir in die Dinge hinein, er
ist k.iu konstitutiver Bestandteil der Erkenntnis des Gegenstandes. K- ist aber
wohl zwischen äußerer Zweckmäßigkeit, „Zuträglichkeit" oder „Nutzbarkeit"
ihr andere- (z. B. der Dinge für den Menschen) and „innerer Zweckmäßigkeit0
zu unterscheiden. Die äußere, relative Zweckmäßigkeil (d. h. daß etwas um
des Vorteils eines andern willen da ist) ist nicht das, was wir der Natur zu-
muten dürfen. Es handelt rieh vielmehr um die Zweckmäßigkeil der Dinge
— lbst, wobei Zweck deren „BegrifJ von einem Objekt, sofern er zugleich den
Grund der Wirklichkeit dieses Objekte enthält", also das ideale Priua des
Bisler, Philosophen-Lexikon. 22
Kant.
Dinges, das sich in ihm verwirklicht hat, bedeutet. Bei einem Dinge als
..Natur/weck" ist die Beziehung der Teile und des Ganzen das Wesentliche,
wonach die Teile ihrer Existenz und Form nach durch das Ganze bedingt sind
und dieses wiederum durch die Wechselwirkung der Teile.
Naturzwecke sind nur die Organismen, bei denen dieses Verhältnis statt-
hat; in ihnen ist ein Teil durch den anderen und zugleich um des anderen
(und des Ganzen) willen da. Die Natur organisiert sich hier selbst durch eine
, .bildende Kraft" (die aber nicht als Seele u. dgl. gedacht werden darf). Ein
organisiertes Naturprodukt ist also „das, in welchem alles Zweck und wechsel-
seitig auch Mittel ist'. „Nichts ist in ihm umsonst, zwecklos, oder einem
blinden Naturmechanismus zuzuschreiben." Rein mechanisch, d. h. ohne
teleologische Beurteilung, läßt sich das Organische nicht verstehen, der „Newton
des Grashalmes", der das Wachstum des Grases bloß mechanisch zu erklären vermag,
ist noch nicht da. Aber die teleologische Interpretation schließt die mechanisch-
kausale Erklärung nirgend aus, wenn auch diese allein im Organischen nicht
ausreicht und die heuristische Funktion der Zweckidee unentbehrlich ist.
Mechanismus und Teleologie schließen einander nicht aus, die Antinomie
zwischen beiden besteht nicht zu Kecht, ist lösbar. Das Prinzip des Mechanismus
besagt nur, wir sollen soweit als wir nur können, nach dem Mechanischen
torschen, sonst gibt es keine eigentliche Naturerkenntnis. Dieses hindert nicht,
bei einigen Naturformen (Organismen) und schließlich bei der ganzen Natur
die Zweckbetrachtung heranbringen, wobei wir aber nicht den bloß regulativen
Charakter des Zweckbegriffs vergessen dürfen, vermittelst dessen wir die Natur
nach Analogie mit unserer Zwecktätigkeit deuten, ohne sie dadurch allein zu
erklären. Jedenfalls ist der Zweck „ein Prinzip mehr, die Erscheinungen . . .
unter Regeln zu bringen, wo die Gesetze der Kausalität nach dem bloßen
Mechanismus derselben nicht zulangen". Denn wir führen einen teleologischen
Grund an, wo wir einem Begriff vom Objekt, als ob er in der Natur (nicht in
uns) gelegen wäre, Kausalität zuschreiben, ohne aber absichtlich-wirkende Ursachen,
die wir nur Vernunftwesen zuschreiben, in die Natur als solche hineinzulegen.
I od wenn wir die Zweckmäßigkeit der Natur auf einen „obersten Verstand"
zurückführen, so ist das zwar eine berechtigte Maxime, aber keine objektive
Erkenntnis. Was den Unterschied zwischen Mechanismus und Teleologie be-
trifft, so ist es möglich, daß „in dem uns unbekannten inneren Grunde der
Natur selbst die physisch-mechanische und die Zweckverbindung an denselben
Dingen in einem Prinzip zusammenhängen mögen".
Ästhetik. Als einer der ersten deutschen Philosophen unterscheidet K.
Bcharl zwischen Erkenntnis und Gefühl. Das Gefühl ist das „Subjektive" im
ii Silin*, es bezieht sich nicht auf das Objekt, sondern auf den Zustand
i - Subjekt«, es kann durch Erkenntnis bewirkt werden, ist aber nicht selbst
Enenntois. Auf die gefühlte Zweckmäßigkeit nun bezieht sich die „ästhetische
I rteüskraft". Die Ästhetik kann, nach K., mit einer psychologisch-empirischen
i'ion anfangen, aber sie selbst ist eine kritische Wissenschaft, welche
nach dern apriorischen Prinzip der Allgemeinheit ästhetischer Urteile fragt,
■reiches si< zur Wertung der ästhetischen Urteile braucht. Eine „Deduktion"
Kant. 339
(Legitimation) der reinen ästhetischen Urteile ist nötig. Das ästhetische Urteil
(Geschmacksurteil) hat zum Gegenstand das Gefühl, welches das , .harmonische
Spiel der beiden Erkenntnisvermögen der Urteilskraft, Einbildungskraft und
Verstand, im Subjekte bewirkt*', also die subjektive Zweckmäßigkeit, die unmittel-
bar (ohne Begriff) lustvoll empfunden wird. In der ästhetischen Urteilskraft
liegt ein apriorisches Prinzip der Beurteilung, das hier auf die subjektive und
formale Zweckmäßigkeit geht und subjektive Allgemeingültigkeit be-
ansprucht. Das ästhetische Urteil fordert diese nicht absolut, erwartet aber die
Einstimmung jedermanns mit dem eigenen Geschmack. Die Schönheit ist die
Form der Zweckmäßigkeit eines Gegenstandes, sofern sie ohne Vorstellung
eines Zweckes an ihm wahrgenommen wird, nämlich die Angemessenheit zu
unserem Bewußtsein in der unmittelbaren Auffassung. Das Wohlgef allen ,
welches das Geschraacksurteil bestimmt, ist „ohne alles Interesse", d. h. ohne
Bezug auf das Begehren und unabhängig von der realen Existenz des Wohl-
gefallenden; hingegen ist die Lust am Angenehmen, an dem, „was den Sinnen
in der Empfindung gefällt", mit Interesse verbunden, ebenso das Wohlgefallen
am Guten, an dem, „was vermittelst der Vernunft durch den bloßen Begriff
gefällt". Ästhetischer Geschmack ist das „Beurteilungsvermögen eines
Gegenstandes oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen oder Miß-
fallen, ohne alles Interesse''. Der Gegenstand eines solchen Wohl-
gefallens heißt schön. Das Schöne ist „das, was ohne Begriffe, als Objekt
eines allgemeinen Wohlgefallens vorgestellt wird". Das Schöne bezieht sich
nicht auf die individuelle Neigung des Subjekts und muß daher „einen Grund
des Wohlgefallens für jedermann" enthalten; daher haben wir Grund „jeder-
mann ein ähnliches Wohlgefallen zuzumuten". Was bloß einem Einzelnen
gefällt, kann angenehm sein (z. B. eine besondere Farbe, ein einzelner Ton
n. dgl.), aber nicht schön. Das Geschmacksurteil setzt „universale Regeln"
voraus, wenn auch die Allgemeinheit hier „subjektiv" (d. h. als allgemein-
subjektive Reaktion auf den schönen Gegenstand) ist, nicht auf einem Begriffe,
sondern auf einem Gefühl beruht und als „Gemeingültigkeit" zu bezeichnen ist.
Der Gemütszustand in dem „freien Spiele der Einbildungskraft und des Ver-
standes" ist die Bedingung und Grundlage dieser Allgemeinheit, eine „Zweck-
mäßigkeit ohne Zweck". Nur dann, wenn diese Zweckmäßigkeit der Form ohne
„Reiz" oder „Rührung" zum Ausdruck kommt, ist das Geschmacksurteil „rein".
Mit der Erkenntnis der Vollkommenheit eines Gegenstandes hat das ästhetische
Urteil nichts zu tun (gegen Lcibniz, Baumgarten u. a.) ; es kommt nur auf die
(durch den Gegenstand veranlaßte) „Einhelligkeit im Spiele der Gemütskräfte" an.
Es gibt zweierlei Arten von Schönheit: „Freie" Schönheit und „bloß
anhängende" Schönheit. „Die erstere setzt keinen Begriff von dem voraus,
was der Gegenstand sein soll; die zweite setzt einen solchen und die Voll-
kommenheit des Gegenstandes nach demselben voraus" (die Schönheit einer
Blume — die Schönheit eines Gebäudes). Nur das Geschmacksurteil. dessen
Gegenstand die freie Schönheit ist, ist rein. Begriffliche Gesehmacksregeln
gibt es nicht. Das Urbild des Geschmacks ist eine „bloße Idee, die jeder in
sieh selbst hervorbringen muß", ein „Ideal der Einbildungskraft". Der „Gemein-
))
340 Kant.
sinn-, an den wir in unseren Geschmacksnrteilen appellieren und der „exempla-
rische Gültigkeit- besitzt, ist eine „bloße idealische Norm", die wir a priori
voraussetzen. Das Schöne ist insofern der Gegenstand eines „notwendigen"
Wohlgefallens.
Das Erhabene findet sich im Gegensatz zum Schönen auch am Form-
losen, Unbegrenzten. Es führt ferner eine „Bewegung des Gemüts" mit sich.
Erhaben ist, „was schlechthin groß ißt", „was über alle Vergleichung groß ist".
Die Erweiterung der Einbildungskraft ins Große ist hier das Gefallende, indem
die „Unangemessenheit unseres Vermögens der Größenschätzung" das Gefühl
eines „übersinnlichen Vermögens in uns" erweckt. So ist erhaben, „was auch
nur denken zu können, ein Vermögen des Gemütes beweiset, das jeden Maß-
stab der Sinne übertrifft". Die Urteilskraft bezieht hier die Einbildungskraft
auf die Vernunft und das Übersinnliche, Unendliche. Erhaben wrirkt die Natur
in jenen Erscheinungen, deren Anschauung „die Idee ihrer Unendlichkeit bei
sich führt", die also den Begriff der Natur auf ein „übersinnliches Substrat" führen,
welches uns in eine erhabene Gemütsstimmung versetzt. Die Überlegenheit
unserer das Unendliche denken könnenden Vernunft über das Gewaltigste der
Natur ist der Grund dieser Gemütsstimmung. Das Gefühl des Erhabenen ist „ein
Gefühl der Unlust aus der Unangemessenheit der Einbildungskraft in der ästhe-
tischen Größenschätzung für die durch die Vernunft, und eine dabei zugleich er-
weckte Lust aus der Übereinstimmung eben dieses Urteils der Unangemessenheit des
größten sinnlichen Vermögens zu Vernunftideen". Im Gefühl des Erhabenen
fühlen wir uns zugleich abgestoßen und angezogen. Je nachdem die Gemüts-
bewegung auf das Erkenntnis- oder auf das Begehrungsvermögen bezogen wird,
liegt das „mathematisch" Erhabene (das Große der Anschauung) oder das
..dynamisch" Erhabene vor. Dynamisch-erhaben ist die Natur als „Macht, die
über uns keine Gewalt hat", der wir uns als Vernunftwesen überlegen fühlen.
.Die eigene Erhabenheit unserer Menschlichkeit und deren Bestimmung kommt
uns hier /.um Bewußtsein, trotz aller physischen Ohnmacht würd unsere ureigene,
höchste Kraft wachgerufen. Das Erhabene läßt uns die Natur selbst als
„Darstellung von etwas Übersinnlichem" denken. Damit ist eine Annäherung
an das Moralische gegeben. — Das Komische erweckt Lachen und dieses
ist „ein Affekt aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung
in nichts".
I. gibt keine Wissenschaft des Schönen, nur Kritik desselben und schöne
Kunst. Von der mechanischen ist die ästhetische Kunst zu unterscheiden und
diese i-t entweder „angenehme" oder „schöne" Kunst. „Das erste ist sie, wenn
da Zweck derselben ist, daß die Lust die Vorstellungen als bloße Empfin-
dungen, das zweite, daß sie dieselben als Erkenntnisarten begleite", sich
an die Urteilskraft knüpft. Schöne Kunst ist „eine Vorstellungsart, die für
»ich zweckmäßig ist, und obgleich ohne Zweck, dennoch die Kultur der
• zur geselligen Mitteilung befördert". Die schöne Kunst ist eine
Kl" zugleich Natur zu sein scheint. „An einem Produkte der
-'honen Kxm&i muß man sich bewußt werden, daß es Kunst sei und nicht
ur, aber doch muß die Zweckmäßigkeit, in der Form desselben von allem
Kaxt. 341
Zwange -willkürlicher Regeln so frei scheinen, als ob es ein Produkt der bloßen
Natur sei." Begriffliche Kunstregeln gibt es nicht, sondern schöne Kunst ist
Kunst des Genies. Dieses ist „das Talent (die Naturgabe), welches der Kunst
die Regel gibt" oder die „angeborene Gemütsanlage (ingenium), durch welche
die Xatur der Kunst die Regel gibt". Es besteht das Genie auch in dem
glücklichen Verhältnis, „zu einem gegebenen Begriff Ideen aufzufinden und
anderseits zu diesen den Ausdruck zu treffen". Schönheit ist „Ausdruck
ästhetischer Ideen". Eine ästhetische Idee ist aber „diejenige Vorstellung
der Einbildungskraft, die viel zu denken veranlaßt, ohne daß ihr doch irgend
ein bestimmter Gedanke, d. i. Begriff adäquat sein kann", im Gegensatze zur
Vernunftidee, der keine Anschauung adäquat sein kann. Die ästhetische Idee
ist eine „inexponible" Vorstellung der Einbildungskraft, die Vernunftidee ein
.jndemonstrabler" Begriff. Genie ist geradezu „das Vermögen ästhetischer
Ideen". Die Schönheit ist letzten Endes das „Symbol des Sittlichguten", der
Geschmack im Grunde ein „Beurteilsvermögen der Versinnlichung sittlicher
Ideen".
Religionsphilosophie. Bei K. steht die Religion in enger Beziehung
zur Ethik. Religion ist ihm die „Erkenntnis unserer Pflichten als göttlicher
Gebote", derjenige Glaube, „der das Wesentliche aller Verehrung Gottes in die
Moralität der Menschen setzt". Sie ist nicht der Inbegriff gewisser Lehren als
göttlicher Offenbarungen, nicht Theologie, sondern der Inbegriff aller Pflichten
als göttlicher Gebote und die Maxime, sie als solche zu befolgen. In ethischer
Hinsicht gibt es nur eine Religion, wenn auch der „statutarische" Offen-
barungsglauben verschieden ist. Betreffs der rein sittlichen Gesetze kann jeder
aus eigener Vernunft den Willen Gottes, der seiner Religion zugrunde liegt,
erkennen. „Denn eigentlich entspringt der Begriff von der Gottheit nur aus
dem Bewußtsein dieser Gesetze und dem Vernunftbedürfnisse, eine Macht anzu-
nehmen, welche diesen den ganzen in einer Welt möglichen, zum sittlichen
Endzweck zusammenstimmenden Effekt verschaffen kann. Der Begriff eines
nach bloßen rein moralischen Gesetzen bestimmten göttlichen Willens läßt uns
nur einen Gott, also auch nur eine Religion denken, die rein moralisch ist."
Der „Afterdienst" des statutarischen Glaubens und Kultus, sofern dieser vom
Sittlichen absieht und zum Formalismus und Aberglauben führt, ist abzulehnen.
Christus ist die Idee des Gott wohlgefälligen Menschen, der sittlich- vollkommenen
Menschheit, und der Glaube an einen solchen Christus ist notwendig. Die
„unsichtbare Kirche"' ist die Idee der Vereinigung der Sittlichen unter der gött-
lichen Weltregiei ung, des Reiches Gottes. — Im Menschen existiert ein „radikales
Böses", eine Widerspenstigkeit der sinnlichen Triebe gegen das Sittengesetz, es
beruht auf dem natürlichen Egoismus, ist unausrottbar, eine „angeborene
Schuld" und muß durch das Sittengesetz, die Stimme des Übersinnlichen in
uns, immer wieder bekämpft werden, indem es sich Achtung erzwingt. — In-
dem Kant in der Religionsphilosophie wie auch sonst die Aufklärung, das
freie Denken und Kritisieren verficht, überwindet er zugleich den einseitigen
Rationalismus der Aufklärung, indem er (z. Teil durch Rousseau beeinflußt)
die Rechte des Gemüts und des Glaubens verteidigt, also bei aller „intellek-
r>42 .Kant.
tualistischen" Methode nicht bloßer Intellektualist ist. Überall ist es ihm
endlich um die Festhaltung der inneren Freiheit des Geistes zu tun
gegenüber der „Natur" außer und in uns, aber einer sich selbst bindenden,
autonomen, gesetzlichen Freiheit, Sein „Subjektivismus" des Tuns steht in
keinem Gegensatze zur Objektivität des Produkts der Tat, ja er dient ihm
geradezu zur Begründung der apriorischen Gesetzlichkeit des Objektiven, welches
durch das „Subjektive" (des Bewußtseins überhaupt, nicht des Individuums als
solchen) bedingt ist.
Kants Lehren wurden in verschiedener Weise aufgefaßt und weitergebildet,
teils in noch idealistischerer, teils in mehr realistischer Weise, je nachdem das
„Ding an sich" aufgefaßt oder gar gestrichen wurde, ferner bald mehr psycho-
logisch, bald rein transzendental-logisch. In verschiedene Sprachen wurden
Werke Kants übersetzt und bei allen Nationen gab und gibt es viele Kantianer
und Halb-Kantianer oder „Kritizisten" im weiteren Sinne (vgl. Ueberweg-Heinze,
Grundriß der Geschichte der Philos. III und IV). Sehr bald fanden sich auch
Gegner des Kantschen Apriorismus oder Kritizismus oder Idealismus, wie
A. Weishaupt, Feder, Garve, Eberhard, Tiedemann, Herder, G. E.
Schulze (Aenesidemus - Schulze), zum Teil Platner, Jacobi, Hamann,
ßardili, Bouterwek, B. Stattler u. a. Anhänger Kants aus älterer Zeit sind
J. Schultz, Chr. E. Schmid, Reinhold, Beck, Heydenreich, Krug,
Hoffbauer, Jakob, Meilin, Bendavid, Maaß, Tieftrunk, Tenne-
mann. Buhle, A. Feuerbach, Kiesewetter, Abicht, Fries, Salomon
Maimon (teilweise), Schiller u. a. Beinhold, Beck, Fries, Schiller u. a.
bildeten Kants Lehren weiter, ebenso Fichte, Schopenhauer u. a., während
Herbart, Beneke, Trendelenburg u. a. zum Teil in Gegensatz zu Kant
traten. Seit dem Anfang der Sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts erschallte
wiederholt der Ruf: Zurück zu Kant, und es traten „Neukantianer" verschiedenen
Charakters auf, wie F. A. Lange, J. B. Meyer, Helmhol tz, Fr. Schultze,
Cornelius u. a., die den Kritizismus mehr psychologisch auffassen; ferner
< ). Liebmann, Cohen, Natorp, Windelband, Volkelt, Riehl, Vor-
der, Staudinger, Bernstein , Menzer, Cassir er, W. Kinkel, Stad-
ler, A. Krause, E.König, Lasswitz, Vaihinger, B. Bauch, Medicus,
I-. Goldschmidt, Reicke, Marcus, W. Tobias, Lorm, Falkenberg,
iquoin, E. Arnoldt, B. Erdmann, Kern, A. Messer, M. Adler,
Stammler, Hönigswald, J. Cohn, Eisler u. a. Von Kant beeinflußt
-iud Lotze, Fechner, Paulsen, Simmel, Wundt, die Immanenzphilo-
Bophen (Schuppe, F. ('. Schmidt u. a.), die Theologen Ritschi, Lipsius,
H • r r um n n 11. ;i.. die Ausländer Renouvier, Lachelier, Green, Testa,
Cantoni, Tocco u. a. Ein Teil der Kritizisten nähert sich Fichte (Windel-
band, Rickert, Palckenberg, Münsterberg, teilweise Cohen u. a.), ein anderer
Green 11. a.) oder Fries (Nelson, Ewald, J. Schultz u. a.) oder
Leibniz und Lotze (F. Erhardt, Külpe, Wundt u. a.).
Die Literatur über Kant füllt eine ganze Bibliothek. Vgl. Ueberweg-Heinze,
!r. .1. Gencb. .1. J'hilos. JIli°, 316 ff. u. die „Kantstudien". Vgl. BOROWSKI,
Darstellung de- Lebens und Charakters I. Kants, 1804; JACHMANX, I. K.; \V.\-
Kant. 343
SlANSKI, I. K. (zusammen 1904 neu herausgegeben). — \\\ SCHUBE&T, K.s Bio-
graphie, in WW. von Rosenkranz u. Schubert, XI, 2, 1842. — K. FlSCHPIK, K.s Leben
u. die Grundlagen seiner Lehre, 1860; Gesch. der neueren Philos. 111. — K.RONEN-
BERG, Kant, 1896; 4. A. 1910. — PAULSEN, Kant, 1898; 4. A. 1904 (Frommans
Klassiker der Philos.; Betonung der metaphysischen Tendenzen bei Kant). — Th. RlJYS-
BEN, Kant, 1900. — H. St. ChambeRLAIN. I. Kant, 1905. — KÜLPE, I. Kant,
1906. — LTPHUES, K. u. s. Vorgänger, 1906. — E. ÄRXOLDT, Gesammelte Schriften,
1907 ff. (Kritische Exkurse im Gebiet der Kant-Forschung u. a.). — VAIHINGER,
Kommentar zur Kritik der reinen Vernunft, 1881 ff. — COHEN. Kommentar, 1909 (Philos.
Bibl.). — SlKMEL, Kant, 2. A. 1905. — B. BaüCH, K., 1911. — Über K.s Erkenntnis-
lehrc: MeLLTN, Marginalien u. Register zu K.s Kritik des Erkenntnisvermögens, 1794
— 95; hrsg. von L. Goldschmidt, 1900—02. — Enzyklopäd. Wörterbuch der kritischen
Philosophie, 1797 — 1803. — LlEBMAXN, Kant u. die Epigonen, 1865. — TREXDELEX-
BURG, Über eine Lücke in Kants Beweis von der ausschließenden Subjektivität des
Raumes und der Zeit, in: Histor. Beiträge zur Philosophie 111, 1867. — Kuno Fischer
und sein Kant 1869. — K. FlSCHER, Anti-Trendelenburg, 1870 (Leugnung der von
T. behaupteten „Linke"). — COHEX, Kants Theorie der Erfahrung, 1871; 2. A. 1885.
— IaIEHL, Der philos. Kritizismus, 1876 — 87; 1, 2. A. 1908. — LAAS, Kants Ana-
logien der Erfahrung, 1876. — STADLERj Die Grundsätze der reinen Erkenntnistheorie
in der Kantschen Philosophie, 1876. — B. Erdma.W, Kants Kritizismus, 1878. —
J. VoLKELT. I. Kants Erkenntnistheorie. 1879. — G. THIELE, Die Philosophie K.s,
1882 — 87. — WUNDT, Was soll uns Kant nicht sein: Philos. Studien Ml, 1892. —
ADIGKE8, Kant-Studien, 1895. — ReININGER. K.s Lehre vom inneren Sinn, 1900. —
L'PHÜES, Kant u. seine Vorgänger, 1906. — AMKHEIX, K.s Lehre vom Bewußtsein
überhaupt, 1908. — OesterREICH. K. u. d. Metaphys., 1905, u. a. — Über Kants
Naturphilosophie: L. Be^DAVID, Vorlesungen über die met. Anfangsgründe der Xatur-
wiss., 1798. — STADLER, Kants Theorie der Materie, 1883. — DREWS, Kants,
Naturphilosophie, 1894. — HÖELER (s. oben). — Über Kants Ethik: H. COHEN»
Kants Begründung der Ethik, 1877; 2. A. 1910. — K. VORLÄNDER, Die Kantische
Begründung des Moralprinzips, 1889; Der Formalismus der K. sehen Ethik, 1893. —
1'. MeNZER, Der Entwicklungsgang der K. sehen Ethik, 1897; K.s Lehre von d. Entwickl.
in Natur u. Geschichte, 1911. — K. Schmidt, Beiträge zur Entwicklung der K. sehen
Ethik, 1900. — A. MESSER, K.s Ethik, 1904. — L)ELBOS, La philos. pratique de K.,
1905. — übet K.^ Religionsphilosophie: PÜNJER, Die Religionslehre Kant?, 1874. —
A. SCHWEITZER, Die Religionsphilos. Kants, 1899. — E. SÄNGER, K.s Lehre vom
Glauben, 1903. — Rechts-, Staats- und Geschichtsphilosophie: VORLÄNDER, K. u. der
Sozialismus, 190(>: K. u. Marx, 1911. — KALISCHER, K.s Staatsphilosophir, 1904. —
MEJ'l« I -. K. i,. Kanke, Kantstudien VIII: K.s Philos. d. Gesch., 1901. — Ästhetik
und Teleologie: STADLER, K.s Teleologie, 1874. — COHEN, K.s Bekundung der
Ästhetik, 1889. — KÜHNEMANN, K.s und Schillers Begrfindnng der Ästhetik, 1S95.
— Goldfriedrich, k.s Ästhetik, 1895. — Weissfeld, k.« Gesciischaftsichrc,
1907. — O. SCHLAPP, Kant< Lehre vom Genie, 1901. — C. v. BrOCKDORFF,
K.« Teleologie, 1898. — J. B. MEYER, K.s Psychologie, 1870: ferner Schriften von
REICKE, Al'l« RES, LlBBMANN u a.
Kleinere Allhandlungen über Kant erschienen 1904 WD COHEN, FaLCKENBERG,
Freudenthal, Jerusalem, Külpe, Liebmann, Windelband b, ■., such in
■der ,,Uevue de M.'taphys. et de Morale", 12. innee, Nr- 3. -- Zu K.- Gediohtnil
1" kbdr. aus den Kantstudien IX). — Zur Erinnerung an I. K.. \hhandl. hl
fOB d. Unit. Königsberg, 1904. — ROSENKRANZ, Gesch. d. Klatschen Thilos., 1>4(>.
"M 1 Kaxtokowicz — Karneades.
Iiantorowicz9 H. N., geb. 1877 in Posen, Dozent an der Universität
in Freiburg (Pseud. Gn. Flavius, als welcher er für die Freirechtstheorie ein-
trat). = Gegenüber Stammler betont K. die geschichtlich-realistische Methode
und die Existenz nur relativer, historisch bedingter Eechtsideale.
Schriften: Archiv f. Rechts- und Wirtschaftsphilos. II, 1908. — Der Kampf um
d. Rechtswissenseh., 1906, u. a.
Kapp. Christian, geb. 1798 in Bayreuth, Prof. in Erlangen und Heidel-
berg, gest. 1874 in Heidelberg.
K. ist ein Gegner Schellings und verbindet Fichtesche mit Hegeischen
Anschauungen. Die Philosophie ist ihm die Wissenschaft des Alls; alle Wissen-
schaft ist der ganze wirkliche Geist selbst, wie er sich und die Welt selbst-
bewußt erfaßt. — Auch die Brüder K.s, Ernst und Alexander Kapp waren
wissenschaftlich tätig; ersterer verfaßte eine „Philosophische oder vergleichende
allgemeine Erdkunde", 1845 (2. A. 1868), letzterer eine „Gymnasialpädagogik".
1841. Der Vetter Chr. K.s, Friedrich K., verfaßte ,,Der wissenschaft-
liche Schulunterricht als ein Ganzes", 1834, und „Hegel als Gymnasial-
direktor", 1835.
Schriften: Christus und die Weltgeschichte, 1823. — Einleitung in die Philo-
sophie, 1825. — Das konkrete Allgemeine der Weltgeschichte, 1826. — Über den Ur-
sprung der Menschen und "Völker, 1829. — Schelling und die Offenbarung, 1842. —
F. W. J. Schelling, 1843, u. a. — Vgl. L. FEUERBACH, Chr. K., 1839. — A. KAPP,
Briefwechsel zwischen L. Feuerbach und Chr. K., 1876.
Karejew, N., geb. 1850, Prof. in Warschau, dann in St. Petersburg.
Sein Hauptwerk (Die Grundfragen der Philosophie der Geschichte, russisch)
erschien 1883—90; 2. A. 1887. = K. ist Evolutionist und basiert die Geschichts-
philosophie auf Biologie, Völkerpsychologie usw. Die Philosophie der
Geschichte hat nach dem Sinn der Veränderungen im Leben der Menschheit
zu -liehen. Ein Fortschritt zu immer größerer Solidarität besteht.
Karneades von Kyrene, lebte zwischen 214 und 129 v. Chr. Mit dem
Stoiker Diogenes und dem Peripatetiker Kritolaos kam er als athenischer Ge-
sandter um 156 v. Chr. nach Kom. Schriften von ihm sind nicht vorhanden.
K. ist der Stifter der dritten Akademie und vertritt einen gemäßigten
Skeptizismus, indem er vor allem die Stoische Philosophie bekämpft. Die
Argumente für das Dasein eines Gottes sind unhaltbar, wenn es auch für die
Praxis von Nutzen ist, an die Götter zu glauben. Ein festes Kriterium der
Wahrheil existiert nicht und die Beweisführung ist ohne feste Grundlage, da
8i€ ins Unendliche führt; die „kataleptische'' Vorstellung (s. Stoiker) verbürgt
nicht die Wahrheit. Eine völlige Urteilsenthaltung aber würde das Handeln be-
einträchtigen; dieses bedarf der Wahrscheinlichkeitsannahmen. Drei Grade
der Wahrscheinlichkeit gibt es: 1. Die Vorstellung, Meinung ist schlechthin
wahrscheinlich (jiidavr/); 2. sie ist in Beziehung zu anderen Vorstellungen wahr-
inlich und widerspruchslos (jiiOavi] xal djTsoiozarog); 3. sie ist zugleich er-
härtet \:r. y.a'i d. y.al 7teQicodevfiivr] ; Sext. Empir., adv. Mathem. VII, 166).
Vgl. DlOG. Lakkt. LV, 62 ff. — CICERO, Tuscul. disput, Academ., De natur. Deor.
PUfi F.MPIR., Adv. Mathem. — R. RICHTER, Gesch. d. Skeptizismus I.
Karpe — Kaiiimaxx. 345
Karpe. Franz Samuel, geb. 1741 in Laibach. Prof. in Wien, gest. 1806
daselbst. = Eklektiker, Gegner Kants.
Schriften: Darstellung der Philosophie ohne Beinamen, 1802 — 4. — Institutiones
philos. dogmaticae. 1804. — Inst, philos. moralis, 1805.
K.arpok.rates aus Alexandrien, um 130 n. Chr. = K. ist ein von Plato
beeinflußter Gnostiker. Nach ihm ist das Urprinzip der „ungewordene Vater",
aus dem Geister hervorgegangen sind, die sich gegen Gott empörten. Die
menschlichen Seelen haben im Zustande der Präexistenz das Ewige ge-
schaut und können sich daran erinnern (Anamnese). Während die sündigen
Seelen Metempsychosen durchmachen, nach dem Tode verschiedene Leiber ein-
nehmen müssen und erst nach vielen Bußen zu Gott eingehen, vereinigen sich
die guten Seelen gleich nach dem Tode mit Gott. Gut oder böse ist nur die
Gesinnung, die Werke als solche sind gleichgültig und können nicht beflecken.
Von den Anhängern des K. (sein Sohn Epiphanes, eine gewisse Ma reell in a
u. a.) wurde der Kommunismus vertreten.
Vgl. die im Artikel ,, Gnostiker" aufgezählten Schriften.
KüMlorf. Otto (Pseud. O. Kado), geb. 1880 in Weltzin, Prof. in Graz.
= K. vertritt einen idealistischen Monismus.
Schriften: Ziel u. Wege moderner Weltansch. 1908. — Entwicklung, 1909.
Kassowitz, Max, geb. 1842 in Preßburg, Prof. d. Medizin in Wien. ==
Mechanistisch-biologischer Standpunkt. Nach seiner „metabolischen" Lebens-
theorie besteht die Wirkung der Lebensreize in einem Zerfall der labilen
chemischen Einheiten der lebenden Substanz. Bezüglich der Entwicklung der
Arten ist K. Xeo-Lamarckist. Das Psychische ist eine Funktion dee Orga-
nismus als Ganzen („funktionaler Dualismus").
Schriften: Allgemeine Biologie, 1898 if. — Welt, Leben, Seele, 1908, u. a.
Kastil, Alfred, geb. 1874 in Graz, Prof. in Innsbruck. = Anhänger
Brentanos.
Schriften: Die Frage nach der Erkenntnis des Guten bei Aristoteles und Thomas.
1900. — Zur Lehre von der Willensfreiheit in der Xikomachischen Ethik, 1901. —
Studien z. neueren Erkenntnistheor. 1. Descartes, 1909.
Kauf man ii. David, geb. 1852 in Kojetein, Prof. in Budapest, gest. 1899.
Scfrriften: Gesch. d. Attributenlehre in d. jüd. Keligionsphilo.«., 1877. — Die
Sinne, Beitr. z. Gesch. d. Physiol. u. Psychol. im Mittelalter, 1884. — Abhandl. im
„Arch. f. Gesch. d. Philos.", u. a.
Kaufmann, Nikolaus, geb. 1852 in Sursee (Schweiz), Kanonikus und
Lyzealprofessor in Luzern. = Scholastischer Standpunkt (Teleologie).
Schriften: Die teleologische Naturphilos. des Aristoteles, 1883; 2. A. 1893. —
Die Bedeutung d. Philosophie in d. Gegenwart, 1889. — Das Kausalitätsprinzip, 1891.
— Elcmento d. aristotel. Ontologie, 1896. — Christliche Moral u. moderno itheistta he
Ethik, 1898. — La finalite dans l'ordre moral, 1899, u. a.
Kanff'maim. Max. war Herausgeber der „Zeitschrift für immanente
Philosophie", gest. is'»»;. = K.. der von Berkeley und Hnme beeinfluß! ist,
ist ein Vertreter der idealistischen „Immanenzphilosophie". l>as „Ding an
346 Kauffmann — Reibet,.
sich" ist rein hypothetisch, hat keine wirkliche Existenz. Das Wirkliche,
der Unterschied von Subjekt und Objekt fällt in das Bewußtsein selbst.
Die einzige Existenzweise der Objekte ist deren „Gegenwart im Bewußtsein".
Objekt sein heißt Inhalt des Subjekts, der höchsten „Form" des Bewußtseins
sein. Das Subjekt ist nicht ein dem Objekte Entgegengesetztes, sondern die
„oberste Einheiteform aller Objekte überhaupt", die „anschauliche Einheit der
räumlichen und der zeitlichen Welt".
Schriften: Immanente Philosophie I, 1893. — Fundamente der Erkenntnistheorie
u. Wissenschaftslehre, 1890.
Kaulich, Wilhelm, geb. in Weckelsdorf (Böhmen), Prof. in Graz, gest.
1880. = Anhänger Günthers.
Schriften: Über d. Freih. d. Menschen, 1866. — Über die Möglichkeit, die
Grenze und das Ziel des Wissens, 2. A. 1870. — Handbuch der Logik, 1869. —
Handbuch der Psychologie, 1870. — System der Metaphysik, 1874. — System der
Ethik 1877. — Geschichte der scholastischen Philosophie I, 1863, u. a.
Kantsky, Karl, geb. 1854 in Prag, Redakteur und Herausgeber der
Neuen Zeit'1, Berlin. = K. ist der Hauptvertreter des orthodoxen Marxismus.
Schriften: K. Marx' ökonomische Lehren, 1887; 8. Aufl. 1903. — Das Erfurter
Programm, 1892. — Bernstein und das Sozialdemokrat. Programm, 1899 (Gegen den
sozialistischen „Revisionismus"). — Grundsätze u. Forder. d. Sozialismus, 5. A. 1899.
Ethik und materialistische Geschichtsauffassung, 1906. — Die histor. Leistung von
K. Marx, 1908, u. a. Viele Artikel in der „Neuen Zeit".
Kayserlingk, Hermann von, geb. 1793 in Halle, Privatdozent in
Heidelberg und Berlin.
Schriften: Vergleich zwischen Eichtes System und dem Systeme Herbarts, 1817.
— Metaphysik, 1818, u. a. (Herbartscher Standpunkt). — Die Wissenschaft vom Menschen-
geiete oder Psychologie, 1829 (von Hegel beeinflußt). — Glaubensbekenntnisse eines
Philosophen, 1833. — Denkwürdigkeiten eines Philosophen, 1839, u. a.
Kayßler, Adalbert, 1769—1821, Prof. in Breslau. = Anhänger Schellings.
Schriften: Über die Natur u. Bestimmung des menschlichen Geistes, 1804. —
Beiträge zur krit. Geschichte der neueren Philosophie, 1806. — Einleitung in das
Studium der Philosophie, 1812. — Grundsätze der theoret. u. prakt. Philosophie, 1812.
— Begriff der Ethik als Wissenschaft, 1816, u. a.
lieckermann, Bartholomäus, geb. 1573 in Danzig, Gymnasialprofessor
in Danzig, gest. 1609. = Von Melanchthon und Petrus Kamus beeinflußt.
Schriften: Praecognita logicae, 1599. — Systema logicae, 1600. — Systema
ethicutn, 1G10. — Opera, 1614.
Keibel. Martin, geb. 1863. = K. ist besonders von Laas und Schubert-
ä Idern beeinflußt. Er ist ein Anhänger der „Immanenzphilosophie" und er-
kenn! als solcher kein Ding an sich, nur eine „ideale Erfahrung" gegenüber
dem einzelnen, tatsächlichen Erleben an. Es gibt kein Bewußtseinstranszendentes,
ein wiche* nehmen wir nur an, wenn wir die „stets gegebenen Beziehungen
des Objekts zum Subjekt" übersehen. Die Religion ist nicht auf bloße Ethik
zurückzuführen oder durch solche zu ersetzen, sie ist eine selbständige Geistes-
macht.
Kübel — Kern. 347
Schriften: Wert und Ursprung der philos. Transzendenz, 1886. — Die Keligion
u. ihr Recht gegenüber dem modernen Moralismus, 1896. — Die Abbildungstheorie,
Zeitschr. f. human. Philos. III, 1898.
Relsos s. Celsus.
Kepler, Johannes, der berühmte Astronom, 1571 — 1630, ist nicht bloß
durch seine fundamentalen Beiträge zur heliozentrischen Weltanschauung,
sondern auch durch seine zielbewußte Methode des Forschens und durch ver-
schiedene methodologisch-erkenntnistheoretische Bemerkungen in philosophischer
Hinsicht bedeutsam.
K., der vom Pythagoreismus. von Plato, Proklos u. a. beeinflußt ist, und
der auch ästhetische Voraussetzungen an die Natur heranbringt, geht in seinen
Untersuchungen induktiv vor, wobei er aber die „Hypothese" (im Platonischen
Sinne) als Voraussetzung einer befriedigenden Erklärung der Phänomene ge-
braucht. Die wahren Ursachen des Geschehens werden nicht passiv in uns
aufgenommen, sondern der Geist wird durch die "Wahrnehmung nur zur Ent-
faltung der in ihm schlummernden Ideen angeregt (Piatos „Anamnesis";. Die
intellektuellen Harmonien, die wir in der Natur finden, sind in unserem Geiste
bereits vorgebildet. Die geometrischen Gebilde sind als solche Erzeugnisse des
< Geistes selbst und zugleich für die Dinge gültig. Wo Materie, da ist auch
Mathematik, alles hat Teil an der Quantität und nur die quantitative Er-
kenntnis ist wahre Erkenntnis : „Mundus participat quantitate, et mens hominis
(res supramundana in mundo) nihil rectius intelligit quam ipsas quantitates,
quibus percipiendis factus videri potest" (Epistol. d. harmon., Opp. V, 28). Die
Quantität ist das primäre Attribut der Substanz („primarium accidens sub-
stantiaea). K., der früher noch Planetenseelen angenommen hatte, führt später
die Bewegungen der Planeten auf materielle Kräfte zurück und betrachtet die
Weltordnung nach der Analogie eines göttlichen Uhrwerks. .Vis ein harmonisches
< ranzes ist das Universuni begrenzt, nicht unendlich.
Schriften: Apologia Tychonis contra Ursum, 1597. — Astronomia nova, 1609. —
Mysterium cosmographicum, 1596. — Harmonice mundi, 1619, ii. a. — Opera, ed.
Frisch, 1857—71. — Vgl. SlGWART, Kleine Schriften I. — EuCKEN, K. als Philo-
soph, Philos. Monatshefte. 1878. — CASSIRER, Das Erkenntnisproblera 1. —
J. SCHMIDT, K.s Erkenntnis- u. Methodenlehre, 1903.
Kerintlios s. Cerinthus.
Kern. Berthold, geb. 1848 in Münsterberg, Generalarzt u. Prof. an der
Kaiser Wilhelms-Akademie in Berlin.
K. vertritt zunächst den ..kritischen Idealismus'- z. T. in einer Hegel, Cohen
u. a. sich nähernden Weise. Das Denken ist das logische A priori der Erkennt-
nis, alle Erkenntnisformen sind Denkformen, alle Erkenntnisgegenstände Denk-
inhalte, wobei aber hier unter Denken ein überindividueller Prozel», eine Selbst-
bewegung der Denkinhalte selbst verstanden wird. Alle Erkenntnis isl
Denkerwerb, auch die Empfindung ist ein solcher, einerseits vom Gegenstande,
anderseits von der Tätigkeit des Geistes abhängig. Die Empfindung ist bereits
«in ..verwickelte'- Ergebnis des Denkens", <iu automatisch gewordenes und er-
Kern.
erbtes Urteil Der Subjektivismus und Psychologismus ist abzulehnen; es gibt
apriorisch bedingte, allgemeingültige, objektive Erkenntnis. Wir bilden die
Begriffe Kaum und Zeit in unserem Denken, weil der Gegenstand der Erkennt-
ois es so erfordert. Raum und Zeit sind „logische Methoden der Ordnung
und Veranschaulichung unseres Empfindungsinhaltes", zugleich aber „Grund-
Lagen unseres reflektierenden Denkens" und Eigenschaften der Erfahrungs-
objekte. Unsere Bewußtseinsvorgänge, welche wir unmittelbar erleben, bleiben
das „An sich", dem die Außenwelt als „räumlich verarbeiteter Erlebnisinhalt"
i übertritt. Die Arerdoppelung des Erfahrungsinhalts, die Scheidung zwischen
Erscheinung und einem unbekannten „Ding an sich" ist abzulehnen. Erkenntnis
ist einheitlich geordnete Beschreibung des als Denkinhalt Gegebenen; also nicht
auf ein Ding an sich bezogen. Denken und Objekt stehen einander nicht fremd
gegenüber, sondern beide bedingen einander wechselseitig; steigende Anpassung
an die objektive Wirklichkeit ist das Erkenntnisziel. Das einheitliche P>kenntnis-
mittel ist der „Begriff", vom klarsten und umfassendsten Denkbegriff bis herab
zum bloßen „Begriffsdifferential" (Empfindung, Gefühlsempfindung usw.). Der
Raum ist der Kern des ganzen physischen Begriffssystems. Mittels seiner
entäußern wir uns des Inhalts unserer Vorstellungen und geben ihm, unter
Mitwirkung des Substanzbegriffes, ein selbständiges Dasein.
Daraus ergibt sich die richtige Auffassung von Leib und Seele, von physisch
und psychisch, Geist und Materie. Eine Wechselwirkung zwischen Psychischem
und Physischem besteht nicht, weil die notwendigen und bewährten Grundsätze
der geschlossenen Naturkausalität und der Erhaltung der Energie' sowie die
schließliche Identität beider Geschehensreihen eine solche verbieten. Das
physische Sein ist nur das verräumlichte Sein dessen, was in seiner unräum-
lichen Form psychisch ist. „Wir haben hiernach nicht zwei in Wirklichkeit
hiedene Vorgangsgattungen, sondern nur ein und denselben realen
<irundvorgang vor uns, den wir im Rahmen objektiver Naturbetrachtung
in räumlich-stoffliche Begriffe fassen und als nervösen Gehirnprozeß durch-
forsche]] und begreifen, im subjektiven Erleben dagegen auf unser raumlos-
einheitliches Ichbewußtsein beziehen, als dessen Inhalt begreifen und in imma-
terielle psychische Begriffe fassen." Der lebende Körper ist die stofflich
gedachte Seele, der Wille (der Intensitätswert der Gefühlsbetonung) das Korrelat,
nicht die Ursache der Handlung. Das organische Leben ist als räumliches
liehen ebenso mechanisch-gesetzlich wie das Anorganische.
Das Sein ist in seiner Unmittelbarkeit objektives („noetisches") Denken,
..aktive Belbstentwicklung, die ein Gedankeninhalt aus sich selbst heraus ein-
geht", i in „Denkgewebe" (Objektiver Idealismus). Die Dinge sind „Teilinhalte
an der [nhaltsfülle der Weltidee". Ebenso ist das Ich ein Denkgebilde und
bewußte (logische) Denken nur eine Entwicklungsform des Weltdenkens.
Die Welt ist „Einheitsdenken", dessen Inhalte (die Dinge) vom erkennenden
Subjekt unabhängig sind, indem das „Weltdenken" über den Gegensatz von
ekt und Objekt, über Raum und Zeit erhaben ist. Die Natur ist ein
■ linin der Weltidee, welche reiner Prozeß, nicht starres Sein ist; alle
ialität ist erst ein Erzeugnis des Denkens (Aktualismus). In den
Kern — Kierkegaard. 349
Relationen liegt das Wesen der Erkenntnis, aber ebenso auch das Wesen der
Welt als eines einheitlichen Zusammenhanges von Geschehnissen.
Schriften: Das Wesen des Seelen- u. Geisteslebens, 2. A. 1907. — Das Problem des
Lebens, 1909. — Das Erkenntnisproblem, 1910. — Weltansch. u. Welterkenntnis, 1911.
Kesselmeyer, P. A., Verfasser (anonym) eines im Sinne des hylozoisti-
schen Monismus gehaltenen Werkes: Der ewige allgegenwärtige und all voll-
kommene Stoff, der einzige mögliche Urgrund alles Seins und Daseins, von
einem freien Wandersmann, 1895 — 97.
Key, Ellen, geb. 1849 in Sundsholm, schwedische Essayistin. = Monistisch-
evolutionistischer, die Individualität betonender Standpunkt.
Schriften (deutsch): Über Liebe und Ehe, 1906. — Welt und Seele, 1906. —
Der Lebensglaube, 1906. — Essays, 1907. — Das Jahrhundert des Kindes, 1903, u. a.
Keyserling;, Hermann, Graf von, geb. 1880 in Koenno (Livland),
lebt in Rayküll bei Rappel (Estland). = Von Plato, Kant und der Ro-
mantik beeinflußter Vertreter einer idealistischen, teleologisch-organischen
Weltanschauung (ähnlich wie H. St. Chamberlain). In der Welt besteht ein
Analogon mathematischer Verhältnisse. Das Ich ist das „Gesetz des Menschen-
geistes, seine platonische Idee". Es gehört zum ideal-formalen Zusammenhang,
den es außer sich schaffen muß, um die Welt zu verstehen. Die Idee über-
haupt ist das Gesetz der Erscheinung. Die Kraft ist die „Möglichkeit zu
Bewegungen", eine Potenz, deren Wesen in der Kontinuität liegt. Nach K.
erschöpft sich das Lebensprinzip nicht in der raum-zeitlichen Individualexistenz.
Unsterblich ist das unpersönliche, überpersönliche, ewige Leben, die allem
.zugrunde hegende göttliche Kraft.
Schriften: Das Gefüge der Welt, 1906. — Unsterblichkeit, 1907; 2. A. 1911. —
Individuum und Zeitgeist, 1909. — Schopenhauer als Yerbilder, 1910. — Prolegoraena
zur Naturphilosophie, 1910.
Kidd9 Benjamin, geb. 1858. = Evolutionistischer Soziologe, Darwinist.
Im Gegensatz zu Buckle ist ihm nicht der Intellekt, sondern die der Sittlichkeit
dienende Religion das Prinzip des Fortschritts, der ein ethischer ist.
Schriften: Social Evolution, 1894, 1902 (auch deutsch). — Principl. of Western
Civil isation, 1902.
Kierkegaard, Soeren, dänischer Theologe und Philosoph, geb. 1813 in
Kopenhagen, gest. 1855 daselbst.
K., dessen Persönlichkeit manche Verwandtschaft mit Hamann, Jean Paul
und Nietzsche aufweist, war eine Mischung von Schwermut, Angst, Zerissenheit
und Heiterkeit, Lebensfreude, Ironie; Depression und Erregung wechselten in
ihm oft jäh ab. Sein Gefühlsleben kommt in seiner Philosophie treu zum
Ausdruck : Nichts Festes, Objektives, Abgeschlossenes anerkennt er, sondern nur
subjektive und nur als solche gewisse Wahrheit, werdende Existenz, sprunghafte
Entwicklung, Bezogenheit des Logischen auf das Subjektive, Persönliche, auf
das Leben, wodurch er auch zum Teil mit „Pragmatisten" wie James u. a.
Analogien aufweist. Auf die Geistesentwicklung in Dänemark und Norwegen
hat K. einen großen Einfluß ausgeübt.
Kierkegaard — Kilwardby.
Das Wesentliche ist für K. nicht abstrakte Erkenntnis eines Objektiven r
denn über das ewige Streben nach Wahrheit können wir nicht hinaus. Die
\V:ihrheit ist subjektiv, ist das für die Persönlichkeit Geltende, so daß man
auch sagen kann: die Subjektivität ist die Wahrheit. Diese ist ein Wagstück,
Sache des Glaubens, des persönlichen Gefühls, der Leidenschaft, des Interesses.
Auch das Sein ist im Werden, ist nicht abgeschlossen (vgl. James, F. C. S.
Schiller). Was zu wissen not tut, ist das Ethische und Eeligiöse, die rechte
Art zu handeln und das rechte Verhältnis zu Gott. Die geistige Entwicklung
weist verschiedene Stadien auf, ist aber nicht stetig; von einem Stadium zum
andern kommt man durch einen „Sprung" oder „Ruck". Es gibt ein ästheti-
sches, ethisches und religiöses Stadium. In dem ersteren herrscht das Genießen,,
das Spiel der Phantasie, im zweiten der Ernst des Lebens mit „Entschluß'
und „Wiederholung". Der religiöse Zustand enthält Angst, Spannung, Leiden,
weil das Absolute „grausam" ist, indem es von uns alles, uns ganz verlangt.
Die Angst ist aber etwas Süßes; Gott selbst stellt sich K. als in „Trauer
thronend" vor. Aber von dem Urchristentum mit seiner weltfremden Lebens-
und Gottesauffassung ist in dem heutigen , kirchlichen Christentum nichts
mehr zu finden.
Schriften, auch ins Deutsche übersetzt: Entweder — Oder (1843), 1885; 2. A.
1904. — Stadien auf dem Lebenswege (1845), 1886, 1889. — Furcht und Beben (1843),.
1882. — Begriff der Angst (1884); Philosophische Bissen (2. A. 1865), deutsch von
Schrempf (Zur Philosophie der Sünde, der Bekehrung und des Glaubens, 1890). — Ein-
übung im Christentum (1850), 1878. — Der Augenblick, 1910. — Schriften, deutsch
von Schrempf und Dorner, 1896. — Werke (dänisch), 1900 f. — Tagebücher (deutsch),.
1905. — Vgl. HÖFFDING, S. K., 2. A. 1902 (Frommanns Klassiker der Philos.). —
MOKRAD, S. K., 1909. — NlEDEKMEYER, K. und die Romantik, 1909.
Kiesewetter, Job. Gottfried Karl Christian, geb. 1766 in Berlin, Prof.
am medizinisch - chirurgischen Kollegium, gest. 1819. = Popularisierender
Kantianer.
Schriften: Über den ersten Grundsatz der Moralphilosophie, 1788—90; 2. A.
1790 f. — Grundriß der reinen allgemeinen Logik, 1791, 1826. — Kompend. d. allg.
Log., 1796. — Prüfung der Herderschen Metakritik, 1799—1800. — Kurzer Abriß
der Erfahrungsseelenlehre, 1806. — Darstellung der wichtigsten Wahrheiten der kriti-
f>' hen Philosophie, 1824, u. a.
Kiesow, Friedrich, geb. 1858 in Bruel, Prof. in Turin. = Schüler
Wundts.
Schriften: Beiträge zur physiolog. Psychologie des Geschmacksinnes, Philos. Stu-
dien Bd. IX, X, XII; 1894. — Untersuchungen über Temperaturernpfindungen, Philos.
Stud. XI, u. a.
Kilwardby, Robert, Dominikaner, seit 1272 Erzbischof von Canterbury,
1279 in Viterbo. = Gegner des Thomas von Aquino, Anhänger des heil.
istirms. Die einheitliche Seele des Menschen besteht nach ihm aus drei
Qtlich vcr^hiedenen Teilen, der vegetativen, sensitiven und intellektuellen
Seele
Schriften: Kommentare zu Aristoteles und andere unveröffentliche Werke. — Vgl.
KlLWABDBY — Kiikiimaw.
IL DE WULF, Histoire de la philo«, mfrliüvale (deutsch in Vorbereit.). — L. BAI
Dom. Guiulissalinus, 1903.
Kinkel. Walther, geb. 1871 in Hagen i. Westf., Prüf, in Gießen. =
Anhänger Cohens.
S driften: Beiträge zur Theorie des Urteils und des Schlusses, 1898. — 1
trag»- z. Krkenntniskrit., 1900. — Geschichte der Philosophie, 1906 ff. — Der flunia-
nitäts^edanke, 19u8.
Kinkel. .1.. L764 -1845. - Anhänger des Kritizismus, vertritt einen
identitatsphfloeophischen Standpunkt.
Schritten: Le dualisme de la raison humaine, 18')0 — 52, u. a. — Vgl. VAN DES
WV( K. .1. K . •_'. A. 1864.
KirililiotT. (r. ]{. v., geb. L824, Prof. in Heidelberg and Berlin,
gest. 1887, der berühmte Physiker „Vorlesungen Biber mathematische Phy-
sik'4 I, 1 ^7»'». Vorrede), i-t philosophisch namentlich durch seine Auffassung
der ..Erklärung" von Bedeutung. Die Aufgabe der Mechanik besteht nach
ihm darin, „die in der Natur vor sich gehenden Bewegungen eu beschreiben
und /war vollständig und aut die einfachste Weise eu beschreiben", d. h. anzu-
geben, welches die stattfindenden Erscheinungen Bind, nicht aber reib
l raschen eu Buchen. Die Kraft i-t nur ein Belationsbegriff.
Kii (liiiiann. Julius Heinrieb von. -'-1). 1S02. (ieriehtspräsident, verlor
iregen radikaler Anschauungen sein Amt, -est. is^4 in llerlin.
K. i-t ein Gegner des Idealismus wie des Materialismus, des Apriorismus
wie des Sensualismus. Sein Standpunkt i-t der des .^Realismus** und rationalen
Empirismus. I>ie Philosophie ist diejenige Wissenschaft, welche die höchsten
Begriffe und Gesetze des Sein- und des Wissens eu ihrem Gegenstande hat
Erkannt wird das Sein nicht durch rein«- Denken, sondern durch die Wahr-
nehmung vermittelst des die Widersprüche der Vorstellungen entfernenden
Denkens, Wissen und Sein Bind ihrem Inhalte oach identisch, nur der Form
nach verschieden. „Im Gegenstand i-t der Inhalt in der Seins-Form befallt.
in der Vorstellung in der Wissens -Form." I>a- B besteht außerhalb
des Wissens and der Wahrnehmung, unabhängig von ihr, und das sich Wider-
sprechende kann nieht «,,in oder al- eines gedacht werden das sind die
Fundamentalsätze des ..Keali-inus". All«- Wahrnehmungsvorstellnngen
haben miteinander gemein, ..dal', sie 1. ihren Inhalt als ebnen seienden setzen,
dafl -!•• das Seiende außerhalb der Wahrnehmung Betzen. i. dar. sie den
Inhalt der Wahrnehmung als gegeben und nicht von der wahrnehmenden Sei
erzeugt annehmen und 1. dar. sie diesen Inhalt als einen einigen setzen, in
dem die Unterschiede erst als das Spätere hervortreten". Den (legenstand der
inneren ,tSelb8twahrnehmungf4 bilden die „seienden Zustände" d< nen
Seele, deren Gefühle und Begehrungen. l>;i- Denken ist Vorstellen, sondern-
des, verbindendes, beziehendes Denken. Den Begriffen entspricht je ein
Stück der Wirklichkeit Dfc Beziehungen hi Bind nieht BQdst von
endem, sondern nur ideell. Etein subjektiv sind d Gefühl« sie Bind i
Ziele de** H Ti iebfedern des Willi
Kirchmann — Kirchner.
Die Ethik K.s ist „heteronom" und „autoritativ", auf das Gefühl der
..Achtung"' begründet. Die sittlichen Gefühle sind Achtungsgefühle. Das
Gefühl der Achtung knüpft sich an die Vorstellung eines Gebotes und entsteht
nur ..gegenüber einer Macht und Kraft, in Vergleich, mit welcher die Kraft
des einzelnen Menschen verschwindet", also einer Autorität gegenüber. Das
Sittliche ist ein Gebotenes, das für den Menschen gilt, nur weil es von der
Autorität geboten ist, für die es selbst kein Sittliches gibt. Das Sittliche ist
historisch geworden und ändert sich mit der Macht, den Motiven der Autori-
täten. — Auch die Ästhetik gründet K. auf das Gefühl. Das Schöne ist
das idealisierte, sinnlich angenehme Bild eines seelenvollen Realen.
Von Kirchmann beeinflußt ist H. Wolf f.
Schriften: Die Philosophie des Wissens, 1864 (Hauptschrift). — Die Lehre vom
Vorstellen, 1864. — Über die Unsterblichkeit, 1865. — Die Lehre vom Wissen, 4. A.
1886. — Ästhetik, 1868. — Die Grundbegriffe des Rechts und der Moral, 2. A. 1873.
— Über die Prinzipien des Eealismus, 1875. — Die Bedeutung der Philosophie, 1876.
— Über den Kommunismus in der Natur, 3. A. 1880. — Über die Wahrscheinlichkeit.
1880. — Katechismus der Philosophie, 3. A. 1888, u. a. — Ferner verschiedene Über-
setzungen in der von K. (1868) begründeten „Philos. Bibliothek". — Vgl. LASSOX
und MEIXEKE, J. H. v. K., 1885. — E. V. HARTMANN, J. H. v. K.s erk. Realis-
mus, 1875.
Kirchner, Friedrich, 1848 — 1900, Gymnasial-Prof. in Berlin.
K. ist hauptsächlich von Leibniz und Frohschammer beeinflußt. Sein
Standpunkt ist der des „empirisch-rationalen" Ideal-Realismus, nach welchem
das Materielle Erscheinung eines Geistigen ist. Gott ist lebendig-tätiger Geist,
absolute Vernunft, ewig, allgegenwärtig, allmächtig. Absoluter Zweck ist die
Existenz des Universums, in welchem eine alle Einzelwesen durchdringende und
leitende Vernunft waltet. Gott ist zugleich der „lebendige Hüter der Moral''.
Er ist das „Gesamtleben des Allwirklichen". Die Außenwelt ist ebenso real
wie unser Ich. Raum und Zeit sind apriorische Vorstellungen, zugleich aber
„objektive Verhältnisse der Dinge selbst". Die Atome sind „Kraftzentren von
unendlich kleiner Ausdehnung", weiche in ihrer Wechselwirkung Stoff, Be-
ing, Raum und Zeit konstituieren. Der Kausalnexus schließt die Teleologie
in rieh als Idee einer „universalen Ordnung, in welcher jedes Ding seine, durch
die Idee des Ganzen ihm angewiesene Stelle einnimmt". Jedes Ding ist Selbst-
k ttnd Mittel zu höheren Zwecken. Leib und Seele sind nur „die Sub-
jekte verschiedener Erscheinungsweisen desselben Individuums", wobei die
mit dem Leibe zugleich entsteht und sich entwickelt, aber vom Leibe
ihieden ist. Die Willenshandlungen sind stets bestimmt durch psychische
ichen, aber nicht schon in ihnen enthalten (wie Wundt). Das Gute (Sitt-
liche) besteht in der Verwirklichung der Idee des Menschen und damit in der
aßten und freien Aufrechterhaltung der göttlichen Weltordnung. Das
höchste Gul ist sittliche Vollkommenheit. Das Sittliche ist, objektiv, das in
den Gemeinschaften sich darstellende Vernünftige.
Schriften: Über Freiheit des Willens, 1874. — Leibniz' Psychologie, 1876. —
Hauptpunkte der Metaphysik, 1879. — Über die Notwendigkeit einer metaphys.
Kau hm i: — Klein.
(jruiulla-e für die Ethik, 1881. — Über die Grundprinzipien des Weltprozetse», 188'J.
Über den Zweck de« Daseins, 1883. — Der Spiritismus. 188:;. — Diitetik d. Geilte«,
1884. — ien Zufall, I8b7. — Schematismus d. Philos., 1888. — Über die T
..«, 1890. — Über das Gedächtnis, 1892. — Der Wt^MMM Glück, L896. — Kate< I
der Psychologie, 2. A. 1896. — Katechismus der Ethik, 2. A. 1898. — Katechismus
der Logik, 3. A. 1900. — Wörterbuch der philos. Grundb« \ 1907, u. u.
KI<kaiilli<"-> BDI \>>os (iii I: . ( 'hr. hau
Schüler Zenooi und verdiente rieh des Nachts durch Ieigkneien und Waaear-
gen seinen Lebensunternelt Kr vraide der Nachfolger Zenem im Lehramf
und ^<>11 durch Bdbatmard gestorben sein. Von seinen sahlreichen Schriften
sind ans Fragmente erhalten.
Kl. ist • - i 1 1 Hanptrero Btoa (über deren Lehren s. Btoii
[). PhikMophie ghedeai er in Dialektik, EUietorik, Ethik, Politik. Phj
Theologie. Im- Vbntelln leichl er mit dem Abdruck einee Siegels in
Wachs. D S i-f ein durch den ganzen Leib verbreitetes „Pneuina" und
überdauert den Tod bis cnm Weltenbrande (der Zem
der vielnai rechende, der Lenker der Welt, der aD /müßig
leitet; wir M«ii-<h«ti sind ans ihm, »l»-r Weltvernunft, die aDes erfüllt und
B se /uni ( taten vrend<
KvStot Mavdx i e tdtl,
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ioti uiy.' deaair.
I I.NKS Kai Kill-. VII. — SrOBASUB, 1 (HjBUMt auf Zfl
— M«»hmki. k . 1814. l'i LBSOH, hsfasli tri . iad KL. is9i. — .1. m;
im veteruiu fragnu'tita 1.
Klearclio* ;iu- ^.i.i (auf Kyproa), ein Schüler des Aristoteles. \
seinen Bchriften sind nur Fragmente erhalten«
IC Wl II k. i
Klein, i Michael, geb. 1776 in Alit/ln-im (Bayern . Prof. in w
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Anhai - der in der letztgenannten Schrifl vom Pantheisn
in kt and suf K \ iulx*n" zurückgeht In da
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sind Worte ohne Sinn, eitle ' prüche." D ktierendi \
in einer endlosen I on Endlichkeiten i
■ halten wcnlrii. I h<- VtTiiuiift 1.
Den Fluß von VcräntliTni n indl.--- \V< • n und
such! ein i
nur ttteaes gilt dir sin I: und die Erkern Wahrbi
I • ! ih.it im Wissen
* •• i-i. II,
;M Klein — Knapp.
Strebens, Avelches nur durch das Absolute, Unbedingte befriedigt wird. Den
osatz des Unendlichen und Endlichen, des Denkens und Seins zur har-
monischen Einheit des Wissens zu bringen, ist das Ziel alles wahren Philo-
sophierens. Die apriorischen Begriffe (Kategorien) sind nur Begriffe der all-
gemeinen, notwendigen Relationen der Erscheinungen, der endlichen Dinge;
sie dürfen nicht auf das Unendliche übertragen werden. Unsere Vernunft aber
will wissen, was an sich wahr, gut und schön ist.
Schriften: Beiträge zum Studium der Philosophie als Wissenschaft des Alls, 1805.
— Yerstandeslehre, 1810 (2. A. : Anschauungs- und Denklehre, 1818). — Versuch, die
Ethik als Wissenschaft zu begründen, 1811. — Darstellung der philosophischen Religions-
und Sittenlehre, 1818.
"KJeinpeter, Hans, geb. 1869 zu Friedland (Mähren), Gymnasialprofessor
in Gmunden (Österreich). = Standpunkt Machs und anderer idealistischer
Positivisten (Prinzip der Denkökonomie, Psychologismus usw.). Erfahrung ist
„Beobachtung von Empfindungen bzw. Empfindungsgruppen", Denken aktive
Verarbeitung der Empfindungen.
Schriften: Die Entwicklung des Raum- und Zeitbegriffes in der neueren Mechanik
und Mathematik, Archiv f. systemat. Philos. IV, 1898; vgl. V.: Kant u. die naturwissensch.
Erkenntniskritik der Gegenwart, Kantstudien VIII, 1903. — Erkenntnislehre u. Natur-
wissenschaft, 1899. — Die Erkenntnistheorie der Naturwissenschaft der Gegenwartr
1905, u. a.
li leitomaelios aus Karthago, seit 129 v. Chr. Nachfolger des Karneades
in Athen; er gehört der dritten „Akademie" an (Gemäßigter Skeptizismus).
Vgl. Diog. Laert. IV, 67.
Kleinen* s. Clemens.
Klemm, O., Privatdozent in Leipzig. = Schüler Wundts.
Schriften: G. B. Vico, 1906. — Lokalisation von Sinneseindrücken, 1909, u. a.
Kleohnlos, Tyrann von Lindos (auf Rhodos), wird bei Plato („Prota-
goras") als einer der „sieben Weisen" Griechenlands genannt. Anderwärts
werden ihm verschiedene Lebensregeln zugeschrieben, wie: Maßhalten ist das
Beste, Nichts mit Gewalt usw.
Kleomedes, im 2. Jahrh. n. Chr., Astronom und Philosoph (Stoiker).
Schriften: Kvalixi) deiogia [xetso)Q(x>v, hrsg. von H. Ziegler, 1891. — Vgl.
EL ZlEGLEE, De vita et scriptis &., 1878.
Kleutgen, Josef, kathol. Priester, gest. 1883. = Verteidiger der
Scholastik.
Schriften: Die Philosophie der Vorzeit, 1878 f.
Knapp, Ludwig, geb. 1821 in Darmstadt, 1848 Privatdozent an der
Fakultät in Heidelberg, gest. 1858 in Darmstadt.
K. ist ein von L. Feuerbach beeinflußter, aber in vielem selbständiger Philo-
soph. Er lehrt im Sinne des Positivismus, Empirismus, Naturalismus und Psycho-
togbrnug. Von dem reinen, der Wirklichkeit gerecht werdenden Denken unter-
scheidet <;r das phantastisch-spekulative Denken, welches theoretische Wünschen
dient, rieh von der Wirklichkeit entfernt, Abstraktionen und Fiktionen für
Knapp — Kneib. 355
Wirklichkeiten nimmt. Die Philosophie hat das Denken von solchen Irrtümern
zu befreien und die „Einheit von Naturgesetz und Denkprozeß" darzulegen.
Durch Aufzeigen der subjektiven Quellen der Denkphantasmen werden diese
eliminiert. Das Einheitsstreben des Denkens muß sich auf den objektiven Zu-
sammenhang richten, muß die Sinnlichkeit und Erfahrung zur Grundlage haben.
Apriorische Gedanken gibt es nicht, auch ist, wie die Erfahrung, das Wissen
nie abgeschlossen. Die Denkgesetze sind psychologische Gesetze und haben
wie alles Psychische eine physiologische Grundlage, so daß das Denken ein
Xaturprozeß ist. Das Geistige ist vom Materiellen abhängig, eine immaterielle
Seelensubstanz ist ein Unding. Das Ich ist der Leib als Träger der Empfin-
dungen oder der ideelle wandelbare Schwerpunkt einer Vielheit von Zuständen.
Die Seele besteht nur aus den einzelnen Bewußtseinserscheinungen, welche der
Stoffwechsel im lebenden Nerv produziert. Wie das Anorganische ist das
Organische ein Mechanismus. Das Denken kann auch unbewußt erfolgen, das
Bewußtsein ist nur eine Begleiterscheinung. Das Begehren wird stets durch
Gefühle ausgelöst, und diese sind im Grunde Tastempfindungen, die von
Muskelspannungen ausgehen. Im Wollen und Handeln kommt das „muskel-
erregende Denken" zur Geltung.
Dieses Denken betätigt sich praktisch, im Rechte und in der Sittlich-
keit. Die Weltgeschichte ist ein notwendiger Xaturprozeß, in welchem sich
das muskelerregende Denken die Gegenstände, die Natur unterwirft und das
erkennende Denken zu sozial zweckmäßigen Institutionen führt. Die muskulär
erzwungene Unterwerfung der Natur unter die menschliche Gattung ist die
Volkswirtschaft, die des Menschen unter seine Gattung die in Moral und Recht
sich gliedernde Sittlichkeit. Diese besteht in der Triebeinschränkung durch
die Vorstellung der sozialen Gesamtheit, durch das ,. Gattungsinteresse'4. Sitt-
lich ist nur, was „dem vorgestellten, also wirklichen oder vermeintlichen
Gattungsinteresse angepaßt" ist. Auf die Gattungswohlfahrt, den „Gesellschafts-
wert" kommt es hier an, nicht etwa auf phantastische, transzendente Zwecke.
Die sittlich zwingenden Affekte bilden das Gewissen. Die Rechtsphilosophie ist
die „Darlegung der philosophischen Erkenntnis des Rechts" und die „Erkenntnis
der Rechtsphantasmen". Das Recht ist die gewaltsame Unterwerfung des
Menschen unter das vorgestellte Gattungsinteresse. Ist dieselbe dem Denken
der Individuen und Völker gemäß, dann sind diese frei. Die Erkenntnis der
wahren Natur des Rechts ist die Grundlage der Politik.
Schriften: System der Rechtsphilosophie, 1857.
Rnauer, Vincenz, 1828—1894, Privatdozent in Wien. = Anhänger
Günthers, später Hamerlings.
Schriften: Geschichte der Philosophie, 1876; 7. A. 1901. — Die Hauptprobleme
der Philosophie, 1892. — Grundl. z. Aristotol.-Thomist. Psychol., 1885.
Kneib, Philipp, geb. 1870 in Zornheim, Prof. in Würzburg. = Dualist i-
BCher Standpunkt.
Schriften: D. Willensfreih., 1898 (Indetennin.). — D. Unsterbl. d. Seele, 1900.
— Wissen u. Glauben, 1902; 2. A. 1905. — D. Beweise f. d. Unsterbl., 1903, u. a.
23*
356 Knoodt — Kohler,
Kuoodt. Peter, 1811—1889, Prof. in Bonn. = Anhänger Günthers.
Schriften: Günther und Clemens, 1853 f. — A. Günther, 1881, u. a. (Vgl.
Günther.)
li nutzen. Martin", geb. 1713 in Königsberg, Prof. daselbst (Kants
Lehrer), gest. 1751. = Anhänger Chr. Wolffs, auch mit den Lehren Newtons
vertraut, Aus der Einheit des Selbstbewußtseins schloß er auf die Immateria-
lität der Seele und die Unsterblichkeit dieser (dagegen Kant).
Schriften: Von der immateriellen Natur der Seele, 1744. — Elementa philo-
sophiae rationalis seu logicae, 1747. — Systema causarum efficientium, 1745, u. a. —
Vgl. B. ERDMANN, M. Kn. und seine Zeit, 1876.
Köber, Raphael von, Prof. in Tokio. = Anhänger E. von Hartmanns.
Schriften: Schopenhauers Erlösungslehre, 1882. — Das philosophische System
E. v. Hartmanns, 1884. — Eepetitor. d. Gesch. d. Philos., 1890, u. a.
Koch, Emil, geb. 1872, Gymnasiallehrer in Köln. = Das Bewußtsein
der Wirklichkeit entsteht gegenüber dem Etwas der Wort-Wahrnehmung (oder
-Vorstellung), welches die Stellung eines „Ausdrucks", einer „Bezeichnung" der
Wirklichkeit einnimmt. In dieser Gegenüberstellung ersteht das Bewußtsein
der Transzendenz, das den einfachen Vorstellungen als solchen fehlt.
Schriften: Das Bewußtsein der Transzendenz, 1896. — Die Psychologie in der
Religionswissenschaft, 1897, u. a.
liocli. J. L. A., geb. 1841 in Laichingen, Direktor der Staatsirrenanstalt
Zwiefalten. = K. vertritt eine dualistische, theis tische, teleologische Weltan-
schauung. Sein Begriff der „psychopathischen Minderwertigkeit" (im Unter-
schiede vom ausgesprochen neurotisch Psychotischen) hat Verbreitung ge-
funden.
Schriften: Erkenntnistheoretische Untersuchungen, 1883. — Grundriß der Philo-
sophie, 1884; 2. A. 1885. — Die Wirklichkeit und ihre Erkenntnis, 1886. — Die
psychopathischen Minderwertigkeiten, 1891 f. — Leitfaden der Psychiatrie, 2. A.
1889 f., u. a.
liodis« Josepha, geb. 1865, Polin. = Standpunkt von Avenarius.
Schriften: Zur Analyse des Apperzeptionshegriffes, 1893. — Der Empfindungs-
begriff, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. Bd. 21, 1897. — Philos. Studien, 1903
(letzteres polnisch).
Köhler, Josef, geb. 1849 in Offen bürg, seit 1888 Prof. der Jurisprudenz
in Berlin. Herausgeber der „Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft",
„Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie".
I . gründet die Rechtsphilosophie auf die vergleichende Rechtswissenschaft.
Di'- l:"-ht-philosophie zeigt, wie „in jedem Stadium der Menschheit bestimmte
Rechteirjetitute die in den Völkern enthaltenen Entwicklungsideale ver-
körperten". Die Rechtsordnung ist in stetem Flusse; sie ist eine „durch die
soziale Natur des Menschen in sozialer Weise gegebene Zwangsordnung der
menschlichen Lebensverhältnisse". Aufgabe des Rechts ist nicht die Förderung
des Glückes (gegen den Eudämonismusj, sondern die Ermöglichung und Fur-
ier Kultur zum Gedeihen der Menschheitszwecke. K., der sich als
Köhler — Koxg-fu-tse. 357
Neo-Hegelianer bekennt, vertritt einen idealistischen Evolutionismus (Kultur
als Entwicklungsziel).
Schriften: Das Recht als Kulturerscheinung, 1885. — Das Recht als Lebens-
element der Völker, 1887. — Das Wesen der Strafe, 1888. — Rechtsvergl. Studien,
1889. — Zur Urgesch. d. Ehe, 1897. — Einführung in die Rechtswissenschaft, 1901;
3. A. 1908. — Lehrbuch der Rechtsphilosophie, 1909. — Archiv f. Rechts- u. Wirt-
schaft sphilos. I ff., u. a.
K oh ii stamm. Oskar, geb. 1871 in Pfungstadt bei Darmstadt, Arzt in
Königstein im Taunus.
K. ist ein Vertreter der .,Psychobiologie" (Ausdruck von ihm), der psycho-
logischen Richtung der Biologie und der biologischen Begründung des
Psychischen. Alles Leben ist durch zwei Formen ausgezeichnet, durch die
Zwecktätigkeit oder „Teleoklise" und die Ausdruckstätigkeit oder „Expressi-
vität". Die Reize werden vom gesunden Organismus bestmöglich verwertet
(„optimale Reizverwertung''). Das ästhetische Objekt ist das Äquivalent einer
Ausdrucksbewegung, das ästhetische Erlebnis Ausdruck und Symbol von Ge-
fühlen. Die Kunst ist „Ausdruckstätigkeit", welche zu selbständiger und ver-
ständlicher Erscheinung gelangt. „Kunst schaffen ist das Spiel in der Aus-
druckstätigkeit".
Schriften: Intelligenz u. Anpassung, Annal. d. Naturphilos., 1903. — Grundlinien
einer biologischen Psychologie, 1903. — Die biologische Sonderstellung der Ausdrucks-
bewegungen, Journal f. Psychol. u. Neurologie, Bd. 7, 1906. — Kunst als Ausdrucks-
tätigkeit, 1907. — Biologische Weltanschauung, Zeitschr. f. den Ausbau d. Entwicklungs-
lehre, I, 1907. — Psychologische Grundbegriffe, Zeitschr. f. den Ausbau d. Entwickl.
II, 1908, u. a.
Koigen, David, geb. 1877 in Wachniati (Rußland), lebt in Berlin. =
Sozialist. Eine soziale Identitätslehre ist nötig, eine Lehre vom „einheitlichen
Kulturakt", der alle Tätigkeitsarten zu einem organischen Ganzen verbindet.
In der Geschichte wird das Werden zu Willensrichtungen und Zwecktätig-
keiten, welche die Kulturakte konstituieren.
Schriften: Zur Vorgeschichte des moderneu philosoph. Sozialismus in Deutsch-
land, 1901. — Gesch. d. Philos. u. Sozialphilos. des Junghegelianismus, 1901. — Die
Kulturanschauung des Sozialismus, 1903. — Ideen zur Philos. d. Kultur, I, 1910, u. a.
Rolbenlieyer, Erwin Guido, geb. 1878, lebt in Wien.
Schriften: G. Bruno, 1903. — D. sensorielle Theorie d. optisch. Kaumempf.,
1905. — Amor Dei, ein Spinoza-Roman, 1908.
Kolotes aus Lampsakos, Schüler des Epikur, Verfasser riner verloren
gegangenen Schrift.
Vgl. W. CRÖNERT, K. u. Menedemos, 1906.
Koltan. Julius, lebt in Basel. — K. vertritt einen realistischm „Subfltanz-
monismus", nach welchem die eine Wirklichkeit sich in zwei EracheinnngsweiseD
äußert. Alles Sein ist psycho-physisch. Gott ist eins mit dem Weltall
Schriften: Haeckels Monismus. — J. Reinkes dualistische Weltansicht, 1908.
Koiif-fu-tsse s. Coofucius.
König — Köstlin.
Koni«;. Edmund, geb. 1858 in Westgreußen (Thür.), Gymnasialprof. in
Sondershausen.
K. ist von Kant und Wundt beeinflußt, Er betont die überindividuelle,
apriorische Grundlage der Erkenntnis. Das Objektive fällt nicht in die psycho-
logische Reihe. Die Objekte gehören vielmehr dem „denkenden Bewußtsein" an,
welches zur Ergänzung des Wahrgenommenen durch ein jeweilig nicht Wahr-
genommenes genötigt ist. „Das, was dem transzendentalen Bewußtsein
immanent ist, und das ist das Gegebene nach Inhalt und Form, ist für das
empirische Denken trän s subjektiv, ist ihm als ein Fremdes gegeben, ist
ihm objektiv, denn es ist von ihm selbst unabhängig." Die „Transzendenz" ist
schließlich nur ein Ausdruck für die Inkongruenz zwischen dem tatsächlichen
Inhalt und dem Ideal der Erkenntnis. Die volle, wahre Wirklichkeit ist ein
Idealbegriff. Zwischen Psychischem und Physischem besteht ein Parallelismus,
keine Wechselwirkung.
Schriften: Die Entwicklung des Kausalproblems von Cartesius bis Kant, 1888.
— Die Entwicklung des Kausalproblems in der Philosophie seit Kant, 1890. — Über
die letzten Fragen der Erkenntnistheorie, Zeitschr. f. Philos. u. philos. Kritik, Bd. 103
— 104, 1894. — Über Naturzwecke, Philos. Stud. XIX, 1902. — Die Lehre vom
psycbophys. Parallelismus und ihre Gegner, Zeitschr. f. Philos. u. philos. Kritik,
116. Bd. — W. Wundt, seine Philos. u. Psychologie, 1901; 3. A. 1909 (Frommanns
Klassiker d. Philosophie). — Kant u. d. Naturwissensch., 1907, u. a.
Koppelmann, AVilhelm, geb. 1860 in Schüttorf, Privatdozent u. Gym-
nasialprof. in Münster. = K. erblickt in der „Wahrhaftigkeit" den ethischen
Grundbegriff.
Schriften: Kants Lehre vom kategor. Imper., 1888. — Kant u. d. Grundlage
d. christl. Eelig., 1890. — Die Sittenlehre Jesu, 1896; 2. A. 1906. — Kritik des sitt-
lichen Bewußtseins, 1904. — Die Ethik Kants, 1907, u. a.
Koppen, Friedrich, geb. 1775 in Lübeck, Prof. in Landshut und Er-
langen, gest. 1858 in Erlangen. = Anhänger Jacobis. Zu den ewigen Wahr-
heiten gehört die von uns unmittelbar erlebte, aber unbegreifliche Freiheit.
Durch seine absolute Freiheit ist Gott, der Weltschöpfer, der Urheber der
Naturnotwendigkeit geworden.
Schriften: Über die Offenbarung, 1797. — Schillings Lehre, 1804. — Darstellung
des Wesens der Philosophie, 1810. — Philosophie des Christentums, 1813 f. — Politik,
1818. — Kechtslehre, 1819, u. a.
Koslow, A., 1831-1901, Prof. in Moskau (1876—87). == Von Leibniz
and Teichmüller beeinflußter Vertreter eines pluralistischen Panpsychis-
iuus. Der Begriff des Seins entstammt dem Ich-Bewußtsein und wird auf die
Außendinge übertragen. Die räumliche Welt ist ein Zeichensystem, dessen
An sicli ist.
Schriften (russisch): Die Philosophie als Wissenschaft, 1872. — Philos. Studien,
— 80. — Der Ursprung der Kantschen Theorie des Raumes u. der Zeit, 1884, u. a.
KSsttin, Karl, geb. 1819 in Urach, seit 1857 a. o., seit 1863 o. Prof. in
Tübil 1S94. = K., als Theologe ein Vertreter der Tübinger Schule,
Köstlix — Kraepelix. 3.">9
ist von Hegel ausgegangen, nimmt aber als Ästhetiker, als welcher er auf das
konkrete Geistesleben des Menschen verweist, einen zwischen Gehalts- und
Form- Ästhetik vermittelnden Standpunkt ein. Zum Ästhetischen gehört außer
einem anregenden Gehalt eine leicht anschauüche Form. Die Ethik hat eine
empirische Grundlage, ist Philosophie des Wollens und Handelns.
Schriften: Hegel, 1870. — Ästhetik, 1863 — 69. — Über den Schönheitsbegriff,
1878. — Geschichte der Ethik I, 1887. — Prolegomena zur Ästhetik, 1889, u. a.
Köteles, Samuel, Prof. in Maros-Yäsärhely (Ungarn). = K. ist Anhänger
des Kritizismus und „Harmonismus".
Schriften: Ethik, 1817. — Logik, 3. A. 1829. — Philos. Enzyklopädie, 1829.
— Philos. Anthropologie, 1839 u. a. (ungarisch).
Kowalewski, Arnold, geb. 1873 in Sallewen, Privatdozent in Königs-
berg. = K. treibt Psychologie der Philosophie und hat Enqueten über den
Pessimismus gemacht, die für den „Erinnerungsoptimismus" (Überwiegen der
Lusterinnerungen) zu sprechen scheinen.
Schriften: Krit. Analyse von A. Colliers Clavis universalis, 1897. — D. Philos.
d. Bewußts. von F. Michelis, 1897. — Über d. Kausalitätsproblem, 1898. — Prodromos
einer Kritik der erkenntnistheoret. Vernunft, 1898. — Kants Stellung zum Problem einer
Außenweltexistenz, 1904. — Studien zur Psychologie des Pessimismus, 1904. —
A. Schopenhauer u. seine Weltanschauung, 1908, u. a.
Kozlow S. Koslow.
KrafiY-Ebing, Richard v., geb. 1840 in Mannheim, 1889 Prof. in Wien,
gest. 1902.
Schriften: Grundz. d. Kriminalpsychol., 3. A. 1899. — Lehrbuch d. Psychiatrie,
7. A. 1903. — Psychopathia sexualis, 13. A. 1907, u. a.
Kralik. Richard v. , geb. 1852 in Eleonorenhain, lebt in Wien. =
Theistisch-teleologischer Standpunkt.
Schriften: Weltschönheit, 1893. — Weltgerechtigkeit, 1894. — Weltwissen, 1895.
— Philos. u. Leben, 1906. — Kulturfragen, 1907. — Gibt es ein Jenseitsr 1907, u. a.
Kranial*. J. C. Udalrich, geb. 1848. = Die Seele identifiziert K. mit
dem Äther.
Schriften: Das Problem der Materie, 1871. — Die Hypothese der Seele, 1878.
Krantor aus Soloi, war in Athen Schüler des Xenokrai< > und Polemon.
Er schrieb einen Kommentar zu Piatons „Timaeus", eine Trostschrift über dir
Trauer {xegt ner&ovg), von Cicero nachgeahmt. = K. ist ein Vertreter der
„älteren Akademie", also der Platonischen Schule. Der Tod gilt ihm als l'bcr-
gang in ein besseres Dasein und von den Gütern des Lebens hält er die Tugend
für <la> höchste. Die Affekte sind nicht zu unterdrücken, sondern nur zu be-
schränken (gegen die Stoa).
\ - F. Kayser, De C, 1881.
Kraepelin, Emil, geb. 185(5 in Neustrelitz, Prof. der Psychiatrie in
Heidelberg und München, -- K. basiert die Psychiatrie auf die Psychologie.
3i>0 Kraepelin — Krause.
In diese hat er die chemisch-experimentelle Methode eingeführt (Einfluß von
Nervinen usw. auf das Psychische).
Schriften: Psychologische Arbeiten, 1895 f. — Psychiatrie, 7. A. 1903 f. — Über
geistige Arbeit, 1903. — Über Ermüdungsmessungen, Arch. f. d. gesamte Psychologie I.
— Zur Kenntnis der psychol. Methoden, Philos. Stud. II. — Über die Beeinflussung ein-
facher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel, 1892. — Die Arbeitskurve,
1902, u. a.
';-. Krapotkin s. Kropotkin.
Krates von Athen, Schüler Polemons, um 270 v. Chr., Vertreter der
„älteren Akademie".
Vgl. ZELLER, Philos. der Griechen II, 1.
Krates von Mallos (Kilikien), Schüler des Stoikers Diogenes von
Babylon ien.
Vgl. K. W^CHSMUTH, De Cratete M., 1860.
Krates von Theben, um 320 v. Chr., Schüler des Kynikers Diogenes von
Sinope, Gatte der Hipparchia, welche (wie ihr Bruder Metrokies) ebenfalls
Anhänger des Kynismus war.
Vgl. DlOG. LAERT. VI. — DlELS, Poet, philos. fragmenta, S. 217 ff.
Kratippos aus Mytilene, lebte in der zweiten Hälfte des 1. Jahrh.
v. Chr. in Athen. = Peripatetiker.
Kratylos, Lehrer Piatons (vgl. den Dialog „Kratylos"), Anhänger des
Heraklit. = Nach K. kann man auch nicht einmal in denselben Fluß steigen T
da er keinen Moment sich gleich bleibt.
Vgl. DlELS, Fragmente der Vorsokratiker I.
Kraus, Christian Jacob, geb. 1753 in Osterode (Harz), Schüler und
Freund Kants, 1781 Prof. der praktischen Philosophie und Kameralwissenschaften.
in Königsberg, gest. daselbst 1807. = Von Hume, Smith und Kant beein-
flußt, zum Skeptizismus geneigt.
Schriften: Staatswirtschaft, hrsg. 1808—11. — Vermischte Schriften, 1808 — 13.
— Vgl. VOIGT, Das Leben des Prof. K., 1819.
Kraus, Oscar, geb. 1872 in Prag, Prof. daselbst. = Anhänger Brentanos.
Schriften: Das Bedürfnis, 1894. — Zur Theorie des Wertes. Eine Bentham-
studie, 1902. — Rechtsphilosophie u. Jurisprudenz, Zeitschr. f. d. gesamte Strafrechts-
wisscnschaft, Bd. 23, 1902. — Die Lehre von Lob, Lohn, Tadel und Strafe bei Aristo-
teles, 1905, u. a.
Krause, Albrecht, 1838—1903, Pastor in Hamburg. = Kantianer, der
eine Logik dos Gefühles als transzendentale Begründung der subjektiven und
einzelnen synthetischen Urteile a priori zu geben sucht.
Schritten: Die Gesetze des menschlichen Herzens, wissenschaftlich dargestellt als
die formale Logik des reinen Gefühls, 1876. — Kant und Helmholtz, 1878. — Populäre
Darstellung von I. Kants Kritik der reinen Vernunft, 2. A. 1882. — Kant wider
K. Fischer, 1887, u. a.
Krause, Karl Christian Friedrich, geb. 6. Mai 1781 in Eisenberg
Krause. 361
fS.- Alten bürg) als Sohn eines Lehrers. Er besuchte die Schulen zu Donndorf
und Altenburg, studierte 1797 — 1800 in Jena Theologie, Mathematik und Philo-
sophie (unter Fichte und Schelling), habilitierte sich 1802 in Jena, wurde 1805
in Dresden, wo er einer Freimaurerloge beitrat, Lehrer an der Ingenieur-
akademie. 1814 habilitierte er sich in Berlin, da er aber keine Professur erhielt,
ging er Avieder nach Dresden, wo er schriftstellerisch tätig war. 1824 habilitierte
er sich in Göttingen, wo er, wie auch früher, Privatunterricht gab, da er für
eine zahlreiche Familie zu sorgen hatte. 1830 wurde gegen ihn wegen seiner
Lehre vom „Menschheitsbunde" eine Untersuchung eingeleitet, worauf er 1831
nach München ging, wo seine Bemühung, sich zu habilitieren, auf den Wider-
stand Schellings stieß. Am 27. September 1832 starb K. an einem Schlaganfall.
K. war eine milde, sittlich hochstehende, von Liebe zu Gott, zum All und zur
Menschheit beseelte Natur.
K. ist der Begründer eines Systems des Panentheismus (der „All-in-Gott-
Lehre"), welcher den Gegensatz von Pantheismus und Theismus überwinden
soll. Beeinflußt ist er, außer von älteren Philosophen, besonders von Kant,
dann von Fichte, Schelling und Hegel. Besonders nahe steht er Schelling,
dessen Pantheismus er aber nicht akzeptiert und in dessen Schule er schon,
wie er erklärt, mit eigenen Ideen gekommen ist; Schellingianer will er keines-
falls sein, wenn auch von Schelling der beste Weg zu seiner eigenen Philosophie
führt. Durch seine neuen, rein deutsch sein sollenden terminologischen Wendungen
hat K. der Verbreitung seiner Schriften sehr geschadet, obzwar er im Auslande
(besonders Spanien) durch seine Schüler bis heute in Geltung steht. Er ge-
braucht Ausdrücke wie: „Orwesen", „Omwesen", „Or-om-Wesenlebverhaltheit",
„Vereinselbganzweseninnesein", „Satzheit" u. a. Dabei ist sein System durch
Tiefe und Denkenergie ausgezeichnet und wird heute wieder mehr beachtet.
Das Systematische spielt in der organischen Weltanschauung K.s eine große
Rolle. Der aufsteigende, subjektive, analytische Lehrgang führt von der
, .Schauung" des menschlichen Ich zur Schauung Gottes, der absteigende,
objektive, synthetische Lehrgang von der Erkenntnis Gottes zum Besondern.
Das Ich ist etwas unmittelbar Gewisses und Wirkliches, es ist ein „Selbst-
wesen", ein Verein wesen von Leib und Geist, deren Gegensatz im „Ur-Ich"
überwunden ist, Der Leib gehört zur Natur, der Geist bildet mit den fremden
Geistern das Geisterreich. Die Verschiedenheit und die Wechselwirkung von
Natur und Geist, die in der Menschheit vereinigt sind, sowie die Endlichkeit
beider weist auf ein Unendliches, Höheres, Übergeordnetes hin, auf Gott oder
„Wesen" schlechthin, welches vermöge unmittelbarer Offenbarung von uns geistig
erfaßt wird („Wesenschauung").
Gott oder „Wesen" ist an sich, als „Orwesen", über allen Gegensatz von
Natur und Geist erhaben, das „ungegenheitliche" Wesen, welches als „Urwesen"
außer- und überweltlich ist, die Welt aber in sich befaßt, indem es sie zugleich
durchdringt, in ihr sich selbst „darlebt" (Panentheismus). „In sich" ist Gott
,, Vereinwesen", welches Natur und Geist enthält. Gott ist das „eine Wesen,
das an und in sich und durch sich auch alles ist, was ist, in dem wir alle
sind". „Alles ist und lebt in, mit und durch Gott. Kein Wesen ist Gott.
362 Krause.
außer allein Gott . . . Die Welt ist nicht außer Gott, denn er ist alles, was
ist : sie ist ebensowenig Gott selbst, sondern in und durch Gott. Was Gott in
ewiger Folge, ohne Zeit und über alle Zeit schuf, das offenbart, in ewigem
Bestehen zeitewig lebend, das ihm von Gott urangestammte Wesentliche in
stetig neuer Gestaltung." Gott ist selbstbewußte Persönlichkeit, unendliche
Weisheit, Liebe, Wille, frei schaffend und sich selbst offenbarend, in der Welt
seine Zwecke verwirklichend. Aus dem Begriff des „Wesens" entwickelt K.
den Gliedbau der Kategorien als Prädikate der Gottheit wie der Welt, des
Wesens überhaupt, als Grundgedanken der Erkenntnis des Seins (also von
objektiver Gültigkeit). Es sind dies: Wesenheit, Einheit, Selbstheit, Ganzheit,
ferner Yereinheit, Eichtheit, Faßheit, Satzheit usw. Die göttliche Idee enthält
alle besonderen Ideen in sich, welche die Dinge zu verwirklichen streben.
Die Ideenwelt ist eine „ewige und freie Wiederholung des ganzen Weltbaues
innerhalb der Vernunft". — K. unterscheidet „historische", kritische und trans-
zendentale (philosophische) Logik. Die Logik ist gehaltige Erkenntnislehre.
Das Denken ist ein „Wissenmachen". Die Welt der Vernunfttätigkeit ist die
Welt des gedachten a priori. Alle Denkgesetze sind im Grunde nur eines und
dieses ist das Gesetz des Seins selbst, ein Gesetz der „Weltschönheit". Er-
kennen ist ein Schauen, Vereinigung von Schauendem und Geschautem.
In dem „Wesengliedbau" der Welt offenbart sich Gott; sie ist daher
gottähnlich. Sie besteht aus dem „Leibwesen" oder der Natur und dem „Geist-
wesen", der Vernunft. Die Natur ist ein organisches Ganzes, ein einheitliches,
zusammenhängendes Leben, das sich in einer Mannigfaltigkeit von Kräften
entfaltet (Dynamismus). In der Natur werden die göttlichen Zwecke mit
strenger Naturgesetzlichkeit verwirklicht; die Natur überhaupt ist auf den
Geist angelegt, für diesen bestimmt. Der Geist ist von der Natur unter-
schieden, ein selbständiges Grundwesen in Gott, in dem die Einzelgeister ent-
halten sind und ein unendliches „Geisterreich" bilden. Jeder Geist ist ein
„selbständiges, in sich selbst urkräftiges Wesen, als ein Teil der einen Kraft
der Vernunft", immateriell, wenn auch immer mit einem Leib verbunden, und
unsterblich.
Das „Vereinwesen" von Natur und Geist, das Reich der Geister ist die
Menschheit im weiteren Sinne (als kosmische „Menschheit", von der die
irdische nur ein Teil ist), die „Allmenschheit". Alle Menschen sind ursprüng-
lich ein Wesen, ein Organismus. „Die Menschheit des Weltalls ist ein
organisches Wesen in Gott, als das eine Vereinwesen der Vernunft und der
Natur, von Gott ewig geschaffen." Die Bestimmung des Menschen ist, daß
ine eigene [dee in der Zeit verwirklicht als ein Individuum, daß er ein
voller Mensch werde und das göttliche Leben in der Gesellschaft zur Er-
scheinung bringe. Die Menschen sollen ihre Idee als Allmenschheit durch
einen Menschheitbund verwirklichen, indem sie sich immer mehr zu einer
senden Gemeinschaft zum Zwecke der Förderung des rein und
allgemein Menschlichen vereinigen („Urlebcnbund der Menschheit"). Die
chichte überhaupt zeigt eine Offenbarung Gottes in der Zeit, eine Aus-
wirkung der [deen. Das Ziel der Geschichte ist das Gott-ähnlich-werden der
K
Menschheit. Ei gibt historische i u und tei Kindb
l: i isenalter). Ihre kann « 1 i • - Menschheit mir in dec
iillrii. i u.-lch«' ili.- I lai inonic all«* I .• m na in
ilun wiü, i-t der Grund da baft .1 1 »ellscha
- im Wechselleben mehrerer W<
Selbstzweck. K. unterscheidet „Grund
K-ns^rsrllM-luittfii : l'aiuili«. Freandfchmrebund, rk-
iellschaften \ I ellschaften; rgL Tonniei
Dil I:. chtsphilosophie ist di< Erkennti
in reiner Vernunft, als Wahrheit4'. Sie hangt eng mit der Ethik and
allgemeinen Weltanschauung K.~ zusammen. Das
durch Freiheil herzustellenden Bedii <l«-r Vernunftbcstimmung
..<|t-r Gliedban aller zeitlich freien Lebensbedingnisc inneren Belbleb
1 and in und durch sclbi^«> au<h <1 - ind
- aller Wesen in I allgemein (als göttlich« ' die
„allgemeine wesentliche Form <1- l?ni>>r alUr \V< all«-, nach
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364 Krause — Kreibig.
ist die ..im Endlichen erscheinende Göttlichkeit oder Gottähnlichkeit". Schön
ist, was Einheit und in dieser Vielheit und Harmonie hat, was ferner „Vernunft,
Verstand und Phantasie in einem ihren Gesetzen gemäßen, entsprechenden
Spiele der Tätigkeit befriedigend beschäftigt". Die Kunst ist werktätige Lebens-
kraft, welche Individuelles nach Ideen bildet, gottähnlich, d. h. schön gestaltet.
Das Leben selbst ist ein Kunstwerk.
Schüler K.s sind Ahrens, Tiberghien, Lindemann, Hohlfeld,
von Leonhardi, Altmeyer, Oppermann, Röder, Mönnich, Bouchitte,
Schliephake, der Spanier del Rio u. a.
Schriften: K. hat außerordentlich viel Schriften verfaßt, von denen er aber [nur
einen Teil selbst herausgegeben hat; sein Nachlaß ist noch immer nicht ganz erschöpft,
obschon zahlreiche Publikationen aus demselben vorliegen. — Grundlage des Naturrechts,
1803. Grundriß der historischen Logik, 1803. — Entwurf des Systems der Philo-
sophie I, 1804. — System der Sittenlehre I, 1810; 2. A. 1887. — Das Urbild der
Menschheit, 1811 ; 3. A. 1903 (herausgegeb. von P. Hohlfeld, dem Editor noch vieler
anderer Schriften K.s). — Abriß des Systems der Philosophie I, 1825. — Abriß des
Systems des Logik, 1825; 2. A. 1828. — Abriß des Systems der Rechtsphilosophie,
1828. — Vorlesungen über das System der Philosophie, 1828; 2. A. 1869, 1889 (eines
der Hauptwerke). — Vorlesungen über die Grundwahrheiten der Wissenschaft, 1829;
2. A. 1868 — 69 (ebenfalls). — Aus dem Nachlaß: Die Lehre vom Erkennen und von
der Erkenntnis, 1836 (hrsg. von H. K. v. Leonhardi). — Vorlesungen über die psychische
Anthropologie, 1848, 1905. — Die absolute Religionsphilosophie, 1834—43. — Abriß der
Ästhetik, 1837. — Geist der Geschichte der Menschheit, 1843; 2. A. (Lebenslehre und
Philos. der Geschichte), 1904. — Das System der Rechtsphilosophie, 1874 (hrsg. von
Röder). — Vorlesungen über Ästhetik, 1882. — System der Ästhetik, 1882. — Vor-
lesungen über synthetische Logik, 1884. — Einleitung in die Wissenschaftslehre, 1884.
— Vorlesungen über angewandte Philosophie der Geschichte, 1885. — Reine allgemeine
Vernunft-Wissenschaft, 1886. — Abriß des Systems der Philosophie, 1886. — System
der Sittenlehre, 1886. — Philos. Abhandlungen, 1889. — Abriß der Philos. der Ge-
schichte, 1889. — Anschauungen und Entwürfe zur Höherbildung des MenschheitlebensT
1890 — 1902. — Anfangsgründe der Erkenntnislehre, 1892. — Anleitung zur Natur-
philosophie, 1894. — Grundriß der historischen Logik, 2. A. 1896. — Vorlesungen
über Naturrecht, 1892. — Der Menschheitbund, 1900. — Briefwechsel, hrsg. von Hohl-
feld und Wünsche, 1903, 1907, u. a. — Vgl. P. HOHLFELD, Die Krausesche Philo-
sophie, 1879. — EüCKEN, Zur Erinnerung an K., 1881. — Br. MARTIN, K. Chr.
lr. Krauses Leben, Lehre und Bedeutung, 1881, 1885. — H. V. LEONHARDI, K.s
Leben und Lehre, 1902. — K. Chr. Fr. Krause als philos. Denker, 1903. — WETTLEY,
D. Ethik K.s, 1907. — Th. SCHNEIDER, K. als Geschichtsphilosoph, 1907.
Kreibig, Josef Klemens, geb. 18G3 in Wien, Begierungsrat, Privatdozent
in W'iiM.
K. ist von Brentano und jetzt noch mehr von Meinong beeinflußt, verbindet
aber damit (von Mach u. a. beeinflußt) eine biologisch- voluntaristische Be-
trachtungsweise psychologischer Vorgänge. So bestimmt er die Aufmerksam-
keit ata „ein Wollen, das darauf gerichtet ist, einen äußeren Eindruck oder
eine reproduzierte Vorstellung, beziehungsweise bestimmte Einzelheiten darin
klar iind deutlich bewußt zu machen". Die Triebfedern des Willens sind die
hie, welche eine Förderung oder Hemmung der Bewußtseinstätigkeit be-
Kreibig. 365
deuten. Der Wert ist eine „gefühlsmäßige Bedeutung", nämlich „die Be-
deutung, welche ein Empfindungs- oder Denkinhalt vermöge des mit ihm
unmittelbar oder assoziativ verbundenen aktuellen oder dispositionellen Gefühles
für ein Subjekt hat". Eigen- und Wirkungswert sind zu unterscheiden, ferner
die drei Wertgebiete der „Autopathik", „Heteropathik", „Ergopathik". Die
Heteropathik ist die Lehre von der Bewertung nach den Gegensätzen gut und
schlecht, bezogen auf ein fremdes Subjekt. Die Ethik ist ein Teil der Hetero-
pathik, sie ist „die Lehre von der Bewertung menschlicher Gesinnungen nach
den Gegensätzen gut und böse". Sittlich gut ist eine Gesinnung, welche
darauf gerichtet ist, fremde Lust auszulösen oder fremde Unlust zu unter-
drücken. Die „Timologie" (Werttheorie) hat anzugeben, „was Wert ist, welche
Klassen der Wertungen zu unterscheiden sind und welche Gesichtspunkte die
Rangordnung der Wertrealisierungen bestimmen".
Das Kunstschaffen beginnt mit dem „Stadium der ^Konzeption', kul-
miniert in der Tätigkeit der .Komposition' und findet durch ein Verfahren der
,Koadaption' seinen Abschluß". Das Wesen des Kunstschaffens hegt in einer
„außergewöhnlichen Potenzierung der Leistungen der Phantasie im Hervor-
bringen von Gestaltqualitäten mit Schönheitswert".
In der Logik verbindet K. den biologisch-psychologischen mit dem Wert-
Gesichtspunkt und mit der „Gegenstandstheorie" Meinongs. Die psychologischen,
rein logischen und erkenntnistheoretischen Bestandteile der intellektuellen
Funktionen sollen zur scharfen Sonderung gelangen. Von den Denk Verrichtungen
ist ein Teil auf die ,. Inhalte", ein anderer auf die „Gegenstände" gerichtet;
zur ersteren Grundart gehören die „Erneuerungsfunktionen" (Reproduzieren,
Phantasieren) und die „Verarbeitungsfunktionen" (Trennen, Verbinden), zu den
zweiten die LTrteils- und die Schlußfunktion. Der Funktionsverlauf der ersten
Funktionsreihe ist durch einen intellektuellen und einen emotionalen Faktor
bestimmt; der erstere entscheidet, welche Inhalte überhaupt erneuerungs-, bezw.
verarbeitungsfähig sind, der letztere setzt den Grund, warum in einem ge-
gebenen Zeitpunkte gerade dieser Inhalt und kein anderer erneuert oder ver-
arbeitet wird. Das biologische Fundament des Denkens ist zu beachten. Die
reine Logik ist ein Ideal, „das sich von der Denkpsychologie durch prinzipielles
Absehen vom Subjekt und von der Wirklichkeit der Denkerlebnisse unter-
scheidet und anderseits durch den Wertgesichtspunkt des Erkenntnismaxi muma
in das Gebiet der praktischen Wissenschaften eingeht". Die reine Logik ist
nicht normativ, wenn sie auch den Wertgesichtspunkt berücksichtigt.
Der Begriff ist psychologisch eine „un anschauliche Vorstellung mit
repräsentativem Charakter", logisch eine „Vorstellung mit repräsentativem
Charakter, deren Inhalt durch die relative Konstanz der Bestandteile ausge-
zeichnet ist". Wissenschaftlichen Begriffen ist ferner die „denkökonomische
Auswahl der besondern Merkmale, welche in den Inhalt aufgenommen Bind",
eigentümlich. Das Urteil ist psychologisch der Akt, durch den „ein be-
stimmter Tatbestand als objektiv vorhanden" gedacht wird, logisch ein Satz,
durch den ein solcher Tatbestand als objektiv vorhanden ausgedrückt wird
Tatbestandstheorie"). Das Schließe n ist kein bloßes l'rteil. sondern eine
366 Kreibig — Kries.
eigene Bewußtseinsfunktion, nämlich (psychologisch), „das Für wahrhalten eines
Urteils mit dem Bewußtsein, daß dieses Fürwahrhalten von dem Fürwahr-
halten anderer Urteile bedingt ist". Logisch ist der Schluß „eine Abfolge von
Urteilssätzen, bei denen das Wahr- oder Wahrscheinlichsein eines Urteilssatzes durch
das Wahr- oder Wahrscheinlichsein anderer Urteilssätze bedingt ist". Wie alles
Denken ist das Schließen eine Anpassung an die Gegenstände. Die Erkennt-
nis der äußeren Eealität ist eine indirekte, vermittelst der Phänomene (der
funktional zugeordneten psychischen Zeichen der Realität); hingegen wird die
innere Realität des Geistigen, bei welcher Wahrnehmungsgegenstand und real
Existierendes zusammenfallen, direkt erkannt.
Schriften: Epikur, 1886. — Geschichte und Kritik des ethischen Skeptizismus,
1896. — Die Aufmerksamkeit, 1897. — Krapotkins Morallehre, 2. A. 1899. — Die
fünf Sinne des Menschen, 1901; 2. A. 1908. — Psychol. Grundlegung eines Systems
der Werttheorie, 1902. — Über den Begriff „Sinnestäuschung", Zeitschr. f. Philos. u. philos.
Krit. 120. Bd., 1902. — Über die Natur der Begriffe, Wissensch. Beilage zum 16. Jahres-
bericht der Philos. Gesellsch. Wien, 1903. — Die intellektuellen Funktionen, 1909. —
Beitrag zur Psychologie des Kunstschaffens, Zeitschr. f. Ästhetik, IV, 1909, u. a.
Krejci, Franz, geb. 1858, Prof. in Prag. = Von Wundt beeinflußt.
Schriften (böhmisch): Je eine Psychologie (1896, 1902—1904). — Logik (1898).
— Arbeiten über Assoziation (1897). — Psychologische Evolution (1900). — Kunst und
Entwicklang (1900), u. a.
Kremer, Josef, geb. 1806, 1847 Prof. in Krakau, gest. daselbst 1875. ==
Theismus auf Hegelscher Grundlage. Die „Idee" kommt nur als absolute
Persönlichkeit zu sich selbst.
Schriften (polnisch): System der Philosophie, 1849 ff. — Briefe aus Krakaur
1843 f., u. a.
Kreskas, Chasdai ben Abraham, geb. um 1340, gest. um 1410, lebte in
Barcelona und Saragossa.
Schriften: Or adonaü (Licht des Herrn), von Spinoza gekannt (Deterministische
Vorsehungslehre, Seligkeit als Liebe zu Gott, u. a.). — Vgl. M. JOEL, Don Chasdai
Crescas religionsphilos. Lehren, 1866.
liries, Joh. von, geb. 1853 in Boggenhausen i. Westpr., Prof. in Frei-
burg i. B. — Im Urteil wird nach K. eine Anzahl von Begriffen zusammen-
gedacht mit einem Geltungsbewußtsein. Es gibt Eealurteile und Beziehungs-
urteile. Die Assoziation der Vorstellungen erklärt K. physiologisch (Erregung
des gemeinsamen Gebietes, in welches verschiedenartige Erregungen einstrahlen,,
zu einem Gesamtzustand). Von K. liegen wichtige Untersuchungen zur Psycho-
Phygiologie der Sinnesorgane vor.
Schriften: Die Gesichtsempfindung, 1882. — Das Prinzip der Wahrscheinlichkeits-
rechnung, 1886. — Über den Begriff der objektiven Möglichkeit, 1888. — Zur Psycho-
logie der Urteile, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos., Bd. 23, 1899. — Über die
materielle Grundlage der Bewußtaeinserscheinungen, 1901. — Krit. Bemerkungen zur
Farbentheorie, ZeiUchr. f. Psychol. d. Sinnesorgane, 19. Bd. — Abhandl. z. Physiol. d.
Gesichtsempf., 1897 — 99, u. a.
Kritias — Kronecker. 367
liritia* von Athen, einer der dreißig „Tyrannen" in Athen, verkehrte
vorher mit Sokrates, war aber seinem Denken nach ein Sophist. = Nach K.
ist der Glaube an die Götter die Erfindung eines Staatsmannes zum Zwecke
der Abhaltimg der Menschen vor heimlicher Missetat {oi Tta/.aiol vouoßhai kxioy.o-
.toY ziru xcöv avdocontvcov y.ax o od co aar cor y.al duaorrjuarcov en'/.aoar rov dsov, i\~rsg
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Sext. Empir. adv. Mathem. IX, 54). Das Blut ist der Sitz des Empfindens,
die Seele (Aristoteles, de anima I, 2).
Schriften: Eine Tragödie „Sisyphos" (bei XäUCK, Fragm. tragoed. Graec.) u. a.
— Vgl. X. BACH, Criticae Atheniensis tyranni carminum aliorumque ingenii monumen-
torum quae supersunt, 1827.
Kritolaos gehörte mit dem Stoiker Diogenes und dem Akademiker
Karneades zur Athenischen Gesandtschaft, welche um 156 v. Chr. nach Born
kam. K. hielt dort beifälüg aufgenommene Vorträge. = Peripatetiker, der
gegen die Stoiker die Ewigkeit der Welt verficht, die Seele aber als mit dem
., Äther', der den Leib zusammenhält, verbunden annimmt.
Iiroell, Hermann, geb. 1832 in Lahr (Baden), Geheimer Sanitätsrat in Straß-
burg. = K. sucht den Kantschen Apriorismus psycho-physiologisch zu begründen.
Die Seele definiert er als „ Inbegriff der in sich geschlossenen Einheit sämtlicher
durch die Arbeit der Reflexbögen zustande kommender Erscheinungsformen".
Schriften: Der Aufbau der menschlichen Seele, 1900. — Die Seele im Lichte
des Monismus, 1902.
Eroman, Kristian, geb. 1846, Prof. in Kopenhagen.
In der Psychologie ist K. Anhänger des Assoziationismus und Gegner des
p>ychophysi<chen Parallelismus. Die Seele ist eine substantielle Einheit, die
mit dem Leibe in Wechselwirkung steht. Das Gefühl ist ein unmittelbarer
Wertmesser der Vorstellungsveränderung in bezug auf Förderlichkeit oder Be-
einträchtigung der Selbstbehauptung des Ich. Das Wollen ist ein Streben,,
den durch die Lnlustgefühle bezeichneten Zwiespalt des Subjekts aufzuheben
oder die durch die Lustgefühle bezeichnete Selbstübereinstimmung zu erhalten.
— Die formalen Wissenschaften (Logik, Mathematik, Mechanik) haben, sofern
sie es mit Erzeugnissen des Denkens selbst zu tun haben, apriorische Grund-
lagen. Die Annahme, daß alles Geschehen durch ein bestimmtes anderes kausal
bedingt ist, leitet K. aus dem Selbsterhaltungstriebe ab, der den
Menschen nötigt, die Welt, mit der er kämpft, durch das gleichmäßige Ver-
halten der Dinge zu begreifen (Unsere Xaturerk. S. 23, 452).
Schriften: Unsere Naturerkenntnis, 1883 (deutsch). — Kurzgefaßte Logik und
Psychologie, 1890 (deutsch). — Ethik, 1905 (deutsch). — Über Wesen und Bedeutung
der Philosophie, Yierteljahrsschr. f. wissensch. Philos., Bd. 9, u. a.
Kronecker, Leopold, 1823—1891, Prof. in Berlin, hervorragender
Mathematiker. = Das Zählen bestimmt K. als ein Beilegen von Ordnungs-
zahlen (Der Begriff der Anzahl als Grundlage).
Schriften: Über d. Zahlbegriff, Zeller-Festschrift, 1887; Crelles Journal,
Bd. 101. u. a.
368 Kronen berg — Krug.
Kronenberg, Moritz, geb. 1865 in Vlotho, lebt in Berlin. == Kritisch-
idealistischer Standpunkt.
Schritten: Herders Philos., 1889. — Kant, 3. A. 1905. — Moderne Philosophen,
1899. — Nietzsche u. s. Herrenmoral, 1901. — Ethische Präludien, 1905. — Gesch.
d. deutschen Idealismus I, 1909.
Kropotkin (Krapotkin), Fürst Peter, geb. 1842 in Moskau, Vertreter
des kommunistischen Anarchismus, der eine auf Brüderlichkeit und Freiheit
basierende, des Staatszwanges ermangelnde Gesellschaftsordnung anstrebt. =
Das Prinzip des Daseinskampfes herrscht nicht allgemein, es besteht schon
auf niedrigsten Entwicklungsstufen der „Mutualismus", die gegenseitige Unter-
stützung der Lebewesen.
Schriften: Paroles d'un revolte, 1885. — Gegenseitige Hilfe in der Entwicklung,
1904 (deutsch). — Moderne Wissenschaft u. Anarchismus, 1904, u. a.
Krag , Wilhelm Traugott, geb. 1770 in Radis (bei Wittenberg), 1805
Prof. in Königsberg, 1809 in Leipzig, gest. 1842.
K., der alle Gebiete der Philosophie mit Berücksichtigung des „gesunden
Menschenverstandes" und im Sinne eines gemäßigten rationalistischen Liberalis-
mus bearbeitete, ist wesentlich von Kant beeinflußt, zum Teil auch von Fichte
und Schelling, die er früher (in den zwei ersten Schriften) angriff. Die Philosophie
beruht auf intellektueller Selbstschauung, sie ist eine Art von „Beschauung
seiner selbst", die Wissenschaft von der „ursprünglichen Gesetzmäßigkeit der
gesamten Tätigkeit unseres Geistes oder von der Urform des Ich". Die Philo-
sophie ist ,,Ur Wissenschaft" und hat ein praktisches Ziel, „nämlich Friede in
und mit sich selbst, Harmonie im Denken wie im Wollen, im Erkennen wie
im Handeln". Die obersten Gesetze des Denkens und Erkennens sind Gesetze
der Tätigkeit des „reinen" oder „absoluten" Ich, welches eins ist mit der
„reinen Menschheit". Die apriorischen Formen sind keine bereitstehenden
„Fachwerke", sondern gesetzmäßige Handlungsweisen des Subjekts; a priori
ist das „Ursprüngliche im Ich, welches Bedingung aller Erfahrung ist".
Käumlichkeit und Zeitlichkeit sind „Kategorien der Sinnlichkeit". Die „Kate-
gorien des Verstandes" sind transzendentale Begriffe, welche die „ursprüng-
liche Denkform selbst" ausdrücken. Die Realität (das Sein) ist die „Ur-
kategorie".
Nach dem „transzendentalen Synthetismus" sind Ideales und Reales,
Wissen und Sein, Subjektives und Objektives „ursprünglich gesetzt und ver-
knüpft"; das Denken ist nicht aus dem Sein, dieses nicht aus dem Denken
ableitbar. Im Ich sind Wissen und Sein synthetisch geeint und von dieser
Einigung muß die Philosophie ausgehen. Im Ich liegt die Quelle aller Mate-
rialprinzipien der philosophischen Erkenntnis und diese Prinzipien drücken
..Tatsachen des Bewußtseins" aus. Die allgemeinste Bewußtseinstatsache ist:
„Ich bin tätig". Das oberste Formalprinzip ist: „Ich suche absolute Harmonie
in aller meiner Tätigkeit'*. Da das Subjekt nicht anders erkennen kann, als es
r ursprünglichen Handlungsweise (der Urform des Ich) gemäß ist, so muß
ndem es einen Gegenstand auffaßt, den ihm dargebotenen Erkenntnisstoff
Krug — Kühnemann. 369
nach seiner eigentümlichen Tätigkeitsart gestalten und dadurch Erkenntnis er-
zeugen. Das .,Ding an sich" ist unerkennbar, ist ein Grenzbegriff: die Dinge
„affiziereir' uns nur als erkennbare Gegenstände, nicht als Dinge an sich. Im
übrigen stimmt K. ziemlich mit Kant überein.
Schriften: Briefe über die Wissenschaftslehre, 1800. — Briefe über den neuesten
Idealismus 1801. — Entwurf eines Organons der Philosophie, 1801. — Kalliope, 1805.
— Geschmackslehre, 1810. — Dikaologie, 1817. — System der praktischen Philosophie,
1817 — 19. — Fundamentalphilosophie, 1818; 3. A. 1827. — Handbuch der Philo-
sophie, 1820; 3. A. 1828. — Logik, 3. A. 1827; 4. A. 1833. — Grundlage zu einer
neuen Theorie der Gefühle, 1823. — Allgemeines Handwörterbuch der philos. Wissen-
schaften, 1827—34; 2. A. 1832—38. — Beiträge zur Geschichte der Philosophie des
neunzehnten Jahrhunderts, 1835 — 38. — Pisteologie, 1825. — Gesammelte Schriften,
1830—41. — Meine Lebensreise, 1826; 2. A. 1842.
Krueger, Felix, geb. 1874 in Posen, Prof. in Halle. = K. ist ein Schüler
Wundts. Die Psychologie ist ihm eine Grundlage der Philosophie. Wert-
voll ist, „was ich relativ konstant begehre, worauf sich unter gewissen
psychischen Bedingungen, d. h. beim Gegebensein bestimmter Teilinhalte,
regelmäßig mein Streben richtet-'. Werte sind Dispositionen zu bestimmten
Wertungen. Das absolut Wertvolle ist die psychische Fähigkeit des Wertes
selbst. Das ethische Ideal ist, in möglichst hohem Maße ein wertender Mensch
zu sein. Die sittliche Aufgabe ist, ,,eine immer größere Mannigfaltigkeit von
Begehrungsmöglichkeiten immer einheitlicher zu verknüpfen".
Schriften: Ist Philosophie ohne Psychologie möglich? 1896. — Der Begriff des
absolut Wertvollen als Grundbegriff der Moralphilosophie, 1898. — Die Theorie der
Konsonanz, Psychol. Studien I, 1906. — Differenztöne und Konsonanz, Arch. f. d. ge-
samte Psychologie I — II, 1903. — Zur Theorie der Kombinationstöne, 1901. — Das
Bewußtsein der Konsonanz, 1903. — Beziehung, d. experiment. Phonetik zur Psychol.
1907, u. a.
Kuhlenbeck, Ludwig, geb. 1857 in Osnabrück, Prof. des deutschen
Hechts in Lausanne. = K., der auch als Übersetzer G. Brunos bekannt ist,
vertritt selbst den Monismus und in praktischer Beziehung einen Sozial-
Ari>tokratismus, eine (von Gobineau, Nietzsche u. a. beeinflußte) heroisch-ästhe-
tische Weltanschauung.
Schriften: G. Bruno, 1888. — Spaziergänge e. Wahrheitssuchers im Reiche der
Mystik, 1890. — G. Brunos Einfluß auf Goethe u. Schiller, 1906. — Der Schuldbegriff
als Einheit von Wille und Vorstellung, 1892. — Natürliche Grundlagen des Rechts und
der Politik, 1904. — Das Evangelium der Kasse, 1905. — Im Hochland d. Gedanken-
welt, 1904 (Hauptwerk), u. a.
Ivulm. Johannes v., 1806 — 1887, Prof. der Theologie in Tübingen. = Von
Jacobi beeinflußter Thcist.
Schriften: über Prinzip und Methode der spekulativen Theologie. 1840. —
Katholische Dogmatik, 1846 ff., u. a.
Kühnemann, Eugen, geb. 1868 in Hannover, Prof. in Breslau. =
Neukantianer, transzendentaler Standpunkt der Erkenntnislehre.
Schriften: Herders Persönlichkeit in seiner Weltanschauung, 1893. — Herders
Leben, 1895. — Grundlehren der Philosophie, 1899, u. a.
E isl er, Philosophen-Loxikon. 2 I
37< I Külpe.
Riilpe. Oswald, geb. 1862 in Candau, Prof., früher in Würzburg, jetzt
in Bonn.
K. ist in psychologischer Beziehung zum Teil von Wundt, Avenarius u. a. beein-
flußt, entscheidet sich aber weder für den Intellektualismus noch für den Volun-
tarismus, ferner erklärt er sich für die Annahme einer substantiellen Seele und
deren Wechselwirkung mit dem Leibe, also für den Dualismus, der keines-
wegs noch widerlegt, sondern möglich ist. Die Psychologie ist die „Wissen-
schaft von den Erlebnissen in deren Abhängigkeit von erlebenden Individuen''
(vgl. Avenarius). „Gegenstand der Psychologie ist dasjenige in und an der
vollen Erfahrung eines Individuums, das von ihm selbst abhängig ist." Die
gewöhnlich als „Assoziation'' bezeichnete Verbindung ist nach K. eine „empi-
risch motivierte Reproduktion". Empfindungen, die einmal im Bewußtsein zu-
sammen waren, begründen eine Tendenz zur Reproduktion der einen durch die
andere. Das Gefühl ist eine Reaktionsweise der „Apperzeption" (im Sinne
Wundts) auf die Empfindungen und Vorstellungen; es ist von der Empfindung-
verschieden . läßt sich nicht für sich reproduzieren, ist nicht vorstellbar. Er-
regung und Spannimg sind keine Gefühle (Ein Beitrag zur Gefühlslehre, Be-
richt über den III. internat. Kongreß f. Philos. 1909, S. 546 ff.). Einen
besonderen, spezifischen Wahlakt gibt es nach K. nicht; der Wille führt auf
das Erstreben eines Vorstellungsinhaltes zurück und das Streben selbst ist ein
Komplex von Spannungs- und Gelenkempfindungen. Die Seele ist eine Sub-
stanz als einheitliches Subjekt der Erlebnisse. Eine Umsetzung psychischer in
physische Energie bei schließlicher Ausgleichung der Differenz hielt K. früher
für möglich (vgl. Stumpf). Der „Parallelismus" ist nur als Arbeitsprinzip zu
akzeptieren.
Die Philosophie hat eine dreifache Aufgabe: die wissenschaftliche Aus-
bildung einer Weltansicht, die Untersuchung der Voraussetzungen aller Wissen-
schaft, die Vorbereitung neuer Einzelwissenschaften. Die Erkenntnistheorie ist
die Lehre von den Grundbegriffen und Grundsätzen als den materialen Vor-
tzungen aller besonderen Wissenschaften. Die Logik ist nicht psycho-
logisch aufzufassen, sondern eine normative Wissenschaft (gegen den Psycho-
logismus). In erkenntnistheoretischer Beziehung ist K. ein gemäßigter
Rationalist, welcher die Bedeutung des Denkens für das Erkennen
betont, und kritischer Realist (gegen Mach u. a.). Es gibt eine vom
Bewußtsein unabhängige Realität, welche Gegenstand der Naturwissen-
schaft ist. Eine kritische Metaphysik ist möglich. Die Ethik
hat eine empirisch-genetische und eine apriorisch-normative Aufgabe. Der
atwille ist eine reale sittliche Macht (Verbindung von Universalismus und
sozialem Utilitarismus). Die Ästhetik hat K. durch experimentell-psycho-
logische Arbeiten gefördert. Die Einfühlung ist kein notwendiger Faktor des
Ästhetischen. Die ästhetischen Gefühle knüpfen sich an die bloße Beschaffen-
heit des Vorstellungsinhalts (Kontemplationswerte).
nriften: Die Lehre vom Willen in der neueren Psychologie, Philos. Stud. V, 1888.
— Zur Theorie der sinnlichen Gefühle, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. Bd. 11 —
12. — Über den assoziativen Faktor des ästhetischen Eindrucks, Vierteljahrsschr. f.
irr l.\
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1 1 y j-n<<t i*.iiiu- V1L — BrktastBMll 1 Natur
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K > m. \. I in Zürich,
ndelenburg and v. it ritt einen atheistischen Monismus", d. I.
Panentheismus, sowii rganisch-l sehe NVeJtanschanung. D
hat Selbstbew« Spontaneität, selbständig« Realität, -i<' wirkt nach
Zwecken und gestaltet ihren Leib von innen aus zielstrebig; > I >i< menschliche
.ritten: Hegels Dialektik, 1849. — Die Weltaaacataongea ur.<l < I . ■ r -
M- • • Problei
Die Tin-nicbiichc Seele, i 10, a. a.
Kj nil%«T I die Anhänger des 6
weichet mnaaiai] Irhrt«- und d< uiidsatz dir Hedürft
l"-iU'kiit und die ■■ imkeit d . • md ist Besonder! bei den
späteren Kritikern art< -- Prinzip oft m schamlose Hinwcp^'tzm
ü und Instand i tue, Kyniker sind Diogenes von 8in<
m Theben und seine Gattin Bipp e*i deren Bruder
Bion von Borysthenea, Teles, Dion von Prnaa, Oinomai
P otens ii.
DlO€ l.\ii:i. VI IfüLLACB, l'-i
. . und die K jraiker, I -
Kj r«*iiaik«'r I di< \ - Schulen \ri-
iti] «reicher in Athet bedonisi I um
Prm/ip nehmende Philosophie begründete. Zu den Kyrenaikem p
und deren Sohn, der jungen1 Aristippos, Antipai K
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ii. h r.. . i 1
1 BCfl i|< f. n und unnPii W
372 La as.
Logik zur Grundlage, er fußt auf Erfahrung und verlangt Verifikation durch
dieselbe. Die scholastische Methode, der Absolutismus und Rationalismus, der
Indeterminismus und Supranaturalismus (die Transzendenz) des „Piatonismus"
sind abzulehnen. Der „Korrelativismus" betont die untrennbare Zusammen-
gehörigkeit von Objekt und Subjekt, Sein und Bewußtsein, Natur und
Geist. Objekt und Subjekt bestehen nur in Wechselbeziehung; Objekte gibt
es nur als Inhalte des individuellen oder des Bewußtseins überhaupt (Wahr-
nehmungs- und begriffliche Objekte), Subjekte nur als Beziehungszentren.
Beide „stehen und fallen miteinander". Die Objekte sind zwar nicht „in
uns", wohl aber nur „in Beziehung zu uns, die wir in Beziehung zu ihnen
sind". Die (unmittelbar-gegebene) Außenwelt ist nichts weiter als ein „Inbe-
griff von Empfindungs- Wirklichkeiten und -Möglichkeiten". Parallel und
korrelativ entsteht mit dem Bewußtsein des Ich in allen Fällen, wo die
Willensregungen Widerstand erleiden , die Vorstellung einer uns bindenden
Gewalt. Die Wahrnehmungsinhalte selbst werden als das fremde Agens auf-
gefaßt. Dem persistent werdenden Subjekt legen sich Gruppen von Empfin-
dungen als ein Äußeres gegenüber, das außer seiner Macht steht und darum
außer ihm ist. Die Existenz des Objektes außerhalb der Wahrnehmung kann
nur bedeuten, daß auch in der Zwischenzeit dies und das hätte wahrgenommen
und in objektive Vorstellungen hätte reduziert werden können.
Alles Denken und Erkennen ist nur logische Verarbeitung von Er-
fahrungsmaterial und bezieht sich stets auf Wahrnehmungsdaten oder Auslegen
von solchen (Atome u. dgl.). Alle Erkenntnis ist relativ und besteht in der
„Heraussonderung des objektiv Zusammengehörigen aus dem subjektiv Zu-
sammengesetzten". Die Argumente für die Apriorität der Anschauungs- und
Denkformen sind nicht stichhaltig. „Beine" Verstandesbegriffe sind Undinge;
es ist undenkbar, daß ein Inhalt in eine ihm absolut fremde Form eingehen
soll. Es müssen vielmehr in den Empfindungsdaten selbst zwingende Motive
zur Bildung der Kategorien liegen. „A priori" ist nur das Bewußtsein als
solches überhaupt, nichts Einzelnes. Auf „transformierte Empfindungen"
führen alle Begriffe, die also insgesamt empirischer Art sind.
Die positivistische Ethik enthält sich aller metaphysischen Spekulationen,
sie wurzelt im Diesseits und untersucht den Ursprung der sittlichen Gebote,
den sie in Forderungen der sozialen Umwelt findet. Die Sittlichkeit ist
„anthroponom", ein soziales Produkt, aus Bedürfnissen, Interessen entspringend
und auf Erfahrungen beruhend. Endziel des sittlichen Handelns ist der
völlig humanisierte Mensch. Die objektiven Güter (wie die Kultur, der soziale
Friede u. a.) sind das Maß für den Wert der Pflichten und Rechte der Indi-
viduen im Hinblicke auf das Interesse der Gesamtheit. Höchstes Gut ist „die
möglichste Schmerzlosigkeit und der höchste Überschuß von Lust und Unlust
für alle fühlenden Wesen".
Schriften: Kants Analogien der Erfahrung, 1876. — Idealismus und Positivismus,
8 Teile, 1879—84 (Hauptwerk). — Die Kausalität des Ich, Vierteljahrsschr. f. wiesen-
■cbaftl. Philo*., Bd. 4, 1880. — Vergeltung und Zurechnung, Vierteljahrsschr. f. wiss.
Philo«., Bd. 5 f., 1882 f. — Literarischer Nachlaß, hrsg. von Kerry, 1887, u. a. — Vgl.
1. \ \ LA« HEMER.
R. IIam-<h. I ron EL L , 1908 KOHX, I
i:. I.., 1907.
l.al><M» \ tker.
Kaliriola. LntoniOj Prolin Rom. = L. der erat von
dann von Herbart beeinflußt war, Bteht auf dem Standpunkt des (modifiziert
Marxismus, des „historischen Materialismus ,
:.;• ;.. Murale e Religiono, L87S. — Del concetto della liberta. 1878. —
1 problemi della lilosofia «lella storia, 1887. — Del socialismo, 1889. — >■ mo
alla 'ic mater ria, 189G f.; fran. B97, 19< - -nie
ntiloaophie, 1899. — Del roaterialiamo ston :. u. a.
I.a liiiiyrro - Bruyere, La.
I,a<'li<kli<kr. Jü 1832 in Fontainebleau, Prof. an der Ecole x
male Superieure
1... der besondere durch Leibniz, Kant. RaTaisson beeinflufit ist, ist
ruiuln- des kritisch S( -Spiritualismus in Frankreich. I> Kau-
salität um: lichkeil der Erscheinungen -"II hier mit der Annahme der
Finalität, Aktivität, Freiheit verbunden werden (Synthese von Mechanismus
und
l • •• [nduktion ist das Verfahren, vermittelsl dessen wir zur Erkenntnis
«l.r Gesetze dea ratsachen aufsteigen. Welches sind die Grundlagen der In-
duktion Di( Antwort lautet: die apriorischen Forderungen der Kausalität and
der Finalität, das Kausal- and besonders das Zweckprinzip. Nach dem einen
Prinzip bilden die Erscheinungen Reihen, in welchen di
gehenden das Sachfolgende determiniert; Dach dem zweiten Prinzip bild
diese Reüu S Bteme, in welchen die Idee des Ganzen die Existenz der Teile
itimmt Dl Kausalität ist eine Bedingung onserer Erkenntnis
-teilt nur einen äußeren Zusammenhang unter den Erscheinungen her. Denken
und Sem und innerhalb der phänomenalen Welt nur awei Ausdrücke für
die universale und en Notwendigkeit. In der Natur i-t zunächst alles
mechanisch zu erklären, alles i-t kausal bestimmt, auch das Leben und das
schliche Handeln
I >ie kausalen Reihen selbst aber erhalten ihre innere Einheil erst durch
das Ci Zwecke« der 1 tat), welches also die letzte Grundlage dei
[nduktion ist Es Fordert eine ..Harmonie im Zusammen der PI
Die« harmonifi b< I inheit i-t Bedingui Denkens di
Realitäten; dies< (und Gruppen von solchen) können nur dann zur Kml
fallt werden, wenn sie harmonisch sind. Di< Ein!
Lur war die rem intterliche Einb i absoluten Mai
sweitc hinweg« n i-t die inn< i Mann
der I ■ • in in »ein« alle üb usdrückt und enthält A
d. i Einklang all« r Teile d< r \ itui I ann nur au- « I • r \ ■
keit jedei '"in < tanzen b< rrühren : dah< x
izen dem - | und
kür/ die Natur mnfl d< n I '
3,4 Lachelier.
scheinung existiert, sofern sie eine Ursache und sofern sie einen Zweck hat.
„So hat die Natur zwei Seinsweisen, die auf den beiden den Erscheinungen
vom Denken auferlegten Gesetzen beruhen: eine abstrakte Existenz, identisch
mit der Wissenschaft, deren Gegenstand sie ist, mit dem notwendigen Gesetz
der bewirkenden Ursachen als Basis; und eine konkrete Existenz, identisch
mit dem, was wir die ästhetische Funktion des Denkens nennen könnten, mit
dem kontingenten Gesetz der Zweckursachen als Grundlage." Die Finalität
der Natur konzentriert sich in einer Vielheit gesonderter Systeme, zu
welchen wir selbst als Individuen gehören. Die Zweckeinheit jedes Wesens
ist das wahre „Nournenon, dessen bloße Manifestationen die Phänomene sind".
Während die mechanische Erklärung ins Unendliche führt, gibt die finale dem
Denken einen Haltepunkt. So werden die Zwecke zu den wahren Gründen
der Dinge. „Materie und Ursachen sind nur eine notwendige Hypothese oder
besser ein unentbehrliches Symbol, mittels dessen wir in Zeit und Raum das
projizieren, was an sich beiden überlegen ist." Das Urgesetz des Seins ist die
„Harmonie". Die universelle Kontingenz ist die Seele der Natur; sie ist in
Wahrheit eine teleologische und Willensnotwendigkeit.
Eine auf ein Ziel gerichtete Spontaneität ist eine Tendenz, und eine Ten-
denz, welche eine Bewegung zur Folge hat, ist eine Kraft. Jede Erscheinung
ist die Entfaltung und Äußerung einer Kraft, der „Tendenz einer Bewegung
nach einem Ziele". Die Finalität verwirklicht sich in der Tendenz zur Be-
wegung. Jedes Wesen ist eine Kraft, eine immer mehr zum Selbstbewußtsein
gelangende Idee. Das Leben ist „die dynamische Einheit des Gesamtorganis-
mus" und bedarf daher keiner besonderen „Lebenskraft", da die „Kraft"
innerlich Leben ist und erst aus sich die niederen Kräfte entläßt. Die Seele
ist die dynamische Einheit des Erlebens. Die Freiheit ist eine ursprüng-
liche Tatsache. „Das Wunder der Natur in und außer uns ist die Erzeugung
der Idee, und diese Erzeugung ist frei im strengsten Sinne des Wortes, denn
jede Idee ist an sich unabhängig von der ihr vorhergehenden und entsteht,
wie eine AVeit, aus nichts." Die Natur wirkt schöpferisch. Unsere Freiheit
ist die der „Erfindung", zugleich ist sie das Bewußtsein der Notwendigkeit,
vermöge deren ein von uns erfaßtes Ziel die Existenz der Mittel determiniert.
Die wahre Philosophie der Natur ist „ein spiritualistischer Realismus, für den
jedes Wesen eine Kraft und jede Kraft ein Gedanke ist, der nach einem immer
vollkommeneren Bewußtsein seiner selbst strebt".
In der Abhandlung „Psychologie und Metaphysik" (deutsch 190S) sucht
L. auf Grundlage einer „reflexiven Analyse" des Bewußtseins synthetisch den
geistigen Organismus und das Reale abzuleiten. Der Versuch Cousins und
Kin* r Schule, die Geistigkeit und Freiheit in uns, die Vernunft in und außer
im- (hu zutun, muß auf neue Weise, den Ergebnissen der positiven, empirischen
chafl Rechnung tragend, unternommen werden. Zunächst läßt sich
i. daß das Bewußtsein eine Realität ist; die Illusion des Bewußtseins
licht einmal möglich. Das Bewußtsein kann nicht auf bloße Aus-
dehnung u. dgL zurückgeführt werden, denn die Ausdehnung selbst kann
oichl an Bicfa existieren. Denn sie hat keine einfachen Teile (weil ins Unend-
llban und ihre Reahtit mußte, wenn sie <in.- solche hu' solcher
Teile Bein. . ß '■■ bcwlcihl also nur inneriimlb denn nur 1.
kann -i«' das -in. I Irn gegeben ist
und durch dieselben geteilt, nicht gebildet werden kann." War.- dii
dehnung allein im Bewußtsein, dam »•> nicht.- in ihr. wss hier keilen
könnte« Die Teilung ist nur hier durch etwas anderes möglich und die
Empfindung [Sinnesqualität), durch < 1 i • - allein die Anadehnunf ert
1» Empfindung mufl aber, damit da- Bewnßtseiiiesubjekl sich schart rosn
rufiteeinsobjekl unterscheidet, mehr enthalten als die Sinnesqualit&t, näm-
lich etwas Affektives. Da- Gefühl aber schließt als Antesedens - »en
♦•in und wir finden n: r wir Empfindung -ind. al- Wille, der nicht
unmittelbar n- ädert bewußt i-t. weil er die Urbedingung de« Bewnßt-
isinhaltei Voluntarismus). „Der Will- i-t das !'■ nsip und das i
borgene [nnere alles Beienden." Im Menschen reflektiert er sich selbst und
fixiert seine Empfindungen als Außenwelt Im Willen i-t da- I <• h Subjekt)
selbst im Gegensatz zur Aulienwrlt n (als ..L<l)«-n-u illr"); <li- - -
denn rt /um W« Willens, „sich selbst zu wollen und l •
lost sn - in". Wir -ind frei in unserem Sein und determii
in unseren Daseinsweisen (i £ openhau«
I s besteht al-<» in uns ein „intellektuelles Bewußtsein'*, welches dein sinn-
lichen Bewiißtseinsinhalt erst den Stempel des Objektivität aufdrückt; mir als
Lrenständi eolnten Bewußl sind diese Inhalte r.al. mehr als
subjektir. I1 Tief« B rpei die dritfc Dünen« und an* was
„Wahrnehmung innt wird, i-t schon <!a- Werk des Denkena I
Denken rerwandelt subjektive Zustände in V< und I1 welche ..an
sich", d. h. allgemeu bestehen, es ist das Bewußtsein der Wahr)
««di-r d< - i eitstände. I '.- gibt tiir uns k«-in Sein ohne die
Funkt [) . welrhr- di.- - rrkmnt und l>ejaht; <•- gibt kein
k'ii in uns. da- nicht die Erkenntnis und Anerkennung einet Beins
- für um Seiende i-t ..da-, \\a> wir gcinfiCi den i en der Natur und
rahrnehmen und einpfinden sollen" (vgL Lippe R
n. i - intellektuelle Bewußtsein enthüll \«-r aller Erfahr
Hernien, cm id< S-hr als l'rbild und Mal', des realen &
I » ■ -•• I « 1 ■ . i-t k.-in I' ondern die ».apriorische Wahrheit all
nicht dinglich . indem di« I li welche uns zur Beurteil
• m n dient, erzeugl sich seil »»intellektuelle« - -t und
lebendig« I1 >■ D I ondament alles Seins is absoluU -
\ktiiali-mn-, Munal Wundl
I mV !<!■ - Wahrheit • bi h selbst ;
nlwr dasselbe seist di< I *■ -<h«'n I • iboJ dieser
rzcugunp i-t die Zeit mit ihrem um-ndln I • I
Linie cum Symbol hat. Soll das £ 1
Inhalt, rm .-
; i • um -(. nun konl ■
I »• • • -vmIIi wird durch Anwendung ai ' ■ A
376 Lachklier — Ladd.
dehnung zielstrebiger Lebenswille. Dreidimensionale Ausdehnung (Objekt),
individuelle Eeflexion (Subjekt) und Vernunft sind die Elemente des intellek-
tuellen Bewußtseins, das sich und seinen Inhalt frei setzt, verwirklicht und
anerkennt. Das Ich ist an sich mehr als Lebenswille, es ist „der absolute
Akt, mittels dessen die Idee des Seins in ihrer dritten Form ihre eigene
Wahrheit bejaht". Das Sein ist an sich Freiheit und Aktivität ; wir sind so,
wie wir uns setzen. Damit ist die „Selbstableitung und Selbsterzeugung" des
Denkens und Seins zu Ende. Das Verhältnis von Psychologie und Metaphysik
ist nun klar: „Die Psychologie hat zum Gegenstande das sinnliche Be-
wußtsein, sie erkennt vom Denken nur das Licht, welches dieses auf die
Empfindung wirft; die Wissenschaft des Denkens an sich, des Lichtes an
seiner Quelle, das ist die Metaphysik."
Von L. sind beeinflußt: Liard, Boutroux u. a.
Schriften: De natura syllogismi, 1871. — Du fondement de l'induetion, 1871;
deutsch 1908 (nehst „Psychologie und Metaphysik"). — Etüde sur la theorie du syllo-
gisme, Rev. philos., 1876. — Psychologie et Metaphysique, 1885. — Vgl. G. NOELy
La philosophie de L, Rev. de Met. et de Morale, 1898.
Lacombe, Paul. = Vertreter der gemäßigt-kollektivistischen Geschichts-
auffassung. Die Geschichte hat es mit allgemeinen Tatsachen (Institutionen) zu
tun und erklärt durch psychologische Motive (Bedürfnisse) als Kräfte.
Schriften: De lTiistoire consideree comme science, 1894 (deutsch in Vorbereitung).
— Revue de synthese historique III, 1901. — La psychol. des individus et des societes
selon Taine, 1906, u. a.
Lactantilis, Lucius Caecilius Firmianus, geb. um 250, Lehrer der
Khetorik in Nikomedien, Erzieher des Prinzen Crispus am Hofe Constantins.
gest. nach 325.
L. ist einer der lateinischen Kirchenlehrer, welche bei aller Verachtung
der heidnischen Philosophie doch aus dieser (Cicero, Seneca u. a.) schöpfen,
um der Theologie eine feste logische Grundlage in manchen Punkten zu geben.
Die Philosophie ist nach L. keine Weisheit, da wir ohne die göttliche Hilfe
kein Wissen erlangen können, indem wir nicht die Ursachen der Dinge er-
kennen. Erst die Offenbarung befähigt zur Verwertung einzelner philosophischer
Lehren und verbindet Wissen und Religion. L. zeigt, daß eine Vorsehung be-
stehen müsse, durch die alles geleitet wird, daß Gott als der vollkommene
ewige Geist („aeterna mens") eins sein muß („Deus vero, si perfectus est, ut
debet, non potest esse nisi unus, ut in eo sint omnia"), daß die Seele
unsterblich ist, daß diese Unsterblichkeit durch die Tugend als höchstes Gut
gefordert wird, daß in der rechten Gesinnung und Pflichterfüllung die Tugend
besteht.
Schriften; Institutionea divinae. Epitome divinarum institutionum, u. a. Opera,
,. 1842-44, 1844 (bei Migne), 1890—97. — Vgl. HEINIG, Die Ethik des L.,
1887. - MARBACH, Die Psychologie des F. L., 1889. — PlCHON, L, 1903.
Ladd. Trumbull, geb. 1842 in Painesville, Prof. an der Yale-Univer-
Bität (Amerika). = L., der Lotze nahe steht, lehrt einen „religiösen Monismus" auf
dualistischer Grundlage (Spiritualismus). Alles Sein ist Fürsich-Sein, geistig; Gott
I.\i'i' Lamarck.
ist unendlicher Geist, in dem die Einzelgeister enthalten sind. von denen die
Naturobjekte unabhängig sind, so daß in jeder objektiven Erkenntnis ein Hin-
weis aufs Transzendente besteht. Die Seele steht mit dem Leibe in Wechsel-
wirkung. Der Kern des Seelenlebens ist die Aktivität, der Wille.
Schriften: Elements of Physiological Psychology, 1887. — Introduction to Philo-
soph)-, 1890. — Psychology, descriptive and explanatory, 1894. — The Philosophy of
Mind, 1895. — Philosophy of Knowledge, 1897. — A Theory of Keality. 1899. —
Philosophy of Conduct, 1902. — Philosophy of Religion, 1906. — Knowledge, Life and
Reason, 1909, u. a.
Laf'fitte. Pierre, geb. 1823 in Beguey, gest. 1903 in Pari-. = Schüler
Comtes, Oberhaupt der positivistischen Religion.
Schriften: Les grands types de l'humaniti', 1895. — Cours de philosophie
premiere, 1889 f.
L.a Forge s. Fo
fiakydes aus Kyrene, Schüler und (241 v. Chr.) Nachfolger des Aka-
demikers Arkesilaos, gest. 215 v. dir.
Vgl. DlOO. LAERT. IV, 59— Gl.
Lalande. Andre. Prof. in Paris. = L. untersucht die Wirkung der Dissolution
(Auflösung) auf allen Entwicklungsgebieten. Die Dissolution ist der Gegensatz
zur Evolution, die Umkehrung derselben („toute B^rie de changements de &
contraire a ceuz qui constituent Involution"). Alle (auch die geistige und sozial»')
Entwicklung ist mit einer „dissolution egale et de Bens contraire'4 verbunden,
welche schließlich alles Sein zur Ruhe i\c< harmonischen Gleichgewichts bring
hriften: La dissolution opposeV a lVvolution, 1899 — Prßcis raison tu' de moralo
pratique, 19<>7, u. a. — Mitherausgeber des „Vocabulaire techn. et orit. de philo?.".
1902 tf. — Prieifl raisonno de morale pratique, 1909.
I -alleniaiidet. Jean, geb. 1595 in Besancon, Franziskaner und Professor
in Wien, gest 1647 in Prag.
Schriften: Decieiones philosophicao, 1644— 4f> (Vermittlung BWitchOD Thomismofl
und Skotismufi). — Cursus theologious, 1656.
I.alo. Charles. — Schriften: Les sentinients esthetiques. L'Esthätiqnfl e.\-
perimeDtale coniemporsine, iftes, p. a.
I.ainai'ck. Jean Bapt. de, 1744—1829, Prot, am Jardin des Plantes in
Pari-, der berühmte französische Naturforscher.
L. ist der bedeutendste Evolutionist vor Darwin. Die höheren Arten
stammen nach ihm von niederen ab und zwar ist die Entwicklung und Um-
wandlung durch die direkte Wirkung der äußeren Lebensbedingungen und
durch Kreuzung, besonders aber durch Bedürfnis, Übung Gewohnheit),
brauch und Nichtgebrauch der Organe, bedingt. Durch die Übui
werden die Organe verändert und zweckmäßig; Bedürfnisse geben den Impuls
zur Übung. Die partielle Bedeutung des Lamarekismus hat Darwin anerkannt,
der aber die natürliche Auslese in <\>'u Vordergrund stellt. Lamarckisten
und Neo-Lamarckisten (die teilweise auch Anhänger der Psycho-Bioloj
sind) sind: Boveri, Bunge, Cope, Wettstein, Dekker, Dacqui
378 Lamarck — Lamennais.
Le Dantec, Delpino, Vignoli, Pauly, France, A. Wagner, Kohn-
stamm, z. T. Wundt u. a.
Schriften: Philosophie zoologique, 1809, 1873; deutsch 1875, 1903, 1909, u. a.
— Vgl. Leiber, L., 1910.
Lambert, Johann Heinrich, geb. 1728 in Mühlhausen, 1748 ff. Haus-
lehrer in Chur und dann auf Reisen, 1760 Mitglied der Akademie in München,
seit 1764 in Berlin, Mitglied der Akademie daselbst, gest. 1777. Von Kant,
mit dem er in Briefwechsel stand und mit dem er manches gemein hat, wurde
er eine Zeitlang außerordentlich geschätzt.
L. (der auch als Physiker von Bedeutung ist; Photometer) sucht den
Rationalismus (Chr. Wolff) und Empirismus (Locke) zu einer neuen Synthese
zu bringen, wie sie aber erst Kant gelungen ist. Das „neue Organon" umfaßt
vier Wissenschaf ten : 1. „Dianoiologie", die Lehre von den Gesetzen des Ver-
standes, 2. „Alethiologie", die Lehre von den einfachsten Grundbegriffen und
deren Verbindungen sowie vom Kriterium der Wahrheit, 3. „Semiotik" (Philo-
sophische Sprachlehre), die Lehre von der Bezeichnung der Gedanken, 4. „Phä-
nomenologie"', die Lehre vom Schein. Die Schlußformen symbolisiert L. durch
Linien. Die obersten Denkgesetze sind der Satz des Widerspruches und der
Satz des Grundes. Diese Sätze sind auch die allgemeinsten Kriterien der
Wahrheit. Die ewigen Wahrheiten weisen auf eine ewige Intelligenz hin
(Architektonik § 299). Betreffs des Urteils vertritt L. die „Inhaltstheorie" der
Identität; das Urteil ist die Verbindung oder Trennung zweier Begriffe. Form
und Inhalt der Erkenntnis werden unterschieden. Die Formen des Denkens
sind auch Formen des Seins. Absolut a priori ist nur das, „wobei wir der
Erfahrung vollends nichts zu danken haben". Der physische Schein, wo die
Sache wirklich da ist, die den Schein erregt, wird vom „ idealischen" (psychi-
schen, moralischen) Schein unterschieden. Die Absonderung der Wahrheit vom
Schein kommt dem Verstand zu. Der subjektive Teil des Scheins ist die
„Parallaxe". Die Triebfedern des Willens lassen sich wie Kräfte messen,
eine „Agathometrie" ist möglich.
Schriften: Kosmologische Briefe, 1761 (Von Newton beeinflußt). — Neues
Organon, 1764 (Hauptwerk). — Anlage zur Architektonik, 1771. — Logische und philo-
sophische Abhandlungen, hrsg. von Bernoulli, 1782. — Briefwechsel, 1781 f. — Vgl.
1). Huber, J. h. L., 1829. — J. Lepsius, J. H. L., 1881. — O. Baensch,
J. H. L.s Philosophie u. seine Stellung zu Kant, 1902.
Lambert von Auxerre, Dominikaner, um 1250. Eine „Summa
Lamberti" (Manuskript in Paris) wird ihm zugeschrieben.
Lamennais , Robert de, geb. 1782 in St. Malo, wurde katholischer
i'h'i. trat für die Freiheit der Kirche und für ein demokratisches Papst-
tum ein (vgl. seine Zeitschrift „L'Avenir"). Nachdem seine „Paroles d'un
ant" (1834) den schon begonnenen Bruch mit der Kirche vollendet hatten,
wandte sich L. einem philosophischen Rationalismus zu und verkündete das
Evangelium der Freiheit und Brüderlichkeit. Er starb 1854.
L. ist ein Vertreter der „reaktionären" (den Sensualismus u. dgl. bekämpfen-
Lamennais — La Mettbie. "'.(.)
den) französischen Philosophie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und
zwar des katholischen „Traditionalisnius", der aber von der Kirche verdammt
wurde. Beeinflußt ist L. von Plato. Plotin, Leibniz u. a. ,, Skeptiker' ist er
nur gegenüber den von den Intentionen der allgemeinen Vernunft wegführen-
den Philosophemen, nicht aber in beziig auf alles Erkennen. Die allgemein«'
Manschen Vernunft ist die Quelle von Wahrheiten, welche die Kirche uns auf-
zeigt. Später geht L. vom Begriffe des unendlichen Seins aus. Gott muß, um
zu sein, Kraft sein, um etwas Bestimmtes zu sein, eine Form (Geist) und außer-
dem Leben oder Liebe sein. In Gott besteht ein Prinzip der Trennung und
Vielheit. Das Endliche geht durch Schöpfung aus Gott hervor. Das Prinzip
des L^nterschiedes, die Schranke des Geistes ist die Materie, das Unendliche,
in allem Wirksame ist der Geist. Alles Endliche besteht aus Materie und
Geist, welch letzterer samt der Freiheit auf den höheren Seinsstufen herrscht.
Die Körper haben sich aus dem Äther entfaltet. Die Schöpfung ist eine Hin-
gabe des Unendlichen, ein Opfer desselben; alles nährt sich von Gott.
Schriften: Essai sur l'indifference en matiere de religion, 1817 ff. — De la
religion, 1825 f. — Essai (Tun Systeme philos. cathol., 1830 f., 1906. — Paroles d'un
croyant, 1834, 1890; deutsch 1843. — Livre du peuple, 1837. — Esquisse d'une Philoso-
phie, 1837 — 41, 1863: deutsch 1841. — Oeuvres completes, 1836 — 37. — Gesammelte
Werke, 1844. — Vgl. P. JANET, La philosophie de L., 1890. — ROU88EL, L.,
1893.
La Mettrie (Lamettrie), Julien Offroy de, geb. 1709 in St Malo, studierte
Medizin iauch, 1733, bei Boerhave in Leyden, von dem er beeinflußt wurde ,
war seit 1734 schriftstellerisch tätig, ging 1742 nach Paris, wurde Arzt bei den
Garden, machte einige Feldzüge mit und wurde anläßlich eines Fiebers auf
die große Abhängigkeit des Denkens vom Körper aufmerksam. Streitigkeiten mit
.»einen ärztlichen Kollegen zogen ihm Verfolgungen zu. seine Schriften erregten
Ärgernis. In Leyden, wohin sich L. begeben hatte, verfaßte er seine Haupt -
Bchrifl ..I/homme machine". 1748 berief ihn Friedrich der Große nach Berlin
als Vorleser und Mitglied der Akademie; 1751 starb er in Berlin.
L., der von Boerhave, Descartes, Locke u. a. beeinflußt ist, verficht den
anthropologischen Materialismus, zugleich den Atheismus, Sensualismus
und Hedonismus. Die Ursachen des Lebens sind nach ihm rein körperlicher
Art; das Organische geht aus dem Anorganischen hervor. Das Geistige wiederum
ist vom Organismus durchaus abhängig. Seele und Leib bestehen nur zu-
>ainmen, entere wächst mit dem Leibe und nimmt mit ihm ab. 1mV Empfin-
dung ist eine Funktion der Materie Mit ArnobittS nimmt L. an. dafi ein ein-
sam aufwachsender Mensch ohne Erziehung geistig leer sei. Aus Empfindungen
stammt alles Denken und Wollen. — Der Mensch ist 'ine sein- zusammen -
tzte „Maschine". Der menschliche Körper ist ..eine Maschine, die ihre Federn
selbst aufzieht--. Die psychischen Zustände Bind von den physiologischen und
pathologischen Prozessen abhängig, wie L. an vielen Beispielen dartut Je
ißer das Gehirn bei den Tieren, je feiner es organisiert i-t. desto höher Bteht
das Seelenleben. Die Gedankt n entwickeln sich mit den Organen. Das Gehirn
hat „seine Denkmuskeln, wie das Bein seine Gehmuskeln". Der Mensch ist
380 La Mettrie — Lamy.
eine ..Vereinigung von Triebfedern, die sich gegenseitig aufziehen". Die Seele
ist ..nur ein Bewegungsprinzip oder ein empfindlicher materieller Teil des
Gehirns". Bewegung und Empfindung erregen sich wechselseitig. Freilich ist
uns die Natur der Bewegung ebenso unbekannt wie die der Materie, aber daß
der Mensch eine organisierte Maschine ist, steht fest, wie dies von den Tieren
schon Descartes erkannt hat. Was mit der Maschine nach dem Tode geschieht,.
wissen wir nicht; eine „ unsterbliche Maschine" ist möglich. Im Universum
gibt es nur „eine einzige, verschieden modifizierte Substanz".
Der Atheismus ist nicht nur möglich, sondern wohltätig; ein Staat von
Atheisten würde der glücklichste sein. Das Wesen der Sittlichkeit liegt darin,
den anderen nicht das zuzufügen, was sie uns nicht tun sollen. Nach Lust
und Genuß strebt alles von Natur, nach sinnlichem oder geistigem Genuß.
Schritten: Histoire naturelle de l'äme, 1745. — L'homrae machine, 1748; deutsch
von Brahn, 1909 (Philos. Bibl.). — L'homme plante, 1748. — Reflexions sur l'origine
des animaux, 1750. — L'art de jouir, 1751. — Yenus metaphysique ou essai sur
l'origine de l'ärae humaine, 1751. — Oeuvres philosophiques, 1751, 1774, 1796. —
Vgl. F. A. LANGE, Geschichte des Materialismus. — PORITZKY, L., 1900.
Lamprecht., Karl, geb. 1856 in Jessen, Prof. der Geschichte in Leipzig,
hat auch Schriften über historische Methodologie und zur Geschichtsphilosophie
verfaßt.
L. ist der Hauptvertreter der deutschen „kollektivistischen" Geschichts-
schreibung. Die historischen Zustände sind sozialpsychische Erscheinungen,
welche verobjektiviert sind. Es besteht das Gesetz der „sozialpsychischen Lebens-
entfaltung in einer Reihe von Kulturstufen". Gemäß der „Kultlirgeschichts-
schreibung" bildet das Politische einen Teil des Kulturgeschehens. Die Wirt-
schaftsentwicklung ist nicht die Ursache, aber ein wichtiger Faktor der
Geschichte. Die Geschichte ist darzustellen nach „Perioden einer inneren
höchsten Wandlung der nationalen Psyche, nach Zeitaltern des symbolischen,
typischen, konventionellen, individuellen und subjektiven Seelenlebens", also
nach „Kulturzeitaltern" mit überwiegendem seelischen Habitus („Dominante",.
„Diapason"). Die Geschichte ist „angewandte Psychologie'* mit besonderen
Entwicklungsgesetzen. Individuen und Masse wirken zusammen. Die „Heroen"
sind nur „Führer nach entwicklungsgeschichtlich nahe gelegten, eben heran-
nahenden Zielen einer immanenten Entfaltung".
Schriften: Alte und neue Richtungen in der Geschichtswissenschaft, 1896. —
Die kulturhistorische Methode, 1900. — Der Begriff der Geschichte, 1903. — Moderne
Geschichtswissenschaft, 1905; 2. A. 1909, u. a.
Lamy, Bernard, 1640 — 1715. = Anhänger Descartes' und Malebranches.
Lamy, Dorn Francois, 1636 — 1711, Benediktiner. = Anhänger von Des-
cartes und Malebranche, ( l-egner der Leibnizschen Lehre von der prästabilierten
Hai tnonu .
Schriften: De la connaissance de soi meme, 1694 — 98. — Premiers elemcnts ou
entrees aux connaissances solides, 1706. — Lettrcs philosophiques, 1703. — Nouvel
atheisme renvorn'', 1703 (gegen Spinoza), u. a.
Laxdauer — Lange. 381
Landauer, Gustav, geb. 1870 in Karlsruhe.
Von F. Mauthner beeinflußt, von dessen Skeptizismus er zur Mystik, zum
Panpsychismus übergeht. Die Welt ist eine „unendlich komplizierte Kreuzung
psychischer Herrschaf tssyteme" (vgl. Nietzsche). Der Kaum ist rein subjektiv,
■die Zeit ist als „Form unserer Ichgefühle" ebenfalls subjektiv, zugleich aber,
da das Wirkliche selbst subjektiv, psychisch ist, real. Die körperliche Welt ist
eine „Metapher unserer Sinne", ein „Symbol, ein Zeichen für etwas, das gleicher
Art ist mit unserem Seelenleben". Das Individuum ist „das Aufblitzen des
Seelenstroms", ein Glied des „Seelenflutens'', das man Welt nennt. Körper
und Geist sind innerlich „Seelemveise". Das gemeinsame Ich der Individuen
ist des unendliche All mit seinem steten AVerden und an sich rein intensiven
Zuständen.
Schriften: Skepsis und Mystik, 1903, u. a.
Landesmaim s. Lorm.
Landry, Adolphe. = Xach L. ist die Moral die praktische Vernunft,
-welche die Gefühle richtig wertet.
Schriften: Principes de morale rationelle, 1906.
Lanei'. Paul. = L. lehrt einen „pluristischen Positivismus". Es gibt nur
„Vorkommnisse und Erlebnisse der Lebewesen". Die Vorkommnisse befinden
sich in einem kontinuierlichen Zusammenhange und Werden ; sie werden an
Leitfaden des Ichgefühls gereiht. Die Einzeldinge sind nur Komplexe von
Eigenschaften. Im Organischen gibt es keine Zielstrebigkeit, wohl aber „Form-
prinzipien".
Schriften: Plurismus oder Monismus, 1905. — Kalla, 1909.
Lang, A. — Schriften: Das Kausalproblem I: Gesch. d. Kausalprobl., 1904.
— Aphorist. Betracht, über d. Kausalproblem, 1909.
Lange. Carl Georg, geb. 1834 in Kopenhagen, Prof. der Pathologie, da-
selbst gest. 1900. = Physiologische Theorie des Psychischen; die Affekte erklärt
L. (wie eine Zeitlang James) aus organischen (vasomotorischen) Zuständen.
Schriften: Über Gemütsbewegungen, 1887; 2. A. 1910. — - Sinnesgenüsse und
Kunstgenuß, 1903.
Lange, Friedrich Albert, geb. 1828 in Wald (bei Solingen), 1852 Gymnasial-
lehrer in Köln und Duisburg, 1855 Privatdozent in Bonn, ging 1806 nach der
Schweiz, wurde 1870 Professor in Zürich, 1872 in Marburg, gest. 1875.
L.. dessen ..Geschichte des Materialismus" von großer Wirkung war, in
welcher einerseits die relative Berechtigung des (kritisch-methodischen) ..Mate-
rialismus'- (bezw. Mechanismus), anderseits dessen Unzulänglichkeil als Welt-
anschauung betont wird, gehört zu den ersten, welche im Beginn des dritten
Drittels des 19. Jahrhunderts auf Kant zurückgingen. Sein Standpunkt Lsl der
d«s kritische n Idealismus. Die Aprioritätslehre laßt er (analog wie
Schopenhauer, Helmholtz u. a.) zum Teil psychologisch, ja psyehophysisch auf;
gefanden wird das A priori durch Induktion, nicht apriorisch. Die Au-
schauungs- und Denkformen sind durch die „psychophysische Organisation0
bedingt. „Die psychophysische Einrichtung, vermöge welcher wir genötigt sind,
Lange.
die Dinge nach Baum und Zeit anzuschauen, ist jedenfalls vor aller Erfahrung
gegeben." Die Bedingungen der Erfahrung aufzusuchen, ist der Zweck der
Vernunftkritik. Nicht Begriffe sind vor der Erfahrung vorhanden, sondern nur
„solche Einrichtungen, durch welche die Einwirkungen der Außenwelt sofort
nach der Regel jener Begriffe verbunden und geordnet werden". Kants „reine-
Vernunft" läßt sich in Physiologie übersetzen. Die Kategorien sind von Kant
nicht wahrhaft aus einem Prinzip abgeleitet worden. Nur wenn wir die ein-
fachen und notwendigen Elemente alles Urteilens hätten, könnten wir die
wahren Kategorien erhalten. Der „synthetische, schaffende Faktor" unserer
Erkenntnis erstreckt sich bis in die ersten Sinneseindrücke hinein. Das Wesen
dieses Aktes ist „stets gerichtet auf die Erzeugung der Einheit, der Harmonie,
der vollkommenen Form"; es ist dasselbe Prinzip, welches im Ästhetischen und
Ethischen wirksam ist.
Die Wirklichkeit ist der „Inbegriff der notwendigen, durch Sinneszwang
gegebenen Erscheinungen". Die Welt ist unsere Vorstellung, „ein Produkt der
Organisation der Gattung in den allgemeinen und notwendigen Grundzügen
aller Erfahrung", die „Erscheinung für die Gattung". Das „Ding an sich" ist
nur ein „Grenzbegriff" von rein negativer Bedeutung, es ist absolut unerkenn-
bar, ja sein Begriff ist nur „die letzte Ausgeburt eines von unserer Organisation
bedingten Gegensatzes, von dem wir nicht wissen, ob er außerhalb unserer Er-
fahrung irgend eine Bedeutung hat". Objekte gibt es nur in Beziehung zu
einem Subjekt, nur als Erscheinungen ; auch die Sinneswerkzeuge und . das
Gehirn sind als solche nur Erscheinungen, Vorstellungen. Empfindungen sind
unmittelbare, Atombewegungen vermittelte, gedachte Erscheinungen. Das Natur-
erkennen ist eben nur ein „Analogon des wahren Erkennens, ein Mittel, uns zu
orientieren". Die ganze Erscheinungswelt als solche ist durch unsere Organi-
sation bedingt, sie ist allgemeingültig-objektiv, aber nicht unabhängige, absolute,
letzte Wirklichkeit.
Eine Metaphysik als Wissenschaft ist unmöglich, hingegen ist sie als
„Begriffsdichtung" von Wert. Die Ideen der Vernunft sind der Ausdruck
der in unserer vernünftigen Organisation liegenden „Einheitsbestrebungen".
Sie haben keinerlei theoretische Geltung im Gebiete des auf die Außenwelt ge-
richteten Erkennens, sind aber keine Hirngespinste, sondern „in der Natur-
anlage des Menschen begründet" und nützlich für die Ethik und Religion. Die
Begriffsdichtung der Spekulation ist individuell bedingt, ohne den Zwang der
Erfahrungsprinzipien. Die Einheitssynthese folgt ästhetischen Prinzipien, geht
auf ein harmonisches Weltbild. Der Mensch bedarf der „Ergänzung der Wirk-
lichkeit durch eine von ihm selbst geschaffene Idealwelt" (vgl. Fr. Schiller).
Die Metaphysik hat die Welt des Seienden mit der „Welt der Werte" in Ver-
bindung zu bringen und wird so ethisch wirken. Der Kern der Religion liegt
in der „Erhebung der Gemüter über das Wirkliche und in der Erschaffung
einer Heimat der Geister". Der göttliche Wille wird als das wahre Wesen
•neu Willens erkannt.
Der Materialismus nun ist eine „vortreffliche Maxime der Natur-
iiung", er gilt allgemein für das Gebiet der Erscheinungswelt, ohne aber
Lange. 383
eine Weltanschauung sein zu können, da er einseitig-abstrakt ist, nur eine
Seite der Dinge berücksichtigt und da das Bewußtsein nicht aus Physischem
abzuleiten ist. Nur vom Standpunkt der äußeren Erfahrung ist alles materiell,
gibt es nur Bewegung. Hier aber muß alles, was Gegenstand der äußeren Er-
fahrung ist, als materiell-mechanisch gedacht werden, die Erscheinungsreihe ist
geschlossen, nirgends dürfen nicht-physische Faktoren eingesetzt werden. Da-
her ist auch eine Wechselwirkung zwischen Psychischem und Physischem nicht
möglich, nur ein Parallelismus auf Grund der Identität des beiden Er-
scheinungsreihen Zugrundeliegenden. Eine substantielle Seele gibt es für die
Psychologie nicht (..Psychologie ohne Seele", Aktualismus). Die Physiologie
aber muß .,die physische Kausalreihe ohne irgendwelche Berücksichtigung des
sogenannten Bewußtseins durch das Hirn hindurch bis zu der ersten Ver-
anlassung der ganzen . . . Bewegung zurückverfolgen". Eben der subjektive
Zustand des empfindenden Individuums ist zugleich für die äußere Beobachtung
ein objektiver Molekularvorgang. Rein physiologisch betrachtet sind die mensch-
lichen Handlungen automatische Bewegungsprozesse; das Psychische ist nicht
die Ursache, sondern die andere Betrachtungsweise dieser Prozesse. Die Be-
wegungen aber sind, als solche nur Erscheinungen, die Materie ist nur als Objekt
des Bewußtseins real; was ihr an sich zugrunde liegt, wissen wir nicht, und so
ist der Materialismus als endgültige Weltanschauung unhaltbar.
In der „Arbeiterfrage" nimmt L. einen sozialen Standpunkt ein. Die
egoistische Konkurrenz unter den Menschen wird immer mehr durch Vernunft
und Sittlichkeit beschränkt und gemildert werden.
Schriften: Die Grundlegung der mathematischen Psychologie, 1865. — Die
Arbeiterfrage, 1865; 5. A. 1894. — Geschichte des Materialismus, 1866; 7. A., hrsg.
von H. Cohen, 1902 (Ausgaben auch in der Univ.-Bibl. und bei Kröner). — Neue Bei-
träge zur Geschichte des Materialismus, 1867. — Logische Studien, 1877; 2. A. 1894.
— Vgl. VAIH1NGER, Hartmann, Dühring und Lange, 1876. — O. A. ELLISEX,
F A. L , 1891.
Lange, Johann Joachim, 1670 — 1744, Prof. der Theologie in Halle,
Gegner Chr. Wolffs, dessen Landesverweisung durch ihn veranlaßt war, Ver-
fasser einer theosophischen Schrift „Conspectus de medicina mentis'\
Lange, Karl, geb. 1849, Schulinspektor in Dresden. = Von Herbart be-
einflußt.
Schriften: Über Apperzeption, 1879; 10. A. 1909. — T. Ziller, 1884, u. a.
Lange, Konrad, geb. 1855 in Göttingen, Prof. in Tübingen.
L. ist ein Gegner aller ,, metaphysisch-transzendentalen" Ästhetik, aber auch
die Einfühlungs- und Assoziationstheorie bekämpft er. Der Kern des Ästhe-
tischen ist die „bewußte Selbsttäuschung" (Illusionstheorie). „Die ästhetische
Lust beruht lediglich auf der Stärke und Lebhaftigkeit der Illusion." Der
ästhetische Genuß ist die Folge des Schwankens zwischen Wirklichkeits- und
Scheinbewußtsein („Schaukeltheorie''). Das Schöne ist das, „was Menschen
mit richtiger und intensiver Naturanschauung in Illusion versetzt". Die Kunst
hat sich aus dem Spiel entwickelt, sie trägt zur Erweiterung und Vertiefung
Lange — La Rochefoucauld.
unseres geistigen und körperlichen Lebens und dadurch zur Erhaltung und
Vervollkommnung der Gattung bei.
Schriften: Gedanken zu einer Ästhetik auf entwicklungsgeschichtlicher Grundlage,
Zeitschr. f. Psychol. der Sinnesorgane, Bd. 14. — Die bewußte Selbsttäuschung, 1895.
— Das Wesen der Kunst, 1902; 2. A. 1908. — Über die Methode der Kunstphilosophie,
Zeitschr. f. Psychol. der Sinnesorgane, 1904. — D. Wesen d. künstler. Erziehung, 1902, u. a.
Lange, Ludwig, geb. 1863 in Gießen. = Standpunkt der experimentellen
Psychologie Wundts.
Schriften: Die geschichtliche Entwicklung des Bewegungsbegriffes, Philos. Stud. III,
1886. — Der Bewegungsbegriff, 1886. — Neue Experimente über den Vorgang der ein-
fachen Reaktion auf Sinneseindrücke, Philos. Stud. IV. — Über das Maßprinzip der
Psychophysik, Philos. Stud. X, u. a.
Langenbeck, Hermann. = Standpunkt Lotzes.
S chrift en : Das Geistige nach seinem ersten Unterschiede vom Psychischen, 1864, u. a.
Langer, P., geb. 1851 in Oppeln, Realschuldirektor in Ohrdruf.
Schriften: Die Grundlagen der Psychophysik, 1876. — Psychophysische Streit-
fragen, 1893.
Languet, Henry (Pseud. „Junius Brutus"), 1518—1581. == H. gehört zu
den „Monarchomachen", den Verfechtern der Volkssouveränität auch dem
Herrscher gegenüber.
Schriften: Vindiciae contra tyrannos, 1597.
Lao-tse, chinesischer Philosoph, geb. 604 v. Chr. im Dorfe Kü-dschcu,
Geschichtsschreiber des Staatsarchivs, soll später nach Westen gewandert und
dort verschollen sein. = Nach L. ist der Urgrund der Dinge das „Tao" (Weg,
Vernunft), zugleich Weg und Ziel des Handelns. Anfangs war es allein, die
Welt ist aus ihm emaniert, wobei es selbst unwandelbar und unvergänglich
bleibt, immateriell, eigentlich nicht-seiend, unerkennbar. Außer dem Tao ist
alles nichtig, die Sinnenwelt als solche ist wertlos, die ewige Ruhe im Tao ist
das höchste Ziel.
Schriften: Taöte-king; deutsch von V. v. Strauß, 1870; von C. W. Noack, 1888.
Laplace, P. S., 1749—1827, der berühmte Astronom, ist philosophisch
durch seine „Exposition du Systeme du monde" (1796), mit ihrer bekannten
Theorie der Weltentstehung (vgl. Kant) von Bedeutung, ferner durch den
„Laplaceschen Geist", welcher aus einer gegebenen Weltformel alle künftigen
\\'< ltzustände erkennen könnte.
Schriften: Mecanique Celeste, 1799 ff. — Essai philos. sur les probabilites, 1814;
deutsch 1819.
Lapoiige, G. Vacher de. = Vertreter der anthropologisch-darwinistischen
Soziologie (Betonung der Rasse und der Selektion, Überlegenheit des lang-
schadeligen, blonden Ariers).
Schriften: Les selections sociales, 1896. — L'Aryen, 1899. — Kace et milieu
■ocial, 1909, u. a.
.La Rochefoucauld, Franyois von, 1613—1680. = Moralist, nach
welchem der Egoismus die Quelle alles Handelns ist. Unsere Tugenden sind
nur Ausfluß des Interesse- oder gar verkappte Laster (..vices d£guise*s").
I.A KM« H; II. Las M
;. ritten: Ketlexions ou sentences et maximes raoralea, 1 »: •
deutsch 1906 und in der l'niv.-Bibl. — Oeuvre«, 1818, 1868-
I ,ai oini^niore. Pierre, geb. 1756 in Lävignac, Prof . in Pari« (1810- I
L. geht aber den Sensualismus des ls. Jahrhui» .. B
Aktivität da - hinan-, welche die Quelle der Begriffe ist Durch -
ae Tai - irtivit.' propre1*) bemeisten di 9ch das Empfindui
material. 1 >ic Sinj erhalten >i<h bei der Bildung dei
aktiv, rein passiv sind nur di.- Siimesemdr&cke. Die Seele ist
modifu K'ratt („une foroe . . . <jui se modifie eüe-meme")« I1
ndtätigkeil („Toperation Eondamentale, la heulte* premiere, de laquelle
derivent toutes les autres Eacultes") ist die Aufmerksamkeit i..la con©
tion de 1'activite" de L'ime bot an objet"), welche die Vorstellungen kl
macht and einzelne heraushebt Durch deren Wirkung entstehen VorsteUuj
und D - Bewußtsein der Tätigkeil der Seele hat mit den Empfin-
dungen nichts gemein, ist eru - Außer den Einzelvorstelluj
haben wir Beziehungsempfindungi - tunent-rapport"), aus welchen durch
Aufmerksamkeit und Vergleichung die Relationsbegriffe hervorgehen,
lonc L'activite* (jui fait eclore lea gennea qim la natuiv a d.'|>ns»'s dan- !•■
timent" (Lecons, T. II. p. 103), Vergleichen und überlegen (raisonn*
durch welche dir gnaam mengesetzten und einfacht !• Si werden,
1 nur verschiedene Arten der Aufmerksamkeit („diverse« manJ donner
ntion"). I>i.- Id. . (Vorstellu die von anderen Empfin-
dung Empfindung („le sentimenl demele* d'avec d'aul
Lesqueb il se trouvail confondu i-t „im rapjM.rt de distii
1' - Denken analysiert, isoliert, vergleicht, ordnet usw. Im.- Ideen sind ab
|: i Urteile besondei (mit nur einem bestimmt
das urteil im engeren Sinne i-t di Erfasc eina Bi
h i /\\<-i deutlichen und gesonderten Gliedern („pereeption du rapport
l ein 1 rteil „par Bentiment" (Gefühlsurteü), „par idees" und „pai
mation' Bai I' lletl Denkens isl von der Sprache abhüiif .
ichkunst i,.l";irt de parier"). Da menschliche Geist ist „toul
- l'artifiec du 1 In der Verbindung der Vorstellungen und in
1 sich die
mnement" 1 1 h ren ist die Richtung d< i -
• in Bedürfnis l hende. Sind mehrer !'■•
banden, so kommt ei ram Vorziehen, rar W ■ h 1 und damit zur psych«»!
ethischen Willensfreiheit Diese ist ..!<• pom
loir, apres d&iberation", nicht als blinde, grundl« w ;
opfern rtige J l archl roi '
|
I. \MI. Ls
aheil ein
386 Lasaulx — Lasson.
Schriften: Neuer Versuch einer allein auf die Wahrheiten der Tatsachen ge-
gründeten Philosophie der Geschichte, 1857. — Philosophie der schönen Künste, 1860.
Lask, Emil, geb. 1875 in Wadowice (Österreich), Prof. in Heidelberg. ==
Standpunkt des kritischen Idealismus. Nach L. sind „Erkennen als subjektives
Korrelat des objektiven Wahrheitsgeltens und ethische Hingabe an die Wissen-
schaft voneinander zu scheiden" (gegen den Primat des Ethischen in der Logik).
Schriften: Fichtes Idealismus u. d. Geschichte, 1902. — ßechtsphilosophie, in: Die
Philosophie im Beginne des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Windelband u. 1905. — Gibt es
einen „Primat der praktischen Vernunft" in der Logik? Bericht über den III. intern. Kon-
greß f. Philos., 1909, S. 671 ff. — D. Logik d. Philos. u. d. Kategorienlehre, 1911, u. a.
Lassalle, Ferdinand, geb. 1825 in Breslau, gest. 1864 in Eigi im Duell.
= L„ der bekannte Sozialist, der für Produktiv- Assoziationen der Arbeiter mit
^taatskredit und für das allgemeine Wahlrecht eintrat, ist in der Idee seines-
nationalen Sozialismus von Fichte beeinflußt, sonst aber Hegelianer. Als solcher
unterscheidet er von der sinnlichen individuellen Existenz das Allgemein-Ideelle
der Dinge, wie es die Sprache zum Ausdruck bringt. Die Rechtsformen sind
historisch und national bedingt.
Schriften: Die Philosophie Herakleitos' des Dunkeln von Ephesos, 1858 (L. findet
bei Heraklit schon den Keim der Hegeischen Dialektik). — Das System der erworbenen
Rechte, 186 t; 2. A. 1880. — Die Wissenschaft und die Arbeiter, 1863. — Eeden und
Schriften, 1891—94. — Gesamtwerke, 5 Bde., 1899 ff. — Vgl. OXCKEN, L.
Las§on, Adolf, geb. 1832 in Altstrelitz, Gymnasialprofessor und Honorar-
professor in Berlin.
L. vertritt einen (durch Aristotelische u. a. Elemente) modifizierten Hegelianis-
mus. Der empirische Inhalt der Erkenntnis läßt sich nicht aus dem reinen
Denken ableiten, aber dieses selbst ist die apriorische Grundlage des Erkennens,.
es setzt nichts als sich selbst voraus, um gültig zu sein und sucht im Seienden
überall die immanente Vernunft. Das Wesen der Dinge ist der sich in der
Natur veräußerlichende, objektivierende Geist, dessen höchste Form Gott ist*
die Individuen bilden zusammen ein „Reich der Zwecke". — Im Recht und in
Sittlichkeit wie in der Religion manifestiert sich die praktische Vernunft.
Die Rechtsphilosophie ist die „Wissenschaft von dem Gerechten, wie es im
Rechten immanent ist". Ein Naturrecht gibt es nicht, sondern im positiven
Recht selbst ist die Rechtsvernunft aufzusuchen.
Die Welt ist eine „Welt von Gedanken". Das wahrhaft Seiende muß die
Natur des Begriffs an sich tragen. Die „Ideen" schweben nicht über den
Dingen, sondern sie sind „die Dinge selber, Substanz, Wesen und Begriff der
Dinge und darum zugleich ihre Wahrheit und Wirklichkeit". Die Sinnlichkeit
ist bloß der Anfang des Daseins der Dinge. Die Materie strebt überall nach
bestimmten Formen aus inneren Antrieben, der „Begriff" herrscht auch in ihr.
Die Materie ist „an sich seelenhaft", nicht schon beseelt, aber beseelbar. Die
..Form" ist das in den stofflichen Veränderungen wirksame Gesetz, das ge-
staltende Prinzip, der „eigentliche Leib". Das Seiende am organischen Leibe ist
., Gesetz seiner Entwicklung". Der Leib ist an sich ein „System von
LA860H — Lasswitz. 387
ideellen Beziehungen-'. Die „Farm" nur macht ihn zu einem identischen; sie
die ..Substanz des Leibes", das Stoffliche am Leibe ist nur Akzidenz, Mittel
zum Zwecke der Formerhaltung. Der Leib ist an sich kein Ding, Bondezn
ein Vorgang, ein sich Aufbauen. Der Leib ist „ßeelenerscheinung", „Erzeugnis
der Seele". „Die schöpferische, die bildende Einheit ist die Seele, und der
Leib die durch sie gestaltete ausgebreitete Mannigfaltigkeit. Mag man den
Körper der Physiologie überlassen — der Leib gehört in die Psychologie.- • Die
materielle Körperlichkeit mit ihrer lebendigen Bewegung ist ,,die Erscheinung
der beseelten Leiblichkeit, die das Selbst zu ihrem Einheitsbande hat und deren
tnsäußerungen die Verwirklichung des Selbstes bilden". Alle inneren
Tätigkeiten haben am Leibe „ein Gegenbild und eine Äußerung". Der Leib
ist in jedem Momente der „Niederschlag des gesamten Inhalts aller onserei
Erlebnisse". Alles ist in ihm aufbewahrt (Gedächtnis). Das Ich oder Selbst
ist kein Selbst ohne den Leib, der Leib ist nur als Leib dieses Selbstes; ans
Leib und Selbst besteht der Mensch. Die Seele ist „gestaltende Form, Einheit,
Macht der Selbsterhaltung und der Erhaltung der Gattung, Entelechie, innerer
Zweck". Der eigentliche, innere Leib ist die Seele selbst (Identität bei y.t-
»ehiedener Kr-<luinungsweise); die Seele ist das Wesen, der Leib dessen Er-
-«•heinung, der Ausdruck der Seele, da- „äußerlich geworden •• Gedächtnis der
i vgl. ßergson). Das Allgemeingültige im Denken, Fühlen und Wollen
der Geist. Leib, Selbst, Seele Bind Vorstufen und Mittel für den Geist
alfl den /weck und das Zi.l der Entwicklung.
Schriften: Fichte im Verhältnis zu Kirche und Staat, 18G3. — Meister Eckhart,
1868. — Das Kulturideal und der Krieg, 1868. — De causis finalibus, 1876. — Über
Gegenstand und Behandlungsart der Eeligionsphilosophie, 1879. — System der Rechts-
philosophie, 1882. — Entwicklung des religiösen Bewußtseins der Menschheit, 1883. —
Der Satz vom Widerspruch, 1886. — Vorbemerkungen zur Erkenntnistheorie, Philos.
Monatshefte, 1889. — Zeitliches und Zeitloses, 1890. — Das Gedächtnis, 1894. — Der
Leib, 1898, u. a.
I.allwitz. Kunl, geb. 1S4n in Breslau, Gymnasialp] ha,
. 1910.
L Bteht auf dem Standpunkte des kritischen Idealismus, den er mit dem
Panpsychismns Fechnen verbindet, mit Pesthaltung der rein physischen Be-
btungsweise der < Organismen (als „Gefüge") vom Standpunkte der äußeren Er-
fahrung den Vitalismus). Die Objekte Bind Dicht fertige Dinj lern
Bestimmungen, wodurch Di setzmäAij stellt werden, Zusammenhä
in gesetzmäßiger Einheit Die Wirklichkeil ist nichts fori i sondern
• in denkend eu Erzeugendes, wobei der Inhalt des subjektiven Erlebens nien
der Weltinnall ist, nur ein „inangelhaft bestimmbares Bruchstück des Ganzen",
apriorische Gesetze ermöglichen erst die Natur als solch/ I - nicht die
einzige Realität, es Lril»t Bedingungen anderer Wirklichkeiten, einer „Well der
Werte", einer sittlichen Welt mit dem „Grundgeseti da Freiheit'. AI- Einzel-
-II Bind wir ein Teil der Natur and zugleich Glieder
enthalten im anendlichen göttlichen Geiste.
D Dinge als Objekte und all Vorstellungen sind nur rerschiedi
38S Lasswitz — Lautere Brüder,
Gruppierungen und Bezüge derselben Elemente. Die allgemeinen Gesetze des
Weltinhalts sind zugleich die Gesetze des Bewußtseins, indem die Erkenntnis
zugleich mit dem objektiven Gegenstand die subjektive Vorstellung erzeugt.
Seelen sind „Einheiten, deren Inhalt in Form der Bewußtheit als Selbst-
erlebnis auftritt". „Was eine Einheit darstellt, das erlebt sich in dieser Einheit
in der Form des Psychischen; ihr gegenüber ist alles andere ein Physisches."
Es ist nur eines, das eben erst wird, indem es in dieser doppelten Beziehung
auftritt. Es gibt Planetenseelen, eine „Erdseele" (vgl. Fechner); der „Geist der
Menschheit" hat Selbstbewußtsein und gliedert sich dem Allgeist ein.
Schriften: Atomistik und Kritizismus, 1878. — Natur u. Mensch, 1878. — Die
Lehre Kants von der Idealität der Raumes und der Zeit, 1883. — Geschichte der
Atomistik vom Mittelalter bis Newton, 1889 — 90. — Von der psychophys. Energie und
ihren Faktoren, Archiv f. systemat. Philos., 1895. — Über moderne Energetik, Philos.
Monatshefte, 1893. — Wirklichkeiten, 1900; 2. A. 1903; 3. A. 1908. — Religion und
Naturwissenschaft, 1904. — Seelen und Ziele, 1908. — G. Th. Fechner, 2. A. 1901.
— Auf zwei Planeten (Roman) u. a.
Lanrie, Simon S. (Pseud. Scotus Novanticus), geb. 1823 iii Edinburgh,
Prof. daselbst, gest. 1909.
L. ist besonders von Martineau beeinflußt, Während im Zustande des
Gefühls noch keine Unterscheidung von Subjekt und Objekt besteht, wird im
Menschen das Subjekt sich seiner als Aktivität gegenüber Objekten bewußt,
Alles Erkennen ist durch einen Wahrnehmungs- oder Denkwillen bedingt ;
die Wahrnehmung selbst beruht schon auf einem „dialektischen" Prozeß, auf
einer Kritik der Empfindungen seitens des aktiven Subjekts. Denken und
Sein entsprechen einander, in beiden manifestiert sich ein Vernunftwille
(,.will-reason"), der auch die Quelle des Sittlichen ist. Das absolute Sein ist
also geistig; im göttlichen Geiste sind die Einzelgeister enthalten („Monistischer
Pluralismus").
Schriften: Philosopby of Ethics, 1866. — Metaphysica, nova et vestuta, a return
to dualism, 1884; 2. ed. 1889. — Ethica, or the Ethics of Reason, 1885; 2. ed. 1891.
— Institutes of Education, 2. ed. 1899. — Vgl. REMACLE, La philosophie de S. L., 1909.
Lautere Brüder (Ichwän es safä, Brüder der Reinheit), ein arabischer
Geheimbund, aus dem im 10. — 11. Jahrhundert eine Enzyklopädie von 51 Büchern
hervorging.
Der Standpunkt der L. B. ist ein Eklektizismus mit starkem neupythago-
reisch-neuplatonischen Einschlag und im Einzelnen mit Aristotelischen An-
schauungen. Die Weltanschauung ist hier die des Emanationssystems. Aus
göttlichen Einheit geht der Geist, aus diesem die Weltseele hervor, usw.
bis zu den stofflichen Dingen, wobei jede Emanationsstufe einer Zahl ent-
spricht. Die Zahlen sind die Urbilder der Dinge, die zusammen ein harmo-
nisches, überall zusammenhängendes System bilden. Die Natur ist eine von
en Kräften der Allseele, die von derselben in alle Körper unter dem Monde
a1 is1 und alle ihre Teile durchdringt. Sie ist ein Engel Gottes, eine
Dienerin desselben, denn Gott wirkt nicht direkt. Die Welt ist ein Organis-
ein „Mensch im Großen". Die Allmaterie ist der absolute Körper, aus
Lautere Brüder — Lazarus. 389
dem die Gesamtheit der Welt stammt. Die (vier) Elemente Bind Naturkörper,
ii denen einer in den andern sich verwandelt (z. B. die Luft in Wasser).
Die von der Materie freien Formen sind ewige Substanzen; /.n ihnen gehört
die menschliche Seele, die nicht getrennt von der Allseele besteht
Vgl. F. DlETERICI, Die Philosophie der Araber im X. Jahrhundert, 1865 ff. —
Die Abhandlungen der Ichwän es safä, 1883 ff.
Law, Edmund. 1703—1787.
L. bildet im Anschluß an die Unendlichkeitslehre Lockes die Theorie von
Raum und Zeit (gegen Newton, Clarke u. a.) im idealistischen Sinne weiter.
In der Erkenntnis kommt es nur auf die Beziehungen zwischen den Vor-
stellungen selbst an. Unendlich sind Raum und Zeit, weil die Fähigkeit des
Intellekts (Zählen) ins Unendliche geht, weil jene nichts an sich Seiendes sind
(..because they have not real existent nature at all"). Alle „relative ideas"
Bind nur Ideen in menschlichen Geistern (,, ideas only in mens mind") ohne
„externa] archetypes". Das ideale Universum hat in unserem Geist einen
idealen Ort, wo die Raumvorstellung ein Maß für die Relationen der Dinge
abgibt. Die Quelle der Raum- und Zeitvorstellung ist die Einbildungskraft,
die Assoziation.
Schriften: An enquiry into the ideas of space, tirae, immensity and eternity,
1734. — An Essay in Bthicc, 177 7. — Vgl. CASSIRER, Das Erkenntnisproblem
11, 368 ff.
Lawrow, Peter, 1823 — 190), war Offizier; russischer Geschichtsphilo-
Boph. = L. Btehl auf dem Standpunkt des Positivismus, Relativismus and
„Subjektivismus", insofern nach ihm das An sich der Dinge unbekannt i-t.
wir nur Erscheinungen kennen und das Ich (die Summe der individuellen
Subjekte) das Agens der Gesellschaft und der Geschichte ist. Strenge histo-
rische Gesetze gibt es nicht. In der Geschichte sind Bedürfnisse, Triebe.
Willensakte wirksam, ebenso Ziele, Ideen, Ideale. Die grollen Persönlich-
keiten verwirklichen soziale [nteressen. Ein uberindividueller Gesamtgeist
steht nicht
Schriften: Historische Briefe (deutsch), 1901. — Russische Schriften : Die Auf-
gabe des Positivismus, 1868. — Umrisse des systematischen Wissens, 1871 — 73. —
Versuch eines Gedankens der Neuzeit, 1886 lt., u. a.
Lazarus, Moritz, geb. 1884 in Filehne, Prof. in Bern, dann an der
Kriegsakademie in Berlin, seit is7:i Honorarprofessor an der Berliner Univer-
sität, gest 1908 in Meran.
I... der von Herbart ausgegangen ist, aber in vielem von ihm abweicht,
l-i. mit Steinthal, ein Begründer der Völkerpsychologie. Diese i-t dir
„Psychologie des gesellschaftlichen Menschen oder der menschlichen Gesell-
schaft", sie hat eine Erkenntnis des „Volksgeietes" ra erstreben, i-t die
„Wissenschaft vom Volksgeiste", von diu „Elementen und Qesetsen des
ätigen Völkerlebens". Sie hat es mit den Gesetzen des menschlichen Zu-
sammenlebens sowie mit dm Gebilden desselben (Recht, Bitte, Sprache am
eu tun. dann aber auch mit der Psychologie der Einzelvölker. Der Voll
390 Lazarus — Le Bon.
geist ist zwar kein metaphysisches Wesen, keine Persönlichkeit außerhalb der
Einzelgeister, aber als das Gemeinsame der Tätigkeiten dieser, als Produkt
ihrer Wechselbeziehungen hat er volle Realität; er beherrscht das geistige
Leben der Individuen und diese sind von ihm abhängig, wirken im Sinne des
Gesamtgeistes, der in den Persönlichkeiten selbst tätig ist. Die Gebilde des
„objektiven Geistes" (des bleibenden Resultates geistiger Prozesse) treten dem
Einzelnen als selbständige Mächte entgegen. In der Geschichte wirken vor
allem psychische Kräfte und Ideen als Ziele des Willens. Die Ideen (z. B.
die sittlichen) sind reale Mächte, produktive Kräfte. Die Geschichte zeigt eine
immer umfassendere Entwicklung der Humanitätsidee. Eine Kontinuität
der Kultur besteht, und durch psychische „Verdichtung" und „Übertragung"
wird der Fortschritt beschleunigt.
Unter der „Apperzeption" versteht L. die Reaktion der „vom Inhalt be-
reits erfüllten, durch die früheren Prozesse seiner Erzeugung ausgebil-
deten Seele". Die Sprache ist ein natürliches, soziales Erzeugnis. Die
Sprachlaute sind zunächst Erfolge von, durch Empfindungen und Vorstellungen
veranlaßten, Reflexbewegungen. Die Sprachgenossen verbinden mit der
gleichen Anschauung den gleichen Laut. Das Wort ist Zeichen der Sache,
zugleich aber Ausdruck und Erscheinung der subjektiven Auffassung. „Innere
Sprachform" ist die Beziehung der vielseitigen Sache zum Menschen , ver-
mittelt durch die Sprache.
Schriften: Die sittliche Berechtigung Preußens in Deutschland, 1850. — Über
den Begriff und die Möglichkeit einer Völkerpsychologie, in: Deutsches Museum, hrsg.
von Prutz und Wolfsohn, 1851. — Das Leben der Seele, 1856 f.; 3. A. 1883 ff. (Haupt-
werk). — Über den Ursprung der Sitten, 1860; 2. A. 1867. — Begriff und Methode
der Völkerpsychologie, Zeitschr. f. Völkerpsychol. I, 1860. — Über die Ideen in der
Geschichte, 1863; 2. A. 1872. — Zur Lehre von den Sinnestäuschungen, 1867. —
Ideale Fragen, 1878; 3. A. 1885. — Über die Eeize des Spiels, 1884 (das Spiel dient
der „Erholung"). — Die Ethik des Judentums, 1898. — Lebenserinnerungen, 1906,
u. a. — Vgl. A. LEICHT, L., der Begründer der Völkerpsychologie, 1904.
Le Bon, Gustave, Paris.
Nach L. sind die Massen keine Kulturerzeuger, sie wirken nur negativ,
sind impulsiv, suggerierbar, intolerant, konservativ, unterliegen dem Einflüsse
ihrer Führer usw. Es gibt homogene und heterogene Massen. Das In-
stinktive, Triebartige, Unbewußte, Alogische kommt in jeder Massenseele zur
Geltung; die Individualität der Mitglieder der Masse tritt zurück. Eine ein-
heitliche, neue Psyche, die „ Massen seele", bildet sich („loi de Punite mentale
faules")- „Die bewußte Persönlichkeit schwindet, die Gefühle und Ge-
danken aller Einheiten sind nach derselben Eichtung orientiert. Es bildet sich
eine Kollektivseele."
Die Materie ist nach L. ein Kraftreservoir („un simple reservoir des
forces"), eine relativ stabile Energieform; sie besteht aus Atomen, die mit sehr
großer Geschwindigkeit sich bewegen. Allmählich wandelt sich die Materie
durch Dissoziation der Atome in reine Energie um, so daß sie also nicht im-
rtörbar ist; die Masse ist nur das Maß der Trägheit.
Le Box — Le Grand. 391
Schriften: L'homrae et les societcs, 1878. — Les loia psychologiques de l'evo-
lution des peuples, 1894. — Psychologie des foules, 1895; deutsch 1907. — Psy.
logie du socialisme, 1902. — L'evolution de la niatiere, 18. ed. — L'evolution de la
force, 10. ed., u. a.
Lechalas, (Georges. — Schriften: Etüde sur l'espace et le terups. — Etudes
esthetiques, 1902.
JLeelair. Anton v. , geb. 1848 in Verona, Schulrat, einer. Gymnasial-
professor in Wien.
L. vertritt den Standpunkt des erkennt Distheoretischen Monismus (Idealis-
mus) und gehört zu den ,,Immanenzphilosophen,\ Denken und Sein sind
keine absoluten Gegensätze, sondern Korrelate, zwei Ausdrüeke für dasselbe
Gegebene. Denken ist ,,das Haben der Bewußtseinsdata unter Gesichtspunkten
der Tätigkeit-', Sein ist der ,, Bewußtseinsinhalt, an dem wir uns überhaupt
erst einer Tätigkeit bewußt werdend „Sein" ist nur der „höchste Gattungs-
begriff all«- desjenigen, was Bewußtseinsdatum ist oder sein kann'*. Denken
i-t <t«t< ..Denken eines Sein'-, Sein stets ,. gedachtes Sein'-. Aber es gibt \.i-
Bchiedene Arten dieses Seins und somit verschiedene „Wirklichkeitsgrade4'.
Die psychischen Tatsachen verlauten nur zeitlich und zeigen uns die Zustand,
und Veränderungen unseres Bewußtseins in ihrer unmittelbaren Wirklichkeit.
Vorstellungs-Akt und Vorstellungs-Inhalt sind zu unterscheiden. — Die Logik
beschäftigt Bich mit den ..Normalgesetzen des Denkens". „Richtigkeit- i<t
ein«- formale Eigenschaft des Denkens, ..Wahrheit-- (und Evidenz) eine mate-
riale Eigenschaft des Denkproduktes. Die obersten Relationsbegritte (Gleich-
heit, Ähnlichkeit, Kraft, Ursache, Einheit u. a.) Bind Begriffe, die nur die
Denktätigkeit seilet zum Inhalt haben; die Funktion dieser Begriffe i-t dem
«lenkenden Geiste eingeboren.
Schriften: Kritische Beiträge zur Kategorienlehre Kants, 1877. — Der -Realis-
mus der modernen Naturwissenschaft im Lichte der von Berkeley und Kant angebahnten
Erkenntniskritik, 1879. — Beiträge zu einer monistischen Erkenntnistheorie, 1882. —
Lehrbuch der allgemeinen Logik, 1894; 3. A. 1903 (mit G. A. Lindner).
I^eHere« Albert, Prof. in Bern. = nationalistischer Standpunkt.
S hrifton: Essai ci it. sur le doit d'aftirmer. — La morale rationelle, 19!
L«e Conte, Josef, 1«823 — 1901. = Amerikanischer Evolutionist N
Lamarekist. I>ie menschliche Entwicklung ist ein Sireben Dach einer höheren
Stufe, Dach einem Ideal.
Schriften: Religion and Science, 1873. — Evolution in Beligioiu Thon
1887. — Monist 1, Q,
I,e l>ant<'<- i. Dam
L.C Ft'VI'l1 B. laber.
Ii<kf«'vr<'. Qi irges, Prot in Lille. = Rationalistischer Standpunkt
hriften: Obligation moralo et idealisme, 1895, u. a.
Ii<» <«i'iiii<l. Antoine, Prof. in Douai, lebte später in England, gest. um
17"". = Anhanget I toscai V
392 Le Grand — Leibniz.
Schriften: Le sage stoique, 1662. — Institutio philosophiae, 1672. — Disser-
tatio de carentia sensus et cognitionis in bonis, 1679, u. a.
Lehmann, Alfred, geb. 1858 in Kopenhagen, Prof. daselbst. = Das
Wiedererkennen beruht nach L. auf Assoziation und Assimilation (gegen Höff-
ding). Die psychischen Gesetze sind Spezialfälle der Energiegesetze. Das Gefühl
der Lust ist die Folge davon, daß das Gehirn während seiner Arbeit keine
größere Energiemenge verbraucht, als die Ernährungstätigkeit ersetzen kann.
Schriften: Die Hypnose, 1890. — Über Wiedererkennen, Philos. Stud. V, VII.
— Die Hauptgesetze des menschlichen Gefühlslebens, 1892; 2. A. 1908. — Aberglaube
and Zauberei, 1898. — Die körperlichen Äußerungen psychischer Zustände, 1899 ff. —
Lehrbuch der psychologischen Methodik, 1906, u. a.
Lehmann . Rudolf , geb. 1855 in Crefeld , Prof. an der Akademie in
Posen. = Die Psychologie der Metaphysik untersucht, „welche psychischen
Faktoren sind für das Wesen und die Entwicklung des metaphysischen
Denkens überhaupt die maßgebenden". Bedingt ist die Metaphysik durch Ge-
fühlsimpulse und intellektuelle Motive, welche zu Analogien führen.
Schriften: Schopenhauer. Ein Beitrag zur Psychologie der Metaphysik, 1894. —
Zur Psychologie der Metaphysik, Archiv f. systemat. Philos. II, 1898. — Lehrbuch der
philosophischen Propädeutik, 1905; 2. A. 1907. — Wege und Ziele der philos. Pro-
pädeutik, 1905. — Kants Lehre vom Ding an sich, 1878, u. a.
Lehmen, Alfons, geb. 1847, Jesuitenpater in Valkenburg. = Thomisti-
scher Standpunkt.
Schriften: Lehrbuch der Philosophie auf Aristotelisch- scholastischer Grundlage,
1899 f.; 3. A. 1909 f.
Leibniz, Gottfried Wilhelm, geb. 1. Juli (21. Juni alten Stils) 1646 in
Leipzig als Sohn des Juristen und Professors der Moralphilosophie Friedrich
L. Er besuchte die Leipziger Nicolaischule und (1661) Universität, wo er Jus,
Philosophie (bei Jacob Thomasius), Naturwissenschaft usw. hörte und sich mit
Piaton, Aristoteles, Plotin, den Scholastikern, aber auch mit Descartes be-
schäftigte. Einige Zeit studierte er in Jena, wo er den Mathematiker E. Weigel
hörte. Seine Magister-Dissertation „De principio individui" (1663) verficht den
„Nominalismus", die Lehre von der alleinigen Kealität des Individuellen. In
der Schrift „De arte combinatoria" (1666) knüpft er an die Bestrebungen des.
Raimundus Lullus an. Dem erst Zwanzigjährigen wurde das juristische Dok-
torat in Leipzig vorläufig verweigert, er erhielt es aber in Altorf (1666) mit der
Abhandlung „De casibus perplexis in iure", ja sogar eine Professur ward ihm
angeboten, die er ausschlug. Kurze Zeit hielt er sich in Nürnberg auf, wo er
mit Alchimisten verkehrte und den Freiherrn von Boineburg, den früheren
kurmainzischen Minister, kennen lernte, der ihn nach Mainz zu gehen veran-
lagte, wo L. dem Kurfürsten die Abhandlung „Nova methodus discendae
ndaeque iurisprudentiae" (1667) widmete. Er schrieb ferner gegen den
Atheismus (1669) und gab die Schrift des Nizolius (1553) „De veris principiis
et vera ratione philosophandi" neu heraus (1670). Boineburgs Bestrebungen
i Wiedervereinigung der Protestanten mit den Katholiken
n;thm L. auf.
Leibbiz.
1672 reiste L. nach Paris, wo er mit Huygens, Bdalebranche u. a. verkeil
and durch eine Denkschrift Ludwig XIV. zur Eroberung Ägyptens zu
-Timmen suchte, um ihn von Holland und Deutschland abzulenken. Li
hielt er sich in London auf. wo er mit Newton, Boyle u. a. verkehrte, dann
Lebte er, bi- wieder in Paris. 1676 ernannte ihn der Herzi Braun-
-(•li\\ci<:-Lüneburg und Hannover zum Bibliothekar in Hannover; auf der
9e dahin kam er mit Bpinozt zusammen. In Hannover achrieb I.. die l
schichte des Braunschweigischen Fürstenhauses. 1678 wurde er Heirat, -|
heimer Justizrat Eine Reise (1687—90) brachte ihn (1688) nach Wien und
nach Rom. In unermüdlicher Weise war L. täti<:. schriftstellerisch (auch in
r Unzahl von Brieten an viele Gelehrte seiner Zeit), als Philosoph, i
Bchichtschreiber, Jurist, Politiker. An den Verhandlungen betreffs der Ver-
einigung der Lutheraner und der Reformierten (1697 tt.i beteiligte er sich,
ohne dal) diese Bestrebungen von Erfolg gekrönt waren. Die Begründung da
Berliner Akademie der Wissenschaften durch Friedrich I. hat L. (durch Ver-
mittlung seiner Schülerin, der Königin Sophie Charlotte, Tochter der Gemahlin
Ernst Augusts von Braunschweig, Sophie) angeregt. Ende 1712 bis 1711 Lebt«
L in Wien, wo er zum Reichshofrat ernannl wurde, nachdem er schon frühei
lel1 worden war: hier verfaßte er auch (1714) für den Prinzen Bugen die
Principe- de la oature et de la graee". In den Letzten Jahren Beines Leb
stand er im Briefwechsel mit Clarke. Nachdem L.. der Literarisch in
größtem Ansehen Btand, zuletzt beim Braunschweiger Hot in Ungnade gefallen
war, starb er am 11. November L716.
- im in Charakter nach war L. eine durchaus konziliante Natur, die in allen
Gegensätzen das Gemeinsame, Einigende sah und philosophisch „fast nichts vi
wart", was ihm fon mancher Seite den Vorwurf des „Eklektizismus" zuzog, obwohl
er in Wahrheil ein sehr origineller, wenn auch synthetischer Kopl war. Seine
Frömmigkeit war eine tiefe, innerliche und hinderte ihn nicht, der Wissen-
schaft zu geben, «ras ihr gebührt, d. h. die Geschlossenheil and Btrenj
lichkeit des Naturgeschehens zu betonen. Der Sinn für Ordnung, Har-
monie der Lebensverhältnisse war bei ihm Btark ausgebildet; das juristische
Ordnungs-Element kommt selbst in Beiner Metaphysik zum Ausdruck. Daß
L. ein Polyhistor ersten Ranges war, ist allgemein bekannt. Ebenso, daß et
Leicht von Newton beeinflußt) einer der Begründer der Differentialrechnung
< 1 7 7 ♦ > ; zuerst publiziert 1684: „Nova methodus pro maximis et minimis", in
den „Acts eroditorum") war. Das Prinzip des Unendlichkleinen und das Sl
keitsprinzip hat L auch metaphysisefa verwertet. Auch die Physik hat L
durch seine Theorie der Kran gefördert.
In seinem philosophischen Denken ist L. ron verschiedenst - beein-
flußt, insbesondere von Plato, Aristoteles, notin, von Augustinus, ron <l<r
»lastik, ron Descart lendi, den Okkasionalisten, Spinoza, von F. M.
bJelmont, <;. Bruno, Glisson d. a. Di Vereiniguj [ualitativen
mit «1er quantitativen, der teleologischen mit da mechanistisi hen
Weltanschauung tat das Ziel Denkens. In Leibniaena monadol
.•in pluralistischem! Spiritualismus wird die Welt (mit Di
394 Leibniz.
u. a.) als ein riesiger, in sich geschlossener Mechanismus aufgefaßt, zugleich
aber (mit Aristoteles u. a.) als ein System lebendiger, von innen heraus wirk-
samer und sich zielstrebig entfaltender Wesen. Von der Scholastik ging L. zu
Descartes' Lehren über, aus diesen aber, dem „Vorzimmer der Wahrheit", fand
er den Weg zur dynamisch-teleologischen Weltanschauung, welche die
„Formen" der Scholastiker und die „Entelechien" wieder zur Geltung bringen
soll. Unter dem Einflüsse seiner mathematischen und physikalischen Ein-
sichten kam L. allmählich zum Ausbau seiner Monadenlehre (von 1686 an;
den Ausdruck „Monade", der schon in ähnlichem Sinne bei G. Bruno vor-
kommt, gebraucht L. erst seit 1697 ; von der „prästabilierten Harmonie" spricht
L. zuerst in einem Briefe an Basnage de Beauval, Januar 1696; der Ausdruck
stammt, nach Bayle, von F. Lamy).
Eine fundamentale Rolle spielt im Systeme Leibnizens der Substanz-
begriff in Vereinigung mit dem Begriff der Kraft. Gegen die Atomistik (der
L. sich anfangs zuwandte) ist mit Descartes zu betonen, daß alles Ausgedehnte
sich immer weiter zerlegen läßt, so daß es keine materiellen Atome geben
kann. Aber Descartes' rein geometrisch-kinetische Bestimmung der materiellen
Substanz ist unzureichend, gibt nicht das Wesentliche und Wirksame an ihr
wieder. Daher ist auch die Formel m . v (Bewegungsgröße) als Kraftmaß ab-
zulehnen, welches vielmehr als m . v2 ist (also „energetisch" zu bestimmen ist);
auch erhält sich nicht bloß die Summe der Kraft im Universum, sondern
auch die Richtung der Kraft. Die Körper sind zusammengesetzt, sie sind
„Aggregate", nichts Einheitliches, Einfaches; sie fordern das Einfache als
Element, sie, die „Substantiate" bestehen aus den einfachen Substanzen. Die
Substanz nun ist ein Kraftwesen (ein „etre capable d'action"), ein unzerstör-
bares, von Gott geschaffenes, aber dann ewiges Wesen. Die Substanzen, aus
denen die Körper bestehen, sind nicht materielle, sondern seelenartige und
-seelische Atome, „metaphysische Punkte", denn das Vorbild des Seins ist das
Ich, die Seele des Erkennenden, die sich selbst als Substanz und Kraft erfaßt.
Die Kraft also ist das Konstituierende der Substanz, diese ist ein ewig Wirk-
sames. Die Kraft ist das ,, Aktionsprinzip", sie macht die Dinge zur Aktion
und Reaktion, zum Widerstände fähig, ist kein leeres Vermögen, sondern ein
Mittleres, zwischen dem Vermögen zu wirken und dem Wirken selbst, eine
„Entelechie", ein Streben, das nur (wie der gespannte Bogen) der Beseitigung
eines Hindernisses bedarf, um von selbst in Wirksamkeit überzugehen. Sie ist
etwas Seelisches, ein Streben, von einem Zustand (Vorstellung) zum andern
überzugehen. Die „aktive" Kraft ist die Tendenz zur Aktion, die „passive"
Kraft ist die Widerstandskraft (die dvzirvjcia der Stoiker), die „primäre
Materie" der Dinge, während die Körperlichkeit als ausgedehnte Masse schon
das (erscheinende) Produkt der Aggregierung von primären Kräften ist. Die
„toten" Kräfte entstehen aus den „lebendigen". Die Körper sind an sich
Komplexe einfacher Substanzen und Kräfte, bestehen also aus immateriellen
Elementen, die nur in ihrer Vereinigung und in Beziehung zur Sinneswahr-
nehmnng als materiell erscheinen, so daß die Körper als solche nur „wohlge-
gründete Erscheinungen" (phaenomena bene fundata) sind (Objektiver Phäno-
Leibhtz.
menalismus, Ideal-Realismus). Denn die Sinnesqualitäten (Farbe, Ton im
als solche iowie die räumliche Ausdehnung sind nur subjektiv (ideell).
Die einfachen Substanzen nennt L. Monaden. D - sind unkörperli«
onausgedehnte, einlache, nur qualitativ-graduell verschiedene, vorsteUend-
bende Einheiten, die „wahren Atome der Natur", ohne Teile. Das Ein-
fache kann nicht ausgedehnt sein, daher Bind die Monaden unaUBgedehnt,
sind .. metaphysische Punkte-- (points mätaphyajqnes, points de Bubstana
einfache, unteilbare Wesen sind die .Monaden von außen nicht direkt beein-
flußbar, es kann niehtB in sie hineinkommen, sie „haben keine Fenster'*. Alles
Geschehen in ihnen ist innerliche, spontane Veränderung, psychische Entwick-
lung, Entfaltung dessen, was in den Monaden von (Jrbeginn ai
Hervorgehen eine- [nnenzustandes ans dem andern nach dem <>
Stetigkeil i.Jex oontinuatLonis seriei Buarum operationum" so daß die
Gegenwart mit der Zukunft) die sie potentiell enthält, schwanger gehl „Tout
sent .'-tat d'une Bubstance simple est naturellement nne Buite de son etat
•'•dam. teUement que Le present y est gros de L'avenir"). Die Monaden
sind n glich, können nur durch Bchöpfung anlangen und enden: -ie
emanieren aus der obersten Monade der „monas monadun i sind
Ausstrahlungen der Gottheil (^fulgurations contmudles"; Annäherung an den
Pantheismus bezw. an den Emanatismus und Panentheismus). \'.~ gibt eine
Unendlichkeit von Monaden und alle sind voneinander verschieden,
„Prinzip der Identität des NichtzuunterBcheidenden" (prineipium identitatis
indiscernibilium) verlangt, wonach ewei nicht anterschiedene Dinge nur ein
Ding waren. Das Btetigkeitsprinzip alter fördert, dafl alle möglichen I
gange zwischen niederen und höheren Monaden bestehen, dafi nirgends eine
Lücke, nirgends sin Sprung vorkommt An >i<-h haben die Monaden nur
psychische I hatten. Vorstellungen („perceptionB"), d. h. Darstellungen
einer Mannigfaltigkeit fön Itdialteii in einem einheitlichen Zustande, ond
Streben („tendance"), von einem Zustande cum andern aberzugehen. Alles ist
also an sich beseelt und lebendig, es gibt nichts Totes Panpsychismus), alle
Monaden sind unserem Lnnensein analog (sie haben „quelque chose d'analogique
an Bentiment et ;i L'app6tit", sie rind „Seelen" im weiteren sinn.- . Vom
dumpfesten, nur momentanen i,.(nnne eiiim corpus est mens momentan«
Empfinden bis cur höchsten Klarheitsstufades Bewußtseins führen nnzäbJ
i Selbstbewußtsein und „Apperzeption" kommt nur den höhei
Monaden, den menschlichen und noch höheren Seelen G Jtern) zu. i
Körpermonaden („monades simples1', ..tont nues**) leben in einer Art dum]
Schlafes, so auch noch in den Pflanzen. Aber alle Monaden haben 1'
ceptionen und Strebungen, durch welche sie ineinander in Beziehung stehen.
Und alles besteht aus Monaden, i l man auch du Dingi teilt alles ist
innerlich gleichsam organisch, lebendig, wie die Fisch« I
tummeln. Die Monaden Bind „lebende - n de> l'niver-ntns-' ..mir
vivants de l'un konzentrierte Welten", • • Weit für sich",
Ob -ic allein da wäre und doch da- All in irgendeinen I innerlieh d
stellend und vorstellend, jede von ihrem besondern < punkte („point
3i)(3 Leibniz.
vue"), so daß man aus jeder Monade das All erkennen könnte. Alle Monaden
stellen das ganze Universum vor, aber hinsichtlich des Bewußtseinsgrades, mit
dem sie dies tun, sind sie verschieden. Die höchste Monade ist Gott, welcher
..actus purus", reine Wirksamkeit ohne Leiden ist; er ist die urspüng-
liche Monade („monas seu substantia simplex", „monade primitive")? der
Schöpfer aller übrigen Monaden, der Ort der ewigen Wahrheiten, der Bau-
meister der Natur, der Monarch im Beiche der Geister, der Stifter der Welt-
harmonie.
Die Monaden können einander nicht unmittelbar beeinflussen, gleichwohl
stehen sie in geregelten und geordneten Beziehungen zueinander und es sieht
alles so aus, als ob eine direkte Wechselwirkung bestände. Aber in Wahrheit
ist die Kausalität zwischen den Monaden eine indirekte, vermittelte, eine von
Gott ein für allemal hergestellte, vorausbestimmte, „prästabilierte" Harmonie
(„harmonia praestabilita", „harmonie pr£etablie", „harmonie universelle", „con-
sentement preetabli", „accord", „concomitance", „rapport mutuel regle* par
avance"). Die Zustände der Monaden „passen" jeweilig genau zueinander,
entsprechen einander, denn die Monaden stellen alle dasselbe Universum vor,
stammen alle von einem Prinzip (Gott) und sind alle von Gott so eingerichtet^
daß die Zustände in jeder Monade „mit Kücksicht" auf die in anderen
Monaden ablaufen. .,Car chacune de ces ämes (Monaden) exprimant ä sa
maniere ce qui se passe au dehors et ne pouvant avoir aucune influence des
etres particuliers ou plutöt devant tirer cette expression du propre fond de sa
nature, il faut necessairement que chacune ait recue cette nature d'une cause
universelle, dont ces etres dependent tous et qui fasse que Fun soit parfaite-
ment d'accord et correspondant avec l'autre, ce qui ne se peut sans une con-
naissance et puissance infinie" (Nouv. Ess. IV, § 11). Der Einfluß einer
Monade ist nur ein idealer, sofern in den Ideen Gottes jede Monade mit
Grund fordert, daß Gott bei der ursprünglichen Weltordnung auch sie berück-
sichtigt und den anderen angepaßt hat: „Sed in substantiis simplicibus in-
fluxus unius monadis in alteram tantum idealis esse potest . . ., quatenus in
ideis Dei unaquaeque monas cum ratione postulat, ut Dens ordinans caeteras
in principio rerum ipsius quoque rationem habeat." Indem Gott zwei Sub-
stanzen miteiander vergleicht, findet er in der einen Gründe, die ihn ver-
pflichten, eine der andern anzupassen : „Deus enim duas substantias simplices
(i. e. monades) inter se comparans, in una qualibet rationes deprehendit, quibus
ubligatur (i. e. determinatur ex principio melioris) unam aptare alteri." Jede
Monade hat Bezüge (respectus), durch die alle anderen Monaden „ausgedrückt"
werden („exprimuntur"). Nach Maßgabe ihrer Vollkommenheit, d. h. Tätig-
keit des mehr oder weniger klaren Vorstellens, ist eine Monade die ideale
„Ursache" für die Zustände einer anderen, in deren „verworrenen" Vor-
stellungen das Leiden dieser Monade besteht („Creatura dicitur agere extra se,
'juatenus habet perfectionem, et pati ab alia, quatenus est imperfecta. Ita
monadi actionem tribuimus, quatenus habet pereeptiones distinetas, et passiones,
quatenus confugaa habet").
Die prästabilierte Harmonie gilt nun auch für das Verhältnis von
Li:ii;Niz.
L< ib und Seele. Was nun zunächst die Organismen betrifft, bo isi rwai
nach L. aUea Leben Im Ghrunde seelisches Leben, gleichwohl aber isi er nicht
(empirischer) „Vitalist", er snerkennl keine besonderen Lebenskräi
„plastisch! Naturen" u. dgL II. Ifore, Ondworth u. a.
Prinzip der Physik", wonach ..ein Körper niemals eine andere Änderung in
seiner Bewegung erfährt, sie dnrch einen anderen in Bewegung befindlichen
Körper, der ihn stößt-, darf nirgends verletzt werden. Kraft and Richl
erhalten rieh konstant, können daher nicht beeinflußt werden, i i tuschen
K rper sind bis in ihre kleinsten Teilchen organisch; die Organismen Bind
„natürliche Automaten", „göttliche Maschinen", deren kleinste Teile noch
Maschinen sind. Der Organismus der Tiere ist ein Mechanismus, dar eine
•liehe Präforination voraussetzt; was aus ihr folgt st rein natürlich und
gänzlich mechanisch, wenn such innerlieh, an sieh alles im < Organismus
psychisch ist Die Organismen Bind unvergänglich, der Tod bedeutet nur eine
„Involution", eine Reduzierung des Leibes der Organismen, wie deren Ent-
rang eine „Evolution" ans priformierten Keimen ist Was <\<u Körpei
znin Organismus macht, i-t seine „herrschende" .Monade. Beine r,Entelechie"
oder Seele; der Organismue ist in beständigem Fluß, aber er verändert sich
S le ihre Organe nie auf einmal verliert.
Dii Seele im engeren sinne ist eine „herrschende" Monade mit V
Stellung, [Jnterscheidi] i lächtnis; di( 3 i wenn sie V
Dunft hat, d. li. der ewigen Wahrheiten teilhaftig ist, wodurch Bie ein Eben-
bild Qottes ist \h< Tiere haben nur ein „analogon rationis", ihr Denken i-t
rein assoziativ und triebartig, ohni Di( Verbindung von Seele und
I. ib nun beruht aut prastabilierter Harmonie. Eine Wechselwirkung zwischen
beiden ist nicht möglich, schon deshalb nicht, weil di< S nicht 1)1«'!'. die
Bewegungen, sondern auch nicht die Richtung der Körperbewegungen tu
Mildern vermag D Zwischen Psychischein und Physischem
besteht nach L folgendes Verhältnis: erstens sind alle physischen Voi
I scheinungen psychischer Kräfte; /weiten- geht dem inneren Zusammen-
hange in ei - nmonade ein innerer Zusammenhang (und dessen mechanische
l heinung) im Leibe (Monadenkomplex) paralleL I leide Eteihen Bind einandei
ordnet, dafi ohne direkten Einfluß, ohne Durchbrechung des Zu-
-ainmenhan-e«. jed i. in- die psychischen Zustände von den genau ent-
Bprechenden physischen Vorgängen I nl und umgekehrt h
Bind. & i und Leib gleichen zwei Ihren, die Gott bo eingei
ihr Gang für Immer ein übereinstimmender bleibt (vgL Bchon Geulii
immerwährenden Eingreifen <• eines Wund'
Okkasionalisten 1' Beel folgt ihren eigene] i
■ n und beide passen zu-ainnieii. ob/.w nd, all
.-Inder.- Paktor nichl I i Zustände der £
ihrem Innern und sind doch den physichen I Moment k<
form. „Les ftn isenl s< Ion li - I nales p im»
et 1 1 1< ►> « 1 1 ~. I..- cor|»- .i-i--eni selon l< tos OU d
mouvements. Rl lei deui «onl harmonique
Leibxiz.
..Dieu a cree d'abord Tarne de teile sorte, que pour Tordinaire il n*a
in de ces changernents, et ce qui arrive a Tarne, lui nait de son propre
tonds. saus qu'elle se doive accomoder au corps dans la suite, non plus que le
corps a Täme. Chaquun suivant ses lois, et Tun agissant librement, Tautre
saus choix , se rencontrent Tun avec Tautre dans les meines phenomenes"
(Werke, ed. Gerhardt IL 58). Hier wird also der psychophysisehe „Parallelis-
mus" (Ausdruck von L. selbst gebraucht) gelehrt, auf Basis des anthropologi-
schen Dualismus, aber ontologischen Monismus (Spiritualismus).
Indem alles Mechanische Erscheinung eines Psychischen, Zielstrebigen ist,
indem ferner der Mechanismus des organischen Körpers mit dem Zweck-
zusammenhang in der Seelenmonade übereinstimmt, indem endlich noch eine
Harmonie zwischem dem Reich der Natur und dem „Eeich der Gnade"
besteht, vermöge welcher die Dinge und Handlungen zum entsprechenden Zu-
stande, zum Heile, zum Glück (bezw. zur Strafe) führen, so daß alles in der
Welt aufs schönste, beste, gerechteste geordnet ist, dient aller Mechanismus
der Teleologie, indem er Ausdruck, Mittel und Folge der Finalität ist. Alles
geht in der Welt streng mechanisch zu, aber zugleich teleologisch : die Quelle des-
Mechanischen selbst ist das Teleologische („la source de la mecanique est dans
la nietaphysique''), denn die Ordnung des Mechanischen ist eine zweckvolle
Einrichtung des Universums durch die Urmonade. „Je me flatte d'avoir
pt-netre Tharmonie des differents regnes et d'avoir vu, que les deux partis ont
raison, pour rien qu'ils ne se choquent point; que tout se fait mecaniquement
et metaphysiquement en meine temps dans les jmenomenes de la nature"
iGerh. III, 607). In den allgemeinen Bewegungsgesetzen selbst ist die gött-
liche Weisheit erkennbar. Die Prinzipien der Physik und Mechanik gelten
allgemein und ausnahmslos, aber sie bedürfen zu ihrer Begründung des Hin-
- - auf die höchste Intelligenz und deren zweckvolle Wahl unter den mög-
lichen Ordnungen und Gesetzlichkeiten. Der Zweckbegriff hat bei L. sowohl
..konstitutive'" als regulativ -heuristische Bedeutung, er soll nach ihm auch zur
Auffindung neuer natürlicher („idealer") Kausalzusammenhänge führen. Neben
dem Prinzip der Notwendigkeit besteht ein „Prinzip der Angemessenheit'',
d. h. der von der göttlichen Weisheit getroffenen Wahl in der Natur (z. B.
daß jede Wirkung auf dem einfachsten und bestimmtesten Wege herbeigeführt
'.vird).
Die ganze Welt ist nach L. möglichst zweckmäßig eingerichtet, d. h. so
zweckmäßig, als es das Zusammensein der Dinge (ihre „Kompossibilität'-) er-
ht. Die Natur stimmt harmonisch mit geistigen und sittlichen Zwecken
zusammen ; es besteht eine Harmonie zwischem dem Reich der Natur („regnum
physicum naturae") und dem „Reich der Gnade" („regnum morale gratiae").
. h. zwischen Gott als Weltbaumeister („architectus machinae") und Gott als
rch des Gottesstaates („monarcha civitatis divinae"). Schließlich muß,
- Weltlaufes selbst, alles zum Guten ausschlagen, auch das Übel
". L. gibt eine Rechtfertigung Gottes wegen der in der Welt be-
iden Übel, eine Theodizee, welche die Welt als die beste der mög-
lichen dartul Optimismus). Gott, als das Vollkommenste, konnte nur das
Li .11. m/.
wählen und verwirklichen. Wäre die Well nicht <!
mögliche, so hätte Gott eine vollkommenere nicht erkennen oder nicht schaffen
i aichl trollen können, im den göttlichen Attributen der Allweisheit, All-
macht, Allgüte widerspricht ..II y ■ ratnnt de rerta et de bonhenr qull
rible." I>a- physische l bei Schmers) dient der Strafe und Beei
moralische Übel (die Band« d Produkt der Willensfreiheit and 1 1 • 1 1 t . - nur
Kosten dieser vermieden werden können, dm metaphysisch nht
r Endlichkeit der W< hört zur Wcltordnung, war in der Bph
der W'ahrlifit.ii eine Möglichkeit, die Gott fei wirklichen m
einem endlichen Wesen nicht slle Vollkommenheiten konnte. Des i
n Vollkommenheit des Weltganzen bei, dient der Harmoni«
selben; außerdem ist daa Böse nichts PositiTes, sondern nur ein« Bei
, —
Für di Psyi h< I >gie ist L in verschiedener Hinskhl von B
S durch die Auffassung der Beek alt eines die Welt „spiegeln-
durch den Begriff der inneren,
psychische Kausalität), durch die Betonung i alossenheit der
psychischen K»ih»* and der inneren Aktivität des Geic 9 Die 1
üon") im weitesten Sinne ist die Darstellung einer Vielh
in einer Einheit „une multitude dans l'unit. Die unbewußte (oder anl
\ orsteüm wird <lur<! -
mit anderen bewußt, spperzeptibeL Das Bewußtsein im
Apperzeption sla r,connaissance reflexive de oet «'tat interieur" I1
mit Aufmerksamkeit und Gedächtnis verbunden« imt
nur höheren Monaden zu, Di die Reflexion an das Ich denken i
die Apperzeption die Erhebung einer Vorstellun Selbstbewußtsein,
aktiv., selbstbewußte Erleben eines Inhalts. Das Unbewußte (Unterbewul
It in der LkSchen Monadologie ein« Rolle. I ■• |. : un-
endlichen Inhalt- der Seeli Monad< besteht ins unmerkli.hen („insensible«
für lieh all« -in wie die Elem< be der einzelnen Wnp-n .!• - n
nicht h< Per» ptionen. Aus ihnen bestehen auch die Empfind
der Sinne, welche klar all Komplexe, verworren den Teilen nach sind
cluns l'a--. ■mblajje. muis eonfus.* dans I. - pari:.-'. D ? nlichkeil
iniiniti. teilen, Refl
fühl der J ist «li.- Empfindung der VoUkommenheJ
1 »■ i Will. ; - h dem, was man für gut halt I
mm ■ dann Leitung <!•- Willem durch di< v. • •• \
Eureichenden Qrund, also such das Handeln and Wollen. D
Will nur bli
nicht, inklinimn nur i ..im-h
1 \\ nhl
i rundet
I Wille immer <l<n starken
Die Erkenn! eh i I :
400 Leibxiz.
(zum Teil gemäßigten) Rationalismus (verbunden mit Ansätzen zum Kriti-
zismus). Angeborene Begriffe als fertige Gebilde gibt es nicht, aber gegen den
Empirismus Lockes wird betont, daß zwar alles (elementare) Vorstellen aus
den Sinnen stamme, nicht aber der Intellekt selbst („excipe intellectum"),
der sich selbst angeboren ist. Die Seele gleicht bei ihrer Geburt nicht einer
, .tabula rasa" (gegen Locke), sondern eher einem Marmorblocke, dessen Adern
die künftige Statue schon prädeterminieren. Es gibt angeborene Anlagen
(„Dispositionen"), die nur der Erfahrung zur Entwicklung und Betätigung be-
würfen, dann aber in einer dem Intellekt selbsteigenen, ursprünglichen, not-
wendigen und allgemeinen Weise funktionieren. „C'est ainsi que les idees
-et les verites nous sont innees, comme des inclinations, des dispositions, des
halitudes ou des virtualites naturelles." Die angeborenen Wahrheiten sind
potentiell in uns („implicitement dans l'esprit"), sie sind „virtuell" angeboren,
nur Entfaltungen des im Geiste Angelegten : „Dans ce sens on doit dire que
toute rarithmetique et toute la geometrie sont innees et sont en nous d'une
maniere virtuelle, en sorte qu'on les y peut trouver en considerant attentive-
ment et rangeant ce qu'on a dejä dans l'esprit." Auch wenn diese Wahrheiten
-erst spät zum Bewußtsein kommen, so bleiben sie doch „angeboren" ; sie sind
unmittelbar evident, leuchten ein, sobald man sie erfaßt. Sie stammen nicht
aus den Sinnen, denn diese lehren nie, was notwendig ist (vgl. Kant). Ja, alle
Begriffe als solche entquellen dem Intellekte selbst, die Sinne sind nur Ge-
legenheitsursachen der Entwicklung der Begriffe im Bewußtsein.
Es gibt aber auch apriorische, „ewige" und notwendige Wahrheiten,
Vernunft Wahrheiten („verites eternelles", „verites de raison"), die von den tat-
sächlichen, „zufälligen", empirischen Wahrheiten („verites de fait") zu unter-
scheiden sind, indem sie im reinen Denken selbst ihre Quelle haben („vient du seul
entendement"), zeitlos gelten und absolut sicher sind („certitude immanquable
et perpetuelle") ; ihr Gegensatz ist denkunmöglich, während die empirischen
Wahrheiten nicht denknotwendig sind. „II y a aussi deux sortes de verites,
Celles de raisonnement et Celles de fait. Les verites de raison sont necessaires
et leur oppose est impossible, et Celles de fait sont contingentes et leur oppose
est possible." Es gibt auch „gemischte" Wahrheiten. Im göttlichen Geiste
sind „ewige Wahrheiten", die vom Willen Gottes unabhängig sind und die
Urbilder (Ideen) der Dinge darstellen ; Gott ist die letzte Quelle der Wahr-
heiten, der Ort derselben (vgl. Augustinus).
Angeborene, notwendige Wahrheiten sind die Axiome der Mathematik,
die wir vermittelst des „natürlichen Lichtes" (vgl. Descartes) einsehen und aus
dem gewinnen, was potentiell in unserem Geiste liegt. Die Mathematik ist
nicht bloß Größenlehre, sondern „Kombinatorik", Vernunftwissenschaft. Auch
die Logik will L. als „ars combinatoria" durchgeführt wissen, als „charac-
teristiea universalis", welche aus einfachsten Begriffen und Urteilen durch
logischen Kalkül vermittelst Zeichen Wahrheiten ableitet. Die obersten
[>' "■ sind der Satz des Widerspruches (nebst dem der Identität) und
der Satz des „zureichenden Grundes", der für empirische, zufällige Wahr-
heiten oj|r. welche alle zu ihrer Gültigkeit der Angabe eines Grundes bedürfen
Leiüxiz. 401
(,, raison süffisante, pour qu'une chose existe, qu'un evenement arrive, qu'une
verite ait lieu").
Die Erkenntnis ist dunkel oder klar, die klare Erkenntnis deutlich oder
verworren (confusa), die deutliche Erkenntnis adäquat oder inadäquat, sym-
bolisch oder intuitiv. Verworren ist jene Erkenntnis, welche zur deutlichen
Unterscheidung der Merkmale eines Dinges nicht ausreicht. Verworren (aber
dabei klar) sind die Sinnesempfindungen, welche einfach sind, weil wir die
Elemente, aus denen sie sich zusammensetzen, nicht unterscheiden. Das Kar-
tesianische Kriterium der Wahrheit, die „Klarheit und Deutlichkeit", reicht
nicht aus, die Wahrheit muß hier auch schon als möglich vorausgesetzt wer-
den, Widerspruchslosigkeit und Denkrichtigkeit muß hinzukommen. Die
Realität eines Phänomens beurteilen wir nach der Lebhaftigkeit, Vielfältig-
keit und Harmonie desselben, ferner nach seiner Übereinstimmung mit den
vorhergehenden Phänomenen und aus der Möglichkeit, zukünftige Phänomene
aus früheren vorauszusagen. „Absolute'' Realität („realite absolu") haben nur
die Monaden, die Körper als solche sind objektive Erscheinungen („phae-
nomena realia"). Die Sinnesqualitäten als solche sind subjektiv, ideell sind
auch Raum und Zeit als solche, aber es entsprechen ihnen Ordnungen der
Monaden. Der Raum existiert nicht unabhängig von den Dingen (gegen
Newton und Clarke), er ist nur eine Relation, die „Ordnung des Zugleichseil iß "
(„ordre de coexistence"), eine „Ordnung von Situationen", etwas Ideelles. Außer-
halb der Welt gibt es keinen Raum ; ein leerer Raum ist eine unnötige An-
mahme. Die Bewegung ist die Erscheinung einer Beziehung zwischen
Kräften; wirklich ist jene Bewegung, welcher ein Kraftimpuls im Körper zu-
grunde liegt. Wie der Raum ist auch die Zeit nur eine „ideale Möglichkeit"
(„simple possibilite ideale"), die Ordnung der unbeständigen Möglichkeiten
(l'ordre des possibilites inconsistentes"), die „Ordnung des nicht zugleich
Existierenden" und das Maß der Bewegung. Die Dauer ist die Größe der
v^eit. Die Zahl ist eine virtuell angeborene, adäquate Idee, die aber erst an
Beispielen erprobt wird. Der Begriff der Substanz (und des Seins) hat seine
Quelle und sein Vorbild im Ich und in dessen permanenter Identität. Unsere
gesamte empirische Erkenntnis beruht auf der Verarbeitung des Sinnesmaterials
durch das Denken und ist eine symbolisch-phänomenale Erfassung von
.Relationen der Monaden.
Das Ästhetische erklärt L. als Lust an harmonischen Verhältnissen,
welche wir unbewußt zählen und vergleichen; das Schöne ist ein sinnlich er-
faßtes Vollkommenes, Zweckmäßiges. — Die Glückseligkeit bestimmt L.
als beständige Freude; sie besteht im tugendhaften Leben und in der Liebe zu
Gott, welche uns am meisten beseligt. Liebe im allgemeinen ist „ein ßich-
erfreuen an des anderen Glück". Die Sittlichkeit beruht auf einem gene-
rellen Instinkt und besteht in der Liebe zu Gott und im Bandeln gemäß dein
mutmaßlichen göttlichen Willen. Die 'Tugenden Führen zur Vollkommenheit;
sie Bind feste Gemütsdispoeitionen. — Das Recht Ist eine „moralisch« Macht".
Drei*Stufen des natürlichen Rechts gibt es: L. das Btrenge Recht („ins Btric-
tum"), welches erzwingbar ist und der Wahrung des Friedens dient (als aus-
Eislor. Philoftophcon-Lexiknn. 26
402 Leibniz.
gleichende Gerechtigkeit), mit dem Grundsatz: „Neminem laedere". 2. Die
Billigkeit („aequitas") oder Liebe („Caritas"), deren austeilende Gerechtigkeit
auf Harmonie und Glück gerichtet ist: „Suum cuique tribuere". 3. Die Pietät
(„pietas") oder Redlichkeit („probitas"): „Honeste vivere'\ Die allgemeine Ge-
rechtigkeit gehört zu den ewigen Wahrheiten. — Unterordnung unter den
Willen Gottes bildet das Wesen der Religion. Aus dem Begriffe des voll-
kommensten Wesens, wenn er widerspruchslos ist, seine Möglichkeit feststeht
und er einen zureichenden Grund hat, folgt die Existenz Gottes (Ontologisches
Argument). Dazu kommen der kosmologische Beweis und das Argument aus
der Zufälligkeit (Kontingenz) der Welt und aus deren Zweckmäßigkeit.
Alles in der Welt muß so sein, wie es ist, aber daß das Ganze so und über-
haupt existiert, kann nur in einem außerweltlichen, allweisen, allmächtigen
Wesen seinen Grund haben, welches alles in Übereinstimmung miteinander
geschaffen und geordnet hat.
Leibniz hat — besonders in der Systematisierung und teilweisen Modi-
fikation seiner Lehren durch Chr. Wolff („Leibniz- Wolf f sehe Philosophie")
— viele Anhänger, aber auch manche Gegner gehabt. Zu den ersteren
gehören Hansch, Eberhard, Baumgarten u. a.; zu den letzteren
de Crousaz, L. Euler u. a. Von Einfluß ward L. auch auf Kant, ferner
auf Herder, Lessing, Fichte, Schelling, Hegel, Herbart, Beneke,
J. H. Fichte, Lotze, Carriere, Teichmüller, Koslow, Wundt,
Lachelier, Petöcz, Durdik, F. C. S. Schiller, Kirchner, Busse,
Ed. v. Hartmann, Wartenberg, Spicker, Droßbach, Wyneken,
H. Wolff, Renouvier u. a. Ein ,.Neo-Leibnizianismus" zeigt sich auch
zum Teil in der Naturphilosophie (Dynamisch-energetische Naturauffassung)
und in der Logik (Bolzanö, Husserl, Russell, Couturat u. a.).
Schriften: Außer den bereits genannten: De vita beata. — Meditationes de
cognitione, veritate et ideis, 1664. — Codex iuris gentium, 1693. — Discours de meta-
physique, 1686. — Systeme nouveau de la nature, 1695. — De rerum originatione
radicali, 1697. — De ipsa natura, 1698. — Considerations sur la doctrine d'un esprit
universel. — Nouveaux essais sur l'entendement, 1704 (erst 1765 gedruckt). — Conside-
rations sur le principe de la vie et sur les natures plastiques, 1705. — Essais de
Theodicee, 1710 (gegen Bayle, auf Grund der Gespräche mit Sophie Charlotte). — La
Monadologie. — Principes de la nature et de la gräce, u. a. Ferner viele wichtige
Briefe, mathematische, historische, theologische, juridische u. a. Arbeiten. — Gesamt-
auegaben: Raspe, 1765; deutsch 1778—80. — Dutens, 1768. — Guhrauer, 1838 — 40
(Deutsche Schriften;. — J. E. Erdmann, 1840 (viel benutzt). — Pertz, 1843 ff. (be-
sonders die mathematischen Schriften, auch von Gerhardt, 1849 ff.). — Klopp, 1864 ff.
Gerhardt, 7 Bde., 1875 ff. (bisher größte Ausgabe). — Janet, 1900. — Buchenau
(Hauptschriften, 2 Bde., 1904 f., Philos. Bibl.). — In Hannover sind noch viele unge-
druckte Handschriften. — Vgl. die Biographien von GUHRAUER (1842 f.) und
E. PfLEIDEBEB (1870), femer K. FlSCHER, Geschichte der neueren Philos. II. —
L. FeüEÄBACH, Darstellung, Entwicklung und Kritik der L.schen Philosophie, 2. A.
1844. — KIRCHNER, L., 1877. — L. STEIN, L. und Spinoza, 1890; Arch. f. Gesch.
d. Philos. I, 1887. — E. CASSIRER, L.s System, 1902. — COUTURAT, La logique
de L., 1902; Oeuvres et fragmens inedits, o. J. — P. RiTTER, Neue Leibniz-Funde,
Leibniz Leonhakdi. 41 •:;
1904, — FOUCHEB DE CaBEEL, La philos. de L., 1905. — K\J;iix. D. Philo*, d.
jungen L., 1909.
I < i-htmi . J. A., amerikanischer Philosoph. = Idealistischer Stand-
punkt.
Schriften: Fichtcs (Jonception of God, Philos. Review V, 1896. — Typical Modern
Conceptions of God, 1901, u. a.
Leint, Louis-Francois, geb. L804 in Gy, Mitglied der Akademie gest. lv77
in Paris. = Intelligenz und Wille sind im Schlafe nicht ganz aufgehoben.
Schriften: Memoire sur le sommeil, les songes et le somnambulisme, 1852. —
Physiologie de la pensee, 2. ed. 1862, u. a.
Lenioine, J. A. Felix, 1824 — 1874, Prof. in Nancy, Bordeaux, seit
an der Ecole Normale in Paris. = Anhänger des Vitalismus, aber nicht des
„Animismus" Btahls.
S hriften: Quid sit materia apud Leibnitiuin, 1847. — Charles Bonnet, 1850.
— Uu sommeil, 1855. — L'äme et le corps, 1862. — Le vitalisme et l'animisrae de
Stahl, 1864. — De la physiognomie et de la parole, 1865, u. a.
Leo Hebiaens, geb. um 1 100 in Lissabon, gest. zwischen 1520 und
i. ein (vielleicht später zum Christentum übergetretener) portugiesischer
Jude (Juda Abarbanel?). = Vom Platonismns beeinflußt, preist L. die geistige
Liebe eu Gotl (vgL Bpinoza).
ii ritten: Dialoge über die Liebe (italienisch 1535, 1541; auch hebräisch). —
Vgl. 15. ZlMMELS, L. H., 1886, 1892.
Leon. Xavicr. Prof. in Paria (Sorbonne). Begründer der „Revue de
m&aphysique et de morale'' (1893 ff.).
hriften: La philosophie de Fichte, 1902. — Revue de mötaphysiqoe V
Xll, ii. a.
I «'onardo da Vinci., 1452- 1519, der berühmte .Maler, war auch ein
hervorragender Mathematiker und Naturforscher und ist auch philosophisch
von Bedeutung (vgl. die „Manuscrits", 6 Bde., hrsg. 1880 — 91).
L. schreibt /war den hingen ein Streben nach Selbsterhaltung und den
Elementen eine Tendenz zur Vereinigung mit dem All zu, aber Eugleich betont
er die mathematisch-ineehanische (Jeset/.lichkeit des Naturgeschehens. Die
Mechanik ist das ..Paradies der mathematischen Wissenschaften". BJräfte sind
an materielle Bedingungen gebunden, die physischen Vorgange sind Bewegungen
in itrengern KansalzuBamnifnhangft. Erfahrung isl die Grundlage des w
aber die Vernunft betätigt Bich an ihr und entdeckt (durch das Experiment
inittelti die Draschen der Erscheinungen. Zugleich hat die Phantasie eine
■ntizipetorisehe Punktion im Entwerfen innerer Bilder.
Vgl. PKANII., L da V. in philM. Beziehung, Bayerisch« Akad. d. Wissen*, h.,
1885. — Soi.MI, Studi sulla tilosoha d. L da \ .. L8N CASBULKB, Dm BrkSBSt-
iroblea 1, 147 fl M. SBBSFELD, L ii v.. |. A. LMM. J, Piiaow. I*
pkikMopbifl d« L da \ ., l '.' l '.
I ooniiaidi. Hermann Karl ron, geb 1809 in Frankfurt a. M. Schi
404 Leonhak di — Lesage.
gersohn Chr. Krauses und Anhänger desselben, Prof. in Prag, Begründer des
ersten Philosophen-Kongresses (1868 in Prag), gest. 1875.
Schriften: Die neue Zeit (Zeitschrift 1870 ff.). — Der Philosophenkongreß als
Versöhnungsrat, 1869. — Sätze aus der theoretischen und praktischen Philosophie. —
Erneute Verminftkritik, 1869, u. a. (vgl. Krause).
Leronx, Pierre, geb. 1798 [in Paris, eine Zeitlang Buchdrucker und
Korrektor, dann Redakteur des „Globe" (seit 1831 Organ des Saint-Simonis-
mus), der „Encyclopedie nouvelle", der „Revue independante", der „Revue
sociale", 1848—49 Abgeordneter, gest. 1871.
L., der von Saint-Simon beeinflußt ist, vertritt einen idealistischen „Sozia-
lismus" (der Ausdruck S. stammt von L.). Das Christentum ist auf Erden
in der Gesellschaft zu realisieren, wie auch Gott in der Welt selbst sich be-
tätigt, sie mit seiner Weisheit und Liebe erfüllt. Die Unsterblichkeit besteht
im Fortleben oder Wiedergeborenwerden in den künftigen Generationen ohne
Identität der Person und ohne Erinnerung. Die Dreiheit des Christentums ist
das Wesen des menschlichen Geistes als Empfindung, Gefühl und Erkenntnis.
In der Gesellschaft entspricht diesen Momenten die Dreiheit von Eigentum,
Familie und Staat. Die Menschheit ist eine (in Gott ewig lebende) reale Ein-
heit, an welcher jedes menschliche Individuum Teil hat. Die menschliche
Solidarität beruht auf der Gleichheit, gemäß welcher jedem Menschen ein
seinen Fähigkeiten, Bedürfnissen und seiner Arbeit gemäßer Anteil an Gütern
gebührt,
Schriften: Refutation de l'eclecticisme, 1839. — De l'humanite, de son principe
et de son avenir, 1840; 2. ed. 1845. — D'une religion nationale, 1846. — De l'hu-
manite, 1848. — Du christianisrae, 1848. — De l'egalite, 1848, u. a. — Vgl. P. F.
Thomas, P. L., 1902.
Leroy, Georges, geb. 1723 in Paris, Oberaufseher der Jagden in Ver-
sailles, Mitarbeiter an der „Encyclopedie", gest. 1789. = Von Condillac und
Robinet beeinflußt. Die „Lettres" enthalten Ansätze zu einer vergleichenden
Psychologie.
Schriften: Exames des critiques du livre de l'esprit, 1760. — Reflexions sur
la Jalousie, 1772. — Lettres philosophiques sur les animaux, 1781, 1862 (Hauptwerk);
deutsch 1807. — Vgl. M. MARX, Ch. G. L., 1898.
Le Roy, Alfonse, 1822—1896, Prof. in Lüttich. = Von Kant beein-
flußter Spiritualist.
L<e Roy, Eduard. = Wie Poincare, Duhem u. a. vertritt L. einen
(pragmatistischen) „Xeo-Positivismus", nach welchem die Theorien und Gesetze,
ja auch die Tatsachen der Wissenschaft, Produkte geistiger Verarbeitung eines
Rohmaterials sind, wobei eine gewisse Auswahl, Willkür, Konvention zur
Geltung kommt.
Schriften: Dogme et critique, 1907. — Abhandlungen in der „Revue de meta-
phys. et de inorale" VII ff.
"besage, geb. 1724 in Genf, gest. 1803. = L. erklärt die Gravitation aus
dem Stoße der im liaum überall verbreiteten Korpuskeln.
Lesage — Lessing. 405
Schriften: Phyaique meoanique, 1818, u. a. — Vgl. W. Stosz, Lesage als Vor-
kämpfer der Atomistik, 1884.
Leser, Hermann, geb. 1873 in Weimar, Prof. in Erlangen. = L. ver-
ficht die Berechtigung der transzendentalen Methode in der Erkenntnistheorie,
nur muß sie durch die Berücksichtigung der ^kulturhistorischen Erfahrung"
\ ertieft "werden.
Schriften: Zur Methode der kritischen Erkenntnistheorie, 1900. — Das Wahr-
heitsproblem unter kulturphilosophischem Gesichtspunkte, 1901. — Grundcharakter und
Grundprobleme der Euckenschen Philos., 1907, u. a.
Lessewioz, W. W., L837 — 1905. = Positivistischer Standpunkt (ähnlich
wie Göring u. a.j.
Schriften: Die Philosophie der Geschichte, 1869. — Briefe über die wissensch.
Philos., 1878, u. a. (russisch).
Lessing, Gotthold Ephraim, 1729 — 1781, kommt in mancherlei Hinsicht
auch für die Geschichte der Philosophie in Betracht. In Leipzig wurde er mit
der Wolfischen Philosophie bekannt, später studierte er u. a. Spinoza und
Leibniz. Von den Aufklärern und Popiüarphilosophen seiner Zeit war es be-
Bonders Mendelssohn, mit dem er verkehrte.
L. ist insofern ein Vertreter der deutschen Aufklärung, als er mit großem
Freimut sich auf den Standpunkt der Vernunft stellt, nichts ohne Kritik hin-
nimmt und auch in der Theologie den religiös-ethischen Gehalt des Christen-
tums vom Historisch-Dogmatischen wohl zu unterscheiden weiß. In seinen
philosophischen Anschauungen ist L. nicht, wie Jacobi meinte (und Mendels-
sohn heftig bestritt), „Spinozist", wenn er auch in mancher Beziehung (Einheit
des Alls, Determinismus, Toleranz u. a.) von Spinoza beeinflußt ist. In erster
Linie steht L. auf dem Boden der Leibnizschen Weltanschauung, die er zu
einer Art Panentheismus weiterbildet.
L. ist ein entschiedener Vertreter des Individualismus (Pluralismus),
und zwar einer M onadologie, also „Panpsychist" : „Jedes Btäubchen dei Materie
kann einer Seele zu einem Sinn dienen. Das ist, die ganze materielle Well ist
bis in ihre kleinsten Teile U-seelt" (in der Abhandlung: ..Daß mehr als fünf
Sinne für den Manschen sein können"). Die Vielheit der Dinge aber wird von
der Einheit <;<>ttes umspannt, indem alles Seiende in Gott existiert (Über die
Wirklichkeit der Dinge außer Gott). Ausdehnung und Bewegung einerseitB
and Gedanke anderseits sind „in einer höheren Kraft gegründet, die noch lange
nicht damit erschöpft ist-. „Sie muß unendlich vortrefflicher -ein als diese oder
jene Wirkung; und so kann es auch eine An des Genusses für aie geben, der
nicht allein alle Begriffe übersteigt, sondern völlig außer dem Begriffe liegt"
(Gespräch mil Jacobi). Im , .Christentum der Vernunft" entwickell I. Beinen
christlichen Panentheismus weiter. Gott, das vollkommenste Wesen, hat -ich
v«.n Ewigkeit her nur mit der Betrachtung des Vollkommensten, also mit sich
selbst beschäftigen kö in. Was Gott vorstellt, das schafft er auch, indem
• r -ich in aller -einer Vollkommenheil dachte, schuf er Bich damit ein ebenso
vollkommenes Wesen, den „Sohn Gott", welcherGotl selbst oder ein „identisches
Bild" Gottes ist hie Harmonie, welche zwischen beiden i-t. i-t der h. Geist [ndem
406 Lessing.
ferner Gott seine Vollkommenheiten zerteilt dachte, schuf er Wesen, deren In-
begriff die Welt ist. In der Welt ist nirgends ein Sprung, eine stetige Stufen-
folge von „einfachen Wesen" existiert. Da jedes von diesen Wesen etwas hat,
was die anderen nicht haben, so besteht zwischen ihnen eine Harmonie. Diese
Wesen (Monaden) sind „gleichsam eingeschränkte Götter" mit verschiedenen
Graden des Bewußtseins. Jene Wesen, welche sich ihrer Vollkommenheiten
bewußt sind, sind moralische Wesen und folgen einem „aus ihrer eigenen Natur
entnommenen" Sittengesetze: „Handle deinen individualischen Vollkommen-
heiten gemäß". Die beste positive Religion ist die, welche die wenigsten
konventionellen Zusätze zur natürlichen Religion enthält. Ob Christus mehr
als Mensch gewesen, ist ein Problem. „Daß er wahrer Mensch gewesen, wenn
er es überhaupt gewesen; daß er nie aufgehört hat, Mensch zu sein; das ist
ausgemacht." Folglich sind die Religion Christi und die christliche Religion
zwei ganz verschiedene Dinge. Der Buchstabe ist nicht der Geist, und die
Bibel ist nicht die Religion, sie enthält mehr als diese und ist insofern nicht
unfehlbar. Aus ihrer „inneren Wahrheit" müssen die Überlieferungen erklärt
Averden. Das Christentum war, ehe Evangelisten und Apostel geschrieben hatten.
Seine (von Augustinus beeinflußte) Geschichtsphilosophie gibt L. be-
sonders in der „Erziehung des Menschengeschlechts" ; die Gespräche „Ernst und
Falk" enthalten den Gedanken, daß der Staat dem Wohle der Individuen dienen
soll, daß nicht die Individuen für den Staat da sind. Was die Erziehung bei
dem einzelnen Menschen ist, ist die Offenbarimg beim ganzen Menschen-
geschlechte, nämlich fortwährende Erziehung des Menschengeschlechts, die ihm
nichts gibt, was er nicht auch aus sich selbst haben könnte, nur daß sie es
ihm früher gibt. Eine gewisse Stufenfolge weist diese göttliche Leitung des
Menschengeschlechts auf, die von Polytheismus und niederster Moral zu höheren
Formen der Religion und Sittlichkeit führt. Der Monotheismus des Judentums
ward vom Christentum abgelöst. Die Zeit der Vollendung aber wird erst
kommen, wo der Mensch „das Gute tun wird, weil es das Gute ist", die Zeit
eines „neuen ewigen Evangeliums", das dritte Zeitalter. Eben die Bahn aber,
auf welcher das Menschengeschlecht zur Vollkommenheit gelangt, muß jeder
einzelne Mensch erst durchlaufen haben. Es ist möglich, daß jeder Mensch
mehrmals auf der Welt gewesen ist. „Warum sollte ich nicht so oft wieder-
kommen, als ich neue Kenntnisse, neue Fertigkeiten zu erlangen geschickt bin."
Eine Erinnerung an frühere Zustände ist nicht nötig.
L.s Bedeutung als Ästhetiker ist groß, doch weniger in philosophischer
Umsicht. Hier sei angeführt, daß L. unter dem Schönen die „undeutliche
Vorstellung einer Vollkommenheit, in welcher der Begriff der Einheit der klarste
ist", versteht (Bemerkungen über Burkes philos. Untersuchungen, 1758), ferner
dii Forderung, daß ein Kunstwerk ein „untadelhaftes Ganzes" bilde, daß die
Dichtkunst moralisch nütze und zugleich ergötze. Die Bedeutung des Genies,
,Mustergeistes", dessen glücklicher Geschmack der Geschmack der Welt
rird betont. Die tragische „Katharsis" faßt L. als Umwandlung der Affekte
in „tugendhafte Fertigkeiten" auf.
Schrillen: Das Christentum der Vomunft, 1753. — Pope ein Metaphysiker (mit
Lesseng — Lkw es. -l'».
Mendelssohn), 1 7 ö 5 . — Über die Wirklichkeit der Dinge außer Gott, 1 703. — Ham-
burgische Dramaturgie, 1767 — 69. — Ernst und Falk, 1778 — 80. — Die Religion Christi.
— Die Erziehung des Menschengeschlechts, 1780. — Gespräch mit Jacobi über Spinoza,
1785, u. a. — Auch gab L. die „Fragmente eines Ungenannten" (Reimarus) heraus. — VgL
die Hempelschc Ausgabe der Werke L.s ; ferner: E. SCHMIDT, L., 2. A. 1900. —
DlLTHET, in: Das Erlebnis u. die Dichtung, 2. A. 1907. — WlTTK, L. u. Haider,
1880. — SCHREMPF, L., 1906 (Klassiker der Philos I. — P. LOEENTZ, L.i Philo-
sophie, 1909 (Philos. Bibl.).
Leasing. Theodor, geb. 1^72 in Hannover, Dozent daselbst. = Nach I...
der sich zum „Aktivismus" bekennt, kann dio Philosophie ihr Lebensrechl ßich
nur als ..Philosophie der Tat", als „praktische Wissenschaft des Glückes und
der Eugenese", erstrecken.
Schriften: Die Erkenntnislehre A. Spirs, 1898. — Schopenhauer, Wagner, Nietze
1906. — Hypnose u. Suggestion, 1907. — Wertaxiomatik. Anh. f. nystem. Thilos. Xll,
— Philos. als Tat, Arch. I syst. Philos. XV, 1909, u. a.
Leukippos von Abdera (oder von Milet), (angeblichen älterer Zeitgen*
Demokrit, mit diesem Begründer der Atomistik (vgl. Demokritos).
Vgl. DlELS, Fragmente der Vorsokratiker 1. — E. ROHDE, Jahrb. f. Philos. u.
Pädagogik, Bd 123, 1881 — ZELLER. Arch. f. Gesch. d. Philos. XV, 1902.
I,e Yayei\, Francois de la Mothe, geb. 1588 in Pari-. Staatsrat, Erzieher
Ludwigs XIV., gest. 1672. = Le V. gehört za jenen Skeptikern, welch.- die
Unsicherheit theoretischer and Bittlich-religiöser Urteile der Gewißheit der -
offenbarten Religion gegenüberstellen.
Schriften: Cinq dialogues, 1671: deutsch 1716. — Vgl. ETIENKE, Essai sur la
Mothe Le V., 184t»
■jewl ben Gerson (Gersonides), franzosischer Jude, peb. 1288 in Bagnols,
gest. um 1344, Verfasser von Kommentaren zu Averroes u. a. und einer
selbständigen Arbeil „Milhamoth Adonai" (Kriege des Herrn, 1560, 1866). =
Von Averroes beeinflußter Aristoteliker, Gegner der Lehre von der Schöpfung
aus Nichts.
Vgl. Bf. JofiL, L. ben <;.. 1 802. — Praktl, Gesch. d. Logik 11.
I.c'vy-Rrnlil. Lucien, geb. ls~>. in Paria, Prot, in Paris (Sorbonne).
Vi.h L., der von Durkheün beeinflußt Ist, ist kein.' Wissenschaft normativ, also
auch nicht die Moralwissenschaft, welche soziologischen Charakter hat und eine
rein objektive, induktive Methode befolgt
h ritten: L"i<lr<' de responsabilit^, 1884. — La philo«, de Jaoobi, 1894. — La
Philosophie d'A. Comte, l. id. 1906. — La rnorale et la ■cienc« doi noeon, B. td. l I
— 1 :i rnorale icieatifique, 1907. — Les fonetion« meatalet dai
1 mi'.i, b. a.
I.«mv«»^. I Henry, geb. 1817 in London, gest. iv
L. ist ein von Comte und Spencer beeinflußter evolutioni» tischer Positivist,
der aber eine empirische, positive Metaphysik für möglich hält, in weichet das
„Metempirische", über die Erfahrung hinan- Liegende, vom Empirischen an
schieden wird. Das ^Metempiriache" ist das außerhalb der Grenzen mögliche]
Erfahrung Liegend« whatever liee beyond the limii- ol posaibli experieno
408 Lewes — Lichtenberg.
Physik und Metaphysik haben es mit Dingen und deren Relationen zu tun,
sofern sie erkennbar und ein Bestandteil unserer Welt sind ; alles Unerkennbare
ist zu eliminieren: ,,The scientific canon of excluding from calculation all in-
caculable data places Metaphysics on the same level with Physics." In den
Erscheinungen, die den Gegenstand der Erkenntnis bilden, manifestiert sich das
Absolute. Das Absolute ist nicht eine unerkennbare Kraft, denn Kraft ist uns
in der inneren Erfahrung durchaus bekannt. Objekte sind stets in Beziehung
zu einem Subjekt gegeben, ein unwahrgenommenes Objekt ist eine Abstraktion
vom Subjekt ; das „Ding an sich" ist ein „metaphysischer Fetisch". Die Dinge
sind, was sie in ihren Relationen sind. Psychisches und Physisches sind die
beiden Aspekte eines und desselben Wesens, stehen daher nicht in Wechselwirkung,
sondern laufen einander parallel; die Seele ist keine Substanz, sondern der Zu-
sammenhang des Erlebens selbst. Das Bewußtsein ist ein Epiphänomen des
Nervenprozesses. Bewußtsein ist etwas Unableitbares, das Unbewußte nichts
als der Nervenprozeß ; neben dem Oberbewußtsein gibt es im Organismus niedere
Bewußtseine. Durch Übung werden willkürliche Handlungen zu unbewußten
Vorgängen mechanisiert. Das Seelenleben der Individuen ist vom sozialen
Milieu abhängig, seinem Gefühlsleben wie seinem Intellekt nach: „The intellect
and the conscience are social functions ; and their special manifestations are
rigorously determined by social statics." Wie Spencer erklärt L. das Apriorische
der Erkenntnis für instinktiv gewordene, ererbte Gattungserfahrimg.
Schriften: Biographical History of Philosophy, 1845 — 46, letzte Auflage 1880;
deutsch 1871 — 76. — Corates' Philosophy of the Positive Sciences, 1853. — Physiol.
of Common Life, 1860; deutsch 1860. — Aristotle, 1864; deutsch 1866. — The-
Physical Basis of Mind, 1877. — Problems of Life and Mind, 1872—79 (Hauptwerk).
— The Study of Psychology, 1879. — Consciousness and Unconsciousness, Mind IIr
1877, u. a. — Vgl. L. CarrATJ, La philosophie de L., Kevue philos. II, 1876.
l,iur<I. Louis, geb. 1846 in Folaise, Prof. in Paris (Sorbonne). = Kriti-
zistischer Standpunkt (gegen den Positivismus). Nach L. ist nur eine ethische
Metaphysik möglich, welche das Absolute als das Gute bestimmt, das die
Ursache aller Vollkommenheit und aller Daseinsformen ist. Das Ich ist ein-
heitliche Aktivität, welche alle ihre Zustände beherrscht.
Schriften: Les Logiciens anglais contemporains, 1878; deutsch, 2. A. 1883. —
Des definitions g^ometr. et des defin. empir. — Descartes, 2. ed. 1903. — La science-
positive et la metaphysique, 5. ed. 1907; deutsch von F. u. G. Valyi, 1910.
Liberatore, Matthias. = Thomistischer Standpunkt.
Schriften: Institutiones philosophicae, 1851. — Trattato della conoscenza in—
Male, 1855, 1873. — Ethica et ius naturale, 1858. — Compendium logicae et
metaphysicae, 1868.
Lichtenberg, Georg Christoph, geb. 1742 in Ober-Ramstadt (bei Darm-
Stadt), Prof. der Mathematik und Physik in Göttingen, gest. 1799.
L. ist ein Vertreter der deutschen Aufklärung, der besonders von Kant
ilufit ist. Er ist ein Gegner alles Dualismus: er meint, ein tieferes Studium
der Natur werde zum , geläuterten Spinozismus" führen. Leib und Seele, Gott
und Well Bind nur Abstraktionen von einer einzigen Wirklichkeit. Von der Materie
L» HTENBERG — LlEBMANN.
kennen wir nicht- als Kräfte, die trag« Basis ist bloß Eürngespinst (vgL die
modernen Energetiker: Ostwald u. a.). Alles, was ist, ist eins. Unsere Erkenntnis
ist ein Produkt der Reaktion des Subjekts auf die Einwirkungen der l>ii
deren empirische Existenz ebenso gewiß ist wie die unsrige. Aber ob die 1>
mehr sind als unsere Vorstellungen, können wir nicht wissen, denn daß wir
Ursachen unserer Empfindungen denken müssen, isl eine rein subjektiv« N
wendigkeit. Aus uns heraus können wir nicht. Wie die Sache auch steht,
wir sind und bleiben Idealisten, denn alles kann uns nur durch unsere Vor-
stellung gegeben werden. ..Zu glauben, daß diese Vorstellungen und Empfin-
dungen durch äußere Gegenstände veranlaßt werden, ist ja wieder eine Vor-
stellung. Der Idealismus ist ganz unmöglich zu widerlegen." „Am
Gegenstände zuerkennen, isl ein Widerspruch; es ist dem Menschen unmöglich,
aus sich herauszugehen. Wenn wir glauben, wir Bähen Gegenstände, so sehen
wir bloß uns." Aber auch ein Ich außer dem Bewußtsein erfassen wir nichl
- tl „ich denke" sollte man sagen, „es denkt". I>a- Ich anzunehmen, zu
postulieren, ist „praktisches Bedürfnis".
S hriften: l her die Physiognomik wider die Physiognomien, 17 78. — Vermischte
riften, 9 Bdc, I8i>u tt'.; 8 lUie., 1844 — 53. Bemerkungen vermischten Inhalts (Mc
Volksbücher). — Vgl, JÖRDEN8, L.s Ideen, Maximen und Einfülle, 1827 — 29. —
1\ SCHAEFER, L. all 1' — \ Nr.i.MvNN. L ala Philosoph, Kant-
stodien IV, lfi
IJ<*litenl>c»r£<ki'. Henri, geb. L870 in Straßburg, Prof. in Paris,
hriften: Wagner poöte et pensenr, 1898, 5. ed. 1910. — Heine pensenr, i l
— La philosophi t/sche, L898, l. ed. 1908; deatsefa 1899; 2. A. 1900. —
F. Nietzsche, 4. ed. 1908, u. u.
I.i<'lit<kiifel*. Johann von, geb. 1 793, Prof. in Wien, gest lst'«*-» in Kronstadt.
L.. der von Jacobi beeinflußt ist, lehrt einen „unterordnenden Dualismus"
des Übersinnlichen und Sinnlichen, Übernatürlichen und Natürlichen, Geistig
und Körperlichen, Moralischen imd Physischen. Die Philosophie ist die„Wis»
schaff des Übersinnlichen aus der Vernunft". Die Seele isl der menschliche
Geist als eine vom Leibe /war nicht der Form, aber der Wesenheil nach v<
Bchiedene Substanz, welche dem Leibe als ihrem W< rkzeuge real übergeordnet
isl ein „Vernunftwesen", eine „übersinnliche Substanz", immateriell,
einfach, unsterblich. — Die Logik ist die Wissenschaft von der „Gesetz-
mäßigkeit des Gedachten", eine formale Wissenschaft Das Urteil ist die
„unmittelbare Begriffsbestimmung". Die Wissenschaften gliedert L in
Vernunftwissenschaft (Philosophie), Pormal Wissenschaft, Naturwissenschaft und
1 hieht-w issenschaft.
ii ritten: Grundriß d — Qrandlin. d
i. Lehrb. d. I-<>s^ik . L842. — Lehrbuch der Pi - Lehrbuch d
1846*— Lehrhnch der Moralphilosophi
situng iii die Philosophie, ■> \ is»'>:{. -- Metaphysik dei
Uolmiaiui. < »ii.. geb. lsl" in Löwent» ^chlesiei Prof. i Sti
. seit L882 in Jena.
L gehört zu den Neukantianern, ist aber auch \<>n Plato, \
41« > Liebmann.
Spinoza, Leibniz u. a. beeinflußt und wird auch zu den „Halbkantianern" gerechnet.
In seiner ersten Schrift „Kant und die Epigonen" (1865) wird wiederholt ge-
fordert, es müsse „auf Kant zurückgegangen" werden. Wenn auch Einzelheiten
der Kantschen Vernunftkritik nicht haltbar sind, so ist nach L. die Trans-
zendentalphilosophie, der kritische Idealismus und Phänomen alismus bleibend.
Das „Ding an sich" freilich ist ein „Unding", ein „hölzernes Eisen", Dinge
gibt es nur als Erscheinungen, wenn auch den Objekten ein x, dem Subjekte
ein y an sich zugrunde liegt. Die Außenwelt als solche ist ein durch die
apriorischen Anschauungs- und Denkformen bedingtes „kephalozentrisches
Phänomen". Erst durch „Translokation" der Empfindungen in den Baum und
durch unbewußte Beziehung derselben auf eine Ursache ersteht die Welt äußerer
Objekte. Die Außenwelt ist als solche „nur ein Phänomen innerhalb unserer
wahrnehmenden Intelligenz und daher den Gesetzen derselben unterworfen".
Aber die Ordnung der Wirklichkeit selbst zwingt uns, die Dinge und
ihre Verhältnisse in bestimmter Weise aufzufassen, und zwar so, wie es jede
uns gleichartige Intelligenz tut.
Es gibt verschiedene Arten und Schichten des A priori: relative Apriorität
haben auch die Sinnesqualitäten. Apriorität ist aber nicht psychologische
Subjektivität, sondern das A priori ist „metakosmisch", das Gesetz für jede
Intelligenz, das streng Allgemeine und Notwendige, die Grundform und Norm
des Erkennens, das logische Prius von Körper und Seele, das Transzendentale.
Eine „reine" Erfahrung wäre nur ein Chaos von Eindrücken, keine Erkenntnis.
Eine sokhe ist nicht ohne Anwendung von Interpolationsmaximen mög-
lich, durch wTelche das lückenhafte Wahrnehmungsmaterial zu einem zusammen-
hängenden Erfahrungsbestand durch Einschaltung der fehlenden Zwischenglieder
ergänzt wird, und zwar durch das Prinzip der realen Identität, der Kontinuität
der Existenz, der Kausalität, der Kontinuität des Geschehens. Kaum und
Zeit sind ideell (subjektiv), ein Produkt unserer Intelligenz, apriorische An-
schauungsformen. Von der logischen Notwendigkeit ist die „Anschauungs-
notwendigkeit" des euklidischen Raumes und der auf ihm basierenden geome-
trischen Axiome zu unterscheiden. Der gesehene Raum ist nur ein Bewußtseins-
phänomen, aber in der absoluten Weltordnung besteht ein Grund für die Be-
stimmtheit unserer Raumvorstellungen. Ebenso für die Zeitvorstellung, die
durch das identische Ich bedingt ist. Möglich ist die Existenz einer unend-
lichen „absoluten Intelligenz", welche über Raum und Zeit erhaben ist und
den Grund des Seins darstellt. Erkennbar ist sie aber nicht.
Alle Metaphysik kann nur hypothetische, kritische Metaphysik
sein, welche den Weltzusammenhang von unserem Standpunkt aus erfaßt, als
..hypothetische Erörterung menschlicher Vorstellungen über Wesen, Grund und
Zusammenhang der Dinge". Das Universum läßt eine Ideen -Ordnung er-
kennen. Die Ideen, die unveränderlichen Grundlagen der Entwicklung, sind
Komplikationen", denen gemäß bei einem bestimmten Zustand der
.Materie ein Mensch oder ein Individuum entspringen muß. Im Organismus
tritt zum Mechanismus und Chemismus ein „rätselhaftes Plus" hinzu. Eine
„Entelechie" ist hier unentbehrlich, der „idiotypische" Charakter des Organis-
Liebmanx — Linde. in
mus nötigt zur Annahme einer solchen. ,,Das organische Leben ist mehr als
ungebundenes Spiel physikalischer und chemischer Prozesse.'' Ein „gestalt-
bildender Faktor", der die Kräfte der anorganischen Natur als Büttel und
Werkzeug braucht, ist anzunehmen. Der Mechanismus schließt die Teleologie
oichl ans; der Zweck ist zwar kein konstitutiver Begriff, keine Kategorie, aber
doch eine vernunftnotwendige Betrachtungsweise. — Das Bewußtsein ist eine
UrtatBache, das Psychische nicht aus dem Physischen abzuleiten. Gegen einen
Btrengen peychophysischen Parallelismus sprechen die Einheit des Ichs, die
Freiheit des Denkens, der logische Charakter des Geisteslebens, während im
Physischen alles mechanisch, nach physikalisch-chemischen Gesetzen erfolgt.
In der Natur muß es aber eine objektive Vernunft (eine .,Logik der Tatsachen")
geben. — Im menschlichen Leben wirken Werturteile als Wirklichkeits-
faktoren. Der Wert ist eine Relation des Objekts zum urteilenden Subjekt,
vermöge «reicher es anderen Objekten derselben Gattung vorgezogen wird. Da-
da und Nein, als ursprüngliche Funktionen des Subjekts, Betzl die Wert«-.
Objektive Werte sind ..objektivierte Bejahungen". Ethik und Ästhetik sind
Normwissenschaften, gehen auf das Sollen, auf objektive Werte. Die sittlichen
[deale haben absoluten Wert, sie sind Selbstzweck.
Schriften: Kant und die Epigonen, 1865. — Über den individuellen Beweis für
die Freiheit des Willens, 1868. — Über den objektiven Anblick, 1869. — Zur AnaJysü
der Wirklichkeit, 1876; 4. A. 1911. — Über philos. Tradition, 1883. — Gedanken und
Tatsachen, 1882 tf. (2. A. 1904). — Die Klimax der Theorien, 1884. — Weltwanderun-.
philo*. Gedichte, 1899. — Vgl. Y.UHINUER und BAUCH, Zum 70. Geburtstag 0. 1. .-.
Festschrift der Kantstudien, 1910 (verschiedene Mitarbeiter).
Lignac, de, Joseph Adrien, Abbe', Oratorianer, gest. 1 7 * >J in Paris. =
Anhänger Malebranchee
Schriften: Elements de metaphysique, 175.'?. — Examen sörieux et eomiqoe des
di-' ours «ur l'esprit, 1759 (gegen Helvetius). — Le temoignage du Pens intime, 1T6(».
I ili< nf^hl. Paul von. geb. 1820 in Bialystock, Senator in Petersburg, gest
1903. L isl ein l [auptrertreter der ^rganisistischen" Soziologie. Die l
Bellschaft ist ''in realer Organismus eigener Art. dessen Zellen die Individuen
sind. 11- gibt «ine soziale Zwischenzellensubstanz, ein soziales Nervensystem usw.,
auch treten im sozialen Organismus pathologische EEemmungs- und Rück-
bildungserscheinungen auf. Das biogenetische Grundgesetz hat auch sozio-
logische Bedeutung. Im Verlaufe des Portschritts tritt der physische Faktor
der Entwicklung gegenüber den geistigen Tendenzen in den Hintergrund.
Schritten: < icdanken über die Sozialwissenschaft der Zukunft. ."» Bde., IST.'! tl.
— La pathologie sociale, 1896. — Zur Verteidigung der organischen Methode in der
Soziologie, 1898.
LHJeqTlsl, Bfraim, Privatdozent in Göteborg, Verfasser schwedischer
Schriften über F. Bacon (1894), die Sophistik (189 spezifische
Sinnesenergien i L899), n. a.
IJiido. Ernsti geb. is,'^i in Gotha, Lehrer daselbst, Herausgeber der
„Allgemeinen Deutschen Lehrerzeituni
412 Linde — Lipps.
Schriften: Persönlichkeitspädagogik, 2. A. 1905. — Religion u. Kunst, 1905. —
Natur u. Geist als Grundschema d. Welterklär., 1907, u. a.
Lindemann, Heinrich Simon, geb. 1807 in Landau, seit 1847 Prof. in
München, gest. 1855. = Anhänger Chr. Krauses. Er faßt das menschliche Ich
als Ebenbild der göttlichen Persönlichkeit auf.
Schriften: Die Lehre vom Menschen oder Anthropologie, 1844. — üenklehre oder
Logik, 1846. — Grundriß zu den Vorlesungen über Anthropologie, 1848, u. a.
Lindner, Ernst Otto, geb. 1820, Redakteur der „Vossischen Zeitung",.
gest. 1867. Verfasser der Schrift „Zur Tonkunst", 1864 und von Abhandlungen,
über Schopenhauers Philosophie. = Anhänger Schopenhauers.
Vgl. NOACK, Philosophie-geschichtliches Lexikon, S. 558 f.
läiidiier, Gustav Adolf, 1828—1887, Prof. in Prag. = Herbartianer.
Schriften: Lehrbuch der formalen Logik, 1861 ; 6. A. 1885 (später mit Leclair,
3. A. 1903). — Einleitung in das Studium der Philosophie, 1866. — Lehrbuch der
empirischen Psychologie, 10. A. 1891. — Das Problem des Glücks, 1868. — Ideen zur
Psychologie der Gesellschaft, 1871. — Über latente Vorstellungen, 18 75.
liindner, Theodor, geb. 1843 in Breslau, Prof. der Geschichte in Halle
a. S. = Geschichte ist „in menschlicher Gemeinschaft Geschehenes". Sie weist
Beharrung und Veränderung, Kontinuität und Variation auf. Ideen wirken in
der Geschichte als Wirkungen von Bedürfnissen.
Schriften: Goschichtsphilosophie, 1901; 2. A. 1904, u. a.
Lipps, Gottlob Friedrich, geb. 1865 in Albersweiler, Prof. in Leipzig. ==
L., ein Schüler Wundts, zeigt in dem letztgenannten Werk das Entstehen der
kritischen Weltanschauung infolge des Ge wahr werden s der Widersprüche, die
mit der Mythenbildung verknüpft sind.
Schriften: D. log. Grundlagen d. mathem. Funktionsbegriffs, 1888. — Grundriß
der Psychophysik, 1899; 3. A. 1908. — Untersuchungsn über die Grundlagen der Mathe-
matik, Philos. Stud. IX— XII. — Die Theorie der Kollektivgegenstände, 1902. — Die
Maßmethoden der experimentellen Psychologie, 1904. — Die psychischen Maßmethoden,
1906. — Mythenbildung u. Erkenntnis, 1907. — Grundriß d. Psychophysik, 3. A. 1908.
— Weltansch. u. Bildungsideal, 1911, u. a.
Lipps, Theodor, geb. 1851 in W allhalben, seit 1894 ord. Prof. in München.
L. ist einer der Hauptvertretcr des Psycholog ismus, aber nicht im
Sinne des Empirismus, Subjektivismus oder Relativismus, sondern in Ver-
bindung mit dem Geiste des Kantschen Kritizismus und einem objektiven Idealis-
mus; L. ist auch von Hume, Herbart, Fechner, Wundt u. a. beeinflußt, geht aber
jetzl über den Psychologismus hinaus. Die Philosophie ist nach L. „Geistes-
nschaft oder Wissenschaft der inneren Erfahrung"'. Logik, Ethik und
Ästhetik haben die Psychologie zur Grundlage, sind zum Teil angewandte
■
Die Logik ist eine „psychologische Disziplin"; die „reine" Logik ist die
Wissenschaft von den Gesetzen des überindividuellen Denkens, von den Vernunft-
zen. Überhaupt betont L. (in seinen späteren Arbeiten) das über-
individuelle Denken und Werten sowie die Notwendigkeit einer „reinen
Lipps. 413
Bewußtseinswissenschaft" im Unterschiede von der individuelle]] Psycholog
Ferner den „FordernngBcharakter" des* objektiv Gedachten und Gewerteten.
Die Objektivität der Gegenstände gibt sich in „Forderungen" seitens derselben
an unsere Apperzeption, unser Urteilen und Werten kund; diese Forderungen
sind überindividuell, im Transzendenten begründet (vgl. Bickerts „transzendentes
Sollen"). So liegt im Objektivitätsbewußtsein zunächst das Gefühl der
erzeptiven < Jebundenheit", jedes Erlebnis ist nicht nur subjektiv, sondern
auch objektiv bedingt; es gibt eine objektiv gerichtete, reine Gegenstands-
apperzeption. ..Gegenständ.-- Bind nicht ,, Inhalte'', nicht in mir, sondern für
mich, sie Btehen meinen psychischen „Akten" gegenüber. Nicht der unmittel-
bare Bewußtseinsinhalt ist der Gegenstand, sondern das damil „Gemeinte", das,
worauf ich in meiner Vorstellung ziele, ein Jenseitiges für mein Wahrnehmen,
das eine Forderung an dasselbe stellt. Solche Forderungen enthalten auch
alle objektiven B «■ 1 b rionen. Relationen sind „Apperzeptionserlebnisse" oder
„Weisen, wie Gegenständliches in meinem Apperzipieren und durch dasselbe
aufeinander bezogen erscheint'-. Jede Relation schließt eine Frage an das
Gegenständliche und dessen Antwort ein. Die objektive Relation i<t die wechs
seit j - reiche der apperzipierte Gegenstand vermöge welcher ihm
anhaftender Bestimmtheiten sich gibt, d. h. die er auf Grund dieser Bestimmt-
heiten vom Apperzipierenden fordert Die Logischen Relationen sind Relationen
der Logischen Zusammengehörigkeit. Apriorische Relationen sind ..durch
die bloße Qualität der * stände gegeben, in ihr begründet" (vgL lieinoi
A priori ist vor allem die Natur und Gesetzmäßigkeit des Geistes selbst. Es
gibt Stufen der Apriorität; rein a priori sind die Urteile über die Zeit, nicht
alter die über den Raum. I>a- Denken ist objektiv bedingte- Vorstellen und
Apperzipieren; die Kategorien (Denkformen) Bind Apperzeptionsformen, die,
subjektiv entspringend, doch objektive überindividuelle Geltung haben. Im
Denken schließt Bich ein Komplex von Vorstellungsinhalten zur Einheit des
Dinges zusammen, welch.- als wirkendes Wesen gilt; die Ding« Bind über-
individuell, aber (als Raumdinge) nicht transzendent Alle Einheit besteht
in der „Einheit des zusammenfassenden Denkens". Die „Einheitsapperzeption"
ist eine ursprüngliche Tendenz der Seele,
.Mit dem allen haben wir auch psychologische Anschauungen Ls berührt
Di( Psychologie will L. nicht als physiologische, Bondern zunächst als reine
Psychologie behandeln, al> Wissenschaft vom individuellen Bewußtsein, von der
le und den Beelischen „Erscheinungen", vom „Vorkommen von Bewußtseins-
erlebnissen in Individuen". Die psychischen V i e sind zu beschreiben,
zu analysieren und begrifflich zu bestimmen. Die innere Wahrnehmung ist
eine „Rückschau", ein „Wiedererleben in der Gegenwart". Der Gegenstand
der inneren Wahrnehmung hat absolute Realität Di< psychischen Akt«- sind
unbewußt, bewußt sind nur die Inhalte. Ein Bewußtseins Vorgang bedarf zu
seiner Entstehung des Zuflusses psychischer Krafi nach Maßgabe Beiner psj
sehen Energie. Die psychischen rDispoeiti «n" Bind unbewußte seelische Zu-
stände; -i< erzeugen Vorstellungen, indem nie von anderen zur Tätigkeil en
irerden. Die Assoziationen (Beziehungen zwischen Vorstcllu und der
41-4 Li PPS.
Ausdruck und die unmittelbare Betätigung der Einheit des Geistes. Die
Assoziationsgesetze (der Ähnlichkeit und Gleichzeitigkeit) sind „Gesetze der
Vervollständigung" zur Einheit. Eine Perseverationstendenz, d. h. eine Tendenz
der Beharrung der Seele in der Betätigungsweise, in der sie begriffen ist, be-
steht. Die Reproduktion ist „Tendenz des vollen Erlebens", Tendenz der „Treue
gegen mich selbst''.
Jedes psychische Geschehen hat den Charakter des Streben s. Streben
ist das „innere Zielen oder Gerichtetsein", es besteht in einem psychischen
Geschehen, in dessen Natur es liegt, in irgendwelcher Weise fortzugehen, und
dem dabei eine Hemmung begegnet. Es gibt aktives und passives Streben,
„mein" Streben und Streben „in mir". Das Gesetz der psychischen Stauung
besagt, daß die Quantität eines psychischen Geschehens sich steigert, wenn es
in seinem natürlichen Fortgang gehemmt wird. Psychische Absorption ist
sowohl die aktive Tendenz, alle psychische Kraft durch einen psychischen Vor-
gang zu absorbieren, in sich zu vereinigen, als auch die passive Tendenz, wo-
nach jeder psychische Vorgang durch das gleichzeitige psychische Geschehen
absorbiert zu werden strebt. Die Gefühle sind Ich-Erlebnisse, Symptome der
Weisen, wie psychische Vorgänge zum Zusammenhang des seelischen Lebens
sich verhalten oder stellen, wie sie sich in ihn einfügen. Das Wollen ist
„das Streben, daß etwas geschehe durch mich, durch mein Zutun". — Eine
fundamentale Rolle spielt bei L. (ähnlich wie bei Wundt) die Apperzeption.
Wir apperzipieren, indem wir „Inhalte uns aneignen, d. h. sie zu unserem
Selbstgefühl in Beziehung bringen oder in das System unseres Selbstbewußtseins
einordnen" (vgl. Leibniz). Apperzeption ist die „Heraushebung des apperzipierten
Gegenstandes aus dem allgemeinen Lebenszusammenhang". Aktiv ist sie, so-
fern sie von einem positiven Wertinteresse getragen wird. Objektiv bedingt ist
sie, als Forderung des Gegenstandes, als Erfüllung des Rechtsanspruchs des-
selben (s. oben). Das „Webersche Gesetz" ist nach L. (wie nach Wundt) ein
Apperzeptionsgesetz. Bezüglich der Raum Vorstellung vertritt L. eine Ver-
^(•hmelzungstheorie. Der Raum ist psychologisch, „die Form, in welcher gleich-
zeitige Gesichts- und Tastinhalte geordnet erscheinen". Auch die Zeit Vor-
stellung beruht auf einer extensiven Verschmelzung. Es besteht ein Fortgang
des psychischen Geschehens und ein Sichverweben der Momentanerlebnisse zu
einem einheitlichen Zusammenhange; die Stadien dieser Assimilation sind
„Temporalzeichen".
Das Ich ist nicht der bloße aktuelle Bewußtseinszusammenhang, sondern
das diesen Erzeugende, im Gefühl unmittelbar seiner Wirklichkeit Bewußte.
Das Ich ist (psychologisch) der „Zusammenhang von Möglichkeiten eines
Bewußtseinslebens". Die Momentan-Iche verdichten sich zur einheitlichen Ge-
samtpersönlichkeit. Das reale Ich ist die Seele selbst, als „An sich" des Gehirns.
Das Ich ist nicht Erscheinung, sondern Manifestation des Weltbewußtseins, das
einheitlich und dabei in einer Vielheit von Punkten Ich ist, als das „Welt-Ich".
Das reale ich ist dieses „transzendente Welt-Ich" an einem bestimmten Punkt,
in dieser individuellen Eingeengtheit, Beschränktheit und Unvollkommenheit.
Ohne Substrat ist nur das göttliche Welt-Ich selbst, in dem alles Psychische
Lrppß. 415
geschieht; es ist aktualer Zweclraisainmeuhang, voluntaristiBch-teleologiBch zu
n stimmen.
Damit Bind wir bei der Metaphysik von L. angelangt Das göttliche
Allbewußtsein umfaßt nach ihm die individuellen Subjekte und die objektiven
Inhalte derselben. I>i<- Wirklichkeil isi an sich Geist, dieser ist das W« -
<lcr Xatur. sie ist Beine Entfaltung („absoluter Idealismus"). Die Seelen >in< 1
Konzentrationen des in allem tätigen Welt-Ich; der Mechanismus isi die Er-
scheinung eines universellen Zweckzusainmenhanges. 1 >a< Bewußtsein macht
den eigentlichen Sinn der Worte Kraft, Energie usw. aus. .. I >i« Welt, die
unseren Sinnen sich darstellt, isi dann die Sprache, in welcher die Wirklichkeit
zu unseren Sinnen und durch diese hindurch zu unserem individuellen Bewußt-
sein redet, und die Welt der Naturwissenschaft, ihre .Xatur'. ist die W<
wie die Gesetzmäßigkeit dieses Wirklichen in der räumlichen Sprache der
Naturwissenschaft sich ausnimmt und soweit es in dieser Sprache darstellbar
i-t." l>i« Körperlichkeit der Dinge ist erst dadurch gegeben, dafi wir das
Unmittelbare der äußeren Erscheinung zu einer Welt quantitativer Relationen
..Hindenken", zu allgemeingültigen, objektiven Erscheinungen. „Das Gegebene
wird umgedacht, bis es der Gesetzmäßigkeit des Geistes sich fügt." 1>
..Natur- als Bolche ersteht so erat als kausal-materieller Zusammenhang, als
ietzmäßig geordnetes Ganzes von lauter Beziehungen, als einheitlich«- System
setzmäßiger Abhängigkeitsbeziehungen zwischen räumlichen, zeitlichen und
Zahlbestimmungen, als Erscheinungswelt. Die Kritik und Theorie der aatur-
nschaftlichen Erkenntnis i-t die Naturphilosophie.
Den l _ zur Ethik bildet die Werttheorie . die als ..reine Wert-
lehre" auszubauen i-t. Das Werten ist das Bewußtsein von der Weise, wie ein
Erlebnis zu meiner seelischen Xatur oder einem Zug innerhalb derselben -ich
verhält. Bedingung des Wertbewußtseins ist die „Wertapperzeption''. Ein Ding
hat einen Wert, sofern es die Eignung hat, ein Wertgefähl zu erzeugen; objektiv
i»t die Wertung, wenn sie durch den Gegenstand selbst „gefordert" ist und
au<h da- Gesetz des (reinen) leh sie fordert Objektiv-absolut i-t der Wert für
„ideale fch", der Wert des ganzen, idealen Ich selbst, der sittliche Wert.
Ihr Ethik von L. ist idealistisch-formale Persönlichkeits- und Gesinntu
ethik, die an Kant orientiert i-t. Di.- . . M . » 1 1 1 . 1 1 1 ; 1 1 1 j > • r - - - 1 1 1 i o h k t • i 1 1 ■ i i • ' verdichten
-ich zu ein.r einheitlichen GesamtperBÖnlichkeit, deren Gesetz für da- sittliche
Handeln bestimmend wird (Autonomie, auf Grundlage 'ine- Autodeterrninismus,
einer psychologisch-ethischen Willensfreiheit als Bestimmung de- Wollens durch
die Persönlichkeit), sittlicher Wert i-t ,,PerBÖntichkeitBwert"j Wert, den die
Persönlichkeit selbst hat. Sittlichkeit i-t Freiheit im sinne der „freien Übt
einstimmnng mit einem eigenen inneren I daß da» sittlich«
Bewußtsein die unmittelbarste Offenbarung d liehen Weltbewußtseüii in
ans i-t. Der sittliche Wert unseres Tun- wird nur durch du- Gesinnw
stimmt und durch da- Gewisses nnmittelliar beurteilt; sittlich richtig i>t ein
Willensentscheid, gegen den auch ein »vollkommen erieuehtetei Gewissen keine
Einsprache erheben könnte. Dia obersten Sittenregeln sind: „Vernähe dich
jederzeit -<>. daß du hinsichtlich dieses deines inner« ii Verhaltens dir seil
416 Lipps.
treu bleiben kannst." Verhalte dich so, daß du bei gleichen Gründen stets das
Gleiche wollen kannst. Verhalte dich in allgemeingültiger Weise (vgl. Kant).
Strebe danach, daß du lebend und miterlebend die Menschheit in dir ver-
wirklichst. Der ethisch bedingte Eudämonismus fordert: „Fördere, wie in dir,
so auch in anderen als Basis alles sittlich wertvollen Glückes das Gute oder
den Wert der Persönlichkeit." Das Wollen aus Pflicht ist das „rein objektiv
bedingte Wollen. '' Das Pflichtbewußtsein ist eins mit dem Bewußtsein des
Sollens, des „Strebens mit dem Charakter der Objektivität", welches als „kate-
gorisches Sollen" die Forderung des idealen Ichs ist.
Die Ästhetik baut L. auf psychologischer Grundlage auf. Die Ästhetik
ist „Wissenschaft vom Schönen; implizite auch vom Häßlichen". Sie ist „an-
gewandte Psychologie" und hat die einzelnen Bedingungen des Ästhetischen
aufzusuchen. Das Schöne ist ein ästhetisch Wertvolles, das zugleich ein ethisch
Wertvolles ist, insofern es die Menschlichkeit fördert. Form und Inhalt, des
Kunstwerkes smd untrennbare Seiten derselben Sache. Grundlage des Ästhe-
tischen ist die vollkommene Einheitsapperzeption mit „monarchischer Unter-
ordnung". Nur ein einziges Interesse ist hier rege, das Interesse an der Be-
trachtung. Das Wesen des Ästhetischen liegt im Mitleben mit den ästhetischen
Objekten, in der ästhetischen „Sympathie", die auf der ästhetischen „Einfühlung"
beruht, durch die wir das Objekt beseelen, unser Ich hineinlegen, gleichsam
selbst zur Seele des Objekts werden, dessen Leben und Streben mitleben, indem
wir es als etwas Äußeres unmittelbar wahrzunehmen glauben, wobei verschiedene
Arten der Einfühlung (z. B. die „Stimmungseinfühlung") zu unterscheiden sind.
So ist aller ästhetische Genuß „Genuß des objektivierten eigenen, in der Be-
trachtung des Objekts bereicherten, ausgeweiteten, über sich selbst, d. h. über
das alltägliche oder das reale Ich hinausgehobenen Ichs". Schönheit ist „die
in der Betrachtung eines Objekts gefühlte und daran fühlbar gebundene freie
Lebensbejahung", während das Häßliche eine Lebensverneinung in sich schließt.
Objektiv ist Schönheit die von dem Objekt geforderte Wertung. In der Kunst
handelt es sich um ästhetischen Schein, um eine Loslösung des Objekts aus
der Wirklichkeit. Das Ziel der Kunst ist letzten Endes, „Leben in eine sinn-
liche Erscheinung" zu bannen und es darin unmittelbar zu erleben. Erhaben
is1 dasjenige, in welchem ich selbst mich innerlich groß fühle. Beim
Tragischen bewirkt das Leiden, daß uns das Menschliche im Individuum
näher tritt, in seinem Werte von uns voller verspürt wird. Komisch ist, was
den Anspruch erhebt, ein Großes oder Bewußtsames zu sein, um dann plötzlich
als ein Nichts zu erscheinen. Das Gefühl des Humors ist eine Verbindung
von Ernst und Anteilnahme mit dem Lächerlichen.
Schriften: Grundtatsachen des Seelenlebens, 1883. — Psychologische Studien,
1885; 2. A. 1905. — Der Streit über die Tragödie, 1891. — Ästhetische Faktoren der
Raumanschauung, 1891. — Grundzüge der Logik, 1893. — Zur Psychologie der Sug-
gestion, 1897. — Raumästhetik und geometrische Täuschungen, 1897. — Komik und
Humor, 1898. — Die ethischen Grundfragen, 1899; 2. A. 1905. — Über psychische
Absorption, 1901. — Psychologie, Wissenschaft und Leben, 1901. — Selbstbewußt-
sein, Empfindung und Gefühl, 1901. — Einheiten und Relationen, 1902. — Vom Fühlen,
Lirrs — LiTTiti':. 417
Wollen u. Denken, 1902; 2. A. 1907. — Ästhetik, 1903—06. — Leitfaden d. Psychologie,
1903; 3. A. 1909. — Ästhetik, in: Kultur dor Gegenwart I, G. — Bewußtsein u. Gegenstände
u. a. (Psych. Unt. I, 4), 1907. — Inhalt u. Gegenstand, 1905. — Naturwissenschaft u. Welt-
anschauung, 2. A. 1907. — Philosophie und Wirklichkeit, 1908. — Xaturphilosoj
in: Die Philos. im Beginne des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Windelband, 11, '_'. A. 1
— Die soziologische Grundfrage, 1907. — Die Erscheinungen (Psychol. Untersuchung
1907. — Abhandlungen: Zur Psychologie dor Kausalität, Zeitschr. f. Psychol. d. Sinnes-
organe I. — Psychische Vorgänge und psychische Kausalität, Z. f. Psychol. XXV. —
Zur Lehre von den Gefühlen, Z. f. Psychol. VIII, u. a. (vgl. Home), u. a.
Lipsins, Justus (Joost Lippe geb. 1547 bei Brüssel, Prof. in Löwen,
. I»i06. = Erneuerer des Stoizismus.
Schriften: De constantia, 1584; deutsch 1802. — Manuductio ad Stoicam philo-
sophiara, 1604. — Physiologiae Stoicae libri III, 1610. — Opera, 1637, 1675, u. a. —
Vgl. A. STEUER, Die Philosophie des J. L., 1901. — M. PF. WULF, Hist. de la phil.
*n Belgique, 191t».
WA pfttaa , Richard Adalbert, geb. 1830 in Gera, Prof. der Theologie in
Leipzig, Wien, Kiel und Jena, gest. 1S92. = L. ist von Kant und F. A. Lange
beeinflußt Die Religion wurzelt in der festen subjektiven Gewißheit
Glaubens. Si< ist „das Verhältnis, in welchem das Selbstbewußtsein und das
Weltbewnßtsein des Menschen zu seinem Bewußtsein, jene beiden aber
durch Vermittlung von diesem zueinander Bteben". Religion ist Erhebung zur
Freiheit in Gott, zur Lebensgemeinschaft mit ihm. 1mV Wirklichkeit i<t nur
symbolisch erkennbar, da die Kategorien des Denkens nur für die Erfahrungs-
welt gelten. Die Wissenschaft kann daher dem religiösen Glauben keinen
Abbruch tun.
S hriften: Lehrbuch der evangelisch-protestantischen Dogniatik, S. A L893. —
Philosophie und Religion, 1885. — Die Hauptpunkte der christlichen Glaul"
2. A. 1891, ii. s.
EAsxt, Franz \mii. geb. ls"»i in Wien, Prof. des Strafrechts in Berlin,
Mitbegründer der ..Internationalen kriminalistischen Vereinigung". = Sozio-
logische Rechts- und Btraftheorie. ImV Strafe ist eine Reaktion der Gesell-
schaft gegen die Verbrecher, d. h. die -<>zial nicht Angepaßten und dient auch
zur Anpassung dieser an das soziale Lehen.
8 hriften: Lehrt), d. deutschen Strat'rechN 1881, 1907. Der Zwe« ikgedanke
in stratVe. tat, 188t. — Da« Völkerrecht, 1898. — Strafrechtliche Aufsätze und Vorn
1878 L968. — D. strafrecht d. Oegeewtrt, 1894, u. a.
IJttio. Emile geb. 1801 in Paris, gest 1881 daselbst.
L ist ein Anhänger des Poeitivismus Qomtes, aber mir der ersten Phase
desselben. Die Annahme einer übernatürlichen, göttlichen Intelligenz ist ab-
raweiaen (gegen Milk I>ie psychischen Vorgänge sind als Uehirnproze^e zu
studieren (ebenfallf Milk. I>ie organisierte Materie hat die Bigenscfa
sich oach Zwecken /u gestalten.
Schriften: Analyse rat Ifl 0OOT« dfl '• '• De 1»
philo«, posit, is.j:.. — appHeet de la phdloi p — Pteolei dk
hie peeitrft, II '>. — a. <
k >n.
418 Littre — Locke.
— A. Comte et St. Mill, 1866. — La science au point de vue philosophique, 1873;
3. ed. 1877. — Fragmens de philos. positive et de sociologie contemporaine, 1876. —
Etudes sur les progres du poßitivisme, 1883. — Revue positive, 1867 ff. (vgl. 1870). —
Vgl. CARO, L. et le positivisme, 1883.
JLot'ke. John, geb. als Sohn eines Juristen am 29. August 1632 in
Wrington bei Bristol. Er studierte in Westminster und in Oxford, beschäftigte
sich viel mit Naturwissenschaft und Medizin, lernte die Schriften der Scho-
lastiker kennen, die ihn nicht befriedigten, und wurde auch mit den Lehren
Descartes' bekannt. 1658 erwarb L. den Doktorgrad. 1667 lernte er Lord
Anthony Ashley (später Graf von Shaftesbury) kennen, in dessen Hause er
vielfach lebte. Den Grafen von Northumberland begleitete er auf einer Heise
nach Frankreich. Nachdem 1672 Graf Shaftesbury Lordkanzler geworden,
wurde L. Sekretär einer Handelskommission , verlor aber sehr bald diese
Stelle, da sein Gönner Shaftesbury in Ungnade fiel. 1675 ging L. nach
Frankreich, wo er sich mit Lord Herbert (später Graf Pembrock) befreundete.
1679 kehrte L. nach England zurück, verlor eine neu erhaltene Stelle bald
wieder und ging mit Shaftesbury 1683 nach Holland (Amsterdam, Utrecht.
Cleve, Amsterdam). 1688, nach der englischen Revolution, -welche Wilhelm
von Oranien auf den englischen Thron brachte, erhielt L. in England eine
höhere Beamtenstelle. Die schon 1685 begonnenen ,, Briefe über die Toleranz"
wurden fortgesetzt. Das schon 1670 entworfene, 1687 beendete Hauptwerk ,,Über den
menschlichen Verstand", erschien 1689 — 90, nachdem vorher ein von L. verfaßter
Auszug von Leclerc ins Französische übersetzt worden war. L., dessen körper-
liche Schwäche in den letzten Jahren sehr zunahm, lebte zuletzt in Oates
(Essex) im Hause des Francis Masham und starb hier am 28. Oktober 1704.
Von Natur sehr nüchtern und besonnen, war L. zugleich ein höchst frei-
mütiger, ehrlicher, offener Charakter, dessen tiefe Frömmigkeit und theolo-
gische Glaubensfestigkeit nicht verhindert hat, daß L. in gewisser Hinsicht
einer der Begründer des Deismus geworden ist und durch seinen Empirismus
an der Entwicklung der Aufklärungsphilosophie, besonders in Frankreich
(Condillac u. a.), seinen Anteil hat.
L., der Begründer des neueren erkenntnistheoretischen Empirismus-
( — den methodologischen Empirismus hat zum Teil F. Bacon begründet — ), hat
die erste systematische Erkenntnistheorie verfaßt. Wenn er auch vielfach die
Erkenntnis psychologisch ableitet, so steht er doch auch der eigentlichen er-
kenntniskritischen Methode nicht fern, wie dies besonders Riehl gezeigt hat.
L. will die Art und Weise, wie der Verstand zu seinen Begriffen von Dingen
gelangt, erklären, den Grad der Gewißheit unserer Erkenntnis bestimmen, die
Grenzen zwischen Meinung und Wissen festsetzen und die Grundsätze unter-
suchen, nach welchen wir da, wo keine gewisse Erkenntnis stattfindet, unseren
Beifall und unsere Überzeugung bestimmen sollen. Es ist festzustellen, wie
weit das Vermögen des Verstandes reicht und welche Gegenstände in seinen
Bereich fallen. Zu erforschen ist also der „Ursprung, die Gewißheit und die
Ausdehnung des menschlichen Wissens, sowie die Grundlagen und Abstufungen,
1 üaubens, der Meinung und Zustimmung".
La kk. 419
Zunächst bekämpft L. die Lehre von den angeborenen Begriffen und
Grundsätzen (gegen Herbert von Cherbury, Descartes u. a.i. um dann zu
gen, wie nach seiner Ansicht unsere Begriffe wirklich zustande kommen.
Die vorgebliche Allgemeinheit von Begriffen und Grundsätzen beweist noch
keineswegs deren Angeborensein, aber diese Allgemeinheit des „Angeborenen'
besteht gar nicht, was besonders die ethischen Grundsätze dartun. Nicht ein-
mal die logischen Denkgesetze (Satz der Identität und des Widersprach
sind angeboren. Diese wie die mathematischen Grundsätze Bind Kindern und
ungebildeten unbekannt. Daß sie etwa unbewußt von Anfang an in der
- le liegen, ist undenkbar, alle Vorstellung ist als solche bewußt. Die bloße
Fähigkeit aber hat die Seele zu allen Arten der Erkenntnis, und das A:
borensein des Strebens nach Lust und des Widerstrebens gegen Unlust be-
deutet noch keine Annahme angeborener Begriffe oder LTrteile ; der gleichar
Inhalt solcher erklärt sich, soweit es aich um Moral handelt, aus Überlegung,
Erziehung. Verkehr u. dgl. Der Einsicht in die vorgeblich angeborenen Wahr-
heiten gehen viele Einzelerkenntnisse voran. Kurz, es gibt keinerlei angeborene
Ideen, auch die Gott lliing ist nicht angeboren, wie sie denn auch
manchen Völkern fehlt.
Woher hat nun der Verstand Beine Ideen (ideas), Bewußtseinsinhalte
rhatsoever is the objeet of the understanding, when a man thinks")? IhV
einfachen Ideen Bind schlechthin gegeben, werden in der Seele passiv era
- le schöpft alle ihre Erkenntnis aus gegebenen Vorstellungen und deren
Verbindung und Verarbeitung durch das Denken. Di< - -leicht bei der
Geburt einem weißen, unbeschriebenen Papier (,, white paper", ..tabula
auf dem erst die Erfahrung ihre Bchriftzeichen anbringt. Die Erfahr
tot die Quelle aller Erkenntnis, eine vorempirische Erkenntnis existiert nicht,
auch das nicht Erfahrbare (Gott, Seel< l wird nur auf Grund der Erfahr
genommen. Die Erfahrung ist aber eine zweifache: äußere Erfahr
(durch Sinneswahrnehmu] nsation"), und innere Erfahrung (durch
Reflexion , „reflection") der Tätigkeiten und Zustände der Seele selbst
hinken. Wollen. Gefühle usw.). Nichte ist im Verstände, was nicht vom
sinnlich oder als Erlebnis gegeben ist : Nihil est in intellectu, quod non fueril
prius in sensu. Die einfachen Vorstellungen entstehe!] vermittelst eine- oder
mehrerer Sinne (z, B. die Raumvorstellung) oder durch die Reflexion "der ver-
mittelst der Sinn.' und der Reflexion i..nii.\ed ideal
Was nun die Vorstellungen i\<v Sinneserkenntnis ausmacht, so sind die
Empfindungen von Licht. Ton, Geschmack, Geruch, Wärme, Kälte,
Glatte u. dgl. nicht Kopien objektiver Eigenschaften, sondern nur subjekti
psychische Zustände, die durch den Anstoß der Körper vermittelst det -
im Gehirn und in d< - werden. Di< ntsprechen in den
rpern selbst nur Fähigkeiten, in uns Empfindungen auszulösen. Von den
Farben, Tönen usw. ah sekundär« sind die prim pri-
niary i oder arBprünglichen (original Qualität en ra unterscheiden bon die
Scholastik, dann, anders, Demokrit. (ialibi. 1 1 . » 1 » 1 . t - - . l1 . Während
jene vom Subjekte abhängig sind und außerhalb desselben nicht bestehen, kommen
420 Locke.
letztere den Dingen selbst, unabhängig von uns zu und die Vorstellungen
dieser Qualitäten sind ihnen durchaus ähnlich: „The ideas of primary qualities
of bodies are resemblances of them and their patterns do really exist in the
body themselves." Die primären Qualitäten (Dichte, Ausdehnung, Bewegung,
Ruhe, Größe, Lage) sind von den Körpern und deren kleinsten Teilchen ganz
untrennbar (inseparable), sie konstituieren die Natur derselben. Eine dritte
Klasse von Qualitäten besteht in den Kräften, vermittelst welcher die Körper
einander und uns modifizieren. Die Lehre L.s von der Subjektivität der
(sekundären) Sinnesqualitäten ist von großer Bedeutung geworden und hat
schon durch Berkeley eine Weiterbildung erfahren.
Durch die Reflexion erkennt der Geist seine eigenen Tätigkeiten und
Zustände. Eine Psychologie des „inneren Sinnes" („internal sense") wird da-
mit inauguriert. Das Gedächtnis beruht auf einem Behaltungsvermögen
(„retention"), welches physiologisch beeinflußt ist. L. gehört auch zu den Be-
gründern der neueren Assoziationslehre („association of ideas"). Er kennt
nur Berührungsassoziationen und erklärt sie auch physiologisch durch Be-
wegungsreihen der „Lebensgeister" in den Nerven. Der Begriff der „Bahnung"
findet sich schon hier; durch das häufige Betreten eines Weges, den die
Lebensgeister (feinste materielle Teilchen) nehmen, wird er zu einem glatten
Pfade. Das Denken ist eine verbindende, trennende, vergleichende, verallge-
meinernde, abstrahierende Tätigkeit, welche von der willkürlichen Aufmerk-
samkeit geleitet wird. Da das Denken des Menschen selbsttätig das Erfah-
rungsmaterial verarbeitet, der Intellekt also ein fundamentaler Erkenntnisfaktor
ist, so erhält L.s Erkenntnislehre auch einen rationalistischen Einschlag, der
sie jedenfalls vom sensualistischen Empirismus abrückt. Abstrakte Be-
griffe hat der Mensch vor den Tieren voraus. Die Abstraktion besteht in
der gesonderten Auffassung mit Absehen von anderen Dingen und den Neben -
umständen zeitlich-räumlicher Art. Die Begriffe sind Zusammenfassungen
einer Klasse von Vorstellungen unter einem allgemeinen Namen (Nominalis-
mus); aber es entspricht ihnen die Ähnlichkeit einer Reihe von Dingen. Die
Allgemeinheit selbst gehört nicht den Dingen an, sie besteht nur in der Fähig-
keit des Geistes, vieles Einzelne unter einem generellen Namen zusammenzu-
fassen. Das Ich besteht psychologisch in dem stetigen, mit sich identischen
Bewußtsein. Die Identität des Menschen besteht in der Teilnahme an dem-
selben stetig fortgesetzten Leben. Das Selbstbewußtsein ist intuitiv gewiß,
wählend die Natur der Seele hypothetisch ist.
Die zusammengesetzten Ideen stellen entweder Modi oder Substanzen
oder Relationen vor. Die „modi" („modes") sind zusammengesetzte Ideen,
welche nichts selbständig Existierendes, sondern von Dingen Abhängiges dar-
stellen (z. B. Dankbarkeit). Einfache oder reine Modi („simple modes") sind
jene Modi, deren Elemente gleichartig und die nur Modifikationen einer und
Lben einfachen Vorstellung sind (z. B. ein Dutzend); die gemischten Modi
(,,mixed modes") bestehen aus Vorstellungen verschiedener Art (z. B. Schön-
heit). Zu den reinen Modis gehören Raum, Zeit, Vermögen usw. Die Raum -
Vorstellung wird durch den Gesichts- und Tastsinn erlangt, Die Tatsache
Locke. 421
der Bewegung beweist die Existenz eines leeren Raumes. Die Zeit ist die
Auffassung der Dauer als abgesteckt nach gewissen Perioden und durch ge-
wisse Maße und Haltepunkte bezeichnet. Die Vorstellung der Dauer hat ihre
Grundlage in der Wahrnehmung des Vorstellungsverlaufes. Die Idee der
l'n endlich keit beruht auf der Konstanz unseres Vermögens des Zählens,
der unbegrenzten Erweiterung von Raum und Zeit im Denken, also auf dem
endlosen Fortgang des Geistes ohne Abschluß. Den Begriff des Vermögens
oder der Kraft („power') gewinnen wir auf Grund der Erfahrung, daß wir
wollend Körper bewegen, unseren Vorstellungs verlauf ändern können und daß
die Körper wirken und Wirkungen erfahren. Die klarste Idee einer tätigen
Kraft gibt uns die innere Erfahrung unserer Willenskraft. Der Begriff der
Kausalität ist ein aus der Vergleichung mehrerer Dinge, deren eines als
kraftbegabt, als „Ursache'' aufgefaßt wird, entspringender Relationsbegriff.
Ursache ist, was macht, daß etwas anderes zu sein beginnt. Die Substanz
wird nirgends erfahren, sondern nur zu konstanten Komplexen von Qualitäten
hinzugedacht als unbekanntes Substrat („unknown substratum"). Wir ver-
muten, daß stets miteinander verknüpfte Vorstellungen einem Dinge ange-
hören und belegen den Komplex mit einem Namen. „Aus Unachtsamkeit
spricht man nachher davon und behandelt das wie eine Vorstellung, was in
Wahrheit eine Verbindung vieler Vorstellungen ist, und weil, wie gesagt, man
sich nicht vorstellen kann, wie diese einfachen Vorstellungen für sich bestehen
(subsist) können, so gewöhnt man sich daran, ein Unterliegendes anzunehmen
(suppose), in dem sie bestehen und von dem sie ausgehen (result). Dieses
Unterliegende nennt man deshalb die Substanz" (vgl. Berkeley, Hume,
St. Mill, Mach). Das Etwas, welches die Qualitäten trägt und zusammenhält,
wird nur verworren gedacht, ist ohne rechten Erkenntniswert. Wir wissen
weder, was die körperliche, noch was die geistige Substanz an sich ist (vgl.
Kant). Eine immaterielle Substanz (Seele) existiert wohl sicher, aber es ist
denkbar, daß Gott die Materie selbst denkfähig geschaffen hat.
Im dritten Buche des „Essay" befaßt sich L. eingehend mit der Bedeutung
der Sprache für das Erkennen und mit den durch Mißbrauch der Worte
verursachten Irrtümern. Inwiefern die Worte als Bezeichnungen begrifflicher
Zusammenfassungen dienen, ist uns bereits bekannt. Die Worte im allge-
meinen sind Zeichen für Vorstellungen und Dinge. Von dem realen Wesen,
der inneren Konstitution des Dinges, die uns vielfach entgeht, ist das Nominal-
en des von uns Gedachten , Definierten und Klassifizierten zu unter-
scheiden. Nur bei den einfachen Vorstellungen sind Nominal- und Real-
wesen eins.
Das vierte und letzte Buch enthält die Lehre vom Wissen, von der Ge-
wißheit und Wahrheit. Erkenntnis (Wissen) ist nach L. die Erfassung
(perception) der Verbindung (connexion) und Übereinstimmung (agreement)
oder des Widerstreites (repugnancy) unter den Vorstellungen. Es gibt drei
Arten des Wissens: intuitive, demonstrative und sinnliche („sensitive") Er-
kenntnis. Die intuitive Erkenntnis ist evident (ein „clear light"), unabweisbar
(irresistible), unmittelbar, ohne Vermittlung anderer Vorstellungen als das Em-
422 Locke.
gesehene (z. B. daß drei mehr ist als zwei). Intuitiv gewiß ist die Existenz
des Selbstbewußtseins, des eigenen Seins. Demonstrativ ist die mathema-
tische, auch die ethische Erkenntnis; die Gewißheit ist hier ebenfalls absolut,
aber durch Vorstellungen vermittelt. Das sinnliche Wissen hat nur den
Charakter der Wahrscheinlichkeit. Wahrheit kommt eigentlich nicht den
Vorstellungen, sondern den Urteilen und Sätzen zu und ist Übereinstimmung der
tredanklich-sprachlichen Verbindung oder Trennung mit der Zusammenstimmung
oder Nicht-Zusammenstimmung der Dinge untereinander („Truth . . . seems
to me in the proper import of the word to signify nothing but the joining or
separating of signs, as the things signified by them do agree or disagree one
with another"). Reale und bloße Wort-Wahrheit ist zu unterscheiden. Die
..ewigen" Wahrheiten sind notwendig wahr, nicht weil sie angeboren sind,
sondern weil sie, wenn einmal aus allgemeinen Vorstellungen gewonnen, immer
wahr bleiben.
Daß L. keine angeborenen sittlichen Ideen anerkennt, wissen wir be-
reits. Die sittlichen Grundsätze sind sicher, bedürfen aber der Demonstration,
sind ihrer ebenso fähig wie die Mathematik. Die Ethik ist die Wissenschaft,
welche „die Regeln und den Anhalt für die menschlichen Handlungen, die
zur Glückseligkeit führen, sowie die Mittel, sie zu erlangen, aufsucht". Was
die Lust in uns zu erwecken oder zu steigern oder die Unlust zu mindern
vermag, ist ein Gut. das Gegenteil ein Übel. Sittlich gut ist die Handlung,
welche mit dem göttlichen und sozialen Gesetz übereinstimmt. Tugend und
Laster beziehen sich auf Handlungen, die durch ihre Natur recht bezw. un-
recht sind; als Tugend gilt das jeweilig als preiswürdig Betrachtete, eine
gewisse Relativität der Wertungen besteht hier je nach den Völkern und
Zeiten, wenn auch der Gehorsam gegen das göttliche Gesetz die Norm ist.
Die Willensfreiheit faßt L. im Sinne des psychologischen Determinismus
auf, als Wahlfähigkeit und Handlungsfreiheit, als Vermögen, Handlungen zu
beginnen oder zu unterlassen, zu denken oder nicht zu denken. Freiheit ist
Macht, zu tun, was man will; eines oder das andere aber muß gewollt
werden. Das Motiv für die Änderung eines Zustandes ist ein Zustand des
Unbehagens (uneasiness). Der stärkste Gefühlsimpuls setzt sich schließlich
durch.
Was die Rechts- und Staat sphilosophie L.s anbelangt, so ist dieser
ein Gegner des (z. B. durch Filmer vertretenen) Absolutismus. Im Naturzu-
stände, in welchem nur das Naturgesetz („law of nature") und das Gesetz der
Vernunft die Freiheit einschränkt, besteht nicht Willkür und nicht (wie
Hobbes meint) ein allgemeiner Kriegszustand. Ein Staat mit Richter und
Herrscher entsteht zur Erreichung größerer Sicherheit und Zuträglichkeit.
l);i~ Volk hat Souveränität; es übt die gesetzgebende Gewalt durch eine
Körperschaft aus, denn die Freiheit des Naturzustandes wird im Staate nicht
aufgegeben. Die Teilung der Gewalt gliedert diese in legislative, exekutive und
föderative Gewalt. Das höchste Gesetz ist das öffentliche Wohl. Der Staat
hat es nur mit der Sicherheit und dem äußeren Wohle des Volkes zu tun, um
die Seelen kümmert er sich nicht, so daß die Kirche dem Staate gegenüber
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442 Lombroso — Lorm.
u. Bekämpf, d. Verbrechens, 1902. — Genie u. Irrsinn, Univ.-Bibl. — Stud. über Genie
u. Entartung, Univ.-Bibl., u. a.
Longinos. Dionysius Cassius aus Athen, 213 — 273 n. Chr., Gramma-
tiker, Schüler des Ammonios Sakkas, Lehrer der Königin Zenobia, unter Kaiser
Aurelian hingerichtet. = L. weicht in manchem von Plotin ab, mit dem er
den Neuplatonismus gemein hat. So bezüglich der Ekstase, die er nicht an-
erkennt, ferner betreffs der Ideen, die nach ihm außerhalb des Geistes (vovg)
existieren, den L. vom „Einen" nicht geschieden wissen will.
Schriften: Von seinen philosophischen Schriften sind nur Fragmente erhalten.
Vgl. Zeller, Philos. d. Griechen III, 2. — D. Kuhnken, De vita et scriptis Longini,.
1776, — Die Schrift „jzsqi vxpovg" (über das Erhabene), welche eine Reihe feiner Be-
merkungen enthält, ist dem Longin fälschlich zugeschrieben worden (Ausgaben 1737r
1867, 1887 u. ö\).
Lo Olli ans, Charles, 1816—1899, Prof. in Lüttich. = L. vertritt einen
psychologisch fundierten Spiritualismus.
Schriften: Du progres en philos., 1838. — De la connaissance de soi-meme,
1880.
Lopaliu. L., geb. 1855, Prof. in Moskau. = Von Ssolowjow beeinflußt,
lehrt einen konkreten Spiritualismus.
Schriften: Positive Aufgaben der Philosophie, 1886 — 91. — Die Frage der
Willensfreiheit, 1889, u. a. (russisch).
Lorin. Hieronymus (Pseudon. für Heinrich Landesmann), geb. 1821 in
Xikolsburg, lebte in Brunn, war taub und blind, gest. 1902, bekannter Dichter,
der auch als Philosoph gewirkt hat.
L. steht auf dem Boden der Kantschen Philosophie, des kritischen Idealis-
mus, welcher alle transzendente Metaphysik ausschließt, da das Ding an sich
absolut unerkennbar ist. Daraus folgt der „wissenschaftliche Pessimismus"
nämlich die Einsicht, „daß es unmöglich ist, mittels der endlichen Beschaffen-
heit unserer Natur Anschluß über den Ursprung und Zweck des Daseins zu
erlangen". Dieser Pessimismus ist von allem Stimmungspessimismus zu unter-
scheiden. Was zum wissenschaftlichen Pessimismus führt, ist die „Einkerkerung
des Erkennens in die subjektiven apriorischen Geistes- und Sinnestätigkeiten
des Menschen, wodurch die brennende Begier nach Erkennen der Wahrheit
zum Schmerz gesteigert und zur Hoffnungslosigkeit verurteilt ist". Gegen-
über dem Verstände haben aber auch Vernunft, Phantasie und Gemüt ihre
JJechte. Und so entsteht ein „grundloser Optimismus" als Freude, „daß der
Endlichkeit die Unendlichkeit, wenn auch nur als Sehnsucht, gegenübersteht,
eine Freude, die, selbst aus dem Unendlichen stammend, keine Erklärung,
kein erkennbares Motiv hat". Dieser Optimismus ist auch eine Quelle der
Sittlichkeit.
Schriften: Philosophisch -kritische Streifzüge, 1873. — Naturgenuß. Philosophie
der Jahreszeiten, 1876; 3. A. 1901. — Natur und Geist, 1884. — Der grundlose
Optimismus, 1897 (Hauptwerk). — Vgl. JERUSALEM, Gedanken und Denker,.
S. L54 ff.
3ITJ8 — LiOTZE.
LiO^Mll*», Johann Christian, geb. 1743 in 1. Prof. in Erfui
1813. = L. untersucht die Beziehungen des as zu d< I rirn-
prozessen. Die „Wahrheit" ist nichts Metaph] lutea, nur eine
I : « lü t i< . 1 1 auf den, «Irr denkt". Psychologisch ist Bie das „angenehme Gefühl
der Zusarnmenstimmung der Schwingungen der Fibern im Gehirne".
9 hriften: Physische Ursachen des Wahren, 1775 (gegen Basedow). — Unter-
richt der gesunden Vernunft, 177G — 77. — Etwas über Kantsche Philosophie in Hin-
sicht des Beweises für das Dasein Gottes, 1789 (gegen Kant). — Neues philooophii
allgemeines Keal-Lexikon, 4 Bde., 1803, u. a
l,o*skij, Nikolaus, Stabsarzt in Petersburg.
L. ist Volnntarist. erinnert teilweise an Lipps. Es gibt ursprüngliche und
auch »abgenötigte" Strebungen. Die Lusl zeigt die Richtung
Willens an. Das Ich ist das SyBtem „mein« 3t die Eänheil der-
selben, eine geistige Bubstanz. Der Wille ist „die Aktivität des Bewußtseins,
welche darin besteht, dafi jeder unmittelbar als .mein- empfundene Bewußt-
Beinszustand durch .meint- Strebungen verursacht wird, und welche Bich für
das handelnde Subjekt im Gefühl der Aktivita! ausspricht". Der Wille ist die
„Kausalität des Bewußtseins". Jeder Bewußtsernszustand , der als „mein"
empfunden wird, ist ein WDlensakt.
9 hriften (deutsch): (jrundlehren der Psychologie, 1904. — Eine WillenstKeorie
vom voluntaristischen Standpunkt, Zeitschr. f. Psychol. d. Sinnesorgane, 1902, u. a.
Lott, Franz Karl. geb. Ibu7 in Wien, 1842 Privatdozent in Götting
- Prof. daselbst, » it 1849 in Wie L874. = L vertritt einen modi-
fizierten Herbartianismus, indem er die „Realen", die einfachen Wesen, aus
welchen die Welt an sich besteht, als Zustande oder Betätigungen Gottes,
persönlich gedachten Absoluten auffaßt, innerhalb dessen nur die Wechsel-
irirkung zwischen den Realen möglich ist.
9 1. ritten: Herbarti de animi immortalitate doetrina, 1842. — Zur Logik, :
Metaphysik, 1880 od Th. Vogt). — Vgl. Tu. VOGT, 1. K. Lott,
[iitifi Etadoll Hermann, geb. 21. Mai 1817 in Bautzen, studierte in
Medizin und Philosophie (bei C« H« Weisse), habilitierte Bich 1S.19 in
Leipzig, wind.- 1842 Philosophie-Professor daselbst, lMi in Göttingen, i^vi in
Berlin, \\'> et am l. Juli lssl starb.
L. ist «in etwas vorsichtiger, besonnener Denker, der mit rollet An-
erkennung der Ergebnisse und Prinzipien der Naturwissenschaft den A
i>li<-k ins Metaphysische und mit dem Realismus det Wissenschaft den
metaphysischen und ethisch-religiösen Idealismus (bezw. Spiritualismi
verbindet, für den der Mechanismus det Natur das Symbol und Mittel für einen
universalen Zweckfusammfnhang ist („T< ischer [dealismus" mit d<
Grundsatz: Nur die Einsicht in das, was sein soll, wird uns auch i
nen m das, »ras ist . Beeinflußt ist I... der in -m-i Hinsicht Leibnix
mit Spinoza verbindet, außer von diesen beiden noch von H erhärte 1
mus", ferner von Kant. Ficht Hegel n. a. Zu vollem \ h sind
ton I. n philosophischen Elemente nicht überall gekommen,
126 Lotze.
fehlt nicht an Schwankungen und Unentschiedenheiten. Eine Synthese von
Theismus und Pantheismus, Dualismus (Pluralismus) und Monismus, Mecha-
nismus und Teleologie, durch welche der dogmatische Naturalismus überwun-
den werden soll, ist das Ziel des L.schen Denkens, welches auf wissenschaft-
licher Basis, nicht aprioristisch-konstruktiv, sich gestaltet, aber vielfach
ethisch-ästhetischen Gesichtspunkten folgt. Die Philosophie hat zum
Gegenstande die Begriffe, welche in den Einzelwissenschaften wie im Leben
als Prinzipien der Beurteilung der Dinge und der Handlungen gelten. Ihr
Ziel ist eine Weltanschauung, welche dem Leben dient, es besser ertragen hilft
und ihm Ziele gibt.
In erkenntnistheoretischer Beziehung modifiziert L. den Kantschen
Idealismus nach Leibniz und Herbart hin (Idealrealismus), auch den Aprioris-
mus Kants legt er sich in seiner Weise zurecht. Erst nach Abschluß der
Denkarbeit, nicht von vornherein, stimmt unsere Erkenntnis mit dem Ver-
halten der Dinge überein, das wir aber, wenn es auch unsere Erkenntnistätig-
keit beeinflußt, nicht so erfassen, wie es an sich ist. Das Ding an sich ist
unerkennbar, wir erkennen nur die Verhältnisse der Dinge und zwar in sym-
bolischer Weise. Die Erscheinungen sind nicht das einzig Existierende, sondern
sie setzen ein Sein voraus, in dessen „inneren Verhältnissen" die „bestimmen-
den Gründe'1 für die Form des Erscheinens liegen (Objektiver Phänomenalis-
mus, Ideal-Realismus). In der Erkenntnis wirken Denken und Erfahrung
zusammen, ebenso Subjekt und Objekt, indem die in der Erfahrung gegebenen
Eindrücke seitens der Dinge nur die Gelegenheitsursachen zur Entfaltung der
Erkenntnistätigkeit aus dem Wesen des Geistes selbst abgeben. Die Empfin-
dungen sind nicht Abbilder objektiver Eigenschaften, sondern subjektive Er-
scheinungen in uns als Folge von äußeren Reizen und durch diese ausgelöst.
Die Anschauungsformen (Raum und Zeit) sind als solche ebenfalls sub-
jektiv, sie entspringen aus der Gesetzmäßigkeit des Vorstellens, haben aber einen
Grund in den Verhältnissen der Dinge selbst (vgl. Leibniz, Herbart). Die
räum- und zeitlosen Eindrücke übersetzt das vereinigende und beziehende Tun
des Geistes in eine eigene neue Sprache; die Seele selbst produziert unbewußt
(aber notwendig, durch die Empfindungen selbst gereizt) die Raum- und Zeit-
anschauung, erstere vermittelst der „Lokalzeichen". Angeboren ist keine Er-
kenntnis, es gibt keinen ursprünglich bewußten Besitz des Geistes vor aller
Erfahrung. Die Anschauungsformen und die Kategorien (Kausalität usw.)
sind in keinem anderen Sinne „angeboren", als daß „in der ursprünglichen
Natur des Geistes ein Zug liegt, der ihn nötigt, unter den Anregungen der
Erfahrung unvermeidlich diese Auffassungsweisen des Erkennens auszubilden".
Der Gedanke einer notwendigen Verbindung zwischen den Vorstellungen ist
eine „Forderung" des Geistes, der einen „Drang" zur Erzeugung eines solchen
Zusammenhanges hat. Der Geist ist eine Einheit und strebt das Mannigfaltige
der Eindrücke im Sinne eines „zusammenhängenden Ganzen zu deuten und es
in das Bild einer Welt zu verwandeln . ., in deren innerlicher Verknüpfung er
den Widerschein seiner eigenen Einheit findet".
1>;i- I) Mi ken ist eine selbständige, aktive Geistestätigkeit, eine „fort-
LiOTZE.
wählende Kritik, welche der Geist an dem Material des Vorstellungsverlaun-
ausübt", indem er die Vorstellungen trennt, deren Verknüpfung sich nicht auf
ein in der Natur ihrer Inhalte liegendes Keeht der Verbindung gründet. 1 >a-
•hieht im Urteil, welches zugleich das Subjekt als selbständiges Ding
auffaßt, als Träger von Eigenschaften. Die sichtende, kritische Tätigkeil
Denkens durchdringt die ganze sinnliche Weltauffsssung, welch. • Bchon k
gorial verarbeitet ins Bewußtsein tritt, als ein innerlich zusammenhängend.--
Ganzes. Die logischen Denkformen sind formal und real zugleich, nämlich
jene subjektiven Verknüpfungsweisen unserer Gedanken, die uns aotwen
sind, wenn wir durch Denken die objektive Wahrheit erkennen wollen.
Die Kategorien (Kausalität usw.) sind oberste Voraussetzungen, die wii
an die Erfahrung (bei Gelegenheit derselben) heranbringen, Forderim,
unseres Emheitstrebens (vgl. Eisler, Einführung in die Erkenntnistheorie,
7. Die Vernunft ist auf Einheit unserer Weltauffassung, auf Ab-
schluß der Erfahrung gerichtet; Bie ist eine eigene Form des beziehenden
Denkens (vgl. YVundt). Die Ideen sind ursprüngliche Einheiten in den
Dingen, ihr Wesen, ihr Daseinsgrund, der beständige Sinn veränderlicher G
stalten. Nur da- ist, „was in dem vernünftigen Zusammenhange der ewig
Ideen -eine Stelle hat". Alles Endliche hat -einen Grund im göttlichen Ideen-
zusammen hange ; es i-t seine Bestimmung, eine Idee zu realisieren.
S i kommen wir zur Metaphysik Lotset mit ihrer b sehen Welt-
anschauung. „Sein" heifit nach L. ..in Beziehung stehen", ein beziehungs]
Sein i-t undenkbar. Diese Beziehungen sind das, was das Dasein der I>
ausmacht, wenn wir -ie nicht wahrnehmen. Den räumlichen Beziehungen, die
nur Erscheinung sind, entsprechen nun anräumliche Verhältnisse der Du
eine Wechselwirkung der Elemente derselben, die uns als bin • B riehung er-
scheint Die r.al.n Elemente der Dinge Bind Monaden i..iinräumlidi.
Atome"), einfache Wesen mit inneren Zustanden, rein qualitativen Eigen-
schaften, ohne raumliche Größe und Gestalt, also an sich immateriell and •
in ihrer Verbindung die Erscheinung der Körperlichkeit, der Materie bewirkend
(vgl. Leibniz). Die Materie hat ein „doppeltes Dasein": äußerlich mit den be-
kannten Eigenschaften des körperlichen E sich verhaltend, innerlich voa
Regsamkeit" belebt. Alle Wirklichkeit i-t schließlich Fürsich-
■ im weit. -ten sinne, d. h. sie hat eine Innerlichkeit, die aller-
dings erst in den höhen S len-) Monaden zu eigentlichem psychischen
Leben und llcw ußtsein erwächst, BO daß die Unterscheidung von Geist und
Körper, Seele und Leib voll berechtigt bleibt Die Monaden sind einfa
Bubstanzen mit inneren Zuständen, vermittelst welcher sie die Welt gpiegeln,
N daß kein Teil •! 3 kI.h unbelebt und iinb.-e.lt ist (Dies« Pa :- his-
nm-- uir.l v..n L. später abgeschwächt). 1»: i e der physischen E
nungen gehen ans der Natur d.r n K.g-amkeit der Dinge hervor. I1
len- und ab.-r ein.- besondere Art von Monaden, nämlich jene, wel< I
Monadenkompl d Leib.- beherrschen.
!»!• i Bind s n bi 1 a n /.ii . Dicht al- starr Wesen, Rondern
weil sie sich so rerhalten, wie -ie -in.!, al- permanente, sich selbst erhalte
428 Lotze.
Einheiten und Kräfte. Die Monaden sind aber nicht absolut selbständige und
voneinander getrennte Individuen, sondern haben ihre Gemeinschaft im gött-
lichen Absoluten, ihrem Urgründe, aus und in dem sie sind und durch dessen'
Einheit ihre Wechselwirkung erst ermöglicht wird. Die Monaden sind
„Akte, Modifikationen, Zustände oder Teile" des Absoluten, des allein absolut
Seienden und Wirkenden. Eine Wechselwirkung ist nur möglich, wenn das-
jenige, was dem einen Wesen zustößt, unmittelbar auch ein Zustand des.
anderen Wesens ist ; eine Übertragung von Zuständen ist nicht möglich. „Nur
wenn die einzelnen Dinge nicht selbständig oder verlassen im Leeren schwim-
men, über das keine Beziehung hinüberreichen kann, nur wenn sie alle, indem
sie endliche Einzelheiten sind, doch zugleich nur Teile einer einzigen, sie alle
umfassenden, innerlich in sich hegenden unendlichen Substanz sind, ist ihre
Wechselwirkung aufeinander oder das, was wir so nennen, möglich." Die
Dinge wirken aufeinander durch Vermittlung der Zustände des Absoluten, die
zugleich die der Dinge selbst sind, indem das Unendliche in den Dingen seine
stets gleiche, mit sich identische Natur notwendig in zusammenpassenden
Formen ausprägt.
An sich wirkt nur ein innerer Zustand eines Dinges auf die innere Natur
des anderen und dies erscheint als räumliche Bewegung, als Mechanismus.
Diese „schrankenlose Gültigkeit des Mechanismus" ist ein Postulat des das
Erfahrungsmaterial konsequent verarbeitenden Denkens. Nirgend in der Natur
besteht eine Ausnahme, nirgend geschieht etwas ohne Vermittlung des-
Mechanismus, des gesetzlichen Zusammenhanges von Bewegungen. Aber der
Mechanismus ist nicht das Letzte, Absolute, er ist nur Erscheinung einer
geistigen Begsamkeit und Wechselwirkung und Mittel zur Realisierung von
Ideen und Zwecken, deren Zusammenhang in Gott ewig hergestellt ist. So
ist die Teleologie die Grundlage und metaphysische Voraussetzung der
Kausalität und des Mechanismus, dieser eine notwendige Bedingung der
Zw eck Verwirklichung, die nie von selbst, mit eigenen Kräften, sondern nur
vermittelst der Kräfte der Dinge und der kausalen Zusammenhänge dieser und
deren Zustände erfolgt. Aber dennoch ist der Zweck das Höchste, der tiefste
Grund für jedes Geschehen; alles Sein und Geschehen ist ein Glied im univer-
salen Zweckzusammenhang, hat darin seine Bestimmung, seine Rolle, trägt in
h.-iner Weise dazu bei. Das Sollen, das Gute, das Zweckvolle hat so das
logische Prius vor dem Sein, bestimmt das Sein, das Geschehen, die Entwick-
lung, ohne daß der Kausalnexus durchbrochen wird, ja nur vermittelst dieses
xus selbst. Eine Idee, ein Plan, ein Zweck verwirklicht sich nur, wenn die
- ffe durch eine ursprüngliche Anordnung ihrer Verhältnisse von
selbst genötigt sind, durch ihre Kräfte nach den allgemeinen Gesetzen des
Xaturlaufes das hervorzubringen, was der Zweck gebietet, der so nur eine
: -'heinbare Macht" ausübt.
ist es verständlich, daß L. trotz seines „Spiritualismus" den Begriff der
Lebenskraft ablehnt und das Leben, so sehr es auch Zwecken dient und
zweckgemäß ist, kausal-mechanisch erklärt wissen will. Gewiß sind die
bensvorgänge wie alle Xaturprozesse an sich psychische (oder doch „innere")
LOTZE.
Zustände und die Bewegungen als Bolche nur Encbeiniingen, aber der Mecha-
nismus besteht im Organischen gerade bo wie im Anorganiacben und die I.
klärnng von Lebensprozeseen ans der Formnng dee Ol iniamus durch die
8 le kann — mag sie auch wenigstens Kur die Anfing Lnismui be-
Bteben — «renig nützen. Woher die Zweckmäßigkeil dez Organismen Beibat
rührt; ial eine metaphysische Präge, aber auf Grund der zweckmäßig
Komplexion des Organismus Bind alle (physischen) Prozesse in ihm mechanisch
(physikalisch-chemisch), ohne Berufung aui eine „Lebenskraft'4 «»der eine
S ele" an erklären, wenn auch zu beachten iat, dar» der Organiamus eine
Fenn und Wechselwirkung der Teile aufweist, die ihn unseren
Maschinen überlegen macht. Von der bestimmten Form, zu welcher die
Teile des Organiamus vereinigl sind, hängen die Lebenaeracheinungen al>: d
Form iat bo geartet, dal'» Bie viel mehr als die äußeren Reize wirkt, nämlich
hemmend, steigernd, mindernd, verteilend, regulierend. Das Leben iat eine
Funktion von Elementen mit ,,zusammenstimmender Wirksamkeit".
I1 8( Ble ial nach L. eine immateriell. • Bubstanz, d. h. ein einheitliches,
Wirkung« b, in ihren inneren Zuständen ßich erhaltendes und entfalten«
sie zur Einheit zusammenfassendes, anräumliches, übersinnliches Wesen, aber
nicht ein Btarres Atom; denn Substanz iat sie nur als „relativ featstehendei
Mittelpunkt ankommender und ausgehender Wirkungen1'. Die Einheit
Bewußtseins, die nicht Resultante einer Vielheit von Zuständen Bein kann.
fordert die Annahme einer (in ihrem Wirken unmittelhai
!■ siechen Vorgang« Bind nur Bedingungen, nicht die zureichenden l
hen der Empfindungen na? können nicht in Bolche innere Zuatände
übergehen, welche vielmehr die Regsamkeit eine- besonderen Prinzipe voraus-
Schon daß wir uns überhaupt deinen" können, b ein
solches Prinzip. Ein Wesen, dem etwas erscheinen kann, muß „in einer voll-
kommenen Unteilbarkeit Beiner Natur als Eines das liannigfaltij - nes
zusammenfassen können". Die Annahme eines [nnenseins der Atome macht den
Begriff einer bes len 3 nicht überflüssig, denn von selbst können die
Empfindungen der Atome nicht zn einer gemeinsamen Geaamtempfindung zu-
tnenfließen. Leih und Seele sind nicht qualitativ, aber aumerisch
schieden; immer bleibt „die eine und individuelle herrschend - in voll
den gleichartigen aber dienenden Monaden gegenüberstehen, dei
verbundene M- _• den lebendigen Körper bildet 3< le und I —
vermittelst des Gehirns — in Wechselwirkung. I1 I keil
beider ist kein Bindernis dafür, da Wirken our Auslösung von Zuständen
eine- 1 )i iilT'- ist, die aus « 1» --« n eigenen Natur in spezifisch «■ -i-h -
hüten. Überdies wirkt die Bede nicht aui den k sofern S\
sondern Bofern er selbst au- (seelenarl iui die innej
Zustände dieser; und der Körper wirkt aui die Seele nicht als Stoff, -
durch Bein [nneneein, »" daß bei Lotze dl „paychopl '■'■ elwirkn
im Gründe nur eine payeho-peychiseba Wechselwirkung i-t. die dann all
phyaio-phyaische erscheint (Annäherung an die ideali«*! <\\>--
uamustheoi I Leib und - Die £ findet in
430 Lotze.
ihrem Leibe einen Mechanismus vor, dessen Ablauf streng naturgesetz-
lich abläuft, dessen sie sich zu ihren Zwecken bedienen kann, ohne
aus sich allein heraus den zweckmäßigen Zusammenhang der Bewegungen
zu verursachen. Der „Seelensitz" ist nichts als der Punkt oder Ort, bis
zu welchem alle Einwirkungen sich fortpflanzen und von welchem sie aus-
gehen. Die höheren geistigen Tätigkeiten des beziehenden Denkens und der
sittlichen Beurteilung haben kein besonderes körperliches Organ. Die Sub-
stantialität der Seele involviert noch nicht deren Unsterblichkeit. „Nichts
berechtigt uns zu der Annahme, was einmal sei, müsse notwendig immer sein."
Aber sicher ist dies: „Das wird ewig dauern, was um seines Wertes und seines
Sinnes willen ein beständiges Glied der Weltordnung sein muß; das alles wird
zugrunde gehen, dem dieser erhaltende Wert gebricht." Entstanden ist die
Seele als Entwicklung des Unendlichen selbst mit der Entwicklung des orga-
nischen Keimes, welche das Absolute dahin erregt, „aus sich selbst die Seele
hinzu zu erzeugen, die dem werdenden Organismus gebührt".
Die Psychologie L.s berücksichtigt überall die physiologischen Bedin-
gungen des Seelischen. Sie forscht nach den Bedingungen und Kräften, welche
die seelischen Vorgänge auslösen und nach dem Zusammenhange derselben.
Die „Seelen vermögen" (Vorstellen, Fühlen, Wollen) sind nur Außerungsweisen
der einheitlichen Seele, Möglichkeiten in ihr, die erst durch Beize aktualisiert
werden. Das Bewußtsein ist kein Raum, innerhalb dessen etwas geschieht,
sondern ein alles Psychische durchdringendes unmittelbares Wissen, ohne
welches vom Psychischen gar nicht die Rede sein könnte. Die Empfindung
ist eine subjektive Reaktion der Seele auf äußere Reize. Das Gefühl mißt
die augenblickliche Übereinstimmung zwischen Reiz und Nervenfunktion, die
Übereinstimmung oder den Widerstreit, in welchen sich die Erregungen der
Nerven mit den Bedingungen unseres Lebens befinden. Das Wollen enthält
ein nicht ableitbares Element geistiger Regsamkeit; es ist vom Triebe (dem
„Innewerden eines Getriebenwerdens") verschieden. Für den Willen charakte-
ristisch ist das Element der Billigung, der Zulassung oder Absicht, die „Ent-
scheidung über einen gegebenen Tatbestand". Der Wille kann nur jene inneren
Zustände erzeugen, welche der Naturlauf zu Anfangspunkten der Wirkung
nach außen bestimmt hat. Frei ist der Wille seinem Entschluß nach, in der
Wahl zwischen den Motiven, denen er nicht nachgeben muß, in der Einleitung
neuer Anfänge, die in dem früheren Geschehen keine Begründung finden, die
aber, nachdem sie einmal in den Zusammenhang der Wirklichkeit eingetreten
Bind, jene Folgen nach sich ziehen, die ihnen in ihrer jetzigen Verknüpfung
mit der übrigen Welt nach allgemeinen Gesetzen gehören. Jede Ursache hat ihre
Wirkung, aber nicht jedes Geschehen ist eine bloße Wirkung, es gibt auch ein
'ii-prüngliches Geschehen. „Der Anfänge, deren Ursprung nicht in ihm selbst
enthalten ist, kann der Weltlauf in jedem Augenblicke unzählige haben, aber
'•n notwendige Fortsetzung nicht in ihm anzutreffen wäre." Das
Ich ist (als Ichheit, Subjektivität) etwas Ursprüngliches, dessen unmittelbares
Mir sich-Sein von allem anderen, auch vom eigenen Leibe unterschieden wird;,
auch das Ich nur in Beziehung auf das Nicht-Ich denkbar ist, so ist es-
LoTZE.
doch für sich allein erlebbar, so abhängig der Inhalt des [che von Silieren
und inneren Reizen ist. Das Selbstbewußtsein entwickelt sich aU leutung
eines Selbstgefühls'', indem das Bild unseres Ichs immer klarer und reicher
wird. Die Tätigkeit der Phantasie ist es, da> Wirkliche aufl Beiner eigenen
Schönheit wie aus einer wirkenden Kraft nachzuschaffen. Dieser Tätigkeit
entsprechen die Versuche der Vernunft, aus der Welt der Werte die Welt
der Formen zu deuten, wobei die Ideal-' \ < r<ehiedener Zeiten verschieden
ausfallen.
Die praktische Philosophie gründet sich als Ethik aui sittliche Ideen
und Ideale, welche zwar im Einzelnen relativ sind, einer Entwicklung unter-
_- n. überall aber unabhängig von der Erfahrung gelten und unbedingt ver-
pflichten. Was auch irgendwo und irgendwann der Inhalt der sittlichen Ideale
war. Bteta empfand man es als Pflicht, diesen Inhalt durch Taten zu verwirk-
lichen und stets wurden die sittlichen Grundsätze als Ansprüche eines „wert-
empfindenden Gefühls*' gebilligt. Die „wertempfindende Vernunft"' \\<
Denkbare ab. solange es nicht durch die innere Würde seines Inhalt- zugleich
die Anerkennung seiner Gültigkeit in der Welt erringt. Von der raumzeit-
lichen Existenz i>t das zeitlose Gelten der (theoretischen, Logischen und
praktischen) Werte scharf zu unterscheiden. Werte an rrich, d. h. ohne !■ •
ziehung aufs Gefühl, gibt es nicht, aber doch objektive, von aller Willkür
unabhängige Werte, welche, soweit sie sittlicher Art sind, vom Gewissen gebil
rden. (int Bind die Formen des Willens und Handeln-, dir da- Gewissen
billigt und gebietet. Angeboren i-t nur der Keim zum (inten, nicht der In-
halt des Gewissens. Gemäß der idealistischen Ethik Lot/»- (die einen Bozialen
Eudämonismu- einschließt) besteht die „unvertilgbare Idee eines verbindlichen
Bollens, die unsere Tätigkeit und unsere Gefühle begleitet". Inhaltlich ist das
(inte ein Zweckvolles, Förderliches, /.um Glücke der Individuen und der I
samtheil Beitraf Das Pflichtmäßige entspricht nicht bloß unserer Natur.
idern auch unserer Bestimmung, am Weltzweck mitzuarbeiten.
höchste Gut verwirklichen zu hellen. Der liensch, da- hoch*
Bchöpf, ist ein Mikrokosmos, der in immer weitergehender Vervollkommnt
und in Gemeinschaft mit <»iiir.--lfi.hen durch -eine aktive Kulturtätigkeit und
Sittlichkeit an der Schaffung einer Idealwelt, in welcher alle- Wertvolle
halten bhibt. arbeitet Dies i-t da- Ziel der Geschichte, des Reicl
Persönlichkeit und der Freiheit, des Wirkens der Individualitat (ohj
I »a- «inte i-t der Grund des Seins. 1 >a- höchste Gut als Grund
Wirklichen wie des Reiche« der Werte und «1er [deen und «1- - B
ewigen Wahrheiten i-t da- Absolute, Gott Gott i-t der Weltgrund und die
Weltsubetanz, aber er i-t nicht bloß der gemeinsame GrundqueU - len
und der Auiieiiwelt, er i-t bewußte Persönlichkeit, i-t ein leb
lex alle- Bein entquillt, da- um de- (inten, de« E tuenden
i. Hat... Fichte). Gott i-t „lebendige, lieh selbst besitzende und
nießende [chheit", in em Sinnt uberpersönlich. D i ter und
die Außendinge haben in diesem, den Weltmechaniamus und die Geechi«
432 Lotze — Löwenthal.
als Mittel zur Realisierung des Weltplanes sich entfalten lassenden lebendigen
Gott ihre Einheit. Gott existiert notwendig. „Wäre das Größte nicht, so
wäre das Größte nicht, und es ist ja unmöglich, daß das Größte von allem
Denkbaren nicht wäre."
Die Anschauungen L.s über das Schöne sind im Sinne einer idealisti-
schen Gehaltsästhetik gehalten, welche auch die Lust an formalen Ver-
hältnissen und an bestimmten Eindrücken (Farben usw.) berücksichtigt und
auch das Phänomen der ästhetischen „Einfühlung" beachtet. Schönheit besteht
-da, ..wo eine Übereinstimmung, die nicht allgemein stattzufinden braucht, in
einzelnen begünstigten Erscheinungen zwischen dem, was sie der Idee nach
sein sollen, und dem stattfindet, wozu die Notwendigkeit des Mechanismus sie
macht". Das Ästhetische ist objektiv gegründet. Die Kraft der Phantasie
besteht darin, „die Welt der Werte in die Welt der Formen zu kleiden
oder aus der Verhüllung der Form das in ihr enthaltene Glück herauszu-
fühlen".
Von Lotze sind viele Denker mehr oder weniger beeinflußt, besonders
H. Sommer, W. Hollenberg, Teichmüller, Class, E. Pfleiderer,
L. Busse, H. Langenbeck, F. Erhardt, Wentscher, M. Warten-
berg, R. v. Wiehert. R. Falckenberg, C. Stumpf u. a., zum Teil
auch E. Tiele, J. Baumann, G. Glogau, H. Siebeck, James, F. C. S.
Schiller, Ladd u. a.
Schriften: Metaphysik, 1841. — Logik, 1843. — Der Begriff der Schönheit,
1845. — Allgemeine Physiologie, 1851. — Medizinische Psychologie, 1852, 2. A.
1896. — Artikel „Lebenskraft" in Wagners Handwörterbuch der Physiologie. —
Streitschriften, 1857. — Mikrokosmus, Ideen zur Naturgeschichte und Geschichte der
Menschheit, 1856 — 64; 5. A. 1896 ff. (Hauptwerk); Auswahl von 0. Pächter, 1909. —
Geschichte der Ästhetik in Deutschland, 1868. — System der Philosophie: I. Logik,
1874; 2. A. 1881; II. Metaphysik, 1879. — Diktate aus Lotzes Vorlesungen, hrsg.
von Kehnisch, 8 Bde.: Logik, Metaphysik, Naturphilosophie, Psychologie, praktische
Philosophie, Religionsphilosophie, Ästhetik, Geschichte der Philosophie seit Kant
(1881 ff.). — Kleine Schriften, 1885 — 91. — Vgl. E. PFLEIDERER, L.s philos. Weltan-
schauung, 1882 ; 2. A. 1884. — O. ÖASPARI, H. L., 1883; 2. A. 1894. — E. VON
HARTMANN, L.s Philosophie, 1888. — R. FALCKENBERG, H. L., I, 1901 (From-
mans Klassiker der Philosophie).
Löwe, Joh. Heinrich, geb. 1808, Prof. in Prag, gest. 1892. = Anhänger
Günthers. Die Logik gründet sich auf das Ich und dessen freitätiges Denken.
Die Denkgesetze sind Postulate.
Schriften: Lehrbuch der Logik, 1881. — Die spekulative Idee der Freiheit,
1890 (Indeterminismus). — D. Kampf zwischen Real. u. Nominal., 1876.
Eiöwenthal, Eduard, geb. 1836 in Ernsbach, Schriftsteller in Berlin.
L. wirkte schon früh für die Friedensidee und begründete 1907 ein „Zen-
tralinstitut für Gedankenstatistik und menschliche Wissenserweiterung", 1908
ein „Universal-Archiv für Wissenschaft und Literatur".
L.. der eine dogmenfreie, das Übersinnliche ausschließende, wissenschaft-
Jk-hf; „Religion" („Cogitantentum") lehrt und eine Gemeinde der „Cogitanten"
LOWES 1I1AI. - Lu< KA. |
ins Leben rief, welche auch im Sinne des Weltfriedens wirkt, vertritt einen
1 <-itivistiseh.-naturali-ti-<-hrn Monismus. Der absolut neutrale Weltäther ist
die eine, ewige Ursubstanz mit der Eigenschaft der Elastizität, mit V
dichtungen and Verdünnungen, Anziehungen and Ahstoßungen. Erst in derV
dicht ungsform der Elektronen wird der Weltäther beweglich« I)a- Leben ent-
steht durch den Eintritt eint- Fixsterns in dir Peripherie eines kosmischen
Kebelkomplexes und zwar in der Form eine- blitzartigen Explosio]
(„Fulguiogenesis" . als Ergebnis entropistischer Prozesse. Die Einzelorganismen
sind „Reflexgebilde*1 ein»- ..><>nn«nor<_ranismus". Anf der Grundlage des überall
verbreiteten Weltäthers als Haiipt-LebensHcnniit entsteht das „ätherische I<h-
im menschlichen ( taganismus als Fortsetzung des „fleischlichen" Ich-: das
ätherische Ich gelangt nach dem Tode zur selbständigen Weiterexistenz und
bewahrt die Erinnerung an das Leben.
S triften: System und Geschichte des Naturalismus, 18G1; 6. A. 1897. — Eine
Religion ohne Bekenntnis, 1865. — Le cogitantisme ou la religion scientitiijue, 1886.
— Cogitantentum als Staats- und Weltreligion, 1892. — Gesch. d Philos , 1896. —
Der Bankrott der Darwin-Häckelschen Entwicklungstheorie, 1900. — D. relig. Beweg, im
1!' Jahrh., 1900. — Die neue Lehre, 1901. — Die Fulgurogenesis, 1902. — Organische
Neubildung und Regeneration, 1903. — Wahrer Monismus und Scheinmonismus, 1907.
— Neues System der Soziologie, 1908. — Moderne Philosophen, 1909. — Mein Lebens-
werk, 1910, u. a.
Lnhac. E.. Paris. = Von Bergson beeinflußt.
- briften: Psychologie rationelle, 1904, u. a.
l.llbbfM'k. Sir . lohn. _ 1 in London. = L. hat wichtige Einzel-
ontersuchungen zur vergleichenden Psychologi . Ethnologie und Sozio!
efert Betreffs der Entwicklung der Ehe gehört er zu den Vertretern der
Lehre von der ^Promiskuität", dem angeregelten Geschlechtsverkehr sie V
stufe der Ehe bei den primitivsten Völkern.
Schritten: l'rehistoric Times. 1865; .r> ed. 1890. — Origin ol (_'i\ iüsati^n,
1870; deutsi h 1^7">. — Ameisen, Bienen und We-j>en, 1883. — Die Sinne und
geistige Leben der Tiere, 1*89. — Tbe l'leasures of Life, 4. ed. 1899 (auch deir
3. Ä. 1891). u. a.
i nhlin*»ki. Bamuel, geb. 1868 in Johannisburg, lebte in Weimai
1910. = L. Mitritt einen modifizierten Eantisnismus. Das Dingansich i-t die
ae Menschheit'' sie zu verwirklichende [dee. Die Menschheitsidee i-t du
llysterium des Lebens, die Quelle des Apriorischen. Die Religion i-t die I
wifiheit, «laii etwas da sein muß, da- alle Gegensätze und Abgründe überbrückt,
da- Gefühl des vertrauensvollen „Und doch'1 i-t für Bie charakteristiach.
B hrit'ten: Vom unbekannten flott, o. J. - Die Hanunitit :i
7. u. a.
L*MMW, Annaeus, d. Chr., N
Btoil
F. < >| | || . I. , 1-.H8.
I.urkn. Emil, gehi 1877 in Wim. l.l>t rl aar Inst — I.. i-t rc K
i •■ r . E*hD - ph< :. :
434 LüCKA — LüCRETIUS.
beeinflußt und ein Gegner des psychologischen Atomismus und der Asso-
ziationspsychologie. Von der mechanischen ist die aktive, teleologische
Phantasie zu unterscheiden; die Richtung der Phantasie wird durch das
Gefühl bestimmt.
Schriften: Das Erkenntnisproblem und Machs ,Analyse der Empfindungen', Kant-
etudien VIII, 1903. — 0. Weininger, 1905. — Wissensch. Beilage der Philos. Gesell-
schaft in Wien, 1907. — Die Phantasie, 1908, u. a.
Lucretius Carus, Titus, geb. 99 v. Chr., römischer Ritter, gest. 55
v. Chr. (angeblich durch Selbstmord).
L. hat die Lehren Epikurs systematisch verarbeitet und im Dienste der
Aufklärung gegenüber Aberglauben, Furcht vor den Göttern und dem Jenseits
verwendet. Eine streng naturalistisch-mechanistische Weltanschauung wird in
seinem Lehrgedichte geboten. Die Religion hat schädliche Folgen, die Furcht
vor den Göttern schreckt und beunruhigt den Menschen. Entstanden ist der
Glaube an die Götter aus den Visionen des Traumes und aus Unkenntnis der
Ursachen der Naturordnung. Die Philosophie zeigt, daß die Götter den Lauf
der Welt nicht beeinflussen und daß der Mensch weder vor ihnen noch vor
Höllenstrafen Furcht zu hegen braucht, da die Seele mit dem Leibe vergeht.
Der Grundsatz der Kausalität ist das oberste Prinzip alles Geschehen:
Nichts wird aus nichts und zu nichts; denn sonst könnte aus allem alles ent-
stehen („Nullam rem e nilo gigni." „Haud igitur redit ad nilum res ulla, sed
omnes discidio redeunt in corpora materiai."). In der Welt entsteht nichts
absolut Neues und nichts schwindet dahin (Erhaltung der Materie: „Nam
neque adaugescit quicquam neque deperit inde"). Alle Veränderung ist Ver-
bindung und Trennung der Atome, Bewegung derselben im leeren Räume,
der unendlich ist und unzählige Welten birgt. Die Atome sind unendlich an
Zahl und haben verschiedene Form; sie verbinden sich nach verschiedenen
Verhältnissen miteinander. Die Bewegung der Atome, die senkrecht im
Räume fallen, weicht ein wenig von der geraden Richtung ab („decellere
paulum''); dadurch entsteht der Stoß der Atome aneinander, die Bildung der
Körper und Welten, dadurch ist auch die Willensfreiheit des Menschen er-
möglicht. Empfindung haben nur bestimmte Komplexe bestimmter Formen
von Atomen. Aus den feinsten, beweglichsten, runden, glatten Atomen besteht
die Seele, welche durch den Körper verbreitet ist; der feinste Teil der Seele
ist der „Geist" (Verstand) mit dem Sitze in der Brust. Im Tode löst sich die
^eele in ihre Atome auf; da das Ich dann nicht mehr da ist, kann der Tod
für dasselbe gleichgültig sein. Die Sinnesempfindung beruht auf leichten und
dünnen Bildern, die sich von den Dingen ablösen und die Sinnesorgane reizen.
Von den Organismen haben sich jene erhalten, welche nützliche Eigen-
schaften wie List, Stärke oder Schnelligkeit besaßen, während die Mißge-
burten zugrunde gingen (vgl. Darwin). Allmählich erst sind die Menschen zur
Kultur und sozialen Ordnung aufgestiegen. Die wahre Frömmigkeit besteht
nicht im Kultus, sondern darin, „beruhigt im Geist hinschauen zu können
auf alles".
Lr< BETIU8 LUQÜET.
Scliriften: L. ißt Verfasser eines philosophischen Lehrgedichtes „De rerum
natura44; hrsg. 1850, 1886 (Bernays) u. ö. ; deutsch (von Knebel) in der Univers.-
Bibliothek. — Vgl. ('. Martha, Le poi:me de Lucröoe, 4. -'<!. 1885. MÜL880V,
L . 1910.
Lukas, Franz, geb. 1853 in Frank-ta.lt (Mahren), emer. Gymnasialprot
daselbst
Schriften: Die Methode der Einteilung bei riaton, 1888. — Die Grundbegriffe
in den Kosmogonieen der alten Völker, 1893 — Lehrbuch d. Psychol. (mit G. Lindneri ,
1!"".. 1905. — Psychol. der niedersten Tiere, 1905.
LukianoB (Lacian) von Samosata (Syrien), geb. um 125 n. Chr., g
um 200. = Der bekannte Rhetor und satirische Schriftsteller verspottet in
• n Schriften -owohl den Aberglauben als die Dogmen und Uberhebn] .
der Philosophen, alles zum Zwecke einer freien, verständigen, glücklichen
Lebensanschanung. Am meisten Bympathisierl er mit Bpikur und Pinto.
Schriften: hrsg. von Bekker, 1853; deutsch von Wieland, 1788. — Vgl. J. B
\ \\-, I.. und .li.- Kyniker, 1879. — R. HELM, L. und Menipp, 1906.
I.nllns (Lnllins), Baymnndos, geb. 1235 in Palma (auf Ifajorca), als
Jüngling sehr ausschweifend, dann fromm und mit Visionen begabt, Franzis-
kaner, reiste wiederholl nach Afrika, um die Mauren zu bekehren
1315.
L., der auch dir Kabbais an Beinen Spekulationen heranzieht, will die
Logik reformieren, indem er <li.' „große Kunst11 (an magna) der Brfinduj
Findung von Wahrheiten durch medianische Kombination elementarer
ritt«' lehrt, aus welcher Bich eine „scientia generalie ben boIL 1'
ofie Kunst" i-t eine Anleitung tax Erfindung dessen, was sich von jedem
and Bagen läi'.t und wie jede wissenschaftliche Aufgabe /u lösen i-t.
Die allgemeinsten Begriffe, ferner die universalen Prädikat.- der Dinge werden
:iut rieben) übereinander angebrachten, konzentrischen, um einen gemeinsamen
Mittelpunkt drehbaren Kreisen verzeichnet; durch Drehung der Kreise erhalt
man alle möglichen Begriffskombinationen betrefft einee ' •• enstandes. Der
:. 'halt allgemeine Fragen Was? Wovon? Warum? Wann? osi
der Schlüsse] der Erfindung („clavia inventionis"). Diese „Lullie
Kunst" hatte in dei Folge viele Anhanger, darunter Arnoldus de Vil
Igrippa, <i. Bruno, Leibnii u. a. Die Lehre von den „doppelten Wahr-
heiten'' wird von L bekämpft, Qlaube und Vernunft 1.- h in Einklang
bringet <-..tt hat die Weif nach den in ihm liegenden [deen au- Nichte
laffen und den Dil ne erhaltende Kraft verliehen, i
kenntnis ist der (.rund sein« Dr< einigkeil [vgl !•
Schriften: Optra, I69S, ISO», 1711 it. 188 HBLFF1 ICH, I I. .
l'i: w i i . '..- |, ,1. Logik, 111.
Luqnet, ' ••> Henri, Prof, in Paris. Aul », lehrt
eine immanent Bche l'-\ i hol« >gie.
a. ».
430 LÜTGENAU — MAACK.
Lütgenail, Franz, geb. 1857 in Rheindorf, studierte in Münster, Berlin
und Bonn. = Evolutionistischer Standpunkt.
Schriften: Darwin und der Staat, 1905.
Luther. Martin, 1483—1546. = L., der die Scholastik besonders
durch die Schriften des G. Biel (Nominalist) kennen lernte, will
weder von ihr noch gar von Aristoteles, der „Wehr der Papisten" etwas
wissen, neigt vielmehr eher zur Mystik (Eckhart) und hält die philo-
sophierende Vernunft für ungeeignet, die Grundlage der Theologie, in
welcher die Bibel und der Glaube neben dem gesunden Menschenverstand
herrschen sollen, zu bilden. Daß etwas philosophisch falsch, theologisch aber
wahr sein könne („Doppelte Wahrheit"), ist nach L. ganz wohl möglich. Be-
treffs der Willensfreiheit verbindet L. die Annahme der psychologisch-ethischen
Wahlfreiheit mit der strengen Determiniertheit alles Geschehens, Handelns
und Wollens durch die göttliche Vorsehung („omnia, quae fiunt, etsi nobis
videntur mutabiliter et contingenter fieri, re vera tarnen fieri necessario et im-
mutabiliter, si Dei voluntatem spectes").
Schriften: Werke, 1539 ff., 1729 ff., 1740 ff., 1820 ff., 1883 ff. — Vgl. CAR-
RIERE, Die philos. Weltanschauung der Eeformationszeit, 2. A. 1887. — H. HERING,
Die Mystik L.s, 1879. — F. BAHLOW, Ls Stellung zur Philosophie, 1891. —
M. STAUB, Die Willensfreiheit bei L. und Zwingli, 1894. — BAUCH, Luther und
Kant, 1904.
Iiütoslawski, Wincenty, polnischer Philosoph. = Mystischer Stand-
punkt; besonders als Plato- Forscher bekannt.
Schriften: Seelenmacht (polnisch). — The Origin and Growth of Piatos Logic,
1897. — Kant in Spanien, Kantstud. I, 1896, u. a.
Lykon aus Troas, hörte den Aristoteliker Straton, dessen Nachfolger als
Haupt der peripatetischen Schule er 269 — 226 v. Chr. war.
Vgl. Diog. Laert. V, 36 ff.
Lykophron, Rhetor und Sophist aus der Schule des Gorgias.
Lyon, Georges, Rektor der Akademie in Lille.
Schriften: La philos. de Hobbes, 1893. — L'idealisme en Angleterre au
XVIIIe siecle, u. a.
Lysis aus Tarent, Lehrer des Epaminondas (um 400 v. Chr.). Pytha-
goreer.
Vgl. Diog. Laert. Vlll, 7.
M.
Maack. Ferdinand, geb. 1861 in Husum, Arzt in Hamburg. =
Okkultist, lehrt eine „Dynamosophie' '.
Schriften: Analyse des Antispiritismus, 1884. — Prälimin. zum Versuch einer
Philosophie des Gemüts, 1885. — Geeinte Gegensätze, 1894. — Die "Weisheit von der
Weltkraft, 1896. — Beiträge zum Neo-Okkultismus, 1897. — Wissensch. Zeitschr. f.
Xenologie, 1899 ff. — Bibliographia Xenologica, 1903 ff., u. a.
MAAB6 Ma« b.
Maas*. .Ttihaim Gebhard Ehrenreich, geb. 176(3 u Krottendorl bei Hall
Ma.lt. Prot, in Halle, gest. 1823.
IL ist von Kant beeinflußt Die Einbildungskraft irirkl schon
Bildung des Binnesmaterials mit Bie ist das tätigt Vermögen, welches die
IN- des Mannigfaltigen im Objekt auffaßt, gegeneinander hält und »<> in
ihrer Beziehung aufeinander ronteilt. Das oberste Gesetz der (Einbildung
kraft ist: ..Mit jeder gegebenen Vorstellung können sich in der Einbildni
kraft alle, aber auch nur diejenigen unmittelbar vergesellschaften, die mit der
_-!mii«ii Bchon einma] zusammen gewesen Bind.*4 Die Association beruh!
alsoaui der Koexistenz der Vorstellungen. DerAttfkt i-t ein „Zustand, wo eine
starke innere Empfindung existiert"; die Leidenschaft ist eine Btarke sinn-
liche Begierde. Die Lo^rik i>t dir „Wissenschaft von den Regeln der Form
des Denkens". I>i>' „reine" Logik betrachtet das „Denken abgesondert, an
und für sich4', dir angewandte da- Denken in gewissen, bestimmten denkenden
Wesen.
Schriften: Versuch über die Einbildungskraft, 1792. — (inindril. «1.
179.J: 1 A 1899. Venaeb über die Leidenschaften, 18« »5 — 07. — Grundriß des
irrechts, lsns \ ersuch über difl < . ctiih le, 1811, u. a.
Malily. Gabriel Bonnot de (Bruder Condillacs), geb. 1709 in Grenoble,
Abbe* und Schriftsteller, gest. 17s:; in Pari-. = Bf, vertritt sozialistische An-
Behauungen ani Grundlage des Prinzips der Gleichheit. Wenn auch die Güter-
leinschaff jetzt nicht möglieb ist, bo mufi doch alles geschehen, (ras den
schädlichen Folgen der Ungleichheit wehrt (Luxusgesetze, kleine Testa-
mente 08
S hriften: Kntretien de Phocion sur le rapport de la morale et de la poliÜqoe,
1703. — Principes de la 16gi*lation, 1 7 7 ß . — Principe» de moralo. 1784. — <>eu
1794, u. a.
NfCoAk s. ( toeh.
JI'Ta^art b. Taggart
.Mach. Ernst, geb. 1838 in Turas, Pro! der Physik in Prag, dann
Prof. der Philosophie in Wien, Beil 1908 pensioniert
.M. will nicht systematischer Philosoph, sondern Erkenntnispsycholog, Me-
thodolog und Kritiker sein. ESa ist ihm am einen einheitlichen Forschu
Btandpankl ra tan. In seinen Anschauungen r Verwandtschaft mii
rkeley, Elnme, Mill. Oomte, ^venarius, Nietzsche, teilweise auch mit Kant,
• ii Aphorismus und ..hin- an sich" er aber ablehnt, um einem (zum i
Bensualistisch gefärbten Empirismus und (idealistisch« itivism
n huldigen, der alles lfeta«piryaische", i alle hypothetischen Zutat«
Denkens rur reinen Erfahrung ausschalten irüX Di Insicht, frei
BJCU allinahli« h Hahn bricht, dal', difl W :— n- halt -:- h SUt difl übersieht-
liche Darstellung des ratsachlichen n beschranken habe führt I '»»r
Ausscheidung aller muffigen, durch die Erfahrung nicht kontrolliei
Annahmen . rot aUem d< . ben (im K 5 I
„hypoth Wissen« hatt i-t da- Ideal.
438 Mach.
Die Wissenschaft ist biologisch-praktischen Bedürfnissen entsprungen
und dient noch jetzt der Erhaltung des Lebens und der Beherrschung der
Natur, und aus dieser Tendenz ist alles Erkennen zu verstehen und zu regeln
(Erkenntnistheoretischer Biologismus und Psychologisrnus). Nicht unbekannte
Wesenheiten, sondern das Gegebene, Unmittelbare, Erlebbare will die Wissen-
schaft erfassen, es in seinen relativ konstanten Zusammenhängen und Abfolgen
möglichst exakt beschreiben. Die Wissenschaft entsteht durch einen „An-
passungsprozeß der Gedanken an ein bestimmtes Erfahrungsgebiet", sie hat
teilweise vorhegende Tatsachen in Gedanken zu ergänzen. „Die Abbildung
der Tatsachen in Gedanken, oder die Anpassung der Gedanken an die Tat-
sachen ermöglicht dem Denken, nur teilweise beobachtete Tatsachen gedanklich
zu ergänzen, soweit die Ergänzung durch den beobachteten Teil bestimmt ist."
Die methodische Anpassung modifiziert beständig die Denkgewohnheiten. Die
Anpassung der Gedanken aneinander ergibt die Theorie. M. faßt also die
Gedanken und Erkenntnisfunktionen als Lebensfunktionen auf. Beherrscht
werden dieselben durch das biologisch-psychologische Prinzip der Denk-
ökonomie (vgl. Avenarius), der sparsameren, ökonomischen Verwertung der
geistigen Kräfte. „Die Methoden, durch welche das Wissen beschafft wird,
sind ökonomischer Natur." Das Ziel der Naturwissenschaft bei der Zusammen-
fassung und Darstellung ihrer Ergebnisse ist der sparsamste, einfachste begriff-
liche Ausdruck. Es ist die Aufgabe der Physik, die gleichartigen Elemente
der Naturvorgänge aufzusuchen, wodurch die „sparsamste, kürzeste Beschreibung
und Mitteilung" ermöglicht wird. Die Wissenschaft kann so „als eine Minimum-
aufgabe angesehen werden, welche darin besteht, möglichst vollständig die
Tatsachen mit dem geringsten Gedankenaufwand darzustellen". Durch
die Denkökonomie als Ideal erfolgt ein Ordnen, Harmonisieren, Organisieren
der Gedanken, ein Herausheben des "Wesentlichen im Begriff und Urteil. So
kommt es auf die aktive Geistesarbeit an und hier unterscheidet sich M.s Lehre
scharf von allem passivistischen Sensualismus.
Im Übrigen betont M. aber, alle Erkenntnis bestehe in der bloßen Be-
schreibung derTatsachen,d.h. der Erlebnisse und deren funktionalen
Abhängigkeiten und Zusammenhänge selbst, ohne Zugrundelegung
nicht erlebbarer Faktoren, die „an sich" existieren (vgl. Comte, Kirchhoff u. a.).
Die hypothetischen „Denkzutaten" sind möglichst zu „ehminieren", höchstens
können sie als praktische Abbreviaturen für empirische Komplexe und Zu-
sammenhänge selbst dienen, ohne daß ihnen (Kausalität, Substanz, Kraft u. dgl.)
etwas außer diesen Zusammenhängen und Relationen entspricht. Der Begriff
der Ursache hat nach M. „einen starken Zug von Fetischismus", er stammt
von „amnestischen Vorstellungen, ist anthropomorph. Er muß wissenschaftlich
durch den Funktionsbegriff ersetzt werden, d. h. durch den Begriff der
funktionalen „Abhängigkeit" der Erscheinungen und ihrer Merkmale vonein-
ander. Die Wissenschaft hat diese Abhängigkeiten, die regelmäßigen Zusammen-
hänge der Erlebnisse zu beschreiben und denkökonomisch zu formulieren, in
Gleichungen, welche der Physik das Rekurrieren auf hypothetisch-mechanische
(atomistische) Vorgänge unnötig machen (Begriffliche, unanschauliche „phänomeno-
Ma. ff.
Logische14 Physik, ohne mechanische Modelle . Isolierte Ursachen and Wirkun.
in der Natur nicht. Dm Gleiche wiederholt rieh nur in der Abstraktion,
die Natur selbst ist mir einmal da. Eine absolute Beständigkeit Lril>t et nicht
und so i-t der rohe ßubstanzbegrifl zn eliminieren. I' nur
ein „Gedankensymbol" für gesetzmäflige Zusammenhänge von Elementen, in
denen nur das „Verbindui ■/•■ 'Im- Best&i Einei I
»heinnngen gibt ee nicht. „Das Ding, der Körper, die Materie i-t oicl
anfiel «lern Zusammenhang der Farben, Töne usw.. anfier den sog« »nannl
Mrrknialt'ii.--
Dai »Ding an sich" ist nach M. ♦■in«- Fiktion, eine Dlnsion. Ding«
haupt sind Dichte als Namen tiir denkökonomische Znaanunerdassangen zu-
Bammengehöriger Erlebnisse, für relativ konstante Gruppen von „Element
des E<rleben8 (Farben, Töne, Drückt- nur.). l>i<- vermeintlichen festen Einheiten
K" »i-j >»-r*- und „Ich* rind nur „Notbehelfe nur vorläufigen Orientierung and
für bestimmte praktische Zwecke", „provisorische Fiktionen". Körper -
Bündel gesetzmäßig zuaammenhängender Reaktionen", „Elementenkomple]
Summen von Tast- und Lichtempfindungen, die an dieselben Kaum- und Zeit-
empfindnngen geknüpft rind. Nicht die Körper erzeugen Elmpfmdungen, sondern
Etapffadungskomplexe bilden die Körper. I>i»' „Elemente" rind die Bestand-
teile, ans denen sowohl die <>hjrkt«' ab auch die Subjekte bestehen, die i
nirgends isolieri eren, sondern (vielleicht weiter zerleg Dem kontinuier-
lichen Strom des Werdens angehören (Monismus da Ge« hehens). „Empfin-
dungen" Bind die Elemente, Bofern Bie von einem Organismus abhangig sind;
an rieh Bind nie weder bewufit noch anbewufit, weder psychisch noch physisch.
Kin absolut nsatz zwischen Vorstellung and Objekt besteht nicht;
Wahrnehmungsinhalte selbst sind <li<- Dinge. Die natürliche, naiv-realistü
Auffassung hat Anspruch ani höchste Wertschätzung (vgl. Bergson).
I>i<- Bcheinbare Beständigkeit des I<'h besteht nur in dessen Kontinu
und langsamen Änderung. Zwischen Ich und 'W* - 1 r herrscht kein absolt
G »atz, diet Irenze zu ischen beiden i-t anbestimmt und rerschiebhar.
nur eine denkökonomische, praktische Einheit, eine stärker zusammenhat e
])])«• von Elementen, srelche mit anderen Gruppen dieser Art Bchv
zusammenhängt". ]■]- i-t zuhöchst di< G untheit der miteinander zusanun
den Vorstellungen41 und omfafit ichliefilich die Welt, da es ein is
[ch nicht gibt. „Nicht da- I « -li i-t das Prini odern die Elemente (Emp-
findungen). Die Elemente 1 >i 1< !• -i i dai [eh. Ich empfinde Grün, will sag
dafi das Element .«.nur in einem ge* issen Komplex von and<
I tnpMndungi Erinnerungen) vorkommt" „Aus den Empfind in
Subjekt auf, welches dann allerdingi wiedei aul di< Empfind
i » i das Bubstantielle [ch rettungslos in gfälll
krit all die der „Elemente" der Welt und die d< N
kommen.
l.in. Wesens t ei »■hiedfiihail iwiaehen dem Psychi^-hm und l'ln
■•■In nicht, beide hauen rieh ans . ' u' "lir
ichiedene Arten der Verbindo ' *ind l
440 Mach.
Töne. Lust usw.) in ihrer Abhängigkeit von organischen Elementenkomplexen
(Sinneswerkzeuge, Gehirn). In der sinnlichen Sphäre des Bewußtseins ist jedes
Objekt zugleich physisch und psychisch. Im engeren Sinne ist psychisch da»
„nur einem unmittelbar Gegebene, allen anderen aber nur durch Analogie
Erschließbare". Die Psychologie beruht auf Physiologie und Biologie, sie hat
es mit der Abhängigkeit der Erlebnisse vom erlebenden Individuum zu tun (vgl.
Avenarius, Külpe u. a.). Auf Empfindungen sind nicht bloß die Vorstellungen,
sondern auch die Gefühle zurückzuführen. Der Will e ist nichts anderes als „die
Gesamtheit der teilweise bewußten und mit Voraussicht des Erfolges verbundenen
Bedingungen einer Bewegung" oder eine besondere Form des Eingreifens der
temporär erworbenen Assoziationen in den voraus gebildeten festen Mechanis-
mus des Leibes. Einen Ausblick in eine voluntaristische Metaphysik könnte
die Bemerkung M.s bedeuten, „daß unser Hunger nicht sehr wesentlich ver-
schieden ist von dem Streben der Schwefelsäure nach Zink, und unser Wille
nicht so sehr verschieden von dem Druck des Steines auf die Unterlage ist,
als es gegenwärtig den Anschein hat".
Betreffs der Raumvorstellung vertritt M. den Nativismus. Der Wille,
Blickbewegungen auszuführen, ist die Raumempfindung selbst. Der (einem
biologischen Bedürfnis entsprungenen, der richtigen Leitung der erhaltungs-
gemäßen Bedingungen dienenden) Raumwahrnehmung entspricht ein bestimmter
Xervenprozeß. Jeder Empfindung kommt durch das gereizte Nervenelement
ein Ort zu; der physiologische Raum ist angeboren. Er ist ein „System von
abgestuften Organempfindungen" als ein „bleibendes Register" zur Einordnung
der Sinnesempfindungen. Als fertiges Gebilde aber ist der Raum empirisch
erworben. Die geometrischen Begriffe entwickeln sich durch Idealisierung-
physikalischer Raumerfahrungen. Auch die Zeit vor Stellung enthält etwas
Ursprüngliches, da es eine spezifische „Zeitempfindung" gibt. Wahrscheinlich
hängt sie mit der notwendig an das Bewußtsein geknüpften organischen Kon-
sumtion zusammen, so daß wir die „Arbeit der Aufmerksamkeit" als Zeit
empfinden. Die Bewegungsempfindungen haben wichtige Funktionen; alle
Bewegung ist relativ. Die Rechnungsoperationen haben den Zweck, das direkte
Zählen zu ersparen. Jede Zahl besteht in der Ausführung einer Operation;
Zahlen sind „Begriffe, durch welche wir Gruppen von gleichen Gliedern in
bezug auf ihren Gehalt bestimmen und von einander unterscheiden". Die
mathematischen Sätze drücken immer „Äquivalenzen von Ordnungstätigkeiten"
aus. Die Geometrie beschäftigt sich mit Idealen, welche durch Schematisierung
"ii Erfahrungsobjekten entstanden sind. Die metageometrischen Begriffe sind
( j< dankenexperimente.
•Schriften: Einleitung in die Helmholtzsche Musiktheorie, 1866. — D. Gesch.
"■ die Wurzel des Satzes von der Erhalt, der Arbeit, 1872; 2. A. 1909. — Grund-
linien der Lehre von den Bewegungserapfindungen, 1875. — Über Umbildung und An-
passung im naturwissenschaftlichen Denken, 1883. — Die Mechanik in ihrer Entwick-
lung, 6. A. 1908. — Die Prinzipien der Wärmelehre, 1896; 2. A. 1900. — Über
das Prinzip der Vergleichung in der Physik, 1894. — Populärwissenschaftliche Vor-
lesungen, 1896; 4. A. 1910. — Beiträge zur Analyse der Empfindungen, 1886; 5. A*
Mach — Maeterlinck. 411
1906. — Die Ähnlichkeit und die Analogie als Leitmotive der Forschung. Annalen d.
Xaturphilos. I, 1902. — Erkenntnis und Irrtum, 2. A. 1906. — Sinnl. Elemente u.
naturwiss. Begriffe, Arch. f. Physiol., 1911, u. a. — Vgl. E. LüCKA, Kantstudien VI 11,
1903. — Th. BEER, Die Weltanschauung eines modernen Naturforschers, 1903. —
R. HÖNIGSWAJLD, Zur Kritik der Machschen Philosophie, 1903. — B. Ili i.i. M .-
Philos., 1907. — F. REIXHOLD, M.s Erkenntnistheorie, 1908.
Mach, Franz, geb. 1845 in Deutsch-Horschowitz. Gymnasialprofessor a. 1).
in Tetschen. = Synthese des Aristotelismus mit modernen Anschauungen.
Schritten: Die Willensfreiheit des Menschen, 1887; 2. A. 1894 (Indetermi-
nistisch). — Das Religions- und Weltproblem, 2. A. 1904. — Reden u. Abhandl.,
1908, u a.
Ma<*hiavelli. Niccolo, geb. 1409 in Florenz, Sekretär des Rate- dei Zehn
und Gesandter, gest. 1527.
M. betont, daß in jedem Staate und in jedem Volke dieselben Neigungen
und "Wünsche herrschen, so daß der Historiker aus der Vergangenheit die Zu-
kunft entnehmen kann. In der Politik kommt es darauf an, mit allen Mittel n
die Macht und Wohlfahrt des Staates zu sichern, herzustellen, zu fördern,
unbekümmert um moralische Skrupel und eventuell, "wenn verderbte Zustände
herrschen, auch durch einen kraftvoll, ja tyrannisch auftretenden Pursten. M.
aber keineswegs «'in Anhanger des monarchischen Prinzips, sondern
Republikaner.
9 hriften: lstorie Fiorentine, 1532; deutsch 1846. — Diacorn sopra la prima
decado di Tito Livio, 1532; deutsch 1871. — 11 Principe, 1532; deutsch 1580, 1868
(Hauptwerk). — Werke, 1531—32; deutsch 1832—41. — Vgl. VlI.LARI, N. M., 1877 ff. :
tatsch 1877 ff. — R. Fester, M., iooo.
]?Iaok, Josef, geb. 1875 in Ludenhausen (Oberbayern). = Für den In-
determinismus (die Freiheit als unmittelbare, nicht rein logisch deduzierbare
Tatsache).
3 hriften: Das spezilisch Menschliche, 1904. — Kritik der Freiheitstheorien,
Mackeiizic. J. S. = Idealistischer Slandtpunkt. — Schriften: Ootlinai
i Metaphyric», 1908. Abhandlangen im „Mind" 1902, 1904 o. ■
Mackiiitosh« James, geb. 1764 in Schottland. Ar/t in London, Bpater
Advokat, gest. 1832. = Vertreter der Schottischen Schule: Gegner der egoisti-
schen Moral, der die [Jnabhangigkeil des Sittlichen vom Nutzen betont.
Schriften: Essays in der »Edinburgh Review" ; Melanies philosophiqasa,
— Dissertation on tho progress of the othical philosophy, 1830, 4. ed. 1872; Eraniöauch
18*4,
1la«'i»ol>illM. Aurelius, im ersten Drittel de- f>. Jahrhundert» n. Chr. =
V. >ii PlatOD und I*l. »1 in 1 »•■. in 1 1 ul'.t .
i.rifton: Kommentar zu Ciotrot „Smuniiini Bcipioi 'urnalia
liar.lt, 18C8, 189:5).
Maeterlinck. Maurice, geb. 1862 in Grand Belgien), der bekannte
Dichter, ist als philosophischer Denker ein Mystiker, der die Bedeutung <:
442 Maeterlinck — Maimon.
Instinktiven, des Gefühls, des Unbewußten betont. Wir haben ein „Gefühl des
Unendlichen" und fühlen uns als Teil des Alls, des universalen Lebens un-
sterblich.
Prosa-Schriften: Weisheit u. Schicksal, 1899; 4. A. 1902. — Das Leben der
Bienen, 1901. — Von der inneren Schönheit; Auszüge u. Essays, hrsg. von M. Kühn,
1909. — Der Schatz der Armen, 2. A. 1902. — Die Intelligenz der Blumen, 2. A.
1907. u. a.
Magnenns, Johannes Chrysostomus, geb. in Luxeil, Arzt, dann Prof.
•der Philosophie in Pavia (17. Jahrhund.). = Atomistiker.
Schriften: Democritus reviviscens sive de atomis, 1646, u. ö.
Maier. Heinrich, geb. 1867 in Heidenheim, Prof. in Tübingen, von Sig-
wart beeinflußt.
Xach M. ist es die Aufgabe einer Psychologie des „emotionalen Denkens"
(der Logik des Gefühls und des Willens), „die in den emotionalen Vorstellungen
wirksamen logischen Funktionen aufzusuchen und das Wesen und die haupt-
sächlichsten Betätigungen des emotionalen Denkens psychologisch zu be-
stimmen". Das ganze Gebiet des Geisteslebens -wird hierbei gestreift. Unter
„Emotionalsätzen" (Gefühls-, Wunsch-, Willenssätzen) versteht M. LTrteile.
welche sich unmittelbar auf Gemütszustände beziehen, solche zum Ausdruck
bringen. Elementare Urteilsakte sind schon in den Vorstellungen enthalten.
Im emotionalen Denken werden Gefühls- oder Begehrungsprozessen ent-
stammende Vorstellungsdaten zu Objekten gestaltet, bei denen die Hinweise
auf Erfahrung fehlen. Überhaupt ist das Denken voluntaris tisch aufzufassen,
es wird durch Gefühle, Strebungen, Interessen geleitet. Das Wollen ist der
Kern des Bewußtseins. Alle psychischen Vorgänge sind ein Wollen, dessen
Zentrum der „Wille zur Selbstbehauptung" ist. Ein Willensvorgang entsteht,
wenn durch einen Beiz im „Ichwillen" aus einer in diesem angelegten Willens-
disposition eine ,, Begehrungstendenz" ausgelöst wird. Der Ichwille wählt unter
konkurrierenden Motiven und Zwecken solche aus, die seiner Richtung am
besten entsprechen („volitives Denken").
Schriften: Psychologie des emotionalen Denkens, 1908. — An d. Grenze d.
Philos., 1909. — Logik u. Erkenntnistheorie, 1900 (Sigwart-Festschrift). — Die Syl'o-
gistik d. Aristoteles, 1896 f. — D. Bedeut. d. Erkenntnistheor. Kants, 1897, u. a.
^laimoii. Salomon, geb. 1754 in Neschwitz (Litthauen) als Sohn eines
polnischen Rabbiners, schon als Knabe talmudisch geschult, mit dreizehn Jahren
schon Familienvater. Er lernte deutsch, verließ seine Familie, ging ohne alle
Mittel nach Berlin, wo er unter der Leitung Mendelssohns Philosophie studierte,
bald aber ein unstetes Vagantenleben führte (Holland, Hamburg). Als Er-
wachsener besuchte er noch das Gymnasium in Altona, ging dann wieder nach
Bf-rlin, Breslau, mit der Abfassung wissenschaftlicher Lehrbücher in hebräischer
Sprache beschäftigt. In Berlin studierte M. Kants „Kritik der reinen Vernunft"
und verfaßte einen „Versuch über die Transzendentalphilosophie" (1790) und
in der Folge weitere philosophische Schriften. Von Kant, Fichte und Schelling
Maimon.
wurde er aU scharfsinniger Denker geschätzt. Zuletzt Lebte er auf einem Gute
'trafen Kaikreuth bei Freistadt (Schlesien), wo er 1800 stark
AI. nennt seinen, teilweise im Sinne Kant-, teilweise gegen ihn gerichti
Standpunkt den eines ..empirischen Skeptikers-', der ihn in mancher Beziehi
Hume, in anderer Fichte nähert M. tadelt an Kant, daß er nicht die /
Stämme der Erkenntnis, Sinnlichkeit und Verstand aus einer Wurzel herleite,
dieM. im Bewußtsein überhaupt, welch«- das „Denken im weitesten Bin
die Synthese eine- Mannigfaltigen zur Einheit ist. findet. Nicht blofi die Form,
auch der Stoff der Erkenntnis isl nicht von anfien gegeben, sondern liegt in uns
selbst, als etwas Irrationales, dem bewußten Denken Vorangehend.-, tls Grenze
oder „Differential" des Bewußtseins. Das „Ding an Bich" isl ein Unding, die
„Affektion" seitens der Dinge fällt in das Bewußtsein selbst (Idealismus).
A priori ist (gegenüber der Empfindungsmannigfaltigkeit) die Form oder I
dingnng aller besondern Erkenntnis, die Bedingung, unter der allein das Mai
faltige der Empfindungen gegeben werden kann. A priori sind also die An-
Bchauungsformen (Raum und Zeit), als Formen von Einheitsynthesen. I'
Raum ist aber nicht bloß eine (nur als endlich vorstellbarei Anschauung, Bond
auch ein allgemeiner Begriff. Ebenso verhält es sieh mit der Zeit Die LTn-
endlichkeitsbegriffe sind „bloße Ideen, die keine Objekte, sondern das Entstehen
der Objekte vorstellen", „Grenzbegriffe". Die Sinnlichkeil liefert uns die
Objekte als Produkte unseres Denken- (als Einheitsfunktion', welches sich dann
der Regeln der Erzeugung bewußt und damit zum Verstände wird: die
Sinnlichkeit ist also nur der unvollständige Verstand.
Da- Grundgesetz de- objektiven Denkens ist der „Satz der Bestimmbarkeit"
(als Art des Satzes vom Grunde). Beziehungsformen des Denkens sind auch
die Kategorien, die nach M. nur Formen des Satzes der Bestimmbarkeil
sind. Anwendungen des Logischen auf die Objekte. Die Kausalität ist keine
Kategorie, sie gilt nicht einmal für die Dinge als Erscheinungen, hat b
subjektive ( reitung [(Wahrscheinlichkeit ■. beruht aui Gewohnheil (vgl. Hu
Die Ideen Bind nicht Vernunftgebilde, sondern entspringen der EinbUdui
kraft. Die Vernunft kann kein«' Vorstellung des unbedingten erzeugen; die
Kantschen ..Antinomien'- beruhen in Wahrheit aui einem Widerstreit der \
nunft mit der Einbildungskraft (nicht mit sich Belbet). Die Ideen haben nm
subjektive Gültigkeit, so auch die religiös« [dee, welche das 9
l hster Vollkommenheit fordert Gott dar! nicht anthropomorph vorgestellt
werden; H. lehn die Existent einer „Weltseele". In ethischer Hinsicht
tadelt M. Kam- schroffe A Mahnung ;l||t^ Eudamonismus, di
das Motiv nnseres Handelns ist und als geistig« Genufi keines«
ist. Das Motiv des sittlichen Handeln- ist das lustvolle Gefühl der eigenen
Würde.
- i. ritten Verweb über di satalphilosop] I
n rttrbeea, 1791. - streifereien bs der Pht
grosse der Pailowpl rem
Tieuon Logik seet Theorie dea Deafaaa, 1794 Elsaptwerk) — Kril
BMraeasssaseli 8. J. Woi
444 Maimon — Maine.
Maimoniana, 1813. — J. H. WlTTE, S. M., 1876. — BüBIN, Die Erkenntnistheorie
M.s, 1897. — GOTTSELIG, Die Logik S. M.s, 1908.
.Haimonides, Aloses ben Maimun, (Sohn des Richters Maimon, Maimiini),
geb. 1135 in Cordova, studierte gründlich den Talmud und arabische Philo-
sophie, ging mit seiner Familie (wegen der Vertreibung der Juden aus Spanien,
1164) nach Fez, dann (1165) nach Ägypten (Fostat), wo er Philosophie lehrt«
und als Arzt wirkte (Leibarzt Saladins und seines Sohnes). Er starb 1204 in
Fostat (AltKahiro).
M. ist der bedeutendste jüdische Philosoph des Mittelalters, wenigstens
nach der Wirkung seines (rationalistisch gerichteten) Denkens auf das Juden-
tum. Er steht auf dem Boden des strengen Glaubens, fordert aber vielfach
allegorische Deutung der Bibel, damit überall der Vernunftgehalt derselben zur
Geltung komme.
In weltlichen Dingen hält M. den Aristoteles für die größte Autorität und
stimmt auch meistens in seinen Anschauungen mit ihm überein. Er bekämpft
aber die Lehre von der Ewigkeit der Welt und der Materie, welche Gott aus
Xichts geschaffen hat. Gott selbst ist unerkennbar, über alle Prädikate er-
haben, jedenfalls aber immateriell, geistig, allmächtig und allweise. Die Existenz
Gottes ist durch den ontologischen, kosmologischen und teleologischen Beweis
festzustellen. Die Welt ist zweckmäßig eingerichtet, aber nur beim Menschen
bezieht sich die göttliche Vorsehung auf Einzelheiten. Die Vorsehung verhindert
nicht die psychologisch-ethische Willensfreiheit des Menschen, dessen Seele ein
substantielles, immaterielles Formprinzip und unsterblich ist. Es gibt fünf
Seelenkräfte, deren höchste die vernünftige ist. Die Tugend besteht im Ein-
halten der rechten Mitte zwischen zwei Extremen ; wie Aristoteles unterscheidet
M. ethische und dianoetische (intellektuelle) Tugenden. Höchstes Gut ist Er-
kenntnis, insbesondere Erkenntnis Gottes.
Schriften: Moreh Xebüchim (Leitung des Zweifelnden, hebräische Übersetzung —
durch Samuel ibn Tibbon — des arabischen Originals „Dalälat al Hä'irin"), 1551 u. ö.f
lateinisch 1520, deutsch 1838, arabisch und französisch, hrsg. von S. Munk (Le guide
des egares), 1856 — 66. mit Kommentaren, 1875 (Hauptwerk). — Vocabularium logicac,
1550, 1846. — Einleitung zum rabbinischen Traktat „Aboth" (Schemonah feraquim),.
deutsch 1832 (Ethik). — Vgl. A. GEIGER, M., 1850. — M. JOEL, Die Religions-
philosophie des Moses ben Maimon, 1860. — M. ElSLER, Vorlesungen über die jüdischen
Philosophen des Mittelalters II, 1870. — J. MÜNZ, D. Religionsphilos. des M., 1887. —
GuTTMAXX, Das Verhältnis des Thomas von Aquino zum Judentum, 1891. — Neü-
MARK, Geschichte der jüdischen Philosophie, 1908 f. — COHEN, Charakteristik der
Ethik Maimunis, 1908.
Maine, Sir Henry James Sumner, 1822 — 1888, Prof. der Jurisprudenz in
Oxford und Cambridge. = Gegenüber Bachofen, M'Lennan, Morgan u. a. be-
trachtet M. das Vaterrecht als das Ursprüngliche, auch betont er die Bedeutung
der Dorfgemein schatten für die Entwicklung der Staaten und des Eigentums.
Schriften: Ancient Law, 1861; 11. ed. 1890. — Village Communities, 1871;
5. ed. 1890. — Early History of Institutions, 1875; 4. ed. 1890. — Dissertations on
Early Law and Custom, 1883, 1890, u. a.
Maine de Biran. 440
Maine de Siran. Francois Pierre Gauthier, geb. 176G in Grateloup
(Bergerac), diente in der Leibgarde, war während der Revolution l'rätektur-Rat.
nach der Restauration Abgeordneter und Staatsrat, gest. 1824.
In seinen ersten Arbeiten untersucht M. den Einfluß der Gewohnheil
auf das Denken. Er unterscheidet passive und aktive Gewohnheiten und for-
muliert als Grundgesetz der Gewöhnung, daß sie die Sinnesempfindung (Sensa-
tion) schwächt und die Wahrnehmung (perception) verstärkt, welche letztere (wie
nach Reid) aktiver Art und an die Bewegung des Organes selbst geknüpft ist
In seiner zweiten Periode führt M. die Lehre Destutt de Tracys von der
Kraftanstrengung des wollenden Ichs gegenüber dem Widerstände des Objektes
veiter. Das aktive, freie, sich selbst unmittelbar als einheitliches Wesen, Kraft
und Ursache, als tätiges Agens erfassende Ich ist die Quelle und das Muster
unserer Grundbegriffe (Kausalität, Kraft, Substanz, Einheit usw.), welche
Kategorien weder aus der Empfindung stammen, noch dem reinen Denken an-
gehören, noch apriorische Formen sind. Sie stammen vielmehr aus der
inneren Erfahrung des Seins und Wirkens des aktiven, wollenden Ich-.
welches in seinem Willen sich als seiend erfaßt (,,Volo, ergo sum"). Dies -
ist etwas ganz anderes als ein Komplex von Empfindungen, es kann durch die
Qualitäten und Relationen äußerer Erscheinungen nicht beschrieben werden,
sondern ist ein reales, wahrhaft ursächlich sich verhaltendes Subjekt im Gegen-
sätze zu den Objekten (und seinem eigenen Leibe). Das aktive, reine Ich (,,moi
noumenal") ist eine „überorganische Kraft" in Beziehung zu einem Widerstände
(,,une force hvperorganique naturellement en rapport avec une resistante vivant-
eine tätige Kraft („une force agissante"), die sich unmittelbar erfaßt („apper-
ception interne immediate ou conscience d'une force, qui est moi"), mi Gegen-
satz zu allem Objekte („par son Opposition ä tont ce qui est appelle" chose ou
objet"). Das Charakteristische der Ichtätigkeit ist die Willensanstrengung
(effort vouhr . welche von der .Muskelkontraktion zu unterscheiden ist. In
dem Bewußtsein dieser Anstrengung hat der Begriff der Lisa che (der Kau-
salität) Beine Quelle, ebenso der Begriff der Kraft. Aus der Erfahrung des
(erlebten) Widerstandes Btammt alle Materie der Erfahrung, bo auch der B
griff der Substanz (als Begriff eines „absoluten oder möglichen Widerstand«
Die Außenwelt besteht in den Beziehungen der Dinge zu uns, indem
die Dinge Belbst Kräfte sind. Durch die Hemmung, die unsere Willens-
anstrengung erfährt, werden wir uns zugleich unseres [chs und des Nicht-Ich,
der Objekte bewußt Da- Ich projiziert das als passh Empfundene außer eich
und Bchreibt es anderen Wesen zu, indem es Fühlt, daß das, was ihm Wider-
stand leistet, nicht Bein eigener Wille ist. „Lorsque le mouvement est ....
arrele* ou empfiehl, llndhridu Ben! ou apereoit bien unmädiatement que ee n ■
pas bs volonte*, qui L'arrtte on Le Buspend, et c'est lä ce qui le conduit i attrüraer,
par une premiere induetion, oet emp&chemenl ä une cause uon moi oppose i m
volonte". Die Einbildungskraft (imagination) hüllt dann die vom [oh gesetzte
Ursache des empfundenen Widerstandes in die Vorstellung der taktUen Aus-
dehnung, die uns als Erkennungszeichen eines Dinges dient
- hriften: Die meisten seiner Schriften wiinlon or-<t na. h seinem Tode her
446 Maine de Biran — Maistre.
gegeben: Oeuvres philosophiques de M. de B., publiees par V. Cousin, 4 Bde., 1841. —
Oeuvres inedites de M. de B., publiees par E. Naville, 4 Bde., 1859. — Science et
Psychologie, publiee par A. Bertrand, 1887. — Drei Entwicklungsperioden sind bei M.
zu unterscheiden: 1. Ausgang von Locke, Condillac, Reid u. a.: Sur Pinfluence de l'habi-
tude ä la facolte de penser, 1802. — Memoire sur l'habitude, 1803. — Memoire sur la
decomposition de la faculte de penser, 1805 (von Leibniz beeinflußt). — 2. Persönlich-
keits-Standpunkt: Rapport du physique et du moral, 1811 verfaßt. — Essai sur les
fondements de la psychologie, 1813 — 22 verfaßt (Hauptschrift). — 3. Mystische Periode:
Xouveaux essais d'anthropologie (unvollendet). — De l'apperception immediate. Conside-
rations sur les principes d'une division des faits psychologiques et physiologiques. —
Vgl. Naville, M., 1857. — Marilier, M., 1893. — A. Kühtmann, M., 1901.
— A. LANG, M. und die neuere Philosophie. — TlSSERAND, L'anthropol. de M. de
B., 1909.
Mainländer, Philipp (Pseudonym für Philipp Batz), geb. 1841 in
Offenbach a. M., Kaufmann in Offenbach und Berlin, endete 1876 durch Selbst-
mord.
M. ist wesentlich von Schopenhauer beeinflußt. In der Erkenntnislehre ist
er Apriorist und Idealist, in der Metaphysik lehrt er einen pessimistischen
Voluntarismus, der auch Elemente des Buddhismus und des reinen Christen-
tums enthalten soll, welches letztere als „Atheismus" aufgefaßt wird, für den
Gott „gestorben" ist. Die Welt ist eine Vielheit von Willenseinheiten als Bruch-
stücke des zersplitterten einen Willens, der Gottheit, durch deren Tod die
Welt entstand, in welcher der Wille zum Sein immer mehr erlischt, so daß Gott,
das „Überseiende" zum Nichtsein und dadurch alles erlöst wird. Gott war Über-
sein, ein Überwesen, übergeistig. Er erkannte, daß er nur durch das Werden
der Vielheit aus dem Übersein in das Nichtsein treten könne. So hat er sich
zu einer Welt der Vielheit zersplittert. „Gott ist gestorben, und sein Tod war
das Leben der Welt." Die Einzelwesen haben das Streben nach dem Nicht-
sein; in diesem Streben hindern sie sich gegenseitig, kämpfen miteinander und
schwächen ihre Kraft, wodurch das Ziel der Welt, das Nichtsein allmählich
erreicht wird. Das Sein ist „reiner Wille zum Tode", das Leben nur ein
Mittel dazu.
Schriften: Die Philosophie der Erlösung, 1876; 1894. — Vgl. S. RUBINSTEIN,
Ein individualistischer Pessimist, 1894.
Maistre9 Joseph Marie de, geb. 1754 in Chambery (Savoyen), Bot-
schafter in St. Petersburg 1803—17, gest. 1821 in Turin.
de M., der Begründer des neuern Ultramontanismus, gehört der französischen
„theologischen" Schule an, welche die Reaktion gegen die Aufklärung, den
Sensualismus und Materialismus des 18. Jahrhunderts, aber auch gegen die
hauungen der großen Revolution darstellt. Die absolute Herrschaft ge-
bührt der Kirche und dem Papste. Die Übel der Welt sind Strafen Gottes;
Krieg. Inquisition, Todesstrafe u. dgl. sind Mittel der Sühne und Züchtigung.
Die gottlose und völlig falsche Aufklärung hat in Bacon ihren geistigen
Stammvater.
Schriften: Soirees de St. Petersbourg, 1821. — Essai sur la philosophie de Bacon,
Mai- iiu-: — MALEBRAX< hi:. 447
lb26. — Du Pape, 1829. — Oeuvres cunipletbs, 1884—87, u. a. — Vgl. PAULH
J. de M. et sa philosophie, 1893.
Malapert. P., Prof. in Paris. — Schriften: Lecons de philosophie. !
— Les elements du caractere, 2. ed. 1906, u. a.
Malebranche, Nicolas, geb. 1638 in Paris, Mitglied der K ion
des Oratoriums, gest. 1715, angeblich infolge der Aufregung, in die ihn seine
Unterredung mit Berkeley versetzte.
-M., der von Augustinus beeinflußt ist, geht in seinem, auf Versöhnung von
Philosophie und Religion bedachten, zur Mystik neigenden Philosophieren von
Lehren Descartes aus und bildet zunächst dessen Auffassung des Verhältnis*
von Geist und Körper im Sinne des Okkasionalism us weiter. Die 1
eines endlichen Geistes zeigt nichts davon, daß er einen Korper zu beweg
E : auch kann der Körper nicht auf den Geist einwirken, . »1 auch
keine direkte Kausalität von Körper zu Körper, sondern jedes Ges heben
QUT Anlaß (..oeeasio") für das Auftreten eines anderen, wobei tue einzige
wahre Ursache und Kraft Gott ist: ..II n'y a donc qu'un Beul vrai Dien
et qu'une Beule cause, qui soit veritablemenl cause, et Ton nedoit pas B'imaginer
que ce qui precede um effet en soit la v£ritable cause"! Gott wirkt in allem
durch Gelegenheitsursachen (Anlasse): „Omnis actio proprie tali> L e, omnia
nio virium oon ad creaturas, sed ad solum Deum pertinet Deus autem
per cntia creata oon agit oisi es Bystemate quodam causarum occasionalium.41
,Deus Bolus v< it eorum omnium quae sunt vel Hunt; creaturae
autem non Bunt oisi causae occasionales." Gott wirkt aber nur gemäfl den
allgemeinen Gesetzen - Wes< iu> universalibus aeternae
&entiae"). Die Dinge wirken nur vermittelst Gott iconcursu Dei
M. baut nun diese Lehre /u einem Panentheismus auf, oach welchem
die Welt in Gott ist und wir alles vermittelst der tdeen in Gott erkennen. S
wie es kein Wirken ohne Gott gibt, bo vermag der Geist nicht ohne Erleuchtung
durch Gott zu erkennen, der auch die Zustande des Bewußtseins mit denen
Körpers in Übereinstimmung bringt I>i»- Erkenntnis ist kein Produkt der
E me, denn diese, di<- cur Lebenserhaltung da Bind, sind nur subjektive Aut-
mngen der Beziehungen des All- der Dinge zu uns („relationes umus cuius-
demque extensionis roß infiniti ad Dostrum intellectum"). Die Empfindungen
: nur Anlässe zur wahren Erkenntnis, diese erfolgt durch die Ideen,
immittelbaren ( Objekte des ( im immediatum mentis ipsi proximum,
dum aliquid percipit"). Gegenstand der tdeen ist die Ausdehnung des unend-
lichen, [ntelligiblen, Unveränderlichen, aus dessen Anschauung wir alle
und innere Erkenntnis gewinnen, die, da das Unendliche Gott ist, in G
in omnium idearum est • \t< ds nflniti, intelligibilis, inimu«
tabüis et incommensurabUiS) n suius intuitu formamus, quidquid adsptcimus
intra sive extra DOS. Vere itaque 6t nun -ine lundameiitu a>serimu>. haue
intuitionem . . . fieri in ip In den \n-« ihauunj [daen in Gott
besteht das Wissen.
In ( »..tt sind alle endlii hen Geist«
448 Malebranche — Mamiant.
enthalten; Gott ist der „Ort der Geister" („lieu des esprits"), die „intelligible
Welt", in welcher diese leben und schauen. Gott ist mit allen Geistern innig
verbunden („intime unitus"), als das „Leben aller Geister" („anima omnium
spirituum"). Er erkennt in sich alle Dinge, indem er seine Vollkommenheiten
(Ideen) schaut, welche die Urbilder der Dinge sind. Gott ist alles, weil er
unendlich ist. alles umfaßt. Die Seelen schaut Gott unmittelbar, die Körper
aber vermittelst ihrer Ideen in ihm („per imagines seu ideas in ipso Deo"), als
Modifikationen des Unendlichen. Unser Erkennen ist ein Teilhaben am gött-
lichen Schauen („participatio substantiae divinae"), wir erkennen die Dinge in
Gott, in dem deren Ideen enthalten sind, die wir als allgemeine Bestimmtheiten
a priori, vor der Erfahrung erfassen: „Spiritus creati, quaecunque vident et
cognoscunt, in Deo cognoscunt, in quo continentur . . .: unde etiam liquet,
quomodo possideamus quandam notitiam generalem (anticipatam) de omnibus
entibus , antequam adhuc eorundem experientiam fecerimus." Unsere Seele
selbst erkennen wir, wenn auch nicht adäquat, unmittelbar durch die innere
Wahrnehmung ihrer Tätigkeiten ; fremde Seelen per analogiam. Notwendige
Wahrheiten sind die durch ihre Natur unveränderlichen und die durch den
göttlichen Willen gesetzten Wahrheiten, alle anderen sind „kontingentu. Not-
wendig sind die mathematischen, logisch-metaphysischen, moralischen Wahr-
heiten.
Wie unser Erkennen ist auch unser Wille auf Gott gerichtet und wir
wollen einen Teil dessen, was Gott will. Aller Wille ist auf das höchste Gut
gerichtet, auch noch der verirrte Wille. In der bewußten und ständigen Liebe
zu Gott und dessen Weltordnung, in der richtigen Schätzung der Dinge besteht
die Tugend („virtus consistit in amore habituali et praedominante ordinis immu-
tabilis ex cognitione Dei intellectuali procedente"; vgl. Spinoza). Das Höchste
ist die Vereinigung mit Gott; durch Überwindung der Sinnlichkeit und der
Fesseln des Leibes nähert man sich ihr, aber erst der Tod kann sie ganz
bringen.
Anhänger M.s sind B. Laray, F. Lamy, Thomassin, de Mairan,
de Lanion, Lefort de Moriniere, Fenelon u. a. Ähnlich lehrt Gio-
venale. Von M. beeinflußt ist Collier, teilweise auch Berkeley.
Schriften: De la recherche de ]a verite, 1675, 1712, 1880; lateinisch 1685;
deutsch 1776 — 80 (Hauptwerk). — Conversations metaphysiques et chretiennes, 1677.
Traue" de la nature et de la grace, 1680. — Traite de la morale, 1684; deutsch 1831.
— Meditations metaphysiques et chretiennes, 1684. — Entretiens sur la metaphysique et
«ur la religion, 1688. — Traite de l'amour de Dieu, 1697. -* Oeuvres, 1712, 1842,
1853 f., 1859—1871. — Vgl. Olle-LaprUNE, La philosophie de M., 1870—72. —
A. KELLER, Das Kausalitätsproblem bei M. und Hume, 1899. — NOVARO, D. Philos.
des M., 1893.
llally, Ernst, Gymnasialprofessor in Graz. = Anhänger Meinongs.
Schriften: Mitarbeiter an den „Untersuchungen zur Gegen standstheorie und Psycho-
logie" von Meinong, 1904. — Bericht über den III. intern. Kongreß für Philos., 1909.
— Elemente der Gegenstandstheorie, 1908 (mit Ameseder).
llamiani. Terenzio, geb. 1799 in Pesaro, mehrmals Minister, Prof. in
Mamiani — Maxi.
Turin. gest. 1885 in Rom. Rft.il , I
delle scuole italian«
M.. der anfangs tob Gaüuppi beeinflußl war. bild oreu
l: Mnini- und Giobertis zu einer idealistischen Philosophil
Geltung an den Universitäten erhielt I>a- höchste Prinzip, «reiche« allen
anderen Grundbegriffen rorausgeht, ist das der Identität, «reicht
utet Dieses wird durch •-■
unmittelbar erfaßt und ist die Grundlage aller Wahrheit und alles
E ras. I >.i- Absolute tritt in eine Reihe von Ideen auseinander, dii
viele QOtwendige Wahrheiten bedeuten und Bedingungen der Erkenntnis i
I1 _ sind, dei stenz anmittelbar mit der des [eh durch die Hemmi
die dieses erleidet, erfahren wird. Die Erkenntnis ist das Produkt des Zu-
menwirkens der Dinge and <!»■- Bewußtseins, in welchem das Absolute
wirksam ist
3 K ritte ti: Dei rinnovameiito della tilosotia italiana, 18:54. — Dell' ontolo_*
met"do, 1841. — Dialoghi di prima, 1846. — Confessioni di un tu
i • : a della n io stato, 1868. — Compendio e sinte«i della ;
tilusotin . a. — Vgl. L. PEBBI, Balls ritai i Ig opere <li r. M. Kr
ital.
ilHii<l<kvillck. Bernard de, aus einer französischen Familie, geb. um 1670
in Dordrecht (Holland), lebte als Ar/t und Batirischer Schriftsteller in London,
»rben 1 7:;."» daselbst
In der „Bienenfabel" erzihlt Bf., wie in ein. -in Bienenstaat alles auft
florierte, obwohl Eigennutz und Laster genug herrschten. Als an Stell«
Uneigennützigkeil und reine Tugend mm Prinzip erhoben werden
- it in Verfall. M. will wohl nichts andere- al> dartun. dafl die natfiiiichen
Triebfedern des menschlichen Handeine stischer \n Bind und
durch -ie. durch Eugennutz, Ehrgeiz, Habsucht Eitelkeit usw. die Menschen
nicht bloß rieh, Boodern auch die Gesellschaft fördern.
Bckriftei i b ■ • : ll -. ^>^ pru - msde pobli« b< 7 1 4 .
6. ed. 17 :74>' (Hauptwerk). — [sqsirj int<> !.
osefalneM ol laity, L7SS. — A letter to I>i«»n, L78S I
ireh nd tjotar sjnsnt, L7SO; Fm
— Vgl P. 8 \km \w i. :■ m tnd dk
no , i
Muni llanes), ein persische] Ma. i am 218 i i
,vAposti I .1. iu an R n und in • i
triften eine Verbindung ran / on und ehi
wurde um • Von - in« n I
K rchenv&ten :■ • - ■ ■ \ igustinus, d( i
dann i
I >i« Lehn M it ein phanta thwiem
um ,. ii ili-iu Ki u In tu und di in ind des
I I >i. \\ . ||
l'nneii
450 Mani — Marbe.
zwischen den Prinzipien des Guten und denen des Bösen erfüllt. Es gibt nach
M. eine alles belebende Weltseele und im Menschen zwei Seelen: eine gute
Lichtseele und eine böse Leibesseele, die miteinander kämpfen. Asketische
Überwindung des niederen Prinzips im Menschen ist das sittliche Endziel.
Vgl. G. FLÜGEL, Mani und seine Lehre, 1862. — A. GEYLER, Das System des
Manichäismus, 1875. — KESSLER, M., 1889.
Mann. Abbe*, englischer Abstammung, lebte in Paris, dann in Nieuport,
Brüssel, Prag, wo er 1809 starb. = Nach M. ist das All ein System vollkom-
mener Beziehungen und universeller Harmonie, an dessen Spitze Gott steht.
Schriften: Principes metaphysiques des etres et des connaissances, 1807.
Hansel 9 Henry Longueville, geb. 1820 in Cosgrove, Professor der
Theologie in Oxford, gest. 1871.
M. ist der bedeutendste Anhänger von W. Hamilton, aber auch durch die
ältere Schottische Schule und durch Kant unmittelbar beeinflußt. Das Ab-
solute ist nicht erkennbar, jeder Versuch, es begrifflich zu bestimmen, führt
zu Widersprüchen; das Denken reicht an die letzte Wirklichkeit nicht heran.
Dem (auf ethischer Grundlage erwachsenden) Glauben an einen persönlichen,
dreieinigen Gott ist durch das Denken nicht beizukommen, er ist durchaus-
berechtigt. An jeder Erkenntnis sind Anschauung und Denken beteiligt. Der
Stoff der Erkenntnis stammt aus äußerer und innerer Anschauung. Die
äußere Wahrnehmung stellt uns nur Phänomene dar, deren An sich nicht
positiv bestimmbar ist, wenn auch die Außendinge unmittelbar auf Grund des
"Widerstandes, den das Ich in seinen Bewegungen erleidet, als existierend er-
faßt werden. Eaum und Zeit sind apriorische Anschauungsformen, auf
welchen die Notwendigkeit der mathematischen Sätze beruht. Apriorisch ist
ferner das allgemeine Kausalprinzip. Unser eigenes Ich erfassen wir un-
mittelbar als Realität, als Substanz, und deuten nach ihm auch die Außen-
dinge. Ebenso erleben wir die Kraft unmittelbar in unseren Willenshand-
limgen, die auch zur Unterscheidung des permanenten Subjekts von seinen
Modifikationen die Handhabe geben.
Schriften: Proiegomena Logicae, 1851. — Man's Conception of Eternity, 1854.
— Psychology, the Test of Moral and Metaphysical Philosophy, 1855. — Metaphysics,
1860. — The Limits of Pteligious Thought, 1858; 3. ed. 1867. — Philosophy of the
Conditioned, 1866. — Letters, Lectures and Keviews, 1873, u. a.
llanfovaiii, geb. 1860, Prof. in Pavia. = Von Wundt beeinflußt.
Schriften: Manuale di psicologia fisiologica, 1896, u. a.
llarbaeli. Gotthard Oswald, 1810—1890, seit 1845 Prof. in Leipzig. =
Anhänger Hegels.
Schriften: Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, 1838 — 41, u. a.
Marbe, Karl, geb. 1869 in Paris, Prof. in Würzburg.
Nach M. beschäftigt sich die Logik mit den Methoden zur Gewinnung
gültiger Beziehungen und mit dem Ausdruck dieser Beziehungen im Urteil.
Die reine Logik ist die Lehre von der Gewinnung gültiger Beziehungen, soweit
Marp.f, — .Mau« i - Ai ki.i.ii s.
unabhängig von der Erfahrung möglich ist. Das Urteil ist der Name für
„alle Erlebnisse überhaupt, auf «reiche die Merkmale richtig oder falsch . . .
eine sinngemäße Anwendung finden". Die Richtigkeil des In.-. ht in
der Uberefostimmung von Bedentnng and Urteils^ md, der Merkmals-
beziehung mit der tatsächlich gültig« n Beziehung. Ein „Beziehungsurteü" i-t
•■in Urteil, durch welches das Vorhandensein einer gült iehung behaupte!
oder geleugnet wird.
S hriften: Zur Lehre von d. <jesi< -htsempfind., 1893. — Natur;
Wahrscheinlichkeitslehre, 1899. — Experimentell-psychologische Unttnaekongmi i i > -
Urteil, 1901. — Beiträge zur Logik and ihren GreniwiMenachlftai , Vierteljahr«--
für wissensch. Philosophie Bd. 80, 1 : Bd. 34, 1910, u. a.
>Iarehe«*ini« <-.. geb. 1868 in Noventa-Vincentina, Prof. in Padua. =
Anhänger Ardigös, idealistischer Positivist.
B hriften: Saggio sulla naturale Units del pensiero, 1895. — La crisi dt
vismo e il problema filosofico, 1898. — La teoria dell1 utile, 1900. — II -
nella conoscenca e nella morale, 1901. — 11 dominio dello spirito, 1909. Lc ftnsioni
dell1 anima, 1905. — L'imaginazione creatri. e, 1905, u.a.
Marri. Johannes Marcus von Kronland, geb. 1595 in Landskron (Böhm«
der Medizin in Prag, gest. 1667 daselbst. = M. trägt eine eigenartige, von
Plato, der Stoa, Paracelsus u.a. beeinflußte [deenlehre vor Die [deen Bind
1 schaffen und wirken in den Dingen als zweckmäßig bildende
staltende Kräfte und Keimkräfte (,4deae Beminales'').
B< hriften: Idearum operatricimn idea, 1635. — Philoaophil
— Vgl. GüHBAUEB, Zeitachr. für Philosophie u. philos. Kritik, \XI, Lf
llarHami* Martianus) Capeila. geb. in Madaura, verfaßte am
eine Schrift aber die Bieben „freien Künste" („Satirikon"), eine im Mittelalter
del benutete wissenschaftliche Enzyklopädie,
hriften: Satiriker., hr-g. roi irdt, L866. — Vgl. PRANT]
<ler Logik 1
>lar<ion Markion) aus Binope, Sohn eines Bischofs, der ihn w
Inl.hr.ii exkommunizierte, ging anter Antoninus Pius Dach Born, «
seine Lehn □ eine eigi oe Gemeinde fand (1 1 1 n. Chr.), gest am 17". M.
< Inostiker, der das | Paulinische) ( Ihristentum Bchrofl vom Judentum untei
als Religion der Liebe gegenüber der i Der böch
von dem bten Judengott, dem Weite woh] /n i
1 tt bat EU Bekämpfung ■!<•> Srhi'ijitVp- in
& Knechtschaft üitinomismus) und den Übeln der Welt Chi
i .nult. « I . I • il) um Seht in war (D Di«
Lehre des M. bat Apelles weitergebildet.
1 1 1 1 '.i \ i i
Mi WBOOM, M
^lllKllo.
im.) \| and tr bßtaben- und /
Miiimii» \ in clin» ' )>r.
452 Marcus Aurelius — Mariana.
Verfasser einer philosophischen Schrift „Selbstbetrachtungen" (Tcov slg eavxov
ßiß/.ia), In se ipsum, 1652, 1882 u. ö., deutsch 1866, 1903 (Kiefer), in der Uni-
vers.-Biblioth.
M., der wesentlich von Epiktet beeinflußt ist, äußert in aphoristischer
Form Gedanken, die den Geist des Stoizismus atmen. Eine tiefe Frömmigkeit
durchzieht das Ganze, der Glaube an einen gütigen, liebenden Vater und an
eine alles umfassende Vorsehung wird von M. als unentbehrlich gepriesen. In
der Welt ist alles beseelt und die menschliche Seele ist ein Ausfluß der Welt-
seele, in die sie nach dem Tode eingeht, ihre schlechte Hülle, den Leib ver-
lierend. Die Weltseele durchdringt alles (kv £coor 6 xöafAog [uav ovolav y.al
yjvxtyv iiiav ijze%ov) und ist das Unsterbliche in den Einzelseelen. Die Seele
durchdringt ihren Leib ganz. In der Welt geschieht alles notwendig und
gesetzlich, gemäß der in ihr waltenden göttlichen Vernunft und Vorsehung.
Der Weise schickt sich in den Weltlauf und will nichts, als was die Vernunft
will; er ist mit dem Gegebenen zufrieden, macht sich von Äußerlichkeiten un-
abhängig, ist innerlich frei, lauter, ruhig, zufrieden in sich selbst, die Götter
fürchtend, gerecht und menschenfreundlich gesinnt.
Vgl. FESSLER, M. A., 3. A. 1799. — ZELLER, M. A., in: Vorträge und Abhand-
lungen, 1865.
Marcus, Ernst, geb. 1856 in Kamen, lebt in Essen. = Kantianer.
Schriften: Das Fundament der Sittlichkeit, 1899. — Kants Revolutionsprinzip,
1902. — Das Erkenntnisproblem, 1905. — Die Elementarlehre zur allgemeinen Logik,
1906. — Das Gesetz der Vernunft, 1907, u. a. — Vgl. GAQUOIN, Die transzendentale
Harmonie bei E. M., 1907.
Marcus, Hugo, geb. 1880 in Posen, lebt in Berlin. = Nach der Lehre
des „Monopluralismus" ist „alle Vielheit zugleich Einheit, alle Einheit zugleich
Vielheit'1. „Die Einheit verwischt die Vielheit nicht, die Vielheit zwingt die
Einheit nicht zur Selbstaufgabe, sondern beide zusammen bilden die Dinge, und
die W7elt ist nicht monistisch, sie ist aber auch nicht pluralistisch: die Welt
ist ein Kompromiß, ist Einheit und Vielheit zugleich, monopluralistisch."
Schriften: Meditationen, 1904. — Musikästhet. Probleme, 1906. — Die Philo-
sophie des Monopluralismus, 1907.
Mares, Franz, geb. 1857, Prof. in Prag. = Gegner des Naturalismus
und Materialismus; Standpunkt des Kritizismus.
Schriften: Idealismus und Realismus, 1901. — Prinzipien der theoretischen Er-
kenntnis und des sittlichen Handelns, 1902, u. a. (böhmisch).
Marheineke, Philipp, geb. 1780 in Hildesheim. Prof. der Theologie in
Erlangen, Heidelberg und Berlin, gest. 1846. = Spekulativer Theismus.
Schriften: Christliche Symbolik, 1810 — 14. — Die Grundlehren der christlichen
Dogmatik, 1819 (Einfluß Schellings), 2. A. 1827 (Hegelscher Einfluß). — Vorlesungen
über christliche Dogmatik, 1847—49. — System der theologischen Moral, 1847, u. a.
tfariana, Juan, 1536—1623, Jesuit, Historiker. = M. ist einer der
Mariaxa — Martin ak. 453
..Monarchomachen'\ welche ein gewisses Maß der Volkssouveranität gegenüber
dem Herrscher lehren.
Schriften: De rege et regis institutione, 1598, u. a.
Mariano. Raffaele, geb. 1840 in Capua, Prof. der Kirchengeschichte in
Neapel. = Hegelianer.
Schriften: La philos. conterapor. en Italie, 1868. — L'individuo e lo Stato,
1876. — Filos. della religione, 1887, u. a.
Jlarinos ans Flavia Xeapolis (Sichern), Schüler und Nachfolg
Proklos in Athen (5. Jahrh.), Verfasser einer Biographie des Proklos (Vita
Prodi, 1700, in der Ausgabe des Diog. Laertius von Cobet, 1850). = Nenpla-
toniker, der die Mathematik sehr schätzt.
3Iarioii9 Henri. 1845— 1896. = Psychologisch-ethischer Standpunkt.
Schriften: De la solidarite morale, 1880; 6. ed. 1907. — Leoons de Psyehol.,
1899, u. a.
Marias Victoriiius, Rhetor und Grammatiker in Rom (um 350 n. Chr.).
= M., von dem Augustinus beeinflußt worden ist (Prädestinationslehre), ist
wesentlich Xeuplatoniker (später Christ geworden); in logischen Dingen hält er
sich an Aristoteles und die Stoa. Der Kategorie der Substanz stellt er die
iKun übrigen (Aristotelischen) Kategorien als Akzidentien gegenüber. Gott
enthält alles Sein in sich, der Logos ist der mit Wille und Intellekt begabte
Weltschöpfer.
Schriften: Übersetzung der „Einleitung" (eloaycoy/j) des Porphyrius ins Lateinische.
Abhandlungen über die Definition, Kommentare zu Ciceros Topik u. a. Opera, bei
Migne, Patrologiae cursus VIII. — Vgl. GEIGER, M. V., 1888. — Harna« k.
Dogmengeschichte III.
Hai -hall. H. R. = Evolutionistischer Standpunkt.
Schriften: Aesthetic Principles, 1895. — Instinct and Reason, 1898. — Geist
und Seele, 1906, u. a.
Mar Silin» Ficinus s. Ficinus.
Mai'silins von Inghen (de Inghen), studierte in Paris. Rektor daselbst
(1367 — 71), dann in Heidelberg, gest. 1396. = M. ist zum Teil von Thomas von
Aquino beeinflußt, teilweise aber neigt er Occam und dem Nominalismus zu.
Schriften: Quaestiones supra quatuor libros sententiarum, 1501. — Vgl, I'K.WN..
Geschichte der Logik IV. — StÖCKL, Geschichte «ler Philosophie des Mittelalters IL.
Martiann* Capella s. Marrianus.
Martin, de Saint b. Baint-Martin.
Martinak. Eduard, geb. 1859 in Warasdin, Prot in Gras. = Auhät
BleinongE
Schriften: Lockes Lehre von den Vorstellungen, 1887. — Die 1.
1894. — Zur Begriffsbestimmung der intellektuellen Gefühle und dos lal
— Zur Psychologie des Sprachlebcns, 1898. — I Offoeh« Int.'mi. hungen zur Be-
deutungslehre, 1901, u. a.
454 Martineau.
Martineau. Harriet, 1802 — 1876. = Positivistischer Standpunkt.
Schriften: Übersetzung von Comtes „Cours" ins Englische, 1853. — Letters on
the Laws of Mans Nature and Development, 1851. — Biographical Sketches, 1869. —
Autobiography, 1877. — Vgl. MlLLER, H. M., 1884.
Martineau, James, geb. 1805 in Norwich, Prof. in Manchester, dann
(1853—75) in London, gest. daselbst 1900.
M. vertritt einen kritischen Realismus und eine dynamisch-thei-
s tische Weltanschauung, einen „Dualismus" zwischen Mensch und Gott, von
welchem die Welt zwar beständig abhängig, aber verschieden ist. Die materielle
Welt besteht aus Kräften, welche der göttliche Geist durch seinen Willen in
den Raum versetzt. Den Widerstand der fremden Kräfte erfährt das er-
kennende Subjekt und faßt ihn als Äußerung einer seiner eigenen analogen
Tätigkeit auf (vgl. Wundt u. a.). Das Noumenon ist Kraft. Jede wahre
Ursache, die wir a priori als Quelle einer Wirkung setzen müssen, ist nicht,
wie die Wirkung, ein Phänomen, sondern ein Noumenon, eine Kraft, etwas
Metaphysisches, während die Naturwissenschaft als solche es nur mit der
gesetzlichen Aufeinanderfolge von Erscheinungen zu tun hat. Da aber die
Kraft nur durch einen entscheidenden, auswählenden Willen ausgelöst werden
kann, so stammt jedes Phänomen von einem Willen her. Die Außenwelt ist
die Manifestation des göttlichen Willens. Gott ist Persönlichkeit, über die
Welt erhaben und zugleich derselben immanent. Die Religion ist die unent-
behrliche Stütze der Moral.
Die Erkenntnis bestimmt M. als Funktion des Denkens. Sie beginnt mit
der Analyse der Gesamtkomplexe in deren Elemente und ist ein Urteil, welches
Verhältnisse der Wirklichkeit wiedergibt. Die erkenntnispsychologische Analyse
führt schließlich zu selbstgewissen Intuitionen, denen zu vertrauen wir nicht
umhin können. Raum und Zeit sind apriorische Anschauungsformen, haben
aber objektive Gültigkeit, ja der Raum hat sogar metaphysische Bedeutung.
Eine Grundlage der Ethik ist die Willensfreiheit. Der Wille ist eine
Ursache, welche zwischen möglichen Richtungen entscheidet, zugunsten eines
Phänomens gegenüber einem anderen („which terminates the balance of possi-
bilities in favour of this phaenomenon rather then that"). Die Willenshand-
lung ist zwar von Motiven und vom Charakter des Wollenden abhängig, aber
nicht dadurch streng determiniert; das noumenale Ich wählt frei zwischen den
Motiven und konnte anders handeln, als es handelte. Die Ethik M.s ist eine
„idio-psychologische", intuitionistische Gesinnungsmoral, ein System von Normen
für ein bestimmtes Ziel („system of rules directed upon an end"). Das sittliche
Urteil bezieht sich auf die inneren Triebfedern einer Handlung („inner spring
of an action-'). Wir haben das intuitive, sichere Bewußtsein einer Wertskala
unserer Maximen, zwischen denen wir wählen („that we are sensible of a
gratuated scale of excellence among our natural principles")- Unmittelbar
beurteilen wir von zwei Motiven eines als wertvoller denn das andere. Gut ist
eine Handlung, die gegenüber einem niederen einem höheren, wertvolleren
Motiv entspringt. Dem höheren Motiv zu folgen, gebietet das Gewissen,
Avelehes sich als Äußerung des göttlichen Willens . autoritativ geltend macht.
V
Martixeau — Marty.
Von Martineau beeinflußt sind Cobbe, W. B. Carpenter, Upton u. a.
- hriften: The Rational of Religious Inquiry, 1S36. — Endeavours after the
Christian Life, 1843 — 47. — Studies of Christianity, 1S58. — Essays, 1868. — Moden.
teiiaHsm, 1876. — The Relation between Ethics and Religion, 1881. — A Study
of Spinoza, 1S82. — Types of Ethical Theory. 1S82: 3. ed. 1891. — A Study of
Religion, 1SS8: -J. ed. 1889. — Essays, Reviews and Addresses, 1890—91, u. a. —
Vgl. WlLKIX>OX. J. M.s Ethik, 1898. — J. ÖBUMMOND and C. B. ÜFTON, The
Life and Letters of J. M.. 1902. — (_). PbICE, J. M.s Religionsphilosophie, 1902. —
H. JONES. The Philosophy of M., 1905.
Martini. Cornelius, aus Antwerpen, 1567—1621, Prof. in Helmstedt =
Aristoteliker, Gegner des Raums (Antiramist).
Schriften: Tractatus de analysi logica, 1594. — Commentarius logicus contra
Ramistas, 1623. — Coramentatio de doctTina metaphysua. 1623. — Metaphysica.
163S, u. a.
Martini. Jacob, 1570 — 1649, Prof. in Wittenberg. = Gregner
Kam us.
Schriften: Miscellanearura disputationuni libri quatuor, 1608. — Partitiones et
quaestiones metaphysicae, 1615.
Martins. Götz, geb. 1S-V> in Erxleben, Prof. in Kiel. Herausgeber der
,. Beitrage zur Psychologie und Physiologie-" (1896 ff. i. = Experimentell-psycho-
logische Arbeiten im Sinne Wundts.
Schriften: Über die Ziele und Ergebnisse der experimentellen Psychologie, 1888.
— Über die muskuläre Reaktion und die Aufmerksamkeit, Philosophische Studien,
TL — Zur Lehre vom Urteil, 1S7 7. u. a.
Marty. Anton, geb. 1*47 in Schwyz, Prof. in P
M. ist Anhänger Brentanos und schätzt wie dieser den Aristoteles sehr.
Dil Philosophie beruht auf (deskriptiver) Psychologie und ist jenes Wissens-
gebiet, welches ..die Psychologie und alle mit der psychischen Forschung Dach
dem Prinzip der Arbeitsteilung innigst zu verbindenden Disziplinen'4 umfaßt. -
1 i r Entstehung der Sprache liegt das Mitteilungsbedürfnis engrunde. — Die
psychischen Akte haben ein intentionalee Objekt, einen ..immanenten Gegen-
d". ..Der immanente Gegenstand existiert, so oft der betreffende Bewufit-
isinhalt wirklieh ist Denn es gibt kein Bewußtsein ohne ein immanentes
ekt; das eine ist ein Korrelat des andern. Der G - nstand schlecht?
B _ .... kann existieren oder auch nicht existieren." Die Vorstelli
eines Qualitatenkomplexee ist das Resultat einer vor aller Reflexion vollzogenen
Die Impersonalien (es blitzt usw.) sind subjektlose Sätze, in ^ • • 1 * ! ;
der ganze Inhalt d< i \ -- _■ einfach „anerkannt" oder „verworfen" wird, also
a blitzt = Blitz ist). „Existenz" bedeutet, kes
wahren anerkennenden Urteils Bein können". Existierend heifit alles, was mit
Recht anerkannt werden kann, auch wenn es kein reales Bein ist. Der Ei
zbegrifi gehört zu den „dogiora, d. h. zu den Prädikaten, welche sowohl
Realem tli Nicht-Realem zukommen köniu Dafl man die Existi
einen I istande mit riecht a kann. - I
Bchaffenheit.
456 Marty — Marx.
Schriften: Der Ursprung der Sprache, 1875. — Über subjektlose Sätze und da»
Verhältnis der Grammatik zur Logik und Psychologie, "Vierteljahrsschrift für wissen-
schaftliche Philosophie, 8. Bd., 1884, 18.— 19. Bd., 1894—95. — Über Sprachreflex,
Nativismus und absichtliche Sprachbildung, 1. c. Bd. 8 (1884) ff. — Was ist Philo-
sophie? 1897. — Die Frage nach der geschichtlichen Entwicklung des Farbensinns,
1879. — Über das Verhältnis von Grammatik und Logik, Symbolae Pragenses, 1893.
— Über Annahmen, 1905. — Untersuchungen zur Sprachphilosophie und Grammatik,
I, 1908. — Zur Sprachphilos., 1910, u. a.
Marvin, Walter T., amerikanischer Philosoph. = Nach M. ist alle
Realität der Objekte Erfahrungs Wirklichkeit. Die mechanistisch-atomistische
Theorie allein macht den objektiven Erfahrungszusammenhang verständlich.
Schriften: Die Gültigkeit unserer Erkenntnis der objektiven Welt, 1899. — An
Introduction to Systematic Philosophy, 1903, u. a.
Marx, Karl, geb. 5. Mai 1818 in Trier, studierte Jurisprudenz, National-
ökonomie, Philosophie, promovierte 1841 in Berlin, begründete 1843 mit A. Rüge
in Paris die „Deutsch-französischen Jahrbücher", ging nach Belgien, wo er
ausgewiesen wurde, dann wieder nach Frankreich, wo ihm dasselbe widerfuhr,
lebte dann in London, gest. 14. März 1883 daselbst.
M., der Begründer des „wissenschaftlichen" Sozialismus (gegenüber den
„ideologischen" Utopien älterer Lehren) ist von Hegels Begriff des dialektischen
Prozesses, von L. Feuerbachs Radikalismus und Positivismus, sowie von fran-
zösischen Denkern beeinflußt. Der Hegeische Gedanke, daß alles Sein ein
„Prozeß" ist, eine dialektische Selbstbewegung, ist ihm sympathisch. Nur hat
Hegel die Dinge auf den Kopf gestellt, indem er alles aus Ideen ableitet. Die
richtige Methode ist, die naturnotwendige, gesetzliche Entwicklung der Dinge
und Verhältnisse selbst zu untersuchen und den realen treibenden Kräften der
historisch-sozialen Entwicklung, die in den Köpfen der Handelnden zu Motiven
werden, nachzugehen. Wenn diese „materialistische" Geschichtsauffassung, die
gleich zur „ökonomischen" wird, alle Geschichte, alles Geistesleben, alle Kultur
aus dem Wirken natürlicher Mächte ableitet, so darf nicht vergessen werden,
daß M. zu diesen Mächten auch die menschlichen Kräfte und Strebungen
rechnet, welche innerhalb des Ablaufes der Ereignisse auch eine dynamisch-
aktive Rolle spielen, so wenig sie imstande sind, den (aus der Natur dieser
und anderer Kräfte notwendig resultierenden) Lauf der Dinge abzuändern.
Zwar nicht der Wille, aber alle Willkür ist hier ausgeschaltet.
Ohne ihren Willen gehen die Menschen soziale Verhältnisse ein, welche
zugleich ökonomische Verhältnisse sind, indem die Gesellschaft eine ökono-
mische Struktur besitzt, in die wir hineingeboren werden. Die technisch be-
dingten Produktionsverhältnisse bilden nun die „reale Basis, worauf sich ein
juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesell-
schaftliche Bewußtseinsformen entsprechen". .,Die Produktionsweise des
materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebens-
prozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein,
sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt."
..Mit der Erwerbung neuer Produktionskräfte verändern die Menschen ihre
Marx — Masabyk. 457
Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art,
ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen
Verhältnisse." Die ökonomischen Faktoren sind also die letzten und eigent-
lich wirksamen Agentien der Geschichte, die anderen, „ideologischen" GebUd«
(Religion usw.), wirken auch mit, ja sie wirken sogar auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse zurück, aber sie wirken nicht primär, sondern nur als Refl<
Abhängige des Ökonomischen und des von diesem bedingten Sozialen (z. B. di 1
Klassenverhältnisse). Die Entwicklung der Gesellschaft vollzieht sich nun
daß der ökonomische Untergrund, der sich verändert hat, mit dem überlebten
juristischen und ideologischen überbau in Widerspruch gerät, der zu ein« i
sozialen Veränderung führt, wobei es zu Klassenkämpfen kommt. Der Wider-
spruch zwischen der sozialisierten, kollektiven Produktionsweise des Groß-
betriebes und der individualistischen, „anarchischen" Rechts- und Eigentum-
Ordnung, die das Kapital in den Händen weniger Kapitalsmagnaten anhäuft
und immer mehr Proletarier schafft, dieser Widerspruch sprengt endlich die
kapitalistische Hülle, welche die Produktion fesselt. Die „Expropriateure", die
..Ausbeuter" des „Mehrwertes" (= unbezahlte Arbeitszeit), den die Arbeiter
schaffen, werden jetzt selbst expropriiert, das Eigentum an Produktionsmitteln
wird kollektiv, die Gesellschaft wird sozialistisch, der nur dem Klasseninten ss
dienende Staat hört auf und es herrscht jetzt die Vereinigung produktiver
Menschen. Diese Gesellschaftsordnung kommt „von selbst", d. h. infolge der
lii-torisch-sozialen Triebkräfte; sie kommt, wenn die Verhältnisse es fordern,
höchstens können wir die Entwicklung beschleunigen.
Den Marxismus vertreten (außer M.s Mitarbeiter Fr. Engels
Kautsky, Bebel, F. Mehring, Bernstein (Revisionist), Cunow,
C. Schmidt, M. Adler, O. Bauer, Woltmann (zum Teil), Lafargue
(Schwiegersohn M.s), Lab riola, Plechanow, Loria, Kelle-Krausz u. a.
Schriften: Die heilige Familie (mit F. Engels), 1845 (gpgen Bruno Bauer). —
Misere de la philosophie, 1847; deutsch 1855, 3. A. 1895. — Manifest der kommu-
nistischen Partei, 1847. — Zar Kritik der politischen Ökonomie, 1859; 2. Ä. 19<»7.
— Das Kapital, 1. Bd., 1867, 4. A. 1892; II. Bd , 1885, 2. A. 1893; 111. Bd.. 1*94;
3 Bde., 2.-5. A., 1903 f. — Theorie über den Mehrwert, 1905. — F. Mehring,
Aus dem literarischen Nachlaß von K. M., F. Engels und F. Lassalle, 194
1'. Barth, Die Geschichtsphilosophie Hegels und der Hegelianer bis auf Marx and
Hartmann, 1890. — KAUTSKY, K. M.s ökonomische Lehren, 1887. — L. WEBYHO,
M. als Philosoph, 1894. — PLECHANOW, Beiträge zur Geschichte dea Muten
mus, 1896. — A. V. WeNCKSTEBN, Id., 1896. — L. \V< >l. I M.\ \ \ . I1 I blal n-ehe
Materialismus, 1899. — M.VSARYK, Die philosophischen und soziologischen Grundla.
des Marxismus, 1899. — OTTOMAB LORENZ, Die materialistische Geschichtsaut:
1897. — WEKENGBÜN, Das Ende des Marxismus, 2. A. 1900. — ÜAX Am
M. als Denker, 1908. — ll.\MM.\CHER, Das philosophisch-ökonomi-
Marxisnuis, 1909. - ( HAKAHOFF, Das System ile- Marxismus, 1910. — GOLDSCHKID
(s. d.). — VORLÄNDER, Kant u. Marx, 1911,
Jlasaryk, Thomas Garrigue, geb. 1850, Prot in Plag. - M. ist ein V
tretet da Positivismut Ei unterscheidet (wi< tat) abstrakte und konbn
Wissenschaften, welchen letzteren di< <w <wh unterordnen müssen. 1»
458 Masaryk — Maiithner.
materialistische Geschichtsauffassung bekämpft M. unter Hinweis auf die Be-
deutung und Wirksamkeit der Ideen, des Geistigen.
Schriften: Der Selbstmord als soziale Massenerscheinung, 1881. — Die Wahr-
scheinlichkeitsrechnung und die Humesche Skepsis, 1883. — Grundzüge einer konkreten
Logik, 1887. — Die philosophischen und soziologischen Grundlagen des Marxismus,
1899. — D. Ideale d. Humanität, 1902, und böhmische Schriften.
Masci, Filippo, geb. 1844 in Francavilla, Prof. in Neapel, gest. 1901. ==
Standpunkt des Kritizismus und eines evolutionistischen Monismus dynamischer
Art. Materie und Geist bilden eine Einheit in zwei Erscheinungsformen.
Schriften: Le forme dell' intuizione, 1881. — Coscienza, volontä, libertä, 1884.
— Psicologia religiosa, 1886. — Sul senso del tempo, 1890. — Logica, 1899. —
L'idealismo indeterminista, 1899. — Questione logiche, 1900. — II materialismo psico-
fisico e la dottrina del parallelisrao, 1901. — Elementi di filosofia, 1899 ff.
llassias« Nicolas de, 1764—1848. = Eklektiker, Gegner des Sensua-
lismus.
Schriften: Rapport de la nature ä l'homme, 1821 — 22. — Probleme de l'esprit
humain, 1825. — Principes de la philosophie psycho-physiologique, 1827, u. a.
Matzat. Heinrich, 1846—1908. = Darwinistischer Standpunkt der
Soziologie.
Schriften: Philosophie der Anpassung, 1909, u. a.
llaudsley, Henry, geb. 1835 in Korne (Yorkshire), Prof. in London. =
Physiologische Erklärung des Seelenlebens; das Bewußtsein ist nur ein „Epi-
phänomen" der Gehirnprozesse.
Schriften: Physiology and Pathology of Mind, 1867; deutsch 1870. — Respon-
sibility in Mental Disease, 1874. — Body and Will, 1883. — Pathology of Mind, 1879.
— Life in Mind and Conduct, 1902.
3Iaupertais, Pierre Louis Moreau de, geb. 1698 in St. Malo, seit 1746
Präsident der Akademie der Wissenschaften in Berlin, gest. 1759.
M., als Mathematiker und Physiker bedeutend, ist als Philosoph Hylozoist,
d. h. er schreibt allen Elementen der Materie Empfindung („Sensation et per-
ception") zu. Von ihm stammt das Gesetz des kleinsten Kraftaufwandes („loi
de la moindre action"), wonach bei allen Naturveränderungen das ökonomische
Prinzip der kleinsten Wirkung („minima quantitas actionis") herrscht. Schon
vor Bentham unternimmt M. einen Lust- und Unlust-Kalkül, wobei er die
Unlust als überwiegend findet und den Vorzug der geistigen Lust betont,
Gott ist der erste Beweger der Dinge und überweltlich. Die Wissenschaft
aber muß alle Vorgänge aus ihren nächsten Ursachen erklären.
Schriften: Venus physique, 1747. — Essai de philosopbie morale, 1749. —
Systeme de la nature, 1751. — Essai de cosmologie, 1751. — Lettres philosophiques,
1752. — Oeuvres, 1752, 1756, 1768. — Vgl. Du BoiS-REYMOND, M., 1893.
Hanthner, Fritz, geb. 1849 in Horitz (Böhmen), bekannter Roman-
schriftsteller und Kritiker, lebt jetzt in Freiburg i. B.
M. vertritt einen sprachkritischen Skeptizismus (vgl. Gorgias, Nietzsche
«u. a.j verbunden mit einer evolutionistischen Auffassung des Erkennens und
Mauthxee — Mayer. 459
Seelenlebens. Die Sprache ist wohl ein sozial brauchbares Mitteilungsmittel
und ein Mittel des künstlerischen Ausdrucks, aber nicht ein Erkenntnismittel.
Vielmehr verfälscht sie die Erkenntnis durch das Anthropomorphe und Meta-
phorische der Worte und Begriffe, und durch die Hypostasierung abstrakter
Begriffsinhalte zu Realitäten. Die Sprache bewirkt in den Wissenschaften
einen ,, Wortfetischismus". Die Worte sind „unbrauchbare Werkzeuge". Die
Abstrakta der Sprache haben keine Wirklichkeit, die letzten Wirklichkeiten
sind Individualitäten, Empfindungen, Anschauungsinhalte. Das Denken ist
aber ohne Sprache nicht möglich, es gibt nur Denken plus Lautzeichen. Be-
griff und Wort sind so gut wie identisch, nämlich das „Gedächtnis assimilierter
Wahrnehmungen", die „Erinnerung oder die Bereitschaft einer Nervenbahn,
einer ähnlichen Vorstellung zu dienen". Eine Metaphysik ist unmöglich,
Philosophie kann nichts weiter sein als „kritische Aufmerksamkeit auf die
Sprache". Das höchste Ziel wäre Befreiung von der Sprache, reine Schauung
der Wirklichkeit. Unsere Erkenntnis ist subjektiv und relativ, sie dient biolo-
gischen Zwecken, nicht der adäquaten Erfassung der Dinge; unsere Sinne sind
„Zufallssinne".
Von M. beeinflußt ist G. Landauer.
Schriften: Beiträge zu einer Kritik der Sprache, 3 Bde., 1901 ff.; I, 2. A.
1909. — Aristoteles, 1904. — Wörterbuch der Philosophie, 1909 f. — Spinoza, 1906.
— Die Sprache, 1907, u. a.
Hanxion, M., Prof. in Poitiers.
Schriften: Essai sur les elements et l'evolution de la raoralite, 1904, u. a.
Jlaximos von Tyros, um 150 n. Chr., Rhetor und philosophischer
Eklektiker. = Xach M. ist Gott ein überweltliches, geistiges Wesen und die
AVeit eine Harmonie. Die menschliche Seele ist göttlichen Ursprungs und er-
hält nach dem Tode wieder die Schauung Gottes.
Schriften: Dissertationes, ed. Reiske, 1774—75; deutsch 1764. — Vgl. H. Ho-
BEIN, De M. T., 1895.
Haximns Confessor, 580—662, Mönch, Abt, Gegner der Monothe-
leten. = M. ist besonders von Gregor von Xyssa beeinflußt und betont den
Gedanken der Einigung des Menschen und alles Geschaffenen mit Gott und
■dem Logos, dem Endziele aller Schöpfung.
Schriften: Opera, 1675, 1857.
Mayer, Adolf, geb. 1843 in Oldenburg. Prof. in Heidelberg.
M. (der zuletzt sich vom Materialismus losgesagt hat) vertrat eine moni-
stisch-materialistische Weltanschauung, wonach Körper und Kraft eins sind,
das Leben aber besonderen organischen Spannkräften entspringt, deren Eigen-
tümlichkeiten von der besonderen Form und Zusammensetzung der lebendigen
Gebilde abhängen. Die psychischen Funktionen sind Leistungen organische]
Gebilde. Die Anschauungsformen, Kaum und Zeit, sind angeborene Fähig-
keiten der Erkenntnisorgane, apriorische Formen, „angeborene Energien",
ebenso die Kausalität. Die Erkenntnis ist relativ, geht nicht auf das Ding
an sich.
460 Mayer — Meenen.
Schriften: Zur Seelenfrage, 1866. — Die Lehre von der Erkenntnis vom phy-
siologischen Standpunkt, 1874. — Der Kampf um das Dasein der Seele, 1879. — Die
monistische Erkenntnislehre, 1882. — Los vom Materialismus, 1906. — Nietzsche,
1907.
Hayer, Julius Eobert von, geb. 1814 in Heilbronn, Arzt, gest. daselbst
1878.
M., der Entdecker des mechanischen Äquivalents der Wärme (allerdings
erst später genauer bestimmt), die nichts anderes ist als Bewegung, hat (neben
Colding, Joule, Helmholtz) das große Prinzip der Erhaltung der Energie
(bei M. „Kraft"), das er für apriorisch (als Anwendung des Kausalgesetzes)
hält, aufgestellt. Es gibt eigentlich nur eine Kraft, welche „unzerstörlich'' ist
und nur ihre Form wechselt. „Im ewigen Wechsel kreist dieselbe in der toten
wie in der lebenden Natur.'' Kraft kann weder aus nichts entstehen, noch zu
nichts werden, die Menge der Kraft in der Welt ist konstant.
Schriften: Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur, 1842. — Die
organische Bewegung in ihrem Zusammenhange mit dem Stoffwechsel, 1845. — Be-
merkungen über das mechanische Äquivalent der Wärme, 1850. — Die Mechanik der
Wärme, 1867; 3. A. 1893. — Naturwiss. Vorträge, 1871. — Kleinere Schriften und
Briefe, 1893. — Über die Erhaltung der Energie, hrsg. 1889. — Vgl. E. DÜHRING,
R. M., 1880 — 95. — A. RlEHL, R. M.s Entdeckung und Beweis des Energieprinzips,
Sigwart-Festschrift, 1900.
May i'onis s. Franciscus.
3Iazolinus9 Silvester de Prieria, gest. 1523, Dominikaner, Gegner
Luthers. = Thomist, aber bezüglich der „Universalien" zum Nominalismus
neigend.
Schriften: Compendium dialecticae, 1496. — Apologia, 1499.
Mechanik, Max, geb. 1863 in Kurland. = M. lehrt einen „Dynamo-
zoismus". Die Welt ist Erscheinung einer mit Bewußtsein, Denken, Fühlen
und Wollen begabten Kraft, die mit dem Willen in uns wesensgleich ist. Das
Ich ist ein Strahl oder Eeflex der Universalkraft, des göttlichen Weltgeistes,
der in uns die Vorstellungen der Außenwelt produziert.
Schriften: Mareiana, 1909.
3fedicns, Fritz, geb. 1876 in Stadtlauringen, Universitätsprof. in Halle.
= Standpunkt des transzendentalen Idealismus.
Schriften: Die beiden Prinzipien der philos. Beurteilung. — Kants Philos. der
Geschichte, 1902. — Kants transzend. Ästhetik und die nicht-euklid. Geometrie, 1898.
— Kant u. Ranke, Kantstudien, VIII, 1904. — J. G. Fichte, 1905, u. a.
üledveczlty s. Bären bach.
Meenen, P. F. van, 1772—1858. = Gegner des Sensualismus, von Reid,
Cousin u. a. beeinflußt. Ursprüngliche Wahrheiten entspringen dem inneren
Sinn.
Schriften: Lettre ä M. Haumont sur la philos., 1840, u. a. — Vgl. M. DE
WULF, Histoire de la philos. en Belgique, p. 273 ff.
Megaeikee — Meixoxg. 4(>l
Jlegariker: die Anhänger der von Enkleides aus Megara begrün-
deten Eiehtung. Wegen ihrer Dialektik werden sie auch „Eristiker" genannt.
Zu ihnen gehören Eubulides, Alexinos, Diodoros Kronos, Stilpon,
Ichthyas, Thrasymachos, Kleinomachos, Pasikles, Apollonios
aus Kyrene u. a.
Tgl. DlOG. LAEET. IL — F. DEYCKS, De megaricorum doctrina, 1827. —
HALLET, Histoire de l'ecole de Megäre, 1845. — HAETEXSTEIX, Historisch-philos.
Abhandlungen, 1870.
Mehinel, Gottlieb Ernst August, geb. 1761 in Winzingerode (Thüringen),
Prof. in Erlangen, gest. 1840. = Von Kant und Fichte beeinflußt.
Schriften: Theorie des Vorstellungsvermögens, 1797. — Versuch einer voll-
ständigen analytischen Denklehre, 1803. — Über das Verhältnis der Philosophie zur
Religion, 1805. — Lehrbuch der Sittenlehre, 1811. — Reine Sittenlehre, 1814.
31elll'illt;". G. — Schriften: Philos.-krit. Grundsätze d. Selbsterkenntnis oder
d. Seelenlehre, 1857. — Philos.-krit. Grunds, d. Selbstvollend. (Geschichtsphilos.), 1877.
]tleier, Georg Friedrich, geb. 1718 in Ammendorf, Prof. in Halle, gest.
1777. = M., der in seiner Psychologie auch von Locke beeinflußt ist, hat
durch seine Vorlesungen und seine zahlreichen, viel benutzten (zum Teil auch
von Kant herangezogenen) Lehrbücher die Wolffsche Philosophie weit ver-
breitet. In der Ästhetik schließt er sich an Baumgarten an und kämpft (mit
den ,. Schweizern-') gegen Gottsched.
Schriften: Beweis der vorherbestimmten Harmonie, 1743. — Gedanken vom Zu-
stande der Seelen nach dem Tode, 1746. — Anfangsgründe aller schönen Wissen-
schaften, 1748 — 50; 2. A. 1754. — Vernunftlehre, 1752. — Auszug aus der Vernunft-
lehre, 1752. — Philosophische Sittenlehre, 1753 — 61. — Metaphysik, 1755—59. —
Theoretische Lehre von den Gemütsbewegungen, 1759. — Versuch eines neuen Lehr-
gebäudes von den Seelen der Tiere, 1756. — Versuch einer allgemeinen Auslegekunst,
1756. — Vgl. S. G. LAXGE, M.s Leben, 1778. — D. SPITZEE, Darstell, u. Krit. d.
Tierpsychologie G. F. M.s, 1903
Meiners, Christoph, geb. 1747 in Otterndorf (Hannover), Prof. in
Göttingen, gest. 1810. Mit Feder Herausgeber der ,,Philos. Bibliothek-
(1788—91). z= M. gehört zu den aufklärerischen Philosophen, welche die Psycho-
logie als Grundlage der Philosophie betrachten. Wie Feder bekämpft er die
Lehre von den angeborenen Begriffen (auch ein Gegner Kants ist er), nimmt
aber angeborene Triebe an. In der Ethik ist er Eudämonist.
Schriften: Grundriß der Seelenlehre, 1786. — Grundriß der Ethik. 1801. —
Untersuchungen über die Denk- und Willenskräfte, 1806, u. a.
Meinong, Alexius von Handschuchsheim, geb. 1853 in Lemberg, Prot,
in Graz, Begründer des ersten psychologischen Instituts in Österreich (1894).
ÄL, der von Brentano ausgegangen ist, aber dann eine eigene Schule be-
gründet hat, galt erst als Vertreter des Psychologismns, ist aber jetzt, obwohl
er immer noch der Psychologie eine fundamentale Bedeutung beimißt, durch
seine „gegenstandstheoretische" Betrachtungsweise der Erkenntnis über den
Psychologismus hinaus zu einer Art des Objektivismus (und Apriorismus, aber
462 Meinong.
nicht im Kantschen Sinne) fortgeschritten. Die Erkenntnistheorie basiert zwar
auf Psychologie, ist aber kein Teil derselben und ebenso ist die Logik nicht
bloße Psychologie, wenn sie auch eine psychologische Seite hat. Beide Disziplinen
sind auch „gegenstandstheoretisch" zu fundieren.
Unter der Gegenstandstheorie versteht M. die Theorie dessen, was „aus
der Natur eines Gegenstandes, also a priori, in betreff dieses Gegenstandes erkannt
werden kann". Sie ist die Lehre vom Gegenständlichen überhaupt, von den
Gegenständen der Empfindungen, Vorstellungen, Begriffe und der Urteile, von
den Objekten und „Objektiven". Es gibt eine allgemeine und besondere
Gegenstandstheorie (für die Mathematik, Psychologie, Logik usw.). Auch mit
nicht existierenden und unmöglichen Gegenständen hat sie es zu tun, denn
ihre Betrachtungsweise ist „daseinsfrei", abstrakt, um die Kealität des Gegen-
ständlichen ist sie nicht bekümmert. Die Relationen der Gegenstände (Gleich-
heit, Verschiedenheit, Zählbarkeit usw.), welche a priori, unmittelbar und
notwendig, mit Evidenz an ihnen einleuchten, fallen der Gegenstandstheorie
zu (vgl. schon Leibniz, Hume, Wolff u. a.). Unabhängig von der Erfahrung
lassen sich aus der Einsicht in die Merkmale und Relationen der Denkobjekte,
auch solcher, denen nichts Reales entspricht, Erkenntnisse allgemeiner
und spezieller Art gewinnen. Die gegenstandstheoretische Betrachtungs-
weise ist daher für alle Wissenschaften fruchtbar. „Gegenständlichkeit"
ist die Fähigkeit der Vorstellung, Grundlage zu einer affirmativen An-
nahme abzugeben. Die Vorstellung hat einen „Inhalt" und ist auf einen
Gegenstand gerichtet, der aber nicht reale Existenz haben muß (z. B. das runde
Viereck). Die „Gegenstände" zerfallen in „Objekte"' und „Objektive" (Urteils-
gegenstände), d. h. gemeinte Sachverhalte (z. B. die Erde existiert, die Erde ist
ein Planet), und zwar Seins- und Soseins-Objektive, auf welche die Prädikate:
wahr, falsch usw. Anwendung finden. „Wahr" ist ein Urteil, sofern es ein
seiendes Objektiv erfaßt, ein Urteil, dessen Objekt eine Tatsache ist; nicht der
Urteilsakt ist wahr, sondern der Urteilsgegenstand, das „Objektiv". Gegenstände
, .höherer Ordnung" sind die Relationen und Komplexionen; sie sind „Superiora",
die durch „Inferiora" fundiert sind. Die „Gestaltqualitäten" z. B. (vgl. Ehren-
fels) sind nach M. „fundierte Gegenstände". Die verglichenen Vorstellungs-
inhalte sind das „fundamentum relationis". Zu unterscheiden sind Vergleichungs-
und Verträglichkeitsrelationen. Apriorische Relationen (z. B. Weiß ist nicht
Schwarz) werden daseinsfrei mit Evidenz erfaßt; apriorische Erkenntnisse sind
„in der Natur ihrer Gegenstände begründet, haben Evidenz für Gewißheit und
gelten mit Notwendigkeit ohne Rücksicht darauf, ob ihre Objekte existieren
oder nicht". Die Erkenntnis ist ein Urteil, das von innen heraus wahr istr
d. h. das ein Seiendes objektiv erfaßt; sie ist eine „Doppeltatsache". Die Er-
fahrung als Wahrnehmung ist nicht bloß Vorstellung, sondern ein Existential-
urteil mit positivem Objektiv, realen Objekten und Evidenz ohne Notwendigkeit.
Der Gegenstand der inneren Wahrnehmung ist unmittelbar ein real Existierendes.
Die Metaphysik beruht auf Erfahrung, über die sie aber hinausgeht.
Die psychischen Grundvorgänge sind nach M. Vorstellen, Urteilen, Fühlen,
hren. Für das Gefühl ist die Vorstellung eine psychologische Voraus-
Meinono.
Setzung, das Urteil nicht selten eine Mit-Voranssetzung. Es j^ribt Voretellungs-
und Urteilsgefühle. Das Urteil hat nicht nur eine „thetische" Funktion (Seins-
urteil). sondern auch eine synthetische Funktion, welche das So-e uint.
Jedem Urteil kommt eine Überzeugtheit, ein Glaube an dessen Wahrheil zu.
Ein Zwischengebiet zwischen Vorstellung und Urteil ist das Gebiet der An-
nahmen. „ Annahme ist Urteil ohne Überzeugung.- ■ „Urteil ist Annahme
unter Hinzutritt der Überzeugung." Die „Annahmen" spielen ein^ große RoUe
in den Tätigkeiten der Phantasie, des Spieles, der Kunst, der Hypothese, der
wissenschaftlichen Fiktionen usw., auch gegenüber unanschaulichen < -
stünden. Die Annahmen vertreten Urteile, sind „Phantasieurteile", analog «Im
..Phantasiegefühlen" und „Phantasiebegehrungen".
Die „Urteilsgefühle" sind entweder „Wissensgefühle", die sich an den Urteils-
akt knüpfen, oder Gefühle, die sich auf ein „Objektiv" beziehen. ..\V ertgefü h 1 e".
Diese entspringen einem Urteil über Existenz oder Xichtexistenz eines Objektes.
„Werthaltung" ist „Existenzgefühl", nämlich „das durch die Überzeuguni:- vom
Dasein oder Xichtdasein eines Objekts ausgelöste Gefühl". Das „Bewerten" ist
das Werturteil. Das „Werten" ist das Verhalten desjenigen, der auf die An-
nahme von der Existenz eines Objektes mit dem Phantasiegefühl reagiert. Ein
Gegenstand hat AVert, „sofern er die Fähigkeit besitzt, für den ausreichend
Orientierten, falls dieser normal veranlagt ist, die tatsächliche Grundlage für
ein Wertgefühl abzugeben". Jeder "Wert schließt die Beziehung auf ein Subjekt
ein, aber es gibt wahre, objektiv fundierte, und eingebildete Werte. Die Wert-
theorie ist auch die Grundlage der Ethik, welche normativ ist, es mit dem
zu tun hat, wie die Menschen ein Tun und Lassen werthalten. Das eigentlich
W '• rtgehaltene ist hier die Gesinnung, aber auch der Erfolg ist von Wert.
Sittliches Wertobjekt ist „der durch die betreffende Wollung betätigte unper-
sönliche Anteil am Wohl und Wehe der Mitmenschen".
Schüler Meinongs sind Martinak, Witasek, Zindler, V. Benussi,
II. Ameseder, W. Frankl, E. Mally, Et. Baxinger, W. v. Biel u.a.,
v.m ihm beeinflußt sind auch Höfler, Ehrenfels, Kreibig, Oelzelt-
N ewin , H. Pichle r u. a.
- hriften: Hunie-Studien : L Zur Geschichte und Kritik de« modernen Nomi
mos, 1877. II. Zur Relationstheorie, 1882. — Über philosophis
— Zur erkenntnistheoretischen Würdigung des Gedächtnisses, Vierteljahre hr. f.
»., 10. Bd., 1886. — Phantasievorstellung und Phantasie Zeit-.-hr. Bl 1
B. Kritik, Bd. 95, 1889. — Zur Psychologie der Komplexionei) und B
hr. f. Psychol. der Sinnesorgane II, 1891. — Beiträge rar Theorie der |
Analyse, ib. VI. Ib93. — Psychologisch-ethische Untersu« Innigen zur W <i
— Über Werthaitung und Wert, Anhiv tür systemet Philo«, 1. 1895. —
Webencheo Gesetzes, ZeiUchr. tur Psycho!, d. Sinnesorgane, \i.
— Ol -nstände höherer Ordnung, ib. \M m und V
\1V. 1900. — Über Annahmen, 1902; I. A. 19 10. - l'ntersu, ■hungei. zur I I
standetbeorie und Psychologie, 1904. — ürteilsgefcJ
Grundlagen unseres Wissens, 1906. — Hang d«
der Wissens ' '"'7, u. a.
4(U Melanchthon — Melissos.
Hclaiiehtlioiu Philipp, geb. 1497 in Bretten (Pfalz), studierte in Heidel-
berg und Tübingen; seit 1518 Professor in Wittenberg, gest. 1560. Der be-
rühmte ,,praeceptor Germaniae" verfaßte eine Reihe philosophischer Lehr-
bücher, die auf deutschen Schulen lange Zeit gebraucht wurden.
M. geht wesentlich auf Aristoteles zurück, dessen Lehren er aber im Sinne
des Christentums sowie teilweise unter dem Einflüsse Piatos, Ciceros u. a.
modifiziert, Die Offenbarung ist in jedem Falle die höchste Erkenntnisquelle,
der oberste Maßstab der Wahrheitsbeurteilung. M.s Dialektik (Logik und
Erkenntnislehre) will eine Kunst des Lehrens („ars et via docendi") sein, die
sich besonders mit der Definition, Einteilung und Argumentation befaßt. In
der Kategorienlehre folgt M. dem Aristoteles. Betreffs der „Universalien''
(Gattungsbegriffe) ist M. Nominalist ; in Wirklichkeit gibt es nichts Allgemeines,
nur Einzelnes, die Art oder Gattung ist nur ein allgemeiner Name. Es gibt
nach M. angeborene Begriffe und Grundsätze (logischer, mathematischer, aber
auch ethischer und religiöser Art). Die Prinzipien der Dinge sind Materie,
Form und ..Beraubung", oder Gott, Materie und Ideen, welche letztere er mit
den ,, Formen" identifiziert.
Die „Physik" des M. ist im wesentlichen aristotelisch. Nur bekämpft M.
die Lehre von der Ewigkeit der Welt, auch glaubt er an ein Durchbrechen
der Naturordnung durch Gott. Er hält an der geozentrischen Weltauffassung
fest und bezeichnet die Kopernikanische Lehre als widersinnig und verdammens-
wert. Vom Einfluß der Gestirne auf den Menschen ist M. überzeugt. In
seiner Psychologie definiert er die Seele als „Entelechie" (oder wie M., im
Gegensatze zu Amerbach u. a. schreibt, ,,Endelechie") des Organismus. Es gibt
eine vegetative, sensitive und rationale Seele, welche letztere unsterblich ist. Der
Wille ist frei. Die Ethik begründet M., soweit er sie nicht aristotelisch faßt,
theologisch: Das Sittliche ist der göttliche Wille („voluntas Dei semper volens
recta", „norma in mente divina"). Das natürliche Recht ist dem Menschen
von Gott eingepflanzt, es ist in den zehn Geboten niedergelegt, ist unveränder-
lich. Von Gott ist auch die Staatsgewalt eingesetzt.
Den von Melanchthon ausgehenden Aristotelismus vertreten im 16. und in
der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert viele deutsche Gelehrten und Lehrer,
nie: J. Camerarius, J. Schegk, J. Sturm, D. Stahl, Chr. Scheibel,
( '. Martini, H. Conring, J. Thomasius u. a.
Schriften (außer Koramentaren): Compendiaria dialectices ratio, 1520 (neue Auf-
lagen: 1527, 1529 u. ö\). — Loci theologici, 1522. — Comraentarius de anima, 1540
(nebst: Liber de anima). — Ethicae doctrinae elementa, 1530. — Philosophiae moralis
epitome, 1537. — Initia doctrinae physicae, 1549. — Declamationes, 1544 ff. — Opera,
1562 — 64, 1834 ff. (besonders Bd. XIII u. XVI). — Vgl. LüTHARDT, M.s Arbeiten
im Gebiete der Moral, 1885. — H. MAIER, M. als Philosoph, Archiv f. Gesch. d.
Philos. X— XI, 1897—98. — An der Grenze der Philos., 1909. — J. RUMP, M.s
Psychologie, 1900. — KÖLTZSCH, M.s philos. Ethik, 1889.
^Ielissos aus Samos, um die Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. Staatsmann
und Feldherr, Verfasser einer Schrift „Über die Natur oder über das Seiende",
Mki.i—o- — Mendelssohn.
von der sich Fragmente bei Simplicius finden (vgl. auch die peeudo-aristotelische
Schritt ,,De Melisso, Xenophane, Gorgia".
Bf. schließt die Eeihe der „Eleaten" ab, indem er die Ewigkeit, Unendlich-
keit, Einheit, Un Veränderlichkeit des Seienden logisch darzulegen sucht. 1
Seiende ist ewig (ungeworden), da aus Nichts nichts werden kann, alles ander«-
aber, was dem Seienden vorangehen könnte, schon ein Sein ist. Ebenso kann
das Seiende nicht vergehen, da es nicht zu nichts werden kann. Das Seiende
ist daher unendlich (ä^eigor zb öbtav); als unendlich ist es notwendig eins, da
es sonst durch ein anderes Sein begrenzt, also endlich wäre, ferner ist es unver-
änderlich und unbewegt, unteilbar, unkörperlich (oä/tia inj e%eiv). Die Vielheit
veränderlicher Dinge ist nur Sinnenschein.
Vgl. A. PABST, De Melissi Samii fragmentis, 1889.
Moll in. Georg Samuel Albert, geb. 1755 in Halle, Prediger und Kon-
sistorialrat in Magdeburg, gest. 1825. = Kantianer, dessen Arbeiten noch heute
brauchbar sind.
Schriften: Marginalien und Register zu Kants Kritik der Erkenntnisvermögen,
1794 — 95; hrsg. von L. Goldschmidt, 1900 — 02. — Enzyklopädisches Wörterbuch der
kritischen Philosophie, 6 Bde., 1797 — 1803. — Die Kunstsprache d. kritisch. Philosophie,
1798 (Anhang dazu: 1800). — Allgemeines Wörterbuch der Philosophie, 1805 — 07.
Mendelssohn. Moses (ursprünglich Moses Dessau), geb. 1721) in Dessau
als Sohn eines jüdischen Lehrers, kam als Knabe nach Berlin, wo er in großer
Dürftigkeit lebte, mit seiner Selbstausbildung beschäftigt. Von Philosophen
las er (außer Mainion ides) Locke, Cicero, dann — nachdem er Hauslehrer und
spater Buchhalter bei dem Seiden Warenfabrikanten Bernhard geworden war —
Spinoza, Leibniz, Wolff, Baiimgarten, Shaftesbnrv u. a. Nach dem Tode seine-
Chefs wurde Bf. Teilhaber, dann Leiter des Handlnngshauses. 1754 wurde ei
mit Lessing bekannt, der ihm bekanntlich im ,, Nathan" ein Denkmal gesetzt
hat. Durch Lessings Vermittlung wurde M. Mitarbeiter an der von Nicolai
herausgegebenen „Bibliothek der schönen Wissenschaften". Die Berliner
Akademie erwählte ihn 1771 zu ihrem Mitgliede, aber Friedrich der Große strich
ihn. der bei aller Aufklärnngsphilosophie durchaus Jude geblieben, aus der I. -
Der schwächliche, bucklige Bfann, ein lauterer Charakter, starb am 4. Januar l.
M. — dessen Bedeutung für das deutsche Judentum hier nicht in Betracht
kommt — gehört zn den bedeutendsten Vertretern der deutschen Aufklarun
Philosophie. Die Philosophie soll na<h ihm dem Leiten, der Glückseligkeit
dienen and den Weisungen des gesunden Menschenverstandes folgen. Von der
Metaphysik ist M., der besonders ?on der Leibniz-Wolffschen Philosophie,
aber auch von Locke. Shaftesbury n. a. beeinflußt ist, überzeugt, daß sie an
Gewißheit, Evidenz, wenn auch nicht an Klarheit, der Metaphysik gleichkomme.
Die metaphysischen Wahrheiten sind „zwar derselben Gewißheit, aber nicht
derselben Faßlichkeit fähig . . . als die geometrischen Wahrheiten*4. Bi uil»i
drei Erkenn tnisarten: die anschauende Erkenntnis der Inneren Erfahrung, die
demonstrative Vernunfterkenntnis, die äußere Erkenntnis, deren Gegenstand,
die Außenwelt, eine ron nns unabhängij Realitäl hat: „fi h selbst nicht
- lor , Philosophen-Lexikon.
466 Mendelssohn — Menedemos.
bloß ein abwechselnder Gedanke, sondern ein denkendes Wesen bin, das Fort-
dauer hat, so läßt sich auch von verschiedenen Vorstellungen denken, daß sie
nicht bloß Vorstellungen in uns oder Abänderungen unseres Denkvermögens-
sind, sondern auch äußerlichen, von uns unterschiedenen Dingen, als ihrem
Vorwurfe, zukommen". Das Dasein Gottes sucht M. namentlich durch das
ontologische Argument zu beweisen, indem er aus der Möglichkeit des voll-
kommensten Wesens, welche feststeht, die Wirklichkeit desselben folgert, da die
bloße Möglichkeit (als Abhängigkeit von anderem) dem Begriffe des voll-
kommensten Wesen widerstreite. Die Seele ist immateriell und einfach, sie
steht mit dem Leibe in Wechselwirkung. Die Unsterblichkeit der Seele
sucht M. (im „Phädon") auf verschiedene Weise zu beweisen, vor allem durch
die Behauptung, ein einfaches Wesen könne nicht durch Auflösung in Teile
untergehen (dagegen wendet sich später Kant) und durch den Hinweis darauf,
daß die vernünftigen Wesen, welche nach Vollkommenheit streben und der
Endzweck der Welt sind, nicht an ihrer Bestimmung gehindert sein können..
Für die Psychologie hat M. insbesondere dadurch Bedeutung, daß er (wie
Sulzer und Tetens) das Gefühl (als Empfindungs- oder „Billigungsvermögen")
als selbständigen seelischen Zustand zwischen Erkenntnis- und Begehrungs-
vermögen auffaßt. Auf dem Gebiete der Ästhetik, die er psychologisch be-
gründet, hat M. manche gute Bemerkungen gemacht. Das Gefühl der Schön-
heit beruht auf der „undeutlichen Vorstellung einer Vollkommenheit" und setzt
„Einheit im Mannigfaltigen" voraus. Das Streben nach Vollkommenheit ist
der Grimdtrieb der menschlichen Natur und auf ihm beruht auch die Ethik7
deren oberstes Prinzip lautet: „Mache deinen und deines Nächsten inneren und
äußeren Zustand, in gehöriger Proportion, so vollkommen, als du kannst.'^
Denkfreiheit und Toleranz gegen alle Religionen ist zu fordern.
Schriften: Philosophische Gespräche, 1755. — Briefe über die Empfindungen,.
1755. — Betrachtungen über die Quellen und die Verbindungen der schönen Künste und
Wissenschaften, 1757. — Über die Evidenz in den metaphysischen Wissenschaften, 1764;.
2. A. 1786 (gekrönte Preisschrift der Berliner Akademie). — Schreiben an Lavater,
1770 (Erwiderung auf das Ansinnen Lavaters, M. solle entweder Bonnets Kechtfertigung
des Christentums widerlegen oder aber Christ werden). — Jerusalem oder über religiöse
Macht und Judentum, 1783 — Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes,
1785. — Mendelssohn an die Freunde Lessings, 1786 (gegen Jacobis Behauptung des
„Spinozismus" Lessings). — Werke, 1761, 1777, 1789, 1838, 1843—44 (7 Bde.), 1849
(12 Bde.), 1880. — Vgl. KAYSERLING, M.s philos. und religiöse Grundsätze, 1856;
M. M., 1862, 2. A. 1888; M. M., Ungedrucktes und Unbekanntes von ihm und über
ihn, 2. A. 1888. — SANDER, D. Keligionsphilos. M.s, 1894.
Menedemos aus Eretria, gest. um 278 v. Chr., mit seinem Freunde
Asklepiades Anhänger Piatons, des Megariker Stilpon, später von Schülern des
Phädon aus Elis, Begründer der Eretrischen Schule. = M. ist als Vertreter
der Dialektik („Eristik") bekannt, als welcher er verschiedene logische Paradoxe
aufstellte. Es gibt nach ihm nur eine Tugend, nämlich die vernünftige Einsicht
verbunden mit rechtem Willen.
Vgl. Diog. Laert. II, 125 ff.
Menger — Merkel. 167
Menger, Anton, geb. 1841 in Maniow. Prot der Jurisprudenz in Wien,
^est. 1906. = M. lehrt einen ..Reehtssozialismus" mit dem „Arbeitsstaat'1 als
Prinzip. Nach Bf. sind alle bisherigen Rechtsordnung m au- llachtverhält-
nissen entstanden und es handelt sich nun darum, gegenüber dem individua-
hen Maehtstaat den Staat der sozialen Macht, den Völksstaat zur Ent-
wicklung und rechtlichen Ausgestaltung zu bringen. Die Sittlichkeil beri
«in ., Reflex der geltenden Machtordnung-'.
Schriften: D. bürg. Recht u. d. besitzlosen Klassen, 1890. — D. Recht auf d.
vollen Arbeitsertrag, 2. A. 1891. — Neue Staatslehre, 1903. — Neue Sittenlehre,
1905, u. a.
Gieriger, Karl. geb. 1840 in Neu-Sandez, < mer. Prof. der Nationalökonomie
in Wien. = M. ist »in Vertreter der „abstrakten'' Richtung der Nationalökonomie.
Den Wert bestimmter, im Sinne der ,,(4renznutzentheorie\ als ..dir Bedeutung,
welche konkrete Güter oder Güterquantitäten für uns dadurch erlangen, daß
wir in der Befriedigung unserer Bedürfnisse -von der Verfügung ober dieselben
abhängig zu sein uns bewußt sind".
Schriften: Grunds, d. Volkswirtschaftslehre, 1871. — Untersuch, über d. Methode
d. Sozialwiss., 1883. — D. Irrtümer d. Historismus in d. deutschen Xationalök.. 1884.
— Zur Kritik d. polit. Ökonomie, 1887, u. a.
Menippo* aus Gadara, um 280 v. ehr.. Cyniker, Verfasser von Satiren.
Vgl. R. HELM, Lucian und Menipp, 1906.
Mentz, Paul, geb. 1869 in Danzig, Privatdozent in Lei) _
Schriften: Zur Psychologie der Farbenempfindungen, 1898, u. a.
Menzer, Paul, [ in Berlin, Prof. in Halle. = Kritizistischer
Standpunkt.
Schriften: Der Entwicklungsgang der Kantschen Ethik, 1897. — Abhandl. in den
kantstudien 1897 f. — Philos. Lesebuch (mit Dessoin. _'. \. 1905. — Kants Lehre von
<1. Entwickl. in Natur u. Geschichte, 1911, u. a.
Jlercier, Desirä, geb. 1S">1 in Brame-l'Allend, Enbischoi von Mecheln.
= Neothomistischer Standpunkt, mit Berücksichtigung moderner Ergebnisse
der PsycholOf
Schriften: Les origines de la psychologio contemporaino, L897. P
deutsch 19ii6 f. — Cours de philos., u.
.Merian. Hans Bernhard, geb. 1723 in Liesta! (Schweiz), seil r.
Berliner Akademie, deren Mitglied ex seil L748 n 7. = Eklek-
tischer Standpunkt (gegen Ihm, einigung des Standpunktes Chr. Wolffa
mit dem ^chologischen Empirismus).
B hriften (in den ,,Mriuoir.-s'' «lor BerL Akad.) : Sur l'appen -Option de »a propre
existern o, 1749. — Sur l'appon Option considereo relativoniont aux id£e«, 1749. - >ur
D, la puissance et la liberte, 1750. — Sur lo principe des indiscernable«,
ir le sens moral, 1758. — Sur le d<*ir, 17 uiame de 1>. Humo.
L793, i. a.
Herkel« Julius. = Nach dem „Merkelsch«
absoluten [Jnterschieden mehrere] Eli Wahl großer Lnterralk än-
dernd gleich merkliche Empfindung le.
46S Merkel — Messer.
Schriften: Die Abhängigkeit zwischen Reiz und Empfindung, Philos. Studien
(hrsg. von Wundt) IV, V, X. — Theoretische und experimentelle Begründung der Fehler-
methoden, Philos. Stud. VII. — Die Methode der mittleren Fehler, Philos. Stud. IX. —
Das psychophysische Grundgesetz in bezug auf Schallstärken, Philos. Stud. IV. — D.
zeitlichen Verhältn. d. Willenstät., 1883.
Jlersenne, Maria, geb. 1588 in Oize (Le Maine), Kollege Descartes in
La Fleche, Franziskaner, mit Descartes sehr befreundet, gest. 1647 in Paris.
= Anhänger Descartes', von Gassendi beeinflußt, Gegner des Skeptizismus.
M. unterscheidet (1636) zwischen den subjektiven Empfindungen und den realen
Eigenschaften der Körper.
Schriften: L'impiete des D6istes, 1624. — La verite des sciences contre les
Sceptiques et les Pyrrhoniens, 1630. — Harmonie universelle, 1636.
besser, August, geb. 1867 in Mainz, Prof. in Gießen.
M. vertritt einen rationalistisch gefärbten Kritizismus (ähnlich wie Külpe)
und kritischen Kealismus. Vom Denkerlebnis ist der Denkinhalt zu unter-
scheiden. Für die Logik sind die Denkinhalte „gleichsam völlig losgelöst von
denkenden Individuen vorhanden". „Solche Denkinhalte (Begriffe, Urteile,
Schlüsse) sind ihr ganz zeitlose, ideale Gebilde." Für viele erkenntnistheoretische
Betrachtungen ist die Auseinanderhaltung von Inhalt und Gegenstand des
Denkens von größter Wichtigkeit. Die Wahrheit bezieht sich nicht auf das
Denkgeschehen, sondern auf Denkinhalte. Gegenstände des Denkens können
auch Werte sein, die aber nicht außer aller Beziehung zu bewertenden Subjekten
existieren. Die „Erfahrung" ist ein Zusammengesetztes aus Empfindungen (und
ihren Reproduktionen) und objektivierenden Funktionen, und das „Denkeft"
enthält auch anschauliche Bestandteile (Empfindungen, Wort- und Sachvor-
stellungen). Hinsichtlich der Formalwissenschaften (Logik, Mathematik) hat
der Rationalismus recht, ihre Sätze gelten streng a priori, haben ihren Ursprung
im Denken, hinsichtlich der Realwissenschaften gilt der Empirismus. Zugleich
aber gibt es apriorische Bedingungen der Erfahrung selbst, die aber nicht
logischer Art sind (relatives A priori). Eine Metaphysik ist nur als empirische
Metaphysik möglich. Für den durchaus berechtigten „kritischen Realismus"
gibt es eine von uns unabhängige Wirklichkeit und es ist ferner die raum-
zeitliche Anordnung der Empfindungen und die Anwendung von Begriffen wie
Ding und Eigenschaft, Ursache usw. nicht rein subjektiv, sondern sie steht „in
gesetzmäßiger Beziehung zu objektiven Reizen, ihren Eigenschaften und Ver-
hältnissen". Unsere Erkenntnis geht auf die Dinge an sich, nicht auf Be-
wuntseinserscheinungen. Die „Synthesis" der vermeintlichen „synthetischen
Urteile a priori" liegt nicht in den Sätzen selbst, welche vielmehr analytisch
sind, sondern in den Zahlenkombinationen und in der Konstruktion der geo-
metrischen Gebilde. Die obersten Sätze der Naturwissenschaft (wie das Kausal-
und Substanzprinzip) sind relativ a priori, Voraussetzungen, die in der Er-
fahrung sich stets bewährt haben und auf deren weitere Bewährung wir
vertrauen können.
Schriften: Kants Ethik, 1904. — Experimentell-psychol. Untersuchungen über das
Denken, Archiv f. die gesamte Psychologie, VIII, 1906. — Empfindung und Denken,
Messer — Meumaxn.
1908. — Einführung in die Erkenntnistheorie, 1909. — D. Problem d. Willenstreih.,
1911, u. a.
Messer, Max, geb. ls-~> in Wien, lebt daselbst. = Pantheistischer Stand-
pnnkt.
Schriften: Die moderne Seele, 1899; 3. A. 1902. — M. Stirner, 1906, o.
tfetrodoros von Chios, Schüler des Demokrit im 5. Jahrb.. v. Chr.,
Verfasser einer Schrift xegt tpvaecog. Er gelangt zu einer skeptischen Auffassung
der Erkenntnis, indem er erklärt, daß wir nichts wissen, auch nicht einmal. ««I»
wir etwas wissen oder nicht.
Metrodoros von Lampsakos, Schüler des Anazagoras. = II. ist als
allegorischer Ausleger der Mythen der Homerischen Dichtung bekannt
Vgl. Diels, Vorsokratiker 1.
Metrodui'ON von Lampsakos, bedeutendster unmittelbarer Schuler des
Epikur, starb noch vor Epikur. Fragmente Beiner Schritten bei Plutarch,
< llemens, Seneca.
Vgl. DlOG. LtAfiBT. X, -J4. — DüENINGj De It. Bpicnrei Tita et ecriptis, acced.
fragmenta, 1870.
HetrokleN, Bruder der Hipparchia und. wie diese, Anhänger des
Kynismus.
Vgl. Diog. LaEbt, vi.
Jlettrie, de la. b. La Mettrie.
.Tleumaiiii, Ernst, geb. 1862, Prot, in Leipzig, Herausgeber des „Archiv
tiir die gesamte Psychologie" und der „Zeitschrift rar experimentelle Pft
M. ist namentlich durch Beine Arbeiten aui ezperimentell-psychologischem
(Zeitsinn, Gedächtnis u. a.) und -pädagogischem Gebiete bekannt. Bezüglich
der Apper» sptionslehre u. a Punkte geht er von Wundl aus, dessen Voluntaris-
mus er aber nicht akzeptiert. Die Intelligenz ist das Primäre, aie ist Be-
dingung des Willens, der ohne intellektuelle Elemente nicht möglich ist
ibt „Intelligenzformen des Willens" und „Willensformen der Intelligenz".
Intelligenz im engeren sinne ist „Urteilsfähigkeit", Selbständigkeit des Urteils.
Der Wille ist «in Übergehen von Vorstellungen in Handlungen, ein „Über-
gehen von beurteilten Zielvorstelliingen und ihrer Zustimmung in Handlungen".
Inder Ästhetik nmi; die psychologisch-subjektive durch di< tive
Ifethode ergänzt werden. „In dem ästhetischen TatBachengebiet haben wiz es
nicht blofl mit einer besonderen Art von Bewußtseinsvi q zu tun, wie die
psychologische Asthetii annimmt, Bondern mit einem eigenartigen
halten des Menschen zur Welt, das nach seiner subjektiven und objekt
Seite hin . . . gewürdigt irerden muß." Zu antersuchen Bind: l. das Verhalten
isthetitoh genießenden Menschen, 2. das Verhalten <!• tiM-h-pro-
dnkti\en Mm-, h. n. dei Künstlers, '•• die Kunstprodukte, t. die ästhetische
Kultur. Die meisten da bestehenden ästhetischen Theorien Bind einseitig,
int einen beim ästhetischen Gefallen mitwirkenden [eilvorgang hin.
Die Kunst ist vom Spiel zu unterscheiden, sie Ist Darstellen und Bilden, nicht
470 Meumann — Michael.
Nachahmung, nicht Gefühlsausdruck, sondern „äußere Darstellung einer durch
eine Persönlichkeit in individueller und anschaulicher Weise verarbeiteten
Wirklichkeit, in einem Werk, mit anschaulichen Mitteln . . .; in einem Werke
ferner, das nur dem persönlichen Zwecke des Künstlers dient: der vollkommene
Ausdruck seiner inneren Erlebnisse zu sein, dessen Zweck daher in ihm selbst
liegt".
Schriften: Untersuchungen zur Psychologie und Ästhetik des Rhythmus, 1894.
— Beiträge zur Psychologie des Zeitsinnes, Philos. Stud. VIII. — Über Zeitausfüllung,
Philos. Stud. XII, 1896. — D. Entsteh, d. ersten Wortbedeut. beim Kinde, 1902, 2. A.
1908. — Über einige Grundfragen d. Psychol. d. Übungsphänomene, 1904 (mit E. Ebert).
— Die Sprache des Kindes, 1903. — Über Ökonomie und Technik des Lernens, 1903.
— Vorlesungen zur Einführung in die experimentelle Pädagogik, 1907. — Intelligenz
und Wille, 1907. — Ökonomie und Technik des Gedächtnisses, 1908. — Einführung
in die Ästhetik der Gegenwart, 1908. — Das System der Ästhetik, 1910. — Assoziations-
experimente, 1907, u. a.
Meyer, Jürgen Bona, geb. 1829 in Hamburg, seit 1868 Prof. in Bonn,
gest. 1897.
J. B. Meyer bildet im Anschluß an Fries den Kantschen Kritizismus nach
der psychologisch-empirischen Seite weiter. Kant habe das A priori nicht
wieder a priori, sondern durch empirische Analyse des Bewußtseins gefunden.
Alles Wissen hat den Glauben (an die Aussagen der Sinne, den Fortbestand
der Naturgesetze usw.) zur Grundlage. Gegenüber Herbart verteidigt M. die
Berechtigung des Begriffes der Seelenvermögen. Gegenüber dem Materialismus
betont er die Verschiedenheit des Psychischen und des Physischen.
Schriften: Zum Streit über Leib und Seele, 1856. — Die Idee der Seelen-
wanderung, 1861. — Über Fichtes Eeden an die deutsche Nation, 1862. — Kants
Psychologie, 1869. — Philosophische Zeitfragen, 1870; 2. A. 1874. — Schopenhauer,
1871; 2. A. 1874. — Weltelend und Weltschmerz, 1872. — Zum Bildungsgang unserer
Zeit, 1875. — Leitfaden zur Geschichte der Philosophie, 1882. — Probleme der Lebens-
weisheit, 1887, u. a.
Meyerson, E., Prof. in Paris. = M. basiert den Realismus auf das
Prinzip der Identität, welches uns konstante, dauernde Dinge annehmen läßt.
Der idealistische Positivismus ist unhaltbar.
Schriften: Identite et realite, 1908, u. a.
illeynert, Theodor, 1833—1892, Prof. der Medizin in Wien. = M., dessen
Unterscheidung des „primären" und „sekundären" Ich von Wichtigkeit ist,
bekennt sich zum erkenntnistheoretischen Idealismus.
Schriften: Zur Mechanik des Gehirnbaues, 1874. — Gehirn und Gesittung, u. a.
Michael Psellos, geb. 1020 in Byzanz, lehrte dort Theologie, Philo-
sophie und Rhetorik. = Die lange Zeit dem Psellos zugeschriebene Logik:
Svvoytis elg rrjv "AQtototsXovg Xoyixrjv sTtiaxrjfjL^v (gedruckt 1597), in welcher sich
Memorialworte für die Schlußmodi finden, deckt sich inhaltlich mit den
nmulae logicales" des Petrus Hispanus und dürfte eine Übersetzung dieses
:es sein (nicht umgekehrt das Original zu einer lateinischen Übersetzung).
Schriften: Kommentare zu Plato (1854), Aristoteles und Porphyr (1503, 1532).
Ml< HAEL — MlLHAULD. 471
— Ferner Arbeiten über die Meinungen der Philosophen von der Seele (161 -
ftfigne, Bd. 122.
.Michael Bcoti >. 1190, besonders als üb
unl arabischer Kommentare de»elben bekannt.
Vgl. L. BAUR, Dominicus Gundissalinus, 1903.
MichaiI<Swsky, X.. 1S43 — 19< >'►. Verfasser soziologische] A »handlung
(russisch, 1879tt.; deutsche Auswahl in Vorbereitung). = M. l-t Poaitivißl und
lutionisl und Anhänger dir „subjektiven Methode" Lawrows.
Jliclialtsoliew, Dimitri, geb. 1881 in Losengrad, Dozent in Sofia. =
M. ist ein Schüler Rehmkes, der den Psychologismus und erkenntnistheoretischei]
JDualismus" aller Art bekämpft Die Wirklichkeit ist Inhalt de- göttlicl
Bewußtseins. Wahrheit und Wirklichkeit sind ein-.
S hriften: Philosophische Studien, 1909, u. a.
Miehelet, Karl Ludwig, geb. 1801 in Berlin, seit 1829 Prof. daselbst,
gesl L8 M. gehört zu den treuesten Anhängem Hegels, dessen Lehren
er in selbständiger und klarer Form dargestellt hat. Logik, Natur- und Geistes-
philosophie Btellen die absolute Vernunft in ihrer Reinheit, ihrer äußeren I
Bcheinung und ihrer Rückkehr zu sich dar.
3( hriften: D. Ethik d. Aristoteles, 1827. — System der philosophischen M
nthropologie und Psychologie, 184(». — Vorlesungen über '. ilichkeit
Gottes und die Unsterblichkeit der Seele, 1841. — Gesch. d. letzt. o d. Philo*.
in Deutschland. 1837 — 38. — Schellinu' u. Hegel, 1839. — Entwicklungsgeschichte de:
neuesten deutschen Philosophie, 1843. — Die Epiphanie der ewig6n Persönlichkeit des
deistes, 1844 — 52. — Esquisse de Logique, 1856. — Die Gcschi» 1» te der Menschheit in
ihrem Entwickln: ron 1775 bis auf die neu ' — 6U. — Xaturrecht
oder Rechtsphilosophie, 18G6. — Segel, der unwiderlegto W'eltphilosoph, 1870. — U'
und der Empirismus, 1873. — I > :x - System der Philosophie als exakter V.
I^7G ff. — Wahrheit aus meinem Leben, 1885. — Der Gedenk« Zeitschrift, 18G<>— 7
Michcli*. Friedrich, lsr> -85, l'roi. in Paderborn und Braunsb
ter Pfarrer der altkatholischen Gemeinde in Freiburg i. Br. = Scholastischer
Standpunkt.
8 hriften: Der kirchlicho Standpunkt der Naturforst hung, 1855. — Der Mater.
moi all K hlerglaabe, 185G. — Kritik der Gflntherschen Philosophie
ichte iler Philosophie, L865. — Die Philosophie des Bewa . ." . A
darwinismas, L886, n. ■.
^likloHich. M.. L813 91, Prot in Wien. Sprachforsche]
!.) betreffs der Urteilstheorie.
riften: Subjektlose
lliririleton b. Richard von M.
II illiauhl. < taston, Prof, ii ■
M. iteht in Beinen Ansichten Poincari und dem I':
■• wohl eine mathematisch-logische Gewißheit, di<
,ti\ ist. 1 >ie logis< h( < U w i Ihi il bei ahl aui dem ä
Widerspruche« und hat nicht* mit der Wirklichkeit tu tun. Die mathem
4.2 MlLHAULD — MlLL.
Gewißheit ist ebenfalls subjektiver Art, da sie auf Schöpfungen des Geistes zu
Zwecken der Exaktheit beruht, auf (empirisch beeinflußten) fiktiven Begriffen
oder Symbolen von Selektionswert, welche die Wissenschaft fördern. Die Wirk-
lichkeit selbst enthält nicht die festen Relationen und den Determinismus der
Wissenschaft.
Schriften: Essai sur les conditions et les limites de la certitude logique, 1894;
2. 6d. 1898. — Le Kationnel, 1898. — Le positivisme et les progres de l'esprit,
1902. — La connaissance mathematique et l'idalisme transcendental, Revue de met. et de
morale XII, 1904, u. a.
Mill9 James, geb. 1773 in einem schottischen Dorfe, studierte in Edin-
burg Theologie, ging dann nach London, wo er unterrichtete und schrift-
stellerisch tätig war; nach Erscheinen seiner „History of British India" (1818)
wurde er (1819) bei der Regierung der ostindischen Kompagnie (India House
in London) angestellt. Er starb 1836.
M., der an Hartley und Hume, zum Teil auch an Reid und Th. Brown
anknüpft, gehört zu den Hauptvertretern der englischen Assoziations-
psychologie. Das Seelische besteht nach M. aus Elementen, denen die
Eigenschaft zukommt, sich miteinander zu komplexen, aber oft — bei Ver-
schmelzungen — einfach erscheinenden Gebilden zu vereinigen. Die Asso-
ziation ist der Grundprozeß des psychischen Geschehens. Es besteht ein
Gesetz der untrennbaren Verbindung („law of inseparable association") oder der
Häufigkeit („law of frequency"). Assoziationsfaktoren sind die Lebhaftigkeit
der Eindrücke, die Häufigkeit der Wiederholung und das Interesse. Aus der
Berührungsassoziation sind alle anderen Arten der Assoziation zu erklären.
Auf Assoziation beruht alles Denken und Wollen, letzteres auf der Assoziation
einer Handlung mit einem Lustgefühl. Auch der Begriff der Kausalität be-
ruht auf Assoziation, auf regelmäßiger Sukzession von Vorstellungen. In
ethischer Hinsicht schließt sich M. dem Utilitarismus Benthams an.
Schriften: Elements of Political Economy, 1821. — Analysis of the Phenomena
of the Human Mind, 1829, 1869, 1878 (hrsg. von J. St. Mill). — A Fragment on
Mackintosh, 1835. — The Principles of Toleration, 1837. — Vgl. A. BAIN, J. Mill,
2. ed. 1887.
Mill. John Stuart, als Sohn von James M. geb. 20. Mai 1806 in London,
erhielt schon als kleines Kind von seinem Vater eine humanistische Bildung.
Einen großen Eindruck machte auf den Jüngling die Lektüre von Benthams
Schrift über die Gesetzgebung; er begründete eine „utilitarische Gesellschaft",
in welcher alle vierzehn Tage Vorträge über Utilitarismus gehalten wurden.
1823 wurde M. Sekretär im „India House", wo er später eine hohe Stellung
einnahm. Daneben war er schriftstellerisch tätig. Nachdem er eine Zeitlang
in Avignon gelebt hatte, war er (1866—68) Parlamentsmitglied, worauf er wieder
in Avignon lebte, wo er am 3. Mai 1873 starb.
M. ist der Hauptvertreter des modernen Empirismus, Psychologis-
mus und idealistischen (vom Comteschen verschiedenen) Positivismus.
Seine Lehren sind eine Weiterbildung der Ansichten Bacons, Berkeleys, Humes,
James Mills u. a.; auch von der Scholastik ist M., im formalen Teile seiner
MlLL.
Logik, beeinflußt. Die Assoziationspsychologie wird von Bf. akzeptiert; nie
Beil) Vater, James Mill, betrachtet er die psychischen Vorgänge alfl Synthesen
einfacher Elemente (durch eine Art „psychischer Chemie") und die Assoziation
gilt ihm als ein Grundgesetz analog der Gravitation.
Die Logik ist nach B£ eine Technik des Denkens und Forschens, vor»
weise ist sie Methoden lehre. Sie ist des Näheren „die Wissenschaft von tU-u.
Verstandesoperationen, welche zur Schätzung der Evidenz dienen". Sie hat
nicht mit den Wahrnehmungen, sondern mit Folgerungen, mit Urteilen und
Schlüssen zu tun und will diese auf eine sichere Grundlage stellen. Er-
fahrung und Induktion sind nun nach Mill die Grundlage aller una
Folgerungen. Alles Erkennen geht von einzelnen Tatsachen aus und besteht
zunächst in einem Folgern von P^inzelnem auf anderes Einzelnes, in einer In-
duktion „per enumerationem simplicem". Diese Induktion folgert auf Grund-
lage der Erfahrung und Assoziation, was für eine Reihe von Fällen gilt, werde
auch für neue, ähnliche Fälle gelten. Es besteht eine „natürliche Neigung
des Geistes, -'ine Erfahrungen zu generalisieren", und die Induktion beruht
schließlich aui der Voraussetzung der Gleichförmigkeit der Natur ..uni-
Eormity of nature"). Diese Voraussetzung wird, als Annahme der Unabänder-
lichkeit der Sukzession zweier Vorgänge, zum Kausalgesetz, welches Bei
die allgemein -tr. sicherste Induktion ist und erst den übrigen Induktionen
glichst» Sicherheil (Wahrscheinlichkeit) gewahrt Jede Induktion läßt -ich
in der Form ein-- Syllogismus darstellen, dessen <>l>er-atz die Voraussetzung
der Gleichförmigkeil der Natur i-t. Jede vollbegrundete induktive Generalisation
i-t ein Naturgesetz, d. li. ein regelmäßiger Zusammenhang von Tatsachen,
der empirisch begründet ist und größte Wahrscheinlichkeit halten kann, ohne
aber absolut denknotwendig zu sein, so daß das Ausbleiben eine- solchen Zu-
sammenhanges wenn auch höchst unwahrscheinlich, immerhin nicht unmöglich
i-t. Dir „Ursachen*', die wir erkennen, Bind nur die Summen der positiven und
tiven Bedingungen von Vorgängen.
1 >;i- deduktive Verfahren besteht aus drei Operationen: der Induktion,
d. in Syllogismus, welcher aus Gesetzen Einzelfälle ableitet, und der Verifikation.
Da im Syllogismus der Obersatz das zu Krwei-ende (die Konklusion vor-
wegnimmt, i-t er, im üblichen sinne aufgefaßt, eine ..petita» prineipii''. In
Wahrheit i-t er aber ein Schluß vom Besonderen aufs Besondere. Dei all|
meine Obersati i-t ein Register der vollzogenen Folgerungen vom Besonderen
aufs Besondere, eine abgekürzte Formel zu weiteren Folgerungen. Betrefft
Urteils vertritt M. die [dentitätBtheorie des Inhalt-. Für jedes Urteil i-t der
„Glaube" (belief] an einen Zusammenhang von Vorstellungen wesentlich; dir
Sit/ druckt den Glauben aus, daß das Prädikat ein Name desselben Düu
i-t. wovon da- Subjekt «in Name i-i.
I' von M. formulierten exakten Fors i imethoden sind: l. ML«
thode der Übereinstimmung Hethod i ement")« „Wenn alle
obachteten Fälle einer zu eriorschenden Naturerscheinung nur einen einzig)
Umstand gemein haben, so i-t diesei I instand, in welchem aDein all«- Fälle
übereinstimmen, der betreffenden Erscheinui entlieh, entw< : I
474 Mill.
oder Wirkimg derselben." — 2. Methode der Unterscheidung (Differenz-
methode, „Method of difference") : „Wenn ein Fall, in welchem die zu er-
forschende Naturerscheinung eintritt, und ein Fall, in welchem sie nicht eintritt,
alle Umstände gemein haben mit Ausnahme eines einzigen, der nur im ersten
Falle vorkommt, so ist dieser Umstand, wodurch allein die beiden Fälle sich
unterscheiden, der betreffenden Naturerscheinung wesentlich." — 3. Methode
•der Beste (Bückstände, ,,Method of residues"): „Wenn man von einem Teile
einer Erscheinung durch schon gemachte Induktion weiß, daß er Wirkung eines
bestimmten Umstandes ist, so schließt man, daß der übrige Teil (Bückstand oder
Best) der Erscheinung durch die restierenden Umstände bedingt ist." —
4. Methode der sich begleitenden Veränderungen („Method of con-
comitant variations"): „Wenn eine Erscheinung sich verändert, so oft eine andere
in einer eigentümlichen Weise sich verändert, so ist sie entweder Ursache oder
Wirkung der anderen oder ist durch irgend einen Kausalnexus damit ver-
knüpft."
Seinem strengen Empirismus getreu negiert M. die Existenz irgendwelcher
apriorischer Erkenntnisse. Alle Erkenntnis stammt aus der äußeren oder
inneren Erfahrung, entsteht durch Wahrnehmung, Induktion, Abstraktion und
Assoziation. Die Axiome der Mathematik sind gleichfalls empirische, induktiv
gewonnene Wahrheiten, Generalisationen aus der Erfahrung; ihre Gewißheit
beruht auf ihrer Einfachheit, auf der Möglichkeit, sie jederzeit in der Erfahrung
verifizieren zu können, und auf der Festigkeit der Assoziation. Die mathe-
matischen Gebilde werden durch Abstraktion gewonnen, in der Wirklichkeit
selbst gibt es keine genauen Gegenstücke zu ihnen. Die Zahl entsteht durch
Abstraktion von Gruppen gleichartiger Objekte. In der „Examination" leitet
M. den Glauben an die Existenz dauernder Objekte aus Erwartung und
Assoziation ab. Die Vorstellung eines außer uns Existierenden schließt außer
der aktuellen Wahrnehmung eine Summe von „Wahrnehmungsmöglichkeiten"
{„possibilities of Sensation") ein, die sich durch größere Konstanz auszeichnen,
allgemein zugänglich sind, beharren, auch wenn wir die Dinge nicht aktuell
wahrnehmen. Vermittelst des Kausalbegriffes beziehen wir die einzelnen
Empfindungen auf solche permanente Gruppen von Wahrnehmungsmögiichkeiten
als Ursachen der Empfindungen, die sich aber nur in Empfindungskomplexen
darstellen. Indem wir diese Wahrnehmungsgrundlage der Dinge vergessen,
halten wir sie für außerhalb alles Bewußtseins existierende Substanzen, was sie
aber nicht sind (Phänomenalismus). Ebenso ist das Ich nicht eine Substanz
außerhalb alles Bewußtseins, sondern nur die Summe aufeinanderfolgender Er-
lebnisse, eine (relativ) konstante Möglichkeit von Gefühlen („permanent possi-
bility of feeling"). Freilich ist es schwer zu begreifen, wie eine Reihe von
Gefühlen sich ihrer selbst bewußt werden könne.
Die Wissenschaften gliedern sich nach M. in Natur- und Geisteswissen-
schaften. In den letzteren sind dieselben Methoden anwendbar wie in den
Naturwissenschaften, es gibt hier ebenfalls empirische Gesetze. Die Gesetz-
mäßigkeit und Xolwendigkeit von Willenshandlungen bedeutet aber nicht
-Zwang u. dg]., sondern nur die Erwartung konstanter Sukzession, wobei der
Mill — Mixucius Felix. 475
Charakter des Wollenden selbst ein Faktor des Geschehens ist. Die drei
fundamentalen Geisteswissenschaften, welche M. unterscheidet, sind: Psychologie,
Ethologie und Soziologie. Unter „Ethologie*' versteht M. die Lehre von der
Charakterbildung.
Die Ethik 31.s ist ein (altruistischer) Utilitarismus. Höchstes Streben»-
ziel ist die Glückseligkeit, alles Begehren geht auf das Lust volle, alles Unlust-
volle wird verabscheut. Die Triebfeder alles Handelns ist also eudämonistischcr
Art. Aber es kommt nicht bloß auf die Menge, sondern auch auf die Qualität
des Glückes, der Lust an, es gibt niedere und höhere Werte; letztere knüpfen
sich an geistige Güter. Außerdem ist zu beachten, daß durch Assoziation
Güter, die ursprünglich nur Mittel waren, zu Zwecken, zu Eigenwerten werden ;
dies gilt namentlich von der Sittlichkeit, der Tugend, die übrigens auch auf
ursprünglichen sozialen Gefühlen beruht. So sucht M. den Egoismus abzu-
wehren. In seiner Nationalökonomie betont M. den sozialen Gesichtspunkt.
Das Wesen der Religion ist nach M. die „starke und konzentrierte
Richtung unserer inneren Regungen und Wünsche auf einen idealen Gegen-
stand von anerkannt höchster Vortrefflichkeit, und welcher mit Recht über
allen Gegenständen unserer selbstsüchtigen Wünsche steht". Auch eine von
sozialen und sittlichen Gefühlen beseelte Menschheitsreligion kann ihren Zweck
erfüllen. Der Theismus ist eine mögliche Weltanschauung, aber Gott kann
nicht als allmächtig gedacht werden, die Unvollkommenheit der Welt steht
dem entgegen.
Schriften: A System of Logic, Ratiocinative and Inductive, 1843, 9. ed. 1875;
deutsch von J. Schiel, 1849, 4. A. 1874;. von Gomperz 1882 (Hauptwerk). — Essays
on some Unsettled Questions of Political Economy, 1844, 2. ed. 1874. — Principles of
Political Economy, 1848. — On Liberty, 1859 (deutsch in der Universalbibl.). —
Dissertations and Discussions, 4 Bde., 1859, 1867, 1874. — Utilitarianism, 1863;
deutsch 1869. — Examination of Sir William Hamiltons Philosophy, 1865; deutsch 1908
(ein Hauptwerk). — Auguste Comte and Positivism, 1865; deutsch 1874. — The
Subjection of Women, 1869 (deutsch: Die Hörigkeit der Frau). — Autobiography, 1873;
deutsch 1874. — Three Essays on Religion; Nature, the Utility of Religion and Theism.
1874 (auch deutsch). — Werke, deutsch von Th. u. E. Gomperz, 1869 fl'. — Vgl.
COURTXEY, Metaphysics of J. St. Mill, 1879; Life of J. St. Mill, 1889. —
CH. DOUGLAS, J. St. Mill, 1895; deutsch 1897. — Levy-Bruhl, Lettres inedite>
de J. St. Mill ä Ä. Comte, 1899. — S. SAEXGER, J. St Mill, 1901 (Frommanns
Klassiker der Philosophie). — THIEME, M.s Sozialethik, 1910.
Miimcins Felix, wahrscheinlich um 160 — 180 n. Chr., römischer Sach-
walter, philosophisch geschult, wirkte als christlicher Apologet in seiner Schrift
„Oetavius" (1560 u. ö., 1886, deutsch von Hagen, 1890).
M. gehört zu den ersten lateinischen Autoren, welche das Christen tu in
verteidigen. Die Schrift „Oetavius" hat ihren Titel nach einem Christen
gleichen Namens, der in der Unterredung mit seinen Freunden Mumcius und
Caecilius, einem Epikureer, das Wesen und den Wert des Christentums er-
örtert und den Heiden Caecilius im Wesentlichen überzeugt, Die Götter der
Heiden sind nach 31. nur vergötterte Menschen, auch Dämonen verführten die
Heiden zum Aberglauben. Gott ist der Vater aller Dinge, er ist einheitlich,
476 ATintjcius Felix — Moleschott.
unendlich, ewig, vor der Welt (,,ante mundum sibi ipse fuit pro mundo"), all-
mächtig und alles leitend („qui universa, quaecunque sunt, verbo iubet, ratione
dispensat, virtute consumit"). Er ist unsichtbar, über alle Sinneswahrnehmung
erhaben, nur sich selbst völlig bekannt („soli sibi tantus, quantus est, notus").
Vgl. E. KÜHN, Der Octavius des M. F., 1882.
Mirandola s. Pico.
>liraband. Jean Baptiste de, geb. 1675 in Paris, seit 1742 Sekretär der
Akademie, gest. 1760. = Das unter dem Namen M.s erschienene „Systeme de
la nature" rührt von Holbach her.
Schriften: Sentiments des philosophes sur la nature de l'äme, 1743. — Le
monde, 1751, u. a.
Jlirbt, Ernst Siegmund, 1799 — 1809, Prof. in Jena. = Anhänger von
Fries.
Schriften: Was heißt Philosophieren und was ist Philosophie? 1839. — Kant
und seine Nachfolger I, 1841.
Mnesarchos, um 100 v. Chr., Nachfolger des Panaitios in Athen,
Stoiker.
Hist*h9 Georg, geb. 1878, Privatdozent in Berlin.
Schriften: Zur Entsteh, d. französ. Positivismus, 1900, u. a.
^tlöbius, Paul Julius, 1853—1907, Psychiater in Leipzig. = Anhänger
Fechners. Das Physische ist die Außenseite einer Wirklichkeit, die an sich
psychisch ist und mit der das menschliche Seelenleben in Verbindung steht.
Schriften: Vermischte Aufsätze, 1898. — Über Schopenhauer, 1899. — Über die
Anlage zur Mathematik, 1900. — Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes,
1900; 9. A. 1908 (Unter „physiologischem Schwachsinn" versteht M. die durch den
Gescblechtscharakter der Frau bedingten Schwächen des weiblichen Geistes). — Über
Kunst und Künstler, 1901. — Stachyologie, 1901. — Das Pathologische bei Nietzsche,
1902. — Die Hoffnungslosigkeit aller Psychologie, 1906. — Ausgewählte Werke,
8 Bde., 1904 (Über Eousseau, Goethe, Gall u. a.). — Vgl. LORENZ, M. als Philosoph,
1900.
Jloderatns aus Gades, im ersten Jahrh. n. Chr. Fragmente seiner
Schriften finden sich bei Stobaeus (Eclogae), Porphyr (Vita Pythagor.) und
Simplicius. = Neupythagoreer. Nach ihm ist die Eins das Symbol der Einheit
und Gleichheit, die Ursache der Harmonie der Dinge; die Zwei hingegen ist
das Zeichen der Ungleichheit, der Trennung und Veränderung. Die Zahl über-
haupt ist ein Komplex von Einheiten {ovotrjua /lovädcov).
Moleschott, Jakob, geb. 1822 in Herzogenbusch, Professor der Physio-
logie in Zürich (seit 1856), Turin (seit 1861) und in Rom (seit 1879), gest. 1895
in Rom.
M.. der von Feuerbach beeinflußt ist, vertritt nebst einem Empirismus den
Mechanismus und Materialismus, zu dessen bedeutendsten Verkündern er gehört.
Alle Erkenntnis beruht auf Erfahrung, auf denkender Zusammenfassung der
Sinneswahmehmungen. Alles Sein ist ein Sein durch Eigenschaften und jede
MOLEBCHOTT — MONBODDO.
Eigenschaft besteht mir durch ein Verhältnis. Die Scheidewand zwischen den
Dingen als Erscheinungen und dein Ding an .-ich soll, Dach M.. dadurch durch-
brochen werden. Ein Gegenstand i>t nur durch - ine Beziehung eh anderen
Gegenständen. Haben wir alle Eigenschaften der Dinge erkannt, die auf -
entwickelten Sinne »inen Eindruck zu machen vermögen, dann haben wir auch
das Wesen der Dinge erfaßt.
Alles Xaturgeschehen besteht in Bewegung der Grundstoffe, l>i«' l'nv.-r-
änderlichkeit de- BtoffvorratB begründet die Ewigkeit (\r> Kreislaufes, denn der
Stoff ist unsterblich. Die Bewegungsfähigkeit i>t eine der allgemeinsten Eigen-
schaften de- stcttes. Die Kraft ist „kein stoßender ( ;<>tt. kein von da s
liehen Grundlage getrenntes Wesen der Dinge. Sie ist des Stoffes unzertrenn-
liche, ihm von Ewigkeit innewohnende Eigenschaft". Überall gilt der Satz:
..Kein Stoff ohne Kraft. Aber auch keine Kraft ohne Btoff." Überall Bind
die Eigenschaften de- Stoffes dieselben, daher gibt es keine besondere Lebens-
kraft. Die Organismen sind aus dem Anorganischen hervorgegangen und
nur kompliziertere Stofformen. Auch die psychischen Vorgänge Bind an
den Stoff gebunden; ohne Gehirn, ohne Phosphor in diesem kein Gedanke.
Das Denken ist eine Gehirnbewegung, eine „Umsetzung des Hirnstoffes", eine
„unzertrennliche Eigenschaft des Gehirns". In der Weh ist alles stn setz-
lich bestimmt. So auch der Wille, der „notwendige Au-tlui'» eine- durch
äußere Einwirkungen bedingten Zustandes des I lehirns".
Schriften: Physiologie des Stoffwechsels, 1851. — Der Kreislauf des Le
1852, 5. A. 187G — 85 (Hauptwerk). — Die Einheit des Lehens, I8r,4, u. a.
-Molitor. Franz Josef, geb. 1799 in OberurseL, eine Zeitlang Gymnasial-
lehrer in Frankfurt a. M.. dann als Schiiftstellei und durch Unterredung mit
.-einen zahlreichen Besuchern wirksam, gest. 18G0 in Frankfurt a. M. = M..
der zuerst von Schelling, Götres, F, v. Schlegel beeinflnßt wurde. Btehl in
seinem Hauptwerke ^Philosophie der Geschichte" unter dem Rinflnsse Baai
und der ECabbala, welche letztere ihm geeignet erscheint, eine Vertiefung des
Christentums im sinne einer höheren Mystik zu bewirken.
S< hriften: Ideen zu einer künftigen Dynamik der Geschichte, 1805. — Der
Wendepunkt des Antiken und Modernen oder Versuch, den Realismus mit dem Idealis-
mus zu vorsühnen, 1805. — Philosophie der Geschichte, 1827 — 5.'i
llombort. Alfred, geb. ls7_. lebt in Seidelberg. = Pantheistischer
1 lichter.
S< hriften: Der Glühende, I. A. 190t. - — Der
Denker. L901. — Die Blüte des Chaos, 1905. — Der .'>, u. a.
Monhodrio. Lord James Burnet, 1714 L790. = In -einer Sprach-
Philosophie i..<m, theOrigin and r oi Languaf • M. dem Ursprung
der Bprache Dach, irobei er den Anteil der Reflexion, aber auch
Moment betont.
B hriften: Ob U il und l'rogres!. of Un^ia^e . 1773— 8'J: dtCBMl (im
Aus/.u^i 17.S4 — 85. - Ancie M niTornals. 17 7
478 Mongre — Montaigne.
llongre, Paul (Pseudonym für Felix Hausdorff, Prof. der Mathematik
in Leipzig, geb. 1868 in Breslau).
M. ist von Nietzsche beeinflußt. Dessen Lehre von der „ewigen Wieder-
kunft" hält er für schlecht begründet, er selbst nimmt aber doch die „Möglich-
keit einer identischen Reproduktion jeder einzelnen Zeitstrecke" an. Die Welt
unserer Erfahrung ist nicht die volle Wirklichkeit, sondern nur eine der mög-
lichen Welten, ein von unserem Bewußtsein vollzogener „Ausschnitt aus dem
gesetzlosen Chaos". Das Chaos der Möglichkeit enthält eine unzählbare Menge
kosmischer Welten, deren jede ihren Inhabern als einzige und ausschließlich
reale erscheint. Aus dem Chaos scheidet unser Bewußtsein unsern Kosmos als
bestimmten Weltzustand aus.
Schriften: Sant-Uario, Gedanken aus der Landschaft Zarathustras, 1897. — Das
Chaos in kosmischer Auslese, 1898. — Ekstasen, 1900.
Moiiracl. Markus Jakob, 1816 — 1897, Prof. in Christiania. = M.
ist wesentlich von Hegel beeinflußt, neigt aber zugleich einem mystisch auf-
gefaßten Christentum zu. Das Wirkliche ist die Idee, welche in Natur und
im Geiste erscheint, sich offenbart. Das Absolute, Gott ist Persönlichkeit, die
sich zunächst dem Glauben offenbart, der das Wissen antizipiert.
Schriften: Philosophische Propädeutik, 1849; 4. A. 1882. — Psychologie, 1850;
5. A. 1892. — Ethik, 1851; 4. A. 1885. — Logik, 1881. — Ästhetik, 1889—90. —
Glaube und Wissen, 1892, u. a. (alle norwegisch). — Denkrichtungen d. neueren Zeitr
1879. — Die Mysterien d. Christentums, 1896. — Die menschl. Willensfreih. u. d. Böse,.
1898. — Vgl. Arch. f. syst. Philos. II.
Montaigne, Michel de, geb. 1533 im Perigord, erhielt eine gute Er-
ziehung, war eine Zeitlang Maire und Parlamentsrat in Bordeaux, später lebte
er als Schloßherr seinen literarischen Neigungen und unternahm wiederholt
größere Reisen, die er in einem Tagebuch („Journal de Voyage", 1906) schilderte.
Er starb 1592, als ein Mann, der das Leben von seinen besten Seiten zu nehmen
wußte, über große Menschenkenntnis verfügte und in hohem Maße geist-
reich war.
M.s „Essays" gehören zu den besten Produkten der Weltliteratur. Sie-
enthalten eine Menge geistvoller und treffender Bemerkungen in psychologischer
Hinsicht und in bezug auf „Lebensphilosophie", ohne aber ein geschlossenes
philosophisches Lehrgebäude darzustellen. Ein gewisser Eklektizismus zeigt
sich hier (vgl. besonders das 12. Kapitel des 2. Buches : „Rettung des Raymond
von Sabunde"), eine Mischung von metaphysischem Skeptizismus, für den die
immer wiederkehrende Formel „Que sais-je" charakteristisch ist, und (epikureisch
anmutendem) Eudämonismus verbunden mit einem Verweisen auf die gegebene
Welt des Menschen, auf das Leben. Selbsterkenntnis tut not. „Ich studiere
mich selbst mehr als irgend einen anderen Gegenstand; das ist meine Meta-
physik, das ist meine Physik." Auch auf die Natur, das Naturgemäße weist
M. hin. Natürlich und vernünftig leben ist die Hauptsache. Das Ziel alles
Strebens ist die Glückseligkeit. Das natürliche und glückliche ist zugleich das.
sittliche Leben, welches Maß und Harmonie zeigen muß. Alle sittlichen
ind aus Gewohnheiten hervorgegangen, sind relativ, wechseln mit den.
Montaigne — Montesquieu.
Zeiten und Völkern. Relativ sind auch die Schönheitebegriffe der vena neu
Völker. M. betont schon den Einfluß des Xaturmilieu auf die Gewohnheiten
und Eigenschaften der Menschen. Energisch windet Bich M. gegen den Dünkel
des Menschen, als ob er durch sein Wissen die Tiere so außerordentlich über-
treffe. Unsere Urteile über die Dinge sind alle relativ: weder durch die
Sinne noch durch den Verstand können wir Sicheres über das Wesen dei
entscheiden. Gottes Wesen können wir nicht erfassen. Die Ding«- Btellen Bich
uns nicht in ihrem eigenen Wesen dar. Unsere Urteile wechseln BO oft,
hängen von physischen und leiblichen Zuständen und verschiedenen Umstanden
ab. sie sind unzuverlässig. Die Philosophen sind untereinander aneinig und
auch sonst macht eine Theorie der anderen Platz. „Nur Gott allein kann Bich
Belbst denken und seine Werke erklären. •• Nur die Offenbarung führt u -
auch wo ihre Sätze widervernünftig sind, auf den rechten Weg des Glaubens.
Nur Gott hat wahres Sein, die endlichen Dinge sind in beständigem Werd
begriffen.
Schriften: Übersetzung der „Theologia naturalis" des Kaymund von Sa''unde,
1569, 1589. — Essais, 1580, 1593 u. ö., 1872 (ed. Courbet et Koyer) ; deir
1797—1801 (7 Bde.), 1908 f. (hrsg. von Flake und Weigand, 8 Bde.), 1908 f. (von
Vollgraff). — Ausgewählte Essays, von E. Kühn (5 Bde.), 1900. — Vgl. P. SlAlTKK.
IL, 1895 (französisch). — G. GüIZOT, M., 1899. — E. KÜHN, Die Bedeutung M-
für unsere Zeit, 1904. — R. RICHTER, Der Skeptizismus in der Philosophie 11. 1
— Worte M.s, hrsg. von H. ROCK, o. J.
Montesquieu, Charles de Secondat. Baron de la Brede et de M<>:
quieu, geb. 1689 zu Brede (bei Bordeaux), Rat und später Präsident des Parla-
ments (Gerichtshof) in Bordeaux (bis 1726), dann auf Reisen (England) und
schriftstellerisch tätig, gest. 1755 in Pari-.
Bf., der von Descartes beeinflußt ist, hat durch Beine Bchrift „Vom Geist
der < resetze" Btarke Wirkungen ausgeübt. Das Vorbild der guten Verfassung
eines Staates — die im übrigen sieh dem besondem Volksgeist anpassen muß
— ist die englische konstitutionelle Monarchie mit ihrer Trennung da
lativen. exekutiven und richterlichen Gewalt und ihrem Zweikammersystem.
Politische Freiheit gedeiht am besten in einer konstitutionellen Bionarchie.
Zugleich binden -ich bei Bf. geachichtspbilosophische [deen von fundamentaler
Bedeutung. Kr hat /.. B. schon denBegrifi des „Volksgeistes" (^'espril •_■' te*ral
d'une nati(»ir-i. Dieser Volksgeist ist bedingt durch das Milieu (besondi
Klimai. Von diesem sind auch die sozialen Einrichtungen und G ib-
hängig. Auch von der Art der Lebensfürsorge usw. Bind di< i md
— iikturen der sozialen Vereanigungen ahhän- i-. Dafür erbringt er eine M
von Beispielen. G iberhaupt entspringen dem Wesen der Di ip-
po3 • ui derivent de la oature des eh \|!' ' '
ihr. < . ach die geistigen Wesen. II ist 1 1
Unverbrüchlichkeit der Natu] thne deshalb die Willensfreiheit tu
leugnen. Die Sittlichkeit und Gerechtigkeit beruht auf dem srohlTerstandenen
[nteresse, welches di< Richtung aui di i mtheit nimmt.
- porsane«, 1 7 ü 1 . — Com - »ur les cause» do la grandeur
480 Montesquieu — Morelly.
des Romains et de leur decadence, 1734. — De l'esprit des lois, 1748 (Hauptwerk);
deutsch in der Universalbibl. — Oeuvres, 1767, 1788 f., 1870 f. — Pensees et frag-
ments inedits, 1899—1901. — Vgl. A. SOREL, M., 1888; deutsch 1896.
llont^omery, Ed. = M. ist Panpsychist und Vertreter eines Psycho-
Titalismus.
Schriften: The Vitality and Organisation of Protoplasma, 1904. — To be alive
"what is itr Monist V. — Psychical Monism, Mind II, 1892. — Philosoph. Problems,
u. a.
Jloore, George Edward. = M. lehrt eine Art Begriffsrealismus, nach
welchem das Seiende aus objektiven Begriffen besteht, zu denen auch die
Existenz gehört. Die Wahrheit hat vor dieser das logische Prius. Etwas
Ursprüngliches ist auch der Begriffsinhalt „gut" (gegen den Hedonismus).
Schriften: Principia Ethica, 1903. — Abhandlungen im „Mind" (N. S. VII,
VIII, IX), u. a.
Moore, Thomas s. Monis.
]?lore9 Henry, geb. 1614 zu Grantham (Lincolnshire), Universitäts-Lehrer
in Cambridge, mit Cudworth befreundet, gest. 1687 in Cambridge.
M. ist ein Vertreter der Cambridger platonisierenden Philosophen, welcher
neuplatonische Anschauungen unter dem Einflüsse der Kabbala verarbeitet.
Die streng mechanistische Naturauffassung Descartes bestreitet er. Die Körper
bestehen aus homogenen , ausgedehnten und zugleich beseelten Einheiten,
„Monaden" (,,monades"). In den niederen Wesen sind es „keimkräftige
Formen", in den Tieren und beim Menschen Seelen, wovon die Körper durch-
drungen werden. Die gesamte Materie beherrscht ein seelisches Prinzip
(„principium hylarchicnm"), der allgemeine Naturgeist („spiritus naturae") oder
die Weltseele, die aber nicht Gott selbst ist, nur dessen Werkzeug. Imma-
teriell ist auch der einheitliche, unbewegliche, unzerstörbare, unendliche Raum.
Dieser Raum ist etwas Reales, ja Göttliches („reale saltem, si non divinum),
als Vorstellung und Ausdruck der Allgegenwart göttlicher Wirksamkeit („rudior
quaedam vnoyqacpr], i. e. confusior quaedam et generalior repraesentatio omni-
praesentis essentiae"). Ahnliche Anschauungen finden sich bei Clarke und
Newton.
Schriften: Enchiridion metaphysicum, Enchiridion ethicum, 1668. — Briefwechsel
mit Descartes (in der Descartes- Ausgabe von Cousin) u. a. Opera omnia, 1769. — Vgl.
R. WARD, The life of the learned and pious Dr. H. More, 1710.
Morelly, Abbe, wirkte um die Mitte des 18. Jahrhunderts. = M„ der
wohl von Plato beeinflußt ist, stellt ein sozialistisch-kommunistisches Ideal auf.
Die Quelle aller Mißstände in der Gesellschaft ist der Eigennutz, welcher
gegen die Naturordnung ist. In einer den Kräften und Bedürfnissen der
Menschen Rechnung tragenden Gesellschaft darf es kein Privateigentum an
den Produktionsmitteln geben. Jeder arbeitet für die Gesamtheit nach seiner
Kraft und erhält einen Anteil des Gesamtertrages nach seinen Bedürfnissen.
Schriften: Essai sur l'esprit humain, 1745. — Essai sur le coeur humain, 1745.
— Physique de la beauti, 1748. — Le code de la nature, 1755; 2. öd. 1760; deutsch
MORELLY — MOS] 481
1846 (Hauptwerk). — Diese Schrift erschien anonym und wurde (bis 1847) für ein Werk
Diderots gehalten.
Morgan, C. L., amerikanischer vergleichender Psycholog. = Monistisch-
•evolutionistischer Standpunkt.
Schriften: Habit and Instinct, 1896; deutsch 1909. — Animal Life and Intel-
ligence, 1890 — 91. — Introduction to Comparative Psychology, 2. ed. 1903. — The
Law of Psychogenesis, Mind N. S. I, 1892. — Three Aspects of Monism, Monist IV,
1903. — Psychol. for Teachers, 1906, u. a.
Morgan, Lewis Henry, 1818 — 1881, amerikanischer Anthropolog und
Soziolog. = Nach M. ist die patriarchalische Gesellschaftsorganisation aus der
„matriarchalischen" Gentilgenossenschaft hervorgegangen.
Schriften: Ancient Society, 1877; deutsch („Die Urgesellschaft") 1891. — Rares
and Peoples, 1890.
^loriniere« Claude Lefort de, Verfasser einer Schrift „De la science
qui est en Dieu'*, 1718. = Anhänger Malebranch.es, Gegner Leibniz'.
Moritz« Karl Philipp, geb. 1757 in Hameln, gest. 1793 in Berlin al>
Professor, Verfasser des psychologisch-biographischen Romans „Anton Reiser"
(1785—90) und Herausgeber des „Magazins für Erfahrungsseelenkunde". 1783 — 93,
sowie verschiedener psychologischer und ästhetischer Schriften (Beiträge zur
Philos. d. Lebens, 2. A. 1781; Über die bildende Nachahm. d. Schönen, 1788,
2. A. 1888).
Vgl. DESSOIR, K. Ph. M. als Ästhetiker, 1889.
]VIor$elli9 Emilio, geb. 1852. = M. ist Positivist und evolutionistischei
Monist.
Schriften: L'anima funzione biologica del corpo, 1886. — Le ultimo fasi del-
l'evoluzionismo, 1889. — L'evoluzionisrao raonistico, 1889. — Elementi di soeiologia
generale, 1898. — Introduzione alla filosofia modema, 1908, u. a.
Mortagne s. Walther von M.
Moni*» (Moore), Thomas, geb. 1480 in London, unter Heinrich VIII.
Lordkanzler, starb (wegen seines Einspruches gegen die Ehescheidung des
Königs) auf dem Schafi'ot, 1535. Er ist der Verfasser der ersten „Utopie" als
„ßtaatsroman": „De optimo reipublicae statu deque nova insula CTtopia", 1516
u. .'.., 1869; deutsch 1846, auch in der UniversalbibL (Opera. L689). = In
der „Utopia" (Name einer fingierten Insel) schildert M., unter dem Einflüsse
der Platonischen „Republik'', einen Idealstaat mit einer kommunistischen
Verfassung und Religionsfreiheit. Hier ist jede Art der Ausbeutung verbannt,
das Gesamtwohl ist das Ziel alles Handeln-. Alles gehört allen, alle sind
reich.
Vgl. g. Th. Kudhart, Th. m., 1829. — Tu. Ziegler, Th. IL, IC
Jlose* ben Maimon s. Bfaimonides.
Moae* ben Josua von Narbonne (Meister Vidal), gest. 13' v
von Kommentaren zu Abhandlungen des Averroee, nun „Moreh Nebuchim"
des Blaimonides u. a.
i -irr. Philosophen-Lexikon. '•!
482 Mosso — MÜLLER.
31 osso, Angelo, geb. 1846 in Chieri, Prof. der Physiologie in Turin. =
Mossos Arbeiten bringen wichtige psychophysiologische Einzelheiten.
Schriften: Über die Furcht, 1889. — Die Ermüdung, 1902, u. a.
^lotukallimuii. Lehrer des Kalam, des Wortes, Dogmatiker, Name
orthodoxer arabischer Philosophen. Zu ihnen gehören besonders die Aschariten.
= Die M. (Aschariten) nehmen un ausgedehnte, punktuelle, von Gott geschaffene
Atome an, die sich im leeren Kaume bewegen. Die Zeit besteht aus unteil-
baren Momenten, also auch aus einer Art von Atomen. Das eigentlich
Wirkende in allem ist Gott, so daß eine Art Okkasionalismus gelehrt wird:
„Nullum corpus inveniri, quod actionem aliquam habeat, verum ultimum tan-
tum agens Deum." Die Bewegungen der Körper sind „Akzidentien", die von
Gott beständig geschaffen werden.
Schriften: Vgl. SCHMÖLDER, Documenta philosophiae Arabum, 1836; Essai sur
les ecoles philosophiques chez les Arabes, 1842. — DE BOER, Geschichte der Philo-
sophie im Islam, 1901.
Muff, Christian, geb. 1841 in Treffurt, .Rektor der Landesschule Pforta.
= Idealistischer Standpunkt.
Schriften: Idealismus, 1890; 4. A. 1907. — Das Schöne, 1888, u. a.
Mnftelmaniu Leo, geb. 1881 in Eostock, lebt in Berlin.
Schriften: D. Problem d. Willensfreiheit, 1902 (historisch., psychol. Determinismus).
Mühry, Adalbert Adolf, 1810—1888, lebte seit 1854 in Göttingen,
Klimatolog. = Teleologischer, idealistischer Standpunkt.
Schriften: Kritik und kurze Darlegung der exakten Naturphilosophie, 5. A. 1882.
lluirliead. J. H. = Idealistischer Standpunkt.
Schriften: The Elements of Ethics, 1892; 2. ed. 1894. — Abhandlungen im
„Mind" 1896, 1897, u. a.
Müller, Georg Elias, geb. 1850 in Grimma, seit 1881 Prof. in Göttingen.
= Betreffs der Aufmerksamkeit vertritt M. die „Unterstützungstheorie", wonach
die Aufmerksamkeit physiologisch in einer günstigeren Stimmung der betreffenden
Hirnzentren besteht. Das Webersche Gesetz deutet er physiologisch (Ver-
hältnis der Nervenprozesse zu den äußeren Eeizen).
Schriften: Zur Theorie der sinnlichen Aufmerksamkeit, 1873. — Zur Grund-
legung der Psychophysik, 1879. — Theorie der Muskelkontraktion, 1891, u. a. — Mit
Pilzecker: Experimentelle Beiträge zur Lehre vom Gedächtnisse, Zeitschrift für Psychol.
der Sinnesorgane, Ergänzungsband I, 1900. — Mit Schumann: Experim. Beitr. zur
Untersuch, des Gedächtnisses, Z. f. Psych. VI. — Zur Analyse der Unterschiedsempfind-
lichkeit (mit L. J. Martin), 1899. — D. Gesichtspunkte u. d. Tatsachen d. psychophys.
Methodik, 1903.
3Iüller9 Johannes, der berühmte Physiolog, geb. 1801 in Koblenz, seit
1833 Prof. in Berlin, gest. 1858 daselbst. = M. ist der Begründer der Lehre
von den spezifischen Sinnesenergien, nach welcher jeder Sinnesnerv in apriori-
scher, angeborener Weise auf jeden Reiz immer mit seiner ureigenen Empfin-
dungsqualität reagiert, woraus die vollständige Subjektivität der Sinnesqualitäten
(Farbe, Ton usw.) folgt. In Kantianisierender Weise erklärt M. die Empfin-
MÜLLER.
(Immen für Zeichen von an sieh unbekannten Voi Theorie der
spezifischen Energien wurde von Heimholt/, Wandt u. a. w< ildel und
- extrem subjektivistischen Charakters entkleidet Bf. ist Doch Anhänger der
Theorie einer ., Lebenskraft ".
Schriften: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes, 1826. — Über die
phantast. Gesichtserscheinungen, 1826. — Handbuch der Physiologie des Menschen,
1833—40; 4. Ä. 1841—44, u. a. — Vgl. DU Bois-ReYMOXD, J. IL, 1860.
Müller, Josef, geb. 1S55 in Bamberg, lebt in Unterbrunn. Herai _
der „Renaissance" (1900— 19U7). = M. vertritt einen modifizierten aristotelisch-
scholastischen Standpunkt, welcher von der Einheit, Identität und Realität des
Ichbewußtseins ausgeht. Die Seele ist das gestaltende, substantielle, immate-
rielle Formprinzip des Organismus und steht mit dem Leibe in Wechselwirkung.
Gott ist theistisch aufzufassen, die Ethik nicht von der Religion zu trennen.
Schriften: J. Paul, 1894. — Die Seelenlehre Jean Pauls, 1894. — Das Wesen
des Humors, 1895. — Eine Philosophie des Schönen in Natur und Kunst, 1897. —
System der Philosophie, 1898. — Reformkatholizismus, 1899. — J. Paul-Studien, 1899.
— Moralphilos. Vorträge, 1904, u. a.
Müller, .Max. u;eb. 1823 in Dessau, seit 1854 Prof. der Philologie in
Oxford, gest. 1900, durch seine sprach- und religionswissenschaftlichen Arbeiten
berühmt, Übersetzer indischer theologisch-philosophischer Schriften (z. B. der
Tpanishads. 1884, der Vedischen Hymnen, 1891).
M.. der u. a. für die Religionswissenschaft durch seinen Begriff
„Henotheismus" (Annahme eines Gottes als Stammesgott ohne Leugnung
fremder Götter) von Bedeutung ist, definiert die Religion als die Wahr-
nehmung des Unendlichen. Der Mensch empfindet den „Druck des unend-
lichen". Jede Wahrnehmung des Endlichen ist von der Fühlung des Unend-
lichen begleitet. ..Dem Menschen muß alles, \«>n dem Beine Sinne kein Ende
sehen und keine Grenzen bestimmen können, als im rollen sinne des Wortes
endlos und grenzenlos erscheinen.'* Das Bewußtsein der Grenze involviert das
Bewußtsein von etwas jenseits der Grenze Liegenden. Alle Religion beginnt
mit der Xatnrverehrung (Naturismus) und erhebt Bich von der Stute der
physischen zur anthropologischen und psychologischen Religion.
Die Sprache hat ihren Ursprung in Lauten, welche besonders bei gemein-
samer Arbeit („clamor concomitans<r) ausgestoßen wurden, erst interjektiona]
waren und dann so Begriffszeichen wurden. Die Urworte Bind ihrer Bedeutung
oach schon Satze. Die Sprache ist eine Bedingung des Denkens: K
Vernunft ohne Sprache.'4 Denken ist geradezu Bprache,
hriftcn: Essays, 1869—76 (deutsch). — Bit md
Qrowtfa of Religion, 1878; 2. ed. 1882; de ibtf den Qnprag und
die Entwicklung der Religion), 1880; I. A. 1881
deutsch (Dm Denken im Lichte der Sprache) 1888. — OÜford-VockaugM: Natural
•; deutsch 1890. — Physical Religion,
ü Koligion, 1891; deutsch 1894. — ]
b 1895. — Einleitung in die :.swissenschaft, 1874, u. a.
484 MÜLLER-LYEPv — MÜXsTERBERG.
3IülIer-Iiyer, Franz, geb. 1887 in Baden-Baden. = M. vertritt einen
aktivistischen, evolutionis tischen Positivismus, dessen Endziel die Tat, die Ver-
vollkommnung des menschlichen Lebens im Sinne des „Sozialindividualismus"
ist, eine „euphoristische" Philosophie. Unter „Euphorie" versteht M. die „Ver-
bindung von subjektiver Glückseligkeit und objektiver Vollkommenheit des
Lebens". Das Ziel des sittlichen Handelns wird eudämonistisch, aber nicht
hedonistisch-egoistisch bestimmt. Die Lösung der großen Menschheitsprobleme
obliegt der Soziologie. Die höchste Phase der Menschheitsentwicklung ist die
der aktiven „Kulturbeherrschung".
Schriften: Physiologische Studien über Psychophysik, 1886. — Psychophysische
Untersuchungen, 1889. — Optische Urteilsanschauungen, 1889. — Etüde sur la Per-
ceptibilite differentielle, 1891. — Die Entwicklungsstufen der Menschheit (auf 8 Bde.
berechnet). I. Die Entwicklungsstufen der Menschheit, 1910. II. Phasen der Kultur
und Kichtungslinien des Fortschritts, 1908.
Hüllner* Laurenz, geb. 1847 in Großgrillowitz , Prof. der Philosophie
(früher der katholischen Theologie) in Wien.
Schriften: Eosenkrantz' Philosophie, 1877. — Über die Bedeutung Galileis für
die Philosophie, 1894. — Literarische und kunstkritische Studien, 1895, u. a.
Hundt, Theodor, 1808—1861, Prof. in Berlin. = Von Hegel be-
einflußt.
Schriften: Ästhetik, 1845; 2. A. 1868.
Jlünch. Wilhelm, geb. 1843 in Schwalbach, Prof. in Berlin.
Schriften: Neue pädagog. Beiträge, 2. A. 1896. — Zukunfts-Pädagogik, 2. A.
1908. — Kultur und Erziehung, 1909, u. a.
Münsterberg, Hugo, geb. 1863 in Danzig, Prof. an der Harvard-
University in Cambridge (Vereinigte Staaten), 1911 Direktor des Amerika-
Instituts in Berlin.
M., der früher Anhänger der Assoziationspsychologie war und dem
„psychophysischen Materialismus" insofern nahe stand, als er die Abhängig-
keit der psychischen Vorgänge von den Gehirnprozessen betonte und die
Existenz einer psychologischen Kausalität, selbständiger Kausalverbindungen
im Psychischen bestritt, nennt jetzt seinen psychologischen Standpunkt
„Aktionstheorie" und verbindet mit der — nur als abstrakte Betrachtungsweise
gültigen — psychophysiologischen Auffassung einen an Fichte orientierten,
voluntaristischen Idealismus. — Vom psychophysischen Standpunkt ist
der Wille nach M. keine eigene Bewußtseinstätigkeit, sondern ein Empfindungs-
komplex, wie überhaupt alle psychischen Gebilde aus Empfindungen als ihren
letzten Elementen aufzubauen sind. Der Wille ist nichts als die von asso-
ziierten Kopfmuskel-Spannungsempfindungen häufig begleitete Wahrnehmung
eines durch eigene Körperbewegung erreichten Effektes mit vorhergehender
Vorstellung desselben. Psychophysisch ist die Willenshandlung, der äußerlich
eine Bewegung parallel geht (als ihre Außenseite), determiniert. Der Paralle-
lismus zwischen dem Physiologischen und Psychischen ist ein universaler,
MÜN8TEBBER6.
gibt kein seelisch.- G Beliehen, das nicht Bein physiologisch!
•k hat.
Die Aktionstheorie soll von der Assoziationstheorie die Konsequenz
psychophysischen Parallelismus, von «Irr (abzulehnenden) Apperzeptions-
theorie (Wundts) die Berücksichtigung der aktiven Seite d< s
der Aufmerksamkeit*- und Hemmungserscheinungen herübernehmen. 6
trachtet die Bewegungsantriebe selbst als Bestandteil'' des psychophysischen
Pnvcsses. Die Aktionstheorie verlangt, ..daß jeder Bewußtseinsinhall Begleit-
erscheinung eines nicht nur sensorischen, sondern Bensorisch-motorischen Vor-
gangs ist und somit von den vorhandenen Dispositionen zur Handlung eben-
hr abhängt wie von peripheren und assoziativen Zuführungen". Sie bes
allgemein. ..daß jede Empfindung und somit jedes Element des Bewußtseins-
inhaltes dem Übergang von Erregung zu Entladung im Rindengebiet zu.
ordnet ist. und zwar derart, daß die Qualität der Empfindung von der räum-
lichen Lage der Entladungsbahn und die Lebhaftigkeit der Empfindung von
der Stärke der Entladung abhängt". Die Psychologie muß darnach streben,
jedes psychische Gebilde als Verbindung von Empfindungen aufzufassen,
weil die Empfindung derjenige einfachste Bestandteil der Vorstellung ist. der
noch in eindeutigem Verhältnis zu Bestandteilen des Wahrnebmungsobjei
eht Die psychischen Zusammenhange Bind Abhängige von physiologischen
Zusammenhängen.
Da- Psychische überhaupt ist das, was nur einem Subjekt erfahrbar
ist. Es ist, als Gegenstand der Psychologie, nichts absolut Wirkliches, Dicht
das konkrete, wirkende, zielstrebige Geistige, Bondern ein abstraktes, künst-
liches, unwirksames (inkausales) Gebilde, dasjenige, was von der Gesamtheil
des aen übrig bleibt, nachdem alles Wirkliche herausgelöst ist, das
nicht Objektivierbare am Gegebenen. Der Gegenstand der Psychologie ist ein
Abstraktionsprodukt wie der der Naturwissenschaft, etwas vom „stellu
nehmenden" Subjekt Loagelöe daß die Psychologie nicht zu den „sub-
jektivierenden" Geisteswissenschaften, sondern zu den „objektivierend
Wissenschaften gehört Die psychischen Objekte Bind „lediglich Für den I
-ritt und niemals für das wirkliche Erlebnis i n". Die Einheil i
rtigen Lebens ist nicht der Zusammenhang psychologischer Objekte, der aus
d.-r kausal-physiologischen Koexistenz und Bukzession der Nervenerregunj
tu erklären ist l1 ds K. alit.it ist im konkret-lebendigen Wollen.
Werten und Wirken, als Tätigkeil „stellungnehmender" Subjekt« «n.
Während das psychophyBische Subjekt das objektivierte Ich in der Zeit ist, ist
daS aktuelle. Wellende >ul.|ekl /eil! %\ nicht 111 <1< V '/.' H -'hd-Il,
zeitsetzend und unsterblich i : ist Wille, d l ben ein
- stem von Woiiun-eii. Di - ist di 8 Q individueller Wollungen,
das in der gesamten Reihe wirkliche] Wollungen sich auslebt and doch in
jedem neuen Akt sich mit dem gesamten System identisch letzt Die aktuelle
narrend, einheitlich, selbstbewußt, ansterblich, I
Mit den Akten und Beziehungen der itellungnehmendei - ekte hf
ei di« Geisteswiss« iften zn tun. Hier gibt es k.m. kausale Ei
480 MÜNSTERBERG.
klänmg, sondern nur Deutung und Wertbeurteilung. Es ist die Aufgabe der
Geschichte, die Wesen so aufzufassen, daß „ein geschlossener Zusammen-
hang aller Wesen durch Willensidentitäten" möglich wird. Die Welt der
Geschichte ist nur teleologisch zu erfassen, als eine Welt der wollenden Wesen
unter dem Gesichtspunkte der Identität.
Der Wille zur objektiven Erkenntnis fordert für die Naturwissenschaft die
Objektivierung durch Loslösung der Erlebnisinhalte vom Subjekt , die Ge-
staltung dieser zu quantitativen Kelationen, zu einer streng kausal-gesetzlich
determinierten Welt, in der auch der Wille nicht mehr eine freie Potenz, son-
dern ein determinierter Vorgang ist. „Es muß uns logisch wertvoll sein, die
Welt als wertfrei zu denken, und unser freier Wille entscheidet, daß wir die
ursprünglich als Willensmotiv erlebte Wirklichkeit in ein Universum verwan-
deln, in dem wir selbst nur ein winziger unfreier Teil und unser Wille ein
notwendig ablaufender Vorgang ist." Während wir in unmittelbarer Wirklich-
keit stellungnehmende Subjekte, Willenseinheiten, und die Dinge Inhalte, Ziel-
punkte, Zwecke und Mittel des Willens sind, werden sie für den Standpunkt
naturwissenschaftlicher Erkenntnis zu wertfreien, abstrakten, kausal zusammen-
hängenden Objekten. „Nicht vorgefundene Tatsachen und daraus abgeleitete
Kausalgesetze sind die Wirklichkeit, sondern Zielsetzungen und Postulate
stehen am Anfang." „Die wirklichen Objekte sind gültig und wertvoll, die
abgelösten Objekte, die physischen und die psychischen, existieren."
Die Voraussetzung einer objektiven Welt ist der wertende Wille, der
„Wille zur Welt", welcher absolut unabhängig von aller Subjektivität gilt, den
Grundwert bildet, aus dem sich alle anderen Werte ergeben. Die Bewertung
geht dem Sein voran. Der Wert, der die Existenz setzt, ist ein „Daseins-
wert". Soll das Erlebnis mehr als ein Traum sein, so muß gefordert werden,
„daß jedes Einzelne über das gegenwärtige Erleben hinaus sich erhält und so-
mit in einer anderen Erfahrung wiederkehrt". — Alles Bewerten setzt einen
Willen voraus, der Stellung nimmt und Befriedigung findet. Aber diese Be-
friedigung ist nicht mit dem Lustgefühl zu verwechseln, und es gibt ferner
unbedingte, absolute Werte, die zwar nicht außerhalb jedes Bewußtseins
liegen, aber von allem Wollen der Menschen unabhängig sind, weil sie für
jedes Geisteswesen gültig sind, das mit uns unsere Welt teilt. Absolut wert-
voll ist schließlich das, was dem Willen des „Über-Ich" gemäß ist. — Aus dem
Grundwert nun. der sich aus der Existenz einer Welt ergibt, ergeben sich die
übrigen absoluten Werte, die ein geschlossenes System bilden. Es gibt: Werte
der Erhaltung, der Übereinstimmung, der Betätigung, der Vollendung. Weiter
sind zu unterscheiden: Daseins-, Einheits-, Entwicklungs-, Gotteswerte; Werte
des Zusammenhangs, der Schönheit, der Leistung, der Weltanschauung. Alle
Arten der Werte hängen logisch-teleologisch miteinander zusammen und treten
in verschiedener Form der Bewußtheit auf (Lebens-, Kulturwerte).
Der Wille zur Welt ist „Wille zur identischen Verwirklichung unserer
Erlebnisse", als die Tathandlung, die eine von den einzelnen Subjekten unab-
hängige, allgemeingültige, beharrende Welt setzt. Sich selbst behauptende
Einheit ist der Kern des Seins. Das Absolute ist ein Streben, das sich selbst
. MÜXSTEBBEBG — MüSSCHESBBOEK. 487
Inhalt ist und das seinen Inhalt festzuhalten strebt. Sobald das „Grund-Ich"
oder „Über-Ich" (vgl. Fichte) in sich ein begrenztes, persönliches Ich -
muß sein ungeschiedener Inhalt sich in Ich, Mit-Ich, Nicht-Ich sondern. Das
Über-Ich ist „Wille zum festhaltenden Ineinssetzen'\ es ist kein Ding, sondern
Tat, Wirksamkeit, Leben (Aktualismus). Die ganze Fülle der Erfahrui _ -
werte geht aus der Besonderun^- des Urstrebens zu einem begrenzten I<h
hervor. „Durch seine eigene Tat verwirklicht so das Uretreben sich stetig in
den reinen Werten des logischen, ästhetischen, ethischen und religiösen Lebens.
Das Über-Ich trägt also die Erfahrungswelt und betätigt sich in ihr.-- Alles
ierf Willenstat, ein Sichselbsten tf alten des Wollens. „Das an sich zeitlose
Streben sondert sich in eine unendliche Reihe von Strebungseinheiten." Die
raumzeitliche Natur hat als solche nur für die Individuen Wirklichkeit. l>i.'
Natur isl als Gegenstand der Daseins- und Zusammenhangserkenntni-
„erstaiTtes Wollen", ein Wollen, das nicht über sich hinaus will. J>;i- I I
erweitert sich durch eigene Tat zum Über-Ich. In der verschmelzenden All-
heit der Werte finden wir in uns selbst das göttliche Über-Ich, in welchem
aller Gegensatz aufgehoben wird und alles sich zur Einheit verknüpft —
Sittliche Lebensaufgabe ist es, schlechthin gültig reine Werte durch unsere
Tat zu verwirklichen. Selbsttreue ist das einzige sittliche Gebot.
Schriften: Die Lehre von der natürlichen Anpassung in ihrer Entwicklung, 1885.
— Die Willenshandlung, 1888. — Der Ursprung der Sittlichkeit, 1889. — Be
zur experimentellen Psychologie, 1889 — 92. — Aufgaben und Methoden der Psycho-
logie, 1891. — Grundzüge der Psychologie, I: Die Prinzipien der Psychologie, 1900.
— Philosophie der Werte, 1908. — Psychology and Life, 1899. — The Etemal Yalue«,
1909. — Psychol. and Crime, 1909. — Science and Idealism, 1906. — Eternal Life,
1905. — Harvard Psychol. Studies, 1903—06. — Essays in Psychology, 190s, u. a
llünz, Bernhard, geb. 1850 in Wien, lebt daselbst. = Von Frohschammer
el a. beeinflußt.
8 hriften: Die Keime der Erkenntnistheorie in der ronephistMChen Philosophie,
1880. — Die Erkenntnis- und Sensationstheorie des Protagoras, 1880. — Die vorsoknt-
tische Ethik, 1882. — Protagoras und kein Ende, 1883. — Lebens- und Weltti
1894. — J. Frohschammer, 1895. — Briefe von und über t-rohschammer, 1897. —
M. Lazarus, 1900, u. a.
llnxoiiiiis Rnfns aus Volsinii, lehrte (zuersl unter \ □ Rom
Philosophie. Zu Beinen Schülern gehön Epiktet Ein anderer Schüler, Poilio,
hat die V des M. in griechischer Sprache aufgi eichnel und aus d
hat wohl Stobaeus Beine Berichte entnommen. = M. isl ein Stoiker von be-
sondere lauterer Gesinnung. Die Philosophie isl ein Mitte) zur Tugend und
bedarf keiner Spitzfindigkeiten. Lust und Unlust vergehen, das Gute und
Schlechte aber bleibt bestehen.
Schriften: C. Musonii reliquiae, ed. Hense, 19<
MuMlieabroek* Peter van, 1602—1761, • Prof. in Leiden,
Physiker.
Schriften: Elements phjtioe«, 1^ 1747
i. naturalem, 1 78t, u. a.
488 Mussmann — Nahlowsky.
^Inssmann, Johann Georg, gest. 1833 als Professor in Halle. = Zuerst
eifriger Anhänger Hegels, dann etwas freier denkend.
Schriften: Lehrbuch der Seelenwissenschaft, 1827. — Grundlinien der Logik
und Dialektik, 1828. — Grundriß der allgemeinen Geschichte der christlichen Philo-
sophie, 1830.
Jlutschelle, Sebastian, geb. 1749 in Allertshausen (Bayern), katho-
lischer Pfarrer, gest. 1800 als geistlicher Eat in Freisingen. =- Anhänger
Kants.
Schriften: Über das Sittlich-Gute, 1788. — Kritische Beiträge zur"Metaphysikr
in einer Prüfung der Stattlerschen an tikan tischen Lehre. Vermischte Schriften;,
1794 — 98; 2. A. 1799. — Versuch einer solchen faßlichen Darstellung der Kantschen
Lehre, daß hieraus das Brauchbare und Wichtige derselben für die Welt einleuchten
möge (fortgesetzt von Thanner), 1799—1805. — Vgl. K. WEILLER, S. M.s Leben^
1803.
HS.
Xaassener (vom hebräischen „nahas", Schlange) oder Ophiten, Mit-
glieder einer alten gnostischen Sekte, welche den Schlangengeist, der als ein
böses Wesen galt, zugleich als gutes und weises Wesen verehrten. Ihre und
der Peraten, einer verwandten Sekte, Lehren sind durch Irenaeus, Hippo-
lytos u. a. überliefert. = Die Ophiten bezeichnen sich selbst als „Gnostiker".
indem sie von der Erkenntnis des Menschen zur Erkenntnis Gottes fort-
schreiten wollen {o.QX'h TsXsicooscog yvcöoig ävd Qocmov , fieov de yvwaig äjii]QUö/Li£vr/
re/.sicootg). Von dem göttlichen Urvater wird der Sohn der Sophia, Jaldabaoth
als der Deminrg unterschieden, welcher selbst der höchste Gott sein will. Von
ihm wird einerseits der böse Schlangengeist, anderseits der mannweibliche Ur-
mensch (Adam) erzeugt, der vom göttlichen Geiste beseelt ist. Den Menschen
verkündete später Christus den göttlichen Charakter.
Vgl. A. KÖNIG, Über die Ophiten, 1889. — W. SCHULTZ, Dokumente der
Gnosis, 1910.
Nahlowsky, Josef W„ war Prof. der Philosophie in Graz.
X. ist Anhänger Herbarts. Gefühl und Streben sind nur „besondere
Modifikationen, die sich mit den Vorstellungen, bei ihrem Zusammentreffen im
Bewußtsein, ereignen". Das Gefühl ist das unmittelbare Innewerden der Hem-
mung oder Förderung unter den eben im Bewußtsein vorhandenen Vor-
stellungen oder das „unmittelbare Bewußtsein der momentanen Steigerung
oder Herabstimmung der eigenen psychischen Lebenstätigkeit". Der „Ton"'
der Empfindung ist vom Gefühl zu unterscheiden. Die „gemischten" Gefühle
sind Gefühlsoszillationen. — Im Ästhetischen gehören Form und Inhalt zu-
sammen. — Die Gesellschaft bildet insofern eine „Kollektiv-Persönlichkeit",
als sie ein gemeinsames Ziel zu erreichen strebt. Der Staat ist ein geistiger
Organismus, eine Gesamtpersönlichkeit.
Schriften: Das Gefühlsleben, 1862; 2. A. 1884; 3. A. 1907. — Die ethischen
Xahlowsky — Natobp.
Ideen, 1865; 2. A. 1904. — Grundzü^e zur Lehre \un der Gesellschaft und dem Staate,
1865. — Allgemeine praktische Philosophie, 1870; '6. A. l9o;j, u. a.
Xatorp, Paul, geb. 1854 in Düsseldorf, Univ. -Prot, in Marburg.
X. ist einer der Hauptvertreter des Neukantianismus („Marl
Schule") in der Form des „methodischen Idealismus" (vgl. Cohen); auch i-t
er in manchem von Plato beeinflußt.
Die Psychologie hat nach X. die Aufgabe, aus den Objekten, welch«
durch Verarbeitung der subjektiven Erscheinungen zu allgemeingültigen Zu-
sammenhängen entstanden sind, die ursprüngliche subjektive Erscheinung zu
rekonstruieren, also die „Zurückleitung der bis zu einem gewissen Punkte
durchgefühlten Konstruktion des Gegenstandes bis auf die letzten erreichbaren
subjektiven Quellen im unmittelharen Bewußtsein, von denen sie ausgegangen
war, gleichsam durch Umkehrung jenes ganzen Prozesses der Objektivierung"
Vom Bewußtseinsinhalt ist die Bewußtheit als „Beziehung auf das [ch" zu
unterscheiden, so aber, daß beide nur eine auf zwei Weisen ausgedrückte Tat-
sache bezeichnen. Die begrifflich herausgehobene Bewußtheit allein ist leer,
es i-t daran nichts zu beschreiben, sie ist etwas Unableitbares. Eine besondere
l>-yrhologische Kausalität existiert nicht. Das Denken ist aktive Bewußtseins-
tätigkeit Der Wille ist „Zielsetzung, Vorsatz einer Idee, d. h. eines I
sollten". Alle Tendenz ist „Tendenz zur Einheit''. Verstand und Wille sind
zwei Richtungen desselben Bewußtseins. Das oberste Prinzip des Willens
die „formale Einheit der Idee, nämlich das unbedingt Gesetzliche-. 1
Stufen der Aktivität sind: Trieb, Wille, Vernunftwille. Der Wille selbst
entscheidet auf Grund des Urteils durch eigene Gesetzliehkeit. Das Natur-
gesetz läßt das ., Urteil des Willens frei", richtend i>t dann das „Gesetz der
Idee .
Logik und Erkenntnistheorie sind von der Psychologie unabhang
1»;. Denkgesetze sind nicht Naturgesetze, auch nicht psychologische oder
teleologische Gesetze, sondern sie besagen: Wenn man so und -<» denkt. so
denkt man Wahres. Die apriorische Gewißheit gründet Bich liier rein aui den
Inhalt des Gedachten, ohne Rücksicht auf den psychologischen Denkvoll-
zug. l>ii' Erkenntnis (d. h. die ..Ordnung der Erscheinungen unter Gesetzen*')
hat apriorische Grundlagen, reine Setzungen, Methoden de- Denkens,
Ideen. ..Die Idee sagt das Ziel, den anendlich fernen Tunkt, der die Rieh tnj
des Weges der Erfahrung bestimmt; denn sie sagt das Gesetz ihre- Ver-
fahrens.« Durch da- Grundgesetz des Bewußtseins ist „Einheit unbedingt
■nlert. Die Kategorien sind Formen des Gedachten, <\<\- Erkenntnis-
inhalte, logische Voraussetzungen und Grundlagen der Erfahrui
und des exakten Wissens, ha- l'iteil i-t nicht »ine Zusammensetzung von
Begriffen, sondern «'in „Bestimmen", mit dem erst Begriffe erstehen. Die
Mathematik hat Logische Grundlagen, i-t logisch bedingt, nicht empirisch.
Am Leitfaden der apriorischen Denkeinstellung auf anbedingte Einheil .
staltet die Wissenschaft methodisch in einem nie heemligten rr../«— . dir Welt
der Objekte Erscheinungen); das „Ding an sich" i-t nur ein Grenzbtyrifl
490 Natorp.
ein nie erreichtes Ideal einer Totalerkenntnis. Objekte sind die „Konstanten
der Erkenntnis", gesetzmäßige Zusammenhänge von Inhalten, auf die wir zu-
verlässig rechnen können, nicht transzendente Dinge. Der Gegenstand der
Erkenntnis ist ein x, nie Datum, stets Problem. „Der Gegenstand ist nicht
gegeben, sondern vielmehr aufgegeben ; aller Begriff vom Gegenstand . . . muß
erst sich aufbauen aus den Grundfaktoren der Erkenntnis selbst, bis zurück zu
den schlechthin fundamentalen."
Die Ethik behandelt N. formal nach deduktiv-kritischer Methode, inhalt-
lich im Geiste Kants, aber mit Modifikationen unter dem Einfluß Piatos und
mir größerer Betonung der sozialen Seite des Ethischen. Die „Söfcial-
pädagogik", in welcher N. Ethik, Pädagogik und Sozialphilosophie vereinigt,
ist „Theorie der Willensbildung" auf der Grundlage der Gemeinschaft und
hat zum Problem die Wechselbeziehungen zwischen Erziehung und Gemein-
schaft. Sie betrachtet die Erziehung als bedingt durch das Gemeinschafts-
leben und als bedingend für dieses. „Durch Arbeit und Willensregelung zum
Vernunftgesetz muß auch die Gemeinschaft fortschreiten." Der Mensch wird
zum Menschen allein durch menschliche Gemeinschaft. Jede menschliche Ge-
meinschaft ist Willensgemeinschaft. Die Materie der sozialen Eegelung sind
die „sozialen Arbeitstriebe" (nicht wie bei Stammler, von dem N. hier beein-
flußt ist, die Wirtschaft). Das Richtmaß für die soziale Regelung gibt die
soziale Vernunft ab. Es gibt so eine soziale Teleologie. Die drei Grund-
klassen sozialer Tätigkeit sind: Arbeit, Willensregelung, vernünftige Kritik.
Sozialer Endzweck ist ein Leben, in dem die Vernunft herrscht, fortschreitende
Vereinheitlichung zur vollen Befreiung der Individualitäten.
Wenn auch das Wollen des Guten individuell ist, so ist doch das Gute
selbst überindividuell, das sittliche Bewußtsein kann sich nur in der Gemein-
schaft bilden. Sittliches Bewußtsein ist Gemeinschaftsbewußtsein. Sittlich-
keit besteht im vernünftigen Wollen, im Wollen der Einheit menschlicher
Zwecke und allseitiger Entfaltung des Menschenwesens. Die Sittlichkeit des
Individuums ist die Tugend, welche verschiedene Seiten und Richtungen hat;
ihre ursprünglich zu unterscheidenden Seiten sind die Kardinaltugenden. Tugend
im allgemeinen ist „die rechte, ihrem eigenen Gesetz gemäße Beschaffenheit
menschlicher Tätigkeit". Die Kardinaltugenden sind: Wahrheit (Tugend der
Vernunft), Tapferkeit oder sittliche Tatkraft (Tugend des Willens), Reinheit
oder Maß (Tugend des Trieblebens), Gerechtigkeit (= der Inbegriff der drei
anderen Tugenden im Verhältnis zur Gemeinschaft). Die Tugenden der Ge-
meinschaft sind Anwendungen der individuellen Tugenden auf das Gemein-
schaftsleben. Die soziale Tugend besteht im normalen Verhältnis der drei
Gnindfaktoren der wirtschaftlichen, regierenden, bildenden Tätigkeit.
Die Religion beruht auf dem Gefühl, der Grundlage von Erkenntnis,
Wille und Phantasie, dem objektlosen Bewußtsein. Die Unendlichkeit des
Gefühls wird in der Religion zum Gefühl der Unendlichkeit und Ewigkeit,
hat aber keinen Gegenstand. Das Unbedingte ist nirgends als Gegenstand
gegeben, nur als Willensziel, als unbedingtes Seinsollendes liegt es vor uns, als
das Unwandelbare, Ewige, absolut Gültige. Der Kern der Religion ist die
Natorp — Xki>.
Idee des Menschentums auf Grundlage des sittlichen Gen
irußtseins, wobei der symbolische Werl positiv-religiöeer VorstelliiDgei] er-
halten bleibt.
Schriften: Descartes' Erkenntnistheorie, 1882. — Forschungen zur Geschi
dea Krkenntnisproblems im Altertum, 1884. — Einleitung in die Psychologie nach
kritischer Methode, 1888. — Über die logischen Grundlagen der neueren Mathematik,
Archiv für systemat. Philos., Yll. — Die Ethica des Demokritos, 1893. — I:
innerhalb der Grenzen der Humanität, 1894; 2. A. 1908. — Pestalozzis Ideen über
Arbeilerbildung und soziale Frage, 1894. — Piatos Staat und die Idee der B
pädagogik, 1895. — Grundlinien einer Theorie der Willensbildung, Archiv für t)
Philosophie 1 — III, 1895 — 97. — Ilerbart, Pestalozzi und die heutigen Aufgaben der
Erziehungslehre, 1899. — Sozialpädagogik, 1898; 2. A. 1904; 3. A. 1909. — Piatos
Ideenlehre, 1903 (N. faßt die „Ideen" nicht als metaphysische Wesenheiten, sondern
als apriorische Denkgebilde, als „Grundlagen" der Erkenntnis auf). — Philosopi
Propädeutik, 1903; 3. A. 1909. — Allgemeine Psychologie, 1904; 2. A. 1910. —
Logik, 19<>4. — Allgemeine Pädagogik, 1905. — Pestalozzi, Leben und Wirken, 19oä.
— Jemand und Ich, ein Gespräch über Monismus, Ethik und Christentum, 190G. —
melte Abhandlungen zur Sozialpädagogik, 1907. — Philosophie und Pädagogik,
1909. — Die logischen Grundlagen der exakten Wissenschaften, 1910. — Philosophie,
1911, u. a.
Naaslphanes^ Anhänger des Demokrit und Lehrer Epikurs.
BüDHAUS, Rheinisches Museum, 1893.
Aaville. Ernest, geb. 1816 in Chancy, Prof. in Genf.
\. vertritt einen christlich orientierten Spiritualismus, mit Annahme eines
■ liehen Gottes, «'hier immateriellen Seele, einer Willensfreiheil und Un-
sterblichkeit Die Wissenschaften teilt N. so ein: Theorematique, Bistoire,
Canonique Gesetzes-, Geschieh ts- , N'ormwissenschaften). Unter „Nomol
• In N. die abstrakt« G - tzeswissenschaft
Schriften: Le probleme du mal, 18G8 ; deutsch 1871. — La vie eternclle, 15.&L 1 -
— Le christianisme, 1878. — La logiquo de l'hypothcse, 1880. — La physique moderne,
2. t'.l. 1890. — Le libre arbitre, 1890; 2. ed. 1898. — La didinition
Philosophie, 1894. — L'ordro de la nature materielle, 1895. — Los phüoaop]
tives, 1899. — Nouvelle Classification des : — Le
atürmativi'-, 1909, u. a.
\pcb. Johann, 1767—1843, kurze Zeil Prof. in Bonn und Main/, dann
Bürgermeister und Landtagt rdneter.
B h ritten: Byatcaa der kritischen Philosophie, auf
gTÜndet, 179ä — 96 (von Keinhold und Tetens beeinflußt), — Wniu:. \ ernunft
oder Rechtfertigung des Glaubens, 1797 (von Jaeobi und B iflttßtj. -
- hriften, 1817— 21, 0
Neeti von Esenbeck, Christian Gottfried, geb. 1776 bei en-
wald), war kurze Zeit Arzt, L817 Profeatoi den Botanik ü I tui in
Bonn, 1830 in Breslau. Infolge Beinei reilnahme an di
wurde er L862 -eine- Ann.- entsetzt. Er atarl
Schellings. I >ie Naturphilosophie ist .<. trukubn der Natur aus ihren .. .
idealen Formen der Substanz, dei Ki ft und »1er D - «li«-
^- Xees — Neüdecker.
Aufgabe, „den Organismus der Natur aus der unbedingten Evolution der an
sich identischen, ideal aber entgegengesetzten Ideen der Substanz und der
Kraft zur Anschauung zu bringen".
Schriften: System der spekulativen Philosophie I: Naturphilosophie, 1841. —
Allgemeine Formenlehre der Natur, 1852.
STeliä, Corneille Francois de, 1736—1798, Bischof von Antwerpen. = Die
oberste Einheit ist Gott. Außer ihr gibt es Geister (Monaden) und Vor-
stellungen dieser, die durch eine Gesamtkraft ausgelöst werden.
Schriften: Fragments sur les principes du vrai bonheur, 1760. — L'Aveugle de
la montagne, 1795, 1837.
Nelson, Leonard, geb. 1882 in Berlin, Privatdozent in Göttingen.
N. gehört zur neuen Fries-Schule, die in Fries denjenigen Denker er-
blickt, welcher den Kantschen Kritizismus richtig fortgeführt hat. Nach N.
ist das Problem einer „Erkenntnistheorie" ein unlösbares Scheinproblem. Wird
alles Erkennen als Urteil bestimmt, so muß ins Unendliche ein Beweis für die
Gültigkeit des Urteils gesucht werden. Die Kritik ist „Wissenschaft aus innerer
Erfahrung". Die Deduktion der metaphysischen Grundsätze ist ein Geschäft
der Psychologie. Diese findet in der Vernunft, deren „Selbstvertrauen" zur
Wahrheit ihrer unmittelbaren Erkenntnis das Letzte ist, die apriorischen Be-
dingungen der Erkenntnis, wobei aber der logische Kechtsnachweis der meta-
physischen Urteile aus den Gründen ihrer Möglichkeit durch „regressives"
Verfahren (Kückgang zu den Prinzipien] schon vorausgesetzt wird, also nicht
selbst Sache psychologischer Aufzeigung ist. Die Theorie der Vernunft enthält
die Elemente zur Ableitung sämtlicher reiner Vernunfterkenntnisse. Es gibt
eine nicht-anschauliche unmittelbare Erkenntnis der Vernunft, welche im Urteil
nur formuliert wird, nicht aber selbst ein Keflexionsprodukt ist.
Schriften: Die kritische Methode und das Verhältnis der Psychologie zur Philo-
sophie, 1904 (1. Heft der „Abhandlungen der Fries-Schule"). — J. F. Fries und seine
jüngsten Kritiker (im 2. Heft der „Abh. d. Fr.-Sch."). — Bemerkungen über die Nicht-
Euklidische Geometrie und den Ursprung der mathematischen Gewißheit (ibid.). — Ist
metaphysikfreie Naturwissenschaft möglich? 1908. — Die wissenschaftliche und ästhetische
Naturbetrachtung, 1908. — Über das sogenannte Erkenntnisproblem, 1908. — Unters,
über d. Entwickl. d. Kantschen Erkenntnistheor., 1909, u. a.
Yeinesius, um 400 n. Chr., Bischof von Emesa. = In seinen psycho-
logischen Anschauungen ist N. besonders von Plato, aber auch von Aristoteles,
Galenus u. a. beeinflußt. Die Seele des Menschen ist eine unkörperliche, sich
selbst bewegende Substanz (ovoia avxoreXrjg docofxarog), ganz in allen Teilen ihres
Leibes, ewig, schon vor dem Leibe existierend (Präexistenz, aber keine Seelen-
wanderung). Der Wille ist frei, er ist selbständig und kann sich entscheiden,
wofür er will (Freiheit des £99' fjfuv und avzek~ovoiov).
Schriften: liegt cpvaecog ävAgcbnov (De natura hominis), 1802, 1865, 1887,
deutsch 1819. — Vgl. DOMANSKI, Die Psychologie des N., 1900.
Nettesheini s. Agrippa.
Xeudecker, G., geb. 1840, Privatdozent in Würzburg. = Von Deutinger
beeinflußt. Das Selbstbewußtsein ist die Quelle aller Gewißheit.
Neudeceeb — Neupythagoreer. 493
Schriften: Der Philosoph Deutinger, 1877. — Das Grundproblem der Erkenntnis-
theorie, 1881. — Grundlegung der reinen Logik, 1882.
Veufichteaner s. Fichte.
Neuhegelianer s. Hegel.
Neukantianer : die Erneuerer des Kantschen Kritizismus und Idealis-
mus, die zum Teil auch auf Fichte u. a. zurückgehen. Vgl. Kant.
Xeuniark, David, geb. 186G in Szczerzec (Österr.), Prof. am Hebrew
Union-College, Cincinnati. = Anhänger Cohens.
Schriften: Die Freiheitslehre bei Kant u. Schopenhauer, 1896. — Geschichte der
jüdischen Philosophie, 1907 ff. — J. Hallevis Philosophy, 1908. — Crescas and Spinoza,
1908, u. a.
Xeuplatoniker heißen jene Philosophen, welche Lehren Piatons in
Verbindung mit solchen der Pythagoreer, des Aristoteles, der Stoiker unter dem
Einflüsse orientalischer Spekulationen zu einer theosophischen Emanationslehre
verarbeiten, wobei sie der Volksreligion Konzessionen machen und Askese,
Exstase, Theurgie u. dgl. als Mittel zur Verbindung mit dem Göttlichen ver-
wenden. Der Begründer des Neuplatonismus ist Ammonius Sakkas, der
bedeutendste Vertreter desselben Plotinos. Beide, nebst Origen es dem Neu-
platoniker, Erennios, Longinos gehören zur alexandrinisch -römischen
Schule. Die syrische Schule begründet Iamblichos, zu dessen Schülern
Theodoros von Asine, Maxiraos, Priskos, Eusebios, Sopatros,
Eunapios, Dexippos, Julianus Apostata gehören. Der athenischen
Schule gehören an: Plutarchos von Athen, Syrianos, Hie rokles, Proklos,
der Hauptvertreter dieser Richtung, und dessen Schüler Marino s, Am-
monios, Zenodotos, Isidoros, Hegios, Damaskios u. a. Vom
Neuplatonismus beeinflußt sind Jus tinus, Clemens, Origenes, A ugust in us
u. a., ferner besonders Pseudo-Dionysius (Dionysius Areopagita), Maxi m u s ,
Johannes Scotus Eriugena, Alfarabi, Averroes, Ibn Gebirol
(Avicebron). M. Ficinus, Xicol. Cusanus, Johann Pico von Miran-
dola. G. Bruno, Schelling u. a.
Vgl. ZELLER, Die Philosophie der Griechen III, 2*. — E. VäCHEBOT, Histoire
eritiqoe de l'ecole d'Alexandrie, 1846—51. — Th. WHITTAKER, The Neo-Platonists,
1901. — Hai:n \< K, Lehrb. d. Dogmengesch. I, 3. A. 1894. — HASSE, Von Plotin
zu Goethe, 1909.
Neupythagoreer heißen jene Philosophen, welche (zum Teil mit Be-
rufung auf angebliche Schriften älterer Pythagoreer) eine mystisch.' Zahlen-
Bpekulation zur Grundlage einer theosophischen Weltanschauung machten.
welche (außer orientalischen Einflüssen) Elemente dea Pythagordsmus, der
Platonischen, AristoteUschen und Stoischen Philosophie enthält. Neupythag
sind Nigidiua Figulus, Mode rat us aus Gades, Nikomachos aus <
A polloii ios von Tvana, PhilostratOB U. a.
Vgl. ZELLER, Die Philosophie der Griechen 111. 8«. — Mit LA* H, Fl U.
— H. JÜLG, Neupytl -in- Stadien, L892. VÄCHEBOT, B
d'Alexandrie, 1846 f.
494 Newman — Nicolai.
Newman, Francis William, 1805—1897. = Theistischer Standpunkt.
Die Religion entspringt dem Verlangen der Seele nach Gemeinschaft mit Gott.
Schriften: The Soul, her sorrows and her aspirations, 1849; 9. ed. 1882; deutsch
1850. — Phases of Faith, 1850; 2. ed. 1853. — Theism, doctrinal and practical,
1858. — Life after Death, 1886; 2. ed. 1887. — Miscellanies, 1869—89.
Newman, John Henry, 1801 — 1890, Bruder des vorigen, seit 1845
Katholik, seit 1879 Kardinal. = Theistischer Standpunkt.
Schriften: Development of Doctrine, 1870. — Grammar of Assent, 1870 f. —
Works, 1870—79, u. a.
Newton, Isaak, 1642 — 1727, der berühmte Mathematiker und Physiker,
ist auch für die Philosophiegeschichte von Bedeutung.
N., der neben Leibniz der Erfinder der Differentialrechnung (Methode der
„Fluxionen") ist und durch seine Gravitationstheorie die Mechanik des Himmels
in universaler Weise begründet hat, betont, gegenüber den „verborgenen Quali-
täten" und „substantialen Formen" früherer Forscher, die Notwendigkeit einer
streng mechanisch-mathematischen, quantitativen Naturerklärung,
welche sich unnötiger Hypothesen enthält („hypotheses non fingo") und sich
vor allem der analytisch-regressiven Methode, welche von den Wirkungen zu
den Ursachen zurückgeht, bedient. In der Physik hat die Metaphysik nichts
zu tun, so sehr im Übrigen N. einer theistischen Weltanschauung zuneigt.
Nicht von Hypothesen, sondern von den Erscheinungen selbst ist auszugehen^
um die Naturkräfte („vires naturae") zu erforschen und durch diese die übrigen
Phänomene zu erklären. Kaum und Zeit sind nach N. etwas Objektives. Der
Kaum ist absolut, homogen, unbeweglich: „Spatium absolutum, natura sua
sine relatione ad externum quodvis, semper manet similare et immobile''. Es
gibt eine absolute Bewegung im leeren Raum. Ebenso ist von der relativen
die absolute Zeit zu unterscheiden: „Tempus absolutum, verum et mathe-
maticum in re et natura sua sine relatione ad externum quodvis, aequabiliter
fluit atque nomine dicitur duratio". Metaphysisch erblickt N. (wie H. More)
im Raum das „Sensorium" Gottes, in dem alle Dinge von Gott wahrgenommen
werden.
Zu den Anhängern N.s gehören Clarke, Rogerus Cotes u.a., auch
M. K nutzen, ein Lehrer Kants, welcher letztere zwar die absolute Wirklich-
keit von Raum, Zeit usw. bestreitet, aber die „empirische Realität" der Natur
im Sinne der Newtonschen quantitativ-mechanischen Auffassung auf feste,
apriorische Grundlagen stellt.
Schriften: Naturalis philosophiae principia mathematica, 1687, 1713, 1726, 1878
u. 5.; deutsch 1872. — Treatise of Optic, 1704, 1717. — Arithmetica universalis,
1707. — Opera omnia, 1779—86; Opuscula, 1774. — Vgl. BREWSTER, N., 1832,
1893; deutsch 1833. — K. DlETERICH, Kant und N., 1877. — ROSENBERGER,
I. N. u. seine physikalischen Prinzipien, 1893. — BLOCH, La philos. de N., 1908.
Nicolai, Christoph Friedrich, 1733—1811, der bekannte Berliner Auf-
klärer, Herausgeber (mit Mendelssohn und Lessing) der „Bibliothek der schönen
Wissenschaften und freien Künste", 1757—58, ferner der „Briefe, die neueste
Nicolai — Nicolaus. 49J>
Literatur betreffend"', 1759 — 65, der „Allgemeinen deutschen Bibliothek"
1765—92, und der „Neuen allgemeinen deutschen Bibliothek'', 1793 — 1805. =
X.. der um die Aufklärung große Verdienste hat, aber gar zu dünkelhaft ver-
fuhr und schließlich sich überlebte, verspottet auch das Treiben der Kant jünger
mit ihrer apriorischen oder, wie X. sagt, „vorn vorn igen '; Philosophie, die -ich
auf unbedingt gültige Sätze stützt, die es vielleicht gar nicht gibt.
Schriften (satirische Komane): „Das Leben und die Meinungen des Herrn
Sebaldus Xothanker", 1773 (gegen die protestantische Orthodoxie und Heuchelei
„Leben und Meinungen Serapronius Gundiberts", 1798 (gegen Fichte; Gegenschrift:
,,F. Nicolais Leben und sonderbare Meinungen", 1801), u. a. — Vgl. GÖCKING, N.s
Leben u. literar. Nachlaß, 1820.
Nicolaus Cusanus (von Cusa), eigentlich Xicolaus Chrypfffl (Krebs),
geb. 1401 in Kues an der Mosel, als Sohn eines Winzers, besuchte die Schule
der ..Brüder des gemeinsamen Lebens" in Deventer, studierte dann in Padua
Jus. Mathematik und Physik, trat in den Augustinerorden und bekleidete ver-
schiedene geistliche Ämter. 1432 — 37 lebte er in Basel, wo er sich am Konzil
beteiligte. Er schrieb dort „De concordantia catholica", ferner „über die Ver-
besserung des Kalenders" (1436), in welchem er der Gregorianischen Beform
vorgreift. Als Probst des Klosters der Kanoniker in Münster-Mainfeld (Eifel)
vollendete er (1440) sein Hauptwerk „De docta ignorantia". 1448 wurde er
Kardinal, 1450 Bischof von Brixen (Tirol), mit dem Auftrage, die K
Deutschlands zu reformieren. Er starb auf einer Reise in Todi am 11. August
1464.
X'., der zu den bedeutendsten deutschen Philosophen gehört, repräsentiert
einen Übergang von der scholastischen zur neueren Philosophie. Durch den
Pythagoreismus, Plato und den Xeuplatonismus beeinflußt, wird er durch Beine
Betonung der Zahl und des Quantitativen (auch durch seine Annahme der
Kugelgestalt und Achsendrehung der Erde) zu einem Vorläufer der neueren,
quantitativ-mechanistischen Xaturauffassung, so sehr er auch durch seine
metaphysische Weltanschauung, für welche die Welt ein in allen Teilen be-
seeltes Ganzes ist. vom Mechanismus sich entfernt und sieh der Mystik des
N« uplatonismus , aber auch Eckharte u. a. nähert. Mit Eckhan hat er den.
man könnte sagen, ..christlichen Pantheismus" gemein, welcher neben der
Transzendenz die Immanenz Gottes in der Welt betont. Als Mathematiker ist
X\ besonders dadurch von Bedeutung, dafi er schon das Unendlich Kleine
in seiner Bedeutung für die Erkenntnis erkennt. Von der absoluten Unendlich-
keit Gottes unterscheidet er die kontrahierte Unendlichkeit, die Grenzen-
losigkeit der W'-It in Raum und Zeit, wodurch er sich ebenfalls von der
mittelalterlichen Denkweise abwendet
Das Erkennen ist nach X. ein sich-Ausgleichen der Diu
Intellekts ,taasimilare'4) und ein Messen derselben an <i neu Einheit,
i..\;mi mens est viva mensura. quae mens rando alia sui capacitatem attünj
In un- liegen (potentiell) Begriffe, vermittelst deren wir bei Gelegenheit der
Wahrnehmung die Dinge erkennen, «leren Urbilder [deen) in Gott sind Je
mehr sich die Erkenntnis der mathematischen Einsicht nähert d
49(1 Nicolais.
■wisser ist sie. Die Begriffe gehen aus unserem Geiste hervor, entfalten sich
aus ihm, wobei die Zahl das wichtigste Erkenntnismittel ist, wie die gött-
liche Zahl als Urbild der mathematischen Zahl und der Dinge, Der Mensch,
der ein Mikrokosmus, eine Welt im Kleinen ist, hat einen Intellekt, der
ein Bild des göttlichen Geistes ist. „Omnia in Deo sunt, sed ibi rerum exem-
plaria, omnia in nostra mente, sed hie rerum similitudines." „Divina mens
coneipiendo creat, nostra coneipiendo assimilat notiones seu intellectuales faciendo
visiones. Divina mens est vis entificativa, nostra mens est vis assimilativa."
Alles Erkennen ist nur eine Annäherung an das absolute Wissen, nur eine
„Konjektur", eine nur symbolische und relative, das Absolute nicht als solches
erfassende Erkenntnis. Je mehr wir beachten, daß wir betreffs des Absoluten
nichts Positives wissen und daß wir, indem wir Gott im Geiste schauen,
«ein Wesen doch nicht begreifen, desto mehr wissen wir („Et tanto quis doctior
erit, quanto se magis seiverit ignorantiam"). Diese „gewußte Unwissenheit"
(„doeta ignorantia"; der Begriff schon bei Augustinus, Bonaventura u. a.) liegt
im geistigen Schauen, in der intellektuellen Anschauung („speculatio", „visio
sine comprehensione"), mit der wir das über alle Gegensätze und Unterschiede,
alle begrifflichen Einzelbestimmungen hinaus liegende Absolute erfassen.
(„Supra igitur nostram apprehensionem in quadam ignorantia nos doctos esse
convenit." „Ad hoc duetus sum, ut incomprehensibilia incomprehensibiliter
amplecterer in doeta ignorantia.") Die niederste Stufe der Erkenntnis ist
elie sinnliche (sensus), dann kommt der unterscheidende Verstand (ratio), dann
<lie synthetische Erkenntnis des Intellekts (intellectus) und endlich die „visio
intellectualis", welche schon mystischer Art ist.
Gott ist nichts von allen endlichen Prädikaten, während er anderseits
alles ist. Er ist absolute Einheit, ohne Anderheit. Die Einheit Gottes ist
Dreieinigkeit. Gott ist, als über den Gegensatz von Subjekt und Objekt,
Denkendem und Gedachtem erhaben, eigentlich nur negativ bestimmbar, unbe-
greiflich, unaussprechlich, überseiend, unendlich, der Grund von allem. Gott
ist in allem und alles ist in ihm („omnia sunt in eo"), er ist alles in allem
{„quodlibet in quolibet"), das Wesen der Wesen („essentia omnium essentiarum"),
der Weltgrund („ratio totius universi") und das Weltziel, das Zentrum der
Welt („centrum mundi") und zugleich die unendliche Peripherie („infinita
circumferentia") derselben. Er ist das absolute Maximum, das Größte, All-
Umfassende und zugleich das Minimum, das Kleinste, in allem Seiende, er ist
die Einheit der Gegensätze („eoineidentia oppositorum"), das Zusammen-
fallen des Größten und Kleinsten („eoineidentia maximi cum minimo"), wobei
alle Verschiedenheiten in der Einheit des göttlichen Schauens aufgehoben sind
(„in divina complicatione omnia absque differentia eoineidunt"). Gott ist das
absolute Können („possest"). Aus dem Wirkenkönnen Gottes geht das
Werdenkönnen hervor und bildet die Materie der Dinge.
Die Welt (das Universum) ist eine Entfaltung („explicatio") Gottes, indem
sie das in Gott in einer Komplikation Vereinigte („Deus complicite est omnia",
„complicatio omnium") als Vielheit von Dingen enthält. Sie ist ein Abbild
Gottes und seiner Dreieinigkeit, ein beseeltes Ganzes, eine gegliederte, voll-
Nicolaus — Nie ole.
lcommene Einheit, unbegrenzt, von Gottes Wirken erfüllt, bo daß alles in allein
ist und jedes Ding- eine Art Spiegelung und Konzentration, „Kontraktion44
Alls ist also eine Art Monade; vgl. Bruno, Leibniz): „Omnes creaturae Bpecnla
contractiora et differenter eurva, inter quae intellectuales naturae viva. clariora
atque rectiora specula." Die geistigen Wesen, zu welchen auch die Menschen
(durch ihre vernünftigen Seelen) gehören, spiegeln, jeder ein Mikrokosmus
(,,paiYU8 mnndus"), das All klarer und richtiger, als „Maß" der Dinge. D
Mensch gehört zur mittleren Welt, neben der es eine sinnliche (körperliche)
und rein geistige Welt gibt. Wie die Linie ist auch der Körper die Entfaltung
<\e< Punktes (..evolutio pnncti") in dessen Bewegung. Die Zahlen sind die
Tubilder der Dinge, nach mathematischen Verhältnissen entfaltet sich die
Welt aus Gott; die Welt ist schön geordnet und eine gute Welt (Optimismus .
Die Selbstvervollkommnung ist das Ziel des sittlichen Handelns, die Liebe zu
Gott und die selige Vereinigung mit ihm das höchste Gut. Mit großer Toleranz
findet X. in allen Religionen einen Wahrheitsgehalt: auch ist er für kirchliche
Reformen durch den Papst.
Anhänger des X. von Cusa sind Jacob us Faber, Bovillus (Bouill
von Einfluß ward X. besonders auf Giordano Bruno.
Schriften (philosophische): De docta ignorantia, 1440. — Apologia doctae igno-
rantiae, 1449. — De coniecturis. — De quaerendo Deura. — De filiatione Dei. — De
genesi. — De sapientia. — De niente. — De visione Dei. — De beryllo. — De possest.
— De venatione eapientiae. — De apice theoriae. — De ludo globi u. a. — Opera,
1514, 1565; deutsch in Auswahl (von Scharptf), 1862. — Vgl. FALGKENBEBG, Grund-
züge der Philosophie des N. Cusanus, 1880. — J. ÜEBIXGER, Die Philosophie des
X. C, 1881; Die philos. Schriften des N. C, Zeitschrift f. Philosophie, 1893 — 95; Der
Begriff „docta ignorantia" in seiner geschichtlichen Entwicklung, Archiv für Geschichte
<ler Philosophie VIII. — GrÜXIXG, Wesen und Aufgabe des Erkenncns nach X. C,
1902. — .SCHAEFER, Des N. v. C. Lehre vom Kosmos, 1887.
\ icolaus d'Oresnie (Oresmius), geb. in Caen, gest. 13S2 in Lisieux
als Bischof. = X., der auch für die Nationalökonomie von Bedeutung ist (durch
Beine Schrift „De mutatione monetarum"), ist Nominal ist Von ihm isl auch
der ..algorithmus proportionunv eingeführt, eine Rechnungsart, wobei teilweise
schon Buchstaben als Zahlen dienen (vgl. Lasswitz, Geschichte der Ato-
mistik I. 281).
V. Mki'XIER, Essai sur la vie et les ouvrages de X. d'Orosme, LS
Mcolauw von Autricuria (Autiv eourt), ein Nominalist, der I
von der Pariser Dniversitai zum Widerrui Beiner Qomiualistisch-skeptischen
Lehren (z, B. von der Ewigkeil der Welt; alles Naturgeschehen isl Verbin-
dung und Trennung der Atome) genötigt wurde.
Vgl. M. DE Will. Histoire de la philos. medievale. — L.vrri
X v. A , 1905.
Nicole, Pierre, geb. 1626 in Chan in Tan-. Mii
Arnauld (s. d.i rerfafite ex die Logik ww Port Royal, ..1/art d< pem
(1662).
- hriften: Essais de morale. 1G71-74 ll morale». II
- le r . Plülotophai-Lexikon.
498 Nicolettus — Nietzsche.
Xicolettus. Paulus (Venetus), gest. 1428 in Padua. = Scholastiker.
Schriften: Summa philoeophiae naturalis, 1491. — Logica parva; Logica magna.
Dubia circa philosophiam, 1493, u. a.
Niethammer, Friedrich Immanuel, geb. 1766 in Beilstein (Württemberg),.
Prof. in Jena, gest. 1848 in München als Studien- und Oberkon sistorialrat
(seit 1807). Herausgeber des „Philosophischen Journal", 1795—98 (seit 1797
mit Fichte, der dort seinen Aufsatz veröffentlichte, welcher ihm die Be-
schuldigung des Atheismus zuzog). = N. war erst Kantianer, seit 1792 aber
Anhänger Fichtes.
Schriften: Ableitung des moralischen Gesetzes aus der Form der reinen Vernunft,.
1793. — Über Religion als Wissenschaft, 1795. — Versuch einer Begründung des ver-
nunftmäßigen Offenbarungsglaubens, 1798. — Der Streit des Philanthropismus und
Humanismus, 1808.
Nietzsche, Friedrich Wilhelm, geb. 15. Oktober 1844 in Röcken bei
Lützen als Sohn eines protestantischen Pfarrers (gest. 1849 an den Folgen einer
Gehirnerschütterung durch einen Sturz). 1850 übersiedelte die Familie nach
Naumburg a. S., wo N. von seiner Mutter erzogen wurde. 1858 — 64 war er in
der Schule zu Pforta. Als Primaner verfaßte er schon eine Arbeit über
Theognis, der das Gute dem Vornehmen, das Schlechte dem Plebeischen gleich-
setzt. N. studierte dann zwei Semester in Bonn, hierauf in Leipzig Philologie,
besonders durch Ritschel gefördert. Als Student zeigte er seine ausgezeichnete
Begabung durch zwei Arbeiten: Zur Geschichte der Theognideschen Spruch-
sammlung (Rhein. Museum, XXII) und: De fontibus Diog. Laertis (Rh. Mus.,
XXIII). In Leipzig machte die Lektüre Schopenhauers auf ihn einen außer-
ordentlichen Eindruck, dem nur noch die Bekanntschaft mit der Musik
R. Wagners gleichkam. Der 24 jährige Mann wurde, noch bevor er promoviert
hatte, zum außerordentlichen Professor in Basel ernannt, wo er seit 1869 wirkte
und 1870 schon ordentlicher Professor wurde. Den Krieg von 1870/71 machte
er als Krankenpfleger mit und zog sich hierbei die Keime zu seinen Leiden
(Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Schlaflosigkeit usw.) zu, die auch durch Über-
arbeitung verursacht wurden. 1879 gab er seine Professur auf und führte nun
(1879—89) ein Wanderleben, die Sommermonate im Engadin (besonders Sils-
Maria), den Winter meist an der Riviera verbringend. Die Freundschaft mit
R. Wagner, mit dem er (in Triebschen am Vierwaldstätter See) verkehrt und
dessen Intentionen er begeistert zugestimmt hatte, hörte (seit 1874) auf, als N.
einsah, daß seine eigene optimistische, das Leben bejahende Weltanschauung
von derjenigen Wagners sich weit entferne. Seit 1871 trat N. mit einer Reihe
kulturphilosophischer Schriften auf, die allerdings bei den Philologen Kopfschütteln
erregten. Als N. gar in seinen späteren Arbeiten höchst radikale, ganz unge-
wohnte Anschauungen gegen die herkömmliche Moral, das Christentum usw. vor-
trug, fielen auch seine besten Freunde (zu denen E. Rhode, F. Overbeck, Malvida
von Meysenbug, Lou Andreas-Salome, P. Ree, J. Burckhardt u. a. gehörten) ab und
N. fühlte sich höchst einsam und unverstanden, da er nirgends beachtet wurde.
seit 1888, nachdem G. Brandes in Kopenhagen mit Erfolg Vorlesungen
Nietzsche. 499
über N. gehalten hatte, begann die Würdigung Nietzsches immer mehr zu
wachsen, bis sie teilweise zu einer überschwenglichen Verehrung und zu einer
Modesache wurde. Im Januar 1889 brach bei N. eine Geisteskrankheit aus
er erlitt in Turin einen paralytischen Anfall, verbrachte kurze Zeit im psy-
chiatrischen Institut Jena, dann wurde er (1890—97) von seiner Mutter in
Naumburg, schließlich von seiner Schwester, Elisabeth Förster-Nietzsche in Wei-
mar gepflegt, wo er, nach jahrelanger völliger Geistesumnachtung, am 2.7». August
1900 starb und wo sich jetzt ein „Nietzsche-Archiv" befindet.
Die Schriften N.s verraten zwar vielfach die hohe Erregbarkeit des Nerven-
systems N.s. dessen Leiden auf die Art und das Tempo seines Arbeitens von
Einfluß waren, aber man kann doch nicht sagen, daß sie nur Produkte eines
Geisteskranken sind, mögen auch Vorzeichen der Geisteskrankheit schon früher
oder später aufgetreten sein. Seinem Charakter nach war N. eine vornehme,
feinsinnige, in keiner Weise harte Natur; nur gegen sich selbst war er hart,
seine Leiden stachelten ihn nur desto mehr zum Schaffen an, zum kraftvollen
Aushalten und Wirken. Die Schwächen , die er an sich wahrnahm , sollten
ihn nicht herunterziehen, und sein Ideal ist denn auch der starke Mensch, der
rücksichtslos seinen Weg geht, die Schmerzen des Lebens kennt und empfindet,
das Leben selbst aber nur um so stärker und freudiger bejaht, wie es auch
kommen mag („amor fati"). In seinem Denken ist N. in hohem Maße persön-
lich; dieses Denken ist impulsiv, affektvoll, zielstrebig, vom Willen bewegt Et
ist vielfach einseitig und teilweise auch widerspruchsvoll, nicht sehr systematisch,
aber doch durch die Einheit der Persönlichkeit einheitlich, auch wo sich die
Persönlichkeit N.s selbst wandelt. Die Kraft schärfster und feinster psycho-
logischer Analyse macht sich in allen Schriften N.s geltend. Dazu kommt
die kraftvolle, plastische, bilderreiche, allen Nuancen des Denkens und Wertens
folgende, oft künstlerisch vollendete Sprache. N. ist eben nicht bloß Denker,
sondern auch Künstler, Dichter, und dazu noch ein eifervoller Prophet and
Reformator, der den Menschen neue Ziele setzt, neue Werte weist. Die Philo-
sophie faßt er aktivistisch auf. Der Philosoph strebt nach einheitlichem
Beherrschen der Welt. Die Philosophen sind „Befehlende und I
sie haben die „Rangordnung der Werte" zu bestimmen.
Wenn N. auch nicht zu den Btreng systematischen Philosophen gehört, sodarl
doch der meist aphoristische Charakter seiner Schriften nicht zu dem Glauben
verführen, als ob hier eine einheitliche Lebens- und Weltanschauung ganz fehlte
Drei Perioden lassen sich in N.s Denken unterscheiden: eine noch ankritische
roluntaristische, dann — als Reaktion gegen den Einflufl Schopenhauer! und
Wagners — eine mteUektualistisch-positiTistische, endlich, mit Erhebung des
ersten Standpunkt.- ant eine höhere Stufe, .in durch Sk.pn- und Kritik hindurch-
Eigener optimistischer, erolutionistisch< r, indiridualistischei
Voluntarismus auf biologisch-idealistischer Grundlage (im weiteren Sinne).
Stets aber ist sein Denken ant di. Fra Dach der Steigerung Hebung des
menschlich-kulturellen Lebens, der Lebenskultur gerichtet, stets bleflri \
ein Lebens- und Culturphilosoph, den. es um die Gewinnui
starken Menschlichkeil zu tun i-t. * mehr dm v
500 Nietzsche.
liehkeit betont. Kritik und Skepsis, Abwendung von bestehenden Idealen und
Werten, der „Nihilismus" und „Immoralismus" N.s, sind nicht Selbstzweck,
sondern nur Mittel zur Freimachung der Bahn zu höheren Zielen und Werten,
wie er sie auffaßt. Selbst die scharfe Bekämpfung der transzendenten Metaphysik
im Sinne der Annahme und Wertung eines Jenseits der Erscheinungen, einer
„Hinterwelt", verhindert nicht, daß N. schließlich selbst zum Metaphysiker
wird, nur daß seine Metaphysik auf positivistisch-psychologischer Grundlage
ruht. Beeinflußt ist N. von verschiedenen Denkern, so von Heraklit, Empe-
dokles, den Sophisten, den Stoikern, von Spinoza und Hobbes, von Schopenhauer,
Renan, Spencer, Darwin, F. A. Lange u. a. Stirner, mit dem N. manches (aber nicht
viel) gemein hat, kannte er, ebenso Guyau (vgl. die Randbemerkungen N.s in
der deutschen Ausgabe von ,,Esquisse d'une morale", „Sittlichkeit ohne Pflicht",
1909). In erkenntnistheoretischer Beziehung zeigt N. manche Verwandtschaft
mit Mach und den „Pragmatisten", die er aber nicht kannte, auch mit Berg-
son, Vaihinger u. a.
Im Folgenden heben wir aus der Fülle der N.schen Gedanken nur die
philosophisch bedeutsamen heraus. Die erste Periode N.s zeigt ihn unter dem
Einflüsse Schopenhauers und Wagners, sowie der griechischen Kultur. Um
das Kulturproblem dreht sich hier alles. Die Kultur selbst definiert er
als „Einheit des künstlerischen Stiles in allen Lebensäußerungen eines Volkes",
er faßt sie also wesentlich von ihrer ästhetischen Seite auf (Asthetizismus").
Als Grundtriebe der griechischen Kultur, die ihm als Ideal vorschwebt, findet
er das „Dionysische" und „Apollinische" (als „Kunsttriebe der Natur"). Das
Dionysische ist orgiastischer Art, eine Art Rauschzustand, ein Hinausgehen
über alle Grenzen und sich eins Fühlen mit dem All, mit dem einen Willen
zum Leben; das Apollinische liegt in der maßvollen Begrenzung, in der Form,
in der Welt der Bilder, der Vorstellungen. N. zeigt nun, wie in der griechischen
Tragödie, die aus der Musik hervorgeht, beide Elemente sich vereinigen. Die
griechische Tragödie ist der dionysische Chor, der sich in einer apollinischen
Bilderwelt entladet; sie stellt „das Zerbrechen des Individuums und sein Eins-
werden mit dem Ursein" dar. Im „tragischen" Zeitalter der Griechen stand
auch die Philosophie (Heraklit u. a.) am höchsten. Dann aber bricht die Zeit
der Reflexion und Nüchternheit herein, das Dionysische tritt ganz zurück.
Diese kraftlose Reflexionsphilosophie vertritt besonders Sokrates. Den Begriff
des „Dionysischen" nimmt N. in seiner dritten Periode wieder auf und er-
weitert ihn; es ist ihm der das Leben in allen seinen Leiden und Furchtbar-
keiten leidenschaftlich-freudig bejahende Wille. N. bekämpft dann den Mangel
an Kultur, den ihm der Zeitgeist offenbart, er zieht gegen das „Bildungs-
philisterium" los, wie es sich nach ihm etwa in der Schrift „Der alte und der
neue Glaube" von D. Fr. Strauß zeigt, er warnt vor den Gefahren eines alle
Initiative und Tatkraft schwächenden Historismus und weist endlich auf
Schopenhauer und R. Wagner als Erzieher zu wahrer Kultur hin, für welche
die Erzeugung des Genies die Hauptsache ist. Der aristokratische Indivi-
dualismus N.s, der sich immer mehr zu einem „aristokratischen Radikalismus"
ausbildete, macht sich schon hier geltend.
Nietzsche. 501
Dieser Individualismus nimmt nun — nachdem N. in Beiner „zweiten
Periode" das Apollinische, Intellektuelle, Aufklärerische, kurz die Leistung des be-
sonnenen, wissenschaftlichen Denkens, welches sich von den Illusionen und Irr-
tümern der Religion, Metaphysik usw. entfernt, aui den Thron erhoben, den
,. freien Geist*', der rücksichtslos nur um die Wahrheil bekümmert ist, als [deal
aufgestellt und (von Ree beeinflußt) das Sittliche utilitaristisch (als ans der
Wertung sozial nützlicher Folgen entspringend) erklärt hatte — eine ethische
Form an, wobei das „Dionysische'' wieder hervortritt, der Intellektualismus
einem zielbewußten Voluntarismus Platz macht. Dieser Voluntarismus, der uns
unten weiterbeschäftigen wird, ist optimistisch: höchstes Ziel all« - Handelns
und Wollens ist das Leben, bzw., wie N. gegen Schopenhauer erklärt, nicht
das Dasein als solches, welches man ja nicht erst zu erstreben braucht, Bondern
das starke Leben, die Lebenssteigerung, die Macht, so daß der Lebenswille
„Wille zur Macht" ist (vgl. Hobbes, Spinoza). Die Macht (der Kraftüberschuß)
ist nun nach N. der höchste Wert und der oberste Wertmaßstab, an dem
alle anderen Werte gemessen werden (vgl. Richter, Fr. X., 2. A., S. 199 ff.).
Wenn nun N. sich einen „Immoralisten'' nennt, die bestehende Moral
„umwerten" will, so hat dies seinen Grund darin, daß er die Frage: was i-t
gut oder schlecht, sittlich oder nicht? auf Basis eines anderen Wertsystems
beantwortet. Kr hat eine andere Auffassung über den Sinn des Lebens und des
„Guten" und glaubt diese Auffassung auch historisch begründen zu können.
So -teilt er „Herrenmoral" und ..Sklavenmoral'' einander gegenüber, die ver-
schiedenen Wurzeln entspringen. „Gut" bedeutet ursprünglich die Wertsetzung
der Herrschenden, Mächtigen, Vornehmen, welche sieh und ihr Handeln hoch
einschätzten. Während hier „schlecht" da- Verhalten der Niedrigen, „Schlichten'1
Schwachen usw. ist, bedeutet hier gm soviel wie vornehm, edel, mächtig, stark,
schön n. dgl. Wenn die Herrschenden es Bind, die den Begrifi „gut" be-
stimmen, sind es die ,, erhobenen stolzen Zustände der Seele, welche als
Auszeichnende und die Bangordnung Bestimmende empfunden werden". Aber
es hat einen „Sklavenaufetand in der Moral'' gegeben. Die an Zahl überleg
und durch ihre Schlauheit siegenden Niedrigen, Schwachen, Degenerierten
nehmen dadurch Rache an den Starken, dal', sie, voll .,re-sentimenf. gerade
in aristokratischen sinne Gute als „bös" werten und dem ihr „Gutes"
gegenüberstellen, nämlich den Wert ihrer „Tugenden": Demut, .Mitleid. Gehor-
sam, Entsagung usw. Diese Umwertung i-t besonders Beitens der Juden (im
Christentum) erfolgt und mm versteht man. warum N. mit
Hasse gegen da- Christentum loszieht, von dem er meint, es habe mit seiner
.Moral allem Starken. Lebensvollen entgegengewirkt Nun -ilt es, die christ-
liche Umwertung der ursprünglichen Werte selbst umzuwerten und das [deal
i^t jetzt für V der starke, kraftvolle, an Leib und S esunde mal tücl
Mensch, der ein robustes Gewissen und eine an- P alichkeit hat,
der in, Dienste des Willen- zur .Macht - als Wille zu kraftvollem, immer mehr
-nh steigerndem, immer böher steigendem Leben aufgefaßt — keine klein li
Rücksichten (er, auch nicht am Mitmenschen) kennt, der aber b
iai-t und dem Genuß buldigl N. Ist wild Hedonist noch I röhn«
502 Nietzsche.
liehen Sinne, sondern seine Ethik hat bei aller Betonung der Persönlichkeit
ein objektives und universales Ziel), sondern hart auch gegen sich selbst sein
kann, der unentwegt sein Ziel verfolgende, sich disziplinierende, in der Zucht
habende Mensch. Nicht schwächliche Moral soll herrschen, sondern Tugend
im alten Sinne (dget^, virtus, Mannhaftigkeit), „moralinfreie" Tugend, d. h. ein
Verhalten im Sinn möglichster Lebenssteigerung, nicht Handeln aus Schwäche,
aus Wertungen, wie sie der entartete Mensch (der „Dekadente") vollzieht.
„Alles ist erlaubt" — soweit es dem Leben dient, lebenerhaltend, lebenfördernd
ist; was so ist und wirkt, steht „jenseits von Gut und Böse". „Was ist gut?
Alles, was das Gefühl der Macht, den Willen zur Macht, die Macht selbst im
Menschen erhöht. Was ist schlecht? Alles, was aus Schwäche stammt." Der
Idealismus N.s hat „robustere Ideale" als die altruistische Mitleidsmoral, die
nach ihm nur die Entarteten, Schwächlichen erhält und der Menschheit
schadet, die Kasse verdirbt. „Die Schwachen und Mißratenen sollen zugrunde
gehen; erster Satz unserer Menschenliebe, und man soll ihnen noch dazu
helfen."
Aber nicht jeder kann sich auf eine solche Höhe stellen, nicht jeder ver-
trägt die starke Luft, die hier weht. Die Massen sollen nur ihre Herden -
tugenden behalten, sie sind zum Gehorchen da, haben keine Selbständigkeit
und würden nur, wenn sie ihre altruistisch-sozialen Tugenden aufgäben, das
Letzte verlieren, was an ihnen Gutes ist. Eine Rangordnung zwischen Mensch
und Mensch muß es geben, ein „Pathos der Distanz" zwischen Herren- und
Sklavennaturen, zwischen den Starken , Vornehmen und den gewöhnlichen
Herdenmenschen. N. ist schroffster Gegner aller „Gleichmacherei", alles
Sozialismus. Das Ziel der Menschheit liegt ihm in ihren „höchsten Exemplaren",
die Masse und deren Kultur ist nur da, um dem Wirken der großen Persön-
lichkeiten den Boden zu bereiten (Vgl. Carlyle, Renan u. a.).
Das Ideal des kraftvollen, freien, sich selbst zur Quelle aller Zielsetzungen,
Wertungen und Gesetze machenden, über alles Niedrige, Gemeine, Schwache
erhabenen, das Ziel der Lebens- und Machtsteigerung, um alle Leiden und
Schmerzen unbekümmert, in freudigem Kampfe verfolgenden Menschen be-
zeichnet N. als Übermensch. Er versteht darunter zuerst eine neue Art
(„Überart") als Ganzes, die sich durch Züchtung wird entwickeln lassen, dann
aber immer mehr einzelne Persönlichkeiten, wie sie dereinst kommen werden
und zu denen es schon wiederholt Ansätze gegeben hat (z. B. Napoleon, diese
„Synthesis von Unmensch und Übermensch"), endlich ein Ideal. Jedenfalls ist
es das Lebenswerk der Menschheit, an der Züchtung des Übermenschen zu
arbeiten, dieser soll auch die Ehe dienen als ein sich „Hinaufpflanzen". „Der
Mensch ist etwas, das überwunden werden soll." „Alle Wesen bisher schufen
etwas über sich hinaus." „Der Übermensch ist der Sinn der Erde." „Der
Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch." Der Mensch ist
„ein Übergang und ein Untergang". „Tot sind alle Götter, nun wollen wir,
daß der Übermensch lebe." Von der Ansicht, daß eine natürliche Höher-
entwicklung des Menschen besteht, ja daß überhaupt die Entwicklung der
Arten eine Höherentwicklung ist, hat sich N. immer mehr entfernt.
Nietzsche. 503
Die Begriffe „Leben" und „Macht", die obersten Werte X>, beherrschen
mich seine Erkenntnislehre, welche einen skeptisch-positivistischen, bio-
logisch-idealistischen, perspektivischen Charakter hat. X. betont, die Er-
kenntnis stehe ganz im Dienste des Lebens, des Machtwillens; absolute
Wahrheiten zu geben, die Wirklichkeit treu zu erfassen, dazu ist sie nicht
geeignet. Alle möglichen Irrtümer sind in der Sprache verdichtet, wel
durchaus metaphorisch ist, so daß unsere Vernunft nichts als „Sprach-Meta-
phvsik" ist. Wir denken über die Dinge in lauter Metaphern, „fetischistisch"
legen in die Dinge menschliche Eigenheiten und Werte hinein, „verfälschen"
die Wirklichkeit. Vom grob Anthropomorphischen können wir uns nur durch
Aufzeigung der subjektiven Zutaten, durch „Entmenschung" der Natur befreien.
Die Erkenntnis arbeitet im Dienste des „Willens zur Macht'', ist Verarbeitung
von Erlebnissen zum Zweck der Beherrschung der Tatsachen, der Lebens-
erhaltung, der Orientierung, und zu diesem Zwecke denken wir die Dinge -
wie dies unseren biologischen Bedürfnissen angemessen ist. Die Formen uns.
Denkens, die Kategorien (Substanz, Kausalität, Zweck usw.) sind rein
subjektiv, rein biologisch-psychologischen Ursprungs. Sie haben sich durch
ihre Nützlichkeit bewährt, sind biologisch zweckmäßig, sind einverleibte Irr-
tümer, welche gelten, weil sie nützlich sind. Erst fingieren wir ein „Ich" als
Träger unserer psychischen Zustände, dann projizieren wir es auf die Außen-
welt, die uns nun als eine Summe von Substanzen, „Tätern" usw. erscheint.
Wir machen, weil dies für uns zweckmäßig ist, aus dem Flusse des Geschehen-,
dem ewigen Werden eine Welt des Seins, des Beharrens, welches nur Schein
ist (vgl. Heraklit). Eine solche Welt entspricht unserem Verlangen nach einer
Welt des Bleibenden, der unser Wille zur Macht mehr gewachsen ist, einer
bestimmten Perspektive („Perspektivismus"). Hinter allem Denken Blecken
eben Triebe, Instinkte, Wertungen, das Denken ist Willensprodukt, die Denk-
gesetze, die logischen Gebilde gelten nur für eine fingierte, tiir eine von
uns „logisierte" Welt. Unsere „Wahrheiten'' sind eingewurzelte, als nützlich
bewährte Irrtümer der Gattung. „Die Verirrung der Philosophie ruht darauf,
<lal> man. statt in der Logik und den Vernunftkategorien Mittel zu sehen zum
Zurechtmachen der Welt zu Nützlichkeits-Zwecken (also, , prinzipiell' zu einer
nützlichen Fälschung), in ihnen das Kriterium der Wahrheit, resp.
Realität zu haben glaubt. Da- »Kriterium der Wahrheit- war in der Tal
bloß die biologische Nützlichkeil •■ine- solchen Systems prin-
zipieller Fälschung.'' Es gibt an sieh keine Wahrheit.
[sl die Wahrheit als solche schon wertvoll? fragt N. Nein, lautet die
Antwort, nur soweit sie lebenerhaltend i-t. Auch „mische" Urteile sind wert-
voll, wenn sie nützlich Bind. ..I>i«' Falschheil ein«- Urteils i-t uns noch kein
Einwand gegen ein UrteiL" Gerade die „falschesten urteile*, wie die synthe-
tischen Urteile a priori [die gar nicht tiir das Wirkliche selbst gelten), sind
uns die unentbehrlichsten. Wahrheit existiert nur in bezug ani «wertende
Subjekte. ..Woran ich ingrunde gehe, da- i-t tiir mich nicht wahr, das
heifit, es ist eine falsche Relation meines Wesens zu anderen Dingen." Gattun
mäßige Wahrheiten entstehen durch Konrention, Indem fixiert wir all
504 Nietzsche.
Wahrheit gelten soll ; „wahr" ist nun ein Satz, der für die Dinge die allgemein
eingeführten Namen gebraucht, der aber im Verhältnis zur Wirklichkeit selbst
„falsch" sein kann, da er nur relativ, für unsere Auffassung und Zurecht-
legimg der Dinge gilt. So hat z. B. der Begriff der „Ursache" etwas „Feti-
schistisches" (vgl. Mill, Mach), wir übertragen das Verhältnis zwischen Wollen
und Tun auf die Dinge, ohne Kausalität wirklich zu erleben, denn nicht wir
sind tätig, sondern es wirkt in uns. Es gibt an sich keine Ursachen, keine Gesetze,
keinen Zwang; nur ein kontinuierlicher Fluß des Geschehens besteht (vgl. Bergson).
Die mechanistische Weltanschauung zeigt uns nur „Folgen", und diese
nur in der Sprache unserer Empfindungen. Stoff, Stoß, Druck, Atom usw.
sind nicht Tatsachen, sondern Interpretationen. „Die Mechanik als eine Lehre
der Bewegung ist bereits eine Übersetzung in die Sinnensprache des Menschen."
„Die mechanische Welt ist so imaginiert, wie das Auge und das Getast sich
allein eine Welt vorstellen." Der Mechanismus ist nur eine „Zeichensprache
für die interne Tatsachen-Welt kämpfender und überwindender Willensquant a".
So kommt N. schließlich über den Phänomenalismus hinaus zu einer
dynamisch-voluntaristischen Metaphysik. Das Wesen aller Kraft ist
Wille zur Macht. Die Dinge sind „dynamische Quanta, in einem Spannungs-
verhältnis zu allen anderen dynamischen Quanten", sie bestehen aus „Herr-
schaftsgebilden", aus „Willenspunktationen, die beständig ihre Macht mehren
oder verlieren". Die universale Tendenz der Dinge ist Streben nach „Akku-
mulation der Kraft", nach Aneignung von Macht, Mehrwerden, Stärkerwerden.
„Der Grad von Widerstand und der Grad von Übermacht — darum handelt
es sich bei allem Geschehen." Die Wirklichkeitselemente verbinden sich, indem
sie miteinander um die Macht „konspirieren", wo keines das andere unter-
werfen kann. In allen ist der Machtwille das Treibende; im Anorganischen
und im Organischen wie im Geistigen, wo das Bewußtsein nur die Oberfläche.,
etwas „Hinzugefügtes" (vgl. Eibot) ist. Die Welt besteht aus einer Vielheit
von Willenseinheiten, die aber nicht selbständige Substanzen sind, sondern
Knotenpunkte im Werden. Die Welt ist eine „dionysische Welt des Ewig-sich-
selber-schaffens, des Ewig-sich-selber-zerstörens", ein ewiges Werden, ein
Kämpfen und Streben ohne Rast und Ruh, ohne Ende, ohne Ziel. „Hätte die
Welt ein Ziel, so müßte es erreicht sein." N. lehrt (wie schon Heraklit, die
Pythagoreer, die Stoiker u. a.) eine „ewige Wiederkunft", die ihm ein Ersatz
für alles Jenseits, alle Unsterblichkeit ist und deren Idee zugleich züchtend
wirkt, indem sie nur von jenen leicht ertragen wird, die da stark sein wollen.
So sehr bejaht Nietzsche das Leben, daß er es, das Schwindende, für alle Ewigkeit
haben will, und dazu muß es ewig wiederkehren mit allen Dingen, Zuständen,
Ereignissen, allen Freuden und Leiden. Die Welt ist ein Kreislauf, der sich
unendlich oft wiederholt hat und der immer wieder sein Spiel spielt. Die Zeit
zwar ist unendlich, aber nicht die Kraft in ihr, so daß nur eine endliche Zahl
möglicher Kombinationen besteht. „In einer unendlichen Zeit würde jede
mögliche Kombination irgendwann einmal erreicht sein; mehr noch: sie würde
unendliche Male erreicht sein." Genau dasselbe kehrt immer wieder; im Werden
erhält sich das Sein.
NlETZft BS.
Was die Welt ist, sagt V zusammenfassend: „Diese Welt: ein Ungeheuer
von Kraft, ohne Anfang, ohne Ende, eine herne i ron Bj
welche nicht größer, nicht kleiner wird, die sich nichl verbraucht, sondern nur
«rändelt .... nichts Unendlich-Ausgedehntes, Bondern als bestimmte Kraft
einem bestimmten Raum eingelegt, und nicht einem Baum, der irgendwo .!■
wäre, vielmehr ale Kraft überall, als Spiel von Kräften und Kraftwellen zu-
gleich Eins und Vieles, hier sich häutend und zugleich dort -ich mindernd,
ein Meer in sich selber stürmender und Outender Kräfte, ewig sich wandelnd,
ewig zurücklaufend, mit ungeheueren Jahren der Wiederkehr .... sich Bei
bejahend noch in dieser Gleichheit seiner Bahnen und Jahre, sich -
end. als das, was ewig wiederkommen mufi, als ein Werden, das kein
Sattwerden, keinen Überdruß, keine Müdigkeit kennt — : diese meine diony-
sische Welt des Ewig-äch-selber-schaffens, des Ewig-sich-eelber-zersto]
diese Geheimnis-Well der doppelten Wollüste, dies mein J<\ n Gut und
Böse*, ohne Ziel, wenn nicht im (ilück des Kreises ein Ziel liegt, ...:<:
m ei in- Welt. — wer ist hell genug da/u, sie zu schauen, ohne Bich Blindheit
zu wünschen? . . . Und wer das vermöchte, müßte er dann nicht Doch mehr
tun? Dem rEUng der Ringe' sich -eil» er anyerloben? .Mit dem Gelöbnis der
e ien Wiederkunft? Mit dem Bing der ewigen Selbst-Segnung, Sei
bejahung? Mit dem Willen zum Wieder-und-noch-ein-Mal- Wollen.' Zum
Zurückwollen aller Dinge, die je gewesen Bind? Zum Binaus-Wollen, zu allem.
was je sein muß?" Diese heroische Weltanschauung, die Dicht einer mystischen
Frömmigkeit entbehrt, ist atheistisch, kennt keinen Gott. „Gab ter,
wie könnte ich es ertragen, kein Gott zu Bein
Von N. beeinflußt sind R, Steiner. K. Hörnet ter, Mauthn«
<-. Landauer, G. Naumann. Zerbst, Gallwitz, 1'. M"n_ Seil-
Liere, Gaultier u. a.; überaus groß war der Einfluß N.- aui die Bchöne
Literatur, auf den Zeitgeist aberhaupt
Schriften: Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Mu>ik, lbT'J. — Li
gemäße Betrachtungen, 1873 — 76 (1873: 1). Fr. Strauß, der Bekenner und der Sehrift-
steller; 1874: Vom Nutzen und Nachteil der 1 Rix da- Lehen;
hauer als Erzieher; 1876: R. Wagner in Bayreuth). — Menschliches. AHzun.
Hin Buch für fr- ->r, 1878 — 80. — Morgenröte, ii. "danken üher non
urteile, 1881. — Die fröhliche fl Laaenaehaft, 1883. — Als., •praeh Zarathusti
— 91. — Jenseits von Gut und Böee, 1*86. — Zur Genealogie —
Der Im.: Wagner, 1888. — Die Qötsendimmenmg oder wie man mit dem I
philosophiert, 1888. — N. contra Wagner. — Der AntichrUt 8(
samtauBgahe von F. Koegel, 1. Abt. 1895). — V. Abteil., hreg, «. A. 1!
u. a., enthält auch die Schrift ,,I>or Wille zur Macht" (dai
Beee hoeno, 1908. Besaaunelte v«.
FÖB8TKE-NnrrZ8CH Uhen F. N.«, lb'».ri— 1904. — K\
fcuurang f. N>. 1891t — A. Kii:iii. mmaaa Klaestt
der Philosophie).— II. LlGHTENBEBGEB, v> I
1900. 1'.. blORNEFFXB, Vortrag« aber \. I90J - Rn». l
enlnistheorie und Hei IAv u i» -In Zu
i ii:. I \ K vi i ii«. I r. F. N., 1900. - II . V UHIXG1 I x
506 Nietzsche — Niphus.
soph, 1902; 4. Ä. 1908. — F. ORESTANO, Le idee fondamentali di F. N., 1903. —
E. PvICHTER, F. N., 1903; 2. A. 1909. — A. DREWS, N.s Philosophie, 1904. —
MÖBIUS, N., 1904. — R. OEHLER, N. und die Vorsokratiker, 1904. — K. JOEL,
N. und die Romantik, 1905. — E. SEILLIERE, Apollon ou Dionysos, 1905; deutsch
1906. — Grützmacher, N., 1910. — Bernouilli, f. Overbeck u. F. N., 1908.
Xieuweiiliuys. Jakob, 1777—1857. = Von Hermes und Chr. Krause
beeinflußt.
Schriften: Elementa metaphysices I, 1833.
Nigidins Figulus. P., gest. 45 v. Chr., ein Freund Ciceros, nach
Cicero der erste Neupythagoreer.
Vgl. N. Nigidii Figuli operura reliquiae, ed. A. Swoboda, 1889.
Nigrinos9 nach dem gleichnamigen Dialog des Lukianos ein im 2. Jahrh.
in Rom lebender Platoniker.
Nikephorus Blemniydes« lebte um die Mitte des 13. Jahrh. als
Mönch in Byzanz.
Schriften: 'Emrojuf] koyixfjg, hrsg. 1605 und bei Migne, Patrologiae cursus 142;
ferner 1784 nebst: 'Ejcirofxrj yvoixtjg. — Aöyog tzsqI \pvyr\g, u. a.
Xikolaos von Damaskus, geb. um 64 v. Chr., lebte zuerst am Hofe
des Herodes, dann in Rom, Peripatetiker. Von seiner Schrift: ITsgl 'Aqigxo-
rs/.ovc (pdoooq?iag existieren nur Fragmente.
Vgl. C. Trieber, De N. D., 1867.
Nikolaus Kabbasilas, um 1250 Bischof von Thessalonich, Verfasser
der Schrift: ITeqI xfjg ev Xqiotco 'Qoofjg, welche einen mystischen Charakter hat
und die gute Gesinnung betont.
Vgl. W. GASS, Die Mystik des N. K., 1849, 1899.
Nikomachos: 1. Vater, 2. Sohn des Aristoteles.
Xikomaclios aus Geras a (Arabien), um 150 n. Chr. = N. ist ein
Neupythagoreer, nach welchem die Zahlen die Urbilder der Dinge im göttlichen
Geiste sind. Die Zahl definiert er als bestimmte Menge (jikrjftog wqio^isvov).
Schriften: ^AQL'dfj.rjxtKfjg ßißh'a ovo, 1538. — Institutio arithmetica, 1817. —
Vgl. ZELLER, Philosophie der Griechen III, 2. — Seoloyov^sva aQidprjTixä, Auszüge
dieser Schrift des N. (?) von Photios.
Niphus (Nifo), Augustinus (Suessanus, weil von einem Bürger aus Suessa
erzogen), geb. 1473, lehrte seit 1492 in verschiedenen Städten Italiens (Padua,
Bologna, Salerno, Rom) Philosophie, wirkte auch als Arzt und Astrolog, gest.
1546 in Rom, wo er bei Leo X. in Gunst gestanden. = N., ein Schüler des
Nicoletti Vernias, lehrte anfangs im Sinne des Averroismus die Einheit des
Intellekts in allen Menschen, neigte aber später scholastisch-platonischen An-
schauungen zu.
Schriften: De intellectu et daemonibus, 1503. — De inünitate primi motoris,
1504. — De immortalitate animae contra Pomponatium, 1521 (im Auftrag des Papstes
Leo X. verfaßt). — Dialectica ludicra, 1521. — De pulchro et amore, 1539, u. a. —
Opera, 1559. — Opuscula moralia et politica, 1645.
NlT» HE — NOLRE.
Xitsche, Adolf, g 0 in Innsbruck, Landeaschulinspektor.
Schriften: Versuch einer einheitl. Lehre von den Gefühlen, 1886. — Lehr
der Logik, 1890.
Xizolins. Marius, geb. 14(.»s in Bersello, lehrte in Parma, später in
Sabbioneta, wo er 157H starb.
X. ist ein Gegner des Aristoteles und der aristotelischen Scholastik, sowie
der Metaphysik, der er die Rhetorik entgegenstellt. Bezüglich der Universellen-
frage vertritt er den Nominalismus. Das Allgemeine ist nur ein Kollektiv-
name, die „Komprehension" einer Vielheit ähnlicher Dinge durch einen I
akt („Nostra universa, ut sunt a natura facta sine ulla abstzactione, nihil
aliud esse dicimus, nisi omnia singularia nnius cuiuslibet generi- simul com-
pivhensa*'). Realität haben nur die Einzeldinge, nicht die Qattnngen. Von
der 'Wahrnehmung geht alle Erkenntnis aus. Erfahrung und Induktion Bind
ihre Grundlagen.
Schriften: Thesaurus Ciceronianus, Antibarbarus philosophicus: De veris principiis
et vera ratione philosophandi contra pseudophilosophos, 1553, neu herausgegeben von
Leibniz, 1671. — Vgl. M. GtLOSSNER, X. v. Cusa und M. Nizolius, 1891.
Xoaek, Ludwig, 1819 — 188."), Prof. und Bibliothekar in Gießen. Heraus-
geber der ..Jahrbücher für spekulative Philosophie'', 184G — 48 und der Zeit-
schrift „Psyche", ls~>s — 63. — Von Hegel beeinflußt. Die [des der Religion
i-i i ins mit der Idee der Menschheit als freien Selbstbewußtseins in Gott
Schriften: Der Keligionsbegrifl Hegels, 1845. — Mythologie und Offenbar
1845 f. — Spekulative Religionswissenschaft, 1847. — Das Buch der Religion, 1-
— Die Theologie als Religionsphilosophie, 1852. — Die christliche Mystik des Mittel-
alters, 1853. — Propädeutik d. Philos., 1854. — Geschichte der Freidenker, 1853 —
— Kants Auferstehung aus seinem Grabe, 1862. — Philosophiegeschichtliches I
1879, u. a.
Koire, Ludwig, geb. L829, seit L848 Gymnasiallehrer in Main/. _
N. lebii (ähnlich wie L. Geiger u. a.) einen hylozoistischen, peycho-
physischen Monismus. Von Schopenhauer beeinflußt, erklärt V: ..All»-.
\\a- im- von außen als Krati erscheint, i-t innerlich Will./- l»i« Dingi
stehen für uns au- Atomen und diese haben zwei areprünglich I
: Daseinsweisen: Bewegung and Empfindung. Aus diesen Eigenschaften sind
unsere AnschauungBformen (Kaum und Zeit) abstrahiert Die menschli
Vernunft i-i durch allmähliche Entwicklung der inneren Eügenschafl der I1
l>i- heraui cum Blenschengeisl entstanden. Au- der inneren Erfahrung stammt
der Begriff der nTausalitit, den wir auf die Außendinge ubertra D
Bprache l«'it.-t \. sus der Erleichterung her, welche da- Ausstoßen von i
bei Erregung der sinne und bei (besondem gemeinsamer] Huakelarbi Ltet
al- Eteaktion gegen die innere, durch die Muskelaiwtrengui ll1«'
Störung.
- hrifu-i. I':'- Welt als B ung isi Urundla/
zeitgemäßen Philosophie. 1875. D« nionint
PhüOSO] n utiiI Lazarus GeifSi — l>»e
508 Noire — Novicow.
Doppelnatur der Kausalität, 1876. — Einleitung und Begründung einer monistischen
Erkenntnistheorie, 1877. — Aphorismen zur monistischen Philosophie, 1877. — Der
Ursprung der Sprache, 1877. — Das Werkzeug und seine Bedeutung für die Entwicklungs-
geschichte der Menschheit, 1880. — Die Lehre Kants und der Ursprung der Vernunft,
1882. — Logos, Ursprung und Wesen der Begriffe, 1885, u. a.
Xordan, Max, geb. 1849 in Budapest, Arzt in Paris. = Evolutionistischer
Standpunkt; in bezug auf die Lehre vom Genie und Verbrecher ist N. von
Lombroso beeinflußt.
Schriften: Paradoxe, 8. A. 1903. — Die konventionellen Lügen der Kultur-
menschheit, 1883 u. ö. (1908). — Entartung, 3. A. 1906. — Von Kunst u. Künstlern,
1905. — Der Sinn der Geschichte, 1909, u. a.
Norris, John, 1657 — 1711, seit 1691 Eektor in Bemerton.
N. ist ein Gegner Lockes und ein von H. More beeinflußter Anhänger
Malebranches, der für N. der „Galilei der intellektuellen Welt" ist (vgl. Cas-
sirer, Das Erkenntnisproblem II, 302 ff.). Es gibt nach N. absolut gültige
und notwendige Wahrheiten, denen eine ideale Welt entspricht, die unsere
Vernunft nicht erschafft, sondern nur nachbildet („to affirm that there are
eternal truths imports as much as that there are eternal habitudes and
relations, that never were made by any understanding or will, nor can ever
be unmade by them, but have a certain stated and unalterable order").
Schriften: Letters concerning the love of God, 1695. — An Account of reason
and faith in relation to the mysteriös of Christianity, 1697. — An Essay towards the
theory of the ideal or intelligible world, 1701 — 1704 (Hauptwerk), u. a.
Norström, Vitalis, Prof. in Göteborg. = Idealistischer Standpunkt.
Schriften: Naturzusammenhang und Freiheit, 1895. — Der Kadikalismus, 1898,
u. a. (schwedisch).
Notker LalM'O. geb. um 952, gest. 1022, Mönch und Lehrer im
Kloster zu St. Gallen. Er übersetzte Schriften des Aristoteles, des Boethius,
des Martianus Capeila u. a. und verfaßte Abhandlungen logischen, rhetorischen
und anderen Inhalts.
Vgl. P. PIPER, Schriften N.s und seiner Schule, 1882 f.
Novalis s. Hardenberg.
Novicow, Jacques, französisch schreibender russischer Soziolog. = N. ist
ein Anhänger der organisch-psychologischen Richtung der Soziologie. Er ist
Evolutionist, aber ein Gegner des sozialen und soziologischen Selektionis-
mus; er betont das Assoziationsprinzip und die Idee der Menschheitsver-
brüderung.
hriften: Essai de notation sociologique, 1897. — Conscience et volonte
sociales, 1897. — Les gaspillages des societes modernes, 2. 6d. 1899. — La theorie
organique des societes, 1899. — L'avenir de la race blanche, 2. ed. 1902. — Les
lüttes entre societes humaines, 3. ed. 1904. — La justice et l'expansion de la vie,
1905; deutsch von A. Fried, 1907. — Le probleme de la misere, 1908; deutsch von
A. Fried, 1909. — La critique du darwinisme social, 1910, u. a.
Nowitzki —Och am.
Xowitzky, <>., 180G— 18&i, Prof. in Kiew. = Von Kant. Pichte iL a.
beeinflußt.
Schriften: Über die Vernunft, 1840. — Logik, 1841 (ru .. a
Xumeilios aus Apamea (Syrien), in der /.weiten Hälfte des -'• .Jahrh.
q. Chr. Von seinen Schriften [liegt r<3» IHdjwvog abtogQrJTwi kw,
r,]: "~>t 'Axadrj/Muxcov tiqoq Tl/idxcova dicureaaecog, Kommentar zu Piatons
Timaeus) sind nur Brachstücke überliefert (bei Origenes, Eusebius a. a
Mullach, Fragmenta, III, L868,
X. gehört zu den eklektischen Piatonikern, indem er pythagoreische An-
schaunngen mit Lehren Platos, den er einen „attisch redenden M< * a nennt,
verbindet Er unterscheidet vom höchsten Gott, welcher Prinzip des Beins,
reiner Geist (ror-i. an sich gut und seiend ist (6 dsbg 6 yuv nqünoi
. den zweiten Gott [6 dsvcsgog &eog), den Demiurgen, das Prinzip des Wi
den- iscog &QZV) UI1(1 von diesem die Welt als den ..dritten Gott". Da
Demiarg hat Anteil am ersten Gott; er schaut auf die Ideen, die Urbilder
der Dinge und bildet diese nach jenen. Die Seele hat schon vor der Geburt
prüexistiert und ist durch ihre Schuld in den Leib heia n: Dach ihn i
Läuterung vereinigt sie sich nach dem Tode wieder mit der Gottheit.
7gl. F. T HEDINGA, De X., 1875. — B. DOMAXSKI, Die Psy< hu!. .
Xumenios, 1900.
Xüsslein, Franz Anton, geb. 1770 in Bamberg, gest L832 als Direktor
Lyzeums in Dillingen. = Von Sehelling beeinflußter Fklektiker aut katho-
lischer Grundlaf
Schriften: Lehrbuch der Kunstwissenschaft, 1819. — Grundlinien der allgemeinen
Psychologie, 1821. — Über das Wesen der Vernunft, 1822. — Grundlinien der Logik,
1824. — Grundlinien der Ethik, 1829. — Lehrbuch der Metaphysik, 183G — 37.
XÜHsIein. Georg, Bruder des vorigen, gel». 3 7* »< v in Bamberg, L793 Prot.
in Bamberg, gest 1842 als Domkapitular in Bamberg. = Von Kant beein-
flußter Eklektiker.
Schriften: Ober den Unterschied des Erkennens a priori und a posteriori, l>
— I bar die Freiheit des Willens, 1797. — (her die Unat keil der men-
B, 1799. — Thesen aus der ganzen Philosophie, 1803. — Vemeh einer t.
Darstellung der allgemeinen Verstandeswissensihaft. 1801. — Kritik der t
pichten der Logik, 1802, u. a.
NyMtas, Axel, 1821 1899, Prot in Land. = Anhangei B ströme,
Schriften: Die philosophische Forschung ia Beawi E iDr-
Lundorts, 1873 ff. (schwedisch), u. a.
O.
0<<aiii. Wilhelm von, geb. 1270 an Oocam (Grafschaft - I
land) Pranriskaner, in Oxford Schüler dei Don S tos, lehrte in P
nahm in 3 zwischen Papel bV VIII. and Philipp d<
510 Occam.
für letzteren und die Staatsgewalt Partei, mußte fliehen (1328) und wurde
von Ludwig von Bayern beschützt; er starb 1347 in München. Wegen
seiner dialektischen Gewandtheit erhielt er den Beinamen „doctor invincibilis",
wegen seiner Erneuerung des Nominalismus den Beinamen „venerabilis in-
ceptor".
Occam ist der bedeutendste Vertreter des Nominalismus und einer der
bedeutendsten Denker des Mittelalters überhaupt. Gegenüber der kirchlichen
Lehre ist er durchaus fügsam, scheidet aber Glaube und Wissen scharf, indem
es nach ihm nicht möglich ist, Gott intuitiv zu erkennen oder sein Dasein
unwiderlegbar zu beweisen. Eine Theologie als rationelle Wissenschaft ist
nicht möglich. An Gott muß einfach geglaubt werden und es muß der Wille
zum Glauben bestehen. Von Occam und seinen Anhängern wird die Lehre
von der zweifachen Wahrheit — einer philosophischen und einer theologischen,
die einander widersprechen können — erneuert.
Die Logik ist nach 0. eine „praktische" Wissenschaft, eine Leitung des
Denkens und Erkennens. Sie hat es mit Zeichen zu tun („intentionibus, quae
vere opera nostra sunt"), nämlich mit Begriffen (Satzelementen, „termini") und
deren Verbindungen (Urteil, Schluß, Beweis). Die Begriffe sind Zeichen für
je eine Klasse von Dingen, die der Begriff vertritt; die Wörter sind willkür-
lich gebildete Zeichen. Das Allgemeine ist weder ein Ding noch Teil eines
solchen, es existiert als Allgemeines (Gattung) weder außerhalb der Dinge
noch in den Dingen. „Entia praeter necessitatem non sunt multiplicanda" —
die Annahme, daß das begrifflich-sprachlich Allgemeine auch real („subiective")
und nicht nur als Denkinhalt („obiective") besteht, ist unnütz und wider-
spruchsvoll. Das Allgemeine liegt nur in der Repräsentation ähnlicher Dinge
durch einen Begriff und Ausdruck („terminus", Terminismus, Konzeptualis-
mus), der die betreffende Klasse von Dingen vertritt („supponit"). Das Allge-
meine ist eine Einheit nur logisch-sprachlich und bezieht sich (durch „signi-
ficatio") auf eine Vielheit von Individuen („conceptus mentis, signifcans
univoce plura singularia"), deren Ähnlichkeit das Fundament des Allgemein-
begriffs ist (die Uni versahen sind „ficta quibus in esse reali correspondent vel
correspondere possunt consimüia"). Alles Reale ist durch sich selbst indivi-
duell („quaelibet res, eo ipso quod est, est haec res", „omnis res positiva extra
animam eo ipso est singularis"). Die Abstraktion erfolgt auf Grund ähn-
licher Vorstellungen von selbst, ohne aktive Willens- und Denktätigkeit („uni-
versalia et intentiones secundae causantur naturaliter sine omni activitate in-
tellectus et voluntatis"). Nominalistisch faßt O. auch die Ideenlehre auf. Die
Ideen, die Urbilder der Dinge haben in Gott nur ein Sein als Denkinhalt,
nicht als Teile des göttlichen Wesens und es gibt ferner nur Ideen von Einzel-
dingen („ideae . . sunt singularium et non specierum").
Mit der Wahrnehmung des Einzelnen beginnt alle Erkenntnis. Aus
der Wahrnehmung geht die Erinnerung, aus dieser die Erfahrung hervor, ver-
möge welcher das begriffliche Wissen entsteht. Auf äußerer und innerer
Erfahrung beruht alle Erkenntnis („omnis cognitio intellectiva praesupponit
Bsario imaginationem sensitivam tarn sensus exterioris quam interioris")*
I U < am < »ELZEL1 -N'iwiN. ."»11
Zwischen intuitiver und abstraktiver Erkenntnis ist zu unterscheiden.
Die intuitive (anschauliche) Erkenntnis ist eine solche, durch die man i
kann, ob ein Ding ist oder nicht ist, und ob und wie es zu einem mdern
Ding in Beziehung steht I ..notitia intuinva rä est talis notitia, vi cidtu potesl
sciri, utnim res sit vel non Bit'*); der Intellekt formuliert dann diese Einsicht
in einem Urteil („ita quod statiin iudicans intellectus ren ridentei
cludit, eam esse"), so daß sich an den Akt der Erfassung bos apprehen-
sivus") des Objekts die Urteilsfunktion (., actus iudicatiYUs'*) anschließt, «reiche
»in Akt der Zustimmung oder Ablehnung ist (,,assentit \ ••! dissentit"). Die
Dinge der Außenwelt nehmen wir ohne Vermittlung ron „speciea Lntelli-
gibiles", von geistigen Bildern der Dinge in der Seele, wahr, sondern unsere
Vorstellungen beziehen sich direkt auf die Dinge, nicht als Bilder, sondern nur
als (natürliche) Zeichen derselben, die ihnen ebensowenig ähnlieh zu
brauchenj wie der Rauch dem Feuer. Die sicherste Erkenntnis ist nicht die
äußere, sondern die innere Wahrnehmung, denn Gegenstand die Tätigkeiten
und Zustände (nicht aber das Wesen) der Seele sind. Die Wahrnehmim.
seelischen Zustande ist eine unmittelbare, nicht sinnliche. Die empfindende
►Seele ist ausgedehnt, eine „Form" des Leibes, die geistige Seele eine rom
Leibe trennbare Substanz, die in jedem Teile ganz ist. Vernunft und Wille
sind nicht zwei Teile der Seele, sondern nur eine Kraft mit verschiedenen
Funktionen („uns Tantum res secundum diversa officis distincte significata")«
Ebenso haben der tätige und leitende Verstand eine WurzeL
Die Sittlichkeit führt ( ). auf den Willen Gottes zurück, der auch
andere sittliche Werte hätte setzen können. Denn Gott vermag alles, iraa
nicht in sich widerspruchsvoll i-t. Die Dinge sind gut, weil Gott sie wollte
Duns Scotus).
Von Occam beeinflußte Nominalisten sind Robert Bolcot, Nicolaui
von A u t rieuria. Nicolas d'Oresme, Johann Buridan. Ifarsiliufl
von [nghen, Pierre d'Ailly, Gabriel Biel u. a, Bei Occam finden
Sich schon Keime zum späteren englischen Empirismus und dessen Lehre von
der Subjektivität der Sinne-.jualitäten.
9 hriften: (Jumllibeta septem, 1487, 1491. — Summa totiu» logieM »ive traeta-
tuß logices, 1488, 1561. — Quaestiones in libros Physicorum, 1491, 1606.
tioncs et decisiones in quatuor libros sontentiarum, 149ö. — Rzpontio aurea raper
artem veterem, videlicet in Porphyrii ptaedksMlia et amenta,
— ('entilo(|uium thologkum, 14HG. — ?gL K. \\ n:\ii:. Di« S
Mittelalter», 1884. — Sn.i;i:< K, Oj Krkennti.
\. 1897.
o<lioi ou i</.. Julian. = Positivist
B hriften: La mt-thode dans !'• B, u. •
Oetaeli-Hewte, Anton geb. 1864 in Wien, leb* in W \
Heu influßt, mit agnosti» h< r I •
i. ritten: Dii l'nlünbtrk. ^83. — .ren de«
Glauben*, 1885. - ■ nustaslaiflntsIlmitnB, ISO. — Üb«r onea,
1892. — Kosmodi. >1 \V<.»halb da» Problem »Irr Will «»«frei
512 Oelzelt-Newin — Oetinger.
ist, 1900. — Kleinere philosophische Schriften, 1902. — Die Hypothese eines Seelen-
lebens der Pflanzen, Zeitschrift für den Ausbau der Entwicklungslehre I, 1907. — Be-
obachtungen über das Leben der Protozoen, Zeitschrift für Psychol. der Sinnesorgane,
Bd. 41, u. a.
Oersted, Haus Christian, 1777—1851, der Entdecker des Elektromagne-
tismus (Däne), Prof. in Kopenhagen.
Oersted gehört zu den Anhängern der Schellingschen Naturphilosophie.
Die Körper sind nach ihm krafterfüllte Räume. Nirgends gibt es absolute
Ruhe, alles ist wirksam und entwickelt sich. Die verschiedenen Kräfte sind
Modifikationen einer einheitlichen Kraft. Zeit und Raum sind notwendige
Formen der Sinnlichkeit, „Endlichkeitstheorien". Die Welt und der Menschen-
geist sind nach denselben Gesetzen hervorgebracht. „Wären unsere Vernunft-
gesetze nicht in der Natur, würden wir vergebens streben, sie ihr aufzudringen ;
wären die Naturgesetze nicht in unserer Vernunft, würden wir sie nicht
fassen." Wir sind „selbstlebende, selbstbewußte Gottesgedanken". Natur-
gesetze sind „Naturgedanken", „Gottesgedanken". Das Wesen eines Dinges
ist dessen lebende, verwirklichte Idee; jedes Individuum ist eine eigentümliche
Ausführung der Grundidee des Gegenstandes. Die Unendlichkeit der Idee ist
inbegriffen in einer wirkenden Idee, einer unendlich lebenden Vernunft.
„Das Körperliche und das Geistige sind ungetrennt vereint in dem wirksamen
Gottesgedanken, dessen Werk jedes Ding ist." Durch sein Selbstbewußtsein
ist der Mensch frei.
Schriften (deutsch): Der Geist in der Natur, 1850 (dänisch 1849 — 50); 6. A.
1874. — Neue Beiträge zu dem Geist in der Natur, 1851. — Die Naturwissenschaft in
ihrem Verhältnis zur Dichtkunst und Religion, 1850. — Die Naturwissenschaft und die
Geistesbildung, 1850, u. a. — Gesammelte Schriften, deutsch von Kannegießer, 6 Bde.,
1851—53.
Oesterreicli, Traugott Konstantin, geb. 1880 in Stettin, seit 1910 Privat-
dozent der Philosophie in Tübingen. = Von Paulsen beeinflußt.
Schriften: Kant und die Metaphysik, 1906. — Die Erfahrung des Göttlichen als
das Grundproblem der Beligionsphilosophie , 1909. — Die Phänomenologie des Ich,
1910 f. — Die Entfremdung der Wahrnehmungswelt und die Depersonalisation in der
Psychasthenie, 1910. — Die deutsche Philosophie in der zweiten Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts, 1910. — Das Selbstbewußtsein und seine Störungen, 1911, u. a.
Oetinger, Friedrich Christoph, geb. 1702 in Göppingen (Württemberg),
gest. 1782 als Prälat in Murrhardt. = Von Malebranche, J. Böhme, der Kab-
bala. Swedenborg u. a. beeinflußter Theosoph und Mystiker. Er betont die
Zusammengehörigkeit von Geist und Materie, Licht und Finsternis und den
Primat des Lebens, welches dem Denken und Sein vorangeht, für den Ver-
stand aber dunkel ist, während es dem „sensus communis" klar ist. In jedem
Dinge ist ein „spiritus rector" (Lebensgeist). Der erste Trieb der Seele ist der
Wille zur Selbstoffenbarung, der dem Verstände vorangeht (vgl. Noack, Phi-
losophiegeschichtliches Lexikon, S. 640 ff.).
Schriften: Die Philosophie der Alten, 1762. — Metaphysik in Konnexion mit
der Chemie, 1771. — Gedanken von den Fähigkeiten zu empfinden und zu erkennen,
I lETIXGEB — OKEN.
1775. — Selbstbiographie, hrsg. von Haniberger, 1845. — Schriften, hrsg. 1858 ti.,
ti. a. — Vgl. AüBERLEN, Die Theosophie Oe.s, 1848.
Offner, Max, geb. 1864 in Augsburg, Gymnasialprofessor in München.
O. ist besonders von Lipps beeinflußt. Freiheit des Willens ist nach
O. jener Zustand, in dem der Mensch so und nicht anders will, als es in
seiner Xatur, in seiner wahren Persönlichkeit liegt. Die Zurechnung ist
der Zustand, in welchem sich ein Mensch so betätigen kann, wie es in seinem
Charakter liegt. Es gibt äußerliche, psychologische, sittliche und strafrecht-
liche Zurechnung. Die Verantwortlichkeit ist die Möglichkeit, daß ein
."Mensch genötigt wird, den Nachweis zu liefern, daß seine Handlung gewiss
von ihm freiwillig oder gezwungen anerkannten Forderungen nicht wider-
spricht. — Die Assoziation ist eine Teilbedingung für die Reproduktion,
oämlich die „Disposition zur Weiterleitung der psychophysischen Erregung von
einer Vorstellungsdisposition zu einer anderen Vorstellungsdisposition", eine
„Weiterleitungsdisposition". Leistungsfähiger ist die Assoziation in der
Richtung auf jene Stelle hin, deren Erregung bei der Entstehung der As*
ziation ceteris paribus ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hatte. Es gibt
wohl auch ,, freisteigende Vorstellungen" (s. Herbart). Für die Bildung psy-
chischer Dispositionen ist die „Perseveration" (Ausdruck von Müller und Pilx-
ecker), das unter der Bewußtseinsschwelle sich vollziehende Ab- oder An-
klingen psychischer Vorgänge, bedeutsam.
Schriften: Über die Grundformen der Yorstellungsverbindung, Philos. Monats-
hefte, 1892. — Die Psychologie Ch. Bonnets, 1893. — Die Willensfreiheit, 1903. —
Zurechnung und Verantwortung, 1904. — Das Gedächtnis, 1909. — Über geistige Er-
müdung, 1909.
Oinomaos aus Gadara, lebte unter Eadrian. Kyniker, Gregner
Orakelwesens und des Aberglaubens, lehrte die Willensfreiheit. Von seiner
Schrift: Tor\x(üv qpcoga sind Fragmente (bei Eusebiuß, praepar. evangel. V* er-
halten.
Vgl. Th. 8AARMANN, De Oenomao Gadareno, 1887.
Oischinger, J. N. P., geb. 1817 zu Wittmannsberg , zu
München. = Gegner Günthers, Theist.
Schriften: Grundzügo zum System der christlichen Philosophie, 8. A. 1858. —
Die Günthersche Philosophie, 1852. — Spekulat. Entwickl. der Huptsyitemfl dar neuem
Philo«., 1853 f.
Oken (ursprünglich Oekenfuß), Lorenz, geb. 1771) bei Offenburg (Bad
Beil 1807 Prof. der Natarwissenschaften in Jena, Beil is-s in München, seil
• in Zürich, gest. daselbst 1851.
< >. ist der bedeutendste Vertreter der Naturphilosophie aus der Schule
S hellings. Trotz manches Phantastischen enthalten -•■in-- Schriften \
eu Bp&teren, noch heute gültigen Theorien. Schon in der Schrill über die
Zeugung lehrt <>.. dafi alle organischen Wesen aus „Bläschen" oder „Zellen"
entstehen und bestehen. „Diese Bläschen roeinielt und in ihrem nraprü
lichm Entstehen betrachtet sind die infusorial« Masse oder der Ursen! im, woraus
sich alle größeren Organismen gestalten." Die Zeugung besteht in dem Z
Eisler , Phllosophon-Lexikon.
514 Oken.
fallen des Organismus in Zellen („Infusorien"), w eiche den Leib verlassen und
eine neue Hülle aufsuchen. In der Schrift über das Universum betrachtet O.
die Simiesobjekte als Verlängerungen der Sinnesorgane und die Welt als durch
die Sinne verbunden, so daß Welt und Organismus einerlei sind. Das Univer-
sum erscheint sich selbst und ist insofern ein Ich.
Die ganze Philosophie ist nach O. Naturphilosophie. Diese ist die
„Wissenschaft von der ewigen Verwandlung Gottes in die Welt", von der Ent-
stehung der Welt als Vielheit von Erscheinungen durch das Heraustreten der
Idee aus sich selbst, durch ihr Realwerden. Die Naturphilosophie zeigt die
Welt in ihrer Entwicklung bis herauf zum Menschen als Entfaltung und Er-
scheinung der „mathematischen Ideen". Die Naturphilosophie ist demnach
die „Darstellung der Erscheinungen im Bewußtsein". Sie hat zu zeigen, „wie
das Materiale und zwar nach welchen Gesetzen dasselbe entstehe", sie hat „die
ersten Entwicklungsmomente der Welt vom Nichts an darzustellen", sie ist
„Schöpfungsgeschichte", „Genesis". Natur und Geist gehen einander parallel r.
die Natur ist die Darstellung der einzelnen Tätigkeiten des Geistes, das Tier-
reich nichts als der „auseinandergelegte Mensch".
Die Naturphilosophie ist nur Wissenschaft, wenn sie mathematisierbar ist.
Die höchste mathematische Idee ist das Zero (Null), so daß die Mathematik
aus dem Nichts entspringt. Der erste Akt des Realwerden ist ein Entstehen
von Vielem; alle Realität kann sich nur in der Vielheit offenbaren. Das
Reale ist nur das zersplitterte, endlich gewordene Ideale. „Reales imd Ideales
sind eins und dasselbe, nur unter zweierlei Formen. Das letztere ist dasselbe
unter einer unbestimmten, ewigen, einfachen Form; das Reale ist aber das-
selbe, jedoch unter der Form der Vielheit," Realwerden heißt, als Bestimmt-
werden, Endlichwerden, „Extensivwerden der Idee", so daß alles „identisch"
ist. Alle Dinge sind Formen der absoluten Einheit (Monas). Diese, das Ab-
solute, ist ewig, unterliegt keinen Zeit- und Raumbestimmungen, ist weder
endlich noch unendlich, weder ruhend noch bewegt. Das Ewige ist „das
Nichts der Natur", aus dem alles Einzelne hervorgeht. Das Ewige wird real
durch „Selbstentzweiung". Das -f- oder — oder die Zahlen sind Akte, Reali-
täten. „Alles, was real, was poniert ist, was endlich ist, ist ans Zahlen ge-
worden; oder strenger: alles Reale ist schlechterdings nichts anderes als eine
Zahl." Die Dinge sind die Zahlen selbst, nämlich die Akte des Ewigen,
welches das Wesen in den Zahlen, das Reale ist, da alles Einzelne nichts für
sich ist. Die Fortdauer des Seins ist ein fortdauerndes Setzen des Ewigen
oder des Nichts, ein unaufhörliches Realwerden dessen, was nicht ist. Es
existiert wahrhaft nur das Ewige, die einzelnen Dinge haben als solche nur
eine „Trugexistenz". Das Absolute (Ewige) muß unaufhörlich ponieren und
diese Position zurücknehmen, so daß in ihm zwei Richtungen bestehen.
Indem das Absolute sich setzt, erscheint es sich selbst und alles Einzelne ist
nichts als eine „Selbsterscheinung". Das Selbsterscheinen des Uraktes ist
Selbstbewußtsein und das ewige Selbstbewußtsein ist Gott, mit dessen Vor-
stellungen die Welt entsteht als „Gottes Sprache", als Inbegriff göttlicher Ge-
danken, so daß die Naturphilosophie eine „göttliche Logik" ist. Das Leben
< )KKN.
Gottes besteht darin. ..»ich ewig selbst zu erscheinen . . .. ewig sich eh ent-
eil und doch eins zu bleiben". Durch die „Urdreiheitr' Einzelne
hervorgebracht.
Die Uridee ist die Position schlechthin, der Bchwebende, ruhende Punkt
im All. um den sich alles dreht, von dem alles ausgeht, die „Urkraft". Sie
wirkt nur durch ihr Setzen und durch dieses entsteht Sukzession Die Zeil
ist nichts als die „ewige Wiederholung des Ponierens des Ewigen", dag
„Wechseln der Dinge", eine „Aktion der Urkraft", Gottes Denken. Die / Li
ist die „Urpolarität", deren Resultat die „Urbewegung'* ist. Aller Bewegung
liegt ..polare Spannung" zugrunde, eine rein mechanische Bewegung gibt es
nicht. Die Welt ist „das in Bewegung übergegangen» • Denken Glottes". Die
Grbewegung ist nur im Kreise möglich, weil sie alles ausfüllt; sie ist Leben-
Bewegung im Kreise. Ohne Leben gibt es kein Sein; das Leben ist etwas
Ursprüngliches, nur das Nichts ist tot, alles ist lebendig. Die Well erhält
sich, wie ein Organismus, nur durch ihr Leben. Wahrhaft Lebendig ist, was
im Einzelnen das Ewige darstellt. Je mehr ein Ding von dem Mannigfaltigen
des Alls in sich aufgenommen hat. desto belebter ist es, desto ähnlicher ist es
dem Ewigen. Die Krone der Welt ist der Mensch, die Idee Gottes, in der
sich Gott ganz zum Objekt wird; er ist „Gott vorgestellt von Gott in der
1'nendlichkeit der Zeit", der „ganz erschienene Gott". Als Urbild Gottes it
der Mensch frei, als Abbild der Welt unfrei; im Entschluß ist er tn-i. in der
Ausführung unfrei.
Ein Naturding ist „eine sich bewegende Zahl". Die erste Bewegung der
Zahlen ist die Bewegung der Urzahl oder des Uraktes, die Ausbreitung in die
Vielheit, wodurch nicht bloß ein Nacheinander, sondern auch ein Nebenein-
ander gesetzt ist. Die ponierte, stehengebliebene Zeit ist der Baum. Er ist
ruhende Zeit", die Zeit der „bewegte, aktiv. • Kaum". Der Kaum ist au-
der Zeit entstanden; wie sie ist er eine „Form Gottes". Zeit und Kaum sind
der erscheinende [Trakt, es gibt daher keinen leeren Kaum, kein»' Leere Zeit
Ein Raum, welcher einen andern ausschließt, ist Materie. Der Kaum selbst
ist ausgedehnte oder geformte Kraft und die Materie ist nur „eine Sphäre
?on Zentralaktionen, die Schwere". Alles ist als Erscheinung materiell. Di
ürmaterie oder der Äther ist die anmittelbare Position Gottes, welche das
ganze Universum ausfüllt, die erste Bealwerdung Gottes, der „göttliche 1
aus dem eilet entstanden ist Er hat kein Leben, ist aber das Substrat d«-s
as. Die Weltkörper sind „geronnener Äther". Lieht ist „Atherspann
Wärme ist bewegter Äther. I>i'- einzelnen Stoffe sind Atherverdichtungen, die
Materie Oberhaupt ist „verdichteter Äther". Alles ist nur „erkältet
Feuer" und alles wird wieder bu Feuer (vgL Beraklit).
Ein Organismus ist ein individueller, durch sich »elbs ter und
ter Körper, dessen Selbsterregung Leben beut aaip dei I
ist der Galvanismus. I>i«' organischen Dinge sind „sich ■
Zahlen", die anorganischen sind „Bruche". All« 0 8 blefan
ui. h. oxydiertem, [rewassertetfl Kohlenstoß entstanden; dieser I rscbJeüi
der Edeerschleim I rzeugunj Da Hei ichleim wird noch Immer durch das
516 Oken — Opitz.
Licht erzeugt. Die Einzelorganismen sind nur Pole des „Weltorganismus".
Der Mensch ist nicht erschaffen, sondern entwickelt worden. So wie der
Menschenleib sich aus Schleimmasse gebildet hat, so muß der Menschengeist
eine Gliederung der primitiven Empfindung sein. Der Mensch ist das „All-
sinntier", der universale Geist, das ganze Ebenbild der Welt. Er drückt das
letzte Ziel des Willens der Natur aus : „Das Ziel der Natur ist, im Menschen
wieder in sich zurückzukehren."
Schriften: Übersicht des Grundrisses des Systems der Naturphilosophie, 1803. —
Die Zeugung, 1805. — Abriß des Systems der Biologie, 1805. — Über die Bedeutung
der Schädelknochen, 1807. — Über das Universum als Fortsetzung des Sinnensystems,
1808. — Lehrbuch der Naturphilosophie, 1809—11, 3 Bde., 2. A. 1831 (1 Bd.),
3. A. 1843 (1 Bd.). — Isis 1817 ff. (Zeitschrift). — Allgemeine Naturgeschichte, 1833
— 41, u. a. — Vgl. ECKER, L. 0„ 1880. — C. GÜTTLER, L. Oken und sein Ver-
hältnis zur modernen Entwicklungslehre, 1884. — HÜBKEft, O.s Naturphilos., 1909.
Oldendorp, Johann, 1480 — 1561, Prof. in Marburg. = Naturrechts-
lehrer, welcher das natürliche Recht aus der göttlichen Offenbarung (Dekalog)
ableitet.
Schriften: Elao.y(ayrj sive elementaris introductio iuris naturalis gentium et
civilis, 1539.
Olle-Ijaprune, Leon. = Nach O. hängt alle Philosophie vom Glauben
ab, der mit der Vernunft eins ist, deren Prinzipien feststehen, aber nicht allein
genügen. Ein Glaube liegt in jeder moralischen Gewißheit, und dieser Glaube
ist von dem religiösen nicht wesentlich verschieden. Die Philosophie muß
christlich sein.
Schriften: La certitude morale, 1880. — La raison et le rationalisme, 1906. —
Croyance religieuse et croyance intellectuelle, 1908. — La philos. de Malebranche, u. a.
Olympiodoros : 1. Neuplatoniker aus der Schule des Jamblichos,
2. Neuplatoniker im 6. Jahrhundert n. Chr., Verfasser von Kommentaren zu
Plato und einer Schrift des Aristoteles (Meteorologica).
Ölzelt s. Oelzelt.
Onesiltritos, ein Kyniker, zur Zeit Alexanders des Großen. — Vgl.
Diog. Laert. VI.
Opliiten s. Naassener.
Opitz. H. G., geb. 1846 in Netzschkau i. V., Hof rat, Treuen i. V.
Nach O. ist die Philosophie oder „Seinswissenschaft" die Ur- und Grund-
wissenschaft, die Wissenschaft vom Ich. Sie ist zunächst „Erscheinungs-
lehre", welche in Erkenntnis- und Willenslehre zerfällt, ferner „Wesenslehre"
(Metaphysik). Die Philosophie beruht auf innerer Erfahrung. O. sondert die ge-
samten Seelentätigkeiten nach der Form der Gebundenheit (an den Erhaltungs-
und Fortpflanzungstrieb) und nach der Form der Freiheit und unterscheidet
scharf zwischen Verstand und Vernunft. Letztere ist „der von den Fesseln
des Erhaltungs- und Fortpflanzungstriebes befreite, seinem Erkennens- und
Willenstricbe nach ins Unendliche gehende Verstand". Das Bewußtsein ist
dif: innere Wahrnehmung, die „Ver-Ichung" der Lebewesen, eine Abzweigung
Opitz — Okigenes. 517
des göttlichen ,, Allbewußtseins". Aus dem Bewußtsein hat sich das freie
„Vernunft-Ich" entwickelt, welches in Ich- Vorstellungen besteht, es ist das
Subjekt, dessen Objekt das „Verstandes-Ich" ist, das reine, transzendentale,
universelle, absolute Ich. So ist der Mensch, der Besitzer eines Selbstbewußt-
seins, den Tieren gegenüber etwas Neues. Das Ichbewußtsein ist das A priori
der Erkenntnis. Das Ich weiß sich als Substanz, als die ..einheitliche,
dauernde, zusammenfassende Unterlage aller unserer Erkenntnis- und Willens-
tätigkeiten". Apriorisch, angeboren ist auch das Freiheitsbewußtsein und
das Bewußtsein der Unvergänglichkeit des Ich. Dieses bringt auf die Welt
auch ein Bild von der Welt mit. Raum und Zeit sind Formen unserer
Ordnung der Dinge. Der „evolution istische Monismus" O.s faßt Gott als alles
erschaffenden, erhaltenden und umfassenden Urwillen auf.
Schriften: Grundriß einer Seinswissenschaft, 3 Bde., 1897 — 1904. — Auf dem
Wege zu Gott, 1907. — Die Moderne auf dem Kriegspfad gegen Gott, 1909. — Die
Philosophie der Zukunft, 1911.
Oppenheim, Heinrich Bernhard, 1819 — 1880. — Schriften: System des
Völkerrechts, 1845. — Philosophie des Rechts und der Gesellschaft, 1850. — Der
Katheder-Sozialismus, 1875 (der Ausdruck ,, Katheder-Sozialismus" wird hier zum ersten-
mal gebraucht).
Oppenlieimer, Franz, Groß-Lichterfelde bei Berlin, geb. 1864 in Berlin,
Privatdozent der Nationalökonomie in Berlin. = Von Gumplowicz beeinflußt,
lehrt einen „liberalen Sozialismus" (Theorie der „Siedlungsgenossenschaft").
Schriften: Großgrundeigentum und soziale Frage, 1898. — Nationalökonomie,
Soziologie, Anthropologie. Zeitschrift für Sozialwissenschaft 111. — Der Staat,
1907. — Theor. d. rein. u. polit. Oekonomie, 2. A. 1911, u. a.
Opzoomer, Cornelis Willem, geb. 1821 in Rotterdam. 1 84 G Prof. in
Utrecht, gest. 1892 in Osterbeck. = Zuerst von Chr. Krause beeinflußt, dann
gemäßigter Empirist und Positivist, welcher das Gebiet der Wissenschaft von
.Metaphysik freihalten will und es von dem des Glaubens scharf scheidet.
Schriften: Der Weg der Wissenschaft, 1852 (deutsch). — Handbuch der Logik,
deutsch 1852; neue Auflage (holländisch) 1863, 1867. — Die Wahrheit, 1859 (hollän-
disch). — Kleine Schriften, 1886—1887 (holländisch), u. a.
Oiano« Paolo, geb. 1875, Prof. in Rom. = Anhänger Labriolas.
Schriften: 11 precursore italiano di Marx, 1899. — Psicologia sociale, 1902. —
1 patriarchi del socialismo, 1904, u a.
Orestano, Francesco, geb. 1873 in Alia. Prof. in Rom. = ( ). zeigt die
m< t aphysischen Elemente aller Erkenntnis, mich der wissenschaftlichen auf.
Der Grundwert ist nach ihm das Leben.
Schriften: Der Tugendbegriff bei Kant, 1901. — Lo idee fondamentali di
r". Nietzsche, 1903. — I.'originalitä di Kant, 1905. — 1 valori umani, 1807, u. a.
Origene* ans Alexandrien, Nenplatoniker, Schüler des taunonitu Sakkas,
= o. betont die Identität von Deminrg (Geist) und Gott
Schriften: UeQt h<unur<<>v. — "Ort ftdrc <■. \.
BEIGL, Der Bericht des Porphyrio« übet • 18*6.
518 Okigenes.
Origenes der Kirchenvater, geb. 185 n. Chr. in Ägypten (Alexandrien?),
Schüler des Clemens in der Katechetenschule zu Alexandrien, las die Werke
des Piaton, verschiedener Stoiker und Neuplatoniker, hörte wohl auch Am-
monius Sakkas. Er unterrichtete an der Katechetenschule, wurde der Ketzerei
bezichtigt und lebte seit 232 in Caesarea als Presbyter. Er starb 254 in
Tyrus.
O. ist der erste Systematiker des Christentums, dessen Dogmen er in philo-
sophischer Weise, als ein von Philo, den Neuplatonikern u. a. beeinflußter
Vertreter einer christlich-kirchlichen Gnosis deutet und einheitlich ableitet.
Die Objekte der in der Schrift „Von den Prinzipien" niedergelegten Erörterungen
sind Gott, Welt, Freiheit und Offenbarung.
Gott ist nach O. nicht — wie bei den „häretischen" Gnostikern — ein
vom Weltschöpfer des Alten Testaments verschiedenes Wesen, sondern iden-
tisch mit diesem Gott, dem Vater Christi. Gott ist unkörperlich, rein
geistig, einfach, eine Einheit, unveränderlich, überseiend, übergeistig, allmächtig,
allweise, allgütig, die Quelle alles Guten („Non corpus aliquod aut in corpore
esse putandus est Deus, sed intellectualis natura simplex, nihil in se adiunc-
tionis admittens, ita ut nee maius aliquid nee inferius habere credatur, sed ut
sie ex omni parte monas et ut ita dicam sväg et mens ac fons ex quo initium
totius intellectualis naturae vel mentis est"). Er allein erkennt sich, wie er
ist. Ewig wie der Vater ist der Logos, der Sohn Gottes, der im Gottvater
(seinem „Orte") ist, von ihm abhängig und von ihn als Vernunftkraft aus-
gehend, gleichen Wesens (öfxoovoiog) wie der Vater, aber diesem doch unter-
geordnet, der „zweite Gott" {ßsvxsqog deög). Vom Logos empfängt der heilige
Geist seine Vernunft und Weisheit. Der Logos ist die „Idee der Ideen" (tdea
Zdewv), der Inbegriff der Ideen {pvotr^ta -&scoQ^f.idrcov iv avzcp), der Demiurg,
durch den Gott alles erschaffen hat, zugleich das Prinzip der Welterlösung.
Die Schöpfung der Welten — der jetzigen Welt sind schon viele voran-
gegangen und es werden ihr noch viele folgen — ist eine ewige, zeitlose, da
Gott als unveränderliches Wesen nicht zu irgendeiner Zeit etwas neuangefangen
haben kann und da Gott sich immer betätigen mußte. Ein Produkt der gött-
lichen Schöpferkraft ist auch die Materie. Diese ist qualitätslos, aber fähig,
qualitative Bestimmtheiten anzunehmen und existiert de facto nur mit irgend-
welchen Qualitäten. Ewig in Gott waren alle Geister oder Seelen, die einst
alle gleichwertig waren. Durch ihre Willensfreiheit haben die Seelen schon
im Zustande der Präexistenz sich für das Gute oder Böse entschieden. Die
Geister, welche das letztere taten und so von Gott abfielen, wurden Seelen, die
durch leibliche Hüllen gefesselt sind und deren Zustände ihr Korrelat in be-
stimmten Körperverfassungen erhalten haben. Das Böse aber ist nichts Wesen-
haftes, nichts Ursprüngliches und Positives, sondern nur ein Mangel des Guten,
eine „Beraubung" („privatio") und schlägt schließlich ins Gute um.
O. lehrt nämlich eine Wiederbringung aller Dinge, eine „Apokatastasis"
(aTToy.ardoTaoig, £7iav6(>da>oig), eine Aufrichtung alles von Gott Abgefallenen,
eine Vergottung aller Geister, eine Erlösung aller Seelen, auch der bösen
ter, auch des Satans. Durch den Logos erlöst, vereinigt sich alles wieder
Obigenbs — Ostwald. 519
mit Gott, welcher dereinst alles in allem sein wird. Alle Geister werden dann
als Gottessöhne Gott so erkennen, wie es der Logos vermag:, und das Böse
wird aufgehoben sein.
Als „Origenisten" gelten Basilius der Große, Gregor von Nyssa und
Gregor von Nazianz. Die spekulativen Elemente des Systems des Origenef
sind von der christlichen Orthodoxie nicht rezipiert worden.
Schriften: Von den zahlreichen Schriften des 0. kommt für die Philosophie be-
sonders das Werk: IJsgl dg/cbv (De principiis), 1836, in Betracht. — Ferner: Contra
Celsum, 1876; deutsch 1745. — Werke, 1733—59, 1780-94, 1831—47, 1856, 1899,
auch in Mignes Patrologiae Cursus (Bd. XI— XVII). — Vgl. REDEPEXNING, Origenes,
1841 — 46. — J. DENIS, De la philosophie d'Origene, 1884.
Ormond. A. T., Prof. an der Princeton-Universität (Verein. Stauten i. =
Von Kant, Lotze, Mc Cosh u. a. beeinflußt.
Schriften: Basal Concepts in Philosophy, 1894. — Foundations of Knowledge,
1900. — Concepts of Philosophy, 1906, u. a.
Orphiker: religiös-philosophische Dichter, die ihren Xamen von Orpheus,
der Sage nach der Stifter des thrakischen Dionysos-Dienstes, haben. Dem
Orpheus selbst wurden durch Onomakritos (unter den Pisistratiden, G. Jahrh.)
u. a. kosmogonische Dichtungen untergeschoben. Diese Dichtungen stammen
aber meist aus späterer Zeit, mögen sie auch zum Teil Elemente älterer An-
schauungen enthalten. Die Orphiker hatten Mysterien und Kultvereinigungen,
in welchen Dionysos zugleich als lebensbejahender Xaturgott und als mit Hades,
dem Todesgott identisch galt, so daß in die heitere Weltanschauung der
Griechen düstere Elemente hineinkommen, worauf besonders Burckhardt, Khode
und Nietzsche aufmerksam gemacht haben. In den allegorisch-mystischen
Betrachtungen der Orphiker sind von Bedeutung die Bilder des Mantel- (Welt-
niantel), des Netzes u. a., welche die Weltschöpfung symbolisieren. Al< l'r-
wesen gelten die Nacht (w£) und der Himmel (ovoarög), auch die Zeil und
<!a- Chaos.
Vgl. Orphica, hrsg. von G. Hermann, 1805, E. Abel, 1885; deutsch von Yoß, lSuü.
— LOBECK, De carminibus Orphicis. 1824; Äglaopharaus, 1829. — < >. Ki:i:x, Dfl
Orphei. Epimenidis, Pherecydis theogoniis quaestiones, 1888. — E. BOHDE, 1
3. A. 1903.
Örsted s. Oersted.
Ossip-Loni'ie. — Schriften: Pensees de Tolstoi, 8. ed. 1902. — Xouvelle«
pena. de T., 1903. — La philos. de T., 3. ed. 1908. — La philos. sociale dans le
theätre d'lbsen, 1900. — La philos. russe contemporaiiv, 2. 6öL 1905. — La psychol.
des romanciers rus.ses, 1905. — Croyanco religieuse et er. intolleetuelle, 1908, u. a.
<K(wal(l. Wilhelm, geb. 185:; in Riga, früher (seil 188 Prof. det physi-
kalischen Chemie in Leipzig, lebt jetzt in GroÄ-Bothen bei Leipzig. Hermusgeber
der „Annalen der Naturphilosophie*', 1901 ff. . der „Klassiker der exakten
Wissenschaften".
( ). ist der Begründer der energetischen Weltanschauung, durch die
erden wissenschaftlichen Materialismus überwinden will. Unter dem letzteren
520 Ost wald.
versteht er die Annahme, daß es hinter den energetischen Vorgängen und Zu-
ständen noch einen besonderen Träger, die Materie, gibt und daß alle physi-
kalischen Vorgänge sich auf mechanische, auf das Spiel von Atomen zurück-
führen lassen können und müssen. Nach 0. hat aber die Wissenschaft in rein
empirisch-positiver Weise die Tatsachen zu beschreiben und keine Hypothesen
einzuführen, welche über alle Erfahrungsmöglichkeit hinausgehen, was nicht
vorläufige Annahmen („Protothesen") und „Interpolationen" (Ausfüllen von
Erfahrungslücken) ausschließt. Anschauliche Hypothesen und physikalische
,, Bilder" sind nicht zu verwenden, also ist der Atombegriff abzulehnen. Ferner
gibt es physikalische Prozesse (Licht, Elektrizität u. a.), die nicht auf mecha-
nische Vorgänge (Druck und Stoß) zurückführbar sind. Kurz, die Physik
muß sich mit der Darstellung der funktionalen Zusammenhänge der physikali-
schen Vorgänge selbst begnügen und diese Vorgänge sind nichts als ver-
schiedene, spezifische Formen der Energie.
Die Energie ist das Gemeinsame aller Phänomene, die wahre „Substanz"
der Dinge, die nicht wiederum eines Trägers bedarf, da sie selbst das Wirkliche
ist. Energie ist eine gewisse Größe von immaterieller Beschaffenheit, die bei
allen Vorgängen ihren Wert beibehält, während ihre Erscheinungsformen
wechseln (Konstanz der Energie). Energie ist „Arbeit, oder alles, was aus
Arbeit entsteht und sich in Arbeit umwandeln läßt". Alles, was wir von der
Außenwelt wissen, können wir in der Gestalt von Aussagen über vorhandene
Energien darstellen. „Wir fragen nicht mehr nach den Kräften, die wir nicht
nachweisen können . . ., sondern wir fragen, wenn wir einen Vorgang beurteilen
w ollen, nach der Art und Menge der aus- und eintretenden Energien." Eine
selbständige Materie gibt es nicht. Was wir Materie nennen, reduziert sich
in Wahrheit auf einen Energiekomplex, eine „räumlich zusammengesetzte
Gruppe verschiedener Energien". Der Begriff der Materie beruht nur darauf,
daß eine Anzahl von Eigenschaften wie Masse, Gewicht, Volum, Gestalt und
Farbe dauernd örtlich beisammen bleibt und sich zum Teil nicht oder nur
wenig ändert. In demjenigen, was wir „Materie" nennen, stecken lauter Sek-
tionen energetischer Art, nämlich „die Masse, d. h. die Kapazität für
Bewegungsenergie, ferner die Raumerfüllung oder die Volumenenergie, weiter
das Gewicht oder die- in der allgemeinen Schwere zutage tretende Art von
Lagenenergie, und endlich die chemischen Eigenschaften, d. h. die chemische
Energie". Was wir bei der Betastung erfahren, sind die räumlichen Verhält-
nisse der Volum- und Formenenergie. Die chemischen Elemente, aus welchen
die Körper bestehen, sind aus ihren Verbindungen in unveränderlicher Menge
wieder zu gewinnen („Gesetz der Erhaltung der Elemente"). Geschehen kann
überall etwas nur dann, wo „nichtkompensierte Intensitätsunterschiede" vor-
handen sind. Alles Geschehen ist entweder Wanderung der Energie im Raum
oder Umsetzung verschiedener Energieformen ineinander, wobei das Gesetz
der Erhaltung der Energie und das Entropiegesetz gültig sind.
Auch das Leben ist energetisch aufzufassen. Das Kennzeichen des Lebens
ist der „Energiestrom". Die Organismen sind „stationäre Gebilde", durch die
ein dauernder Strom verschiedener Energien geht und bei denen „katalytische"
IWALD.
Prozesse von Bedeutung sind. Die Organismen haben die Fähigkeit der .Selbst-
erhaltung, sie können sich der Energievorräte, deren sie bedürfen, selbsttätig
bemächtigen. Anpassung und Vererbung beruhen (wie nach Hering. Mach,
£einon u. a.) auf dem organischen „Gedächtnis". Auch das Psychische ist
an Energieumsetzungen gebunden; es besteht eine Verknüpfung zwischen
geistiger Arbeit und Energieverbrauch. Es ist zu vermuten, daf'> es Bich bei
den geistigen Vorgängen um die Entstehung und Umwandlung einer besonderen
Energie handelt, welche etwa aus chemischer Energie hervorgeht. Geistige
Energie ist (unbewußte und bewußte) „Nervenenergie" und „Gehirnenergie".
Die subjektiv bekannten Bewußtseinserscheinungen sind wohl „Wirkungen oder
Eigenschaften der Nervenenergie". Das Bewußtsein ist eine Funktion dei
Nervenenergie des Zentralorgans; die mit Bewußtsein verbundene Energie ist
die höchste und seltenste Energieart. O. zeigt dann im Einzelnen, wie
Empfindung, Denken, Wollen usw. energetisch aufzufassen sind, wobei er im
^inne des Darwinistischen Evolutionismus das auf Kampf und Dasein,
Selektion, Anpassung, Vererbung beruhende Teleologische bio-psychi» ler
Funktionen berücksichtigt.
In erkenntnistheoretischer Beziehung ist O. Positivist, evolutionist i-
Bcher Empirist, Relativist und insofern „Pragmatist" (oder ., Aktivist" i. als er
die praktische, der Beherrschung der Natur dienende Rolle des Denkens und
der Wissenschaft betont. Das Comtesche ,,voir pour prevoir" ist auch seine
Devise: „Die Aufgabe der Voraussicht unserer Zukunft haben wir als das all-
gemeinste Mittel zur Sicherung unseres eigenen Lebens und des Lebens ui
Gattung erkannt." Ein Absolutes ist uns nicht gegeben; stets handelt es Bich
bei unseren Annahmen, welche die zweckmäßigste und angemessenste i>t. Aut
Erfahrung muß sich alles Denken stützen, an der Erfahrung muß es stets
geprüft werden und es muß so lange berichtigt werden, bis es mit der Er-
fahrung übereinstimmt. Apriorische Annahmen sind unzulässig. Was wir
als apriorisch ansehen, das sind „durch lange Entwickelung erworbene und
durch Vererbung gefestigte Denkmethoden, die unter anderen Umständen
wohl auch anders hätten ausfallen können", durch Gattimgserfahrungen fest-
gelegte, durch ihre Zweckmäßigkeit gesieherte Normen, nach denen wir unsere
Erfahrungen regeln (Annalen der Naturphilos., 1902). Da> Wesentliche aller
Erfahrung ist die Fähigkeit, durch Vcrgleichung und Gedächtnis die Zukunft
.'•rauszusehen und dadurch zweckmäßig zu handeln. Ererbte Vorstellungen
Bind Raum. Zeit und Kausalität. Der Kaum i»t eine Btetige Mannigfaltigkeit ;
die Raumvorstellung entsteht auf Grund der gleichzeitigen Reizung der ver-
schiedenen Körperteile des Subjekts. Die Annahme, dal', der Kaum überall
stetig ist, beruht auf einer „Interpolation". Eine solche findet auch bei der
Zeit statt, deren llegrift wie der des Raumes ins der Erfahrung abstrahiert ist
Auch die Mathematik ist empirisch fundiert, nur dafl ihre Erfahrung
aber der anderer Naturwissenschaften häufiger, zugänglicher ist Die Mathe-
matik enthält synthetische Sitae und die Abstraktionen unterliegen hier einer
denkökonomischen Auswahl (TgL Die Kultur der Gegenwart, I. Alu.. \\t\. \\ .
Die Naturphilosophie, welche alle diese Erörterungen in sich I»
522 Ostwald — Otto.
ist eine „Zusammenfassung und Vereinheitlichung unseres gesamten Wissens
von der Natur", also keine Metaphysik.
Energetisch ist nach O. auch die Kulturwissenschaft und Soziologie zu
begründen. Die Grundformel ist hier: Nutzenergie = Güteverhältnis X Roh-
energie. Denn die Kulturarbeit ist die Bemühung, „einerseits die Menge
der verfügbaren Rohenergie tunlichst zu vermehren , anderseits das Güte-
verhältnis ihrer Umwandlung in Nutzenergie zu verbessern". Kulturell ist es,
möglichst wenig Energie, die dem Leben dienen kann, zu vergeuden; davon
hängen Wirtschaft, Recht, Sittlichkeit usw. ab. Der Mensch vermag die Um-
welt sich anzupassen und seinen Energiebesitz immer weiter auszudehnen; er
versteht es, seine Zwecke auch mittels solcher Energien zu erfüllen, die nicht
aus seinem Körper herrühren, sondern der Außenwelt entnommen sind. Die
Gesellschaft ist durch gemeinsame Arbeit zu einem gleichen Ziele charak-
terisiert. Sie ist ein Kulturfaktor, da sie das Güteverhältnis bei der Umwand-
lung der Rohenergien für menschliche Zwecke verbessert, und zwar durch das
Prinzip der Ordnung, durch „Funktionsteilung" und „Funktionsvermittelung".
Ein Vorzug der Gesellschaft ist die Ansammlung von Erfahrungen, welche über
die Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer des Einzelnen wreit hinausgehen,
und die Objektivierung der Erfahrung durch Herstellung und Mitteilung
allgemeiner Begriffe. Durch eine „Weltsprache" werden einst die geistigen
Schöpfungen der gesamten Menschheit jedem Einzelnen zugänglich gemacht
werden. Ein soziales Produkt ist die Wissenschaft, die „Technik des
systematischen Voraussagens oder Prophezeiens". Aller Fortschritt im Einzelnen
aber wird durch große Männer bewirkt, deren Analyse 0. „Psychographie"
nennt.
Schriften: Lehrbuch der allgemeinen Chemie, 1885 ff.; 2. A. 1891 ff. — Grund-
riß der allgemeinen Chemie, 1889; 3. A. 1899. — Die wissensch. Grundlagen d. analyt.
Chemie, 1894. — Die Energie und ihre Wandlungen, 1888. — Die Überwindung des
-wissenschaftlichen Materialismus, 1895. — Vorlesungen über Naturphilosophie, 1901;
2. A. 1902; 3. A. 1905 (Hauptwerk). — Vorträge und Abhandlungen. — Die Energien,
1908. — Grundriß der Naturphilosophie, 1908 (Universalbibl.). — Energetische Grund-
lagen der Kulturwissenschaft, 1908. — Große Männer, 1909. — Die Forderung des
Tages, 1909. — Verschiedene Abhandlungen in den „Annalen" u. a.
Oswald, James, schottischer Geistlicher, gest. 1793. == Von Reid beein-
flußter Vertreter der Schottischen Schule, welcher die Religion durch Berufung
auf den „common sense" zu sichern sucht.
Schriften: An appeal in common sense in behalf of religion, 1766 — 72; deutsch
1774.
Ötinger s. Oetinger.
Öttingen, Alexander von, geb. 1827 in Livland, seit 1856 Prof. der
Theologie in Dorpat.
Schriften: Die Moralstatistik in ihrer Bedeutung für eine Sozialethik, 1869 — 74;
3. A. 1882, u. a.
Otto, Rudolf, geb. 1869 in Peine, Prof. der Theologie in Göttingen. ==
Theistisch-teleologischer, idealistischer Standpunkt, von Fries beeinflußt.
Otto — Palagyi.
Schriften: Naturalist, u. religiöse Weltansicht, 1904. — Goethe u. Darwin, 1909.
— Kantisch-Friessche Eeligionsphilos., 1909. — Darwinismus und Religion, 1910.
Owen, Robert, geb. 1771 in Xewtown, Fabrikant, gründete in New-Lanark
eine Arbeiterkolonie mit Selbstverwaltung auf kommunistischer Produktion--
und Enverbsgrundlage. Während diese Vereinigimg erfolgreich war, mißlangen
die von O. in Amerika gemachten sozialistischen Versuche. O. starb 1858. =
O. betrachtet den Menschen als Produkt seiner ererbten Organisation und der
Umwelt und verlangt eine natürliche Gesellschaftsordnung mit gemeinsamer
Produktion und Güterverteilung.
Schriften: A new view of society, 1812 f. — Outlines of the rational systeni
of society, 1839. — The book of the new moral world, 1820, 1836; deutsch 1840. —
Life of R. 0., 1857. — Vgl. SARGAXT, R. 0., 1860. — H. SIMON, R. 0.. 1905.
P.
Pabst, Johann Heinrich, geb. 1785 zu Linda, kam 1807 als Doctor
der Medizin nach Wien, wo er als Privatlehrer und Schriftsteller lebte und
1838 starb. = Anhänger Günthers, mit dem zusammen er die „Januskö]
herausgab.
Schriften: Der Mensch und seine Geschichte, 1830. — Gibt es eine Philosophie
des positiven Christentums? 1832, u. a.
Paehymeres s. Georgios P.
Palagyi, Melchior, geb. 1859 in Paks, Gymnasialprofessor und Privat-
dozent in Klausenburg (Ungarn).
P. ist ein (von Plato, Leibniz u. a. beeinflußter) Gegner des ..logischen
Dualismus'', des Sensualismus und Psychologismus, aber auch des extremen
Antipeychologismns, wie ihn Bolzano, Husserl u. a. vertreten. Logik und
Psychologie bedingen sich wechselseitig. Die Logik hat die Aufgabe, „durch
die Untersuchung der Erkenntnistätigkeit selbst unser Wissen von der Wahrheil
zu befördern". Die ,, monistische'* Logik ist „dynamische Urteilslogik". Qu
Ziel is1 die eine Wahrheit. Die Wahrheit läßt sich oichl vom Denken ab-
trennen; ist aber nicht vergänglich wie das Phänomen des Denkaktes und dei
Impressionen. .,Die Tatsache vergeht, ihre Wahrheit aber besteht." Es ist
nämlich jedes Urteil ein „Ewigkeiteerlebnis", alle wahren Urteile Bind für die
Ewigkeit gefällt. Dies bedeutet, daß der Tatsache im Reiche alles Geecheh
eine unverrückbare, ewige Stellung zukommt. Der Unterschied zwischen
aposteriorischen und apriorischen Urteilen wird dadurch nichtig, ebenso die
Kantsche Unterscheidung zwischen Form und Inhalt der Erkenntnis. Uns
Erkenntnis hat es stete mit dem „Unvergänglichen in dem Wechsel aller I
Bcheinungen" zu tun, ist ein „Erfassen des Ewigen im Vergänglichen".
P. unterscheidet von den physischen die (nicht rein mechanisch erklirbai
„vitalen'' Vorgänge, zu denen auch die Empfindungen n. dgL („Impressionen")
gehören, und von diesen die eigentlich psychischen, geistigen „Akte" Wille,
Denken osw.). Wahrend die vitalen Vorgänge fließend sind, besteht eine
524 Palagyi — Panaitios.
„Intermittenz" der geistigen Akte, deren Bedeutung in ihrem außerräumlichen
und außerzeitlichen Sinn besteht. Zwei geistige Akte, die durch einen Lebens-
vorgang verbunden sind, heißen geistiger „Pulsschlag" und es ist eine „Puls-
lehre des menschlichen Bewußtseins" notwendig, da unsere Welt vom Be-
wußtseinspuls abhängig ist. Jede Impression besteht aus grenzenlos vielen
zeitlichen Abschnitten, ist unerschöpflich ; was wir aus dem Eindruck schöpfen,
ist immer nur eine Erinnerung an den Eindruck. Der Kontinuität des Ge-
schehens kann unser diskontinuierliches Bewußtsein nicht nachkommen. Die
menschliche Phantasie ist „Bewegungsphantasie", d. h. die Fähigkeit, sich von
dem einen Ort an den andern zu versetzen, ohne die Bewegung in Wirklich-
keit produzieren zu können. Durch diesen Prozeß schafft man sich in der
Einbildung alle gewünschten Empfindungen und Gefühle herbei. Die Rolle
der Gefühle und des Willens als Antrieb zur Erkenntnis wird von P. be-
rücksichtigt.
P. betont die Einheit von Zeit und Raum. Er spricht vom „fließenden
Raum" als einem sich in der Zeit stetig erneuernden Raum. Der Zeitpunkt
entfaltet sich in allen Raumpunkten zum unendlichen Weltenraum; er ist die
Einheit des letzteren, dieser die Entfaltung des Zeitpunktes. Der Zeitstrom ist
die endlose Entfaltung eines Raumpunktes. Der sich stets erneuernde Raum
begreift schon die Zeit in sich. Raum und Zeit bilden eine „einheitliche
Doppelordnung der Erscheinungswelt". Nach dieser „dynamischen" Raum-
theorie erneuert sich also der Raum in jedem Augenblicke der Zeit. Absolute
Ruhe gibt es nicht. Die Qualitäten erhalten den Charakter der „rhythmischen
Wiederholung".
Schriften: Neue Theorie von Raum und Zeit, 1901. — Kant und Bolzano, 1902.
— Der Streit der Psychologisten und Formalisten in der modernen Logik, 1902. — Die
Logik auf dem Scheidewege, 1903. — Die Phantasie, Jahrb. für moderne Menschen,
1908. — Naturphilosophische Vorlesungen über die Grundprobleme des Bewußtseins und
des Lebens, 1908, u. a. — Vgl. TJPHTJES, Zur Krisis in der Logik, 1903.
Palante, Georges. = Soziolog. — Schriften: Precis de sociologie, 4. ed.
1909. — Combat pour l'individu, 1904. — La sensibilite individualiste, 1909, u. a.
Paley, William, geb. 1743 in Peterborough, Prof. der Theologie in
Cambridge, gest. 1805. = P. verbindet die autoritative (heteronome) Ethik mit
dem Eudämonismus. Den Grund der sittlichen Verpflichtung findet er im
göttlichen Willen, im Befehl eines Höheren überhaupt. Als Motiv des Handelns
kann aber nur die Rücksicht auf Lust oder Unlust genügend stark Avirken und
so kann nichts zur Pflicht gemacht werden, was uns schädigt. Alles, was im
Ganzen nützlich ist, ist recht und auch der Inhalt des göttlichen Willens ist
mir das der allgemeinen Glückseligkeit Dienende.
Schriften: Principles of moral and political philosophy, 1785; deutsch 1788. —
Natural Theology, 1802; deutsch 1823. — Works, 1825, u. a.
Pampliilos, Platoniker in Samos, den Epikur hörte.
Panaitios von Rhodos, geb. um 180 v. Chr., Schüler des Antipater von
Tarsos, lebte längere Zeit in Rom, wo er Scipio Africanus, Laelius u. a. für
Paxaitios — Paracelsi-. 525
die Stoische Philosophie gewann, lehrte seit 129 in Athen, wo er um 110 v.
Chr. starb.
P. ist ein Stoiker, der auch von Plato, Aristoteles u. a. beeinflußt ist und
in manchem von der Stoa abwich. So ist er ein Gegner der Lehre von der
Ekpyrosis, der Weltverbrennung und der Unsterblichkeitsannahme, es gibt nach
ihm nicht acht, nur sechs Seelenkräfte, ferner mildert er die Strenge der
Stoischen Ethik dahin, daß er für die Durchschnittsmenschen das sittliche
Ideal weniger anspannte, die Apathie verwarf, und auch die äußeren Güter als
erstrebenswert zuließ. Auch war er ein Gegner des religiösen Aberglaubens.
— Seine Schriften (xsgi xov xa&rjxovtog, .Tfo< xgovoiag u. a.) sind verloren _
gangen. Ciceros ,.De officiis" lehnt sich an die Schrift des P. über die
Pflicht an.
Vgl. Panaetii et Hecatonis librorum fragmenta, ed. Fowler, 1885. — A. Schmekel,
Die Philosophie der mittleren Stoa, 1892.
Papini. Giovanni, geb. 1881, Herausgeber der Zeitschrift „Leonardo"
(vgl. darin: „Introduzione al Pragmatismo", 1907 u. a.). = Pragmatist.
Paracelsus, (Philippus) Aureolus Theophrastus Bombastus (von Hohen -
heim-Paracelsus), geb. 1493 in Einsiedeln (Schweiz), als Sohn eines Arztes,
wurde Doktor der Medizin, unternahm viele Eeisen. war 1520 — 27 Professor in
Basel, führte dann ein unstetes Leben und starb 1541 in Salzburg. Wenn er auch
von einer gewissen Charlatanerie nicht freizusprechen ist, ist doch sein Charakter
nicht so schwarz gewesen, wie man es vielfach geglaubt hat. Durch seine
Bekämpfung veralteter Heilmethoden und der Autorität des Galen und Avi-
cenna und durch seine Auffassung der Krankheit als Wirkung von dem
Organismus feindlichen Prinzipien, gegen welche die Lebenskraft zu stärken ist,
hat P. große Bedeutung für die Geschichte der Medizin. Diese ist ihm die
höchste Wissenschaft und hat vier Säulen: die Philosophie, die Astronomie,
die Alchymie und die Theologie, da der Mensch verschiedenen Welten angehört.
Das Erkennen muß sich (durch das „ natürliche Licht geleitet") an die
(methodische) Erfahrung halten, die aber von P. schließlich im Sinne einer
dynamisch-organisch-panpsychistischen Naturphilosophie gedeutet
wird. Die Philosophie ist nichts anderes als die „unsichtige Natur- und
hat die Natur zu ihrem Objekt, den Mikrokosmus (den Menschen) und den
Makrokosmus, die wechselseitig auseinander zu erklären sind. Der Mensch ist
ein Auszug, die ,, Quintessenz" aller Wesen und Kräfte, in ihm ist der Mikrokos-
mus enthalten und er in diesem. Der Mensch i-t ein Bild des Alls. Erkannt
wird die Natur nur durch Vereinigung von Experiment und Spekulation, durch
stige Verarbeitung der Erfahnu
Hervorgegangen sind alle Dinge aus der Ursubstanz (dem ..limu--- oder
..limbn- mundi", dem ..m\ -tenmn magnum", „yliaster" oder „hyaster"), '"
welcher die Keime zu allem lagen. Zuerst schieden sich hieraus die riei
Element.- (Feuer, Wasser, Knie, Luft), dann aus dem Feuer die Gestirne, an-
der Luft die Elementargeister, aus der Erde („ümus terrae") die anorganischen
und organischen Wesen, Diese Entwicklung fand unter der Einwirkung
526 Paracelsus — Parmenides.
göttlichen Geistes statt. Alle Welten und Dinge stehen in einer wechsel-
seitigen Harmonie und Sympathie, beeinflussen einander. Die Elemente der
Dinge bestehen aus den Substanzen Mercur (Quecksilber), Sal (Salz) und
Sulphur (Schwefel) bzw. aus Stoffen mit Eigenschaften, welche denen der
genannten Substanzen analog sind. Jeder sichtbare Körper ist die Hülle eines
unsichtbaren, „astralischen" Leibes, eines „Geistes" („spiritus"), der ihn beseelt
(Panpsychismus). Die geistige Naturkraft in den Elementen heißt „Vulcanus'',
der „Geist" in den Körpern aber „Archeus". Dieser wirkt in den Dingen als
gestaltende und erhaltende Kraft unbewußt zweckmäßig und ist im Menschen
die Lebenskraft, welche in den Organen tätig ist und im Magen wie ein
Chemiker sich verhält. Diesen Archeus im Kampf gegen die Krankheit zu
stärken, ist die Aufgabe der Medizin. Außer dem vergänglichen Körper und
(dem ätherartig zu denkenden) „Geist" besitzt der Mensch auch eine unsterbliche
Seele, die aus der „dealischen" Welt stammt. Durch die Taufe wird im
Menschen ein himmlischer Leib erzeugt, der in der Auferstehung zur vollendeten
Existenz gelangt.
Zu den Anhängern des P. gehören A. Bodenstein, O. Cr oll, G. Dorn
und andere Ärzte, ferner sind von ihm beeinflußt: E. Fludd, J. B. van
Helmont u. a„ auch Goethe (vgl. „Faust").
Schriften: Paramirum. Paragranum (hrsg. von Strunz, 1903). — Phiiosophia
magna. De fundamento sapientiae. Liber Azoth. De iraaginibus u. a. Werke, 1658.
— Rixner und Siber, Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker des 16. und
17. Jahrhunderts I, 1819. — Vgl. J. HARTMANS, Grundriß der Lehren des P., 1898.
— F. STRUNZ, Th. P„ 1903. — SUDHOFF, Versuch einer Kritik der Paracelsischen
Schriften, 1894—99.
Pareto9 Vilfredo. = Mechanisch-ökonomische Eichtung der Soziologie.
Die Sozialwissenschaft ist die Wissenschaft der Interferenzen zwischen den
verschiedenen sozialen Phänomenen und dem Einflüsse der Umwelt und der
Rasse auf diese Phänomene. Die psychischen Faktoren sind zu berücksichtigen.
Schriften: Cours d'economie politique, 1896 f. — II compito della sociologia. Fra
le scienze sociali, Riv. Ital. di Sociol., 1897. — I problemi della sociologia, 1. c.
1899, u. a.
Parker, Samuel, geb. 1640 in Northampton, gest. 1688 als Bischof von
Oxford. = P„ der von Plato und Aristoteles beeinflußt ist, bekämpft die
mechanistisch-atomistische Physik und ist entschiedener Te leolog. Die Zweck-
mäßigkeit der Dinge gilt ihm als Beweis für das Dasein Gottes, der alles leitet,
ohne daß dadurch die menschliche Willensfreiheit beeinträchtigt wird, da Gott
die freien Willensakte als solche voraussieht.
Schriften: Tentamina physico-theologica de Deo, 1669, 1673, u. a.
Parmenides aus Elea, geb. um 540 v. Chr., Schüler des Xenophanes,
verfaßte um 480 v. Chr. ein philosophisches Lehrgedicht (jisqi (pvoea>g), von
dem viele Verse erhalten sind.
P. ist der Hauptvertreter der Eleatischen (s. d.) Richtung, er hat die von
Xenophanes eingeleitete Weltanschauung spekulativ begründet. Er unterscheidet
Parmenides — Parodi. 527
schroff zwischen Sinne swahrne hm ung und Vernunft (Denken); erstere
hat die nur scheinhafte Welt der Vielheit und des Werdens, letztere aber das
allein wahrhafte und reale einheitliche Sein zum Gegenstande. Dem
Sinnentrug ist die begriffliche Erkenntnis (xgTvai de loytp) entgegenzusetzen, die
Einsicht: Xur das Sein ist, das Nichtseiende ist nicht (fj /xkv 6'jtcog eoztv xe xai
&>g ovx egti fit) sivai . . .). Das Nichtseiende läßt sich nicht denken, nicht er-
kennen, nicht benennen (ovxs yäg äv yvottjg xö ye fiij iov . . .). P. lehrt die
Identität von Denken (Gedachtsein) und Sein in dem Sinne, daß nicht bloß
das Seiende ein Denkendes ist, sondern daß das Gedachte, der Gegenstand der
Vernunft das Seiende ist (xö yäg avxö voetv ioxiv xe xai sivai. — xavxor (V ioxi
voeTv xe xai ovvexev ioxi vöt]/.ia). Denn das Denken ist ohne ein Sein, welches
gedacht wird, kein Denken.
Es gibt also kein Werden, nur das Sein. Dieses kann nicht entstanden
sein, weder aus dem (nicht existierenden) Nichtsein noch aus dem Seienden,
das es ja selbst ist (txtj ziöüev avg~r}§iv; ovx3 ex /nt] ö'vxog iäoco | cpäoßai o ovde
voei' ov yäg cpaxov ovds vor\xov \ ioxiv ojxcog ovx ioxi . . .). Das Seiende i-t
denknotwendig, es kann als nichtseiend gar nicht gedacht werden. Es kann
nicht entstehen, nicht vergehen; es ist ewig, unzerstörbar, einheitlich, ein Ganzes,
eingeboren , unveränderlich , stetig zusammenhängend (cbg äyivrjxov eov xai
avoj'/.Edgov ioxiv \ ov/.ov fiovvoysvsg xe xai äxgsfikg ?}<5' olxe/.eoxov \ ovde .tot' >)v
ovo* k'oxai, exeI vvv i'oxiv 6/uov Tiav \ k'v, ovvsyjg). Es ist unteilbar und homogen
(ovok Siatgsxov ioxiv, exeI jxuv ioxiv o/uoiov), sich selbst gleich (xavxöv r ir ravtqi
je uevov xad3 lavxo xe xsixai), unbewegt (äxivrjxov), unbedürftig (om emdevig).
Das Seiende ist das All ($ nart 6vof.i ioxiv). Es gleicht einer wohlgernndeten
Kugel, indem es in sich selbst begrenzt ist (avxäg ixsi xsTgag TWfiazov T!--Ty).Fo-
[xerov ioxi | Tiävxoßsv svxvxAov ocpaigrjg iva/u'yxiov öyxo) \ uioooflEr (oonn/.t^;
navixi). Alles Werden, alle Bewegung, alle Vielheit ist nur Schein, wahrhaft
besteht nur das unveränderliche, stets mit sich identische Sein, welches zugleich
denkt (Pantheismus).
Nur dies ist wahre Erkenntnis. Aber P. will im zweiten Teil seines Lehr-
gedichtes auch zeigen, wie man sich die Welt vom Standpunkt der Sinnes-
wahrnehmung und einer auf ihr beruhenden „Meinung" (öö^a) vorstellen kann.
Er unterscheidet hier zwei Prinzipien oder Gegensätze, die überall miteinander
gemischt sind: Warmes und Lichtes — Kaltes und Dunkles. Das Licht. da<
ätherische Feuer (aldigiov jevg) ist die positive Kraft in allem, analog dem
,. Seienden" ist es stets sich selbst gleich. Gemischt wird alles durch dir Gott-
heil „Dämon''), die alles beherrscht {h de fteaat xovxcov Aaifjuov, >) ncWta xvßsQvä)
und von den Göttern als ersten den „Eros" hervorgehen ließ - nganuna
"Egojza i)eöjv fxrjxioaxo xävxow).
Schriften: Das Lehrgedicht iuqI (pvoeoog, griechisch und deutsch von 11. Diels,
1897. — Vgl. A. DÖRING. Das Weltsystem des P., Zeitschrift für Philosophie u. philo*.
Kritik, Bd. 104.
Parodi, 1)., Prof. am Lycee Michelet, Paris. = Bodolog. Standpunkt
Schriften: Le probleme moral et la pensee conteniporaine, 1909, u. a.
528 Pascal.
Pascal, Blaise, geb. 1623 in Clermont. zeigte schon als Kind ein außer-
ordentliches mathematisches Talent, wie er denn später auf dem Gebiete der
Mathematik wie auf dem der Physik Bedeutendes leistete. Nach Errettung
aus einer Lebensgefahr (1654) änderte sich P.s geistiger Habitus; er litt an
einer störenden Halluzination, trieb Askese und ergab sich der Frömmigkeit.
Durch Vermittlung seiner Schwester trat er mit den Jansenisten von Port-
Eoyal in Verbindung und schrieb unter dem Einflüsse Arnaulds seine be-
rühmten „Briefe aus der Provinz", die gegen die probabilistische Moral der
Jesuiten gerichtet waren und große Wirkungen übten. P. starb 1662 in Paris.
P. gehört zu jenen Geistern, welche die Schwäche der auf sich selbst ge-
stellten menschlichen Erkenntnis gegenüber dem das Gemüt ergreifenden, mit
lebendiger Gewißheit ausgestatteten Glauben betonen. Er ist keineswegs
Skeptiker im gewöhnlichen Sinne des Wortes, denn innerhalb der Erfahrung
anerkennt er die Möglichkeit einer Erkenntnis auf mathematischer Grundlage,
geleitet durch das „natürliche Licht" und auf Grund fester Prinzipien (Axiome),
welche im beweisbar, aber klar (also gleichsam apriorisch) sind (vgl. Kant): „Car
la connaissance des premiers principes, comme par exemple, qu'il y a espace,
temps, mouvement, nombre, matiere, est aussi ferme qu'aucune de Celles que nos
raisonnements nous donnent." Wir besitzen die Idee der Wahrheit, die den
eigentlichen Skeptizismus („Pyrrhonismus") unmöglich macht, anderseits ist
aber auch aller „Dogmatismus" unbeweisbar : „La nature confond les Pyrrhoniens
et la raison confond les dogmatistes ; nous avons une impuissance a prouver
invincible a tout le dogmatisme; nous avons une idee de la verite invincible ä
tout le Pyrrhonisme." Der Mensch ist ein gebrechliches Wesen, er ist elend
und nur dadurch groß, daß er von seinem Elend wissen kann, daß er die Kraft
hat zu denken. Wir suchen die Wahrheit und finden nur Ungewißheit,
streben nach Glück und treffen nur auf Elend. Der Mensch ist ein Zwischen-
ding zwischen nichts und allem („un milieu entre rien et tout"). Er erkennt
nicht das Prinzip noch das Ziel der Dinge. Die Sinne vermögen keine Extreme
zu gewahren, diese sind für uns nicht da. Wir stecken voller Irrtümer. Sinne
und Vernunft betrügen einander gegenseitig („Les deux principes de verite, la
raison et les sens . . . s'abusent reciproquement Tun l'autre"). Dazu kommt
noch der Einfluß der Leidenschaften, welche die Erkenntnis verfälschen.
Schließlich kommen die großen Geister zur Einsicht, daß sie nichts wissen.
Aber wo der Verstand uns im Stiche läßt, da spricht das Gemüt: „Le
coeur a ses raisons que la raison ne connait pas." Das religiöse Gefühl hat
seine Wahrheit, unabhängig vom Verstandes wissen. Der Mensch, der so elend
ist, findet nur in Gott und im Glauben an Gott und Unsterblichkeit Kühe,
Frieden und Glück. Die Vernunft unterwirft sich hierin ganz dem Glauben:
„Humiliez-vous, raison impuissante." „II n'y a rien de si conforme ä la raison
que le d^saveu de la raison dans les choses qui sont de foi." Daß Gott existiert
und daß es eine Unsterblichkeit gibt, läßt sich freilich nicht beweisen. Aber
wir fühlen und glauben es und man kann ruhig wetten, daß wir recht haben,
da wir dabei nichts verlieren, nur alles gewinnen können: „Pesons le gain et
Pascal — Patritius. 529
la perte en prenant le parti de croire que Dieu est Si vous gagnez, vous
gagnez tout; si vous perdez, vous ne perdez rien."
Schriften: Entretien avec Savi sur Epictete et Montaigne, 1G54. — L'art de
persuader, 1657. — Lettres provinciales, 1657, 1872, 1892; deutsch 1830. — Pensees
8ur la religion, 1669, 1697, nebst Fragmenten und Briefen hrsg. von Cousin, 1844, u. ö.;
deutsch 1777, 1865, 1891. — Oeuvres, 1779, 1819, 1870, 1880 f. — Vgl. H. BeüGHLDT,
P.s Leben und der Geist seiner Schriften, 1840. — DUF.YDORFF, F., sein Leben und
seine Kämpfe, 1870. — E. DROZ, Etüde sur le seepticisme de P., 1866. — KÖSTER,
Die Ethik P.s, 1908. — GlRAXD, P., 1910.
Pasikles aus Rhodos, Neffe des Eudemos und Schüler des Aristoteles.
Er soll einen Teil (Buch II oder I) der Aristotelischen Metaphysik verfaßt
haben.
Pas toi'. Willy, geb. 1867 in Berlin. = Anhänger Fechners.
Schriften: Natur und Geist, 1901. — Im Geiste Fechners. 1901. — Lebensgesch.
<l. Erde, 1903. — Das lebendige All. — G. Th. Fechner und die Weltanschauung der
Alleinslehre, 1904, u. a.
Patrist iker: die ..patres ecclesiasticr (Kirchenväter), im weiteren Sinne,
-die Begründer der christlichen Dogmatik, unter dem Einfluß griechischer
Philosophie (Plato. Aristoteles, Philo, Xeuplatonismus, Stoa). Zu ihnen ge-
hören die Apostolischen Väter, die Apologeten (s. d.j, Irenaens,
Hippolytus, Minucius Felix, Tatian, Tertullian, Cyprian, Atha-
nasius, Clemens, Origenes, Arnobius, Lactantius, Gregor von
Nyssa, Basilius der Große, Gregor von Xazianz, Augustinus,
Ambrosius, Xemesius, Synesius, Aeneas von Gaza, Maximus
Oonfessor u. a.
Schriften: Patrologiae cursus completus, ed. J. P. Migne, 1. Griechische Kirchen-
väter, 162 Bde., 1857 ff.; 11. Latein. Kirchenväter, 221 Bde., 1840 ff. — Fortsetzung
von floroy. 1879 ff. — Samml. der griech. christl. Schriftsteller der ersten drei Jahr-
hunderte, 1897 ff. — Bibliothek der Kirchenväter, 10 Bde., hrsg. von Rösler 1776 ff.
(Auszüge). — Bibliothek der Kirchenväter (Auswahl, deutsch), 1869 ff. — Vgl. Hl'BER,
1). Philos. d. Kirchenväter, 1859. — StÖCKL, Gesch. d. Philos. d. patrist. Zeit, 1859.
— RITTER, Gesch. d. christl. Philos., 1858 f. — HARNACK. Lehrb. d. Dogmen-
geschichte, 4. A. 1909 f. — BARDEXHEWER, Patrologie, 2. A. 1901.
Patritins (Patrizzi), Franciscus, geb. 1529 in Clissa (Dalmatien, damals
unter Venetianischer Herrschaft), führte erst ein unstetes Leben, war 1571» — 93
Lehrer der platonischen Philosophie in Ferrara. seit 1593 in Rom, wo er 1507
starb.
P. bekämpf! in schroffster Weise den Arißtotelismus und verbindet neu-
platonische Anschauungen mit der Naturphilosophie des Telesius zu einet
mystisch gehaltenen Eni an ationsl ehre mit dem ..Licht«- als Prinzip. Dm
Licht i-t (iottrs Sinnbild, es erleuchtet alle Baume, ergieß! sich überall hin.
erhält, formt und belebt alles und bleibt selbst eines und unwandelbar. l>a-
göttliehe Urprinzip ist das All -Kim- i..un-«>iiini;r-i. '" dem der Potent alles
enthalten ist, da- neb selbst zur Dreiheil ron Vater, Sohn und hi-ili.
(liebe) expliziert und ans dem alles Bein bis herab tum körperlichen bei
iler, Philosophen-Lexikon. 34
530 Patritius — Paulsen.
geht. Aus der Weltseele gehen die einzelnen Seelen hervor und zwar ist in
der Xatur alles voll Leben und Seele (Panpsychismus). Die Körper sind
Verdichtungen der Flüssigkeit, welche den Weltraum erfüllt, und werden von
der Wärme belebt. Im Universum besteht eine allgemeine Harmonie und
Sympathie der Dinge.
Schriften: Discussiones peripateticae, 1571 — 81, 1581. — Nova de universis-
philosophia, 1591, 1593, 1611 (I. Panaugia; II. Panarchia; III. Pampsychia; IV. Pan-
kosmia). Auszug daraus bei Kixner und Siber, Leben und Meinungen berühmter
Physiker im 16. u. 17. Jahrhundert, 1819 ff., IV. Heft.
Pauer, Emil, ungarischer Philosoph, von Wundt beeinflußt. Verfasser
ungarischer Schriften über Determinismus (2. A. 1899), Ethik (1899), Psycho-
logie und Logik (1900, 1902) u. a.
Paul, Jean s. Richter.
Paul hau, Frederique. == Von Ribot beeinflußt. Der Geist ist synthetische
Tätigkeit („activite* synthetique") als Funktion des Zentralnervensystems. Der
Wille ist kein besonderer Volitions- Vorgang, sondern die Verbindung einer
Vorstellung mit der Tendenz zu einer Handlung (,,la representation prepon-
derante, presque exclusive d'un acte, representation accompagnee d'une tendance
preponderante a accomplir cet acte"). P. ist Anhänger des psychophysischen
Parallelismus.
Schriften: L'activite mentale, 1889. — Les caracteres, 1894; 3 ed. 1909. —
Les mensonges du caractere, 1905. — Physiologie de l'esprit, 4. ed. o. J. — Les pheno-
menes affectives, 2. ed. 1901. — Le mensonge de l'art, 1907 (gegen die Ableitung der
Kunst aus dem Spiel). — La fonction de la memoire et le souvenir affectif, 1904. —
L'abstraction, Revue philos. 27 — 28. — La logique de la contradiction, 1911. — La
raorale de l'ironie, 1909. — Psychol. de l'invention, 1900, u. a.
Panlsen. Friedrich, geb. 1846 in Langenhorn, Prof. in Berlin, gest.
1908.
P. ist von Kant, Schopenhauer, Wundt u. a. und besonders von Fechner
beeinflußt, in dessen Geiste er einen idealistischen Monismus (objektiven
Idealismus) lehrt, welcher die materielle Seite der Wirklichkeit als Erscheinung
des psychischen Innenseins derselben betrachtet und den geschlossenen Kausal-
zusammenhang des mechanischen Geschehens als Ausdruck und Mittel eines
an sich teleologischen Zusammenhanges deutet, wodurch auch den Ansprüchen
des Gemütes Rechnung getragen wird, wie P. überhaupt Wissen und Glauben
zu versöhnen sucht. — Die Philosophie definiert P. als „Inbegriff aller
wissenschaftlichen Erkenntnis", die Einheit dieser ihrer Form und ihrem Inhalte
nach. In erkenntnistheoretischer Beziehung modifiziert P. den Kantschen
Kritizismus nach der psychologisch-genetischen Richtung hin, ohne die Apriorität
der Anschauungsformen zu bestreiten; die Kategorien sind ebenfalls apriorisch,
aber zugleich Entwicklungsprodukte. Daß Kant ernsthafter Metaphysiker war,
betont P. gegenüber anderen Auffassungen. Jedenfalls ist nach P. eine
Metaphysik möglich und notwendig; sie hat die äußere und besonders die
innere Erfahrung zur Grundlage und ist „idealistisch-monistisch". Sie ist zu-
Paulsen.
gleich panpsyehistisch, denn für den objektiven Idealismus hat
eines „universellen and tosmischen Wirklichkeitsprinzipe'4 ni
sind alle I )ii 'lr.
Gem&fl dem Prinzip des universalen Parallel - Wirk!
iwei 8eiten: von außen, mit den sinn« . .,. i,n
Sdbstbewiißtsein ist es Beelisch. „D perliche ist Ere neu mg
-•■•■li-.-}i-_ L.ben-. dieses i<t «las . deutlich oder an ach Wirkl.
- körperiichi B m ist Träger odea In ■• eines [nnenl( las Welt-
system selbe* ist Leib oder ßrecheinunj l 1, Di« Wirklichkeit ist nm
geben ,.in Gestalt von peychophysiseben Systemen, die sich in koordin
physischen and psychischen, sinnlich irahrnehmbaren and durch das inter-
pretierende Denken hinzugedachten V a betätigen od«
nnd die luletBl im Universum ru einem einheitlichen psycbophysischei -
1 sind". I>i« materielle Well ist )r£rscheini]
n AU-Lebem lLs Verwirklichung eines einheitlichen Sinnes,
als Betätigung eines Ideen verwirklichenden Willens so deuten
Der Ken - elischen ist der (konkrete, bestimmt gerichtet« Will« Volun-
tarismus). \ll- Kraft ist Tendenz, unbewußter Wille. Das Psychii b
Anorganischen ist anbewußt und mechanisiert
oe substantielle Seele als beharrendes Wesen, sls
gibt es nicht. In aktaalistischer Weise 1-1 dj - vielmehr sls „di
Bewußtsein sur Einheit susainmengeraßte Vielheit seelischer Erlebni»
mmen. Soll ein „Träger*4 für das Seelen) efunden werden, so muH
man iim „nicht m einem isolierten, starren Wirklkbkätsklötschen bu<
man ,absolul setz?, sondern in dem nmfanorndcfi Ganzen, ans dem, an dem and
in dem es ist Da« . ■:.-.- sehe Äquivalent des Seelenlebens ist das ganze leib-
liche Leben. Zwischen Psychischem und Physischem besteht kein« W«
«airkung, sondern Parallelismus (bzw. Identität). Unsterblich ist die -
im Sinne Fechi
Di« niederen Bewußtseinseinheiten sind in böheren, alle schließlich
göttlichen \ II-. 1-1 i„-.-Ji|(,— m. I>i, Kin/eldimre haben nicht absolute -
ständigkeit, sie haba D ein und Wesen in dem All-Kimn. •.
minder selbständige Glieder sie sind". Di« Kansalzusaminenh
bole von Willen* ■ n und damit von Zweckzusam
N sind die „allgemeinen Ersehen
I« 1 Nattu laut Darsteli inneren, tel<
aller Momente in der --.itli.!». n \\ t Wicklung fiii
Kenntnis". I N 1
Wirklichkeit ist Enwheinu
1 1 • er» lle Wechsdwvirunsj in d« 1 K
teleologin« hi
buli in ■ !
in ' in» in K - kons I :•■> n M
. \ ■ ■ ..
In d<r absolut« illl« ^
532 Paulsen — Pauly.
Die Ethik P.s ist „teleologisch" und „energetisch" (perfektionistisch).
Die Ethik ist eine auf Anthropologie, Psychologie und Soziologie basierende
„Theorie der Lebenskunst". Sie hat Anleitung zu geben, die Aufgaben des
Lebens so zu lösen, daß dasselbe die reichste, schönste, vollkommenste Ent-
faltung erreicht. Sie ist die „Wissenschaft von den Gütern, die dem Leben
absoluten Wert geben, und von den Normen und Kräften des Wollens und
Handelns, worauf deren Verwirklichung beruht" (Kultur d. Gegenwart I 6,
5. 283). Die Ethik gewinnt ihre Normen aus dem objektiven Sittengesetz des
sozialen Ganzen, sie ist „sozialteleologisch". Dem „Energismus" gemäß ist das
höchste Gut nicht in subjektive Gefühlserregungen, sondern in einen objektiven
Lebensinhalt oder, da Leben Betätigung ist, in eine bestimmte Art der Lebens-
betätigung zu setzen. Zum guten Handeln gehört sowohl gewissenhaftes als
richtiges Handeln. Ethisches Endziel ist „persönliche Wesens Vollendung und
vollendete Lebensbetätigung des Einzelnen und der Gesamtheit". Höchstes
Gut ist „ein vollkommenes Menschenleben, d. h. ein Leben, das zur vollen
Entfaltung und Betätigung aller menschlichen Anlagen und Kräfte führt, zu-
meist der höchsten, der geistig-sittlichen Kräfte der vernünftigen Persönlichkeit".
Die Tugenden sind „habituelle Willensrichtungen und Verhaltungs weisen, welche
die Wohlfahrt des Eigenlebens und des Gesamtlebens zu fördern tendieren".
Die Pflicht ist das „Gefühl der Verbindlichkeit, immer und überall so zu
handeln, wie es durch die objektive Sittlichkeit gefordert wird".
Schriften: Über das Verhältnis der Philosophie zur Wissenschaft, Vierteljabrsschr.
f. wissensch. Philos. I, 1877. — Über den Begriff der Substantialität, 1. c. I, 1877. —
Was uns Kant sein kann? 1. c. 1881. — Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den
deutschen Schulen und Universitäten, 1885; 2. A. 1895. — System der Ethik, 1899;
6. A. 1903; 7. u. 8. A. 1906. — Einleitung in die Philosophie, 1892; 21. A. 1909
(neben der Ethik das Hauptwerk P.s). — I. Kant, 1898; 4. A. 1904 (Frommans
Klassiker der Philos.). — Schopenhauer, Hamlet, Mephistopheles. Drei Aufsätze zur
Naturgeschichte des Pessimismus, 1900; 2.A. 1911. — Kants Verhältnis zur Metaphysik, Kant-
studien IV, 1900. — Philosophia militans, 2. A. 1901. — Noch ein Wort zur Theorie
des Parallel ismus, Zeitschr. f. Philos. u. philos. Kritik, 115. Bd. — Parallelismus und
Wechselwirkung, 1. c. 123. Bd. — Die Zukunftsaufgaben der Philosophie, Kultur der
Gegenwart I, 6. — Zur Ethik und Politik, 1905. — Aus meinem Leben, 1909, u. a.
Paulsen, Johannes, geb. 1884 in Flensburg. = Kritizistischer Standpunkt.
Schriften: Das Problem der Empfindung, 1907, u. a.
l*anly. August, geb. 1850 in München, Prof. der angewandten Zoologie
daselbst.
P. ist einer der Haupt Vertreter des Neolamarckismus (der Psychobiologie
Kohnstamms), den er zu einer Theorie der aktiven Entstehung der Zweck-
mäßigkeiten der organischen Körper ausgebildet hat. Der elementare Vorgang
dabei ist der psychologisch analysierbare „teleologische Akt", das Analogon der
bewußten Handlung. Er wird erregt durch Reize. Als primärer ursächlicher
Faktor erscheint im teleologischen Akt die Begehrung (Bedürfnis), psychologisch
charakterisiert durch Sensibilität, aus welcher durch Steigerung alle übrigen
psychischen Phasen, wie Vorstellung, Urteil, Wille hervorgehen. Der Vorgang
Pauly — Peirce. ö33
ist ein energetischer, der nur vermittelst psychologischer Begriffe beschrieben
werden kann. Mit dem Befriedigungsstreben der Begehrung tritt die Empfin-
dung der Wirkung der Qualitäten von Mitteln in Verbindung, die durch Er-
fahrung gewonnen worden ist, und bestimmt deren Verwertung durch ihre
wahrgenommene Zulänglichkeit. Daher die Bezeichnung „Urteilendes Prinzip'',
Urteil im weitesten Sinn genommen. P. verwirft die Selektion und den dua-
listischen Vitalismus. Seine Teleologie ist eine „Auto-Teleologie".
Schriften: Wahres und Falsches an Darwins Lehren, 1902. — Aphorismen,
1905. — Darwinismus und Lamarekismus, 1905. — Die Anwendung des Zweckbegriffs,
Zeitschrift f. d. Ausbau d. Entwickelungslehre I, 1907, u. a.
I*ayot9 Jules. — Schriften: De la croyance, 1896; 2. ed. 1905. — L'edu-
cation de la volonte, 32. ed. 1909; deutsch 1901. — L'education du caractere, Kevue
philos., 48. Bd., u. a.
Pawlicki, Stefan, geb. 1839, Prof. in Krakau. — Spiritualist auf christ-
licher Grundlage. Verfasser polnischer Schriften über Philosophie, Geschichte
der griechischen Philosophie u. a.
I*earson, K., geb. 1857. = Evolutionistischer Positivist. Er betont (wie
Mach u. a.) das Prinzip der Denkökonomie und setzt die Aufgabe der Wissen-
schaft in die Beschreibung gesetzmäßiger Zusammenhänge.
Schriften: Ethic of Freethougbt, 1888. — The Chances of Death and Other
Studies of Evolution, 1896. — Grammar of Science, 1892; 2. ed. 1900. — Nature and
mature, 1910.
JPeip, Albert, war Prof. in Göttingen, vertrat den Standpunkt des christ-
lich-spekulativen Theismus.
Schriften: Die Wissenschaft und das geschichtliche Christentum, 1853. — Der
Beweis des Christentums, 1856. — Christosophie, 1858. — J. Böhme, 1860. — Reli-
gionsphilosophie, 1879, u. a.
Peipers9 Ed. Ph., Anhänger Hegels.
Schriften: System der gesamten Naturwissenschaften nach monodynamischem
Prinzip, 1840 — 41. — Die positive Dialektik, 1845.
I*eirce9 C. S., Prof. an der John Hopkins Universität (Verein. Staaten).
P. nannte seinen logischen Standpunkt zuerst „Pragmatismus" (Populär
Science Monthly XII, 1878; Eevue philos. 1878—79). Der Sinn eines Begriffs
besteht hiernach in dessen praktischen Konsequenzen („that the whole ,meaning"
of a coneeption expresses itself in practical consequences"). Die Überzeugungen
sind Regeln für unser Handeln. Später (vgl. „Monist" XV, 1905) betont er die rein
logische (nicht biologische oder im gewöhnlichen Sinne praktische) Bedeutung
des durch begriffliche Symbole bedingten Verhaltens und anerkennt (mit
Rüssel u. a.) eine absolute Relationen formulierende symbolische Logik. Seinen
jetzigen Standpunkt , der vom älteren immer noch das Moment der Aktivität
und Zielstrebigkeit beibehält, nennt P. ,,Pragmaticism". „The entire intellec-
tual purport of any symbol consists in the total of all general modes of rational
conduet wrhich, conditionally upon all the possible different circumstances and
desires, would ensue upon the aeeeptance of the symbol".
534 Peirce — Perty.
Schriften: Studies in Logic, 1883. — How to make ideas clear, Populär Science
Monthly, 1878 (französisch in der Rev. philos. 1879). — Monist, 1896, 1905, u. a.
Penzig, Kudolf, geb. 1855 in Samitz, Dozent an der freien Hochschule
in Berlin. Herausgeber der „Ethischen Kultur".
Schriften: Schopenhauer und die menschliche Willensfreiheit, 1879. — Laien-
predigten von neuem Menschentum, 1905. — Ohne Kirche, 1907, u. a.
Peraten s. Ophiten.
Perez, Bernard, Vertreter der Kinderpsychologie.
Schriften: Le caractere de l'enfant. — Les trois premieres annees de l'enfant, 5. ed.
1896. — L'enfant de trois ä sept ans, 4. ed. 1907. — L'education morale, 4. ed.
1901, u. a.
Peregrinos Proteus, Kyniker aus der Zeit des Antoninus Pins, eine
schwärmerische Gauklernatur , soll sich in einen brennenden Scheiterhaufen
gestürzt haben, um auf besondere Weise aus der Welt zu scheiden.
Vgl. LUKIAN", ITsgl tfjg IIsQeyQivov TeXsvTrjg. — ZELLER, Philos. der Griechen
II, 1; III.
Periandros, Tyrann von Korinth, um 600 v. Chr., auch als einer der
„sieben Weisen" Griechenlands genannt, dem verschiedene Aussprüche zuge-
schrieben werden (Schweigen ist gut; Im Glücke sei maßvoll, im Unglück
besonnen; Hasse Übermut; Beneide keinen u. a.).
Peripatetiker s. Aristoteliker.
Perkmann, Josef, geb. 1862, Gymnasialprofessor in Wien.
Schriften: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Pädagogik, 2. A. 1907. — Der
Begriff des Charakters bei Piaton und Aristoteles, 1909, u. a.
Persaios aus Kition, Schüler Zenons, lebte (um 270 v. Chr.) am Hofe
des makedonischen Königs Antigonos. Stoiker, dessen Schriften nicht er-
halten sind.
Persius, Aulus, 34—62 n. Chr., Satiriker, Schüler des L. Annaeus
Cornutus und Anhänger des ethischen Stoizismus.
Perty, Maximilian, geb. 1804 in Ohrnhau, Prof. in Bern, gest. 1884 daselbst.
— P. vertritt einen spiritistischen Mystizismus. Nach P. ist Gott selbstbewußter
Geist, dessen planmäßig geordnetes Werk die Welt ist. Diese und jedes Wesen
in ihr strebt nach einem unbewußten Ideal, einem Ziele. Die Welt ist ein Mittel
zur Verwirklichung sittlicher Ziele. Die Seele ist ein „einheitliches, immaterielles
Prinzip", eine Substanz. Das Idealbild des Menschen war von Anfang im
göttlichen Geiste, aus dem der Mensch hervorgegangen ist und an dem er
einen gewissen Anteil hat: Zu den „mystischen Tatsachen" gehört die „magische"
Wahrnehmung aus der Ferne, „durch erweiterte Wirksamkeit der individuellen
Seele oder durch Einwirkung fremder Intelligenzen". Die Seele ist unsterblich
und zwar wird sich der künftige Zustand eines jeden nach seiner Natur be-
stimmen. Spiritistische Materialisationen von Geistern bestehen. „Durch die
magischen Kräfte des Menschengeistes, überhaupt der Geister, stehen dieselben
mit dem Innersten der Welt in Beziehung."
Perty — Peters. 535
Schriften: Allgemeine Naturgeschichte, 1837 — 44. — Anthropologische Vorträge,
1863. — Über das Seelenleben der Tiere, 1865; 2. A. 1875. — Die Natur im Lichte
philosophischer Anschauung, 1869. — Blicke in das verborgene Leben der Menschen-
geister, 1872. — Die mystischen Erscheinungen der menschlichen Natur, 2. A. 1872.
— Die Anthropologie, 1873 — 74. — Der jetzige Spiritualismus, 1877. — Die sichtbare
und die unsichtbare Welt, 1881. — Ohne die mystischen Tatsachen keine Psychologie,
1883. — Erinnerungen, 1879, u. a.
Pesch, Christian, geb. 1853, Jesuit, Prof. in Valkenburg. = Katholisch-
scholastischer Standpunkt.
Schriften: Der Gottesbegriff in den heidnischen Eeligionen des Altertums, 1885.
Christliche Staatslehre, 1887, u. a.
Pescb9 Tilmann, geb. 1836, Jesuit, Prof. in Valkenburg, gest. 1899. =
Katholisch-scholastischer (dualistischer, theistischer, teleologischer) Standpunkt.
Schriften: Institutiones philosophiae naturalis, 1880; 2. A. 1897. — Das Welt-
phänomen, 1881. — Die großen Welträtsel, 1883—84; 3. A. 1907. — Seele und Leib
als zwei Bestandteile der einen Menschensubstanz, 1893. — Institutiones logicales,
1888 — 90. — Institutiones psychologicae, 1896—97, u. a.
Pestalozzi. Johann Heinrich, geb. 1746 in Zürich, gest. 1827 in Brugg,
der berühmte Pädagog, ist von Kousseau, Kant u. a. beeinflußt und hat selbst auf
verschiedene Philosophen (Fichte, Herbart u. a.) Einfluß gehabt. Wesentlich
für P.s Lehren ist die Betonung der Anschauung (und des Formalen an ihr),
der Entfaltung der eigenen Kräfte der Zöglinge, der Ausbildung des Mensch-
lichen in jedem u. a.
Schriften: Lienhardt und Gertrud, 1781 — 89. — Christoph u. Else, 1782. —
Nachforschungen über d. Gang d. Natur in d. Entwickl. d. Menschengeschi., 1797 (von
Fichte beeinflußt). — Wie Gertrud ihre Kinder lehrt, 1801. — Buch der Mütter, 1803,
u. a. — Sämtl. Schriften, 15 Bde., 1819—26; 18 Bde., 1881; 12 Bde., 1898 ff. —
Vgl. SEYFFARTH, P., 6. A. 1876. — SCHNEIDER, Kousseau u. Pv 5. A. 1895. —
NaTOBP, P-, 1909. — HeUBAUM, P., 1910. — ROTHENBERGER, P. als Philosoph,
1898.
Peter von Ailly s. Ailly.
Peters, Carl, geb. 1856. lebt in London, als Afrikareisender bekannt. =
Von Darwin, Kant, Schopenhauer und E. v. Hartmann beeinflußt. Das Wirk-
liche ist vorstellender Wille, alle Kraft ist Wille, überall, im Anorganischen
wie im Organischen herrscht ein Streben. „Was seelisch, von innen angesehen,
auf der einen Seite ist, stellt sich, von außen betrachtet, als mechanisch dar."
Was wir als „Stoff" ansehen, ist an sich eine Summe von Energiezentren, alle
wesensgleich mit uns selbst. Das Belebende im organischen Leben der Erde
stammt von der Sonne, deren Energie-Anspannung auf die Erde wirkt. Aus
■diesem Lebensstrom steigt alles individuelle Sein empor, um wieder dahin zu-
zückzusinken. „Aus der Kontinuität dieser Lebenswelle erklärt sich das
instinktive Gefühl von der Unzerstörbarkeit unseres Wesens an sich.'- Aller
Materie liegen „wollende Atome'". ..beseelte Ichs" zugrunde. In diesen indivi-
dualisiert sich vermittelst des Leeren Kaunies der göttliche Weltwille, der plan-
536 Peters — Petrus Aureolus.
voll durch das All strömt und es mit Sehnsucht nach Vereinigung mit dem
All-Einen erfüllt.
Schriften: Wissenswelt und Weltwille, 1883. — Sonne und Seele, 1903.
Petersen, Julius, geb. 1835 in Landau (Pfalz), Reichsgerichtsrat a. D.r
München. = P. vertritt den psychologischen Determinismus.
Schriften: Willensfreiheit, Moral, Strafrecht, 1905. — Kausalität, Determinismus
u. Fatalismus, 1909.
I*etöcz, Michael. = Von Leibniz beeinflußt. Die Dinge bestehen aus-
Seelen (Monaden), welche in dem Organismen zu bewußten Geistern werden.
Schriften: Ansicht der Welt; ein Versuch, die höchste Aufgabe der Philosophie
zu lösen, 1838, u. a.
Petrarca, Francesco, 1304 — 1374, der berühmte Dichter, zeigt in seinen
philosophischen Abhandlungen eine Neigung zu Stoischer Ethik mit ihrem
Ideal der Ataraxie.
Schriften: De conteraptu mundi, 1342. — Secretum suum. De remediis utriusque
fortunae. De vita solitaria. De republica administranda, u. a. — Vgl. G. KoERTIX<t^
P.s Leben und Werke, 1878.
Petrone, J., geb. 1870, Prof. in Neapel. = Vertritt einen kritischen
Idealismus, spiritualistischen Monismus und kritischen Indeterminismus.
Schriften: La filosofia del diritto, 1896. — II valore ed i limiti di una psicoge-
nesi della morale, 1896. — I limiti del determinismo scientifico, 1900; 2. ed. 1903. —
II problema della morale, 1901, u. a.
PetronieTics, Bronislav, Prof. in Sophia. = P. vertritt einen „ abso-
luten Kationalismus", der aber in der unmittelbaren Erfahrung selbst Be-
dingungen einer die Erfahrung überschreitenden Erkenntnis findet. Die un-
mittelbare Erfahrung als Inbegriff von Bewußtseinsinhalten hat absolute
Realität. Die erste Tatsache der unmittelbaren Erfahrung ist das Zerfallen
des Bewußtseins in Subjekt und Objekt, welche unmittelbar zusammengehören.
Die quantitativ-qualitative Wirklichkeit ist ein „zeitlos-beständiges Produkt der
absoluten Substanz". Die Negation (A ist nicht B) ist das Welt- und Indi-
vidualitätsprinzip, als realer Trennungsakt im Sein. P. ist gegen den Infinitis-
mus und für den „Finitismus". Die Zeit ist nach unten endlich, nach der
Zukunft potentiell unendlich, d. h. unbestimmt endlich. Auch der Raum ist
in diesem Sinne endlich. Die Welt ist endlich und diskontinuierlich, nur
durch Relationen verbunden. Das wahrhaft Unendliche ist die qualitätslose.,
unendliche Substanz, welche der wandelbaren Erscheinungswelt als absolut
Unwandelbares zugrunde liegt.
Schriften: Der ontolog. Beweis für das Dasein des Absoluten, 1897. — Der Satz
vom Grunde, 1898. — Prinzipien der Erkenntnislehre, 1900. — Prinzipien der Meta-
physik I, 1904. — Die typischen Geometrien und das Unendliche, 1907.
Petrus Anreolns (Pierre Aureol), mit dem Ehrennamen „doctor
fecundus", geb. in Verberie an der Oise, Franziskaner, gest. um 1322 als Erz-
bischof von Aix.
P. ist ein Scholastiker, der durch seinen Konzeptualismus ein Vor-
Petrus Aureolus — Petzoldt. 53;
ganger des Wilhelm von Occam ist. Es gibt nach ihm in Wirklichheit nur
Einzeldinge, das Allgemeine ist nur ein Abstraktionsgebilde, ein Begriff („est
fabricata per intellectum nee est aliud nisi coneeptus"). Es bedarf nicht der
Annahme von „species intelligibiles" oder „formae speculares", wir nehmen die
Dinge direkt wahr (gegen Duns Scotus). ,,Unde patet, quomodo res ipsae
conspiciuntur in mente, et illud, quod intuemur, non est forma alia speeularis,
sed ipsamet res, habens esse apparens, et hoc est mentis coneeptus sive notitia
obiectiva." Die Ideenlehre bekämpft P.
Schriften: Commentarii in quatuor libros sententiarum, 1596, 1605. — Vgl.
PRAXTL, Geechichte der Logik III.
Petrus de Alliaco s. Ailly. .
Petrus llispanus. geb. 1226, entweder identisch mit dem 1277 ver-
storbenen Papst Johann XXI., oder in Navarra gestorben. Während lange Zeit
seine „Summulae logicales" als Übersetzung eines Werkes von Michael Psellos
(s. d.) galten, sind sie nach der jetzigen Auffassung wohl ein Originalwerk. Dieses
ist ein Kompendium der Logik, welches in sieben Teile zerfällt: 1. De enunciatione
(Vom Urteil), 2. De universalibus (Von den Allgemeinbegriffen, den „quinque
voces" der „Isagoge" des Porphyrius). 3. De praedicamentis (Von den Kate-
gorien). 4. De syllogismo (Von den Schlüssen). 5. De locis dialecticis (Topik).
6. De fallaciis (Von den Trugschlüssen). 7. De terminorum proprietatibus (Von
den „Suppositionen'", „exponiblen Schlüssen" u. a.). Das Werk des P. wurde
im Mittelalter viel benutzt.
Schriften: Summulae logicales, 1480 u. ö. — Vgl. Prantl, M. Psellus u.
P. Hispanus, 1867. — A. STAPPER, Die Summulae logicales des P. H. und ihr Ver-
hältnis zu Michael Psellus, Festschrift zum Jubiläum des deutschen Campo Santo in
Rom, 1896.
Petras Lombardus (von Xovara in Oberitalien), „magister sententiarum",
lehrte in Paris, wo er als Bischof 1164 starb. Von Abälard beeinflußt, ver-
faßte er ein theologisches Lehrbuch, welches lange Zeit das Grundbuch des
theologischen Unterrichts und Studiums war.
Schriften: Libri quatuor sententiarum, 1477, 1516 u. ö.; auch bei Migner
Patrolog. Bd. 192. — Vgl. ESPEXBERGER, Die Philosophie des P. L., 1901.
Petrus Pictaviensis (Peter von Poitiers), Kanzler der Universität in
Paris, gest. 1205, Schüler des Petrus Lombardus, Verfasser eines Kommentare
zu den ,. Sentenzen" des P. Lombardus (bei Migne, Patrolog. Bd. 211).
Petrus Ramus s. Raums.
Petrus Tartaretus, lebte im 15. Jahrh., Anhänger des Duns Scotus,.
Gegner des Xominalismus. Bei P. findet sich wohl zuerst die „Eselsbrücke''
(pons asinorum) genannte logische Figur (vgl. Prantl, Geschichte der Logik
IV, 206).
Schriften: Kommentare zu Aristoteles (1494 u. ö.) und Petrus Hispanus-
(1494 u. ö.).
Petzoldt, Josef, geb. 1862 in Altenburg, Dozent an der technischen.
Hochschule, Berlin. Gymnasialprofessor.
.538 Petzoldt — Pfeifer.
P. ist von E. Avenarius beeinflußt und vertritt wie dieser einen „empirio-
kritischen" Positivismus, der mit dem Standpunkt E. Machs verwandt ist. Er
hetont aber nicht so sehr das Prinzip der „Denkökonomie" als das der
,, Stabilität" (vgl. Fechner), wonach alle Entwicklung (auch die geistige) in der
Richtung auf eine immer vollständigere Verwendung der Kräfte für stationäre
Systeme fortschreitet; größte Stabilität bedeutet stets auch größte Ausnutzung
der Kräfte. Das Denken strebt nach einem „Dauerzustand". An die Stelle der
Kausalität setzt P. das „Gesetz der Eindeutigkeit", welches es ermöglicht, für
einen Vorgang Bestimmungsmittel zu finden, durch die er allein festgelegt wird.
Psychisches und Physisches sind zwei Auffassungsweisen eines und desselben
Inhalts; psychisch ist die Welt, sofern sie wahrgenommen wird, physisch als
eindeutiger Zusammenhang der Elemente. Eine Welt an sich gibt es nicht,
nur eine Welt für uns. „Ihre Elemente sind nicht Atome oder sonstige abso-
lute Existenzen, sondern Farben-, Ton-, Druck-, Raum-, Zeit- usw. ,Empfin-
■dungen'." Aber die Dinge sind nicht bloß subjektiv, nicht bloß Bewußtseins-
•erscheinungen. Vielmehr „müssen wir die aus jenen Elementen zusammen-
gesetzten Bestandteile unserer Umgebung in derselben Weise wie während der
Wahrnehmung fortexistierend denken, auch wenn wir sie nicht mehr wahr-
nehmen". „Das zuletzt Gegebene ... ist weder Erscheinung noch Ding an
«ich, weder der Sinnlichkeit noch dem Verstände Gegebenes, weder Bewußtsein
noch Bewußtseinsinhalt, weder Bewußtes noch Unbewußtes, weder Inneres noch
Äußeres, weder Materielles noch Immaterielles, weder Physisches noch Psychisches,
weder Stoff noch Geist." Diese Gegensätze differenzieren sich erst in gegen-
seitiger .unauflöslicher Beziehung auf dem Grunde der „einen einheitlichen
Urerfahrung". Es gibt keine absoluten Substanzen, nur relativ konstante
Qualitätenkomplexe. Alles Sein ist ein Werden. — Der ethische Imperativ
lautet nach P.: „Wir sollen durch alle unsere Handlungen, durch all unser
Tun und Denken so viel wie möglich den aus der Natur der Menschen und
ihrer Umgebung fließenden einstigen Dauerzustand verwirklichen helfen."
Schriften: Maxima, Minima und Ökonomie, 1891. — Einführung in die Philo-
sophie der reinen Erfahrung, 1900—04 (Hauptwerk). — Die Notwendigkeit und All-
gemeinheit des psychophys. Parallelismus. — Archiv f. systemat. Philos. VIII, 1902. —
Das Weltproblem, 1906, u. a.
Pfänder, Alexander, geb. 1870, Prof. in München. = P. vertritt den
Standpunkt einer Wechselwirkung zwischen Psychischem und Physischem.
Das Bewußtsein des Willens ist ein Spezialfall des Bewußtseins des Strebens.
Das „Willensgefühl", das Gefühl der Spannung, der Bemühung, des Drängens,
des Strebens ist etwas Ursprüngliches. Das Wollen ist das siegreiche Streben,
welches das Ich zu dem seinigen gemacht hat.
Schriften: Das Bewußtsein des Wollen s, Zeitschrift für Psychologie der Sinnes-
organe XVII. — Phänomenologie des Willens, 1900. — Einführung in die Psychologie,
1904.
Pfeifer, Franz Xaver, geb. 1829, Prof. des Lyzeums in Dillingen. =
Katholisch-scholastischer Standpunkt.
Pfeifen — Pfleiderek. 539
Schriften: Harmonische Beziehungen zwischen Scholastik und moderner Natur-
wissenschaft, 1881. — Der goldene Schnitt, 1885.
Pflanm, Christoph David, geb. 1874, Psycholog, Verfasser von Ab-
handlungen über Aufgabe und Begriff der Völkerpsychologie (Polit.-Anthropol.
Eevue III), Aufgabe der wissenschaftlichen Ästhetik (Arch. f. systemat. Philos.),
Die individuelle und soziale Seite des seelischen Lebens, 1906, u. a.
Pfleicterer, Edmund, geb. 1842 in Stetten, Prof. in Kiel und (seit 1877)
in Tübingen, gest. 1902. = P.. der Lotze nahe steht, vertritt einen idealistischen
Evolutionismus und einen eudämonistisch (aber nicht egoistisch) gefärbten
ethischen Idealismus, der die freudige Hingabe an die Menschheitsziele betont.
Schriften: G. W. Leibniz, 1870. — Die Aufgabe der Philosophie in unserer
Zeit, 1874. — Empirismus und Skepsis in D. Humes Philosophie, 1874. — Der moderne
Pessimismus, 1875. — Die Idee eines goldenen Zeitalters, 1877. — Die Philosophie
und das Leben, 1878. — Zur Ehrenrettung des Eudämonismus, 1879. — Eudämonismus
und Egoismus, 1880. — Kantscher Kritizismus und englische Philosophie, 1881. —
A. Geulincx, 1882. — Leibniz und Geulincx, 1884. — Lotzes philosophische Welt-
anschauung, 1882 ; 2. A. 1884. — Die Philosophie des Heraklit von Ephesus, 1886. —
Zur Lösung der platonischen Frage, 1888. — Sokrates und Plato, 1896. — Zur Frage
der Kausalität, 1897.
Piieiderer, Otto, geb. 1839 in Stetten bei Cannstatt, seit 1875 Prof. der
Theologie in Berlin, gest. 1908.
P. ist von Hegel beeinflußt, weist aber auch mit Lotze Verwandtschaft
auf. Die Erkenntnis ist nach ihm die Verknüpfimg von Erfahrungsstoff nach
einer apriorischen Gesetzlichkeit des Geistes. Die Dinge bestehen aus Monaden,
aus seelenartigen Kräften, die wir nach Analogie unseres Ichs auffassen und
die in den Organismen mit der Seelenmonade in Wechselwirkung stehen.
Gott ist, wie P. im Sinne des Panentheismus bestimmt, absoluter persönlicher
Geist, welcher die Welt in sich befaßt, indem er sich zugleich von ihr unter-
scheidet, als „Urkraft" und „Urdenken". Die Welt ist die Entfaltung des
göttlichen Denkens. Der Begriff Gottes ist sowohl eine theoretische Voraus-
setzung als ein praktisches Postulat. Die Religion ist nicht Welterklärung,
sondern das Gefühl innigster Einheit mit Gott; sie will das Verhältnis des
fühlenden und wollenden Ichs zur Welt richtig stellen, indem sie das mensch-
liche Leben unmittelbar auf die weltbeherrschende Macht bezieht und es so er-
hebt. Die Religionsphilosophie ist die „zusammenhängende wissenschaft-
liche Erforschung und Erkenntnis des Ganzen von Erscheinungen . . ., welche
im Leben der Menschheit die Religion ausmachen". Mittels dei vergleichenden
Methode findet sie eine Gesetzmäßigkeit der religiösen Entwicklung und voll-
zieht eine Scheidung zwischen dem Zeitlich-Vergänglichen und dein Ewigkeits-
gehalt der Religion.
Schriften: Die Religion, ihr Wesen und ihre Geschichte, 1869; 2. A. 1878. —
Moral und Keligion, 1872. — Rcligionsphilosophie auf geschichtlicher Grundlage, 1878;
Ü. A. 1896 (Bd. I: Geschichte der Religionsphilosophie). — Grundriß der christlichen
Glaubens- und Sittenlehre, 1880. — Die Entwicklang der protestantischen Theologie in
540 Pfleiderer — Pherekydes.
Deutschland seit Kant u. in Großbritannien seit 1825, 1891. — Keligion u. Keligionen,
1895.
Pflüger, Ed. Friedr. Wilh., geb. 1829 in Hanau, Prof. in Bonn, gest. 1910.
Der bekannte Physiolog ist durch seine Schrift ,,Die teleologische
Mechanik der lebendigen Natur", 1875; 2. A. 1877 für die Philosophie von
Bedeutung. P. erklärt, daß die Lebensfaktoren durch das Prinzip der „zweck-
mäßigen Sicherung der Existenz'' beherrscht werden. Im Organismus wirkt
etwas Psychisches zweckmäßig , aber die wirksamen Kräfte der lebendigen
Organe sind an die organische Materie selbst gebunden, also nicht Betätigungen
besonderer Lebensprinzipien. Das „Gesetz der teleologischen Mechanik" („teleo-
logisches Kausalgesetz") lautet : „Die Ursache jeden Bedürfnisses eines lebendigen
Wesens ist zugleich die Ursache der Befriedigung des Bedürfnisses." „Die
Mechanik ist im Tiere so eingerichtet, daß jede Ursache eines Bedürfnisses,
die ja in einer stofflichen oder funktionellen Änderung der lebendigen Materie
besteht, gerade durch diese Änderung den bestimmten Zapfen bewegt, der die
richtige, d. h. das Bedürfnis befriedigende Melodie auslöst." Das hindert nicht
das Vorkommen an Störungen und Unzweckmäßigkeiten. Außer den bewußten
psychischen Funktionen des Gehirns gibt es nach P. auch eine unbewußt
wirkende „Rückenmarksseele". Die Fähigkeit der zweckmäßigen Reaktion muß
schon die erste lebendige Materie (die sich aus der Urmaterie entwickelt hat>
besessen haben.
Pfordten, Otto von der, geb. 1861 in Frankfurt a. M., Privatdozent in
Straßburg. = Nach P. zeigt das Werden und unser erfolgreiches Eingreifen
in dasselbe, daß der Phänomenalismus Unrecht hat, daß vielmehr ein „Kon-
formismus" richtig ist, wonach es „eine Außenwelt gibt, die wir erkennen,
und daß unsere Begriffe in einer bestimmten, gesicherten Beziehung zu
dem nach wie vor unbekannten Wesen der Erscheinungswelt stehen". Wir
erkennen das Sein in „Konformitäten". Denken ist nicht gleich Sein, aber das
in Normen Gedachte muß dem wahren Wesen konform sein; das gilt auch
von der Wertung.
Schriften: Versuch einer Theorie von Urteil und Begriff, 1906. — Vorfragen der
Naturphilosophie, 1907. — Konformismus als Erkenntnisart des Normalen (Bericht über
<len III. int. Kongreß f. Philos. 1909). — Konformismus, 1910, u. a.
Phaidon aus Elis, ein Schüler des Sokrates, der ihn aus der Sklaverei,
in die er durch Kriegsgefangenschaft geraten war, loskaufen ließ. Er gründete
in Elis eine philosophische Schule („Elische Schule"), deren Lehren mit denen
der Eretrischen (s. d.) verwandt waren. Betreffs der (nicht erhaltenen) Dialoge
des P. vgl. Diog. Laert. II, 105.
IMiai di'os (Phaedrus), Epikureer, um 90 v. Chr. Lehrer Ciceros, dann in
Athen.
Pfialeas aus Chalkedon, Pythagoreer, der die Gleichheit des Eigentums
der Bürger forderte (l'oag elvai zag xztjoeig xwv Tiohzwv, Aristoteles, Polit. II, 7).
Pherekydes von Syros, lebte im 6. Jahrhundert v. Chr., Verfasser
Phebektdeb — Philola. 541
einer Kosmo- und Theogonie. von welcher Fragmente existieren. AU I
prinzipiell nennt er Zeus. Chrono«, Erde (Xdovlr), Ir/}. Chrono« erzeuf
Feuer, Wind und Wasser und Zeus sehnt ans -einem Mantel die Welt. Auch
die Seelenwanderung soll P. gelehrt haben (?). Die Schrift des P. hiefl
^Emä/ivzog" oder ,JIsvz£/dvzog" (vgl. Diog. Laert. I, 119: Diels, Fragmente der
Vorsokratiker Ii.
Vgl. DlELS, Archiv f. Gesch. d. Philos. 1.; Zur Pentomychos des P., Bei
Akad. der Wissensch. in Berlin, 1897. — KERN, De Orphei, Epimenidos, Phero
theo^oniis, 1888.
Pbilippos au- Opus (in Lokrisi. ein Schüler Piatons, Herausgeber der
Platonischen Schrift „Jo/zoi" und wahrscheinlich Verfasser der Pseudoplatoni-
Bcherj Schrifl „Ejpmomis".
Philo b. Philon.
Philodemos von Gadara (Cölesyrien), lebte um 60 w. Chr. in Koni,
Epikureer. Ein Teil seiner Schriften wurde in Herculanuni gefunden. — in der
Schrifl negt oijfteüov xcu arjfieMoascov gibt P. schon eine Theorie des Induktion--
und Analogieschlusses, wie sie der Lehrer des P., der Epikureer Zenon,
vortrug.
VgL Herculani-rw. volum. I, III— VI, IX— XI, 1793—1855; Philodemi xegt xa-
y.Hnv. nuji 6gyrjq u. a., 1861 ff.; De ira ed. Goraperz, 1864: Academicorum philon. -
phorom index Herculanensis, ed. S. Mekler, 1902 (Reste der ovrva§tS ''-""' (piXoawpca
— Th. GOMPEBZ, Herkulaniache Studien, 1865 — 66 (über die Schrift: tuqI mj/Asfar
xcu OTjfieu&oatov u. a.). — W. Sc hni:ii>i.\vin. Studia Philodemca, 190
I*liilolao>. Zeitgenosse des Sokrates, gilt als der erste Pythagoreer, der
die Lehren des Pythagoreismus schriftlich fixiert hat. Von seiner Schritt :
7uql tpvatog sind Fragmente erhalten, von denen ahn- nur ein Teil echt ist
(Nach Kose und ('. Schaarschmidl ist das Ganze unecht).
Nach P. ist das Wesen der Dinge die Zahl; diese ist kenntnisspendend
tür alles an allen Dingen, die Bedingung aller Erkennbarkeil und Bestimmtheil
der Dinge. Die Zahlen bestehen alle aus Bwei Prinzipien: dem Unbegrenzten
und dem Begrenzten, welche dem Geraden und Ungeraden entsprechen. V
blinden wird alles durch die Harmonie als Einheil alles Mannigfaltigen und
Gegensätzlichen. l>ie Wurzel aller Zahlen ist die Eins. Die Eigenschaften der
Dinge beruhen aui Zahlen, so die Beseeltheit ant der Sechszahl, die Vernunft
aui der Sieben zahl, usw. I>i<- Elemente: Erde, Feuer, Luft, W A.thei
(das fünfte Element) haben in ihren Teilen die Gestall der regelmäßigen
metrischen Körper (Kubus, Tetraeder usw.). In der Mitte der Welt befindet
si.-h das Zentralfeuer, der „Herd" i.;nrmi des aiu im dieses Feuer dreht
si<h die Erde mit der | unsichtb
ii- tpaaiv 'l'i/.i'i/.ttny . ol dt 'Ixtrav Zvg D
VIII, 85). Der Körper ist ein Kerkei da Seele.
Vgl. ,\. BÖGKHi P. a«i Pythagoraaw i n . I -• n \ w:-« hmim. Die
ebliche Bchril dei l'.. L864. — Zi i n hen I*. —
DIEL8, Prägnante d«r Vonokratikst i. — l:. NKWBOLD, P kicah t 6
Philo«. XII.
Philox.
Pbilon aus Athen. Schüler des Pyrrhon im 3. Jahrhundert v. Chr..
Skeptiker.
Pbilon der Jude (Philo Judaeus), geb. um 25 v. Chr. in Alexandrien,
aus vornehmer (vielleicht priesterlicher) Familie, war 40 n. Chr. mit seinem
Bruder, dem „Alabarchen" der Alexandrinischen Juden, als Gesandter in
Rom. um beim Kaiser (Caligula) Schutz für die angegriffenen Alexandrinischen
Juden zu erbitten; 4:2 n. Chr. wurde er mit der Tempelsteuer nach Jerusalem
S sandt Das Jahr -eines Todes ist unbekannt.
P. ist der Hauptvertreter derjenigen philosophischen Weltanschauung,
welche durch eine Synthese griechischer Philosophie mit dem jüdischen Mo-
nismus entstand. Am meisten ist er von Plato und der Stoa beeinflußt,
aber auch vom Pythagoreismus und anderen philosophischen Richtungen hat
n- Einwirkungen erfahren. Die Bibel deutet er in allegorischer Weise,
ohne aber deshalb dem buchstäblichen Sinn Abbruch zu tun oder die Satzungen
der Religion abzulehnen. Er ist mit großer spekulativer Kraft bemüht, dem
Monotheismus ein philosophisch-universelles Gepräge zu geben und er sucht
die Transzendenz und Persönlichkeit Gottes mit der Immanenz des göttlichen
Wirkens in der Welt zu vereinbaren, wobei ihm der Stoische Begriff des
_ 'S-. der als Kraft gedachten Weltvernunft, als Vermittlung zwischen der
Gottheil und der Welt dient.
Bei aller Festhaltung der Persönlichkeit Gottes verwirft P. doch jeglichen
Anthropomorphismus . den er höchstens als symbolisch-allegorisch zulässig
findet Gottes ureigenes Wesen ist unerkennbar, kein Name kann dieses
Wesen bezeichnen, es ist über alle Prädikate erhaben, ist reines Sein (to b*v)t
allgemeinste und Höchste, das sogar noch über das Gute (mit dem es
Plato identifiziert hatte) erhaben ist. Gott ist scharf von der Welt unter-
schieden, nichts von allem Weltlichen ist in ihm. seine Reinheit wird durch
nichts getrübt. Gott ist das einzige wahrhaft Seiende, Ewige, einheitlich, ein-
lach, einzig [6 (fodg uövoc iou xai fr, ov ovyy.otua, gvoic cLtÄj)), rein (f/.n-ßrga
Qvotc\ -ich selbst genügend, absolut (ro yäo ov f, Sv roTtr, oi-yj .tooc ti). all-
st iend, mit seinen Kräften das All erfüllend, der Ort aller Dinge, der All-
umfasser und Allwissende, er ist leidlos und selig. Gott ist jenseits der Welt,
die er mit seiner Kraft durchdringt, über Kaum und Zeit erhaben, ungeworden
und unwandelbar. Kr ist immateriell und frei.
/wischen Gott und Welt vermittelt der Logos (koyog). d. h. die ewig bei
Gott wohnende göttliche Vernunftkraft, der ..erste Sohn" Gottes (xgamfyoros).
In- ..zweite Gotf s ih-öc). der „Schatten" Gottes {ocia deov), der
Paraklet. der Mittler zwischen Gott und Mensch. Der IvOgos ist das Wort
und der Gedanke {iwout) Gottes, sein schöpferisches Denken.
Q Kraft die Welt erschaffen hat. sie durchdringt und gesetzmäßig zu-
lenhält Der Logos ist der Ort der intelligiblen Welt der Ideen (o ex
■■ xöouoc), der Urbilder der sinnlichen Dinge. Die Ideen sind Ge-
:.< Yernunftkräfte. zugleich relativ selbständige, tätige.
- n. die in der Bibel als Engel bezeichnet sind. Mittels dieser im-
Phii.'-n.
materiellen Kräfte erschuf und gestält I ü di< D e \k aocopdxou; b\
'-')•, top etvfiow oropa tu föaeu, xart^g^i
xovoctP '/.aßeTr ftOQUtpr). Der I. gos isl die o ei wird ?OD p. bald
mir der „Weisheit" {ao*pia\ identifiziert, bald wird di»-<- als „Muttei
Log-os bezeichnet. Nach dem Vorbild der Stoa unterscheidet P. im Menschen
wie im All einen inneren [Idyog irdidöetog) und einen zum Ausdruck gebrachl
gos ('/.6yog *Qo<poQixi
Vermittelst des Logos hat Gott aus Güte die Welt, den jung« £ohn
- geschaffen, und zwar aus der nicht wahrhaft seienden, dunklen, gestalt-
und eigenschaftslosen ■"■/-• inwirkBamen >ten (rexpor), unreinen
.Materie. Die geschaffenen Dinge, welche durch
tens der göttlichen Vernunftkraft entstanden sind, sind Abbilder der Id-
die das Wirksame in ihnen sind. Die Weh ist im Gegen* Gott nicht
unendlich. In ihr ist alles zahlenmäßig geordnet und bannonisch-g - lieh
verbunden; in optimistischer Weise gibt P. (ähnlich wie die Stoa) eine Tb
dizee. welche das Übel nur als Nebenwirkung des Guten oder als Mittel dazu
oder als bloßen Schein darstellt.
Di*- Seele de- Menschen ist ein an einen Leib gebundener Geist,
üger Teil (Xoyiouxdr) unsterblich ist. wobei aber die noch nicht -
läuterten Seelen eine Metempsychose durchmachen müssen. 1
ein Ebenbild Gottes. Die Tugend besteht nun darin, dem gottlichen Urbild
eu folgen (exeay i. es nachzuahmen (fUfuZo&at Gott zu 'dienen
i1 - Höchste und der Gipfel der Glü< it ist die V«
einigung mir Gott im unmittelbaren Behauen Gottes, im Zustande mystischer
Begei<t»-rui . . wo der Mensch sein Ich aufgibt und eine Wohnstäl
Gottes wird. h Kraft und Liebe ihn befreit und beseligt.
Die philosophische (nicht immer eindeutige) Lehn- rem Logos ist für
Christentom von größter Bedeutung geworden, du schon das Evangelium
Johannis darani tuiit i..Im Anfang war der Logos und der Logos
t und Gott war der Logos.*4 ..A lurch ihn geworden.") — nur dafl
was v.-.n höchster Wichtigkeit istj ron der Fleischwerdung des Los. -
spricht — und da ferner die orthodox« l na (Cl - ' Phnom«
Lehi • :zt.
3 : . r.ften: Von I\> Schriften Bind die Juristen erhalten il>e mundi oi
allegor.; De Tita Mona; Do < heruhim; Do vita Abraham i ; De caritate; l»e
u. a.). Opera, 174 2. 1828—30, 1851 — 53; hrsg. Ton L. Cohn und P, U
1896 ff. (Editio maior und minor). — Werke, deutsch von L. Cohn, 1.
lonea, ed. Tis. hendorf, 1868. — Neu entdeckte Fragmer.'
1891. — VgL M. WOLFF, Die Philoniache Philosophie, I. V. II
Die Lehre vom Logo«, .1. Lkvii.lk, Le logos d'aj ••• '
vi». Philo Judaeua, 1888. — A i:\im. w :<:ienstudi<- G, Fi "
Philon und Plotin. IS
IMiilon roi I in Thessalien - und S
IQeitomachos in Athen, kam wihn ifesn ■ithridatisohen K
. ( hr. I
544 Philon — Pico.
nichts erhalten. = P. ist der Stifter der vierten Akademie; sein Skeptizismus
sehließt nicht alle Erkenntnis und Evidenz aus. Als Ziel des Handelns be-
zeichnet er die Glückseligkeit.
Vgl. C. F. Herkmann, De Philone Larissaeo, 1851, 1855.
Phil oni des: 1. aus Theben, Stoiker. — 2. Epikureer, um 160 v. Chr.
Pliiloponos s. Johannes.
Philostratos9 Flavius, lebte im dritten Jahrh. n. Chr. in Athen, dann
In Rom, verfaßte im Auftrage der Kaiserin Julia Domna eine (romanhafte)
Biographie des Apollonius von Tyana, in welcher der Neupythagoreismus ver-
herrlicht wird.
Schriften: Vita Apollonii u. a., 1709, 1848, 1870—1871; deutsch von Baltzer,
1883.
Phokylides, Gnomiker aus dem 6. Jahrh. v. Chr. Dem Phokylides
wurde im letzten vorchristlichen Jahrhundert ein moralphilosophisches Lehr-
gedicht alexandrinisch-jüdischer Provenienz zugeschrieben.
Vgl. J. BERNAYS, Über das pseudo-phokylideische Gedicht, 1856.
Pliotios. Patriarch von Konstantinopel, gest. 891, verfaßte u. a. ein
durch seine Auszüge aus griechischen Schriften wertvolles Werk „Myrobiblion"
(Bibliotheca, ed. Bekker, 1824) sowie ein „Lexikon'- (ed. Naber, 1864—1865;
Peitzenstein, 1907).
Piat9 C, Prof. am Institut catholique, Paris.
Schriften: L'intellect actif. — L'idee ou critique du Kantisme, 2. ed. 1901. — La
murale du bonheur, 1909, u. a.
Picavet, F., französischer Historiker der Philosophie.
Schriften: Les ideologues, 1891. — Esquisee d'une histoire generale et comparee
des philosophes medievales, 1905, u. a.
Piccolomini, Alessandro, geb. 1508 in Siena, lehrte in Padua und in
Pvom, gest. 1578. = Aristoteliker.
Schriften: L'instrumento della filosofia, 1551. — Filosofia naturale, 1551 — 54.
— Filosofia morale, 1560.
Piccolomini, Francesco, Neffe des vorigen, geb. 1520 in Siena, lehrte
in Padua, gest. 1604. == Aristoteliker, Anhänger des Zimara (gest. 1532) und
Gegner des Zabarella.
Schriften: Universa philosophia de moribus, 1583. — Libri de scientia naturae
quinque partibus, 1597, u. a.
Pichler, Hans, geb. 1882 in Leipzig, lebt in Wien. = Anhänger Meinongs.
Schriften: Transzendentale Apercus, 1908. — Über die Arten des Seins, 1908.
— Über die Erkennbarkeit der Gegenstände, 1909. — Über Chr. WolfFs Ontologie,
1910, a. a.
Pico, Johann, Graf von Mirandola, geb. 1463 auf dem Schlosse seiner
Eltern, studierte in Bologna, hielt sich dann in verschiedenen Städten auf,
studierte seit 1482, durch Marsilius Ficinus angeregt, die Schriften Piatons,
Pico — Pictox.
stellte 1486 900 Thesen auf und lud zur Disputation darüber, die aber nicht
stattfand, viele Gelehrte ein. Er starb 1494 in Florenz.
P., der eine merkwürdige Mischung von Tiefsinn und Phantasterei dar-
stellt, ist ein von Plato, Aristoteles, dem Neupiaton ismus, Dionysius An
pagita, von der Kabbala, von Nicolaus Cusanus u. a. beeinflußter Mystiker.
Das Höchste ist ihm die Erkenntnis Gottes, dessen Behauung in der Ekst -
die größte Seligkeit bringt. Gottes Wesen ist unbestimmbar, nur nichtwissend,
negativ können wir etwas über dasselbe aussagen (vgl. Nicolaufl Cosan -
Gott ist überseiend, vollkommen, einfach, einheitlich, er ist nichts Einzeln«-,
sondern alles („Dens omnia est"), das Prinzip aller Dinge („prineipium omniura"),
die Fülle des Seins („plenitudo ipsius esse"), in allem wirkend.
Der Welten gibt es drei: übersinnliche (Engelwelt), himmlische, sublu-
narische Welt; letztere ist aus der nicht geschaffenen Materie gebildet In
dieser liegt der Grund zur Vielheit und Verschiedenheit der Dinge C.radix
omnis quae in rebus multitudinis est"). In der Engelwelt sind neun Ord-
nungen von Engeln, d. h. reinen Geistern. Unvergänglich wie diese ist auch
die himmlische Welt, die sich im Kreise bewegt. Der Himmel ist belebt
durch eine vernünftige Weltseele („adiecit igitur Dens coelesti machinae vivam
sabstantiam et rationalem, partieipem intellectus"). Die irdische Welt i-t ein
Abbild der himmlischen. Der Mensch hat als Mikrokosmus alle Naturen in
sich („trium . . . complexus et colligatio", „quod hominis subsiantia omnium
in se naturarum substantias et totius universitatis plenitudinem re ipea com-
plectitur"). Zwischen dem Leib und der vernünftigen, immateriellen Seele isl
das Band („vinculnm") der „Geist" („Spiritus", ..corpusculum spirituale") als
feinste, lichtartige Substanz („tenuissimum corpus et invisibile, Lad calorique
illi sidereo maxime Cognition"). Die Seele ist eine sich selbst bewegende Sub-
stanz, unsterblich; sie vermag das [ntelligible zu (.lenken und ihr Wille i-t
frei. Böchstee Ziel und höchstes Glück ist die Bückkehr zum göttlicher
Urgrund („felicitatem ego sie definio: reditum unius cuiusque rei ad säum
prineipium"), Vergottung (..ille erimus ipse, qui fecil nos"). Voraussetzung
dazu ist die Reinigung der Serie.
Schriften: Heptaplus. Conclusiones philoaophicae (i486). — Apologia. Di- <
et uno. De hominis dignitate. In Astrologiam libri XII u. a. Opera, 149G. 1
1601. — Ausgewählte Schriften, hrsg. von Liebert, 1905. — Vgl. G. DRETDORFF,
Dm System des J. P., 1858.
Pico, Johann Franz, Gral von Afirandola, Nett« und Anhang
vorigen, gest. 1533.
Schriften: De studio divinae et humanae sapiontiae. Exanirn duitrinao ri
tatis gentilium. De praonotionibus u. a. Opera (zusammen mit denen .-«eines Oheinn),
1571.
I'icfoii. .1. Allanson. - Pantheistischei Standpunkt, ron Bpen
eintlili;i.
Schriften: Tkt Hystary ..f Matter, !v7;; -
l'.M.l.
i iler, PhUocophen-1
546 Pierre — Pistis Sophia.
Pierre d'Ailly s. Ailly.
Pierre d'Aureole s. Petrus Aureolus.
Pierre de la ßamee s. Ramus.
Pikier, Julius, geb. 1864 in Temesvär, Prof. in Budapest.
P. ist ein Gegner des Naturrechts und begründet das Recht aus der
Zweckmäßigkeit desselben. Als Psycholog faßt er das Seelische als Funktion
des Nervensystems mit energetischem Werte auf. Beherrscht wird es vom
Prinzip der Gegensätzlichkeit, wonach jeder Aktion eine Hemmung
gegenübersteht. Jedes bewußte Erlebnis ist Besiegung einer Gegentendenz.
Jede Vorstellung ist eine gehemmte Tendenz zum Erleben. Allem Streben
liegt die Hemmung einer Wirklichkeitstendenz durch die Gegentendenz zu-
grunde. Wir streben nur dann, wenn die Überzeugung von der Wirklichkeit
des in seiner Wirklichkeit gehemmten Gegenstandes für uns ein größeres In-
teresse, einen größeren Wert besitzt als die gegenteilige Überzeugung. Das
Interesse ist so eine „überzeugungsbewirkende Kraft", eine Energie. Aus
diesem subjektiven Faktor gehen auch (wie aus dem objektiven) allgemein-
gültige Wahrheiten hervor. Überzeugung und Gegenüberzeugung sind, einander
komplementär hemmend, stets gleichzeitig da.
Schriften: Einleitung in die Kechtsphilosophie, 1892 (ungarisch). — The Genesis
of the Cognition of Physical Keality, Mind XV. — Das Grundgesetz alles neuropsychi-
schen Lebens, 1900. — Physik des Seelenlebens, 1901. — Beschreibung und Ein-
schränkung, Vierteljahrsschrift für wissensch. Philos., 1907. — Das Beharren und die
Gegensätzlichkeit des Erlebens, 1908. — Das Gegensätzlichkeitsprinzip, Bericht über
den III. intern. Kongreß für Philos., 1909. — Die Funktion des Interesses beim Streben
und die pragmatische Streitfrage, 1. c. 1909. — Die Stelle des Bewußtseins in der
Natur, 1910.
Pillon. Francois, geb. 1830, Paris. = Anhänger Eenouviers, Herausgeber
der „Annee philosophique" (1890 ff.).
Schriften: La philosophie de Secretan, 1898. — La premiere preuve cartesienne
de l'existence de Dieu, L'annee philos. I, 1890. — L'evolution historique de l'atomisme,.
1. c. II, 1891. — L'evolution historique de Pidealisme, 1. c. III— VII, 1892 ff. — La
critique de Bayle, 1. c. VIII— XIV, 1898 ff., u. a.
Pini, Ermenegildo, geb. 1739 in Mailand, gest. 1825 daselbst. = Meta-
physiker auf christlicher Grundlage, Gegner des Sensualismus.
Schriften: Protologia, 1803, u, a.
Pioger, Jules. — Mechanistischer Standpunkt.
Schriften: Le monde physique, 1892. — La vie et la pensee, 1893.
Pistis Sopliia heißt eine im Jahre 1851 aus einer koptischen Hand-
schrift herausgegebene gnostische Schrift (Pistis Sophia, ed. A. Petermann,
1853). Auf Grundlage der Lehren des Valentinus wird das Leiden der Pistis
Sophia (eines weiblichen „Äons"), ihr Fall und ihre Erlösung durch Christus
hildert.
Vgl. K. KÖSTLIN, Das gnostische System des Buches Ilioxig Zocpia, Theol. Jahr-
bücher, 1854.
Pitakos — Planck.
Pittakos, Tyrann von Mytilene (Lesbos), wird als einer der „sieben
Weisen'* Griechenlands genannt. Eine Reihe gnoniischer Ausspruch» w
ihm zugeschrieben (Erkenne die rechte Zeit; Gebrauche da- Nötige; u. i
Planck, Karl Christian, geb. 1819 in Stuttgart, wurde 1856 r in
Ulm, 1869 in Blaubeuren, 1879 in Maulbronn (Seminar).
R. der von Hegel beeinflußt ist, lehrt einen „Realismus', der aber im
Gegensatze zum Materialismus, Atomismus, Darwinismus steht, indem er auf
das innere Wesen von Natur und Geist geht. Die Grundform der ganzen
Wirklichkeit ist die ,, innere Beherrschung der Teile durch eine zusammen-
fassende Einheit des Ganzen oder innere Konzentrierung zu hervorbringender
Gesamttätigkeit". Erst in unbewußt-unfreier Daseinsweise bestehend, entwickelt
sieh die Wirklichkeit schließlich zu bewußt-freiem Sein und sittlicher Ordnung.
..Ineinander wirkende Konzentrierung ist es, innerlich zentral
samttätigkeit, welche ebenso schon im Anfang vor allem individuellen Sein
das All zusammenfaßt zu selbstlos universeller Einheit im glühend warmen
und lichten Zentrum, wie sie weiterhin, im organischen Leben, als individuell
begrenzte selbständige Zentrumsform wirkt und endlich in erneuter Weise räch
wieder erhebt als innerlich universelle Fanheit in der freien Klarheit des er-
kennenden Geistes und seiner selbstlos sittlichen Ordnung." Aus dem inner-
lichen Entwicklungsstreben der „Zentrumseinheit" sind die individuellen Stoffe
hervorgegangen und in ihr hat auch das Organische und das Geistige -einen
Ursprung. Auch das Wesen des Geistes ist ., innerlich universelle Konzentrie-
rung und Tätigkeit". Realität gibt es nur im „ Zusammen eines Aufierein-
ander". Indem alles synthetisch zusammengehalten wird, ist es wahr, dafl
(rott die Liebe und diese der schaffende Grund der Welt ist. Die zentrale
Einheil ist zugleich das Sondernde, das die vielen Mittelpunkte schafft. Die
Wirklichkeit ist als solche das Gegenteil der bloßen Gedankeneinheit, Bie ist
der „stetige reine unterschied". Zeit und Kaum (Ausdehnung) Bind die allge-
meinsten Grundformen alles Wirklichen, alles Wirken, alle Intensität ist ..in-
einander wirkende Einheit eines Btetig Unterschiedenen, ausgedehnten". D -
reine Wirken ist ..rein selbstlose innere Einheil mit dem Ganzen, reine Kon-
zentrierung".
Der Geis! ist nicht eine besondere Bubstanz, Bondern wie alle Stofflich-
keit in ihrer Grundform nur reines Wirken ist, so ist der Geist nur die kon-
sequente selbständige individuelle Vollendung der zentralen Einheit; nur -
reine Qnterscheidungs- und Zuaammenfassungsform ist ansinnlich. Innere
reine Zusammenfassung ist das Wesen des Geistes; dieser ist nur „als innere
Einheil der Ausdehnung selbst (oder einer Leiblichkeit)", nicht all unter-
schiedslose Einfachheit möglich (vgl. Segels [dentitätastandpunkt). Das Denken
vereinigt Empfänglichkeil und Selbsttätigkeit Ei ist bewußteste Scheidung
zwischen Subjekt und Gegenstand. Der Entwicklung der Denkformeo,
der Kategorien, besteht dann, dafi das Objekt immer vollständiger nach seinem
vorausgesetzten Sein dem henken gegenübergestellt und all ein vom henken
Unabhängiges Wirklich« cht wird. Das Real« liegi also über das bloi
548 Planck — Platner.
Logische ganz hinaus, ist das Gegenteil der bloßen logischen Einheit, ist Natur,
die vom Anfang im Geiste und im Sittlichen ihr Ziel hat. Das logische
Kausalgesetz ist eine Anwendung des Identitätsprinzips auf alles, was als wirk-
lich gesetzt werden muß. Alles Wirkliche ist in diesem Sinne notwendig, ohne
deshalb mechanisch gezwungen zu sein. Vielmehr ist rein ineinander wirkende
konzentrierte Hervorbringung, „schaffende reine Zweckmäßigkeit" die Grund-
form alles Wirkens, deren höchste Entwicklungsstufe die geistig freie Selbst-
bestimmung, der freie Wille ist, welcher geistig sittliche Notwendigkeit ein-
schließt. Das höchste Ziel, das Sittliche liegt im „Wollen des Universellen
und seiner ewigen Ordnung". „Peines selbstloses lichtes Wirken ist dem
Ursprung nach alles, im selbstlos lichten Wollen und Wirken der ewigen Ge-
samtordnung ist auch dein Ziel, o Mensch." Dann bedarf es keines Glaubens
an eine persönliche Unsterblichkeit; ist ja doch Individualität als Fürsich-
bestehen ein „kaltes und dunkles Eigendasein". Eine in sich selbst ewige und
unsterbliche Persönlichkeit ist der reinste Widerspruch.
Schriften: Die AV eltalter, 1851. — Katechismus des Hechts oder Grundzüge
einer Neubildung der Gesellschaft und des Staates, 1852. — Grundzüge einer genetischen
Naturwissenschaft, 1862. — Grundlinien einer Wissenschaft der Natur, 1864. — Grund-
zügo der organischen Naturansicht, 1869. — Seele und Geist, 1871. — Wahrheit und
Falschheit des Darwinismus, 1872. — Grundriß der Logik, 1873. — Anthropologie
und Psychologie, 1874. — Logisches Kausalgesetz und natürliche Zwecktätigkeit, 1877.
— Testament eines Deutschen. Philosophie der Natur und der Menschheit, 1881
(Hauptwerk), u. a. — Vgl. ÜMFRIED, K. Chr. Planck, 1880. — H. PLANCK, Die
Grundlagen des natürlichen Monismus bei K. Chr. P., Arierteljahrsschr. für wissensch.
Philos., 1905 f.
Planck. Max, geb. 1858 in Kiel, Prof. in Berlin. = Vertreter der in-
duktiven,, „relativistischen" Physik.
Schriften: Das Prinzip der Erhaltung der Energie, 1887; 2. A. 1908. — Das
Bewegungsgesetz der Welt, 1908. — Über das Prinzip der Relativität, 1909. — Die
Einheit des physikalischen Weltbildes, 1909, u. a.
Plate, Ludwig, geb. 1862 in Bremen, Prof. in Jena. = Darwinist, Monist.
Schriften: Die Abstammungslehre, 1901. — Selektionsprinzip und Probleme der
Artbildung, 3. A. 1908, u. a.
Platner, Ernst, geb. 1744 in Leipzig, wurde Doktor der Philosophie und
der Medizin, 1770 außerordentlicher, 1780 ordentlicher Professor der Medizin
in Leipzig, später dort auch Professor der Philosophie, gest. 1818.
P. ist ein von Leibniz, später auch zum Teil von Kant (dessen Gegner er
im übrigen ist) beeinflußter Aufklärungsphilosoph. Die Erkenntnis faßt er wie
Leibniz auf und wie dieser hält er das Körperliche für die Erscheinung im-
materieller Kräfte (Monaden). Die Substanz definiert er als „beharrliches,
selbständiges Ding, welches stets dasselbige bleibt". Sie ist eine Kraft, ein
, .System unzertrennlich verbundener, einer Grundkraft untergeordneter Kräfte''.
Eine Substanz ist auch die Seele als eine „Vorstellungskraft". An Stelle der
Leibnizschen prästabilierten Harmonie nimmt P. eine Wechselwirkung zwischen
und Leib an. Die Seele ist stets mit einem feinen Organismus (einem
Atherleib) verbunden, der auch den Tod überdauert. Der Wille ist deter-
PLATNEB - PLATOK,
miniert; er ist ein Teil der Vorstellungskraft Das Willi
äußert >ieh „in einem Bestreben <I«t 8eele und in einer damit verbundenen
Anstrengung der Werkzeuge der Phantasie, [deen zu beleben oder zu ver-
nichten .... je nachdem sie in der Vorhersehun.tr »in angenehmes oder un-
angenehmes Verhältnis haben zu dem selbsteigenen Zustand". Freiheit ist
identisch mit Willkür und Selbständigkeit, Selbsttätigkeit Der Endzweck alles
Handelns ist die Glückseligkeit; die Tugend, das „Wollen des Guten",
ist «in Mittel zur Erreichung der Glückseligkeit Die Existenz Gottes wird
durch das teleologische Argument bewiesen.
In der zweiten und dritten Auflage seiner „Philosophischen Aphorismen'*
und in Beinern „Lehrbuch der Logik und Metaphysik" nimmt P. Stellu
Kant, von dem er teilweise beeinflußt ist Die Philosophie als Metaphysik
definiert er als ., Inbegriff vernunftmäßiger, d. h. von Erfahrung unabhän.
auf reine Begriffe und Grundsätze gestellter Resultate ober die Welt and das
bliche Verhältnis 'in der Welt". Die reine Logik lallt sich mit der
1 -ychologischen sehr wohl verbinden, die Logik ist ..eine pragmatisch)
schichte des menschlichen Erkenntnisvermögens". Die Wahrnehmung des
Gegenstandes entsteht vielleicht dadurch, daß das Vorstellungsvermögen aus
dem in den Eindrücken gegebenen Stoffe mit Hinzusetzung Beiner Form Bilder
schafft, welche das Verhältnis der Dinge an Bich zum Vorstellungsvern
anzeigen. Das allgemeine Bewußtsein: Ich bin, ist ..a priori das Bedingnis
alles Vorstellens, Denkens und geistigen Daseins". Die Kategorien Bind:
Substanz und Akzidens. Eigenschaft (Quantität und Qualität, Realität) and
Verhältnis, Einheit und Vielheit, Ursache (Kraft, Existenz usw.) und Wirkung.
Mit Baum und Zeit zusammen sind die Kategorien die „Formen aller
liehen Gegenstände sinnlicher Erfahrung1', davon getrennt sind sie die „Formen
einer von der Vernunft gedachten aichtsinnlichen Erfahrung". Als An
Bind diese Denkformen angeboren. Die Formen der Erkenntnis sind subjektiv
und zugleich objektiv, d. h. durch die Dinge selbst mit bestimmt W
nichts in den Dingen an sich den Formen u Vorstellungen entspricht,
bo ist kein Qrund da, warum man jetzt Substanz denkt und nicht Akzidens
■der Ursache usw. Kaut- ^Antinomie der Vernunft" ist in Wahrheit am
Streit der Vernunft mit der Phantasie. Auch Kaum und Zeil Bind ai .
subjektiv und objektiv id. h. durch die Dinge veranlaßt) zugleich.
hriften: Anthropologie, 1772 — 74. — Philosophische Aphorismen, 17,
I. A. 1784; 3. A. 1793 — 1800. — (Jesprüch über den Athoicin
Logik und Metaphysik, 1795. — Vgl. M. Hi.iN/i B. KanU,
— A. WREBCHNER, B. 1'. und Kants Kritik der reinen \ ernunft, 181
l'laton. -';' 128 oder ;■_'. r. ehr. in Athen (oder I
ariston ans dem Geschlechte des Kodros und der Periktiom I unilie,
Vorfahr mit Solon renrandt war, ursprünglich soU d« St • Piatons
AxistoUes nach dem Großvater) gewesen sein, ubei schon al I il er
i ,, Beiner breiten, gedrungenen K Itj den Samen Piaton erhalten
haben. Der Knabe und Jüngling wurde in da I omatik, M - und
Gymnastik nuten auch bet h r. in jungen Jahren mit dran
550 Platon.
Versuchen, die er aber später aufgab. Durch Kratylos wurde er mit den
Lehren Heraklits bekannt gemacht. Etwa in seinem zwanzigsten Lebensjahre
lernte er Sokrates kennen, dessen Schüler er Jahre lang war und von dem er
die größten Eindrücke empfing. Nach dem Tode des Sokrates hielt er sich
einige Zeit bei Eukleides in Megara auf und unternahm dann größere Keisen
bis nach Unteritalien, wo er durch Archytas von Tarent und Timaios aus
Lokri den Pythagoreismus in dessen theoretisch-praktischer Gestalt kennen
lernte, und nach Sizilien. Hier, in Syrakus, befreundete er sich mit Dion, dem
Schwager des Tyrannen Dionysios der ältere. Gegen P. mißtrauisch geworden,
soll ihn Dionysios als Kriegsgefangenen in Aigina haben verkaufen lassen und
Annikeris soll ihn dann losgekauft haben. Um 387 v. Chr. begründete er in
einem nach dem Heros Akademos genannten Garten eine philosophische Schule,
in welcher er viele Jahre lehrte, dem politischen Leben ganz abgekehrt und
unverheiratet bleibend. Doch reiste er noch zweimal (367 und 361 v. Chr.)
nach Syrakus, das einemal, um den jüngeren Dionysios zur Einführung einer
Verfassung zu bestimmen, was ihm nicht gelang, das anderemal, um Dionysios
mit Dion zu versöhnen. P. starb hochbetagt in Athen, im Jahre 348 oder
347 v. Chr.
Schriften: Unter dem Namen Piatons sind uns 36 Schriften überliefert,
von denen aber die Kritik einen Teil als unecht, manche als zweifelhaft dar-
getan hat. Mit Ausnahme der Briefe sind diese Schriften in Dialogform ver-
faßt, welche P. zum Teil in außerordentlich künstlerischer Weise gehandhabt
hat. Diese 36 Schriften hat der Platoniker Thrasyllos in neun Tetralogien
zusammengestellt: I. Eutyphron, Apologie, Kriton, Phaidon. IL Kratylos,
Theaitetos, Sophistes, Politikos. III. Parmenides, Philebos, Symposion, Phaidros.
IV. Alkibiades I, Alkibiades II, Hipparchos, Anterastai. V. Theages, Char-
mides, Laches, Lysis. VI. Euthydemos, Protagoras. Gorgias, Menon.
VII. Hippias maior, Hippias minor, Jon, Menexenos. VIII. Kleitophon, Politeia
(Eepublik), Timaios, Kritias. IX. Minos, Nomoi (Leges, Gesetze), Epinomis,
Briefe. Davon sind sicher unecht: Minos, Epinomis, Alkibiades II, Theages,
Anterastai, Kleitophon, Hipparch; zweifelhaft sind Alkibiades I, auch wohl
noch Hippias maior und Jon.
Vgl. UebERWEG-Heinze, Grundr. d. Gesch. d. Philos. I10, S. 140.
Was die Abfassungszeit und Anordnung der Schriften Piatons anbelangt,
wurden verschiedene Theorien aufgestellt. So von Schleiermacher, der eine
didaktische Ordnung seitens Piatons voraussetzt und elementarische, vermittelnde
und konstruktive Dialoge unterscheidet, von K. F. Hermann, welcher drei
Schriftstellerperioden bei P. unterscheidet und die Entwicklung des Platonischen
Denkens betont, ferner von Steinhart, Susemihl, Munk, Grote,
Immisch u. a. Von verschiedener Seite, Dillenberger, v. Arnim u. a.,
besonders aber von Lutoslawski, wurde auf Grund sprachlicher Kennzeichen
f< ^brauch oder Nichtgebrauch bestimmter Wörter und Wendungen) mit ziem-
lichem Erfolge Ordnung und Zusammenhang in die Schriften P.s zu bringen
gesucht.
Der Gegenstand der Dialoge (deren Anordnung hier konform mit der in
Pl.A l'.V
i eberweg-Heänze, Grandr. I1". 143 iL ist] ist : 1. Apolog&i Vertektign
Sokratee und Idealisierung desselben). 2. Kriton (Über die BocMialtung der
Gesetze). 3. Laches (Über die Tapferkeit). 4. Charmidee (Über die <-„,,. t
5. Euthyphron (Über die Frömmigkeit). 6. Eippias mal I * 8cl
7. Hippias minor (Über die Lüge und das [Jnrechttaii . B, Jod (Über die K\
des Rhapsoden). 9. Protagons (Gegensatz zwischen dem Belatiyismus dei
Sophisten und dem Sokratischen Btandpunkl fester Begriffe, insbesondi
Lehrbarkeit der Tugend). 10. Gorgias (Gegensatz der dialektisch^Mphistischen
Rhetorik und der egoistischen sophistischen Moral einerseits, und des sittli
jx)litischen Standpunktes des Sokrates). 11. Menon (Lehrbarkeil d
das Lernen als Wiedererinnerong an das im Zustand der Präexistenz Geschaut
12. Menexenos (Über Khetorik). 13. Euthydemos (über sophistische Eristik).
1 ;. Kratylos (Über die Sprache, die von IM. sowohl als etwas Natürliches irie
auch als etwas Künstliches aufgefaßt wird). 15. Lysis (Über dir Freundschaft).
IC». Symposion (Gastmahl; Über die Liebe im sinne des philosophischen
Strebens nach dem Wahren, Guten und Schönen, nach der Idee; Mythus ?om
Eros als Kind des Reichtums, des Besitzes und der Armut, woraus das Streben
oacfa dem Besitz des Guten und Schönen abgeleitet wird). 17. Phaidon (Über
die Unsterblichkeit). 18. Politeia (Staat), enthalt Pj Dialektik, Ethik. Staats-
philosophie, Bebildert den Idealstaat. 19. Phaidros [deenlehre in Verbindi
mit einem Mythus über die Schau der Ideen, besonders der [de 3 honen)
20. Theaitetc« (Theorie der Wahrnehmung und des Wissens). 21. Parmenides
i ber die [deenlehre und über die Einheit, Bedenken gegen die Pannenideische
Lehre, aber auch gegen manche- in der [deenlehre). 22. Sophistes (Auffassung
der Ideen als lebendig nnd beseelt; über das Nlchtseiende und das ..Ander.
. Politikos (Der Begrifi des guten Staatsmannes). 24 Philebos (Über das
Gute und die Lust, sekundäre Stellung der Letzteren, die aber, als „reine*1
Lust, nicht abzuweisen ist). 25. Umaios (Naturphilosophie, Lein.
Demiurgen, ron der Weltseele usw., mythische Darstellungsweise der [de*
lehre: die Ideeii als göttliche Wesen). 28. Kritias (Bericht über dei S
„Atlantis"). l'7. Nomoi (Übei den zweitbesten, d. h. der historischen Ent-
iricklung und den realen Verhaltnissen mein- Rechnung tragende! S als
Mischung aus Monarchie und Demokratie).
l>ie Weike I' .- < i ■seh i< roea i zuerst lateinisch (Übersetzung von Marsilius
i 'ious), L483 34, griechisch zuerst 1513, dann besonders l"-.s in d
des FL Stephanus, deren Seitenzahlen in den meisten neueren Aus
sind und nach welchen /inert wird. Weitei !^sl
1833 tt.. 1861—53, 1861 tt.. L875 it.. 18 '
Teubner. Deutsch ( arsetzungen erschienen ron Sehleiermacher, I
•i.. ron II. M nller, is >•■ tt n il i inli I 8 £
Einzelwerke in der „Phflos. Bibliothek", i und Knnkhardi N
iiber Piaton: A i ist oteles, I >i... Laertius i
mann Geschichte und - I m der piaton inohen l'hili 11 H
Platonische Studien, \ ' H Btei - I
Geschichte des Piatonismus. 1864. G. <
552 Platon.
Lutoslawsky, On the Origin and Groivth of Piatos Logic, 1897; P.s Logic,
1898. Windelband, Piaton, 1900; 3. A. 1901 (Frommans Klassiker der
Philosophie). W. Pater, Plato und der Piatonismus, 1904. A. Riehl,
Plato, 1905. C. Eitter, P.s Dialoge, 1909; P., 1910; Neue Untersuch, über
P.. 1910. H. Cohen, Die platonische Ideenlehre, Zeitschr. f. Völkerpsychol.
IV, 1866. Natorp, P.s Ideenlehre, 1903. D. Peipers, P.s Erkenntnisth., 1874.
E. Pfleiderer, Sokrates u. P., 1896. Baeumker, Das Problem der Materie,
S. 110 ff. J. Steg er, Platonische Studien III: Die platonische Psychologie,
1872. A. B. Cook, The Metaphysical Basis of P.'s Ethic, 1895. O. Apelt,
Der Wert des Lebens nach P., 1907. K. F. Hermann, Die historischen
Elemente des platonischen Staatsideals, Ges. Abhandl. 1848. Zell er, Vorträge
und Abhandlungen I, 1865. Hildenbrand, Geschichte und System der
Eechts- und Staatsphilosophie I, 1860. R. Pohl mann, Geschichte des antiken
Kommunismus und Sozialismus I, 1893. Natorp, P.s Staat und die Idee der
Sozialpädagogik, 1895. A. Mazarakis, Die platonische Pädagogik, 1900.
J. Walter, Geschichte der Ästhetik im Altertum, S. 168 ff. A. Rüge, Die
plat. Ästhetik, 1832. Ast, Lexicon Platonicum, 1835—38; 2. A. 1908.
Piaton gehört zu den größten Philosophen aller Zeiten. Er ist der Be-
gründer des (objektiven) Idealismus, jener Welt- und Lebensanschauung,
für welche die höchsten Werte nicht im Gebiet des sinnlich-empirisch Wirk-
lichen, überhaupt nicht im „Gegebenen" der Erfahrung, sondern in obersten
Zielpunkten des Schauens, Denkens und Strebens, im Idealen, in einem Zu-
sammenhang von „Ideen'-, von Ur- und Musterbildern des Wirklichen liegen.
Eine künstlerische und bei allem wissenschaftlichen Triebe zugleich tief religiöse
Natur, mißt Piaton das Gegebene stets an idealen Maßstäben und strebt er
stets hinaus über das Gegebene zu jenen Regionen, „wo die reinen Formen
wohnen1', zu einer Lichtwelt des reinen Seins, zum Reiche des Wahren, Guten
und Schönen an sich, als dessen Bürger er sich fühlt und nach dem ihn die
Sehnsucht hintreibt. In diesem Reiche sucht er zugleich die Grundlage für
die Erkenntnis der Erfahrungswirklichkeit; logische und metaphysische Prinzipien
gehen so in Eins zusammen. Fragen wir nach den Einflüssen, welche P. er-
fahren hat, so ist hier vor allem die Methode der Sokratischen Dialektik und
die Sokratische Wertung der streng begrifflichen Erkenntnis, sowie auch die
ethische Richtung des Sokratischen Denkens zu nennen, ferner Heraklit, dessen
Theorie des Werdens Piaton für die Sinnendinge annimmt, dann die Eleaten,
deren Lehre vom unveränderlichen Sein des wahrhaft Wirklichen bei P. in
modifizierter Form (Anerkennung der Realität der Vielheit) auftritt und end-
lich besonders der Pythagoreismus in theoretisch-praktischer Beziehung, in Ver-
bindung mit „orphischen" u. a. Mysterien.
Die (durch das „Staunen" über die Dinge ausgelöste) Philosophie ist
nach P. der Erwerb des Wissens (xxfjois *:jztorrjfA,r], Euthyd. 288 D). Philosophen
sind weder die absolut Wissenden noch die Nichtwissenden, sondern die in
der Mitte zwischen beiden Stehenden. Es sind dies diejenigen, die nach der
Erfassung des wahrhaft Seienden streben (rovg uqo. k'xaorov ro ov dojiaCo/uevovg
(fi/.ooörporq y./.^xiov, Republ. VI, 480 B). Die philosophische Methode ist die
Platoh.
Dialektik, das Verfahren, durch Analyse und Synthese der Begriffe, durch
logische Induktion, durch Fortgang des Denkens von niederen, spezielleren
sä höheren, allgemeineren Begriffen, vom Bedingten zun) Unbedingten [awn6-
i'ßfTor) und von diesem wieder zum Bedingten das Allgemeine im Einzelnen
und das Einzelne aus dem Allgemeinen zu begreifen Das Höchste in der
Dialektik ist die Erfassung der Ideen durch „Zusammenschauen" des Gemein-
samen einer Vielheit zur Einheit des Gedachten [sis "<«»• re Idecu
äyeiv zu .-ro/./.a/t'/ dieosragfieva, Phaedr. 2H5). Die Dialektik ist die Erkenntnis
- ienden, Wahren, in der Erscheinungen Flucht Bich gleich Bleibenden
i.-jKji T() ur y.ui tu ovtcog xcu io xaxa tavrov <ul ,-rer/ vxos, Phileb. 57 E. 58
Der vom Eros („platonischer Liebe") getriebene Dialektiker will Erkennt -
des Seienden um ihrer selbst willen, er sucht das Wesen der Dinge [top 16
^y.üniov XafjißavoYta rijfs ovoi'ag, Republ. 543 B),
In seiner Erkennt nislehre ist P. Rationalist, da nach ihm die Wahr-
heit nur durch die Vernunft, das reine Denken gefunden werden kann. Die
Sinneswahrnehmung hat nicht das wahrhaft Seiende zum Objekt, ihre Gegen-
stände Bind die im stetem Werden begriffenen Dinge, die nur Erscheinungen
(Abbilder) der wahren Wirklichkeit sind. Die sinnliche Erkenntnis ist nur
„Meinung" [döi-a aus nlaxig und ebeaota bestehend . unterschieden von der
wahren Erkenntnis [vorjaig, in biäroia und r.7tr,T>'/it>i zerfallend. RepubL V, 176 t..
VII, 533 f.; Theaet. 210 A). Eine Mittelstellung nimmt die mathematische
Erkenntnis ein (die niederste Art der whjoie), indem die Gegenstande dersel
in der Mitte stehen zwischen den Binnendingen und den Urbildern derselben,
RepubL VI, 511 D; Tim. 27; Phileb. 5»; ff.). Die Mathematik isl eine Be-
tätigung des Denkens an anschaulichen Inhalten und operierl an der Hand
von Voraussetzungen (vno&eoeis). P. betont den Wert der mathematischen
Erkenntnis, die am besten zur Dialektik vorbereitet Die reine Erkenntnis ist
die völlig nnsinnliche Erfassung des wahrhaft und unveränderlich, an sich
Beienden, des Allgemeinen, Typischen durch reines (schauendes) Denken (o
<V avjtjg i) 'i'r/i/ tu xoivd ftoi tpaivstat jttgt n>- uaxontXv). Die Erfahrung
gibt nur die Gelegenheit zur geistigen Behau des Seienden, rar Wieder-
erinnerung, Anamnese {dvdfivffaie) an die Urbilder der Dinge, welche die
£ le (im Zustande der Präexistenz) im überhimmlischen Orte dereinst unmittel-
geschaut hat (rovxo <v- law äväpvtfote ixttoov, & wo*'
rihinu ,h,~> XCU bneQldoÜaa >'i irr tirui </ utitr y.nl &V\
'"""-. Phaed. 249 C; >]<<" ij uäihjoic oix <</./.<> u >,
Phaed. 72 E). Alles Lernen ist also nur die Auffrischung 700 Spuren eti
latenten, potentiell angeborenen Wissens, dessen Maßstäbe a priori an 1
Eahrung herangebracht werden, ~<> dal) wir im Vorhinein
Normen und Werte rar Beurteilung des G
toü ;■' 1 06
xat .''"//1. yevöfievoi 0$ udw ■>■ xat u
im tu rd totaßta, Phaed. 75 C; Ueno \ •
l>a- wahrhaft Seiende, im Untersch • >> Sinn«
im mit nun P. 1 d . ■ - der ■ 1 nstnnd
554 Platon.
des reinen Gattimgsbegriffs ; denn daß der Begriff ein Korrelat in der Wirklich-
keit hat, daß es von einem Nicht-Seienden keinen Begriff geben kann, davon
ist P, überzeugt (Begriffsrealismus). Kein logisch genommen, ist die Idee der
gedanklich (und in geistiger Anschauung) festgehaltene Typus, als dessen
Modifikationen und Einzelfälle die unter einen Begriff fallenden, einen gemein-
samen Namen besitzenden Dinge oder Eigenschaften erscheinen, das rein begriff-
liche Wesen je einer Klasse von Gegenständen, an welchem sie alle teilhaben
(z. B. die Löwenheit, die Menschheit, der Mensch an sich). Diese begriffliche
Wesenheit wird für P. zur Norm, an welcher er die Einzeldinge mißt, zum
Urbild einer Klasse von solchen, zu einem unabhängig vom Erkennen, an und
für sich bestehenden Seienden, später sogar zu einem lebendigen, beseelten
Wesen, so daß der Fortgang von einer logischen zu einer metaphysischen und
schließlich mystisch-mythischen Auffassung der Ideen seitens P.s klar ist.
Die Ideen sind reine Denkobjekte, „Noumena" (voov/ueva), feste, stets mit sich
identische Typen, sinnlich nicht erfaßbar (zag eT av lösag vosToßac fiev, ogäodat
(V oi'. Rep. VI. 507 B; voov/nEva jliövov, Tim. 51 D), ungeworden und unver-
gänglich (äy empor %al äväiledgov, Tim. 52 A), ewig, räum- und zeitlos, allem
Werden entzogen. Sie sind in einem ., überhimmlischen" Orte {vjzsgovgaviqj zojzqj) ;
getrennt (xcoglg) von den Dingen bestehen sie an und für sich (avzo xa& avzo
(jls& avxov, Sympos. 211 B). Sie sind die Ur- und Musterbilder der Dinge,
die Vollkommenheitstypen derselben (jzagadeiyfxaza)-, die Einzeldinge selbst sind
schattenhafte Nachahmungen (/M/urj/Liaza), Abbilder (eidwla), Gleichnisse, Er-
scheinungen der Ideen (rä f,iev ei'öi] zavza wojisg jzagadsiy/uaza iotdvai ev xfj
(fi'of-L. zä de älla zovzoig eoixevai xal eivai ö/uoioiftaza). Die Einzeldinge haben
an den Ideen Teil (ixezkyovoiv; Methexis, /ueßec'ig, Parmen. 132 D), diese haben
Gemeinschaft (y.oivojvia) mit ihnen, sind in ihnen gegenwärtig (jiagovoia,
Parousie, Phaed. 100 D). Ideen gibt es von allem, was unter einen Gattungs-
begriff fällt und einen gemeinsamen Namen hat, von Natur- und Kunst-
objekten, von guten und schlechten, schönen und häßlichen Dingen, auch von
Eigenschaften (elöog ydg jzov zi ev exaozov sicbtia/ier zideodai jcsgl exaoza zä
TTo'ü.d, olg zavzov ovo/ua sTttcpegofxEv, Rep. 569 A ; Theaet. 186 A ; vgl. aber Aristo-
teles, Met. XI, 3, wonach P. später nur Ideen von Naturobjekten angenommen
hat). Das Verhältnis der Ideen zueinander (Über- und Unterordnung) ent-
spricht dem logischen Verhältnisse der Begriffe. Später schreibt P. den Ideen
"Wirksamkeit, Leben, Beseeltheit, Vernunft zu, sie werden zu Ursachen, welche
den Dingen ihr Wesen geben, ja sogar zu „Göttern" (Timaeus; vgl. Theaet.,
Phaed., Phileb., Sophist. 248). Schließlich hat P. (pythagoreisierend) die Ideen
als i ideale) Zahlen aufgefaßt, die aus dem Einen (IV) als der Grenze (jisgag)
und dem Unbegrenzten (äxeigov) entstanden sind (Aristoteles, Met. I, 6;
XIV. 1). Auch bezeichnet P. das ä.ieigov als das Nichtseiende (/ui] öv), das
erst durch das negag Form, Bestimmtheit, Ordnung bekommt (zum Ttemgao-
inror, zur oiöla wird, Phileb. 16 D, 24). Die Erkenntnis der Ideen schildert
P. auch als eine Auffahrt der Seele zu dem überhimmlischen Ort, dem Silz^
der Ideen (Phaedr. 247 f.).
Die höchste Erkenntnis {idyiozov fid-thjfta) ist die Erfassung der höchsten
Platok.
Idee, der Idee des Guten (Rep. 506 A ff.). Die [dee des Gutes ist die
oberste Norm des Wahren und des Schönen, der Grund der Wahrheil
Erkennens und der Erkennbarkeit (tovto xoiror t'> ji,y iXyfoiaw .nu, .'■/,„■ roifc
•■r/fony.oinrots XCU V<ß ytyVCOOXOm Tity Dvrniuv abfodldov 7/ ov Idiav
slvai, alxlav L-TiOT)'jutjg oioar xcu äXfffoiag, Rep. 506 Ei. l>a- Gute Btehl höhe!
(jbtexctra) als das Sein; indem dieses besser ist als das Nichts, hat i -
Guten seinen Grund (Phaed. '.'7 C; Ethischer [dealismus). I>a- Gute setzt du
Bein, ist die Bedingung und Ursache der Existenz (xcu rot$ ytyvoooxofi
TnitTV />/, m'nny n- ytyvcOOXeO&CU tp&rCU VJfO XOV nynitnr rnianrru. u'/.i.n XCU ro
elvcU m y.ai rijr ovaiav vn ixeivov avxoTg ngooeivcu, <>< x
d/./.' ett isiixetra tT^ ovoiag Jtgeaßsiq xcu dwcuut vneQ&zovros, Kcj». 509 I> . Die
Idee des Guten (das Gute an sieht ist eins mit der göttlichen Vernunft
(Philel). 22), mit dem Demiurgen, welcher gemäß den Ideen alles aufs
gestaltet hat (duxxoofxatv n&vxa xai btineXovfjuwos, Phaedr. 246 £; Tim. 28 ff.).
Gott kann nicht die Ursache dee Bösen Bein (Rep. 37'.» (">: dieses hat -einen
Grund im Widerstände der Materie, des Formlosen. Unbestimmten, Ung
neten (Theaet 776 A, Polit. 269 D. Tim. 47 E, CSE) oder, wie P. späte]
klärt , in der „bösen Weltseele", die er der guten gegenüberstellt 1 1
I. .
Wir kommen damit zu P.s Naturphilosophie. Bier kommen pytha-
goreische u. a. Einflüsse zur Geltung, hier tritt die Phantasie in Tätigkeit um!
auch der Mythus spielt eine Rolle. P. selbst betont, in der Naturfrage handle
es sich, weil hier die Welt des Werdens in Frage kommt, nicht mehr um
reine- and absolut gewisses, adäquates Denken, sondern um hlofle Wahrschein-
lichkeit, Glauben (xünts) und Analogie (im Unterschiede von den <\n
/.<>•■<,! gibt es hier nur einen ebcöta uvfhv, Tim. !. Parmenides). 1 N a
göttliche Demiurg, der Vater der Welt {xaxtjQ rodcU roü navtfc, Tun
hat aus Güte, gemäß der ewig Beienden [dealweit, die dingliche Welt aus da
Materie gestaltet. Zugleich mit der Welt ist erst die Zeit, das BiM der !
keit. entstanden (Tim. 3707., 38A t.. 17 Bf.). Die Welt ist als Gau»
vortreffliches Gebilde, ein Bild des Schöpfers ein Mensch
im Großen (paxj ein sichtbarer Gott in nie altern
rollkommen w xcu äy^gcov y.<ü ävoow), Lebendiges, beseeltes, *ei
nunftbegabtes Wesen [C :l"iv/."y frrov* «, Tim. 30A , Bw ist ein Bild
1 tottheil [bIxoov r<
Tim. 92). P. ist also Optimist Die Form der Welt ist die sphärisch
Bewegung derselben die kreisförmige. Das Prinzip der Welth und des
Leben- ist die Weltseele, welche der Demiurg rot dem (gestaltet K
der Web geschaffen. Sie enthalt als Zentrum der Welt, welche sie durch-
dringt, die Elemente aller Dinge und erkennt alles, dai S de und i
dende, indem sie am einem unteilbaren and einem Tetlh iteht, sJi
Dritte-, neben dem Ewigen und Wandelbar
&ta tavx6i i '
• B
550 Platon.
Tim. 35 f.). Das Identische (zavzov), Eine und das „Andere" (vxäz€oov), Mannig-
faltige liegt in ihr vereinigt.
Die Materie, aus der die Welt gestaltet ist, fällt bei P. so ziemlich mit
dem leeren Raum zusammen. Sie wird von P. mit dem Stoffe {%Xfj), den die
Handwerker gestalten, verglichen. Sie ist gestaltlos (ä[*oQ<pov), ohne Qualitäten,
aber gestaltbar, form empfänglich (ds^afxsvtj, jzavdsxk, ix/uaysTov), in ihr ent-
stehen die Körper (er Jj yiyvszai; Tim. 50 C, D, 51 A). Sie ist der Schoß und
die Stätte des Werdens (jzäoqg efvat yeveoecog vjtoöox^v avzo, olov Tidiqvip>, Tim.
49 A; edgav de naqeiov Soa e%ei ysveoiv jtäoiv). Sie ist ein Drittes (zgizov
ysvog) neben den Ideen und den Dingen, ein relativ Nichtseiendes (jirj öv, Tim.
48 E), weil Unbestimmtes, nur Bestimmbares, eine Art Raum (yevog xfjg x<*>Qa$,
Tim. 52 A). Die Materie ist sinnlich nicht wahrnehmbar, aber auch nicht
Gegenstand eines positiven Begriffes, sondern nur durch einen „unechten
Schluß'' (Xoyiopü nvi vo&cp, ,uoyig mozöv, Tim. 52 A f.) erfaßbar. Die vier
Grundformen der Materie (Elemente, ozoixsTa) sind Feuer, Luft, Wasser und
Erde; sie können sich ineinander umwandeln (mit Ausnahme der Erde, Tim.
54 E), auch stehen sie in bestimmten Proportionen zueinander. Sie bestehen
aus regelmäßigen Körpern, die aus kleinen rechtwinkligen Dreiecken (gleichsam
geometrischen Atomen) bestehen (Tim. 53 C). Die Erde ruht im Mittelpunkt
der Welt, um eine Spille sich windend, um welche sich das Firmament und
die Planeten bewegen. Was das Geschehen in der Welt betrifft, so faßt P.
die Materie als dasjenige auf, was der Zweckmäßigkeit und Ordnung des Ge-
schehens Hemmungen bereitet. Die ersten Ursachen {ahim jigönai) sind
die zweckmäßig gestaltenden Ideen; sekundäre oder Mit-Ursachen (alztai 8ev-
tsgai, i-vvaiTiai) sind die blinden, mechanischen Einwirkungen des Materiellen
als solchen (Tim. 46 C f., 69 A; Phaed. 79 B f.). Daß alles Geschehen eine
Ursache hat, betont P. ausdrücklich (ävayxcuov sivai jiävza zu yiyvöfisra Sia
xivu ulziav yiyvEöftai, Phileb. 76 E).
Als Psycholog ist P. Dualist, indem nach ihm der Mensch aus einem
materiellen Leibe und einer immateriellen Seele besteht, welche zugleich (schon
in den Pflanzen und Tieren) das Lebensprinzip ist (al'ztöv sozi zov 'Qijv, avzcö,
xtjv zov avanvEiv bvvayuv jzaoexov xc" avmpvxov, Cratyl. 399 D). Wie die Welt-
seele enthält auch die menschliche Seele ein Unteilbares und ein Teilbares.
Sie ist unbewegt, bewegt aber sich selbst (avzoxlvrjzov) und ihren Leib (Theaet.
35 A; Phaed. 245). Der Leib ist der Kerker der Seele (Cratyl. 400; Phaedr.
247 C, 250), das Zeichen derselben (orjpa y>v%fjg), ihr Fahrzeug (oxwa), das sie
wie ein Steuermann lenkt (Tim. 41 E). Im Menschen gibt es drei Arten (sidrj)
oder Teile (/tipi) der Seele: im Haupte die göttliche Vernunftseele (loyioxixöv,
vor/zixöv), in der Brust das „Mutartige" (Ov/wsideg , -dvftixov, der Affekt be-
herrschende, Triebe hemmende Wille), im Unterleibe das Begehrliche (sm&vftq-
rty.ov, Begierde, Trieb; Rep. 439 B, 441 E; Phaedr. 246; Tim. 69 E, 77 B). Die
Vernunftseele hat gleichsam die beiden niederen Seelenkräfte zum Doppel-
gespann, welches sie leitet. Schon vor dem irdischen Leben hat die Seele
existiert (Präexistenz), im Reiche der Ideen, an die sie sich jetzt erinnert
(Phaed. 72 E; Phaedr. 247); auch gibt es wahrscheinlich eine Seelen Wanderung
I'I.ATON.
(Tim. 49 E f ., !'2 Bi. Jedenfalls ist die Seele unsterblich, was P. aui ?er-
schiedene Weise zu beweisen Bucht (Der Seele als Prinzip des Lebens wider-
spricht das Nichtsein, ihn Verwandtschafl mit den ewigen Ideen, die Art
Erkennen- u. a. zwingen zur Annahme der Unsterblichkeit; Phaedr. '2\~>; Rep.
Phaed. 62 f.; Phaedr. 346 C f.; MenoSO t.: Tim. 69). - Die Empfindung
(Sinneswahrnehmnng) entsteht nach P. infolge einer Erschütterung (oetoftöe) im
Organismus (Phileb. 34). Das Denken ist eine selbständige Tätigkeit der 3
Belbet iTheaet. 18."» D). I>a~ Gedächtnis (ftvtjfiti) ist ein Aufbewahren der Wahr-
nehmung (oooTjjgta aio&qoems, Phileb. 34 B); die Seele gleichl einer Wache
(xfjQtvov ixftaysZov), welche die Eindrücke behalt (Theaet. 191 C), Die bewußte
Erinnerung uvijaig) ist ein rein seelischer Prozeß. Das Gefühl der Lust
beruht aui einer Förderung der Seele (to tiXijqovo&cu rdw» tpvoei jiqooijx
fort, Rep. 585 1 1
Die Ethik I'.- ist zunächst (im Anschlüsse an Sokrates) eudämonistisch,
im „Protagons* Bogar mit hedonistischem Charakter, da hier von einer 1. al
und Unlust-Bilanz heim Handeln (v<rl. Henthami die Bede ist (Prot A t. .
I>a- Gute ist hin- eins mit dem Nützlichen (L c 323 I>. 353 C). später betont
P. den sekundären Charakter der Lust) den Vorzug der geistigen Lust und
den Wert der Verbindung von Lust (tjdortlj) und Einsieht m,. <..,,-,, r,,.-. in welche;
ein (Jnt Liegt (Phileb.). I>ie Glückseligkeit fevdcu/wria) ist der !
Guten und Schönen fevdaifwras — rovs r&yafä y.<ü xaXat xexxtjft
Bymp (''. der Kalokagathie fxcdop xcu &ya06v elrau). Die Glückseligkeit
i-t also durch die sittlichkeil bestimmt, die Ausübung der Tugend ist an Bich
Belbst ein Gut. Die Tugend ist die Tüchtigkeit der Seele zu dem ihr eigenen
Werke, zu ihren Leistungen im Denken. Wollen usw. (Bep. 353; Tim, si l
Je nach den Teilen der Seele unterscheidet P. rerschiedene (Kardinal-) Tt
den, jii Mumente der einen Tugend: Weisheit !<•>•'. i" . die Tugend des ver-
nünftig-erkennenden Seelenteils; Tapferkeit (ärdgeia), die Tugend des ...Mnt-
o", welche das Bessere mutig festhält und verteidigt ; Besonnenheit
(aaxpQ die Tugend der Konkordanz zwischen allen Seelenteilen; Gerechtig-
öixatoovnj), die allgemeine lugend, welche in dei richtigen Betätigung
aller Seelenteile liegt Bep. 141 Ef.) Die Gerechtigkeit äußert Bich auch g<
den Bütmenschen und es gilt der Satz, daß Uhrechttun Bchlechter ist als
Unrecht leiden. Wie P. die gesamte Tugendlehre auch Bozialethisch
weitet, ist aus -einer Btaatslehre zu ersehen. Von dieser ganzen, aui das
[rdische gerichteten Ethik unterscheidet sieh die asketische, der Well i
wandte und Gott zugewandte Richtung des durch den Pythagoreismus beein-
flußten Platonischen Denkens. Das höchste Ziel wird jetzt die Weltflucht,
die Läuterung dei Seele durch Unterdrückung der Sinnlichkeit und Rrhebung
znni Guten, durch möglichjec I werden vom Leibe, der uns fesw
/>int <r ■■ rdytora, Theat. I .1. Phaed 67 A), I
kommt es zur Verähnliehung mit Gott, Boweit eine solche möglich ist
1 1
einei Heiligung dei H Daß die 1«! Guten da* II
558 Platon.
selbst ist, daß das Ideale überall das An sich, die Grundlage des Realen ist,
durch das es hindurchscheint, wissen wir bereits.
Der ethische Idealismus P.s kommt auch in seiner Staats- und Gesell-
schaf tsphilosophie (welche zugleich „Sozialpädagogik" ist) zur Geltung.
Die Harmonie des Kosmos und die Harmonie der Seele soll auch im Ideal-
staate verwirklicht werden, in welchem alle Bürger und Stände ihr Wohl
fördern, indem sie dem Ganzen dienen, sich ihm harmonisch einfügen. Der
-Staat ist eine Art Organismus, ist gleichsam der Mensch im Großen.
Sein Ursprung Hegt in menschlichen Bedürfnissen (jioi^osi de avxr\vy
wc k'oixsv, f) rjfiexsoa %Qeia. Rep. 369 C), im Bedürfnis nach sozialem An-
schluß (ejisiörj zvyxävei rjfxwv exaarog ovx avrdQxrjg, dXXd jioXXöyv ivder/g, Rep.
369 B, 369 C). Im Staate herrscht zweckmäßig das Prinzip der Arbeits-
teilung (Rep. 394 E) und es besteht hier (im Idealstaat) eine Ständegliederung
gemäß den Seelenteilen und Tugenden des Menschen (Vorbild späterer Hier-
archien, besonders der kirchlichen mit ihrer Scheidung von Priestern und
Laien). Der Zweck des Staates, dem sich alles unterordnen muß, ist die
Realisierung der Idee des Guten und die Erziehung der Bürger dazu. Im
Idealstaate gibt es drei Stände: Herrscher (entsprechend der Tugend der
Weisheit), Wächter (yvXaxeg) oder Krieger (entsprechend der Tugend der
Tapferkeit), Bauer und Handwerker (entsprechend der Tugend des besonnenen
Maßes und des Gehorsams) (Rep. 368 f., 427 D ff.). Die Herrscher sollen Meise
sein, philosophieren, der Erkenntnis der Ideen leben oder es sollen die Weisen,
Philosophen Herrscher sein (Rep. 473 C f.). Die Herrschenden im Idealstaat
bedürfen keiner sie bindenden Gesetze, sie lassen sich nur durch Rücksicht auf
das Gute leiten. Sie und die „Wächter" sollen, um allen egoistischen Tendenzen
zu steuern, keine Sonderfamilien und kein Privateigentum haben. Es besteht
hier Weibergemeinschaft, die hier erzeugten Kinder kennen ihre Eltern nicht
und werden (mit Auslese der Lebenstüchtigen: Vorbild bei den Spartanern)
auferzogen (Rep. 460 f.). Auch bestimmt der Staat, wer von der neuen Gene-
ration in die oberen Stände einzugliedern ist; nur die Tüchtigsten werden der
Klasse der Herrschenden eingereiht. Zur Regierung des Staates gelangen sie,
nachdem sie in Musik und Gymnastik, dann in der Mathematik und anderen
Wissenschaften, endlich in der Dialektik unterwiesen worden sind und ver-
schiedene Amter bekleidet haben. Die Mädchen erhalten dieselbe Erziehung
wie die Knaben und Jünglinge (ei äga zaTg yvvcug'lv im ravzä xQ^^^eda xai
xolg dvdgdoc ravzä xai ötdaxreov avtäg, Rep. 451 E; 455 C). — Die Grundzüge
einer den realen, historisch gewordenen Verhältnissen in höherem Maße Rech-
nung tragenden Staatsverfassung, in welcher alles Gesetzen unterworfen ist und
keinerlei Kommunismus besteht, gibt P. in der späteren Schrift „N6[j.oi" (die
Gesetze).
Die Kunst soll nach P. im Idealstaat nur soweit ihre Pflege haben, als
sie das Gute nachbildet, also sittlichen Charakter hat. Das Minderwertige der
Kunst liegt nach P. darin, daß sie eine Nachahmung (fil^rjoig) von bloßen
Nachahmungen der Ideen, nämlich von den sinnlichen Erscheinungen ist. Das
S c h ö d e beruht formal auf der Wirkung des Maßes (negag) im Unbestimmten,
Plato — l'i i -
am der Wahrnehmung des Harmonischen und Symi
r.ruinroiai, Welches 1 1 1 1 1 1 1 i V t • • 1 i »;ir llfl SOlcfa
onprüngliche, eigentümliche < Gefühl)
(Fhileb. 51; Tim.). Zugleich ist P. der Begründ«
ästhetik, indem er als eine der höchteu [deen <li<' [d<
Schöne in - nmmt, irelche durch dai Binnliche am klarsten bind
scheint und i - • zum Aufschwung, zui Entfall \ brei I " In pleich-
gam, - i sieh n dem die Di gi teflnehi
schön sii
rov, Sympos. 211).
1 >• r PlatonJamus mit seinem Rationalismus und !'-• ilismue H
iner Unterschetdunf dealen rem em]
Sein, Beu Her Dinge auf <Ia- Gufc lietapl her and • - t 1 1
Idealismus), seine] \ £img zur Transzendenz, zum Aufstieg von der Erfahrung
/u einer höheren, wertvolleren oberempirischen Wirklichkeit, ist für <li<
wicklung des philosophische]] Denkens, ja auch für die i^ui/«' Kultur
•..'ii hoher Bedeutung geworden, nmaomehr, :il- im Christentum sich rerwi
Elemente Geltung ma^htpn oder gar Platonische Anschauungen «lin-kt hinein-
r M-ittT wurden,
l'laionikoi-: Schüler und Anhanger Piatons, bzw.
Lehren, Hierher gehören: die \ c «Irr Akademie s.d.), die eklekti-
sche ii ii m« 1 i d den Platoniker Eudon eios 1 1
rhrasyllos, Theon tue Bmyrna, Plutarch aus Chlrones Ifai
• "ii Tyros, Lpuleius ron Ifadaura, Albinos, Alkii 9 erui Kal-
risios Tauros, Attik Galenus, Kelsos, Numenios, u. a. I
Neuplatoniker -. «I i rgL auch Philon. Im Mittelalter kämpft <l«r
Platonismus mit dem ArisGotelismus am «Ii»- Herrschaft, wo)
.Munt. -.. bei den Patristikern, besonders bei Clem
tinus, ferner bei Pseudo-Dionysius, Jon, 8
Briugena, dann bei Bemigius von Auzem Bernhard and Thiei
Chartres, Wilhelm ton Oonch Ibertus Porretanus, Johann
Balisbury, Alam [nsnlis, Bonaventura and
[bn Oebirol I m Bi naisf /
i Plel hon B irion Ifarsilius Ficinus, P
r a n «lol a, Leo H' • ■ bei den im
i. v..ii Gambrid 3. Pai Ph. Oali HM EL (
Lei i»m iz, Kant, J
rinl*hott'-l,<')«'iiiH'. I
'. Work nnd ftndlü — Lsti
L a.
PleMtliiK. I . V. I I ihn
hv Philo*o| I
560 Plessing — Plotinos.
1783. — Osiris und Sokrates, 1783. — Philos. Untersuchungen über die Denkart,
Theologie u. Philosophie der ältesten Völker, 1785. — Versuche zur Aufklärung der
Philosophie des ältesten Altertums, 1788 — 90.
Plethon, Georgios Gemistos (d. h. der ,, Vollgewichtige", welchen Namen
er in den gleichbedeutenden, an Piaton anklingenden Namen „Plethon'' änderte),
geb. 1389 in Konstant in opel, hielt (seit 1438) in Florenz Vorträge über die
Platonische Philosophie, durch die er Cosmo von Medici zur Gründung der
Florentinischen Akademie veranlaß te, gest. 1464. = P. ist einer der bedeutendsten
Erneuerer des Studiums der Platonischen Philosophie. Den Aristotelismus
bekämpft er energisch in mehreren Streitschriften. Er selbst ist in seinen An-
schauungen wesentlich Neuplatoniker. Von dem göttlichen Einen emanieren
nach ihm die (als geistige Wesen gedachten) Ideen und von diesen die Seelen,
während die Materie von Gott geschaffen ist.
Schriften: Über den Unterschied zwischen der Platonischen und Aristotelischen
Philosophie (griechisch um 1440 verfaßt, nebst lateinischer Übersetzung 1532, 1574 er-
schienen). — Über das Schicksal. Kompendium Zoroastischer und Platonischer Lehr-
sätze (griech. u. latein. 1722, 1824). — Erklärung der vier Tugenden (mit latein. Über-
setzung 1552). — Vgl. W. GASS, Gennadius und Pletho, 1844. — Fß. SCHULTZE,
O. G. Plethon, 1871.
Plinius der ältere (C. Plinius Secundus), 23 — 79 n. Chr., der bekannte
Verfasser einer umfassenden „historia naturalis" (deutsch 1880), äußert philo-
sophische Anschauungen im Sinne des Stoizismus, eines naturalistischen Pan-
theismus, für den die (vernünftig-gesetzliche) Natur, das Universum selbst die
Gottheit ist. Eine individuelle Unsterblichkeit gibt es nicht, der Glaube daran
ist töricht.
Plotinos. geb. 204 oder 205 v. Chr. in Lykopolis (Ägypten), hörte in
Alexandrien bei verschiedenen Lehrern, von denen ihm erst Ammonios Sakkas
zusagte. Philosophie, nahm 242 am Kriegszuge des Kaisers Gordianus gegen
die Perser teil, lehrte seit 244 in Rom Philosophie, wo er Schüler fand (darunter
den Kaiser Gallienus, den er zur Gründung einer Philosophenstadt „Platonopolis"
in Campanien zu bestimmen suchte), ging 268 nach Campanien, wo er 269 (oder
270) starb. Er führte ein streng sittliches, asketisches Leben und war so sehr auf
Vergeistigung seines Ichs bedacht, daß er sich (nach Porphyr) schämte, einen
Leib zu haben, und seine Eltern nicht nennen wollte. Er soll viermal den
Zustand mystischer Ekstase erlebt haben. Was die Kraft des spekulativen
Denkens anbelangt, gehört P. zu den bedeutendsten Philosophen. Er lehrte
lange Zeit nur mündlich, dann schrieb er ein Werk in 54 Abhandlungen,
welches sein Schüler Porphyrios in 6 Abteilungen zu je 9 Abhandlungen
ordnete, wonach das Werk den Titel „Enneaden" führt.
Die erste „Enneade" enthält Ausführungen meist ethischen Inhalts, auch
über die Dialektik und das Schöne; die zweite bezieht sich meist auf Natur-
philosophie (Über den Himmel, die Materie, Potentialität u. a.); die dritte hat
den Kosmos zum Gegenstand (Schicksal, Vorsehung, Liebe, Zeit und Ewigkeit,
! u. a.); die vierte handelt von der Seele und deren Funktionen (Empfindung,
Erinnerung, Unsterblichkeit u. a.); die fünfte vom Geiste, vom Tntelligiblen und
Ilektuelli
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itoUlf , rirr Htm, rtw 11 r. - m- und anderer Lehrvn virl. I'hilon IMutarrh
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562 Plotinos.
V, 9, 8). Zugleich sind die Ideen (auch von Einzeldingen, V, 9, 12) gestaltende
geistige Kräfte (voT, voegal övvd/ueig, IV, 8, 3). Die Gesamtheit der Ideen bildet
das Urbild der sinnlichen, eine intelligible Welt (xoafxog vorjtög), die voller
Leben, raumlos, allgegenwärtig, ein „zweiter Gott" ist (V, 2, 3; V, 9, 9; V, 9,
13) und alles das, was in der Sinnenwelt als Vielheit und Veränderung auf-
tritt, zur Einheit verbindet (IV, 1). In der Welt der Ideen gibt es Form
d-iOQCfrj) und Materie (/xoQcpovfxevov , vir} r) zr)v /uog<pr)v dsxo^evrj xol del xo vjio-
xsiuerov, IV, 4, 4), welche letztere aber von der sinnlichen Materie wohl zu
unterscheiden ist, welche nur das Abbild ((.ufArj^a) jener ist. Überhaupt unter-
scheidet P. die intelligiblen von den sinnlichen Kategorien, welche letztere
nur Analoga jener sind (dvakoyla xal öficow/xta, VI, 1 ff. ; ö'v, oräotg, xivrjaig,
Tai'Torrjg, ersgotrjg).
Das Erzeugnis des Geistes (\pvyr\v yevva vovg, V, 1, 7) ist die Seele, das
Mittlere zwischen der Ideal- und der Sinnenwelt, beiden zugewandt, immer
noch göttlicher Art, wenn auch geringer als der Geist. Alles ist beseelt,
lebendig, die Weltseele durchdringt alles, wirkt in allem und die Einzelseelen
entsprießen ihr (IV, 3, 4 ff.). Die Seele ist kein Körper, keine Harmonie
u. dgl., sondern eine immaterielle Substanz IV, 2, 1), vom Leibe trennbar (IV,
3, 20), an sich einfach, ungeteilt, ganz, nur in bezug auf ihren Leib geteilt
(IV, 2, 1; IV, 9, 2 ff.), ganz in jedem Teile des Leibes, wobei das Gehirn der
Ausgangspunkt ihrer Tätigkeit ist (IV, 3, 23; IV, 8, 8). Sie ist nicht eigent-
lich im Körper, sondern dieser in ihr als ihr Organ (IV, 3, 22 ff.), dem sie
erst seine Funktionen ermöglicht. Die Seele gestaltet sich selbst ihren Leib,
der ohne sie kein solcher ist (ocof.iarog [a,ev /xr) övxog ovo' dv jigoelftot ipvxr). III,
4, 9) ; sie ist das Prinzip des Lebens und der Empfindung in den Pflanzen und
Tieren. Sie ist unsterblich und hat schon präexistiert (IV, 3, 5 ff.).
Die einheitliche Seele hat eine Mehrheit von Teilen, Formen Kräften (dwä/usig).
Die Wahrnehmung ist eine Funktion der Seele (IV, 5, 1) und geht direkt
auf die Dinge, ohne Aufnahme von ,,Bilderchen" u. dgl. (IV, 6, 1). Dem
Denken liegt schon ein Streben zugrunde (V, 6, 5). Die Seele erkennt das
Übersinnliche, indem sie das in ihr potentiell Ruhende entfaltet und bewußt
macht (IV, 6, 1). Das Bewußtsein (ovveoig) ist eine reflexive Tätigkeit
(owaiodtjoi g ; draxä/xTirovrog rov vor)piaxog ; dvaxolovd'eXv) , es gleicht einem
Spiegel (I, 4, 1). Das Selbstbewußtsein (ovvaio&rjoig avxfjg) ist eine Hin-
wendung (^exaßoXr)) des Geistes zu sich selbst (IV, 4: V, 1, 4). Das Gefühl
ist die Empfindung einer Vollkommenheit oder Un Vollkommenheit des Leibes
(IV, 4, 10). Der Wille, welcher der eigenen Natur der Seele entspringt, nicht
von außen gezwungen ist (III, 2, 10), ist frei, sofern die Seele der Vernunft
folgt (III, 19; III, 2, 10). „Ohne Körper ist sie [in der intelligiblen Welt, von
der sie in den Körper herabgestiegen ist] ihre eigenste Herrin, frei und außer-
halb der kosmischen Ursache; aus ihrer Bahn in den Körper hinabgezogen, ist
sie nicht mehr in allen Stücken ihre eigene Herrin, da sie ja mit anderen
Dingen zu einer Ordnung verbunden ist" (III, 1, 8; vgl. Kant, Schelling,
Schopenhauer u. a.).
Das letzte und geringste Erzeugnis in der Stufenfolge der Emanationen,
Plotin 563
der volle Gegensatz zum , .Einen" (I, 8, 7) ist die Materie (vXtj), deren Begriff
(wie nach Plato) ein „unechter" ist. Daß eine Materie bestehen muß, folgert
P. aus dem Ineinander-Übergehen der Elemente, welches ein bleibendes, unbe-
stimmtes Substrat erfordert (II, 416). Die Materie ist die „Tiefe" der Dinge
(ßüOog ey.doxovj, ohne qualitative Bestimmtheit (cbcsigöv), formlos, aber formbar,
eine ,, Beraubung" (ozsgrjoigj, ein Xichtseiendes (fxrj ö'v), ein Böses (xaxöv, äjtov-
oia ayadov ; II, 4, 3 ff.; III, 6, 6 ff.; I, 8, 7). Gestaltet wird sie durch geistige
Formkräfte (/.oyoi, voegal dvvätueig), welche zweckmäßig wirken, indem bei aller
Gegensätzlichkeit des Geschehens die Vernunft in den Dingen alles zur Har-
monie zusammenführt (III, 2, 16). Das Böse ist nicht im Seienden als
solchen, sondern stammt aus der „alten Natur", der Materie (I, 8, 3; I, 7), und
das Böse der Seele beruht darauf, daß sie ihrer göttlichen Herkunft vergißt
(V. 1). P. gibt (ähnlich wie die Stoa) eine Theodizee im optimistischen
Sinne, indem er zeitigt, daß alles der Vernunft entspricht, daß eine möglichste
Mannigfaltigkeit notwendig ist, daß das Schlechte für das Ganze gut sein kann
usw. (III, 2, 8 ff. ; IV, 16). In der schönen Harmonie des Alls löst sich alles.
Überall waltet die Vorsehung, aber überall verschieden, den Dingen gemäß
(III, 3, 5).
Das individuelle, leibliche Sein der Seele ist nach P. durch eine Art Abfall
bedingt. Es gilt nun, sich von den Banden des Leibes, der Sinnlichkeit frei
zu machen, die Seele zu läutern (xäüagotg, I, 2, 3), zu heben, indem sie sich
dem Geistigen, Guten, Göttlichen zuwendet. Die Tugend, welche ein ver-
nunftgemäßes Handeln (bcatetv löyov, III, 6, 2) ist, ist bürgerliche, reinigende
und vergöttlichende Tugend. Letztere besteht in der Verähnlichung mit Gott
(ouoiojoig, deo) o/ioicodfjvai, I, 2, 1 ff.; V, 8, 11). Das Streben nach Vergottung
ist die höchste der Tugenden. Das höchste Ziel aller Dinge liegt im Schauen,
das Handeln ist nur ein abgeschwächtes Schauen und das Denken als Be-
wegung des Geistes nicht so vollkommen wie das ruhige, selige Schauen der
göttlichen Einheit. Im Zustande der Ekstase (k'y.oraoig) , ruht die Seele,
noch über das Schauen hinausgehend, mit Vereinfachung und Hingabe ihrer
selbst ((L-r/.cooig, VI, 9, 11) in Gott, der unmittelbar erfaßt, „berührt" wird (aqrij).
Dann weiß die Seele nichts mehr von sich, sondern ist durch ihre eigene Ein-
heit eins mit dem Einen. Göttlichen geworden (VI. 9. 7: 9, 11; 7, 25). Dann
schaut sie „die Quelle des Lebens, die Quelle des Intellekts, das Prinzip des
>. i.nden, den Grund des Guten, die Wurzel der Seele". Dann i-i sie dort,
wo das wahre Leben ist, das Leben als geistige Tätigkeit, von dem -ich das
irdische Dasein entfernt hat. Dort sind wir # selbst Gott geworden, vorläufig
nur für kurze Zeit (in der Ekstase), einst aber dauernd. „Und so ist das
Leben der Götter, der göttlichen und glückseligen Menschen eine Befreiung
von allen Erdenfesseln, ein Leben ohne irdisch.- Lustgefühl, »ine Flucht des
einzig Einen zum einzig Einen."
Göttlich ist nach P. auch das Schöne an sich, das intelligible Unschöne
iV. 8, l tt.; VI. 2, ls). In der Natur ist das Urbild der sichtbaren Schönheit,
ebenso in der Seele. Das Schöne ist „das an der [dee gleichsam Hervor-
strahlende" (VI, 2 18). Das Schöne liegt nicht im Stoffe, sondern in der
564 • Plotinos — Ploucquet.
Idee, wonach der Stoff gestaltet wird, also in etwas Geistigem. Die Künste
ahmen nicht bloß die sinnlichen Erscheinungen nach, sondern steigen auf zu
den Ideen ßöyot), aus denen die Natur stammt und fügen dem Mangelhaften
(aus der in der Künstlerseele wohnenden Idee) etwas hinzu (ov% anl&g xo
ogwusvov jLiijuovvTcu al rsyvai, 6.XX' avaxqkyovoiv ejii xovg Xoyovg, sg~ a>v f] <pvoig'
eha y.al TtoXkä nag avxcöv noiovaiv. Kai nQoondsaoi yäg oxco xi eXXemei, d>g
h/ovoai xö xäXXog, V, 8, 1; ästhetischer Idealismus, Gehaltsästhetik). „Wenn
nun . . . die sinnliche Wahrnehmung die den Körpern innewohnende Idee er-
blickt, wie sie die gegenüberstehende gestaltlose Natur bewältigt und zur Einheit
verbindet . . ., so faßt sie jenes Vielfache zu einer Totalität zusammen, hebt
es empor und setzt es in Verbindung mit der bereits vorhandenen ungeteilten
Idee im Innern und führt es ihr als etwas Übereinstimmendes, Verwandtes
und Befreundetes zu" (I, 6, 3).
Schüler P.s sind Amelios, Porphyrios u. a. (vgl. Neuplatoniker).
Schriften: Enneaden, das Werk erschien zuerst lateinisch (in der Übersetzung des
M. Ficinus) 1492, dann griechisch und lateinisch 1580, 1615, 1835, 1855, 1856 ;
griechisch (ed. H. F. Müller), 1878—80, (ed. Volkmann), 1883—84; deutsch (von
Müller), 1878—80; Auswahl von Kiefer, 1905. — Vgl. PORPHYRIOS, Vita Plotini,
in der Ausgabe der Enneaden (ed. Müller, 1878) und bei Diog. Laertius (ed. Cobet,
1850). — C. H. KIRCHNER, Die Philosophie des P., 1854. — A. ElCHTER, Neu-
platonische Studien, 1864 — 67. — A. DREWS, P. und der Untergang der antiken
Weltanschauung, 1907. — K. HORST, P.s Ästhetik, 1905. — FALTER, Philon u.
Plotin, 1906.
Ploetz. Alfred, geb. 1860 in Swinemünde, lebt in München. Heraus-
geber des „Archiv f. Kassen- u. Gesellschaftsbiologie". = P. ist ein energischer
Verfechter der Rassenhygiene.
Schriften: Grundlinien einer Rassenhygiene, 1895. — Ableit. ein. Rassenhygiene
u. ihrer Beziehungen zur Ethik, Vierteljahrsschrift f. wiss. Philos. Bd. 19, 1895. —
Die Begriffe, Rasse u. Gesellschaft, Archiv f. Rassen- u. Gesellsch., 1904. — Ziele u.
Aufgaben d. Rassenhygiene, 1911, u. a.
Ploncquet, Gottfried, geb. 1716 in Stuttgart, wurde 1748 Mitglied der
Berliner Akademie, 1750 Prof. in Tübingen, wo er 1790 starb. = P. ist ein
Vertreter der Leibniz-Wolffschen Philosophie (Monadologie usw.) — Am Selb-
ständigsten ist P. als Logiker. Nach dem Vorgange von Leibniz betrachtet er
das Denken als eine Art Kechnen und spricht von einem „logischen Kalkül".
Das Urteil definiert er als ßegriffsvergleichung, als Einsicht in die Identität
von Subjekt und Prädikat (Identitätstheorie des Umfangs, aber auch des In-
halts). Die Schlußmodi veranschaulicht P. durch Vierecke.
Schriften: Primaria monadologiae capita, 1748. — Principia de substantiis et
phaenomenis, accedit methodus calculandi in logicis, 1753; 2. A. 1764. — Fundamenta
philosophiae speculativae, 1759. — Methodus tarn demonstrandi recte omnes syllogismorum,
species quam vitia formae detegendi, 1763. — Untersuchung und Abänderung der logi-
kalischen Konstruktionen Herrn Prof. Lamberts, 1765. — Sammlung von Schriften,
■welche den logischen Kalkül des Herrn Prof. P. betreffen, hrsg. von A. F. Bock, 1766,
1773. — Institution es philosophiae theoreticae, 1772. — Commentationes selectiores
philosopbicae, 1781. — Der Pessimismus in Vergangenheit und Gegenwart, 1884; 2. A.
Ploucquet — Poingase. ' 565
1888. — Vgl. BOKNSTETN, G. P.s Erkenntnisth. u. Met., 1892. — Ami:. Q. P.s
Leben u. Lehren, 1909.
Plnniacher, Olga. = Anhäugerin der Philosophie E. v. Hartmanns.
Schriften: Zwei Individualisten der Schopenhauerschen Schule, 1881. — Der
Kampf ums Unbewußte, 1881; 2. A. 1891.
I'lutarclio* von Athen, Sohn des Nestorios, geb. um 350 n. Chr..
um 433, lehrte in Athen neuplatonische Philosophie, wobei er Gott (das
„Eine''). Geist i^rct, Seele, Form und Materie der Körper unterschied, den
Himmelskörpern Empfindung zuschrieb und die Phantasie als eigene ßeelen-
tätigkeit bestimmte. Von seinen Schriften ist nichts mehr erhalten.
Plntarclio* von (haironea, geb. um 50 Q. Chr., Schüler des Peri-
patetikers Ammonios aus Alexandrien, der in Athen lehrte, gest. um 125 n. Chr.
in Chaironea.
P. gehör! zu den eklektischen (bzw. pythagoreisierenden) Piatonikern, er be-
kämpft die Stoische Philosophie, nicht ohne in manchem sich ihr zu nähern.
Er betont besonders die Reinheit des sittlichen Lebens und die Religion stellt
br hoch. Gott ist seinem innersten Wesen nach unbekannt, er ist un-
sichtbar, einheitlich, das Seiende, Ewige, der Quell alles Guten. Die Welt ist
<-in Teil oder Ausfluß Gottes. Den Dingen liegen ewige Urbilder, [deen
zugrunde, welche zugleich Zahlen sind. Die Einheit (povag) als Formprinzip mir
der unbegrenzten Zweiheil (dväe adqurtog) erzeugt die Welt Den Gegensatz zur
Form bildet die Materie, der Sitz der bösen Weltseele (vgl. schon Piaton),
deren Wirkung die Vielheit und Unvollkommenheit der Dinge ist, während die
[deen die Materie zum Guten gestalten. Der Mensch besteht aus G
Seele und Leib; die Seele ist unsterblich. Die Willensfreiheil ist mit dem
Walten des Schicksals vereinbar. P. glaubt in polytheistischer Weise auch an
die Existenz vmii Untergöttern und Dämonen.
Schriften: B(öi naQaXXijXoi (vitae parallelae). Moralia, 1509, 1795, 188b — 96;
deutsch 1783—1800, 1845—60, 1892—94. — De Stoicorum repugnantiis (zweifelhaft).
— Die Schrift: De physicis philosophorum decretis =. Placita philosophorum ist un-
echt. — Vgl. R. Yoi.KMANX, Leben, Schriften u. Philosophie des 1\. 1869; _' A.
1872.
I'oiiicai'«'. Henri, geb. 1857 in Nancy, Prof. in Paris.
P. isl ein Vertreter des kritischen Positivisnius und Relativismus (bzw.
Pragmatismus). Die Axiome der Wissenschaften sind nach ihm weder Er-
fahrungBsatze Doch apriorische Wahrheiten, sondern u< beruhen aui Convention,
welche Bie im Kampfe der [deen als bequemste, einfachste, am besten d<
tahn. echt werdende ausgewählt hat Di« Axiome der Geometrie sind
bequeme Definiti in („däfinitions dlguisees"), welch, als solche etwas
Willkürliches enthalten, wenn sie auch an den Bats des Widerspruchi
bunden und durch die Daten dei Erfahrung geleitet sind. Die Buklidache
(Geometrie ist Dicht wahrer, nur einfacher, bequemer, vorteilhafter, als die nicht-
euklidische. Ähnlich'- gilt von «Ich Axiomen der Mechanik. i mit des
entions; ootre choix, parmi toutes let Convention» |». » — il»li— lid.'-
566 POINCARE — POLYXENOS.
par des faits experimentaux ; mais il reste libre et n'est limite* que par la
necessite" d'eviter toute contradiction." Wenn aber auch das Hypothetische
und Willkürliche in der Wissenschaft von fundamentaler Bedeutung ist, so ist
die Wissenschaft doch nicht absolut subjektiv, sondern die Art und Weise, wie
•wir die Erfahrung denkend verarbeiten.
Schriften: La science et l'hypothese, 1902; deutsch 2. A. 1906. — La valeur
de la science, 14. &l. ; deutsch 1906. — Science et methode, 9. ed. (deutsch in Vor-
bereitung). Les mathemat. et la Logique, Rev. de met. XIII, 1905. — L'evolution des
lois, Rivista di scienza, 1911. — Die neue Mechanik, 1911, u. a. — Vgl. E. LEBON,
H. P., 1910.
Poiret, Pierre, geb. 1646 in Metz, lebte mehrere Jahre in Holland und
Hamburg, dann dauernd in Holland, starb 1719 in Khynsburg bei Leyden. =
P., der erst Kartesianer war, wurde später zum Teil ein Anhänger J. Böhmes.
Er unterscheidet drei Arten von Wahrheiten: reale geistige, reale sinnliche,
unreale oder bildliche Wahrheiten, ferner drei Geisteskräfte: passiver Intellekt,
passive Sinnestätigkeit, aktiver Intellekt (Vernunft), und drei Arten von geistigem
,, Licht": göttliches, natürliches und Licht der Vernunft. Das Höchste ist die
mystische Vereinigung mit Gott.
Schriften: Cogitationes rationales de Deo, anima et malo, 1677. — Idea theo-
logiae Christianae iuxta principia Jacobi Bohemi, 1687. — L'economie divine ou Systeme
universel et demontre des ceuvres et des desseins de Dieu envers les hommes, 1687.' —
Principes de religion, 1688. — De eruditione solida, 1692. — Fides et ratio collatae,
1707 (gegen Locke). — Opera posthuma, 1721. — Vgl. J. W. FLEISCHER, P. P. als
Philosoph, 1894.
Polemon aus Athen soll durch die Wirkung des Xenokrates einem aus-
schweifenden Leben entzogen und der Philosophie zugewandt worden sein. Er
war (314 — 270 v. Chr.) das Haupt der älteren Akademie. Von seinen Schriften
ist nichts erhalten. P. legte den Wert auf die sittliche Praxis gegenüber der
Dialektik (Diog. Laert. IV, 18). Das naturgemäße Leben ist die Tugend
(Cicero, Acad. pr. II, 43). Von P. ist Zenon der Stoiker beeinflußt.
Vgl. Th. GOMPERZ, Die herkulanische Biographie des P., Zeller-Festschrift, 1887.
Politianns, Angelus (Angelo Poliziano), 1454 — 1494, hielt in Florenz
Vorlesungen über Aristoteles und übersetzte Schriften Piatons und Epiktets.
= Eklektiker. (Panepistemon, 1491 ; Opera omnia, 1498.)
Pollack, Walther. = Voluntaristischer Erkenntnisstandpunkt.
Schriften: Philos. Grundlagen d. wissensch. Forschung, 1907.
Polos aus Agrigent, Rhetor, Schüler des Gorgias. Wie Kallikles und
Thrasymachos hält er das Recht für eine dem Nutzen der Mächtigen dienende
Institution (vgl. Piaton, Gorgias 466 B, 471 A, 483 ß, 491 E).
Polyainos aus Lampsakus, Epikureer (3. Jahrh. v. Chr.).
Polystratos, Epikureer. IIsqI aköyov xaxaqpovrjoecog, Hercul. IV, 1832.
Polyxenos, Sophist, Zeitgenosse des Piaton und Gegner der Ideenlehre.
Vgl. BAEüMKEE, Rhein. Museum, N. F. Bd. 34, 1879.
POMPOXATIUS — PORPHYRI" 567
Pompoiiatins , Petrus (Pietro Pomponazzi), geb. 1462 in Mantua,
lehrte seit 1495 in Padua, dann in Bologna, gest. 1525 in Bologna. = Ei be-
kämpft den Averroismus und gehört zu den ,.Alexandrini-!rii-- (b. d.), welche
den , .aktiven Intellekt1' des Aristoteles für allein ewig, die individuelle]] Seelen
aber für sterblich erklären (wobei P. der Lehre von der zweifachen Weisheit
huldigt und den christlichen Glauben an die Unsterblichkeit aufrecht erhält).
Als eine „Form" muß, der Vernunft gemäß, die Seele mit dem Leibe ver-
gehen (..mihi itaque videtur, nullas rationes naturales adduci posse cogentes,
animam esse imniortalem"). Das Denken ist an Vorstellungen und damit an
den Leib, welcher Eindrücke empfängt, gebunden. Zur Tugend bedaii es
nicht des Glaubens an die Unsterblichkeit, da sie um ihrer selbst willen zu
üben ist, den Menschen selig macht. Der Wille ist determiniert.
Schriften: De imraortalitate animae, 1516, 1791. — Apologia, 1517. — Defen-
sorium, 1519. — De fato, libero arbitrio, de praedestinatione et de Providentia, 1520,
15G7. — De naturalium effectuum admirandorum causis, 1520. — De nutritione et
augmentatione, 1521. — Opera, 15G7. — Vgl. G. SPICKER, P., 1868. — L. FERRL
La psicologia di P., 1877.
Popper, Josef, geb. 1S38 in Kolin, Ingenieur, lebt in Wien. = P. ist
ein positivistischer Denker, Realist, Individualist. Für fundamente Bedürfnisse
fordert er in der Gesellschaft das „Prinzip der garantierten Individualität".
Das Recht zu leben ist für jedes Individuum anzuerkennen, ohne Bangunter-
schied; niemand darf geopfert werden, auch nicht der Gesamtheit.
Schriften (unter dem Namen „Lynkeus"): Das Recht zu leben u. die Pflicht zu
sterben, 1878; 3. A. 1903. — Phantasien eines Realisten, 1899; 10. A. 1901. —
Fundament eines neuen Staatsrechts, 1905. — Voltaire, 1905. — Das Individuum und
die Bewertung menschlicher Existenzen, 1911, u. a.
Pordajje. John, geb. 1625 in London, Pfarrer, gest. L698 in London.
= Anhänger J. Böhmes und seines ethischen Dualismus.
Schriften: Metaphysica vera et divina: deutsch 1725. — Theologia mystica, 1098.
— Sophia, 1G99.
PorphyrioH (ursprünglich Bialchus), geb. 232 (oder 233) n. Chr. in
Batanea (Syrien; oder in Tvrnsi, eine Zeitlang Schüler des Longinofl in Athen,
dann des Plotin in Rom (seit 262), Lebte mehrere Jahre in Sizilien, gest. um
304 in Born.
P. ist der bedeutendste der unmittelbaren Schüler Plotins, dessen Schriften
ordnet and hen en und dessen Lehren er klar dargestellt bat Die
Earmonie der Lehren Piatos und des Aristoteles bat er in einer eig
Schrifl betont. Seine „Einleitung zu den K
ist als Ausgangspunkt des scholastischen Universalienstreites von größter
her Bedeutui orden Den zwöli Aristotelischen rien Bind
nach P. tiint Grundbegriffe, „Prfidikabilien" [die „quinque roranzu-
schicken: Gattin BoffA Unterschied (dta<i I
Zustand (ovfißeßtjxfc). Er fragt dann, ob diese allgemeinsten Bestimmui
außer dem Denken oder nur in ihm, ob sie außerhalb der Einzeldinge sind oder
nicht. (In der I tzung des Boethius: rabsistant Blve in -<>Ii- nudis
5(38 Porphyeios — Posch.
intellectibus posita sint, sive subsistentia corporalia an incorporalia, et utrum
separata a sensilibus an insensilibns posita et circa haec consistentia".) Xach
P. sind die Gattungen etwas Reales.
In metaphysischer Beziehung ist P. Neuplatoniker. Aus dem göttlichen
Einen gehen der Geist und die Seele und aus dieser die Materie hervor, die
aber niemals ohne Form -war, so daß die Welt ewig ist. Die Einzelseelen sind
aus der Weltseele hervorgegangen. Die Seele ist ein immaterielles, unvergängliches
Wesen iStob. Ecl. I, 818). Die Seele erkennt vermittelst der ihr eigenen Ver-
nimftkeime. Das Böse beruht auf der niederen Begierde der Seele selbst. Die
Tugend höchster Art ist die asketische Peinigung und Vergeistigung der Seele.
Magie, Theurgie u. dgl. ist wertlos.
Schriften: Yita Plotini (vgl. Plotinos). Vita Pythagorae, 1630, 1815—16, 1850
(Anhang zu Diog. Laert., ed. Cobet). — 'A(poQf,iai n:gog rä voijrd, 1907 (Sententiae
ad intelligibilia ducentes, Teubner). — De diis daemonibus, 1857 (In der Ausgabe von:
Janiblichos, de mysteriis). — 'Ecoaycoyij eig tag xarijyogtag (de quinque vocibus sive in
Categor. Aristotelis introductio), 1543, 1836 (Bd. IV der Berliner Aristoteles-Ausgabe).
— Epistola ad Marcellam, 1816, 1831. — De philosophia ex oraculis haurienda, 1856
(Fragment). — De abstinentia ab usu animalium, 1548, 1767; deutsch 1869. — De
abstinentia et de antro nympharuro, 1858, 1886. — Die Schrift: Katä Xqioxiuvcöv
(Gegen die Christen) ist verloren gegangen, ebenso die Gegenschriften von Apollinaris,
Eusebios, Methodios. — Vgl. BOUILLET, Porphyre, 1864. — KLEFFNER, P., 1896.
Porretanus s. Gilbert,
Porta, Giambattista, 1540 — 1615, Neapel, als Physiker bedeutend.
Schriften: Magia naturalis, 1589. — De humana pbysiognomia, 1593. — Phy-
siognomia coelestis, 1603.
Porta, Simon, gest. 1555. = Einer der „Alexandrinisten", welcher (wie
Pomponatius) die Unsterblichkeit der individuellen Seele bestritt.
Schriften: De rerum naturalibus principiis; De anima et mente humana, 1551.
Porter, Xoah, 1811—1892. = Anhänger W. Hamiltons.
Schriften: The Human Intellect, 1872. — Elements of Moral Science, 1885.
Portig, Gustav, geb. 1858 in Leipzig, früher Prof. in Hamburg, Hofrat,
lebt jetzt in Stuttgart. = Schüler C. H. Weisses, vertritt eine besondere Art
des Dualismus (die Zweiheit als universales Prinzip) und den Theismus.
Schriften: Keligion und Kunst, 1879—80. — Angewandte Ästhetik, 1887. —
Das Weltgesetz des kleinsten Kraftaufwandes in den Reichen der Natur, 1903 — 04
(Hauptwerk). — Die Grundzüge der monistischen und dualistischen Weltanschauung,
1904, u. a.
Posada, Adolfo, Prof. in Oviedo. = Soziolog; Herausgeber der „Revista
de Derecho y Sociologia".
Schriften: Principios de sociologia, 1908, u. a.
Posch, Eugen, geb. 1859 in Preßbnrg, Gymnasialprof. in Budapest. =
P. schrieb (ungarisch) die „Theorie der Zeit", 1896—97. Die Zeit ist subjektiv.
aber objektiv bedingt; sie ist keine apriorische Form (vgl. Yierteljahrsschrift f.
b. Philo*. Bd. 23—24, 1899—1900).
P08EEDONI08 — 1JRATT.
Poseidonios (Posidonius) aus Apameia (Syrien), Schüler dv> Stoikers
Panaitios, lehrte in Ehodos, avo ihn Cicero hörte, gest. um 51 v. Chr.. war
durch seine Gelehrsamkeit berühmt. Er ist ein Stoiker, der manches von
Plato und Aristoteles entlehnt, so von ersterem die Lehre vom „Mutartigen"
und vom Begehrnngsvermögen (üofioeiöeg und bti&vßrjrixov).
Schriften (nur Fragmente vorhanden): Tleol Oecöv, neol (iavrixrjgi txsqi
Ttegi y.öouov, xQOToexxrs.ög u. a. — Vgl. ClCERO, De ofliciis; Tuscul. disput. u. a.
Ferner: Posidonii Rhodii reliquiae doctrinae, 1810. — SCHMEKEL, Die Philosophie der
mittleren Stoa, 1892.
Post, Albert Hermann, geb. 1839 in Bremen, gest. 1895 daselbst. =
Ein Begründer der vergleichenden Rechtswissenschaft.
Schriften: Die Unsterblichkeitsfrage, 1872. — Der Ursprung des Hechts, 1876.
— Das Naturgesetz des Rechts, 1867. — Bausteine f. eine allg. Rechtswissensch., 1880 f.
— Die Grundlagen des Rechts, 1884. — Grundr. d. ethnolog. Jurisprudenz, 1894 t.
u. a. — Vgl. ACHELIS, A. H. Post, 1896.
Potonie, Henri, geb. 1857 in Berlin, Prof. an der Bergakademie in
Berlin. = Von Spencer und Avenarius beeinflußt. Die Entstehung der Denk-
formen erklärt er evolutionistisch durch das Prinzip der Auslese: ..('her die
Entstehung der Denkformen, Xaturwissensch. Wochenschrift II, 1891.
Potanion von Alexandria, lebte zur Zeit des Augustus. = Er vereinig!
bewußt-eklektisch Lehren des Piaton, Aristoteles und der Stoa. P. unterscheide!
zwei Kriterien der Wahrheit: das „Hegemonikon", d. h. den Geist, von dem
da- Urteil ausgeht, und die genaue Vorstellung, auf die sich das Urteil stützt
f%6 ii.' i- e&g vrp ov yr/verai r\ y.oiatg, rovzeori xo •qyef.iovixöv xo de tag bt ovy
olor xrp dxQißeardrrjv cpavxaoiav, Diog. Laert., Prooem. 21). Vier Prinzipien der
Dinge gibt es: Stoff, Tätiges, Qualität und Ort (oqx&s xe x&v §X<ov xijv
xai tÖ notovv, noifarjxa te xcu x6novi ib.). Zweck des Handelns ist ein sittliches
und zugleich glückliches Leben (xf/.og br elvat i<p 8 ndvxa &va<peQsxcu -"<
xaxit Ttäaav ägerrp xeXeiav, ovx ävev x&v xov oco/naxog xaxa tpvatv y.<ü x&v ?x\
ib.). Die Schrift des 1'.: Irm/eccooig, ist nicht erhalten.
Vgl. ZELLER, Philos. d. Griechen III, 1.
Prantl, Karl v.. geb. 1820 in Lands!. Prof. in München,
i. 1888 in Oberstdorf. = Besonder- als Historiker der Philosophie hervor-
ragend. Er selbe! \ertritt einen objektiven Idealismus auf Grund der subjek-
tiven Bewnfitseinsfnnktionen, Ideen und Ideale. Denken und Sprechen sind eins.
9< hriften: Aristoteles über d. Farben, 1849. — Di«- Bedeot «1. Logik, Ibi'J. —
Die gegenwärtige Aufgabe der Pbilosupbie, 1852. — Die geechicfctlieheii Vorstufen
ntmeren Rcchtsphilos., 1848. — Geschichto d. Logik im Abendlamle, 1
IM. II, 2. A. 1885. — Kefornigedanken zur Logik, Sitzungsber. dl ..id.,
1875. — Galiloi u. Kepler als Logiker, 1875. — Verstehen und Beurteilt-!., 1n77. —
Über die Berechtigung des Optimismus, 1880. — Zur KlUftftHtlUfnge, Sit/, d. M.
1883, u. u.
Pratt. .1. I*. — Schriften: iieligiou* Belief, 1907.
Prn.
570 Peel — Priestley.
Prel, Karl du, geb. 1839 in Landshut, lebte in München, gest. 1899. = Von
Kant. Schopenhauer, E. v. Hartmann beeinflußt, will du Prel die evolutionistische
Xaturauffassung (Anwendung des Selektionsprinzips auf das Kosmische) mit
dem Okkultismus und Spiritismus verbinden. Die Seele organisiert ihren Leib
und ist selbst organisiert (Atherleib). Das Hirnbewußtsein ist nur ein Teil-
bewußtsein des Subjekts. Daneben gibt es ein unterschwelliges Bewußtsein.
Der Mensch ist die Erscheinung oder Verkörperung eines „transzendentalen
individuellen Subjekts", dessen Wirken in die sinnliche Welt hineinragt, so daß
der Mensch ein Doppelleben führt. Das transzendentale Subjekt existiert schon
vor der Geburt und ist unsterblich. „Das transzendentale Subjekt läßt im
Tode seine irdische Erscheinungsform fallen, kann aber damit nicht selbst ver-
schwinden."
Schriften: Der Kampf ums Dasein am Himmel, 1874; 3. A. : Entwicklungs-
geschichte des Weltalls, 1882. — Die Philosophie der Mystik, 1884; 2. A. 1910. —
J. Kerner u. die Seherin von Prevorst, 1886. — Die Mystik der Griechen und Römer,
1889. — Monistische Seelenlehre, 1887. — I. Kants Vorlesungen über Psychologie,
1889. — Studien auf dem Gebiete der Geheim Wissenschaften, 1890 — 91; 2. A. 1904.
— Der Spiritismus, 1893. — Die Entdeckung der Seele durch die Geheimwissen-
schaften, 1893 — 94; 2. A. 1910. — Die Magie als Naturwissenschaft, 1899. — Der
Tod, das Jenseits, das Leben im Jenseits, 3. A. 1901. — Ausgewählte Schriften, 1900 f.
F*revost, Pierre, geb. 1751 in Genf, lebte einige Zeit in Berlin, seit 1784
Prof. in Genf. = Nähert sich der schottischen Schule (Dugald Stewart) und
Bonn et.
Schriften: Sur l'intluence des signes relativement ä la formation des idees, 1800.
— Quelques remarques sur l'äme humaine, 1802. — Essais de philosophie, 1804.
Preyer, Wilhelm, geb. 1841 bei Manchester, 1869 Prof. d. Physiologie
in Jena, seit 1888 in Berlin, gest. 1897 in Wiesbaden. = P. hat u. a. die
Kindespsychologie gefördert. Betreffs des Ursprungs der Organismen lehrt er
die Entstehung derselben aus der organischen feurigflüssigen Masse der Erde,
deren Schlacken das Anorganische ist.
Schriften: Die fünf Sinne des Menschen, 1870. — Über die Erforschung des
Lebens, 1873. — Über die Grenzen der Wahrnehmung, 1876. — Elemente der reinen
Empfindungslehre, 1877. — Naturwissensch. Tatsachen u. Probleme, 1880. — Elemente
der allgemeinen Physiologie, 1883. — Biolog. Zeitfragen, 2. A. 1889. — Darwin, 1896.
— Die geist. Entwick. in d. ersten Kindheit, 1883. — Der Hypnotismus, 1890. — Die
Seele des Kindes, 5. A. 1900; 7. A. 1908, u. a.
Price, Eichard, geb. 1723 in Tynton, gest. 1791. = Gegner des Empiris-
mus und der Lehre vom „moral sense". P. ist Rationalist, auch in der Ethik.
Der Verstand ist die Quelle ursprünglicher Begriffe, zu denen auch Raum,
Zeit und Kausalität gehören, ebenso der Begriff des Guten und Bösen.
Schriften: A Pteview of the prineipal questions and difficulties in morals, 1758.
— Letters in materialism and philosophical necessily, 1778 (gegen Priestley).
I*rierias s. Mazolinus.
Priestley, Josef, der Entdecker des Sauerstoffs, geb. 1733 in Fieldhead
Priestley — Proiuk.»-. 571
bei Leeds (Yorkshire^, Prediger der Dissidentengemeinde in Birmingham, seit
1794 in Nordamerika (Pennsylvanien, Philadelphia), gest. 1804.
P. verbindet mit dem Theismus, den er rationalistisch begründet, einen
psychophysischen Materialismus und Determinismus. Die psychischen
Vorgänge sind nach ihm Funktionen der Gehirnprozesse, die Psychologie isl nur
ein Teil der Physiologie, für welche die Seele eins mit dem Gehirn ist. während
sie für die Metaphysik und Religion eine unsterbliche Substanz ist. Wie jei -
Geschehen in der Welt ist auch der menschliche Wille determiniert; die i ab-
solute) Willensfreiheit ist eine Illusion, frei ist das Handeln, nicht das Wollen,
und auch dies nur sofern es ein Ausfluß des menschlichen Wesens ist, welches
unter bestimmten Umständen nicht anders handeln kann, als es der Fall isl
(„Withoot a miracle or the Intervention of some foreign cause no volition oi
action of any man eould have been otherwise than it has been").
Schriften: An examination of Dr. Reid's Inquiry into the human mind, 1774.
— Hartley's Theory of Human Mind, 1775. — Disquisitions relating to matter and
Bpirit, 1777. — The Doctrine of philosophical Necossity, 1777. — Free Discussions of
tho Doctrines of Materialism, 1778. — Letters to a philosophical unbeliever, 1780;
deutsch 1782 (Kritik Humes). — Additional letters, 1781 — 87. — A Continuation of
the letters, 1794. — Vgl. J. CARRY, The Life of J. F., 1804.
Prinee • Morton, amerikanischer Philosoph. = P. vertritt den Pan-
psychismus.
Schriften: The Nature of Mind and Human Automatism, 1885. — The Dissociation
of a Fersonality, 1906 f., u. a.
Priskianos (Priscianus) aus Lydien, einer der Neuplatoniker, welche
bald nach der Schließung der philosophischen Schule in Athen durch Kaiser
Justinian (529) nach Persien auswanderten. Er schrieb: Mexdg>Qaais t&v <->
(pQ&orov JieQt aio&qoeoag, 1541. Solutiones eorum, de quibus dubitavil Chosi
Persarum res (in: Supplement um Aristotelicum II: Prisciani Lydii quae
am, 1886).
Priskos (Priscus) aus Moloseia fEpirus), gest. um 396 n. Chr.. Anhang
dee Jamblichos.
Prodikos aus Ken-, älterer Zeitj dea Sokrates, ein durch g
(zum l«il prunkvollen) moralischen Vorträge und durch seine Unterscheidung
von Synonymen bekannter Sophist, als dessen Schüler Bich Bokrates nennt.
In einer Schrift: "Qqcu (Die Unrein, welche Kenophon nachgebildet hat, erzählt
P. die Sage von Herkules am Scheid ler üch hier für den harten, aber
rar Unsterblichkeil führenden Weg derTugend entschließt Die Religion führt
er aut das Gefühl der Dankbarkeit zurück, aui Verehrung von nützlichen
Naturgebildei] (Sonne, Brot, Erde, Wassei usw.). Den Tod soll !'.. für etwas
nicht eu Fürchtend« erklärt halten: für die Lebenden ist er nicht da,
auch nicht für die Toten, die nicht- empfinden.
\.'.. Iur.i.-. PragmeBti da Vanokntikei 11. ■ WelCKKB, p . Bktia Mu-eum
1, i s.i:i. — M. lhiN/i:. l '..'i- P.. Mhafl dar ü —
.P>il. I »or | btfl urul «ler KtBOphoatil 11. I.
572 Proklos.
Proklos 9 geb. 410 n. Chr. in Byzanz, erzogen zu Xanthos in Lykien
(daher ..der Lykier"), Schüler der Neuplatoniker Olympiodoros, Plutarch von
Athen und Syrianos, lehrte (seit etwa 450) in Athen, wo er 485 starb. Er ist
ein tiefer und scharfer Denker von großer dialektischer Kraft, zugleich aber
dem Wunderglauben, der Theurgie, Magie u. dgl. zugeneigt. P., der ein
außerordentlich fruchtbarer Schriftsteller von großer Gelehrsamkeit war, ist
der Systematiker des späteren Neuplatonismus, gewissermaßen auch der „Scho-
lastiker" desselben.
P. treibt die Transzendenz des Gottesbegriffes noch weiter als Plotin und
Jamblich, auch schiebt er noch mehr Mittelwesen zwischen dem göttlichen
Urwesen und den Sinnendingen ein. Dieses Urwesen ist seinem Wesen nach
nicht erkennbar und sagbar, es ist der Urgrund des Seins und des Guten,
nicht bloß Eines, sondern auch noch über die Einheit erhaben, überseiend
(dvaaicog ai'ziov). Die Emanation der Wesen aus dem Absoluten und ausein-
ander faßt P. als eine Art dialektischen Prozeß auf, als „triadische" Entwick-
lung; aus der Ursache, in der das Erzeugte vermöge seiner Ähnlichkeit ver-
harrt (tiovrj), tritt es infolge seiner Anderheit, Unähnlichkeit heraus (jigöoSog)
und wendet sich ihm dann wieder zu (ijitorgoqp^), indem es sich mit ihm ver-
ähnlicht. Dieser Dreischritt wiederholt sich so lange, bis das niederste Gebilde
(die Materie) erzeugt ist, also mit abnehmender Vollkommenheit der Erzeug-
nisse. Aus der Ureinheit gehen die Henaden (ivädsg), die göttlichen Ein-
heiten hervor, die miteinander verknüpft sind und verschiedenen Eang haben.
Die Henaden sind noch überseiend und übergeistig. Aus ihnen emaniert die
Trias (Dreiheit) der intelligiblen (vorjröv), intelligibel-intellektuellen (vorjxöv
äjua xai voegov) und intellektuellen (voeqöv) Welt (Theol. Piaton. III, 24),
entsprechend den Begriffen Güte und Sein (ovoia), Kraft und Leben (Coorj)
und Denken oder Wissen. Die beiden ersten Welten gliedern sich wieder
triadisch (Grenze, jzsqcis ; Unbegrenztes, äjieigov; Gemischtes, [zig~z6v usw.; drei
Triaden: der gedachte, der gedachte und denkende, der denkende Gott). Auf
der Grenze beruht alle Vereinigung, auf dem Unbegrenzten alle Vielheit. Die
intellektuelle Welt (vovg) gliedert sich in sieben „Hebdomaden'' (Siebenheiten),
deren Glieder ebenfalls Gottheiten sind. Die Ideen (Idsat) gehören dem
Intelligiblen an.
Die Seele geht aus dem Intellektuellen hervor. Sie ist ewig, unkörper-
lich und ungeteilt (jtäv ro tiqos eavro, sjiiotqejitixov äocb/uatöv iotiv), lebendig,
unsterblich, sie hat Teil an der göttlichen Einheit und Vernunft und erkennt
die Dinge vermöge der ihr innewohnenden Prinzipien derselben ; sie kann sich
zur Anschauung der göttlichen Henaden und der Ureinheit selbst erheben.
Die Materie ist unproduktiv, leidend, sie wird durch geistige Formen (loyoi)
gestaltet,
Schüler des P. sind Marinos, As klepiodotos. Ammonios, Zeno-
dotos, Isidoros aus Alexandria, Hegias, Hermeias, Damaskios.
Schriften: Erhalten sind: In Piatonis Tiraaeum Commentarius, 1534, 1847,
1903—06. — In Piatonis rem publicam, 1899—1901. — In Theologiam Piatonis, 1618.
— Ex'jerpta ex Prodi echoliis in Piatonis Cratylum, 1820, 1908. — In Piatonis Par-
KI.«»> — Pi
menidein, ls4<>. — [■ jriniuni tarii. 1873 —
Institutio Theologica, 15-
sobsistentia, u. a. — 0| V. Com
— Vgl Makim ». Vita Prodi, 17' itgabe de« Diog. La. r! *on
\. r.i ton, p . i84o.
I^i-ola^oi-ii^ ■- Abdem ilt< i - um
\ . < hr. geboil I v 1 1 i ♦ - 1 r -i<h in
und Unteritaliem toi und NNar wiederholt in Athen, \\" I
mit ihm v.rkt'hrlni. Fiir Minen l ' 1 1 1 «ii i« h t erhielt . ■
trichtliche ll inen -"II er der Breie gewesen Bein, der
kl&i gendeine ihm rt 1 reden, and -<>ll <\ I
rang einer Seche dnreh die Redekunst
heben. Wegen einer Schrift in welcher er erklärt«-, »t \u--
dei i nicht, <• en oder nicht, <li. Seche sei dunkel, - l
he zu dii I Irkenntnis nicht am
klagt und : 1 1 1 — Afh
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.ii Untersuchungen bewußt vom menechlichen Subjekt aus und .
u einem Subjektivismus nnd Relativismus, wol
Beraklit ineofern beeinflußt ist, all auch er alles als werdend, fl
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Wahrheit i*r nach P. etwas Relati
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574 Protagoras — Ptolemaios.
aus dem Zusammentreffen der äußeren mit der vom Sinnesorgan ausgehenden
Bewegung (vgl. Plat. Theaet. 152 ff.). Das Denken beruht auf der Wahr-
nehmung. Ob P. die Seele als bloßen Inbegriff der Erlebnisse (/uqdkv slvai
ii'i'/^v jiaga rag alodrjOEig, Diog. Laert. IX, 51), also „aktualistisch" bestimmt
hat, ist nicht sicher. Auf die Ethik hat P. den Subjektivismus wohl nicht
ausgedehnt ; hier fordert er Allgemeingültigkeit, wenn er auch vielleicht die
Relativität des Rechtes lehrt (Plat. Theaet. 167 C).
Schriften: Solche zählt Diogenes Laertius (IX, 55) auf: jieqI sqiozcxcöv, jteqI
tcov lua^rj/iidrcov. jtsqi Jtokitsiag, jceqi agsrcöv, dvzikoyiai u. a., wobei letztere Schrift
vielleicht eins ist mit der Schrift: KaxaßaklovxEg (oder ^AXrjfteia). — Vgl. DlELS,
Fragmente der Vorsokratiker II. — NATORP, Forschungen zur Geschichte des Er-
kenntnisproblems, 1884. — W. JERUSALEM, Zur Deutung des Homo-mensura-Satzes,
Eranos Vindobonensis, 1893. — F. C. S. SCHILLER, Studies in Humanism, 1907. —
GOMPERZ, Griech. Denker, 3. A. 1911. — A. ÜARPF, Die Ethik des P., 1884.
Proudhon, Pierre Joseph, geb. 1809 bei Besancon, wurde Buchdrucker,
war als solcher publizistisch tätig, auch als Handlungsgehilfe. 1848 gab er
den „ Repräsentant du peuple" heraus und gehörte der konstituierenden Ver-
sammlung an. 1849 wurde er wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik
zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Einer nochmaligen Bestrafung entzog er
sich durch die Flucht nach Brüssel, von wo er 1860 nach Paris zurückkehrte;
hier starb er 1865.
P. gehört zu den Sozialisten, welche, ohne den Kommunismus zu lehren,
die Übelstände der privatrechtlichen Gesellschaftsordnung bekämpfen. Als
Geschichtsphilosoph ist P. von Hegel beeinflußt. Die Geschichte wird von
dem Prinzip des Gegensatzes beherrscht, insbesondere die Geschichte der Wirt-
schaft, in welcher mit logischer Notwendigkeit die Gegensätze auseinander
hervorgehen. Aller Fortschritt beruht nach P. auf einer Negation. Das auf
Ausbeutung beruhende Eigentum (besonders an Boden) ist Diebstahl („La pro-
priete c?est le vol"). Geld und Zins sind von Übel, ebenso die Zwangsgewalt
des Staates (Anarchismus). Das Richtige ist nach P. der wirtschaftliche
Mntualismus (Organisation des Tausches, Vorstufe zur modernen Idee der Pro-
duktivgenossenschaft).
Schriften: Qu'est ce que la propriete? 1841. — De la creation de l'ordre dans
l'humanite, 1843. — Systeme des contradictions economiques ou philosophie de la
misere, 1846; deutsch 1847. — Le droit au travail, 1849. — La revolution sociale,
1852; deutsch 1852. — Philosophie du progres, 1853. — De la justice dans la revo-
lution et dans l'eglise, 1858, u. a. — Oeuvres, 35 Bde. — Vgl. A. MÜLBERGER,
P., 1899. — DlEHL, P., 1888—96.
Prndhomme, Sully s. Sully.
Psellos s. Michael.
Ptolemaios: 1. zwei Epikureer aus Alexandrien; 2. Peripatetiker ;
3. Skeptiker; 4. der berühmte Astronom ; 5. Gnostiker aus der Schule des
Valentinus.
Pufexdorf — Pyrrhon. 575
Pufendorf, Samuel von, geb. 1032 bei Chemnitz, 1661 Prof. des
Naturrechts in Heidelberg, 1672 in Lund, gest. 1694 in Berlin. = P., der be-
rühmte Xaturreehtler , ist von Grotius und Hobbes beeinflußt. Das Recht
beruht auf dem Geselhgkeitsbedürfnis des Menschen, welches mit dem Selbst-
erhaltungstrieb zusammenhängt. Das Xaturrecht, welches durch das Licht
der Vernunft erkannt werden kann, ist das Gesetz, welches mit der vernünf-
tigen Natur des Menschen übereinstimmt und Bedingung einer friedlichen.
Gesellschaft ist. Der (nur fiktive) „Naturzustand" ist kein Krieg aller gegen
alle, aber er wäre ein Zustand der Unsicherheit, dem der Mensch durch den
schützenden Staat entgeht (Vertragstheorie). Der Staat ist eine „persona
moralis" mit einem Willen. Die Strafe dient der Abschreckung.
Schriften: De statu reipublicae Germanicae, 1667 (unter dem Pseudonym: Seve-
rinus a Monzambano; deutsch 1870). — De iure naturae et gentium, 1672. — De officio
hominis et civis, 1673.
Plilleyn (Pullus), Eobert, Engländer, lehrte in Paris und Oxford, gest.
1150 in Eom. = Anhänger Abälards, Verfasser von „Sententiarum libri octo",
1655 (auch bei Migne, Patrolog.).
Pünjer, Bernhard, 1850 — 1885, war Prof. der Theologie in Jena. = Er
bekennt sich zum theistischen, idealistischen Monismus, unterscheidet gegen-
ständliches und zuständliches Bewußtsein. In der Religion wirken Gefühle,
Wille und Denken zusammen, wobei das Gefühl den Ausgangspunkt bildet.
Die Religionsphilosophie betrachtet die Religion im Zusammenhang mit allen
übrigen Erscheinungen des Geisteslebens und allem sonstigen Dasein.
Schriften: Die Religionslehre Kants, 1874. — Geschichte der christlichen Reli-
gionsphilosophie seit der Reformation, 1880 f. — Grundriß der Religionsphilosophie,
1886. — Religionsphilosophie auf modern ■wissenschaftlicher Grundlage, 1886.
Purkynje, Johann, 1787—1869, Prof. in Breslau und Prag, der bekannte
böhmische Physiolog. als Philosoph von Schelling beeinflußt. Er schrieb u. a. :
Beobachtungen und Versuche zur Physiologie der Sinne, 2. A. 1825 (,.Pur-
kynjesches Phänomen").
Pyrrhon (Pyrron, TIvqqcov) aus Elis, geb. um 360 v. Chr., gest. um
270 v. Chr. Die Angabe, daß er ein Schüler des Megarikers Bryson war, ist
nicht erhärtet. Von Demokrit ist P. beeinflußt. Er begleitete den Demo-
kriteer Anaxarchos (aus dem Gefolge Alexanders des Großen) nach Asien und
lebte später in Elis. Schriften sind von ihm nicht vorhanden, seine Lehren
sind nur aus Berichten von Skeptikern, wie Timon, Sextus Empiricus bekannt.
P. ist der Begründer der älteren skeptischen Schule, deren Mitglieder -ich
nach ihm „Pyrrhoniker" (JIvQgcoveioi) nannten. Nach P. ist nichts in Wahr-
heit und Wirklichkeit schön oder gerecht, sondern nur in Beziehung au! uns,
durch Satzung (ovökv yäo s<paaxsv ovrs xcdov otV aio/nor ovve üixatov tnh
abixov xai 6/nouog f.xi xävxov fMjdsv elvat tfj äArjöeüf, vöfup dt xat 8&81 ndvta
xovg av0(,d).-jov; .toüttsiv, Diog. Laert. IX, 61). An sich ist nichts wahrer, als
etwas anderes (ov uä/./.or). Wir können die Dinge nicht erkennen, wie sie
selbst sind, sondern nur, wie si« ■ ans erscheinen ; wir können nichts Sicheres
576 Pyrrhon — Pythagoras.
behaupten (ovöev oglCw), stets nur sagen, etwas scheint so {boxet). Die Er-
scheinung wird nicht geleugnet, sondern nur erklärt, man wisse nicht, wie das
Ding selbst beschaffen sei (xal yäo xo (paivofxsvov Tiftsjueda, ov% d>g xai roiovrov
6'r, Diog. Laert. IX, 104). Die Wahrheit ist unerfaßbar (äxatalrjyjta). Jedem
Grunde läßt sich (wie Timon erklärt) ein Gegengrund entgegensetzen, dies
führt zum Gleichgewicht der Gründe (iooo-dsvsia rwv Xoycov) und zur Urteils-
enthaltung (ejioxr/), mit welcher der Gleichmut und die Gemütsruhe (äta-
ga&a, cbia&Bia) verbunden ist, das höchste Gut, neben welchem alles andere
gleichgültig ist.
Schüler P.s sind Philon von Athen, Nausiphanes von Teos, Timon von
Phlius.
Vgl. NATORP, Forschungen zur Geschichte des Erkenntnisproblems. — V. BRO-
CHARD, Les sceptiques grecs, 1887. — E. RICHTER, Der Skeptizismus in der Philo-
sophie I, 1904. — A. GOEDECKEMEYER, Geschichte des griechischen Skeptizismus,
1905.
Pythagoras von Samos, geb. um 570 v. Chr. als Sohn des Kauf-
mannes Mnesarchos. Über sein Leben sind viele Legenden, aber wenig sichere
Angaben vorhanden. Ob er in Ägypten gewesen, ist unsicher, jedenfalls aber
hat er von Ägyptischer Wissenschaft (Mathematik) profitiert. Er soll Schüler
des Pherekydes und des Anaximander gewesen sein, auch soll er in die del-
phischen Mysterien eingeweiht worden sein. Um 530 v. Chr. wanderte P.
nach Kroton in Unteritalien aus, wo er der Partei der Aristokraten beitrat
und einen Bund gründete, der mit wissenschaftlichen und religiösen auch
ethische und politische Zwecke verfolgte. Die Mitglieder dieses Bundes mußten
ein streng geordnetes Leben führen, mäßig sein, unbedingt sich der Autorität
des Meisters unterwerfen (avtög ecpa), Schweigen (besonders nach außen) üben ;
unbedingte Treue gegeneinander bewähren (geheime Erkennungszeichen usw.).
Sie lebten zusammen (gemeinsame Mahlzeiten usw.) und bildeten eine feste
Organisation, welche auch eine Macht im Staate bedeutete. Die Eeaktion
blieb in Kroton nicht aus; ein Aufstand der demokratischen Partei (unter
Kylon) brach aus und Pythagoras mußte nach Metapont auswandern, wo er
bald darauf gestorben sein soll. Auch die in anderen Städten lebenden Pytha-
goreer erlitten Verfolgungen; in Kroton wurden sie später überfallen und
kamen fast alle in ihrem, von den Angreifern angezündeten Versammlungs-
hause um. Des P.' Persönlichkeit wirkte in solchem Maße, daß er geradezu
als göttliches Wesen angestaunt wurde. Auch durch sein Wissen war er be-
rühmt. Zugeschrieben wird ihm der „Pythagoreische Lehrsatz", die Kenntnis
der regelmäßigen Vierecke? der regelmäßigen Körper, des „goldenen Schnittes",
der Begriff der Primzahlen, die Kenntnis der akustisch-musikalischen Schwin-
gungsverhältnisse. Geschrieben hat P. nichts, auch ist es ganz unsicher, wie-
viel von den theoretischen Lehren des „Pythagoreismus", die er begründet hat,
ihm selbst zuzuschreiben sind. Ja, vieles, was als pythagoreisch ausgegeben
wurde, stammt nicht einmal von Schülern des Pythagoras. Dieser soll sich
zuerst einen <pä6oo<pog genannt und die Welt zuerst als Kosmos (Koo/wg) be-
zeichnet haben.
Pythagora?. 577
Der Pythagoreismus bestimmt als Prinzip der Dinge nicht einen Stoff
oder eine Kraft, sondern etwas Formales. Er arbeitet der neueren quantitativen
Nätui Auffassung dadurch vor, daß er, allerdings in metaphysischer Weise, die
Zahl zum Wesen der Dinge macht, wobei unter „Zahl" etwas Objektives zu
denken ist, eine wohl geometrisch vorgestellte bestimmte Verbindung der Einheit.
Nach Aristoteles kamen die Pythagoreer zu einer solchen Anschauung durch
ihre Vertrautheit mit der Mathematik, deren Ordnungsverhältnisse sie in den
Dingen realisiert fanden, welche ihnen als Abbilder oder Nachahmungen der
Zahlen und deren Elemente erschienen. Sie nahmen an, die Elemente der
Zahlen seien zugleich die Elemente der Dinge, und die Welt selbst sei Har-
monie und Zahl (xäg xovxov dg/dg xcov ovrcov dg/dg corjürjoav stvai Ttavrmv'
srcsi ös xovxov 01 dgißfioi cpvosi tzqcoxoi, sv 8s roTg ägi&/iiotg iööxovv dswgslv
6/toidjuaxa xoklä xoig ovoi xai yiyvo/Lisvoig, (.lälXov 7] sv zivgi xai yfj xai vöaxc. —
hi 8s rcöy ägjLiovitov sv dgiß/uoTg ogcörrsg xä rräßi] xai xovg Xöyovg ' 01 87 dgiduoi
zxdoijg xfjg (pvoscog Ttgoixoi, xä xcöv dgißficöv öxoi%sTa xcöv ovxcov oxoc/sia Tcävxtov
vrcs'/.aßov scvai, xai xov ö/.ov ovgavov äg/iioviav sivai xai dgid/uöv, Aristot. Met.
I, 5). Die Prinzipien oder Elemente der Zahlen (und damit der Dinge) sind
das Gerade und Ungerade (ägxiov xai Ttsgixxöv) oder das Unbegrenzte (das
Gerade als unendlich teilbar) imd Begrenzte (äjxsigov, jisnsgaG/usvov) ; aus ihnen
bestehen alle Dinge. Die Zahl ist die Substanz der Dinge. Die Urzahl, aus
der alle anderen hervorgehen, ist die Einheit (juovdg). Die Vier ist der Körper,
auch hat sie besondere Bedeutung, ebenso die Zehnzahl (Tetraktys). Die
Sechs ist die Zahl der Beseeltheit, die Neim die Zahl der Gerechtigkeit, wie
überhaupt die Tugenden auf Zahlen zurückgeführt werden. Manche Pytha-
goreer geben eine Liste von zehn Gegensätzen: Grenze und Unbegrenztes;
Ungerades und Gerades ; Eins und Vieles ; Eechtes und Lüikes ; Männliches
und Weibliches; Kuhendes und Bewegendes; Gerades und Krummes; Licht
und Finsternis; Gutes und Böses; Quadrat und Rechteck (Aristot. Met.
I, 5).
Gemäß der pythagoreischen Kosmologie befindet sich in der Mitte des
Universums das Weltfeuer, der „Herd" des Alls (die eEoxia). Um dieses
Zentralfeuer bewegen sich die zehn Himmelskörper, darunter die Erde mit der
Gegenerde (ärxiydoir), wie dies Hiketas (s. d.), Ekphantos u. a. lehrten. Be-
kannt ist ferner die pythagoreische Lehre von der Sphären harmonie, d. h.
von den Klängen der bewegten Himmelskörper in bestimmten Intervallen,
welche Harmonie aber wegen der fortgesetzten Einwirkung auf unser Ohr von
uns nicht vernommen wird (Aristot. De caelo II, 9). Die Zahl der Körper-
elemente betragt fünf: Feuer (Tetraeder), Erde (Kubus), Luft (Oktaeder),
Wasser (Ikosaeder), Äther (Dodekaeder; Stob. Eclog. I, 26). Die Seele soll
von den Pythagoreern als „Harmonie" bestimmt worden sein {ägfwviav
xiva avxtjv Uyovoi, Arist. De anim. I, 4). Von anderen sei die Seele mit den
Sonnenstäubchen oder auch mit dem. was diese bewegt, identifiziert worden
(y'ff aoav yäg tiveg avxwv y*vzVv sJra.i t<\ h> r<j> &&Qi :>otunn., m fV n, tavxa
xirovv, 1. c. I, 2). Der Leib ist ein Kerker der Seele. Zu ihrer Läuterung
machen die Seelen eine Seelenwanderung durch (ixgi(p&8Toat >Y avxrjv
Eisler, Philosophen-Lexikon. •'><
578 Pythagoras — Quinet.
yf]g .-T/.üZeo&at iv xcö äsgi 6/xoiav r(5 ocb/uau, Diog. L. VIII, 31). Auch eine
Wiederkunft des Gleichen sollen die Pythagoreer (wie Heraklit und
später die Stoiker; vgl. Nietzsche) gelehrt haben; alle Dinge und alle Indivi-
duen kehren immer wieder (vgl. Diels, Fragm. d. Vorsokratiker I, 238). Die
Ethik der Pythagoreer betont die Beherrschung der Begierden, die Reinheit
von Leib und Seele, die Frömmigkeit des Lebenswandels.
Als Pythagoreer sind zu nennen: Alkmaion, Eurytos, Hippodamos
aus Milet, Epicharmos u. a., besonders Philolaos (s. d.).
Vgl. DlELS, Fragmente der Yorsokrat. I, dazu die Biographien des P. von POR-
PHYRIOS und JAMBLICHOS (1910; beide zusammen in der Ausgabe des Diog. Laertius
von Cobet, 1850; viel Legendäres). — A. KOTHEKBÜCHER, Das System der Pytha-
goreer, 1867. — CHAIGNET, Pythagore et la philosophie Pythagoricienne, 1875. —
W. BAUER, Der ältere Pythagoreismus, 1897. — W. SCHULTZ, Archiv für Gesch.
der Philos, Bd. 21, 1908. — GOMPERZ, Griech. Denker I.
a-
Qnadratus (Koögärog) von Athen, ältester christlicher Apologet, unter
Hadrian, dem er eine Verteidigungsschrift betreffs des Christentums übergab;
diese Schrift ist nicht erhalten.
Quesnay, Francois, 1694 — 1774, Prof. der Chirurgie. == Q. ist der
Hauptvertreter des „Physiokratismus", jener Bichtung, welche den Nachdruck
auf die Landwirtschaft legt und (wie dann A. Smith) die Freiheit der in-
dustriellen Tätigkeit verlangt („Laisser faire, laisser passer*').
Schriften: La physiocratie , 1767 — 1768, u. a. — Oeuvres economiques et
philosophiques, 1888.
Quetelet, Adolphe, 1796 — 1874, war seit 1841 Direktor des Statistischen
Amtes in Brüssel. — Nach Q. wird die Gesellschaft von festen Gesetzen be-
herrscht, es waltet in ihr das „Gesetz der großen Zahl", welches eine Regel-
mäßigkeit sozialer Erscheinungen (Selbstmord, Eheschließung u. a.) erkennen
läßt, die aus bestimmten sozialen Verhältnissen folgen. Die Sozialwissenschaft
hat es mit dem „mittleren Menschen" („homme moyen") zu tun.
Schriften: Sur l'homme, 1835, 1869; deutsch 1838. — Lettres sur la theorie des
probabilites, 1846. — Du Systeme social, 1848; deutsch 1856 (Zur Naturgeschichte
der Gesellschaft, übers, von K. Adler). — Physique social, 1869. — L'anthropometrie,
1871.
tfcneyrat, Fr., Prof. in Mauriac. = Hervorragender Kinderpsycholog.
Schriften: L'imagination et ses varietes chez l'enfant, 4. ed. 1908. — L'ab-
straction. 2. 6d. 1907. — Les caracteres, 3. ed. 1907. — La logique chez l'onfant,
3. ed. 1907. — Les jeux des enfants, 2. 6d. 1908. — La curiositS, 1910, u. a. (zum
Teil auch deutsch erschienen).
ifcniiiet. Edgar, 1803—1875. = Q. betont den menschlichen Fortschritt.
Schriften: La creation, 1870; deutsch 1871. — L'esprit nouveau, 1874, u. a. —
Oeuvres corapletes, 28 Bde., 1857 — 79.
Rabanus — Ramt>. 579
It.
Rabanus (Hraban) Manrns, geb. 776 in Mainz, Abt von Fulda,
dann Erzbischof von Mainz, gest. 856. = Der um das Schulwesen hochver-
diente Geistliche kommt für die Philosophie durch seine Schriften: De in-
stitutione clericorum, und: De universo, in Betracht.
Schriften: Opera, 6 Bde., 1627. — Über „Pseudo-Rabanus" vgl. COUSIN,
Oeuvres in&lits d'Abelard.
Kalms, Leonhard, geb. 1835 in Nürnberg, war Lyzealprofessor in Er-
langen. = R. steht auf theistisch-christlichem Standpunkte.
Schriften: Lehrbuch der Logik, 1863. — Logik und Metaphysik 1, 1868. —
Philosophie und Theologie, 1876. — Neueste Bestrebungen auf dem Gebiete der Logik,
1880. — Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie: I. Grundriß der Geschichte der
Philosophie; II. Logik und System der Wissenschaften (mit historischer Entwicklung),
1895, u. a.
Radenhausen, Christian, geb. 1813 in Friedrichstadt, gest. 1897 in Ham-
burg. = R. vertritt einen naturalistischen, evolutionistischen Monismus auf empi-
rischer Grundlage, mit Ausschluß alles Transzendentalen und Supranaturalen.
Schriften: Isis, der Mensch und die Welt, 1863; 4. A. 1886. — Osiris, Welt-
gesetze in der Erdgeschichte, 1874 f. — Mikrokosmos, 1877. — Christentum ist Heiden-
tum, 1881, u. a.
Kanin**, Petrus (Pierre de la Eamee), geb. 1515 in einem Dorfe in Ver-
mandois, studierte in Paris, lehrte hier Philosophie und Rhetorik, trat 1562
zum Calvinismus über, lebte dann einige Jahre in Deutschland (Heidelberg)
und in der Schweiz; 1572 wurde er (vielleicht auf Betreiben seines Gegners
J. Charpentier) ermordet.
R., der von L. Vives n. a. beeinflußt und der durch das Studium Piatons,
Ciceros und Quintilians angeregt ist, bekämpft aufs heftigste den Aristoteles
und besonders dessen Logik, welche der natürlichen Logik entgegengesetzt
sei. Er selbst will die Logik (in Verbindung mit der Rhetorik) reformieren,
sie von scholastischen Dunkelheiten und Subtilitäten befreien. Die Logik ist
Dialektik, eine „ars disserendi", Kunst des Vernunftgebrauchs beim Disputieren
(„Dialectica virtus est disserendi, quod vi nominis intelligitur : öia/Jyen&ai enim
er disserere unum idemque valent, idque est disputare, disceptare atque omnino
ratione uti"). Der erste Teil der Logik ist die „Erfindungslehre" (de inven-
tione; inventio argumentorum) ; sie handelt von der Aufsuchung der Gründe,
aus denen sich eine Frage beantworten läßt (vom Begriff und der Definition).
Der zweite Teil („Secunda Petri") handelt vom „Urteil", vom Beweis für einen
Satz. Beweisgründe lassen sich aus den Gemeinplätzen („loci communes") ent-
aehmen. Das l "it.il hat drei Btufen: Syllogismus, Methode und System, Aut-
i den Ideen und zu Gott
Line Zeitlang standen sieb „Bamisten" und „Anti-Ramisten" gegenüber.
Zu den ersteren gehören: J. Sturm, Th. Freigius, F. Fabricius, Scri-
5S0 Eamus — Ratzenhofer.
bonius, Talaeus, W. Temple u. a., zu den letzteren: Carpentarius,
Frischlin, Martini, Schegk, Scherb, Sepulveda, Scaliger u. a.,
„Senii-Ramisten" sind Alstedt, Goclenius u. a.
Schriften: Animadversiones in dialecticam Aristotelis, 1543. — Institutiones
dialecticae, 1543 (Hauptwerk). — Scholarum physicarum libri VIII, 1565. — Scholarum.
metaphysicarum libri XIV, 1566, u. a. — Vgl. Ch. WADDINGTON, De P. Kami vita,
scriptis, philosophia, 1849; Ramus, 1855.
Ranschblirg, Paul, geb. 1870 in Györ, Privatdozent in Budapest, Leiter
des staatlichen psychologischen Laboratoriums. = Experimenteller Psycholog.
Schriften: Die Entwicklung und Funktion der Kindesseele, 1904 (ungar.). —
Über Hemmung gleichzeitiger Iteizwirkungen, Zeitschr. für Psychol. der Sinnesorgane,
Bd. 30, 1902. — Über die Bedeutung der Ähnlichkeit beim Lernen, Behalten und
Beproduzieren, Journal für Psychologie und Neurologie I, 1905. — Das kranke Ge-
dächtnis, 1911, u. a.
Rashdall, Hastings, geb. 1858, Theolog, Prof. in Oxford.
E. ist ein Vertreter des voluntaristischen „persönlichen Idealismus"1 (von
Lotze u. a. beeinflußt). Die (körperlichen) Dinge existieren nur für Subjekte
(„for mind, not for themselves"). Die Wirklichkeit ist Für sich-Sein, sie be-
steht aus persönlichen, d. h. bewußten, aktiven, wollenden Wesen („a person
is a conscious, permanent, self-distinguishing, individual, active being"). Gott
ist ein die Welt denkendes, wollendes Wesen. Er ist die Ursache der von den
Individuen unabhängigen Erfahrungsinhalte. Weder der Pluralismus noch
der Monismus (als Singularismus) sind im Kechte. Die Individuen sind von
Gott abhängig und Gott ist von ihnen nur sofern getrennt, als er von seiner
eigenen ewigen Natur geschieden ist („self-hmitation"). Das All ist ein Geist,
welcher viele Geister erzeugt („one mind who gives rise to many"), eine „Ge-
meinschaft von Personen'' („a Community of persons"). Das Absolute besteht
aus Gott und den Seelen nebst deren Erfahrungsinhalten („the absolute . . .
consists of God and the souls, including, of course, all that God and those
souls know of experience"), aus einer „Gesellschaft" („a society which includes
God and all other spirits").
Schriften: Personality, Human and Divine (in: Personal Idealism , ed. by
H. Sturt, 1902, S. 369 ff.). — The Theory of Good and Evil, 1907.
Ratzenbofer9 Gustav, geb. 1842 in Wien, gest. als Feldmarschall-
Leutnant 1904.
R., der besonders als Soziolog bekannt ist. vertritt einen „positiven Monis-
mus", welcher die Einheit der Weltgesetzlichkeit betont. Überall, im Phy-
sischen wie im Psychischen besteht Selbsterhaltung, Anziehung und Abstoßung.
Die Dinge sind Teile und Manifestationen der göttlichen „Urkraft", die ein
„A übe wußtsein" besitzt; die Materie ist Produkt der Kraft (Dynamismus).
Daa angeborene, „inhärente" Interesse bestimmt alle Lebensfunktion en, auch
die sozialen und sittlichen Handlungen, bei denen es aber auf die Harmonie
von Individual- und Sozialinteressen ankommt. Als Soziolog ist R. von Gum-
plowicz beeinflußt. Die Soziologie erforscht die Gesetzmäßigkeit des gesell-
schaftlichen Lebens. Die Gesellschaft geht dem Individuum voran, indem das
Ratzexhofer — Eavaissox-Molliex. 581
inhärente Interesse soziale Verbände stiftet, welche als Gruppen miteinander
kämpfen.
Schriften: Wesen und Zweck der Politik, 1893. — Die soziologische Erkennt-
nis, 1898. — Der positive Monismus, 1899. — Positive Ethik, 1901. — Die Kritik
des Intellekts, 1902. — Soziologie, 1907. — Vgl. GüAMZOW, Gustav R. und seine
Philosophie, 1904. — G. RATZEXHOFER (junior), Archiv für Rechts- und Wirtschafts-
philosophie IV.
Ran, Albrecht, geb. 1843 in Ansbach, lebt in München. = Kritizistischer
Standpunkt.
Schriften: L. Feuerbachs Philosophie, 1882. — Empfinden und Denken, 1896.
— Das Wesen des menschl. Verstandes, 1900. — Der moderne Panpsychismus, 1901,
n. a.
Itanil. Frederic. geb. 1861 in St. Martin -le-Vinoux. Prof. in Paris, gest.
1908. = Von Kant beeinflußt, vertritt E. eine idealistische Ethik, welche aber
betreffs der Findung der idealen Normen auf die sittliche Erfahrung verweist.
Schriften: L'experience moral, 1903; 2. ed. 1909. — De la methode dans la
Psychologie du sentiraent, 1899. — Fragments de philos. morale, Rev. de m6t. et de
raorale. XIX, 1911.
Ramveiilioif, L. W. E., 1828—1889, Prof. in Leyden. = Von Kant
beeinflußt. Die Keligion besteht im Bewußtsein persönlicher Beziehung zu
einer höheren Macht und im Gefühl der Achtung vor dieser.
Schriften: Religionsphilosophie, deutsch 1889; 2. A. 1894.
Ka\ aisson-llollieii. Felix, geb. 1813 in Namur, 1831) Professor
in Beiines, 1853 Generalinspektor der „Instruction superieure", gest. 1900 in
Paris.
K. ist von Aristoteles, Plotin, Leibniz, Kant, Schelling, M. de Biran u. a.
beeinflußt und lehrt einen „spiritualistischen Realismus". Er ist ein Gegner
des Sensualismus und des Positivismus. Schon in der Assoziation der Vor-
stellungen wirkt die Vernunft als Einheitsprinzip, der „reine Geist, welcher
ganz Tätigkeit und eben dadurch vollendete Einheit, ganz Dauer und Er-
innerung ist, der immer allem und sich selbst gegenwärtig ist" (Die französ.
Philos., S. 173 ; vgl. Bergson). Das oberste A priori unseres Geistes ist das
„Bedürfnis nach Abgeschlossenheit und Vollendung". Diesem Bedürfnis ent-
springen die Kategorien (Ursache, Ziel usw.). Durch innere Intuition finden
wir in uns als Triebfeder des ganzen Seelenlebens das Denken oder die .
Tätigkeit, welche sich aus einem Zustande der Zerstreutheit wieder sammelt
und durch einen Prozeß der Wiedervereinigung zur Einheil eines Bewußtseins
aktuell wird als ein „schöpferisches Prinzip".
Die Methode der Metaphysik liegt nun ..in dem anmittelbaren Bewußtsein,
in der Reflexion auf uns selbst und dadurch auf das Absolute, an dem wir
Teil hallen". Nach dem Vorbild unserer inneren Organisation verstehen wii
alle belebten Dinge, nämlich als Wesen mit einem Prinzip der Selbsttätigkeit,
ja alle Dinge, denn die „Kraft" isl ein Gegenstück des WoUens and Denk,
ein Analogem unserer Aktivität and Zielstrebigkeit Nur scheinbar beherrscht
582 Ravaisson-Mollien — Read.
ein not wendiges Verhängnis die Welt, das Wahre ist die Spontaneität und
Freiheit. Alles beruht auf der „Entfaltung eines Strebens zur Vollkommen-
heit, zum Guten und Schönen", alles gehorcht mit freiem Willen einer gött-
lichen Vorsehung. „Alles ist gesetzlich und gleichförmig und doch in seinem
tiefsten Grunde ein Wollen." In Gott ist der Wille identisch mit der Liebe.
Im Körper, der (wie Leibniz sagt) ein momentaner Geist ist, ist ein unbewußtes
Streben. Die Natur ist gleichsam eine „Refraktion des Geistes". Alles Sein
ist Denken und damit Wille. Die Materie ist nur die tiefste Stufe, der
„Schatten" des Seins. Die wahre Existenz ist die geistige: sein heißt leben,
leben heißt denken und wollen. Die Freiheit ist das letzte Prinzip der Dinge.
Alles endliche Sein ist das Resultat einer freien Willensbestimmung, durch
welche das Absolute seine allmächtige Wirkungsfähigkeit beschränkt hat.
Schriften: Essai sur la metaphysique d'Aristote, 1837 — 46. — De l'habitude,
1838; auch in Kev. de m6t. et de mor., 1894. — Eapport sur le stoicieme, 1851.
— La Philosophie en France au XIXe siecle, 1868; 3. ed. 1889; deutsch 1889 (Haupt-
schrift). — Morale et metaphysique, Eev. de met. et de mor., 1893. — Testament
philosophique, 1. c, 1901. — Vgl. BOUTROUX, La philos. de F. ß., Rev. de met.,
1900. — BERGSON, Notice sur la vie et les ceuvres de F. B., in: Sciences et trav.
de l'Acad. des scienc. raoral. et polit., 1904, I.
Raymundus Lullus s. Lullus.
Raymond von Sabunde, geb. in Barcelona, Arzt und Theolog, Lehrer
der Theologie in Toulouse (um 1430), gest. daselbst 1437.
R. nimmt eine Mittelstellung zwischen Scholastik und Mystik ein. Die religiöse
Offenbarung und die Offenbarung Gottes in der Natur stehen miteinander in Ein-
klang („Duo videlicet sunt libri nobis dati a Deo, liber universitatis creaturarum
sive liber naturae et alius liber S. cripturae"). Jedes Geschöpf ist gleichsam ein
von Gott geschriebener Buchstabe („quaedam littera digito Dei scripta''). Es
gibt nach R. vier Stufen von Wesen: die bloß seienden, die lebenden, die
empfindenden und die vernünftigen und frei wollenden Wesen. Die sicherste
Erkenntnis, die Wurzel aller andern ist die Selbsterkenntnis. Die Existenz
Gottes sucht R. auf verschiedene Weise zu beweisen, auch durch ein mora-
lisches Argument, dem zufolge Gott als höchster Richter und Vergelter
existieren muß. Gott, der uns liebt und von uns erkannt werden will, zu
lieben, in Gott „hineinzuwachsen1', ist das Höchste. Gott ist allmächtig,
kann aber nichts anderes wollen , als was ihm ziemt („nisi quae ipsum
deceant").
Schriften: Theologia naturalis, 1487, 1496 u. ö . ; von Montaigne ins Französische
übersetzt, 1569; 1852. — De natura et obligatione hominis dialogi, 1501, 1568 (Aus-
zug aus dem Vorigen). — Vgl. MONTAIGNE, Essais II, 12. — M. HüTTLER, Die
Religionsphilosophie des ß. v. S., 1851. — J. SCHENDERLEIN, Die philos. Ansichten
des B. v. S., 1898.
Read, Carveth, geb. 1848 in Falmouth, Prof. in London. = Von J. St.
Mills Logik beeinflußt, als Metaphysiker objektiver Idealist, nach welchem die
Körper Erscheinungen bewußter Wesen sind.
Read — Rehmke. 583
Schriften: On the Theory of Logic, 1878. — Logic, 1898; 3. ed. 1906. — The
Metaphysics of Nature, 1905; 2. ed. 1908. — Natural and Social Morals, 1909.
Ree, Paul, geb. 1849 in Bartelshagen, gest. 1901, gehörte eine Zeitlang
zu den Freunden Nietzsches.
R. leitet die Moral utilitaristisch ab. Er unterscheidet in der Entwicklung
der Kultur die Periode der Rache, die der Strafe seitens der Gemeinschaft, die
der Moral, welche Verbote vorfindet, deren Sinn nicht mehr bekannt ist und
die nun um ihrer selbst willen gelten. Das Gewissen ist als tadelndes und
lobendes Bewußtsein sozial schädlicher und nützlicher, verpönter und ge-
billigter Handlungen entstanden, es entspringt aus der Autorität sozialer und
religiöser Mächte.
Schriften: Der Ursprung der moralischen Empfindungen, 1875. — Psycholog.
Beobachtungen, 1875. — Die Entstehung des Gewissens, 1885. — Die Illusion der
Willensfreiheit, 1885. — Philosophie, 1903.
Regis, Pierre Sylvain, geb. 1632, gest. in Paris 1707. = Kartesianer, be-
sonders in physikalischer Hinsicht.
Schriften: Cours entier de la philosophie, 1690, 1691. — L'usage de la raison
et de la foi, 1704.
Rehmke, Johannes, geb. 1848 in Elmshorn, Prof. in Greifswald.
R. steht durch seinen erkenntnistheoretischen Monismus den Ver-
tretern der , .immanenten Philosophie'' (Schuppe u. a.) nahe. Er ist ein Ver-
treter des objektiven Idealismus und ein Gegner des ,, Phänomenalis-
mus'' im Sinne einer die Außendinge zu Erscheinungen unbekannter Wesen
herabsetzenden Lehre. Es gibt vielmehr nur eine Welt des Gegebenen, und
dieses Gegebene existiert, unabhängig von jedem Einzelsubjekt, als Inhalt eines
allumfassenden, universalen, göttlichen Bewußtseins. Die „Grundwissenschaft-'
setzt nur das Gegebene und dessen allgemeinste Bestimmungen voraus. Die
dualistische Spaltung der Welt in zwei Wirklichkeiten absolut verschiedener Art
ist abzulehnen. Es gibt nur einerlei Art von Sein und dieses ist Bewußt-Sein.
Außen- und Innenwelt gehören untrennbar zusammen, sie sind Ab-
straktionen aus einer einzigen Welt, beide mit gleicher Unmittelbarkeit und
Gewißheit gegeben. Die Wahrnehmungsinhalte sind nicht Bilder der Dinge,
sondern selbst die Außendinge, das „Andere" des Ich; sie sind aber nicht eins
mit den momentanen individuellen Vorstellungen, sondern mit den begriff-
lich bestimmten, quantitativ fixierten Zusammenhängen, welche aber
nicht außerhalb des „Bewußtseins überhaupt" bestehen. Außen- und Innen-
welt, Nicht-Ich und Ich, anschauliches und nichtanschauliches Sein, sind In-
halt der Seele, welche letztere, ohne selbst ein Ding zu sein, die Dinge
„hat", unmittelbar von ihnen weiß. Die Außenwelt steht also wohl dem ein-
zelnen Ich, nicht aber der Seele überhaupt gegenüber. Außenwelt und Innen-
welt sind „die beiden abstrakten Stücke einer Welt, welche die Seele hat".
Das Sein der Seele ist dadurch bedingt, daß sie eine Welt hat, welche teils
an- Dingen, teils aus Vorgestelltem, sowie Gefühlen und Strebungen besteht.
Das Ding ist die „Einheit von Dingaugenblicken im Nacheinander". Raum
584 Rehmke.
und Zeit sind Bestandteile der Dinge selbst. Die Dinge stehen in Wechsel-
wirkung miteinander, sind Glieder eines Wirkungszusammenhanges. Jede
Veränderung ist nur der Wechsel von „Besonderheiten" einer „Bestimmt-
heit" des veränderlichen Einzelwesens, nicht Auftreten neuer Bestimmtheiten
(„Satz der Veränderung").
Die Seele kann eine Welt nur haben, weil sie immateriell, kein
„Ding", keine Substanz ist, sondern „konkretes Bewußtsein". Als immaterielles
Einzelwesen ist sie unräumlich, sie ist nicht irgendwo. Unter den Dingen ist
eines besonders eng mit ihr verbunden, es ist dies ihr Leib, auf den sie wirkt,
wobei aber die Wirkung stets nur eine (nicht quantitative) „qualitative Ener-
gieveränderung" ist. (Weder Parallelismus noch „Wechselwirkung", sondern
„einfacher ursächlicher Zusammenhang" zwischen Seele und Leib; „Wirken
des Leibes auf die Seele und Wirken der Seele auf den Leib".) Individuell
ist die Seele durch ihre Bestimmtheiten, Besonderheiten und in Beziehung zu
ihrem Leib; ihrem Gattungswesen nach ist sie identisch mit den anderen Seelen.
Das Bewußtseinssubjekt ist ursprünglich, einzig, ewig unveränderlich, über-
räumlich und überzeitlich, in allen identisch, es ist das „einheitstiftende
Moment des Augenblicks-Bewußtseins", das „Grundmoment" des Bewußtseins,
während die übrigen Momente (Empfindungen, Vorstellungen, Gefühle usw.)
„Bestimmtheitsbesonderheiten" des Bewußtseins (nicht selbständige psychische
„Vorgänge") darstellen. Das Bewußtsein ist weder eine Eigenschaft der
Vorstellungen, noch eine Tätigkeit des Geistes, noch das Gemeinsame der
psychischen Erlebnisse; B. ist kein Gattungs- sondern ein Beziehungsbegriff,
ein Ausdruck für das Verhältnis der Inhalte zur Seele, bzw. für diese selbst,
also dann identisch mit „Geist". „Seele" ist dann „ein Bewußtsein, das in
stetiger Wirkenseinheit mit einem Leibe sich findet". Ein „unbewußter Geist"
ist ein Widerspruch. Außer dem „gegenständlichen" ist die Seele zugleich
immer „zuständliches" Bewußtsein, nämlich „Fühlen". Das Gefühl ist eine
Bestimmtheitsbesonderheit des Fühlens (Lust und Unlust). Gefühle werden
vom „Gegenständlichen", auch von Körperempfindungen begleitet; die Inten-
sität letzterer ist. bei den Affekten groß. Der Gemütszustand ist die
„augenblickliche Beschaffenheit der Seele, die sich als das Zusammen von be-
sonderem Gefühl und besonderem Gegenständlichen erweist". Ein „ursäch-
liches" Bewußtsein ist das Wissen um die Bedingtheit von Erlebnissen durch
die wollende Seele, ohne daß aber das „Bewußtsein" selbst eine Tätigkeit ist
oder gar selbst entstehen kann. Das Wollen ist der Kern des Seelenindivi-
duums, es ist eine besondere Bewußtseinsbestimmtheit neben der gegenständ-
lichen und zuständlichen (Gefühl). Die „wirkende Augenblickseinheit der
Seele" ist immer ein Wille. Das Denken ist nicht mit dem Denkwillen zu
verwechseln, es ist keine „Tätigkeit". Denken ist, psychologisch, Unterscheiden
und Vereinen, logisch „Bestimmen". Urteilen heißt, über Gegebenes ent-
scheiden, „Gegebenes durch Gegebenes bestimmen oder begreifen". Begriffe
gibt es nur im Urteil, als Allgemeines, wodurch ein konkretes Gegebenes be-
stimmt wird.
Triften: Philosophie des Weltschmerzes, 1876. — Die Welt als Wahrnehmung
Eehmke — Eeid. 585
nnd Begriff', 1880. — Der Pessimismus und die Sittenlehre, 1882. — Physiologie und
Kantianismus, 1883. — Unsere Gewißheit von der Außenwelt, 1894. — Lehrbuch der
allgemeinen Psychologie, 1894; 2. A. 1905. — Grundriß der Geschichte der Philo-
sophie, 1896. — Zur Lehre vom Gemüt, 1897; 2. A. 1911. — Außenwelt, Innenwelt,
Leib und Seele, 1898. — Trieb und "Wille im menschlichen Handeln, 1899. — Die
Seele des Menschen, 1902; 2. A. 1905. — Wechselwirkung oder Parallelismus, 1902
(Haym-Festschrift). — Philosophie als Grundwissenschaft, 1910.
Reich. Emil, geb. 1864 in Koritschan (Mähren), Prof. in Wien. = E.
ist in erster Linie Ästhetiker; er betont die soziologische Betrachtungsweise
des Ästhetischen und der Kunst, die soziale Bedingtheit und Wirksamkeit der
letzteren. Er ist ein Gegner des ,,1'art pour l'art"-Prinzipes.
Schriften: Schopenhauer als Philosoph der Tragödie, 1888. — Gravina, 1890.
— Grillparzers Kunstphilos., 1890; G.s Dramen, 6. A. 1908. — H. Ibsens Dramen,
6. A. 1908. — Kunst und Moral, 1901. — Aus Leben und Dichtung, 1911, u. a.
Reichliii-Melflegg, Karl Alexander, geb. 1801, Prof. in Heidelberg,
gest. 1877. = Besonders von Kant beeinflußt.
Schriften: Psychologie, 1837 — 38. — System der Logik, 1870. — Das Leben
eines ehemaligen römisch-katholischen Priesters, 1874 (Selbstbiographie).
Reid. Thomas, geb. 1710 in Strachan (Schottland), studierte Theologie,
war eine Zeitlang Pfarrer, 1752 — 63 Prof. in Aberdeen, 1763 — 87 in Glasgow,
gest. 1796.
E. ist der Hauptvertreter der „ Schottischen Schule". Von Locke, Berkeley
und Hume in manchem beeinflußt, bekämpft er den Empirismus des ersteren,
den Immaterialismus (Idealismus) des, zweiten und den Skeptizismus des
dritten und stellt dem allen ein System des theoretisch-praktischen Intuitio-
nismus gegenüber, dem gemäß durch innere Erfahrung das Allgemeingültige
und Denknotwendige, wie es sich schon im gesunden Menschenver-
stand, im „Common sense" findet, aufgesucht wird. Damit verbindet E.
und die schottische Schule überhaupt eine „Vermögenspsychologie" nebst einer
Analyse der inneren Erfahrung.
Gemäß dem rationalistischen Intuitionismus E.s gibt es allgemein-
gültige Prinzipien des gesunden Menschenverstandes („principles of com-
mon sense"), die den Wert sicherer Axiome, sclbst-evidenter Wahrheiten
(„self-evident truths") haben, die also feste Grundlagen alles Erkennens
und Handelns, nicht aus der Erfahrung abzuleiten und auch nicht zu be-
zweifeln sind. Diese Wahrheiten sind unbeweisbar, bedürfen keines Beweises,
leuchten allgemein und unmittelbar ein, sind streng notwendig, ihr Gegenteil
ist undenkbar. Daß sie nicht aus der Erfahrung stammen, begründet B. (wie
später Kant) durch den Hinweis darauf, daß die Erfahrung uns nicht sagt,
was notwendig ist („experience informs us only of what is, or has been, not
of what must be"). Auf ersten Prinzipien („first principles") beruht alles
Denken. Die Gültigkeit dieser Grundsätze hat ihren Grund darin, daß wir
kraft unserer ,, Natur" genötigt sind, sie anzuerkennen, ihnen Glauben
(„belief") zu schenken (,.that, by the Constitution of our nature, we are under
a necessity of assenting to thenri.
580 Reid — Reimarus.
Zweierlei (theoretische) Prinzipien unterscheidet R. : 1. Axiome der not-
wendigen Wahrheiten, d. h. metaphysische, mathematische, logische, ethische,
ästhetische Axiome. Metaphysische Prinzipien sind der Satz der (materiellen
und immateriellen) Substanz („that the qualities which we perceive by our
senses must have a subject, which we call body, and that the thonghts we
are conscious of, must have a subject, which we call mind") und der Satz der
Kausalität („that whatever begins to exist, must have a cause which pro-
duced it"). 2. Axiome der zufälligen (kontingenten) oder Tatsachen-Wahr-
heiten. Zu diesen (zwölf) Prinzipien gehört der Satz, daß ich existiere, da ich
denke, daß das Erinnerte wirklich war, daß die Gegenstände der Wahrnehmung
existieren, daß wir über unsere Handlungen eine gewisse Macht haben, usw.
Endlich gibt es praktisch-sittliche Axiome.
Die Ansicht (Lockes u. a.), daß uns nicht die Dinge selbst, sondern nur
deren Vorstellungen gegeben seien (das „ideal System"), bekämpft R. Die
Dinge nehmen wir unmittelbar wahr, wir sind von ihrer Existenz unmittelbar
überzeugt ; die Wahrnehmung enthält schon ein (Existential-)Urteil , einen
„Glauben" (belief). Unsere Wahrnehmungen sind auf Gegenstände außer uns
gerichtet („perceptions have always an external object"). Wir beziehen un-
mittelbar unsere Sinnesempfindungen auf die (primären) Qualitäten der Dinge,
iils Wirkungen dieser, wobei die Empfindungen Zeichen der objektiven Qua-
litäten sind. Die Seele ist nach R. immateriell; ihre Vermögen („powers")
sind Verstandes- und Willensfähigkeiten.
Schriften: Inquiry into the Human Mind, 1764; deutsch 1782. — On the in-
tellectual Powers of Man, 1785. — On the Active Powers of Man, 1788 (beide zusammen
unter dem Titel: Essay on the Powers of the Human Mind). — Works, 1804, 1827,
1863, 1828—36 (franz. hrsg. von Royer-Collard).
Reiff, Jacob Friedrich, geb. 1810, Prof. in Tübingen, gest. 1879. = Von
Hegel und (später) von Fichte beeinflußt. Theist.
Schriften: Der Anfang der Philos., 1841. — Das System der Willensbestim-
mungen. 1842. — Über einige Punkte d. Philos., 1843.
Reimarns, Hermann Samuel, geb. 1694 in Hamburg, seit 1727 Gym-
nasialprof. in Hamburg, gest. daselbst 1768.
R. ist ein Aufklärer und Deist, der von Spinoza, den englischen Deisten
und wesentlich von der Leibniz-Wolffschen Philosophie beeinflußt ist. Aller-
dings nimmt er keine prästabilierte Harmonie, sondern eine Wechselwirkung
zwischen den Dingen und zwischen Leib und Seele an. Die Seele ist als ein
einfaches Wesen unsterblich. Den Materialismus und Atheismus bekämpft R.
Die Existenz Gottes erhellt durch seine Offenbarung in der Natur, aus der
durr-hgehenden Zweckmäßigkeit der Welt und aus ihrer „Kontingenz"
(Zufälligkeit). Im Kleinsten waltet die göttliche Vorsehung, welche von An-
fang an die Welt erfüllt. Die Schöpfung der Welt ist das einzige Wunder,
anderer bedarf es nicht. So bekämpft R. zugunsten der „natürlichen" Ver-
nunft-Religion den Wunderglauben der positiven Offenbarungs-Religion, mit
^•harter Kritik der biblischen Schriften.
RkTMARUB — RSOTHOL] .
Schriften: AbLandlungen von den vornelimsU-n Wahrheiten <!er natürlichen
Keligionen, 1754; C. A. 1791. — VernunftleLre, 1756; 5. A. 1790. — B ^en
über die Kunsttriebe der Tiere, 1762; 4. A. 1798 (gehört zu den Anfügen einer
brauchbaren Tierpsychologie). — Apologie oder Schutzbrief für die vernünftigen Ver-
ehrer Gottes, 1767 beendigt, erst 1814 von R.s Sohn der Hamburger Bibliothek als
Manuskript übergeben, nachdem Lessing 1774 — 1777 Teile daraus unter | itel
..NVolftenbüttler Fragmente eines Ungenannten" vernrtentlicht hatte. — Vgl. D. ]
Straf—, H. S. Reimarus, 1862; 2. A. 1877. — I:. SCHETTLER, Die - des
Philosophen R. zur Religion, 19» »4.
Roimarn*. J. A. EL, Sohn des Vorigen, geb. 1729 in Hamburg, 1
daselbst, gest. 1814 in Ranzau.
Schriften: Über die Gründe der menschlichen Erkenntnis und der natürlichen
Religion, 1787. — Betrachtungen über die Unmögl. körperl. Gedächtniseindrikke. 1 '
(Göttin^er „Magazin für Wissenschaften und Literatur").
Kein. Wilhelm, j_r»l>. Is47 in Eisenach, Prot, in Jena. Herausgeber <1«t
^^Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik". = Von Herbari beeinflußt,
- triften: Pädagogik im Grundriß, 1890; 2. A. 1903. — Pädagogik in system.
Darstellung, 1902. — Grundriß der Ethik, 1902. — Enzyklop. Handbuch de- rik,
2. A.. 10 Bde., 1904 it.. n. a.
Reinliold. Ernst, geb. 1793 in Jena als Sohn K. L Reinholds,
Prof. in Jena, gest. daselbst LS
\\. steh! wesentlich auf dem Boden der Kantschen Philosophie, ist aber
auch von anderen Denkern beeinflußt. Er vertritt einen „Ideal-Realismus"
und ..-]>fkulativrii Theismus". Die Philosophie bestimmt er als „die wies*
schaftliche Entwicklung des organisch verbundenen Ganzen der wesentlichen,
zufolge des Wesens der Bfenschheit Btreng notwendigen und allgemeinen I
kenntnisbegriffe der menschlichen Intelligenz". Dies« Begriffe erfassen
objektiv Notwendige und Allgemeine und die Einheil des Weltganzen und
Weltgrundes. Es sind „Uiirversalbegriffe". Das Philosophieren ist das Streben
oach einer „wissenschaftlichen, systematischen Ausbildung der Erkenntnis aller
für d;i> menschliche Bewußtsein als solches schlechthin aotwendigen and allf
meingültigen Wahrheiten". Die „transzendentale Forschung4' gehl in Anw
dun-- des analytischen oder i Weges von der Beobachtung der I
oeu des Bewußtseins zurück zu dm Bedingungen dieser, so d
aotwendigen .Moni, nie und Gesetze i\< ■- allgemeinen Kntfalhi _e- un-<
Intelligenz1' enthüllt I>i<- synthetisch-progressive Methode tührt zur Erklärt]
der Dinge aus den allgemeinen Gründen, Verhältnissen und Gesetzen d
selben. Es ist ferner auch zu zeigen, „daß in dn Ordnung des Weltalls die
cu . i Stimmungen des göttlichen allbewußt Di • - and allverraögenden
\\ ' »eh auasprechen und daß die Totalität d« Weltalls in d I
tphare des lebendigen und persönlichen Urwi enthalten iat". I1
tische Philosophie leite! die Normen der Geninnung und de« Handelns
aniversellen Ordnung dei U und Zwecke dei W
leitet „aus den lel Gründen des Seins und aus dem ergründeten w
der menschliehen Nntui di< idealen Gnu i litliehkeit, der Sittli
588 Eeinhold.
keit und der Eeligiosität ab". — Die menschliche Seele ist nach R. unsterb-
lich und besitzt einen feineren Organismus , der von den Erdenbanden frei
wird. Alles Wirken und Leiden in der Welt wird durch die „ideale Bedeutung
des Zweckmäßigen oder, was dasselbe sagt, des in der Welt darzustellenden
Guten'' geleitet und bestimmt. — Die allgemeine logische Form des Denkens
ist das Urteil, das „Unterscheiden und Verknüpfen einer subjizierten und
einer prädizierten Vorstellung". Begriffe sind Bestandteile des Urteils, die
„möglichen Subjekte erst noch zu fällender Urteile". Ein Urteil ist schon
in der Wahrnehmung enthalten. — Das oberste praktische Vernunft-
ideal ist die Idee der „harmonischen Ausbildung des geistigen Lebens der
Menschheit".
Schriften: Versuch einer Begründung und neuen Darstellung der logischen Formen,
1819. — Erkenntnis- und Denklehre, 1825. — Die Logik oder allgemeine Denkforraen-
lehre, 1826. — Handbuch der allgemeinen Geschichte der Philosophie für alle wissen-
schaftlich Gebildete, 1828 — 1830; 5. A. 1858. — Theorie des menschlichen Erkenntnis-
vermögens und Metaphysik, 1832, 1834. — Lehrbuch der philosophisch-propädeutischen
Psychologie und der formalen Logik, 1835. — Die Wissenschaften der praktischen
Philosophie im Grundrisse, 1837. — Grundzüge des Systems der Erkenntnislehre und
Denklehre, 1843. — Geschichte der Philosophie nach den Hauptmomenten ihrer Ent-
wicklung, 1836 ff. — Das Wesen der Keligion und sein Ausdruck im evangelischen
Christentume, 1846.
Roiiiliold. Karl Leonhard, geb. 1758 in Wien, bei den Jesuiten er-
zogen, studierte Theologie und Philosophie, Lehrer am Barnabitenkollegium in
Wien, ging 1783 nach Leipzig, 1784 nach Weimar, wo er Mitarbeiter am
„Deutschen Merkur" und Wielands Freund, später auch dessen Schwiegersohn
wurde. Er studierte eifrig Kant (seit 1785) und trat aufs eifrigste für die
Kantsche Philosophie ein, die er, 1787 Prof. in Jena geworden, daselbst zur
Herrschaft brachte. 1793 wurde er Prof. in Kiel, wo er 1823 starb.
R., eine sehr bewegliche Denkernatur, will die Kantsche Lehre von der
Unerkennbarkeit des Dinges an sich usw. auf eine ganz sichere Basis stellen
und zugleich die gemeinsame Wurzel von Sinnlichkeit und Verstand suchen.
Die „Elementarphilosophie" findet den obersten, absolut gewissen, die Grund-
lage aller anderen philosophischen Erkenntnis bildenden Grundsatz im „Satz
des Bewußtseins", die Grundbedingung alles Erkennens im „Vorstellungsver-
mögen". Das Bewußtsein besteht im „Bezogenwerden der bloßen Vor-
stellung auf das Objekt und Subjekt", und der fundamentale „Satz des
Bewußtseins" lautet: „Im Bewußtsein wird die Vorstellung vom Vorstellenden
und Vorgestellten unterschieden und auf beides bezogen." Daß Vorstel-
lungen existieren, daß vorgestellt wird, ist das Sicherste, Allgemeinste der
Erkenntnis. Vorstellen heißt aber, „einen Stoff zur Vorstellung empfangen
(nicht geben) und ihm die Form der Vorstellung erteilen". Die Vorstellung
enthält also Stoff und Form, ersteren als das gegebene Mannigfaltige,
letztere als die einheitliche Synthese des Mannigfaltigen durch das Subjekt.
Formen der Vorstellung sind vor jeder Einzelvorstellung im Subjekt
nclf.t: sie sind a priori, sofern sie „notwendige Bestandteile jeder
Reixhold — Beutele.
Vorstellung sind, die, als Vermögen, vor aller Vorstellung im erkennenden
Subjekte anzutreffen sind". Die Vorstellungen dieser apriorischen Formen
Bind erat aus ihnen gewonnen. Den apriorischen Formen entspricht als 1
dingung der Zeit- und Raumanschauung das Mannigfaltige als „Stofi a priori".
Die Kategorien sind „bestimmte Formen der Zusammenfassung in objektiver
Einheit1', sie beruhen auf „Handlungsweisen des Verstandes". Die Vor-
stellung des Gegenstandes entsteht durch Verbindung des in der An-
Behauung vorkommenden Mannigfaltigen. Die Vorstellung kann nicht ganz
auf das Subjekt bezogen werden, weil etwas in ihr vorkommt, das nicht durch
die Handlungen des Bewußtseins entstanden ist. Subjekt ist „das, was Bich
bewußt ist*'. Unbewußte Vorstellungen gibt es nicht.
Später wandte sich II. nacheinander den Anschauungen Ficht es, Bardilis,
Jacobis zu.
Schriften: Briefe über die Kantsche Philosophie, 1786 — 87 (im „Deutschen
Merkur"), 2. A. 1790 — 92. — Versuch einer neuen Theorie des menschlichen Vor-
stellungsvermögens, 1789 (Hauptwerk). — Beiträge zur Berichtigung bisheriger Mißver-
ständnisse der Philosophie, 1790 — 94. — Über das Fundament des philos. Wissens,
1791. — Auswahl vermischter Schriften, 1796 (Wendung zu Pichte). — Beiträge zur
leichteren Übersicht des Zustandes der Philosophie, 1801 (mit Bardili). — Grundlegung
einer Synonymik für den allgemeinen Sprachgebrauch in den philos. Wissenschaften,
1812 (Wendung zu Jacobi). — Menschliches Erkenntnisvermögen aus dem Gesichts-
punkt des durch die Wortsprache vermittelten Zusammenhangs zwischen der Sinnlichkeit
und dem Denkvermögen, 1816. — Die alte Frage, was ist Wahrheit.- 1820. — Vgl.
R.s Leben und literarisches Wirken, nebst einer Auswahl von Briefen Kant?, Pi< I
Jacobis u. a. an ihn, 1825.
Reiniiij^er, Robert, geb. 1864 in Linz, Privatdozent in Wien. = Kritbristischer
Standpunkt Nach EL ist in Kants Lehre vom inneren Sinn das gemeint, was
das Bewußtsein von innen affiziert, die Tätigkeit der Seele, von der wir sinn-
liche Abbilder in der Zeit bekommen. Dadurch, daß nach Kant die Zeit-
anschauung zugleich die Form des inneren und äußeren Sinnes ist. wird dir
Vorstellung der Körper zm Modifikation (\r< inneren sinne- und der trans-
zendentale geht in den empirischen [dealismus aber. In Wahrheit ist aber die
Zeitordnung der objektiven Erscheinungen unabhängig von der Subjektivität
- inneren Sinnes, vom empirische]] Ech und dessen subjektiver Zeitform.
Die Kausalität hat in der inneren Erfahrung des wirkenden Wbllens ihr
Urbild.
8< hriften: Kants Lohro vom inneren Sinn. 1900. — Dil R
Hunie. Kantstinlion VI, 1901. — Philosophie ddi Erkennen», 1911.
lieinke, Johannes, geb. L849 in Ziethen, Prof. der Botanik in Kiel
l;.. ein heftigei Gregner des naturalistischen Monismus, neigt zum Dualismus
und Theismus und ist als Naturphilosoph Vitalist Bin Gegner der Selek-
tionstheorie, ist EL doch Evolutionist, faßt aber die Entwicklung teleologisch
auf und lehrt eine Erschaffung der organischen Elemente durch Gott D
w.-it igt ihrem Prinzip nach „Tat", Produkt « 1 • - 1 B erkrafl einer göttlichen
Intelligenz ' - ibol füi di< „Summe jener intelligenten und
590 Reinke — Renan.
gestaltenden Kräfte, die transzendent und immanent zugleich sind, aus der
Transzendenz die Immanenz erzeugend". Außer den Energien gibt es in den
Organismen „Dominanten", d. h. richtende Triebkräfte, welche eine Art Beseelung,
Durchgeistigung der materiellen Substanz bewirken. Es gibt „Arbeits-" und
„Gestaltungsdominanten". Sie sind „überenergetische" Richtkräfte, die bilden-
den, aufbauenden Kräfte des Organismus, in welchem es außerdem die von der
Struktur abhängigen „Systemkräfte" („Formkräfte") und endlich die „Seelen-
kräfte" gibt. Die Dominanten, wie die anderen nichtenergetischen Kräfte,
leisten keine mechanische Arbeit, sondern lenken und beherrschen den Energie-
strom im Organismus. Die Dominanten sind „formgebende, gestaltbildende
Kräfte, die innerhalb des Organismus wirksam sind und ... in ihrer Wirk-
samkeit nur mit der des Technikers oder Künstlers verglichen werden können".
Die Finalität ist nach R. ein Denk- und Seinsprinzip, so daß es (wie nach
v. Baer u. a.) eine Zielstrebigkeit gibt. Seele und Leib stehen in Wechsel-
wirkung.
Schriften: Morpholog. Abhandlungen, 1872. — Lehrbuch der Botanik, 1880. —
Die Welt als Tat, 1899; 4. A. 1905. — Einleitung in die theoret. Biologie, 1901. —
Philosophie der Botanik, 1905. — Die Natur und Wir, 1907. — Haeckels Monismus
und seine Freunde, 1907. — Naturwissenschaft!. Vorträge, 1908. — Neues vom Haecke-
Hsmus, 1908. — Bousseaus Glaubensbekenntnis des savoyischen Vikars, 1908, u. a. —
Vgl. KOLTAN, J. B.s dualist. Weltansicht, 1908.
Remigius, ein Mönch aus dem Kloster in Auxerre, später in Reims,
dann in Paris als Lehrer der freien Künste tätig, gest. um 908. — Die
Gattung definiert er, im Sinne des Begriffs-Realismus, als Komplex der Arten
(„complexio, id est collectio et comprehensio multarum formarum").
Schriften: Kommentar zu Marcianus Capella (nach Joh. Scotus), bei Haur6au,
Hist. de la philos. scolast. I; Notices et extraits de manuscrits XX, 2.
Remnsat, de, Charles Francois Maria, 1797 — 1875, Paris, war 184Ö
Minister. = Von Cousin beeinflußt.
Schriften: Über Abälard (1845), Anselm (1854), F. Bacon (1858), Hobbes
(1861), u. a. — Essais de philosophie, 1842. — De la philos. allemande, 1845. —
Histoire de la philos. en Angleterro depuis Bacon jusqu' ä Locke, 1875.
Renan, Ernest, geb. 1823 in Treguier (Bretagne), studierte Theologie,
entfernte sich aber vom Katholizismus. Er erhielt 1851 eine Stelle in der
Pariser Bibliotheque Nationale, 1862 wurde er Prof. des Hebräischen am College
de France; infolge jener Arbeiten („Leben Jesu"), in welchen er das rein
Menschliche des Christentums und der Person Jesu betonte, wurde er von
klerikaler Seite angefeindet. Er starb 1892.
R.j dessen Arbeiten vor allem schriftstellerisch hervorragend sind, ist ein
Positivist, der auch vom Idealismus (Kant, Schelling, Hegel u. a.) beeinflußt
Eine Metaphysik hält er für unmöglich und er betont die Eelativität der
Erkenntnis. Die stetige Entwicklung der Welt aus einfachen Zuständen führt
schließlir-h zum Auftreten des menschlichen Geistes, wobei R. die Zeit als
Fizienten, als Faktor der Entwicklung auffaßt und einen Trieb zum Leben
Kenax — Bevouyieb. 591
und zur Höherentwicklung annimmt. Das Bedürfnis, der Trieb gestall
_an, leitet die Entwicklung, die beim Menschen dem Ideal zustrebt; die
Idee belebt alles. Gott offenbart sich in der gi schichtlichen Entwick-
lung, i<t das Ziel derselben. Die ^eele ist keine Bubstanz, sie lebl in ihren
Wirkungen fort. „Das menschliche Leben zeichnet wie eine Zirkelspitze
durch seine moralische Kehrseite eine kleine Furche in den Schoß der Unend-
lichkeit1' ( vgl. Fechner). „In dem Gedächtnisse Gottes Bind die Menschen
unsterblich. •• Die Ethik K.s ist individualistisch-aristokratisch (vgl. Nietzsche).
,,Der Zweck, den die Welt verfolgt, liegt . . . darin: Götter, höhere Wesen zu
schaffen, welchen die übrigen bewußten Wesen Verehrung erweisen, und denen
zu dienen sie glücklich sein sollen." Der Zweck der Menschheit ist die ..Her-
vorbringung großer Männer". Die Blasse arbeitet, einige erfüllen für sie die
höheren Funktionen des Lebens.
Schriften (philosophische): Averroee et l'Averroisme, 1852; 3. ed. löö'J. —
Essais de raorale et de critique, 1859; 3. M. 1867. — Questions contemporaines, 1868.
— Dialogues et fragmenta philosophiques, 1876; deutsch 1877. — L'avenir de la
tcience, 1890. — Examen du conscience philos., Revue des deux mondes, 1889. — Vgl.
S. PAWLICKI, Leben und Schriften R.s, 1894. — K. PLATZHOFF, E. R., seine Ent-
wicklung und Weltanschauung, 1900. — ALLIER, La philos. d' E. R., 2. id. 1903.
Reimer, Hugo, geb. 187G in Polkwitz, lebt in Charlottenbnrg, Herans-
geber der Philos. Wochenschrift, 1900 — 08. = Kantianer.
v hriften: lienekes Erkenntnistheorie, 1902. — Das Wesen der Philosophie und
der Kultur, 1905. — Absolute, kritische und relative Philosophie, u. a.
Renouvier, Charles, geb. 1. Januar 1818 in Montpellier, Btudi<
.Mathematik, Philosophie, Nationalökonomie, vertrat in verschiedene!] Schriften
(Manuel republicain de lliomme el «lu citoyen, 1848; Le gouvernement dir
I demokratische Anschauungen und war wissenschaftlich-publizistisch täti:_r.
Ki starb 1. September 1903 in Prades.
R., einer der bedeutendsten französischen Denker des 19. Jahrhundi
ist wesentlich von Kant, aber auch von Comte, Eamilton, Leibnil u. a. beein-
lluilt und vertritt (zuersl w< s) einen phanomenalistischen N"<
kritizismus, welcher kein Ding an sich, kein „Noumenon", nur Vorstellu
zusammenhange, «reiche die Objekte selbst Bind, anerkennt Hierin und in
verschiedenen anderen Punkten weicht EL von Kanl ab. I len Erkenntnis
hat es nur mit Erscheinungen, mit Bewußtseinsinhalten zu tun: Objekt
und Subjekt Bind nur zwei Faktoren rinn einheitlichen Wirklichkeit. Ferner
nur mit Relationen, da ein Absolutes undenkbar i-t. Der Gedanke <
soluten und des Unendlichen als Vollendet imdurchruhrbar. I
thematisch Unendliche bezieht sich nur aut das Mögliche, ist mir
definite, our eine Grenze. Bin realisien udliches ist ein Widerspruch.
Nach dem i dei Quantität1' ist alles als unterschieden eine bestimn
endliche Zahl. Das Unendliche liegt nicht im Wirkliehen, welches endl
Kaum und Zeit als indefinit teilbar sind daher nichts Wirkliches, Absolut
um Formen des Bewußtseins In den Antinomien B ede 11:
räumlich und seitlich endlich und i-t ihrem
592 Rexouvier.
nach nichts Notwendiges. Die Zeit läuft zwar unbestimmt weiter, aber es hat
einen Anfang der Phänomene gegeben. Ebenso eine erste Ursache, ja man
nimmt (wie R. zuerst lehrt) am besten mehrere schöpferische Ursachen gött-
licher Art an, die vielleicht von einer obersten Kraft beherrscht werden (eine
Art Polytheismus).
Das Seiende besteht nach R. aus gesetzmäßigen Relationen von (allge-
meinen, intersubjektiven) Vorstellungsinhalten. Alle Dinge (Körper und
Seelen) sind gesetzmäßige Reihen von Phänomenen, nicht einfache, absolute
Wesenheiten. Die feste Bestimmtheit objektiver Erfahrung beruht auf aprio-
rischen Denkformen, den Kategorien, deren R. neun Grundformen an-
nimmt: Relation, Zahl, Lage, Sukzession, Qualität, Werden, Kausalität, Zweck,
Persönlichkeit; Raum und Zeit sind Besonderungen der Kategorien der Lage
und Sukzession. Zu jeder Kategorie gehört eine These, Antithese, Synthese
(z. B. zur Relation : Unterscheidung, Gleichsetzung, Bestimmung ; zur Zahl :
Einheit. Mehrheit, Gesamtheit). Die Kategorien sind nicht aufeinander zurück-
führbar. Die oberste Kategorie ist die der Relation ( — die Kategorien sind
„differents modes de relation" — ), wobei R. noch im besonderen statische und
dynamische Relationen (bzw. Kategorien) unterscheidet. Alles Erfahrbare
unterliegt den Kategorien, den allgemeinen Begriffen allgemeiner Beziehungen
als Grundlagen der Vorstellung und des Denkens („notions abstraites expri-
mant des relations d'ordre general"). Jede Kategorie bedeutet eine gewisse
Identität und eine bestimmte Differenz, deren Synthese sie ist.
Die Kausalität als Wirken hat ihr Vorbild in dem Verhältnis von
Wille und Bewegung. Dieses Verhältnis übertragen wir auf die Objekte,
welche so alle zu Kräften, strebenden Bewußtseinseinheiten werden, die durch
eine Art „prästabilierte Harmonie" miteinander verbunden sind. Die „Persön-
lichkeit" im weitem Sinn ist eine auf alle Wesen sich erstreckende Kategorie,
so daß R. den Personalismus vertritt. Dieser wird bei ihm später zu einer
Monadologie, nach welcher die (aus Kraftatomen diskontinuierlich zusam-
mengesetzte) Materie für sich selbst eine Summe von einfachen Substanzen
ohne Teile, ohne Ausdehnung und Gestalt ist. Die Monaden haben ein Selbst-
bewußtsein, sind vorstellend und innerlich tätig, Prinzipien ihres eigenen
Werdens. Es gibt „dienende" (monades servantes) und zentrale, herrschende
Monaden. Seele ist das Gesetz der Persönlichkeit in der Form individueller
Organisation.
Die Wirklichkeit ist eine werdende, sich selbst erzeugende Ordnung, in
welcher Zwecke als Ziele des Strebens realisiert werden, so daß die Ent-
wicklung zielstrebig ist. In der Welt der Phänomene selbst herrscht nach R.
(der hierin von Lequier beeinflußt ist) bei aller Gesetzlichkeit der Reihen des
hehens Freiheit als Fähigkeit des Beginnens neuer Reihen. Verschiedene
Möglichkeiten des Geschehens bestehen, die Wirkung ist in der Ursache noch
nicht enthalten, die Zukunft ist durch die Vergangenheit und Gegenwart nicht
streng determiniert (vgl. James). Die Freiheit erleben wir in unserem eigenen
Wollen, Denken, Glauben. Wir und alle höheren Monaden können uns frei
zum Handeln bestimmen, neue Folgen einleiten („le pouvoir de donner des
Rexouvier — Kethwi-( h. 593
commencements a des series de phenomenes relativement et partielieinent inde%
pendants de leur propres etats antecedens"). Die Freiheit bewährt sich durch
die freie Tat selbst und ist ein ethisches Postulat. Im Willen motiviert ßich
die Vorstellung selbst durch freie Wahl. Der Wille selbst enthält dafl
Moment der Zustimmung (consentement), er ist die Funktion der Fixierung
oder Hemmung der Vorstellungen im Bewußtsein („d'appeller ou de maintenir
dans la conscience, ou d'eloigner de la conscience les idees de toute natin
Aber auch in der Natur besteht ein gewisses Maß von Freiheit .(contingence).
Frei ist vor allem Gott, der Urgrund der Vorstellungen und Gesetze ihrer
Verbindungen, in seinem Schatten, welches durch die Idee des Guten und der
Gerechtigkeit geleitet wird. Eine Unsterblichkeit ist im Sinne eina
Weiterentwicklung der psychischen Kräfte in neuen Organisationen, also al-
eine Art Metempsychose, anzunehmen. Die Menschheit hat schon in gewissem
Sinne vor ihrer irdischen Daseinsform existiert. Die Welt wurde als voll-
kommener Organismus geschaffen, dessen Elemente freie Wesen waren. Durch
ihren egoistischen Kampf miteinander erfolgte der Abfall von Gott und ent-
stand das Übel, das Böse, gegen das nun die Freiheit des sittlichen Menschen
h wendet, um zur einstigen Solidarität und Einheit zu kommen und
{vielleicht nicht mehr auf Erden) eine neue, vollkommene Menschheit zu
erzeugen.
Die Ethik R.> ist idealistisch. Den kategorischen Imperativ biegt EL in«*
Soziale um, da er nach ihm nur in der Gemeinschaft zur Geltung kommt.
Die Pflicht überhaupt ist etwas absolut Gültiges, ihr besonderer Inhalt aber
sozial und historisch bedingt. Die sittlichen Begriffe sind rationale Formen.
feste Normen des Handelns. Die Solidarität der Menschen ist eine Bedingt
ihrer Personalität. Tn bezug auf den geschichtlichen Fortschritt denkt
R. pessimistisch; jener findet nur partiell und nicht notwendig >tatt.
Schriften: Manuel de philosophie moderne, 1842. — Manuel de philo», ancienne.
1844. — Essais de critique generale (Hauptwerk), 1854 — 1864; 2. ed. 1875—1896
(Bd. IV: lntroduction ä la philos. de l'histoire; die übrigen Bände enthalten die Lo^rik
und Erkenntnislehre, die Psychologie, die Naturphilosophie). — I.a science de la morale,
1869; 2. ed. 1908. — Uchronie, l'utopie dans l'histoire. 1896; 2. ed. 1901. — 1- -
quisse d'une Classification systematique des doctrines philosophiques, 1885 — 86. — I
philos. analytique de l'histoire, 1896 — 97. — La nouvello Monadologie (mit I. 1
1899. — Les dilerames de la Metaphys. pure, 1900. — V. Hugo, le philosophe, 1"
— Histoire et Solution des problemes metaphys., 1901. — Le personnalisme, 1902. —
D.rniers entretiens, 1905. — Abhandlungen in der „Aun.'e philos": 1868 (L'infini),
1890. 1891, 1895 (Doute ou croyance), 1896, 1897 i De Lids« de Diso), 1898 (Prin. ije
de relativite), 1899 (La personnalite). — Abhandlungen in der von K ls7'_'— 89) her-
ausgegebenen „Critique philosophique" unter dem Titel. Les labyrinthe* de la meta-
l'l.ysique (1874—84). — Vgl. M. A--iii.li, K. , I 9tnd IXU —
JaXSSENB, La N- 'oeriticisme de Ch. lt., 1901. — S&AJLLE8, U philo«, de (i. I .
ItciliwUeh. Ernst, geb. L86S in Berlin, l<l>t daselbst
hriften: Die PtWgBJtj im Weltraum. '9. — AufsäUe u. Tl
M i.riften, 1899. — I> ' d--r Definition f. d. monist. . 1880, u. a.
- !(<r. I'hi
594 Eeuchlin — Ribot.
Renclilin. Johannes, geb. 1455 in Pforzheim, Prof. in Ingolstadt und
Tübingen, gest. 1522. = Der berühmte Humanist und Bekämpfer der „Dunkel-
männer" wurde durch Pico von Mirandola in Florenz (1498) zum Studium de&
Neuplatonismus und der Kabbala angeregt. Im Anschluß an Nicolaus Cusanus
spricht er von der Koinzidenz der Gegensätze des Verstandes im höheren Be-
wußtsein („In mente datur coincidere contraria et contradictoria , quae in
ratione longissime separantur"). Den Aristotelismus bekämpft E., während er
für den Neuplatonismus (bzw. Neupythagoreismus) und die Kabbala eintritt,
deren Buchstaben-Mystik und Sephiroth-Lehre er akzeptiert.
Schriften (philos.): De verbo mirifico, 1494, 1514. — De arte cabbalistica, 1517r
1530. — Vgl. Meyerhoff, J. R. u. seine Zeit, 1830. — L. Geiger, J. R., 1871.
Reusch, Johann Peter, geb. 1691 in Almersbach, Prof. in Jena, gest.
1754. = Anhänger von Leibniz und Wolff, aber Gegner der Lehre von der
prästabilierten Harmonie.
Schriften: Via ad perfectiones intellectus, 1728. — Systema logicum, 1734. —
Systema metaphysicum, 1735.
Rey, Abel, Prof. in Dijon.
R. ist ein Gegner des subjektivistischen, rein phänomenalisti sehen Positi-
vismus. Die Theorien der Physik haben objektiven Wert (gegen Poincare,
Duhem u. a.). Die mechanistische Auffassung der physikalischen Vorgänge
ist berechtigt. Die Wissenschaft ist ein gemeinsames Produkt der mensch-
lichen Gesellschaft, sie ist nicht von individuellen, sondern von menschlich
notwendigen und allgemeinen Bedingungen, der geistigen Struktur der Gattung,
abhängig. Objektive Erfahrung und Denken bedingen sich wechselseitig. Die
Erfahrung ist ein System von Relationen, ebenso das Erfahrungsobjekt selbst.
Unsere Erkenntnis ist das Produkt einer allmählichen Anpassung unseres
Geistes an die empirische Wirklichkeit. Die Kategorien haben eine — bio-
logisch-psychologische, soziale — Entwicklung durchgemacht, wurden immer
geschmeidiger, um den Forderungen der Erfahrung ohne Zutaten zu genügen.
Die Wissenschaft in ihrer höchsten Form, d. h. jene, welche „die Erfahrung
in einem rationalen System absorbiert und die sinnheh-empirische Anschauung
durch die logische Organisation vollendet", gibt ein der Wirklichkeit äquiva-
lentes System (Rationaler Positivismus, Experimentalismus).
Schriften: La theorie de la physique, 1906; deutsch 1908. — La philosophie
moderne, 1908, u. a.
Reynaud, Jean, geb. 1806, Bergwerks-Ingenieur, 1849 — 54 Mitglied des
Staatsrates, gest. 1863. = R. wendet die Idee des Fortschritts metaphysisch
an. Der Mensch hat schon in einem vor irdischen Zustande existiert und
wird in anderen AVeiten weiter existieren. Rein immaterielle Geister gibt
cht.
Schriften: Ciel et terre, 1854; 4 ed. 1864, u. a. — Vgl. RAVAISSON, Die
französische Philosophie, 1889, S. 45 ff.
Ribot, Theodule, geb. 1839 in Guingamp, Prof. in Paris, Herausgeber
der ..Revue philosophique" (1876 ff.).
Btbot. 595
EL, wohl der bedeutendste französische Psycholog des 19. Jahrhunderts be-
trachtet die Psychologie als eine von der Philosophie unabhängige, empi-
rische Wissenschaft , welche zu Methoden die innere , subjektive und die
objektiv-vergleichende Beobachtung hat. Die Psychologie hat zum Gegenstände
nicht unbekannte Seelenkräfte, sondern die psychischen Erscheinungen Belbel
ßowie deren unmittelbaren Ursachen und Gesetze. Hierbei berücksichtigt EL
vielfach die physiologische und biologische Seite des Seelenlebens und zieht
auch das Pathologische stark heran. Die Bewußtseinsvorgänge bestimmt
EL als abhängig von den physiologischen, als Begleiterscheinungen von Nerven-
prozessen. Das Bewußtsein ist zu dem eigentlich wirksamen Geschehe]] nur
hinzugefügt („surajout^"), es ist ein Epiphänomen. Der Xervenvorgang ist
die aktive Grundlage des Bewußtseins, dieses letztere ergänzt ihn, ohne ihn zu
konstituieren („L'activite' nerveuse est beaueoup plus etendue que l'activite'
psychique: la conscience est donc quelque chose de Burajoutä", Malad, de la
personnaL, 1. ed., p. 6). Es gibt ferner kein absolutes Bewußtsein, sondern
nur eine Reihe von Bewußtseinszuständen. In seinen letzten Arbeiten be-
trachtet R. mehr die aktive Seite des Bewußtseins selbst. Unbewußte psy-
chische Vorgänge gibt es nicht, unbewußt können nur die „Zerebrationeir
bleiben. Der Reflexvorgang ist der Typus des Nervenprozesses und die Basis
aller psychischen Tätigkeit Psychisches und Physisches sind nur die 1>< iden
Seiten eines Geschehens und gehen einander parallel.
In einer Reihe von Monographien hat R. Analysen von psychischen
Grnndtatsachen gegeben. Die Assoziationen, die allen Formen der c
Verbindungen zugrunde liegen, beruhen auf Berührung oder Ähnlichkeit. Das
Gedächtnis ist ein allgemeines biologisches, organisches Phänomen („mit
biologique"). Eh ißt ein [nbegrifü „dynamischer'' Assoziationen von größerer
oder geringerer Stabilität als Produkt der Übung semble d'association
dynamiques") und ist physiologisch bedingt Die Erinnerung ist eine
».Lokalisierung in der Zeit-. Das Gesetz des Vei ib , Regressions-
■ ..l«.i de regression on de Eversion") besagt: das \ u geht vom
■eii zum Alteren, mehr Eingewurzelten, daher erst später aus der Erinne-
rung Schwindenden; ferner werden erst Vorstellungen, dann Gefühle, endlich
Bandlungen an. Bb gibt temporäre und periodische, progressive und
angeborene Amnesien. Das V< ist eine Bedingung der Erinnerung;
swischen den psychischen Zuständen besteht ein Kampf um die Herrschaft
(ygL Herbart). Die Erblichkeif ist eine Art Gattungsgedächtnis ; eine Ver-
erbung erworbener psychischer Eigenschaften besteht Ei gib auch ein
1 d&chtnifl | für < befähle a. dgl.).
Die Aufmerksamkeit enthält etwi M torisches, eine Hemmt
i..;ni'f'i der .Muskel. - ist ein ;iut <l;i Motorisch« über- \th-kt-
sustand, der in Gefühlen und Btrebtmgen wurzelt, eine einseitige Konzentration,
ein „Monoideismus1' („monoidewn* intellectuel avec adaptation -|M>m
artiflcielle de limlividir-i. Die willkürliche Aufmerksamkeil ist von einem
AnstrengungsgefühJ begleitet I ,sentiment") ist eine organische
Tendenz, ein Zeichen für gewisse Strebungen, die befriedigt oder unl
596 Eibot — Richard.
sind, physiologisch ein Zeichen für eine Förderung oder Störung in den
Organen. Die Lust ist die Begleiterscheinung der „dynamogenen" Wirkung
der Empfindung, der Erhöhung der Vitalität. Die Gefühle haben ihre eigene
Logik. Die Affekte faßt R. ähnlich wie James (s. d.) und Lange auf. Die
Leidenschaft („passion") ist ein fest gewordener Affekt („emotion devenue
fixe''). Allen psychischen Vorgängen liegen Strebungen zugrunde (Wendung
zum Voluntarismus). Jeder Bewußtseinszustand intellektueller Art hat eine
„ideomotorische" Tendenz, enthält ein mit der Vorstellung verbundenes Be-
wegungsstreben. Der Wille (im engeren Sinne) aber ist keine Ursache, nichts
Aktives, sondern nur der Ausdruck einer Aktivität, die der Wille bejaht oder
verneint: „Das wahre Geheimnis des Handelns liegt in dem natürlichen
Streben der Gefühle und Vorstellungen, sich in Bewegungen umzusetzen."
Der Wille ist ein „abschließender" Zustand, welcher aus der Koordination von
Zuständen hervorgeht, deren Zusammenwirken eine Handlung oder eine Hem-
mung herbeiführt. Jeder Willensvorgang enthält zweierlei: erstens das wir-
kungslose Bewußtsein „ich will", zweitens einen psychophysischen Mechanismus,
der allein wirksam ist. Die Krankheiten des Willens („Abulie" usw.) analy-
siert R. genau. Das Denken ist schon der Beginn eines motorischen Pro-
zesses. Im Denken betätigt sich schon die schöpferische Einbildungskraft,
welche hier die Analogie verwertet. Die allgemeinen Vorstellungen entstehen
aus einer Verschmelzung von Bildern. Die Phantasie beruht auf der Ten-
denz der Vorstellungen nach Objektivierung, sowie auf der Vereinigung von
Assoziation und Dissoziation. Das Gefühl ist in ihr wirksam, ebenso das Be-
dürfnis; beide wirken schöpferisch, inspirierend. Das Ästhetische ist eine
Form des Spiels und beruht (wie nach Spencer) auf einem Überschuß an
Energie („superflu de vie"), auf Funktionslust.
Das Ich, die Persönlichkeit ist ein Komplex psychischer Elemente,
eine Resultante aus der Leibesbeschaffenheit und den Strebungen und Ge-
fühlen, die mit dieser verbunden sind, wozu noch die Erinnerung kommt. Die
Identität des Ich hat ihre organische Grundlage, ebenso die Zersetzung der
Persönlichkeit (Doppel-Ich, Alteration der Persönlichkeit).
Schriften: La psychologie anglaise contemporaine, 1879; La psychol. allemande
contempor., 1879; 5. ed. 1900; deutsch 1881. — L'heredite psychologique, 1873;
5. ed. 1898; deutsch 1876. — Les maladies de la memoire, 1881; 16. 6d. 1904. —
Les maladies de la volonte, 1883; 25. ed. 1909. — Les maladies de la personnalite, 1885;
14. ed. 1908. — Psychologie de l'attention, 1888; 11. ed. 1908; deutsch 1908. —
La psychol. des sentiments, 1896; 7. ed. 1908; deutsch 1903. — L'evolution des idees
generales, 1897; 2. 6d. 1903. — Essai sur l'imagination creatrice, 1900; 2. ed. 1905;
deutsch 1902. — La logique des sentiments, 1905; 3. 6d. 1908. — Essai sur les pas-
sions, 1908. — Problemes de psychol. affective, 1909. — Abhandlungen in der „Revue
philos." (1892: Über die Charaktere; 1894: Affektives Gedächtnis; 1896: Allgemeine
Vorstellungen, u. a.). — Vgl. S. KltATJSS, Th. R.'s Psychologie, 1905.
Richard, Gaston, Prof. in Bordeaux. = Idealistisch-evolutionistischer
Soziolog.
Rl< SABD — \U( HET.
Schriftea: Socialisiue et Science sociale, 3. ed. — L'idee d'üvolution dans la
nature et dans l'histoire, 1903. — La ferame dans l'histoire, 1909, u. a.
Richard von Middletown (Ricardu- de M<diavillai, Franzi-kancr.
gest. mn 1300 in Oxford. = R. ist mehr von Dun- Scotus all von Thomas
?OD Aijiiino beeinflußt. Das Allgemein«' ist in den Individuen nicht aktuell,
in Gott ist es nur als Gedachtes. Die Materie ist nicht das Prinzip der Indi-
viduation. Die Glaubenswahrheiten sind nicht philosophisch zu begründen.
In ideeller Weise ist die Weit ewig.
Schriften: Coramentar. in qnatuor libr. Sentent., 1489, 1591. — Uuodlibeta,
1507, 1529. — Vgl. R. SEEBERG, Studien zur Geschichte der Theologie und Kirche
V, 1900.
Richard von St. Victor, ein Schotte, Schüler und Nachfolger
i von >t. Victor is. d.). Prior und Lehrer im Kloster St. Victor in Paris,
. 117:;.
I!. ist wie Hugo von St. Victor ein Vertreter der orthodoxen Mystik.
J hrei Arten der Erkenntnis unterscheidet er: Denken bzw. Vorstellen
Nachdenken (meditatio) bzw. begriffliches VerBtandesdenken, Kontem-
plation (contemplatio), d. h. geistige Behauung durch den Intellekt, der das
Übersinnliche unmittelbar und einheitlich erfaßt („Contemplationem dieimus,
[uando veritatem -ine aliquo involucro umbrarum vel animi in sua puritate
videmus"). Es gibt Bechs Stufen der Kontemplation: Die erste beruht aui
der bildlichen Einbildungskraft (imaginatio), vermöge der wir die göttliche
Kraft und (iüt.- bewundern; die /.weite wendet Bich dem Qrunde und 7.
der Welt zu; die dritte erhebt Bich schon zum Himmlischen, aber noch ver-
mittelst der Einbildun^-kratt ; auf der vierten Stute erfaßt die Vernunft rein
durch sich seihst das Übersinnliche and Göttliche; die fünfte Stufe üben
schon die Vernunft, und auf der sechsten, welche außer der Vernunft („supra
rationem et praeter rationem") liegt, erfaßt der <;<'i-t die göttlichen Mysterien.
Es ntt dann der Zustand der mystischen Ekstase und Erleuchtung ein. in
«reichem dir Geist, sich selbst entfremdend („alienatio mentis"), eins mit dem
»stand des Schauens \\ Ird.
8 hriften: Do trinitate. De externiinationo et pruniotiune boai. De statu i
hominis. Do (juatuor gradibus violentao raditJOBS hominis inte-
ii<>ris. De praeparatione animi ad < ontemplationcni (= Di* arca m\»\ Dt
«.ontemplatioriis. Opera, 1506, 1518, M ralog. Bd. 194. — > In ELHAXDT,
>:. \. i. J. Riytbrook, 1838. — Kai \ \> h. r.M. .los Hugo nd B
Itichort. Hani geb. 1869 ( ilin Realschuldirektor in Pleschen. =
Von Kant und Schopenhauer beeinflußt.
- I riften: Hagelt Roligionsphi — Kant, ptahiasr,
1*06. _ Philo«
Itit-hot. ( hartes, n Paris. — 1'
S • Da MMnaambal I
telKgeaco, 1884. — i .. ».
598 RICHTER.
Ricbter9 Friedrich, geb. 1802 in Magdeburg. = Anhänger Hegels. R.
ist ein Gegner der Lehre von der persönlichen Unsterblichkeit; nur in seinem
Wirken lebt der Mensch fort.
Schriften: Die Lehre von den letzten Dingen, 1833 — 44. — Die neue Unsterb-
lichkeitslehre, 1833. — Die Geheimlehre der neueren Philosophie, 1833. — Der Gott
der Wirklichkeit, 1854, u. a.
Richter. Friedrich (Jean Paul), 1763—1825, der berühmte Dichter,
ist in seinen philosophischen Anschauungen von Platner, Herder, Jacobi be-
einflußt, in ethischer Hinsicht auch von Kant, dessen (und Fichtes) erkenntnis-
theoretischen Idealismus er aber ablehnt. Im Sinne Jacobis lehrt er ein
unmittelbares geistiges Erfassen des Göttlichen (des „Ur-Ich und Ur-Du zu-
gleich") und die Inferiorität der Verstandeserkenntnis. Wie Herder spricht
R. schon von der „Einfühlung": „Unser Vermögen, uns etwas Lebloses exi-
stierend, d. h. lebend zu denken, verknüpft mit unserer Angewöhnung an ein
ewiges Personifizieren der ganzen Schöpfung . . ." (Quintus Fixlein, S. 208, Univ.-
Bibl.). Das Wesen des Genies liegt in der „Besonnenheit", im Gleichgewicht,
welches der Künstler mitten in der schöpferischen Erregung bewahrt. Das
Komische besteht im „unendlichen Kontrast zwischen der Vernunft und der
ganzen Endlichkeit". Lächerlich ist das Unverständige, sofern es sinnlich an-
geschaut wird. In der „Levana" gibt R. eine wertvolle Erziehungslehre.
Schriften: Werke, Hempelsche Sammlung, 1879, auch in Auswahl (von Frege).
— Vgl. P. NEKRLICH, Jean Paul, 1889. — J. MÜLLER, Die Seelenlehre J. P.s,
1894; J. P. und seine Bedeutung für die Gegenwart, 1894; J. P.s Philos. Entwick-
lungsgang, Arch. f. Geschichte der Philos.; J. P.-Studien, 1900. — W. HOPPE, Das
Verhältnis J. P.s zur Philos. seiner Zeit, 1901.
Richter, Raoul, geb. 1871 in Berlin, Prof. in Leipzig.
R. ist von Kant, Schopenhauer, Nietzsche beeinflußt, im wesentlichen aber
ein Schüler Wundts, dessen Voluntarismus und evolutionistischen Idealismus
er teilt. Die tiefere Einsicht in das Wesen des Skeptizismus führt zur Über-
windung desselben. Bei einem weiteren und entsprechenden, kritischen Wahr-
heits- und Wirklichkeitsbegriff fallen alle skeptischen Bedenken weg, die nur
auf der Stufe einer dogmatisch-realistischen Weltanschauung sich ergeben.
Das Berechtigte im Skeptizismus bleibt bestehen, so die Relativität der Er-
kenntnis (aber nicht der a priori geltenden logischen Grundsätze). Verschie-
dene Grade der Gewißheit und Wahrscheinlichkeit sind zu unterscheiden.
Wahrheit ist die „Eigenschaft eines Urteils, allgemein mit dem Beurteilten,
näher mit Erfahrung und Denken sich in Übereinstimmung zu befinden".
Eine von allem Bewußtsein unabhängige, absolute Wahrheit ist ein Unding.
Es gibt nur relative Wahrheit, „nur Wahrheit für jemand", wohl aber allge-
meine, objektive Wahrheit (Allgemeingültigkeit). Relativ ist auch aller Wert,
da er stets ein fühlendes und wollendes Wesen voraussetzt, der ihn als Zweck
begehrt, dessen gewolltes Ziel er ist. Doch gibt es allgemeingültige Werte
und eine Logik der Werte ist möglich, welche Unterwerte nach einem Ober-
oder Grundwert abschätzt und anordnet. Die Festhaltung des Oberwertes ist
für die Sittlichkeit charakteristisch. Gott ist die „lebendige überpersön-
Richter — Rtckert. 599
liehe Weltapperzeption", vielleicht „ein sich entwickelnder, ein werdender
Gott". „Alle seine Organe und seine vornehmsten Organe, die Menschen,
wirken an seinem Aufbau und ewigen Wachstum mit."
Schriften: Schopenhauers Verhältnis zu Kant, 1893. — Friedrich Nietzsche,
1903; 2. A. 1909. — Der Skeptizismus in der Philosophie, 1904—08. — Philosophie
und Religion, 1905. — Einführung in die Philosophie, 1907, u. a.
Rickert, Heinrich, geb. 1863 in Danzig, Prof. in Freiburg i. Br.
R., der besonders von Fichte, direkt von Windelband beeinflußt ist, ver-
tritt einen Idealismus, der aber nicht psychologisch-subjektivistisch sein
will, sondern überindividuelle, von den psychologischen Subjekten unabhängige
theoretische und praktische, absolute Werte anerkennt. Kritisch ist „das
Verfahren, welches zwischen wertvollen und wertlosen Zielen der Erkenntnis
scheidet und mit Rücksicht auf sie die Geltung der zu ihrer Erreichung not-
wendigen Erkenntnismittel begründet'*'. Das Wert- und Willensmoment spielt
schon im Erkennen eine fundamentale Rolle. Dieses ist ein Urteil und ist
durch das Gefühl bestimmt, daß das Urteil wertvoll ist, gefällt werden soll.
Erkennen ist Bejahen oder Verneinen, Stellungnahme seitens des Subjektes.
Im Urteil steckt „ein praktisches Verhalten, das in der Bejahung etwas billigt
oder anerkennt". Es enthält die Stellungnahme zu einem Werte. Zustimmung
oder Abweisung. Die praktische Vernunft hat auch im Erkennen den
Primat. Der Erkenntnis liegt der „Wille zur Wahrheit" zugrunde. Die
AVahrheit selbst ist ein Wert, der in einer absolut gültigen Urteilsnotwendig-
keit gegeben ist, in der Anerkennung des Sollens sich bekundet. Dem Wahr-
heitswillen, der etwas Logisches ist, geht noch etwas Überlogisches voran, der
sittliche Wille (Primat der praktischen Vernunft).
Das Subjekt der Erkenntnis ist nicht das psychophysische oder psycho-
logische Individuum, sondern das Bewußtsein überhaupt als abstraktes, begriff-
liches „erkenntnistheoretisches" Subjekt. Dieses ist ein „namenloses, allge-
meines, unpersönliches Bewußtsein . . ., das einzige, das niemals Objekt,
Bewußtseinsinhalt werden kann". Es ist die transzendentale Voraussetzung
des objektiven Erkennens, das Korrelat zu den Objekten, zu denen sowohl die
Dinge der Außenwelt als die psychophysischen Subjekte gehören; sie alle sind
Inhalt des „Bewußtseins überhaupt". Der Gegenstand der Erkenntnis
ist nicht ein transzendentes Sein, wohl aber ein „transzendentes Sollen", nach
welchem sich das Erkennen zu richten hat. Das Transzendente ist nicht vor-
stellbar, nur denkbar, es kommt für ims nur als „Norm des Bejahens und
Verneinens" in Frage. Das transzendente Sollen normiert die richtige, dem
Erkenntniszwecke gemäße, objektive Ordnung des Bewußtseinsinhalts, welche
nicht gegeben, sondern „aufgegeben" ist. „Das angeblich transzendent seiende
Ding ist eine transzendente Norm oder Regel der Vorstcllungsverknüpfung,
die Anerkennung fordert." Der letzte Grund alles immanenten Seins (als Be-
wußtseinsinhalt, zu dem das Physische wir das Psychische gehört • liegt in
einem „transzendenten Ideal, das das erkennende Subjekt zu verwirklichen
hat" (vgl. Fichte).
600 RlCKERT.
Die Einseitigkeiten des Objektivismus wie des Subjektivismus sind
zu vermeiden. Die wirklichen Subjekte sind ebenso wirklich wie die Objekte,,
nämlich als immanente Realitäten, also weder als Dinge an sich noch als Er-
scheinungen. Auch der Voluntarismus und Aktivismus darf nicht einseitig
werden, er muß die Werte des Willens und die Güter, welche die Tat hervor-
bringt, kennen. Die Geltung des Wertes bleibt das Primäre, Wille und Tat
kommen später, setzen das „Reich der Wertgeltungen" voraus. Außer den zu
erkennenden Wirklichkeiten gibt es Werte, deren Geltung wir (philosophisch)
verstehen wollen. Werte sind für uns immer mit Wertungen verbunden, aber
nicht identisch mit ihnen; sie können gelten, ohne daß ein Akt der Wertung
vorhanden ist, also absolut (auch theoretische Werte, Wahrheiten). Die Werte
selbst sind „weder im Gebiet der Objekte noch in dem der Subjekte zu finden,
sondern sie bilden ein Reich für sich, das jenseits von Subjekt und Ob-
jekt liegt". Der Wirklichkeit gegenüber und der objektivierenden Behand-
lung der Wertungen tritt die Philosophie als Wertwissenschaft gegenüber,
welche als „reine Wertlehre" zu einem System der Werte gelangen will und
schließlich nach einem dritten Reich, der „Einheit von Wert und Wirklich-
keit" sucht. Der Sinn der Wertung ist „die dem wertenden Akte inne-
wohnende Bedeutung für den Wert" und insofern die Verbindung und Einheit
der beiden Reiche, so daß das dritte Reich das des Sinnes ist, welcher ge-
deutet wird. Dieser (immanente) Sinn kann nur vom Werte aus gedeutet
werden und ist nicht objektivierbar, auch nicht als psychisches Sein. Die
Sinndeutung ist das „Erfassen eines Subjektaktes mit Rücksicht auf seine Be-
deutung für den Wert". Die Welt ist aus den Reichen der Wirklichkeit, der
Werte und des Sinnes zusammengesetzt.
In Weiterführung einer Auffassung Windelbands gliedert R. die Wissen-
schaften in Natur- und Geschichtswissenschaften (bzw. historische „Kultur-
wissenschaften"). Die Naturwissenschaft, zu welcher auch die Psychologie,
Soziologie u. dgl. gehört, will die Unendlichkeit der unmittelbaren, anschau-
lichen Wirklichkeit durch allgemeine Begriffe und Gesetze, mit Abstraktion
vom Individuellen, überwinden. „Naturwissenschaftlich" sind im weitesten
Sinne Begriffe, für deren Bildung nur das an allen Individuen einer bestimmten
Gruppe sich Findende in Betracht kommt. Das Endziel der Naturwissenschaft
ist die Auflösung der Wirklichkeit in eine Summe abstrakter, möglichst
quantitativ bestimmbarer Gesetzlichkeiten. Das Allgemeine, Gesetzliche ist
hier Endziel, während es in den historischen Wissenschaften nur Mittel ist.
Es kann jedes Wirkliche sowohl naturgesetzlich als auch historisch untersucht
werden, es gibt also eine historische Betrachtungsweise von Naturvorgängen
(Entwicklungsgeschichte) und eine naturwissenschaftliche Untersuchung geistiger
Prozesse, kultureller Objekte. Natur bedeutet eben zweierlei: einmal „die
Wirklichkeit mit Rücksicht auf ihren gesetzmäßigen Zusammenhang", dann,
sachlich, „die Wirklichkeit abgesehen von allen Wertbeziehungen im Gegen-
satz zur Kultur". Die historischen Wissenschaften bilden Begriffe mit
individuellem Inhalt, haben zum Objekt das konkret Wirkliche als Einmaliges,
Individuelles, als einmaligen Zusammenhang von Vorgängen („historische
RlCKERT — RlEHL. 602
Kausalität"); die Generalisation ist hier nur ein Durchgangsstadium, das Ziel
der historischen Darstellung ist nie das Allgemeine, Gesetzliche, and das-
eigentlich Historische läßt sich nicht naturgesetzlich (auch nicht soziologisch)
erfassen. Die historische, „teleologische" Begriffsbildung bezieht die Individuen,
das Individuelle der Geschichte auf ,, Kulturwerte" (Religion, Kunst usw.)r
welche als Auswahlprinzipien dienen („Wertbeziehung"). Der subjektiven
Wertung hat sich der Historiker zu enthalten. Die Geschichtsphilosophie erst
bezieht die Geschichte auf einen überhistorischen, überzeitlichen Wert und
findet in der Geschichte etwa eine Entwicklung zur Freiheit. Die Geistes-
wissenschaften sind wesentlich „Kulturwissenschaften", insbesondere „historische
Kulturwissenschaften" (z. B. die historische Psychologie, während die gewöhn-
liche Psychologie eine Naturwissenschaft ist).
Von R. beeinflußt sind B. Christiansen, S. Hessen, G. Mehlis,
J. Cohn u. a.
Schriften: Zur Lehre von der Definition, 1888. — Der Gegenstand der Er-
kenntnis, 1892; 2. A. 1904. — Die Grenze der naturwissensch. BegriffshilduDg, 1896
— 1902. — Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, 1899; 2. A. 1910. — Fichtes
Atheismusstreit und die Kantsche Philosophie, 1899. — Psychophys. Kausalität und
psychophys. Parallelismus, 1900 (Sigwart-Festschrift). — Zur Theorie der naturwissen-
schaftl. Begriffsbildung, Yiertelj ahrsschr. für wissensch. Philos. Bd. 18. — Die Philos.
im Beginne des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Windelband, II. — Zwei Wege zur Er-
kenntnistheorie, Kantstudien, Bd. XIV, 1909. — Vom Begriff der Philosophie, in: Lo-
gos, hrsg. von Mehlis, Bd. 1, 1910.
Ridiger s. Rüdiger.
Kiehl, Aloys, geb. 1844 in Bozen, 1873 Prof. in Graz, 1883 in Frei-
burg i. Br., dann in Kiel und Halle, jetzt Prof. in Berlin.
R. vertritt einen Kritizismus mit einer Wendung zum Positivismus und
mit Betonung des empirisch-objektiven Faktors der Erkenntnis, ferner einen
„philosophischen Monismus" (im Gegensatz zum naturalistischen Monismus).
Die Philosophie ist nach R. „allgemeine Wissenschafts- und praktische
Weisheitlehre". Als Wissenschaft ist sie „Wissenschaft und Kritik der Er-
kenntnis", deren Gegenstand die Erfahrung als solche ist. Außerdem gibt es eine
Philosophie als „Kunst der Geistesführung", „Teleologie der menschlichen
Vernunft". Eine Metaphysik ist nur als kritische Disziplin, als Theorie der
Grenzbegriffe der Erfahrung, als „System der Erkenntnisprinzipien", also nur
im Sinne Kants, berechtigt. Das Transzendente ist nicht Gegenstand der Er-
kenntnis. Was die Logik und Erkenntnistheorie betrifft, ist R. ein Gegner des
Psychologismus. Die Logik ist weder Normwissenschaft noch Kunstlehre,
sondern „die Wissenschaft von den einfachsten Verhältnissen der Objekte des
Denkens und eine Art Metaphysik der Erkenntnis". Sie ist „Analysis des
Gedachten durch das Prinzip der Identität".
Die Erkenntnistheorie ist die „Theorie der allgemeinen Erfahrung".
Sie prüft die Quellen unseres Wissens und stellt den Grund seiner Berechtigung
fest. Sie hat zu zeigen, „welche reale Bedeutung der Empfindung, den Ver-
hältnissen der Empfindungen und dem Schema ihrer Auffassung in Raum und
002 ElEHL.
Zeit zukomme, wie aus denselben unreflektierten Urteilsakten, durch welche
gegenständliche Wahrnehmungen erzeugt werden, die allgemeinen apper-
zipierenden Vorstellungen (Kategorien) entspringen". Die kritische Methode
"besteht in der prinzipiellen Scheidung des ideellen Erkenntnisfaktors vom
empirischen. Alle Erkenntnis ist durch die apriorische Gesetzmäßigkeit des
Bewußtseins bedingt, beruht auf logischer Verarbeitung des Erfahrungsinhalts
und ist dadurch möglich, daß zwischen den Erkenntnisformen und den Grund-
verhältnissen der Wirklichkeit eine Kongruenz besteht, so aber, daß nur die
Grenzen der Dinge, nicht deren An sich erkannt werden. Die Formen der
Anschauung und des Denkens sind Bedingungen objektiver Erfahrung und
zugleich der Erfahrungsobjekte. In diesen Formen bekundet sich das oberste
A priori, die Identität des Selbstbewußtseins, so daß jede Vorstellung ein
Produkt der besonderen Erfahrungen in die Gesetze der allgemeinen, der Be-
wußtseinseinheit ist. Das Identitätsbewußtsein ist die Quelle der apriorischen
Begriffe. „Nichts kann erfahren werden, was nicht zu einem Bewußtsein ver-
einigt gedacht werden kann." Um das Gleiche als Gleiches zu erkennen, ist
erforderlich, daß die Erkenntnistätigkeit selber gleichförmig ist, daß das Be-
wußtsein sich als dasselbe weiß und erhält. Es ist aber die formale Einheit
des reinen Ichs oder Subjekts vom empirischen Ich zu unterscheiden; nur der
bloße Gedanke „Ich", der Begriff des Subjektseins, ist immer und überall der-
selbe Gedanke, „die nämliche Form des Bewußtseins überhaupt".
Die Anschauungsformen (Raum und Zeit) sind „empirische Grenz-
begriffe, deren Inhalt in gleichem Grade für das Bewußtsein, wie für die
Wirklichkeit selber gültig ist". Der Kaum hat seine empirische Grundlage in
der Koexistenz der Empfindungen, während seine logischen Eigenschaften
(Gleichartigkeit und Stetigkeit) aus der Identität des Selbstbewußtseins stammen.
Als Fundamentalbegriff ist der Raum einzig in seiner Art. Die Zeitvor-
stellung entsteht aus der Verbindung der Identität des Selbstbewußtseins
mit der Sukzession der Erscheinungen; das Ich hält seine Identität in der
Folge der Vorstellungen fest und hat so das Bewußtsein der Dauer. Raum
und Zeit enthalten sowohl empirische, als apriorische (ideelle, logische) Elemente.
Die Kategorien sind die „allgemeinen apperzipierenden Vorstellungen", die
allgemeinen Formen des Apperzipierens, Begriffe von Synthesen. Sie sind die
„durch Reflexion bewußt gewordene Gesetzlichkeit des Denkens", entspringen
aus der formalen Einheit des Bewußtseins, aus dem Prinzip der „Einheit und
Erhaltung des Bewußtseins überhaupt". Sie verwirklichen sich nur am Ge-
gebenen, Anschaulichen. „Kategorien entstehen, indem Gegenstände der An-
schauung durch eine oder die andere logische Funktion bestimmt gedacht
werden. Kategorien sind logische Funktionen in deren bestimmter Anwendung,
in Anwendung auf Anschauung." So ist die Kausalität die Anwendung des
Satzes vom Grunde auf die zeitlichen Veränderungen der Erscheinungen, so
aber, daß die Vorstellung des Bewirkens aus dem Bewußtsein der eigenen
Willenstätigkeit stammt. Substanz ist das Wirkliche rücksichtlich der Un-
veränderlichkeit seines Quantums.
Bezüglich der Objekte der Erfahrung gilt der Satz: Cogito, ergo sum et
RlEHL. 1)03
est. „Indem ich mir meines eigenen Daseins bewußt werde, werde ich mir
unter einem des Daseins von etwas bewußt, was ich nicht bin.'- Der Inhalt
der Empfindung ist objektiv, ihre Gefühlsseite subjektiv. „Durch das
Gefühl, womit sie das Bewußtsein erregt, gibt sich die Empfindung als etwas
kund, das nicht ausschließlich aus uns stammt. " Das ursprüngliche Bewußtsein
ist indifferent, kennt weder ein Selbst noch ein Objekt; beide scheiden sich
erst aus ihm aus. Wir erfahren durch den Zwang des Empfindens, daß das
Bewußtsein durch eine Wirklichkeit begrenzt wird, die es nicht selber i-t.
Durch die Empfindung von Widerstand werden wir der Existenz anderer
Körper inne; zugleich mit dem Gefühle unseres Strebens erlangen wir die
Empfindung der Grenzen, welche diesem Streben von außen gesetzt werden.
Der Gedanke der stetigen Existenz der Objekte entsteht dann durch Über-
tragung unseres Ichbewußtseins auf die Dinge. Indem dieser Gedanke seine
volle Überzeugung durch den Denkverkehr mit den Mitmenschen erhält, ist die
Erkenntnis der Außenwelt in letzter Instanz ein „soziales Produkt". Für unser
Bewußtsein vertritt schließlich ein Begriff die Stelle des Gegenstandes. Die
Außendinge sind, ebenso wie die empirischen Ichs, Erscheinungen eines
Ding an sich. Die Materie ist räumlich-dynamische Erscheinung, kein Ding
an sich, nur ein Denkmittel. Der Begriff des Atoms ist nur ein Erzeugnis
der Methode, ein „Rechenpfennig", nichts Reales, ein Gedankending. Die
raumzeitliche, kausalmechanische Auf fassungs weise der Natur ist berechtigt,
notwendig, muß konsequent sein. Aber sie ist einseitig, abstrakt, gilt nur für
die Objekte der äußeren Erfahrung als solche, nur als Symbol für das Wirk-
liche. Körperlichkeit, Bewegung, Energie — alles ist als solches Erscheinung.
Das Psychische (Bewußtsein) ist etwas Spezifisches, nichts Materielles,
auch nicht „Energie", denn es hat keine Größe; es ist das „nichtenergetische
Geschehen in der Natur". Psychisches und Physisches sind Erscheinungen oder
Betrachtungsweisen eines Identischen. Und zwar ist der Panpsychismus
abzulehnen, im Anorganischen hat das Physische kein BewnJBtseinskorrelat; ein
solches tritt erst in den Organismen auf, aber nicht als Wirkung des Physischen.
Zwischen Psychischem und Physischem besteht ein Parallelismus, wobei
aber beide Reihen des Geschehens niemals zugleich der Erfahrung eines und
desselben Subjektes angehören. „Die Welt ist nur einmal da; aber sie i-t
dem objektiven, auf die äußeren Dinge bezogenen Bewußtseil] als Zusammen-
hang quantitativer physischer Vorgänge und Dinge gegeben, während ein Teil
derselben Welt einem bestimmten organischen Individuum als Beine bewußten
Funktionen und deren Zusammenhang gegeben i<t. Diese Auffassung
Verhältnisses des I'-vchischen und des Physischen nenne ich den philosophi-
sches Monismus/' „Dasselbe, was vom Standpunkt des Ich ein Empfin-
dungsprozefl i-t. i-t von dem des Nicht-Ich ein cerebraler Vorgang/' ..Wenn
wir . . . ragen, daß den Empfindungen Bewegungen entsprechen, >«> 1-1 d
so /w verstehen, daß ihnen Vi entsprechen, welche den äußeren sinnen,
Tastsinn and Gesicht, als Bewegungen erscheinen und in der Vorstellungsweise
dieser Sinne als Bewegung dacht werden müssen. Audi die Bewegung
fällt Doch in die ErBcheinungswelt hinein. Der Wille bewegt die Gliedmaßen
604 RlEHL — RlEMANN.
nicht als Bewußtseinsvorgang, sondern als Gehirnprozeß, denn die Reihe des
Physischen ist geschlossen und kann durch keine physischen Ursachen durch-
brochen werden. Eine Freiheit des Willens als gesetzloses Vermögen würde
die Naturgesetzlichkeit aufheben. Freiheit ist nur Unabhängigkeit des Willens
von der Nötigung durch unmittelbare sinnliche Antriebe.
Die Quintessenz der R.schen Weltanschauung liegt in folgendem: „Es ist
dieselbe Wirklichkeit, aus der unsere Sinne stammen und die Dinge, die auf
unsere Sinne wirken. Die nämliche schaffende Macht, die schon in den ein-
fachsten Dingen am Werke ist, setzt ihr Werk in uns, durch uns fort. Sie ist
die gemeinsame Quelle von Natur und Verstand. Sie hat den Dingen ihre
begriffliche Form gegeben und uns das Vermögen, zu begreifen. So stiftete
sie zwischen der Natur und Denkgesetzen jene Harmonie, welche im einzelnen
zu vernehmen, Ziel und Lohn aller Forschung ist. Aber nur bis zur Voraus-
setzung dieser Einheit dringt unser Denken. Sie selbst in ihrem Wesen bleibt
transzendent. Das Geheimnis des Daseins ist durch das Denken nicht zu er-
gründen; das Prinzip des Daseins geht dem Denken voran: erst Sein, dann
Denken."
Das Wirkliche wird aber nicht bloß mit dem Verstände erfaßt, es wird
auch mit dem Gemüte erlebt, durch das Gefühl geschätzt, vom Willen erstrebt.
So entspringen Ideen oder Werte, wobei das Werturteil immer auch praktisch
ist, zum Schaffen und Nachschaffen antreibt. ,,Aus Werten erwächst, auf
Werten beruht unser geistiges Leben." Die Probleme der Lebensanschauung
sind Wertprobleme. Werte haben eine objektive Grundlage, sie werden nicht
erfunden, sondern entdeckt. Wert und Zweck haben in der Wissenschaft
keinen Platz, wohl aber in der Philosophie als Kunst der Geistesführung. Die
Ideen sind „Willensaufgaben", sie gehen auf das Schaffen von Realitäten, die
noch nicht sind.|
Die Ethik R.s ist jener Kants verwandt. Das Sittengesetz ist das „uni-
verselle Gesetz aller vernünftigen Naturen", es hat „kosmische Tragweite".
Ethisch ist nur die Entscheidung, die mit unserem ganzen Willen überein-
stimmt; sie ist zugleich die Entscheidung, die jedes vernünftige Wesen in
gleicher Weise treffen würde, das unter den nämlichen Umständen zu handeln
hätte.
Schriften: Realistische Grundzüge, 1870 (Vermittlung zwischen Herbart und
Kant). — Moral und Dogma, 1871. — Über Begriff und Form der Philosophie, 1872.
— Kauealität und Identität, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos., 1877. — Der philos.
Kritizismus u. seine Bedeutung für die positive Wissensch., 1876 — 87; Bd. I. 2. A.
1908 (Hauptwerk). — Über wissenschaftliche u. nicht wissenschaftliche Philosophie,
1883. — Lessing, 1882. — G. Bruno, 2. A. 1900. — Beiträge zur Logik, 1892. —
F. Nietzsche, 1897; 5. A. 1909. — R. Haym, 1902. — Zur Einführung in d. Philos.
d. Gegenwart, 1903; 3. A. 1908. — 1. Kant, 1904. — H. v. Helmholtz u. Kant, 1904.
— Plato, 1905. — Logik u. Erkenntnistheorie, Kultur d. Gegenw. I, 6, u. a.
Riemann, G. F. Bernhard, 1826—1866, Mathematiker, Prof. in Göttingen.
= Nach R. ist der Raum nur ein Spezialfall einer dreifach ausgedehnten
Riemanx — Ritschi.. 605
Größe. Seine besonderen Eigenschaften sind nur empirisch festgestellt und
haben nur empirische Gewißheit.
Schriften: Gesammelte mathematische Werke, 1876, 1902. — Über die Hypo-
thesen, welche der Geometrie zugrunde liegen, Abhandl. d. Kgl. Gesellsch. der Wissensch.
zu Göttingen XIII, 1867.
Rignano, Eugenio. = Xeolamarekistischer, aktiv-evolutionistischer Stand-
punkt (Theorie der „Zentroepigenese").
Schriften: Über die Vererbung erworbener Eigenschaften, 1907, u. a.
Rindfleisch, Eduard, geb. 1836 in Köthen, Prof. der Medizin in Würz-
burg. = Xeo-Vitalistischer Standpunkt.
Schriften: Ärztliche Philosophie, 1888, u. a.
Rio. Julian Sanz del, geb. 1814, studierte 1844—50 in Deutschland,
durch Roeder und Leonhardi für die Philosophie Chr. Krauses gewonnen, die
er in Spanien zu höchster Geltung brachte, gest. als Professor in Madrid 1869.
= Schüler del Rios sind Fr. Canalejas, N. Salmeron, U. G. Serrano,
F. de Castro, F. Giner de los Rios, M. Sales y Ferre u. a.
Schriften: Sistema de la filosofia, 1860. — El ideal de la hamanidad, 1860. —
Doctrinal de Logica, 1863. — Lecciones sobre el sistema de la filosofia, 1868. —
Analisis del pensamiento racional, 1877, u. a.
Riteliie. D. G. = Idealistischer Standpunkt.
Schriften: Darwin and Hegel, 1894. — The Relation of Logic to Psychol.,
Phil. Review, V, 1896. — The One and the Many, Mind N. S. VII, 1898. — Philoso-
phical Studies, 1905.
Ritschl, Albrecht, geb. 1822 in Stettin, Prof. der Theoloirie in Konn
und (seit 1864) in Göttingen, gest. daselbst 1889.
R., der von Kant, Schleiermacher, Lotze beeinflußt ist, hat eine eigen«.'
theologische Schule begründet. Die Religion ist unabhängig von aller Meta-
physik, wohl aber zieht die Theologie die Erkenntnistheorie heran, die R. im
Sinne Lotzes darlegt. In der Erkenntnis spielen schon Werturteile eine Rolle,
aber erst in der Ethik und noch mehr in der Religion kommt es zu selb-
ständigen Werturteilen. Diese beziehen sich in der Religion aut die Stellung
des Menschen zur Welt und rufen Gefühle heru>r, „in denen der Mensch ent-
weder seine durch Gottes Hilfe bewirkte Herrschaft über die WYlt genii
oder die Hilfe Gottes zu jenem Zweck schmerzlich entbehr?'. Glauben um!
Wissen >in<l zweierlei; der Glaube beruht auf praktisch-subjektivem, innerlichem
Erleben der religiösen Wahrheiten. Die Religion, welche der Ohnmacht des
eigenen Könnens entspringt, ist „Leben im heiligen Geist
Schüler Ritschls Bind W. Herrmann, .1. Kaitun, II. Schultz iL i
Vgl. die Zeitschrift l Theol. n. Kirche, 1891 tt.
Schriften: Die christliche Lehre von der Rechtfertigung u. Versöhnung, 1870 f.;
4. A. 1895—1903. — Theologie u. Metaphysik, 1881; 2. A. 1887. — Gesammelte
Aufsätze, 1893—96, u. a. — W.. < ). RrT» EL, Li Lehen, 189'J f.
Ititsrlil. Otto, geb. 1860 m Bonn, Prof. der proteet Theologie in Bonn.
606 RlTSCHL — ROBERTY.
== Von A. Ritschi beeinflußt. Werturteile sind nach R. Urteile über einen
Tatbestand, die von einem Gefühlston begleitet sind.
Schriften: Schleiermachers Stellung zum Christentum, 1888. — Ritschis Leben,
1892—96. — Nietzsches Welt- u. Lebensansch., 1896; 2. A. 1889. — Die Kausal-
betrachtung in den Geisteswissenschaften, 1901. — Wissenschaftl. Ethik u. moral. Ge-
setzgebung, 1903. — Über Werturteile, 1895, u. a.
Ritter. Heinrich, geb. 1791 in Zerbst, 1833 Prof. in Kiel, 1837 in Göt-
tingen, gest. daselbst 1869. = R., der besonders als Historiker bekannt ist,
gehört zu den Schülern Schleiermachers, dessen Lehren er im Sinne eines
wimdergläubigen christlichen Theismus weiterbildet. Gott hat die Welt aus
Nichts geschaffen. Die menschliche Seele ist unsterblich. Die Welt ist
schlechthin gut.
Schriften: Über die Bildung des Philosophen durch die Geschichte der Philo-
sophie, 1817. — Geschichte der jonischen Philosophie, 1821. — Gesch. d. pythagorei-
schen Philos., 1826. — Geschichte der Philosophie, 12 Bde., 1829 — 53 (Hauptwerk).
— Versuch zur Verständigung über die neueste deutsche Philos. seit Kant, 1853. —
Die christliche Philosophie, 1858 — 59. — Vorlesungen zur Einleit. in die Logik, 1823.
Abriß d. philos. Logik, 1824; 2. A. 1829. — Die Halbkantianer und der Pantheismus,
1827. — Über d. Verhältnis d. Philos. zum Leben überhaupt, 1855. — Über d. Er-
kenntnis Gottes in der Welt, 1836. — Kleine philos. Schriften, 1839 — 40. — System
der Logik u. Metaphysik, 1856. — Über das Böse, 1869; 2. A. 1867. — Enzyklopädie
d. philos. Wissenschaften, 1862 — 64. — E. Renan, 1865. — Unsterblichkeit, 2. A. 1866.
— Philos. Paradoxe, 1867.
Rixner, Thaddäus Anselm, geb. 1766 in Tegemsee, gest. 1838 in München.
= Von Schelling, später von Hegel beeinflußt.
Schriften: Aphorismen aus der Philosophie, 1809; 2. A. (A. d. gesamten Philos.),
1818. — Leben u. Meinungen berühmter Physiker am Ende des 16. u. zu Anfang des
17. Jahrh., 7 Hefte (Auszüge), 1819—23 (mit Siber). — Handbuch d. Geschichte d.
Philosophie. 1822 f.; 2. A. 1829 mit Supplement von Gumposch (1850). — Geschichte
d. Philos. bei den Katholiken in Altbayern, 1835.
Robert Capito (Greathead) s. Dreadhead.
Robert Pulleyn s. Pulleyn.
Robert von Melun, Scholastiker, gest. gegen Ende des 12. Jahrh. ==
Vertreter des Begriffs-Eealismus.
Schriften: Summa theologiae (Quaestiones de divina pagina). — Vgl. HaureAU,
Philos. scolastique. — DE WULF, Hist. de la philos. mddievale.
Roberty, Eugene de, geb. 1843 in Rußland, Prof. am College libre des
nces sociales in Paris.
R. vertritt eine Art Positivismus, geht aber dann zu einem metaphysischen
Monismus (Psychismus) auf evolutionistischer Grundlage über. Er ist besonders
als Soziolog tätig. Die apriorischen Anschauungs- oder Denkformen sind ein
Produkt der Sozialität, der ständigen Wechselwirkung der Geister. Das
A priori ist eine Form der Kollektiverfahrung („experience collective") , eine
sozialindividuelle Erfahrung („expenence socio-individuelle"). Die Gesellschaft
entsteht durch den kollektiven „Psychismus", durch Vereinigung psychischer
Roberty — Robin et. 60 ?
Energie. Gefühle und Strebungen sind die sozialen Kräfte; die Finalität ist
eine Eigenschaft des Sozialen. Moral und Gesellschaft haben eine bio-psychische
Grundlage.
Schriften: La sociologie, 1880. — L'inconnaissable, 1889. — La recherche de
l'unite, 1893. — Nouveau programme de sociologie, 1904. — L'Agnosticisme. Le
psychisme social, 1896. — Les fondements de l'Ethique, 1898. — Constitution de
TEthique, 1901. — F. Nietzsche, 3. ed. 1903. — Sociologie de l'action, 1908. —
Energetique et sociologie, Rev. philos. 1909. — La philos. du siecle u. a.
Robinet« Jean Baptiste, geb. 1735 in Reimes, verließ bald den Jesuiten-
orden, in den er eingetreten war, und war schriftstellerisch tätig. In Amster-
dam gab er sein Hauptwerk „De la nature" zuerst anonym heraus (1761).
177s kehrte er nach Paris zurück, wo er königlicher Zensor wurde. Zu Beginn
der Revolution ging R. nach Rennes, wo er 1820 starb.
R., der von Locke, Condillac, Leibniz, Buffon u. a. beeinflußt ist. vertritt
eine organische, hylozoistische Weltanschauung. In erkennt nistheoreti-
scher Beziehung ist er (sensualistischer) Empirist; alle Erkenntnis geht aus
der Sinnesempfindung hervor. Das Sein, die Existenz bestimmt er als bloße
Position, als Gegensetzung zum Nichts („Opposition au n£ant''). Das innerste
Wesen der Dinge ist unbekannt, wir erkennen nur die Erscheinungen der
Dinge (,.nos sens n'atteignent que les apparences et les formes exterieures,
l'interieur des substances nous sera toujours inconnu'*). Auch von unserer
Seele kennen wir nicht die Substanz, nur ihre Fähigkeiten. Die Kausalität
des Geschehens nehmen wir nicht wahr („La causalite nous echappe: nous ne
voyons pas cette Energie interieure en vertu de quoi un phenomene se fait
accompagner d'un autre. Peut-etre aussi n'y a-t-il rien de tel dans la nature").
Auch das Wesen Gottes ist unerkennbar, wenn wir auch wissen, daß Gott
der Schöpfer der Welt ist, die er ewig erhält, während er selbst zeitlos ist
Aller Anthropomorphismus ist aus dem Gottesbegriffe auszuschließen. Die
Substanz der Welt bleibt bei aller Formänderung unverändert.
Die Welt besteht aus organischen Keimen, die eine Entwicklung
kraft („force evolutive") haben, vermöge der sich alles einheitlich und Btetig
entfaltet hat („tout n'est qu'un deVeloppement"). Das Leben ist etwa- Ur-
sprüngliches und Allgemeines (Panvitalismus), alles ist in Beinen Elementen
lebendig, organisch. Die Materie besteht aus organischen Keimen („germes"),
die alle verschieden sind und alle empfindungsfähig sind. Audi die Mineralien,
ja auch die Weltkörper sind „animalisch". Das Gesetz der Stetigkeil herrschl
in der Natur (vgl Leibniz). in welcher eine kontinuierliche Stufenfolge von den
niedersten bis zu den höchsten Wesen führt. Alle Wesen sind Variationen
eines Urtypus („prototype"), deren Endziel die Bildung des Menschen Bind,
«steht in der Natur eine „Progression", wonach zuerst die einfacheren,
dann erst die komplizierteren Formen entstehen. I»i- psychischen Vorgänge
erklärt R. aus ihrer Abhängigkeit von den Punktionen der (sensitiven, intellek-
tuellen und Yolitivriii „Hirnfibern" und deren Schwingungen. Mit Hutcheson
nimmt K. einen moralischen sinn an. der das Gute und Wi^- unmittelbar
empfindet Gut ist jede Handlung, die das (allgemeine) Wohl fördert Di<
'608 ROBINET — ROMAGNOSI.
Übel in der Welt sind notwendig, weil die Dinge endlich sind. Zwischen den
Gütern und Übeln besteht Gleichtgewicht im Ganzen (Kompensationstheorie).
Über das Dasein des Bösen muß man sich durch den Genuß des Guten trösten.
Schriften: De la nature, I: 1761; 2. ed. 1763; 3. ed. 1766; II: 1763, III u.
IV: 1766; deutsch 1764 (Hauptwerk). — Considerations philos. sur la gradation naturelle
des formes de l'etre, 1768. — Paralleles de la condition et des facultes de l'homrae
avec celles des autres animaux, trad. de l'Anglais, 1769. — Les vertus, reflexions
morales en vers, 1814, u. a. — Vgl. K. ROSENKRANZ, K., in der Zeitschrift: Der
Gedanke I, 1861. — R. ALBERT, Die Philosophie R.s, 1903. "
Rochefoucauld, Francois de la, 1613—1680, Moralist. = Alle Hand-
lungen haben egoistische Motive.
Schriften: Reflexions ou sentences et maximes morales, 1665, 1825 u. ö. ; deutsch
in der Univ.-Bibl. Oeuvres, 1818, 1868 ff. — Vgl. RAHSTEDE, Studien zu Roche-
foucaulds Leben und Werken.
Kocholl. Rudolf, geb. 1822 in Rhoden, Kirchenrat in Düsseldorf, gest.
1905. = Die Geschichte ist „der von seiner eigensten Bestimmung abgefallene
und endlich zu sich selbst gekommene Mensch", Der Zweck herrscht in
der Geschichte.
Schriften: Philosophie der Geschichte, 1878 f.; 2. A. 1911.
Rolide. Erwin, geb. 1845 in Hamburg, seit 1886 Prof. in Heidelberg,
gest. 1898; gehörte zu Nietzsches Freunden, Philolog.
Schriften: Psyche Seelenkult. u. Unsterblichkeitsglaube der Griechen, 1890;
4. A. 1907. — Kleine Schriften, 2. A. 1902.
Rohmer, Friedrich, geb. 1814, gest. 1856 in München.
R. will Theismus und Pantheismus in einer höheren Synthese vereinigen.
Das Weltall ist die Verbindung von Makrokosmos und Mikrokosmos, besteht aus
der ursprünglichen, unendlichen Einheit und aus den abgeleiteten, endlichen
Existenzen, aus dem einen Gott und der Vielheit göttlicher Geschöpfe. Gott
ist unendliches, vollkommenes, selbstbewußtes Leben. Das Universum ist der
Körper Gottes, in Gott geworden, nicht erst geschaffen, die Hülle des göttlichen
Geistes, der in ewiger Entwicklung sich befindet und zu dessen Bestandteilen
Raum und Zeit gehören. Geschaffen sind nur die einzelnen Wesen. Der
Mensch ist eine besondere Idee Gottes und ist in der göttlichen Erinnerung
unsterblich, aus der er wieder verkörpert wird.
Schriften: Speculationis initium et finis, 1835. — Kritik des Gottesbegriffs, 1856.
— Gott u. seine Schöpfung, 1857. — Der natürliche Weg des Menschen zu Gott, 1858.
— Wissenschaft u. Leben, 1871 ff. (I: Die Wissenschaft von Gott). — Vgl. H. STAEPS,
Über F. R.s „Wissenschaft von Gott", 1897. — BLUNTSCHLI u. SEGERLEN, Leben
u. wissensch. Entwickl. F. R.s, 1892.
Rokitansky, Karl von, 1804—1878, Prof. der pathologischen Anatomie
in Wien. = Von Kant beeinflußt, erkenntnistheoretischer Idealist. (Der selb-
ständige Wert des Wissens, 2. A. 1869.)
Romagnosi, Giovanni Domenico, geb. 1761 in Salsomaggiore, Prof. des
oft. Rechts in Parma, Mailand, Pavia, Korfu, gest. in Korfu 1835. = Von
RoMAGXOSI — RöRARIO. 609
Condillac u. a. beeinflußt, vertritt R. einen Empirismus, nimmt aber einen
logischen Sinn an, durch welchen die Empfindungen besondert und verknüpft
werden. Zweck des Sittlichen ist die Vervollkommnung des Menschen in der
Gesellschaft, von der er beeinflußt ist. Die Gefühls- wird zur Vernunftmoral.
Schriften: Genesi del diritto penale, 1791. — Introduzione allo studio del
diritto publico universale, 1805. — Principii della scienza del diritto naturale. 1820.
— Della supreraa econoraia dell' uraano sapere, 1829. — Della natura e dei fattori
dell' incivilimento, 1832. — Elementi di filosofia, 1821 u. a. — Opere, 1832 — 35,
1836 — 45. — Appunti e pensieri inediti, 1873. — Vgl. BARTOLOMEI, Del significato
e del valore delle dottrine di E., 1901. Vgl. FULCI, D. Ethik d Positivism., 1910.
Romanos. G. J., geb. 1848 in Kingston (Kanada), gest. 1894 in Oxford
als Prof. daselbst. = R. wendet den Evolutionismus (Selektionstheorie) auf die
vergleichende Psychologie an. Die Instinkte der Tiere sind durch Mechanisierung
von Bewußtseinsvorgängen entstanden. Von Clifford (s. d.) beeinflußt, betrachtet
R. die Welt als aus einem „geistigen Stoffe" bestehend; das Materielle ist nur
eine Seite des Wirklichen, der objektive Ausdruck eines geistigen Seins. Das
Innensein des Alls ist der überpersönliche Weltgeist (das „world-eject").
Schriften: A Candid Examination of Theism, 1878 (noch gegen den Theismus).
— Mental Evolution, 1878. — The Scientific Evidences of Organic Evolution, 1882.
— Darwins Work in Zoology and Psychology, 1882. — Animal Intelligence, 1882. —
Mental Evolution in Animals, 1883; deutsch 1885. — Darwin and after Darwin,
1892—97; deutsch 1892 (nur Bd II). — Mental Evolution in Man, 1888; deutsch
1893. — An Examination of Weismannism, 1S94. — The World as an Eject, in: Mind
and Motion and Monism, 1895. — Thoughts on Religion, 1896. — Essays, 1897. —
Vgl. E. ROMAXES, Life and Letters of G. J. Korn., 1896.
Romano J. P., war Pfarrer in der Schweiz. = Von Schleiermacher
beeinflußt.
Schriften: Über Willensfreiheit und Determinismus, 1835. — System der natür-
lichen Theologie, 1841. — Der neueste Pantheismus, 1848. — Über wichtige Fragen
der Religion, 1870, u. a.
Roniundt, Heinrich, geb. 1845 in Freiburg in Hannover, lebt in Dresden.
= Von Kant beeinflußt. Die apriorischen Sätze müssen durch die Erfahrung
bestätigt werden, um gültig zu sein. Die sittlich sich betätigende Menschheil
wird einst einen Gottesstaat, ein Reich der Humanität begründen.
Schriften: Antaeus, 1881. — Vernunft als Christentum, 1882. — Die Herstellung
der Lehre Jesu durch Kants Reform der Philosophie, 1883. — Grundlegung zur Reform
der Philosophie, 1885. — Die Vollendung des Sokrates, 1885. — Ein neuer Paulus,
1886. — Die drei Fragen Kants, 1887. — Ein Hand der Geister [nämlich die Geographie
als Weltkunde], 1895. — Eine Gesellschaft auf dem Lande, Unterhalt, über Schönheit
u. Kunst, 1897. — Der Piatonismus in Kants Kritik d. l'iteilskrat't, 1901. — Kants
philos. Religionslehre, 1902. — Kirchen u. Kirchs nach Kants philos. Religionslehre,
1903. — Kants Wiederlegung des Idealismus, 1904. — Kants Krit. d. reinen Vernunft,
1905. — Der Professorenkant, 1906, u. a.
Korario. Girolamo (Borarius), Jurist, rerfafite \:,\\ \u FrianJ ein. erst
1645 veröffentlichtes, Buch über Tierpsychologie: Quod snimtlia l>rut a aaepe
ratione ntantnr melius homine (von Leibnil zitiert
I -lor, Phi
610 ROSCELINUS — EOSENKRAXTZ.
Roseelinus (oder Rucelinus), geb. in Compiegne, studierte in Soissons
und Reims, lehrte als Kanonikus in verschiedenen Städten (Lehrer Abälards),
1092 mußte er auf dem Konzil zu Soissons seinen „Tritheisnius" widerrufen.
Außer einem Briefe an Abälard (vgl. die Abälard-Ausgabe von Cousin II) gibt
es von ihm keine Schriften.
R. ist einer der Begründer des mittelalterlichen Nominalismus, nach
welchem es in Wirklichkeit nur Individuen gibt; das Allgemeine, die Gattimg
ist kein Ding, sondern die Zusammenfassung gleichartiger Dinge durch einen
gemeinsamen Namen. Nach Anselms Bericht (De fide trinit. 2) hätten die
Nominalisten das Universale für einen bloßen „flatus vocis" gehalten. Der
,. Tritheisrnus" ergibt sich daraus, daß die drei göttlichen Personen im Sinne
des Nominalismus drei Individuen, drei Substanzen sein müssen. Wie die
Gattung ist nach dem Nominalismus auch der Teil als solcher nur eine Ab-
straktion, ein Zerlegungsprodukt („nullam rem, sed solam vocem partes habere").
Vgl. PlCAVET, R., 1911.
Rose, Ferdinand, geb. 1815 in Lübeck, gest. 1859. = Von Hegel und
Schelling beeinflußt. In Religion, Staat usw. objektiviert sich das Bewußtsein
und das Bedürfnis des Geistes.
Schriften: Über die Erkenntnisweise des Absoluten, 1841. — Über die Kunst
zu philosophieren, 1847. — Die Ideen von den göttlichen Dingen, 1847. — Die
Psychologie als Einleitung in die Individualitätsphilosophie, 1856.
Ein Schüler R.s ist E. Schär er: Beiträge zur Erkenntnis des Wesens der Philo-
sophie, 1846. — Über den Standpunkt u. die Aufgabe der Philosophie, 1846.
Rosenkrantz, Wilhelm, geb. 1821 in München, 1853 Ministerial-
sekretär, 1867 Oberappellationsgerichtsrat in München, gest. 1874 n Gries bei
Bozen.
R. bildet die letzte „positive" Phase der Schellin gschen Philosophie weiter,
wobei er auf katholisch-theistischem Standpunkte steht. Die Philosophie
hat als allgemeine Wissenschaft die Aufgabe, „alle übrigen Wissenschaften
unter sich zur Einheit zu verbinden". Die „Wissenschaft des Wissens" ist
„Analytik" und „Synthetik" des Wissens. Von der äußeren und inneren Er-
fahrung ist zur obersten Einheit aufzusteigen, aus der dann das Besondere ab-
geleitet wird. Das Wissen ist die „Einheit des Subjekts und Objekts in der
Vorstellung", vollendetes Erkennen. Zum vollständigen Begreifen der Dinge
gehört, daß wir sie in die Elemente unseres Denkens auflösen und mittels
dieser den nämlichen Vorgang, durch welchen die Dinge außer uns entstanden
sind, durch unsere eigene Denktätigkeit in uns wiederholen. Subjekt und
Objekt sind notwendige Voraussetzungen des Wissens. Im Subjekt liegt der
erste Grund alles Wissens, welcher im menschlichen Bewußtsein niemals Objekt
werden kann. Die Kategorien haben objektive Gültigkeit. Die Einheit von
Denken und Sein, der absolute Grund von allem Seienden ist Gott, der
göttliche Wille.
hriften: Wissenschaft des Wissens, 1866 — 68 (Hauptwerk). — Prinzipien der
Theologie, 1875. — Prinzipien der Naturwissenschaft, 1875. — Philosophie der Liebe,
ROSEXKRAXTZ — ROSMINI-ßKRBATI. 611
bei: Entleutner, Naturwissensch., Xaturphilos. u. Philos. d. Liebe, 1877. — Vgl.
L. MÜLLNER, K.s Philosophie, 187 7. — HAYD, Zeitschr. f. Philos., 1897—98.
Rosenkranz, Karl, geb. 1805 in Magdeburg, 1831 Prof. in Königsberg,
gest. 1879 daselbst.
R. gehört zur „mittleren" Richtung der Hegeischen Schule, weicht aber
in manchem von Hegel ab. Die ,, Wissenschaft der logischen Idee" zerfällt in
Metaphysik, Logik und Ideenlehre. Die Metaphysik gliedert sich in Ontologie.
Ätiologie, Teleologie. Die Ideenlehre handelt vom Prinzip, von der Methode,
vom System. Denken und Sein haben ihre Einheit in der Idee, der Einheit
des Begriffs und seiner Realität. Sie ist das „absolute Prinzip, welches sich
die ihm immanente Form als Methode zur Einheit aller seiner notwendigen
Bestimmungen entwickelt, ein System". Die Idee ist .,das absolute, von nichts
anderem abhängige, in sich unbedingte Sein". Die Idee entfaltet sich in
Natur und Geist. Dieser ist das „Für-sich-sein der Idee als Idee", die sich
wissende und wollende Idee, das Prius der Xatur und der Vernunft. Der ob-
jektive Geist ist der Geist, der seine Freiheit als eine objektive Welt hervor-
bringt; der absolute Geist ist „der Geist, der sich selbst als den absoluten
Inhalt in der diesem Inhalt kongruenten absoluten Form weiß". Die Natur
ist das System, worin sich das Denken als Sein setzt. Die Psychologie gliedert
R. in Anthropologie. Phänomenologie und Pneumatologie.
Schriften: De Spinozae philosophia, 1828. — Die Naturreligion, 1831. — Enzy-
klop. d. theolog. Wissenschaft, 1831; 2. A. 1845. — Das Verdienst der Doutschen um
die Philos. d. Geschichte, 1835. — Kritik der Schleiermacherschen Glaubenslehre, 1836.
— Psychologie, 1837; 3. A. 1863. — Geschichte der Kantschen Philosophie, 1840. —
Kritische Erläuterungen des Hegeischen Systems, 1840. — Studien, 1839 — 48. — Über
Schelling und Hegel, 1843. — Schelling, 1843. — Hegels Leben, 1844. — Kritik der
Prinzipien der Straußschen Glaubenslehre, 1844; 2. A. 1864. — Goethe u. seine Werke,
1847; 2 A. 1856. — Die Pädagogik als System, 1848. — System der Wissenschaft,
1850. — Meine Reform der Hegeischen Philosophie, 1852. — Ästhetik des Häßlichen
1853. — Apologie Hegels gegen Hayru, 1858. — Die Wissenschaft iler logischen Idee,
1858 — 59 (Hauptwerk). — Epilegmnena, 1862. — Diderots Leben und Werke, 1866.
— Hegels Naturphilosophie, 1868. — Hegel als deutscher Xationalphilosoph, 187»».
Erläuterungen zu Hegels Enzyklop. d. Philos., 1878 (Philos. Bibl.). — Neue Studien,
1875 ff. — Vgl. QuÄBICKER, K. R., 1879.
Ro*niini-Serbati, Antonio, geb. 1797 in ßoveredo bei Trient, studierte
in rrienf und Padua, wurde 1831 katholischei Priester, wurde «regen seiner
philos. Anschauungen von den Jesuiten, wegen seiner politischen Reform-Idee
von österreichischer Seite angegriffen, lebte seif isi" in seiner Villa in S
(am Lago maggiore), gest. daselbst 1855.
l:.. der von Plato, Thomas, Descartes, Leibniz, Kam. Schelling, H'_'l
beeinflußt ist, lehrt einen E&eal-Idealismus, den er Beiner Methode nach
ajang vom denkenden Ich) als „Psychologismus" bezeichnet (Nuovi
g 1465 ff.). Die Erkenntnis des Wirklichen ist nach II. durch die [deen be-
dingt. I>i<- universalste, oberste, arsprünglichste Idee ist <li«- angeborene,
apriorische Idee des Seins, des hen Seins „essere possibile"). Sie geht
612 Rosmini-Serbati — Rothe.
allem Urteilen voraus, ist nichts Sinnliches („non e un immagine sensibile"),
bedarf keiner andern Idee zu ihrer Erfassung, wird unmittelbar durch geistige
Anschauung erfaßt. Die Seinsidee wird in allem gedacht, sie geht allem Er-
kenntnisinhalte als dessen apriorische Form vorher, kommt an ihm zur Ent-
faltung (in den reinen und unreinen Ideen, „idee pure" und „non pure").
Alle erworbenen Ideen gehen aus der angeborenen Seins-Idee hervor. Die
reinen Ideen sind: Einheit, Zahl, Substanz, Ursache, Notwendigkeit, Wahr-
heit, Gerechtigkeit, Schönheit. Die unreinen Ideen (Geist, Körper, Raum, Zeit,
Bewegung usw.) sind ein Produkt von Vernunft und Erfahrung. Die Objekte
der Außenwelt werden (vermittelst des Grund- und Lebensgefühls) von uns
auf Grund dessen, was wir von ihnen erleiden, als vorhanden beurteilt (Als
„fatti passivi" setzen die Empfindungen eine „causa diversa a noi" voraus).
Geist und Körper hängen auf unbegreifliche Weise zusammen. Das Dasein
Gottes wird apriorisch erkannt, indem wir in der Idee des Seins eine Wirkung
erfassen, die nicht von uns herrühren kann, sondern auf eine absolute Wirk-
lichkeit hinweist. Die Sittlichkeit besteht in der Behandlung jedes Dinges
nach seinem Wirklichkeitswerte. Das Ziel der Geschichte ist die Realisierung
der Idee der Menschheit. Vier Epochen gibt es: Epoche der Erhaltung und
Sicherung, der Machtvermehrung, des Strebens nach nationalem Wohlstande,
des Strebens nach Genüssen. Die soziale Mission der Kirche wird von R.
betont.
Anhänger R.s sind A. Manzoni, N. Tommaseo, M. Minghetti,
V. Garelli, R. Bonghi, G. Allievo, A. Moglia u. a., zum Teil Mami-
ani u. a.
Schriften: Saggio sulla felicita, 1822. — Dell' educazione cristiana, 1823. —
Opuscoli filosofici, 1827 — 28. — Nuovo saggio sull' origine delle idee, 1830; 5. ed.
1851 (Hauptwerk). — Principii di scienza morale, 1831 — 37. — L'antropologia in
servizio della morale, 1838, 1847. — Filosofia del diritto, 1839—41, 1865—67. —
La societa e il suo fine, 1838. — Opuscoli morali, 1841. — Trattato della coscienza
morale, 1844. — Psicologia, 1858, 1887. — Introduzione alla filosofia, 1850. — Logica,
1854. — Teosofia, 1859. — Saggio storico-critico sulle categorie e la dialettica, 1883.
— Anthropologia sopranaturale, 1884, u. a. — Vgl. F. PAOLI, Memorie della vita di
A. R., 1880 — 84 (mit Bibliographie). — R. WERNER, Die italien. Philos. d. 19. Jahrh.
I: R. u. seine Schule, 1884. — ORESTANO, R., 1908. — PALHORIES, R, 1909.
Rossi, Pasquale, geb. 1867 in Cosenza, gest. 1905. = Sozialpsycholog,
der sich besonders mit der Kollektivseele beschäftigt.
Schriften: L'anima della folla, 1898. — Psicologia collettiva, 1900. — Sociologia
e Psicologia collett., 1908, u. a.
Roth, Eduard, geb. 1807 in Hanau, Prof. in Heidelberg, gest. 1858.
Schriften: Geschichte unserer abendländischen Philosophie, 1846 — 58; 2. A.
1862.
Rothe, Richard, geb. 1799 in Posen, Prof. in Bonn und Heidelberg,
gest. 1864. = Von Hegel und Schleiermacher beeinflußt. Die ewige Schöpfung
ist eine Vergeistigung des Seins. Das Ethische ist eine Form desselben
Prozesses.
Rothe - Rousseau. 613
Schriften: Theologische Ethik, 1845—48; 2. A. 1867 ff. — Dogmatik, 1870
— Theolog. Enzyklopädie, 1880, u. a. — Vgl. H. J. HOLTZMAXX, R. R.s philos.
System, 1898 '^Theorie, daß die ältere griechische Philosophie aus religiösen Doktrinen
der Ägypter hervorgegangen sei).
Rousseau, Jean Jacques, geb. 1712 in Genf, gest. 1778 in Ermenon-
ville bei Paris.
R.. dessen Hauptbedeutung auf literarisch-kulturellem Gebiete liegt, und
dessen politische Anschauungen in der französischen Revolution (Robespierre)
zur Geltung gekommen sind, gehört teils der Aufklärung an, teils ist er ein
Gegner derselben, nämlich des in ihr liegenden Intellektualismus und Rationa-
lismus. Diesem gegenüber betont er das Recht des Gefühls, die Ansprüche
des Gemütes und des schlichten, natürlichen Menschenverstandes. Er ist ein
Lobpreiser des Natürlichen. Die Preisaufgabe der Akademie zu Dijon be-
antwortet er dahin, daß die Wissen schaffen und Künste zur Verbesserung der
Sitten gar nichts beigetragen haben. Die Kultur mit ihrer Künstlichkeit und
Unnatur hat den Menschen verdorben, der mit guten Anlagen aus der Natur
hervorgegangen ist: „Tout est bien sortant des mains de l'auteur des choses,
tout degenere entre les mains de l'homme". Das Ideal ist, sich dem Natur-
zustände möglichst zu nähern, alles fernzuhalten, was den Menschen verbildet
Unter dem Einfluß Lockes stellt R. im „Emil'' sein Erziehungsideal auf:
naturgemäße Entfaltung der Anlagen des Individuums, Fernhalten von allein
Zwang, von allem, was die von Natur gut gerichteten Kräfte der Individualität
hemmen oder verbilden kann.
Im vierten Buche des „Emil*' bringt R. seine de istische Weltanschauung
zum Ausdruck. Die immer weitergehende ursächliche Reihe «1er Bewegungen
in der Xatur weist schließlich auf einen Willen bin, der alles bewegt, und die
Materie verrät durch ihre Gesetze eine Weltintelligenz, „Ich glaube also, daß
ein Wille das Weltall bewegt und die Xatur beseelt." ..Weist die bei
Materie einen Willen nach, so deutet die nach bestimmten Gesetzen U
Materie auf einen Verstand hin.'1 Gottes Wesen erkennen wir nicht, aber
seine Existenz gibt sich uns im Gemiite kund. „Ich glaube demnach, daß die
Welt von einem mächtigen und weisen Willen regiert wird: ich Bebe es oder
empfinde es vielmehr." Gott ist das Wesen, welches das Weltall bewegt und
alle Dinge ordnet. Gott hat Macht. Willen und Güte. Der Kultus der I
heit ist mir von der Natur selbe! eingegeben, er entspringt Gefühlen der Liebe
und Dankbarkeit, sieher steht auch meine Willensfreiheit als Freiheit,
das zu wollen, was mir heilsam ist Der Mensch ist in seinen Handlungen
frei und von einer immateriellen Seele beseelt, welche unsterblich ist.
Gott ist die absolute Anschauung, er rieht alles, was ist und sein kann in
Einem. Je weniger ich Gott begreife, desto mehr bete ich ihn an. Alles, von
dem mir mein Gefühl sagt, dafl es gut 1-1 ist auch wirklieh gut Das
Gewissen ist die Stimme der Seele, es täuscht uns niemals, [n der Tiefe
• in angeborenes Prinzip der Gerechtigkeit und Tugend, ein
fühl für das Gute, welches unabhängig von der Vernunft
014 Rousseau — Royce.
ist. Das alles sind Grundsätze der natürlichen Religion. Gott ver-
langt als Kultus nur den Dienst des Herzens. Es gibt keine Religion,
die von den Pflichten der Moral entbindet, diese macht das eigentliche Wesen
der Religion aus. Von zwei Extremen muß man sich fernhalten: „Die hoch-
mütige Philosophie führt zur Freigeisterei, wie blinde Frömmigkeit zum Fana-
tismus'*. Darauf kommt es an, daß der Mensch hienieden seine Pflichten
erfüllt (vgl. Kant).
Im „Contrat social" zeigt R., wie die Unmöglichkeit der Erhaltung des
Naturzustandes zu einem (stillschweigenden, fiktiven) Gesellschaftsvertrage
führt, durch welchen die Gesamtheit der Wollenden ihre Freiheit auf einen
Gesamtwillen (volonte generale") überträgt. Die persönliche Freiheit ordnet
sich so der Gemeinschaft unter (einem „corps moral et collectif"), dem Staate
als dem Organe des Volkswillens, der allen gleiche Rechte gewähren muß.
Das Wohl der Individuen ist der Zweck der Gesellschaft; Freiheit und Gleich-
heit sind der Zweck staatlicher Gesetzgebung. Die Souveränität, die legislative
Gewalt gehört dem Volke, welches der Regierung die exekutive Gewalt
verleiht.
Der Einfluß R.s war ein nachhaltiger. In Deutschland haben von ihm
Herder, Hamann, Goethe, Kant, Schiller u. a. Einwirkungen er-
fahren.
Schriften: Discours sur les sciences et les arts, 1749 (Preisschrift). — Discours
sur l'origine et les fondements de l'inegalite parmi les hommes, 1753, 1755. — La
nouvelle Heloise, 1761. — Emile ou sur l'education, 1762; deutsch in der TJniv.-Bibl.
— Du contrat social, 1762. — Confessions, 1782 u. ö. ; deutsch 1907, u. a. — Oeuvres,
1764, 1782, 1818—20, 1868. — Werke, 1840—41; Ausgewählte Werke, deutsch von
Heusinger, 1897. — Vgl. BROCKERHOFF, R., 1863-74. — J. MORLEY, R., 1873.
— HÖFFDING, R. u. seine Philosophie, 1897; 3. A. 1905 (Froninianns Klassik, d.
Philos.). — F. HAGMANN, R.s Sozialphilosophie, 1898. — F. MACDONALD, R ,
1906.
Roux. Wilhelm, geb. 1855 in Jena, Prof. in Halle a. S. = R. ist der
Begründer der „Entwicklungsmechanik", der Lehre von der Bedingtheit der
Formbildung der Organismen durch mechanische Faktoren, des Begriffs der
„Kampf der Teile" im Organismus und der „funktionellen Anpassung", deren
Folge eine Harmonie der Körperelemente ist.
Schriften: Der Kampf der Teile im Organismus, 1881. — Entwicklungsmechanik,
1890. — Gesammelte Abhandl. 1895- — Die Entwicklungsmechanik, 1905. — Zeit-
schrift „Archiv f. Entwicklungsmechanik", u. a.
Royce, Josiah, geb. 1855, Prof. an der Harvard-Universität, Cambridge
(Ver. Staat.).
R. lehrt einen objektiven Idealismus und logischen Voluntarismus,
den er als „absoluten Pragmatismus" bezeichnet. Letzterem zufolge hat der
Pragmatismus (Instrumentalismusj darin Recht, daß unsere Begriffe Kontrol-
mittel der Erfahrung sind, aber Wahrheit läßt sich nicht bloß in Ausdrücken
• nlicher Erfahrung unseres Erfolges bei dieser Kontrolle definieren. Die
Wahrheit ist „instrumental", sofern sie ein Mittel zur Erreichung des Zieles
k"\
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610 ROYER-COLLARD — RüGE.
sicli das Ich als aktiv, als ein Wirkendes, als Ursache; das Denken ist
Willenstätigkeit. Die Allgemeinheit und Notwendigkeit des Wirkens (das
Kausalprinzip) wird nicht erfahren, ist ein Denkprinzip.
Schriften: Fragments philosophiques, in Jouffroys Übersetzung der Werke Reids
(Oeuvres de Tb.. Keid, 1828—35, III— IV). — Vgl. De Barante, R., 1862. —
AntONESCTJ, R. als Philosoph, 1904.
Rubinstein, Susanna, geb. 1847 in Czernowitz.
Schriften: Die sensoriellen u. sensitiven Sinne, 1874. — Psychol.-ästhet. Essays,
1878 — 84. — Aus der Innenwelt, 1888. — Zur Natur der Bewegungen, 1890. — Aus
dunklem Grunde, 1892. — Ein Individualist. Pessimist (Mainländer), 1894. — Eine
Trias von Willensmetaphysikern, 1896. — Psychol.-ästhet. Fragmente, 1902, u. a.
Rüdiger (Eidiger), Andreas, geb. 1673 in Rochlitz, Arzt und Privat-
dozent der Philosophie in Halle, gest. 1731 in Leipzig.
R. ist ein eklektisch denkender Gegner der Wolffschen Philosophie. Er
bekämpft die Anwendung der mathematischen Methode auf die Philo-
sophie; erstere hat es nur mit dem Möglichen zu tun, die Philosophie zeigt,
durch Wahrscheinlichkeitsgründe, wie etwas Mögliches wirklich sein kann.
Die Wahrheit definiert R. als Übereinstimmung der Sache mit dem Denken
(„convenientia rei cum intellectu") bzw. der Begriffe mit den Wahrnehmungen.
In der Physik zeigt sich R. einerseits von Descartes, anderseits von H. More
und R. Fludd beeinflußt. Als Prinzipien der Dinge bestimmt er Luft, Äther
und Geist. Die Seele ist geistig und einfach, aber doch ausgedehnt und in-
sofern materiell. Es gibt im Menschen mehrere Seelen. Seele und Leib
stehen miteinander in Wechselwirkung. In der Ethik ist R. besonders von
Chr. Thomasius beeinflußt. Das Sittengesetz führt er auf den göttlichen
Willen zurück.
Von R. ist Crusius beeinflußt.
Schriften: Disputatio de eo, quod omnes ideae oriuntur a sensione, 1704 (Enipi-
ristiscb). — De sensu veri et falsi, 1709, 1722. — Philosophia synthetica, 1707 (=
Institutiones eruditionis). — Physica divina, 1716. — Philosophia pragmatica, 1723. —
Wolffens Meinung vom Wesen der Seele, 1727. — Anweisung zur Zufriedenheit der
menscbl. Seele, 1721, 1726. — Vgl. W. CARLS, R.s Moralphilosophie, 1894.
Ruf us s. Musonius.
Rüge, Arnold, geb. 1802, 1832-41 Privatdozent in Halle, gest. 1880 in
England. Mit Th. Echtermeyer Begründer der „Hallischen Jahrbücher4'
(1838 ff., 1841 — 43: Deutsche Jahrbücher), das Organ der Hegeischen Linken,
zu deren Vertretern R. gehört.
Schriften: Die platonische Ästhetik, 1832. — Neue Vorschule der Ästhetik,
1837. — Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie u. Publizistik, 1843. — Deutsch-
französ. Jahrbücher, 1844 (mit K. Marx). — Gesammelte Schriften, 10 Bde., 1846—48.
— Aus früherer Zeit, 1862—67. — Keden über die Religion, 1868, 1874. — Unser
System, hrsg. von Grevo, 1903.
Rüge, Arnold, Privatdozent in Heidelberg, Herausgeber des „Jahrbuch
der Philosophie". 1910 ff. = Kritizistischer Standpunkt.
Sc)i ritten: Das Problem der Freiheit in Kants Erkenntnistheorie, 1909 u. a.
Rülf — Kunze. 61 i
Külf. [saak, geb. 1831, emer. Rabbiner in Bonn.
R. lehrt einen theistischen Monismus. I >i. G Dualismei
von Stoff und Kraft, Leib und & I tt und Welt sind zur Einheit ZU
binden. Stoff und Kraft sind eins, d. h. es gibt keine Stoffe, Bondern nur
Kräfte, welche im Stoffe zur Ruhe kommen Dynamiamns). Der Körper
ist bloß ., verwirklichte Kraft". Die Atome Bind Kraftpunkte, in denen sich
die Allkraft zusammenfaßt Die Anlage zu Leben und Seele war schon im
ersten Atom vorhanden, aber die Seele Belbst noch nicht. Alles i-t Kraft,
also auch der Geist; dieser ist die bewußte Kraft, dir Kraft des Bewußt«
die ..all'- St-in EU Bewußtsein verklärende und in ihrem Bewußtsein an und
für -ich seiend«' Kraft". Der Geist bleibt ewig als d rtbewußte freie und
ansterbliche Wesen. Dir Kran wechselt, aber sie Btirbt nicht. Dir Welt i-t
dir ..sinnfällig«- Offenbarung <;<>ttes". Das All ist nicht Gott; <.<.tt i-t das
All. die Allkraft, die Allwirksamkeit in jedem Punkte, da- „allgemeine Wesen*',
der absoluti Allgeist, Allbewußtsein). Alle Schöpfung Ist Entwickli
alle Entwicklung fortlaufende Schöpfung des Weltall- . welche- zweck-
mäßig i-t.
Schriften: Der Einheitsgedanke, 1880. — Wissens» halt dos Weltgedaiiki-ns und
der Gedankenwelt, 1888. — Wissens» halt der Krafteinheit (Dynsmo-MoBUBiiii
— Wissenschaft der (jeisteseinheit, 1897. — V, aft der
M • isnius), 1903 (zusammen: System einer Denen Metaphysik).
Kümcliii. Gustav, geb. 1848 in Nürtingen, Prof. in Freiburg i. I
= Die Bozialen I Bind nur eine „besonder* Art der psychi-
schen". Minen „Volksgeist" gibt es nicht.
- h rifton: Reden und Aufsitze, 1875—18"
Kunze. I 1852 in Woltersdorf, Prof. der protestant. Theo!.
in Berlin.
Et. vertritt eine „glottologische" Philosophie, «reiche den Einfluß
lui das Denken, Wollen und Handeln betont (Glottologik, Glotto-
psychik, Glottoethik). Das Denken Bteht unter dem Einflrj - Metapho-
iien der Sprache, aber dies berechtigt nicht (wie etwa nach I". Mauthi
zur Skepsis, denn ..da- problem-f« »rinuliereiide Leistungsvermögen d £ he
reicht nicht wesentlich «reiter als ihre Fähigkeit, rar Lösung der Probleme I
cutragen". Von der Sprache ist auch die R< I gion abhanf thropom«
phismus), deren Wesen psychologisch erhellt werden muß.
Die Metaphysik bestimmt R. all die Lehre v.»u den allgemeinsten I
griffen und Verhältnissen des Idealen und Realen. I »■ i ^prachki
Dualismus", der den i itz von Subjekt und Objekt
Idealim und Realem immer wieder herrorbringt, ist mit einem metaphysischen
M ii i- in u- rereinbar. J( Denkobjeki
t bei d< inkenbildung I1 l i ft ist Bteti aktiv und pati
gleich; das Reale . . . ist h Produzent d< den. und i
bewuflt schaffende i l sofern man ron ihm reden darl des
dukt in V • Gott
618 Kunze — Russell.
ist der Schöpfer der (aus Energien bestehenden) Materie. Alles Geschehen ist
kausal und zugleich zielstrebig.
Schriften: Schleiermachers Glaubenslehre, 1883 — 84. — Studien zur vergleichen-
den Religionswissenschaft. I. Sprache und Religion, 1889; II. Psychologie des Unsterb-
lichkeitsglaubens, 1884. — Praktische Ethik, 1891. — Religionsphilosophie, 1901. —
Metaphysik, 1905.
Kunze. Max, geb. 1849 in Woltersdorf, Dozent an der Humboldt-Aka-
demie in Berlin. = Idealistischer Standpunkt.
Schriften: Kants Kritik an Humes Skeptizismns, 1880. — Kants Bedeutung,
1881. — Hegel und F. v. Baader, 1892, u. a.
Rlisbroek (Ruusbroec, Ruysbroek), Johannes, Doctor exstaticus, geb.
1293 in Rusbroek, Weltpriester, Prior im Kloster Grünthal bei Brüssel, gest.
1381. = R. ist ein Mystiker aus der Schule Eckharts. Er unterscheidet ema-
nierende und hineinziehende Eigenschaften Gottes, der Einheit von Vater,
Sohn (Wahrheit) und Liebe. In der Kontemplation wendet sich unser Geist
dem göttlichen Licht zu, mit dem er sich vereinigt.
Schriften: Opera, 1552; deutsch 1701; 1858 ff. (Auswahl); 1907 (Auswahl von
Suter). — Oeuvres choisies, 1869. — Vgl. ENGELHARDT, Richard von St. Victor und
R., 1838. — A. VAN OTTERLOO, R., 1896.
Rnskin. John, 1819—1900, Prof. der schönen Künste in Oxford.
Der berühmte Kunsttheoretiker erklärt die Schönheit für eine Manifestation
des schöpferischen Weltgeistes , die in bestimmten Typen zum Ausdruck
kommt. R. betont, die Kunst eines Landes sei die „Summe seiner gesell-
schaftlichen und politischen Tugenden", die „Summe seiner ethischen Kräfte".
„Edle Kunst kann nur von edlen Menschen kommen." Die Künste stärken
die religiösen Empfindungen des Menschen, vervollkommnen seinen ethischen
Zustand und bringen ihm materiellen Nutzen. Die Schönheit der erreichten
Kunst ist der Gradmesser für die moralische Reinheit und Größe der Gemüts-
bewegung, der sie entspringt. Die Kunst darf nie um ihrer selbst willen da
sein, sie muß ein Mittel zur Erkenntnis oder Schmuck zur Erhöhung des
Lebens sein. Das Höchste, was die Kunst vermag, ist die wahrhaftige Dar-
stellung eines edlen Menschen.
Schriften: Unto this last, Essays on the first principles of Political Econoray,
1862. — Lectures on Art, 1870; deutsch in der Univ.-Bibl. Praeterita, 1886. —
Modern Painters, 1843 — 60. — The Stones of Venice, 1851 — 53, u. a. — Ausgewählte
Werke, 15 Bde., 1900—06. — Vgl. R. DE La SlZERANNE, R., 1899 (englisch;
auch französ., in der Rev. des Deux Mondes). — CLAUS, Die Ethik J. R.s, 1908.
Rnsselk H. Bertrand, geb. 1872, Prof. in London.
R ist (wie die auf Intentionen Leibniz' zurückkommenden Boole, Schröder,
Peano, Peirce u. a.) ein Vertreter der mathematischen, „symbolischen" Logik (bzw.
der rein logisch-deduktiven Auffassung der Mathematik). Die Logik ist der all-
gemeine und grundlegende Teil der Mathematik, diese die Anwendung der apriori-
schen, evidenten logischen Prinzipien auf besondere Prinzipien. Es gibt absolute
he Relationen, die mathematisch formulierbar sind. Die reine Mathe-
Russell — Sabatier. 619
matik ist die Gesamtheit der Urteile von der Form : Aus p folgt q, d. h. die Gesamt-
heit rein formaler Abhängigkeitsbeziehungen. Die Theoreme sind hier zeitlos,
absolut, objektiv wahr. Die Urteile der Mathematik stützen sich auf neun un-
definierbare Begriffe und zwanzig unbeweisbare Grundsätze. Die Logik beruht
auf dem ,,Urteilskalkül;', wobei ein Urteil das ist, was sich selbst einschließt.
Die Abhängigkeit zweier Urteile (p, q) wird so formuliert: p sq (wenn p wahr
ist. ist auch q wahr). Das erste Axiom des Relationen kalk üls ist: Wenn
E eine Beziehung ist, so ist xßy ein Urteil für alle Werte von x und y.
Der Begriff der Zahl hängt nicht vom Akte des Zählens ab, welches jenen
schon voraussetzt.
Schriften: Critical Exposition of thc Philosophy of Leibniz, 1900; französisch
1908. — The Principles of Matheraatics, 1903 f. — Essai sur les fondements de la
geometrie, 1901. — La theorie des types logiques, Revue de Met. XVIII. 1910;
vgl. XIX, 1911. — Philosophical Essays, 1910, u. a.
Ruysbroek s. Rusbroek.
Rnyssen, Theodore, Prof. in Bordeaux.
Schriften: L'i'volution psychologique du jugement. — Kant. 1900, u. a.
s.
Saadja ben Joseph al Fajjumi, geb. um 892 in Fajjum (Ägypten).
Vorsteher der jüdischen hohen Schule in Sora am Euphrat, gest. 942. = 9
der von den arabischen Mutaziliten beeinflußt ist, bekämpft die Atomisten,
Emanatisten, Skeptiker und die christlichen Anschauungen von Gott, des-m
Einheit in der Mehrheit seiner Attribute er betont. Die Welt hat Gott aus
Nichts geschaffen. Die Seele ist unsterblich und wird mit ihrem Leibe auf-
erstehen. Der menschliche Wille ist frei.
Hauptschrift: Sefer ha-emunoth oder Emunoth we-Deoth (Glaubens- und Ver-
nunftgesetze oder: Von den Religionen und Dogmen), aus dem Arabischen durch Jehuda
ben Tibbon ins Hebräische übersetzt (1186), deutsch 1845, 1879. — Vgl. S. MiNK,
Notice sur Saadia, 1838. — .T. FÜRST, Glaubenslehre und Philosophie des S., 18
Sabatier • Armand. Prof. in Montpellier, gest. 1911. = Völunta-
ristischer Standpunkt. Da- Wesen der Dinge ist Kraft. Anstrengung, Streben
(„effort").
Schriften: Essai sur la vie et la mort, 1894. — Essai sur l'immortali;
— La philosophie de l'effort, 1903; 2. ed. 1908, u. a.
Sabatier, Auguste, geb. 1839 in Vallon, Prot, der protestantischen Theo-
logie in Paris, gest daselbst 1901. = s. i-t als Eteligionsphilosoph ron Kant
und Bchleiennacbei beeinflußt Die Anfinge dei Religion und Furcht und
Hoffnung; das Gefühl der Not als eine Form des Erhaltungstriebes seitigt die
Religion. Diese enthält ein passives Element, «la- Gefühl der Ahhlngigb
und ein aktive-, da- Gefühl des Vertrauens und der Liebe. Religion besteht
,.in einer bewußten im«! gewollten Gemeinschaft und Beziehung, in welche dir
620 Sabatier — Saint-Simon.
Seele in ihrer Not mit der geheimnisvollen Macht eintritt, von der sie das
Gefühl hat, daß sie selber und ihr Schicksal von ihr abhängt". Alle Offen-
barung und aller Glaube ist innerlicher, geistiger Art („Symbolofideismus1').
Gott, der Weltgrund, ändert nicht die Ordnung der Welt, in welcher alles
gesetzmäßig zugeht.
Schriften: Esquisse d'une philosophie de la religion d'apres la psychologie et
l'histoire, 1897; deutsch 1898 (Hauptwerk). — Les religions d'autorite' et la religion
de l'esprit, 1902, u. a. — Vgl. J. MlCHALCESCTJ, Darstellung und Kritik der Reli-
gionephilosophie S.s, 1903.
Sabunde s. Baymund.
Sauer. Johann Michael, 1751—1832, Prof. der katholischen Theologie in
Dillingen, Ingolstadt, Landshut, 1829 Bischof, gest. 1832 in Eegensburg. =
Ethiker.
Schriften: Sämtliche Werke, 40 Bde., 1830—42. — Vgl. KLOTZ, J. M. S. als
Moralphilosoph, 1909.
Saiiit-JLambert. Jean Francois de, geb. 1716 in Nancy, gest. 1803 in
Paris. = Materialist, Moralist.
Schriften: Oeuvres philosophiques, 5 Bde., 1801 (Catßchisme universelle,
1798 f.).
Samt-Martin, Louis Claude de, geb. 1743 in Amboise, gest. 1804 in
Aunay bei Chatillon.
S.-M. ist ein schwärmerischer Mystiker und Theosoph, der von älteren
Mystikern, der Kabbala, J. Böhme, Swedenborg u. a. beeinflußt ist und viele
Verehrer fand, u. a. auch Baader beeinflußte. Der menschliche Geist ist nach
diesem „Divinisten" der Spiegel der Welt. Gott schuf die Wesen, um in ihnen
ein Bildnis seiner eigenen Selbsterzeugung zu haben. Der Mensch muß in
Gott leben, sich in ihm wieder erneuern, in ihm allein kann Gott wohnen und
sich manifestieren. Der Mensch ist dazu bestimmt, Gott fortzusetzen, der
sich durch seine Nachbildungen erkennbar macht, während die Natur stumm
bleibt.
Schriften: Des erreurs et de la verite, 1775. — Tableau naturel des rapports
qui existent entre Dieu, l'homme et l'univers, 1782. — L'homme de desir, 1790;
deutsch 1813. — Ecce horao, 1792; deutsch 1819. — Lettre ä un ami, 1795. —
Eclair sur l'association humaine, 1797. — Le nouvel homme, 1796. — De l'esprit des
choses, 1800; deutsch 1811 — 12. — Le niinistere de l'homme esprit, 1802; deutsch
1845 (Hauptwerk). — Theorie de la pensee, 1806. — Oeuvres posthuraes, 1807;
deutsch (Bd. I), 1837. — Des nombres, 1843. — Vgl. BAADER, Werke, Bd. XII,
1860. — E. Car.0, Essai sur la vie et la doctrine de St. Martin le philosophe in-
cormu, 1852. — CLAASSEN, L. v. S., 1891.
Saiiit-Siiiion, Claude Henri, comte de, geb. 1760 in Paris, gest. da-
selbst 1825.
St. -Simon, der von d'Alembert beeinflußt ist und dessen Schüler A. Comte
war, ist einer der Hauptvertreter des idealistischen („utopischen") Sozialis-
mus. Die Wissenschaft ist, aktivistisch, auf den Menschen und die sozialen
Saint-Simon — Salter. 621
Verhältnisse anzuwenden; letztere sind zu vervollkommnen, und zwar sollen
in der neuen Gesellschaft die Gelehrten und Industriellen regieren, aber nur
im Interesse der Gesamtheit der Arbeitenden. Der Staat ist auf dem Prinzip
der . Arbeitsorganisation aufzubauen , in welcher jeder nach seinen Fähig-
keiten und nach seiner Arbeit entlohnt wird. Das Christentum, seines trans-
zendent-mystischen Kerns entkleidet, wird nur durch seinen sozial-ethischen
Gehalt wirken.
Anhänger St.-S.s (St.-Simonisten) sind Bazard, Enfantin, M. Che-
val i er, Bai 11 y u. a.
Schriften: Introduction aux travaux scientiiiques du XIX© siöcle, 1807. — Reor-
ganisation de la societe europeenne, 1814. — L'organisateur, 1819 — 1820. — Du
Systeme industriel, 1821. — Catechisme des industriels, 1823. — Le nouveau christia-
nisme, 1825, u. a. — St. -Simon et d'Enfantin, Oeuvres, 47 Bde., 1868 — 80. — Vgl.
Ml'CKLE, fl. de St.-Simon, 1908. — WeisexgrÜX, Die sozialwissenschaftliche Idee
St.-S.s, 1896.
Saisset. Emile Edmund, geb. 1814 in Montpellier, seit 1850 Prof. in
Paris, gest. daselbst 1863. = Schüler Cousins, Spiritualist.
Schriften: Essai de la philosophie et de la religion au 19me siecle, 1843. —
Discours sur la philosophie de Leibniz, 1857. — Essai de philos. religieuse, 1859;
3. ed. 1862. — Melanges d'histoire, de morale et de critique, 1859. — Precurseurs et
disciples de Deecartes, 1862. — L'äme ot la vie, 1863. — Le scepticisme, 1865;
2. id. 1867.
Salat, Jakob, geb. 1766 in Abbtsgemünd, Prof. der Theologie in Lands-
hut, dann in München, gest. daselbst 1851. = Von Kant und besonders von
Jacobi beeinflußt, Gegner Schellings und Hegels sowie des Obskurantismus.
Schriften: Der Geist der allerneuesten Philosophie der Herren Schelling, Hegel
und Compagnie, 1803 f. (mit C. v. Weiller und B. Schneider). — Moralphilosophie,
1809 : 3. A. 1821. — Grundlinien d. Moralphilosophie, 1827. — Lehrbuch der höheren
Seelenkunde, 1820; 2. A. 1826. — Grundlinien der psychischen Anthropologie,
1827, u. a.
Säle* (Delisle de), Jean Baptiste, geb. L743 in Lyon. gest. in Pari-. =
Eklektiker, von Descartes, Locke, Helvetius u. a. beeinflußt
Schriften: Philosophie de la nature, 1770; 7. 6d. 1804. — Philosophie du W>n-
heur, 1796 (Ableitung der Moral aus der Selbstliebe). — Memoire en faveur de Dicu,
1802 (Theodizee), u. a.
Salluwtio*. 4. Jahrh., Jugendfreund des Kaisers Julian, bekleidete
unter ihm verschiedene Ämter. = Neuplatoniker, Verfassei einer Schrift „De
diis e1 mundo" (1638, L821).
Salmeroii. Nicolas, Prof. in Madrid. = Schüler del Rice, Vertn
eines positivistischei] Monismus.
Schriften: Las leyes de la historia, 1864. — Ooscepto de la meta
Priocipioi analiticos de la idea del tienipo, 187:*.
Salt«»i% William ftlackintire, amerikanischer Ethiker, positiver Stand-
punkt.
ritten: Kthical Beligion, "-' ed. 1881» ; dental, um Gizycki, 1885.
622 Sanchez — Savigny.
Sanchez (Sanctius), Franz, geb. 1552 in Bracara (Portugal) oder Tuy
(an der portugies. Grenze) als Sohn eines jüdischen Arztes, Arzt in Mont-
pellier, dann auch Lehrer der Philosophie und Medizin in Toulouse, gest. da-
selbst 1632. = S. gehört zu den Skeptikern, welche alle Gewißheit in den
(christlichen) Glauben und in die Offenbarung verlegen, während sie die Mög-
lichkeit einer wissenschaftlich-spekulativen Erkenntnis leugnen. S. wendet sich
gegen den Aberglauben wie auch gegen die Autoritäten und die Dialektik.
Er erklärt, nichts könne man wissen, nicht einmal dies, daß man nichts weiß.
Verschiedene Gründe machen die vollkommene Erkenntnis der Dinge unmög-
lich: die Unendlichkeit dieser, ihr Zusammenhang mit anderen, ihr Werden
wie ihre beständige Dauer u. a. Die Gattungen sind nichts Reales (Nomina-
lismus).
Schriften: Tractatus de multum nobili et prima universali seientia, quod nihil
scitur, 1581. — Tractatus philosophici, 1649. — Vgl. L. GEKK.RATH, F. S., 1860.
Sanctis, Sancte de, geb. 1863, Prof. in Rom. = Psycholog.
Schriften: I sogni, 1899; deutsch (Die Träume) 1901. — Die Mimik des
Denkens, 1907, u. a.
Sanseverino9 Gaetano, geb. 1811, gest. 1865 in Neapel. = Vertreter
des Thomismus.
Schriften: Philosophia christiana, 1863; 9. ed. 1894. — I principali sistemi
della filos., 2. ed. 1858.
Santayaua, George, geb. 1863 in Madrid, Prof. an der Harvard-Uni-
versität. = S. steht dem Pragmatismus nahe, ist aber Realist.
Schriften: The Sense of Beauty, 1896. — Life of Eeason, u. a.
Sanz del Rio s. Rio.
Sarlo, Francesco de, geb. 1864, Prof. in Florenz. = Von Kant, Leib-
niz, Lotze, Wundt beeinflußt. Kritizistischer und voluntaristischer Stand-
punkt.
Schriften: Studi sul darwinismo, 1887. — Lo studio dei sentimenti nella psico-
logia inglese contemporanea, 1892. — Saggi di filosofia, 1896—97. — Metafisica, 1898.
11 concetto doli' anima, 1900. — 1 dati della esperienza, 1903. — Studi sulla filosofia
contemporanea, 1901. — Ricerche di Psicologia II, 1905. — Principii di scienza etica,
1909 (mit G. Calö). — La patologia mentale, 1909.
Saturninus (Satornil) aus Antiochia, Gnostiker zur Zeit Hadrians. =
Er lehrt einen Dualismus, nach welchem dem unbekannten höchsten Gott der
Satan und sein Reich gegenübersteht. Von dem obersten, ewigen, immateriellen
Gott unterscheidet S. den Judengott, welcher die Welt erschaffen hat; er
bildet mit den anderen Planetengeistern das niedere Äonen-Reich. Christus ist
der Aon „vovg" (Geist), der in einem Scheinleibe erschienen ist (Doketismus).
Vgl. die im Artikel .,Gnostiker" verzeichneten Schriften.
Savigny, Friedrich Karl von, 1779—1861, zuletzt Prof. in Berlin, war
Justizminister, Romanist. Seine Schrift: Vom Beruf unserer Zeit für Gesetz-
gebung und Rechtswissenschaft, 1814, 3. A. 1840, ist für die Geschichte der
Rechtsphilosophie bedeutsam. In dieser Schrift vertritt, aber in gemäßigter
Savigny — Schaden. 623
Weise, S. den Stand der historischen Rechtsschule. Den Staat faßt er als die
organische Erscheinung des Volkes auf.
Savoiiarola, 1452 — 1498, der berühmte Reformator, ist philosophisch
hauptsächlich Aristoteliker, aber auch von Plato beeinflußt.
Schriften: Compendium logices, 1497, 1534. — Compendium totius philosophiae,
1542. — Vgl. GLOSSNER, S. als Apologet u. Philosoph, 1898.
Scaliger, Julius Cäsar, 1884—1558, Schüler des Pomponatius, Gegner
des Card an us.
Schriften: Exercitationes exotericae, 1557.
Seliaai'^ohniidt, Carl, geb. 1822 in Berlin, Prof. in Bonn, gest. 1910,
war eine Zeitlang Herausgeber der „Philos. Monatshefte". = S. vertritt einen
erkenntnis-theoretischen Realismus. Das Bewußtsein der relativen Hemmung,
welches unsere Anstrengung erfährt, verschafft uns die Überzeugung einer
fremden Realität (Philos. Monatshefte, Bd. 14).
Schriften: Descartes u. Spinoza, 1850. — Der Entwicklungsgang d. neuen Speku-
lation als Einleitung in d. Philos. der Geschichte, 1857. — Die Religion, 1907. — Zur
Widerlegung des Determinismus, Philos. Monatsh., 1884.
Sch ad. Johann Baptist, geb. 1758 in Mürsbach. verließ als Vierzigjähriger
das Kloster zu Banz, habilitierte sich 1799 in Jena für Philosophie; 1802 wurde
er hier Professor, 1804—17 in Charkow, dann wieder in Jena, gest. daselbst
1834. = Anhänger J. G. Fichtes, später mit Annäherung an Schelling.
Schriften: Gemeinfaßliche Darstellung des Fichteschen Systems, 1799 — 1802. —
Der Geist der Philosophie unserer Zeit, 1800. — Grundriß der Wissensehaftslehre, 1800.
— Neuer Grundriß der transzendentalen Logik u. der Metaphysik, 1801. — Die absolute
Harmonie des Fichteschen Systems mit der Religion, 1802. — System der Natur- und
Transzendentalphilosophie, 1804-5, u. a. — Vgl. SCHAD, Lebensgeschichte, 1828.
Schaden. Emil August von, geb. 1814 in München, studierte die Rechts-
wissenschaften, habilitierte sich 1839 in Erlangen für Philosophie, wurde 16
aulJerordentl. Professor, gest. 1852 in Nürnberg. = S., der sich selbst als den
„Magus aus Buden" bezeichnete, ist von Böhme, Hamann. St. Martin und be-
sonders Baader beeinflußt und ein Gegner Hegels. Das All Eafit er als ein-
heitlichen Organismus auf. Die Zweckmäßigkeit weist auf einen „teleologischen
Weltbaumeister" hin. Das Sein ist der Trieb zur Existenz als Ausgedehntes,
eine Kraft, eine Tendenz, welche den unendlichen Kaum erfüllt, wobei sich die
Ausdehnung atomisiert und die Atome einander hemmen. Gott ist persön-
licher Geist, zu dem das Bein Bich intensivieren muß.
hrit'ten: System der positiven Logik, 1841. — Orion oder über den Bau
Himmels, 1842 (dagegen schrieb Apelt: Anti-Orion, 1843). — Vorlesungen über aka-
demisches Leben und Studium, 184Ö. — l'ber den Uegonsatz des theistischen und
pentheistischen Standpunkts, 1848. — Über die Hauptfrage dl ..logie, 1849. —
Baaders Tagebücher (Bd. XI der Werke B.s) mit Einleitung, 1850 Darstellung des
Standpunktes S.s). — f% THEBUßCH, Erinnerungen tu i:. \. v. 8., 1853. — NOACK,
• itbtl. Lexikon, B. 761
{Y24 Schäffle — Scheffle r.
Si'Iiält'le« Albert, geb. 1831 in Nürtingen, 1871 österr. Minister, gest. in
Stuttgart 1908.
S. ist als Soziolog einer der Hauptvertreter der organisch-psycholo-
gischen Richtung. Die Gesellschaft ist ein psychologischer Organismus, der
aus Personen und Gütern besteht. Der Staat ist eine Gesamtpersönlich-
keit. Die Gesellschaft ist die Verkörperung des Gesamtbewußtseins, ein psy-
chischer Zusammenhang von Individuen mit geistigen und materiellen Gütern
und einem Territorium. Es gibt ein kollektives Denken, Fühlen und Wollen,
einen Volksgeist, eine soziale Bewußtseinsschwelle, eine „soziale Psychophysik"
usw. Kampf ums Dasein, Auslese, Anpassung usw. sind in der Gesellschaft
wirksam. Die Soziologie umfaßt die Morphologie, Physiologie, Psychologie der
Gesellschaft. Im übrigen ist S. Staatssozialist.
Schriften: Bau und Leben des sozialen Körpers, 1875 ff.; 2. A. 1896. — Das
gesellschaftliche System der menschlichen Wissenschaft, 1878. — Die Quintessenz des
Sozialismus, 1879; 13. A. 1891. — Die Aussichtslosigkeit der Sozialdemokratie, 4. A.
1893. — Gesammelte Aufsätze, 1885. — Kern- und Zeitfragen, 1901. — Abriß der
Soziologie, 1906.
Sollaller, Julius, geb. 1810 in Magdeburg, Prof. in Halle, gest. 1868. =
Hegelianer. Seele und Leib sind Formen eines Identischen; die Seele ist die
Subjektivität, die Einheit des Organismus. „Der Leib selbst als tätiges, sich
zusammenschließendes, sich idealisierendes Ganzes ist die Seele." Gott ist als
persönlich zu denken.
Schriften: Die Philosophie unserer Zeit, 1837. — Der historische Christus und
die Philosophie, 1838. — Geschichte der Naturphilos. von Baco bis auf unsere Zeit,
1841 — 46. — Vorlesungen über Schleiermacher, 1844. — Darstellung und Kritik der
Philosophie L. Feuerbachs, 1847. — Die Phrenologie, 1851. — Seele und Leib, 1855.
— Psychologie I (Das Seelenleben des Menschen), 1860, u. a.
Schallmayei*. Wilhelm, geb. 1857 in Mindelheim, Arzt in München. =
Vertreter der biologischen, darwinistischen Richtung der Soziologie (Selektionis-
mus) und der ,, Eugenik". „Je strenger die Auslese, desto größer der Fort-
schritt".
Schriften: Deszendenztheorie, 1901. — Vererbung und Auslese im Lebenslauf
der Völker, 1903; 2. A. 1910. — Beiträge zur Nationalbiologie, 1905. — Der Krieg
als Züchter, Arch. f. Hassen- und Gesellschaftsbiologie, 1908. — Eugenik, Zeitschr. f.
Sozialwissensch., 1908, u. a.
Schasler, Max, geb. 1819 in Deutsch-Krone, lebte in Berlin und Jena,
in Jena 1903. = S. ist Hegelianer. Das Schöne ist eine raum-zeitliche
Darstellung von Ideen. Es gibt Raum- und Zeitkünste.
Schriften: Die Elemente der philos. Sprachwissenschaft W. v. Humboldts, 1847.
— Hegel; 1870; 2. A. 1873. — Ästhetik als Philosophie des Schönen und der Kunst I: Ge-
schichte der Ästhetik, 1871 — 72. — Das System der Künste, 2. A. 1885. — Grund-
züge der Ästhetik, 1886. — Anthropogonie, 1888. — Ausgewählte Sammlung gemein-
verständlicher Abhandlungen, 1901.
Seheffler, Hermann, geb. 1820 in Braunschweig, gest. 1903.
Schriften: Körper und Geist, 1862. — Die Naturgesetze, 1876-83. — Die
SCHEFFLER — SC'HELLIXG. 625
Welt nach menschl. Auffassung, 1885. — Die erkennbaren und unerkennbaren Weltyer-
raögen, 1900, u. a.
Schegk, Jacob, 1511—1587, Prof. in Tübingen. = Aristoteliker, Gegner
des Ramus. — Vgl. Sigwart, Kleine Schriften I: Ein Collegium logicum im
XVI. Jahrhundert, 1890.
Scheler, Max, geb. 1871, Privatdozent in Jena. = Schüler Euckens. Die
psychologische sowie die transzendentale Methode der Erkenntnistheorie sind ein-
seitig. Eine Deduktion als systematische Ableitung der apriorischen Prinzipien für
alle mögliche Erfahrung ist undurchführbar. Die „noologische" Methode geht
von der „Arbeitewelt", den gemeinsam anerkannten Werkzusammenhängen der
menschlichen Kultur aus und begreift die Erkenntnisgebilde als Erzeugnisse des
geschichtlich sich entfaltenden Geistes, in dessen Organisation das Apriorische
angelegt ist.
Schriften: Beiträge zur Feststellung der Beziehungen zwischen den logischen u.
ethischen Prinzipien, 1899. — Die transzendentale und die psychologische Methode,
1900, u. a.
Schell, Hermann, geb. 1850 in Freiburg i. Br., Prof. d. kathol.Theol. in Würz-
burg, gest. 1906. Vertreter des Reformkatholizismus (Modernismus), dessen Schriften
auf den Index gesetzt wurden. = S. steht im wesentlichen auf scholastischem Boden
und ist, obwohl er manche Konzessionen an die Strenge des naturwissenschaft-
lichen Gesetzesbegriffes und an den Entwicklungsgedanken macht, doch Dnalist,
Theist, Teleologe. Alles ist im Naturlauf mechanisch verknüpft, zugleich aber
auch teleologisch, angefangen von der Wesenanlage der Urelemente bis zu den
Gesetzen, welche ihre Wechselbeziehungen in allgemeinen Formen zum Aus-
druck bringen. Die Teleologie bedeutet aber keine willkürlichen Eingriffe in
den Kausalzusammenhang, sondern „planmäßige Konstitution der Elemente und
planmäßige Zusammenordnung der Massen, Massenteilchen, Atome".
Schriften: Die Einheit des Seelenlebens aas den Prinzipien der Aristotelischen
Philosophie entnommen. — Die göttliche Wahrheit des Christentums, 1. ; Gott und Geist,
1895 — 9G. — Theologie u. Universität, 2. A. 1899. — Der Katholizismus als Prinzip
des Fortschritts, 7. A. 1899. — Das Problem des Geistes, 2. A. 1897. — Religion u.
Offenbarung, 1901. — Der Gottesglaube und die naturwissenschaftliche Welterkenntni-.
1904, u. a. — Kleine Schriften, hrsg. 1908. — Vgl. KlEFL, H. S., 2. A. 1907.
Selielling, Friedrich Wilhelm Joseph (von), geb. 27. Januar 177" in
Leonberg (Württemberg) als Sohn eines Geistlichen, war 1790 Student im theo-
logischen Seminar zu Tübingen, wo er mit Hölderlin und Hegel Freund-« halt
schloß und mit ihnen Plato, Leibniz und Kant studierte. 1792 promovierte er
mit einer lateinischen Abhandlung über den Ursprung des Bösen in der
Menschenwelt. Von 1794 an betätigte sich Seh. schriftstellerisch auf philo-
sophischem Gebiete. In Leipzig, wo er Hofmeister zweier junger Edelleute war.
studierte er (1796-97) auch Naturwissenschal t und .Mathematik. 1798 erhielt
er durch Goethes Vermittlung eine Professur in Jena. Hier verkehrte er mit
Goethe, Schiller. Fichte, ferner mit den Romantikern i.\. \V. Schlegel o. a.),
von denen er beeinflußt wurde und die er selbst beeinflußte. 1803 ging Seh.
E isler, Philosophen-Lexikon. I1 '
626 SCHELLING.
als Professor nach Würzburg, 1806 nach München, wo er Mitglied der Akademie
und Direktor der Kunstakademie wurde. 1820—26 dozierte er in Erlangen, 1827
wurde er Professor an der neuen Münchener Universität. Seit 1813 hatte Seh.
fast nichts mehr geschrieben , während er vorher viel veröffentlicht hatte ;
eine Wandlung vollzog sich in ihm. 1841 berief ihn Friedrich Wilhelm IV. als
Professor nach Berlin, wo er den Hegelianismus durch eine christliche Philosophie
beseitigen sollte. Aber der Erfolg, den Seh. früher gehabt hatte, blieb nun
aus, die „positive" Philosophie Sch.s fand keine rechte Beachtung. Dies und
ein zu seinen Ungunsten ausgefallener Prozeß mit dem Theologen Paulus bewog
Schelling zum Rücktritte von der Lehrtätigkeit. Am 20. Dezember 1854
starb Seh. im Bade Ragaz (Schweiz).
Seh., der schon als Knabe eine große Begabung zeigte, war eine künst-
lerisch-religiös, spekulativ veranlagte Natur, voll Phantasie, verbunden mit oft
außerordentlicher Gestaltungskraft, die sich vielfach in einer schönen Schreibweise
Ausdruck verschafft. Was ihm aber fehlte, war die Fähigkeit des strengen und
straffen, zähen, systematischen Denkens. Er war für Anregungen sehr empfäng-
lich, ließ sich durch Ideen leicht enthusiasmieren, und machte, unter dem
Einflüsse fremder Gedankenelemente, immer wieder Ansätze zur Neuge-
staltung seiner Anschauungen. So lassen sich bei ihm mehrere (etwa vier)
Perioden unterscheiden, in welchen er sich zunächst von Kant und Fichte, dann
auch von Herder, Goethe, Spinoza, Leibniz, Bruno, von Plato, Plotin, J. Böhme,
von verschiedenen Theosophen (darunter Baader), auch von der Gnostik und
Scholastik (auch zum Teil in der Methode der Darstellung) beeinflussen ließ. Stets
verriet Seh. eine große Kühnheit des Denkens und der Phantasie, der speku-
lativen Anschauung und Konstruktion, die neben vielem Abstrusem und Wirrem
viele originelle und dabei fruchtbare Elemente birgt. Nachdem der Aufschwung
der empirisch-realistischen Denkweise lange Zeit die Schellingsche Philosophie
ganz zurückgedrängt hatte, kommt man heute wieder öfters auf Schelling
zurück.
Die Weltanschauung Sch.s hat sich im Laufe der Zeit verschiedentlich ge-
staltet, sie hat eine Entwicklung durchgemacht. Aber der Kern derselben
bleibt doch schließlich die Verschmelzung des Idealismus mit dem Spinozismus
(bzw. dem Emanatismus) zu einem Identitätssystem, welches objektiver
Idealismus oder (wie Seh. selbst sagt) „Ideal-Realismus" ist. Bleibend ist
auch bei allen Wandlungen Sch.s der Charakter seiner Philosophie als einer
o r g an i sehen Weltanschauung, nach welcher das All ein innerlich-lebendiger,
einheitlicher Zusammenhang ist, der in jedem Teil zum Ausdruck kommt und
in den sich jeder Teil, jedes Ding und Geschehen einreiht.
Der Gedanke des Absoluten ist der Leitgedanke Sch.s, d. h. der Ge-
danke der allem Denken und Sein zugrunde liegenden unbedingten Einheit
als Gegenstand des absolu ten (über alles Endliche hinausgehenden) Wissens.
Die Philosophie ist eine „absolute Wissenschaft", ist „Wissenschaft des
luten". Sie ist Streben, am „Urwissen" teilzunehmen, geht auf das einzig
Walire und (wahrhaft) Wirkliche, Seiende: Das Ganze, Eine, Unendliche, die
Totalität, wie die Vernunft sie erfaßt (vgl. Spinoza: „sub specie aeternitatis").
SCHELLING. 627
„Der Standpunkt der Philosophie ist der Standpunkt der Vernunft, ihre Er-
kenntnis ist eine Erkenntnis der Dinge, wie sie an sich sind, d. h. wie sie in der
Vernunft sind. Es ist die Natur der Philosophie, alles Nacheinander und Außerein-
ander, allen Unterschied der Zeit und überhaupt jeden, welchen die bloße Einbil-
dungskraft in das Denken einmischt, völlig aufzuheben/' Nach einem obersten
Prinzip ist zu suchen. Dieses findet Seh. zunächst (mit Fichte) im absoluten
Ich, in welchem Setzen und Gesetztes zusammenfallen. Subjekt und Objekt
setzen ein solches Ich als Identitätsprinzip zusammen. Das absolute Ich ist
das, was „ schlechterdings niemals Objekt werden kann (Vom Ich, S. 12). Es
bringt sich durch absolute Kausalität denkend hervor, enthält alles Sein, alle
Realität, da es wie seine Attribute unendlich ist, ist die einzige Substanz, die
„immanente" Ursache alles dessen, was ist. Seine Form ist die Identität. N ur
das Ich verleiht allem, was ist, Einheit und Beharrlichkeit. Das absolute Ich
wird durch intellektuelle Anschauung erfaßt. Sie ist ein Vermögen,
uns selbst unter der Form der Ewigkeit anzuschauen, in uns das Ewige, Ab-
solute zu erfassen. Diese Anschauung ist der Punkt, „wo das Wissen um das
Ansohlte und das Absolute selbst eins ist. Vermittelst der intellektuellen An-
schauung schaut sich der Geist unmittelbar als produzierend an. Das (absolute)
Ich produziert (unbewußt, vermittelst der produktiven Einbildungskraft) das
Objekt, ein „Ding an sich" gibt es nicht (Zur Erläuter. d. Idealism. der
Wissenschaftslehre). Die Natur ist ein Produkt des unendlichen Geistes, der
im Raum, Zeit und Materie seine eigenen Gebilde anschaut. Diese Gedanken
führt Seh. in den „Ideen zu einer Philosophie der Natur" (1797; 2. A. 1S03)
weiter aus, an welche sich die Schriften „Von der Weltseele" und „Erster
Entwurf eines Systems der Naturphilosophie" mit „Einleitung zu seinem Ent-
wurf eines Systems der Naturphilos." anschlössen.
Damit ist Seh. in seine naturphilosophische Periode eingetreten. Die
Naturphilosophie Sch.s tritt der empirischen, quantitativ-mechanistischen Erkennt-
nisweise der Natur gegenüber als „spekulative Physik" auf dynamischer Grund-
lage, methodisch als „höhere Erkenntnis" der Natur auf . Die Naturphilosophie
betrachtet die Natur, wie sie in Gott ist, sie erhebt sieh über die einzelnen
Erscheinungen und Produkte zur Idee dessen, worin sie eins sind und aus dem
Bie als gemeinschaftlichem Quell hervorgehen. Der Zweck der Naturphilosophie
ist nicht Anwendung der Philosophie auf Naturwissenschaft, sondern, „die
Naturwissenschaft selbst erst philosophisch entstehen eh lassen". In
apriorisch-konstruktiver Weise werden die Naturphanomene gedeutet 1'
Tendenz aller Naturwissenschaft ist hierbei, wie Bch. Bpäter bemerkt, „von der
Natur aufs [ntelligente zu kommen", die Natur in [ntelligenz aufzulösen. Di
Natur ist nach Seh. der „sichtbare Geist", unbewußte [ntelligenz, die erst im
Menschen Bich ganz cum Objekt wird. In «Irr Natur, der einen Beite des „Ab-
soluten", ist das ganze Absolute erkennbar. Bie ist die „Hülle, in welche der
Akt des ewigen Prodnzierens sich kleidet". Dieses ewig« Handeln des Ab-
soluten, [dentischen hat zwei Seiten, eine reale und ideale Di< real« 3eite
jenes ewigen Handelns wird offenbar in der Natur: die Natur an Bich oder
die ewige Natur ist eben der in das Objektive geborene Geist, das in die Form
628 SCHELLING.
eingeführte Wesen Gottes." Die erscheinende Natur ist das Symbol oder der
Leib der schaffenden Natur. In den ersten naturphilosophischen Schriften führt
Seh. zunächst alle Naturphänomene auf anziehende und abstoßende Kräfte
zurück; auch betont er die Duplizität und Polarität der Erscheinungen. Das
Ursprüngliche in der Natur ist das Leben, die Welt ist ein Allorganismus,
dessen Prinzip die Weltseele ist, welche die „Kontinuität der anorganischen
und der organischen Welt unterhält und die ganze Natur zu einem allgemeinen
Organismus verknüpft" (Einfluß von Piatons „Timaeus" und von Hölderlin). Die
Natur ist in ihren ursprünglichen Produktionen organisch, wirkt mit blinder,
bewußtloser Intelligenz, die identisch ist mit dem bewußten Geist. Der
Charakter der Natur ist Produktivität, die aber zugleich gehemmt und so
Anschauungsobjekt wird. Sie kann aber als unendlich nie ganz zur Ruhe kommen
und so besteht überall „der Trieb einer unendlichen Entwicklung". Jede ursprüng-
liche Aktion ist individuell, ist eine „Naturmonade". Alle Materie ist ein „be-
stimmter Grad von Aktion", ihre Qualitäten sind Aktionen und der erfüllte
Baum ist das „Phänomen eines Strebens". In der Natur herrscht das Prinzip
der „Steigerung", ein „Trieb und Drang nach immer höherem Leben". Die
Stufenfolge aller organischen Wesen hat sich durch „allmähliche Entwicklung
einer und derselben Organisation" herausgebildet. Das Individuum ist hier
nur Mittel, Zweck ist die Gattung. Die unorganischen, toten und bewußtlosen
Gebilde sind nur mißlungene Versuche der Natur, sich selbst zu reflektieren,
nur eine „unreife Intelligenz". In der Welt steckt ein „Kiesengeist", der „ver-
steinert" ist, aber nach Bewußtsein ringt; im Menschen findet er sich, sich
selbst entfremdet, und könnte doch zu sich selber sagen, er sei der Geist, der sich
in allem bewegt. In allem ist nur eine Kraft, ein Wechselspiel und Leben
(vgl. Goethe, G. Bruno).
Das Gegenstück zur Naturphilosophie ist die T r a n s z e n d e n t a 1 p h i 1 o s o p h i e ;
läßt erstere das Ideelle aus dem Realen entspringen, so leitet die letztere das
Reale, die Natur aus dem Produzieren, dem schöpferischen Handeln des Geistes
ab. Das Ideelle oder Subjektive und das Reale (Reelle) oder Objektive sind
die beiden „Pole" des Absoluten und die Transzendentalphilosophie hat nun
die Aufgabe, „vom Subjektiven als vom Ersten und Absoluten auszugehen und
das Objektive aus ihm entstehen zu lassen". Alles Wissen beruht auf der
„Übereinstimmung eines Objektiven mit einem Subjektiven". Diese Überein-
stimmung ist zu erklären und zwar hier vom Subjektiven aus. Die trans-
zendentale Betrachtungsart erblickt das Angeschaute nur durch den Akt des
Anschauens, geht auf das geistige Produzieren des Objektiven, auf das „Handeln"
Li - Geistes, auf das „sich selbst Objekt-werden des Subjektiven", auf das
..Wissen überhaupt". Die Tran szen den talphilosophie zerfällt in theoretische, prak-
tische und in die Philosophie der Kunst, Das höchste Problem der Trans-
zendentalphilosophie ist: Wie können die Vorstellungen zugleich als sich
richtend nach den Gegenständen und die Gegenstände als sich richtend nach
Vorstellungen gedacht werden? Nur dadurch, daß zwischen beiden
n eine neue „vorherbestimmte Harmonie" besteht, und diese selbst ist
Dicht denkbar, wenn nicht „die Tätigkeit, durch welche die objektive Welt pro-
8< m.i.i.iN
duziert ist, nreprünglich identisch i-t mit der, welche im Wollen rieh fcußi
und iiiiiu«kt'hrt •■. I > i * eit, welche im freien Handeln mit Bewußtsein j
duktiv ist, muß im „Produzieren der Welt" ohne Bewußtsein produktiv sein. I
N;itur als < famoses i-t zweckmäßig, ohne zweckmäßig erklärbar eü Bein and die
Philosophie der Naturzwecke, dieTeleologie, i-t der \'< \< inigungspunkt der tl.
retischen und praktischen Philof der im [ch die Kunstphilosophie
entspricht.
I »:• th< erotische Philosophie erfaßt, wie alle transzendentale Betrachtung
durch den „inneren sinn'- das „Handeln der Intelligenz nach bestimmten Geeet
sie reflektiert dieses Handeln in „inteüektuell< hauung", einer Art ästhe-
tischen sinn.-. I>i<- [dentitäl des Denkens und des Objekts, welch
wird, findet >i<li im absoluten Ich, in dem, was sieh selbst zum Objekt macht
r kein Objekt, keine Bache, kein Ding i-t. Bondern eins i-t mit dem Denken
selbst, „reiner Akt", „reines Tun". Es i-t intellektuelle Anschauung, weil es
durch da- Wissen von sich Belbst erst entsteht, „Subjekl — Objekt" i-t. Das
,•■ [ch i-t nichts [ndividuelles, Bondern der Akt des „Selbstbewußt»
überhaupt". I>;i- reine Selbstbewußtsein i-t ein Akt. der außerhalb aller Zeit
_' und alle Zeit erst konstituiert. Es ist nicht, weil es das Bein selbei
gibt allen Dingen das Dasein, tragt sich Bei heint objektiv als
ewige Werden, subjektiv als das „unendliche Produzieren", i --it.
das Bein aber nur di< gehobene Freiheit*', Ausdruck ein* turnten
Freiheit, m eie Tätigkeit, die im W seit wird. Durch den ..al>-
Boluten Akt" d.-s reinen Selbstbewußtseins i-t das I < - 1 1 und alles für das [ch
setzt in einer ,,absoluten Bynthesis". I>a- Ich schaut sei n< !'••
heil als Aifektion ein«- Xi<ht-I<h an. es cinj»t intlrt. I »• r Qrund aller
Realität der Erkenntnis i-t der von der Anschauung anabhängige Grund
der Begrenztheit der [ch-Tätigkeit Die Anschauung schafft aus I
und Leiden ein gemeinschaftliches Produkt, zu dem auch Kaum und /.. it als
Formen der Objekte gehören. I>i<- (produktive) Anschauung i-t schon intellektuell,
der erste ><-britt des [chs zur [ntelligenz. In der Anschauung i-t der «
stand selbst unmittelbar gegenwartig, er wird niehl rschlossm. I) l ht-
hl /. B. i-t eins mit dem Sehen, ist das ursprüngliche Sehen - De\
Ausdruck des Gleichgewichtes ent£ I leeiten des G<
sie Materie, die aus (Expansiv- und Attraktiv Kräften besteht. Di<
Momente in der Konstruktion der M oteprechen den Akten der Int-
sind eigentlich drei Momente in d»-r < htr <1. - Srlb-tU-wn
..alli- Kraft I uns zuletzt auf bekomm«
i I • \I.m : . ist in der I Geist" (H i im
» rleichgewicht Beil I iler „««rl
• kt i-t nur ..\\\ ■ rte" Zeit. D • K ur-
-p! i Relation ist, sind Bai lunj durch w< l< be i
die « >b ■ Ibst entstehi o". Die £ h die Fü .•
barrende in d< i /.< it, I
Zeit der „I eine Rieht
dahei sind wenn einmal n ihn kommt, all« Kichtungci in ihm.
630 SCHELLING
Das Universum entsteht dem Ich vermöge des ursprünglichen Streites (der
Duplizität) des Selbstbewußtseins, welches selbst zur Intelligenz sich entfaltet,,
die durch ihre früheren Akte sich selbst bindet. Sie muß sich selbst in der
Sukzession ihrer Vorstellungen anschauen, insofern diese in sich selbst zurück-
läuft und diese in sich selbst zurückkehrende Sukzession ist — fixiert — die O r -
ganisation, die „erstarrte Sukzession", eine „Anschauungsart der Intelligenz".
Bedingung des Selbstbewußtseins ist, daß ich eine Tätigkeit von Intelligenzen
außer mir anschaue, weil es Bedingung ist, daß meine Tätigkeit sich auf ein
bestimmtes Objekt richte. Nur dadurch, daß Intelligenzen außer mir sind, wird
mir die Welt überhaupt objektiv. Daß Objekte wirklich außer mir existieren, da-
von kann ich nur dadurch überzeugt werden, daß sie von Intelligenzen außer mir
angeschaut werden. „Für das Individuum sind die anderen Intelligenzen gleich-
sam die ewigen Träger des Universums." Die gemeinschaftliche Welt der
Intelligenzen ist das Urbild, dessen Übereinstimmung mit meinen Vor-
stellungen allein Wahrheit ist.
Damit sind wir schon in der praktischen Philosophie, wo das Ich als be-
wußt tätig, als wollend auftritt. Die Wechselwirkung zwischen Intelligenzen
ist Bedingung der Freiheit. Die Einschränkung der Tätigkeit eines jeden
behufs der Freiheit gewährleistet das Eecht als ein höheres Naturgesetz.
Die Geschichte ist ein sukzessives Eealisieren eines Ideals; den Vernunft-
wesen ist die universelle rechtliche Verfassung als Problem gegeben. Die
moralische Weltordnung ist als Wirkung aller Intelligenzen, sofern sie eine
solche Ordnung wollen, zu erzeugen. In der Geschichte wird die Rechtsver-
verfassung allmählich verwirklicht, welche Freiheit und Notwendigkeit ver-
bindet. In ihr offenbart sich das Absolute, die „absolute Identität", das „ewig
Unbewußte" als die ewige Sonne im Reich der Geister, die „unsichtbare Wurzel,
wovon alle Intelligenzen nur die Potenzen sind, der Grund der Harmonie
zwischen dem Objektiven und dem Subjektiven. In der Geschichte ist ein
Geist, der in allen dichtet, durch jede Intelligenz handelt. „Die Geschichte
als Ganzes ist eine fortgehende allmählich sich enthüllende Offenbarung des
Absoluten." „Der Mensch führt durch seine Geschichte einen fortgehenden
Beweis von dem Dasein Gottes." Gott ist nie, wenn Sein das ist, was in der
objektiven Welt sich darstellt; wäre er, so wären wir nicht, aber er offenbart
sich fortwährend. Drei Perioden gibt es da: die tragische, wo das Herrschende
als Schicksal, als blinde Macht auftritt; die Periode der Offenbarung des Ab-
soluten als Naturgesetz, das die Freiheit zwingt, einem Naturplan zu dienen;
die Periode der Vorsehung. „Wann diese Periode beginnen werde, wissen wir
nicht zu sagen. Aber wenn diese Periode sein wird, dann wird auch Gott
sein."
Was in der Erscheinung der Freiheit und in der Anschauung des Natur-
produkts getrennt existiert, nämlich Identität des Bewußten und Bewußtlosen
im Ich und Bewußtsein dieser Identität, fällt im Kunstprodukt zusammen.
I >er Grundcharakter desselben ist eine „bewußtlose Unendlichkeit", welche ganz
zu entwickeln kein endlicher Verstand fähig ist. Jede ästhetische Produktion
geht aus vom Gefühl eines unendlichen Widerspruches, welches durch das
>< HELLING.
Kunstwerk befriedigt wird. In diesem Bind die beiden Tätigkeiten, irel
zuerst getrennt «raren, vereinigt und es und so durch das Kunstwerk ein
„Unendliches endlich dargestellt, worin die Schönheit [dealistu
Gehaltsästhetik). Kunst and Wissenschaft haben dieselbe Am. ein
sie gibt es nur in der Kunst Di>- Kunst ist die Objektivität der intellek-
tuellen Anschauung selbst; durch de wird ein iinendlich osatz in einem
endlichen Produkt aufgehoben. Die Kunst ist das „einzige and wahre und
ewige Organen zugleich und Dokument der Piiilosophie", sie ist das II-!.
w-il sie ..da- AJlerheüigste gleichsam öffnet, wo in ewiger und ursprunglicher
Vereinigung gleichsam in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte
sondert i-t und was im Leben und Handeln ebenso wie im Denken i
.. fliehen muß". Die Natur selbst ist ein „Gedicht". Die Phil ist
von der P< lOTen und kehrt in sie zurück. I >a> Ziel der Kunst ist
„Vernichtung dee Stoffes durch Vollendung der Form". Die absolute Schön-
heil ist die urbildliehe Schönheit der Idee. Das Erhabene ist die Einbildung
Unendlichen ins Bildliche. Das Tragische liegt dort, wo der Seid, der
durch Verhängnis schuldig wird, im Momente des größten Leidens rar höchsten
Befreiung gelangt
Den Standpunkt der Ldentit&tsphilosophie formuliert besonders die
Darstellung meines Systems" 1801). Das Absolute, die „absolute Vernunft*',
in der wir alles erkennen, wie es an Bich ist, die in allem eins und identisch
ist, der gemeinsame Grund von Natur und G an sich die „Indifferenz"
von Subjekt und Objekt, [deellem und Reellem, das, «ras ra beiden Gegen-
sätzen die Möglichkeit bat, an Meli aber aber allen Gegensatz und Unterschied
erhaben ist Da- Absolute ist die Lebendig« Identität des Subjektiven und
< objektiven, „eine Identität", das „gleiche West □ d< a Subjektiven und < Objektiven".
tt und das Universum sind nur „verschiedene Ansichten eines und
(iott ist das l'niversuni von der Seite der Identität betrachtet, er ist al
weil er das allein Reale ist All« rn es wahrhaft ist, ist das Ab-. .Int..
die absolute Identität. Das Einzelne, Endliche hat als solches kein wahres
- i; alles ist die Unendlichkeit selbst, ist in seiner Art unendlich. I1
solute tritt in swei „Pole" [8ubjekt — Objekt, [deeUes und Reelles
daß aut den verschiedenen Seinsstufen der eine oder der Pol
überwiegt. Die verschiedenen Seinsstufen nennt g b. Pot< uzen, die im Ab-
soluten alle zugleich sind. Sie sind bestimmte quantitative Diffei
Subjektivität und Objektivität. El gibt Natur- und < 1'
Naturpoteni (A) i-t die Schwere, du- rw( U \ In. die dril
anismus. I' M terie i-t ein unendlich. \| in. i-t
eine Form des Lichts. Der chemische Prozefi i-t identisch mit dem Galvan
um-. I >i- < Qualitäten der Mal K In den
-in.ii besteht k.-in. i
In „Bruno" (1 ü tnmenfallen da '
oluten Einheit, aus der all«- h< t und in die alles surückkehrl \
diesem zeitlos n Pein im Abeolub 1 1
(wie nach Plat i ihende Bild d-
SCHELLING.
des Bild des unendlichen Denkens. Die Seele ist die Potenz dessen, was im
Leibe verwirklicht ist, der „unmittelbare Begriff des Leibes". Seele und Leib
sind der zweifache Gedanke derselben Wesenheit (Identitätsstandpunkt). Den
Momenten des Psychischen entsprechen solche des Physischen, zwischen ihnen,
die ja nur „ideell" entgegengesetzt ist, besteht ein Parallelismus, eine Harmonie,
wie auch allem Subjektiven ein Objektives in der Natur entspricht.
In den „Vorlesungen über die Methode des akadem. Studiums" (1803),
einer gemeinverständlich gehaltenen Schrift, spricht Seh. von den im Absoluten
enthaltenen Ideen. Sie sind die „einzigen Mittler, wodurch die besonderen
Dinge in Gott sein können". Sie sind „Monaden", „lebendig", sind gleich
Gott produktiv und bilden ihre Wesenheit in das Besondere hinein, sie ver-
halten sich wie die „Seelen der Dinge". Die Ideen sind die „Wesenheiten der
Dinge als gegründet in der Ewigkeit Gottes", die ewigen Urbilder der Dinge in
der Vernunftanschauung. Die Philosophie ist die „Wissenschaft der Ideen",
„unmittelbare Darstellung und Wissenschaft des Urwissens selbst". In der
Natur wird Gott gleichsam exoterisch, sie ist die reale Seite des Absoluten,
„nur ein Moment oder Durchgangspunkt in dem ewigen Akt der Einbildung
der Identität in die Differenz". Die ideale oder geistige Welt ist die Einheit,
wodurch die Dinge in die Identität als ihr Zentrum zurückgehen und im
Unendlichen sind. In der idealen Welt, besonders in der Geschichte, legt das
Göttliche die Hülle ab, sie ist „das laut gewordene Mysterium des göttlichen
Reiches". Die Individuen sind hier „Werkzeuge einer ewigen Ordnung der
Dinge". Die Geschichte ist der „große Spiegel des Weltgeistes", das „ewige
Gedicht des göttlichen Verstandes". Das Christentum faßt die Geschichte
als Vorsehung auf. Die Dreieinigkeit bedeutet philosophisch, „daß der ewige,
aus dem Wesen des Vaters aller Dinge geborene Sohn Gottes das Endliche
selbst ist, wie es in der ewigen Anschauung Gottes ist". Die Menschwerdung
Gottes ist eine Menschwerdung von Ewigkeit; der Mensch Christus ist in der
Erscheinung nur der Gipfel.
Immer mehr nun bewegt sich das Denken Sch.s in theosophisch-mystischen
Bahnen. In der Schrift „Philosophie und Religion" (1804) lehrt er einen
„Abfall" der Dinge vom Absoluten, welcher ewig und außerweltlich ist; in der
lehheit kommt es zur Rückkehr zum Absoluten, zur Versöhnung mit diesem.
Die Idee der Seele ist in Gott ewig. Die Schrift „Darstellung des wahren
Verhältnisses der Naturphilosophie zur verbesserten Fichteschen Lehre" (1806)
bringt die Lehre von der „Kopula", vom „absoluten Bande", welches Unend-
liches und Endliches verbindet, und die unendliche Liebe Gottes zu sich selbst
ist. Den theosophischen Standpunkt stellt vollends die Schrift „Über das
n der menschlichen Freiheit" (1809) dar, die auf J. Böhme zurückgeht. In
Gott ist ein „Urgrund" oder „Ungrund" ein Grund seiner Existenz, die Natur
in Gott, aus der die Dinge werden. Der Ungrund (die Indifferenz) ist nicht
selbst Gott, sondern die Grundlage des Seienden, des Unvollkommenen, Bösen,
-hnsucht" in Gott, dem dunklen, verstandlosen Willen gehen die
endlichen Dinge hervor. „Wollen ist Ursein"; auf dieses allein passen alle
Prädikate desselben: Grundlosigkeit, Ewigkeit, Unabhängigkeit von der Zeit,
-« HELLING.
Selbstbejahung. Das unbegrenzte Sein in Gott ist das durch Bein bin
Wollen Gesetzte; das „blind Seiende" ist Wille, der in der Natur herrscht
_i. Schopenhauer). Der Eigenwille jeder Kreatur ordnet Bicfa dem Verstand
als Universahvillen unter. Im Menschen « ■rln.-llr rieb das finster« Prinzip, -
Wille kann die Einheit mit dem Göttlichen finden, das Böse das ani einem
all beruht, lassen, auch die Natur erli . Bartmann). Di«
Freiheit hat der Mensch im Zustande der Präexistenz, wo er seinen Charakter
frei bestimmt hat. von dem er jetzt determiniert ist ..Die Tat, wodurch -
Leben in der Zeit bestimmt ist, gehört selbst nicht der Zeit, sondern der
Ewigkeit an; sie geht dem Leben auch nicht der Zeit nach voran. Bondern
durch die Zeit hindurch (unergriffen von ihn als eine der Natur Dach eu
Tat.-- Durch sein vorzeitliches „Sei n", Bein ..l'r- und Grandwollt
sind die Handinngen des Manschen notwendig bestimmt (vgl. Kant. Seh |
hauei .
Diese theosophische Richtung hält Seh. auch in Beiner positiven Philo-
sophie bei, welche die [dentitatslehre ergänzen soll. Während die „ne§
Philosophie, die apriorische Vernunftwissenschaft) nur das begrifflich bestimmte
Was der Dinge erfaßt, geht die „positive1' Philosophie (als metaphysischer,
mystischer „Empirismus") auf das Daß der Dinge, die Existenz, die Lebend
konkrete Wirklichkeit selbst, aut das „Positive", d. h., das. traf I wird.
auf das rein logisch, durch reine Vernunft nicht zu Erfassende, irrationale.
Di positive Philosophie fährt zur Erkenntnis Gottes ani Grund der Erfahr
Beines Wirkens, wie sie in Mythologie und Religion (Offenbarung) vorli«
Im sinne eines Gnostizismus faßt Seh. Mythologie und Offenbarung als \Wlt-
prozease auf , die, anabhängig vom menschlichen Bewußtsein, rieh in ihm
Bpielen. Der mythologische Prozeß ist zugleich ein theogonischer Prozeß, durch
welchen Gott im Bewußtsein erzeugt wird, vollendet in der christlichen Offen-
barung und Geiatesreligion. In Gott - drei Potenzen (das unmittelbt
Beinkönnen oder der bewußtlose Wille, das ins Bein übergehende Beinköni
oder der besonnene Wille, and das zwischen beiden als Geist Schwebende). Gott
ist lebendige Einheit von Kräften, Persönlichkeit, er bat ..drei Angesichte"
(Vater, Bonn, Geist). Gott ist „überseiend", der ..Herr des Beins". —
Anhänger Schellings "der ?on ihm mehr oder weniger beeinflußt sind:
Oken, Bteffens, Bchelver, Schubert, Ast, Klein. Sehad, Blasche,
rroxlei J. J. Wagner, Rixner, V ! enbeck, Eschenn
3tutz ms n n . B ardaefa . K. I .. I 1 1 B '1
\. i Sibb( ii. Buabedissen, Windischmann, II. B(
L'Bchmid, C. Frants, K. Ph. Fischer «'.ll. W Wirth, llnan-
dorf, Bteffensen, 1'. J. Stahl o. a, Von Seh. beeinflußt Bind Hegel,
Bchleiermachei « b. Krause, Baader, Schopenhauei I ouain,
W. Rosen krantz, Deuting« - I • i I r. Hartmann, Fechi
W undt, 0. B rs an, Bei n a. a.
i . ' Anti<iuii»«i!iii ll :indi
piiiii, lT'.cj.
Wi . Dfl Mit' .'.intrum cpi«to!»run»
634 Schelling — Schellwien.
emendatore, 1795. — Über die Möglichkeit einer Form der Philosophie überhaupt, 1795.
— Vom Ich als Prinzip der Philosophie, 1795; 1809 (in den „Philos. Schriften"). —
Philos. Briefe über Dogmatismus u. Kritizismus, 1796 (Niethammers „Philos. Journal"),
1809. — Allgemeine Übersicht der neuesten philos. Literatur, 1797; 1809 (unter dem
Titel: Abhandlungen zur Erläuterung des Idealismus der Wissenschaftslehre). — Ideen
zu einer Philosophie der Natur, 1797; 2. A. 1803. — Von der Weltseele, 1798; 2. A.
1806; 3. A. 1809. — Erster Entwurf eines Systems der Naturphilosophie, 1799. —
Einleitung zu seinem Entwurf eines Systems der Naturphilosophie, 1799. — System
des transzendentalen Idealismus, 1800. — Zeitschrift für spekulative Physik, 1800—01,
(Darstellung meines Systems, im II. Bd. enthalten). — Bruno oder über das natürliche
und göttliche Prinzip der Dinge, 1802; 2. A. 1834, 1842. — Clara od. der Zusammenhang
der Natur mit der Geisterwelt, 2. A. 1865. — Neue Zeitschrift f. spekul. Physik, 1802.
— Kritisches Journal der Philosophie, 1802—03 (mit Hegel). — Vorlesungen über die
Methode des akademischen Studiums, 1803; 3. A. 1830, neue Auflage 1907. — Philo-
sophie und Keligion, 1804. — Darlegung des wahren Verhältnisses der Naturphilos. zur
verbesserten Fichteschen Lehre, 1806. — Aufsätze in den „Jahrbüchern der Medizin"
(1806 — 08). — Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur, 1807, 1825.
— Philos. Schriften, 1809. — Philos. Untersuchungen über das Wesen der menschlichen
Freiheit, 1809, 1834. — Denkmal der Schrift Jacobis von den göttlichen Dingen, 1812.
— Über die Gottheiten von Samothrake, 1815. — Zur Geschichte d. neuern Philosophie,
WW. I, Bd. X; auch in der „Philos. Bibl." (hrsg. von Drews). Einleit. in die My-
thologie; Philosophie der Mythologie; Philos. der Offenbarung (WW. II, Bd. XE — XIV)
u. a. — Sämtliche Werke, 2 Abteilungen, 14 (10 -{- 4) Bde., 1856 ff. — Werke in
Auswahl, hrsg. von O. Weiss, 3 Bde., 1908. — Aus Schellings Leben, in Briefen, hrsg.
von J. L. Plitt, 1775—1803, 1869—70. — Vgl. ROSENKEANZ, Seh., 1843. —
No^CK, Seh. u. d. Philos. d. Romantik, 1859. — K. FlSCHER, Gesch. d. neuern
Philos. VI. — K. FRANTZ, Sch.s positive Philosophie, 1879—80. — E. V. HART-
MANS, Sch.s philos. System, 1897. — O. BRAUN, Sch.s geistige Wandlungen, 1906;
S. als Persönlichkeit, 1909. — M. ADAM, Sch.s Kunstphilosophie, 1907. — E. FüCHS,
Schöpferisches Handeln (Anthologie), 1907. — MEHLIS, S.s Geschichtsphilos., 1906.
Schellver, Franz Josef, geb. 1778 in Osnabrück, seit 1807 Prof. der
Medizin in Heidelberg, gest. daselbst 1832. = Von Schelling beeinflußter
Xnturphilosoph.
Schriften: Elementarlehre der organischen Natur I, 1808. — Zeitschrift für
organische Physik, 1803. — Philosophie der Medizin, 1809. — Von den Geheimnissen
des Lebens, 1814. — Von den sieben Formen des Lebens, 1817.
Sdiellwien, Robert, geb. 1821 in Danzig, gest. 1900 in Quedlinburg.
Seh. lehrt einen, von Fichte und Schopenhauer beeinflußten, voluntaristi-
schen Idealismus und ist ein Gegner des Darwinismus. Das Wissen ist nach
Seh. ,, absolutes, schlechthin auf sich und in sich beruhendes Leben". Der
Quellpunkt des Wissens, die Ichheit, ist die Ursache alles Gewußten. Das
menschliche Wissen ist zuerst unbewußtes Einzelwesen, zugleich aber hat es
dag Vermögen, dies Unbewußtsein zu verneinen. Der Wille ist die „der
Natur urschöpferisch voranstehende Lebensgrundmacht", das „Vermögen,
allen mannigfaltigen Inhalt des Bewußtseins in sich aufzuheben und der ab-
solut« M -r Tum Bestimmung zu unterwerfen". Allen Dingen ist die schöpferische
rrkraft. der „Allwille", in beschränkter Weise immanent. Der Mensch ist
Schellwien — Schiller. 635
Einzelwesen und Allkraft zugleich; in seinem Erkennen verhält er sich nach-
schöpferisch. Der Erkenn tniswille ist der Grund der Erfahrung, der unbewußte
Erbauer der Erfahrungswelt; er ist eine Offenbarung des Allwissens im Menschen,
in dem er sich wie in den anderen Wesen selbst verwirklicht.
Schriften: Sein und Bewußtsein, 1863. — M. Stirner u. Fr. Nietzsche, 1892. —
Der Geist d. neueren Philosophie, 1895 — 96. — Der Darwinismus, 1896. — Nietzsche
u. seine "Weltanschauung, 1897. — Der Wille, die Lebensgrundmacht, 1898. — Philo-
sophie und Leben, 1898. — Wille u. Erkenntnis, 1899, u. a.
Schemaim. Karl Ludwig, geb. 1852 in CÖln. Prof. in Freiburg i. B.
= Anhänger Gobineaus; Herausgeber der Schriften desselben.
Schriften: K. Wagner, 1878. — Gobineaus Rassenwerk, 1910, u. a.
Scherer, Christoph, geb. 1871 in Schweinfurt, Dozent in Würzburg. =
Theistischer Standpunkt.
Schriften: Das Tier in der Philos. des H. S. Reirnarus, 1898. — Der biologisch-
psychol. Gottesbeweis bei E., 1898. — Die Gotteslehre bei J. H. v. Fichte, 1902. —
Sittlichkeit und Recht, 1904.
Schiller, Friedrich, 1759—1805, der klassische Dichter hat sich auch als
philosophischer Denker ausgezeichnet. Auf der Karlsschule las er Shaftesbury,
Rousseau, Lessing, Garve u. a. und wurde durch seinen Lehrer Abel mit der
Leibniz-Wolffschen Philosophie vertraut, wie dies die „Philosophischen Briefe"
(1786) zeigen. Einen starken Eindruck machte dann (seit 1787, 1791) Kant
auf ihn, auf dessen Wegen er, aber mit selbständigen Anschauungen (besonders
auf dem Gebiete der Ästhetik) im Einzelnen, wandelte. Ohne ein systema-
tischer Philosoph zu sein , hat Seh. in Poesie und Prosa eine ausgeprägt
idealistische Weltanschauung, Grundzüge einer Kultur philosophie dar-
gelegt.
Aus seiner Leibniz-Wolffschen Periode sei erwähnt, daß Seh. (in seiner
Dissertation : Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner
geistigen, 1780) einen Parallelismus zwischen psychischen und physiologischen
Vorgängen annimmt. „Die Tätigkeiten des Körpers entsprechen den Tätig-
keiten des Geistes." In den „Philosophischen Briefen" gibt Seh. seiner spiri-
tualistisch-optimistischen Weltanschauung beredten Ausdruck. „Das Universum
ist ein Gedanke Gottes." „Wo ich einen Körper entdecke, da ahne ich einen
Geist." Alle Geister werden von Vollkommenheit angezogen, alle streben nach
dem Zustand der höchsten freien Äußerung ihrer Kräfte. Die Natur ist ..ein
unendlich geteilter Gott". Das göttüche Ich hat sich in zahllose empfindende
Substanzen gebrochen: „Freudlos war der große Weltenmeister, | Fühlte
Mangel, darum schuf er Geister, | Sel'ge Spiegel seiner Seligkeit. Fand das
höchste Wesen schon kein Gleiches, | Aus dem Kelch des ganzen Wesen-
reiches | Schäumt ihm die L'nendlichkeit."
Die Ethik Kants mit ihrer Forderung sittlicher Autonomie billigt Bch.
durchaus, nur will er den „Rigorismus- dahin mildern, daß in der „schönen
Seele" an Stelle der strengen Herrschaft der Pflicht im Kampf mit der Sinn-
lichkeit das sittlich«' Sein der Persönlichkeil mit ihrer Neigung /um Sittlichen
636 Schiller.
tritt. In der schönen Seele harmonieren Pflicht und Neigung, Sinnlichkeit
und Vernunft, als sittliche Anmut, welche die sittliche Würde ergänzt.
Bei der schönen Seele sind eigentlich nicht die einzelnen Handlungen sittlich,
sondern der ganze Charakter. Erst wenn die sittliche Denkart dem Menschen
zur Natur geworden ist, ist sie geborgen; dann bedarf es nicht mehr der „im-
perativen Form" des Sittlichen. Sind Anmut und Würde in derselben Person
vereinigt, so ist der Ausdruck der Menschheit in ihr vollendet.
Der Mensch befindet sich zunächst in einem „Notstaat", mit dem er als
moralische Person nicht zufrieden sein kann; er will den Naturstaat in einen
sittlichen verwandeln. Jeder Mensch trägt, der Anlage und Bestimmung nach,
einen ,, reinen idealischen Menschen in sich, mit dessen unveränderlicher Ein-
heit in allen seinen Abwechselungen übereinzustimmen, die große Aufgabe
seines Daseins ist". Dieser reine Mensch wird durch den Staat repräsentiert,
die objektive Form, in der sich die Mannigfaltigkeit der Subjekte zu ver-
einigen trachtet. Der Mensch in der Zeit soll sich zum „Menschen in der
Idee" veredeln. Bei dem Volke, das fähig sein soll, den Staat der Not mit
dem Staat der Freiheit zu vertauschen, muß „Totalität des Charakters" vor-
handen sein, Harmonie der Triebe und Kräfte. Dazu ist ästhetische Kultur
notwendig. Durch sie werden der sinnliche „Sachtrieb" und der „Formtrieb",
der aus der vernünftigen Natur des Menschen entspringt und gesetzgebend
auftritt, alles zu einer „Ideeneinheit" erhebt, in der Einheit des Spieltriebes
verbunden, der den Menschen zum vollen Menschen, zur Einheit von Sinnlich-
keit und Vernunft macht. Der Gegenstand des Sachtriebes ist das Leben, der
Gegenstand des Formtriebes die Gestalt, der des Spieltriebes die „lebende Ge-
stalt", in der die Schönheit besteht. Die Schönheit ist ein Spiel und der
Mensch „ist nur da ganz Mensch, wo er spielt" (Das Spielen führt Seh., wie
später Spencer, auf überschüssige Kraft zurück). Im Schönen stimmen Sinn-
lichkeit und Vernunft zusammen, das Schöne vermittelt zwischen Natur und
Sittlichkeit und erhebt den Menschen auf die höchste Stufe, die er im „ästhe-
tischen Staat" (im Unterschiede vom dynamischen Rechtsstaat und vom mora-
lischen Staat) einnimmt. Die Schönheit ist „die Bürgerin zweier Welten",
indem die Vernunft das Sinnliche übersinnlich behandelt, es zum Ausdruck
einer Idee macht. Schönheit ist, kurz gesagt, „Freiheit in der Erscheinung",
Ausdruck selbständigen Lebens. Der ästhetische Sinn sucht in der Form ein
„freies Vergnügen", schaut uninteressiert an (vgl. Kant). Es handelt sich hier
um den ästhetischen Schein, der weder Realität vertreten will, noch von der-
selben vertreten zu werden braucht. Das Gefühl des Erhabenen ist eine
Zusammensetzung von Wehsein und Frohsein. Es besteht aus dem Gefühl
unserer Ohnmacht und Bewegung, einen Gegenstand zu umfassen, und aus
dem Gefühl unserer Übermacht, welche vor keinen Grenzen erschrickt und
dasjenige sich geistig unterwirft, dem unsere sinnlichen Kräfte unterliegen; es
hafft uns einen Ausgang aus der sinnlichen Welt.
Au- den Gedichten Sch.s führen wir folgendes an
Schiller, 637
Wirke Gutes, du nährst der Menschheit göttliche Pflanze,
Bilde Schönes, du streust Keime der göttlichen aus.
Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, Hoch über der Zeit und dem Räume webt
Und würd' er in Ketten geboren. — Lebendig der höchste Gedanke,
Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall. — Und ob alles in ewigem Wechsel kreist,
Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt, Es beharrt im Wechsel ein ruhiger Geist.
Wie auch der menschliche wanke;
Des Gesetzes strenge Fessel bindet Mit des Menschen Widerstand verschwindet
Nur den Sklavensinn, der es verschmäht; Auch des Gottes Majestät.
Aber in den heiteren Kegionen,
Wo die reinen Formen wohnen ;
Es ist dennoch das Schöne, das Wahre!
Es ist nicht draußen, da sucht es der Tor ;
Es ist in dir, du bringst es ewig hervor.
Schriften (philosophisch-ästhetische): Philos. Briefe, 1786. — Über den Grund
unseres Vergnügens an tragischen Gegenständen, 1792. — Über die tragische Kunst,
1792. — Über Anmut und Würde, 1793. — Über naive und sentimentalische Dichtung,
1796. — Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschengeschlechts, 1795. — 'S om
Erhabenen. Werke, hrsg. von Goedecke, 1867 — 76. — Philos. Schriften, hrsg. von
Kühnemann (Philos. Bibl), 2. A. 1910. — Vgl. K. FISCHER, Schiller als Philosoph,
1858; 2. A. 1892. Schiller-Schriften, 2. A. 1891—92. — E. TOMASCHEK, Seh. und
Kant, 1857. — ÜEBERWEG, Seh. als Historiker u. Philosoph, 1884. — K. BERGER,
Die Entwicklung der Sch.schen Ästhetik, 1893. — GEYER, Sch.s ästhetisch -sittliche
Weltanschauung, 1898. — KÜHNEMAXX, Kants und Sch.s Begründung der Ästhetik,
1895. — P. FRIEDRICH, Seh. und der Neuidealismus, 1909. — Vgl. Seh. als Philo-
soph und seine Beziehungen zu Kant, hrsg. von Vaihinger und Bauch, 1905.
Schiller. F. C. S., geb. 1864, Prof. in Oxford.
Seh. ist. wie James u. a., ein Vertreter des Pragmatismus, mit dem er
den Humanismus verbindet. Zugleich ist er Anhänger eines metaphysischen,
spiritualistisch gefärbten Pluralismus.
Denken und Erkennen sind voluntaristisch-teleologisch zu be-
stimmen. Das Denken ist willensgemäß und zweckbestimmt („purposively
initiated and directed"), es dient theoretisch-praktischen Bedürfnissen, insbe-
sondere der Herstellung von Harmonie in den Erlebnissen, in der Erfahrung.
Bedürfnisse, Willensziele bestimmen die Erkenntnis, sind deren Voraussetzungen,
die hier in biologisch-psychischen Funktionen liegen. Die Zentralfunktion
unseres Geistes ist Wille und „selektive Aufmerksamkeit". Die Axiome des
Denkens sind weder empirische Abstraktionsprodukte noch apriorische Wahr-
heiten, sondern Postulate, die einer Selektion unterlegen sind und sich be-
währt haben. Notwendig und allgemeingültig sind sie nur, weil wir sie als Denk-
mittel brauchen und wollen, nicht schon an sich. Die Axiome entstehen durch
638 Schiller.
einen Prozeß des Experimentieren s, welches sie als geeignet zeigt, die Welt
unseren Wünschen konform zu gestalten. Erkennen ist aktive Gestaltung
seitens menschlicher Personen, und es gibt keine von dieser Gestaltung unab-
hängige Wahrheit und Wirklichkeit. Der „Humanismus" lehrt, daß der
Mensch eine Welt menschlicher Erfahrung mit menschlichen Denkmitteln zu
begreifen strebt. Der Mensch ist das Maß der Dinge, darin hat Protagoras
Recht, Alle Wahrheit ist relative, menschliche Wahrheit, nichts Absolutes.
Wahrheiten sind Handlungsregeln („rules for actions"), ihre Bedeutung liegt
in ihrer Anwendung und ist von einem Zweck abhängig, im Hinblick auf
den (etwa auf Harmonie der Erfahrung) sie gelten. Wahrheiten müssen sich
betätigen und damit praktisch werden (Aktivistischer, instrumentaler Wahr-
heitsbegriff). Wahrheit beurteilt sich nach ihrer Zweckgemäßheit („conducive-
ness to our ends"). Wahr ist, was für den Aufbau einer Wissenschaft nützlich
ist („what is useful in building up a science"). Die Konsequenz der Urteile
für menschliche Interessen und Zwecke, für die „Praxis", ist das Kriterium
der Wahrheit, die nur als Ideal absolut sein kann. Der Anspruch auf Wahr-
heit, den die individuell gefällten Urteile machen, muß sich erst bewähren,
dann erst entstehen allgemeine, gattungsmäßige Wahrheiten. Die Wahrheit
ist nichts Gegebenes, sie entsteht, wird erzeugt, entwickelt sich; alte Wahrheiten
machen neuen Platz, die sich besser bewährten.
Auch die Wirklichkeit ist nicht ein- für allemal gegeben, sie ist ein stetig
Werdendes. Die Individuen konstruieren ihre Welt durch wiederholte Ver-
suche (,,by experimenting or making trial"). Die Wirklichkeit ist wesentlich
Stoff, aus dem wir sie gestalten („essentialy vty, it is what we make of it").
Sie ist plastisch, nach unseren Bedürfnissen gestaltbar („plastic, and may be
moulded by our wishes"). Wissenschaftliche Tatsachen sind nichts von uns
unabhängig Gegebenes; eine Auswahl seitens des Interesses hebt erst solche
Tatsachen aus einem Chaos heraus. Der Weltprozeß schreitet noch immer
fort, die Wirklichkeit ist unvollständig, kann vervollkommnet, durch Neues
bereichert werden (vgl. James). Die Metaphysik muß anthropomorphisch,
individualistisch, pluralistisch sein. Die Welt besteht an sich aus Monaden,
an deren Spitze die göttliche Persönlichkeit steht, deren Wesen die unver-
änderliche Tätigkeit (ivegyeia axivfjolag, wie Aristoteles sagt) ist. Gottes aktiv-
unbewegtes Leben ist zeitlose Ewigkeit, reinste Seligkeit, ein Bewußtsein mit
ewigem Inhalt. Die materielle Welt ist ein Produkt der Wechselwirkung
zwischen dem göttlichen Geist und den Monaden. Die Zeit entsteht erst mit
dem Weltprozeß, der nicht unendlich ist, sondern absolute Harmonie der Indi-
viduen zum Endziel hat, so daß die Einheit nicht der Anfang, sondern das
Ende des Geschehens ist (wie James).
hriften: Riddles of the Sphinx. A Study in the Philosophy of Evolution
nter dem Pseudonym „A Troglodyte"), 1891; 3. ed. 1910. — Humanism, 1903;
tudie« in Humanism, 1907 (Auswahl aus beiden, deutsch 1911). — Axiomes as Postu-
e«, 1902 (bei Sturt, Personal Idealism ; deutsch in der genannten Auswahl). — Plato
Protagora», 1907. — The Metaphysics of the Time-Process, Mind, 1895. — Der
S< mi.i.i:i: - B< HLEGEL.
rationalistische Wahrheitsbegriff, Verhandl. des III. Intern. Kongr. für Philos. 1908. —
Error, 1911, u. a.
Schilling. Gustav, geb. 1S15 in Köthen, Beil 1846 Prof. in Gießen, _
daselbst 1872. = Anhänger Herbarts,
Schriften: Leibniz als Denker, 1846. — Lehrbuch der Psychologie. 1851. —
Die verschiedenen Grundansichten vom Wesen des Geistes, 1863. — Beiträge zur
: hte und Kritik des Materialismus, 1863.
Schlegel, Friedrich, geb. L772 in Hannover, gest. ls2'.i in Dresden, der
berühmte Romantiker, 1796 Privatdozent in Jena, 1799 in Berlin, 1800 wi<
als Dozent in Jena, wo er mit seinem Bruder August das lrAthenaeum"
(17'.»^— 1800) herausgab und bis 1802 verweilte, hielt dann Vorlesungen in
Dresden und Paris, trat zum Katholizismus über, hielt in Wien Vortrag«
später in Druden, wo er 1829 starb.
8. ist ah philosophischer Denker (außer von Goethe) zunächst von Fichte
jiilni'.t. dessen Idealismus er aber im Sinne eines ästhetischen Indivi-
dualismus (Asthetizismus) modifiziert. Das absolute Ich ist vom endlichen
[ch nicht zu scheiden. Dieses, das empirische Subjekt, das Iranstierische
lie insbesondere, ist der freie Schöpfer seiner Phantasiegebilde, über dii
rieh in romantischer Ironie selbst hinwegsetzen kann, »ich immer wieder
selbst aberwindend (vgL Nietzsche). In der .Ironie-- erhebt Bich das [ch i
alles Bedingte, auch aber die eigene Kunst, Tugend oder Genialität, es gibt
sich keiner Sache so hin. daß es diese Eingabe ernst nehmen würde. I
[ch kennt kein anderes Gesetz als das seines wechselnden Willens, es laßt sich
innerlich nicht binden, ist schrankenlos. Der wahre Mensch ist der Künstler;
in ihm, dem Genie spricht die Gottheit Wahre lugend i-t Genialität. Für
das Genie tritt der Genuß an die Stelle der Arbeit.
Später in den „Philosophischen Vorlesungen" 1804—1806), rückt S. von
diesem Subjektivismus ab und wendet Bich einem ^von Schelling, Böhme,
der u. a. beeinflußten) pantheistischen Idealismus zu, nach welchem
das „Welt-Ich" die einzige Realität ist. In seiner Bpiritualistischen „Philo-
sophie des Lebens4' betrachtet Seh. das Wissen als höheres BrtahrungBwise
welches aui der Offenbarung Gottes in der Natur und im Gewissen beruht
Das Unendliche ist werdend, i-t Leben. Raum und Zeit sind Produl
ttlichen Seins. l>i< Gesetze der Natur halten ihren Grund in einer
luten göttlichen Willkür". Die W< bichte deutet S. thet
zwischen Sündenfall und Erlösung eingeschlossen. .1
l und der < " * ni< htsa hu ib -• - i in rückwärt
od< r Propb
bviftas I
— Philo«. \ n au« d«
langes Iber Philo«, di
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; fFstke, 10 II v\ m.
Die roii Li !:• H, - 1-1 11
6&0 Schleiden — Schleiermacher.
Schleiden, Matthias Jakob, geb. 1804 in Hamburg, 1839 Prof. in Jena,
1863 in Dorpat, seit 1864 in Dresden, gest. 1881 in Wiesbaden. = Anhänger
von Fries, der scharf zwischen der Natur, ihrer Gesetzlichkeit und Determiniert-
heit und der freien Geisteswelt unterscheidet.
Schriften: Studien, 2. A. 1857. — Enzyklopädie der theoret. Naturwissenschaften,
1850. — Zur Theorie des Erkennens durch den Gesichtssinn, 1861. — Über den Mate-
rialismus der neuern deutschen Naturwissenschaft, 1863, u. a.
Schleiermaclier, Friedrich Ernst Daniel, geb. 21. November 1768 in
Breslau als Sohn eines reformierten Geistlichen, auf dem Gymnasium der
Brüdergemeinde zu Niesky herangebildet, studierte auch in deren Seminar zu
Barby Theologie, trat aber 1787 aus der Gemeinde aus und ging nach Halle,
wo er Theologie und Philosophie studierte. 1790—93 war er Hauslehrer im
Hause des Grafen Dohna-Schlobitten zu Finkenstein, 1794-96 Hilfsprediger
in Landsberg a. d. Warthe, 1796—1802 Prediger an der Charite in Berlin,
1802—04 Hofprediger in Stolpe, 1804 wurde er a. o. Professor in Halle: er
ging aber 1807 nach Berlin, wo er 1809 Prediger an der Dreifaltigkeitskirche
und 1810 Professor der Theologie (aber verbunden mit philosophischen Vor-
lesungen), 1811 Mitglied, 1814 Sekretär der Akademie der Wissenschaften
Avurde und wo er am 12. Februar 1834 starb.
Als Denker ist Schi, eine allen Extremen abgeneigte, zur Synthese ge-
neigte, tief religiöse Natur, von Plato, Spinoza, Kant, Fichte und Schelling
beeinflußt; namentlich an letzteren knüpft er in seinem Systeme des „Ideal-
Realismus" an. In den „Vertrauten Briefen über die Lucinde" (1800 anonym
erschienen) nimmt sich S. der viel geschmähten Schrift F. v. Schlegels an und
betont das Verbundensein von Sinnlichkeit und Geistigkeit in der Liebe, in
welcher die wahre Unendlichkeit liegt.
In seiner Erkenntnis- und Seinslehre, welche er als „Dialektik"
bezeichnet, stellt S. eine Synthese von Idealismus und Realismus her. Die
Wissenschaften überhaupt gliedert S. in Physik (Naturphilosophie) und
Ethik (Geistesphilosophie). Die Physik ist Naturkunde und Naturwissenschaft,
die Ethik Geschichtskunde und Sittenlehre. Die Physik stellt das Vernunft-
werden der Natur, die Ethik das Naturwerden der Vernunft dar. Die Philo-
sophie ist Dialektik, welche die Prinzipien des Philosophierens enthält.
Philosophieren heißt, den „inneren Zusammenhang alles Wissens machen";
Philosophie ist das „höchste Denken mit dem höchsten Bewußtsein", voll-
kommene Entwicklung des Bewußtseins. Die Dialektik ist Kunstlehre des
Denkens, Organon des Wissens, d. h. der Sitz aller Formeln seiner Kon-
struktion, die Kunst des Begründens, die Kunst des Symphilosophierens.
Alles Wissen ist nämlich ein gemeinschaftliches Denken, nicht bloß Überein-
stimmung des Denkens mit dem Sein, sondern auch der Denkenden unter-
einander. Das Wissen ist dasjenige Denken, welches in der Identität der
Henkenden Subjekte gegründet ist und zugleich dem Sein entspricht. Denken
und Sein „korrespondieren" miteinander; das Wissen ist ein Denken, „welches
die Beziehungen eines bestimmten Seins zur Organisation richtig ausdrückt".
x BLEIEBMACHEB. 641
Mit der Idee des Wissens isl gesetzt „eine Gemeinsamkeit <l«_-r Erfahrung und
eine Gemeinsamkeit der Prinzipiell unter allen mittelst i ntität der Ver-
nunft und der Organisation in allen". Erkenntnis hl dnrcfa das Zu-
Bammenwirken der sinnlichen, „organischen1' Punktion und der „intellektuelle
Funktion der Vernunft Durch entere wird der Btofl des W .-n,
durch letztere die Form derselben erzeugt ..In allem Denken isl die V
nunfttätigkeit der Quell der Einheit und Vielheit, die organische Tätigkeit i
der Quell dei Mannigfaltigkeit." „Ohne Einheil und Vielheil ist die Main
Ealtigkeit unbestimmt; ohne Mannigfaltigkeit ist die bestimmte Einheit und
Vielheit leer." Durch d rfnetsein des geistigen Lehen- nach anJ
(dunh die Organisation) kommt das Denken zum Gegenstand oder zu Beinern
Stoffe, durch .-••in.- -ich immer gleiche Tätigkeit (Vernunft) kommt es zu Beiner
Form. Im Erkennen sind Receptmtäi und Spontaneität vereinigt Ideales
und Reales entsprechen einander (Logisch-ontologischer Parallelismus). „Di
nun dir Vernunfttätigkeit gegründet i>t im Idealen, dir organische aber al-
abhängig von den Einwirkungen der Gegenstände im Realen: -<> i-t das Sein
auf ideale Weia ebenso ge» -t/.t wie auf reale, und ideales und reales lauten
parallel nebeneinander fort als modi des Sein-- (vgl. Spinoza, Schelling). I1
Anschauungsf ormen, Kaum und Zeit) sind rabjektiv und objektiv zu-
h Sie Bind „die An zu Bein der Dinge Belbst, uicht nur unserer V
Stellungen". Der Kaum i>t das „Außereinander des Seins", die Zeit das
,.Aui'.'ivi!i;indei- des Tun-". Die Kategorien Bind als Anlagen dem
ren, entstehen aus der Vernunft, dem „Orte" der Kategorien, Bind miI>-
jektrv und objektiv zugleich. Das Denken hat die Form des Begriffs und
des Urteils, die einander wechselseitig voraussetzen. Da I entspricht
dem Fürsichseirj der Dinge, den „substantiellen Formen", da- lrt.il dem Zu-
sammensein, der Wechselwirkung der Dinge, Dem hönerei rieht
das Sein als Kraft, dem niederen da- Sein als Erscheint! 1 1
Krall äl -ich wirksam beweisendes Sein. Dem Urteil entspricht di< l«
be". Jedes Bein ist frei als Kraft, aber der Notwendigkeit unl
worfen, Bofern es im Zusammenhang mit anderen betrachtet wird,
des Willens i>t innere, geistige Determination, Entwicklung au- rieh sei
Das Selbstbewußtsein i-t der Punkt, in welchem Denken und Sein un-
mittelbar identisch Bind. Di«- Seele ist die Einheil des Ich in besug aal den
inismus.
Die absolute Kinlnit des Idealen und Realen li< Gott, den „trans-
zendentalen Grund" ran beiden, den wir nur in der an [denttl
Denkens und WoOens, im Gefühl haben. Welt und I
nicht identisch. Denn Gotl ist Einheit ohne Vielheit, die Welt Vielheit ohne
l hh.it: die Welt ist ranm-zeitlich, Gott räum- und zeitlos und .1. S ition
all. tze. Aber die Welt ist nicht ohne Gott, <;«-n Dicht ohne
Welt zu denken. Gott ist die „rolle Einheit" der Well I
als Absolutes anpersönlich und uicht außerhalb der W.U. d i
keil derselben nicht (durch Wunder durchbrechend.
1 1
642 SCHLEIERMACHER.
Die Religion ist nicht intellektualistisch zu fassen, nicht als Inbegriff
von Dogmen, sondern als Anschauung und Gefühl, wodurch das Unendliche
im Endlichen selbst erfaßt, erlebt wird. Das Wesen der Religion ist das
„scMechthinnige Abhängigkeitsgefühl", in welchem wir unser Verhältnis zum
Unendlichen, Ewigen unmittelbar erfassen. Wir betrachten hier alles Endliche
als Darstellung des Unendlichen und handeln hiernach, tun alles mit (nicht
aus) Religion. Unser Sein und Leben fühlen wir als ein „Sein und Leben
in und durch Gott". In den „Monologen" betont S., jeder Mensch solle auf
seine Weise die Menschheit und deren reines Wesen darstellen. Die Unsterb-
lichkeit der Religion besteht darin, mitten in der Ewigkeit eins zu werden
mit dem Unendlichen. Doch lehrt S. in dem Werke „Der christliche Glaube",
der Glaube an die ewige Fortdauer der menschlichen Persönlichkeit sei in dem
Glauben an die Un Veränderlichkeit der Vereinigung des göttlichen Wesens mit
der menschlichen Natur in Christi Persönlichkeit enthalten. Die christliche Kirche
beruht auf der Idee der Erlösung durch Christus und auf der Forderung
dauernder, innerer Frömmigkeit. Religion und Philosophie sind einander
koordiniert, beide sind gleichberechtigt.
Die Ethik S.s ist, bei aller Anerkennung des Wertes der Individualität,
universalistisch, sie ist ferner idealistisch- teleologisch und dem Kern nach
„Güterlehre". Die Ethik ist im weiteren Sinne das Erkennen des Wesens der
Vernunft, eine „beschauliche" Wissenschaft, nicht eigentlich normativ oder
doch nicht im Gegensatz zur Naturwissenschaft ; Sollen und Sein sind auf
beiden Gebieten Asymptoten. Die Ethik ist der Ausdruck des Handelns
der Vernunft auf die Natur, dessen Erzeugnis Einheit von Vernunft und
Natur ist, Ausdruck des immer schon angefangenen, aber nie vollendeten
Naturwerdens der Vernunft. Sie stellt dar ein „potentiiertes Hineinbilden und
ein extensives Verbreiten der Einigung der Vernunft mit der Natur''. Die
Sätze der Sittenlehre sind keine Gebote, sondern darstellend. Die Ethik
gliedert sich in Güterlehre, Tugendlehre, Pflichtlehre.
Ein Gut ist jedes „Einssein bestimmter Seiten von Vernunft und
Natur". Höchstes Gut ist der „organische Zusammenhang aller Güter, also
das ganze sittliche Sein unter dem Begriff des Gutes ausgedrückt", die „Gesamt-
heit der Wirkungen der menschlichen Vernunft in aller irdischen Natur".
Die Vernunft ist als Kraft in der Natur überall „organisierende („bildende")
Tätigkeit", ferner ist sie „symbolisierend" („bezeichnend"), die Vernunft selbst
erkennen lassend. Jedes „Symbol", d. h. Ineinander von Vernunft und Natur,
ist auch „Organ" der Vernunft. Ferner ist das sittliche Handeln teils ein sich
immer und überall gleiches, teils ein individuell verschiedenes. Das Ziel des
sittlichen Handelns (der „bildenden" Tätigkeit) ist, „daß die ganze menschliche
Natur, und mittelst ihrer die ganze äußere, in den Dienst der Vernunft ge-
bracht werde". Alles, was in der Vernunft ist, soll sein Organ in der Natur
finden. Die Gebiete des sittlichen Handelns sind Verkehr, Eigentum, Denken,
Gefühl. Ihnen entsprechen als ethische Verhätnisse Recht, Geselligkeit, Glaube,
Offenbarung und die ethischen Güter oder Organismen: Staat, Gesellschaft,.
Schule, Kirche. Das Höchste ist der beständige Kulturfortschritt der Menschheit.
- n.KII.KMAc HER — BCEDfEKEL. 643
Die Tugend ist die „Kraft der Venranft in der Natur", «li-- Kran, ras «reicher
die sittlichen Handlangen hervorgehen, die Vernunft und Sittlichkeil im
seinen Menschen. Als „reiner [dealgehall des Handelns'4 isl -
als unter die Zeitform gestellte Vernunft „Fertigkeit". Als ein [nsichanf-
nehmen jst die Tugend „erkennende", als Ausachhinstellen „darstellende"
Tugend, «reiche l itze sich durchkreuzen. ..1 nnnung im Erkennen
ist Weisheit; die Gesinnung im Darstellen i>t Liebe. Das Erkennen unter die
Zeitform gestellt, isl Besonnenheit; das Darsteilen unter die Zeitform gestellt,
igt Beharrlichkeit" (Kardinaltugenden). Die Pflicht ist die nun
sittlichen Ziele, die Sittlichkeit als in dw einzelnen Tat produzierende -i<-h ab-
drückend. Es gibt Rechts- und Liebespflichten, Berufs- und GK ^pflichten.
Allgemeine Forderung ist : Handle in jedem Augenblick mit der ganzen sitt-
lichen Kraft und die ganze sittlich«' Aufgabe anstrebend. Hierbei ist die »■:.
Individualität zur Geltung zu bringen. „Die sittliche Idee muß sieh bei «*er-
Bchiedenen Menschen mannigfaltig aussprechen" (Politik, 8. I). Der Btaat
ine Art Organismus; er besteht da, wo er ein Gegensatz von Obrij
und Untertan i-t. Die Kunst enthält die Momente der B mg und
Produktivität
Vau Schi beeinflufil sind Brandis, H. Bitter, Branifi (teilweise von
orge, Romang, Rothe, F. Vorländer, A. Helfferich,
Weißenborn, K . Bchwarz, !•'. Eberty, CJeberweg, Straufi u. a.
- hriften die Religion, 1799; 2. A. 1806; 3. A. 18X1; 4. A 1881. —
Vertraute Briefe über die Lucinde, 1800. — Monologen, 1800 u. . - od in der
l'niv.-Hibl. — Predigten 1804 — 20. — Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sitten-
lehre, 1803. — Platons Werke, deutsch 1804—28. — Dio Weihi.a S. — Der
.iche Glaube, 1821— ZI; 2. A. 1830—31. — Entwurf eine- Systems der Sitten-
lehre, 1835. — Grundriß der t.hilos. Ethik, 1841. — Dialektik, 1839; L90
Ästhetik, 1842. — Die Lehre vom Staat. L84Ö — Kr/iehungslehro, 1849. — P>
logie, 1864. — Vorlesungen über das Leben Jesu. 1864. —
1839. — Kritiken, philos. Abhandlungen, Reden (8 Bde.), 1886, 188 . u. a. —
Abteilungen: 1. Zur Theologie, II. Predigten, 111. Zur Philosophie und ver-
mischte Schriften, 1835—64. — Aus Sch.g Leben in Briefe», 4 Bdfl 18. —
Werke, Auswahl von O. Braun. — V\ I . VORlJLNDEB, 3j Bit* :. —
W. BENDER, fU philo«. Sottedehre, 1868; S.s Theologie, i>. I>nrm:v,
Da« Leben s.s l, 1870. — C. Ihr.r.i:. 1>. Entwi.kl. >l. 1 &, 1801«
— Mi ii t : i . S.-Stndien I, 1907. — E. CBAMaUBBEL, La pki
s<*lilr*.iii^oi-. Josef, gob. L832, Prof. an der li ile für I
kultur in Wim. gest. 1901 in B - B. lehrt i . vronaefa
rie die Erscheinung foo v. rdichteto • □ ist i
schöpferische Drkraft, «li.- vom abaoluten Raum ausgeht,
B hriften: Bi -, dio IiOhr© von der .it.xoiut I tantiellen Wi
•räume» und der im« ihr wirkenden - kraft,
\ 1901. — LI «n. Driafsad tan und an
da« Volk.
N<'IIIIM'k«'L \ I III « 1«1.
644 Schmekel — Schmidt.
Schriften: De Ovidiana Pythagorae doctrinae adumbratione. 1883. — D. Philos.
d. mittleren Stoa, 1892. — D. wissenschaftl. u. posit. Philos. d. Griechen I, 1908.
Schmitt. Alois von, geb. 1825 in Zaumberg, Theolog. Prof. in München,
gest. 1910 daselbst. = Scholastischer Standpunkt.
Schriften: Entwicklungsgesch. d. Hegeischen Logik, 1858. — Erkenntnislehre,
1890, u a.
Schmid. Carl Christian Erhard, geb. 1761 in Heilsberg, 1791 Prof. in
Gießen, 1793 in Jena, gest. daselbst 1812. = Kantianer. „Das radikale Böse"
hat meinen Grund schon im Ding an sich („intelligibler Fatalismus"). Die
Psychologie führt nach S. die psychischen Vorgänge auf Gesetze zurück und
betrachtet sie auch in ihrem Verhältnis zu den äußeren Phänomenen.
Schriften: Kritik der reinen Vernunft im Grundrisse, 1786. — Wörterbuch zu
leichterem Gebrauch der Kantschen Schriften, 1788. — Versuch einer Moralphilosophie,
1790; 4. A. 1802. — Grundriß der Moralphilos., 1793. — Empirische Psychologie,
1791. — Psychol. Magazin, 1796 — 97. — Anthropologisches Journal, 1803. — Physiologie,
philosophisch bearbeitet, 1798 — 1801. — Bruchstücke aus einer Schrift über die Philo-
sophie und ibre Prinzipien, 1798 (in Niethammers „Philos. Journal"). — Philos. Dog-
matik, 1796. — Grundriß der Metaphysik, 1799. — Adiaphora, 1809. — Allgemeine
Enzyklopädie und Methodologie der Wissenschaften, 1810.
Sehnlich Franz Xaver, geb. 1819 in Schwarzenberg, Prof. in Erlangen,
gest. 1883 in München. = Christlich-theistischer Standpunkt.
Schriften: Christliche Religionsphilosophie, 1857. — Entwurf eines Systems der
Philosophie auf pneumatologischer Grundlage, 1863 — 68, u. a.
Schumi, Leopold, geb. 1808 in Zürich, wurde 1839 Prof. der kathol.
Theol. in Gießen, 1850 Prof. an der philos. Fakultät, gest. 1869 in Gießen. =
S. ist (wie Sengler, K. Ph. Fischer, Fortlage u. a.) ein Vertreter des spekulativen
Theismus, der das Moment der Aktivität („Philosophie der Tat"), der Selbst-
verwirklichung der reinen und vollen Menschlichkeit betont (System des
„Energismus").
Schriften: Über die menschlicbe Erkenntnis, 1844. — Der Geist des Katholi-
zismus, 1840—50. — Grundzüge der Einleit. in die Philosophie, 1860. — Das Gesetz
der Persönlichkeit, 1862 (Die Persönlichkeit durchläuft die Stufenfolge der physischen,
juridisch-sittlichen und vollendeten Person), u. a. — Vgl. B. SCHRÖDER und
F. SCHWARZ, L. Sch.s Leben und Denken, 1871.
Schmidkunz, Hans, geb. 1863 in Wien, lebt in Berlin-Halensee, be-
sonders mit der Idee einer „Hochschulpädagogik" beschäftigt. = Die Abstraktion
beruht nach S. auf Verstärkung bestimmter Vorstellungselemente und
Schwächung anderer. Analytische und synthetische Phantasie sind zu
unterscheiden. Suggestion ist „Hervorruf ung eines Ereignisses durch die Er-
weckung seines psychischen Bildes".
Schriften: Analyt. und synthet. Phantasie, 1889. — Über die Abstraktion, 1889.
— Psychologie der Suggestion, 1892. — Hypnotismus, 1892. — Die Ausbildung des
Künstlers, 1907. — Einleit. in d. akademische Pädagogik, 1907. — Zeitschr. f. Hoch-
schulpäd., a. a.
Schmidt, Alexis, geb. 1818, gest. 1901 in Berlin. = Hegelianer.
S< HM IDT.
Schriften: Beleuchtung der neuen Schellingschen Lehre, 1843.
Sclim i dt, Caspar s. Stirner.
Schmidt, Ferdinand Jacob, geb. 1800 in Metlach, Direktor der Mar-
garetenschule in Berlin.
S., der von Kant, Hegel u. a. beeinflußt ist, aiherl sich in Beiner idealisti-
schen Erkenntnistheorie dem Iramanenzstandpunkt Schuppes u.a. Kr lehrt einen
..immanenten Erfahrungsmonismus". Der Erfahrungszusammenhang ist der
Ausgangspunkt des Erkennens. Das Gemeinsame aller Erfahrungsglied'
das „reine Bewußtsein". Die konstitutiven Bedingungen der Erfahrung sind
nnriindividuell, stammen aus einer allbefassenden Erfahrungseinheit. Er-
fahrung selbst ist der Inbegriff der einheitlichen Verknüpfung aller Bewußt-
seinsbestimmungen überhaupt. Erkennen heißt, sich der konstituierenden Be-
dingungen der Erfahrung individuell bewußt werden. Nicht Erkenntnis-, nur Er-
fahrungskritik ist möglich. S. ist auch in ethischer Beziehung objektiver [dealist
Schriften: Herders pantheistische Weltanschauung, 1888. — Das Lebensideal
K. Chr. Plancks, Grundzüge der konstitutiven Erfahrungpphilosophie, 1901. — Zur
Wiedergeburt des Idealismus, 1907, u. a.
Schmidt« Heinrich, geb. 1S74 in Heubach. Biolog. Jena. = Anhänger
Häckels, Monist und Evolutionist. Das Physische ist dir Äußerung, das
1\\ einsehe die „Innerung" des Organismus.
Schriften: Der Kampf um die Welträtsel, 1900. — Häckels biogenetisches
Grundgesetz u. seine Gegner, 1902. — Die Urzeugung u. Prof. Iteinke, 1903. —
Monismus u. Christentum, 1906. — Der Monistenbund im preußischen Herrenhaus,
1907, u. a.
Schmidt. Wilhelm, geb. 1839 in Erfurt, Prof. der Theologie in Breslau.
= Theist.
Schriften: Die göttliche Vorsehung u. das Selbstloben der Welt, 1887. — !
Gewissen, 1888. — Der Kampf der Weltanschauungen, 1904. — Der Kampf um die
sittliche Welt, 1906. — Der Kampf um den Sinn des Lebens, 1907. — Dir
schiedenen Typen der religiösen Erfahrung u. die Psychologie, 1908. — Der Kampf
um die Seele, 1909, u. a.
Schmidt. Eugen Beinrich, geb. 1851 in Znaim (Mähren), Lebt in Berlin.
8. lehrt einen idealistischen Pantheismus, den <t mit dem Gehalb
Christentums zn vereinen weifi; er neigt ror Mystik and vertritt eine aeaej
„Gnosis". Die Erkenntnis der Beins- and Denkformen entspringt aus intellek-
tueller Anschauung, in der sich ans die konkrete, anendliche Einheit des Ab-
soluten darstellt. „Alles iimii als vollwirkliches Spiel der in leben' I inheit
sich betätigenden [Jrwirklichkeit sich darstellen, die wir selbst sind.-- 1 >i<
göttliche Natur des Menschen offenbart >i<-h uns in intellektueller Anschauung.
Alle Wissenschaft ist in der Intuition begründet 1mV Denkformen sind „An-
Bchauungsformen höherer Art", höhere Lebenswirklichkeiten, welche die nied
sinnlichen umspannen, „uniYersale Variationsformen der Anschaue Bild-
lichen selbst, die das Material der Empfindung als i lifferentiales Moment
in sich begreifen". Die Bestimmung der Begriffe liegt in der „Vermittlung
zweckmäl irianten, am rotreffende Nachbilder d< N turerkennens her-
646 Schmidt — Schneider.
zustellen". Die Funktion des Denkens überhaupt ist das „Variieren". Das
Ich ist der „Inbegriff der individuellen geistigen Funktionssphäre". Der
Mensch erkennt sich im Lichte des universalen Selbstbewußtseins. Im Innern
des Menschen besteht eine positive Unendlichkeit des Schauens, die höheren
Lebens- und Denkformen sind „Unendlichkeitsfunktionen". Schönheit ist ,,das
im Bilderschleier sich verhüllende Menschenwesen", das Kunstwerk „Symbol
des ganzen vollen Menschenlebens", es spiegelt die Idee wieder. Die Kunst
fördert den Keimungsprozeß der Menschheit.
Schriften: Das Geheimnis der Hegeischen Dialektik, 1888. — Michelet und das
Geheimnis der Hegelschen Dialektik, 1888. — Ibsen als psychologischer Sophist, 1889.
— Die Gottheit Christi, 1892. — Das Geheimnis Christi, 1895. — Fr. Nietzsche an
der Grenzscheide zweier Weltalter, 1898. — Leo Tolstoi u. s. Bedeutung für unsere
Kultur, 1901. — Die Kulturbedingungen der christlichen Dogmen und unsere Zeit,
1901. — Die Gnosis, 1903 — 07. — Der Idealstaat, 1904. — Kritik der Philosophie
vom Standpunkt der intuitiven Erkenntnis, 1908. — Ibsen als Prophet, 1908. — Neue
Horizonte, 1908. — Christus, 1908, u. a.
Schmitz-Dumont, Oskar. = Quantitativer Standpunkt der Natur-
philosophie auf logischer Grundlage. Die Mathematik ist eine Anwendung der
Logik. Das Denkgesetz des Widerspruchs zwingt das Bewußtsein, die Form
des Nach- und Auseinander anzunehmen. Die Zeit ist die Form der Folge
verschiedener Zustände.
Schriften: Die Einheit der Naturkräfte, 1881. — Naturphilosophie als exakte
Wissenschaft, 1895. — Zeit u. Raum, 1875. — Die mathemat. Elemente der Erkennt-
nistheorie, 1878.
Schnellen. Wilhelm von, geb. 1863 in Verden, lebt in Freiburg i. B.
= Von E. v. Hartmann beeinflußt, vertritt den Standpunkt einer dynamischen
Physik und des Vitalismus.
Schriften: Energetische Weltanschauung? 1908 (gegen Ostwald). — Zeitschr. f. d.
Ausb. d. Entwickl. 1909, u. a. (vgl. Der Monismus, hrsg. von Drews).
Schneid, Matthias, geb. 1840, Domkapitular in Eichstätt. = Thomistischer
Standpunkt.
Schriften: Naturphilosophie im Geist des heiligen Thomas, 1873; 3. A. 1890.
— Philos. Lehre von Raum und Zeit, 1886.
Schneider, Ceslaus M., geb. 1840, Pfarrer in Floisdorf bei Commern,
gest. 1908. = Thomistischer Standpunkt.
Schriften: Natur, Vernunft, Gott, 1883. — Das Wissen Gottes nach der Lehre
des h. Thomas von Aquino, 1884 — 86, u. a.
Schneider, G. H. = Evolution istischer Standpunkt. Der Instinkt ist
das „psychische Streben nach Arterhaltung ohne Bewußtsein des Zweckes von
diesem Streben''. Es gibt Empfindungs-, Wahrnehmungs-, Vors tellungs triebe.
Der Wille ist zweckbewußter, psychischer Trieb. Der Wille ist determiniert,
aber relativ frei als Fähigkeit, die einzelnen Triebe stets einem allgemeinen
Zwecke unterordnen zu können.
Schneider — Schneidewix. 647
Schriften: Der menschliche Wille, 1882. — Der tierische Wille, 1890. —
Freud und Leid des Menschengeschlechts, 1883.
Schneider, Karl Camillo, geb. 1867 in Pomsen bei Leipzig, Prof. der
Zoologie in Wien. = Von Aristoteles u. a. beeinflußter teleologischer Stand-
punkt. In der Entwicklung herrscht Zielstrebigkeit. Das Leben ist nur vita-
li>tisch zu erklären (,.Euvitalismus"). Es gibt eine eigene , .vitale Energie",
mit der Empfindung, Gefühl und Wille verbunden ist (vgl. Zeitschr. für den
Ausbau der Entwicklungswissenschaft 1). Das Wirkliche besteht aus Qualitäten
(Farben, Töne usw.). welche objektiv den Raum erfüllen und die im Geiste
zeitlich erstarren; die erstarrte Zeit ist die vierte Dimension, der Geist selbst
die vierdimensionale Welt. Die Entwicklung strebt einer maximalen Bewußt-
seinsentfaltung, der völligen Objektivierung des Ursubjekts zu.
Schriften: Yitalismus, 1903. — Der psychophys. Parallelismus, 1905. — Ur-
sprung und Wesen des Menschen, 1908. — Vorlesungen über Tierpsychologie, 1909. —
Über Deszendenztheorie, 1910, u. a.
Sehneider, Otto.
Kantianer, welcher die Erkenntnisformen „transzendentalpsychologisch"
auffaßt. Transzendentalpsychologie ist die Wissenschaft, ,, welche alle durch
Erfahrung unmittelbar gegebenen und nach Ähnlichkeit mit dieser Erfahrung
wenigstens mittelbar vorstellbaren seelischen Zustände des Innewerdens und
Bewußtseins daraufhin prüft, was an ihnen apriorischer und was aposteriorischer
(empirischer) Natur ist". Apriorisch sind die Anschauungs- und Denkformen
(Kategorien). Die Kategorie (kategoriale Funktion) ist eine Geistestätigkeit,
welche das klare und deutliche Erfassen und Zusammenfassen der Mannig-
faltigkeit erst ermöglicht. Es gibt subjektive Kategorien (Ding und Eigen-
schaft, Einheit, Vielheit und Allheit, Identität und Verschiedenheit) und ob-
jektive Kategorien (Ursache und Wirkung, Wirklichkeit und Nichtwirklichkeit).
Schriften: Transzendentalpsychologie, 1891.
Schneider, Wilhelm, geb. 1847 in Gerungen, Bischof in Paderborn,
gest. 1909. = Thomistischer Standpunkt.
Schriften: Das andere Leben, 1879; 9. A. 1908. — Lebensweisheit, 1882. —
Die Allgemeinheit u. Einheit des sittlichen Bewußtseins, 1895. — Die Sittlichkeit im
Lichte der Darwinschen Entwicklungslehre, 1895. — Göttliche Weltordnung und reli-
gionslose Sittlichkeit, 1900, u. a.
Sclineidewin, Max, geb. 1843 in Göttingen, Gymnaaialprofessor in
Bameln. = Teilweise Anhänger F.. v. 1 1;iri mann-. Die Unendlichkeit ist eine
subjektive Kategorie, die sich auf <la- mögliche Portschreiten im Denken be-
zieht Der Raum i-t nur in diesem Sinne unendlich, aber nicht als anendlich
gegeben.
Schriften: Die kopornikanische Wahrheit u. das christliche D 1 868. —
l>rri populür-philos. Essays, 1883. — D«T W utnlt-SnniTnri >< ht> Streit, 1887. — Das
goldene A 15 C dei Philosophie, 1891 (mit stemlel). — Offenes Briefen B. r. Hart-
niann, 1892. — I>ie antike Humanität, 1897. — Die l Hemilu hkeit der Welt. u. a.
648 Scholastiker — Schöler.
Scholastiker („doctores scholastici") heißen zuerst die Lehrer der
..sieben freien Künste", dann der Theologie und Philosophie des christlichen
Mittelalters seit dem 9. Jahrhundert, soweit sie mit den von der griechischen
Philosophie (besonders der Aristotelischen) gelieferten Denkmitteln die Kirchen-
lehre logisch zu begründen und zu befestigen suchen. Ihre Methode ist
vorwiegend definitorisch, syllogistisch, deduktiv, ihr Denken bewegt sich
meist im Begrifflichen, Abstrakten, das vielfach vergegenständlicht wird.
Neben den christlichen gibt es auch arabische und jüdische Scholastiker.
Vertreter der Frühscholastik und ihrer Neben Strömungen (9.. — 13 Jahrh.)
sind Eric und Remigius von Auxerre, Gerbert, Fulbert, Berenger
von Tours u. a., ferner der Nominalist Roscelinus und der Begriff s-
Realist Wilhelm von Champeaux (Der „Universalienstreit" spielt in
der Scholastik eine große Rolle), Anselm von Canterbury, Abälard.
Petrus Lombardus, die platonisierenden Scholastiker Bernhard und
Thierry von Chartres, Bernhard von Tours, Wilhelm von Conches,
Adelard von Bath u. a., dann W alter von Mortagne, Gilbertus Porre-
tanus, Johannes von Salisbury, Alanus ab insulis u. a., ferner
Michael Psellus, Georgius Pachymeres, Gregorius Palamas
u. a., die Araber Alkendi, Alfarabi, Avicenna, Algazel, Avempace,
Abubacer, Averroes u. a., die Juden Saadja, Avicebron (Ibn Gebirol),
Jehuda ha-Levi, Mai mo nid es u. a. Den Höhepunkt der Scholastik bedeuten
(13. — 14. Jahrh.) Dominicus Gundissalinus, Alexander von Haies.
Wilhelm von Auvergne, Robert Greathead, Michael Scotus u. a.,
besonders aber Albert der Große, Thomas von Aquino (s.d.), Duns Scotus,
Wilhelm von Occam, Roger Bacon, ferner Heinrich von Gent,
Richard von Middletown, Siger von Brabant, Petrus Hispanus,
Raymundus Lullus u. a. Vertreter der späteren Scholastik sind Vasquez,
Cajetanus, Suarez, Biel u. a. (s. unter Thomas die Neoscholastiker).
Vgl. Beiträge zur Geschichte der Philos. d. Mittelalters, Texte und Untersuchungen,
hrsg. von BäEUMKER, 1891 ff. — Les philosophes du moyen-äge. Textes et etudes,
hrsg. von M. DE WüLF, 1902 ff. — HaTJREATJ, Histoire de la philos. scolastique,1872 ff.;
De la philos. scolast, 1850; Notices et extraits de quelques manuscrits latine, 1890 ff.
— PRANTL, Gesch. d. Logik. — StÖCKL, Gesch. d. Philos. des Mittelalters, 1864—66.
— M. DE WüLF, Histoire de la philos. midievale, 1900; 4. A. deutsch in Vorbe-
reitung; Histoire de la philos. scolast. dans les Pays-Bas, 1895; Hist. de la philos. en
Belgique, 1910; Introd. ä la phil. neo-scol., 1904. - WlLLMANN, Gesch. d. Idealis-
mus II. — K. WERNER, F. Suarez u. d. Scholastik der letzten Jahrhunderte, 1861;
Die Scholastik des späteren Mittelalters, 1881 ff. — ENDRES, Geschichte der mittelalterl.
Philos. im christl. Abendlande, 1908. — BÄEUMKER, D. europ. Philos. d. Mittelalters
'Kult. d. Geg. I, 5).
Schöler, Heinrich von, geb. 1851 in Bernau, lebt in Leipzig. = Die
Welträtsel sind durch Wissenschaft und Religion nicht lösbar, es bleibt immer
ein unerkennbarer Rest zurück (Ding an sich). Der Monismus ist abzu-
lehnen, die materielle und die geistige Welt sind zwei verschiedene Seins-
■II („Diplofamus").
Schöler — Schopenhauer.
Schriften: Kritik der wissenschaftlichen Erkenntnis, 1898 — Probleme, kritische
Studien über den Monismus, 1900.
Schölten, Johann Heinrich, 1811—1885, Prof. in Leiden. = Seh. ist
ein Anhänger des Indeterminismus.
Schriften: Geschichte der Religion u. Philosophie, 1868. — Der freie Wille,
deutsch 1874, u. a.
Scholz 9 Heinrich, geb. 1884 in Berlin, Privatdozent der Religionsphilo-
sophie in Berlin. = Idealistisch-theistischer Standpunkt.
Schriften: Christentum u. Wissenschaft in Schleiermachers Glaubenslehre, 1
— Über den Pantheismus, Preuß. Jahrb. 1910. — Glaube und Unglaube in der Welt-
geschichte, 1911, u. a.
Schopenhauer, Arthur, ist geb. am 22. Februar 1788 in Danzig als Sohn
des Bankiers Heinrich Floris Seh. und der Schriftstellerin Johanna Seh. 1793
übersiedelte die Familie nach Hamburg. Der Knabe, den der Vater g
dessen Wunsch zum Kaufmannsstande bestimmte, machte mit seinen Eltern
längere Reisen nach Frankreich und England, wo er die betreffenden Sprachen
sich vollkommen zu eigen machte. Nachdem Seh. kurze Zeit im Kontor tätig
gewesen, starb sein Vater und nicht lange darauf konnte sich nun Seh. dem
Studium widmen. 1809 ging er nach Göttingen, wo er Naturwissenschaften
(Physiologie) und besonders (unter G. E. Schulze) Philosophie studierte. Plato
und Kant las. 1811 hörte er in Berlin Fichte, dessen Vorträge ihn aber ab-
Btießen. 1813 schrieb Seh. seine Abhandlung ..Über die vierfache Würze) des
Satzes vom zureichenden Grunde", mit der er in Jena (1813) promoviert»'. Den
Winter 1813 — 14 verlebte er in Weimar, wo er mit Goethe, auf den er «inen
guten Eindruck machte, verkehrte. 1814-18 lebte er in Dresden, wo er die
(von Goethe beeinflußte) Abhandlung „Über das Sehen und die Farben" ver-
öffentlichte (1816), welche eine physiologische Farbentheorie enthält, die in
mancher Hinsicht durch spätere Theorien bestätigt worden ist. 1S18 gab er
sein Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung1' heraus, und unternahm
dann eine Reise nach Italien, wo er sich einem freien Lebensgenuß hingab.
i^L'<» habilitierte er sich in Berlin, wo er aber keinen Erfolg hatte. In Berlin
lebte er, mit Ausnahme der Jahre 1822-25. die er wieder in [tauen verbrachte,
bis 1831. worauf ihn die Choleravertrieb. Nach kurzem Aufenthalte in Mannheim
nahm er (1833) dauernd seinen Wohnsitz in Frankfurt a. M.. WO er als ein-
samer Junggeselle lebte, ohne gesellschaftlichen Verkehr, in beständiger hypo-
chondrischer Angst um sein Leben, Beine Sicherheit und Bein '-••n dem Verlust
-in.- großen Teiles Beines V« Bam behütet) - I ig« ntum, verbittert _
die von ihin äußerst geschmähten „Univewitätsprofessoren", von denen ex Bich
ziirückgeseizt, totgeschwiegen Bah, und gegen das Publikum, das seine Schriften
Dicht las; dabei überzeugt, eines der größten philosophischen Genies aller
Zeiten zu sein und Beinen einstigen Ruhm voraussagend, röffentlichte
ex die Schrift „Über den Willen in der Natur", 1841 ,.l>i<- beiden Grund-
probleme d»r Bioral", welche ein.- von der x rwegischen Sozietät der Wissen-
schaften zu Dxontheim gekrönte Preisschrift enthalten, 1844 erschien das
Hauptwerk Sch.a in zweiter Auflage und Sand nun schon mehr Beachtung,
650 Schopenhauer.
besonders seit (von 1848 an) Frauenstädt sich eifrigst für Sch.s Lehren einsetzte.
1851 erschienen die „Parerga und Paralipomena", 1859 die dritte Auflage des
Hauptwerkes. Am 21. September 1860 starb Seh., dessen Schriften nun immer
mehr Verbreitung fanden; so sehr, daß seit den 70er Jahren des 19. Jahr-
hunderts Seh. lange Zeit geradezu Modephilosoph war, wozu u. a. sein
Pessimismus, seine geistreichen, oft witzigen und stets anregenden Bemerkungen,
sein außerordentlich klarer, lebendiger, alles Schwerfällige vermeidende Stil
beigetragen haben. Die Fachphilosophen haben sich seitdem vielfach mit ihm
beschäftigt und Seh. gehört nun in der Tat zu den „Klassikern der Philo-
sophie". — Sch.s Persönlichkeit enthält zwei Seelen: sie ist einerseits von
heftigen sinnlichen Trieben beherrscht, die den Menschen das Leben kräftig
bejahen lassen; anderseits zeitigte die Erkenntnis des Leidens in der Welt,
der Nichtigkeit des endlich-individuellen Daseins die Abkehr von den Lebens-
trieben, die Seh., wenn schon nicht gleich in der Praxis, in seinem Denken
überwand. Zum Pessimismus brachte Seh. übrigens schon gewisse Anlagen
(eine „Dyskolie") mit, insbesondere ist er von väterlicher Seite her erblich
belastet.
Seh., der erkenntnistheoretisch die Lehren Kants weiterbildet, ist von der
indischen Vedanta-Philosophie, Plato, Spinoza, J. Böhme, auch von Fichte,
Schelling u. a. beeinflußt, begründet aber eine neue Weltanschauung auf idealisti-
scher Grundlage, einen metaphysischen Voluntarismus mit pessimistischem
Charakter, als Gegensatz zu Hegels optimistischem Panlogismus. Mit Kant
bestimmt er die Außenwelt als solche, die Welt der Raumdinge als phänomenal,
als Erscheinung eines Dinges an sich. Zugleich aber hält er, im Gegensatz zu
Kant, eine Metaphysik für möglich, die — auf Grund der innern Erfahrung —
das Wesen des Ding an sich selbst zu bestimmen vermag.
Die Philosophie ist „Wissenschaft in Begriffen" und fußt auf lebendiger
Anschauung des Weltinhaltes, welchen sie begrifflich darstellt, als eine Art der
Kunst, als „Mittleres von Kunst und Wissenschaft, oder vielmehr etwas, das
beide vereinigt". „Nur in Begriffen (d. h. durch die Vernunft) läßt sich das
Ganze übersehen, und das Wesen der Welt ... in Begriffen auszudrücken und
so die Anschauung an einem andern Stoff (den Begriffen) zu wiederholen, ist
diejenige Kunst, welche Philosophie heißt." Die Aufgabe der Meta-
physik ist es nicht, die Erfahrung zu überfliegen, sondern sie von Grund aus
zu verstehen, indem äußere und innere Erfahrung die Hauptquelle der Er-
kenntnis ist. Durch „Zusammenbringen der äußern mit der innern Erfahrung"
und Verständnis der gesamten Erfahrung, Auffindung des Sinnes und Zu-
sammenhanges dieser sucht die Metaphysik (der Natur, des Schönen, der
Sitten) das Ding an sich als das in der Erscheinung sich Darstellende zu er-
n. Der metaphysische Trieb erwächst aus der Verwunderung des Menschen
über sein Dasein.
Die Erkenntnistheorie Sch.s bildet zunächst die Aprioritätslehre Kants
in psyehologisierender Weise weiter. Die Anschauungs- und Denkformen sind
apriorisch und subjektiv, sie gelten nur für die Welt der Erscheinungen, die
solche keine wahre (absolute) Wirklichkeit hat, sondern eine Art Illusion
SCHOPENHAUER. 651
(„Schleier der Maya", „Phantasmagorie", ,,Gehirnphänoinen';) ist (Illusionismus .
Das A priori ist die Art und Weise, wie der Prozeß objektiver Apperzeption
im Gehirn vollzogen wird. Kant hat die „Kritik der Gehirnfunktionen" ge-
liefert. Das Gemeinsame aller apriorischen Formen der Erkenntnis und des
Seins enthält der Satz vom Grunde, das Grundgesetz geistiger Verarbeitung
des Erfahrungsmaterials, der allgemeinste Ausdruck für die Verbindung und
gegenseitige Abhängigkeit, für die apriorischen Relationen des Erkenntnis-
gehaltes. „Alle unsere Vorstellungen sind Objekte des Subjekts, und alle Ob-
jekte des Subjekts sind unsere Vorstellungen. Xun aber findet sich, daß alle
unsere Vorstellungen untereinander in einer gesetzmäßigen und der Form nach
a priori bestimmbaren Verbindung stehen, vermöge welcher nichts für sich
Bestehendes und Unabhängiges, auch nichts Einzelnes und Abgerissenes Objekt
für uns werden kann. Diese Verbindung ist es, welche der Satz vom zureichen-
den Grunde in seiner Allgemeinheit ausdrückt." Dieser Satz gilt a priori, aber
nur für mögliche Erfahrungen, für Erscheinungen, für Einzelnes, nicht für
Ganze des Seins. Je nach der Art der Objekte nimmt der Satz verschiedene Gestalten
an, er hat eine „vierfache Wurzel" bezieht sich auf das Sein und Werden, auf
das Erkennen und Handeln. 1. Satz vom Grunde des Werdens: „Alle in der
Gesamt Vorstellung, welche den Komplex der erfahrungsmäßigen Realität aus-
macht, sich darstellenden Objekte sind hinsichtlich des Ein- und Austrittes
ihrer Zustände, mithin in der Richtung des Laufes der Zeit, durch ihn mitein-
ander verknüpft." „Wenn ein neuer Zustand eines oder mehrerer realer Objekte
eintritt , so muß ihm ein anderer vorhergegangen sein , auf welchen der
neue regelmäßig, d. h. allemal, so oft der erstere da ist, folgt. Ein solches
Folgen heißt Erfolgen und der erstere Zustand ist die Ursache, die zweite
die Wirkung." 2. Satz vom Grunde des Erkenne ns: dieser besagt, „daß,
wenn ein Urteil eine Erkenntnis ausdrücken soll, es einen zureichenden Grund
haben muß". 3. Satz vom Grunde des Seins: „Raum und Zeit haben die
Beschaffenheit, daß alle ihre Teile in einem Verhältnis zueinander stehen, in
Hinsicht auf welches jeder derselben durch einen anderen bestimmt und bedingt
ist. Im Raum heißt dieses Verhältnis Lage, in der Zeit Folge." 4. Satz
vom Grunde des Handelns (Gesetz der Motivation): „Bei jedem wahrgenom-
menen Entschluß, sowohl anderer als unser, halten wir uns berechtigt, EU
fragen, Warum?, d. h. wir setzen als notwendig voran-, es sei ihm etwas vor-
hergegangen, daraus er erfolgt ist und welches wir den Grund, genauer das
Motiv der jetzt erfolgenden Handlung nennen."
Die Anschauungsformen, Raum und Zeit, sind aprion><li->nb]Vkti\ ,
„selbsteigene Formen des Intellekts". Der Kaum ist eine „vor aller Erfahrt]
dem Intellekt einwohnende Form", er ist ..a priori unmittelbar anechaubar".
Ebenso die Zeit, die ein transzendental [deales ist nur im erkei aden Subjekt
entspringt, der „bloßen Vorstellung und ihrem Apparat" angehört Die Zeit
ist psychologisrli „unser eigener, ungestört fortschreitender, mentaler Prozeß, die
Form unserer Apperzeption". Ebenso phänomenal, ideal ist die Bewegung als
solche. Die mathematische Erklärung und Gewißheit hißt auf dem Satz
vom Grunde des Sein-, an! Anschauung; dir Geometrie auf der Relation der
052 Schopenhauer.
Teile des Baumes, die Zahl auf dem Nexus der Zeitteile. Seh. lehrt ferner
die Intellektualität der Anschauung, welche schon ein unbewußtes (kon-
kretes) Denken enthält, schon „Erkenntnis der Ursache aus der Wirkung*' ist.
Die Sinnesempfindung bezieht der Verstand mittels des Kausalprinzips auf ihre
Ursache, „welche eben dadurch in Raum und Zeit . . . sich darstellt als Gegen-
stand der Erfahrung, materielles Objekt, im Raum durch alle Zeit beharrend,
dennoch aber auch als solches immer noch Vorstellung bleibt, wie eben Raum
und Zeit selbst". Zur Anschauung eines Objekts kommt es also erst durch
eine (unmittelbare, nicht begrifflich-logische) Beziehung der Eindrücke auf
eine in den Raum versetzte Ursache (vgl. Helmholtz, Fick, Zeller).
Das Denken ist wie der Intellekt überhaupt ein „Akzidens des Willens",
eine Willensfunktion. Der Wille ist der „Ursprung und Beherrscher' des
Intellekts, er ist metaphysisch, der Intellekt nur seine Erscheinung, ,. Gehirn-
phänomen" (wobei das Gehirn selbst die Erscheinung des Willens ist). Der
Wille steckt schon hinter den Assoziationen der Vorstellungen, er bringt
Einheit in sie. Die Denkgesetze sind „metalogische" Wahrheiten, d. h.
Bedingungen aller formalen Wahrheit, alles Logischen. Formal wahr ist ein
Urteil, welches dem Satz vom Grunde genügt, materielle Wahrheit ist die
Übereinstimmung zwischen Urteil und Anschauung; die materielle Wahrheit
ist entweder empirische oder transzendentale oder metaphysische Wahrheit.
Von den zwölf Kategorien Kants, deren Zahl einem Hange zur architek-
tonischen Symmetrie entspringen, sind elf zu streichen. Die einzige wirkliche
Kategorie, die „Form und Funktion des reinen Verstandes", die sich nicht weg-
denken läßt, ist die Kausalität. Sie ist Bedingung objektiver Erfahrung, schon
in der Anschauung wirksam. „Ursache" ist niemals ein Ding, stets eine Ver-
änderung (aktualer Kausalbegriff). Die Ursache im engeren Sinne ist der Zu-
stand der Materie, der, indem er einen anderen mit Notwendigkeit herbeiführt,
selbst eine ebenso große Veränderung erleidet, wie die ist, welche er verursacht
(Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung). Im Organischen treten die Ur-
sachen als Reize (ohne äquivalente Gegenwirkung) auf, im Handeln als Motive,
welche nur unter Voraussetzung eines inneren Triebes (des Charakters) wirken.
„Bei jedem wahrgenommenen Entschluß sowohl anderer als unser selbst, halten
wir uns berechtigt, zu fragen: Warum? d. h. wir setzen als notwendig voraus,
es sei ihm etwas vorhergegangen, daraus er erfolgt ist, und welches wir den
Grund, genauer das Motiv der jetzt erfolgenden Handlung nennen." Die Ein-
wirkung des Motivs wird nicht bloß von außen und mittelbar, sondern zugleich
von innen, ganz unmittelbar erkannt. „Hier stehen wir gleichsam hinter den
Kulissen und erfahren das Geheimnis, wie, dem innersten Wesen nach, die
Ursache die Wirkung herbeiführt: denn hier erkennen wir auf einem ganz
anderen Wege, daher in ganz anderer Art. Hieraus ergibt sich der wichtige
r^atz : die Motivation ist die Kausalität von innen gesehen." Die
Materie als solche (als Erscheinung) entsteht aus der Vereinigung von
Raum und Zeit, ist wie diese „Vorstellung". Ihrem Charakter nach ist sie
„Wirken", Kausalität, die „objektivierte, d. h. nach außen projizierte Verstandes-
tunktion der Kausalität selbst". Die Materie manifestiert sich nur durch ihre
Schopenhauer. 65:5
Kräfte; sie selbst als Abstraktum ist form- und eigenschaftslos, absolut träge
und passiv, das unter allem Wechsel der Qualitäten und Formen Beharrende.
Die Materie ist nicht Gegenstand, sondern Bedingung der Erfahrung, da-
durch die Formen unseres Intellekts notwendig herbeigeführte bleibende Sub-
strat der Vorgänge im Raum, das wir nicht mehr wegdenken können, wenn
sie einmal gesetzt ist. Alle Materie ist „nur für den Verstand, durch den
Verstand, im Verstände", kein Ding an sich.
Denn wir dürfen, betont Seh., niemals vergessen : die Welt raum-zeitlicher
Objekte ist als solche nur ideell, phänomenal, nur unsere Vorstellung (d. h.
kategorial verarbeiteter, allgemeingültiger Erfahrungsinhalt, nicht etwa ein
Phantasma). Objekt, Erscheinung und Vorstellung sind bei Seh. synonyme
Begriffe: „Erscheinung heißt Vorstellung und weiter nichts: alle Vorstellung,
welcher Art sie auch sei, alles Objekt ist Erscheinung." Die Welt ist Vor-
stellung, d. h. sie ist nur in Beziehung auf wahrnehmende Subjekte. Ein Ob-
jekt an sich ist ein Unding. Kein Objekt ohne Subjekt, kein Subjekt
ohne Objekte, beide sind Korrelate, setzen einander voraus. Unsere Objekte
sind (als solche) Vorstellungen, unsere Vorstellungen sind selbst die Objekte,
nicht Bilder solcher. „Die ganze Welt der Objekte ist und bleibt Vorstellung,
und eben deswegen und in alle Ewigkeit durch das Subjekt bedingt: d. h.
sie hat transzendentale Idealität." Zugleich hat sie empirische Realität ; das
Objekt ist zwar nicht Ding an sich, aber es ist als empirisches Objekt real.
..Zwar ist der Raum nur in meinem Kopf; aber empirisch ist mein Kopf im
Raum." Die Vorstellung ist das Ursprüngliche, welches in Objekt und Sub-
jekt zerfällt. Das Subjekt ist dasjenige, was alles erkennt und von keinem
erkannt wird. Es ist der „Träger der Welt", die Bedingung alles Erscheinen-
den, alles Objekts. Das empirische Subjekt ist nur Erscheinung, durch den
Organismus bedingt. Das „reine Subjekt des Erkennens" hingegen wird niemals
Objekt, ist zeitlos, überindividuell, willenlos, unerkennbar, Korrelat der „Idö
dem Satz vom Grunde nicht unterworfen, ewig. Das Subjekt erkennt sieh nur al-
ein Wollendes, nicht als ein Erkennendes; es gibt kein Erkennen des Er-
kennens. Das Erkannte in uns ist nicht das Erkennende, sondern das
Wollende. „Wenn wir in unser Inneres blicken, finden wir uns immer als
wollend." Und diese Erkenntnis wird für Seh. zum Schlüssel, der den Zugs
zum „Ding an sich", zur Metaphysik eröffnet. Die Welt der Objekte, in welcher
Vorstellungen nach dem Prinzip des Satz«- 70m Grunde verknüpft sind und
wo alle Zergliederung und Verknüpfung immer wieder nur Vorstellungen, Er-
scheinungen findet oder setzt, hat außer dieser Außen- noch eine Innenseite,
die dem, was wir in uns als Willen finden, analog ist.
Das Ding an sich, das innerste Wesen der Well isl Wille (im weitesten
Sinne als Streben, Trieb). „Ding an sieh . . . ist allein der Wille: all solcher
isl er durchaus nicht Vorstellung, Bondern toto genere von ihr verschieden."
Die Vorstellung, das Objekt isl die Erscheinung, die Sichtbarkeif („Objektitä!
des Willens, welcher das Innerste, der Kern jede- Hing«- ist und in jeder
Naturkrai't erscheint Außer dem Willen und der Vorstellung wi uns gar nicht-
bekannt noch denkbar. „Wenn also die Körperwell noch etwa- mehr sein soll, als
654 Schopenhauer.
bloß unsere Vorstellung, so müssen wir sagen, daß sie außer der Vorstellung,
also an sich und ihrem innigsten Wesen nach, das sei, was wir in uns selbst
unmittelbar als Willen finden." So wie unser eigener Leib (als Objekt- Vor-
stellung) die Objektität unseres Willens ist, so sind auch die übrigen Körper
als Erscheinungen eines Willens zu deuten. Nur muß beachtet werden, daß
wir durch innere Erfahrung zwar das Wesen des Seins erfassen, nämlich daß
es Wille ist, nicht aber adäquat diesen Willen an sich erkennen, weil ja unsere
Anschauung mit der subjektiven Form der Zeit und der Kausalität behaftet
ist. An sich ist der „Wille" (als Grund des Wollens) räum- und zeitlos, grund-
los, frei von aller Vielheit, einheitlich, unteilbar, ganz in jedem Wesen. Die
Vielheit der Individuen ist nur Erscheinung, bedingt durch Kaum und
Zeit, das „principium individuationis". Die Individuation ist nur als Vor-
stellung, nicht an sich vorhanden; jedes Individuum als solches ist nur ein
..kurzer Traum" des Willens. Der Wille hat an sich weder einen Grund,
noch ursprünglich ein Ziel, er ist nur auf sich gerichtet, ist „endloses Streben"
ohne Ziel, ohne Grenzen, zunächst „blinder Drang und erkenntnisloses Streben",
eine „finstere treibende Kraft" (vgl. Böhme, Schelling). Er ist „Wille zum
Leben", zum Dasein, der sich in den Organismen, im Menschen eine Organi-
sation schafft, mit der nun auf einmal einerseits der Intellekt, anderseits die
Welt als Vorstellung da ist.
Der Wille erscheint in jeder Natur kraft. Kraft ist an sich Wille. Die
Kraft, d. h. das, was einer Ursache immer die Wirksamkeit verleiht, ist als
solche grundlos und ist die unmittelbare Objektität des Willens. Auf der
niedrigsten Stufe erscheint der Wille als allgemeine Naturkraft, als Schwere,
Undurchdringlichkeit usw., dann als physikalische Sonderkraft, als Elastizität,
Magnetismus usw. Die Materie ist ebenfalls Erscheinung des Willens. Eine
höhere Stufe der Objektivation des Willens ist der Organismus. In ihm
wirken physikalische und chemische Kräfte, aber was diese zusammenhält und
lenkt, ist die „Lebenskraft", welche ihre Wirkung modifiziert. Diese Lebens-
kraft ist nun an sich Wille. Dieser treibt die verschiedenen Lebensformen
nacheinander hervor, ohne daß aber eine Evolution besteht. Die Zweckmäßig-
keit der Organismen ist eine Folge der in ihnen sich bekundenden Einheit des
Willens und der „Idee". Durch den Organismus erst ist der Intellekt ge-
setzt, der im Menschen zum Bewußtsein und Selbstbewußtsein aufsteigt. Der
Intellekt ist „Gehirn phänomen", aber das Gehirn ist hier selbst als Erscheinung
des Willens gemeint, so daß der Intellekt Willensfunktion ist und als solche
denn auch zunächst durchaus im Dienste des Lebens und der Praxis steht.
Der Materialismus ist einseitig, wenn er auch (Cabanis u. a.) mit Recht die
Bedingtheit psychischer Prozesse durch organische betont; er ist aber die
„Philosophie des bei seiner Rechnung sich selbst vergessenden Subjekts".
Seele und Leib sind zwei Wahrnehmungsweisen einer und derselben
Wirklichkeit, die einander entsprechen, so daß in diesem Sinne Psychi-
a und Physisches einander (ohne Wechselwirkung) parallel gehen, weil
sie ja im Grunde identisch sind. Der Leib ist die Objektität, der
sichtbare Ausdruck des Willens, das Auge z. B. der Ausdruck des Willens-
Schopenhauer. 655
zum Sehen, die Genitalien der Ausdruck des Geschlecht -tri. -l>s usw. Der
Leib nun ist uns ..auf zwei ganz verschiedene Weisen gegeben: einmal
als Vorstellung in verständiger Anschauung, als Objekt unter Objekten und
den Gesetzen dieser unterworfen ; sodann aber auch zugleich auf eine ganz
andere Weise, nämlich als jenes jedem unmittelbar Bekannte, welches das
Wort, „Wille", bezeichnet". Die Aktion des Leibes, die äußere Handlung
nichts anderes als der objektivierte, in die Anschauung getreten*- Akt
des Willens. „Mein Leib und mein Wille sind eins", der ganze Leib ist der
„sichtbar gewordene Wille". Die Willenshandlung geht nicht der Bewegung voran,
sondern ist das An sich derselben, ist mit ihr zugleich; beide sind „eins und
dasselbe, auf doppelte Weise wahrgenommen; was nämlich der inneren Wahr-
nehmung (dem Bewußtsein) sich als wirklicher Willensakt kundgibt, dasselbe
stellt sich in der äußeren Anschauung, in welcher der Leib objektiv dasteht,
sofort als Aktion desselben dar". Im Psychischen ist der Wille das Trei-
bende, Leitende, Einheit Stiftende, er setzt den Intellekt in Bewegung, sobald
er ihn einmal erzeugt hat, während er ursprünglich unbewußter Wille ist. Die
Gefühle sind Willenszustände. Der Wille ist an sich, als intelligibler
Willenscharakter frei, als empirisches Wollen und Handeln determiniert (vgl.
Kant, Schelling). Die (transzendentale) Freiheit ist Unabhängigkeit des
Willens vom Satz vom Grunde, von allen Formen der Erscheinung. Daß) wir
so und so sind, das ist schließlich grundlos, durch nichts determiniert als durch
den in uns erscheinenden Urwillen selbst, der unseren unveränderlichen
Charakter bildet. Aus diesem aber, bzw. aus den Motiven, folgt alles mit
psychologischer Notwendigkeit; die Freiheit liegt im Sein, nicht im Handeln
(„operari sequitur esse"). „Jeder Mensch handelt nach dem. wie er ist. und
demgemäß jedesmal notwendige Handlung wird, im individuellen Fall,
allein durch die Motive bestimmt." „Der Mensch tut allezeit nur. was er will
und tut es doch notwendig. Das liegt aber daran, daß er schon ist. \\
will; denn aus dem, was er ist, folgt notwendig alle-, was er jedesmal tut."
Verantwortlich ist der Mensch durch seinen Charakter, durch Beine transzenden-
tale Freiheit, vermöge denen alle Taten des Menschen Bein Werk sind. —
unsterblich ist nicht das empirische Individuum als solches, sondern der
zeitlose, universale, einheitliche Wille in ihm, der da- Wesen ein.- jeden ra
einem unvergänglichen macht.
Der einheitliche Wille, dessen raum-zeitliche Erscheinungen die Individuen
sind, objektiviert -ich aut verschiedenen Seinsstufen, und diese nennt Seh. Ideen.
Sie sind die „Musterbilder" der Individuen, die „ewigen Formen" der Dinge,
zeit- und grundlos wie der Wille selbst, ..nicht selbst in Zeil und Kaum, das
Medium der Individuen, eintretend, sondern feststehend, keinem Wechsel unter-
worfen, immer seiend, nngeworden". IM«' Eänzeldinge -i n< 1 nur getrübt« I
scheinungen der [deen, die in ihnen nicht rein mm Ausdruck kommen. Die
niedrigsten Objektivationsstufen des Willens Bind die allgemeinen Naturki
Die Erkenntnis der [deen erfolgt, wenn wir nicht mehr die Erscheinungen am
Leitfaden des Satcee vom Grunde verfolgen, nicht nach ihrem Warum usw,
ragen, sondern nur in ruhiger Kontemplation aui ihr Was Behauen, Mit dem
656 Schopenhauer.
Subjekt ist in diesem Moment eine Wandlung erfolgt: es ist nicht begehrend,
sondern interesseloses, unegoistisches, reines, allgemeines Subjekt des Er-
kennens. Dies ist der ästhetische Zustand, den die Kunst vermittelt. Sie
geht auf die Erfassung der Ideen und die Mitteilung dieser Erkenntnis, die vom
Willen ganz losgerissen ist. Die Kunst „wiederholt die durch reine Kontem-
plation aufgefaßten ewigen Ideen, das Wesentliche und Bleibende aller Er-
scheinungen der Welt". Sie „reißt das Objekt ihrer Kontemplation heraus aus
•dem Strom des Weltlaufs und hat es isoliert vor sich : und dieses Einzelne, was
in jenem Strom ein verschwindend kleiner Teil war, wird ihr ein Repräsentant
■des Ganzen, ein Äquivalent des in Raum und Zeit unendlich Vielen". Schön
ist jedes Ding als „Ausdruck einer Idee" (spekulative Gehaltsästhetik). Die ver-
schiedenen Künste unterscheiden sich durch das Material, an welchem sie
Ideen zum Ausdruck bringt (Bildende Kunst, Poesie, Musik). Zweck der schönen
Baukunst ist die „Verdeutlichung der Ojektivation des Willens auf der nie-
drigsten Stufe seiner Sichtbarkeit, wo er sich als dumpfes, erkenntnisloses, gesetz-
mäßiges Streben der Masse zeigt und doch schon Selbstentzweiung und Kampf
offenbart, nämlich durch Schwere und Starrheit". Das Trauerspiel
(Tragische) zeigt den Willen in seinem Zwiespalt mit sich selbst in furchtbarer
Größe und Deutlichkeit. Eine ganz eigene Stellung nimmt die Musik ein.
Sie ist nicht die Abbildung einer Idee, sondern mehr, nämlich „eine so un-
mittelbare Objekt! vation und Abbild des ganzen Willens, wie die Welt
selbst es ist, so wie die Ideen es sind, deren vervielfältigte Erscheinung die
Welt der einzelnen Dinge ausmacht". Die Musik ist also das unmittelbare
Abbild, der Ausdruck des Willens selbst und deshalb von so mächtiger Wir-
kung. Im Grundbaß kommen die niedrigsten Stufen der Willensobjektivation
zum Ausdruck, in der Melodie das Leben und Streben des Menschen. Das
Genie ist „vollkommenste Objektivität", Vollkommenheit und Energie der
anschauenden Erkenntnis, der Kontemplation frei vom Dienste des Willens,
die Fähigkeit, „klares Weltauge" zu sein.
Die Kunst befreit uns für kurze Zeit von der Unruhe des Lebenswillens,
sie ist ein „Quietiv" und ein Palliativ, ein Beruhigungsmittel, welches freilich
nur zeitweise hilft. Die Unseligkeit des Lebenswillens bleibt bestehen. Die
Basis alles Wollens ist Bedürftigkeit, Mangel, Schmerz oder aber Langeweile,
zwischen denen das Leben wie ein Pendel hin und her schwingt. Lust ist nur
momentanes Aufhören von Unlust, alles Glück nur negativer Art, jedes Leben
ein Leiden. Der rastlos strebende Wille ist nie zu befriedigen. „Denn alles Streben
entspringt aus Mangel, aus Unzufriedenheit mit seinem Zustande, ist also
Leiden, solange es nicht befriedigt ist; keine Befriedigung aber ist dauernd,
vielmehr ist sie stets nur der Anfangspunkt eines neuen Strebens." Das
Streben hat kein Ziel, das Leiden kein Maß; die Welt ist ein „Jammertal".
Daher ist der Optimismus eine „wahrhaft ruchlose Denkungsart", der extremste
Pessimismus ist gerechtfertigt. Als Erzeugnis des blinden Willens ist die
Welt durchaus schlecht, eine schlechtere Welt kann es gar nicht geben, sie
könnte nicht bestehen. Die Welt selbst ist das Weltgericht, sie leidet an
ihrem eigenen Willen, aus eigener Schuld. Je mehr die Einsicht in das
>« U0PENHA1
W< - Welt erwacht, also je höh
Leiden, ron dem zunächst nur die Kunst mü Augenblick*
Dieser metaphysische Peasimiamiifl liegt quo auch der Et hik 8
fittleidsmoral, erwachsend ans der Einsicht in die W
itität aller Leidenden, alle] Wea o, durch welche Einsicht der urspri
Ismus überwunden wird. I>.i- Mitleid ist das Pundamenl da M
echt sittliche Motiv, die „echte, d. h. aneigennüt2 .1
Her freien Gerechtigkeit und Menschenlieb alischen Wert hat am
die aus Mitleid geborene Handlung. Mitleid ist Teilnahme am I.
Anderen. Diesei aber ist an rieh eine mit ans tat twam asiu — d
alles tust du. wie die indische Lehre lautet). Im anderen leiden wii
Hier i-t die Scheidewand, welche die Wesen trennt, aufgehoben und da- \
ic-li sermaßen nun Ich geworden. Ana der Durchschauuni 1
BcheinungHcharaktera der Individualität geht dii ( btigkeil und die Güte
1 rinnnng hervor, das Mitleid, die reine Lieb
Indem min aber der Mensch in allen Wesen Bei h und in a!
Leiden -ei: i Leiden erkennt. Bchaudert ihm vor allem Leben and
rgL Buddha). I »• r Wille wendet sich du aht
das (individuell-leibliche) Leben imi awacher, er ist durch Erkenntnis
hellsieht trden und rerneint das Leben. Selbstmord nützt nichts, denn
der Tod trifft dann nur die Erscheinung des Willens, nicht di bst Uin-
en erlöst uns immer mehr vom Leben die Askese in allen ihren All
(Armut, Kasteiung, Keuschheil usw.),die den i. -willen abschwächt, i
K Mimt dann der Tod, so trifft er auf einen Bcho] Willen.
I'iir den. wehher .-<• endet, hat zugleich die Welt geendet." Für
-ts Nirwana da- Ni<ht-, während • b das H
nichts i-t. Die Verneinung des Willen- zum Leben, «!
des Willen-', diese jähe Wendung des Wil
der (durch Erkenntnis geleitete) Freiheit des Willens; hier i-t i
Tunkt, wo -eine Freiheit unmittelbar in die Erscheinung tritt.
Anhang - tu sind mein oder weniga I». Aschei I du M
l i i Lindni • I i uschinsk i, Tb- B f. C. B Fi
dt, B ichard W ; I : llndei L Bil b i
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Wurzel de* Satze« Totu IUI
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18C9. — 1» ■ •. A. IUI. —
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186'J. — Aua dem Kl ■ zur l.cU»iiaw«iahcr '
Neue ParalipoBataa;
rlataask,
Fraueni" 'jMrnriau.
658 Schopenhauer — Schröder.
Grisebach, 1888 (mit Bibliographie). — Briefe, 1893 (hrsg. von Schemann), 1904 (hrsg.
von Grisebach, Univ.-Bibl.). — Gespräche u. Selbstgespräche, hrsg. von Grisebach, 1898;
2. Ä. 1902. — Sämtliche Werke, hrsg. von Frauenstädt, 6 Bde., 1873 — 74 u. ö., 1907;
hrsg. v. Grisebach, 6 Bde. (Univ.-Bibl.); 1905 hrsg. v. E. Steiner, 12 Bde., 1894 f.;
hrsg. von Deußen, I, 1911. — Vgl. LABAN, Die Schopenhauer-Literatur, 1880. —
FRAUENSTÄDT, Briefe über die Sch.sche Philosophie, 1854; Sch.-Lexikon, 1871. —
K. SEYDEL, Sch.s System, 1857. — K. HAYM, A. Seh., 1864. — W. GwiNNER.
Sch.s Leben, 1878. — VENETIANER, Seh. als Scholastiker, 1873. — K. KÖBER, Die
Philosophie Sch.s, 1888. — HERTSLET, Sch.-Kegister, 1891. — K. FISCHER,
A. Seh., 1893, 3. A. 1908. — E. LEHMANN, S., 1894. — GRISEBACH, Seh., 1897.
— AlÖBIUS, Über Seh., 1899; 2. A. 1904. — J. VOLKELT, A. Seh., 1900; 3. A.
1907 (Frommans Klassiker der Philos.). — KOWALEWSKY, Seh. und seine Welt-
anschauung, 1908. — BlBOT, La philos. de Schopenhauer, 12. ed. 1909. —
BOSSERT, S., 1905. — ElCHERT, Seh., 1905. — SlMMEL, Seh. u. Nietzsche, 1907. —
G. FR. WAGNER, Enzyklopäd. Register zu Sch.s Werken, 1909. — EüYSSEN, Seh., 1911.
Schoppe (Scioppius), Kaspar, geb. 1576 in Neumarkt (Pfalz) gest. 1649
in Padna. = Erneuerer des Stoizismus in der Schrift: Elementa Stoicae
philosophiae moralis, 1608.
Schottische Schale: die von Reid begründete Richtung als Reaktion
gegen den Subjektivismus Humes. Sie nimmt den Standpunkt des „common
sense" an und lehrt die Existenz „selbstgewisser" Wahrheiten. Vertreter der
Schott. Schule sind außer Reid: Dugald Stewart, Oswald, Beattie,
ferner (in anderer Weise) Th. Brown, W. Hamilton, Mc. Cosh, N. Porter
u. a.
Vgl. H. LAURIE, Scottish, Philos. 1902.
Schrader, Ernst, geb. 1865 in Halle, Privatdozent an der technischen
Hochschule in Darmstadt.
Schriften: Die bewußte Beziehung zwischen Vorstellungen, 1893. — Skeptische
Briefe, 1897. — Zur Grundlegung der Psychol. des Urteils, 1903. — Elemente der
Psychol. d. Urteils, 1905 f., u. a.
Schrempf, Christoph, geb. 1860 in Besigheim, früher protestantischer
Pfarrer, lebt in Stuttgart. = Freie, ethisch-christliche Weltanschauung.
Schriften: Die christliche Weltanschauung u. Kants sittlicher Glaube, 1891. —
Natürliches Christentum, 1893. — Drei religiöse Beden, 1893. — Zur Theorie de&
Geisteskampfes, 1897. — Goethes Lebensanschauung, 1905—07. — Lessing als Philosoph,
1906. — Über Gemeinverständlichkeit als Aufgabe der Philosophie u. a. — S. Kierke-
gaard, 1907, u. a.
Schrenck-tfotzing9 Albert von, geb. 1862 in Oldenburg, Arzt in
München.
hriften: Über Suggestion u. suggestive Zustände, 1893. — Die Spaltung der
Persönlichkeit, 1896. — Richets experimentelle Studien auf dem Gebiete der Gedanken-
übertragung, 1891, u. a.
Schröder, Eduard August, geb. 1852 in Teschen, Direktor der Handels-
schule daselbst. = Standpunkt des Rechtssozialismus, von Menger beeinflußt.
Schriften: Politische Ökonomie, 3. A. 1897. — Das Recht in der geschlecht-
S< HRÖDER — SCHUBERT-SOLDERX. 659
liehen Ordnung, 2. A. 1896. — Das Recht der Wirtschaft, 2. A. 1904. — Das Recht
der Freiheit, 1901. — Der Völkergerichtshof, 1901, u. a.
Schröder, Ernst, Prof. der Mathematik an der technischen Hochschule
in Karlsruhe. = Vertreter der symbolischen, mathematischen Logik.
Schriften: Der Operationskreis des Logikalkalküls, 1877. — Über das Zeichen,
1890. — Vorlesungen über die Algebra der Logik, 1890 ff. — Abriß der Algebra der
Logik I, 1909.
Schröder, J. Fr. Ludwig, 1779—1845, Prof. in Utrecht. = Von Kant,
später von Schleiermacher beeinflußt.
Schriften: Oratio de nostra cognitione animi, 1824. — Proeve over de waarheid
der menschelijke kennis, u. a.
Schubert, Gotthilf Heinrich von, geb. 1780 in Hohenstein, 1819 Prof.
der Naturgeschichte in Erlangen, 1827 in München, wo er 1860 starb.
Seh., eine beschaulich-phantasievolle Xatur, ist zuerst von Schilling, später
von Böhme, St. -Martin und anderen Mystikern beeinflußt. In seiner ersten
Schrift lehrt er die Existenz eines All-Lebens und erörtert das Verhältnis des
Männlichen zum Weiblichen in der Natur. Den Traumgefühlen spricht er
später das Moment der Vorahnung zu. Die Seele existiert früher als der
sichtbare Leib, sie ist eine unzerstörbare Einheit, deren Werkzeug der Leib ist,
den sie durchdringt; sie ist der Übergang von der Materie zum Geist. Die
wahre Xatur der Seele besteht im „Verlangen nach dem Ewigen''. Alles Or-
ganische ist beseelt, aber erst das Tier empfindet, hat ein zentrales ,, Seelen-
organ".
Schriften : Ahndungen einer allgemeinen Geschichte des Lebens, 1806—21. — An-
siehten[von der Nachtseite der Naturwissenschaften, 1808; 4. A. 1840. — Die Symbolik des
Traumes, 1814; 4. A. 1862. — Die Urwelt und die Fixsterne, 1823; 2. A. 1839. —
Geschichte der Seele, 1830; 5. A. 1878 (Hauptwerk). — Geschichte der Natur, 1835 f.
— Lehrbuch der Menschen- und Seelenkunde, 1838; 2. A. 1842. — Spiegel d. Natur,
2. A. 1854. — Altes und Neues aus dem Gebiete der inneren Seelenkunde, 1817 — 44;
neue Folge, 3. A. 1856—59. — Die Krankheiten und Störungen der menschlichen
Seele, 1845. — Der Erwerb aus einem vergangenen und die Erwartungen von einem
künftigen Leben, 1854—55. — Vermischte Schriften 1857—60. — Vgl. SCHNEIDER,
'.. H. v. S, 1863.
Schobert, Johannes, geb. 1866 in Danzig, lebt in Wilhelmshagen bei
Berlin.
Schriften: Die philos. Grundgedanken in Goethes Wilhelm Meister, 1896 —
Hegels Keligionsphilosophie, 1905. — Wilhelm von Humboldt, 1907, u. a.
Selinbert-Soldern, Richard von, geb. 1S52 in Prag, früher a. o.
Professor in Leipzig, jetzt Gymnasialprofessor in Görz.
S. steht auf dem Boden der Immanenzphilosop hie, die er im Sinne
eines erkenntnistheoretischen (aber nicht praktischen) modifizierten ..Solipsismus"
formuliert Der Solipsismus ist theoretisch unwiderlegbar, da auch jedes fremdes
Ich nur als mein Bewußtseinsinhalt gegeben ist. Das Ich ist der Zusammen-
hang aller Bewußtsemsinhalte, aus dessen Geeamteusammhang wir nicht heraus
können; mein [eh im engeren sinne ist aber nur ein Teil dieses Zusammen-
12
660 SCHUBERT-SOLDERN — SCHULTZ.
haiiges. Das Ich ist die kontinuierliche, zeitlich einheitliche Entwicklung von
Erlebnissen, gebunden an einen Leib; zum Ich steht alles in Beziehung. Sein,
Dasein ist identisch mit Bewußtsein, Inhalt eines solchen sein. Die Objekte
sind Teile des vorstellenden Ichs. Das Ding besteht nicht außerhalb aller
Denkbeziehungen, sondern „nur aus Wahrnehmungs- und Vorstellungsbe-
ziehungen, die in einem empirischen Subjekt zur Einheit verbunden sind".
Sittlich ist das altruistische Verhalten.
Schriften: Über Transzendenz des Objekts und Subjekts, 1882. — Grundlagen
einer Erkenntnistheorie, 1887. — Koproduktion, Gefühl und Wille, 1887. — Grundlagen
zu einer Ethik, 1887. — Über den Begriff der allgemeinen Bildung, 1896. — Das
menschliche Glück und die soziale Frage, 1896. — Die menschliche Erziehung, 1905.
— Der Gegenstand der Psychologie, Vierteljahrsschrift f. wissensch. Philos., 1884. —
Ursprung u. Elemente der Empfindung, Zeitschr. f. imman. Philos. I, 1896. — Weitere
Aufsätze: Über Erkenntnis a priori und a posteriori, 1883. — Der Begriff des Seins,
1892. — Erkenntnistheoret. Betrachtung der Elemente der Gesellschaft, des Staates u.
der Geschichte. Arch. f. Sozialwiss., 1904, u. a.
Schlichter., Josef, geb. 1835 in Boppen, emer. Prof. in Brixen. = Dua-
listisch-teleologi scher Standpunkt.
Schriften: Der Begriff der Seele in der empirischen Psychologie, 1895. — Erapir.
Psychologie vom Standpunkte seelischer Zielstrebigkeit, 1897. — Kurzgefaßte empir.
Psychol., 1900; 2. A. 1902.
Schultz, Johannes, geb. 1739 in Mühlhausen (Ostpreußen), seit 1787
Prof. der Mathematik und Hofprediger in Königsberg, gest. daselbst 1805. =
Anhänger Kants.
Schriften: Betrachtungen über den leeren Kaum, 1758. — Erläuterungen über
des Herrn Professors Kant Kritik der reinen Vernunft, 1784; 2. A. 1907. — Prüfung
der Kantschen Kritik der reinen Vernunft, 1789—92.
Schultz, Julius, geb. 1862 in Göttingen, lebt in Berlin.
S. verbindet den Kritizismus mit einer biologisch-evolutionisti-
schen Erkenntnispsychologie. Die apriorischen Erkenntniselemente haben
innerhalb der Erscheinungswelt eine Entwicklung. Die Anschauungsformen
(Raum und Zeit) sind hier ererbte „angeborene Gewohnheiten der Psyche".
Die Kategorien, als Tätigkeiten der Subjekte, entwickeln sich innerhalb der
Erscheinung trotz ihrer apriorischen Gültigkeit. Die logischen Axiome sind
„Forderungssätze, Postulate", deren Denkzwang sich aus ererbten triebartig ge-
wordenen „Gewöhnungen des Assoziierens" erklärt. Es gibt für das Erkennen drei
Welten. Die erste Welt ist die von der Wissenschaft objektiv gemachte Sinnenwelt,
welche durch Verarbeitung des Phänomens entsteht und auch der Schauplatz des
praktisch-ästhetischen Erlebens ist. Die zweite Welt ist die aus logischen
Zwecken begrifflich konstruierte, mechanische Welt, ebenso die Welt des Psycho-
logen. Wir denken uns die Dinge (den Aussagen des Tastsinnes gemäß) als Atom-
komplexe, wo in Wahrheit „psychoide Zusammenhänge" bestehen. Diese
zweite Welt ist denkbezogen, relativ. Die dritte Welt ist das „Erlebnis des
Erlebens selber", die der Kategorien beraubte momentane Erlebniswelt, welche
unmittelbar gewiß ist, aber kein Verstehen und keine Wahrheit bietet. — Das
Schultz — Schulze. 661
Universum ist die Außenseite der Weltseele. Der „psychische Zustand" aller
Materie ist Kraft; das Bewußtsein ist erst eine Funktion des Erinnerns. Jedem
psychischen Elemente entspricht im Physischen eine . Beschleunigung. Die
psychische Struktur ist imbewußt, sie spiegelt sich in der Taxis des Leibes;
das Innensein des Organismus ist eine innige Verbindimg von ,, Psychaden-'.
Der Vitalismus widerspricht dem Grundsatze der Mechanik, daß nur Zentral-
kräfte wirken sollen; nur eine „Maschinen -Theorie" des Lebens ist möglich.
Das Wesen des Lebens ist „Streben zur Form", „Typovergenz", Konservierung
einer bestimmten Struktur. Das Finale, Teleologische steckt in dieser Struktur,
das Geschehen selbst ist rein kausal, alle Anpassung selektorisch. Von Ewig-
keit bestehen die ,, Biogene" als ,,Typovergenzmaschinen", die unter geeigneten
Bedingungen zu Organismen werden.
Schriften: Psychologie der Axiome, 1899. — Über genetische Psychologie, 1902.
— Die Bilder der Materie, 1905. — Die drei Welten der Erkenntnistheorie, 1907.
— Die Maschinentheorie des Lebens, 1909, u. a.
Schultz, Wolfgang, geb. 1881 in Wien, lebt daselbst.
Schriften: Das Farbenempfindungssystem der Hellenen, 1905. — Pythagoras und
Heraklit, 1906. — Altjonische Mystik, 1907 (über Zahlensymbolik u. a.). — Dokumente
der Gnosis, 1909, u. a.
Schnitze, Fritz, geb. 1846 in Celle (Hannover), seit 1876 Prof. an der
technischen Hochschule in Dresden, gest. 1908.
8. verbindet den Kritizismus und (später) eine kritische Metaphysik mit
dem Evolutionismus. Das A priori ist psychologisch als angeborene Anlage,
als Disposition vorhanden und wird empirisch entdeckt. Der Geist hat seine
..Eigen formen", die Kategorien: Raum und Zeit, Kausalität und Empfindung,
von denen die drei ersten apriorisch-subjektiv sind. Die Philosophie der Natur
ist ., Theorie des Wissens von der Natur". Die Materie besteht aus dyna-
mischen Atomen. Daneben gibt es psychische Monaden, Psych ad en; sie
sind die psychischen Kräfte, aus denen sich die Organismen zusammensetzen,
unsterblich, aber ohne Erinnerung an frühere Existenzformen, vervollkomm-
nungsfähig. Die Seele ist keine Substanz, wohl aber eine „bewußte Kraft,
die nur in der Form der Individualität existiert" und sich als Einheit im
Wechsel ihrer Zustände empfindet. Die Völkerpsychologie gehört zur
Kulturpsychologie („Telopsychologie") und hat es mit den seelischen Erschei-
nungen zu tun, die aus der Wechselwirkung einer durch eine staatliche Org
nisation zusammengehaltenen Mehrheit von Menschen entspringen.
Schriften: Die Tierseele, 1868. — Der Fetischismus, 1871. — Geschichte
der Philos. der Renaissance I, 1874. — Kant und Darwin, 1875. — Über Bedeutung
und Aufgabe einer Philos. der Naturwiss., 1877. — Die Sprache des Kindes, 1880. —
Die Grundgedanken des Materialismus, 1881. — Philosophie der Naturwissenschaften,
1881 — 82. — Der Spiritismus, 1883. — Vergleichende Seelenkunde, 1892—97. —
Stammbaum der Philosophie, 1890; 2. A. 1899. — Psychologie der Naturvölker, 1900.
— Grundlinien der Logik, 1902, u. a.
Schlitze. Gottlob Ernst (Aenesidemus-Schuke, nach seinem Hauptwerk
662 Schulze — Schumann.
„Aenesidenius" genannt), geb. 1761 zu Schloß Heldrungen in Thüringen, 1788
Prof. in Helmstädt, 1810 in Göttingen, gest. daselbst 1833.
S. ist einer der scharfsinnigsten Gegner Kants gewesen. In seinem „Aene-
sidemus" bekämpft er in „skeptischer" Weise Kant und Reinhold. Keinholds
(s. d.) „Satz des Bewußtseins" ist kein absoluter und oberster Grundsatz; die
Beziehung der Vorstellung auf ein Objekt und Subjekt findet während des
Vorstellens nicht statt, sondern ursprünglich sind Vorstellung und Objekt eins,
ihre Trennung ist erst das Produkt einer Eeflexion. Es ist ferner nicht be-
wiesen, daß außer der Form nicht auch der Stoff der Vorstellung aus dem
Subjekte stammen kann. Gegen Kant erklärt S., die Erkenntnis des Aprio-
rischen sei, da sie (nach Kant) nicht durch Erfahrung erfolgen könne, über-
haupt unmöglich. Das Bewußtsein der Notwendigkeit ist kein unfehlbares
Kennzeichen des apriorischen Ursprunges synthetischer Sätze ; auch mit der
Sinneswahrnehmung, die uns aufgezwungen ist, ist eine solche Notwendigkeit
verbunden. Auch macht die Ableitung der Notwendigkeit und Allgemein -
gültigkeit aus unserem Bewußtsein das Dasein jener nicht begreiflicher als
ihre Ableitung von Gegenständen außer uns. Da nach Kant das Ding an sich
unbekannt ist, so ist es auch nach dem unbekannt, was es bewirken und nicht
bewirken kann. Da die Kausalität eine bloße subjektive Denkform sein soll,
die nur auf Erscheinungen anwendbar ist, so kann die Empfindung nicht
durch das Ding an sich bewirkt werden. Also Kants eigene Resultate heben die
Wahrheit des Satzes von der Subjektivität der Kausalität auf. Weder Humes
Skeptizismus noch Berkeleys Idealismus sind durch Kant widerlegt worden;
Kants kritischer Idealismus ist nur ein neuer Dogmatismus. Die Vernunft-
kritik erweist alle ihre Ansprüche „nur durch solche Sätze, die Hume für
ungewiß oder gar für täuschend hielt". Der „innere Sinn" existiert nicht, es
gibt nur eine unmittelbare innere Wahrnehmung, die mit dem Psychischen
verbunden ist. „Die Behauptung aber, daß alles Erkennen und das Bewußt-
sein davon wieder durch ein Vorstellen desselben vermittelt und bedingt werde,
ist ungereimt. Denn alsdann müßte auch zum Bewußtsein der Vorstellung,
die das Erkennen vermitteln soll, abermals eine andere Vorstellung und zum
Bewußtsein dieser gleichfalls eine andere und so ohne Aufhören fort, mithin
eine Eeihe von Vorstellungen, die keinen Anfang hätte, erforderlich sein."
Das Selbstbewußtsein ist schon ein Erzeugnis des Seelenlebens. — Später nähert
sich S. Jacobi und Fries.
Schriften: Aenesidemus oder über die Fundamente der von Professor Reinhold
^lieferten Elementarphilosophie, nebst einer Verteidigung des Skeptizismus gegen die
Anmaßungen der Yemunftkritik, 1792; 2. A. 1910. — Einige Bemerkungen über Kants
philos. Religionslehre, 1795. — Grundriß der philos. Wissenschaften, 1788 — 1790. —
Kritik der theoretischen Philosophie, 1801. — Aphorismen über das Absolute, 1803
(In: Neues Museum der Philosophie). — Grundsätze der allgemeinen Logik, 1810;
3. A. 1817. — Enzyklopädie der philos. Wissenschaften, 1814; 3. A. 1824. — Psy-
chische Anthropologie, 1816; 2. A. 1819. — Über die menschliche Erkenntnis, 1832.
— Vgl. WiEGERSHAUSEX, Aenesidemus-Schulze, 1910.
Schumann, Friedrich, geb. 1863, Prof. am psychologischen Institut der
& Hr.MA.VN — X HUPPE.
Akademie für Sozial- und Handelswü rften in Frankfurt = Experimen-
teller Psycholog, Schüler Stumpfe.
Schriften: Psychologische Studien, lfjo4 ff. — Über die Schätzung kleiner Zeit-
größen, Zeitschr. für Psychol. der Sinnesorgane, 4. Bd. — Zur Psvchol. der 7.
anschaunng, 1. c. 17. Bd., u. a.
Schuppe. Wilhelm, geb. 1836, emer. Prof. in Greifewald.
- ist der Hauptvertreter der von Kant. Berkeley o. a. beeinflui
(idealistischen) [mmanenzphilosophie. Für diese sind „wirklich" and
„bewußt--. ..< >bjekt'; und „Vorstellung'1 identisch, aber d
wirklichen Dinge i-t nicht das Subjekt, sondern das Weltgan
i-t alles Bein dem Bewußtsein immanent, allgemeiner oder individueller
Bewnßtseinsmhalt, Bewußt-sein, ani das Ieh oder Subjekt bezogen.
gehört zu dem Sein selbst, daß es in sich die beiden Bestandteile, i
[ch-Pnnkt und die Objektenwelt ... in dieser Einheit zeigt, daß ;•
von ihnen ohne das andere in nicht- verschwindet, eines mit dem andern
„Kein Gegenstand außerhalb des Bewußtseins.1' \. G
d außerhalb des Bewußtseins hi nstand gleichzeitig denken
und nicht denken." Existenz ist Wahrnehmbarkeit Dach festen I q, also
mehr als momentane Empfindung, aber doch nicht An - S in. Zum Bein
ort die absolut« Liebkeit, nach welcher allgemein bestimmte Wahr-
DehmungBinhalte auftreten müssen; aber alles Objekt-Sein ist ein Bewußt-Sein,
hat das fch zum Korrelat Subjekt und Objekt sind an trennbar: ..K
Wissen von anderem ohne Wissen von sich, kein Wissen von -ich ohne Wisf
von anderem." Alles Objektive i-t Bewußtseinsinhalt, aber, im Unters b
von den individuell-subjektiven Erlebnissen, ist es an das „Gattung«
Bewußtseins geknüpft und bo ist das raum-zeitliche Geschehen in
Natur und das fremde Seelenleben unabhängig vom individuellen Ich. I
aktive ist Inhalt des (abstrakten, Dicht lert existierenden B< h
ii- überhaupt, dessen Arten die Einzel-Ichs sind. Dieses Ich,
Wesen im ^ich-eeiner-bewußt-eein" besteht, ist sras nur Subjekt -
im: -■ -hatten haben, i nn Tätigkeiten ausüben kann-. F.- kann k«in Sub-
strat haben, ist „absoluter Einheitspunkt", unräumlich; individuell wird
durch den Bewußtseinsinhalt, der das empirische I<h darstellt, nur dadui
daß es diesen räumlich und zeitlich bestimmten Inhalt hat
hzeitig ein konkrete- und abstraktes; let
nnräumlich und nicht-zeitlich, en haupt" llen
[chs gemeinsam enthalten all allgemeines Subjekt; die Außenwelt neb«
Objektiven llaunie und der objektiven Zeit -in«!, al- Inhalt
I \ni;t-ein-. tiir alle Kin/el-ubjekte identif
Sinne ein individueller Ausschnitt h
inhalt i-t. Wirklieb i-t nur. WM ..in den Xn-aniinenl.
der mit Qualitäten erfüllte Kaum- und /enteil, -..nrn er al
seinsinhalt ist n kann. 1 >> -• i i
I; ili-niu-, da tur ihn dii 1 '
denk
664 Schuppe — Schwab.
Die Psychologie ist die Wissenschaft vom individuellen Subjekt und
dessen Erlebnissen. Die Seele ist keine Substanz hinter dem Bewußtsein,
sondern nur „Substanz", sofern das Ich als Subjekt eine solche ist. Die Seele
ist nicht ein immaterielles Konkretum als etwas Selbständiges gegenüber den
Körpern, dem Leibe, sondern es gehört zu ihr ein (als Leib sich darstellender)
raum-zeitlicher Bewußtseinsinhalt. Die Erkenntnistheorie ist nicht Psycho-
logie. Sie fragt: „Was ist das Denken? Was ist das wirkliche Sein, welches
sein Objekt werden soll?" Das Denken muß in seiner Arbeit belauscht wer-
den. Die Logik (zugleich Erkenntnislehre) lehrt aber nicht eine subjektive
Verfahrungs weise des bloßen Denkens ohne Objekte, sondern gibt inhaltliche
Erkenntnisse vom Seienden überhaupt und seinen obersten Arten; sie ist die
„Wissenschaft von dem objektiv gültigen, d. i. dem aus dem Wesen des Be-
wußtseins überhaupt notwendigen Denken, d. i. von dem ins Bewußtsein auf-
genommenen oder bewußt gewordenen wirklichen Sein". Das Denken ist ein
Im-Bewußtsein-haben ohne subjektives Tun; es besteht im Urteilen, d. h. es
nennt die Art des Zusammenseins der Daten. Die Kategorien (Identität
und Kausalität) bestehen von vornherein nur als Bestimmungen von Gegebenem
und haben daher dieselbe Objektivität wie dieses; sie gehören, wie die An-
schauungsformen (Raum und Zeit), zum Bewußtsein überhaupt und kon-
stituieren erst die wirkliche Welt als den notwendig gemeinsamen Teil der
Be wn ß tseinsinhalte.
Ethik und Rechtsphilosophie setzen einander voraus; beiden liegt
die richtige Wertschätzung zugrunde. Diese beruht auf dem Gefühle; die
Lust hat nicht Wert, sondern ist der Wert einer Sache. Das absolut Wert-
volle ist das Bewußtsein. Die absolute Wertschätzung ist die „Lust am Be-
wußtsein", an der bewußten Existenz, sie ist das an sich Gute. Das Recht
entspringt aus der ursprünglichen Wertschätzung und dem aus ihr fließenden,
auf die Selbstbejahung aller gerichteten Willen.
Schriften: Das menschliche Denken, 1870. — Erkenntnistheoretische Logik,
18 78. — Grundzüge der Ethik und Rechtsphilosophie, 1882. — Das metaphys. Motiv
und die Geschichte der Philosophie im Umrisse, 1882. — Der Begriff des subjektiven
Rechts, 1887. — Das Gewohnheitsrecht, 1890. — Das Recht des Besitzes, 1891. —
Grundriß der Erkenntnistheorie und Logik, 1894. — Begriff und Grenzen der Psycho-
logie, Zeitschr. für immanente Philos. I, 1896. — Die immanente Philosophie, 1897.
— Der Solipsismus, 1898. — Das System der Wissenschaften und das des Seienden,
1898. — Psychologismus und Norracharakter der Logik, 1901 (Archiv für systemat.
Philos. VII). — Was ist Bildung? 1900. — Der Zusammenhang von Leib und Seele,
1902, u. a.
Schütz, Ludwig, geb. 1838, Prof. am Priesterseminar in Trier. = Scho-
llt i^cher Standpunkt.
Schriften: Einleit. in die Philosophie, 1879. — Lehrbuch der Ästhetik, 3. A.
1889. — Thomas-Lexikon, 2. A. 1895.
Schwab, Johann Christoph, geb. 1743 in Ilsfeld, 1778 Prof. an der
Karlsschule in Stuttgart, gest. 1821. = Anhänger der Leibniz-Wolffschen Phi-
' irner Kants.
S< hwai; — BCHWABZ.
- hriften: Welche Fortschritte hat die Metaphysik seit I.eibnizens und Wolffs
Zeiten in Deutschland gemacht? 1796. — Neue Gespräche zwischen Chr. Woln* und
einem Kantianer, 1798. — Acht Briefe über einige Widersprüche und Inkonsequenzen
in Kants neuesten Schriften, 1799. — Vcrgleichung des Kantschen Moralprinzips mit
dem Leibniz-Wolffschen, 1800. — Über die Wahrheit der Kantschen Philosophie, IS
— Von den dunklen Vorstellungen ; ein Beitrag zur Lehre vom Ursprung der mensch-
lichen Erkenntnis, 1813, u. a.
Schwann. Mathieu, geb. 1859 in lebt in Weiden bei Cöln.
= Von Nietzsche u. a. beeinflußt.
Schriften: Sophia. Sprossen zu einer Philosophie des Lebens, 1900. — Indi-
viduum u. Volksleben, 1895, u. a.
Hcliwai'tzkopft', Paul, geb. 1849 in Stettin, Gymnasialprofessor in
Wernigerode. = S. ist von Lotze u. a. beeinflußt. Die Erkenntnis geht von
inneren Erfahrung aus und führt zu einem kritischen Realismus, nach
welchem die Empfindungen Zeichen für die Dinge an Bich sind. Substanz
und Kausalität werden innerlich erfahren. Das Selbst erlebt Bich als Substanz,
als innere metaphysische Einheit. Die Dinge sind ebenfalls Einheiten, die in
ihren Komplexen als Körper erscheinen. Die Einheit des Welt-Ichs
ohJ die Eänzelsubjekte wie deren außersubjektive Well und faßt
Dualismus in seiner höheren Einheit zusammen. Gott ist immanent und tra
zendent zugleich, selbstbewußter, persönlicher Geist, lebendige Allursache
Panentheismus). Alle Individuen Bind lebendig, innerlich; di< 5 isl ein
innerer Mittelpunkt des :
8 hriften: Der Ursprung der Sprache, 1875. — Die Freiheit dea ^
— Das Leben nach dem Tode, 2. A. 1901. — Bowois für das Dasein Uutt- —
Das Leben als Einzellcben und Gesamtleben, 1903. — Die Weiterbildung der Religion,
19o3. — Gott in uns und Gott aulier uns, 1905. — Was ist Denken.1. L906. —
Wesen der Erkenntnis, 1909. — Lst die Seele eiiu Zeitschrift
Bd. 134. — Für und wider den Monismus, Archiv für ijst F , Wll. 1911, D. a.
Schwarz. Heinrich. = Theistischer Hegelianer.
9 hriften: Über die wesentlichsten Forderungen in eine >phie dei
• und deren Vollziehung, 1846. — Gott, Natur und U
Theismus, 18
Schwarz. Hermann. = Hegelianer.
1 :•■ : Venacfa ein< ie >ler llnthenuitiki
Schwär/:. Hermann, geb. 1864 in Düren, I *i • > t . in Greifswald, II
Zeitschr. t. Philo*, u. philos. Kritik-.
der /um Teil von üphues beeinflußt ist . lehn einen kritischen
R< alismus, Dich welchem die lMiie..- »o sein können, wie wir -ie eik.ni
richtetsein der W ahrnefa m u d g auf 1 B 1 ra
dea I'- w ußta ins ( I
Ausdruck, durch den wir uns * 1 1 • - uluVkte \< tritt ni« ht sei
Bewußtsein. Was die Qualitäten dei Ding< .1 haben
rastwahrnehmt r den übrigen; es (fehl ni
666 Schwarz — Schwegler.
an, jenen objektive Eealität zuzuschreiben, den letzteren aber nicht. Diese
können ganz wohl objektive Korrelate haben ; die vermeintlichen Widersprüche
zwischen Sinnesdaten bestehen nicht. „Nur von den gesehenen Farben, den
gehörten Tönen wird notwendig behauptet werden müssen, daß sie durch Ver-
mittlung mechanischer Korrelate indirekt durch die Organe bedingt sind. Von
ungesehenen Farben, ungehörten Tönen dagegen kann man vielleicht die Exi-
stenz bezweifeln, ihre ev. Unabhängigkeit von irgend welchen Organen würde
als ein Widerspruch nicht gelten können." — Die Seele ist immateriell und
steht mit dem Leibe in Wechselwirkung.
Die Ethik S.s ist idealistisch, normativ und beruht auf der Psychologie
des Willens. Vom Begehren ist der eigentliche Wille zu unterscheiden.
Gefallen und Mißfallen sind von den Lust- und Unlustgefühlen ver-
schiedene, ursprüngliche Willensregungen, welche Unterschiede der „Sättigung"
zulassen. Gefallen ist die Reaktion der wollenden Seele, wenn die Gegen-
stände, von denen sie bewegt wird, genossen, besessen, verwirklicht sind. Nach
dem „Zentrierungsgesetz" wirken alle Regungen des ungesättigten Gefallens
und des Mißfallens zentrierend auf das Vorstellen, sie haben die Tendenz,
solche Vorstellungen um sich zu scharen, durch deren Inhalt das Gefallen
mehr und mehr gesättigt wird. Das Vorziehen (Lieberwollen, Wählen) ist
ein Urphänomen mit eigener Gesetzlichkeit. Dem „voluntaristischen Aprioris-
mus'' gemäß walten im Willensgebiet nicht die apriorischen Regeln der Ver-
nunft, sondern eigene apriorische Normen, die Normen des analytischen und
synthetischen Vorziehens. Analytisch ist das Vorziehen, wenn es sich richtet
„nach dem Verhältnis von solchem Bessern und Schlechtem, das schon vorher
anderweitig geprägt ist". Synthetisch ist dasjenige Vorziehen, das „erst
durch einen eigenen Akt anzeigt, wo in einem gegebenen Falle das Bessere
liegt". Von den Naturgesetzen des Begehrens sind die Normgesetze, der
„Normzwang" des Willens zu unterscheiden: 1. „Das Wollen eigenen Personen-
werts steht über der Rücksicht auf die eigenen Zustände." 2. „Das Wollen
religiöser, mitmenschlicher, sozialer und ideeller Fremdwerte steht über dem
Wollen von Eigenwerten" (Personenwertmoral, Fremdwertmoral). Gewissen
und Pflichttrieb sind im Menschen ursprünglich angelegt, entwickeln sich aber
psychologisch. Die sittlichen Gefühle sind Sympathie mit selbstlosen und
Antipathie gegen egoistische Handlungen.
Schriften: Das Wahrnehmungsproblem vom Standpunkt des Physikers, des Phy-
siologen und des Philosophen, 1892. — Was will der kritische Kealismus, 1894. —
Die Umwälzung der Wahrnehmungshypothesen durch die mechanische Methode, 1895.
— Grundzüge der Ethik, 1896. — Psychologie des Willens als Grundlage der Ethik,
1900. — Das sittliche Leben, 1901. — Glück und Sittlichkeit, 1902. — Der Materia-
lismus als Weltanschauung und Geschichtsprinzip, 1905, u. a.
Schwegler, Albert, geb. 1819 in Michelbach bei Schwäbisch-Hall, 1848
Prot in Tübingen, gest. daselbst 1857. — Anhänger Hegels.
Schriften: Geschichte der Philosophie, 1847, 15. A. 1891 (auch in der Univ.-
BibL; viel gelesen). — Geschichte der Griechischen Philosophie, hrsg. 1859; 3. A.
1882, u. a.
Scotus — Seillieke. 667
Scotus, Duns s. Duns.
Seotns, Johannes Eriugena s. Johannes.
Seotn*. Michael s. Michael.
Scriptlire, E. W., geb. 1864 in Mason. = Experimenteller Psycholog,
Schüler Wundts.
Schriften: Über den assoziat. Verlauf der Vorstellungen, 1891 (Philos. Stud.).
— The Problem of Psychology, 1891. — Elements of experimental Phonetics, 1902,
u. a.
Seailles, Gabriel, geb. 1852 in Paris, Prof. in Paris. = Nach S. ist das
Genie nichts Abnormes. Im künstlerischen Genie drängen die Vorstellungs-
bilder zur darstellenden Bewegimg. Das Streben nach Realisation des Ideals
ist allem Seienden immanent.
Schriften: Essai sur le genie dans l'art, 1897; deutsch 1904. — La philosophie
de Ch. Eenouyier, 1905, u. a.
Secretan, Charles, geb. 1815 in Lausanne, Prof. daselbst, gest. 1895.
S. lehrt, von Kant, Schelling u. a. beeinflußt, eine Philosophie der Freiheit.
Das Absolute ist Geist, -welcher die Welt durch freie Tätigkeit erzeugt hat.
Gott ist causa siü, Ursache seiner selbst, Substanz, Wille, Vernunft und Liebe.
Gott ist alles, setzt die Welt voraus, die er schafft. Die Wesen waren ur-
sprünglich reine Geister, erst durch ihren Abfall ist die Natur entstanden.
Der Mensch kann aber durch seineWillensfreiheit zu Gott zurückkehren.
Die Menschheit ist eine Einheit, ihre Solidarität untereinander und mit Gott
ist das Höchste.
Schriften: De la philosophie de Leibniz, 1840. — La philosophie de la liberte,
1849; 8. ed. 1879. — Eecherches de la methode, 1857. — La raison et le christia-
nisme, 1863. — Discours laiques, 1877. — Principes de la morale, 1883. — La civi-
lisation et la croyance, 1887. — Etudes sociales, 1889; deutsch 1896. — "Essais de
philos. et de litterature, 1896 u. a. — Vgl. H. SECRETAX, La societe et la morale,
1897. — PlLLOX, La philos. de S., 1898. — DUPROIX, Ch. S. u. seine Beziehungen
zur Kantischen Philosophie, Kantstudien VI, 1902.
Seciuidas. Rhetor in Athen, unter Hadrian. = Die rrotuat (Aus-
sprüche), die ihm zugeschrieben wurden, sind wohl nicht von ihm. auch ent-
halten sie nichts Neupythagoreisches.
Schriften: Secundi sententiae, ed. Orelli, in: Opuscula graecorum, 1819 — 21, 1.
Sederbolm, Karl, 1789—1867, protestantischer Pfarrer in Finland,
dann in Moskau. = Gegner Hegels, theistischer Standpunkt.
Schriften: Der geistige Kosmos, 1859. — Ewige Tatsachen, Grundzüge einer
Einigung des Christentums und der Philosophie, 1859. — Der Urstoff und der Welt-
äther, 1864. — Zur Religionsphilosophie, 1865
Seiliiere 9 Baron Ernest, geb. 18(36. = S. lehrt, von Nietzsche beein-
flußt, einen rationellen „Imperialismus", nach welchem die Macht als Mittel
zum Glück ist. Imperialismus ist das ursprüngliche Streben der menschlichen
Seilliere — Seneca.
Natur, sich eine Zukunft der Buhe und des Wohlbefindens durch rationelle
Ausübung und Mehrung ihrer Macht vorzubereiten.
Schriften: Le mal romantique, 1908 (Im Koman tischen liegt etwas Krankhaftes).
— Philosophie des Imperialismus, 1905 ff. — Vgl. E. KKETZER, Imperialismus und
Romantik, 1909.
Seile, Christian Gottlieb, geb. 1748 in Stettin, Direktor der Charite in
Berlin, gest. daselbst 1800. = Gegner Kants, Empirist.
Schriften: Urbegriffe von der Beschaffenheit, dem Ursprünge und Endzwecke
der Natur, 1776. — Philos. Gespräche, 1780. — Grundsätze der reinen Philosophie,
1788, u. a.
Semon, Eichard, geb. 1859 in Berlin, Prof. der Anatomie in Jena, seit
1897 Privatgelehrter in München.
Wie schon Hering, Mach, Haeckel, Preyer u. a. erblickt S. im (unbewußten)
Gedächtnis, in der „Mneme" eine allgemeine Eigenschaft des Organischen,
durch welche er die Vererbung (auch erworbener Eigenschaften) u. a. erklärt.
Viele Lebenserscheinungen beruhen auf dem Nachwirken früherer Prozesse,
deren Spuren („Engramme") lebendig („ekphoriert") werden. Die Mneme hat
eine physische und psychische Seite. Der erste mnemische Hauptsatz ist der
..Satz der Engraphie" : „Alle gleichzeitigen Erregungen innerhalb eines Orga-
nismus bilden einen zusammenhängenden simultanen Erregungskomplex, der
als solcher engraphisch wirkt, das heißt einen zusammenhängenden und in-
sofern ein Ganzes bildenden Engrammkomplex zurückläßt/' Der zweite
mnemische Hauptsatz ist der „Satz der Ekphorie": „Ekphorisch auf einen
simultanen En grammkomplex wirkt die partielle Wiederkehr derjenigen ener-
getischen Situation, die vormals engraphisch gewirkt hat." Die Assoziation ist
der Zusammenhang der einzelnen Komponenten eines Engrammkomplexes und
ist ein Ergebnis der Engraphie; es gibt eigentlich nur Simultan-Assoziationen.
Die physische Erregung und ihre Empfindung sind derselbe Vorgang von
zwei Seiten betrachtet. Bei unmittelbarer Betrachtung (Introspektion) achtet
man auf den direkt gegebenen Empfindungsinhalt selbst, bei der energetischen
auf ein Produkt der Abstraktion und Kombination sehr vieler mittelbar ver-
knüpfter Empfindungen.
Schriften: Die Mneme als erhaltendes Prinzip im Wechsel des organischen Ge-
schehens, 2. A. 1908. — Die mnemischen Empfindungen, 1909, u. a.
Seneca, Lucius Annäus, geb. um 3 n. Chr. in Corduba als Sohn des
Rhetors L. Annäus Seneca, Erzieher Neros, später bei ihm verdächtigt und ge-
zwungen, sich selbst den Tod zu geben (65 n. Chr.).
8 ist einer der bedeutendsten römischen Stoiker, der aber in manchem
von Plato, den Kynikern und Epikur beeinflußt ist. Im Gegensatze zum
älteren Stoizismus macht er Konzessionen an die menschlichen Schwächen und
meint, die Menschen seien schlecht und schwach und würden es immer bleiben.
s le Weltanschauung ist ganz die Stoische. Gott ist die alles durch-
dringende Weltkraft, die erste Ursache, von der alle anderen abhängen („prima
ommium causa, ea a qua ceterae pendent"). Gott ist das All, ist alles, das
-
der Dil - Wille ist das \V<
V rnunft, Schicksal und \ I : :
(Ideen) in Bich, welch sind. Die man* Uli- ihe Venia
••in Au-tlni; des göttlichen „Pneoma", im I
• nach dem Tode in die Buhe ttlichen -
/„intus er i>t uns nahe, wir Leben in Gemeine D
Bomni
Di( Phil — phie ist S n nach Weiahei entiae amoi
gend unabtrennbar; sie lehrt das Handeln
ii* »ii <li • K* der rechten Lebensführung; die Ethik
1 1 ■ I gend ist <la- eü !. 1 »:i- d( - M
hte Vernunft' durch die i ' itunmm hl
Datargem&fl lebt Einheit, Harmonie, K seqneru d oütens ii
kommei inalHas et tenor ■ il
ans -ihr». Wir aoUeo t)i- Eoletzt aut onaerem Poeten ans für
für <l:i- allgemeine Wohl bemühen un<l auch <!• < l.-n helfen. D
Menschen Bind sociale Wesen, sin«! Verwandte, sind Glieder •
sen; sie Bollen menschlich -in. aucl - Der V
ist innerlich frei, >tark and grofi, besonders wenn er mit dem Unglück rü
1 ttheit ähnlich. Nicht leben, Bondern gut leben ist ein Gut Der NV<
lebt nur Bolanf 11. nicht solange er kann: der T<"1 macht ik
aller Knechtschaft
den di - fälschlich zu einem < h:
telalter and auch noch Bpater \i«l gelesen und hai
ausgeübt.
lonutii naturalium liKri VII, ed. 1 819. — I>ia:<v
libr :ontia; <Io oOBStaatia aapiSBtil
lati- l beata). — De tnr
entia; de beneti i Bpiat ralaa a«l
r — 181 1, 184t— 4
— \ — Saataataaa, deatah
h9. —
W. RlBB» k 9 : : I >aa*ea-8tadien. Ja
S. all I . \ H \
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lich-spekulal • i : '
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*
670 Sennert — Sextier.
„corpora individuata") und zwar gibt es vier Arten Elementaratome: Feuer-,
Wasser-, Luft- und Erdatome. Alle Veränderung bestellt in der Bewegung
der Atome. Gott hat die Atome so gestaltet, daß sie zusammenpassen. In
manchem ist S. von Paracelsus beeinflußt.
Schriften: Hypomnemata physica, 1636. — Epitome scientiae naturalis, 1618.
— Opera 1633, 1645, 1650 u. ö. — Vgl. LASSWITZ, Geschichte der Atomistik I und
Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos., 1879.
Sergi9 Giuseppe, geb. 1841 in Messina, Prof. in Kom. = Positivistischer
Denker, hauptsächlich Psycholog (physiologische Eichtung). Das Psychische
ist ein Epiphänomen der Nervenprozesse. Psychisch wird ein physiologischer
Vorgang, wenn er bewußt wird. Ursache der Affekte sind physiologische Er-
scheinungen (vgl. James). Lust und Unlust sind „Phänomene der Ernährungs-
organe, deren Funktionsstörungen psychischen Charakter erhalten" (Zeitschr.
f. Psychol. d. Sinnesorgane, Bd. 14, 1897).
Schriften: Usiologia, 1868. — Vico, 1872. — Elementi di psicologia, 1879. —
La psychologie physiologique, 1888. — Psicologia per le scuole, 1891. — Dolore e
piacere, 1894. — La psiche nei fenomeni della vita, 1901. — L'evoluzione umana indi-
viduale e soziale, 1903. — L'origine dei fenomeni psichici, 1904, u. a.
Setli, Andrew, geb. 1856 in Edinburg, Prof. daselbst. = S. polemisiert
gegen Greens Hypostasierung des Bewußtseins überhaupt und gegen die An-
nahme eines Denkens an sich. Psychologie, Epistemologie (Erkenntnistheorie)
und Ontologie sind scharf zu unterscheiden.
Schriften: Hegeiianisra and Personality, 1887, 1893. — Man's Place in the Cos-
mos, 1897. — Two Lectures on Theism, 1897. — Abhandlungen in der „Philos. Eeview"
(I, 1892; II, 1893). — The Philosophical Eadicals, and other Essays, 1907.
Setli, James, geb. 1860 in Edinburg, Prof. daselbst. = S. nimmt Kants
Lehre von der praktischen Vernunft an, deren Postulat die Willensfreiheit ist.
Sittliche Aufgabe ist die Realisation des Selbst, der Persönlichkeit („self-reali-
sation").
Schriften: Freedom as Ethical Postulate, 1891. — A. Study of Ethical Principles,
1894; 10. ed. 1908.
Severus, eklektischer Platoniker des 2. Jahrhunderts, von der Stoa
beeinflußt. Die Welt ist ewig, die Seele ist einfach und unkörperlich wie eine
mathematische Figur. Ein Fragment der Schrift des S. (über die Seele) ist
bei Eusebius erhalten.
Sextier: Anhänger einer von Q. Sextius (geb. um 70 v. Chr.) begrün-
deten eklektischen Richtung (Pythagoreische und Stoische Elemente). Zu ihnen ge-
hören der Sohn des Sextius, ferner Sotion (Lehrer Senecas) von Alexandrien,
Cornelius Celsus, L. Crassitius, Papirius Fabianus. — Die Sextier
leca und Stobaeus) verlangen Enthaltung vom Fleischgenuß und Selbst-
prüfung, sittliche Kraft, innere Freiheit u. dgl. Die Seele fassen sie als un-
körperlich auf, auch sprechen sie von der Seelen Wanderung.
Vgl. ZELLER, Philos. d. Griechen III, 1.
ÖEXTU8 Empibicus — Seydj G71
Sextus Enipiricu$, ein griechischer („empirischer" oder „metho-
discher'') Arzt, lebte um 200 n. Chr. in Alexandrien und Athen.
ein Vertreter der Skeptizismus, ist durch Beine zwei Schritten die
Hauptquelle für die Kenntnis der antiken Skepsis (vgl. Ainesidemos). S. nnti
scheidet: „Dogmatikeru, welche behaupten, die Wahrheit zu kennen: ..Aka-
demiker", welche die absolute Unerkennbarkeit der Wahrheit annehmen; end-
lich die ..Skeptiker", welche betreffs des Wesens der Dinge nicht- entscheiden.
Ein Beweis irgendeiner Wahrheit ist nicht möglich, weil jeder Syllogismus
ein Zirkelschluß ist, indem der Obersatz, auf den die Folgerung sich >tützt. zu
-einer Gültigkeit schon die Wahrheit der Folgerung voraussetzt; ferner gebe
es zu jedem Beweis einen Gegenbeweis {looadevsia xeov /.öycoi>), auch führe jeder
Beweis ins Unendliche (d sie äxeigov ey.ßa/.lwv). Gegen die Kausalität
wird betont, die Ursache sei ein Kelationsbegrif f ; da aber die Relation nur im
Denken besteht, so hat die Ursache keine Existenz (oi>z v.-zdg/et). Ferner kann
die Ursache weder gleichzeitig mit der Wirkung sein, da sonst kein Erzeugung*-
Verhältnis bestände, noch kann sie ihr vorangehen, weil ohne die Wirkung
nichts Ursache sein kann. Jede Kausalerklärnng führt zu einer Diallele.
Gleichartiges kann weder auf Ungleichartiges noch auf Ungleichartiges wirken.
u. a. Auch die Beweise für das Dasein Gottes und der Vorsehung sind nicht
stichhaltig; besonders die Übel in der Welt widersprechen der Annahme • :■
Got I
Schriften: I7voocuyeioL wtOTVJKOOSts (Pyrrhoniaruni institutionum Jibri tres),
1718, 1842. — Pyrrhon. Grundzüge, 1877—81 (Mit Erläuterungen), auch in der
„Philos. Bibl.". — Adversus raathematicos libri XI {Tlgo; fHu'Jr/unuy.oi^), 1718, 1.^
— Opera, 1718, 1842. — Vgl. C. HARTEN- HIN, Zeits.hr. f. Philo?, u. philos.
Kritik, Bd. 93.
Seydel, Rudolf, geb. 1S35 in Dresden, Lfi in Leipzig da-
selbst 1892.
3 ist ein von Schelling und besonders von C. B. Weisse beeinflußt \
treter des spekulativen Theismus. Durch Intuition erfassen wir Gott als
logische, metaphysische und relif eolute, als den absoluten Geist i
Religionsphilosophie will die religiösen Beelenznstände unter die Be-
leuchtnng des rationalen Denkens stell« -n und hat /um Gegenstände die ideale,
vollendete Religion, ist Wissenschaft rom Beligionsidea] als solchen. I: I gion
ist ..Leben in Gott und ans <i-.it und uui Gottes willen", ani Grund eines ein-
heitlichen Willenstriebes, sie ist das Bachen und Gewinnen der Gottselig*
ntrale und sieh immer wieder zentralisierende rolle* tottesgemeu
Ordnung unter das Göttliche, Verwirklicht wird das i Leben in den
Formen des Wollens und Pühlens, Erkennens and Bandeina. In erkennt-
oistheoretischei Beaehun| B britischi it Dai W isen ist ein ..ln-
mir-sein d< indes''. D Subjekt ab Wiseendei ist an sich Gott im
leh. die ..AllllM'.elirhkeit | I I1 ..Wirken" -eht im IlMieni de]'
Dil »r sich.
t der Metaphysik innerhalb I nie d. jonis,
flylozoismus, 1860. — Schopent -tem. 1857. — I «nschaft Ton
0.2 Seydel — Shaftesbury.
Wissen, 1866. — Die Religion, 1872. — Ethik, 1874. — Religion und Wissenschaft,
1887. — Der Schlüssel zum objektiven Erkennen, 1889. — Religionsphilosophie im
Umriß, hrsg. 1893. — Der sogen, naive Realismus, Vierteljahrsschr. für wissensch.
Philos., 15 Bd., 1891, u. a.
Shaftesbury, Anton Ashley Cooper, Graf von, geb. 1671 in London
als Enkel des Staatsmannes S., nach Lockes pädagogischen Grundsätzen er-
zogen, besuchte 1683—87 die Schule zu Winchester, ging dann auf Reisen,
war 1695—98 Mitglied des Unterhauses, lebte dann in Holland, wo er mit
Bayle verkehrte. 1699 wurde er Graf und Mitglied des Oberhauses. Er starb
1713 in Neapel.
S., dessen Schriften auch literarisch hervorragend sind, ist der bedeutendste
der englischen Moralisten. Von Plato, Aristoteles, den Stoikern u. a. beein-
flußt, begründet er eine Ethik auf psychologischer Grundlage und mit Be-
tonung der Unabhängigkeit der Sittlichkeit oder Tugend von der Beligion,
Politik usw. Die Tugend, die Liebe zum Guten ist etwas durchaus Selbständiges, sie
hat eine eigene Quelle und ein eigenes Objekt. Außer den „unnatürlichen" Affekten
(„affections") oder Neigungen, wie Bosheit, Übermaß an egoistischen Trieben,
gibt es „natürliche" Neigungen sinnlicher und rationaler Art. Die „sinnlichen"
Neigungen zerfallen in selbstische („self-affections"), idiopathische Triebe,
welche auf das eigene Ich und dessen Leben gerichtet sind, und gesellige
(„social-affections"), sympathische Neigungen, deren Gegenstand das Leben der
Gattung, das fremde allgemeine Wohl ist. Nun gibt es aber noch rationale
(Reflexions-) Affekte, Neigungen auf Grund der Vernunft. Diese Neigungen
sind Sympathien (bzw. Antipathien) für menschliche Handlungen und die Ge-
sinnungen, aus denen sie entspringen, für das sittlich Schöne (bzw. Häß-
liche). Eine natürliche Neigung für sittlich-schönes, richtiges Wollen und
Handeln, eine angeborene Abneigung gegen häßliches Verhalten, kurz ein
(durch Übung auszubildender) moralischer Sinn („moral sense") besteht („a
real antipathy or aversion to injustice, a natural prevention or prepossession of
the mind in favour of the moral distinction"). Das Sittlich-Schöne. Gute, die Tugend
liegt im rechten Verhältnis, in der Harmonie zwischen selbstischen und
sozialen Neigungen. Das Wohl des Systems, dem man angehört, zu wollen
und zugleich das eigene nicht zu vernachlässigen, macht uns gut und glücklich.
Das Schöne erzieht zum Guten (vgl. Schiller); es beruht auf der Harmonie
und Anordnung, die wir gewahren und die uns unmittelbar gefällt.
Die Idee der Harmonie überträgt S. auch auf das Weltganze, welches
nach ihm zweckmäßig, schön und gut ist; die Übel sind nur Dissonanzen,
welche zur Schönheit des Ganzen beitragen (Optimismus; vgl. Leibniz, der
Theodizee rühmt). Gott ist der in allen Dingen wirkende Weltgeist
'Wendung zum Pantheismus).
Schüler S.s sind Butler, Hutcheson u. a., von ihm beeinflußt Leibniz,
B er der, Kant, Schiller u. a.
Schriften: Characteristics of Men, Manners, Opinion, Times, 1713, 1714 u. ö\,
18G9, 1900 (darunter: A Letter concerniDg Enthusiasm ; An Inquiry concerning Virtue and
Merit; The Moralists, u. a.). — Thilos. Werke, deutsch 1776 f., z. T. auch in der
Shaftesbury — Sidgwick. 673
„Philos. Bibl." — Several letters, 1716. — Ein Brief über den Enthusiasmus, 1909.
— Die Moralisten, deutsch von K. Wolff, 1910. — Vgl. G. v. GlZYCKI, Die Philo-
sophie S.s, 1876. — Th. FOWLER, S. and Hutcheson, 1882. — SPICKER, Die
Philos. S.s, 1872. — SXERXBECK, S. über Natur, Gott u. Religion, 1904.
Shnte. Richard, 1849—1886, Prof. in Bombay. = Relativistischer Stand-
punkt. Es gibt keine denknotwendigen Sätze, keine unveränderliche Wahrheit,
Wahrheit ist nur Übereinstimmung des Denkens mit der (bisherigen) Erfahrung,
das Denken nur ein Mittel zur biologischen Anpassung. Die Kausalität isl
nur von subjektiver Gültigkeit.
Schriften: A Discourse on Truth, 1877; deutsch 1883. — Vgl. ÜPHUES, R. S.s
Disc. on Truth, 1883.
Sibbern, Frederik Christian, 1785—1872, war 1S17— 66 Prof. in Kopen-
hagen. = Besonders von Schelling beeinflußt, Vertreter einer Identitäts-
theorie bezüglich des Verhältnisses des Psychischen zum Physischen.
Schriften: (dänisch): Psychologie (1819 ff; 4. A. 1862), Logik (1822; 3. A.
1866) u. a. — Deutsch: Über den Begriff, die Natur und das "Wesen der Philosophie,
1843. — Spekulative Kosmologie, 1846.
Sieiliani. Pietro, 1835—1886, Prof. in Bologna. = Positivistische
Richtung.
Schriften: Della statistica, 1861. — Della legge storica, 1862. — II rinnovaraento
della filosofia positiva italiana, 1871. — Prolegomena alla moderna psicogenia, 1878. —
Socialisrao, darwinismo e sociologia moderna, 1879. — La nuova biologia, 1885, u. a.
Sidgwick, Alfred, geb. 1850 in Skipton, lebt in Vellansagia (Cormvall).
= Pragmatistischer Standpunkt.
Schriften: Fallacies, 1883. — Distinction and the Criticism of Belief, 1892. —
The Process of Argument, 1893. — The Use of Words in Reasoning, 1901. — The
Application of Logic, 1911. — Mind XIV, N. S., u. a.
Sidgwick, Henry, geb. 1838 in Skipton, 1859 Dozent, 1883—90 Pro-
fessor in Cambridge, gest. 1900.
S.s Bedeutung liegt auf dem Gebiete der Ethik. In kritischer Weise
sucht erhier(von J. St. Mill, Butler, Kant u. a. ausgehend) Intuitionismus und
Utilitarismus zu vereinigen. Die Aufgabe der Ethik ist die Bestimmung
dessen, was menschliche Individuen tun sollen, wobei unsere Ansicht von dein,
was sein soll, im Einzelnen von unserer Idee von dem, was ist, abzuleiten ist.
Es muß ferner das Endziel des Handelns gekannt sein, um zu bestimmen,
welche Handlungen die richtigen Mittel zu dessen Erreichung sind. Von
Wichtigkeit ist besonders die Beziehung zwischen Interesse und Pflicht: wie
kann man auf ,. hedonistischer" Grundlage pflichtmäßig, aufopferungsvoll, ge-
meinnützig wollen und handeln? Die Notwendigkeit einer „fundamentalen
ethischen Intuition" ergibt sich hier, und hier ist auch der Kantsche [mperati?
von Wert, in der Form, „daß, was für mich recht ist, für alle Personen in
änhlichen Verhältnissen recht sein müsse". Mit Butler anerkennt S. ferner die
Existenz „uninteressierter" Motive, die nicht auf die eigene Lust des Handeln-
den gerichtet sind. B. nennt sich einen „Utilitarier, tbef auf intuitionaler
Eisler, Philosophen-Lexikon. 13
074 Sidgwick — Siebeck.
Basis". Das vernünftige Verhalten ist das, von dem wir meinen, daß es be-
obachtet werden soll. Das, was getan werden soll, ist das Gute, Richtige, das
., Begehrenswerte", welches allgemeingültig ist, von jedem normal Urteilenden
anerkannt wird. Das Begehrenswerte, das höchste Gut ist nun ein bestimmter
Bewußtseinszustand mit Einschluß des Bewußtseins von der Tugend; dieser
Bewußtseinszustand ist Lust oder Glückseligkeit, die also (nicht das allgemeine
Motiv, aber) das Endziel des richtigen Handelns ist, aber nicht als egoistische
Lust, sondern als allgemeiner Zustand,, als möglichstes Glück aller möglichen
Menschen. Es gelten hier zwei Sätze: 1. Das kleinere gegenwärtige Wohl ist
nicht mehr anzustreben als das künftige größere ; 2. Das Wohl des einen In-
dividuums ist nicht mehr anzustreben als das andere, alle sind prinzipiell als
gleichberechtigt anzusehen, d. h. gleich zu behandeln (Utilitarismus = univer-
salistischer Hedonismus). Das Prinzip des universellen Wohlwollens legt
jedem das Glück aller anderen ebenso nahe wie sein eigenes. — Kants Lehre
von der Willensfreiheit bestreitet S., auch betont er Kant, Descartes u. a.
gegenüber die Relativität unserer Erkenntnis und unserer Wahrheits-
kriterien.
Schriften: Mothods of Ethics, 1875; 6. ed. 1901; deutsch 1909 (Hauptwerk).
— History of Ethics, 1879; 4. ed. 1896. — Principlea of Political Econoray, 1883;
3. ed. 1902. — The Scope and Method of Economic Science, 1885. — The Elements
of Politic, 1881. — Practical Ethics, 1898. — Philosophy, its ecope and relations, ed.
hy J. Ward, 1902. — Lectures on the Ethics of Green, Spencer and Martineau, ed. by
Jones, 1902. — Miscellaneous Essays and Adresses, 1904. — The Philosophy of Kant
and other Lectures and Essays, 1905, u. a. — Abhandlungen im ,Mind<: II., IV, V, YII,
VIII, IX; New Series: III, IX, X. — Vgl. BRADLEY, Mr. S.s Hedonism, 1877. —
R. MAGILL, Der rationale Utilitarismus S.s, 1899. — WlNTER, S.s Moralphilo-
sophie, 1904.
Sieb eck, Hermann, geb. 1842 in Eisleben, 1875 Prof. in Basel, 1883 in
Gießen.
S., der von Herbart ausging, ist besonders von Kant, Fichte, Lotze beein-
flußt und zeigt in mancher Hinsicht Verwandtschaft mit Eucken. Die Reli-
gionsphilosophie ist seine Hauptleistung ; sie untersucht das Wesen und
die Entwicklung des religiösen Bewußtseins und den Wahrheitsgehalt der
Religion. Die (reine) Religion definiert S. als die „Verstandes- und gefühlsmäßige,
praktisch wirksame Überzeugung von dem Dasein Gottes und des Überweltlichen
und in Verbindung hiermit von der Möglichkeit einer Erlösung". Diese „Er-
lösungsreligion" ist die oberste Stufe der religiösen Entwicklung, die mit den
Xaturreligionen anfängt und zu den Gesetzes- oder Moralitätsreligionen auf-
steigt. Erst in der Erlösungsreligion erkennt der Mensch, daß die Erhebung über
das Xaturhafte, in letzter Instanz die „geistige Wesensbildung" und das mit
ihr gesetzte Verhältnis zum Göttlichen, ein mit Freiheit anzustrebendes Ziel
ist. Die Religion hat das Überweltliche zum Gegenstand, das schon im Welt-
lichen, Zeitlichen sich manifestiert und vom Menschen erlebt und erstrebt wird-
Der Glaube an dieses Überweltliche, Göttliche ist eine Tat der Freiheit,
d. h. der Fähigkeit, auch den Naturhindernissen gegenüber eine sittlich-geistige
^IEBECK — SlEBERT. 675
Aufgabe anzuerkennen und sich ihr in einem Akte der Zustimmung zu unter-
stellen. Das Überweltliche, Ewige ist nicht sowohl ein Sein, als ein Wert,
der Inbegriff der absoluten, ewigen Werte, in deren Dienst das Werden, das
Weltgeschehen steht. Der Inhalt und Zusammenhang dieser Werte ist das
Gute als Ziel des Weltgeschehens; die raumzeitliche Welt ist die „Verwirk-
lichung des Guten, d. h. des Inbegriffes oberster Werte. In diesen bekundet
sich das in der Welt und ihrem Zusammenhange waltende, persönlich-überper-
sönliche göttliche Wesen.
Während die Naturentwicklung eine notwendige ist, herrscht im Geistigen
eine andere Gesetzlichkeit, welche die Fähigkeit hat, die Widerstände der
Natur, in welchen die „Übeln" liegen, zu überwinden. Der menschliche Geist
ist des Fortschritts fähig und dazu berufen, aber diese Fähigkeit bedeutet eine
Aufgabe, die der Geist je nachdem lösen oder verfehlen kann (Ethischer
Idealismus). Der Fortschritt ist keine naturgeschichtliche Tatsache, sondern
eine „ethische Aufgabe'', an der jeder weiter zu arbeiten hat. Der kategorische
Imperativ lautet nach S. : „Handle so, daß du dir bewußt bleibst, durch das,
was du tust, zur Verwirklichung des Guten beitragen zu können und zu sollen."
Das Sollen herrscht alle geistige Entwicklung, deren Ziel die „Hervor-
bringung eines Werthaltigen" parallel mit der Wesensbildung der Persön-
lichkeit ist. Das bewußte Geistesleben ist fortdauernde Überwindung von
Widerständen (vgl. Eucken). In der historischen Form der Entwicklung ist
em Überzeitliches beschlossen, das sich in ihr verwirklicht, und zwar znhöchst
vermittelst des Willenslebens von Persönlichkeiten, auf welche das Sein ange-
legt ist und die bewußt an der Realisierung des göttlichen Willens mitarbeiten.
Die Ästhetik S.s vermittelt zwischen Form- und Gehaltsästhetik. Die
Form beruht auf einer bestimmten Ordnung der Teile oder Merkmale und gibt
sich selbst den Inhalt. Bei der ästhetischen Anschauung kommt ein Seelisches
zu sinnlichem Ausdruck, ein Sinnliches erweckt die Illusion eines individuell
Charaktermäßigen bzw. den Eindruck einer erscheinenden Persönlichkeit.
Schriften: Das Wesen der ästhetischen Anschauung, 1875. — Das Traumleben
d. Seele, 1877. — Über das Bewußtsein als Schranke der Naturerkenntnis, 1879. —
Über Wesen und Ziel des wissenschaftlichen Studiums, 1883. — Geschichte der Psycho-
logie I, 1880 f. — Untersuchungen zur Philosophie der Griechen, 1873; 2. A. 1888. —
Beiträge zur Entstehungsgeschichte der neueren Psychologie, 1891. — Über die Lehre
vom genetischen Fortschritt der Menschheit, 1892. — Lehrbuch der Religionsphilo-
sophie, 1894. — * Aristoteles, 1899; 2. A. 1902. — Goethe als Denker, 1902. — Zur
Religionsphilosophie, 1907. — Zeitschr. f. Philos. u. philo.«. Krit., Bd. 94, 112; Arch.
f. Gesch. d. Philos. I ff. (Über die Psychologie der Scholastiker : Duns Scotus u. a.).
— Vgl. GEISLER, S.s. Religionsphilos., 1908.
Siebert, Otto, geb. 18G9 in Magdeburg, Pastor in Fermersleben bei
Magdeburg. = Anhänger Euckens.
Schriften: Die Metaphysik u. Ethik des Pseudodionysius-Areopagita, 1894. —
Geschichte der neueren deutschen Philosophie seit Hegel, 1898; 2. A. 1905. — Anthro-
pologie u. Religion, 1902. — Entwicklungsgeschichte des Menschengeschlechts, 1903. —
R. Euckens Welt- u. Lebensanschauung, 1904; 2. A. 1910. — Der Mensch in seiner
Beziehung auf ein göttliches Prinzip, 1904. — Abriß der Geschichte der Philosophie.
43*
676 Siebert — Siger.
1905; 2. A. 1907. — Die Religionsphilos. in Deutschland, 1906. — A Schopenhauer,
1906. — Das Wiedererstarken des religiösen Lebens, 1906. — R. Eucken u. das
Problem der Kultur, 1907, u. a.
Siegel, Carl, geb. 1872 in Wien, Privatdozent daselbst.
Genetisch-kritizistischer Standpunkt auf psychologischer Grundlage (Kriti-
scher Empirismus), verbunden mit kritischem Eealismus. Im Erkennen ist die
Analyse der primäre Vorgang, dem erst die Synthese folgt; Trennen und Ver-
binden sind die fundamentalen Bewußtseinsakte. Das Denken ist eine Willens-
funktion, das Urteil ein „theoretischer Entschluß". Das allgemeine A priori des
Erkennens ist die Apperzeptionseinheit oder die Form der Kontinuität. Dieses
A priori liegt in den Anschauungsformen und in den Kategorien, die sich in
Wechselwirkung mit der Erfahrung als Denkmittel zu deren Objektivierung
entwickeln. Der Kausalbegriff ist ein Komplement des Dingbegriffes, ein Aus-
druck der Eelativität alles Geschehens, welches ein Grad einer ursprünglichen
Gesamtheit ist, welche Ursachen und Wirkung verbindet. Der Kaum ist eine
durch die Natur des menschlichen Verstandes mitbestimmte, verstandesmäßige
Form der empirisch gegebenen Anschauung. Apriorisch ist nur der Anschauungs-
raum, nicht der begriffliche Raum; ersterer ist weder euklidisch noch nicht-
euklidisch, letzterer kann als Gedankliches beides sein. — Das Organische ist
nicht durch eine Lebenskraft u. dgl., aber doch vitalistisch zu erklären; das
organische Geschehen läßt sich nämlich nicht restlos auf mechanische Gesetze
zurückführen, der individual-historische Faktor, die „Konstellation" spielt hier
eine Rolle.
Schriften: Die Entwicklung der Raumvorstellung, 1899. — Zur Psychol. u.
Theorie der Erkenntnis, 1903. — Herder als Philosoph, 1908. — Versuch einer empi-
ristischen Darstellung der räumlichen Grundbegriffe u. geometrischen Grundbegriffe,
Yierteljahrsschr. f. wissensch. Philos., 24. Bd. — Naturgesetzlichkeit u. Vitalismus,
Wissensch. Beilage der Philos. Gesellschaft zu Wien, 1910. — Zeitschr. f. Philos.,
1910. — Von der Natur des Denkens, 1911 (Progr. d. Wiener Mädchen gymnas.), u. a.
Siger von Brabant (früher fälschlich mit dem Thomisten Siger von
Courtrai verwechselt), lehrte in Paris, wo seine Lehre öfter verdammt wurde,
gest. um 1282 in Orvieto (wohl von seinem Sekretär ermordet). = S. vertritt
die Grundsätze des Averroismus, weswegen er 1277 angeklagt wurde. Er
lehrt, auf dem Boden der zweifachen (theologischen-philosophischen) Wahrheit
stehend, die Ewigkeit der bewegten Materie und der Intelligenzen, ferner die
Determiniertheit des Willens und die Identität der vernünftigen Seele in allen
Menschen (Monopsychismus).
Schriften: De anima intellectiva (Hauptwerk) u. a., hrsg. von Mandonnet, 1901.
— Vgl. BaeumkeR, Die lmpossibilia des Siger von Brabant, 1898 (Beitr. z. Gesch.
d. Philos. d. Mittelalt. II, 6); Arch. f. Gesch. d. Philos. XIDI, 1900. — P. MANDONNET,
Siger de B. et l'averroisme latin au XIII siecle, 1899; 2. ed. 1910. — M. DE WüLF,
Histoire de la philos. medievale. — BRUCKMÜLLER, Untersuch, über S.s Anima
intellectiva, 1908. — BAEUMKER, Zur Beurteil. S.s von Brabant, 1911.
Siger von Courtrai, geb. vor 1288, Dekan in Courtrai, gest. 1341. =
Thomist. — Vgl. NlGLIS, S. v. C, 1903.
SlGHELE — SlGWART. 677
Sighele, Scipio. geb. 1868. = Sozialpsycholog, Vertreter der Psychologie
der Massen.
Schriften: Psychologie des Auflaufes und der Massenverbrechen, 1897 (La foule
criminelle, 2. ed. 1901). — Psychologie des sectes, 1898.
Sigwart, Christoph Wilhelm von, geb. 1789 in Remmingsheim, Prof. in
Tübingen, gest. 1844 als Prälat in Stuttgart. = Eklektiker.
Schriften: Üb. d. Zus. d. Spinozism. mit d. Kartesian. Philos., 1816. — Vorles.
üb. d. Logik, 1818; 3. A. 1835. — Grdz. d. Anthropol., 1827. — Das Problem von
der Freiheit u. Unfreiheit des menschlichen "Willens, 1839. — Über das Problem
des Bösen oder die Theodizee, 1840. — Der Spinozismus, 1839. — Gesch. d. Philos.,
3 Bde., 1854, u. a.
Sigwart, Christoph von, geb. 1830 in Tübingen, seit 1865 Prof. in
Tübingen, gest. 1904.
S. ist besonders durch seine Logik von Bedeutung. Die Logik fußt auf
der Psychologie, ist selbst aber eine normativ-teleologische „Kunstlehre des
Denkens" (eine Art „Ethik" des Denkens), welche die „Kriterien des wahren
Denkens" feststellen und zu allgemeingültigen und gewissen Sätzen führen
soll. Der Hauptteil der Logik ist die Methoden lehre. Diese gibt An-
weisung zu dem Verfahren, mittels dessen „von einem gegebenen Zustande
unseres Vorstellens und Wissens aus durch Anwendung der uns von Natur zu
Gebote stehenden Denktätigkeiten der Zweck, den das menschliche Denken
sich setzt, in vollkommener Weise, also durch vollkommen bestimmte Begriffe
und vollkommen begründete Urteile erreicht werden könne". Sie hat „die
Tragweite, die Grenzen der Anwendung und die Bedeutung" der Ergebnisse
der Forschungsmethoden zu bestimmen.
Das Denken ist jene Geistestätigkeit, deren Zweck Erkenntnis des Seien-
den ist. Das Denken entspringt dem „Denken-wollen" und will notwendig
und allgemein sein. Die Denkgesetze sind die ersten und unmittelbaren
Ergebnisse einer auf die Denktätigkeit selbst gerichteten, sie in ihren Grund-
formen erfassenden Reflexion. Das Identitätsprinzip ist die Forderung alles
wahren Urteilens, da die Konstanz unserer einzelnen Vorstellungsinhalte eine
Bedingung alles Denkens ist. Voraussetzung der Bildung der Begriffe ist
die Analyse der Vorstellungen in einfache Elemente und die rekonstruierende
Synthese aus diesen. Die obersten Begriffe (logischen Kategorien) sind: Ding.
Eigenschaft, Tätigkeit und Beziehung. Durch das Urteil werden zwei Vor-
stellungen „in eins gesetzt"; in jedem vollendeten Urteil liegt das Bewußtsein
der objektiven Gültigkeit dieser Ineinssetzung, beruhend auf der Nol wendigkeit
derselben. Die einfachen Urteile zerfallen in erzählende und erklärende Urteile,
Die Negation richtet sich gegen den Versuch einer Synthese im Urteil, sie ist
«in Urteil über ein Urteil, das nicht vollzogen werden darf. Im hypothetischen
Urteil ist das Prädikat die notwendige Folge. Ein Schließen findet du
-tau. wo wir zum Glauben an die Wahrheit eines Urteile durch den (Hauben
an die Wahrheit eines oder mehrerer anderer Urteile bestimmt weiden. Der
Induktionsschluß ist eine Umkehrung des Syllogismus; ex setzt den Trieb nach
Generalisation jedes Satzes voraus. Das [nduktionsTerfahren beruht auf den,
678 SlGWART.
Postulat, „daß das Gegebene notwendig sei und als nach allgemeinen Regeln
aus seinen Gründen hervorgehend erkannt werden könne".
Das Denken messen wir an einem Zwecke, und wir sind überzeugt, daß es
dazu da ist, die Wahrheit zu finden. Der Denkende muß voraussetzen, daß
seine eigene geistige Organisation auf Erkenntnis der Wahrheit angelegt ist
und daß darum auch die Natur der Dinge darauf angelegt ist, erkannt zu
werden. Denken und Sein müssen einen einheitlichen Grund haben. Die
Anschauungsformen (Raum und Zeit) sind Produkte der notwendigen
Verknüpfungstätigkeit des Bewußtseins und haben eine objektive Grundlage.
Die Kategorien enthalten ebenfalls einen apriorischen Faktor. Der Ding-
Vorstellung liegt zuerst die einheitliche Zusammenfassung einer im Raum ab-
gegrenzten und dauernden Gestalt, also eine räumliche und zeitliche Synthese
zugrunde. Die Annahme einer außer uns existierenden Welt ist eine durch
„unbewußte Denkprozesse" erst irgendwie abgeleitete. Die Kontinuität des
Denkens drängt zur Setzung der Substanz als strenger fester Einheit. Die
Kausalität beruht auf der Forderung, „daß, was wir als seiend denken, aus
einem Realgrund seines Seins und So-Seins als notwendig begriffen werde".
„Ursachen" sind die Dinge mit ihren Eigenschaften oder Kräften, die kraft-
begabten Substanzen; die wechselnden Verhältnisse sind nur „Bedingungen".
Das metaphysische Element, das „Wirken eines Dinges auf andere", können
wir nicht entbehren. Ein Musterfall aller Kausalität sind die Wechselbeziehungen
zwischen uns und der Außenwelt.
Die Ungleichartigkeit des Psychischen und Physischen verhindert eine
Wechselwirkung zwischen beiden ebensowenig wie das Energiegesetz;
der psychophysische Parallelismus ist „weder durch den Begriff der Kausalität
noch das Prinzip der Erhaltung gefordert". Die Seele ist zwar nicht ab-
solut einfach und unveränderlich, aber doch Substanz als identisches,
bleibendes, tätiges Subjekt des Bewußtseins, „das als mit sich eins bleibend
den gemeinsamen Grund der in der Zeit kontinuierlich folgenden Ver-
änderungen bildet". Es gibt nur Einzelseelen, die von der Gemeinschaft, in
der sie leben, abhängig sind, keinen Gesamtgeist u. dgl. Eine teleologische
Weltanschauung ist mit der kausalen durchaus vereinbar. Während man
bei der kausalen Betrachtung von der Ursache zur Wirkung (synthetisch)
geht, schreitet man bei der teleologischen umgekehrt (analytisch) vor.
Wenn dieser Erfolg herauskommen sollte , so mußten die Ursachen so
und so beschaffen sein. „So ist die teleologische Betrachtung eine Aufforderung,
die kausalen Beziehungen nach allen Seiten zu verfolgen, durch welche der
Zweck verwirklicht wird. Sie hat die Bedeutung eines heuristischen
Prinzips." Hätten wir eine durchgängige Einsicht in den Kausalzusammen-
hang der Welt, so würden sich die kausale und teleologische Betrachtungsweise
vollkommen decken (vgl. Kant, Lotze, Wundt u. a.). S. schließt mit dem
Hinweise auf die Möglichkeit einer (kritischen) Metaphysik, als Wissenschaft,
welche „einerseits die letzten Voraussetzungen, von denen alles plan-
mäßige Denken ausgeht, anderseits die Resultate, zu denen dieses gelangt,
in einer einheitlichen Auffassung von dem letzten Grunde des Verhältnisses
Sigwart — Simcox. 679
der subjektiven Gesetze und Ideale des Denkens und Wollens zu dem objektiven
Inhalte der Erkenntnis zusammenzubringen hat''. Ihr höchstes Problem ist die
Bestimmung des „Verhältnisses, in welchem die Notwendigkeit als Leit-
faden aller Erkenntnis des Seienden zu der Freiheit steht, welche das sub-
jektive Postulat des bewußten Wollens ist".
Aufgabe der Ethik ist es, einen allumfassenden, in sich einstimmenden
Zweck so zu konstruieren, daß seine Erreichung von den gegebenen Bedingungen
aus möglich ist. Der Formalismus in der Ethik ist undurchführbar. Die
Ethik S.s ist eudäinonistisch, aber mit Betonung auch der sozialen Ethik und
des Altruismus.
Schriften: U. Zwingli, 1855. — Logik, 1873 f.; 2. A. 1889—93; 3. A. 1904.
— Beiträge zur Lehre vom hypothetischen Urteil, 1879. — Kleine Schriften, 1881;
2. A. 1889; 3. A. 1904. — Vorfragen der Ethik, in der Zeller-Eestschrift, 1886. —
Ein Collegium logicum im 16. Jahrh., 1890. — Die Impersonalien, 1888. — Vgl.
J. ENGEL, S.s Lehre vom "Wesen des Erkennens, 1908.
Silesins, Angelus (Johann Scheffler), geb. 1624 in Breslau, fürstbischöf-
licher Bat, gest. 1677 in Breslau, der bekannte Dichter, ist Anhänger einer
christlich-pantheisierenden (von Eckhart beeinflußten) Mystik, nach welcher
Gott und Mensch einander bedingen, nicht ohne einander ihr Wesen und Sein
haben. Aus seinem „Cherubinischen Wandersmann" sei angeführt:
Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nun kann leben ;
Werd' ich zu nicht, er muß vor Not den Geist aufgeben.
Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein;
Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.
Gott ist in mir das Feu'r, und ich in ihm der Schein
Sind wir einander nicht ganz inniglich gemein?
Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse,
Und mich in Gott und Gott in mich zusammenfasse.
Der ungewordene Gott wird mitten in der Zeit,
Was er nie ist gewest in aller Ewigkeit.
Die Kreaturen sind des ew'gen Wortes Stimme,
Es singt und klingt sich selbst in Anmut und im Grimme.
Schriften: Der cherubinische Wandersmann, hrsg. von Hartleben. — Vgl. F. Kern,
J. Schetflers Cherub. Wand., 1866. — MAHN, Die Mystik des A. Silesius, 1892. —
SELTMAXX, A. S. u seine Mystik, 1896.
Simcox, Edith J., geb. 1844, gest. 1901. = Evolutionistischer Stand-
punkt. Der Mensch ist ein Glied der Natur, sein Denken, Fühlen und Wollen
ein Produkt der Naturentwicklung. Das Gute besteht in der Vervollkommnung
(Perfektionismus).
Schriften: Natural Law, An Essay in Ethics, 1877.
680 SlMMEL.
Himmel. Georg, geb. 1858 in Berlin, Prof. daselbst.
S. verbindet die psychologisch- genetische, evolutionistische mit einer
logisch-idealistischen, an Kant und Hegel orientierten, vielfach „dialekti-
schen" Betrachtungs- und Denkweise. Das Erkennen enthält apriorische Fak-
toren, die aber (als Kategorien) eine Entwicklung durchmachen, nicht unverändert
bleiben. Alle Formen und Methoden des Erkennens haben sich im Verlaufe
der menschlichen Geistesgeschichte entwickelt und entwickeln sich weiter, so
aber, daß das Erkennen eine formende, gesetzgebende Aktivität des Geistes
bleibt, welche aus dem Chaos der Erlebnisse erst einen sinnvollen, verständ-
lichen, einheitlichen Zusammenhang gestaltet. Die Kategorien usav. stammen
aus „der dem Geiste eigenen Fähigkeit, zu verbinden, zu vereinheitlichen",
können aber als historische Gebilde die Totalität der Weltinhalte nie völlig-
adäquat aufnehmen. Das Ich hat die Funktion der Einheitsetzung, das
Streben zur Einheit. Die Wahrheit ist, rein logisch, etwas Zeitloses, Abso-
lutes, vom subjektiven Denken Unabhängiges, sie gehört dem „dritten Beich",
dem „Reich der ideellen Inhalte" an; diese Inhalte sind wahr, gleichviel ob sie
gedacht werden oder nicht. Das Geistige bildet inhaltlich einen geschlossenen
Zusammenhang, den unser individuelles Denken unvollkommen nachzeichnet.
Die ideellen Inhalte sind nicht, sie gelten, sie sind nicht mit den psychologischen
Vorgängen zu verwechseln. Anderseits hat die Wahrheit auch eine biologisch-
evolutionistische Seite. Wahr sind hier jene Vorstellungen, die, als reale
Kräfte in uns wirksam, „uns zu nützlichem Verhalten veranlassen" (vgl. James).
Durch Selektion haben sich bestimmte Vorstellungen als wahr erhalten, näm-
lich jene, „die sich als Motive des zweckmäßigen, leben fördernden Handelns
erwiesen haben" (vgl. Nietzsche). „Die Nützlichkeit des Erkennens erzeugt zu-
gleich für uns die Gegenstände des Erkennens." Es gibt so viele prinzipielle
„Wahrheiten", als es verschiedene Organisationen und Lebensanforderungen
gibt. Das Objektive und Wahre bedeutet die „gattungsmäßige Vorstellung".
Auch in der Ethik verbindet S. die genetisch-relativistische Betrachtungs-
weise betreffs der empirischen Einzeltatsachen mit einem gewissen Apriorismus
und Idealismus. So ist das Sollen etwas Ursprüngliches und Objektives, als
eine Forderung, die mit der Sache selbst gegeben ist, als ein „in dem Ver-
hältnis von Seele und Welt präformiertes Sollen, das einer besonderen, aber
nicht weniger übersubjektiven Logik unterliegt, wie das Sein". Unser Bewußt-
sein empfindet Forderungen an sich, die es durch den Willen realisieren kann.
Das Sollen schlechthin ist eine „Urtatsache", eine „ursprüngliche Kategorie",
mag auch der Inhalt des Sollens noch so wechseln und sozial-historisch bedingt
sein. Tatsächlich sind es immer „historische Zustände der Gattung, die in dem
Einzelnen zu triebhaftem Sollen werden". Der „Wille der Gattung" kommt
in uns zum Ausdruck, kündigt sich imperativisch an. Ein ungeheurer Teil
der an uns gestellten Ansprüche ist sozialen Inhalts, ohne daß dadurch die
Unbedingtheit des idealen Sollens überhaupt, die „innere Logik ideeller An-
sprüche" beeinträchtigt wird. Das sittlich Gute besteht nicht im Anstreben
Kicks u. dgl. (gegen den Eudämonismus), sondern es ist eine „unmittel-
bare Qualität und Lebensform des Willensprozesses". Etwas ist gut, weil und
SlMMEL. 681
wofern es Inhalt eines an sich guten Willens ist. Die moralischen Imperative
sind „Ausmündungen, Ausformungen, Substantialisierungen des guten Willens".
Die Sittlichkeit liegt nicht im Material des Willens, sondern in diesem selbst,,
in dessen Funktion. Das Ideal des sittlichen Verhaltens liegt im Unendlichen.
Das Sollen kann sich an den verschiedensten Inhalten verwirklichen; die Ein-
heit des Zieles ist nicht notwendig, es genügt die Einheit der psychologisch-
ethischen Funktion, die den Zweck trägt. Ursprünglich ist das sozial Erforderte
die Norm des Verhaltens der Einzelnen. Den „kategorischen Imperativ" Kants
kritisiert S. nach der Richtung der Versöhnung des Individualismus mit der
Allgemeinheit des Handelns. Das Gewissen ist nach S. gleichsam ein „rück-
wärts gewandter Instinkt"; es ist die Lust oder Unlust der Gattung über die
Tat, die in uns zum Ausdruck kommt. Der Altruismus ist ebenso primär
wie der Egoismus, er ist „Gruppenegoismus", ein vererbter Instinkt. Sehr oft
„machen die Motivierungen unserer Handlungen ... an Punkten Halt, die
völlig und definitiv außerhalb unser selbst liegen". Auch enthält das Ich noch
eine Fülle von Motiven außer dem „Glück". — Die Freiheit des Willens
bedeutet, daß sich der Charakter des Ich ungehindert im Wollen ausprägen
kann, das Vermögen, das für uns wertvolle Wollen realisieren zu können. Frei-
heit ist „Selbstbestimmung", sie ist zugleich, weil das Ich nur so sein kann,,
wie es ist, Notwendigkeit. Die Verantwortlichkeit ist nicht aus der
Willensfreiheit abzuleiten, sondern umgekehrt: „Derjenige ist frei, den man
mit Erfolg verantwortlich machen kann." Zurechnungsfähig ist jemand, wenn
die strafende Eeaktion auf seine Tat bei ihm den Zweck der Strafe erreicht.
Die Grundfrage der Geschichtsphilosophie ist die: wie ist Geschichte
möglich? Geschichte ist nur durch Kategorien, apriorische Verbindungsformen
möglich, sie ist kategorial verbreitete Wirklichkeit und daher hat die Geschichts-
philosophie die „Aprioritäten festzustellen und zu erörtern, durch welche aus
dem Erleben . . . Geschichte als Wissenschaft wird". Die Kompliziertheit des
historischen Geschehens gestattet nicht die Aufstellung eigener historischer
Gesetze, wenn auch das Historische auf (biologisch-psychologischen) Gesetz-
mäßigkeiten beruht. Das ganze Spiel der Geschichte ist die Folge, Erscheinung
oder Synthese dieser primären Gesetzmäßigkeiten, geht aber nicht aus einem
besonderen Gesetz hervor.
Die Soziologie ist die „Wissenschaft vom Gesellschaftlichen als solchen,
von den Formen der Vergesellschaftung, von den Beziehungsformen der
Menschen zueinander". Die Soziologie ist keine Universalwissenschaft vom
Menschen u. dgl., sondern eine besondere Methode; sie abstrahiert vom Inhalt
des Gesellschaftlichen, achtet nur auf dieses, wie der Mathematiker etwa nur
auf die geometrische Form, nicht auf das Material der Körper achtet. Die
Soziologie hat die „Kräfte, Beziehungen und Formen zum Gegenstand, durch
die die Menschen sich vergesellschaften", sie ist die „Lehre von dem Gesell-
schaft-Sein der Menschheit". „Gesellschaft im weitesten Sinne ist offenbar da
vorhanden, wo mehrere Individuen in Wechselwirkung treten. Die besonderen
Ursachen und Zwecke, ohne die natürlich nie eine Vergesellschaftung erfolgt,
bilden gewissermaßen den Körper, das Material des sozialen Prozesses ; daß der
682 Simmel — Simon.
Erfolg dieser Ursachen, die Förderung dieser Zwecke gerade eine Wechsel-
wirkung, eine Vergesellschaftung unter den Trägern hervorruft, das ist die
Form, in die jene Inhalte sich kleiden." Solche Formen sind Über- und
Unterordnung, Konkurrenz, Arbeitsteilung usw.; wichtig sind besonders auch
die kleinen, flüchtigen Wechselwirkungen von Person zu Person. Die sozialen
Verbindungen erwachsen aus bestimmten Trieben oder Willenstendenzen (Zielen),
sind etwas Psychisches, aber nichts Psychologisches, denn die Soziologie hat es
nicht mit psychologischen Vorgängen, sondern mit Inhalten solcher zu tun,
mit Kombinationen soziologischer Kategorien, mit etwas Sachlichem. Es gibt
keinen Gesamtgeist, wohl aber eine seelische Beeinflussung der Individuen
durch ihre Vergesellschaftung. In der Gesellschaft herrscht Arbeitsteilung und
Differenzierung, verbunden mit Integrierung, indem jede Befreiung zu einer
neuen Bindung führt. Die Eeligion wurzelt in den Gesamttendenzen der
Persönlichkeit und ihrer Beziehung zum All.
Schriften: Das Wesen der Materie nach Kants physischer Monadologie, 1881. —
Über soziale Differenzierung, 1890; 3. A. 1906. — Einleit. in die Moralwissenschaft,
1892—93; 2. A. 1904. — Die Probleme der Geschichtsphilosophie, 1892; 2. A. 1905;
3. A. 1907. — Fhilosophie des Geldes, 1900; 2. A. 1907. — Vorlesungen über Kant,
1904; 2. A. 1905. — Die Eeligion, 1906. — Schopenhauer u. Nietzsche, 1906. —
Soziologie, 1908. — Hauptprobleme der Philosophie, 1910. — Das Problem der Sozio-
logie, Schmollers Jahrbücher, Bd. 18, 1894. — Skizze einer Willenstheorie, Zeitschr.
f. Psychol. d. Sinnesorgane, Bd. 9. — Beitrag zur Erkenntnistheorie der Religion,
Zeitschr. f. Philos., Bd. 118. — Über eine Beziehung der Solektionslehre zur Erkennt-
nis, Archiv f. systemat. Philos., 1895. — Über die Grundfrage des Pessimismus,
Zeitschr. f. Philos., Bd. 90. — Zur Psychologie der Frau, Zeitschr. f. Völkerpsychol.,
1890, u. a.
Simiand, Francois. = Anhänger der positiv-induktiven, kausalen, nicht
normativen soziologischen Methode Durkheims.
Schriften: Annee sociologique, V, VI, VII, VIII, IX, X. — Revue de synthese
historique, 1903. — Revue de metaphys., 1899, u. a.
Simmias aus Theben, ein in Piatons „Phaidon" erwähnter älterer Pytha-
goreer, von dessen angeblichen Schriften nichts erhalten ist.
Simon (Collyns-Simon) , T. = Anhänger Berkeleys, eines universalen
Immaterialismus. Subjekt und Objekt sind beide unmittelbar gegeben. Gott
ist ein übermenschliches Ich („superhuman ego").
Schriften: The Nature and Elements of the External World. Einleitung zu Berke-
leys Principles, 1878, u. a.
Simon, Josef Alexander, geb. 1853, Gymnasialprofessor (Ungarn).
Schriften: Die "Wissenschaft der Philosophie als das System der Panaisthesis,
1909 f., u. a.
Simon, Jules Francois, geb. 1814 in Lorient, gest. 1896 in Paris,
3 itamann. = Spiritualist.
Schriften: Histoire de l'6cole d'Alexandrie, 1844 f. — Le devoir, 1854. — La
liberte de consciencc, 1857. — V. Cousin, 1887.
Simos Bnell.
Simon, Theodor, geb. L860 in Frambach, Konsistorialrat in Munster. =
Theistischer Standpunkt.
Schriften: Darstellung der Seinslehre Lotzes, 1893. — Leil» u. Seele
Fechner u. Lotze, 1804. — Schopenhauer, 1894. — Der Lo- — Christi, u.
moderne Weltansch.. 1903. — I. Kant, 1904. — liuddha, 1908, u. a.
Simplikios (Simplieius) aus Kilikien. l<lirt«- in Alexandlien und Ar!
wanderte nach der Schließung der Athenischen Phflceophenachnle durch Joe
nian nach Persien aus, gi ). = Neuplatoniker, als Komm
Aristotelischer Schriften bekannt, die er aeuplatonisch auffaßt,
Schriften: Commentar. in Aristotel. categorias, 1499, 1551. — C. in Aristot.
physica, 1526, 1882, 1895. — 0. in Arist. libros de coelo, 1526 u. ö., 1865. 1894. —
C. in Arist. libros de aniraa, 1527, 1882. — Coram. in Epictetis enchiridion.
deutsch 1867. — Vgl. die Berliner Aristoteles-Ausgabe.
Small. Albion W., amerikanischer So/.iolog. = Organisch-psychologischer
- .idpunkt. — Schriften: Introduct. to tho Study of Sociology. — General Sa
The Significance of Sociology for Ethics, 1902, u. a.
Smith. Adam. geb. \~'2'.\ in Killkardv (Schottland), studi
logie, dann Philosophie u. a., 1751 Prof. in Glasgow, lebl ak-
reich, dann in Edinburg, wo er (als Zollkommissar) 17'.»" starb.
8., der hi«T nicht als Xationalökonom (Arbeitsteilung, Indnslriali-mn- : die
Arbeil als Quelle des Nationalreichtums, Freihandel, ökonomischer Liberalismus
und Individualismus), sondern als Ethiker in Betracht kommt, bildet die
ahlsmoral Bumes, mit dem er befreundet war. weiter 1 >i«- Quelle der
sittlichen Beurteilung ist die Sympathie („feUow-feeüng"), das Mitfühlen
mit den Gefühlen und Eandlungen anderer, in deren ( ieist wir ans ilfl „uii-
teiligte Zuschauer" hineinversetzen (,.by ooneeiving vrhal ire ourselvee shonld
I in the like Bituation") und deren Handlungen wir dann billi
billigen, je nach deren Verhältnis zw den Motiven. Gut ist«
wenn sie der unbeteiligte Zuschauer auf Grund der „Sympathie" billig
kann. Handle SO, dal', die andern Menschen mit dir sympathisieren köni*
B b selbst mufl man mit den Augen eines andern unparteiischen Zuschau
■eben und beurteilen. In der Achtung v..r diesen Nonnen besteht das Pt'li
fühl; die Nennen selbst erscheinen ab I
der Religion).
hrifton: Thsorj of mural «onliiu.M.- —
lrifjuirv int«» tho nature and eaUMO» of the wealth of BitioM, 17 7».; 4. ed. 1
. L904 a. '''.: atatosk 1.774 -••
_ m pailooophteoJ *ul,j. Works, - E«^
h Mura!; - W. II V — IA« II. Mi pfcttos.
Qraadlagea der von flaswsj sad 8. "' m-
l» Bsdsataag dar (
Sih'II. Christian Wilhelm geb. 1755 in Psrhaanhanai
ddirektor in Wt ilbi '■'• l K
ininmuii und :
Haupt]'.
684 SNELL — SOKRATES.
des Geschmacks, 1795. — Handbuch der Philosophie, 1802 ff. (mit seinem Bruder
Daniel Snell), u. a.
Su oll, Friedrich Wilhelm Daniel, geb. 1761 in Dachsenhausen, seit 1790
Prof. in Gießen, gest. daselbst 1827. = Popularisierender Kantianer.
Schriften: Menon, 1789. — Darstellung und Erläuterung der Kantschen Kritik
der Urteilskraft, 1791 — 92. — Über philos. Kritizismus, 1802. — Lehrbuch für den.
ersten Unterricht in der Philosophie, 1794; 8. A. 1832, u. a.
Sniadecki, Andreas, 1768 — 1838, Physiker und Chemiker. = Zum Teil
Kantianer. (Sein Bruder Jan 8., 1754 — 1830, war Empirist, Gegner Kants.)
Von A. S. erschien eine ,, Theorie der organischen Wesen" (1804, auch
deutsch).
Socolin, Ilariu. = Standpunkt der Immanenzphilosophie (vgl. Schuppe
u. a.).
Schriften: Die Grundprobleme der Philosophie, 1895, u. a.
Sokrates, der Sohn des Bildhauers Sophroniskos und der Hebamme
Phainarete, ist geb. 470 oder 469 v. Chr. Er erhielt die übliche Bildung,
wurde mit Geometrie und mit Astronomie und mit mancher Richtung der
Philosophie (Anaxagoras u. a.) bekannt, hörte auch verschiedene Sophisten ;
auch war er einige Zeit als Bildhauer tätig. Er nahm an drei Feldzügen teil
und kämpfte bei Potidäa (wo er Alkibiades rettete), bei Delion und bei Am-
phipolis, stets tapfer, ruhig, ausdauernd. Ein Staatsamt bekleidete er nicht
und um seinen und seiner Familie Unterhalt war er wenig bekümmert, was
ihm seine Frau Xanthippe verübelte, die übrigens ihren bösen Kuf nicht ver-
dient. S. führte das Leben eines Philosophen und Jugendbildners, ohne aber
gleich den Sophisten Honorar zu nehmen. Er leitete junge Leute zur Weis-
heit und Tugend an, ging zu den Vertretern der verschiedensten Berufe, lernte
von ihnen und suchte auf sie aufklärend einzuwirken, indem er sein eigenes
Nichtwissen eingestand und in dialektischer Weise, in der Unterredung über
ein Thema aus diesen die richtigen Begriffe hervorlockte, nachdem er jene —
durch die Widersprüche, in die er sie verwickelte — genötigt, ihre Ansichten
zu berichtigen (Sokratisohe „Ironie" verbunden mit der „Maieutik", der geistigen
Entbindungskunst). Seinem Charakter nach war S. ein Mann von höchster
Lauterkeit der Gesinnung, von größter Selbstbeherrschung und Bedürfnislosig-
keit, tadelloser Reinheit des Lebenswandels, strengster Gesetzestreue und wahrer
Frömmigkeit. Aber dies hinderte nicht, daß S. viele Feinde hatte, teils weil
er kein Freund der Demokratie (die 403 ans Ruder kam) war, teils wegen
seines Einflusses auf die Jugend, teils wegen der Mißdeutung, welche sein
ganzes Treiben erfuhr. Im Jahre 399 v. Chr. klagten ihn Meletos, Anytos-
und Lvkon an, daß er an die staatlich anerkannten Götter nicht glaube, neue
Gottheiten einführe und die Jugend verderbe. Er wurde zunächst mit einer
geringen Majorität, dann aber, als er anstatt eine Strafe für sich zu bestimmen,
sich der Speisung im Prytaneum für würdig erklärte, mit einer größeren Stimmen-
zahl verurteilt, und zwar jetzt zum Gifttode, den er auch, jede Aufforderung
Beiner Freunde zur Flucht zurückweisend, mit erhabenster Seelenruhe erlitt
■J>.
(399 v. Chr. Q schrieben hat S. nichts; Beine Lehren entnehmen wir aus den
Berichten Piatons. Xenophons, Arisfc nicht imm<
klares Bild herauskommt, weil einerseits Xenophon ein Behr nüchterner, pfa
sopbisch wenig befähigter Kopf ist, anderseits Plato seinen Lehrer 8okn
vielfach idealisiert hat.
8. teilt mit den Sophisten den Standpunkt der Abkehr von v^ itur-
philosophie und der Wendung zum menschlichen Bnbjekl
Selbsterkenntnis). Aber er schlagt neue Bahnen ein, indem er dem soph
Bchen Sensualismus seinen Intellektualismus astellt und ihren
Relativismus bekämpft. Es iril>t nach ihm ein objektives, allgemein-
Ltiges Wissen, aber es ist nicht gegeben, sondern mm? erarbeitet werden,
durch methodisches Denken. So schwankend die individuellen Vai-
hingen von den Dingen sein mögen, der richtig gebildete Begrifl
auf da- Wesen der Dinge, i-t allgemeingültig, konstant. Durch logische In-
duktion (wie Aristoteles das \Vrtahreu nennt) i-t das Wesen der Di
•' forty. — ti f'y.noTov ttrj) zu finden, zu definieren, am auf
dem Wege des Xu<ammendenkens. der Prüfung (ighaotg), welches das in jedem
schlummernde Wissen entlockt i xnl xo duzAeyeoöai drofMto&rjrai
awiArxaQ xi diaXiyortas xaxä j Senoph., Men
I\', .">. 12; S. Bucht ro xai x6 ÖQiteo&ai xa
Met. XIII. 4; htl typ wtööeoiv htavijysv av it&vza tdv /.'■■•>>. Xenoph., Memor.
[V, 6, 13 f.).
Das begriffliche, induktorisch-deflnitorische Verfahren wendet nm 3
sonders auf dem Gebiete der Ethik an. Er betrachtet, „was fromm, «
ttlos. was schön, was schimpflich, was recht, was nnrecht * Xenoph.,
Memor. I. 1. 16). Bedingung des guten Bandeins i-t da- Wissen, die Einsicht,
so dal) Tugend geradezu ein Wissen ist
....;- ■ ro eJrat ' htiax
Eth. Nicom. VI, 13). Di( Tugend ist lehrbar, i-t die Einsicht in da- richti
Verhalten; niemand handelt Bchlechl als an- Unwissenheit, wer dir
Einsicht hat. handelt auch gut Jede Tugend ist ein Wisi
dtK<UOOVnp> v.<v rnnnr <'<• \ II.
il eins mit dem wahrhaft Nützlichen, rJeflaan
äxpiXtfior). Unsere Vernunfl haben \% ir. nm /u ermitteln, w<
jedes Ding nützlich ist Alle wählen dasjenige aus, ron dem n
bnen das Ersprießlichste ist; daher -ind die, welche nicht recht handeln.
weder weise noch besonnen. Wer das Schöne and <iut<- kennt, handelt
danach, und mir die Weisen tun das Schöne and G rnuri-.-n \
nicht, und selbst wenn sie es wollten, würden sie Fehler begeh
1 >.i- mit der Tugend rerbundene Glück nun; man sich -.li»-t durch i
erwetben • I S Bollen nur jene In lehe das Herr-
ii rentehen, io wie etwa aui dem Schiffe nur der Kundige hen
Plati
I > i . ttheit i-t die das Weltall ordnende um! Eusama»
haltend« • rnünftige M • »«lein* m • • r
6S6 SOKRATES — SOLGER.
sich entzieht, so unsichtbar wie unsere Seele, die „Lenkerin des Körpers",
ist, die „etwas vom Göttlichen hat" und unsterblich ist. Auf das Dasein einer
Weltvernunft weist die Zweckmäßigkeit der Dinge hin (Teleologie). Die
Menschen haben ihre Organe zu ihrem Nutzen erhalten und diese sind höchst
zweckmäßig gestaltet (Nutzen der Augenlider, der Zähne, der Triebe usw.).
Die Weltvernunft ordnet eben alles so, wie es ihr gefällt, denn die Gottheit
ist so groß und gewaltig, daß sie alles zu gleicher Zeit sieht, hört, überall
gegenwärtig ist und für alles zugleich sorgt (vgl. Anaxagoras). Wegen des
Menschen haben die Götter die anderen lebenden Wesen geschaffen. Seiner
Überzeugung, daß der Mensch einer göttlichen Leitung unterstehe, gibt S.
auch durch den Hinweis auf das „Daimonion" (dslov xi xai öai^oviov) Aus-
druck, auf jene innere Stimme, welche ihn von dem Unrechten abhält ((pcovrj
xig yiyvo/uevr] ij, oxav ysvtjxai, dsl djtoxQSJiei [ie xovxov, o äv />ie/.lco jrgdxxscv, jiqo-
xoETiei örj ovjioxe, Plato, Apol. 31 D).
Sokrates' größter Schüler ist Pia ton. Sokratiker sind Xenophon,
Aischines, angeblich auch ein Schuster Simon, ferner die „einseitigen"
Sokratiker Eukleides von Megara (s. Megariker), Phaidon aus Elis (s. Eli-
sche Schule), Menedemos und Asklepiades (s. Eretrische Schule), Anti-
sthenes (s. Kyniker), Aristippos (s. Kyrenaiker) u. a.
Vgl. FOUILLEE, La philos. de S., 1874. — JOEL, Der echte und der xenophon-
tische S., 1893—1901. — DÖRING, Die Lehre des S. als soziales Reform systeru, 1895.
— E. PFLEIDERER, S., Plato und ihre Schüler, 1896. — E. KRALIK, S., 1899. —
C. PlAT, S., 1900; deutsch 1903. — G. ZüCCANTE, Intoino alle fonti della dottrina
di S., 1902.
Solger, Karl Wilhelm Ferdinand, geb. 1780 in Schwedt (Uckermark),
1809 Privatdozent in Frankfurt a. O., 1811 Prof. in Berlin, gest. daselbst
1819.
S. ist von Spinoza, Fichte und besonders von Schelling beeinflußt. Im
Geiste der Komantik betont er den Wert der Phantasie, der Mystik und
Religion. Die Philosophie ist ihm das Denken über die Offenbarung des Gött-
lichen in unserem Bewußtsein. Gott offenbart sich uns als die Einheit der
Gegensätze, die absolute Identität. Vermittelst unseres Selbstbewußtseins er-
kennen wir das göttliche Selbstbewußtsein, von dem das individuelle Sein ein
Moment ist. Philosophie und Religion sind eins. Die Welt ist das Nichts, in
welches das göttliche Wesen sich auflöst, um sich dann selbst zu offenbaren,
indem der Schein, das Nichtige im reinen Selbstbewußtsein aufgehoben wird.
Religion, Sittlichkeit und Kunst sind die Tat der Selbstvernichtung und
."Selbstoffenbarung des göttlichen Wesens, welches sich selbst opfert. Im
Schönen, in der Kunst (welche stets symbolisch ist), offenbart sich die Idee,
das göttliche Wesen unmittelbar durch die Phantasie. Das Wesen der Kunst
bildet die künstlerische Ironie als die Verfassung des Gemüts, worin wir er-
kennen, daß unsere Wirklichkeit nicht sein würde, wenn sie nicht Offenbarung
der Idee wäre, daß aber eben darum mit dieser Wirklichkeit auch die Idee
etwas Nichtiges wird und untergeht.
Schriften: Erwin, vier Gespräche über das Schöne und die Kunst, 1815. —
Solger — Sosigeneb.
D.ilos. Gesprächo, 1817. — Nachgelassene Schriften und Briefwechsel, 182G. — \
Jeeungen über Ästhetik, 1829. — Vgl. R. BCQEDODT, S.s Philosophie, 1841.
Sollier, Paul, geb. 1861 in Bl£re, Prof. der Physiologie und Psycho!
in BrnsseL
Schriften: Les troubles de la memoire, 1892. — Le probleme de la memoire,
1900. — Psychologie de l'idiot et de l'imbecile, 2. ed. 1902. — Le mecanisme des
eraotions, 1905. — Essai critique et theorique sur l'association, 1907. — Le d<>ute,
1909, u. a.
Solon, gest. 569 v. Chr., der berühmte Athenische r, wird
unter den „sieben Weisen*4 genannt. Aussprüche, die ihm Engeschrieben wer-
den: Lüge nicht! Nichts zu viel! (" <r\ Borge für das Gehörig
data (usAexa), u. a.
Solowjew s. Ssolowjew.
Somlo. Felix, geb. 1873 in Preßburg, Prof. der Rechtswissenschaft in
Klsnsenbnrg. = Nach B. führt die Suche nach dem richtigen Recht zur Er-
forschung der kausalen Zusammenhange des Rechtes mit anderen Erschei-
nungen . und diese Untersuchungen nötigen zur Erforschung der Korrela-
tionen der sozialen Erscheinungen. Die Richtigkeit eines Rechte Demi
nach der positiven Mural.
Schriften: Das Problem der Rechtsphilos., Bericht über den 11 L. intern. Kongreß
für Philos., 1909. — Zur Grund, e. beschreib. Soziologie, 1909. — Der Güterverkehr
in der Urgesellschaft, 1909 — Maßstäbe zur Bewertung d. Rechts, Ar< - u.
Wirtschaftsphilos., 1910, u. a.
Sommer, Hugo, geb. 1839 in Wolfenbüttel, Oberamtsrichter In Blank
bürg i. H., gest. 1899 in Blankenburg. = Anhang Freiheit ist
selbsteigene Entscheidnngsfähigkeil gemafi dem, was wir als wollenswi
ansehen.
- hriften: Über das Wesen und die Bedeutung der menschlichen Freiheit,
J. A. 1885. — Pessimismus und Sittlichkeit, 1882; 2. A. 1883. — Di MUÜtng
unserer Weltansdcht durch die Erkenntnis von der Idealität des Kauines und des /
1882. — Gewissen und moderne Kultur, 1884. — Individualismus oder i nu-
nse? 1887 (gegen Wundt)
Sophisten: Vertreter einer Bubjektivistisch-relativistischen Denkwi
in theoretischer und teilweise auch in ethisch-religiöser Einsicht Zu ihnen
gehören: Protagoras, Gorgias, Bippias, Prodi! R tias, llr
symachos, Polos, Euthydemos, Antiphon u. a.
Vgl. Tu. Fl \< K-BrKS i \ \< > Lei -■ ; I -tos grec» et Im ; • • —
ZKLLEB, Philo», der Qrieeken, l. I. If. & BUK, Die BepUetam, 1867. — <;<>m-
ii. BZ, I 'i H' h Deaker.
BmMUc, Samuel, geb. 1615 bd Uaee, Arsl 1670 la Paria. - An-
banger Gassendii und Gegner Di rtea,J mm Bkeptixismi
B I. i ) t ten : Lettre« et
So^iK^ni»^. IVrijmtetikei ans dar Zeit des M Lnrel and I m,
Vi rraat) r ein< - Kommentare tu der K
6SS Sotion — Spencer.
Sotion. Peripatetiker im 2. Jahrhundert n. Chr., Verfasser der Ataöoxai
tcov cfü.oGofpodv (Nachfolger der Philosophen, von Diog. Laertius benutzt).
Sotion von Alexandrien, unter Augustus und Tiberius, Lehrer des Seneca,
gehörte der Schule der Sextier an.
Souriau. Paul, Prof. in Paris. = Nach S. gibt es eine objektive Schön-
heit, welche in der Vollkommenheit besteht.
Schriften: L'esthötique du mouvement, 1887. — La Suggestion dans l'art, 1893.
— La reverie esthetique, 1906 (Das Künstlerische als eine Art Traumzustand).
Spann. Othmar, geb. 1878 in Wien, Prof. an der technischen Hochschule
in Brunn.
Die Soziologie ist von der Psychologie abzugrenzen. Jene hat es mit
„Objektivationssystemen" zu tun, d. h. mit Systemen gleichartiger Handlungen
der Individuen und der sich dabei ergebenden Verhältnisse. Es sind „Systeme
jener ideellen Handlungen, die prinzipiell auf dasselbe Ziel gerichtet sind".
Die Soziologie ist die „allgemeine Theorie des Sozialen", die Wissenschaft vom
Wesen des sozialen Ganzen als solchen. Sie hat es mit Werttatsachen und
Zwecksetzungen zu tun, aber sie fragt immer nur nach der kausalen Wirksam-
keit der Mittel für Zwecke, nach der „Funktion" der Objektivationssysteme,
nicht nach ethischer Wertung und Normierung.
Schriften: Zur Logik der sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung, 1905. — Zur
Kritik des Gesellschaftsbegriffes der modernen Soziologie, 1905. — Wirtschaft und Ge-
sellschaft, 1907. — Der logische Aufbau der Nationalökonomie, Tübinger Zeitschr. für
die gee. Staatswissen seh. 1908, u. a.
Späth, Hermann, Pastor und Kircheninspektor in Breslau. = Theisti-
scher Standpunkt.
Schriften: Welt und Gott, 1867. — Die drei Grundideen einer gesunden Welt-
anschauung, 1877. — Theismus und Pantheismus, 1878.
Spa venia. Bertrando, geb. 1817 in Bomba, 1861 Prof. in Neapel, gest.
daselbst 1883. = Hegelianer.
Schriften: Introduzione alle lezioni di filosofia, 1862. — La filosof. di Gioberti,
1863. — Saggi di critica filosofica, politica e religiosa, 1867. — Principj di filos., 1867.
— La dottrina della conoscenza, 1869. — Idealismo e Realismo, 1874, u. a.
Spencer, Herbert, geb. 27. April 1820 in Derby, Autodidakt, 1837—45
Eisenbahningenieur in London, dann nur schriftstellerisch tätig, gest. 8. De-
zember 1903 in Brighton.
S. verbindet mit einem agnostischen Standpunkt in der Metaphysik (Ein-
fluß von Hamilton u. a.), beeinflußt vom Positivismus Comtes und in manchem
mit Schelling verwandt, einen evolutionistischen Monismus, ja er ist
geradezu der Begründer der evolutionistischen Philosophie, indem er die Idee
der En t wicklung auf das gesamte (physische, psychische, soziale, ethische)
liehen anwendet, in allem die Momente einer einheitlichen Evolution er-
blickt, ja die Entwicklung selbst zum Urgesetz alles Werdens macht.
Unsere Erkenntnis (= ein „Klassifizieren") ist nach S. relativ, hat es nur mit
Relativem zu tun und ist symbolischer Art, da die Dinge, mit denen sie sich
befaßt, Erscheinungen, Manifestationen des „Unerkennbaren" („unknowable"), des
Spencer. 689
Absoluten sind. Von diesem (göttlichen, überpersönlichen) Absoluten haben
wir nur ein unbestimmtes Bewußtsein seines Seins, ohne daß wir seine Eigen-
schaften kennen. Das Relative fordert ein Absolutes als Unbedingtes, Kon-
stantes, Unendliches, über den Gegensatz von Natur und Geist Erhabenes. Es
ist die (absolute, nicht mit der phänomenalen, psychischen Kraftanstrengung zu
verwechselnde) Kraft, welche sich in den raum-zeitlich-dynamischen Relationen
der Dinge symbolisch manifestiert (,,inscrutable power manifested to us trough
all phenomena"). ,,Das Äußerste, was für uns möglich ist, ist eine Interpre-
tation des Weltprozesses, wie er sich unserem beschränkten Bewußtsein dar-
stellt . . . Die Interpretation aller Phänomene in Ausdrücken von Materie, Be-
wegung und Kraft ist nur eine Zurückführung unserer verwickeltsten Denk-
symbole auf die einfachsten Symbole" (Standpunkt des kritischen Realismus,
„transfigured Realism"). „Eine Macht, deren Natur uns immer unbegreiflich
bleibt, und die wir weder in der Zeit noch im Raum begrenzt denken können,
wirkt in uns gewisse Wirkungen. Diese Wirkungen haben gewisse Ähnlich-
keiten unter sich, von denen wir die allgemeinsten unter dem Namen Materie, Be-
wegung und Kraft zusammenfassen, und zwischen diesen Wirkungen bestehen
gewisse Ähnlichkeiten der Verknüpfung, von denen wir die beständigsten als
Gesetze von höchster Gewißheit zusammenfassen."
Die Objekte der Außenwelt sind etwas Relatives; das Ding selbst ist
der unbekannte permanente Nexus, welcher Erscheinungen zusammenhält („the
unknown permanent nexus, which is never itself a phenomenon, but is that
which holds phenomena together"). Das Außenweltsbewußtsein entsteht auf
Grundlage der Sonderung der lebhaften Wahrnehmungsinhalte, welche von uns
unabhängig sind, von den blassen, subjektiven Vorstellungen. Das Dasein der
Dinge ist Fortdauer („persistence") der Zusammenhänge von objektiven Quali-
täten im Bewußtsein. Diese Zusammenhänge stellen wir als Kraftzentren dar,
indem alle Sinneswahrnehmung schließlich aus Widerstands- oder Kraftempfin-
dungen besteht: Unsere Erfahrungen von den Dingen sind in letzter Instanz
in Zeichen von Widerständen auflösbar. Materie und Bewegung sind Kraft-
äußerungen, Raum und Zeit Formen derselben; das Materielle als solches
ist nur das Symbol der an sich unbekannten Kraftbetätigung, empirisch be-
steht es aus Widerständen im Raum. Die Kraft selbst ist konstant und
dauernd. Die Bewegung erfolgt stets in der Richtung des geringsten Wider-
standes und ist stets rhythmisch. Die Anschau ungs- und Denk-
formen (Kategorien) sind gattungsmäßig erworben, eingeübt und als Dispo-
sition vererbt, so daß sie nun als notwendig gelten. S. erklärt sie „als apri-
orisch für das Individuum, aber als aposteriorisch für die ganze Reihe von
Individuen, in der jenes nur das letzte Glied bildet". Der Raum ist das Ab-
straktum von allen Gleichzeitigkeiten und hat nur relative Wirklichkeit. Ei-
lst „eine Form, die, weil sie die konstante Größe in sämtlichen in der Er-
fahrung präsentierten Eindrücken und daher auch in allen im Denken reprä-
sentierten Eindrücken bildet, unabhängig von jedem besonderen Eindruck
erscheint". Ahnliches gilt von der Zeit.
Die Veränderungen in der Natur beruhen auf der Erhaltung der Kraft
Eisler, Philosophen-Lexikon. 44
690 Spencer.
und Materie im Wechsel der Energieumsetzuugen und der Formen, auf einem
beständigen Werden, einer perpetuellen Andersverteilung der Materie und Be-
wegung, wobei anziehende und abstoßende Kräfte ins Spiel treten (mechanisch-
dynamische Naturauffassung). Evolution und Dissolution (Auflösung)
sind die Grundformen aller Entwicklung. Diese ist überall Übergang von
einem aufgelösten in einen konzentrierten, von diesem dann wieder in einen
aufgelösten Zustand. Genauer betrachtet, ist sie Integration (Ansammlung.
Vereinigung) von Materie mit Dissipation (Zerstreuung, Ausbreitung)
der Bewegung, worauf dann eine Absorption der Bewegung mit Disinte-
gration der Materie folgt. Alle Entwicklung ist ferner Übergang von einem
homogenen (gleichartigen) in einen heterogenen (ungleichartigen), von
einem unbestimmteren zu einem bestimmteren Zustand und zu Diffe-
renzierungen, auf welche immer höhere Integrierungen folgen. Das Ziel
jedes Entwicklungsprozesses ist ein Zustand des Gleichgewichtes zwischen
den Kräften, denen die Teile eines Aggregats ausgesetzt sind, und den Kräften,,
die diese Teile ihm entgegensetzen. Die Evolution geht schließlich in Disso-
lution über, das Aggregat löst sich infolge der Vermehrung der Bewegung
in ihm auf (z. B. eine Planetenmasse). Der Bhythmus von Entwicklung und
Auflösung ist ein allgemeiner und ewiger; jede der zwei Phasen des Prozesses
herrscht bald in diesem, bald in jenem Teil des Raumes und die Bewegung
kommt nie zum Stillstand. Alle diese Entwicklungserscheinungen sind streng
notwendig und gesetzlich, nichts kann sich ihnen entziehen.
So waltet die Entwicklung auch im Organischen, aus dem sie S. ja erst
auf das Anorganische übertragen hat. Infolge der größeren Labilität des Or-
ganischen macht sich hier die Differenzierung (mit Arbeitsteilung) und Inte-
grierung besonders bemerkbar. Irgendwelcher „Lebenskraft" u. dgl. bedarf es
nicht, das organische Leben ist rein physikalisch-chemisch zu erklären; das
Organische hat sich aus dem Anorganischen entwickelt, ist nur komplizierter
als dieses. Das Leben ist beständige Anpassung innerer an äußere Verhält-
nisse (,,correspondence of inner and outer relations"). Es gibt (wie S. schon
vor Darwin lehrte) eine Entwicklung höherer Arten aus niederen, und zwar in-
folge äußerer (Milieu- Veränderungen) und innerer Faktoren (Gebrauch und
Nichtgebrauch von Organen, funktionelle Übung, welche die Struktur verändert,,
die dann so vererbt wird, Vererbung direkt erworbener Eigenschaften), durch
direkte (passive und aktive) Anpassung.
Auch die Psycholog i e S.s ist evolutionistisch, zugleich wird hier das
biologische Moment stark berücksichtigt. Objektive (physiologische) und sub-
jektive Psychologie sind zu unterscheiden. Was der Geist metaphysisch (als
Substanz) ist, läßt S. dahingestellt. Empirisch ist die Seele nur der Inbe-
griff von Bewußtseinsvorgängen eines Individuums. Psychisches und Physi-
sind die beiden Seiten eines einheitlichen Vorganges, welcher subjektiv
als Empfindung, objektiv als Nervenprozeß erscheint, die einander (ohne
Wechselwirkung) parallel gehen (Identitätsstandpunkt). Im Ganzen vertritt
S. den Standpunkt der („atomistischen") Assoziationspsychologie. Das Be-
wußtsein (welches nicht ohne Veränderung und Unterschiede auftritt), ist eins-
Spencer. 691
mit dem psychischen Erleben und besteht aus absolut einfachen Teilen, aus
psychischen Atomen („units of feelings"), Empfindungselementen, die zu Ver-
bindungen zusammentreten. Durch Differenzierung und Integrierung, Anpassung,
Vererbung usw. wird im Laufe der individuellen und der Gattungsentwick-
lung das Seelenleben immer komplizierter, reicher, intensiver, feiner, leistungs-
fähiger, immer mehr einheitlich zusammenhängend. Das Assoziationsge-
setz lautet: „Wenn irgend zwei psychische Zustände in unmittelbarer Aufein-
anderfolge auftreten, so wird eine derartige Wirkung hervorgebracht, daß,
sobald später der erste Zustand wiederkehrt, eine bestimmte Tendenz wirksam
ist, auch den zweiten darauf folgen zu lassen." Die Empfindungen
(„feelings") sind die psychischen Elemente, die zueinander in Beziehung stehen.
Die allgemeinste Empfindung ist die Muskel- oder Widerstandsempfindung.
Die Gefühle (der Lust und Unlust) sind Zeichen von Vorgängen, die für
den Organismus nützlich oder schädlich sind. Das Seelenleben ist auf seinen
untersten Stufen rein triebhaft, automatisch, reflexmäßig. Die Instinkte sind zu-
sammengesetzte Reflextätigkeiten, teilweise mit rudimentärem Bewußtsein; sie
sind Produkte wiederholter Assoziationstendenzen von Generationen, eine Art von
„organisiertem Gedächtnis". Der Wille ist aus dem Eefl ex hervorgegangen, in-
dem der Übergang von der Vorstellung zur Bewegung durch den Gegensatz
anderer Bewegungsvorstellungen gehemmt, verzögert wird. Das Denken und
Erkennen geht auf die Ähnlichkeiten der Dinge, so daß die Erkenntnis eine
Identifikation und Klassifikation ist. Die Erfahrungen vieler Generationen
sind in uns zu psycho-physischen Dispositionen geworden.
Mit den Gesetzen der „überorganischen" Entwicklung hat es die Soziologie
zu tun, welche S. auf die Biologie, Psychologie und Völkerkunde basiert. Die
Gesellschaft wird hier nach Analogie des biologischen Organismus als eine
Art Organismus aufgefaßt, welcher wächst, sich differenziert, einheitlich beein-
flußt wird, mit Arbeitsteilung, Vererbung, Anpassung, sozialen Organen und
Geweben (soziales Ekto-, Ento-, Mesoderm; Ernährungs-, Verteilungs-, Regu-
lierungssystem ; dem Ektoderm entspricht z. B. die Klasse der Krieger und
Richter, dem Mesoderm die kommerzielle, dem Entoderm die landwirtschaft-
lich-industrielle Klasse, dem Nervensystem die regierende Klasse). Aber die
Gesellschaft weist dem Einzelorganismus gegenüber auch Verschiedenheiten auf;
so hat sie besonders kein eigenes Sensorium und Selbstbewußtsein, sondern das
Bewußtsein ist auf die Einzelnen verteilt. Ferner ist die soziale Verbindung
nicht physischer Art, sondern sie beruht auf Sprache, Schrift u. dgl. Endlich
dient die Gesellschaft der Wohlfahrt der Individuen, diese gehen nicht (wie die
Zellen des Einzelorganismus) im Ganzen auf. Im Kampfe ums Dasein hat
sich die Gesellschaft als etwas für die Individuen Nützliches bewährt. Aus
primitiven, homogenen Horden haben sich, besonders im Kampfe mit anderen
Horden, Stämme, aus diesen Völker und Staaten gebildet. Der Fortschritt in
der sozialen Entwicklung besteht im Übergang vom kriegerischen zum in-
dustriellen Zustand und in der wachsenden Freiheit der Individuen, für die
der Staat, der sie nicht bevormunden darf, da ist (Individualismus, Liberalis-
mus ; gegen den Sozialismus aller Art). Recht, Eigentum, Sitte usw. werden
44*
692 Spencer — Sperling.
von S. in ihrer sozialen Bedingtheit untersucht. Die Religion ist aus Ahnen-
verehrung, aus der Furcht vor den zu versöhnenden Geistern der Toten, be-
sonders der mächtigen Häuptlinge, entstanden.
Biologisch-soziologisch fundiert ist die Ethik S.s. Die Ethik ist die
„Wissenschaft vom guten Handeln" und entscheidet, „wie und warum gewisse
Handlungen verderblich und gewisse andere wohltätig sind". Aus den Ge-
setzen des Lebens und den Lebensbedingungen ist zu bestimmen, welche
Arten des Handelns notwendig Glück oder Unglück zu bewirken streben.
Gut (im weitesten Sinne) ist alles, was einem Zwecke angemessen ist, im
engeren Sinne das Handeln, welches am meisten das Leben fördert (Ethischer Evo-
lutionismus). Gut ist das Handeln, wenn es die größte Summe des Lebens für die
Menschen überhaupt erzeugt, im Sinne der Erhaltung der Einzelnen und der
Art wirkt und zugleich mehr Lust als Unlust bewirkt (Rationaler Utilitaris-
mus). Die sittlichen Gefühle sind ererbt, sind das Produkt organisierter Er-
fahrungen vom Nützlichen, jetzt aber angeboren, ursprünglich, Der Zwang der
Pflicht („Kontrolle") ist so zu einem spontanen Pflichtgefühl geworden. Der
Altruismus ist so ursprünglich wie der Egoismus. Die einzelnen Formen des
Sittlichen sind relativ, Entwicklungsprodukte.
Das Ästhetische enthält eine Ablösung von der bewußten Aufgabe, dem
Leben unmittelbar zu dienen. Die Kunst entspringt dem Spiele, welches
als Selbstzweck unmittelbar befriedigt und einem Überschuß an organischer
Energie („overflow of energy") entspringt, welche nach funktioneller Betätigung
verlangt, (vgl. Schiller u. a.).
Der Einfluß S.s auf die moderne Philosophie war ein sehr bedeutender,
wenn auch nicht sein System als solches ebensoviel Anhang fand. Immerhin
gibt es sehr viele Spencerianer, besonders in England und Amerika.
Schriften: The Proper Sphere of Government, 1843. — Social Statics, 1850;
2. ed. 1892. — A System of Synthetic Philosophy, 11 Bde., 1862 — 1896, auch in neuen
Auflagen; deutsch von B. Vetter und V. Carus, 1882 ff. (Enthält: First Principles ;
Principles of Biology; Principles of Psychology; Principles of Sociology, Principles of
Ethics). — Descriptive Sociology, 8 Bde., 1837 — 87. — The Classification of the
Sciences, 1864; 3. ed. 1871. — Education, 1861; 23. ed. 1890; deutsch 1874, 1889,
1911. — Becents discussions, 1871. — The Study of Sociology, 1873; 18. ed. 1878;
deutsch 1875 ; 2. A. 1896. — The Man versus the State, 1884. — The Factors of
Organic Evolution, 1887. — Essays, 1858—63; 5. ed. 1891 (3 Bde.). — The Inade-
quacy of Natural Selection, 1893. — A Rejoinder to Prof. Weismann, 1893. — Weis-
mannism, 1894. — Various Fragments, 1897. — Facts and Comments, 1902. — An
Autobiography, 1904; deutsch 1905, u. a. — Vgl. F. H. COLLESTS, An Epitome of the
Synthetic Philosophy, 1889; 5. ed. 1905, auch deutsch. — MlCHELET, S.s System der
Philos., 1882. — E. GROSSE, H. S.s Lehre von dem Unerkennbaren, 1890. — GAUPP,
Die Erkenntnislehre H. S.s, 1890; H. Spencer, 1897; 3. A. — COLLEST, Philosophy of
H. Sp., 1897; französisch 1904. — HÄBERLIN, S.s Grundlagen der Philosophie, 1908.
— A. HEIDT, Philos. Beiträge aus S.s Autobiographie, 1908.
Sperling, Johann, geb. 1603 in Zeuchfeld, Prof. der Physik in Witten-
berg, gest. 1658. = Anhänger D. Sennerts.
Schriften: Anthropologia physica 1647. — Institutiones physicae, 1649.
Speusippos — Spiess. 693
Spensippos aus Athen, Schwiegersohn und Nachfolger Piatos, Haupt
der ersten Akademie (347 — 339), gest. 339.
S. weicht in verschiedener Hinsicht von Piatos Lehren ab. Die Identi-
fizierung des Geistes mit dem Einen und dem Guten billigt er nicht {Znev-
oin^og rbv vovv ovxe reo evi ovxe xtZ ayadeu xbv avxov, lötoqpvfj de). Für jede Art
des Wesens, für die Zahlen, Größen, die Seele nimmt er verschiedene Prinzipien
an (dg/dg ey.doxr\g ovo tag äkXiiv /ukv dgißtua>r, dlhiv de /ueye&cüv, s'jtsira xpv/f/g.
Aristot. Met. VII, 2). Die Seele ist die durch die Zahl harmonisch gestaltete
Ausdehnung. Gott ist die alles lenkende Weltseele („Deuni vim quandam esse
dicit, qua omnia regantur, eamque animalem", Cicero, de nat. deor. I, 13).
Eine Stufenfolge von Wesen besteht. Das Beste, Schönste, kurz das Voll-
kommene ist nicht der Anfang, sondern der Abschluß des Seins (xo ägioxov
xai xaXXiorov firj ev dg/fj elvai, diu xai xwv cpvrcöv y.al xeov Coboov rag dg%äg
aixia tiev elvai, xo de y.a'/.ov y.al xo xekeiov ovx ev zoTg ex rovrcov, Aristot. Met.
XII, 7). Das Gute und die Glückseligkeit besteht in der Vollkommenheit des
naturgemäßen Verhaltens (rrjv evdai/uovtav (prjoiv e'E,iv elvai xeleiav ev zocg y.ard
cpvoir e/ovoir, 7) e'g'ig dyaficöv).
Vgl. EavAISSOX> Speusippi placita, 1838.
Spicker, Gideon, geb. 1840 in Eeichenau (Baden), Prof. in Münster i. W.
S. will Philosophie und Religion mit einander versöhnen, ohne daß aber
die Philosophie durch die Theologie gefesselt werden darf. Ein neuer Gottes-
begriff muß gefunden werden, der die Mängel des Pantheismus und Theis-
mus vermeidet. Gott hat Persönlichkeit, Wissen, Vernunft und Willen in be-
zug auf die Welt, er ist Grund und Zweck der Welt, Einheit von Geist und
Materie. Die Xatur ist nicht Gott, aber göttlicher Herkunft, sie ist eine
Schöpfung aus einer in Gott potentiell gelegenen Materie. — Alles Denken
beruht auf einem sinnlichen Substrat, geht aber darüber hinaus, so daß die
Kategorien metaphysische Geltung haben, zum Ding an sich führen, das
aber nicht ganz zu ergründen ist, so daß alle Philosophie „Anthroposophie'
bleibt. Die Methode der Philosophie ist die „induktiv-kritische,', wie bei Kant.
Schriften: Leben und Lehre des Petrus Pomponatius, 1868. — Die Philosophie
des Grafen von Shaftesbury, 1872. — Über das Verhältnis der Naturwissenschaften
zur Philosophie, 1874. — Kant, Hume und Berkeley, 1875. — Lessings Weltanschauung,
1883. — Die Ursachen des Verfalls der Philosophie in alter und neuer Zeit, 1892. —
Der Kampf zweier Weltanschauungen, 1898. — Versuch eines neuen Gottesbegriffes,
1901. — Vom Kloster ins akademische Lehramt, Schicksale eines ehemaligen Kapu-
ziners, 1908.
Spiess, Gustav Adolf, geb. 1802 in Duisburg, Arzt, gest. 1875 in Frank-
furt a. M. = S. lehrt (ähnlich wie Bonnet) die Bildung eines „Keimes höherer
Ordnung" im Menschen, der nach dem Tode desselben in anderen Teilen der
Welt zu höherer Entwicklung gelangt.
Schriften: Physiologie des Nervensystems, 1844. — Über die Bedeutung der
Naturwissenschaften für unsere Zeit, 1854. — Über das körperliche Bedingtsein der
Seelentätigkeiten, 1854. — Über die Grenzen der Naturwissenschaft, 1863.
694 Spiller — Spinoza.
Spiller, Philipp, geb. 1800 in Einsiedel bei Reichenberg (Böhmen), gest.
1879 als Prof. der Physik in Berlin. = Nach dem „Ätherismus" ist der Äther
als das universelle, geistige Kraftprinzip Gott.
Schriften: Gott im Lichte der Naturwissenschaften, 1873. — Das Naturerkennen,
1873. — Die Urkraft des Weltalls, 1876. — Das Leben, 1878. — Die Irrwege der
Naturphilosophie, 1878.
Spinoza, Benedictus de, oder Baruch Despinoza, geb. am 24. No-
vember 1632 in Amsterdam als Sohn jüdischer Eltern, die aus Portugal nach
Holland ausgewandert waren. Er besuchte die jüdische Schule und studierte
bald, unter der Leitung des Saul Levi Morteira, den Talmud nebst den
Schriften des Maimonides, des Gersonides u. a., ferner die Kabbala, zwar unbe-
friedigt von dem allen, aber doch nicht ohne einen gewissen Einfluß durch
dieses Studium zu erfahren. Von dem Arzte und Freidenker Franz van den
Enden erhielt er Unterricht im Lateinischen, auch im Griechischen, welches
letztere er aber nur unvollkommen erlernte. Er studierte auch eine Reihe
scholastischer Autoren (Thomas von Aquino, Heereboord u. a.), las auch viel-
leicht Giordano Bruno und beschäftigte sich eifrig mit den Schriften Des-
cartes' und mit Naturwissenschaften. Wegen seiner freien Anschauungen von
der Synagoge zum Widerruf aufgefordert, verweigerte er diesen, ließ sich auch
durch nichts bestechen und so wurde er 1656 wegen seiner „Irrlehren" in den
großen „Bann" getan, was ihn aber nicht bewog, etwa Christ zu werden.
Nachdem S. (auf den ein fanatischer Jude einen Mordversuch gemacht haben
soll) 1656 — 60 in der Nähe von Amsterdam gelebt hatte, wurde er, als Atheist
verdächtigt, ausgewiesen und lebte nun in Rhynsburg, mit seinen Freunden
Simon de Vries und Ludwig Meyer in Amsterdam korrespondierend und philo-
sophisch tätig. Seinen Lebensunterhalt erwarb er sich durch Schleifen optischer
Gläser, eine Tätigkeit, die wohl den frühen Tod des schwächlichen Mannes
beschleunigen half. 1664 — 69 hielt sich S. bei Haag (in Voorburg), von 1670
an in Haag auf, zuerst im Hause der Witwe van Velden, dann bei dem
Maler van der Spyck. Die heftigen Angriffe, die sein „theologisch-politischer
Traktat'' erfuhr, bestimmten S., nichts mehr zu veröffentlichen ; wenn auch keines-
wegs feig, war er doch keine Kampfnatur, die Ruhe des Geistes ging ihm über
alles, und so nahm er auch eine ihm im Jahre 1673 durch Karl Ludwig von der
Pfalz angebotene Professur in Heidelberg nicht an , um in seinem Philoso-
phieren frei und unbeeinträchtigt zu sein. Ein Mann von den geringsten Bedürf-
nissen, eine echt beschauliche, abgeklärte Natur, ein höchst lauterer, streng sitt-
licher, gütiger, edler Charakter von „grenzenloser Uneigennützigkeit" (Goethe),
lebte er rein der philosophischen Forschung, zugleich (wie die Rabbiner des
Mittelalters) sein Handwerk ausübend und eine kleine Rente, die ihm sein
Freund Simon de Vries vermachte, beziehend. Am 21. Februar 1677 starb S.
an seiner Schwindsucht. Lange Zeit galt er als verruchter „Atheist", wie ein
„toter Hund" wurde er behandelt, bis dann seit Lessing, Herder, Goethe,
■^hleiermacher das Blatt sich wandte. Spinozas Charakter und Denken
zu größten Ehren kam und sein Einfluß auf die Philosophie ein außerordent-
licher wurde, so daß geradezu ein „Neo-Spinozismus" entstand.
Spixoza. 695
S. ist der Begründer des neueren Pantheismus als System einer
Identitätsphilosophie, eines universalen Monismus. Ein neues System
liegt vor, wenn auch Einflüsse seitens des jüdischen Einheitsgedankens, der
Stoa, des Neuplatonisrnus, der Scholastik und Mystik, G. Brunos u. a. be-
stehen, und wenn auch S. zunächst an Descartes anknüpft. In erkenntnis-
theoretischer Beziehung ist S. Kationali st, der sich aber schließlich einer ge-
wissen Mystik zuwendet („intellektuelle Gottesliebe").
Sein System gibt S. erst in der nach seinem Tode erschienenen ..Ethik",
welche ihren Namen daher hat, daß hier die rechte Gestaltung des mensch-
lichen Lebens durch Erkenntnis das Ziel ist. Der Abfassung der „Ethik'
{1662 ff., öfter überarbeitet, erst in drei, dann in fünf Büchern) gingen ver-
schiedene Arbeiten voraus, die schon manches aus dem Hauptwerk vorweg-
nehmen, zum Teil aber mit Modifikationen. Der „Tractatus de Deo et nomine
•eiusque felicitate" ist — das lateinische Original dürfte verloren sein — in
holländischer Übersetzung erst spät gefunden Avorden. Hier führt S. aus, das
Dasein Gottes gehöre zu seinem Wesen und Gott müsse, wenn der Mensch
«ine Vorstellung von ihm hat, auch wirklich sein (I, 1). Gott ist das Wesen,
dem alles oder unendliche Attribute beigelegt werden, von welchen jedes
unendlich und vollkommen ist; das All muß eben alle Attribute haben. Es
gibt keine beschränkte Substanz, alle Substanz muß in ihrer Art unendlich
vollkommen sein ; es gibt nicht zwei Substanzen, eine kann die andere nicht
hervorbringen. In dem „unendlichen Verstände Gottes" gibt es nichts, als was
in der Natur wirklich ist. Gott hat alles, was in seinem Denken lag, ge-
schaffen. Denken und Ausdehnung sind die uns bekannten Attribute der
göttlichen Substanz, welche an sich unteilbar ist (Teile sind reine Gedanken-
•dinge). Die einzelnen Dinge sind „Modi" der Substanz, diese ihr Ursprung,
von dem sie abhängen. Gott ist die einzige, ewige, unendliche, durch sich
selbst bestehende Substanz, die „immanente Ursache" der Dinge. Es gibt eine
schaffende und eine geschaffene Natur; erstere ist (wie dies schon die
Thomisten sagen) Gott. Die geschaffene Natur ist ein ,,Sohn, Geschöpf oder
Produkt" Gottes, ebenso wie der Intellekt, der von Ewigkeit her geschaffen ist
und ewig unverändert bleibt. Der Mensch ist keine Substanz, sondern besteht
aus Modis des Denkens und der Ausdehnung; unsere Seele ist nur ein Modus
wie unser Körper. Die Erkenntnis Gottes geht der Erkenntnis aller anderen
Dinge voraus und die höchste Liebe knüpft sich an die Erkenntnis Gottes als
des Vollkommensten. Gott ist die Wahrheit, die Wahrheit ist Gott selbst. In
intellektualistischer Weise bestimmt S. den Willen als Vermögen der Bejahung oder
Verneinung, ob etwas gut oder schlecht ist, als Idee, als Modus des „Denkens"
{im weitesten Sinne), als Werk des Verstandes (im Unterschied von der Be-
gierde, vom Trieb). Es gibt keine Freiheit des Willens. Wir sind von der
Natur abhängig, sind „Diener, ja Knechte Gottes", und es ist dies unsere größte
Vollkommenheit, indem wir ein Teil des Ganzen sind und an seinen Werken
mitwirken. Darin, daß wir Gott alles zuschreiben, ihn allein lieben und uns so
ihm ganz opfern, besteht der wahre Gottesdienst und unsere wahre Glück-
seligkeit. Wenn die Seele mit Gott sich vereinigt (in der Liebej, dann
696 Spinoza.
muß sie mit ihm unveränderlich bleiben, d. h. dadurch und insofern unsterb-
lich sein.
Im „Tractatus de intellectus emendatione" betont S. den Vorrang der
Spekulation, der Erkenntnis des Wahren und Göttlichen, vor allen anderen,
vergänglichen und unbefriedigenden Gütern. Nachdem er eingesehen, daß alles,
was sich im gewöhnlichen Leben bietet, eitel und wertlos ist, und daß alles,
wovor er sich fürchtete, nur insofern Gutes oder Schlimmes enthielt, als die
Seele davon bewegt wurde, beschloß er, an die Forschung nach einem wahren
und beständigen Gut zu gehen. Ehre, Eeichtum und Sinnenlust gab er um
der Erkenntnis willen auf, die den Menschen vervollkommnet. Als Erkenntnis-
arten führt hier S. an: 1. das Wissen durch Hörensagen oder ein sonstiges
Zeichen, 2. das Wissen durch vage, rohe Erfahrung, 3. das Wissen durch
(nicht-adäquates) Erschließen des Wesens einer Sache aus einer andern Sache,
4. das Wissen, bei dem die Sache bloß aus ihrem Wesen oder durch die Er-
kenntnis ihrer nächsten Ursache begriffen wird. Nur die vierte Art des
Wissens erfaßt das „adäquate Wesen" einer Sache ohne Irrtum. Die wahre
Idee ist verschieden von ihrem Gegenstande (ihrem „Ideat"), sie ist das ideelle
(bei S. „objektive") Sein des Gegenstandes und als solches erkennbar. Die
Gewißheit ist die Art, wie wir das wirkliche Sein empfinden. Vor allem muß,
damit Gewißheit möglich ist, in uns die wahre Idee wie ein angeborenes-
Werkzeug vorhanden sein, das als Norm dient. Die Wahrheit offenbart sich
selbst und das Falsche; Ideen, die klar und deutlich sind, können niemals
falsch sein (vgl. Descartes), sie stammen „rein aus dem Geiste", nicht aus den
zufälligen Erregungen des Körpers. Der Verstand denkt mit Evidenz und
notwendig so, wie er denkt; ferner erfaßt er die Dinge unter dem Gesichts-
punkte der Ewigkeit und Unendlichkeit, d. h. er achtet weder auf die Zahl
noch auf die Dauer. Falschheit und Irrtum beruhen auf einem Mangel der
Ideen, sind nichts Positives.
Die „Ethik", das Hauptwerk S.s ist nach geometrischer Methode („more
geometrico"), nach dem Vorbilde des synthetischen Verfahrens Euklids, abge-
faßt. An die „Definitionen" der Begriffe schließen sich „Axiome" (Grund-
sätze) und aus beiden werden „Lehrsätze" (propositiones) abgeleitet, auf welche
dann „Korollarien" (Zusätze) und „Schollen" (Erläuterungen) folgen. In
rationalistischer Weise leitet S. seine Sätze rein begrifflich ab, in der Über-
zeugung, daß der logischen Folge aus ihren Gründen das Folgen der Dinge
aus ihrem Urgründe entspricht. Die Kausalität erhält so bei ihm einen
m athematisch-logischen Charakter, das Sein wird völlig logisiert.
Das erste Buch der „Ethik" enthält die allgemeine Metaphysik. Das
Prinzip aller Dinge, der Urgrund derselben, ihre immanente Ursache, ihre
ihnen innewohnende Einheit (die nicht die Summe der Teile ist. sondern etwas
Ursprüngliches), das allein wahrhaft Seiende, Ewige, die einzige Substanz ist
Gott oder die (schaffende) Natur („deus sive natura"). Gott ist das Absolute,,
dasjenige, dessen Wesen die Existenz einschließt, das, was nur als existierend
cht werden kann, der Grund seiner selbst, „causa sui" („per causam sui
intelligo id. cuius essen tia involvit existentiam sive id, cuius natura non potest
Spinoza.
concipi nisi existens"). Während Descartes zwar schon Gott als absolute Sub-
stanz bestimmte, daneben aber doch Geist und Körper als abhän<ri-r Bubetanzen
angesehen hatte, gibt es für S. nur eine einzige, allen Dingen zugrunde-
liegende Substanz, Gott oder die Natur. „Substanz" ist, was in rieh ist und
durch sich allein begriffen wird, das absolut für sich allein, ohne Beziehung
auf etwas anderes Denkbare („per substantiam intelligo id, quod in se est et
per se coneipitur, hoc est id. cuius coneeptus non indiget coneeptu alteriuß rei,
a quo formari debeat"). Die Substanz, das unendliche, allgemeine Sein, gehl
logisch ihren Besonderheiten vorher („substantia prior est natura suis affectio-
nibus"), da diese ohne sie nicht denkbar sind. Es kann nur eine Substanz
geben; weil sie unendlich ist, kann eine Substanz nicht die andere beschränken,
auch sie nicht hervorbringen. Es gehört zum Wesen der Substanz, zu existieren,
und zwar als unendlich und unteilbar (,, substantia absolute infinite est tndivisi-
bilis"). Gott ist die einzige Substanz („propter Deum nulla dari neque concipi
potest substantia"), und Gott existiert (als das „ens absolute infinitum") not-
wendig, seine Existenz ist eins mit seinem Wesen („Dei essentia et existentia
nimm et idem sunt"). Er ist die aus unendlichen Attributen, die alle sein
Wesen ausdrücken, bestehende Substanz („substantiam constantem infinitis
attributis, quorum unumquodque aeternam et infinitem essentiam exprimit"),
er enthält alles und alles ist in ihm, von ihm abhängig („Quidquid est in Deo
et nihil sine Deo esse neque concipi potest"). Gott ist die immanente
Ursache der Dinge, er verbleibt mit seinem Wesen in ihnen (..Dens est omnium
rerum causa immanens, non vero transiens"). Nichts gibt es außerhalb Gott
Gott ist die schaffende Natur (die „natura naturalis"), sofern er freie Ursache
(eausa libera) von allem ist; die geschaffene Natur (..natura naturata") i>t der
Inbegriff dessen, was aus dem Wesen Gottes und seiner Attribute notwendig
folgt („omne, quod ex necessitate Dei naturae sive unius cuinsque Dei attri-
butorum sequitur"), die Summe der „Modi*-, des Einzelnen.
Unter Attribut versteht S. das. was das Denken als das Wesen dei
- -tanz ausmachend erfaßt („per attributum intelligo id, quod intellectus
substantia pereipit tamquam eiusdem essentiae constituens"). Je mehr etwas
Realität hat. desto mehr Attribute hat es; daher bestehl Gott als das höchste
Sein aus unendlich vielen Attributen, die alle sein Wesen ausdrücken. Von
diesen Attributen erfassen wir aber nur zwei: Ausdehnung osio") und
Denken (Bewußtsein. Vorstellung, „cogitatio"). .]cdv> dieser Attribute i-t
durch sich selbst zu denken, dennoch bleibt die Substanz mir ein Wesen mit
/.wei Seinsweisen („quamvis duo attributa realiter distineta eoneipiantur, li
uniim sine ope alterius. non poesumus tarnen inde concludere, i|>-;i duo
entia sive duas diversas Bubstantias constituere" . Jedes Attribut i-t anendlich,
unveränderlich und ewig \\i-' Gott selbsl („omnia Dei attributa sunt eterna'
und all«-. was ans ihnen folg ■• rt ewig und unendlich. Die eine Sub-
Btanz ist also sowohl ausgedehnt als „denkend" >. da Körper und
st kein.' Substanzen, - lern Seinsweisen der Substanz sind.
I '.• endlichen Beeonderungen oder Zustände der Substanz nennt S. Modi
(„Per modum intelligo Bubetantiae sif< rive id quod in alio est, per quod
698 Spinoza.
etiam concipitur'). Sie sind unselbständig, inhärieren der Substanz, sind
■wechselnde Zustände der Attribute, aus welchen sie erfolgen. Aus ihnen be-
stehen die Einzeldinge und diese sind nichts als Zustände der göttlichen
Attribute und damit der Substanz selbst, aber nicht etwa Teile dieser („res
particulares nihil sunt, nisi Dei attributorum affectiones, sive modi, quibus Dei
attributa certo et determinato modo exprimuntur"). Während die Körper sowie
ihre Gestalten und Bewegungen Modi der unendlichen Ausdehnung sind, bedeuten
die Seelen und ihre Vorstellungen, Gedanken, Wollungen („singulares cogita-
tiones") Modi des unendlichen Denkens. Die einzelnen Intellekte konstituieren
insgesamt den ewigen und unendlichen Intellekt Gottes („mens nostra, quatenus
intelligit, aeternus cogitandi modus est, qui alio aeterno cogitandi modo deter-
minatur et hie iterum ab alio et sie in infinitum, ita ut omnes simul Dei
aeternum et infinitum intellectum constituant"). Der menschliche Intellekt ist
ein Teil des unendlichen Intellekts. Dieser selbst erfaßt nichts anderes als die
göttlichen Attribute und deren Affektionen ; Gott denkt Unendliches auf unend-
liche Weisen, er hat eine Idee von sich und allem, was aus ihm folgt („Deus
enim infinita infinitis modis cogitare, sive ideam suae essentiae et omnium,
quae necessario ex ea sequuntur, formare potest"). In Gott sind ferner Frei-
heit und Notwendigkeit eins; indem Gott seiner Natur gemäß wirkt,
handelt er frei, d. h. durch nichts genötigt, und zugleich notwendig („Deus
ex solis suae naturae legibus et a nemine coactus agit", „ex sola suae neces-
sitate"). Alles folgt mit (logischer) Notwendigkeit aus dem Wesen Gottes,
nichts konnte daher anders werden, als es der Fall ist („res nullo alio modo
neque alio ordine a Deo produci potuerunt, quam produetae sunt"), alles ist
insofern prädeterminiert („quod omnia a Deo fuerint praedeterminata") und
determiniert („determinata ... ad certo modo existendum et operandum"). In
der Welt ist alles kausal bedingt, alles geschieht notwendig, gesetzlich. Gott
wirkt aber so, daß er nie unmittelbar eingreift, sondern daß er stets
nur durch einen bestimmten Modus Ursache eines andern Modus ist. In der
Natur geht alles streng kausal-mechanisch zu (Korpuskulartheorie), ohne
Wirksamkeit von Zweckursachen, welche letztere nur Fiktionen sind
(„omnes causas finales nihil nisi humana esse figmenta").
Im zweiten Buche lehrt nun S., daß eine Kausalität nur innerhalb jedes
Attributes, also nur innerhalb jeder Reihe von Modi existiert, nicht aber ein
Kausalnexus zwischen den Modis verschiedener Attribute. Physisches wirkt
stets nur auf Physisches, Psychisches nur auf Psychisches oder Körper auf
Körper, Gedanken auf Gedanken („Cuiuscunque attributi modi Deum quatenus
tantum sub illo attributo, cuius modi sunt, et non quatenus sub ullo alio
consideratur, pro causa habent"). Zwischen Körper und Geist besteht keine
Wechselwirkung („nee corpus mentem ad cogitandum, nee mens corpus ad
motum neque ad quietem nee ad aliquid . . . aliud determinare potest"). Die
(^•danken (Vorstellungen usw.) haben nur Gott als denkendes Wesen („res
cogitans"), nicht als ausgedehnte Substanz zur Ursache. Vorstellung und
, Bewußtsein und Sein, Psychisches und Physisches gehen einander als
jweiaen eines und desselben Wesens in derselben Ordnung parallel, ohne
ZA.
aufeinander einzuwirken (PsychophYBischer Parallelismus toi Grund einer
[dentitatetheorie). „Quod Bubstantia m-
que eei substantia, quae iam inb hoc, iam sub ill<» attributo oomprehenditur.
etiam modus eortensionis et idea illius modi eademque es(
modis ezpreasa." Eine und dieselbe Ordnung kommt zweifach nun Ausdru
objektiv und subjektiv, real und ideell < ..• >r»l< > et OOnni (nun id-
ac ordo et connezio rerum"; „quicquid ez infinite Dei oasi
littr, id orane ex Dei idea eodein ordine eedemque oonnezione sequitur in D
obiective"). Die Verknüpfung und Ordnung der Dinge hat ihr K in
der Reihenfolge «Irr Vorstellungen, insbesondere entspricht jedem körperli« b
Zustand ein psychischer. Allen .Modi der Ausdehnung entsprechen Modi
„Denkens", alles kommt (in Gott) als Sache und als [de „cuiua-
cunque rei datur aecessario in 1><" idea"), so dafi in diesem Sinne alles in
verschiedenem Grade beseelt is( („diversis gradibus animata"). Ein und d
selbe Individuum isl einerseits Körper, ander» - ele, I1
Bubi Lktualismus), sondern das Bewußtsein des < Organismus „idea corpoz -
aus den Vorstellungen des Körpers i..M'-a corporis0 und »einer Affektioi
durch andere Körper bestehend, also etwas Zusammen^ i pluri
ideis composita"). Di Seele handelt nach bestimmten Gesetzen und h-
~ain ein .._ Automat--. Das Selbstbewußtsein besteht in der Cd
-. welche in Gott mit dem G aie dieser mit
dem Körper („mentis humanae datur etiam in I>«-" idea riv<
metitis idea eodem modo unita est menti. ae ipM mens umta est
Dil ..idea m. nt- ■ d i Form
dei Geistee als aolchen, ohne Beziehung auf dessen Objekte („forma id<
quatenus haec ut modus cogitandi absque relatione ad obiectum
das Wissen um dae Wissen, w&hrend sonst die ? li nur erkennt,
ne die Vorstellungen der Affektionen ihrei I
An dies»- Erörterungen knüpfen sich psychologisch-erkenntnist
Betrachtungen. I>a- menschliche Denken i-t ein Modus des menachlicli
[ntellekts und damit auch tlicheu Denkens Wü denken nun ■.
mittelst der [deen (logische Vorstellungi inken, I
nationes", VorBtellungsbilder), areiche Gebilde des Denkens selb
Aktivität entspring onceptus actionem meotis ezprünere ridet
ichon Bejahung oder Vernei mationem an! aegat
. . \dä.|uaf (genau entspr sind I an, welche all aferkn
wahren Idee an sich haben und mit ihn I rrinetimn
(„conrenientia ideae '•um IU0 id( W thi
absolut oder adäquat und roUkomnx d ist, i
w ahrhi • nicht, ",;
i owie das Licht lieh selbst und di< i
un habet ideam,
Uli* sieilt 1 1 1
Die adäqu ' ■ ■
in nobia est il I ' aumana«
Spinoza.
est adaequata"). Was wir in Gott erkennen und auf Gott beziehen, ist wahr.
Von der sinnlich-empirischen Erkenntnis („opinio" oder „imaginatio") unter-
scheidet S. die Erkenntnis der Vernunft („ratio") und die geistige Intuition des
Wesens der Dinge („scientia intuitiva). Die imaginative (vorstellungsmäßige)
Erkenntnis erfaßt die Dinge als gesondert-einzelne und zufällige, in der Zeit
vergehende (Die Zeit ist nur ein „modus cogitandi"). Die Vernunft erkennt
durch allgemeine Begriffe das allgemeine, konstante Wesen der Dinge, ihre
Gesetzlichkeit und Notwendigkeit („De natura rationis non est res ut contin-
gentes. sed ut necessarias contemplari" ; „ut in se sunt"); insofern erkennt sie
die Dinge als in Gottes ewigem Wesen wurzelnd, in einer gewissen Ewigkeits-
form („sub quadam aeternitatis specie"). Die intuitive Erkenntnis geht von
der adäquaten Idee des Wesens göttlicher Attribute zur adäquaten Erkenntnis
des Wesens der Dinge („ab adaequata idea essen tiae formalis quorundam Dei
attributorum ad adaequatam cognitionem essentiae rerum"). Sie erfaßt die
Dinge, wie sie zeitlos in Gott liegen und aus dem göttlichen Wesen folgen,
in ihrer ewigen Notwendigkeit („sub specie aeternitatis": „Res duobus
modis a nobis ut actuales concipiuntur, vel quatenus eadem cum relatione ad
certum tempus et locum existere, vel quatenus ipsas in Deo contineri et
ex naturae divinae necessitate consequi concipimus. Quae autem hoc secundo
modo ut verae seu reales concipiuntur, eas sub aeternitatis specie concipimus,
et earum ideae aeternam et infinitam Dei essentiam involvunt").
Während Descartes den Irrtum auf die Willensfreiheit zurückführt, er-
blickt S. in jenem nur einen Mangel des Wahrheitsgehaltes, eine „Privation".
Der Wille ist vom Intellekt nicht verschieden („voluntas et intellectus unum
et idem est"), das Wollen eine Funktion des Intellekts, insofern Bejahung und
Verneinung im Gedanken selbst schon liegt („quam idea, quatenus idea est,
involvit"). Auch gibt es keinen abstrakten, allgemeinen Willen, nur konkrete
Wollungen („singulares volitiones"), d. h. einzelne Bejahungen oder Verneinungen.
Gottes Wille und Verstand sind eins. Wie aus Gottes Wesen alles notwendig
folgt, so sind auch unsere Willenshändlungen teils von außen, teils von innen
(psychologisch) determiniert, eine (absolute) Willensfreiheit besteht nicht,
beruht auf Einbildung. Der Wille des Menschen ist keine freie, sondern eine
notwendige Ursache („causa necessaria"), er bedarf einer Ursache, durch die er
bestimmt wird und die selbst wieder ins Unendliche auf Ursachen zurückführt.
Wir dünken uns nur frei, weil wir uns oft der Beweggründe nicht bewußt
sind; so könnte aber auch ein geworfener Stein sich für frei halten. Doch
leugnet S. weder die psychologische, noch die ethische Freiheit als Selbständig-
keit. In diesem Sinne ist frei, wer sich von äußerem Zwange und inneren
Erregungen unabhängig macht, wer klar und deutlich erkennt und dadurch
aktiv sich verhält, wer seine Affekte beherrscht, sich durch die Vernunft leiten
laßt („qui ratione ducitur").
Beherrschung der Affekte, Streben nach Erhaltung des wahrhaft mensch-
lichen Seins, welches in der Vernunft liegt, vernunftgemäßes Handeln — darauf
zielt 8.8 Ethik hin, welche psychologisch fundiert ist und einen teleologischen
(eiicrgistisch-eudämonistischen) Charakter hat. Ähnlich wie die Stoa geht 8.
Spixoza. 701
von einer Untersuchung der Affekte (bzw. Leidenschaften) aus. Der Affekt
ist ein „verworrenes Bewußtsein" („confusa idea"), dessen Inhalt eine Affektion
des Körpers ist, durch welche dessen Kraft (Macht) gesteigert oder geschwächt
wird („corporis affectiones quibus ipsius corporis agendi potentia augetur vel
minuitur, iuvatur vel coercetur, et simul harum affectionum ideas"). Zugleich
wird durch den Affekt der Geist gefördert oder gehemmt. Wir empfinden
Lust (Freude, „laetitia"), wenn wir zu größerer Vollkommenheit („ad maiorem
perfectionem") fortschreiten, im gegenteiligen Falle aber Unlust (Trauer,
„tristitia"). Dazu kommt als dritter Grundaffekt die Begierde („cupiditas"),
der mit Bewußtsein verbundene Trieb („appetitus cum eiusdem conscientia").
Der Selbsterhaltungstrieb ist jedem Dinge eigen („unaquaeque res, quan-
tum in se est, in suo esse perseverare conatur"), konstituiert dessen innerstes
Wesen (Ansatz zu einem Voluntarismus, wie er schon bei den Stoikern, Tele-
sius u. a. bestand und von Schopenhauer u. a. weitergebildet wurde). Nach Er-
haltung der eigenen Kraft, nach Steigerung der Macht (vgl. schon Hobbes) zu
streben, ist das Natürliche, Naturgemäße. Was unsere Kraft schwächt, wo-
durch Mir leiden, ist daher nicht gut, so z. B. das Mitleid als Affekt, der
(nur) für den vernünftigen Menschen unnötig ist („commiseratio in nomine,
qui ex ductu rationis vivit, per se mala et inutilis est") ; er wird helfen, ohne
sich zu erregen, aus Vernunft und Menschlichkeit (vgl. Kant, Nietzsche). Auch
die Reue ist für den vernünftigen Menschen unnötig.
Auf das Streben bezieht sich das Gute. Gut ist etwas nicht an sich,
sondern als Objekt eines Begehrens („quia id conamur, volumus, appetimus atque
cupimus"); das Gute liegt nicht schon in den Dingen, sondern erst und nur in
uns, es ist subjektiv und relativ („bonum et malum quod attinet, nihil
etiam positivum in rebus, in se scilicet consideratis, iudicant, nee aliud sunt
praeter cogitandi modos seu notiones, quas formamus ex eo, quod res ad in-
vicem comparamus"). Gleichwohl gibt es ein allgemeines, in diesem Sinne
objektiv Gutes, nämlich das für den Menschen wahrhaft Nützliche
(„utile"), das die menschlich-vernünftige Natur Erhaltende und
Fördernde, dem Menschheitsideale Dienende („per bonum . . .
intelligam id, quod certo seimus medium esse, ut ad exemplar humanae naturae,
quod nobis proponimus, magis magisque accedamus" ; idealistischer Perfektionis-
mus). Gut ist, was unsere Macht steigert. Die Macht unseres Geistes liegt
nun in der Vernunft, im wahren Erkennen, und so ist gut, was unsere Er-
kenntnis fördert („quod ad intelligendum re vera conducit, vel quod impedire
potest, quo minus intelligamus"). In dem Streben nach Erhaltung und
Förderimg des vernünftigen Ichs besteht die Tugend („virtus est ipsa human a
potentia, quae sola hominis essentia definitur, hoc est, quae solo conatu, quo
homo in suo esse perseverare conatur, definitur"). Tugendhaft handeln ist eins
mit dem Handeln gemäß den Gesetzen der eigenen Natur („ex legibus pro-
priae naturae agere", ethische Autonomie), d. h. mit dem vernünftigen Handeln
(„ex ductu rationis agere"). Der Sittliche ist aber kein reiner Egoist, sondern
er wünscht das Gute auch seinen Mitmenschen; zum Nützlichen gehört auch
alles, was zum harmonischen Gemeinschaftsleben beiträgt („quae ad hominum
702 Spinoza.
commimem societatem conducunt, sive quae efficiunt. ut homines concorditer
vivant, utilia sunt"). Die Tugend selbst ist Glückseligkeit, diese ist kein
Lohn, deren jene bedarf („beatitudo non est virtutis praemium, sed ipsa
virtus").
Affekte können (wie schon F. Bacon lehrt) nur durch Affekte bekämpft
werden , nicht durch den bloßen Intellekt. Soll also die Vernunft den
Menschen frei machen, ihn von der Knechtschaft („servitus"), in die ihn seine
Affekte versetzen, erlösen, so muß die Erkenntnis von einem Gefühl begleitet
sein, welches den Affekten entgegenwirkt. Diese Affekte, welche leidentliche
Zustände („passiones") der Seele sind, werden durch die Erkenntnis, daß alles
in der Welt notwendig aus dem Wesen der göttlichen Natur folgt, überwunden,
der Geist wird Herr über sie, wird aktiv. Die klare und deutliche Erkenntnis
des Bezogenseins aller Dinge auf Gott als deren Einheit, zu der auch wir ge-
hören, zeitigt ein reines, aktives Gefühl der intellektuellen Liebe zu
Gott (,,amor Dei intellectualis") , die das höchste Gut, das größte Glück be-
deutet („summum bonum est, quod ex dictamine rationis appetere possumus").
Die intellektuelle Liebe knüpft sich an die Betrachtung der Dinge „sub aeter-
nitatis specie", an die Erkenntnis Gottes, sofern er ewig ist und sofern wir in
ihm sind. Diese Liebe ist ewig, ist die Liebe Gottes zu sich selbst in uns.
(„amor intellectualis est ipse Dei amor, quo Deus se ipsum amat"), ein Teil
der unendlichen Selbstliebe Gottes („pars est infiniti amoris, quo Deus se ipsum
amat"). Wer Gott liebt, kann nicht verlangen, daß Gott auch ihn (als
Einzelnen) liebt. Aber Gottes Liebe zu sich ist zugleich seine Liebe zu den
Menschen. In der beständigen und ewigen Liebe zu Gott und Gottes Liebe
zu den Menschen, die eins sind, besteht unsere höchste Freiheit und Seligkeit
(„salus nostra seu beatitudo seu libertas"). Nichts kann diese Liebe vernichten.
Sofern wir Geist sind, der Gott und alles, sich inbegriffen, in ihm erkennt,
sind wir unsterblich, d. h. zeitlos ewig, ohne daß wir als Individuen mit
Erinnerung weiterleben. Der menschliche Geist geht nicht mit dem Körper
unter, sondern das Ewige in ihm bleibt bestehen („eius aliquid remanet,
quod aeternum est"); der Geist ist ewig, sofern er Ewiges denkt, an diesem
Teil hat, sofern das Wesen des ihm zugehörigen Körpers in Gott ewig zum
Ausdruck kommt („in Deo datur necessario conceptus seu idea, quae corporis
humani essentiam exprimit"; „est . . . haec idea . . . certus cogitandi modus,
qui ad mentis essentiam pertinet quique necessario aeternus est"; „sentimus . . ..
mentem nostram, quatenus corporis essentiam sub aeternitatis specie involvit,
aeternam esse et hanc eius existentiam tempore definiri sive per durationem
explieari non posse").
Die Rechts- und Staatsphilosophie S.s findet sich besonders im
„Tractatus theologico-politicus" und im „Tractatus politicus". Im ersteren
fordert S. religiöse Freiheit, überhaupt Gewissensfreiheit; er hält Philosophie
und Glauben scharf auseinander, insofern beide voneinander unabhängig sein
tollen. Die Bibel will nicht Erkenntnisse vermitteln, sondern hat rein religiös-
ethische Bedeutung. Auch ist S. schon ein Vorläufer der neueren Bibel-Kritik.
Während S. im älteren Traktat die reine Demokratie verficht, plädiert er im
- CNOZjL
späteren für eine mehr aristokratische Form, ohm in Anhänger da
Hobbes verteidigten Absolutismus zu -in. !>;-• Menschen sind wob Natur
Feinde C,ex natura hostes"), aber die Not dea Lebena and die Furcht
Einsamkeit treibt sie zur bürgerlich»!. -tatum «ivilnn homines
natura appetere"). Daa Xaturrecht (.aus natura« -in- mit der Macht
Natur, mit dem, was die Menschen ihrer Natur gemäfi tun, die von Natur
iel Recht zur Existenz und Wirksamkeit besitzen, als sie <!;. Macht
dazu haben. Im Staate, der durch Vertrag entsteht, werden die Beriehu
der Menschen zueinander vernünftig geregelt, damit Sicherheil und Frieden
herrscht und die Wohlfahrt aller gefördert wird.
Sjb Lehren fanden zunächst meist heft _ ■ ■ . .!. Thomasins,
F. Kappolt, v. Blyenburg, J. Musaeus, J. Vateler, Poiret, Bayle,
Fenelon H. Horchius, Kortholt, G. Wächter, Leibniz (der B. besacht
hatte), YVolff, Jacobi dessen Streit mit Mendelssohn über den „Spino&amua"
Anla!) zum Wandel in den Anschauungen aber B. gaben) u. a. An.
sind J. Jellis, Simon de Vries, Gaffeler, Leenhof f , Stosch,
/.um Teil Tschirnhausen u. a. Von s. beeinflußt sind in verschiedenen]
Mai'.»- und in verschiedener Weise Leasing, Herder, Goethe, Schl<
macher, Fichte, Bchelling, Hegel, Schopenhauer u. a. N ~ j »in. >-
rismuB")] ferner Fechn er, E. v. Hartmann, Wandt, Bpencer, Hickel,
:del. J. Stern. Spir u. a., auch van Vloten. Land, Betf u. a.
S hriften: Renati des Cartes Principiorum philosophiae pars I et 11. more
geometrico domonstratae, accesserunt eiusdem Cogitata metaphysica, 1663. — Tractatus
theologico-politicuB, 1670. — Opera posthuma, hrsg. 1677: Ethiea, ordine g
dernonstrata ; Tractatus politicus; Tractatus de intellectus emendatione; Epistolae ; I
pendiura gramruaticae linguae Hebraeae. — De Deo et homine eiusque felbitate, hrsg.
1852 (Rückübersetzung aas dem Holländischen ins Latein holländi-
ihrsg. von van Vloten), 1869 (hrsg. von Schaareehmidt) ; deut.»< 1. in d< Bibl.".
'•■ A 1907. — Ad B. de S. opera qtiae supersunt omnia lapplamantam, 1.
Opera, 1802—3, 1830, 1843—46, : I. — Best« Angabe von van Vloten u. Und,
1882—83; 2. A. 1895; Ethica, 1905. —Deutsch: Ethik. 1737. 1741. in der „1'
Bibl.", in der Univ. -Bibl." (dort au<h der „Theol.-polit Traktat4', „Verbesserung de-«
raenschl. Verstandes", Briefe). — Werkt«, deutsch von B. Auerbach, 1841, LI
der „Philos. Bibl.". — Biographien von .!. OOU i:i I —
La vie et l'esprit de B., 1719 (wohl toih Laeat). •' FEE! piniiiai. Mi
Lebensgeschichte S.s, 1898. — Spinn und seine Loire ifOA I. —
1hnin-Hoi:kou -ki. Dar jai Spiaoaa, L910. — Miin-ma.
B. Ai kki.a« ii, 8., ein hiat \. 1*55. — B
BETER, amoi D :'. — Vgl. >< n \ u>< iimii-i. Dawartai u & k —
I I LJfSEEE, In.- Lahr« >.-. l - 7 7 — FREUDENTHJ .tstik,
Zeller- ift, i>77. .1. ClIED, 8., 1888. - \\ BöLTJ
i am-. -.. 1899. K. F» in l:. W vii.
Ethik . 1899. - A. Win v\ eltanscha . 1
BABDT, DU Philosophie des S. im [iekti der Kritik. I r. \ .
L'ber ilie neue: 8 ?ART, D
rioau», L889, — Ki:vkmii .«*•!. «I. Bpinosiraiu -i —
< rEl NW AI D, bland, LI
704 Spir.
Spir. African, geb. 1837 bei Elisabethgrad (Rußland), erst Seeoffizier,
lebte später als Schriftsteller in Genf, gest. daselbst 1890.
S. ist von Kant, Spinoza, Herbart, Schopenhauer u. a. beeinflußt.
Sein theoretischer Hauptsatz ist der, daß „die Data der Erfahrung mit dem
logischen Satze der Identität nicht übereinstimmen". Dem letzteren zufolge
ist jeder Gegenstand in seinem eigenen Wesen mit sich selbst identisch, die Er-
fahrung dagegen zeigt uns keinen einzigen Gegenstand, der mit sich selbst voll-
kommen identisch wäre. Der Satz der Identität ist das A priori des Denkens,
•er ist nicht aus der Erfahrung geschöpft. Die Erfahrung zeigt uns die Dinge
nicht so, wie sie an sich sind, sie enthält „Elemente, welche dem Wesen der
Dinge an sich fremd sind". Der Satz der Identität ist unmittelbar gewiß
und zugleich ein analytischer und synthetischer Satz, letzteres eben dadurch,
daß die Data der Erfahrung mit ihm nicht übereinstimmen. Durch Zusammen-
stellung des Identitätssatzes mit den Daten der Erfahrung, die demselben
widerstreiten, ergeben sich die Grundsätze von der Beharrlichkeit der Sub-
stanz und der Satz der Kausalität. Aus der Einsicht, daß die Erfahrung
uns die Dinge nicht so zeigt, wie sie an sich beschaffen sind, folgt, daß das
Wesen der Dinge an sich, das Unbedingte, den zureichenden Grund der er-
fahrungsmäßigen Wirklichkeit nicht enthält ; es kann daher nicht zur Erklärung
von Natureinrichtungen und Naturereignissen gebraucht werden. Erst so kann der
Streit zwischen Eeligion und Wissenschaft beigelegt werden, beide haben ihr
eigenes Gebiet und können auf das der anderen nicht übergreifen. Im Unbe-
dingten gibt es keinerlei Veränderung, keine Relativität ; es ist eine beharrliche,
ewige, vollkommene Substanz ohne Vielheit (Eleatismus).
Die Substanz der Dinge ist Gott, dem ein Selbstbewußtsein nicht zu-
kommt, da er absolute Identität, also über den Unterschied von Subjekt und
Objekt erhaben ist. Gott ist das „wahrhaft höhere Wesen des Menschen selbst,
sowie aller Dinge überhaupt". Die Welt ist Erscheinung, Entäußerung des Ab-
soluten, nicht das Produkt oder die Eolge desselben. Die Natur ist als solche
etwas „Abnormes", Nichtsein- Sollendes, etwas mit sich Entzweites, Werdendes,
Unvollkommenes. Gott enthält nicht den zureichenden Grund der Natur und
der Übel in ihr. das ist das Grunddogma aller Religion. Gott „wirkt" nicht,
ist nicht die Ursache der Dinge, sondern das „eigene höhere Wesen der Dinge
selbst", der Grund aller idealen Instinkte und Bestrebungen unseres Geistes".
Gott ist das Gute, die höchste Norm. Die Individualität, das Ich ist (als solches)
Erscheinung, nichts Substantielles, Identisches, und fühlt diesen Mangel im
Schmerz und in der Unlust. Der Endzweck des Willens ist „Erreichung von
Identität mit sich selbst". Das höchste Gut ist vollkommene Identität mit sich
selbst, Überwindung der Individualität und des Egoismus durch den Willen
zum Höheren, Göttlichen in uns.
Schriften: Die Wahrheit, 1867. '■ — Andeutungen zu einem widerspruchslosen
Denken, 1868. — Forschungen nach der Gewißheit in der Erkenntnis der Wirklichkeit,
1868. — Kurze Darstellung der Grundzüge einer philosophischen Anschauungsweise,
1869. — Erörterung einer philosophischen Grundansicht, 1869. — Denken und Wirk-
lichkeit (Hauptwerk), 1873; 2. A. 1877; 3. 1884 (4. A. nebst: Moralität und Religion,
Spir — Squillace. 703
1874, u. a., als Teile von: Gesammelte Werke, 1908 f.). — Empirie und Philosophie,
1876. — Vier Grundfragen, 1880. — Studien, 1883. — Gesammelte Schriften, 1883—85.
Esquisses de philosophie critique, 1877. — Nouvelles esquisses de philos. crit., 1899,
u. a. — Vgl. HüMANUS, A. S, 1892. — Th. LESSING, A. S.s, Erkenntnislehre, 1901.
Spitta. Heinrich, geb. 1849 in Neckarhalde, Prof. in Tübingen. = Teil-
weise von Herbart beeinflußt. Die Seele ist eine immaterielle Substanz, die das
Äußere verinnerlicht, das Gegebene verarbeitet und auf die Außenwelt einwirkt.
Dem unbedingten Pflichtbewußtsein entspricht das unbedingte Rechtsbewußt -
sein (das Bewußtsein des „Rechts auf Leben").
Schriften: Die Schlaf- u. Traurazustände der menschlichen Seele, 1878; 3. A. 1892.
— Die Willensbestimmungen u. ihr Verhältnis zu den impulsiven Handlungen, 1881 ; 2. A.
1892. — Einleitung in die Psychologie als Wissenschaft, 1886. — Die psychologische For-
schung u. ihre Aufgabe in der Gegenwart, 1889. — Mein Recht auf Leben, 1900, u. a.
Spitzer, Hugo, geb. 1854 in Einöde, Prof. in Graz, Ästhetiker. = Evo-
lutionistisch-monistischer Standpunkt (Die Materie hat ein „ Innensein", das
sich zum Bewußtsein entwickelt). Die Kunst erregt Anschauungs- oder emotio-
nelle Funktionslust.
Schriften: Nominalismus u. Realismus in der neuesten deutschen Philosophie,
1876. — Ursprung und Bedeutung des Hylozoismus, 1881. — Das "Verhältnis der Philo-
sophie zu den organischen Naturwissenschaften, 1883. — Beiträge zur Deszendenztheorie
u. zur Methodologie der Naturwiss., 1886. — Kritische Studien zur Ästhetik der Gegen-
wart, 1897. — Hermann Hettners kunstphilos. Anfänge u. Literaturästhetik, Unter-
suchungen zur Theorie u. Geschichte der Ästhetik 1, 1903. — Die ästhetische Lust und
der Affekt der Freude. — Die Verteilung des apollinischen und dionysischen Moments in
den Künsten (Beides in der Zeitschr. f. Ästhetik L).
Spitzner. Alfred, geb. 1865 in Rothenkirchen i. V., Lehrer in Lei}>
= Vertreter der pädagogischen Psychologie und Patholoüi«-.
Schriften: Natur und Yernunftgemäßheit bei Rousseau, 1892. — Die wissensch.
u. prakt. Bedeutung der Lehre von den psychopathischen Minderwertigkeiten, 1894. —
Geistige Überanstreng, in den Schulen, 1896. — Die pädagogische Pathologie, 1890; 3. A.
1899. — Psychogene Störungen der Schulkinder, 1899, u. a.
Spranger, Eduard, geb. 1882 in Groß-Lichterfelde bei Berlin, Pri\
dozent an der Universität Berlin, lebt in Charlottenburg. = Idealistischer
Standpunkt der Geschichtsauffassung.
Schriften: Die Grundlagen der Geschichtswissenschaft . 1905. — W. von Hum-
boldt u. die Humanitätsidee, 1909. — W. v. fl. u. die Neubegrüml. d. humanist. Bildur
wesens, 1910, u. a.
Sprayt, Cornelius Bellaar, Prof. in Amsterdam, gest. 1901. = Von
Schopenhauer beein f In 1 1 1 .
Schriften (holländisch): Geschichte der Lehre von den lageborM !en,
1879. — Logik, hrsg. 1903. — Geschiedenis der Willi. egoerto, 1904, u.
Squillace. Fausto, Prof. an der „Universite' NouTclle*1 in Brüssel, Lebt
in Catanzaro. = Die Gesellschaft ist «in „natürliche« System" lociale] B
Ziehungen zwischen sozialen Subjekten, kein Organismus. Die Soxioloj
die abstrakte, allgemeine Wissenschaft von der menschlichen Gesellschaft.
Eisler, Philosophcn-Loxikon.
700 Squillace — Stahl.
Schriften: Sociologica artistica, 1900. — Le dottrine sociologiche, 1903; deutsch
1911. — I problemi fondamentali della sociologia, 1907. — La sociologia (in Vorbereit.).
— Dizionario di sociologia, 2. ed. 1911.
Ssolowjew, Wladimir Sergiewitsch, geb. 1853 in Moskau, 1875 Privat-
dozent daselbst, dann als Schriftsteller tätig, gest. 1900. = Mystiker, nach
welchem das Absolute dasjenige ist, was der Außenwelt und dem Denken zu-
grunde liegt.
Schriften (russisch): 1874, 1877, 1878—81, 1880, 1897, 1901 ff. — Vgl'..
TtJMAKKXN, W. S. als Philosoph, 1905. — W. v. USNADE, W. S.: seine Erkenntnis-
theorie und Metaphysik, 1909. — F. StePPHTTHN, W. S., Zeitschr. für Philos.,.
Bd. 138, 1910.
Stadler, August, geb. 1850 in Zürich, Prof. am Polytechnikum, gest. 1910.
S. ist Kantianer. Die zentrale Aufgabe der Erkenntniskritik ist es, die
Bedingungen des wissenschaftlichen Für wahrhalten s zu ergründen, und dazu
ist der Nachweis der Quellen der Erkenntnis notwendig. Auf der Annahme
der Möglichkeit der Erkenntnis beruht alles. Erkenntnis ist aber möglich, weil
sie gewollt wird. „Das Wollen erzeugt das Fürwahrhalten und ist sein letzter
Grund. Die kritische Besinnung besteht in dem Nachdenken über das, was-
man eigentlich will, wenn man erkennen will, und die Logik ist der Nachweis
der Hypothesen, die durch dieses Wollen notwendig werden." Denn, sobald
die Vernunft weiß, was sie will, wenn sie Erkenntnis will, weiß sie auch, was
sie a priori voraussetzen muß, damit Erkenntnis möglich sei. Die Frage ist
eine Grundbedingung der Erfahrung; aus ihrer Analyse müssen sich die Kate-
gorien ergeben. Die Grundfragen der Erkenntnis enthalten die „grundlegenden
Hypothesen" der Erkenntnis, nämlich daß „das" „etwas ist" und daß „das"
„wegen etwas sei". Die Frage ist das „Postulat der Erkenntnis". Als Er-
zeugnis des Wollens entwirft sie das A priori der Mathematik und Physik, die
Grundbedingungen dieser; nur was sich ihnen fügt, ist Erfahrung. Der Zweck
ist ein regulativer Begriff.
Schriften: Kants Teleologie u. ihre erkenntnistheoret. Bedeutung. 1874. — Die
Grundzüge der reinen Erkenntnistheorie in der Kantschen Philosophie, 1876. — Kants
Theorie der Materie, 1883. — Die Frage als Prinzip des Erkennens, Kantstudien,
XIII, 1908.
Stahl, Friedrich Julius, geb. 1802 in München, 1832 Prof. in Würzburg,
1835 in Erlangen, 1840 in Berlin, gest. 1861 im Bade Brückenau.
8., der, als Jude geboren, zum Protestantismus übertrat, begründet,
von Schelling beeinflußt, seine konservativ-reaktionäre Eechts- und
Staatsphilosophie religiös-theistisch. Die Rechtsphilosophie ist die
..Wissenschaft des Gerechten", welche Recht und Staat mit der Gottheit
in Verbindung setzt. Das Recht ist die „Lebensordnung des Volkes
und bzw. der Gemeinschaft der Völker zur Erhaltung von Gottes Welt-
ordnung". Es ist „bestimmt durch Gottes Gebote, gegründet auf Gottes Er-
mächtigung". Der Staat ist und soll ein sittliches Gemeinwesen sein, er ist
göttliche Institution, ebenso die Regierung, welche absolut sein muß: „Autorität,
nicht Majorität".
Stahl — Stammler.
Schriften: Philosophie des Rechts, 1830—37; 2. A. 1845—47; 5. A. 1878. —
Das monarchische Prinzip, 1845. — Der christliche Staat, 2. A. 1858. — Fundamente
einer christlichen Philosophie, 184C, u. a.
Stahl, Georg Ernst, geb. 1660 in Ansbach, 1694 Prof. der Medizin in
Halle, Arzt und Chemiker. = S. vertritt den Standpunkt des „Animismuß"
im philosophischen Sinne, d. h. er erklärt das Leben aus der Tätigkeit der
Seele. Die (unbewußte) Seele („anima inscia") ist die Bildnerin und Lenkerin
des Leibes, der ihr Organ ist („Corpus hoc verum et immediatum animae
organon'*; „ anima et struit sibi corpus et regit illud ipsum").
Schriften: Theoria medica, 1707, 1831 f. Disquis. de raechan. et organ. diver-
sitate. De scopo et fine corpor. De temperamentis.
Slallo. John Bernhard, geb. 1823 in Sierhausen (Oldenburg), lebte seit
1839 in den Vereinigten Staaten, seit 1872 in Italien als Gesandter, gest. 1900.
= Positivistisch-phänomenologischer Standpunkt (ähnlich wie Mach, Pearson
u. a.). Der Raum ist ein Abstraktionsgebilde, etwas Gedankliches; empirisch
ist an ihm nur die begrenzte Ausdehnung. Den Dogmatismus der (im engeren
Sinne) mechanistischen Xaturauffassung bekämpft S., ebenso die Atomistik.
Schriften: Die Begriffe und Theorien der modernen Physik, deutsch von Kleiu-
peter, 1901. — General Principles of the Philosoph)- of Xature. — Reden, Abhand-
lungen und Briefe.
Stammler, Rudolf, geb. 1856 in Alsfeld, Prof. der Rechtswissenschaft
in Halle a. S.
S.s Rechtsphilosophie beruht auf Kantscher Grundlage, ihre Methode ist
die teleologisch-kritische. indem sie für das Empirische ein objektives Richt-
maß aufstellt und die grundlegende Gesetzmäßigkeit des Bechtalebens bestimmt
Sie ist ein Teil der „Orthosophie", der Erkenntnis des Sichtigen. Bin festes
Xaturrecht gibt es nicht, auch keine konkreten apriorischen RechtBS&tze, wohl
aber ein im positiven Recht gesetztes oder zu setzendes „richtiges" Recht,
Während die Wirtschaft die „Materie" des sozialen Lebens ist. bildet d
,,Form" das Recht, als notwendige Bedingung gesetzmäßiger .\ Itung
des sozialen Lebens. Das Recht ist „die ihrem Sinuc nach nnverletzbai gel-
tende Zwangsregel menschlichen Zusammenlebens". Es ist Beiner Idee nach
ein ..Zwangsversuch zum Richtigen". Das richtige Recht ist jenes Recht,
welches in einer besonderen Lage mit dem Grundgedanken des Rechte über-
haupt zusammenstimmt, also Dicht ein ideales Recht ..Ali- Recht
ist ein Versuch, richtig«- Kein zu Bein". Die [dee des richtigen Rechts ist
die Einheit von Einzelzwecken uach einem Endzweck der Gesellschaft; Beine
Richtigkeit besteht in der „Übereinstimmung mit dem Bozialen Ideal-', d. h.
mit der Idee der „Gemeinschaft frei wollender Menschen".
Die Bozialphilosophie untersucht, unter welcher grundlegenden formalen
tzmäßigkeil das soziale Leben der Menschheit Bteht; ihr Ziel ist Er-
kenntnis derjenige i Begriffe und Grundsätze, die für alles soziale Leben ein-
heitlich gehen, ihr Objekt di( Gesetzmäßigkeif des sozialen Lebens der
Menschen als solche". - al« Leben ist ..ein durch äußerliche
708 Stammler — Starbuck.
bindende Normen (Recht, Konvention) geregeltes Zusammenleben von
Menschen". Die Materie desselben ist die „Wirtschaft", d. h. „das auf
Bedürfnisbefriedigung gerichtete menschliche Zusammenwirken". Die Form
der Gesellschaft ist das Eecht. Der „Monismus des sozialen Lebens"
sucht die Ursachen und Wirkungen auf sozialem Gebiete in der Einheit des
Ganzen des gesellschaftlichen Lebens der Menschen zu erfassen. Das Wesen
des sozialen Daseins der Menschen liegt im Wollen und in der Verfolgung von
Zwecken. Kichtig ist jener Zweck, der in der Richtung des obersten einheit-
lichen Zweckes liegt. Dieser Zweck, das soziale Ideal, ist die Gemeinschaft
freiwollender Menschen, d. h. die „Menschengemeinschaft, in der ein jeder die
objektiv berechtigten Zwecke des anderen zu den seinigen macht". — Gegner
S.s sind M. Weber, Kantorowicz, M. Adler u. a.
Schriften: Die Methode der geschichtl. Kechtstheorie, 1888. — Theorie des
Anarchismus, 1894. — Wirtschaft und Eecht, 1896; 2. A. 1906. — Die Lehre von
dem richtigen Eechte, 1902 (beide letzteren sind Hauptwerke). — Die Gesetzmäßigkeit
in Kechtsordnung und Volkswirtschaft, 1902. — Die Unbestimmtheit des Kechtsubjekts,
1907, u. a.
Stange. Carl, geb. 1870 in Hamburg, Professor der Theologie in
Greifswald.
Die Ethik ist nach S. nicht eine normative Wissenschaft. Sie hat das
Sittliche in dessen Faktoren darzutun und ist eine auf empirischer Grundlage
ruhende spekulative Wissenschaft. Sie sucht den Inhalt des Sittlichen, die all-
gemeinen Merkmale der sittlichen Handlungen, die Faktoren des sittlichen
Inhalts, die Quelle der sittlichen Urteile sowie die Entstehungsgeschichte des
Sittlichen zu bestimmen. Die Sittlichkeit beruht auf Autonomie, auf der Norm
der Vernunft. Sittlich gut ist das Pflichtgemäße, d. h. das der Vernunft Ge-
mäße, wie es in der Gemeinschaft erwächst. Die Pflicht ist eine elementare
sittliche Norm, die „Vorstellung eines Seinsollenden als Motiv". Nicht Pflichten,
nur Motive des sittlichen Handelns können miteinander in Konflikt geraten.
Schriften: Die christliche Ethik in ihrem Verhältnis zur modernen Ethik,
1892. — Einleitung in die Ethik, 1900 — 1. — Der Gedankengang der Kritik der
reinen Vernunft, 1902; 3. A. 1907. — Das Problem Tolstojs, 19 03. — Theolog. Auf-
sätze, 1905. — Grundriß der Religionsphilosophie, 1907, u. a.
Stapnlensis s. Lefevre.
Starhuck. Edwin Diller, Prof. in Jowa (Ver. Staaten). = Vertreter der
Religionspsychologie nach induktiv-statistischer Methode (wie Leuba u. a.)
zwecks Feststellung, „welche Grundzüge im religiösen Wachstum für die Men-
schen im allgemeinen gültig sind". Untersucht werden besonders die während
der „Bekehrung", d. h. des Übergangs von Gleichgültigkeit u. dgl. zu geist-
licher Erkenntnis und Tätigkeit u. dgl. wirksamen geistigen und geistlichen
Vorgänge, und zwar auf Grund selbstbiographischer Berichte. So wurde z. B.
ermittelt, in welchem Lebensalter die „Bekehrung" meist auftritt, welche Er-
fahrungen der Bekehrung vorangehen, welche Folgen sie hat usw.
Schriften: The Psychology of Religion, 1899; 2. ed. 1901; deutsch 1909. —
What is Religion? 1910. — The Child Mind and Child Religion, 1909, u. a.
Stab« ke — Sn
Stareke, C. N., dänischer Soziolog. — Schriften: L. Feuerbach, 1885.
— Die primitive Familie, 1888. — Theoret. Grundlagen der Ethik, 1889 (dänisch). —
La methode sociologique, u. a. (llev. int. de Sociologie).
Staseas aus Neapel, Peripatetiker des 1. Jahrhund. \. ein-., lehrte in
Rom.
Stattler, Benedikt, geb. 1728 in Kötzning, Jesuit, Prof. in Innsbruck,
seit 1770 in Ingolstadt, lebte später in München, wo er i:
Kants.
Schriften: Anti-Kant, 1788. — Wahres Verhältnis der Kantschon Philosophie
zur christlichen Religion und Moral, 1794. — Ethica cristiana communis, 1791. —
Ethica criBtiana universalis, 1793. — Allgemeine katholisch-christliche Sittenlehre, 1790,
u. a. — Vgl. G. HUBER, B. St. u. sein Anti-Kant, 1904.
Standinger, Franz, geb. 1849 in WallerBtätten, Gynmasialprofessor in
1 )armstadt.
3. verbindet mit dem Kantschen Kritizismus einen (von K. Man beein-
flußten) ethischen Sozialismus. Oberstes Sittengesetz ist die Vernunftforderong
durchgängigen Zusammenhangs aller Zwecke. Das oberste Ideal, der höchste
Wert ist ein vollkommenes Gemeinschaftsleben; was zu höherer Gemeinschaft
führt, i-t sittlich, so daß ein „Zielwille" die oberste Instanz bildet Gesellschaft
und Gemeinschaft sind (wie nach Tönnies) zu unterscheiden; Letzter
da, wo Menschen zu einem gemeinsamen Ziele instinktiv oder bewußt zusammen-
wirken. Freiheit ist Bestimmung des Willens durch das ßitt<
Schriften: Noumena, 1884. — Das Sittengesetz, I A. 1807. — Sonst,
Heut und Einst in Religion und Gesellschaft, 1889. — Ethik und Politik, 1899. —
Sprüche der Freiheit wider Nietzsche u. die Herrenmoral, 1904. Wirtschu:-
Grundlagen der Moral, 1907.
Stäudlin. Karl Friedrich, geb. L761 in Stuttgart, Beil 1/. der
Theologie in Göttingen, gest. daselbst 1826. = Erst Anhänger Kant-,
Bupranaturalist.
Schriften: Geschichte u. Geist des Skeptizismus, 1794. — <
u. biblischen Moral, 1805. — Geschichte dor christlichen Moni«
des Rationalismus u. Supernaturalismus, 1 -
Steffen, Gustai F., geb. 1864, Prof. in Gothenbui
S hrifton: Soziologie (191<>, Khwedioch), o. a.
SteflVn*». Henrik, geb. 1773 in Staranger N . studierte Medi
und Philosophie, befreundete rieh (1796 in Jena] mit Scheüing, itudiertv
Werner in l Geologie, wui in Balle, 1811 in lireslau,
spater in Berlin, wo er 1845 starb, nachdem er schon I m christlich-
mystische Den! ingenommen hatte.
- ist wesentlich \..n Schellins beeinflui chichte des Menschen
ein Teil der Entwicklung Uls. D I findet sich selbst in der
Natur. Wahre Erkenntnis ist nur da, \\ en und Sein identisch lind;
für dai wahre Erkennen D S Bei
In der Vernunft erkennen heißt Einzelne in seinem Wesen, d.h. in
'l" Steffens Stein.
der Potenz des Ewigen, erkennen*'. Das [dentische, Absolute erscheint einer-
seits als der „ewige Leib", das körperliehe Universum, die Natur, anderseits
als „ewiger Geist'' oder beschichte. „Die Geschichte ist das ewige Vorbild der
Natur, die Natur das ewige Abbild und Gleichnis der Geschichte.'' Die wahre
Natur ist im Einzelnen wie im Ganzen absolut organisiert. Die Natur hat
das Streben nach immer intensiverem Individualisieren. Das Extrem der
Universalität auf der Erde ist die Masse, das der Individualität die Seele. Die
Offenbarung der Liebe ist die Geschichte. Die Natur birgt das Geheimnis der
höheren Natur des Menschen, des Geistigen in sich. Gegenüber dem trennen-
den Verstand ist das Gefühl, welches uns in die Fülle der Natur versenkt,
welches das quellende Leben der Natur als das eigene uns gibt, das Fundament
der (geologischen , physiologischen , psychologischen) „Anthropologie". Das
< ii irrige in der Natur ist ..innere Agitation", es besteht in „Trieben" der
Dinge. Ein „Parallelismus zwischen dem Äußern der Natur und dem Innern
des Gtiste<" besteht, der auf die Einheit beider deutet (so ist z. B., was in
der Natur das Licht ist, im geistigen Leben das Bewußtsein). — Durch die
Sünde des Menschen ist die Natur verderbt worden, aber durch den göttlichen
Geist (im göttlichen Menschen) wird sie befreit, erlöst.
Schriften: Beiträge zur inneren Naturgeschichte der Erde, 1801. — Grundzüge
der philos. Naturwissenschaft, 1806. — Über die Idee der Universitäten, 1809. —
Karikaturen des Heiligsten, 1810 — 12. — Anthropologie, 1823. — Wie ich wieder
Lutheraner ward, 1836. — Polemische Blätter zur Beförderung der spekulativen Physik,
1829-35. — Christliche Religionsphilosophie, 1839. — Was ich erlebte, 1840—45;
2. A. 1844—46. — Nachgelassene Schriften, 1846. — Novellen, 1837—38. — Vgl.
Zeitschr. f. spekul. Physik I, H. 1 — 2.
Steffensen, Karl, geb. 1816, Prof. in Basel, gest. 1888. = In der Ge-
schichte kommt es auf das Individuelle und auf ideale Mächte als Manifesta-
tionen Gottes an.
Schriften: Gesammelte Aufsätze, hrsg. 1890. — Zur Philosophie d. Geschichte,
hrsg. 1894.
Stein, Karl Heinrich von, geb. 1857 in Coburg, Prof. in Berlin, gi
1887 daselbst.
Die Ästhetik ist die „Lehre vom Gefühl", und die ,. Lehre von den
Kunstwerken". Sie soll das Kunstwerk mit dem gesamten geistigen Leben
deutend und erklärend in Beziehung setzen. Das Element des Ästhetischen ist
das ..Verweilen beim Eindruck als solchen". Der ästhetische Eindruck besteht
in der Fülle normaler Tätigkeit; in der ungehinderten Ausübung der (trieb-
artigen) Einheitsfunktion des Bewußtseins liegt das ästhetische Wohlgefühl,
welches sich an das „freie Spiel der Vorstellungen knüpft". „Schön" bedeutet
ein „Aufgehen im Schauen". Die Aufgabe der Kunst ist es, eine Sache zu
bedeutendem Ausdruck zu bringen.
Schriften: Über Wahrnehmung, 1877. — Die Ideale des Materialismus, 1878. —
Giordano Bruno, 2. A. 1900. — Helden u. Welt, 1883. — Die Entstehung der neueren
Ästhetik, 1886. — Schiller und Goethe. Vorlesungen über die Ästhetik der deutschen
Klassiker. — Vorlesungen über Ästhetik, 1897. — Die Beziehungen der Sprache zum
Stein. 711
philos. Erkennen, 1883. — Der Zusammenhang zwischen Boileau u. Descartes, 1884. —
Zur Kultur der Seele, hrsg. von Poske, 1906. — Vgl. H. BT. CHAMBEBLAIN u.
F. POSKE, H. v. St. u. seine Weltanschauung, 1903; 2. A. 1905.
Stein, Lorenz von. geb. 1815 in Eckernförde, 1855—85 Prof. der Staate-
Wissenschaft in Wien. gest. 1890 daselbst. = Von Hegel beeinflußt.
Schriften: System der Staatswissenschaft, 1852 — 56 (Bd. II: Gesellschaftslehre),
u. a. — Vgl. GhÜNFELD, Die Gesellschaftslehre von L. v. 8., 1908.
Stein, Ludwig, geb. 1859 in Benye (Ungarn), war lange Prof. in Bern,
lebt jetzt in Berlin. Herausgeber des „Arch. f. Geschichte d. Philosophie" und
des ..Archiv f. systemat. Philos/', sowie der „Berner Studien zur Philos. u.
ihrer Geschichte".
B. vertritt einen (von Kant. Spencer u. a. beeinflußten) evolutionistischen
Kritizismus, mit dem er einen sozialen Aktivismus und Optimismus verbindet
(Rechtssozialismus). Soll Kant uns fruchtbar sein, so müssen seine Wahrheiten
an denen Darwins gemessen werden. ,.Der Evolutionismus muß ganz und ohne
Rest in den Kritizismus hineingebildet werden." Die Anschauungsformen und
Kategorien sind für das Individuum apriorisch, von der Gattung aber erworben.
Die Kategorien sind ..ordnende, vereinheitlichende Funktionen''. Der Empiris-
mus gilt für den Naturmenschen, der Nativismus für den Kulturmenschen;
dieser hat in sich die Dispositionen zu bestimmten Vorstellungen und Vor-
stellungsverbindungen. Die Erkenntnisformen haben auch biologische Be-
deutung. „Zeit, Zahl, Raum. Kausalität, wie die Verstandeskategorien über-
haupt, sind nichts anderes, als das Alphabet, welches sich die Menschen im
Kampfe ums Dasein als Schutzmaßregeln gebildet haben, um erfolgreich im
Buche der Natur lesen zu können." Bezüglich des Wirklichkeitsproblems er-
klärt S.: „Der Dualismus ist eine psychologische Tatsache, aber der Monismus
ist sein zureichender logischer Grund.'' Der Einheitstrieb des Denkens -
unaufhebbar. Unsere Ich-Einheit ist das ewige Modell der Einheit des Uni-
versums. Gott ist die Energie des Alls („energetischer Pantheismus").
Die Aufgabe der „Kulturphilosophie" ist es, die Kulturwerte in ihrem
Entstehen zu schildern, in ihrem Werdegang zu verfolgen und in ihrer Wirk-
samkeit für die Gegenwart zu begreifen. Als Naturwesen sind wir gebunden,
als Kulturwesen sind wir frei. In der Geschichte wirken psychische Faktoren,
und es besteht hier ein „conatus", eine immanente Zielstrebigkeit. Nicht
kausale, strenge Gesetze, nur Tendenzen erkennen wir in der Geschichte.
Die Soziologie ist eine philosophische Wissenschaft mit psychogenetisch-
hi-torischer Methode und empirischen Gesetzen (Rhythmen u. dgl.) : auch das
soziale Sollen hat sie zu normieren. Die Gesellschaft ist kein Organismus,
sondern eine Organisation. Ausfluß einer bestimmten Zwecksetzung mensch-
licher Willensgemeinschaften .
Schriften: Die Willensfreiheit, 1882. — Die Psychologie der Stoa, 188
— Die Erkenntnistheorie der Stoa, 1888. — Handschriftenfunde in Italien, 1SS0.
— Leibniz und Spinoza, 1889. — Antike Vorläufer des Okkasionalismus , 1SS9.
— Der Humanist Theodor Gaza als Philosoph, 1889. — Leibniz und Spinoza, 1890.
— Nietzsches Weltanschauung und ihre Gefahren, 1893. — Das Prinzip der Ent-
,12 Stein — Steinmann.
wicklung in der Geistesgeschichte, 1895. — Die soziale Frage im Lichte der Philo-
sophie, 1897; 2. A. 1903. — Wesen und Aufgabe der Soziologie, 1898. — An der
Wende des Jahrhunderts, Versuch einer Kulturphilosophie, 1900. — Der Neo-Idealis-
mus, 1903. — Der Sinn des Daseins, 1904. — Der soziale Optimismus, 1905. — Die
Anfänge der menschlichen Kultur, 1906. — Philos. Strömungen der Gegenwart, 1908.
Dualismus u. Monismus, 1909. — Das Problem der Geschichte, Arch. f. system. Philos.
XIV, 1908. — Der Pragmatismus, 1. c. XIV, 1908, u. a.
Steinbart, Gotthilf Samuel, geb. 1738 in Züllichau, Prof. in Frank-
furt a. M., gest. 1809. = Eudämonistischer Standpunkt. Die Unsterblichkeit
der Seele ist ein Postulat der Glückseligkeit; eine Art Ätherleib überdauert
mit der Seele das Leben.
Schriften: System der reinen Philosophie oder Glückseligkeitslehre des Christen-
tums, 1788 — 80; 4. A. 1794. — Philos. Unterhaltungen zur weitern Aufklärung der
Glückseligkeitslehre, 1782 f. — Anleitung des menschlichen Verstandes zu möglichst
vollkommener Erkenntnis, 1780 (Sensualistisch). — Vgl. R. HlLDENBRAND, S., 1907.
Steiner, Rudolf, geb. 1861 in Kraljevic, lebt in Berlin. Herausgeber der
Zeitschrift „Lucifer-Gnosis".
S., der erst von Häckel, Nietzsche u. a. beeinflußt war und eine indivi-
dualistische Philosophie der Freiheit vertrat, nach welcher die Sittlichkeit in
der vollen Entwicklung der menschlichen Natur besteht und das menschliche
Individuum „Quell aller Sittlichkeit und Mittelpunkt alles Lebens" ist, ist jetzt
Mystiker und Theosoph. Gott ruht in den Dingen, da er sich allem hingegeben;
der Mensch muß ihn schaffend erlösen. „Der Mensch blickt nun in sich. Als
verborgene Schöpferkraft, noch daseinlos, pocht das Göttliche in seiner Seele.
In dieser Seele ist eine Stätte, in der der verzauberte Gott wieder aufleben
kann. Die Seele ist die Mutter, die den Gott aus der Natur empfangen kann.
Lasse die Seele sich von der Natur befruchten, so wird sie ein Göttliches
gebären. Aus der Ehe der Seele mit der Natur wird Gott geboren. Das ist
nun kein , verborgen er' Gott mehr, das ist ein offenbarer Gott." „Die mystische
Erkenntnis ist damit ein wirklicher Vorgang im Weltprozesse. Sie ist eine
Geburt Gottes/'
Schriften: Goethes naturwissenschaftliche Schriften, in Kürschners Deutsche Nat.-
Literatur, 1885/97. — Erkenntnistheorie, 1888. — Goethe als Vater einer neuen
Ästhetik, 1889. — Wahrheit und Wissenschaft, 1892. — Philosophie der Freiheit,
1804. — Friedrich Nietzsche, 1895. — Goethes Weltanschauung, 1897. — Häckel und
seine Gegner, 1900. — Welt- und Lebensanschauungen im 19. Jahrhundert, 1900. —
Die Mystik, 1901. — Das Christentum als mystische Tatsache, 1902. — Theosophie,
1904, u. a.
Steinmann, Theophil, geb. 1869 in Oesel, Lizentiat, Dozent am theoL
linar in Gnadenfeld. Herausgeber der Zeitschrift „Religion u. Geisteskultur"
und der Sammlung „Wege zur Philos.". = Religionsphilosoph auf psycho-
logischer Grundlage.
Schriften: D. Primat d. Keligion im geistigen Leben d. Menschheit, 1899. —
D. geist. Oüenbarung Gottes in d. geschichtl. Person Jesu, 1903. — D. religiöse Un-
«iterblichkeitsglaube, 1908, u. a.
Steinthal — Stephen. 71 $
Stein thal, Heymann, geb. 1823 in Gröbzig, 1863 Prof. in Berlin, gest.
daselbst 1899.
S. ist von Herbart ausgegangen und ist mit Lazarus (s. d.) ein Begründer
der Völkerpsychologie, die er auch „psychische Ethnologie'' nennt. Die
Sprache ist ursprünglich eine Art Keflexbewegung ; die Affektionen der Seele-
setzen sich reflexartig in Töne um, wobei das Sprechen erleichternd, befreiend
wirkt. Der Urmensch begleitete in größter Lebhaftigkeit alle Wahrnehmungen,,
die er hatte, mit Bewegungen, mimischen Stellungen, Gebärden und besonderen
Tönen. Dazu kommen dann Assoziation, Apperzeption, Onomatopöie, soziale
Resonanz. Die „innere Sprachform'' bezieht sich auf die subjektive Apperzep-
tion der Dinge; die Grammatik ist ursprünglich rein psychologisch, nicht
logisch bedingt. Das einfache, anschauliche Denken geht der Sprache voran..
Die Apperzeption faßt S. ähnlich wie Herbart auf, er unterscheidet identi-
fizierende, subsumierende, harmonisierende, disharmonisierende Apperzeption
und stellt die apperzipierenden als apriorische den apperzipierten als aposteriori-
schen gegenüber. In der Ethik betont S. den absoluten Wert der „objektiven"
Gefühle. Die sittlichen Ideen sind die Idee der sittlichen Persönlichkeit, des
Wohlwollens, der Vereinigung, des Rechts und der Vollkommenheit.
Schriften: Die Klassifikation der Sprachen, 1850. — Grammatik, Logik und
Psychologie, 1855. — Der Ursprung der Sprache, 1856; 3. A. 1877. — Geschichte der
Sprachwissenschaft bei den Griechen u. Römern, 1863—64; 2. A. 1900. — Philologie,.
Geschichte u. Psychologie in ihren gegenseitigen Beziehungen, 1864. — Abriß der
Sprachwissenschaften I, 1871; 2. A. 1881. — Mythos u. Religion, 1870. — Gesammelte-
kleine Schriften I, 1880. — Allgemeine Ethik, 1886. — Zur Bibel- und Religions-
philosophie, 1890. — Vgl. GloGAU, S.s psychol. Formeln, 1876. — ACHELIS, H. St.r
1898. — VAIHIXGEE, D. Philos. des Als Ob, 1911 (von S. beeinflußt).
Stelliiii, Jacopo, geb. 1699 in Cividale (Friaul), 1739 Prof. in Padua,
gest. daselbst 1770. = Von Aristoteles, Hobbes und Spinoza beeinflußt. Der
Mensch ist ein Teil des Universums und die menschliche Gesellschaft unter-
liegt den Naturgesetzen. Das Lebensziel ist die Glückseligkeit.
Schriften: Specimen de ortu et progressu niorum atque opinionum ad mores
pertinentium, 1740; italienisch 1806. — Opera, 4 Bde., 1778—79. — Opere varie, 6 Bde.,.
1781—84. — Vgl. MäBIL, Lettere Stellinianae, 1811. — ARDY, Di alcune intuizioni
eociologiche di J. St., 1889. — LUZATTO, L'opera di J. St., 1899, u. andere Arbeiten
über St. (1890, 1898). — SQUILLACE, Die soziolog. Theorien, 1911, S. 21 f.
Stephen, Leslie, geb. 1832 in Kensington, gest. 1904 daselbst.
S. gehört zu den Vertretern der evolutionistischen Ethik. Die Gesell-
schaft ist nach ihm ein Organismus, dessen Glieder die Individuen sind. Die
relativ konstanten sozialen Verhältnisse bilden das soziale Gewebe („social
tissue*'). Das Gewissen ist die infolge Verinnerlichung des Sittlichen im Indi-
viduum organisch gewordene Stimme des Eassengeistes („public spirit of raee")..
Die Sittlichkeit ist der Inbegriff des die gesellschaftliche Gesundheit, Lebens-
kraft Fördernden, das System der Bedingungen des sozialen Gedeihens („a State-
ment of the conditions or of a part of the conditions to the vitality of the social
tissue"). Subjektiv ist die Sittlichkeit die Sympathie mit dem sozial Förderlichem
14 Stephen — Stern.
Schriften: Choice of Eepresentatives, 1867. — History of English Thought in
the 18. Century, 1876; 3. ed. 1902. — Hours in a Library, 1877—81; 2. ed. 1892.
— Science of Ethics, 1882. — An Agnostic's Apology, 1893. — Social Kights and
Duties, 1896. — Studies of a Biographer, 1898. — The English Utilitarians, 1900,
u. a.
Stern, Jakob, geb. 1843 in Niederstetten, lebt in Stuttgart. = Anhänger
Spinozas und Sozialist.
Schriften: Die Keligion der Zukunft, 1884; 3. A. 1889. — A. Schopenhauer,
1888. — Thesen über d. Sozialismus, 1889; 5. A. („Der Zukunftsstaat") 1906. —
Bearbeitung von Schweglers Gesch. d. Philos , 1889. — Die Philosophie Spinozas, 1890;
2. A. 1894. — Der histor. Materialismus, 1894. — Gott?, 1907, u. a.
Stern, L. William, geb. 1871 in Berlin, Prof. in Breslau. Mitheraus-
geber der „Zeitschrift für angewandte Psychologie". Herausgeber der ,, Beiträge
zur Psychologie der Aussage", 1903 ff.
Als Psycholog beschäftigt sich S. besonders mit Individualpsychologie
und angewandter Psychologie. Die Individual- oder Differentialpsy-
chologie ist die „Lehre von der differenzierten Menschenseele", die es mit
den Variationsformen der seelischen Funktionen bei verschiedenen Individuen
zu tun hat. Ihre Aufgabe ist: „Auffindung und Beschreibung der wirklich
vorhandenen seelischen Verschiedenheiten; Nachweis derselben als besonderer
Erscheinungsformen jener allgemeinen psychischen Elemente, Gesetze, Funk-
tionen und Dispositionen, die uns die generelle Psychologie kennen lehrt; Ein-
ordnung der psychischen Besonderheiten in Typen ; Untersuchung, wie aus dem
Zusammentreffen gewisser einfacher Typenformen komplexere Typen entstehen :
schließlich Einblick in das Wesen der Individualität, indem man sie als
Kreuzungspunkt verschiedener Typen betrachtet." Die Psychologie über-
haupt ist „analysierende und isolierende Betrachtung seelischer Phänomene";
dadurch steht sie im Widerstreit zu allen Gebieten, für welche seelisches Da-
sein als individuelles Ganzes, d. h. in der Form der Persönlichkeit, von Be-
deutung ist. Die Anwendung der Psychologie reicht aber so weit, als die
„sachliche" Betrachtungsweise menschlichen Geisteslebens reicht. Psychologie
wird zur angewandten Disziplin als Unterlage der psychologischen Beurteilung
(„Psychognostik") und als Wegweisung für psychologische Einwirkung („Psycho-
teehnik"), welch letztere die Hilfsmittel zur Förderung wertvoller Zwecke
durch geeignete Handlungsweisen liefert. Die Psychologie der Aussage hat
jene Funktion zum Gegenstand, welche gegenwärtige oder vergangene Wirklichkeit
durch menschliche Bewußtseinstätigkeit zur Wiedergabe zu bringen sucht.
.Angestrebt wird die Kenntnis des logischen Wahrheitswertes und des morali-
schen Wahrhaftigkeitswertes der Aussagen, die Einsicht in die Bedingungen,
welche diese Werte positiv und negativ beeinflussen, und die Eröffnung von
Wegen, auf welchen sie vervollkommnet werden können."
Seine Erkenntnistheorie und Weltanschauung basiert S. auf den kriti-
schen Personalismus (Einfluß von Leibniz, Kant, Herbart, Lotze, Wundt
u. a..). Die Anschauungs- und Denkformen sind von apriorischer Geltung,
miber dem , .Sachstandpunkt" des Impersonalismus, der als Methode be-
Stern. 715
rechtigt und konsequent festzuhalten ist, leitet der „Personalismus" das Sach-
liche, Quantitative, Mechanische letzten Endes aus Aktionen und Eeaktionen
von ..Personen" ab und betont das Qualitative, Individuelle, Formende, Aktive,
Zielstrebige der Wirklichkeit. Die Person ist „psychologisch neutral", d. h.
sie erscheint sowohl physisch als psychisch. Sie ist „ein solches Existierendes,
das, trotz der Vielheit der Teile, eine reale, eigenartige und eigenwertige Ein-
heit bildet, und als solche, trotz der Vielheit der Teilfunktionen, eine einheit-
liche, zielstrebige Selbsttätigkeit vollbringt". Sie ist „unitas multiplex", ein
Ganzes, Einheit, aktiv, eigenartig; die Sache hingegen ist ein Aggregat,
Quantität, passiv, mechanisch, Fremdzweck. Die „Person" hat zwei Daseins-
stufen: als „Person an sich" (Stufe der bloßen Selbsterhaltung) und als „Person
an und für sich" (Stufe der Selbstentfaltung). Die Teile der Personen sind
wieder Personen. Die AVeit ist ein Stufenbau von Personen, alle umschlossen
von der göttlichen All-Person. Die Person ist an sich metaphysisch und meta-
psychisch. Das Körperliche ist wie das Psychische Erscheinung von Personen
und personalem Wirken. Die Person erscheint als Objekt und ist, sofern sie
ihre eigene Einheit erlebt, ein Ich mit Bewußtsem. Zwischen Physischem und
Psychischem als den zwei Seiten der Person besteht ein Parallelismus, ohne
daß überall Bewußtsein vorhanden ist.
Alles Wirken, welches vom Sach-Standpunkt als Summe quantitativer Rela-
tionen sich darstellt, ist an sich personal, innerlich, final, so aber, daß die
Wirkungen der anderen Faktoren das Resultat beeinflussen. Alle Notwendig-
keit, Kausalität, Gesetzlichkeit ist für den Pantelismus direkt oder indirekt eine
Funktion, bzw. ein Niederschlag teleologischen Wirkens, so daß das Mechanische
etwas Sekundäres, Abgeleitetes ist (ähnlich u. a. schon Eisler). Alles Geschehen ist
teleo-mechanisch. „Die Person wirkt als Ganzes auf ihre Teile, zum Zwecke
des Ganzen." Das Geschehen ist (wie nach Leibniz) „vergangenheitsgesättigt und
zukunftsbedeutsam zugleich", es ist zielstrebig. Der „teleo-mechanische
Parallelismus" besagt: „Was von oben, d. h. vom Standpunkt des Ganzen aus
persönlich ist, ist von unten, d. h. vom Standpunkt der Teile aus sächlich."
Es gibt also zu jeder personalen Eigenart ein mechanisches Äquivalent und
alles Mechanische hat eine teleologische Bedeutung. Den Naturgesetzen liegen
„Selbsterhaltungen" der Personen zugrunde. Das Gesetz der Erhaltung der
Energie ist eine Ausstrahlung der „Selbsterhaltung der Allperson". Der Über-
gang „latenter" Personen in aktuelle (die „Aktualisation" von Personen: hat
ihr Gegenstück in dem umgekehrten Prozeß der „Mechanisntion".
Schriften: Die Analogie im volkstümlichen Denken, 1893. — Psychologie der
Veränderungsauffassung, 1898. — Ideen zu einer Psychologie der individuellen Differenzen,
1900. — Die psychol. Arbeit des 19. Jahrhunderts, 1900. — Zur Psychologie der
Aussage, 1902. — Die Aussage als geistige Leistung u. als Verhörsprodukt, 1903. —
Helen Keller, 1905. — Person u. Sache II, 1906. — Die Kindersprache (mit Clara
Stern), 1907. — Erinnerung und Aussage in der ersten Kindhoit (mit C. S.), 1908,
u. a.
Stern, M. L... geb. 1844 in Waag-Neustadtl, Rabbiner in Trebitech, _
1908 in Wien.
716 Stern.
S. vertritt einen (von den Eleaten, Kant, Herbart n. a. beeinflußten) Mo-
nismus. Die Anschauungsformen (Raum und Zeit) und die Kategorien sind
subjektiv, das An sich der Dinge ist nicht absolut erkennbar. Aber die
Erscheinungen beruhen auf realen Beziehungen zwischen den Dingen an sich
und dem Subjekt, so daß jeder Verschiedenheit der empirisch-phänomenalen
Welt eine Verschiedenheit im An sich entspricht. So erkennen wir die Dinge
an sich in symbolischer Weise. Die Materie ist das „Resultat der Be-
ziehung des Dinges an sich ... zu unserem Wahrnehmungsorgane". Die an
sich räum-, zeit- und kausalitätslosen Dinge erscheinen uns raum-zeitlich-kausaL
An sich gibt es kein Werden, Ursache und Wirkung sind hier eins, iden-
tisch; hier ist die Verursachung als Kombination von Ursachen, die in
ihrer Gesamtheit mit der Wirkung identisch sind, in sie eingehen, zeitlos auf-
zufassen. Das Sein an sich ist ohne Werden, ist zeitlos, erscheint aber als
zeitlich. „Alles ist", auch das Vergangene und Zukünftige („Positiver Pan-
theismus"). Dem Psychischen und dem Physischen hegt ein Identisches zu-
grunde, welches ihre Wechselwirkung vermittelt. Die Gesetze sind ein Aus-
druck der Beziehungen der Dinge selbst, keine äußerlich zwingenden Mächte,
so daß eine Willensfreiheit möglich ist. Die Ethik ist nach S. die Physik
des Wollens, des Geistigen. Das menschliche Wollen begehrt Entwicklung der
Persönlichkeit, ist Streben nach Geistesinhalt. Unsterblich ist die Persönlich-
keit als unveränderlicher Teil im Inhalt der allgemeinen „Existenz", im All,
in Gott.
Schriften: Die Lösung der sozialen Frage. — Die Philosophie u. Anthropogonie
des Prof. Dr. E. Häckel, 1879. — Philosoph, u. naturwissenschaftlicher Monismus,
1885. — Monistische Ethik, 1911, u. a. — Vgl. V. STERN, Die Philosophie meines
Vaters, Arch. f. systemat. Philos. XVI, 1910.
Stern, Paul. = Als Ästhetiker ist S. ein Anhänger von Lipps. Er-
kenntnistheoretisch vertritt S. den kritischen (methodischen) Idealismus im
Sinne Cohens und Natorps.
Schriften: Einfühlung und Assoziation in der neuern Ästhetik, 1898. — Das
Problem der Gegebenheit, Kritik des Psychologismus, 1903.
Stern, Wilhelm, geb. 1844 in Landsberg, Arzt in Berlin. = Positivistisch-
evolutionistischer Standpunkt („Kritischer Positivismus"). Das Wesen von
Materie und Geist ist unbekannt. Das Sittliche ist ein „Trieb zur Erhaltung
des Psychischen in seinen verschiedenen Erscheinungsformen durch Abwehr
aller schädlichen Eingriffe in dasselbe". An den Sieg über die schädlichen
Eingriffe der objektiven Außenwelt ins psychische Leben knüpft sich das sitt-
liche Lustgefühl. Das Mitleid ist „das allmählich im Laufe sehr vieler Jahr-
tausende entstandene verletzte Gefühl der Zusammengehörigkeit mit
allen anderen beseelten Wesen gegenüber den schädlichen Eingriffen der so-
wohl unbeseelten als auch beseelten objektiven Außenwelt ins psychische
Leben".
Anhänger S.s sind seine Söhne B. Stern (Positivist. Begründ. d. philos.
>tiatrechts, 1905) und J. Stern (Kechtsphilos. u. Eechtswissenschaft, 1904,
ii. a. .
Sterx — Stieglitz. 717
Schriften: Kritische Grundlegung der Ethik, 1897. — Allgemeine Prinzipien
der Ethik, 1901. — Das Wesen des Mitleids, 1903. — Der Begriff der Handlung,
1904.
Stern, William s. L. William S.
Sterilberg, Kurt, geb. 1876 in Limburg a. L., lebt in Berlin. = Kriti-
scher Standpunkt.
Schriften: Gesch. des Kantschen Denkens, 1909. — F. Paulsen, 1908, u. a.
Sternberg, Theodor, geb. 1878 in Berlin, Dozent in Lausanne.
Schriften: Allg. Eechtslehre, 1904. — Charakterologie als Wiss., 1907, u. a.
Stendel, Adolf, geb. 1805, gest. 1887 als Obertribunalsprokurator. =
Ton Spinoza beeinflußt. Die eine, allem zugrunde liegende Substanz ist das
„sich in der Welt diesseitig auswirkende und differenzierende, absolute, Selbst-
bewußtsein besitzende, geistige Prinzip, Gott".
Schriften: Philosophie im Umriß, 1871 ff. — Kritik der Religion, 1881. —
Betrachtungen üher die Rechtslehre, 1884. — Das goldene ABC der Philosophie, hrsg.
von Schneide win, 1891.
Stewart, Dugald, geb. 1753 in Edinburg, seit 1783 (bzw. 1785) Prof.
daselbst (bis 1810), gest. 1828 auf seinem Landsitze Kinneilhouse.
S. ist, wie Eeid, von dem er beeinflußt ist, ein Vertreter der ,, Schottischen
Schule", also ein Anhänger der Lehre von den selbstgewissen Grundsätzen des
„common sense" (s. Eeid), die er als Grundgesetze der menschlichen Über-
zeugung („fundamental laws of human belief") bezeichnet. Die Existenz des
Ich ist keine Empfindungstatsache, sondern eine Eingebung („Suggestion" i des
Verstandes; das Dasein der Objekte der Außenwelt erhellt aus der (von unserem
Willen unabhängigen) wiederholten Wahrnehmung desselben Dinges und an-
der Voraussetzung einer einheitlichen und festen Naturordnung. Aus der Vor-
stellungsassoziation erklärt S. die Gewohnheit. Als Ethiker vertritt S. den
(rationalistischen) Intuitionismus; die sittlichen Begriffe sind nrBprünglich
durch die Vernunft gegeben; unabhängig vom Willen Gottes wie von mensch-
liehen Institutionen. Sittlich handeln , heißt gemäß der Pflicht handeln, wie
die Vernunft, das Gewissen sie darstellt.
Schriften: Elements of the philosophy of human mind, 1792—1827, 1843, 1862,
1867; deutsch I, 1794. — Outlines of the moral philosophy, 1793, 1863. — Philoso-
phical essays, 1810. — Philosophy of the active and moral powers of man, 1828. —
Collected Works, 11 Bde., 1854 ff.
Stiedenroth, Ernst, geb. 1794 in Hannover, Dozent in Göttingen und
Berlin, Prof. in Greifswald, gest 1858 daselbst = Wesentlich von Berb
beeinflußt.
Schriften: Nova Spinozümi delineatio, 1816. — Theorie des Wissens, 1819. —
Psychologie zur Erklärung der Seelenerschcinungen 1824 — 25.
Stieglitz. Theodor, gel). 1840 in Chiesch (Böhmen . Gymnasialdirektoi
i. R. in Prachatitz. = Von Schopenhauer beeinflußt
Schriften: Grundsätze der hwtoruchtn Entwicklung, 1881. — I Wr <1. Urspr.
d. Sittlichen, 1894.
718 Stilpon — Stikner.
Stilpon aus Megara, lehrte erst hier, dann um (320 v. Chr.) in Athen. =
S. ist ein vom Kynismus beeinflußter Vertreter der Megarischen (s. d.) Schule.
Er ist ein Gegner der Ideenlehre und der Realität der Gattungsbegriffe (ävfjQsi
y.al rä sl'dt], Diog. Laert. II, 119) und behauptet die Möglichkeit bloß der
identischen Sätze (vgl. Antisthenes). Das höchste Gut ist die Apathie, die
Unempfindlichkeit gegen alles und die Selbstgenügsamkeit (Autarkie). — Einer
der Schüler S.s ist Zenon von Kition.
Schriften: Nichts erhalten. Vgl. Zell er, Philoa. d. Griechen.
Stirner, Max (Pseudonym für Caspar Schmidt), geb. 25. November 180Ö
in Baireuth, Gymnasiallehrer, dann Lehrer an einer Töchterschule in Berlin,
wo er am 26. Juni 1856 im Elend starb.
S. ist besonders von Fichte und Feuerbach beeinflußt und ein Gegner alles
Universalismus und Objektivismus, ein Vertreter des radikalsten Indi-
vidualismus, dem selbst Feuerbachs „Menschheit", „der Mensch" etwas
Imaginäres, Unendliches ist. Alles Allgemeine, Abstrakte, Ideenhafte, Ideale
ist nichtig, ein bloßes Gespenst, eine vom Ich gesetzte Macht, vor der es sich
beugt, obwohl alle allgemeinen Wesenheiten. Werte und Zwecke nur seine Ge-
schöpfe sind. Einzig real ist nur das Ich, das Individuum überhaupt und
Wert hat etwas nur, sofern es dem Ich dient, zu seiner Befriedigung beiträgt.
Ich bin der „Einzige" und alles, worauf ich Anspruch mache, ist mein „Eigen-
tum", ist für mich da. Gott, Menschheit, Gesellschaft, Gesamtwohl, Wahrheit
usw. — das alles ist nicht meine Sache. „Das Göttliche ist Gottes Sache, das
Menschliche Sache des Menschen. Meine Sache ist weder das Göttliche noch
das Menschliche, ist nicht das Wahre, Gute, Rechte, Freie usw., sondern allein
das Meinige . . . Mir geht nichts über mich." Ich bin das Absolute, der Voll-
kommene, der Einzige; auf mich allein, den Vergänglichen, den ,, sterblichen
Schöpfer seiner, der sich selbst verzehrt", also auf das Nichts stelle ich meine
Sache. Die Welt ist mein Geschöpf, ist ein Spuk wie alles, was ich nicht an-
erkenne, wie z. B. der Staat und seine Sittlichkeit, das Wohl der Gesellschaft
u. dgl. Keine äußere Norm soll gelten, nur als „Verein von Egoisten" ist die Ge-
sellschaft anzuerkennen und nur soweit, als sie dem Ich genehm sind, Sittlichkeit,
Altruismus, Menschenliebe (Egoismus als Grundlage der Moral). Alles ist mir
nur Material, das ich verbrauche, auch die Wahrheit dient mir, ist an sich
nichts, wertlos. Das freie Ich, welches die Welt als sein Eigentum erkannt hat,
tut nichts aus Gesetzeszwang, sondern aus dem Verlangen seines Grundwillens
heraus („Anarchismus").
Auf S., der lange Zeit in Vergessenheit geraten war, hat erst E. v. Hart-
mann aufmerksam gemacht und andere, wie besonders Mackay, haben auf
die Verwandtschaft Nietzsches mit S. (die aber nur in geringem Maße besteht)
hingewiesen.
Schriften: Der Einzige und sein Eigentum, 1845; 3. A. 1900; auch in der Uni-
verfialbibl. — Geschichte der Reaktion, 1852. — Kleine Schriften, hrsg. von J. H. Mackay,
1898. — Vgl. J. H. Mackay, M. St., 1898. — Ruest, St., 1906. -
M. ME88EB, M. St., 1907.
Stöhr. 71(.>
Stobaio* Stobaeus), Johannes aus Stobai in Makedonien), im 5, .lalirh.
I hr.. Neuplatoniker, VerfaBeer von Exzerptenaanmilungen.
- hriften: Florilegium, lb; -ö7. — Edogae physicae et ethicae,
1792 — 1801, 1850, 1860—64.
Stock, Otto, geb. 1867, Privatdozent in Greifswald, gest 19 An-
hänger Schupp b.
Schriften: Lebenszweck und Lebensauffassung, 1897. — Fr. v
stöckl. Albert, geb. Prof. an der bischöflichen Akademie in Eich-
Btal 1S95. = Thomistischei Btandpnnkt (Theismus, Teleologie nsn
- hriften: Lehrbuch der Philosophie, 7. A. 1892; 8. A. 1905 f. — Grund
•ler Philosophie, 1893. — Religionsphilos., 2. A. 1878. — Ästhetik, 3. A. 1889, —
Lehrbuch der Geschichte der Philos. , 3. A. 1889. — Geschichte der christlichen
1891. — Gesch. der Philos. des Mittelalters, 1864—66. — Gesch. der neueren Philos., 1883.
Stöhr, Adolf, geb. 1855 in Bt Polten (Österreich), Prof. in Wien.
Die Logik gründet S. auf die Psychologie l>i-' „Denkgrundgec
drücken die Tatsache der Unterdrückung der Reproduktion einer Vorstellung
durch die Apposition von A zu Nicht-A, die einen Unsinn ergibt,
Der Begrifl ist eine „charakterisierte Form der Reproduktionsbahn von einem
B. Begriffszentrum] nach vielen A". Er entsteht nicht durch Abstraktion,
■ lern durch „Kontraktion" von Vorstellungen. Das sprachliche Zeichen t ür
einen Begriff ist der Name (vom Wort zu unterscheiden); ein Wort kann zu-
•h ein Name sein und ein Name kann aus einem einzigen Worte besteh
dann haften die Namen nicht direkt am Begriffszentrum, sondern an je einem
Exemplare des (Jmfangs. Die Hypothese ist nach B. „eine Vorstelluni
bunden mit einem Glauben, einem gewissen Wahrheitsgrade, dafl i
Btellte auch wirklich Bei*'. Neben der exakten Forschung ist eine ,^Hypothetik*"
zulassig und nützlich. Es gibt induzierte und konstruierte Hypothesen.
Zudenleta ehört die Atomistik der mechanistischen Naturaufi
Uome gibt es in der gemeinsamen Außenwelt (als Erscheinung der absolut
Wirklichkeit). ImV „Uratome" Bind weder elastisch, noch hart, noch pla
noch schwer, noch undurchdringlich. Sie kommen durch e ihrer l
zur ieitigen Durchdringung. N"a<h dem ..i'r-t«»i seh
der Bewegungsgröflen und Richtungen statt, so dafl es nicht rai P
Durchdringbarkeil kommt. Eine kritisch-hypothetische Metaphysik ist n
h 8. gibt es besonder ^Biomoleküle*4 mit der Gnu hau di
milation, welche bei der Weltbildung rieh molekularisierten.
- 1, ritten: I mn. Namen. L889. — Zur nat «t.d-
:.mken II lauer ui. I —
I>ie \ 'ieldeuti^kcit dti 1'rteiU, 18i«.r). -
iiumatik, 1898. — Sehst- -kulare I
- Zur M u. de». —
:
Darstellung,
Lebens, L909. — Lshrba b dar I HO.
J 20 Stoiker.
Stoiker: die nach der Stoa poikile, in der Zenon von Kiton die
Schule begründete, genannten Philosophen, deren Lehren von Heraklit, den
Kynikern, Aristotelikern u. a. beeinflußt sind, deren Philosophie eine praktisch-
ethische Tendenz hat und deren Weltanschauung ein naturalistischer Pantheis-
mus, verbunden mit organisch-dynamischem Materialismus ist. Zu den Stoikern
gehören: Zenon von Kition, Kleanthes, Chrysippus, ferner Persaios
Ariston von Chios, Herillos, Zenon aus Tarsus, Diogenes der Babylon ier,
Antipater von Tarsus, Boethus, Panaitios, Mnesarchos, Dardanos,
Posidonius, Hekaton, Scipio, Cato von Utica, Cicero (zum Teil),
L.AnnaeusCornutus, C.Musonius Eufus,L. Annaeus Seneca,Epiktet,
Arrianus, Marcus Aurelius u. a. Der ältere Stoizismus ist strenger
'(Rigorismus) als der neuere.
Die Philosophie ist nach den Stoikern das Streben nach Weisheit, nach
Erkenntnis des Menschlichen und Göttlichen und zugleich nach Tugend (xi]v
(fi/.ooocptav (paolv emxrjdevGiv sivai oocpiag , xrjv de aocpiav sjtioti]/m]v dstwv xe
y.al äv$Qcojitvcov jigay/uäxcov ; „Studium sapientiae", „sapientiae amor et affectatio",
„Studium summae virtutis"). Sie gliedert sich in Physik (Naturphilosophie,
Psychologie), Ethik und Logik.
Die Logik (Xoyixrj) — der Ausdruck stammt von den Stoikern — besteht
aus Rhetorik und Dialektik (grjxogixtj, diaXexxixrf), welch letztere zugleich Er-
kenntnislehre ist. Die eigentliche Logik der Stoiker ist grammatisch-forma-
listisch, sie handelt von den Aussageinhalten (Xsxxä), den sprachlich formulierten
Gedanken, welche als solche nichts Materielles sind („non corpus . . . sed
enuntiatum quoddam"). Die Schlüsse teilen die S. in gültige (ovvaxxtxoi) und
ungültige (äovvaxxoi), vollständige und unvollständige ein ; auch die hypothe-
tischen Schlüsse werden hier schon behandelt. Als logische Grundbegriffe
(Kategorien) nennen die S. : Substanz (vjtoxsifisvov), Qualität (jzoiöv), Zustand
(jiwg l'zov), Relation (jzgög xi jtcog e%ov) ; oberste Kategorie ist der allen gemein-
same Begriff der Substanz.
In ihrer Erkenntnislehre verbinden die Stoiker den Sensualismus
betreffs des Ursprungs der Erkenntnis mit einem gewissen Rationalismus
betreffs des Wertes des begrifflichen Denkens, der Vernunft. Die Empfindung
oder Wahrnehmung (bzw. die Vorstellung, cpavxaoid) ist eine Art Ab-
druck der Objekte in der Seele (xvjicootg h ipvxfj) oder (nach Chrysippos) eine
Modifikation der Seele (hsgoicooig ipv%fjg), ein Zustand (nädog) derselben, der
auf einer Erregung der Sinnesorgane durch die Dinge beruht. Die Vorstellung
bekundet zugleich sich und das sie verursachende Objekt (jidfiog iv xfj rpvyjj
ytyvo/xsvov, ivdsixvv/uevov iv avxä> xal xo jtsjioirjxög). Bei ihrer Geburt gleicht
^•eele einer Art tabula rasa (wojzeg ydgxtjv svsgyov slg djioygacprjv ' slg xovxo
fxtuv Exäöxrjv yägxr\v xcöv ivvotcöv ivaiioygacpexcu). Die Wahrnehmung lebt in
der Erinnerung wieder auf und aus Erinnerungen entsteht die Erfahrung
als Inbegriff gleichartiger Vorstellungen (ifj,ji€tgia ydg ioxi xo xcov o/uoetdaiv
<f(xvxaoiöiv 7i).rjßog)\ von der gemeinen ist die methodische Erfahrung (i/ujieigia
;nxr/) zu unterscheiden. Aus den Wahrnehmungen und Erfahrungen ent-
springen die Begriffe (k'woiai) teils natürlich-psychologisch, spontan (<pvoixwg,
nrf.-UTtyi^To,;,. teil» ukt i V-] »lau in .>
..aut nsa — aal conianctiooe .... v ... selbst, iiaturf
sehen und Völkern entstehen die antizinatorischi in— m«« Begriff)
>/,. praesumptiones; uotvat frraMu), die nun Teil als Anlagen ..•
sind (ifi<pvxoi nun)., Stoikern •
imines" zu „notiones innatae-, wie die Idee der (Gottheit, der [Jnsterblichki
des Guten. Durch die Begri rnonftm Erkenntnis dei Zu-
sammerihanges der Dinge möglich. Das begrifflich-Allgemeine di< I
aber existiert als -«»ich.- mir ale (bedanke in nna, nicht an sich
tega was Idiot hpaaav, —
<>y, Nominalismus bsw. Konzeptualismus). In der sich*
kenntnie besteht das Wissen [faiuntjfsup <
dpn bx6 Idyov xatdl^yfir). Daher legen die Btoiker cum erstenmal
hohen Werl auf das Kriterium der Wahrheit. Wahr ist ein Urteil •
Vorstellung), dem ein Wirkliches entspricht, das aut Anbi \Virkli< I
:11t wird. Das Urteil enthält eine „Zustimmung' [ovyxm
der Seele, die rieh hier aktiv (wollend) verhält, bo dal) die Zustimmung, der
Beifall („adsensio") schließlich von uns abhängt („in aobis positam ei rolun-
tariam"). Die meisten Btoiker geben nun als Wahrheitskriterium die d
Beifall provozierende, die Beele „packende'4 und eugleich durch diese dai i
jekt „erfassende" „kataleptische Vorstellung inaaia uaxah an, irelche
absolut zuverlässig ist, wenn rie klar [hat{ aa xw n I und k<
( h geninstanz vorliegt (xQtxtJQtov elvcu riji &1
' i- :/(>)• nur unr^mi. — KOT. '/uvt, . . . lOVXtOTt IfJV n. '
./niji,: XCU irn.Kiuyiiu.yii I i . I1 k:t t :i I ' | >t i-r),
unseren Beifall nach rieh (x tk tn
gleichsam nnseren Denkwilleo i er verschiedi • Dem
Vorstellungen vgL Ueberweg-Heinze, I.i.
Die Metaphysik (bau Naturphilosophie und Psycho
i-t nsooiatiaeh, pantheis tisch, DBaterialietiech, dynamisch wesentlicher 1
Beraklits, daneben auch Elemente der Aristotelischen Weltanschauung D
beiden Prinzipien der Dinge: Lkt n und Pas an
Ki.itr und - miteinander verbunden und nur d« G
schieden, da alle Kraft nur eine feinere materiell! B
an rieh rein passiven, rezeptiven, ti - it. Alles Wirkl
lieh ' ' "
Leidende" ist die untatige Bubstanz, d
Vernunft in ihr, in allem
Ihm e~., in riTum
quibui omnia Hant, eanaam et materiam. M iacet Inera,
i nem.» noi
quocumque \ alt 1 1 durchdi füllende, in all«
irirkende, m allem rieh lelbal gestalte h Mlbat
uz Ist ein Etherischer - i
722 Stoiker.
äv&oc xal rrdvr sv savxq} jieqisxov). Dieses „Pneuma" ist, als Einheit vor und
in der aus ihm selbst differenzierten, gestalteten Welt, die höchste Gottheit,
die, an sich gestaltlos, alle Gestalten annehmen kann und bald allein, ohne
eine Welt von Einzeldingen, bald neben und in diesen ewig besteht, als zweck-
voll-vernünftige, zugleich aber streng gesetzlich wirkende Weltseele, welche
das All zu einem Organismus macht (sv £coov 6 xöo/uog fiiav ovoiav xal ipvxrjv
lüav ijiexov). Gott ist ewig, vernünftig, vollkommen, der Demiurg und die
Vorsehung der Welt, der Vater aller Dinge, verschieden benannt nach seinen
verschiedenen Kräften. Gott ist die Weltvernunft (Xöyog), die eins ist mit
dem Schicksal und der Vorsehung (die siftaQ/btsvr} ist der Xöyog, xaft3 6r
6 x6o{tog öis^aysxai ; das Schicksal ist der Xöyog xcov sv reo xöojuoj tiqovoio.
dioixov/uevcov), so daß in der Welt alles streng notwendig und doch zweckvoll
zugeht. Gestaltet wird der Stoff durch die Vernunftkeime (samenhafte Be-
griffe, Xöyoi ojisg/uaxtxoi), welche zur zweckvollen Entfaltung treiben (gleich
den „Formen" des Aristoteles). Das All ist vollkommen (Optimismus), die
Übel sind für das Ganze notwendig oder tragen zur Herstellung des Guten
bei, indem das Schlechte zum Guten gelenkt wird (Theodizee; vgl. Leibniz.
u. a.).
Das All (xb näv) besteht aus dem unbegrenzten leeren Raum und der be-
grenzten Welt, deren Größe stets gleich bleibt und welche kugelförmige Gestalt
hat. Sie ist ein beseeltes, vernünftiges Wesen (£coov e[Atpv%ov xal Xoyixöv), deren
Substanz das göttliche „Pneuma" ist, welches allen Dingen die Spannung
(xövog) gibt. Das Zentrum der Welt (ihr rjys/xovixöv) ist (nach Kleanthes) die
Sonne. Außerhalb der Welt befindet sich der leere Raum (rd xsvöv äjzsigov),
welcher unkörperlich ist; innerhalb der Welt aber gibt es kein Leeres. Un-
körperlich ist auch die Zeit, die Ausdehnung der Weltbewegung (xöv xqövov
dooj/uarov, diaoxr//Lia ovxa xfjg xov xöo/uov xtvrjoeojg), welche unendlich ist. Die
Welt ist eine gegliederte Einheit, deren Teile alle verschieden sind (vgl. Leib-
niz); alle Dinge stehen miteinander in Wechselwirkung, alles ist miteinander
im Zusammenhange (ovfAnädsia xcov oXcov). Immer wieder, periodisch, entstehen
und vergehen die Welten, sie gehen aus dem Urfeuer hervor und wieder in
dasselbe zurück (Weltbrand, ixjivgcooig), worauf in den neuen Welten immer
wieder ganz dieselben Dinge, Menschen, Verhältnisse wiederkehren (Wieder-
kunft des Gleichen, Palingenesie, wie nach Heraklit, den Pythagoreern, später
nach Nietzsche). Der Stoff der Welt besteht aus den vier Elementen (Feuer,
Erde, Wasser, Luft), die alle aus dem Urfeuer hervorgehen und ineinander sich
verwandeln können (z. B. Wasser in Erde und Luft). Den Körper definieren
die S. als das Dreidimensionale.
Körperlich ist auch die Seele, welche den Leib gestaltet. Sie ist ein
Ausfluß der Allseele, des göttlichen Pneuma, ein Teil desselben (xö ovfAyvhg
fffttv nvEVfia), der den ganzen Leib durchdringt (jivsv/bia ovfxcpvxov f)[uv ovvsxeg
navxl xoj öüfxaxi Öifjxov), ein ätherisches Feuer, das den Organismus belebt (dcä
rrjv ipvyjjv ylvexai xö trjv). Die Seele ist körperlich, sonst könnte sie nicht
wirken, aber sie besteht aus einem feineren Pneuma als der Leib, den sie über-
dauert (bis zur nächsten Weltverbrennung: Kleanthes; nach Chrysipp nur die
Stoiker.
Seele des Weisen), um dann mit ihrem Leibe wieder zu kommen. Die mensch-
liche Seele hat acht Teile (oder Vermögen): die fünf Sinn« . die
Sprachfähigkeit {qxorrjTixor), die Zeugungsfähigkeit (ajfegfiaxixör) und die Denk-
kraft, das Leitende, „Hegemonikon" {tjyefiorixör), der höchste Teil dei Beele,
welcher in der Brust seinen Sitz hat und die Quelle der aktiven Bewufitseins-
vorgänge ist. Die im Menschen wirksame Vernunft . i kommt
in der Sprache zum Ausdruck üoyog 7ioof{ ogiy.ög) und erkennt die Einheit und
den gesetzlichen Zusammenhang des Alls. Das Gefühl der Lust ist eine Be-
gleiterscheinung der Übereinstimmung einer Tätigkeit mit unserem \\
Unnatürliche, leidentliche, schädliche Zustände sind die Affekte (bzw. Leiden-
schaften, naihj). Der Affekt ist etwas Abnormales, Aufregendes, Urteils-
widriges, Vernunftloses {ä/.oyog xat xaga qntoiv v'/'V- ximjots >) '»>.">/ xieord-
£ovoa. — xinjoiv yv/rj? ,-iaoä qvoiv. — ,, perturbatio^, „aversa a reeta ratione
contra naturam animi commotio*'). Die Grundaffekte sind: Freude fädonfy
Begierde (exf&vftia), Furcht (cpößog), Trauer [Xvxtj). Hingegen sind rechte Ge-
mütszustände {evjidde iai : yaod, evXdßeta, ßovXrjatg). Da die Affekte gegen die
Natur der vernünftigen Seele sind, ist Leidenschaftslosigkeit, Apathie
Oeia). Beherrschung der Affekte notwendig. Der Mensch besitzt wie jedes
Lebewesen einen Selbsterhaltungstrieb {jcq&xov oixetbv elvat narti
li/v avtov avaxaoir xat rip- tavxrjg owsidrjotr. — ri/t- dt BfHxmjv "<j.">]'' tpaot i&
j;ioi' loyeiv hü x6 xtjgeTv eavxo). Den Willen bestimmen die B. als das ver-
nünftige Begehren {evkoyov dge^ir). ZNIir drin metaphysisch-k« - scheu
Determinismus vereinigen sie die Annahme der psychologisch-ethischen
Willensfreiheit. Außer demjenigen, was von uns anabhängig ist and uns
nötigt, gibt es etwa-, was wir — als geistig-aktive Glieder des Alk in in
Gewalt haben, was bei uns steht (ia? '/."'>'• •-'" nostra potestate"). Frei ist
vernünftig-einsichtsvoll handelt, seiner Affekte Herr ist, durch nichts sich be-
einträchtigen, erschüttern lallt, sondern gelassen rieh in den Willen des Schick-
sals, der Vorsehung fügt („dueunt volentem tata. nolentem trahunt", Beneca),
so daß wahrhaft frei nur der Weise ist, der durch Beine Leidenscht
keil und Seelengröße kaum der Gottheil nachsteht Freilich gibt es nur
wenige Weise, meist nur Toren und Fortschreiten xianovti
Damit sind wir schon mitten in der Ethik der Stoiker, in welcher /'■
der Pflichtbegrifj eine große Rolle spielt. Das Ziel des Handelns ist die Glück-
seligkeil (riXoe 64 tpaatv tfyat 16 svdaifioveTr) und diese besteht in i
{fr T<r> xat" a\ <;»•). Diese wiederum besteht im richtigen, d« h. natur-
und Vernunft-) gern äßen Verhalten (iv xqi '>"<■■
■v u~> xaxä tpvotv £ijv; „congruere natura.-, cumque es convenienter viv<
Wir müssen so leben, wie es die Natur des Alls (der Weltvernunft, der. Welt-
Gesetzlichkeit) l»/\\. auch die Natur nnsa - le verlangt
-"/;>•). Als em Teil der Natur -ollen wir dem allgemeinen G
der rechten Vernunft ehorchen. Di< I send ist eine geistige
□Schaft {diäöeoit ri< hat keine Grade und - hl zwischen Tuj I
und Laster kein Mittlen I ' i Lust ist
nicht das Ziel, sondern eine I olgi da I gend, welche um ihrer selbst willen
724 Stoiker.
zu erstreben ist (avxrjv di avxrjv elvou atgexr/v). Nur die Tugend ist ein Gut
{f.iövov xo xaXbv ayaftov slvai). nur das Laster ein wahres Übel, alles andere ist
indifferent, ein „Adiaphoron" [döiäcpogov), selbst das Leben, welches unter Um-
ständen freiwillig aufgegeben werden darf. Spätere Stoiker denken gemäßigter
und bestimmen außer der Tugend manches als Vorzuziehendes (jigorjyixeva) und
Abzulehnendes (djiojigorjyfisva). Wer eine Tugend hat, hat auch die anderen,
die sich aus ihr ergeben, mit ihr verbunden sind. Die Kardinal tugen den sind
Einsicht ((pgdv?]oig), Tapferkeit, Besonnenheit, Gerechtigkeit; Haupttugend ist
die Einsicht, welche den anderen zugrunde liegt. Die Pflicht ist das Ge-
ziemende, das Natur- und Vernunftgemäße (xaxd Xoyov. — ivsgyrj/ua <5' avxo
elrai xatg xaxd cpvoiv xaxaoxevaCg oixsTov. — xadrjxovxa /usv ovv elvai ö'oa Xöyog
atgsT jioieiv). Die vollkommene (xsXsiov) Pflicht (xaxögftcojua) ist die bewußte
gewollte, der rechten Gesinnung entspringende Pflicht (xaxogßcofiaxa 61 eivai xä
xax agsxrjv evegyr/fiaxa, gegenüber den fieoa, den „mittleren" Pflichten). Neben
der Strenge der Forderungen, die von der Stoa an den Weisen gestellt werden
(Rigorismus) ist besonders bemerkenswert die Wertschätzung der Menschen-
liebe, die durch die metaphysische Zusammengehörigkeit der Menschen be-
gründet wird.
Die ganze Welt ist eine Gemeinschaft der Dinge, Menschen und Götter
und so betonen die Stoiker den sozialen Gedanken. Der Stoiker betrachtet
(wie der Kyniker) das All, die ganze Welt als sein Vaterland (Kosmopolitis-
mus), ohne aber das Wirken im Dienste des Staates zu perhorreszieren (xoivij
jiaxglg ävdgdjjicov djidrxcov 6 xöo/uog ioxiv). Der Mensch ist von Natur (q>voei)
zur Gemeinschaft bestimmt (,,animal sociale communi bono genitum"), er kann
nur in der Gesellschaft bestehen. Wie es der allen immanenten Vernunft
gemäß eigentlich nur einen Staat gibt, so besteht auch nur ein Recht, welches
göttlichen Ursprungs (ix xov Ai6g) und in der rechten Vernunft {pg-dog Xöyog)
gegründet ist (Idee des Naturrechts, welches von den Römern rezipiert
wurde als „ius naturale", „ius gentium", „quod natura omnia animalia docuit",
„quod naturalis ratio apud omnes homines constituit").
Stoische Anschauungen finden sich (neben anderen) bei Philo Judaeus,
im Xeuplatonismus, bei verschiedenen Patristikern (Justin, Tertullian,
Clemens Alexandrinus, Lactantius u. a.); durch die Lektüre Ciceros und
Senecas überdauerten besonders ethische Lehren der Stoa das Altertum und
Mittelalter. In der Renaissance und später kommen Stoische Anschauungen
stärker zur Geltung, so beiPetrarca, Melanchthon, Montaigne, Charron,
u. a. ; später erneuern und erläutern den Stoizismus Justus Lipsius, Sal-
masius, C. Schoppe, Th. Gataker, D. Heinsius u. a. Von der Stoa
sind beeinflußt Hugo Grotius, G. Bruno, Spinoza, Leibniz, Kant,
Nietzsche u. a.
Schriften: Vgl. DIOGENES LAERTIUS, StOBAEUS, ClCERO, PLTJTARCH,
GalEXO-, HEXTUS EMPIRICUS. — Vgl. DlELS, Doxographie. — J. AB ARNIM,
Stoicoruro. veterum fragmenta, 1903 ff. — ZELLER, Philos. d. Griechen III. —
Friedemastn, System der Stoischen Philosophie, 1776. — WEYGOLDT, Die Philosophie
der Stoa, 1883. — P. BARTH, Die Stoa, 1903; 2. A. 1908 (Frommanns Klassiker der
Stoiker — Stout.
Philos.). — E. HlRZEL, Untersuchungen zu Ciceros philos. Schriften, 1877-83. —
A. BONHÖFFER, Epiktet u. die Stoa, 1890; Die Ethik des Stoikers Epiktet, 1894. —
SCHMEKEL, Die Philos. d. mittleren Stoa, 1892. — PräXTL, Gesch. d. Logik 1. —
:.. STEIN, Die Psychologie der Stoa, 2 Bde. (Bd. II: Die Erkenntnistheorie der Stoa),
1886 — 88. — HeISTZE, Die Lehre vom Logos, 1872. — DYROFF, Die Ethik der
alten Stoa, 1897. — A. HAACKE, Die Gesellschaftslehre der Stoiker, 1887. —
H. V. ARNIM, Die Stoische Lehre von Fatum u Willensfreiheit. Jahresbericht der
philos. Gesellsch. in Wien, 1901.
Stoll, Otto, geb. 1849, Prof. in Zürich. = Völkerpsycholog.
Schriften: Das Geschlechtsleben in der Völkerpsychologie, 1908. — Suggestion
u. Hypnotisraus in der Völkerpsychologie, 2. A. 1904, u. a.
Stttlzle, Eemigius, geb. 1856 in Ob (Baden), Prof. in Würzburg. Heraus-
geber der ,, Studien zur Philosophie und Religion". = Aristotelisch-scholastischer,
theisüsch-teleologischer Standpunkt.
Schriften: Die Lehre vom Unendlichen bei Aristoteles, 1882. — Abälards 1121
verurteilter traetatus de unitate et trinitate divina aufgefunden und hrsg. 1891. —
K. E. v. Baer und s. Weltanschauung, 1897. — A. v. Köllikers Stellung zur Doszendenz-
lehre, 1901. — E. v. Lasaulx, 1904. — K. E. v. Baers Schriften ausgewählt und ein-
geleitet, 1907. — H. Schell, 1908.
Störring, Gustav, geb. 1860, Prof. in Zürich. = In der Psychologie be-
sonders von Wundt beeinflußt, vertritt S. einen kritischen Rationalismus und
Realismus. Raum und Zeit haben ein Korrelat im Transzendenten. Das Ich
ist die Gesamtheit der Erlebnisse eines Individuums. Das Urteil ist ein Erlebnis,
das sich mit dem Bewußtsein der Gültigkeit verbindet. Die Logik hat es mit
dem richtig Gedachten als solchen zu tun. Die Moralpsychologie ist dir Vor-
halle der Ethik.
Schriften: Mills Theorie über den Ursprung des Vulgärglaubens an die Außen-
welt, 1889. — Zur Lehre vom Einfluß der Gefühle auf die Vorstellungen, 1896. —
Zur Lehre von den Allgemeinbegriffen, Philos. Stud. XX. — Die Erkenntnistheorie von
Tetens, 1901. — Psychopathologie, 1900. — Moralphilos. Streitfragen 1, 1903. —
Ethische Grundfragen, 1906. — Einführ, in die Erkenntnistheorie, 1909, u. a.
Stosch (Stossius), Friedrich Wilhelm, geb. 1646 in Berlin, geat daselbst
1704 oder 1707. = Anhänger Spinozas, den er natnralistisrh-mattriali-
auffaßt.
Schriften: Concordia rationis ?eu harmonia philos. niorali« et religionis
chri-tianae, 1692.
Stout. George Fredrick, geb. 1869 in Bouth Sbields, I' in St
Andrews. = Teilweise von Herbari beeinflußt Die Psychologie i-t nach B. die
Wisa enschaft vom seelischen Prozeß („science ■>! mental process"). Die B
bzw. das Ich ist eine Einheit, di<' rieb mehr oder wenig aktiv (und reaktiv)
verhält Die Assoziation beruht auf dem Geseti d< til When pari ol
;i comples disposition isexcited, the wh<>l< teodi t<> !»<• ezotted in Borna mannet
and degree"). Aach Empfindungen können rieh aasoziieren. Die Apperzeption
ist ein Strebungsprozeß („conatwe » und beruht auf Wechselwirkung
zwischen dm Vorstellnngen oder Dispositionen, ani Einverleibung eines neuen
726 Stout — Straton.
Elements in das seelische System („the process by which a mental System
appropriates a new dement, or otherwise receives a fresh determination"). Das
Denken ist eine aktive, zielstrebige Geistesfunktion. Die Gefühle sind an die
freie oder die gehemmte seelische Entfaltung geknüpft (Lust — Unlust).
Schriften: The Herbartian Psychology, Mind XIII, 1888. — The genesia of the
Cognition of physical Eeality, Mind XV, 1890. — Apperception and the Movement of
Attention, 1. c. XVI. — Voluntary Action, L c. N. S. V, 1896. — Analytic Psychology,
1896, 1902. — A Manual of Psychology, 1898, 1901. — The Groundwork of Psycho-
logy, 1903, u. a.
$toy9 Karl Volkmar, geb. 1815 in Pegau (Sachsen), 1845 — 65 Prof. in
Jena, 1866 in Heidelberg, 1874 wieder in Jena, gest. daselbst 1885. = An-
hänger Herbarts, welcher philosophische, historische und praktische Päda-
gogik unterscheidet.
Schriften: Schule u. Leben, 1844 f. — Enzyklopädie, Methodologie und Literatur
der Pädagogik, 1861; 2. A. 1878 Philos. Propädeutik, 1869—70. — Im Vorhofe
der Psychologie, 1870. — Psychol. in gedrängter Darstellung, 1871. — Die Idee der
Erziehungsanstalt, 1885, u. a. — Vgl. VOLKMAR, S.s Leben und Wirken, 1885.
Strachow, N. N., 1828- 1896, russischer Philosoph. = Hegelianer.
Schriften (russisch): 1872, 1886 (Psychologie), 1887, 1895.
Strada, J. (Pseudonym), Verfasser eines „Essai d'un ultimum organon",
1865; 2. ed. 1902, und von „La religion de la science", 1902. — Vgl. Ra-
vaisson, D. französ. Philos., S. 149 ff.
Stiaszewski« Moritz von, geb. 1848, Prof. in Krakau. = Von Lotze
und F. A. Lange beeinflußter Vertreter einer idealistischen Metaphysik. Das
Zeitbewußtsein ist nach ihm „die Spannung zwischen der sich soeben voll-
ziehenden Arbeit im Gehirn und in den Nerven und den Nachklängen aller
früheren Zerstörungen und Arbeiten, welche weiter wirken und die Unter-
strömung unseres gesamten Lebens bilden" (Über das Zeitproblem, Bericht
über den III. int. Kongreß f. Philos. 1909).
Schriften (polnisch): Gesch. d. oriental. Philos. u. a. ; deutsch: Entwicklung der
philos. Ideen bei den Indern und Chinesen, 1887. — Über d. Bedeutung der
Forschungen auf dem Gebiete der oriental. Philos., 1895. — Ideen zur Philos. der Ge-
schichte d. Philos., 1900. — Le probleme de l'espace, 1904, u. a.
Straton aus Lampsakos, der „Physiker" (cpvoix6gu), Schüler des Aristo-
telikers Theophrast, dann (seit etwa 288 v. Chr.) 18 Jahre lang Vorsteher der
peripatetischen Schule in Athen, wo er 270 v. Chr. starb.
S., der auch von Demokrit u. a. beeinflußt ist, bildet die Weltanschauung des
Aristoteles zu einem entschiedenen naturalistischen Pantheismus um.
Alles Wirken geht von der Natur und ihren Kräften aus, alles geschieht auf
natürliche Weise („omnia esse effecta naturata" ; „omnem vim divinam in natura
sitam esse censet, quae causas gignendi, augendi, minuendi habeat, sed careat
omni sensu et figura", Cicer. de natur. deor. I, 12, 35; Acad. prior. II, 38,
121). Das Göttliche liegt also in der Natur selbst. Diese wirkt ohne Bewußt-
sein und Zwecktätigkeit, rein mechanisch (tov xoofjtov avzdv ov t,<x>ov etvat).
Einen leeren Raum (mit Atomen in ihm) gibt es nur innerhalb der Welt. Die
Straton — Strauss. 727
Zeit ist das Maß der Bewegung und Tätigkeit (ro ev roTg ngägeoi jtooov. —
(äxoov jiäorjs xivrjoewg y.al /uövrjg). Die Seele ist in ihren Tätigkeiten durch,
den Leib bedingt, außerhalb dessen es keinen Geist gibt, Die psychischen
Vorgänge sind „Bewegungen" (xivrjoetg . . . slvai zag ivegysiag xfjg yjv%rjg). Die
von der Wahrnehmung im Haupte zurückbleibende Spur (vxo/wvy) wird bei
der Beproduktion der Vorstellung reaktiviert. Das Denken ist an die Wahr-
nehmung gebunden.
Vgl. Diogenes Laertius, V. - Zeller, Philos. d. Griechen II, 2. — G. Kodier,
La physique de S., 1891. — DlELS, Über das physikal. System des S., Berlin.
Akadem., 1893.
Stranss, David Friedrich, geb. 27. Januar 1808 in Ludwigsburg, studierte
seit 1825 in Tübingen Theologie, war kurze Zeit Pfarrvikar, hörte den Winter
1831 — 32 in Berlin Schleiermacher, wurde 1832 Bepetent am theologischen
Seminar in Tübingen, schrieb unter Einfluß Hegels „Das Leben Jesu" (1835),
was ihm seine Stelle kostete. Nachdem er kurze Zeit Kektoratsverweser am
Lyzeum in Ludwigsburg gewesen, ging er 1836 nach Stuttgart. 1839 wurde er
zum Professor in Zürich ernannt, aber wegen der Unruhen, die dies hervor-
rief, gleich pensioniert. Er lebte von nun an als Schriftsteller, war 1848
Württemberger Landtagsabgeordneter, lebte in München, Stuttgart, Darmstadt
und anderen Städten und starb 8. Februar 1874 in Ludwigsburg.
S., der von Hegel und Schleiermacher beeinflußt ist, gehört zur Hegel-
schen „Linken" und vertritt zuletzt einen naturalistischen Pantheismus
auf evolutionistischer Grundlage und einiger Neigung zum Materialismus,
jedenfalls aber mit Betonung eines strengen Monismus. — In seinem ,, Leben
Jesu", welche Schrift viel Aufsehen machte, und in der „christlichen Glaubens-
lehre" (1840 — 41) kritisiert er die Evangelien bzw. die Dogmen, die er von
allem Mystischen. Supranaturalen und allem Wunderglauben reinigen will, um
Christus rein menschlich und das Christentum als Idee der Gottmenschheit
aufzufassen. „Die Menschheit selbst ist die Vereinigung der beiden Naturen,
der menschgewordene Gott." Gott ist keine Person neben oder über anderen
Personen, sondern das Unendliche, die Allpersönlichkeit, die sich in den ein-
zelnen Wesen personifiziert, das unendliche Sein und Leben in allem, die der
Welt immanente Vernunft. Die Unsterblichkeit liegt nicht im Jenseits, sondern
ist die Kraft des Geistes, sich über das Endliche hinweg zur Idee zu erheben.
Die Quintessenz seiner (auch von Feuerbach beeinflußten) Weltanschauung
«nthält S.s viel gelesene Schrift „Der alte und der neue Glaube" (1872). Die
Frage: Sind wir noch Christen? beantwortet er verneinend. Wir glauben nicht
mehr an einen jenseitigen Gott usw., sondern an die Einheit von Gott und
Welt, Geist und Körper, an die Entwicklung des Höheren aus dem Niederen,
an unsere Zugehörigkeit zu dem All, von dem wir uns abhängig fühlen und
in dem alles streng kausalgesetzlich zugeht, so daß auch das Zweckmäßige
ohne Zweckursachen u. dgl. entsteht. Das Universum ist eine Einheit in der
Vielheit, es ist die Allmacht, die Urquelle alles Vernünftigen und Guten ; die
Welt ist auf die höchste Vernunft angelegt. Das Universum ist als All-Einheit
ewig, ein „unendlicher Inbegriff von Welten in allen Stadien des Werdens
728 Strauss — Strecker.
und Vergehens, und eben in diesem ewigen Kreislauf und Wechsel es selbst, in
ewig gleicher absoluter Lebensfülle sich erhaltend". Für dieses Universum
fordert S. „dieselbe Pietät, wie der Fromme alten Stils für seinen Gott".
„Unser Gefühl für das All reagiert, wenn es verletzt wird, geradezu religiös."
An Stelle des alten Kultus tritt die Pflege der Kunst. Die Seele ist keine
Substanz, sondern ein und dasselbe Wesen ist zugleich ausgedehnt und denkend.
Im Gehirn wird Bewegung in Empfindung verwandelt und diese setzt sich in
Körperbewegung um. Materialismus und Idealismus gehen ineinander über
und bilden den „Monismus", welcher die „Gesamtheit der Erscheinungen aus
einem einzigen Prinzip" zu erklären sucht.
Das Ergebnis des irdischen Geschehens ist „teils die möglichst reiche Lebens-
entfaltung und Lebensbewegung im Allgemeinen, teils insbesondere die ringende,
aufsteigende und mit ihrem Aufsteigen selbst über den einzelnen Niedergang
übergreifende Richtung dieser Bewegung". Der Mensch ist „aus den
Tiefen der Natur emporgestiegen". Seine moralischen Eigenschaften konnten
sich nur in der Gesellschaft entwickeln, deren Bedürfnisse den sittlichen Normen
zugrunde liegen. Alles sittliche Handeln ist „ein Sichbestimmen des Einzelnen
nach der Idee der Gattung". Förderung der Menschlichkeit in sich selbst und
bei anderen ist Pflicht. „Vergiß in keinem Augenblick, daß du Mensch und
kein bloßes Naturwesen bist; in keinem Augenblick, daß alle anderen gleich-
falls Menschen, d. h., bei aller individuellen Verschiedenheit, dasselbe was du,
mit den gleichen Bedürfnissen und Ansprüchen wie du sind — das ist der In-
begriff aller Moral." Der Mensch soll die Natur außer und in ihm be-
herrschen.
Schriften: Das Leben Jesu, 1835 — 36, 1838, 1840 u. ö.(z. P>. 1895). — Streitschriften,
1837—38. — Zwei friedliche Blätter, 1839. — Charakteristiken und Kritiken, 1839;
2. A. 1844. — Die christliche Glaubenslehre, 1840 — 41. — Der Romantiker auf dem
Throne der Cäsaren oder Julian der Abtrünnige, 1847. — Chr. Märklin, 1851. —
Ulrich von Hütten, 1858 — 60; 2. A. 1871. — H. S. Reimarus, 1842. — Kleine
Schriften, 1862 — 67. — Neue Bearbeitung des Lebens Jesu, 1864. — Die Halben und
die Ganzen, 1865. — Der Christus des Glaubens und der Jesus der Geschichte, 1865.
— Voltaire, 1870. — Der alte und der neue Glaube. Ein Bekenntnis, 1872; 15. A.
1903; auch in Kröners Verlag. — Ein Nachwort, 1873. — Gesammelte Schriften, 12 Bde.,
1876—81. — Werke, 5 Bde., 1895. — Ausgewählte Briefe, hrsg. von E. Zeller, 1895.
— Vgl. ZELLER, D. F. S., 1874. — A. HAUSRATH, D. F. S. und die Theologie
seiner Zeit, 1876—78 — KOHTJT, S. als Denker und Erzieher, 1908. — Th. ZlEG-
LER, D. F. S., 1908 f. — A. LEVY, D. F. S., la vie et l'oeuvre, 1909. — H. MAIER,,
in: Bericht über den 111. intern. Kongr. f. Philos., 1909.
Strecker, Reinhard, geb. 1876 in Berlin, Oberlehrer in Bad Nauheim. =
Evolutionistischer Standpunkt in der Ethik. Die Vernunft ist das Mittel zum
Zweck des invidual-sozialen, humanen, kulturellen Fortschritts. Gut ist das
Verhalten, das mit Absicht das Leben der Menschheit fördert.
Schriften: Der ästhetische Genuß auf Grund der ästhetischen Apperzeption, 1901.
— Die moralische Phrase im Liberalismus, 1907. — Religion u. Politik bei Goethe,,
1907. — Demokratie und Sozialismus, 1908. — Zur Frauenbewegung, 1908. — Gott
und die Kirche, 1908. — Kants Ethik, 1909, u. a.
-I RBt EBB — 8l i:r\/.
Strecker, Wilhelm. =1 Materialist» B Ipunkt
Schriften: Welt und Menschheit, 1892.
Stricker. Balomon, geb. 1834, i Wim. = - • ,!., l;
oleben und
u. a.'. Die Warte nnd „motorische Vorstellungen".
- hriften: Studien über das Bewußtsein, 1879, — Stud
1880. — Studien über die Bewegungsvorstellungen, 1882. — Studien üb
der Vorstellungen, 1883. — Über die wahren l'i>ai hen, 1887. — Physiologie de«
-. 1884.
Strong, 0. A. sb Panpsychistischer, identUttsthecsetischer Standpunkt
Allbeseelung, «las An nch des Körpers ist h).
Schriften: Why the Mind has a Body, 1903. — Leib und Seele,
Strümpell. Ladwij 1812 in Schöppenetädt, 1844 Prot in I
-7'. in I.. ipsdg, gest. daselbst 186
8. i-t besonders von Leibniz, Kant ond Herbart beeinflußt Kr oi
scheidet theoretische und praktische Philosophie, deren Einheil <li< &
Philosophie ist Die G des psychischen Mechanismufl sind: <ia>
Beharrung, der Kontinuität, der Ausschließung, der Reihenbildung. I
einheitliche Zusammenhang des Psychischen hat Beinen Grund in «Irr Hin!.
der einfach* 9 lensubstanz. Außer dem psychischen Mechanismus .
ii". | wirkende Kausalitäten^, die auf Wertung B.
logische, ethische Kausalität). I>i«' Kausalität überhaupt ergibt sich a
Anwendung desfi - rom Grunde ani Tataachen. I>«r wrah § Ei
«-alitat. - ist (1»t. „daß jede Ti ein <Jli»-<l im intellektuelle]
W'-lt ist und sich alt Bolchee begreifen läßt", s. bat such die ,.psycho-
logifl '■■■ Pädagogik44 (pädagogische Psychologie und pä
behandelt.
- h riften: De methodo pkilooophica, 1888. — I Btfbsrl
- '4. — I>u> Hauptpunkte der EL
sumnii Loni lOtlOM qualom propoaait Voracl ll«
Kthik, 184ä. — Entwurf der Logik, 1846.
trag der Logik, 1858. — I iu-
salitätshogritt. 1871. — l1 he Aafeinand« • 'ur
und Kntstehur.g der Träume, lh7 4. — l>i"
denen d. —
I
tt.dpui.kte der < | PI I Bathol«.
i ho Ahhar.dlur.K'ei Ahl.andl. MI den.
der Kthik, der StaaUwi»«., <ler Ästhetik 1H95. — Ahhandl. tur
. u. Ke 1. 1896. —
Abhandlungen aui dor ') . prukt.
H. Bgbmidi
Still ii/. -ent uii
1 1<" bschule in Wien.
- I: mOtloBO, — Kitai 'uog ood Naturerkenntm«
730 Strunz — Stumpf.
Altertum, 1903. — Das Werden und die Lehre Fr. Nietzsches, 1904. — Über antiken
Dämonenglauben, 1905. — Die Chemie im klass. Altertum, 1905. — Die Vorgeschichte
der Chemie im Altertum, 1905. — J. B. van Helmont, 1907. — Paracelsus in Öster-
reich, 1907. — Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, 1908. — Gesch. der
Naturwiss. im Mittelalter, 1910, u. a.
Strnve, Heinrich von, geb. 1841, Prof. in Krakau.
Schriften: Krit. Einleit. in die Philos. , 3. A. 1903 (polnisch). — Gesch. der
Philos. in Polen I, 1900 (polnisch). — Die philos. Literatur der Polen, Philos. Monats-
hefte X, 1874. — Die polnische Literatur zur Gesch. der Philos., Arch. f. Gesch. der
Philos. VIII, 1895. — Die polnische Philos. der letzten zehn Jahre, 1. c. XVIII— XIX, u. a.
Slnmpf. Carl, geb. 1848 in Wiesentheid (Bayern), Prof. in Berlin (früher
in Würzburg, Prag, Halle, München).
S., der von F. Brentano, Lotze u. a. beeinflußt ist, hat sich besonders als
Psycholog hervorgetan. Die Konsonanz der Töne faßt er als Tonverschmel-
zung verschiedener Festigkeit auf. Bezüglich der Raum vor Stellung ist S.
modifizierter Nativist. Unsere Seele hat eine besondere Fähigkeit, einen „eigen-
tümlichen angeborenen Drang", gerade Raum Vorstellungen zu bilden, veranlaßt
durch psychische Reize („Theorie der psychischen Reize"). Der Raum ist nicht
subjektiver als die Sinnesqualitäten, er hat ein objektives Korrelat. Den
Affekten liegen Urteile zugrunde. — Das Psychische ist vielleicht eine
Energie eigener Art, die ihr mechanisches Äquivalent hat; es ist möglich, daß
gewisse psychische Funktionen mit einem fortwährenden Verbrauch, andere
mit einer Erzeugung physischer Energie verknüpft sind. Jedenfalls verhindert
•die Ungleichartigkeit des Psychischen und Physischen nicht deren Wechsel-
wirkung. Wir müssen die Welt ,,in allen ihren Teilen als ein kausal zu-
sammenhängendes Ganzes auffassen , worin jedes Wirkliche seine Arbeit leistet,
keines von der allgemeinen Wechselwirkung ausgeschlossen ist". Die Vielheit
beruht auf einer „transzendenten Einheit", die Welt ist der Organismus schlecht-
hin. Einer im ganzen stetig fortschreitenden Entwicklung auf physischem
Gebiet ist eine unstetige auf psychischem zugeordnet. Es besteht in der Welt ein
„Entwicklungsplan", ein mechanisches Verhältnis, demzufolge sich die Elemente
zu zweckmäßigen Endgebilden entwickeln können und müssen.
Von der Psychologie ist auch die Logik abhängig. S. betont ferner, die
Erscheinungen von Farben, Tönen, Gestaltungen in Raum und Zeit sind nicht die
physische Welt selbst, noch etwas Psychisches (vgl. Brentano), sondern sie sind
„das Material . woraus der Physiker schöpft , und zugleich der Ausgangspunkt
und der Nährstoff des Seelenlebens". Die „Phänomenologie" ist „eine bis zu
den letzten Elementen vordringende Analyse der sinnlichen Erscheinungen in
sich selbst". Dem Geiste kommt der Natur gegenüber Priorität insofern zu,
als uns nur Geistiges unmittelbar als Realität gegeben ist, während die äußere
Wirklichkeit erschlossen ist (Krit. Realismus).
Schriften: Das Verhältnis des platonischen Gottes zur Idee des Guten, 1869. —
Über d. psychol. Ursprung d. Raumvorstellung, 1873. — Tonpsychologie, 1883—90. —
Psychologie und Erkenntnistheorie, 1891. — Der Begriff der mathematischen Wahrschein-
lichkeit, 1892. — Geschichte des Konsonanzbegriffes I, 1897. — Die pseudoaristotel.
Stumpf — Btjabedisben. 731
Probleme über Musik, 1897. — Beiträge zur Akustik u. Musikwissenschaft, 1898 ff. —
Über den Begriff der Gemütsbewegung, 1899. — Methodik der Kinderpsychol., Zeitsch. f.
päd. Psychol. u. Pathol., 1900. — Tafeln zur Gesch. d. Philos., 1900; 3. A. (mit Menzer) 1910.
— Leib und Seele; Der Entwicklungsgedanke, 2. A. 1903. — über Gefühlsempfindungen,
1906. — Erscheinungen und psychische Funktionen, 1907. — Zur Einteilung der
Wissenschaften, 1907. — Die Wiedergeburt der Philosophie, 1908. — Vom ethischen
Skeptizismus, 1909. — Philos. Reden und Vorträge, 1910, u. a.
St ürkeii. Xicolaus. = Theistischer Standpunkt ; die Seele ist immateriell.
Schriften: Metaphysische Essays, 1882.
Sturm. Johannes, 1507—1589, Prof. in Straßburg. = Anhänger
P. Ramus.
Sturm, Johann Christoph, 1635 — 1703, Prof. in Altorf. = Kartesianer,
Vertreter einer okkasionalistischen Ansicht, nach welcher in den Körpern Gott
durch seinen schöpferischen Willen fortwirkt.
Schriften: Idol um naturae, 1692.
Sturt, Henry, Prof. in Oxford. = S. vertritt den pragmatistischen. die
Bedeutung von Zweck, Interesse, Wille für die Erkenntnis betonenden ..per-
sonalen Idealismus" („personal idealism"), welcher im Gegensatze zum „Abso-
lutismus" (Green, Bradley u. a.) die Realität und Aktivität der Individualität
und gegenüber dem Naturalismus die Geistigkeit der Welt und die Willen -
heit betont.
Schriften: Personal Idealism (mit F. C. S. Schiller, Gibson, Underhill, Marett.
F. W. Busseil, Rashdall; von Sturt selbst darin: Art and Personality), 1902. — Idola
theatri, 1910, u. a.
Stntzniaiin, Johann Josua, geb. 1777 in Friolsheim (Württemberg g -
1816 als Privatdozent und Gymnasiallehrer in Erlangen. = Von Bchelling und
Fichtes späteren Lehren beeinflußt.
Schriften: Betrachtungen über Religion und Christentum, 1804. — Systematische
Einleitung in die Religionsphilosophie I, 1804. — Philosophie des Universums, 1806.
— Philosophie der Geschichte der Menschheit, 1808. — Grundzüge des Standpunktes,
Geistes und Gesetzes der universellen Philosophie, 1811.
Suabedissen, David Theodor August, geb. 177:: in Hebungen ff< äsen .
1822 Prof. in Marburg, gest. daselbst 1835.
S. ist von Kant, Reinhold, Bchelling beeinflußt. l>i«- Philosophie ist die W M
schaft vom Leben des Menschen, ihr Kern die Selbsterkenntnis, das „BJchselhstklar-
werden", und zwar das allgemeine, historisch-sozial gewordene Bdhstbewufltoein.
Der Mensch ist Leben und dieses ist ein von sich vrissendea Leben. Eh ist
,, Kraft und Wille", enthält „ursprüngliche Bestrebungen und Bedürfe
welche fordern, daß ihnen das eigene Dasein entspreche, und ursprünglich
setze des zeitlichen Lebens sind. Das Lebenist „Trieb", sofern es ihm notwend
sich zu erweisen. Das ursprüngliche Bedürfnüi und Qeseti der Ifeni
lebendigkeil ist, „einstimmig zu -«in (Einheit da Individuums, d« *
Behalt, der Menschen im Verhältnis zur Welt). - Die Natur ist dai „unendliche
werdende Bein", ihr tnnei Werdeostrieb", ihr A.nßerai dss Gewordene.
Kaum und Zeit Bind die Wirklichkeiteweisen und Formen der Natur, dii
■32 SüABEDISSEN — SUAREZ.
Organismus im weiteren Sinne, eine gesetzliche Ordnung ist. Das Leben ringt
nach Selbständigkeit, Aktivität, Freiheit und erreicht sein Ziel im Menschen. Das
Bedürfnis des Menschen ist es, sich in der äußeren Wirklichkeit seiner selbst und
seines ganzen Gebietes von Grund aus zu ermächtigen und damit als geistiges
Leben ganz in sein Dasein einzutreten. Die Seele ist die „innere Einheit eines
Lebendigen, wenn sie eine selbstsinnige ist". Der Geist ist ihr Wesen, der
Leib ihre natürliche Lebendigkeitsweise an ihrer Stelle in der Welt; sie ist
„der in einem Leibe wirkliche Geist", das Wesen des Leibes, der von ihr seine
Lebendigkeit hat und ihr Organ ist. Eine Eeihe guter psychologischer Er-
örterungen findet sich bei S. Das Urteil z. B. bestimmt er als „eine Tätig-
keit, welche teilend verbindet und verbindend teilt". ,, Durch das Zusammen-
fassen und das Scheiden des Ungleichartigen tritt Ordnung in den vorher
chaotischen Zustand der Vorstellungen; darum kann alles Urteilen als ein Ord-
nen begriffen werden" (D. Grundz. d. Lehre von den Menschen, S. 1161). Da
auch das Denken Leben ist, so gilt die Urf orderung dieses auch für jenes, und so
sucht es Einheit in der Mannigfaltigkeit („Einheitsbedürfnis"). Denken und Wollen
bedingen einander; Theorie und Praxis sollen einander durchdringen zur Ein-
heit des Lebens.
Schriften: Resultat der philos. Forschungen über die Natur der menschlichen
Erkenntnis von Piaton bis Kant, 1808. — Über die innere Wahrnehmung, 1808. —
Betrachtung des Menschen, 1815 — 18. — Philos. der Geschichte, 1821. — Zur Einleit.
in die Philos., 1827. — Vom Begriffe der Psychologie u. ihrem Verhältnis zu den ver-
wandten Wissenschaften, 1829. — Grundzüge der Lehre von dem Menschen, 1829. —
Grundzüge der philos. Religionslehre, 1831.
Suarez, Franz, geb. 1548 in Granada, Jesuit, lehrte an verschiedenen
Universitäten, zuletzt in Coimbra, gest. 1617 in Lissabon.
S. ist der bedeutendste und gelehrteste Spät- Scholastiker und hat durch
seine Schriften großen Einfluß ausgeübt. In seinen Anschauungen ist er
wesentlich von Thomas von Aquino beeinflußt. Die Metaphysik oder „erste
Philosophie" handelt vom Seienden als solchen („ens quäle ens reale"), von dessen
Zuständen („passiones") und von den Urgründen der Dinge („de primis rerum
causis", „de universis entibus"). Jedes Seiende ist wahr, eins, gut („omne ens
est verum, unum, bonum"); dies sind die „transzendentalen" Merkmale.
Wesenheit („essentia") und Existenz sind zu unterscheiden. Die Relationen
haben ein Fundament in den Dingen (reale und rationale Relationen), ebenso
die Gattungseinheiten. Die „transzendentale Wahrheit" ist die Begreiflichkeit
des Wesens („veritas transcendentalis significat entitatem rei, connotando cogni-
tionem seu conceptum intellectus, cui talis entitas conformatur vel in quo
talis res repraesentatur"). Die logische Wahrheit ist Übereinstimmung des
Dr-nkens mit dem Sein. Das Gute bedeutet die Vollkommenheit des Seienden
(„bonitas dicit perfectionem rei"). „Ursache" ist ein Prinzip, welches einem
andern ein Sein einflößt ( „principium per se influens esse in aliud"). Es gibt
innere und äußere, wirkende, Zweck-Ursachen usw. Die Wirkung der Sache
geschieht um etwas andern willen („effectus causae efficientis . . . intrinsece
"ilat, ut alicuius gratia fiat").
SüAREZ — PüLLY. 733
Die Materie ist das Substrat („subiectum primum") der Veränderung,
die bleibende Potentialität der Körper. Der Raum ist ein Gedankending, aber
keine Fiktion, sondern hat in einer Daseinsweise der Körper seine Grundlage;
er ist der Abstand, welcher quantitative Dimensionen einschließt (realer — imagi-
närer Raum). Die Zeit ist nur begrifflich von der Bewegung verschieden;
sie wird durch die zählende Tätigkeit der Seele bestimmt. Es gibt geistig.- and
materielle Zeit; reale Zeit ist die wahre Dauer der Bewegung. Die Zahl
eine Kollektion von Akzidenzen zur Einheit, aber kein bloßes Denkgebilde. Die
Seele ist eine immaterielle Substanz, die ,, forma substantialis" des organischen
Leibes, einfach, unausgedehnt, unsterblich. Sie besitzt verschiedene Vermögen
{„potentiae"), Operationen (Äußerer Sinn , innerer Sinn als Gemeinsinn , I
dächtnis Phantasie usw., potentieller und aktueller Intellekt, sinnliches und
geistiges Begehren). Die Erkenntnis erfolgt durch eine Angleichung („assimi-
latio"), wobei der Intellekt auf das Übersinnliche gerichtet ist. Der Wille ist
frei, weder von außen, noch innerlich determiniert. Gott ist die erste, ewige
Ursache und der Endzweck von allem, reine Wirklichkeit ohne Potentialität
und Materie („actus purus"; vgl. Leibniz .
Schriften: Die wichtigsten sind: Disputationes metaphysicae, 1597, 1600 u. ö. —
De aniraa. De legibus u. a. — Opera 23 Bde , 1632 ff., 1740—51, 1856 ff. (26 Bde.), Aus-
wahl bei Migne, Patrolog., 1858. — Vgl. K. WERNER, F. S. u. die Scholastik der letzten
Jahrhunderte, 1861.
Sully, James, geb. 1842 in Bridgewater, Prof. in London.
S. ist als Psycholog hervorragend. Die Psychologie ist nach ihm die
Wissenschaft, welche auf eine genaue und systematische Beschreibung der
-'hiedenen Vorgänge oder funktionellen Betätigungen unseres Geistes abzielt.
Die psychischen Elemente sind die Empfindungen, die einfachen Gefühle, die
reflektorischen und Triebvorgänge. Das Grundgesetz der Assoziation ist die
Verbindung der Vorstellung durch Kontiguität in Kaum und Zeit. Die Auf-
merksamkeit ist eine aktive, selektive Tätigkeit, welche dazu dient, eine Emp-
findung im Strom des Bewußtseins /.um hervortretenden, obersten Element zu
machen. Die Empfindungen haben eine intellektuelle und eine emotionelle
Seite; zu ihren Eigenschaften gehören Qualität, Intensität. Extensität „mas-
siveness or extensity"). Das Gefühl der Lust beruht aul Erhöhung der |
einsehen Funktion durch angemessene Ausübung; Gefühle können sich asi
ziieren, auch einander reproduzieren. Das Streben ist die aktive Seite des
Seelischen; das Gefühl ist das Dynamische im Wollen und die Emotionen
enthalten ein Willenselement Das Denken wird ursprün^ich suent durch die
Erregung des instinktiven Btrebens und Widerstrebens ausgelöst; m ist eine
aktive < teistestätigkeit.
Schriften: Sensation und Intuition, 1874. — Pentwlwii ■ EtrtOTJ and a Criti-
<äsm, 1877. — lllusions, 1881. — The Human Muh!. - Outlines of Psyche'.
1884; 1892. — The Teachors Bndbook of IV.
1898. — Studios of Ohildhood, I8t6 J «leutsch (UotSIMth. über <he Kindheit, 1897;
8. A. 1905). - An Essay Dl LlBghter, (Easai sur le rirc) 1904. —
Abhandlungen im „Muni" 1, 111. IV, \. M. \11, \. \lll. X\ j, u. a.
734 Sully-Prudhomme — Swedenborg.
Sully-Priullioiiiiiie« R. F. A., geb. 1839 in Paris, der bekannte Dichter,
nimmt als Denker einen idealistisch-teleologischen Standpunkt ein.
Schriften: L'expression dans les beaux-arts, 1883. — Psychologie du libre
arbitre, o. J. — La vraie religion selon Pascal, o. J. — Que sais-je? 1895. —
Le probleme des causes finales, 4. ed. 1907 (mit Ch. Eichet). — Testament poetique,
1901, 1904. — Le lien sociale, 1909. — Vgl. HEMON, La philos. de S.-P., 1908.
Snlzer, Johann Georg, geb. 1720 in Winterthur, gest. 1779 in Berlin, wo er
Prof. war. = S. ist ein Anhänger Chr. Wolffs (z. ß. in der Teleologie), hat aber als
Psycholog und Ästhetiker eine gewisse Selbständigkeit. Unter den „Empfindungen"
versteht er die lust- und unlustbetonten verworrenen Vorstellungen, die sich
auf unsern eigenen Zustand beziehen , dessen Förderung oder Schwächung sie
anzeigen; so stellt S. schon die Gefühle zwischen die eigentlichen, klaren Vor-
stellungen und die Begehrungen (vgl. Mendelssohn, Tetens, Kant). Das Schöne
gefällt uns ohne Rücksicht auf den Wert des Stoffes, „wegen seiner Form und
Gestalt, die sich den Sinnen oder der Einbildungskraft angenehm darstellt".
Schönheit ist Einheit in der Mannigfaltigkeit, sie beruht auf der Förderung
des Vorstellens durch die einheitliche Zusammenfassung eines Mannigfaltigen.
Der Zweck des Handelns ist die (eigene und fremde) Glückseligkeit (Eudämo-
nismus). Die Seele des Menschen ist (nebst ihrem Seelenleibe) unsterblich.
Schriften: Gedanken über den Ursprung der Wissenschaften u. schönen Künste,
1762. — Vermischte philos. Schriften, 1773- 85. — Allgemeine Theorie der schönen
Künste, 1771 — 74, 1778 ff., 1786 ff. — Selbstbiographie, 1809. — Vgl. PALME, J. G.
S.s Psychologie, 1905. — L. HEYM, Darstellung und Kritik der Ästhet. Ansichten S.s,.,
1894. — K. GROSS, S.s Allgemeine Theorie der schönen Künste, 1905.
Sufco (Seuse), Heinrich, geb. 1300 in Konstanz, Dominikanermönch,,
Wanderprediger, gest. 1365 in Ulm. = Von Eckhart beeinflußter Mystiker.
Gott ist das „allige", alle Dinge wirkende, ewige, unveränderliche Wesen, das
in allen Dingen und zugleich außer ihnen ist. Gott ist dreifaltig; aus Gottes
Sprechen und Gebären entspringen alle Dinge. Das Höchste ist die Ver-
einigung der Seele mit der Gottheit, in der sie ruht und selig ist.
Schriften: Werke, 1482, 1512 u. ö.; lateinisch 1555 u. ö. Deutsch, hrsg. 1884
und von Denifle, I, 1880; ausgewählt von W. Oehl, 1910; Ton Bihlmeyer, 1907. —
Briefe, hrsg. von Preger, 1867. — Vgl. W. VOLKMANN, Der Mystiker H. S., 1869. —
Th. JaGER, H. Seuse, 1893. — A. PüMMERER, Seuses Büchlein der Wahrheit, 1908.
Snpinski, Josef, 1804 — 1896, polnischer Philosoph und Soziolog, empi-
rischer Standpunkt. Hauptwerk (polnisch), 1883.
Su therlaiid, Alexander, englischer Evolutionist.
Schriften: The Origin and Growth of the Moral Instinct, 1898, u. a.
Swedenborg (urspr. Swedberg), Emanuel von, geb. 1688 in Stockholm,
studierte Philologie, Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften, auch
Theologie, wurde 1716 Assessor des Bergwerkskollegiums in Stockholm, seit
1747 pensioniert, gest. 1772 auf einer Reise in London.
S.. der die Fähigkeiten eines gründlichen, exakten Forschers und Erfinder»
mit mystisch-theosophischen Neigungen und Anlage zu Visionen verband.
Swedenborg — Syxesios. 733
hatte als Theosoph viele Anhänger (Swedenborgianer), besonders in England
und (jetzt noch) in Amerika. S.s naturwissenschaftliche Ergebnisse (z. B. eine
der Kant-Laplaceschen Theorie ähnliche Lehre) werden jetzt erst, wo die
schwedische Akademie der Wissenschaften Handschriften S.s in Druck legt,
voll bekannt und gewürdigt werden. Xach S. besteht eine „konstabilii
Harmonie", nach welcher alles in der Welt in organischem Zusammenhang
steht. Die Welt ist ein Stufenreich substantialer Punkte. Die Seele gestaltet
ihren Leib. Als Theosoph lehrt S. die Existenz eines Geisterreiches, das
mit dem Menschen schon während dessen Leben in Verbindung steht und
sich ihm (in Visionen) offenbart. Himmel und Hölle faßt S. geistig auf. —
Kant erklärt in seinen „ Träumen eines Geistersehers" die Geisterlehre S.s für
ein bloßes Hirngespinst ohne empirische Grundlage.
Schriften: Opera philosophica et niineralogica, 1734. — Oecononiia regni ani-
malis, 1740 — 41. — Regnum animale, 1744 — 45. — De eultu et amore Dei, 1740. —
Arcana coelestia, 1749 — 1756; deutsch 1842 — 70. — De coelo et infemo, 1758; deutsch
1873. — De nova Hierosolyma et eius doctrina, 1758; deutsch 1860. — Apocalypsis
explicata, 1761; deutsch 1824 — 31. — Vera christiana religio, 1771; deutsch 1855 — 58.
— Theol. Werke, 1789. — Theol. Schriften, 1904. — Werke, hrsg. von der Schwed,
Äkad. d. Wiss. (in Vorbereitung). — Vgl. BlCHER, La nouvolle Jerusalem, 1832 — 35.
— TAFEL, Sammlung von Urkunden über Swedenborgs Leben u. Charakter, 1839 — 42;
Abriß von S.s Leben, 1845. — MATTER, S., 1863. — SCHLIEPER, S.s System der
Xaturphilos., 1901.
Switalski, Wladislaus, geb. 1875 in Kankel, Prof. in Brauns!
Schriften: Des Chalcidius Kommentar zu Piatos Tiraaeus, 1899 — 1902. — Die-
erkenntnistheor. Bedeut. des Zitats, 1905. — Das Leben der Seele, 1907, u. a.
Swobodti. Hermann, geb. 1873 in Wien, Privatdozent daselb.M.
S. ist ein Gegner der „atomistischen" Psychologie und vortritt eine
biologisch begründete, , .organische" Psychologie. Die Psychologie muß zur
„Harmonielehre des Seelenlebens" werden . Das psychische Erlebnis ist eine
in sich geschlossene Gruppe seelischer Erscheinungen, »'in bestimmt charakteri-
Bierter Ablauf, ein Zusammenhang; die Komplexe gehen ihren Elementen voran,
sind das Primäre. Wie W. Fliese u. a. lehn S. eine Periodizität dea Leb«
besonders auch des psychischen. Rhythmisch-periodische Phänomene sind hier von
Bedeutung. Die eine (weibliche) Periode ist die 28 tagige, die andere männliche)
die 23tägige; auch die 23- und 18 stündige Periode und deren Vielfaches sind
wichtig. Auf eine [nkubationsfrist folgt die Klärung und Reife, worauf eine
Vorstellung zur Reproduktion gelangt. Die „freisteigenden" Vorstellungen
Herbarts haben also eine organische Grundlage. Der gleiche somatische Zu-
stand, wie er nach Ablaut einer Periode wiederkehrt bringt die entsprechenden
psychischen Erlebnisse wieder.
Schriften: Die Perioden des mensch). Organismus, 1904. — Studien zur Grund-
legung der Psychologie, 1905. — Die gemeinm. mehlig u. der eigennützig©
Forscher, 1906. — Harmonia animae, 1907. — Verstehen und Hegreifen. \ lerteljabrs-
echrift f. wiss. Philos. 27. 13d. — 0. Weininger, 1910, u. a.
Syiic*io-. geb. 0 d. Chr. in Kyreni Bischof von Ptolemaii
..in 80.
r36 Synesios — Taine.
S. ist ein Schüler der Philosophin Hypatia und trotz seines Christentums
wesentlich Neuplatoniker. Gott ist nach ihm die Einheit der Einheiten
{eroxrjxcov ivag, povädcov juoväg rs jxgobxr), „monas monadum"), die sich in eine
Dreiheit göttlicher Kräfte auseinanderlegt, welche aus ihrer Mitte entspringen.
Gott ist die Einheit der Gegensätze (ajtXoxrjxag äxQoxr/xcov svcooaoa), der ,, Vor-
vater" fjxQOTidxcoQ), das Eine vor dem Einem (sv evög txqöxsqov), die „Sonne des
Seins" (ö'vxwv ojxegjua), eins und alles (sv xai nävxa). Die Seele existiert schon
vor dem Leibe und ist unsterblich; die Auferstehung des Leibes ist nur sym-
bolisch aufzufassen. An den Untergang der Welt vermag S. nicht zu glauben.
Der Geist, der an sich unteilbar ist, ist in den Stoff herniedergestiegen und
waltet in der Welt. In denen, die herabsanken, wohnt eine Kraft, die sie zum
Himmel ruft.
Schriften: Calvitii encomium, auch deutsch, 1834. — Die Ägypter oder über
die Vorsehung, 1835. — Hymnen, 1836, 1875. — Homilien; Über die Träume u. a.
Opera, 1553, 1612, 1631, 1633. — Vgl. R. VOLKMANN, S., 1869. — KLEFFNER,
S., der Philosoph u. Dichter, 1901. — U. VON" WlLLAMOWITZ-MOELLENDORFF,
Die Hymnen des Proklos u. Synesios, 1907.
Syrianos aus Alexandrien, Schüler des Plutarch von Athen und (seit
431 n. Chr.) Nachfolger desselben in Athen, Lehrer des Proklos, gest. um 450.
Er betrachtet die Aristotelische Philosophie als eine Vorbereitung für die neu-
pythagoreisch-neuplatonische Philosophie. Er unterscheidet vom „Einen" das
Intelligible, den „Geist", der die Ideen einschließt, an deren Spitze der Demiurg
steht. Die Ideen sind intellektuelle Zahlen.
Schriften: Commentarii in libros 111., XIII., XIV. metaphys. Aristotel., 1558;
in Metaphysica, ed. G. Kroll, 1902. — Commentaria in Hermogenem. 1892 — 93. —
Vgl. BACH, De Syriano philosopho, 1862.
M' Taggart, John, geb. 1866, Prof. in Cambridge. = Neo-Hegelianer.
Schriften: Studies in the Hegelian Dialectic, 1896. — The Conception of Society
as an Organism, Intern. Journ. of Ethics VII, 1897. — Abhandlungen über Hegel im
„Mind" (N. S. VI, VIII, IX, XI). - Studies in Hegelian Cosmology, 1901. — Vgl.
GLOSSNER, Jahrb. f. Philos. u. spekul. Theol. XII, 1898.
Taine9 Hippolyte, geb. 21. April 1828 in Vonziers, Prof. an der Ecole
dos Beaux-Arts, gest. 5. März 1893 in Paris.
T. ist der bedeutendste französische Positivist nach Comte, von dem, wie
von J. St. Mill (aber auch von der Stoa, von Spinoza, Herder, Hegel u. a.)
er beeinflußt ist. Er ist Empirist, gibt aber die Möglichkeit einer (hypotheti-
schen) Metaphysik zu, ja huldigt selbst im Grunde einem gewissen Pantheis-
mus. In seiner Erkenntnislehre, die einen Teil der Psychologie bildet, betont
er die strenge Gesetzlichkeit des Geschehens, die Determiniertheit aller
physischen und psychischen Vorgänge. Alle Erkenntnis stammt aus der Er-
fahrung, durch welche auch die (einen analytischen Charakter habenden)
Taixe — Tarde. 731
Axiome begründet sind. In der Wirklichkeit existieren nur Einzeldinge und
deren Beziehungen; das Abstrakte ist nichts als ein Namen für gleichartige
Vorstellungen (Bilder). Namen sind Zeichen für Bilder, diese sind Zeichen
für Empfindungen. Im Sinne der „atomistischen" Psychologie faßt T. die
lezteren als Komplexe, Verschmelzungen elementarer Eindrücke auf, denen kleinste
Nervenbewegungen zugeordnet sind; Physisches und Psychisches sind zwei
Auffassungsweisen eines Identischen. Die Wahrnehmung (Perzeption)
ist eine Art der „Illusionen", nämlich eine normale, wahre „Halluzination".
Die Objekte der Sinneswahrnehmung, die Dinge, sind Gruppen konstanter
Merkmale („un groupe de proprietes comme permanentes et stabiles"), Komplexe
von Wahrnehmungsinhalten (vgl. Mill), oder, genauer, Gruppen von bewegbaren
Bewegern („mobiles moteurs"), von Bewegungstendenzen. Das Ich ist ebenfalls
nur ein Zusammenhang von Erlebnissen, eine stetige Keine von solchen, bzw.
von konstanten Möglichkeiten solcher, deren Band Assoziation und Gedächtnis
bilden. Der Wille ist eine von außen und innen determinierte Tendenz.
Das gesamte Geistesleben ist gesetzmäßig, so auch die Geschichte,
deren konstante Faktoren („forces primordiales") Rasse, Milieu und Moment
sind, von welchen die Individuen, auch die Genies, abhängig sind. Besonderes
Gewicht legt T. (wie schon Bodin, Montesquieu, Herder u. a.) auf das Milieu,
die physische, geistige und soziale Umwelt mit ihren Einflüssen. .Rasse, Milieu.
Moment bedingen im Schaffenden, besonders im Künstler, die „faculte mai-
tresse", von der seine Schöpfungen ihren Charakter haben („L'ceuvre d'art est
determinee par un ensemble qui est Petat general de l'esprit et des moeurs
environnantes"). Der Zweck des Kunstwerkes ist, einen wesentlichen
Charakter, eine Idee deutlicher und vollständiger zum Ausdruck zu bringen,
als es die wirklichen Dinge tun.
Schriften: De personis Platonicis, 1853. — Les philosophes franqais du XIXe
siecle, 1856; 7. ed. 1895. — Essais de critique et d'histoire, 1857. — Histoire de la
litterature anglaise, 1864; 10. ed. 1901. — Les origines de la France contemporaine,
1876—93; 24. ed. 1902; deutsch von L. Katscher. — Le positivisme anglais, 1864.
— Philosophie de l'art, 1865; 10. ed. 1905; deutsch, 2. A. 1885: von E. Hardt,
1902 f. — De l'ideal dans l'art, 1867. — De l'intelligence, 1870; 7. ed. 1885; deutsch
1880. — Notes posthumes, Rev. philos. 1895. — Vie et correspondance, 1902 — 05. —
Vgl. BARZELOTTI, H. T., 1895; französisch 1900. — V. GlRAUD, Essai sur T.,
2. ed. 1903; Bibliographie crit. de T., 1904. — L. EGGER, T. u. die moderne Sozio-
logie I, 1905. — ZEITLER, Die Kunstphilos. A. T.s, 1901. - G. Mendelssohx-
BARTHOLDY, H. T., Sein Leben in Briefen, 1911.
Tannery, Paul, geb. 1843 in Maates, Ingenieur, eine Zeitlang Prof. am
•College de France, gest. 1904.
Schriften: Pour l'histoire de la science hellenc, 1887. — La georaetrie grecque,
1887. — La correspondance de Descartes, 1893. — Recherches sur Thistoire de
l'astronomie ancienne, 1893, u. a.
Tarde, Gabriel, geb. 1843 in Sarlat, Richter, seit 1899 Prof. am College
de France, gest. 1904 in Paris.
T. ist einer der bedeutendsten französischen Soziologen. Die Soziologie
Eisler, Philosophen-Lexikon. 4(
r38 Tarde — Tatianus.
gründet er auf die „intermentaleu (intersubjektive, interpsychische) Psychologie.,
das soziale Leben ist seinem Wesen nach ein geistiges Geschehen oder durch
solches bedingt. Es gibt keinen Gesamtgeist, sondern nur die Wechselwirkung
individueller Geister. Die Grundfaktoren des sozialen Lebens sind Er f in d un g
(invention) und Nachahmung (imitation). Die soziale Grundtatsache
( ,,ph£nomene social el£mentaire") ist die von den „Erfindern" (genialen Persön-
lichkeiten) ausgehende Suggestion, vermöge deren die Massen jene nachahmen,
wiederholen („Nachahmungsstrahlen", „Interferenz" solcher u. a.). Zuerst geht
die Nachahmung einseitig von oben nach unten, innen nach außen, dann wird
sie wechselseitig und geht auch nach oben (wirkt etwa auf die oberen Klassen
zurück). Die Gesellschaft ist eine Vereinigung einander nachahmender Menschen,
deren Motive in den Anschauungen, Überzeugungen (croyances) und Begehrungen,
Wünschen (desirs) bestehen. Durch das Zusammenwirken von Erfindung und
Nachahmung (,,la societe" c'est l'imitation") entstehen die sozialen Gebilde (z. B.
die Sprache) und Werte. Die soziale Logik („logique sociale") ist dem Ge-
sellschaftsleben immanent, bestimmt das sozial Zweckmäßige durch „teleologische
Syllogismen" (logische Willensverknüpfungen, Konsequenzen aus Überzeugungen
und Begehrungen) und „logische Zweikämpfe" („duels logiques"), die schließlich
alle zur sozialen Harmonie führen, sowie auch in der Natur die Wiederholungen
(r^petitions), Oppositionen (oppositions) und Anpassungen (adaptations) die Har-
monie, das Gleichgewicht zum Endziel haben. Als Metaphysiker ist T. M on ad ol o g
(Annahme psychischer Wirklichkeitselemente mit dynamischen Beziehungen).
Schriften: La criminalite comparee, 1886. — Les lois de l'imitation, 1890; 5. exl.
1907. (Hauptwerk). — La philos. penale, 1890. — Les transformations du droit, 1893 ;.
6. ed. 1909. — Logique sociale, 1894; 3. ed. 1904. — L'opposition universelle, 1897.
— Etudes de psychol. sociale, 1898. — Les lois sociales, 1898; 5. ed. 1907; deutsch
1908. — Les transformations du pouvoir, 1902. — Psychologie economique, 1902. —
L'opinion et la foule, 2. 6d. 1904 — Fragments d'histoire future. — Essais et mölanges
sociologiques, 1895. — Sur l'idee de l'organisme social, 1896. — Sociologie elementaire,.
Ann. de l'Inst. intern, de Sociol. L, 1898. — Vgl. E. WROBLESKA, Arch. f. Gesch.
der Philos. XI, 1896. — R. WORMS , Philos. des sciences sociales, 1904 f. —
D. GUSTI, G. T., Schmollers Jahrb. 1898, S. 91 ff. — MATAGRIN, La psychol. sociale
de T., 1909.
Tarozzi, Giuseppe, geb. 1866 in Turin, Prof. in Palermo. = Positivistisch-
evolutionistischer Standpunkt, Humanitäts-Ethik.
Schriften : L'evoluzionismo monistico e le ideo forze secondo A. fouillße, 1890. —
La tradizione platonica nel medio evo, 1892. — Della necessitä nel fatto naturale e
umano, 1896 — 97. — Lezioni di filosofia. Kiccrche intorno ai fondamenti della certezza
razionale, 1899. — La virtü contemporanea, 1900. — Idea di una scienza del bene,
1901, u. a.
Tatiaiins aus Assyrien (Syrien), im 2. Jahrhundert n. Chr., zuerst Lehrer
der Philosophie und Rhetorik, dann Schüler Justins und als Christ ein heftiger
f •)' der heidnischen Philosophie und Kultur, die er der gröbsten Unsitt-
lichkeit und Niedrigkeit zeiht, ohne sich ihrem Einflüsse entziehen zu können;.
christlicher Apologet, später Gnostiker (Sekte der Enthaltsamen, „Enkratiten")>
Taiia.M- — TaUKELLUS.
= Gott ist die Weltvernunft, die durch den Logo« weh mitteilt und
risch wirkt. Durch den Sünden fall ist die Menschheit verderbt, iber noch im
Besitz der Willensfreiheit« Der Mensch besteht uu dem I - • . die
an sich sterblich ist, und dem <■ fyia), durch den <1 - ihre
Unsterblichkeit erhalt
Schriften: Adyoe XQog "EXXtjvae (Oratio ad Graecos), 1646, 17'"., 1881, 1H88;
deutsch 1884. — Vgl. DANIEL, T., 1837. — W. BtKUKR, Die Gottes- und Logos-
lehre des T., 1893. — C. KlKlI.A, T.s sogen. Apologie, 1900.
Taubere, Agnes, die erste Gattin E. v. Bartmanns. = Anhängerin des
1 [artmannschen Pessimismus.
Schriften: Philosophie gegen naturwissensch. Überhebung, 1872. — Der Pessi-
mismus u. seine Gegner, 1873.
Tauler, Johannes, geb. 1300 in Straßburg, Dominikanermönch und
Wanderprediger, gest. 1361 in Straßburg. = Mystiker, Schäler Ekharts. Gott
hat den Dingen ihr Wesen gegeben und sie sind in ihm beschlossen; auch die
Seele findet sich (in der mystischen Ekstase] in Gott ruhend, der in ihr spricht,
sich mit ihr rereinigt. In Gott verliert sich die Seele; in den göttlichen
grund versunken, weiß sie nichts als den dreieinigen Gott, Wort ist
Sohn; das Erkennen seiner selbst ist das Gebaren Beines Sohnes in d I
keit. die Liebe zu sich ist der heilige Geist.
Schriften: Predigten, 1498, 1521, 1543; latoinisch, 1548: SochdM
1872. Die Schrift „Von der Nachfolge des armen Lebens Christi"
ist nicht von T. — Vgl. C S< UMIDT, J. T., 1841. — F. BlHBDTO, J. I. B. die
Gottesfreunde, 1853. — PREGKR, Gesch. d. de.
Tanrellas, Nicolras (urspr. Oechslein), geb. 1547 in Mömpelgard,
studierte Theologie, Philosophie, dann .Medizin, Prof. der Medizin and Physik
Basel und Altorf, gest 1606 in Altorf.
I. ist «in Gegner des Aristotelismus und überhaupt all«r Autorität in der
Philosophie, die rein aus der Vernunft zu schöpfen ist Letztere wird
durch <li< Theologie nur ergänzt, es kann aber nie eine doppelte Wahrheil
i. Die Philosophie definiert ei als Erkenntnis der Dinge durch d
boren e Vernunftkrafi („philosophin est rerum divinarum et humanaruj
innata uobifl intelh'gendi vi. certo rationum discursu Requisits notitia" I
erzeugt selbsttätig die Begi ffi linnlichen Wahrnehmungen Bind nur \'
dazu. Die am Atomen zusammengesetzte Well ist vom dn G tt in
der Zeit ans Nichts geschaffen, welcher zunächst L7rsach< und
die Welt ord aet hat, dar. Bie von
sich entfaltet (tgL Leibniz, der T. rühmt). Di Bndziel ist nicht die Erkennt-
nis, sondern die liebe Gott
- kriftsa: Phi « phl •rumn.hu», 1671 i Hauptwerk). — Preblsasta
«is Aristoto! i* m- • — \\\>e* twat', Lftfl < gegen
I ;.o*sil|»imiM). OoSMslogia Urmologia, 1606. — Do rerum
aetemitat.«. LI I I.eitmi. I \ SCHMIDT, fl I .
"40 Taurüs — Teichmüller.
Tanrns. Calvisius aus Berytos, lehrte im 2. Jahrhundert n. Chr. in
Athen, wo Aulus Gellius sein Schüler war. Gegner des Stoizismus.
Schriften: Kommentare zu Piatons „Gorgias" und „Timaios" u. a. (nur Fragmente
erhalten). — Vgl. BEZIER, Le philosophe T., 1868.
Fans eh inski. Hippolyt, geb. 1839 in Wien, gest. 1905 daselbst. =
Anhänger Schopenhauers.
Schriften: Der Begriff, 1865. — Die Botschaft der Wahrheit, der Freiheit u.
der Liehe, 1868.
Taute, Georg Friedrich , geb. 1806 , Prof. in Königsberg, gest. daselbst
1862. = Gegner des „Spinozismus" und Pantheismus, Anhänger Herbarts.
Schriften: Der Spinozismus als unendliches Revolution sprinzip und sein Gegensatz,
1848. — Die Religionsphilosophie vom Standpunkte der Philosophie Herbarts, 1840 — 52.
Taylor, Alfred Edward, geb. 1869 in St. Andrews, Prof. in Montreal.
= Idealistischer Standpunkt.
Schriften: The Problem of Conduct, 1901. — Elements of Metaphysics, 1903, u. a.
Teicbmüller, Gustav, geb. 1832 in Braunschweig, 1860 Privatdozent
in Göttingen, 1868 Prof. in Basel, 1871 in Dorpat, gestorben daselbst 1888.
T. ist besonders von Leibniz u. Lotze beeinflußt. Er unterscheidet drei Geistes-
funktionen : Erkennen, Begehren und Handeln, und unterscheidet scharf zwischen
Bewußtsein und Erkenntnis, wodurch er den erkenntnistheoretischen Idealismus
zu überwinden glaubt. Die Erkenntnis ist teils , spezifisch" (ihre Elemente
sind selbst Erkenntnisse), teils „semiotisch", indem durch Zeichen Inhalte, die
nicht durch Erkenntnis gegeben sind (z. B. Gefühle) angedeutet werden. Jede
empirische Erkenntnis enthält ein apriorisches Element, welches aus der apri-
orischen Geistestätigkeit stammt, durch die der Erfahrungsinhalt kategorial ver-
arbeitet wird. Die Erkenntnis der Natur beruht auf einer Projektion der Bestimmt-
heiten des Ichs, welches wir als unmittelbares, einheitliches Sein erleben,
auf die Außenwelt. „Von uns selbst, wo alles im Bewußtsein klar ist, geht die
Erkenntnis der Natur aus; denn nichts ist uns näher als wir selbst, da wir
die ganze Natur erst uns gegenüber erhalten, wenn wir unsere Anschauungen
projizieren oder sie aus unseren Begriffen erschließen." Das Ich ist Substanz,
Prototyp des Substanzbegriffes. „Es ist das unmittelbar gegebene Ichbe-
wußtsein, welches allmählich zur Selbsterkenntnis kommt, sich selbst dann von
dem ideellen Inhalt der Vorstellungen unterscheidet und dadurch sich als Sub-
jekt dem Objekt projiziert und also dem Objekte nach Analogie mit sich Sub-
stantialität zuschreibt." Die Wirklichkeit besteht aus wirkenden Substanzen,
die an sich immateriell, Monaden sind (,, Personalismus"). Die Typen der
Lebewesen sind ewig, zeitlos-gleichbleibend (gegen den Evolution ismus). Die
Seele ist eine unsterbliche Substanz. Gott faßt T. theistisch-christlich auf.
Die Religion sphilosophi e ist der Rückgang auf die apriorische Erkenntnis,
durch welche die Tätigkeiten des Geistes, welche alle Religionen hervorbringen
und im Leben erhalten, bewußt werden; die religiöse Erkenntnis ist semiotisch.
Schriften: Aristotelische Forschungen, 1859 — 73. — Studien zur Geschichte der
Begriffe, 1874—79. — Neue Studien zur Gesch. d. Begriffe, 1876-79. — Über die
Teichmüller — Telesius. 711
Unsterblichkeit der Seele, 1874; 2. A. 1879. — Darwinismus und Philosophie, 1877.
— Über das Wesen der Liebe, 1879. — Chronologie der Platonischen Dialoge, 1881.
— Zu Piatons Schriften, 1884. — Die wirkliche und die scheinbare Welt, 1882. —
Religionsphilosophie, 1886. — Neue Grundlegung der Psychol. und Logik, hrsg. 1889
u. a. — Vgl. AD. MÜLLER, Die Metaphysik T.s, Ärch. f. syst. Philos. VI, 1900;
Das Wirkliche in der Welt, 1899. — M. RaüOVAXOVK , Menschengeist und Gottheit,
Darstellung von T.s Religionsphilos., 1903.
Telesius (Telesio), Bernardinus. geb. 1508 in Cosenza, studierte in Padua
Philosophie, Mathematik und Physik, lebte in Cosenza, ging dann nach >'■
wo er die naturwissenschaftliche Academia Telesiana oder Cosentina begründete,
die bald einging, aber viele Nachahmungen fand. T. starb 1588 in Cosenza.
T.. der von Parmenides, der Stoa u. a. beeinflußt, ist ein Gegner des
Ari-totelismus und der Begründer einer, vielfach an antike Lehren er-
innernden dynamischen Naturphilosophie. Diese soll auf Erfahrung beruhen,
in welcher sich alles Schließen (, anteiligere ratione") zu bewähren hat , denn
alle Erkenntnis beruht schließlich auf der Wahrnehmung. AI- Prinzipien der
Dinge bestimmt T. zwei unkörperliche Kräfte: Wärme und Kälte, und die
Materie („Tria omnino principia rerum omnium ponenda sunt. ridelicet
naturae duae calor (videl. solis) et frigus (terrae); tum corpore« molea una").
Die Wärme geht vom Himmel aus, die Kälte von der Erde; erstere ist das
Prinzip der Bewegung, Verdünnung, Ausdehnung, Belebung, Letztere der
Grund der Starrheit und Ruhe (,, calor natura sua mobili>. etüum sssidue molem
quamcunque subit, laxat, extenuat, maximeque mobilem faeit ; contra vero frigus
natura sua immobile, perpetuo id unum agere videtnr, ut molem quam subit,
constringat, denset et gravitatem eidem indarj. Je mehr Wärme in einem
Dinge, desto beweglicher ist es, wie die Gestirne. Wärme und Kälte kämpfen
miteinander, wodurch auch Himmel und Erde und die einzelnen Dinge
entstanden sind („e terra et solis calore immutata Sunt omnia"). Dil Materie
„corporea moles'-j ist die passive, träge widerstehende Substanz, welche durch
Wärme und Kälte ausgedehnt und zusamn • en, verdünnt und verdichtet
wird, aber in allem Wechsel ihre Quantität konstant behält („Cum nulla
prorsu- agendi seseque generandi Eacultate materia ril praedita . . .. molei eins
adeoque et mundi magnitudo nee augeri nee minui nsnuam potest")« l '■
Kaum ist ankörperlich, wirkungslos, bloße Aufnahmsfähigkeit (d« ptor*4
der Dinge). Die Zeit ist das Maß der Bewegung. Die Kräfte der D
haben ein Streben („appetitus"), in den Dingen selbst steckt Empfindui ras";
Panpsychismus).
In den Organismen befindet sieh ein durch die Warm, snt dem Barnen
gener „Lebensgeist" („spiritui ■ semine eduetue i tue anünal
in den Nerven (insbesondere im Gehirn) leinen 8iti hat und im ganzen K
tätig ist Der Mensch besitzt sufierdem eine vom Leibe nnabh
Qott hinzugi „forma rapenddita" , ansterblichi - lubstanttam,
penitus divinam et ab ipso immtwm c* pfindung (ßinnes-
wahrnehmung) beruht auf des Einwirkung da Dinge sui den „Geist", da •
Affektionen Terspürt „sensui . • -t ramm sctionuni impuisionum
742 Telesius — Tertullianus.
atque propriarum Spiritus passionum. immutationum ac motuum perceptio").
Dem Geiste kommt auch die Erinnerung und das anschauliche Denken zu,
an welches der Intellekt (die Tätigkeit der Seele) gebunden ist. — Das End-
ziel des Geistes ist die Selbsterhalt ung; der Trieb nach ihr kommt allen
Dingen zu (vgl. die Stoiker, Hobbes, Spinoza u. a.). Was der Selbsterhaltung
förderlich ist, erregt Lust, was ihr entgegen ist, Schmerz (vgl. Spinoza). Im
maßvollen , die Affekte beherrschenden Handeln, in der Selbsterhaltung und
Selbstvervollkommnung besteht die Tugend („Est enim virtutis munus, ut
affectus et etiam quae iuxta eos eduntur Operation es, prout ad spiritus conser-
vationem et perfectionem intendendae remittendaeve sunt, et intendat et
remittat"). Alle Tugenden (Weisheit, Tapferkeit, Güte usw.) sind nur Seiten
einer und derselben Tugend.
Von Telesius sind beeinflußt Campanel la, F. Bacon, Hobbes,
Spinoza u. a.
Schriften: De rerum natura iuxta propria principia (zwei Bücher, 1565), 1586,
1588 (Hauptwerk). — Abhandlungen, 1590. — Auszüge aus dem Hauptwerk bei Kixner
u. Siber, Leben und Lehrmein. berühmter Physiker, H. III. — Vgl. FlORENTINO,
B. T. (italienisch), 18 72-74. — L. FerEI, La filos. della natura e le dottrine di
B. T., 1873. — K. HEILAND, Erkenntnistheorie u. Ethik des B. T., 1891.
Temple« Sir AVilliam, 1553 — 1626, erst Schüler, dann Gegner Digbys,
Anhänger des P. ßamus.
Schriften: P. Rami dialecticae libri duo, scholiis.G. Tempelii, 1584, 1595, u. a.
— Vgl. FretJDENTHAL, Arch. f. Gesch. der Philos. IV— V.
Tennemann, Wilhelm Gottlieb, geb. 1761 in Kleinbrembach (bei Erfurt),
1788 Privatdozent in Jena, 1798 Professor daselbst, 1804 in Marburg, gest. da-
selbt 1819. = Anhänger Kants.
Schriften: Die Lehren und Meinungen der Sokratiker von der Unsterblichkeit, 1791.
— System der Platonischen Philosophie, 1792 — 95. — Gesch. der Philosophie, 11 Bde.,
1728 — 1819 (war auf 13 Bde. berechnet, reicht bis Thomasius, Quellenstudien). —
Grundriß der Gesch. der Philosophie, 1812; 4. A. von A. Wendt, 1829.
Tepe, Georg = Herbartianer.
Schriften: Die praktischen Ideen nach Herbart, 1861. — Über Freiheit und Un-
freiheit des menschlichen Wollens, 1861. — Schiller u. d. praktischen Ideen, 1863.
Tertullianns9 Quintus Septimius Florens, geb. zwischen 150 u. 160 in
Karthago, Sachwalter in Rom, erst Heide, dann Christ, als welcher er (wie
Tatian) die heidnische Kultur und Philosophie verachtet und haßt, Presbyter in
Karthago, dann Mitglied der Sekte der Montanisten, gest. 222.
T., der alle Philosophie als Werk der Dämonen, als ketzerisch bekämpft
(„philosophis — patriarchis, ut ita dixerim, haereticorum") und den christlichen
Glauben allein schätzt, ist doch selbst so sehr von der griechischen Philosophie,
besonders von der Stoa beeinflußt, daß er trotz seines Christentums geradezu
in eine Art Materialismus verfällt. Das Höchste ist das Christentum,
welches alles Forschen unnötig macht und begrenzt („cum credimus, nihil
desideramus ultra credere"), da es die Wahrheit hat, während die Philosophen
Terttjlliantjs — Tessex-Wesierski. 743
einander widersprechen. Die Seele ist von Natur aus christlich („testimonium
animae naturaliter christianae"), sie ist vernünftig und hat einen unverlierbaren
göttlichen Keim in sich. Mag auch diese Wahrheit zuweilen unbegreiflich sein
(wie etwa die Auferstehung Christi), so ist sie doch, gerade weil sie (auf natür-
liche Weise) unmöglich ist, zu glauben („credibile est, quia ineptum est",
„eertum est, quia impossibile est", De carne christi, 5; daraus ist das „credo,
quia absurdum" entstanden, das nirgends vorkommt).
Im Sinne der Stoiker erklärt T., alles Wirkliche sei körperlich (,,omne
quod est, corpus est sui generis ; nihil est incorporale, nisi quod non est").
So ist auch die Seele körperlich, denn sonst wäre sie nichts („nihil enim, si
non corpus"). Sie ist eine besondere Art des Körpers („corpus sui generis in
sua effigie"), ein Geist-Stoff („Pneuma"), weil sie als Hauch („flatus") atmet.
Sie ist ausgedehnt, fein, einfach, unteilbar, unzerstörbar, von der Gestalt des
Leibes, den sie durchdringt, von Gott eingeblasen („Dei flatu natam"), unsterb-
lich. Die Seele jedes Menschen ist ein Zweig („surculus") der Seele Adams,
von dem sie die Erbsünde ererbt hat. Gemäß seinem Traduzianismus lehrt
S. das Hervorgehen der Seele des Kindes aus dem Samen des Vaters (wie
ein Sprößling, „tradux"), dessen seelische Eigenschaften auf das Kind über-
gehen. Der Intellekt ist der Seele eingeboren, nicht von ihr trennbar. Der
Wille des Menschen ist absolut frei. Körperlich ist nach T. auch Gott, der ewig, frei
(„libertas, non necessitas Deo competit"), vernünftig und gütig ist und die Weis-
heit, denLogos, als seinen Sohn aus sich zeugt, mittelst dessen er aus Güte die Welt
aus nichts erschaffen hat und zugleich mit ihr erst die Zeit (vgl. Plato). Die
Welt hat Gott nach Ideen geschaffen („nihil sine exemplaribus in sua dispositione
molitus"). Der sichtbare Gott ist in Christus, aber auch in der Welt überhaupt er-
schienen. In der Welt ist alles gut und vernünftig geordnet ; sie ist da, damit sich
Gott offenbart, damit der Mensch Gott erkennt („mundum homini, non sibi fecit")
und sein Heil findet. Den Menschen hat Gott nach seinem Ebenbilde ge-
schaffen. Der Mensch ist mit einem freien Willen geschaffen („liberum et sui ar-
bitrii invenio hominem a Deo institutum"), vermittelst dessen er gut handeln
kann. Die schlechte sinnliche Natur des Menschen ist zu unterdrücken, das
Ideal ist möglichste Weltflucht und Askese. Keuschheit usw.
Schriften: Ad martyres; De spectaculis; De idolatria; Apologeticum ; De testimonio
animae; De patientia; De oratione; De poenitentia; Ad uxorera ; De cultu feminarum;
De praescriptione; De Corona militis ; Contra Gnosticos; Virginibus velandis; Adversus
Marcion em ; De carne Christi; De anima; De resurrectione carnis; Adversus Praxeam, u. a.
Opera 1539, 1635, 1770, 1839-41, 1854—58, 1890 ff.; deutsch 1881. — Vgl.
BITTER, Gesch. d. Philos., V. — HESSELBERG, T.b Lehre, I, 1848. — BONWETSCH
Die Geschichte des Montanismus, 1881. — HAUSCHILD, T.b Psychologie und Erkennt-
nistheorie, 1880. — G. LUDWIG, T.s Ethik, 1885. — J. Stier, Die Gottes- und
Logoslehre T.s, 1899.
Tessen-Wesierski, Franz von, geb. 1869 in Berent, Prof. der (kathol.)
Theologie in Breslau.
Schriften: De Magist. Adamo Bremensi, 1894. — Die Grundlagen des Wunder-
744 Tessen-Wesierski — Tetens.
begriffes, 1899. — Der Autoritätsbegriff in den Hauptphasen seiner hist Entwicklung,
1907, u. a.
Testa, Alfonso, geb. 1784 in Piacenza, gest. 1860. = Erst Sensualist^
dann Skeptiker, endlich (seit 1841) Anhänger Kants.
Schriften: Della filosofia dell' affetto, 1829-34. — Filosofia della mente, 1836.
— Della critica della ragion pura di Kant, 1841 — 49, u. a. — Vgl. CHEDARO, A. T.r
1885 f.
Tetens, Johann Nicolaus, geb. 1736 zu Tetenbüll, seit 1763 Prof. der
Physik, seit 1776 der Philosophie (und der Mathematik) in Kiel, seit 1789
Mitglied des Finanzkollegiums in Kopenhagen, gest. daselbst 1805.
T., der als Metaphysiker von der Leibniz-Wolffschen Philosophie beein-
flußt ist, in deren Sinne er die Seele als immaterielle Substanz und die
Elemente der Dinge ebenfalls als unkörperlich auffaßt, zeigt sich in seiner
Psychologie (Einfluß von Locke, Reid, Bonnet u. a.) und Erkenntnislehre ais-
selbständiger Denker. Als Methode der Psychologie, die auf Selbst-
beobachtung zu basieren ist, bestimmt er: „Die Modifikationen der Seele so
nehmen, wie sie durch das Selbstgefühl erkannt werden ; diese sorgfältig wieder-
holt und mit Abänderung der Umstände gewahrnehmen, beobachten, ihre Ent-
stehungsart und die Wirkungsgesetze der Kräfte, die sie hervorbringen, be-
merken ; alsdann die Beobachtungen vergleichen, auflösen und daraus die ein-
fachsten Vermögen und Wirkungsarten und deren Beziehung aufeinander auf-
suchen." T. bekämpft sowohl die reine Assoziationspsychologie als die
materialistisch-sensualistische Richtung. Den Begriff der Disposition
(..Spur'') faßt er nicht bloß physiologisch, sondern auch psychologisch auf.
Die Seele hat eine eigene Wirksamkeit, ist nicht bloß rezeptiv, sondern auch
aktiv, sie besitzt ein „Dichtungs vermögen", mittelst dessen sie aus mehreren
Empfindungen oder Vorstellungen neue einfache Vorstellungen herstellt (vgl.
Wundt: schöpferische Synthese). Vorstellungen des äußeren und des inneren
Sinnes werden unterschieden. Die Assoziation erfolgt nach Berührung und
Ähnlichkeit. Durch die Aufmerksamkeit, die sich auf sie lenkt, steht die
Vorstellung „abgesondert, herausgehoben, mit mehrerer und mit vorzüglicher
Helligkeit vor uns". Drei Seelenfunktionen gibt es: Verstand, „Gefühl" und
Wille. Das Gefühl der Lust und Unlust (als Bestandteil des Gefühls im
weiteren Sinne, welches auch die Empfindung enthält) nennt T. „Empfindnis"..
In den lustvollen Modifikationen der Seele ist ein Gefühl der Stärke und
Kraft der Seele vorhanden. Das Bewußtsein ist ein Gewahrnehmen (= Apper-
zeption); es gibt auch Vorstellungen ohne Bewußtsein.
Das Denken ist das „Erkennen der Verhältnisse und Beziehungen in den
Dingen". Die „Denkkraft" äußert sich als Unterscheiden, Gewahrnehmen, Be-
ziehen, Urteilen, Schließen. Es gibt ein eigenes „Gefühl der Beziehung', ein
Bemerken des Übergangs von einer Vorstellung zur anderen. Der Begriff der
Relation ist „von der Denkkraft hervorgebracht und ist nichts außer dem
ande, sondern ein ens rationis", subjektiv; aber das „fundamentum
relationis" kann etwas Objektives sein (eine Art der „Mitwirklichkeit" der Dinge).
Tetens — Thales. 745>
Wichtig ist die Unterscheidung von Form und Stoff der Erkenntnis (Einfluß,
seitens Kants Dissertation von 1770); letzterer entstammt der Wahrnehmung,,
erstere der Verstandes tätigkeit. „Die Form der Ideen hängt von der Denk-
kraft ab." Die Form ist „ein Werk der denkenden Kraft", so daß alle Be-
griffe „bearbeitete Empfindungsvorstellungen" sind. Raum und Zeit sind „Ver-
hältnisideen (Empfindungen, in ein Ganzes vereinigt). An der völligen Zurichtung
dieser Vorstellungen hat die „Dichtkraft" Anteil. Aus der Verstandestätigkeit
entspringen auch (formal) die Begriffe der Kausalität usw., indem der Ver-
stand Vorstellungen nach einem „Denkungsgesetze" verbindet und allgemeine
Wahrheiten erzeugt, die aller Erfahrung vorhergehen (vgl. Kants „a priori' %
Im Begriffe der Kausalität übertragen wir das am Gefühle unseres eigenen
Strebens Gefundene auf die Außendinge. Aus dem Gegründetsein einer Vor-
stellung in einer anderen, aus etwas „Subjektivischen", machen wir eine „objek-
tivische Abhängigkeit". Drei Arten der „einfachen Verhältnisse" („Denk-
arten") unterscheidet T. : 1. entspringend aus der Vergleichung der Vor-
stellung (Identität und Diversität und ihre Arten, d. h. die eigentlichen Re-
lationen); 2. aus dem Zusammennehmen und Absondern, Verbinden und
Trennen der Vorstellungen (Zueinandersein, Verbunden- und Getrenntsein, Zu-
gleichsein. Folge, Ordnimg und alle Arten der „Mit Wirklichkeit"); 3. die Ver-
hältnisse der Dependenz, Gegründetes — Grimd, Wirkung — Ursache. Die
notwendigen Wahrheiten der Vernunft erzwingen unseren Beifall; ihre
subjektive Notwendigkeit wird auf die Objekte übertragen. Die Axiome sind
nicht aus der Erfahrung abstrahiert, sondern in der Natur der Denkkraft gegründet.
Die Relativität und Subjektivität der Vorstellungen (als „Zeichen" von Eigen-
schaften der Dinge) hindert nicht die absolute Notwendigkeit ihrer
Relationen (Vorstellung zu Vorstellung wie Sache zu Sache). Die Objek-
tivität einer Sache bedeutet, daß sie allgemein und notwendig so erscheinen
muß („Ein beständiger Schein ist vor uns Realität" ; T. spricht hier von den
„Gesetzen jeder Denkkraft überhaupt"; vgl. Kants „Bewußtsein überhaupt").
Es gibt „Gesetze jedweder Denkkraft", „Wahrheiten für jeden Verstand", „not-
wendige Denkarten jedweden Verstandes". Die Objekte sind das, was wir
als Quellen unserer Empfindungen setzen und was wir durch letztere nur als-
Erscheinungen (Phänomene), nicht wie sie ihrem Wesen nach sind, erfassen
(vgl. Leibniz, Kant). — Die Freiheit der Seele besteht in ihrer Selbstmacht,
in ihrem Vermögen, anders zu handeln, als sie es tut, so aber, daß alle Hand-
lungen einen zureichenden Grund haben. Der Mensch ist zur Vervoll-
kommnung bestimmt, aber die Glückseligkeit hängt auch von äußeren
Faktoren ab.
Schriften: Über nietaphys. Wahrheiten, 1760. — Über die vorzüglichsten Be-
weise des Daseins Gottes, 1761. — Über den Ursprung der Sprache und Schrift, 1772.
— Über die allgemeine spekulative Philosophie, 1775. — Philos. Versuche über die
menschliche Natur und ihre Entwicklung, 1776-77 (Hauptwerk), u. a. — Vgl.
G. STÖRRING, Die Erkenntnistheorie von T., 1901. — M. SCHINZ, Die Moralphilos.
von T., 1906. — W. ÜBELE, J. X. Tetens (in Vorbereitung).
Thaies von Milet, geb. 624 v. Chr., gest. um 548 v. Chr. Er war ein
746 Thal es — Themistios.
für seine Zeit hervorragender Mathematiker ( — er wird als Begründer der Geo-
metrie in Griechenland genannt — ) und Astronom (so soll er die Sonnen-
finsternis von 585 v. Chr. vorausgesagt haben), auch ein tüchtiger Politiker.
Er gilt als einer der „sieben Weisen", als welchem ihm verschiedene Aussprüche
zugeschrieben werden (Erkenne dich selbst; Unmäßigkeit ist schlecht, u. a.).
Th. ist der Begründer der jonischen Naturphilosophie {xoiavxr\g o.qiy\-
yög cpdooo<piag, sagt Aristoteles) und damit auch der griechischen Philosophie
überhaupt. Als das Prinzip der Dinge, als dasjenige, woraus alles geworden
ist und wozu es wird, bestimmt er das Wasser {dqx^v x°v navxbg slvai xal
relog xö vöcoq. — viQ%i}v Ss xcov jiävzcov vdcog vneoxrjoaxo, Diog. Laert. I, 27).
Aus Wasser und zu Wasser wird alles (ig~ vdaxog ydg <prjoi jxdvxa elvau xai eig
vöcog Ttävxa ävaXvsodai, Stob. Eclog. I, 290). Nach Aristoteles stellt er das
„Wasser" vielleicht deshalb als Urstoff auf, weil die Nahrung von allem und
auch der Same feucht ist. Die Erde schwimmt auf dem Wasser. T. huldigt
ferner dem Hylozoismus (bzw. „Hylopsychismus"), der Anschauung, daß
•der Stoff durch sich selbst zugleich beseelt ist, indem er erklärt haben soll,
der Magnet ziehe das Eisen an und sei deshalb beseelt (xivrjxixöv xi zrjv ipvxrjv
v^o/.ajußdveiv, sikeg xov Xtöov xpvyjqv s%siv, oxi xöv otdsgov xivel, Aristot., De
anim. I, 2) und alles sei „voll von Göttern" (jxdvxa 7ilr\gr) fiecov elvai). In allem
ist also Leben und Seele (vjieoxi]oaxo xal xov xöo/uov e/uxpv%ov xai öatjuövcov
jikrjQt), Diog. Laert. I, 27 ; yvxqv fisfxix^ai, Aristot., De anim. I, 2).
Ähnlich wie Thaies lehrt später Hippon.
Schriften: Unbekannt. — Vgl. DlELS, Poet philos.; Fragmente der Vorsokratiker,
I, f. — DECKER, De Thalete Milesio, 1865. — DÖRING, Arch. f. Gesch. d. Philos.,
Bd., 109, 1902.
Thanner, Franz Ignaz, geb. 1770 in Neumark (Bayern), 1805 Prof. in
Landshut, 1808 in Innsbruck, 1810 am Lyzeum in Salzburg, gest. daselbst
1825. = Anhänger Kants und besonders Schellings.
Schriften: Darstellung der Kantschen Philosophie (von Mutschelle begonnen).
Der Transzendental-Idealismus, 1805. — Versuch einer möglichst faßlichen Darstellung
der absoluten Identitätslehre, 1810. — Lehrbuch der theoret. Philosophie, 1811 — 12.
— Lehr- und Handbuch der praktischen Philosophie, 1811.
Thanlow, Gustav, geb. 1817, Prof. in Kiel, gest. 1883. = Hegelianer,
mit besonderer Betonung der Pädagogik.
Schriften: Erhebung der Pädagogik zur philos. Wissenschaft, 1845. — Hegels
Ansichten über Erziehung und Unterricht, 1853 — 54. — Einleit. in d. Philos. und Enzy-
klopädie der Philos., 1862.
Theano, wird als Verwandte (Gattin oder Tochter) oder Schülerin des
Pythagoras genannt. Unter ihrem Namen bestanden Gedichte, Briefe und eine
Schrift über die Frömmigkeit, welche neupythagoreischen Charakter haben.
Themistios, Sohn des Philosophen Eugenios, lehrte im 4. Jahrh. n.
Chr. in Konstantinopel und anderen Städten. = Eklektischer, von Plato u. a.
beeinflußter Peripatetiker.
Schriften: Paraphrases Aristotelia librorura, 1866. — Kommentare zu Aristoteles*
Themistios — Theologie. 747
De anima, 1899, zu Analyt. poster. 1900, zur Physik, 1900, De coelo, 1902, 1. XII der
Metaphys., 1903, Parva Naturalia, 1903. — Orationes, 1832. — Opera, 1534.
Theodoret, Bischof von Kyros (Syrien), gest. 457. = Christlicher
Apologet, von Plato beeinflußt, Verfasser der Schrift „De curandis Graecorum
affectionibus".
Theodoros aus Asine Schüler des (Porphyr und) Jamblichos. Das
höchste Seiende ist das „Unaussprechliche", welches die Ursache des Guten
ist; dann folgen das Intelligible (mit Sein, Denken und Leben), das Intellek-
tuelle, das Demiurgische, das Psychische, das Materielle.
Schriften: Über die Namen, Kommentar zum Platonischen „Tiraaeus" (Steilen bei
Proklos), zum „Phaidon" u. a.
Theodoros der Atheist (ä&eog), Schüler des Aristippos, Kyrenaiker.
Lust und Unlust sind im Einzelnen weder gut noch schlecht (/usaa de •qöovrfv
y.al tiovov). Das Endziel des Handelns ist vielmehr die aus der Einsicht er-
wachsende Freude (xaQ<* ; xelog ö' vjiskd/ußave xagäv xal XvjirjV xtjv [xev im (pgo-
vr'joec, xt]v d exi äcpQoovvy). Freundschaft und Vaterland sind keine Werte, die
Welt ist unser Vaterland (slvai re Tiatgiöa xbv xöo/uov). Von Natur aus seien
Ehebruch, Sakrileg usw. nicht schändlich (Diog. Laert. II, 98 ff.).
Theodoros Metochita, lebte um 1330 in Konstantinopel. = Neu-
platoniker.
Schriften: Paraphrasen zu Aristotelischen Schriften, Abhandlungen über Plato,
u. a. — Opera, 1559.
Theodosios: 1. Skeptiker aus der Schule des Ainesidemos; 2. Neu-
platoniker.
Theodotos: 1. (Diodotos), um 230 n. Chr., Platoniker; 2. Neupiaton iker,
Gnostiker im 6. Jahrh. n. Chr.
Theognis aus Megara, wahrscheinlich im 5. Jahrh. v. Chr., oder um
500 v. Chr. Gnomen-Dichter, Pessimist.
Schriften: hrsg. von Welcker 1826; Ziegler 1880; deutsch 1834, 1860, 1880.
Theologie, deutsche, eine von Luther aufgefundene und 1516 heraus-
gegebene Schrift aus dem 14. Jahrhundert. — Der Inhalt dieser Schrift ist
eine an Ekhart orientierte Mystik, die den Weg zum Göttlichen, Voll-
kommenen, welches das Wesen aller Dinge ist, zeigt. Das Höchste ist die
Liebe zu Gott, in dem alles andere mit geliebt wird.
Ausgaben: 1516, 1851 (2. A. 1855; 4. A. 1901). — Vgl. REIFENßATH, Die
deutsche Theologie, 1863. — MaüFF, Der religionsphilos. Standpunkt der sog. deutschen
Theologie, 1890.
Theologie, pseudo-aristotelische, eine um 840 aus dem Griechischen
ins Arabische übersetzte und lateinisch verbreitete Schrift, deren Inhalt vielfach
aus Plotins „Enneaden" stammt. Das Prinzip der Gestaltung und Ordnung
der Dinge als Abbilder der Ideen ist die Weltseele.
Ausgaben: Aristotelis Stagiritae theologia, 1519, 1572; arabisch 1882; deutsch,
von Dieterici,~ 1883. — Vgl. MüNK, Melanges, S. 249 ff.
<4S Theomnestos — Thiele.
Theonmestos : 1. Platoniker, um 40 v. Chr.; 2. Kyniker.
Tlieon von Smyrna, Platoniker aus dem 2. Jahrh. n. Chr., Erklärer der
mathematischen Lehren Piatos.
Schriften: 1644, 1827, 1849, 1878.
Theophilus von Antiochien, Bischof von Antiochien um 180 n. Chr. =
Nach T. ist Gottes Wesen über alle Begriffe erhaben ; Gott ist ungeworden und
unveränderlich, Einheit. Den Logos, der ewig bei Gott war (als Xoyog kvöiaftexog),
als dessen Ratgeber (ov/ußovXog), hat Gott als seinen Erstgeborenen aus sich
heraus gesetzt (iysvvrjos TiQocpoQixöv) und durch ihn die Welt samt der Materie
aus Nichts geschaffen, damit seine Größe erkannt werde.
Schriften: Ad Autolycum, 1546, 1861. — Andere Schriften (gegen Marcion,
gegen Hermogenes u. a.) sind nicht erhalten. — Vgl. O. GROSS, Die Weltanschauungs-
lehre des Th., 1895; Die Gotteslehre des Th., 1896.
Theophrastos, geb. um 371 v. Chr. in Eresos (auf Lesbos), Nachfolger
des Aristoteles in der peripatetischen Schule, gest. um 288 v. Chr.
T. ist in seinen philosophischen Anschauungen Aristoteliker, aber mit ge-
wissen Modifikationen. Er ist, wie Aristoteles der Begründer der Zoologie, der
Begründer der Botanik, auch hat er die physikalischen Lehren der Philosophen
dargestellt und kritisiert. Die Aristotelische Logik hat T. (nebst Eudemos) im
Einzelnen weitergebildet (Hypothetische Urteile und Schlüsse). Das Denken
ist eine (unräumliche) „Bewegung" {xivr]oig, Simplic. Phys. F. 225 a). Der Geist
(vovg) ist einerseits transzendenten Ursprungs, anderseits ist er dem Menschen
eingeboren {ovpcpvTog), gehört er zur Natur der Seele, ist er ihr immanent.
Gott ist die erste, unbewegte Ursache der Dinge. Die Tugend ist an sich wert-
voll, aber ohne äußere Güter ist die Glückseligkeit nicht zu erreichen. Viel
gelesen und wiederholt nachgeahmt sind die ethischen Charakterschilderungen
des T.
Schriften: Von den zahlreichen Schriften des T. ist das Meiste verloren ge-
gangen. Erhalten sind : JJeqI (pvzcöv loxoQiag, tieqi (pvrcöv ahicov und kleinere natur-
wissenschaftliche Schriften. Metaphysik, 1890. — <Pvoixcöv dög~ai, Fragmente daraus
hei Diels, Doxogr. Graeci. 'Hdixoi ia.Qa.7ixy)QEg , Characteres, 1842, 1858, 1904, 1909
u. ö.; deutsch 1790, 1811, 1897. — Opera, 1495—98, 1818 — 21, 1842, 1854, 1866.
— Vgl. J. BEKNAYS, T.s Schrift über Frömmigkeit, 1866.
Thiele, Günther, geb. 1841 in Eohnstedt, 1882 Prof. in Königsberg und
(seit 1898) Dozent in Berlin, gest. 1911.
T. ist ein von Kant, Hegel, Lotze beeinflußter Vertreter des spekulativen
Theismus. Die Erkenntnis faßt er als Verarbeitung des Empfindungs-
materials durch das Denken auf, welches in fortschreitenden apriorischen Syn-
thesen alles vereinigt. A priori bedeutet also soviel wie: durch die Gesetz-
mäßigkeit des Denkens, durch das Wesen des Erkenntnisvermögens bedingt. Aus
der synthetischen Funktion des Geistes entspringen die Anschauungsformen
(Pvaum und Zeit), welche vom absoluten Weltgrunde abhängig, also objektiv
bedingt sind, und die Kategorien. Diesen ist das „Nach-außen-sich-be-
ziehen" wesentlich, sie „meinen" etwas außer sich, beziehen sich auf Anderes
Thiele — Thoene. 749
und sind objektiv begründet. Das Ich ist kein Denken, sondern „Selbstge-
fühl'', das „reine Sich-selbst-fühlen der Seele", das Sichselbstwollen derselben,
Identität vom Wissen und realem Sein. Im Fühlen weiß die Seele unmittel-
bar von sich, hat sie ihr „unwandelbares, beharrliches, stets mit sich identisches
Selbst" gesichert. Die Seele ist eine immaterielle Substanz, welche unsterblich
ist. In den Funktionen des Ichs manifestiert sich das reine, überzeitliche
Ich, welches die Unsterblichkeit der Seele verbürgt, die in jenem ihren
Lebensinhalt haben wird. Dem überzeitlichen Ich kommt Wahlfreiheit
und Wille zur Freiheit zu, der selbst dem Satze vom Grunde untergeordnet
ist. — Außen- und Innenwelt sind als solche Erscheinungen, denen aber
einfache, beharrliche Substanzen, die in Wechselwirkung miteinander stehen,
zugrunde liegen (Monadologischer Standpunkt). Die Dinge sind in Gott zur
Einheit vereinigt (Panentheismus). Gott selbst ist absoluter Weltgrund, über-
zeitliches, absolutes Selbstbewußtsein, das absolute Ich, welches die Welt ein-
schließt und überragt und in welchem der mechanische Kausalzusammenhang
des Geschehens zugleich ein einheitlicher Zweckzusammenhang ist.
Schriften: Wie sind die synthet. Urteile der Mathematik a priori möglich?
1869. — Kants intellektuelle Anschauung als Grundbegriff seines Kritizismus, 1876. —
Grundriß der Logik u. Metaphysik, 1878. — Die Philosophie Kants, 1882 — 87. —
Philosophie des Selbstbewußtseins, 1895 (Hauptwerk). — Kosmogonie u. Eeligion, 1898.
— Philos. Streifzüge an deutschen Hochschulen I: J. Bergmanns objektiver Idealismus
1904. — Vgl. H. SCHWARZ, Erkenntnistheoretisches aus der Eeligionsphilosophie T.s,
Yierteljahrsschr. f. wissenschaftl. Philosophie, 21. Bd.
Thierry von Chart res, Bruder Bernhards von Ch., lehrte um 1140
in Paris, 1141 Kanzler in Chartres, gest. um 1150. = Von Plato, dem Neu-
platonismus und Neupythagoreismus beeinflußt. Da jede Zweiheit, Anderheit
und Veränderlichkeit die Einheit voraussetzt, so existiert die (dreieinige) Gottheit
(„divinitas") als die ewige Einheit („unitas"), welche aus sich den Sohn (die
Weisheit) erzeugt, deren Verbindung mit ihm den heil. Geist ergibt. Die
Schöpfung der Dinge gleicht der Schöpfung der Zahlen aus der Einheit.
Schriften: Kommentar zum Hexaemeron (De sex dierum operibus, bei Haureau,
Notices et extraits), 1900, I. — Heptateuchon (Lehrbuch der „sieben freien Künste" mit
Auszügen), bei Clerval, Les ecoles de Chartres, 1895. — Vgl. M. DE WULF, Histoire
de philos. medievale (deutsche Übersetzung in Vorbereitung).
Thilo, Christfried Albert, geb. 1813, gest. als Oberkonsistorialrat in
Hannover. = Herbartianer, welcher die Unabhängigkeit der Offenbarungssätze
von der Philosophie betont, welche letztere aus sich allein nicht zur Erkenntnis
Gottes und des Alls zu führen vermag.
Schriften: Die Wissenschaftlichkeit der modernen spekul. Theologie, 1851. —
Die theologisierende Rechts- und Staatslehre, 1861. — Über Schopenhauers ethischen
Atheismus, 1868. — Pragmatische Geschichte der Philosophie, 2. A. 1880—81, u. a.
Thoeiie. Alois Seraphin, em. Dozent am Lyzeum zu Neunkirchen. =
Dualistisch-theistischer Standpunkt. Das Bewußtsein ist ein in Beziehung-
Stehen des Psychischen zum Ich oder Geist, dem Träger, der Quelle des
Psychischen. Das Psychische der Tiere ist unbewußt, ohne Ich, ohne eigent-
750 Thoene — Thomas.
liehe Seele. Unbewußte psychische Vorgänge gibt es auch im Menschen.
Das Wesen des Geistes besteht im Beziehen von anderem auf sich. Das
Denken ist ein Spezialfall des Wollens („Denkwollen"). Der Determinismus
hebt die Verantwortlichkeit nicht auf, die sich auf das wollende Ich bezieht.
Zwischen Geist und Materie besteht eine Wechselwirkung.
Schriften: System* der Metaphysik, 1908. — Die Mechanik des Seelenlebens,
1911. — Geschichte der Urzeit, 1910.
Thomas, Karl, gest. 1873. = Herbartianer. — Schriften: Spinoza als-
Metaphysiker, 1840. — Spinozas Individualismus u. Pantheismus, 1848. — Die Theorie
des Verkehrs, I: Die Grundbegriffe der Güterlehre, 1841. — Altes und Neues,
1863, u. a.
Thomas von Aquino (Th. Aquinas), geb. 1225 oder 1227 als Sohn
des Grafen Landolf von Aquino auf dem Schlosse zu Eoccasicca bei Aquino
(im Altertum Arpinum). Er wurde von den Benediktinern des Klosters von
Monte Cassino erzogen, studierte dann in Neapel, wo er in den Dominikaner-
orden eintrat, dann Philosophie und Theologie in Köln und Paris (unter Albertus
Magnus), wurde 1257 in Paris zum Doktor promoviert, lehrte in Köln und
Bologna, Rom, Neapel und starb auf der Eeise nach Lyon im Zisterzienser-
kloster Fossanuova bei Terracina am 7. März 1274. Der „doctor angelicus" („uni-
versalis") wurde 1286 von den Dominikanern zum offiziellen Lehrer des Ordens
(„doctor ordinis") ernannt und 1323 von Papst Johann XXII. kanonisiert.
T., der Schüler Alberts des Großen, dessen Gedanken er aufnimmt und
zum Teil weiterbildet, ist der bedeutendste christliche Scholastiker, derjenige,
der die Lehren der christlichen Kirche am systematischsten mit den Grund-
lehren der Aristotelischen Weltanschauung verbunden hat, die er von allem
„Heidnischen" reinigt, mit Bekämpfung neuplatonisch-averroistischer Anschau-
ungen und mit scharfer Scheidung der übernatürlichen (aber nicht widerver-
nünftigen) Offenbarungslehren von den mittelst der natürlichen Vernunft zu
beweisenden philosophischen Wahrheiten (Keine Lehre von der „doppelten
Wahrheit" : „Ea . . . quae ex revelatione divina per fidem tenetur, non possunt
naturali cognitioni esse contraria"). Die Dreieinigkeit, die zeitliche Schöpfung
der Welt u. a. sind rein philosophisch nicht zu beweisen, sondern Offen-
barungssätze, die man glauben muß, wobei der Wille eine Rolle spielt, der
den Intellekt zur Anerkennung veranlaßt. Beweisen lassen sich nur die durch
die natürliche Vernunft begreiflichen Vorstufen des Glaubens („praeambula
fidei"), und so dient die Vernunft dem Glauben („naturalis ratio subservit fidei"),
wie die Natur die Vorstufe der Gnade ist („gratia naturam non tollit, sed
perficit"). In intellektualistischer Weise betont T. die Erkenntnis als obersten
Lebenszweck, der namentlich in der Erkenntnis Gottes liegt („fere totius philo-
sophiae consideratio ad Dei cognitionem ordinatur"). Vom Seienden als solchen
handelt die Metaphysik („de ente in communi et de ente primo"), welche
aber die „Physik" hinausgeht („transphysica"). Die Logik handelt von den
Gedankendingen („entia rationis"), betrachtet nur die „formalen Prinzipien" der
Dinge und leitet zum richtigen Denken an. Sie besteht aus zwei Teilen („in-
Thomas. 751
ventiva" und ,,iudicativa") und ist rein oder angewandt („docens", „utens"). Die
Ethik gehört zur praktischen Wissenschaft („scientia practica").
In seiner Erkenntnislehre knüpft T. wesentlich an Aristoteles an,.
wobei er aber mit Augustinus die Unleugbarkeit einer Wahrheit überhaupt
darlegt. Erkenntnis beruht auf einer „Verähnlichung" des Erkennenden mit
dem Erkannten („omnis cognitio fit per assimilationem cognoscentis et cogniti")r
wobei das Erkannte ideell (als „esse intentionale") im Erkennenden gemäß der
Weise dieses letzteren ist („cognitum est in cognoscente secundum modum co-
gnoscentis"), so daß die Seele potentiell und ideell alles, der „Ort der Formen"
ist (vgl. Aristoteles). Im Erkennen erfolgt eine Vereinigung („unio") des Er-
kannten mit dem Erkennenden, von dem es mittelst einer sinnlichen oder un-
sinnlichen Form („species sensibilis", „s. intelligibilis"), einer psychischen
Disposition, erfaßt wird. Die Sinne nehmen die sinnlichen, der Intellekt
die intelligiblen Formen wahr. Von der Sinneswahrnehmung, welche das
Einzelne erfaßt, erhebt sich die Erkenntnis zur Erfassung des Allgemeinen
und des Wesens der Dinge („omnis nostra cognitio a sensu incipit, qui
singularium est", „cognitio intellectiva penetrat usque ad essentiam rei"). Zu-
höchst erkennen wir alles in Gott („omnia discimur in Deo videre"), in den
ewigen Urgründen der Dinge („in rationibus aeternis"). Sich selbst erkennt
der Geist (ohne Vermittlung von „species") nicht seinem Wesen nach, sondern
in seinem Denken der Objekte („non cognoscit seipsum per suam essentiam,
sed per actum, quo intellectus agens abstrahit a sensibilibus species intelligibles"),
also reflexiv („ex hoc, quod apprehendit alia, devenit in suam cognitionem",
„intellectus . . . supera se ipsum agendo reflectitur"). Das Denken ist eine
unterscheidend-vergleichentie Tätigkeit der Seele, welche selbst keines mate-
riellen Organs bedarf („non fit per aliquod Organum corporate"), wenn auch
die sinnlichen Vorstellungen, die es verarbeitet, leiblich bedingt sind („intellectus
noster secundum statum praesentem nihil intelligit sine phantasmate"; vgl.
Aristoteles). Der tätige Intellekt („intellectus agens") abstrahiert von den
Vorstellungen die geistigen Formen („abstrahiere formam a materia individuali")
und erzeugt so das Abstrakte, das logisch Allgemeine als solches („formae
fiunt intellectae in actu per abstractionem" ; „intellectus agens causat univer-
sale abstrahendo a materia"; „universale fit per abstractionem a materia indi-
viduali"). Die Erkenntnis des Einzelnen geht der des Allgemeinen voran
(„cognitio singularium est prior quoad nos quam cognitio universalium"), aber
das eigentliche Wissen geht auf das Allgemeine („scientia est universalium",
wie bei Aristoteles). Der Intellekt erfaßt („apprehendit") das den Dingen
immanente Allgemeine, Wesentliche (die „quidditas") und hebt es gesondert
heraus, ohne daß es auch real gesondert und selbständig existiert („univer-
saüa . . . non sunt res subsistentes, sed habent esse solum in singularibus";
gemäßigter „Realismus": universalia in rebus). Vor den Dingen bestehen die
Universalien nur als ewige Urbilder („formae exemplares", „rationes rerunri,
Ideen im göttlichen Intellekt („intellectus aeternus"; „forma in mente divina,
ad similitudinem cuius mundus est factus"). Es gibt nach T. keine ange-
borenen Begriffe von den Dingen; ohne Wechselwirkung von Objekt und
752 Thomas.
Subjekt ist Erkenntnis nicht möglich. Doch präexistieren in uns gewisse
Weisheitskeime („semina scientiarum"), die Anlagen zu gewissen Begriffen
(„primae conceptiones") ; dem Intellekt ist sein eigenes Wesen eingeboren
-(„essentia sua . . . innata"; vgl. Leibniz). Die Wahrheit ist etwas Ideelles,
hat aber in den Dingen ein Fundament; sie ist die Übereinstimmung von
Denken und Sein („adaequatio intellectus et rei"). Die Vernunftwahrheiten
sind im göttlichen Geiste ewig, der die Wahrheit selbst ist, an der nicht ge-
zweifelt werden kann. Ein Fundament in den Dingen haben auch die Be-
ziehungen der Dinge („relatio fundatur in aliquo sicut in causa").
Der Ontologie des T. gemäß ist alles Seiende eines, wahr und gut
(„unum, verum, bonum"). Die konkreten endlichen Dinge, Individuen, Sub-
stanzen („substantiae primae") bestehen aus Materie und Form. Die Materie
ist reine Potenz („potentia pura"), die Möglichkeit zu etwas, das Substrat
(„primum subiectum"), aus dem etwas wird („ex quo aliquid fit"). Die
primäre Materie („materie prima") ist das abstrakt gedachte Vermögen der
Aufnahme von Formen überhaupt. Das Prinzip der Individuation
(„principium individuationis") ist die Materie durch ihre bestimmte Größe
(„quantitas dimensiva"), die schon von einer Form gestaltete Materie („materia
signata". z. B. ein Stück Fleisch; „dico materiam signatam. quae sub certis
dimensionibus consideratur" ; die „materia sensibus signata" ist „individuationis
et singularitatis principium"; „forniae quae sunt receptibiles in materia indivi-
duantur per materiam quae non potest esse in alio"). Nur die immateriellen
Formen („formae separatae") individualisieren sich durch sich selbst („se ipsis
individuantur"). Die Form im (Sinne des Aristoteles) ist das, wodurch die
Dinge ihre Wirklichkeit haben („actus, per res actu'existunt", „actus primus")
und das Prinzip des Wirkens in allem („principium agendi in unoquoque") ;
sie gibt der Materie ihr aktuales Sein („forma dat materiae esse"). Während
die akzidentelle Form („f. accidentalis") die Substanz nur äußerlich bestimmt (be-
züglich des „quäle vel quantum"), ist die substantielle, wesentliche Form
(„forma substantialis, essentiales") der Wesensgrund des Dinges. Materielle
Formen („formae materalis, adhaerentes") sind die mit einem Stoffe verbundenen,
in einem solchen wirksamen Formen; hingegen sind die getrennten, subsistenten
Formen („f. separatae, subsistentes") ein immaterielles, selbständiges Sein. Zu
■den letzteren gehören Gott, die Engel und die menschlichen Seelen.
Das Dasein Gottes ist, sofern Gott die Wahrheit ist, unbestreitbar. Be-
weisbar ist die Existenz Gottes nicht a priori (aus einer Ursache), sondern nur
a posteriori, aus seinen Wirkungen erkennbar, nämlich als die erste, unbeweg-
liche, bewegende Ursache von allem, als die oberste bewirkende Ursache, als
das absolut Notwendige („per se necesse esse"), als das Realste und Voll-
kommenste, als der Endzweck der Dinge, als die vernünftige Vor-
sehung. Gott hat „Aseität", er ist von nichts als sich selbst abhängig
i,. prima causa essendi non habens ab alio esse"), einfach, reine, immaterielle
W irklichkeit („actus purus"), zeitlos („extra ordinem temporis"), unend-
lich, unveränderlich, in allem als Ursache wirksam („Deus est in omnibus
rebus, sicut agens adest ei, in quo agit intime"), vernünftig (denkend), gütig
Thomas.
usw. Gott ist dreieinig; indem er sich seihst erkennt, zeugl <i
bild, den Sohn, und die Liebe zwischen Vater and Sohn Lei der heilige Geist
Alles außer Gott ist von Gott aus Nicht- („es nihilo") geschaffen. D
Schöpfung ist ein Hervorgehen der Dinge au- Gott sla der allgemeinen
Ursache („causa universalis"), und zwar hat Gott von verschiedenen m
liehen Welten die beste gewählt (vgl. Leibniz) und si en, um in
ihr seine Vollkommenheit zu offenbaren; das Böse hat Gott nur alfl Mittel
zur Förderung des Guten zugelassen. Die zeitliche Entstehung der Weh i-t
ebensowenig beweisbar wie deren Ewigkeit, sondern ein Glaubenssatz. Di
Erhaltung der Welt ist eine ununterbrochene Schöpfung („creatio continua \
vgl. Augustinus). Die Zeit war nicht vor der Welt, sondern ist mit ihr
schaffen; sie ist die Anzahl der Bewegung nach dem Früheren und Späteren
(..numerus motus seeundum prius et posterius"). Immaterielle geistige I
schöpfe sind außer den menschlichen Seelen die (im „empyreum", in der
neunten Himmelssphäre befindlichen) Engel, zu denen auch die [ntellig
gehören, welche die Gestirne bewegen (Sphärentheorie, geozentrische Weltan-
schauung).
Die Körper sind dreidimensionale Substanzen (die „corporeitas" i-t eine
„forma accidentalis"). Die Qualit äten der Körper sind insgesamt objektiv
(wie nach Aristoteles), Die Kausalität besteht nicht in der Überführung einer
Qualität von einem Dinge zum anderen, sondern in der Aktualisierung einer 1
(„agens naturale non traducens propriam formam in alterum Bubiectum, -
reducens subiectum quod patitur potentia in actum"). Jede Wirkung hal
eine Ursache („omnis affectus habet causam"), jedes Bewegte muß von einem
anderen bewegt werden („omne . . . quod movetur, oportet ab alio m
Die Ursache der Ursachen („causa causarum") ist der Zweck, d. h. das-
jenige, wonach die Ursache strebt (..hoc dieimus esse finem, in quo tendit
impetus agentis"), indem jedes Agene um eines Zieles, eines Guten willen
strebt („omne agens agil propter bonunr'). Di«' Zweckursache („causa final
i-t die erste der Ursachen. In der Natur geschieht Dichte umsonst
Aristoteles). Das Endziel vmi allem („finis rerum omnium") i-i <;<>n.
Die Seele ist zugleich «la- Lebensprinzip („prineipium vitae* 8 un-
körperlich, aber mit dem Leibe, in dem sie ganz i-t. natürlich verei]
nnio"), so besonders zur Einheil des Menschen. Di« Seel il wie nach \
J.I.-, die Entelechie des Organismus. Die menschliche, vernünfl
<..aninia rationalis") ist eine substantiale, subsistierende, einfache „1 „forma
per .,. subsistens", „forma Bive Bubetantia BÜnpl« rms sep
v..in Leibe trennbar und zur vegetativen und sensitiven s-eie hin/u^esehafl
i~t, so aber, dafl dann ein.- einheitlich« Seele all« Funkionen ausübt, wobei d
Intellekt (Geisl - als solcher organlos ist Die S blich, •
Substanz (lfintellectualifl Bubetantia") anzerstörbar im. I die
Averroistische Lehre von der Einh< \\ d< i ten Mem !;•
sich T. in einer eigenen Schrift (vgl.: „cum Intell«
II... non im in omnibus • i inultip i multipltcationem
animarum"), ebenso bekämpft er die Lehre von der P - Die
-ler, l'li
. 54 Thomas.
eine Seelensubstanz übt verschiedene Funktionen („operationes") aus, hat
verschiedene Vermögen („potentiae" : vegetatives, sensitives, appetitives, motives,
intellektives Vermögen). Der aktive Intellekt verarbeitet die Vorstellungen
zu begrifflichen Gebilden (s. oben, auch über Wahrnehmung und Erkenntnis).
Die Affekte sind nach T. Störungen der Seele, Erregungen des sinnlichen
Begehrens. Das Begehren (Streben) ist eine eigene Funktion der Seele; der
Trieb ist das niedere, sinnliche Begehren. Der Wille im engeren Sinne ist
das vernünftige Streben („appetitus rationalis"). Intellekt und Wille schließen
einander wechselseitig ein, bedingen einander. Der Intellekt leitet den Willen
und ist insofern das Primäre („intellectus altior et prior voluntate", Intellek-
tualismus); aber der Wille bewegt die Vernunft („movet rationem") und hat.
insofern auch den Primat. Frei ist der Wille, sofern er nur innerlich erregt
wird („moveri voluntarie est moveri ex se, id est a principio intrinseco"). In-
dem der Mensch vernünftig über seine Zwecke urteilt und durch seine Einsicht
den Willen erregen (nicht zwingen) läßt, ist sein Wille frei („intellectus movet
voluntatem . . . per modum finis"). Der Wille strebt naturgemäß nach dem Guten
als seinem Endziele, aber in der Wahl der Mittel ist er frei, indeterminiert,,
hat er seine Neigung in der Gewalt, wird er nur durch sich selbst determiniert
(„habet in potestate ipsam inclinationem", „determinatur a se ipsa" ; „homo est
dominus suorum actuum et volendi et non volendi propter deliberationem
rationis quae potest flecti"). Wille und Wahlfreiheit („liberum arbitrium")
sind geradezu eins.
DieEthi k des T. ist aristotelisch-christlich. Gut ist, allgemein, was einem Wesen
gemäß ist („quod convenit ei secundum suam formam"). Sittlich gut ist, was-
dem Wesen des Menschen angemessen ist , also aus der Vernunft entspringt.
Die Tugend ist eine Geistesbeschaffenheit, vermöge welcher wir recht leben,,
eine Vollkommenheit, infolge deren wir das dem göttlichen Gesetz Gemäße tun, das-
eine Bedingung der Seligkeit ist. Außer den philosophischen (intellektuellen
und moralischen) Tugenden gibt es theologische, uns von Gott eingeflossene
(„virtutes infusae", „ex divino munere nobis infunduntur") Tugenden (Glaube,
Hoffnung, Liebe). Die moralischen Tugenden bestehen im Einhalten der rechten
Mitte. Das Gewissen ist eine Anwendung unseres Wissens auf unsere Hand-
lungen („actus quo scientiam ad ea quae agimus applicamus"; „consciencia
antecedens — consequens"). Die uns zum Guten antreibende, vor dem Wesen
warnende Seelenkraft nennt T. (wie schon Albert u. a.) „Synderesis". Die
höchste Glückseligkeit ist die Schauung des göttlichen Wesens, liegt also im
Erkennen („in actu intellectus").
Die menschlichen Gesetze sind Anwendungen des ewigen, göttlichen
Naturgesetzes (als „participatio legis aeternae in rationali creatura"), welches
auf das allgemeine Wohl („bonum commune") geht. Von Natur aus ist der
Mensch ein soziales Wesen („naturaliter homo sociale"); dasjenige, ohne
welches die menschliche Gesellschaft sich nicht erhalten kann, ist das den
Menschen Naturgemäße („naturaliter convenientia"). Die rechte Regierung
(„rectum et iustum regimen") hat nur das allgemeine Wohl im Auge; am
Thomas.
stärksten ist sie in der Hand eines Monarchen, der aber nicht die Möglichkeit
haben darf, sich zum Despoten zu machen.
Auch eine Theorie des A sthetisc hen gibt T., die zum Teil schon an Kant
innert. Zur Schönheit gehören objektiv Proportion („integritas uve pr
Konsonanz, Klarheit („pulchritudo per se"). Das Schone gefallt durch
selbst und unmittelbar, in ihm ruht das Begehren i..pulchniin cmm PP1®"
hensio placet", „ad rationem pulchri pertinet, quod in eius aspectu m titione
quietetm appetitus").
Nach einiger Zeit, die reich war an Angriffen (seitens H. Kilwanlhy,
J. Peckham, Wilhelm von Laraarre u. a.) gegen Thomas und Beine Anhänger, kam
der Thomismus zu hoher Geltung. Im Jahre 1567 wurde T. von Papst Pin- Y.
zum fünften Kirchenlehrer erklärt, und 1879 wurde durch Leo XIII. (Bolle
..Aeterni patris") der Thomismus zur allein offiziellen Kirchen-Philosophie er-
hoben. Anhänger des T. sind: Aegydius von Colonna, Hervaens Xatalis.
Thomas, Bradw ardine, Durand von St. Pourcain, Aegydius von
Lessines, Bernardus de Trilia, Johannes Parisiensis, Gottfried
von Fontaines, Siger von Courtrai, Petrus Hispanns, Dante n. a..
ferner Heinrich von Gorkum, Johannes Versor, Petras N
Lambertus de Monte, Dominicus de Flandria, Thomas de Vio
iCajetanus), Dominicus Soto, Toletus, G. Vasqnez, Suarei n. a.
— Moderne Thomisten , bzw. „Xeothomisten" oder auch „Neoscholastiker*4
überhaupt, sind Stöckl, Kleutgen, Haffner, Chr. nnd I. Pesch,
Y. Cathrein, O. Willmann, Gutberiet, Beman, Commer, Feldner,
Lehmen, Frick, v. Hertling, Glossner, Baeomker, Braig u.a..
Karges, Mercier, de Wulf, E. Plane u. a.. Newmtn, Harper,
Rickaby u. a., Liberatore, Ventura, Font an a. Sansererino, Bai m es
u. a. Vgl. die ., Revue Thomist. ■■•. „Revue Deb-scolastique", „Divus Ihoi
„Jahrb. t. Philos. u. spckul. Theol.". „Annalee de philos. chr&ienne*', ..Kiv. di
Bios, neoeoolastica".
Schriften: Kommentare zu Aristoteles und zum Liber do oau-i : Dl
essentia; De principio indhiduationis; De aeternitato mundi . I>e Mtan Btfc
Quaeationes quodlibetales; De ngfaaine principom, deut«. h 1897, u. a., und die i
.-hriften: Summa theologica (Summa thelopae), l*< I 1878, 1882, 1894; <!•
C. M. Schneider, 1891 f. — Summa do veritate t'id.-i esthoHsM urama
philosophica), 1878, 1892, (1898), Cunipcmlium theo rar tu
• ntenzen des Petrus Lombardus u. a. — Opera, |
26 l'.dc.j, 1876 (84 Bde. , L889 tl. (offiitoUi Joi RDAIV, Ls pail
St. Th, 1858. — K. Wi :i:\i k. Tb. m A., L858 Ä >HB4 n wi m i I
Philos. d. Tb., kriti- l. gewftrdigt, 1889 EüCKltf, Di« I
8. A. 1910. — GONZAJJEZ, Di« H'ilo« *•» 1 P \ i m \ n n
Staatslehre de« h. II... L8'
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Natur, V,-niii.,ft. Qotl V. Q] MMH II. I
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756 Thomas — Thomasius.
Arch. f. Gesch. d. Philos. XII, 1899. — M. WlTTMANN, Die Stellung des h. Th. von
Aqu. zu Avencebrol, 1900. — GüTTMANN, Das Verhältnis des Th. von A. zum Juden-
tum, 1891. — N. KAUFMANN, Die Erkenntnislehre des h. Th., Philos. Jahrb. II, 1889.
— SCHÜTZ, Thomas-Lexikon, 2. A. 1895. — M. DE WULF, Gesch. der raittelalterl.
Philos. (deutsch in Vorbereitung). — ENDRES, Th. v. A., 1910.
Thomas Bradwardine s. Bradwardine.
Thomas von Cantimpre (Cantimpratensis), auch Th. Brabantinus ge-
nannt, lebte im 13. Jahrh., Schüler Alberts des Großen, Verfasser von Kommen-
taren zu Aristoteles u. a.
Thomas (Hamerken) von Kempen (a Kempis), gest. 1471, Mystiker,
dessen Schrift „Von der Nachfolge Christi" viel gelesen wurde.
Thomas von Straßburg (Th. ab Argentina), gest. 1357 als General-
prior des Augustinerordens, Schüler des Aegydius von Colonna. = Th. ver-
bindet mit dem Augustinismus thomistische Lehren.
Schriften: Commentarii in IV libros Sententiarum, 1585 u. a.
Thomasius, Christian, geb. 1655 in Leipzig als Sohn des Jakob Th.,
studierte Jurisprudenz und Philosophie, seit 1681 Dozent in Leipzig, 1690 (bzw.
1694) Prof. in Halle, gest. 1728 daselbst.
T., der, wegen des Freimuts, mit dem er gegen den Aberglauben (Hexen -
wesen) und für die Freiheit der Wissenschaft und des Glaubens eintrat, viele
Anfeindungen erlitt, und der zuerst Vorlesungen in deutscher Sprache hielt,
wie er zum Teil auch deutsch schrieb (er gab die erste wissenschaftliche Zeit-
schrift in deutscher Sprache heraus), gehört zu den Vorläufern der Aufklärung.
Er trennt die Philosophie scharf von der Theologie und bekämpft die aristo-
telisch-scholastische Methode. Während die Theologie auf der Offenbarung be-
ruht und der ewigen Seligkeit dient, hat die Philosophie ihren Ursprung im
Lichte der Vernunft und dient der irdischen Wohlfahrt des Menschengeschlechts
(„philosophia intellectualis instrumentalis ex lumine rationis Deum, creaturas
et actiones hominum naturales et morales considerans et in earum causas in-
quirens, in utilitatem generis humani"). Die Logik bedarf einer Reform. Das
Denken ist eine innere Bede, eine Art Selbstgespräch; als Tätigkeit ist es ein
Unterscheiden und Ordnen der Empfindungen. Die gesunde Vernunft („sensus
communis") ist das Kriterium der Wahrheit. Alle Erkenntnis beruht auf der
Wahrnehmung. Wir erkennen unmittelbar nur die Wirkungen der Substanzen,
nicht diese selbst. Es gibt aber außer den körperlichen auch geistige Sub-
stanzen (Seelen, Naturgeister), an deren Spitze Gott steht. Die Materie besteht
nicht ohne Kräfte, ist uns nur in diesen gegeben. Der Wille ist ein verstandes-
mäßiges Streben und ist psychologisch determiniert.
In seiner praktischen Philosophie ist Th. von Grotius, Pufendorf u. a. be-
einflußt. Die Jurisprudenz ist von der Theologie unabhängig zu gestalten, auch
Recht und Moral sind unterschieden. Das Endziel des menschlichen Handelns
ist die Glückseligkeit, der auch die Ethik dient. Das Prinzip der Sittlichkeit
'des „honestum") besteht in der Forderung: Tue dir selbst das, wovon du
wünscht, daß andere es sich selbst tun, weil du es an ihnen löblich findest. Dazu
THOMA-ir- — THOE& B.
kommen das Prinzip der Gerechtigkeit (des „iustunr') und das der Anständigkeit
(des „decorum") als Postulate des Naturrechts und der Politik. Das Recht Lei
teils Naturrecht, teils positives Recht. Ersteres entspringt (nach der früheren
Anschauung des Th.) aus Gottes Willen („legum omnium foi
divina"); es ist unveränderlich, wie der Geselligkeitstrieb des Menschen, dem
es dient. Das Recht ist eine Bedingung des sozialen Lebens und der Glück-
seligkeit des Menschen. Das Xaturrecht hat Gott dem Menschen ine Herz
-' hrieben ; es ist bedürfnisgemäß und es ist durch die Vernunft zu finden. 1
Staat hat bloß Recht und Frieden zu wahren, nicht aber das Gewissen zu
Vormunden.
Schriften: In6titutiones iurisprudentiae, 1688. — lntroductio ad philosophiam
aulicam , 1688, 1702. — Einleit. zur Vernunftlehre, 1691. — Einleit. in die Sitten-
lehre, 1692. — Historie der Weisheit und Torheit, 1693. — Ausübung der Sittenlehre,
1696. — Versuch vom Wesen des menschlichen Geistes, 1699. — lntroductio in philos.
rationalem, 1701. — Ausübung der Vernunftlehre, 1710. — Fundamenta iuris naturae et
gentium ex sensu communi dedueta, 1705. — Kleine deutsche Schriften, 1894. — Vgl.
FÜLLEBORN, Beiträge zur Gesch. d. Philos., 1791 — 99, IV. — LUDEN, Chr. Th.. 1-
— XlCOLADONl, Chr. Th., 1888. — R. KaySEB, Chr. Th. u. der Pietismus, 19'
I liomawins. Jacob, Vater von ehr. Th., geb. 1622 in Leipzig, Professor
und Rektor daselbst, gest. 1684. Zu seinen Schulen) gehörte Leibniz.
Schriften: Schediasma historicum, 1665; 2. A. : Origines historiae philosophiae
et ecclestiaticae , hrsg. 1699. — Exercitatio de Stoica mundi exustionc, 1072. — De
doctoribus scholasticis, 1676. — Erotemata metaphysica, hrsg. IT
Thomson, Sir William (Lord Kelvin), geb. 1824, Beil L846 Prof. der Physik
in Glasgow, gest. 1907. = Nach Th. besteht die Materie ans „Wirbelatomen4'.
Schriften: Populäre Vorträge und Keden, 2. A. 1891. — Treatise ob Natural
Philos. [mit Tait), 1890 tf., u. a. (Lehre von der Entropie).
Tliorilri, Thomas, geb. 1759 in Kongelf (Schwedt - 6, all Prol der
schwedischen Literatur und Sprache in GretiswalcL = Von i: iseau, Berder
u. a. beeintlulit, vertritt Th. einen ästhetischen, hylosoistischen Pantheismus.
Schriften: Maximum sive Archimetria, 1799. — llarmonien, 17'.' I. u. a. — \
( .II.U.K, Th., 1820.
I Ikm^< li. Berthold, geb. L862 in Prag, Advokat in Wien. - Nach T.
jede Fra^e nach dem Wesen des All-, des Beins, nach .-in, •in An -ich nun.
onbeantwortbar. Alles besteht an- Beziehungen von Elementen, die nur
Glieder dieser Beziehungen das sind, «ras sie sind. Ds P bische ist eine
den übrigen Vi o koordinierte, eben-.» real«- Gruppe von Punktionen, ein
Teil des All-. Das [ch i-t ein \,>n der taflenwelt sich tmterscheidender Kom-
plex von Beziehnngen. [ndividnum and Gesellschaft stehen einander nicht als
absolute Einheiten »ndern sind Komplexe verschiedenen Reich-
tum- der Variation, verschiedenen Reichtums des Austausches, verschiedener
Einheit der Ausgleichungsvorj [ndividnum and Gesellschaft sind nur
beständig «rechselnde, sich verändernd,- „proportionale Beziehungen".
Einzelne ist ein solches nur im "\ b um Ariderem, das als susam
lieint. I ), : i atkomplex i-t n „Vielt VerhAltnuM
75S THORSCH — TlBERGHIEN
zwischen Einzelnen und Gemeinschaf t". Jede Gemeinschaft ist Gemeinschaft
nur in Beziehung auf bestimmte Elemente, niemals an sich. Alles ist Gemein-
schaftswesen und Einzelwesen zugleich.
Schriften: Der Einzelne und die Gesellschaft, 2. A. 1907.
Thraiidoi ff. Karl Friedrich Eusebius, geb. 1783 in Berlin, seit 1813
Gymnasialprofessor daselbst (bis 1839), gest. 1863.
T., ein Gegner Hegels, steht auf dem Standpunkte eines christlichen Theis-
mus und Supranaturalismus, der den Gegensatz von Glauben und Wissen über-
winden will, der nur ein künstlicher ist. Die übernatürliche, göttliche Einheit
haben wir unmittelbar durch ihre Offenbarung als Objekt eines ursprünglichen
Bewußtseins. Das Gottesbewußtsein ist nicht durch die Vernunft bedingt,
sondern es ist die Vernunft umgekehrt erst durch die Erhebung des Menschen
zum Gottesbewußtsein möglich, als „Vernehmen des Übernatürlichen", welches
den ersten Menschen zuteil ward. — In seiner Ästhetik, auf deren Bedeutung
E. v. Hartmann aufmerksam machte, bestimmt Th. das Schöne als das Er-
scheinen der Form des Universums in einem Bilde, als die sich selbst er-
fassende Liebe.
Schriften: Lehre von der Weltanschauung und Kunst, 1827. — Wie kann der
Supranaturalismus sein Recht gegen Hegel behaupten? 1840. — Schelling und Hegel,
1842. — Der welthistor. Zweifel, 1852. — Der Mensch, das Ebenbild des dreieinigen
Gottes, 1853. — Der Teufel kein dogmatisches Hirngespinst, 1853. — Theos, nicht
Kosmos, 1859; 2. A. 1860. — 33 Artikel gegen den Grundirrtum der Zeit, 1858. — Was
ist Wahrheit? 1863, u. a. (zum Teil ungedruckt). — Vgl. E. V. HARTMANN, Die
deutsche Ästhetik seit Kant, und Philos. Monatshefte, 1886. — R. O. ANHUTH (An-
hänger Th.s), Das wahnsinnige Bewußtsein u. die unbewußte Vorstellung, 1877. —
J. V. BlLLEWICZ, Philos. Monatshefte, 1886. — NoACK, Philos.-gesch. Lexikon,
S. 888 f.
Tlirasyllos aus Mendes (Unterägypten), Platoniker, gest. 36 nach Chr.
in Born. = Th. teilte die Platonischen Dialoge in neun Tetralogien.
Ttirasymachos, Zeitgenosse des Sokrates, Sophist. = Th. betrachtet
(nach Plato, Rep. 344 c) das Recht als das dem Stärkeren Nützliche (rö ös-
xaiov ovx aXlo xi rj zö zov xQsirrovog ^vfxcpEQov).
Thiimmig, Ludwig Philipp, geb. 1697 in Culmbach, Prof. in Halle, mußte
mit Chr. Wolff Halle verlassen, lehrte dann in Cassel am Collegium Carolinum,
gest. 1728. = Treuer Anhänger Wolffs.
Schriften: De immortalitate animae, 1721. — Institutiones philosophiae Wolffi-
anae, 1721 — 26. — Meletemata varii et rarioris argumenti, 1727.
Thnrot, Francois, geb. 1768 in Issoudun, seit 1811 Prof. in Paris, gest.
daselbst 1832. = Psychologisch-empirischer Standpunkt.
Schriften: De l'entendement et de la raison, 1830, u. a.
Tibers hien, Guillaume, geb. 1819, Prof. in Brüssel, gest. 1901. = An-
hänger Chr. Krauses.
Schriften: Theoriede l'infini 1846. — Etudes aur la religion, 1857. — Psycho-
logie, 1862; 3. ed. 1879. — Introduction ä la philos., 1868; 2. ed. 1880. — Les
commandements de l'humanit6, 1872, u. a. — Vgl. ROUSSAUX, Rev. Neoscolast., 1902.
TlEDEMAXX — Tl>!
Tiedeniann, Dietrich, geb. 1748 in Bremervörde, seil 1786 l'rof. in
Harburg, trest. daselbst 1803.
T. ist besonders von Locke und Leibniz beeinflußt. Mit it^t
er die Existenz angeborener Ideen und leitet er die ErkenntnH mm fcuii
und innerer Erfahrung ab; mit letzterem sieht er im Vorstellen I ud-
funktion der Seele. Diese, die mit dem Leibe in Wechselwirkung steht, ist i
gedehnt und solid, dennoch aber unkörperlich und unsterblich. Kants Kriti-
zismus findet T. zu dogmatisch.
Schriften: Versuch einer Erklärung des Ursprungs der Sprache, 1772. — Svstem
der Stoischen Philosophie, 1776. — Untersuchungen über den Menschen, 1777—7-
(Hauptwerk). — Theaetet oder über das menschliche Wissen, 1794 (gegen Kant). —
Idealistische Briefe, 1798. — Handbuch der Psychologie, hrsg. 1 804. — Griechenlands
erste Philosophie, 1780. — Hermes Trismegistos Poemander, 1781. — Geist der speku-
lativen Philosophie von Thaies bis Berkeley, 6 Bde., 1791—97. — Vgl. JAKOBSKÖTTBB,
Die Psychologie D. T.s, 1898.
Tieftrunk, Johann Heinrich, geb. 1760 in St ; Rostock, Prof. in
Halle (seit 1792), gest. 1837. = Kantianer, der in Beinen letzten Schriften ant
Reinigung der deutschen Sprache von Fremdwörtern u. a. Gewicht - B,
statt Vernnnft: Kmporkraft, statt reflektieren : bewiesen usw.) und Btch oft einer
grotesken Darstellungsweise befleißigt Die Religion beruht auf Offenbarui
welche aber in einem praktischen Bedürfnis wurzelt
Schriften: Versuch einer Kritik der Religion und aller religiösen Dogmatik,
1790. — Die Religion der Mündigen, 1799 — 1800. — Briefe über das I)
Freiheit und Unsterblichkeit, 1791. — Philos. Untersuch, über da« Privatrecl.'
— Philos. Unters, über das örtentl. Recht, 1799. — Ph. l'nt. über die Tugendlc
1805. — Das Weltall nach menschlicher Ansicht 1, 18S1. — Denklehr«» in rein
deutschem Gewände, 1825 — 27, u. a. — Vgl. (I. Kii:i/. Die Religioniphiloi.
J. EL T.s, 1907.
Tiele, Cornelius Petrus, geb. 1830, Prot in Leiden, gm -. = Nach
T. ist dee Wesen der Religion fromme Anbetung jeder Art.
Schriften (deutsch): Einleit. in dio Bahfi— WJMCTtch , , IBM— 1901. — Oxwai
der Religionswissenschaft, 1904. — Kompendium «lor Religi
Till«», Alexander, geb. 1866 in Lauenstein, Generalsekretär da S
Industrie in St Johann-Saarbrücken. = EYolutwnfetfech-s«-l«.-kii«Mii»ti-«<-h«-!
ikratischer Standpunkt
Schriften: Von Darwin bis Nietzsche, 1896. — NatiunaWziali*' I ».
I imnioM i. von Lokroti Loeri, Unteritalien), Pyth
und Plato (vgl. des letzteren D Eine ihm - rift
ober die Welteeele ist penpla tonischen Ursprung« ed. J. de Oeldei —
Grammatiker ans dem I. Jahrh. n. dir.. v. -i t:t — .-r «-in. i
nischer Ausdrücke (erschienen 1754, lö
I Imoki -in« »- : Name eines Epikureers und eii S r. Kynil
Timoii ron Phltns, der Sillo^raph -• r von -
.. um '■■ hr., borte in M< S rhon, !•!.••
< halki-. wo er um 325 v. < In. Btarb.
"60 TlMON — TlTTEL.
T. ist ein Pyrrhoneer, also ein Skeptiker der alten Schule. Er verspottet
die dogmatischen Philosophen und nimmt einen praktischen Standpunkt ein,,
indem er als Bedingung der Glückseligkeit rät, wir sollten sehen, wie die Dinge
(für uns) sind, wie wir uns ihnen gegenüber zu verhalten haben und was für Gewinn
daraus erwächst (tiqcöxov [xev, SjioTa Tiscpvxe xä Jigdy/uaxa' Sevxsqov di, xiva %qrj
tqÖtiov fjfAäg Jigbg avxä diaxsio&ai' xsksvxaiov de, xi jisgieoxai xoTg ovxcog e'xovoiv).
Weder Wahrnehmung noch Meinung sind wahr oder falsch; daher ist auf
beide kein Verlaß (fxtjxs jzioxsveiv avxoTg delv). Wir sollen nichts entscheiden
{(.itjdev oQi£etv), uns der Aussage über das Sein enthalten (acpaoia, aQQeyla,,
exoxtf); denn Sinne und Verstand täuschen. Nichts ist sicherer (ovöev fxäUov)
als sein Gegenteil, welches ebenso verteidigt werden kann (laoo-deveia xwv Xöycov),
also schließlich auch das Gegenteil des Skeptizismus. Das Scheinen aber ist
nicht zu bezweifeln, nur das Sein (xo [xelt öxi iaxl yXvxv ov xifirj/ui xo ö'oxt
(palvexai 6/zoXoycö). Der Urteilsenthaltung folgt wie ein Schatten die Gemüts-
ruhe (äxaga^ia). In praktisch-sittlicher Beziehung hält sich der Skeptiker an
das Bedürfnisgemäße, bzw. an die Sitte.
Schriften: SiXXoc, 3 Bücher (Fragmente bei Diog. Laert. IX und Sextus Em-
piricus) u. a. — Ygl. DlELS, Poetarum philosophorum fragmenta, 1901.
Tindal« Matthews, geb. 1656 in Beer-Ferri, wurde 1685 Doktor der
Eechte, gest. 1733.
T. ist einer der Hauptvertreter des englischen Deismus. Die natürliche
Vernunftreligion war von Anfang an vollkommen, die Offenbarung hat nichts
an ihr geändert. In diesem Sinne ist das Christentum so alt wie die Schöpfung
des Menschen. Die Gesetze Gottes haben alle das Wohl der Geschöpfe zum
Ziele. Gewissensfreiheit ist nicht nur zulässig, sondern geradezu zur rechten
Einsicht in die christliche Religion notwendig. Aberglauben ist ebenso zu ver-
meiden wie Atheismus.
Schriften: Christianity as old as the creation, 1730; 4. ed. 1733; deutsch
(Beweis, daß das Christentum so alt ist als die Welt), 1741. — Gegen T. schrieb-
R. BENTLEY, (Phileleutherus Lipsiensis, 1710).
Tissot, Claude Joseph, geb. 1801 in Fourg, Prof. in Dijon, gest. 187t>
daselbst. = „Amnestischer' Standpunkt (vgl. G. E. Stahl u. a).
Schriften: Du beau, particulierement en litterature, 1830. — Ethique ou De la
fecience des mceurs, 1840. — L'animisme, 1865. — Introduction philosophiques ä l'etud&
du droit penal et de la reforme penitentiaire, 1874. — Theodore Jouffroy, 1875. —
Psychologie comparee, 1878. — Pascal, 1869, u. a. Übersetzer Kants.
Titchener, Edward Bradford, amerikanischer Psycholog, experimentelle
Richtung (von Wundt beeinflußt).
Schriften: An Outline of Psychology, 2. ed. 1897. — Experimental Psychol.,.
1901—05. — A Text-book of Psychol., 1909 f. — Elementary Psychol. of Feeling and
Attention, 1908. — Exper. Psychol. of the Thought process, 1909. — Lehrbuch der
Psychologie, deutsch von O. Klemm, 1910, u. a.
Tittel, G. A., 1739-1816. = Eklektiker, zum Teil Gegner Kants.
hriftcn: Erläuterungen der theoret. u. praktisch. Philos., 1783 — 86. — Uber
Kants Moralreform, 1786. — Kantische Denkformen oder Kategorien, 1787.
Tobias — Tolam».
Tobias, Wilhelm, geb. 1835 in Königsberg. = Kantianer. Die Philo-
sophie unterscheidet sich von den Einzel Wissenschaften dadurch, dafl ne auf
das Psychische, Subjektive zurückgeht.
Schriften: Grenzen der Philosophie, 1875.
Tocco, Feiice, geb. 1845 in Catanzaro, Prof. in Florenz. = Anhai \
Kants.
Schriften: Lezioni di filosofia, 1869. — Pensieri sulla storia della I
1877. — Picherche platoniche, 1876. — Studi Kantiani, 1880 — 81. — Lo opore
latine di G. Bruno eposte e confrontate con le italiane, 1889. — Kant, 1899, u.
auch die „Kantstudien").
Toeohe-JIittler, Theodor, geb. 1837 in Berlin, lebt dasei
Schriften: Sammlungen von Denksprüchen, 1894 — 1907 (111. = Stimmungs-
uedanken über Kaum und Zeit. 1907), u. a.
Tofail s. Abubacer.
Toland,John, geb. 1670 in Redcastle in Irland, trat 1(1^7 aus der katholischen
Kirche aus, studierte in Glasgow und Edinburg, dann in Leiden, gab l«'»'.)»; die
Schrift „Christianity not mysterious" heraus, die ihm viele Anfeindungen
zutrug (die Schrift wurde von Staats wegen verbrannt). 1701 verweilt. ■ T. in
Hannover, dann, 1701 — 1702, in Berlin, wo ihm die Königen Sophie Charlotu
freundlich begegnete, der er 1701 seine „Letten t<> Serena" widmete. 17
reiste T. nach Deutschland und Holland. Zuletzt wohnte er in Putney bei
London, wo er 1722 starb.
T., der von Locke u. a. beeinflußt i>t. i-t der bedeutendste englische Deist
und Freidenker („Freethinker'i. In Beiner ersten Schrift betont er, das
Christentum enthalte weder etwas Widervernünftiges, noch auch etwas Ubi
vernünftiges, Unbegreifliches; die christlichen Mysterien Bind nur als Symbole
aufzufassen, die von den Kirchenväter]] zu etwa- Geheimnisvollen gemacht
wurden. Spater wendet sich T., nicht ohne Beeinflussung durch Spinoza, an
dem er aber Verschiedenes aussetzt, einer Art Pantheismus zu (er Belbsl
hnet -ich zuerst als „Pantheisten"), Gott i-t die All-Einheit, au- der die
Dingestammen; er i-t ewig, unendlich, in den Dingen, als da- Leben d
Alls, wirksam. Nirgends gibt es absolute Buhe, sondern die B i-t
da- Wesen der .Materie Bewegung, Kraft, Materie sind nur Betrachtung
weisen derselben Substanz. Die Größe der Bewegung im All i-t konstant l
wirksame, tätige Materie i-t durch ihre Bewegung die Ursache des Lebens und
«le- Bewußtseins, welches aber nur an Gehirnprozesse sich knüpft, Dicht auch
an die anorganische Bewegung gegen Spinoza . In der Schrift „Pantheisticon"
-teilt T. die Grundzüge einer Zukunftsreligion mit dem Kuhn- der Wahrheit.
Freiheit und Gesundheit dar (Kultus der „pantheistischen Brüda I
Schriften waren von bedeutendem Einflüsse aui die Aufklinu
Schriften: Chrisuaaitj not myi >6. 1
17h4. — Nazamiux, 171b. — Tai u. a. V
d. BEBTHOLD, J. T. b. <l Honinoiu der Gegenwart, i
762 Tolstoj — TÖNNIES.
Tolstoj* Graf Lew Nikolajewitsch, geb. 1828 in Jasnaja Poljana,
gest. 1910/
T., der (besonders für Rußland) eine große kulturelle Bedeutung hat, ist als
Denker von Schopenhauer und Rousseau beeinflußt und steht in seinen aske-
tischen, aller äußeren Kultur abgewandten Tendenz dem Urchristentum
nahe, dessen Forderungen er gegenüber der orthodoxen Kirche und dem
Staate (Gegen den Militärdienst, Steuerleistung usw.) rücksichtslos vertreten
hat. Die Zivilisation ist von Übel, bringt nur Elend. Zurück zur Natur, zur
einfachen bäurischen Lebensweise und Arbeit, weg mit allen Genüssen der Kultur,
mit allem Gesetzeszwange, mit dem Staat usw. Aber der „Anarchismus" darf
nicht mit Gewalt durchgeführt werden, nur eine Art passive Resistenz ist zu
üben, sonst aber widerstehe man nicht dem Übel. Die wahre Religion, das
echte Christentum ist innerlicher, das ganze Leben erfüllender Gottesglaube, Ver-
trauen zu Gott, der in uns wohnt und unser Heil verbürgt. „Die wahre
Religion ist eine solche, welche im Einklang mit der Vernunft und mit dem
Wissen des Menschen für ihn eine Beziehung mit dem ihn umgebenden Leben
feststellt, die sein Leben mit dieser Unendlichkeit verbindet und seine Wirk-
samkeit lenkt." Das christliche Ideal ist die Liebe zu Gott und zum Nächsten,
die Verleugnung des Selbst im Dienste Gottes und des Nächsten, die Her-
stellung des Reiches Gottes auf Erden. Enthaltsamkeit vom Geschlechtlichen
ist möglichst anzustreben. Sollte auch infolgedessen die Menschheit als tierische
Spezies untergehen, so ist dies nur wünschenswert, wenn nur das wahre Leben
nicht aufhört, das Leben der in Gott geeinten Wesen.
Schriften: Meine Beichte; Mein Glaube; Die sexuelle Frage; Über den Sinn
des Lebens; Die Kreutzersonate ; Kritik der dogmatischen Theologie; Über die Kunst;
Was ist Kunst? Muß es denn so sein ? Was sollen wir also tun ? Christliche Lehre ; Über Gott und
Christentum; Vernunft, Glaube, Gebet; Zur Arbeiterfrage; Kurze Auslegung des Evange-
liums u. a. — Gesammelte Werke, 1891 ff. — Vgl. OSSIP-LOURIE, La philos. de T.,
1899; 3. *d. 1908; PensSes de T., 2. ed. 1902; Nouvelles pensSes de T., 1903. —
W. BODE, Die Lehren T.s, 1900. — E. L. AXELROD, T.s Weltanschauung, 1902. —
R. ANTON, T.s soziale Anschauungen, 1905. — STAUB, T.s Leben u. Werke.
Toletus, Franciscus, geb. 1532 in Cordova, Jesuit, lehrte in Rom Philo-
sophie, gest. daselbst 1593. = Scholastiker.
Schriften: Introductio in Logicam, 1575. — Kommentare zu Schriften des
Aristoteles, 1573, 1576, 1579.
Tttniiles, Ferdinand, geb. 1855 in Hof Rieg, Kirchspiel Oldenswort,
Prof. in Kiel.
T. vertritt einen (von Schopenhauer beeinflußten) kritischen Voluntarismus
(der Ausdruck stammt von T., Viertel] ahrsschr. f. wissensch. Philos., 1883).
Der Wille ist das Treibende im Psychischen, auch im Denken. Der organische
„Wesenwille" ist das „psychische Äquivalent des menschlichen Leibes" (Iden-
titätsstandpunkt), das „Prinzip der Einheit des Lebens". „Alle spezifisch
menschlichen, also die bewußten und gewöhnlich willkürlich genannten Tätig-
keiten sind abzuleiten, sofern sie dem Wesenwillen angehören, aus den Eigen-
schaften desselben und aus seinem jedesmaligen Erregungszustande." Unter
TÖHHIE8. 763
sozialem Willen versteht T. den für eine Mehrheit von Menschen gültigen, d. h.
ihren Individual- Willen in gleichem Sinne bestimmenden Willen, insofern als
sie selber als Subjekte dieses ihnen gemeinsamen und sie verbindenden Will
gedacht werden. Die ursprüngliche Anlage des Menschen ist sein „Urwille'-
(als Wille zum Leben, zur Nahrung, zur Fortpflanzung). Die Empfindung
die subjektive Seite der Bewegung. Der Organismus selbst ist „ein Komplex
von in sich einigen Willen". Wille und Körper sind also identisch; die Seele
wirkt nicht auf den Körper, sondern es wirkt „ideeller Wille auf realen Willen--.
Durch Erfahrung entstandener aktiver Wille als Prinzip des Könnens ist I
wohnheit; in ihr, wie im Gestalten (in der angeborenen Lust zu etwas ) und
im Gedächtnis (in der „Fähigkeit, zweckmäßige Tätigkeiten zu wiederhol»
äußert sich der Wesenwille. Alles Leben und Willen ist „Selbstbejahung-.
Einerseits ist im Willen ein Denken, anderseits im Denken der Wille enthalten
(..Wesenwille" — „Willkür").
Auf diese Unterscheidung von organischen „Wesen willen" und mechanischer
„Willkür" (in Bedacht, Belieben, Begriff oder Bewußtheit zum Ausdruck
kommend) gründet T. seine Sozialphilosophie (beeinflußt von Comte, Spem
Marx, Maine, Gierke, Schäffle u. a.), seine Unterscheidung von „Gemeinschaft
und „Gesellschaft". Die Grundlage der Gemeinschaft bildet der natürlich--,
organische Wesenwille, in dem die Gefühle überwiegen und ein „Grundzweck--
herrscht. Die Gemeinschaft ist eine ursprüngliche, innere Einheit, ein dauerndes
und echtes Zusammenleben, ein „lebendiger Organismus". Dieser urspri:
liehe, natürliche Zustand erhält sich trotz der Trennung und durch diese hin-
durch. „Gemeinschaftliches Leben ist gegenseitiger Besitz und Genuß und
ist Besitz und Genuß gemeinsamer Güter." Die allgemeine Wune] d;
Verhältnisses ist der Zusammenhang des vegetativen Lebens durch die Geburt.
Die Gemeinschaft des Blutes entwickelt und besondert sich zur Gemeinschaft
des Ortes, diese zur Gemeinschaft des Geistes (Verwandtschaft, Nachbarschaft,
Freundschaft). Gegenseitig-gemeinsame, verbindende Gesinnung als ein..
Wille der Gemeinschaft ist das Verständnis. Recht der Gemeinschaft i-t
alles, was dem Sinne eines gemeinschaftlichen Verhält] em&fl i-t. Die
Gemeinschaft, in welcher der kommunistische Zustand herrscht, nimmt ftui
lieh die Formen von Haus, Dorf, Gau, Land an (Familie, Geschlecht, Btamm,
Volk).
Die „Willkür-, als künstliches (iebilde des Denkens, mit der Herrschaft
von gedanklich erfaßten, vorgefaßten Zw ecken (und ,yEndzweek<f), liegt der G
Seilschaft zugrunde, welche im Laufe der Geschichte die Gemeinschaft n
drangt und in der Großstadt, im Staat usw. cum Ausdruck gelangt Sie ist »-in
mechanischer, individualistischer T\ pus, i dne ideelle Bildung, ein „mefihmnfai I
Aggregat und Artefakt". Die Gej zwischen Gemeinschaft und äußerlich
durch Interessen und Zwecke rerbundei Ischafl durchziehen das ganze soziale
Leben. E> bietet rieh dar „d< i naats einer Ordnung des Zusammenlebens,
welche insofern als aui Übereinstimmung der Willen, wesentlich auf Eintracht
beruht und. durch Bitte und Religion znsgebÜdet, reredelt wird; gegen eine
Ordnung des Zusammenlebens, welche insofern als aui zusammentreffenden,
70-4 Tönnies — Trendelenburg.
vereinigten Willküren, auf Konvention gegründet ist, durch politische Gesetz-
gebung ihre Sicherung und durch öffentliche Meinung ihre ideelle und bewußte
Erklärung, Rechtfertigung empfängt". In der Gesellschaft herrschen Egoismus,
Spannung, Abgrenzung, Ausschließung, Kontrakt, Profitsucht, Privateigentum,
Obligationsrecht, Ausbeutung u. dgl. und sie wird pathologisch, wenn der Rest des
Gemeinschaftslebens zu schwinden droht. Der Gang der Geschichte ist, daß die ver-
gangene Konstitution der Kultur kommunistisch war, die aktuelle und werdende
sozialistisch ist. Individualismus gibt es in der Geschichte nur als Aus-
fluß der Gemeinschaft und durch sie bedingt oder als Gesellschaft hervor-
bringend und tragend. Die Geschichte ist Wissenschaft, sofern sie die
„Lebensgesetze der Menschheit" entdeckt.
Alle Wissenschaft ist nach T. rationalistisch und empiristisch zugleich. Das
wissen schaftliche Denken will Gleichheit zum Behuf e von Messungen, auch
Ersparung von Gedankenarbeit. Der Geist wird aus seinen Keimen und ist
mit bestimmten Anlagen als Kräften und Tendenzen ausgestaltet; sein „innerer
Gesamtzustand" ist das absolute A priori des Erkennens.
Schriften: Gemeinschaft und Gesellschaft, 1887 (Hauptwerk); 2. A. 1905. —
Hobbes' Elements of law, 1889; Hobbes' Behemoth, 1889. — Ethische Kultur und ihr
Geleite, 1892. — Hobbes Leben u. Lehre, 1896. — L'eVolution sociale en Allemagne,
1896, 1902. — Nietzsche-Kultus, 1897. — Grundtatsachen des sozialen Lebens, 1897.
— Politik und Moral, 1901. — Philos. Terminologie in psychol.-soziolog. Ansicht, 1906.
— Die Entwicklung der sozialen Frage, 1907. — Das Wesen der Soziologie, Neue
Zeit- und Streitfragen, 1907. — Die Entwicklung der Soziologie in Deutschland im
19. Jahrh., 1908. — Zur Einleitung in die Soziologie, Zeitschrift f. Philos. u. philos.
Kritik, 115. Bd., 1899, u. a.
Traut», Gottfried, geb. 1869 in Rielingshausen, Lizentiat und Pfarrer in
Dortmund. = Sozialethischer Standpunkt.
Schriften: Materialien zum Verständnis u. zur Kritik d. kathol. Sozialismus, 1902.
— Ethik und Kapitalismus, 1904; 2. A. 1909. — Die Gemeinschaft bildende Kraft der
Eeligion, 1904. — Aus suchender Seele, 1906, u. a.
Trendelenburg, Friedrich Adolf, geb. 1802 in Eutin, 1833 a. o., 1837
o. Prof. in Berlin, gest. daselbst 1872.
T., der sowohl als Lehrer wie als Schriftsteller einen großen Einfluß be-
sonders auf die philosophiegeschichtliche Arbeit geübt hat, erneuert in seiner
„organischen" Weltanschauung den Aristotelismus, zugleich von Plato
Kant, Hegel, Schleiermacher u. a. beeinflußt.
Die Philosophie hat nach T. „aus dem Ganzen der menschlichen Er-
kenntnis die Prinzipien der Wissenschaften zu erörtern". Sie soll nicht immer
wieder von vorn anfangen, sondern geschichtlich die Probleme aufnehmen und
weiterführen, wobei sie ihr Prinzip in der „organischen" Weltanschauung findet,
welche im Einzelnen das Allgemeine erkennt und alles als Glied eines Organismus
der Wissenschaften bestimmt, um dann in die Metaphysik, die Wissen -
Schaft vom Seienden als solchen, zu münden. Die Logik muß sich sowohl
vor dem Formalismus als auch vor der konstruktiven Dialektik, welche in
Wahrheit Anleihen bei der Erfahrung machen muß, hüten (gegen das „reine
Trexdelexburg.
Denken'* Hegels). Erkenntnistheoretisch wieder ist der Subjektivismus Kai
abzulehnen; Kant hat in seinen Beweisen für die Subjektivität der Anschauung
formen übersehen, daß sie subjektiv und objektiv zugleich sein können, Beine
Beweise haben eine „Lücke" (vgl. hingegen K. Fischer; vgl. Vaihinger, Kant-
Kommentar).
Xach T. sind Denken und Sein zwar nicht identisch, aber da- Denken
weist auf das Sein hin, das es begreifen soll, und die logischen Formen gehen
den realen parallel, entsprechen ihnen, so daß die logische Einheit ein „Gegen-
bild" des realen Ganzen ist. Denken und Sein haben ein Gemeinsames, die (im
Aristotelischen Sinne zu verstehende, nicht bloß örtliche) Bewegung. Die
„konstruktive Bewegung" ist zunächst das A priori im Denken und An-
schauen, die Bedingung aller Erfahrung, die „ursprüngliche Tat" des Denkens,
welcher die Formen der Erkenntnis (Raum, Zeit, Materie, Form, Figur, Zahl.
Größe) entspringen. In der Anschauung tritt das Denken durch die Bewegung
aus sich heraus, indem es die Anschauungsformen (Raum und Zeit) konstruiert,
welche, weit entfernt der Bewegung voranzugehen, durch diese bedingt sind. Raum
und Zeit sind subjektiv-apriorisch, aber zugleich auch objektiv, weil die I'. -
wegung sie auch außer uns erzeugt. Es gibt kein Denken ohne ein gegen-
überstehendes Sein, an dem es arbeitet und das es nachbildet. So sind denn
auch die Denkformen, die Kategorien objektiv. Sie entspringen subjektiv
aus der Reflexion auf die Formen der Denkbewegung, die Bchon die An-
schauung durchsetzen. Sie sind „ebenso objektive als subjektive Grundbegriffe".
„Reale" Kategorien sind die Formen, durch welche das Denken das Wesen
der Dinge erfaßt (Kausalität, Substanz, Quantität, Qualität, Maß, Einheit. Inhären/.
Wechselwirkung): „modale" Kategorien sind die Grundbegriffe, welche ersl im Akt
unseres Erkennens entstehen, indem sie dessen Beziehungen und Stufen bezeichnen.
Eine „ideale" Kategorie ist der Zweck. Auch unterscheidet T. Kategorien aus
der Bewegung und aus dem Zweck, welcher ein Prinzip des Geschehens ist 1 1
Materie, die wir als Träger des Naturgeschehens setzen müssen, aber uur durch
ihre Bewegung und in ihrem Wirken verstehen, ist objektive Erscheinung. I1
Bewegung ist es, was die Form der Dinge erzeugt. Die Kräfte der Natur sind
aber keine blind-mechanischen Kräfte, sondern sie haben ihre Richtung durch
den in der Natur sich äußernden Gedanken (Ideal-Realismus). Für die
organische Weltanschauung herrscht in der Welt, deren Teile Ol
zweckmäßigen Gedankens sind, der Zweck, der die Kräfte durchdringt D
Bewegung ist das Fundament des Beins, der Zweck dessen Prinzip, welches die
Well regiert. Das Ganze, welches der Zweck anstrebt, Btehl ron Anfang da,
geht den Teilen voran, so dafl die Zukunft auf die Gegenwart wirkt H
von Beiten der wirkenden Ursache das Nachfolgende und Hervorgebrachte ist,
ist im Zwecke das Vorhergehende und Hervorbringende, l ist
als [dee, Denken, Gedanke vor den Teilen und wirkt Zweckini
weit dej Zweck in der Well wirklich -.wurden, [flt der Gedanke als (irnnd
vorangegangen. Die Kraft Bteht im Dienste des Zweckes, wird ron ihm durch-
drungen. Der Zweck ist (in den Lebeoden Wesen) der „Mittelpunkt der i
keif, er treibt <ron innen zur Punktion, rai Entwicklung, « c Zweelq
766 Trend elenburg.
danke den Widerstand des Stoffes überwindet und niedere Zwecke Mittel zu
höheren werden, was eine Unterordnung, ein System von Zwecken (Zweckreihen)
ergibt. Während im Anorganischen das Zweckgeschehen nur angebahnt ist,,
verwirklicht es sich von innen aus, sich individualisierend, konzentrierend, kon-
vergierend, strebend in den Organismen als Prinzip des Lebens, welches ziel-
strebig und durch den Gedanken des Ganzen, der organischen Einheit bedingt
ist, und ebenso im Psychischen. Die Seele ist der innere Zweck des Or-
ganischen, dessen Entelechie (vgl. Aristoteles), der sich verwirklichende Zweck-
gedanke, der höher steht als die Substanz, in der er sich verkörpert. Der
Geist selbst verwirklicht Zwecke und erkennt daraus auch die Zwecktätigkeit
in der Natur, den Zweck als die „inwohnende, gestaltende Seele der Dinge".
Alle Gesetzlichkeit ist schon eine Folge des Zweckes, ist durch ihn, bzw. den
Zweckgedanken gesetzt. Der Zweck gibt den Ursachen ihre Eichtung, unter-
wirft sich alles Geschehen als Mittel, ist das Prinzip der Ordnung. Der Zweck
vereinigt Freiheit und Notwendigkeit. Frei ist der Wille, der gegenüber den
Begierden nach dem Guten zu streben, dieses zum Motiv zu heben, siegreich
den menschlichen Zweck zu verfolgen vermag.
Der Zweck ist auch das Prinzip der Ethik. Die Sittlichkeit besteht in
der Erfüllung des menschlichen Zweckes, in der Kealisierung des wahren,
geistigen Wesens des Menschen, der Mensch sein kann, weil er es sein soll.
Der Einzelne und die Gemeinschaft sind gut, wenn sie ihre Idee verwirk-
lichen, das ihnen Gemäße anstreben, sich geistig immer mehr entfalten. Die
Idee der Gemeinschaft ist für die Ethik wesentlich, da der Einzelne nur in
der Gemeinschaft sein Wesen zu verwirklichen vermag. Das Recht bestimmt
T. als den „Inbegriff derjenigen allgemeinen Bestimmungen des Handelns, durch
welche es geschieht, daß das sittliche Ganze und seine Gliederung sich erhalten
und weiter bilden kann". Es gibt ein „schlechthin Gerechtes", das über aller
Voraussetzung steht, und von dem bedingt Gerechten zu unterscheiden ist. Die
Idee des Staates ist die „Verwirklichung des universalen Menschen in der
individuellen Form des Volkes". Schön ist das in der Anschauung erfaßte
Gedankenvolle, das unmittelbar gefällt, weil es unserem Wesen gemäß ist.
Seine Grundlage hat der Zweck im schöpferischen Denken Gottes, der
alles zeitlos sieht. Gott ist das Unbedingte, Unendliche, über alle Kategorien
Erhabene, der gemeinsame Urgrund von endlichem Denken und Sein, absolute
Intelligenz, dessen Abbild die Welt ist, die aus dem Zwecke frei geschaffen ist,.
Gott ist zugleich Wille und Liebe, absolute Persönlichkeit.
Von T. beeinflußt sind C. Heyder, Kym u. a., zum Teil auch
A. Lasson u. a.
Schriften: Piatonis de ideis et numeris doctrina ex Aristotele illustrata, 1826.
— De Aristotelis categoriis, 1833. — Elementa logices Aristoteleae, 1836; 9. A. 1892.
— Erläuterungen dazu, 1842; 3. A. 1876. — Logische Untersuchungen, 1840; 3. A.
1870 (Hauptwerk). — Die logische Frage in Hegels System, 1843. — Die sittliche Idee
des Kechts, 1849. — Über Herbarts Metaphysik, 1853. — Histor. Beiträge zur Philo-
sophie, I. Geschichte der Kategorienlehre 1846; II— III, 1855-67 (Abhandlungen). —
Naturrecht auf dem Grunde der Ethik, 1860; 2. A. 1868. — Lücken im Völkerrecht,
Tkexdelexburg — Tröltsch. 767
1870. — Kleine Schriften, 1871. — Vgl BONITZ, Zur Erinnerung an T., 1872. —
BratüSCHECK, F. A. T., 1873. — B. LlEBERMAXX, Der Zweckbegriff bei T., 1889.
— G. BUCHHOLZ, Die ethischen Grundgedanken T.s, 1904. — K. FlsCHER, Anti-
Trendelenburg, 1870.
Trentowskl, 1808—1869, Pole, war Privatdozent in Freibnrg i. B. =
Von Hegel beeinflußt.
Schriften: Grundlage der universellen Philosophie, 1837 (deutsch) u. a.
(1873—81).
Tresehow, Niels, geb. 1751 in Drammen (Norwegen), Professor in Kopen-
hagen und in Christiania, gest. 1833. = Von Kant und besonders von
Schelling beeinflußter Vertreter einer Identitätslehre, nach welcher Geist und
Körper zwei Betrachtungsweisen eines Identischen (Parallelismus) und die
Einzeldinge Erscheinungen des Unendlichen, Einen, Absoluten, Vollkommenen
sind. Das Wesen der Dinge ist ihre Idee. Der Mensch ist ein EntwicklungB-
produkt. wobei T. schon das ,, biogenetische Grundgesetz" vorwegnimmt.
Schriften: Über die Kantsche Philosophie, 1798; deutsch 1798 — 99. — Elemente
der Geschichtsphilos., 1871 (dänisch). — Moral, 1811 (dänisch). — über die mensch-
liche Natur, 1812 (dän.). — Logik, 1813 (dän.). — Ein philos. Testament, 1831—32
(dän.), u. a.
Trilia s. Bernhard von T.
Trine, Ralph Waldo, geb. 1866 in Mount-Morris, amerikanisches [dealist,
von Fichte beeinflußt, betont die Wirkung des Geistes, des Willens und der
Gedanken auf die Lebensgestaltung.
Schriften: Charakterbildung durch Gedankenkräfte, 1906. — Das Größte, was
wir kennen, 1906. — In Harmonie mit d. Unendlichen 1907. — Was alle Welt sucht,
1906, u. a.
Trojan o. Paolo Raffaele, geb. 1863 in Avellino, Prof. in Turin, = Ver-
treter des empiristisch-phänomenalistischen Idealismus nnd einer teleol
Ethik („Humanismus**).
Schriften: Ethica, 1897. — La storia come scienza sociale, 1898. — Ricerche
siatematicbe per una filosofia del costume, 1900 — 01. — La filosofia morale, 19c.'. —
Le basi del humanismo, u. a.
Troizkij, M., geb. 1835, Prof. in Moskau, gest 1899. = Poeitmst
Schriften (russisch): Über die deutsche Psychologie, 2. A. 1883. — Di« Wim
schaff Tom Geist, 1882. — Logik, 1885—88.
Tröltsch, Ernst, geb. 1865 in An Prof. der Theologie in
Heidelberg.
T. ist von Kam und den naehkanKch.ii [dealisten beeinflußt 1 ta l
Leben ist oach ihm psychologisch und kritisch, eriosnntnistheoretisch tu be-
trachten ( l»i tüi ksichtigung des religiösen A priori) und seinem rollen Qehalte
oach zu würdigen. Auch geechichtsphilosophisch ist die Religion in onter-
suchen. Nur in den historischen Religionen pulsiert die produktta Krall der
Religion. Das Christentum, irelches [mmanem und Transsendeni reretnigt
and Mythus and Symbol in trennen weift, m\ die höchste Religionsstufe, In
seiner Auffassung der Geschichte teigt T. mit Backen Verwandtschaft, mit
768 Tröltsch — Troxler.
dem er die Selbständigkeit des Geisteslebens betont. Das Ziel der Geschichts-
wissenschaft ist das Verständnis der großen Kreise menschlicher Gesittung.
Das Wesentliche ist hier, methodisch, die Darstellung des Individuellen und
Besonderen, das eine „aus den transzendenten Tiefen der Geschichte auf-
tauchende Neuschöpfung" ist. In diesen individuellen Bildungen treten „Werte
von gemeinsamer Grundrichtung" auf, wobei aber der absolute, wandellose
Wert im Jenseits der Geschichte liegt. Gemeinsame Zielrichtungen geben der
historischen Betrachtung feste Maßstäbe; der höchste Maßstab liegt aber in
einem transzendenten Ziele. „Überall hebt sich der übersinnliche und über-
weltliche Zweckuntergrund des Lebens an das Licht und eröffnet den Kampf
gegen das bloß vorgefundene natürliche Leben" (vgl. Eucken).
Schriften: Geschichte und Metaphysik, 1888. — Die wissenschaftliche Lage und
ihre Anforderungen an die Theologie, 1900. — Die Äbsolutheit des Christentums u. die
Religionsgeschichte, 1902. — Das Historische in Kants Religionsphilos., 1904. —
Politische Ethik u. Christentum, 1904. — Psychol. u. Erkenntnistheorie in d. Religions-
wissenschaft, 1905. — Die Bedeutung der Geschichte in: Moderne Philosophie, hrsg.
Ton Frischeisen-Köhler, 1907. — Religionsphilosophie in: Die Philos. zu Beginn des
20. Jahrh. I, 1904.
Troxler, Ignaz Paul Vitalis, geb. 1780 in Luzern, studierte in Jena
{unter Schelling und Hegel) Philosophie und Medizin, war dann als Arzt (in
Luzern, Münster, zweimal auch in Wien) tätig, schließlich Professor der Philo-
sophie in Luzern (1817), Basel (1830), Bern (1833—1850), gest. 1866.
T. ist in seinen ersten Schriften ein Anhänger Schellings, über den er
später, unter dem Einfluß von Jacobi, J. J. Wagner u. a., hinausgeht. Die
Philosophie muß nach ihm „Anthroposophie" werden, sie ist eine „ob-
jektivierte Anthropologie". Sie geht aus vom „ursprünglichen Menschen".
Philosophie ist der Trieb, „die eigene menschliche Natur, in welcher
Gott und Welt sich einen, zu ergründen und zu verklären". Alle Philo-
sophie ist das „Innewerden und die Offenbarung des Geistes in seinem
eigenen Bewußtsein". Die Philosophie ist „Geisteschemie oder Geistesphysik".
Das Erkennen ist ein unmittelbares (Intuition) oder mittelbares (Reflexion),
ersteres sinnliche oder geistige Anschauung (der Ideen), welche alles Erkennen
krönt. Der geistigen Anschauung offenbart sich das Göttliche. Die Logik
muß auf Anthropologie, auf der „Physiologie des ganzen menschlichen Erkennt-
nis Vermögens", beruhen, denn alles muß der Mensch in seiner eigenen Natur
suchen. Der Mensch ist eine Vierheit von Leib (äußerer und innerer oder
Seelen-Leib) und Seele (welche Korrelate sind), Geist und Körper,
welche in Wechselwirkung stehen; die Einheit des Ichs ist das Gemüt. Die
individuelle Persönlichkeit ist unsterblich. Das seelische Ich des Bewußtseins
und das leibliche Ich des Selbstgefühls sind nur ein Reflex des einigen ewigen
Selbst.
Anhänger T.s war der Arzt Werber (Die Lehre von der menschlichen
Erkenntnis, 1841; Abhandlungen. 1871—73).
Schriften: Ideen zur Grundlage der Nosologie und Therapie, 1803. — Versuche
in der organischen Physik, 1804. — Grundriß einer Theorie der Medizin, 1805. —
TROXLER — T-< HIKNHAI ~1 v
Über das Problem des Lebens, 1806. — Elemente der Biosophie, 1807. — Blicke In
das Wesen des Menschen, 1812. — Philos. Kechtslehre der Natur und des Gesetzes,
1820. — Xaturlehre des menschlichen Erkennens oder Metaphysik, 1828. — Hand'
der Logik, 1829 — 1830. — Über Philosophie, 183<>. _ Vorlesungen über die Philo-
tophie, als Enzyklopädie u. Methodologie der philos. Wissenschaften.
— Der Atheismus in der Politik des Zeitalters und der Weg zum Heil, 1860.
GAMPER, T. V. Tr.s Leben und Philosophie, 1907 (Berner Studien ).
Trüper, Johann, geb. 1835 in Rekum, Direktor des Erziehungshd
auf der Sophienhöhe bei Jena. Begründer und Mithera der „Zeitschr.
für Kinderforschumr- und der „Beiträge zur Einderforschung und Heil-
erziehung".
Schriften: Schule und soziale Fragen unserer Zeit, 1890. — Psychopathische
Minderwertigkeiten im Kindesalter, 1893. — Die Anfänge abnormer Erscheinungen im
kindlichen Seelenleben, 1902. — Psychopathische Minderwertigkeiten als Ursache von
Gesetzesverletzungen Jugendlicher, 1904, u. a.
Tsoheu-tsi, klassischer, chinesischer Philosoph, der in monistischer
Weise aus einer obersten Einheit die Vielheil abzuleiten Bucht Komments
T.B ist Tschu-hi (1129—1200), in seiner Schritt „Sing-li".
Tschirnhausen (Tsehirnhau<i. Walther Ehrenfried, Graf von, geb. Li
auf dem Schlosse Kifllingswalde (Oberlandt Btudierte in Leiden Mathematik
und Physik, unternahm große Reisen, verkehrte mit Leibniz, Huyghens und
Spinoza, lebte dann auf seinem Schiossi Erfindung von Brennspiegeln),
. 1708.
T. ist von Descartes, Spinoza, Leibniz beeinflußt Seine „Medizin
jtes" wül eine Methodologie des Erkennens und der \
„ars inveniendi") sein, eine „sachliche Philosophie" („philosophia real
aber der blaß verbalen. Alle Erkenntnis beruht aul Erfahrung und deren
grifflichen Verarbeitung, Bunächsf ani innerer Erfahrung, aus der sich \
feste Grundtatsachen ergeben: 1. Wir sind uns einer Mannigfaltigkeit \
Dingen bewußt; 2. wir werden von einigen Dingen angenehm, von anderen
anangenehm afflziert, wodurch wir den Begrifl des Willens and d i nd-
lage der Ethik erhalten; 3. wir können manches gedanklich
nicht, wodurch wir den Begrifl des Verstandes und die Grundlage rar Unti
Scheidung zwischen wahr und falsch erhalten; 1. das Bewußtsein k
Dinge als Grundlage der empirischen Wissenschaft w
erst durch die Arbeil des logischen Denkens und Lsi npriorisch-lx
demonstrativ-deduktiver Art, dir- Methode ist die mathen
..mos ^eometricus"). Durch sichere Erfahrungen wird :
die sinnlichen Wahrnehmungen und Vorstellt I
Verstand und Einbildungskraft („ims
halten werden. W ah r ist, was Bich
was unbegreifbar ist Alle ürrtümer entspringen der EtnbiMui
dem Verstände. Die Elemente des Mathematisch, n -md Punkte, die Elana
des Realen dii Mab i e und deren B Icher du \ - l< bn
hingig i-t. Am der Ph N rwinaenschn ihen alle empii
Eis ler
770 Tschirnhausen — Turgot.
Wissenschaften; die Physik ist eine „göttliche" Wissenschaft, denn die Gesetze,
mit denen sie sich beschäftigt, rühren von Gott, der in der Welt wirkt, her.
Die Physik ist auch für die Ethik grundlegend, indem sie uns dadurch von
den Leidenschaften befreit, daß sie uns den Ursprung derselben in der Ein-
bildungskraft zeigt und uns auf unsere Abhängigkeit von Gott aufmerksam
macht.
Schriften: Medicina mentis sive artis inveniendi praecepta generalia, 1687; 2. A.
1695; 3. A. 1705. — Vgl. WEISSENBORN, Lebensbeschr. des E. W. v. Tsch., 1866.
— J. VERWEYEN, E. W. v. Tsch. als Philosoph, 1906.
Tschitscherin, B., geb. 1828, Prof. des Staatsrechts in Moskau, gest. 1904.
= Anhänger Hegels und seiner Dialektik. Die Vernunft erhebt sich zum Ab-
soluten, zu Gott; aus ihr entspringt die Sittlichkeit als Imperativ. Die Seele
ist unsterblich, der Wille frei. Die Materie ist die Neutralisation der potentiellen
und kinetischen Energie; Materie und Energie sind identisch.
Schriften (russisch): Wissensch. u. Religion, 1879. — Der Mystizism. in d.
Wissenschaft, 1880. — Eigentum u. Staat, 1882 f. — Die positive Philos., 1892. —
Grundlagen der Logik u. Metaphys., 1894. — Philos. Forschungen, 1895; deutsch 1899.
— Rechtsphilos., 1901, u. a.
Tubero: 1. Qu. Aelius, Schüler des Panaitios, Stoiker; 2. Lucius Aelius,
Zeitgenosse Ciceros, eklektischer Anhänger der neueren Akademie.
Tacker, Abraham (Pseud. E. Search), 1705 — 1774. = Assoziations-
psycholog.
Schriften: Light of Nature, 1768—78.
Tuiiiarkiii, Anna, geb. 1875 in Kischineff, Prof. in Bern.
Schriften: Herder und Kant, 1896. — Spinoza, 1908, u. a.
Türck, Hermann, geb. 1856 in Georgenburg (Rußland), lebt in Weimar.
= Nach T. ist ein Gegenstand schön, weil wir ihn lieben. Genialität ist
Liebe, höchste, selbstlose Objektivität (vgl. Schopenhauer), Vertieftsein in das
Erleben. Der geniale Mensch ist der, „in dessen Seele das mehr oder weniger
klare Bewußtsein von der eigenen überweltlichen Existenz lebt".
Schriften: Das Wesen des Genies, 1888. — Hamlet ein Genie, 1888; 2. A. 1902.
— Fr. Nietzsche u. seine philos. Irrwege, 1891. — K. Fischers kritische Methode, 1894.
Meine Erfahrungen mit K. Fischer, 1895. — Der geniale Mensch, 1896; 6. A. 1903.
— Eine neue Faust-Erklärung 1901; 4. A. 1906, u. a.
Turgot, Anne Robert Jacques, 1727—1781, der berühmte Staatsmann,
Minister, Anhänger der physiokratischen Lehre Quesnays. = T. gehört zu den
Mitarbeitern der „Encyclopedie" (vgl. „Existence") und ist ein Vorläufer des
Comteschen Positivismus. Der menschliche Geist schreitet naturgemäß fort.
Die Erkenntnis der Natur schreitet von mythologischen zu metaphysisch-ab-
strakten und von diesen zu quantitativ-exakten Erklärungen vor (vgl. Comte):
,,Quand les philosophes eurent reconnu l'absurdite" de ces fables, sans avoir
neaumoins de vraies lumieres sur l'histoire naturelle, ils imaginerent d'expliquer
les causes des phenomenes par des expressions abstraites comme essences et
facultas . . . Ce ne fut que bien tard, en observant Paction mecanique que les
TURGOT — TYLOB. 771
corps ont les un rar les antres, qu'on tira de et canique d'autres
hypoth- — . que les mathematiques purent deVelopper et 1 - \; renfier."
Schriften: Oeuvres, 1808—11 ; 1844. — Vgl. ÜB80T, T.. 1861. — NeYXARCK,
T. et ses doctrines, 1885. — FkELBOGKN, ^raith und T, 1892.
Tarnbull, George, geb. um 1690. Prof. in Aberdeen, gest um 1772. =
Von Shaftesbury und Hutscheson beeinflußt.
Schriften: The principles of raoral philosophy, 174m.
Twardowski, Kasimir, geb. 1866 in Wien. Prof. in Lemberg. = 1
ein Schüler F. Brentanos. Er hat besonders den Unterschied von „Inhalt" und
„Gegenstand" der Vorstellung betont; erstercr ist nur das Mitte] zur Erfassung
des Gegenstandes. ..Sowohl, wenn der Gegenstand vorgestellt, als auch,
er beurteilt wird, tritt ein Drittes neben dem psychischen Akt und seinem
Gegenstande zutage, was gleichsam ein Zeichen des Gegenstandes ist: sein psy-
chisches ,Bild', insofern er vorgestellt wird, und seine Existenz, insofern er be-
urteilt wird. Sowohl vom psychischen ,Pild' ei i il> such
von seiner Existenz sagt man, daß jenes vorgestellt, diese beurteil! werde; das
eigentliche Objekt des Vorstellens und Urteilen* ist aber weder das psychische
Bild des Gegenstandes, noch sein.- Existenz, sondern da
Dadurch, da£ der Gegenstand zu einem vorstellenden Wesen in Beziehung tritt,
hört er nicht auf, Gegenstand zu sein. Es gibt keü standalosen
Stellungen. Auch die allgemein«' Vorstellung hat ihren besonderen -'and.
V"ii keinem Gegenstande (d. h. Babstantivisch Genannten) Lril»t es «-in.
aqua te Vorstellung , weil die Anzahl der Relationen dir Gegenstandsmerkmale
anabsehbar i-t.
Schriften (deutsch): Meo und Pcrzeption, 1892. — Zur Lehre vom Inhalt ui. .
stand der Vorstellungen, 1894. — Das Wesen . . age zum Jal .:
Wiener philos. Gesellsch., 1903, sowie polnische Schriften.
Twesten, August Detlev Christian, geb. 1780 in Gluckstadt, Prof. der
Theologie in Kiel und (seil 1835) in Berlii \^~>'>. r_ Anhang S ileier-
machers.
B hriften: Logik, 1825. — Vorlesungen über < ;itik d. tTtiigolüeh-lol
Kirche, 1826—37 iBd. I. 4. A. 1838). — lirun.lr. d. analyt ;. u. a. —
VgL HriNKia, A. T.. 1889.
Twenton. Karl, geb. 1820 in Kid, Juri-' .in. = Voll
Comte beeinflußter positivistischer Standpunkt
hillaf in teil i liltnis zur Wissenschaft, 1863. — Ma
1868, u.' a.
Tylor, Edward Btu i mberwell, Direktor des Unii
Bitätsmuseuma in Oxford. = Der berühmte Anthropolog bat t- den
Ursprung der Religion untersucht, d Qlaubeo an geistig w • :
definierte, Die primitive Religion und Weltanschannnf ist der Animismus,
d. li. der Geister-Glaube, nach «reichem alle D i ■ rn beseel!
Die Seele stellt sich der primitiv. M G amen u
772 Tylor — Ueberweg.
wie auch der Deutung des Lebens und Todes: Atem und Aufgeben des-
selben) als einen luftförmigen Doppelgänger des Körpers vor.
Schriften: Early History of Mankind and of Civilisation , 1865; 3. ed. 1878;
deutsch 1866. — Primitive Culture, 1871; 3. ed. 1891; deutsch 1873. — Anthropology,
1881; deutsch 1883, u. a.
Tyndall, John, geb. 1820 in Irland, 1853—87 Prof. der Physik in London,
gest. 1893. = T. ist Hylozoist, er betrachtet die Materie an und für sich als
beseelt und potentiell belebt.
Schriften: Fragments of Science, 1871; 6. ed. 1879; deutsch 1874; 2. A.
1898—99. — Belfast Address, 1874. — Über den Materialismus in England, 1875. —
Natural Philosophy, 1869. — New Fragments, 1892; deutsch 1895.
u.
Ubaghs, Casimir, geb. 1800 in Berg lez-Fauquement (Belgien), Prof. in
Löwen. = U. vertritt einen „Semi-Traditionalismus". Die objektive Idee ist
etwas Göttliches, Gott selbst, in welchem der Geist unmittelbar objektive Ideen
schaut, ewige Wahrheiten (Ontologismus).
Schriften: Logicae seu philosophiae rationalis elemeuta 1834; 6. A. 1860. —
Ontologiae sive metaphys. generalis specimen, 1835; 5. A. 1863. — Theodicaeae seu
theologiae naturalis elementa. Antbropol. philos. elementa, 1848. — Essai d'ideol. on-
tologique, 1860, u. a. — Vgl. M. DE WüLF, Hist. de philos. en Belgique, p. 301 f.
Überhörst, Karl, geb. 1847, Prof. in Innsbruck, gest. 1904. = Nach Ü.
erscheint uns komisch „ein Zeichen einer schlechten Eigenschaft einer andern
Person, wenn uns an uns selbst keines ebenderselben schlechten Eigenschaft
zum Bewußtsein kommt, und das keine heftigen unangenehmen Gefühle in
uns hervorruft". Die Lust am Komischen ist die Lust daran, daß wir die
guten Eigenschaften, die wir an der fremden Person vermissen, uns selbst bei-
legen. Die Aufmerksamkeit bestimmt Ü. als jene vom Willen ausgehende
Funktion , welche darauf gerichtet ist, einen gegebenen Wahrnehmungs- oder
Gesamtinhalt richtig aufzufassen (Arch. f. System. Philos. IV, 1898).
Schriften: Das Komische, 1896 — 99. — Eine neue Theorie der Gesichtswahr-
nehmung, 1896, u. a.
tjfoerwasser, Ferdinand, geb. 1752 in Meppen, Prof. in Münster, gest.
1812 daselbst, = Von Kant beeinflußter Psycholog.
Schriften: Empirische Psychologie, 1787. — Über das Bogehrungsvermögen,
1801, u. a.
TJde, Johann, kathol. Priester in Graz. = Dualistisch-teleologisch-theisti-
scher Standpunkt.
Schriften: Monist, oder teleolog. Weltansch. ? 1907. — Der Darwinismus, 1909.
Ueberweg, Friedrich, geb. 1826 in Leichlingen bei Solingen, 1852
Privatdozent in Bonn, 1862 a. o. , 1867 o. Professor in Königsberg, gest.
daselbst 1871.
Ueberweg. 773
Ueb. ist von Beneke, dann von Schleiermacher und Trendelenburg, zuletzt
von Czolbe beeinflußt. Er vertritt einen „Ideal -Realismus", nach welchem die
Wahrnehmungsinhalte subjektive Zeichen der realen Vorgänge sind. Die sinn-
lichen Qualitäten stehen mit bestimmten Bewegungen als deren Symbole in
einem gesetzmäßigen Zusammenhange. Die Anschauungsformen (Raum
und Zeit) sind das „gemeinsame Resultat subjektiver imd objektiver Faktoren".
Die eigene raum-zeitliche Ordnung der Dinge spiegelt sich in den Anschau-
ungsformen ab. Raum und Zeit können nicht subjektiv sein, da die Emp-
findungen auf Bewegungen beruhen. Die Gültigkeit der mathematisch-phy-
sikalischen Gesetze für die reale Welt setzt die Objektivität von Raum und
Zeit voraus. Die Anschauungsformen sind nicht apriorisch, sondern empirisch
gewonnen, die geometrischen Axiome werden durch die Erfahrung in ihren
Konsequenzen fortlaufend bestätigt. Die Kategorien sind ebenfalls weder
apriorisch noch rein subjektiv ; das Wesentliche der Dinge wird durch die Er-
kenntnis des Wesentlichen in uns erkannt. Die Wahrnehmung richtet sich
auf ein Objektives außer ihr, nicht auf die Empfindungen, die wir erst auf ein
Objekt beziehen, objektiv deuten. Die innere Wahrnehmung bedarf keiner
subjektiven Anschauungsform , sondern erfaßt ihren Gegenstand, das Seelische,
unmittelbar und real, an sich.
Mit der auf mittelbare Erkenntnis gerichteten Tätigkeit, dem Denken, be-
faßt sich die Logik, welche die Mitte halten soll zwischen der formalistischen
Logik (Kant, Herbart u. a.) und der metaphysischen Logik (Hegel), welche die
Denkformen unmittelbar als Seinsformen auffaßt, statt sie (wie Aristoteles,
Schleiermacher, Trendelenburg u. a.) als subjektive, durch die Ordnung der
Dinge mitbedingte Korrelate der letzteren zu betrachten. Die Logik ist die
„Wissenschaft von den normalen Gesetzen der menschlichen Erkenntnis", der
„Inbegriff der Normen und als Kunst die richtige Anwendung der Normen, denen
die subjektive Erkenntnistätigkeit sich unterwerfen muß, um ihr Ziel zu erreichen,
welches in der Erhebung des Seins zum Bewußtsein, in der Übereinstimmung unserer
subjektiven Gedanken mit der objektiven Realität hegt". Das Denken spiegelt
die innere Ordnung, welche der äußeren zugrunde hegt. Der Begriff ist jene
Vorstellung, in welcher die Gesamtheit der wesentlichen Merkmale der be-
treffenden Objekte vorgestellt wird. Das Urteil ist das Bewußtsein über die
objektive Gültigkeit einer subjektiven Verbindung von Vorstellungen. Der
Schluß ist die Ableitung eines Urteils aus irgendwelchen gegebenen Ele-
menten. Die Wahrheit besteht in der Übereinstimmung des Denkens mit dem
Sein.
In seinem (dem Materialismus sich nähernden) Entwürfe einer Psychologie
faßt Ueb. die Vorstellungen selbst als ausgedehnt auf, die in der ebenfalls
ausgedehnten Seele sich befinden; die Seele reicht soweit wie das Universum.
Alles Seiende ist materiell. Die Körper haben „innere Zustände", welche im
Gehirn als Vorstellungen auftreten. Später betrachtet Ueb. die Materie als aus
an sich existierenden Empfindungsinhalten bestehend, welche ausgedehnt sind.
In bezug auf die Weltordnung ist Ueb. Teleolog.
Die sittliche Norm tritt als apodiktische Forderung auf und lautet:
7,4 Ueberweg — Ulrici.
„Trage innerhalb der Grenzen deiner Befähigung soviel, wie du vermagst, zur
Lösung der Gesamtaufgabe der Menschheit bei."
Schriften: Die Entwicklung des Bewußtseins durch den Lehrer und Erzieher,
1853 (von Beneke beeinflußt). — System der Logik, 1857; 5. A., hrsg. von J. B. Meyer,
1882. — Untersuchungen über die Echtheit u. Zeitfolge Platonischer Schriften u. über
die Hauptmomente aus Piatons Leben, 1861 (Preisschrift). — Grundriß der Geschichte
der Philosophie, 1863 — 66; von der 4.-5. Auflage an bearbeitet von M. Heinze, 9. u.
10. A. 1905 — 09 (I. Bd., 10. A. von K. Prächter). — Über Idealismus, Realismus u.
Idealrealismus, Zeitschr. f. Philos. u. philos. Kritik, Bd. 34, 1859. — Ygl. F. A.
LANGE, Fr. Ueb., 1871: Gesch. d. Materialismus II. — M. BRASCH, Die Welt- und
Lebensanschauung Fr. Ueb.s in seinen gesammelten philos. -krit. Abhandlungen, 1889.
Uebinger, Johann, geb. 1854 in Kaltenengers, Prof. in Freiburg i. B.
Schriften: Die Philosophie des Nicolaus Cusanus, 1881. — Die Gotteslehre des
Nicolaus Cusanus, 1888. — Die philos. Schriften dos Nicol. Cusanus, Zeitschr. f. Philos.
u. philos. Kritik, Bd. 103, 105, 107 (1893—95). — Die mathematischen Schriften des
Nicol. Cus., Philos. Jahrb. VIII — X. — Der Begriff docta ignorantia in seiner geschieht!.
Entwickl., Arch. f. Gesch. der Philos. VIII, u. a.
Uexkiill, J. von, Biolog. = Nach Uexk. hat jede Organismenart ihre
eigene Umwelt, als Korrelat zur Innenwelt.
Schriften: Umwelt und Innenwelt der Tiere, 1909, u. a.
Ufer, Christian, geb. 1856, Mittelschulrektor in Elberfeld. Herausgeber
der „Internationalen pädagogischen Bibliothek", Mitherausgeber der „Zeitschr.
für Kinderforschung u. Heilerziehung".
Schriften: Vorschule der Pädagogik Herbarts, 1883; 9. A. 1898. — Nervosität
u. Mädchenerziehung, 1890. — Geistesstörungen in der Schule, 1891, u. a.
Ulrich, August Heinrich, geb. 1746 in Eudolstadt, Prof. in Jena, gest.
daselbst 1813. = Standpunkt der Leibniz-Wolffschen Philosophie, später, ob-
zwar Gegner Kants, zum Teil von diesem beeinflußt.
Schriften: Umriß zur Anleitung zu den philos. Wissenschaften, 1772 — 76. —
Institutiones logicae et metaphysicae, 1785. — Eleutheriologie oder über die Freiheit u.
Notwendigkeit, 1788. — Einleit. in die Moral, 1789.
Ulrich, Georg, geb. 1863 in Berlin. — Schriften: Gedanken zur Grund-
legung eines Systems aller Erfahrung, 1890. — Grundlegung des Systems aller mög-
lichen Erfahrung, 1896. — Der Begriff des Baumes, 1907.
Ulrici, Hermann, geb. 1806 in Pforten (Niederlausitz), seit 1834 Prof. in
Halle, gest. 1884.
U. ist, wie J. H. Fichte u. a., ein Gegner Hegels und ein Vertreter des
spekulativen Theismus (in der Form des Panentheismus) auf Grundlage eines
Ideal-Realismus, welcher Glauben und Wissen, Natur und Geist, Reales
und Ideales, Gott und Welt zu verbinden bemüht ist. Die Erkenntnis faßt
U. als denkende Verarbeitung eines von außen gegebenen Stoffes auf. Das Wesen
bzw. die Bedingung des Bewußtseins besteht in der Tätigkeit der Unter-
scheidung (des Subjekts von den Objekten, dieser voneinander usw.). Das
Denken ist wesentlich unterscheidende Tätigkeit, es ist „sich in sich selbst
unterscheidend". Die Denkgesetze der Identität und des Widerspruchs
Ulrki — Ukold. 775
sowie der Kausalität sind Gesetze der nnterecheidenden Tätigkeit Aus i
entspringen auch die Kategorien, d. h. die „an sich rein logischen, schl<
hin allgemeinen, ideellen, formellen Begriffe*1, welche ..dir allgemeine I
hungen der Unterschiedenheit und resp. Gleichheit da (seienden wie gedachten)
Objekte ausdrücken--. Sie sind Normen, leitende Gesichtspunkte des Denkens
und haben objektive wie auch transzendente (metaphysische] Gültigkeit 1
Urkategorien und al)geleitete Kategorien (höchste Sab gorie ist das „Denkt«
ferner ethische Kategorien. Ein objektives Korrelat haben auch die Anschau-
ungsformen Raum und Zeit. Die Kategorien sind ein der Denktätigkeit imma-
nentes A priori, welches auf das Tatsächliche angewendet wird.
Die Dinge bestehen nach U. ans Atomen, welche Kraftpunkte, Wirkui
Zentren pind. Die M aterie ist „Kraitaußerung", Erscheinung der „einfachen Zen-
tral-und Widerstandskräfte' der Dinge, kein totes Substrat, Bondern Widerstands-
kraft. Die Seele ist kein Atom, nicht materiell, aber doch in gewissem Sinne
lieh", als ,, kontinuierliche, in sich ungeteilte Substanz, ätherisches Fluidum". Sie isl
„eine unlösbare, zentralisierte Einigung von Kräften", die von einem selbetan
Zentrum ausgehen und mit dem Leibe in Wechselwirkung Btehen, und deren
Grundkraft „eine Kraft kontinuierlicher Ausdehnung und Umschließung ist,
durch welche sie die den Leib bildenden Atome ergreift, zusammenordnet, durch-
dringt''. Die Seele ist unsterblich; auch der Spiritismus wird von U. nicht
abgelehnt Die Ordnung der Welt ist eine zweckmäßige, sie weist anl den
Weltechöpfer und Weltordner, mit Gott hin, der die Welt überragt und zu-
gleich sie einschließt (Panentheismus) als geistige, denkende, Unterschiede
setzende, bewußte, freie, schöpferische, ethisch wirkende Urkraft und „Prius alles
andern Seins".
Das Sittengevc t z ist in der menschlichen Natur begründet Em ist ein
„Gesetz der Erhaltung und Förderung des Ganzen durch da- Einzelne und
damit des Einzelnen durch das Ganze". Di< Vernunft bringt die ethischen
Kategorien zum Bewußtsein und zur allgemeinen Anerkennm
Schriften: Über Prinzip und Methode der Hl 1841 —
Das Grundprinzip der Philosophie, 1845—46. — Breien der Logik, 186S. - I
dium der Logik, 1860; >. A. 1871. — Zur 1«>. ■ Dez P
Strauß, 1873. — Abhandlungen zur Km. oder lagtwtadt« A»tl..«tik. 1877, —
Glauben und Wiaeen, 1858. — Gott and die Natur, 1861; I. A. L86l
Mensch: I. Leib und Soele, 186ß ; |. A 1874; 11 Oraadattf« der prak-
1872. — Der «o^. Bpiritiamai aiae w\
1879, u. a. - • V( 1 . GbI mi-i a . Zur Brioaersag an H. I'..
philo«.. Kritik, IM. 108, 1894. — >< hui iki.i:. I
Unold • Johannes, Lr''l>. ls,;" in Memmingen, Lehrer an
Handelsschule in München, lütheraui ;>>>*"'
r. rertritt einen kritischen, peycho-physisclu ismui und einen
ethischen Erolutioniamus, Für den kritischen Monismus besteht dh i
Well darin, dai; die Ursachen und Gesetze der Natur onirei l Itnng
haben, also auch für die Lebewesen, and dafl das hol
aus dem nieder n entwickelt hat, ohne daß Psychische ein Produal
776 Unold — Uphues.
der Materie ist. Vielmehr ist es im Anorganischen, in dem es einst auch
lebendig war, jetzt mechanisiert und nur in den Organismen aktuell. Die
Welt ist ,, Selbsttat", als stufenmäßige Produktion immanenter geistiger Kräfte,
mit einer von außen und innen bedingten Evolution. Die geistige, soziale,
ethische Kultur ist eine aktive, bewußte Weitergestaltung des von der Natur
Angelegten nach bestimmten Lebensgesetzen immanent-teleologischer Art. Gut
ist, was zur Erhaltung und körperlich-geistigen Vervollkommnung der Indivi-
duen, der Gesellschaft, der Nation, der Menschheit unmittelbar oder mittelbar
beiträgt. Neben der Humanitätsidee betont U. auch den Nationalitätsgedanken.
Der (hedonistische) Eudämonismus ist (als schwächend) abzulehnen. Es kommt
nicht auf das Glück, sondern auf die „größte Tüchtigkeit oder Leistungsfähig-
keit der größten Zahl" an.
Schriften: Grundlegung für eine moderne Lebensanschauung, 1896. — Aufgaben
und Ziele des Menschenlebens, 1899; 3. A. 1909. — Die höchsten Kulturaufgaben des
modernen Staates, 1902. — Organische und soziale Lebensgesetze, 1906. — Monismus
u. Klerikalismus, 1907. — Der Monismus und seine Ideale, 1908. — Monismus und
Menschenleben, 1911, u. a.
Upton9 Charles Barnes, geb. 1831 in Portsea, Prof. in Oxford. = Anhänger
Martineaus und Lotzes, lehrt wie dieser eine Monadologie.
Schriften: The Place of a Science of Theology, 1875. — The present Agno-
sticism and the Coming Theology, 1879. — An Examination of the Doctrine of the
Natural Evolution of Mind 1883. — Can Religion dispense with God? 1886. — The
Bases of Religious Belief, 1894. — Dr. Martineaus Philosophy, 1905 u. a.
I plines« Goswin K., geb. 1841 in Brochherbeck, Prof. in Halle a. S.
U. ist auf dem Wege erkenntnis-pychologischer Untersuchungen zum Stand-
punkt eines (von Eckhart, Nicolaus Cusanus, Spinoza, Plato, Augustinus, Kant
u. a. beeinflußten) objektiven Idealismus vorgedrungen, der einer mystischen Welt-
anschauung nicht fern steht. Die Wahrnehmung unterscheidet U. von der
Empfindung ; während letztere subjektiv ist, ist jene die Vergegenwärtigung des
Objekts, des Bewußtseinstranszendenten in Empfindungen, also „Gegenstands-
bewußtsein". Später aber verlegt U. dieses, das Bewußtsein der Transzendenz
(des „Jenseits des Bewußtseins") erst in das Urteil. Die Objekte werden durch
die Vorstellungen abgebildet, wie sie unvorgestellt sind, sie treten in der Hülle
von Vorstellungen auf, sind aber von ihnen verschieden. Das ,, Gegen stands-
bewußtsein", welches vom „Zustandsbewußtsein" zu unterscheiden ist, besteht in
einer „Vergegenwärtigung" des Transzendenten im Bewußtseinsinhalte , und
zwar durch Wortvorstellungen im Urteil und in dem mit diesem verbundenen
Wissen um Gegenstände. Im „Meinen von etwas", „Dafürhalten" des Urteils
liegt das eigentliche Gegenstandsbewußtsein. Inwiefern aber das Transzendente
adäquat erkannt wird, bleibt dahingestellt.
Gegenüber dem Psychologismus betont U. den Unterschied des Erkannten
und Gedachten vom Erkennen und Denken als Bewußtseinstatsachen. Gegen-
stand der Logik ist das Denken, das seinen Zweck im Erkennen hat und ihm
als Mittel dient, so daß die Logik in erster Linie Erkenntnislehre ist. Die
Logik darf weder sensualistisch-psychologistisch, noch formalistisch sein, sondern
Ufhdi
mnd meUphymch begründet werden. Die Phil ist die ,.\\
Wesen da Dinge and vom System der Wahrheit". I»:- Wahrheit,«
- item der Wahrheiten, ist der l Land der Erkenntnis Im Erkann«
haben wir nicht ein blödes Bild der Wahr: dem die Wahl
diese ist in Ihm gegenwärtig dei Erkennet m W«
Dinge. Die Wahrheit ist ein metaphysischer Begriff, - ind sll-
leingältig, unabhängig ron ans, die wir sie in Besiti aeb
zeitlos. „Was wahr ist, isl nur wahr. weil es für alle Zeil and darum I
Ea lt. Nur darum gut ei auch für alle Denkenden. Wirklid
mir, weil es an diesem BwigkeitBcharakter der Wahrheil keilnimmt."
die gliche Tatsache hat ein teutung, ans der rieh ihr H<
treten in der Zeh erklärt Das Gelten steht höher als das i n and
ding Plato, Lotse o. a.). I>ü- Wahrheit gut, auch wenn wir
nicht erkennen, Bie ist ewig, überzeitlich. Im Urteil reichen wir in Gedani
in die äberaeitlich« Welt, die für alle Denkenden in gleicher W< -• _ilt.
hinein und stehen mit ihr im Zusammeilhangi I - Welt i-t i
- rtem der Wahrheit, ••ine rdeenwelt Di Wahrheit i-t .-in <
lafl man eigentlich nicht von einer einzelnen Wahrheit b] kann. 1 1
objektive Grund des Wahrheit a i-t das göttlicl
alle Wahrheiten überzeitlich umfaßt, die ron ihm . ■!. M • &
aberzeitlichen Bewußtsein ist all.- Wahrheit ron Ewigkeit verband
rindet sich in seinem Besitz, i-t in ihm rorhanden." Wir «rkti • dir-
ht-it nur durch „Erleuchtung" (Inspiration), <1. h. durch ..T«-ü:
aberzeitlichen Bewußtsein' U • I i « - li* - <1<
Geistesblick, durch Intuition, die vielfach ein« I .
Geistes" erzeugt die gedanklichen Einzelgebilde zum <
indem er ne sugleich findet und entdeckt Die Wahrheil und i
unserer einzelnen Urteile bestimml Bich nachdem .'
Zuaammei . keil ). I »:•■ K i n -in<l
liehen Verarbeitung des Binnesmaterials , irelche ireit 0
im un«l Zeit Bind Formal-, Bubstani and Kausalität l:
Wirklichkeit beruht letzten d dem wirklich« I
ong and Selbsteotaußeninj Die Außend
danken i . die wir na< h.l.nk.n. Im. I» en uir nur .rar
heinung in an I oihet bestimm* a. D
Stuft nleta r zum I ler ihr I
Entwicklung nun Vollkommenen, welches sich durchsetz! ist
das Bewußtsein ron der Verbindung mit Gott and \ vm
alles Bein and slle Wahrheit ihren Grund hat und «
empfangen können.
- : üiiiMi: Di« Bsform Je« meo»
de« S»ue* Mftk den PUtoaiechen Dialoge* K
Ot Wwm de« Denken« u I n, 1880. — lininü«
lebr i »i.rnehmtaf nd Rrnp-
*y — l
778 Uphües — Vadala Papale.
— Sokrates u. Pestalozzi, 1896. — Pädagogik als Bildungswissenschaft, 1899. — Ein-
fuhr, in d. moderne Logik I. : Grundzüge der Erkenntnistheorie, 1901. — Über die
Idee einer Philos. d. Christentums, 1901. — Religiöse Vorträge, 1903. — Zur Krisis
in der Logik, 1903. — Vom Lernen, 1903. — Vom Bewußtsein, 1904. — Sokrates
u. Piaton, 1904. — Kant u. seine Vorgänger, 1906. — Der geschichtl. Sokrates, 1908. —
Erkenntniskrit. Logik, 1909. — Geschichte der Philosophie als Erkenntniskritik, 1909.
— Das Bewußtsein der Transzendenz, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. 21. Bd., u. a.
— Vgl. die Arbeiten von H. SCHWARZ, M. PALAGYI u. a.
Urban, W. M. — Schriften: Valuation, 1909. — History of the Principle
of suffic. Beason, 1897, u. a.
Utitz, Emil, geb. 1883 in Prag, Privatdozent in Eostock. == U. hält die
Lehren, welche in den Funktionsfreuden den Kern ästhetischen Genießens er-
blicken, für irrig, findet aber in jenem eine „wichtige ästhetische Hilfsmacht,
die den ästhetischen Genuß zu bereichern und zu vertiefen, aber auch zu ver-
ringern, ja aufzuheben vermag".
Schriften: J. J. Wilhelm Heinse und die Ästhetik zur Zeit der deutschen Auf-
klärung, 1907. — Grundzüge der ästhet. Farbenlehre, 1909. — Funktionsfreuden im
ästhet. Verhalten, Zeitsch. f. Ästhetik, V. — Die Funktionsfreuden im ästhet. Verhalten,
1911 (Historisch-kritisch).
Üxküll s. Uexküll.
V.
Vaccaro, Michelangelo, geb. 1854 in Casteltermini, Prof. der Rechtsphilo-
sophie in Rom. = Vertreter der Darwinistischen Soziologie. In der Gesellschaft
wirkt der Kampf ums Dasein und die Selektion.
Schriften: La lotta per l'esistenza e i suoi effetti nell umanitä, 1886. — Le
basi del diritto e dello Stato, 1893, u. a.
Vacherot, Etienne, geb. 1809 in Langres, Prof. an der Sorbonne, gest.
1897 in Paris. = Von Cousin, Hegel, Renan u. a. beeinflußter Vertreter eines
positivistisch gefärbten Spiritualismus. Die Metaphysik (;,metaphysique positive")
ist die Wissenschaft der Prinzipien des Erkenn ens und Handelns, die Wissen-
schaft von der Einheit, vom Ganzen. Das Unendliche, Vollkommene ist ein
Ideales, kein Reales ; es wird nur gedacht, nicht erkannt. Gott ist also ein
oberstes Einheits-Ideal, insofern die Zweckursache alles Lebens, aller Harmonie
aller Einheit der Welt. Die Seele ist immateriell, der Wille frei.
Schriften: Histoire critique de l'äcole d'Alexandrie, 1846 — 51. — La mStaphy-
sique et la scionce, 1858; 2. 6d. 1863. — Essais de philos. critique, 1864. — La
religion, 1868. — La science et la conscience 1870. — Le nouveau spiritualisme, 1884,
u. a. — Vgl. OLLE-LAPRUNE, V., 1898. — PARÖDI, La philos. de V., Revue de
met. et de morale VII, 1899.
Vadala Papale, Giuseppe, geb. 1854 in Catania, Prof. der Rechtsphilos.
in Catania. = Vertreter der Darwinistischen Soziologie.
Schriften: Darwinismo naturale e Darwinismo sociale, 1880. — Progresso e para-
sitismo, 1901. — La Sociologia, 1883, u. a.
Vaihutgeb YaII.aij.
Vaihiiiger. Hans, geb. 1862 in Kehren, Prof in Hall, ufi B
da Eantetudien", Begründer der »JCantgesellschaft", K
In da „Philosophie des AU ( >!>•• bezekhnel V. seine]
u. u. beeinflußten) Btandpankt als „idealistis< Ja ■ p du"
in da Hinsicht in die „Notwendigkeil bewußter Fiktionen ab an
Grandlagen unsere« wiaeenachafUichen Forschens, unser«
na, unseres praktischen Glaubens". Die biologisch-psycholt
teleologisch-voluntaristiscrK - des Erkennen* wird betont i
Dinge zu beherrschen, müssen wir das I ene, die Empfindung
verarbeiten. Wir Eae us „Dinge44, als Bubstanzen mit Eigenschaften osw.
auf und „verfälschen" durch diese Fiktionen das Gegebene, um Beiner Ha
werden, es zu ordnen und zu beherrschen v-l. Nietzsche . Real ist cur d I
änderliche da Koexistenz und Bukzession des l aen. ,,Wah
VorsteüungsweM nur insofern, als sie uns erlaubt, am besten die Objektivität
zu berechnen und in ihr zu handeln; im Übrigen ist Bie rein Bubjektiv, i
Im«- I sind nur ein Mittel zum Handeln, verschaffen aber k
kenntnis da absoluten Wirklichkeit, welche anerkennbar ißt 1 >;.■ K
sind Fiktionen von theoretisch-praktischa Nützlichkeit, aba ohne Wirk
keitswert, also rein subjektiv, nur „praktisch" notwendi
sind nur „bequeme Hilfsmittel, um die BmpfmdungBmassen zu bewältig
wurzeln in diesem praktischen Bedürfnis, wobei die Zahl und -
Beiben durch die verschiedenen Aufierungsformen
denen -i'-h die Psyche mit diesen Formen anpaJ
denen die Geschehnisse erfafil werden und die aus da inneren Erfahrung
stammen; alle Erkenntnis, sofern Bie nicht bloß tatsächliche Sukzessionen and
istenz feststell! . ist nur analogisch, beruht auf ..anal
zrj.tion.ir-. Dinge, Kräfte und Ursachen sind, wi.- das „Ich" '
Fiktionen. Die» überhaupt sind eine „wissenschaftliche Erdichti
tischen Zwecken44, zweckmii i »i 1 < I« ■ der EUnbUdungkrafl zum /.
Erleichterung des wissenschaftlichen Denkens. Aul dem l'mw«
tionen und Bemifikti durch willkürliche Abweichung von d
krii und durch bewußte Widersprüche, durch „legitimierte I rrt n
das Denken das Gregebene zu beherrschen, wobei es durch
letzter Operationen4' seine Fehler k um) *-hl
Fiktionen eliminier4 oder kritisch all lt. ohi
praktischen Werl v(
triftet Hart
K ..rinii.i.tiir M KanU Kritik d. ri'inrn '
| Bde.). — Kant« W
Kant — tran»*CDilentale r K«!.\
.iungg^oiifU der r>gen über .1«
i: -. IM.. 1878 Di
I \ BLabtmj
\ ailiiti . '
Verl
780 Vailati — Valla.
Schriften: II metodo deduttivo, 1898. — La distinzione tra conoscere e volere,
„Leonardo", 1905. — Pragmatismo e logica matematica, „Leonardo", 1906. — Scritti.
Vaiseshika-Lehre : Eine Kichtung der indischen Philosophie, die dem
Kanada zugeschrieben wird und einen atomistischen Charakter hat. Als Elemente
der Körper werden Erde, Wasser, Luft und Licht genannt.
\ aleiitiiius, Gnostiker, der erst (bis gegen 135 n. Chr.) in Alexandrien,
dann (bis 160 n. Chr.) in Rom lehrte und in Cypern starb. Er hatte viele An-
hänger (Valentinianer: Herakleon, Ptolomaeus, Secundus, Marcus,
Axioneikos, Ardesianes u. a.).
V., der vom Parsismus, von Plato, dem Neuplatonismus, den Ophiten be-
einflußt ist, gehört zu den bedeutendsten der „häretischen" Gnostiker. Nach
seinem Emanationssystem ist das oberste Wesen der göttliche Vater (jiax^g)
oder Vorvater (jiQOJxäxcog), die ewige, unendliche, ungewordene Einheit ((xoväg
dyevvrjxog), die ,, Urtiefe" (ßv&og), der „vollkommene Aon" (xeleiog alcov), dem
nach manchen Valentinianern ein weiblicher Aon, das „Schweigen" {piyi] oder
evvoia), entspricht. Der Urvater setzt aus Liebe eine Geisterwelt aus sich
heraus, dreißig Äonen, ewigwährende, göttliche Kräfte, deren Inbegriff das
,,Pleroma" (jxXr/gco/Lia), das Reich göttlich-geistiger Fülle und Lebendigkeit (im
Gegensatz zum xsvco/ua, der stofflichen Leere) ist. Die zwei ersten Äonen sind,
der eingeborene Verstand (vovg), das Prinzip von allem (äg%r)v xcöv jtavxcov),
und die Wahrheit (äXtf-deia), die mit der Tiefe und dem Schweigen die erste
Vierheit (xsxgaxxvg) bilden. Zur zweiten Vierheit gehören der Gedanke (Xoyog)
und das Leben (£corj), der Urmensch (ävdgcojxog) und die Gemeinde (exxXiiola). Aus
dieser Achtheit (öydodg) gehen eine Zehnheit und eine Zwölfheit von Äonen hervor,
deren letzter die „Weisheit" (0099m) ist. Diese begehrte die Vereinigung mit
dem Urvater, um ihn zu erfassen und zeugte einen formlosen Stoff, worauf
sie durch den Äon „Grenze" (ögog) gereinigt und ihres Begehrens und
Leidens ledig wird. Dieses Begehren wurde von der Sophia als eine niedere
Weisheit, Achamoth (äxa/tcoft) abgelöst und in eine niedere Region geschleudert.
Die körperliche Welt hat der aus der Achamoth hervorgegangene Demiurg ge-
schaffen. Eine Emanation von „Verstand" und „Wahrheit" ist Christus, ein
anderes Produkt der Äonen der himmlische Jesus, mit dem der irdische Jesus sich
verbindet. Durch Christus findet die Erlösung der Weisheit statt. Die
Menschen zerfallen in „Hyliker" (materielle Menschen), wie die meisten Heiden,
„Psychiker" (seelische Menschen), wie die meisten Juden, und „Pneumatiker"
(Geistesmenschen), d. h. wahrhaft erkennende und erkenntnisgemäß handelnde
Menschen, die der Werke nicht bedürfen (die Gnostiker). Vgl. Pistis sophia.
Schriften nicht erhalten. Berichte über V. und die Valentinianer bei Irenaeus,
Tertullian, Clemens Alexandrinus (vgl. Gnostiker). — Vgl. W. SCHULTZ,
Dokumente der Gnosis, 1910. — G. HeiNRICI, Die Valentinianische Gnosis u. d. heil.
Schrift, 1871. — R. A. LlPSIUS, V. u. seine Schule, Jahrb. für Theol., 1887.
Valla, Laurentius (Lorenzo della Valle), geb. 1407 in Padua (oder Rom),
1 157 in Rom. = V. ist ein Gegner des Aristoteles und der Scholastik und
ein Vertreter des Humanismus, der seine logisch-rhetorischen Vorbilder aus
V.U.I.A - N'ANMi
Cicero und Qnintilian schöpft Kr ist an Erneuerer des Epikm B
nismiis und ist (wie di - •. Natur nod Gott zu ideni I»
Logik ist eine ,,scientia rationalis" (und jHrmoch
Schriften: De donatione Constantini, IfttO. — De Tolaptate et m
De libero arbitrio, 1518. — Dialecticae disputationes contra ä
die Aristotelische Dialektik, Kategorien- und Substanzenlehre u
— Vgl. J. Vahi.i.X, L. V., 1864; 2. A. 1870. - Mol
PRANTL. Gesch. d. Logik IV. — M. v. WOLFF, L. V. 1803. - \V -
L. V., 1896.
Vail Kiei'VÜt, J. J. — Schritten: Psycho!, humaine. — La memoire, 1-
— Etudes de psychol. 1901. — La psychol. quantitative 1907, u. a.
Van llolmont i. Heknont
\ aniiii. Lucilio, geb. am 1585 in Tanrisano, Btadierte in Rom,
nnd anderen Universitäten, fahrte ein unstetes I ib In Toaloase Prii
anterricht; 1018 wurde er daaelbel ab Ketzer and ert and
\. rbnumt.
V.. der von Pomponatius, I esalpinus, u. a. beeinfluß ist, lehrt
nataralistischen Pantheismus. In Beiner erst Schrift bestimmt
1 1 als unendliches, ewiges, aberzeitliche« Bein, das ans rieh h< ram
Well geschaffen hat und in ihr tätig ist, indem er alles In alles
ernum esse adeoque Deum
»ichnet er die Naf d r als die Kraft i D
selbst '..natura recte et i ■ l »■ - divina dicitur"). D
ewig, die einheitliche Materie in ihrer Menge i-t i i nur 0
I innen wechseln. \h<- Natur k rieh durch ihr« K
1 i wirken von Geistern. Der Mensch ist ein Mikrokosmos. Di< 3
die Form der lebendigen Bubstanz and darchdru
Eörpi
Schriften: Aniphitl.e.itruin Mt — I>e admirandi« natura«
:.ae deaeque nx.rtalium arcani* üKri 1\. \N . I>. PsfcrmiBS, Lebet
ksale, ( utnl M 1 7 Jahrhu:
I V LI88E, L. V., 1871 - BAI DOl W, HJ
\ an Meeaiefl i
\ annrrii'». \ - kholm. V
u. a. beeinflußt und rertritt ein»
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iUntiani Bjhwsd
782 Vannerus — Vaknbüler.
1890. — Das Universum, 1893. — Beim Studium der Philosophie Wundts, 1896. —
Zur theoret. Philos. Boströms, 1897. — Philosoph. Umrisse, 1902. — Die empir.
Naturauffassung, 1902. — Erkenntnislehre, 1905. — Wissenschafts-Systematik, 1907. —
Zur Philosophie des Geisteslebens, 1910, u. a.
V amii. Icilio, Prof. in Rom. = Nach V. ist die Soziologie eins mit der
Geschichtsphilosophie. Die Kultur ist das Werk eines sich selbst verwirk-
lichenden Gedankens.
Schriften: Primi linee di un programma critico di sociologia, 1888. — II pro-
blema della filosofia del diritto, 1890. — La teor. sociol. della popolazione, u. a.
Yarisco, Bernardo, geb. 1850, Professor in Pavia. = V. vertritt einen
kritischen Idealismus, nach welchem die psychischen Vorgänge auf Relationen
zwischen den einzelnen Wesen beruhen, deren Innensein in psychischen Vor-
gängen besteht, die sowohl durch die physischen Vorgänge als durcheinander
selbst bestimmt werden.
Schriften: Scienza e opinioni, 1901. — Le mie opinioni, 1903. — Introduzione
alla filosofia naturale, 1903. — Studi di filosofia naturale, 1903. — Corpo et anima, 1903.
— Forza e energia, 1904. — La conoscenza, 1904. — Paralipomeni alla conoscenza,
1905. — Abhandlungen in Eivista di filos. 1901, 1908, Riv. filos. 1902, 1906 ff. — Das
Subjekt und die Wirklichkeit, Logos I, 1911, u. a.
Varnbüler, Theodor von, geb. 1821 in Wien. = Nach V. ist die Philosophie
„die Erkenntnis der Notwendigkeit, kraft deren alles so geschehen muß, wie es ge-
schieht, und alle Dinge so sein müssen, wie sie sind". Ihre Methode ist die „Syn-
thesis a priori", die Konstruktion der Begriffe aus den Elementen des Seins. Es
gibt keine Axiome, nur korrekte Grunddefinitionen, aus denen sich alles be-
weisen lassen muß. Das Sein ist „das Sichselbstgleichbleiben eines Etwas in
vielen Momenten", die „Synthese von Einheit und Vielheit", die „Gleichung
schlechtweg". Jedes Etwas ist „Inbeziehungstehen, Relativität". Das wollende
Sein ist Gott. „Das Sein überhaupt besteht somit darin, das Gott, der absolut
Eine, durch die ihm innewohnende Kraft der freien Abstraktion sich selbst in
Vielen wieder erzeugt, so daß er in allen Vielen immer der gleiche bleibt."
Der eine allmächtige und allwissende Gott ist das Ideal alles Seins. Substanz,
Aktualität und Form, oder Subjekt, Begriff und Objekt sind die Elemente alles
Seins. In der Substanz des Seins überhaupt bilden alle Wesen nur ein
einziges Sein, in der Form aber sind es viele Wesen. Die Veränderung der
Beziehungen der Momente des Seins ist Bewegung; das Sein kann sich nur
durch die Bewegung seiner Substanzen verwirklichen. Das Gegenwärtigsein
eines Wesens in einem anderen ist das Bewußtsein. Wirkliches Sein ist leben-
diges Bewußtsein. Das allumfassende Bewußtsein ist die Vernunft, außer ihr
gibt es kein Sein. Das wirkliche Sein der Vernunft ist Leben ; alles wirkliche
Sein ist Leben, nur Leben ist wirkliches Sein. Durch die Gestaltung und Be-
lebung des Bewußtseins in der Vernunft erlangen alle Dinge ihr reales Sein.
Dem ..Logos" (der Idee jedes Dinges) in allem entspricht eine „Psyche", die
i ranzes die Weltseele („Physis") ist. Als letztes Produkt der „Potenzierung
^eins in der Vernunft" entsteht der Mensch, dieser hat (als geistiger)
Varxbüler — VAU VENA RGÜES.
ein der Kausalität nicht unterworfenes immaterielles Leben, er ist „indivi-
dualisierte Vernunft", Person. Der vollendete Formbegriff der Vernunft ist
der Logos des Gottmenschen, dessen „Momente" die Menschen sind; diese
sind wie er unsterblich, erhalten im künftigen Leben einen neuen Körper.
Schriften: Acht Aufsätze zur Apologie der menschl. Vernunft, J878. — Die
Lehre vom Sein, 1883. — Der Organismus der Allvernunft u. das Leben der Menschheit
in ihm, 1891.
Varro, M. Terentius, lebte 115 v. Chr. — 25 v. Chr. in Born, Schüler
des Akademikers Antiochos, Freund Ciceros. = V. faßt Gott im Sinne des
Stoizismus als Weltseele auf. Er unterscheidet die mythisch-dichterische, die
bürgerlich-politische und die „physische" (natürliche), philosophische Religion.
Wir bedürfen physischer und geistiger Güter, deren höchstes die Tugend ist,
welche die Glückseligkeit verleiht.
Schriften: Antiquitates (41 Bücher). — Vgl. L. H. KßAHXER, De Varronis
philosophia, 1846. — E. NORDEN, Varroniana, Rhein. Museum 48, 1893.
Vasquez, 1. Gabriel, gest. 1604, Verfasser von „Disquisitiones metaphy-
sicae. = Thomist. — 2. Marsilius, aus Toledo, Mitglied des Zisterzienserordens,
lehrte in Rom, Ferrara und Florenz, gest. 1611 in Florenz. = Thomist, Ver-
fasser von Kommentaren zu Aristoteles. — 3. Ferdinand, Jesuit, gehört zu den
„Monarchomachen" (vgl. Bellarmin u. a.).
Vatke, Wilhelm, geb. 1806 in Lehndorf bei Magdeburg, Professor der
Theologie in Berlin, gest. daselbst 1882. = Anhänger Hegels (mit Modifi-
kationen), auch von Kant beeinflußt; er betont die relative Willensfreiheit des
Menschen, die im Kampf mit dem Bösen erlangt wird. Die Religion ist das
Gefühl der göttlichen Nähe und Gnade in der Liebe.
Schriften: Die biblische Theologie I, 1835. — Die menschliche Freiheit, 1841. —
Historische kritische Einleitung ins Alte Testament, hrsg. 1886. — Religionsphilosophie,
hrsg. 1888. — Vgl. S. H. BENECKE, W. V., 1883.
Vattel (Wattel), Emmerich von, geb. 1714 in Couvet (Schweiz), lebte als
Diplomat in Dresden, gest. 1766 in Xeufchätel. = Anhänger von Leibniz imd
Chr. Wolff.
Schriften: Defense du Systeme Leibnitien contre les objections de Mr. de Crousaz,
1741. — Le loisir philosophique, 1745. — Droits de gens, 1758 ; deutsch 1760. —
Questions de droit naturel, 1762; deutsch 1771.
Yauvenargues, Luc de Ciapier, Marquis de V., geb. 1715 in Aix,
einige Zeit Offizier, gest. 1747 in Paris. = V. (der besonders von Schopenhauer
oft zitiert wird) ist ein Moralist, der wie Pascal einem gewissen Mystizismus
zuneigt. Unter seinen Reflexionen findet sich manches Bemerkenswerte, wie:
„Les grandes pens£es viennent du coeur", ,,La raison ne connait pas les intt'ivts
du coeur" u. a.
Schriften: Introduction ä la connaissance de'l'esprit humain (Anhang: Retiexions
et maximes), 1746; deutsch von Hafferberg, 1899. — Discours sur la liberte; Traue sur
le libre arbitre (Für die Willensfreiheit), deutsch 1902. — Betrachtungen und Maximen,
deutsch von E. Hardt, 1906. — Oeuvres, 1747, 1797, 1821, 1857, 1874 f. — Vgl.
784 Vauvenargues — Vedische Philos.
HAFFERBERG, Die Philosophie V.s, 1898. — C. NEBEL, V.s Moralphilosophie, 1901.
— HeilMAKN", V. als Moralphilosoph u. Kritiker, 1906.
Vayer, s. Le Vayer.
"Veccliio, Giorgio del, Professor der Bechtswissenschaft an der Univer-
sität Sassari, Genua. = Das Recht ist sowohl eine empirische Tatsache als
etwas Überempirisches (es hat eine „significato iperfenomenico"), sofern es
nämlich eine sittliche Ordnung herzustellen strebt. Die Entwicklung des
Eechts (dessen Prinzip ein A priori enthält) hat die Tendenz zur Bestätigung
des Naturrechts.
Schriften: Diritto e personalitä umana, 1904. — L'etica evoluzionista, 1904. —
Su la teoria del contratto sociale, 1906. — II concetto del diritto, 1906. — II sentimento
giuridico, 1908. — 11 concetto della natura e il principio del diritto, 1908, u. a.
Vedische Philosophie: Die Philosophie der Veden (Veda = Wissen)
mit drei Perioden: 1. Alt vedische Periode (Rigveda); 2. Jungvedische Periode
(Upanishads = Geheimlehren) ; 3. Nach vedische Periode (Mimansa, Vedanta, Nyaya,
Vaiseshika, Sankhya, Yoga). Die Vedanta-Philosophie betrachtet das empirische
Wissen als Nichtwissen. Dem wahren Wissen enthüllt sich die Vielheit der
Dinge und Individuen als Schein, als Illusion („Schleier der Maja"). In Wahr-
heit existiert nur das Eine, das göttliche Allwesen, das „Brahman"; die Welt
ist nichtig, wesenlos (Akosmismus), nicht (wie die älteren Veden lehren) eine
Emanation des Göttlichen. Das „Brahman" ist ewiges, unwandelbares, reines
Sein, übersinnlich, immateriell. Die Körperwelt ist ebenso Schein wie die
Welt der einzelnen Ichs, die nur in der Erscheinung verschieden, an sich aber
eins, das göttliche Selbst („Atman") sind („Aham Brahma asmi"; „Tat twam
asi"). Hier wird also ein Monismus, Pantheismus, Idealismus gelehrt. Höchstes
Ziel ist die, alle Seelenwanderung, alle Wiedergeburt (mit den Folgen des
früheren Lebens, dem „Karma") aufhebende Einswerdung mit dem Einen.
Aussprüche :
Der eine bin ich ; was da ist, ich bin es.
Der sich zu allen Wesen umgestaltet.
Was er schuf, nimmt dann zurück er wieder,
Zur Einheit werdend mit des Wesens Wesen.
Der eine Gott, verhüllt in allen Wesen,
Durchdringend alle, aller innere Seele.
Schriften: Rig-Veda, deutsch von Grassmann, 1876; von Ludwig, 1876—83. —
Oupnekhat, lateinisch von Anquetil Duperron, 1801; deutsch 1882. — Kig-Veda, hrsg.
von M. Müller, 1869. — Vgl. DEUSSEN, Sechzig Upanishads des Veda, 1897; 2. A.
1905. — Das System des Vedanta; 2. A. 1906. — Die Sutras des Vedanta, 1887. —
Allgemeine Geschichte der Philos., 1894 ff. — Geheimlehre des Veda, 2. A. 1907. —
Oldenberg, Die Religion des Veda, 1894; Rig-Veda, 1888 f. — WALLESER, Der
ältere Vedanta, 1910.
Veitch — Verox. 785
Veitcb, John, geb. 1829 in Peebles, Prof. in Glasgow, gest. 1894. = An-
hänger Hamiltons.
Schriften: Institutes of Logic, 1885. — Knowing and Being, 1889. — Dualism
and Monism, hrsg. 1895. — Vgl. BRYCE, Alemoir of J. V., 1896.
Venetianer, Moritz (M. Anthropos), früher Gymnasialprof. in Char-
lottenburg, lebt in Paris. = Anhänger E. v. Hartmanns. Das Absolute ist
der alles Seiende in einem Akte wissende „Allgeist". Alle Dinge sind, als
Modifikationen des Allgeistes und von ihm erfüllt, beseelt.
Schriften: Schopenhauer als Scholastiker, 1873. — Der Allgeist, Grundzüge des
Panpsychismus im Anschluß an die Philosophie des Unbewußten, 1874.
Venetus s. Zorzi.
Venn, John, geb. 1834 in Hüll, Prof. in Cambridge. = Vertreter der
symbolischen (mathematischen) und der (von J. St. Mill beeinflußten) induk-
tiven Logik. Das Ziel der letzteren ist die Erklärung und Systematisierung
der Tatsachen der Außen- und Innenwelt, des Denkens („explaining and syste-
matizing the facts of the world throughout their widest possible extent").
Schriften: Symbolic Logic, 1881. — The Principles of Empirical or lnductive
Logic, 1889.
Ventura, G., geb. 1792 in Palermo, gest. 1861 in Versailles. =
Scholastischer Standpunkt.
Schriften: De methodo philosophandi, 1828. — La raison philosophique et la
raison catholique, 1854. — La tradition et les semi-pelagiens de la philosophie, 1854.
— De la vraio et de la fausse philosophie, 1852. — Essai sur l'origine des idees, 1854.
— La philosophie chretienne, 1861, u. a.
Vera, Augusto, geb. 1813 in Amelia, Prof. in Xeapel, gest. 1885. =
Hegelianer.
Schriften: Indroduction ä la philosophie de Hegel, 1855; 2. ed 1864. — La
Logique de Hegel, 1859. — Le problenie de la certitude, 1859. — L'hegelianisine et la
philosophie, 1861. — Melanges philosophiques, 1862. — Essais de philos. hegelienne,
1864. — Lezioni sulla filosofia della storia, hrsg. von K. Mariano, 1869. — Probleraa
dell' assoluto, 1872 ff. — Saggi filosofici, 1885. — Piatone e l'immortal. dell' anima,
1881. — Inquiry into specul. and exper. Science, 1856. — An Introduction to specul.
Philos. and Logic, 1875, u. a. — Vgl. MARIANO, A. V., 1887.
Vernias, Nicoletta, war 1471 — 99 Professor in Padua, Anhänger des
averroistischen Monopsychismus (Lehre von der Einheit der Vernunft in allen
Seelen); später anerkannte er die Unsterblichkeit auch der Einzelseelen.
Schriften: Quaestio an dentur universalia realia; De unitate intellectus, u. a.
— Vgl. P. E.AGXISCO, N. V., 1891 ; Documenti inediti e rari intorno alla vita ed' agli
ecritti di N. V., 1891.
Veron, Eugene, geb. 1825 in Paris, war als Journalist tätig. = Nach
V. ist die Kunst eine natürliche Eesultante des menschlichen Organismus.
Sie entwickelt sich aus der Sprache als Ausdruck, ist der Ausdruck der
menschlichen Persönlichkeit („l'expression 6mue de la personnalite humaine"),
die Äußerung einer Gemütsbewegung (,,la manifestation d'une emotion se
Eisler, Philosophen-Lexikon. 50
786 Veron — Verworn.
traduisant au dehors"). Der ästhetischen Lust liegt die Betätigung der Gehirn-
energie zugrunde. •
Schriften: L'esthetique, 3. ed. 1890 (Hauptwerk). — La raorale, u. a.
Verweyen, Johannes Maria, Privatdozent in Bonn.
Schriften: E. W. von Tschirnhausen, 1906. — Die Tat im Ganzen der Philo-
sophie, 1908. — Das Problem der Willensfreiheit in der Scholastik, 1909. — Philo-
sophie und Theologie im Mittelalter, 1911, u. a.
Verworn, Max, geb. 1863 in Berlin, Prof. der Physiologie in Göttingen.
Herausgeber der „Zeitschr. für allgemeine Physiologie".
Nach V. heißt Erkennen nichts anderes als „Erfahrungen bilden". Die
einfachste Erfahrung besteht in der sinnlichen Empfindung. Mittels der
Empfindungen entstehen die Vorstellungen, welche ihre eigenen Rindensphären
außerhalb der reinen Empfindungssphären haben („Vorstellungsgebiete"). Die
Vorstellungsassoziationen unterliegen einer Selektion. „Nur Vorstellungsasso-
ziationen, die durch die sinnliche Erfahrung immer wieder bestätigt werden,
halten sich dauernd lebensfähig und werden weiter gezüchtet." Auf der Übung
der durch Selektion gezüchteten Vorstellungsgänge beruht das Gedächtnis. Es
werden bestimmte Assoziationswege ausgeschliffen und so entsteht das logische
Denken. Die Anschauungsformen Raum und Zeit stammen aus der Erfahrung.
Gemäß dem „Konditionalismus" ist die „Ursache" ein mystischer Begriff des
primitiven Denkens; es gibt nur funktionelle „Bedingungen" des Geschehens,
gesetzmäßige Abhängigkeiten nach dem Schema: wenn a ist, ist b (Positivistische
Kausalauffassung; vgl. Mach, Hodgson u. a.). „Sind sämtliche Bedingungen, von
denen ein Vorgang oder Zustand abhängig ist, ermittelt, dann ist der Vorgang
oder Zustand eindeutig bestimmt, und es bleibt nichts mehr an ihm zu er-
klären." Auch das „Ich" ist uns nur als Produkt der Erfahrung bekannt; es
ist „der Komplex von Dingen, der immer dabei ist, was auch der Mensch
empfindet und denkt, fühlt oder tut". Das primäre, engere Ich ist ein „Apparat
zur Herstellung von Bewußtseinsvorgängen". Die Dinge existieren außerhalb
meines Ich, auch wenn ich sie nicht empfinde; auch mein Ich existiert dann
weiter. Das Ich und die Dinge sind in der Welt, ein Teil von ihr. Erkennen
ist ein „Inbeziehungsetzen". Indem ich es zu mir in Beziehung setze, kann
ich jegliches Ding erkennen; der Erkenntnisprozeß hat hier keine Grenze.
Materie (Atom u. dgl.) kennen wir nur als System von Bedingungen und als
Gedankenkonstruktionen. Absolute, unabhängige Atome kann es nicht geben.
Es gibt nicht psychische und physische Vorgänge nebeneinander, sondern nur
Eines. Was wir bei dem anderen sehen, wenn wir die Vorgänge in seinem
Gehirn analysieren, während er eine Empfindung hat, das ist seine Empfindung;
diese ist eindeutig bestimmt durch ihren spezifischen Komplex von Bedingungen.
Die Entstehung bestimmter Bewußtseinsvorgänge ist bedingt durch bestimmte
Vorgänge in den Bestandteilen der Hirnrinde. V. vertritt einen „Psycho-
monismus", nach welchem die Dinge nur als „Inhalt der Psyche" existieren.
Die Körper bestehen aus Empfindungen.
Schriften: Psycho- physiologische Protistenstudien, 1889. — Die Bewegung der
VEBWOBH — VlI.KKANM.
lebendigen Substanz, 1892. — Allgemeine Physiologie, 1895; 5. A. 190'J. — Die
Biogenhypothese, 1903. — Naturwissenschaft und Weltanschauung, 1904. — Prinzipien-
fragen in d. Naturwissenschaft, 1905. — Die I mg des Lebens, 1907. -
Mechanik des Geisteslebens, 1907; I. A. 1910. — Zur Pgj hol. d. primitiven Kunst,
19"7. — Die Frage nach den Grenzen der Erkenntnis, 1908, u. a.
Veiter, Benjamin, geb. 1848 in Osteri
Prof. am Polytechnikum in Dreedei
monistische! Standpunkt. I
Schriften: Die moderne Weltanschauung und der
Yioo, Giovanni Battista Giamhattu N
der Rhetorik in Neapel, gest. 1743.
Y.. der von Plato. Aristoteles, dem Neupiatonismus, F. B i intim. I
gehör! y.n den bedeutendsten älteren Vertretern der Geschieht sphilosophie
and Völkerpsychologie), die nach ihm eine „Metaphysik des Mensch« ogi schA
sein soll. Die Geschieht«- selbe (richte der menschlichen I
„storia dell' idee umane"); die Prinzipien der Moral, der Politik, dee i:
sind die wahren Prinzipien der Geschichte, in welcher sich die göttliche Vor-
sehung offenbart und welche drei Perioden hal Götter-, J M hen-
Alter. Die Entwicklung der Völker ist eine einheitliche. Interessen and Ti
t ühren zu sozialen Einrichtungen, welche wieder neue Bedürfnis«
Die Übereinstimmung des g< samten Menschenverstandes der Völker ist die \\
hett, ilcr Geist der menschlichen Gattung, die bezüglich eu «l Grund-
wahrheiten übereinstimmend denkt Die Bedeutui i
für den Charakter der Völker wird von V. erkannt Dm Recht Be-
dingung der ( tesellschaft
Gott isf nach V. das unendliche Können Kennen (noacere) und
Wollen (velle). Die Dinge Bind an -i<-h Kraftzentreo all Ausstrahlungen der
göttlichen Kraft. Das Wesen der l erkenn! der Mensch, indem er aUea
in Gk>tl schaut (vgL Malebrancli
B hriften: De antiqui- I orum sapientia. 1 7 l o — D« saiftra im
et fine uno, 1720; deut- jui est de constantia iurisprudenti«, L7ll.
— Princijd di una scirnza nunva d' intorno alla comm;. ra delle nazi<
|. a. L780; B. a. 1744, 181t, LStl, L86S£ a •• : baaaMaal i :."..:. '■• ■■
Gruiidzii„'.- einer neuen NN BaaptWtrk), u a. — Opera, 1858-59;
Oper« 1853 ; 0 \*St.
K. Wi km i:. I ■ I i a i V.
1893 (englis.-h). — <\M"M S . I 9 DKM, G MS. —
k'i imm, Q, B V . 1906. - < k<>< r l
Victor . St Victor.
VlctorinuM - Marius V.
\ hlari, Giovanni = Individualist»
B i.ntt.-n: LlMÜfidaaÜMM aalls morali del aecolo I ■ '«»9. —
< i i Kti a. 1'*
\ icrknmlt, \ .1 I in.
Von Wandt beeinfluBl I nn-n kmi-tn <..->,iu.i
78S VlERKANDT — VlLLERS.
und die Erhaltung der Kultur. Die Kulturgüter sind überindividuell, Produkte
des Gesamtgeistes. Die Kultur bestellt aus einem „Inbegriff fester Formen",
welche der Willkür der Einzelnen entzogen sind. Der Kulturwandel ist durch
soziale und sachliche Kräfte bedingt ; bei den letzteren sind die trivialen und
idealen Motive zu unterscheiden, zu den ersteren gehört der Einfluß des An-
genehmen und des Nützlichen. Stärker als die sachlichen sind die sozialen
Motive. Eine hohe Bedeutung hat für die Kulturentwicklung das Infinitesi-
male, Kleine. Der Kulturwandel ist entweder „endogen" oder „Akkulturation"
(durch Entlehnung), stetig oder unstetig, bewußt oder unbewußt. Es gibt Halb-
oder Vollkultur (bzw. Natur- und Kulturvölker). Das Wesen der Vollkultur
liegt im „Überwiegen der willkürlichen vor den unwillkürlichen Willensakten".
Ein „ethelistischer" (willensbestimmter) und „intellektueller" Typus der Vollkultur
ist zu unterscheiden.
Schriften: Naturvölker und Kulturvölker, 1896. — Die Stetigkeit im Kultur-
wandel, 1908. — Das Kulturproblera, Zeitsehr. f. Sozialwissensch. III, 1899. — Philos.
Studien XX, u. a.
Yignoli, Tito, geb. 1827 in Rosignano, Prof. in Mailand. = Vertreter der
vergleichenden Psychologie, evolutionistischer Standpunkt. Der Mythus beruht
auf einer schon ursprünglichen Beseelung der Objekte seitens des Menschen.
Schriften: Della legge fondamentale dell' intelligenza nel regno animale, 1877.
— Era nuova del pensiero, 1885. — Mito e scienza, 1879; deutsch 1880. — Sul-
l'origine del linguaggio articolato, 1885, u. a.
Villa, Guido, geb. 1867, Prof. in Rom. = Von Wundt und Hoff ding be-
einflußt. Die geistig-historischen Tatsachen sind Werte, die gefühls- und
willensmäßig bestimmt sind und dem „Gesetz des größten Interesses" unter-
liegen. Das Denken ist eine Willensfunktion (Voluntarismus).
Schriften: Sülle teorie psicologiche di W. Wundt, 1896. — La psicologia con-
temporanea, 1889; 2. ed. 1911; Einleit. in d. Psycho!, d. Gegenwart, deutsch von
Pflaum, 1902; ital. 2. ed. 1910. — L'idealismo moderno, 1905, u. a.
Yillari, Pasquale, geb. 1827 in Neapel, Prof. in Pisa. = Positivistische
Auffassung der Geschichte.
Schriften : Scritti pedagogici, 1868. — Arte, storia e filosofia, 1889. — La
storia di G. Savonarola, e de' suoi terapi, 2, ed. 1887; deutsch 1868. — N. Machia-
velli e i suoi tempi, 1877 ff.; deutsch 1877 — 83, u. a.
\ illanme, Pierre (Peter), geb. 1746 in Berlin, gest. um 1806 auf Fünen.
= Standpunkt der Leibniz-Wolffschen Philosophie.
Schriften: Über die Kräfte der Seele, 1776. — Von dem Ursprünge und den
Absichten des Übels, 1784 — 87. — Geschichte des Menschen, 3. A. 1802, u. a.
Villers, Charles, geb. 1765 in Boulay, eine Zeitlang Offizier, studierte
1797 in Göttingen, lebte dann in Lübeck, 1811 — 14 Prof. in Göttingen, gest.
1815. = Anhänger Kants.
Schriften: Philosophie de Kant, 1801. — Auszug daraus (für Napoleon verfaßt),
mitgeteilt von K. Vorländer in den „Kantstudien", III. — Essai sur l'esprit et l'influence
de la reformation de Luther, 1804; deutsch 1805. — Philos. u. histor. Briefe über die
Villers — Vi» heb.
Kirchenvereinigung, 1808, u. a. — Vgl. RlNK, Mancherlei zur 8 r metakri-
tischen Invasion, 1800. — G. ULRICH, (Jh. de. V., 1899.
Vinoenz von Beauvais (Beüovacensis), Dominikaner, Lehrer der8öhne
Ludwigs IX. des Heiligen, gest. um 1250. = Verfasser der □
Enzyklopädie des Mittelalters. Betreffs der UniverBalien vertritt V. einea
mäßigten „Realismus-.
Schriften: Tractatus de eruditione filiorum regalium; deutsch von Schlosser, 1
— Speculum quadruplex: naturale, doctrinale, historiale, raorale, 14 84, 15
1G24 (Hauptwerk, zum Teil von anderen Verfassern bearbeitet). — Vgl. A. VOGEL,
Über V. v. B., 1843. — PRANTL, Gesch. der Log. 111. — BOUTAÄIC, V. de B,
1875. — R. Friedrich, V. v. B. als Pädagog, 1883.
Vinci s. Leonardo.
Virchow, Rudolf, 1821 — 1903, Prof. in Berlin, der berühmte Begründer
• !• r ..Zellularpathologie". = V. vertritt als Biolog die mechanistische Ihi
Die Lebenskraft ist nichts als eine den Elementarstoffen mitgeteilte b\
rieh tung der „vitalen Einheiten" (Oesamm. Abhandl. zur wisBensch. Medizin 1. 1
Exaktes Wissen und religiöser Glaube Bind schar! zu unterscheiden, ohne daß
sie einander ausschließen.
Schriften: Vier Reden über Leben und Kranksein, 1862. — Die Einheitsbe-
strebungen in der wissensch. Medizin, 1897. — Empirie und Transzendenz,
f. pathol. Anatomie u. Physiologie VII. Gesammelte Abhandlungen zur
Medizin, 185G. — Vgl. RECHER, EL V.. I. A. L8
Viseber, Robert, gel). 1847 in Tübingen. Pro! der Em ichte in
Göttingen. = V. betont die ästhetische Einfühluj
Schriften: Über das optische Furmgefühl, 1873. - Studien zur Kun»tge»chi.
1886, u. a.
Viseher, Friedrich Theodor, in Ludwigsburg, itadierte in
Tübingen. 1837 s, o., 1844 o. Prof. dasell in Zürich, seit 1886 wieder
in Tübingen und (im Sommer) in Stuttgart, gest 1887,
V. ist besonders ron Hegel beeinflußt, über den er tber später bina
Jute „Idee" rerwirklichl sich Dach V. in Kaum and Zeit Di N
ist der Boden, woraus der Qeisl au - bönen ist „i Philo-
vuj.hic-. es ist „die Idee in der Form begrenzter Erscheinung'', ein sinnlich
Einzelnes als Ausdruck der Idee, Die Kunst ist die subjektiv-objektive Wir!
keil des Schönen. Das Schöne im Widerstreit seiner Momente ist d
isch wird das einzelne s«-hr.ii«-, w.-im .> mit .I.m Al»-i.lutt-ii dadurch in
Konflikt gerät, daß es Dicht durch Selbstaufopferung, -.-ml. tu durch s
sucht mit ihm eins werden will Das wahrhaft Erb ri das Ti
,das Bild d< ichwindens jeder endhchi i lern nnendli
Geiste, das Bild davon, wie kein Mensch schuldlos bli B bkk-
aal an dieser Schuld packt und ihm dafür Leiden bi bliche
Größe ror d< i M > • • >- huiml.t •■ l and die
Kunst, 8. 180). V. unterscheidet objektive Kunst (die bilcV
(Musik), and subjektiv-objektive (Dichtkunst). In B brift
790 Vischee — Vloten.
bestimmt er das Schöne mehr empirisch-psychologisch als „ausdrucksvolle
Form, formgewordener Ausdruck, Einheit von Ausdruck und Harmonie", und
betont das unbewußte „Einfühlen" („Leihen", „Unterlegen").
Schriften: Über das Erhabene und Komische, 1837. — Kritische Gänge, 1844 ff.,
1861 ff. — Ästhetik, 1846 — 58. — Über das Verhältnis von Inhalt und Form in der
Kunst, 1858. — Auch Einer, 1879 (Roman). — Mode und Cynismus, 3. A. 1888. —
Altes und Neues, 1889. — Vorträge für das deutsche Volk; hrsg. von seinem Sohne
E. Vischer: I. Das Schöne und die Kunst, 1897; II. Shakespearevorträge, 1899 f.,
u. a. — Vgl. E. V. GÜNTHEET, F. Th. V., 1889. — M. DlEZ, F. V., 1889. — Th.
ZlEGLEE, F. Th. V., 1893. — F. EEICH, Die Kulturphilosophie V.s, 1907.
Vives, Johannes Ludovicus, geb. 1492 in Valencia, studierte daselbst
und in Paris, hielt sich u. a. in Brügge und Löwen auf, von 1523 bis 1528
jährlich in England , wo er Doktor der Rechte wurde und Vorlesungen hielt,
gest. um 1540 in Brügge.
V. ist einer der bedeutendsten Gegner der Scholastik, obwohl er in meta-
physischer Beziehung stark von Aristoteles beeinflußt ist, in der Ethik hingegen
von Plato und der Stoa, während er in der Psychologie eine empirische Methode
anstrebt, wie er auch sonst die Wissenschaft auf Natur und Erfahrung und
auf selbständiges Denken verweist. In mancher Beziehung ist V. ein Vor-
läufer von Petrus Ramus, F. Bacon, Descartes.
Die Wissenschaften seiner Zeit kritisiert V. scharf , indem er die Gründe
für ihren Verfall analysiert. In metaphysischer Beziehung betont V. den Be-
griff Gottes und der Schöpfung. Die Gottesbeweise beurteilt er ziemlich skep-
tisch und legt mehr auf die sittliche Grundlage des Gottesbewußtseins Wert.
Die Dialektik (Logik) ist mit der Rhetorik zu verbinden und besonders ist die
Lehre von der Erfindung und vom Urteil zu behandeln (vgl. Ramus), auch die
Wahrscheinlichkeit nicht zu vernachlässigen. Die Psychologie hat sich nicht
mit dem Wesen der Seele , sondern mit ihren Eigenschaften und Funktionen
zu befassen, also auf innerer Beobachtung zu beruhen. Keine Erkenntnis steht
hoher als die psychologische (De anima et vita, praef.). Die Seele ist nach V. ein
im organischen Körper wohnendes Agens (,,animam esse agens praecipuum,
habitans in corpore apto ad vitam"). Das Gefühl der Lust erklärt V. aus der
Angemessenheit der psychischen Funktion (vgl. die Lehre von den Affekten,
1. c. III, 146 ff).
Schriften: Sapiens, 1512. — Christi triumphus, 1514. — Gegen die Pseudo-
dialektiker, 1519. — De initiis, sectis et laudibus philosophiae, 1518. — Satellitium
animi, 1524. — De diseiplinis, 1531 (mit: De prima philosophia, de censura veri, de
instrumento probabilitatis u. a., 1531). — De anima et vita, 1539. — Opera, 1555;
1782—90 (8 Bde.). — Dialoge, deutsch von Brösing, 1897. — Vgl. F. A. LANGE, L. V.
(in: Enzyklop. d. ges. Erziehungs- u. Unterrichtswesens, hrsg. von Schmid, IX, 1869).
B. PADE, Die Afl'ektenlehre d. J. L. V., 1894. — G. HOPPE, Die Psychol. des
J. L. V., 1902. — BONILLA Y SAN MARTIN, L. V. (spanisch), 1903. — KATER,
Vives u. s. Stellung zu Aristoteles, 1908.
Yloten, Jan van, geb. 1818, 1854—67 Prof. in Deventer, gest. 1883 in
Harlem. = Von Spinoza u. a. beeinflußt. Herausgeber der besten Spinoza-
Ausgabe.
Vloteh — V<
Schriften: Baruch d'Espinoza, 1862; I. A. 1871. — Spinoza, 1880, u. a.
Vogel, August, geb. 1842 in Greifswald, Bürgerschuldirektor in P
Schriften: Philos. Repetitoriuni, 1873: 4. A. 1898. — I r Pädagogik
sie Wissenschaft, 1877; 2. A. 1903. — ^lop. d. l'ädag., 1881. —
Systemat. Darstellung d. Pädag. Pestalozzis, 1886 ; 2. A. 1892. — lierbart oder 1
iozzi, 1887; 2. A. 1892. — Die philos. Grundlagen der Witten«
1888; 3. A. 1903. — Lebensprobleme u. Welträtsel, 1891. — Die höchsten I
leuchtet von den größten Denkern d. Neuzeit, 1896. — Geschieht
Yojltt, J. G., geb. 1843 in Florenz, Prof. in London.
V. lehrt einen psychophysischt-n ..Kralmonisimi-- mit einem „pyknotifi .
Substanzbegriff (s. Haeckel), wonach allem Geschehen eine eüu j
zugrunde liegt, deren Spannungen und Verdichtungen in Unlust und Lust zum
Ausdruck kommen. Die Substanz ist zugleich Kraft, „VeröUchtungss
das Streben nach dem absoluten Ruheszutande ist der Weltzweck. I»
ist ein*- Ubergangsphase im allgemeinen Verdichtung - 1'. .. sie
innere Faktoren Empfindung und Trieb sind. „Alles organische Geschehen beruht
auf Reaktionen der der Substanz inhärenten Empfindungswelt." Ga ist ein«
strebige Tätigkeit des „Organintellekts", der mit der Entwickln]
nismen zunimmt. ..Dem Leben liegen zugrunde die Triebe und d<
Intellekt, der in der Sinnesempfindung das mechanische Weltgeschehen anschaut,
es unter dem fortwährenden Impulse der Triebe durch Versuchsreihen
arbeitet, um die Offenbarungsheide für die Triebe zn schaffen, d. h. di 1
zu befriedigen.0 Das Gehirn ist ein „Orientieruni las Henken
durch Gefühle initiierte Verarbeitu _ Bmpfindungsmaterials.
Schriften: Das Empfindongsprinsip u. d. Bntitehai Leben«, 1889. — Die
Kraft. 1878. — Die Geistestät. d. Menschen, 1- V. 1889. —
gehen der Welt, 2. A. 1901. — Welt- and Lebenjanccbenang für -las Volk. -
(Sozialistischer Standpunkt), u. a.
Vogt. Karl. geb. 1817, wurde Wi. Prot in Gießen, war 18
des Parlament-, lebte dann in Bern und Nizza, mirde L852 Prof. m G
daselbst l S
V. ist einer der Banpiver treter des Materialismus im 19. Jahrs
Er irendet Bich gegen allen Dualismus, gegen die Annahme einer ii
unsterblichen Seelensubstani und betont die Abhängigkeit
Funktionen vom Gehirn, mit dem die Se.if zusammenfallt, wel i mit
dem Tode vergeht. Gegenüber den spiritualistischei
Physiologen Rud. Wagner irendet sieh V. in schart
„Köhlerglauben41 und doppelte Buchhaltung von Wissen und Glas
spottend. Kr meint, „dafl die Gedankt < in demselben Verhlltnii
Gehirn stehen, irie die Galle zu da der der Urio zu d< x
Verbrechen betrachtet V. als Ausfluß einer kranken Ol 1 '• • M<
i-t vi. ii den anthropoiden Affen \\- n »U di<
Tieren.
- hriften: PI
792 Vogt — Volkelt.
Schöpfung des Weltalls, 2. A. 1858. — Köhlerglaube und Wissenschaft, 1854; 4. A.
1856. — Vorlesungen über den Menschen, 1863, u. a.
Vogt, Theodor, geb. 1835, Prof. in Wien, gest. daselbst 1908. = Her-
bartianer, Vertreter einer formalistischen Ästhetik.
Schriften: Form und Gehalt in der Ästhetik, 1865, u. a.
Vold9 J. Mourly, Prof. in Christiania. = Kritisch-idealistischer Standpunkt.
Schriften: A. Krauses Darstellung der Kantischen Raumtheorie u. d. Kantischen
Lehre von den Gegenständen, 1885. — Kants Teleologie, Philos. Monatshefte, 1882. —
Einige Experimente über Gesichtsbilder im Traum, Zeitschr. für Psychol. der Sinnes-
organe, 1896. — Über Halluzinationen, Zeitschr. f. Psychiatrie, 1900, u. Schriften in
norwegischer Sprache. — Über den Traum I, 1910 (deutsche Übersetz.).
Volkelt, Johannes, geb. 1848 in Lipnik (Galizien), seit 1894 Prof. in
Leipzig.
V., der von Kant, Hegel, Schopenhauer, v. Hartmann beeinflußt ist, ver-
tritt einen kritischen Ideal-Kealismu s sowie eine kritische Meta-
physik idealistisch-pantheistischen Charakters.
Die Erkenntnistheorie ist nach V. die Wissenschaft, welche sich „die
Möglichkeit und Berechtigung des Erkennens in seinem vollen Umfange und
von Grund aus" zum Problem macht. Sie ist die „Theorie der Gewißheit"
und als solche voraussetzungslos. Sie beweist nicht, sondern zeigt das im Be-
wußtsein Vorhandene auf. Sie befolgt die „Methode der denkenden Selbstbe-
tätigung des Bewußtseins", und will das Bewußtsein dahin führen, daß es sich
die unmittelbar in ihm enthaltenen Kriterien der objektiven Gewißheit zum Be-
wußtsein bringt. Das Erkennen ist „logische Bearbeitung von Erfahrungstat-
sachen". Die Gesetzmäßigkeit des Denkens selbst und seiner Funktionen ist
apriorisch, nicht durch die Erfahrung gegeben und nicht aus ihr entsprungen,
sondern ursprünglich (erkenntnistheoretische und psychologische Apriorität).
Die apriorischen psychischen Funktionen sind unbewußt (vgl. E. von Hart-
mann). Das Denken ist eine subjektive Tätigkeit, aber die Form der Erfahrung
berechtigt uns, die Erfahrung zu transzendieren, so daß die Kategorien „trans-
subjektive" Geltung haben, Formen des unerfahrbaren Erkenntnisgegenstandes
sind, welche das Denken als solche fordert. Denken ist eben nicht bloß eine
„Verknüpfung der Vorstellungen mit dem Bewußtsein der logischen und sach-
lichen Notwendigkeit", sondern ein „Postulieren transsubjektiver Bestimmungen".
Ein sachlicher überindividueller Zwang, eine Gewißheit, die sich als „transsub-
jektiver Befehl" ankündigt, liegt im Erkennen. Hier wirken die Selbstgewiß-
heit des Bewußtseins und die Denknotwendigkeit zusammen, so daß das
Denken zuletzt eine („mystische") „Glaubensgrundlage" hat. Alles, was außer-
halb des erkennenden Bewußtseins liegt, ist „transsubjektiv", wird durch den
Umstand, daß es gedacht wird, keineswegs immanent, subjektiv. „Indem das
Denken transsubjektiv gültige Bestimmungen ausspricht, zieht es ja nicht das
Transsubjektive in seinen Bereich herein: es fordert nur, daß seine subjek-
tiven Verknüpfungen für das Transsubjektive gelten . . Das Denken bleibt
also beim Erkennen des Transsubjektiven durchaus in und bei sich selbst, und
V.-I Kl.I.l.
unbedingt rai ErUin
I>i<- Empfindm in Abbil
h den Eindrnek ck - Aul • owehhob d. „D
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Am Grund der Erfahrung d< - I'-
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die Well in der Vernunft, im Sein -so 11 enden, im l
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Welt, derei
.. und
I '.nnlrii' k
»Wir müssen den r«r
I
794 Volkelt — Volkmann.
Einheit Schwierigkeiten und Hemmungen entgegen, welche überwunden werden
müssen und insofern auch Unlust bereiten („herbe Lust"), so ist dies das
„Charakteristische". Kommt hingegen der Eindruck der organischen Einheit
leicht und mühelos zustande, so liegt „reine Lust" vor und wir haben das
„Schöne" vor uns. Es gibt ein Inhaltsschönes, Formschönes, Gattungsschönes.
Diese ergeben zusammen das „Idealschöne". Der Einfühlungsästhetik gemäß
wird jede Gestalt als „Ausdruck seelischer Kraftentfaltung" angesehen. Dies
gilt besonders vom Erhabenen, dessen Gehalt im Übermenschlichen, Über-
müßigen, Übermächtigen liegt. Indem wir den übermächtigen Gehalt ein-
fühlen, erleben wir zugleich eine Steigerung unseres Selbstgefühls. Elemente
des Tragischen sind die Lust an der Erhebung, die Lust des Mitleids, der
starken Erregung, die Lust an der künstlerischen Form. Es gibt ein Tragisches
der befreienden und der niederdrückenden, abbiegenden und der erschöpfenden
Art. Eine „Schuld" ist für das Tragische nicht wesentlich. Das Tragische
spricht zu uns von dem „Angelegtsein der Welt auf Zerrüttung und Vernich-
tung des außerordentlichen Menschen". Im Tragischen tritt uns die Welt nach
ihrer „rätselhaft furchtbaren Seite" entgegen. „Die Größe scheint die finstern
Mächte gleichsam anzuziehen, sie heraufzubeschwören." Eine gewisse pessi-
mistische Grundstimmung gehört zum Wesen des Tragischen. Aber indem wir
den untergehenden Helden seine Größe bewähren sehen, fühlen wir uns ge-
kräftigt, befestigt, wir richten uns an dem Helden empor. Das Komische ent-
hält subjektiv das Gefühl der Spannung, der Erleichterung und der spielenden
Überlegenheit.
Schriften: Pantheismus und Individualismus, 1871. — Das Unbewußte und der
Pessimismus, 1873. — Die Traumphantasie, 1875. — Der Symbolbegriff in der neuesten
Ästhetik, 1876. — J. Kants Erkenntnistheorie, 1879. — Über d. Möglichkeit einer
Metaphysik, 1884. — Erfahrung und Denken, 1886. — F. Grillparzer als Dichter des
Tragischen, 1888. — Vorträge zur Einführ, in die Philos. der Gegenwart, 1892. —
Ästhetische Zeitfragen, 1895. — Ästhetik des Tragischen, 1897; 2. A. 1906. —
A. Schopenhauer, 1900; 2. A. 1907. (Frommanns Klass. d. Philos.). — Die Kunst
des Individualisieren in d. Dichtung Jean Pauls, Haym-Festschrift, 1902. — System
der Ästhetik I, 1905; II, 1910 (III. Bd. in Vorbereitung). — Die Quellen der mensch-
lichen Gewißheit, 1906. — Zwischen Dichtung u. Philosophie, gesammelte Aufsätze,
1908. — Beiträge zur Analyse des Bewußtseins, Zeitschr. f. Philos. u. philos. Kritik,
Bd. 112 u. 118 (vgl. Bd. 102). — Erinnerungsgewißheit, 1. c. 1908, u. andero Abhandlungen
(Psychol. Streitfragen 1893; Zur Psychologie d. ästh. Beseelung, 1899; D. ästh. Gefühle;
Der ästh. Wert d. niederen Sinne, 1902; Bedeut. d. niederen Empfindungen f. d. ästhet.
Einfühlung, 1903; Die entwicklungsgeschichtl. Betrachtungsweise in d. Ästhetik, 1902;
Die tragische Entladung der Affekte, u. a.).
Volkmann, Paul, geb. 1856 in Bladian, Prof. der Physik in Königs-
berg.
Nach V., der einen (von Kant u. a. beeinflußten) Kritizismus vertritt, beruht
alle Erkenntnis auf einer Wechselwirkung zwischen Subjekt und Objekt. Die
naturwissenschaftlichen Theorien sind immer nur Bilder der Eigenart, in denen
rieh uns die Natur offenbart und darstellt; sie haben den Wert von Arbeits-
hypothesen und Arbeitstheorien, dürfen nicht dogmatisch aufgefaßt werden.
LKMA2TK — VOLNBT. 79?
Erkenntnis und Irrtum sind vom Standpunkte der Wissenschaft nicht absolute,
sondern relative Begriffe. ..Ihre Aussagen sind stets an Voraussetzungen ge-
bunden, die in jedem einzelnen Falle nur immer unvollkommen zutage treten
werden und können." Die Kausalität ist durch den Begriff der ,, realen Not-
wendigkeit" zu ersetzen. Das Verfahren, jeden Teil eines zusammengesetzten
V rgangee für sich rein in seiner Bedeutung zu bestimmen, nennt V. ..Isolation".
Induktion und Deduktion erhalten durch die ..Superposition"' ihre Richtuna.
— An die Stelle des Materialismus tritt jetzt die ..phänomenologische", mathe-
matische Physik, welche sich möglichst mit der Analyse des unmittelbar
1 _ benen begnügt, imd die überflüssigen Begriffe des Stoffes und der Kraft
eliminiert i Prinzip der Denkökonomie), ohne daß wir aber imstande sind, von
Elementen der Phantasie gar keinen Gebrauch zu machen. ,, Unsere Sinne und
damit unsere Empfindungen deuten durchaus auf ein lückenhaftes Bild der
- "ingebenden Wirklichkeit, welches sieh für unser Verständnis nur durch
Elemente unserer Einbildungskraft, unserer Phantasie zu schließen scheint."'
Vom Standpunkte des Naturforschers ist weder der Monismus noch der
Dualismus zu akzeptieren. V. stellt sich das Verhältnis von Leib und Seele
analog der Verkettung von Raum imd Zeit vor.
-hriften: Erkenntnistheoret. Grundzüge der Naturwissenschaften, 1S96: 2. A.
1910. — Ein f. in d. Studium d. theoret. Physik mit e. Einleit. in d. Theorie d. physikai.
Erkenntnis. 1900. — Über die Frage nach dem Verhältnis von Denken und Sein, 1897.
lie Fragen der Existenz, Eindeutigkeit u. Vieldeut, der Probleme, Annal. d. Xatur-
philos. I. — Die Subjektivität der physikai. Erkenntnis, 1908. — Fähigkeiten der
Naturwissenschaften und Monismus der Gegenwart, 1909. — Die materialist. Epoche des
19. Jahrh. u. die phänomenologisch-monistische Bewegung d. Gegenwart. 1909. — Die
Eigenart der Natur und der Eigensinn des Monismus, 1910, u. a.
\ olkiiiann. Wilhelm Fridolin von Volkmar, geb. 1822 in Prag
18E Prof. daselbst, gest. 1S77. = Herbartianer. besonders als Psycholog
Bedeutung. Die Psychologie hat die Aufgabe. ..die allgemeinen Klassen der
psychischen Phänomene aus den empirisch gegebenen Vorstellungen und dem
spekulativen Begriffe der Vorstellung nach den allgemeinen Gesetzen
Stellungslebens zu erklären-. Die Seele ist der einfache Träger der V :-
Stellungen, gedacht im Zusammen mit anderen einfachen Wesen \dcn ..Realen" .
- hriften: Die Lehre von den Elementen der Psychol., 1850. — Grundriß der
Psychologie, 1856. — Lehrbuch der Psychologie, 1875—76; 4. A. 1894—95 (enthält
auch viel Historische*'. — Die Grundzüge der Aristotelischen Psychol., 1858. —
die Prinzipien und Methoden der Psychologie, Zeitschr. f. exakte Phiios. 11, 1861.
Volney Oonstantin Francoifl de Chase i b. 1757 in <
182 in Paris. = Nach V. war die französische Revolution d
irklichung des Ideals der Vernunftherrsrhatt. Freiheit :- ihtigkeit
Der Mensch ist für die Gesellschaft geschaffen, die rieht L Selbst-
liebe (vgL Helvetius» ist mit dem Sto d nach Erhaltung und Förderung
lemeinwohlefl vereinbar. Die Basis der sozialen Tagenden aA d
keit. Die Hauptmaxime ist: Lebe rar deinen Nächsten, damit rr rar dich lebe.
B hriften: Les raines, ou meditation* sur les re>olutinns des empires. 1791:
:96 Volney — Voltaire.
4. W. 1808; deutsch 1792, 1872 (auch in der „Universalbibl."). — Catechisme du
oitoyen francais, 1793; 2. Aufl.: Catechisme de la loi naturelle; deutsch auch in der
„Universalbibl.", Oeuvres completes, 8 Bde., 1821.
Voltaire (Francois Marie Arouet; Voltaire ist ein Anagramm aus Vol-
taire le jeune), der berühmte französische Aufklärer, Streiter für die Gerechtig-
keit, Gegner der Kirche („Ecrasez l'infäme"), geb. 1694 in Paris, gest. daselbst
1778, lebte eine Zeitlang (1726 — 29) in London, wo er von den Deisten (Tindal
u. a.) und von der Newtonschen mechanistischen Naturauffassung beeinflußt
wurde, die er in verschiedenen Schriften populär darstellte.
V. ist kein sytematischer Philosoph, sondern vor allem ein Vorkämpfer für
eine freie Weltanschauung, welche Aberglauben, Wunderglauben, kurz allen
Supranaturalismus ausschließt, ohne daß er aber Atheist ist („Si Dieu n'existait
pas, il faudrait l'inventer; mais toute la nattire nous crie qu'il existe"). So
skeptisch sich V. in vielen Dingen äußert, so wenig er an die Möglichkeit einer
Metaphysik glaubt, in bezug auf den Gottesbegriff ist er ein überzeugter D e i s t,
der sich des kosmologischen, teleologischen und moralischen Gottesbeweises be-
dient (Tratte de metaphys., eh. 2). Den Leibnizschen Optimismus freilich (den
er selbst früher teilte) persifliert er schonungslos, ohne aber Pessimist zu sein,
da er an einen Fortschritt glaubt. In seinen philosophischen Anschauungen
ist sich V. nicht immer gleich geblieben, dazu war er viel zu viel Skeptiker.
So läßt er denn die Annahme einer Seelensubstanz („toutes les vraisemblances sont
contre elles") und einer absoluten Willensfreiheit fallen und hält an der Annahme
der Unsterblichkeit nur aus moralischen Gründen fest. Er nimmt den hypothe-
tischen Gedanken Lockes (von dem er auch sonst beeinflußt ist) ernst, nämlich
daß Gott der Materie die Fähigkeit des Empfindens ganz wohl habe verleihen
können. Vermöge der ihm von Gott verliehenen Kraft („principe d'aetion") ist
der lebende Mensch selbst das denkende Wesen („l'etre reel appele homme
comprend, imagine, se souvient, dösire, veut, se'meut;" „il y a pourtant un
principe d'aetion dans l'homme. Oui; et il y a partout ;" „nous sommes des
machines produites . . . par l'eternel geornetre").
Der Geist hat keine angeborenen Begriffe („qu'il n'y a point d'idees innees
dans l'homme"), sondern schöpft alles aus der Erfahrung und aus seinem
Wesen. Unsere Vorstellungen entspringen aus den Empfindungen; alle Er-
kenntnis entspringt aus der Fähigkeit der Verbindung und Ordnung („de
composer et d'arranger") unserer Vorstellungen („l'exp£rience, appuy^e du raisonne-
ment"). Die Freiheit des Menschen ist nicht Freiheit des Willens, sondern des
Handelns („pouvoir d'agir"). Gott ist frei, sofern er alles denken und alles tun
kann, was er will. Der Mensch hat die beschränkte Macht, nach der Vernunft und
nach seinem Willen zu handeln, wobei die einen Menschen freier sind als die
anderen. Der Wille ist durch die Ideen, die wir haben, insbesondere die Idee
dessen, was uns gut erscheint, determiniert, wobei Wille und Verstand nur Ab-
straktionen sind. Mein Handeln ist frei, wenn es willensgemäß ist, mein
Wollen aber ist notwendig („Quand je peux faire ce que je veux, voilä ma
liberte; mais je veux necessaire ce que je veux", Philos. ignor. XIII, 70; „nous
Voltaire — Vorländer. 797
suivons irresistiblement notre derniere idee;:- „tout ce qui se fait est absolument
necessaire"). Die Verantwortlichkeit bleibt deshalb doch bestehen.
Wie in der Natur eine universale Gesetzlichkeit besteht (Gravitation j, so
untersteht auch das menschliche Leben allgemeinen Bedingungen (Bedeutung
des Milieu, Konstanz der menschlichen Xatur verbunden mit Änderung ihrer
Gewohnheiten). In der Geschichte (der Ausdruck „philosophie de Fhistoire"
stammt von V.) wechseln Fortschritt und Eückschritt miteinander ab. Zu be-
rücksichtigen sind die Anschauungen und Sitten der Völker (der „esprit des
nations"). Ohne Eigenliebe kann keine Gesellschaft entstehen und bestehen, da
sie auf wechselseitigen Bedürfnissen beruht („c'est l'amour de nous-memes qui
assiste l'amour des autres; c'est par nos besoins mutuels que nous sommes
utiles au genre humain"). Die Menschen haben alle denselben Sittlichkeitskern
(„le meme fond de morale"); eine grobe Vorstellung von Recht und Unrecht, die
ihnen notwendig, Bedingung jeder Gesellschaft ist. Die Idee des Rechten ist etwas
Natürliches, etwas durch Gefühl und Vernunft allgemein Erworbenes („L'idee
de justice me parait tellement une v^rite du premier ordre, a laquelle tout
l'univers donne son assentimemV'). Allgemeingültig wie die Gravitation ist
auch die Moral; die Natur bleibt sich stets gleich, wie Newton sagt, ihre Ge-
setze (die Gesetze des göttlichen Mathematikers) sind unveränderlich (,,lois
invariables").
Schriften (philos.) : Lettres sur les Anglais, 1728; 1734. — Elements de la
philos. de Xewton, 1741. — La metaphysique de Newton, 1740. — Reponse au Systeme
de la nature, 1772. — Candide, ou sur l'optimisme, 1757. — Essai sur les moours
et l'esprit des nations, 1765. — Le philosophe ignorant, 1767 (Hauptschrift). — Traite
de metaphysique (in: Oeuvres, 1829, Bd. 26). — Romans philos., 1787. — Dictionnaire
philos., 1816. — Dict. philos. portative. Qucstions sur l'encyclopSdie, 1774 — 75. —
Recueil des lettres, 1775-78, u. a. — Oeuvres, 1768, 1773, 71 Bde., 1784 — 90; 91 Bde.,
1785; 100 Bde., 1791—92; 1829 ff., 1846. — Vgl. E. BERSOT, La philos. de V.,
1848. — D. FR. STRAUSS, V., 1870; 4. A. 1877 (auch bei Kroner). — J. MORLEY,
V., 2. ed. 1873. — Du BoiS-REYMOXD, V. in seiner Beziehung zur Naturwissen-
schaft, 1868. — HAISE, V.s Philosophie, 1906 — ELLISSEN, V. als Philosoph, 1904.
G. BRANDES, V. in s. Verhältnis zu Friedrich dem Großen und J. J. Rousseau, 1909.
— P. Sakma>~X, V.s Geistesart u. Gedankenwelt, 1910; V. als Philosoph, Arch. f.
Gesch. d. Philos., Bd. 18. — J. POPPER, V., 1905. — K. SCHIRM ACHER, V.
Vorforodt, Gustav, ev. Pfarrer in Alt-Jeßnitz, Mitherausgeber der „Zeit-
schrift für Religionspsychologie'1. = Religionspsychol« •
Schriften: Prinzip der Ethik u. Religionsphilos. Lotzes, 1891, 1893. — Psycho-
logie des Glaubens, 1895. — Beiträge zur relig. Psychologie, 1904, u. a.
Vorländer, Franz, geb. 1806 in Röttchen, Prof. in Marburg, gest. 1SG7.
= Von Schleiermacher und Hegel beeinflußt.
Schriften: Grundlinien einer organischen "Wissenschaft der menschlichen Seele,
1841. — Wissenschaft der Erkenntnis, 1847. — Schleiermachors Sittenlehre, 1851. —
Geschichte der philos. Moral-, Rechts- und Sittenlehre der Engländer u. Franzosen, 1855.
— Evangolien der Wahrheit und Freiheit, 1865; 2. A. 1871, u. a.
Torländer, Karl, geb. 1860 in Marburg, Gymnasialprofessor in Solingen.
798 Vorländer — Wagner.
= V. verbindet mit dem Entwicklimgsgedanken und einem idealistisch-ethischen
Sozialismus den Kantschen Kritizismus (im Sinne von Cohen, Natorp u. a.).
Der kategorische Imperativ ist in seiner sozialen Fassung zu betonen (Behand-
lung des Menschen als Zweck). Die Ethik ist sozialethisch zu behandeln;
ihre oberste Idee ist (wie nach Stammler) die Gemeinschaft freiwollender
Menschen.
Schriften: Ausgaben von Werken Kants (Kritik der reinen Vernunft, mit
Kegister, 1899, u. a.). — Die Kantsche Begründung des Moralprinzips, 1889. — Der
Formalismus der Kantschen Ethik in seiner Notwendigkeit und Fruchtbarkeit, 1893. —
Goethes Verhältnis zu Kant (Kantstudien I ff.). — Kant und der Sozialismus, 1900. —
Die neukantische Bewegung im Sozialismus, 1902. — Gesch. d. Philos. 1903 ; 3. A.
1911. — Kant, Schiller, Goethe, 1907. — Marx und Kant, 1904; 1911, u. a.
Vries, Hugo de, geb. 1848 in Haarlem, Prof. der Botanik in Amsterdam.
= V. ist der Begründer der (schon von Darwin, Kölliker u. a. angebahnten)
Mutationslehre, der Lehre von den sprungweisen Abänderungen, die periodisch
mit Konstanzzeiten wechseln und durch deren Fixierung neue Arten plötzlich
entstehen, wobei die Selektion nur ausmerzend wirkt.
Schriften: Die Mutationstheorie, 1900 f. — Arten und Varietäten, 1906. —
Die Mutationen, 1906. — Der Mechanismus des Denkens, deutsch 1907 (holländisch,
3. A. 1898), u. a.
w.
Waddingtoii, Charles, geb. 1819 in Mailand, 1848 Prof. in Paris, 1856
in Straßburg, später wieder in Paris. = Spiritualistischer Standpunkt. Die Urkraft
unseres seelischen Seins, die Grundform der psychischen Tätigkeit ist der Wille,
die Kraft der freien Selbstbestimmung. Das Selbstbewußtsein ist die Quelle
der Kategorien.
Schriften: La Psychologie d'Aristote, 1848. — Bamus, 1855. — Essais de
Logique, 1858. — De l'äme humaine, 1863; deutsch 1880. — Dieu et la conscience,
1872. — La philos. ancienne et la critique historique, 1904, u. a.
Wagner, Adolf, Prof. der Botanik in Graz. = W. ist Neo-Lamarckist
und Vertreter des „Psychovitalismus", nach welchem psychische Faktoren (Be-
dürfnis, Streben) das Leben regulieren und der Entwicklung (mit aktiver An-
passung, Übung usw.) zugrunde liegen.
Schriften: Grundprobleme der Naturwissenschaft, 1897. — Der neue Kurs in
der Biologie, 1907. — Geschichte des Lamarekismus, 1909, u. a.
Wagner, Johann Jacob, geb. 1775 in Ulm, studierte in Jena und
Göttingen, habilitierte sich in Göttingen, lebte einige Zeit in Nürnberg und
Salzburg, wurde 1803 Prof. in Würzburg, gest. 1841 in Neu-Ulm.
W. gehört zu den Anhängern Schellings, welche dessen Identitätslehre und
Methode übernehmen, sich aber gegen die spätere theosophische Phase der
Schellin gschen Philosophie wenden. Das Absolute, erklärt W. gegen Schilling,
!^r nicht durch intellektuelle Anschauung erkennbar, sondern ist nur anzuer-
Wagner.
kennen. Die mathematischen Verhältnisse identifiziert W. mit den logischen,
so daß ihm die i philosophische i Mathematik zum eigentlichen Organ der Philo-
sophie und der Erkenntnis wird. Das D oken ist eine Arl dee I i. «Im. n-. 1
Gemeinsame in allem ist das ..Leben- der Weltseele, di< 1 od Formen
dieses Wesens. Das Grundschema alles Beins ist die „Tetrade" ron W«
Gegensatz, Vermittlung und Form. Das „Weltgesetz", das in allen i
lebendig ist und in den Kategorien zum Ausdruck kommt, ist eii
kehrender Durchgang des Wesens durch den Gegensatz und
in die Form und umgekehrt". Das „Organon*' zerfällt demnach in Ontol .
8 -tem der Kategorien), Erkenntnissystem (Nachbildung der objektiven Welt-
formen im Subjekt), Sprachsystem, Weltsystem (mit der „Welttafel'4 . Fd<
setzt die Vernunft da, wo sie Totalität in einer Einzelheit setzt 1 >i< b!
sind treibende Kräfte und sofern real. Die Idee der Ideen ist Gott.
Schriften: "Wörterbuch der platonischen Philosophie, 1799. — Theorie des Lichts
und der Wärme, 1802. — Philos. der Erziehungskunst, 1802. — Von der Natur der
Dinge, 1803. — Über das Lebensprinzip, 1803. — System der Idealphilosophie, I8c4.
— Über d. Wesen der Philosophie, 1804. — Grundriß d. Staatswissenschaft, 1805. —
Ideen zu einer Mythologie der alten Welt, 1808. — Theodizee, 1809. — Mathematische
Philos., 1811. — Der Staat, 1811. — Religion, Wissenschaft, Kunst und Staat, 1819.
— Organon der menschlichen Erkenntnis, 1830; 1850 (Hauptsehrit't). — Kleine
Schriften, 1839 — 47. — Nachgelassene Schriften, 1852 — 57. — Lebensnachrichten und
Briefe, 1849; 1851. — Vgl. L. RABTJ8, J. J. W.s Leben, Lehre und Bedeutaag,
Wagner, Moritz, geb. 1813 in Bayreuth, Prot, in München,
= Evolutionist, erklärt die Reinhaltung der selektiv entstandenen Arten am
ihrer Abscheidung voneinander durch Migration, Wanderung
theoi
Schriften: Die Darwinsche Theorie und das Migrationsgesetz der Organi»!
1868, u. a.
Wagner, Richard, n Odenhanaen I < n. l.l»t in Braun-
schweig. = Iivlozoistiseh-voluntari-ti-ihrr Standpunkt.
Schriften: Traum und Rausch, 1898. — Das Evangelium der \
— Äther und Wille, oder llaeckel und Schopenhauer, 1901, u. a.
Wagner, Richard, der berühmte Dichter-Komponist, geb. 181 I in
Leipzig, gest. L883 in Venedig. = W. ist Kuersl von Ju
Feuerbach, ip&ter aber ron Schopenhauer beeinfluBt, dem ihm seine i
Qeiateeentwicklung zuführt.'. Die raum-reitliche Weh der [ndiriduen i*4 nur
die Erscheinung des Willens. Die Verneinm hen Willens nun
Dasein i>t das Höchste, der Kern der wahren Religion, die aui Irl om
Weltleiden zi.lt. In der Kumt erfährt die Religion ihre lebendi m-
liche Darstellung, und diese Kunst das Cl esamtkunatwerk") dient roi I
bebung und Veredelung der Nation, d lebhaft.
Schriften: Das Kunstwerk der Zukunft, lh.'.U. Oper und I'ratn», 1851. —
Kunst und Religion, 1880. — Das Kunstwerk der Zukunft; DteSNhS Kuimt und deutiwhe
Politik; Hcethown u. n und Di. Mir — Knt-
würfc, Gedaakea, Prep* HL \ 1 1 u -i ■■ .1 n.
800 Wagner — Wähle.
E. W. u. Schopenhauer, 1878. — H. DlNGER, R. W.s geistige Entwicklung I: Die Welt-
ansch. R. W.s, 1892. — H. St. ChamberlAIN, R. W., 1895. — A. DREWS, Der
Ideengehalt von R. W.s „Ring der Nibelungen", 1898. — LICHTENBERGER, Wagner
poite et penseur, 1898. — K. ElCHTER, Kunst und Philos. bei W., 1906. — LÜCK,
W. u. Feuerbach, 1905.
Wagner, Rudolf, geb. 1805 in Bayreuth, seit 1840 Prof. der Physio-
logie in Göttingen, gest. 1864. = Durch seinen Vortrag über „Menschen-
schöpfung und Seelensubstanz" (1854) gab W. den Anlaß zum Materialismus-
streit (vgl. K. Vogt). Nach W. steht der Annahme der Abstammung aller
Menschen von einem Paare nichts im Wege. Gegen K. Vogt erklärt er, die
Naturwissenschaft könne nicht über das Wesen der Seele urteilen. In einer
zweiten Abhandlung („Über Wissen und Glauben", 1854) plädiert W. für die
Annahme einer seelischen Substanz ätherischer Art, die nach dem Tode einen
anderen Raum einnimmt und einst mit einem neuen Leibe zurückkehren kann.
Eine Seelensubstanz muß aus moralischen Gründen angenommen werden. Gegen
W. polemisierten Lotze und K. Vogt.
Schriften: Über Menschenschöpfung und Seelensubstanz, 1854. — Über Wissen
und Glauben mit besonderer Beziehung auf die Zukunft der Seelen, 1854. — Der
Kampf um die Seele, 1857. — Physiologie, 4. A. 1855—57, u. a.
Wähle, Richard, geb. 1857 in Wien, Prof. in Czernowitz.
W. steht in seinen Anschauungen z. T. Avenarius und Mach nahe, über die
■ei aber hinausgeht (Einfluß von Spinoza, Herbart). Eine Metaphysik ist un-
möglich, da es ein wahres „Wissen" überhaupt nicht gibt; alles Wissen ist nur
Gegebensein einer Vorstellung in ihrer Abhängigkeit vom Ich, nicht aber Er-
fassung einer an sich existierenden Wirklichkeit. Gemäß dem „antisubjek-
tivistischen Produkt-Objektivismus" gibt es keine subjektiven, wahren Erkenntnis-
akte, keinen Gegensatz von Subjekt und Objekt, Geist und Körper, sondern nur
sachliche „Vorkommnisse" (Farben, Töne usw.) in Verbindung mit bestimmten
anderen (den Nervenprozessen), mit denen sie zusammen gegeben sind. Die
Vorkommnisse (Vorstellungsinhalte) sind Effekte unbekannter „Urfaktoren"
Während die Vorgänge, aus denen sowohl die Körper wie die Ich-Ein-
heiten sich zusammensetzen, ein passives, kraftloses Geschehen flächenhafter Art
sind, sind die Urfaktoren substantiell und kraftvoll und mit „Selbstbehauptung"
begabt ; die Urfaktoren außer und in uns erzeugen die Vorkommnisse und deren
gesetzmäßigen Zusammenhang. Die Dinge sind als Komplexe von Vorkommnissen
nicht Schein oder Erscheinung, obwohl sie nur in Korrelation zu wahrnehmungs-
fähigen Organismen existieren. Das Ich ist weder eine Substanz noch eine
Kraft, überhaupt nichts Selbständiges, Einfaches, Aktives, sondern nur ein
Ausdruck für eine gewisse Sphäre von Vorkommnissen. Das Gehirn ist nicht
Ursache dieser, sondern das „obligatorische Mitvorkommnis" aller Objekt-
Vorkommnisse. Das „Psychische" besteht nur aus „additiven Reihen" von
primären und sekundären Vorkommnissen (Empfindungen, Erinnerungsbildern),
ohne daß es psychische Kräfte, Akte, Einheiten, Apperzeptionsprozesse u. dgl.
gibt („Mosaikpsychologie"). „Es gibt im psychischen Leben nichts anderes
Wähle — Walch. 801
als Reihen von primären Vorkommnissen, durchschossen von sekundären Vor-
kommnissen." Die Psychologie als solche ist rein beschreibend-analytisch;
erklären kann sie nur durch Beziehung der psychischen Geschehnisse auf
physiologische Prozesse. Die Gehirnprozesse sind Antezedentien bzw. Repräsen-
tanten der Bewußtseinsvorgänge, und zwar entspricht die jeweilige molekulare
Modifikation des ganzen spezifischen Gehirngebietes der konkreten Eigenart
jeder Vorstellung. Die Assoziation ist das ursprüngliche Bündnis der Vor-
kommnisse; Vorstellungen haben eine „sollizitierende*' Kraft. Es assoziieren
sich auch Vorstellungen mit Leibesstimmungen, mit bewußten motorischen
Akten usw. Der Anteil organischer Empfindungen, des Motorischen usw. an
den intellektuellen, Gefühls- und Willensprozessen ist zu berücksichtigen. Die
Gefühle sind nur „Körpererregungen mit dazu gehörigen Phantasien und
Ideen'-'. Lust ist Elevatum. Unlust Depression oder Unruhe. Die sekundäre
Form der Körperbewegung, ihr Erinnerungsbild, nennt W. „Miniatur". Der
Wille ist nichts als die „unter Begleitung von Vorstellungen nach einer Kon-
kurrenz von Reflexbewegungen stabil gewordene Reflexbewegung''.
Schriften: Gehirn und Bewußtsein, 1885. — Die Verteidigung der Willens-
freiheit, 1887. — Die geometrische Methode des Spinoza, 1888. — Das Verhältnis
zwischen Suhstanz u. Attributen in Spinozas Ethik, 1888. — Die Glückseligkeitslehre
der Ethik des Spinoza, 1889. — Das Ganze der Philos. u. ihr Ende, 1894;
2. A. 1896. — Geschichtl. Überblick über d. Entwickl. d. Philos., 1894. — Kurze
Erklär, d. Ethik von Spinoza u. Darstell. d. definit. Philos., 1899. — Ideen zur Organisat.
d. Erziehung 1901 ; 1906. — Vorschlag einer universellen Mittelschule, 1906. — Über
den Mechanismus des geistigen Lebens, 1906. — Abhandlungen: Beschreib, u. Einteil. d.
Ideenassoziation (Vierteljahrsschr. f. wissenschaftl. Philos., Bd. 9, 1885), Psychologie d.
Frage. Die Auflösung des Subjektivismus (Ber. üb. d. 111. int. Kongr. f. Philos.), u. a.
Waitz, Theodor, geb. 1821 in Gotha (Sohn des Verfassers von „Die Haupt-
lehren der Logik". 1840, des Herbartianers J. H. W. Waitz), 1S48 a. o.. 18
o. Prof. in Marburg, gest. 1884. = W. ist von Herbart beeinflußt, akzepti
aber nicht dessen mathematische Methode und weicht auch bodsI von ihm ab.
Die Psychologie ist ihm die Grundlage der Philosophie, sie mufi empirisch
und mit Berücksichtigung der Physiologie betrieben werden, [hre Aufgabe ist
die ,.Darstellung des notwendigen Entwicklungsganges, den die Weltansichl
des natürlichen Menschen nimmt und nehmen muß". Die Vorstellungen sind
wirkliche Selbsterhaltungen, Veränderungen der Seele. Der Kern dee Selbst-
bewußtseins ist der Wille.
Schriften: Ausgabe des „Organon" des Aristoteles, 1844 — 4») - QiudltgUg
der Psychologie, 1846; 2. A. 1877. — Lehrbuch der Psychologie als Naturwissenschaft.
1849 (Hauptwerk). — Allgemeine Pädagogik, 1852; S. A. 1*7.'). — Der Stand der
Parteien auf dem Gebiete der Psychologie, in: Allgom. Monatssehr. f. Wissensch. u.
Literatur, 1852—53. — Anthropologie der Naturvölker, 8 IWe., 1859 ff.; I. A. von
Gerland, 1877 ff. - Vgl. GEBHARDT, Th. W.s pädag. Grundanschauungen. 1
Walch, Johann Georg, geb. 1695 in Meiningen, 1723 Prot dsrTheolof
in Jena, gest. 1775 als Kirchenrat. = Eklektiker, von Chr. Wollt. BuddeUS,
Rüdiger beeinflußt.
Eisler, Philosophen-Lexikon. ")1
802 Walch — Ward.
Schriften: Parorga academica, 1721. — Philos. Lexikon, 1726; 3. A. 1740;
4. A. von Hennings, 2 Bde., 1775. — Einleit. in d. Philos., 1727; lateinisch 1730.
Wallace, Alfred Russell, geb. 1822 in Ush. = R. stellte gleichzeitig mit
Darwin eine selektionistische Entwicklungstheorie auf. Der geistige Mensch
aber ist nach ihm unmittelbar von Gott geschaffen und verfügt über Willens-
freiheit und eine unsterbliche Seele. Das Wesen der Welt ist Wille.
Schritten: On the Geographical Distribution of Aniraals, deutsch 1876. —
Contributions to the Theory of Natural Selection, 1871. — Darwinism, 1889 (auch
deutsch). — Mans Place in the Universe, 1903; deutsch 1904. — The World of Live,.
1910, u. a.
WaUace, William, geb. 1843, Prof. in Oxford, gest. 1897. = Neu-
hegelianer und kritischer Idealist im Sinne Greens. Das Absolute ist eine ein-
heitliche Erfahrungsgesamtheit.
Schritten: The Logic of Hegel, 1873; 2. ed. 1892 f. — Epicureanism, 1880. —
Kant, 1882. — The Life of Schopenhauer, 1890. — Hegels Philosophy of Mind, 1893»
— Lectures and Essays on Natural Theology and Ethics, hrsg. von E. Caird, 1898.
Wallaschek, Richard, geb. 1860 in Brunn, Prof. in Wien. = Genetisch-
ethnologische Betrachtung der Kunstentstehung.
Schriften: Ideen zur praktischen Philosophie, 1886. — Ästhetik der Tonkunst,
1886. — Studien zur Eechtsphilos., 1889. — Primitive Music, 1893. — Anfänge der
Tonkunst, 1903. — Psychol. u. Pathologie der Vorstellung, 1905, u. a.
Walter von Brügge, Franziskaner, Bischof vcn Poitiers 1279—1307.
= Nach W. ist die Erkenntnis Produkt der Willenstätigkeit. In der Materie
gibt es „rationes seminales". Die geistigen Substanzen bestehen aus Form und
Materie.
Schriften: Quaestiones disputatae. Kommentare zu den ersten zwei Büchern
der „Sentenzen" des Petrus Lombardus. — Vgl. M. DE WüLF, Histoire de la philos„
en Belgique, p. 64 f.
Walther von Mortaigne (Mortagne), geb. Anfang des 12. Jahrh.,
gest. 1174 als Bischof von Laon. = Vertreter der „Indifferenzlehre", wonach
dieselben Gegenstände je nach ihrer Betrachtungsweise teils Individuen, teils
Arten und Gattungen sind. So ist z. B. Plato zugleich Individuum, Art (als
Mensch), Gattung (als Lebewesen), höchste Gattung (als Substanz; Joh. von
Salisbury, Metalog. II, 17).
Walther von St. Victor. Prior im Kloster St. Victor in Paris im
12. Jahrh., Verfasser einer Schrift „Contra quatuor labyrinthos in Gallia", in
welcher er die Aristotelischen Dialektiker bekämpft.
Ward, James, geb. 1843 in Hüll, seit 1897 Prof. in Cambridge.
W., der u. a. von Herbart beeinflußt ist, ist ein Gegner des Naturalismus.
und Materialismus und lehrt einen spiritualistischen, voluntaristischen
Monismus, der in manchem an Wundt erinnert. In erkenntnistheoretischer Be-
ziehung steht W. dem Pragmatismus nahe, insofern er das Denken als Willens-
funktion und als durch Zwecke und Interesse bestimmt ansieht; vermittelst
einer subjektiven Selektion bevorzugt das Bewußtsein besondere Inhalte. Die
Ward — Wartexberg. 803
psychische Grundtätigkeit ist das Wollen (Streben). Die äußere Erfahrung
ist mit der innern untrennbar verbunden, Objekt und Subjekt sind Gegensätze,
die in das Bewußtsein selbst fallen. Unmittelbar aufgefaßt ist die Wirklichkeit
qualitativ-psychischer Art, sie besteht aus Individuen mit wirklich.!! Aktionen
und Reaktionen, mit einem zweckbestimmten Streben und Wollen, mit
Vorstellungen, die unmittelbar selbst als Objekte aufgefaßt und durch den
..intersubjektiven'' Verkehr zu transsubjektiven, aber nicht absolut trans-
zendenten Dingen werden, da sie ein (mit und in den Individuen gegebenes)
Subjekt voraussetzen. Die quantitativ-mechanistische Naturauffassung ist
relativ berechtigt und notwendig, aber doch nur eine abstrakte, einseitige,
hypothetische Weltauffassung, die metaphysisch durch eine immanente Teleologie
und einen Voluntarismus zu ersetzen ist, welcher in aller Kausalität eine
Analogie zu unserer Willenswirksamkeit erblickt und die Wirklichkeit aus
psychischen Einheiten aufgebaut denkt.
Schriften: Psychology, Encycl. Brit IX ed. Supplement, 1. c. X. ed. — Naturalism
and Agnosticism, 1899; 3. ed. 1907 (Hauptwerk). — Abhandlungen: A General Analysis
of Mind, Journ. of Specul. Philos. XVI, 1882; Objects and their Interaction, 1. c. XYli,
1883. — Psychologicäl Principles, Mind VII, 1883; XII, 1888. — The Progress of
Philos., Mind XV, 1890. — Assimilation and Association, Mind, X. S. II — III,
1893—94. — The Present Problems of General Psychol., Philos Rev. XIII, 1904.
— Mechanism and Morals, Hibbert Journal, 1905, u. a. — Über Ward vgL Mind XI 1 ;
N. S. IX.
Ward, Lester Frank, geb. 1841 in Joliet (Illinois), Geolog und Sooolog, von
Comte, Spencer u. a. beeinflußt. Die sozialen Tatsachen erklärt er aus psychischen
Kräften, besonders aus Gefühlen, Interessen, Strebungen, Bedürfnissen. Das
Streben ist die psychische Grundtätigkeit (Voluntarismus) und damit auch die
wahre soziale Kraft („feeling conative" und „inteüecl telic" als primäre Boziale
Agentien). Die psychischen Vorgänge sind zielstrebig, zielen aui <ii< Befriedigung
von Bedürfnissen, teils unmittelbar, teils vermittelst des Intellekts. Die soziale
Statik hat es mit der Bewirkung eines Gleichgewichtes unter den Kräften
der menschlichen Gasellschaft zu tun; die soziale Dynamik zieh auf die Organi-
sation der Glückseligkeit ab In der Gesellschaft i-t auch das des
kleinsten Kraftmaßes wirksam. Die sozialen Kräfte sind teils physischer, teils
geistiger Art (Sittlichkeit usw.;. Der menschliche < ; • i-t unterwirft sich aktiv
die Natur, er beherrscht auch die Selektion und führt die Gesellschaft dei
Vervollkommnung zu („Sociocracy"), deren Mitteln di.- angewandte Soziologie
erforscht, während sieh die reine Soziologie mit Ursprung, Wesen und Ent-
wicklung der Gesell-ehatt beschäftigt
Schriften: Dynamic Sociology, 1888 E — Uutlinos of Bodology, 1898. — Tho
psychic Factors of Civilization. 189H. — Pure Sc f. —
Applied Sociology, 1907. — Soziologie von heute. 11*04. — AbkamdlimgCi im „Miml'*,
„Intern. Journ. of Ethic»", „Amer. Journ. of Bodology".
Warlonber^, Mscislaw, geb. is,;s in Znin, Prof. in Lemberg. = \
Sigwart, Lotze u. a. beeinflußter Vertreter einer lionadologie und eines Tunis-
mus. bekämpft diu Materialismus mit neuen Argumenten.
804 Wartenberg — Weber.
Schriften: Das Problem des Wirkens, 1900. — Das idealistische Element in der
Kritik des Materialismus, 1904. — Sigwarts Theorie der Kausalität im Verhältnis zur
Kantschen, Kantstudien V, u. a.
Wasmann, Erich, geb. 1859 in Meran, Jesuitenpater in Luxemburg-
Stadt. = W. verbindet den Theismus und die Schöpfungslehre mit einer evo-
lutionistischen Auffassung der Organismen (den Menschen ausgenommen).
Wichtig sind seine Arbeiten zur Tierpsychologie.
Schriften: Zur neuern Geschichte der Entwicklungslehre in Deutschland, 1896.
— Instinkt u. Intelligenz im Tierreich, 1897; 3. A. 1905. — Vergleichende Studien
über das Seelenleben der Ameisen u. der höheren Tiere, 1897; 2. A. 1900. — Die
psychischen Fähigkeiten der Ameisen, 1899 ; 2. A. 1908. — Die moderne Biologie u.
d. Entwicklungstheorie, 1904; 3. A. 1906. — Der Ursprung der Sklaverei bei den
Ameisen, 1905. — Der Kampf um das Entwicklungsproblem, 1907. — Parasitismus u.
Sklaverei bei Ameisen, 1908. — Entwicklungstheorie u. Monismus, 1911, u. a.
Watson9 John, geb. 1847 in Glasgow, Prof. in Kingston (Canada). =
Nach W. ist die Wirklichkeit an sich geistig, vernünftig, zweckmäßig.
Schriften: Kants and his English Critics, 1881. — Schellings Transcendental
Idealism, 2. ed. 1902. — Hedonistic Theories, 1895. — Christianity and Idealism,
1897. — An Outline of Philosophy, 1898. — Aniraal Education, 1903 und viele Auf-
sätze in Zeitschriften (The Critical Philos. and Idealism, Phil. Keview I, 1892; The
Problem of Hegel, 1. c. III, 1894; Self-Consciousness, 1. c. IV, u. a.).
Wauters (Valerius), Cornelius, 1512—1578, belgischer Philosoph, Ver-
fasser einer Naturphilosophie, welche viele Auflagen erlebte („Physicae, seu
naturae philosophiae institutio"; vgl. M. de Wulf, Hist. de la philos. en
Belgique, p. 164 f.).
Waxweiler, Emile, geb. 1867 in Malines, Direktor des Institut Solvay
u. Prof. an der Universite libre in Brüssel. — W. begründet die Soziologie
in energetischer und psychologischer Weise. Die Soziologie hat es mit den
Reaktionen zu tun, welche aus der Wechselwirkung der Individuen derselben
Art entspringen, d. h. mit den Äußerungen der „sozialen Affinität", mit der
,, sozialen Synergie", mit den menschlichen Gruppen.
Schriften: Esquisse d'une sociologie, 1906. — Notes sur les formules d'intro-
duetion ä l'energetique physico- et psycho-sociologique, u. a.
Weber, Alfred, geb. 1835 in Straßburg, emer. Prof. daselbst. = Idea-
listischer Standpunkt.
Schriften: Examen critique de la philos. religieuse de Schelling, 1860. —
Histoire de la philos. europeenne, 1872 ; 7. 6d. 1905. — Wille zum Leben oder Wille
zum Guten ? 1882. — Keligion als Wille zum ewigen Leben, 1888. — Aphorismen,
1900, u. a.
Weber, Arthur, geb. 1875 in Zschauitz bei Rochlitz, lebt in Leipzig. =
Theosoph.
Schriften: Die theosoph. Mission, 1900; 2. A. : Die material. Weltansch. ein
überwundener Standpunkt, 1902. — Die Bewußtseinsreiche im Weltall, 1902. — Über die
Unsterblichkeit d. menschl. Seele, 1902. — Kleines Wörterbuch, 1906. — Vedanta-
Philos., 1903, u. a.
Weber — Weidexbach. 805
Weber, Ernst Heinrich, geb. 1795 in Wittenberg, Prof. der Physiologie
in Leipzig, gest. 1878. = W. ist für die Philosophie von Bedeutung durch
seine Einführung des Experiments in die Psychologie, seine Untersuchuiiuin
über den Tastsinn (Versuche mit dem Tasterzirkel, Lehre von den , .Empfin-
dungskreisen'' usw.) und seine Formulierung des ,,Weberschen Gesetz. ■-••
(s. Fechner).
Schriften: Kud. Wagners Handwörterbuch d. Physiol. III, Abt. 2, S. 559 tf. —
Tastsinn und Geraeingefühl, u. a.
Weber, Josef, geb. 1753 in Rain, seit 1790 Prof. in Dillingen .
1831 als Generalvikar in Augsburg. = Vertreter eines aufgeklärten Katholizis-
mus, von Kant, Schelling, Seneca beeinflußt.
Schriften: Sätze aus der theoret. Philos., 1785. — Charakter der Philos., 1786.
— Leitfaden zu Vorlesungen über die Vernunftlehre, 1788. — Versuch, die harten Ur-
teile über die Kantsche Philosophie zu mildern, 1793; 2. A. 1796. — Metaphysik des
Sinnlichen und Übersinnlichen, 1801. — Vom Wissen, 1805. — Die einzig wahre
Philos., nachgewiesen in den "Werken des L. A. Seneca, 1807. — Über das Beste und
Höchste, 1807. — Philos., Keligion u. Christentum, 1808 — 11, u. a.
Weber, Louis. = W. vertritt einen absoluten Idealismus verbunden mit
einer positivistischen Auffassung der Wissenschaft als solcher.
Schriften: Vers le positivisme absolu par l'idealisme, 1903.
Weber, Max, geb. 18b'4, Prof. der Nationalökonomie in Heidelberg, Mit-
herausgeber des „Archiv für Soziahvissenschaft''. — Von Marx beeinflußt.
Gegner der teleologischen, normativen Methode, betont die streng beschreibe! ul-
explikative und historische Methode der Sozialwissensehaften.
Schriften: Artikel im „Archiv für Sozialwiss." (darunter gegen Stammler) u. a.
Weber, Theodor, geb. 1826 in Zülpich, Prof. in Breslau, dann altkatho-
!;-< her Bischof in Bonn, gest. 1906 daselbst. = W. ist der bedeutendste Sehüler
Günthers. Wie dieser geht W. vom eigene]] Bewußtsein, vom ich aus, dessen Be-
ziehungen zu allem Seienden aufgesucht werden. Geist und Natur, die im ich
vereint sind, bestehen auch außerhalb dea Menschen, als Schöpfungsgebilde
Gottes.
Schriften: Schillers metaphys. Anschauungen vom Menschen, 1864. — Kant«
Dualismus von Geist und Natur und der des positiven Christentums, 1866. — Geschichte
der neuern deutschen Philosophie, 1873. — Zur Kritik der Kantschen Erkenntnistheorie,
1882. — E. du Bois-Reymond, 1885. — Metaphysik, 1888 f. (Hauptwerk), u. a.
Wegelin, s. Beguelin. — Vgl. Bock, J. Wcgelinals Qeaehichtsthaoretiker,
Weidenbach, Paul Oswald, geb. 1876 in Dresden = idealistischer
Standpunkt Das Bein (die absolute Wahrheit . »las rollkommen« l
ist mehr als das Dasein (unser „Haben"), es ist Ansicbsein, Geforden
„Möglichkeit", Idee. Diese ist Voraussetzung alles Daseins, aller Erfahrung ;
letztere ist ,, das Besonderswerden der allgemeinen [dee". Das Subjekt ist nichts
Einzelnes, Isoliertes, nur relath selbständig. Die [des \ • muht, t die Ver-
einzelung.
806 Weidenbach — Weinmann.
Schriften: Das Sein u. seine methodologisch-kritische Bedeutung, 1900. —
Mensch und Wirklichkeit, 1907, u. a.
Weigel, Erhard, geb. 1625 in Weida, seit 1653 Prof. der Mathematik in
Jena, gest. daselbst 1699. — Gegner der Scholastik, der die mathematische
Methode auf die Logik anwendet, bzw. das Rechnen als logische Tätigkeit be-
stimmt. Im Wollen unterscheidet er Denk- und Werk willen. Nur Gott ist
ein wahres Wesen, die endlichen Dinge sind an sich nichts. Das Nichts, als
Fähigkeit, etwas in sich haben zu können, ist der Eaum. Die Zeit ist die
Zahl der Änderungen. — Ein Schüler W.s war Leibniz; von ihm beeinflußt
sind Chr. Wolff und Rüdiger.
Schriften: Analysis Aristotelica ex Euclide restituta, 1658. — Idea totius encyclo-
paediae, 1671. — Universi corporis pansophici prodroraus de gradibus humanae cogni-
tionis, 1672. — Universi corporis pansophici caput summura, 1673. — Metaphysica pan-
tologica, 1673. — Ethica Euclidea, 1674. — Cosmologica, 1680. — Aretalogistica oder
der Grund aller Tugenden, 1687. — Philos. raathematica, 1693, u. a. — Vgl.
FR. BarthOLOMÄI, E. W., Zeitachr. f. exakte Philos. IX, 1871.
Weigel, Valentin, geb. 1533 in Hayna bei Dresden, studierte in Leipzig
und Wittenberg, wurde 1567 Pfarrer in Zschopau, gest. daselbst nach 1594. =
W., von Nicol. Cusanus, Paracelsus, Schwenkfeld u. a. beeinflußt, ist ein
Mystiker und Theosoph, der eine eigene Sekte (Weigelianer) begründete. Auf
Selbsterkenntnis gründet sich alle Weisheit. Der Mensch ist ein Mikrokosmus,
dessen ,, Geist" aus der Gestirnwelt stammt und nach dem Tode dahin zurück-
geht, während seine immaterielle Seele unsterblich ist. Gott liebt sich selbst
und ist insofern dreieinig. Der Mensch muß sich selbst absterben und Gott
(Christus) in sich leben lassen.
Schriften: Libellus de vita beata, 1906. — Erkenne dich selber, 1615, u. a. —
Vgl. A. ISRAEL, V. W.s Leben und Schriften, 1889.
Weiller, Cajetan von, geb. 1762 in München, 1799 Prof. am Lyzeum
daselbst, gest. 1806 als Direktor aller Lehranstalten Münchens. = Vertreter
eines aufgeklärten Katholizismus, Anhänger Jacobis, Gegner Schellings und
Hegels.
Schriften: Über die gegenwärt. u. zukünft. Menschheit 1799. — Der Geist der
allerneuesten Philosophie der Herren Schelling, Hegel und Compagnie, 1803. — Ideen
zur Geschichte d. Entwickl. d. relig. Glaubens, 1808 — 15. — Grundlegung zur Psycho-
logie, 1817. — Über die religiöse Aufgabe unserer Zeit, 1819. — Über Ethik als Dyna-
mik, 1822. — Kleine Schriften, 3 Bde., 1823—25, u. a.
Weininger, Otto, geb. 1880 in Wien, gest. 1903 daselbst. =: W. ist in
seinen erkenntnistheoretischen Anschauungen besonders von Kant beeinflußt.
Daneben stellt er besonders die Lehre von der (psychisch-physischen) Bisexualität
Menschen auf, so daß nach ihm in jedem Mann auch ein bestimmtes Maß
des weiblichen Habitus steckt.
Schriften: Geschlecht und Charakter, 2. A. 1903, 11. A. 1909. — Über die
letzten Dinge, 1904. — Vgl. SWOBODA, 0. W., 1911.
Welnmann, Rudolf. = W. bekämpft die Lehre von den spezifischen
^innesenergien in bezug auf deren subjektivistische Begründung und verteidigt
\Vf.inm.\xx — WraßMANK. 807
den kritischen Realismus. Unmittelbar gegeben ist uns die Bewu
Diese aber ist als ..Spiegelung einer objektiven, von uns nnabhai ig
renden und insofern als transzendent zu bezeichnenden Außenweif4 nnfmf innen
Die Vorstellungen werden dann zu Zeichen für die Ding
Schriften: Die Lehre von den spezif. Sinnesenergien, - Wirklichk
Standpunkt, 1896. — Zeitschr. f. Psycho), d. Sinnesorgane, 17. Bd.
Weis, Ludwig, geb. 1813 in Zwei brücken, gest 1880 in München. =
Gegner des Materialismus. Thei-t.
Schriften: Anti-Materialismus, 1871 f. — Der alte und der neue Glaube, 1-
— Idealrealismus und Materialismus, 1877. — Erkennen und Schauen Gottes, 189b. —
Kant. 1903.
WelseiigrüiK Paul, lebt in Wien. := \V., der vmi Harne, Mach u. a.
beeinflußt ist. will der Erkenntnistheorie einen psychologischen Überbau geben
(,, synthetisch psychologischer" Kritizismus). Gegenüber Biach betont \V. die
-.absolute Kontinuität" des Ich. Die Einseitigkeit der materialistischen I
Schichtsauffassung des Marxismus kritisiert \V. eingehend.
Schriften: Verschiedene Geschichtsauffassungen, 1890. — Die Entwicklungsge-
setze der Menschheit, 1890. — Das Problem, 1892. — Das Wesen der sozialen Frage,
1900. — Das Ende des Marxismus, 2. A. 1900. — Der neue Kurs in der l'hilosoj
1905, u. a.
Wei*liaiipt. Adam, geb. 17-ib. Prof. des Kirchenrechte in [ngolata
Stifter des Illuminatenorden-. Beil 1785 in Gotha, gest. 1830. = Gegnei
von Locke, Leibniz u. a. beeinflußter Vertreter eines [deal-Realismuci l1
3 ele ist immateriell. Die Materie kann nicht denken; ßie ist ein \.
kleinster Teile, das sinnliche Bild, unter welchem mir solche erscheinen", eine
,;VorsteUungsart der Geeister", hervorgerofen durch immaterielle K
Schriften: Über Material, u. Idealismus, ;.- \ 1788. -her
d. Kantschen Begriffe von Zeit und Bann, 1787. — über die Gründe u. G I d.
tnenschl. Erkenntni-. 1788. — Ober Wahrheit u. rittliehci Vollkommenheit. 1796—
\Y<'i<->mami. August, geb. 1834 in Frankfurt a. M.. Prof. d<
in Freiburg L B. W. ist der Hauptvertreter dee Neo-Danviniamui
extremen Belektionismua (..Allmacht der Naturzüchtunj Selektion
eine „Selbstregulierung der Art im Sinne ihrer Erhaltung; ihr Resultat
im;, ir Anpassung der Art an ihre Lebensbediugunj - I die*«-
sich ändern, ändert auch die Naturzüchtung ihre Aaswahl, denn die vorher i
Besten waren, sind es jetzt nicht mehr". Nur das möglich*!
das minder Oute wird immer wieder verworfen. Es gibt h \\
Germinal-, Histonal-, Kormalselektion; besonden wichtig ist
Selektion, die Auslese der »Determinanten" und „Biophoren" im K
im Kampfe um die Ernähre leiben. Troti
Selektion erklärt aber W. doch: Da* Belektionsprinzip bell > ■ K
ien von Lebenseinheitei licht du
wohl aber bestimmt es die Entwickli mm, wrl.-h.
Anfang bis Ende, denn alles an den I wn beruht aui Anpassung l
808 Weismann — Weisz.
direkte Vererbung (funktionell) erworbener Eigenschaften gibt es nach W.
nicht, sondern es können höchstens äußere Einflüsse im gleichen Sinne auf das
Keimplasma wie auf das Soma einwirken, auch können Giftstoffe u. dgl. von diesem
in jenes überwandern ; sonst aber übt das Soma auf das Keimplasma keinen
Einfluß aus, der zur Variation des letzteren führt. Es besteht eine „Kontinuität
des Keimplasmas", eine Vererbung nur von Seiten des „Ahnenplasma", wobei die
,, Chromosomen" (Idanten) die Träger der Vererbung sind, welche wieder aus
„Iden" (Anlagen-Komplexen) bestehen. Die „Determinanten", die (aus „Bio-
phoren" bestehenden) Träger der Zelleigenschaften, stehen alle zu bestimmten
Teilen des Lebewesens in Beziehung (modifizierte Präformationstheorie). Die
Variation erfolgt nur im Keimplasma, nicht durch das Milieu — das aber, wie
W. später annimmt, doch das Keimplasma modifizieren kann — und nicht durch
funktionelle Übung (gegen den Lamarekismus). — W.s Theorie hat auch auf
einen Teil der Soziologen Einfluß ausgeübt (Ammon, Matzat, Schallmayer u. a. ;
gegen W. : Goldscheid u. a.).
Schriften: Die Berechtigung der Darwinschen Theorie, 1876. — Studien zur
Deszendenztheorie, 1878. — Über die Dauer des Lebens, 1882. — Vererbung, 1883.
— Leben und Tod, 1884. — Essays upon Heredity, 1889 — 92. — Aufsätze über
Vererbung und verwandte biolog. Probleme, 1892. — Das Keimplasma, 1892. — Die
Allmacht der Naturzüch tun g, 1893. — Äußere Einflüsse als Entwicklungsreize, 1894. —
Neue Gedanken zur Vererbungsfrage, 1895. — Germinal-Selektion, 1895. — Vorträge
über Deszendenztheorie, 1902. 1904. — The Evolution Theory, 1904. — Die Selektions-
theorie, 1909, u. a.
Weiß, Berthold, geb. 1860 in Wien, lebt in Berlin. = Evolutionistisch-
monistischer, positivistischer Standpunkt.
Schriften: Die ethische Aufgabe des Menschen, 1890; 2. A. 1893. — Grund-
legung einer Philos. des Geschehens, 1895. — Die Zukunft der Menschheit, 1898. —
Ethische Worte, 1902. — Gesetze des Geschehens, Arch. f. systemat. Philos., 1903. —
Entwicklung, Versuch einer einheitl. Weltansch., 1908, u. a.
Weiß, Bruno, geb. 1852 in Breslau, Pastor in Bremen. = Gegner des
Haeckelschen Monismus.
Schriften: Der Humanismus u. U. v. Hütten, 1883. — Monismus, Monistenbund,
Radikalismus u. Christentum, 1907 ; 2. A. 1908, u. a.
Weiß, Christian, geb. 1774 in Taucha bei Leipzig, studierte in Leipzig,
1801 a. o. Prof., 1805 Direktor des Lyzeums in Fulda, 1808 Schuldirektor in
Naumburg, 1816 Schulrat in Merseburg, gest. daselbst 1853. = W. ist von
Kant, aber auch von Fries und Jacobi beeinflußt und vertritt einen übersinn-
lichen Realismus. Zugleich entwirft er die Grundzüge einer genetischen
Psychologie, welche die Tatsachen des innern Lebens nach ihren inneren
Gründen und nach ihrem Zusammenhange erforscht. Die (aus einem „Urzu-
stand'' durch „Zersetzung" hervorgehenden) „psychischen Elemente", die Ur-
bestandteile der psychischen Kräfte, sind Trieb (das „Prinzip der Richtung")
und Sinn. Aus der Verbindung der Elemente gehen erst das Vorstellungs-,
Begehrungs-, Gefühlsvermögen hervor. Entwicklungsstufen des Psychischen
sind Sinnlichkeit, Verständigkeit, Vernünftigkeit. Ohne Tendenz, Trieb sind
Weisz — Wexbc
keine Vorstellungen möglich. Da* Wesen da Sees ist Handlung, die „dyna-
mische Einheit der Element Handlung" ist das 1»
.sehen ihrer Kraft, „Zustand" von seiten der SSefterfolhmg durch jene Di
Psychologie hat die Beelischen Sandlungen nicht blofi tu beeehrei tdern
auch zu analysieren; dadurch erhalt man „Momente*1 der Handlungen und Zu-
Btändi - Le ist der ,. Fortgang eines Zeitlebens Beben dem räumlich« 1 1
ganischen Wesens4'. Wichtig Bind Fertigkeil und Gewöhnt
Das -eelische Leben „entwickelt" sich vom „Urgefuhl'4 zu imm<
pliziertheit und Stärke. Das der Gewöhnung" hu. hing
des Geistes begründet durch ihr biofies Vollbrachtwerden einen Gl
Fertigkeit, sie so, wie sie da- erstemal geschah,zi] einer andern Zeil wieder /
lichten." Das Leben ist durch psychische Kräfte erzeugt Die Kraft ist das
Reale aller Erscheinung. Existenz ist „Erscheinen der Krall in Zeil und
Raum". Die Wechselwirkung zwischen Geist und Materie ist in Wahrheit
eine „Wechselwirkung zwischen Kraft und Kraft". Bei W. finden -ich
interessante Bemerkungen aber das Wesen der Anschauung,
der Einbildungskratt, der fn Stellungen (durch organisch* R
bes u. a. Nach W. »„assimiliert >ich im [eh jede Einwirkung
außen dem durch das ganze bisherige Zeit leiten herbeigeführten Totalsustand
Subjekts" ivgl. Wundt). Im Wollen entsteht eine neue Art <!• ! ditat,
•es aut sich Belbst I»; 9 ein Individuum, aber nicht
Substanz im gewöhnlichen, atomistischen sinne. ..Zu einem Individuum
die Naturkraft schon durch ihre innere Entgi ung und I'.
ohne alle- weitere Bubstrat; und so auch die 6
Schriften: Resultate der kritischen Philo« — Lehrt
der Logik, nebst einer Kinleit. zur Philosophie überhaupt, löUl. — Winke
eine durchaus praktische Philosophie, lbOl. — Lehrbuch der 1
1804. — UatsnaehOBgeB Über da.- We-en und Wirkt! der Dfl '''M-, 1 > 1 :
(Hauptwerk). — Vom lebendigen I SIS. raad, Wmm umi I
des roügiösen Glaubens, - Betrachtugea über Rationalismus und '
barung, 184G.
\Wi>*«'. ( Ini-tiaii Hermann, geb. 180J in l studierte da
wurde a. o. Professor in Leipzig, lebt Privatm
Leipzig, winde 1847 o. Prof. in Leipi
W. i-t von Segel au en, hal sich aber bald ron ihm ei und
ist, von Bchelling, J. Böhme u. a. beeinflußt, gleich J. 11. I
ii. a.. zu einem spekuJatiT-christlichen Tht-ismu»
physik ist nach \\ . die ..Wissenschaft de* reinen l>ciik< ii i II...U
Panlogismus betont nun W., dai durch d Denken nur.
und dessen Formen, d. h. bloße Möglichkeit« l /nr
Erfassung der Wirklichkeit sinnliche ui Fahruni
Metaphysik zerfallt in die Lehr- ron ä
.. i.. h on der Wirklichkeit W
Unter den k
hat. und die sie n, den Weltinhall :id unwillkürlich bii
810 Weisse.
trägt. Sie sind die Formen alles Daseienden, haben eine von aller subjektiven
menschlichen Auffassung unabhängige Geltung, als Inbegriff logischer Mög-
lichkeiten und Notwendigkeiten. Die Kategorien tafel lautet: I. Sein: Kate-
gorien der Qualität (Sein, Dasein, Unendlichkeit); Kategorien der Quantität
(Zahl, Größe, Verhältnis); Kategorien des Maßes (Individuum, Art, Gattung;
spezifische Größe, Eegel, Gesetz, Form, Inhalt). II. Wesen: Identität, Einheit,
Zweiheit, Gegensatz, spezifische Dreiheit; Ausdehnung, Ort, Raum; Schwere,
Polarität, Kohäsion, Chemismus. III. Wirklichkeit: Kategorien der Reflexion
(Substantialität, Möglichkeit, Kausalität, Wirklichkeit, Wechselwirkung, Not-
wendigkeit). Kategorien des Zeitbegriffs (Bewegung, Dauer, Zeit) ; Kategorien
der Lebendigkeit (Teleologie. Organismus, Leben, Freiheit). Raum, Zahl, Zeit
sind von zentraler Bedeutung und von objektiver (transzendenter) Geltung. Der
Raum ist die Urqualität des Seienden , durch deren Gesetztsein das Sein zur
Wesenheit, das Seiende zu Wesen oder Dingen wird. Im Zeitbegriffe ist das
Sein zur Absolutheit des absoluten Prozesses gesteigert. Das Umsetzen der
Zukunft in Vergangenheit ist das unablässige Tun der Zeit, welche die „ab-
solute Formbestimmung alles wahrhaft Seienden" ausmacht. Nichts ist ferner
wirklich, was nicht in einem teleologischen Prozesse sein Dasein hat. Die
Zweckbeziehung ist die Wahrheit aller Kausalbeziehung, diese selbst ist teleo-
logisch. Die Wirklichkeit ist „Ursächlichkeit", besteht im „Prozeß der
Kausalreihe", ist das Wirken einer Substanz auf die andere. „Wirklich ist
nur, was wirkt." Die wahre Wirklichkeit ist die kategorial richtig bestimmte,
vernünftige Wirklichkeit.
Notwendigkeit liegt nur im Kategorialen, Logischen. Auch Gottes Wille,
der an sich frei ist, setzt die logischen Möglichkeiten voraus. Die Wirklich-
keit selbst aber ist ein Produkt freien göttlichen Schaffens (auf Grund eines
ewigen Schauens und Gestaltens), wobei Gott als Dreieinigkeit von Vernunft,
Gemüt und Wille, als „Ursubjekt", lebendiger, persönlicher Gott gedacht ist,
von dem die Welt abhängig bleibt, wenn sie auch in den Individuen und Per-
sönlichkeiten ihre Selbständigkeit hat. Die Persönlichkeit ist in ihrem Willen
frei. Das Ziel des Kampfes Gottes mit dem Weltlichen ist die Herstellung
des Reiches Gottes, wie Jesus, die MenschAverdung des in der Welt wirksamen
Gottes, es verkündigt.
Die Ästhetik definiert W. als die „Wissenschaft von der Idee der Schön-
heit". Schönheit ist Erscheinung und Form der Dinge. Eine Bedingung des
Komischen ist das Häßliche, das ,, unmittelbare Dasein der Schönheit", das
Schönheitsfeindliche. Die Komik ist das „Lügenstrafen einer angepaßten
Hoheit und Absolutheit".
Schüler W.s sind J. G. F. Billroth, R. Seydel, G. Portig u. a.
Schriften: Über den gegenwärtigen Standpunkt der philos. Wissenschaften, 1829.
- System der Ästhetik, 1830. — Über d. Verhältnis des Publikums zur Philos. in d.
Zeitpunkt von Hegels Abscheiden, 1832. — Die Idee der Gottheit, 1833. — Grundzüge
der Metaphysik, 1835. — Evangelische Geschichte, 1838. — Die Evangelienfrage, 1856.
— Das philos. Problem der Gegenwart, 1842. — In welchem Sinne die deutsche
Philos. jetzt wieder an Kant sich zu orientieren hat, 1847. — Philos. Dogmatik, 3 Bde.
Weisse— Wentscher. 811
1855 — 62 (Hauptwerk). — Kleine Schriften zur Ästhetik u. ästhet. Kritik, hrsg. von
R. Seydel, 1867. — Psychol. u. Unsterblichkeitslehre, hrsg. von ß. Seydel, 1869. —
System der Ästhetik, hrsg. von R. Seydel, 1871 u. a. — Verzeichnis der Schrift«
in: Zeitschr. f. Philos. Bd. 55, 1869. — Vgl. R. SEYDEL, C. B. W., 1866.
Weissenborn, Georg, geb. 1816 in Varchenün, 1843 Privatdozent in
Halle, 1853 Prof. in Marburg, gest. daselbst 1874 = Von Hegel und b
ders von Schleiermacher beeinflußter Theist, Gegner des Pantheismus. 1 ta
Absolute ist nach W. das ., absolut aktuelle Selbstbewußtsein der vernüni
Substanz". Gott, der Persönlichkeit ist, unterscheidet sich von der Welt, dein
Produkte seines schöpferischen Handelns, durch welches die Totalität der
Zwecke des Absoluten realisiert wird. In der formellen Unendlichkeit dea Ich,
d. h. in seiner Allgemeinheit, vermöge deren es den Gedanken des Absoluten
zu erreichen vermag, liegt der eigentliche Grund für seine Unsterblichkeit
Schriften: Vorlesungen über Schleiermachers Dialektik und Dogmatil*. 1847 — 49.
— Logik und Metaphysik, 1850. — Vorlesungen über Pantheismus und Theis-
mus, 1859.
Wendt, Amadeus, geb. 1783 in Leipzig, 1811 Prof daselbst, 1829 in
Göttingen. = Eklektiker.
Schriften: Grundl. d. philos. Rechtslehre, 1811. — Keden über die Religion,
1813. — Philos. der Kunst, 1817. — Neubearbeitung von Tennemanns „Grumir. d.
Gesch. d. Philos.", u. a.
Wentscher, Else, lebt in Bonn. = [deal-realistischer Standpunkt
Lotze. B. Erdmann u. a. beeinflußt). Da- Kausalitätsprinzip ist ein auf die
'/.lichkeit der Erfahrung gestütztes Postulat In bezug auf dir Will«
theorie nähert sich W. am meisten E. Bleumann, betont aber viel mehi
Anteil der Gefühle am Zustandekommen des Willens. Für die Richtung
und Stärke unseres Willen- ist vor allen, dir Richtung und Kraft bestimmter
Gefühle entscheidend. Im Wollen liegt ein ,.in unserer tiefsten Persönlichkeit
gegründetes Werten und Billigen, Kämpfen und Entscheiden11 vor.
Wollen ist eine „Komplikation unseres Pühlene und VorsteU
these" von (Weit-' Gefühlen und darauf gegründeten Gefühlsantrieben und
von Vorstellungen, und zugleich etwa- v (wenn auch nichts Element
Eigentliche Willensmotive und „motivierende Faktoren" (Temperament, Stimmung |
sind zu unterscheiden. Das „Verlangen11 i-t ein nicht freitet ra analysierendes
Gefühlsmoment Der „Willensimpuls" i-t kein Charakteristikum der eij
Liehen Willenshandlungen, welch.- vielmehr darin besteht, dmi da- Wollen
..eine gebilligte Entscheidung, eine gebilligt Zieh isl l
M. Wentscher u. a.), Vom Willen -cht auch die rielbewe I
dankenverlaufs au-, wobei aber um ntlichei Penken oft durch
liches [nteresse völlig unwillkürlich erregt irird, Der Wille ist innerlich (durch
Wertgefühle, Motive, Charakter, Persönlichkeit, Vernuni
-cii determiniert, aber sittlich frei, autonom.
B hrifton: PhiaoaMMÜismai und Kealiinr. . • K .ii.-i
i Philosophie L90S. — I>or Will«, 1910, ii. a.
812 Wentscher — Wenzig.
Wentscher, Max, geb. 1862 in Graudenz, Prof. in Bonn.
W. ist besonders von Lotze beeinflußt. Er vertritt einen kri tischen Realis-
nius, nach welchem die Körper Erscheinungen immaterieller Substanzen sind.
Die Seele ist eine besondere Substanz, die mit dem Leibe in Wechselwirkung
steht. Es kann durch die Seele potentielle Energie ausgelöst werden, ohne daß
Energie dabei aufgewandt wird. Freies Wollen ist nach W. ein Wollen, das
ganz aus unserem eigenen, von uns selbst gewollten Wesen hervorgeht, wobei
die Entscheidung nicht im Vorangegangenen bedingt, sondern ein neuer, auto-
nomer Akt ist. Freiheit ist „Fähigkeit, mit bewußter Wahl das Ziel zu suchen,
ein eigenes, selbständiges Wesen zu begründen". Doch ist Willensfreiheit nicht
motivloses, zufälliges Geschehen. Die Ethik bestimmt W. als Idealwissenschaft,
welche die „möglichen Ziele menschlichen Willens und Handelns" zeigen und
Maßstäbe für deren Wert oder Unwert an die Hand legen soll. Sie ist eine
„auf empirischer Grundlage ruhende spekulative Wissenschaft". Sie sucht den
Inhalt des Sittlichen zu bestimmen, die allgemeinen Merkmale der als sittlich
beurteilten Handlungen, die Faktoren des sittlichen Inhalts, die Quelle der
sittlichen Urteile und die Entstehungsbedingungen des Sittlichen. Der gute
Wille ist der Wille in seiner vollen Autonomie. Der Wille jedes willensfähigen,
denkenden Wesens ist bestrebt, sich immer mehr zu einem vollendeten eigenen,
freien Willen dieses Wesens zu entwickeln. Das in sich selbst vollkommene,
freie Wollen ist das sittlich gute Wollen. Die obersten Imperative lauten :
1. „Strebe nach höchster Ausprägung wahrhaft eigenen Wesens und fester
Grundsätze eines vollendet eigenen, freien Willens." 2. „Mache von dieser
Tätigkeit freier Betätigung eigenen Wesens den kraftvollsten und umfassendsten
Gebrauch. "
Schriften: Lotzes Gottesbegriff, 1893. — Phys. u. psych.. Kausalität u. d. Prinzip
d. psychophys. Parallelismus, 1896. — Über den Pessimismus u. seine Wurzel, 1897.
— Zur Theorie des Gewissens, Arch. f. system. Philos. V. — Der psychol. Eealismus,
Zeitschr. für Philos. u. philos. Krit. 117. Bd. — Ethik, 1902—05. — Einführ, in d.
Philos., 1906. — Das Problem d. Lehrfreiheit, 1907, u. a.
Wenzel, Alfred, geb. 1865 in Danzig, lebt daselbst. == Schüler Wundts.
Schriften: Beiträge z. Logik der Sozialwirtschaflslehre, 1894. — Gemeinschaft
und Persönlichkeit, 1899. — Die Weltansch. Spinozas, 1907.
Wenzig, C, Prof. in Breslau. = Von Wundt u. a. beeinflußter Vertreter
des Voluntarismus. Die Philosophie ist „empirische Analyse unseres Bewußt-
seinsinhalts, d. h. Psychologie, und als Logik, Erkenntnistheorie und Meta-
physik psychologische Verdeutlichung der Grundvorstellungen der objektiven
Wissenschaften". Sie untersucht die formalen Voraussetzungen des Aufbaues
jeder Wissenschaft in historisch-psychologischer Weise. Das Weltgeschehen ist
letzten Endes als durch einen „teleologischen Weltwillen" bewirkt zu denken,
als Begründung der energetischen Naturauffassung. Die Bewegung ist Er-
echeinung der Kraft, die an sich Wille ist. Im Organismus macht sich das Prinzip
der „Richtung" der Energien geltend, die teleologisch bestimmt ist. Das
Wesen des Ichs besteht im Willen.
Schriften: Die Weltanschauungen der Gegenwart, 1907, u. a.
Werder — Westermarck.
Werder, Karl, geb. 1S06 in Berlin. 1833 Prof. daselbst, gest 1803. =
Anhänger Hegel-.
Schriften: De Piatonis Pannenide, 1834. — Logik als Kommentar u. ]!•
zu Hegels Wissensch. der Logik, 1841; 4. A. 1861.
Werner, Karl, geb. 1821 in Hafnerbach (Nie.;.
der Kirchengeschichte in Wien 18S8 in Wien. = Thomistischer Stand-
punkt.
Schriften: Der heil. Thomas von Aquino, 1858 — 59. — F. Suarez u. d. Scho-
lastik d. letzten Jahrhunderte, 1861. — Gesch. der apologet. u. polem. Literatur d.
christl. Theol., 1861—67. — Gesch. d. kathol. Theologie, 1866 ; 2. A. 1889. —
System d. christlichen Ethik, 1850 — 52 ; 2. A. 1888. — Spekulative Anthropologie, 1870.
— Die Kosmologie u. Naturlehre des scholast. Mittelalters, 1874. — Beda der Ehr-
würdige u. s. Zeit, 1875. — Alkuin u. s. Jahrhundert, 1876. — Gerbert von Aurillac,
1878. — Die Scholastik d. späteren Mittelalters, 4 Bde., 1881 — 87. — Die Augustinische
Psychologie, 1882. — Die nominalisierende Psychologie d. 19. Jahrhunderts, 1882. —
Die italienische Philosophie des 19. Jahrhund., 5 Bde., 1884 — 86, u. a.
Werner, Otto. Pfarrer in Wolfsbehringen. = Teleologischer Stand-
punkt
Schritten: Die Stellung des Menschen in der beseelten Schöpfung, 1895. — Die
Menschheit, 1899. — Lebenszweck und Weltzweck, 1907. — Kraft u. Stoff, Bewußtsein
u. Leben, 1909.
Wernieke, Alexander, geb. 1S57 in (iörlitz. Prof. an der techn. Hoch-
schule in Braunselnveig. = Von Kant beeinflußter kritizistischer Standpunkt
1 >a- Ich ist die „Formaleinheit" seiner Vorstellungen, ubertl
Identität auf das Mannigfaltige, welches ihm gegenübertritt, and erfaß! -
dem Binster der [ch-Identität, so dafl es im Gegebenen ein Reich ron Di
sieht, welche „Formaleinheiten" seiner Znstande sind.
Schriften: Die Religion des Gewissens als Zukunftsideal, lbT'J. — Phi
deskriptive Wissenschaft, 1882. — Grundz. d. Mechanik, 1883. — Grundlage der
Euklid. Geometrie, 1887. — Gesammelte Au I u. kein Ende-
2. A. 1907. — Kultur u. Schule, 1896. — Mieter J. Bohne, 1S98. — K. WagMi
Erzieher, 1899. — Weltwirtschaft u. Nationalerziehung, 1900. — Lehrb. d. Mechanik.
4. A. 1900 — 03. — Die Theorie d. Gegenstandes u. d. Lehre vom I)ii)Kr an sich b^i
J. Kant, 1904. — Schiller u. d. deutache Idealismus, 1906. — Dio Bc
deutschen Idealismus durch J. Kant. 1910. — Aktivität u. Pattiritlft, Viertafyahn
f. wiss. Philos., 1882. — Die atfptotMcas Funktion d. BswnßtMÜM, 1. e. 1881
— Kants krit. Werdegang als Einführ, in il. Krit. d. rcn.cn Vernunft 1911, u. a.
WVrtlieiiiM'r. Emanuel, geb. 184Ö in Budapest. = Monistischer Stand-
punkt
Schriften: Aphorismen, u. a.
Wcrtlieliiicr, Leo, a. Brunner.
\V«'«xt€*rmar<'k, Eduard, geb. is,'>-' in Belaii Finland), Pl
Boaiologie in Helsingfors und an der 1 London, narnb kaao-
- Bittlich gut ist liberal] das losia] Gebilligte und sittliche Billigung
814 Westermarck — Wiener.
eine Art „vergeltenden Wohlwollens". Schlecht ist das, worüber sittliche Ent-
rüstung herrscht. Die Moral beruht also auf sittlichen Gefühlen, die sozialen
Ursprungs sind. „Die Gesellschaft ist die Wiege des sittlichen Bewußtseins.
Die ersten Sittenurteile brachten nicht die persönlichen Gefühle vereinzelter
Individuen zum Ausdruck, sondern die der Gesamtheit. Die öffentliche Ent-
rüstung oder Anerkennung ist das Urbild der sittlichen Mißbilligung bzw.
Billigung, und diese öffentlichen Gefühle zeichnen sich durch Allgemeinheit,
persönliche Uninteressiertheit und anscheinende Unparteilichkeit aus." Die
„Nützlichkeit" ist nur von sekundärer Bedeutung. An einer Fülle von ethno-
logischen Beispielen zeigt W. das Konstante und Wechselnde in der sittlichen
Beurteilung.
Schriften: History ot Human Manage, 1891; deutsch von L. Katscher. —
Origin and Development of the Moral Ideas, 2 Bde., 1906 — 08; Ursprung u. Ent-
wickl. der Moralbegriffe, deutsch von Katscher, 1907 — 09. — Sexualfragen, 1909, u. a.
Weygandt, Wilhelm , geb. 1870 in Wiesbaden, Prof., Direktor der
Staats-Irrenanstalt Friedrichsberg in Hamburg. = Schüler Wundts.
Schriften: Die Entstehung der Träume, 1893. — Psychol. Epidemien, 1904 —
Über Idiotie, 1905. — Forensische Psychiatrie, 1908. — Beiträge zur Psychol. d.
Traumes, Philos. Stud. XX, u. a.
WeygOldt, G. P. - Schriften: Zeno [von Cittium, 1872. — Kritik
des philos. Pessimismus der neuesten Zeit, 1875. — Darwinismus, Religion, Sittlich-
keit, 1878. — Die Philos. der Stoa, 1883. — Die Platonische Philos., 1885, u. a.
Whewell, William, geb. 1^94 in Lancaster, Prof. in Cambridge, gest.
1866. = Von Kant beeinflußt. Die Induktion beruht auf Grundideen („fun-
damental ideas"), welche das Denken an die Erfahrung heranbringt, um diese
einheitlich-zusammenhängend zu gestalten. Der Erfahrung von Tatsachen
liegen schon unbewußte Schlüsse zugrunde. In der Ethik steht W. auf ,,in-
tuitionistischem" Standpunkte.
Schriften: History of the Inductive Sciences, 1837; 3. ed. 1857; deutsch von
Littrow, 1839—42. — Philos. of the Inductive Sciences, 1840; 2. ed. 1847; 3. ed.:
History of Scientific Ideas, 1858 — 61. — Elements of Morality, 1845, 1864. — Lectures
on Systematic Morality, 1846. — Lectures on the History of Moral Philos. in England,
1852; 3. ed. 1862, u. a. — Vgl. DOUGLAS, Life and Select Correspondence of
W. W., 1881.
Whitney, William Dwight, 1827-1894, Prof. in Newhaven, Sprach-
forscher. = Die Sprache ist nach W. ihrer Entstehung nach ein konventionelles
Kunstprodukt.
Schriften: Language and ite Study, 1867; deutsch 1874. — The Life and Growth
of Language, 1875; deutsch 1876, u. a.
Widemann, P. — Schriften: Bedingungen der Übereinstimmung des diskur-
fciven Erkennens mit dem intuitiven, 1876. — Erkennen und Sein, 1885.
Wiener, Christian, geb. 1826, Prof. in Karlsruhe. = Mechanistisch-ato-
Wiener — Wilhelm. 815
mistische Weltanschauung (Atome mit RepuMonskräften, Hervorgehen des
Geistigen aus dem Materiellen usw.).
Schriften: Grundzüge der Weltordnung, 1863; 2. Ä. 1809. — Atomenlehre,
1869. — Die geistige Welt 1869. — Begründ. der Sittenlehre u. ihre geschichtl. Ent-
wicklung, 1879. — Die Freiheit des Willens, 1891.
Wiessner, Alexander. = W. vertritt einen eigenartigen atomistisch-dvna-
mischen Standpunkt. Wirklich ist nach W. nur die Kraft, d. h. die „Sub-
stanz in ihrer eigenen Äußerung-', als „Selbstdarstellung in allen Graden". Das
Subjekt aller Dinge ist der unendliche, empfindend-wollende, göttliche Kaum,
der zugleich die Weltseele ist. Kraftäußerungen dieser sind die Atome. Diese
sind unausgedehnt, punktuell, „gradlinige Richtungsenergien" von verschiedener
Richtung, auf deren Kombination die Qualitäten der Dinge beruhen. Da
Raum ist das die Atome Verbindende, ihr „Aktorium". Er ist „Uberallwoheit" ;
die Zeit ist ein „stetiges Jetzt". Außer den Körperatomen gibt es Ätheratome.
Die einzelne Seele ist ein Effekt zerebraler Aktionen, die das Phänomen des
Bewußtseins hervorbringen.
Schriften: Das Atom oder das Kraftelement der Richtung, 1875. — Vom Punkt
zum Geist, 1877. — Die wesenhafte oder absolute Realität des Raumes, 1877.
Wigand, Albert, 1821-1886, Prof. der Botanik in Marburg. = Be-
deutendster Gegner des Darwinismus, vertritt eine teleologische Natnrauffassung
(Betonung der Zähigkeit der organischen Formen, der Unzulänglichkeil des
Daseinskampfes und der Selektion, der Grenzen der Variabilität, der be-
stimmten Richtung der Variationen, welche Wirkungen eines bereits i - irnm-
form angelegten Planes sind).
Schritten: Über Darwins Hypothese der Pangenesis, 1870. — Die Genealogie
der Urzellen, 1872 — Der Darwinismus u. d. Naturforschung Newtons und Csrifln,
1873 ff. — Die Alternative: Teleologie oder Zufall, 1877. — Der Darwinismus ein
Zeichen der Zeit, 1878. — Über dio Auflös. der Arten durch natürl. Zuchtwahl, 1 8 7 *J , u. a.
Wilhelm von Auvergne, geb. in Aurillac, studierte in Pari-, Lehrer
der Theologie, 1228 Bischof daselbst, gest. L249. = W. ist in vielein. was dem
Glauben nicht widerstreitet, Anhänger des Aristoteles, teilweise aber auch von
Plato (Timaeus, Phaedon) beeinflußt. Es gibt nach W. erworbene (Verstandes-
und empirische) Erkenntnis, ferner auch angeboren«' Erkenntnis („SCtentia
inaata''). Zur letzteren gehören die ersten, durch Bich selbst bekannten
Wahrheiten. Die Erkenntnis des Übersinnlichen erfolgt durch Erleuchtung
(„illuminatio") seitens Gott, der die ewig.- Wahrh.it ial iguatinus).
Die Wahrheit an sieh ist Gott als Weltschöpfer. Die Schöpfung ial
ein Akt des lebendigen Wissens and des freien Willem Gottes, Im
liehen Intellekte sind die Ideen, die vollkommenen Urbilder der I'
zu einer intelligiblen Welt, di e Sohn im, rereinigt („intellectus . . .
divinus plenus rationum vi\ eiitinm, qoad innndns archetypUJ omnium n-niin
ideas ut exemplaria rontinebat"). 1)ir 1(l" " »i*>gd» ■* h ;lU inteüigibla
Objekte in unserem Geiste ab und existieren all ünlveraalien in den Dingen.
Gott Behaut ewig sich selbst und all«- /iigleieh und schafft hiernach;
816 Wilhelm.
ewig ist nur das göttliche Sein. Die Übel in der Welt sind nur Mittel zum
Guten („media conducentia ad bonum"). Der Intellekt gehört zur Seele und
diese ist eine einfache immaterielle, vom Leibe unabhängige, unsterbliche Sub-
stanz (,,substantia spiritualis"), zugleich eine Vollkommenheit („perfectio") des
Organismus, der ihr Instrument ist. Der Wille hat die Freiheit, etwas zu tun
oder zu unterlassen. Bezüglich einiger psychologischer Fragen („innere Sinne",
Phantasie u. a.) ist W. von Avicenna u. a., betreffs der Unsterblichkeitslehre
von Domin. Gundissalinus abhängig.
Schriften: De universo; De anima; De animae immortalitate ; De veritate u. a.
Opera, 1591, 1674. — Vgl. K. WERNER, Die Psychologie des W. v. A., 1873. =
N. VALOIS, G. d'Auvergne, 1880. — M. BaüMG ARTNER, Die Erkenntnislehre des
W. v. A., 1893. — St. SCHINDELE, Beitr. zur Metaphys. des W. v. A., 1900.
Wilhelm von Champeaux, geb. um 1070, hatte Manegold von Luten-
bach, Anselm von Laon, Roscelin zu Lehrern, lehrte in Paris, wo Abälard sein
Hörer war, wurde 1108 Chorherr in der Abtei von St. Victor, wo er Vorträge
hielt, 1113 Bischof von Chalons, gest. 1121. = W. vertritt betreffs der Univer-
salienfrage den „Realismus". Die Universalien (Gattungen) bestehen einheitlich-
ganz, ungetrennt in den zu ihnen gehörigen Individuen („erat autem in ea
sententia de communitate universalium, ut eandem essentialiter rem totam
simul singulis suis inesse adstrueret individuis, quorum quidem nulla esset in
essen tia diversitas, sed sola multitudine accidentium varietas", Abälard, Historia
calamitatum, C. 2). Gegenüber dem Einwände Abälards ersetzte W. das
^.essentialiter" durch „individualiter" oder durch „indifferenter". Die Individuen
sind also nach W. nur durch die Mannigfaltigkeit ihrer Akzidentien ver-
schieden.
Schriften-. De eucharistia; De origine animae (Kreatianismus) u. a. — Vgl.
G. LEFEVRE, Les variations de G. de Ch. et la question des Universaux, 1898. —
MlCHAUD, G. de Ch., 2. ed. 1868. — M. DE WULF, Hist. de la philos. mediev.
Wilhelm von Conches (W. Aneponymus), geb. 1080, lehrte in Paris,
gest. daselbst 1154. = Von Plato beeinflußter Scholastiker. Betreffs der Uni-
versalien ist er „Realist". Die Weltseele (die eins ist mit dem heil. Geiste) ist
der Quell alles Lebens. Die Seele des Menschen durchdringt den ganzen
Körper. W. stellt ferner eine Art Atomistik auf. Die vier Elemente (Erde,
Luft, Wasser, Feuer) bestehen aus rein gedanklich faßbaren einfachen,
kleinsten Partikeln („Elementa ergo sunt simplae et minimae particulae, quibus
haec quattuor constant quae videmus. Haec elementa numquam videntur, sed
ratione divisionis intelliguntur", Elem. philos., B. 1132 f.; „Elementum est, quod
in constitutione corporis invenitur primum, in resolutione postremum"). In
jedem Elementarkörper ist etwas von der Natur der übrigen (vgl. K. Werner,
Die Kosmol. u. Naturlehre d. scholast. Mittelalters, 1874).
Schriften: Philosophia. Dragmaticon philosophiae, 1583 (Dialogus de substantiis
pliysicis). — Moralis philosophia de honesto et utili. — Vgl. HaüREAU, Notices et
«xtraits, 1890, I. — K. WERNER (s. oben). — LASSWITZ, Gesch. d. Atomistik I. —
M. DE WULF, Hist. de la philos. med.
Wilhelm — W'illmaxx. 817
Wilhelm von Lamarre, Franziskaner. Verfasser einer Schrift
„Correctorium fratris Thomae" (1284) gegen Thomas von Aqnino.
Wilhelm von Occam s. Occam.
Wilhelm von Shyreswood, geb. in Durham, lehrte in Park
1249 als Kanzler in Lincoln, Verfasser einer Logik nach Art d< - ren
„Summulae logicales" des Petrus Hispanus (Manuskript in Pari- .
Wille, Bruno, geb. 1860 in Magdeburg, lebt in Berlin.
W. ist besonders von Fechner beeinflußt, also Vertreter eines idealisti-
schen (psychistischen) Monismus, den er mit einem freien Christentum \
bindet. Im „monistischen Christentum" liegt die Versöhnung von Wissenschaft
und Religion. Das ewige Leben ist in der Richtung auf den Idealmenschen
{Christus) zu suchen. „Der Ich-Mensch muß am Kreuze absterben, damit das
bessere Selbst frei werde und zur ewigen Heimat eingehe." Das Weltwesen ist
geistig; es bringt die sinnlichen Erscheinungen erst in sich hervor. Die Welt
ist ein „lebendiges All", durchaus beseelt, lebendig (Panpsychismus). Die Welt
ist eine „selbständige, wachsende Harmonie, ein lebendiges Formwesen". 1
All ist die „umfassende Seele" (Allseele), deren „Sondertendenz" die Individua-
lität ist. Gott ist das „universale Ich", dessen Erlebnisse die Sonderwesen
sind, die durch Sympathie, Liebe verbunden sind. Die Individuen sind
gleichsam „Augen, mit denen das Eine sich betrachtet". Von Ewigkeit her
sind wir ein „werdender Gott", wir werden im All-Einen erlöst, welche- al-
Ideal, als „Keimkraft" in uns wirkt. Die zeitliche Entwicklung i-t üi
zeitlich eine vollendete Einheit. Durch unseren „Tatenleib", die Projektion
unserer Individualität in das Weltwirken hinein, sind wir unsterblich.
Schriften: Der Phänomenalismus des Hobbes, 1888. — Der Tod, 1889. — Dfta
Leben ohne Gott, 1889. — Die Beweise vom Dasein Gottes, 1890. — Sittliche Er-
ziehung, 1890. — Die Jugend, 1890 — 91. — Lehrb. f. d. Jugendunterricht freier Ge-
meinden, 1890 ff. — Atheistische Sittlichkeit, 1892. — Philos. der Befreiung dur. h
-das reine Mittel, 1892 — 94 (Standpunkt des „Edelanarchismus"). — Die freie Jugend,
189G. — Die Religion der Freude, 1898. — Materie nie ohne Geist. 1900. — Offen-
barungen des Wachholderbaumes, 1901 (philos. Roman). — Die Christusmvthe als
monist. Weltanschauung, 1903. — Auferstehung, 1904. — Das lebendig Ali, 1906. —
Darwins Weltanschauung, 1906. — Faustischer Monismus (in: Der M rsg.
von Drews, 1907), u. a.
Willems, C, Prof., geb. 1856 in Balingen. = Thomiatischei Standpunkt.
Schriften: Die Erkenntnislehre des modernen Idealismus, 1906. — lnstitutiones
philosophicae, 1906. — Philosophia moralis, 1908.
Williams, C. M. = Erolutionutischer Ethiker.
Schriften: A Review of the Systems of Ethics, 1898.
Willmaiiii Otto, geb. L839 in Lissa, Pro! in Prag, leb! jetzt in Salz-
burg. = Tbomifltischer Standpunkt. W. rersteht unter dem ,4dealiamui
„Denkrichtuni:. bei welcher mittelst der idealen Prinzipien «l.r iri \| ,-.
der Form, des Zweckes, d< i •/.- das Verhiltnii I ttlichen nun Kml-
Ei s 1 e r , Philosophen- Lexikon .
818 Willmann — Windelband.
liehen, des Seins zum Erkennen, der natürlichen zur sittlichen Welt bestimmt
wird". Die Ideen bilden ein Mittelglied zwischen dem Einen und dem Vielen.
Schriften: Pädagog. Vorträge, 1869; 4. A. 1905. — Didaktik als Bildungslehre,
1882—89; 4. A. 1909. — Geschichte des Idealismus, 1894—97; 2. A. 1907. — Die
Erheb, d. Pädagogik zur Wissenschaft, 1898. — Philos. Propädeutik: I. Logik, 1901;
2. A. 1908; II. Empir. Psychol., 1904; 2. A. 1908. — Grundlinien idealer Welt-
anschauung, 1905. — Die wichtigsten philos. Fachausdrücke in historischer Anordnung,
1909, u. a.
Willy, Eudolf, geb. 1855, lebt in Mels (St. Gallen).
W. ist wesentlich von Avenarius, aber auch von E. Mach u. a. beeinflußt.
Er nennt seinen positivistisch-immanenten Standpunkt „Primär- Monismus".
Die rGesamterfahrung" ist hiernach ein unmittelbar gegebener Zusammenhang
von Erlebnissen der Menschheit; der Inhalt dieser Erlebnisse, die als solche
genommen „ästhetisch", qualitativ sind und erst in der mathematisch-natur-
wissenschaftlichen Betrachtungsweise quantitativ-physikalisch werden, bildet die
Außenwelt. Die Grunderfahrung als Ganzes ist die „Raumzeitlichkeit als
raumzeitliche Sinnlichkeit". Alles ist in diesem Sinne sinnlich und ver-
änderlich, alles fließt, es gibt kein substantielles Sein. Die Einzeldinge sind
Bestandteile des anschaulich gegebenen Allzusammenhanges. Jede einzelne
menschliche Persönlichkeit ist das Weltganze selbst in individuell nuancierter
Gestalt, also kein absolut selbständiges Ich. Ich und Außenwelt sind Korrelate,
nicht numerisch voneinander verschieden (wie Körper von Körper). Die Außen-
welt ist „unser aller Leib; der Leib der menschlichen Gattung". Sie bedeutet
insofern „die Einheit und den Zusammenhang der Menschheit bis hinein in die
fernsten Zeiten und Räume". Wir selbst, die Menschheit im Großen, sind die
Welt als Ganzes. Es gibt kein Äußeres und Inneres, keinen Geist und keinen
Stoff, sondern alles ist nur „die einzige, aber vielfältig (unendlich) individuali-
sierte lebendige Menschheit". Alles ist Erlebnis dieser, ist eine „bewegte
lebendige Menschengeschichte". Die Welt ist vorzugsweise das uns allen ge-
meinsame Grunderlebnis; wir selbt sind ein „individuell begrenzter Erlebnis-
komplex". Panpsychismus, Pantheismus und Monadologie sind abzulehnen.
Schriften: F. Nietzsche, 1904. — Gegen die Schulweisheit, eine Kritik der
Philosophie, 1905. — Die Gesamterfahrung vom Gesichtspunkt des Primärmonisrnua
1908. — Ideal und Leben, 1909. — Der Empiriokritizismus, Vierteljahrsschr. f. wiss.
Philos., 20. Bd., 1896. — Das erkenntnistheoret. Ich und der natürl. Weltbegriff, 1. c.
18. B., 1894 — Die Krisis in der Psychologie, 1. c. 1899.
Windel band, Wilhelm, geb. 1848 in Potsdam, 1873 Privatdozent in
Leipzig, 1876 a. o. Prof. in Zürich, 1882 Prof. in Straßburg, jetzt Professor in
Heidelberg.
W., der von Plato, Kant, Fichte beeinflußt ist, vertritt einen teleo-
logischen Kritizismus mit voluntaristischem Gepräge. Die Begriffe des
Wertes, des Zweckes, der Norm haben hier zentrale Bedeutung. Die Philo-
sophie ist nach W. Wert Wissenschaft, „kritische Wissenschaft von den allge-
meingültigen Werten". Da die Werturteile „Beurteilungen" (Urteile über Ur-
teile) sind, so bilden Beurteilungen das Objekt der Philosophie. Da ferner die
Windelband. 819
obersten Werte ein Normsystem bilden, so ist die Philosophie die „Wissenschaft
vom Normalbewußtsein", welche sich in Logik (mit Erkenntniskritik), Ethik
und Ästhetik gliedert. Die allgemeinen Werte sind die Wahrheit im Denken,
die Gutheit im Wollen und Handeln, die Schönheit im Fühlen.
Die kritische Methode setzt die Gültigkeit oberster Werte als Zwecke
voraus. Sie ist nicht psychologisch-genetisch, fragt nicht nach der zeitlichen
Entstehung der Erkenntnis usw., sondern nach dem Werte, nach der Be-
deutung derselben. Ihre Voraussetzung ist der Glaube an die allgemeingültigen
Zwecke und an ihre Fähigkeit, im empirischen Bewußtsein erkannt zu werden.
Die Geltung der Normen ist nur teleologisch zu begründen. Normen sind
„diejenigen Formen der Verwirklichung von Naturgesetzen, welche unter Vor-
aussetzung des Zweckes der Allgemeingültigkeit gebildet werden sollen".
Normen sind ., Regeln der Beurteilung", Begeln der Feststellung des (theoretisch-
praktischen) Wertes eines Inhalts. Das ideale ., Normalbewußtsein" ist der
oberste Wertmaßstab, die apriorische Bedingung alles Wertens, das Ideal der
Erkenntnis und des Handelns. Die Besinnung auf die einzelnen Normen er-
folgt am Leitfaden der Psychologie, ihre Begründung und Ableitung aber ist
eine teleologische. Mit unmittelbarer Evidenz knüpft sich an das Bewußtwerden
der Norm eine Art psychologischer Nötigung, sie zu befolgen. Der Ablauf
der Vorstellungen selbst führt zum Bewußtsein der Normen, und nun wird
diese „zu einer ordnenden und bestimmenden Macht in dem mechanischen Ab-
lauf selbst und führt in vollkommen naturgesetzlicher Weise ihre eigene
Realisierung herbei". Wie weit die tatsächliche Anerkennung aller Axiome
überhaupt reicht, ist gleichgültig. Sie sind „Normen, welche unter der Voraus-
setzung gelten sollen, daß das Denken den Zweck, wahr zu sein, das Wollen
den Zweck, gut zu sein, das Fühlen den Zweck, Schönheit zu erfassen, in all-
gemein anzuerkennender Weise erfüllen will". Die Anerkennung der Axiome
ist überall durch einen Zweck bedingt, der als Ideal vorausgesetzt werden
muß; alle Axiome sind „Mittel zum Zweck der Allgemeingültigkeit".
Das- gilt alles von der Erkenntnis und den transzendentalen Voraus-
setzungen, ihren obersten Normen. Die Logik, die wesentlich „Urteilslehre"
und von psychologischen Voraussetzungen methodisch unabhängig ist, bedeutet
als System den „Inbegriff derjenigen teleologisch sich entwickelten Grundsätze,
ohne welche es kein allgemeingültiges Denken würde geben können". Die
logischen Regeln sind „notwendige Mittel des Wahrheitstriebes" und haben
teleologische Notwendigkeit. WTahrheit ist eben „Normalität des Denkens".
Wahrheit ist nicht Übereinstimmung des Denkens mit der Wirklichkeit an
sich, sondern „Übereinstimmung der Vorteilungen untereinander, der sekun-
dären mit den primären, der abstrakten mit den konkreten, der hypothetischen
mit den sensualen, der /Theorie' mit den /Tatsachen' ". Gegenüber dem Prag-
matismus ist nur dies zuzugeben, daß zunächst, anfangs der Lebenswert der
Wahrheit der ist, „daß sie eine Eigenschaft der Vorstellungen ist, wodurch
diese zu zweckmäßigen Mitteln für unser Handeln, für die Befriedigung unserer
Bedürfnisse werden". Aber vermöge des Gesetzes der Heterogonie der Zwecke
wird hier das Mittel selbst zum Zweck und Wert, es entsteht der „Wille zur
52*
820 Windelband.
Wahrheit um ihrer selbst willen''. Die Brauchbarkeit unserer Vorstellungen setzt
deren Wahrheit voraus, ist aber nicht sie selber. Bejahung und Verneinung
müssen rein sachlich begründet werden (durch „sachliche Motivation"). Als
Erkenntnisfunktion ist das Urteil („Bejahen oder Verneinen vorgestellter In-
halte, ein Aneignen oder Verwerfen", vgl. Brentano) die Betätigung des „Willens
zur Wahrheit". Sein Inhalt aber ist erst die Wahrheit selbst. Der „Satz"
und dessen Geltung muß an sich als völlig unabhängig vom tatsächlichen
Denken behandelt werden. „Die Wahrheit an sich gilt zeitlos: unser Erfassen
der Wahrheit ist ein zeitlicher Akt des Willens." „Der Sinn der Wahrheit
steckt in ihrer sachlichen Geltung." Im Geistesleben (schon in der Assoziation
der Vorstellungen) spielt der Wille eine große Rolle. Erkenntnis ist aktive,
willensgemäße Synthese des Erfahrungsmaterials und die Methode ist ein Werk-
zeug dieser Bearbeitung seitens des Wahrheitswillens. Ja, schon die empirischen
Gegenstände sind die „Produkte auswählender und synthetisch neuschaffen-
der Prozesse, also bereits Ergebnisse der Methode", Produkte der Synthese,
Analyse, logischen Auswahl, die durch das Erkenntnisziel bestimmt ist; eine
Auswahl aus der Totalität des Gegebenen findet statt (quantitativer, selektiver
Begriff der Erscheinung). Der Wille bestimmt, ja schafft seine Gegenstände,
aber die Wahrheit „stammt nicht aus ihm, sondern aus den Sachen selbst", ist
von aller Willkür unabhängig. — Die Anschauungs- und Denkformen sind
nach W. apriorisch, wobei die Apriorität rein logisch aufzufassen ist. Die
Kategorien sind oberste Einheitsbegriffe; „konstituierende" und „reflektive"
Kategorien sind zu unterscheiden.
Die Kausalität ist nach W. der Ausdruck für unser Postulat der Er-
fahrung; die Notwendigkeit des Kausalverhältnisses schließt seine Allgemein -
gültigkeit, d. h. seine Gesetzmäßigkeit ein. Die Gesetze des Geschehens be-
stimmt die urteilende Vernunft. Aus allgemeinen Naturgesetzen allein folgen
noch nicht die besonderen Vorgänge, und in keiner Wirkung stellt sich ein
einzelnes Gesetz rein dar. Das Individuelle ist etwas Ursprüngliches, es hat
eine Wirklichkeit, die durch Kombination von Allgemeinheiten nicht zu er-
schöpfen ist. Die Modifikationen, Einzelfälle des Gesetzes als solche sind „zu-
fällig", wobei aber der Zufall stets nur ein „Prinzip unserer Betrachtung,
nicht ein Prinzip des Geschehens", ein Abstraktionsgebilde ist (als „räumlich-
zeitliche Koinzidenz von Tatsachen, zwischen denen kein Verhältnis der Kau-
salität stattfindet", „Eintritt unberechenbarer Nebenbedingungen"). W. unter-
scheidet Gesetzes- und Ereigniswissenschaften. Erstere lehren, „was
immer ist", das Allgemeine, Konstante, sich Wiederholende, Gesetzliche, Ab-
strakte; sie sind „nomothetisch". Das Erkenntnisziel der Naturwissenschaft
z. B. bilden mathematische Formulierungen von Gesetzen der Bewegung ; sie
präpariert ein System von Konstruktionsbegriffen heraus, in denen sie das
Wesen der Dinge erfassen will. Die Ereignis Wissenschaften hingegen sind
historisch, haben es mit dem Konkreten, Einzelnen, Einmaligen zu tun; sie
f-ind „idiographisch". Die Geschichte ist eine solche Wissenschaft, bedarf
aber auch allgemeiner Sätze aus nomothetischen Disziplinen (Psychologie,
Windelband — Wirth. 821
Soziologie usw.). Die Auswahl des geschichtlichen Materials richtet sich nach
dem System allgemeingültiger Werte (vgl. Rickert).
Die Freiheit des Willens ergibt sich aus der „Betrachtung und Beur-
teilung der Gegenstände ohne Rücksicht auf eine Verursachtheit". Die
Wurzeln der Individualität und der metaphysischen Freiheit sind theoretisch
nicht erkennbar. Ein Handeln ohne Grund existiert aber nicht. Freiheit ist
zunächst Fähigkeit der Selbstbetätigung. Wahlfreiheit ist „Bestimmung der
Handlungen durch den Charakter", „Kausalität der Persönlichkeit in ihren
Handlungen". Die Wahl ist immer durch das Verhältnis der momentanen zu
den konstanten Motiven des Menschen entschieden, folgt aus dem Zusammen-
wirken seiner gegenwärtigen Lage und seines dauernden Wesens. Die scheinbar
motivlose Wahl ist ein Verzicht auf dieselbe, ein passives Geschehenlassen des
psychisch-physiologischen Mechanismus. Freiheit ist die Fähigkeit, eine Ent-
scheidung zwischen den Motiven zu treffen, im engeren Sinne aber Autonomie
der Vernunft, Herrschaft des Gewissens, „Bestimmung des empirischen Be-
wußtseins durch das Normalbewußtsein".
Das sittliche Ideal ist es, daß der Zweckgedanke sich das Zufällige
unterwerfe. Das Pflichtbewußtsein ist apriorisch, der Inhalt der Pflicht aber
sozial bedingt. Der Zweck der Gesellschaft selbst ist übersozial, ist die
., Schaffung ihres Kultursystems". Das Gewissen setzt die metaphysische Realität
des Xormalbewußtseins als des Heiligen, erlebt als transzendente Wirklichkeit,
voraus. Religion ist „transzendentes Leben", Bewußtsein der Zugehörigkeit
zu einer Welt geistiger Werte. Gott ist die Wirklichkeit aller Ideale als reales
Xormbewußtsein aufgefaßt.
Schriften: Die Lehre vom Zufall, 1870. — Über die Gewißheit der Erkenntnis,
1873. — Der gegenwärt. Stand der psychol. Forschung, 1876. — Geschichte der neueren
Philosophie, 1878—80; 4. A. 1907. — Präludien, 1884; 3. Ä. 1907. — Gesch. der
alten Philosophie, 1888; 2. A. 1894. — Fichtes Idee des deutschen Staates, 1890. —
Lehrbuch der Gesch. der Philos., 1893; 5. A. 1910. — Geschichte U.Naturwissenschaft,
1894; 3. A. 1904. — Piaton, 1900; 4. A. 1905. — über Willensfreiheit, 1904;
2. A. 1905. — Die Philos. im Beginne des 20. Jahrhunderts (mit anderen), 2 Bde.,
1904—05; 2. A. 1907 (von Windelband selbst: Logik). — Kuno Fischer, 1907. — Vom
System der Kategorien, 1900 (Sigwart-Festschrift). — Die Philos. im deutschen Geistes-
leben des 19. Jahrhunderts, 1909. — Der Wille zur Wahrheit, 1909. — Die Er-
neuerung des Hegelianismus, 1910. — Über den Einfluß des Willens auf das Denken,
Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos., 2. Bd., 1878. — Beiträge zur Lehre vom
negativen Urteil, Zeller-Festschrift, 1884. — Nach hundert Jahren, Kantstudien IX,
1904. Kant u. s. Weltanschauung, 1904. — Kulturphilosophie und transzendentaler
Idealismus, Logos 1, 1911, u. a.
WindiscIiniRiin, Karl Josef Hieronymus, geb. 1775 in Mainz, 1818
Prof. in Bonn, gest. 1839. = Anhänger Schellings, katholisierend.
Schriften: Begriff der Physik, 1802. — Ideen zur Physik, 1805. — Von der
Selbstvernichtung der Zeit und der Hoffnung auf Wiedergeburt, 1807. — Kritische Be-
merkungen über die Schicksale dor Philos. in der neueren Zeit, 1825, u. a.
Wirtb, Johann Ulrich, geb. 1810 in Dizingen (Württemberg), studierte
in Tübingen, seit 1842 Stadtpfarrer in Winnenden, gest. daselbst 1879. = W.
822 Wirth — Witte.
ist ein von Schelling und Schleiermacher beeinflußter Vertreter des speku-
lativen Theismus. Gott ist die geistige Einheit aller Welten, die absolute, sich
selbst denkende und damit die Welt schaffende Vernunft. Die Welt geht
ewig aus Gott hervor und in Gott zurück, in dem alle Seinsstufen koexistieren.
Die Ethik ist die „Wissenschaft des absoluten Geistes als des sein absolutes
Selbstbewußtsein zu seiner ebenso unendlichen Realität verwirklichenden
Willens". Das Gute ist die gewollte reine Einheit, die „reine, unendliche Einheit
des Willens". Die sittliche Idee als absoluter Weltzweck ist das höchste Gut.
Schriften: Theorie des Somnambulismus, 1836 (von Hegel beeinflußt). — System
der spekulativen Ethik, 1841 f. — Die spekulative Idee Gottes, 1845. — Philosophische
Studien, 1851; 2. A. 1854. u. a.
Wirth, Wilhelm, geb. 1876 in Wunsiedel, lebt in Bayreuth. = Schüler
Wundts, Psycholog.
Schriften: Vorstellungs- und Gefühlskontrast, 1900. — Der Fechner-Helmholtz-
sche Satz über negative Nachbilder und seine Analogien, 1900 — 03. — Theorie des Be-
wußtseinsumfangs, Philos. Stud. 1902. — Fortschritte auf dem Gebiete der Fsychophys.
d. Licht- und Farbenempfind., 1905. — Die experimentelle Analyse der Bewußtseins-
phänomene, 1908, u. a.
Witasek, Stephan, geb. 1870, Prof. in Graz, = W. ist ein Schüler
Meinongs. Die psychischen Erlebnisse sind Vorgänge, an denen Akt und In-
halt zu unterscheiden sind. Das Fundament des Wertes ist das Gefühl. Die
ästhetischen Gefühle sind „Vorstellungsgefühle". Der ästhetische Zustand
des Subjekts ist ein Fühlen zusammen mit einem anschaulichen Vorstellen.
Die in der Anschauung zum Ausdruck gebrachten Seelenregungen erfreuen
uns. Das Schöne ist „Inhaltsgefühl". Die Einfühlung ist nur ein Vorstellen
von Gefühlen.
Schriften: Physiologische oder experimentelle Psychologie an Gymnasien (mit
Höfler), 1898. — Psychol. Schulversuche (mit Höfler), 1900; 2. A. 1903. — Grundzüge
der allgemeinen Ästhetik, 1904. — Psychologisches zur ethischen Erziehung, 1907. —
Grundlinien der Psychologie, 1908. — Psychol. Analyse der ästhet. Einfühlung, Zeit-
schrift f. Psychol. der Sinnesorgane, Bd. 25. — Beiträge zur Psychologie der Kom-
plexionen, 1. c. Bd. 14. — Beiträge zur speziellen Dispositionspsychol., Arch. f. system.
Philos. III. — Wert und Schönheit, 1. c. 1902.
Witelo, polnischer Naturforscher und Philosoph im 13. Jahrhundert,
vom Neuplatonismus und Avicenna beeinflußt.
Vgl. Baeumker, W. 1908. •
Witmer, Lightner. = Schüler Wundts.
Schriften: Zur experiment. Ästhetik einfacher räuml. Formverhältnisse, 1893. —
Analytic Psychology, u. a.
Witte, Johannes, geb. 1846, früher Prof. in Bonn, jetzt Kreisschul-
inspektor in Ruhrort. = Von Harms beeinflußt. Die „Vernunftanschauung"
geht auf das Unbedingte, Absolute besonders im Sittlichen. Die Seele ist ein
immaterielles Wesen.
Schriften: Vorstudien zur Erkenntnis dos unfaßbaren Seins, 1876. — Zur Er-
Witte — Woi i
kcnntnistheorie und Ethik, 1877. — Die Philosophie unserer Dichterheroen Lewing und
Herder, 1880. — Über Freiheit de» Willens, 1882. — Grundzüge der Sittenlehre,
1882. — Das Wesen der Seele im Lichte der Philosophie so; 1888. — Sinnen
und Denken, 1888, u. a.
Wittätein, Theodor, Prot, in Hannover. = Anhang« Bei der
aber eine neue Theorie der VorsteUuiigBhemmung aufstellt.
Schriften: Neue Behandlung des raathematisch-paychol. Problems von der Be-
wegung einfacher Vorstellungen, 1845. — Zur Grundlegung der mathemat.
Zeitschr. f. exakte Philos. VIII, 1869, u. a.
Wize, Kasimir Filip, geb. 1873 in Miehorzewo (Poeen). = Nach W,
die Grundkateporie die Relation. Die Kategorien der Wahrnehmung Uen
in: Qualität, Quantität, Aufeinanderfolge, Aneinanderreihung; ihre Synthesi
die Kategorie der Tätigkeit. Die höchste Kategorie i-t dir Substanz. 1
gibt es Kategorien der rein erkennenden Tätigkeit, der Modalität; sie gliedern
sich in die Kategorien der urteilenden Tätigkeit, der Verbindung der I'r
und der Voraussicht oder der Schlüs-e. Durch Introjektion übertragen wir
das von unserem Ich Erfahrene auf die Objekte. All«- i-t beseelt, pc
physisch; es gibt ein kosmisches SelbstlebeiL Die Ästhetik ist Wissenschafts«
lehre des Ästhetischen. Schön ist „ein aus einem freien, spielenden V
halten des menschlichen < leistes stammendes Werturteil, «relchea sowohl
,-iiudiehe' als auch die ,geistige' ErscheinungBwell nmfaflt".
Schriften: Über den Zusammenhang von Spiel, Kun.-t und Sprache, Zeitschr. f
Ästhetik 11. — Über Kategorien, Vierteljahrsschr. f. wissenschaftl. Philos , —
Kants Analytik d. Schönen. — In der Stunde der Gedanken, 19i>5. — K. J. Riedel
u. s. Ästhetik, 1907. — Abr. e. Wissenschaftslohrc d. Ästhetik, ISO*, u. a. (auch ;
nische Schriften).
Wobbermin. Ge in Stettin, Prof. der Theol. in Bi
= BeligionspsychoL
Schriften: Dio innere Erfahrung, 1894. — QrudprobL «ler ipftsm. 1
— Theol. u. Metaphys., 1901. — E. iläckel im Kampf fSgSl >! fftltSI
1906. — Monismus und Monotheismus, 1911, u. a.
Wolff (Wolfius, Welt). Christian (spater Freiherr \
Breslau ek ><>hn eine- Lohgerbers, Boilfc erat Theologie Btudiererj \
aber auf Philosophie and Mathematik (Jena, Leip und habüid
in Leipzig. Aut eim- Empfehlung von Leibnil hin wind.
Mathematik in Halle, wo er eher euch über Philos«»). hi< t.
lieh . und /war m deutscher Bprache und mit
niu- zog ilnn die Peindschafl der Pietisten in, und er wm
durch König Friedrich Wilhelm I. -eine- Amt.
strate desG PreoJen bu rerisnen l
triih.r Lernten irOfdefl war. wind- hief Prof. und
hin verbreiteten Bchriften einen groieo Rui
detniei. .i.t/t wandte lieh such die Stimmung In PreoJen an II.
berief ihn nach Hall.- luril
\\ . i-t k.ii.
824 Wolff.
aber bei alledem ist er doch ein starker, umfassender, gründlicher und vielfach
auch scharfsinniger Denker, der nicht nur das Verdienst hat, die deutsche
philosophische Terminologie zum großen Teil erst geschaffen und den streng
logisch-systematischen Aufbau philosophischer Gedanken in einer Zeit
beginnender Verflachung des Denkens kraftvoll durchgeführt zu haben, sondern
der auch manche neue Distinktionen, Gliederungen, Begriffe, Ideen eingeführt
hat. Beeinflußt ist W. wesentlich durch Leibniz, aber auch von Tschirnhausen,
Descartes, von Aristoteles, der Scholastik u. a. Kant bezeichnet ihn als den
gewaltigsten Vertreter des rationalistischen Dogmatismus, des Ontolo-
gismus, des Standpunktes des vollen, ungebrochenen Vertrauens in die Macht der
Vernunft, durch reines Denken das Wesen des absoluten Seins erkennen zu
können.
Durch seine Betonung der Vernunft, der Notwendigkeit, alles vernünftig
abzuleiten und begreiflich zu machen, wie auch durch das Streben, die Philo-
sophie für das Leben brauchbar zu gestalten, sie zu einem Mittel zur Be-
förderung menschlicher Glückseligkeit und Vervollkommnung zu machen, bereitet
W. schon die deutsche „Aufklärung" vor. Nur ist die Methode seines Denkens
viel strenger als die der „Popularphilosophen", sie ist, wie die mathematische;,
wesentlich deduktiv-demonstrativ, begründend-beweisend, also streng logisch,,
rational; die Empirie dient zum Teil als Ausgangspunkt, zum Teil als Be-
stätigung der Existenz des gedanklich Abgeleiteten, das durch sich allein klar
und deutlich, evident ist. Die Philosophie ist ihrer Methode nach Be-
gründung der Dinge durch „vernünftige Gedanken", sie gibt Kechenschaft von.
dem, was ist oder sein kann, den Grund des Geschehens und Seins. Sie ist
inhaltlich die „Wissenschaft aller möglichen Dinge, wie und warum sie mög-
lich sind" („seien tia possibilium, quatenus esse possunt"; „scientia eorum quae
sunt vel fiunt, quorumque ratio reddi potest"), wobei unter dem „Möglichen"
das Widerspruchlose, Denkbare verstanden wird. Außer der propädeutischen
Logik besteht die Philosophie aus einem theoretischen und einem praktischen
Teile. Die theoretische Philosophie oder Metaphysik besteht aus Onto-
logie, Kosmologie, Psychologie und natürlicher (rationeller) Theo-
logie. Die praktische Philosophie besteht aus Ethik, Ökonomik und
Politik.
Die Logik will W. von scholastischen Subtilitäten reinigen und praktisch
brauchbar gestalten („lehrende" — „ausübende" Logik). Sie hilft uns dazu?
daß wir die Kräfte des menschlichen Verstandes und ihren rechten Gebrauch
in Erkenntnis der Wahrheit erkennen lernen. An der Spitze alles Denkens
steht als oberstes Denkgesetz der Satz des Widerspruches („es kann
etwas nicht zugleich sein und auch nicht sein"). Aus ihm leitet W. den Satz,
des zureichenden Grundes („alles, was ist, hat seinen zureichenden Grund,
warum es vielmehr ist als nicht ist") ab. indem er meint: „Da . . . unmöglich
ist. daß aus nichts etwas werden kann, so muß auch alles, was ist, seinen zu-
reichenden Grund haben, warum es ist." W. unterscheidet Grund des
Werdens („prineipium fiendi"), Seinsgrund („prineipium essendi") und Erkennt-
nisgrund (,.princ. cognoscendi"). Die Denkgesetze und alles, was aus ihnen
WOLFF.
folgt, gelten .,a priori", d. h. ihre Gewißheit Btamml nicht au- der Erfahr
sondern liegt im Denken Belbst In der Dbereiiistiminu als mit
dem Gegenstande liegt die Wahrheit; wahr i>t u in es m
lieh ist, wir mögen es erkennen oder nicht. Unter der odental<
Wahrheit versteht W. die „Ordnung in den Veränderungen da
l'rteil besteht in der Verknüpfung oder Trennung ron Begriffen, in einer Zu-
oder Aberkennung (Attributionstheo:
Die Axiome des Denkens sind nach W. zugleich Grundg
stände des Denkens, der Dinge und gehören bo -hon In die Ontolog
„philosophia prima", den ersten, grundlegenden Teil der Metaphysik. S
die Wissenschaft vom Gegenstande überhaupt als sohl. . ntia entia in g
seu quatenus ens est"). Sie handelt vom Ding im alL n und den all-
neinen Bestimmtheiten, Merkmalen, Eigenschaften der Dinge, Dil
stand, „ens") ist „alles, «ras Bein kann, es mag wirklich -»in oder nicht
die Gegenstandstheorie Meinongs), dasjenige, was die Möglichkeil
hat, in sich widerspruchslos ist, das Mögliche. Unmögliche, widerspruchsvolle
hinge sind keine Gegenstände (sind ein „non-eus"; vgL Mein
Die reale Existenz ist die Ergänzung der Möglichkeil d< - omplera
tum possibilitatis"). Wirklich ist das vollständig bestimmte Ding. Wirklich
was im Zusammenhange der Dil rundet ist. Notwendig ist,
Gegenteil unmöglich, widerspruchsvoll ist; es Lribt eine unbedingte und
dingte Notwendigkeit, ferner eine natürliche (physische) und moralische, endlich
eine geometrische und metaphysische Notwendigkeit Zufällig („continj
dessen Gegenteil keinen Widerspruch einschließt, was also nichl
Das Wesen („essentia'i des Dinges isl „dasjenige, darinnen der I
von dem übrigen zu rinden, was einem Dinge zukommt". Ei isl • g ind
notwendig bo, wrie es einmal ist. Was durch die wesentlichen Bestimmtn
ssentialia") dv> Dinges bedingt ist, bildet dessen konstante I
\ ttribute < „quae per essentialia determinantur, dieuntur attributa Di<
das Wesen nicht bedingten aber ihnen nicht widerstreitenden, also
Bestimmtheiten Bind die Zustände „modi"). Was einem I rat in Hin-
sicht aut ein ander,- zukommt, ist eine Relation, und die«
selbst keine neue Wirklichkeit hinzu („relatio nullam entirealil
hat aber in den Dingen (den „Relaten") ein „Fundament*'. Ulg»
Bind Gleichheit und Verschiedenheit Indem die Teile ein«
notwendig auseinander Bind, ergibt sich die A n §d< b d l«r
»cheinung („phaenomenon'O ist Bie entsteht dadurch, i
befindliche Teile gleichsam in einem vorstellen, also durch Byntheei ra
diverss adeoque extra m Invicem existentia tanquam in um
tamus, ootio extensionis oritm
Dingen. Der Kaum ist die „Ordnung der D
Bimultaneorum, quatenus scili
d< Bsen . was aufeinander fc4| • I !ln«> '" •**•
Zusan letzte besteht aus Einfa« nein, und d
talt und Größe, unteilbar, w &■•■> »,!
826 Wolff.
einfache sein und diese sind die wahren Substanzen, deren Aggregate die
Dinge sind. Die Substanz ist der beharrende und zugleich veränderliche
Träger der Erscheinungen („subiectum perdurabile et modificabile", „subiectum
determinationum intrinsecarum constantium atque variabilium"). Die Substanz
wirkt und leidet durch die Kraft, die den Substanzen eigen ist. Kraft ist die
„Quelle der Veränderungen", dasjenige, „worinnen der Grund von der Be-
wegung zu finden". Die Kraft besteht in der „festen Bemühung, etwas zu tun
oder den Zustand eines Dinges zu ändern" („in continuo agendi conatu").
Damit kommen wir zur Kosmologie (Naturphilosophie), zur Wissen-
schaft von der physischen Welt, deren Teilen und Veränderungen. Die Welt
ist die Reihe von endlichen Dingen und Vorgängen, die insgesamt miteinander
verknüpft sind. Die Welt ist als Ganzes kontingent, logisch zufällig, sie ist
nur so, weil Gott sie so geschaffen hat, nicht durch sich selbst notwendig. In
ihr erfolgt aber alles aus zureichenden Gründen, also streng kausal, gesetzlich,
ohne Durchbrechung des Zusammenhangs, ohne Zufall. In der physischen
Welt, die sich mit einem Uhrwerk, einer Maschine vergleichen läßt, erfolgt alles
mechanisch, alles Geschehen ist hier der Erscheinung nach materiell, Bewegung.
Die Körper haben eine bewegende („vis motrix") und eine Beharrungs-Kraft
(„vis inertiae"). Die Körper sind aber als solche nur Erscheinungen, Aggre-
gate der einfachen, unausgedehnten Substanzen (Monaden, „atomi naturae").
Diese haben nicht alle (wie Leibniz meint) Vorstellungen, sind also nicht alle
nur eine Art von Seele. Aber sie haben doch alle nur innere, qualitative Eigen-
schaften und aktive Kräfte, durch die sie alle voneinander verschieden sind.
Die „prästabilierte Harmonie" Leibniz' ist als Hypothese nicht unmöglich,
aber eine Wechselwirkung zwischen den Substanzen ist wahrscheinlicher, ohne
daß hier etwas Sicheres entschieden wird.
Die Psychologie definiert W. als Wissenschaft von demjenigen, was
durch die menschliche Seele möglich ist, und zwar gibt es eine „empirische"
und eine „rationale" Psychologie, welche durch die Ergebnisse der ersteren be-
stätigt werden soll. Die Psychologie W.s ist eine intellektualistische Ver-
mögenpsychologie auf spiritualistischer Grundlage. Die Seele ist eine vom
Leibe sowohl numerisch als qualitativ (durch ihre Vermögen) verschiedene,
einfache, unvergängliche, immaterielle Substanz, ein Wesen, „welches sich seiner
und anderer Wesen außer ihm bewußt ist". Einfach („substantia simplex") muß
sie sein, da ein zusammengesetztes Wesen nicht zu denken vermag. Seele und
Leib stehen miteinander in prästabilierter Harmonie, da ihre Veränderungen
in jenen des Universums ihren gemeinsamen Grund haben. Die Seele besitzt
eine eigene Kraft („vi quadam praedita"), und strebt beständig nach Ver-
änderung ihres Zustandes. Diese Kraft ist die des Vorstellens des Universums
gemäß der Stellung ihres Organismus und den Affektionen der Sinnesorgane,
welchen die Empfindungen entspringen. Das Grundvermögen der Seele ist
also die Vorstellungskraft („vis repraesentativa"), aus ihr geht aber sofort
das Begehrungs vermögen („appetitiva") hervor (neben dem Erkenntnisver-
mögen, „cognoscitiva"). Das Streben geht unmittelbar auf die Vorstellungen, hat
aber seine Triebfedern in Lust und Unlust; erstere ist ein „Anschauen der
WOLFP.
Vollkommenheit', Icftatore eine ..a: i ■ ...
beif. Betrefft der A — liation der Vorstellungen ~j.ri.-ln R
/ dei ..Totalität- (Reproduktion einei Eonrj I
Der Verstand ist das „Venu . ji,.
Vernunft die Fälligkeit, die Verknüpfung sllgemeiner Wahre -hen.
„Bein" ist die Vernunft ...ratio pura"} trenn das Schließen nur a|
enthält Daf Begehren richte! rieh ad d er Wille
entspringt ana der deutlichen (nicht blofl nrn
Gutes, Er besteht in einer „Bemühung, am
bringen", ist die Neigung des Gemutet - be . I
(im sinne von Leibnix] besteht, aber kein motirlosei Wölk
volitio nee rolitio in aoima datur).
Die natürliche Theo! iVil der Metaphysik, di
und dem Ursprung der Creatoren handelt. Eu>
-• W. durch das ontologische und best lureh d;
iment aus der Zufälligkeit «Irr Welt >,.<■ eontingentaa mundi"; vgl 1.
< i-'tt ist ein ron der Welt rersch
Grund von der A\"irkli<lik*-i t der Welt und der Beden ra finda -• da.«»
notwendig, durch sich selbsl Bestehende, Absolute, einfach, an
endlich, ewij ständig. Gott hat die Welt durch seinen Vernunft;.
Willen (nicht durch reine Willkür) erschaffen; in seinem <
Ideen aller Dinge ewig enthalten. Die Welt ist di<
und darin iraren unvermeidlich oder nützlich (wie Leibn
W. auf die Teleologie, «reiche die Zu W.
in- Einzelnste und oft Kleinlichste verfolgt, wobei er die I
Eentrisch, die Einrichtungen der Welt als für den Menschen bestimmt und
lerlich beurteilt
Die Bthik Wj ist Vernunftmoral und perfeki :.. !•
die vi baft ron der natura n Leitung der Willenshandlangen.
Nonnen dafür -int die Vernunft; wer der Vernunft
keiner Belohnungen und Strafen al> Triebfedern, das G
selbst all wertvoll. Gut - nm und onaern Zustand \
machet", wobei W. unter Vollkommenheit di mmensti v
faltigen" i ' i end (che rieh selbst
Fertigkeit, ..-ich and andere -.» \«.llk machen, al '» unsere
■ -chehen kann': <lannt wird dal Dnaerei N
Vernunft gehorcht, wo
1 dziel di ! Inen in der M
I teil II.
sllsehaftlieh-staatliehc Laban ai maßgebend.
i dar! in B ar das
und i rat erhält ai
«gleich c..ttli,-h. 1 ■ N hai da*
ntliehe Wohl /um
Einfluß W
828 Wolff.
die „Leibniz- Wolff sehe" Philosophie) zählte viele Anhänger, fand aber auch
manche Gegner. Anhänger W.s sind mehr oder weniger: Thümmig, Bil-
f inger, A. G. Baumgarten, Gottsched, Formey (Verfasser von „La belle
Wolffienne", 1741—53), J. G. Keinbeck, Heineccius, M. Knutzen, Bau-
meister, G. Fr. Meier u. a. (vgl. den Artikel „Leibniz").
Schriften: Anfangsgründe sämtlicher mathematischer Wissenschaften, 1710. —
Vernunft. Gedanken von d. Kräften d. mensch]. Verstandes, 1712; 9. A. 1738, neue Aufl.
1754. — Logik, 1727. — Verünft. Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des
Menschen, auch allen Dingen überhaupt, 1719; 5. A. 1732. — Vern. Ged. von der
Menschen Tun u. Lassen zur Beförder. ihrer Glücksei., 1720. — Vernunft. Ged. von dem
gesellschaftlichen Leben der Menschen, 1721 ; 6. A. 1747. — Vern. Ged. von den Wir-
kungen der Natur, 1723. — Vern. Ged. von den Absichten der natürl. Dinge, 1723. —
Vern. Ged. von den Teilen der Menschen , Tiere u. Pflanzen. Gesammelte kleinere
Schriften, 6 Bde., 1736 — 40. — Philosophia rationalis, sive Logica, 1728; 3. ed. 1740.
— Philos. prima sive Ontologia, 1730. — Cosmologia generalis, 1731. — Psychologia
empirica, 1732. — Psychol. rationalis, 1734. — Theologia naturalis, 1736 — 37. —
Philos. practica, 1738 — 39. — Jus naturae, 1740 — 48. — Jus gentium, 1750. — Philos.
moralis sive Ethica, 1750 — 53. — Oeconomica, 1750. — Ratio praelectionum in
Mathesin et philos. univers., 2. ed. 1735. — Elementa matheseos universae, 1740 — 46.
— Selbstbiographie, hrsg. von Wuttke, 1841. — Vgl. LUDOVICI, Über die W.sche
Philos., 1837—38. — F. W. KLUGE, Chr. v. W., 1831. — W. ARNSBERGER, Chr.
W.s Verhältnis zu Leibniz, 1897. — GELFERT, Der Pflichtbegriff bei W., 1907. —
HEILEMANN, Die Gotteslehre des W., 1907. — PlCHLER, Über Chr. W.s Ontologie,
1910. — BAUMANN, W.sche Begriffsbestimmungen, 1910 (Philos. Bibl.).
Wolff, Hermann, geb. 1842, Schuldirektor und Privatdozent in Leipzig,
gest. 1896. = W. ist von Leibniz, Wundt, Kirchmann, v. Hartmann u, a. be-
einflußt und vertritt einen kritischen, empirisch-psychischen Realismus und
eine Art Monadenlehre („Biontologie"). Die Wirklichkeitselemente nennt W.
,.Bionten". Es sind „einfache Lebenszentren" mit Streben, Gefühl und Emp-
findung. Das Atom ist ein Komplex von Bionten. Diese haben alle den
,, Drang zur Entfaltung der in ihnen schlummernden Anlagen''. Die Bionten
sind Geschöpfe Gottes, haben aber Selbständigkeit, Aktivität, Freiheit und sind
unsterblich, also auch die Seele. Die Entwicklung wird von psychischen
Kräften beherrscht und gipfelt in der sittlichen Entwicklung, welche das
Wesen des Universums konstituiert.
Schriften: Über den Zusammenhang unserer Vorstellungen mit Dingen außer
uns, 1874. — Spekulation und Philosophie, 1878. — Logik u. Sprachphilos. 1880. —
Gemüt und Charakter, 1882; 2. A. 1883. — Handbuch der Logik, 1884. — Wegweiser
für das Studium der Kantschen Philosophie, 1884. — Koa/xog. Die Weltentwickl. nach
monistisch-psycholog. Prinzipien, 2 Bde., 1890 (Hauptwerk). — Handbuch d. Ethik,
1890. — Neue Kritik der reinen Vernunft, hrsg. 1897.
Wolff, Joh. = Nach W. wird das Objekt der Außenwelt nicht erschlossen,
sondern wahrgenommen. Das Wahrnehmungsobjekt deutet auf ein Ding außer
uns hin, dessen selbständige Existenz höchste Wahrscheinlichkeit hat. Die Kate-
gorien entspringen aus der inneren Erfahrung von Ich-Bestimmtheiten, nach
deren Analogie die Objekte aufgefaßt werden.
WOLFF — W
Schriften: Das Bewußtsein und »ein Objekt, 1889.
Wolff, Theodoi \\ '.-Thüi-i-
Berlin. Herausgeber da „Krit Stadien".
Schriften: Philosophie der Gesellschaft 1 h.iiwdualismuB u. Sozialiim . Lt.
WoIlaMon. William. Lr.-b. 1659 in der I
Zeitlang an 9 aule zu Birmingham, privati
1724. = W. ist wesentlich von Clarke beeinflu
welche der (von Gott rerhehanen] Natur der l1
Ding ist so zu behandeln, wie es ihm gebührt, <1. h. ea
mäfl zu handeln, denn jedes Uandelrj i-t Anadruck
isl also die Norm des Sittlichen und ungleich die Glück»
Schriften: The Religioa of Xature. L7t1 u ... Vgl. I»i ber W*
M.>ra:j.hilos., 1801.
Wolluy. F. = W. i-t ein Vertreter des Materialismus.
i-t nicht d» Bonderu das Nie] 1 1
Stimme der BewußtseinBvi sind eine Reihe „fl
Bcheinunj d Produkt des Znsammenwirk
gebung, unmittelbar der im Körper vereinigten Kraft . |
glaube fährt rar Entwertung der Wirklichkeit, der Theismus
Wir sind jeder ein Teil des nach ewi(
und haben ans dem allgemeinen Natui \V. i--
Anhänger der „Telepathie".
- r. ritten Freiheit u. Charakter, "itfaden
Materialismus, 1888. — I)ii> Philo«, im Verh. iu
Apologie des Materialismus, 18'.'
psycholog. Traktat, 1^'J'J,
Woltiiiami, Ludwig, geh. ls7l in Solingen, gesl \V.
den Kaiitiani-inii- mit dem Sozialismus Harz und Evolutioi
Die biologische Geschichte der Mensch«ur:i
muß biologisch-anthro]
riumlichen, seitlichen and physiologischen Zusani
oismen sich ergebenden G ^keiten zur I
Erscheinungen and Veränderung lictr. l
Ide. I
erblichen Entartun<j d.r I . m&SSCfl in
dingungen - n werden, welch« ■ \
ften . K •••!•• d— m \
it'iUeins, 18'JS Dil Dtl I
Matarialioraa, P -ms»»» l
1 Italien.
Uonnv i
,.lu-titut InternatioDa] de *
w
i iesfllwhnft und i ' ! '"
830 Worms — Wundt.
aber auch Differenzen („Les analogies . . . nous les croyons intimes, evidem-
ment; mais nous sentons que les differences sont considerables egalement").
Die Gesellschaften sind Überorganismen („superorganismes"), sie entwickeln sich
wie individuelle Wesen und haben ein Selbstbewußtsein. Jede Gesellschaft
ist eine Vereinigung von Lebewesen, welche ihre Funktionen gemeinsam
ausüben.
Schriften: Organisme et societe, 1896. — Philos. des sciences sociales, 3 Bde.r
1904 ff. — Aufsätze in der „Rev. int. de sociol.".
Wreschner, Arthur, Prof. in Zürich. = Experimenteller Psycholog.
Schriften: E. Platner u. Kants Krit. d. rein. Vernunft, 1893. — Zur Psychol.
der Aussage, Arch. f. d. ges. Psychol., 1904. — Die Reproduktion u. Assoziation von
Vorstellungen, 1907—09, u. a.
Wronsky s. Hoene-Wronsky.
Wulf, Maurice de, geb. 1867 inPoperinghe,Prof. d. Univers. Louvain (Löwen),
wohnt in Brüssel. Herausgeber der Sammlung „Les philosophes beiges", Sekretär
der „Revue neo-scolastique". = de W. ist ein Vertreter der neo-scholastischen
Kichtung, welche die Ergebnisse der modernen, experimentalen Wissenschaft
(auch der Psychologie und Physiologie) in die theistisch-teleologische und
spiritualistische, christliche Weltanschauung hineinverarbeitet.
Schriften: La valeur esthetique de la moralite" dans l'art, 1892. — Histoire de
Ja philos. scolastique dans les Pays-Bas et la Principaute de Liege, 1895. — Etudes sur
Henri de Gand, 1895. — Etudes histor. sur l'Esthetique de S. Thomas, 1896. — Qu'est
ce que la philos. scolastique? 1899. — Le traite des formes de Gilles de Lessine,
1901. — Introduction ä la philos. neo-scolastique, 1904. — Etudes sur la vie, les
ceuvres et l'influence de God. de Fontaines, 1904. — Les quatres preraiers quodlibets de
G. de Fontaines, o. J. — Histoire de la philos. medievale, 1. 6d. 1900; 4. ed. 1911 (im
Druck); deutsche Ausgabe in Vorbereitung. — Precis d'histoire de philos., 2. ed. 1900.
— Abhandlungen in der „Revue neo-scol." (1904), „Revue philos." (1902), Arch. f.
Gesch. d. Philos. (1896—97). — Notion de la scolastique medievale, Revue neo-scol.
XVIII, 1911, u. a.
Wundt, Max (Sohn von Wilh. W.), geb. 1879 in Leipzig, Privatdozent
in Straßburg.
Schriften: Der Intellektualismus in d. griech. Ethik, 1907. — Geschichte der
griech. Ethik, 1908 f. — Griech. Weltanschauung, 1910, u. a.
Wandt, Wilhelm, geb. 16. August 1832 in Neckarau (Baden), studierte in
Tübingen, Heidelberg und Berlin Naturwissenschaften und Philosophie. 1857
habilitierte er sich als Dozent der Physiologie in Heidelberg, wo er zugleich als
Assistent von Helmholtz wirkte. 1864 wurde er Prof. in Heidelberg, 1874
in Zürich, 1875 in Leipzig, von nun an als Psycholog und Philosoph tätig.
Er begründete hier (1879) das erste Laboratorium für experimentelle Psycho-
logie, welches seitdem viele Nachahmungen fand. Ferner gab er die „Philo-
sophischen Studien" (1881—1904, mit Arbeiten meist von Schülern Wundts,
zum Teil experimentalpsychologischen Charakters), denen die „Psychologischen
Studien" folgten, heraus.
W. ist durch seine psychologischen Arbeiten bahnbrechend geworden und
Wuxdt. 831
außerdem einer der wenigen großen systematischen Philosophen in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Von Leibniz und Kant besonders, aber
auch von Spinoza, Fichte, Schelling, Hegel, Schopenhauer, Herbart, Fechner,
Spencer u. a. beeinflußt, hat er ein neues System aufgestellt, welches den ver-
schiedenen Seiten des Daseins sowie den verschiedenen möglichen Betrachtungs-
weisen desselben .Rechnung trägt und sich auf den Ergebnissen der Natur- und
Geisteswissenschaft aufbaut. Wundts Philosophie ist in erkenntniskritischer
Beziehung ein Ideal-Bealismus (als Ausbau des kritischen Idealismus), in
metaphysischer ein logischer, rationaler Voluntarismus, bzw. ein idealisti-
scher Monismus und Evolutionismus, der sich an die idealistischen
Systeme der großen nach-kantschen Philosophen angliedert, ohne den kon-
struktiv-aprioristischen Aufbau dieser zu teilen, aber mit voller Erneuerung
ihres metaphysisch-ethischen Idealismus, ihres Grundgedankens, daß
das Wesen der absoluten Wirklichkeit geistige Entwicklung ist, deren
Objektivation die materielle Welt und das Geschehen in ihr ist.
Die Philosophie geht den Einzelwissenschaften nicht voran, sondern führt
deren Arbeit weiter und vollendet sie, wobei sie aber ihre selbständige Funktion
hat. indem sie jedes Problem logisch und erkenntniskritisch prüft und den
wissenschaftlichen Ergebnissen höchste Einheit und endgültige systematische
Ordnung gibt, denn alles Philosophieren beruht auf einem „Trieb nach Syste-
matisierung des Erkennens und seiner Methoden". Überall, wo sich zwischen
den Auffassungen auf verschiedenen Gebieten ein Widerspruch herausstellt,
hat die Philosophie den Grund desselben aufzuklären und dadurch womöglich
den Widerspruch zu beseitigen. Ihren Inhalt hat die Philosophie mit den Wissen-
schaften gemein, ebenso die Methode, aber sie nimmt einen andern Standpunkt
der Betrachtung ein, geht auf den Zusammenhang der Begriffe und Tatsachen.
Kritisch ist sie, sofern sie über ihre Voraussetzungen und Verfahrungsweisen
Rechenschaft gibt und die logischen Motive des Erkennens nachweist. Die
Philosophie ist die „allgemeine Wissenschaft, welche die durch die Einzel-
wissenschaften vermittelten allgemeinen Erkenntnisse zu einem widerspruchs-
losen System zu vereinigen hat". Ihr Zweck ist die „Zusammenfassung unserer
Einzelerkenntnisse zu einer die Forderungen des Verstandes und die Bedürf-
nisse des Gemütes befriedigenden Welt- und Lebensanschauung". Die Philo-
sophie ist eine Geisteswissenschaft, denn sie stützt sich vielfach auf psycho-
logische Erfahrungen, aber sie geht durch ihre Kritik und Systematik über den
Rahmen der Psychologie hinaus (ist also nicht „psychologistisch" im subjekti-
vistisch-empiristischen Sinne). Die Philosophie gliedert sich in genetische
(Erkenntnislehre mit Logik) und systematische Philosophie oder „Prinzi-
pienlehre", welche wieder in allgemeine (Metaphysik) und spezielle Prinzipien-
lehre zerfällt; letztere besteht aus der Naturphilosophie (Kosmologie, Biologie,
Anthropologie) und Geistesphilosophie (Ethik, Rechtsphilosophie Ästhetik.
Religionsphilosophie, Geschichtsphilosophie).
Die empirische Grundlage aller Geisteswissenschaften und damit auch
der Philosophie bietet die Psychologie, die bereits die Stellung einer Einzel-
wissenschaft einnimmt. W. ist der Begründer der experimentellen Psychologie,
832 Wundt.
•welche über die Psychophysik Fechners und die physiologische Psychologie
Helmholtz', Herings u. a. hinausgeht, indem sie alle diese Gebiete einschließt.
Die „physiologische" Psychologie ist nicht eine Art Physiologie, sondern Psycho-
logie, die sich physiologischer Methoden und Ergebnisse in weitem Umfange
bedient und die Beziehungen des psychischen Geschehens zu den physiologischen
berücksichtigt. Alle Individualpsychologie ist ferner experimentelle Psychologie,
indem durch das experimentelle Verfahren eine exakte innere Wahrnehmung,
frei von den schädlichen Wirkungen der Absicht des Beobachtens und mit der
Möglichkeit willkürlicher Wiederholung, Abänderung, Isolierung psychischer
Reize erst ermöglicht wird ; das Experiment stellt die innere Wahrnehmung
unter Kontrolle. Die experimentellen Methoden sind Reiz- oder Eindrucksmethoden,
Ausdrucksmethoden und Kombinationen beider (Reaktionsmethode). Gemessen
können psychische Inhalte nur aneinander werden, und dies nur in gewissen Grenz-
fällen (Gleichheit, minimaler Unterschied, Unterschiedsgleichheit). — Die Psycho-
logie ist die Wissenschaft von der „unmittelbaren Erfahrung", von den „geistigen
Vorgängen überhaupt". „Das unmittelbar Wahrgenommene, wie es abgesehen
von seiner Beziehung auf ein gegenüberstehendes Objekt uns gegeben ist, bildet
den Inhalt der Psychologie." Sie untersucht „den gesamten Inhalt der Er-
fahrung in seinen Beziehungen zum Subjekt und in den ihm von diesem
unmittelbar beigelegten Eigenschaften". Ihre Erkenntnis weise ist eine „unmittel-
bare oder anschauliche". Da sie sich aller Abstraktionen und hypothetischen Hilfs-
begriffe der Naturwissenschaft enthält, ist sie die strenger empirische Wissen-
schaft; sie führt die psychischen Vorgänge auf Begriffe zurück, die dem
Zusammenhang dieser Vorgänge direkt entnommen sind oder sie leitet zusammen-
gesetzte Vorgänge aus einfacheren ab. Aber die Teilinhalte, welche die psycho-
logische Analyse isoliert, kommen nicht selbständig, sondern eben nur als Ver-
bindungselemente vor, und nur als solche sind sie real. Die Psychologie hat
drei Aufgaben : erstens die Analyse der zusammengesetzten Vorgänge, zweitens
die Nach Weisung der Verbindungen, welche diese eingehen, drittens die Er-
forschung der Gesetze, die bei der Entstehung solcher Verbindungen wirksam
sind. Die allgemeine Psychologie gliedert sich in Individualpsychologie,
welche die typischen Vorgänge des individuellen Bewußtseins untersucht, und
Völkerpsychologie (s. unten).
Das Psychische ist nicht ein Geschehen, neben dem von Anfang selb-
ständig das Physische herläuft, sondern das Ursprüngliche ist die einheitliche
Gesamterfahrung, und „äußere" und „innere" Erfahrung sind nur verschiedene
Gesichtspunkte, die wir bei der Auffassung und Bearbeitung jener anwenden.
Diese Gesichtspunkte werden dadurch nahe gelegt, „daß sich jede Erfahrung
unmittelbar in zwei Faktoren sondert: in einen Inhalt, der uns gegeben
wird, und in unsere Auffassung dieses Inhalts". „Wir bezeichnen den
ersten dieser Faktoren als die Objekte der Erfahrung, den zweiten als
das erfahrende Subjekt. Daraus entspringen zwei Richtungen für die Be-
arbeitung der Erfahrung. Die eine ist die der Naturwissenschaft: sie be-
trachtet die Objekte der Erfahrung in ihrer von dem Subjekt unabhängig
gedachten Beschaffenheit. Die andere ist die der Psychologie." Der natur-
Wundt. 833
wissenschaftliche Standpunkt ist der der „mittelbaren", begrifflich verarbeiteten,
der psychologische der der unmittelbaren, anschaulichen Erfahrung, der Er-
fassung der Erlebnisse als solcher (als Empfindungen, Vorstellungen usw., nicht
als Dinge mit ihren Eigenschaften und Kelationen). Alles Psychische ist als
solches (in weitestem Sinne) bewußt, ein unbewußtes Geistiges ist ein Wider-
spruch. Bewußtsein bedeutet nämlich zunächst nur, daß sich innere Zustände
und Vorgänge, innere, unmittelbare Erfahrungen finden, also das „unmittelbare
Gegebensein unserer inneren Erlebnisse". In einem engeren Sinne ist es die
Verbindung, der Zusammenhang der Erlebnisse, und in diesem Sinne kommt
den niedersten Wesen kein Bewußtsein (oder nur ein ,, Momentanbewußt-
sein'') zu.
Betreffs des Psychischen vertritt W. den Standpunkt der Aktualitäts-
theorie. Hiernach ist jeder psychische Inhalt ein Vorgang, alles Psychische
ist Ereignis, Geschehen, nicht ruhendes Sein, und ferner ist es nicht bloße
Erscheinung, sondern unmittelbare Wirklichkeit. Das geistige Leben ist „nicht
eine Verbindung unveränderter Objekte und wechselnder Zustände, sondern in
allen seinen Bestandteilen Ereignis, nicht ruhendes Sein, sondern Tätigkeit,
nicht Stillstand, sondern Entwicklung". Das Psychische ist ein „fortwährend
wechselndes Geschehen in der Zeit", ein „Zusammenhang von Vorgängen", von
„Prozessen". Das Wesen der Seele liegt im Bewußtseinszusammenhange selbst,
nicht in einer unbekannten Substanz, deren Begriff in der Psychologie nicht
bloß überflüssig ist, sondern auch dem psychischen Geschehen widerstreitet.
Die Seele ist einheitlich, aber nicht einfach, sie ist Subjekt, aber nicht Sub-
stanz; „Träger" der Bewußtseinsvorgänge ist die Tätigkeit des Wollens und
Denkens selbst. Die Trennung von Handlung und Subjekt ist nur ein „Spiel
mit Reflexionsbegriffen". Das Bewußtsein ist durch die stetige Verbindung
seiner Zustände eine ähnliche Einheit wie der Organismus, und dies führt zur
Annahme, daß „was wir Seele nennen, das innere Sein der nämlichen Einheit
ist, die wir äußerlich als den zu ihr gehörigen Leib erkennen" (Identitätsstand-
punkt). Der Leib als Ganzes ist beseelt; indem sich das innere Sein aller
Elemente des Leibes in Wechselwirkung befindet, entspricht der inneren die
äußere Einheit des Ich. Die Seele ist das Innensein des Organismus. „Nicht
als einfaches Sein, sondern als das entwickelte Erzeugnis zahlloser Elemente
ist die menschliche Seele, was Leibniz sie nannte: ein Spiegel der Welt."
Denn das Bewußtsein bildet den „Knotenpunkt im Naturlauf, in welchem die
Welt sich auf sich selber besinnt". Seele und Leib sind also nicht zwei Dinge,
sondern zwei Daseins- und Betrachtungsweisen eines und desselben Wirklichen.
Die Seele ist die „Entelechie" des Leibes, nämlich der „gesamte Zweckzu-
sammenhang geistigen Werdens und Geschehens, der uns in der äußeren Be-
obachtung als das objektiv zweckmäßige Ganze eines lebenden Körpers ent-
gegentritt".
Während die physikalische Kausalität an ein hypothetisches Substrat, die
Materie, gebunden ist, herrscht im Seelischen die rein aktuelle Kausalität.
Im Physischen waltet das Prinzip der Äquivalenz von Ursache und Wirkung,
im Psychischen aber ein Gesetz des Wachstums der Werte, des „Wachs-
Ei s 1 e r , Philosophen-Lexikon. Oo
834 Wundt.
tums geistiger Energie", extensiv, indem die Mannigfaltigkeit der geistigen Ent-
wicklungen fortwährend sich erweitert, intensiv, indem die entstehenden Werte
graduell immer mehr zunehmen. Bei konstanter Größe der Nervenenergie
kann die zugeordnete psychische Energie, die ja rein qualitative Wirkungs-
fähigkeit ist, zunehmen. Das Prinzip schöpferischer Synthese beherrscht
alle geistigen Bildungen (als Ausdruck des „Gesetzes der psychischen Resul-
tanten"). Durch die Wechselwirkung der psychischen Elemente entstehen Ge-
bilde mit ganz neuen Eigenschaften und Werten. Die „Selbstschöpfung" gehört
zum Wesen aller geistigen Entwicklung.
Zwischen Psychischem und Physischem, die ja nur Daseinsweisen einer und
derselben Wirklichkeit sind, kann es (schon ihrer Ungleichartigkeit wegen) keine
eigentliche Wechselwirkung, sondern nur einen Parallelismus geben „als
empirisches Prinzip, als Koordination der äußeren und der inneren Erfahrungs-
inhalte, der mittelbaren und unmittelbaren Erkenntnisweise, so daß demgemäß
jedem elementaren Vorgang auf psychischer Seite ein solcher auf physischer
entspricht". Soweit es Objekte gibt, die der doppelten Betrachtungsweise unter-
worfen sind, fordert das Parallelprinzip die Koordination des Psychischen und
Physischen. Von dem eigentlichen Inhalte der psychischen Verbindung kann
die physiologische, bei der ja von ersterem abstrahiert wird, nichts enthalten,
ebensowenig von dem Inhalt der Werte und Zwecke. In der Praxis ist zu-
weilen die Substitution psychischer durch physische Zwischenglieder notwendig,
aber in Wirklichkeit wirkt Psychisches nur auf Psychisches und Physisches
nur auf Physisches, bzw. ein und derselbe Ablauf stellt sich einmal als
psychische, das anderemal als physische Kausalität dar. Eine psychophysische
Wechselwirkung anzunehmen verbietet vor allem das „Prinzip der geschlossenen
Naturkausalität", welches auch die Annahme einer Umwandlung physischer
in psychische Energie ausschließt. Die physische und die psychische Reihe ist
jede in sich geschlossen, kann nicht durchbrochen werden.
Gegenüber der intellektualistischen und assoziationis tischen ist W.s Psycho-
logie eine voluntaristische Apperzeptionspsychologie, welche Ge-
fühl und Willen als primäre, nicht aus Empfindung, Vorstellung, Denken erst
abgeleitete Bewußtseinsvorgänge auffaßt und die Aktivität des Bewußtseins im
Denken und Wollen zur Geltung bringt. Von Seelenvorgängen u. dgl. ist hier
nicht die Rede, ebensowenig von selbständigen psychischen Gebilden die sich
von selbst miteinander verbinden und wie Kräfte geberden. Empfindung
(Vorstellung), Gefühl und Streben sind Momente eines einheitlichen Prozesses,-
der ursprünglich als Trieb auftritt, sich in diese Momente differenziert und
einerseits zu eigentlichen Willensakten entwickelt, anderseits zu automatischen
und Reflexhandlungen sich mechanisiert. Voluntaristisch ist die Psychologie,
nicht weil sie aus einem einfachen, unbewußten Willen alles ableitet, sondern
weil die Willensvorgänge eine für die Auffassung aller seelischen Erlebnisse
maßgebende Bedeutung haben. „Die voluntaristische Psychologie behauptet
also keineswegs, daß das Wollen die einzige reale existierende Form des psy-
chischen Geschehens sei, sondern sie behauptet nur, daß es mit den ihm eng
verbundenen Gefühlen und Affekten einen ebenso unveräußerlichen Bestandteil
WlTNDT. 835
der psychologischen Erfahrung ausmache wie die Empfindungen und Vor-
stellungen, und daß nach Analogie des Willens Vorganges alle anderen
psychischen Prozesse aufzufassen sein : als ein fortwährend wechselndes Geschehen
in der Zeit, nicht als eine Summe beharrender Objekte.'-' Die Vorstellungen
und Gefühle sind Bestandteile eines vollständigen Willensvorganges.
Dieser ist nichts Einfaches, kein Element des Bewußtseins, wohl aber etwas
Ursprüngliches, Eigenartiges, Spezifisches, eine nicht weiter ableitbare Art des
psychischen Ablaufs und Zusammenhanges, ein typischer Vorgang, eine „ur-
sprüngliche Energie des Bewußtseins" (autogenetische Willenstheorie). Der
Wille steht in engster Beziehung zum Gefühl und Affekt, die alle
schon ein Streben oder Widerstreben enthalten. Das Gefühl kann ebensogut
als der Anfang einer Willenshandlung, wie umgekehrt das Wollen als ein zu-
sammengesetzter Gefühlsprozeß, und der Affekt als ein Übergang zwischen
beiden betrachtet werden. Willenshandlungen sind , .durch einen Affekt vorbe-
reitete und ihn plötzlich beendende Veränderungen der Vorstellungs- und
Gefühlslage". Äußere und innere, einfache und zusammengesetzte Willens-
handlungen sind zu unterscheiden; der Trieb ist ein einfacher, eindeutig
motivierter Willensakt, die Willkür ist eine mehrfach motivierte, aktive Willens-
tätigkeit (mit einem besonderen „Tätigkeitsgefühl"). Durch eine „Mechanisierung"
gehen aus zusammengesetzten einfache, und aus diesen schließlich reflexmäßige
oder automatische, unbewußt gewordene Handlungen hervor. An einer voll-
ständigen Willenshandlung sind stets Empfindungen (bzw. Vorstellungen) und
Gefühle als Momente beteiligt, reine Vorstellungen und Gefühle sind Grenz-
fälle, Hemmungsprodukte u. dgl. Auf der Einheit des Willens beruht die
zentrale Einheit des Bewußtseins und des Selbstbewußtseins. Das Ich ist das
Gefühl des Zusammenhangs von Erlebnissen eines Individuums. Isoliert ge-
dacht von den Objekten ist es Wille. „Es gibt schlechterdings nichts außer
dem Menschen noch in ihm, was er voll und ganz sein eigen nennen könnte,
ausgenommen seinen Willen." Der Wille ist der Motor des Seelenlebens, das
Richtunggebende, Fixierende, Hemmende, Ordnende; das Denken ist seine
Funktion, ist innere Willenshandlung. Der Wille selbst ist der Intellekt und
die ganze geistige Entwicklung wird vom Willen in seinen verschiedenen
Formen beherrscht.
Im Psychischen selbst übt der Wille eine Fixierung, Steigerung und eigene
Ordnung des Bewußtseinsinhaltes aus. Seine Funktion ist die Apperzeption
(vgl. Leibniz). Diese besteht in dem Auftreten einer klaren Vorstellung, in
der Hervorhebimg, Bevorzugung einer solchen gegenüber dem bloß Perzipierten
durch die Aufmerksamkeit (d. h. die „Gesamtheit der mit der Apperzeption
von Vorstellungen verbundenen subjektiven Vorgänge"). Der größte Teil der
Vorstellungen bleibt im Hintergrunde des Bewußtseins oder im „inneren Blick-
feld", nur ein ganz geringer Teil wird jeweilig in den „inneren Blickpunkt"
gehoben. Passiv ist die Apperzeption, wenn die Richtung der Aufmerksam-
keit nur durch die zufällig gegebenen Reize bestimmt wird; aktiv ist sie,
wenn die Aufmerksamkeit schon auf einen erwarteten, gesuchten Inhalt im vor-
hinein gerichtet ist, wobei von Anfang an ein Tätigkeitsgefühl auftritt. Die
53*
836 Wundt.
passive Apperzeption ist eine Trieb-, die aktive eine Willensfunktion, eine
Funktion des Ich in dessen Totalität. Die Wirkung der Apperzeption ist ein
bestimmtes Maß von Klarheit des Apperzipierten und die Hemmung anderer
Eindrücke. Die Assoziationen sind Verbindungen von Empfindungen (nicht
erst fertigen Vorstellungen) bei passivem Zustande der Aufmerksamkeit, sie
sind Äußerungen eines Triebes, der aber infolge der Übung mechanisiert wird.
Es gibt simultane und sukzessive Assoziationen. Jene zerfallen in Assimi-
lationen und Komplikationen, wozu noch die assoziative Verschmelzung kommt.
Die sukzessiven Assoziationen gliedern sich in Ähnlichkeits- und Berührungs-
assoziationen. Aber aus der Assoziation allein ist das seelische Leben nicht zu
erklären; das Auftreten herrschender Elemente in den Verbindungen kann sie
nicht erklären. Alle höheren geistigen Vorgänge und Gebilde (Urteilen,
Schließen, Beziehen, Vergleichen, Begriff usw.) sind Funktionen der aktiven
Apperzeption, bzw. Apperzeptionsverbindungen. Hier werden durch den
Willen nur jene Vorstellungselemente zu bewußter Verbindung gebracht, welche
dem Zwecke des Denkens (bzw. der Phantasie) gemäß erscheinen. Das Denken
ist die Funktion eines regulierenden Willens, „der die Assoziationen ermäßigt,
indem er ihnen entnimmt, was dem Denken für seine Zwecke dienlich, und
zurückweist, was ihm störend ist". Die Apperzeption hat die Bedeutung einer
„Einheitsfunktion"; sie verbindet getrennte Vorstellungen zu neuen einheit-
lichen Gebilden („apperzeptive Synthese"), gestaltet das Assoziationsmaterial im
Sinne intellektueller u. a. Zwecke. Von „Gesamt Vorstellungen" geht das Urteil
aus, um aus ihnen begriffliche Bestandteile auszuscheiden und diese in neue
Beziehungen zueinander zu setzen.
Die Völkerpsychologie ist nach Wundt nicht etwa eine Anwendung
der Individualpsychologie auf soziale Gemeinschaften, sondern das Gebiet
psychologischer Untersuchungen, welches sich auf jene psychischen Vorgänge
bezieht, „die vermöge ihrer Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen an
geistige Gemeinschaften gebunden sind". Sie hat jene psychischen Vorgänge
zum Gegenstand, „die der allgemeinen Entwicklung menschlicher Gemein-
schaften und der Entstehung gemeinsamer geistiger Erzeugnisse von allgemein-
gültigem Werte zugrunde liegen". Sie ist eine Lehre von der Volksseele.
Diese ist ein Erzeugnis der Einzelseelen, aus denen sie sich zusammensetzt,
aber diese sind nicht minder Erzeugnisse der Volksseele, an der sie teilnehmen.
Sie ist kein metaphysisches, besonderes Wesen, sondern ein Erzeugnis der
Wechselwirkung der Individuen und ebenso real wie diese selbst, in und mit
denen sie existiert. In den geistigen Gesamtheiten und in den in ihnen hervor-
tretenden Entwicklungen von Sprache, Mythus und Sitte bedeutet das Ge-
s am tbe wußtsein den überindividuellen Zusammenhang von Vorstellungen
und Gefühlen, der Gesamtwille die gemeinsamen Willensrichtungen in ihrer
Einheit. Die Anlagen zu den geistigen Erzeugnissen des Gesamtbewußtseins
sind schon in den Individuen vorhanden.
Die Erkenntnislehre gliedert sich in formale Logik und reale Erkennt-
nislehre, welche letztere aus der Erkenntnistheorie (allgemeine Erkenntnis-
theorie und Methodenlehre) und Erkenntnisgeschichte besteht. Die Er-
Wtjndt. 837
kenntnistheorie untersucht die logische Entwicklung des Erkennens, in-
dem sie die Entstehung der wissen schaftlichen Begriffe auf Grundlage
der logischen Denkgesetze zergliedert; als allgemeine Erkenntnistheorie
untersucht sie die Bedingungen, Grenzen und Prinzipien des Erkennens
überhaupt, als Methodenlehre, die bei W. in umfassendster, alle Wissen-
schaften berührender Weise durchgeführt wird, beschäftigt sie sich mit den
besonderen Gestaltungen dieser Prinzipien in den Einzelwissenschaften. Die
Aufgabe der Erkenntnistheorie ist also die Darstellung der Begriffsbildung, wie
sie nach logischen Motiven innerhalb der Wissenschaft stattgefunden hat, mit
Elimination aller Irrungen und Umwege, mit Kritik der wissen schaftlichen Er-
kenntnis. Die Psychologie ist hier überall ein Hilfsmittel, welche den Tatbe-
stand aufzeigt, aber Logik und Erkenntnistheorie selbst gehen über den Um-
kreis der Psychologie hinaus.
Die Logik, eine normative Wissenschaft wie die Ethik, hat „Rechen-
schaft zu geben von denjenigen Gesetzen des Denkens, welche bei der Er-
forschung der Wahrheit wirksam sind". Sie will feststellen, wie der Gedanken-
lauf sich vollziehen soll, damit er zu richtigen Erkenntnissen führe, sie sucht
die allgemeingültigen Kegeln für die Denkmethodik. Sie scheidet aus den
Vorstellungs verbin düngen unseres Bewußtseins diejenigen aus, die für die Ent-
wicklung unseres W7issens einen gesetzgebenden Charakter besitzen. Sie hat
„das werdende Wissen darzustellen, die Wege, die zu ihm führen, und die
Hilfsmittel, über die das menschliche Denken verfügt". Sie bedarf der Er-
kenntnistheorie zu ihrer Begründung und der Methodenlehre zu ihrer Voll-
endung. — Alles Erkennen ist ein Denken, aber nicht alles Denken ist em Er-
kennen, es kommt nicht immer die Realität des Gedachten in Frage. Das
Denken ist subjektive Willenstätigkeit und wesentlich beziehende Tätigkeit.
Seine logischen Merkmale sind Evidenz und Allgemeingültigkeit. Beherrscht
wird es als Urteil von einem Gesetz der „diskursiven Gliederung", vom Gesetz
der „Dualität der logischen Denkformen". Das Denken setzt schon an der
Anschauung ein und hat die Eigenschaft, auf alles anwendbar zu sein,
was in dasselbe eingeht; seine Gesetze gelten daher auch für alle Denkobjekte.
Zwischen Denken und Sein besteht eine „Konformität" und es muß ferner an-
genommen werden, „daß die idealen Prinzipien in der objektiven Realität sich
wieder finden". Die Denkfunktionen sind die Hilfsmittel, mit denen wir die
realen Beziehungen der Erkenntnisobjekte symbolisch nachbilden („Ideal-Realis-
mus"). Die Dinge liefern selbst den Stoff zum Denken (gegen den Subjektivis-
mus). Zum „Erkennen" wird das Denken erst, wenn sich mit ihm die Über-
zeugung der Wirklichkeit der Gedankeninhalte" verbindet; ursprünglich id
das Denken eins mit seinem Gegenstande, diese Einheit wird aber au
löst und ist nie mehr voll zu erreichen. Es ist aber ein Postolal der „Begreif-
lichkeit der Erfahrung", daß alles, was Gegenstand unserer Erkenntnis wird,
sich in einem durchweg begreiflichen Zusammenhange befinde. Allee Erkennen
ist daher denkende Verarbeitung von Erfahrungsinhalten, iowohl
die Wahrnehmungs-, als die Verstandes- und die Vermin Un-
kenntnis (d. h. die Erkenntnisweise des praktischen Lebens, der Einzelwißsen-
838 Wundt.
schaft, der Philosophie). Die logischen Denkgesetze sind, weil sie für jeden
Erfahrungsinhalt gelten müssen und diesen voraussetzen, zugleich Erfahrungs-
gesetze, ihrer Geltung nach aber a priori. Sie sind Normen, Postulate, die das
Denken an alle seine Inhalte heranbringt. Sie sind „Anschauungsgesetze", die
sich überall in Vorstellungen verwirklichen und durch diese ausgelöst werden,
und „Begriffsgesetze", kurz sie sind die „allgemeinsten Gesetze, die unser Denken
bei der Verknüpf ung der empirischen Tatsachen befolgt". Das logische Denken
vereinigt Freiheit und Notwendigkeit, je nachdem es Willensfunktion und zu-
gleich logisch bedingt ist. Wo wir nach in uns selbst gelegenen Motiven Be-
griffe verbinden, da bestehen diese Motive nur in den Funktionen der Ver-
gleichung, die als dem Denken allgemein zukommend und von diesem selbst
als die ihm notwendigen Bedingungen aufgefaßt werden. Das „Prinzip der
allgemeinen Verbindung unserer Denkakte" ist der Satz vom Grunde, der
die Sätze der Identität und des Widerspruchs voraussetzt. Er ist das „Grund-
gesetz der Abhängigkeit unserer Denkakte voneinander", kann sich aber erst an
einem empirischen Inhalte verwirklichen und bedarf der Anschauung zu seiner
Anwendung, ohne selbst ein Erfahrungsprodukt zu sein; vielmehr bringt er
selbst (als ein A priori) den Zusammenhang der Erfahrungen hervor. Erkennen
ist begründendes Denken, welches in der Vernunfterkenntnis zu umfassendsten
Zusammenhängen gelangt.
Auf der Stufe der Wahrnehmungserkenntnis hat es das Denken ursprüng-
lich mit dem Vorstellungsobjekt zu tun, welches ein Objekt ist, dem nur
die ihm in der Vorstellung beigelegten Merkmale zukommen, zu welchen Merk-
malen es auch gehört, Objekt zu sein. Unsere Vorstellungsinhalte sind ur-
sprünglich zugleich selbst das Objektive; die Objektivität ist ein ursprüng-
liches, nicht erst vom Denken erzeugtes Merkmal des Gegebenen. Psycho-
logisch besteht die Wirklichkeit des Objekts darin, daß es „losgelöst gedacht
werden kann von den psychischen Erlebnissen des Vorstellenden, weil es sich
einer ganzen Reihe aufeinander folgender Vorgänge gegenüber als ein von
diesen unabhängiger Gegenstand behauptet". Die Vorstellungsinhalte werden
vom natürlichen Bewußtsein den (extramentalen) Gegenständen, auf die wir
sie beziehen, identisch gesetzt und erst die Reflexion unterscheidet den Gegen-
stand von seinem subjektiven Bilde und trennt das ursprünglich einheitliche
Vorstellungsobjekt in Objekt und Vorstellung. Subjekt und Objekt entstehen
gleichzeitig durch Aussonderung. Nur begrifflich gehören beide zusammen,
ursprünglich und unmittelbar sind die Objekte ohne Beziehung aufs Ich ge-
geben (Kritischer Realismus; gegen den subjektiven Idealismus und die
Immanenzphilosophie). Das Denken kann nimmer objektive Realität aus
Elementen, die solche noch nicht enthalten, schaffen, es kann sie nur bewahren
oder in Frage stellen. Infolge verschiedener Umstände erfolgt nun eine Sub-
jektivierung zunächst der Sinnesqualitäten, dann auch der Anschauungs-
formen, des Raum-Zeitlichen als solchen. Die Objekte gleichen nun nicht
mehr den Vorstellungen, sie verlieren die Eigenschaft der Vorstellbarkeit, können
nur noch begrifflich-symbolisch gedacht werden, während das Subjekt
nach wie vor sich selbst unmittelbar-anschaulich erfaßt. Das Vorstellungsobjekt
Wtisdt. 839
hat aufgehört, reales Subjekt zu sein und hat nur noch die Bedeutung eines sub-
jektiven Symbols, das auf einen realen, nur begrifflich-mittelbar zu bestimmenden
Gegenstand (der Naturwissenschaft, Verstandeserkenntnis) hinweist. Doch
stehen die Sinnesqualitäten in bestimmter Beziehung zu den sie auslösen-
den Reizen, sie sind nicht rein subjektiv, sind durch Anpassung an jene
entstanden.
Die Anschauungsformen, Raum und Zeit, trennt das Denken vom
Inhalt der Anschauung, wegen der besonderen Konstanz ihrer allgemeinen
Eigenschaften und wegen der unabhängigen Variation der materialen und
formalen Bestandteile der Wahrnehmung; der Wahrnehmungsstoff kann Bich
verändern, ohne daß die räumlich-zeitliche Form sich mit ändert, dagegen
wird jede Veränderung der Form von einer Veränderung des Stoffes (der
Empfindungen) begleitet. Auf der Konstanz der Anschauungsformen beruht
ihre Allgemeingültigkeit und Notwendigkeit wie ihre Objektivität. A priori
sind sie nur, sofern kein Inhalt ohne räumlich-zeitliche Ordnung denkbar
und das Spezifische an ihnen unableitbar ist; das eigentliche A priori dieser
Formen hegt in Denkfunktionen, die zu ihrer Sonderung nötigen. Sie ent-
stehen aber weder vor noch unabhängig von der Wahrnehmung, sondern zu-
gleich mit ihr als Ordnung des Wahrnehmungsinhalts selbst. Auch sind rie
nicht bloß „reine Anschauungen", sondern zugleich Begriffe. Die Zeit
ist die ..Form, in der uns der Zusammenhang der Bewußtseins vorga ni:--
gegeben ist". Psychologisch ist die Vorstellung der Zeitdauer eine Funktion
der Größe und des Wechsels der Aufmerksamkeitsspannung; die Zeit
selbst ist psychologisch ein Verschmelzungsprodukt von qualitativen und
intensiven Zeitzeichen. Die Raumvorstellnng beruht auf der Verschmelzung
von Empfindungsqualitäten, qualitativen Lokalzeichen und Bewegungsemptin-
dungen. Raum und Zeit sind als Vorstellungen subjektiv, weisen aber auf
begrifflich bestimmbare Ordnungen des Wirklichen selbst hin, sind also objektiv
bedingt. Anwendungen des Satzes vom Grunde auf mathematische Funda-
men talbegriffe sind die mathematischen Axiome. Die Notwendigkeit der
mathematischen Sätze ergibt sich daraus, daß das Denken an den formalen
Bestandteilen der Dinge am unmittelbarsten und einfachsten sich zu betätigen
vermag.
Es gibt nach W. weder reine Erfahrung, noch reines Denken. I
A priori der Erkenntnis liegt nicht in bestimmten Formen, die wir durch
reines Denken erzeugen, sondern in der allgemeinen Gesetzmäßigkeil da
Denkens, welches in Wechselwirkung mit der Erfahrung zur Erkenntnis wird
In uns liegen lediglich die „allgemeinen Funktionen des logischen Denken--.
und alle Begriffe sind „gemeinsame Erzeugnis ■ des Denkens und der Kitaln-iimr .
Die logische Verarbeitung des Erfahrungsinnalts beginnt mit „Erfahrung
griffen", führt dann zu „allgemeinsten Begriffaklasser I
schafts- und Zustandsbegriffe, die logischen Kategorien) und endlich au
strakten Beziehungsbegriffen". Die reinen Beziehungs- oder Verstände s-
begriffe haben Beziehungen des logischen Denke,,- selbel nun Inhalt. St<
sind nicht rein apriorische Kategorien, sondern die „letzten Stuten jener
840 WüNDT.
logischen Verarbeitung des Wahrnehmungsinhalts, die mit den empirischen
Einzelbegriffen begonnen hat". Aber sie sind insofern a priori, als sie in der
Gesetzmäßigkeit und Einheit des Denkens vorgebildet sind. Sie zerfallen in
„ reine Formbegriffe" (Einheit und Mannigfaltigkeit, Qualität und Quantität,
das Einfache und Zusammengesetzte, das Einzelne und die Vielheit, Zahl,
Funktion) und „reine Wirklichkeitsbegriffe" (Sein und Werden, Substanz und
Kausalität, Ursache und Wirkung, Kraft, Zweck).
Die Einheit des Bewußtseins ist die letzte Quelle der Einheitsvorstellung
der Dinge. Die Substanz, die Projektion des eigenen Seins auf die Welt der
Objekte, setzt aber schon eine logische Verarbeitung der Erfahrung voraus,
bei welcher die Einfachheit, Tätigkeit und Beharrlichkeit des apperzipierenden
Ichs zu absoluten Bestimmungen der Dinge werden. Einen brauchbaren Sub-
stanzbegriff entwickeln nur die Naturwissenschaften. Die Substanz ist hier
notwendig, die Aufgabe, die Natur als ein System beharrender Substanzelemente
zu begreifen, ist in den Bedingungen der Naturerkenntnis eingeschlossen. Da
aber stets ein Wechsel in den Annahmen der Eigenschaften der materiellen
Substanz denkbar ist, so behält diese insofern einen hypothetischen Charakter.
Hingegen ist die innere Kausalität des geistigen Lebens mit dem unveränder-
lichen Beharren einer Substanz überhaupt nicht vereinbar. Die Substanz ist
die Form, unter der unser Denken unter dem Antriebe von Erfahrungs-
motiven die ihm gegebenen Objekte, nicht aber sich selbst, die Quelle
des Substanzbegriffes, apperzipiert. Die Substanz ist nicht ,,Ding an
sich" wie das Subjekt, sondern das Ding, wie es von uns gedacht wird;
sie hat also „objektive Kealität". Die „Kraft" ist die an die Substanz
gebundene Kausalität, die in der Naturwissenschaft zu einem bloßen Re-
lation sbegriff wird. Die Materie wird hier als das System der Ausgangs-
und Angriffspunkte der Kräfte und als allgemeiner Träger der Energie gedacht
(gegen die reine Energetik). Das Kausalprinzip selbst stellt die Anwendung
des Satzes vom Grunde auf den Erfahrungsinhalt dar. Es ist apriorisch,,
sofern es auf der Gesetzmäßigkeit des Denkens beruht, empirisch (ein „Er-
fahrungsgesetz"), sofern es Anschauungen voraussetzt, auf die es anwendbar ist
und sofern es für alle Erfahrung gilt. Es hat den Charakter eines Postulates,
dem sich die Erfahrung überall fügt. Je nach der Art der Erfahrung ist die
Kausalität verschieden; in der Naturwissenschaft allein ist das Prinzip der
Äquivalenz von Ursache und Wirkung gefordert, während in der Psychologie
die aktuelle Kausalität (Ursachen-Vorgänge, nicht Substanzen) rein waltet und
mit einem Gesetz des Wachstums geistiger Energie verbunden ist. Der Zweck-
be griff ist kein Widerspruch zur Kausalität, sondern das aktuelle, subjektive,
heuristische Zweckprinzip ist nichts als das regressive Kausalprinzip (Voraus-
nahme der Wirkung als zu erreichender Zweck und Aufsuchung der Be-
dingungen als Mittel zur Herbeiführung dieses Zweckes; vgl. Kant). Ob-
jektiv ist der Zweck überall, wo Leben, Wollen, Handeln besteht, also schon
in der Biologie, besonders aber in den Geisteswissenschaften, wo die Zweck-
vorstellung zur Ursache, die durch den Willen realisiert wird, sich gestaltet
(s. unten).
Wündt. 841
Die Metaphysik geht auf die Ergänzung der empirischen Wirklichkeit
durch Aufsteigen zu Gründen, die nicht gegeben sind, so, „daß sie die in der
Erfahrung begonnene Verbindung nach Grund und Folge konsequent und
in gleicher Richtung weiter führt, bis die Einheit gewonnen ist, welche es uns
möglich macht, die ganze Reihe samt den Gliedern, welche der Erfahrung an-
gehören, als ein Ganzes zu denken". Ihre Erkenntnis ist die der Vernunft,
welche die Welt nicht bloß begreifen, sondern ergründen will, indem sie die
Erfahrung in idealer Weise ergänzt und Ideen erzeugt, die „alle Erfahrung
umspannen und doch keiner Erfahrung angehören" (Fortgang zum Trans-
zendenten). Die Ideen sind „ergänzende Gesichtspunkte zur Erfahrung". Die
Vernunft erzeugt in ihrem Einheitstrieb drei Arten metaphysischer Ideen:
ontologische, kosmologische und psychologische Ideen, die alle einen Regreß
zur unendlichen Totalität und zur unteilbaren Einheit einschließen.
Die kosmologischen Ideen sind die Ideen des unendlichen Raumes,
der unendlichen Zeit, der unbegrenzten Materie, der unaufhörlichen Kausalität.
Hier gibt W. eine Kritik der Kantschen Antinomienlehre und kommt zu dem
Ergebnis, daß die Welt ein unendlich Werdendes ist, und daß Raum und Zeit
unendlich sind (vielleicht auch die Materie). Die psychologischen Ideen
führen zur Bestimmung der Seele als „vorstellender Wille". Wir leiden von
den Vorstell imgen, indem sie uns ohne unsere eigene Tätigkeit gegeben werden ;
und wir selbst sind vorstellend tätig, indem wir uns bewußt sind, Vorstellungen
oder Änderungen an solchen zu erzeugen. Unserer Tätigkeit werden wir uns
an den Widerständen, die sie findet, bewußt. Diese Tätigkeit nun, isoliert ge-
dacht von den sie hemmenden Objekten, ist Wollen, bzw. Apperzeption in
ihrer reinen Form (als Bedingung aller Erfahrung). Der „reine Wille" ist
immerwährende Tätigkeit und ist eins mit der Seele in deren metaphysischen
Bestimmung. Der Einzelwille aber ist nichts absolut Selbständiges, er ist keine
abgeschlossene Monade, sondern Glied einer Willensgemeinschaf t, mit der
er in Wechselwirkung steht, und die so real ist wie er. Insbesondere sind alle
Wirkungen des Gesamtwillens ungleich mächtiger als die des Individual-
willens.
Die ontologischen Ideen gehen davon aus, daß das Objekt aus einem
unmittelbar Gegebenen durch begriffliche Verarbeitung zu einem bloß mittelbar
Wirklichen, zu etwas, was nur infolge seiner Wirkung aui unsere vorstellende
Tätigkeit als Objekt gedacht werden kann, geworden ist. Insofern unser Wille
Wirkungen erfährt, leidet er, indem ihn dieses Leiden zur vorstellenden Tätig-
keit anregt, wird er aktiv. Alle Tätigkeit kennen wir aber qualitativ nur als
unsere Willenstätigkeit und dies führt zum metaphysischen Voluntarismus.
„Sollen wir . . . nicht absolut imaginäre Tätigkeitsformen annehmen, die sich
in unserem Denken doch immer wieder in ein Wollen umsetzen müilt.
können wir unser eigenes Erleiden überall nur aui ein fremdes Wollen,
und demnach jenes Wechselverhältnis vod Tun und Leiden, das jeder vor-
stellenden Tätigkeit zugrunde liegt, aui eine Wechselwirkung verschiedener
Willen zurückführen, wobei die Wirkung jedes Willem für Bich reines
842 Wundt.
Wollen ist, durch die Wechselwirkungen aber zum wirklichen oder vor-
stellenden Wollen wird." Es zeigt sich so, daß das eigenste Sein des
einzelnen Wesens das Wollen ist, und daß die Vorstellung „erst aus der Ver-
bindung der wollenden Subjekte oder aus dem Konflikt der verschiedenen
Willenseinheiten ihren Ursprung nimmt, worauf sie dann zugleich das Mittel
wird, das höhere Willenseinheiten entstehen läßt". Die Eealität ist an sich
eine „unendliche Totalität individueller Willenseinheiten". Die Welt ist eine
Stufenfolge von Willenseinheiten, die aber nicht Substanzen, sondern
reine Tätigkeit sind. Die Welt ist „die Gesamtheit der Willenstätigkeiten, die
durch ihre Wechselbestimmung, die vorstellende Tätigkeit, in eine Entwicklungs-
reihe von Willenseinheiten verschiedenen Umfangs sich ordnen". Aber unser
Wille ist nur ein relativer Individualwille, er ist bereits ein Gesamtwille, eine
komplexe Willenseinheit, ein Entwicklungsprodukt niederer Willenseinheiten,
deren Wechselwirkung äußerlich als unser Körper erscheint. Die Seele ist
unser „vorstellende Wille". Alle Körper sind Objektivationen von Willensein-
heiten, und diese sind „nicht tätige Substanzen", sondern substanzer -
zeugende Tätigkeiten" (Aktualismusj.
Die Vielheit der Einzelwillen ist aber nicht ohne Totalität denkbar, als
deren Teilkräfte und dienende Glieder sie erscheinen. Die Vernunfterkenntnis
führt zur Überzeugung, daß „der kosmische Mechanismus nur die äußere Hülle
ist, hinter der sich ein geistiges Wirken und Schaffen, ein Streben, Fühlen
und Empfinden verbirgt , dem gleichend , das wir in uns selber erleben" (Pan-
psychismus, der aber nicht in hylozoistischer Weise empirisch-einzel wissen-
schaftlich verwendet werden darf). Die Welt ist an sich psychische Entwicklung.
Die Natur ist „Vorstufe des Geistes, also in ihrem eigenen Sein Selbstent-
wicklung des Geistes", in ihr ist das Geistige schon angelegt. Die letzte onto-
logische Ideeist die des göttlichenWeltgrundes, der freiüch nicht „beweis-
bar" ist, aber vorausgesetzt werden muß. Die Welt ist eine Entfaltung der
Gottheit, ist in Gott, wie Gott in ihr ist. Denn der Weltgrund kann nicht
völlig losgelöst vom Weltinhalt gedacht werden. „Wie vielmehr überall der
Grund in der Folge nur dadurch wirksam ist, daß er selbst in sie eingeht, so
ist auch die Gottesidee nur durchführbar, wenn Gott als Weltwille, die Welt-
en twicklung als Entfaltung des göttlichen Willens und Wirkens gedacht wird."
Damit geht die Gottesidee über in die „Idee eines höchsten Weltwillens, an
dem die Einzelwillen teilnehmen und neben dem ihnen doch eine eigene, selb-
ständige Wirkungssphäre zukommt". Durch die Idee der Unendlichkeit Gottes
wandelt sich das sittliche Ideal in eine übersittliche Idee um, die als der letzte
Grund des Sittlichen gedacht wird. Gott wird dann zum „Übergeistigen", zum
absolut Transzendenten, zur „transzendenten Einheit von Natur und Geist".
Betreffs der Unsterblichkeit müssen alle egoistischen Motive zur Annahme
einer persönlichen Unsterblichkeit abgelehnt werden; Mit Eecht wird nur ge-
fordert, daß alle geistigen Schöpfungen einen absoluten, unzerstörbaren Wert
besitzen und daß jede geistige Kraft ihren unvergänglichen Wert im Werde-
prozeß des Geistes behauptet.
Wundt. &43
Die Einzelheiten der Naturphilosophie W.s können hier nicht dargelegt
werden. Es sei nur bemerkt, daß W. als Physiker Anhänger einer dynamischen
Atomistik und der Bestimmung der Kräfte als Zentralkräfte, also der mecha-
nistischen Xaturerklärung ist. Alle objektiven Relationen der Körper als solche
sind auf raum-zeitliche Veränderungen, auf Bewegungen zurückzuführen, ohne
daß die Physik sich um das qualitative Innensein der Dinge zu kümmern
braucht. Wohl muß die Metaphysik schon dem Unorganischen die Anlage
zum Psychischen, den niedersten Wesen schon ein „Momentanbewußtsein" zu-
erkennen, aber vom Standpunkt der äußern Erfahrung ist stets nur von raum-
zeitlichen, kinetisch-energetischen Relationen die Rede. Die physikalisch-che-
mische, kausal-mechanische Betrachtungsweise muß auch in der Biologie
konsequent festgehalten werden, vitalistische Annahmen sind hier ganz unzu-
lässig. Wohl aber kann und muß die physikalisch-chemische nicht bloß durch
die physiologische, sondern auch durch die psycho-physische ergänzt
werden. Die Wurzel alles Seelischen, der Trieb (das Streben) kommt schon
den niedersten Organismen zu. Der Trieb mechanisiert sich einerseits zum
Reflex, anderseits differenziert er sich zum aktiven Willen. Der Wille im
allgemeinsten Sinne nimmt alle Lebensfunktionen direkt oder indirekt in seine
Dienste, wirkt im Organismus final, zweckmäßig. Er ist der „Erzeuger objek-
tiver Xaturzwecke". Er schafft sich im Organismus das Hilfsmittel zur Ver-
wirklichung seiner Zwecke, das Substrat seiner eigenen Weiterentwicklung.
Alle Entwicklung wird vom Willen (Streben) beherrscht; die Selektion kann
Zweckmäßiges erhalten, aber nicht schaffen. Die Willenstriebe sind das primum
movens, sie bringen, durch äußere Bedingungen veranlaßt, Modifikationen der
Lebensweise hervor, die sich durch Wiederkehr der nämlichen Bedingungen,
Übung, Vererbung befestigen. Aber die „Zielstrebigkeit" darf nicht mißver-
standen werden, die schließlich erreichten Zwecke sind nicht gleich von An hin-
an erstrebt oder gar gewußt. Der objektiv erreichte Zweck überschreitet regel-
mäßig das ihm vorausgehende Zweckmotiv. In den Wirkungen von Willens-
akten sind stets noch Nebeneffekte gegeben, „die in den vorausgehenden Zweck-
vorstellungen nicht mitgedacht waren, die aber gleichwohl in neue Motivreihen
eingehen und auf diese Weise entweder die bisherigen Zwecke umändern oder
neue zu ihnen hinzufügen" (Heterogonie der Zwecke). So wird mit einem
Minimum von „Finalität" (die, in anderer Betrachtungsweise, zugleich Kausali-
tät ist) ein Maximum von Zweckmäßigkeit erreicht (immanente Teleol
Daß die Tiere als „natürliche Maschinen" funktionieren, ist das Produkl einet
langen Entwicklung, wobei die Mechanisierung ursprünglich mit Bewußt» in
vollzogener Willenshandlungen eine große Rolle spielt
Im eigentlichen Geistesleben nimmt der Wille immer komplizierten
Formen an, er wird immer aktiver, zweckbewußter, das Bewußtsein St-
immer mehr, die Kontinuität der psychischen Vorgänge nimmt m. Im indivi-
duellen Organismus sind die niederen Bewufitseinseinheiten des Leibes einem
„Zentralbewußtsein" untergeordnet, welches aus ihrer Wechselwirkung entsteht
und mit Selbstbewußtsein verbunden ist. Da- höhere Geistesleben ist durch
die aktive Apperzeption und durch das Eusammengesetste Wollen charakteri
844 Wundt.
Zwecksetzimg und Wertung sind hier von Bedeutung. Der Inhalt der Geist es-
wissenschaften besteht in den aus unmittelbaren menschlichen Erlebnissen
hervorgehenden Handlungen und ihren Wirkungen; sie handeln von geistigen
Vorgängen und geistigen Erzeugnissen. Die drei heuristischen Prinzipien der
Geisteswissenschaften sind das „Prinzip der subjektiven Beurteilung", das
„Prinzip der Abhängigkeit von der geistigen Umgebung", das „Prinzip der
Naturbedingtheit der geistigen Vorgänge". — Die einzelnen Geister sind Glieder
eines umfassenderen, ebenso realen Gesamtgeistes, mit dem sie in Wechsel-
wirkung stehen und dessen Erzeugnisse (Kecht , Sitte usw.) ihnen als selbständige
Mächte entgegentreten. Die Gemeinschaft der Einzelnen ist so ursprünglich wie
der Einzelne selbst, der sich erst aus einem Zustande sozialer Indifferenz heraus
individualisiert, während das Sozialisierende in der Gleichartigkeit der Eichtung
der Willenseinheiten liegt. Die Gesellschaft ist ein „kollektiver Organismus"
psychischer Art, eine Organisation, mit ursprünglicher Übereinstimmung der
Vorstellungen, Gefühle und Willensrichtungen. Sie wird zu einer „Gesamt-
persönlichkeit", nur daß Selbstbewußtsein und Wille auf zahlreiche Persönlich-
keiten verteilt sind. Die sozialen Entwicklungsgesetze sind Besonderungen
psychologischer Gesetze. In den „abwechselnden Evolutionen sozialer Triebe
zu willkürlichen Gesellschaftsakten und den an sie sich anschließenden Invo-
lutionen willkürlicher Handlungen einzelner zu sozialen Trieben" bekunden
sich allgemeine Gesetze der Willensentwicklung. Die Soziologie hat zum
Inhalt „die systematische Untersuchung der Zustände und Gliederungen der
menschlichen Gesellschaft, ihrer allgemeinen Bedingungen und wechselseitigen
Beziehungen". — Die Geschichtswissenschaft hat es nicht mit besonderen
historischen Gesetzen, sondern mit den inneren Zusammenhängen der historischen
Entwicklung zu tun, die Rolle der führenden Geister (in Wechselwirkung mit
dem Gesamtgeist) ist eine bedeutsame. In der Geschichte walten psychische
Kräfte (Willensmotive, Willensakte) und die historischen Gesetze sind Anwen-
dungen der psychologischen Prinzipien, besonders des Prinzips der „Entwick-
lung in Gegensätzen". Die Bedeutung der geschichtlichen Tatsachen ist nur
nach ihrem objektiven Wert zu bemessen, der ihnen als Lebensäußerungen der
sie hervorbringenden Volksgeister zukommt.
Die Ethik W.s ist idealistisch, evolutionistisch, universalistisch („evolutio-
nistischer Universalismus"). Sie ist deskriptiv-genetisch und zugleich kritisch-
normativ. Ihre Aufgabe besteht in der „Feststellung der Prinzipien, auf welche
die sittlichen Tatsachen zurückgeführt, oder als deren besondere, durch das
Zusammentreffen mit gewissen äußeren Bedingungen bestimmte Anwendungen
sie betrachtet werden können". Sie hat erstens auf der gegebenen Grundlage
die Prinzipien zu entwickeln, auf welchen alle sittlichen Werturteile beruhen
und dieselben in bezug auf ihren Ursprung und ihren wechselseitigen Zu-
sammenhang zu prüfen, ferner hat sie die Anwendungen der ethischen Prin-
zipien auf die Hauptgebiete des sittlichen Lebens zu betrachten. Die Sitte
der Urzeit (d. h. die „Norm des willkürlichen Handelns, die in einer Volks-
oder Stammesgemeinschaft sich ausgebildet hat" und die vielfach religiöse Vor-
stellungen zur Quelle hat) differenziert sich in eigentliche Sitte, Sittlichkeit,
Wuxdt. 845
Eecht. Wie die Sitte ist die Sittlichkeit ein Produkt des Gesamtwillens,
für dessen Entwicklung die „Heterogonie der Zwecke" bedeutsam ist. Ehr-
furchts- und Neigungsgefühle sind die psychologischen Grundraotive der sub-
jektiven Sittlichkeit. Den individuellen sind die sozialen, diesen die humanen
Zwecke übergeordnet. Der letzte Zweck des sittlichen Strebens wird zu einem
idealen, empirisch nie erreichten. Der nächste Zweck der humanen Sittlich-
keit aber ist die „fortschreitende sittliche Vervollkommnung der Menschheit".
Der sittliche Endzweck ist die „Herstellung einer allgemeinen Willensge-
meinschaft der Menschheit, als der Grundlage für die möglichst große
Entfaltung menschlicher Geisteskräfte". Es kommt nicht auf die äußeren Er-
folge an, auch sind eudämonistische Zwecke (Erreichung von Lust) nicht
sittliche Zwecke; auch der Altruismus ist nicht Selbstzweck. Es kommt viel-
mehr auf den Willen zur Erzeugung geistiger Werte, zur Vervollkommnung
der Menschheit, zur Realisierung ihrer (und der sozialen) Zwecke an, also auf
ein dem Gesamtwillen gemäßes Wollen und Handeln: „Sittlich ist der
Wille dem Effekt nach, solange sein Handeln dem Gesamtwillen konform ist,
der Gesinnung nach, solange die Motive, die ihn bestimmen, mit den Zwecken
des Gesamtwillens übereinstimmen." Das Sittliche besteht in der geistigen,
und Willens- Entwicklung selbst, wobei das Glück nur ein Neben erfolg ist.
Sittlich ist, objektiv, jede Handlung, die an der Entfaltung geistiger Kräfte
und an der Vergeistigung der Natur durch ihre Umwandlung in ein „Substrat
geistiger Kräfte" mithilft (vgl. Schleiermacher). „Güter rein um ihrer selbst,
nicht um äußerer fremdartiger Zwecke willen erstreben und zu ihrer Einü-
bung mithelfen, ist sittliches Leben." Die richtige Gesinnung äußert sich
in der Hingabe an die Pflicht. Dem sittlichen Zwecke dient auch das Recht
des Kulturstaates.
Der ästhetische Wert beruht auf objektiven Bedingungen. Das ästhe-
tisch Gefallende ist die „vollkommene Angemessenheit der Form an den Inhalt-.
Gegenstand der künstlerischen Darstellung ist die „ideale Wirklichkeit", der
„bedeutsame Lebensinhalt". Aufgabe der Kunst ist es, die Wirklichkeit in da
Fülle ihrer bedeutsamen Formen in die Sphäre reiner Betrachtung zu heben.
Die künstlerische Phantasie belebt ihre Gegenstände, während sie Hfl
schafft.
W. zählt eine große Anzahl von Anhängern, besonders unter den experi-
mentellen Psychologen (vielfach auch in Amerika), aber auch eine Reihe von
Philosophen ist von ihm mehr oder weniger beeinflußt Hierher gehören
Külpe (teilweise als Psycholog, nicht als Philosoph), Menmann (teflwi
J. Cohn (als Psycholog), Kiesow, Wirth, Störring, Brahn, Titchoner,
L. Lange, Marbe, Th. Heller, Jerusalem (zum Teil ilfl Psycho!
Krüger, G. F. Lipps, Hellpach, Frit/ I. König, Wenzig,
R. Richter, P. Barth, Rud. Eisler, A. Sichler. <;. Villa, Oredaro,
Mantovani, de Sarlo, E. Pauer, 1». Alexander. Kozlowski u. a.
Schriften: Die Lehre von der Muskelbewegung, 1858. — Btitflgt zur Thoorio
der Sinneswahrnehmung, 1862. — Dio physikal. Axiome, 1866. — Lehrb.d. Physiologe. lSf.j ;
4. A. 1878. — Vorles. über d. Menschen- u. Tierseele, 1863; 5. A. 1911. — llandbu.-h
846 Wuxdt — Wyneken.
der medizin. Physik, 1867. — Untersuch, zur Mechanik der Nerven und Nervenzentren,
1871—76. — Grundzüge der physiolog. Psychologie, 1873 f.; 5. A., 3 Bde., 1902 ff.; 6. A.
1908 ff. — Über d. Aufgabe d. Philos. in d. Gegenwart, 1874. — Der Einfluß
d. Philos. auf d. Erfahrungswissenschaften, 1876. — Logik, 1880 — 83; 3. A.,
3 Bde., 1906—08. — Essays, 1885; 2. A. 1906. — Ethik, 1886; 3. A., 2 Bde.,
1903. — Zur Moral der literar. Kritik, 1887. — System d. Philos., 1889; 3. A.,
2 Bde., 1907. — Hypnotismus u. Suggestion, 1892. — Grundriß d. Psychologie,
1896; 9. A. 1909. — Völkerpsychologie, bisher 5 Bde., 1. u. 2. A., 1900 ff.
(Sprache, Kunst, Mythus u. Beligion). — G. Th. Fechner, 1901. — Sprachgeschichte
u. Sprachpsychol. , 1901. — Einleit. in d. Psychologie, 1901; 5. A. 1909. —
Naturwissenschaft u. Psychologie, 1903. — Prinzipien der mechan. Naturlehre, (2. A.
von „Die physik. Axiome"), 1910. — Kleine Schriften, 1910. — Probleme der Völker-
psychologie, 1911. — Von W.s größeren Abhandlungen sind zu nennen: Über psychol.
Methoden (Philos. Stud. I). — Zur Gesch. u. Theorie d. abstrakten Begriffe (Philos.
Stud. II). — Logische Streitfragen (Viertel jahrsschr. f. wiss. Philos., 1882). — Über
d. Einteil. d. Wissensch. (Ph. Stud. V, 1889). — Zur Lehre von den Gemütsbew-
(Ph. Stud. VI). — Bemerk, zur Assoziationslehre (Ph. Stud. VII). — Bemerk, zur
Theorie d. Gefühle (Ph. St. XV). — Über psychische Kausalität u. d. Prinzip d.
psychophys. Parallelismus (Ph. Stud. X, 1894). — Über die Definition der Psychologie
(Ph. St. XU). — Über naiven u. krit. Eealismus (Ph. St. XII— XIII, 1896—97).
— Über empir. u. metaphys. Psychol. (Arch. f. d. ges. Psychol. II, 1902). —
Über reine u. angewandte Psychol. (Psychol. Stud. V, 1909). — Logik u. Psychologie
(1907). — Metaphysik (Kultur d. Gegenwart I, VI, 1907), u. a. — Vgl. KÖNIG,
W. als Psycholog u. als Philosoph, 3. A. 1909. — ElSLER, W.s Philos. u.
Psychologie, 1902. — SKRIBANOWITZ, W.s Voluntarismus, 1906. — HEINZEL-
MANN, Der Begriff der Seele u. d. Idee d. Unsterbl. bei W. Wundt, 1910. —
O. CONRAD, Die Ethik W.s, 1906. — P. PETERSEN, Der Entwicklungsgedanke in d.
Philos. W.s, 1908. — SlCHLER, Über falsche Interpretat. d. krit. Realismus W.s,
Arch. f. system. Philos., 1907, 1908, 1911. — Festschrift, W. Wundt z. 70. Ge-
burtstag überreicht von s. Schülern, 2. Bde., 1902 (= Philos. Stud. XIX — XX).
Wyck, B. H. C. K. van der, Prof. in Utrecht. = Vertritt einen idea-
listischen Monismus, wonach das Physische die Erscheinung des Psychischen
ist (vgl. Fechner u. a.).
Schriften (holländisch): Zielkunde, 1872. — Ursprung und Grenzen der Er-
kenntnis, 1863 (1890), u. a.
Wyneken, Ernst Friedrich, geb. 1840 in Bützfleth bei Stade, evang.
Pfarrer in Edesheim (Hannover) , gest. 1905 in Edesheim. = W. ist von Lotze
und Waitz beeinflußt und lehrt die Existenz von „Dynamomonaden". Das
Ding an sich ist uns in unserer unteilbaren Seele unmittelbar gegeben, und als
Seele ist es auch die Grundlage der übrigen Dinge. Die Dinge an sich
sind Monaden, seelische Kräfte, die miteinander in Wechselwirkung stehen
(Überwältigtwerden, Überwältigen, Gleichgewicht als Zustände). Im Bewußt-
sein ergibt sich (als „Naturgesetz der Seele") das Fühlen als Überwältigtwerden
durch das Objekt, das Wollen als Überwältigen des Objekts, das Erkennen als
Gleichgewicht.
Schriften: Das Naturgesetz der Seele, 1869. — Die weltgeschichtl. Bedeutung
Wyxeken — Xenophaxes. M7
des modernen Sozialismus, 1876. — Das Ding an sich u. das Naturgesetz der Seele,
1901, u. a.
Wyneken, Karl, geb. 1838 in Emden, Oberstleutnant a. D., Freiburg
i. B. = In allen Formen der Dinge liegt ein rhythmischer Bauplan, ein Ge-
danke, den W. besonders in der Ästhetik durchführt.
Schriften: Der Aufbau der Form beim natürlichen Werden u. künstlerischen
Schaffen, 1904—07.
Wyttenbacli, Daniel, geb. 1746 in Bern, 1771 Prof. in Amsterdam
(am ,,Athenaeumu), 1799 in Leyden, gest. 1820 in Oegstgeest. = Anhänger der
Leibniz-Wolff sehen Philosophie, Gegner Kants und der Kantianer (Polemik
gegen P. van Hemert).
Schriften: Logica; Metaphysica u. a. (in: Opuscula varii argumenti), 2 Bde.,
1821. — Disputatio de unitate Dei, 1780. — Praecepta philos. logicae, 1782 (1794, 1821),
u. a. — Vgl. PRAXTL, D. W. als Gegner Kants, 1877.
Xenarchos aus Seleukia, Peripatetiker um den Anfang des ersten
Jahrh. n. Chr., lehrte in Alexandrien. Athen, Rom.
Xenokrates von Chalkedon, geb. um 396 v. Chr., hörte in Athen Plato,
imd wurde der Nachfolger des Speusippos in der Akademie, von 339 bis zu
seinem Tode 314 v. Chr.
X. ist ein Platoniker, der auch vom Pythagoreismus beeinflußt und religiös
veranlagt ist. Die Philosophie teilt er in Dialektik, Physik und Ethik ein
(Sext. Empir. adv. Math. VII, 16). Drei Arten der Erkenntnis (und der
Wesen) unterscheidet er: die Wahrnehmung, die es mit dem Sinnlichen, inner-
halb des Himmels (rä ivrög ovgavov), die Vorstellung, die es mit dem Himmel,
und das Denken, die es mit dem Intelligiblen, außerhalb des Himmels Li-
den (ra EKxög ovgavov) zu tun hat. Das wahre Wissen gibt uns das Denken.
Die Idee ist vorbildliche Ursache (ahla xaoaberumixii nur y.<aü g i-mr (Sei m-
veoxojxcov). Die Einheit (fioväg) bestimmt X. als höchste Gottheit, als Zeus,
Vater, Geist (vovg); neben ihr ist die Zweiheit (öväg), die Welteeele
rov .-zavrog). Göttlich sind auch der Himmel, die Gestirne, außerdem gibt es
Dämonen. Die Seele ist eine sich selbst bewegende Zahl (dgityidc 'V hnnoQ
y.novfievog; vgl. Cicero, Tusc. disp. I, 10). Die Körper bestehen uu Atomen,
die aber nicht ohne Teile sind. Das höchste Gut ist die Tugend, mit dei
das Glück verbunden ist.
Schriften: Nichts erhalten. — Vgl. ZELLER, Philos. d. Griechen II, 1. —
R. HEINZE, Xenokrates, Darstell, d. Lehren u. Samml. der Fragmente, 1892.
Xenophanes aus Kolophon, geb. um 580 v. Chr., lebte ipitef In Kl' a.
wo er seine Gedichte vortrug, gest. um 470 v. Chr.
X. ist der Begründer des EleatismüB (s. d.i. Kr b.käinptt die mthro-
pomorphischen Auffassungen der Gottheit bei den Dichten und dm Poljthei*
84S Xenophanes — Xenopol.
mus (die Neger stellen sich ihren Gott schwarz vor, die Rinder würden sich
ihn als Rind vorstellen usw.). Energisch tritt X. für den Monotheismus in der
Form des Pantheismus (eig fteog, ev de fteoToi xai dv&gcojtotoi fxeyioxog, ov
xe dsjuag §vrjxoioiv öfxouog ov xe vorj/ua) ein, welcher Gott, das Eine mit dem
All identifiziert (IV xai ndv). Das Eine ist das All, das All ist eine göttliche
Einheit (IV xo ov xai Tiäv). Das Eine ist die Gottheit (eig xbv oXov ovgavbv
ajzoßXeyjag xo ev eival cprjoi xbv ftsov). Gott ist nicht grenzenlos (als von
„runder" Gestalt, oqoaigoeidfj ö'vxa), aber auch durch nichts begrenzt, er ist
unbewegt, unveränderlich, leidlos, ungeworden (djidvevde tiovoio vöov cpgevi
sidvxa xgadaivei), allwissend, ganz Auge, ganz Ohr, ganz Denken (ovXog ogä,
ovXog de voeT, ovXog de xdxovei, Sext. Empir. adv. Math. IX, 144; Diog. Laert.
IX, 19). Gott ist ewig (dtdiov), einheitlich (eva), gleichartig (opoiov), weder be-
wegt, noch ruhend (ov xe tfge[j,ovvxa ov xe xivtjxöv), sich selbst gleich, ganz,
ungeteilt, alles durch seinen Geist beherrschend. Als Elemente nennt X. Erde
und Wasser, aus denen alles Endliche geworden ist. Die Gestirne entstehen
aus brennenden Wolken, verlöschen und entzünden sich täglich. Der Mond
ist wie unsere Erde bewohnt (Cicero, Acad. II, 39). Einst ist alles Land vom
Meer bedeckt gewesen.
Schriften: Elegien (nur Fragmente erhalten); Spottgedichte (ebenfalls); liegt
<pvoecog (ebenfalls). — Fragmente bei DlELS, Poet, philos. fragmenta ; Fragmente der
Yorsokratiker. — F. KERN, Über X., 1874. — FREUDENTHAL, Über die Theologie
des X., 1886; Tgl. Arch. f. Gescb. d. Phil. I.
X.enopbon9 der bekannte athenische Feldherr, blühte um 400 v. Chr.
= X. gehörte zu den Schülern des Sokrates, dessen Leben und Lehren er in
nüchterner, den utilitaristischen Standpunkt stark betonender Weise dargestellt
hat. In seiner „Kyrupaedie", einem philosophischen Staatsroman, zeigt X., wie
ein einsichtiger Herrscher regieren muß.
Schriften (philos.) : 'Ajiofj,vr}/u,ovev[taxa Scoxgdxovg (Memorabilia) ; in der Teub-
nerschen Sammlung, dann 1889, 1902, deutsch 1906 und in der Universalbibliothek. —
^AnoXoylo. Ztoxgdxovg (Apologie), 1903. — Olxovofxixdg (Oeconomicus), bei Teubner,
dann 1895, 1906. — 2v[atx6ölov, bei Teubner; deutsch in der Universalbibliothek. —
Kvgov Jiaiöeia (Kyrupaedie), bei Teubner, dann 1873—86. — Opera, 1790 ff., 1828 ff.,
1838, 1869 ff. — Vgl. E. ULLRICH, Über die Xenophonliteratur der Jahre 1898 —
1900, Jahresberichte des philol. Vereins zu Berlin, 30, 1904. — A. KROHN, Sokrates
und X., 1874. — EDM. LANGE, X., 1900. — JOEL, Der echte und der xenophon-
tische Sokrates, 1893—1901.
Xenopol, Alexander-Demeter, geb. 1847 in Jassy, seit 1883 Prof. der
Geschichte daselbst. = Die Geschichte ist nach X. die Darstellung der geistigen
Entwicklung, deren Grundelement das soziale und politische, aber durch die
intellektuellen Prozesse bestimmte Element ist. Nur die statischen Vorgänge
lassen sich auf Gesetze bringen, historisch-dynamische Gesetze lassen sich
nicht aufstellen. Die Individualität ist nicht restlos aus allgemeinen Faktoren
abzuleiten.
Schriften: Principes fondamentaux de l'histoire, 1899; 2. 6d. 1908, u. a.
Yoga — Zeising. 849
Y.
Yoga: Xame einer der sechs indischen philosophischen Richtungen (Er-
lösung vom Dasein, mystische Vereinigung mit der Gottheit durch Askese
usw.).
Vgl. The Yoga, 1883. — D. MARCUS, Die Yoga-Philosophie, 1886.
z.
Zabarella, Giacomo (Jakob), geb. 1532 in Padua, 1564 Prof. in Padua, gest.
«daselbst 1589. = Aristoteliker, teilweise „Averroist", als Psycholog wesentlich
aber „Alexandrist'' (s. d.). Die menschliche Seele ist die substantielle Form
des Leibes. Der individuelle Intellekt wird unsterblich durch die Vervoll-
kommnung, die ihm die göttliche Erleuchtung gewährt. Der „tätige Intellekt"
ist unsterblich. Die Form ist das Prinzip der Individuation der Materie. Ein
■Gegner Z.s ist besonders F. Piccolomini.
Schriften: Kommentare zu Aristoteles (1582, 1604). — De rebus naturalibus,
1589, u. a. — Opera logica, 1578. — Opera philosophica. 1623. — Vgl. LABANCA,
<5. Z., 1878. — P. EAGNISCO, G. Z., 1886.
Zacharias von Mytilene, um 536 Bischof in Mytilene. = Z. bekämpft
wie Aneas von Gaza die Lehre von der Ewigkeit der Welt, u. a.
Schriften: Ammonios (Dialog). — Aeneas Gaz. et Z. Mityl., De imniortal. ani-
mae, ed. C. Barth, 1655; ed. Boissonade, 1836. — Zach, episc. Mityl. aliorumque
scripta, ed. Land, 1870.
Zacharias, Otto, geb. 1846 in Leipzig, Prof., Direktor der Biologischen
Station in Plön. = Darwinist.
Schriften: Zur Entwicklungetheorie, 1876. — Darwin, 1882. — Gelöste und
ungelöste Probleme der Naturforschung, 1885. — Katechismus des Darwinismus,
1892, u. a.
Zehnder, Ludwig, geb. 1854 in Illnau-Zürich, Prot, in Berlin. = L
lutionist, mechanistischer Standpunkt.
Schriften: Mechanik des Weltalls, 1897. — Die Entstehung des Lebens, 1899
—1901 (3 Bde.). — Das Leben im Weltall, 1903.
Zeising, Adolf, geb. 1810 in Ballenstedt, Gymnasislprot in Bernburg,
lebte später in Leipzig nnd München, gest. daselbel 1876. = Z. i<t besonden
von Hegel beeinflußt. Das Schöne ist das Bild der Well im (leiste, das Ab-
solute in der Form des Scheines. Schönheit ist „dir alt erscheinend an-
gefaßte Vollkommenheit''. Z. legt großes Gewiahl auf den ästhetischen Wart
des „goldenen Schnittes" (Teilung einer Strecke in der Weise, daß der kleinen
Abschnitt sich zum größeren, wir dieser rar Summe der beiden sich verhält;
Eis! er, Philosophen-Lexikon.
850 Zeising — Zeller.
x : y = y : x + y). Dieses Verhältnis ist nach Z. die beste Vermittlung
zwischen absoluter Gleichheit und Verschiedenheit.
Schriften: Neue Lehre von den Proportionen des menschlichen Körpers, 1854„
— Ästhet. Forschungen, 1885. — Die Metamorphosen der menschl. Gestalt, 1860. —
Religion und Wissenschaft, Staat und Kirche, 1873.
Zeller, Eduard, geb. 1814 in Kleinbottwar (Württemberg), studierte in
Tübingen und Berlin, 1840 Privatdozent in Tübingen, 1847 Prof. der Theologie
in Bern, 1849 in Marburg, 1862 Prof. der Philosophie in Heidelberg, 1872 in
Berlin, lebte seit 1897 in Stuttgart, gest. 1908.
Z., der besonders als Historiker bekannt ist, ging von Hegel aus, verwarf
aber bald dessen aprioristische Weltkonstruktion und forderte schon 1862 die
Kückkehr zum Kritizismus im Geiste Kants, ohne orthodoxer Kantianer zu
werden. Die Philosophie muß auf äußerer und innerer Erfahrung basieren
und Idealismus und Kealismus vereinigen. Sie stellt die Grundbegriffe der
Wissenschaften fest und bringt den Zusammenhang der Wissenschaften zum
Bewußtsein. Die Erkenntnistheorie untersucht die Bedingungen, an welche
die Bildung unserer Vorstellungen durch die Natur unseres Geistes geknüpft
ist, und bestimmt hiernach, ob und unter welchen Voraussetzungen der mensch-
liche Geist zur Erkenntnis der Wahrheit befähigt ist. Unsere Vorstellungen
sind das gemeinsame Produkt objektiver Eindrücke und der sie verarbeitenden
subjektiven Tätigkeit, wobei das Denken die allgemeinen Gesetze und Gründe
der Dinge entdeckt. Raum, Zeit und Zahl sind insofern a priori, als die
Gesetze der Vorstellungsbildung es sind. Das Denken stützt sich auf den Satz
vom Grunde als das A priori, vermöge dessen wir allen Erfahrungsinhalt in
kausalen Zusammenhang bringen. Zur Unterscheidung der Objekte von uns
berechtigt nur die Konstanz und Wirkungsfähigkeit des Wahrgenommenen.
Das Außenweltsbewußtsein besteht in einem unbewußten Schlüsse, der sich
mit der Wahrnehmung innigst verknüpft. Die Natur unseres Denkens nötigt
uns, nach der Ursache der Empfindungen zu fragen, und wir müssen diese
Ursache außer uns suchen, da die Wahrnehmungen von unserer Tätigkeit nicht
abhängen. In gewissem Umfange können wir das, was den Dingen selbst zu-
kommt, vom Subjektiven unterscheiden und so mittelbar (durch Vergleichung,
verifizierte Annahmen) die Dinge erkennen, wie sie selbst sind. Die Kausa-
lität erleben wir unmittelbar nur in unseren eigenen Willenshandlungen. Die
Einheit des Selbstbewußtseins ist nur möglich, wenn ein einheitliches Wesen,
die Seele, vorhanden ist, in welchem und durch welches die Einheitssynthese
erfolgt. Die Welt kann nie ohne Leben und Vernunft gewesen sein, „weil die
gleichen Ursachen, welche das Leben und die Vernunft jetzt hervorbringen,
schon von Ewigkeit her wirkten und sie daher immer hervorgebracht haben
müssen". Die Welt als Ganzes müssen wir als das Werk der absoluten
Vernunft betrachten, die mit unbedingter Notwendigkeit wirkt. „Aber weil
es ein und dieselbe Ursache ist, aus der alle Wirkungen in letzter Beziehung
entspringen, weil #lle Naturgesetze nur die Art und Weise bezeichnen, die diese
Ursache, der Notwendigkeit ihres Wesens entsprechend, nach verschiedenen
Zeller — Zenon. 851
Seiten hin wirkt, muß aus der Gesamtheit dieser Wirkungen notwendig ein in
allen Teilen zusammenstimmendes Ganzes, eine in ihrer Art vollkommene, mit
absoluter Zweckmäßigkeit eingerichtete Welt hervorgehen." Das Sittliche
besteht in der Herrschaft des Vernünftigen, Geistigen über das Sinnliche.
Die Keligion ist Bewußtsein des Göttlichen nach seiner Beziehung anfs
Subjekt, ., Leben des Subjekts in Gott". Sie hat eine empirische Grundlage
im Gefühl, ist aus Bedürfnissen, aus Furcht und Wunsch entstanden und
dient dem Streben, sich durch Verbindung mit der Gottheit Güter zu er-
werben und Übel los zu werden. Im Denken hat sie eine apriorische Grund-
lage, darf aber nicht rein intellektualistisch aufgefaßt werden.
Schriften: Platonische Studien, 1839. — Krit. Eundschau über die neuesten Be-
arbeit. d. christl. Glaubenslehre, Theol. Jahrb. 1843 (vgl. 1842). — Die Philosophie
der Griechen, 1844 — 52; 2. A. 1855—68; 3.-5. Ä., 3 Teile in 6 Bdn., 1879—1909
(Hauptwerk). — Das theol. System Zwingiis, 1853. — Vorträge und Abhandlungen,
1865; 2. A. 1875; 2. Samml. 1877; 3. Samml. 1884 (Über Bedeut. u. Aufgabe der
Erkenntnistheorie, 1862; Über die Aufgabe der Philos., 1868; Über teleol. u. mechan.
Naturerklär., 1876; Über das Kantsche Moralprinzip, 1879; Über Begriff und Begründ.
der sittl. Gesetze, 1882; Über die Gründe unseres Glaubens an die Realität der Außen-
welt, 1884, u. a.). — Gesch. d. deutschen Philos. seit Leibniz, 1872; 2. A. 1875. —
Staat u. Kirche, 1873. — Über d. Messung psych. Vorgänge, 1881. — D. Fr. Strauß,
1874. — Friedrich d. Große als Philosoph, 1886. — Grundriß d. Gesch. d. griech.
Philos., 2. A. 1886; 9. A. 1908. — Kleine Schriften I, 1910, u. Abhandlungen zur
Gesch. d. Philos. — Erinnerungen eines Neunzigjährigen, 1908. — Vgl. DlELS, Gedächt-
rede auf Zeller, 1908.
Zenker, Ernst Viktor, geb. 1865 in Postelberg (Böhmen), lebt in Wim.
= Evolutionistischer Ethiker und Soziolog. Gut ist, „waa den Bedingungen
der Sozialität entspricht und ihre natürliche Entwicklung fördert'-.
Schriften: Der Anarchismus, 1895. — Die Gesellschaft, 1899—1903. — Soziale
Ethik, 1905, u. a.
Zenodotos: 1. Schüler des Diogenes von Seleukia. Stoiker; 2. Schüler
des Isidoros, Neupiaton iker.
Zenon aus Elea, wirkte als Staatsmann und Philosoph in Elea nun
460 v. Chr.), wo er bei einem Aufstande gegen den Tyrannen von Elea ge-
storben sein soll.
Z., den Aristoteles den „Erfinder der Dialektik" nennt, sucht die Lehren
des Parmenides von der Einheit und Beharrlichkeit, UnTeränderlichkeM des
Seienden indirekt, durch Aufzeigung der in der gegenteiligen Annahme Li«
den Widersprüche, zu erhärten. Es kann keine Vielheit geben, denn das
Viele müßte zugleich unendlich groß und unendlich klein (weil au- unendlich
vielen unendlich kleinen Teilen bestehend), begrenzt und zugleich unbegrenzt
sein. Auch der Raum kann nichts Wirkliches Bein; fei all.- Beiende in einem
Raum, dann muß auch der Raum in einem Baum sein und dies führt wi
ins Unendliche. Vor allem aber bekämpft Z. dir Realität der Bewegung.
Die Bewegung ist unmöglich, denn das Bewegte bewegt sich weder da. i
gerade ist, noch da, wo es nicht (noch und schon nicht im .
852 Zenon.
ol'i' iv o) sott Tojico HivsTtai ovT ev a> fxij k'ati, Diog. L. IX, 72). Vier Argu-
mente {Xöyoi) bringt Z. vor: Bewegung kann nicht stattfinden 1. wegen der
unendlichen Zahl von Zwischenorten , die das Bewegte durchlaufen müßte ;
2. Achilleus kann die Schildkröte nicht einholen, weil diese ihren Ort schon
verlassen hat, wenn er diesen erreicht hat; 3. der fliegende Pfeil ruht, denn er
ist in jedem Moment nur an einem Orte; 4. der halbe Zeitabschnitt ist gleich
dem ganzen, denn der nämliche Punkt durchläuft (je nach der Messung an
einem Euhenden oder an einem Bewegten) einen gleichen Weg einmal im
halben, dann im ganzen Zeitabschnitt („Stadion"; Aristot. Phys. VI, 9). Daß
die Stetigkeit der Zeit und Bewegung von Z. verkannt wird, bemerkt schon
Aristoteles (vgl. Bayle, Spinoza, Leibniz, Hegel, Mill, Dühring, Ueberweg,
Kühnemann, Bergson u. a.).
Schriften: Fgä/u/uata (nicht erhalten). Fragmente bei DlELS, Fragmente der
Vorsokrat. I. — Vgl. E. WELLMANN, Z.s Beweise gegen die Bewegung, 1870. —
DUN AN, Zenonis Eleatici argumenta, 1884. — PETRONIEVICS, Arch. f. Gesch. d.
Philos. XX, 1906.
Zeil oii aus Kition (Kypern), der Sohn des Kaufmanns Mnaseas, geb.
um 340 v. Chr., war eine Zeitlang Kaufmann, ging um 315 v. Chr. nach
Athen, wo er Schüler des Kynikers Krates, des Megarikers Stilpon und der
Akademiker Xenokrates und Polemon wurde, später (um 308) in der „Stoa
Poikile" die Stoische Schule (s. d.) gründete und nach langer Wirksamkeit
durch Selbstmord geendigt haben soll. In Athen stand Z. in hohem Ansehen,
auch Antigonos von Makedonien ehrte ihn sehr. Nach seinem Tode errichteten
ihm die Athener eine Ehrensäule. = Über die Lehren Zenons s. den Artikel
„Stoiker". Die Volksreligion deutete Z. allegorisch. Die Philosophie hat nach
ihm einen praktisch-ethischen Zweck und besteht aus Logik, Physik und Ethik,
die Z. mit dem Knochengerüst, dem Fleisch und Blut und der Seele ver-
gleicht. Die Vorstellung bestimmt er als Abdruck in der Seele (rvjKooig iv
tffvxfj). Die Wahrnehmung vergleicht er mit den ausgestreckten Fingern, die
Zustimmung {ovyxaxddsoig) mit der halbgeschlossenen Hand, die Erfassung des
Gegenstandes (xatätyxpig) mit der Faust, das Wissen mit der Ergreifung der
Faust durch die andere Hand (vgl. Diog. L. VII).
Schriften: üokizeia; jregi zov xaxä cpvoiv ßiov; tisqi oQfifjg; Jiegl dvßgcojrov
rpvoscog; tisqI itadwv ; jisqi xaftrjxovtog u. a. Von ihnen sind nur Fragmente er-
halten. — Vgl. ARNIM, Stoicorum veterum fragmenta I, 1905. — ZELLER, Philos. d.
Griechen III. — Fragments of Zeno and Cleanthes, hy A. C. Pearson, 1891. — WEI-
GOLDT, Z., 1872. — E. WELLMANN, Die Philos. des Stoikers Z., 1873. — POP-
PELREUTER, Die Erkenntnislehre Z.s u. Kleanthes, 1891. — Th. GOMPERZ, Zur
Chronologie des Stoikers Z., 1903.
Zenon aus Sidon, geb. um 150 v. Chr., Schüler des Apollodoros, lehrte
in Athen, wo ihn Cicero hörte. = Epikureer.
Zenon aus Tarsos, Schüler und Nachfolger des Chrysippos. = Stoiker
(aber gegen die Lehre vom Weltbrande).
Zerbst — Ziegler. 853
Zerbst, Max, geb. 1863 in Jena, lebt in Argeisried bei München. =
Von Nietzsche beeinflußt.
Schriften: Philosophie der Freude, 1904. — Zu Zarathustra, 1905. — Nietzsche
der Künstler, 1907. — Die vierte Dimension, 1907, u. a.
Ziegler, Heinrich Ernst, geb. 1858 in Freiburg i. Br., Prof. der Zoologie
in Jena, seit 1909 Prof. in Hohenheim. Herausgeber der Sammlung ..Natur
und Staat", 1903 ff. (mit Einleitung, 1903). = Darwinist, auch in soziologischen
Fragen (Sozial-aristokratischer Standpunkt).
Schriften: Die Naturwissenschaft und die sozialdemokratische Theorie, 1894. —
Über den derzeit. Stand der Deszendenzlehre, 1901. — Lehrb. d. vergleich. Entwick-
lungsgesch. der niederen Wirbeltiere, 1902. — Der Begriff des Instinktes einst und
jetzt, 1904; 2. A. 1910. — Die Vererbungslehre in d. Biologie, 1905. — Zoologisches
Wörterbuch (mit andern), 1907 f.; 2. A. 1911, u. a.
Ziegler, Joh. Heinrich, geb. 1857 in Winterthur, lebt in Kefikon. =
Nach Z. ist es möglich, daß die Materie die Erscheinung von rotierenden
Atherteilchen (Elektronen) ist. Die (selbstbewegten) Uratome haben Kugelform.
Kraft ist „Angreifbarkeit in aktivem und passivem Sinne". Die „Natur" ist
die Allmacht, die kollektive Einheit, Gott; von ihr ist die Welt als Mannig-
faltigkeit von Zuständen verschieden, sie ist das „Gebilde" der Natur, das
„Angesicht Gottes". Die Einheiten der Urkraft sind „Lichtpunkte" („ewiges
Licht"). Unser Seelenleben beruht auf dem Wechsel und den Wirkungen
äußerer und innerer geistiger Einflüsse, d. h. „weltlicher, vorübergehend aus
ewigem Licht gebildeter Geister".
Schriften: Die universelle Weltformel, 1902 f. — Die wahre Einheit von Religion
u. Wissenschaft, 1904. — Konstitution und Komplemcntät der Elemente, 1908. — Die
Struktur der Materie und das Welträtsel, 1908, u. a.
Ziegler, Johannes, geb. 1862 in Göppingen (Württemberg), Überlehrer
in Cöln a. Eh.
Schriften: Das Assoziationsprinzip in der Ästhetik, 1900. — Das Komische,
1900, u. a.
Ziegler, Leopold, geb. 1881 in Karlsruhe, lebt daselbst. = Anhinge!
E. v. Hartmanns. Die Kultur ist von der Zivilisation, dem praktischen Ver-
halten, als Mittel zur Glückseligkeit und auf Illusion beruhend, scharf zu
unterscheiden. Sie ist „die gemeinsame Wirklichkeitsgestaltimg dessen im I ■■
wußtsein, was die Natur allenthalben unbewußt vollbringt: die Realisation
des objektiven Gattungszweckes". Die Kultur ist „die Gesamtheit aller Be-
ziehungen des Menschen zum objektiv daseienden, ewig bewußtlosen W.lt-
geiste, der im Menschen zum Bewußtsein seines eigenen Willens gelangt and
dessen Richtung der Selbst-Befreiungsprozeß des unbewußten göttlichen
Wesens im menschlichen Bewußtsein und Dasein bedeutet". Das Problem des
Tragischen ist letzten Endes metaphysischer Art. Die tragische Schuld ist
die „notwendige Willensüberspannung eines individuell« m Prinzips", die „Alo-
gizität des immanenten Willens", die „Verkehrung einer an sich Logischen
854 Ziegler — Ziehen.
Absicht in eine überwiegend alogische".- Der tragische Tod ist nur ein Sym-
bol, welches die Vernichtung des Individualwillens ankündigt, der tragische
Prozeß die „Überwindung des Willens durch die Idee". Das Tragische ist ein
Daseinsgesetz von kosmischer Bedeutung.
Schriften: Zur Metaphysik des Tragischen, 1902. — Das Wesen der Kultur,
1903. — Der abendländische Rationalismus und der Eros, 1905.
Ziegler, Theobald, geb. 1846 in Göppingen (Württemberg), Prof. in
Straßburg (seit 1886).
Z. vertritt eine Art Positivismus. Der primäre, allen Bewußtseinsvor-
gängen, auch dem Denken und Willen, zugrunde liegende psychische Zustand
ist das Gefühl. Die Lust ist die psychische Seite des Lebens, d. h. der Be-
tätigung des Vermögens, jedem als neu auftretenden Reiz gegenüber sich selbst
zu behaupten. Das Gefühl ist das psychische Zeichen für den Selbstbehaup-
tungsakt. Es zeigt uns den Wert, den ein Reiz für uns hat und erzwingt
demselben durch seine Wertung den Eintritt in unser Bewußtsein. Der Wille
zeigt sich nur als Gefühl; dieses ist primär, das Vorstellen sekundär, das
Wollen tertiär. Das Gefühl ist auch das Bestimmende in der Assoziation.
„Solche Vorstellungen werden reproduziert, welche mit unseren jeweiligen
Stimmungen und Gefühlen harmonieren, dadurch selbst Gefühlswert erhalten
und durch diesen sich eben jetzt den Eintritt in das Bewußtsein erzwingen.
Und fürs zweite: „Was einmal zusammen unser Interesse erregt hat, uns an-
genehm oder unangenehm war, das kehrt auch zusammen wieder." Die
Willensfreiheit besteht nur in dem Ausgehen meiner Handlungen von mir
selbst. Wir handeln stets auf Grund der stärksten Motive; der Glaube, wir
hätten auch anders handeln können, ist eine Illusion. Das Sittliche ist ein
Entwicklungsprodukt, es ist aus Trieben und vernünftiger Überlegung hervor-
gegangen und ist historisch-sozial bedingt, wechselnd. Gut ist, was der Gesell-
schaft und zuhöchst der Menschheit nützt (Sozialteleologischer Standpunkt).
Bezüglich der Religion denkt Z. ähnlich wie D. Fr. Strauß, bezüglich der
sozialen Frage, die nach ihm eine ethische Frage ist, ähnlich wie F. A.
Lange.
Schriften: In Sachen des Straußschen Buches: Der alte und der neue Glaube,
1874. — Lehrb. d. Logik, 1876; 2. Ä. 1881. — Republik oder Monarchie? 1877. —
Die Ethik der Griechen und Römer, 1881. — Gesch. d. christl. Ethik, 1886; 2. A.
1892. — Sittliches Sein und sittliches Werden, 1890. — Die soziale Frage eine sittl.
Frage, 1891; 6. A. 1899. — Religion und Religionen, 1893. — Das Gefühl, 1893;
4. A. 1908. — Gesch. der Pädagogik, 1895 ; 2. A. 1904. — Die geistigen u. sozialen
Strömungen des 19. Jahrhund., 1899; 2. A. 1901. — Glauben u. Wissen, 1899; 2. A.
1900. — Fr. Nietzsche, 1900. — Allgem. Pädagogik, 1901; 2. A. 1905. — Schiller,
1905. — D. Fr. Strauß, 1908 f. — Individualismus u. Sozialismus, 1899, u. a.
Ziehen, Theodor, geb. 1862 in Frankfurt a. M., Prof. in Berlin. Her-
ausgeber der „Monatsschr. f. Psychol. u. Neurologie".
Z. ist einer der bedeutendsten Vertreter der physiologischen Psychologie,
die bei ihm den Charakter der Assoziationspsychologie hat: zugleich
Ziehen — Zimmer. 855
vertritt er eine Art Immanenzphilosophie (ähnlich wie Verworn u. a.). Die
Assoziation ist der „ Vorgang der Aneinanderreihung der Vorstellungen". Ihr
•Grundgesetz lautet: „Jede Vorstellung ruft als ihre Nachfolgerin entweder eine
Vorstellung hervor, welche ihr inhaltlich ähnlich ist, oder eine Vorstellung,
mit welcher sie oft gleichzeitig aufgetreten ist" (innere und äußere Assoziation).
Die Assoziation beruht wie die anderen psychischen Prozesse auf Vorgänge in
der Hirnrinde (Koordinationen, Leitungsprozesse u. a.). In bestimmten Gang-
lienzellen-Gruppen werden Erinnerungsbilder deponiert und dies ist die „Ke-
tention". Die Erinnerungsbilder sind materielle Veränderungen, mit denen
psychische Zustände als „Epiphänomen" einhergehen. Alles Psychische als
solches ist bewußt, unbewußt können nur Gehirnprozesse sein. Auf zusammen-
gesetzten Assoziationen beruht alles Denken; die „Apperzeption" ist ein mysti-
sches Seelen vermögen. Wir müssen denken, wie die gerade vorhandenen
Assoziationen es bestimmen, wrobei der Vorgang von Bewegungsempfindungen
begleitet ist. Das Urteil besteht nur im Hinzudenken einer „Beziehungsvor-
stellung" zu zwei Vorstellungen. Ein besonderes Willens vermögen gibt es
nicht; das Wollen reduziert sich auf Vorstellungen intendierter Bewegungen,
begleitet von Gefühlstönen.
Die Objekte sind Empfindungskomplexe. Jede Empfindung hat einen
„Reduktionsbestandteil" und die „reduzierten Empfindungen", die unabhängig
vom individuellen Erleben sind, bilden die Dinge der Außenwelt.
Schriften: Physiolog. Psychologie, 1891; 8. A. 1908. — Psychiatrik, 1894;
3. A. 1907. — Psychophysiol. Erkenntnistheorie, 1898; 2. A. 1907. — Über die allge-
meinen Beziehungen zwischen Gehirn- und Seelenleben, 1902. — Die Geisteskrankheiten
•des Kindesalters, 1902—06. — Das Gedächtnis, 1908. — Das Verhältnis der Herbart-
schen Psychol. zur physiol.-experim. Psychol., 1900, u. a.
Ziller, Tuiskon, geb. 1817 in Wasungen, 1853 Privatdozent in Leipzig,
1864 Prof. der Pädagogik daselbst, gest. 1882. = Herbartianer (Begriff der
„Konzentration", des „Gesinnungsunterrichts", „Gesinnungsstoffe";.
Schriften: Einleitung in die allgemeine Pädagogik, 1856; 2. A. 1901. — Die
Eegierung der Kinder, 1857; 2. A. 1904. — Grundleg. zur Lehre vom erziehenden
Unterricht, 1865. — Herbartsche Reliquien, 1871. — Allgem. philos. Ethik, 1880;
2. A. 1886, u. a.
Zimara. Marcus Antonius, geb. 14t)0 in Galatina bei Otranto, leinte
in Padua und Rom Philosophie, gest. in Padua 1532. = Averroistischer
Aristoteliker.
Schriften: Quaestio de movente et moto; Quaestio de prineipio individuationis,
1505. — Tabula dilueidationum in dieta Aristotelis et Averrois, 1564. — Antrum
magicorum, 1625.
Zimmer, Patritius Benedict, geb. 1752, seit L783 Pro! in Dillingen,
1799 in Ingolstadt, dann in Landshut, gest. daselbst 1820. = Katholisierender
Anhänger Schellings.
Schriften: Philos. Religionslehre, 1805. — Untersuchung über den Begriff und
•die Gesetze der Geschichte, 1817.
866 Zm mi: b mann — Zwanziger.
Zimmermann, Robert, geb. 1824 in Prag, 1849 Privatdozent in Wien,.
1852 Prof. in Prag, 18G1 in Wien, gest. daselbst 1898. = Herbartianer. Das
Ästhetische liegt blos in der „Form", nicht im Stoff. Das Einfache erregt
kein ästhetisches Gefallen oder Mißfallen. In seiner „Anthroposophie" ver-
bindet Z. die Herbartsche Realen-Lehre mit der Atomistik zu einer Art Mona-
dologie.
Schriften: Leibniz' Monadologie, 1847. — Leibniz und Herbart, 1849. — Das
Rechtsprinzip bei Leibniz, 1852. — Über Leibniz' Konzeptualismus, 1844. — Leibniz
und Lessing, 1855. — Philos. Propädeutik 1852; 3. A. 1867. — Über das Tragische
und die Tragödie, 1856. — Geschichte der Ästhetik, 1858. — Schiller als Denker,
1859. — Philos. und Erfahrung, 1861. — Allgemeine Ästhetik, 1865. — Studien und
Kritiken zur Philos. und Ästhetik, 1870. — Kant und die positive Philos., 1874. —
Die Perioden in Herbarts philosoph. Geistesgang, 1876. — Anthroposophie im T'm-
riß, 1882.
Zöllner, C. F., geb. 1834 in Berlin, Prof. der Astrophysik in Leipzig,.
gest. daselbst 1882. = Auf Grund metageometrischer Spekulationen gelangt Z.
zu einer Art Spiritismus und betrachtet die Körper als Schattenbilder der vier-
dimensionalen Welt der Dinge an sich. Im übrigen ist Z. Hylozoist. Die
Atome sind beseelt. Der Übergang von potentieller in aktuelle Energie bereitet
Lust, das Umgekehrte Unlust.
Schriften: Über die Natar der Kometen, 3. A. 1882. — Wissensch. Abhand-
lungen, 4 Bde., 1878 f. — Prinzipien einer elektro-dynam. Theorie der Materie, 1876.
— Die transzendentale Physik u. d. sog. Philos., 1879. — Vgl. M. WlRTH, F. Zöllner,
2. A. 1882; Z.s Hypothese intellig. vierdimensionaler Wesen, 1878. — (W. ist An-
hänger Z.s).
Zorzi, Francesco (Franciscus Georgius Venetus), geb. 1460 in Venedig,
Franziskaner, gest. 1540. = Z. lehrt im Sinne einer pythagoreisierenden Mystik.
In der Welt ist alles nach Zahlen geordnet und zwischen den irdischen und
himmlischen Dingen besteht eine Harmonie. Gott, die Eins, steigt in die
Geschöpfe herab in der Harmonie von drei Enneaden (neun Ordnungen der
Intelligenzen, neun Himmel, neun Arten der vergänglichen Dinge). Jede
Enneade besteht aus vier Elementen, welche in Gott die Ideen der Dinge, in
der Natur die Samen derselben sind. Der xMensch ist ein Mikrokosmus, der
alle Enneaden enthält. Die Welt ist ein lebendes Wesen mit einer Seele. Die
menschliche Seele ist eine göttliche Substanz, die alles erkennen kann, weil sie
die intelligiblen Formen der Dinge in sich hat. Gott ist Geist, und in der
Ekstase gelangt die Seele zur Vergottung.
Schriften: De harmonia mundi, 1525.
Znccante, Giuseppe, Prof. in Mailand. = Z. vertritt einen kritischen.
Idealismus in Verbindung mit einer empirisch fundierten Metaphysik.
Schriften: Saggi filosofici, 1892. — Morale ed empiriemo, 1892. — La dottrina
della coscienza morale nello Spencer, 1896. — La morale utilitaria dello St. Mill, 1899.
— Fra il pensiero antico e il moderno, 1905, u. a.
Zwanziger, Johann Christian, geb. 1723 in Leutschau (Ungarn), Privat-
dozent und Lehrer in Leipzig, gest. daselbst 1808. = Anhänger Kants.
Zwanziger — Zwingli. 857
riften: Theorie der Stoiker und Akademiker von Perzeption und Probabilis-
18. — koroniontar über Herrn Prof. Kants Kritik der reinen Vernunft, 1792.
— Kommentar Mm -itik der prakt. Vernunft, 1794. — Unparteiische Erläuterung
über die Kantsche Lehre Ton den Ideen und Antinomien, 1797, u. a.
Bwtogllj l'lrich. 1 1, der berühmte Theolog und Reformator.
xi '/.. isl roo den Alten (Flatoi Cica & ca a. a.i beeinflußt. Er vertritt
Determinismus und den Optimismus. Alles lebt in
hat in ihn. 8i in.
iae tulei ; De pro\ idontia ; Apologetieus
u. a. Opera. V. I I l ER, Das theologische System
/.«, I.v.3 W. THOMAS, DM I CÜGELGEN, Die
Kthu
Nachträge und Ergänzungen.**
A.
lall. \. geb. 18» v 3 hriften: H. Taine, deutsch 1898.
— 1! d Denker. 1906. — Zur Frage der Hemmung bei der Auf-
fiaaiBg gleicher Reise, Zeitact . u a.
\;u*. k\. geb. 18* Die Erwartung, 2. A. 1911.
thhotl. rnas, gel in, Proi
Schriften: — KanU lntroduction to Logic, 1886. —
BUaienu of Logic, 3. ed. 1895, u. a.
\Im-imIi ntli.
•cd: Di» Troblem im -, 1889.
irh, \ -ll' «l.-r „Beitrage nu
PfTchol.
%4'h«'li».
\rktrUnr< in. - ritbibliothekai in
Stettin — A. fahrt
Schriften orie der • hen. 1
Adam, tor der üniverritäl Nancy.
•Mnent eath/tique, - Ktudes nur les prin< ipaux
lili.-L«-«. I tbingen.
\«||«r. | ( •..luiiihia-riiiver-ität.
%«ll«-r„ Max, | t.riften: I. Kant, 1904,
%<flli«»«-ti. P. Beda h bdt, Leb! in Stifl ftfelten.
Schriften: Praefatione* ad artia acholaaticae int er Occidental es fata, 1898. —
Abhaa41aage« im im .
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d»-r irn Laufe d< il aU
rjufy]]' h • '- h .-.•.•, i, •• . • i • • r u ri _- '!• - Kahmens entsprechen.
860 Aegydius — Apel.
Aegydins (Gilles) von Lessines, Schüler Alberts des Großen,
Dominikaner im Kloster St. Jacques in Paris. = Aeg. ist Thomist und ver-
teidigt die Lehre von der Einheit der die Individualität eines Wesens be-
dingenden Form.
Schriften: De unitate formae, hrsg. von M. de Wulf, 1902.
Aicher, Severin, geb. 1882 in Mahlstetten, Vikar in Stuttgart.
Schriften: Kants Begriff der Erkenntnis, verglichen mit dem des Aristoteles,,
1907, u. a.
Alemannia Vittore. geb. 1869 in Florenz. — Schriften: L'elemento psi-
chico, 1903. — P. Ceretti, 1904. — Pensiero e azione, Eiv. di filos., 1905, u. a.
Alexander 9 Bernät, geb. 1850 in Budapest.
Alexander, Samuel, geb. 1859 in Sidney, Prof. in Manchester.
iliotta. Antonio, geb. 1881 in Palermo, Privatdozent in Florenz.
Schriften: Scetticismo antico e sc. moderno, 1903. — La creazione nell' arte e-
nella natura, 1904. — Psicol. della credenza, Eiv. filos., 1904. — La misura in psicoL
sperimentale, 1905, u. a.
Allievo, G., geb. 1830 in San Germano Vercellese, Prof. in Turin.
Air atz, Sydney, geb. 1868 in London, Prof. in Upsala.
Ambrosi, Luigi, geb. 1870 in Castro dei Volsci, Privatdozent in Bom.
Amnion, Otto, geb. 1842 in Karlsruhe, lebt daselbst. — Schriften: Der
Darwinismus und die Sozialdemokratie, 1891. — Die natürl. Auslese beim Menschen,
1893. — Die Gesellschaftsordnung, 3. A. 1900. — Der Ursprung der sozialen Triebe,.
Zeitschr. f. Sozialwiss., IV, 1901, u. a.
\mrhein, Hans, geb. 1875 in Hemer, Seminar-Oberlehrer in Rheydt.
= Kritizistischer Standpunkt.
Schriften: Kants Lehre vom Bewußtsein überhaupt, 1908 (Das „Bewußtsein über-
haupt" ist ein rein transzendentallogischer, weder psychologischer noch metaphysischer
Begriff).
An ei Hon. — Schriften: Kecherches critiques et philosophiques sur l'ente-
lechie d'Aristote, 1804 f. — Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen, 1828 — 31.
Andreas, Lou, geb. Salome (A.-Salome), geb. 1861 in Petersburg, lebt
in Göttingen, war mit Nietzsche befreundet.
Schriften: Im Kampf um Gott, 1885. — F. Nietzsche in seinen Werken,
1894, u. a.
An gell, James Rowland, geb. 1869 in Burlington, Prof. in Chicago.
Schriften: Psychology, 1905, u. a.
Anselm von Canterbury. — Vgl. J. FISCHER, Die Erkenntnislehre A.&
ron C, 1911.
Apel, Max, geb. 1869 in Berlin. — Schriften: Krit. Anmerk, zu Haeckel»
,, Welträtsel ", 4. A. 1905. — Kant, 1904. — Kommentar zu Kants „Prolegomena",
1908. -- Haeckels Weltanschauung, 1908. — Wie studiert man Philosophie? 1911. —
Die Grundbegriffe der Kritik der reinen Vernunft, 1894.
Apel — Auerbach. 861
Apel, Paul, geb. 1872 in Berlin. — Schriften: Ich und das All, 1907. —
Die Macht der Seele, 1908. — Das innere Glück, 1909.
Apelt, E. F. — Schriften: Metaphysik, hrsg. von R. Otto, 1910 (Bibl. der
Gesamtliteratur).
Apelt, Otto, geb. 1845 in Jena, Gymnasialdirektor daselbst.
Schriften: Beiträge zur Gesch. d. griech. Philos., 1891. — Der Wert des Lebens
nach Piaton, 1907, u. a.
Ampere, A.-M. — Vgl. B. LORENZ, Die Philosophie A.-M. A.s, 1908.
Ardigo, Prof. in Padua. = Nach A. ist die Erfahrung die Übersetzung
■des Rhythmus des Realen in ihren eigenen Rhythmus und ist wahr in diesem
Sinne, als Zeichen für die objektiven Tatsachen, denen sie entspricht. Die
Anschauungs- und Denkformen sind organisch gewordene Rhythmen der Er-
fahrung. Die Wissenschaft macht Deutlichkeitsabschnitte im Kontinuum der
Realität (Opere filos. VI).
Vgl. J. BLUWSTEIN, Die Weltanschauung R. Ardigös, 1911.
d'Argens, Jean Baptiste, geb. 1704 in Aix, gest. 1771 bei Toulon.
Arleth, Emil, geb. 1856 in Eperies, gest. 1909.
Arnim, Hans von, geb. 1859 in Freienwalde, Prof. der klass. Philologie
in Wien.
Schriften: Stoicorum veterum fragmenta, 1903 ff., u. a.
Arndt, A. = A. lehrt einen Monismus des Gesetzes. Das Weltgesetz
ist eins mit der Liebe, die alles verbindet.
Schriften: Betrachtungen zu einer Erneuerung uns. Lebens, 1905. — Über die
Einheit der Gesetze, 1907.
Arnold, G. F. — Schriften: Psychology applied to legal evidence, 1906. —
Attention and Interest, 1910.
Arrhenins, Svante, geb. 1859, Prof. in Stockholm. = A. vertritt eine
kosmozoische Hypothese vom Ursprung des Lebens (durch Strahlungsdruck
gelangten Lebenskeime auf die Erde).
Schriften: Das Werden der Welten, 3. A. 1908. — Die Vorstellung vom Wandel
4er Zeiten, 1909.
Aster, E. von. = Kritizistischer Standpunkt.
Schriften: Untersuch, über den logischen Gehalt des Kausalgesetzes, 1905. —
Über Aufgabe und Methode in den Beweisen der Analogien der Erfahrung in Kants
Kritik der reinen Vernunft, Archiv f. Gesch. der Philos. XVI, 1903. — L Kant,
1909, u. a.
Astnraro, Alfonso, Dozent in Genua. = Schriften: Clawif. della mo-
rale, 1890. — Gli ideali del positivismo, 1892. — I ritmi, sociali, 1894. — La
sociologia, 1890. — Le classif. delle scienze, 1898. — 11 concetto della sociologia,
1899. u. a.
Auerbach, Felix, Prof. der Physik in Jena. = Nach A. wirkt die
organische Entwicklung der Entropie entgegen, d. h. „ektropiflch".
862 Auerbach — Baumgarten.
Schriften: Kanon der Physik, 1899. — Die Weltherrin und ihr Schatten. —
Grundbegriffe der modernen Naturlehre, 3. A. 1910, u. a.
Augustinus. — Vgl. H. Becker, a., 1908. — J. Mausbach, Die Ethik
des heiligen Augustinus, 1909.
Austin. John, geb. 1790 in Creating Mill, Jurist, 1826—32 Prof. in
London, gest. 1859. = Utilitarist.
Schriften: The Province of Jurisprudence, 1832; 2. ed. 1863. — Lectures of
Jurisprudence, 1861 — 63; 5. ed. 1885.
Azais. Pierre Hyacinthe, geb. 1766 in Sorreze, gest. 1845 in Paris.
b.
Baconthorp, John, geb. in Baconthorp.
ßaenmker, Clemens, geb. 1853 in Paderborn. — Schriften: Aristoteles'
Lehre von den äußern und innern Sinnesvermögen, 1877. — Traktat gegen die Amal-
ricianer, 1893. — Avencebrolis Föns vitae, 1895. — D. europäische Philos. d. Mittel-
alters (Kultur d. Gegenw. I, 5, 1907), u. a.
Bagehot, W., geb. 1826 in Langport, gest. 1877 in London.
Baill. A., gest. 1903. — Schriften: Autobiography, 1904.
Baldinotti, Cesare, gest. 1820 als Prof. in Padua.
Bald will. James, geb. 1861 in Columbia. — Schriften: Darwin and the
Humanities, 1910.
Balfonr, A. J., geb. 1848 in Wittinghame. — Schriften: A Defense of
Philosophie Doubt, 1879.
Ballauf, Friedrich, geb. 1856 in Varel, Gymnasialprof. in Aurich.
Schriften: Die psychol. Grundlage von Herbarts prakt. Philos., 1893. — Ent-
stehung u. Bedeut. des Gefühls, 1898, u. a.
Bärenbach, geb. 1855.
ItarnL Jules, geb. 1818 in Lille, Prof. in Paris, lebte seit 1861 in Genf,
seit 1871 wieder in Paris, gest. 1878 im Seebad Mers. = Von Kant, Cousin
u. a. beeinflußt, durch seine Übersetzung Kants u. a. von Bedeutung.
Schriften: Artikel „Kant" in: Dictionnaire des sciences philos., hrsg. von Franck,,
III, u. a. — Vgl. O. KARMIN, J. B., Bericht über d. III. int. Kongreß f. Philos., 1909.
Barth9 P., geb. 1858 in Baruthe (Schlesien).
Baach, Bruno, geb. 1877 in Gr. Nossen, jetzt Prof. in Jena.
Schriften: Studien zur Philos. der exakten Wissenschaften, 1911. — Gesch. d.
Philosophie, V: I. Kant, 1911.
B an mann, Julius. — Schriften: Über die sogenannte raathemat. Methode
in der Mathematik, 1910.
Baumgarten, A., — Vgl. Poppe, a. G. b., 1907. — E. Bergmann,,
D. Begründ. d. deutschen Ästhetik durch B. und G. F. Meier, 1910.
Baumgartner — Belfort-Bax. 863
Banmgartner, Matthias, geb. 1865 in Schretzheim bei Dillingen, Prof.
in Breslau. = Thomistischer Standpunkt.
Schriften: Die Erkenntnislehre d. Wilhelm von Auvergne, 1893. — Die Philos.
d. Alanus de Insulis, 1896, u. a.
Banr. Ludwig, geb. 1871 in Oberdettingen, Prof. der kathol. Theologie
in Tübingen. = Thomistischer Standpunkt.
Schriften: Domin. Gundissalinus, 1903, u. a.
Bantaill, L. — Schriften: Manuel de philos. morale, 1866. — Experimental-
Psychologie, deutsch 1853.
Bazaillas, Albert, Prof. in Paris. = Mit Bergson verwandt. Die Musik
ist eine Manifestation des unbewußten Geisteslebens.
Schriften: La vie personelle, 1905. — Musique et inconscience, 1907.
Beccaria, Cesare, geb. 1738 in Mailand, gest. 1794 daselbst.
Becher, E. = „Mit unserem Seelenleben steht eine Welt materieller
Dinge an sich in wechselseitigem Wirkungszusammenhang. Insofern besteht
die Wechselwirkungshypothese zu Recht. Das Reale an sich ruft Sinnes-
wahrnehmungen hervor, die zunächst nur vereinzelte Dinge an sich mani-
festieren. Im Prinzip aber könnten alle materiellen Dinge an sich (auch die
für uns unwahrnehmbaren) und die seelischen Vorgänge sinnliche Er-
scheinungen hervorrufen. Dadurch tritt neben die Wirklichkeit an sich eine
Welt (prinzipiell möglicher, zum Teil lediglich gedachter) Erscheinungen, die
in ihrem Zusammenhang den der Wirklichkeit an sich abbilden, eine Parallele
zu ihm darstellen. Insofern hätten wir einen Parallelismus/' (Gehirn und
Seele, 1911).
Bechterew, Wlad. Michailowic von, geb. 1857 in Wiatka, Prof. in
St. Petersburg.
Beck, Friedrich, geb. 1864 in Wien, lebt daselbst. = Evolutionistischer
Standpunkt.
Schriften: Wollen und Sollen des Menschen, 1907.
Beck, Paul, geb. 1870 in Rosendorf, Oberlehrer in Leipzig.
Schriften: Die Nachahmung, 1904. — Die Ekstase, 1906, u. a.
Beetz, Karl Otto, geb. 1859 in Neustadt a. Rennsteig, Bearksschul-
inspektor in Gotha, Herausgeber der „Pädag. Warte".
Schriften: Einführ, in d. mod. Psychol., 1900; 2. A. 1907, u. a.
Beiart, Hans, geb. 1856 in Brugg (Schweiz), lebt in Freiburg i. Br. =
Von R. Wagner und Nietzsche beeinflußt.
Schriften (philos.): Wagner in Zürich, 1900—01. — Nietzsches Ethik, 1902.
— Nietzsches Metaphysik, 1904. — Haeckels Naturphilosophie, 1905. — Nietzsche u.
Wagner, 1907. — Nietzsches Leben, 1910, u. a.
Belfort-Bax, Ernest. geb. 1854 in Leamington. = Idealistisch-!
listischer Standpunkt.
Schriften: The Problem of Keality, 1892.
804 Belot — Bergson.
Belot, G., Prof. in Paris. = Positivistischer Standpunkt.
Schriften: Etudes sur la philos. morale du XIXe siecle, 1904. — Etudes de
morale positive, 1907, u. a.
Bender, H., geb. in Luxemburg, lebt in Eisenach.
Schriften: G. Bruno, 1890.
Benedikt, Moriz, geb. 1835 in Eisenstadt, Prof. der Medizin in Wien.
Schriften: Zur Psychophysik d. Moral u. d. Rechts, 1875. — Hypnotismus und
Suggestion. 1894. — D. Seelenkunde des Menschen, 1895. — D. biomechanische Denken,
1903. — Aus meinem Leben, 1906, u. a.
Bentham, George, geb. 1800 in Plymouth, gest. 1884.
Bergbohm, Karl, geb. 1841 in Riga, Prof. in Bonn.
Bergemann, P., geb. 1862 in Löwenberg.
Bergmann, Hugo, lebt in Prag. = Anhänger Brentanos.
Schriften: Untersuch, z. Problem d. Evidenz d. innern Wahrnehmung, 1908. —
Das philos. Werk Bolzanos, 1909, u. a. — Vgl. Arch. f. Kulturgesch. IX, 1911.
Bergson, H. = Le corps conserve des habitudes motrices capables de
jouer ä nouveau le passe; il peut reprendre des attitudes oü le passe* s'inserera
. . . mais en aucun cas le cerveau n'emmagasinera des Souvenirs ou des images.
— C'est vers l'action que perception et memoire sont tourn£es, c'est cette
action que le corps prepare. — . . Supposons que ma perception consciente ait
une destination toute pratique, qu'elle dessine simplement, dans Pensemble des
choses, ce qui interesse mon action possible sur elles: je comprends que tout
le reste m'echappe, et que tout le reste, cependant, soit de meme nature que
ce que je percois. — L'etat cerebral correspond exactement ä la perception.
II n'en est ni la cause, ni l'effet, ni en aucun sens le duplicat: il la continue
simplement, la perception 6tant notre action virtuelle et l'etat cebral notre
action commencee. —
L'univers matenel lui-meme, defini comme la totalite des images, est
une espece de conscience, une conscience oü tout se compense et se neutralise. —
La verite* est que la memoire ne consiste pas du tout dans une regression
du present au pass£, mais au contraire dans un progres du passe au present. . .
Nous partons d'un £tat virtuel, que nous conduisons peu ä peu, ä travers
une serie de plans de conscience differents, jusqu'au terme oü il se materia-
lise dans une perception actuelle . . . Dans cet £tat virtuel consiste le souvenir
pur. — . . Le souvenir pur est une manifestation spirituelle. —
. . . notre corps — la pointe mouvante que notre passe* pousse ä tout
moment dans notre avenir. —
L'esprit emprunte ä la matiere les perceptions d'oü il tire sa nourriture,
et les lui rend sous forme de mouvement, oü il a imprime* sa liberte. —
Si le röle le plus humble de Tesprit est de lier les moments successifs de
la duree des choses . . ., on concoit une infinite* de degres entre la matiere et
l'esprit pleinement de>eloppe\
Bernheim — Bodnär. 865
Bernheim, Ernst, geb. 1850 in Hamburg, Prof. in Greifswald.
Schriften: Geschichtsforschung u. Geschichtsphilosophie, 1880.
Bernstein, Ed., geb. 1850 in Berlin.
Bertling, Oskar, geb. 1845 in Badersleben, Prof. und ev. Prediger da-
selbst.
Schriften: Philos. Briefe, 1876. — Die Erkennbarkeit Gottes, 1885.
Was ist Wahrheit? 1906. — Gesch. d. alten Philos. oder Weg d. Erforsch, der Kau-
salität, 1907. — D. Johanneische Logos, 1907, u. a.
.Besant, Annie, geb. 1847. — Schriften: Karma, 1899. — Uralte Weisheit,
2. Ä. 1906. — Das Denkvermögen, 2. A. 1908. — Theosophie u. moderne psychische
Forschung, 1907, u. a.
Besser, L., Arzt in Bonn = Monistischer Standpunkt.
Schriften: Das der Menschheit Gemeinsame, 1895. — Unser Leben im Lichte
-der Wissenschaft, 1903. — Seele u. Sittlichkeit, 1904, u. a.
Biermann, Eduard, geb. 1878 in Bremen, Prof. d. Xationalök. in
Leipzig. = Von Wundt beeinflußt.
Schriften: Staat u. Wirtschaft I, 1905. — Zur Lehre von d. Produktion, 1904.
— Anarchismus u. Kommunismus, 1906. — D. Weltansch. d. Marxismus, 1908, u. a.
Biese, Alfred, geb. in Putbus.
Biese, R>. — Schriften: Grundzüge moderner Humanitätsbildung, 1886. —
Erkenntnisse u. Lebensweisheit in Aphorismen, 1904. — Kulturwissenschaftl. Weltan-
schauung, 1909.
Bilharz, A., geb. in Signiaringen.
ßillia. Lorenz Michelangelo, geb. 1860, Prof. in Turin. = Idealistischer
Standpunkt (Einfluß Kosminis).
Schriften: L'unitä dello scibile e la filos. della morale, 1896. — Lezioni di
filoB. della morale, 1897. — Süll' ipotes. dell' evoluzione, 1897, u. a.
Binet, Alfred, geb. in Nizza, gest. 1911. — Schriften: L'ötude experim.
de l'intelligence, 1907. — La suggestibilite, 1907.
Biunde, geb. 1806 in Borken, Pfarrer in Saarburg, gest. 1860 daselbst.
Blaue, E., geb. 1846 in Tain bei Valence.
Blanqui, Louis, geb. 1805 in Puyet Theniers, gest. 1881 in Paris.
Blakey. E. — Schriften: History of the Philosophy of Mind, 1848. —
History of Moral Science, 2 ed. 1836.
Blavatsky, Helene Petrowna, geb. 1831 in Jekaterinoslaw, gest. 1891
in London.
Schriften: Isis, 1876; deutsch 1907 f. — The Secret Doctrine,. 1888 ff. deutsch.
1897 — 1901. — The Key to Theosophy, 1897; deutsch 1907, u. a.
Blondel, Maurice, Prof. in Aix.
Bodnar, geb. 1839 in Xagy-Karoly.
Eisler, Philosophen-Lexikon. ^O
866 Böhm-Bawerk — Brasch.
Böhm-Bawerk9 Eugen von, geb. 1851 in Brunn, seit 1881 Prof. ch
Nationalök. in Wien. — Vertreter "der „abstrakten", psychologischen Richtung
der Nationalökonomie (Grenznutzentheorie u. a.).
Schriften: Kechte u. Verhältnisse vom Standpunkt d. volkswirtsch. Güterlehre,
1881. — Kapital u. Kapitalzins, 1884—89; 2. A. 1900. — Grandzüge d. Theorie d.
wirtsch. Güterwertes, 1886. — Posit. Theor. d. Kapitals, 1889; 2. A. 1902. — Zum
Abschluß d. Marxschen Systems, 1897, u. a.
BÖImer, A. N. — Schriften: Naturforschung u. Kulturleben, 3. A. 1890.
— Leben u. Weben der Natur, 1874. — Monismus, 1889.
JBoirac, E., geb. in Guelma (Algerien).
Holland, geb. 1854 in Groningen.
Bolliger, Adolf, geb. 1854 in Holziken, Pfarrer in Zürich.
Schriften: Das Problem der Kausalität, 1878. — Anti-Kant, 1882, u. a.
Boltzmann, geb. 1844 in Wien. = Nach B. sind die Atome veran-
schaulichende Denkmittel. Den Satz der Entropie begründet B. durch den
Hinweis darauf, daß die Richtung der Energie zur Entropie die wahrschein-
lichste aller Richtungen sei.
Bolzano. — Vgl. H. BERGMANN, B.s Beiträge zur philos. Grundlage der
Mathematik, 1909.
Bon, G. L., geb. 1841 in Nogent-le-Rotron — Schriften: Les opinion&
et les croyances, 1911.
Boole, George, geb. 1815 in Lincoln, gest. 1864 in Cork.
Bonhöffer, Adolf, geb. 1859 in Eschelbach, Prof., Bibliothekar in
Stuttgart.
Schriften: Epiktet u. d. Stoa, 1890. — Die Ethik des Stoikers Epiktet, 1894, u.a.
Bosanquet9 B. — Schriften: The Philosoph ical Theory of the State, 1910^
Rom <l<k<lll, J. — Schriften: Les maitres de la pensee contemporaine, 5. 6ä.
1907. — Socialistes et sociologues 2 ed. 1907. — Pragmatisme et modernisme, 1909. —
Le probleme de la mort, 4. ed. 1904. — Le probl. de la vie, 1901.
BontrOUX. — Vgl. BOELITZ, Kausalität u. Notwendigkeit in B.s Lehre von.
d. Kontingenz, 1907.
Brahn, Max, Prof. in Leipzig. = Anhänger Wundts.
Schriften: Exper. Beiträge zur Gefühlslehre, 1901, u. a.
Braid, James, geb. 1795 in Schottland (Grafschaft Fife), Arzt, gest. 1860
in Manchester. = Hauptbegründer des neuern Hypnotismus.
Schriften: Neurypnology, 1843. — Magic, witchcraft, animal magnetism, 3. ed.
1852. — Observations on trance, 1850. — Der Hypnotismus, deutsch von Preyer, 1882^
— Vgl. PREYER, D. Entdeck, d. Hypnot, 1881.
Braig, geb. in Kanzach.
Brascll, Moritz. — Schriften: Ges. Essays u. Charakterköpfe z. Philos. u~
Literat, 1885. — Die Klassiker d. Philos., 1884—85. — Deutsche Philosophie, 1897~
— Leipziger Philosophen, 1894, u. a.
Braux — Cantor. 867
Braun, Otto, geb. 1885 in Dorpat, Privatdozent in Münster.
Schriften: Schellings Vorlesungen über d. Methode d. akad. Studiums (Neudruck
1906). — Schelling als Persönlichkeit (Auswahl, 1909). — E. Euckens Philosophie u.
d. Bildungsproblem, 1909. — Schleiermachers Werke (Auswahl, 1910 ff.). — Zum
Bildungsproblera, 1911. — Herders Ideen zur Kulturphilosophie (Auswahl, 1911.) —
Systeraat. Studien zur Bedeutungsforschung I, 1911. — Grundriß der Philosophie des
Schaffens, 1911.
Broekdorff, Cay von, Dozent in Kiel. = C. vertritt einen objektiv-
idealistischen Standpunkt. Raum, Zeit, Substanz und Kausalität sind subjek-
tiv-objektiv.
Schriften: D. Studium d. Philos., 1903. — Gesch. d. Philos. u. d. Problem ihrer
Begreiflichkeit, 2. A. 1908. — Die wissenschaftliche Selbsterkenntnis, 1908; 2.A. 1911, u.a.
Brown, Peter, seit 1709 Bischof von Cork u. Ross, gest. 1735 in Cork.
Branner, C. = Daß alles aus „bewegten Dingen" (die an sich Bewußt-
sein haben) besteht, gilt nur für die dem Leben und dessen Zwecken dienende
Verstandeserkenntnis, während für das „geistige"' Denken die Wirklichkeit ein
einheitliches, ewiges Sein ist.
ßrnnschwicg, L£on. geb. 1869 in Paris.
Bnbnoff. Nicolai von, Privatdozent in Heidelberg. — Schriften: Zeit-
lichkeit und Zeitlosigkeit, 1911, u. a.
Bullinger, Anton, geb. 1831 in Keimlingen, Gymnasialprof. a. D. in
Dillingen, = Anhänger Hegels.
Schriften: Aristotel. Metaphysik, 1892. — D. Christentum im Lichte d. deutsch
Philos., 1895. — Hegel'sche Logik, 1900. — Hegels Naturphilos. 1903. — Hegels
Phaenom. d. Geistes, 1904. — Die Quintessenz d. wahren Philos. 1905, u a.
Barthogge, R., 1638—1694, Arzt und Philosoph, lebte in Plvmouth.
Butler- Joseph, geb. 1692 in Wantage, Bischof von Durham, gest. 1752
daselbst. = Anhänger Shaftesburys, Eudämonist.
Schriften : Fifteen Sermons, upon Human Nature, 1726. — The Analogy of Reli-
gion, 1736. — Works, 1896.
C.
Caird, Edward, geb. 1835 in Greenock.
Calderwood, Henry, geb. 1830 in Peebles, gest. 1897 in Edinburg.
Cantoni, gest. 1906.
Cantor, Georg, geb. 1845 in St. Petersburg, seit 1879 o. Prof. in Halle.
= Begründer der Mannigfaltigkeitslehre (Unterscheidung von Anzahl und
Mächtigkeit; Begriff der „transfiniten" Zahlen).
Schriften: Gesammelte Abhandlungen, 1890 ff,
Cantor, Moritz, geb. 1829 in Mannheim, war seit 1S63 Prof. der Mathe-
matik in Heidelberg.
Schriften: Euklid u. sein Jahrhundert, 1868. — Vorles. üb. Gesch. d. Mathe-
matik. 3 Bde., 1880 ff.; 2.-3. A., 4 Bde., 1900 ff.
55*
868 Capelle — Chwolson.
Capelle, Willi, geb. 1871 in Hannover, Gymnasial- Oberlehrer in Hamburg.
Schriften: De Cynicorum epistulis, 1896. — Die Schrift von der Welt, 1905, u. a.
Capesins, Josef, geb. 1853 in Probstdorf, Seminardirektor in Hermann-
stadt = Herbartianer.
Schriften: Die Metaphysik Herbarts, 1878. — Abriß der Psychologie, 1900. —
Abriß der allgem. Pädagogik, 1902, u. a.
Carlyle. — Vgl. Mark, Th. 0., 1876. — Flügel, C.s relig. u. sittl. Welt-
ansch., 1887.
Cartis, Paul. = Mach C. ist die Philosophie eine „Philosophie der Form".
„Alle Wissenschaft besteht in einer Beschreibung von Formen und einem Ver-
folgen der Umwandlung von Formen." Die Philosophie als Wissenschaft (als
Anwendung von Wahrheiten = ,,Pragmatologiea) ist das Produkt der wissen-
schaftlichen Entwicklung der Menschheit. Allgemeinheit und Notwendigkeit
sind aus den Bedingungen der Konstruktion reiner Formen abzuleiten. Form
ist objektiv und subjektiv zugleich. Die formalen Wissenschaften sind Kon-
struktionen des reinen Denkens, im Felde einer abstrakten Leere dargestellt.
Die reinen Formen an und für sich sind „überwirklich", die Typen aller mög-
lichen Einheiten, die Normen des Daseins. Die Kausalität ist das , Gesetz der
Transformation oder Formveränderung". Das Sein ist von innen Subjektivität,
Innerlichkeit, von außen Objektivität. Leben und Gefühl ist an die Wechsel-
wirkung gewisser Formen gebunden. Die Seele entsteht erst durch „Koope-
ration psychischer Funktionen in organisierten Lebewesen". Sie ist „ein
System von fühlenden Symbolen". Die Seele des Menschen ist ein Abbild der
Weltordnung. Nach dem Tode beharren unsere Taten in ihren Wirkungen.
Gott ist das Ewige, die Norm der Wahrheit und Gerechtigkeit, die Welt-
ordnung, er ist überpersönlich, das bestimmende Gesetz, der Nomos über der
Natur („Nomotheismus"). Die Gesamtheit der idealen Normen der Welt ist
der Logos.
Schriften (Ergänzung): The Surd of Metaphysics; The Nature of the State; God;
The Foundation of Mathematics ; Person and Personality; Truth on Trial; Ursache, Grund
u. Zweck; Philosophie als Wissenschaft, 1911, u. a.
Cattell, J. M., geb. 1860 in Easton.
Ceretti, 1823—1884.
Chauvin, Et. = Schriften: Lexicon rationale sive thesaurus philos., 1692.
Chevalier, Ludwig, geb. 1831 in Wien, war Gymnasialdirektor in Prag.
Schriften: Die Philos. Schopenhauers, 1870. — Über den Unterricht in der
philos. Propädeutik, 1885 — 88. — Entstehen und Werden des Selbstbewußtseins, 1896
—1901, u. a.
Chiappelli, A. — Schriften: Dalla critica al nuovo idealismo, 1910.
Christiansen, Broder. — Schriften: Das Urteil bei Descartes. — Kant-
kritik I. Kritik der Kantschen Erkenntnislehre, 1911.
('hwolson, Orestes, geb. 1852.
Classen — Dewey. 869
Classen, Johannes, geb. 1864, Prof. in Hamburg. — Schriften: Natur-
wissensch. Erkenntnis u. der Glaube an Gott, 1903. — Naturwissensch. u. Monismus,
1908. — Vorlesungen über moderne Naturphilosophen, 1908, u. a.
Coit, Stanton, geb. 1857 in Columbus (Ohio).
Collins, Anthony, engl. Phil., geb. 1676 zu Heston, gest. 1729.
Compayre, Jules-Gabriel, geb. 1843, Generalinspektor des öff. Unter-
richts, Paris. = Vertreter der pädagogischen und der Kinder-Psychologie.
Schriften: Psychologie appliquee ä l'education, 1886, 1889 f. — L'e>olution mo-
rale et intellectuelle de l'enfant, 1893; 4. ed. 1907. — L'adolescence, 2. ed. 1909, u. a.
Conta, Basilius, geb. 1846.
Conti, Augusto, gest. 1905 in Florenz.
Cornelius, H. — Schriften: Einleit. in die Philos., 2. Ä. 1911.
Conrtney, W. L. = Kritizistischer Standpunkt.
Schriften: Studies in Philosophy, 1882. — Constructive Ethics, 1895, u. a.
Coward, William, gest. 1722.
Credaro, Luigi, geb. 1860, Prof. in Kom.
Croce, B. = Der Wille ist schöpferisch, jede Handlung bewirkt etwas
Neues. Der Willensakt ist notwendig und frei zugleich. — Die dialektische
Methode akzeptiert O. nicht.
Schriften: Filos. della pratica, 1904.
Cyon, E. de, geb. 1843 in Telsch (Rußland).
».
Damiani , Petrus, geb. 1007 in Eavenna, gest. 1072. = Gegner der
„Dialektik".
Schriften: De divina omnipotentia. — De perfectione monachorum, Migne, Patrol.
curs. (lat.), Bd. 145. — Vgl. ENDRES, P. Damiani u. d. weltl. Wissenscb., 1910.
Damm, Oskar Friedrich, geb. 1866, lebt in Leipzig. = Von Schopen-
hauer beeinflußt.
Schriften: Schopenhauers Ethik, 2. Ä. 1898. — Schopenhauers Hechts- und
Staatsphilos., 1900. — Schopenhauer als Pädagoge, 1901. — Volkswirtschaftslehre und
Gesellschaftswissenschaft, 1908. — A. Schopenhauer, 1909, u. a.
Dante, der berühmte Dichter, vertritt in seiner „Göttl. Komödie" tho-
mistische Anschauungen. — Vgl. Delfe, D., 1869. — L. Stfin, D. als Sozial-
philosoph, ^rch. f. Gesch. d. Phil. X f . — KELSEN, Die Staatslehre D.s, 1905.
Dantee, Le. — Schriften: La stabilite" de la vie, 1910 (Die biol. Vor-
gänge sind Dauervorgänge). — Le chaos et l'harmonie universelle, 1911.
Delbos, Vict, geb. 1862. Prof. in Paris. — Schriften: La philos. pra-
tique de Kant, 1905, u. a.
Denssen. — Schriften: Die Philosophie der Griechen, 1911.
Dewey. — Schriften: The Psycho!. Standpoint, Mind XI, 1886. - Know-
870 Dewey — Dippe.
ledge as Idealisation, Mind XIII, 1887. — The Influence of Darwin on Philosophy and
other Essays in Contemporary Thought, 1910.
Dietzgen, Josef, gest. 1888. = Sozialistischer Denker, Vertreter
eines „dialektisch" begründeten Monismus. Das Universum ist ein un-
endlicher, ewiger Prozeß, es ist dialektisch tätig, entwickelt sich selbst,
es ist das Ding an sich, die Totalität der Erscheinungen, welche wir zu
erkennen, zu berechnen vermögen. Das menschliche Denken ist ein Teil
des Universums; das Sein schafft das Denken, bildet einen Teil desselben.
Die Materie ist die sinnliche Wirklichkeit. Die Natur ist die Summe
der materiellen und geistigen Erscheinungen ; auch die geistigen Vorgänge
sind ein Stück der Wirklichkeit. Die Materie kann denken, und das
Denken materialisiert sich beständig. Die Seele ist eine Wahrnehmung, wird
als Prozeß gefühlt, ist eine Naturerscheinung. Das Ganze, Eine ist in allem
enthalten. Die Wahrheit, die „universale Natur" geht nicht völlig in unser
Denken ein, das nur ein mehr oder weniger treffendes Bild von ihr erreicht.
— Das Denken ist eine unmittelbare, aposteriorische Gehirntätigkeit, deren
Material das sinnlich Wahrnehmbare ist. Denken ist ein „Generalsinn, welcher
die Botschaften der Spezialsinne registriert, gruppiert und systematisiert". Es
entwickelt aus dem sinnlich Gegebenen das allgemeine und einheitliche Vor-
stellungs- und Begriffsbild. In letzter Linie ist es der Weltzusammenhang,
welcher mittels des Menschen denkt. Es besteht eine Weltdialektik, nach
der alle Gegensätze zugleich koordinierte Elemente der Wirklichkeit sind, in
der sie zusammengefaßt werden.
Schriften: Das Wesen d. menschl. Kopfarbeit. Kleinere philos. Schriften. Das
Akquisit der Philosophie u. Briefe- über Logik. Streifzüge eines Sozialisten in das Ge-
biet d. Erkenntnistheorie. Erkenntnis u. Wahrheit, 1908, u. a. — Vgl. H. ROLAND-
HOLST, .T. D.s Philos., 1910. — UNTERMANN, Dialektisches, 1908.
Digby, E., gest. 1592.
Digby, Kenelm, geb. 1603 in Gethurst, gest. 1665 daselbst.
IMlthey, W., wrar Dozent in Berlin, Prof. in Basel, Kiel, Breslau, seit 1882 in
Berlin, gest. daselbst 1911. = Die Kunst ist ein Organ des Lebens Verständnisses.
Vgl. Über die Mögl. ein. allg. pädag. Wiss., 1888. — D. Entsteh, d. Hermeneutik,
Sigwart-Festschrift, 1900. — Die Funktion der Anthropol., 1904. — Der Aufbau der
geschichtl. Welt, 1910.
Dinger, Hugo, geb. 1865 in Coelln bei Meißen, Prof. in Jena. =
Ästhetiker.
Schriften: E. Wagners geistige Entwicklung, 1892. — D.Prinzip d. Entwicklung
als Grundprinzip einer Weltanschauung, 1896, u. a.
Diogenes von Apollonia. — Vgl. E. Krause, D. von A., 1908—09.
Dippe, Alfred, Prof. in Soest. = Dualistisch-teleologischer Standpunkt
(ähnlich wie Reinke u. a.).
Schriften: Untersuch, über die Bedeutung der Denkform Idee in der Philos. und
Geschichte, 1893. — Der Begriff des Schönen, 1899. — Atomismus, Dynamismus und
Energetik, 1904. — Naturphilosophie, 1907, u. a.
1 Uli II. — El.EUTHEROPULOS. 871
■MPPelf I in Wittibreut, kath. Pfarrer in Dommeistadel.
ijeteai. Dantell. der Philos. des C. Bovillus, 1864. —
Haadbec* d. Ästhetik, 1871. — Christliche Geaellschaftslehre, 1873, u. a.
Dlttrleh, Ottmar, geb. L865 in Wien, Privatdozent in Leipzig.
..ui/algo der Sprai tapeychologie, 1903. — Die Grenzen der Sprach-
5. — Di in der Qeecaichte, 1905, u. a.
D#4«l-Fort, \ - , Prof. der Botanik in Zürich, gest. 1908.
= Evolutronistisch-monistischer Standpunkt.
rifteii: Bio] : paeatO, 1886. — Aus Leben und Wissen, 1904 f. — Ent-
i oder, 1901. — K. Ilaecke] als Erzieher, 1906, u. a.
Ilöi-in-. \. — B< Briftea: Die Methode der Ästhetik, Zeitschr. f. Ästhet. IV.
Dorncr. — Vgl. Die Bioheil der Wissenschaft, 1909.
DragfcleejMOt !>.. Prof. in Bukarest = Behriftea: L'iadiridu dans le
detenai ial. — Lo probleme de li nee, 1907, u. a.
IMnian. Behriftea: n [dealiaaiea, 1910.
Diiprat. G.-L Behriftea: I.a ■olidaritf sociale, 1910.
Dürr, l' I' verbindet den Dualismus Bchehens mit dem Monis-
mus der Bubstam und lehrt einen partiellen Parallelismus (nicht allem Physi-
schen entspricht Psychisches). Die Ethik ist die „Wissenschaft von den Er-
scheinun( sittlichen Lebens".
v briftea: Erkenn" HO.
E.
Kl»fkl. Kaspar, geb. 1595 in Qiefien, gest. 1664 als Prot, in Marburg.
Khci'liardt. En id. Eumanus), geb. 1843 in Liebenwalde, lebt
in Berlin. = Nach K. ist die Polarität das Grundphänomen alles Seins.
Bi briftea: A. Bpir, 1899. Seele, Bewußtsein, Geist, 1896. — Die Polarität
als Grundlago einer einheitl. Lebensansch., 1907, u. a.
Kfkartit. L. = Schriften: Die theistische Begründ. d. Ästhetik, 1857. —
Vorschule d. Whetik, 1864 — 65.
Eimer. H. Th. = E. lehrt das Bestehen einer „Orthogenesis"', einer
Entwicklungstendenz Dach bestimmter Richtung als Hauptursache der Trans-
mutation; ihre stellenweise Unterbrechung, ihr zeitweiser Stillstand („Genepis-
• die Hauptursache der Trennung der Organismenkette in Arten.
Durch Gebrauch und Nichtgebrauch der Teile sowie durch Selektion können
bedeutende Modifizierungen stattfinden.
Schriften: Die Entstehung der Arten, 1888.
Eisler, Julius, geb. 1S5S in Malin (Böhmen), Advokat in Baden bei Wien.
= Evolutionistischor Standpunkt.
Schriften: Ethik u. Politik, 1904. — Sittlichkeitslehre, 1905. — Grundleg. der
allgem. Ästhetik, 1908. — Lehrbuch d. Philosophie, 1909, u. a.
Elentlieropnlo-s , A. — Schriften: Philosophie. Allgemeine Welt-
anschauung, 1911.
872 Elsenhans — Fouillee.
Flsenhans, Theodor, geb. 1862 in Stuttgart, Prof. an der technischen
Hochschule in Dresden.
Emerson. — Vgl. Dugard, K. W. E., 1908.
Endres, Josef, geb. 1863 in Untermeitingen, Lyz.-Prof. in Regensburg.
= Katholischer Standpunkt.
Schriften : Leben u. Seelenlehre des Alex, von Haies, 1888. — Honorius Augusto-
dunensis, 1906. — Martin Deutinger, 1906. — Gesch. d. mitt. Philos. im christlichen
Abendland, 1908. — Die Dialektiker u. ihre Gegner im 11. Jahrh., 1906. — Petrus
Damiani u. d. weltl. Wissensch., 1910, u. a.
Encken. — Vgl. BOUTROUX , B. E.s Kampf um einen neuen Idealis«
mus, 1911.
Enleiibnrg-, F. = Vgl. dessen Abhandl. über den Gesetzesbegriff (Arch.
für Sozialwissensch., 1911).
Exner, S. = E. gibt eine Theorie der „Bahnung", der „Sensomobilität'V
der Gefühle, der Instinkte u. a. — Vgl. Jerusalem, Gedanken und Denker,,
1905, S. 212 ff.
F.
Falken heim, Hugo, geb, 1866 in Berlin, lebt in München.
Schriften: D. Entsteh, d. Kantschen Ästhet., 1889. — K. Fischer u. d. literar-
histor. Methode, 1902, u. a.
Falter, G. = Anhänger Cohens.
Schriften: Die Idee bei Philo und Plotin, 1908. — Die Staatsideale unserer
Klassiker, 1911, u. a.
Feuchtersieben, Ernst von, geb. 1806 in Wien, Arzt, seit 1844 Do-
zent in Wien, gest. daselbst 1849.
Schriften (philos.): Lehrb. d. ärztlichen Seelenkunde, 1845. — Zur Diätetik der
Seele, 1838, viele Auflagen, auch in der Univ.-Bibl. (enthält eine „Kalobiotik", An-
weisungen zu harmonischer Lebensführung). — Beitr. z. Literatur, Kunst- u. Lebens-
theorie, 1837—41. — Sämtl. Werko, 7 Bde., 1851-53. — Vgl. M. NECKER,
E. v. F. in: Jahrb. d. Grillparzer-Gesellschaft III, 1893.
Fick, A., geb. 1829 in Cassel, Prof. in Würzburg, gest. 1901 in Blanken-
berghe.
Flint, Robert, gest. 1911.
Flournoy, Th. — Schriften: Beiträge zur Religionspsychologie, 1911.
Focke, Rudolf, geb. 1852 in Itzehoe, Prof. an der Akademie Posen.
Schriften: ü. Kausalitätsbegriff bei lichte, 1879. — Über das Wesen der Seele,
1883, u. a.
Fonsegrive, George. — Schriften: Essais sur la connaissance, 1909.
Förster, Fr. W., geb. 1869 in Berlin, Privatdozent in Zürich.
Fouillee, A. — Schriften: La pensee et les nouvelles ecoles anti-intellectua-
listes, 2. ed. 1911. — La neo-sophistique pragmatiste, Key. philos., 1911.
Fowler — Germain. $73
Fowler, Th., geb. 1832 in Burthon-Stather, Prof. in Oxford, gest. 1904
daselbst.
Fracastoro, G., geb. 1483 in Verona, gest. 1553 in Incassi.
Fräser, A. C, geb. 1819 in Ardchattan, 1856—91 Prof. in Edinburg.
Frendenthal, Jakob (nicht Julius), geb. 1839 in Bodenfelde.
Schriften: Über den Begriff der Phantasie bei Aristoteles, 1863.
Frege, Gottlob, geb. 1848 in Wismar, Prof. der Mathematik in Jena.
Schriften: Begriffsschrift 1879. — Grundgesetze der Arithmetik, 1893 1903.
— Über Sinn und Bedeutung, Zeitschr. f. Philos., 1892. — Über Begriff u. Gegenstand
Vierteljahrsschr. f. wiss. Philos., 1892. — Funktion u. Begriff, 1891, u. a.
Friedländer, Salomo, geb. 1871 in Gollantsch, lebt in Berlin. = Kri-
tizistischer Standpunkt.
Schriften: Die Stellung Schopenhauers zu Kant, 1902. — B. Mayer, 1904.
Schopenhauer, 1906. — Logik, 1907. — Psychologie, 1907. — J. Paul als Denker,
1907. — Nietzsche, 1908, u. a.
Fries. — Vgl. W. MECHLER, Die Erkenntnislehre bei Fries, 1911.
Fröhlich, Jos. Ans. — Schriften: Die Individualität, 1897.
Füller ton, geb. 1859 in Fathegart. = Nach F. ist die reale Welt „a
construct from -what is thus given", eine begriffliche Welt, deren Symbol das
sinnlich Gegebene ist, ebenso wie Baum und Zeit („the plan of the world-
system", „the plan or System of its actual and theoretically possible relations
and changes").
Schriften: Philos. Reyiew, 1901.
Gabryl, Fr., Prof. der Theologie in Krakau. = Thomißtißcher Stand-
punkt.
Schriften: Naturphilosophie (polnisch), 1911; ferner Arbeiten über Logik, Meta-
physik, Psychologie, u. -a.
Gallwitz, Hans, geb. 1857 in Blumberg, Superintendent in Sal/a
Nordhausen.
Schriften: Das Problem der Ethik, 1891. — Fr. Nietzsche, 1898, u. a.
Gallon, Francis, geb. 1822 in Dudleston, gest. 1911.
Gaultier, A. Jules de, geb. 1858 in Paris. — Schriften: La actio« uni-
verselle, 1903. — Nietzeche et la reforrae philos., 1904. — Les raisona de L'idfaliame,
1906.
Germain, Sophie, geb. 1776 in Paria, gest. 183] daselbst = Ihre philo-
sophische Hauptachrift „Considenit. generales wir L'&al des • wurde
zuerst 1833, daun von Stupny (mit biographischer Einleitnnj li.i au-
gegeben.
Vgl. JERUSALEM, Gedanken und Denker, 1905, S. 94 B
8(4 Gilbert — Grimm.
Gilbert, Leo. = Nach G. ist die Welt identisch mit dem „Weltwirken,
das manchmal zur Materie erstarrt'*', sie ist „von innen nach außen, von außen
nach innen fließende Kraft", „nicht Substanz, sondern Subflux." Jedes Stück
Materie ist nach innen zugleich potentielle und seelische Arbeit (Energie und
„Psychie"). Die Welt ist eine „unendliche Arbeitskette", die sich erhält.
„Ruhe, Gleichgewicht, Energie, Materie sind nur Querschnitte, die wir uns
durch die ewige Arbeitskette hindurchgelegt denken, sind Spezialfälle. " „Ma-
terie ist Arbeit." — Wir denken in Korrelaten (Vereinigung von Identität
und Gegensätzlichkeit).
Gloiiiier, Michael, geb. 1837 in Neumarkt, päpstlicher Hausprälat usw.,
lebt in München.
Schriften: Die Lehre des heiligen Thomas vorn Wesen der Gnade, 1871. — Der
moderne Idealismus, 1880. — Objekt. Prinzip, 1880. — Das Prinzip der Individuation,
1887. — D. mod. Philos., 1888. — N. von Cusa, 1891. — D. spekul. Gottesbegriff,
1894. — Savonarola als Apologet u. Philosoph, 1898. — Katholizismus und moderne
Kultur, 1902, u. a.
Goetbe. — Vgl. J. COHN, Das Kantsche Element in G.s Weltansch., Schiller-
Festschrift der „Kantstudien", 1905.
Goldstern, Julius. = G. bekennt sich zum „Irrationalismus", der die
Wirklichkeit (auch die geistige) für etwas Werdendes, immer neu sich Be-
reicherndes, in absolute Gesetze nicht Einfügbares, als unendlicher Lebens-
prozeß zu Bestimmendes auffaßt.
Vgl. Wandlungen in der Philosophie der Gegenwart, 1911.
Gomperz, Theodor. = Empiristisch-positivistischer Standpunkt.
Schriften: Griechische Denker I, 3. A. 1911.
G-örland, Albert, geb. 1869 in Hamburg, Prof. am Technikum daselbst.
= Neukantianer.
Schriften: Aristoteles u. d. Mathematik, 1899. — P. Natorp als Pädagoge, 1904.
— Index zu H. Cohens Logik, 1906. — Der Gottesbegriff bei Leibniz, 1906. —
Eousseau als Klassiker der Sozialpädagogik, 1906. — Aristoteles u. Kant, 1908. — Die
Hypothese, 1912, u. a.
Grabmann, Martin, geb. 1875 in Winterzhofen, Lyzealprof. in Eich-
städt. = Katholischer Standpunkt.
Schriften: D. Genius d. Werke d. hl. Thoraas u. d. Gottesidee, 1899. — Die
philos. u. theol. Erkenntnislehre des Kard. Matthäus von Aquasparta, 1906. — Gesch.
d. scholast. Methode, 1910, u. a.
Grapengießer, K., geb. 1773, gest. 1813 als Prof. in Berlin.
€rreathead9 Rob., geb. um 1175 in Strodbrook.
Grelling, K. = Anhänger von Fries. — Schriften: D. philos. Grundlag.
d. Wahrscheinlichkeitsrechnung, 1910, u. a.
Grillparzer, F. = Über die Lebens- und Weltanschauung des öster-
reichischen Dichters vgl. Jerusalem, G.s Welt- u. Lebensansch., 1891.
Grimm, E. — Schriften: Theorie der Religion, 1908.
Groos — Hanxequix,
875
r p °vr?°^ ^ "~ SchrHten: Untersuch, über den Aufbau der Systeme, ZeiUchr
f. Psychol., Bd. 49.
Qrotenfelt, A., geb. 1863 in Helsingfors, seit 1905 Prof. daselbst
Schriften: Warum vertrauen wir den grundlegenden Hypothesen unseres Denken.»
Zeitsehr. f. Philos. u. phil. Krit, Bd. 108.
Grün, Karl, geb. 1817 in Lüdenscheid, gest. 1887 in Wien.
Ginnwald, Max, geb. 1871 in Zabrze, Rabbiner in Wien.
Schriften: D. Verh. Malebranches zu Spinoza, 1892. — Spinoza in Deutsch-
land, 1897, u. a.
Gruyer, Louis, 1778-1866, belgischer Philosoph. = Nach G. ist der
Substanzbegriff ein Vorurteil; der Körper ist nur der Inbegriff seiner Eigen-
schaften. Der Wille ist determiniert.
Schriften: Essais philosophiques, 1855.
Gnmppenberg, Hans von, geb. 1866 in Landshut, lebt in Bayern.
Schriften: Kritik des Wirklich-Seienden, 1892. — Grundlagen der wiss. Philos.,
1903, u. a.
Onttmann, Jakob, geb. 1845 in ßeuthen, Rabbiner in Breslau.
Schriften: De Cartesii Spinozaeque philos., 1868. — Die Keligionsphilos. des
Abraham ibn Daud, 1879. — D. Relig. d. Saadia, 1882. — Die Philos. des Salomon
ibn Gabirol, 1889. — Das Verh. des Thomas von Aquino zum Judentum, 1891. — Die
Scholastik des 13. Jahrhund, in ihrer Beziehung zum Judentum, 1902. — J. Bodin, 1905.
— Der Einfluß d. Maimonid. Philos. auf das christl. Abendland, 1908, u. a.
H.
Häberlein, P. — Schriften: Wissenschaft u. Philosophie, 1910.
Hagerström, Axel, Prof. in Upsala. — Schriften: Aristoteles' ethische
Grundgedanken, 1893. — Unters, über d. Mögl. e. empirist. Ethik, 1895 (schwedisch).
— Kants Ethik im Verhältnis zu seinen erkenntnistheoret. Grundgedanken, 1901
{deutsch). — Staat und Recht, 1904 (schwedisch), u. a.
Haldaiie, Rieh. Burton, Yiscount, geb. 1836, seit 1906 Staatssekretär.
= Idealistischer Standpunkt.
Schriften: Essays in philos. Criticism, 1883 (mit anderon). — The Pathway
Keality, 1903 f. — Deutschand und Großbritannien, 1911, u. a.
Hamann. — Vgl. R. Ungeü, H. und die Aufklärung, 1011.
Hammaeher, Emil, Privatdozent in Bonn. = Von Kant and Segel
beeinflußter Standpunkt des objektiven Idealismus. Das Absolute ist I
Gott hat das Selbstbewußtsein aller im Kosmos vorhandenen Selbstbewußtseins-
möglichkeiten.
Schriften: Kritik des Marxismus, 1910. — Die Uedeut. d. PhJ :ola für
die Gegenwart, u. a.
Hannequin, geb. 1856 in Pargrjy-sur-Saulx, Prot', in Lyon, gest 1 0
876 Hannequin — Hilbert.
in Pargny. = H. ist von Kant, Renouvier und besonders von Leibniz beein-
flußt. Raum und Zeit haben in der Realität Analoga.
Schriften: Introduction ä l'etude de la Psychologie, 1890. — Abhandlungen in
der „Kevue philos." 1885, 1888, 1890, u. a.
Harrisoii, F., geb. 1831 in London. — Schriften: Order and Progress
1875. — National and Social Problems, 1908.
Hartmann, Alma v. (Witwe Ed. v. H.s), geb. 1854 in Bremen, lebt
in Groß-Lichterfelde.
Schriften: Zurück zum Idealismus, 1902.
Hartmann, E. v. — Vgl. N. E. POHORILLES, Entwickl. u. Kritik d. Er-
kenntnistheorie E. v. Hartmanns, 1911.
Hartmann, Ludo M., geb. 1865, Privatdoz. in Wien, Historiker. =
Positivistisch-sozialistischer Standpunkt.
Schriften: Über histor. Entwickl., 1900, u.a.
Hebbel 9 Fr. = Über H.s. pantheist. Weltansch. vgl. Scheunert,
Der Pantragismus.
Hegel. = Vgl- [G. LASSON, Kreuz u. Eose, Beiträge zur Hegelforschung,
1. Heft, 1909.
Heinrich von Gent. = Nach H. ist die „species" ein Substitut des
Objekts, von dem ein Bildchen durch die Luft in die Sinnesorgane dringt und
in der Seele die Wahrnehmung auslöst. Der Primat des Willens wird von H.
betont. Existenz und Wesen sind identisch.
Heinroth, J. Chr. Fr. Aug. von, geb. 1773 in Leipzig, gest. 1843
daselbst.
Helfferich, geb. 1813 in Schaf hausen, Prof. in Berlin, gest. 1894
daselbst.
Heller, Theodor. — Schriften: ÜberPsychol. u. Psychopathol. d. Kindes, 1911.
Helm, Georg, geb. 1851 in Dresden, Prof. an der technischen Hoch-
schule daselbst. = Energetiker.
Schriften: Die Elemente der Mechanik, 1884. — Die Lehre von der Energie,
historisch-kritisch, 1887. — Die Energetik u. ihre geschieht!. Entwicklung, 1898, u. a.
Hemsterlrays, F. — Schriften: Philos. Schriften, hrsg. von I. Hilss, 1911.
Ileus«!«», Phil. Wilhelm van, geb. 1778 in Rotterdam, Prof. in Utrecht,
gest. 1839. = Anhänger eines mit dem Christentum vereinbaren Piatonismus.
Schriften: De Sokratische school, 1834—39; 3. A. 1860. — Brieven over den
aard en de strekking van het hooger onderwijs, 1829; 4. A. 1857, u. a.
Ilioks, G. D., geb. 1862 in Shrewsbury, Prof. in London.
Hilbert, David, geb. 1862 in Königsberg, Prof. der Mathematik in
Göttingen.
Schriften: Grundlag. der Geometrie, 2. A. 1909, u. a.
Hirth — Jtelson. 877
Hirth, Georg, geb. 1841 in Gräfentonna, lebt in München. = Von II.
stammt der Begriff der „Ektropie" als Gegensatz zur Entropie. G. gibt auch
eine physiologische Erklärung des Ästhetischen.
Schriften: Aufgaben der Kunstphysiologie, 1892. — Lokalisationspsychologie, 1894.
— Energetische Epigenesis, 1897. — Wege zur Kunst, 1901. — Die Ektropie der Keim-
systeme, 1900, u. a.
Hodgson. = Durch das Denken kommt Ordnung und Einheit in die
Vorstellungen. Kaum und Zeit sind ursprüngliche Elemente der Bewußtseins-
inhalte. Die Materie ist innerlich Kraft, durch welche auch das Auftreten der
psychischen Vorgänge (ohne Energieverbrauch) bedingt ist.
Schriften: Some Cardinal Points of Knowledge, 1911.
HÖffding. — Schriften: D. menschl. Gedanke, 1912.
.Höfler« — Schriften: Erkenntnisprobleme u. Erkenntnistheorie, Zeitschr. f.
Philos., Bd. 137, 1910. (Die Evidenz ist ein inneres Kriterium der Wahrheit, es gibt
•evident wahre und evidenzlos wahre Urteile.)
Hoppe, J. — Schriften: Die Analogie. — Das Entdecken u. Finden. —
D. Erforschung der Gefühle u. moral. Begriffe, 1876. — Die Logik, 1869.
Howison, geb. 1834 in Montgomery County. — Schriften: Philosoph}-,
1906. — The Conception of God, 1897.
Husserl« — Schriften: Philosophie als strenge Wissenschaft, in: „Logos44, 1911.
J.
James« — Vgl. Some Problems of Philos., hrsg. 1911.
Jelliiiek, Georg, geb. 1851 in Leipzig, seit 1891 Prof. der Rechtswissen-
schaft in Heidelberg, gest. 1911. = Der Staat ist nach J. die mit ursprüng-
licher Herrschermacht ausgestattete Gebietskörperschaft, er ist eine Zweck-
einheit Das objektive Recht ist die „Summe der Erhaltungsbedingangeo der
Gesellschaft' ', das subjektive Recht ist das „ethische Minimum".
Schriften: Die sozialethische Bedeut. des Rechts, 1898 ; 2.A. 1908. —Allgemein«
Staatslehre, 1900; 2. A. 1905. — Ausgew. Schriften u. Reden, 1911, u. a.
Jerusalem, W. — Schriften: Vgl. auch Apriorismus u. Evolutioni^mii-,
Ber. üb. d. III. int. Kongr. f. Philos. 1909.
Jessen, P. W., geb. 1824 in Schleswig.
Joachim, H. H. = Neo-Hegelianer. Die Wahrheit ist «in ideal, ein
systematischer Zusammenhang. Die Erfahrung hat in diesem I<iVal Ihre Wnr/rl.
ohne es zu erreichen.
Schriften: The Nature of Truth, u. a.
Jodl. — Schriften: Wissenschaft u. Religion. 1900. - D« M »■ i
Kulturprobleme d. Gegenwart, 1911. — Vgl. W. BÖB2TEB, Pr. Jodl, IHM.
Jndd, C. H., geb. 1873 in Bareillie, Prof. an der Yal.- l'i.i,
Julian u«. — Schriften: Philos. Werke, deatech roi n. kämm, I
Jtelson, Gregor, lebt in Berlin. = Antipejcho] B indpankt;
die Logik ist die Lehre von den Gegenständen.
878 JZOULET — KOEBER.
Schriften: Zur Gesch. d. psychophys. Probl. (Arch. f. Gesch. d. Philos. III). —
Rev. do met., 1904, u. a.
Jzoulet, Jean, geb. 1855, Prof. in Paris.
K.
Kalthoff, gest. 1906. — Schriften: Vom innern Leben, 1907.
Kant« = Zu den apriorischen „Grundsätzen" gehört (als zweiter) auch
das Prinzip der ,, Antizipationen der Wahrnehmung": „In allen Erscheinungen
hat das Reale, was ein Gegenstand der Empfindung ist, intensive Größe, d. i.
einen Grad." Alle Erscheinungen sind kontinuierliche Größen. Zwischen
Realität und Negation ist ein kontinuierlicher Zusammenhang möglicher Reali-
täten und möglicher kleinerer Wahrnehmungen. Die Kontinuität der Größen
erkennen wir a priori.
Vgl. AlCHER, K.s. Begriff der Erkenntnis verglichen mit dem des Aristoteles,
1907. — BrotheruS, K.s. Philos. d. Geschichte, 1905. — W. ERNST, Der Zweck-
begriff bei K. u. s. Verhältnis zu den Kategorien, 1910. — EWALD, K.s Methodologie,
1906; K.s krit. Idealismus, 1908. — K. FISCHER, I. Kant, 5. A. 1909. — E. FRANK,
D. Prinzip d. dialekt. Synthesis u. d. Kantsche Philos., 1911. — L. GOLDSCHMIDT,
Zur Wiedererweck. K'scher Lehre, 1910. — E. LAST, Mehr Licht! Die Haupt-
sätze Kants u. Schopenhauers, 1880; Realist, u. idealist. Weltansch., 1884. — ElSLER,.
Worte Kants, 1912.
Kelsen, Hans, geb. 1881 in Prag, Privatdozent (Staatsrecht) in Wien. =
K. fordert für die Bildung der juristischen Grundbegriffe eine rein formale
imd ausschließlich normative Methode. Er bekämpft kritisch die unklare
Verquickung von explikativer und normativer Betrachtungsweise und die daraus-
entspringende Fiktions-Technik der herrschenden Rechtstheorie; er verfolgt,
dabei eine antipsychologistische Tendenz.
Schriften: Die Staatslehre des Dante Alighieri, 1905. — Hauptprobleme der Staats-
rechtslehre, 1911. — Grenzen zwischen juristischer und soziologischer Methode, 1911.
Keyserling , H. = Nach K. ist das Erkennen eine Lebensfunktion,,
eine „zweckmäßige Reaktion" auf die Außenwelt. Die menschliche Welt ist nur
ein durch die Erkenntnisformen gestalteter Teil der Wirklichkeit, welche
selbst schöpferisches Leben ist (vgl. Bergson).
Kinkel, W. — Schriften: Idealismus und Kealismus, 1911.
Klemm, O. — Schriften: Gesch. der Psychol., 1911.
Klimke, Friedrich S. J., Krakau. = Katholischer, dualistischer Stand-
punkt.
Schriften: Der Mensch, 1908. — Die Hauptprobleme der Weltanschauung, 1911.
— Der Monismus, 1911. — D. Philos. d. Monismus, Jahrb. f. Philos. u. spek. Theol.,.
1906. — Der deutsche Materialismusstreit im 19. Jahrh., 1907, u. polnische Schriften.
Kniepf, A. — Schriften: Denken u. Weltanschauung. — Theorie der Geistes-
werte, 1892. — Zehn Thesen zur natürl. Welt- u. Lebensanschauung, 1893.
Roeber, R. v., geb. 1848 in Nischnij-Nowgorod.
Korleb La kv.
Hobler, J. — Schriften: Das Re. ht, 1
Kölliker, Albert von, gest. 1905 in Wurzbcu
Koetlien, Joh. Jakob. =. Anhänger LabluV.
quaedam metaphysicae Wolfianae, 1 7
König, Edm. — Schriften: Die Materie, 1911.
Köteles, Samuel, geb. 1770 in Dj-Torda, geet L831
Schriften (ungarisch): Die Sympathie, 1826. — Moral und
Enzyklop. d. Philos., 1829. — Philos. Anthropol. 1839, u. a.
Ko/Jowski, W. IL, Prof. in Warschau. = Von Wundl beeinfl
Das Movens der (beschichte i-r der Kampf um dir sfenschheitsideale.
Schriften: Revue philos., 1904. — La strueture de la philos. de l'hiftoire, Her.
über d. III. int. Kongr. f. Philos., 1909. u. a.
Kratz. Heinrich, geb. 1836 in HeduYsdorf. I': Pfarrer lD i
Neuwied.
Schriften: Spinozas Ansicht üb. d. Zweckbegritf, 1871. — D. Weltprob] I. \ .
1892. — Pneumatologie, 1889. — D. Freih. d. Menschen, 1889. — The
Ästhetik, 1891. — Logik, 1891. — D. Ausdruck d. Gefühle, 1892, u. a.
Kreibig, geb. 1863 in Wien. — Schriften: Über Wahrnehmut..
Krestoff, Kresto K., Prof. in Sofia. = Von Wandt beeinfloi
Schriften: Lotzes metaphys. Seelen begriff, L890, u. a.
Külitmaim. Alfred, Bremen. = Vbluntarist. -
Biran, 1902. — Zur Ge«ch. d. Terrainismue, 1911.
L.
Ladenburg, Albert, gest. 1911 al- Prof. der Chemie in Bi
nistischer Standpunkt.
Schriften: D. Einfluß d. Naturwissenschaften auf d. W.'ltai.Hchauui
ljailiarck. — Vgl. CLAUS, L als Begründer dor Dewendenzlehre, 1888.
Perrikr, L., 1893. — H. STADLER, Dia B»twicklt»g»lehw bu
Stande, 1910
Lang, Ludwig Albert, geb. L868, Prof. 1 TheoL in -
■ ..ao-tsze. — Vgl. La IJiich v. in hdehatti Wmt
Lask, K. = Nach L ist die Panarchie 6m Logos, du Uli
kategorialen Form eu betonen. Dl Kategorien lind such sul
geistige Material, die Philosophie selbst, snsuweodeo.
Lavier, - >. 1853 in Bdinburg, gest 1.
L*» Grand, Antoine, geb. am 1620 in Douai,
Itfinfjaipjpj < ,, 1861 in N
mistischei Standpunkt
Schriften. Ktude nur l'e«p
Leeky, William Bdward Bartpol «Inda i
..intiiit it >iii-t i-tlur- Standpunkt.
SSO Leighton — Mackenzie.
Schriften: History of the rise and influenae of the spirit of rationalism in Europe
1870; deutsch 1874, u. a.
Leighton, J. A., geb. 1870 in Orangeville.
Levy, A., Hamburg. — Schriften: Die dritte Dimension, 1908. — Der
Begriff, Arch. f. system. Philos., XVII. Bd., 1911. — Versuch einer Neubegründ. d.
Logik (in Vorbereitung).
Liberatore, Mathias, geb. 1810 in Salerno, gest. 1892 in Rom.
Lignac, de, geb. 1710 in Poitiers, gest. 1762 in Paris.
Linde, Ernst, geb. 1864 in Gotha, Lehrer daselbst. — Schriften: Per-
sönlichkeitspädagogik, 2. A., 1900. — Natur und Geist als Grundschema der Welt-
erklärung, 1907.
Lijiiiiaiiii, Otto, Privatdozent in Berlin, Mitherausgeber der „Zeitschr.
f. angewandte Psychologie". = Vertreter der angewandten Psychologie.
Schriften: Grundriß der Psychol. f. Juristen, 1908. — Gr. d. Psychol. f. Päda-
gogen, 1909. — Die Wirkung von Suggestivfragen, 1908, u. a.
Lotige, Oliver, geb. 1851 in Penkhull.
Lorenz, Theodor, geb. 1870 in Erfurt. — Schriften: Zur Entwicklungs-
gesch. d. Metaphysik Schopenhauers, 1897, u. a.
Losskij, N. P., Prof. u. Privatdozent an der Universität St. Petersburg.
= L. lehrt einen universalen, mystischen Empirismus. Das Urteil stellt objek-
tive Beziehungen fest.
Schriften: Die Erkenntnistheorie des Intuitivismus, 1910.
Lüdtke, Franz, geb. 1882 in Bromberg, Gymnasialoberlehrer daselbst.
= Schüler Eehmkes.
Schriften: Die Seele in d. heut. Psychol., Philos. Wochenschr. V. — Krit. Gesch.
d. Apperzeptionsbegriffe, Zeitschr. f. Philos., 1911, u. a.
Luthardt, C. E. — Schriften: Gesch. d. christl. Ethik, 1888—92. — Die
antike Ethik, 1887. — Zur Ethik, 1888. — Die Lehre vom freien Willen u. s. Ver-
hältnis zur Gnade, 1863. — Die moderne Weltansch. u. ihre praktischen Konsequenzen,
1880, u. a.
Lyon, Georges, geb. 1853 in Paris.
M.
Mach, E. — Vgl. H. BüZELLO, Krit. Untersuch, von E. Macha Erkenntnis-
theorie, 1911 (Gegen M.).
Mackay, John Henry, geb. 1864 in Greenock, lebt in Berlin. = Von
Stirner beeinflußter Individualist („Edelanarchist"), Herausgeber von Stirners
Werken .
Schriften: M. Stirner, 1898, u. a.
Kackenzie, geb. 1860 in Glasgow, Prof. in Oardiff. — Schriften: Lec-
tures on Humanism., 1907. — Manuel of Ethics, 7. ed. 1910. — Introd. to Social
Philos. 2. ed. 1895.
Malthüs — Mehlis. 881
Maltlms, Thomas Robert, 1766-1834, Geistlicher. = Nach M. vermehrt
sich die Bevölkerung in geometrischer, während die Nahrungsmittel nur in
arithmetischer Progression zunehmen, so daß das menschliche Elend nicht
dauernd zu beseitigen ist. Dieser „Malthusianismus" hat Ch. Darwin beein-
flußt. Von modernen Soziologen teilweise akzeptiert, wird er von anderen
bestritten.
Schriften: Essay on the Principle of Population, 1890; deutsch 1905. Vgl.
Schriften von L. BRENTANO, GOLDSCHEID, OPPENHEIMER U. a.
Manegold von Lauterbach (2. Hälfte d. 11. Jahrh.), Gegner der
„Dialektiker''.
Schriften: Opusculum contra Wolfelum Coloniensem. — Vgl. ENDRES, Die Dia-
lektiker u. ihre Gegner im 11. Jahrh., 1906.
Mannheimer, Adolf, Prof. in Frankfurt a. M. — Schriften: Ge-
schichte der Philosophie, 1903.
ülarkovie, Franjo, geb. 1845 in Krizevac (Kroatien), Universitätsprofessor,
Zagreb (Agram), seit 1909 pension. = Schüler R. Zimmermanns, dessen Be-
stimmungen er weiterbildet und kritisiert. Markovic' Ästhetik strebt eine Ver-
einigung der formalistischen (Herbart, Zimmermann) imd der idealistischen
Ästhetik (Pia ton, Hegel) an. Sie hat zur Voraussetzung eine Weltharmonie, die
einem absoluten Geiste entspringt. Fünf Merkmale des Schönen gibt es: 1. Die
Form des Lebens, der Stärke, der Vollkommenheit. 2. Die Form der Har-
monie (Einheit in der Vielheit). 3. Die Form der individuellen Charakte-
ristik. 4. Die Form des harmonischen Abschlusses (Aussöhnung der zeitl. und
räuml. Widersprüche). 5. Die Form der Regelmäßigkeit. M. eigen ist der
Nachweis des Zusammenhanges von Struktur und Idee im Kunstwerk, das
Aufsuchen einer immanenten, durch Form und Zahl Verhältnisse ausdrückbann
Gesetzmäßigkeit. — M. hat als erster eine kroatische Terminologie für alle
philosophischen Disziplinen gebildet.
Schriften (kroatisch): Entwicklung und System der allgemeinen Ästhetik, 1903.
— Abhandlungen im „Rad", Mitteilungen der südslawischen Akademie in Zagreb:
Ästhetische Würdigung von Gundulic Osman (Rad 46, 47, 50, 52). — Die philosoph.
Tätigkeit des R. S. Boskovic (87, 88, 90). — Der ethische Gehalt unserer Volkssprache
(96). — Ein Beitrag über die Ästhetik der Ballade und Romanze (138), u. a.
Marx, K. — Vgl. M.s Briefwechsel. — J. PLENGE, Marx u. Hegel, 1911.
Manüiner, F. = Herausgeber der „Bibliothek der Philosophen". L
in Meersburg a. Bodensee.
üfayr, Richard, geb. 1848 in Sieghartskirchen, Prof. in Wien.
Schriften: Die philos. Geschichtaauffass. d. Neuzeit, 187 7. — Voltaire -Studien,
1879 — 82. — Zur Beurteilung Lessings, u. a.
Mayreder, Rosa, geb. 1859 in Wien, lebt daselbst. -- Schriften: Zur
Kritik der Weiblichkeit, 1905, u. a.
Mehlis, Georg, Privatdozent in Freiburg i. Br. Berausgeber d« l
= Anhänger Rickerts.
Schriften: Die Geschichtsphil os. Comtes, 1909 u. a.
Eis ler, Philosophen-Lexikon. J"
MEHRING — MÜLLER.
Mehring, G., geb. 1802 in Berlin, gest. 1871 in Posen.
M er der. — Schriften: Criteriologie generale, 1911.
Mesmer, Franz Anton (Friedrich), geb. 1733 in Iznang a. Bodensee,
wirkte 1771—78 in Wien, dann in Paris, gest. 1815 in Meersburg. = M. ist
der Begründer des „Mesmerismus", der Lehre vom „tierischen Magnetismus".
Schriften: De planetarum influxu, 1766. — Sendschreiben an e. auswärt. Arzt
über d. Magnetkur, 1775. — Vgl. J. KERNER, F. A. M., 1856. — KlESEWETTER,
M.s Leben u. Lehre, 1893.
UfetSChmkoir, Elias, Prof. in Paris. — Schriften: Studien über d. Natur
des Menschen, 1904; 2. A. 1910. — Beiträge zu e. Optimist. Weltansch., 1908.
Menmann, jetzt Prof. in Hamburg.
Meyer, Theodor, geb. 1821 in Bünzen (Schweiz), Jesuit in Exaeten.
Schriften: Die Grundsätze d. Sittlichkeit u. d. Kechts, 1868. — Institutiones
iuris naturalis seu philos. moralis, 1885; 2. ed. 1906, u. a.
Michelitscn, Anton, geb. 1865 in Eibiswald, Prof. der Theol. in Graz.
Schriften: Haeckelismus, Hylomorphismus u. Naturwiss., 1897. — Haeckelismus
u. Darwinismus, 1900, u. a.
Milhaud, Gaston, geb. 1858 in Nimes. — Schriften: Nouvelles 6tudes
sur l'histoire de la pensee scientifique, 1911.
llisch* G., Prof. in Marburg. = Schüler Diltheys.
]Hyers, Frederic William Henry, geb. 1843 in Duffield (Derbishire), gest.
1901 in Eom; war Mitbegründer und Präsident der „Society for Psychical
Research". = Theorie des „subliminalen Bewußtseins" (vgl. James).
Schriften: Phantasm of the Living (with Gurney and Podmore, 1886). —
„Science and a Future Life", 1893. — Human Personality and its Surviva] of Bodily
Death", 1901. — Essays „Modern and Classical", 1883.
Molenaar 9 Heinrich, geb. 1870 in Zweibrücken, Realschulprof. in
Nürnberg. Herausgeber der „Menschheitsziele". = Von Comte beeinflußter
positivistischer, evolutionistisch-mon istischer Standpunkt.
Schriften: Die Religion der Menschheit, 1901 — 03. — Positive Weltanschauung,
Vierteljahrsschr. f. wiss. Philos., 1904 f., u. a.
Montgomery, Edmund, geb. 1835 in Edinburg, Prof. in Hempstead.
Morgan, C. L., geb. 1852 in London, Prof. in Bristol.
Schriften: Studies in Visual Sensation, 1901.
Moriniere, geb. 1698 in Paris, gest. 1768 daselbst.
Mosso, gest. 1910.
Mnirliead. John Henry, geb. 1835 in Glasgow, Prof. in Birmingham.
Schriften: Philos. and Lifo, 1908.
Müller, G. E. — Schriften: Zur Analyse d. Gedächtnistät. u. d. Vorstellungs-
verlaufes 1, 1911.
Müller — Nietzsche. 883
Müller, Johannes, geb. 1864, lebt in Mainberg bei Schonungen. —
Kulturphilosoph.
Schriften: Von den Quellen des Lebens, 2. A. 1906. — Heraraungen d. Lebens,
2. A. 1908. — Vom Leben u. Sterben, 1907. — Bausteine f. persönl. Kultur, 1908.
— Blätter zur Pflege d. persönl. Lebens, 1898 ff., u. a.
Müller-L,yer, geb. 1857 (nicht 1887).
MÜnsterberg. — Schriften: Problems of To-day, 1910.
Ulüiizer, Kichard, geb. 1864 in Wien, Advokat daselbst. = M. betont
die Bedeutung des Gefühls für das Geistesleben.
Schriften: Bausteine zu e. Lebensphilos., 1905; 2. A. 1909. — Aus der Welt
der Gefühle, 1907, u. a.
Nahlowsky, geb. 1812 in Prag, gest. 1885 in Graz.
Natorp. — Schriften: Volkskultur und Persönlichkeitskultur, 1911.
Naumann, Friedrich, geb. 1860 in Störmthal, lebt in Berlin. Heraus-
geber der „Hilfe". = Sozial-liberaler Standpunkt.
Schriften: Was heißt christlich-sozial? 1894—96. — Nationalsozialer Katechismus,
1898. — Nationale Sozialpolitik, 1898. — Staat u. Familie, 1899. — Briefe über Re-
ligion, 3. A. 1904. — Die Erneuerung des Liberalismus, 1906, u. a.
Nietzsche. = „Es gibt kein Gesetz: jede Macht zieht in jedem Augen-
blick ihre letzte Konsequenz. Gerade, daß es kein Anderskönnen gibt, daran l
beruht die Berechenbarkeit."
„Die absolute Nezessität des gleichen Geschehens in einem Weltlauf, wie
in allen übrigen, ist in Ewigkeit nicht ein Determinismus über dem Geschehen.
sondern bloß der Ausdruck dessen, daß das Unmögliche nicht möglich ist ; dafi
eine bestimmte Kraft nichts anderes sein kann, als eben diese bestimmte
Kraft."
„Der ,Geist' ist nur ein Merkmal und Werkzeug im Dienst des höheren
Lebens, der Erhöhung des Lebens."
„Lust und Unlust sind immer Schlußphänomene, keine ,Ursach<ir. ,,Lnst-
und Unlustgefühle sind Willens- Reaktionen."
„Woran mißt sich objektiv der Wert? Allein an dem Quantum
steigerter und organisierter Macht."
„Alle ,Zwecke', ,Ziele' und ,Sinne' sind nur AusdrurksweiM'n und Metamor-
phosen des einen Willens, der allem Geschehen inhiiriert: des Willens rar
Macht."
„Man behauptet die wachsende Entwicklung der Wesen. Eb fehll
Fundament, Jeder Typus hat seine Grenze: über diese hinaus gibt es keine
Entwicklung." „Der Mensch als Gattung ist nichl im Fortschritt Höhen
Typen werden wohl erreicht, aber sie halten sich nicht'1
„Wir sind mehr als das Individuuni: wir sind die ganze Kette noch, mit
den Aufgaben aller Zukünftc der Kette."
56*
884 Novicow — Petersen.
„Die Kunst erinnert uns an Zustände des animalischen vigor ; sie ist
einmal ein Überschuß und Ausströmen von blühender Leiblichkeit in die
Welt der Bilder und Wünsche; anderseits eine Anreizung der animalischen
Funktionen durch Bilder und Wünsche des gesteigerten Lebens; — eine Er-
höhung des Lebensgefühls, ein Stimulans desselben."
„Was uns instinktiv widersteht, ästhetisch, ist aus allerlängster Er-
fahrung dem Menschen als schädlich, gefährlich, mißtrauenverdienend bewiesen. . .
Insofern steht das Schöne innerhalb der allgemeinen Kategorie der biolo-
gischen Werte des Nützlichen, Wohltätigen, Leben-Steigernden : doch so, daß
eine Menge Beize, die ganz von ferne an nützliche Dinge und Zustände er-
innern und anknüpfen, uns das Gefühl des Schönen, d. h. der Vermehrung
von Machtgefühl geben."
Vgl. H. BELART, N.s Leben, 1910.
NoTicow, J„ geb. 1849 in Kadi-keni, lebt in Odessa.
o.
Oettingen, Alex, von, geb. 1827 in Wissust bei Dorpat, gest. 1905 in
Dorpat.
Olle-L-aprune, Leon, geb. 1839, gest. 1898 in Paris.
Opitz, Hugo, geb. 1846 in Schloß Netzschkau.
Ormond, Alexander Thomas, geb. 1847, Prof. an der Princeton-
Universität.
Orestano« — Schriften: La scienza de] bene e del male, 1911.
Ott, Emil, geb. 1878 in Pforzheim, lebt in Heidelberg. = Idealistischer
Standpunkt.
Schriften: Die Religionsphilos. Hegels, 1904.
P.
Pastor, W., geb. in Burtscheid (nicht Berlin), lebt in Berlin- Wilmers-
dorf.
Paulhan, geb. 1856 in Nimes.
Peip, Albert, geb. 1830 in Zirke, Prof. in Göttingen.
Peipers, David, geb. 1838 in Frankfurt a. M., a. o. Univ.-Prof., Geh.
Eeg.-Bat in Göttingen.
Schriften: Quaeetiones criticae de Piatonis Legibus, 1863. — Untersuchung über
das System Piatos, 1879. — Ontologia Platonica, 1883. — Das Protestant. Bekenntnis.
1897; n. A. 1899. — Ritter, Über das Böse u. seine Folgen, 1869. — Lotzes Kleine
Schriften, III, 1885—91.
Peirce, geb. 1839 in Cambridge.
Perez, B., geb. 1836 in Tarbes.
Peters, C, geb. in Neuhaus. — Vgl. A. Schopenhauer, 1878.
Petersen, Julius, gest. 1909.
Petronievics — Pürpus. 885
Petronievics, geb. 1875 in Sorljaca, Prof. in Belgrad.
Schriften: Abhandlungen in: Annalen d. Naturphilos., 1905, 1911; Zeitschr. L
Sinnespsychol., 1908; Arch. f. syst. Philos., XII— III; Zeitschr. f. d. ges. Strafrechts-
wiss. XXVIII, u. a.
Pfister, Oskar, geb. 1873, Pfarrer in Zürich. — Schriften: Die Willens-
freiheit, 1904.
Pflügcr, gest. 1910.
Philipp, S., geb. 1850 in Sehloppe, lebt in Kerlin. — Schriften: übe*
Trsprung u. Lebenserschein, d. tior. Organismen, 1883. — Vier skeptische Thesen,
1898. — Über uns Monschen, 1908.
Piat, Clodius, geb. 1854. — Schriften: Probl. de la liberte, 1895. — La
personne humaine, 1897. — La destinee de l'homrae, 1898.
Picavet, Franc. Jos., geb. 1851 in Petit-Fayt. — Schriften: Les ideol.
franc,ais, 1890. — Mem. sur le scepticisme, 1884. — Hist. de la philos, 1888.
Picton, J. A., geb. 1832, gest. 1910.
Pikler, J., geb. 1864 in Temesvär.
Pillsbnry, W. B. — Schriften: Attention, 1908. — Psychol. of Reasoniüg, 1910.
Pollack, Walter. — Schriften: Ins dunkle Land der Philosophie und
Rechtswissenschaft, 1911.
Pollock, Frederick, geb. 1845 in London, Prof. der Rechtswissenschaft
in London und Oxford.
Schriften: Essays in Jurisprudence and Ethics, 1882. — Introduction to the
History of the Science of Politics, 4. ed. 1902 (deutsch in der Universalbibl.). — Spi-
noza, 2. ed. 1899, u. a.
Pope, Alexander, 1688.— 1744, der bekannte englische Dichter, verfaßte
u. a. einen „Essay on Criticism" (1711, Poetik) und einen „Essay on Man"
(1733, 1880; deutsch 1822, Theodizee). Works, 1751 u. ö., 1871-89.
Vgl. LESSING, P. ein Metaphysiker, 1755 (mit Mendelssohn). — STEPHEN,
A. P., 1880.
Praechter, Karl, geb. 1858 in Heidelberg, Prof. der Philologie in
Halle a. S.
Schriften: Die griech.-röm. Popularphilos. u. d. Erzieh., 1886. — Cebetis Ta-
bula, 1893. — Hierokles d. Stoiker, 1901. — Bd. I der 11. Aufl. von Uebei
Heinze, Grundr. d. Gesch. d. Philos.
Preuß, Wilhelm, geb. 1843 in Garistorf, Oberlehrer in Elsfleth. =
Hylozoistischer Standpunkt.
Schriften: Die materielle Bedeutung des Lebens im Universum, 1878. — l>io
psych. Bedeut. des Lebens, 1879. — Geist und Stofl, 1883; 2. A. 1889, u. a.
Purpns, Wilhelm, Prof. u. Rektor am Progymnasiuni Weiflenbuig i. B.
= Hegelianer.
Schriften: Zur Dialektik des Bewußtseins nach Hagel, IWS.
raanns Kritik d. dialekt. Methode Hegels, 1911. - Die Dialektik d. «nnl. I l
bei Hegel, 1905.
886 Eehmke — Roeario.
R.
Kelllllke. — Schriften: Zum Lehrbegriff des Wirkens, 1902. — Welt und
Mensch, 1901.
Reichenbacli9 Karl von, geb. 1788 in Stuttgart, gest. 1869 in Leipzig.
= Lehre vom „Od" (,,Od-Strahlen;<, die angeblich von Körpern ausgehen).
Schriften: Odisch-magnet. Briefe, 1852; 2. A. 1856. — Der sensitive Mensch,
1854. — Aphorismen über Sensitivität und Od, 1866. — Die odischo Lohe, 1866, u. a.
— Vgl. SCHRÖTTER, K. v. R., 1869.
Rey9 Abel. — Schriften: Les sciences philosophiques, 1908.
Riccardou, A., Prof. in Paris. — Schriften: De l'Ideal, 1890.
Rickert« — Vgl. Lebenswerte u. Kulturwerte, Logos II, 1911.
Riedel, Friedrich Justus, geb. 1742 in Vieselbach bei Erfurt, 1768 Prof.
in Erfurt, 1771 an der Kunstakademie in Wien, gest. 1785. = R. unterscheidet
drei Seelenkräfte: Begehren, Denken, Gefallen. Der Mensch hat dreierlei End-
zwecke: das Wahre, Gute und Schöne. Schön ist, „was ohne interessierte
Absicht sinnlich gefallen und auch dann gefallen kann, wenn wir es nicht
besitzen".
Schriften: Theorie der schönen Künste und Wissenschaften, 1767; 2. A. 1774,
u. a. — Sämtliche Schriften, 1786—87. — Vgl. K. F. WlZE, F. J. R. und seine
Ästhetik, 1907.
Rignano, Eugenio, Herausgeber der „Riv. scient." = Neolamarckistischer
Standpunkt (Theorie der „Zentro-Epigenese").
Schriften: Vererbung erworbener Eigenschaften, 1907, u. a.
Rio, Sanz del, geb. 1814, gest. 1869 in Madrid.
Ritchie, D. G. — Schriften: Philosophical Studies, 1905.
Rittelmeyer, Friedrich, geb. 1872 in Dillingen, Pfarrer in Nürnberg.
Schriften: F. Nietzsche u. d. Erkenntnisprobl., 1903. — F. Nietzsche und die
Religion, 1904. — Tolstojs religiöse Botschaft, 1905, u. a.
Rochefoucauld , La, s. La Kochefoucauld (der zweite Artikel fällt
weg).
Rocholl, Rudolf, geb. 1822 in Rhoden, Kirchenrat, gest. 1905 in
Düsseldorf.
Kolil and, Waldemar von, geb. 1850 in Riga, Prof. der Rechtswissen-
schaft in Freiburg. i. ß. = Indeterministischer Standpunkt.
Schriften: Die Kausallehre des Strafrechts, 1903. — Willenstheorie und Vor-
stellungstheorie im Strafrecht, 1904. — Die Willensfreiheit u. ihre Gegner, 1905, u. a.
Rollos, Eugen, geb. 1852 in Düsseldorf, kath. Pfarrer a. D., Neuß.
Schriften: D. aristot. Auffassung vom Verh. Gottes zur Welt, 1892. — D. sub-
stantiale Form u. d. Begriff d. Seele bei Aristot., 1896. — Das Wesen d. Seele, 1897.
— D. Gottesbeweise bei Thomas von Aquino u. Aristoteles, 1896.
Rorario, Girolamo, 1485—1556.
Roscelinus — Stricker. 887
Roscelinus. — Daß E. nur ein „Pseudo-Xominalist • war, erklären A«ll-
hoch, de Wulf (Hist. de la philos. meU*, S. 181).
Rose, Fritz, geb. 1876 in Cüln, lebt in Weimar. — Schriften: Di« Lehre
von den eingebor. Ideeen, 1901. — J. G. Sulzer als Ästhet., 1907.
Rage, A. = Das von R. herausgegebene Philosophische Jahrbuch führt
den Titel: Die Philosophie der Gegenwart. Eine international. Jahres-
iil »ersieht.
Rümelin, Gustav, geb. 1848 in Nürtingen, Prof. in Freiburj
= Die Gesetze der Gesellschaft und Geschichte sind psychologische! Art
Schriften: Reden and Aufsätze, 1875. Neue Folge, 1889. Dritte folge, 1894.
Ruyssen, Th. — Schriften: Schopenhauer, 1911.
S.
Sabatier, Armand, gest. 1911. — Schriften: Le transformisme, 1886. —
Essai sur la vie et la mort, 1894. — Essai sur l'immortalite, 1896.
Salvadori, G. — Schriften: Saggio di uno studio sui sontimenti morali,
1903. — L'idea del diritto, 1904. — Das Xaturrecht und der Kntwicklungsgedanke,
1905.
Schlaf. Johannes, geb. 1802, lebt in Weimar, bekannter Dicht
Pantheistischer Standpunkt.
Schriften (philos.): Maeterlinck, 1906. — Kritik d. Taincsi.hen Kunst].:
1906. — Der „Fall" Nietzsche, 1907. — Religion u. Kosmos, 1911.
Schmidt, F. J. — Schriften: D. philos. Sinn, 191S
Schneider. (Jnstav, geb. 1840 in Gera, Prof. daselbi
Schriften: De causa finali Aristotelea, 1865. — D. Fiat«'!. HeUphyt*, l^v
Hellen. Welt- und Lebensansch., 1893 — 96. — Die Weitaus«. h Fiatos, 1898. — I
mentar zu Piatons Apologie und Kriton, 2. A 1906; zu F.s Eathyphron, ' I -
Phaedon, 19<>5. — Piatos Philos., 1907, u. a.
Scailles« (J. — Schriften: Le» aftirmat. de la . • nodsne, 1911
Sichele, »Seipio, geb. 181
Spränget*, Ed., jetzt Prof. in Leipzig Schüler Dilth«
Spinijc. Dornelias Bellaar, geb. 1842 in Rocken)
Standinger, F. — Schriften: Vgl. iaeh: Zw M
■chang, Her. üb. d. 111. int. Kongr. f. Phil, 19
Slernherj;, Theodor. Iftes: i
Ethik, 1911.
Strecker, Wilhelm, geb. L862 in Mannheim.
Stricker. Salomon, g< b. W N tstadtl,
logie in Wi< >8 daeelb
888 Taubert — Wreschner.
t.
Taubert, Agnes, gest. 1877. — Schriften: Philosophie gegen naturwissen-
schaftliche Überhebung, 1872.
Thomas, P. Felix. — Schriften: La Suggestion, son role dans l'education,
4. ed. 1907. — Morale et education, 2. ed. 1905. — P. Leroux, 1904. — L'education
des sentiments, 5. 6d. 1910, u. a.
Thomson, J. J. — Schriften: Elektrizität und Materie, 1904. — Die
Korpuskulartheorie der Materie, 1908.
Titcnener, geb. 1867 in Chichester, Prof. an der Cornell-Universität.
Tocco, Feiice, gest. 1911 in Florenz.
u.
Ueberwasser, F. — Schriften: Anweis, zum regelraäß. Studium d. enipir.
Psychol., 2. A. 1794. — Über das Begehrungsvermögen, 1800.
w.
Wagner, Adolf, geb. 1835 in Erlangen, Prof. der Nationalökonomie
in Berlin.
Schriften: Die Gesetzmäß. in den scheinbar willkürl. menschl. Handlungen, 1864.
— Hand- u. Lehrb. d. polit. Ökonomie, 1904 ff.
Wendland, Paul, geb. 1864 in Hohn stein i. Ostpr., Prof. der Philo-
logie in Breslau.
Schriften: Quaestiones Musonianae, 1886. — Neu entdeckte Fragmente Philos,
1891. — Philos Schrift über die Vorsehung, 1892. — Beiträge z. Gesch. der griech.
Philos., 1898, u. a.
Werner, Otto, geb. 1857, Pfarrer in Wolfsbehringen.
Whately, Richard, geb. 1787 in London, Erzbischof von Dublin, gest.
1863 daselbst.
Wiener, Christian, geb. 1826 in Darmstadt, gest. 1896 in Karlsruhe.
Windelband. — Präludien, 4. A-., 2 Bde., 1911.
Wirth, Joh. Ulrich, geb. 1810 in Ditzingen, gest. 1859 in Weiblingen.
Wirth, Wilhelm. — Schriften: Der Fechner-Helmholtzsche Satz, 1900.
Witmer, Lightner, geb. 1867 in Philadelphia.
Wixe» — Schriften: Eine Einteil. d. philos. Wissenschaft, nach Aristoteles'
Prinzipien, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. Bd. 32, und polnische Schriften (in :
Przeglad Filozof., 1911, H. 3, u. a).
Wobbermin. == W. betont das „transzendental-psychologische Ver-
fahren, welches die Motive und Tendenzen der Religionen unter dem Gesichts-
punkt des Wahrheitsinteresses vornimmt".
Schriften: Aufgabe u. Bedeut. d. Religionspsychol., 1910.
Wreschner, Arthur, geb. 1866 in Breslau.
Zeitleb — Zillma
x.
Zeitler, Julius, Leipzig, Schüler Wund! 9el Nfotueh«
Ästhetik, 1900. — Die Kunstphilos. von H. \
1900, u. a.
Zillmann, Paul, geb. 1872 in Dresden, Prof., li \
Metaphys. Rundschau'', lebt in Groß-Lichterfelde. = Okkult '-
Schriften: Aufsätze in der „N. Met. Rundschaa<(,
.»» . ..|.> . ««. -
Druckfehler :
S. 208 (Goldscheidj : statt Soziol. u. Gesellschaften --
Wissenschaft.
S. 471: statt Milhauld lies Milhaud.
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Vom Verfasser des „Philosophen -Lexikons" sind erschienen:
Die Weiterbildung der Kantschen AprioritHtslehre. Leipzig 1895.
Grundlagen der Erkenntnistheorie. Leipzig 1900.
Das Bewußtsein der Außenwelt. Leipzig 1900.
W. Wundts Psychologie und Philosophie. Leipzig 1902.
Nietzsches Erkenntnistheorie und Metaphysik. Leipzig 1902.
Soziologie. Leipzig 1903 (Holländisch, 1911).
Kritische Einführung in die Philosophie. Berlin 1905.
Leib und Seele. Leipzig 1906.
Einführung in die Erkenntnistheorie. Leipzig 1907.
Grundlagen der Philosophie des Geisteslebens. Leipzig 1908.
Das Wirken der Seele. Leipzig 1909.
Geschichte des Monismus. Leipzig 1910.
Wörterbuch der philosophischen Begriffe. 3. Aufl. Berlin 1910.
Elemente der Logik. 2. Aufl. Eßlingen 1910.
Geist und Körper. Göttingen 1912.
Worte Kants. Minden 1912.
Verlag der Königl. Hofbuchhandlung von E. S. Mittler & Sohn
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Dr. Rudolf Eisler
Kritische Einführung:
in die Philosophie
= TU 7,50, gebunden Jffl 8,50 =====
Das Buch will nicht bloß eine Einleitung zur Philosophie
geben, sondern es stellt sich die Aufgabe, „die Grundprobleme
der Philosophie selbst vorzuführen und zugleich eine Art philo-
sophischer Enzyklopädie zu bieten". Es gibt eine Übersicht
über die Mannigfaltigkeit der philosophischen Grundlagen, for-
muliert sie, zeigt die verschiedenen Richtungen der Lösungs-
versuche, kritisiert diese und leitet zur selbständigen Stellung-
nahme an. Kölnische Volkszeitung.
Verlag der Königl. Hofbuchhandlung von E. S. Mittler & Sohn
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Dr. Rudolf Eisler
Wörterbuch der
philosophischen Begriffe
= Dritte, völlig neu bearbeitete Auflage =
3 Bände geheftet M 35,—, in Halbfranz gebunden M 40,-
Ein erstklassiges Nachschlagebuch, das alle andern
ähnlichen Unternehmen an Zahl der bearbeiteten Artikel
sowie an Reichhaltigkeit der Anschlüsse im einzelnen, weit
übertrifft. Die Anordnung des Stoffes ist keine rein chrono-
logische, sondern die logisch -systematische (klassifika-
torische) und die chronologisch-genetische Dispositions-
weise sind nach Möglichkeit miteinander kombiniert. Die
Definitionssammlungen sind nach philosophischen Rich-
tungen gruppierte, kritisch durchgearbeitete Zusammen-
stellungen. Was diese Arbeit allein an Zeit und Mühe kostete,
läßt sich kaum absehen. Berner Bund.
Als modernstes und auf lexikalischem Gebiet um
fassendstes Hilfsmittel zum Verständnis der philosophischen
Ausdrucksweise bietet sich ,, Eislers Wörterbuch" dar. Ein
erwünschtes Nachschlagewerk — für den Philosophen kaum
weniger als für den Studierenden. Leipziger Zeitung
Es ist eines von jenen Büchern, die neben anderen NX örter-
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stehen sollten. Blätter für (iymnasialschulwesen.
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Friedrich Ueberwegs
Grundriß der
Geschichte der Philosophie
fortgeführt von Max Heinze
Erster Teil:
Das Altertum
Zehute, mit Namen und Sachverzeichnis versehene Auflage
bearbeitet und herausgegeben von
Dr. Karl Praechter
ord. Professor der klass. Philosophie an der Universität zu Halle a, S.
M 9,—, gebunden M 11,—
Zweiter Teil:
Die mittlere oder die patristische und
scholastische Zeit
Keimte, neu bearbeitete, mit einem Philosophen- und Literaturen- Reg ister
versehene Auflage herausgegeben von
Dr. Max Heinze
ordentl. Professor der Philosophie an der Universität Leipzig
M 7,—, gebunden M 8,50
Dritter Teil:
Die Neuzeit bis zum Ende des achtzehnten
Jahrhunderts
Zehnte, mit einem Philosophen- und Literatoren-Register versehene Auflage
bearbeitet und herausgegeben von
Dr. Max Heinze
ordentl. Professor der Philosophie an der Universität Leipzig
M 7,50, gebunden M 9,—
Vierter Teil:
Das neunzehnte Jahrhundert
Elfte, mit Namen- und Sachverzeichnis versehene Auflage
bearbeitet und herausgegeben von
Privat-Dozent Dr. Georg Misch
(In Vorbereitung.) Etwa M 12,—, gebunden M 14,—
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Philcsophen-Lexikon
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